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Full text of "Realencyklopädie für protestantische theologie und kirche"

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STMFORB  -VNIVERS1TY-  IUI  BRARY 

für  proteftanttfcfye 

Ökologie  nnb  Ktrcfye 

&tgxütfoti  tomt  3. 3.  £?t|P0 

3"  fcritter  Derbefferter  unö  Dermeljrter  Auflage 
unter  2Tlittt>irfung 

pteler  (Theologen  un6  anöerer  (Belehrten 

herausgegeben 


von 


D.  Blbcrf  l£auifc 

Profeffor  in  Cetpgig 


Heunter  &anb 
Jcfu0  (£f|riffu6  —  Kanon  Hhtratari 


3-  <£.  f)inrtdjs'fd>c  Siid}l)üHÖlun<} 


2111c  Hechte,  insbefonberc  bas  bcr  Überfettung  für  jcbcit 
einzelnen  2Irtifcl  oorbcljaHcii. 


m.  b.  §of«  u.  Uittu.»i*ucbbnicfctfi  doii  fit.  klinge  (3uh0c  &  ßoljn).  Erlangen. 


$et}eid)uts  von  Jlßßätjungett- 


1.  »iMtfdje  »fid}er. 


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©eneftS. 

©JObuS. 

*!eiriticu§. 

Numeri.  3cf 

3)euteronotnium.  3er 

3°fua. 

Siidjter. 

©amueliS. 

Könige. 

ß^ronifa. 

£3ra. 

^etjemia. 

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3)o    : 

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^rooerbten.    3* 
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£olje8  Sieb.         ' 
3efaia3. 
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Üjedjiel. 


Daniel. 

£>ofea. 

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Obabja. 

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3e#janta. 

fcaggai. 

©adiaria. 

9Jtoiead)i. 

Subita 

SBei3$eit. 

Xobia. 

©ira*. 

93aru4. 

SRaftabäer. 

9Rattf)äu3. 

3Rarcu3. 

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Slpoftetgefd). 


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Körner. 
Äorintljer. 
©alater. 
tiefer. 

oloffer. 
Xljeffaionidjer. 
Ximofljeufc. 
Xitu8. 
^fjilemon. 
Hebräer. 
3aIobu8. 
$etru*. 
3uba& 
Styolaiwfe. 


2.  3eitfd}rifteit,  ©ammelfcerfe  unb  bgl. 


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Da  Cange 

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£3 

^prZö  — 

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fia»  = 

Mansi  = 


«rufe!. 

Slbbanbhmgen  ber  ©crliner  Stfabemie. 
ungemeine  beutfdje  ©iograpbie. 
Slbfjanblungen  ber  ©öttinger  ©efeüfd). 

ber  ©iffenfc&aften. 
91rd)iü  für  fiitterarur    unb  JHra^en» 

gcjd)id)te  beö  Mittelalter^. 
Slbljanbhmgcn  b.SRündjenerÄfabemie. 
Acta  Sanctorum  ber  ©oflonbiften. 
ActaSanctorum  ordinis  8.  Benedicts 
^blmnblungen  ber  ©ädjftfdjen  ©efefl» 

fdjaft  ber  SBiffenfdjaften. 
HlteS  Xeftament. 

33anb.    ©be  =  ©änbe.       [dunensis. 
Bibliotheca  maxima  Patram  Lug- 
Codex  diplomaticus. 
Corpus  Reformatorum. 
Corpus  scriptorum  ecclesiast.  lat. 
Dictionary  of  Christian  Antiquities 

von  Smith  &  Cheetham. 
Dictionary  of  Christian  Biography 

von  Smith  &  Wace. 
$eutf$e  fiitteratuwtatung 
—  Glossarium  mediae  et   infimae 

latinitatis  ed.  Du  Cange. 
$eutfd)e  3eitfd)rift  f.  SHrfrnredjt. 
ftorfd)ungcn  jur  beutfdjen  ©efdjidjte. 
©ötttnaifd)c  gelehrte  $ln$eigen. 
ßiftörifd)e§3öf)tf>udj  b.  ©örreSgefellf  dj. 
$>iftortfd)c  3eitfdjrift  uon  ü.  8l)bel. 
Rege8ta  pontif.  Rom.  cd.  Jaffe  ed.  II. 
3ö^"büd)er  für  beutfa^e  Geologie. 
3a^rbüdjcr  für  proteftant.  Ü^eologtc. 
^ir4engefd)id)te. 
Äirdjenorbnmta. 
fitterarijdjeä  (fentralblatt. 
Collectio  conciliorum  ed.  Mansi. 
SHagajin. 
Monumenta  Germaniae  historica. 


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Xl)D6      : 
XftSt«     : 

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satt 


:  Patrologiaed.  Migne,  series  graeca, 
:  Patrologiaed.  Migne,  series  latina. 

:  Mitteilungen.  [©efa^i^tSrunbe. 

:  9^eue«  Ära^iö  für  bie  ältere  beutfdje 
:  9?eue  grolge. 

:  9?eue  3^rbüa^er  f.  beutfd)e  Geologie. 
:  9feue  rirailia^e  geitfeftrift. 
:  ^eue8  £eftament. 

:  ^reufeifc^e  3a^rbüd)er.      [Potthast. 
:  Regesta  pontificum  Romanor.  ed. 
:  JRömifd)e  Ouartalfa^rift. 
:  ©ifungSberia^te  b.  ©erliner  Wabemie. 
b.9ÄünäVner  „ 
„  b.  SBiener        „ 

:  Scriptores. 

:  $t)eologifd)er  3a^edberid)t. 
:  It)eologijd)c§  fiiteraturblatt. 
:  Xtjcologijc^e  ßiteraturjeitung. 
:  Xf)cologifd)e  Duartalfdjrift. 
Ü^eologifdje  ©tubien  unb  ftrititen. 
leite  unb   Unter fua^ungen    IjerauS» 
geg.  oon  u.  ©eb^arbt  u.  §amacf. 
:  Urfunbenbutt^. 
:  «öerfc.     $ci  fiut^er: 
:  3Berfe  ©rlanger  91u8gabe. 
:  3Berfe  Weimarer  HuSgabe.      [fäVift. 
:  3citfa^rtft  für  altteftamentt.  3Bifl[en- 

„    für  beutf(fted  Wtertfcum. 

„    b.  beutfd^.  morgcnl.  ©efeflfd). 

.    b.bcutjdj.^alöftina  »ereinS. 

„    für  fnftorifdje  ^eologie. 

„    für  Äird)engefd)idite. 

'„    für  Äira^enredjt. 

„    für  tatljolitäe  X^coloaie. 

.,    fürrtrd)1.5öiffeuf4.u.&ben. 

„    für  lut^er .  Xt)eologie  u.  SHrcfte. 

„    für  ^roteftantidmuö  u.  JHra)e. 

„    für  X^eologie  unb  Äirdje. 

„    für  roi(fenf4aftl.  Xficologie. 


Berichtigungen  unö  Hadjträge. 

1.  &anb. 

©.607  3« 36— 41  füge  bei:  Ferdinand-Marie  D'Araules,  La  vie  de  S.  Ant.  de  Padoue  par 
Jean  Rigauld,  ©orbeauj  1899,  loifl  beroeifen,  bah  bic  fiegenbe  ber  Portugaliae 
Monumenta  uon  Zfyomaü  uon  Celano  toerfajjt  ift,  uub  mad)t  iuafyrfdjeintid), 
baji  bic  Segettbe  in  A.S.  3«ni  II,  705  uon  3ulian  uon  ©peier  ^crrüfjrt. 

©.435   g.  57  füge  bei:  3.  ©c^Iabcba^,  »aftliuS  tx>n  Wncnra.    3naug.=$iff.    2eip,yg  1898. 
„  780    „     3  ».  ».  Ue3  100  ft.  190. 


©.  IV  8-  5  ö.  u.  ItcS  11  ft.  16. 
„    193   „  58  lieg  1796  ft.  1706. 


3*  »attb. 
4.  »anb. 


„   » 

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„  21 

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.,  29 

„  51 

„  44 

„  377 

„  44 

„  380 

„  40 

„  503 

..  8 

@.     8  g.55  lieg  9Äc  8,27  ft.  8,7. 
SRc  2, 10  ft.  8, 10. 
m  20,28  ft.  20,20. 
Ä.  ft.  8. 
21, 22  ft.  22,  22. 

fcpl)  1,6  ft.  4,  6  u.  SRO  8,  32  ft.  8,31. 
9$i  3,21  ft.  3,31. 
8,  58  ft.  8, 38. 
<&)  5,  30  ft.  <£»  30. 
©Oberbegriff  ft.  ©otjnesbriff. 
ovvtjvtbdtj  ft.  ovtjvw&t/, 

Orient  ft.  Dccibent. 

1888  ft.  1868. 

mnftifd&en  ft.  realiftifdjen. 
8  füge  bei:  9tod)  (&lafjberger  (Analecta  Franciscana,  Quaracchi  1887,  II,  83) 
mu&  bie  fiegenbe  XatubS  in  einer  grbfeeren  C£r>ronif  ©laftbergerS  ju  finben  fein.  — 
öeftorben  ift  $atoib  am  19.  Wo».  1272,  t>gl.  3ä©  XIX,  359  n.  Kölner  »olf*= 
Leitung  r>.  18.  Oft.  1899  SRr.977,  wo  ber  Gintrag  im  Mnntoerfar  be*  9Winoriten= 
flofterö  inSlugdburg  beigebracht  ift:  „Obitus  fratris  Davidis  socii  fratris  Berchtoldi 
magni  predicatoris  a.  d.  1272  XIII  Cal.  Decembris,  sepulti  ante  altare  corporis 
Christi  in  ecclesia  nostra". 
„  638  „  30  füge  bei:  &.  3i  gunf,  $ie  2  legten  $üd)er  ber  ©cfirift  $afiün*  be*  05roften 
gegen  (SunomhtS.  Compte-Rendu  beä  4  internat.  nriffeiifdjafll.  Aiat()olifcn=fton-- 
greffeS.  1.  ©eft.  ©.  216-248.  1897.  Wbgebmcft  in  &unfs  SUrdietiqefdiidjtltdicn 
s)lb^anblungen  II.    ^aberborn  1899,  ©.  291—329. 

5.  Sanb. 

©.603  %\2  füge  bei:  $g(.  bic  ©ammlung  ber  in  ben  Sacra  Parallela  erhaltenen  ^rndijtütfc 
beö  @nf.  Siley.  bei  #.  £>oü,  Fragmente  innnica'nijrijcr  Äirdjenvh'ter  aus  beu  S.  P. 
XU.  M&.  V,  2.  Seidig  1899,  ©.  214-232. 

„  648   „  18  lies  1,42  ft.  1,41. 

„    —   „  28    „     oben  ft.  SBb.  4. 

—  „  33  füge  hinter  37  ein  76. 

—  „  34  He*  12  ft.  13. 

—  „  53  füge  hinter  lu'erau  ein :  ©djönfelber  im  Slntwng  feiner  Überfettung  be$  3ol)  (Spljef. 
649  „  45  füge  bei:  Weue  tritifd)e  Ausgabe  uon  3.  öibej  unb  &  $armenticr.  Sfonbon  1H98. 
799  bie  3.  itferidjtignng  ju  3tonb  II  gehört  uietmcfjr  ^u  $*b  I. 

(Sortjefcung  am  ©djtujj  be*  23anbe£.) 


3fefn3  Sffriftnd  (geben  3e|u).  I.  Quellen.  OTgem.  gitteratur:  9f.  ©tauben- 
maier,  Ginl.  in  b.  geben  3efu,  X&G©  1842;  3.  %  Stange,  lieber  bic  9luU)entie  ber  triev 
(Soaugelien:  X()©t£  1842,  I;  berf.,  $a3  geben  Sefu  na*  ben  ©oangg.,  #eibefberg  1844  ff., 
I.  1.  8.  148—281;  X().  STcim,  ©efd).  3efu  o.  Wa^ara,  I,  (1867),  ©.7-17-2;  ft.  £afe,  ©cf«. 
3cju  [1876;  ugl.  unten,  9(bfdm.  II],  §  1—10;  ©ernfj.  ©eijj,  S)a3  geben  Sefu,  I  (93erlin  5 
1882),  ©.1-180;  beif.,  (Sinl.  in«  9?X  (1886),  §  41-52;  SBillib.  93enf«Iag,  geben  3efu 
I  (£alle  1885),  ©  57-131;  $.  ©obet,  $ie  ©ntftebung  ber  .(Soangclien  in  b.  Jöibelftubten 
*.  VJJX",  C^nnooer  1878;  2.31.  1897;  $aul  (Sroalb,  bie  Hauptprobleme  ber  ©üangelienfrage, 
geipjig  1890  (fceroorragenb  toidjt.  Sonographie  über  ben  ©egenftanb;  ogl.  au*  be8f.  93erf$. 
Vortrag:  X)ie  ©iaubunirbigfeit  ber  tSuu.,  WÄ3  1897,  au*  fepar.);  (£.  $.  Joggen,  ©efd)id)te  10 
ber  Sieuteftamentl.  Offenbarung  (TOrblingen  1894)  I,  17-84;  (S.  ©.  ©teube,  lieber  ben 
Cueücnroert  ber  tynopt.  ßoangelien:  33eiu.  b.  ©1.  1897,  #.  3-5;  gr.  ©art&,  55>ie  Haupt- 
probleme beä  gebend  3efu,  (&>üterdlot)  1899,  ©.  1—31. 

9lufeerbiblif  d)e ,  inSbef.  gnofrifd)*apofrt)plje  Duellen.     3-  Sronmütfer,  $ie 
©eiocisfraft  ber  Seugniffe   nid)tdjrifttid)er  ©djriftftefler  über  bie  ©efd)id)te  3efu :  ©tubb.  ber  15 
33ürtteni6.  ©eifti.  183:? ;    SabriciuS,    %fyilo  it.  Xifdjenborf  in  ifjren  9lu8gg.  b.  Evang.  apo- 
crypha;  f.  ben  betr.  91.  o.  SJ?.  #ofmann;  1,  655-664).    ©gl.  beSf  ©tfcrift:  $a8  geben  3efu 
na*  ben  91potrt)pf)en,  geipjig  1851 ;  ©ariot,  lies  e\angiles  ap'ocryphes,  $ari8  1878;  91.  Xappe» 
Uorn,  91u&erbibl.  9iadjrid)ten  ober  bie  9lpofr.  über  (Geburt,  Äinbtjeit  unb  gebenSenbe  3efu  u. 
^KortÖ,  ^aberbom  1885:   ©.  ^ßtd,  The  Life  of  Jesus  aeeording  to  extra-canonical  sources,  20 
*ew.?)orf  1887.  -  «gl.  9i.  Cmnbmann,  $aö  #ebräereuangefium,  gpj.  1888  (XU  V,  3),  fo- 
u>ic  wegen  bc$  1894  entberften  Syrus  Sinaiticus  (gerote'Xeyt)  bie  gitt.  in  91eftlc3  91.  „©ibel* 
iiberj.,  ©ljr." :  III,  1 72 ff .  —  Söegen  ber  9lbgarfage.  ber  $ro3opograpf)ie  be§ gentuluS  u.f.m. 
f.  b.  91.  „9lbgar"  (I,  98  f.)  unb  „e&riftu£bilber"  (IV,  68—73);  aud>  ©.  Don  fcobfdjüfc,  $ie 
umnberbar  entftanbeneu  l$&rlftu3bilber,  gpj.  1898  (XU,  W$,  III)  unb  beffen  9lbt)blg.:  „8um  26 
gcntuliiS.Briff1:  8S&X&  1899,  @.  457  ff. 

Dieta  Salv.  äynntpo.  Äbrner,  Do  sermonibus  Christi  ciliar/ nie,  gpj.  1776;  93.  ft. 
©eftcott.  Introditction ^to  the  Study  of  the  Gospels,  gonbon  1881  p.  457  ff.;  9tlfr.  Mefd), 
in  yf&g  1888;  berf,  9lgrap(ja;  aufjerfanon.  (£uau.,  gragmente  gefammelt  unb  unterfudjt, 
i!p$.  1889  (XU  V,  4);  3.  £.  SRopeS,  X>ie  ©prüdje  Sefu,  bie  in  ben  fanon.  ©oangg.  uid)t  90 
überliefert  finb,  geip^ig  1896  (XU  XIV,  2  —  toidjtiger  ©erfud)  jur  frit.  ©idjtung  beö  00m 
Vorigen  bcigebrad)ten  Materials);  ©renfefl  u.  £mnt,  Aoyia  lqaov.  Sayingsof  our  Lord  from 
an  early  Greek  papyrus  discovered  and  edited,  gonbon  1897  (8nr  firitif  biefeö  gogia- 
Junbä  uon  O^rDtjncftoS  f.  bef.  Xf).  8af)n,  X>ie  jüngft  aufgef.  ©prüdje  3efu.  im  X^g^l  1897, 
^r.  35 f.;  3.  »laß,  6o.  $t&  1897,  Wr.  32;  —  aud)  beß  etwa«  günftiqer  über  ben  Original«  35 
loert  ber  Jragmente  lautenbe  Urteil  uon  #arnacf,  lieber  bie  jüngft  entberften  ©prüa^e  3efn, 
Jvreibg.  1897.  «gl.  Ärüger,  g(5931.  Wx.  32;  ^einrici,  XW3  Wx.  17;  Satiffol,  Rev.  bibl. 
1^97,  IV;  U.  0.  SBilamotuifc,  in  ©g9l  1898,  Wx.  9). 

X>e^  3ofepfju3  3eugnU  oon  dt)riftu8.  SBegeu  ber  älteren  gitt.  (in^bef.  (Sidjfta'bt, 
i£.  Verlad),  ©iefeler  k.)  f.  ©a^ürcr,  9lrt.  „Sofepfju«''  in  b.  @nc.  S3on  ben  ueueften  9Roito*  40 
gvapbien  ift  bie  0.  9lSmuffen  (3ofcpt)uö  unb  ba§  (£()rifientnm,  in  93el)f(61ag§  S)eutfd)«Gö.  5BI. 
1*%,  £.  3)  für  oöQige  Unedtffjeit  ber  ©teUe,  bie  oon  &.  91.  ^üüer  (e^riftuS  bei  frlao. 
Jofepbu^,  2.  9lufl,  SnnSbrud  1896)  für  a^riftli*  interpolierten  ßftarafter,  bie  oon  grj.  93ot)le 
(*\.  3.  über  C&r.  unb  bie  griffen  in  btn  3übb.  9lltert„  93rijen  1896)  foroie  beÄgl.  bie  toon 
».  Xbcob.  ©d)nciber  (im  Anfang  5.  b.  ©djrtft:  3Rarfuö  u.  ber  aram.  9Ratt^äu8,  ©djieöroig  4:. 
1896)  für*  £>enrübren  oer  @t#  öün  3ofep()u8.  —  Ueber  baö  9Sert)ältni«  beS  Sofeplju^eug- 
nifje^  ju  einer  Berufung  auf  3°fept)U«  im  fog.  „SReligionSgefpräd)  am  ^>ofe  ber  ©afamben" 
banbelt  (g.  ©ratre  im  Xftg^l  1894,  9tr.  16  f.,  fomie  in  feiner  Sonographie  über  jene§  (^c* 
fprfidi:  XU  XIX  (1898),  ©.  223-227). 

©pat  -jübift^e  Angaben  übcrSefuS,    f.   bei  SBagcnfeil,   Tela   ignea  Satanae,  50 
9litorf  1681 ;  3.  V.  (Sifcnmenger,  (SntbedteS  3ubentum,  $önig$berg  1871  (oielfaa)  unfritif*, 
loie  oud)  b.  oorige);  öert^olb,  Christologi  Judacorum,  ©rlangen  1811.    iBgl.  bie  ©d)mal)* 
febvift:    „©efeft.  beä  SRabbi  3e[d)ua  ben  3ofepM)annoofri  k,  2.  9(ufl.  4^be,  91ltona  1860f.f 
*€aU9nO)Tlopli\>it  für  Zoologie  unb  Stirbt.  3.  91.  IX.  I 


2  3efitd  (griffe* 

fotuie  (Sri*  SBifcboff,  Gin  jnbifoVbeutfdjeä  «eben  Sefu,  fipj.  1*95;  £.  SaiOIc,  3cfu3  Gf)riftu$ 
im  Xljalmnb,  Berlin  1891  (mit  einem  Anfang  uon  0.  $>aiman,  28a3  jagt  ber  Jljalmub 
über  Sefuw?)- 

Sftobammebanifdjc  Scfuöjagen.    3.  (£.  5B.  Augufti.  Christologiae  coranicae  linea- 
r,  menta,  3cna  1799;  ß.  ©eroef,  $ie  Gbriftol.  bc3  $oran,  Stuttgart  1839;  tf.  6d)ofl,  sIHeffia3* 
fagen  be8  Worgrnlanbeft,  Hamburg  1852;  ©uft.  fööfd),  $ie  Sefutmtytfcn  be$  3$lam,  ty&tä 
1876,  III;  (S.  toaUouä,  Jesus-Christ  d'apres  Mahomet  etc.,  tfeipjig  1880. 

ßanonifdje  (Suan  gelten.  6l)nopt.  Xeyte  ber  brei  elften  (Sou.  u.  Qhie36ad)  (177G ; 
1822),  $e  SBette  u.  Surfe  (1818;  1842),  Singer  (1852;  1863),  9R.  £.  @d)itl&e  (1880),  9t.  fcurf, 

io  (greibg.  1892),  £>einecfe  (®tef3en  189H).  —  ©nnopfen  ber  uier  (£uu.:  uon  ^laufen  (1829), 
©e&ringer  (1842),  ftriebüeb  (1847).  $efte  beutjdje  Arbeit  biefer  Art:  ©.  Sifdjenborf,  Sy- 
nopsis evangolica,  Sp$.  1854;  7.  ed.  1898.  58on  engt,  unb  amerif.  Autoreu:  diufljbroofe, 
»Synopticon,  Sonbonl880;  6teoen3  u.  33urton,  A  harmony  of  the  Gospels  for  hist.  study, 
93ofton  1894 ;  Arthur  SBrigbt,  A  Synopsis  of  the  Gospels  in  Greek  after  the  Westeott  and 

ir,  Hort  text,  fionbou  1896. 

3ur  ßöfung  be§  (Juaugelienproblemö.  1.  Auf  ©runb  ber  Irabitioitd* 
Ijtypotljefe,  b.  i).  ber  Annahme  eineä  münblid)  überlieferten  UreoangcliumS  al$  unjreu  fdnift* 
lieben  (Suu.  juÖJrunbe  Hegenb:  3-  #•  S.  ©iefeler,  £ift.'Frit.  Skrfud)  über  bie  @ntftet)ung  unb 
bie  früljeften  6dntffale  ber  fdniftl.  (Suu.,  £pj.  1818  —  lueldjem  bann  üange,  ©brarb,  ©ueriefe, 

20  Sienan,  ©obet  k.  folgten;  uon  ben  ffleueften  bef.  ioid)1ig:  33.  Qr.  ^Söcftcütt,  An  introd.  to  the 
study  of  the  (lospels,  fionbon  1882;  7.  ed.  1888  u.  ©.  ©efcel,  $ie  ftonopt.  (Suo.,  $eilbroim 
1883;  2.  A.  1886  (ogl.  aud)  bcSfelbeu:  3)ie  ©djtbeit  unb  ©laubiuürbigfeit  beS  3ob.*(*o ,  I, 
Spj.  1899).  2.  Auf©ruub  ber  $Benu&ung3ty)potf)efe,  b.  &•  ber  Annahme,  bab  bie  jljnopt. 
3)arftefler    uad)eiuanber  unb   unter   93enu$ung    uoueinanber   fdjviebcn    unb   jnmr    entiueber 

2r>  sB?attbäuö  alö  erfter  (fo  na*  ber  ©rieöbad)fc5en  4>i)potr)cfe:  j.  3-  3^c.  ©rieöbadj:  Coium., 
qua  Marci  evang.  totum  e  Matthaei  et  Lucae  comm.  decerptum  esse  monstratur,  3ena 
1789),  ober  SRarfuä  als  erfter:  fo  nad)  ber  Storrfcbcn  fcnpotbefe  (f.  ©.  Gbr.  Storr,  lieber 
ben  3tt>ecf  ber  euang.  GJefd)id)te,  Xüb.  1786,  unb:  De  fontibus  evang.  Matth.  et  Lucae,  il>. 
1794).  ©eibe  sIHobiftfationen  biefer  Xfjeorten  baben,  aflerbing§  nid)t  olme  mand)erlei  frort-  unb 

:w>  Umbilbungen,  bis  in  bie  neuefte  3*it  SBertetbigcr  gefunben;  bie  erftere  einerfeiiS  in  Fonfer* 
ualiuer  gaffung  an  u.$ofmann,  wloftermann,  TOSgen,  £&.  Qai)\\  (@inl.  inä9il  II,  §79 ff.); 
ft.  %  SBab^am,  St.  Mark's  indebtedmess  to  St.  Matthew,  fionbon  1897  u.  28.  £>aboru 
(3).  (Sntftebung  ber  SttarfuSeu.,  ©üter^lo^  1898),  anbererfeit«  in  tenbcnjfritifd)cr  Beübung 
au  Äeim,  $>itgenfelb  (6inl.  in«  92X  1875  u.  ö.),   unb  ^olften  (5)ie  brei  urfprünglid)en  Guu., 

:jt,  1883,  unb:  $ie  ftjnopt.  (Sou.,  1885);  bie  lefetere  an  ©ilfe,  s<Heufe,  Sttener,  ©ei^färfer,  3a- 
cobfou  3C.  3.  Auf  ©runb  ber  Cluel  lcn*#ttpot1jeje,  b.  I).  ber  Annahme  uon  einer  ober 
einigen,  nömli*  in  ber  .ftauptfadje  3it»ci,  fdjriftlia^en  ©runblagcn  ober  llreoangclien,  roeldje  uon 
ben  6i)uoptifern  gemeinfam  benufct  »uurben.  9?ad)bem  bie  (Sinquellentbeorie,  tuonadj  cntiueber 
ba§  Ev.  sec.  Hcbraeos  (ücjfing.  Sdjnjegler),  ober  ber  bebr.  Ur«3Rattl)äu8(fo5-^Ör-  S3o»r  ""b 

io  ein  Xeil  feiner  6d)üler)  bad  llreuangeltum  gebilbet  l)ätte,  jiemltd)  adgcmciu  aU  unhaltbar 
erfannt  njorben,  erfreut  fitb  je^t  bie  3lüctquc^cntl)cür^  cmc3  uorjug^iueife  großen  An- 
fc^euö,  unb  jmar  in  ber  uon  £>.  .^ol^mann  (3)te  fi)nopt.  ©m>.,  ibr  llrfprung  unb  gefd)idjtl. 
(Sljarafter,  Scip^ig  1863)  juerft  eingebenb  begrünbeten  unb  bann  uon  mehreren  auberen,  bef. 
SB.  2Bet6  (5).  WarfuSeu.  1872;    3).  3)latt^@u.   u.    feine   £ura§paralleten,  1876;    GtnI.  ind 

45  9*X  1886)  fortgebilbeten  ©eftalt  (f.  unten).  3&r  pfliebten  im  mefentlicben  bei:  ©eijfäcfer 
(Apoft.  3ettalter,  1886),  @.  381  ff.,  ©enbt  (fiebre  3cfu  I,  1886),  55enf(blag  (2.  Sefu, 2 1887), 
^.etoalb  a.  a.  O.,  Äübel  (Go.  'Sflait^  1889,  8. 23 ff.),  ©artb,  ©.8 ff.;  aud>  nod)  %  ©ernle, 
ber  freilid)  bcxx  betreffenben  SilbungSprojefe  erft  im  ^weiten  So^'bunbert  feinen  Abfdjlufj 
finben  läßt  (3).  fnnopt.  grage,  greiburg  1899). 

50  3)ie  apoftolif(öe  örief titteratur,  inöbef.  $auln§,  aU  Hilfsquelle  für  bie 
S)arftellung  ber  euang.  ©efdjicbtc.  ftolt^off,  Vita  J.  Christi  a  Paulo  adumbrata,  1852; 
$oret,  Paulus  unb  3efu§:  3bX^  1858.  58ef.  totdjtig:  3*r.  SRood,  3)ie  »riefe  be*  Apoftel« 
Vaulud  unb  bie  Sieben  beö  ^errn  3.  Gbviüi,  fiubioigSburg  18S7.  Sgl.  ©.  &r.  ©efj,  ^brifti 
$erfon  u.  »erfll#l  ($afel  1878),  8.  339 ff.;  aueb  %.  ©tualb,  6.  39 ff.;  %  Söfcbfe,  Duellen 

55  h  üebeu  3efu#  SRagnit  1895;  ^bbne,  Smoiciueit  unb  tote  bezeugen  bie  ntl.  ©riefe  ba$  ©rben* 
leben  SefuV:  Öciu.  b.  01.  1898,  @.  441  ff. 

3)ie  Duetten  ber  ©efd)ia)te  3efu  toerben  ^erfömmlia^ertnetfe  in  bibiifd^e  unb  aufjer* 
btblifdr)c  eingeteilt.  ®oa^  fann  im  ©runbe  nur  Don  btblifa^en  Duetten  bie  Siebe  fein. 
2Ba3  an  3cugnijjen  ^etbnifa^er  Sa^riftftetter  über  bie  ^ßerfon  unb  9Birf|amfeit  ß^rifti  er* 

<x»  Balten  ift :  bie  beiannte  öorne^m  öeraa^tenbe  unb  ben  ©eift  heftigen  3uoen^affed  atmenbe 
Sleujjerung  be«  ^Eacitu^  über  Ürfprung  unb  2Baa)3tum  ber  (S^rtften^eit  btö  &ur  SJeronifd^en 
SSerfolgung  (Annal.  XV,  44 ;  fcgl.  Hist.  Y,  2,  55) ;  bie  Scmerfungen  bei  ©ueton  unb 
^liniu^  über  bie  ©efte  ber  G^riften  al^  Vertreterin  eine^  neuen,  Derfe^rten  unb  f$äb* 
liefen  Aberglauben«  (Suet.  Claud.  25;  Nero  16;  Plin.  Ep.  X,  97);  bie  rxod)  fj)äteren 

r«  @rh?ä^nungen  bei  £amj)ribiuiJ  (Vit.  Alex.  Severi  29.  43),  fotnic  bei  Sudan,  (SelfuS 
unb  anberen   fyeibnifa^en  Seftreitem  be«  ß^riftentum«,  I5nncn   eigentlichen  öefa^ia^tlia^en 


Cluettentoert  in  feiner  SBeife  beanfarucfyen.  2luc§  bie  in  bem  forifd&en  93riefe  beS  Reiben 
3Rara  an  feinen  ©otyn  ©eral>ion  um  baS  !gafyr  73  (fyarauSgeg.  burefy  Sureton  im  Spici- 
legium  Syriacum,  Sonbon  1855)  enthaltene  3ufammenfteHung  ßfyrifti,  beS  burefy  bie 
tfyöric^ten  3uben  jtoar  getöteten,  aber  in  feinem  ©efefce  fortlebenben  „toeifen  ÄönigS", 
mit  ben  fyeibnifäen  ÜBeifen  ©otrateS  unb  SßtytfyagoraS  fann  fyöcfyftenS  als  intercffanteS  5 
Zeugnis  für  bie  umftctygreifenbe  geiftige  5Kad^t  beS  StyriftentumS  gegen  6nbe  beS  apoft 
Zeitalters,  aber  nicfyt  als  Duelle  für  bie  ©efc$i$te  ßfyrifti  bertoertet  toerben  (na$  ftarnaef, 
$lt=Ar.  Sitt.  biS@uf.,  ©.  763,  rityrt  baS  ©^riftftüi  etft  auS  ber  Reit  SJtarf  SlurelS  |balb 
nacb  165]  fyer).  (Sin  toirflicfyeS,  unb  £toar  ein  fefyr  toicfytigeS  ©efaHd^tSjeugniS  über  3>*fu 
göttliche  Söunbertfyaten  unb  über  feine  Anfeindungen  feitenS  ber  ungläubigen  ^vtotn  10 
toürben  toir  in  bem  bon  (SufebiuS  (H.  E.  I,  13)  mitgeteilten  ©riefe  beS  Styarcfyen  31b* 
gar  bon  6beffa  befifcen,  toenn  biefer  95rief  famt  bem  Slnttoortfcfyreiben  3;efu  für  ettoaS 
anbereS  als  ein  alteS  2tyofrty)fyon,  bon  äfynlicfyem  3Sert  ober  richtiger  Untoert  toie  bie 
(in  ibrer  älteften  ©eftalt  jcfyon  bei  $ertutlian,  Apologet.  5,  21,  ertoäfynten)  3ltten  beS 
Pilatus  über  ben  $ro&e{$  %tfu,  gehalten  Serben  fönnte  (bgl.  b.  21.  „2tbgar" ;  auefy  §arnacf,  is 
I.e.  533 ff.).  —  SÖon  ben  aujjerbiblifctyen  Quellen  <$riftlic$en  UrforungS,  m  »Dellen  bie 
lefctertoa^nten  $ofumcnte  ben  Übergang  bilben,  lönnen  toeber  bie  afanonifegen  ßbangelien 
beS  3ubenc$riftentumS,  noefy  bie  aponfy^ifäen  ©bangelien  fyeibend&riftlid^  ober  aud) 
juben$riftlicfcgnoftifc$en  UrftmmgS  irgenbtoelctycn  Slnfpruc^  barauf  ergeben,  als  eigentliche 
©eföicbtSqueflen  betrautet  ju  toerben.  SSon  jenen  geigt  felbft  bie  ältefte  unb  relatib  befte  20 
ilrhmbe,  baS  fog.  §cbräerebangelium,  einen  erheblichen  Mangel  an  Urfprünglicfyfeit  gegenüber 
unferem  3RattfyäuS  unb  einen  großen  Steicfytum  gefd&ictytlicfyer  unb  lefyrfyafter  Stünfteleien 
(tfeim).  $iefe,  bie  eigentlichen  2fyofr$>fya  ber  (Sbangelienlitteratur,  fmb  in  ben  fyäretifctyen 
Greifen  beS  2.  bis  7.  Safyr^unbertS  entftanbene  SJtyantafiebrobufte,  gur  Ausfüllung  ber 
dürfen  im  Seben  beS  £errn,  befonberS  in  feiner  ©eburtS*,  ÄinbfyeitS*  unb  2eibenSgef$icfyte,  20 
erbietet  unb  buretytoeg  nur  burd&  ifyren  Äontraft  ju  ben  Angaben  ber  fanonifcfyen  ©bans 
gelien  toertboH.  3$re  jagenfyaften  3ut^^en  unb  balb  mcfyr  lefyrfyaft  tenbenjiöfen,  balb 
nte^r  poetifä  üppigen  Ausmalungen  bienen  ba$u,  bie  (Sdjtfyeit  unb  ©laubtoürbigfeit  ber 
lefcteren  negatib  ju  beftätigen,  tote  bie  Äarrifatur  baS  Criginalgcmälbe  borauSfefct  (bgl.  b. 
31.  „Styotr.  b.  9U.S").  SDie  mancherlei  3Serfud^e  ju  fünftlerifc^cr  ®arfteHung  %t\\i,  an-  30 
bebenb  mit  ber  ^Jrofopogra})^ie  (33efc$reibung  ber  ©tatur,  ©ignalement)  ty]u  Don  2en- 
tuluS,  fotoie  mit  ber  Don  (SufebiuS  bejd^riebenen  G^riftum  unb  baS  blutflüjfigc  SBcib  bar= 
fteflenben  Grjftatue  ju?ßaneaS  (H.  E.  VII,  17.  18),  unb  in  bie  lange  Steige  ber  verae 
icones  ober  elxoveg  äxsiQ07iolt]Toi  Derlaufenb,  ftefyen  auf  eben  biefer  nieberen  ©tufe  (f. 
bie  oben  angeg.  Sitt).  —  SBertboßer  fc^on  ftnb  bie  burefy  einige  Rirc^enüäter  ber  beiben  35 
elften  S^ri^ntota  überlieferten  9tocfyrid(»ten  über  einzelne  SebcnSumftänbe  unb  9tuSft>rüc$c 
beS  .^erm.  ©0  toaS  ber  9Serfaf[er  beS  SarnabaSbnefeS  über  bie  ©rtoäfylung  unb  Öcru« 
fung  ber  Apoftel  (c.  5),  über  bie  Sränfung  G^rifti  mit  ßjftg  unb  ©alle  (c.  7),  über 
feine  Äuferfte^ung  unb  Himmelfahrt  angiebt  (c.  15);  ferner  bie  burc^  ßufebiuS  auf- 
betpa^rten  äuSfagen  beS  $ßa}>iaS  über  3jefu  Se^rt^ätigfeit  unb  baS  SBerfyältniS  mehrerer  40 
feiner  ^""Ö^  ju  i^m;  beSgleic^en  einzelne  toieQei<$t  auS  nic^t  apofrv^^er  Überlieferung 
geflogene  Sngaben  guflinS  beS  SJtärt^rerS  (toie  bie  über  G^rifti  ©eburtsftätte  in  öetfc 
lebem  als  eine  £ityle,  Dial.  c.  Tryph.  c.  78,  u.  a.;  t>gl.  grebner,  Seiträge  $ur  6inl. 
in  bie  bibliföen  ©Triften  I,  1832);  enblic^  unb  fyauptjäd>li<$  bie  in  ben  fog.  Dicta 
Salvatoris  äygaqxi  bei  3uf*in,  ßlemenS,  DrigcncS  :c.  ftd^  barbietenben  ©rgänjungen  46 
beS  bie  Seben  beS  £errn  betreffenben  fanonifc^en  ÜberlieferungSftoffeS,  ein  $toar  je^r 
ficbtungSbebürftige«  unb  bielerlci  fritifcfye  ©c^toierigfeiten  barbictenbcS,  aber  boc^  einige 
(^olbforner  e^ter  Überlieferung  umfd^Iie^enbeS  ©ebict  (f.  bie  bon  5Ho}>eS  a.  a.  0.  an  ber 
überreichen  Sefc^fc^en  ©ammlung  geübte  Äritif,  toonac§  immerhin  11  aut^ent.  §errn- 
ftmkfK  unter  bem  maffen^aft  überlieferten  2lgra^a=9)?aterial  an^uerfennen  toären).  Um  m 
(Srceiyte  auS  einem  Verlorenen  fyotx.  ©bangelium  (o^ne  toefentlic^en  SBert)  fd;cint  eS  fufy 
bei  bem  ©renfeD^untfd^en  Sogia-gfimb  ^om  ^  ig97  gu  fyanbcln  (f.  0.). 

Slufeerbiblifc^e  SRad^rid^ten  jübifctyen  UrfprungS  über  3«f«^  fönnten  fcfyon  in  ben 
Sänften  bon  ^jtyilo  unb  3pfei>^uS  ertoartet  toerben,  toenn  nic^t  jener  als  borne^mer 
aleranbrimf^er  3U^  un^  v^ilofo})^  ftc^  grunbfäfclic^  allen  gntercffeS  an  jerufalemifd^en  66 
ober  gar  galiläifc^en  religiöfen  SBolfSbetoegungen  entf plagen  unb  bcS^alb  gleich  ß^rifto  aud^ 
3obanneS  ben  Käufer  böHig,  bielleic^t  abfi$tlic§,  ignoriert  ^ätte,  unb  toenn  ferner  nicfyt 
biefer  an  feiner  betannten  ängftlid^en  Slürfftd^tna^me  auf  bie  SRömer  einen  Slb^altungS* 
gtunb  gehabt  £ättc,  ber  i^m  jebeS  nähere  @ingcl;cn  auf  5)tcffiaSibeen  unb  mefftanifd^e 
Sättigungen  fdne«  SottcS  berbot.    ©0  reichhaltige  Beiträge  jur  neuteftamentlic^en  ^\U  00 

1* 


4  äfefttd  <£f)rtfhtd 

gefegte  in  ben  beiben  großen  §aupttoerfen  biefe«  §iftorifcr«  enthalten  ftnb  —  Seiträge, 
toelqe  namentlich  bic  ^Regierungen  §erobi«  b.  @r.  unb  feiner  9?actyfolger,  jumal  be« 
äfottya«  Don  ©aliläa,  ferner  bie  SBertoaltung  be«  <ßilatu«  betreffen  unb  aud;  bic  SOBirf- 
famfeit  3°^nni^  be«  Käufer«  toenigften«    berühren  —  fo   untoafyrfcfyeinlicfy   ift   e«  bodf, 

r>  bafe  Don  tfym,  ben  fcfyon  ßelfu«  al«  einen  ämozä>v  rep  'Irjoov  d>s  Xqkttco  bezeichnete 
unb  beffen  Sctytoeigcn  über  Gfyriftum  aud)  Ortgene«  fyc'rVorfyob,  irgenbtoelcfye  genauere  an- 
gaben über  ba«  Setyrtoirfen  ober  bie  ©cfyicffale  be«  §erm  gemalt  toorben  fein  fottten. 
3)a«  berühmte  3wgni«  toon  ßfyrifto :  Antiqu.  XIII,  3,  3,  ba«  ftcfy  tote  ba«  Sefenntni«  eine« 
fogar  tounber*  unb  auferftetyung«gläubigen  2tnfyänger«  aufnimmt,  fann  be«fyalb,  trofc  feinet 

10  Uebcrliefertfein«  bur#  alle  §anbfc$riften  unb  feinet  93e$eugtfein«  fcfyon  bur#  ßujcbiu«  (H. 
E.  II,  11;  Demonstr.  ev.  III,  5)  fc^toerlicfy  Don  ^ofcjj^u^  fyerrütyrcn.  $etne«faH«  ift 
e«  in  feinem  Vollen  Umfange  ecfyt ;  eine  fürjerc  9iotij  über  3>efum,  äfynlicfy  tote  jene  gelegent= 
liefy  einer  ßrtoäfynung  ijafobi  be«  ©rubere  be«  §errn  Antt.  XX,  9,  1  beigebrachte,  fönnte 
immerhin  an   jener  ©teile   be«   18. 93ucfye«  urfprünglicfy  geftanben  fyaben,  aber  ber  ©a$: 

iö  e0  Xgiorög  ovrog  f}v  fotoie  bie  Steuerungen  auf  Gfyrifti  übermenfcfylictye«  SBefcn  unb 
feine  Sluferftefyung  u.  f.  f.  Verraten  auf«  beutlictyftc  bie  §anb  eine«  alten  d^riftlic^en  3"ter- 
polator«.  $er  ÜRefyrfyeit  neuerer  Äritifer  gilt  batyer  bie  Stelle  als  interpoliert  in  ber 
&ier  angebeuteten  SQBeife,  fo  <ßaulu«,  Ol«fyaufen,  §einictyen,  ©iefeler,  §afe,  SReufe,  33öttger, 
*ßaret,  (Stoalb,  SRenan,  SÖiefeler  (in  %bli)  1878,  ©.  86  ff.).  9Son  ben  ba«  (Singejcfcobcnfcin 

ao  be«  ganjen  $affu«  belauf  tenben  ßritifern  ftnb  fyervorjufyeben :  (Sictyftaebt,  Flaviani  de 
J.  Chr.  testimonii  av&evria  quo  jure  rursus  nuper  defensa  sit  quaestt.  VII, 
3en.  1813—41 ;  nebft  Vielfachem  Auctarium,  ebb.  1841—45),  @.  ©erla^  ($)te  2Bei«= 
fagungen  be«  213:«  in  benSd^rr.  be«3ofc^u«  ic,  Serlin  1863),  3R.  33aumgartcn  Qb%t) 
1864,  IV),    6.  £ityne  (2).  angebliche  3eugni«  Von  (S&rifto  bei  Sofej^u«,  «Rtoidau  1871) 

26  unb  bcf.  ©djürer,  (ber  übrigen«  ©efö.  b.  3üb.  35. 3. 3. 3efu*  1, 455;  auefc  in  8L  „Sofe^ue" 
b.  ©nc.%  VII,  ©.  113,  ba«  §errityren  ettoelctyer  Don  3of.  fyerrüfyrenber  9Borte  in  ber 
©teile  immerhin  al«  nicfyt  ganj  unmöglich  uigiebt).  Söegen  ber  noefy  neueften«  —  in  S3c= 
folgung  be«  Vorgang«  von  33retfcfyneiber,  Söfymert,  ©cfyöbel,  3°f-  Sangen  (SC^D©  1805, 
I)  u.  a.  —  tyie  unb  ba  verfugten  33erteibigung  ber  Slut^entie  ber  ganjen  ©teile  f.  oben 

80  b.  Sitt.  —  §at  3«>fei)^u«  toenn  irgenb  ettoa«,  bann  iebenfatt«  nur  fyöd$t  ©}>ärlic^e«  über 
l^efurn  berietet,  fo  foH  fein  3c^genoffe  unb  SanbSmann  3uf^  *on  Liberia«,  ber  gegen 
ba«  @nbe  be«  3.  100  n.  6fyr.  eine  ß^ronif  ber  jübifctyen  Könige  bi«  auf  Slgrippa  II. 
öerfafete,  in  biefem  Verloren  gegangenen  SSJerfe  ^toar  bie  33erfyältniffe  ©aliläa«  befonber« 
berücf ftc^tigt ,  bennod^  aber  be«  ©rotten  aller  ©aliläer,  3>efu,  auc^  nic^t  bie  geringftc  (£r= 

36  toä^nung  get^an  ^abat.  Unb  jtoar  erflärt  $^otiu«  (Biblioth.,  c.  33)  biefe«  fein 
©c^toeigeit  toofyl  ganj  richtig  au«  „franf^aftem  gubentum".  —  ©eit  3Kitte  be«  2.  3<u)r= 
^unbert«  tocic^t  biefe«  anfängliche  bemonftratiue  ©c^toeigen  ber  Suben  über  3efiun  mebr 
unb  mel>r  ben  gefyäfftgften  Slntlagen  unb  i^erläfterungen,  toomit  öon  biefer  ©eitc  ^er, 
toie  fc^on  Suftin  ber  2Rärn;rer  unb  ßelfu«  toufeten,  ba«  Slnbenfen  an   ben  getreusten 

40  Gl^riftu«  verunglimpft  tourbe.  2)ie  fo  ftc^  anfammelnbe  ©cfymäfc  unb  ©c^anblitteratur, 
beren  ©runbbeftanbteile  bereit«  6elfu«  unb  ^Jorp^riu«  für  tyre  Singriffe  auf  ba«  Gfyriften- 
tum  benu^ten  unb  toonad^  3efu^  ^on  fe^ner  SKutter  im  ©fyebrudj  mit  bem  ©olbaten 
^ant^era  erjeugt,  burc^  äg^ptifc^e  3^u&er^  ^n  allerlei  ©efyeimfünftcn  untertoiefen,  burc^ 
ÜBeuat  feiner  3un9^  an«  Hreuj  gebraut  unb  an  biefem  unter  feigen  Älagen  jagfyaft  ge= 

46  ftorben,  bann  al«  Seiche  au«  bem  ©rabe  geftol^len  fein  follte  :c,  tourbe  teil«  im  ialmub 
niebergelegt  (f.  Saible  u.  2)alman  a.  a.  D.),  teil«  ju  ber  ebenfo  giftigen  al«  albernen 
mittelalterlichen  ©cfymäfyförift :  „33ud^  ber  Urfprünge  be«  3efäu  Jpannoo^ri"  Verarbeitet, 
^jrgenb  toelc^er  fyiftorifc^e  ©e^alt  läfet  ftc^  biefer  Sittcratur  be«  antic^riftltc^en  9labbtni«= 
mu«  nietyt  abgetoinnen.    ©te  liefert  lebiglic^  3err^^er  un^  boshafte  SSerleumbungen  ber 

60  läcfyerlidjften  älrt  —  „p^antaftifc^e  Äarrifaturen  eine«  franf^aften  §aft^  Q*Qm  *>en  //®e= 
hängten"  (Sart^).  §armlofer,  aber  gleic^faD«  ol^ne  jeglichen  ^iftorifc^en  Söert,  finb  bic 
au«  iubenc^riftlic^-aj)ofrWl?if^em  ober  altfircfylicfcgnoftifcfyem  ©tamme  ertoac^fenen  ©agen 
be«  9Jtofyammebi«mu«  von  ^efu  (f.  0.).  —  2Begen  ber  mobernen  @rbid>tung  eine«  öcs 
einflufetfctn«  ber  ebang.  ©efc^ic^te  vom  95ubb^i«mu«  f.  u.,  Slbfc^n.  II. 

56  6«  bleiben  bem  allen  jufolge  faum  irgenbtoclcfye  eigentlich  fo  ju  nennenbe  JQucDen 
für  bie  ©efd^ic^te  %tfu  benufcbar,  al«  bie  biblifd^en,  nämlic^  in  erfterfiinie  unb  Vor  aßen 
bie  vier  ßvangclien  be«  neuteftamcntlic^en  Äanon«.  3lu^  fie  freiließ  fyat  bie  neuere 
Jtritif  tetltoeife  ju  Verbärgen  unb  ju  enttoerten  gefugt,  ©otoeit  t^re  Operationen  jtoar 
ben  brei  erften  ßvangelien  ober  ben  ©i;noptifern   ein  relativ  ^ol;e«  Sllter  unb  toirflicfyen 

60  ©cfc^ic^t«c^arafter  vinbijicren,   bagegen   aber  ba«  3o(|aitne«evangelium   al«   eine   naefc 


3eftt*  (Sfptftttd  5 

opoftolifäc  Icnbcn^rift  ofync  ftreng  gefcfyicfytlid&en  ^nfyalt  auffaffen,  iuofynt  ifyr  tveitigfteiid 
ein  getoijfer  Schein  bon  SBa^eit  bei.  2)enn  aHerbingä  unterfdjeibet  jtcfy  baä  bon  ben 
©tynoptifern  enttoorfene  GfyriftuSbilb  Dom  jofyanneif$en  GfyriftuS  burefy  eme  einfachere  unb 
fcoltetümlic^ere,  ber  mtyftifd&en  liefe  beS  (enteren  entbetyrenbe  Haltung ;  auc§  toeifen  innere 
^nbijicn  im  ©inllang  mit  getoid&tigen  äufjeren  3*u0niff*n  ten  brei  erften  (Sfcangelien  eine  5 
frübere  äbfaffung  aU  bem  toierten  ju.  3ene,  bie  evayyüia  ocojuanxd  mit  ifyrer  no$ 
minber  enttoicfelten  G^riftologie  unb  ifyrer  ftärferen  §erfcorfyebung  ber  jübifdfcnationalen 
Sebingtyeit  unb  93efc$ränfttyeit  be$  mefjtanifctyen  2efyrhnrfen$  $tfu,  geben  fiefy  als  um  bie 
3eit  be$  ©ericfytö  über  g^wf^lem,  nämlicfy  teils  lurj  bor  teils  furj  naety  70  unferer  2lra 
fcerfafct  3)iefeS  bagegen,  baS  evayyikov  nvev^aiixov  mit  feinem  beträchtlich  Vertieften  i<> 
unb  bereicherten  cfcriftologifctyen  ©tanbpunft  unb  feiner  tieffinnig*geiftreid&  getroffenen  3luS* 
toa#  gettnfier  bebeutfamer  Erinnerungen  aus  bem  ©rfatyrungSfctyafce  eines  bem  £errn  einft 
innig  nafye  geftanbenen,  aber  in  langtoäfyrenber  ©cfyule  beS  SebenS  gereiften  SieblingS* 
jüngere,  giebt  dne  ^iemtirf)  toiet  foätere  $eit  feiner  Slbfaffung,  nämlicfy  tttva  baS  lefete 
3abt£ebfU  brä  L  3af?r£unbeTt3,  too  ber  apoftolifctye  SScrfaffcr  uralter  ftrabition  jufofge  16 
botfcbctagt  unb  frcc|angcfe[?cn  ju  GfyfyefuS  lebte,  ju  erfennen.  2luf  bie  9Rottoenoig!eit, 
tiefen  cfcarafteriftifäen  ©egenfa$  jtoifdj^en  ftynoptiicfyer  unb  jofyanneifcfyer  ©eftaltung  beS 
aungeüf^en  ©e  j^icfjtöftüffe3,  bat  baS  fird&licfye  Slltertum  (GlemenS  älejanbrinuS  2c.)  mebr 
nur  a^nte,  möglid>ft  (cbarf  unb  flar  gu  erfaffen,  fyat  bie  mobeme  ßritif  mit  banfenS* 
lüertem  *Jtodjbmtf  aufmerffam  gemalt;  tyre  eigene  gaffung  beS  ©egenftanbeS  leibet  freiließ  20 
totdfacb  an  ©ejcbi&tötmbrigfeit  unb  33er$errung,  toobon  namentlich  ber  Vierte  (Sbangelift,  na$ 
t^r  ein  gnofttjierenber  p^IfariuS  ober  tfyeologifcfyer  Dtomanbicgter  beS  2.  3iafyrfyunbertS, 
fcart  betroffen  toitb.  3>ie  ma|fcoHere  unb  präjifere  ©rfaffung  beS  Gfyarafteriftifd&en  beiber, 
ber  ©tjnojrttfer  auf  ber  einen  unb  $ofyanniS  auf  ber  anberen  ©eite,  ift  neuerbingS  mit 
me^r  ober  minber  erheblichem  Grfolg  angeftrebt  toorben  burety  9Ketyer,  SBeife,  SBetyfdflag,  26 
3Beftcott,  ©obet,  5ß.  ßloalb,  ©e^el,  Sartb;  (f.  aud>  fc^on  be«  Unterjei^neten  jtoei 
Vorträge:  Die  @t>angelienfritif  unb  ba^  Sebenäbilb  3efu  G^rifti  nad)  ber  ©etyrift, 
Darmftabt  1865,  fotoie,  toa^  bie  ßw^^^fw^Ö  ^vc  tenbenjfritifc^en  SSerfu^e  jur  §erab^ 
fe^ung  be^  Urfprung^  ber  fanonif^en  Suangelien  in^  2.  3^^|unbert  angebt:  6.  2:i= 
f^mborf,  SBann  tourben  unfere  Göangelien  berfafet?  Seidig  1866;  4.  ertoeit.  Slufl.  30 
1880).  ©leidfoeitig  ^aben,  auc^  toaS  june^meitb  fd^ärfere  unb  tiefere  (Srfenntnte  ber  })f^05 

Sjifc^en  u.  a.  ©igentümlic^feiten  unb  f^ejießen  ^iftorifc^en  Sebingt^eiten  ber  einzelnen  ©^noj)^ 
er  betrifft,  fic$  june^menb  erfreuliche  gortfe^ritte  bei  ber  fonferbatto  genuteten  neuteftament= 
liefen  ^orfd^ung  ^erauögefteHt.  XU  ©runbeigentümlid^feit  beä  3Katt(|äu«ebangeKumg  fte^t 
bie  8uffaffung  3efu  ate  beö  burd^  ©efe§  unb  Sßro^etie  ber^eifeenen  3Re|fta^,  beö  ©offnes  35 
2)at>ibd,  be«  ©o^ne^  2lbra$am$,  fun  afö  be«  redeten  geiftlid^en  Äönigö  be^  ©otte^bolfe^ 
3^raelf  in  allem  toefentlid&en  feft.  UJlarfu^  ift  ate  SSertreter  einer  bonug^toeife  burc^  ba^ 
a^oftolifc^e  2e^rjeugnte  ^Jetri  bebingten  9luff affung  ^efuatebeS  fraftbouen  unb  getoaltigen 
©ottedfo^ne«,  ber  feine  STOejjtanität  öor  allem  mit  einer  gütte  bon  SBunbern  bofumen* 
tierte,  baraet^an  toorben.  3n  2ufa3  enblid^  giebt  ftc^  ber  bornefymlicty  burd^>  bie  paulu  40 
itif$c  SSuffaffung  be3  G^riftentum^  beftimmte  unb  getragene  Vertreter  berjenigen  G^riftu^^ 
ibee  ju  erfennen,  bie  in  bem  §eilanb  ben  au^  ©Ott  geborenen  Präger  ber  SSJa^r^cit 
unb  be$  §eite  für  alle  SSöller  erblich  unb  biefe  i^re  uniberfaliftifc^^eibend^riftlid^c  $enbenj 
mebefonbere  aud^  burd^  §erbor^ebung  be$  SEBirfen«  3>eju  in  ber  ©igenfdjaft  eine«  Steife« 
t?rebiger«  ober  toanbernben  5Wifftonar«  (Sc  9,  51  bis  18,  30)  bemerfliety  mac^t.  —  $ie  45 
fritif*  unterfd^eibenbe  ßinjelbetrad&tung,  toeld^e  biefe  d^arafteriftifd^en  3Werfmale  ber  bier 
8eru^terftatter  ^erbor^ebt,  fd^liefet  gleichzeitige  35}a(irne^mung  be«  i^nen  allen  ©emein* 
famen  teinedloeg«  au«.  9?eben  ber  |iftonf$en  unb  t^eologifd(>en  3nbibibual-G^arafteriftif 
bebält  bie  altfird^lid^e  Stuffaffung  ber  bier  ebangelifcfyen  ©efc^id^t^urlunben  afö  6ine« 
nniyyihoy  rergduocKpov  forttoätyrenb  il^r  gute«  Stecht;  ganj  toie  neben  ber  ejegetifd^-  50 
bitifd^  fid^tenben  Sluffaffung  be$  ebanaelifd^en  ©cfd^id^tSftoffe«,  toeld^e  überall  ftjno^tifctye 
unb  jobanneifc^e  Serid^terftattung  forgföltig  auäeinanberl^ält,  aud^  bie  ^armoniftifc^e  8e= 
banblungStoeife  in  i^rer  relatiben  Berechtigung,  ja  9tottoenbigfeit  verbleibt,  äud^  toenn, 
toie  bei  einem  leil  ber  borfyin  genannten  fonferbatiDen  Gbangelienfritifer  bie«  gefctyiefyt 
(f.  bef.  auc^  meine  ©c^rift  t>om  3a^  1865),  jtoifc^en  ber  heutigen  ©eftalt  ber  brei  erften  65 
(ftxmgelien  unb  getoiffen  ifynen  ju  ©runbe  liegenben  älteren  QueHfcfyriften  unterfc^ieben 
twrb,  bleibt  bie  ifyrem  ©efd^id^tötoert  jufommenbe  änerfennung  eine  unberänberte.  Wan 
laxm  fe^r  too^l  ber  §ol^mann-2öeijjfdfen  %tot\c\VLtümti)tom  infotoeit  ftd^  anfölieften, 
ba^  man  einerfeitd  einen  „fyebräifctyen",  richtiger  aramäifc^en  Ur=3Katt^äuS  (bie  burefy 
%Äpiaä  bezeugte  2ogias©ammlung),  anbererf eitö  eine  mit  bem  heutigen  jloeiten  ßbangelium  60 


6  3efttd  <£f)rtftii* 

mcfyr  ober  toeniger  fiefy  bedfenbe  @efd;id(>t«cr$äfylung  be«  $etru«  al«  bie  ©runbfäriften 
betrachtet,  toclcfyc  in  bic  brei  jtynoptifcfyen  fcfcangelien  be«  Kanon«  —  bei  2uca«  unter 
au«giebiger  SBttbcnufcung  noefy  anberer  Quellen  —  eingearbeitet  hmrbcn.  Urapoftolifd; 
finb  ftc  boety  beibe:  jene  Sogia-  ober  Siebequelle,   toie  biefc  $etru«=  ober  ©efdji$t«quellc ; 

6  unb  ber  Sfonatyme,  bafe  e«  ber  Sfyoftel  ScfcUSJiattfyäu«  felber  getoefen,  ber  feine  aramäifcfyc 
©pruc^fammlung  fpäter  jum  heutigen  griedbtfcfyen  üDtatt^äu&^este  erweiterte  unb  um; 
gestaltete,  fielen  ^öc^ftenö  bie  Vorurteile  qu^u  ängftlid^er  mobemer  Äritifer,  aber  feine 
befttmmten  @efctyicfyt«;eugniffe  entgegen.  Stynlicfy  toirb  aud&  bem  4.  (Sfcangelium  fcon 
feiner  apoftolifcfyen  Sluttyentie  unb  ©laubftmrbtgfeit  nichts  SBefentlidjc«  endogen,  Wenn 

10  man  einen  Unterfd&ieb  [tatuiert  jhrifcfyen  tfyatf  äc$li#em,  bur$  bic  Erinnerung  be«  2icbling«= 
jünger«  3>efu  *rcu  un*>  fa^Ö  fe^^  ®«f4icfyt«ftoff  (tooju  in«befonbere  auefy  bic  $z\U 
angaben  über  3>efu  öffentliche«  Sebrtoirfen  gehören,  f.  unten,  VII)  unb  jtoifc^en  freier 
öon  i^nt  geftalteten  ©lementen  ber  Überlieferung,  toie  namentlich  ber  Ignfyalt  unb  bic  $onn 
Don  gefu  Sieben,  betreff«  beren  eine  ©intoirhmg  feiner  a}>oftolifcfyen  3nbitoibualtiät  toofyl 

ib  angenommen  toerben  barf  (toenn  auc$  nicfyt  nottoenbig  in  fo  toeitgetyenber  2öcifc  toie  Söcifc 
unb  33etyfc$lag  bie«  für  nötig  galten).  SSgl.  überhaupt,  toa«  bie  ftrage  toegen  ber  jo^an= 
neifcfyen  Slutfyentie  unb  2fyoftolijität  be«  4.  ßfcangelium  angebt,  bie  betr.  Sitt.  in  b.  31. 
„Joanne«"  (bon  ben  oben  angef.  ©Triften  bef.  bic  öonSartty  unb2öe$el;  auefy^ß.  ßtoalb 
1890  u.  1897). 

ao  Sieben  ben  ßöangelien  öerbleibt  ben  übrigen  neuteftamentlicfyen  Schriften  tocfcntlicfy 
nur  bie  93ebeutung  gctoicfytöoHer  beftätigenber  3eu9n^e  f^r  ^c  ©faubtoürbigfeit  ber 
ebangelifcfyen  ©ef$icfyt«barftellung.  35or  allen  fefcen  bie  ©riefe  $auli  bie  Xfyatfad&cn 
unb  ben  Slebeftoff  ber  ebangelifdpen  ©efd^id^te  in  ityrem  fcoHen  Umfange  fcorau«.  2>a« 
burdb  fte  abgelegte  befräftigenbe  äeugni«  ift  bom  unf#ftbarften  SBertc,  toeil  e«  —  obfdjon 

26  burdp  ©Triften  au«  einer  ber  UrforungSieit  unfrer  !anoniföen@öangelien  öorangcfyenben  (§j>od&c 
überliefert  —  ber  fono}>tifcfycn  Sluffafiung  öon  6^rtfti  Sßerfon  unb  SJliffton  gleid&crmaftcn 
toie  ber  jofyanneifdjen  jur  Scftätigung  gereift.  SJlan  öerglcid&e  einerfeit«  bie  Sc^ug^ 
nahmen  auf  ftonoj)tifd&  überlieferte  Slusftmidic  bc«  öcrru,  tüte  wx  allem  bie  3lbenbmafyl«= 
cinfe^ung   (1  Äo  11,23—25),  bie   auf   @(>c   unb   SJ?e(d>eibung,    auf  bic    etoangeliftifctye 

aoS^ätigfeit  ber  Sfyoftel  bezüglichen  (1  m  7,  10—12;  !>,  11)  :c.  famt  ben  SBertocifungcn 
auf  einael^etten  ber  Setben«*  unb  itufcrftchtng^gefcbi^tc  (J  %\  6, 13;  1  ßo  15,3—8) 
unb  ber  Hervorhebung  ber  baöibifd^en  Slbtunft  Gfmfti  nad)  bem  gleite  (Slö  1,3), 
anbererfeit«  bie  gan*  toie  jotyanneitö  Ringcnben  3cuqniffe  für  bie  ©otte«fo^nfc^aft  unb 
ch)ige   )>erfönlic^c   ^räejiftenj  (S^rifti  (1^ü8,6;    10,4;    2  Mt>  4,  4;    Äol  1,  15—18; 

86$P£il  2,  5  ff.).  9Son  ben  ©Triften  be«  ^ßetru«,  gafobu«  k.,  t>om  SBcrfaffer  be«  §ebräer= 
brtefe«,  bom  Sl^ofal^tiler  (fall«  berfclbe  überhaupt  al«  berfc^ieben  bom  ©öangeliften 
Sotyanne«  ju  gelten  bat)  lä|t  fu$  ä^nlid^e«  nac^toeifen.  9luf  einzelnen,  freiließ  nid^t  gc- 
rabc  ja^lretd^en  fünften  gereichen  bic  ntc^t  ebangelifd^en  Seftanbteile  be«  S12:«  ben  Se= 
rieten  ber  febangelicn   nid^t  blofe   gur  Seftätigung,   fonbern  axxi)  jur  (grgännmg.    ©o 

40  ergänjt  bic  2tyofteIgef$i$te  ba«  ebangelif^  Überlieferte  burc^  tyre  genauere  2)arftellung 
ber  Himmelfahrt  be«  Öerrn  (1,  4—11)  unb  burefy  SKitteilung  bc«  älteften  Dictum  Salv. 
ayoawov  (20,  35).  $aulu«  aber  fügt  bem,  toa«  toir  burd;  bic  ßbangeliften  über  bic 
Offenbarungen  be«  äuferftanbenen  bi«  mx  Himmelfahrt  toiffen,  einige  b'6d)\t  toie^tige  neue 
Mac  jjfinju  (1  Äo  15,  3—8).    ©otoo^T  bic  bolle  Autorität  unb  äut^entie,  al«  auc^  bic 

46  ©ufficiena  be«  ©efd^id^t«in^altc«  ber  dtoangelicn  empfängt  burc^  biefc«  ite^ältni«  ju  ben 
epiftolifc^en  parallelen  bic  toirffamfte  Seleud^tung  unb  Beglaubigung.  @«  genügt,  ba& 
bic  ncuteftamcntlid^en  ©cfyriftfteHer  unter  jid^  in  i^rem  l^flwffc  bom  ©cfc^id^tlidjen 
ber  Offenbarung  ©otte«  in  3efu  g^rifti  DoWommen  einig  finb  (f.  bef.  ^ß.  ®toolb[1890|f 
©.  150  ff.).     S^re  Harmonie  läjjt  ba«  Slic^tbor^anbenfcin   nenncn«h)erter  auf5crbiblifd^er 

60  Duellen  um  fo  h>enigcr  bebauem.  S)ie  cbangelifd^c  ©efc^id^te  gewinnt  an  2ücrt 
unb  2lnfe^en  in  eben  bem  SRafje,  al«  ftc  ganj  auf  eigenen  güfeen  ju  ftefycn  Vermag 
unb  ber  gHuftration  burefy  ba«  trübe,  unruhig  flacfembc  Sid^t  apofrvp^ifc^er  3iorfc^riftcn 
nic^t  bebarf. 

IL  ©cfamtbarftcllungcn  ber  ebangclifd^en  ©cfd^id^tc.  —  Allgemeine 
55#ittcratur:  .^afe,  ©c{cbtc^tc  Sefu  nari)  afab.  Sorlejungcn  (i'eipjig  1870;  2.,  linocvfiubcvlc 
«ufl.  1891,  al«  83b  IV  ber  „©efammclten  SBcrfc"),  6.  110—174.  Jr.  9?ippolb,  $a«  Ücbcn 
3efu  im  iK?l  (ferner,  Beiträge  pr  @>efd^td)te  ber  fdjiücijer.  9icforination$tird)citf  öern  1884, 
6.  346—413),  baju  al«  gortfe^ungen:  „5)ic  erfte  ßcbcn<3efu*93etuegung  be«  19.  galivljuu- 
bert«"  (Hanbburf)  ber  neueften  Äird)engcf*.3,  111,1,1890,207—220);  $>te  jnjcite  Üeben-Sefu* 
60  ^ciuegung"  (ebb.  397—425);   gfunfunbfc^ig  Sajre  iuiffcn(4afiU4c  Scbcn.3efU'gorfd)Uinj  u. 


3efu*  Gfjrifiuö  7 

Ujr  ergebne  für  bic  gläubige  ©emeinbe  (ebb.  III,  2,  1896),  8.  214—246.  »gl.  aud)Subuiig 
e^uljc,  5>arft.  be3  ß.  g.f  im  $bb.  ber  ttjeol.  SBiffeufaV,  I,  2,  185-188. 

Ältdjriftlidje  unb  mittelalterlicbe  $r ofa*$arftellungen.  Xt).  #a$n,  Wrt. 
ISüangelien&armonie"  in  ffttt ',  V,  8.653—661;  #.  (Sbrarb,  ©efd)id)te  ber  fcarmoniftif 
(in  f.  SBiffenfcbaftl.  ffritif  ber  eo.  ©efd). 8,  1868,  6.  85—99) ;  (Sb.  9feu&,  $ie  beutfdje  £ifto-  & 
rtenbibel,  3ena  1855  u.  Hrt.  w©tfioricnbibeI- (@nc. •,  VIII,  15? ff).  £b.  SJcerjborff,  $ie  beutfdjeu 
£iftorienbibeln  beS  9R$3,  nodj  40  $>bff.  bearbeitet  1870 ;  9U*og,  $ie  beutfdjen  <ßlenarien  im 
15.  unb  ju  Anfang  be3  16.  3aijr&unbert3,  greiburg  1874.    S3gl.  §afe  1.  c,  114—117. 

$oetifc&e  S)arftellungen  be8  S.  3.  au3  altfird)l.  unb  mittl.  Seit.  1.  ©pifdje  $ar- 
ftcüungen :  g.  §ammerid),  $>ie  ältefte  d&rifttidje  (Spit  ber  Ängelfadjfen,  3)eutfd)en  unb  lieber»  Vi 
länber,  au«  bem  $än.  oon  SRidjelfen,  ©üterdlor)  1874;  ©rein,  $er  £ettanb  u.  feine  CtueHen, 
Stoffel  1869;  (L  8ieoer3,  S)cr  fcelianb  ic,  £alle  1875;  $R.  ßögel,  ©efd).  ber  beutfc&en  fiitt. 
bi*  jum  Hu3g.  be«  2RÄ8  I,  (Strafeburg  1894  f.  2.  $)ramatifierungen,  inSbefonbere  ^affionS* 
fpielc.  lieber  ben  Xgtmds  jiaö%<ov  als  cinj.  gried).  öeifpiel  biefer  SMdjtungSgattung :  Ärum* 
baa>r,  ©efd).  ber  bnj.  fiitt.*  (1897),  8.  746—749.  lieber  b.  geiftl.  8d)aufpiele  be*  Bbenb»  n 
lanbeS:  SRone  (bef.  93b  II,  ItarlSrufje  1846),  ß.  £afc  (1858),  @.  SBilfen  (1872),  ©.  WilaV 
fad,  $te  Öfter«  unb  $affionSfpiele,  bef.  in  $eutfd)lanb,  I,  SSolfenbüttel  1880;  fi.  SBirtb,  $ic 
Cftcr;  u.  $affion*fpiele  bis  j.  16.  3&bt.,  ^atte  1889.  »gl.  #.  ©oeberfe,  ©runbrife  $.  ©efd).  °er 
bcutfdjen  $id)tung,  S)reSben  1859. 

teuere  S)arftellungen   bU  jum  Anfang  be8   19.  Saljrljunber  t3.    $oetifd)e  20 
^Bearbeitungen  (inäbef.  9J?efftaben) :    SRorifc  ©arriere,  $)ie  #unft  im  3ufamment)ang  ber  $ul* 
turentroidelung1,  fieipjig  1874,  83b  IV  u.  V;  ©urtyarbt,  $ ie  Kultur  berSRenaiff.  in  Statten«, 
II,  148.  289;  fi.  ©eiger,  flftenaiffance  unb  Humanismus  in  Stauen  u.  $eutfd)l.,  Berlin  1881, 

3.  260 ff.;    ©ermnuS,  SBilmar,  ftoberftein,    t>.  ßeirner  je.  in  ifjren  S)arft.  ber  ©cfdjicbte  ber 
beut  [eben  9lationallitteratur.  26 

^rofabarftellungen:  #afe,  8.  114-124;  ß.  8d)ul$e  a.  a.  0.  —  SBegen  ber  an- 
fange einer  fritifdjen  Sebanblung  ber  eu.  ©efd).  beim  ^)ei«mu§  unb  filteren  SRationaliämuS: 
©.  «.  &drter,  ©ef*.  beS  englifcben  2)ei8muö,  Stuttgart  1841 ;  £.  ©ettner,  $ie  engl,  fiitt. 
beö  18.3abröunbert«*,  SöraunfdUüeig  1865 ;  3.  ©unt,  Religious  thought  in  England,  I— III, 
ifonbon  1870 ff.;  fieSlic  Stephen  Hist.  ofEnglish  thought  in  the  18.«*  cent,  ßonbon  1876 f.  90 
Sgl.  bie  SMtteratur  oor  XröltfcbS  «.  ,,^ei8mu§"  (IV,  532);  aud)  Vilbel  im  !L  w$Rationali8m. 
unb  ©upranat.-1  in  $9*(£\  XII  (©.  515 ff.). 

lieber  bie  neueften  fritifdjen  unb   pofitiü*biftorifa^en  5)arftellungen  feit 
8trau6  :  ^afe,  @.  124—162;  ißippolb,  ^euefte  &®  III,  1  unb  III,  2,  a.  a.  £).;  berfelbe, 
im  »nbang  ju  f.  »ortrag  :   „2)03  9^aturbilb  in  ben  Weben  3efu",   ©ern  1886  (©.  30—95);  36 
2.  ©djufge,  8.  187 f.  —    8.  aua^  fiut^arbt,  3)ie  mobernen  3)arfteUungen  beä  fi.  3»   ßeipjig 
1864;  ©.  ll^iöom,  SSier  Vorträge  über  bie  neueren  2)arftettungen  b.  fi.  3-,  ^annooer  1866, 

4.  9luf(.  1892  (unter  bemJitel:  „$a§  S-3.  in  feinen  neueren  $arftetlungen");  3B.  2fran|jen, 
Xic  2eben»3cfu*93eroegung  feitStrauf?  (»ortrag),  3)orpat  1899.—  fttrim  bie  $arftcllunaen 
be*  SntwidelungSgangeS  ber  neueften  Geologie ;  üon  ^,  8d)marj  (3-  ©efd).  b.  neueften  %t)to\. 4,  40 
fieipitg  1869  (8.  95  ff.  532  ff);  0.  ^fleiberer,  3)ie  (SntiDicfelung  ber  proteft.  Xfjeot.  in  $eutfaV 
Ianb  feit  Äant,  ^reiburg  1891  (8.  253-313),  grj.  granf,  ©efd).  unb  ftritit  ber  neueren 
2&*ol.*,  Scipjig  1895  (8. 171  ff.  262  ff.). 

3u  einer  tüiffenfd^aftlic^en  äuffaffung  unb  S5e^anblun(;  ber  fiebenögef^ic^te  %tf\\  ^at 
e^  eigentlich  erft  bie  l^eoloajc  unfere«  Iga^unbertö  gebraut.     Söäfyrenb  ber  Dornet-  45 
ge^enben  3ftfr$unbert*  läfet  bte  bogmatifd^e  Starrheit  ber  cfyriftlutyen  i^eologie  e«  eincr= 
fette  nur  ju  nato-unfritifc^en  SRc^robuftionen,  anbererfeitS  nur  ju  }>oetifc^cn  Bearbeitungen 
be$  ctHingelifc^en  ©efc^ic|teftoffe^  lommen. 

A.  I)ie  alt!irc|lic^e  unb  mittclaltcrlid^c3eit.  ©ie  bringt  e$  ju  leiner  eigent* 
lidf  ^ifkorifc^en  3)arfteDung.  3)er  Stoff  toirb  enttoeber  ^armoniftifc^,  mtttefe  eine«  bie  3lu&  w 
fagen  ber  trier  6i>angelien  ntofaifartig  jufammenlegenben  SBerfa^ren^  au«  ben  ©bangelicn 
^ufammengeftellt,  ober  poetifety  ber)anbeü:  fei  e«  in  tyifcfyer,  fei  e«  in  bramatifc^er  jBerfa 
ftlarton.  Seibe  2)arftettung«h)eifen  bienen  toefentlicfy  nur  erbaulichen  3^ecfen.  Unb  jtoar 
fuc^t  bie  $armoniftif  übertniegenb  ber  praftifcHultiföen  Sbätigfeit  ber  Äleriler  an  bie 
fymb  ju  ge^en,  toetyrenb  bie  epifd^e  unb  bramatifd()e  33ibelbicr)tuna,  mgleic^  auc^  betn  66 
2aienbebürfnif[e  entgegenfommen  toiH.  2)ie  Sntfte^ung  unb  (Snttmcfelung  jener  erfteren 
ötteraturgattung  bringt  ber  ben  ©egenftanb  bis  in  bie  neuere  3*it  hinein  berfolgenbe  Sirs 
tifel  Don  ga^n  (f.  oben)  auf  ausgezeichnete  SBSeife  jur  3)arfteHung.  —  SBaS  bie  poetifetye 
^eben=3efu'2itteratur  betrifft,  fo  gehören  ber  altc^riftlidjen  3^*  —  to™n  man  öon  ben 
groben  einer  ctyriftologifcfyen  fibri!  bei  ^ßrubentiu«  (in  ber  Styotfyeofte)  abfielt  —  nur  einige  eo 
eptfc^  geartete  3Jerftfifationen  ber  ebangelifcfyen  ©efd)id)te  an.  3)er  ältefte  fyierfyergefyörige 
Serfuc$  ift  ber  lateinifd&e  be«  fpanifc^en  ^reSb^ter«  6.  SettiuS  Slquilinu«  Subencu«  um  330, 
bie  Historia  evangelica  11.  IV  (ed.  Faustin.  Arevalus,  Rom.  1792 ;  beffer  bann  §uemer 
m  CSEL  XXIV,  SBien  1896;   bgl.  bie  ©tubie  bon  6.5Karolb  in  3to2$  1890).  3^m 


8  3<fit3  ©fjrtfta* 

folgten  tuäfyrenb  bc«  5.  Safyrfyunbert«  ber  agitier  SRonnu«  au«  *ßanol>oli«  mit  feiner 
fd&toülf%eleganten  unb  gelehrten  grie^ifd&en  Sßara^rafe  be«  3°&annte5@toangelium« :  Mern- 
ßolt]  tov  xatä  VoMivvrjv  äyiov  EvayyeMov  (fcgl.  bie  abgaben  Don  ^affoto :  Nonni 
Metephrasis  Ev.  Joh.  rec.,  Lips.  1834,  unb  fcon  6.  Sambier,  Seidig  1881),   fotoie 

5  ber  abenblänber  Göliu«  ©ebuliu«  (um  450)  mit  einem  in  ber  3-ortn  an  bie  3)?etamor= 
ptyofen  Dfctb«  erinnernben  §elbengebi$t  fcon  ben  SBunbern  ©otte« :  Mirabilium  divino- 
rum  11.  V  sive  Carmen  paschale  (in  ben  Opp.  Sedulii  rec.  Arevalo,  Rom.  1704; 
fcgl.  bie  neuere  unb  beffere  2lu«gabe  fcon  §uemer  in  CSEL,  vol.  X  (2Bien  1885),  and) 
beSfelben  S)iff. :    De  C.  Sedulii  vita   et  scriptis  1878).    gerner   gehören   fyierfyer  bie 

10  ßentonen  ber  $roba  galtonia  unb  anberer ;  „metrifcfye  ©eföid&ten  3efu  au«  lauter  3Serfen 

Somer«  ober  SBtrgil«  jufammengefefct,  ebenfo  gefd&idft  unb  muffelig  al«  gefd&macflo«; 
lofterarbeit,  obtootyl  and)  ein  gelehrtes  ©piel  be«  ÄaifertyofeS"  (£afe).  33gl.  6.  ©c^enfel« 
SluSgabe  be«  (um  350  gebicfyteten)  Cento  Vergilianus  jener  $roba  in  CSEL,  vol.  XVI 
(Poetae    christiani    minor.,    9Bicn  1888),   fotoie   toa«    bie   faif  erliefe  6ento=2)id^terin 

15  3ltfyenai&@ubofia  ca.  430  betrifft:  Strtfyur  Subfoicfy,  Eudociae  Augustae  carminum 
reliquiae,  Seidig  1893  (aud&  benfelben  im  9fy  SJtuf.  f.  $&il.  1882,  ©.  206  ff.).  ai« 
einen  efcangeliengefcfyid&tlicfyen  §omcro-6ento,  b.  f).  eine  SDarftettung  ber  ©efdjic^te  (5l;rifti 
in  §omertoerfen,  toottte  neuerbing«  $.  31  §arri«  bie  aj>oftrtfl>fyen  Acta  Pilati  ertoeifen ; 
bod&  entbehrt  biefe  Rtyne  §tyj)otyefe  toofyl  ^inreicfyenber  Segrünbung  (f.  3-  St  §arri«,  The 

20  Homeric  Centones,  and  the  Acts  of  Pilate,  Lond.  1898,  unb  bagegen  6.  fc.  2)ob- 
föüfc  im  2ty293l  1899,  ©.  333  ff.). 

*}u  Slnfang  be«  9Jta.«  blütyt  bei  ben  d&riftlicfyen  Söllern  be«  abenblanbe«  befonber« 
bie  ej>tf$e  2)arfteQung  in  nationakgermanif<$er  $orm.  ©ie  erfctyeint  repräfentiert  junäcfyft 
burefy  bie  angelfäd&fifd^cn  2)i<fytungen  ßäbmon«  (um  680)  unb  Gtynetoulf«  (geft.  773),  Don 

26  twldpen  toenigften«  ber  Crist  be«  lederen  —  ein  breiteilige«,  juerft  bie  ©eburt,  bann  bie 
äfoferftefyung  unb  (Sr^öbung,  lefctlic^  bie  SBiebertunft  be«  §errn  befingenbe«  ©ebic^t  —  in 
juberläfftg  achter  ©eftalt  auf  un«  gelommen  ift  (f.  bie  betr.  Slrtüel  bonSSBülfer:  35b.  III, 
618 ff.  unb  95b  IV,  364 f.,  unb  »gl.  §ammeri<$  a.  a.D.]  9fyl>olb,  2.  $.  im  3Wä,  unb 
befonber«  3Wor.  Erautmann,  Gtynetoulf  ber  Sifd&of  unb  2)id&ter,  Sonn  1898),  burefy  ba« 

so  altfäd^fifc^e  ftabreimenbe  Gfyo«  §elianb  (um  820)  unb  burd?  ben  ettoa«  jüngeren  Crist 
Dtfrib«  Don  SBeiffenburg,  ba«  ältefte  alt^o^beutfd^e  Stcimgebicfyt  (fegt,  bie  befonberen  3lr- 
tilel  herüber;  and)  §audf,  S?@.  2)eutfd&lanb«  II,  705  ff.).  S)em  11.  Safrtyunbert  gebort 
ba«  6jjo*£ieb  an,  em  ©efang  Don  ben  9Bunbern  ßfyrifti,  bemer!en«toert  in  foracfylidp 
#mfictyt  ioegen  feiner  Seimifctyung  latcinifd^cr  Söorte  jum  beutf^en  lejt,  fotoie  in^altlid^ 

35  tuegen  feiner  nüchternen  Sermeibung  tegenbarifc^er  3u^aten  (f-  %&*&$,  ®jjo^  ©efang  üon 
ben  SBunbern  6^r.,  Strasburg  1879,  unb  fcgl.  SJlütten^off  unb  ©euerer,  S)enfmäler  2c, 
3.  «.  1892,  I,  p.  78  ff.). 

©egen  bie  3e^  ber  Äreujjüge  beginnt  biefen  e^ifd^  gearteten  Bearbeitungen  be^  ttian: 
gelif^en  ©cfd^iAtöftoffe«  bie  bramatifc^e  jur  ©eite  ju  treten,    ältefte^  befannteä  35eU 

40  fj)ict  biefer  SHd^tungggattung  ift  ber  unter  ©regorö  bon  9lajianj  ©Triften  überlieferte, 
aber  fcfytoerlicty  bor  bem  11.  3«^unbert  entftanbene  Xqiorog  n&ox<ov,  eine  bie  £eiben£= 
unb  auferfte^ung^gefd^id^te  be^  $crm  bialogifö  be^anbelnbe,  in  fprad^Ii^er  unb  ptyrafeo: 
IogifdS>er  ^inftd^t  ^ati^tfäc^Itc^  aus  SurtyibeS  fd^ö})fenbe  ^ragöbie  beträchtlichen  Umfanget 
(2640  33erfe,   meift  jambifd^e  Srimeter)  —  intereffant  ate  ,,ba«  einjige  d&riftlic^c  SDrama 

15  auf  gried^ifd^em  33oben",  übrigens  nid^t  für  bie  Sü^nc  beftimmt,  fonbern  nur  ate  „2efe= 
ftüdt"  aufgearbeitet,  ba^er  audj>  nid&t  a\%  SSorbilb  ber  ^affton^iele  beä  abenblanbe«  ^u 
betrauten  (§ain>tau«gabe  Don  3-  ©•  Srambä :  „Christus  patiens"  etc.  in  ber  Biblioth. 
Teubneriana,  Seidig  1885;  Dgl.  ßrumbad&er,  ©efc^.  ber  b^ant.  Sit.1,  746—749).  Sei 
ben  Stößern  beS  abenblanbeS  finbet  toä^renb  ber  legten   mittelalterl.  ^a^r^unberte  faft 

a>  eine  völlige  3Serbrängung  ber  ej)tfc^en  burc^  bie  fcenifdfcbramatifd&e  Se^anblung  be«  tban* 

iielifd^en  ©efcfyicfytöftoffeS  ftatt.  2)ie  illofter^oeftc  ber  geiftlicfyen  ©c^aufricle  liefert  3)ar- 
leKungen  teils  ber  ©eburt3gef$i$te  bed  §crrn  (j.  35.  einen  Ludus  scenicus  de  nati- 
vitate  Christi  au$  bem  13.  3a^^nbert,  j^erauögeg.  Don  ©demolier  in  ben  Carmina 
burana,  Stuttgart  1847),  teiw  unb  ^au^tfäd^lid^  $affion&  unb  Dfterfpiele,  beftimmt  ^ur 

55  liturgtfcfyen  auffü^rung  befonberö  toä^renb  ber  ßfyartood^e  unb  einerfeit«  auf  bie  Sßaffion 
unb  ©rablegung  bejmglid^  (©unbelfingerS  S^iel  t>on  ß^rifti  ©rablegung  1494;  bie  großen 
$Paffton8ft)iele  t>on  ©onauefd^ingen  unb  aföfelb  2c.),  teil«  bie  auferfte^ung  in  ben  uRittek 
pvmtt  ber  S)arftettung  rüdtenb;  fo  ba«  Slebentiner  DfterfJ)iel  Dom  3-1464  (bearbeitet  burefy 
a.  ^re^be,  Sremen  1874,  ©d&toerin  1892)  u.  a.  m.  —    Übrigen«  lebt  gegen  bie  SRefor- 

00  matton«jeit  aud^  bie  epifc^e  2)arftettung  toieber  auf,  gepflegt  bur$  elegante  2ateinbtd^ter  ber 


3efuS  <£f)rtffctS  9 

Wenaiffance ,  tote  3ac-  ©anna^aro  (Qcft.  1530),  ber  toegen  feiner  Christeis  s.  de  partu 
virginis  11.  III  ,,al«  cfyriftlictyer  aStrgtl"  gepriefen  tourbe,  unb  §ieron.  SSiba  (geft.  1566 
ate  grjbiföof  Don  2Uba),  beffen  Christias  (U.  VI,  Slnttoetyen  1536)  eine  SSorgängerin 
ber  Älopftodffcfcen  SMeffiabe  beiden  barf.  —  3Jietyr  ober  teeriger  auefy  nur  poetifd^en  Gfya* 
raäer«  finb  bie  berfelben  Übergangszeit  Dom  ÜK31  gur  neueren  .ßeit  entftammenben  $rofa-  5 
bearbettungen  be«  Seben«  ßfyrifti :  breit  angelegte  erbauliche  ©efdjictytSeraätylungen  mit  mefyr 
ober  minber  reichlichen  legenbarifcfyen  3u^atm-  ©°  f#on  33onaDentura«  Vita  Christi 
(juerft  gebrueft  um  1480);  bann  Subofyfyu«  be  ©ajonia,  Jtartfyäufer  in  Strasburg  um 
1350:  Vita  J.  Chr.  e  quatuor  Ew.  et  scriptoribus  orthodoxis  concinnata 
(Strafeburg  1470 ;  denuo  edid.  Bolard  et  Carnandet,  Brux.  1870) ;  ©imon  bc  ßaffia,  10 
äuguftiner  in  glorcnj,  De  gestis  Domini  11.  XV  (urforüngl.  ital.,  ftlorenj  1496 ;  lat. 
8afell517  k.);  £ierontymu«  XaDier,  be«  3efui*en  3*anS  3EaDier  SReffe:  Historia  Christi 
persice  conscripta  (urfprtinglicfy  portugiefifety  gefd&rieben,  bann  in«  ^Jerftfc^c  übertragen 
$u  TOiffionSjtoeden,  mit  reichlicher  ©inmengung  appttypfyfäcx  Segenben  au«  bem  Ev.  in- 
fantiae  unb  ben  Acta  Pilati ;  in  lateinijcfyer  Überfefcung  herausgegeben  mit  fritifd&en  15 
Jioten  burefc  2.  bc  3)ieu,  Lugd.  Batav.  1639)  u.  f.  f. 

B.  Steuere  3*it  jwnäc^ft  bi«  um  ben  2tnfang  unfere«  3a$r$unbert«.  ®*e  2^Cs 
ratur  ber  (SDangclientyarmonien  toätyrt  fort,  befonber«  eifrig,  aber  freiließ  in  engfyerjtg 
orttyoboirem  unb  unfritifetyem  ©eifte  fultiDiert  burety  lutfyerifcfye  Geologen  toie  Slnbrea« 
Cfianber  (Harm,  evangelicae  Ib.  IV,  Bas.  1537,  1561),  Saurent.  ßobmann  (Harm.  20 
Evangelistarum,  allen  frommen  Stiften  2C.  ju  3)ienft  geftellt,  Nürnberg  1568),  9Rart. 
Gfyemnu),  $otyt.  Setyfer  unb  3°&-  ©a^arb  (Harmonia  quatuor  Ew.,  Francof. 
1593—1626;  ouefc  Hamb.  1704—1735,  3  tom.  f.),  Dleariu«,  3o&.  2llbr.  »engel 
(Sichtige  Harmonie  ber  4  Gm.,  Tübingen  1736);  f.  ba«  Stöbere  bei  3afa  <*•  a-  0-  — 
£e«gleic$en  foirb  mit  poetifcfyen  Bearbeitungen  mancherlei  3lrt  fortgefahren,  f  ofoofyl  brama*  25 
tiföen  (§ugo  ©rotiu«,  Christus  patiens  denuo  ed.  filier,  Tübingen  1712 ;  ßriftal, 
La  passion  de  J.  Christ,  $ari«  1833 ;  *)Sanagioti«  ©utfo«,  MeoaLa,  Sitten  1839) 
al«  epifc^en.  auf  bem  ©ebtet  ber  lederen  fyat  ben  beträchtlichen  9tufym  erlangt  ber  toäfc 
renb  ber  3afcre  1748—73  erfd&ienenen  „üHcffia«"  Älopftodf«  (f.  b.  31.).  SReben  unb  naefc 
tym  berbienen  6.  Sabater  („3efu«  Gtyriftu«",  jur  fllopftocffd&en  3Jleffiabe  „fiefy  ber&altenb  30 
toie  SRartya  jur  SRaria"  [öafe]),  gr.  Sücfert  fä)a«  Seben  3efu.  (Sine  ©bangelien^armo* 
nie,  1839)  unb  etfoa  noefy  S.  ©aflet,  ber  SSerfaffer  eine«  „Saienebangelium«"  in  Werfen 
(1839  u.  ö.)  genannt  ju  toerben. 

3)ie  erbaulid&e  93e&anblung«foeife  befyarrt  innerhalb  ber  römifcfclatfyolifd&en  Sittcratur 
bte  in  unfer  S^^unbert  hinein  bei  jener  mittelalterlichen  9Jlet^obe  ber  reichlichen  ©in«  85 
mengung    a^ofr^^^ifd^en  SegenbenftoffeS.    33gl.  namentlich  be^  Äa^ujinerö  SWartin   Don 
Goc^em  (geft  1712)  „Seben  unb  Seiben  3efu  ß^rifti  unb  SWariä"  (für  unjer  ^a^unbert 
neu  bearbeitet  burdjj  3K.  ©in^el,  3.  Stufl.,  9legen«burg  1862).   St^nlid^   no$  ba«  betannte 
^bantaftifc^e  6rbauung«bud&  ber  tnftonären  -Könne  Katharina  ©mmeric^  ju  S)ülmen,  geft. 
1824:   „35a^  bittere  Seiben  unfereS  §errn  %  Gfyrifti"  (^erauögeg.  üon  6lem.  93rentanoio 
—  f.  b.  21.  „©tigmatifation").  —   3)ie  eöangelifc^-erbaulic^e  Sitteratur  ^ält  ftety  frei  Don 
a^ohv^fc^'legenbarijc^en  ^wt^aten,   uimal  öon  folgen  Don  mariologijc^er  SCenbenj.    ©ie 
letftet  in  i^rer  aüerbingS  unfritifd^en  3lrt  teiltoeife  Sebeutenbe« ;  f 0  bie  (Snglänber  Xa^lor 
(1653),  Steabing  (1716)  2c. ;  bie  2)eutföen  Slmabeu^  Greu^berg  (eigentlich  ^.93alt^.  ©inolb 
*.©c$ü$  1742  geft.) :  änbäd^ttge  »etrad&tung  be«  Sebenö  3. 6^r.  (1712) ;  Ä.  $.  Don  Sogafcfy  45 
(Dad  Seben  3.  Gljrifti  auf  ßrben,  1753,  unb  SDaS  Seben  3.  6^rifti  im  Fimmel,  1754); 
aud?  Ä.  t>.  (SdfartSfyaufen  2c.    ßier^er  gehört  aud^   ber  an   Die  religtöfe  2luffaffung  feine« 
Äreunbe«  SaDater  fic^  anle^nenoe  ©cfytoeijer  ^Jfenninger  in  feinen  „3übifd^en  ©riefen,  eine 
ftefjtabe  in  ^Jrofa"  ($ejfau  unb  Se^^ig  1783—90,  10  Sänbe).    ein  befonber«  ftarfe« 
ftontingent  £at  bie  Ideologie  ber  rationaliftifd^=fupranaturaliftif(^en  Gfyocfye  m  biefem  ©enre  60 
gefteüt ;   fo  ©d^uler,  Jlöffelt,  ©tolj,  ©reiling,  3Jcar^einecfe,  D.  Slmmon,  Jt.  3iw^^"an« 
(bie  Drei  legten  in  ^rebigtform). 

Sie  um  ben  änfang  be«  18.  Sa^r^unbert«  an^ebenbc  fritifd&e  Se^anblung  ber  eDan- 
gelifc^en  ©eföicfyte  tritt  junäd^ft  in  ber  ©eftalt  plumper  Negationen  i^rer  ©efd^id^tlic^tcit 
auf,  befonber«  mit  äbfiqt  auf  bie  Söunber,  bie  in  naturaliftifc^em  ©eifte  beftritten  unb  55 
teilmeife  auf  Setrügereien  jurüdtgefü^rt  toerben.  ©0  bei  ben  beiftifd&en  greibenfem  (Sng- 
lanb«  toieSSoolfton  geft.  1733  (A  discourse  on  the  miracles  of  our  Saviour  1727), 
ßbubb  geft.  1747  (The  true  Gospel  of  Jesus  Christ),  Sinnet  geft.  1768;  bei  bem 
ungenannten  SJerfaffer  ber  ©ctyanbfcfyrift  „Ecce  Homo"  (Sonbon  1799),  bei  ben  bie(en 
cngltfc^cn  Jreigeiftern  nad^eifernben  friDolen  Slufflärungep^ilofop^en  granlreic^«  toie  SßoU  eo 


10  $efud  <£f>rtfta« 

taire,  bic  (Snctyflopäbiften  u.  f.  f.  9la$  2)eutfcfylanb  fccrpflanjtc  bicjc  33cftrcituno^nct^obe 
juerft  SHeimaru«,  geft.  1768,  in  feinen  Fragmenten  Dom  gtoedf  3cfu  un*>  üon  fc'nc*  ^uf= 
crftefyung  (Fragmente  eine«  Ungenannten,  tyerau«geg.  Don  Sefftng,  1777  ff.).  $&m  folgen, 
teiltoeife  in  gcmä&igterem,  ettoa«  minber  $riftu«feinblt$em  ©eifte  6.  %.  Ba^rbt  (Briefe 
6  über  bic  Bibel  im  Bolfeton,  £aUe  1782  f;  3lu«fü$rung  be«  $lane«  ^efu,  12  Bbc, 
Berlin  1784 ff.);  Benturini,  Pfarrer  ju  §ornborf  im  Braunfd&tocigifcfyen  (9iatürlid&c  ©e= 
fd^ic^te  be«  großen  Sßro^eten  bon  9tojarety,  Betyle&em  [Jtopentyagen]  1800—1802); 
Jt  i>.  Sang«borf,  2BotyIgei>rüfte  3)arftettung  be«  Seben«  3;efu,  für  proteftantifd&e,  fatl?olifd)e 
unb  ©cftend&riften,  aud&  ^Sraeltten,  SRanntyeim  1831   (3  §efte,   nebft   1  Supplement) 

loftoegen  ber  neueften  ÜRad&a^mer  biefer  ejtrem  naturaliftifd&en  SKet&obe  f.  u.  C.  1).  — 
$n  ein  teiltoeife  neue«  ©tabium  trat  biefe  fritifefy  bibelf einbüße  $arftellung«toeife  bur$ 
Jene  Ideologen  be«  BulgärrationaIi«mu«,  iueld^e  in  toofylmeinenber,  jum  Seil  fogar  apo- 
togctifcfyer  2lbfic§t  ba«  SBunberbare  be«  ebangelifd&cn  @ef$ic§t«ftoffe«  natürlich  ju  beuten 
ober  mittel«  fünftlicfyer  Sjegefe  ju  befettigen  fugten.    leiltoeife  vertreten  fd&on  Bafyrbt 

16  Urtb  Benturini  biefe  TOet^obe  ber  9?atürlid&erflärung ;  tyr  flaf  fifäer  £auj>trepräfentant 
aber  toutbe  ©.  6.  $aulu«,  geft.  1851,  in  feinen  Sbangelienfommentaren,  fotoie  in  feinem 
Seben  Igefu  al«  ©runblage  einer  reinen  ©efcfyicfyte  be«  Urd&riftentum«  (2  Bbe,  §eibelberg 
1828).  SRacfytoirfungcn  auety  biefer  Stiftung  jmb  nod&  bei  £afe,  ©cfyenfel,  Steim,  befonber« 
aber  bei  Slenan  unb  mehreren  feiner  9ta<$a^mer  toafyrjunefymen. 

20  3)ie  ältere  äpologetif  befämpft  biefe  fritifetyen  Angriffe  naety  nietyt  eben  ftreng 
toiffenjctyaftlictyer  SRcfyobe,  anfang«  toom  ©tanbpunfte  entfetyiebener  Drt^obojie,  fpäter  Don 
bem  eme«  milben,  gemäßigt  inftriration«gläubigen  ©uj>ranaturalt«mu«  au«,  ©o  bie  antu 
beifügen  Styologeten  ßnglanb«,  toie  ÜRatfyanael  Sarbner  (On  the  credibility  of  the 
Gospel,  1727),   ©tadtyoufc   (New  History  of  the  Bible,  1732  u.  ö.),   Gfctfto^  9io; 

25  binfon  (The  peculiar  and  distinguishing  character  of  the  Gospel,  set  forth  by 
its  own  intrinsic  excellence  and  perfection,  Sonbon  1738  —  eine  tyeologifcfyc 
©tubie  Don  ^erborragenbem  SOBert),  $ame«  gofter  u.  a.  m.  ferner  bie  beutfd^en  Beant* 
toorter  ber  9tetmaru«f$en  Fragmente,  toie  2)öberlem  (Fragmente  unb  Slntifragmentc,  9Jürn= 
berg  1778,   2  Bbe,  ©emlcr  (Beanttoortung   ber  Fragmente  eine«  Ungenannten,    §aHc 

so  1780),  Steinhart)  (Berfucfy  über  ben  Pan,  toeld&en  ber  ©tifter  ber  d&riftlid&en  SReligiou 
enttoarf,  Wittenberg  1781,  5.  2tufl.  1830),  §erber  (Bomßrlöfer  na$  ben  3  erften  (Sban* 
gelicn,  unb:  Bon  ©otte«  ©ofyn,  ber  2Belt  §eilanb,  nad) go^anni«  @to.,  juf.  5  Sbe,  Sliga 
1796  ff.),  $Iandf  (©efd^id^te  3efu,  33b  I  feiner  ©efd&id&te  be«  G&rtftentum«,  ©öttingen 
1818)  tc  S)ie  angefefyenfte  unb  betiebtefte  biefer  älteren  fupranaturaliftifcfyen  2)arfteDungcn 

ssift  bie  be«  Mrid&er  Geologen  3o^.3af.§eß,  geft.  1828:  @eföi<$te  ber  3.  legten  gebend 
ja^re  3efu,  Sei^jig  1768;  7.  Sufl.  unter  bem  Sitel:  2eben«gefdS>idS>tc  3efu,  3S3be,  3üric§ 
1823.   Sigl.  übcr^au})t  bie  einzelnen  Slrtitel  über  bie  ^ier  ©enannten. 

C.  SRcuefte  3e^   (fe^   *>m  breißiger  3a^n   unfere«  ^a^unbert«).     ßritifcfc 
})ragmatifd^e  unb  bogmatifc^  Dorurteil«freie  3Rettyobe,  au«ge^enb  auf  gefdS>i(^t«getreue  S)ars 

40  ftellung  be«  @nttoidelung«gange«  be«  üHenfd&en  %t\\x$,  ift  gemeinfame«  2ofung«h>ort  fotoobl 
ber  negatto  gerichteten  (bloß  9Jtenf(fyUc$e«  in  3^fu  anerfennenben,  feine  ©ott^eit  leugnen^ 
ben)  toie  ber  pofttto  offenbarung«g(äubigen  Bearbeiter  be«  Seben«  3*fu  in  biefer  legten 
®^o(^e.  3Ran  fann  biefelbe  al«  ba«  Wtifcfctoiffenfctyaftli(fye  ©tabium  ber  ©efc^ic^te  unferer 
2)i«jtylin  bejeid^nen,   obfd^on   e«  auf  feiner  fcon  beiben  Seiten,  toeber  bei  ben  bibelfeinb* 

46  liefen  2)arftettern  be«  Seben«  %t\u,  no(^  bei  ben  j>ofttto  gerichteten  2l}>oIogeten,  jumal 
benen  be«  Jlat^o(ici«mu«,  an  ejtremen  ßrfd^einungen  fe^It,  toeld^e  einen  SRüdfaH  in  bic 
unU)iffenfd^aftlid^  einfeitigen  SRctfyoben  ber  früheren  ^^r^unberte  ju  erfennen  geben.  Sil« 
gemeinfame  9lu«gang«t)unfte  für  beibe  SRicfytnnaen,  bie  negative  toie  bic  ^ofttiöe,  bürfen 
in  gehriffem  ©inne  gelten :  einmal  ©d^leiermaqer«  in  35erlin  feit  1819  ju  me^rercnmalen 

w  gehaltene,  aber  erft  30  Qo^re  nac^  feinem  $obe  Veröffentlichte  SSorlefungen  über  ba«  Seben 
3efu,  au«  feinem  5Rac^laffe  herausgegeben  fconSRütemf  1864  (Dgl.  bie  Beurteilungen  einer- 
feit« toon  9Buttfe  [,,a>te  ©eltung  ßfyrifti  in  ber  Geologie  ©c^leiertna^er«",  Berlin  1868 1, 
anbererfett«  toon  §afe  [®ef^.  ^efu,  ©.  149f.],  SK^olb  (9Jeuefte  Ä®.  III,  1,  ©.  23  ff.], 
auc^  SB.  Benber,  ©d^leierma^er«  2^col.  k.  Bb  II,  SRörblingen  1878),  fobann  Ä.  £afe* 

66  Borlcjungen  über  bie  ©efd^id^te  %tfu,  juerft  gehalten  1823/24  in  Tübingen,  bann  1828 
in  Seidig,  im  2)rudt  erfd^ienen  al«  furje«  Se^rbud^  be«  S.  Sefu  juerft  1829,  in  5.  Sluf- 
läge  1865,  fotoie  le^tlic^  unter  beränbertem  litel  unb  in  ftarf  erweiterter  ©eftalt  al«  ,,©c- 
f$tc$tc  %tfu"  1876  (f.  oben  bie  Sitt.).  Beibe  2)arfteDungen,  bie  be«  Berliner  \m  bic 
be«  %tnacx  S^eologen,  neigen  allerbing«   betreff«  mehrerer  Hauptfragen  ftarf  nac^  linf« 

60  fyin,    befonber«  n>a«  bie  älnna^mc  ja^lreid^er  fagen^after  Elemente  in  ber  ©eburt«-  unb 


3fftl8  6f>ri|ta«  11 

Sinb&eit«gefctyic$te,  ja  aucty  mannet  in  bcr  foäteren  ©efd&id;tc  betrifft  (§afe«  sJfotürlicfy* 
erflärung  mancher  2Sunber ;  ©ctyleiermacfyer«  Hinneigung  jur  ©ctyeintob^typotbcfc  bei  Sc« 
fanblung  ber  Seiben«*  unb  Äuferftefyung«gefctyicfyte).  Sctbc  bieten  aber  bod)  au$  ber  })0* 
ftäb  gerichteten  äuffaffung  bcr  ebangelifegen  ©efc$i$te  triftige  2tntnüJ)fung«punftc  bar, 
befonber«  in  tyrem  eintreten  für  bie  Slutfyentie  unb  @efcfyic|tUc§feit  be«  jofyanneifd&en  6 
6bangeliuin«.  —  3lu«  bem  burefy  biefe  beiben  angefetyenen  SReiftcr  neuerer  tfyeologiföer 
gorföung  gelegten  gemeinfamen  ©runbe  fmb  feit  ben  breiiger  Sauren  jtoei  Steigen  bon 
$arfteHungen  ber  ebangelifd&en  ©efctyicfcte  ertoacfyfen. 

1.  2)ie  negatib*fritif#e  35arftettung«h)eife,  bi^er  tyinburd&gegangen  burefy  brei 
(Snthricf  elung«p$afen :  a)  3)ie  3R  i)  t  ^  e  n  f  r  i  t  i  f  (9)IVt^iftEatton).  3$rc  auf  b*1*  Sorau«*  10 
fefcungen  ber  ^ant^eiftifd^en  ©petulation  £egel«  fufcenben  Vertreter  fteigern  bie  Slnnafyme 
fagenl?after  ßlementc  in  ber  ebangelifcfyen  G5ef$icfyte  bi«  gur  extremen  »etyauptung,  e«  laffe 
fi$  überfallt  toenig  ober  nic$t«  ©etoiffe«  über  bie  gefc$t$tK$e  ^erfon  3iefu  ermitteln. 
So  2>ab.  gr.  ©traufc  in  ber  erften  feiner  fyierfyergefjörigen  arbeiten :  2)a«  geben  ftefu, 
fritijcfc  bearbeitet,  2  SBänbe,  Tübingen  1835  (4.  2luf(.  1840),  unb  me&r  ober  toenigef  bie  iß 
lunäetft  auf  tyn  gefolgten  ©pigonen :  Sfyr.  $.  SBeifee,  2)a«  Seben  ^efu  fritifefy  unb  pljilös 
fo^bifcp  bearbeitet,  2  ißbe,  Seidig  1838 ;  ©atoabor,  J6sus  Christ  et  sa  doctrine, 
2  vols.,  Sßari«  1838;  §enneu,  Unterf Übungen  über  ben  Urforung  be«  ($&riftentyum« 
(Sonbon  1838),  a.  b.  ßngl.  mit  @inl.  bon  ©traufe,  Stuttgart  1840;  ©frörer,  ©eföid&tc 
be« Urc^riftentyum«,  3  Abteilungen  in  5  33änben  (1.  Abteil.:  2)a«  ^a^unbert  be«§eil«:20 
2.  Abteil. :  „2)ic  ^eilige  ©age ;  3.  Abteil. :  $)a«  §eiligtyum  unb  bie  9Ba^eit),  Stuttgart 
1838;  Süfcelberger,  $)ie  fird?l.  Srabition  über  ben  2fyoftei  Spanne«  (Seidig  1840),  unb: 
3efu«,  foa«  er  toar  unb  toollte  (ebb.  1842).  9la$  ©trau|,  bem  Mafftfd^cn  Segrünber 
biefe«  rabifal  negierenben  SSerfabren«,  enthalten  bie  ©bangelien  toeber  übernatürliche  @e* 
fc^id>tc  (feie  bie  orttyoboje  Geologie  toill)  no$  natürliche  gemä|  Den  annahmen  be«  9ta*  25 
tionali«mu«  (gegen  toelc^en  lefcteren  er  manche«  2*effenbe  beibringt).  %fox  Snfyalt  ijt 
toefentlicfc  SJtytyu«,  ^Jrobuft  einer  teil«  abficfyt«lo«,  gum  5EetI  aber  auefy  mit  2lbftd)t  biefc 
tenben  frommen  SBoltefage,  ein  ©agenlrang,  ben  bie  SSere^rung  ber  änfyänger  be«  waiare- 
ntfe^en  SMeifter«  um  beffen  §aupt  gefcfylungen,  unb  jtoar  au«  äfolafe  ber  altteftamentl.  2Bei«* 
fagungen  bon  SDieffia«,  bie  man  in  bemfelbcn  erfüllt  toätynte.  ©treift  man  bie  fd^ling«  ao 
ppamenartig  ben  ©efc^ic^tö!ern  umgebenben  ©agengebilbe  ab,  fo  bleibt  faum  ein9Hel;rere8 
jurüa  alö  bie  I^atfa^e,  ba^  ein  3*fu$  toon  9ia^aret^  gelebt,  gelehrt  unb  ben  lob  am 
ftreu^e  erlitten  ^at.  ®a^  Ungefd^ic^tlic^e  ber  efcangelifcfyen  Serid^te  (beren  .^errü^ren  aus 
ber  3^  Jtoifc^en  150—200  er,  otyne  fonberlid^e^  ©ic^abmü^en  um  ben  Setocte,  tuner« 
banb  t>orau^fefet),  fud&t  er  in*efonbere  au^  i^ren  angeblichen  2öiberft>rüd^en  ju  ertoeifen,  86 
inbem  er  mit  33e^agen  i^re  Angaben  aneinanber  jerreibt.  —  9Ba«  man  bom  ©tanbj>un!t 
biflorifc^toiffenfc^aftlic^er  ^o^f^ung  bor  allem  bei  tym  bermifet :  eine  forgfältige  Prüfung 
ber  Duellen  feine«  SßroblemS  unb  i^rer  gefctyicfytlicfyen  Se^eugung,  f)at  er  toeber  in  ben  bis 
1840  auf  bie  erfte  ©eftalt  be«  9Berf«  gefolgten  brei  Weiteren  Auflagen  nad^ge^olt,  noc$ 
auc^  in  feinem,  ein  SJierteljafyrfyunbert  fpätcr  gefolgten  „Seben  ^efu  für  baä  beutfe^e  3Soß  40 
bearbeitet"  (fieitaig  1864 ;  3.  Slufl.  1875).  gm  lederen  h)itt  er,  entforec^enb  feinem  üom 
Öegelfc^en  ^antpetSmuS  gu  gemeinem  3Katerialiömu«  fortgefc^rittenem  ©tanbpunfte,  nic^t 
fötoo^l  gefc^ic^tlic^e  ^^Ww^Ö^Ö^bniffc  fcorfüfyren,  atö  bielme^r  antifirc^lid^e  unb  antU 
(^rifilic^e  Agitation  betreiben,  gemäfe  feinem  fanatifcfyen  3Kotto:  „2Ber  bie  Pfaffen  au« 
ber  Äirc^e  f Raffen  töifl,  ber  muft  erft  ba«  SBunber  au«  ber  Religion  f Raffen !"  (bgl.  ben  45 
ärt.  „©Kaufe").  —  b)  ®ie  Senben^frititi!  (QueHenfritif)  fuc^t  ftatt  m^ifiaierenber 
3erfe^ung  bc$  eöang.  ©efc^ic^töftoffe«  bielme^r  eine  toiffenfcfyaftltc^e  ^Jrüfung  ber  Duetten 
beefelben  ni  bieten,  unb  gtoar  bie«  mittel«  tritifcfyer  ßnttoertung  biefer  Duellen  al«  am 
geblit^er  religiöfer  lenbenjfd^riften  fpäten  Urfprung«,  bie  au«  bem  erften  mefyr  ober  toeniger 
tief  in«  jtoeite  c^riftlic^e  ga^r^unbert  ^erab^urücfen  feien.  Slamentlicfy  ba«  4.  (Stoangelium  so 
ftrirb  unter  ben  $änbeii  biefer  Äritüer  al«  ein  gnoftifd^er  Senbenjroman  äbnlid^en  6^a« 
ralter«  toie  j.  S.  bie  ^Jfeuboclementinen  bargefteUt  unb  irgenbtoelcfyem  getieften  ^alfariu« 
be«  fcorgerüateren  2.  3«Wwnbert«  jugefc^rieben.  ©0  in  rabifalfter  SBeife  S3runo  Sauer 
(Äritit  ber  et>angelifc^en  ©efc^ic^tc  be«  3jo^anne«,  Sremen  1810 ;  Äritif  ber  et).  @ef#ic$te 
ber  ©^no^tifer,  2  93be,  Seipjig  1841 •  Äritif  ber  et),  ©efefc.  ber  ©tynopt.  unb  be«  %o*  65 
banne«,  Sraunfötoeig  1842;  enblid^  Äritil  ber  @t)angelien  unb©efc^i^te  t^re«  Urf))rung«, 
:J  »be,  »erlin  1850) ;  gemäßigter  unb  toiffenfd^aftlic^  ge^altbotter  g.  6^r.  t).  S3aur,  Ärit. 
Untcrfuc^ungen  über  bie  fanonifcfyen  ßbangelien,  1847,  unb:  $a«  G^riftentum  unb  bie 
t^riftlic^e  Äinfce  ber  brei  erften  ^a^unberte,  1853;  ferner  beffen  jünger  Ä.  SR.  Äöftlin, 
i.  Urftnrung  u.  bie  Stompofü.  b.  ft^nopt.  ßbangelicn  1853 ;  2lb.  ^ilgenfelb,  SDie  (Sbangelien  nad^  eo 


12  ScfitS  Gffrijta« 

tyrer  (Sntftcfyung  unb  gefcfyicfytlicfyen  Öebeutung,  1854;  grj.  äJoltmar,  $>ic  9Wigion  ^cfu 
unb  tyre  erftc  gef^id^tlid^e  SnttDtcfelung,  1857 ;  aucfy:  3*Yu«  Sfatyrcwu«  unb  bic  erftc  d;rift= 
licfyc  3e^  *c-  1881  (biefer  2e$tgenannte  neigt  mit  merfli<$er  rücf gängiger  Setocgung  $um 
ejtremen  9tabifali«mu«  93runo  Sauere  fyin).  %m  toefentlic^en,  toa«  nämlicfy  bic  33orau«- 
6  fefcung  ber  TOc^tautyentie  unb  Ungefcfyicfytlicfyfeit  be«  !gofyanne«et)angelium«  betrifft,  gehören 
jjierfyer  auefy  nod)  £.  §ol$mann  in  ben  auf  bem  ©runbe  feiner  ©tynoptifer=2Jionograj^ic 
Dom  %af)w  1863  toeiter  bauenben  arbeiten  (5R£l.  Einleitung  1885,  30^nn^s^ommentar 
1890,  Sibl.  2$coI.  9?$«  1897),  fohrie  6.  Sßeijfädfer,  Unterfud&ungen  über  bie  ebang.  ©c= 
friste,  ifyre  Duetten  unb  ben  ©ang  ifyrer  ©efefc.,  ©otfya  1864 ;   bc^gletd^en   mehrere  ber 

io  im  folgenben  noefy  namhaft  ju  mad&enbcn  (SHcftifer,  befonber«  fteim  unb  £au«ratb.  — 
c)  35a«  clleftifd&slombinierenbe  93erfafyren,  neben  tenben^fritifd^en  auefy  mtytl>cn= 
fcitifcfye  Operationen  antoenbenb,  teiltoeife  auefy  auf  bie  ältere  9iatürli(§er!lärung  $urücf= 
greifenb,  babei  metyr  ober  minber  entfd&ieben  ju  ibealiftcrenber  Umfefcung  ber  ebangelifctycn 
©efctyicfyte  in«  9tomantyaftc  ober  2egenbenfyafte  tyinnetgenb.    ©o  juerft  unb  mit  bem  be= 

16  beutenbften  fd&riftftetterifd&en  ©rfolge  Srnft  9lenan,  Vie  de  J6sus  (95b  I  feiner  Origines 
du  Christianisme),  $ari«  1863  (13.  ed.  1867;  4.2lufl.  ber  beutföen  Überfefcung  f$on 
1880,  auety  Überfettungen  in«  Sngl.,  §ottänb.,  3tal.  *c);  bann,  bie  Unbefonnenfyeitcn 
unb  frtoolen  Sffefujafd&ereien  be«  franjöftfcfyen  Drientaliften  (geft.  1892)  Don  einem  tfyeologifcfy= 
ernfteren,  foenn  auefy   niefct  gerabe  Diel  gebiegeneren  ©tanbpunfte  au«  fritifierenb :  Daniel 

20  ©d&enlel,  <Da*  ß^arafterbilb  Qjefu,  2Bie«baben  1864  (4.  »ufl.  1873 ;  bgl.  aud&  bie  foä= 
tere  Schrift  ©ctyenfel«,  geft.  1885 :  3)a«  (S&riftu«bilb  ber  2fyoftel  unb  ber  nacfyapoftolifcfycn 
3eit,  nac§  ben  Duetten  bargeftettt,  Seij)jig  1878).  gerner  S^eobor  Äeim  (geft.  1878),  $er 
gefd&ic$tli<$e  Sl?riftu«,  3üri<$  1865  (3.  2lufL  1866),  nebft  ben  beiben  größeren  SBerfen : 
©efd^tc^te  3cfu  bon  Slajara  in   tyrer  Verfettung  mit  bem  ©efamtlebcn  feine«  SSolf«  frei 

25  unterfu^t  unb  au«fü$rlid&  erjagt,  3  93be,  Rürxd)  1867—72,  unb:  ©efcfyicfyte  3efu  nad; 
ben  ©rgebniffen  gütiger  ffiftffenföaft  übetftd>tli<$  erjä&lt,  Süric^  1873  (2.  Slufl.  1875); 
äbolf  6au«rat&,  9KÜ.  3eitgef$i<$te,  SCI.  I:  2)ie  3eit  3efu  (befonber«  2lbfd&n.  VI:  SDic 
äeitgefd&ic&tlid&en  »ejie^ungen  be«  2eben«  $efu),  SKünc^en  1870  ff.,  3.  Slufl.  1879; 
S.  2Bitti$en,   2eben  ^efu  in  urlunblid&er  2)arfteffung,   %ma  1876.    Sil«  neuefte  ftunb= 

30  gebungen  au«  biefem  &xger  ftnb  fyertoorjutyeben :  D.  ^fleiberer,  S)a«  Urd^riftentum,  feine 
©efAicfyte  unb  2e^re  :c.,  Scrlin  1887,  unb  %  Sßityelm  ©d^mibt,  S)ie  ©ef^ic^te  ^efu, 
greiburg  1899.  Seibe  entfernen  ftd^  auf  mannen  nid&t  untoid^tigen  fünften  bon  bem 
rabifalercn  Vorgehen  ber  älteren  Senbenjtritifer,  beharren  aber,  h>a«  bie  Sertoerfung  ber 
Styoftolijität  be«  4.  ©bangelium«  unb  bic  SRic&tannatyme  einer  leiblichen  2luferftetyung  3j^fu 

86  betrifft,  auf  bem  Tübinger  ©tanb^unfte.  ©o  namentlid^  auefy  ©c^mibt,  ber  jtoar  — 
ätynlicfy   h)ie  t)on  ben  grüneren  j.  S.  ©c^enlel  —   einen  Seil  ber  §eilung«hnmber  bc« 

terrn  al«  tyatfäc$lid&  anerfennt,  aber  bie  äuftere  ©id^tbarfeit  ber  (grfd^einungen  be« 
uferftanbenen  leugnet  („5Rur  ber  ©laube  fyat  ifn  geflaut",  meint  er)  unb  in  ber  WidjU 
ancrlennung  ber  ©efd^id^tlid^Ieit  be«  4.  Sbangelium«  fo  toeit  ge^t,  bafe  er  ba«  öffentli^c 

40  Se^rtoirlen  3«fw  nur  ein  gatyr  bauern  lä^t).  —  Von  ben  biefer  Stiftung  me^r  ober 
weniger  naty  fte^enben  neueften  2eben 3efu*S)arftettern  be« 2lu«lanbe«  feien  ^ier  genannt: 
ber  anonyme  SJerfafjer  be«  metyrbänbigen  SSerf«  „Supernatural  Religion"  (2onbon 
1874  ff.),  eine«  englifd&en  ©eitenftüdE«  ju  SRenan«  „Origines"  k.,  nur  in  mannen 
fünften  nod^  rabifaler ;    ber  $ari(er  9lcligion«forfd&er  2llb.  Stritte,   beffen  jtoeibänbige« 

46  2Berf  J6sus  de  Nazareth  (^ßari«  1897)  al«  ein  Renan  redivivus,  ber  Vie  de  J6sus 
be«  berübmten  Drientaliften  in  §inficfyt  auf  elegante  ®arftettung«funft  unb  toefentlicfy  na- 
turaltftifqe  Sluffaffung  gleichartig,  aber  i^re  Frivolitäten  unb  romanhaften  2lu«ioü(^fc  Der= 
meibenb,  gelten  tann.  3?ertoanbter  ärt  ftnb  bie  fyierfyer  gehörigen  3Konogra})^ien  (5.  ©tapfer« 
(f.  aibfc^n.  III,  IV,  V).    Siel  Leiter  treiben  bie   rabifallritif^e  Negation  bie  §ottänber 

60  %  3).  Soman  (Symbol  en  werkelijkheit  in  de  Ev.  Geschiedenis,  Slmfterbam  1884 
u.  a.  m.)  unb  335.  Sranbt  (S)ie  eöang.  ©efc^id^te  unb  ber  Urfprung  be«  6^riftentum«  2c, 
2ei})jig  1893),  t>on  toelc^en  jener  ben  etoang.  ©efd[|ic^t«t^atfad^en  über^au})t  nur  eine  ftym* 
bolifd^c  ©eltung  juerfennen  toill,  biefer  toefentlid^  auf  ben  ©tanbpuntt  ber  ©trau^fd^cn 
aKVt^enlritif  jurüdflenft. 

66  ÜJtit  ber  Haltung  biefer  2e$tgenannten  berührt  [xi)  me^r  ober  Weniger  bie  nid^t  gan^ 
Heine  3a^'  ^on  ^albtoiffenfd^aftlic^en  ^^antaftebrobuften  ober  popularifierenben  Icnben^ 
fc^riften  toie  $.  35.  2ubto.  9JoadE,  3tu«  ber  3or*>an^^Öc  nac^  ©olgat^a;  3)arftettung  ber 
©eföic^te  Sefu,  4  Sudler,  2Jtannl?eim  1870 ff. ;  ?Kor.  ©c^toalb,  G^riftu«  unb  bie  6t)an= 
gelien,  S5remen  1872 ;  §einr.  2ang,  3)a«  2eben  3cfu  un^  W^  tfircfye  ber  3u^unftf  Berlin 

eol872;  Ärüger*33eltyufen,  3)a«  2eben  ^efu,   eiberfelb  1872;  flaltyoff,  3>ö«  2*en  ^efu; 


3efit*  Cijrifto*  13 

Seben,  gehalten  im  proteftantifäen  SReformberein,  33erlin  1880;  21.  2)ult,  bcr  ^rcgang 
be«  geben«  Sefu,  in  gcföi<$tli<$er  2luffaffung  bargeftellt,  2  93be,  Stuttgart  1884  (bon 
bcmfclben  SScrf.  aucfy  cm  2)ramatifierung«berfuc$ :  „3*fu«  bcr  (S&rift;  ein  ©ttidt  für  bic 
i$olf«bü$ne  in  9  £anblungen",  Stuttgart  1865 ;  ©.  gängin,  Der  gfriftu«  bcr  ©eföid&te 
unb  fein  6j?riftentum,  2  %k,  geipjig  1897.—  3U  flAenfcn  ift  ^ier  aud)  ber  in  mandben  s 
Sreifen  einiget  auffegen  erregenben  ÜBerfucfye,  bic  ebang.  ©eföidjte  auf  bubbfyifttfd&e  Quellen 
&urüchufütyren ;  fo  ber  bon  9lub.  ©etybel,  2)a«  @b.  bon  %c\\x  in  feinem  S3er$ütni«  jur 
Öubbipu©age  unb  getyre,  geipjig  1882  (bgl.  bleiben  „$.  Subb^gegenbe  unb  ba«  geben 
3efu,  ebb.  1884;  2.  2lufl.l897"),  fohrie  ber  plumpere  bon  SRifoIauö  9fotohritfd&  (2)te  gücf  e 
im  geben  $cfu,  Stuttgart  1894).  93gl.  über  biefc  gitteraturgattung  überhaupt  SRippolb,  10 
3ur  gcföid&tlicfyen  SBürbigung  ber  Sieligion  %t\\x,  §.  7,  ©.  70  ff.  (mit  intereffanten  mxU 
teilungen  au«  ©Triften  ttrie  bie  bon  9K.  Äultfd&er,  6.  SRariu«,  ©.  gicfyt  u.  aa.).  Über 
bic  noc£  eine  ©tufe  tiefer  ftefyenbe  geben  3efu*gitteratur  ber  fojialiftif c^^at^etftifd^en  Sßropa* 
ganba  neueftcr  3^*  (2)omela  9iieutoen£ui«,  ©.  gommel,  6m.  Sßurm,  grjj.  gütgenau, 
aud?  Äaut«ty,  grbr.  @ngel«  k.)  fyanbelt  in  lehrreicher  2Bcije  §.  Äöfyler,  ©ojialiftifd&e  %n=  15 
lehren  über  bie  @ntfte&ung  be«  Gl&riftentum«,  geipjig  1889  (bef.  ©.  12—14). 

2.  Die  neuere  21  po log  etil,  in  tyrer  Serteibigung  ber  ©laubfoürbigfeit  ber  eban* 
gelifäcn  ©eföicfyte  bem  ©ange  ber  fcitifd&en  Angriffe  Don  bibelfeinblic&er  ©eitc  ^er  fol* 
genb,  babei  fyie  unb  ba  $u  Äonjefftonen  an  ben  ©tanbpunft  ber  ©egner  geneigt,  befon* 
bcr«  in  qucUenfritifcfyer  §inficfyt,  toeniger  foa«  2Bunberfritif  ober  bic  annähme  fagentyafter  20 
(Elemente  in  ber  ©eburt«gefcfyicfyte  je.  betrifft.  —  a)  2Biber  ©traufe'  erfte«  geben  IJefu: 
Xfjolucf,  2>ie  ©laubtoürbigfeit  ber  ebangelifd&en  ©ejcfyicfyte,  Hamburg  1837;  21.  ÜReanber 
£a«  geben  $efu  (S^rifti,  Hamburg  1837;  7.  2lufl.,  ©ot&a  1873;  Ärabbe,  Sorlefungen 
über  ba«  geben  3cfu  für  Ideologen  unb  ÜRicfytt&eologen,  Hamburg  1839 ;  21.  ©brarb, 
JBiffenfäaftlictye  Äritit  ber  ebangcl.  ©efcfyicfyte,  granffurt  a.  9M.  1842 ;  3.  ftarf  bermefyrte  26 
Aufl.  1868 ;  Ä.  2Biefeler,  ß&ronologifäe  ©tynopfe  ber  bier  (gbangelien,  Hamburg  1843 ; 
3o^.  Bieter  gange,  geben  $efu  in  3  Supern,  £eibelberg  1844—47,  5  Sbe ;  2Berner 
£ai^n,  geben  gefu,  33re«lau  1844,  nebft  anberen  mefyr  nur  populär  gehaltenen  ©Triften, 
iaju  mebrere  arbeiten  fatfyolifcfyer  9?crfaffer,  tüte  2lbalb.  Äutyn,  3)a«  geben  3jefu  hnffen« 
f^aftlicfc  bearbeitet,  Tübingen  1838,  8b  I ;  ^ofc.  SRcpom.  Sepp,  2)a«  geben  ß^rifti,  k&  30 
gen^burg  1843  ff.,  4  93be;  2.  2lufl.  1854  ff.,  5  Sbe;  ^orban  Sucher,  Dag  geben  ^efu 
(S^rifti,  Stuttgart  1859.  —  b)  SBiber  bie  Senben^frit«:  §.  ßtoalb,  ©ef^ic^te  G^riftu« 
unb  jeiner  3cit  (53b  V  feiner  „©efcfyictyte  be^  3iolfö  3gracl",  toäfyrenb  ber  entfprec^enbe  Sb  ber 
3.  äufl.,  1867  eine  merflid^e  ännätyerung  an  ben  tenben^lritif^en  ©tanbpunlt  ergiebt); 
3afob  gic^tenftein,  geben^gef^.  3«fw  G^rifti  in  d^ronol.  Überfielt,  ©rlangcn  1856  (auf  ©runb  86 
r>.  öofmannfd^er  SJorlefungen ;  6^r.  §.  9tiggenbacfy,  Sorlcf.  über  baö  geben  beä  §.  gefu, 
Öafel  1858;  ÜJU$.  Saumgarten,  2)ie  ©ejc^i^te  ^cfu,  für  ba«  SerftänbniS  ber  ©egentoart 
(i*orlefungen,  gehalten  in  Hamburg),  Sraunfd^toeig  1859;  ©Hicott,  Historical  Lectures 
on  theLife  of  ourLord  J.Christ;  being  the Hulsean Lectures  forl859,  gonbon 
1860;  femer  9Jeanber  unb  ßbrarb  in  ben  fpäteren  2luf lagen  i^rer  bereit«  genannten  3Berfe ;  10 
gegen  Stenan,  ©c^enfcl,  Äeim  unb  ben  fpäteren  ©traufc :  Qfyx.  (S.  gut^arbt,  2)ie  mobernen 
Xarfteflungen  beä  geben«  Igefu,  geip^ig  1864 ;  Ul;lfyorn,  2)ie  mobernen  SDarfteDungen  k.  1866 
(|.  0.  bie  2itt.)  —  nebft  ja^lreid^en  anberen  2lnti=SRenan=93rofcfyüren  au«  ber  3Wittc  ber  fedfoiger 
Ja^re,  j.  S.  bon  Setyjcfylag,  ban  Dofter^ee,  SKic^eli«,  J^eniu«,  ©erlad^  2c.  Avenue  al« 
umfängli^ere  Arbeiten :  Ä.  SBiefcler,  Seiträge  $ur  nötigen  SMürbigung  ber  öbangelien  46 
unb  ber  ebang.  ©efc^ic^te,  ©ottya  1869;  6^r.  (£a«pari,  6^ronologifc^=geograp^ifd^e  @in* 
leitung  in  ba«  geben  3*fu  ß^rifti,  Hamburg  1869;  g.  g.  ©teinmeVer,  2lpologetifc$e  Bei- 
träge, 4Sbe,  Serlin  1866—73  (I.  3)ie  Söunbcr,  II.  SDie  geiben«gef(^ic^te  [2.,  neu  be* 
bcarb.  Slufl.  1882] ;  III.  SDie  2luferfte^ung«gef(^ic^tc,  IV.  3)ie  ©eburt«*  unb  Hinb^eit«= 
gefebi^te,  in  Se^ug  auf  bie  neuefte  Äritif  betrautet  —  alfo  eine  apologetifc^e  Erörterung  w 
faft  fämtli(^er  §auptpunfte  ber  ebangelifäen  ©efc^i^te);  g.  aMerner,  3)ie  gefcfyicfytl.  ^Jerfon 
xv  6^r.  nad)  ben  mob.  3)arftellungen  unb  ben  urlunbl.  Duellen,  1872;  3-  ginbenmetyer, 
£ie  ©efc^.  3efu  nad^  bcr  &L  ©c^rift,  Safel  1875  (au«  ber  bibl.  ©c^ule  8ccf«);  303.  gr. 
®e^  (S^rijii  ^Jerfon  unb  SBert,  2.  2lufl.,  »afcl  1870—79  (bic  bcbeutcnbfte  MbUfroL 
tarftellung).  —  2lu«  ber  ^ier^er  gehörigen  gitteratur  be«  2lu«lanbe«  ftnb  ^erborju^eben :  bs 
(Sbmonb  be  5ßreffenfe,  J6sus  Christ,  son  temps,  sa  vie,  son  ceuvre,  $ari«  1865, 
7.  edit.  1884,  bie  bebeutenbftc  franjöf. ©egenfd&rtft  gegen  Slenan:  auc^  berbeutfe^t  bunty 
^abariu«  1866);  ^ilipp  ©d^aff,  The  person  of  Christ,  Sl^orf  1865;  12.  ed. 
1882  (au$  beutfö,  ©ot^a  1865);  3.  SR.  ©celety  ($rof.  ber  ©cfc^.  in  Sambribge,  geft. 
1895),  Ecce  homo,  gonb.  1866  u.ö.  anonym  erfc^icncnc,  gciftboUc  ßl;arafteriftif  bcr  un- go 


14  $efit*  (Styrtfttt* 

Uergteicfylictyen  ftttlictyen  $ofyeit  $efu  in  feinem  öffentlichen  SBirfen ;  and)  beutfefy,  Gelangen 
1867);  Gunningfyam  ©eilte,  Life  and  words  of  Christ,  2  voll.,  2onbon  1878  u.  ö., 
fotoie  ba$  mefyr  populär  gehaltene,  reiefy  Uluftrierte  Life  of  Christ  fcon  greb.  SB.  garrar 
(fionbon  1875  u.  ö.;  au$  beutfd^  toon  3.  Söaltyer,  Bresben  1893). 

6  3.  $ie  neuefte  2eben  3jefu*2ittcratur  l>ofititoer  Stiftung  (feit  ca.  1880) 
eröffnen  bie  tur$  nactyeinanber  erfcfyiencnen  2)arfteflungen  fconöernfy.  2Bei|(1882,  3.  Slufl. 
1888)  unb  2öiflt&.  »etfcfylag  (1885 ;  2.21.  1887),  beren  fd&on  oben  (I)  rücffifylicty  tyrer 
Sefyanblung  ber  CueDenfrage  unb  2itteratur  gebaut  tourbe.  Seibe  betätigen  fotoofyl  in 
queHenfritiföer  foie  in  c&riftologifd^bogmatifd&er  §inficfyt  eine  fcermittelnbe  Haltung,  fommen 

10  ber  negativen  Ärittf  befonberä  in  tyrer  Stellungnahme  &ur  SBorgefcfyicfyte  be$  9Reffia$nnrten$ 
3efu  unb  ni  feinen  SBunbern  mefyrfacty  entgegen,  galten  aber  feft  an  ber  2fyoftoliaität  be3 
4.  GtoangeltumS,  ber  foefentlicfyen  ^ubttläffigfeit  b**  ba$  öffentliche  2efyrtoirfen  be3  §errn 
auf  minbeftenä  atoei  ^afyxt  erftreefenben  jo^anneifc^en  Gfyriftologie  unb  ber  S^atfäcfylidjfeit 
Uon  3cfu  Sluferftefyung  (togl.  bie  toergleidjcnbe  SBürbigung  ©eiber  bei  2.  ©cfyulje,  §anbb. 

16 ber  tyeol.  9B.S  I,  2,  183 f.;  au$  CS.  £au}>t$  SRecenfton  be«  2Beif$föen  2Berfö:  StyStÄ 
1884,  I).  —  Stuf  tttoai  ftrenggläubigerem  ©tanbpunft  befyanbeln  ben  ebangelifcfyen  ©c= 
fdbid&täftoff :  g.  G&r.  fi.  to.  §ofmann,  3)ie  biblifcfye  ©efäid&te  be$  9M3  (33b  X  bon  „$)ie 
fcl.  ©cfyrift  91%%  jufammenfyängenb  unterfu<$t"),  fyerauägeg.  Don  2B.  SSolcf,  Dtörblingen 
1883;  ß.  6.  SRöSgen,    ©eföid&te   ber  neuteftamentl.  Offenbarung,  33.  I;    SDie  ©eföityc 

ao  3.  ß^rifti,  ÜJlüncfyen  1891  (aufjer  bem  äußeren  2eben$gang  auefy  bie  2efyre  beä  £errn 
ausführlich  barftellenb) ;  ©g.  ©tofefy,  bie  Stugenjeugen  be$  fiebenS  3efu )  e*n  Seitrag  jur 
6&angelicnfragc,  ©üterälofy  1895.  —  3lu3  ber  anjefynlictyen  Safyl  populärer  35arftellungcn 
finb  fyer&orjufyeben :  ©g.  SBeitbred&t,  2)a3  2eben  3jefu  nac$  ben  4  (Strt).  für  bie  <tyr.  ©e- 
meinbe  bargcfteUt,  Stuttgart  1881  ;   3.  St.  1896  ;    %t.  Sünbel,  SefuS  in  Silbern,  au$ 

25  feinem  Sebcn  beleuchtet,  1883;  2  ä.  1885  ;  31  2t«mi$,  £a$  2cbcn  gefu,  ber  ©emeinbc 
jur  Srbauung  bargefteüt,  Serlin  1888;  R.  SSoelter,  2eben  unb  2efyre  %e\u  nai)  ben 
4  ßfcangelien  für  bie  33ibellefyre  k.  in  ©d&ule  unb  £au$,  Serlin  1896;  ©.  Sang,  3)a3 
2ebcn  unfereä  §eilanbe3,  für  ©cfyulc  unb  §au§  im  SBortlaut  ber  ©üangelien  :c, 
2ei})jig  1896. 

80  ^on  fat^olifc^en  Serfaffern:  $eter  ©c^egg,  ©edS>«  Sucher  be$2ebcn3  3efu-  8toc< 
Sbe,  f^reiburg  1874 f.;  $antfy.  Naumann,  2)aö  2eben  unfereS  §errn  unb  §eilanb^  3cfu 
G^rifti,  ^erau^geg.  Don  %1).  9iot)acf,  3  Sbe,  v^rag  1875 ff.;  gofef  ©rimm,  ®a«  Seben 
3efu  nadj>  ben  4  ßbangelien,  5  Sbe,  StegenSburg  1876—85;  2.  Slufl.  in  7  Sben,  ebb. 
1890 ff.;  3.  §.  Jrieblieb,  5Da^  2cbcn  ^efu  S^rifti  bc«  ßrlöfer«,  ^aberborn  1887;  ©<W 

86  unb  §aneberg,  2)a^  2cben  3^fw;  ftreng  auf  genauer  Chronologie,  Sonographie  unb  uni= 
t>erfal|iftorifdS>er  ©tynoptit,  4. 31.,  ?lRünc^en  1898.  —  Son  frangörifc^en  Serfaffern :  91.  le  6a= 
mu^,  La  vie  de  N.  S.  J6sus-Christ,  2  vols.,  $ari^  1883  (in  ftreng  römifd;em  ©innc 
ort^oboj,  aber  bei  ber  bibl.  ©runblagc  ftefyen  bleibenb,  bie  Beimengung  legenbarifc^en  5)Ja^ 
terialS  Uermeibenb) ;  gelij'  S)u})anlou}),  Sie  ©efd&icfyte  unferc^  §errn  unb  §eilanbä  3ef» 

40  %ifti.  2fud  bem  ^ranj.  nac^  ber  3.  Slufl.  beä  Original,  ^Jaberborn  1887 ;  ^ß.  2)ibon, 
3^fu«  ß^riftu«.  SlutorifterteÜberfefcung  au«  bem  franjöfijd^en  Original  fßari$189l)  Don 
6.  ÜK.  SdS>neiber,  2  93be,  SRegen^burg  1891. 

Unter  ben  neueften  englifcfcprotcftantifc&en  Seiträgen  jur  2.-352itteratur  ragt  l;ert)or : 
9llfreb  (SberSfyeim,  The  life  and  time  of  Jesus  the  Messiah,  2  vols.,  2onbon  1883; 

46  3.  ed.  1888  (nebft  ber  Heineren  2lu£gabe  in  einem  S5anbe:  Jesus  the  Messiah,  being 
an  abridged  edition  etc.,  3.  ed.  1894).  2)ie  Slei^altigfeit  ber  au$  rabbinifd^en 
©d^riften  unb  anberen  Orientalen  Duellen  beigebrachten  ßrläuterungen  gum  cbang.  ©e- 
fc^idS>t«ftoffe  bilbet  ben  eigentümlichen  33orjug  biefer  Slrbeit  (&gl.  §.  2.  ©traef  im  3:^2331 
1884,   5Rr.  47).    3)urc^   tnapp  gefaxte  lebensvolle  3)arftellung    unb    feine  t>ft$ologif$e 

60  g^arafter^eic^nung  jeid^net  fic^  au«  $amc$  ©talfer,  The  Life  of  Christ,  2onbon  1881 
(aud[i  beutfefc:  ,,^a«  2eben  3efu"/  ^eiburg  1895).  (Sinen  trcfflic^  orientierenben 
6nct;flo^äbies3lrtifel  über  unfer  i^ema  lieferte  für  ftaftingS'  Dictionary  of  the  Bible 
2B.  ©anbat;,  Jesus  Christ  (in  t.  II  beä  genannten  SBert«,  ßbinburgty,  Glar!  1898; 
auc^  fc^arat). 

66  III.  SJorgefcfyic^te  be«  mejfianifd^en  SBirfenS  3^fu-  3«r  ®eburt§* 
unb  ftinb()ett&gef4id)te  nad)  2c  1.  2.  unb  Wt  1.  2.  Srüljeite  tritifebe  Angriffe  auf  bie 
eüang.  $inbl)cit3gefcf)icf)tc:  ^BiHiamö,  A  free  enquiry  into  the  authenticity  of  the  firat  and 
second  ehaptera  of  St.  Matthews  Gospel,  2onb.  1771.  ÖJegen  ben[elbcn:  SSeÜ^ufcu,  Tlio 
authenticity  of   the  first   and  second    chapters  etc.,    2onb.  1771  ;     aud)  grlciiimhig,    Frcti 

60  thoughts  upon  a  free  enquiry  into  the  authenticity  etc.,  ebb.  1771.     ©egen  mehrere  9?arf)* 


$efit9  Gtyrifht*  15 

[olaer  oon  SBifliamS  lüie  ©trotft  (in  ©icftftornS  SRepertorium  IX,  99  ff.),  Amnion  (Disser- 
tatio  de  Luca  emcndatore  Matthaei,  (Sr langen  1805)  k.  fcftrieb  Dom  fupranaturaliftifcften 
6tanbpuufte  auä  gr.  SB.  ©cftubert,  De  infantiae  J.  Chr.  historiae  authentia  atque  indole, 
ÖreifSroalb  1815.  3)en  ©tanbpuntt  be§  rounberleugnenben  DrationaliSmuS  repräfentieren 
(Sicoftorn  unb  ©ertftolbt  in  iftren  9*21.  Einleitungen,  ©.  (Sberft.  $aulu8  in  %i.  I  feines  „$ftU  6 
lol.«iritifd)en  nnb  ftiftor.  Kommentars  über  b.  $£"  (f.  über  (eine  bef.  griinblicft  eingeftenbe 
Beftanblung  bcr  betr.  flbfcftnitte:  Hefd),  ffinbfteitSeoang.,  ©.  6  f.)  unb  @.  JJ.  ©elpfe,  3)ie 
3ugenbgcfcfticftte  be3  $errn;  ein  Seitrag  $ur  ftöft.  ßritit  unb  (Sjeg.  beS  9fö3,  Sern  1841. 
3m  ©inne  ber  tnoberncn  $enben$fritif  gehalten  (bcf.  bin  et)  $.  $ol(niann$  $anbfomm.  j.  ben 
(Jdo.  beeinflußt)  erfefteint  bieflbft.  toon  3.  ftillmann,  $ie  ftinbfteitsgefcfticftte  nacftfiufaö:  3pX&.  10 
1891  (II,  192—261).  $ofitiü  apologetiicft :  $.  £.  ©teinmetyer,  3)ie  ©efeftieftte  ber  ©eburt  be$ 
fcerrn  unb  feiner  erften  ©eftritte  im  iBeben  in  ©ejug  auf  bie  neueftc  ftritif  betrachtet,  SBerlin 
1874  (j.  oben  II);  Xft.  p.  SDcanbel,  3)ic  luimberbare  3CI,9U«9;  ©eftriftftubie  ju  bem  3.  ©a& 
bc§  jroeiten  ©Iaubcn3artifel3,  (Mteräloft  1893.  SBefonberö  reichhaltig:  91.  SWebe,  S)ie  SHnb* 
fcitSgefcfticfttc  unfereS  §errn  3^fu  Gftriftt  naeft  3Jcattftäu3  unb  SufaS  aufgelegt,  Stuttgart  16 
1893,  unb  911fr.  SRefcft.  3)a3  SHnbfteilSeoang.  nad)  Sufaö  unb  9)cattft„  unter  $erbei$ieftung  ber 
aufeerfanonifeften  ^araüeltejte  queüenfritifeft  unterfueftt  ($11  X,  5),  ßeipjig  1897. 

3)er  Uebergang  &um  öffentlichen  SBirfen.  3-*©-  33ouffontrot,  Jesus  enfant 
d'aprts  recriture,  la  tradition  et  la  theologie,  8t.  ©ermain  1884;  $ft.  £.  SDcanbel,  3)ie 
Sorgefcfticftte  ber  öffenti.  SBirtfamfeit  3eju  nad)  ben  eoang.  Quellen  entworfen,  ©erlin  1893  20 
itjanbelt  bef.  über  bie  S3e$ieftungen  be$  Sau  ferd  ju3cfu.  foioie  über  bcS  fieberen  Saufe,  93er* 
(uetung  unb  bie  Anfänge  f.  öffenti.  fieftnuirfenS) ;  (S.  ©tapfer,  J&us  Christ  avant  son  nii- 
nift&re,  2.  £d ,  $ari3  1896  (fcftliefet  bie  93crid)te  über  3efu  ©eburt  ju  ©etftleftem  uon  feiner 
Starftellung  au§  unb  fefteint  rucfentlid)  nur  eine  galiläifcfte  ftinbfteit  unb  3ugeub  be§  £>eilanbe3 
anjue  rfennen) ;  JJ.  ©obet,  3>a8  Seben3?fu  uor  f.  öffenti.  auftreten;  beulte  Äuäg.  0.  SReinecf,  26 
£onnoocr  1897  (furje  ©fi^e,  von  pofitioerer  Ballung  al§  b.  Dor.  SBerf);  3-  ®^oug^,  The 
early  life  of  our  Lord,  äonb.  1897. 

"lieber  3oM««cö  b. Xäufer  inäbef onbere.  SEBegen  ber  älteren  einfcftlägigen Sitteratur 
©leid),  ©eflariu«,  ©itfiuS,  ^ottinger,  fieopolb  2c.)  f.  fi.  ©eftuhe,  $bb.  b.  t^eol.  SB.»  I,  2, 
207.  ©abemann,  3).  93er&ältni3  3oi).  b.  Käufer«  31t m  ©errn:  312^  1852;  4>.  ©djmibt,  3)ie  a> 
iS^riftologic  be^  2;8ufer§,  3bJl)  1869;  (Sridi  ^aupt,  3o^.  b.  X.,  ©üterälofc  1874;  (5.  93rceft, 
Soft.  b.  X.,  fipj.  1881;  ^.  töftler,  3oft.  b.  X.,  trili|d)*t6eoi.  ©tubie,  $alle  1884;  «.  Älöpper, 
3o|epftu«  über  3ot).  b.  X.,  SwXft  1885,  I;  $.  9(§muffen,  3oft.  b.  %.:  ^rot.  Monatshefte 
1898,  ©.  418ff.;  «.  ^ilgenfelb,  Soft,  unb  3ef.  nad)  3. ©eHbaufen« 3)arfteHung,  3ivXb  1898, 
III;  £.  9?.  9«el)nolb«,  John  the  Baptist  (The  Congreg.  Lecture  for  1874),  3.  ed.,  Bonbon  35 
1888  (»gl.  ba$u  et)riftlieb,  im  Sern.  b.  ttl.  1875,  3)ecbr.).  —  Xt).  »am«,  The  baptism  of 
John;  its  place  in  N.  Test,  criticism;  Exp.  1896,  June;  Ägneö  ©mitl)  üeioid,  Did  John 
preach  baptism  for  remission  of  the  sins?:  Exp.  1898,  March. ;  $).  3°^pi"/  L'eschatologie 
<le  Jeao-Baptiste,  2R  ont auban  1899. 

lieber  3efu  Xaufe:  5. S. ©teinmeljer,  3)ie  @pipt)anien  im  fiebeu  beö^errn  (Beiträge  40 
\uv  (i&riftologic  I),  »erlin  1880;  3.  »ornemann,  X)ie  Xaufe  eftrifti  burd)  Soft,  in  ber  bog* 
mat.  Beurteilung  ber  eftr.  Xfteof.  ber  öier  erften  S^ftunberte,  ÜP5.  1896;  91.  93.  93ruccr  The 
kptism  of  Jesus.  Exp.  1898,  I.  Sgl.  S8ei&,  £.3.  I,  »ueft  II,  §  8  u.  9;  (SJ.  ©tofeft,  $ie 
Augenzeugen  3*f«  (f-  0.  II),  ©.  71 — 96;  $.  ©remer,  5Die  ^aulinifcfte  SRecfttfertigung^leftre; 
ütötereloft  1899,  ©.  160—183.  46 

3efu»erfucftung  u.  ©ünblofigfeit  («eitere Sitt.  bei fi.  ©eftulje  a.a.O.):  Ä-llttmann, 
Die  Unfünblicftfeit  3efu,  Xft©tjl  1828,  I,  bann  ald  bef.  ©eftrift  11.  b.  litel:  2)ie  ©ünblofig^ 
feit  3e|u,  7.  Vufl.  1864;  91.  Webe,  3).  Serfucftung  3e|u  eine  äußere  Sftatfacftc,  ©eflar  1857; 
$.  JBrürfner,  3).  Sevfucftung^gcjcft.;  ein  ereg.»pft)d)ol.  Scrfucft,  ileip^ig  1857;  3Jlor.  0.  (Sugel* 
twrbt.  De  J.  Christi  tentatione,  2)orpat  1H58;  Cr.  93.  SRoll,  lieber  b.  Serfucftung  3.,  Sorlr.,  W 
tkrl.  1857;  CS.  $ünefelb,  S)ie  9Serfucftuug«gefcft.  naeft  iftren  gefcfticfttl.  ©runblagcn  unterf., 
»erlin  1880;  9?ub.  ^eman,  3).  Serf.  beS  fcerrn:  S3ciü.  b.  Ol.  1882  (eingeftenbe  Äriti!  bcö 
^unefe!b|cften  Serfucftö,  bie  äußere  ©efcfticfttlicftfeit  be§  SSorgang^  ju  beftreiten,  oom  ftreng* 
jdiriftgläub.  ©tanbpfO.  «gl.  aueft  3.  «.  Corner,  3e|u  jünblofe  «oüfornmenfteit,  3blft  1862; 
cteinmener,  a.  a.  0.;  fi.  tl^berger,  3).  Unfünblicftfeit  3eju,  ftiftorifeft  unb  bogmatifeft  bar*  55 
qefteat,  TOüncften  1883  (fatft.);  §.  ^.fiibbon,  The  Divinity  of  Our  Lord  &  Saviour  J.  Chr. 
(Stompton  «orfl.  für  1867),  11.  ed.  Sonb.  1885;  aueft  beut|cft  bureft  5.  SJcaber,  ©afel  1883. 

lieber  btn  ^Iäu  u.  ba$  meffianifefte  ©elbftbeioufetf ein  3cfu:  grrj.  «olfmar 
«einftarb,  «erfueft  über  b.  $lan,  melcften  b.  ©tifter  b.  cftriftl  Religion  j.  öeften  ber  9Kenfcftftcit  ent- 
warf, £p$.  1781  u.  ö  ;  5.  «ufl.  0.  fi.  t>eubner  1830;  5tft.  tfeim,  S).  menfdjl.  Gntiuirflung  60 
>fu  <&ftr.,  8üricft  1860;  berf.,  35er  gefcfticfttl.  (SftriftuS,  3  9?eben,  ebb.  1865;  £erm.  ©eftmibt. 
lieber  bie  ©renken  ber  Aufgabe  eine«  fieben«  3efu,  Xft©tÄ  1878,  ©.  393—457  (ogl.  unten 
im  Irrt);  9?.  gr.  ©rau,  3)aS  ©elbflbemufetfein  Sefu,  ftövbliugen  1887  (f.  barüber  b.  «. 
.Wrau";  VII,  70,  8.  1—13);  SB.  ©albenfperger,  3)a«  ©elbftbemnfetfein  3efu  im  ßicftt  bcr 
raeirianifcften  Hoffnungen  feiner  Seit,  ©trafeburg  1888;  2.  %.  1892  (läftt  auö  bem,  anfangs  60 
mcftr  nur  äuBerlicb  gearteten  3)ieffia3gebanfeu  3efu  baS  ©oftnedbouugtfein  nur  allmäftlicft 
IjfrauSwacftfen ;  t»fll.  bie  juftimmeuben  Ärilifen  oon  $.  ^ol^mann,  Stftfiß  1888,  ©.78 ff.  \mb 


16  3efuS  Gtptfttt* 

üon  9Jten6floa,  Annales  de  bibliogr.  thdol.  1888,  p.  81  —  88).  ©egen  ifyn  unb  bie  äftntid) 
gearteten  Mnnatjmen  Don  3olj.  $Beife,  2ie£mann,  Seityaufcn  ac.  f.  bef.  93artl>  (oben  I,  j. 9lnf.), 
6.  22 ff.;  aud)  ©remer,  <ßaultn.  föedjtfertiggSl.,  6.  160  ff.  184 ff. 

1.    Slbftammung,    ©eburt    unb  ßinbtyeit.    2)aS  @ntftammtfein    $efu    von 

6  2)aVib,  beffen  SReic^  er  als  ber  propfyetifcfy  Verfyeifeene  2JteffiaS  in  ibcal  Verklärter  ©cftalt 
erneuern  follte,  toeifen  jtoei  ber  f^no^tifd^cn  Svangeliften  mittelft  gencalogifcfyer  lafeln 
naefy,  &u  beren  richtiger  äßürbigung  nottoenvig  bie  ©efcfylecfytSregifter  beS  2l£S,  inSbefonberc 
bie  ber  ßfyronit  (l  6^r  1—9),  ja  felbft  fd&on  bie  ber  ©eneftS  (Ä.  5  unb  11)  verglichen 
toerben  muffen.    (Sine  getotffe  9iac$läffigfeit  ber  Äonftruftion,   ein  Streben   naefy  §crt>or- 

10  fyebung  ftmbolifcfy  bebeutfamer  SBerfyältniffe  auf  Soften  balb  ber  SSoDftänbigfeit,  balb  ber 
(Scnauigteit,  eignet  biefen  bibltfd&en  ©enealogien  ftetS ;  fo  benn  auefy  benen  beS  1.  unb  beS 
3.  (Svangeliften.  SßeSfyalb  benn  toeber  im  Stammbaum  beS  5WattfyäuS  (1,  1—17),  toel- 
d&er  3x14  ©lieber  ahrifcfyen  Slbrafyam  unb  ß&riftuS  aufeä^len  toitt,  no$  in  bem  beS 
2ufaS  (3,  23—38),  toelc&er  7x11  ©lieber  $h>ifd&en  CtyriftuS  unb  3lbam  namhaft  mac&t, 

16  baS  SJorfommcn  beträchtlicher  Südtcn  befremben  barf ;  toeSfyalb  ferner  ber  Umftanb,  bafe 
üHattfyäuS  jtoifcfyen  2)aVib  unb  bemßjil  eine  falomonifdje,  2ufaS  bagegen  eine  nattyanifctye 
©efcfylecfytSretye  bietet,  famt  ben  Weiteren  auf  bie  nac&erjlifd&e  $t\t  bezüglichen  ^Differenzen, 
nietyt  aü$u  auffattenb  gefunben  toerben  barf;  toeSfyalb  cnblic§  auefy  baS  2lbjielen  beiber 
Slegifter,  beS  mattfyäifdjen  fotoofyl  toie  beS  lufanifcfyen,  auf  3°iel>^  ^m  ^Pflegevater  3efu, 

20  ftatt  auf  SRaria,  beren  bavibifd&e  3lb[tammung  einfach  VorauSgefe^t  toirb,  fi$  als  cttoaS 
fetneStoegS  abnormes,  Vielmehr  bem  jübifcfyen  9tecfytSbraud&,  ber  einen  3Sater=©tammbaum 
erforberte,  einjig  entforectycnbeS  ergiebt.  gfür  3Jerfuc^e  &ur  §armonifierung  ber  betben 
Stammbäume,  toie  (ie  Don  alterS^er  auf  mancherlei  Sßeife  angeftrengt  Sorben  finb,  bleibt, 
toegen   ber   fünftlicfy   ^ergeftedten  2üdfenfyaftigfeit    beiber  9iamenreifyen,    fotoie  tocgen    beS 

25  gcfylenS  juVerläjftger  aufeerbiblijcfyer  Angaben  über  bie  SBorfafyrenjcfyaft  beS  §crm,  ein 
lueiter  Spielraum  geöffnet.  ÜRocfy  $u  Slnfang  ber  90er  ^afyxt  traten  furj  nacfycinanber 
brei  folcfyer  SJerfucbe  fyerVor,  toelcfce  trofc  ber  pofitiven  §altung  unb  apologctifd;cn  Senbenj 
tyrer  Urheber  bodj  ftarf  bifferierten :  bie  SRöSgenfc^e  ©ef^id^te  ber  9Ktl.  Cffenbarung 
[I,  S.  100  f.J  liefe  Von  3HattfyäuS  bie  SJorfafyrenretye  ber  2Jiaria  unb  Von  2ufaS  bie  be« 

30  3ofe}$  mitgeteilt  Serben ;  5WebeS  Äinbl>eit$gefc&.  ^efu  [S.  220  ff.J  erbliche  umgefel^rt  in 
ber  matt^äifc^en  Stammtafel  bie  Sinnenreize  3°j^H  *n  ^ex  lufanifc^en  bagegen  bie  ber 
SWaria;  ber  2u!aSfommentar  ©.  2.  §alni$  enbltc^  [I,  288  f.]  liefe  beibe  ©enealogien  auf 
^ofe^Z  abfielen,  unb  jivar  mit  bem  Unterfdbieb,  bafe  bei  2ufa«  bie  väterliche,  bei  WiaU 
t^äuS  bie  mütterlid&e  Sorfa^renfd^aft  beS  Pflegevater«  fy\u  angegeben  toerbe.    Dem  ©e= 

a5  biete  be$  §vt>ot^eti|c^en  erfd^eint  feiner  biefer  brei  2öfungöVerfud^e  entrüdft  —  u>ie  benn 
für  alle  3"^«^  c*ne  SRe^cit  Von  annahmen  ^ier  möglich  bleiben  totrb  (Vgl.  nod> 
Ä.  $örtf$,  2)ic  biblifd^en  ©enealogien  in  tyrer  apologet/Sebeutung:  33cto.  b.  ©I.  XXII 
S.  161  ff.,  joiüie  3#.  3a^n  in  b.  gorfc^ungen  jur  ©cfc^.  be«  neuteft.  Äan.,  VI  LI 9001, 
S.  328  ff.).    Ü6rigen«  ftanb  bie  bavibifc&e  2l6funft  %tfu  bem   urctyriftlictyen  33elüufetfein 

40  auc^  ofyne  genealogifc^e  9Jac^h)eifung  gegenüber  jebem  cttoaigen  3^e*fc^  fc^-  Schott  bie 
3eitgenoffen  be«  §erm  gefte^en  ftc  als  tbatfäcpcty  ^u  (Sit  15,22;  21,  30),  ^auluä  bc= 
^eugt  fte  (9tö  1,  3),  ber  ßebräerbrief  (7,  14)  betont  fie  als  eth)a«  aHbefannte«.  9?od^ 
am  Scfyluffc  be«  apoftolif^en  3wtalterö  ioerben  bie  (Snfel  eine«  ©ruber«  Qefu  bemÄatfer 
Domitian  al«  5Wad^!ommen  SDavib«  vorgeführt   ((Sufcb.,  H.  E.  III,  20).    —    ®a3  ®m= 

45  pfangenfein  be«  3efuämbletn3  vom  ^l.  ©eifte  o^ne  3utZun  enlClg  s^a"«^  (vgl.  3°  1# 13) 
berietet  bie  ©eburt^gefd^ic^tc  fotvo^l  nac^  9Ratt^äu«  toie  nad^2ufa«;  nur  l}ebt  ber  ledere 
(Svangelift  bie  ba«  geheimnisvolle  ©reigni«  anfünbigenbe  ßngelsbotjcfyaft  an  ^Slaüa  (2c  1, 
26—38),  ber  erftere  bie  ifym  gefolgte  ©ngelSoffenbarung  an  3°fc^  befonber«  ^ervor  (Sit 
1,  18—25).    3)ie  ©eburt  be«  §erm  erfolgte  nicfyt   im  äöo^norte  3ofej)l)S   unb  9ftariaS, 

50  bem  galiläifd^en  gleden  Slajaret^  (ober  Sia^ara,  f.  b.  21.),  fonbern  gemäfe  pro^^ettfe^er 
SBeiSfagung  (3)ti  5,  1)  ju  Set^leZem  im  Stamme  3>uba,  too^in  ba«  Von  ba  entftammte 
^ßaar  burc^  einen  Sc^a^ungSbefe^l  beä  Äaifer«  Sluguftu«  ju  reifen  genötigt  luorben  ioar 
(2c  2,  1—14;  toegen  beS  betr.  d^ronolog.  Problems  Vgl.  unten  VII).  3n  bürftiger 
5Riebrigfeit,   in   einem  al«  6rfaj>   für  baS  mangelnbe  Unterfommcn   in  ber  ©erberge   be* 

55  nufcten  Stalle,  ber  Vielleicht  gleichzeitig  als  §öfylc  ju  beulen  (Vgl.  oben  I),  uiirb  ^ier  ber 
pricfterlictye  Äönig  3^wcte  unb  §eilanb  ber  Söelt  geboren ;  arme  £irten,  burc^  eine  (Sngels 
erfd^einung  belehrt,  h)erben  ju  ben  erften  menfcfylidfjen  3eu9cn  un^  25erfünbigent  feiner 
2ln!unft  auf  ©rben.  Sld^t  xage  naefy  ber  ©eburt  U)irb  baS  Äinb  burc^  bie  Sefcbneibun^ 
in  bie  33oßSgemeinbe  beS  2llten  SunbeS  aufgenommen  (2c  2,  21)   unb   empfängt  babei 

<x>  altiSraelitifd&er  Sitte  gemäfe  feinen  irbifd>en  9Jamen:  3cf«^  *>•  i-  3eWuflf  3^°Wua  (w3a0^s 


3tfitS  Gfjrtjhtd  17 

£üfe"),  toelcfcem  crft  feit  feinem  öffentlichen  pro^^etifd^cn  2etyrtoirfen  ber  fyeil«gef<fyic$tltc$e 
ämt«namc  6fciftu«,  b.  i.  SMeffta«,  ber  ©efalbte  ©otte«,  ftd&  ^injugefetten  foDte.  gm 
pro^etiföe«  ä&nen  babon,  baß  ba«  ju  Settern  gebotene  Äinblein  ber  9Jtaria  ftcfy  al« 
ber  gottberorbnete  #eilanb  ber  9BeIt  ertoeifen  toerbe,  tritt  übrigens  bei  mehreren  feiner 
älteren  3€*t9enoffen  bereits  um  bic  3^t  feiner  ©eburt  fyerbor,  toie  2ula«  unb  5Ratttyäu«  6 
im  allgemeinen  hierin  tibereinftimmenb  bie«  berieten.  2uta«  füfyrt  mehrere  berartige  S^Q5 
niffe  au«  bem  Jtreife  ber  frommen  i«raelitif<fyen  „§arrenben"  (ngosdexopsvoi)  an:  eiifa« 
bety  unb  Qadjaritö,  bie  mit  2Raria  bertoanbten  eitern  3jo$anni«  be«  iäufer«,  be- 
grüben auf  ©runb  leerer  Offenbarung  bie  natye  3u*unf*  *>&  £eilanbe«  fd^on  Iura  bor 
feiner  ©eburt  in  proj^etifcfyem  ©eiftc  (2c  1,  39 ff.,  57 ff.);  ber  greife  ©tymeon  unb  bieio 
$ro^ctm  £anna  legen,  al«  ba«  $efu«f  inb  40  iage  naefy  feiner  ©eburt  al«  ßrftgeborener 
im  Stempel  bargefteDt  unb  mit  ber  gefe^licfy  borgefcfyriebenen  Dpfergabe  gelöft  toirb,  im 
©eift  ber  2ßei«fagung  ityr  fyoffnung«freubige«  fyugmä  ab  für  ben,  ber  ba  beftimmt  fei 
&um  2i$t  ber  Reiben  unb  jum  $rei«  3«rael«  (2c  2,  22—38).  2Bäfyrenb  ber  paulinifefc 
uniberfaliftif<$  gerichtete  ßbangelift  bie  3eugniffe  biefa  Stimmen  au«  ffiad  aufbetoa^rt,  10 
berietet  ber  fonft  ben  2tnfd&luß  an  bie  altteftamcntlic^en  ©runblagen  ftrenger  toatyrenbe 
3onners3lpoftel  bon  ber  §ulbigung  einiger  glauben«begeifterter  3eu9cn  au$  ^er  fernen 
$eibentoelt  be«  Dften«,  bielletctyt  $rofeltyten  au«  ber  babtylonifcfyen  &iafi>ora  be«  guben* 
tum«,  bie  bem  no$  in  Settern  foeilenben  Äinblein  au«  Slnlaß  eine«  bebeutfamen  $im* 
mete^eic^en«  bargebrac&t  hmrbe  (9)it  2,  1—12).  2ln  biefe  58etf;errlic$ung  be«  Gfyriftu«*  20 
fmbe«  bur$  bic  „3Ragier  bon  Dften"  (bgl.  ben  21.  „5Wagie,  üKagier"  unb  foa«  bie  gort* 
bilbung  be«  mattfyäifctyen  93eric$t«  in  berjd&iebenen  altcfyriftlicfyen  ©agen  betrifft,  junäcfyft 
föon  3önaJ  a<*  Eph.  19,  2,  fohrie  toeitertyin  $feubo=6ufebiu«  neol  äoregog  /ndycov 
[ed.  SJrtg^t  1866;  bgl.  SReftle  in  3^2$  1893,  I,  435  ff.]  unb  Sl^robitianu«  [W* 
Iij)j>u«  ©tbete«]  in  bem  toon  93rat!e,  211  XIX,  3  fyerau«geg.  fog.  „5leligion«geft)rä<$  am  25 
§of  ber  ©afaniben",  ©.  11  f.  171  ff.)  föloß  eine  SSerfettung  bon  Umftänben  ft$  an, 
toeld^e  feinen  ©Itern  ifyre  SRiebrigfeit  unb  bie  Siottoenbigfeit  be«  ^inburdpgefyen«  be«  jum 
SKeffia«  Seftimmten  burd&  biel  Seiben  jur  §errlictyleit  einbringt  bor  äugen  ftellte.  §ero* 
be«  ber  ©roße  trautet  bem  jungen  Jtönig«foroß  im  ©eburt«orte  2)abib«  in  eiferfücfytigem 
Srgtoofyn  nad^  bem  2cben,  nötigt  bie  ^eilige  ^ntilie  jur  $lud;t  naefy  ägtybten,  unb  fü^rt  30 
fo  n>ctterfyin,  ba  ber  nad^  feinem  balb  barauf  eingetretenen  Jobe  jum  sJtacirfolger  in  3ubda 
getoorbene  §crobe«  ärcfyclau«  ba«  2eben  be«  Äinblcin«  bcbrofyt,  bie  Überftebelung  ber  axx^ 
Segnen  3wnirf9rf^w  nad^  i^rem  früheren  SBofynort  DJa^aret^  —  aljo  ba«  §eranh>a$fen 
be«  einftigen  9Reffta«  al«  „SJa^arcnu«"  auf  bem  ©oben  be«  bewerteten  ©aliläerlanbc«, 
bgl.  3ef  8,  23  f.  mit  3d  11,  1  —  fa^  (3Wt  2,  13—23).  ©lci$  3)iatt^äu«  läfet  au$  as 
ber  bon  biefer  (Spifobc  nid^t«  berid^tenbc  2ula«  (2,  39)  einige  3C^  nacj^  ^u  ©*urt 
beffen  Überftebelung  mit  ben  in  bie  galiläifcfyc  ^eimat  jurüdfeprenben  eitern  naefy  3laia- 
ret^  ftattfinben.  25on  bort  au«  läft  er  jenen  Sefudj  ber  ^eiligen  gamilic  mit  bem 
12jä^rigen  Änaben  3efu«  im  Semmel  gu  3«ufalem  erfolgen,  ber  ba«  frütyefte  ©elbft« 
jeugnt«  be«felben  über  fein  einzigartige«  Ser^ältni«  jum  ^immlifd^en  SSater  ^erborruft  unb  40 
ba«  bebeutfam  abfd^liefeenbe  ®reigni«  ber  ebangelifö  überlieferten  Äinb^eit«*  unb  ^wö^3 
gefönte  bc«§errn  bilbet(2c  4,  41— 52).  [Über  bie  ©efötoifter  ^cfu  f.SbVlll  ©.574,43 
unb  bef.  3aK  a.  a.D.  ©.  352 ff.]. 

Son  ben  feiten«  ber  neueren  Äritif  gegen  biefe  (grjä^lungen  ber  ebangelif^en  Jtinb« 
^eit«gefc^ic^te  geltenb  gemachten  Sebenlen  !önnte  jumeift  bic  in  3Kt  2  enthaltene  ©e«  45 
j^utytc  bon  ber  Anbetung  ber  SWagier,  ber  gluckt  nac^  3igt;pten  unb  bem  bet^le^emitifc^en 
Äinbermorbe  in  ttrirtfamer  SMeife  betroffen  ioerben,  tocil  2c  2,  39  anf^cinenb  eine  al«* 
balbige  Sücfte^r  5°fd>^  un*>  3Rana«  bon  Set^le^em,  o^ne  borfycrige  SRcifc  nac^  ägg^ten 
Pattfinben  läfct  unb  toeil  bie  annähme  einer  fagen^aften  ©eftaltung  ber  betreffenben  %atta 
fjcmäjj  ber  mefftanifd^  gebeuteten  ©teilen  9lu  24,  17  (ber  „©tern  au«  3>afob" )  §0  11,  1  60 
LÄu«  Äg^w  N^e  «$  meinen  ©o^n  gerufen"),  %tx  31,  15  (•Wa^el«  Klage  um  tyre 
Änber)  unb  3ef  H#  1  (ber  *as  =  NaCcogaTog)  einigermaßen  na^c  liegt.  ^>od)  barf 
nity  außer  Setrad^t  gelaffen  Serben,  baß  im  ©runbe  nur  bon  ber  erftgenannten  ©teile 
mit  einiger  ©icfyer^cit  angenommen  toerben  lann,  baß  fte  fetyon  in  borc^riftltc^er  3e^ 
mefftanifö  aufgefaßt  n>urbe,  tbä^renb  bie  Deutung  ber  übrigen  ©teilen  auf  ßbriftum,  tbie  66 
Stolt^au«  fte  giebt,  ftd^  e^er  fo  au«nimmt,  al«  ^abe  ber  ßbangelift  fte  erft  gemäß  ben 
betr.  gretgniffen  ber  3ugenbgef$i<fyte  be«  §errn  lonjipiert,  nicfyt  umgelegt  biefe  gemäß  ben 
ol«  meffiantW  gefaßten  ©teilen  erbietet.  33crglicfcen  mit  ben  apohV})^iWen  6bangelien= 
lagen  über  gefu  ®*urt  unb  frü^efte  ©(^idfale  nimmt  jebcnfaU«  bic  gange  Steige  be«  bon 
Ät  in  Ä.  2  @r}ä^lten  ftd^  tote  ein  unberfälf$tcr  aut^entifd^er  Originaltext  neben  einer  arg  go 

*tQl#tu*tlopäblt  für  X^cologtc  unb  aixQt.    3.  «.IX.  2 


18 


3fftiS  (Sliriftii* 


bcTÄOTetibcn  unb  euifielfeuben  ffo&bic  au*  (f.  bie  o^en  I  j.  älnf^,  eitierten  Scbriften  toon 
9tub.  öofmflrm,  ^appetmrn,  ^Jirf  sc).  Dbeiibrein  läfjt  bie  auä  Sc  2,  89  ertoachfenbe 
fatmolOQxföi  3dnmerigf  eit  moglidHTWeije  fidj;  baburcb  beben,  baf*  man  feie  agfypttjcbe  Steife 
all  lim  nm  fuu  wübmtbe,  etwa  nur  8— 4  Söcdjen  innfaffeube,  beult  unb  jtmfcben  bie 

5  s|ieja)neibung  3c(u  am  8.  unb  fdRl  ^arftetlung  am  40.  läge  legt  (fegl.  hierüber,  foüHc 
über  bie  pefitiüe  Seftätigung,   tvetc^e  bem  Script  über  ben  totem  ber  Magier  aal 
triffeit  aftronomifdien  gubicien  ju  erwachen  jaVint,  unten  VII).    2(uf   jebeu  SJaK    ift  bie 
größte  Söehutfamfeit  in  ^Beurteilung,  be^efntngsiueife  Verurteilung  bejfen,  toa$  fritifd)  an- 
fechtbar faVint,    ju  empfehlen,    ©elbft  bie  Slnnabnw,  bafi  beibm  (Svangeliften,  bem  3)?a- 

io  tfyäuä  Jßroofil  Wie  bem  Äiufa3,  ftatt  ursprünglicher  ®emeinbetiabition  über  biefe  l'ebcuo- 
anfände  beä  -öerrn  „blofr  Vereinzelte,  private  unb  bereite  inä  Unfidjere  unb  Sagenhafte 
übergegangene  JHeinhüfcenjcn"  jtt  ©ebpte  geftanben  hätten  (Se^jaMag),  ift  febr  fubjcttiVer 
unb  preiarer  Slrt,  JJtn  (Gegenteil  fet/cint  vtelcä  in  beiben  Öericf/ten  Öeftanbieil  einer  ur* 
alten,  burd?  Bugen*  unb  Obren jeufleu  Olli  tan  greife   jener   frommen  „iparrenben"  über 

15  „Stillen  im  £anbc"  Getragenen  ©emeinbe* Übertief crung  gelvefen  ju  fein,  ßumal  jolctyc 
tSrjär/lungetv  rvie  bie  vcm  Svmemi  unb  ftaima  fotme  &om  12  jährigen  §ehti  im  Tempel 
fimnen  fdjleaMerbinaä  nidu  Sdwpfunfjcn  biebtenber  Sage  fein.  5(?rc  Öejd&ufylicbfeit  fann 
nur  tum  ber  Unit  für  tieften  unb  Mafievteften  ©ttwrfritä  in  ßiucifel  geigen  werben  (togL 
l?tcfÜT  Wonbai  aud)  Bremer,  S).  (xmlfat,  Wednfertigung*lebre,  6.  142.  147  —  1 6S1 

20  _\  ge^u  (rutwirfeluug,  laufe  unb  Eintritt  in$  öffeirttiefie  Sf e b e tt. 
®a§  SftitKttal  btf  3wi>Ifjä(>rtgeu  tu  »fcintä  inner*  Joaufe"  ;u  ^erujatem  ift  ber  einjigf 
gefcfyicbtlit^c  $ug,  ber  unä  einen  Giublitf  tu  bau  Gk$cintntä  jenes  viel jäbvigcn  geijtigen 
(Intwidelung^ganges  fcergpnnt,  auö  welet)em  fein  Welter lojenbes  unb  fittfyengrünbenbeS 
SBrrfm  hervorging.    (*iue  „^una^m*  a"  BeBJeit,  älter  unb  ©nabe   bei  ©Ott  unb  ben 

»  3Henfdjett"  nennt  ber  Cvangelift  (Sc  2,  53 J  VgL  2,  40)  jene  (Sutwidelung;  er  cjjaraftcri* 
fiert  biefelbe  bamtt  als  eine  rmrllidK  Gntiincfelung,  berubenb  auf  einem  nia?t  blo^  fa;cin= 
baren  ^Jienidjgetorbenfein,  mc[mef?t  auf  einer  tbatjädMia)  ftattger;abteu  Selbftentäu|erung 
bed  etütgen  ©DtteöfDbues,  einem  nnrfticten  unb  ri>efentltr^en  Eingeben  bcsfelben  in  bie 
.UnedH^geftalt  be3  llknjdienleben^,   ja  in  bie  „Ütmlio^feit  be^  A'Ieifdic*S  ber  Stinbe^  (ügL 

so^i  2,  tif-  mit  tf(tt  8f  :]),  iHber  kWWI  auf  H>irttidKT  (irttäu|VYrung  ber  ©otte^eftalt  be= 
ru^enb  unb  barum  frei  von  jebipebcm  bo!etifd;en  ©aufeljpiel,  mup  bie  ©ei)U\HTntundeltmg 
^efu  bi^a)  al^  eine  abfetut  fünbefreic,  alö  eine  im  Icampf  mit  jeber  ÜSerfuc^unfl  feflfter)enbe 
gebaut  berben  Qo  Hf  46;  2  Äp  5,  21;  1  *ßt  1,  19;  t«>ebr  1,  tö>  Unb  eben  au^ 
biefer  feiner  ©ünblofigfeit  mirb  fein  unaufbattfameä  ßunebmen  an   göttttd;er  toie   nteufd)- 

35  lieber  SÖeiebeit,  fein  ftetiges  Jvortfa)reiten  in  ja)auenber  (Irfeitntniö  ber  (?immlifa)eu  3)ingc 
(^o  Bt  11),  fein  iterflärttuerben  imn  einer  Mlarluit  pir  anberen  erflärt  toafcen  muffen, 
SJabei  fann  aber  biefe  ^ubereiiung  jum  SBäerfjeugc  geitlia>er  ^eil^Dffenbarung  unb  5Mt= 
ert^fnng  anber^  nia)t  aB  in  ber  bemütigften  äuperen  gtfrm,  Haltung  unb  geomtoetfe  i?or 
fiä)  gegangen  fein.    ^DtT,  in  bem  „bie  gan^e  ?fülte  ber  ©ottljeit  leibhaftig  toci^itdi  (Stol 

10  2;  Bi  lebte  unb  lernte  al^  etne^  ^immennann^  Sobn,  (Sin  „Zimmermann"  wirb  er 
felbft  nach  feinem  ftafcorittfai  in  bie  Cffeutlidifeit  einmal  genannt  (^Dic  tj,  8),  hatte  fi(^ 
alfo  offenbar  felbft  in  ba^  ,^anbwerf  feiltet  ^ftegebaterö  hineingearbeitet  unb  bie  mandicrlei 
f;plgeruen  Seme,  mekbe  ba*  bau *Mk  l'eben  ober  ber  ^derbaubetrieb  feiner  i'anböleute 
erforberten,  bereiten  gelernt.    ^Dem  reia)  entwidelten,  burd?  mancherlei  fullurbiftiirifa)  be- 

15  beutfatiK  Rüge   auö  ben  Sd;riften  |.  Ö.  be^  3ojeprju£  unb   auö  bem  lalmub  illuftrier- 
bauen  MaubW  er  feil  eben  febiefi  SoQel   (vgl.  bie   lefyrTeia)e  ßfirtfi  uoii  g,  Deli^fa):    „An 
bifa)e^  ^auDli>er fei  leben  pr  3^  SNft**   nach   toi  alkften  Quellen  gejd^lbert",  3.  3LufI.f 
Sfbmgen  1870;    aud>  dbersl;eim,    Sketches  of  Jewish  social    life   in  the  time  of 
Jesus  [Bonbon  1876]  p.  148s*,,  foWic  beweiben  Life  and  Times  of  Jesus  1,226  86.) 

6o  tynl  er  nio)t  fremb  gegenübergeftanben,  <md)  uia;t  blo|  au^crlid)  ober  nnc  junt  6a?eine 
fiel?  nngenälveri;  er  ift  uiehnebr  au^  ibm  b^orgegangen.  3^M  fonjobl  tme  ber  größte 
feinei  oüngev,  Sßaubiis,  finb  felbft  ^anbwerfer  gcWefeu,  berSeruf  ber  „arbeitenben  Älaffen" 
im  engeren  ©inne  ift  „burdv  bie  ieiluabme  bcö  ©rö^tai  aller  ^enfrbaifinbcr  in  einer 
mebr  al®  irbif^cn  äÖeife  geabelt  unb  geheiligt  Würben".  —  2^afe  bie  religwfe  ©eitc  feinet 

r*&  (SntliHdelung^gange^  in  innigem  Snföluffc  an  bie  rcligiöfen  3Ülbung«faftorcn  feiner  S^olfe 
unb  ;J,eUgauifjenfe|aft  itjte  Sliwbilbung  empfangen,  ftch  alfü  Wefenttidi  auf  bem  ©runbc 
be^  fönagogalen  gebend  bewegt  babeu  toerbe,  barf  naa)  ber  SInbeutung,  u)eld)e  burd>  jene 
%ia)ri^t  au§  feinem  12-  Öcbemsjabrc  bieniber  geboten  wirb  (£c  2,  46)r  al^  gewi|  ange= 
nmnmen  tiuTben.    3)a  e*  aber  bie  ^arifäer  waren,  welche  bamnte   „auf  ^Oiofiä  Stufte 

cofafien"  (3Ci  2:J,  2),  weldn1  überhaupt  bie  banurlige  Sa^riftgelebrfamfeit    bebervfdneu    unb 


ftefit*  SfjriftuS  19 

mittel*  iljrer  ben  burc^greifenbften  (Sinfluß  auf  ba«  gefamte  SSolfölebcn  übten,  fo  toirb  er 
tonte$müc$  fcon  tynen  fyer,  beren  ©d&ule  ja  biete  ber  ebelften  unb  beften  Seftrebungen 
unb  &bcn«erfcfyeinungen  in  ftcfy  fd&loß,  angeregt  unb  beeinflußt  toorben  fein.  SDa«  foofyl 
mir  in  ariftofratifcfyen  ^riefterfreifen  tyeimifdje,  im  SSolfc  aber  belaßte  ©abbueäertum 
burfte  laum  anber«  al«  in  negativer  9Beife  auf  fein  2ernen  unb  Sebren  ßinfluß  geübt  s 
fctbcn.  Unb  bie  britte  §auj>trt<fytung  im  baläftinif$=religiöjen  93olf«leben  feiner  3cit,  ba« 
num<$i$artig  fromme  unb  foeltflüc&tige  ßffäertum,  fann  jebenfaH«  nur  au$  jiemlicfyer 
gtme  bon  tym  angebaut  toorben  fein.  Dircftcre  Berührungen  mit  biefem  Drben  mag 
toefieic^t  $efu  Vorläufer,  Sofyanne«,  wfo^ren  tyaben ;  feiner  eigenen  2eben«fittc  unb  ©eifte«* 
rityung  Hieb  efjöifd^ed  JBefen  grünblicfy  fern  (f.  üJit  11,  18.  19).  —  2Bie  frei  toon  jeber  10 
Snfritigfeit  übrigen«  fein  Slnjcfyluß  auefy  an  bie  fyerrfcfyenbe  J)fyarifäifc$e  2efyrtrabition  ftd& 
gelten  tyaben  muß,  getyt  au«  jafylreid&en  feiner  Sieben  toiber  bie  „^tyarifäer  unb 
Styiftgele^rten"  jur  ©enüge  fyerbor.  9lur  toer  trofc  jahrelangen  93erfefyr«  mit  bem 
fai$erifc$en  2Befen  unb  bem  raffinierten  6goi«mu«  biefer  „blinben  Slinbenleiter"  fein 
fyxi  unb  feinen  Sßanbel  in  abfoluter  Steinzeit  betoafyrt  fyatte,  fonnte  unb  burfte  mit  ber  15 
ntooförnetternben  ©etoalt  bon  2Borten,  toie  bie  am  ©etyluffe  ber  93ergprebigt,  ober  mit 
StrafreDen,  toie  in  3Rt  15  unb  23  (unb  SJJar.),  toiber  bie«  „Dtterngejücfyte"  eifern.  Sgl. 
übrigen^,  loa«  ba«  Ungegrünbete  ber  mobern=jübifcfyen,  namentlich  bon  2tbraty.  (Seiger  auf« 
gcjwlten  Skfauptung  Don  einer  völligen  Unfelbftftänbigfcit  3>efu  gegenüber  feinen  t^ari* 
|«(^en 2e^rern  betrifft:  Delifcfcfy,  ,,3*fu«  unb§iHel;  mit  Slücfftdjt  aufStenan  unb@eiger2o 
twglic^m"  (3.  äufl.  1879);  aud&  6remer  a.  a.  D.  (©.  97  ff.  178  ff.). 

35a«  Sefultat  biefe«  6nttoicfelun(j«gange«,  in  bem  ofyne  3tDC^fc'  au$  felbftftänbige 
anfaltenbe  Vertiefung  in  bie  fyl.  ©cfyrtft  eine  bebeutenbe  Slolle  gezielt  fyabm  muß  (f.  ^o 
7, 15;  9Jtat  13,  54),  tritt  un«  jur  3eit  be«  eintritt«  ^efu  in  fein  öffentliche«  2e|rtoir!en 
im  toejentlid^cn  abgefc&loffen  entgegen.  S)aju  freiließ,  baß  biefe«  2efyrtoirfen  im  ©eifte  25 
Weret  ®otte«fraft  unb  meffianifd&er  ämt«gnabe  ftd^  betätigte,  toon  Dornigerem  alfo  „ge* 
toaltig  imb  nic^t  toie  bie  ©cfyriftgelefyrtcn"  auftrat  (bgl.  üKt  7,  29),  befähigte  ben  §errn 
ber  ßmtfang  ber  Saufe  burefy  feinen  ^ro^etifc^en  §crolb  unb  SBegbereiter  ^o^anne«  im 
3wban.  ©ine  niefct  geringe  Söebeutung  für  feine  gefamte  9Keffia«laufbafyn  ift  biefem  ©r* 
«gniffe,  bem  erften  üKoment  feiner  irbifd?en  ©efcfyicfyte,  beffen  fämtlid&e  bicr  ßoangeliften  30 
Statten  (3Rt  3,  13—17;  TOc  1,  9—11;  Sc  3,  21—23;  $o  1,  32—34),  auf  jeben 
Sfrfl  brijumeffen.  SDer  föulblo«  Steine  unterjiefyt  ft$  ber  SBajf ertauf e  $ur93uße(OTt3, 11; 
3i®  1,  5),  h>eld&e  eigentlich  ©ünbcnabtDafc^ung  be^ceft  unb  bebeutet.  35er  bamit  toofl- 
braute  8!t  bemütigen  ©efe^c«geborfam«  (Sit  3,  15)  unb  freiwilliger  (Smicbrigung  gie^t 
Wort  a!«  göttlichen  So^n  eme  tiunberbare  (Srfyöfyung  nad^  [\i),  beren  3CUÖC  ^  f^on  ®> 
tw^cr  im  ©eifte  proptyetifcfyer  2l^nung  ^ur  (Sinfic^t  in  feine  fyöfyerc  SMürbc  unb  ©enbung 
gelangte  lauf  er  toirb.  3efu«  empfängt  in  bemüJlomcnt,  too  bie  Söafferflut  be«  ^orban  über 
feinan  ^au^te  jufammenraufc^t,  bie  ©albung  mit  bem  fyl.  ©eifte  (3ef  61,  1;  bgl.  31© 
4,27).  ©ott  giebt  t^m  feinen  ©eift  ofyne  9Kaß  (^o  3,  34);  er  läßt  an  ifym,  al«  bem 
&tffoi0  unb  Mittler  be«  9Zeuen  Sunbe«,  bie  t>on  ben  $rop|eten  Derfünbigte  9lu«gießung  40 
f«ne$  ©eifte«  üba  alle«  %U\\d)  anheben  unb  er  erflärt  i^n  jugleicty  feierlich  für  feinen 
ödifbten  ©oljn,  in  beftätigenber  ©rfüHung  be«  im  $falm  ©etoct«fagten  (<Pf  2,  7).  Der 
bemütige  unD  fanftmütige  Äncctyt  ©ottc«  (3ef  42,  l  ff.),  ber  ben  9Keg  ber  Sliebrigfeit  unb 
^  lobeeleiben«  ju  feinem  3)tcffta«h>ege  erforen,  Wirb  al«  foletyer  ©otte«lned^t,  ^ugleid^ 
«ber  auc^  al«  toafyrer  ©otte«jo^n  göttli^ertocife  anerfannt  unb  beftätigt.  2)cr  ©eift  be«  45 
SkffiöStom«  lommt  über  i^n,  ruftet  tyn  au^  mit  feiner  fiebenfältigen  l^immlifc^en  ©nabe 
wibftraft  Qef  11,  lf.;  61,  1;  togl.  2c  4,  18  f.)  unb  erteilt  tym  fo  bie  göttliche  2öei^e 
fl*  8u«ri(^tung  be«  SBerf«  ber  erlöjcnben  2iebe,  tooju  ©otte«  ctoiger  §etl«ratfcbluß  i^n 
«brm.  ©otoo^l  ber  Säufer,  ber  ilm  bor^er  in  biefer  ßigenfäaft  al«  Sleffia«  noc^ 
Rty  «rfannt  ^atte  (3o  1,  33),  h>irb  je^t,  burc^  J)ro^ettfd^e«  ©efid&t  unb  göttliche  ©timme  so 
ktyrt,  c«  mne,  baß  in  ifym  ba«  toer^eißene  ©otte«lamm  jum  Iragen  ber  ©ünbe  ber 
SA  aetommen,  al«  and)  3eM  felbft  ertoac^t  je^t  jur  bollen  Älarl^eit  jeinc«  mcfftanifd^en 
SelbftbetDußtfetn«,  ba«  öor^er  nur  in  tym  gefno«i)et  ^atte,  jefct  aber  U>ie  burd^  einen  bc* 
Wwben  ©onnenftra^l  t>on  oben  mit  etnemmalc  erfc^loffcn  toirb.  9?ic^t  al«  ein  „SWejfia«* 
8wf(^luß"  (Äeim)  ift  biefe«  fein  ©elangen  jur  Grfenntni«  feiner  meffwnijd^en  Aufgabe  65 
wb  öefthnmung  ju  benfen ;  bie  3)emut  feine«  ©id^unterorbnen«  unter  ba«  ©efefy  ba« 
Mfyfxd)  ©m^fangenbe,  nod&  nic^t  ©ebenbe  ober  frei  §anbelnbe  feine«  3Ser^alten«  toäl;renb 
brt  #m$en  SBri^eafte«  unb  noc^  einige  3*it  nac^^er  fließt  eine  folc^e  Slnnafyme  beftimmt 
9x6  (bgl.  gegenüber  ber  betr.  annähme  Reim«  befonber«  §.  ©d^mibt  a.  a.  0. 1,  [XfyStÄ 
1878,  e.  393  ff.  I).    Der  bei  ber  ^orbantaufe  mit  bem  ©eift  ©ejalbte   tritt  öorerft  au«no 


20  3efit*  Sfptfht* 

feiner  ^SaffiDität  noety  nicfyt  fyerau«.  @r  füfylt  rootyl  bie  über  tyn  geiommene  työ^ere  firaft, 
bic  ftd&  bemnäd&ft  in  einer  güDe  Don  Söunberroirfungen,  gemäfe  bem  Dom  2Jteffta«geifte 
@eroei«fagten  (3ef  61,  1  f.)  bezeugen  mufete,  bie  au$  in  ber  beim  Xaufaft  auf  tyn  fk$ 
tyernieberfenlenben  Xaube  ein  erfte«,  noety  innerhalb  be«  Sereicfy«  be«  SStfionären  ftc$  tyal* 

5  tenbe«  SBunber  ju  feiner  SJerfyerrlicfyung  funbgetfyan  ^atte:  aber  noc§  t&ut  er  leinen 
Stritt  $ur  felbfttfyätigen  ©rprobung  biefer  9Bunberfraft.  SSielme^r  wirb  er  nmäctyft  na$ 
ber  Saufe,  gemäfj  bem  bejeidmenben  3lu«brudf  ber  ©bangeliften,  „Dom  (Seifte  in  bie 
9Büftc  geführt,  auf  bafc  er  Dom  Teufel  Derfud&t  mürbe"  (3Rt  4,  1;  bgl  3Kc  1,  12 f.; 
Sc  4,  lff.). 

10  ©ine  SSerfudSmng,  ein  längere«  fingen  unb  fläntyfen  be«  in  ber  SBüftenemfamteit 
gaftenben  mit  ben  Derfuctyenben  ÜRäd&ten  ber  gottfeinblictyen  2Belt,  bie  tyn  Don  ber  er* 
toasten  üHeffta«laufbafyn  be«  bemütigen  ©etyorfam«  unb  ber  2eiben«roiHigfeit  jum  falfd&en 
2Jieffta«ibeal  be«  bamaligen  ftubenbolfe«  tyinüber$ujie^en  trauten,  ift  alfo  ba«  näc&fte,  tt>a« 
auf  feine  ©infefcung  in  bie  2Keffia«roürbe  folgt.    Unb   e«  ift  in   ^ofyem  ©rabe   le^rrei^ 

16  unb  bebeutfam,  bafe  $roei  ber  Derfucblictyen  Zumutungen  be«  böfen  ©eifte«,  Don  weisen 
ber  Äerr  fpäter  feinen  Jüngern  erjctylte,  bafc  fie  an  itm  ergangen,  auf  bie  SSoübrmgung 
Don  SBunbert^aten  Don  jener  finnlidHufccrlicfyen  2lrt  lauteten,  tt>ie  ber  fleifälid^e  Sinn 
3«rael«  bamal«  fte  Don  feinem  5Wejfia«  erwartete,  unb  wie  bie  unlautere  Sßbantafte  fpäterer 
gnoftiföer  lenbenjfd^riftftetter  fie  in  ber  2$at  ifyrem  ©tyriftu«  angebietet  l)at.  3)er  ^eilige 

20  ©otte«  beftefyt  bic  eine  luic  bie.anbere  biefer  2lnfecfytungen  in  bemfelben  ©eifte  Anblicken 
©etyorfam«  gegen  ©ott  unb  fein  ÜBort,  ber  ifyn  Don  3>ugenb  auf  geleitet,  ©r  ftegt  eben* 
barum  auety  in  jenem  britten,  entfd^etbenben  33erfu$ung«fampfe,  nac§  beffen  93eftebung 
ftatt  be«  Don  bannen  flietyenben  2öiberfac§er«  fyefyre  ©ngelmäcfyte  ©otte«  itm  umfielen 
unb  bebienen  (3Rt  4,  11;  Dgt.  9Rc  1,  13).    2)a«  fembolifety  ©ingetlcibete  be«  auf  biefe 

25  Vorgänge  bezüglichen  SSericfyte«  gefu  an  feine  jünger  ift  unDerfennbar ;  e«  flimmert  burdjf 
bie  au«füfyrlic$eren,  nur  unroefentlid?  Don  einanber  abroeietyenben  ^Relationen,  meiere  ber  erfte 
unb  ber  britte  ©Dangelift  aufbewahrt  fyaben,  ebenforootyt  tyinburcfy,  wie  e«  bem  fummarifö 
äufammenfaffenben  SBericfyte  bei  üJlarfu«  aufgeprägt  erfcfyeint.  Slber  gur  Verflüchtigung  ber 
objeftiDen  3#atfädSjlic§feit  be«  Vorgänge«  ftnb  tt>ir  nietyt  berechtigt.    2)erfelbe  bilbet  aller* 

so  Ding«  ein  Biüi  „innerer  ©ef$ic$te"  be«  §errn,  aber  ein  folctyeä,  ba«  auc^  in«  äufjere 
©rfa^rungäeben  be^felben  eingegriffen  ^aben  mufe  unb  ju  beffen  2luffaffung  als  einer 
föetye  bloßer  35ifionen,  bie  ber  $err  feinen  ^««Ö^^  etnft  erjä^lt  fyabt  —  ober  gar  einer 
Parabel  (©d^leienn.,  S3aumg.-ßruftu«,  ©c^toei^er,  3.  lafel),  ober  einer  Slllegorie  (Sruno 
Sauer  2c),  —  teinerlei  Serec^tigungignmb  Dorliegt.  ©ie^e  bie  treffenben  unb  grünblic^en 

36  Sluefü^rungcn  §eman$  über  ben  ©egenftanb:  S3eto.  b.  ©I.  a.  a.  0.  (bef.  ©.  577  ff. 
656  ff.  667  ff.).  —  ©rft  naety  biefer  fiegreufyen  SSetoäfyrung  beä  gotterforenen  3)teffta«  im 
ÄamjJfe  mit  bem  dürften  biefer  Söelt  beginnt  fein  §erau«treten  in  eben  biefe  SBelt,  um 
in  ber  Äraft  be«  göttlichen  ©eifte«  fein  Steicfy  in  ifr  gu  begrünben.  2)er  9Bunbermäc^5 
tige,  ber  be«  Dom  ©atan  ij^m  na^e  gelegten  göttlichen  ©ebrauc^«  feiner  2Bunberfraft  fid& 

40  treulich  enthalten  ^at,  betätigt  nun  bie  gütte  ber  in  feinem  ©eifte&  wie  3Jaturleben  fic$ 
regenben  ^ö^eren  Äräfte  unb  ©aben,  unb  jtoar  junäd^ft  (f.  30  1,35—51),  um  benJtern 
einer  §eil«gemeinbe,  ben  fruchtbaren  3Q3ur^elftocf  be«  ju  pflanjenbcn  ©otte«reid^«,  ^u  fam« 
mein  unb  m  begrünben. 

3.  ^}fan  unb  ©tufengang   bc«  meffianifd^en  Söirten«  3*jw-    ®ic  3l«5 

46  na^me  eine«  beftimmten  5JJlane«  3^fu  al«  ber  ©runblage  feine«  mefftanifc^'reid^«grünbenben 
X^un«  ift  burety  ben  aJlifebraud^,  melden  foroofyl  ber  ^ationali«mu«  al«  ber  ältere  ©uj>ra= 
naturali«mu«  mit  i^r  getrieben,  bei  mannen  neueren  J^eologen  unDerbientem  üJlifefrebit 
anheimgefallen  (©c^leiermac^er,  UHmann  *c,  aui)  Äa^ni«,  2.  Dom  ^.  ©eift,  ©.  47,  ber 
gerabeju  Don  einer  „ungefal^enen  5ra9e  nö($  ^cm  ^cim  3efu"  t&tt).    Äütet  man   fid^ 

eobaDor,  ein  ipinburctygefyen  be«3Keffia«berou^tfein«  unb  -ftreben«  be«  £errn  burd^  eine  erfte, 
nod;  gan^  finnlic^  geartete,  einem  politifc^'t^eofratifc^en  9)ieffia«ibeal  ^ulbigcnbe  $^afe  ;u 
ftatuieren,  ilm  alfo  nur  aHmä^lid^  unb  mittclft  mefyrfactyer  Umbilbungen  be«  urfjprünglic^ 
gehegten  33or^aben«  bei  bem  Dpfertobe  al«  ber  fäliefelictyen  firönung  feine«  SBerfe«  an- 
langen  ju  laffen  ßßaulu«,  D.  ^mmon,  be  SQäette,  auc^  §afe  [1829J;  femer  Slenan,  ©c^cns 

65  fei  2c.  —  f.  u.);  fteDt  man  Dielme^r  ben  nötigen  SSegriff  unb  ba«  roa^re  3^  f«ner 
älufgabe  al«  fd^on  burd)  bie  ©eifte«falbung  bei  ber  Xaufe  ifym  enthüllt  unb  al«  bemgemäg 
Dom  Seginn  feine«  öffentlichen  Söirfen«  an  feftftefyenb  bar,  wie  bie«  Don  un«  im  obigen 

![ef$efyen:  fo  fann  unb  mu^  Don  ^ugrunblegung  eine«  geroiffen  $lane«  für  bie  SWeffta«* 
aufba^n  3efu  immerbin  Die  Siebe  fein.    Sil«  ein  planmäßig  angelegte«  d^aralterifiert  ber 
(jo^err  felbft  fein  Söirfen  inbirefterweife  in  ©leicfytiffen,  rote  ba«  Dom  Xurmerbauer  unb 


3efit3  (gfptfht*  21 

bom  IricgfiUprcnben  Röntge  (Sc  14,  28—33),  beSglcicfyen   in  aiuSforüdfrcn  an  bie  Seinen, 
tote  3<>  2,  4  (t)on  ber  ©tunbe,  bie  nod&  nid&t  gelommen);   3°  5/  20  0>on  b*n  größeren 
Serien.  ®ic  berSSatcr  tym  geigen  foerbe);  %o  6,51  (bom  33rot  be$  fiebcnS)  unb  anberen 
Sorten.  &uc£  fe$en  fotoofyl  ber  Slnfang  afö  bie  mittlere  $t\t  feinet  SetyrtoirfenS  feine  Sefannt* 
ftyift  mit  bem  ernften  ©nbjiel  btefeS  SOBirfenS  beutlic^  genug  borauä.    9tu$  bie  9Jtefynatyl  6 
ber  ©Icic^niffc  bom  ©otteSreid&e  giebt  eben  biefen  ©tufenfortfetyritt  beä  mefftanif<$en  Offen- 
barung^ unb  @rIöfung&2Berfe$  afö  in  feiner  Sßottoenbigtcit  fcon   tym   Kar  erlannt  unb 
begriffen  ju  erfennen.    6$  jeugt  beStyalb  bon   grober  9Jtifjfennung  beä  foafyren  SBefenS 
unb  beä  hrirflic^en  ©angeS  ber  ©efcfyutyte  3cfu,   toenn  SRenan  (mittete  oberfläd&ltcfyseflefc 
tifefcr  Umbilbung  jener  *pian*2^eorien  beä  älteren  SlationaltemuS)  ben  Äerrn  juerft  ate  10 
„enhfidfenben  ©ittenlc&rer";  bann,  feit  bem  Sefannttoerben  mit  bem  2ßufer,  afö  „fcfytoär* 
merifd&en  gbealiften  unb  ^ro^eten  beä  nafyen  £immelreicfy3" ;    hierauf,   bom  lobe  be$ 
2äufer3  an,  ate  fcfyroff  rebolutionär  unb  antijübifcfy  auftretenben  SReffiaS  ober  „fyimmefös 
ftörmenben  büfteren  Sliefen";    enblicty  feit  ber  Äataftroptye  ber  legten  Dftertood&e  afö  ben 
„tragtfä  Untergebenen  unb  in  ben  ßerjen  ber  ©einen  gorttebenben"  Gilbert,   ©cfyenlefö  16 
i>erfu$,   unter  SSermeibung  ber  ärgften  ©eföicfytetoibrigfeiten  biefen  9tenanfc$en  Stoman 
beutfö  jujuftufcen,  liefert  ein  im  ©runbe  nic^t  biel  richtigerem  33ilb  bom  ßnttoidfelung& 
gange  Sfefu,   oeffen  fec^S  ©pocfyen  er  einfeitig  burdfr  bem  3Rarfu$ebangelium  entnommene 
$ata  (SRc  3,  6 f.;    6,  45;    10,  1;  11,  1;  14,  1)  marfiert  unb  afö  erfte,  bom  Käufer 
fa  angeregte  6nttoidEelung,   afö  erfte,  noefy  bormefftaniföe  ©emeinbeftiftung,  afö  Seginn  20 
be$  meffianifc&en  auftretend,  afö  Übergang  jum  jubäifcfyen  SßirfungSfreife,  afö  (Sntfcfyeibung 
unb  SoÖenbung  be$ei$net.  ©eiftboHer  jebenfatfö,  aber  bo$  aud&  in  gef^tötoibriger  9Beife 
fimjWnb,  babei   einfeitig  (unter  fd&arfem  SEabel  ber  neuerbingS  beliebten  „^räfonifation 
be*  9RarfuS")   bie  3)arfteUung  be$  SJtattyäuäebangeliumS  ju  ©runbe  legenb,   tyat  fteim 
«inen  „galiläiföen  geling",  eine  3*ü  ber  „galiläifctyen  ©türme"  unb   ein   „jerufalemi=  26 
jty*  lobeäoflern"  afö  bie  brei  §auptftabien  be$  SnttoidfelungSgangcä  !gefu  unterfd^ieben ; 
im  elften  berfelben  habi  ber  bur<|  ben  Säufer  ju  meffianifctyem  Setoufetfein  ßrtoedfte  baä 
©otteftetety  afö  im  Kommen  begriffen,  im  Reiten  afö  bereits  gef ommen,  aber  afö  fetytoeren 
Snfeinbungen  unterliegenb  unb  beSfyalb  auf   eine  blofj  innerliche  ©eftaltung   angetoiefen, 
im  brüten  enblicfc  toieber  afö  rwnlicfcäuf$erlic$e$,  ba$  au$  feinem  Kampfe  mit  ben  finftcren  90 
Städten  beS  lobe«   leuc^tenb   ^erborbred^en  toerbe,  berfünbigt.    Sefonber«  beim   lefeten 
biefer  ©tabien   tritt  unjtoeifel^aft  auc^>   lüieber   eine  Stynlicfyfeit  mit  SHenan«  romanhaft 
Muriner  ©efd^id^töfonftruttion  juXage;  ber  S3erfud^ung,  bie  lefcte  33em)idEelung  fünftlid^ 
ju  fteigern,  fte  bamit  f))annenbcr  ju  geftalten,  ba^  fte  afö  ))lö|lid^  über  ben  §eilanb  herein« 
bw^enbe  unb  benfelben  in  ein  unftc^ereö  ©d&toanfen  ^n>ifd^en  SJleffia^tum  unb  ^}roj)^cten=  35 
tum  jifirjenbe  Äataftro^  bargefteÜt  hrirb,   ^at   auc^  ber  ftim&tx  ©elefyrte  nid^t  miber^ 
P^m  fönnen  (t>gl.  mr  Äriti!  biefer  unb  no<$  anberer  neuerer  ^Jlant^eorien  bie  gebiegenen 
Darlegungen  §.  ©d^mibtö,  2^©tÄ  1878  a.  a.  a.  D.,   fohrie  ferner  gegenüber  ben  ber« 
toanbten   neueften  33erfud»en    jur   ))fbd^ologifd^en  Jtonftruftion   be«  @nttoicfelung«gange« 
3<(w:  Sremer,  ©.  185  ff.  (too  in^befonbere  bem  ©cbanfen,  afö  fyabt  gefu«   anfänglich  40 
9*nj  auf  3©^-  be«  Käufer«  ©tanbpunft  geftanben  unb  fei  erft  aHmä^licty  bon  ba  gu  einer 
listigeren  ©rlenntnfö  feiner  meffianifd^en  Slufgabe  fortgefcfyritten,  gefd^ieft  ber  Soben  ent« 
ßga  toirb). 

3)ie  ßauj)te})oc^en  ber  öffentlichen  SQBirlfamfeit  be«  §errn,  toie  fte  ber  folgenbc  Stb« 
l^nitt  in  furjer  Überfielt  borjufü^ren  ^aben  toirb,  toerben  nur  bann  gefc^id^t^gemäft  bar*  46 
(tftettt,  toenn  man  ftd&  an  ba«  bon  i^m  jur  äu^ertoä^lung  unb  Berufung  Jeiner  jünger, 
alö  ber  SBerljeuge  uir  ©rünbung  ber  neuteftamentlic^en  ^eil^gemeinbe,  ©et^ane  fyält. 
6r  umgiebt  ftc^  juetft,  toä^renb  ber  erften  SRonate  feiner  galtläifdpen  £c^rh)irffamfeit,  mit 
«ta  ber  3a^I  ber  ©tämme  3«raetö  entfpredS>enben  3toölf  ja^l  bon  Jüngern  (9Kt  10,2—4; 
•c  3,  14—19;  Sc  6,  13—16;  —  bgl.  üKt  19,20  $ar.),  innerhalb  beren  eine  Dreijatyl  w 
Wrautefter  üieblmge,  ^ietru«,  Safo&uS,  3°^anwc«  (—  einmal,  3Kc  13,  3,  neben  biefen 
Wen  au$  $etri  Sruber  Slnbrea«  — )  tym  afö  engfter  5wunbe«rat  na^etritt  (3Kc  5, 37 ; 
Ät  17,  1  ff . ;  26,  37  unb  $ar.).  3u  biefen  in  ftufentoeifer  äamä^lic^teit  berufenen  unb 
toicbcrjMt  in  fritifeben  Seiten  ber  »nfecfytung  (namentlich  30^  6,  6  ff.  unb  ÜRt  16,  13  ff.) 
ate  tymQtc  im  engjten  Sinne  Srprobten  gefeilt  ber  §err  gegen  Snbe  feiner  SBirffamfeit,  66 
wn  We  Reit,  too  er  ©aliläa  afö  §au^tfd^aupla|  feinet  SBirfen«  mit  ber  näheren  Ums 
8*ttng  gerufalemä  ju  bertaujdben  beginnt,  einen  Weiteren  ^üngertrefö  bon  ©iebenjig,  nac^ 
k*3a#  ber  70  Älteften  4  2»of  11,  unb  ber  70  £ofcenrat&3Kitgliebcr ;  bielleic^t  aud^ 
im  pro$etifc$«n  ^mblicf  auf  bie,  trabitioneüer  fembolifd(>er  Sluffaffung  jufolge,  afö  ©iebjig^ 
W  gebaute  ©efamt^eit  aDer  SSölter  ber  grbe  (2c  10,  1  ff.).    £>iefe  ©d^ar  ber  p*jig  eo 


22  3«fnS  6i>rtfhi* 

jünger,  bei  tyrer  Berufung  mit  einer  äfynlicfycn  Sctye  bon  5Ratyntoortcn  unb  3>nftrultioncn 
berfetyen,  tüte  fte  bic  3toölfal>ofteI  bei  tyrer  erften  feierlichen  (Sntfenbung  bom  §emt  ein* 
^fangen  Ratten  (bgl.  3Rt  10,  5  ff.  unb  ^3ar.),  tritt  jtoar  im  Weiteren  Verläufe  ber  griffe 
liefen  Urgef$ic§te  fefyr  nirüdf,  h)tc  fte  benn  föon  um  bie  näc^ftc  3eit  nad&  S&rifti  §tmmel* 

5  fatyrt  al«  in  ber  ftaty  ber  120  Seelen  aufgegangen  erfcfyeint,  toeld&e  bimtal«  ben  Äern 
unb  ©runbftodt  ber  paläftin.  Urgemeinbe  ber  Gfyriften  bilbeten  (ä@  1,  15).  9lic£t«beflos 
loeniger  mufj  tyre  Berufung,  bie  ja  mit  bem  2lufbrucfyc  3«fu  $ur  §intoegbcrlegung  be« 
£auj>tfcfyau}>lafce«  feiner  2Birffamfcit  bon  ©aliläa  nac^  3ubäa  ober  mit  bem  Seginne 
feinet  aufeergaliläifd&en  2öanberleben«  nafyeju  jufammenfäHt  (bgl.  Sc  10,1  f.  mit  9, 51  ff.), 

10  einen  getoiffen  gortfdjfritt  in  ber  gegen  tyr  Gnbe  fyin  metyr  unb  metyr  ft$  ertoeiteniben 
meffianifcfyen  Sctyrtfyätigfeit  be«  §errn  gebilbet  fyaben.  £>ie  SSerflärung  auf  bem  galtläifd&en 
Serge  toar  Iura  Vorhergegangen;  einige«  anbere  bon  Sebeutung,  befonber«  bie  öfteren  SSor- 
^erfagungen  be«  nafytn  Seiben«  unb  Sterben«,  fotoie  ber  bon  3ofyanne«  er$äfylte  Vorgang 
bon  ben  gried&ifd&en  gfefanlgern,  tocld^c  ^efum  ju  flauen  toünfcfytcn  (3o  12,  20  ff.),  fällt 

16  in  bie  burefy  ben  neuen  33erufung«aft  eröffnete  6pod&e.  3>fyrer  ®<mcr  naefy  fyält  bicfelbc 
bie  3Hitte  jhnfctyen  ber  $t\t  be«  galiläifcfyen  Setyrhrirfen«  unb  ber  auf  bie  grüfylingefeftjeit 
be«  Sterbejahre«  fonjentrierten  Sc&lufeepocfye  be«  gefamten  ©rbenleben«  3efu.  ®in  mefa5 
jähriger  3«^um  galilätfd&en  Sefyrtoirfcn«  alfo,  toäfyrenb  bejfen  er  bon  ben  3^>«>lfen  um« 
geben  fear,  ein  mit  ber  Berufung  unb  (Sntfenbung   ber  Siebjig   antyebenbe«,   ettoa  bier* 

20  monatliche«  SOBanberleben  ober  9teifeJ>rebigerleben  jhriföcn  ©altläa  unb  $ubäa,  unb  eine 
nafyeju  fünf  jigtägige  Sd&lufoett  be«  Seiben«  unb  ber  Offenbarungen  naefy  ber  auf erfte^ung : 
ba«  ftnb  bie  brei  ungleich  langen  Stabien,  in  foelctye  bie  meffianiföe  2Birffamfeit  be« 
§errn  jerfäHt.  3>nnerfyalb  be«  mehrere,  minbeften«  jtoei  ^a^re  umfoannenben  galiläifd^cn 
©tabium«  lönnen  itoar  einige  Vorgänge  bon  relatib  cpoc^emacfyenber  ©eltung  untergeben 

26  Serben;  fo  naety  mt  4,  12  unb  3Kc  1,  14  bie  ©efangennafyme  3o^nni«  be«  Käufer« 
burety  aerobe«  (al«  änlafe  nir  Äonjentration  be«  SBirfen«  $tfu  auf  ©aliläa  unb  jur 
Sammlung  ber  3toölfe  al«  ©e^ilfen  für  biefe  galiläifd&c  SSBirffamfeit),  unb  tocitertyin  bann 
ba«  ungefähr  mit  bem  Sefanntfoerben  be«  lobe«  $o^anni«  jufammcnfallenbe  grofce 
©pcifung«tounber  mit  feinen  folgen  (2Jtt  14—16  unb  $ar.;  3°  6/  6Gff)-  ®°^  lommt 

:io  benjelben  eine  fo  tief  emfcfyneibenbe  93ebeutung,  toie  bem  Eintritt  in  jene  na$  g^wf0'^ 
^inftrebenbe  SBanbeneit  unb  bem  Seginnc  ber  8eiben«h)oc^c  nic^t  $u. 

95orau«fe^ung  für  eine  gefd^ic^t«treuc  ©arftellung  ber  3Kcffta«laufba^n  be«  §emt  ift 
überhaupt,  baft  nid^t  cttoa  einfeitig  ba«  f^no))t.  ©efc^i^t«bilb  (toonad^  nur  (Sin  ^ßafjafyfeft  in 
biefelbe  gefallen  ju  fein  fc^eint),  fonbern  bic  bon  mehreren  Dfterfeften  ©rtoä^nung  t^uenbe, 

:j6  alfo  ^efu  Se^rtoirfen  über  mehrere  3ö^re«läufe  erftreefenbe  Scric^terftattung  be«  go^anne« 
ju  ©runbe  gelegt  toerbe.  6«  ift  bie«  umfo  nottoenbiger,  ba  in  ber  f^noj)tifc^en  Delation 
felbft  beutlic^e  ©^uren  eine«  mehrere  SKale  toiebergefe^rten  Se^rtoirfen«  unb  pro^etifd&cn 
3eugen«  be«  $errn  in  Scrufalem  enthalten  finb.  ©o  bor  allem  ber  fotoo^l  burc^  3Kt 
23,  37  f.  toie  burc^  Sc  13,  34   überlieferte   fömeralidje  Klageruf  über  ^erufalcm,    beffen 

40  Äinbcr  ber  $err  „oft,  ac^  h)ie  oft"  (jioadxig)  um  ftc^  ^abe  fammeln  toollen  —  ein  Slu«^ 
pxui),  ber  mit  ber  annähme  einer  blofe  einjährigen  2)auer  be«  öffentlichen  Se^ramt« 
d^lec^terbing«  unbereinbar  ift.  9tidjt  minber  aud^  bie  ä^nlic^e  äufjerung  beim  SBeinen 
über  Serufalem  am  Stage  be«  feierlichen  ©n^ug«  bafelbft  (Sc  19.  42),  fomie  f enter  ba« 
bei  bemfelben  ßbangeliften  (10,  38—42)  über  3efu  93e^ie^ungen  $um  §aufe  ber  5DJart^a 

46  unb  SRaria  Serid^tete,  berglic^en  einerfeit«  mit  ber  betyanifcfyen  ©albung«gefc^ic^te  (3Kt 
26,  lff.;  3Kc  14,  lff.)  unb  anbererfeit«  mit  bem,  toa«  3o|anne«  (11,  lff.)  bom  bet^a= 
nifäen  Sajaru«  al«  bem  „greunb"  $efu  unb  feiner  jünger  melbet  (3>.  11:  /laf.  6  (pi- 
kog  fjutbv).  W\t  einer  SJorfteDung  bom  Verlaufe  be«  öffentlichen  SBirfen«  be«  &erm, 
toonac^  ba«felbe  —  gleid^  einem  rafd^  aufflacfemben  unb  balb   in  fiefc  gufammenfinfenben 

60  Strohfeuer  —  binnen  einem  einjigen  3<$re  juerft  ein  frieblic^c«  ©äen  unb  Sammeln, 
bann  eine  rafety  bi«  nur  ©iebefyi$e  ftc^  fteigernbe  ÄonfXilt^cit  in  fiefy  gefc^loffen  unb  hierauf 
fofort  mit  ber  ierufalemifd^en  Jlrifi«  ober  3Reffia«Iataftro^e  geenbet  ^aben  foH  —  laffen 
Stellen  toie  bie  fyier  ^erborge^obenen  [\ty  nimmermehr  in  ßinflang  bringen.  3)a«  ftunn- 
ioinbartig  Stoffe  einer  @nth)icfelung,   bie   in   einer  derartigen  Sc^eid^nung  ber  einzelnen 

56  Stabien  jener  Saufba^n  h)ie  bie  Äeimfcfye  („ber  galiläifdde  grü^ling",  bic  galiläiföen  Stürme", 
,,ba«  jerufalemifd^c  2obe«oftern"),  ober  h)ie  bie  ä^nlic^e  bei  StebiHe  (L^vangile  en  Ga- 
lil6e,  Le  Messie,  La  passion),  ober  toie  bei  9Jij)})olb  (bie  galiläifcfyen  ^rieben«^fabe ; 
bic  ÄonfIift«geit;  ber  Äantyf  in  g^nifalem")  i^ren  genügenben  2lu«brucf  finbet,  mag  gu 
einer  2tuffaffung  ber  $erfon  be«  ^eilanb«  Raffen,  tocld^e  nur  5DJenfc^lid;e«  in  tym  erblicft, 

60  fte^t  aber  mit  bem  G^riftu«  ber  btblifd^cn  Offenbarung   in   unbcrföfynlic^em  SBiberf^rud^. 


£er  9(ei$tum  beffen,  \va$  Dom  £errn  toä^renb  bcr  läge  feine*  fegenfrenbenben  Umfycr= 
jiefaitS  im  gelobten  2anbe  gerebet  unb  getljan  Sorben,  ift  laut  ber  überetnftimmenben 
fetnnerung  feiner  äugen*  unb  Dfyrenjeugen  (bgl.  SßetruS  in  31©  10,  38,  fotoie  ben  an- 
sang $um  4.  6t)v  3°  21#  25)  ein  btel  größerer  getoefen,  ate  bafe  feine  Unterbringung  im 
intypin  3«troum  eines  3a$re$lauf$  gelingen  fönnte.  ß$  ift  eine  nic^t  nur  bem  jotjan*  6 
neigen,  fonbern  bem  gefammten  neuteftamentlid^en  ©efäid^eugnte  toiberfored&enbe  3$corie, 
tockfc  biefe  SSerlürjung  ber  „£age  beä  9Renfci?enfofyne3"  für  nottoenbig  erachtet.  9ii<$t 
bcr  ßfriftuä  be£  ÄtufcenbogmaS,  fonbern  gerabe  ber  GHjrtftuä  ber  frtt^eßen  c^riftlid^en  Über- 
lieferung, ber  gefd&id&tlic^e  GfyriftuS  ift  e$,  für  ben  tütr  ben  botten  Umfang  beffen,  toa$  bie 
biblif^er  Urfunben  jur  Semeffnng  ber  .ßeitbauer  feines  öffentlichen  SBirfenä  barbieten,  be*  io 
anforu^en  muffen. 

IV.  SHittel  unb  äußerer  Serlauf  Don  3cfu  SKefftaStoirfen  bis  jur 
$affion.  lieber  bie  fBunber  ber  euang.  ©efdn'djte.  #.  gubro.  9ii(fd),  Quantum  Christus 
tribuerit  miraculis,  Viteberg.  1796  (audj  in  S3b  I  uon  be3felben  gefammelten  Prolusiones 
aetdemicae  de  discrim.  revelat.  etc.,  ebb.  1830);  Seonfj.  £>eubner,  Miraculorum  ab  evange-  15 
listis  narratorum  interpretatio  grammatico-historica  asserta,  Wittenberg  1807  (gegen  bie 
vutftfir-rationaltft.  9?atürlid)»(5rflärung);  £.  %  ®d)ott,  De  consilio,  que  Jesus  miracula 
«tollt,  2p$.  1809  f.  (in  f  Opp.  exegg.);  3-  Ä.  fiejjnert.  De  nonnullis  effatis  Christi,  unde 
ipse  quid  quantumque  tribuerit  miraculis  cognosci  liceat,  $önig$b.  1833;  Qul.  SRüfler,  De 
miraculorum  natura  et  necessitate,  ©alle  1839—41);  3  ®f)r.  $.  ü.  #ofmann,  lieber  bie  20 
Araber  b.  #.  K->  3¥&  18*6 J  3U^  ßbftlin.  De  miraculorum  quae  Christus  et  primi  eius 
diacipuli  fecerunt  natura  et  ratione,  33re8fau  1860;  berf.,  $ic  SJrage  über  b.  Sunber  2C. 
3ßt  1864,  6.  205 ff.;  S.  ©dnilje,  lieber  b.  fBunber  3-  GWif  1864;  3B.  ©enfälag,  2>ie 
SJebeutung  beS  SBunber*  im  Sbriftentum,  Berlin  1864  (gegen  SRenan);  g.  ß.  ©teinmetoev, 
fyoloflet.  Beiträge  I,  Berlin  1866  (»gl.  oben  II);  berfelbe,  3)ie  2Bunbertf)atcn  bc§  $errn  25 
jum  SnociS  beS  ©laubenS  erwogen,  ebb.  1884  (mit  eigentümlich  tief  finniger,  aber  ettua§ 
fünftlic^r  Einteilung:  „epibciftifdje,  probet  ifd)e,  bibaftifdjc  Sunber");  ©.  ©amtleben,  tBefcu 
unb8cb.  ber  SBunber  3efu:  93ero.  b.  Gl.  1897,  6.  129  ff. 

Su$  ber  ßitt.  be$  HuSlanbS:  9iic&.  ©6-  $rend)  ((Eqbifctof  u.  Dublin,  geft  1886),  Notes 
oo  the  Miraclcs  of  Our  Lord,  fionb.  1846;  10.  ed.  1872;  91.  SB.  ©ruce,  On  miracles  (The  ao 
Hy  Lcctures  f.  1886),  $ero*2)or!  1888  u.  ö.;  berf.  in  f.  ©tfrift:  The  chief  End  of  Bevc- 
lation,  3.  ed.,  1890;  ©.  %  ftifd)er,  Grounds  of  Theistic  and  Christian  Bclief,  Äcni  »ort 
1883;  Sffainti,  Crr  unb  $ob8,  The  Supernatural  in  Christianity.  Three  lectures,  ©binburgl) 
1894.  Sgl.  ©anbati,  8.  Jes.  Christ  (oben  II),  p  22—26;  93artf),  ®.  103-142  (fjier  eine 
bff.  bfod^tcnSmcrte  ^3eleud|lung  ber  S3efeffenen^etlungen  6.  123  ff.).  35 

lieber  3efu  fie^re  nad)  gorm  unb  Snfjalt.  3°6.  Sec^t,  De  admiranda  in  Christo  do- 
cendi  virtute,  SHoftocf  1711;  Sal.  @.  Üöf4er,  (Sntttmrf  einer  »oUftänb.  ScfuS^^eologie  (in 
ben  „Unfcftulbigen  9?ad)ri*tenw  2C  1711—1713;  &.  (£ör.  93ö&m,  3)te  SReligion  3-  (S&rifti  au§ 
iliren  Urtunben,  &aüt  1825;  gr.  ©leef,  Ueber  ba«  EX  in  ben  SReben  3efu,  X(j6t8  1835; 
fr  Seife,  Die  ©runbjüge  bcr  ^eilöleftre  3efu  bei  b.  Stonoptifern,  Zf)&\8  1869,  I;  50.  gv.  io 
Öefc,  d^rifti  3CU9"^  üon  feiner  $crfon  u.  f.  SBerf  na^  feiner  gefc^tc^tlicf)en  ©ntroieflung 
bargeftellt  {%{.  I  uon  „tyxifü  $erfon  unb  3öerf";  »gl.  oben  II),  93afel  1870;  ©ri*  ©aupt, 
Die  altteft.  Citalc  in  ben  <$t>ü.,  Solberg  1871 ;  berfelbe,  3)ie  päbagog.  ©ei^eit  3efu  in  ber 
ftflmtylicfccn  (Snt^üOung  feiner  ^erfon,  ©üterälof)  1880;  (5.  3Börner,  3)ie  fie^re  3efu.  9?a** 
fteloffene  »orleff.,  fcrauägeg.  u.Oreai,  ©afel  1882;  $).  &inr.  3Benbt,  3)ie  ße^rc  3efu,  XI.  II :  r» 
3)«r3nbalt  ber  fic^re  3efu,  ©öttingen  1890  (au*  engl.:  ©binburgtj  1892);  Selij  öouon, 
Tb^logie  du  nouveau  t.  I:  La  vie  et  Tenseignement  de  J^sus,  fiaufanne  1893;  E.  93. 
ftatec.  The  Teaching  of  Christ  in  the  Gospels  of  St.  Matth.,  St.  Mark,  et  St.  Luke:  The 
Biblical  Wold  (S^icago),  1895;  9Rarc.  3)obS,  The  Teaching  of  Christ  in  the  Gospel  of 
St  John,  ebenbaf.,  1895;  ©uftau  3)almann,  Die  3öorle  3efu,  mit  93erücff.  be§  nadjfanonU  50 
Wen  jübif^en  6cftrifttum8  unb  ber  aramäifdjen  ©prac^e  erörtert.  XI.  I:  Einleitung  unb 
»iditigfte  Begriffe,  ßpj.  1898  (fteruorragenb  roie^ttge  Unterf.) ;  $.  (Starbt,  3)er  ©runbdjaraftcr 
ber  (hftit  3efu  im  Sergl.  ju  ben  meffianifc^en  Hoffnungen  beS  SSolfä  unb  ju  feinem  eignen 
flffRaSbenmfjtfem,  grreiburg,  Wofy,  1895;  «Ibr.  «Rau,  S)ie  (St^if  3efu,  if)r  llrjprung  unb 
ift«  ««beutung  t>om  Stanbpunft  be«  9Wenf4entum8,  tieften  1899  (rabifal  naturaliftifd)).  55 
■gl.  au«  eanbato,  p.  14—22;  ©artl),  S.  32-102;  Sremer,  «Paulin.  SRet^tfertgSl.,  184—274. 

Ueber  3efu  ©lei*niffe  f.  ben  bef.  «rt.  o.  ©eimict  (VI.  688-703).    3«  bcr  baf.  an* 
jjfgeb.  fiitteratur  ift  nad^utragen :  JRia^.  6fi.  $rend),   Notes   on  the  Parables  of  Our  Lord, 
&nb.  1841;  10.  ed.  1865;    $.  fi.  ©teinmener,  3)ie  ^arabb.  beS  ©errn,  Berlin  1884,  foiuie 
*.  3"»*er,  3).  ©leidjniSreben  3efu,  %\.  II:   9lu§legung   bcr  ©leidjniSreben  ber  brei  erften  eo 
£w.  Jreiburg  1898;    au^  beöf.  SBerfcä  XI.  I:  3)ie  (01.  3.  im  «Qgem.,  2.  «ufl.  tbb.  1899. 

lieber  3efu  fieöre  üom  5Rci*  ©otte§.  0.  @*moIlcr,  3).  Se^re  uom  $Rei*c  ©otteö  in 
*n  S^riften  beÄ  WZi,  fieiben  1891;  (S.  Sffel,  3>ie  fiefirc  oom  JR.  ©.8  im  ^X,  ebb.  1891 
-  wbft  beit  baSf.  X^ema  be^anbelnben  Arbeiten  oon  3°b-  3Bei§,  ©(^nebermann,  fiütgert, 
lim  k.  (f.  bie  titel  bei  ©anban,  p.  22  unb  ogl.  ben  bef.  91.  „Neid)  GtotteS.").  <* 


24  3efa*  <g*rifia* 

lieber  3ffu  Gödjalologi*';  $.  Greiner,  Die  esdjatolog.  Siebe  3cfu  "Wt  24.  '25,  Stutt« 
gart  1860;  (£.  fc.  fculfcarbt,  £>.  gefjre  oon  ben  festen  Dingen,  l'eipjig  1861:  SS.  &eijfeubad), 
2er  Sieberfiinft$gebanfe  3efu  nad)  ben  Stonoptt.  u.  f.  f.,  (Biegen  1873;  €rid)  £aupt,  3>ie 
eftfptol.  «ußfagen  ßffu  in  ben  ftonopt.  $m>.,  Berlin  1895;  $aul  ©dnrar&ropff,  Tic  Setö* 
6  fagungen  3*fu  £§rifti  oon  f.  Job,  f.  ttuferfteljung  unb  Sieberfunft,  unb  ttjrc  Erfüllung, 
©öl fingen  1895  (nebft  mehreren  fpfiteren  Sfacbtragen,  berufe  9tat)tfertigung  bei  barin  »er* 
rretenen  Annahme  eined  bem  Irrtum  unterworfenen  $oraudmiffen§  3efu;  (o  befonberä:  Tic 
3rTtum*lofigfeit  3.  Glnifti  unb  ber  drriflf.  ©laube,  (Bieben  1897).  »gl.  au$  ber  Hefter  ge- 
hörigen aufierbeutfd)en  fiitteratur:  SB.  6.  Dan  9Ranen,  Het  onderzoek  naar  Jeztis  verwach- 

10  ting  van  toekomst:  Th.  T.  1895,  p.  259 ff.;  £.  Gl)r$arbt,  La  recente  controverse  sur  Tes- 
chatologie  de  Jeans  en  Allemagne :  Rev.  de  theoL  et  de  philoe.  1895,  p.  450—482;  9.  SR. 
JJairbirn,  Christ'*  attitade  to  his  death:  Exp.  18%,  II  nnb  1897,  L 

Sgl.  nod)  im  allge meinen:  €.  @d)ürer.  Die  $rebigt  3efu  im  $erfj.  jum  ?IX  u  jum 
3ubentum  (Vortrag),  Tarmftabt  1882;    SB.  »ouffet,   3efu  $rebigt   in  tyrem  $egcnfaf  $um 

16  Subentum,  (Böttingen  1895;  <8htft.  3flrt'  StoS  menfd)lirf)  Bnjieljenbe  in  ber  (£rfd)einung  3- 
G&rifti,  Wunden  1898;  $.<£malb,  ©er  mar  3efu3  («ortragj,  Seip*.  1899.  —  «u£  ber  neue- 
ften  einfaV&g.  £itt.  beä  ÄuSfanbeä  bef.  nod)  ©•  ©tapfer,  Jesus  Christ  pendant  son  niinistere. 
$arid  1894  (aud)  in«  (Sngl.  überfefct  burd)  ß.  6.  #ougfjton:  J.  Chr.  during  his  ministry, 
9J.«?)orl  1898)  -   eine  getftreidjc,   in    i&rer  Buffajfung  ber  $erfon  CS^rifti  teilmeife  an  @ee* 

20  lel)3  „Ecce  homo"  erinnernbe  Sonographie,  bie  ftd)  mit  ber  oben  angeführten  SBrofdnire: 
J.  Chr.  avant  son  ministere  (f.  III),  fotoie  mit  ber  fpäter,  V,  ju  neirnenben  ju  einem  am 
näfcrnb  ooUftönbigen  SebenSbilb  jufammenfdjlie&t. 

Die  SWittel,  tooburefc  3^  f«n*  gothnerrjd^fid^nneffiantfd^e  SBürbc  bezeugt  unb  fein 
§eil$toerf  förbert,   bleiben  toäfyenb  ber  befdfciebenen  (SnttoidfelungSfhifc  fetner  £aufbafyn 

36  toefentli<$  bie  gleiten :  nur  bie  abföliefcenbe  2eiben&  unb  $errli$!eit£}eit  bebingt  eine 
aettriffe  SRebuftion  ber  ©tärfe  iljrer  Äanbfyabung.  3Kon  untertreibet  SSunbertoirfung  unb 
Se^rt^ätiaf eit,  unb  gtoar  bieS  mit  SRecgt,  borauägef  efct,  bafc  man  ba$  innige  $anbin^anbge^en 
beiber  gehörig  im  äuge  behält,  alfo  n>eber  ben  iüunberbar  )ünbenben,  n)iebergebärenbenf 
neufdiaffenben  G^arafter  famt  bem   eminenten  SBrijjfagungäm^alt   feiner  Se^rreben   übers 

ao  ftefyt,  noc^  aud)  ben  Umftanb  berget,  ba^  feine  SÖunbertyanbhmgen  jum  großen  2^il 
te^renbe  Sluftoltiffe  unb  ©eftoräc^e  bebeutfamer  ärt  in  tyrem  ©efolge  Ratten,  ober  aud&  an 
unb  für  [xfy,  burc$  ben  f^mbolifc^en  lieffmn  ü)reö  ©eföetyenä,  h)ie  j.  SB.  bie  Slinbentyeilungen 
al«  Ärafttoirfungen  be«  Stents  ber  SBelt,  bie  Serflärung,  bie  Stillung  be«  ©türmet,  bai 
3}erborrenma(^en   beä   ^igenbaumeö  zc,   eine   intenftb    lefc^afte   23irtung    betF^ätigert. 

86  Über^auj)t  tooDen  bie  SBunber  Qefu  burc^loeg  im  engften  3ufammm^an9  m^  feinem 
gamen  gottmenf(^Ii(^en  ^ßerfonleben  aufgefaßt  fein,  ©ie  toerben  nur  bann  richtig  gc- 
toürbigt  unb  befonberd  aud|  unter  ben  regten  a))oIogetifc^en  ©eftdjt^unft  gefteOt, 
loenn  fte  ntc^t  blog  al$  Reugntfje  gegenüber  bem  menfdjltdjen  Unglauben,  fonbern  ju= 
gleich  ate  ©tymptome  be«  ^ö^eren  mefftanifc^en  Seben^  $efu  foioie  afö  ^eil^gefd^id^tlid^e 

40  ©innbilber  unb  loetefagenbe  Ünter^fänber  ber  fyerrlic^en  äw^nft  be«  ©otte^rei^e«  Qo 
1,51;  14, 12  u.  f.  f.)  betrautet  toerben;  bgl.  bie  lefyreicfyen  Darlegungen  ©teinme^er« 
(1860  u.  1884),  fohrie  S3art|  a.  a.  D.  ©o  aufgefaßt,  erfc^eint  bie  aBünberloirffamfeit 
beä  ^errn  ate  etloa«  feine  gefamte  öffentliche  ^rjätigleit  burc^>  alle  ©tabien  fyinburdj>  mit 
Slottoenbigfeit  begleitenbeS,  toie  benn  nic^t  blo^  SBunber  ber  £erj|en$fünbigung  (toie  bei 

46  SRatfyanael  3o  1,  45),  fonbern  au$  tounberbare  Stf^fiae  (2c  5, 1—11),  ©)>eifung$h>unber 
(3o2,  lff.)  unb  £eilung$nnmber  aller  3lrt  (3Kc  1,23  ff.)  fc&on  in  ber  e^oc^e  ber  Se* 
rufung  unb  ©ammlung  ber  Stooftel  in  retcr)nc^er3ö^  mttlotrlen.  3nmal  ba$  „auftreiben 
ber  Dämonen",  b.  ty.  ba^  feilen  geifttg  (Srfranlter  burefy  bie  übernatürliche  3)tad^t  feinet 
2Bort$,  i[t  ein  fein  bro^^etifc^e^  2efyr$eugnte  unau^gefeftt  beglettenbe^  ß^aralteriftifum.  (gg 

so  tritt  inmitten  ber  übrigen  arten  feiner  tpunberbaren  ©elbftbe^eugung  fo  ftarf  ^erüor,  bafe 
gelegentlich  (f.  2c  10,  ,17;  11,22;  31©  10,  38)  ber  ganjc  Inbegriff  feiner  ^eiltoirlenbcn 
^ätigfeit  ate  ein  „Übertoinben  be$  Seufefö"  ober  „feilen  ber  Dom  Teufel  ÜberloäU 
tigten"  bejeic^net  toirb.  Unb  nic^t  etloa  afe  ein  2lft  lluger  SKfomobation  an  jübifd^e 
äJolföborftclIungen,   ober   gar  ate   ein   ©tyntytom    befd^ränlften  SBiffcn^    ^at   btefeS  fein 

66  Dämonensaiu^treiben  ju  gelten  (gegen  ZI).  93raun :  „Die  Dämontfcr)cn  be«  9l%#,  >$%R 
1898,  u.  ©ctytoarfcfopff,  ebenbaf.  1896),  fonbern  alö  eine  gewaltige  ftraftloirfung  feines 
göttlichen  SBortö,  looburd^  er  ebenfo  real  unb  ftegj^aft  lote  etnft  ben  SBerfuc^er  in  ber 
Söüfte  (bgl.  2c  4,  13)  bie  tym  entgegentretenben  3Räct;tc  beö  9lctcr;$  ber^infterntö  jurücfs 
trieb  unb   überwältigte   (f.   bef.  8art^,   ©.  125  ff.),     ©ntfpred^enb   ^at  man   über  bie 

eo  lotcnertoedfungSlounber  ju  urteilen.  Sluct;  biefe  r)öd^ftcn  33et^ättgttngen  fetner  unbefteg* 
baren  unb  unauflö«lt(^en  2eben^fraft  (£br  7, 16)  reiben  toeit  jurüdf  in  ber  Slci^e  jeiner 
meffianiföcn  ©elbftbcjeugungen.     Die  erften  Jotenerloecfungcn   fallen   bereits   in   eine 


3efu*  Gljriftod  25 

}icmli($  früfyc  3eit  bc«  galiläifcfycn  SBirfcn«,  toäfyrenb  bic  le$tc  unb  hnmbcrbarfte  unmittck 
bar  in   bic  £eiben«jeit  hineinreicht.    SBenn  enblicty  toäfyrenb  btcfer  legten  (Spoctye  bic  bor* 
fcr  fo   rei$li<$  ftrömenbe  SBunberfraft  jcittoeilig  in  Satenj   tritt  (unb  jtoar  bic«  gcmäfe 
frcttoifliger  (Sntfcpefeung  be«  §errn  f.  3Kt  26,  53),   fo  tyut  fic  bic«  nur,  um   mit  bcm 
SRoment  bcr  äuferftetyung,   al«  be«  ©tyfel«  aller  meffianifcfyen  SBunberertoeifungen,  bon  6 
neuem  auf«  getoaltigfte  ^erbor^ubred^cn  unb  in  bcr,  feinem  nunmehrigen  Übergang  in  ben 
3Serflärurig«juftanb   entfbred&enben    berönberten    gorm   be«   geheimnisvollen   ßrfctyeinen«, 
Kiebcrberföhrinben«  u.  f.  f.   bi«  jum  @nbe  bcr  40  Sage  fortjubauern.  —  @Ieic$   bem 
Bunbertoirfen  ober  bem  mejjianifdjcn  ^robfyetentum  ber  tyat,  jietyt  auety  ba«  Sefyrtoirlen 
ober  ba«  meffianiföe  ^ro^etentum  be«  2Bort«  fic$   burety   bic  gefamte  öffentliche  Sauf*  10 
babn  be«  $Jtm   $inburc$.      6«  ift  nur  ein  rclatibcr,   einzelne  befonbere   Sefyrformen 
betreffenber  2Bec$fcl,  bcr  jicty  fyier  al«  mit  ben  §au)>tet>oc$en  feine«  5Reffia«tum«  im  3u* 
iammen^ang  fte&enb  nad&toeifen  läfet ;  bic  Sefyrtfyätigf eit  im  gangen  beginnt  mit  ben  erften 
Berufungen  bcr  3üngcr  bur<$  ben  au«  bcr  SBüfte  nac$  bcr  3orban«au  $wci\&QtU1)xten, 
unb  enbigt  erft  mit  bcr  Himmelfahrt,    atterbing«   aber   toed&felt  gorm   unb   3lrt  feine«  is 
2cfyren«  infofern,  al«  er  toäfyrenb  bcr  9fafang«aeit  be«  galiläifd&cn  Setyrtoirfen«  mefyr  @c* 
(c$,  gegen  ba«  (Snbe  bcrfelbcn  unb  in  bcr  Übergang«$eit  jum  Seiben   unb  Sterben  mcfyr 
jmfotyctifc^e  Ser^cifjung,  betreffenb  ba«  bon   ifym  ju   grünbenbc  ®otte«reic$   unb  beffen 
ftinmft,  borträgt;  jene  ®efefce«lefyre  übertoiegenb  eingefleibet  in  bie  gnomiföe  Sefyrform 
bcr  Sergprebigt  unb  anbercr  berartiger  ©brudbreben,  biefe  $Berfyeij$ung«letyre  übertoiegenb  20 
bt«  ©eftalt  bon  Parabeln  tragenb.    SDie  Sefyrform   be«  jofyanneiföen  Gfyriftu«  jeigt  ge* 
totfit,  bcr  ©runbeigemümlic^fett  be«  bierten  @bangclium«  entfprecfyenbe   befonbere  9Kerfc 
male;  fie  beborjugt  bie  fombolifcfcallegorifclje  2)arfteUung«toeife  bor  ber  gnomifcfcparabo* 
lijcfcn,  fte  betoegt  ft$  me$r  in  ©clbftjeugniffcn  $efu  bon  feiner  gott*menfc$lic$en  $erfon, 
ate  in  Sieben  ober  2öei«fagungcn  über  fein  Steicty,  fic  erfd&eint  überhaupt  mefyr  al«  doc-  26 
trina  Christi   benn  al«  doctrina  de  Christo.    SDod&   fefylt  e«  feine«toeg«  an  $ixQm, 
todt&e  ben  Se^rreben  be«  fonoptifäen  gfyriftu«  ebenfotoofyl  toie  benen  be«  jo^anneifc^cn 
eignen.    Sn  bebeutfamen  $inh>eifen  auf  bie  fd&led&tfyin  übernatürliche  SBefentyeit  unb  9Rac$t 
te$erm  ftnb  auc$  bic  brei  erften  (Sbangelien  reid&  genug,  unb  bcibc  2Reffia«be$eic$mmg«s 
toeifen:  ber  9lame  „@otte«fotyn"  toie  ber  nietyt  minber  bebeutfame  „SKenfd&enfotyn",  gehören  30 
jran  gememfamen  ©ut  be«  Sefyrgetyalte«  beiber,  be«  Qjo^anne^ßb.   h>tc  ber  ©tynobtifer 
(»gl.  fteffir  bef.  be«  Unterjcic^netcn  ©d^rift :  r,®a«  Scben«bilb  %  6^r.  nad^  ber  ©c^rift" 
(I860J,  ©.  50  ff.).    Sud^  bic  iofyanneifd&en  6^riftu«rcbcn  c^araftcrifiert  jene  ^äbagogiWc 
<Bcte$eitf  bie  anfänglich  me^r  9Kild^  unb  bann  erft  feftere  ©^eifc  bietet.    2lud&  innerhalb 
i^tcr  lä^t  fiety  ein  getbiffe«  ftufenmäfeigc«  gortfe^reiten    bom  Seichteren   jum  ©c^tocrcrcn,  35 
ton  tsbtfc^en  fingen  ju  ^immlifd^cn  fingen,  bon  ber  änibenbung  einfacherer  formen  ju 
toa^Jenber  3beenfüDc  unb  $iefe  be«  39litgetctlten  nac^toeifen,   toenn  auc$  me^r  nur  ein 
relatfee«,  ju  einer  fc^arfen  ©Reibung  naef  ^erioben  leine  än^alt«bunlte  barbictenbc«  (bgl. 
6cfc®&r.  $erfon  x.  I,  293  ff.). 

2He  nähere  Darlegung  hierüber  ben  Setyrbüd&em  ber  S3ibl.  Ideologie  übcrlajfenb,  40 
totnben  toir  un«  $u   einer  überftd&tlid&en  2lutolung  bcr  einzelnen  ^auptmomente  be« 
Kefjtttfttrirten«  $tfu,  gemäfe  bcr  ungefähren  ytci^enfolge,    h)dc|e  bei  berglcic^enber  3Us 
fammenfaffung  bcr  f^nobtifd^cn  mit  bcr  jofyanneifc^en  Delation  ftc^  ergiebt. 

a)  35a«  anfänalid^c  3ufammentbirlcn  mit  bem  Käufer—  noc^  nid^t  be* 
ftimmt  fonjentriert  auf  ©aliläa  al«  eiruigen  §aubtfd^ai^)la^ ;  auc^  noc^>  nietyt  geftü^t  auf  45 
«ne  fc^arf  abgegrenzte  Sün^erfd^ar.  ©bangelifd^er  Scric^terftattcr  über  biefe«  erftc  cin= 
Wtei^e  ©tabium  bcr  galilätfc^cn  Sc^rt^ätigfeit  ift  toefentlicfy  nur3io^anne«  in  feinen  bicr 
»ber  fünf  erften  Äapiteln  (1,  29  bi«  4,  46,  ober  ebcntucH  bi«  5,  47).  $ie  ©tynobtifer 
Wen,  im  anWluffe  an  ityre  Scripte  über  Xaufe  unb  aSerfud^ung  %tfu,  bie  SScr^aftung 
^  Käufer«  al«  SRotib  für  ben  §errn,  fid^  in«  gäliläifc^c  Sanb  $u  begeben,  allerbing«  w 
b«»r  (3Rcl,  14;  9Rt  4, 12),  cr^lcn  aber  nic^t«  bon  ben  jloifc^en  jene  grunblegenben 
wmente  be«  aJteffia«toirfen«  3efu  unb  ba«  gnbc  bcr  I^ätigfcit  feine«  Vorläufer«  fatten= 
b*  Gegebenheiten.  3)iefc  gehören  grö^tentcil«  nod^  bem  jubäifcfyen  ©c^aupla^c  be«  erften 
mtntli<|en  #erbortreten«  be«  ^errn  an.  ©0  bic  ©etoinnung  einiger  ßrftlinge  treuer  jünger 
«ö  ber  3<^l  bcr  um  ben  'läufer  am  unteren  $orban  ©cfd^arten:  ber  3*cbäu«föl;nc  dö 
äoNme«  unb  S^^u«,  ber  3ona«fö^ne  Slnbrea«  unb  ©imon  ^Jctru«,  bcr  beiben  greunbe 
wfiWwi«  unb  9lat^anaet8art^olomäu«  ($o  1,29— 52);  fo  tociter^in  ber  t>robtyetifcfc 
Wolifc^e  8ft  ber  erften  lempelreinigung,  ibobei  S^fu«  ^um  erftenmale  ©iberfbrud^  feiten« 
J«  jübtfc^en  SSott«obcrcn,  aber  auq  gläubigen  2lnfdS>lu^  feiten«  5Dtanc$er  an^  bcm  §ur 
Cftafeicr  m   gerufalem  berfammeltcn  Solfe   erfuhr  ($o  2,  13— 25);   fo   bie   näd&tlid&eeo 


26  3efit3  gtfrifhtS 

Unterrcbung  mit  SRifobcmuS  über  bic  SBiebergeburt  jum  Seiche  ©otteS  (%o  3,  1—21); 
fo  enblicfy  baS  zeitweilige  SRebeneinanbertoirfen  feiner  au$  bie  laufe  tyanbtyabenben  jünger 
mit  bem  Käufer  unb  baS  baburefc  beranlafete  3cu9n^  **>&  lefeteren  bon  3*fu  fy&tyerer 
2ttürbe  föo  3,  22—36).    ßine  befonberS  hridjtige  Gegebenheit  btefeS  3eitraumeS  freiließ: 

5  bie  erfte  Offenbarung  feiner  göttlichen  Sßunberfraft  in  bem  3e^en  ^  ™  3B^n  bertoan* 
belten  SßafferS  bei  ber  §od^eit  ju  Äana  (3jo  2,  1—11)  gehört  feinem  §eimatlanbe  ©a* 
liläa  an,  toofyin  er  ft$  borübergefyenb  jurüdbegeben  fyatte  unb  toofelbft  er  au$  feinem 
foäteren  £auj)ttoofynorte  Äapernaum,  naty  ben  Heimatorten  jener  erften  Sflngcr,  am  ©ee 
©enejaretfy,  einen  erftmaligen  füneren  Sefucty  ab)tatt^tt  (^o  2,  12).    9laä)  ©aliläa  toenbet 

10  er  fieg  f^äter,  am  ©etylufe  biefer  ßpoctye,  and)  toieber  jurüi,  als  baS  mächtige  Umftc^greifen 
feiner  lefyrenben  unb  taufenben  2Birffamfeit  in  gubäa  itym  bie  geinbfe^aft  ber  bortigen 
SWacfytyaber  ju^ujie^en  begonnen  fyattt  Qo  4, 1—3)  unb  als  um  biefelbe  &t\t,  ober  toenig 
foäter,  ber  galiläifcfct>eräifc§e  $etrar$  #erobeS  2lntipaS,  enürnt  über  bie  toegen  feiner  ß^e 
mit  §erobiaS  unb  anberer  Übeltaten  erfahrenen  fcfyarfen  3lüge,  ber  bufeprebigenben  ÜBirfc 

löfamleit  beS  Säufer«  ein  frühes  ßnbe  bereitete  (So  4,  24;  bgl.  £c  3,20;  9Wc  6, 17  ff.; 
9Kt  4, 13  ff.).  3>n  bie  3eü  Wefcr  Reiten  £eimfefyr  nad)  ©aliläa  fällt  bie  bon  3o^»nne« 
(4, 4—32)  ausführlich  enäfylte  Unterrebung  mit  ber  ©amariterin  am  ^afobä&ntnnen 
famt  ber  baburc^  herbeigeführten  Sete^rung  einer  2lnjatyl  bon  bereit  SSolfSgenoffen  an 
Sefum  als  ben  §eilanb  ber  Sßelt.  —  Ob  auety  nod&  biefer  Vorgang  famt  ber  tym  JU* 

20  näctyft  gefolgten  Teilung  beS  ÄinbeS  beS  itönigifctyen  ju  Äapernaum  (3>o  4,  47—54),  fo« 
tüte  bem  §eilungStounber  am  fteicfye  SetfyeSba  gu  l^erufalem  (3°  5>  1—47)  als  ber  ®e* 
fangennafyme  beS  Käufers  Vorausgegangen  ju  benfen  ift,  fobafe  bemnaefy  bie  fünf  erften 
Äapitel  beS  jofyanneifäen  ßbangeliumS  bem  3etoaume  jjor  biefer  Äataftropfye  gehribmet 
toären  unb  ein  breimaligeS  3wrücRe^ren  %tfu  aus  3ubäa  naety  ©aliläa  bis  ju  berfelben 

26  ju  ftatuieren  fein  toürbe,  barüber  bifferieren  bie  Slnnafymen  ber  ßfyronologen  beS  SebenS 
Sefu.  äöiefeler,  Sid^tenftein,  ftifcfyenborf,  $afel,  Gafoart  k.  laffen  bie  SJertyaftung  beS 
läufcrS  erft  $hrifc$en  $o5,  47  u.  6, 1  erfolgen;  bie  Übrigen  fefcen  fäon  $o  4,  43 f.  als 
jiufammenfallenb  mit  ber  9tt  3,  12  u.  SRI  1,14  erloä^nten  Slücffe^r  na$  ©aliläa  aus 
Slnlafe  beS  genannten  ©reigniffeS.    ßine  ftc^ere  ßntfd^eibung  in  biefer  grage  ju  gewinnen, 

so  ift  um  fo  f<$toerer  möglich,  ba  baS  ^o  5, 1  als  3^itJ)unft  beS8et^eSba=2ßunberS  angegebene 
fjeft  jeber  näheren  SejeiAnung  entbehrt  unb  ju  einer  giemlictyen  >$al)l  d^ronologifc^er  Äom« 
binationen  Saum  getoägrt  (bgl.  unten,  VII).  9Kan  toirb  eS,  bei  ber  Unbefttmmt^eit 
fotoo^l  ber  f^noptifc^en  Seric^te  als  ber  jo^.  Delation,  betreffenb  ben  3^unft  **>&  ©e* 
fangenne^mung  ^o^anniS,  ungetüi^  laffen  muffen,  ob  baS  gefamte  öffentliche  Söirten  btefeS 

86  ^erolbS  3efu  über^auj)t  metyr  als  ein  ganjeS  ^al^r  umfaßte,  ober  ob  eS  innerhalb  eines 
§afyrcS  berlief  unb  bemnad^  nur  ein  mefyrmonatlid&eS  5Rebeneinanberh)ir!en  3efu  mit  tym 
ftattfanb. 

b)  Son  berSSerfyaftung  beSläuferS  bis  ju  beffenSobe  unb  bem  erften 
großen  ©^eifungStounber  (3Kt4, 13— 14,  36;  3Rc  1,15—6,56;  Sc 4, 17— 9, 17; 

40^0  4,47—6,71,  ober  eto.  blofe  Ä.  6).  3)er  Gfyarafter  biefeS  3eitraumS,  ber  bie  §autotmaffc 
ber  galiläifcben  SBunbert^aten  unb  Sefyrreben,  namentlich  auc^  fc^on  bie  anfange  beS  JÖe^renS 
bur^  ©leiegniffe  in  fi$  begreift,  befte^t  in  ber  allmählichen  ©ammlung  einer  feft  unb 
eng  um  ^nm  gefc^arten  ©cfyule  Don  3^8^"/  m^  ^n  X*l>ölf  3lpofteln  als  i^rem  Äerne, 
unb  ben  großen,   ob   feiner  SBunber  begeifterten  SSolfS^aufen  aus  atten  Seilen  ©aliläaS, 

46  bie  fid^  um  ben  in  ber  näheren  Umgegenb  beS  ©eeS  ©enejaret^  SBirfenben  froren,  als 
bem  belegten  ^intergrunbc  feines  fir^enbilbenbcn  S^unS.  3)ie  3luSfonberung  unb  erfte 
3luSfenbung  ber  3tobl\t  bilbet  einen  ber  erften  £auptaf te  ber  6)>oc$e ;  bie  ßr^robung  i^rer 
©laubenSfeftigfeit  unb  treuen  Slnbänglid^leit  beim  3lbfaß  einer  größeren  ©c^ar  jener  nur 
um  ber  SBunber  toillen   i^>m   gefolgten  ©aliläer   infolge  feiner   „garten  JRcbc"   in  ber 

60  ©cfyule  bon  Äa^emaum  be^eid^net  ben  3ictyunft  ber  ^ier  borliegenben  ßnthricfelung.  Über 
bie  3)auer  berfelben  läfct  ftd^  auc^  lieber  nichts  abfolut  getoiffeS  ermittelen,  fd^on  h>eil  eS 
fraglich  bleibt,  ob  bie  bon  ben  beiben  §etlungSh)unbern  3o  4,  47—54  unb  3°  *>,  1  ff. 
umnannte  3C^  noc^.  "*  f'e  ^ineinjujie^en,  ift,  ober  nicfyt ;  femer  aud^  loeil  baS  $o  6,  4 
crloäbntc  ^affalj  möglic^erloeife  ntd^t  baS   einige   in   ben  3cttraum   faUenbe  geft  biefer 

66  3lrt  fein,  berfelbe  alfo  ebentuell  als  über  ein  $al?r  toä^renb  p  benfen  fein  fönnte.  2)od& 
liegt  nichts  eine  folcfyc  2lnna^me  birelt  S3egünftigenbeS  bor;  ber  SluSbrudf  odßßaiov 
devxegoTTQcTnov  Sc  6,  1  fcfylicfjt  fd^toerlid^  bie  3lnbeutung  eines  befonberen  ^affa^fefteS  in 
ftd&  (f.  bef.  ©.  2.  £atynS  Äomm.  j.  b.  ©t.,  I,  390  ff.),  unb  bie  üJWglicfyfeit,  ba|  alle  in 
ben  obigen  3lbfcbnitten  erjagten  Vorgänge  innerhalb  ettoa  eines  3S<*breS   berlaufen   feien, 

60  läfet  fid&  mit  irgenbtoelc^en  triftigen  ©rünben   nicfyt  beftreiten.   —   S)iefe  Vorgänge  ftnb 


3efn*  gffriftu*  27 

baiHrtfäctylicfc  folgcnbe:  $efuS  tritt,  nactybcm   er  feine  Ütatcrftabt  SWaaaretfy  tocgen  bafclbft 

erfahrener  unfrcunblicfccr  Begegnung  bcrlaffen  (2c  4, 16 ff.;   9föt  4, 13),  in  ber  ©tynagoge 

Don  Äapernaum,  feinem  nunmehrigen  §aupth>otynort,  prebigenb   unb   luunbertoirfenb  auf. 

£cine  Teilung  eine«  3)ämonifdjen  bafelbft,   bie  unmittelbar  gefolgte  Teilung  ber  fieber* 

tränten    ©cfymegermutter  Sßetri  in   tyrem   $aufe,    fotoie  eine  SRctye  Weiterer  ßeilungS*  6 

ftntnber,    bie  er  inmitten  ber  tyn  umbrängenben  SSolfSmenge  bis  tief  in  bie  Stacht  hinein 

Vollbringt,  bringen  einen  gewaltigen  ©inbnuf  bei  ber  bortigen  Sefcölferung  tyertoor,  beffen 

tociteren  SBirhmgen   er  ftc§  jebocfy   burc$  hinübertragen   feiner  j>roj>betifd&en  Äräfte  unb 

©oben  nadj  anberen  Örtern  ©aliläaS  ent^t  (3Kc  1,  21— 38;  Sc.  4,31-43;  bgl.  3Jtt 

4, 23 f.;  8,  14—17).    SSerflod&ten  in  biefe  grunblegenbe  SBunbertfyätigfeit   an  ben  Ufern  10 

beS  galiläiföcn  HJlecreS  erfd&eint  bie  befinittoc  Berufung  feiner  %üxiQCt  im  engeren  Sinne, 

ber  3toölf*3tyoftel.    93on  i^nen    Reifet   er  bie  ju  ifyrem  gifd^ergch>crbc   am  ©ee  $urücfc 

geteerten  beiben  Srübetyaare,  bie  3>onaSföl?ne  unb  bie  3<*ebäiben,  unter  Serlaffung  ifyrer 

©cfciffc  unb  SJe^e  iljm  nachfolgen,  bamit  er  fie  ju  SRenföcnfifdjem  macfye  0)lt  4, 18—2,2, 

nebft  ^8ar.) ;   bei  ©imon  $ctruS  fcfyeint  biefe  2luff orberung  ju  #ueien  9Jtalen,  baS  jtoeite  16 

Wal  unterftüfet  burety  ein  ftauncnerregenbcS  3rijdfougStounber,  ergangen   iu  fein  (togl.  Sc 

5,1—11).    Äucfy  ^ilitymS  unb  Bartholomäus  erfcfyeinen   balb   bem  fepon  in  ber  3>or* 

banäau   bei  SotyanneS   fennen   gelernten  ©efanbten  ©otteS  in  bauernber  Eingabe   an- 

gefäloffen.    gerner  Stomas,  ber  „Stoiling"  ©e^ei|ene;  SKatt^äu«  ober  Setoi,  ber  fcom 

Mtifcfce  fyintoeg,   unb  $h>ar,  toie    eS  fcfyeint,   als  einer  ber  legten  toon  allen  berufene  *> 

(Wt  9,  9 f.;  bgl.  3Kc  2, 13  fi. ;  Sc 5,  27 ff.);  bie  beiben  Sll^äuSföfcne 3^f obuS  ber  jüngere 

unb  3uba3  3afobi   ober  2tyabbäuS  (toofyl  toerfcfyieben  toon  ben  gleichnamigen  „Srübern 

beS  £errn'',  f.  8b  VIII,  573, 42) ;  ©imon  ber  Äanaäer  ober  ber  ©ferer  (ßeloteS) ;  enblic^  SubaS 

JdarioteS,  ber  foäter  jum  Verräter  an   tym  ©ctoorbenc  (f.  bie  fc^on  früher  citierten 

ifyofiettatalogc  in  üRt  10,  9Re  3,  Sc  6  unb   fcgl.   bie  einzelnen  auf  bie   fyier  ©enannten  25 

ba  ärtifd).  —  3)cr  auf  einem  Serge,  toofyl  nörblicfc  ober  norbtoeftlicfy  toon  Äapcrnaum, 

erfolgten  feierlichen  Drbnung  unb  3>nftruttion  biefer  jtoölf  Singer  fd&eint,  übereinftimmen* 

ben  Slngaben  bei  SKarfuS  (3,  13)  unb  SutaS  (6, 17  ff.)  jufolge,  jener  getoaltige  Slebeaft 

ber  Sergprebigt  unmittelbar  gefolgt  ju  fein,  über  toelc^en  9KattfyäuS  (5—7)  am  ausfuhr* 

lüften,  aber  too^l  obne  genaue  SBaljrung  beS  ßeityunftS  feiner  Slbfyaltung  (ibn  nämlicfy  so 

toaWcfcinlicfc  ettoaS  ju  frü^  anfefcenb)  referiert  fyat.     .ßtoiföen   ^efe  Sergrebe   an  bie 

Jünger  als  engeren  unb  an  bie  toerfammelte  SSolfSmenge  als  toeiteren  #örenreiS  (fcgl.  Sc 

6,20.39),  fotoie  jhnfe^en  bie  erftc  ßntfenbung  ber  Sl^oftcl  als  felbftftänbige  ©efyilfen  unb 

Sertreter  feiner  Sebr»  unb  SBäunbert^ätigfeit  ($lt  10,  1  ff. ;   9Kc  6, 7 ;   Sc  9, 1  ff.),  fd&cincn 

mehrere  ber  bemenenStoerteften  Teilungen   unb   fonftigen  SBunbert^aten  eingefügt  toerben  35 

)u  muffen.    5Die  Teilung  beS  Iranfen  Äned^tS  beS  römifd^en  Hauptmanns  ju  Äapernaum 

toitb  iöefentlicfc  übereinftimmenb   bon  SulaS  (7, 1— 10)  h)ie   bon  9KattfyäuS   (8,5—13) 

gletc^  nac^  bem  ©d&luffe  ber  Sergrebe  gefegt,  nur  bafi  ber  le^tere  ©Dangelift  i^r  nod;  eine 

SuSfä^igen^eilung  Dorange^en  lä^t,  freiere  beiSu!aS  unb3)tarfuS  eine  ettoaS  anbere  ©tcQe 

annimmt  (3Rt  8,  1—4;   D9I.  Sc  5, 12;   3Kc  1,  40  ff.),     einige  3eit   naefy   jenem  gern^  40 

WunaStounber  im  §aufe  beS  (Senturio  ju  Äapernaum  fe^t  ber  ©Dangclift  SKatt^äuS  eine 

bu&tgeorängte  ©ruppe  t>on  SBunber^anblungen  an,  t>on  toelc^en  einige  Wol)l  unjtoetfetyaft 

bw^t  ^mtereinanber  erfolgt  fmb.     3Die  ©tifiung  beS  ©turmeS  toenigftenS  nebft  ber  Sc- 

fcffenen^eilung  üon  ©abara  (©erafa),   beSgleic^en  bann   bie  Slufertoecfung  ber  lod^ter 

beS  §axox$  famt  ber  auf  bem  Söege  $u   i^r  Vollbrachten  Teilung  ber  SBlutflüffigen,  finb  46 

ftteigniffe,  toeld^e  nad&  allen  brei  ©^noptilern  in  biefer  engen  33erbunbcnfyeit,  als  3)o^cI= 

tounber,  gefc^en  fein  muffen  (t>gl.  9Kt8, 18— 24;   9,  18—26   mit  3Hc  4,35—5,  43; 

&  8, 22— 56).    Sßenn  üDlattfyäuS  biefe  beiben  ^o^cltounber  mit  einigen  2Bunbcrer$ä^ 

tagen  unb  fonftigen  Seric^ten  umgiebt,  bie  bei  ben  beiben  anberen  ©Dangeliften  enttoeber 

mi  fehlen  (fo  bie  Rettung  jh>eier  Slinben  unb  eines  ftummen  33efeffenen  5Dtt  9,  27—33)  so 

oba  in  anberer  Umgebung    auftreten  (fo  bie  Heilung   beS  burd^S  2)ac^   ju  %t\\x  ^erab= 

Stlaffenen  ©id^tbrüAigen,  fotoie  bie  Berufung  9Katt^äi  am  3olItifcfye  famt  pc^  anfcbliefeen^ 

bem  iBal  unb  Xifc^gefpräd^  mit  ^^arifäern  unb  SofanniSjüngcm   m  feinem  §aufc  9Kt 

^1 — 17;  »gL  3Rc2,  lff.  u.  Sc  8,  17  ff.),  fo  liegt  bie  annähme  nalje,  bafe  biefer  ®t>am 

gclift  ^ier  einer  bie  Slüdfftctyt  auf  ftrengeS  geftfyaltcn  ber  3c^f°^Öe  bintanfefeenben  ^Heal-  66 

«mteilung  gefolgt  fein  toerbe  —  bießeicfyt  toeil  er  überhaupt  einmal   ein  „Silb  bon  ber 

Samigfaltigfeit  beS  3^unS  unb  grlebenS  %tfu",   befte^enb   in  teiltoeife  ibealcr  ©djtlbc* 

0019  ber  beiben  läge,  in  toeld&e  feine  eigene  Berufung  fiel,   ju  geben   beabftd^tigte  (Dgl. 

b.§ofmann:  „3tpei  2^ge  beS  3JlenWenfo^neS",   #J}rÄ   1851,  H-  xn)-    —   3"    «ne 

«Mft  riel  fpatere  3*\t  fefeint  baS  jtoeite  ber  uns  überlieferten  iotenertoedtungStounber  ju  w 


28  $efit*  Stfrifta« 

gehören,  bic  blofc  bon  2ufa«  berichtete  ©eföid&te  bom  3ünflKnÖ  ju  9toin  (2c  7,11—17), 
naefy  bem  (Sbangeliften  unmittelbar  borau«gefyenb  unb  al«  SKitberanlaffung  gu  ©runbe 
Itegenb  jener  Senkung  be«  laufet  au«  bem  ©efängniffc  an  3efum,  toeldje  biefem  gu 
feinem  fyerrlid&en  ^eugniffe  über  bie  fyeil«gefcfyid&tlic&e  Stellung  unb  Sebeutung  be«  Käufer«, 

6  aber  aueb  über  ferne  eigene  gottmenfctylid&c  Sßerfon  unb  ©enbung,  fohrie  über  bie  i$m  toie 
feinem  Vorläufer  bei  bem  berfetyrten  ©eftfyletfyte  ber  3uben  getoorbene  Aufnahme  3fala| 
giebt  (3Rt  11 ;  „bgl.  Sc  7,  18  ff.).  3n  bie  nad&folgenbe  Seit  fefct  2Jtattyäu«  eine  ©efök&tS*  unb 
Slebengruppe  (2ityrenau«raufen  am  ©abbat,  Leitung  ber  berborrten  §anb,  fotoie  be«  befeffenen 
©tummen  unb  93linben,  nebft  ftd&  baranfd&liefeenber  Stebe  bom  Seufelau^treiben,  au$  einer 

io  längeren  Steige  bon  ©leid&niffen  bom  ®otte«reic|e  unb  einem  93erid&te  über  einen  neuen  ber« 
geblichen  33erfud&  be«  §errn  jum  pro^etiftfycn  2efyrtoirfen  in  SRajaretty :  3Kt  12  u.  13),  beren 
einzelne  ©lieber  bei  ben  beiben  anberen  ©tynoptifern  teiltoeife  an  früheren,  teift&eife  au$ 
an  fpäteren  ©teilen  ftefycn.  Völlige  Übereinftimmung  fyerrfd&t  bagegen  toieber  betreffe 
be«  großen  ©peifungöhmnber«  bon  ben  günftaufenb   famt  feiner  golge,  bem  SBanbeln 

16  über  ben  ©ec.  ©otoofyl  bie  einzelnen  Umftänbe  biefer  miteinanber  berletteten  Segebens 
Reiten,  al«  \f)i  ungefähre«  3ufammenfaöen  mit  bem  Sefannttoerben  ber  Einrichtung 
Sofyanni«  be«  Käufers  teuren  bei  jebem  ber  ©tynoptiler  ofyne  toefentlid&e  2lbtoetc$ungen 
bon  einanber  toieber.  Unb  jur  fanoptifäen  Delation  gefeilt  fid&  tyier  aud&  bie  be3  inerten 
@bangelium«  mit  tyren  teil«  beftätigenben ,  tetfe   tvid^ttg   ergänjenben  Angaben,  bon 

20  freieren  in«befonbere  jene  auf  ba«  *Paffafyfeft,  al«  &ur  Reit  be«  ©j>eifung«tounber«  na$e 
beborftefyenb  bejüglictye  (3o  6,  4)  bon  eminenter  tfyronoloaifd&er  Sebeutung,  ba«  au«fü$r* 
lid&  mitgeteilte  ©efpräd&  über  ba«  ©rot  be«  2eben«  ju  Üapernaum  (bie  oratio  Gaper- 
naitica)  ober  bon  ber  tiefeingreifenbften  §eil«geföic$tKcfcpragmatifd&en  ©eltung  tft  (bgl. 
überhaupt  3Rt  14;  9Jtc  6;  2c  9;  So  6). 

26  c)  3)er  lefcte  galiläif$e©ommcr,  ober  bie  3*it bom  erften  großen Srotfpeifung«* 
hmnber  bi«  gum  3tufbru$e  nac&  ^erufalem  (9Rt  15—18;  9Kc  7—9;  2c  9, 18—50;  go 
7,2—10,21).  ßin  ftetig  fid&  fteigernber  Äonflift  mit  ben  ungläubig  bon  ifym  abge* 
toanbten  ©aliläern,  in«befonbere  ben  bortigen  Sßtyarifäern,  nötigt  3efum  ju  öfterem  Sluf* 
fud&en  einfamer  Örter,  ja  ni  jeütociligem  6nttoei<$en  bom  galiläifcfyen  Soben,  bient  jebodfr 

ao  au$  ju  june^menber  Sefeftigung  feiner  ^üngerföar  im  ©lauben  unb  in  ber  Hoffnung 
auf  ba«,  borerft  freiließ  noc^  manael^aft  berftanbene  unb  fmnlid&  aufgefaßte  mcffiantf^c 
§eil.  3)ie  einzelnen  §aut)tereigniffe  ber  bon  ber  Dftergeit  Qo  6,  4)  bi«  naety  bem  2aub« 
büttenfefte  bleiben  SatyrcS  (3°  7,  2)  toä^renben,  alfo  einen  ©ommer  unb  ßerbp  um* 
fafjenben  ß))oc^e  fmb:    ©trafrebe   hriber   bie  §euc^elei   ber  ^ß^arifäer  au«  Itolafc   be§ 

86  ©treitö  mit  tynen  über«  §änbetoafc^en  3»t  15,  1—20;  3Hc  7  1—23);  »efu^  be$  t^riW* 
ftbonifc^en  ©renggebiete«  unb  Teilung  ber  befeffenen  Softer  einer  ©tyroj^önUierin  (Wt 
15,21—28;  3»c7,  24— 31);  SKüdEIe^r  bur$  ba«  oftjorbanifc^e  ©ebiet  ber  j4«  ©tobte 
na$  bem  galiläifd^en  Sföeer  unb  §eilung  eine«  laiibftummen  burefy  ben  fegnenben  Stuf 
$e>)^ata  (3Kc  7,31—37;  9)tt  15,29);  ©Reifung  ber  Sßiertaufenb,  öftlic^  bom  ©ee©ene* 

40  &aret&  (9Jlc  8, 1—9;  3Rt  15,  29—39);  3urüdto>eifung  einer  3eic^enforberung  ber  ^tyarifäer 
unb  ©abbueäer  unloeit  2)almanutfya  (too^I  nic^t  2)el^emlve^  am  Oftufer  be3  galil.,  fonbern 
ein  an  beffen  toeftliien  Ufer,  untoeit  9Kabala,  gelegener  Ort);  hierauf  Teilung  eine« 
ÜBlinben  naty  bei  Setbfaiba^ulia«  (2Jtc  8,  10—26;  3Jlt  16, 1—12);  fobann  Sefud^  ber 
©egenb  Don  Gäfarea  ?$iltylri  na^e  ben  ^orbanqueUen  im  äußerften  SWorben  be«  tyL  2anbe«, 

46  $^orrufung  be«  Selenntniffe«  ^Setri  unb  erftmali^e  beftimmte  Serfünbijjung  feine«  %o\>& 
leiben«  unb  feiner  äuferfte^ung  (ü«  be«  unbermetblic^en  3tu«gangc«  feiner  ©rbentoh^am* 
feit  CJJit  16,  13-23;  3Kc  8,  27— 81;  2c  9, 18— 27).  ©ec&«  Jage  na$  biefen  le^t* 
crioä^nten  Vorgängen  erfolgte  laut  übereinftimmenber  Slngabe  ber  ©bno^tiler  bie  tounber* 
bare  Sertlärung  ^efu  bor  ben  Slugcn  ^Setri  unb  ber  3ebeDäu«jö^ne  auf  einem  ^o^en  Serge, 

60  fotoie  Teilung  eine«  befeffenen  Änaben  beim  §erabfteigcn  bon  biefem  Serge  (3Rt  17, 1  bi« 
21 ;  ÜKc  9,  2—29;  2c  9, 28—36).  hierauf  3c|u  Steife  gum  2aub^üttcnfeftc  na*  geru* 
falem  (getrennt  bom  ,3U9C  to  ??cft^Ugcr  unb  unter  Sßermeibung  öffentlichen  3tuffe^en«: 
3o  7, 8— 10),  fein  lefyrenbe«  auftreten  im  Semmel  gegen  bie  SKitte  ber  gefttooe^e 
unb  bic  baburefc  beioirfte  §erborrufung   einer  großen  ©paltung   im  ©d^oße  ber  §otyen* 

66  rat«mitglicber  unb  ber  fyerrfcfyenben  p^arifäifc^en  gartet,  beren  etliche  bon  tyrem 
©rimmc  ftd^  bi«  &u  einem  Serfud^e  ber  ©teinigung  $tfu  treiben  laffen.  3n  e^"  Kcf« 
3ett  fefet  go^anne«  bic  Teilung  jene«  S3linbgeborenen,  ber  fidb  bann  al«  Anhänger 
3je|u  betennt  unb  fo  ber  ©träfe  be«  ©anne«  ober  ber  2lu«ftofjung  ber  ©tynagoge  ber* 
fällt,   foloic  bie  SWebe  %tfu  bom  guten  Wirten,  toorin   er  bie  jübifc^en  SSoltefü^rer   al« 

60  Mietlinge  ftraft,  ba«    balbige   Übergeben   feine«  ^eil«toerf«  au$  auf  bie  ni$t  i«rae? 


3efn*  <£fptfihtS  29 

litifc^e  3Kenfd#eit  anlünbigt  unb  abermals  t>on  ber  SRottoenbigfeit  feinet  Dpfertobe« 
$eugt  (3o  7,  2—10,  21).  SDaran  fernen  mehrere,  lieber  nur  burd&  bie  ©tynoptif er  über* 
lieferte  9u«fyrüc$e  be«  §errn  fi$  an$ufcfylief$en :  junäc^ft  eine  neue  SSorfyerfagung  feine« 
24>be«leiben«  bur$  ben  naety  (Galiläa  3urücfgefe^rten,  bann  ba«  ©eft>räd&  mit  *ßetru« 
über  bie  lempelfteuer^ntri^tung  (9Kt  17,  22— 27;  9Wc9,  30— 32;  2c  9,  43— 45),  fotoie  6 
btc  DarfteDung  eine«  Kinbe«  al«  Sßorbilb  für  bie  SBürbigfeit  jum  Himmelreiche  nebft 
©leufcniSreben,  betreff enb  ba«  rechte  Ser&alten  ber  ©lieber  biefe«  Steid&e«  (3Jtt  18,1—35; 
5Rc  9,  33—50  ;  Sc  9,  46—50).  —  2Ba«  in  fond&roniftiföcr  93e$ie^ung  ^tcr  minber  ge= 
totfc  genannt  toerben  mufe,  ift  tyauptjädjjlic^  ber  geityunlt  ber  Steife  jum  2aubfyüttenfeft, 
ber  möglic^ertoeife  auc$  erft  naefc  ber  lefctertoätynten  ©ru^e  bon  ©reigniffen  (fo  SBiefeler)  10 
ober  tueUei$t  no<$  fcor  bem  SBertoeilen  in  ber  9t%  Don  Gäfarea  5Jtyilq>l>i  unb  bem  3Ser- 
Bärung«tounber  (fo  j.  93.  2id&tcnftein,  2.  g.  1856)  an^ufe^en  fein  bürfte. 

d)3)a«  aufjergaliläifcfye  9Banberleben  ^efu,  toäfyrenb  ber  SBintermonate 
bor  feiner  2eiben«ieit.  ©otootyl  2ula«  (9, 51—18, 33),  ber  au«fütyrlic$fte  Referent  über 
biefen  ebangel.  @eföi#t«abtönitt,  al«  aud&  3Karfu«  (10, 1  u.  32)  unb  2ftatfyäu«  (19, 1)  15 
{teilen  ba«  Äbfötebnetymen  gefu  t>on  ©aliläa  nad?  ben  julefct  ermähnten  Gegebenheiten  al« 
ein  befonber«  bebeutfame«  unb  feierliche«  bar.    gefu«  fcertaufd^t  ben   bisherigen  ^au^t* 

Öla$  feine«  SBirfen«  beftnttit>  mit  einem  nätyer  bei  bem  Orte  be«  legten  ßntfcfyeibung«* 
e«  gelegenen;  „er  gab  feinem  2tngeft$t  bie  fefte  Stiftung  (ioifiQiZe),  gen  Serufalem 
ju  jiefcn"  (2c  9,  51 ;  bgl.  13,  22;  17,  22).  Unb  jtoar  fd&eint  er  bei  biefer  langfam  ber  ao 
(wpjK^mörberiföen  $au>)tftabt  (2c  13, 33)  juftrebenben,  mit  unau«gefefcter  ebangeliföer 
$rebigt  unb  SBunbertoirffamfeit  toerbunbenben  SBanbcrung  juerft  ba«  famaritifd&e  ©ebiet 
geftreijt  ju  fcaben,  too  ber  2c  9,  52—55  berichtete  Vorfall  mit  ben  „®onnerföfynen" 
Jafobu«  unb  Sofymne«  P$  &utrug.  Sann  aber  föeint  befonber«  Sßeräa,  ba«  mittlere 
unb  fübli$ere  Dftjorbanlanb,  U)m  al«  ©d&auplafc  feine«  SBirfen«  gebient  ju  fyabtn  (f.  9Rc  25 
10, 1;  9Mt  9, 1).  ®ie  ^nfirultion  unb  ßntfenbung  ber  ftebjig  jünger  al«  eine«  Vetteren 
Äreife«  bon  SMiffton«gefyilfen  unb  SBegbereitern  für«  #immelreicfy  (c  10, 1—20)  mag  mit 
biefer  Snangriffna^me  eine«  neuen,  bi«tyer  no$  toenig  ober  nicfyt  betretenen  SBirfung«* 
fdbc«  in  urfä$li$em  3ufammen^an0e  geftanben  tyaben.  S^^faßä  flid&t  2ufa«  einen 
leil  jener  ©trafrebe  ftriber  bie  ba«  $eil  Don  fic&  toeifenben  ©aliläer,  ber  bei  SRattfyäu«  so 
(8.  11)  fd^on  eine  frühere  ©teile  angehriefen  erfegeint,  gerabc  fyier,  beim  Übergange  bon 
SalUäa  naety  bem  Dftjorbanlanbe,  ein  (2c  10, 12—16).  Siele«  toeiterc  bon  bem,  h>a« 
biefer  ©wngelift  in  ben  3e^raum  tiefe«  nac^galiläifc^en  SiSanberleben«  legt,  mag  mefyr 
au«  fac^lic^en  benn  au«  c^ronologifc^en  ©rünben  Don  tym  an  bie  betr.  ©teile  gefegt 
togrbrn  fein,  gemä^  einem  ähnlichen  Serfa^ren  alfo,  ioie  ba«  be«  3)Jatt^äuö  in  Rap.  8  35 
unb  9  feine«  @ttmgelium«  (f.  0.  b).  ^mmer^in  bürfte  aber  auefy  bie  Hnna^mc  eine« 
toieber^olten  SSorfommen«  eine«  unb  be«felben  gaftum«  ober  9tu«f]pruc^e«,  fotoo^l  früher 
rttyrenb  be«  galiläifd^en  SBirlen«  al«  je$t  auf  ber  legten  ^erufalem-Sleife,  nicfyt  ganj  t>on 
ba  $anb  ju  toeifen  fein.  Sine  bo^elte  Überlieferung  be«  SSaterunfer«  an  bie  3^0^ 
iR  (togL  2c  11, 1  ff.;  mit  3Kt  6, 9),  ein  ffiieberfe^ren  getpiffer  ©trafreben  toiber  bie  40 
^arifäer  (2c  11, 14—52,  bergigen  mit  3»t  12  u.  15  unb  $ar.)  eine  loieber^olte  9R\U 
trihmg  mancher  9lu«fprü$e  unb  Parabeln  t>om  Himmelreiche  (2c  12  u.  13  t)gl.  mit  ber 
9ei8tebe  nad^  9Rt,  fohrie  mit  3Kt  10;  2c  15,  1—10  bgl.  mit  üJlt  18,12  u.f.  f.)  — 
bieje  ober  noefc  anbere  gälle  t>on  SBieber^olungen  fönnen  fefyr  ioo^l  borgefommen  fein; 
ja  c«  erfc^eint  gerabeju  unma^rfd^einlid^,  baf$  ben  jiemlid^  ja^lreic^en  fog.  3)oubletten  ber  45 
(bangelif^en  ©efd^ic^töüberlieferung  ntcfyt  manche  t^atfäc^lic^  Dorgetommene  äBieber^olungen 
(bej.  anna^ernbe  SBieber^olungen)  ^u  ©runbe  liegen  foQten.  Unb  ^5c^ft  toa^rfc^einlic^er' 
toeife  finb  einige  t>om  vierten  (Stoangeliften  au«brüdflid5>  namhaft  gemalte  Steifen  $efu 
na(|  ^erufalem :  bie  jum  3:em^elh)eil)fefte  im  3)ejember  be«  borle|ten  %af)T&  QolO, 
22—39),  bie  na$  93et^anien  jur  Sluferloccfung  be«  2ajaru«  (^o  11,  7  ff.),  unb  bie  mm  60 
Itym  $affa^fefte  (au«ge^enb  bon  ß^raim,  na^e  ber  äöüfte:  Soll,  54)  al«  in  btefe« 
Jnc^nnonatlicfye,  $auptfä$li$  bielleid^t  in  ^eräa  ftc^>  abftnelenbc  SBanberleben  fadenb  ^u 
beulen,  ßinmal  —  f.  2c  17,  11  —  mufe  ber  §en  bi«  in  bie  ©ren^gegenb  gmif cfyen 
Solilaa  unb  ©amaria  feine  ©d&ritte  toiber  jurücfgelenft  ^aben.  —  3luf  ^erfteUung  einer 
beftimmteren  3e^°'0e  ^er  Gegebenheiten  ^id^tenb,  ^eben  h>ir  junäc^ft  biejeni^en  ber-  55 
Wben  fcrt>or,  für  toelc^e  2ufa«  in  feinen  Äa^j).  9—18  alleiniger  ©ctoä^r«mann  tft.  6« 
finb  bie«,  aufcer  ben  fd^on  ertoä^nten  Vorgängen  junäd^ft  nad)  bem  2lufbruc^e  l)on  ©a- 
Wäa,  m«befonbere  ber  Sntfenbung  ber  Siebzig,  ^auptfäc^lic^  noc^ :  bie  2e^rer^ä^lung  Dom 
ten^erjigen  ©amariter  (10,  23—37) ;  ber  Sefuc^  bei  ben  bet^anifc^en  ©c^njeftern  üJiaria 
«nb  Wartba  (au«gefü^rt  too^l  gelegentlich  jener  Steife  jum  Xem)>cltoei^fefte :  2cl0,:)8  bi«  «io 


.30  ftefu*  gl}rifto« 

42) ;  bic  Sefyrrebc  über  bic  toon  SßilatuS  getöteten  ©aliläer  unb  bie  t>om  Surme  ju  ©iloam 
(Srfälagenen,  neljft  bem  ©leicfyniffe  t>om  Feigenbaum  im  SBJeinberg  (13,1—9);  bie  £et« 
lung  ber  hänfen  2Cbrafyam$to<$ter  am  Sabbaty  fotoie  bie  be$  Sßafferfüctytigen  (13, 10  bte 
17;  14, 1—11);  bie  burety  ben  (enteren  SSorfaÜ  toeranlafjten  Scfyrreben  beim  Wlafyk  beä 
5  ^arifäcr-Dberften,  inäbefonbere  baä  ©leictyniS  Dom  grofeen  Slbenbmafyl  (14,  12—35);  bie 
©leic^niffe  fcom  Verlorenen  ©rofd&en  unb  ©o^ne  (15,  8— 32);  bie  bom  ungerechten  £au& 
kalter  unb  toom  reiben  -Manne  unb  bem  armen  SajaruS  (16,  1—9;  19— 31);ba$  toom 
fyeimfefyrenben  Anette  (17,  7 — 10);  bie  Teilung  ber  $efyn  äfogfcu-jigen  in  ber  vläfyc  eines 
famaritanifcfcgaliläijd&en  ©remborfeS   (17,  11—19);   bie  ©leidjmSerjäfylungen   toon  bem 

10  jjartyerjigen  Stifter  unb  ber  SBittoe,  foh>ic  Dom  ^tyarifäer  unb  Zöllner  (18,  1 — 14).  3U 
©inigem  t>on  bem,  h>a$  SufaS  ganj  an$  (Snbe  feinet  großen  zHeifeberid&t$  legt,  bieten 
au$  -Matthäus  unb  HRarluS  in  tyren  auf  3*fu  lefcte  Steife  naety  S^if^lem  bezüglichen 
2lbjc$nitten  parallelen  bar,  nämltcfy  hu  ^en  33eri$ten  über  bie  Segnung  ber  ftinbtein  (Sc 
18, 15—17;  3Rtl9, 13 f.;  Tic  10,  13),  über  bie  ftrage  beä  reiben  Jüngling«  naefc  ben 

15  Sebingungen  be$  ©elangen*  in*  Himmelreich  (8c  18,  18—30;  3Rt  19, 16—30;  5DM  10, 
17—31),  fotoie  über  eine  abermalige  SSorfyerfagung  Don  lob  unb  Sluferfte^ung  (2c  18, 
31—33;  3Rt  20, 17— 19;  3Hc  10,32—34).  einigt  anbere  au«  ber  3eit  bor  bem 
legten  @imug  ht  S^fale™  fydbtn  bie  beiben  erften  ©r/noptifer  allein ;  fo  bie  Seanitoor* 
tung  ber  ^arifäerfrage  über  bie  g^efd&eibung  (3Rt  19, 1—12 ;  5Kc  10, 2—12),  ba$  ©Icid&mS 

20bon  ben  Arbeitern  im  SBcinberge  (3)it  20,  1—16  —  nur  bei  biefem  (Stoangeliften) ;  bie 
Siebe  an  bie  3ebebäu3föfyne  toom  Srinfen  beä  iteid&ä  unb  bem  ©etaufttoerben  mit  ber 
»luttaufe  (3Jtt20,  20—28;  5Wc  10,35—45).  3lnbererfeit3  berietet  nur  ^o^anne«  allem 
über  baä  SBBunber  ber  Slufertoecfung  be3  2a$aru3  in  Setfyanien  ($o  11, 1—44),  fotoie  üb« 
bie  baburefc  jum  Steiftoerben  gebrauten  3Jlorbanfc^läge  ber  jtibifcfyen  SBolföoberften,  melden 

26  ft$  3efuS  *>urc&  ie*n  ®nttoei*en  nac£  jenem  ©täbte^en  S^raim  am  ©aume  ber  Söüfte 
no$  einmal  für  fürjere  3eit  entjiefyt  (11,  45—54). 

V.  S)ie  Seibenggefc^ic^te  3efu.  allgemeine  Sitteratur:  $armonifttf*e 
3)arftellungen  (teilö  nur  erbault*,  teil«  mit  ardjäologif*  gelehrter  SluSftattung) :  3of>.  ©erwarb, 
Comment.  de  passione,  in  ©fyemnife  Harmonia  evang.  V,  1641;    Qbext).  $offiu$,  Harmonia 

80  de  passione  Jesu  Christi,  1656;  ©ebaft.  S*mib,  De  passione  J.  Chr.  salutari,  (ca.  1680); 
$>einri*  SRütter,  Historia  passionis,  crueifixionis  et  sepulturae  Domini  n.  J.  Chr.  etc., 
föoftocf  1661.  1669;  au*  beutf*,  ebb.  1675  u.  ö);  Simon  »tonftuS,  De  raorte  J.  Christi 
commentarius  amplissimus,  11.  III,  Wmfterbam  1691—98  (au*  beutf*:  „(öefreujtctjcr 
SfyriftuS"  je,  Saffel  1701);    (SmunbuS  9Rariüud,  Notae  philologicae  in  passionem  Christi, 

•x  SKottcrbom  u.  a.  m.  —  2lu£  neuerer  Seit:  3°&-  Valentin  ©enneberg,  $lnlol.*f)ifr.  unb  frit. 
ftomm.  über  b.  ©ef*i*te  ber  fieiben  unb  beä  £obc§  3efu,  fieipatg  1822 ;  3.  $>.  grieblfcb, 
SlrcftSologie  ber  2eiben«gefd)i*tc,  S3onn  1843  (fatl).);  3ol).  ^öi^cltjau«,  SJerfudj  eines  auSf. 
Äommentarö  jur  ©eftft.  be«  fieibenö  3-  ©ftrifti  na*  ben  4  (Soangelien,  ^aOc  1855  (irnwoHenbet) ; 
3of.  Sangen,  S)ie  legten  «ebendtage  3efu,  ^reiburg  1864  (fat^.);  ©.  @.  ^engftenberg.  SSor= 

40  lefungen  über  bie  Seiben3gefdjid)te  b.  C>errn,  SBcrlin  1875;  ©.  W.  ©üdtinb,  $affiondf*ule. 
I.  Slbt.:  3)er  Sorbof;  II:  2)aS  ©eilige;  III:  25a§  «lUer^eiligfte,  Stuttgart  1873 f.;  2.  -Kuß. 
Bremen  1882—85  (fc^r  reichhaltig,  aber  uorroiegenb  nur  erbaulid));  %  iWebe,  S)ic  Setbenä» 
gef*i*te  na*  ben  4  (£i>angetien  ausgelegt,  2  sJBbe,  ^BieSbaben  1881;  £>.  ©agner^roben, 
Som  Jabor  bi8  ©olgatlja.    3um  58erft«nbniS  ber  ScibenSgef*.  3.  ^rifti,  »afcl  1881;  &.& 

4.r>  Stcininctjer,  S)ie  ©ef*i*te  ber  ^affion  be§  ©errn  in  Wbtucfjr  bc8  lritif*en  Angriff*  be* 
tradjtct,  Berlin  1882 ;  6.  Stopfer,  La  mort  et  la  r&urrection  de  J.  Chr.,  J^sus-Christ  etc., 
III,  $ari§  1898;  englif*  bur*  fi.  ©.  ©ougfjton  -  »gl.  oben,  IV). 

lieber  bic  Anfänge  ber  £eiben$$eit,  iimäcbft  ben^injug  in  3enifalem:  Steinmci^er,  5)te 
Xftcop^anien  int  fieben  be«  ©errn  (e^riftol.  ©eitröge  II),  Berlin  1881;  SB.  SRotcrmunb,  »on 

Boepfjratm   na*  (AJolgatfta:    XtjStÄ  1876,    I,   81  ff. 

lieber  bic  9lbf*ieb8reben,  inöbef.  ba£  rjotjenpricftevl.  ©ebet:  31.  ©.  granefe,  ^etra*» 
tungen  über  b.  Ijo^epr.  ©ebet  (3eugnifie  ü.  S^rifto,  5.  Sammlung);  3£.  &.  ©efe,  ©ibelftunbcn 
über  3o  13-17,  53ofcl  1884;  ß.  £affner,  3)a«  l)ot)cpr.  ©ebet:  6».  »8  1884,  S.  515ff.; 
Stcinmctjer,  3).  t).  ®.  (Beiträge  j.  ScrftänbniS  bcS  jol).  (5u.  I),  »erlitt  1886;  $aul  Äcpplcr, 

66llnferc3  $errn  Xroft;  (Srflfirung  ber  9lbf*iebörebe  u.  bcö  t).  ©.  3efu,  greiburg  1887  (fatl).). 

lieber  baS  le)jte  9Habl  3cfu:  $).  Bremer,  W.  ,/?(bcnbmal)l  I"  in  b.  (Snc.  I,  32-38.  flur 

bajelbft  ongeg.  fiittcratur  ift  na*^utragen:   (5.  JJ-  9?ö$gen,  S)ie  neutcftamentl.  Beugung  u. 

ber  fcifr.  ^intergrunb  ber  «benbmaljUmortc:  SRccflenb.  Äir*cnbl.  1896,  9h.  12— 14;  O.^olfi» 

fceuer,  ^>aö  919Ä  u.  b.  neuere  tfritif:    (So.  Ä8-  1896,  9h\  21-27;    (£.  ©läge,   S)ic   neueren 

60  fr>rf*ungeu  über  b.  91TO.:  $r.  9Konatdf*r.  1897,  @.  265  ff.,  320ff.;  JR.  S*öfer,  S)a«  Ferren» 
ma^l  na*  Urfprunq  unb  SBebeutung  mit  Müetficbt  auf  bie  neueften  3orf*ungcn  unterfu*t, 
©üler§lo6  1897;  Ä.  ei*t)orn,  X.  «3»  im  WZ  ($)eftc  jur  *r.  ^Belt  Wr.  36),  2p^.  1898; 
C£.  aicmcn,  3).  llrfprung  beö  1)1.  WIR.  ($>efte  $ur  *riftl.  mit,  Wr.  37),  Seidig  1898; 
(4J.  ?t^.  Sdjmiebel,  X.  neueften  ttnficfycn  über  b.  Urfprung  bc§  WW.:  ?rot.  Wonat^.  1899, 


3efu*  Sänfte«  31 

$.  4.  —  3UV  neucften  Inerter  gehörigen  engt.  Sit.  (?Borb8n)ortb  ©orbner,  #eablam  k.)  ügl. 
©anbal),  91.  „J.  Christ",  p.  34-36.  ©.  au*  £1).  ©.  ©elbtt,  The  passover  and  the  Lord's 
supper:  Exp.  1899,  I,  210ff.,  unb  ?(.  Senate«,  The  Lord's  supper  etc.,  ebb.  II,  241  ff. 

lieber  ben  ©eelenfampf  in  ttet^feinane:    $ettinger   in   XtyQS  1837.  38  (fatft.); 
fceibcnreicn,  $a«  ©celenleiben  be«  $errn  inQtetyfemane:  £*)©t  au«  SBürttenbg  1886,  6.179-   5 
215;    3.  GHtbcrt.  The  agony  in  the  garden:    Exp.  1887,   I,   180—193;    28.  $&oma«    itnb 
%.  6d>aufier,  The  agony  in  Gethsemane:  The  Expository  Times  1895. 

»errat  be«  Suba«:  $aub,  3uba«  3fd)artot  1861,  $.1;  ©.  8.  SBiner,  #b$B.  ber  tfccol. 
2it.  6.  567 f.;  Ä.  ©djmibt,  «.  „Suba«  SWariot"  in  ym*.  VII:  ©.  ©oelemann,  fiepte 
»ibelftubten  (Wr.  7:  3)ie  bibl.  Hften  über  3ub.  3fä%).  fieipjig  1885;  #.  grentag,  3ub.  10 
3f<bariot  in  b.  beutfäjen  SBiffenfd).,  Sßrebigt,  Sichtung  *c;  $rot.  «3  1896,  ©.769 ff.  793 ff.; 
813 ff.;  $•  Sau,  3ub.  3fd). ;  ein  pftt*ologifd)er  Serfu«:  2I>3  au«  ber  ©cfoueia  1898, 
6.  1—16. 

$ro$efe  unbSerurteilung  3efu.  «lj.  Xo^lor  3one§,  The  trial  of  J.Christ:  Con- 
temp.  Rev.  1877  (Aug.— Oct),  audj  febar.,  SReturjort  1894;  $oelemann,  $ont.  ^tlatu«,  ein  15 
SRofaifbilb  rötmfdjer  Scultur  u.  Sufti*,  2efete  SMbelftubb.  Wr.  8,  1885;  <5.£öf)ne.  $.  $ilatu«, 
8en>.  b.  ©I.  1890,  ©.  24—41.  (J.  (S.  ftürev,  3>cr  $ro$e&  roiber  Sefum  in  ben  ioed)felnben 
$bafeu  f.  »erlauf«:  ebh.  1899,  @.  89-113.  SBrigbt,  fttnblatj  u.  garqu&ar,  The  first  trial 
of  Jesus:  The  Exp.  Times  1895.  —  Sgl.  aufi  bie  «.  „^ilatu«"  in  $9i(5*  fomie  in  SKiet>m« 
fcbw.  b.  bibl.  «Itcrt  IF,  1892.  -  20 

Äreuj  unb  ftreujigung  3*fu.  &  £•  C  3eftermann,  $ie  bübl.  $arftellung  be« 
Sreuje«  unb  ber  Äreujigung  (£brifti  (2  $rogr ),  2j>$.  1867  f.  3.  SRo^oult  be  &leurto,  Les  instru- 
menta de  la  passion,  $ari«  1870;  G.  griebrid),  tfrit.  SRücfblid  auf  bie  Sitt.  über  bie  ©e($. 
u.  «rdjäologie  be*  fireuae«:  $b#B  (»omO,  1875,  SRr.  17-19  (fatt).);  3ödler,  $a«  3rreu$ 
(ftriftt,  ©üterSIob  1875,  ©.  56 ff.  95 ff.;  #.  guiba,  $a«  Irreua  unb  bie  ßreuatgung.  ©ine  25 
ontiquar.  Unterfudjung.  SBreSlau  1878;  gorrer  unb  ©.  91.  SftüHcr,  Äreuj  unb  Äreujigung 
dftrifti  ifcrer  Äunftentwicfelung,  ©trafjburg  1894  (reid)  illufir.  funftbiftor.  SBerf,  nur  mittel; 
toTCT  Seife  lieber  gebörig).  £.  9R.  ©lo«,  tfreuj  u.  ©rab  3efu;  frit.  Unterff.  je,  Kempten 
1898  (jtoar  ard&ffologifd)  gelehrt,  aber  ^antaftifd)  unfritifd);  ugl.  b.  8cec.  im  Xlj2©  1898, 
8.  61 6  ff.).  30 

2He  buro>  ba«  bettyamföe  @rtoecfung«tounber  unb  feine  getoaltige  ßinhnrfung  auf 
Siele  jum  irofcigften  SerjtoetflungSfampfe  tniber  ben  ber^a^ten  galiläifa^en  Sßroj^etcn  auf- 
gejiac^elten  ?P$anfäer  unb  §otyenrat$mitglieber  fe^en,  a!3  3^^  ^or  b*m  Dfterfeftc  mit 
ber  großen  geftfaratoane  bon  Dften  ^er  über  3^^°  W  3erufa'cm  nähert,  eine  an  93e- 
geifleiunö  immer  june^menbe  SBoIföbetoegung  ju  feinen  ©unften  fia^  ergeben.  3n  3^id;o  35 
trägt  bte  hmnberbare  Rettung  be«  bltnben  SarttmäuS  (3Jlc  10,  46 ff.;  2c  18,  35 ff.,  bgl. 
5tt  20, 29  ff.),  fohne  loa«  3efu«  afö  ©oft  im  §aufe  beg  Ober^öÜner«  3ac$äu3  rebet 
(msbefonbere  baö  ©leidem«  bon  ber  Steife  bc^  @blen  unb  ben  anvertrauten  te^n  $funben ; 
2c  19,  i— 27),  nic^t  toenig  jur  ©tetgerung  btefer  Setüegung  bei.  3U  Sekanten,  bei 
emem  Stalle  im  $aufe  Simon«  be«  Siußfäfcigen,  tno  ber  bom  lobe  ertoeefte  Samru«  mit  40 
pt  Xh#e  f<r|  unb  too  ferne  ©tfytoefter  3Karia  3cfu  5Ü6C  m^  föftlia^cr  5iaroe  falbte, 
Wgert  M  einerfeit«  ber  6ntfyufta«mu«  ber  Sln^änger  bc«  £erm,  anbererfeit«  aber  aud^ 
bie  geinbfd&aft  feiner  ©egner,  bie  jefct  jogar  audp  ben  Sagaru«  au«  bem  SBege  ju  räumen 
trotten.  3>te  bet^antfcr^e  ©albung  tnirb  ^ierburc^,  fotoie  bura^  ba«  bei  ifyr  juerft  l^erbor- 
trttenbe  untnifltge  3Kurren  be«  Verräter«  3uba«,  ^u  einer  2Bci«fagung  auf  ba«  na^e  @nbe  46 
be«  ^enn  (3o  12,  1—11;  3Kc  14,  3—9;  3Rt  26,  6—13).  3lm  folgenben  läge,  einem 
Sonntage,  bält  3^  bon  Set^anien  au«,  gefolgt  bon  einer  großen  ^ilgerfa^ar  unb  mit 
feofkmnanifen  bon  ber  jubelnben  93ol!«menge  begrübt,  feinen  feierlichen  ßinjug  in  3&ael« 
fenig«ftabt,  buro)  fein  SReiten  auf  einem  ßfelßfüflen  gemäfe  ber  äi3ei«fagung  ©aa)  9,9 
oli  meffianifc^er  Äönig  unb  grieben«bringer  gelennjeia^net  (3o  12,  12—19;  -DU  21,  1  bi«  w 
11;  Wc  11,1—10;  2c  19,29-44).  ^aa>  Sekanten,  too  er  fein  Nachtquartier  für  bie 
folgenben  2itge  behält,  jurüdfgele^rt,  bollbringt  er  am  näd&ften  läge  bei  abermaligem 
8cfu<fc  ber  ©tobt  unb  be«  Tempel«  bie  j)roj)^ettfa)'f^mbolifd)en  Sitte  ber  SSerflucfyung  bc« 
«ifni^tbaren  5«0enbaum«  am  SBege  fotuie  ber  (Reiten)  lem^dreinigung  (3)ct  21,  12  bi« 
17;  Kell,  12—19;  2c  19,  45-48;  21,  37  f.).  6«  folgen  fobann,  beim  2e^ren  im  66 
XfltyH  am  brirten  läge,  bem  3)ienftag  ber  2etben«tood&e,  jene  bielerlei  ©treitber^anb- 
hmgen  mit  SSertretem  be«  §o^enrat«,  bc«  ^J^arifäers  unb  ©abbueäertum«,  über  toela^e  bie 
Sfittyrtfer  au«ffibrlic^  berieten,  unb  toela^e  in  fia)  fa^lie^en  1.  bie  (Erörterung  über,  3^fu 
«ab  be*  laufer«  SoKmac^t,  famt  ben  bro^1oei«fagenben  ®[eta^ni«reben  bon  ben  beiben 
Sfynen,  ben  anfrütyrerifd&en  SJeingärtnem  unb  bem  fönialicr/en  §od^jeit«ma^le  (Sit  21,  00 
23-22, 14 ;  2Rc  1 1, 27— 12  12 ;  2c  20, 1—19) ;  2.  bie  Abfertigung  ber  berfänglutyn  Swgc 
b«  $harifäeTf(f/üler  unb  ^erobianer,  betreffenb  ben  3^n^Br°fc^enr  bie  ber  ©abbueäer,  be* 
taffenb  bie  Äuferfte^ung,  foh)ie  bie  eine«  t^arifäifd;en  ©efei^c«funbigen,   betr.   ba«   bor* 


32  3efu*  6f)rifhtö 

nefymfte  ©ebot,  toelc^e  lefctere  %tfu$  mü  ein**  ©egenfrage  über  bie  Sßerfon  be«  2Refjta« 
beantwortet  (ÜKt  22, 15—46,  nebft  $ar.  bei  9Karfu«  u.  Sufa«);  3.  bie  burefc  getoaltige 
SBefyerufe  eingeleitete  abfäliefcenbe  ©trafrebe  hriber  bie  tyeud&lerifctyen  ©d&riftgele^rten  unb 
Styarifäcr  (SDtt  23, 1— 39;  3Rc  12,  38— 40;  Sc  20,  45— 47).  3tuc$  ber  nur  burt$ 
öSofyanne«  überlieferte  Vorgang  mit  ben  tyeibnifäen  ©rieben,  toeld&e  3efum  um  «n* 
Unterrebung  bitten  laffen  Qo  12,  20—36),  ferner  bie  Begegnung  mit  ber  tyr  ©d&erflem 
in  ben  ©otteSfaften  legenben  2Bittoe  (2ttc  12,  41— 44 ;  Sc  21, 1— 4),  fohrie  enblicfc  bie 
auf  bem  Ölberg  gehaltene  Siebe  an  einige  jünger  über  bie  nafy  $tx\t&xun$  be«£emi>el« 
unb  bie  3ufunft  be«  3Renfc$enfo$ne«  jum  ©erid&te  (2ttt24, 1—25,46;  üRc  13,  1—37; 

10  Sc  21,  5— 36)  fqmt  ber  biefer  oratio  eschatologica  gefolgten  letztmaligen  Vor^erfagung 
feiner  balbigen  Überlieferung  jum  Äreuae«tobe  (ÜKt26, 1.  2)  —  auefy  bie«  alle«  tmrb  al« 
bem  genannten  Dienstage  ber  3tobe«h>oc9e  angefyörig  ju  betrauten  fein.  9lad&  Verbringung 
be«  Smtttoocty«  ju  Vetfyanien  in  ftißcr  gurüdfgcjogenfyett  mit  ben  ©einen  —  bon  tarieren 
aber  gerabe  um  biefe  geit  6iner  für  ba«  feiten«  ber  $einbe  tym  gebotene  fönöbe  ©ünben* 

13  gelb  jum  Verräter  an  ibm  Wirb  (5Dlc  2, 10f.;  2Rt  26, 14;  Sc  22,  3  f.)  —  entfenbet  3efu« 
am  folgenben  £agc  frü$  $etru«  unb  Spanne«  nad&  ber  ©tabt  jur  VefteHung  be«  legten 
3JtaI?le«,  ba«  er  mit  feinen  Jüngern  ju  galten  toünfc^t.  $u  tym,  too^I  einem  anttjijrierten 
Sßaffatymatyl,  in  ber  J*>tm  unb  Drbnung  ben  folennen  ^ajfa^mabljeiten  gleicfcenb,  aber 
einen  lag  bor  bem  gefefclid&en  Sennin  be«  14. SRif  an  gehalten  (»gl.  unten  VII,  c),  läfct 

20  er  ftd^  am  Slbenbe  be«  3)onner«tag«  mit  ben  gtoölfen  nieber.  Von  ben  ebangeüfdben 
Sendeten  über  biefe  bem  Veginn  be«  Seiben«  unmittelbar  Vorausgegangenen  feierlichen 
2lbfc§ieb«ftunben  bertoeilen  bie  ftynoptifcfyen  bonug«tocife  bei  bem  bie  Sinfefeung  be«  ntn* 
teftamentlid&en  Vunbe«mafyle«  ober  £errenmale«  Vetreffenben  (f.  b.  2.  „Slbenbma^l",  I, 
93b  I,  32  ff.),  ber  be«  Pfanne«   teil«  bei   bem  einleiteten   fombolifd&en  3Kte   ber  $u|* 

25  toafctyung,  teil«  bei  ben  längeren  9Katyn*,  Iroft*,  Vergiftung«*  unb  @ebet«reben,  toomit 
ber  £err  na$  bem  -ötofyle  fi$  bon  ben  ©einen  berabfegiebete.  3>n  ben  auf  bie  flenn* 
geic^nung  unb  bie  (Entfernung  be«  Verräter«  toäfyrenb  be«  SWatyle«  bciüglictyen  Angaben, 
be«gleicfyen  auc§  in  tyren  ^Mitteilungen  über  bie  Vorfyerfagung  bon  $etri  Verleugnung, 
begegnen  fidf>  ade  bicr  ebangelifd&en  ©rjätyler  (bgl.  überhaupt  3°  13/  1—17,  26;  3Mt26, 

30  17—35;  9Wc  14,  12—31 ;  Sc  22, 7—38).  6«  folgt  ba«  hinübergehen  natfc  ©et&femanc, 
ber  ©eelenfantyf  bafelbft  (berietet  nur  bon  ben  ©tynoptifern,  bon  So&anne«  übergangen 
—  bgl  barüber  Sufyarbt,  Äurggef.  ftomm.  g.  3l%\  II,  122),  ba«  ylaf)tn  be«  Verräter« 
mit  ber  ©cfyar  ber  Jpäfdjer  unb  bie  ©efangenna^me  $efu,  toäfyrenb  ber  bie  jünger  tyn 
bcrlaffcn  unb  boU  ©freien«  entfliegen  (So  18,  1—12;  sJ)tt  26,  36— 56 ;  sJI)Jc  14,  32  bi« 

35  52 ;  Sc  22,  39—53).  ffiäfyrcnb  3^fw«  juerft  bor  bem  älteren  §ol>ent>rieftcr  §anna«, 
bann  bor  beffen  ©d^toiegerfo^ne  Äai^^a«  betört  unb  al«  ©otte«läfterer  jum  $obe  ber- 
urteilt  loirb,  mad;t  $etru«,  ber  jufammen  mit  ^o^anne«  tym  in  ben  §of  be«  tyotyen* 
priefterltd^en  ^ßalafte«  gefolgt  ift,  au^  2lnlafj  mehrmaliger  neugieriger  %xaQtn  ber  Wiener* 
fc^aft  ftd^  ber  breimaligen  Verleugnung  feine«  §eilanbc«  Wulbig,  bie  biejer  felbft  i^m  bor« 

iotyergefagt  l^atte  (3o  18,13—27;  3Kt  26,57—27,  1;  9Rc  14,53— 15, 1;  Sc  22,54  bi« 
23, 1).  3efu«  toirb  bann  frity  bor  Sage«anbru(^  in«  Sid^t^au«  ($rätorium)  gebraut, 
bamit  ber  römijctye  ^Jrofurator  ^Sontiu«  $ilatu«  ba«  über  tyn  gefaßte  2obe«urteil  be« 
©anfyebrin  beftätige  unb  boüftrecfe.  9lad^  längeren  Verfyanblungen,  ibä^rcnb  bereit  5ßilatu« 
ben  unfcfyulbig  Vefunbenen  auf  me^rfad^e  SBeife,  u.  a.  au$  burc^>  feine  £inüberfenbung  m 

45  bem  gerabe  in3«ufalem  antoefenben  $erobe« änti^a« (sJ)tt  27, 12— 14;  2)lc  15,4.5;  Sc 
23,  5—12),  umfonft  gu  retten  berfud^t,  giebt  ber  d^arafterlofe  SBüftling  unb  g^igling  ben 
2Bünfd&en  ber  tobenben  SKenge  enblicfy  nac^.  (£r  fpric^t,  unter  gleichzeitiger  greigebung 
be«  SWaubmörber«  ©arabba«,  über  %tfum  ba«  3:obe«urteil  unb  erteilt  Sefe^l  ju  fofortiger 
VoUftrecfung   biejer  ©entenj   mittel«  Jtreujigung  (f.  3o  18,28—19,  17;   3Kt27,2— 31; 

60sJ)tc  15,1—20;  Sc  23, 1—25;  bgl.  bie  oben  angeg.  Sitt.  über  ^ilatu«,  bef.  §ö^ne  unb 
gürer).  SRad&bem  ber  bor^er  fd^on  gegeißelte  unb  btelfacfc  gemi^anbelte  ^err  fein  Hreuj 
ixim  Seil  felbft  auf  bem  SBege  na$  ber  Sid^tftätte  getragen,  gum  Steil  bun^  ben  Gtyrenäer 
©imon  bie  befc^ibcrlic^e  Saft  abgenommen  befommen  ^at,  erfolgt  am  greitag,  Vormittag 
gegen  9  U^r,  3lnnagclung  an^  ilreuj  auf  bem  §ügel  ©olgat^a  (b.  i.  ©d^äbel,  nid&t  eigentlich 

55  ©q^äbelftätte)  inmitten  $tocier  Slaubmörber,  beren  einer  i^n  inmitten  ber  £obe«qualen 
läftert,  toä^renb  ber  anbere  reuig  unb  bertrauen«boH  feine  ©nabe  anruft  unb  feine  3ufagc 
baß  er  mit  il^m  in«  ^}arabie«  eingeben  toerbe,  erhält.  SBa«  ber  ©efreujigte  fonft  toä^renb 
feine«  ungefähr  fec^«ftünbigen  fangen«  am  sJJiarter^fal;l  bi«  gum  ^Eobe  rebet  —  bie  fog. 
fieben  SBorte  am  Ärcujc  —  finb  SBorte  teil«   ber  gürbitte   für  feine  grinbc,  teil«  ber 

60  liebenben  ©orge  um  feine  am  guße  bc«  Äreu^e«  fte^enben  3lngel)örigen,  teil«  ber  bitteren 


$efit*  Slptftit*  33 

ftlogc  Ober  feine  leibliche  unb  geiftlid&e  SRot,  teifö  enblia)  beä  fiegeSfro^en  SBerfünbigenS 
be*  SbfölufjeS  feiner  ©rlöferfaufba^n.  Um  bie  neunte  ©tunbe  erfolgt  ba$  93erfdjeiben 
beä  bur^  bie  fcarte  @$ule  be$  fieibenägetyorfamS  $inburd&gegangen  unter  bebeutfamen 
Shmber^eic^en  ber  mtttrauernben  Schöpfung,  freiere  auf  bie  jufd&auenbe  SKenge  einen 
erföättentben  ßmbruef  hervorbringen  unb  bem  Hauptmann  ber  jufc^auenben  ©olbaten*  6 
toadft  ba£  a^nungStootte  SefenntniS  t>on  ber  ©öttlicf/fett  beä  unfd&ulbig  Eingerichteten 
abnötigen  (3o  19,  17—30;  9Kt27,  31—56;  9Rc  15,  20—41;  2c  23,  26—49).  (Über 
bie  fotexiologtf^e  Sebeutung  be$  $obe$  $efu  f.  b.  31.  „33erfitynung"). 

VI.  <Die  äuferftetyung  unb  §immelfabrt  3*fu-  —  ©egen  bie  93 c f t r c i  = 
tung  ber  fcuferfte&ungSt  batfadje  bureft  Strauß,  SRenan  2C.:  @b.  ©über,  Die  SfjatfäaV  10 
li^feit  ber  «uferftebung  ßljrifti  unb  beren  »eftreitung,  »ern  1862;  $aul,  Die  gefd»c£)tlid)e 
Beglaubigung  ber  ttuferftefmng:  3ro$Ö  1863;  berfelbe,  Die  »ebeutung  ber  Sluferftcljuttg :  Rb%f) 
1865;  fBiüib.  »et)fd)lag,  Die  Stuf  erfte  (jung  3-  ©§r.  u.  i§re  neuefte  »eftreitung  in  ©traufe' ß.  3., 
»erl.  1865. 

Qkgen  bie  »iftonSjjüpotbefe  (uon  fcolften,  ©d)enfel,  Steint,  ftofjbad)  k.):  #.©ebl)arb,  16 
Die  Suferft.  3-  §()*•  unb  ttjre  neueften  ©egner,  ©otf)a  1864;  ßubioig  ©c^ulje,  Da§  3eugni$  beS 
üpoftelä  $aulu$  uon  ber  $fuferftet)ung  be3  Gerrit,  gegenüber  ben  9lnfirf)ten  oon  6d)entel 
unb  Straufc:  »ero.  be*  91.  1866,  ©.32  ff.;  XI}.  ©reiner,  Die  «uferftebung  S.fcfrr-  nad)  ifrrer 
£iatfä*li*feit  unb  »eb.  für  bie  ©emeinbe,  ßarlSru&e  1869;  93&.  »enfd)lag,  Die  »ifion§f)t)po-- 
ttjefe  in  ifcrer  neueften  »egrünbung:  %f)<St$t  1870,  I.  IL-  $erm.  8cbmibt,  Die  SCuferft.  be8  20 
fcerni,  3bXb  1872  u.  73  (aud)  in  f.  Sammelf djrift :  ßur  fe^riftologie,  »erlin  1892);  Stein- 
meipr,  Die  ÄufcrftebungSgefd).  beä  £errn  in  »ejug  auf  bie  neueftc  Äritif  betrautet,  »erlitt 
1871 ;  berfelbe,  Die  (Sbriftopbanien  be3  »erberrlid)ten  (Sbriftologifcbe  »eiträge,  III),  ebb. 
1882:  3iü(ing,  Der  $err  tft  mabrljaftig  auferftanben,  Dreäben  (1884);  (5.  Scfclottmann,  Die 
Cfterbot|d>aft  unb  bie  »Ifionälmpotbefe,  ^atTe  1886.  26 

®egen$&etjfäcfer*»ifion3tbeorie  (im  ^^Cpoft. Settaltcr"  1886  u.92):  (£.©.  Steube, 
Die »erteibiguug  ber  fluferft.  3-  (5^r. :  £f)St#  1 887,  II ;  berfelbe,  Die  Huferft.  3.  (Sfjr. ;  eine  fuftor. 
UntcrfuAung  f.  b.  ©ebilbeten,  fieipjig  18&8;  berfelbe  in  f.  (Soang.  Wpologetif  (©otba  1892), 
6.  238—306;  $.  $>«fr  $*r  auf  1  Äor  15,  3-8  unb  ein  pneumatifd)e8  @d)aucn  geftellte 
•runbbau  Ä.  »eijfäcferd  in  beffen  91p.  3eitaiter  auf  feine  fjeftigfeit  unterfuti&t :  %f).  ©tubb.  30 
au«  Württemberg  1888,  IL    »gl.  Wbenel)  (unten  bei  ber  engl,  fiitt.). 

Äeucftc  »erfuefte  jur  »egrünbitng  ber  »if iond^tjpotftefe:  Jl).  florff,  %k 
Kuferfte^ung  tt.  Himmelfahrt  unfereS  ^errn  3-  Sörifti,  unter  bem  ©efidjtSpunft  einer  genauen 
UnterfdKibung  ber  ü6crfinnlid)en  ©laubenö*  unb  etnpir.  ©efdjicfjtStljalfadjen  neu  erörtert 
(2J)efte)f  ^aüe  1897;  ©.  (Stf,  Ueb.  bie  »ebeutung  ber  9luf.  3ofu  f.  bie  llrgcmeinbc  unb  für  36 
im«  (fcefte  j.  c^r.Selt  9ir.32),  Seip^ig  1880;  $aul  JRo^rba*,  S)ic  öcricble  über  bie  «uferft. 
3.  5br.,  »erlin  1898  (gegen  it)n  bef.  »et)fd)(ag:  STöSt^  1899,111,  unb  ^iggenbarf),  Xf).2itt.* 
«eriebt  1899) ;  ©.  »rücfner,  3)ie  »eriebte  über  bie  ttuferft.  3-  ©t)rifti,  ^roteft.  Monatshefte 
1899,  6.  41  ff.  96 ff.  153  ff.);  ©tapfer,  La  mort  etc.  (f.  V);  ogl.  $ooel)S  ffritif  (f.  unt.). 

92euefte  »erteibigun^en  ber  leiblidjen  9lufcrftebung:  SRub. ^ofmann,  ©aliläa  40 
auf  bem  fclbeTg,  too^in  3«  f  Sünger  nad)  ber  Sluferft.  befa^ieb,  fieip^ig  1896  (ogl.  unten  im  Xejt); 
%.  »itter,   $ie  «uferft.  3.  ß^r.,  güria^  1897;    ®.  ©oblenberg.  3efu  9luferfte(jung  oon  ben 
toten,  ©djmerin  1897;  3f.  fioof«,  Die  «luferftebungöberia^te  unb  ibr  3Scrt  (^efte  5.  cftr.«3elt, 
Ar.  33),  Seidig  1897    (oermittelnb  jroifc&en   oifionfirer   unb  leiblicher  Deutung   ber  Grfatyi' 
nungen  bed  Äuferftanbenen,  jebodj  übertulegcnb  ber  lef t.  ^luffaffung  jugencigt) ;  3R.  9?eifa^(e  46 
tmb  %f).  ^firing,  ©laubenSgrnnb  u.  «uferftefjung :  3S&JH897,  ©.  171  ff  33t  ff.;  ebb.  1898, 
6.  199  ff.  468  ff.    (beibe  äfinlid)  roie  ber  »orige);   (Sb.  9?iggenbad).   Die  Ouetlcn    ber  ?lufer- 
itet)ung*erfd)cinungen,   mit   bef.  »erüctfidjtigung  be§   ©diaupla^ed  ber  @rfd)einuugen:  in  ber 
eammclfcbrift  ,«u«  ©dnift  unb  ©efd)id)te",  »afel  1898  (©.109-154);  Xb.  3Rcinbolb,  Die 
40  Zage    im    fieben    bed    9luferftanbenen ;    &    ©urt^arbt,   Die   9luferftebung   beö    £errn,  50 
•ottingen  1899. 

Äu*  ber  neueren  unb  neueften  auSlänb.  fiitteratur :  ».  g.  sBeftcott,  TheGospelof  theRe- 
«urectioD,  fionbon  1866  u.  b\;  3B.  TOnigan,  The  Res.  of  Our  Lord,  ebb.  1881;  4.  ed. 
1894;  ftrnnebl),  The  res.  of  Our  Lord  an  hist  fact,  ebb.  1881  ;  5B.  5.  ?lbenel).  Weizsäcker 
od  the  resurrection :  Expositor,  Äuguft  1893 :  3B.  ©utd)ing8,  Nature  of  the  resurr,  of  the  56 
body  of  Christ:  Biblioth.  Sacra  1895,  p.  708 ff.;  H.  ©rigbt,  Some  New  Test,  problcms, 
Üotibon  1898,  bef.  p.  147  ff.  •  3.  9Ward)ant,  Theories  of  the  resurr,  of  J.  Chr.,  fionbon  1899. 
»gl.  Sanbaü  in  v^ftingd  biet.  1.  c.  —  g.  ©obet,  La  resurr,  de  J.-Chr.,  beutfet)  burd) 
J.  6töter.  Hamburg  1870;  3.  «.  dorret,  Jesus-Christ  est-il  resuscit^?  ®enf  1899;  Vlloar 
(»ort),  Stapfer  on  the  resurr,  of  Christ  (im  Amer.  Journ.  f.  Theol.,  July  1900).  go 

Uebcr  bie  Himmelfahrt  bcö  Gerrit:  Ä. £>.  ©rcoe,  Die^immelf.  unf.  $).  3- &br-f  oer* 
frtnben  nacb  ibrer  mabren  ©e[cb.  unb  ficfjre,  ^annouer  1868  (nimmt  ein  mehrmaliges  ©cn* 
bütmelfabren  be«  ^errn  an);  SRiefer,  Gfjronol.  »crbäitniS  oon  91uferftef).  u.  £>immelf.  3cfu  : 
t».6tubb.  aud  SBürttemb.  1886,  .&.  4  äbnlid)  toie  ber  »orige);  3:^.  Äorff  a.  a.  C.  (ibenti* 
Sjiert  roefentl.  Äitferft.  unb  ^immelfabrt);  ©.  $>oelemann,  %e\u  $)immelf.  nacb  ber  bibl.  ©e*  «i5 
(•■ubarfleflung:  in  feinen  „fie&ten  »ibelftubienM,  fieipjig  1885,  SKr.  10;  ».  (»rafe,  Der 
•tt(*#ac»no»abl€  ffir  ^coIoqU  unb  fiir^t.    3.  9t.  IX.  3 


34  3efuS  OtyriftaS 

6rf)(u6  be«  SuMctmng.:  XfcStÄ  1888,  III;  3»cffer,  3u  WäM,  1— 11  (in  ©trocf-Sbrflcr 
tfur*gef.  tfomment.  *  1894,  8.  172-174);  SB.  Fölling,  5)ie  fcimmelf.  <£&rtfti;  <£t>ang.  «8 
1898,  ©.  325  ff.;  9H.  9Ri(ltgan,  The  Ascension  of  Our  Lord  (Baird  Lecturea),  Sonbonl891; 
©anbaty,  1.  c.  (p.  40  f.). 

5  2)cn  mit  Setoilligung  be«  Sanbpfleger«  föon  am  Slbenb  be«  Sobe«tage«  Dom  ftreuge 
fyerabgenommenen  Seidpnam  be«  $crrn  beftattet  ber  fromme  Statten:  3&W  ^on  ärhnatyia, 
unterftüfct  fcon  Stöfobcmu«,  in  einem  iljm  gehörigen  3|elfengrabe  nalje  ber  Jtreu)tguna& 
ftältc,  beffen  93erftegelung  unb  93eh>ad&ung  burcfy  einige  römifd&e  Ärieg«lnec&te  nadfox 
spilatu«,   fceranlafct  burcty  bie  £o$enrat«mitglieber,  tocrorbnet  (2Rt  27,  57—66;   So  19, 

io31—42;  3Rc  15,  42—47;  Sc  23,  50—56).  311«  am  frühen  SDtorgen  be«  britten  Sage«, 
eine«  Sonntage«  (jiia  tcov  oaßßaTcov  9Kt  28,  1 ;  2c  24,  1 ;  fcgl.  üRc  16,  1  fotoie 
31©  20,  7 ;  1  ftor  16,  2),  mehrere  galiläiföc  grauen  au«  ^efu  3ln$ängerfd&aft,  inSbefon* 
bere  5Raria  9Kagbalena,  mit  ben  jufcor  fd&on  getauften  ©))e&ereien  jur  (jinbalfamierung 
feine«  Seid&nam«  jum  ©rabe  fommen,  finben  fic  ba«felbe  geöffnet  unb  leer.    6me  @ngd* 

15  erfcfyeinung  toerftänbigt  fte  über  bie  gemäfc  ben  öfteren  SBorfyerfagungen  be«  §erm  erfolgte 
Sluferfte^ung  be«felbcn,  bon  freierer  bann  aui)  bie  burefy  ÜJtagbalena  herbeigeholten  äjwftel 
$ctru«  unb  Joanne«  beim  StnblidE  be«  offenen  unb  leeren  ©rabe«  [\d)  überzeugen  (9Rt 
28,  1—8 ;  3Hc  16,  1—8 ;  Sc  24,  1—12  ;  $o  20,  1—10). 

£)ie  X^atfäd^Itc^feit  be«  lebenbigen  SBiebertyerfcorgegangenfein«  be«  gefreujigten  §cU 

20  lanbe«  au«  feinem  ©rabe  toirb  bezeugt  burc$  eine  SÄci^e  hmnberbarer  Srföemungen  unb 
©clbftbejeugungen  („ßfyriftotoljanien",  fcgl.  ©teinmetyer  a.  a.  D.),  toelctye  ben  Jüngern 
einerfeit«  bie  ^bentität  ber  Seiblic^feit,  in  toelctyer  ber  #err  nunmehr  fic$  jetgt,  mit  bem 
auf  ©olgatfya  gefreujigten  Seibe,  anbererfeit«  ben  beginnenben  Übergang  berjäben  in  ben 
3uftanb  fyimmlifctyer  SSerflärung  ju   erlennen   geben   unb  Verbürgen.    ®er  Sluferftanbene 

25  crföeint  juerft  ber  beim  ©rabe  jurüdfgebliebenen  9KagbaIena,  bann  im  Verlaufe  beäfelben 
Sage«  bem  $etru«  (Sc  24,  34  unb  1  Äo  15,  5),  am  Nachmittage  jtoeien  na%  bem 
ftlecfen  (Smmau«  toanbernben  Jüngern,  fotoie  am  Slbenbe  ben  fcerfammelten  ©ilfen  (mit 
3lu«na$mc  be«  2^oma«),  benen  er  Seioeife  t>on  ber  Seibtyaftigfeit  fetner  @rfd&emung  ge* 
toetyrt  unb  bie  ®etoij#cit  be«  natyen  ©eifte«emj)fange«  jum  Sergeben  unb  33e$alten  ber 

jjo©ünben  Verbürgt  föo  20,  11—23;  3Jtt  28,  9  f.;  SRC  16,  9—13;  Sc  24,  13—43).  9tyt 
Sage  faäter,  alfo  am  näd&ftfolgenbcn  ©onntage,  erfd^eint  ber^err  ben  nod&  in  ^erufalem 
toeilenben  Sfyofteln,  bei  benen  bie«mal  aud&  S^oma«  ftd^  befinbet,  normal« ;  er  nötigt  jefct 
auc§  biefem  bi«  bafyin  nod&  jtoeifelnben  3ün0CT  e'n  ftaunenDe«  Sefenntni«  be«  ©lauben« 
an  bie  SBa^eit  be«  2luferftefyung«tounber«  unb  an  bie  göttlid&e  §o^eit  feiner  $erfon  ob 

J55  (3o  20,  24—29).  g«  folgten  toäfyrenb  ber  40  Sage  bi«  jum  Sage  ber  §immelfabrt 
nod&  mehrere  ©rfc^einungen  be«  äuferftanbenen :  eine  t>or  fteben  Sw^B0^  am  ©w  Stbe« 
ria«,  toobei  ber  burefy  feine  Verleugnung  fc^toer  gefallene  $etru«  feierlid^  in  fein  Xpoftel« 
ami  toieber  eingefe^t  tourbe  ($0  21,  1—25);  eine  bor  ^afobu«  bem  ©ersten,  bem 
lange  3«t  ^inburd^  ungläubig  gebliebenen  Sruber  be«  £errn  (1  Äo  15,  7);  eine  fcor  ben 

40  ©ilfen  unb  einer  jja^lreic^en  3üngerfdS>ar  —  t>iellei$t  ben  me^r  al«  500  Srübern,  toobon 
1  Jto  15,  6  bie  $ebe  ift  —  in  ©aliläa  auf  einem  Serge,  too  ber  Sefe^l  jur  J?tebtgt 
be«  @toangelium«  unb  jum  Saufen  aller  SSölfcr  erging  (9Kt  28,  16—20 ;  öal.  9Kc  16, 
15—18).  3ln  eine  le^te  (Srfd^einung  be«  §errn  bor  ben  berfammelten  3tyofteln  auf  bem 
Clbergc  bei  ^crufalem,  too  bie  na^e  3lu«gtc6ung  be«  ^eiligen  ©eifte«  al«  ber  ©otte«(raft 

15  jur  Se^eugung  be«  @fcangelium«  unter  allen  ©ef^lcc^tern  ber  ®rbe  üerl^ei^en  totrb,  fc^lie^t 
fid;  feine  feierliche  §inaufna^me  gen  Fimmel  al«  fictytbare«  3e^en  fe^na  St^ö^ung  jur 
Steckten  ©otte«,  loofelbft  er  immerbar  thronen  unb  Don  too  er  einft  toieberfefyren  toirb  m 
tocltrifyerlid&er  ^errlic^feit  (31©  1,  3—9;  fcgl.  Sc  24,  50 f.;  3Jlc  16,  19). 

$ie  eöangeliftifd^en  3eu9niffe  für  biz  S^atfac^e  einer  realen  unb   leiblichen  SEBieber» 

50  erioedfung  3>efu  öom  Sobe  erfc^einen  alfo  ergänzt  unb  berftärlt  burd^  ba«  apojlo* 
lifc^e  3^0*1^  ^ßauli  in  1  Äo  15,  bem  ftc^  aufeerbem  noc^  bie  toieberl^olten  3lu«fagen  ber 
tiägivQeg  Avaatdoecog  in  ber  31©  3,  13;  2,  32  ff. ;  4,10;  10,  40  f.)  unb  anber* 
toärt«  (befonber«  1  $tr  3,  21  f.)  fyinjugefcllen.  ß«  giebt  nic^t«  ©etotffere«,  nidj^t«  rew^« 
lieber  unb  ftärfer  im  9?S  unb  in  ber  gefamten  urd&riftlid&en  Sittcratur  Sejeugte«  al«  bie 

55  X^atfad^e,  ba|  bie  gefamte  ©d&ar  ber  Sl^oftel  unb  übrigen  ^m^x  3efu  fc^on  balb 
nac^  beffen  Heimgang  auf«  feftefte  Don  feinem  ßrftanbenfein  Dom  Sobe  überzeugt  toar 
unb  blieb. 

(Sine  (Snttoertung  biete«  Dielftimmigen  3cu8niff^  ^  d^riftlid^en  Urgefd^id^tc  be^uf« 
3(njmeiflung  ober  Völliger  Slbleugnung   ber  3luferfte^ung«t^atfad^e   ift  feiten«  ber  neueren 

oo  Äritif  ^au^tfäc^lid^  auf  ^toeierlei  SBeifc  toerfuetyt  toorben.    3u,^^f* 


$efn*  gljriftas  35 

1 .  bur$  bie  $tyj>ottyefc  eine«  nid&t  fcollftänbigen  Übergegangcnfein«  be«  ©efreuaigten  in 
tat  Zobedniftanb,  f o  bafj  beffen  Sluferftefyung  al«  ein  Sßieberertoad&en  au«  bem  ©cfyeintob 
ober  ©tamrampf  gu  gelten  fyätte.  Diefe©d&eintob  =  3^eorie  — -  mit  ber  fculgärrationali* 
jtijcfcn  SRetyobe  ber  §inh>egerflärung   ber  SBunber  auf  natürlichem  Sßege   unmittelbar 
batoanbt  —  tourbe  fotoofyl  in  ber  beim  älteren  3iationali«mu«  beliebten  gaffung  hrie  in  b 
ber  ettoa«  geriefteren  unb  minber  plumpen  ©$leiermad&er*3tütenif«  (S.  3-  1864)  burdfr 
Straufc  (1835  unb  bann  hrieber  1865)  einer  toernid^tenben  Äritif  unterzogen  unb  al«  un- 
moglty  barget$an.    Sie  ift  aud&  in  jener  borfictytigften  unb  unanftöjjigften  Raffung,  toeld&e 
$afe  (©eftfc.  ^.  1876,  ©.  600  ff.)  ifyc  erteilt  tyat,  unburc^fityrbar ;  benn  gefe§t,  bie  aufeer* 
orbcntli$c  $eufraft  gefu   ty&ttt  —  tute  #.  toill  —  bem   au«  feinem  tobe«äfynlic£en  3"s  10 
ftanb  im  ©rabe  SBieberertoactyten   e«  möglich  gemalt,   „mit   burctybofyrten  #änben  ben 
®rabe«ftem  toegjutoäljen  unb  mit  ben  toa^rf$einli$  burdjbofyrten  $üj$en    umfyerjugetyen" 
(6.  602),  fo  toürbe  bod)  auf  ein  berartige«  SJerlajfen  be«@rabc«  nimmermehr  ber  9tame 
„Äuferftefcung"  Dorn  lobe  antoenbbar  getoefen  fein.  Die  jünger  Ratten  fic$,  toenn  fte  Dom 
§errn  al«  bem  gürjten  be«  Seben«,  bem  ©ieger  über  $ob  unb  §abe«  w.   rebeten,   einer  ib 
tounberlictyen  Übertretung  fd&ulbig  gemalt ;  unb  an  ein  fd&liefelictye«  ßingefyen  bc«  nur  mittete  . 
einer  aufcerorbentltcfyen  Kraft  irbifd^er  2lrt  SBieberbelebtcn  in  ben  fyimmltfd^en  SSerflärung«* 
piftanb  tonnte  nietyt  gebaut  toerben;    e«  müjjte  ftatt  ber  Himmelfahrt  (mit  §.,   ©.  610) 
als  beftmtfoeS  2eben«enbe  be«  §erm  ein  gefyeimni«bollc«  Mbfcfyiebnefymen  be«  £errn  bon 
ben  Jüngern,  um  irgenbtoo  „feiner  irbifäen^tiHe  ein  geheime«  ©rab  ju  geben"  angenommen  20 
toerben,    Die  UnboUjtetybarfeit  einer  derartigen  Slnnafyme,   tyre   gänjlid&e  Unbereinbarfeit 
mit  bem  #eil«glauben  ber  Styoftel,   namentlich  au$  mit  folgen  Jjeugmffen  berfelben  tüte 

1  $tr  3,  18  f.  (öavaTay&eis  fxiv  oapxl,  ^oyonoiYj&Eiq  de  Tivsvßiari  xrX.),  Qfyfy  4, 8  ff . ; 
Hol  2,  15  ff.  u.  f.  f.,  bebarf  feiner  näheren  Darlegung.    6«  gilt  bie«,  toie  gegenüber  ben 
bdben  £tcr  auöbrüdHtd^  ^erborgetyobenen  SKobifilationen  ber  ©c^eintob^pot^efe,    fo  gegen-  26 
über  jcber  fonfügen  au«  älterer  ober  neuerer  3eit  (f.  überhaupt  bie  ©teubefäen  3lu«füfc 
rangen,  namentlich  „Styologetif"  ©.  249  ff.). 

2.  Die  35  i  f  1 0  n  «  *  Styeorie  tyat  feit  SDtitte  unfere«  Safyrfyunbert«  *>&  eben  betraf 

teten  älteren  SRtoalin  faft  überall  ben  Slang   abgelaufen,    ©ie  übt  eine  faft  unbejcfyränfte 

§errföaft  über  bie  Äreifc  be«  heutigen  tfyeologifcfyen  2iberali«mu«  au«,  unb  jtoar  bie«  fo,  90 

bafc  Don  ben  am  toeiteften  nad^   linf«  DorgerüdEten  SSertretem  bc«felben  ba«  toiftonärc  ©e= 

f^auttoerben  e^rtfti  feiten«  ber  3*^8**  al«   ein  blofe  fubjefttoe«  gebaut   toirb,   »oä^renb 

bet  gemäßigtere  2iberali«mu«  bie  Grfc^einungen  be«  3luferftanbenen  auf  objettiüe,  b.  ^.  in 

gettriffem  ©inne  reale  unb  bon  ©Ott  getoirftc  Stauungen  ober  33iftonen    jurücf^ufül^ren 

fuc^t    Die  erftere  9Robififation  läuft  toefentlidS>  barauf  ^inau«,  ben  Slufcrftefyunglglauben  35 

ber  $Jm%ct  al«  au«  ©elbfttäuföung   ober  SBäa^nborftellungen  (§aHucinationcn)  berfelben 

cttoa^fen  barjufteßen ;   fo  Stemm,  ©traufe  (1864),  §.  2ang,  §au«ratfy,  ßolften;   im  toc- 

(mtli^im  aud?  ß.  Stoalb  (»b  VI  feiner  ©eic^ic^te  bc«  3Slf.  3«r.,  3.  Slufl.  1868,  S.  60 

bö  104).  —    Dagegen  be^au^ten  bie  Vertreter  ber  objeftitjen  aSiJion«t^eoric  eine,   totnn 

wdfi  leibliche,  bo<$  geiftige  Slealität  ber  ©elbftlunbgebungcn  be«  m  ^öl;erer  Dafcin«form  40 

fwäebenben  ß^rifhi«  an  bie  ©einen,    ß^riftu«  ift  nad&  i^nen  gtoar  nid^t   leiblicfyertoeife, 

aber  boc^  im  geiftigen  ©inne  real  auferftanben,  um   al«  unficfytbare«  $a\xpt  feiner  ©c- 

meinbe  fortzuleben  unb  ju  regieren;   bie  Don  i^m  in  ber  ©4>ar  feiner  jünger  gclüirften 

Stfionen  fmb  hrirflic&e,  totnn  aud^  nur  innere  SBunbcr,  ec^te,  gur  ©runblegung  be«  Steige« 

5^i  bienenbe  ®otte«t^aten,  toa^re  Äunbgebungen  bc«  ersten  öeilanbe«  an  bie  ©einen,  46 

gta^fam  „Telegramme  au«  bem  ^immel"  an  bie  Äinber  ©otte«  auf  ber  Erbe.    ©0  be* 

(onbet*  Äeim,  »lej.  ©d^toeijer,  auc^  $.  So^e,  SSJet^fädfcr  (%  3eitalter  1886  unb  1892), 

§ol!mami,  S.  ?Ppeiberer  unb  noc^  neueften«  ä.  M^iHc.   9?ac^  bem  Sogenannten  (J6s. 

de  Naz.  II,  478)  $at  3efu«  in  ber  Zfyat  über  ©rab  unb  Tob  geftegt,  jeboc^  nur  innere 

lu^ttoeife.    „J€sus  a  triomph^  de   tous   ses  ennemis  dans   le   cceur  et  la  con-  50 

science  des  siens,  voilä  le  fait  ine*luctable.    Si  les  visions  des  premiers  disci- 

pies  ^taient  imaginaires  quant  ä  la  forme,    elles  n'en  contenaient   pas  moins 

wie  haute  vSrite"  etc.    äBefentlid^   fo  auety  sBt.  Seijc^le   in  feiner  burefy    ben  „gatt 

»eingart"  beranlafeten  Stb^anblung  über  ben  ©egenftanb   in  ber  „61?riftl.  SBelt"  1900, 

(|.  bogegen:  „Der  neuefte  ©treit  über  bie  Sluferft.  X  ß^rifti"  aeSÄß  1900,  5Hr.  (if.).  55 
8<ibe  Xfcorien,  bie  objeftibe  h>ie  bie  fubjefttoe  3luffaffung  be«  bifionären  ©d^auen«  ber 
$mfJCT,  fmb  übrigen«  boc^  nur  grabtoeife,  nid^t  eigentlich  ber  ©ad&e  nac^  berfc^ieben.  Unb 
w  ber  einen  toie  tn  ber  anberen  3öffun9  finb  fie  unvereinbar  mit  ber  toeltgejcfyictytlicfyen 
Zbatfa<^e,  bafe  av^  bem  3luferfte^ung«glauben  berälpoftel  nic^t  tttoa  eine  Vorübergej^enbe, 
tytiQ  toieber  erlogene  religiöfe  Erregung  hervorgegangen  ift,    fonbern   eine  bodftänbige  en 

3* 


36  3efn3  <£fptftu* 

5Reugeburt  bc$  SeifteSlebenS  bcr  SWenjd^eit,  bic  SKufricfytung  eines  SReid&S  ber  2Bafy#ett 
unb  bcr  Siebe,  beffen  (Steg  über  bie  entgegenftetyenben  9Käd&te  gewifc  ift  unb  beffen  etoige 
3)auer  feinem  3toetfel  unterliegt.  SKn  ben  fircfyengrünbenben  SBirfungen  unb  bem  Weit* 
Wicbergebärenben  ßfyarafter  be$  ©laubenSlebenS  ber  Stooftel  fd&eitert  bie  $ifion$ft#>ot$ef* 
s  in  jeber  tyrer  feitfyerigen  SluSprägungen  unb  in  jeber  ©eftalt,  bie  fte  etwa  fünftia  tu># 
annehmen  bürftc.  Vergeben*  tyat  man  ben  neuteftamentlicfyen  SluSfagen  felbfl  getoifie  8ta* 
beutungen  ju©unften  biefer  S^eorie  abzugewinnen  gefugt,  fyat  man  inäbefonbere  $aulu£ 
als  angeblichen  apoftolifd^en  3^9™  fü*  biefelbe  in$  gelb  geführt.  3)en  namentlii^  bon 
2öei$jäcfer   fyiefür   angeftrengten  93emüfyungen,  bie   ftd^   auf  eine  eigentümlich   ftriritua* 

10  liftifd^e  £pQ<bc  ber  #auj>tftelle  1  Äo  15,  3  ff.  ftüfcen,  ift  entgegenzuhalten  (bgl.  Setf  unb 
Sloenety  a.  a.  D.):  1.  ein  nur  geiftlidjeä  Stauen  fann  bur$  ba$  Wtebcrfyolte  afynify 
jener  ©teile  unmöglich  auägebrüdft  fein,  fo  geWifc  als,  bem  gangen  3ufammen^ang  bei* 
felben  jufolge,  nic^t  ba3  „©cfctyautWorbenfem"  ober  ©rfäienenfein  G^riftt,  fonbern  fein 
SluferWcdftfein  bom  $obe  (iy^yegrai)  ber  ^auptbegriff  ift,  um  Wellen  e$  fu$  fyanbelt; 

16  2.  baä  in  ber  Slufeäfylung  niept  Weniger  als  fed&gmal  Wieberfetyrenbe  äxpfy  Weift  auf 
fecfyS  beftimmte  Vorgänge  gefd^tltd&er  Slrt  tyin  (nämli$  auf  bie  (Srfd&einungen  ßfyrifti 
bor  $etru$,  bor  ben  3^ölfen,  bor  „mefyr  benn  500  Srübern  auf  einmal",  bor  gafobuö, 
bor  allen  Styofteln  unb  bor  $aulu£),  Wobon  bie  fünf  erften  unmöglich  anbetö  benn  alä 
äußere  Gljrifto^anien  Dom  Styoftel  gebadet  fein  tonnen  —  Weäfyalb  anq  ba$  fechte  6reig= 

ao  nte :  bie  6l?rtftoj>l)anie  bon  3)ama3fu3,  im  gleiten  äußeren  Sinne  berftanben  Werben  mufc ; 
3.  auefy  bie  auäbrücflic^e  SrWäljnung  beS  93egrabenfein$  ßtyrifti  (hdqn),  23.  4)  Verbietet 
bic  3lnna^me,  bafe  $auluä  in  ber  ©teile  an  ein  blofc  geiftigeS  SBieberaufleben  unb  Sr* 
flehten  be$  £errn  gebaut  fyabe ;  4.  feiner  ber  fonftigen  paulinifetyen  SluSfprüctye,  toek&c 
bie    SBerteibiger  ber  SSifionSttyeorie  ju  ©unften  berfelben  anjufü^ren  lieben,   beftfct  Wirt 

25li$e  33eWeiSfraft,  Weber  ©a  1,  36  (Wo  ba3  änoxakvxpcu  rbv  vlov  avzov  &  i/un, 
felbft  tomn  man  e$,  Wie  gewitynlic^,  mit  „.  .  .  .  in  mir  ju  offenbaren"  überfefct,  boeb 
feine  Segie^ung  auf  ein  blofc  inneres  (Srlebnte  beä  &l>oftcfö  als  notWenbig  ergiebt),  noq 
SJtyil  3,  21  (Wo  baä  od>fia  irk  döfyg  bon  3Bei$fäcfer  rein  WiBfürlid^erWeife  ald  ©egen* 
geugnte  gegen  ben  Wirfhc^en  ScibeSdjarafter  bon  G^rifti  2luferfte^ung«Ieib  )u   berWenben 

so  gefugt  Würbe).  SSielme^r  ergiebt  1  Ro  9,  1  (o^e  'Irjoovv  r.  xvq.  fjp.  £a>gaxa)  ju^ 
fammcnge^alten  mit  1  Äo  15,  8  aufä  bcutltd^fte  unb  unWiberleglic^fte,  ba^  ^Jauluä  bte 
bei  3)ama«fu^  i^m  geworbene  6rfd;einung  atö  eine  ber  GtyriftuSerfcfyeinungen  bei  feinen 
2Rtta^ofteIn  böDig  gleichartige  unb  gleichwertige  betrachtete  unb  bie  bolle  ©eltung  feinet 
SlpoftolatS  gerabe  barauf,   ba^  auc^  i^m   ein  leibli$e$  Stauen  beS  §erm  ju  teil  go 

35  Worben,  grünbete. 

Stehen  bemnac^  ber  aSifione^ot^efe  nic^t  minber  gewichtige  (Schrift*  unb  ®e* 
fd^id^t^eugnifje  entgegen  Wie  ber  annähme  eine^  bloßen  ©c^eintobe«,  fo  bleibt  immer* 
ijin  für  bie  3)urcfyfül?rung  einer  aUfeitig  ^ell  beleuchteten,  bon  jeglichem  Slnftofe  unb  8e* 
benfen  freien  ^iftorifc^en  SBiebergabe  bc«  Verlaufs  ber  ßreigniffc  jWifc^en  3efu  äluferfie^ung 

40  unb  Himmelfahrt  manche  ©c^Wierigfeit  gurücf.  3m  ^W«n  be«  eckten  SDlarfu^luffed 
(an  beffen  ©tatt  Wir  in  3KI 16,  9—20  eine  Kompilation  fpäteren  Urf))rung«  unb  fetun* 
baren  ß^aratter^  beft^en)  befte^t  eine  erfte  biefer  ©c^Wierigfeiten.  3)afe  jWei  3ufawmen- 
fünfte  be^  Sluferftanbenen  mit  einer  beträchtlichen  ftafyl  feiner  jünger  laut  3Jlatt^.  fowie  laut 
bem  Slnfyang  gum  3°^s©ü-  a"f  galiläifc|em  Soben  erfolgt   fein   follen,   Wä^renb  2c  24 

iö  unb  3lo  20  Wenigften^  für  bie  näcfyfte  3cit  nad^  ber  Sluferfte^ung  feine  galiläiföe,  fonbern 
nur  jcrufalcmifd^e  6rfd&einungcn  bezeugen,  ift  eine  Weitere  ^auptfd&Wierigfeit.  3U  $*** 
Sefeittgung  bringt  bie  31.  §of mannte  Deutung  bon  rakdaia  in  3Rt  28,  7.  9.  16  auf 
eine  Sofalität  Slamen^  „©aliläa"  auf  bem  jerujalemifdben  Ölberg  (f.  bic  oben  ctt  Schrift 
bon  1896,  ber  eine  ätynlicty  betitelte  unb  äfynlt^en  %n\)alt  bietenbe  früher  [2Jteifeen  1856] 

50  bor^ergegangen  War)  eine  gWar  bequeme,  aber  boc^  boller  SSeWetefraft  ermangelnbe  unb 
mannen  Sebenfen  unterlicgenbc  2luefunft  in  SBorfc^lag.  ©ine  britte  ©ctywierigfeit  liegt 
in  bem  Umftanbe,  bafe  foWo^l  %o  20,  17  {ävaßaivio  ngög  tov  nai.  julov  xtX.)  al« 
a\x6)  ber©cfyluft  be^  Sufa^ebangeliumö  (Sc  24,  51)  ein  auffahren  be^  $errn  gen  #immcl 
fc^»on  auf  ben  Slbenb  be$  Sluferfte^ung^tage^  ju  legen  fc^einen,  Womit  alfo  ein  bcinatyigeS 

55  3ujammenfaHen  bon  3tuferftebung  unb  Himmelfahrt  unb  ein  2Biberft>rucfy  mit  ber  6r* 
ftredfung  ber  ß^riftop^anien  über  einen  40tägigen  3^traum  in  31©  1,  3  gegeben  ju  fein 
fcfycint.  Säfet  ber  ©c^ein  biefer  2Biberft>ruc$$,  foWeit  bie  beiben  Suta^ftellen  in  8etra$t 
fommen,  fid^  berl;ältnigmä^ig  leidet  fycbcn  (f.  VII,  D),  fo  berbleibt  immerhin  jener  an 
SMagbalcna   gerichteten    Slnfünbigung   beö    atebalbigcn  ävaßaiveiv   etwa«  3luffaHenbe$. 

go  ©owo^l  biefe  ©teile,   atö  and)  £c  24,  31  (baS   „SSerfc^Winbcn"  be«  #errn,   nac^bem  er 


3efit£  <£fptftu3  37 

ben  (SmmauSjüngcrn  erfd&tcnen),  beSgleid^en  bic  eigentümliche  2lrt,  toie  in  täpt}  4,  10  unb 
in  1  ^ßtt  3,  22  be3  ©en*#immelfa^ren$  gebaut  h>trb,  baju  bie  merftoürbige  ©teile  Sarn. 
15,  9  (togl.  unten)  feinen  bani  ni  nötigen,  tttotö  toie  ein  toteberfyolteS  §eimfetyrcn  bc$ 
bereite  SSerflärten  in«  tytmmltjqje  sBater&aus  ober  einen  öfteren  SBed&fel  feiner  Aufenthalte 
ttmfötn  einer  fttyeren  unb  jtotfa^en  biefer  irbifd&en  SBelt  anjune^men.  3n  **n  bem  5 
SRafce  toie  bergletc^en  annahmen  ft$  afe  naheliegend  empfehlen,  h>irb  man  einbrmgtiä) 
baran  gemannt,  bafi  eS  gefyeimmSbotte,  über  unfer  trbifctyeS  ßrfennen  tytnauSgefyenbe,  unb 
ebcnbeSbalb  auefy  in  ben  biblifd&en  Xejten  nur  fragmentarifd^  überlieferte  X^atfad^en  ftnb, 
um  bie  e£  fu§  tyier  tyanbelt.  35a$  (Seftänbnte  eine«  Non  liquet  mujj  bei  Sefyanblung 
gerate  biefer  ©i$luf$partie  ber  e&angeKfd&en  ©efcbid&te  mefyr  als  nur  einmal  abgelegt  10 
toerben.  —  Übrigen«  !ann  unb  barf  ber  bie  biblifdjen  Duellen  unbefangen  prüfenbe  §ifto= 
rifer,  fo  febr  jene  Annahme  eine«  öfteren  hinauffahren«  be«  Sluferftanbenen  tym  not* 
toenbig  erfreuten  unb  fo  fefyr  er  jur  ©tatuierung  eine«  nia^t  bucfyftäblicfyen,  fonbern  fem* 
boUfcfcibealen  ©tnne«  ber  SJierjigja^l  in  2tp  1,  3  geneigt  fein  mag,  ju  einer  $rei«gebung 
be«  3$atfa$enge$alt«  ber  ^immelfa^rtöerjä^lung  be«  £u!a«  auf  feine  SEBetfc  bie  §anb  15 
bieten.  D$ne  ba«  ^aftum  eine«  legten  feierlichen  Slbfd^ieb«  be«  2tuferftanbenen  bon 
feinen  Jüngern,  toie  er  in  ber  lufaniföen  $erifope  ausführlich  unb  in  ÜRc  16,  16—20 
förger  berietet  ift,  bleibt  beibe«  unberftanben :  fotootyl  bie  Steige  ber  feit  bem  Dftermorgen 
twraufgegangenen  Segebniffe  toie  auä?  ba«  bon  ben  2tpojteIn  in  ber  golge  bor  toie  nad; 
ber  ®etfte«(ui«gieftung  am  $ftngftfefte  grlebte  unb  ©etoirfte.  20 

VII.  3ur  6^ronologie  be«  2.  3.  «llgern.  Sitteratur.  lieber  bie  Xgovo- 
rga<r*ai  be«  Scjrt.  3ul.  Äfrifanu«  (geft.  ca.  236).  foiofe  über  beffen  ältere  unb  mittcfalterl. 
tfadjfolger :  £.  (öeljer.  S.  3.  Äfrif .  unb  bie  btjjantin.  Chronographie,  %l  I  unb  II,  1  u.  2, 
2fip$.  1880.  1885.  1898.  Ueber  bie  Gftronif  (Xgovixüv  ßißlos)  be3$ippotytu$:  ©eljer  Lc. 
II,  1  (©.1—23).  Ueber  ©ippofytS  3)anteI*$ommentar :  93arben&eioer,  S)e«  &1.  $ipp.  u.Morn  25 
Komment,  ».  2>an.,  ffrreibg.  1877;  <S.  ©ratle,  $ie  ßebenäjeit  (S&rifti  im  $an.«ftomm.  fcippo« 
f*t*:  3»X5  1892,  S.  120ff.;  9T.  $ügenfelb,  ®ic  8eiten  ber  ©eburt,  be«fieben«  unb  Setben« 
(S$rifti  na$  $ippol.,  ebb.  1892,  S.  257  ff.  unb  1893.  S.  106  ff.  —  Ueber  ba«  Xgovtxov  avr- 
rarfta  be«  fcippotytu«  Sbebanuä  (c.  650—700):  grj.  $iefamp,  £>ipp.  o.  fcbeben,  fünfter 
1898,  ©.  56—190  (intereff.  SHitteilungen  üöer  biefen  jtoar  fpäten,  aber  üiele«  @igcntümlid)e  30 
unb  manche«  Seac^tenSroerte  btetenben  chrono!.  93er(ucf);  ugl.  u.  im  Xejt). 

teuere  ^rouol.  arbeiten  umfaffenberer  Slrt:  ©erf).  3.  S^offtu«,  De  J.  Chr.  genea- 
logia,  de  annis  quibus  natus,  baptizatus,  mortuussit,  ?Imftcrb.  1641»;  ^)tont)|.  $etaoiu«,  De 
anno  nativitatis,  pasaionis  Christi  etc.  (in  t.  II  feiner  ?lu«g.  ber  Opp.  Epiphanii,  Colon.  1682); 
fhib.  Änger,  De  temporum  in  Actis  app.  ratione,  fipj.  1833 ;  33.  ^ obi,  Ueber  bie  S)ato  35 
1.  G^ronol.  be«  fi.  3.  na*  bem  @ü.  30,  Xft@tÄ  1838,  IV;  5£.  ©tefelcv,  e^ronologif^e 
ö^nopfi«  ber  4  (Jüanag.  2c,  Hamburg  1843  (»gl.  barüber  %!911P,  XVII,  6.  102);  berfelbe, 
Beiträge  jur  ric^t.  »urbigung  ber  Gdo.  unb  ber  et>.  ©ef*.,  ©ot^a  1869  (bef.  @.  76—283); 
d.  %  «a*pari,  e^ronol.-geogr.  (Sinl.  in  b.  fieben  3.  Gfjr,  ©amburg  1869;  ©eüin,  ©öronol. 
be«2.  3«f«#  2.  Aufl.  Tübingen  1874;  Sjungberg,  Chronologie  de  la  vie  de  J&us,  ^ort«  40 
1878;  Änt.  fiutterbecf.  5).  %af)Tt  (J^rifti  nad)  alej.  9lnfaf  unb  neu.  aftronom.  ©eftimmungen 
1878;  (5.  S*ürer,  3übif*e  @efd).  j.  3eit  Sefu1.  I,  fipj.  1890;  3.  üon  ©ebber,  $ur  (Sbro^ 
nolog.  be«  fi.  3.,  fünfter  1893  (fat^.,  überreif  an  pfjantaft.  ^pot^efen,  f.  3örflcr,  Sü.fl8. 
1898,  «r.  32);  3.  ©effer,  3ur  ©Pönologie  ber  et),  ©efd).  ^ü@  1900,  I,  27  ff.  (gegen  üan 
Bebbet).  46 

8um  ®eburt«jaljr  3cfu:  3o.  Kepler,  De  J.  Chr.  vero  anno  natalitio,  1606,  unb: 
Oomm.  de  vero  anno,  quo  aet.  Dei  Filius  humanam  naturam  assumpserit,  1614;  ©^nöu«, 
De  Datali  J.  Chr.  die,  1609 ;  $.  ©anetetnente,  De  vulg.  aerae  emendatione  11.  IV,  9lom 
1793;  fr  «unter,  3).  Stern  ber  SBeifcn,  Äopen^agcn  1827;  dl.  Wnger,  3).  Stern-  b.  ©., 
Stell  1847.  ferner  ©umpacb,  ©erlad),  ffiöfd)  2c.  (f.  über  biefe  ßttt.:  fi.  Scftulie,  6bb.  b.  60 
t().  ©.  I,  2,  S.193);  3umpt,  3).  ©eburt«ja^r  ©ftrtfti,  ßp$.  1869;  glor.  JRtefe,  3).  ©eburtö» 
l«t>r  fftrifti,  greibg..  1880;  berf.,  Koa^mal«  ba«  ©eburtöj.  3efu  (£f)i\,  mit  ©ejug  auf  eine 
5treitfd)rift  ö.  S(begg,  ebb.  1882 ;  SR.  S.  öour,  L'inscription  de  Quirin  et  le  recensement 
de  Lac,  9tom  1897;  «3.  9R.  SRamfa^.  Was  Christ  born  at  Bethlehem?  üonb.  1898  (juerft 
i»  Exp.  1897,  bann  in  erweit.  ©eftalt  fepar.,  fionb.  unb  Wett)*?)orl  1898  —  eine  ber  mia>  55 
ü$tn  neueren  «onogr.;  »gl.  Sanbat)  1.  c.  p.  41  f.). 

3«r  S)auer  be«  öffentlichen  9Jceffia3n)irfen3  3efu:  ^etaüiuS,  Quot  paschata 
Chr.  obierit?  (in  t  II  opp.  Epiph.,  p.  203ss.);  ^.  3acobt  a.  a.  0.;  ^Dc.  3-  &\)an$ 
im  Exp.  1878#  Nov.;  SR.  Stecf,  3um  3o^anne§  fcüang.,  ©ern  1884;  .&.  3)elff,  $a3  4.  ^u., 
*«fum  1890.  go 

Ueber  lobe^ja^r  unb^obe^tag  3efu:  3»>f.  Sangen,  ©.  legten  fiebenStage  3efu, 
Jreib.  1864  (fat^O;  Sfenbera,  3).  2obc8tag  b.  ^errn.  1868;  0.  Wnbre«,  D.  XobeStag  3cfu: 
w».  b.  $(.  VI,  1871;  3.  #.  «Ibri*,  The  time  of  Our  Saviours  crueifixion,  S8oftonl882; 
®-  SHggtnb<tc$,  3).  3:obe*tag  3efu,  XW©(.  1894,  S.  601  ff. 


38  3cfti3  gljriftos 

III.  Chronologie  b  c «  S  c  b  c  n  «  Sefu  (bgl.  bcn  31.  „3eitred&nung"). 
A.  @cburt«ja&r  unb  @eburt«tag.  3ur  ßtonittelung  be«  3eityunlte«  ber  ©cburt  be« 
Acrm  al«  be«  2lnfang«l>unlte«  bcr  c^rifttid^cn  2lra  fönnen  m  ber  §au}>tfa<fce  fec^ 
5Daten  bcr  cDangeüfd^en  ©efd&id&te  al«  3lntyalt«£unfte  benufet  toerben:    1.  3efu  SUter  bei 

6  empfang  feiner  Saufe,  na$  Sc  3,  23  „ungefähr  30  3a^"  betragenb,  toa«  für  bie 
@eburt«aeit  (laut  Sc  3,  1,  toonacty  ber  um  toenige  Monate  ältere  Soty.  ber  Saufer  „im 
15.  9iegierung«jafyre  be«  Äaifer«  liberiu«"  b.  i.  ettoa  782  ober  783  na$  Storni  ©r* 
bauung  öffentlii  ^ertoortrat),  ungefähr  ba«  3afyr  753  ober  754  ber  ©tabt  SRom  ergicbt. 
2tuf  biefen  Äallul  geftüfct,  begrünbete  2tbt  ©iontyftu«  @siguu«  int  6.  Sa^unbert  bie  fog. 

io  fircpdjc  3^^^nun9-  SB«  cinfeitig  unb  unftd&er  biefe«  iöered&nung«l>erfatyren  ifi,  erhellt 
fcfyon  au«  bem  bloßen  „ungefähr"  (d>ge()  jene«  30jäfyrigen  älter«,  fotoie  ferner  atö  bem 
Umftanbc,  bafe  ba«  15.  3>afa  be«  SEiberiu«  fefyr  tooljl  au<fe  fd&on  Dom  beginn  ber  3Mte 
rcgentfd&aft  biete«  Äaifer«  mit  Stuguftu«,  alfo  fcon  765,  ftatt  fcon  767  na$  SRom«  gr* 
bauung  an  geregnet  fein  fönnte.    3ur  ©nnittelung  be«  ©eburt«tage«,  ja  felbft  nur  be« 

16  9)tonat«  ober  bcr  Safjreäjeit  ber  ©cburt  bc«  £errn  fann  ba«  fcon  Sc  3,  23  auSae^enbe 
SBerfafyren  überhaupt  nid&t  öertoenbct  toerben;  lote  benn  faftifety  bie  alttird&lid&e  Überliefe* 
rung  betreff«  biefer  fünfte  atoiföen  bcn  toiberfored&enbften  annahmen  gefd&toanlt  fyat  unb 
bie  jefct  üblid&e  äuffaffung  be«  25. 2)ejember«  al«  S^rifti  @eburt«tag  erft  feit  bem4.3a$r* 
^unbert  fconSRom  au«  fi<$  Verbreitet  &at.  —  2.  3)er  SSerf ud&,  au«  ber  angäbe  in3o2, 20 

20  über  bie  46  jährige  Stauer  be«  bur$  §erobc«  ben  ©rojjen  begonnenen  SempelbaueS  ben 
3ettyunlt  ber  ©eburt  be«  §erm  ju  getoinnen,  ergiebt  lein  irgenbtoie  ftc&ere«  Slefultat 
3Kan  toeijj  &toar,  bafe  §erobe«  ben  practytooHen  Umbau  be«  Semmel«  in  feinem  18.  Sie« 
gicrung«jafyrc,  alfo  734—735  p.  u.  c.  begann,  toirb  alfo  burd&  bie  3<*#  46  ettoa  auf« 
Satyr  780  getoiefen,  unb  atoar  auf  bie  Dfteneit  biefe«  3atyre«  (f.  $o  2,  13).    SÜIem  bafe 

25  §cfu«  bamal«  genau  30  &afyrc  alt  getoefen  fei,  ober  audb  ein  toemge«  barüber,  flüfet  ftdb 
toieberum  nur  auf  bie  unbeftimmt  lautenbe  Angabe  be«  Sufa«,  5t.  3,23.  Unb  bieityrif, 
mittel«  beren  man  au«  ber  genannten  3o*©telle  ein  46jätyrige«  älter  be«  £errn  felber  ju 
erfetyliefien  gefugt  tyat  —  fo  &.  33.  $feubo*Stö>rian  De  montibus  Sina  et  Sion  (bei 
Partei,  Opp.  Cypr.  III,    108);    bgl.  auety  2lug.  De  doctr.  ehr.  II,  28  —  ift  eine 

ao  hnlb^antaftttcije  ©)>eIulaHon  (f.  barüber  ©iefamj),  ß^.  bon  Sieben,  ©.  182  f.).  — 
3.  £cr  ©c^aÄung«befe^l  (ba«  6enfu«^@bift)  be«  3luguftu«,  Sc  2,  1,  ift  gleichfalls  faum 
geeignet  jur  ©etoinnung  einer  feften  d^ronologifc^en  93aft«.  2)enn  über  einen  anfertigen 
ßrlafe  biefer  2lrt,  öon  toeld^em  Suböa,  ba«  Sanb  §erobi«  be«  ©rofeen,  mitbetroffen  toorben 
fei,  ift  anbertoeitig  au«  ber  römif$en  ©efd^id^te  be«  augufteifd^en  ^eüalterä  nid^t«  befannt 

85  Unb  bie  t>om  6t?angeliften  ($.  2)  beigefügte  9loti&  über  Quiriniu«  (Jt^renio«)  al«  ben 
f^rifd^en  Statthalter,  unter  toeld^em  bie  betreffenbe  (Sc^a^ung  bodjogen  toorben  fei,  liefert 
boflenb«  nid^t«  irgenbtoie  Sraud^bare«  jur  beftimmteren  gijierung  be«  fragl.  3e^>un^/ 
ba  fte  enttoeber  einen  d^ronologifc^en  Irrtum  inöolbiert  (—  Quiriniu«  tourbe  nwi)  go« 
jcMud,  Antt-  XVIII.  1,  1  erjt  fed^«  3ia^re  nad^  bem  Seginn  ber  A.D.,  759  p.  u.  cv 

io  ^Jräfe«  ber  $ro&in&  Serien  — ),  ober  burd^  irgenbtoeld&e  ^^ot^efe  in  ©inHang  mit  ben 
fonft  befannten  Ser^ältniffen  gebraut  toerben  mu^,  cttoa  burc^  bie  annähme  einer  )h>eU 
maligen  ©tatt^alterfd^aft  bc«  Cluiriniu«  (3umJ)t,  Sergmann,  3Wommfen,  £.  ®vclad), 
2lberlc  2c),  ober  burd&  eine  berartige  Interpretation  bcr  äBorte  aürrj  fi  äjioygaqnj  TiQojvq 
tyevero  {jye/wvevovzog  rijg  2vgias  Kvgrjviov,  tooburety  benfelben  bie  Sebeutung  eine« 

45  vorläufigen  ^intoeife«  auf  ettoa«  erft  fpäter  @rfolgte«  erteilt  toirb  (Dl«^aufen,  <£fy>lu&, 
Sänge,  Äraboe,  Sic^tenftein,  SBiefeler,  ©toalb  :c),  ober  burc^  bie  Stnna^me,  bafe  3°f«l>M 
bei  jener  3eitangabc  einen  ^rrtum  begangen  tyabe  (%f).  Rofyn,  3)ie  f^r.  ©tatttyalterfetfaft 
unb  bie  ©Haftung  bc«  Quiriniu«,  9«3  1893,  ©.  633  ff.).  3)er  neuefte  unb  öieUeidSft 
befte  biefer  SSerfuctye  jur  ßebung   ber  ©etytrierigteit   ift   berjenige  iRamfaV«  (a.  a.  £).), 

50  iücld^em  ©anba^  ft$  angefc^loffcn  ^at  unb  mit  freierem  aud)  93our  (1.  c.)  im  ftefenttic$en 
übereinlommt.  3)anad^  ^atte,  toa«  Serien  betrifft,  bie  erfte  grofte  ©^ung  aderbmg« 
bereit«  7— 8  3<*brc  borß^r.  ftattgefunben ;  allein  für  ^aläftina  fei,  toegen  be«  Ärieg«  mit 
ben  ,§omonabcnfern,  bie  3lu«fü^rung  biefer.  SRa&regel  um  mehrere  Sa^re  t>erf droben  toorben, 
fobafe  fie  ]^icr  erft  5  ober  6  bor  unferer  ära,  toäfyrenb  Quintiliu«  Saru«  6ibiUS8ertoalter 

55unbJluiriniu«3Jlilitär=©ouberneur  ber  provincia  Syria  toar,  ftattgefunben  babe  (anber« 
freiließ  Saurer,  3üb.  @ef$.  g.  .Reit  3-,  I).  —  4.  9iätyer  jum  aeioünfdbten  Siele  al«  bie  6i«^er 
angeführten  8lu«Tunft«mittel  fd^eint  bie  Vom  3)ienftc  ber  $rieftertlaffe  Slbia  um  bie  3eit 
ber  ©mpfängni«  ^o^annt«  be«  Säufer«  (Sc  1,  5)  au«ge^cnbe  3}ere$nung«h>eife  ju  führen. 
Mittel«  i^rer   läftt   fid^  —  ba  bie  24  ^ricfterllaffen,  unter  loelc^en  äbia  bte  8.  toar, 

so  toö$cntli$  in  93eoienung  bc«  Xem^el«  abtoed^felten  unb  man  beftimmt  toeifc  bafe  am 


3efnö  Gljriftoö  39 

Sorobcnbe  Don  ^erufalem«  3crftörun0  kur$  ^^  (9-  Ab-  823  p.  u.  c.)  btc  crftc  filaffe 

gojarib  tyren  3)tenft  antrat  —  eine  früftatyrlid&e  unb   eine  fyerbftlicfye  Üfyoty  bc«  ^afyre« 

"ber  ©labt  748  (17.  bi«  23.  Sfyril,  ober  3.  big  9.  Dftobcr)  für  ba«  SBertoeilen  be«3ac&as 

ria«  im  Semmel  jur  Seit,  ba  tym   feinet  ©o^ne«  ©eburt  bur$  ben  gngel   angefünbigt 

tourbe,  &erau«ret&nen.  gefu  ©eburt  alfo,  toeld&e  einige  SNonate  nac$  biefer  ©ngetoertünbigung  6 

fktttfanb  (Sc  1,  26),  toirb  auf  ©runb  fyietoon  bem  ga^re  Storni  749  ober  bem  5.  ^a^re 

bor  ber  $toityfwnifd&en  $ra  jugeloiefen,  unb  jtoar  (je  nad&bem  bie  Sngetoerfünbigung  an 

3a$aria3  a!«  im  SBtyril  ober  im  Dftober  ergangen  angenommen  ttnrb)  enttoeber  bem  guni 

ober  bem  2)ejember  biefe«  %afyx&.    3)er  auf  ben  3)ejember  lautenben  annähme  foürbe 

bie  romij^fir$li<$e  Srabition  auf  banfen«toerte  2Beifc  beftätigenb   entgegenlommen,   fall«  10 

ft$  trgenbh>et$e  ©etoäfyr  für  ein  3urü<freid&en  biefer  Srabition  btö  in  bie  urc§riftli$e  $eit 

abringen  liege  unb  faß«  bie  auf  ©runb  tyalmubiföer  Angaben  Don  berfetyiebenen  teueren 

bejtoetfelte  3ftögli$feit  eine«  Übernachtend  bon  §irten  mit  ifyren  gerben  auf  freiem  ftelbe 

in  3ubäa   gegen  ©nbe  2)ejember  Qk  2,  8)  al«  burc$  bie  Autorität  neuerer  $a(äjtina* 

retfenber,  tute  Sobler,  ©epp  ic.f  ftd^ergeftellt  erachtet  toerben  fönnte,  toorüber  bie  2lnfkfyten  iö 

ba  gorfätfr  freiließ  fd&toanfen.    2Ba«  biefe  33ere<$nung«met$obe  überhaupt  no$  erfc^ioert, 

ift  ba«  geilen  beftimmter  gefd&id&tlicfyer  3eu0n*ffe  barüber,  ob  bie  Reihenfolge  ber  $riefter* 

Haften  im  Sempelbienfte  bon  ber  Erneuerung  biefe«  3)ienfte«  unter  3uba3  SWaffabäu«  an 

bi*   jum  Untergange   be«  ^erobierftaated   in   ftrenger  Slegelmägigteit   unb    ohne  Unter- 

bre$ungen  ftattgefunben  ty&t.    Seibe  3ä$lung«toeifen,   bie  bur$  ©caliger  berfud&te  bon  20 

3uba*  iDta&abäu«  an  bortoärt«  bi«  auf  3a$aria$,  unb  bie  feit  ban  Sil  unb  33cngel  aD* 

mäjUidf  bonug«toeife  beliebt  geworbene  Don  Situ«  an  rüdftoärt«  bi«  jum  SBater  be«  Sauf er«, 

fugen  jebmfaQ«  auf  ber  93orau«fe$ung  einer  folgen  ununterbrochenen  3)auer  ber  betreffen* 

ben  ©ucceffionen,  liefern  batyer  nottoenbigertoeife  blog  prefäre  (Srgebniffe,  bie  für  fi$  allein 

ab  fixere«  cfcronologifd&e«  ^unbament  nid&t  bienen  lönnen.  —  5.  93on  erheblichem  2Berte  25 

ijl  jebenfaD«  bie  Dom  geit^unlte  be«  lobe«  §erobi«  be«  ©rogen,  750  p.  u.  c.  (nac&  3<>- 

fctfpi«  :c>  au«ge$enbe   93ered&nung«toeife,  toeld&e,  in  ungefährer    Übereinftimmung  mit 

ber  eben  betrachteten,  beim  $at)tt  749  al«  toatyrföemlid&er  ©eburtöjeit  be«  §errn  anlangt. 

2)enn  nad&  5Wt  2,  19  ftarb  £erobe«,  balb  nac^bem  er,  um  ba«  neugeborene  3*fuSJinb  in 

Set^le^em  ju  t>ernid&ten,  ba«  Slutbab  unter  ben  Rinblein  bafelbft  ^atte  anrieten  laffen.  30 

Seim  bie  negattoe  Ärit«,  ber  auf  biefem  fünfte  aud&  nod^^afe  (©ef^^efu  k.,  ©209  f.) 

folgte,  biefer*3eitbeftimmung  mittelft  #intoeife«  auf  ba«  Sagenhafte  be«  Snfattä  öon 

Kt  2  i^ren  SBert  ju  nehmen  fud^t,  fo  toirb  babei  auger  Setra^t  gelaffen,  bajj  aud^  2ula« 

bie  ©eburt  fotoo^l  3<>^an^  be«  Säufer«  al«  3efu  „jur  3eit  Äerobi«  be«  Äönig«  öon 

3ubaa"  (Sc  1, 5)  erfolgen  lägt,  fotoie  femer  bag  ber  befyle^emitifcle  Rinbermorb  and}  bur$  35 

ein  augei*tbliM(e«  3^0«^/  nämlicfc  ba«  be«  SRafrobiu«  (Sat.  II,  4),  al«  faftifcfy  bezeugt 

toirb  unb  bag  aud^  biefe  mahobianifd^e  92ad^rid^t,  fo  unllar  unb  fcertoorren  fie  lautet,  ba« 

Ölutbab  al«  hin  Dor  bem  Snbe  be«  Scannen  gefd^e^en  barfteHt.    —    6.  5Reben  biefer 

bor^ug«h>eifc  Iräftigen  unb  getoi$tigen  Sejeugung  be«  ^eit^unfte^  ber  ©eburt  3efu,  al« 

unaefä^r  4—5  3fa^re  öor  ben  Seginn  ber  Ibeutigen  fir^lid^en  ära  faDenb,  lann  ben  3Scr-  40 

fiK^en,  jur  ©etoinnung  aud^  aftronomifd^er  3ln^aß«J)un!te  für  biejfoierung  be«  ©reigniffe«, 

befte^enb  m  ßimmel«erfd&einungen,   bie  tttoa  bem  ©tern  ber  Sßeifen  entfrrod^en  ^aben 

bfaffcn,  iebenfatt«  nur  ein  relattocr  unb  accefforifd&er  SBBert  beigemeffen  Serben.  Smmer^in 

mbienen  auc^  biefe  Serfuc^e,  fotoeit  fte  ficf)  übermägig  tü^ncr  unb  fünftlid^er  Jtombina- 

turnen  enthalten  unb  nid?t  ettoa  gar  ben  Sag  ber  ©eburt  beftimmt  ^erau«)ured^nen  fucfyen,  45 

aufmertfame  SSead^tun^.    ©d^on  Äej)ler  (a.  a.  D.)  benu^te  eine  im  fta^re  747  ber  ©tabt 

Simt  pattge^abte  Äonjunltion  ber  Planeten  3uJ)itcr  unb  ©aturn  im  ©ternbilb  ber  ^ifc^e 

ab  3lu«gang«^un(t  für  eine  betartige  93ere$nung,  bie  bei  ifym  felbft  unb  me^r  nod)  bei 

einigen  neueren  gorÄilbnern  feiner  SBtoftd&t  (loie  SBiefeler,  Sid^tenftein  2c.)   ein   in  me^r« 

far^a  J&mfxc^t  anft>re^enbe«  Slefultat  ergiebt.    ®anad^  toäre  jene  Ronftellation  ber  beiben  00 

genannten  Planeten  Dom  ?(a^re  747  für  bie  SRagier,  ioeld^e  babei  iriellet$t  an  ba«  alU 

jäbirta  fiberiieferung  jufolge   im  3.  3aljre  bor  ber  ©eburt  aKop«  ftattgetyabte  35or= 

bmmen  ebenberfelben  Jtonjunltion  gebaut  Ratten  (t>gl.  Slbrabanel«  Kommentar  &u  35aniel, 

1^7),  )ur  Änlünbigung  ber  na^e  beborfte^enben  ©eburt  be«  Weffia«   getoorben.    35ie 

auf  fofa^e  SBeife  aufmerflam  ©etoorbenen  unb  ber  nafyen  «Sufunft  be«  §eilanbe«  eifrig  66 

fatgegen^arrenben  feien  bann  einige  $eit  f))äter  (nad^  Regler  ettoa  748,  nad^  Sffiiefeler, 

Ük^enftetn  jc.  749  ober  750)  bur#   eine  neue  augerorbentlic^e  §immel«erfd^einung   auf 

b«  nunmehr  erfolgte  ©eburt  be«  erwarteten  jtinblein«  ^ingeioiefen  toorben,  unb  erft  biefe« 

totere  ^tmmetejetdfren  (nad^  Äe^ler  unb  (Sbrarb  ein  neu  aufleud^tenber  gittern  bon  ber 

8rt  be«  1572  in  ber  eafiütyeja  oberbe«  1604  imD^iud^u«  erfd^ienenen,  nac^  SBtefeler  2c.  eo 


40  3tf«S  gffriftod 

ettoa  ein  Äomet,  bicllctcfyt  ber  in  alten  c&inefifcfyen  ,§immcl$tafeln  für«  ftrüföatyr  750  R. 
crtoätynte)  fei  mit  bem  Seitftern  (äoirjo,  2Jtt  2,  2  ff.)  ber  ebangelifd&en  ©#tylung  gemeint 
3)arf  biefen  annahmen  einige  §altbarfeit  jugefd&rieben  toerben,  fo  fömite  immerhin  au$ 
bon  einer  auf  9Rt  2  gegrünbeten  aftronomifepen  Seftätigung  be3  4.  ober  5  3<$re3  bor 

5  ber  btontyf.  2tra  als  ber  toafyrföeinlicfyen  ©eburtSjeit  beä  §errn  gerebet  toerben.  2)ie  $atyU 
grünbc  freiließ,  toelctye  für  biete  neuerbing«  borjugStocife  beliebte  unb  in  ber  $au)>tfa<$e 
getoijj  richtige  3^ef^mung  ft>red&en,  fmb  bie  unter  SRr.  4  unb  5  bon  unä  bargelegten. 
Sei  ben  SSerfuqen  einer  aftronomifd&en  3)eutung  beä  ©ternä  ber  SBeifen  läuft  nottoenbig 
immer  manche«  ©etoagte  mit  unter,  unb  bie  betreffenben  Srgebniffe  bifferieren  batyer  aaq 

lofaft  immer  jiemlicfy  ftarf;  toie  benn  fraft  fold&en  mefyr  oberminber  einfeirig  aftronomifd^en 
SRecfynungSberfatyrenS  Kepler  bei  748,  SRünter,  ©brarb  (Jtrit.  b.  eb.  @efd&.)  unb  neuepenS 
Sjungberg  (Chronologie  k.,  f.  o.)  bei  747,  Sid&tenftem  bei  749,  3freler  unb  2Biefclcr  bei 
750,  SRöfcty  bei  752  b.  St.  SRorn  atö  bem  ©eburtsjafyre  %tfu  anlangen,  ein  anberer 
bibliföer  Chronologe  aber  (Gafyari,  ©inl.  ©.  35,  63)  ben  2Beg  ber  aftronomifd&en  Äom* 

16  binationen  überhaupt  afe  nid&t  &um  $\tk  füfyrenb  bertoirft  unb,  faft  genau  übcremfttm* 
menb  mit  ber  trabitionellen  abenblänbifd^-ftrc^li^en  Chronologie  (fotoie  mit  berjenigen 
£afe$  k.)  baS  Satyr  753  für  ba$  tt>a^rfd^etnlt€$e  Satyr  ber  ©eburt  Styrifti  erHärt  Sin 
abfolut  ftd^ere^  Stefultat  ift  bei  ber  Südfentyaftigleü  be3  ju  ©ebote  ftetyenben  Material«  ber 
biblifetyen  toie  aujjerbiblifctyen  Snbicien  nietyt  ju  getoinnen.    ^ebenfalls  aber  ftmdtyt  bie 

20  Wedelt  ber  in  93etractyt  ju  jtetyenben  Umftänbe  unb  SBertyältniffe  für  eine  unäcfätyr  in 
bie  5Kitte  jhrifd&en  747  unb  753  foUcnbe  3eit  be$  SintritteS  Sefu  in«  trbifctye  Seben  aä 
bie  toatyrfctyeinlictyfte. 

B.  S)auer  be«  Setyramt«  Sefu.    3Son  ben  ba$ auftreten  be8$äufer3  betreffen* 
ben  angaben  in  Sc  3,  1.  2  ift  bie  präjifefte  unb  bie  eigentlich  cntfd&eibenbe  jene  fetyon 

25  befproetyene,  toelctye  ben  Säufer  SotyanncS  afö  im  15.  $atyre  ber  Regierung  beä  XtberiuS 
juerft  tyerborgetreten  bejeietynet.  Söäre  biefeS  15.  %afp  bon  ber  -äJtitregcntfctyaft  (765)  an 
ju  rennen,  fo  foürbe  bte  Reit  bon  Anfang  779  bis  Slnfang  780  ftety  ate  ber  3*ifr<ttw« 
ergeben,  in  toelctyen  baS  auftreten  bc$  Säufer«  unb  bemnäctyji  auety  baSjenige  3efu  peL 
©teilen  bei  Älafftfern,  foie  SEacituS  (Ann.  I,  3.  11),  ©ueton  (Aug.  97 ;   Tib.  20.  21), 

so  SBeHeju«  *JJaterculuS  (H.  Rom.  II,  21)  fctyeinen  in  ber  Styat  bie  aftöglid^Ieit  biefer  fdtyon 
bonüfferiuä,  GlericuS,  bann  bonßrafft,  SBiefeler,  bon  Sictytcnftem  k.  bertretenen  annähme 
ju  beftätigen.  $n  jiemlicty  gewichtiger  SBcife  aber  tritt  ba$  3Bort  ber  ^uben  beim  erften 
$affa^  ber  öffentlichen  Se^rjeit  %tfu,  bon  ben  46  S0^"/  ^e  ^  Umbau  bed  ^erobias 
nifcjjen  Sem^efe  gewährt  ^atte  (So  2,  20),  für  baS  ^a^r  779—80  afö  lua^rfc^einlid&fien 

86  Reitbunft  beä  erften  le^renben  §erbortretenö  be«  §errn  ein  (f.  oben  A,  2).  3)a3  betr. 
$affa^feft  loirb  alfo  atö  ba«  ^a^r  780  ui  beulen  fein  unb  feit  bem  ßerbfie  779  loirb 
gefirö  feine,  bamafö  noc^  borloiegenb  juoäifd^e  unb  neben  berjenigen  be$  Käufer«  $a* 
ge^enbe  SlBirlfamfeit  begonnen  ^aben.  —  9Son  ferneren  ^laffa^feften  btö  jum  lobe  %tfu 
ertoä^nt  nur  ber  bierte  Sbangelift  ein^  noc^  au£brücfli$:  bad  auf  bie  Einrichtung  be$ 

40  Stäufer^  jiemlid^  balb  gefolgte,  turj  bor  freierem  bie  ©Reifung  ber  ^ünftaufenb  ftaäfanb, 
ty  6,  4.  3)ie  @^no)>tifer  gebenfen  nur  eine«  SßaffafyfefteS  für  bie  game  3^  be«  öffent* 
liefen  Se^rtoirfenä  feit  ber  laufe,  nämlic^  be$  legten,  mit  3^fu  Äataftro^e  jufammen» 
faffenben.  ©ie  fd^einen  bemnac^  lebiglicty  6in  Se^qa^r  be«  §errn  angenommen  ju  ^aben, 
lote  auc^  manche  Vertreter  ber  älteren  fird^lic^en  SCrabition   im  änf^lufe   an   t^re  Star* 

46fteHung  bon  nur  ßtnem  „angenehmen  ga^rc  beö^errn"  (bgl.  3^f  61,2;  Sc  4,19)  rAen, 
unb  loie  ebenbeS^alb  bie  mobeme  Ärit«  fett  Äeim,  unter  Verurteilung  ber  jjo^anneifc^en 
3)arfteHung  ate  un^iftorifA,  ben  ©efamtberlauf  be$  3Jlefftaöloir!en«  in  biden  Stammen 
einer  nur  einjährigen  ©poepe  jufammenjubrängen  pflegt.  Siefer  Serfud^  fepeitert  aber, 
toie  oben  III,  3  bereit«  gejeigt  tourbe,  an  ben  auc^  in  ben  fonoptifcfyen  @bangelien  bor« 

50  finblid&en  ©puren  einer  me^r  ate  nur  einmaligen  le^renben  Slntbefen^eit  be8  ^errn  bei 
^affa^feften  unb  anberen  §auptfeften  in  3^nifö^.  ^ür  ben  biefc  ffynoptifd&en  3^«^ 
einerfeit«  unb  bie  ©teilen  §o  6,  5;  7,  2;  10,  22  anbererfeit«  unbefangen  (Srtoägenben 
ergeben  fi$  minbeften«  jtoei  5|8affa^fefte  al«  bon  3efu  öffentlicher  Se^rjeit  umfpannt  Qo 
2,  13  unb  6,  4),  fotoie  ein  britte«  als  biefelbe  befd^liefeenb.    ®er^temtt  lonftituierte  $oU 

65  räum  bon  21/,— 3  3a^ren  reicht  boUftänbig  bam  ^in,  bem  ftnmberbar  reiben  3«^alt  be« 
bon  ber  cbangelifcfyen  Delation  über  %tfu  SBefftaStoirfen  umfd^loffenen  ©efd^id^tlftoffe«  bie 
nötige  @ntfaltung  ju  gch>ä^ren  (f.  bef.  auc£  93clfer,  I^D©  1900,  I).  93orau«gefefct  ift 
bei  biefer  Slnna^mc  einer  nid&t  boll  breijäbrigen  ®aucr  ber  öffentlichen  I^ätigteit  be« 

terrn,  bafe  ba«  „%tft"  So  5,  1,  gelegentlich  beffen  ba«  55etbe«ba-aB3unber  ^folgte,  lein 
affaty  (tbie  3^cnäu«,  Sut^er,  ©rotiu«,  Sangc,  Jtuinöl,  S^oludtK.  tooUtcn),  fonbern  irgenb 


SefttS  effrffhtd  41 

cm  anbetet  §auptfeft  beS  jübtfctyen  gcftcfyfluS  toar,  fei  cS  ^fmgftcn  ((SraSmuS,  Sabin, 
9eja,  8cngel),J«  cS  Saubtyütten  ((Sbrarb,  Sictytenftein,  SRiggenbacty  *c),  fei  cS  baS  auf  ben 
14.  9bar,  )u  Anfang  9Kärj  fallenbe,  alfo  bem  Öfterfefte  um  nur  toenige  Söocfyen  borauS* 
gebenbe  $urimfeft  (SBiefeler,  §afe,  Sänge,  SKc^er  :c).  Sine  bestimmte  ©ntfctyeibung  in 
biefet  gTogc  toegen  ber  ungenannten  iogrrj  bei  3o  ju  getoinnen,  ift  überaus  fd&hrierig,  6 
ba,  au<$  toemt  (mit  **  GEFHJL  unb  anberen  $bf$r.,  aber  gegen  B)  ti  log™  ju  lefen 
tft,  fefyr  tootyl  trgenb  ein  .fiauptfeft  gemeint  fein  lann,  barüber  aber,  ob  ein  berbftltctyeS 
ober  ein  frü$jatyrltc$eS,  ni<|tS  ©icfyercS  aus  ber  Umgebung  ber  ©teile  erküt.  gür  Saub* 
bütten,  ober  auc$  für  baS  biefem  borauSgetyenbe  SkrfötynungSfeft  (fo  Safari  unb  beffen  eng* 
lifcfcer  Überfc$er  (StxmS,  im  Exp.  1878,  f.  o.)  Weint  u.  a.  ju  fprectyen,  bafc  als  näctyfteS  10 
%eß  nac$  bem  betr.  3eitpunÖe  baS  Sßaffafy  Qo  6,  4)  unb  als  jtoeitnäctyfteS  hneber  ein 
gaub^üttenfeft  Qo  7,1  ff.)  genannt  toirb,  bei  freierem  lefcteren  ^efuS  beS33etyeSbatounberS 
als  eines  no<$  nic^t  lange  Vergangenen  gebeult  (7,  23).  ®od&  pafet  biefer  Umftanb  eben- 
fogut  auc$  auf  ein  netyer  bei  Dftern  gelegene«  geft,  fei  cd  baS  ber  ^empeltoetye  (tooran 
Stehler,  $etau  unb  einige  anbere  gebaut  loiffen  toottten),  fei  eS  baS  Sßurimfeft,  für  toclctyeS  15 
lefctere  mSbefonbere  baS  einige  Seit  jubor  (3o  4, 35)  im  ©amariterlanbe  gefprocfyene  Sffiort 
beS  $errn:  „eS  ftnb  nod&  bier  i&tonate  bis  jur  @rnte"  (b.  ty.  bis  jum  8lpril)  ju  fprectyen 
föeint  unb  gegen  toelctyeS  ber  fpäte  Urfprung  unb  mehr  nur  profane,  fcolisfeftartige  G^a- 
rafter  ber  $urimfeicr  nid&t  gerabe  nottoenbig  ins  ©etoicfyt  $u  fallen  braucht.  SDarauS, 
bafc  ber  Käufer,  laut  %o  5,  35,  als  jur  3***  **>**  ©eilung  bon  SetyeSba  bereit«  bom  20 
@4aupla(e  öffentlichen  SBirfenS  abgetreten  erfd&cint,  rann  ein  entfcfyeibenbcS  Moment  für 
bte  eine  ober  anbere  ber  in  gfrage  fommenben  2Röglid&feiten  ntd&t  hergeleitet  toerben.  3Ran 
toirb  über  ein  unftc$ereS  Non  liquet  bier  fcfytoerlicfc  fyinauSlommen,  nur  bafc  bie  gfaffung 
ber  fagtrj  als  enttoeber  Dftern  ober  audp  ^fmgften  bebeutenb  beftimmt  auSgefdjloffen  bleiben 
nutfj,  toegen  ber  biet  gu  großen  Sttcfe,  toeld&e  fonft  in  ber  jo^anneifetycn  Delation  ghnfd&en  25 
biefem  JJejie  unb  bem  Dfterfefte  be«  6.  Kapitel*  Haffen  loürbe.  —  @*  bleibt  nad&  bem 
allen  bei  ber  obigen  Srftredfung  ber  öffentlichen  Setyrjeit  3*fu  über  ungefähr  2'/^— 3  3^w, 
namtii^  über  bie  3«*  bom  ^erbfte  ober  ©ommer  779  R.  (=  26  unferer  ürAlid^en  ära) 
bid  ju  Dftern  782  (=  29  A.  D.)  al3  ber  fea$rföeinlic$ften  Slnna^me.  3tu$  m$  ftc^ 
über  ben  3ctyunft  ber  Einrichtung  ^o^annid  bed  3ftufer3  Ungefähre«  ermitteln  lägt,  so 
fthmnt  bamit  too^l  gufammen.  5Denn  jebenfaQd  tourbe  berfelbe  bor  bem  lobeSjafyre  be« 
Sierfürften  ^bilippuö  enthauptet,  be^  mmafylü  jener  ©alome,  ber  etmigen  Softer  ber 
fytMtä  (Sofep^itö,  Antt.  XVIII,  5,  4),  bie  ate  etloa  12— Ujä^rigc  2)trne  burc§  tyren 
ttwüüpigen  Xanj  Dor  Slntipa«  bie  Einrichtung  bcö  gefangenen  Käufer«  herbeiführte,  tyfo 
iippuä  ftarb  aber  naii}  Sofep^u^  Aütt.  XVIII,  4,  6,  um  786  ober  787  R.,  toa3  mit  86 
jiemlic^er  SBaMt^inlid&Ieit  auf  einen  ungefähr  fünf  bis  fectyS  ^cfyxe  früheren  3^ 
puxdt  als  ßhmcptungStermin  S^anniS  gurücfioeift.  —  gfür  eine  etloa  3jä^rige  Stauer  beS 
WeffiaStmrfenS  ^tfu  ^aben  immerhin  aud^  einige  ber  altfirc^lic^en  3euÖcn  fify  erflärt 
(Zaum,  Weltto,  aucf>  jener  EW°1^  b.  lieben,  f.  Siefamp  ©.  82  ff.),  toäbrenb  aller« 
btngS  bte  SRe^rja^l  berfelbcn  —  berfü^rt  burc^  oberflächliche  unb  einseitige  Betrachtung  40 
ber  f^noptifc^en  Stelation,  fotoie  burd^  ben  unHaren  t^pologifc^en  ^bealbegriff  eines  „axt: 
genehmen  %atyct$  beS  $mn"  (f.  0.)  —  fid^  in  ber  S3efc$ränfung  ber  öffentlichen  Se^rjeit 
auf  Sin  $atyr  gefiel. 

C.  lobeSja^r  unb  *tag  3efu-  ®^  ^obeSja^r  beS  §errn  lourbe  fd^on  mittels 
ba  bisherigen  Unterfuc^ung  als  mit  bem  3a^re  782  ber  @tabt  9lom  ober  29  A.  D.  &u*  45 
>aminenfallenb  ertariefen.  XlS  toi$tiger  SSeftätigungSgrunb  ^iefür  lommt  nvd)  in  93etra$t, 
ba|  mehrere  Stir^enbäter,  barunter  Xertutiian,  ^efum  unter  bem  ftonfulat  ber  ©rüber 
(SemtnuS,  b.  i.  im  15.  3aljre  beS  $iberiuS  (=•  781—782  R.),  gefreujigt  toerben  laffen- 
eine  Slngabe,  toeld^e  fc$tocrli<$  blog  aus  Sc  3, 1  gefloffen  fein  toirb,  ba  biefe  ©teile,  felbft 
to€tm  pairiftifc^er  93orauSfe£ung  gemäg  (t>gl.  oben)  eine  nur  einjährige  Sauer  ber  Se^cit  go 
3efu  anaenommen  toürbe,  tmmerpin  aufs  16.  :gc^r  beSliberiuS  als  lobeSjafyr  beS^errn 
l^atte  führen  muffen;  eS  Weint  alfo  irgenb  eine  bon  unferen  @t?angelicn  unabhängige 
CueOe  münblicfcr  ober  fc^riftlid^er  Überlieferung  getoefen  ju  fein,  ber  biefe  Watyify  über 
ba*  ÄonfulatSjafyr  ber@emtni  als  lobeSja^r  gefu  entftammte.  3BaS  ncuerbingS  bonfteim 
nb  ^aitSrat^  für  einen  beträchtlich  biel  fpäteren  ^ettpunft  beS  5obe3  ^efu,  nämlic^  erft  56 
für  baS  3a^r  788  =  35  geltenb  gemalt  loorben  ift,  ftüfct  ftc^  auf  eine  Angabe  beS  30- 
fq^uS  (Antt.  XVIII,  5,  2),  toonac^  eine  ins  Satyr  36  unferer  ära  faUcnbe  fötoere 
3äcberlagc  beS  ^erobeS  9lnttpaS  burety  bie  Gruppen  beS  JtönigS  SlretaS  ben  ^uben  als 
an  geredetes  ©erietyt  @otteS  toegen  ber  Einrichtung  beS  XäuferS  erfetyien.  „Qaü  inftinttib 
momentane  SolfSurteil/'  meint  Jtcim,  „begehrt  Heine  2)iftanjen  ^totfetyen  Serbrcctyen  unb  go 


42  3*fn*  <£f>rtfht* 

©träfe" ;  c*  fönnc  be*fyalb  fotoofyl  be*  Jäufer*  al*  3*fu  ßinrid&tung  (bie  le$tere  feinet 
3Reinung  jjufolge  faum  ein  Vierteljahr  nad)  ber  be*  Säufer*  erfolgt  !>  nid&t  langer  al* 
ungefähr  ein  Sjaljr  bor  jenem  ßreigniffe,  mithin  erft  35  unferer  Ära  ftattgefunben  tyabett 
2)a*  ©runblofe  biefer  Kombination  erbeut  fd&on  barau*,  bajj  jene«  „SBolföurteil"  fefyr  toofcl 

5  and)  nod&  ungefähr  ein  ^afyr^nt  na$  ber  am  Käufer  Verübten  Slutttyat  be*  äfatipa* 
gefällt  toerben  tonnte,  fo  gut  tote  ba*  ©cfübl  ber  Triften  bie  3tfßörung  S^^f^^11^ 
bur$  $itu*  na$  mefyr  al*  brei  galjrjetynten  für  ein  Strafgericht  toegen  be*  Dpfetf  auf 
©olgattya  anfa^  (bgl.  £afe,  ©efd&id&te  3efu,  ©.  467).  ferner  ferid&t  aufeer  ben  abgaben 
ber  (Sbangelien,  jumal  Sc  3,  1  f.,  tocld&e  r;icr  auf  ungebührliche  Seife  gemifead&tet  toerben, 

10  aud)  manche*  in  Sofe^u*  gegen  bie  Äeimfd&e  Kombination.  Unb  obenbrein  müfste,  fall* 
biefelbe  richtig  toäre,  bie  laut  @a  1,  18  (bgl.  2  ßo  11,  32;  ä©  9,  24)  um  bie  SRUte 
ber  breiiger  ^afyre  (ettoa  35  ober  36)  anjufefcenbe  Sefefyrung  be*  Styoftel*  $aulu*  in 
eine  ber  £obe*aeit  Sefu  biel  $u  unmittelbar  benachbarte,  für  bie  (Sreigniffe  ber  a$t  erften 
Äapitel  ber  Styoftelgefd&id&te  feinen  9taum  laffenbe  §<it  gerüdft  toerben.  8ft*  abfolut  getoife 

15  fann  unfer  auf  Dftern  be*  ^afce*  29  al*  2obe*jett  be*  §errn  lautenbe*  Unterfu$ung** 
ergebni*  immerhin  ntcr;t  bejjetd&net  toerben,  fo  manche  ffiafyrfc$einlid&feit*grünbe  e*  für  yd) 
fyaben  mag.  ©einer  93ejeid?nung  al*  eine*  unbebmgt  ficjjeren  unb  jtoeifellojen  bleibt 
namentlich  unfere  Unbefanntfd&aft  mit  bem  genauen  3eityunfte  be*  erften  öffentud&en  Staf* 
treten*  Gtyrifti  (ba*  d>oel  hcov  rgidxovra,  Sc  3,  23)  entgegenftefyen.    SBie  beim  fort* 

20  toäfyrcnb  au$  nod&  einige  ber  jtoiföen  29  unb  35  liegenben  !gafyre  burety  angefefcne  S^nmo* 
logen  neuefter  3ett  al*  angebliche  $obe*termine  be*  £errn  berteibigt  toerben :  fo  30  (bim$ 
Sid&tenftein,  Safari  k.),  31  (bur<$  Sjungberg  a.  a.  D.),  33  (burefc  §afe,  Dw>ert,  Sutter* 
beef  je).  (Sin  noc§  toeitere*  heruntergehen,  ettoa  bi*  40  ober  barüber  #nau*,  gilt  freUu^ 
allgemein  al*  unjuläffig ;  audp  ber  neuefte  Gfyronolog  (ban  Sebbcr,  f.  o.),  ber  mit  einigen 

25  ber  altfircfylic^en  3eugen  fören.  II,  33 ;  $feubo-6^rian  De  montibus  etc.,  bgl.  oben  A) 
ein  ungefähr  40i<tyrige*  älter  be*  §errn  *ur  Reit  feine*  lobe*  ftatuiert,  $ält  bcntuxfy 
am  Sjafce  783  p.  u.  c.  al*  bem  SEobe*jatjr  feft  unb  rüdft,  um  bie*  ni  fönnen,  biehnefy? 
ba*  ©eburt*ja^r  um  na^eju  ein  ^a^e^nt  toeiter  al*  bie  trabitionelle  Annahme  (in*  Sa^r 
841  p.  u.  ftatt  753)  hinauf. 

30  £ur$  bie  Unftd^er^eit  betreff*  be*  Xobe*)a^re*  ift  ein  entfjjred^enbe*  ©d&toanfen  ^im 
ftc^tli^  be*  Iobe*tage*  ftefu  teiltoeife  mitbebingt.  @*  lommt  aber,  loa*  biefe  ledere  3«^» 
befttmmung*frage  betrifft,  nod^  bie  fernere  ©d^toierigfeit  ^inju,  ba^  nur  ber  grettag  al* 
Zaa  be*  5treuje*tobe*  burc^  bie  Slngabe  fämtlid^er  ©öangeliften  unb  ber  gefatnten  ur* 
ürc^lid^en  Überlieferung  beftimmt  feftftetyt,  bafe  bagegen  bie  ©tynoptiter  biefen  greitag  aö 

36  einen  15.  SRifan  ober  erften  ^affafyfefttag  barjufteuen  fd^einen,  go^anne*  bagegen  i$n  al* 
einen  14.  9Jifan  ober  SSorabenb  be*5JJaffa^  ju  erlennen  giebt,  fofem  er  3efu  lefcte*  3SUäfl 
beutlid^- genug  bon  ber  eigentlichen  5Paffa^ma^ljeit  am  Äbenbe  be*  14.  SRifan  unterfcfcibet 
(3jo  13,  1.  29)  unb  bie  lefctere  geierlid^Ieit  al*  erft  für  ben  Slbenb  be*  Äreujigung*tage* 
beborfte^enb  in  2lu*ftd^t  nimmt  (§o  18,  28),  aud^  bie  Verurteilung  be*  $errn  befthnmt 

40  um  bie  fechte  ©tunbe  be*  SRüfttage*  bor  Dftern,  feine  abnähme  bom  Äreuge  unb  »ei* 
fefeung  aber  aegen  äbenb  eben  biefe*  Sage*  erfolgen  läfet  (19,  14.  31).  2Man  toirb 
fdptoerlid^  umtym  fönnen,  ba*  SSor^anbenfein  biefer  S)ifferenj  jioifd^en  ben  brei  erften  unb 
bem  inerten  goangeliften  al*  tyätfäc&lidj  jujugefte^en.  —  ©ie  me^rfac^  gemachten  S3er* 
fud^e,  fie  al*  eine  nur  föeinbare  bar^ut^un,   leiben  fämtlicty  [fo  aud^  ber  befonber*  aufr 

45  füfyrlicfc  begrünbete  oon  Slnbreä  1871,  f.  o.]  an  übergroßer  Äünftlid^feit.  3uflIdc^  h>"* 
bie  jo^anneifd&e  3)arfteDuna  al*  bie  innerlich  tote  äufeerli^  beffer  beglaubigte  gu  bebor* 
jugen,  bemnad^  alfo  nic^t  ber  15.,  fonbern  ber  14.  SRifan  al*  Rreugigung*tag  be*  §errn 
amunetymen  unb  in  bem  auf  ben  13.5lifan  faDenben  legten  ÜJla^lcgefu  nic&t  eine  eigene 
lic^e,  fonbern  eine  antietyattoe  ^affa^ma^lgcit  ju  erblidten  fein  (f.  fcon  ben  neueren   em^ 

so  fd&lägigcn  Unterff.  bef.  bie  bon  Sutterbecf,  Sörig^t  unb  ©anba^).  ©meine  Spuren  im 
f^no^tifc^en  93eric^te  felbft  geben  fyinreidfjenb  beutlic^  ju  erfennen,  bafe  Slemmifcauen  an 
ben  toerftäglid&cn,  nid^t  feiertäglichen  ß^araftcr  be*  Äreuje*tobc*  ber  f^no)>tifd^en  Delation 
feine*toeg*  fremb  toaren  (©imon*  bon  Sirene  §eimfel>r  bom  %dt>t,  b.  ^.  boi#  too^I  bon 
ber  ^elbarbeit:  3Kc  15,  21 ;  Sc  23,  26;  bie  Vorbereitungen  ber  grauen  für  bie  @inbafe 

ööfamierung:  Sc  23,  56).  ®aju  fommt,  ba^  ba*  5Paulinifc^e  xal  yäg  xo  n6.o%a 
fatov  hvdnö  Xgiarog  1  Ro  5,  7  übertoiegenb  ju  ©unften  ber  jo^anneifc^en  Auf« 
faffung  be*  fcobe*  oc*  ßrlöfer*  al*  am  SSorabenb  be*  ^affa^feftc*,  mithin  naJ^eju  um 
bie  gefefelicfye  3eit  ber  ©dfclad&tung  ber  ^affa^lämmcr,  erfolgt,  fpric^t.  3foc$  auf  folc^e 
3eugniffe  ber  älteften   nad^biblifcben  Überlieferung,   tote  ba*  apofrty^e  $etru*ebangelium 

60  (toeld^c*  ben  Xob  unb  bie  ©rablegung  ß^rifti  ngo  fitäg  rä>v  äCvjLuov  ftattfinben  läfct) 


drfti*  eiptfttis         frtitv  43 

unb  toic  SfyottinariS  Don  Saobicea,  ber  im  Dfterftreit  (gegenüber  einem  Seil  ber  Duarto* 
becimaner)  nad&brücflicb  für  ben  14.  SRifan  afö  ben  richtigen  (äebenltag  beä  SobeS  be$ 
#eun  eintrat  (f.  ben  ».  „$affa$,  d&riftlictyeS"),  barf  fyier  toofyl  bertoiefen  toerben. 

D.  ßtyronologte  ber  £errli$feit$gefcfyid}te.  93e$üglicfy  ber  ^Reihenfolge  ber 
©Meinungen  be3  SluferfUmbenen  toirb  im  allgemeinen  feftju^alten  fein,  bafe  toeber  bie  0 
Angaben  ber  ßbangelten  nocty  bie  be3  $aulu$  in  1  fto  15,  3—8  für  ficfy  adein  aU  un= 
bebingt  mafegebenb  betrautet  toerben  fönnen.  2)en  äußeren  Stammen  für  baä  ©anje  liefert, 
toaö  bie  Styoftelgeföicfcte  1,  3  (im  allgemeinen  übereinftimmenb  mit  bem  apofrtyp^en 
6$luffe  be$  StarfüSebangeliumS,  Sic  16,  9.  14  ff.)  bon  ber  bierjigtägigen  Sauer  be$ 
Serielle*  Sbriftt  na$  ber  Sluferftefyung  unb  bor  ber  Himmelfahrt  mit  ben  ©einen  be*  10 
rietet;  eine Xngabe,  burcfc  toeld&e  jugleid^  ber  am@d^luffe  be«SuIa^ebangelium«(24,50ff.) 
bettortretenbe  ©$ein,  als  fei  3*fu3  föon  gtö$  ^m  Slbenb  beä  SluferftetyungStagcS  gen 
gimmel  gefahren,  befeitigt  toirb.  3)ie  betreffenbe  ßnantiopfymic  toirb  alfo  bur$  eine 
Selbftforrettur  be$  ©bangeliften,  toelctyer  nachträglich  im  detail  entfaltete,  toaä  er  bortyer 
fummaxifö  jufammenfaffenb  berichtet  ober  gleid&fam  meinanbergeföoben  l;atte,  toicbcr  auf*  15 
gehoben.  3US  lehrreiches  »nalogon  baju  ift  $.33.  ba3  Serßtttni*  be$©d&Iuffe$  beSXVII. 
jum  Shtfange  be$  XVIII.  Sucres  be$  Sofepfyi*  gu  bergleicfyen ;  an  ber  erfteren  ©teile  er« 
u$Ü  ber  jübtfck  (Sefc^ic&tfcfyreiber  bie  ©ntfenbung  be$  Duirtnutö  nad)  Serien  unb  $a« 
laftma  borläufig  unb  tn  fummarifd&er  Äürje,  an  ber  lederen  lommt  er  auf  baäfelbe 
^attum  in  biel  größerer  SluSfütyrlid&feit  jurücf.  Stynlid&eS  finbet  ftd&  noety  in  jafylreid&en  ao 
onberen  ®ef$ic$t$tt>erien,  3.  33.  in  einer  neueren  33iograpl?ie  beä  §ierontymu$  bon  bem 
Srangofen  SoBombet  (beutfety  bon  %.  Säubert  1848),  beren  erfter  93anb  mit  einem  gang 
nagen  Senate  über  bie  Steife  biefeS  JtirdjjenbaterS  bon  Dorn  na$  3^nifalem  im  ©pätjatyre 
385  föliefet,  twtyrenb  ber  jtoette  93anb  mit  einem  ausführlichen  Detailberichte  über  eben 
biefe  Steife  anhebt,  ber  ftd&  fo  aufnimmt,  als  fei  borfyer  noety  gar  nichts  über  bief elbe  gejagt  25 
toorben.  fibngenö  fd&emt  aQerbingS  eine  urfirc$li$e  Irabitton,  toatyrfdbeinlicty  gesoffen 
au*  8c  24,  50  ff.,  ejiftiert  gu  tyaben,  toeld&e  bie  befinitibe  auffahrt  gen  §immel  unmittet 
bar  na^e  an  bie  ÄuferfW&ung  ^inanrüdte;  unb  bief  er,  burd&  Ep.  Barn.  15,  9  unfrei* 
beutig,  fohrie  bieHei$t  au$  burd&  äriftibeS,  Apol.  c.  2  bezeugten  Überlieferung  fctyeinen 
anbererfeitö  annahmen,  toelctye  bie  3toifd&enjeit  jtoifcfyen  äuferftefyung  unb  Himmelfahrt  so 
über  bie  biblrj$en  40  Stage  tyinauä  berlängerten,  jur  ©eite  gegangen  gu  fein.  @ine  bei 
ben  Salentinianern  unb  Otiten  im  2.  ^^^^^  umlaufenbe  ©age  lieg  biefe  Stoifd&en* 
jeit  anbert^alb  tytyct  bauern  (oetodeeim  menses,  f.  Ascens.  Jes.  c.  1 1  unb  ^ren.  I, 
3,  2 ;  30,  14),  ]a  ba^  Sud?  Pistis  Sophia  erftreefte  fte  btö  ju  elf  unb  bad  fog.  jtoeite 
9uc^  J4u  btö  ju  jtoölf  ga^ren  (§arnact,  ZVL  VII,  2,  ©.  3  unb  12;  bgl.  ©d&mibt,  ebb.86 
VIII,  1,  ©.  196).  ©0  geringwertig  biefe  Überlieferungen  fein  mögen,  toeifen  fie  bod^ 
auf  bie  unfic^ere  unb  f$toanfenbe  Sefc^affen^ett  beffen  ^in,  toaä  bie  ältefte  ß^riften^eit 
aber  biefen  Sbfc^lug  bed  @rbenleben^  S^rifti  tougte.  3U  abfolut  fixeren  ©rgebniffen  ttrirb 
bie  bibL  Chronologie  auf  biefem  fünfte  fc^tperlid^  je  gelangen  tonnen.  Sötflcr. 

3cf«*  ©trae^  f.  »b  I  ©.  650, 24—652, 7.  40 

3e$c*r!3o$anne$,  geftnac^  1520.  —  OueUen:  «uö  ber  groften  3al)Uon  ©«vifieit 
(VwücTd  «tbltot^ef  b«r  ©djrocijcr  ©ef«i4tc,  33b  III,  <Rr.  35-62,  j«t)U  1783  beven  28  auf, 
vooon  11  glfidjjcitigc)  nennen  loir  nur:  Historia  mirabiliB quatuor  heresiarcharum  ordinis 
Praediestornm  de  obsenrantia  apud  Beraenscs  combustoruni  a.  D.  1509  cum  figuris;  45 
ÜB^flm,  Serner  d^ronif,  $b  III,  p.  48-167,  alö  befonberer  leil  unter  eigenem  Xitel. 
5Ime  «udgabe,  (9em  1888);  &.  fflettig,  2)ie  Urfunben  bcö  Se^erpro^effed  im  flvdjiu  b.  C>ift. 
9ertin«  be«  Stt.  8ernr  ©b  XI  (1886);  9?.  $au(u8,  @in  Suftiamorb  an  mer  ^ominifanern 
begangen,  grantfurt  1897;  ffletttg,  (Snuiberung  (4>bff-)- 

Jo^anne^  3e|er  luar  ein  ©c^neibergef eile,  ber  1506  aU  Saienbruber  in  ba*  hominis  00 
lopet  ju  S5ern  eintrat  unb  ^ier  burc^  eine  Steige  bon  angeblichen  SBSunbert^aten 
unb  einen  barauf  folgenben  geiftlic^en  ^ßrojef)  ju  ber  für  bie  Deformation  nic^t  \mto\fy 
tigen  /,3^«B«MM^te"  2folaf$  gegeben  f)at.  ßr  toar  bon  3ur}a$  m  2largau  gebürtig 
nb  f oD  bei  ber  Aufnahme  in«;  Softer  23  ga^re  alt  getoefen  fem.  ßr  toirb  aU  gänjlicp 
ungeWbet  (idiota),  bam  al«  fittlic^  berfommen  unb  lügenhaft,  fogar  beö  3)iebfta^te  öer-  65 
bädptig  gefc^ilbert,  mun  inbeffen  au$  ein  ntebt  geringe^  3Jtag  bon  ©d^lau^eit  unb  $cr= 
ftdlmigÄQinfi  befeffen  faben.  9tac^bem  er  juerft  bur$  ge())enftifd^en  £ärm  bon  einer  im 
fatfeuer  toerbammten  ©eele  beunruhigt  toorben,  erfc^ien  i^m  am  24.  3Jlär^  1507  bie  ^l. 
Barbara  unb  frenige  Xage  \pätcx  bie  SRutter  ®ottee  felbft  in  feiner  3efle,  um  i^m  ;u 


44  3e*cr  ftetoel 

offenbaren,  baft  fie  in  ber  %f)at,  luie  bie  3)omintfaner  lehren,  in  bcrßrbfünbe  empfangen 
toorben.  3um  Setoeife,  bafe  e«  ftcfy  um  göttliche  Offenbarungen  ^anble,  brücfte  fie  tym 
in  toicberfyolten  Sefucfyen  bie  2Bunbmale  Gfyrtftt  auf,  unb  3*$**  begann  barauf^in  mit 
gehriffen  ©eftifulationen  in  ber  Kirche  bie  ganje  £etben«geföicfcte  3*fu  aufzuführen.  ®a« 
öÄIofter,  beffen  üJtartcnbilb  gleichzeitig  blutige  Ifyränen  toeinte,  erlangte  auf  einmal  gewaltigen 
3ulauf  unb  berfaufte  an  bie  2lnbäc|tigen  mit  großem  Erfolge  bie  mitSlutau«  benSßunben 
be«  neuen  ^eiligen  benoten  Sucher.  @ine  Don  ber  fyl.  Jungfrau  rot  gefärbte  $oftie  tourbe 
in  ^rojefftonen  herumgetragen.  2)o$  ee  fehlte  ntd&t  an  gtoeifeln.  3m  guli  lam  ber 
Sifcffof  bon  Saufanne  naety  Sern,  um  eine  Unterfud&ung  amufteÖen,  fie  blieb  ofjnt  Sr* 

10  gebnt«,  aber  jefct  nafym  ber  ©tabtmagiftrat  bie  ©a$e  felbft  in  bie  #anb,  fefcte  3efecr 
gefangen  unb  begann  tyn  peinlich  $u  betören.  9la$  einigem  Smgnen  ertlärte  berfelbe, 
e«  beruhe  alle«  auf  einem  abföeultctyen  ©aufelftriel,  toeld&e«  bie  bier  SBorftetyer  be«  (Sottet 
fyaufe«  in  betrügerif$er  Stbftd^t  mit  tfym  vorgenommen  Ratten.  3)tefe  bier,  ber  $rior 
3ofyanne«  SSattcr,   ber  Sefemeifter  Dr.  ©te^an  33ol$urft,  ber  ©ubjmor  gfranj  Uelfcft 

16  unb  ber  ©(^offner  gciitriq  ©teinegger,  tourben  fofort  in  %tf\dn  gelegt  unb  ein  Sote 
nad)  SRom  getieft,  um  bie  @infe$ung  eine«  tompetenten  ®erid&t«$ofe«  m  ertoirfen.  Die 
33ifc£öfe  bon  Saufanne  unb  bon  ©itten  —  lefcterer  ber  nad&mal«  fo  berühmte  jtarbmal9Ratt$au« 
©dünner  —  unb  ber  Drben«*$robinjial  ber  oberbeutfd^cn  Sßrebiger  Würben  mit  ber  gft^rung 
be«  ^Srojeffe«  beauftragt  unb  bie  SSer^öre  mit  ben  Slngeflagten,  föliepc^  auf  bereiter, 

2o  borgenommen.  Unter  bem  SBorftee  eine«  aufeerorbentlid&en  päpfuid&en  Segaten  —  $boma« 
be  SBio,  Gaietanu«  —  fanb  im  Sülai  1509  no$  eine  SRebifton  be«  SBerfabren«  ftatt;  fie 
führte  jur  Verurteilung  unb  am  31.  3M  Würben  bie  bier  9Rön#e  al«  ©otte«läfterer 
lebenbig  berbrannt.  3e$er  bagegen,  über  beffen  93eftrafung  man  unfd&ltifftg  War,  tonnte 
au«  bem  ©efängni«  entweihen  unb  berfd^Winben.     3)ie  game  Angelegenheit  machte  ein 

26  unerhörtes  auffegen,  bor  ädern  bei  ben  93eWo^nern  ber  ©tabt  Sern,  bei  benen  bie 
©ntrtiftung  über  ben  Setrug  im  richtigen  SSer^ältniffe  ftanb  jwr  borau«gegangenen  Hit* 
bacfyt,  aber  au$  weit  über  bie  ©renken  fyinau«.  Sine  ganje  Sitteratur  bon  ^lugfc^riften 
trug  bie  Äunbe  überall  fyn  unb  erjagte  in  $rofa  unb  in  Steinten,  mit  unb  otyne  £oh* 
fd^nit^lluftrationen,  in  lateinifd&er  unb  beutfd^er,  framöftfd&er  unb  meberlänbifd&er  ©praepe 

so  bon  ben  borgefallenen  Dingen,  ba«  bereit«  feftftefyenbe  Urteil  über  bie  SBerberbni«  be« 
Älofterleben«  beftätigenb  unb  mächtig  berftärfenb.  S«  galt  al«  au«gema$t,  bafc  ba«  ganje 
plumpe  ©piel  auf  einem  eigentlichen  Komplott  beruhte,  Welche«  bei  ©elegen^eit  eine«$ro* 
binjial=Äonjil«  ju  Söimbfen  1506  gefd&micbet  Worben  fei,  um  ba«  gefunfene  Slnfe^en  be« 
Drben«  gegenüber  ben  beliebten  33arfü&ern  Wiebcr  ju  ^eben ;  Se^cr  fei  für  bie  ©fyilbigen 

86  ein  WiUfommene«  unb  gefügige«  SBSertgeug  geWefen.  3)ie  nodji  im  Original  bor^anbenen 
33er^ör«proto!otte  ftnb  1886  bon©.3lettig  Veröffentlicht  Worben.  Eeiber  Würbe  bie^erau«« 
gäbe  nufyt  bi«  ju  ©nbe  geführt.  Die  ßinleitung  ift  ju  bem  ©d&luffe  gelommen,  baft 
3e^er  fi<$  gern  ^abe  al«  ^eiliger  bereden  laffen,  unb  bafe  ben  SRönd&en  jWar  ber  größere 
$etl  ber  ©d&ulb,  aber  au^  „milbernbe  Umftänbe"   jujufprec^en  feien.    Ülod^  Weiter  getyt 

40  nun  Dr.  $aulu«  in  ber  oben  genannten  ©d&rift:  ©m  ^uftigmorb.  Er  berfud&t  ben9?ac$s 
Wei«  ju  leiften,  ba|  unter  bem  Drängen  ber  öffentlichen  Meinung  bie  Unterfuc^ung  ober* 
fläc^lic^  geführt,  bie  SSerteibigung  nu$t  angehört  unb  ba«  ©eftänbni«  burd&  bie  Wolter 
erpreßt  Worben  fei  unb  bafe  %fyzt  ah  ber  allein  ©c^ulbige  betrachtet  Werben  muffe.  Der 
$apft  ^uliu«  II.  Ijabe  in  bie  ^tnric^tung  eingewilligt,  um  ©d^limmeree  ju  bereuten,  Weil 

46  bie  erzürnten  Serner  ba«  Älofter  anjujünben  unb  bie  9Jlönc^e  totyufdjlagen  bro^ten,  unb 
Weil  er  bie  ©unft  ber  ©tabt  jum  Slbfcfylufe  eine«  militärifc^en  93ünbniffe«  beburfte.  SJon 
SKitfc^ulb  Werben  bie  Dominicaner  feine«fall«  freijufpred^en  fein;  möglich  ift  e«  bagegen, 
bafe  bie  berüchtigte  „3efecrgef<$i$te"  Weniger  eine  Ürfad^e  geWcfcn  ift  jur  ffiedhutg  ber 
SRef ormation«ftimmung ,  al«  biclme^r   ein  ©tymptom  unb  3lu«brucf   ber  bereit«  borbam 

60  benen.  »llfdj  +• 

3felodf  3«>^n,  Sifc^of  bon  ©ali«bur^,  geft.  1571.  —  Sitteratur  über  i&n:  Law- 
rence Humphrey,  Joannis  Juelli,  Angli,  Vita  et  mors,  London,  John  Day,  1573,  immittel* 
bar  naefy  3.«  £obe  tjeröffenllid)t  unb  uon  Sifc^of  $arfer  qI«  moögebcnbe  ©runblage  für  3.« 
93eurteilunfl  audflejeidjnet,    infotgebc«  Quelle  für  alle  folgenben  „SebeiT  Semel«,    wie  Dan. 

66  Featleys  (Memoir,  in  ber  9lu«gabc  tum  3-«  "©evfcn  Dom  3-  1609),  ber  „Person  of  Quality" 
(in  ber  llebcrfe&ung  ber  Apologia,  üonb.  1685),  Le  BasT  (Life  of  Bishop  J.,  fionbon  1835), 
Ayre's  (Memoir,  im  IV.  23anbc  feiner  WuSgabe  uon  3-«  Werfen,  Sonbou  1850);  t>gl.  aud) 
in  Wordsworth's  Ecclcsiast.  Biography,  III,  111  ff.  bie  Mitteilungen  eine«  ?(non^mu«  über 
3«;  enblid)  bie  firrfjengcfrfjicötl.  5)arfteliungen  ber  3eit   uon  Strype  (Annais),    Biirnet  (Hist 

(K)  of  my  own  time)  u.  q.;  Lcslie  Stephen,  Nat.  Biography  XIX,  382  ff. 


3ett>el  45 

Stm  24.  3Rai  1522  m93uben  bei  93errtynarbor,  3)et>onföire,  geboren  tmb  Don  feinem 
Soter  frity  für  bie  afabemifd&en  ©tubien  beftimmt,  genofe  $.  feinen  erften  Unterricht  bei 
feinem  Onfel  3-  SeHamty,  bem  Pfarrer  öon  §ampton,  unb  trat  1535  in  ba«  SWerton 
College  ein,  in  bem  er  bur$  feinen  Sefyrer  Sßarfyurft,  ben  fpäteren  93tfd;of  Don  SHorhricty, 
unter  bat  ginflufc  ber  neuen  beutfetyen  ©ebanfen  tarn,  ju  beten  §erolben  auf  engltfctyem  6 
Sobcn  fk&  bamal«  SDpbale  unb  ©enofjen  aufeutoerfen  begannen,  $arfl?urft  tfyat  bem 
toiffensburftigen  Jüngling  burefc  einfütyrung  in  bie  alten  ©prägen,  befonber«  bie  gried&ifdfo 
bie  Pforten  iu  einer  neuen  SBelt  auf.  $.  gab  fic§  ibrem  mächtigen  3<wber  in  ben  erften 
pjforber  3fa$ren  bi«  jur  SBernac&läfftgung  feinet  ofyncfyin  fd&toacfyen  Äötyer«,  $u  beffen 
fiterem  Siechtum  er  £ier  in  unbefonnenen  sJtoctyth>ad&en  ben  erften  ©runb  legte,  fyin.  (Später  10 
fcertarie«  ^ktrt^urft  feinen  gfaiergeift,  in  beffen  liefen  bie  au«  ber  eben  erfetyienenen  2fym 
balefcfcn  Sibelüberfefcung  auffteigenben  $reifyeit«gebanfen  fräftig  nacfyoirften,  auf  ba« 
©tubium  ber  ^eiligen  ©<$rift  unb  fceranlajjte  tyn  &u  bem  ©nbc  $u  einer  SSergleid^ung 
ber  Überfettungen  beS  ÜReuen  leftamente«  fcon  ßofcerbale  unb  Ifynbale.  9Wtt  ben  neuen 
©ebanfen  in  ber  ©eele  trat  er  (19.  Sluguft)  1537  in  ba«  Corpus  Christi  College  15 
über  unb  burcfylief  nunmehr,  an  ben  ©Triften  Gicero«  unb  ©ra«mu«'  ©eift  unb  Siebe 
bübenb,  bie  fyerfömmltc^en  afabemifd&en  Stufen  bi«  jum  M.  A.  (28.  Januar)  1545.  21(3 
gefyrer  ber  SBcrebfamleit  gewann  er  in  biefen  %cfyxm  toacfyfenben  Sinflufe  an  ber  Uni- 
berfttat,  beren  äugen  ft$  fcon  ba  ab  auf  ben  tnefoerforectyenben  jungen  (gelehrten  rich- 
teten, fydtt  bie  Siceronianifcfye  unb  *piatonifcfye  ©ebanlentoelt  feinem  ©eifte  formen  ao 
gegeben,  bie  tyn  in  ©egenfofc  jum  alten  3Biffen  brachten,  fo  fefjr,  bafe  er  al«  Sln^änger 
ät$er$  gemieben  tourbe,  -7  jum  befreienben  35urctybru<£  famen  bie  ringenben  SRädpte 
feiner  Seele  erft  burefc  ben  Übertritt  Sßeter  9)tartyr«  an  bie  Untoerfttät  1547.  35on  biefem 
SRanne,  ben  er  feinen  jtoetten  SBatcr  nannte,  empfing  3.  ^  enbgiltige  ©epräge.  3Jtit 
Starter  übernahm  er  bie  fcon  9lid&.  Chamber«  geftifteten  $orlefungen,  bie  ber  et>angelifd&en  25 
Sacfce  an  ber  SUabemie  freie  93afyn  machen  foflten.  Sine  Oratio  contra  Rhetoricam, 
in  ber  er  feine  §örer  mm  ©tubium  „gefunber  Sefyre"  im  ©inne  ber  $1.  ©cfyrift  auffor* 
berte,  übrigen«  fein  erfte«  burety  ben  QDrucf  Veröffentlichte«  2Berf,  bejeicfynet  ben  äbfcfylujj 
feiner  flafftfcfcr^etorifctyen  ©tubien;  aber  au«  i^nen  natym  er  in  bie  fommenben  Kämpfe 
bc«  Scben«  eine  glänjenbe  unb  totrfung«t>oUe  formale  ©d&ulung  be«  ©eifte«  mit  hinüber,  ao 

Unter  ©buarb  IV.  ^Regierung  fd&eint  er  in  ber  ©ttDe  geblieben  &u  fein;  bei  ©tr$>e 
totrb  er  1551  al«  Sßrebiger  in  Dtforb  unb  SSifar  im  3)orfe  ©unningtoeÜ  ertoälmt.  ©er 
Regierungsantritt  SRaria  Jubor«,  ber  bie  bislang  mebergefyaltene  fat^oltfdbe  Partei  in  bie 
Wacfct  fefcte,  fteHte  tyn  bor  bie  (Sntf$eibung.  Corpus  Christi  College,  ba«  al«  ein 
$ab  be«  gefährlichen  9Ieuglauben«  galt,  tourbe  gereinigt  unb  3-  <*l«  ^iner  ber  fc^ltmmften  86 
Xreiber  au«  i^m  entfernt.  @r  blieb  inbe«  in  C&orb  unb  £atte,  toa^rfc^einlid^  in  feiner 
unter  Sbuarb  erlangten  Stellung  al«  Uniberfttät«fpre$er,  bie  lat^olifd^e  Königin  bei  ifyrem 
Djf orba  Sefud^e  ju  begrüben.  2)er  ®ru^  ftellte  [xd)  md?t  al«  eine  Spiegelung  feiner  inneren 
S&elt  bar:  allgemeine  SBenbungen,  bie  bie  religiöfe  $rage  unberührt  liegen;  aber  tote  eine 
bange  Stynung  Hingt  in  ber  $ebe  (9lu«mg  bei  Humphrey,  Vita  p.  79)  boefy  bie  äBen-  40 
bung  an,  n>enn  er  ber  5tdnigin  eine  unblutige  Regierung  U)ünfc^t.  Si«  jum  3a^re  1554 
—  ^kter  3Rartyr  unb  ^arf^urft  Ratten  ben  Reißen  ©oben  fd^on  Derlaffen  —  fyielt  er  ftd^ 
inDiforb.  Slber  al«  im$erbft  eine  f öniglid^e  Äommif fion  bie  Unioerfttät  bifitierte,  tourben 
t^m  Dom  Dean  3Warf^alf  bem  güfyrer  ber  ©egen)>artei,  eine  SCnja^l  Slrtifel  mit  ber  SKItcr- 
natrbe :  Unterschrift  ober  Sonnerfc^e«  ©efängni«,  b.  f).  geuertob,  oorgelegt.  ©ine  &arte  45 
3cit  t>erlangt  &arte  6^araftere.  3-  fan^  ^^  ^DM  **>&  SBart^rium«  nid^t.  6r  unter- 
fc^rieb;  al«  SRarf^al  i^n  bennod?  in  Sonner«  §änbe  fielen  tooQte,  Verliefe  er  fjeimlic^ 
Ciforb,  ging  nad&  fionbon  unb  bon  bort  naety  ^anffurt  a/2R.  (13.  SJtärj  1555). 

^ier  toarteten  bamal«  bie  engltfcfyen  unb  fc^ottifc^en  Flüchtlinge  bie  baterlänbifc^en 
Sntfc^eibungen  ab.  Hnoj  fyielt  mit  mächtiger  §anb  bie  Oielfad^  au«einanberftrebenben  50 
Elemente  ber  „englifdJKn  ©emeinbe"  jufammen.  9?on  bem  Verräter  %.,  ber  römifc^e  Sir« 
ttfel  feige  unterzeichnet,  loollte  er  nietyt«  toiffen.  Sluc^  nad^bem  3.  auf  Drängen  SRictyarb 
(Ebamber«',  beffen  Slot  er  in  ber  ©ad&e  gefugt,  öffentlich  in  ber  ©emeinbe  93ufee  get^an, 
tourbe  fein  SSer^ältni«  ju  Änoj  unb  ben  fortgefc^rittenen  Gatoiniftcn  lein  beffere«.  6r  ging 
noefc  im  gleiten  %ai)xt  ju  $eter  SKart^r  nad)  Strasburg  unb  fegte  bort  mit  feinen  £anb&  66 
Leuten  ©nnbal,  ©anb^«,  6oo!e  feine  gelehrten  ©tubien  fort;  im  folgenben  ^a^rc  lam  er 
mit  SRartyr  jufammen  nac^  ^ürid^,  Wo  er  )u  Sullinger,  ©immler  u.  a.  in  nafye  Se= 
jie^tmgen  trat ;  Don  ^ier  au«  tft  er  (naefy  einer.  93emer!ung  in  feinem  ©riefe  ad  virum 
nobUem,  Dom.  Scipionem,  patricium  Veneti:  „tempore,  quo  una  viximus  Pa- 
taviae",  ngl.  3-^  Works,  IV,  1094)  eine  .ßeit  lang  ftubien^albcr  in  $}abua  getoefen.     «> 


46  $etoel 

3Rit  bcm  lobe  SWaria«  cnben  feine  SBanberjaljrc.  am  1.  fcejember  1558  lam  bie 
Dtoc$rid&t  na%  3üric&;  na$  einer  bef$Werltc$en  Sleife  Von  57  $agen  lanbete  er  in  feig* 
lanb,  wo  feine  äufaabe  ityn  f$on  erwartete.  2)ie  ©rfatyrungen  m  Snmffurt  unb  &wä<b, 
bie  tyn  gegen  ben  9tabilali«mu«  von  Änoj  unb  Salvin  gu  Vermitteinben  Überzeugungen, 

6  befonber«  auf  bem  ©ebiete  ber  liturgifd&en  formen,  geführt  Ratten,  matten  i$n  )u  einem 
brauchbaren  2Bcrfjcug  für  bie  2)ur$füfyrung  ber  Sfteform  Slifabety«.  »jfurc$t  bor  ber  mx$ 
mächtigen  römifd&en  §ofoartei,  bie  grunbfäfclid&e  Abneigung  ber  Vtfööfe  gegen  jebe  9leue* 
rung,  ba«  laue  3ögern  ber  Univerfitäten,  bie  brotyenbe  Haltung  ber  Stoffen  in  ben  tatyo* 
lifcty  verbliebenen  ßanbfd&aften,  anbererfeit«  bie  ftürmtfctye  Setbenfc&aft  ber  in  Verbannung 

10  unb  ©efafcen  gefefteten,  nun  na#  ©nglanb  jurtiefflutenben  bleuerer,  bie  mit  bem  Siebte 
unb  ber  Ungebulb  be«  2Jtärtyrer«  unb  Sieger«  bie  Vernichtung  ber  alten  £eben«formen 
forberten,  unb  baju  ber  9Kangel  an  Wännern,  bie  mit  ber  Vertieften  evangelifc$en  8n* 
föauung  mafjvoüe  ©elaffenfyeit  unb  2Bürbiguna  ber  bem  Untergang  Verfaüenben  alten 
Siebte  verbanben  —  bie«  alle«  unterbanb  bie  Kraft  ber  gegen  jtoei  gronten  fampfenben 

i5  vermittelnben  Slnglifaner.  Sie  Königin  felbft  fear  ben  fymbernben  ©eWalten  gegenüber 
nod)  fctywanlenb  unb  unentföloffen.  3)ic  Verfolgungen  jWar  Würben  eingeteilt,  bie  Sanbefe 
f^rad^e  im  ©ottedbienft  erlaubt,  aber  bie  evangeliföe  ^rebigt,  fotoest  fie  auf  neuen  Sahnen 
ging,  blieb  verboten. 

Sin  biefen  2lu«einanberfefcungen  nun   nafym  3-  *n  bemerfenSWerter  SBeifc  teiL    <Sr 

20  Würbe  jum  9Kitglieb  ber  SBeftminfter  Äonfercnj  (31.9R&T)  1559),  auf  ber  je  8  Ideologen 
ber  beioen  Seiten  wiber  einanber  ftanben,  ernannt,  unb  nad&bem  bie  alten  Vifcfyjfe  jwm 
©feigen  gebraut  Waren,  jufammen  mit  bem  @arl  of  Sßembrole,  #.  5ßanfy  unb  SB.  &te 
lace  &ur  Drbnung  ber  finden  ©a$c  mit  au«gebe&nten  Vollmalten  in  bie  äBeffyroViiqen 
abgeorbnet;   furj  Vorder  War   er  bur$  föniglicfcen  Congä  d'&ire  (Vom  27.  $ul\)  9™ 

26  Viföof  von  ©ali«burty  ernannt  worben.  3)ie  Vebenfen  gegen  ben  „t>apifitif($en  SRummen* 
fcfyanj",  ba«  weifte  6l>orfyemb  unb  bie  Vieredfige  9Küfce,  bie  er  einft  ludicrae  ineptiae 
gefd&olten,  fyaben  ifyn  von  ber  Übernahme  be«Vi«tum«  nid&t  abgehalten,  ©eine  fiobrebner 
laffen  ben  (Sntfölujj  mitbebingt  fein  bur$  bie  Äurc&t  vor  ben  2ut$eranent,  bie  ju> 
Wartenb  unb  ofyne  Vebenfen  naefy  ber  bequemen  Sifc^oförnü^e  griffen.    SBürbe  bur$  fic 

8onid)t  ba«  neue  Äirctyentum  in  bie  ©cfabren  be«  Ubiquität«bogma«  geraten?  @in  3Kamt 
unbeugfamer  ©runbfäfce  War  3-  nietyt;  fie  Würben  in  biefem  gälte  einem  perf  östlichen  3n* 
tereffe  geopfert.  2lu«  bem  unerquicflictyen  Streite  über  ben  Ornat,  über  ben  er  ju  Anfang 
ber  GOer^a^re  in  jebem  Vriefe  fid&  beflagt,  30g  er  fidj  Vorfic^tig  jurüdt;  in  einem  ©^reiben 
Vom  3.  1507  fe^t  er  ben  ©iferern  no$  einmal  au^einanber,  ba^  bie  gange  9tdigton  fu^ 

8c  nid^t   um  ba«  S^or^emb  bre^e,  aber  feinem  alten  Reifer  unb  greunbe  £unq>$re$  ver^ 

tveigerte  er  ben  eintritt  in  bie  3)iöcefe,  tvenn  er  ft$  nid^t  jum  toei^en  £embe  entf^lie^e. 

^reilid^  na^m  aud^  bie  Verwaltung   feine«  großen  ©prenaefe  feine  gange  Äraft  in 

3lnf))ruc^.    2)er  9Jlangel  an  tüchtigen  $fflw^ni  machte  fic^  allerorten  ^eltenb;   3Konate 

lang  War  er  auf  Steifen,  um  felbft  ben  ®emeinben   ju  ^rebigen,  unb  bte  3e^  ^e  $m 

40  übrig  blieb,  Wibmete  er  ber  öeranbilbung  junger  Ideologen  für  ba«  evangelifc^e  $«■- 
bigtamt ;  einer  ber  bebeutenbfteh  ©d^üler  feine«  ©eminarS  in  ©altebur^  tourbe  SRu^.  ^oofer, 
ber  unter  bie  erften  Dogmatilcr  ©nglanb«  gejault  ioirb. 

basaltigere  unb  tiefere  (Sinflüffe  auf  ba$  anglitanifd^e  Jtirc^entum  al«  burd^  biefe 
organifatorif^c  arbeit  ^at  3-  bur<$   feine   fd^riftftellerifd^en  Seiftungen  gewonnen.    3)te 

46  Wiffenfc^aftlic^c  Verteibigung  be«  2lnglifantemu$  Wiber  bte  ©egner  Von  reite  unb  linfö 
bat  ibm  einen  unverlierbaren  ßtyrenplafc  in  ber  ©efetyie^te  feiner  Äird^e  gefupert  9)iit  ber 
3tbfaffung  feiner  berühmt  geworbenen  2tyologie  tft  ber  ,^ö^unlt  feiner  rirc$lid&en  Srbeit 
begeid^net. 

am  ©d^luffe  einer  ^rebigt,  bie   er  am  26.  SRoVember   1559   am  ©t  $auI$fKU) 

60  ^iclt,  ^atte  er  gefagt:  2Benn  irgenb  einer  meiner  gelehrten  ©egner  eine  irgenbtoie  genügenbe 
©teUc  au«  einem  ber  alten  Väter  ober  3)oftoren  ober  irgenb  einem  altgemeinen  Stonjil 
ober  au«  ber  fyl.  ©cfyrift  ober  irgenb  einen  Vorgang  au«  ber  alten  Äirc^e  Wä^renb  ber 
erften  600  34^  (ju  ©unften  ber  römifc^en  Se^re  unb^raji«)  beibringen  fann,  fo  Werbe 
idj  auf  feine  ©eite   treten  (Vgl.  Works  I,  p.  20).    5Kit  biefem  ©a$e,  ber  benimmt  gc* 

66Worbenen  Challenge,  bie  bie  reformatorifd^c  ÄontroVcrfe  auf  ben  gefd^id&tlid&en  ©runb 
fteUte,  Warf  3.  ben  i^n  umbrängenben  ^einben  ben  §anbf^  Ijin.  6r  War  ber  Angreifer, 
niefct  ber  angegriffene ;  mit  feinen  faäteren  Älagcn,  Warum  man  gerabe  ij^m  nic^t  in  9h4»e 
laffe,  ift  er  im  Unrecbt.  9io$  gWeimal  (17.  unb  :U.  SRärj  1560)  Wieber^olte  er  am 
s#aul«freuj  bie  $erau«forberung.    2Öa«  ibm  Dr.  £.  6ole  erWiberte,  ift  nic^t  Von  Velang. 

60  3-  antwortete  mit  einer  geWunbenen  ©treitfebrift,  auf  boren  #auptfä$e  er  bie   im  %abtt 


3ett>el  47 

1562  Veröffentlichte  Apologia  pro  ecclesia  anglicana  grünbetc.  Siefe«  93u$,  nad& 
gtnrm  unb  ^nfyalt  ein«  ber  grünblid&ften  Söerfe  ber  englifd^en  Deformation«tfyeologie,  ftcUte 
tyn  fofort  m  ben  33renn}mnit  ber,  Seitfragen. 

©in  anbetet  Sujün  tyielt  er  barin  enbgiltigc  Slbrecfymmg  mit  ben  33eftreitungen  be« 
biblif$en  unb  tyifiorifd&en  Ded&t«  ber  anglifamfcfyen  2ibee  burd&  bie  römtfcfyen  unb  pnxx-  6 
tamf^fen  oranger.  ©«  Würbe  ba«  f  laf  jtfcfye  ftir$enbu$  ber  (Slifabetfyfd&en  Gfyoty,  bie  erfte 
fyfftematif$e  Segrünbung  ber  englifcfyen  (Stellung  gegenüber  Dom  unb  ©binburg,  bie  3Ra» 
tetialienfammlung  für  atte  nad&folgenben  2lu«einanberfefcungen  über  Siedet,  fiefyre  unb  $raji« 
ber  neuen  Äirctye.  ©ad  eigentümliche  SBcfcn  be«  neuen  Krd^lid^en  ©ebilbe«  ift  jum  Warfen 
unb  plfidKic^en  3lu«brucf  gebraut,  bie  §aupt=,  Gebens  unb  Unterftrömungen  ber  Deulirdje  10 
ftnb  m  bet  §auj)tfacfye  otyne  ©infeitigfeit,  auefy  bie  2lu«blidfe  auf  bie  3**1*  be«  Söerben« 
gttcfli<$  aufgetoiefen,  Wafyrenb  ba«  Sud?  im  übrigen  bie  öerfcfyiebenen,  in  ber  gfolgejeit 
au&manberftrebenben  Dichtungen  ncd)  m  futy  äufammenfafct. 

3n  bet  Sinologie  f)at  3-  baö  anglitaniföe  ©Aftern  auf  feine  logifäe  ©runblage  ge* 
fkflt  3Son  calbinifc^en  ©ebanten  au«gefyenb,  bie  fräftig  in  ber  Drbnung  unb  Verwaltung  15 
ferne*  Stötumä  hervortreten,  hatte  $.  feine  Hoffnung  auf  bie  ©inmünbung  be«  englifd&en 
Strom«  in  ben  ©enfer  §afen  gefteUt.  Slbcr  ber  ftampf  na$  ber  jWeifadjjen  gfront,  gegen 
bie  groBenben  unb  unt>erfö^nlic^en  Warianifdjen  Geologen,  benen  e«  um  bie  Rettung  ber 
btfööflicfcn  Irabitionen  ju  tfyun  War,  unb  bie  jum  33eWu|tfein  ifyrer  J>re«btyterialen  Sterte 
eben  ertoaetyenben  Puritaner  fcertyinberte  bie  ßntwidfelung  in  btefer  Dichtung  unb  jWang  ao 
jk  auf  bie  fiinien  ber  —  nacfynal«  berüchtigt  geworbenen  —  Via  media.  Sie«  eigenartige 
©epräge  ber  neuen  Äird&enbtlbung  ift  3.3  3B*rf- 

gm  erften  ber  fec&S  Seile  ftellt  3j.  bie  aufgäbe  feft:   9lbWeifung  ber  Vorwürfe  ber 
£ärefte,  be«9lbfa(l«  bon  alter  SBafyrtyeit,  ber  ©ottloftgleit  unb  aller  (ibertiniftifcfyen  unb  re= 
Dolutionären  ©elüfte.    3jn  ^en  folgenben  teilen  Wirb  nun  bem  Vorwurf  ber  ©egner,  bie  25 
neue  Jttnfae  fei  eine  abgefallene,  burc§  bie  Sßofition  eine«   ausführlichen  Vetenntniffe«  be= 
gegnet    Sie  bogmatifqen  8fo«füfyrungen  Weif en  auf  ber  ganzen  Sinie  ben  ©influf}  Salbin« 
auf;  ne  unguem  quidem  latum  absumus  a  doctrina  vestra,  fcfyreibt  3.  an  Sßeter 
3Raxtyr.    3n  ben  Setyrftüdfen  bon  (S&rifti  Sßerfon,  ber  ©ünbe  unb  ifyren  folgen,  *>*** 
©nabenmitteln   unb  bet  ©d&tüjfelgeWalt  ift  bie  ttbereinftimmung  eine  toollftänbige;  im  so 
Srtifel  bom  Slbenbmafjl  Wirb  befonbere«  ©eWictyt  auf  bie  Sereinigung   mit  bem  gangen 
<S$riftu£  bur$  ben  ©lauben   gelegt:  Christum  ipsum   sie   nobis   praesentem   ex- 
hiberi,    ut  eius  corpus   et   sanguinem   per    fidem    vere  sumamus;    ....  ita 
Christus  ipse  totus  offertur  et  traditur,  ut  sciamus  esse  iam  nos  carnem  de 
das  carne  et  ob  de  ossibus  eius.    5Dte  $räbeftination  Wirb  abgelehnt.    Sie  5Hec^t-  86 
fertigung  fte^t  nid^t  auf  be«  SRenfd^en  eigner  Kraft  ober  feinen  Söerlen,    fonbern   attein 
auf  (S^nftt  am  Jtteuje  erworbenem  93erbienfte;   bie   lut^erifd^e  Formulierung   „allein  au« 
bem  ©lauben''  Wirb  bermieben,  aber  e«  Wirb  gefagt,  ber  ©laube  fönne  nid^t  o^ne  SBerlc 
fern,  weil  bur$  i^n  S^riftu«  in  unfern  $er&en  Wo^ne.    ^n  ber  Se^re  üon  ber  Kir^e  ift 
bte  Untetfc^eibung  einer  jtc^tbaren  unb  unfid^tbaren  nid^t  gemacht;  fie  Wirb  mit  9Jad^brudf  40 
al«  bie  fatyoltfcbe  beftimmt    Sie  Se^re  bom  9tmt  enblic^  ift  calbinifc^  gefaxt.    —   60= 
barni  Werben  bie  SlbWeid^ungen  bon  ber  römijd^en  Sc^re  unb  $raji«   begrünbet,   bie  93e* 
toetfe  gegeben,  ba^  bie  l>äj)ftltc^e  ©eWalt  nic^t  de  f ide  fei,  bie  lange  entyfunbene  5RotWenbig= 
teit  einer  Deformation  im  einzelnen  bargelegt  unb  gegenüber  ber  Unmöglichkeit,  biefe  Deform 
bun$  bie  Sermittelung   eine«  allgemeinen  Konzil«  )u   erlangen,  ben  nationalen  Strien  46 
Äe«^t  unb  gtei^eit  eigenen  Sorge^en«  in  biejer  ©ad&e  (burd^  ^ßroöinjial-  ober  Sanbe«f^noben) 
getpa^rt. 

3n  bem  le^aften  Slufbau  bermeibet  3*  a^e  @onberWege  unb  fyält  fidb  auf  ben 
änien  feinet  Weiftet,  eigenartig  ift  er  in  jWei  fünften:  in  ber  gluckt  bor  grunbfä|li$er 
gefttegung  unb  Vertiefung  —  alle  rein  meta^fiföat  ^agen  Werben  umgangen  —  unb  60 
in  bem  mit  allen  Wittein  erftrebten  %u$Wei«  be«  gejd^ic^tlic^en  Dec^t«  ber  Deformation, 
in  er^er  Sinie  ber  engl.  @taat«firc^e.  Ser  ©a§,  baf}  ba«  englifc^e  S^riftentum  lebtglid) 
Stfidtefrr  gut  alten,  reinen  tat^olifc^en  ftir$e  ber  9l)>oftel  unb  Säter  fei,  fefyrt  in  immer 
neuen  SBenbungen  Wteber :  accessimus,  quantum  maxime  possumus,  ad  ecclesiam 
apoetolorum  et  veterum  catholicorum  episcoporum  et  patrum,  quam  seimus  66 
adhuc  integram  et  incorruptam  fuisse  virginem,  nee  tantum  doctrinam  nostram, 
sed  etiam  sacrorum  precumque  publicarum  formam  ad  illorum  ritus  et  insti- 
tutt  direximus  (Apol.  P.  VI,  cp.  16).  Ser  SSorWurf  ber  Neuerung  Wirb  mit  Schärfe 
<%toiefen.  SBie  in  ©Ott  felbft,  fo  fönne  unb  bürfe  in  jeinem  Sienfte  nietyt«  neu  fein. 
Hoc  verum  est,  quod  primum  fuit;   Pdr}  ägxaTa  xQaieii(o.    iUelmc^r  Dom,   ba«  go 


48  detoel 

bie  Kirche  ©otte«  berborben  unb  in  allen  ©tüdten  Gtyriftum,  bic  99^>ofteI  unb  Sätet  ber* 
laffen  tyxbt,  fo  bajj  „feine  ©äfee  unb  ©efefce  bon  3jafy#unbert  ju  3<^unbert  frö  er* 
neuern  unb  einanber  toiberforecgen",  falle  unter  jenen  SEabel.  8foc$  bie  §orm  Der  Stefor* 
mation  fei  eine  berechtigte ;  ein  Sßrobinaialfonjil  Ijabe  nacfy  altem  Vorgänge  bie  angelegen- 

6  Reiten  beraten  unb  befctyloffen,  unb  Orient,  bem  bie  ganje  gried&ifctye  Äirc^e  unb  biete 
abenblänbifctye  Sßrobinjen  fern  geblieben,  fyabt  lein  gröfjere«  Slnfe^en;  e«  fei  eben  m$t$ 
mcfjr  unb  nicfyt«  toemger  al«  eine  ^robinaialftynobe. 

Die  Veröffentlichung  ber  Sinologie  machte  ungeheure«  auffegen.  2)a«  33iu$  tourbe 
allfeit«  al«  bie  toiffenfd&aftlictye  Segrünbung  ber  englifd&en  Jtmpenibee  begrübt,  toetyrenb 

10  fein  Sterfaffcr  mit  einem  Schlage  als  ber  anerfannte  SBorfämtfer  be«  9lngli!am3muS  bie 
gäben  ber  öffentlichen  2)i«fuffton  in  bie  §anb  betam.  Srjbifdjof  parier  lieft  bic  ftpol 
fofort  in«  (Snglifctye  überfein  (1562;  bie  jtoeite  bon  parier  beranlajjte  Überfefeung  bur$ 
Sabty  91.  93acon  (15G4)  fyat  bie  frühere,  mangelhafte,  Derbrängt);  in  toenig  3<$ren  folgten 
Überfefcungen  in«  2)eutföe,  3talienifc^e,  ©panifd&e,  gramöfifefce,  §oHänbiföe  unb  ©ri^if$e. 

16  Die  $ribentinifd&en  Väter  erfannten  bie  Äraft  be«  Slngrijf«  burety  bie  SefteBung  einer 
tyeologifd&en  Jtommiffton  $ur  (nic^t  &u  ftanbe  gefommenen)  SBiberlegung  ber  Sfyologie  an. 
3n  ©nglanb  fanb  fte  begeifterte  aufnähme.  $arfer  Verlangte,  bajj  fte  al«  mafjgebenbe 
Darfteuung  ber  Jtird&enle$re  mit  bem  5tate$i«mu«  unb  ben  Sirtiteln  jufammengebunben 
toerbe  (©trtype,  Annais  I,  I,    p.  474);    1581    tritt  fte  in  ber  Harmonia  Confessio- 

20  num  auf,  unb  (Srgbifd^of  Sancrof t  orbnete  an,  bajj  fte  in  allen  Sirenen  am  Sefepult  aufc 
liegen  folle. 

9iod&  in  bem  %af)tt  ifyre«  ßrfd&einen«  polten  bie  ©egner  jum  ©egenfötag  au«,  bie 
röm.  Geologen  bon  3)ouaty,  Sötoen  unb  ©t.  Dmer.  35er  fd&lagfertigfte  unter  tynen  toar 
Dr.  Stomas  §arbing,  bormal«  $rof.  be«  £ebräifctyen  in  Djforb  unter  #einrid&  VIII.  unb 

25  ber  Sieformation  juget^an,  gfreunb  $eter  SMartyr«  unb  Sefyrer  ber  ßabty  3>ane©raty.  Unter 
JJlaria  abgefallen,  toetgerte  er  ben  ©uj>remat«eib,  tourbe  au«  feiner  Sßfrünbe  Vertrieben 
unb  flol)  nad&  Sötoen,  too  er  ben  römifcfyen  §afe  gegen  bie  eng(if$e  Steuerung  organifterte. 
Scbenfatt«  ein  X  nietyt  unebenbürtiger  ©egner.  3U*#  t™*  **  m^  **!***  Answer  to  Dr.  J.s 
Challenge  auf  ben  $lan,  auf  bie  3-  fofort  antwortete.    3)en  §auj>tfc&lag   aber  führte 

80  §arbing  in  feiner  Confutation  of  an  Apology  for  the  Ghurch  of  England  (1565), 
bie  ebenfofefyr  burefy  tyre  umfaffenbe  ©elefyrfamleit  toie  burd)  ge^äffige  perfönlic^e  Serbitte* 
rung  au«gejeictynet  ift.  3>n  jtoei  tociteren,  E^ier  nidjt  gu  ertoä^nenben  ©d&riften  tourbe  ber 
©treit  $u  6nbe  geführt.  &ie  in  biefen  Answers,  Replies,  Defences,  Detections 
u.  f.  to.  au«jutragcnben  fragen  erftreeften  ft$  über  ba«  ganje  ©ebiet  ber  römiföen  6on* 

86  troberfe.  $)ie  ©efdbloffen|eit  unb  Kraft  ber  ©ebantenfü^rung,  bie  ftupenbe  ©ele^rfamfeit 
unb  bie  unperfönlicge  ©elaffen^eit  ^.«  gaben  im  Verlaufe  be«©trett«  biefem  fc^lte|lic^  bie 
Dbcrfyanb.  ©o  fe^r  feine  Sudler  burefy  ben  oft  trodfenen,  logifd^en  Slufbau  unb  ben  er* 
mübenben,  Sßunft  für  $unft  an  einanber  retyenben  3lutorität«betoei«  be«  litterarifd^en 
Steige«  entbehren,  fo  toirffam  geftaltete  ftd^  für  bie  3eüömoffen  bie  Setoei«fübrung,  beren 

40  SJa^brucf  bor  allem  in  ben  gefcfcid&tlicfyen  Partien,  ber  Berufung  3.«  auf  bie  Se^tmeinungen 
ber  erften  fed^«  d^riftlid^en  ^a^unberte  rufyt.  3)ie  ©d^rift  jtoar  ift  iljm  t^eoretijc^  bic 
oberfte,  alle  gfragen  ber  fie^re  unb  5|Jraji«  enbgiltig  entfe^eibenbe  5ßorm,  aber  nic^t  aOe 
fragen  lommen  bei  i^r  &um  Haren  Sluebrucf ;  e«  bebarf  ber  9lu«legung,  ber  SSergleic^ung, 
ber  logifcfyen  ©c^lu^folgerung.    §ier  tritt  ba«  ©etyrif tDcrftänbni«,  ba«  Urteil  unb  bieSBet«* 

46  ^eit  ber  Säter  ein.  ©ie  ftnb  jtoar  fefunbärc,  aber  juberläffige  3euÖen  ^w  äBa^eit: 
non  domini,  sed  duces  nostri.  3jn  ber  ^Jiraji«  aber  ge^t  $•  toeitcr;  fein  ©treit  mit 
^arbing  läuft  t^atfädjltd^  auf  @injel^eiten,  auf  bie  ^rage,  toer  Don  un«  beiben  ty&  bie 
meiften  SSäter  auf  feiner  ©eite,  binau«.  Unb  in  biefer  93ejie^ung  toar  ber  Sifd&of  — 
auf  ©runb  feiner  f$on  in  ben  Se^rja^ren  begonnenen,  betounbern«toerten  Sammlungen 

60  bon  ßitaten  au«  ben  33ätern  —  bem  ^rofeffor  überlegen.  3n  ^  Defence  uimal  tritt 
bie  ^iftorifd^e  ©runblegung  auf  Äoften  ber  bogmatifc^en  in  ben  SSorbergrunb.  3e  toeniaer 
aber  in  bem  jungen  Äird^entoefen  ein  innerer  bogmatifd^er  ^Jroje^  ber  fircfclu^en  Ät* 
fd^auung  bie  9tic^tung«linien  oorjeic^nete,  unb  je  äu^erlid^er  ben  englif$en  gü^rern  bie 
bom  ^eftlanb  importierte  catointfcfye  2)ogmatit  blieb,  um  fo  leichter  mu^te  ber  Sann  ber 

&r>  Stutontät,  bie  Theorie  Dom  consensus  quinque-saecularis,  furj  bie  lot^olifc^e  Zenben) 
balb  auf  neue  Stege,  ju  ben  Saubren  unb  $ufcfyitifc$en  Äonfequenjen  führen. 

§inter  biefem  §auj>ttoerfe  3.«  treten  feine  übrigen  ©Triften  toefentlid^  jiurücf.  9tac^* 
bem  er  für  feine  SSerbienfte  um  bie  Biegung  be«  anglifanifd^en  Se^rbegriff«  1565  bie 
SBürbe  eine«  Dr.  theol.  erhalten,  jog  er  ftc^,  bon  ben  Sefctytoerben  bc«  3llter«  fyeimgefucfy, 

60  in  feine  3)iöcefe  jurücf.    sJ?od^  einmal  cr^ob  er  bon  ^ier  au«  feine  i^m  berbliebene  J&aft 


dfettel  dgttatitiS  bou  3tntiod)ien  49 

aegen  bic  beiben  gtinbe,  mit  bencn  er  fein  gatneS  geben  gu  tfyun  gehabt:  gegen  bie  rabU 
faden  Puritaner  toanbte  er  fi#  mit  einer  (bon  SBtyitgift  f^äter  gebrueften)  Sterteibigung  beS 
SpiSfopaliSmuS,  gegen  bie  römifcfyen  Stänle,  bie  in  ber  2lbfefcung  ber  löniglid&en  ßefcerin 
burc$  eine  SuBe  m  bie  ©rfd&einung  traten,  mit  feiner  View  of  a  seditious  Bull,  bic 
gletd^foES  naefc  feinem  lobe  gebrueft  tourbe.  9ia<$bem  er  in  ber  Convocation  Don  1571  6 
no$  mit  ber  Stebifion  ber  39  Slrttfel  betraut  toorben  toar,  fc^le^te  er  fiefy  in  feine  35iö~ 
cefe  müfyfam  jurücf  unb  berföieb  in  SMonfton  garleigfy  am  23.  September  1571.  3m 
$om  twn  ©altSburt?  ift  fein  fömudttofeS  ©rab.  SRic^arb  §oofer,  ber  freiließ  tym  als 
fein  ©$üler  biel  berbanfte,  nennt  ü;n  „ben  efyrtoürbigften  ©otteSgeletyrten,  ben  bie  @fyriften= 
beit  fett  3a$rtyunberten  gefefyen".  10 

getoelS  ©Triften:  aufjer  ben  im  $e£t  genannten  berbienen  Srtoäfynung:  Short 
Treatise  of  Holy  Scripture,  ed.  J.  Garbrand,  1582;  A  Short  Treatise  of  the 
Sacraments  (jufammen  mit  ben  St.  Paul's  Cross  Sermons)  gebr.  1583  unb  1603; 
An  Exposition  of  the  Epistles  to  the  Thessalonians,  1583;  sJ?eubrucf  1584  unb 
1594.  ©eine  ©amtlichen  2Berfe  (Works)  fourben  auf  StonfroftS  SSeranlaffung  1609  unb  16 
1611  in  einem  fjoliobanb  gebrueft;  bon  ben  SReubrudfen  nenne  i$  bie  bon  3elf,  8  93&e, 
Ctforb  1848;  »Vre,  4  Sbe,  1845—50  für  bie  Parker  Society,  »tubolf  »ubbenfteg. 

3g«fltttt8  Holt  Ättttodjten.  —  Sitteratur.  lieber  bie  ausgaben  unb  bie  ältere 
fttteratur  \>%L  3a&n»  Patrum  apost.  Opera,  Lipsiae  1876;  3unf,  Opera  PP.  apost.,  Tu- 20 
bingael887,  ©.  XLIII  ff. ;  »arben&eroer,  Urologie,  greibuvg  1894,  ©.  68  ff.  S)ann  :  tfafcn, 
SgnatiuS  oon  Hntiodjien,  ©ouja  1873;  fiig&tfoot,  The  Apostolic  Fathers  II,  2  33be,  2.  9iufl.# 
1889 ;  ^arnoef,  2)ie  Ueberlieferung  unb  ber  Skftanb  ber  oltdjriftl.  Sitteratur,  Seidig  1893, 
S.  75  ff.;  berfelbe,  ©Pönologie  ber  altcftriftlidjen  Sitteratur,  Seidig  1897,  S.  381  ff. 

©o  berühmt  ber  SRame  beS  Sgnatiuö  ift,    fo  btirftig  finb,   abgefe^cn  bon  bem,  VoaS  25 
bie  unter  feinem  Flamen  umlaufenben  Sriefe  enthalten,  bie  Siacfyridpten  über  tyn.    Saffen 
toir  ben  ©rief,  ber  ben  Flamen  SßotyfarbS  trägt,  junäc^ft  einmal  roeg,  fo  citiert  JrenäuS 
(Adv.  haer.  V,  28,  4)  ben  93rief  beS  3gnatiu3  an  bie  9tömer  mit  ben  SBorten:    „a)s 
tbii  Tis  xa>v  fffietiQtov  did  xr\v   Jiqog  &eöv   juaQxvgiav   xaxaxQidelg  jtgög  jhjgia" 
unb  CrigeneS  im  Prolog  jum  fjofyen  Siebe  ebenfalls  ben  9tömerbrtef  (Ed.  Delarue  III,  ao 
:M)  A)  unb  ertoäfynt  §om.  6  &um  SulaS  (Delarue  III,  938  A)  ben  39natiuS  mit  ben 
SBorten :  „KaXax;  fa  fuq  xcbv  /udgxvQog  xivog  imoxokcov  yeygajtxai  .  .  .  toi»  Iyrd- 
uor  leyw,   xov  juerd  xöv   fiaxägiov  rihgov   xijg  'Avxio%eiag   devxegov   Inioxonov, 
tot  h   np  duoy/Mp  h  PdtjuLfl   dtjQiois   imfflodiitrvov" \    3Ke^r   tuetfe   auc^  Gufebiu^ 
nic^t ;   xoqA  er  fonft  er#tylt,   ift  ben  ©riefen  entnommen.    3)ie  Sifte   ber   antioc^enifc^en  86 
»fc&dfe  tn  ber  ß^ronif  (ed.  ©<$öne  II,  158)  unb  ber  Äirctyengeföidjte  (III,  21,  22)  ift, 
namentli^  toa*  bie  Zeitangaben  betrifft,   unftc^er  0>gl.  bie  genauen  Unterfuc^ungen  bon 
8b.  £arnacf,   2)ie  3«t  be«  ^gnatiu«,  Sei))jig  1878),  bod^  toirb  auety  ^ier  bem  3gnatiu^ 
bie  gtpette  ©teile  nac^  $etntö  angeioiefen.   2)a  ber  gtoifc^en  ^gnatiu^  unb^etru^  fte^enbe 
(ruoburö  ein  3Rann  toar,  bon  bem  niemanb  ettoaä  tou^te,  oerliert  er  fid)  fbäter,  unb  e^  40 
bilbet  fu^  bie  Xrabition,  bafj  $etru^  unmittelbar  ben  ^gnatiu^  eingefegt  ((S^foftomu$, 
bie  $af($a4ronit,  2^eoboret),  toäljrenb  bie  Constt.  app.  VII,  46  gtotfe^en  beiben  Zxa* 
btüonen  fo  bermitteln,  ba^   [\t  ^Jetru«  erft  ben  ßuobiu«,  bann  ben  ^flwUiuä   einfegen 
(offen,    ©anj  mertlod  unb  blofee  fagen^afte  3)ic^tung  finb  bie  Angaben,  ^gnatiu^  fei  ba^ 
Jtinb  getoefen,  toelc^e«  ber  $err  9Wt  18,  4  ben  Jüngern  ate  3Jorbilb  auffteflt  (eine  offcn=  46 
bar   au£   bem  9tomen  X^eo^oruö   gebilbete  ©age  bei  ©imeon  -äJtetapbrafteS   AA.  SS. 
1.  Febr.,   bie  fi<$  bann   bei   SSincentiuS   Bellov.    Specul.   Hist.  X,  57  noc^   toeiter 
ba^tn  Mrau^erlid^t,   er  ^abe  ben  sJiamen  S^rifti   mit  golbenen  Sucfyftabm  gefc^rieben  im 
&nyen  getragen)  unb  fei  ein  ©d^üler  beS  3oi?anne3  getoefen  ober  beS  ^ßetruS  u.  bgl.  m. 

$huf)  bie  Acta  martyrii  bed  ^gnatiuS  finb  in  jeber  ©eftalt  al^  ^tftorifdje  Quellen  60 
attfyigebau  9Bir  beftfeen  jtoei  bon  einanber  ganj  unabhängige  Martyrien,  nämlid;  1.  ba$ 
M.  Colbertinum,  loelc^ed  juerft  U^f^er  1647  in  einer  barbarifc^en,  aber  fe^r  treuen  latei= 
nif^en  Überfe^ung  herausgegeben  fyat,  fpäter  9luinart  (Acta  raart.  sine.  1689)  griec^ifc^ 
aus  einem  cod.  colb.,  unb  loeld^eS  ibentifd^  ift  mit  ber  bon  Gureton  (Corp.  Ign. 
p.  222  sq.,  252  sq.)  ftücttoeife,  bon  3Jtöfinger  ( Supplement  um  Oorp.  Ign.  Oeniponti  66 
1872)  boflftänbia  herausgegebenen  f^rifd^en  Überlegung ;  unb  fobann  2.  baS  M.  Vatica- 
num#  toeld^eS  treffet  nac^  einer  cod.  Vatic.  herausgegeben  bat  (PP.  App.  p.  368  sq.), 
na^bem  föon  USf^er  einen  loenig  abtoeic^enben  $<#  aus  einer  Djforber  ^anbfe^rift  t>er* 
öffemli^t  fjttiU.  2)a)u  fommen  bann  einige  Martyrien,  in  benen  bie  beiben  genannten  behält; 
«Mlftig  älteren  jufammengearbeitet  fmb,  nämlid^  3.  eine  lateinische  Vita  Ignatii  in  ben  w 

ntü^mc^tlapAbit  für  X^tologl«  unb  ftfrfte.    8.  «.  IX.  ± 


50  ftgnattuS  **»  ütitio^tett 

AA.  SS.  Febr.  I,  29  sq.,  ibentifc^  mit  ber  Don  USföer  au«  einem  Cod.  bibl.  Cotton. 
gegebenen ;  4.  ein  atmendes  ÜRartyrium  bei  Leiermann,  unb  enb(i$  5.  bie  Bearbeitung 
bcS  Simeon  9Hetat>I?rafteS.  (Sine  fetyr  forgfame  SluSgabe  ber  9Rartyrien  &at  3<*fa  (PP. 
ap.  Opp.  Ed.  post  Dresselianam  alteram  tertia,  Lipsiae  1876)  beforgt,  unb  flxa 

sgicbt  er  S.  301  ff.  juerft  boS  colb.,  bann  baS  vatic,  julefct  baS  Sym.  Metaphr.,  &gL 
aufterbem  Sig&tfoot,  the  Apost.  Fathers  II,  1,  363  ff.  2tuc&  baS  Martyrium  Col- 
bertinum  (Don  ben  anberen  tann  ofynetyin  leine  SRcbc  fem)  ift  jefct,  nacfybem  ltyOborn 
(3eitfc$r.  f.  tyift.  Ityeol.  1851,  S.  252  ff.),  ausführlich  Safyn  (SgnatiuS  Don  3fotuH$ien, 
S.  41  ff.)  unb  Don  fat&oliföer  Seite  ÄrauS  ($üb.  ttyeol.  Quartalfdfrr.  1873,  ©.  115  ff.) 

m  feine  Unedjtfyeit  nactygetoiefen,  jiemlid^  aDfeitig  aufgegeben.  9lud&  gun!  PP.  Apost 
Proleg.  LXXVIII  erflärt  eS  für  unecht.  SDte  Unetyfyeit  betoeifen  bie  SBiberferfid&e 
ätotfdjen  bem  üRarttyrium  unb  ben  ©riefen,  bie  Dielfacty  unfjiftorifd&en  angaben  beS  3Rar* 
tyriumS  unb  ber  Umftanb,  bafe  eS  feinem  ber  älteren  Sd&rtftfteller,  au$  (SufebtuS  ntc^t, 
belannt  getoefen  ift.    ©or  bem   5.  ^a^unbert  fann  baS  SKartyrium   nid&t   entftanben 

16  fein.  So  fmb  toir  lebiglic^  auf  ben  Snfyalt  ber  ©riefe  bcrtoiefen.  SJiefe  fefcen  DorauS, 
ba(*  ^gnatiuS,  in  Slntiocfyien  ad  bestias  verurteilt,  ftd&  auf  bem  3Bege  nad)  9tom  Be* 
finbet,  um  bort  ben  lob  ju  erbulben.  ©ben  toätyrenb  biefer  Steife  foHen  bie  33riefe  ge* 
fetyrieben  fein. 

3m  gangen  beftyen  toir  15  ©riefe,   toelcfye  ben  SRamen  beS  SgnatiuS  trafen,   aber 

»offenbar  fefyr  Derföiebenen  SllterS  unb  2BerteS  ftnb.  Sieben  Don  biefen  (nämlufr  1.  ad 
Ephesios,  2.  ad  Magnesios,  3.  ad  Trallianos,  4.  ad  Romanos,  5.  ad  Philadel- 
phenos,  6.  ad  Smyrnaeos,  7.  ad  Polycarpum)  finben  ftc$  in  einer  türjeren  unb 
einer  längeren  griecfyifcfyen  SRejenfion  Dor.  3)ie  lefctere  fyat  baneben  nod&  fünf  anbere  ©riefe 
(8.  ad  Mariam  Cassobolitam,  bem  ein  ©rief  berfelben  an  SgnatiuS  beigefügt  ift,  9.  ad 

26  Tarsenses,    10.   ad   Antiochenos,    11.  ad  Heronem,    diaconum    Antiochenum, 

12.  ad  Philippenses).    (Snblicty  ejiftieren    nod)  brei  nur  in  latemifdfrem  lejte,  nämlub 

13.  unb  14.  jtoei  ©riefe  ad  S.  Johannem  unb  15.  ad  S.  Mariam  Virginem,  bem  fty 
eine  Responsio  B.  Mariae  V.  ad  Ignatium  anfd&liejjt.  2ßo$rfd&einlic$  ftnb  biefe  gong 
toertlofen ©riefe  urftminglicfy  lateinifdj  Derfajjt.   SBieber  abgebrueft  ftnb  fte  u.a.  bei  üfon, 

30  PP.  ap.  p.  297  sq. 

Hon  ber  förderen  griectyifd&en  SRejenfion  (G1)  befifcen  toir  nur  eine  £anbfc$rift,  ben 
Cod.  Mediceo-Laurentianus  unb  jtoei  Slbfcfyriften  berfelben,  ben  Cod.  Casanatensis 
unb  ben  Cod.  Barber.  3)ann  giebt  eS  eine  lateiniföe  ©erfton,  bie  guerft  USföer  (1644) 
herausgegeben  i}at  mit  ©enüfcung  jtoeier  6obb.   beS  Montacutianus  unb  beS  Caiensis, 

36  Don  benen  nur  nod}  ber  lefctere  Dorfyanben  ift.  Sie  ift  fe$r  genau  unb  für  bie  $erfteflung 
beS  IqteS  bebeutfam.  gnbli$  ift  eine  ftyriföe  Überfefcung  nur  nod&  in  Fragmenten  be* 
fannt,  Dollftänbig  bagegen  eine  aus  biefer  fbrifctyen  gefloffene  armenif(^e  Überfe^ung,  toeb^e 
bon  bem  armenifc^cn  ©ifc^of  3Wena«  in  «onftantinopel  1783  herausgegeben  unb  ö«m 
Leiermann   forgfam   berglid^en   ift.     ©nblicty  ift    nod^  ein  gragment  einer   foptotfa^t? 

40  bijc^en  Überfe^ung  borfyanben,  ba«  Sig^tfoot  II,  862  mitgeteilt  fyrt.  ©er  SWinerbnef 
allein  finbet  ftety  auc^  in  bem  Cod.  Colbertinus,  ber  baS  9Wart^rium  enthalt,  unb  m 
ber  Don  SBöfinger  (Supplementum  corporis  Ignatiani,  Oeniponti  1870,  p.  1  sq.) 
herausgegebenen  ftriföen  Überfe^ung  beS  SKart^riumS.  35iefe  fürjere  Slejenfton  tourbe 
guerft  lateinifd^   üon  Ueffyer  1644,  bann  griec^ifc^  a\x$  bem  Cod.  Mediceus  toon  3foaf 

46  ©offtuS  1644  herausgegeben.  3)cr  toeiteren  SluSgaben  ftnb  ju  mele,  um  fte  ^ter  aunu« 
&äl?len.  ©ie  forgfamften,  mit  ©enü^ung  beS  ganjen  Materials  unb  naep  richtigen  nt« 
tif^en  ©runbfä|en  beranftalteten  3luSgaben  fmb  bie  öon  3a^n  u*rt>  SigW^ot 

©on  ber  längeren  interpolierten  griecfyiföen  SRejenfion  (G*)f  befi^en  toir  mehrere  6o* 
biccS  (aufgejagt  bei  Safjn,  Prolegom.  XIX  unb  #arnadf,  bie  Überlieferung  unb  ber  Se» 

60  ftanb  ber  altc^riftlicfyen  Sttteratur  S.  78)  unb  eine  latcinifcfye  Überfe^ung  ebenfalls  in  einer 
Steige  Don  £anbf$riften.  3)ie  oben  ertoä^nte  armenifc^c  Überfefcung  enthält  aud^  bie  ber 
längeren  SRejenfion  beigefügten  ©riefe,  herausgegeben  ift  biefe  längere  Stejenfton  jueeft 
1557  Don  SßacäuS  unb  unabhängig  Don  tfym  1559  Don  Slnbr.  ©ejjner,  fpäter  bim  S)teffei, 
Gureton,  ^etermann,  am  genaueren  Don  3^n  PP.  ap.  p.  173  sq. 

66  ßnblic^  fmb  in  neuerer  3^it  brei  ©riefe  (ad  Ephesios,  ad  Romanos,  ad  Poly- 
carpum) in  einer  nodj  förderen  $Re$enfion  als  G1,  jebod^  nur  in  fVrifd^er  Überfe^ung, 
aufgefunben  unb  juerft  Don  ßureton  (The  ancient  Syriac  version  of  the  Epistles 
of  S.  Ignatius,  Sonbon  unb  ©erlin  1845)  naefc  jh>ei  in  ber  nitrifd&en  SBüfte  1839  unb 
1843  gefunbenen  §anbfc^riften,  f^ätcr  mit  ©enu|ung  einer  britten,  1847  entbedften  fynib* 

on  fcfyrift  genauer    im  Corpus  Ignatianum    (a  complete   collection  of  the  Ignatiaa 


SguattnS  nott  8nttod)tcn  51 

Epistles  etc.,  ©erlin  1849)  fyerauSgegeben,  aucfy  ber  griectyifcfye  £ejt  banacty  fyergeftellt 
(S).  Auf  @runb  ebter  neuen  Kollation  ftnb  fte  bei  Sigfytfoot  II,  657  abgebrudft.  feine 
retd^alttge  üJtaterialienfammtung,  namentlich  roaS  bie  orientalifdjen  ©erftonen  anlangt, 
bietet  $etermann  S.  Ignatii,  epistolae  collatis  edd.  graecis,  versionibusque  Sy- 
ritca  Armeniaca,  Latinis,  Lipsiae  1849.  Eine  9ia$lefe  fyrifcfjer  Fragmente  ftnbet  r, 
fty  iuk^  ht  2anbS  Anecdota  Syriac.  I,  32  sq.  unb  bei  SRöftnger  a.  a.  D. 

Sei  ber  großen  ©ebeutung  ber  ignatianifd&en  ©riefe  für  bie  ältere  Stird&engefd}ic$te, 
namentlich  bie  ©ef$t$te  ber  ©erfaffung,  ift  bie  $rage  na$  tyrer  @d}tfyett  fefyr  biet  ber- 
fcnbeit,  gumal  ba  fte  btm$  bie  fcorfyanbenen  toerftyebenen  Slebaftionen  noety  Dertoicfelter 
tombe,  tnbem  bie  grage  nad&  ber  (Soweit  bie  ©rlebigung  ber  ©orfrage,  freiere  SKebaftion  io 
als  bie  urfrrünglicbe  an  jufefyen  ift,  öorauSfefete.  ©ie  © e f d? i d; t c  ber  Äritil  jerfäQt  in 
brei  $erioben.  3)ie  er  fte  reicht  bis  jur  Sluffinbung  bcr  SRejenfton  G1.  gn  biefer  fy\t 
toirb  toenigftenS  bog  ©rgebniS  getoonnen,  bafc  bie  brei  nur  lateinifety  fcorfyanbenen  ©riefe 
als  entföieben  tutest  aufgegeben  toorben.  ©elbft  ©aroniuS  fyat  fte  fallen  laffen.  ©onft 
bleibt  baS  Urteil  fd&toantenb.  SSä^renb  bie  fattyoliföen  Ideologen,  3. 33.  Wartung,  ©aro* 15 
ithtS  (a.  109,  19),  ©ellarmin,  fämtltd^e  ©riefe  in  ber  längeren  SRejenfton  für  tfy  er* 
Bären,  $ö$ftenS,  hrie  SDtartialiS  SRafträuS,  einzelne  Interpretationen  jugeftetyen,  ftnb  bie 
$roteftanten  geneigt,  fte  fämtlicfc  ju  öermerfen.  60  inSbefonbere  bie  9Magbeburger  6en* 
tarien  unb  Galtrin  (Inst.  I,  13,  29),  mätyrenb  9?if.  ©ebeliuS  (Apologia  pro  Ignatio, 
Genevae  1623)  bereits  bie  ©e^auptung  auffteQte,  nur  bie  fieben  fcon  (SufebiuS  ermähnten  20 
©riefe  feien  e$t,  aber  in  bem  öorliegenben  2*£te  interpoliert.  3Jlit  ber  Verausgabe  ber 
Ke^enftän  G"  beginnt  bie  atoeite  $eriobe.  3)ie  fünf  fcon  ©ufebiuS  nid^t  genannten 
©nefe  (8—12  ber  obigen  Slufjatylung)  toerben  als  unecht  ausgegeben,  unb  bie  Stejen* 
fbn  G1  allgemein  als  bie  bem  urfprünglid&en  ftqrte  nä^er  ftefyenbe,  bie  Sttejenfton  G  * 
als  interpoliert  erfannt.  3"^  $*t  no$  3Wrier  G1  $u  öerteibigen  gefugt  in  ben  ©tÄ  25 
1836.  9atd&  ben  ©iberlegungen  bon  SRotye  (Anfänge  ber  d&riftlicfyen  Kirche,  ©.  735  ff.) 
unb  Äntbt  (Stft  1839,  I)  unb  nad&bem  3atyn  ßgnatiuS  toon  Stationen,©.  116 — IG7) 
att  3*  ***  ^älföung  bqte^ungStoeife  Interpolation  bie  jtoeite  §älfte  beS  4.  Safytyun* 
ber»  nai^getotefen  fyd,  barf  biefe  grage  als  für  immer  erlebigt  angefetyen  werben.  Sa- 
gegen bleiben  bie  2lnftc$ten  über  bie  Scheit  ber  ©riefe  in  ber  töejenfton  G1  auefj  in  biefer  30 
3at  geteilt.  3n  älterer  .Seit  mürbe  bie  6$ttyeit  bestritten,  u.  a.  fcon  ©almafiuS,  3)aüäuS, 
bertetbigt  namentlich  öon  $earfon  (Vindiciae  Ignatianae  Cantabrig.  1672).  %\\  neuerer 
3«it  traten  für  bieß^t^eit  ein:  SRot^e  (a.  a.D.),  Rüther  (3^  1841,  IV)  unb  Düfter* 
bierf  (De  Ignatianarum  epistolarum  authentia,  Goettingae  1843).  s^Bertoorfen 
tourbe  pe  bor  allem  Don  ©aur  (Über  ben  Urforung  beS  @pif!opatS,  18:58,  6.  117  ff.),  35 
ba  fte  in  ber  §t\t  nac^  ber  Witte  beS  2.  3al?rfyunbertS  ju  bem  fttotdt,  bie  fat^olifd^e 
ißn^e  )u  befeftigen,  Derfafet  fein  lä^t.  auf  ©aurS  Seite  traten  ©d^toegler  (sJ?a$a}>oftol. 
Zeitalter  II,  159  ff.),  toä^renb  9?eanber  (Ä©  I,  1140)  ^roar  im  allgemeinen  bie  ©cfytfyeit 
ber  (ärgeren  Stegenfton  anjuerlennen  geneigt  mar,  aber  mit  ber  @inf$räntung,  bag  auefy 
fie  Don  b^eutenben  2^tte^)olationen  nid^t  frei  fei.  40 

3n  bie  britte  Sßeriobe  traten  bie  ©er^anblungen  burefy  bie  äuffinbung  ber 
tejeften,  forif$en  Slegenfton  ber  brei  ©riefe  an  bie  SRömer  unb  (Sp^efer  unb  ^olty* 
Utap.  2)er  erfte  Herausgeber  berfelben,  Sureton,  jprac^  gleich  mit  DoQer  ©eftimmtbeit 
bie  Snfk^t  aus,  ba^  nun  bie  toirflic^  eckten  ©riefe  aufgef unben  feien,  bie  bann  $u 
0vnßen  ber  fiteren  tirilieren  Se^re  öon  ber  ©ott^eit  Sfyrtfti  unb  ber  ffäteren  fird^^  46 
U$en  ©erfaffung  entf^red^enb  umgearbeitet  unb  burefy  iner  ganj  untergef^fobene  ©riefe  an 
bie  Wagnefter,  ©m^ntäer,  ^ilabetytyener  unb  IraHier  ergänjt  feien,  eine  2lnfi$t,  für  bie 
in  Deutfälanb  Sunjen  mit  me^r  ©egeifterung  als  ©rünblic^teit  burd^  jtoei  Schriften  (Die 
bm  tdftm  unb  toier  unechten  ©riefe  beS  3ö"^iuS  t>on  3lntioc^ien,  Hamburg  1847;  S9"«5 
find  10m  Sntuxtyien  unb  feine  3^.  Sieben  ©enbfd^reiben  an  Dr.  Sluguft  sJieanber,  $am*  w 
b«q|  1847)  ©oben  ju  gewinnen  fud^te.  Xtt  Umftanb,  baft  bie  bisherigen  ©erteibiger  ber 
fmfe  boc^  manche  ©<t;roierigleit  in  ber  ^He^enfton  G1  anertennen  mußten,  bie  burd)  S 
groben  fc^ien,  bafj  umgete^rt  biejenigen,  meldte  bie  ßcbtfyeit  bestritten,  boc^  ftd^  bem  6in= 
Hndv  ed  möae  biefieid^t  ht  ben  ©riefen  ein  ed&terÄern  ftedten,  nid^t  ganj  entgie^en  fonnten, 
tarn  biefer  9utfk$t  }U  ^ilfe.  SS  fd^ien,  als  fei  ber  2öeg  ber  ignatianifäen  gorfc^ungen  66 
bcr,  baft  auS  einem  btelfa$  mit  jüngeren  @d^id^ten  umlagerten  jtern  biefer  Stritt  um 
Stritt  ^erauSgef^ält  merbe,  unb  nun  in  S  gefunben  fei.  @o  erflärten  fic^  au6  eine 
Habe  mm  beutfd^en  ©eierten  für  bie  @tf>tbctt  beS  (£\mx$,  ^(ttfcbl  (gutfte^ung  ber  alt- 
Utboüfc^m  «tni^e,  2.  «ufg.,  6.  403  ff.),  2Bei|  (»teuterS  ^Kepertorium  1852,  III),  ©ö^ 
(Jtm$engef$i$te  in    ©iogr^ien,   2.  Ausgabe  I,  1,  16).    9lm   auSfü^rlid^ften  eo 


52  3gnattn«  nott  ftttttodjtett 

unb  grünblidtften  &at  2tyfw«  (3&XI)  1856,  ©.  3  ff.)  biefc  anficht  begrünbet.  »et  ben 
meiften  fanb  biefelbe  jeboety  SBiberforudj.  Säur  (Die  ignatianifd&en  »riefe  unb  i$r 
neuefter  Krittler.  (Sine  ©trettfetyrift  gegen  §errn  »unfen,  Tübingen  1848)  unb  $Ugefc 
felb  (SDie  apoftolifeben  »äter,  £aUe  1853,  ©.  274  ff.)  traten  für  bie  Urjbrünglicfctett  ber 

6  9tejenfton  Gl  berglictyen  mit  S  ein,  boefy  fo,  bafe  fte  aud&  in  biefer  bie  »riefe  für  unter« 
gehoben  crflärten.  £efcle  (PP.  Ap.  ed.  3  Proleg.  LVIII),  Denjinger  (Über  bie  @d)U 
fyeit  be«  bisherigen  Serie«  ber  39™*"*™?^  »riefe,  2Bürjburg  1849),  Utytyont 
(3$t$*  1851,  I  unb  II),  ^etermann  (a.  a.  D.)  erflärten  ftcfc  jugletcfc  für  bie  <k$U 
fyeit  ber  »riefe  in  ber  ©eftalt  G1.    Der  »etoei«,   bajj  S  nur  ein  SluSjug  au«  Gl  ift, 

loben  Den&mger  unb  Utylborn  befonber«  babunty  ju  führen  fugten,  bafc  fte  ben  bcRerat 
3ufammenbang  bei  G1  bagegen  ben  Mangel  be«  3ufammenlanfld  &S  S  na$getotefen, 
ben  bann  9Kerj  (Meletemata  Ignatiana  1861)  baburety,  bafc  er  ba«  »ortyanbenfein  einer 
tyrifcfyen  Überfefcung  ber  boUftänbigen  »riefe  naebtoie«,  unb  namentlich  3a^n  baburc^  er* 
gänjte,  bafe  er  bie  ©efebietyte  ber  forifd&en  »erfton  genauer  berfolgte  unb  bur$  eine  fefa 

i6forgfame  Unterfucfyung  (3gnatiu«  bon  2lnt.  ©.  167  ff.)  ade  borjpmbenen  Überrefte  ber 
»riefe  in  foritöer  Sprache  auf  eine  Überfefcung  (nid&t  tt>ie  3Werj  atoei)  jurüdfü^rte,  »on 
ber  auety  bie  ^ejenfton  S  nur  Fragmente  enthält,  barf  jefct  al«  boHftänbig  geführt  an« 
gefeiten  toerben.  -Kidjt  nur  fmb  leine  neuen  »erteibiger  für  S  eingetreten,  fonbern  aud) 
mehrere,  bie  früher  S  borgejogen,  fyaben  benfelben  jefct  aufgegeben,  toie  u.  a.  Ötyftu«  (Ü^er 

20  ben  Urforung  be«  ßfyriftcnnamen«,  1873,  ©.  7)  unb  2igfytfoot.  Da«  ganje  auftreten  ber 
^Re^enfton  S  ift  nur  eine  gegenwärtig  beenbigte  Gtyifobe  in  ber  ©eföid&te  ber  ignatianifefcn 
Äritif  getoefen,  unb  man  barf  fagen,  bicjrage  liegt  jefct  fo:  ©nttoeber  bie  »riefe  ftnb  in 
ber  SRejenfion  G1,  toie  fte  ber  Cod.  Mediceus  bietet,  im  toefentlictyen  unberborben  er* 
fyaltene  ed&te  »riefe  be«  anttocfyenifcfyen  »ifctyof«,   ober  hnr  beftyen  überhaupt  feine  »riefe 

25  bon  bemfelben,  unb  fyaben  e«  mit  einer  faäteren  giltion  $u  tyun. 

darüber,  toelcfye  bon  biefen  beiben  älternatiben  bie  richtige  ift,  toä&rte  ber  ©treit 
noety  fort.  3n  ityrem  gamen  Umfange  tourbe  bie  3frage  bon  &af)n  (3gnatiu«  bon  3lnfc 
ocfyien)  befyanbelt  unb  &u  fünften  ber  ßctytfyeit  entfcfyteben.  ©egen  tyn  traten  £ilgenfelb 
(3tt)^1874,  ©.  99)  unb  Steint  (3lu«  b.  Urd&riftentum,  3ürid&1878,  ©.  115)  auf,  toafc 

aorenb  SHenan  (Journal  des  savants  1874,  ©.  38)  nur  ben  SRömerbrief  für  e$t  gelten 
laffen  tooHte.  eine  gan$  jeltfame  §^otbefe  ^at  »ölter  (Die  Sofung  ber  ^gnatiu^fragc, 
Theol.  Tijdschr.  1886,  114—136)  aufgeteilt,  äuc^  er  trennt  ben  SRömerbrief  bon  ben 
anberen,  toä^renb  aber  Slenan  ben  SRömerbrief  für  ec^t  erllärt,  bie  anberen  für  unecht, 
fel;rt  »ölter  ba^  SJer^ältnid  um.    3)er  SRömerbrief  foH  unecht  fein,  bagegen  bie  anberen 

36  ecfyt,  aber  nicfyt  Don  bem  »ifc^of  ^g^öttu^  ftammen,  fonbern  bon  einem  Saien  um  150 
gefd^rieben  fein,  ioä^renb  ber  9tömerbrief  einige  %cfyxt  jünger  ift.  SSeiter  au^gef)>onnen  tyd 
»ölter  biefe  £$>otyefe  in  feiner  ©d^rift,  Die  3gnAtianifäen  »riefe  auf  i^ren  Urftmmg 
unterfud^t  (Tübingen  1892).  Darnac^  foD  ber  Stömerbrief  Snbe  be«  2.  Satyr&unbertS  ge« 
^rieben  fein  in  ber  2lbfid>t,  einen  3JlärtVrerbifc^of  ju  jeid^nen,  toie  er  fein  foH,  um  bamit 

40  ^sropaganba  für  bie  fatl)olt[d?e  Äirc^c  gegen  ben  9Jtontani$mu$  ju  machen.  Der  »erfajfer 
ber  anberen  »riefe  ift  Peregrinus  Proteus  in  feiner  c^riftlic^en  Sßeriobe,  e^e  er  6t?ntfer 
tourbe.  ©incr  SBiberlegung  bebarf  biefe  ^ot^efe  faum.  Der  ^auptgrunb,  auf  ben  ft$ 
Wolter  ftü^t  unb  ber  in  bem  angeblichen  Unterfc^ieb  jioifd^en  bem  Stömerbrief  unb  ben 
anberen  »riefen  befielt,  ^at  §amadf  (2^23  1894/  ©•  74)  genügenb  jurüdfgetoiefen.   3m 

46  ganzen  barf  man  toofyl  fagen,  bafe  bie  Stimmen  für  bie  @<$tl?eit  ber  »riefe  fid&  mehren. 
äuf[er  3a^n  tyit  namentlich  2ig^tfoot  biefelbe  einge^enb  begrünbet.  3lud&  Sl^biQe  (Rev. 
de  Thistoire  des  relig.  XXII,  ©.  1,  123,  267),  gunf  (Die  ©d^tbeit  ber  ign.  »riefe 
1883)  unb  »arbenbetoer  (5|Jatrologie  ©.  66)  \pxttyn  ftcfy  bafür  au«  unb  bie  bogmen- 
gefd^ic^tlic^e  Unterfuc^ung  oon  b.  b.  (Solfe  (3gnattud  bon  Slntiod^ien  $U,  XII,  3)  ift  t^r 

60  günftig.  ^arnaef  fyat  ben  »erfuc^,  bie  »riefe  in  bie  legten  Qa^re  be^  ^abrian  ober  bie 
erften  ga^rc  be«  2lntoninu«  $iu$  ^erab^urüdten  (Die3^tt  be«  3-)^  föt  aufgegeben  (Die 
G^onologie  ber  altd^riftl.  2itter.  I,  ©.  406)  unb  fid?  ba^in  entfe^ieben,  ba^  bie  30^* 
tiu^briefe  ec^t  unb  gegen  6nbe  ber  Regierung  Xrajan«  (110—117),  bietteic^t,  bod^  ntc^t 
loa^rfc^einlic^,  ettoaS  fpäter  berfafet  ftnb. 

66  ©egen  bie  (Scheit  ber  »riefe  (eS  ift  je^t  immer  nur  bie  SRejenfton  Gl  gemeint) 
toerben  fyauptjäcfylid)  folgenbe  ©rünbe  angeführt:  1.  Da«  ben  »riefen  ju  ©runbe  liegenbe 
ftaftum  ift  unbiftorifd^.  2lHein  loenn  man  biefe«  gaftum  nic^t,  toie  früher  »aur  getban, 
atö  ben  unechten  3Kärt^reraften,  fonbern  au«  ben  »riefen  felbft  föityft,  entf)>rid^t  e«  bältg 
ben    3e^ber^ältniffen.    Dafe  unter   Srajan   G^riften  ben  3Rärt^rertob  ftarben,   ift   b^ 

oofannt;    aud^  ba^  3dna^u^  bon  bem  Statthalter  in  Slntioc^ien  ad  bestias   berurtettt 


3gttattti«  tun  9(tttiorf)te«  53 

tottb,   tonn  nicfyt   bebenflicty   machen,    ba    foletye  ©erurteilungen  fcfyon  bei  .§crma«   (Vis. 

III,   2)    fcorlommen,    unb    toenig    f^äter   fogar   jatylreicfye   ©etftnele   Dorltegen.    6ben- 

fotoenig   tonn    betmftanbet  toerben,   bafj  Iggnatiu«  na$  &om   gebraut  tohrb,   um   bort 

ju  fterben.      2)a3    ©efefc,    toeI$e«  ben    Statthaltern   unterfaßte,   ©erurteilte   ex    pro- 

vinda  in  provinciam  gu  fctytdfen,    tft   erft  Don  ©efceru«   unb  2lntomnu«,   toofyl   no$  5 

(päter  bod  @efe$,  toel^e«  ben  2tom«l>ort  foie^er  ©efangenen  nad&  9tom  regelte  (Dig.  lib. 

XLVTII,  tit.   19,  1.  31).    ©on  ber  ©etoilligung  be«  Äaifer«  fying  eine  fold&e  ©enbung 

bamal«  nod}  nic^t  ab,  unb  e«  !ann  be«fyalb  aud^  nicfyt  ber  milbe  ©inn  be«  Xrajan,    tote 

« in  bem  ©riefe  an  ben  $lmiu«   tyertoortritt,   bagegen  angeführt  toerben,  ba  ber  Äatfer 

ton  ber  ganzen  ©ad&e  fctytoerlicty    ettoa«  erfuhr.    SDte  Seiferoute  fyat  ebenfotoenig  ettoa«  10 

uRtoa^rf$einK$e$  tote  ber  Umftanb,  bafj  3öna^ug.unierh>e9^  bk  greiljeit  fyatte,  mit  ben 

Sememben  £ii  berfe^ren  unb  ©riefe  $u  f^reiben.   $tynlid&e  ©eifpiele  ftnben  fiefy  bei  fiueian 

de  morte  Peregrini  unb   in  ben  3l!ten  ber  Perpetua   unb  fteltcita«.    2)ie  Situation, 

tod$e  ber  SRömerbrief  Dorau«fe$t,  nämlid&  bie  ©eforgni«  be«  3Sgnatiu«,  bie9tömer  motten 

mx$  ©$ritte  311  fetner  Befreiung  ttyun,  erllärt  ftd&  fetyr  einfach  au$  bem  9te$t«fafce,   bafj  16 

JtypeBaiumen  au$  Don  anberen,  felbft  gegen  ben  SBillen  be«  ©erurteilten,  eingelegt  toerben 

brauen   (fcgl.  L.  6  D.  de   appellationibus    et  relationibus).    2luc^    ben   römifetyen 

(Sänften  fkonb  ber  2Beg  einer  äJtyeHation  an  ben  Äaifer  no$  offen.    3)iefe  gan^e  Klaffe 

txm  ©egengrünben  mödjte  gegentoärtig  toofyl  al«  erlebigt  angefetyen  toerben  bürfen.   2.  „2)ie 

$erfönüdjf«it  be«  3gnatiu«,   toie  fte  in  ben  ©riefen  erlernt,  fttmmt  toeit  mefyr  mit  ber  20 

Sorauäfefcung   einer  abftctytlictyen  Srbictytung   al«    einer  totrlltctyen  ©efd&td&te   mfammen" 

(Baur);    namentlich  tft  e«  bie  „offerierte  35emut"  unb  ber   „falfttye  SKärtyrerljerotemu«'' 

be*  3gnatiu3,    ber  Slnftofj  erregen  mufe.    2)iefer  ©egengrunb,  ben  am  ftärfften  ©unfen 

geltenb  gemacht  tyü,   tft  neuerbtng«  metyr  jurüdfgetreten.    @r  ift  auefy  offenbar  fefyr  fub- 

jettto   unb    toenig  jur  (Sntföeibung  geeignet,   toie  ftd&  fd&on  barau«  ergiebt,   bafj  Slotfye  25 

(a.  a.  D.  ©.  715)   gerabe   umgelegt  urteilt.    SRot^e   erblidft  überall  ba«  ©e^räge  ber 

Sctytyeit,    unb  flmc^t  fogar  jebem,  ber  biefeS  nid^t  mit  ibm  erlennt,    alle  ^ä^igteit  ab, 

f^riftfteflenfe^e  3nbtotbualitäten  gu  erlennen.   S^nlid^  urteilt  £arnadf  (ß^ronol.  ©.  389) : 

3<ber9rief  tji  eine  3nbitribualität  für  ft(^  unb  Ijängt  boc^  mit  ben  anberen  auf«  tnnigfte 

fufammen.     3)er  SRömerbrief  ift  ba«  eigentümlid^fte  ©^reiben,   er  jeigt  am  beutlid^ften,  so 

ba&  bie  Sriefe  nt(^t  Don  einem  Itinftli^en  ©d^ema  be^errfc^t  ftnb.  2)er  9lame  %tyopf)oxvi$ 

unb  ft>qidl,  bafi  3öna*iu«  ftc^  felbft  biefen  Jlamtn  beilegt,    toortn  §ilgenfelb  neuerbing« 

einen  befonber«  ftarfen  ©runb  gegen  bie  Scheit  ber  ©riefe  gefe^en  Ijat,   lä|t  ftd^  burd^- 

au«  unanftöfpg  ertlären.    3.  Sebeutfamer  ift  ber   au«  ber  Seftreitung  ber  ^äreften  ent^ 

mmtmene  ©runb.    ®«  fotlen  in  ben  ©riefen  §äreften  beftritten  toerben,  bie  emer  fpäteren  86 

3eit  al«  bem  Anfang  be«  2.  S^^wnbert«  angehören,  ©treitig  ift  junäd&ft  fc^on,    ob  in 

ben  ©riefen  jtoei  t>erf(^tebene  §äreften,   eine  gnoftifdfcbotetifctye  unb   eine  jubaiftifd^e,   be= 

lampft  toerben,  ober  nur  eine,  ber  bann3üge  beiber  Slrt  eignen  toürben.   ©d^on  $earfon 

(Vind.  Ign.  I,  2)  badete  an  jtoei  §äreften;  $ut^er,  2)üfterbiecf,  §efele  nahmen  nur  eine 

an.     Xit^rltd^   fat  bie   lefttere   Slnftd^t   U^l^orn    nt    begrünben   Oerfud^t   (a.  a.  D.  40 

S.  283 ff.),  toäfaenb  §ilgenfetb  fte  entheben  beftritt  (»«.  ©35.  ©.  230  ff.),  Styfiu«  ba= 

gegen  triebet  auf  eine  $ärefte  gurtieffam.    Sbenfo  fa^t  3a^n  bie  ©abläge  auf  (^gnatiu« 

6. 356 ff.),  gegen  ben §ilgenfeß>  «to^a.  a.D.  ©.  112  ff.)  feine  frühere  »nftd^t  in©$ufe 

genommen  $at.    «u<^  fyaxnai  ($ie  3eit  be«  3ö«fltiu«  ©.  2)  entfd&eibet  ftd^  ba^in,  ba| 

bie  $oIemt!  gegen  gnoftttee  3"le^rer  mit  ber  SBarnung  oor  9Iovdaiof*6g  nic^t«  gemein  46 

^4c    Aber  toenn  man  für  bie  Trennung  geltenb  mac^t,  ba|  bie  jubaiftifd^en  3«Ö«  ntc^t 

mit  ben  anoftifc^en  bei  benfelben  Strle^rern  oereinigt  Oorgelommen  fein  fönnen,  fo  ift  ba« 

geaen  auf  ©teilen  toie  ad  Magn.  8—10,   ad  Phil.   c.  8.  9   &u  Oertoeifen,  too  in  ber 

Ijfat  benfelben  SwI^wn  beiberlei   ©ö^e,  jubaiftifc^e   unb  gnoftif^boletifd^e,   beigelegt 

toerben.  9Rtt  ber  früher  au$  Don  ©aur  Vertretenen  Slnftd^t,  ba|  bie  ©riefe  in  i^rer  ©cfyil=  bo 

benmg  ber^aretiler  bereit«  bie  grojjen  gnoftifc^en  ©^fteme,  namentlich  ba«  oalentinianif^e 

unb  maräontttf^e  Dorau«fe^en,  fte^t  §ilgenfelb  jefct  jiemli^  allein.    2ipftu«  fe^t  ben  oon 

3ö«flttu«  beftrittenen  3)o!ett«mu«  jtoar  fpäter  al«  ©aturnin,  bejeid^net  ifyn  aber  bod^  nod^ 

ab  tafealentmtantfö  unb  rüdtt  gerabe  au«  biefem  ©runbe  bie  ©riefe   in  bie  $t\t  Don 

130—140.    3^  W*  Am  in  ber  ©t^ilberung  ber  §äreti!er  einen  §au})tgrunb  für  bie  66 

teförit  ber  Briefe,  ba  ein   fpäterer  3lu«leger  ein  frühere«  ©tabium  ber  §ärefte  fo  nt$t 

^atte  fc^ilbem  fönnen.    ©0  Diel  motzte  ft(^  einem  oorftd^tigen  Urteil  al«  getoifj  ergeben, 

ba§  bie  Briefe  gefd&rieben  fein  muffen,    etye  bie  ©noft«  m  ber  broljenben  9Kac|t  herauf- 

grtoai^fen  toar#  ate  toelt^e  fte  feit  130—140  erf^eint.  Übrigen«  fennen  toir  bie  früheren 

Stabten  ber  ©noft«  ju  toentg,  um  mit  ©i^er^eit  fagen  ju  lönnen,  ba|  im  erften  3a^r* » 


54  3fl«aiiu£  Don  Sntitfdjte« 

äcfynt  beS  atocitcn  ga^unbcrt^  berartigc  £äretifcr  tote  bie  in  bcn  ©riefen  geföilberten 
nid&t  Dorfyanben  getoefen  fein  tonnen.  $ie  @ntfc$eibung  über  bie  @$t$ett  ober  Une$t$eit 
ber  ©riefe  tann  $icr  nicfjt  liegen,  foQte  aber  bie  (Sctyufeit  ftd&  auS  anberen  ©rünben  er* 
geben,  fo  bietet  bie  ©ctyilberung  ber  £äretifer  in  ben  ©riefen  au$  feine  ©cfctoierigteit 

6  4.  £)ie  $ird?em>erfaffung,  namentlich  ber  G^tffo^at,  gehört  in  ber  SluSbilbung,  tote  tyn  bie 
©riefe  uns  borfütyren,  einer  fpäteren  3*ü  ««•  2fflerbingS  lennen  bie  ©riefe  bereits  ein 
breifad&eS  2lmt:  ©tfd&öfe.  ^reSbtyter  unb  ©ialonen,  ber  gptftopat  ift  bem  SJreSfyterat 
bereits  übergeorbnet  unb  ^9na^u^  kg*  auf  M«f*ä  9lmt  im  ^ntereffe  ber  @in$eit  großes 
©etoidfjt,    2Bie  er  ft$  felbji  als  „av&Q(07ios  eig  hxooiv  xanjQttoßib'os"  be)eic$net  (ad 

10  Phil.  8),  jo  ftnb  feine  ©riefe  boÜ  (Ermahnungen  $um  engen  Sinfd&lufj  an  ben  ©ifd&of,  in 
bem  bie  ©emeinbe  unb  tyre  Sinfyeit  repräsentiert  ift.  Aber  toenn  bamit  bie  ftrdjlutye 
©erfaffung  bei  ggnatiuä  fd&on  über  ben  ©tanb  ber  Snttoidfelung,  ben  toir  bei  StemenS 
SRomanuS  unb  im  Wirten  beS  §ermaS  ftnben,  fyinauSgefctyritten  ift,  fo  ift  fte  boc$  noA 
inerfliefy   hinter  bem  ©tanb  jurüd,   ben  fte  bei  $renäuS  einnimmt.  Qeutliq   laffen Jkp 

16  überall  bie  ©puren  erlernten,  bafc  ber  Gtyiftopat  als  bem  SßreSbtyterat  fibergeorbneteS  Sunt 
noefy  nid&t  lange  beftetyt,  toenn  eS  aud)  batyingeftellt  fein  mag,  ob  äa&n  barin  re#t  bat,  bafe 
er  tyn  auf  Sorten  unbSlften  bef Kranit.  SgnathtS  toeifc  nod&  nidp  bon  einer  atooftolifcfcn 
(Stnfefeung  beSfelben  (au$  mcfyt  ad  Phil.  1),  er  berbinbet  bamit  nodb  nid&t  altteftament* 
lt$e  $riefteribeen ;  bie  ©tfd&öfe  ftnb  no$  nic^t  9tacfyfolger  ber  Styoftel,  fte  ftnb  bie  ©tett* 

20  Vertreter  Gtyrifti,  toäfyrenb  baS  ^reSbtyterium  als  9lac^folger  beS  SfooftellottegS  erfefcint 
Sßätyrenb  f  ebr  balb  ber  (Sptffopat  ben  ^reSbtyterat  ju  geringerem  Slnfegen  nieberbrücfte,  fte^t 
ber  (entere  bei  ggnatiuS  no<$  in  befonberS  fyotyem  Smfe^en,  ein  3"$*"'  bafc  to  SHWof 
ftcfy  noefy  ntcfyt  lange  über  feine  SRityreSbtyter  erhoben  tyat.  Der  Sptfbpat  ift  ©einernte 
amt,  no<$  ntctyt  Äird;enamt,    unb  bte  ©ifööfe  noc$  nic^t  Präger  ber  Se^rtrabition.    „§S 

26  tyanbelt  ftcfy  barum,  gegenüber  centrifugalen  ©trebungen  im  3nnern  einen  £alt  ju  fc^affen 
unb  eine  ©etoäljr  für  bie  Steinzeit  unb  2)auer  beS  GfyriftentumS  nad&jutoetfen.  $*r©erf. 
finbet  fte  in  ber  ßinmütigleit  unb  ©nfyeit  ber  Simelgemeinbe  —  über  fte  reicht  fein  ©Kd 
auf  (Srben  noefy  nid&t  — ;  biefe  Sinmütigfeit  unb  @in|eit  tyat  ifyr  Stüdfgrat  in  ber  Drgani- 
fation,  biefe  tyre  ©J%  an  bem  ©tföof"  (§arnad,  ß^ronol.  ©.  390).    ©am  befonbereS 

so  ©etoid^t  fyat  man  neuerbingS  auf  ben  ad  Smyrn.  8  bortommenben  SluSbrua  xa&oXixj) 
Ixxbjoia  gelegt.  Äeim  fte^t  in  btefem  äluSbrudt  baS  berräterifc^e  SofungStoort,  baS  bie 
©riefe  in  bie  3eit  beS  ßommobuS  bertoeift  (3luS  bem  Urd^riftentum  ©.  118).  ©3  ift  p 
jugefte^en,  ba^  ber  3luSbrudf  ftd^  in  früheren  ober  gleichzeitigen  ©Triften  nic^t  nadbtoeifen 
lä|t,   er  fommt  ^ier  gum  erftenmale  bor  unb  toirb  ^äufig  erft  ettoa  um  180,  als  man 

36  ben  bielgefpaltenen  §äretifem  bie  (Einheit  ber  xa&oJLixrj  ixxXtjota  gegenüber)ufte&en  fit^ 
genötigt  fa^.  Stber  fetyr  ju  beachten  ift  bod^,  bafe  biefer  ©egenfaft  bei  3gnatiuS  ft$  ntc^t 
finbet,  bei  i^m  bielmefyr  bie  lat^olifc^e  Äirc^e  als  einheitliches  ©ameS  ben  ©njelgememben 
gegenübergeftellt  toirb,  unb  bafc  ber  SluSbrucf  nur  ein  einziges  3Dlal  borlommt  SBäxen 
bie  ©riefe  in  einer  3*ü  getrieben,  too  ber  3luSbrudt  lat^oltf^e  Äird&e  toeit  berbreitet  unb 

40  gebräuchlich  toar,  ober  toären  fte  gar  gef$rieben,  um  für  bie  3bee  ber  fatt^oltfc^en,  unter 
ben  ©if$öfen  geeinten  tat^olifc^en  Äir^e  ^ropaganba  m  mad^en,  bann  müfite  ber  8uS* 
brud  öfter  borfommen.  ©eine  ©ereinjelung  unb  bie  mt  feines  ©orEommenS  toeifen  in 
eine  frühere  3^t,  benn  anjune^men,  ber  ©erfaffer  ber  ©riefe  ^abe  i^n  abftc^tlic^  nur  ein» 
mal  gebraucht,  um  ifyn  auf  biefe  SBeife  fd^on  bem  QjgnatiuS  gujueignen,  o^ne  bie  fpätere 

iß  3eit  ber  Slbfaffung  $u  »erraten,  baS  toäre  boc^  ju  biet  Raffinement.  SBägt  man  bte 
gegen  biegd^t^eit  ber  ©riefe  borgebrac^ten  ©rünbe  ab,  fo  toill  ic^  nic^t  fagen,  ba|  bereits 
alle  ©d^toierigleiten  böttig  befeitigt  feien,  aber  fte  ftnb  fo  toeit  befeitigt,  ba|  falls  nun  ein 
burc^fd^lagenbeS  äufjereS  3^0"^  für  ^  ©riefe  borljanben  fein  follte,  biefem  nid^t  auS 
inneren  ©rünben   ber  ©laube  berfagt  toerben  fann.    Gin  folc^eS  3^9™*  ^^  ^CT  m 

60  bem  ©riefe  ^Jol^faq)S  an  bie  ^ilütyer  bor,  ber  feinerfeitS  toieber  bon  3**nätö  beftimmt 
bezeugt  toirb.  2Ber  bie  ignatianifepen  ©riefe  für  fpäter  untergefc^oben  erHärt,  ber  mu| 
ftubor  ben  ©rief  beS^ol^farp  als  unecht  ober  interpoliert  nac^toeifen.  3)aS  erftere  $at  bei 
ber  ftarfen  Sejeugung  beS  ©riefeS  feine  gro^e  ©d&toierigfeit,  bie  3«^olationS^pot^efen 
aber,   bte  öfter  aufgeteilt  ftnb  (am  fd^arffinnigften  bon  Sütfd&l),  fd^eitem  an  ber  (Sinyett 

65  beS  ©riefeS  unb  an  bem  Umftanb,  bafe  man  fetyr  toeitge^enbe  Interpolationen  annehmen 

mü^te,  um  jebe©))ur  ber  ignatianifd^en  ©riefe  ju  tilgen.  3Jlit  Südftc^t  auf  biefe  ftarfe  äußere  ©e« 

jeugung  ber  ignatianifcfyen  ©riefe  fyc&U  id^  eS  boefy,  tro^  mancher  noc^  nid^t  böllig  gelöfter  ©c^toie* 

rigfetten,  für  toabrfdfjeinlicfyer,  bafe  fte  als  ed^te  ©riefe  beS  antiocfyenifd&en  ©ifc^ofS  anjufe^en  finb. 

gür  bte  bogmengefc^id^tlic^e  ©ebeutung  beS^jgnatiuS  ift  immer  noc^  bie  6^araftenföl# 

60  bie  Stotfye  (Slnfängc  ber  c^riftl.  Kirche  ©.  715—784)  bon   i^m  giebt,   beactyenStoert.    ®r 


3g«ati«Ö  H0tt  »ntiodjien  Sgnatiu«,  $tafomt«  55 

bebt  namentlich  ben  etyriftocentrifetyen,  einfachen  unb  eigentümlichen  Gfyarafter  ber  Geologie 
be«  ^gnatiu«,  ber  auc$  für  bic  (Scheit  ber  Sriefe  ft>ri$t,  $erbor.  2lllfeitig  unb  ein« 
gc^tiü>  tyd  bann  b.  b.  ©olfc  bie  Stellung  be«  Sgnatiu*  in  ber  bogmengefcfyid&tlicfycn  Q\\U 
toufelung  (SerarttoS  b.  8.  al«  G&rift  unb  Ideologe,  %VL  XII,  3)  getoürbigt.  @r  erflärt 
bie  ignatiantföe  Sluffaffung  be«  ßtyriftentum«  für  bie  reifte,  reinfte  unb  mnerltc§  toert«  5 
fcoOfte,  bie  und  au«  bem  Sfafang  be«  2.  gö^r^unbert«  befannt  ift,  unb  tyält  e«  nietyt  für 
imtaK!$xföeinli$,  bafi  Sgnatiu«  ein  @^üler  be«  2lj>oftel«  Sotyanne«  getoefen  ift. 

D.  ©.  ttWont. 

3g«ati«0,  £>iafonu«,  9.  3a^unbert.  —  3.  W.  ftabririuS,   Bibl.  graec.  I,  396, 
V,  45;  £.  gr.  3RüHer,  Äiefer  Qtymn.  Programm,  1886  (@bitton  jtoeier  (Schriften  be«  3<m.,  10 
f.  ftentad);    barin   jur  Einleitung   eine   „disputatio  de  Ignatii  metrica  arte  vita  scriptiß"); 
Stnimbadjer,  ©cjd).  b.  btaant.  Sitteratur.  2.  §luff.  unter  2Ritwirfung  uon  (Sljrtjarb  u.  ©elfter 
1897,  bef.  S.  73  u.  71 6  f.     $gt.  aud)  fr  £irfd),  ©Qaant.  ©tubien,  1876,  passim. 

@uibo«  m  feinem  fieplrm  (ed.  ^.  Seffer  1854)  fd&reibt:  'Iyvdnog  didxovog  xal 
oxsvo<pvAa£  trjg  /ueydXrjg  IxxArjolag  KwvoxavxivovndXewg  xal  yeyovdyg  jurjTQOTzO'  16 
xrri/c  Nocaiag,  ygafi/Aarixog,  eygaxpe  ßlovg  Tagaolov  xal  Nixt]<p6Qov  tcüv  äyiwv 
xal  fAaxaQUov  ncnQtaQx&v,  biirvfißiovg  iXeyovg,  hiioxokdg}  Idfißovg  eig  Ocouäv 
tot  dn&girpt  fijieg  övo/udtovoi  xa  xard  Scopäv,  xal  äXka  noXXd.  tiefer  3lÖn« 
toirb  noeb  jutpeilen  mit  bem  Patriarchen,  bem  ber  näcMte  3lrtifel  gilt,  fonfunbiert.  60 
a*$  in  ben  erften  Auflagen  biefer  (Snctyflopäbte,  too  ©Triften  Don  $m  bem  Patriarchen  20 
(ber  nie  gefc^riftfteKert  tyti)  beigelegt  finb.  Sr  ift  in  ber  Styat  ein  (zttotö  älterer)  3eit= 
genoffe  beSfelben.  Über  fem  &<bm  toeifc  man  fa|t  nietyt«.  3lu«  ben  ßloi  be«  Sarafio« 
flktfr.  784—806)  unb  9fife|^oro«  (Sßatr.  806—815,  geft.  828  ober  829)  erfte&t  man 
einige*  über  3gn.  felbji,  ber  ju  beiben Patriarchen Sejie^ungen  gehabt  tyat.  9JlüHer a.a.O. 


fteflt  auf  bem  2Bege  ber  SSergleic^ung  biefer  Slotijen  feft,  bafj  3ön-  roofyl  um  780  geboren  26 
fei,  werft  3Rön<$  tourbe,  bann  um  810  2)iafon  unb  Sfeuop^lag  ber  „grofjen  ßirdje"  $u 
Jtimßantinopel,  enblid^  nad)  830  ÜDtetropolit  toon  SRicaea.  2Bann  er  geftorben,  ift  nic^t  ju 
entfd^etben.  2>e  Soor  in  bem  Keinen  2luffa$  „®er  ej)igrammenbic^ter  Sönatiod"  (§ermeö 
XXIII,  1888,  ©.  149  ff.)  rennet  mit  ber  SKi^lic^Ieit,  bafe  er  noefc  jroifd^en  870  unb 
880  gelebt  tyabe  (er  mü|te  bann  irgenbhxmn  aufgehört  ^aben  Wetro^olit  ju  fein),  glaubt  90 
aber  ni$t  baran  unb  unterfc^eibet  ba^er  au$  ^mifc^en  i(;m  unb  bem  „@)>igrammens 
bitter'',  toie  e«  aueb  fufcer  nod^  einen  anberen  ®tc^ter  feines  StomenS  gegeben  ^at. 

®ie  2eben$bef4reibungen   bed  laraftod  (Ignatii   diaconi  vita  Tarasii   archiep. 
Cpolit  graece  primum  ed.  3*  %•  $täd,  Helsingforsiae  1889)  unb  be*  92i!et>^oroS 
(f.  9i$ong  y  Nicephori  arch.  Cpolit.  opuscüla  historica  ed.  be  Soor,  Seimig  1880)  36 
finb  brauchbare  ©ef^töquellen  unb  bie  mic^tigften  litterarif$en  $robu!te  be*  3dn*  3m 
übrigen  finb  btö  je^t  befannt  be).  ebirt  ein  Xeil  feiner  Sichtungen.     6.  %x.  Füller,  ber 
ba£  $au)>tt>erbtenft  um  biefe  ^at,  lobt  bie  metriföe  ftunft  be*  38n*  uni)   ^at  an  ^r 
3RerfmaIe  feflgefiellt,  bie  geftatten  jmifc^en  Schriften,  bie  i^m  mit  SRcc^t  ober  Unrecht  ^u= 
getrieben  roerben,   $u  unterf Reiben.     3)aS  ermähnte  Programm   ^at  ben  Xitel:  „Ign.  40 
Diac.  tetrasticha  jambica  53  ($oro))^raf e  ber  äfo^tfe^en  gabeln ;  fc^on  im  beginn  be* 
16.  ^a^1111^^  erftmalä  gebrudt),  versus  in  Adamum  143".     ,§u  le|terem  ©ebid^t 
über  ben  ©ünbenfall  f.  audb  Ärumbac^er  ©.  716  f.,  ber   e$  (143  Srtmeter)  wegen  feiner 
bramatifc^en    gorm  bemerfenätoert  finbet.     ®ott,    Slbam,    ®oa,    bie  Solange   treten 
rebenb  auf.  ßr  nennt  ba«  ©ebid^t  ein  „Sefebrama  roie  ber  XQiorög  ndoxoyv"  (f.  %w  biefem  46 
ben  ».  w©ebic^te,  altfirc^l.",  5Rr.  15,  93b  VI,  409  f.).  G.ftr.  aWüHer  fyd  nod^  femer  ebiert 
^Ignatii  diac.  acrostichon  alphabeticum"  (Sl^ein.  ÜJMeum  XLVI,  1891,  ©.  320  ff.). 
Xwf)  biefe«  n>or  fc^on  befannt,  3R.  brudt  e£  nad)  neuer  Kollation  unb  inbem  er  eä  mit 
einem  anberen  (minbertDertigen)  and)  eine«  ^finatiu«  auäeinanberfefct.  2)iefe^  ©ebic^t  ent= 
bält  24  alp^abetifö  georbnete  jambifc^e  ©entenjen  religiöfen  3^^ltö.    SSgl.  Jlrumba^er  60 
6.  717 1,  h>o  man  eine  allgemeinere  Sele^rung  über  „erbauliche  Slfytyabete",  bie  fid^  in 
ber  Ifyyuitinif$en  3^t  ^  größten  93elieb^eit  erfreuten,  trifft. 

Unbefannt   ift  bislang  ba«  ©ebic^t,  meiere«  ©uiba«  aU  idpßoi  eig  Oca/Adv  xbv 
dndgrT]y  (ben  „Siebellen",  f.  über  tyn  §efele  IV  \  39)  bejeic^net.    SWüHer  ermähnt,  bafe 
in  $arifer  GobtceS  fid^  noc^   ein   ^iftorifd^e«  2Berf  unter  bem  Flamen  be«  39n-  f"^^ » 
namli^  eine  vita  Gregorii  Decapolitani  (ber  au$  h)ä^renb  be«  Silberftreit«  ^ert>ottat, 
"*  c.  817).    2>iefe  ift  noc^  nietyt  ebiert,  faD«  fte  nic^t  ibentifefy  ift  mit  einer  anonymen 

aptyk  biefe«  SRanne«,  bie  neuerbing«  Don  einem  ©rieben  ^erau«gegeben  ift;  f.  baju 

rb  ©.  73.  3lad)  ß^arb  ^>at  SKontfaucon  behauptet,  ba&  e«  in  ber  Vaticana  eine 


56  3gttatin«,  $iafo«u$  3gtioHtt0  »01t  &9nftaux\n9pt\ 

ober  mehrere  ©c&riften  für  ben  SUberfult  unter  bem  9lamen  be«  3gn.  £)tof.  gebe;  biefe 
Angabe  ift  noc$  nic^t  tontrolltert  toorben.  %.  ftttteitl»fd|. 

3gnatttt«,  $atriard&  bon  Äonftantinoj>el,  geft.  23.  Dftober  878  [ober  877J. 

liüh;  ijioi  äßhjotg    tov    rv  dyioig  xarytts   fjftiuv  'Iyvaziov  äyziF.-tioxoxot'    KayroxavxivovxoXta)^ , 

5  uon  Wifeta«  1)Qüib  (b.  ^ap^Iogonier,  geft.  c.  890),  in  ben  £tueflen  be«  4.  ftott&ü«  0.  ftonft.  869, 
Mann  XVI,    209—292;   ein  ©tiief   a\\$   bem  ©nfomton    auf  Sgnatiu«    üon    bem   SRönd) 

9Wtrf)ael,  ib.  292 f.;  ferner  U.  a.  Aißetto*    .ifOff'/a>r  ,-rarra    ra    xar«  rov  fieyav  'Iyvänov,  Don 

bem  9Rönd>  S&cognofto«  jb.  (293)  295-301;  »riefe  be«  Zapfte«  Wfolau«  I,  Med«  XV, 
159 ff.;  »riefe  be«  <ßapfte«$abriau  II.,(9}otijen)ib.819ff.;  bann  überhaupt  bie  «ften  be«  4.  fton- 
10  ftantinopoütanum«,  bie  ben  größten  Xeil  üon  Mansi  XVI  füllen ;  £ergenrötüer,  $f)ottu«,  $atr. 
oon  Stonft.,  »b  I  passim  (Ürfprüngc,  crfleÄ  9ktriard)at  u.  Streit  be«  3g«-  mit  $$oHu«), 
58b  II  passim  (jtoeite^  $atriard)at  be«  3gn.);  »ajrnann,  $olitif  b.  $6pfte,  Sb  I,  356 f.; 
II,  5  ff.,  29  ff.;  £efele,  ffonjilienöefdi.  IV1,  228 ff.,  269 ff.,  360 ff.  bef.  384 ff.;  «.  „Sgnatiu« 

$atr.",    l»on  ßnöpflcr,  ftatf).  ßfiej.  VI,  590  ff.  'Avdg.  ArjutjToaxo.-rovkog.  'loiogia  tov  oxio/ta- 
15  roc  xtL,  fieipjig  1867,  ©.  1ff.J     Mavovrjk  7.  /Vdetm-,  flaioiaQXixoi  xivaxeg,    £onffontinopel 

1890,  ©.  278  ff.  u.  287  ff.  ftier  aud)  weitere  neugried).  fiitteratur). 

3gnatiu«,  toenn  t$  reetyt  fetye,  ber  einige  biefe«  5Ramen«  auf  bem  $atriar$enfht$l 
Don  Äonftantmopel,  regierte  fcon  846—857  unb  toieber  bon  867  an.  3n  ber  3toifc$en$eit 
toar  Sßfyotiu«  ^atriardp,  ber  auc§   nac$  feinem  $obe  bon  neuem  ba«  Steghnent  erhielt. 

20  Ctyne  bie  Sebeutung  alle«  beffen,  toa«  ftcl)  an  ben  9tamen  biefe«  feine«  großen  Stünden 
fnüpft,  toürbe  bon  30"-  nic^t  mefyr  biel  bie  SWebe  fein.  $ier  mag  eine  ©Rjje  umfomefc 
ausreißen,  al«  feine  $erfönltd&feit  unb  fein  SSerfatyren  in  bem  Slrtilel  über  ?ß$otiuS  in 
vollerem  3ufammen&anÖ  au$  no$  Beleuchtung  erhalten  toerben.  3811*  g&t  in  ber 
griecfytfcfyen  unb  römtfd&en  Ätrd&e  al«  ein  ^eiliger,  für  bie  römifetye  offenbar,  toeü  man  in 

25  ifym  einen  auf  feinem  (Stuhle  boppelt  bebeutfamen  Anhänger,  ja  SWärfyrer  be«  päpfHic^en 
Primat«  fietyt,  in  ber  griecfyifctyen  toegen  feiner  perfönltctyen  Ärömmigleit  unb  toett  er  bod^ 
in  SBirfltcfyfeit  feine«toeg«  prinzipiell  unb  ofyne  SRebengebanfen  bie  Dber&o^eit  9iom«  am 
erfannt  t)at.  3mmer  no(^  ^P  man  bon  feiten  römifcfyer  Ideologen  bemüht,  ba«jenige  für 
9tom  Unliebfame,  toa«  boc^  aud)  unter  i^m  geje^a^  möglic^ft  bon  feiner  $erfon  abzutrennen 

so  unb  anbem,  befonber«  bem  Äaifer  SafiliuS,  aufgubürben.  3tuf  ber  anbern  ©eite  ftiü> 
gried^ifd^c  Äiftoriler  immerhin  Diel  freubiger  al«  Sobrebner  be«  ^ottu«  toie  be«  iegog 
'Fyvdnog,  ben  fte  jum  2eil  entfc^ulbigen  muffen,  ©ebeon  rebet  Don  i^m  als  einem  ge* 
tegentltd^  ikdoocov  fawov  yev6[i€vos,  ja  auefy  al«  ävrjg  ägiaxog  d>g  fiovaxog  xal 
ijyov/bievos,  äM.9  d>g  TzaTQidQxrjg  ädöxipog. 

35  35a«  $at)x  ber  ©eburt  be«  3ö"-  Wt  nic^t  ganj  feft,  toa$rfdbeinUc$  h>ar  e«  799. 
(Sr  toar  bon  laiferli^em  ©eblüt,  ©ofyn  be«  Slutorrator«  SRic^ael  St^angabe  unb  feiner 
©ema^lin  ^Jrofopia,  loc^tcr  be«  Äaifer«  SRüep^oro«.  3m  3a^r«  813  tourbe  fein  SJater 
burc^  2eo  ben  Slrmenier  geftür^t  unb  in  ein  JHofter  öerh)tefen.  3)te  beiben  bor^anbenen 
©ö^ne  3Jli(^ael«  iourben  auf  Sefefyl  be«  Seo,  ber  fte  al«  I^ronforberer  unmöglich  machen 

lotootite,  entmannt  unb  aud^  in  begebenen  Älöftern  untergebracht;  ber  3üngeref  SRiteta«, 
nannU  ftc^  je|t  3ö"ötiu«.  3n  *>er  porf  ™v  'AoxiorQaTrjyov  rov  9AvajsU.ovrog  (fie 
tourbe  fpäter  tov  Zaxvqov  gereiften,  unfern  ber  ^aupt^tabt)  »eignete  er  ftcfy  burd^  feinen  2eben«s 
toanbel  unb  toiffenfd^aftlid^e«  ^ntereffe  au«.  %xjü}  nun  2lbt  ertoä^lt,  lieg  er  fu$  auc^  bie 
$rieftcrh)et^e  erteilen.    6r  gehörte   ju  ben  SUberjfreunben,   bie  naefy  bem  lobe  Äaifer 

45  Ifyeopfyü«  burd^  beffen  3Btth)eI^eoboraben  entfcfyeibenben  ©ieg  gewannen.  Sejtere  ift  e«  aud^ 
getpefen,  bie  feine  Söafyl  jum  Patriarchen  burd^fe^te,  al«  846  5Ket|obiu«,  mit  beffen  §ilfe  fte  am 
19.  Februar  842  (?  ögl.  93b  III,  225,(;),  bem  feiger  al«  //  xvgiaxij  rrjg  ÖQ$odo£iag  be* 
jetc^neten  ©onntag,  bie  Silber  toieber  ^ergefteüt  ^atte,  geftorben  toar.  6«  ift  unflar, 
toie  e«  bebingt  getoefen,    bag  3ö«-  ^^n  3lnfang  heftige  ©egner  im   fyotyen  Äleru«  fanb, 

50  befonber«  an  ©regor  2l«befta  (ßrgbifd^of  bon  ©tyrafu« ;  ©ijilien  gehörte  noc$  jum  9^)an< 
tinerreid^,  toar  aber  bur$  bie  ©ara^enen  fd^on  juto  Seil  erobert  -—  ®r.  toar  au«  bwfem 
2lnla§  in  Sonftanttnopel ;  übrigen«  ftreefte  ber  $atoft  auety  toieber  feine  §anb  nad^  ber 
geiftlicfyen  ^errfd^aft  über  bie  3nfcl  au«).  3m  3avrc  8^>4  ^c6  3ön-  ^cn  ®wßw  burd^ 
eine  ©tmobe  in  Äonftantinopel  toegen  (angeblicher  ober  totrHid^er)  lanonifd^er  Sierbre^en 

£»5 unb  al«  ,,©cfyi«matifer",  auc^.bie  ^auptfreunbe  be«felben,  ©ulampiu«  bon  Sttpamea  unb 
sJ?etru«  bon  ©arbe«,  i^rer  hinter  entheben,  ©regor  ^atte  Don  vorneherein  bie  9ted^t= 
mä^tgfeit  ber  2Bafyl  be«  3gn.  beftritten,  für  btefen  ein  3lnla|,  ftd^  mit  bem  $apft,  Seo  IV.# 
freunblic^  $u  ftellen.  3C^^  nabm  ®^ox  bie  §ilfe  biefe«  Zapfte«  in  3lnfpruc$,  unb  Seo 
toar  bereit  bie  ©ntfcfyeibung  ju  treffen,    ©d^on  bafj  er  nid^t  o^ne  toettere«  bem  30n<rtiu« 

»jo  jur  ©eile  trat,  fonbem  bie  Sitten  einforberte,  fucfyte  ©regor  ju  frultifijieren.  3"  SötrHtcfc 


3fettattsi$  üott  ^oitftauttwo^cl  57 

Icit  ftanb  2eo  ju  3gnatiu3,  aber  er  ftarb,  efje  er  ©elegenfyeit  gefunben,  feine  ©entenj  ab* 
gugeben,  unb  3gn.  tourbe  auety  eben  jefct  geftürjt  (23.  9iot>ember  857). 

3)en  Slnlafj  $ierju  bot  3gn-  *>urt$  f«w  mannhafte«  Stuftreten  gegen  93arba3,  ben 
©ruber  ber  2$eobora  (baburd^  Dfyeim  unb  ^auptberater  be$  jungen  ÄatferS  ÜRtcfyael  III. 
beS  Xrunfenen).  SarbaS  lebte  in  offenfunbiger  Slutfctyanbe  mit  ber  Söittoe  feinet  ©ofyneS.  5 
3giu  toerfagte  i$m  am  Sjjtyfyanienfefte  857  bie  £etlnatyme  an  ber  (Sud&ariftie.  Site  er 
nod^  im  fetten  gafyre  fid&  au$  toeigerte,  bem  Äaifer  $ur  (Sntfernung  feiner  tym  läftig  ge* 
toorbenen  SRutter  beljilflid&  ju  fein  unb  für  fie  ben  SRonnenfcfyleier  ju  benebijieren,  fanb 
Sarbad  ©elegen^eit  feine  Stacke  ju  nehmen  unb  bie  Slbfefcung  be$  3ön-  iu  erreichen. 
an  feine  ©teile  tourbe  SßljotiuS  erhoben  (uub  burc§  ©regor  SBtebefta  getoetbt).  3)amit  10 
begann  baä  3)rama,  toelcfyeä  (toenn  autty  erft  naefy  faft  2  3atyrfyunberten)  mit  ber  tooflen 
©Reibung  ber  Äircljen  be$  DftenS  unb  SBeftenS  enbete.  £)aä  näctyfte  detail  gehört  metyr 
in  ben  8.  9tyotiu$  als  ben  Dorliegenben.  39«-  hnir  nicfyt  ju  betoegen  auf  feine  Stöürbe  felbft 
ui  toerjicfcten.  3n  SRom  regierte  jefct  SRifolauS  I.  3gn.  fan^  an  ü?m  ^nen  Mien  9tü*s 
palt  3Der  Sßapft  entfanbte  Segaten  nac$  Äonftanftinopel,  bie  bort  jeboety  auf  einer  15 
©tynobe  (offenbar  einer  ovvodog  tvdrjjuovoa),  861,  betoogen  tourben  im  2Biberft>ru$ 
mit  ber  Intention  ityreä  §errn  in  bie  3)egrabation  be$  3önat^  iu  tutttigen.  Seigerer 
tourbe  fötoer  gemif#anbelt,  blieb  jeboety  unter  Berufung  auf  Äan.  4  fcon  ©arbica  un* 
erföütterli$  in  feiner  Reflation  an  ben  tyap\t  felbft.  3mmcr#n  tonnte  er  junäd&ft 
ira$t$  erreichen  unb  mufjte  frolj  fein,  bafj  bie  ©rofyung  beä  2tugenau3ftec$en3  nicfyt  an  ao 
$m  fcolhogen,  i$m  bielmetyr  f$lief$lic§  peftattet  tourbe,  fiety  in  baS  Älofter  auf  ber  3>nfel 
Zerebintgoä  (in  ber  Sßropontte)  jurüdf jujteljen.  2luS  ber  $tit  unmittelbar  nad&  bem  ©}>rud& 
ber  ©tynobe  ftammt  ber  oben  in  ber  fiitteratur  ertoäfynte  Sericfyt  be$  IljeognoftoS  an  9fo 
f  olauä,  bem  baS  ©etail  über  bie  ©tynobe  (na<$  ignatianifd&er  ©arfteKung)  $u  entnehmen  ift. 

3m  September  867  tourbe  Äaifer  3Wit|ael  (ber  866  ben  SarbaS  töten  liefe)  bur<$  25 
9afUtu3  ben  SRacebonier  ermorbet.  eine  ber  erften  §anblungen  be$  neuen  Slutofratorä 
toar  bie  SBieberberufung  be$  3dna^u^  öuf  ^m  ^atriard^enftu^l.  Offenbar  glaubte  er 
feinen  X^ron  am  beflen  ju  ftd^ern,  toenn  er  biefen  beim  SSoIIe  noc^  immer  toegen  feiner 
)xrfönlic^en  lugenben  geehrten  9Jlann  reftituierte.  ©enau  am  jeljnten  3^re«tag  feiner 
Scrtretbimg  tourbe  3fl«-  ^on  neuem  int^ronifiert.  3n  We  ^eriobe  biefeö  jtoeitenao 
^Mnar^Kttd  bed  3fln-  fällt  bie  „vierte  allgemeine  ©tynobe  bon  Äonftantinopel",  btc  man 
in  SRom  ald  bie  „adbte  ölumenifd^e"  rennet.  3n^om  regierte  aU  5Rad^f olger  be«9Kfolau« 
^Ja^P  §abrianjl.  Äaifer  Saftltu^  fotoo^l  tote  3d^atiud  gingen  biefen  mtt  ber  Sitte  um 
Seftätigung  bed  ©efd^enen  an,  unb  §abrian  toar  mit  Berufung  auf  feinen  Vorgänger 
ba^u  akbalb  bereit.  3)a^  Äon^il,  toeld^ed  bom  5.  Oltober  869  btö  }um  28.  Februar  35 
870  tagte,  ben  3fln-  jw  <&**  Qfyxm  brachte,  überhaupt  eine  Neuregelung  ber  ^erfonalber* 
battniffe  ber  orientalifd^enSif^oföft^e  bringen  toollte,  and)  Diele  fragen  be^  9le(|tö  unb  ber 
©itte  entfe^ieb  (can.  2  befinittoe  Seftätigung  ber  Silber!),  ftanb  aHerbing^  gam  unb  gar  im 
3etc$en  ber  Dber^errfc^aft  \>&  SßatfteS.  6«  folgte  jebod^  ein  übele«  5Rac^fj)iel.  §efele  be^anbelt 
badfeCbe  unter  ber  Überfd&rift  „3flegaler  5Kad^trag  jur  ©^nobe,  bie  Sulgarei  betreffenb".  40 
SBeber  9af.  nod^  38"-  M**  gefonnen,  ben  Slnfprücpen  be^  SßapfteS  in  §inftc^t  ber  tird^ 
liifccn  Singlieberung  biefeö  neubele^rten  3Sol!e«  nachgeben.  ®$  ift  überhaupt  erftd^tlic^, 
bafe  Äaifer  unb  ^atriard^,  aumal  ber  erftere,  ben  $apft  nur  benu^t  ^aben.  ®«  ift  bem 
391t.  ni<£t  gelungen,  in  allen  93ejie^ungen  jur  9tu^e  ju  tommen.  $ie  Sln^änger  be^ 
$|K)tiud  toaren  auf  ber  ©tynobe  bon  869  mit  metyr  ©trenge  aU  flug  toar  (toie  ^efele  45 
richtig  bemerft)  befyanbelt  toorben.  SBeniger  3ö»-  ftö  M«  päpftlid^en  Legaten,  beg.  i^r 
öerr,  tooDten  nit^t  fotoo^l  beruhigen  ate  beugen  unb  nieberjtoingen.  ^otiuä,  ber  eben« 
fotoenig  nac^ab,  toie  etyebem  ggnv  unb  beffen  Partei  nic^t  ju  erfc^üttern  toar,  fam  aud& 
bei  Äaifer  Safdiuö  toieber  ju  ©nabe.  ®$  ift  erfic^tlid^,  bafe  Safiltu^  atö  politifd^en  SRücfftc^ten 
ben  Serfuc^  einen  SluSgleicty  jtoifc^en  i^m  unb  3ön-  ^erjuftellen  gemalt  ^at,  unb  e^  50 
fefteint,  ba^  ber  alte  30**-  M  einer  perfönlic^en  93erfö^nung  mit  ^otiuä  nid^t  abgeneigt 
edmed.  3$othi3  tonnte  gur  5Rot  toarten  uub  fyat  ja  audp  fein  giel  erreicht,  aU  39". 
am  23.  Dftober  878  (ober  na$  §ergenrötyer  II,  285  ff.,  fc^on  877)  ftarb.  3ns^otiu^ 
mib  3gnatiuö  fmb  jtoei  %tym  orientalifd^er  Äird^enfürften  aufeinanber  geftofjen.  3Ba« 
an  x^gn.  bebeutenb  toar,  ift  aUeä  bem  ©ebiete  beS  rein  (tlöfterlic^en)  )>riefterlic^en  56 
Aalten*  ange^orig.  Sr  toirb  ati  befonberd  erbaulicher  Siturg  gefd^ilbert,  bem  bei 
tonen  Serridptungen  felbft  ftaunenertoecfenbe  2Bunbcr  nid)t  berfagt  toaren.  ©ein  ©egner 
ift  je  länger  je  me^r  al«  ba«  3^^  öon  Äraft  unb  SBei^eit  auf  bem  öfumenifcfyen 
^atriat^enftu^l  erf^ienen  unb  e*  ift  begreiflich,  bag  berfelbe  \ijn  in  ber  (Erinnerung  über» 
fea^l  5.  ftattenbnf^.     60 


58  3gttattu«  Hott  Soijoht  3gn*ratttut« 

3gttattuö  Hott  Sotfola  f.  33b  VIII,  ©.  742  ff. 

3g«orautinS  (d&riftl.  ©ctyulbrüber).  —  W>b6  bc  SRonti«,  La  vie  de  J.-B.  la 
&dlc,  instituteur  des  frfcres  des  ecoles  chr&iennes,  ^ortS  1704.  2>ie  djriftl.  Sdjulbriiber,  ge= 
grünbet  von  bc  la  6alle,  2  ©be,  Augsburg  1844.  3.  tt.  äreb«,  geben  bc«  (Sbm.  Wiener« 
6  (öotteö  3.  33.  bc  ta  6alie  ?c,  nebft  flnljang  über  Gkfdjicbte,  (5imi*tung  u.  SBirtfamfeU  f. 
Dvben«,  ÜiegenSburg  1858.  g  3.  Änerfit.  $er  e&nu.  3.  ».  bc  (a  ®.  unb  ba«  Snftitut  ber 
cftr.  ©dntlbrübcr,  grctburg  1879.  3-  33-  ©foin,  La  vie  du  venerable  serviteur  de  Dieu 
J.  B.  de  la  S.,  »erfaiflc«  1887.  fceimbucber,  Crbcn  u.  ffongr.  II,  280-285  (roofeibft  no$ 
weljr  fiitleratur). 

10  £)er  ©rünber  be«  berütymteften  unb  cinflufjreicfyften  ber  latyolifd&en  ©c$ulbrüber* 
bereine,  ^can  53a^tifte  be  la  ©alle,  tourbe  am  30.  Styril  1651  al«  ©o&n  eine*  bohren 
3ufti$beamten  ju  Stpetm«  geboren.  3m  SPörifcr  ©emmar  ©t.  ©ufoiee  t&eologifö  au«= 
gebilbet  empfing  er  1678  bie  ^ßrieftertoetye  unb  gefeilte  fiefy  bemnäd&ft  bem  3fi>b6Dr.5Ro* 
lanb,  toelctyer  in  Steint«  feit  1674  eine  Kongregation  Don  2e$rf$toeficrn  leitete,  al«  @e* 

16  fyüfe  bei  ber  3)ireftion  biefer  Soeurs  de  J6sus  nt.  3la%  Stolanb«  $obe  (1680)  bettelt 
er  ntnäctyft  noefy  bie  Seitung  biefe«  toeiblicfyen  Snfntotö/  übernahm  aber  baju  nod&  ba« 
Skrtorat  über  einige  ßnabenfctyulen.  Sie  Sefyrer  biefer  lederen  fyiclt  er  gut  gityrung 
eine«  entfagung«bollen  gemeinfamen  Seben«  an.  ©eit  1684  erhielt  biefer  bon  i$m  in« 
Seben  gerufene  fiefyrerberein  unter  bem9tamen  ber  Fröres  des  Ecoles  chr&iennes  eine 

20  2lrt  bon  Drben«berfaffung.  3)ie  SWitglieber  Ratten,  aufjer  bem  ©elbbni«  einer  ftetö  un* 
entgeltlichen  Unterric$t«erteilung,  bie  brei  „einfachen"  ©clübbe  abzulegen,  nahmen  eine  be= 
fonbere  Äleibung  an  unb  begannen  feit  1688,  too  be  la  ©alle  al«  tyr  erfter  ©eneralfuperior  mit 
ätoeien  feiner  SRtyeimfer  Srüber  nad&  $ari$  überfiebclte,  fid&  über  ganj  3rranfreu$  au«jubreiten. 
@inige  3afyre  nacfybem  ber  ©tifter  im  SRobhentyaufe  ©aint^on  ju  SSaugirarb  ba«  3e^ 

25  Itd^e  gefegnet  (1719),  erfolgte  bie  pctyftüctye  SBcftatigung  be«  Verein«  burdj  »enebitt  XIII. 
(1724).  Sa«  genannte  -Robigiat  ju  SSaugirarb  blieb  Gentralfifc  ber  Äongregation  bi« 
1770,  h>o  ber  bierte  ©eneralfuperior,  Glaube,  feinen  ©tfc  nac§  $ari«  berlegte.  3)urc$ 
ba«  toiber  bie  Älöfter  gerichtete  SDefret  ber  -Jlationalberfammlung  bom  13.  Februar  1790 
tourbe  ba«  ©d&ulbrüber^nftitut,   toelctye«  bamal«  in  ftranfreicfy  121  §äufer  jaulte,  bor» 

so  übergetyenb  aufgehoben,  blieb  aber  in  einigen  üRieberlaffungen  Italien«  fortbewegen,  ©cfcon 
unter  SRapoleon  I.  fonnte  (1804)  ©eneralfuperior  grumence  bon  fityon,  al«,  jeittoeiligem 
Gentralft^e  be«  3"ftitut«  au«,  beffen  SReorganifation  betreiben.  Unter  grumenceS  9ta^* 
folger  ©erbaub  (1810—1822),  ber  bie  Drben«leitung  nac^  $ari«  jurüdtberlegte,  ftieg  bie 
3abl  ber  ©d^ulbrüber^äufer  allein  innerhalb  granfreic^«  auf  180,  unb  feitbem  ^afeen  fwfc 

85  biefelben  über  faft  alle  Sänber  ber  lat^olifd^cn  ffielt  (namentlich  über  Selgien,  Spanien, 
Stalien,  Öfterretcfy),  fotoie  über  bie  eurc^äifc^e  unb  afiatifäe  lürfei,  Sg^ten,  SJorber« 
unb  £interinbien,  3luftralien  2c.  berbreitet.  5Rit  tyren  na^eju  1300ßäufem,  2164  Spulen 
unb  ungefähr  14000  5WitgIiebern  rej)räfentiercn  fte  bermalen  bie  jtärlfte  männliche  Äom 
gregation  be«  ÄatyoUctömu«.    2)a«  größte  i^rer  franjöfiföen  ^au})t^ufer,  ju  ?|San«  (Rue 

4o  Oudinot),  beherbergte  bi«  bor  Äurjem  gegen  500  S3rüber.  Sin  jtoeite«,  tleutere«  3Rutter* 
^au«  beffen  fte  in  Glemtonfcfterranb.  3Son  i^ren  öfterreictyiföen  Slnftalten  ftnb  befonber« 
toie^tig  bie  beiben  35ol!«le^rer-Silbung«anftalten  ju  lift«  (Vorarlberg)  unb  ju  ©trebex«» 
borf  bei  2Bien. 

O^ne  mit  bem  ^efuitenorben  äu|erli(^  jufammenju^ängen  ober  burd^  tyn  in«  Sdben 

45  gerufen  $u  fein,  geigen  bod^  bie  la  ©allefd&en  ©d^ulbrüber  ober  3gnorantenbrüber  (Frferes 
Ignorantins  —  fo  benannt  toegen  be«  grunbfä|lic^en  2lu«gef$loffenfein«  t^eologif^  ge* 
bilbeter  s^riefter  bon  i^rer  9Kitgliebfd^aft)  manche  3üÖe  ^vc  SSertoanbtfd^aft  mit  bemfclben. 
©ie  entgingen  jtoar  unter  Soui«  XV.  bem  ©cfyidffal,  mit  ben  ^efuiten  1 764  au«  ^ranfreid^ 
au«geh)iefen  ju  toerben,  trugen  aber   bun$   i^ren  toeitgreifenben  ©influjj  ffiic^ttge«  baju 

50  bei,  bem  betriebenen  Drbcn  bie  ©^mj)at^ien  be«  9Solfe«  gu  erhalten,  unb  Ralfen  fo  feine 
nachmalige  3Biebereinfü^rung  borbereiten,  ^n  i^rer  3?erfaffung«organifation  unb  3)t«jt))Kn 
erinnert  manche«  an  bie  jejuitifd^e  Drben«berfaffung,  namentlich  ba«  ^ftitut  bei  t^rem 
©eneralfuJ)erior  gur  Äontroüe  feiner  9Haf$nafymen  beigeorbneten  Slffiftenten,  bie  ^äupgen 
ÜBifttationen  ber  ^äufer,  bie  ftrenge  Seid^ts  unb  ©ebet«orbnung  (SSerpflic^tung  aller  Srüber 

66  )u  einmaliger  Setzte  toöc^entlid^,  $u  jtoei  toöd^entlid^en  Kommunionen,  ju  täglicher  ge- 
meinfamer  9lofenfran$anbad^  u.  f.  f.),  jum  Xeil  aud^  ba«  3Serfa^rcn  jur  Äu«bilbung  ber 
SBrüber,  beftc^enb  in  einjährigem  Siobi^iat  unb  einjährigem  Übung«!ur«  in  ber  ©cgule. 
3)ie  ©runb^üge  feiner,  ba«  eniefylid;e  v3)ioment  mit  ber  Unterrid^t«t^ätig!eit  eng  berlntofem 
ben  Sefyrmetfyobe  legte  be  la  ©alle  in  feinem  ©d&riftctyen  über  „Die  (Hinrichtung  ber  griffe 

60  liefen  ©ctyulcn"  nieber  (bgl.  S3b  I  be«  ju  2lug«burg  1844  erfd^tenenen,   oben  genannten 


3pora«ttnS  ftlbefoufu«  59 

SBerte).  ©otoofyl  barin  toie  in  feinen  geiftltd^en  „Betrachtungen",  IpcIc^c  jüngft  burefy 
©eneralfuperior  Srlibe  eine  neue  2lu«gabe  erfuhren  (3tegen«burg  1895),  treten  Berührungen 
mit  ber  im  3«fiiitenorben  gepflegten  eigentümlichen  grömmiaf ett«übung  ju  Jage.  3)a«  erfte 
ber  ben  ©d&ulbrübern  bon  il;m  borgeföriebenen  „ßetyn  ©ebote"  lautet:  „3&r  fottt  in 
eurem  Sorgefefcten  ©Ott  e^ren!"  (fie|e  bie  SRei^e  ber  übrigen  9,  toobon  befonber«  nodj  6 
ba*  brüte,  ni  unentgeltlichem  unb  babei  gutem  Unterricht  ber  fiinber  Der^ftic^tcnbe  tou^tig 
ift,  bei  £etmbw$er,  6.  284  f.).  81«  bie  bier  „inneren  ©tü#>unfte"  feine«  3nftitut«  be* 
getestet  be  la  ©alle:  ba«  Gb&tt,  ben  ©ebanfen  an  ©otte«  Slllgegentoart,  ben  ©eift  be« 
©lauben«  unb  bie  innere  Sammlung.  3$nen  fallen  jur  ©ette  getyen  bie  bier  „äufjeren 
©tutynmtte":  beftänbige  ©etoiffensprüfung,  tägliches  ©d&ulbbefenntni«,  Offenbarung  ber  10 
eigenen  gtfyler  unb  gute  S3erh>enbung  ber  freien  3«*- 

$te  am  24.  3Kai  1900  bon  2co  XIII.  tn  ber  $eter*Rr<$e  Donogene  feierliche 
§eiligft>red&ung  be  la  ©alle«  gehört  gu  ben  neueften  Äanonifation«aften  ber  römiföen 
£ir$e.  3u  tyrer  Herbeiführung  foU  eine  ©umme  bon  über  500000  granl«  erforberlkty 
gefeefen  fein.  göifler.      15 

JHS  f.  Sonogramm  ßfcifti- 
Shutttafttu  f.  33b  III  ©.  223,  i<>— 225, 9. 

3lbefo«f«S  (§ilbefonfu«),  3Wetro»>o Utanbif c^of  bon  Solebo  SRot>./2)ej. 
657  bi«  23.  San.  667.  —  Sultan  uon  fcolebo  (geft.  690),  elogium  auf  3.  (al«  Anfang 
$u  beffen  viri  20.);  Cijifo  Don  Xolebo  (8.  36*0»  vita  (*ura)  J  beibeö  nebft  einer  translatio  ao 
AS  II  (1643),  p.  535-  39,  aud)  Acta  sanetorum  ordinis  S.  Bened.,  saec.  II,  $ari«  1669, 
p.  515 ff.;  Fr.  de  Lorenzana,  ss.  patrum  Toletanorum  quotquot  extant  opera,  Matr.  I, 
1782,  p.  94ff.  cf.  Iff.;  MSL  »b  96;  tytx  uorne  bie  ausführliche  UtterargefcöidjHdje  Unter* 
fudjung  oon  9Mt.  Antonius,  Bibl.  Hispana  vetus  I,  SRotn  1696  (opus,  posth.),  p.  286—302, 
mit  Bngaben  ber  älteren  fiitt.;  ogl.  gfabridu«,  bibl.  lat.  ed.  Patav.  III,  1754,  p.  259 f.;  25 
Flora,  Espana  sagrada  V,  SRabrib  1750,  p.  275  ff.  470 ff.;  #elfferid),  $cr  weftgot&ifcbe 
«rtani*mu«  1860,  6. 62 ff.  35 ff.;  ©am«,  m  Spanien«  II,  2,  1874,  @.  135 ff.;  0.  $*ia* 
lonrtti,  3ftbor  unb  Stbefon*  als  fiitterar&iftoriler  (Sird)enflefd}.  ©tubien  IV,  2,  fünfter 
1898),  6.  125  ff. 

Dfae,  tote  er  fetbft  belemtt,  Serbienfte  um  bie  Itrd&licfye  fiefyrenttoidfelung  gleich  feinen  30 
Sorgängern  auf  bem  8iföof«ftu§l  &u  fyaben,   ift  3-  bod^  toegen  feiner  SBerbienfte  um  bie 
&jtt  ber  ©otteSmutter,  bie  er  in  ©d&rift  unb  (Sefang  bertyerrltd&te,  in  ber  foanifctyen  Äircfce 
»ar  anberen  bon  je^er  gefeiert  toorben  (23.  San.  lobe«*  unb  @ebä<$tni«tag).   ©etyon  im 
8.  §aM.  toufcte  man  aud  feinem  Seben  ein  3)o}>l>eltounber  bon  Srfd&einungen  ber  3ungfrau 
gu  berieten,  ba«  im  ©ebäctytniffe  ber  Späteren  (j.  93.  9tobericu«  Gerratenft«  9Jligne  p.  47  ff.,  86 
unb  9tbberi$  bon  Xolebo,   rer.   in  Hisp.  gest.  II,  22;   beibe  im   13.  3a^)  ^ 
Hieb.    „$a£  SBunber   ift  unberfürjt  in   bie   altfpamfc^en  9Jlef*bücfyer  aufgenommen  unb 
beforberte  auf  ber  blprenätfc^en  $albinfel  nietyt  toenig  bie  überftannte  2Rarienbere$rung,  al« 
beren  fdjönfte  gruept  bie  bis  an  bie  ©reme  be«  Überirbiföen  bertlärten  3)tabonnen  SKiu 
riOodju  betrauten  fmb",  tote  biefer  aud^  ben  ^eiligen  felbft  in  einem  berühmten  ©emälbe  40 
(im  SRufeum  bei  $rabo  in  SRabrib)  ber^errlic^t  t?at.    ®$  ift  ein  S3iib,  „baS  burd^  2ßa^r= 
beit  unb  ©c^öii^eit  be«  3lu«brude«,  burc^  ben  muftertyaft  be^anbelten  ©egenfa^  ber  %*$& 
belle  jum  überirbifc^en  Sic^t  Setounberung  erregt.    5Wan  fie^t  ben  ^eiligen,  ber  in  einer 
Stfton,  auf  bem  ©ang  p  9Utar,  bie  3ungfrau  3Raxxa  auf  bem   bifqöflid^en  &a$eber 
erbluft,  bie  i^m  eine  fctfula  mit  ben  Porten  reicht,  fte  lommt  au«  ben  ©d^ä|en  meine«  45 
Sohlte*"  (ffiillcn«  im  £$28  1899,  ©.  380  f.).     3)er  gefc$ic$tlic$   juberläffige  3lnftofe 
jur  au^erorbentlic^en  ^drberung  ber  9Rarienbere^rung  burd^  3-  ^eÖt  m  feinem  libellus 
de  virginitate  sanetae  Mariae  contra   tres   infideles,   an  beffen  Seitüre   fic^>  ein 
gleufaeitiger  Stfc^of  bon  lörberlic^er  (Srfcfyityfung  erholte  unb  toelc^e«  bon  ben  leilfyabern 
be«  XL  toletanifc^en  Äonjil«  675  nad^  ber  ©arftellung  eine«  ©fconiften  (3fibor  $ac.  MG  so 
Auct  ant.  XI,   Chron.   min.  2,  1894,   p.  349)    al«  ein  Sroftmittel    angebt«   ber 
traurig  empfunbenen  ^atfad^e  betrautet  tourbe,  baft  feit  längerer  3eit  lein  ftonjil  )u 
fkmbe  gefommen  fei;   ber  toa^re  ©runb  bafür  lag  freiließ  anber«too,  in  ber  Sieberlid^Ieit 
be«  Jpoflfben«,  bon  ber  and)  bie  ©eiftlic^Ieit  berührt  tourbe  (bgl.  bie  Sitten  be«  ftonjil«)  unb 
bem   mihrifc^en  fidler  aetoorbenen  5Ber^alten  Rönig  SRece«bint$«  (649/50—672).     3.66 
Wbft  läßt  fi$  gelegentlich    in  klagen   au«  über  bie  92ot   unb    ben  $rucf  ber  3eit  (an 
£mricu*).  @r  fc^eint  aber  and)  ber  biplomatif$en  ^ä^igleiten  ermangelt  ju  ^aben,  toelc^e 
anberen  $nl}abctn  feine«  35if$of«ftu$le«  eigen  toaren;  er  toar  eine  bortoiegenb  nac^  innen 


60  Slbcfoitfu* 

gelehrte,  mtyfttfö  Veranlagte  9?atur.  3)odf}  $at  er  ben  Vorrang  feinet  StetumS  auf 
fcfyrtftfteUerifdjem  2öege  behauptet,  nämlicfy  burd&  feine  ^ortfe^ung  beS  ÄatalogS  ber  viri 
illustres  in  14  Äajnteln.  £)enn  ba$  ift  ber  #aubtjtoedf  biefeS  ©cfyriftctyenS,  in  beffen 
(Sinleitung  3-  gefltffentlicty  bie  böfen  folgen  ber  Auflehnung  einzelner  $re$btyter  gegen  tyren 

5  borgefefcten  93tf$of  fyerbortefyrt.  ©regor  b.  ©.  (föon  bei  3ftbor)  ftetyt  an  erfter  ©teile, 
aufjer  tym  toerben  in  cfyronologifd&er  jftolge  7  toletantfctye  unb  5  anbere  ft>anif$e  Sifd&öfe 
fotoie  ber  3ttön$  unb  Kloftergrünber  £>onalu$  befyanbelt.  2)te  3)arfteUung  ift  bon  %lü$* 
tigleiten  metyt  frei,  toie  j.  93.  ber  SSergletcfy  feine«  93eri<$teä  über  3f*or  mit  bemjenigen 
SraulioS  Don  ©aragoffa  ergiebt.    3)aä  oben  berichtete  (SingeftänbniS  be$  3-  ^ejüglic^  ber 

10  SBerbienfte  um  bie  lircpd&e  fietyrenttoidfelung  ift  befctyeiben,  benn  aud&  bie  übrigen  Atrien* 
männer  beä  3afyrfyunbert3  ragen  in  biefer  §inftcfyt  nicfyt  tyerbor.  SSon  mehreren  fetner 
Vorgänger  berietet  3-  auebrücflicfy,  bafe  fie  nickte  getrieben  Ratten,  nur  Sugen  IL  förieb 
de  trinitate  unb  ber  fpätere  3uK<*n  betoeift  ftdjj  in  feinen  umfangreicheren  ©d&nften 
lebiglicfy  atö  gelehrter  unb  belefener  Äontyilator.  £)iefe  brei  SSäter  fmb  aber  SSerfaffer  bon 

16  -Dteffen,  auf  beren  SBortlaut  fi$  bunbert  3<$r*  fräter  bw  2lbo}>tianer  ni  gunften  ibrer 
Slnficfyt  beriefen  (Schreiben  fpamfd&er  Stfdpöfe  an  bie  fränfifd&en  bei  #elfferid&  ©.  139. 
141,  bgl.  ©fyanbuS  an  Stalin  in  MGEp.IV©.  305).—  ®ie  brei  ©eaner  be3  libellus 
über  -äJcaria  ftnb  ^obinian,  gegen  ben  bie  Unberle^tfyeit  ber  3ungfraufd(|aft  nac$  toie  bor 
ber  ©eburt  behauptet,  §elbtbtu$,  gegen  ben  bie  -Dtetnung,  bafc  9Karia  tyerna<$  noc$  Rmber 

20  geboren  fyabe,  bertoorfen  totrb,  unb  ein  3ube,  gegen  ben  bie  jettgenöfftfcfye  6§riftologie  mit 
ben  Mitteln  ber  antijübiföen  ©c^riftejegefe  in  fyerfömmlicfyer  SBeife  enttoidfelt  totrb;  benn 
eS  lag  bem  Sßerf.  baran,  tote  er  felbft  an  anberer  ©teile  fagt,  „feinen  ßfyriftuä"  ju  t>er- 
fyerrlic|en,  mit  beffen  6fyre  bie  ber  ©otteSmutter  ibentifä  toar;  festere  aber  toäre  ber* 
fürjt,  fyättt  man  ityr  ben  bauernben  93efifc  beä  aäfetifd&en  3bealt  b«  Sungfraufd^aft  ab- 

25ft>re<$en  toollen,  toelctye  3-  über  bie  angelica  conditio  [teilt;  er  beaetdpnet  ft<$  felbft  am 
©cfylufj  aU  „Wiener"  unb  begeifterten  Sereljrer  ber  9Jtaria.  SemerfenStoert  ift  übrigen«, 
tote  bei  ifym  überall  ber  ftarfe  3lu3brucf  feiner  ^erfönltd^en  SSerfäulbungen  bor  ben  Äugen 
©otteS  burctyfcfylägt  unb,  als  Korrelat  baju,  bie  ftarfe  SBetonung  ber  bergebenben  ©nabe, 
einmal  fogar  mit  ben  SBorten :  qui  ex  immundo  mundum  facis  et  tollens  peccata 

so  iustificas  sine  opere  peccatorem,  toaü  bon  ben  erften  Herausgebern  be«  Sudlern«  im 
16.  Sjafyrtyunbert  einfach  getilgt  tourbe!  Die  brüte  erhaltene  ©(^rift  be«  3.  ift  baS 
®o^elbüc^letn  adnotationum  de  cognitione  baptismi  unb  de  progressu  spiritualis 
deserti,  le^tere«  toirflid^  bon  feiner  §anb,  eine  Sefd^reibung  beS  SebendtoegeS  nad^ 
bollenbeter  laufe  bis  jur  ewigen  SBo^nung,  mit  einem  Sobe   auf  bie  SBüfte  unb  einer 

85  fonberbaren  3ufötnmenftcnung  bon  ßrflärungen  biblifc^er  s3iamen  au$  bem  SPffangen*  unb 
lierreic^;  erftere«  —  bon  Saluje  1738  au«  einer  §bf.  ebiert—  SBiebergabe  einer  älteren 
©cfyrift  minbeften«  be«  6.  3aW>unbertS  über  bie  SBiebergeburt  in  ber  iaufe,  beren  SBic^- 
tigleit  für  bie  ©efctyictytc  beS  Äated^umenatS  unb  2^uffembotö  6afj>ari  erlannt  ^at,  unb 
beren  Harer  ©til  gegenüber  ber  fcfytoülftigen  Sreite    unb  ber  in  fonontymen  ©ä^en  fic^ 

40  gern  ergetyenben  SWebetbeife  be«  3.  angenehm  auffällt;  ba$  ßitat  a\x$  ©regor  mu£ 
bon  i^m  hinzugefügt  fein,  ebenfo  toie  bie  eingangs  (1—12)  unb  ©c^lufefapitel,  bie 
toieberum  bon  ©ebeten,  tote  er  e«  liebt,  burctyfefct  ftnb.  2)ie  urfj)rünglic^e  ©d^rift  enthielt 
bie  Darlegung  be«  Itrd^lid^en  SSerfa^reng  mit  ben  Äated&umenen  unb  Kompetenten  nebft  einer 
expositio  symboli  (nad)  Slufin,  bgl.  Äattenbufcty,  ®a«  a^oft.  ©^mbol  I  154  f.)  unb  einer 

45  furzen  Auslegung  ber  3511.  fotoie  ber  frönen  9laturfd^ilberung  eine«  tounberbaren  lauf- 
quelle  (c.  106,  cf.  Isid.  de  vir.  ill.  24).  Dafj  gerabe  3uf^n*an  öon  Valencia  ber 
äerfaffer  fei  (§elfferid^),  ift  naefy  ben  SBorten  3ftbor«  (c.  33)  nid&t  fidler;  mufe  e«  über* 
faupt  ein  fj)anijd^cr  ©d^rtftfteller  getoefen  fein?  —  63  fei  ertoätynt,  ba|  9Rabifion,  diss. 
de  azymo  (Opera  posth.'  I   tyaxtä  1724,  p.  189  ff.)  bie  revelatio  eine«  foäteren  3. 

60  mitteilt.  3-  M  na(j^  Julian  feine  gefammelten  Schriften  in  bier  leile  geteilt :  I.  1.  proso- 
popoeia  imbecillitatis  propriae,  1.  de  virg.  (f.  0.),  opusculum  de  proprietate 
personarum  Patris  et  Filii  et  Spiritus  saneti,  opusc.  annotationum  actionis 
diurnae,  opusc.  annotationum  in  sacris,  1.  de  cogn.  bapt.  unum  et  de  progr. 
spir.  des.  alium  (f.  0.);   IL  93riefe,  an  3$erf<$iebene,  mit  rätfetyaften  2Benbungen;  teils 

56  toeife  unter  ©infü^rung  bon  ^erfonen  u.  f.  to.  (je  2  erhalten,  Srieftoed^fel  mit  CUiiricu«); 
III.  5Weffen  (f.  0. ;  bei  ßtjila  ettoa«  bom  SBortlaut  einer  5Waricnmeffe),  §^mnen  unb 
^rebtgten;  IV.  ©emifd^te^  au^  9?erjen  unb  55rofa,  j.  8.  ©rabfcfyrtften  fotoie  einige  (Spi* 
gramme.  Da^u  bietet  Unboßenbete.  6r  teilt  mit,  bafj  3.  ftarf  religio,  bon  toürbigem 
auftreten,  gebulbig   unb  berfd^totegen   unb  bon  ^od^fliegenber  Serebfamleit  getoefen    fei. 

60  ©cfyon  in  ganj  jungen  %cfycm  ^attc  er  feine  ftreube   am  2tben  ber  2Wöncfye  unb  fud^te, 


Sfoefowfuö  ^Ottttttttatett  61 

unter  SJerfc&mätyung  ber   elterlichen  3uneigung   unb   ber  toeltlicfyen  ©efcfyäfte,  ba*   mo- 
nasterium  Agaliense  in  ber  nörbltcfyen  SBorftabt  JoleboS  auf,  ba$  ben  ^eiligen  6o3ma3 
unb  3tamian  getoetyt  toar.    $er  ifym  nacfyeilenbe  toütenbe  SSater  bermod&te  tyn  nicfyt  au& 
fmbig  &u  machen   unb  beflagte  ben  ©ofyn    als   einen  Verlorenen.    3.  fyat  bon  bort  ein 
3ungfrauenHofter  in  Deibiensi  villula  gegrünbet,  ift  ca.  630  Don  §eflabtu3  jum  Sebiten  6 
gemalt  unb  ft>äter,  ftrie  mehrere  feiner  Vorgänger,  Sciter  beä  ÄlofterS  getoorben,  in  bem 
er  auf  ftrenge  ©ttte  unb  gute  33ermögen3berh)altung  $ielt.    Site  2lbt  unterfcfyrteb   er  ba$ 
VIII.  (653)   unb  IX.  (655)  Ronjil  bon  SColebo.    3lo%  bor  bem  Stöbe  feine*  untmttel* 
baren  SorgängerS  im  93tetum  tourbe  er,   toie  biefer,  burefy  fürftlicfye  ©etoalt  naefy  Solebo 
(äuglet  ÄönigSftfc)  geführt.    £)afe  er  SfiborS  Schüler  getoefen  fei,  hrie  Spätere  behaupten,  10 
tft  um  ber  3citoc$nung   Tillen   nietyt  gut  amuncfymen,   toenn   er  aud&  feine  ©d&riften 
tonnte.    SBon  feiner  SBotyltfyätigfeit  am  93tf$ofefi$e  berietet  in  Slnfnüpfung  an  bie  bort 
borfcanbene  ©inrid&tung  einer  täglichen  2lrmentoeifung  im  17.  3>a]Wunbert  *>er  ^uxt  go. 
3Rariana  (de  reb.  Hisp.  VI,  10);  fein  fieidjnam,  urfprüngli^  in  ber&irctye  ber  \jl.  £eo* 
cabia,  bem  SBerfammlungSorte  mehrerer  toletan.  ©tynoben,  betgefefct,   tourbe   bei  ber  93er*  15 
beerung  Spaniens  naefy  3amora  xn  ^  SßeterSfircfye  gebracht  unb  biefer  neue  93egräbni& 
ort  nad^^er  auf  tounberbare  SBeife  ber  SSergeffenfyett  entriffen  (X,  12);   bas  tym  bon  ber 
3Raria  iibergebene  lucfy  ift  naefy  Dbtebo  gefommen.    Eine  ©rabfetyrift  für  $.   bti  MSL   % 
p.  8 13 f.   äud^  in  3lom,  an  ber  Via  Sistina,  befinbet  fiefy  eine  Heine  itirc^e,  SS.  Ilde- 
fonso  et  Thomae  de  Villanova  getoetyt.  <$.  $eune<fc.      20 

3flgen,  ßtyriftian  ftriebriety,  geft.  1844.  —  S9r.  Sinbner.    8W  1845,    8.  3. 

Gtyriftian  ^riebriefy  SHgen,  Acoren  am  16.  September  1786  $u  ßfyemntfc,  ftubierte 
&u  2eij>$ig,  ^abtlitierte  {tq  bajelbft  ate  ^ribatbojent,  unb  ftmrbe  1818  aufcerorbentlid&er 
^Jrofeffor  ber  ^ilofop^ie,  1823  ber  Ideologie,  1825  Ordinarius  berfelben,  fpäter  aud) 
2>om^err;  er  vertrat  bie  tyiftorifcfye  Geologie.  3U  artoäfynen  finb  feine  arbeiten  über  26 
8aliu3  SocinuS  Seben  (Lips.  1814  unb  1826,  2  P.  4),  feine  Programme  (Memoria 
utriusque  catechismi  Lutheri,  L.  1829 — 1830,  Historia  coUegii  philobiblici, 
1836 — 1840)  unb  feine  toentg  genügenbe  2lbtyanblung  über  ben  SBert  ber  cfyriftlicfyen 
$cgmengef<$i<$te  (1817).  3m  ©tytember  1814  grünbete  er  bie  Seidiger  tyiftorifdMfyeo* 
iogifc&e  ©efeUfc&aft  (bgl.  fcenfförift  ber  ^iftor.^t^eol.  ©efellföaft  &u£eityig,  1—3,  Seidig  so 
1817—1824),  au*  toel<$er  bie  juerft  bon  9ttcbner,  bann  Don  Äa&niä,  eine  Steige  bon 
Sauren  Don  gllgen  felbft  rebigierte  geitfetyrift  für  bie  tyiftorifd&e  Ideologie  1832-1875 
bertwrgegangen  ift.  6in  Sanb  ^rebigten  (bie  SBertlärung  be^  irbif^en  SebenS  burc^  ba^ 
e»angelium#  1823)  läfct  feinen  t^eologifc^en  ©tanbpunlt  erlennen.  6r  ftarb  am  4.  2lug. 
1844.  £•  $t\t  f.     36 

3ü«miuaten.  (Erleuchtete.)  $luS  ber  maffen^aften  OueCTenütteratur  ift  ^eruorau« 
lieben:  ©rofee  Äbfidjten  beö  Orbend  ber  30unünaten  mit  9Jad)trag  I.  II.  III.  (^iüiKÖcn 
1786;  «Jreüjerr  0.  3Keggen^ofen,  sJHeine  ©efd)icbte  unbWpoloßtc  1786;  3)rci  merftüürbtge  9lu«* 
(agen  1786;  SBei^aupt,  SJoüftänbige  ©efebieftte  ber  Verfolgung  ber  Sttuminoten,  granffurt 
u.  fieipjtg  1786;  (Sei^aupi)  Apologie  ber  Süuminaten,  ebenb.  4787;  2)erfelber  $)q§  oer*  40 
bffferte  Softem,  ibid.  1787;  $erfelber  ^urje  SRed)tfevtigung  meiner  »bpeftten,  ibid.  1787; 
flmbtrag  boju  ibid.  1787;  Einige  Originalfdjriftcn  beö  3aunünQtenorben§,  SRüncbcn  1786; 
^ac^trag  oon  weiteren  Criginalfdjriften,  9Küncften  1787;  (Bijftcm  unb  Solgen  be$  30«"^ 
natenorbenö.  ^Ründjen  1787;  SBorfteflung  üon  bem  greitjerrn  oon  ©affuS,  1788;  ?^ilo§ 
cnblidje  £rtlärung,  ^annouer  1788;  3)er  ectjte  giluminat,  @beffa  1788;  3)ie  neueften  Ar«  46 
betten  beä  ©partacu«  unb  Sßfnlo  0.  O,  1793;  Ueber  ben  3Uuminatenorben  (oon  V06)  0.  £). 
1799.  Sgl.  ÄUgemeineö  &anbbud)  ber  Sretmaurerei,  ^Irt.  3Uuminoten  unb  ÄlucffjofynS  Ab* 
iKinblung  ,rXie  Sflununoten  un5  5jc  ^uftiärung"  in  ber  Slugäb.  Slüg.  3citung,  S.Q^g- 1874, 
$eit.«9lr.  72 ff.  ferner:  Stlofy,  ^Bibliographie  ber  Freimaurerei  unb  ber  mit  i&r  in  S5er» 
bitibung  gefegten  geheimen  ©efeüfcftoften,  gron!furt  1844,  Wx.  3211-3275;  SBrürf,  2)ie  ra^  60 
iionoliffifdjen  ©eftrebungen  in  ben  biet  rljeinifdjen  örjbiöt.,  ^iainj  1865;  9lrt.  w3HUT"inö« 
tfit-  in  ©eper  unb  SBelte«  Äircftenlejifon  2.  9{uff.,  6.  «b.  (1889)  8p.  603-608  oon  fflaidj. 

Unter  ^©rleuc^teten"  ober  „IUuminati"  Ratten  in  frühen  fttittn  ber  ßfyriftentyeit 
bie  Äm^ent>ater  bie  ©etauften  toerftanben  (t>gl.  §br  6,  4).  ©päter  aber  ^at  e^  oft 
Styrärmer,  9Rvfti!er  unb  i^eofo^^en  gegeben,  toelcfye  auf  ben  tarnen  SDuminöten  ^s » 
ftyruc^  matten  ober  ifyn  erhielten,  fofem  fie  eines  leeren,  ungeloö^nlic^en  ©rabeS  menfd^s 
I«$er  i<oflfommen^eit  in  ber  ©rlenntntö  ©otteä  unb  gbttli^er  2)ingc  toie  auefy  einer 
mgeren  SBerbinbuna  mit  ber  ©eiftertoelt  fic^  rühmten  (9leubedfer).  ©pejiell  toirb  jener 
Sine  einer  m^ftif^f<^toärmerifc^en  Partei  beigelegt,  toelc^e  guerft  feit  1575  in  Spanien 


62  dastmittateit 

auftrat  unb  2llumbrabo3  ober  2llombrabo3  genannt  Würbe  (f.  8b  I  ©.  388 ff.). 
©ie  berftel  ber  ^nquifttion;  bon  biefer  tyeftig  berfolgt,  berföWanb  bie  ?ßartei  eine  3eit 
lang,  bte  jte  1623  bon  neuem  in  ^ranfretc^  unter  betn  tarnen  ©uerinetS  auftrat  (f.  93b  I 
©.  389,56),  aber  auefy  tyier  fc£on  1635  ber  Verfolgung  gänjltc^  unterlag.  Sine  fi£nltc$e 
s  ©efte  trat  Wteber  um  1722  im  füblicfcn  granfreidp  auf,  bte  ityre  ntyf^dfctyeofopptfd&en 
Träumereien  bis  ju  ber  Vetyauptung  entwidfelte,  baß  fu$  bie  menfd&liqe  92atur  in  betn 
f).  ©eifte  böflig  auflöfen  Werbe,  ©ie  toerbanb  mit  tyrer  Xbeorie  fräter  nodfr  allerlei  ben 
Freimaurern  entlehnte  ©e^eimniffe  unb  erhielt  ftc^  in  berfepiebenen  Abzweigungen,  bis  fte 
in  ber  SlefcolutionSjeit  (1794)  unterbrücft  Würbe;   bgl.  ©#ira($,  $olittfd^e$  Journal  bon 

10  1785—1794  OHeubecfer).  3n  ket  neueren  3eit  aber  führen  ben  Warnen  ^llumtnaten 
bonugSWeife  bie  3Ritglieber  eines  am  1.  IDtai  1776  bon  bem  Sßrofeffor  beS  getfUUfcen 
Siebte«  3lbam  SBeiSfyaupt  in  S^flrfftabt  geftifteten  ©e^eimbunbeS,  Welcher,  nadj  bem 
SWufter  beS  Sefuttenotben*  biSjtyliniert,  im  Äampfe  Wiber  Aberglauben,  UnWifjen^eii  unb 
Unbernunft,   ber  £ugenb  jur  §errfcfyaft  berfyelfen  unb  ben  DrbenSgenoffen  (Stnfluß  unb 

16  3Ra$t  in  ber  2Belt  berfd&affen  follte.  SBeiSljaupt,  aus  ber  ©c$ule  ber  Seiten  ^erbor- 
gegangen,  aber  unter  bem  ©influß  beS  ^rei^errn  Don  ^tftatt  frity  mit  ben  fielen  ber 
&ufHärung  bertraut  gemalt,  fobann  mit  ben  (Sjjefuiten  unb  beten  Sfo^angern  <m  ber 
Uniberfttät  in  heftige  Äämj>fe  fcerWidfelt,  trug  fu$  fcfyon  als  SKann  bon  27  Sagten  mit 
bem  $lane  einer  DrbenSgrünbung,  burc§  bie  er  ben  belaßten  ©egnern  bie  SSaffen  ent* 

20  reißen  unb  baS  ÜbergeWtd&t  ben  „©uten",  b.  $.  bor  allem  ftc£  feftft,  berfd&affen  wollte. 
Stactyfuctyt,  (S^rgeij,  §errf$begier  mifd&ten  ftety  in  tym  mit  bem  S)range,  gro|eS  )u  Wirfen 
unb  ein  SBotylt&äter  ber  9Renfdf#eit  ju  Werben.  3$m  War  ber  ©ebanfe  niefct  $u  fityn, 
baS  ß^riftentum  burety  eine  Sieligion  ber  Vernunft  erfefcen,  bem  ^Despotismus  bie  ÜRad&t 
entreißen  unb  bie  ©ittltcfyfeit  baburc$  beförbern  jm  fönnen,   baß  man  bie  Xugenb  fror 

26  Verfolgung  fd&üfce  unb  tyr  in  ben  äugen  ber  SJcenfctyen  um  fo  größeren  SBert  beriefe, 
je  fixerer  fte  föon  auf  Srben  ibred  SofyneS  Wäre.  Um  an  ber  ©pifce  eine«  ©etyetm= 
bunbeS  fo  großes  ju  erretd&en,  fdpien  tym  bie  tooBftönbige  Übereinftimmung  ber  Drben& 
genoffen  unb  ifyrc  unbebingte  Unterwerfung  unter  feinen  leitenben  SBiUen  unerl^Ii^.  (53 
galt  alfo,  bie  jünger  erft  für  bie  DrbenSjWecfe  ju  mieten  unb  fte  aUmc$li$,   tnbem  fte 

ao  eine  ©tufe  nad)  ber  anbern  unter  beftänbiger  3luffu$t  unb  fieitung  burd^f^ritten,  ju 
brauchbaren  ffierfgeugen  be«  5Weifter«  ju  machen.  ®iefe  2lbri$tung  nad^  jefuitifc^em 
5Wufter,  ju  antijefuitifcfyem  3^^/  erfc^ien  i^m  ate  ftttltdje  SerboHtommnung,  tüe^alb 
er  aud^  feine  Stiftung  anfangs  ben  Drben  ber  „^erfeftibiliften"  nannte.  3n  ^  m^fle* 
riöf en  gformen  unb  3^^^/  ^ur^  bie   w  nac^  ^em  ©inne  ber  3^t  bem  ©e^eimbunbe 

36  metyr  Srleij  unb  eine  gemiffe  2Betye  ju  berlei^en  gebaute,  lehnte  er  fi$  an  bie  %m* 
maurerei  an,  otyne  bamate  ba«  Drbenäftyftem  genauer  ju  lennen. 

5Kac^bem  SBete^aupt  bie  Statuten  be«  Drben«,  ben  er  gu  grünben  unternahm,  in 
ben  Umriffen  entworfen,  begann  er  einige  junge  SKänner,  fdne  ©d&üler,  ju  feinen  Ver- 
trauten ju  machen  unb  mit  i^rer  §ilfe  anbere  ©tubierenbe  ju  Werben.    SSon  3ngolftabt 

40  Würbe  bte  $ro>)aganba  aföbann  na^  ßid^ftäbt,  Wo^in  er  fti$  felbft  ^äuftg  begab,  na^ 
gfreifmg,  3Rünc^en  unb  anberen  Orten  ausgebest  unb  mit  befonberem  @ifer  auf  bor* 
ne^me,  reiche  unb  angefe^ene  junge  3Jlänner,  geiftlic^en  unb  Weltlichen  ©tanbe«,  3)om= 
^enen,  ©ele^rte,  Äa&aliere,  %a$  gemalt.  Über  bie  Anwerbung  unb  aufnähme  ber 
Drben«!anbibaten  arbeitete  20.  aUbalb  eine  ausführliche  Sttftruftion  auS,  bie  für  i^n  unb 

46  fein  2Berf  c^aratteriftifd^  ift. 

$at  jemanb  ein  anftänbigeS,  bem  Drben  borguf$lagenbe3  ©ubjelt  audge^^et  unb 
bie  (Srlaubniä  jur  Anwerbung  erhalten,  fo  foll  er  3utrauen,  Siebe  unb  $odpa$tung  in 
bem  Äanbibaten  ju  erWedten  unb  i^n  fo  ju  leiten  fud^en,  baß  bie  Segierbe,  tn  bie  ®e» 
feüfc^aft  einzutreten,  nid^t  auf  einmal,   fonbern   nac^  unb   nad^   in  ihm  entfiele.    S)agu 

60  tann  bie  Seitüre  feelener&ebenber  SBerfe  bienen,  beren  eine  ftattlic^e  Steige  au«  mobetner 
Wie  alter  Sitteratur  em))fo^len  Wirb.  2Ran  rebet  Don  ber  Äunft,  9Renfdfat  ju  lennen 
unb  ju  birtgieren,  bon  ber  3Kac^t  geheimer  sJSerbinbungen,  bon  einfielt  in  bie  berborgenften 
©e^etmniffe.  %nbtm  man  fo  in  flug  ausgebauten  35telurfen  Weiter  unb  Weiter  ge$t, 
erjagt  man  ganj  im  Vertrauen,  3lußerorbentlic^e«  t>on  einer  geheimen  ©efellfc^aft  gäört 

65  gu  $aben,  ber  man  beitreten  fönnte.  2Wan  fragt  ben  5tanbibaten  um  9lat,  mac^t  @m* 
Würfe;  bann  läßt  man  ifyn  Wofyl,  um  feine  5ieugierbe  ju  reuen,  einen  in  Ziffern  ge« 
fetyriebenen  Srief  fe^en  unb  beutet  auf  tyofye  ©e^etmntffe  ^in,  tn  beren  Seftfc  bie  ®efm- 
teaft  fein  fotlc;  man  bringt  enblic^  ben  Äanbibaten  ju  ber  Übeneugung,  baß  bie 
Neigungen  unb  SÖSünjd^e,  bie  ttyn  befeelen,  bie  ^beale,  benen  er  ^uftrebt,  nur  in   einem 

go  ©e^eimbunbc  Sefriebtgung  finben  lönnen. 


dttmttuMteit  63 

Verlangt  ber  Äanbibat,  auf  bie  angebeutete  2lrt  bearbeitet,  bafe  man  tym  jum  ©in* 
tritt  in  bat  gefyeimniSDollen  Orben  Dertyelfe,  fo  fyat  er  Der  allem  burety  einen  SteDerS  fid^ 
ju  Dctyffi$ten,  Don  biefer  ©efellfd&aft  niemanbem,  au$  ben  näcfyften  angefangen  unb 
Dertrauteften  greunben  m$t,  ba$  geringfte  gu  fagen  ober  nur  anjubeuten.  §ierauf  toirb 
er  mit  bat  für  bie  SRoDijen  geeigneten  Statuten  befannt  gemalt.  Slbcr  lein  ©d&riftftüdf  5 
bleibt  ht  feinen  §anben;  toaS  er  gelefen,  tyat  er  jurüd^ugeben.  Slucfy  Don  ben  Oberen 
unb  b«n  Urftmmgber  ©efeUfd&aft  erfährt  ber  -JloDije  nu$t$.  @r  totrb  in  bem  ®lauben 
befeftigt,  ba&  ber  Orben  bte  in  birö  Altertum,  unb  ba|  bie  9Ritglieber,  jumal  bie  Oberen, 
bis  ht  bie  ^ften  Äreife  reiben.  ^ätfte  unb  Äarbmäle,  bie  beritymteften,  toetfeften  unb 
Dortrefflu$fkn  SRänner  läjjt  man  iljn  als  Angehörige  ber  ©efeHföaft  bermuten.  S3on  10 
9ngefti$t  lennt  er  nur  ben,  ber  ifyn  angetoorben.  2)iefer  überreicht  ifym  labeilen,  bie  er 
au^ufüHen  tyü,  um  über  alle  benlbaren  perforieren  unb  gfamilienberfyältniffe  3lu3hmft 
$u  geben.  Shirdfc  i^n  ftefft  er  ben  unbelannten  Oberen  Don  3e^  8U  S*ü  *>a$  $agebud& 
m,  ba£  tym  ju  führen  obliegt.  Slutty  bie  9lu$$üge,  bie  er  aus  ben  tym  borgeföriebenen 
Suchern  fertigt,  bie  Äernfprüctye,  bie  er  fammelt,  bie  ßfyarafterföilberungen  unb  anbere  15 
f<briftlt<fc  arbeiten,  bie  er  auf  Sefefyl  unternimmt,  ^änbigt  er  bem  9tejij)ienten  ein. 

908er  bie  ^robejeit  mit  ©rfolg  beftanben,   toirb  mit  SrlaubniS  ber  Oberen   in   bie 
Stoffe  ber  SRhterDalen,  toelctye  bie  ^iflanjfc^ule  beä  OrbenS  bi(ben,  nic^t  ofyne  toofyl  be= 
rechnete  g*ierli<$feit  aufgenommen,   enttoeber  bei  ^Eage  im  2Balbe$bunfel,  ober  bei  9lad)t, 
toenn  ber  SRonb  am  §immel  ftetyt,  in  einem  ftillen,  nur  matt  beleuchteten  gintmer  binter  20 
fotgfältig  Derfäloffenen  2$üren.    2)abei   toirb  bem  Ranbibaten   naefy  einer  langen  Steige 
Don  fragen,  bie  er  ju  beanttoorten  fat,  baä  eiblicfye  9Serfyre<$en  abgenommen,  ba|  er 
iebe  ©eleaenfyeit,  bem  STOenföen  ju  bienen,  ergreifen,  ©rfenntnte  unb  SBillen  berbeffern, 
nüfeli$e  @htfi$ten  allgemein  machen  toid,  infotoeit  ba$  2Bofyl  unb  bie  Statuten  ber  @e* 
feflf$aft  e3  Don  tym  forbern  toerben.  @r  gelobt  ferner  etoigeä  ©tUIfätoeigen  unb  ftrengen  25 
©e^orfam;  er  leiftet  SSerjictyt  auf  feine  SßriDateinficfyt  unb  feinen  ©igentotllen,   felbft  auf 
jebnt  „eingef<$ränrten"  ©ebrau<$  feiner  Äräfte  unb  gäfyigfeiten;  mit  @ut,  Gtyre  unb  93Iut 
Dcrfpri$t  er  bem  Orben  $u  bienen,  ftcfy  allen  3fynbungen  unb  Strafen,  bie  tym  juerfannt 
toerben  foDten,  toillig  gu  untertoerfen.  — ^35ann  tyat  ber  junge  9HinerDale  eine  umfaffenbe 
fdjriftltcbe  ©eneralbetctyte  abzulegen,  bie  an  bie  tym  unbelannten  Oberen  getyt.    ^ßerfönlicty  30 
Derfefyrt  er  nur  mit  anberen  SKinerDalen  beäfelben  Orte«  unb  mit  bem,  ber  ifyn   aufge* 
nommen,  unter  beffen  unmittelbarer  Seitung  er  ftefyt,   nac§  beffen  93efe$len   er  lieft  unb 
föreibt,  fhibiert  unb  f^ioniert;   ben  erlaubten  Oberen  aber  fenbet  er  monatlich  einen  ge* 
Reimen  Sendet  über  fic$,  ben  Seji^ienten,  über  anbere  -DtinerDalen  unb  enblid^  über  bie* 
jenigen,  bie  er  no<$  in  bie  ©efellfc^aft  aufgenommen  fe^en  möchte.    @r  empfängt  Sefe^le,  a^ 
Sufmunterungen,  SSertoeife,  o^ne  ju  toiffen  Don  toem.  Site  Drben^mitglieb  erhält  er  einen 
m  ber  Siegel  ber  altflafftfc^en  2itteratur  entnommenen  tarnen,  toie  ©ofrateä,  3llcibiabc^, 
6ato,  SKariud;   SBJei^auj)t  felbft  nennt  fi<$  ®))artacu«.    5Kit  bem  Drbcnänamen  toerben 
bie  jum  5teil  in  ß^iffem  geft^riebenen  unb  frembartig  batierten  Sriefe  unterjetc^net,  unter 
betfelben  Slbreffe  bie  Slnttoorten  empfangen.    äu(^  bie  ©täbte*  unb  Sänbernamen  toerben  40 
ber  alten  ©eograjj^ie  entnommen,  fo  ättyen  für  ÜKünd^en,  Sieben  für  ^reijtng,  6})^efu^ 
ffir3ngoljiabt,  9lt!omebia  für  SUigSburg,  ©räcia  für  Saiern,  ^eloj)onne^  für  Sfyrol,  äg^ten 
für  Cfterrei^.  —  SBo^nen  mehrere  SKinerDalen  an  bemfelben  Orte,  fo  finben  unter  bem 
$wfi£  be«  Sorpe^er^  regelmäßige  3ufftmmenfünfte  ftatt,   toeld^e  mit  geierlid^Ieiten,  bie 
an  bie  2ogenbräu<$e  erinnern,   eröffnet  unb  gefc^loffen   toerben.    35ie  SDtitglieber  galten  46 
Sarträge,  lefen  Suffäfce,  Der^anbeln  Angelegenheiten  ber  ©efeüfc^aft  unb  nehmen  3«tfuren 
«nb  SSefe^le  ber  Oberen  entgegen. 

Ste  bie  Sßftanjföule  be^  Orbend  fc^on  an  mehreren  Orten  Seftanb  getoonnen  ^atte, 
toaren  bie  ^ö^eren  ©rabe  toeber  ausgearbeitet  noefy  in«  2eben  geführt.  Sie  ejiftierten  erft 
in  bem  Äopfe  be«  Dielbefc^äftigten  ©enerate,  toelc^er  mit  £ilfe  ber  eingetoei^ten  unb  an  go 
bergeitung  beteiligten  greunbe,  bie  ftety  äreopagiten  nannten,  junädf^ft  für  bie  bringenbften 
ftbfirfniffe,  namentlich  bie  finanziellen,  gu  forgen  ^atte.  £)a  ju  feinem  3ammer  bie 
ngemtfifci^en  Gonfcii  Don  freitoilligen  Seiträgen  toenig  toiffen  toollten,  brütete  er  über 
mannen«  ^Jrojrften  jur  Vereiterung  beä  Orben«.  2lu(^  bie  Sammlung  einer  großen 
SiHiotye!  lag  i^m  am  $erjen ;  benn  in  ber  nä$ft  ^ö^eren  Jtlaffe  backte  er  eine  9trt  ge-  65 
l^rter  XIabemie  ju  errieten,  too  befonberä  an  d^aratterf^ilberungen  gearbeitet,  ber 
9eoba<$tiing$geifi  gefd^ärft,  ba«  ©tubium  ber  3Uten  unb  bie  fiöfung  Don  ^reteaufgaben 
"*  ^fl^  gefaxt  toerben  follte.  Um  Südber  ju  belommen,  fotlen  bie  ©enojfen,  toenn  e« 
mit  3Wanier  gej^en  fann,  felbft  bieSBerfe  frember  unbenu^ter  Öibliot^efen  ftd^  aneignen. 
Jud  einem  9Ranuffctytenbiebftatyl   in  einer  folgen  Sibliot^et  folle  man  fi<^  „feinen  ca-  eo 


64  ^flumiitaten 

sum  conscientiae  machen;  bcnn  nur  toa«  ©c^aben  bringt,  ift  ©ünbe,  unb  toenn  ber 
9htfcen  größer  toirb  al«  ber  Stäben,  fo  toirb  e«  gar  jur  £ugenb",  le^rt  ber  ©eneral  in 
einem  ©d&reiben  „an  SDtariu«"  am  6.  Styril  1779.  ®iefer  nieberträc^tigen  SDtoral  enfe 
faricfyt  auefy  bie  gbee,   einen  SEBeiberorben  mit  einer  tugenb^aften  unb  einer  auafc&toeifen* 

6  ben  Älajfe  ju  begrünben,  jene  für  gute,  bieje  für  fd&mufcige  Qtotät  C^obelc  Sßaffionen") 
(bgl.  9tai$«  2trt.).  $te  le|ten  3iele  be«  Drben«  aber  fötoeben  aud&  für  ben  ©tifter 
noefy  in  nebelhafter  %emc.  „2)er  ©nbjtoed  be«  Drben«  ift,  baß  e«  Si$t  toerbe,  unb  toir 
finb  Streiter  gegen  bie  ginfterni«."  „Site  SRebcnjtoecf  betraute  id&  unferen  ©$u$,  3Ratyt, 
fixeren  SRücfen  bor  Unglticföfätten,  drleid&terung  ber  -Dttttel,  jur  Srlenntni«  unb  9Btffen* 

10  fd&aft  ju  gelangen."  3>ebe  borfyergefyenbe  Älaffe  foU  bie  $rüfung«f<fyule  für  bie  folgenben 
fein.  „In  specie  macfye  icfy  jeben  jum  ©pion  be«  anbern  unb  aller."  2Ba«  bei  ben 
?jefuiten  bie  Seilte,  foUcn  bei  ben  ^Quminaten  bie  fc^riftlic^en  3Ronatöberid^te  fein. 
2)arau«  toitt  2B.  erfefyen,  toelcfye  geneigt  fmb,  getoiffe  fonberbare  ©taat«le&ren,  toeiter 
fyinau«  5Religion«meinungen  amunefymen   unD  am  @nbe  erfolgt  bie  totale  ©infu^t  in  bie 

16  Sßolittf  unb  bie  SKajimen  be«  Drben«."  S«  fehlte  toenig,  baft  ba«  ptyantaftiföe  SBerf,  an 
bem  ber  unflare  5topf  be«  gü^rerö  im  S3unbe  mit  fnabentyaften  unb  jum  ieil  ftttenlofen 
©efellen  arbeitete,  in  fiefy  felbft  verfallen  märe,  efye  e«  über  bie  erften  anfange  tyinau«* 
gefommen.  SBctyrenb  SB.  feine  ©efyilfen  nad&läffig,  leichtfertig,  unbotmäßig  fd^ilt,  Dogen 
jene  über  bie  unerträgliche  §errf<$fuctyt  unb  ben  rücfftd&telofen  3)ef}>oti«mu«  be«  9fteifter«. 

20  Statt  gortfetyritte  ju  machen,  toar  man  in  ben  erften  %cfyxtn  toteberljolt  na&e  baran,  ft$ 
in  toilbem  ßaber  $u  trennen. 

£)a  gelang  e«,  ber  fötoanlenben  ©efeDfctyaft  einen  fefteren  £alt  unb  größeren  Ru? 
toadß  burety  bie  SSerbinbung  mit  ber  Freimaurerei  ju  berfd&affen,  mit  beren  ©efyetmntffen 
ber  greifen  bon  fttoai  (Gato)  in  einer  2lug«burger  Soge  genauer  bertraut  tourbe,  toäfc 

25  renb  9B.  feit  bem  $.  1778  einer  SMünd&ener  Soge  nur  al«  untergeorbnete«  ÜRUglieb  an* 
gehörte.  SDtc  traurige  93ertoirrung,  in  ber  ftety  bamal«  ba«  SWaurertum  m  £eutf$lanb 
befanb,  inbem  @lüa«ritter  unb  ©cfytoinbler  bie  ba«  3e^a^er  d&aralterifierenbe  Vorliebe 
für  ©efyetmbünbe  unb  bie  bon  biefen  gehüteten  ©efyetmniffe  $ur  ©Raffung  aller  möglichen 
©tyfteme  unb  ©rabe  benüfcten,   ließ  e«  möglich  erfcfyeinen,  bie  Freimaurerei  bem  SDumU 

ao  natentum  bienftbar  ju  machen,  inbem  man  enttoeber  bie  fc^on  beftetyenben  Sogen  unters 
merft  unter  bie  Seitung  bon  ^Quminaten  braute,  ober  neue  Sogen,  angeblich  nac^  entern 
©Vftem,  felbft  anlegte  unb  bie  Sßuminatengrabe  afe  ^ö^ere  ©tufen  ber  3Jlaurerei  befcan* 
belte,  m  benen  man  aber  nur  biejenigen  -Kaurer  beförberte,  bie  für  bie  ^ötyeren  3*^^ 
beä  ^uuminatenorbend  brauchbar  toaren.  SXuf  biefe  2Bcife  lonnte  man  hoffen,  ni$t  allein 

35  j^a^lreic^e  5KitgIieber  unb  toolle  Äaffen  ju  gewinnen,  fonbern  aud^  hinter  bem  ätu^änge» 
fd&ilb  ber  barmlofen  unb  unberbäd^tigen  3Jlaurerei  ©c^u^  bor  Verfolgungen  ju  finbeit 

Äaum  ^atte  man  in  ber  angebeuteten  Stiftung  bie  erften  (Srfolge  erjielt,  bie  Soge 
Äarl  Ifyeobor  jum  guten  Nat  in  sU?üncfyen  in  bie  §änbe  be^  Drbenä  gebracht  unb  eine 
neue  Soge  ju  ^reifing   etabliert,  fo  gelang   e$  bem  3)tarquid  bon  ßoftanjo  (Siomebed), 

40  toelc^er  1780  auägefanbt  h)ar,  um  in  proteftantifd^en  ©egenben  ^ropaganba  ju  machen, 
ju  $ranf fürt  a.  9K.  in  bem  befannten  äbolf  ^rei^eirn  b.  Änigge  jenen  v))tann  anuitDerten, 
bem  bie  ^Ihtimnaten  ben  3lu*au  i^reö  ©tyftemä,  fotoie  ben  größeren  leil  tyrer  än^änger 
in  Mittels  unb  9torbbeutfcfylanb  berbanfen  foßten. 

Änigge,  unter  bem  DrbenSnamen  ^J^ilo  bon  ßoftanjo   in  bie  Älaffe  ber  *3Jiinert)alen 

45  aufgenommen,  lonnte  ni$t  babon  erbaut  fein,.  na$  3Sorfc^rift  lefen,  ©cpuleienitien  fc^rei- 
ben  unb  ^Dionat^beric^te  einliefen  ju  (öden,  um  (\d)  bafür  bon  unbekannten  Oberen  aud 
Saiern  ^ofmeiftern  ju  laffen;  er  toürbc,  nad^bem  er  bergeben«  um  toeitere  SCuffd^lüffe 
gebeten,  fid^  ^urücfgejogen  ^aben,  h)enn  i^m  nid^t  ©partacu«  felbft  in  flug  beregneten 
Briefen   ben  Drben   afe   ein   toeltumfaffenbe«  ©tyftcm  auf«  glänjenbfte  gefd^ilbert  ^ätte. 

60  3)er  auf  bie  Älaffe  ber  SKinerbalen  folgenbe  ©rab  ber  fog.  Keinen  ^ßimtinaten,  ben  $^ilo 
unter  ber  Sebingung  erhielt,  baß  er,  efye  er  in  ^ö^ere  ©e^eimniffe  eingetoei^t  toerbe,  für 
bie  gute  ©acfye  jünger  toerbe,   fe|te  tyn   in  ©tanb,   eine  erfolgreiche  $ropaganba  ju  be* 

Sinnen.    311«  er  bann  aber,   um  bie  naefy   työfyeren  ©raben   begierigen  Orben«brüber  ju 
efriebigen,   enblic^  berlangte,   in  ba«  ganje  ©Aftern  eingetoeil^t  ya  toerben,  mußte  ©}>ar* 
öö  tacu«  gefte^en,  baß  für  bie  ^ö^eren  ©rabe  nur  erft  Vorarbeiten  qriftierten   unb   baß  er 
&ur  3lu«fü^rung  be«  hoffnungsreichen  SBerben«  nod^  eine«  fo  au«gejeid^neten  ^Mitarbeiter« 
toie  Änigge  bebürfe,  toeld^cr  ba^er  nad^  Saiern  fommen  möge. 

3)urd^  ben  Setrug,  ben  man  tym  gefj)ielt,  nid^t  berieft,  bagegen  burc^  bie  3lu«fu^t, 

ben  Drben  nacb  feinen  3^«^  geftalten  unb  feinen  Sntereffen  bienftbar  machen  )u  lönnen, 

oo  nic^t  toenig  angelocft,  begab  ftd^  ^ilo  gegen  (Snbe  be«  Sa^re«  1781  nac^  Saicm.    ©o 


3ammitatett  65 

trid  er  au$  tyier  an  bem  ©tanbe  ber  DrbenSangelegenfyeiten,  an  SßeiSfyaupt  unb  boHenbS 
an  befl cn  SRitarbeitern  auäjufcfcen  tyatte,  fo  ging  er  boefy  auf  ba3  ifym  angetragene  93ünbni3 
ein  unb  übernahm  e$,  unter  Senkung  ber  Don  ©partacuS  gefammelten  Materialien  ba$ 
ganje  ©Aftern  aufarbeiten  unb  mit  ber  9Raurerei  fo  $u  bernutyfen,  baß  bie  ^Duminaten 
in  ben  Sogen  bie  Übermalt  befommen  unb  bie  brauchbaren  3Jlaurer  $u  ftety  herüber*  b 
jieben  tonnten,  ©agegen  liefe  er  ftety  bon  ben  batyerifcfyen  DrbenSbrübern  berforecfyen,  baß 
ße  eme  größere  SotfU$t  im  SBerfyalten  gegen  ©taat  unb  Äircfye  beobachten,  bie  enttoiefe* 
lung  ber  lefeten  politifäen  unb  religiöfen  ©runbfäfce  auf  bie  borerft  noefy  ntdjt  auSju* 
arbeitenben  SWtyfteriengrabe  berfäieben  unb  bie  SSerfaffung  beä  DrbenS  fo  einrichten  Sollten, 
baß  bie  fä^igften  unb  beften  ^Duminaten  ju  bem  Slange  bon  Siegenten  erhoben  unb  in  10 
Sofalobere,  Sßrobinaialinfpeftoren  unb  9lattonalobere  gegliebert,  bie  Regierung  beforgten, 
toäbrenb  bie  bisherigen  Oberen,  bie  Slreopagiten,  ein  Dberlollegium  (geheimer  9tat  unb 
®eridjt3l?of  jugleicfc),  mit  ©partacuä  aU  ©eneral  an  ber  ©pifce,  bilben  füllten. 

Vlad)  granffurt  jurücfgele^rt,  arbeitete  Jtnigge  bie  mittleren  unb   einen  Seil  ber 
böberen  ^Huminatengrabe  au$,  toäfyrenb  bie  unterfte  klaffe  im  toefentlictyen  blieb,  tote  fte  15 
Setefaupt  geje^affen.    2)er  ganje  ^ßuminatenorben  jerfiel  bemnaety   in  brei  $au}>tflaffen 
mit  mancherlei  Unterabteilungen. 

5Dte  etfte  ^auptflaffe,  bie  ^Pflanjfc^ule  be$  DrbenS,  umfaßte  außer  ben  klobigen 
unb  SRtnerbalen,  beren  Se^anblung  mir  lernten,  bie  Keinen  SHuminaten,  tooju  ofyne  be* 
fonbere  görmlicfyfeit  biejenigen  3Rinert)alen  beförbert  tourben,  bie  man  für  ben  eintritt  in  20 
einen  holperen  ©rab  tüchtig  befunben  fyatte.  35ie  SßfJanafcfyule  toar  unb  blieb  eine  t>r)an* 
iafttfc^  jugeftofcte  gortbübungSanftalt,  toorut  in  beftimmter  Stiftung  ju  fleißigem  ©tubium 
angehalten,  an  unbebingten  ©eborfam  getoötynt  unb  ftyftematifd&e  ©pionage  geübt  tourbe. 
Son  religion&  unb  ftaatSgefäfyrlictyen  Slbfu^ten  bemannten  bie  3ünÖw  regelmäßig  nid&tä; 
aber  ben  tootylttyätigen  Anregungen,  bie  fte  unter  befferen  gityrern  empfangen  fonnten,  26 
ftanben  bie  berberbfid&en  SBirfungen  ber  Spionage  unb  manche  berfteeft  jefuitifetye  Setyren 
gegenüber. 

3)ic  jtoeite  fiauptflaffe  umfaßte  bie  Freimaurer,  unb  $toar  junäctyft  bie  getoö^nlictye 
ober  ftmboliföe  ÜRaurerei  mit  ben  brei  ©raben  be$  2er)rling3,   beS  ©efellen   unb  be$ 
IReiftaä,   unb  fobann   bie  fcfyottifd&e  SWaurerei   mit  ben  ©raben  beä  föottifcfyen  -Jlobtjen  30 
ober  größeren  JJsttuminaten  (Illuminatus  major)   unb  be$  föottifctyen  9iitter3   ober  birU 
gierenben  Sttuminaten  (Illuminatus  dirigens).    Hon  ben  Freimaurerlogen,   toorin  bie 
"Weifter  ber  „göttlichen  ftunft"  mit  9Raßftab,  Sßinfelmaß  unb  ©Jrifctyammer  tyr  unfcfyul- 
bige*  ©|>iel  trieben,  toaren  polttifd&e   unb   religionägefäfyrlid&e  Seftrebungen  grunbfäfclid& 
au$gefc#of[en  unb  ba^er  tourben  alle,  toelctye  für  bie  böseren  3tw<K  be$  3ßuminatatium$  » 
fö  nu$t  eigneten,  m  ber  ftymbolifd&en  5Raureret  jurücfgeljalten.    3)ie  brauchbaren  avan- 
cierten in  bie  fctyottiföe  SKaurerei.    333er  fcfyottifcfyer  Slobije   ober  Illuminatus  major 
totben  tooOte,  mußte  }ubor  eine  in$  Ileinfte  detail  ge^enbe  S3iogra))^ie  einreiben  unb 
über  bie  ge^ehnften  Siegungen  J«ne$  §ergen^  Slu^funft  geben.    3)ie  Promotion   tonnte 
twtodgert  ta>erben,  toenn  brei  SHitglieber  biefe«  ©rabe«  bagegen  jtimmten.  —  ®ie  3luf-  40 
nabme  erfolgte  in  einem  nujftifcty  erleuchteten  3iwmer;   bie  Sogenbrüber  trugen  fc^toar^e 
Ädntd;  ber  ÜJorft^enbe  tyielt  bem  Äanbibaten  mit  ben  SBorten :  nosce  te  ipsum  einen 
Siegel  bor,  gab  t^m  mehrere  ^agen  jur  Seanttoortung,  überreizte  tym   cht  grünet 
S^uijfeQ  unb  eröffnete  i^m  ba^  3e^en^   an  *>cm   cr  ^'e  Svüber  be«  ©rabeS  erfennen 
temte,  inbem  er  ben  S^^flft  ^vc  redeten  §anb  auf  ba^  §crj  legte,  ben   ber  linfen  46 
in  bie  §ö^e  tyob.  —  3)er  große  ^Huminat  befc^äftigte  ftc^   mit  bem  ©tubium  bon  6^a^ 
roheren  nac^  einem  ©d)ema,  bad  einige  3^aufenb  3*agen  enthielt,  bie   für  ben  äußeren 
«ob  inneren  SRenfc^en  in  Setrad&t  lamen.  3n*cfon^^^  ^att€  «  mit  bn  größten  älfribie 
bie  feineren  6^ara«ernuancen  ber  Keinen  ^Uuminaten  ju  unterfud^en,  ba  man  fid^  ein* 
Mbete,  auf  biefe  SSBeife  bie  Heinften  ^erjen^falten  ber  Untergebenen  ausformen  unb  bor  w 
ber  Seförberung  Untoürbiger  ftd^  fd^üjen  ju  lönnen.    ®amit  berbanb  man  ben  toeiteren 
Won,  nac^  ben  bon  ben  großen  SHuminaten  geführten  fiiften   ober  vielmehr  nac^  ben 
t»n  tynen  in  taufenb  Keinen  3üÖcn  jufammengefteHten  ^Jortrait^  jeber  $t\t  im  ©tanbe 
m  fein,  ben  Regierungen  J)affenbe  SKänner  für  alle  möglichen  ©teilen  borjufcblagen. 

3>er  große  3Huminat  tourbe  in  feierlicher  933eife  burd^  ©rteilung  be«  SNitterfctylagS  w 
im  ^eil.  nnbread  in  ©ctyottlanb  in  bie  Klaffe  ber  birigierenben  !Jlluminaten  erhoben, 
toMp  außer  ben  SDfönerbalen  aud^  bie  Freimaurer  jiu  leiten  unb  le^tere  für  bie  ^Humi* 
wtatjtoeae  gu  bearbeiten  Ratten.  3)er  l^ö^eren  ©teuung  enttyracfyen  tiefere  @infict;ten  in 
^e  politifc^en  unb  religiöfen  Xenbenjen  be«  in  feinen  ©pijjen  auc^  bem  birigierenben 
oftamaaten  no<^  immer  bunllen  Drben^.    3n   ^cr  tocitläufigen  Sbtrebe  an  ben  birigic«  w 

%t*l4m<)tlorfhU  für  Zfttoioqk  unb  flirre.    3.  91.  IX.  5 


I 


66  3M*wt«atttt 

tenbcn  ^Uummotcn  hrirb  na*  SouffcauS  Sebrc  ber  ftaatenlof  e  iRaturgußanb  atö  ber  glück 
lupfte  gepriefen;  bem  Stank  ber  Freiheit  ftrcben  au<$  bic  SlufgeHärten  toieber  ju;  beim 
trenn  eine  Station  boll  jährig  getoorben,  fallt  ber  @runb  jur  Skfcormunbung  toeg.  „3)ie 
3Roral  ift  bie  jtunft,  toelctye  bie  STOenfcfcn  lebrt,  m  tyr  männlich  SUter  ju  treten  unb 

&  bte  durften  gu  entbehren."  —  Som  Gbriftentum  toirb  gelehrt,  baß  ber  ©runbgebanfe  beS 
3lluminatenorben3  bte  urfprüngltcfc  greibeit  unb  @let$beit  ber  3Renf$en,  ber  innere  Jtern 
ber  Sefyre  3efu  fei.  Selbft  eine  ^ac&a£mung  bc$  fy.  äbenbmatyte,  ein  2iebe3ma$l,  glaubte 
Änigge  mit  ben  Äapüelfteungen  toerfnüpfen  ju  bürfen,  fo  toenig  baju  au$  ba$  eitle  unb 
finbtjdK  ©eba^ren  ber  fegottifefcen  SRitter  in  tyren  Sogen  paßte.   5Die  Äapitelftfcungen  fem* 

10  ben  in  einem  grün  tapezierten,  tyü  erleuchteten  unb  rei<$  gefömütften  3intmer  ftatt,  ba* 
einen  Ifyronfytmmcl  *>on  berfelben  garbe  enthielt,  unter  bem  ber  $räfeft  mit  ©tiefein 
unb  Sporen  ftfct.  6r  trägt  bie  9tttterfc$ärpe  mit  bem  grünen  Äreuje,  auf  ber  (inten 
33ruft  ben  Crbeneftern,  über  ber  redeten  Sd&ulter  aber  ein  Drbenäbanb,  tooran  ber  8to* 
breaeotben  fyängt    3n  ^>er  $anfe  fMrt  **  einen  Jammer.    Über  feinem  Raupte  brennt 

16  ber  flammenbe  Stern.  9C0e  übrigen  Slttter  tragen  2>egen,  Stiefel  unb  Sporen,  fyutb* 
fc^ufye,  Schärpen  unb  um  ben  $aU  an  grünem  Sanbe  ba$ßreu).  S)er  antoefenbe$rieffer 
bagegen  ift  toeiß  gefleibet  unb  entblößten  §aupte$.  SDem  3^rone  beä  $räfeften  jur 
Siebten  ftefyt  ber  Scfytoertträger  mit  bem  Crbensfötoert  in  ber  $anb,  Imfö  ber  Scremo= 
nienmeifter  mit  bem  Stab  unb  bem  9litualbuc$.    §n  ber  üJlitte  be*  3"nmCT*  an  ^nem 

20  mit  bier  Sintern  befehlen  Hifä  nehmen  ber  Äanjler  unb  ber  Scfyujmeifter  ?ßlafc. 

SDie  britte  £aupnlaffe  beä  CrbenS  bilbete  bie  9Jtyfterienflaf|e,  bie  toieber  in  bte 
Keinen  unb  großen  3Jtyfterien  geteilt  fear;  bie  erfteren  verfielen  in  ben  Stiefter*  unb 
SKegentengrab,  bie  festeren  in  bie  Klaffe  be$  Magus  unb  beS  Rex.  5Der  Äanbibat  be* 
^5riefterftanbe$  tourbe  bor  ber  Seförbcrung   mit  berbunbenen  Äugen   auf  Umtoegen  naa) 

26  bem  fcogenfyaufe  gefahren,  too  man  tym  bie  93inbc  abnahm  unb  einen  £egen  m  bie  £atib 
gab.  Stuf  ben  3uruf:  „Äontm  fyeretn,  unglücflia^er  glüa)tling,  bie  SSäter  ertoarten  btcfc!" 
trat  er  in  ein  glän^enbe^  ©emaa),  in  toelcfycm  auf  einem  bor  einem  3$ron^immel  fielen* 
ben  lifa^e  foftbareS  ©efd&metbe,  aber  aua)  ein  einfacher,  toeißer  $riefieranjug  lagen. 
3toifa)en  beiben  ©egenftänben  fyatte  ber  Äanbibat  mi  toätylen.    ©rgriff  er   ba3  üßrießer* 

30  getoanb,  fo  tourbe  er  naa)  einem  Unterriajt  über  SÜcligion  unb  Sßolitil  ate  Sßriefler  auf* 
genommen,  inbem  man  tfym  außer  bem  toeißen  (Setoanbe  einen  breiten  ©ürtel  Don 
fa)arlad&roter  Seibe  unb  einen  £ut  bon  rotem  Sammt  gab.  SBon  3^  iourbe  i^m  at* 
lefyrt,  baß  er  leine  neue  SWeltgion  ^abe  fttften,  fonbern  nur  bie  Vernunft  in  i^re  Sichte 
einfejjen  toollen;  fein  Softem,  nur  für  3lu3ertocfylte  beftimmt,  fei  in  ben  $tyfterienf$ulen 

86  fortgepflanzt  toorben,  um  enblicty  in  bem  greimaurertum  eine  Stätte  ju  finben. 

2lu«  bem  ^Jrieftergrabe  gelangte  man  in  bie  Älaffe  be«  Meaenten  ober  Sprinjepä 
unter  nod»  feierlia^eren  3^n^>nien,  bie  in  einem  fa^toan  au^gefa)lagenen  3^m|||w  ange» 
ftd;t«  eineg  lotengerippee,  ju  beffen  güßen  Ärone  unb  Siegen  lagen,  ftattfanben.  9Kit 
gefeffelten  §änben  tourbc  ber  Äanbibat  eingeführt,  um  fia;  eine  3^  Iön8   bet  Jtontem* 

4<)  platton  ju  hribmen;  bann  lourben  i^m  in  einem  anftoßenben  3'mmer  bic  gcffeln  abge* 
nommen  unb  aU  Orben^lleibung  ein  toeißer  Hantel  mit  rotem  ftteuje  unb  ein  toetß» 
lebeme^  S3ruftfa)ilb,  ebenfalls  mit  rotem  Äreu^e,  angelegt;  baju  erhielt  er  einen  toeißen 
§ut  mit  rotem  geberbufa)  unb  rote  Sd;nürftiefel.  2)ie  2luffa;lüffe,  bte  in  bem  ^Regenten* 
grabe  über  bie  ^olitif  bc^  Drbenö  gegeben  mürben,   entfpreifyen  gang  ben  2lnfc£auungen, 

46  bie  Spartacu«;  fa^on  bei  ber  cvften  ©rünbung  j^egte.  Wlan  toollte  nta)t  o^ne  h>ehered 
buraS  eine  iHebolution  bie  befte^enben  Staatäeinria)tungen  umftürjen,  fonbern  nur  ber 
langfamen  naturgemäßen  ©ntmictelung  nachhelfen  unb  btö  einft  bte  „größeren  Jlebolu^ 
tioneit  ber  Statur"  reif  toären,  bie  3Konar$cn  außer  Staube  fe^en,  93öfe$  gu  t^un,  inbem 
man  Crbenägltcber  ju  allen  toid)tigeren  Stellen  beförberte.    9Bo  man  aber  in   ber  3te 

«)  gierung  beö  SanbeS  bie  §anb  ^at,  foll  man  fia^  ftcBen,  ate  toenn  man  am  toenigften 
bermöa^te,  unb  too  man  nid^t^  bura^fe^en  fann,  alles  ju  fönnen  fa^einen,  bamit  man  ae* 
fürd;tet,  gefügt  unb  babura^  berftärft  loerbe.  älleS,  h>a«  auf  bie  Silbung  be«  SolM 
(Sinfluß  bat,  foH  man  unter  feine  ©etoalt  ju  befomnten  fuc^en,  SBolfäföulen  unb  $riefler* 
feminarien,  iDJilitärfa^ulen,  Sltabemien,  33uc|^anblungen ;   Sa?riftfteller  bon  Einfluß  möge 

.-,;>  man  gewinnen  ober  Derfa^rcien,  je  naa^bem  baS  eine  ober  anbere  SRufcen  bringt  3fua) 
bei  ben  Sikibern,  bie  einen  großen  Xeil  ber  SBelt  in  tyren  §änben  fyabm,  aber  aHe  mefa 
ober  toeniger  buxd)  ßitelfcit,  9ieugierbc,  Sinnlia^feit  unb  ^)ang  gur  2lbtoe^3lung  geleitet 
loerben,  foll  man  fid>  einjufa^mcia^cln  fua)en,  unb  ftc  ju  gewinnen  foll  ein  ©egenftanb 
„ber  feinften  Stubien"  fein. 

i»         SDie  beiben  I;öd;ften  s3)h;ftcriengrabe,  bcr  beS  Magus  unb  bcS  Rex,  ftnb  ni<£t  bon 


dttumtnaten  67 

$#Io,  fonbern  Don  SpartacuS  erfi  f^ätcr  ausgearbeitet  unb  nur  ben  Sertrauteften  jum 
8cfen  mitgeteilt,  aber  nie  Jmblniert  Sorben.  SEBir  lüiffen  inbeS,  bafj  ber  3JtoguS  ade  3Ke* 
fiaion,  aucty  bie  natürliche,  afe  eine  Stiae  unb  ©rfinbung  tyerrfd&füd&tiger  9Jcenf#en  ab« 
föaffen,  unb  ber  SRej  enblid^  alle  Dbrigrett  bejeitigen  unb  patriartfyxltfctye  guftänbc,  Wo 
jcbcr  Sauer  unb  Bürger  fouberäne  ©etoalt  ^ätte,  einführen  toollte.  6 

9hx$  e^e  bie  tyityeren  ©rabe  aufgearbeitet  toaren,  fyatte  ber  Orben  aucfy  aufjerfyalb 
9aient$  ja$lrei$e  3Jtitgtteber  gewonnen,  nic^t  am  toenigften  burd&  ben  getoanbten  unb 
rafUo*  tätigen  ftnigge,  ber  eS  befonberS  auf  bie  Freimaurer  abgefefyen  fyatte  unb  alle 
£ebd  anfefcte,  bie  fog.  ftrilte  Dbferbanj  au  jerftören.  2)aS  mit  feinem  3u$un  neus 
gegrünbete  eileftiföe  Softem  aber,  mit  ben  Sogen  31t  granffurt  unb  Söefclar  an  ber  ©pifce,  10 
öffnete  DoffenbS  bem  3lluminatentum  %fyix  unb  Xfyor.  9teben  Änigge  tourbe  ber  bamals 
in  2)ienften  beS  $erjogS  ßrnft  Don  ©otba  ftefjenbe  Sobe  ber  erfolgreiche  Sipofiel  beS 
OrbenS,  bem  ftc$  in  I^üringen  unb  ©aegfen  toie  am  Styein  in  toad&fenber  3^1  SKänner 
$um  %nl  Don  $obem  Slang,  ©eletyrte,  ©ictyter,  felbft  dürften  anfd&loffen.  3>n  einzelnen 
©liebem  reichte  baS  Slluminatentum  balb  über  2)eutfcfylanb  fytnauS,  Don  Italien  bis  u> 
$änemarf,  Don  2Barfc$au  bis  $ariS.  3nbeS  ift  babei  ntc^t  $u  überfein,  bafi  bie  meiften, 
beren  9iamen  fi$  in  ben  3sHuminatenliften  finben  —  man  totfl  inSgcfamt  2000  gejault 
faben  —  nur  Srud^ftüde  beS  ©tyjiemS  unb  am  toenigften  bie  legten  &\*U  lannten.  SS 
fcerftetyt  ftc^  ferner  Don  felbft,  bafj  man  angefe^ene  SWänner  nietyt  allein  mit  ben  Sirbetten, 
toet$e  ben  Srübern  nieberer  unb  mittlerer  ©rabe  fonft  oblagen,  fonbern  auefy  mit  ber  20 
bafeli$en  Spionage,  ber  anbere  teils  als  SBerfjeuge,  teils  als  ©egenftanb  bienten,  flug 
Daföonte;  man  toox  jufrieben,  gelegentlich  tyren  (Sinflufj  in  Slnforucfy  nehmen  ober  mit 
ifaem  tarnen  prunlen  ju  fönnen.  Übrigens  lonnte  aud&,  toenn  nietyt  bie  jefuttifetye  Übei- 
toac^ung,  fo  bo<$  bie  befootifcfye  Sebormunbung,  bie  ber  Drben  übte,  bem  3ettalta  beS 
aufgeöärten  2>efj>otiSmuS  als  bie  paffenbfte  gorm  für  bie  Verbreitung  ber  3lufflärung  26 
erlernen;  toenigftene  toaren,  toie  toir  u.  a.  aus  ©oettyeS  SBityelm  SDteifter  erfahren,  Don 
bä  Sfottoenbigfeit  unb  ber  bo^en  Sebeutung  erjie^enber  ©etyeimbtinbe  bie  ©ebilbetften 
unb  (Sbdften  am  innigften  üoerjeugt.  SRetymen  toir  enbltcty  noefy  fyinju,  tote  fetyr  auety  bie 
toeübürgerlictye  lenbenj,  bie  ber  ^Öuminatenorben  Dertrat,  in  ber  3*it  beS  Derlommcnften 
pdhtfc^cn  unb  nationalen  SebenS  bem  ©efc^made  ber  $enlenben  entfprac^,  toä^renb  ®e-  3) 
flamattonen  über  baS  3Befen  beS  Staats  in  StouffeauS  Lanier  unb  felbft  Sieben  toiber 
bie  gürftenbejpotie  Dor  bem  SluSbrud^  ber  frangöftfd^en  SteDolution  in  beutfd^en  D^ren 
ungefährlich  Hangen,  fo  lönnen  toir  begreifen,  bafe  neben  ©öt^e  unb  §erber  aud)  @rnft  IL 
tm  ®oÜfa,  Äarl  3luguft  Don  SBeimar,  ^erbinanb  Don  Sraunfc^toeig,  ber  gürft  Don  SBieb, 
lalberg  in  (Erfurt  unb  anbere  toeltlkfye  unb  geiftlid^e  Ferren  bem  Orben  enttoeber  einmal  35 
toicQty  angehörten  ober,  o^ne  tätige  SRitglieber  }u  fein,  i^m  beigezählt  mürben. 

„SBer  ^ötte  baS  gebac^t",  rief  ber  ©eneral  ©partacuS  in  ftoljem  ©elbftgefü^l  einmal 
a»S,  „ba^  ein  ?ßrofeffor  in  @j)^efuS  noc^  ber  fie^rer  ber  $rofefforen  in  ©ötttngen  unb  ber 
«tönten  Wänner  in  &eutf$lanb  Serben  foBtcV"  3lm  meiften  ergitote  eS  i^n,  ba^  ber 
Kriegergrab  fogar  ben  Seifall  arglofer  }>roteftantifcber  Ideologen  fanb,  bie  noefy  baju  40 
Slaubten,  ber  barin  enthaltene  SleltgionSunterric^t  enthalte  ben  toa^ren  unb  eckten  ©etft 
nb  6hm  ber  c^riftlic^en  Sieligion.  „O  s3Wenfc£en,  gu  h>aS  lann  man  eu$  bereben!  Qättt 
w^t  geglaubt,  bajj  id^  noc^  ein  ^eligionSftifter  toerben  follte."  —  Solcher  Übergebung 
folgte  balb  ein  j%r  @tur).  @d^on  ber  SRürftrttt  JlniggeS  (1784),  ben  2BeiS^auptS  Un= 
banf,  ^errfc^fu^t  unb  Stänfeluft  fo  erbitterten,  ba^  er  ir/n  unb  fein  ffierf  burc^  @nt-  46 
täflimg  ber  (Seföitye  beS  OrbenS,  fotoie  beS  (^aralterS  unb  ber  ©runbfä^e  beS  Stifters 
ja  Dentisten  brobte,  toar  ein  unerfefelictyer  SSerluft.  SöHig  gefä^rbet  aber  roar  bie  Sage 
ttf  OrbenS  in  ©atem,  junäd^ft  in  vJlünd^en,  too  nic^t  allein  bie  Äanjeln  fd^on  lange 
twn  bem  Sonner  gegen  bie  an  3**$  urrt>  Sinflufe  june^menben  greigeifter  h)iberl)allten, 
fonbern  bie  3ttuminaten  felbft  teils  Siferfuctyt  burc^  i^re  ®inmijd^ung  in  bie  93efefcung  so 
M  Staate  unb  Jtir$enämtern,  teils  §afe  unb  9ta$fu$t  burd)  bie  9luSf(^lie^ung  ein= 
Jtfacr  JDltiglieber,  teils  aud^  ben  too^ibereeptigten  3Siberftanb  berer  mac^riefen,  rt>eld>e  baS 
Wk^  anfange  unb  ftaatSgefä^rlic^e  treiben  burc^fc^auten.  3m  3luguft  beS  3a^reS178t 
of^im  juerp  ein  allgemeines  95erbot  aller  ^eimlic^en  Serbinbungen,  roaS  inbcS  bie  3lD«* 
«naten,  a^etS^au^t  Doran,  in  i^rer  ©ic^er^eit  um  fo  roeniger  ftörte,  als  fte  fict)  auf » 
■Ästige  %iictfpxa<$jt  am  $ofe  Derlie^en.  Da  inbeS  ber  fturfürft  Karl  X^eobor,  getoarnt 
tanb  bie  ^erjogm  SRaria  ännar  alSbalb  Don  ausgetretenen  Slitgliebern  beS  OrbenS,  311= 
*Uft  twn  3of.  Ufcfcfcneiber,  genauere  9luff(^lüffe  erhielt,  erlieft  er  am  2.  3Jtärj  unb 
8.  SagufÜ  1786  ftrengere  Sefe^le  gegen  bie  ^lluminaten  unb  Freimaurer,  toorauf  bie 
tWtrißgtcn,  fo  toeit  fie  bebmnt  tourben,  in  Unterfuc^ung  gebogen  unb  nad^  Sefunb  i^rer  eo 

5* 


1 


68  dfflumtnnten  3«t«ter 

Slmter  cntfefct  tourbcn.  Slucfy  2^ci^au^t,  bcn  man  nocfy  immer  nid&t  als  Urheber  unb 
^aupt  beä  ganjen  SBBerfeö  erfannte,  berlor  feine  Sßrofeffur  unb  begab  fi$  juerfl  na$ 
SHegenSburg,  bann  nad?  ©otfya,  too  ber  #er$og  ©rnft  ifym  einen  £ofrat8ge$aIt  gefragte. 
SRocfy  griff  er  in  l)ocfyfafyrenbein,  übermütigen  $one  bie  gftmbe  unb  „93erräter",  toeMfre 

6  auety  tyrerfeitS  ©Triften  über  ©Triften  gegen  ben  geführten  Drben  ausgeben  liefen,  an, 
bis  enbltd;  bie  Veröffentlichung  ber  naefy  langem  gorfcfyen  unb  Späten,  naä)  ßau$fuc$ungen 
unb  Konisationen  aufgefunbenen  geheimen  Äorrefponbemen  unb  anberer  Drbenöfcfyrtften 
ben  ©eneral  unb  beffen  bertrautefte  ©enoffen,  allen  fop^ifüfe^en  ^e^tfertigungdberfu^en 
^um  %xo%,  moralifefy  vernichtete.    3>e$t  natym  bie  Verfolgung  ber  Sttumtnaten  in  Satern 

10  jenen  beityielloägeljäffigen  ßfyarafter  an,  ber  leite  a\tö  bem  Slrgtoo^n  unb  ber  {$ur$t 
be£  für  feinen  3$ron  bangenben  dürften,  teils  au3  ber  pfäffifd^cn  ©efmnung  feiner  33e* 
rater  fiefy  erflärt.  §etmlicfye  ängeberei  tourbe  mit  ©elb  unb  ®vd  belohnt,  Äerferfyaft 
aber,  ©üterfonftefation  unb  SanbeSbertoeifung  broljten  jebem,  ber  nur  in  bem  Verbaut 
freier  3)en!art  ftanb.  3la6)  bem  Sluäbrucfy  ber  franjöftf^en  Stebolution  enblic$,  bie  manche 

16  bem  fcfyon  lange  befeitigten  Drben  gur  Saft  legen  Sollten,  erftredfte  ftety  bie  3llumtnaten- 
fyefce  auefy  auf  alle  biejenigen,  toeld^e  ber  ©tympattyie  mit  ber  Setoegung  in  $ranbei$ 
berbäcfytig  haaren,  ©tatt  ber  „SBetSfyeit  unb  3Dugenb"  fal)  SBete^aupt  bie  35umm$eit  unb 
Soweit  triumphieren,  unb  ftatt  beä  ©lücfeä,  baä  er  ben  ©einigen  öerfyetjjen,  batte  er  Un« 
fyeil  unb  SSe^e  über  ©$ulbige  unb  Unfcfyulbige  gebraut,    ©eine  Stiftung   toar  eine 

20  toibertoärttge  Vermifcfyung  rabifaler  Slufflärung  mit  jefuitifcfyen  SKajimen,  ein  toafyreä 
„Mysterium  iniquitatis".    SßeiSfyaubt  ftarb  1830  als  ©ofrat  in  ©otba. 

(fflmfljoljitt)  $.  Seifert. 

Smraanuelftjnobc  f.  Sutfyeraner,  f parierte. 

3mraer,  2tlbert,  geft.  1884.  —    Ou  eilen:    <£b.  Füller,  ©rabrebe,  abgebrudft  im 
25  «olteblatt  für  bie  reform.  flirre  ber  @d}n>eia,  1884,   @.  105  ff.;    9fr.  ©tect.  ^adjruf  tn    ber 
<ßroteft.  Äirdjenjett.  1884,  SRv.  17;    9t.  9ftüetfd)i  in  ber  fcfceol.  8eitfd)r.  auS  ber  €(fooeij  Ir 
6. 359 ff.;  &.  Srecfcfel,  $.  ©otteägeletjrte  $.  «.  3mmcr,  »ern  1899. 

Sllbert  Smmrc  tourbe  am  10.  Sluguft  1804  in  bem  Sernifd^en  ©täbtctyen  Unterfeen 
geboren.    SluS  einer  ^farrfamilie  ftammenb,  follte  er  au#  Pfarrer  toerben;   ba  aber  ber 

so  äufcerft  fäücfyterne  unb  eigenartige  Süngling  naefy  Slbfcfylufe  ber  borberettenben  ©tubien 
feine  Prüfung  ntcfyt  beftanb,  tourbe  er  furgtoeg  jum  Vudjbinber  beftimmt,  toanberte  als 
Sefyrling  naefy  Saufanne  unb  naefy  Styon  unb  liefe  ftc^  1829  in  3$un  nieber,  um  feinen 
Scruf  ju  betreiben.  3Jtäc^ti0C  Sernbegierbe,  felbftquälerifd^e  ©rübelei  unb  fc^liefeli^  eine 
„@rtoe<f ung",  bie  er  felbft  ausbrücfltc^  toeber  fird^lid^en,  noc^  ))ietiftifcben  ober  me$obiftif$en 

86  (Sinflüffen,  fonbern  bem  Surfen  btö  göttlichen  ©eifte^  jugefc^rieben  pat,  führten  i^n  1835 
lieber  jur  Geologie  jurüd,  liegen  i^m  aber  and)  ben  bleibenben  @inbrudf  „toeld)  ein 
Unterfc^ieb  fei  jtotfe^en  einem  ©lauben  auö  erfter  §anb  unb  einem  folgen  au$  jnmter 
#anb".  (£r  fd^log  ftd^  je^t,  fc$on  31  3^^re  alt  getoorben,  ^äuptfäd&lic$  an  ©.  2u|  cm, 
bei  bem  er  „bie  freiefte  gorfc^ung  mit  ber  innigften  5römmig!eit  öerbunben"  fanb.    $m 

40  S^re  1838  ins  s^rebigtamt  aufgenommen,  amtierte  er  einige  3eit  al«  ©e^ilfe,  )og  aber 
1840  no^  nac^  S5onn  unb  Serlin.  3urü*9e^e^rt  *>wfo^  *r  juerft  ein  3SiIariat  in  Surg* 
borf,  tourbe  1845  Pfarrer  ^u  Suren  an  ber  3lare  unb  erhielt  ©nbc  1849  ben  Sluf  <&$ 
^rofeffor  ber  9Jeuteftamentlid^en  ßjegefe  unb  ber  Dogmatil  an  ber  Untoerjttät  feinet 
.Öcimatfanton^.    ©eine  Ideologie  toar   formal  burc^  §egel,   ifyrem  3nMte  na(^   ton$ 

45  ©(fyleiermacfyer  befttmmt.  38ei  öoHer  grei^eit  bon  Sefenntntefc^ranlen  tooHte  er  bjx^  „nic&t 
allein  ber  SBiffenfd^aft,  fonbern  auefy  ber  Äird^e  bienen"  unb  feine  ©d&üler  „ba^m  führen, 
bafe  fie  mit  gutem  ©etoiffen  benfen  unb  prebigen  fönnen";  benn  „t^eologifc^e  23Jiffenf<^aft 
unb  fircfylictyeS  Seben  foHten  unter  ftd^  in  engem  ßitfcunmenfyang  fte^en".  2)urd(>  biefe  dm 
fo  ernft=j)ietätöboHe  al«  freie  ©tellung  geloann  er  jh)ar  ba$  Vertrauen  ber  ©tubierenbenf 

60  fanb  bagegen  fein  Serftänbntö  bei  benjenigen,  für  toelc^e  bie  grömmigfeit  Dorn  Sefenntnte« 
glauben  unzertrennlich  ift.  @r  tt>urbe  tütcber^olt  heftig  angegriffen  in  3eitungdblättem 
unb  eigenen  glugfc^rtf ten ;  jur  Sle^tfertigung  öerf afete  er  bie  ©Triften:  „S)ie  t^eologtf^e 
gafultät  unb  tyre  ©egner"  unb  „3Ba^  toir  glauben  unb  lehren,  eine  33ertoa^rung  gegen 
3Ktfet>erftänbmffe",  betbe  1864.    211^  bann  aber  t>on  1866  an  bie  fogen.  9lefornn>artei  in 

66  ber  ©<§toet$,  befonberö  t>on  §.  Sang  in  gürid^  geführt,  mit  ber  ftorberung  auftrat,  bafe 
;/bte  (Srgebmffe  ber  aBtffenfc^aft"  in  s^rebtgt  unb  Unterricht  unmittelbar  öor  ba^  Sott 
gebraut  unb  in  heftiger  Sßreftyolemtf  ber  Ätrd^enle^re  entgegengeftellt  toerben  foHen,  ba 
glaubte  er  tarnen  ju  muffen  unb  ipurbe  nun  bon  biefer  ©eite  ^er  ber  Verleugnung 


gramer  Immunität  69 

feiner  ©runbfäfcc  bejic^tigt.  2Ba$  \ty\  ju  biefer  Haltung  betoog,  toar  nic^t  allem  ber 
ftUbertariüe  gegen  tumultuariföeS  äBcfen,  e$  fear  fein  Don  jenen  abtoeid&enber  ©otte&  unb 
Cfienbanmg^begriff.  ©ebrueft  tourben  eine  2ln$afyl  Heiner  Vorträge:  ,,6cfyleiermacfyer"(1859), 
.Samuel  2ufc  als  2e$rer  unb  ^rebiger"  (1861),  „Sie  2tyofalwfe"  (1862),  „35aS  ©ehriffen, 
jemc  ©efunb^eit  unb  Jtranfyett"  (1866),  „Der  Äonflift  bc$  ©taatäfirctyentumS  unb  be$  5 
me$obifHf<$en  2>iffentertum$  1829  in  Sern"  (1870),  „3obn  »mtyan"  (33afel  1871,  in 
ber  „Sammlung  cfriftlictyer  ©Triften"),  „®ie  ©efcfyi^tftjuellen  be$  SebenS  3efu"  (Stalin 
1873,  ^Jrotcfkant.  Vorträge).  @rft  ft>ät  entfcfylofj  er  ftc$  $ur  Verausgabe  feiner  feavtyU 
toerfe,  ba  „£ermeneuttt  be3  91Z",  SBittenberg  1873,  unb  ber  „SEl&eologie  beä  911", 
Sern  1877.  SBätyrenb  einer  Steige  Don  $cfyxm  erteilte  er  ben  ^Religionsunterricht  an  10 
ba  Sknier  ftantonäföute  (©tymnaftum),  beren  Steftorat  tym  eine  jeitlang  übertragen  fear. 
3um9te&i>r  ber  Untoerfttät  tourbe  er  fcfyon  1852  jum  erftenmale  ertoäfylt;  ben  Xitel  eines 
2>oftwÄ  berStyeologie  toerlie£  tyml860  bie  UntoerfitätSafel;  1875  tourbe  ba$  25.  Satyr 
feiner  afabemtföen  2$ätigfeit  feftlicty  begangen;  aber  1881  trat  er  Dorn  Setyramte  jurücf 
unb  am  23.  SWärj  1884  ift  er  geworben.  ®r  toar  feit  1845  mit  einer  äufcerft  geiftoollen  16 
grau  Verheiratet,  tyatte  jeboety  leine  ßmber.  XMoefdj  f. 

3«»itnttat.  —  ßitteratur:  ^Biefe,  tftrdjenredit  2,  900 ff.;  ©djufte,  ©tjftem  be§ 
ftird>enre<&t8  2,  160 ff.;  tymp*,  Äirdjenredjt  3.  «ufl.  1,  666 ff.;  $infd)iu3,  Seirc^enrec^t  lr 
123 ff.;  Hidjter,  SHrd)enre*t  8.  ttuff.  (bef.  uon  $oue  unb  Äa^l)  374  ff.,  1293 ff.:  ©djerer, 
Äirt&enrecftt  1,  397 ff.;  Gering,  JHrcftenred)t  3.  Aufl.  439 ff.;  3friebberg,  #irc$enred)t  4.  «ufl.  20 
142 ff.,  474 ff.;  XtyibiAum,  fceutfcfteS  fHrdjenretft  beS  19.  3afcrf)unbert3  2,  18 ff.;  griebberg, 
SerfaffungSredjt  ber  ewmgelifdjen  £anbe3!ird)en  260;  Scaduto,  Diritto  ecclesiastico  vigento 
in  Italia  2.  ediz.  1, 147 ff.;  Schiappoli,  Diritto  ecclesiastico  vigente  in  Francia  1,26 ff.,  68 f., 
99 ff.,  102 ff.;  SRaforoer.  $>ie  »erfaffung  ber  flirre  uon  (Snglanb  1894,  35 ff.,  257 ff.,  381  ff.; 
Ferraris,  Prompta  Bibliotheca  1,  553  ff.  (s.  v.  boüa),  2,  258  ff.  (s.  v.  clericus),  4,  52  ff.  (s.  25 
v.  immuiiitas  eccleaiastica) ;  SBefcer  u.  SBelte,  ßirdjenlejifon  2.  Aufl.  10,  441  ff.  (unter  „$ri* 
wlegien") ;  Analecta  iuris  pontificii,  8.  sene  (1866),  1789  ff.  —  ßm  ©efdjiite  »gl.;  Tho- 
massüiiia,  Vetus  et  Nova  ecclesiae  diseiplina,  Lib.  I,  c.  XXXIII— XLVIII,  Tom.  3  (1688), 
122 ff.;  SRatteS,  X^QS  27,  235 ff.;  #ergenröt&er,  Äattjoltftfe  ftirefte  unb  cfcriftlic&er  Staat 
1  (1872),  760 ff.,  837 ff.—  3m  SUtertura:  föiffel,  ©efd)tcbtli*e  $arfieUung  be3  Eer&ältntffeS  80 
i»ifdKn  Staat  unb  ftinfce  1  (1836),  153 ff.;  ©raSfcof,  «refttu  f.  fatftol.  StSt.  36,  321  ff.; 37, 
256  ff.;  fioening,  ©efdjitfte  be3  beutfäen  Ätrcbenredjtä  1  (1878),  167  ff.,  228 ff.  —  3n  ber 
frfintifdKn  ßeit:  Soening  a.  a.  0.  2  (1878),  311  ff.,  721  ff.;  2Bai&,  S3erfaffung3gefd)t*te  2b 
(3.«ufL),  336  ff.,  376  ff.,  4  (2.  Aufl.),  287  ff.,  447  ff.r  463  ff. ;  Srunner,  ^«tSgefcgicftte  2,  287  ff., 
302 ff.;  ©c&röber,  ffiecbtSgefcötdjte  3.  «uff.,  176  ff.,  196 ff.  (bafelbft  aueft  bie  übrige  fittteratur) ;  35 
«.  WalKr,  ^eutf^e  u.  franftöftfAe  SSerfaffungÄgef^ic^te  2  (1899),  71  ff.  —  3m  Mittelalter; 
«ai>r  «erfaffung*gef4i4te  8,  223 ff;  ©gröber  a.  a.  O.  515  ff.;  griebberg,  De  finium  intcr 
ecclenam  et  civitatem  regundorum  iudicio  1871,  183  ff. ;  3eumer>  ^ie  beutfe^en  ©tobte- 
fteufrn  1878,  72  ff.  —  3n  ber  9icujett:  SJrtebberg,  S)ie  ©renken  jtüifcften  ©taat  unb  SHrcfcc 
1872.  40 

Unter  3-  wn  engeren  Sinne  toerftetyt  man  bie  gfretyeit  beftimmter  ^erfonen  ober 
Süter  »on  öffentlichen  Saften  unb  abgaben,  unb  jtoar  unterfd^eibet  man  jtoifcfyen  ber  bc= 
ffanmten  ^Jerfonen  jufte^enben  ^ierfonals  unb  ber  beftimmten  9Sermögen«ftüc!en  pfte^en* 
ben  Stealhnmunität.  $ü>od)  fyat  ba^  SBort  immunitas  ju  3^ten^  in^befonoere  im 
Mittelalter,  eine  toeitere  Sebeutung  angenommen;  öor  allem  ift  e$  aud^  auf  baS  Slf^l-  15 
ni^t  audgebe^nt  toorben  (f.  biefen  8.  8b  2  ©.  170  f.).  3m  folgenben  ift  allein  fcon  ber 
3-  bei  ftm$e,   t^rer  Wiener  unb  i^re^  ®ute$  ju  ^anbeln. 

(Rne  3.,  bie  fiety  jtoar  nid^t  in  ber  gftetyeit  bon  ber  orbentlid^en  ©runbfteuer,  too^l 
aber  in  ber  Befreiung  öon  ben  aufeerorbentlic^en  3u!^^8en  3U  berfelben   unb  bon  ben 
fogen.  manera  sordida,   beftimmten  öffentlid^en  gfronben  unb  Naturalabgaben,  äußerte,  00 
geaofe  im  römtje^en  Steige  ba^  ßron=   unb  ^islalgut.    Seitbem   bad  Sbriftentum  bie 
ftaatüt^eÄnerfennung  gefunben  ^atte,  erlangten  bie  $riftli$cn  Äirt^en  für  tyre  Seft^ungen 
cbesfaD^  gfrei^eit  t>on  ben   am  ©runb   unb  33oben  l^aftenben  munera  sordida,   too^u 
m  (Enbe  bed  4.  3a^unbertd  no$  bie  ^retyeit  Don  ben  au^erorbentli^en  ©runbfteuer- 
pMjitytn  trat  (c.  40  Cod.  Theod.  16, 2).    3)er  einzelne  Älerifer   erfreute   [xA,    ebenfo  66 
toie  früher  ber  ^eibnifc^e  Sßriefter,  einer  Befreiung  bon  allen  öffentlichen  2)ienftleiftungen, 
*n  allem  auc^  »on  ber  $flic^t  ber  Übernahme   öffentlicher  ^Imter  (c.  2,  8,  9,  10,  11, 
Uff.  Cod.  Theod.  16,2),  auc^  toar  er  bis  ju  einem  getoiffen  ©rabe  Don  ber  ©etoerbe* 
teer  frei  (c.8,  10,  14,  15,  36  Cod.  Theod.  16,2),  bagegen  ift  eine  allgemeine  ©teuer* 
fwÄeit  bed  Äleru^,  m*efonbere  bie  greifyeit  üon   ber  Äo})ffteuer  (capitatio),   nirgenb^  60 
no^toeittar.    SBä^renb  im  oftrömiföen  Steige  biefe  3-  f*$  erhalten  unb  aud^  im   jufti* 


70  Immunität 

nianiföcn  Äobq:  aufnähme  gcfunbcn  fyat  (c.  5  Cod.  Just.  1,2),  führten  im  SBeften  bic 
aus  bcn  Steuerbefreiungen  ftcty  ergebenben  SRißjiänbc  gu  einer  faft  böttigcn  Sfofoebung 
berfelben  bur#  Balentinian  III.  (Nov.  Valentin.  III,  10).  Sa«  auSgefcenbe  toept* 
römifcfye  ^Retd)   lennt  bemnacty  im  tt>efent(tc^en  nur  eine  allgemeine  3-  beS  Äron*  unb 

6  gföfalguteS. 

Sin  biefe  X  beS  römifd&en  Äron*  unb  ftiSfalguteS  fnityft  bie  3-  beS  ÄönigSguteS  im 
fränfiföen  SReicbe  an.  Semenifored&enb  ift  auc$  Don  einer  allaemeinen  3-  be*  Ainfcn* 
gutes  im  ^tantenreicfye  nid&t  bie  Siebe.  ättcrbingS  toaren  bie  ®eifffi$en  bon  bar  fieer* 
pflt^t  befreit,  au#  fäemt  eS,  baß  fte  bie  nur  bcreimelt  aus  römiföer  3eit  erhaltene  Äojjf= 

10  [teuer  nicfyt  ju  jaulen  Ratten,  aber  bie  auf  bem  ®runbbejt|e  rufcenben  Seifhntgen,  bie 
®runbfteuern  unb  bor  allem  bie  öffentlichen  gronben,  bie  funetiones  publicae,  boS 
servitium  regis,  lafteten  fotüo^I  auf  bem  ®runbbeft|e  bcrÄirdfrc  tote  auf  bem  bcr®etffe 
liefen.  Sie  bis  in  bie  jünjjfte  Reit  oft  toiebcrfyolte  Behauptung,  baß  Subtoig  ber  grommc 
toenigftenS  eine  $ufe  für  iebe  Kirche  bon  biefem  servicia  befreit  gäbe,  beruht  auf  einer 

16  irrigen  Auslegung  bon  MG  Capitularia  1,  277  n.  138  §  10. 

Um  fo  hurtiger  toaren  bie  Befreiungen,  toelctye  einzelne  Äir^en  traft  befonberen 
föniglic^en  *l$ribtlegS  unter  bem  tarnen  ber  emunitas  ober  immunitas  teils  für  einzelne 
Bedungen,  teils  für  tyren  gefamten  ©runbbefifc  erhielten.  Unb  jtoar  fmb  im  Saufe  ber 
9Rerotoinger*  unb  Äarolingerjeit  (amtlichen  Bistümern  unb  größeren  fttöftern  berartige  3«** 

20  munitätSpribilegien  juteil  getoorben ;  baneben  fyaben  au$  bie  toeltlicfcn  ®roßen  beS  SReic^eS 
biefelbe  3-  fü*  tymi  ®nmb  unb  Boben  erlangt. 

Ser  3*tfyalt  biefer  SrnmumtätSpribilcgten  tft  bom  6.  bis  10. 3a$r$unbert  hn  toefent* 
liefen  berfelbe  geblieben;  bie  red;tlid?e  Stellung  beS  ÄönigSguteS  fjat  ba$  SSorbifb  ab» 
gegeben.    Sie  3-  enthält  in  erfter  Sinie  ein  Verbot  für  aüc  öffentlichen  Beamten,  ba* 

35  immune  ®ebiet  ju  betreten,  um  öffentliche  Seiftungen  ober  abgaben  bon  bem  3**"^ 
nitätsfyerrn  ober  feinen  £interfaffen  ju  ergeben,  ferner  ein  Verbot,  irgenb  toelctye  3toangS* 
getoalt  ben  lefcteren  gegenüber  geltenb  ju  machen,  ©otoeit  biefe  Seiftungen  au$  noä) 
fünftig  bem  König  geföulbet  toerben,  fmb  bie  Verpflichteten  bur$  Vermittlung  bed  3««* 
munitätStyerrn  fyeranjujiefyen ;  größtenteils  aber  fallen  feit  ber  Verlegung  ber  3-  bic  ©im 

90  fünfte,  bie  bisher  ber  giSfuS  bon  ben  3mmunitätSeingefejfenen  eingeforbert  fjat,  an  ben 
3mmunitätSfyerrn,  ber  fie  für  fiefy  burefy  feine  Beamten  eintreibt.  Sie  3-  8*&t  aber  nodfr 
toeiter.  Unter  ben  bem  3mmtmität$^errn  berlietyenen  öffentlichen  ©infünften  ftnb  bie 
toicfytigftcn  bie  ®eric^tögefäue,  bie  $riebenSgelber  unb  Bannbußen;  tyre  Verleihung  faßt 
jufammen  mit  ber  Verletzung  ber  nieberen  ©ericbtSbarfeit  über  bie  $mterfaffen,  bie  bon 

36  nun  an  ber  grunbfycrrlicfye  Beamte,  in  ben  geiftlidpen  ®runbtyerrfc$aften  ber  Bogt  (advo- 
catus),  ausübt,  toetyrenb  tymfic$tlic$  ber  &o^en  ®eric$tSbarfett  über  Seben  unb  gfrctyett 
bie  3»"munitätSeingefeffenen  Jtoar  auc^  fünftig  noc^  bem  öffentlichen  ®rafengeric^te  unter» 
fte^en,  aber  bor  bemfelben  ourd^  ben  grunb^errlic^en  Beamten  bertreten  toerben.  Sie 
(Snttoicfelung  fyat  fc^ließlic^  ba^in  geführt,  baß  feit  bem  10.  3<ri?rNltot  bie  mad^tsgften 

40  geiftlid^en  unb  toeltlic^en  ®runbl)errn  auc^  bie  ^o^e  ®erid^töbarfeit  über  tyre  §interfa{fen 
erlangt  unb  fo  bie  ®runblage  für  bie  ©rtoerbung  ber  SanbeSfyofyeit  gelegt  ^aben. 

mit  ber  allein  gegen  bie  eingriffe  ber  öffentlichen  Beamten  gerichteten  3.  be3  Äirt^en* 
gutes  berbanb  ftc^  fegon  in  ber  Äarolingerjeit  ber  ®ebanfe  eine«  allen  gegenüber  befte^cn* 
ben  territorialen  @onberfrieben3.    3ebe  Verlegung  beä  immunen  ®ebieteS,  gleicfoiel  bon 

46  toem  fte  ausgebt,  tourbe  mit  einer  fyofyen  ®elbftrafe  (600  solidi)  gebüßt  SBäbrenb 
biefer  für  ba3  gefamte  ®ut  ber  mit  3.  beföenften  Äircpe  geltenbe  toeitere  Sonberfriebt 
balb  berfd^toanb,  enttoicfelte  fid^  ein  ©onberfriebe  für  einen  engeren  Bqirf,  ber  bloß  bie 
Äird^e  famt  bem  Äircfyljof  unb  ben  SBol^mmgen  ber  ®eiftlic|en  umfaßte  unb  als  3v 
SWuntat  obergrei^eit  beieic^net  tourbe.  Siefe  grei^eiten  ^aben  befonberS  in  ben  beulten 

50  ©täbten  eine  große  Stoße  gef})iclt  unb  fiefy  jum  Jeil  bis  in  ben  Slnfang  beS  19.  3^ 
^unbertS,  ja  als  befonbere  ®emeinbebejirte  bistoeilen  auc^  nac^  Sluf^ebung  i^rer  bebor* 
fugten  Stellung  nodf)  bis  ^eute  erhalten,  ©ie  bilbeten  mitten  in  ber  ©tabt  ejimiertc 
Beerte,  bie  niegt  unter  bem  ©tabtred^t  unb  ben  ftäbtifc^en  Beworben  ftanben,  einen  befon* 
beren  ^rieben  unb  ein  auSgebe^nteS  äf^lred&t  genoffen. 

65  Sic  3-  *>er  fränfifd^en  Seit  fteßte  fein  ^Jribileg  für  bie  Äirc^e,  fonbern  attem  für  ben 
firc^lic^en  unb  toeltlicfyen  ®roßgrunbbefi^  bar.  3»"  übrigen  ruhten  fotoo^l  in  ber  Äaro* 
lingerjeit  toie  in  ben  folgenben  3^^w"berten  bie  (übrigens  fe^r  geringen)  öffentlichen 
Saften,  gronben,  Be^erbergungS})flic^ten  2c.  auc^  auf  bem  Äird^engute;  außerbem  aber 
tourben   bie  ^ö^eren  9leic$Sfirc$en,  bie  Bistümer  unb  Steic^Sabteien  bon  ben   beutföen 

co  Königen  ju   erheblichen   außerorbentlid^en  Saften   ^erangejogen.    Sic  3^reSgeföenfe  ber 


vJmututiiiäi  71 

ftlöfter,  bic  Setyflic&tung  jur  Beherbergung  bc$  ÄönigS  unb  feines  ©efolgeS,  bie  abgaben 
für  bic  (Srteilung  ber  gnbeftitur,  bie  in  bringenben  gäHen  bon  ben  9tcid$fircfyen  er* 
fyAenen  Sleidtäiteuern  [teilten  eine  bebeutenbe  Selaftung  ber  SiStümer  unb  SReid^abicien 
bar.  Unb  auep  ba£  niebere  Äircfyengut  tourbe  bom  Steige  ober  anberen  ©etoalten  teils 
traft  gruntyerrli$en  teitö  traft  bogteilietyen  SRecfyteS  mit  abgaben  belaftet.  2ßa3  bie  6 
)>crfftali$e  9te$t$ftel[ung  ber  Älerifer  betrifft,  fo  genoffen  fic  im  allgemeinen  leine  3oH= 
freist  •  nur  traft  befonberen  *ßribtleg$  toar  biefelbe  für  einige  ober  alle  3*>Dftätten  im 
SWifc  einzelnen  Atrien  fcerlietyen  toorben.  £)ie  grei^eit  bom  Äriegäbienfte  blieb  aufregt 
ergaben,  f olange  baö  alte  Slufgebot  beftanb ;  boefy  fmb  Sifcfyöfe  unb  9tei$3äbte  fcfyon  frül) 
mit  in*  gelb  gejogen,  unb  feitbem  baä  fieer  in  ein  SefynStyeer  bertoanbelt  toorben  toar,  10 
ladete  bie  £eeree}$wf?t  auf  ben  Ährc^enlegen  ebenfogut  tüte  auf  anberen  fielen,  auf  ben 
geifttt$en  dürften  ebenfogut  tüte  auf  ben  toeltlicfyen. 

5Dafe  bie  ftir$e  jeberjeit  toiebertyolt  gegen  toeltlictye  Übergriffe  unb  ßtyreffungen  ein* 
gef$ritten  ift,  ift  felbftoerftänblid&j  bagegen  erfahren  toir  bon  einer  ^rtnji^iettcn  D^ofition 
gegen  bie  #eranjie^ung  ber  getftlutyen  ©üter  unb  Sßerfonen  ju  ben  toeltlicfyen  Saften  über«  15 
fcupt  fror  bem  12. 3a|rtyunbert  nid^t  ba$  ©eringfte.  33e$eicfynenbertüeife  fmb  e$  au$  nid&t 
bie  bom  fönig  unb  ben  einzelnen  ©rofeen  erhobenen  jiemlid^  hrillftirlicfyen  Slbaaben,  fon* 
bem  bie  im  12.  Satyrfyunbert  in  ben  italienifd&en  unb   beutfäen  ©täbten  auftaucfyenben 
regelmäßigen  ©tabtfteuern  getoefen,   bie  ben  Sßiberftanb   ber  ßircfye   toad&gerufcn   tyaben, 
toeim  auc?  bie  $ragtoeite  be$  2Biberft>rucfye3  ber  Ätrcfye  über  ben  ÄreiS  biefer  ftäbtifäen  20 
Steuern  tytnaitö  ging.    S)ie  33ejc$lüffe  be$  3.  unb  4.  lateranifäen  Äonjite  bon  1179  unb 
1215  begebenen  ben  Anfang  biefer  auf  böHige  3-  ber  Äircfye  unb  ifyrer  35iener  gerichteten 
Seftrebungen  (c.  4,  7  X  3,  49).     SRur  mit  ©enefymigung  ber  Sifcfyöfe,   beg.    nur  mit 
©ene^migung  be3  $Paj>fteS  foll  auänaljmStoeife  bie  $eranjief>ung  ber  ©eiftlicfycn  unb  be$ 
ftix$engute$  ju  allgemeinen  unb  bringenb  nottoenbigen  öffentlichen  Saften  juläjfig   fein,  25 
im  übrigen  toirb  aber  böttige  3-  beanforuetyt. 

©ettbem  ffat  bie  Äird&e  nicfyt  aufgehört,  bie  gretyeit  beä  ÄleruS  unb  be$  Äir^en* 
gttted  bon  öffentlichen  Saften  mit  ßntföiebenfyeit  ju  berfeetyten  j  ja^freid^e  Süllen,  ©tynobak 
befölüffe,  unb  litterariföe  arbeiten  geben  biefem  ^Jrinjtye  bt£  in  bie  jüngfte  Rtit  3tu& 
brud.  &aä  Iribentincr  Äonjil  (Sess.  XXV  de  reform  c.  20)  fyat,  toenn  auep  in  jiem*  90 
Ity  allgemeinen  Lebensarten,  bie  3.  ber  Jtird^e  berfocfyten,  bie  Sülle  In  coena  domini 
(f.  b.  X.  8b  III,  535  f.)  fyat  bie  3jmmunität&>erle$er  mjt  gjfommunifation  bcbrofyt,  jum 
S<^uÄe  ber  3.  ift  1626  an  ber  Äurie  bie  noefy  ^eute  beftel^enbe,  toenn  au^  bebeutung«- 
lofe  Congregatio  iurisdictionis  et  immunitatis  ecclesiasticae  begrünbet  •  toorben. 
Unb  noc^bem  ed  eine  3e^  ^ng  aefd^ienen  ^atte,  aU  fei  bie  Rircfye  geneigt,  ben  ftaatlid^en  35 
Xnfpntc^  auf  $erangieipmg  bed  stir^enguted  unb  beS  ftleruä  }u  ben  allgemeinen  Saften 
fö«  311  einem  getmffen  ©rabe  anjuenennen,  i)at  ber  Syllabus  errorum  Dom  8.  $)ejember 
1864  3k.  30  mit  entföieben^eit  ba«  J>rm5ij>icllc  9tec$t  ber  ßirc^e  auf  3.  in  bollern  Um= 
fange  aufrechterhalten.  $)a&  bei  biefen  ja^lreic^en  firc^lid^en  3tu|erungen  ju  ©unften  ber 
;\  brieberfcolt,  tum  Seil  unter  Berufung  auf  Sibelftellen  (3Rt  17,24—27),  ber  Urferung  4o 
berfelben  aud  bem  göttlichen  Steckte  be^au^tet  Sorben  ift,  fann  ntd?t  33iunbcr  nehmen. 
Äui^  )ta>ei  ^ftltc^e  Suuen  bon  Sonifa^  VIII.  unb  Seo  X.  fotoie  baä  Iribentinum  ber^ 
treten  biefen  ©tantyuntt,  o^ne  aber  baS  ius  divinum  aU  bie  alleinige  Queue  ber  3- 
be^ek^nen  ju  tooUen,  trttyrenb  ber  <&\)üabu$  blo^  i^rc  $erfunft  aus  bem  bürgerlichen 
9Uc^te  beftreitet  3n  ^w  mobernen  fat^olijd^en  fircfyenrecfytlicfyen  Sitteratur  toirb  bie  45 
grage,  ob  bie  3-  ^^^  ius  divinum  entftamme,  meift  offen  gelaffen,  bielfad^  aud^  btreft 
berueiiU. 

3>en  fin^lic^en  SKaftna^men  jum  ©^e  ber  3-  folgten  balb  toeltlid&e.  £atte  f^on 
Xriebric^  I.  im  ronfalifefen  Sanbfneben  1158  fic^  gegen  bie  „unerlaubte  Sefteuerung  ber 
Äir^en  befonbetf  in  ben  ©tobten"  getoanbt  (MG  Constitutiones  1,  246  n.  176  §  9),  so 
fo  na^m  griebric^  II.  im  Sbtfd^luf*  an  bie  33ef$lüffe  ber  lateranifc^en  Konsilien  eine 
prenge  Seftrafung  ber  3mmunität^t>erle^ung  in  bie  Authentica  Item  nulla  Don  1220 
auf  (eod.2,  108  n.  85  §3).  Sluc^  in  ben  folgenben  ^^^unberten  hat  bie  tüdtlic^e 
@efe|gebung  im  9teid&  fotoopl  toie  in  ben  Territorien  unb  ©täbten  tüieber^olt  bie  %  ber 
Äiri^e  unb  tyrer  S)iener  beftätigt.  änbererfeitö  ^aben  fiefy  bielfac^  bie  toeltlic^en  5Dlac^t=  55 
baber  ntc^t  gefreut,  aud^  o^ne  bä^ftlic^e  ©ene^migun^  bie  ©eiftlid^en  unb  ba3  Äird^engut 

&  Steuern  beranjujie^en,  jebenfatlä  ift  bon  einer  bebtngung^lojen  Slneriennung  ber  ftre^s 
en  3lnfprüc^e  auf  3-  nirgenb^  bie  Sebe.  ©eit  ber  Deformation  tuar  fotuobl  bie 
Skrfonalimmumtät  beö  Äleru«  ate  aud^  bie  Slealimmunität  be^  nid^t  unmittelbar  firefc 
Ik^en  Qtixdai  bienenben  ftir$engute$  burd^toeg  im  ©c^tüinben  begriffen,    toenn  e^  auc^  60 


TZ  3«iauariti!  Inportoriba*»  de  tribv* 

bat,  mmJt  toirta  twifam,  bofc  fatbelifcte  ^anbcebaicn  sur  Seftnienuig  be*  JUeru*  bic  Gx* 
lad*m  res  fSapttcs  einbetten.  So  bic  etangdifte  jfcnfc  öffentlkfc  aneriaimi  toar,  twt 
ht  7±  viüäx  in  gleubem  Umfange  tone  bie  fatfoüf^e  flinke  genoffen,  o$ne  prinzipiell  btc= 
*dbc  at  beüiifuiuepen. 

*  ^NOöe  finb  nur  nocfc  tiefte  ba  ebanaligen  3.  erbalten,  unb  jöoar  nennen  baran 
ngefautBig  wmtfufce  cjfentfube  SWigVn^ememfcbaften  teiL  £ie  ©tcueqnrMegien  finb 
gut  grcfcen  XctI  gefallen-  Sefreiung  ixm  ba  Srunb=  unb  ©ebäubefieua  genießen  in 
2eutfd?lanb  nod?  buretytoeg  bte  unmittelbar  fuxbficben  gnxcfcn  bienenben  ©runbftütfe  unb 
ikmlkMeiten,  twr  aflem  bie  ftir$en  unb  Segräbnifipläfce,  pim  leü  au$  bte  aä  SJefot 

m  hing  paitebenen  @nmbftücfe  unb  £ienjfoobnungen  bex  Pfarrer  unb  Äüfta.  Die  8e- 
freiung  ba  ©eüüu^en  unb  fatbliffcn  Äorporationen  fem  ba  fteailicfcn  ßintomntenßeuer 
m  merft  aufgegeben;  ^äufiga  fmbet  fid)  eine  prtalegierte  ©teOung  gegenüber  ©emeinbe* 
lafteit  Xie  äreibeit  ba  @etftlu$en  »on  ba  Übernahme  ton  ©emetnbeäintern  ift  burefctoeg 
lanbeegefefclkb,  bie  gretbeü  bom  ©cböjfen*  unb  ($fef$toorenenamte  tek$3gefe4li$  aufregt 

u  erbalten  toorben  (@eri<$täbeifaffimg^efe|  £§  33,  85).  33om  Sbnte  be*  ©tanbeSbeamten 
finb  Mdigimwfoiena  überbau))!  au^eföloffen  (^onenftanbSgefe*  §  3  Äbf .  3).  ^ur 
Uebenuu)me  tum  $ornumbf$aften  bebürfen  fie,  ebenfo  tone  Staatsbeamte,  lanbedgefefelia) 
pieifadj  einer  befonbaen  ®enebmigung  ü)ra  öorgefe$ten  Seböibe  (93@33  §  1784;  $reufe. 
9udfübrung0geff|  junt  8©S  ärt  32).     3?on  ba  allgemeinen  ffiefrtffo&t  finb  ©etfttitfe 

30  unb  SteJiguSnäbiena  ni^t  ausgenommen,  toenn  aueb  na$  bem  $ei$dmtlitärgefe$  Dom 
2.  9Rai  1874  bie  §aanjie$ung  fofcfcr  *ßerfonen  beS  Veurlaubtmftanbed,  bie  ein  geh> 
iidp*  Hmt  beHeiben,  junt  Xtenft  mit  ba  ©äffe  fcermieben  toaben  foQ.  3ebo<$  M  ^ 
©efefc  bom  8.  Jyebruar  1890  für  bie  römtfcfcfat]&olifc$en  Geologen  infofem  eine  toüfyige 
9uäuu)me  ftatuiert,   inbem  c$  fte  m  Unebenheiten  na<$  erfolgter  ^urücfftellung  bfö  jum 

»  1.  9fyril  bed  7.  2ftUitärjafyre3,  toenn  fte  bte  ju  biefem  Termin  bie  ©ubbiaionatStoeifa 
empfangen  haben,  ba  (£rfa$refert>e  übertoeifen  unb  Don  Übungen  befreien  läfct 

Ümid)  toie  im  Xeutfc^en  Sleic^c  ift  bie  Stellung  ba  ftmben  unb  ü>ra  SDtencr 
aua>  anbertoörtd;  nur  fmb  Jranfretcfy  unb  Italien  in  ba  ^aanjie^ung  römifc^tatbolife^a 
(^eiftlia>er  ^um  ^Rilitarbienfte  ftrenga,  toa^renb  £ftmcia>Ungam  bei  ba  äuSgeftaltung 

au  ba  allgemeinen  SBebrpflic^t  auf  ben  geiftüd^en  Stanb  er^eb(i(^e  Stodfftapten  nimmt 

CiegfHeb  »ietf^el. 

^tnfianation  f.  »b  VII  ©.  235,  äff. 

IiupoxtoribuH,  De  tribu?*.   —    $te  Sibliograpiie  »gl.  in  ber  unten  folgenben  (8k« 

jd)id^le  ber6d)rift;  ba^u:  9?ofen?ran^  Ter  ßtoeifel  an  Glauben.  $aOe  1830;  g.  SB.  ®enu)e 

36  I>r;  imf^Htura  religionum  brevc  Compcndium}  scu  über  de  tribus  imiK)6toribuß,  2p%.  1833 

15ie  Siebe  fcon  ben  brei  Setrügern  gebort  ba 3eit  bed  ÄaiferöÄriebric^  II.  an.  ©ein 
Wegna  ®regor  IX.  befd^ulbigte  in  feina  ©ncvclica  (jh)if(^en  21.  2)cai  unb  1.  !guR  1239) 
tiefen  Surften,  ba  ftc^  freute,  ba  SBorläufa  be^  Slntic^rift«  genannt  ju  toaben  (f.  SSübinga 
in  ©$*to  3eitf(^r.  XII,  ©.  377),  a  fyabc  erflärt:   bie  SBelt  fei  Don  brei  Betrügern  ge* 

w  taufet  toorben,  öon  3efu,  3Kofe  unb  5Ku^ameb.  Se^tae  beiben  feien  toenigjlenS  in  @^ren, 
!^cfu^  aba  am  ©ctyanbtfafyl  be«  Äreuje^  geftorben.  alle  toären  Igoren,  toelc^e  glaubten, 
ba  (9ott,  toclcfya  bte  SRatur  unb  aDe^  gefi^affen  fyabt,  fönne  Don  einem  Söeibe  geboren 
toaben.  Jlema  fönne  o^ne  bie  toorfyagegangene  33aeinigung  öon  SKann  unb  2Beib  ge» 
boren  toaben,  ba  9Jtenf4  bürfe  ni^tö  glauben,  toa«  a  metyt  burt^  bie  3Ratur  ba  &mge 

iö  oba  Vernünftige  ©rünbe  aparten  fönne  (f.  bie  9ta(fytoeifungen  bei  Sleuta,  ©efe^ic^tc  kfa 
»ufflärung  im  SWittelalta  II,  ©.275  ff.).  3ft  aud)  nic^t  nad^toefebar  unb  Don  $riebric$  IL 
entfe^ieben  beftritten,  bafe  a  fold&e  Säuberung  get^an,  fo  liegt  boefy  in  ba  biefen  £o^en* 
ftaufen  umgebenben  2ltmoft)^äre  antifird^Iid^a  3lufflärung  eine  2lnfnü})fung  für  Derartigem. 
$ie  iBerü^rung  mit  bem  aJJu^amebantemu«,  bie  baburety  genährte  Rontroöerfe,  Reflexionen, 

■"'»  toie  fte  bura^  ben  älberrotemu^  im  13.  3«^t^unbert  in  d^riftlic^e  Streife  brangen,  tonnten 
in  auflöfenba  ©fej)fte  bi«  an  bte  ©renken  Jena  3lnfd)auung  führen.  aBieba  tyit  ba 
aufblti^enbe  $umantemu«  genug  SlnfmtyfungSpunfte  für  ä^nlid^e  gbeen  geboten,  gür  ba« 
Suc^  aba,  toeld^e^  ben  £itel  De  tribus  Impostoribus  oba  einen  ätynlidjen  trägt,  ift  ba 
Muägang  iu  nehmen  Von  ba  3>alp$3al?l  1598,  toel(^e  burd^  bte  brei  toon  @bat  ange« 

.vi  führten  gebrueften  6jcm})Iare,  fotote  baS  ba  2)re«bener  ÄgI.  SibKot^ef,  toonad^  6.  SB3eDa 
fa)onl8-l()  bcnlraftat  mit  beutfäa  Überfe^ung  unb  toteba  ofync  le^tae  (§eilbronn  1876) 
baau^gegeben,  ft(^a  gefteüt  ift.  2)ie  ^toeifel  an  ber  Sticfytigfeit  btefa  3^te«ja^I  ftnb 
pinfällig,  jumal  buxd)  getoid^ttge  3cu9n^e/  bor  allem  GantyaneHaS,  feftfte^t,  ba|  um  bie 


IuipostoribiiH.  de  tribus  73 

äknbc  jenes  Sabrbunbert«  ein  folcbe«  gebruefte«  Sud;  erjftiert  Bat.  3Jm  17.3a^unbcrt 
unb  bi«  toeit  in«  18.  hinein  tmtyfen  fidj  an  ba«  33ucb  jablreicbe  SBerbanblungen  ber  @e* 
lebrten,  freiere,  obne  bie  ©ebrift  ju  fennen,  fieb  barüber  ergeben,  ob  ein  jolcbe«  33ucb 
cgifüertc,  ober  ab,  toie  eine  3eit  "anÖ  befonber«  bureb  ben  93rief  bon  be  la  9Wonnot;c  an 
Soupier,  toieber  abgebrudt  in  ben  Menagiana,  Par.  1715,  IV,  374—418,  übertoiegenbe  6 
Änficbt  toarb,  ba«  ©anje  auf  läufebung  beruhe.  $)ic  einen  toollten  e«  gefefycn  b<*ben, 
bie  anbem  beftritten  bie  6rjften$,  unb  bie  5Jtyftififation  bemächtigte  ftcb  ber  ©acbe,  toie  in 
ber  (bei  ©entye  lieber  abgebrueften)  RSponse  ä  la  dissertation  de  M.  de  la  Mon- 
noye  sur  le  Traite  de  trib.  impost.  A  la  Haye  chez  Henry  Scheurler  1716, 
tod$e  ftcb  auf  bie  in  berfd&iebenen  2lbjcbriften  in  franjöfifcber  ©pracbe  jirfulierenbe,  bann  10 
1721  unter  bem  Xitel  de  trib.  impost.,  des  trois  imposteurs  (Francfort  s.  M., 
i.  e.  Rotterdam)  unb  febon  1719  in  anberer  Bearbeitung  unter  bem  Xitel  La  vie  et 
l'esprit  de  Mr.  Benoit  de  Spinosa  erfetyienenen  ©ebrift  bejog  (beutfd^ :  ©trinoja  IL 
ober  Subiroth  Sopim,  Rom  bei  berffiittoe  Bona  Spes  5770  [Serlin  1787,  SietoegJ), 
toeh$e  gonj  anberer  2lrt  ift  unb  bie  unter  anbern,  aueb  abgefeben  bon  ber  [enteren  SearbeU  16 
tang,  febon  Gartefiu«  citiert.  33on  ber  toabren  ©ebrift  de  trib.  imp.  ift  1753  bom 
Wiener  feucbbänbler  ©traube  ein  unbatierter  SHacbbrud  in  8°  erfebienen  (©cbelborn,  @r* 
gofcltcbieitcn  III,  2078 ff.);  aud&  ift  fie  bon  G.  6.  §.  ©cbmib  in  ©tefeen  in  bem  »ücfc 
lein:  3^  H*™  ann'fupranaturaltftijcbe  SManuffripte,  33erlin  (bielmebr  ©ieften,  Ärieger) 
1792  an  erfter  ©teile  abgebrudt,  eine  2lu«gabe,  toelcbe  tfoax  fonftejiert  unb  nacb  2)arnuao 
ftabt  abgeführt  tourbe,  aber  bann  boeb  unter  ber  £anb  Verbreitung  gefunben  fyat.  ©ie 
toirb  bi^  bejeiebnet  al«  Descriptum  ab  exemplari  MS.  quod  in  Biblioth.  Jo.  Fr. 
Mayeri  Theol.  D.  publice  distraeta  Berolini  1716  deprehensum  et  a  Principe 
Eugenio  de  Sabaudia  LXXX  Imperialibus  redemtum  fuit.  Diefelbe  ©ebrift  ^at 
©enibe  (f.  o.)  nacb  jtoei  §anbfcbriftcn  ebiert,  beren  eine  (toie  aueb  bie  3lu«gabc  bon  25 
S^mib)  ben  Xejt  bi«  a  quo  currere  incoepisti  (©.  27  ber  2lu«g.  bon  SBeüer)  giebt, 
toabrenb  bie  jtoeite  noeb  «n  toeitere«  ©tue!  enthält,  toelcbe«  bo(b  nacb  SMer«  2lbbrud 
|<bon  in  ber  ausgäbe  1598  (@fl)I.  ber  35re«bener  33ibl.)  fteben  mufj,  toie  benn  aueb,  nad; 
Setter«  ^Mitteilung  ju  jebliefcen,  bie  3lu«gabe  bon  ©.  33runet,  De  tribus  impostor. 
MDIIC,  texte  latin  etc.  p.  Philomneste  Junior,  Sßari«  1861,  biejen  langem  Sejtso 
(bi«  Tantum !)  baben  mufc.  3Son  Srunet«  ausgäbe  ift  aueb  eine  italienifcbe  Überfefcung, 
Stailanb  1864,  erfebienen.  SBeller  fübrt  aueb  eine  foanifebe  ausgäbe:  Tratado  de  los 
tres  impost.  Londres  (Burdeos)  1823  an. 

$er  ^nbalt  ber  ©ebrift  ift  burebau«  ffeptifcb   unb  jeigt   einen   auffälligen  9Kangel 
alle«  reitgtöfen  äJerftänbmfje«.    SBerben  aueb  niebt  bem  üöortlaut  nacb  bie  brei  Religion«*  so 
jfcifter  al«  bie  brei  Setrüger  ^inQeftellt,  fo  toirb  boeb  ber  ©acbe  nacb  boüfommen  beutlicb 
mit  Segua  auf  alle  bon  Impostura   geforoeben.    ©entbe  bat  barnacb  ben  Xitel   feiner 
fanbfdbrift   de  Impostura  Religionum   breve  Compendium   t>orgejogen;    boeb   bie 
Xtude  bon  1598  b<*ben  ben   an  bie  ©pifee  gefteüten.    3)ie  S3orfteIIungen   Dom  Dafein 
Äotted  unb  bon  ber  SRottoenbigfeit  feiner  9Serebrung  Serben  jerfefrt  bur^  ^intueifung  auf  40 
ben  Mangel  eine^  Haren,  in  fieb  h)iberf}>rucbgIofen  ©otteebegrip.    3)abei  toirb   barauf 
^jetoiefen,  bafe  bie  ^eibnifc^en  SJorfteHungen  bon  ben  ©öttern,  toie  fte  bie  einfkbtäbolleren 
Owen  faxten,  gar  niebt  fo  tief  unter  ben  d^riftlicben  fteben,  biefe   ebenfo  in  äbfurbitäten 
fügten  toie  jene  (j.  8.  in  ber  Irinität^lebre),   ben    anftöfjigen  gabeln  bon  ben  ©öttern 
cbmfo  anfiöfeige  ^inge  in  ber  DffenbarungSreligion,   toie  bie  Slu^rottung   ganzer  Wolter  45 
auf  ©otted  Sefebl,  ba«  bon  Slbra^am  »erlangte  5Kenfcbenoj)fer,  bie   bon  SKubameb   unb 
Kofe*,  nacb  einigen  aueb  bon  Sb^ftuS  geftattete  ^Jol^gamie,   unb   ber  3)tytlju$  ber  SJcr- 
mablung  be^  b^  ®«fW  mit  einer  ^wngfrau  gegenüberftebe.    ©cgen   bie  Verleitung  ber 
Ädigum  au$  Siebe  unb  2)anf  (berborgerufen  bureb  göttli^e  2öob(tbaten)  toirb   natural^ 
itity  bie  Siebe  lebiglieb  auf  pb9ftf<be  ©t;m^at^ic  jurüdgefübrt,  überbie^  aber   ber  ©Ott,  so 
ber  ben  3Renfcben  tttoaZ  bon  ber  SfJatur  ber  toilben  liere  eingepflanzt   fyat  unb   ber  bie 
Sen(<ben  toegen  be«  borbergefebenen  unb  alfo  t>orberbeftimmten  galle^  eine^  einzigen  alle 
in*  Serberben  öeftür^t  bat,  nid^t  UebenStoert  gefunben;   toerbe  ba^  burd;  bie  ©raufamfeit 
rteber  ^i  gemalt,  bajj  er  feinen  einigen  ©obn   für  frembe  ©ünben  quäle?    Übrigen« 
(^e  bie  Sorftettung,  ba|  ©ott   eine  SBercbrung   »erlange   unb  bureb   biefelbc   befänftigt  65 
toerbe,  Unüoflfommenbeit  unb  üDtongel  in  ©ott  üorau«. 

$ie  Berufung  auf  benConsensus  gentium  gefebiebt  üon  foleben,  Die  ibn  gar  nid;t 
bnftotiwcn  lönnen.  2Bic  biele  Sibcrtiner  unb  Stt^ciftcn  giebt  eä  mitten  im  .^auptfi^  be« 
önjfcntumS,  Italien!  Sagt  man  aber,  äße  @inficbt«fcolIen  ftimmten  barin  überein,  fo 
Mite  man  bielmebr  jagen,  alle,  toe($e  ein  Qntereffe  baran  fyabm,  bie  Religion  al«  einen  go 


74  Impostoribus,  de  tribun 

3ügel  jur  33efyerrfd&ung  be$  siiolU  aufredet  ju  erhalten.  —  Stimmt  man  auefy  einen  erften 
iöetoeger  an,  fo  ift  boefy  bie  SBorftellung  bon  einer  fortge^enben  $ürforge  ©otteS  für  bie 
SBBcIt  ju  nato.  äuefy  in  ber  ©timme  beä  ©etoiffenä  toiH  ber  SBerf.  nid&t  eine  Stimme 
©otteS  ober  eine  natürliche  ©otteSerfenntniä  erfennen.  @S  tft  bie  $ur$t  be$  Übeltäters 
s  bor  ben  böfen  folgen  feiner  Späten,  toeld^e  bie  §armonte  ber  gegenfeitigen  #üfeleiftung 
aerftören,  bie  \\d)  barin  offenbart.  3m  übrigen  ift  bie  fog.  natürliche  ©otteäerfenntnte 
bei  ben  ©nfältigen  nur  bie  9la$toirlung  beffen,  toaS  ifynen  bie  Ilugen  Seiter,  toelctye  3*it 

S laben  ju  müßigen  ©pelulattonen,  einfd&ärfcn.    2Rufe  man  barauS,  bafj  bie  guten  2Beib* 
ein  ben  gftanjtefuS,  3>9nrtm*3  °^er  3)ommicu3   öerefyren,   föfiejjen,   e3  fei  ©timme  ber 

10  Vernunft,  bafe  man  toenigftenS  überhaupt  einen  ^eiligen  2Rann  tu  bere^ren  tyabe? 

2Rag  aber  ©ott  fein,  unb  möge  er  aud)  *u  bereden  fein,  fo  fragt  ft<$,  toclc^eS  bie 
rechte  SSercfyrung  fei.  2>a  beruft  man  ftcfy  auf  bie  specialis  revelatio, .  toer  foH  ober 
unter  ben  berfd&iebenen  über  bie  toafyre  entfcfyeiben?  2lHe  berufen  ftcfy  auf  ©rfolge  unb 
SBunber ;  fyier  beutet  er  barauf  fyin,  ba&  feines  §er$en$  Meinung  ift,  alle  Sefyauptung  be- 

16  fonberer  Offenbarung  fei  Impostura.  303er  toeifc,  burety  toelc$e  angeblich  geoffenbarte 
Religion  bie  labte,  bie  9Wul;ameb$,  lieber  abgelöft  toerben  toirb!  3ur  re^«t  ©ntfctyei- 
bung  muffen  alle  Sieligtonen  aller  ©eften  genau  unb  unpartetifety  geprüft  toerben,  bemt 
eine  unmittelbare  @etoif#eit,  toie  ettoa  ber  ©afc  2x2  =  4,  fyat  leine  Sieligion.  ©ne 
itrenge  ööHig  unbarteiifcfye  Prüfung   fann  aber   nur  bie  ©ac$e  toeniger  fein,  bie  grofce 

20  Stenge  ift  etoig  bon  ber  ©ictyerfyeit  über  bie  Religion  auSgefcfyloffen.  Slber  c$  fehlen  un$ 
au$  bie  Qata  ju  einem  biplomatifcfy  genauen  Sctoete,  ba3  ©elbftjeugnte  ber  SMigionä* 
ftifter  fann  nicfyt  entfcfyeiben,  ba^Seugntö  anberer  über  fie  bebarf  tymfic$tli<$  fetner  ©laub* 
toürbigfeit  lieber  ber  Seftätigung,  unb  fo  in  infinitum.  ftulfyt  getyt  bte©d^rift  no<&  in 
Äritif  bibltföer  ©efd&ic^tc  au$. 

26  Die  3euÖ™ffc  für  baä  33orl)anbenfein  biefcä  93u$e$  gefyen  nun  aber,  tote  e3  fc&eint, 
noefy  hinter  1598  $urücf.  ßantyanella,  ber  baä  Sucfyunjtocifefyaft  gefannt,  unb  ber  Diel* 
leidet  mefyr  batoon  getoufet,  als  feine  auStoeicfyenben  Säuberungen  berraten,  fott  gegen  $en* 
ricuä  (SrnftiuS  in  9tom  geäußert  fyaben,  SKuret  fei  ber  SBerfaffer  (Ernst,  obss.  var.  in 
E.  Ottonis  thesaur.  jur.  Rom.  V,  Trajecti  1735fol.  p.  1161),  toa$  jebenfalfö  öer* 

30  fefyrt,  fcielleicfyt  nicfyt  ernft  gemeint  ift.  9to$  SRafyer  (bei  ©trübe,  De  doctis  impost. 
dissert,  Jen.  1703  et  1706  p.  29)  f>at  <ßatinu$  (offenbar  ©uibo  $.,  beffen  angaben 
über  gelehrte  SRänner  unb  Sudler  in  ben  Menagiana  p.  291  freiließ  ofe  reetyt  unjutoer* 
läfftg  bejeid^net  toerben)  ^anbfd^riftlid^  mitgeteilt,  6am)3anella  fyabe  auf  feine  ^age  nad^ 
bem  $ud&  gefagt,  er   ^abe  e$  in  5Wom  in  ben  §änben  be«  giorenttner^  %v.  $ucci  (über 

35$.  üfll.  grtebri^,  ©5K31  1880,  I,  111)  gefe^en.  3u«  ber  $anbföriftfid&en  praefatio 
(Sam})aneUa5  ju  feinem  Atheismus  triumphatus  fü^rt  ©trübe  (Acta  liter.  ex  Mscr. 
erut.  fasc.  II,  Jen.  1705,  8°,  p.  73)  feine  2öorte  an,  toonaety  man  tyn  (in  3ltcCpd) 
befctyulbigt  l)abt,  er  felbft  fyabt  baä  33ud^  berfagt,  toä^renb  ba^felbe  bo$  30  3^  bor 
feiner  ©eburt  fd&on  gebrurft  fei  (ba^  toäre  1538!).    3>n  ber  aebrudtten  praefatio  begnügt 

40  er  ftety  bamit  auf  bie  beutfd^en  dürften,  tyre  toillfürlic^en  Deformationen  unb  i^ren  9Ra* 
d^iabelltemu«  ^injutoeifen.  3)ort  fei  au$  ber  Urfprung  beö  Sud^«  ju  fud^en.  Sefthnmler 
toeife  Florimond  de  Raemond,  l'histoire  de  la  naissance,  progrös  et  d^cadence 
de  Th6r6sie,  Rouen  1629,  p.  236  sq.  unter  Berufung  auf  bie  Senologie  bon  ^acqueö 
6ario(0,  ba^  um  1556  in  ber  $falj  ftd^  allerlei  9icligiongft)ötter,  Sucianiften  }ufammen« 

45  gefunben ;  barauf  füfyrt  er  baö  33ud^  an,  toeld;e$  in  3)eutfd^lanb  gefc^miebet,  aber  anbetStoo 
(bon  anbern  ift  behauptet  toorben  in  diatau)  gebrurft  fei.  Slucfy  §oftu«  unb  ©enebranbud 
(cf.  Ittig,  Diss.  de  Guil.  Postello  1704,  §  26  sq.,  aud)  in  ben  opusc.  varial714) 
Ratten  ba$  abfc^eulid^e  Sud^  fd^on  ertoä^nt.  @r  felbft  toiH  e^  in  feiner  ^ugatb  im  CoU^ge 
de  Prele  in  $ariö  in  ben  §änben  be^  $etru^  Slamu^  gefe^en  fyaben.    Unter  anbern  auf 

bo  frühere  $?\t  jurüdftoeifenben  Slngaben  fd^eint  mir  befonberä  noc^  bie  bead^ten^toert,  bafe 
ber  ebenfo  fenntni^reid^e  al$  mtyftifd;  tounberlid^e  SBilbelm  ^oftel  in  einem  Srief  an  ben 
gelehrten  -KaftuS  bon  1563  gefd^rieben  fyabz:  nefarium  illud  trium  Impostorum 
commentum,  seu  über  contra  Christum,  Mosen  et  Muhamedem  Cadomi  (b.  i. 
Caen)  nuper  ab  illis  qui  evangelio  Calvini  sese  addictissimos  profitentur  (auf 

55  folcfyc  tote^  aud)  ©cnebranbuS  ^in)  typis  excusus  est  (9tidf>.  ©imon,  Lettres  choisies 
nouv.  6d.  1,  Amst.  1730,  p.216).  SBi^tig  ift  ntd^t  bie  SSef^ulbigung  ber  Salbmijkn 
(ber  Ü?crf.  tft  fcielmefyr  nad^  p.  19  ed.  2Mer  „nostrorum  Sacerdotum"  too^l  in  ber 
fatbolifd^cn  Sirene  (^u  fud^en),  fonbern  bie  beftimmte  S3c^auJ)tung  bc«  $)rudfö  in  fo  früher 
3eit.    S5i3  1538  barf  aber  toentgftenö  für  ben  fcorliegenben  2:ejt  in  feinem  galle  jurüdf« 

6o  gegangen  toerben,  ba  ©.  19  ed.  SfficHcr  üon  ber  SJerefyrung  bc^  ggnatiu«  neben  ber  beS 


IinpostoribuH,  de  tribus  vfnrf|ofcr  75 

gtanji«fu«  unb  be«  Stominifu«  ft>ric§t,  toa«  fclbft  für  1598  anflog  erregen  fann,  ba^Ö5 
naiiu«  erji  1609  fatlig  geforoefan  ift,  inbeffen  für  biefen  3cityunft  bo$  tootyl  bur$  bie 
freie  Skrefaung  be«  1556  geftorbenen  9Jtonne«  erllärt  totrb.  ©benfo  fd^etnt  bie  ©teile, 
too  bie  33eba«  ertoäfatt  toerben  (©.  20),  nur  erflärlicfy,  nad&bem  bie  $Racfai(fyten  toon  ber 
Arbeit  3utoc&  u.  m.  a.  in  ftnbien  ft$  in  ©uropa  ju  verbreiten  angefangen.  93eibe«  toürbc  ö 
aber  ber  »efamptung  Sßoftel«  niefa  im  3Bege  ftetyen,  unb  auf  toenige  Safae  fcor  1563 
tourbe  au<6  SHorimonb  be  SRaemonb«  Angabe  fyintoetfen  (f.  ©entfa  ©.  24). 

(83.  mütt  f)  JBenratlj. 

3«^tttdtioit  f.  Rechtfertigung. 

3nd)oftrf  SReld&ior,  geft.  1648.  —    <Dtan   t>gl.  gr.  Oubinft  Hrtild  Sttctdjior  3n.  10 
d)ofer   unb  3ule«  Scotti   in  $ice*ron«  Memoires  pour   servire  etc.,    Tora.  35,   p.  322—346 
(beutfd*  Bearbeitung  \>on  töambacfc,  22. Seil,  6.209 ff.)  unb  Tom.  39,  p.  165-230;  6*röbl 
im  ÄftS  6.  629 ff.;  be  ©aefer  Sommeruogel,  Bibl.  de  la  comp.de  J&.  IV,  1893  6. 561  ff. 

3Re(cfaor  gnc&ofer  ift  1584  ober  1585  ju  SBien,  nai)  anberen  ju  ©ünj  in  Ungarn  geboren, 
trat  1607  juSRom  in  ben  3S*fuitenorben  unb  ging  nad&  tooßenbetem  SRotoifttat  naefy  SReffina,  is 
too  er  längere  3^t  $falofopfae,  SRatfamatif  unb  Geologie  lehrte.  3)ie  ©cfaift:  Episto- 
lae  B.  Mariae  V.  ad  Messanenses  veritas  vindicata,  toorin  er  1629  bie  (Jcfytyeit 
be«  Sriefe«  unb  bie  apoftolifefa  Sßirffamfeit  be«  *ßaulu«  nt  -Dieffina  m  ertoeifen  fuefae, 
aber  mit  attem  äuftoanb  üon  ©elefyrfamfeit  nur  feine  Ißeicfytgläubigteit  bartyat,  tourbe 
Seranlaffung,  bafj  ifai  bie  Äongregation  be«  gnbej  naä)  9lom  zitierte ;  bie  erfte  ausgäbe  20 
tourbe  unterbrücft,  bo$  tourbe  iljm  ©rlaubni«  gegeben,  eine  jtoeite,  in  toelctyer  alle  Slnjtöfee 
befettigt  toaren,  brudfen  )u  (äffen,  ©ie  erfd^ien  1631  unter  bem  Xitel:  De  ep.  b.  v. 
Mar.  ad  Mess.  conieetatio.  SRacfybem  er  Don  1634—1636  normal«  feine  ^ßrofeffur 
in  Stalten  beQeibet  Ijatte,  berief  ifat  ber  Drben  nai)  9tom,  um  in  ungeftörter  9Ru$e 
toifienfcfaiftlicfan  arbeiten  gu  leben;  auf  ben  9lat  be«  33if$of«  ©eorg  Sacofttl;  toon  3>eftmm  20 
fcfaiefc  er  bie  Annales  ecclesiastici  regni  Hungariae,  üon  toel^en  inbe«  nur  ber  erfte 
Zeil,  ber  bte  jum  3o^re  1059  reicht,  9tom  1644  erfd^ienen  ift.  @r  f)at  barin,  um  bie 
Sbfamgtgteii  Ungarn«  bon  SRom  ju  betoeifen,  eine  Suöc  ©fyfoefter«  II.  erbietet  unb 
mehrere  3cfuüen  fai&en  bie  ^älföung  fcerteibigt.  Die  $ortfefcung  ift  fyanbfcfaiftlicfy  bor« 
fatnben.  30 

©ein  Streit  mit  Igoactyim  $a«qualigo,  gegen  ben  er  bie  Unfitte  be«  ßaftratentoefen« 
befömpfte,  mefa  nod&  feine  (Ernennung  )um  Witgliebe  ber  Kongregation  be«  l^nbeg  unb 
be«  ^eiligen  Offizium  Derleibete  i^m  ben  9lufent^alt  in  9tom;  auf  feinen  9Sunfd^  tourbe 
er  1646  in  ba«  ÄoHegium  )u  5Kacerata  berfe^t,  too  er  feine  -Öiu&e  jur  2lu«arbeitung 
einer  9Rärt^rergefd^i(^te  bertoenben  toollte ;  jur  Senü^ung  ber  ambroftanifc^cn  Stbliot^e!  85 
unb  ifaer  ^anbfefaiften  begab  er  fiety  mit  @rlaubni«  feiner  Sorgefefcten  nad^  ÜJlailanb, 
allein  ein  fafcige«  ^eber,  bie  golge  feiner  Slnftrengungen,  fe^te  ^ier  am  28.  ©eptember 
1648  feinem  2eben  ba«  §iel 

Su^er  meieren  Snefen  an  ben  i^m  innig  befreunbeten  Sibliot^efar  ber  3Saticana 
8eo  afflatiu«  (f.  b.  ä.  33b  I  ©.  369)  unb  mehreren  aftronomtf^en  SBerfen,  tyat  Snd^ofer  40 
aud)  eine  historia  sacrae  latinitatis  1635  au«gearbeitet,   toorin   er  unter   anbemt   bie 
(atcimföe  ©jjrad^e  jur  ^immlif^en  §off^rad^e,  gur  ©prad^e  ber  ©eligen  ergebt.    3n  ^r« 
yolemtfd^en  ©Triften,  bie   er  unter  bem  pfeubontymen  tflarrwx  ßugeniu«  Saüanba  9line« 
toenftd  (Änaaramm  bon  Viennensis,    toegen   feiner  ^erfunft   au^  2Bten)    1638—1641 
^erau«gab,  ^at  er  ben  3«futonorben  unb  feine  @rjiefyung«toeife   gegen   bie  Singriffe  be«  46 
belannten  ^fäljifcfan  Äont>ertiten  ©dfjoj)})  (ober  Scioppius,  toie  er  \\6)  nannte),  ber  ba* 
mal«  in  fSabua  lebte,  berteibigt.    3)ie  größte  «erüfymtfyeit  unb  ba«  allgemeinftc  ^ntereffe 
aber  getoann  er  baburd^,  ba^  man  i^n  für  ben  3Serfaffer  ber  ©attyre  ^ielt:    Lucii  Cor- 
nelii  Europaei  monarchia  Solipsorum,  ad  virum  clarissimum  Leonem  Allatium, 
Sen^ig  1645.    Unter  bem  9tamcn  monarchia  Solipsorum  (b.  fy.  berer,  bte  alle«  allein  w 
geben  unb  au«ricfaen  tooHen,  ober  auä),  toie  cap.  V  ironifefy  et^mologifiert  toirb,  bie  naefy 
ifaer  SRemuna  toie  ©onnen  um  bie  ßentralfonne,  ben  ©eneral,  freijen  unb  taufenbe  fcon 
3BeÜen  erleuchten)  toirb  in  fefa  f^le^tem,  bunflem  Satcin,  aber  )um  Seil  mit  ergöfcliefam 
^umor  ber  S^fw^orben  in  feiner  SBerfaffung,   feiner  3Woral,   feinem  ©d^ultoefen,   feinen 
Mttif(fan  3^^  uitö  3^9^"  perftfliert.    ®ie  ^ragc  nad&   bem  J?erfajfer  be«  merf*  55 
tourbigenSucfa*  mufete  natürlich  bon  ^ntereffe  toerben.    Wlan  f^toanlte  anfang«  jtoifcfan 
ScfaW>,  ber  W  ftet«  al«  unüerfö^nlid^en  ©egner  be«  Drben«  gezeigt,  unb  3«^ofer#  unter 
beffen  Konten  fogar  bie  3lu«gabe  bom  $afae  1652  in  3Jenebig  gebrueft  tourbe.  aber  toa« 


76  3nrf)0fer  ^nbulgenje» 

man  hierfür  atöSetoete  beigebracht  fyat,  ift  burcfyauä  nicfyt  jtoingcnb;  ja  toaä  am  fufcrften 
auf  3n$ofer  ^in^uiuctfcn  jcbemt,  bic  2)ebifatton  an  Seoäflattuä,  \pvid)t,  genauer  ertoogen, 
am  entfcfyetbenbften  gegen  tyn,  benn  toar  er  ber  SBerfafjer,  bann  mufete  tym  barauf  an- 
lommen,  alle  auf  tyn  lettenben  Spuren  ju  bertoifcfyen ;  burcty  bie  3u*0nun9  an  SeoSUIas 

s  tiuä  aber,  bem  er  innig  befreunbet  toar,  fcätte  er  ftd&  berraten  unb  ben  $twd  feiner 
Sßfeubontymüät  fcerfefylt.  2Beit  toafyrföemücfyer  ift,  toaä  ber  ^efutte  gr.  Dubin  bei  SRic&on 
ausführlich  nad^toeift,  bafe  baä  33üd?lein  Don  Julius  (Giemen«)  ©raf  bon  ©cotti  auSPa* 
cenja  »erfaßt  ift,  ber  1616  in  ben  Drben  getreten  toar,  feit  1631  in  Sßarma  unbgerrara 
^tlofopfyte  gelehrt  fyatte;  toeil  e$  tym  aber  m$t  gelang,   einen  ttyeologtfd&en  Äattyeber  au 

10  erhalten,  $u  Slnfang  1645  fnfy  Don  sJiom  nacty  SBenebig  begab,  bort  ben  Drben  öerliefc 
unb  feiner  3Serftimmung  gegen  benjelben  in  ber  Monarchia  einen  bittern  ähiSbrutf  liety. 
3jn  einer  anbeten  Schrift:  Julii  Clementis  Piacentini  ex  illustrissima  Scotorum 
familia  de  potestate  pontificia  in  societatera  Jesu,  bie  ber  unfritifcfye  Sourgeotö, 
obgleich  fufy  iljr  3Serfaffer   offen   nennt,   bennocfy   gleichfalls  bem  Sna^ofer  beilegt,  erljob 

16  Scotti  1646  biefelben  Slnflagen  gegen  ben  Drben  unb  jtoar  in  ebenfo  fd&lec&tem  Satein, 
toic  in  ber  Monarchia.  ©•  @.  ©tri*  f. 

3fnbt|ieitbetttett  f.  ßongregationaliften. 
3«bqr  f.  33b  III  S.  524,  *g— 525, 29. 

^nbulgen^ett.    —     Duellen  unb  iHttcratur:    I.  Eusebius   Amort,   De    origine, 

20  progrc88u,  valore  ac  fructu  indulgentiarum,  Augustae  Vindcl.  1735,  Venetüs  1738  (einzige 
Quellen fammlung,  aber  nidjt  nur  feljr  unoodfränbig.  fonbern  aud)  unfritifd)  unb  toofl  von 
tJcljlern).  3rür  bie  SReformatton^eit  wichtig  bie  Sammcliucrfe  uon  3ofj.  ©rb.  Stapp :  1.6d>au* 
plaft  be3  $efcelifd)en  Hblafi-Äramä,  2.  «ufl.  fieipa.  1720.  2.  (Sammlung  einiger  aum  ^fibfr 
Heften  $(bla&  gehörigen  ©djrifften,  fieipj.  1721 ;   3.  kleine  9?adjlefe  jur  Erläuterung  ber  Sie» 

26  formation3.©efd)icbte.  III  unb  IV.  fieip*.  1730.  33.  —  SReid^altig  au*  J.  H.  Hottinger, 
Hist.  Eccles.  Novi  Test.,  Tom.  VII,  Tiguri  1655.  —  Offizielle  öuellenfammlung  für  bie 
neuere  3C** :  Decreta  authentica  sacrae  congregationis  indulgentiis  sacrisque  reliquiis  prae- 
positae  ab  a.  1668  ad  a.  1882,  Ratisbonae  1883,  unb  Rescripta  authentica  8.  congregatio- 
nis indulg.  sacrisque  rcliq.  praepositae,  collegit  Joseph.  Schneider,  S.J.,  Ratisb.  1885.     — 

80  II.  Joan.  Morini  Commentarius  historicus  de  diseiplina  in  administratione  sacraraenti 
poenitentiae,  Paris.  1651  (Antw.  1681,  Venet.  1702),  Lib.  X  cap.  XVI -XXIII;  Luc.  Fer- 
raris, Bibliotheca  canonica,  juridica  etc.,  Bononiae  1746,  s.  v.  „indulgentia"  (in  ber  neue» 
ften  föömifcben  Guart*9lu8gabe  Tora.  IV,  1888,  S.  224—335);  Paul  Jouhanneaud,  Dictio- 
naire  dogmatique,   historique,    asc&ique  et  pratique   des  indulgences,    publik   par   Fabbe* 

85  Migne  (z=  Migne,  Nouvelle  Encyclop£die  theologique,  Deuxieme  Sene  T.  XX  vT),  Paris 
1862;  gran*  geringer,  S  J.,  „$ie  Slbläffe,  iftr  SBefen  unb  ©ebraud},  11.  oon  ber  ^eil.  «b« 
fa&fongregation  approbierte  unb  alö  auttjenttjd)  anerfannte  Auflage",  Sßaberborn  1895  (ftuerft 
frunaöfifd)  üon  SJlaurel,  fpöter  beutfeb  uon  3*>f.  Sdjneiber  herausgegeben,  *.  $.  6.  &ufl., 
$aberb.  1878);  fr  X.  SBilbt,  ?lrt.  „«blafr  in  38ef er  unb  Gelte'S  JHrrfjcnlejifon  P,  Sreib.  i.  ». 

10  1882,  ©.  94—112.  —  gür  bic  moberne  bogmatifebe  9lu[faffung  in  ber  taibol.  Stirbt  beadj* 
tenSmert:  Dominic.  Palmieri,  Tractatus  de  poenitentia,  Ed.  seeunda,  Prati  1896  (8.  491 
bis  540  „Appendix  de  indulgentiis").  —  $ie  älteren  fatfjolifdjen  $raftate  über  ben  Ä.  toit 
bie  uon  @corg  be  Valencia,  ^edarmin,  Suorc^  $.  doQet  bis  ju  $erronc  bin  fönnen  f)ier 
niebt  erft  aufgefübrt  tuerben.    Einiges  auS  ber  fiitterotur   beS  16.  unb   17.  Sabrbunbert«  ift 

46  berftcidniet  bei  Jo.  Georg  Walch,  Biblioth.  theol.  selecta,  I,  Jenae  1757,  ®.  198  f.  — 
III.  £auptiucrf :  Henry  Charles  Lea,  A  Historv  of  auricular  Confession  and  Indulgences 
in  the  Latin  Chureh,  Vol.  III:  Indulgences,  Philadelphia  1896  (ogl.  baju  £.  Mütter,  %f£$ 
1897  n.  17).  $a$u  auS  neuerer  Qeit  folöenbe  ^in^elbeitrfige:  (S.  9?ie|e,  3)er  fcblafe  na(b 
feiner  ©ntftebung  unb  bogmatifdjen  ^luSbilbung   in   ber  fatftol.  Geologie   be«  16.  3abr^un* 

wbertS,  3bl&  XXII,  1877,  @.  599—660;  W).  Motcr,  2)a§  fircbii«e  ginansmefen  ber  ?«pfte, 
Färbungen  1878;  (g.  SBratfc,  Öut^erS  95  Xftefen  unb  tyre  bogmengefaiicbtlicben  «orau«- 
fefungen,  Wöttingcn  1884;  Sl.  50.  3)iccff)off,  3)er  Wblafeftreit,  bogmengefcbitbtlicft  bargefteOt, 
©otba  1886;  flarl  Füller,  5)er  Umfa^tpuug  in  ber  ifeljre  ö.  b.  ©ufee  n>fil)renb  beS  12.  Sabr» 
bunbcrtS,    in:   Sbeologifcbe  arbeiten,  (S.  u.  SBeijfäcfer  geroibmet,  JVreib.  t.  ©.  1892,    @.  287 

66  bis  320;  (Sari.  Ücop.  ©oe^,  «UiieAtc  WbiaftbuÜcn  in  ben  Acta  Pontif.  Rom.  ined.",  3«© 
XV,  1895,  321-344;  berfelbe,  ..2>ic  pfipftlidjcn  9U'ferUQtfäUe  in  ber  ©u&biSjtylin.  Bomi- 
I>ctae",  3fiö)  XVI,  1896.  541-589;  Xb.  «rieger,  3)aä  <öe|en  be«  9lblo(fe8  am  «uSaangc 
bed  Mittelalter*,  Seip^ig  1897  (nur  als  Untoerfttätäfcfirift  ausgegeben,  erfa^eint  beninÄdjft  er« 
wettert);  Wcol.  ^auhi«,  3obann  Xc^el,  3Rainj  1899  (f.  baju  ©rieger,  2f23  1900  n.  3  u.4); 

60  berfelbe,  eine  JHeiljc  uon  Wuffäjen  im  „.^atljülif"  1899  $b  I  unb  II  unb  in  3«:$  1899  unb 
1900;  Chiton  i^ur^,  3)ie  fatr)oHfc^e  üeftre  vom  Slblafj  uor  unb  nacb  bem  Auftreten  £utber$, 
^aberborn  1900  (erft  nacb  Wbfa)lu6  bicfeS  9lrtitelö  erfdjienen,  toaS  nieftt  ju  bebauern  ift). 


3nbnlgenjen  77 

®ie  3.  ober  ätbläfjc  [teilen  eine  ber  fölimmften  ßntartungen  be«  rcligiöfcn  Seben« 
in  ber  römifdfclatljolifcfyen  Äirctye  bar.  Wod)  fyeutc  für  biefe  bon  fyofyem  Sßerte  al«  eine« 
ber  tmrffamften  SRittel  *ur  (Jrjeugung  unbebmgter  SDebotion,  bilbeten  fte  in  ben  legten 
brei  3a$r$unberten  be«  ^Mittelalter«  jugleic^  eine  ergiebige  ginanjquelle,  tote  überhaupt  bie 
m  jener  3«t  fprtd^toörtlic^e  auri  sacra  fames  ber  römifäen  ßurie  einer  ber  jpoupt«  6 
Taftoren  in  ber  äu«bilbung  biefe«  tircfylid&en  ^nftttute«  getoefen  ift.  %\)xt  ©efcfyictyte  ift  aber 
trofc  tyrer  aufjerorbentlid&en  Sebeutung  erft  toenig  erforfd&t:  gar  manche«  ift  fyeute  no$ 
bunfel,  Diele«  nod&  unftc^er.  3mmer  <*&**  bürften  ftc$  bie  einzelnen  ©tabien  tyrer  @nfc 
tottfeüing  mit  ^mreic^enber  3)eutli$teit  erfennen  laffen. 

I.  3)ie  anfange  ber  3-:  35ie2l.  al«  9ta$lajj  ber  tircfyltcfyen  S3u|ftrafen.  10 
—  2>te  ctyriftlid&e  Äird&e  fyat  ettoa  taufenb  ^a^re  ofyne  Slbläff  e  beftanben.  2)enn  biefe  ge^en, 
feCbft  in  tyren  erften  bürftigen  Anfängen,  nicfyt  über  ba«  ll.lgafyrl).  hinauf,  ©ie  begegnen 
un«  ^ier  al«  eine  tetltoeife  (Srmäfjigung  fcon  Sufeleiftungen  (relaxatio  seeundae,  tertiae, 
septimae  partis  de  injuneta  poenitentia  —  noefy  fcorälblauf  be«  Igafyrtyunbert« 
auc£  al«  ßrlajj  be«  gefamten  Su&toerf  e«,  ber  tota  poenitentia),  fcon  feiten  eine«  Sifc^of«  unter  15 
ber  Sebmgung  be«  SoHjuge«  einer  beftimmten  fircfylicfcbebotionellcn  ^anblung  (Atrien* 
befu$  ju  feftgefefcter  3*ü  unter  35arbringung  eine«  adjutorium,  Öeifteuer  ju  einem 
Älofterbou  u.bgl.)  generell  betoiüigt  —  in  btefer  ©eftalt  ber  lefcte  3tu«läufer  be«  altfirdfc 
Iü^en  Sufemftitute«.  ©d&on  feit  ben  Sagen  ber  alten  Äircfye  befafcen  bie  33if$öfe  ba« 
Stecht,  bie  Sufifrift  ab^ufürgen  —  aber  immer  nur  toon  gaD  ju  gatt  für  ben  eimelnen  20 
unter  Serücfftd^tigung  feiner  SSerbältniffe  unb  in«befonbere  feine«  SJufjeifer«  (togl.  inbetreff 
be«  toteren  $.  8.  ben  fcon  *Paj>ft  3otyann  X.  —  ca.  916  —  au«geft>rocfyenen  ©runbfofc, 
man  formt  im  einzelnen  %aüt  manura  misericordiae  praebere,  „quia  non  annorum 
tantum  numero  poenitentia,  quantum  contritione  cordis  et  afflictione  animi 
atque  lacrimarum  compunetione  computatur",  glofj,  3)ie  Sßotofttoafyl  unter  ben  25 
C tonen,  ©.  104).  ©d&on  toar  e«  auefy  ©itte  getoorben,  bafc  man  auf  ©runb  einer  be* 
beutenbaren  3utoenbung  &n  bie  Ätrc&e  (©etyenfung  fcon  ©runbbeftfc)  eine  relaxatio  de 
quantitate  poenitentiae  eintreten  lieft.  35enn  biefe«  Serfaljren,  beffen  ^Jetru«  2)amtani 
ju  einer  3«*/  to0  w  Italien,  toie  e«  fcfyeint,  bie  31.  noefy  fo  gut  tote  unbefannt  toaren, 
in  einem  Schreiben  an  einen  33if$of  gebenft,  ift  ftcfyer  ntcfyt  erft  im  11.  S^^nbertso 
entftanben,  tote  e«  aud&  nid&t  fofort  mit  bem  äuffommen  ber  21.  erlogen  fein  toirb  (Petr. 
Damiani  Ep.  IV,  12,  MSL  144,  323 :  „non  ignoras,  quia,  cum  a  poenitentibus 
terras  aeeipimus,  juxta  mensuram  muneris  eis  de  quantitate  poenitentiae  re- 
iaxamus").  ©obalb  berartige  relaxationes  de  quantitate  poenitentiae  gu  einer  auf 
alle  Sü^enben  antoenbbaren,  für  jeben  oI)ne  Sücfftc^t  auf  feine  fonftige  Sef^affen^eit  im  35 
üorau«  geltenbe  Einrichtung  verallgemeinert  tourben,  toaren  bie  31.  ba.  SDtefe  neuen  ge» 
nereSen  *Radfläftc  festen  alfo,  toie  bie  früheren  ©rmäfeigungen,  bie  Etrc^lic^e  Sufee  be« 
©anbei«  fcorau«.  Unb  fte  toaren  für  ben  Süffer  fcon  um  fo  größerem  SBerte,  je  f^toerer 
er  mm  ben  auferlegten  ^Jönitenjen,  befonber«  benen  ber  öffentlichen  SBuge,  getroffen  tourbe. 
Die  ^arte  unb  SKenge  ber  lederen  machte  in  ber  $fyat  eine  @rleic|terung  bringenb  40 
toünfc^en«toert  33on  ^ier  toirb  ba^er  ber  Slnfto^  ju  einer  ©c^öpfung  au«gegangen  fein, 
an  tod(^er  öon  Anfang  an  bie  ftirc^e  aud;  finanziell  interefftert  toar.  2)ie  t>on  ber  triften 
unb  angelfä^ftfc^en  Sirene  au«gegangenen,  feit  bem  Slnfang  be«  10.  ^a^r^unbert«  auc^ 
auf  bem  geftlanb  über^anbne^menben  Slblöfungen  t>on  S9u|ftrafenf  bie  fog.  Slebemtionen 
unb  Äommutationen,  toelcfye  man  t>ielfad^  al«  eine  ber  ffiurjeln  ber  ä.  ober  al«  tyre  93or«  46 
au«fe$ung  geltenb  gemalt  ^at  (fo  5.  33.  §infc^tu«,  Äird^enred^t  V,  153*  ^arnaef,  3)© 
IIP,  303.  537;  fioof«,  S)©8  ©.  263  —  bagegen  aber  Äarl  ÜKüüer,  /;3)er  Umfötoung 
in  ber 2e^re  t>on  ber  8u|e"  ©.  308),  fönnen  nur  al«  analogeßrletcfyterungen  t>onSufeen 
in  ©etrad^t  tommen.  Sie  Sebcmtionen  beruhten  jtoar  auf  genereller  9lnorbnung,  tourben 
aber  na$  toie  bor  in  jebem  einzelnen  gfaQe  bon  bem  ^rieftet  ober  bcmSifc^of,  toelc^er  50 
bie  $dntten)  auferlegt  ^atte,  angetoenbet  unb  geregelt.  „9laty  tote  bor",  benn  fte  ftnb 
nod}  geraume  3«t  neben  ben  a.  hergegangen,  jefct  mit  Vorliebe  t>on  ben  ^Jrieftern  bei 
ber  ^kü>atl)u|e  al«  @rtoerb«queHe  au«gebeutet,  toeld^e  t>on  ben  21.,  biefer  neuen  gorm 
eine«  alten  bifc^ö flicken  Sorred^te«,  feinen  SRu^en  ^en  tonnten,  (ijjierljer  gehören  bie 
bekannten  JHagen  Stb&larb«  über  bie^riefter  [sacerdotes;  er  fteQt  i^nen  nadlet  bie  ob*  55 
Iafpcrf$h>enberif$en  prineipes  sacerdotum  an  bie  ©eite],  toe(d;e  „pro  nummorum 
oblatione  satisfactionis  injunetae  poenas  condonant  vel  relaxant",  MSL  178, 
672  f.).  Äucfc  ftnb  bie  Slebemtionen  gelegentlich  mit  bem  31.  berbunben  toorben,  fo  bafe 
fte  einen  (untergeorbneten)  leil  be«felben  au«mac^ten  (fo  bei  ber  gleich  ya  ertoä^nenben 
frityeften  Ablaßerteilung,  too  unter  ben  Erleichterungen  auä)  bie  je  ftet)  finbet:   toenn   je*  co 


78  ^nbnlgeitjeit 

manbem  ein  Wöchentlicher  gafttag  auferlegt  ift,  „illum  reddimus  ei    tali   tenore,    ut 
pascat  tres  pauperes"). 

g«  Wirb  fc^Werlic^  an  ber  ÜJtangcfyaftigfeit  unferer  Duellen  unb  ebenfoWenig  an  ü)rer 
mangelhaften  2)ur$forfcfyung  Hegen,  Wenn  Wir  bie  91.  juerft  im  füblid&en  $ranfrei$  naefc 

5  juWeifen  Vermögen.  3)enn  ber  ältefte  Slblafj,  toon  bem  Wir  Äunbe  fyaben,  iji  berjenige, 
Welchen  im  $afyre  1016  ober  balb  barauf  (f.  Mabillon,  Annales  Ord.  S.  Bened.  LIV, 
26,  Ed.  Lucen.  IV,  231)  ber  Gmbiföof  ^ontiu«  bon  Slrled  bem  Älofter  Mons-major 
m  ©unften  eine«  Ä irc^enbaue«  gewährte  (d'Achery,  Spicileg.,  Ed.  II,  III,  383  f.,  im 
aiuäjuge  beiMabill.  IV,  231  f.).  2ea  (III,  137  f.)  berWirft  biefen  91.,  inbem  er  tyn  für 

10  bie  Erweiterung  eine«  im  %a\)xt  1065  bem  Älofter  Wirflicfy  erteilten  äblafie«  erflärt.  3$ 
lj>alte  bie  „Urfunbe",  trofc  tyrer  fd&Iecfyten  Überlieferung,  Wegen  fcerfd&iebener  ftarf  altertüm* 
lieber  3«Öe  ty*cm  ^em  na$  Pf*  ecfyt  (nur  bürften  bie  ber  2lblajjerteilung  angelangten 
2lu«füfyrung«bepimmungen  erfyeblicfy  jüngeren  $)atum«  fein).  ©«  ift  bead&ten«wert,  bafe 
fyier  jWeiÄlaffen  toon93ü&ern  untergeben  Werben :  1.  bie  jenigen,  Weld&e  ob  ü)rer  majora 

16  peccata  Dom  @otte«bienft  au«gefcfyloffen  pnb  unb  and)  äufeerlic^  al«  Stifter  fi$  barju* 
[teilen  babm  (talis,  qui  per  indietam  sibi  poenitehtiam  non  introeat  ecclesiam 
nee  communionem  sacri  corporis  Christi  aut  osculum  pacis  aeeipiat,  nee  ca- 
pillos  sibi  tondat  aut  radat  nee  linum  vestiat,  nee  spirituales  filiolos  de 
saneto  fönte  aeeipiat),  alfo  bie  publice  poenitentes;  unb  2.  bie  jenigen,  qui  de  mi- 

20  noribus  peecatis  confessi  sunt  et  habent  aeeeptam  poenitentiam,  biejenigen  fomit, 
Welche  in  freiwilliger  ^ribatbeicfyte  eine  93u&e  auf  pcfy  genommen  tyaben.  2)en  elfteren 
Wirb  ber  britte  $eil,  ben  anbern  bie  §älfte  ü)rer  poenitentia  erlaffen.  ©d&on  am@nbe 
be«  !gafy$unbert«  a&w  to^ben  bie  311  öffentlicher  unb  bie  ju  prtoater  Sufce  SSertyafteten 
gleicfy  befyanbelt  (Jaffa  n.  5452),  immerhin  aber  Werben  auefy  ba  noefy  bie  beiben  Älaften 

25  au«cinanbcrgefyalten  in  ber  Sßenbung,  e«  Werbe  ber  feierte  $eil  poenitentiae  abepiscopo 
sive  a  presbytero  injunetae  erlaffen.  (allein  fcfyon  hieran  fc^eitert  ber  neuer« 
fid&e  33erfucfy,  bie  ßntftefyung  ber  91.  au«  ber  ©ittc  ber  SufjWattfatyrt,  peregrinatio,  gu 
erllären,  ftc  al«  einfache  UmWanblung  berfelben  ju  begreifen,  ©o  fieop.  Sari  ©oe$, 
3«©  XV,  329  ff.  XVI,  583  ff.    Sei  ber  ^Weiten  Äategorie  ber  pnitenten  War  ja  Don 

so  ber  fc^Weren  Suftleiftung  ber  peregrinatio  feine  Siebe  unb  auefy  bei  benen  ber  erpen 
Älaffe  burcfyau«  nicfyt  in  allen  fällen,  Wie  benn  in  ber  oben  mitgeteilten  93efc$reibung  ber 
publice  poenitentes  biefe  SBufje  gar  nicfyt  erwähnt  Wirb.  9lber  auefy  babon  abgefefcn 
fäme  bei  btefem  „Äircfycnablafc"  bie  peregrinatio  gar  nicfyt  in  SSetracfyt:  erforberlic^  ip 
nur  ber  Sefudj  ber  Sirene  —  ob  bie  betreffenben  babei  einen  förderen  ober  Weiteren  2Beg 

36  jurürfjulegen  fyaben,  ift  gleichgültig  —  unb  bie  3)arbringung  einer  ©J>enbe.  Slber  au$ 
beim  J?reu$nig«abla&  trifft  bie  ßrflärung  Don  ©oefc  nicfyt  ju,  obgleich  beffen  fieiftung,  ba« 
iter  Hierosolymitanum,  pdjj  ja  aßerbing«  atö  peregrinatio  faffen  läßt;  benn  audj 
bie ilreu^rebigt  Wanbtc  fic^»,  gleich  unter  Urban  IL,  teine^Weg«  auSfcfylie&lic^  an  bie  Skr« 
bred^er,  bie  Wie  ju  anberen  garten  33uf$en,  fo  g.  %.  au^  jur  Su^WaHfa^rt  berurteilt  Waren, 

40  fonbern  an  alle  ß^riften,  fomit  auefy  an  folc^e,  Wellen  feinerlei  3$erJ>fUc$tung  jur  SBatt* 
fa^rt  oblag). 

2)ie2l.  fönnen  im  ll.ga^unbcrt  ba^  f ircfylictye Seben  junäd^ft  nur  in  fetyr  geringem 
5Kafee  beeinflußt  fyaben.  3)cnn  pe  pnb  noc^  ungemein  fyärlicty  erteilt  Worben.  ©c^on  bie 
3al;l  ber  bi^er  nachweisbaren  bifcfyöflicfyen  HL  (pe  gehören  fämtlid^  bem  ©üben  öongranfe 

46  retc$  an)  ift  gering.  Unb  boHcnb«  bie  päpftlicfyen  ftammen  wa^rfc^einlic^  erft  au«  bem  legten 
3a^rje^nt  be« ^a^unbert«.  Stile  äblafjurfunben  ber  $äj)ftc  bor  1 100  finb,  mit 
einer  einigen  SluSnafyme,  mc^r  ober  minber  grobe  ^älfcfyungen  (fo  bie  Iwn 
©ergiu«  IV.  1010,  Senebift  VIII.  1016  ober  1020,  Giemen«  II.  1046/47,  2eoIX.  1052, 
äleranber  II.  für  Monte  Casino  1071,  Urban  II.  für  La  Cava  1092,  für  ba«  flloper 

60  gigiac  1093,  für  ba«  Älofter  S.  Maria  de  Pauso  1093  unb  für  bie  ©enuefen  Sei* 
mofto  1094  ausgepeilten  Süllen;  zweifelhaft  ift  auc^  bie  nur  fälfd&licfc  al«  „äblal^^utte 
aufgefaßte  Urfunbe  Senebtft«  IX.  für  ©t.  3Sictor  ^u  3Karfeiüe  öon  1040).  2>urä)auS 
unglaubWürbtg  pnb  aud^  bie  ÜRacfyricfyten  über  bie  Don  2eo  IX.  1050  unb  SRicolauS  IL 
1060  (bem  Älofter  garfa)  erteilten  21.    ®an^  üag  unb  nid^t  fontrollierbar  ift  bie  angäbe 

«über  einen  SX,  ben  2lle£anber  IL  1070  einer Äir<$e  infiucca  bewilligt  ^aben  fott.  ©uferen 
Soben  betreten  Wir  erft  mit  Urban  IL  sJJtog  aud^  mit  ber  9torf)ric$t  über  eine  Slbla^ 
erteilung  au«  bem  ^a^r  1095  ftu  S^rcn  be«  ffl.  ©ujebiu«)  nid^t«  anzufangen  fein,  fo 
bietet  boefy  eine  Urfunbe  biefe«  Raffte«  fcom  12.  Dftober  1091  (Analecta  juris  pontif. 
X,  528;   Jaff6  n.  5452),   in  tueldper  er  ben  SBofyltbätern   be«  Monasterium  Pavilia- 

Gocense  (im  ©J>rengcl  bon  )){ouen)  quartam  poenitentiae  partem   ab   episcopo   sive 


3nbttlgett£e»  79 

a  presbytero  illis  injunctae  erläfjt  („condonavimus")/  ju  Sebenten  feinen  Slnlafe. 
6S  iffc  Med  (toon  einem  Vorläufer  beS  ÄreuaugSablaffeS  UrbanS  IL  abgefetyen)  ber  erfte 
tJafcftablaft,  bon  bem  hrir  toiffen,  toäfyrenb  ber  bonfiea  III,  141  als  folget  angenommene 
6rla|  ber  septima  pars  poenitentiarum,  1096  ber  9iicolattird&e  ju  2lngerS  für  ben 
^a^jreStag  ttjrer  SBetye  betoilligt,  toenn  aud)  teineStoegS  untoal?rfctyeinli(fy,  fo  bod^  nic^t  r> 
böflig  fk^er  bejeugt  tft  Stafc  eS  ein  franjöfifd&er  Sßapft  tft,  h>cld^cr  als  erfter  biefe  SReuc* 
rung  im  Sufetoefen  mitmaqt,  bürfte  ber  Vermutung,  bafc  toir  tyre  ßeimat  in  grantrei^ 
$u  fu$en  ^aben  (f.  oben),  jur  ©tüfce  gereichen.  Unb  eS  ift  gehnfc  lein  Rufaü,  *>a&  to'r 
biefer  Sbt  beS  %  (bon  bem  ben  Äreujfa^rem  erteilten  fefyen  toir  junäc§ft  noc$  ab)  im 
12.  ^aljr^unbert  erft  nad&  mefyr  als  jtoanjig  %afyxtn  toieber  bei  einem  ^ranjofen  begegnen,  io 
bei  SaligtuS  II.,  Don  bem  ab  bie  römifäen  Sifd&öfe  beS  12.  3afrfyunbertS  nun  gan)  regel* 
mäfeig  81.  erteilen,  aber  mit  anertennenStoerter  ©parfamfeit.  Soffen  hrir  eine  bon  Snno* 
cen$  II.  1130  ju  ©unften  ber  ^o^anniter  bewilligte  relaxatio  septimae  partis  poeni- 
tentiae,  toel<$c  feine  fämtlictyen  SRacfcfolger  bor  ignnocena  III.  balb  für  bie  Sofyanniter 
balb  für  bie  Sentker  erneuert  tyaben,  fohrie  eine  anbere  mit  ben  Äreu^ügen  in  Serbin*  i.-, 
bung  fte^aibe  remissio  ^nnocen^  III.  bon  1199  aufeer  Stecfynung  unb  faffen  blofj  bie 
einzelnen  Atrien  unb  Älöftern  für  Äirctytoety,  Srüctenbau  unb  bgl.  gugeftanbenen  91.  inS 
Äuge,  fo  tonnen  toir  (fotoeit  bie  J>äpftli(fyen  Urlunben  auf  und  gefommen  finb)  bis  jur 
SJStte  beS  Sttfcfrwtat*  nW  Ö^J  tön>  bon  ba  bis  ium  ©(fylufj  einige  jtoanftig  naefc 
toeifen.  Unb  au$  in  betreff  beS  sJJta&eS  ber  9lac^(äffe  fetten  ftc$  bie  >j}äj)fte  innerhalb  20 
gemeffener  ©renjen.  35er  (Srlafj  bon  33ru$teilen  ber  Sufocit  fam  balb  in  Slbgang  (faft 
ausfölieftfid?  bei  bem  Johanniters  unb  £emt)ler*2l.  finben  toir  ifftt  aud)  noefy  in  fpäterer  3eit). 
Sin  feine  ©teile  trat,  inbem  felbft  ber  bisherige  Sfteft  einer  inbibibuellen  Sefyanblung  ber 
^önüenten  unterging,  ber  allen  unterjcfciebSloS  jugeftanbene  gortfaff  eines  beftimmten  3eit* 
mafceS  ber  SBufee,  fcfyon  bon  GalijtuS  II.  (1120)  ab.  GS  toaren  meift  atoan^ig  (mitunter  25 
no$  toeniger)  ober  bierjig  läge;  nur  2llejanber  III.  erftreefte  ben  (Srlafj  ein  paar  2Ral 
auf  ein  §afyt  (lote  ü)n  fiefc  au$  ber  Sßaläftinatrilger  berbienen  tonnte),  toäfyrenb  er  ben 
Stamfa^rem  auS  bem  fernen  Sorben  jtoet  ober  brei  Jafyre  jugeftanb.  3U  einer  ©nnatyme* 
quelle  fyaben  ^iernac^  bie  $äj)fte  beS  12.  3«Ww«bertS  (mit  6tnf(^lufe  3nnocenJ>  HI., 
ber  ben  erften  Äird^enablafe  faft  jel;n  3a^re  naep  Seginn  feines  ^JontififateS  erteilt  unb  30 
beren  bteüetd^t  nic^t  me^r  als  biet  getoä^rt  t)at)  nod)  ntdjt  gemalt.  älnberS  gtoeifelloS 
bie  Stfc^ofe,  bon  benen  älbälarb  fc^on  gegen  1140  tlagt,  bafe  fte  ita  impudenter  bon 
©elbgier  entjünbet  feien,  „ut,  cum  in  dedicationibus  ecclesiarum  vel  in  consecra- 
tionibus  altarium  vel  benedictionibus  eimiteriorum  vel  in  aliquibus  solemni- 
tatibus  populäres  habent  conventus,  unde  copiosam  oblationem  exspeetant,  :r> 
in  relaxandis  poenitentiis  prodigi  sunt,  modo  tertiam,  modo  quartam  poeni- 
tentiae  Pjrtem  omnibus  communiter  indulgentes"  (Ethica  c.  25.  MSL  178, 
672  f.).  ÜRit  Ste^t  tonnte  bo^er  3«"ocenj  III.,  als  er  1215  in  bem  bekannten  CSrla^ 
be$  2ateran4lonjilS  biefem  treiben  ein  6nbe  machte  (inbem  er  beftimmte,  „ut  cum  de- 
dicatur  basilica  non  extendatur  indulgentia  ultra  annum,  sive  ab  uqo  solo  40 
sive  a  pluribus  episcopis  dedicetur,  nee  deinde  in  anniversario  dedicationis 
tempore  quadraginta  dies  de  injunetis  poenitentiis  indulta  remissio  non  ex- 
cedat"),  borouf  ^tntoeifen,  bafe  ber  „Romanus  pontifex,  qui  plenitudinem  obtinet 
potestatis,  hoc  in  talibus  moderamen  consuevit  observare"  (Mansi  XXII, 
1050).  45 

2)afür  Ratten  nun  freiließ  bie  $äj>fte  biefe  ^nftitution  länaft,  gleich  bon  i^rem  erften 
Anfang  an,  in  einer  ©rofcartigteit  ge^anb^abt,  bafj  tein  33ifc^of  barin  mit  tf;nen  ^u  h>ett= 
eifern  bermo^te,  jumal  ba  bie  ^ftlic^e  greigebigteit  in  innigfte  Segie^ung  gefegt  h>ar 
ya  einem  Hauptanliegen  ber  bamaligen  S^riften^eit,  ber  ^Befreiung  beS  F>ctl.  SanbeS  auS 
ber  J5anb  ber  Ungläubigen :  eS  toar  berßrlafe  beS  gefamtenSufitoerteS,  ber  im  9tamen5o 
ber  Spoftelfurftcn  $etruS  unb  ^ßauluS  fc^on  feit  1095  ben  Streu^fa^rern  gefrä^rt  tourbe. 
„Quicunque  pro  sola  devotione  .  .  ad  liberandam  ecclesiam  dei  Jerusalem 
profectus  fuerit,  iter  illud  pro  omni  poenitentia  reputetur"  lautet  ber  2.fianon 
beSÄmijite  bon  Glermont  (Mansi  XX,  816;  an  bie  Solognefen  fd^reibt  Urban  II.  1096: 
„poenitentiam  totam  peccatorum,  de  quibus  veram  et  perfeetam  confessionem  :>:> 
fecerint,  dimittimus",  MSL  151,  483).  @S  h)ar  baS  nid^t  ganj  o^ne  Vorgang. 
S<^on  SUejanber  II.  ^atte  einmal  bie  gan$e  poenitentia  nac^gelafjen :  für  ben  ßampf 
totber  bie©ara)enen  in  Spanien,  ca.  1063  (Löwenfeld,  Ep.  Pont.  Rom.  ined.  ©.  43). 
Dofomtytoirb  aber  ber SRufym UrbanS IL,  berSctyötfer  beSßreuyugSablaffeS  }u  fein, 
nufa  gef^mälert.  äöelc^e  bebeutfame  SHotte  biefer  ^toei  ^a^r^unberte  ^inburd^  gezielt  fyat,  m 


80  3nbitlgettjeit 

brauet  nid^t  erft  ausgeführt  gu  toerben.  $aft  ofyne  SluSnafyme  $aben  bie  9?ad(jfoIger  Ur* 
banS  fi$  bicfe^  neuen  2Ra$tmittel3  ni  bebtenen  berftanben,  beffen  93erei#  überbieS  na$ 
berfd&tebenen  Stiftungen  fyn  leicht  \\6)  ertoeitern  lieft.  ©#on  Sßafctyalte  II.  ftettte  bie 
Setämpfung  ber  ©aragenen  in  SjKtnien  auf  eine  ©tufe  mit  einem  jjuge  «t3   fceil.  fianb, 

5  ebenfo  ©elaftuS  II.,  (falirtaS  IL,  ßöleftin  III.,  ^nnoceng  III.  $en  2obn  ber  Äreuj* 
fairer  berft>ra(fy  ©ugen  III.  1147  für  einen  gelbjug  gegen  bie  ©laben,  »leranber  III. 
1171/72  für  bie  Sefriegung  ber  (Sftfyen.  Unb  foDte  ber  Äampf  gegen  bie  geinbe  beä 
aboftolifcfyen  ©tufyleS  unb  ein  §eere$gug  toiber  bieÄefcer  minber  berbienftli<$  fein?  ©$on 
Snnoceni  II.  fprad*  1135  auf  bem  Äongtl  gu  $ifa  bie  remissio  UrbanS  II.  benjenigen 

10  gu,  toeldpe  gegen  Stoger  bon  ©igilien  unb  ben  ©egenpapft  SCnafietuS  11.  bienen  toürben. 
3#m  folgte  1199  3nnoc^  HI.,  inbem  er  ben  Äampf  gegen  ben  laiferltc^en  Statthalter 
9KarftoaIb  gum  Äreuggug  ftempelte.  Unb  berfelbe  $ßaj>ft  ift,  toie  befannt,  ber  Urheber  ber 
Äreuggüge  toiber  bie  ßatyarer  (1207  ff.).  —  2öurbe  ber  &reuggug&3l.  bon  Urban  II.  nur  ben* 
jenigen  gugeftanben,  toekfye  ficfy  in  ^Jerfon  ben  Sföüfyen  unb  ©efa^ren  beä  iter  Hieroso- 

15  lym.  untenpgen,  fo  fonntc  man  \t)n  bo<$  gan*  ober  gum  5EetI  au$  benen  gu  gute  fommen 
laffen,  toelcfye  ficfy,  toenn  aucfy  ofyne  if?rc  $erfon  aufs  ©ptel  gu  fefcen,  bur$  Unter« 
ftüiung  beä  ^eiligen  ÄriegStoerfeS  berbient  matten.  3U  biefer  Sluäbe^nung  na^m  bereits 
©elaftuS  II.  1118  einen  Slnlauf,  no#  ftärler  Giemen«  III.  1188  unbgöleftin  III.  1195. 
*pianboll  burd&gefütyrt  ift  fte  aber  erft  bon^nnocenj  III.  (1198),  inbem  er  befümmte,  bafj 

20  ani)  biejenigen,  toeld&e  auf  ifyre  Äoften  eine  tyrem  Vermögen  angemefjene  Sinja^I  bon 
Äriegern  inä  fyeil.  £anb  fenben,  ben  Äreuggug&ä.  empfangen  follten,  toäfcenb  bie  de  bonis 
suis  congrue Seifteuernben  biefer  remissio  tcilljaft  toerben  foulen  „juxta  quantita- 
tem  subsidii  et  praecipue  secundum  devotionis  affectum." 

2)ie  bei  ben  foeben  genannten  Sßctyften  borfommenbe  Srteilung  be$  Jtreuggug&ä.  nai$ 

25  2Raft  (secundum  quantitatem  laborum  —  fo  ©elaftuS;  aucty  bei  SUeranber  III. 
ftoften  tütr  1169  unb  1181  auf  fie)  fann  ate  Setoete  bafür  gelten,  bafe  ber  ftreuggug&SI. 
ftd;  bamalä  nur  quantitatib  bon  bem  gehenließen  (J?ird^en=)2l.  untergeben  tyd;  bajj 
fomit  bie  früher  fyerrfcßenbe,  gulefct  nocß  bon  §inföiu«  (Äircfyenred&t  V,  155  f.)  bertretene 
SSorfteHung,  afö  ob  toir  e£  ßter  mit  „ßrlafc  ber  ©ünben"  gu  ttyun  Ratten  (bie  na<$  §in» 

80  f$iu$  fogar  aud^  Sifc^öfe  getoä^rt  fyaben),  im  Unrecht  ift.  2)iefe  SBorfteüung  fann  fk^ 
aHerbing«  mit  fd^cinbarem  Siebte  auf  ben  ©prac^gebrauc^  berufen,  toie  tbir  ij^n  bei  ben 
köpften  gleich  im  12.  ^a^r^unbert  finben.  i)et  getbö^nlic^e  $artialabla^  toirb  in  ben 
päpftüc^en  Urfunben  regelmäßig  relaxatio,  remissio  ober  indulgentia  (le$tere$  tbtrb  oDmo^ 
lic^  feit  @ugen  III.  üb(id^)  de  poenitentiis  ober  genauerde  injuncta  poeniten- 

36  tia  genannt,  baneben  aber  gelegentlich  aud^  peccatorum  relevatio (©ugen III.  1145) 
unb  peccatorum  remissio  ($abrian  IV.  1157).  Slucty  ber  5lreujjug«sä.  toirb  mitunter 
no$  bon  ben  Wafy olgern  UrbanS IL  afö @rlafe  berpoenitentia  peccatorum  bejeid^net. 
So  bon  ©elafiuS  II.:  poenitentiarum  remissio  et  indulgentia,  bonälleranber  III.:  re- 
missio injunctae  (impositae)  poenitentiae,  bon  ©regor  VIII.  unb  Söleftin  III. :  im- 

40  positae.satisfactionis  relaxatio.  aber  ba^  ftnb  SluSnafymen.  ©c^on  bei  ßalijtu«  II.  taucht 
biejenige  Se^eic^nung  auf  (ifyre  erfte  ©pur  ift  btellei^t  fd^on  bei  ^afc^alte  II.  gu  finben), 
bie  bann  bon  6ugen  III.  ab  in  mannigfachen  Variationen  jur  ^errfc^enben  getoorben  ift: 
peccatorum  venia,  remissio,  indulgentia  (bie$  juerft  bei  ätle^anber  III.),  balb  auc^ 
omnium  peccatorum  remissio  ober  plena    peccatorum    remissio.    35ie  ©rtlärung 

46  biefe^  Sprad^gcbraud^e^  bietet  ja  o^ne  Jra9e  icncö  ©tabium  ber  SBu^raji^,  in  toelc^em 
nod;  bie  remissio  peccatorum  bem  ^ömtenten  erft  nad^  Slbleiftung  ber  poenitentia 
(satisf actio)  gugefprod^en  tourbe.  SBietoeit  er  aber  nod)  in  ben  Serbältnifjen  beä  12.  %dfyc* 
^unbert^  begrünbet  toar,  ibietocit  in  feiner  Beibehaltung  fd^on  bamate  eine  ga^rläf^gfeit 
ber  ^äpfte  fid^  geigte,  bebarf  noefy  ber  Untcrfud)ung.    ©^  gewinnt  bo#  ben  ^nfd^em,  <&$ 

60  ob  er  fcfyon  bamal^  ftarf  irrefü^renb  getoefen  fei,  unb  um  fo  bebenflic^er,  atö  1.  indul- 
gentia peccatorum  (=  remissio  pecc.)  ebenfo  toie  ba$  beutfcfye  „äblafe  ber  ©ünben" 
(fo  im  ©laubenSbcfenntniä  fd[)on  bom  9.  ^a^unbert  ab)  feit  alter«  bon  ber  ©ünben- 
bergebung  gebraust  tourbe,  unb  alz  2.  e«  ntd^t  gang  an  ^äpften  gefehlt  fyat,  toelt^e  im 
.gufammen^ang  mit  ber  ©fenbung  be«  ^lenarablaffe«  ©ebraud^  matten  bon  i^rer  alten 

66  bufeoberricfyterlicfyen  Scfugni«,  ©ünbenbergebung  gu  erteilen. 

II.  Grfte  Umbilbung  ber  3.:  bie  21.  aU  9?ad;lafe  ber  jcitlid^en  ©trafen 
bcr©ünbeüber^auj)t.  —  2lu|erlid^  betrachtet  bleibt  ber  31.  im  13.  3>aljrfyunbert 
berfelbe  toie  bieder.  3n  ben  Väfftlic^en  SuHcn  finben  toir  gunäcfyft  faum  irgenb  ein  Sn)et$en 
einer  ^inberung.    Unb  bod^  ift  in  bem  genannten  ^afyrfyunbert  ettoaS  böHig  anbereö  au* 

eo  $m  gemalt  toorben :  bie  alte  gorm  l)at  einen  gang  neuen  %nt)alt  erhalten.    2)iefe  Um» 


3ttbitlgen$ett  81 

bilbung  ift  ober  merftoürbigertoeife  nic^t  bon  ben  ©ctyöpfern  biefeS  ^nftituteS  ausgegangen, 
fonbern   t>on  feinen  Interpreten.    @&  toirb   toenigc  Seiftuele  geben  für  eine  3Jcac$t  ber 
2^earie,  tote  fte  $ier  ft#  entfaltet   fyat.    3)iefe  Styeorie  ift  aüerbingS  felber  toieber  baä 
flinb  ber  SPrajte,  jenes  großen  UmfcfytoungeS  im  Su&toefen,  toelc^er  um  bie  SBenbe  Dorn 
12.  gum  13.  3ja$rtyunbert  feinen  Slbfölujj  gefunben  Ijat.    3)ie  93ufce  ift  jum  ©aftament  5 
getoorben,  beffen  einzelne  ©tüdfc  nacfy  SBefen  unb  Sßirfung  auf  baä  genauefte  unb  jum 
leil  in  neuer  SEBeife  umfd&rieben  toerben:  bie  contritio,   bie  tbm  je^t  (1215)  jum  fircfc 
liefen  ©efe$  erhobene  confessio  unb  bie  satisfactio.    Unb  gerabe  btefeS  ©tücf  ber  33ufee, 
an  toeh$e3  bie  31.  ftdj  angefnüpft  Ratten,   fyat  bon  allen  bie  belangreiche  Slbtoanblung 
erfahren.    Äein  Söunber!    Ratten  boefy  mitttertoetle  burefy  baä  aQmä^Uc^e  SBorrüdfen  ber  10 
Sbfohttion,  tyren  unmittelbaren  Slnfd&lufc  an  ba$  ©eftänbniS  ber  ©ünbe  unb  bie  bereit* 
billige  Übernahme  ber  Sßönitenj,  bie  ©attefaftionen  tyre  altftrctylic^e  Sebeutung  verloren, 
fo  bafc  fte,  faß«  fte  nic^t  überhaupt  fortfallen  foUten,  auf  eine  neue  ©runblage   geftellt 
toerben   mußten.    6$  toaren  Slbälarb  unb   feine  ©efolgmänner,  Ideologen  toie  Robert 
$ullu3  unb  Slid^arb  bon  ©t.  33ictor  getoefen   (f.  Äarl  9ftüller,  „$)er  Umfcfytoung   in  ber  15 
2e$re  bon  ber  8ufee",  S.  304ff.),   toeld&e  biefe  Aufgabe  gelöft,   ben  ©atiäfaftionen   ein 
neues,  faß  unermeßliche*  gelb  ber  SBirffamleit  eröffnet  Ratten.    3n  liefen  9Kännern  ^atte 
nämtic$  btc  2ßtffenfc$aft  btc  ©ntbedung  gemalt,  bafc   ein  grofjer  Unterföteb  fei  jtoif^en 
ber  bem  ©ünber  in  ber  laufe  ju  £eil  toerben  Vergebung  unb  berjenigen,  toeld&e  tfym  bie 
seeunda  post  naufragium  tabula,  bie  poenitentia,  getoö^rt.    3)ie  laufe  befreit  ben  20 
9ienf$en  bon  aller  ©d&ulb  unb  ©träfe.    3n  ^tx  Sufce  bagegen  toirb   ber  ©ünber  jtoar 
femer  ©ünbenföulb  unb  bamit  jugleicfy  ber  etoigen  ©träfe  lebig,  nicfyt  aber,   ober  boefy 
toemgftenS  nur  jum  Steil  (e$  fei  benn  auSnafymätoeife  bie  contritio   fo   grofc,   ba|  ©Ott 
fte  jugleicty  al$  etne  auSreictyenbe  ©enugtfyuung  anjunefymcn  bermag)  frei  bon  ben  seitlichen 
Strafen  ber  ©ünbe,   unter  benen  btejemgen   beä  gegefeuerä  an   furchtbarem  ©rnft  unb  26 
gtytoere  alle  anberen  toeit  hinter  ft$  laffen.    3)iefe  geitlic^en  ©trafen  —  fo  erforbert  e$ 
bie  göttliche  ©ered&tigfeit  —  mufc  ber  ©ünber,  toelc^er  trofc  ber  in  ber  Saufe  ifym  ber* 
lidpnen  ©nabe  gefallen  ift,  erft  abbüßen,  er  mufc  fte  loslaufen,  inbem  er  ©Ott  ein  pre- 
cium  ja^tt,  ibm  babur$  genügtet  (bie  poena  satisfactoria   ein   sufficiens  pretium 
ad  solvendum  debitum).    ©0  getoonnen  bie  fyerfömmlicfyen  ©atiefafttonen,  unter  benen  90 
Bebet,  gaften  unb  Sllmofen  obenan  ftanben,  einen  neuen  2Bert  unb   einen  faft  unfcfyäfc* 
baten:   alö  ©<$u$mittel  toiber  bie  ©trafen  beä  gegefeuer*.    SBeld&e  9lu*ftd^t  aber  mufete 
fä  bamit  jugleicfc  ben  21.  eröffnen,  beren  Sebeutung  ja  bon  3lnfang  an  in  ber  Befreiung 
bon  ©attefaftionen  beftanb !  2)ie  Folgerung  au$  jener  Umtoertung  ber  ^Jöniten^en  Drängte 
fufy  auf :  e$  mu|te  badäBefen  beö2l.  neu  befiniert,  jugleid^  and)  eine  t>odftänbige  X^eorie  35 
btefer  neuen  ©röjje  auf  geftellt  toerben. 

iBer  S.  ift  Befreiung  nic^t  mc^r  t>on  ben   fircfylicfyen  Sufeftrafen,   fonbern   üon   ben 
oon@ott  über  ben  begnabigten  ©ünber  behängten  seitlichen  ©trafen  be* 2)ie«feitS  unb 
bffonber*  beö^enfeitä.    ^e  relaxatio  poenitentiae  injunetae  toar  antiquiert,  mochte 
gleich  bie  gformel  afö  fold^e   i^re  ^errfd^aft  be^au))ten.    W\t  bem  ßrlag  ber  auferlegten  40 
8u|e  (ber  poena  satisfactionis  taxata  seeundum  quantitatem  eulpae)  foQte  fortan 
basjenige  befeittgt  toerben,  ju  beffen  Mbbtifeung  bie  bon  bem  Sßriefter  in  unftd^erer  ©c^ä^ung 
auferlegte  poenitentia  ober  satisfactio  beftimmt  toar.    ©omit  toar  an  bie  ©teile  jeneä 
beengen  SrlaRe^  in  äBa^r^eit  ein  anberer  getreten :  bie  relaxatio  poenae  debitae  pro 
peccato  (fo  alcicanber  bon  $ale«,  Summa  Theol.  IV,   Qu.  83    Membr.  I  Art.  I)  15 
ober  (feie  2$omaö  bon  Slquino,  Gommentum  in  quatt.  libr.  Sentent.  IV,  Dist.  XX  Q.  I 
Art  III,  borfi$tiger  ft$  au^brüdt)  bie  remissio  poenae  residuae  post  contritionem 
et  eonfessionem  et  absolutionem  sive  sit  injuneta  sive  non.    Demgemäß  toiber^ 
legt  2$oma3  t>on  8quino  biejenigen,  toelc^e,  an  bem  früheren  ä.  feftfyaltenb,  bie  2lnftc^t 
t«traten,  „(quod  indulgentiae)  valent  ad  absolutionem,  qua    sacerdos  obligavit  50 
poenitentem  ad  poenam  aliquam  vel  ad  quam  etiam  ordinatur  ex  canonum  sta- 
tuÜ8M,  unb  fttmmt  bagegen  ber  Se^auptung  ju  „(quod)  valent  ad  absolvendum  a  reatu 
poenae  quam  quis  in  purgatorio   seeundum  Judicium  dei  meretur." 
femlicb:  „remissio  quae  fit  quantum  ad  forum  ecclesiae,  valet  etiam  quantum 
•d  forum  dei."    ©onft  (eine  bur<£f#lagenbe  grtoägung,  auf  toeld^e  toir  regelmäßig  bei  56 
bat  S^olaftifern  ftofeen)  toürben  bie  91.  auf   eine  Xäuf^ung  unb  ©d^äbigung  ber   mit 
fem  öefc^enften  tymauälaufen  (Sllqanber  t)on  $ale^  a.  a.  D. :  „si  ecclesia  relaxat  et 
deus  non,  magis  esset  deeeptio   quam   relaxatio   et   crudelitas   quam    pietas, 
quia  tunc  ad  diminutionem  poenae  praesentis  sequeretur  alia  incomparabiliter 
grtvior  in  foro  dei";  3$oma$  bon  2lqumo:  „ecclesia  magis  damnificaret  quam  go 
*ul*ucttlop&blt  für  Zoologie  unb  fffr^c.    3.  «.  IX.  q 


82  3ttbitlgett)tit 

adjuvaret,  quia  remitteret  ad  graviores  poenas,  seil,  purgatorii,  absolvendo 
a  poenitentiis  injunetis").  —  3n  b«  Stellung  ber  SL  jur  SBufee  ifl  burtfc  biefc  tübi* 
fale  Umgeftaltung  nüfyt«  geänbert.  2ßie  bi«tyer  ber  ©rlafc  ber  ^ßömtenjen  bie  Übernahme 
berfelben  bon  fetten  be«  ^Jönitenten   unb  bamit  bei  biefem  SReue  unb  Seilte  jur  3Sor* 

6  bebingung  fyatte,  fo  gilt  awfy  jefet  contritio,  confessio  unb  absolutio  sacramentalis 
nebft  ber  2lnnafymc  ber  ric§terlic$  feftgefe^ten  ©attöfaftion  al«  nottoenbige  93orau«fe£ung 
für  bie  21.  SRur  bemjenigen  lann  bie  jeitlid&e  ©träfe  erlaffen  toerben,  bem  @$ulb  unb 
ctoige  ©träfe  bereit«  bergeben  fmb,  toe«l)alb  Sobfünbern  bie  ä.  iriqfti  nüfcen:  „nulli 
potest  dimitti  poena,    nisi   cui   jam  dimissa  est  culpa,  .  .  et  ideo   non  valent 

10  (indulgentiae)  existentibus  in  (peccato)  mortali,  et  ideo  in  omnibus  indulgen- 
tiis  fit  mentio  de  contritis  et  confessis"  (Storno«,  a.  a.  0.,  Art.  V).  „Omnibus 
vere  poenitentibus  et  confessis"  ift  in  betrat  bon  ber  2Rttte  be«  13.3ja^unbert« 
ab  bie,  toenn  auefy  feinestoeg«  bei  allen,  fo  bo#  bei  ben  meiften  JOblafibetoinigungen  axfc 
brücflicfy  aufgeführte  Sebingung  be«  ßntyfange«.    35eutlicty  genug  liefe  fie  bie  Sejie^ung 

16  ber  31.  jum  britten  leil  be«  Sufefaframente«  burcplicfen. 

9Jht  bent  33i«tyerigcn  ift  ba«  SBefen  be«  neuen  21.  erfcfttyfenb  angegeben.  2Ba«  bie 
Styeorie  fonft  nod)  enthält  ift  au«fcfymücfenber,  re<$tferttgenber  9!atur.  ©iner  Rechtfertigung 
beburfte  aüerbing«  biefe«  böüig  neue  Unterfangen,  ber  Äircfye  eine  unerhörte  2Rai^t  guju- 
föreiben,  auf  ba«©tärffte.  2)enn  toer  fyättc  noefy  ein  ^afyrljunbert  früher  baran  gebaut,  ba| 

20  bie  9Kacfyt  ber  ßirctye,  be«  ^ßa)>fte^  ft$  betoetyren  toerbe  in  bem  totMürüd&en  (Srlafe  ber  gött* 
liefen  ©ünbenftrafenV  3)afc  fie  imftanbe  fein  totirbe,  na$  ifyrem  ©efallen  bem  atö  biefem 
irbifäen  Seben  abgerufenen  Reumütigen  unter  Befreiung  bon  ben  gefürdjteten  Dualen  be« 
fjfegefeuer«  fofort  ben  §immel  ju  öffnen  ober  tym  ben  peinlichen  SBfafenttyalt  toenigften« 
abjufürjen?  SÖBenn  fcfyon  ba«  fic^erfte  gunbament,  auf  toeld[>e«man  biefe  iJtacfytbollfommen* 

25  fyeit  ber  Äir^e  jule^t  fid&  grtinben  tiefe,  bie  Äir<$e  felbft  toar,  al«  toeld^e  in  t$rem  2$un 
nic^t  irren  fann  (fyter  aljo  in  einem  3#un,  toelcfce«  man"  i&r  foeben  erft  untergeföoben 
hatte!),  fo  muftte  eben  biefe«  £bun  boefy  no#  immer,  fo  gut  e«  ge^en  toollte,  bogmattfö 
begrünbet  unb  in  feiner  SSernünftigfeit  aufgezeigt  toerben.  35ie  Styeorie,  toeldfre  biefe«  ju 
leiften  unternahm,  lag  alten  ^auptyunften  naefy  bereite  in  ber  erften§cUfte  be«  13. 3alp 

so  fyunbert«  fertig  bor:  benn  e«  ift  2Uejanber  bon  §ale«,  ber  al«  tyr  Mafftfd^er  Stattetet 
(unb  Urheber  0  gelten  barf.  ©eine  großen  SRactyf olger,  bie  ^eroen  ber  ©i^olaftif,  toeld^e 
bie  näcfyften  ^a^e^nte  fatyen,  fyaben  i^n  au^gef^rieben,  toörüid^er  ber  eine,  toeniger  toört* 
lic^  ber  anbere.  3m  9«n^  ^6en  fie  ftcfy  barauf  befc^ränft,  ^ie  unb  ba  eine  Sinie  anberd 
ju  jieben,  eine  Unebenheit  ^u   glätten,   »ur  Überlüinbung  ber  bon  allen  Seiten  $erem* 

86  brec^enben  ©(fytoterigfeiten  einen  neuen  2lnlauf  ju  nehmen,  neue  ©ntoürfe  jurüdjutoeifen. 
(Sin  reifes  3Wafe  bon  ßrfinbung^gabe,  ein  gröfjereS  bon  ©c^arffmn  ift  ^ier  aufgetpenbet, 
oft  genug  bie  ©op^iftif  ju  $ilfe  gerufen  —  unb  boefy  gab  e^  noc^  am  ©djluffe  be« 
SJlittelalterö  fo  mand^e  ^rage,  in  betreff  beren  feine  (Sinftimmigfeit  ergielt  h>ar,  ober  bie 
überhaupt  feine  befriebtgenbe  2lnth)ort   gefunben   tyatte,  unb  me^r  al^  einen  ungeloften 

40  ffliberfjjrud^. 

6«  bebarf  ^ier  nid^t  erft  eine^  2lufriffe«  ber  oft  bargefteHten  fd^olajtif^en  X^eorie 
bom  21.  SRur  barauf  fei  Ijingetoiefen,  bafe  fie  jurücfgreift  auf  eine  bebenflufce  @rfc^emung 
au«  /#ber  3eit  beö  SSerfaH«  bc«  S3ufeh)e?en«  unb  Seräu&crlictyung  berfelben"  in  ben  Zagen 
ber  3)lerobinger  (f.  über  biefc  ^infdjiuö  a.  a.  D.  IV,  827),   auf  bie  bei   ber  8u|e  ge* 

45  ftatteteStellbertretung  gegen  Sejablung,  tote  überhaupt  erft  je^t—in  ber2#eorie  — 
ber  ©cbanfe  ber  Slebcmtion  unb  Äommutation  bei  ben  21.  eine  Mode  ju  fielen  beginnt 
3n  ben  Kommentaren  jum  Sombarben  fyabcn  ba^er  bie  21.  i^re  ©teile  gefunben  Hb.  IV, 
dist.  XX,  too  ber  3Kagifter  feinen  ©a$:  „Quod  morientibus  non  sit  imponenda 
satisfactio"  buxd)  ein  Gitot  au«  bem   fog.  Poenitentiale  Theodori  begrünbet,  in  bem 

60  c$  fyeifct,  bag  bei  ben  ©terbenben  „cum  amicorum  orationibus  et  eleemosynarum 
largitionibus  pondus  poenitentiae  (est)  sublevandum".  2ln  biefe«  Sitat  (ba«  übrigen« 
auefy  fd^on  2llejanbcr  bon  §ale«  in  feine*  Summa  an$iefyt,  IV.  Qu.  83  Membr.  I  Art.  I) 
fnüpft  ftd)  nämlic^  bie  Karbinalfrage,  bon  ber  no^  $etru«  Sombarbu«  nic^t«  getouft 
l;atte :  „An  unus  pro  alio  possit  satisfacere"  (bgl.  au^er  2llejanber  bon  &aleS  g.  SB. 

66  Sonabentura  unb  2tyoma«  bon  2lquino).  Unb  bie  $tage  toirb  —  toir  brauchen  und  ^tcr 
nur  an  2llejanber  bon  §ale«  ^\x  galten  (Membr.  I,  Art.  I  unb  II)  —  unbebenBty 
bejaht.  6«  fommt  nur  barauf  an,  baf;  ber  ©ünber  ein  sufficiens  pretium  ad  sol- 
vendum  debitum  fyat,  ob  per  se  ipsum  ober  per  suf f ragium  alienum  ift  für  bie  3Bir» 
fung  gleid^giltig.    6«  ift  ein  einfache«  SRed^cnejemJ)eI  bon  debitum  unb  pretium.   Sott 

v*)  erfcfyeint  ^ier  al«  ein  getoiffenfyafter  $anbel«^err,  ber  alle  opera  satisfactoria  mit  unfe^lbam 


dnbulgenjen  83 

6i$er$eit  obtoogt  unb  bufy,  fycx  baS  gcfyulbfonto  ifyreä  Urhebers  tilgenb,  bort  fte  tym  aU 
merita  )u  gute  företbenb,  e$  fei  benn,  bafe  fte  bon  juftänbiger  Seite  jur  Sefettigung  be$ 
Seftg^tö  ehteä  anbeten  beftimmt  fmb.  3)ie  Äontyofttionättyeorie  ift  ^ier  eine  erfolgreiche 
Serfrutbung  eingegangen  mit  ber  altfircfylid^en  SSorftellung  beä  9?erbtenfte3  (bie  übrigens 
in  anberer  SBeife  —  f.  §arna<f,  3)@  III8,  302  —  f$on  lange  in  baä  Sufetoefen  ^inein=  g 
gezielt  ^atte).  ßiernacty  ift  alfo  ber  21.  eine  relaxatio  poenae  auf  ©runb  ber  solutio 
eine*  anberen  (am  ©$luj$  beä  Mittelalters  brüdft  baä  ein  2lblaf$(prebiger  tüte  go^ann 
tom  <ßal(  Dolfetümlic^  au3:  „Indulgentiae  non  sunt  aliud,  quam  sicut  unus  sol- 
veret  cecham  pro  alio  vel  redimeret  alium  de  hospitio",  Celifod.,  Lips.  1515, 
9L  V  6b).  Unb  biefer  anberc  ift  bie  Kirche:  „merita  ecclesiae  satisfaciunt",  unb  fte  10 
entnimmt  fte,  um  bie  3a^un9  &u  Giften,  au$  tyrem  ©$a$e  (»pro  eo  solvendo  de 
ecclesiastico  thesauro")-  auf  biefe  giftion  bon  einem  ber  «ircfye  gehörigen  ©$afce 
(ben  „erogationes  raembrorum  Christi  et  Mariae  de  supererogationibus  meri- 
torum  Christi"  —  Membr.  III)  fa^  fic§  bie  ©cfyolaftif  burefy  bie  5Rottoenbigfeit  geführt, 
bafc  ba$  9le$t,  bem  einen  auf  ©runb  ber  merita  eines  anberen  relaxatio  ju  gemäßen,  13 
auf  bte93if$öfe  unb  lefctlicty  ben  einen  summus  sacerdos  beföränft  bleiben  mufete:  bie 
Sertooltung  ehteä  ber  ganjen  flirre  ge^örenben  ©cfyafceä  lonnte  natürlich  nur  bon  biefer 
3nftan  ausgeben. 

ffiir  $aben  un3  bisher  nur  mit  ber  t^eoretifd^en  Untyrägung  be$  SL  befcfyäfttgt.   SQStc 
ffcHtm  fwfr  nun   bie  ?ßä}>fte  ju  biefem  $unbe  ber  ©cfyolaftif  ?    Gine  auSbrüdflicfye  Slneig*  20 
rantg  beweiben  Don  tyrer  Seite  finben  toir  erft  ettoa  fyunbert  ^afyre  fpäter:  in  Element  VI. 
Bulle  „Unigenitus"  bon  1343  (c.  2  de  poe.  et  re.  in  Extrav.  comm.  V.  9).   §ier 
$  ntyt  nur  bie  bem  SDBefen  be$  neuen  21.  entforectyenbe  gormel  bon  ber   „remissio 
poenae  temporalis  pro  peccatis  debitae"  übernommen,  fonbern  auc§  ber  „infinitus 
thesaurus"  ber  SSerbienfte  Sfyrifti,  ber  ©otteSmutter  unb  aller  (grtoäbltcn,  beffen  SSer*  25 
toalter  ber  %etru$na$folger  ift,  aU  niemals  auSjufcfyötfenbc  Quelle  ber  21.  gefeiert.  älllein 
ju  ®ute  getommen  toar  ben  köpften  ber  neu  entbedfte  ©$a$  längft  —  unb  nid^t  julefct 
in  entern  Segen   bon  Hingenber  SJtünje.    3Rag  auety   fcfyon  ber  ÄreujjugSablaft  in  ben 
lagen  graween)'  III.  einen  ntcfyt  unerheblichen  pefuniären  (Srtrag  abgeworfen  fyaben,  ber 
©tunb  px  bem  SL  aU  einer  finanziellen  ©röfee   ift  boefy  erft   jefct  gelegt  toorben,  jumal,  30 
ba  nunmebr  au$  ber  2eilablaf$  tote   mit   einem  ©daläge   eine   ungeahnte  Scbeutung  ge* 
tootmen  &atte.    2Bte  $0$  toar  boefy  ber  (Srlafj  bon  ein  paar  Sauren,  ja  felbft  bon  etlichen 
Bocken  an  SBert  geftiegen,   toenn   e$  fiety  nic^t  blofe  um  ben  9tacfylaj$  bon  Äircfycnftrafen 
banbelte,  fonbern  um  eine  Slbfiir jung  ber  s#ein  be$  ^gefeuer^ !  33tö  ba^in  toar  ber  ßirc^en= 
ab(a^r  tum  bem  Streujjug^abla^  in  ben  ^intergrunb  gebrängt,  für  bie  Jturie  faum  bon  Se=  35 
lang  getoefen.    SBir  fa^en,  h)ie  fpärlid^   im  ganzen  bie  ^äpfte  t^n  gefpenbet  Ratten:  3"s 
noceni  III.  toä^renb   einer  fectyje^njctyrigen  Regierung   ettua   fünf*  ober  fecfßmal.    !Je$t 
tomte  er  mit  einemmale  eine  gangbare  SiSare.    Unb   bie   ^Jäpfte   lamen  —  nicfyt  ju 
i^rem  Stoben  —  ber  SRacfyfrage  nad^.    3m  5Hegifter  9lif olau^'  IV.  (icfy  greife  biefe«  $on= 
tifUat  beliebig  ^erau«)  finben  toir  für  bie  beiben  erften  Sctfyre  fetner  Stegierung  (1288— -90)  40 
wifcm  400  wtoiDigungen  an  Äirc^en,  Älöfter  unb  §of^itäIcr.    Salb   fmb  bie  21.  eine 
fiebenbe  9tubril  in  ben  lajen  ber  päpftüc^en  ^anjlet. 

111.  Ser  Xbla^  aU  grlafe  Don  ©träfe  unb  ©d^u(b  in  ben  legten 
ja^r^unberten  be«  ^Mittelalters.  —  2Öic  befannt,  bat  ber  ^lenarablafj  ber  Hreu^ 
jöge,  atä  er  nai^  bem  @rlöfd^en  ber  Segeifterung  für  ba«  1)1. 2anb  nid^t  me^r  ben  früberen  45 
Ertrag  abgutoerfen  bermo^te,  in  bem  9ju&dabla&  [f.  b.  31.  Subeljatyr],  ber  ©tiftung  Soni- 
fathtr  VIII.  aud  bem  3«^e  1300,  einen  ©eitenfcfyöpng  getrieben,  toeld^er,  über  ben  alten 
Stamm  ^inau*h)a$fenb,  je  langer  befto  hrirffamer  bem  ©elbbebürfnie  ber  ^ß(u)fte  ent- 
S^enlam,  jumal  feitbem  er  ()uerft  unter  33omfatiu3  IX.,  im  legten  3a^r3c^nt  be3 
14.  ^a^r^unbert«)  a\x&  au^er^alb  9lom$  gewonnen  toerben  tonnte  —  unb  nidjt  nur  jur  00 
3atetnedrömif(^m3ubiläum«,  fonbern  fo  oft  e«  ben  $äpften  beliebte,  biefe  föftlic^e  „Söarc" 
(n  mit  entern  Äarbinal  ju  reben)  in  bie  Sänber  ber  Gfyriftenljeit  ju  Riefen,  allein, 
«e  neue,  ftc^  toefentlic^  bon  bem  alten  ÄreujjugSablafc  unterfd()eibenbe  5orm  ^ex  3-,  tob 
**  »ratfe  getoollt  ^at,  fteBt  ber  ^ubelablaft  nkfy  bar.  3)cr  ledere  foll  „ein  jjäpftltctyeS 
•■ttarrament",  unb  gtoar  baä  „boDIommene",  toeil  „©d^ulb  unb  ©träfe  glei<$mäfjig  m 
©aframent"  getoefen  fein,  „ba$  gnabenreid^e  J)cn>ftlid^e  3[}erföl^nung«faframent  beä 
(Stiften  mit  ©Ott"  (foSratfe  a.  a.  D.  j.  93.  ©.  209.  210.  213.  215.  294.  330). 
btefem  HRhJberftänbnte  SratleS  lag  eine  richtige  SKa^rnebmung  in  betreff  beä 
tx$  5L  im  au«ge$enben  Mittelalter  ju  ©runbe,  eine  äüafyrnetymung,  bie  er  guerft 
ben  Steueren)  gemalt  ^at,  unb  jn?ar  cinjig  unb  aQctit  geftüjt  auf  geunffe  (grörte«  1» 


84  dttbitlgettjttt 

rungen  bon  jüngeren  ©d&olaftifern  unb  bancben  auf  ein  fyöctyft  bürftige^  Urfunbenmaterial, 
otyneßenntm«  ber©efc$K&tc  be«  ablafeinftitute«  felbft,  hrie  fte  bon  berSRttte  be«  13.3a$r* 
fyunbert«  bi«  $um2lnfang  be«  16.  Verlaufen  ift.  2luf  (entere  ift  erftßea  unb,  unabhängig 
bon  tym,  ber  SSerfaffer  biefe«  Slrtifel«  aufmerffam  geworben.    @«  lann  fyeute  al«  ertoiejen 

6  gelten,  bafe  e«  norf)  ju  einer  brüten  gorm  be«  Sßlenarablaf  f e^  gefommen  ift,  ber 
indulgentia  apoena  et  a  culpa,  unb  bafe  biefer  21.  in  ben  beiben  legten  3a$r$unber* 
ten  be«  ^Mittelalter«  eine  gang  ^erborragenbe  SRotte  gefielt  tyat.  $nbem  bie  )>roteftanttf($e 
gforföung  tyren  Slidf  ftarr  auf  bie  S^eoric  bom  9L  gerietet  tyielt,  bie  in  ber  Sfyrt 
ijentt  im   toef entließen   biefelbc   ift  toie  im   13.  3atyrtyunbert,  unb  aKe«  toaä  mit  üyt 

lonicfyt  übereinftimmte  al«  9Kifebrau$  ber  Sßrarj«  beurteilte,  ift  \fyc  biefe  neue  2Banbelung 
be«  ^nftitute«  bi«  in  bie  jüngfte  3^t  entgangen.  2Bie  e«  gu  tyr  gelommen,  ift  fcute 
freiließ  noety  bunfel.  9tur  Vermutungen  barüber  laffen  fidj  auffteuen,  für  beren  83e* 
grünbung  e«  fyter  an  $la$  mangeln  toürbe:  bie  grage  mufe  einer  eigenen  Untersuchung 
borbetyalten  bleiben. 

16  SBerfcn  toir  gunäcfyft  einen  93lidf  auf  ba«  erfte  SSorfommen  be«  X.  a  poena  et  a 
culpa  unb  auf  feine  Verbreitung,  ©cfyon  um  bie  SJlitte  be«  13.  Sa^rtyunbert«  nwfc 
toorauf  eine  fixere  ©pur  beutet,  bie  ben  Äreujfatyrern  gehörte  indulgentia  omnium 
delictorum  in  tociten  Äreijen  bon  ben  ©laubigen  aufgefaßt  fein  al«  liberatio  (ober  ab- 
solutio) a  poena  et  a  culpa  (f.  be«  3)omimfaner«  3^oma«  bon  6$anttmpr6  fi>äteften« 

30  1258  begonnene«  unb  fpäteften«  1263  bollenbete«  2Ber!  „Bonum  universale  de  api- 
bus"  II,  2).  @«  ^at  bafyer  nickte  auffallenbe«,  bafe  hrir  einige  S^e^nte  f)>äter  au^ 
ben  angeblich  bon  öonoriu«  III.  im  3afce  1216  bem  &l.gftan$  bon  Styftft  für  bie  Stinte 
S.  Maria  de  Angelis  (ober  de  Portiuncula)  betoißigten  Sßlenarablafe,  indulgentia 
omnium  peccatorum,  al«  indulgentia  ab  omni   culpa  et  poena   bejeic^net   finben 

26  (f.  über  ben  $ortiunculas2lblafe  bie  neueren  gorföungen  bon  Sßaul  ©abatier:  „Un  nou- 
veau  chapitre  de  la  vie  de  S.  Frangois",  *jkri«  1896,  ferner  „fitude  critique  sur 
la  concession  de  Pindulgence  de  la  Portioncule  ou  pardon  d'Assise"  m  ber 
Revue  historique  T.  LXII,  1896,  ©.  282—318,  unb  bie  neuefte,  au«fü$rfi($e  Unter* 
fucfyung  in  ber  Umleitung  ©abatier«  ju  feiner  jüngften  Duettenj)ubU!ation :   „Fr.  Fran- 

30  cisci  Bartholi  de  Assisio  Tractatus  de  indulgentia  S.  Mariae  de  Portiuncula11, 
$ari«  1900.  Db  man,  toa«  mir  Ijöctyft  atoetfefyaft,  mit  ©abatier  bie  @#t$eit  ber  8e* 
toiUigung  ßonoriu«'  111.  behaupten  barf  ober  nicfyt,  ift  für  bie  tyier  aBein  in  93ctra$t 
fommenbe  Sßertung  be«  $orttuncula*2lblaffe«  glcidjgiltig).  ©o  nennt  tyn,  ettoa  um  1279, 
ber  befannte  grami«faner  $etru«  gofyanni«  DKbt   in  einer  leiber  nur  al«  ©ruc^ftücf  auf 

36  un«  gefommenen  Slb^anblung  (bgl.  „Fr.  Petri  Joannis  Olivi  Quaestio  hueusque  in- 
edita  de  indulgentia  Portiunculae",  ©.  3  be$  ©eparatbrutfe«  am  ben  „Acta  Or- 
dinis  Minorum"  An.  XIV  fasc.  VII  [Quaracchi  1895]).  S)ie  absolutio  a  poena 
et  a  culpa  erfcfyeint  auc^  in  ben  ft>äteren  amtlid^en  6r(affen  gtoeier  Sifc^öfe  bon  Äfjifi, 
^eobalb«,  ettoa  au«  ben  Sauren  1310—20,  unb  Äonrab«,  au«  bem  3a#re  1335  (f.  bie 

40  2Utenftü<fe  bei  ©abatier  in  ber  ertoäfynten  (Einleitung  p.  LXXVIIsqq.  unb  XCsqq.) 
al«  ba«  ©pcjififctye  be«  $ortiuncuIa-3lbIaffe«.  §n  biefer  feiner  (Sigenart  (beren  ftc^  Da» 
mal«  auberläffig  fonft  fein  einziger  Äircfyenablafc  rühmen  burfte)  ^at  er  ftc^er  balb  na<^ 
3)tittc  be«  13.  gafytyunbert«  in  ben  Äreifen  ber  ©})iritualen  ftd^  be«  afler^öd^ften  Slnfe^en« 
erfreut.    ©«  ift  ba^er  bielletc^t  lein  3ufa^/  toenn  ^er  «P«  vty%  *>tx  au«brüdli(^  in  ehw 

•i-">  ScUrilligung  bon  stUcnarabIa^  bie  absolutio  a  culpa  et  poena  aufnahm,  niemanb 
anber«  getoefen  ift  al«  $etcr  bon  SWurr^one,  ßöleftin  V.,  beffen  Sanierungen  ju  ben  ©}>U 
rttualcn  befannt  ünb  (bgl.  SM*  IV,  202).  @$  toar  bie  ©enebiftinerfiretye  S.  Maria  de 
Collemadio  $u  Slquila,  toelc^er  ber  5ßaj)ft  für  ben  3ja&re3ta8  *>w  ®nt^auj)tung  ^o^annc« 
be«  Säufer«  (29.  2luguft),  ben  Sag  feiner  Ärönung  in  biefem  ©ottc«^aufe,  am  29.  ©ej>* 

r>o  tember  1294  biefen  21.  gehörte.  (So  ift  ba«  l^erbienft  Sca'«  111,  63,  auf  biefe  Urtunbe 
bei  Raynald.  1294  n.  13  =  Potth.  11,  1919  n.  23981  aufmerffam  gemacht  ju  fcaben; 
jüngft  ift  fte  nad)  bem  norf)  fyeutc  im  ©tabtard^ib  gu  Slquila  beftnblic^en  Original  bon 
©abatier  abgebrudft,  Fr.  Bartholi  Tractatus,  Introduct.  p.  CLXXXII.) 

3Kan  fönnte  fiefy  ju  ber  Meinung  berfud^t  füllen,  biefer  päpftlic&e  81.  bon  @^uQ)  unb 

65  ©träfe  fei  al«  folier  junäcfyft  eine  bercinjelte  (Srfd^einung.  3)enn  ßöleftin«  9tac^f olger  9onu 
fattu«  VIII.  fyat  ftc^  beeilt,  i^n  al«  feelengefäfyrltcfy  ^u  toiberrufen,  nic^t  einmal,  fonbern  toieber* 
r)oIt  („credens  forsan  animarum  saluti  consulere,  per  quod  ad  delinquen- 
dum  laxandi  habenas  occasio  potius  praebebatur,  quasdam  in  ecele- 
sia  vestra  indulgentias  statuit,  ut  qui  certis  temporibus  ad  ecclesiam  ipsam  acce- 

go  derent,  forent  a  culpa  et  poena  delictorum  suorum  omnium  absoluti",  fogt  er 


3fttbit(gettjttt  85 

tom  Sölefhn  in  bcr  crftcn  SReDofation  Dom  18.  Sluguft  1295,  f.  „Les  Registres  de 
Boniface  VIII,  publikes  par  Digard,  Faucon  et  Thomas"  [=  ,Bibliothfcque  des 
ficoies  Francaises  d'Athfcnes  et  de  Rome',  IV,  $ari«  1884],  ©.  274 f.;  Dgl. 
6. 286  f.  609  f.).  Snbeffen,  e«  fragt  fid)  bo<&:  &at  Vonifatiu«  VIII.  ftd)  mit  biefer3urücfc 
nannte  al«  (Segner  be«  31.  Don  ©träfe  unb©<$ulb  überhaupt  au«toeifen  tooffenV  ober  fyat  6 
er  nur  bie  (Srteilung  eine«  folgen  31.  an  eine  £ird)e  al«  eine  gratia  perpetua  für  Der* 
berblicty  gegolten  V  3)afc  er  feinen  eigenen  31.  Don  1300  —  trofc  ber  bofftönenben  Ve= 
jettfcmmg  beweiben  („non  solum  plenam,  sed  largiorem,  immo  plenissimam  ora- 
nium  peccatorum  veniam")  —  nur  ol«  ©traferlafj  fyat  Derftanben  toiffen  tootlcn, 
bafür  f$eint  bie  2^atfad)e  gu  ft>red)en,  bafe  ber  tym  nafyeftefyenbe  Äarbinal  ^o^anne«  10 
3Rona$i  in  feiner  ©loffe  ju  bem  3>ubtläum«ablaf$  biefe«  Zapfte«  (c.  1  de  poe.  et  re. 
in  Extra v.  comm.  V.  9)  $u  „peccatorum"  anmerft:  „id  est  poenarum  pro  pecca- 
üs  debitamm".  Slttein  berfelbe  ©loffator  (übrigen«  Don  ßöleftm  V.  jum  Äarbinal  er* 
toben,  geft  1313  —  f.  $.  3R.  Vaumgarten,  Unterfud)ungen  unb  Urlunben  über  bie 
Camera  Gollegii  Cardinalium  für  bie  £eit  1295—1437,  Seidig  1898,  ©.  276)  er*  15 
Bort  gleufyoofyl  Don  biefem  3jubiläum«ablaf$,  bafe  „per  istam  indulgentiam,  quae 
rere poenitentibus et confessis conceditur,  duplex  indulgentia,  eulpae  vi- 
delicet  et  poenae,  habetur"  (in  ber  Don  fto^onne« ßfyajtyui«  beforgten  Slulgabe  ber 
Extravagantes  communes,  *ßari«,  2tyielman  ÄerDer,  1505,  951.  54b;  Dgl.  and}  VI.  55b 
bte  SBenbung:  „ista  indulgentia,  per  quam  fit  totalis  eulpae  remissio  et  totius20 
poenae").  &ie  „8o«ft>red)ung  a  poena  et  culpa"  begegnet  un«  and)  in  ber  berühmten 
Sefatole  (Semen«'  V.  Don  1312  (c.  2  de  poe.  et  re.  in  Clem.  V.  9)  —  unb  $toar 
al*  ein  Sificf  be«  betrügeriföen  treiben«  ber  SlblafcQuäftoren,  gegen  toeld)e«  ftd)  biefer 
Srfafe  be*  allgemeinen  Äonjtl«  DonVienne  rietet.  Slber  ba«  Slftenftüdf  läfet  unentfd)ieben, 
ob  jene  2o*ft>red)ung  al«  an  jtd)  Dertoerfltd)  fyingeftefft  toerben  foH,  ober  ob  fte  nur  al«  26 
(ine  Xmtdüberf^reitung  ber  Sfolafjberfünbiger  getabelt  toirb.  Severe«,  fd)on  an  ftd)  ba« 
tt$tföemlu$ere,  tyit  offenbar  ber  grofee  Äanonift  Johann  Slnbreac  angenommen,  toenn  er 
in  feiner  bem  3afyre  1326  angetyörenben  6Iementinens©Ioffe  ju  ben  SBorten  „a  poena 
et  a  culpa"  bemerft,  e«  fei  ba«  jene  plenissima  peccatorum  remissio,  toeld)e  ben 
Ärmjfa^rem  getoatyrt  toerbe  (Constitutiones  Clementis  Papae  Quinti  una  cum  ap-  ao 
ptratu  domini  Joannis  Andreeju  ber  angeführten  ©teile).  Rugleid^  fyabm  toir  fyier 
einen  neuen  Setoei*  für  bie  toeüe  Verbreitung  ber  un«  fyier  befd)äftigenben  Sluffaffung 
be*  ftreuj|ug«ablaf[e«,  mit  bem,  hrie  toir  Don  3°^-  9Konad)i  lernten,  ber  3iubelablaf$  *>°n 
Infang  an  DöJRg  gletdfoeftellt  tourbe.  ftür  jene  toeüe  Verbreitung  fj)rid)t  aud)  ber  Um* 
ffamb,  bafe  fä)on  je|t  aud)  bie  ©d)olaftiI  beginnt,  ftd)  mit  ber  gftage  nad)  ber  Berechtigung  35 
bei  3L  Don  ©träfe  unb  ©$ulb  gu  befc^öfttgen. 

Übrigen«  &at  bie  Äurie  jene«  SSerbtft  33onifatiu$'  VIII.  über  ben  31.  GöleftinS  V. 
ttk^  auf  bie  Stauer  aufregt  erhalten.  @«  ift  zufällig  eine  Urfunbe  auf  un«  gefommen, 
m  todtyx  Snnocenj  VI.,  eine  Verfügung  feine«  Vorgänger«  6Iemen«,  VI.  $ur  3lu«fü^rung 
kingenb,  einem  9enebi!tiner4tIofter  bei  Neapel  ben  St.  Don  S.  Maria  de  Collemadio  40 

btoqmla  Derleü>t,  1.  Dezember  1353;  Urban  VI.  lie^  1384  biefe  Urfunbe  neu  au«* 
im  (f.  %  9R.  Saumgarten,  „Un  perdono  ad  instar  del  perdono  di  Aquila"  in 
ber  Rassegna  Abbruzzese  di  storia  ed  arte  1, 1,  Lanciano  1897,  ©.  59  ff.).  Den* 
fdtat  91.  nafym  auA  Sonifatiu«  IX.  toieber  auf  (jtoei  VetoiQigunaen  für  ^öln  Don  1393 
i  bei  (Ennen,  Duellen  p  ©e{ä)id;te  ber  ©tabt  Äöln  VI,  191  ff.).  $iefer  s^ft,  ber  45 
fe«$  fein  freigebige«  ©galten  mit  Slblafjgnaben,  Dielme^r  burd)  ben  fd)am(ofen  §anbel 
mit  ü>nen,  toie  befannt,  alle  feine  Vorgänger  überbot,  pflegte  aud)  ben  *Portiuncula*3lblafe 
PL  gelieren  (fo  g.  V.  einer  Äölner  Ätrd&e  1394,  einer  Sübecfer  1400),  be«gleid)en  ben 
w«w|cn#'  31.  Don  ©.  9Jtarco  gu  Venebig  (3.  V.  Äöln  1394,  Sübecf  1395).  Von  biefen 
beben  SMäffen  Derfe^lt  eine  gleid))eitige  Äölner  3luf)eid)nung  nid)t  ux  bemerlen,  ba^  e«  60 
SMäfee  ffa  poena  et  a  culpa"  feien  (f.  (Snnen  VI,  314),  toie  aud)  ber  SWat  Don  Sübedf, 
auf  eine  SCnfraae  fyin,  Don  bem  3)ogen  Don  Venebig  (1396)  barüber  belehrt  tourbe,  bafe 
tar  betreffenbe  ».  Don  ©.  9Karco  „indulgentia  tarn  eulpae  quam  poenae"  fei  (Ur= 
hrabenbueb  ber  ©tabt  Sübedf  IV,  7 19  f.).  —  Slud)  vivae  vocis  oraculo  erteilten  bie 
fopße  gelegentltt^  ben  „31.  Don  ©träfe  unb  ©$ulb".  ©0  Slle^anber  V.  1409  auf  bem  55 
ÄCTtul  ui  $ifa,  9?ilolau«  V.  1452  bei  ©elegen^eit  ber  Äaiferfrönung  ^riebric^«  III. 
(i  Srieger  ©.  48.  51).  ®ie  üppige  Verja^toenbung,  mit  toeld;er  bie  legten  ^äpfte,  be- 
Wer*  cmd?  3o&ann  XXIII.,  biefe  „DoDiommencn  Slbläffe  Don  ©träfe  unb  ©ä)ulb"  Der= 
Wen  fptten,  rief  auf  bem  Äonftanger  Äongil  ben  Verfud)  l^erDor,  bem  Untoefen  ju  fteuern. 
&xi)  erregten  bie  ©Vnobalen  nid)t  me^r,  a(«  baf;  üßartin  V.  in  feiner  SKeformafte  Dom  eo 


*6  3«kalgttjiai 

Januar  1118  eine  beftimmte  Älaffe  biefer  Ä.  hriberrief,  nämlich  bie  einzelnen*  Drten  ni= 
gatanbenen:  indulgentias,  „quae  dieuntur  depoenaet  culpa  sive  de  plena 
remissione,  eoncessas  locis"  (f. Srieger 5. 4  8 jf .).  £er  un$  $icr  begegnenbe ©praefc 
gebrauch  ber  Äurie,  biefe  gän^Itck  ^bentift^ierung  bon  „^lenarablafe"   unb  „©traf*  unb 

s  3<hulb=2U>IaB",  toar  ntdjjt  neu:  toir  ftnben  iJbn  fd^on  in  amtlichen (Sriaffen  Sonifatiuä*  IX.: 
rpa  poena  et  culpa  vel  plena  indulgentia  omnium peccatorum" (f. Sricger 
3. 12.  47  f.).  üRit  gutem  ©runbe  bat  baljer  ber  Äanonift  $otyum  bon  Smola  (gefL  1436)  ge* 
urteilt :  „quod  ubi  fit  plenissima  remissio  omnium  peccatorum,  intelligitur  facta 
a  poena  et  a  culpa  ...  et  si,  quando  conceditur  plenissima  remissio,  adjici- 

lu  tur  ,a  poena  et  a  culpa',  videtur  adjeeta  in  superabundantem  cautelam"  (f.  bie 
Summa  Rosella  bes  Baptista  de  Salis  s.  v.  „ind."). 

Xaß  bei  biejem  treiben  ber  fturie  au*  ba£  SSolf  balb  bie  91.  bon  Strafe  unb 
Schult)  t>on  ben  gehenließen  9.  $u  unterfdSeiben  toufcte,  tft  fdbjrberftänblt$.  Sic  toir 
in  itaüenifcben  Gbroniten  fd)on  in  ber  erften  §älfte  beä  14. 3<u)rf;unbeit«  bie  indulgenza 

iadi  pena  e  di  colpa  ftnben,  fo  im  15.  ^obrbunbert  niety  fetten  aud)  in  bcutfd)en  — 
mag  es  flct)  nun  um  Subelabläffe  ßanbeln,  toie  biejenigen  be$  Safelcr  Äonjtte  (14-36), 
Mfolaus'  V.  Ü451),  ^nnocen*'  VIII.  (1489),  ober  um  bie  Ärro»uggaMäffe Galirtu**  111. 
(1458;,  $ius'  II.  (1461),  kernte  11.  (1468),  ober  um  ben  3or^mteraMafc  bon  1481, 
ade  toerben  gleußmäfeig  gerühmt  aU  „@nabe  unb  Äblaf;  bon  $ein  unb  ©dbulb" 

uo  (einige  Selege  bei  ©rieger  S.  38  f.).  Unb  ba$  nämlicr/e  läfct  jtd)  au$  für  bie3eit  gutfcrf 
nad)toeifen.  £afür  tann  neben  anberen  fein  geringerer  afö  3ofcrm  ^e^el  al*  Setoei* 
gelten.  21U  im  3abre  1516  .§erjog  ©eorg  bon  Saufen  für  feine  Sieblingefctjötfung 
St.  ännaberg  bie  „römif(r)e  ©nabe",  ben  „Subileus",  auätoirfen  tooJtte,  liefe  er  ftd)  bon 
„$ater  lefcer  eine  „^nftruftion"  für  bie  an  ben  tyäp\t  ju  rid)tenbe  »ittförift  auffefcen 

26  (f.  biefelbe  35t©  XII,  543  ff.).  ßier  Wßflt  lefcel  bor,  ber  #enog  folle  forbern,  bafe 
biejenigen,  toeldje  bie  2lnnaberger  ftird)e  an  beftimmten  Jagen  Wfucßten  unb  für  ü)ren 
Sau  ©elbfpenben  beitrügen,  „plenissiraam  omnium  peccatorum  suorum,  de  qui- 
bus  corde  vere  contriti  et  confessi  fuerint,  poenae  et  eulpae  remissionem 
et  indulgentiam"  erlangten. 

so  2lngefid)t$  berartiger  3eugniffe  bon  ber  aSerbreitung  ber  S.  bon  Strafe  unb  ©<$ulb 
berührt  e$  fonberbar,  toenn  ein  ^topfit  be*  18.  3cü)r$unbertö,  ber  gelehrte  Senebiftu«  XIV., 
alle  21.  biefer  3trt  für  f;öcf;ft  berbäct/tig  erflärt  tyti,  \a  toenn  man  iux$  im  19.  3a$r$un* 
bat  bas  „a  culpa"  $u  einem  Äennjetcfyen  ber  Üned)u)eit  ber  21.  gemalt  r)at  3jjr>ar 
hatte  fefcon  Seilarmin  unb   nod)  entfd)iebener  ber  3efuit  ©uarej  ba$  tt^äcMicfclBor* 

36  lommen  biefer  21.  anerfannt.  35o$  tyd  man  fie  bis  in  bie  neuefte  $t\t  nact)  SlwglidUeit 
ju  bertufer^en  gefugt  (f.  Srieger  6.  42)  —  toa«  nact)  ben  oben  ertoä&nten  proteftam 
tifd>en  Slrbcttcn  bon  1896  unb  1897  ein  bergeblid&e*  beginnen  fein  hnirbe. 

2i5ir  begreifen  btefe  2lbneigung  gegen  bie  Ibatfacfye  unb  haben  ein  ©efütjl  für  bad 
s^einlic^e,  ba$  in  i^r  liegt.  Sc^on  rein  gefcfyidjtlicr}  betrautet,  mufe  und  ja  biefe  @rfd>etnung 

io  befremben.  £ie  erfte  SBanbelung,  n>e!cf>c  ber  21.  burtbgemac^t  fyat,  feine  21u«ber)nung  bon 
bem  9lad^Ia^  ber  Äirc^enftrafen  auf  ben  (Srlafc  ber  jeitlicr)en  ©ünbenftrafen  be«  3)te«fettd 
tüic  be^  Senfeite,  toie  gewaltig  unb  folgenreich  fte  auet)  {ein  mod)te,  l^it  bod)  infofern 
nic^td  auffaDenbe«,  ald  bie9fotur  bed  21.,  afe  einer S3efeitigung  bon  Sünbenftrafen,  ba* 
burd;  nic^t  geänbert  tourbc.    %*bt  bagegen  toirb   er  auf  ein  gang   neue*,   ic^n   frembed 

45  ©cbiet  ^inübergefrielt,  inbem  er  ftd^  nic^t  nur  auf  bie  ©träfe,  fonbern  au^  auf  bie  @$ulb 
begießen  foDte.  ©pract;  benn  ba«  nicht  aller  Dogmatil  §o^nV  §atten  benn  nid)t  bie 
grofjcn  ©c^olafttfer  au^na^m^Io«  nur  bon  ©rraferlafe  getoufet,  mit  ftärffter  8etKmmti)eit 
bie  remissio  eulpae  aU  bie  HorauSfefcung  für  ben  gtnpfang  ber2lbläffe  r)ingefteBtV 
©etoi^  e«  \vax  feine  leiste  2tufgabe,  bie  ben  fräteren  6cr)oIaftifern  unb  nid)t  mmber  ben 

&u  Männern  be«  praftifchen  flircf;enbicnfte$  ertouA«,  ftcf)  mit  biefer  neuen  gorm  ber  indul- 
gentia plenaria  audemanber  ju  fe^cn.  ©rHctrKci)  genug,  bafi  man  bad  in  fetyr  berfd)te* 
bener  SMcije  getF^an  bat. 

1.  £ie  ßinen  toötten  überhaupt  nic^tö  bon  biefem2l.  toiffen,  fei  e$  baft  fte  mef^r  ober 
minber  beftimmt  i^n  alö  $rarj«  ber  Äird^e  (toir  toiffen,   mit  toeld&cm  9lca)te)  in  SftrÄe 

55  ftetten,  fei  eö  bafe  fie  auf  bie  ftrage,  ob  er  firctylidjer  SJrauc^  ober  nur  3Rifibrau<f/  ifl, 
nic^t  einten.  2)aö  erfterc  t^ut  mit  (Sntfc^icba^cit  glcid)  ber  erfte  Sd^olaftifer,  berm.3B. 
ftc^  mit  t&m  befd^äftigt,  ber  ?Jrangi«faner  granci^cuö  SJtaroniS  (geft.  1327):  „nunquam 
talis  indulgentia  emanavit  a  curia,  nee  sie  debet  doceri"  fagt  er  in  feinem  Äom* 
mentar   ju    ben  Sentenzen   (In   IV.  Sentent.,    Dist.   XIX   Qu.  3,   Venetiis    1507, 

oüSBI.  34 b);  in  einer  eigenen  2(bfyanMung  „de  ind."  Icjen  toir:  „ecclesia  nunquam  uti- 


3nbnlgettjttt  87 

tur  illa  forma"  —  „nulla  potest  esse  indulgentia  data  a  poena  et  a  culpa,  quia 
sicut  poenitentia  directe  respicit    culpam,    ita   indulgentia   adaequate   respicit 
poenam"  —  „per illud sacramentum  deoreconciliamuret poenam accipimus, 
et  per illud  benef icium  j a m  deo  reconciliati  poenam  diminuimus  et  totaliter 
evacuamus"  (Sermones,  Basil.  1498,  931.  95 a).     ätynltcty  tyxxty  ficfy  ein  ^a^unbert  ö 
foater  ber  SBicner  Geologe  SRifofauS  Don  3)infetebül)l  (geft.  1433)  auä:   „nee  .  .  un- 
quam  utitur  tali  forma  [ecclesia]"   (Slu^üge  au$   feiner  no$   ungebrueften  ©cfyrift 
„de  ind."  bei  »ratfe  ©.  156  ff.).    Sorftd&tiger  äufjert  ft$  1451  ber  ßarbinal  9ttfolau$ 
bim  Sticä:  „sedes  apostolica  sub  hiis  verbis  ,a  poena  et  a  culpa'   indulgentias 
nunquam  dare  consuevit"  (Chronicon  Windeshem.,  ©efc^icfytsqueffcn  berlßrobinj  10 
Qadftai  XIX,  338).    3)er  3)ominifaner  SßetruS  §ieremiac  bon  Palermo   erflärt  einfach : 
„Valet  .  .  indulgentia  ad  remissionem  poenae,  non  autem  eulpae,  et  ideo  ab- 
usiva  locutio  est  dicentium,    quod  haec  vel  illa  indulgentia  remittit  poenam 
et  culpam"  (Sermones,  s.  I.  1514,  331.  96 b).    3lo$   fürjer  fagt  ^o&ann  bon  2luer* 
ba$:    „male   dicitur  quis  absolvi  a  poena   et  a  culpa"    (Summa  Magistri  Jo-  iö 
hannis  de   aurbach,  Vicarii  Bambergensis,  2lugäburg  1469,  in  bem  Säbfcfynitt  de 
poenit.  <ßunft  3).    Sür  folfc^   ober  bodj  gtoeibeutig   erflärt  and)  Sßenbelin  ©teinbaety, 
\odtyct  ben  großen  ©entenjenfommentar  ©abriel  93tefä  ju  @nbe  führte,  biefen   „modus 
loquendi  plebeorum"  („Oabrielis  Byel  Supplementum",  $ari$  1521,  Dist.  45  Qu.  3 
art.  I,  »L  212  \  213*).    2.  äfobere  begießen  ben  (Srlafj  ber  ©$ulb  auf  bie  peccata  2o 
▼eniaMa.    3.  äBieberum  anbere  greifen  in  ityrer  93erfegenj?eit  $u  ber  2lu3funft,  bie  $ormel 
tooOe  nickte  anbereä  als  einen  bottfommenen  ©traferlag  auSfagen,  fo  bafj  ba$  „a  poena 
et  a  culpa"  gleicfcbebeutenb  fei  mit  „a  poena  eulpae  debita".    4.  3)ie  Weiften  Reifen 
fk^  mit  ber  Untertreibung  beffen,  toaS  ber  21.  eigentlich  ift,  unb  toaä  fiefy,  ftreng  genommen, 
nur  mittelbar  bon  ifym  aufjagen  lägt,    #äufig  ftofjen  hrir  babei  augleicfy  auf  bie  Neigung,  25 
bie  ©a$c  fo  banuftetten,  aU  tyanble  e$  fic^  $ier  überhaupt  nur  um   eine  bolfMmlicfc 
Segnung  be3  ».  (bgl.  fetyon  oben  SBenbelin  ©teinbadj).    £ier  Reifet  e$:  „locutio  talis 
proprie  non  est  vera"  (SlntoninuS  bon  Jlorenj),  „proprie  loquendo"  giebt  e$  biefen 
a.  nu$t  (9HloL  SBewel),  „simpliciter  et  directe"  bejiefyt  er  fiefy  nic^t  auf  bie  ©c^ulb 
Qofyarai  ©erfon);   ift  bon  ber  (enteren  bie  Siebe,  fo   gilt  ba£  nur  improprie  CJo^.  be  so 
loriniemaba);  man  rnufe  tyier  „indulgentia"  berfte^en  „in  significatione  non  con- 
traeta"  föatob  bon  ^fiterbod).  Ober  man  getyt  no$  einen  ©cfyritt  toeiter  unb  fagt  ge* 
tabeju:  „indulgentia  dupliciter  aeeipitur:  uno  modo  stricte  et  proprie  .  .,  alio 
modo  eapitur  large"  ßotyann  bon  $al$).    3)abei  unternehmen   e$  aber  faft  alle  bie 
Benannten,  au$  bem  Weiteren  ©ebraucfye  bon  indulgentia  einen  bernünftigen  ©inn  ab*  35 
jugctoiimen,  ja  ba*  Stecht  bleiben  gu  erhärten.    9Son  ben  (Srflärungen,  auf  bie  toir  ba 
jtojjen,  ftü$t  fö  bie  am  tyäufigften  borfommenbe  auf  eine  richtige,  aber  nid&t  bollftänbige 
Sa^rne^mung.  @S  ift  nämlic^  einer  Steige  bon  Geologen  nicfyt  entgangen,  bafi  ber  $apft 
bei  biefer  Strt  bon  remissio  plenaria  aufeer  bem  bouen  Straferlaß  jugleicfy   eine  2M* 
ma$t  in  Setreff  ba  faframentalen  Stbfolutton  erteilt,  bie  äMmacfyt,   auefy  bon  ben  u)m  40 
ferbe^abenen  gätten  [toenn  au(^  nietyt  immer  allen,  fo  bod^  ben  meiftenj   Io^ufj)re(^en. 
Sh  Wcfcn  Umftanb  tntij)ft  j.  ».  9H!olau^  2Betgel  (1441)  feine  (SrHärung  an  (neben 
fechtet   feine  ^altlofe  Unterfcpeibung   )toifc$en   „indulgentia  a  poena  et  a  culpa" 
«b  „absolutio  a  poena  et  a  culpa"  mrf)t  in^  ®e\v\d)t  fättt;  f.  3fXt)  1899,  ©.  748). 
$e*glet<$cn  bie  aliqui,  auf  toelc^e  Slorquemaba   ftd^   bqiefyt:   biefe  tooSten  ben  Slblafe  45 
t  poena  et  a  culpa  mit  bem  #mtoei$  auf  bie  2^atfacfye  begrünben,  ba|   „in   forma 
tndulgentiae  plenariae  communiter  datur  facultas,  ut  poenitens  indulgentiam 
fuseepturus  possit  eligere  idoneum  confessorem,  qui  absolvat  eum   ab  Omni- 
bus peccatis,  ita  quod  non  oporteat  eum  recurreread  curiam,  si  habet  casum 
papalem . .,  itaut  dicatur  indulgentia  a  culpa  ratione  facultatis  datae  eligendo  50 
eonfessori  absolvendi  ab  omnibus,  etiam  in  casibus  reservatis"  (Joh.  de  Tur- 
reeremata,   Commentaria   super  traetatu  de  poenit.,    Lugduni  1519,  ÖL  41 b). 
Diefe  anficht   tyxt  j.  9.  auc^  ©eiler  bon  5taifer^berg   auf  ber  Ran^l  bertreten,  u.  a.  in 
eiwr  $rebigt,  bie  er  iu  Strasburg  im  ©ommer  1502  gehalten   ^at,  ^u   einer  $tit,  too 
tm  grofee  ptyftLvfyt  Xblaftfommiffar,  ber  ßarbinal  geraubt,  bafelbft  ba£  Subildum  feilbot :  66 
„Aber  toa£  ift  boßfommer  abla^  bon  pein  unb  f^ulb'^    3cf)  arf>t,  bafe  man  e^  berfton 
mbdft  alfo:  ablafe  ber  ptin  ba$  ift  ber^e^^ung  ber  pein,   ablafe  ber  fd^ulb   ba^  ift  ein 
ffm|a  getpalt  ju  abfolbiren  ober  geabfolbirt  ju  toerben  bon  allen  funben,  bie  fc^on  ber 
Wft  fd6er  tpn  borbeMten  ^at"  (f.  Srieger  ©.  78  f.). 

^nbeffen,  biefer  $infrei$  auf  bie  9(bfolution^geh)alt  in  Setreff  ber  casus  reservati  00 


88  3ttbitl0cti}ett 

(bie  unter  Umftänbcn  fclbftberftänblicty  bon  befonberem  SBerte  toar)  beeft  niefct  bat  gamen 
Ifyatbeftanb  auf.  Wlxt  ber  ©rteilung  jener  Vollmachten  §aben  nämltc^  bie  Sßäpfte  bic 
<S]penbungbeS93uf$fa!ramente$  überhaupt  in  bie  §anb  genommm  unb  biefe  ©ienbung 
felbft  mit  ber  (Srteilung  be3  $lenarablaffe$  $u  einer  ßanblung  jufammengefcfytoffen:   in 

6  ber  ganjen  (^riften^eit,  überaß  too  btefer  gnabenreietye  Sollablajj  (ber  „grofee"  91.)  gu  ge* 
binnen  toar,  ba  tourbe  jefct  ba3  ©aframent  ber  93ufje  in  ityrem  auftrage  unb  Don  bin 
bon  itynen,  fei  e$  bireft  afe  päpftlicfye Sßönitentiare  aufgehellten,  fei  e$  (fo  für  ben^aO  ber 
Ablaßbriefe)  mit  befonberen  gaiultäten  tote  überhaupt  mit  IgurUbtlttonSgeto  alt 
ausgestatteten  93ei$tbätern  erteilt  (toomit  bie  SBerbrängung  ber  georbneten  ©eelforge  aetoaltig 

10  f  ortfdjritt).  Db  ber  einzelne,  ber  biefen  31.  getoinnen  toollte,  nur  ba  Abfolution  fcpledj^in 
beburfte  ober  baneben  ber  £o£fprec$ung  in  borbebaltenen  gäKen,  ba$  machte  in  Segug 
auf  ba«  ©aframent  f eiber  leinen  Unterfcfyieb:  er  empfing  e$  in  bem  einen  Rolle  gcrabefo 
gut  im  Auftrage  be$  Zapfte«  tote  in  bem  anberen.  S)er  Erfurter  SRatS&err  ©artung  Garn* 
mermeifter  erjä^lt  un$  als  Augenzeuge  bonüRifolauS  bonßueS,  toelctyer  1451  SRilolauS' V. 

16  „gulbm  jar",  „bie  gnabe,  borgebunge  bon  p$n  unb  fcfyult",  na<£  (Srfurt  braute,  ber  Aar* 
binal  tyabc  bafelbft  „ertoelt  unbe  gefaxt  XII  treffliche  biestiger,  bty  bb  lute  biegte 
boren  füllen  .  .  .,  unb  unbir  ben  gab  er  VI  b^  macfyt  über  bty  grobtn  ftuefe,  bty  an 
bebtyftlicfyen  mad^t  geboren,  icu  abfolbiren;  ben  anbern  fedfain  gab  er  alle  anbere 
funbe  ju  abfolbiren"    (3)ie  ßtyronif  §art.  ©ammermeifterS,  bearbeitet  bon  Stob.  9tei$e  = 

20  ©ef$ic#t$queUen  ber  $robim  ©ad&fen  S3b  XXXV,  §aOe  1896,  ©.  130).  3*effenber 
als  bie  bisher  erörterte  Sruärung  ift  ba^er  bieienige  beS  3a!ob  bon  Igüterbotf,  bie 
nichts  bon  einer  @infc$ränfung  ber  päpftlicfyen  feoumacfyt  auf  bie  casus  reservat! 
toeife  (biefer  Äart^äufermöncfy  ift  freiließ  —  toaS  überhaupt  c^aralterifttfö  —  fetner 
©a$e  infofern  nid^t  getoift,  als  er,  toaS  toir  au$  fonft  gelegentlich  beobachten  tonnen, 

25  mehrere  Söfungen  beS  Problem«  *ur  AuStoafyl  bietet,  nämlicfc  neben  ber  fogleicfc 
mitjutcilenben  bie  oben  unter  2  angeführte):  „Ita  quod,  ut  ego  intelligo,  in  illo 
(SBoldj  falfcfy:  ullojloco,  ubi  talis  praedicatur  indulgentia  [sc.  ,a  culpa  et  poena",], 
ibi  [2B.:  ubi]  est  auetoritas  audiendi  confessiones  quorumeunque  ibi  pie  ve- 
nientium  auetoritate  sedis  apostolicae  et  eosdem  absolvendi,  et  ideo   sie  con- 

so  fessi  et  contriti  merentur  indulgentiam  a  culpa  et  ex  consequenti,  visitantes 
illum  locum  vel  facientes  hoc  opus  pro  quo  data  est  indulgentia,  merentur 
tantam,  quanta  data  est"  („Tractatus  de  ind.,"  bermutlic^  bon  1451,  bei  Walch, 
Monimenta  medii  aevi  II,  2,  247,  bgl.  auety  ©.248  unten).  (Sbenfo  jutreffenb,  nur 
noefy  flarer,  ^at  ber  belannte  Ablaforebiger  3<>^ann  bon  Sßalfc,  SuttyerS  DrbenSgenoffe, 

35  ben  Ityatbeftanb  toiebergegeben  (in  feiner  Celifodina  bon  1502  unb  beren  Supplemen- 
tum  bon  1504;  id&  citiere  beibe  nai)  bem  Seidiger  S)rudt  bon  1515/16).  $al$  fyük 
im  Dienfte  beS  ÄarbinalS  Sßeraubi  baS  Jubiläum  AlqranberS  VI.  ju  bertünben  unb  be* 
fd^äftigt  fiefy  ba^er  foegiell  mit  biefergorm  be^  %  6r  lonftatiert  gunäc^ft,  inbem  er  eine 
Folgerung  au^  be^  $ranc.  SWaronte  Definition  be«  Ä.  gietyt:  „quod  virtute  indulgen- 

40  tiae  proprie  loquendo  nemo  absolvitur  a  poena  et  culpa,  sed  solum  a  poena ; 
sed  per  sacramentum  poenitentiae  fit  absolutio  solum  a  culpa".  Allein,  un* 
mittelbar  barauf  mad^t  er  ft$  ben  Sintourf:  „Tarnen  communiter  dicitur,  quod  in 
jubileo  absolvitur  quis  a  poena  et  ä  culpa.11  Unb  feine  Anttoort:  „verum  est, 
quiaJubileus  plus  est  quam  nuda  indulgentia,  quia  includit  auetoritatem  con- 

45  fitendi  et  absolvendi  et  cum  hoc  indulgentiam  remittendi  poenam,  et  sie  in- 
cludit sacramentum  poenitentiae  et  cum  hoc  indulgentiam  pro- 
prie dietam.  Pro  clariori  intellectu  praecedentium  advertendum,  quod  in- 
dulgentia dupliciter  aeeipitur :  uno  modo  proprie  pro  nuda  remissione  poenae, 
et   sie  non  extendit  se  ad  eulpae  remissionem;    alio  modo  capitur  large  pro 

50  Jubileo  vel  pro  littera  includente  Jubileum,  et  tunc  extendit  se  ad 
eulpae  et  poenae  remissionem.  Quia  communiter,  quando  Papa  dat  Jubileum, 
non  dat  nudam  indulgentiam,  sed  dat  etiam  auetoritatem  confitendi  et  ab- 
solvendi ab  omnibus  peccatis.  Et  sie  culpa  remittitur  ratione  sacramenti 
poenitentiae,   quod    ibi   introducitur,  et    poena   ratione  indulgentiae, 

56quae  ibi  exercetur"  (Celif.  831  X  laf.  »gl.  baju  951.  Aa  4a,  über  bie  gubiläumfe 
ablafjbriefc,  unb  bie  mit  ber  mitgeteilten  faft  gletfylautenbe  Ausführung  in  bem  Sup- 
plem.  951.  a  4a). 

3n  ber  Sö&at  ^aben  bie  ^ätfte  bei  biefer  Art  be$  ^IcnarablaffeS  ba«  »ufefaframent 
leineätoegä  umgangen,  bielmcbr   eö  in  biefen  A.  fclber  hineingezogen,   ^mn  baä  ift  e«, 

eo  toa«  biefe  britte  $orm  beS  A.  f enn jeicfynet :  er  toar  bie  SSerfnüpfung  jtoeier  heterogener 


dttbttlgciijett  89 

Singe,  bcS  alten,  nur  auf  (Srlaft  ber  &eitlic§en  ©trafen  fyinauSlaufcnbcn  SlbiaffeS  unb  bc$ 
(ünbenttlgenben  SufefaframenteS. 

3Bo  immer  bie  Sßäpfte  biefen  21.  foenbeten,  ba  fafjen  bie  bon  tynen  aufgehellten  $önU 
tentiare  $ur  Seilte.    SBBic  toir  jte  f$on  bei  bem  3u&üämn  bon  1300  finben  (f.  bie  Ur* 
hmbe  »omfattu*'  VIII.   in  ber  Max.  Bibl.  patr.  Lugd.  XXV,  944),   fo   au$  no$  6 
bei   jenem   bem  Snbifctyof  Sllbred&t  bon  9Jfagbeburg  unb  SKaing   gehörten  ^ubelablafj, 
toddjer  2ut^er  auf  ben  $lan  rief.     „Hi  confessores  poenitentiarii  sunt  et  possunt 
sicut  summi  poenitentiarii  StiPetri.  Deus  et  S.  Petrus  vocant  vos!"  ruft  2efcel 
an£  (ÄaW>,  ©cgouplaft  ©.  44).   Sin  biefe  mit  ber  2luSteiiung  ber  Slblafegnaben  betrauten 
Seicht  ig  er  tytitt  fiep  baSÜBolf  ju  balten:  bon  tynen  empfing  e$,  toaä  e$  $um  §eil  ber  10 
Seele  beburfte:   SoSforectyung   \>on  ber  ©ünbenfcfyuib  unb  SoSferecfyung  bon  ben  ©trafen 
beä  gegefeuerS:    beibeS  flofi  in   eine    einzige  §anblung   gufammen.    3)a£   geigen  jd&on 
bie  bei  biefer  ©elegen^eit  jur  2lntoenbung   gefommenen  2lbfolution3formcin.    3)te  ältefte, 
bie  i$   angufufyren  bermag,   gehört  bem  bon  Urban  VI.    für  ben  Äampf  toiber  feinen 
Nebenbuhler  OemenS  VII.  betoittigten  2lblafi  an,    toelcfyer  ben  $roteft  SBiclifS  gegen  bie  is 
„Stadp^emie  ber  indulgentia  a  poena  et  a  culpa"  fyerborgerufen  fjat  (f.  Sßiclifä  „Cru- 
ciata"  in  feinen  „Satein.  ©treitfepriften",  herausgegeben  bon  93ubbenfieg,  ©.  592  f.).  3n 
biefer  Sftfolutioneformel  erfolgt  guerft  bie  £o£fpre$ung  bon  allen  Sünben  unb  fobann  @r- 
talung   boMommenen  2lblaffe3:   „Auctoritate  apostolica   mihi   in  hac  parte  com- 
missa  te  ab  omnibus  peccatis  tuis,  ore  confessis  et  corde  contritis,  .  .  absol-  30 
vimus  et  plenariam  tuorum  peceätorum  remissionem  indulgemus"  (f.  Thomas 
Waisin gh am,  Historia  Anglicana,  ed.  Riley,  II,   Sonbon  1864,   ©.  79  f.).    3)iefe3 
tappelte  ift  ou$  nod&  ber  Äern  in  ben  SlbfolutionSformeln  ju  Slnfang   be$   16.  Safe 
bwtbertS,   nur  bafe  injtoifcfyen  (neben  berfd&iebenen  3)i$t>enfationen)  noety  bie  SoSforet^ung 
öcn  Äirt&enftrafen  (Genfuren)  ^injugetommen  toar,    fo  bafj  regelmäßig   ein  breifa<fye$  ber=  26 
eint   auftrat:  absolutio  canonica  —  absolutio  sacramentalis  —Befreiung  bonStro* 
fw.  £e$tere$  jefct  fcäufig  in  ber  gaffung :  „conferendo  tibi  plenariam  omnium  peceä- 
torum remissionem,  remittendo  tibi  poenas  purgatorii",  ober  auefy :  „remittendo  tibi 
per  plenariam  indulgentiam  omnem  poenam  in  purgatorio  .  .,    ita  quod   tibi 
deoedenti   clausae  sint  portae  poenarum  et  sint  apertae  januae  paradisi  deli-  ao 
cMurum"  (bgL  J.  8.    bie  „forma  absolutionis  et  plenissimae  remissionis"   in  ben 
Arisamenta  Arcimboldi,  Rapp,  9lactylefe  III,  212  f.,   unb   bie  „forma  absolutionis 
universalis"  in  ber  Instructio  Summaria  be$  Srjbifd&of  ällbre^t,  jtoft),  Sammlung 
5.  175  f.).    30$  fürjefte  unb   boefy  alle«  9tottoenbige  enttyaltenbe  „absolutio  plenariae 
remissionis''   fölägt  ^o^ann  bon  $alj  gelegentlich    bor :    „Dominus   noster  Jesus  85 
Christus  te  absolvat,  et  ego  absolvo  te  auetoritate  mihi  commissa  in  hac  parte 
a  censuris  ecclesiasticis  et  a  peccatis  tuis  et  concedo  tibi  plenariam  remissio- 
nem", inbem  er  )u  bem  britten  ©tücfe:  „concedo"  w.  bemerlt:  „quod  tantum  valet : 
absolvo  te  ab  omni  poena  pro  peccatis  debita",    unb  ju  ber  ganjen  $ormel  er* 
läutcmb    ^mgufügt:   „Fit    itaque   absolutio   atribus,    seil,    a  culpa   et  a  40 
poena  in  foro  ecclesiae  et  a  poena  in  foro  dei"  (Celif.  931.  2la  2b). 

$en  fcöc&ften  ©rab  bon  3)eutli$leit  erreichte  biefeä  ^nftitut  beä  SlblaffeS  bon  ©träfe 
unb  ©c^ulb  in  ben  furj  bor  SutyerS  auftreten  erfdjienenen  ^nftrultionen  für  ben  älblafe 
tertrieb   in  3)eutf(^lanb.    @d  ftnb   bie  beiben  bereite  genannten  bed  @rgbif$ofs  2Ilbred>t 
unb  be«  ^füic^en  3?untiu$  arcimbolbi  ff.  b.  31. 93b  I  ©.  793,  ff.],  toeld&e  Iefetere  bie  ©runb*  46 
läge  für  bie  elftere  bilbet  (Stepp,  9ta$lefe  III,  182  ff.,  ©ammlung  ©.  143  ff.).  §ier  toerben 
bie  bier  „^au^tgnaben",   bie  ber  $aj)ft   getoä^rt,   aufgeführt:    „quattuor    principales 
gratiae  per  bullam  apostolicam  concessae",    bon  benen  übrigen^  eine  jebe  für  fiefy 
o^e  bie  anberen  erlangt  toerben  fonnte.    9JämIic^  neben  bem  2lblaf|brief  („confessionale 
plennm  mazimis  et  relevantissimis  et  prius  inauditis  facultatibus"),    nAtn  ber  go 
„partieipatio  omnium  bonorum  ecclesiae  universalis",    neben   bem  DoQEommenen 
mofa  f&r  bie  ©eden  im  gegefeuer  („liberatio  defunetorum  a  poenis  purgatorii"), 
bte  an  jtoeiter  btö  bierter ©teDe  genannt  toerben,  an  erfter©telle©ünbenbergebung 
»nb  Straferlaß:    „Prima  gratia  est  plenaria  remissio   omnium   peceätorum, 
qua  quidem  gratia  nihil  majus  dici  potest,   eo  quod  homo  peccator  et  di-  55 
▼iaa  gratia  privatus  per  illam  perfeetam  remissionem  et  dei  gratiam 
denuo  oonsequitur,    per  quam  etiam  peceätorum  remissionem    sibi  p  o  e  n  a  e 
in  purgatorio  propter  offensam  divinae  Majestatis  luendae  plenissime  re- 
mittuntur   atque  dicti  purgatorii  poenae  omnino  delentur"  (fo  bie  Raffung 
«  berJÄain^er  gnpniWon;  biefe  unb  bie  Slrcimbolbte  gegenübergeftellt  bei  93rieger  ©.  62).  60 


90  ^nbttlgettjett 

3)af$  ^tcr  plenaria  omnium  peccatorum  remissio  ni$t@rlafe  ber  Sünbcn  [trafen 
ift,  loirb  mit  einer  jebe  9Röglid)feit  beä  gtoeifefö  fluSfcfyliefjenben  Klarheit  gum  SluSbrucf 
gebraut,  inbem  1.  biefe  gratia  als  justificans  betrieben  hrirb  (bgl  fiutfycr,  ber  in 
{einen  Resolut.  SB.  31.  I,  590  au  biefen  äBorten  bemerlt:  „quod  nisi  de  justificante 

6  gratia  Spiritus  intelligi  non  potest" ;  Slrcimbolbt  ft>rid)t  bon  ber  restitutio  ad 
gratiam),  unb  inbem  2.  ber  (Srlafj  ber  gegefeuerftrafen  auSbrücflid)  als  ein  befonbcreS 
©tücf  fyerborgefyoben  toirb. 

SDiefer  Slblafe  ift  bie  SBerfö&nung  mit  ©Ott! 

Unb  teineStoegS  fyaben  toir  c$  fyier  mit  bem  Übereifer  ober  9Wi&berftanb  untergeorfc 

io  neter  Organe  ber  Äurie  *u  tyun.  3Bir  beftfcen  Süllen  Don  $äj>ften  beS  auSgefcnben 
Mittelalter«  ($aute  IL,  ©i^tuS'  IV.,  SllejanberS  VI.),  toeldfo  obtoo^l  fte  bic  gormd 
a  poena  et  a  culpa  nid)t  gebrauten,  gleid)toofyl  ifyren  ^ubelabtaf;  ate  „baä  $afyc 
ber  Serfö^nung  beS  9Renfd&engefcfyled)te$  mit  ©ott"  feiern :  „annus  plenariae  remis- 
sionis  et  gratiae  et  reconciliationis  humani  generis  nostro  piissimo  redemtori" 

16  (f.  Srieger  ©.  53).  — 

2Bar  ber  31.  als  9ta$laf*  ber  ©attefaftionen,  fd)on  Dom  ©tanbjmnft  beS  mitteCatter* 
liefen  GtyriftentumS  au«  betrautet,  eine  Ironie  auf  ben  Sufiernft,  eine  grämte  für  bie 
bequemen,  faulen,  „fc^läfrigen"  Stiften,  für  „bie  Slrmen  unb  Settier  ber  ÄirAe",  ein 
©eligfeüSmtttel,  auf  baS  bie  „SSoHIommenen",  bie  „^eiligen"  nur  mit  einer  getroffen  38er* 

ao  ad)tunfc  tyerabblicfen  tonnten  (bgl.  baä  ftolje  SBort  beS  9Jlönd)eS:  „religiosorum  non 
est  mendicare  indulgentias,  sed  cumulare")  —  fo  enthüllt  er  fid)  boc$  erft  in 
biefem  feinem  legten  mittelalterlichen  (SnthricfelungSftabium  in  feiner  ganjen  fyeillofen  SSer» 
tüorfen^eit :  baä  #eiligfte,  bie  ©nabe  ©otteS,  toar  tyier  in  ein  „sacrum  negotium"  ber* 
floaten,  beffen  borne^mfte  SCrieblraft  baS  ©elb  bilbete! 

26  ßrft  bon  tyier  atö  berftefyt  man  böttig,  toaS  Sutljer  gu^ft  )u  feinem  SBiberftmid) 
getrieben  fyat,  bie  SBafyrnetymung,  „quod  credunt  infelices  animae,  si  literas  indul- 
gentiarum  redemerint,  quod  securi  sint  de  salute  sua,  item  ,  .  quod  homo 
per  istas  indulgentias  über  sit  ab  omni  poena  et  culpa1'  (Sutyer  an  Srjbifd)of 
Sllbred&t   b.  31.  Oft.  1517,  (SnberS,  2uü;er$  33rieffoed)fel  I,  115).    Stur  bafc  ber   treue 

so  ©otyn  ber  #ird)e,  ber  boll  !inblid)er  93erefyrung  ju  bem  ^ßa^fte  aufblidte,  für  einen  StaS- 
ft>ud)3  ber  Sßrarte  fyielt,  toaS  nicfyt  otyne  ©cfyulb  ber  Sßctyfte  na  einem  feftgertmnelten  Rtu)* 
liefen  ^nftitut  ftd)  tyerauSgetoacfyfen  fyattt,  unb  f o  feft  überzeugt  toar,  im  Sinne  oeS  $apfte3 
$u  ^anbeln,  toenn  er  e$  unternahm,  ben  31.  auf  feine  er  fte  gform  jurücfnifiüjren,  bie 
relaxatio  poenae  canonice  impositae  (f.  bie  liefen  5.  20.  34). 

86  9Jtit  biefer  ßurüdffüfyrung  auf  fein  urfiirüngltcfyeS  ©ebiet  belämpfte  Suttyer  no$  einen 
anberen  SluShmdpS  beS  mittelalterlichen  SIblaffeS,  bie  SluSbe^nung  beSfelben  über  ben  9e* 
reid)  berSebenben  fyinauS,  tocld)e  bie*ßäj>fte  erft  furj  bor  SuttyerS  @infpruc^  legalifiert  unb 
für  ftä)  auszubeuten  begonnen  Ratten.  3Rtt  bem  31.  für  SJerftorbene  ftmrbe  eine  neue  unb 
überaus  reic^lic^  flie^enbe  ©tnna^mequette  eröffnet. 

40  IV.  (Sine  neue  ginanjquelle:  ber  Slblafj  für  iUrftorbene.  ($ier  ift  be* 
fonberS  auf  2ea  III,  296—371  &u  bertoeifen;  baneben  auf  bie  neuefte  Unterfuc^ung 
bicfeS  ©egenftanbeS  oon  9lic.  ^auluS,  /;3)er  Slblafe  für  bie  SBerftorbenen  am  SluSgange 
be$  aKittelalterS",  3fS^  1900,  ©.  1—36  unb  249—266).  —  $ie  ÜRoaHä)!cit,  ben 
31.  bon  ben  „viatores"  auf  bie  ©eelen   im  gegefeuer  au^ube^nen,   febien  m  bemfelben 

45  Slugenblidf  gegeben  ju  fein,   too  feine  Äraft  t>on  ber  Tilgung  ber  Äircbenjirafen  hinüber» 

Sriff  auf  bie  93efeittgung  ber  bon  ©ott  beringten  jeitlid^en  ©trafen  ber  ©ünbe.  Unb 
ei  bem  felbftoerftänbltd^en  Seftreben,  ben  im  SäuterungSfeuer  gepeinigten  in  jeber  nur 
benlbaren  SBeife  ju  §ilfe  gu  fommen,  ^at  ber  ©ebanle,  bieS  au^  mittete  ber  Slblaffe  gu 
t^un,    frü^geitig  —  fd&on   in  ber  erften  £älfte  beS   13.  3<*Ww^e^tö  —  ta*  SS°ß  ** 

60  toegt,  bie  ©ele^rten  befc^äfttgt.  SBufete "  ba$  erftere  bon  leinen  ©c^toierigteiten,  toeu^e 
ber  @rfüllung  feines  Verlangens  ftd)  Ratten  entgegenftellen  lönnen,  fo  lonnten  fu^  biefe  ber 
2Biffenfd)aft  freiließ  nid^t  berbergen ;  unb  bei  ber  ©röfee  berfelben  Serben  toir  e«  begreif* 
lic^  finben,  h>enn  3ö^r^nberte  ^inburc^  biefe  ^rage  eine  entgegengefefcte  Seanttoortung 
fanb.  ©c^on  bei  Slleranber  bon  $alcS  fe^en  toir  bie  3)iSfuffton  in  bollern  ©ange.   äBerat 

65  er  ftc^  bafür  entfd&eibet,  ba^  ber  $a})ft  fraft  feiner  potestas  clavium  ben  in  caritate 
Slbgefc^icbencn  31.  gu  erteilen  bermag,  fo  urteilt  er  boc^,  bafj  ^ier  ein  fonft  bei  ber  Sud* 
Übung  ber  ©c^lüffelgcn>alt  borfommenbeS  3Komcnt,  nämlid)  bie  judiciaria  absolutio, 
fefylt,  unb  tütll  bic  relaxatio  fid&  nur  boH^en  laffen  „per  modum  suf fragii  sive 
impetracionis".  3)ie2öirfung  biefer Slbläffc  foD  bamit  freiließ  niefct  ingrage  geftedt 

oo  fein :    benn   „suffragia   ecclesiae  valent  Ulis  qui  sunt  in  purgatorio,    alioquin 


•Sfttbitlgettjcn  91 

frustra  oraret  ecclesia  pro  mortuis;  sed  indulgentiac  sunt  de  nobilissimis 
suffragiis  et  efficacissimis"  (In  IV.  Sent.  Qu.  83  Membr.  V).  2ln  $ale3  fd)loft 
fid)  fem  DrbenSgenoffe  Sonabentura  an,  fofern  aud)  er  urteilt:  „Quantum  ad  autori- 
tatem  judicandi,  cum  illi  jam  exierunt  forum  ecclesiae  et  ecclesiae  Judicium, 
videtur  quod  eis  non  possit  fieri  absolutio  nisi  per  modum  deprecationis" ;  6 
allein,  toie  fd)on  baä  „videtur"  anbeutet,  ift  er  {einer  ufteinung  in  Seireff  be$  modus 
ber  3uh>enbung  bod)  nietyt  aanj  getoifj,  unb  er  ertlärt  überbied  auSbrtidflid),  ber  Annahme 
einer  judiciaria  potestas  oe$  SPapfteS  nid^t  hriberfbrectyen  }u  tooUen  (In  IV.  Sentent., 
Dist.  20  P.  II  Art.  I  Qu.  5).  9Hit  ben  gran*i$fanern  ftimmten  2llbert  b.  ©r.  unb 
H?otna$  in  ber  Seja^ung  ber  gragc  überein.  (Srfterer  befd)ränft  ft$  auf  ba$  Urteil:  10 
„(indulgentiae)  existentibus  in  purgatorio  prosunt  multum",  ofyne  ftd)  über  bie 
Sfa  ber  ©ntoirfung  ui  äufeern  (In  IV.  Sent.,  Dist.  20,  Art.  18  Qu.  3).  Stomas 
bon  äquino  be^au^tet  baäfelbe  mit  ber  Segrünbung,  bafe  bod)  and)  bie  ©eelen  im  ftege* 
feuer  „de  foro  ecclesiae"  feien  (In  IV.  Sent.  Dist.  45  Qu.  2  Art.  3).  6ben  lefetereS 
leugnete  ein  tyerborragenber  3e^9enoffe  bw  genannten  ©etyolaftifer  unb  na^m  be^balb  mit  15 
Sntföieben^ett  ben  entgegengefefcten  ©tanfymnft  ein.  ßarbinal  #einrid)  bon  Dftia  in 
fernem  großen  jurifhfd)en  SBerfc,  ber  „Summa  super  titulis  decretalium"  („Summa 
aurea",  Lib.  V  Tit.  de  remission.  §  6  unb  8):  „potestas  clavium  non  exten- 
ditur  ad  tales,  cum  non  sint  de  foro  ecclesiae,  sed  de  foro  dei".  ©leid)  ent* 
Rieben  lautete  (ju  Slnfang  be$  14.  Sa^rfyunbertä)  ber  SBiberforud)  be$  granjtefu$20 
9tanmi£:  „non  prosunt  (indulgentiae)  existentibus  in  alio  mundo,  quia  illi 
sunt  extra  jurisdictionem  ecclesiae" ;  benn  ß^riftuS  fyat  bie  93inbc=  unb  Sofe* 
getollt   nur   super   terram   bedienen:    „poena,    quae  est   eis  limitata   per   su- 

S»riorem   judicem,    non   potest   per  inferiorem  diminui  vel    tolli"  (Sermones 
L  99*.  99b).  25 

9Die  Haltung  be$  fiarbinate  Don  Dftia  £at  befonberä  nad^altig  auf  bie  Äanoniften 
artmrft.  aber  aud)  an  Ideologen,  toeld)e  tym  unb  -Dtoronte  juftimmten,  fyat  &  in  ber 
golgqeit  fetneStoegä  gefehlt.  60  mar  um  bie  ÜKitte  beS  15.  3<^rl?unbert3,  ja  felbft  bei 
Ablauf  be$  britten  SSiertete  beäfelben,  biefer  ^toiefralt  nod)  nid)t  gehoben,  t  toenngleid)  bie 
bem  gegefeuerablafe  günftige  SReinung  attmcü)Yid)  in  ber  2Biffenfd)aft  ba$  Übergewicht  gc*  so 
tooimen  fcatte,  unb  jtoar  mit  jener  Don  SHqranber  bon  §ale«  aufgehellten  9tä^erbeftimmung, 
baji  ber  $apß  per  modum  suffragii  auf  ba$  gegefeuer  einhrirfe  (bgl.  ©iefeler  III,  2, 
354 f.;  SJaulu*  S.  27 f.). 

9?o4  hnmer  aber  toar  e$  biefer  lanbläupgen  ÜKeinung  berfagt,  fieb  auf  bie  Sßrarte 
ber  <ßfyfie  ju  jttu)en.  2)enn  biefe  — -  felbft  bie  ffntyellofeften  —  tyaben  ^afyr^unberte  tyn*  36 
burd)  eine  auffaflenbe  Jfturüdfyaltung  beobachtet.  3toar  fakn  bereits  albert  ber  ©rofee 
unb  3$otna3  bon  Styuino  (a.  a.  D.)  bie  ©rjftenj  bon  päpftlicfyen  Süllen  mit  ftegefeuerablafe 
angenommen,  \a  bei  Stomas  lefen  ftrir  bon  einer  „consuetudo  ecclesiae,  quae  facit 
praedicari  crucem,  ut  aliquis  habeat  indulgentiam  pro  se  et  duobus  yel  tribus 
et  quandoque  decem  animabus  tarn  vivorum  quam  mortuorum".  SlHein  toir  finben  40 
feine  ©pur  Don  folgen  SetoiKigungen  berSPctyfte  unb  toerben  bafyer  §einrid)  bon  Dftia  SRed)t 
0cbcn  muffen,  toenn  er  berartige  SBer^eifjungen  für  eine  getoiffenlofe  läufdjung  berSRenge 
aflarte.  6$  föernt  ftd)  ^ier  ftrirfltd)  um  einen  3Rif$brauä)  ber  Stbla^quaftoren  ^u  fyanbeln,  h>elä)e 
bem  Serlangen  bed  SSoße^  gu  i^rem  eigenen  SSorteil  entgegenfamen.  gür  eine  ettoa«  fpätere 
jjeii  ifl  ba«  ftd)ergefteDt  burd)  bie  bereite  ertoälmte  ßlementine  bon  1312.  3n*>em  ftett 
W  0<8<n  nonnuUi  eleemosynarum  quaestores  toenbet,  toeld)e  simplices  deeipiunt 
et  aurum  subtili  vel  fallaci  potius  ingenio  extorquent,  toirft  fie  i^nen  u.  a.  bor, 
ba^  ft*  r,animas  tres  vel  plures  parentum  vel  amicorum  illorum,  qui  eleemo- 
Bynüs  eis  conferunt,  de  purgatorio,  ut  asserunt  mendaciter,  extrahant  et  ad 
gaudia  paradisi  perducant".  3)a^  biefer  Setrug,  fd)on  burd)  ben,  h?ie  e«  fd)eint,  ftet«  50 
twu^enben  ©lauben  be3  SSolted  ^erauigeforbert,  aud)  fräier  nod)  borgefommen  ift,  berraten 
mannigfa^e  JQagen.  (Sdegentlid)  tyat  er  aud)  an  fyober  Stelle  sJ^ücfba(t  gefunben.  3)a^ 
yüa  bie  betanntc  @d)ilberung  £ietrid)$  bon  9iicbetm  oon  bem  ©ebafyren  be^  Saltbafar 
&fia,  bamateSonifatiud>  IX.  Gamerariu«,  beffen  3lbla^Dberfommiffar  (major  nuncius) 
in  Deutfälanb  bem  Solle  )>rebigen  lie^,  er  fei  befugt,  „etiam  parentum  animas  eo-  55 
rundem  offerendum  ipsis  de  purgatorio  liberare"  (f.  ©iefeler  II,  3,  288).  3lber 
aa$  We  frommen  ©ruber  bon  affift  begünftigten  fd)on  ju  Slnfang  be$  14.  ^^^^unbert^ 
bie  Sorfteöung,  ba|  i^r  9C.  „valet  pro  illis,  qui  sunt  in  purgatorio,  si  devote  et 
fidetiter  itur  ad  indulgentiam,  quia  ejus  gratia  tales,  pro  quibus  itur,  a  poenis 
omnibua  purgatorii  extrahuntur"  (Selege  bafür  in  bem  tttoa  1335  berfa&ten  Straftat  eo 


92  3ftibttlgctt}ett 

bc«  %t.  Jöartyolu«   in    ben  Rap.  21.  24—26.  29.  33).    3Kir  työren  nirgenb«,   bafe  bic 
fircfylicfyen  Oberen  biefem  treiben  entgegengetreten  ftnb. 

2lbcr  9tacfyafymung  bon  ©eiten  ber  ^Säpftc  ^at  e«  erft  in  ber  fetten  $alfte  be« 
15.  Ija^rfyunbert«   gefunben.     SBielleicfyt   ift   al«  etfter    Ijier  GaltjtuS  III.    $u    nennen. 

6  SBenigften«  berftcfyert  bon  tym  (1477/78)  SRaimunb  geraubt,  berfelbe  tyabe  einer  fpaniföen 
Äird^e  älblafe  für  üßerftorbene  getoäfyrt  (bei  Sea  III,  593),  unb  bon  einer  ä^nlu&en  83e* 
Billigung  für  bie  SKinoriten  toeifj  einige  ^atyre  foäter  auety  ber  Sranjtelaner  ©aptijta 
be  ©ali«  ju  ergäben  (Summa  Rosella,  s.  v.  „ind.").  35o<$  bleibt  beibe«  unft$er, 
unb  bo£  gleite  gilt   bon  ber  venia  pro  vita  funetis,   toe($e  ßalijtu«  III.  1457   ber 

10  bem  Äönige  Don  ßaftilien  jugeftanbenen  ßruaata  einberleibt  Ijaben  fotl  (hierauf  $at  ju« 
erft  $aulu«  ©.  249  f.  fyingetoicfen,  ber  biefen  3t.  für  gefctyt<$tlu&  $äü).  3ebenfall«  toaren 
bann  biefe  Setoilligungen  unbemerft  borübergegangen,  unb  ba«  ift  faum  toa$rfd)einlu$  bei 
bem  gewaltigen  2luffefyen,  toeld^e«  bie  erfte  auf  un«  gefommene  Sülle  mit  31.  für  38er« 
ftorbene  tyerborgerufen  fyat,  biejenige  ©ijtu«'  IV.  für  bie  $ßeter«fir(&e  gu  ©ainte«  bom 

16  3.  3(uguft  1476  (abgebrudft  naefy  ?ßaulu«  ©.  250  in  Archives  historiques  de  la  Sain- 
tonge  et  de  l'Aunis,  Tome  X,  Saintes  1862,  p.  56  ff.).  Der  $apft  erflort  in  2Ben* 
bungen,  bie  bon  jefct  ab  ftereotyp  hrieberfetyren,  bafe  er  ben  ©eelen  im  gegefeuer,  toel^e 
per  caritatem  Christo  unitae  bon  Rinnen  gerieben,  ju  §ilfe  lommen  tootte:  „de  divina 
misericordia  confisi  et  de  plenitudine  potestatis  concedimus  pariter  ac 

30  indulgemus",  bafj  93erft>anbte  ober  greunbe  „pro  ipsis  animabus  purgatorio  igni  pro 
expiatione  poenarum  eisdem  seeundum  divinam  justitiam  debitarum  expositis" 
eine  ©elbfoenbe  an  bie  Äirctye  bon  ©ainte«  jaulen,  unb  erflärt:  „volumus  ipsam 
plenariam  remissionem  per  modum  suffragii  ipsis  animabus  purgatorii, 
pro  quibus  dietam  quotam  peeuniae  .  .  persolverint  .  .,   pro   relaxatione 

25  poenarum  valere  et  suffragari"  (na$  einem  ©nblattbrud  auf  ber  Seidiger  Unib.* 
Sibliot&ef ;  bgl.  Sea  III,  585  f.,  *ßaulu«  ©.  250  f.). 

SSiele  in  granfreiefy  toaren  über  biefe«  unerbörte  93orgefyen  be«  fytitftö  erjiaunt,  an* 
bere  fügten  ftag  berieft  bur$  bie  marftfc^reierifdpe  2lrt,  mit  toeld^er  biefer  äblafc  in  gan$ 
granfreiefy  bertrieben  tourbc.    Sefonber«  ärgerlich  toar  bie  SSerfid&erung  ber  SlMaföänbler, 

80  bafe  e«  für  bie  in  biefer  SBeife  unterftüfcten  fortan  leiner  gürbitten  meljr  bebürfe  („non 
esse  ultra  opus  pro  animabus  ipsis  orare  aut  pia  suffragia  facere");  tute  biele 
Äird&en  unb  Älöfter  tourben  boefy  ^ierburcfy  in  tyren  einnahmen  geföäbigt!  6«  galt,  bie 
päbftlicfye  SRac^tboDfornmenbeit  gegen  bie  gtoeifler  unb  Leiber  fidler  ju  ftetten.  3U  biefem 
3*t)edEe   liefe   ber  bon  ©ijtu«  IV.  ernannte  Slblafjfommiffar  Staimunb  $eraubi  (ber  au* 

SB  bem  93i«tum  ©ainte«  ftammte,  geb.  1435)  bon  atoei  framöftfd^en  Geologen,  Sodomie« 
be  gabrica  unb  9ticolau«  Stidjarbi,  $erteibigung«fdpriften  auffefeen,  no$  1476,  beren  toeite 
Verbreitung  burc^  bic  treffe  ^ranlrei^«  (unb  f^äter  aud&  3)eutf(^Ianb«)  bon  bem  um 
gemeinen  ^ntereffe  ^eugt,  ba«  bie^rage  überall  erregte  (ein3lu$&ug  au«  ber  Schrift  gabricaä 
bei  Sea  III,  im  Sln^ang  ©.  586  ff.),    aber  balb  fa^  ftd^  ber  tycfyft  felber  genötigt  ein« 

40  zugreifen.  ÜKan^atte  eine  Erläuterung  ber  bon  i^m  gebrausten  SBenbung  „per  modum 
suffragii",  bie  er  auf  einen  bestimmten  2lnla|  ^in  gegeben,  gröblii  mifeberftanben, 
afe  foDte  fie  befagen,  ber  2lblafi  be«  $a})fte«  fte^e  in  betreff  feiner  SBirlung  auf  bie 
©eelen  im  Fegefeuer  auf  einer  ©tufe  mit  ällmofen  unb  ©ebeten  ber  ©laubigen,  ©o  ^ielt 
e«  Sijtu«IV.  für  nötig,  in  einer  neuen  39ufle,  bom  2  7.9lobembetl47  7  (beiSlmort 

46led.VenetaJ  p.  41 7  f.,  im  2lu«juge  bei  ©iefcler  II,  4,  355  f.,  ber  auc^  fonft  ©.  356—363 
ba«  einjc^Iagenbe  SWaterial  in  ber  §auj)tfad^e  bietet  unb  auefy  jüngft  no^  toieber  ofyic 
3)anf  au«gebeutet  Sorben  ift),  ben  ©inn  be«  „per  modum  suffragii"  ein*  für  allemal 
feftjuftetten.  @in  Vorgang  bon  aufeerorbentlid^er  SBid^tigfeit,  ba  (toa«  man  bi«^er  über» 
f4en  ^at)  bei  biefer  ©elegen^eit  bie  gormel  bon  autoritatiber  ©eite  eine  gänjltd)*  Um* 

so  Prägung  erfahren  fyat.  3^^^  HImofen  unb  ©ebeten  unb  aftrifetyen  ber  „indulgentia 
per  modum  suffragii"  ift  ein  großer  Unterfcfyieb  (longe  distant),  unb  bie  leitete 
U)irb  jc^t  in  folgenber  Söeife  beftimmt :  ber  ^Jo^ft  fommt  traft  feiner  plenitudo  po- 
testatis ben  ©eelen  im  gfc0*fftter  al«  3Serh?aIter  be«  thesaurus  universalis  ecclesiae 
ju  .§ilfe,  unter  ber  Sebingung  jeboeb  (ita  tarnen),  „ut  fideles  ipsi  pro  eisdem  ani- 

65  mabus  suffragium  darent,  quod  ipsae  defunetorum  animae  per  se  nequeant 
adimplere".  f)a«  suffragium,  um  toelcfye«  e«  ftd^  in  ber  gormel  ^anbelt,  ge$t  alfo 
nid^t  bom  ^apfte  au«,  fonbern  bon  ben  ©laubigen,  inbem  biefe  mit  tyrer  ©dbfpenbc 
^ilfreic^  eingreifen,  b.  t}.  fteKbertretenb  ga^len.  3)a«  ift  ber  Unterfd&ieb  biefe«  ^Lblaffe«  für 
Serftorbene  bon  bemjenigen,  ben  ber  ^ajrft  Sebenbcn  getüä^rt,  ba|  bie  ©rfteren  einer  Unter» 

oo  ftü^ung  bon  britter  ©eite  bebürfen,   bie  bei  ben  leiteten  (in  ber  Siegel  toenigften«)  nic^t 


dttbulgtttjett  93 

crforberltdj  ip.    9Ran  ftetyt,  bte  ©cfyranfe,  Welche  feit  bcn  "lagen  be«  2llejanber  bon  §ale$ 
bicfeö  „per  modum  suffragii"   für   bie  pöpftlicfyc  -Dtocfytbollfommentyeit  gebilbet  |atie, 
toor  twe  mit  einem  ©c&lagc  befeitiat.    SBenn  bie  Sorbonne  im  %at)tt  1482  tyre  SSertoer* 
fung  beä  (Don  lefcel  in  feinem  befannten  Steint  hrieberaufgenommenen)  ©afce«:  „Omnis 
anima  existens  in  purgatorio,   ex  justitia  divina  adjudicata  ibidem  stare  pro  5 
quantoeunque  tempore,  immediate  evolat  ad  coelum  sive  immediate  a  poena 
liberatur,  si  quis  vivorum  pro  ea  sex  albos  dederit  per  modum  suffragii"  u.  a. 
mit  ber  Sefyntytung  begrünbete,  er  laffe  ftd&  nicfyt  au«  ber  8ulle  ©irto«'  IV  ableiten  (f.  @ie* 
frier  ©.  362  f.),    fo  tyatte  fte  ba«  Siedet  in  feiner  SBeife  auf  ifyrer  Seite,   hingegen  fte 
an  3a$r  fi>äto  bei  ber  üBerurteilung   cineg  anberen  ©afee«,    ber  an  bie  neue  >Prajt«  10 
Stgtuä'  IV.  angehtüpft  fyatte,  ber  Sefyauptung  be«  granjtefaner«  3°&annc$  ängeli :  „Ani- 
mae  in  purgatorio  existentes  sunt  de  jurisdictione  papae,  et  si  vellet  posset 
totum  purgatorium  evacuare"  (©iefeler  ©.  363  unb  baju  bie  ausführliche  3)arfteHung 
Don  $aul  2)emeulbre,  beren  %\ttl  bereite  anbeutet,  um   toa«  e3  ftety   bei  biefem  ©treite 
bornc^mli$   getyanbelt   f)at :    „Fröre  Jean  Angeli.    fipisode  des  conflits  entre  le  16 
clerg€  s&ulier  et   le  clerge"  regulier  a  Tournai",    Bruxelles  1898  [Extrait  du 
tome  VIIIe,  n°  5,  5me  se>ie,  des  Bulletins   de  la  Commission  royale  d'histoire 
de  Belgique]  p.  40),  infofern  in  tyrem  Siebte  toar,  alz  ber  SPopft  bie  ^urisbiftion  über 
bo«  gegefeuer  ja  nid&t  auäbriuflicfy   in  3lnft)ruc§  genommen   fyatte :    bielleid^t   tyulbigte  er 
ber  I^eorie,  bafc  er  auetoritate  apostolica  bie  Ünglüdflicfyen  erlebige  non  absolvendo,  20 
fonbern  solvendo  de  thesauro.     3)ie  §au£tfacfye   blieb   Don   ber  $rage,    ob   fyier  ein 
3ur»bif  ttonSalt  borliege  ober  nid&t,  unberührt,  nämlic^,  bafc  ber  3lblafc  für  SSerftorbene  a  n 
Sic^er^eit  ber  2Btrfung  hinter  bem  31.  fürSebenbc  nicfyt  jurüdfte^e.  £a«  ift  eS,  toaS 
man  gleicty  bamate  au$  ber  päVftlidjen  Deutung  beä  „per  modum  suffragii"  gefolgert 
unb  gebenb  gemalt  fyat.    9Btr  ftofjen  fyier  junärf)ft  auf  einen  jtoeifelloä  berufenen  3nter*  25 
treten  be3  *Papfte3.  3)er  Slblafcfommiffar  ©irtaS'  IV.,  ber  nachmalige  Äarbinal  SRaimunb 
$eraubi,    ber  bann  nachmals  auefy  in  3)eutfd&lanb  3nnocen}'  VIII.  unb  2Ueranber3  VI. 
$lenarabläffe  für  fiebenbe  unb  2ole  bertrieben  fyat,  giebt  tn  feiner  amtlichen  (Srflärung 
ber  8uHc   für  ©ahtteS  („Summaria   declaratio   bullae   indulgentiarum   ecclesiae 
Xanctonensi  concessarum",   im  2luSjuge  bei  Sea  III,  Sln^ang  ©.  588—596)   ba$  90 
SerftönbniS,  toelc^eS  fein  #err  unb  ©ebieter  mit  bem  „per  modum  suffragii"  toerbun* 
ben  toiffen  tooDte,   mit  ben  SBorten  lieber:  „quia  indulgentiae  dantur  semper  pro 
pia  causa  ...    et  quia  animae  in  purgatorio  non  possunt  aliquid  contribuere, 
ideo  indigent  auxilio  amici,    qui  faciat  illud  pro  quo  data  est  indulgentia  .  . , 
et  hoc  est  per  modum  suffragii",  unb  madjt  bemgemäfe  bemerfliefc,  bafi  ber  86 
„modus  ,per  modum  suffragii'  non  derogat   modo  auetoritatis"  (bgl.  auefy : 
„valde  deeipiuntur  aliqui  credentes,    quod  ,per  modum   suffragii'   aliquid  di- 
minuat  de  indulgentia  plenaria"),    ja,  er  giebt  ju  berfte^en,  bajj   beibe   modi   ftd^ 
(cine^Deg^  auäfölieften  (©.  591). 

2)ie  Srflärung  beä  ^Sa^fte^  fanb  aud^  fonft  hrillige  älnna^me.  40 

Sqei^nenb  ift  ba$  JJer^alten  ©abriel  93iete.  Site  er  in  feiner  „Canonis  missae 
erpositio"  in  Lectio  57  ben  Slblafi  für  58erftorbene  ju  bc^anbeln  ^atte,  tuagte  er  nic^t, 
in  einer  fo  jtoeifelbaften  ©ad^e  eine  (Sntfcfyeibung  ju  treffen.  Slber  faum  toar  i^m  noc^ 
tw  Ebf^lufe  be$  ©rutfe^  1488  bie  Declaratio  Sixti  befannt  geworben,  ate  er  in  einem 
Auftrage  ju  feinem  2Berfe  bie  ^rage  al^  nunmehr  enifcfyieben  ^inftellte,  bie  lorrefte  ©r*  45 
läuterung  be«  „per  modum  suffragii"  gab  unb  jugleic^  ber  2lnficfyt  h)iberfj)rad^,  „quasi 
modus  suffragii  toilat  efficaciam  indulgentiarum"  (bgl.  ©iefeler  ©.  356 f.). 
Senau  bodfelbe  Tonnen  toir  in  ^o^ann  3lltenftaig^  „Vocabularius  Theologie"  (§agenau 
1517)  s.  v.  „ind."  lefen.  ©anj  im  ©inne  feine«  SetyrerS  Siel  §at  fiefy  aud^  SBen* 
bdin  ©teinbad^  in  einer  fefyr  einge^enben  Erörterung  au^gefproc^en  (in  feiner  ^ortfe^ung  60 
bed  ©entenienfommentard  Sietö:  „Gabrielis  Byel  Supplementum",  ^ari«  1521, 
Dist  XV  Qu.  III,  81.  215a):  „illud  dictum  per  modum  suffragii  nihil  diminuit 
de  auetoritate  vel  de  indulgentiis"  ;  ba«  „auetoritative"  unb  ba«  „per  modum 
wffragii"  bilbet,  ftreng  genommen,  feinen  ©egenfa^:  benn  au$  bei  ber  lederen  2lrt 
ba  (Erteilung  tyanbelt  ber  ^Sapft  auetoritative,  de  potestate  plenaria.  2)a«  nämliche  r>r> 
Saftänbni«  be«  „per  modum  suffragii"  unb  bie  3^atfa$e  ber  ungefrfjmälerten  effi- 
eteia  biefer  Art  bon  äbläffen  ^at  auc^>  SBimj)ina  gegen  Sutl^er«  26.  unb  27.  Ifyefe 
flAcnb  gemalt  unb  ftcfc  bemgemäfe  be«  SCe^elfc^en  ©j)ni^e«  bon  bem  flingenben  ©rofd^en 
angenommen  (f.  bie  gtoeite,  au«fü^rlid^ere  I^efenrei^e  2öimpina«  in  feiner  „Anacepha- 
Ueoais",  gwnffurt  a.  D.  1528,  81.  44i>  f.).  «y> 


94  ftttbitlgtttjti!  dngmatt 

3)a£er  ift  ftefcel  jüngft  Don  ultramontaner  ©eitc  o^ne  jeben©runb  getabelt  toorben: 
er  fyabz,  inbem  er  bie  äBirfung  beS  91.  für  33erftorbene  als  eine  unfehlbare  ^inpettte,  „eine  un- 
ftcfyere  ©$ulmeinung  geprebigt"  0ßauluS,  $e$el  ©.161).  3Mcfe  „©c&ulmeinung"  toar  auf  baS 
Älarftc  in  ben  älblafj^nftaif  tionen,  an  toelcfye  3;efcel  gebunben  fear,  gum  SluSbrudf  gebraut,  unb 

5  bie  t>ä>ftli$en  Süllen  bon  ©ijtuS  IV.  ab  bis  gu  Seo  X.  fytn,  roelc^e  ftc  erläutern  tooOtcn, 
berrieten  nid^t  baS  SRinbefte  bon  ber  Unftc&er&eit  ber  SBirtung  (bgl.  Srieger,  2^23  1900 
©£.  115  f.).  3)iefe  Süllen  toufeten  au$  bon  f einerlei  Slnforberung  an  bie  (Srtoerber  btefeS 
älblaffeS  —  abgefetyen  bon  ber  ©elbga^lung.  ©o  lonnte  gleich  Sßeraubi  in  feiner  „De- 
claratio"  fyerborfyeben,    bafc  eS  bei  bem  Ääufer  nicfyt  ber  Seilte  bebürfe,    „sed  dum- 

lotaxat  danda  est  taxa  in  capsam  pro  Ulis  animabus"  (Sealll,  595  f.).  9hi$  bied 
ift  in  bie  Slblafjmftruftionen  übergegangen :  „Nee  opus  est,  quod  contribuentes  pro 
animabus  in  eapsam  sint  corde  contriti  et  ore  confessi"  (f.  bie  „Instractio 
Summaria11  beS  Gr^biföofs  ällbred^t  bei  Rctyp,  ©ammlung  ©.  154).  3lu<fy  biefeS  ift  Don 
äblafcStommiffaren  toie  $al$  unb  £e$elbem  Solle  berfünbet  toorben.  „Dumtnxat  danda  est 

16  taxa"  —  naefter  lonnte  baS  3Rotib  beS  $otenablaffeS,  beS  einträglic^fken  aller  $anbefe 
gefcr)äfte,  nicfyt  enthüllt  toerben.  gür  iebermann  ofyne  Unterfd&ieb  toar  biefe  2Bare  lauf* 
liefy.  £er  berftoeftefte  Sobfünber  tonnte  feinen  93ater,  feine  2Rutter  aus  ben  Dualen  beS 
Fegefeuer«  befreien:  er  jaulte,  baS  Übrige  beforgte  ber^ßapft  mit  feiner  3Kacr/rr)oföommcn= 
fyeit  —  bem  3lufjerften  bon  2lnmafjung,   toaS  jemals  borgetommen  ift  —  „per  modum 

20  suffragii".  2|.  «rieger. 

3nformotttnirojeft  f.  33b  III  ©.  245, 20  ff. 
3fiifralatfari8mttS  f.  ^räbeftination. 
3nful  f.  Äleiber  u.  ^nfignien. 

3fngmatt,  älntero  SBJil^elm,  finnifcfyer  Sibelüberfefcer  unb  83ibelt$eolog.    ©nige 

25  3)aten  aus  feinem  äußeren  Seben  mögen  ertoäfynt  toerben.  @r  tourbc  1819  geboren  unb 
ftarb  1877.  SRacfybem  er  1838  baS  tyeologifcfye  (Sjamen  gemalt  fjattt,  tourbe  er  1845 
orbiniert  unb  arbeitete  nun  einige  3afcrje§nte  als  Sanbpfarrer.  2lu<$  in  ber  ©tittc  beS 
SanblcbenS  trieb  er  fleiftig  t^eologifcfye  ©tubien;  1861  ertoarb  er  baS  t&eologifdje  Softorat 
burefy  eine  Disputation  „Über  ben  biblifcfycn  ©laubenSbegriff " ;  nad)bem  er  in  einer  gtoeiten 

30  Disputation  feine  Slbfyanblung  „Über  baS  SBefen  ber  3Reffianität  im  212;"  berteibigt  $atte, 
tourbe  er  1864  jum  ^rofeffor  ber  ejegetifc^en  Geologie  an  ber  Unibcrfttät  £eljtngforS 
ernannt.  93iS  jefct  gab  cS  nämlicfy  an  ber  genannten  Uniberfttät  nur  eine  ^rofeffur  ber 
ejegetifd^en  Ideologie,  fo  ba&  3n8man  S3orlefungcn  fotoo^l  über  baS  21$  als  über  baS 
31%  ^u  galten  fatte. 

86  Die  Qugenbjeit  SngnwnS  fiel  in  eine  geiftig  fe^r  betoegte  3*U.  ©<^on  brei  Sa^rje^nte 
^atte  ber  neuere  finnige  ^ictiSmuS  als  ein  ftärlenber  unb  belebenber  3Binb  in  ber  ftmriföen 
Äird^e  getoc^t.  Sin  fo  ibeal  angelegter  Sün0^n8/  a^  3n0man  t°axt  lonnte  ni<^t  uns 
berührt  bon  ber  großen  Srtoccfung  fte^en  bleiben.  9Mit  bielen  jüngeren  Pfarrern  tourbe  er 
mächtig  bon  ber  lebenskräftigen  Setoegung  ergriffen  unb  blieb  bann  bem  ^ietiSmuS  treu 

40  bis  $u  feinem  $obe.  2llS  junger  ©eiftlid^er  ^atte  er  ©elegenfycit  in  ber  gamilte  beS  bt* 
rühmten  ^5ietiften^au})teS  %  &.  9MmbergS  ju  too^nen;  in  ifym  glaubte  er  feinen  geiftßc^en 
SSater  unb  Jlatgeber  gefunben  ^u  Ijabcn;  aber  er  tourbe  bitter  getäufd&t.  S)enn  nac^ 
einiger  3C^  bemerfte  er,  bafj  ber  in  ben  Slugen  ber  Partei  ^od^fte^enbe  Setter  ©Rabe 
fold&er  ©ünben  toar,  toobon  er  feine  2tynung  gehabt  ^atte. 

46  3)tc  i)ietiftifc^e  Sctoegung  ftanb  in  nafyer  SSerbinbung  mit  einer  nationalen  Srtoedung. 
S.  Sönnrot  ^atte  1835  unfer  SWationalej)oS  Äalctoala  herausgegeben;  bie  fmnifd&e  Sitte» 
raturgefeKjc^aft,  mit  ber  2lufgabe,  ©Triften  in  unferer  bergeffenen  unb  bei  Seite  ge* 
fc^obenen  Qpxaty  j\u  berbreiten,  toar  geftiftet  toorben.  3)ie  grud^t  blieb  nic^t  auS:  äne 
gro^e  nationale  Segeifterung  ergriff  bie  begebenen  ©c^ic^ten  beS  SJolIeS.  3Ber  gtnnlanb 

60  im  3^re  1900  mit  bem  gmnlanb  bon  1835  berglcictyt,  berfte^t,  toelc^e  grüite  biefe 
Setoegung  gehabt  l)aL  3tatürlic^  fyabcn  and)  anbere  5«ftoren  befrud^tenb  getoirlt,  aber 
bie  Sebeutung  ber  erften  ©rtoectung,  bie  bie  Steigen  beS  33olteS  erft  ertoetft,  lann  faum 
ju  ^oc^  angefc^lagen  toerben.  2lu$  3n9mö"  tourbc  bon  ber  Segeifterung  ergriffen,  för 
bie  SluSbilbung  ber  ©brache  gur  ©d;riftfprad^e  ju  arbeiten,   unb  biefer  feiner  ^ugenbliebe 

66  blieb  er  für  immer  treu. 


3ngman  95 

5Hc  in  fmniföer  ©prad^e  in  ^innlanb  getriebene  Sitteratur  toar  im  Anfang  unb 
mfy  m  ber  SRttte  beS  ^a^unbertS  jum  gröfjten  ^Eeilc  nur  rcligiöfc  Sitteratur.  3)aS 
äufiere  ©ßra$getoanb  toar  äufeerft  mangelhaft.  2öeil  bie  Spraye  ber  ©ebilbeten  Satyr* 
^unberte  lang  fötoebifö  getoefen  tft,  toar  bie  finntjcfye  ©praetye  berfäumt  Sorben.  3n 
ben  tiefen  ©d&ictyten  beS  Solted  lebte  bie  ©praetye  lebenSfräftig  unb  befafe  bie  originale  6 
Straft  einer  9taturft>ractye,  aber  baS  fircfylicfye  ^btom  toar  bon  ©ctytoebiäiSmen  Verunreinigt 
toorben.  Siele  fairen  ein,  bafc  eS  eine  SebenSbebingung  für  unfere  ©prad&e  toar,  bafe  auety 
btefe^  Unfraut  auSgeriffen  toerbe.  Slucfy  3>nBman  tooDte  feine  Strafte  bem  3)ienftc  ber 
fmmföen  Sitteratur  toibmen.  ©eine  erfte  Rtterarifcfye  älrbett  toar  ein  SSerfucty  bie  erften 
ftapttcl  beS  ItyufybibeS  inS  gfinnifctye  )u  überfe|en:  Thucydidis  de  hello  pelopon- 10 
nesiaco  historiae  XIII  prima  capita,  Fennice  reddita,  Helsingforsiae  1841. 
Kit  feinem  Igugenbfreunb  $.  D.  3)ur^man  gab  er  bann  eine  Überfefcung  bon  SuttyerS 
§au3t>oftt0e  tyerauS,  toelctye  in  jtoei  Sänben  1848—1850  ersten. 

3n  ben  barauf  folgenben  %al)ttn  toectyfelte  er  einige  ©treitfetyrtften  mit  %.  @.  #eb* 
berg :   Hedbergske  werklärans   wederläggning   och  Evangelii  försvar  i  grund  15 
af  den   heliga   Skrift    och   vär   kyrkas  symboliska  böcker,  Helsingfors   1850 
unb  Hedbergianismen   skärskädad  enligt   den  heliga   Skrift   och    war  kyrkas 
symboliske  böcker  I,  II,  Helsingfors  1851,  1852.  ßebberg  (bgl.  33b  III  ©.  326, 4 1  ff.) 
fear  catö  ber  pietiftiföen  gartet  ausgetreten   unb  tyalte   eine   ebangelifctye  39etoegung  be* 
grünbet,   toel$e  fpäter  $ebbcrgianiSmuS  genannt  toorben  ift.     Sngman  glaubte  in  ber  20 
neuen  Setoegung   einen  toeitgetriebenen  älntinomiSmuS  ju  entbeefen,  unb  ba   er  biefen 
für  unfere  Äirctye  als  fetyr  gefätyrlicty  betrachtete,  unternahm  er,  baS  irrige  *n  *>em  fitfr* 
Wem   beS  §ebbergianiSmuS   &u   jeigen,  um  bie  ©lieber  ber  Sßartei,  toelctye  au«  ber 
Batyrtyeit  toaren,  ettoa  auf  bie  rechte  ©pur  gurücf  lenfen  ju  tonnen.  2)ocfy  eine  93erfötynung 
ber  beiben  Sichtungen  mar  unausführbar,    ^a^rje^nte  lang  tyaben  fte  geftritten  unb  biel  25 
Unruhe  in  ber  finnigen  JKrctye  berurfaetyt. 

1851  tyatte  ein  junger  ©eiftlictyer  auS  ginnlanb,  Sllfreb  Stitylman,  ftc^  naety  35eutfc^s 
lanb  begeben,  um  Geologie  bafelbft  ju  ftubieren.  9la$  bem  er  eine  3eit  in  9torbbeutfcfc 
lanb  getoefen,  työrte  er  bon  einem  ortginalen  Ideologen  in  Tübingen  reben.  @r  begab 
fty  batyin,  tourbe  befannt  mit  3.  %.  93ccf  unb  ein  enttyuftaftifctyer  39etounberer  feiner  30 
Ideologie.  2)ur<$  ityn  tourbe  39edfS  Setyrc  unb  ©Triften  in  ginnlanb  befannt.  2lucty  auf 
^ngman  machte  feine  Geologie  einen  tiefen  (Sinbrucf  unb  fing  er  an  im  ©eifte  SedfS  au 
arbeiten.  Secf  tyat  faum  anberStoo  treuere  ©datier  als  in  SJfinnlanb  unb  ©<$toeben  gehabt. 

Die  lefcte  finnige  Sibelüberfefcung,  unfere  eigentliche  Äirctyenbtbel,  ift  bom  Igatyrc 
1776.  Sei  ityrem  (Srfctyeinen  toar  fte  bielleid^t  fe^r  gut  unb  ^at  ben  gorberungen  ber  86 
3ett  entfbroc^en,  aber  je|t  ift  fte  in  allen  Sejie^ungen  beraltet.  Gine  intorrette  unb 
We^te  SibeJüberfefcung  tft  ein  großes  ÄemmniS  beS  c|riftlid^en  SebenS.  3)aS  fyabtn  bie 
£mmbe  beS  SibeltoorteS  in  ginnlanb  fepon  längft  eingefe^en.  äluf  Anraten  ber  finnifcfyen 
ÖibelgefeBfc^aft  ^at  ^ngman  1859  eine  neue  finnige  Sibelüberfeiung  ausgearbeitet,  ©ie 
$  treuer  als  bie  früheren  unb  in  factylicfyer  Segie^ung  fe^r  toertbou.  Die  Segeifterung  für  40 
bte  &pradp  ÄatetoalaS  ^atte  gute  ^rüd^te  für  feine  Sibelüberf e^ungSarbeit  geleiftet.  ^ngmanS 
fiberfefcung  tft  bon  feiner  fpäteren  bis  je^t  übertroffen  Sorben. 

3ngman  aber  toottte  mit  feinem  reiben  t^eologif^en  SBiffen  feiner  Sirene  9lu^en  bringen 
unb  begann  barum  1868  eine  Steige  totffenfd^aftlic^er  Stbelcrflärungen  herauszugeben  — 
R&amatun  selityksiä  A.  W.  Ingmanilta  I  — VI,  Helsingissä  1868  —1873  —46 
tDcb^c  ©tubierenben  ber  Geologie  unb  ©eiftlid^cn  jur  Anleitung  ^r  ein  tieferes  ©inbringen 
in  boS  S<^rifth>ort  bienen  follten.  3)iefe  Sibelerflärungcn,  toclc^e  bem  beften,  toaS  bte 
Seülittcratitr  auf  biefem  ©ebiete  beft^t,  gur  ©eite  gefteüt  toerben  fönnen,  ftnb  bte  reife 
Jrud^t  einer  langiä^rigen,  ^ingebenben,  getoiffen^aften  Slrbett.  3Ran  fte^t,  bafe  er  in  bie 
€<^ule  bei  ben  hxltberü^mten  ©ele^rten  3)eutfd^(anbS  gegangen  ift.  Die  tarnen  Sut^er,  60 
(Satotn,  »engel,  3.  %.  Sedt,  SH00S,  SC^oIudf,  bon  §ofmann,  $elifcfd>,  Sleef,  SBiner, 
be  SBette,  2ünemann,  @brarb  u.  f.  h>.  begegnen  einem  beinahe  auf  jeber  ©eite  beS  SöerfeS. 

5Diefc  Arbeit  §ngmanS  toor  ba^nbrec^enb  im  %ad)  ber  Sjegefe.  35aS  fc^Iiefet  nid^t 
an*,  ba$  einzelne  berechtigte  9(uSfteQungen  gegen  fte  gemalt  toerben  fönnen.  Wlan 
Bunte  $um  93eifpiel  einmenben,  baß  er  )\d)  bon  feiner  Suft,  bie  ^oettfd^en  3(uSbrücfe  unb  66 
bie  £ebraiSmen,  beren  befonberS  bte  poetifc^en  unb  propJjctifc^cn  ©d^riften  ber  93tbel  tioü 
finb,  in  entfprec^enben  fimtifc^en  StuSbrücfen  gu  überfein,  )u  einem  unnüc^temen,  poz-- 
tifätn  9Bortema6en  berleiten  lieg,  baS  nidr)t  immer  bem  SluSbrucfe  ber  Stbel  entfyrirfjt. 
Er  txrgafe  bie  3Borte  SlugufünS:  locutio  divinarum  scripturarum  seeundum  cu- 
jusque  linguae  proprietatem  aeeipienda  est.      Habet  enim  omnis  lingua  sua  go 


96  dttgman  3ttf<tyaritSt 

quaedam  propria  genera  locutionum,  quae  cum  in  aliam  linguam  transferun- 
turf  videntur  absurda.  Slber  toir  toiffen,  bafe  Igngman  ^  öu$  2M&*  5U  unferer  reiben, 
Voetifc^  fronen  &\sxai)c  getfyan  fyat  unb  barum  fetyen  toir  barin  nur  einen  Seinen 
lapsus  calami.    ^m  SBergleicfy  mit  ben  großen  SBerbicnften  ber  arbeit  toägen  biefe  unb 

6  aui)  anbere  Siebenten  toeniger  al*  ni$t*.  2Bir  glauben,  bafe  ba*  2Ber!  3ngman*  in  ber 
ciegettföen  Sitteratur  ginnlanb*  immer  einen  @^renj)Ia|  einnehmen  toirb. 

grüßte  feiner  tfyeologifc&en  ©d&riftftellerei  finb  au$  {eine  in  fd&toebiföer  ©i>rac$e  ge* 
föriebenen  Uppsattser  i  bibliskt  teologiska  ämnen  I  — IV,  Helsingfors  1865— 
1867,  unb  Bibliska  betraktelser  1—2,  1868—1872.   $n  [einem  @<&riftd&en  Bibelns 

10  lära  om  rättfärdiggörelsen  och  försoningen  ma$t  er  einen  SBerfu$,  bte  Sefyre  ber 
93ibel  bon  biefem  ©egenftanbe  näfyer  auflegen,  3n  ber  9Ronogra)>bie  J.  Tob.  Becks 
Theologiska  karakter,  Helsingfors  1866  giebt  er  eine  ßfyarafierifttf  bon  3«  %.  Set! 
al*  Sibelt^eolog.  SDJit  ^ingebenber  Siebe  ju  feinem  ©egenftanb  tyat  er  ben  t$eologif$en 
©tanbpunft  39edf*  bargelegt. 

15  Sei  feinem  Xobe  fyat  er  bie  grud&t  einer  langen,  gefegneten  £eben*arbeit  ben  naefc 
lommenben  ©cfcfylecfytern  al*  Srbe  ^interlaffen.  28enn  bon  iemanb,  gilt  bon  3ngman :  pectus 
facit  theologum.  33on  §er$en  liebte  er  feine  Ideologie  ©tubierenben  unb  fear  niety 
nur  tfyr  Sefyrer,  fonbern  auefy  tyr  väterlicher  ©rjie^er.  Sr  toar  tynen  ein  greunb  unb 
Ratgeber  h>ie  Wenige.    (Sine  ©eneration  na$  ber  anbern  ging  bei  tym  in  bte©$ule  unb 

20  ging  bann  au*,  um  unter  bem  Solle  ba*  geiftige  Kapital  ju  mehren,  Sngman  ftetyt  und 
bießeicfyt  ju  nal)t,  um  ifyn  ganj  objeftib,  fyiftorif$  richtig  beurteilen  ju  fönnen;  toir  glauben 
aber,  bafe  eine  tfyeologtfcfye  gafultät  fyöc^ft  feiten  folc&e  tarnen  in  tyren  Ännafen  em* 
fetyreiben  fann,  tote  ben  21.  20.  3«9^ön^.  Sr  ftarb  in  boller  Äraft  feine*  SUter*.  6r 
fyattt  lange  ben  legten  ©treit  geforstet,  ben  ein  Gfjrift  mit  bem  SCobe  ju  fäntyfen  fcat 

26  Unfer  lieber  §eilanb  fyat  gnäbig  biefe  ©cfytoäcfye  feine*  Siener*  angefeljen.  2Ran  muft  e* 
nämlid)  al*  eine  @lauben*fdjtoäc£e  bejetd^nen,  unb  boefc  mufe  man  Sngman  al*  einen  jum 
§immelrci$  gelehrten,  al*  einen  bottreifen  SRann  mit  ©lauben  eine*  Äinbe*  begannen. 
©anft  unb  leidet  ^at  ber  §err  bie  Sanbe  be*  $obe*  gelöft  unb  ofyne  äußeren  ©$mer) 
feinen  Wiener  fyeimgerufen.    (£r  ftarb  ju  §aufc  am  5.  September  1877,  al*  er  für  einige 

30  greunbe  eine  SMbelerflärung  tyielt.  ©o  tourbe  ber  treue  Siener  in  bie  $eimat  berfefct, 
bafyin  er  fo  lange  fcfyon  ftcfy  gefeint  ^atte.  3f.  *•  Geberberg. 

3fnf<tyacität  Qnfya bilität)  ift  bie  abfolute  Unfäfyigteit,  orbiniert  gu  toerben.  ©ie 
beftcl;t  für  Ungetaufte  unb  ^tawn-  @^  liegt  in  ber  SRatur  ber  ©ac^e,  ba^  berjenige, 
meld^er  burd^  bie  fflei^c  bie  gäfyigfeit  erlangen  toiU,  ein  fircfylicfye*  3lmt  gu  bertoalten,  aud) 

36  ein  3Kitglieb  ber  Äirc^e  fei.  Sie*  toirb  er  nur  bur$  bie  Saufe:  Cum  baptismus  sit 
fundamentum  omnium  sacramentorum,  ante  suseeptionem  baptismi  non  sus- 
cipiatur  aliud  sacramentum  (c.  60  can.  I,  qu.  I.  Capit.  Theodori  Canterb.), 
auefy  in  c.  1  X.  de  presbytero  non  baptizato  (III.  43),  c.  3.  X.  eod.  (Inno- 
cent.  III.  a.  1206),  c.  2.  de  cognatione  spirituali  in  VI  (IV.  3)  Bonifacius  VIII. 

40  Saft  bie  in  ber  Äird^e  Drbinierten,  tomn  fufy  ergeben  follte,  baf;  fie  no<$  nid^t  getauft 
feien,  erft  getauft  unb  bann  normal*  orbiniert  toerben  müßten,  tourbe  ba^er  ioieba= 
fyolentlid()  au*geji)roc^en  (c.  112.  dist.  IV.  de  consecr.  [Leo  a.  458 1  c.  60.  Can.  I.  qu.  I., 
bgl.  Capit.  lib.  VI.  c.  94). 

Sic  Snfopacität  *>«  ftrauen  ift  in  ber  Äircfye  nie  bejtoeifelt  toorben.    Sie  grau  foK 

46  in  ber  ©emeinbe  nic^t  lehren,  1  2t  2, 12;  1  fto  14,  34.  35.  Siefem  ©runbfa^e  gemajfe 
erllärt  SertuUian  (de  virg.  vel.  8):  Non  permittitur  mulieri  in  ecclesia  loqui, 
sed  nee  docere,  nee  tingere,  nee  offerre,  nee  ullius  virilis  muneris,  nedum 
sacerdotalis  officii  sortem  sibi  vindicare.  Sbcnfo  äluguftin  (c.  17  Can.  XXXIII. 
qu.  V.)  u.  a.    Sa^er  beftimmen  bie  Äirdjcngejefce,  bie  grauen  follen  al*  presbyterae 

60  (viduae)  nid&t  orbiniert  toerben  (Conc.  Laodic.  a.  372  c.  11  in  c.  19.  dist.  XXXII.); 
ebenfo  nic^t  al*  diaconae  ober  diaconissae  (Concil.  Nicaen.  I.  a.  325  can.  19; 
Araus.  1.  a.  141  can.  26,  Epaon.  a.  517.  can.  21,  Aurelian.  II.  a.  533.  can.  18, 
bgl.  c.  23.  Can.  XXVII.  qu.  I.  Novella  Justiniani  VI.  cap.  5).  Sie  etoangelifcfc 
Äircfyc  lefyrt  bon  ber  laufe,  baft   fie  nötig  fei  (3lug*burg.  Äonf.  ä.  IX  u.  a.),   unb   bon 

66  ben  grauen,  bajj  „ba*  tüciblid^e  ©efcfylecfyt  bon  ©Ott  nic^t  berorbnet  ift  jum  SRegimente, 
toeber  in  ber  Ätrcfye,  ober  fonft  in  toeltlid^en  Ämtern"  (Sut^er  in  ben  3Berfen  bei  SBal^, 
95b  II,  ©.  1006  u.  a.).  Sa^er  finb  Ungetaufte  unb  grauen  auc^>  bon  ©eiten  ber  6ban* 
gelifd^en  al*  ber  Crbination  nid^t  fä^ig  ftet*  betrachtet  toorben. 

$.  R.  3<Kofcfoit  t  (3Hejcr  f). 


dtttorttatfait  Qtoflnfeu  9? 

3«tantatton  f.  S&riftologie  39b  IV  ©.  4  u.  16  u.  ÄenofiS. 

3»l(nfctt  ober  9ie!(ttfett.  —  ßitteratur:  £auber,  fiebcn  unb  SBirfen  ber  <$inge* 
fdjfoffenen,  6d)aff  fjaufen  1844 ;  Pavy,  Les  recluseries,  St)onl875;  M.  C.  Guigue,  Recherches 
gor  les  recluseries  de  Lyon  1887;  ©treber,  91.  Qnflufen,  $ird)enlerjfon  uon  SBefcer  unb 
ßflte  2  fcufl.  VI,  631  ff.;  93afebon>,  3)ic  3nfiufcn  in  $eutfct)lanb  bornefjmUd)  in  ber  ©egeub  5 
fe*  tfie&errf)ein3  im  12.  u.  13.  3aM.,  fceibelberg  1895;  O.  3öcfierf  Sldfefe  u.  9ttönc$tum* 
1897,  6.  463  ff. 

2)te  3nHufcit  (gyxhtoxoi,  ÄlauSner)  ftnb  eine  befonbere  Slrt  gremiten,  bie  fid^  in 
eine  ^eOejfclausa,  recluserium)  auf  Sebenäjeit  cinfcfyliefjen  ober  einmauern  liefen,  um 
auf  btefe  SBeife  ©Ott  ju  bienen.  &tefe  eigentümliche  gorm  be$  2lnacfyoretentum3  f)at  fiefy  10 
tot  allem  im  Slbenblanb  eingebürgert  unb  bort  gafylreicfye  Vertreter  unb  93ertreterinnen 
gehabt,  toätyrenb  bie  anbern  ejeentrifd^en  formen  be3  orientalijdjen  SremitenlebenS  tote 
t  8.  baä  ©tylitentum  ftc§  bei  ben  anberäartigen  öimatifcfyen  93er^ältniffen  be$  Slbenb* 
uuibeS  auf  bie  Sauer  nicfyt  burc^jufe^en  bermocfyten. 

Unter  ben  jatyllofen  2lrten,  einen  mögltrfjft  bollftänbigen  äbfctylufc  bom  Umgang  mit  15 
ben  3Renföen  ^erbetjufü^ren,  toirb  uns  au<$  früfy  au$  bem  Orient  bon  einem  jeittoeiligen 
ober  bauernben  (StnfcpUe&en  männlicher  unb  toeiblictyer  (Sremiten  in  §öfylen,  ©räbern,  engen 
§üttlein,  2attenberfc$lägen  ober  naefy  oben  offenen  Ummauerungen  berietet  (Vita  Antonii 
c20ff.,  ^oDabniS,  Hist.  Laus.  c.  2,  5,  43,  96,  107—109;  SojomenoS,  Hist.  eccl. 
8,19;  $tenntymu3,  Vita  Hilarionis;  Ifyeoborct,  Hist.  relig*  c.2,  3,  15,  18,  29;  20 
3Roj<$u*,  Vitae  patrum  c.  69  u.  70  f.  «.  SRönc&tum). 

San  eigentlichen  ^nflufen  b.  ^.  (Sremitcn,  bie  jic§  für  immer  in   tyre  $dlm  ^n« 
ftüefeen  tieften,  um  biefe  nie  m  berlaffen,  fyören  toir  im  3lbenblanb  erft  a\x$  bem  6.  $afyr* 
fpmbert  bur$  ©regor  bon  &our$.    3)ie   älteren  9tacfyrid&ten  tote  5.  93.  über  ba$  3«5 
flnfentum  ber  \)l  Seuteria  unb  $u3ca,  bie  um  226  in  Verona  gelebt  fyabm  fotten  (AS  26 
3Rat  II,  44)  ftnb  teil*  legenbariftfy,  teils  ^anbeln  jte  bon  männlichen  unb  toetblicfyen  @re* 
miten,  bie  fic|  auf  längere  $t\t  ober  für  immer  in  eine  Rette  einfcfyliefsen,  toobei  toir  aber 
nifyS  ober  nid&tä  Sicheres  über  ba$  bem  ^nflufentum  dparafteriftifcfyc  SKerlmal  erfahren, 
ob  biefe  ©remtten  tyre  QtÜt  nad)  tyrer  Ginjd&liefeung  nie  bcrlaffen  fyabtn  (Augustin.  de 
opere  monachorum  c.  23 :    includunt   se   viventes  in  magna  intentione  oratio-  30 
num).    Su$  ift  ba$  im  borbenebtltinifcfyen,  irofd>ottifdicn  unb  benebiftinifcfyen  Wöndbtum 
fty  finbenbe  Snftitut  cremitifäer  2lufjenftationen,  b.  &.  in  ber  Umgebung  beä  Älofter«  ge- 
legener ginfteblerjeDen,  toie  fie  j.  39.  im  galligen  Älofter  Serin  (§aeften,  Disquis.  monast. 
Ir5,3)  unb   im  Älofter  6ajpobor«  ju  ©quittace  (8*.  granj,  Gafftobor,   Sire^lau  1872, 
S.  27)  nac^h>etebar  finb,  niept  ate  3lnflufenleben   im  ftrengen  ©inne  ju  bejeic^nen,  ba  86 
Hefen  Sremiten  ein  ftetige«  Sleiben  in  tyren3dlen  nic^t  geboten  toar.    6rft  ©regor  bon 
lourt  nennt  eine  Steige  bon  männlichen  unb  toeiblic^en  3"^ufcn/   f°   ^afe   ^m  6-  3afas 
hmbert  bad  ^nltufenleben  in  ©attien  toeit  berbreitet  getoefen  ju  fein  fcfyemt.    ©0  lebten 
$rotaftud   ju  ßombronbe   in   ber  Slubergne  (Vit.  Patr.    c.  5),   3un*anu^  (t  53°)   i" 
Smoge«  (Qlor.  conf.  103),  bie  SBtttoe  üKonegunbi«  &u  SCour«  (Vit.  Patr.  c.  19),  Seo*  40 
tebutf  (f  583)  ju  SRarmontier  bei  lour^,  §oftntiu$  ju   Sienne  (Hist.  Franc.  6,  6) 
mb  onbere  ol^  ^nttufen.  2luc^  bon  bem  ^nllufentum  eines  12  jährigen  Änaben  3lnatoliu^ 
bei  öorbeauj  ergäbt   er  (Hist.  Franc.  8,  34).    Gr  betreibt  au^   ben  feierlichen  3lft 
ber  Sinf(^lie|ung  im  Älofter  jum  ^eiligen  Ärem  ju  SßoitterS  ^ur  $t\t  ber  ^l.  SHabegunbiS 
(t  587)  (Hist.  Franc.  6,  29).    9ta$  3ubereitung  ber  gette  fü^rt  bie  »ebtiffin  SRabe^  45 
gwibt*  bie  9lonne  unter  ^falmenjefang  begleitet  bon  ben  übrigen  -Können,  bie  brennenbe 
Äojen  tragen,  )u  i^rer  $dlt.    ^ter  nimmt  bie  3nftwfc  äbfebieb  bon  ben  Tonnen  burd^ 
ben  Stufa  bann  folgt  bie  SJermauerung  ber  2^ür.  —  3m  Slbenblanb  ^at  aber  bie  Äircfye, 
Me  ein  tXHU^famed  Sluge  für  jebe  ßmanci^ation  i^rer  ©lieber  bon  jtultu^  unb  §ierardiic 
tote,  frfty  für  eine  lirc^lic^e  Siegelung  unb  Unterteilung  ber  ^nflufen  unter  bie  ftrcfyltcfyen  50 
«tweitaten  Sorge  getragen.    2)ie  ©^noben  bon  Sänne«  465  (c.  7),  Slgbe  506  (c.  38), 
lotoo  648  (c.  5)  unb  bon  granffurt  794  (c.  12)  festen  feft,  bafe   bie  Srlaubni«  jum 
Älmrtnerieben  nur  folgen  gegeben  toerben  foute,  bie  im  Älofter  orbnungSgemäfc  erjogen 
nb  too^l  betoä^rt  toaren.  ®iefe  6rlaubntö  barf  nur  ber  2)iöcefanbifd^of  ober  ber  guftänbige 
Ut  malen,    ferner  muffen  ft$   bie  ^ntlufen  jum  lebenslänglichen  Slu^^arren  in  ihrer  56 
3cSe  beipflichten,  bem  Sifc^of  fte^t  aber  bie  Befugnis  ju,  ben  anftöfttg  (ebenben  Älau^ner 
te  Jtbfler  jurürfutberfefcen. 

Xatif  wen  Semü^ungen  ber  Ärr$e   um  ^Regelung  beö  3nKwf^"tum«  blieb  tfym  eine 
9öwffe  gret^ett  unb  Stannigfaltigleit  erhalten.    9cur  jum  Xeil  fc^loffen  fxd)  bie  ^ntlufen 

MttUtmpttop&blt  für  Ü^cologic  unb  STir^t.  3.  8.  IX.  7 


98  dtiHttfeit 

an  benebiftinifd&e  ober  Älöfter  anberer  Drben  an,  baneben  beftanb  cm  bom  Drbenäleben 
unabhängige«  Saieninflufenium.  IcilS  Ratten  fie  i^rc  Letten  an  fllöfter  leite  auety  an 
JJatfyebralfirc^en  angebaut,  6nbli#  gab  cä  noety  eine  Älaffe  Don  Snflufen,  bie  ber  £in$e 
am  toenigften  angenehm  fein   mußten,   bie  in  fetyroffer  äbgefd&iebentyeit   afö  23alb*  unb 

6  JBüfteneinfiebler  lebten  unb  ftd&  an  feine  Siegel  banben.  ©ie  Äirctye  fyit  fte  gebutbet,  ob* 
toofyl  Äonflifte  nietyt  auägeföloffen  geblieben  fein  Serben,  toeil  gerabe  bie  (enteren  bielfa$ 
bon  ber  33olföfrömmigfeit  toegen  ber  ibnen  jugefäriebenen  SBunbergabe  unb  ber  ®abe 
.ßranfe  gu  feilen  bereit  tourben.  SBon  ^nftufen,  bie  Smebiftinerclöftern  angegliebert 
toaren,  h>iffen  toir  au«  St.  ©aßen,  too  3lbt  §armot  883—95  ate  SnHufe  lebte  unb  too 

10  fi#  bei  ber  Äird&e  St.  9Jtong  im  ©ebiet  bon  St  ©allen  eine  Älaufe  befanb,  bie  faß 
100  gatyre  Don  915—1014  Don  toeiblic^en  ^nflufen  befefct  toar  (Ars,  @efötc$te  be* 
Äanton  St  ©allen  1810  l,  231  ff.),  2lu#  bei  anberen  SenebitttnerHöftcrn  toieingulba, 
SBeffobrunn,  ©ötttoeig,  St.  (Smmeran,  9lieber*2llteicty  u.  a.  gab  e$  im  9.  unb  10.  Sofa* 
fyunbert  ^«Hufen.  2)ie  ©rünberin  be$  befannten  SBenebiftinerflofterS  ißaulingeHe  in  2$fc 

16  ringen  ^iaulina  (f  1107)  ift  aber  toafyrföeinlicfy  ntc^t  Sntlufe,  fonbern  nur  9lonne  ge* 
toefen  (Safebott?  S.  7).  3lu3  bem  12.  u.  13.  %afyx1).  9***  un*  **>&  Dialogus  mirac. 
be$  SäfariuS  bon  ßeifterbacfc  (f.  21.  93b  IU,  628,62)  ein  antaaulid&eS  Silb  be*  bamaligen 
ÄlauSnertumS  (j.  ÜSafeboto  S.  8  ff.).  2Bie  bei  ben  SenebiftmerKöftern  befanben  ftc$  audf 
bei  ben  Stiftern  ber  regulierten  Gfyorfycrrn  be$  fyeil.  Sfoguftin,  bei  ben  (Siftercienfer*  unb 

20  ^Jrämonftratenferflöftern  3>nf(ufcn.  3Son  ben  bei  5tat$ebralfirc$en  lebenben  gnSufen  ftnb 
bie  befannteften  ber  9legen3burger  Sctyottenmöncty  ÜJlarianuS  ScotuS  (f  1086),  ber  Skr* 
faffer  einer  tocrtbollen  Söeltcfyronif,  ber  f^äter  an  ber  SartfyolomäuSfapefle  be3  3)ome3  ju 
ÜJlainj  lebte  (Mariani  Scoti  Chronicon  ad  1065)  unb  Jietyner  au«  f5rie8lanb(t  1233), 
ber  1211  am  §auj>ttfyor  ber  Äatfycbrale  ju  DSnabrücf  bom  93if#of  ©ebtyarb  etngefälofjen 

25  tourbe  (ßattyolit  1873  I,  254  ff.).  2)ie  nam^afteften  ^nflufen,  bie  otyne  3fofölu§  an  eme 
DrbcnSgefellfctyaft  in  ber  SBalbeinfamfcit  tyr  geben  führten,  fmb  bie  fjL  Siutbirga,  bie 
in  einer  §öljle  ber  fogenannten  9tof$trapl>e  im  unteren  Sobet^at  Don  c  830—60  lebte 
(Vita  L.,  Pez,  Thes.  aneed.  II,  3, 146—78)  unb  bie  tyL  Sifu  au$  3)rtibecf  in  SBefc 
falen,  bie  64  IJafyre  tyre  Jtlaufe  betoofynte,   im  SBinter  toegen  SDtangete  an  geuer  oft 

so  bem  Erfrieren  nafye,  $ule£t  ganj  t>crtt>ittcrt  unb  Don  SBürmern  jernagt  toar  (Sttyetmar, 
Chronicon  IX,  8). 

2)ie  Semüfyungen,  ba$  Seben  ber  an  Älöfter  angetroffenen  Älau^ner  unb  JOau^ 
nerinnen  bur#  fefte  formen  ju  regeln,  fehlten  nic^t.  3)ie  ältefte  Siegel  ift  bon  einem 
fränlifc^en  Äloftergeiftlic^en    ©rimilacty    toa^rfc^einli^   noc^    im    9.  ga^unbert   Derfa^t 

86  (Grimlaici,  Regula  solitariorum,  Holstenius  -  Brockie,  Codex  Regularam  I, 
291—344).  Sie  ru^t  auf  ber  Siegel  SenebiftS  unb  ber  3lac$ener  Siegel  bon  817.  9ätr 
burd^  ^lofter  ^inburc^  gegangene  3ftönd>e  ober  in  ftrenger  Prüfung  erprobte  2Beltgetftl«be 
(c.  18)  bürfen  mit  Erlaubnis  be«  Sifc^of^  ober  tyreS  äbte«  Snllujen  toerben  (c.  15). 
Der  ^nflufe  mu^  boQftänbig  auf  feinen  33efi$  berjic^ten  (c.  6)  unb  ^erfeberan)  bor  bem 

40  33if$of  unb  bem  ganjen  ftleruä  geloben  (c.  15).  Die  Slücffe^r  ind  SBeltleben  ift  abfolut 
auSgeföloffen  (c.  69).  Unter  bem  Sauten  ber  ©locfen  betritt  ber  Snflufe  bie  für  i^n 
bereitete  3eHe,  bie  ber  93ifc^of  mit  feinem  Sling  berftcgelt  (c.  15)  (f.  ein  anbere*  Rituale 
ber  Stircbe  bon  Soiffon^  bei  Martine,  de  antiqu.  eccl.  ritibus  1.  2,  c.  3  ordo  2). 
Um  ber  @mancij>ation  ber  ^nflufen   bom  firc^lic^en  Äultu«  bor^ubeugen,   foll  bie  Rdk 

46  an  bie  Äircfyc  angebaut  fein,  fo  bafe  er  burefy  ein  genfterc^en  bem  ©ottcäbienft  bettoobnen 
unb  bie  Saframentc  empfangen  fann  (c.  16).  3lu#  bem  Saieninflufen  toirb  täglicher 
Äommuniongcnufe  erlaubt  (c.  36).  3ft  ber  gnflufe  ^riefter,  fo  toirb  bad  ©ebetögtmmer 
bom  SSiWof  fonfefriert,  bamit  er  täglich  bie  ^eilige  3Jleffe  feiern  fann  (c.  16).  3htt^ 
ein  $toeite$  nac^   aufeen  ge^enbe^  genfter  toirb  i^m    feine  Sla^rung  gereicht,  bie  bie  ab* 

60  licfye  ber  Senebiftinermönc^e  ift  (c.  42).  3Jlit  ber  vita  contemplativa,  bem  9Raria* 
^beal  (c.  9),  ba^  tyn  neben  bem  galten  ber  gebräuchlichen  ^orenanbac^ten  jum  imauf« 
börlicfyen  §erjen^gebet  berpflic^tet  (c.  32),  foll  er  au$  ba«  3Jlart^as3beal,  bie  vita  actiya 
(c.  8),  berbinben,  fiety  burc^  §anbarbeit  feine  SRafyrung  berbienen  unb  bon  bem  übrig 
Slcibenben  älmofen  an  bie  Slrmen  aufteilen  (c.  39).    3)ie  ßleibung  be§  Sintlufen  ijl  bie 

66  ber  Sencbiftinermönc^e  (c.  49).  ©rimilacty  münfe^t  jur  5ötberung  be«  geiftli^en  Sebend 
unb  ivlx  .<pilfe  in  ÄranfyeitSfällen  ftetö  baö  3ufammcn^*en  öon  2  °^x  3  Älaudnew 
(c.  17);  boc£  fc^eint  ftc^  bie«  fefyr  feiten  bermirflic^t  ju  ^aben,  tote  ftc^  überhaupt  eine 
tocite  Verbreitung  ber  Siegel  nic^t  nacfytoeifen  lägt.  S)ie  Siegel  ift  in  ben  erbaulichen 
teilen  bon  toarmer,  naiber  grömmigfeit,  überhaupt   fe^r   fyuman  unb  bernünftig.     ®r 

60  toünföt,  bag  bie  fyüt  mit  einem  ©arten  berbunben  ift,   in  bem   ftc$   ber  ^nHufe  um 


3ttt(ufett  99 

2uft  )u  fööpfen  ergeben  fann  (c.  16),  er  bedangt  fcon  ifynen  ein  jtemlic^eö  Quantum 
tbeofogifc&en  SBifjenS  (c.  20),  er  toarnt  fte  bem  ehrgeizigen  ßiele  be$  2Öunbertt>irIen3  na$* 
jujagen  (c.  67).  3lu<$  ba$  übertriebene  gfaften  Verbietet  er  (c.  54)  unb  bemi($t  bie  5Ra|- 
tung  }iemlt<$  rei<$lic$  unb  läfjt  fogar  ben  Süetn  ju  (c.  45).  ßnblicty  barf  ber  Snflufe 
bid  ni  3  diseipuli  jur  Sebtenung  §abm,  ben  alten  unb  franlen  Klausnern  foH  ein  Pfleger  b 
gegeoen  toerben,  ber  auefy  für  33äber  forgt  (c.  48).  —  Sine  ganj  furje  ^nflufenregcl  be* 
ft^cn  toir  au$  ber  äCuguftinerprovftei  Saumburg,  bie  bem  11.  ga^unbert  anzugehören 
jtyeint  unb  übertoiegenb  bie  öebürfnifje  ber  Saieninflufen  berücfficfytigt  (*ß.9laber,  Ba- 
varia  saneta  III,  114 ff.  unb  §aeften,  Disqu.  monast.  ©.  83).  Sie  giebt  genaue 
Sorfc^riften  über  Sefctyaffenfyeit  unb  Mobiliar  ber  Slaufe.  9)ie  Älaufcn  follen  au$  Steinen  10 
erbaut  toerben,  12  %u$  lang  unb  12  gufj  breit  fein  unb  3  gfenfter  fyaben,  *>on  benen 
eiltet  in  ben  ßtyor  ber  Äircfye  getyt  unb  jum  (Sntyfang  ber  Äommunion  be$  ^ntlufen  bient, 
ba$  jtoeite  jur  (Entgegennahme  fcon  ©peife  unb  Xranf,  ba$  britte  mit  ©TaS  ober  §orn 
toerfeben  jum  .§ereinlaffen  beä  SicfytS.  2^eologifd?c  Silbung  toirb  nidjt  geforbert,  ber  3n- 
Hufe  foQ  an  jjebemlage  7mal  50  ^Jaternofter  f]pred&en  unb  ebenfo  Diele  Ave  Maria,  toenn  15 
er  ^folmen  toeifi,  foll  er  bie  Slofturnen  galten,  toenn  nicfyt,  ftatt  tyrer  300  Sßaternofter  beten. 
Sonntäglich  foll  ber  QnHufc  fommunijieren.  Ungleich  ftrenger  als  bei  ©rimilad)  finb  bie 
Jaftengebote,  breimal  in  ber  SBocfye  ift  gaften  bei  SBajfer  unb  83rot  fcorgefcfyrieben,  an  ben 
übrigen  Sagen  erhält  er  bie  gaftenfpeije,  an  ©onn*  unb  gefttagen  auefy  cttoa*  9Jftlcfy.  @r 
jott  nur  eine  lunifa  unb  Stcüppt  befifcen,  im  SBinter,  too  er  rein  $euer  fyaben  barf,  auety  20 
raten  Sßelj.  3)a£  ©tillfätoeigen  fott  nur  jhnföen  SRon  unb  SSeSper  gebrochen  toerben.  (Sr 
mufc  fu$  enblicfy  felbft  fein  ©rab  graben. 

Sieben  biefen  Siegeln  für  männliche  Snflujen  beftfcen  toir  noefy  jtoci  für  Umblicke. 
Um  bie  9Ritte  be$  12.  Jgabr^unbertS  färieb  ©t^elreb,  ßiftercienferabt  fcon  Stebedh?  (®iö* 
cefe  f)orf)  (f  1166)  auf  Sitten  feiner  afe  ^nflufe  lebenben  ©c^toefter  eine  Siegel  (Ael-  25 
redi  Regula  8.  Institutio  inclusarum,  Holstenius-Brockie  I,  418—440).  6r  be* 
ßntfcft  t>or  allem  bie  ftttli$en  SerfaUSfomtrtome  unb  ferneren  3Jlif$bräu$e  in  ben  ba= 
maligcn  Älauänertum  CnglanbS.  Qx  toarnt  bie  3nfluftnnen  bor  unftttlicfyem  Umgang  mit 
«tauber,  mit  SRännern  unb  mit  alten  fcfytoafcfyaften  SBeibern  (c.  3,  c.  22,  c.  28).  ©ic  follen 
nur  mit  tyrem  Äonfeffor,  einem  alten  Älofter*  ober  SBeltgeiftlic^en  Serfe^r  ^aben  (c.  9).  30 
%ud)  follen  fic  feine  ©efäenfc  ober  Sriefe  mit  SKönc^en  au^taujd^cn,  tt?ie  bie$  bei  jungen 
Jnfiufmnen  ©itte  fei  (c.  10).  @r  toünfc^t  Collen  2lbfc^lufe  öon  ber  3lufeenh)elt  unb  ber* 
bietet  energifd)  ba«  Aufteilen  öon  Sllmojen  an  Slrme  (c.  5,  c.  43)  unb  bie  aufnähme 
to«  (Säften  (c.  6).  gßr  bie  3lrmen  follen  fte  nur  beten,  ba^  ©abcnau^teilen  ift  3lufgabc 
b«  JUenler  (c.  46).  @in  rein  tontem})latibc«  Seben  ift  fein  ^beal  (c.  41).  2)e$fyalb  35 
fwbert  er  aud?  niefct  unbebingt  bie  §anbarbeit  (c.  6).  Äleibung  unb  gaften  ift  ganj  nac^ 
ber  8end)iltinerregel  georbnet  (c.  13—20).  3)ie  SBänbe  beö  ©ebetägcmacfyS  ber  ^n&ufen 
Wen  nic^t  mit  fernen  ÜKalereien  unb  Slelief«  gefdjmücft  fein  (c.  34—35),  nur  ber  ÄrujifijruS 
barf  fk^  auf  bem  Stttar  befinben  (c.  38).  gür  i^r  innere^  Seben  em^fic^lt  er  einbringt 
bie  erbauliche  Setrac^tung  be£  Seben^  unb  Seiben^  be^  @r(öfer$  unb  ber  ^utünftigen  40 
$mge  (c.  47—78).  Aber  auc^  fyier  trägt  ba«  3nPitut  c^nen  ariftofratifd&en  ß^arattcr  tt?ie 
bo»  game  benebiftinifd^e  SKönd^tum.  3)ic  gntlufe  ^at  $ur  Sebienung  eine  alte  grau  unb 
junge  SJtagb,  bie  bie  nieberen  arbeiten  toie  bad  Iragen  beä  SBafferö  unb  §oljed  unb  ba$ 
ftx^en  ber  ©Reifen  beforgt. 

Cm  ^albed  Sa^r^unbert  jünger  ift  bie  ju  ben  au^gejeic^neten  5Profabenfmälern  ber  45 
Buttdenglifctyen  Sitteratur  gehörige  Ancren  Riwle  (9(nac^oretenrcgel),  bie  für  brei  ah 
Älau^nerinnen  )u  Jarente  in  3)orfetfötrc  lebenbe  abclige  Damen  toafyrfcfyeinlic^  bom  S5ifd;of 
Äu^arb  ?Joor  (f  1237)  Don  ©ali^bur^  berfafet  tourbe  (ö.  ten  Srinf,  ©cj^ic^tc  ber  engl. 
ätteratur  1877  I,  251—57).  33.  ten  Srinf  (^arafteriftert  fte  als  ein  ffierf  bon  tiefer 
jfrömnugfett,  SRUbe  unb  innerhalb  ber  mönc^ifc^en  äßeltanfc^auung  bon  einer  geftiffen  50 
jBeit^crjigfeit.  9tu|erbem  fyat  in  &toei  Wön^orben  baS  ^ntluf entnftitut  beftanben,  in  bent 
Ctben  ber  ©ilbertiner,  einer  Stiftung  beS  ©nglänberö  ©ilbert  Don  ©empring^am  (-J- 1189), 
in  bem  eS  3^"^^  fl«&  (Regula  S.  Guilberti,  Holstenius-Brockie  II,  476— 
656)  unb  in  bem  Cremitenorben  ber  ßamalbulenfer  (f.  31.  8b  111,  ©.  683),  au«  bem 
ui*  tux^  eine  bejonbere  Siegel  für  ÄlauSner  erhalten  ift  (f.  Safeboto  ©.  50  ff.).  05 

3m  fpateten  Mittelalter  Derbrängten  bie  Settelorben  unb  bie  Segginen^öfe  bie  §n» 
Ibfen.  S)oc^  erhielten  fte  fic^  öeretnjelt  nod^  bi«  in  ba$  SReformation^jcitalter.  Seo  X. 
betoiOigt  toter  3ntlufen  an  ber  änbreadfapelle  beä  ^Jcter^bom  bicfelben  ©naben,  bie  er  ben 
Xbriffen  »erßefyen  ^atte  (3Babbing,  Annales  minores  ad.  1515  n.  4).  3m  17.  %afp* 
juabert  t>erfc^tt>mben  fte  DoUftänbig,  eine  ber  legten  ift  ^ofyanna  bon  ßanibrt;,  bie  ft$  ah  ~~ 


100  >tlttfen  3>ta»mtiftt 

gnflufe  an  bcr  SfnbreaSfirc&e  ju  Sitte  1625  emföliefcen  liefe  unb  bort  1639  ftarb(£efyot, 
Hist.  des  ord.  IV,  338  ff.). 

$n  bcr  ebangeltföen  Stirere  £at  bcr  ftarte   aStetiföe  ©fer  mehrere  9lnge$örtge  be3 

Greifes  bcr  reformierten  nieberlänbifcfyen  ^ßräjiftften   bte  jur  SBieber^erftettung  be$  mittet 

6  a(ter(id^en  Älauänertumä  getrieben,  unter  benen   ber  ein  einfameä  Rüttlern  betoofynenbe 

©onberling  ^°^ann  ©enmrtrit  auä  Henningen  an  ber  SRu&r  (f  1699)  ber  betanntefte  iß 

(Böcflcr  ©.  576).  $rft*««$er. 

$nforporatton.  —   SRefler,  Diss.  de  gemrina  idea  et  signis  parochialitatis  primitivae 

ejusque  prineipio  incorporatione,  1752  it.  Ejusdem  Diss.  De  juribus  parochi  primitivi  1752 

lOinSdjmibt  Thesaur.  jur.eccles.  Tom.  VI,  1777  p. 441  sqq.;  SRtc&ter,  $ooe,  £at)f,  £ird)enred)t 

8.  «ufl.  1886  8.  464  u.  617;  gdeb&erg,  Äird>enred)t  4.  ttufl.  1895,  @.  302;  £infd)iu8,  Äirdjen* 

re«t  §  104, 109 u.  113  11,3.395,436,  464;  berfetbe  in  ben  geftgaben  für«.  SEB.fceffter  1873. 

Die  ^nforporation  einer  Äirc^ettyfrünbe  befielt  barin,  bafe  biefe  einer  geiftlicfcen  ftotyora« 
tion,  $.  93.  einem  ßlofter  ober  Stifte,  quoad  spiritualia  et  temporalia,  einverleibt  toirb. 

16  @$on  im  9.  Safyrfc.  fommen  foIct)e  Snfotyorationen  fefyr  ^öufig  t>or,  berantafst  bur$  bie 
öerföiebenften  ©rünbe,  namentlich  burc&  baä  Seftreben,  bie  ßinrfinfte  jener  Korporationen 
m  bermetyren.  Sie  SBirfung  toar,  bafe  baS  bisherige  mit  bem  SJenefijtum  berbunbene 
3lmt  afe  felbftftänbigeS  Slmt  erlofä  unb  mit  ben  lemporalien  auf  bie  Korporation  überging, 
toelc^e  nun  mit  bem  2lmte  bie  in  ibm  (iegenben  geiftlic^en  SJefugniffe  unb  SBerbtnblicfyttiten 

ao  übernahm,  bei  einem  Pfarramt  3.  33.,  ber  eigentliche  Pfarrer  fcurbe  (parochus  princi- 
palis)  mit  ber  Verpflichtung  aur  Ausübung  ber  ©eelforge  burd&  einen  Sitar,  toelc^en  jte 
felbft,  unter  Seftätigung  burcp  ben  Sifctyof,  ernannte.  2)iefem  SSilar  ßanb  bann  bie 
cura  animarum  actualis  ju,  toogegen  ba$  Älofter  ober  Stift  nur  eine  cura  habi- 
tualis  befafe.    SBieberfyolt  fd&ärften   bie  fanoniföen  ©afcungen  für  biefen  %oü  bie  ©n* 

25  fefcung  ftänbiger  SSifare  (vicarii  perpetui)  ein  (c.  30.  X.  De  praebend.  III.  5, 
c.  3,  6.  X.  De  off.  vicar.  I.  28,  c.  1.  X.  De  capell.  monach.  III.  37,  c.  un. 
De  capell.  monach.  in  VI.  III.  18  u.  f.  to.),  gleicfyoo^l  tourben,  namentlich  in  Deutfcfc 
lanb,  bon  ben  Älöftern  fefyr  tyäufig  nur  zeitige  SSifare  befteHt,  ja  fogar  bie  Sertoal* 
tung   ber  ©eelforge  an  DrbenSglieber  übertragen,  toelctye  am  ^ßfatrorte  gar  nic^t  reft* 

aobierten.  Süefentlicfy  berföieben  bon  biefen  eigentlichen,  „pleno  jure"  ober  „utroque 
jure"  toirffamen  3nforj>orationen  (Declar.  s.  Congr.  n.  20  ad.  c.  7.  Conc.  Trid. 
Sess.  7  De  reform.  [ed.  Spulte  u.  Stifter])  toaren  bie  ftety  nur  auf  bie  lemporalien 
bejietyenben  Unionen  öon  Seneftjien  mit  geiftli<$en  Korporationen,  toelcfce  fcielfacty  au$  aö 
incorporationes  quoad  temporalia  bejeic^net  tourben.  3n  biefem  goHe  ging  nur  bo* 

36  Vermögen  ber  Senefijien  auf  ba$  Älofter  ober  Stift  über  unb  bamit  alfo  ba$  Siecht  auf 
ben  SJejug  (amtlicher  au$  bemfelben  ertoadjfenben  SRe&enüen,  mit  ber  Verpflichtung,  axß 
biefen  bem  betreffenben  ©eiftlidjen  einen  ^inrei^enben  Unterhalt  (portio  congrua)  ju 
erteilen.  2)a$  geiftlictye  2lmt,  bie  spiritualia,  blieben  hierbei  alfo  gam  unberührt  unb  eis 
f oletye  befielen,  unb  bie  öefeftung  be£  Slmte^  gef^  burc^  ben  Siföof  auf  ben  Sorfc^lag 

40  be$  Älofter«  ober  (Stiftet.  3toar  führten  biefe  ©eiftli^en  nid^t  ben  iitel  parochi,  fon» 
bem  ^ie^en  au<£  ^ier  vicarii,  unterfc^ieben  fic^  aber  in  ber  2#at  nur  bem  3lcancn  nad} 
öon  ben  eigentlichen  Pfarrern,  mufeten  ate  perpetui  angeftellt  toerben,  unb  toaren  in 
Sejiefyung  auf  bie  ©eelforge  nur  bem  Sijc^of  unterworfen  (c.  1.  X.  De  capelliß  mo- 
nach. III.  37f  c.  un.    De  capell.  monach.  in  VI.  III.  18).    3)en  ja^lreic^en  W& 

46  bräunen,  toelc^e  in  Setreff  biefer  beiben  2lrten  öon  Unionen  eingeriffen  toaren,  trat  bad 
Sribentiner  Äonjil  entgegen  burc^  bie  Seftimmung  Sess.  7  c.  7  De  ref. :  Beneficia 
ecclesiastica  curata,  quae  cathedralibus,  collegiatis  seu  aliis  ecclesiis  vel  mo- 
nasteriis,  benefieiis  seu  collegiis  aut  piis  locis  quibuseunque  perpetuo  unita 
et  annexa  reperiuntur,  ab  ordinariis  locorum    annis    singulis  visitentur,    qui 

60  solliciter  providere  procurent,  ut  per  idoneos  vicarios,  etiam  perpetuos,  nisi 
ipsis  . . .  aliter  expedire  videbitur,  ab  eis  cum  tertiae  partis  fruetuum,  aut 
majori  vel  minori  arbitrio  ipsorum  ordinariorum  portione,  etiam  super  certa 
re  assignanda,  ibidem  deputandos,  animarum  cura  laudabiliter  exerceatur, 
appellationibus,  privilegiis,  exemtionibus  .  . .  quibuseunque  in  praemissis  minime 

65  suffragantibus.  $a  aufeerbem  bleibe  Honjil  bie  Union  bon  $farrfirc&en  mttÄlöjlem, 
Stiftern,  §oft>itälern  u.  f.  to.  berbot  (Sess.  24  c.  13,  Sess.  7.  De  reform.  c.  6),  fo 
ftnb  feitbem  folcfye  ©inöerleibungen  nur  feiten  unb  gtoar  „ex  justa  et  rationabili  causa" 
mit  päpftlictyer  ©ene^migung  öorgefommcn.    infolge  ber  ©äfularifationen  ber  ÄBfte 


dtttorvoratton  ^mteröperrttd)  101 

ttnb  Stifter  ift  baS  game  Snftitut  gro&enteifö  mtyraftifö  getoorben,  mitunter  erinnert 
aber  noi$  ber  sJtame  „$farrabminiftrator''  an  ba$  früher  beftanbene  ^for^oration^s 
ta^atoriS.  ©afferfdjleben  f. 

3**eTflfterreid}  (©efd&id&te  ber  Sieformation  unb  (Gegenreformation  in 
Steiermark  Äärnten,  Ärain  [unb  @ör$]).  1.  Ouellen.  93on  älteren  ©amm*  5 
langen  jur  ©efdjidjte  ber  Deformation  unb  Gegenreformation  in  Snneröfterreid)  finb  &U 
nennen:  1)  8.  »aupa*.  eüangelifdjeä  Oeftcrreid),  6  fceile,  Hamburg  1732-1744  (berührt 
asd)  Snneröfterrcicb).  2)  ©.  ©.  ©albau,  ©efd).  ber  Sßroteftanten  in  Defterreid),  ©teiermarf, 
ft&rnten  unb  Ärain  Don  1520  bis  auf  bie  neuefte  8eit,  2  Seile,  HnSpad)  1784.  teuere 
GueHenfammlungen  für  bie  ©efdjidjte  beiber  Venoben  giebt  e§  nid)t.  2lud)  an  metfjobifd)  10 
abgefaßten  neueren  (Sammlungen  $ur  ©efd)id)te  ber  Deformation  in  Snneröfterreid)  feblt  eö 
|ttr  Stunbe  nod).  $od)  finb  (Sin$elarbeiten  $u  nennen  unb  $roar:  3)  Soferttj,  3)ic  fteirifdje 
(afeid>  inneröfterTcicbifcbe)  9freligion3paciftfation  1572—1578.  ($ie  fog.  Magna  Charta  ber 
ffroteftanten  3..£)eftr.)  ©ra$  1898.    Seröffentli*.  ber  f)ift.  Sanbeäfomm.  für©teierm.  92r.  1. 

4)  Skrfelbe.  «rd)iüalif*e  ©tubien  in  Wiener  Strogen,  ©ra$  1898.  Serbffentlidjungen  b.  15 
»iß.  &-S.  Hr.  6.  5)  $erfelbe,  ©riefe  unb  Wien  jur  fteiermärfifdjen  ©efäidjte  unter  (Srj» 
frirjog  Äari  n.  au$  bem  fgl.  baner.  fflctdjä-  unb  ©taatSardjiü  in  3Ründ&en,  ©raj  1899. 
$eT5ffentlid)ungen  9fr.  10.  6)  Äinbermann,  ©eiträge  jur  SBatcrlanbSfunbe  für  Snneröfter« 
iei<W  <£m»obner,  2  ©be,  @rafc  1790  (enthält  bie  fog.  Ärafeeraftcn).  7)  £f>.  ©l$e,  $ie  flau. 
froteJL  3)rucffd)riften  be3  16.  Sa&rfc.,  SSenebig  1896  (enthält  eine  gufammenfaffung  mehrerer  20 
in  3b.  für  ©ef *.  be$  $roteftantiSmu3  in  Cefterr.  erfdjienener  Sßublifationen).  8)  @l$e,  $cr 
»riefwedifei  be$  $rimu«  fcruber  im  215.  93b  ber  ©Triften  be3  lit.  Vereins  in  Stuttgart 
1899.  9)  ÄoftfenSiä,  Urfunblt^e  Beiträge  jur  ©efdj.  ber  prot.  fittteratur  ber  ©übflaoen, 
Sien  1874.  10)  fiofertb,  $ie  Eejieljungen  ber  fteiermärfifcfcn  ßanbfcfjaft  31t  ben  Uniuerfitäten 
Bitteuberg,  SRoftocf,  #eibelberg,  Tübingen,  Strasburg  u.  a.  in  ber  jrociten  #ölfte  bcS  25 
16.  3aftrb ,  ©nu  1898  (Seftfdjrift  ber  Unloerfttfit  ©ra$).  11)  $erfd)iebene  urtunblidje  unb 
anbere  gleidfteitige  Ouellen  f.  in  ben  unten  genannten  SBerten  oon  £urter,  ßofert^  u.  a. 
bann  im  3b.  für  ©efd>.  be«  SßroteftantiSmuS  in  Defterr.,  in  ben  SRitt.  be«  tyft.  JöereinS  für 
Btctcrmarf,  ben  Beiträgen  jur  Äunbe  fteierm.  ©efd)idjt3queHen,  ben  ©teierm.  ©efdn'djtS* 
Wittern,  ber  Carinthia  u.  a.  90 

(St&ad  beffer  fteljt  e$  um  Guellenfammlungen jur  ©efd)ld)te  ber  ©egenreformation.  $ier 
fbib  an  filteren  Quellen  anjumerlen:  12)  3)aotb  9hmgiu3,  S3ertcf)t  unb  Erinnerung  uon  ber 
tyraimtfd)en  ba>ftifd)en  ©erfolaung  beö  ^l.  <£t>angelii  in  ©tenermar!,  törnbten  u.  (Srain  zc. 
Stttenberg  1601.  13)  Safob  ^ofolenj,  ©rünbli*er  ©egenberidit  auf  ben  falfdjen  ©erieftt 
imb  oermeinte  (Erinnerung  3>aütbi$  SRungii  .  .  .  ©räfc  1607  (baju  erfd&eint  eben  eine  ©tubie  35 
wn  fiofertb,  3urÄritif  be«  Wofolenj  in  ben  9W.3.0eft.©.  21.93b,  in  welker  bie  Verlogenheit 
bei  VntOTft  nadjgemiefen  roirb).  14)  Georgii  Stobaei  de  Palmaburga,  Epistolae  ad  divereos 
Viennae  Aoatriae  1758  (enthält  ben  mistigen  93rief,  ber  bie  5Ratfcf)löge  für  bie  $urdjfüt)rung 
ber  ©ejenreform.  in  3nn*röfrerreic&  bietet,  wie  fie  bu^ftäblicö  befolgt  tourben).  15)  Relatio 
Hutonae  triattesimae  persecutionis  autore  Amando  Hanavero  1601.  O.  O.  16)  ^urje  40 
mb  mar^afftige  (Srjefelung,  wie  .  .  .  $aulu$  Dbonliud  .  .  .  gefänglich  eingebogen  .  .  .  tuor» 
ben,  Wagbeburg  unb  3)redben  1603.  Von  neueren  OueUenfammlungen  ift  bte  grunblegenbe : 
17)  fcften  unb  Äorrefponbenjen  jur  ©efe^ieftte  ber  ©egenreformation  in  Snneröfterretd)  unter 
&|kr|ogftarlII.  1578-1590,  ^eraugg.u.  S-ßofert^  TOenl898,  92  u.  747  ©.  (im  50.  $b 
ber  Fontes  rer.  Austriac.  2  Hbt$.),  bie  Einleitung  giebt  einen  au$füf)rfid)en  ©erid^t  über  45 
bra  gesamten  ardjioalifdjen  Oueüenftoff.  18)  ©itlelöbacfjer  Briefe,  ^erau^geg.  uon  gelij  ©tieoe, 
6$rftr,  «Rünc^n  1885-1892  (ber  bairifcfje  (Sinflug  auf  bie  (Sntmicflung  ber  $inge  in 
3raer3fterrei4  ift  ba  unb  au$  ben  oben  unter  9ir.  5  genannten  ©tücfen  flar  erfidjtticfj). 
19)  (JtnjelneÄ  bieten  bie  Annales  Ferdinandei,  Wiguleus  Hund,  Metropolis  Salisburgensis 
H  XL  a.  60 

2.  Darftellungen.  (Sd  ejiftiert  eine  einjige  miffenf(6aftli(t)e  ©efamtbarfteHung  auf 
ürt^ wlifdjer  ©runblage,  nftmlic^ :  1)  Soferll),  ©efd)i(bte  ber  Deformation  unb  ©egenreforma« 
Hon  in  ben  inneröfterreid)ifd)en  fifinbern  im  16.  3al)rl).,  ©tuttgart  1898.  $0$  reicht  fie 
ttr  M  1590.  3ftre  Sfortfekung  finbet  fie  2)  in  fiofertb,  Der  ^pulbigungSftreit  na$  bem 
hbt  dr)berpg  ScarlS  II.,  ©rai  1898  (aueb  unter  bem  Xitel  gorfa^ungen  jur  SSerfaffungö*  65 
ub  $fni>altung$gefd)id)te  ber  ©teiermarf,  2.  Xt)l).  anbere  ©efamtbarfteHungen  [\nb  ent* 
»eber  oeraltet  unb  partciijc^  wie  3)  fflobitfeft,  ©ef4-  bed  $roteftanti3mu3  in  ©teiermarf,  ©raj 
1Ä59#  ober  ttiffenfdjaftlid)  ungenügenb  wie  4)3lmof,^er$roteftantidmud  in  ©teiermarl,  $ärn* 
ten  inb  Ärain  x>om  16.  Safclj.  m  auf  bie  ©egenwart,  ©raj  1900  (bie  erften  107  ©elten 
fab  iKfcntlicfe  ein  Kufyig  au*  fiofert^S  unter  9?r.  1  genanntem  98erf,  btä  folgenbe  beruf) t  60 
w^t  auf  eigenen  ardjtüal.  ©tubien  unb  enthält  jatjlreidjc  3rrtümer,  fann  alfo  nur  trre= 
ffyrrob  wirfen).    3ab^rei(b  finb  bie  Sonographien  über  einzelne  Partien.    3U  ^nen  gehört 

5)  ba«  umfangreiefte  mit  oielen  ©riefen  unb  Elften  uerfe^ene  Ser!  ^urterd,  ©ef^i^te  bcö 
Wfert  3fctbinanb  II.,  11  öbe.f  ©djaff&aufcn  1850—1864.  ®«  ift  eine  einfeitige  »er^err- 
Ii^Hsg  ber  dkger.reformation.    ©0  aud)  oon  bemfelben  ^erfaffer:  6)  93ilb   einer  djrift liefen  65 


102  3n«crijimtt4 

Tfitrftin,  iRaria,    {Sr^fcerjcgin  ,ui  dfieueid,  2  dar  teufen  1860.    Tic   t«  btefem  $£er?e   ab« 

gefcrucfren  33 riefe  jtnb  1*97  ncdmal*  rrnÄbuQ  ebiert  moTben,  ©ia$  3tnria.  Xenfe Ibfii  6ba- 
r-fier  treckt  cü*  $ud:  7/  2  du  für,  güuibiidc?  iKartin  Sienntr,  öin  (Sbaralterbüb  ous  ber 
neia  mär  lüden  :ReTCTnia:u"n*gcid..  ©ra*,  u.  i'eipjui  1696.    6    &.  SR.  SRoner.   Xer   Sruder 

5  t'cnbicg  1572,  «id.  f.  cü.  ©eid.  73  (er  tag:«  in  "©raj.  ni4t  in  Snufj.  9)  Xerfelbe.  3cre« 
mia*  ^emter^er,  (jin  Beitrag  $ur  ©eid-  onnerimerreid*  im  16.3abrt).  fcrd).  f.  oft.  ©cfd).  74. 
1«.i  Xcrjdre,  ;iur  Weidjiclte  oimeT  euer  eid*  im  3atre  '^00  im  20.  Cb  ber  gorfdntngen  j. 
b.  (fceididte.  Il>  Glje,  Xie  3iipfriri;enKnttn  ber  epangelifden  Stircbe  in  ÄTain  toS^renb 
bvi  16.  3afcrb..  &ien  1?"63.    12)  fiofer.b,  Xie  3at$burger  $rooin$ialiönobe  Don  1549  (mit 

M  rc;d:igen  CueÜen  beitragen,  mit  aud)  bie  jolgenben  Äummein»  Slrd-  f.  oft-  Qefä.,  85.  Sb. 
l.'Ji  Xerfelbe.  Cr$ter$og  Äarl  II.  unb  bie  ijrage  b«  Grridtung  eine*  ßloftcrcatc*  für  3nner« 
if-fterreid),  "Ärd.  f.  oft.  ©eid.  64.  *b  «mit  bin  tc*.  flttenüürfen).  14)  Xerfelbe.  ©ine  gell* 
fdung  btä  S>i$e  längere  SSoIfgang  3dian$.  2K  3  Ceir©  XX.  15)  Xerfelbe,  Gin  $odoer« 
ratWro',c&  cue  ber  3eit  ber  ©egenreformation  in  Jnncröfterreid,  «rdj.  j.  oft.  ©efd-  88.  33b 

15  ('mit  ben  fcc*.  91  ftenf  rüden.  10;  Tcrfelte.  Xer  Jjlacianiemuä  in  3teiermarl  unb  bic  Äeli* 
gionegeiprclde  ron  3d:abming  unb  (Vraj.  3b.  f.  ©cid.  be*  $roteft.  in  CefterTeid)  1899. 
17 )  XeTfelbe,  4?iebertäufer  in  Bteiermart.  iflitib.  fcift.  3>er.  42.  18)  ftür  bie  SHef.  unb 
©egenref.  in  ftrain  bietet  auf  quellenmäßiger  ©runblage  nod  ba*  meifte  Ximifc,  ©e(d.  oon 
Ärain  II.  u.  III.  Itjf.  l'aifcad  167"».     19)  9e.  Sebinger,   Xie  Deformation    unb  ©egenrefor* 

•20  mation  in  fclageniurt  17.  ii.  18.  $rogr.  be$  C.  ©nmn.  in  filagenfurt  1867/8.  20)  Soferty. 
9lu*  ber  3^it  ber  ©egemeformation  in  ftärnten.  Xie  beabitdtigte  (Sinjieljung  ber  Älöfrer 
©uffen  unb  %rno(bftciu  in  ben  Jefuttenorben,  GEarintbia  VMJ  3abrgg.  gnr  bie  Crganifation 
bes  proteft.  £dulroejenä  ift  roidtig:  21 )  g.  o.  Jlroneä,  ©ejd.  ber  Uni  werft  tot  ©raj,  öroj 
\hW>.    22)  ?einlid,  ©efd.  bes  ftttmn.  in  ©roj^  18G6  u.  ff.    23)  Xerfelbe,  3)te  Ggtenpeirger 

25  <Stifft,  efcenba  1864.  24)  SMertb,  Xie  pTot.  3iiflÄidulc  in  @d«ronberg.  Witib.  bift.  wr. 
f.  €teierm.  47.  ^eft.  25;  Xerfelbe.  Xie  91ufbcbung  bc&  proteft.  €duU  unb  ftiicbenminifte« 
riumd  in  ftlogeniuvt,  Gaiintfcia  lf-(X».  26)  Xeifelte.  Xie  ©egenTfformation  in  önnerofteueia) 
unb  ber  Ifterr.  ^erTeii*  unb  92iitciftanb;  liegt  POTläufig  im9(GnujIript  ror.  27)  (S^rroenla, 
Xie   ÄfceDenbüncT,    5Bien   1867.      J8)  9iabic£,  ©etborb  VIII.  o.    Äuertperg.   ©ien    1862. 

30  2i4j  ftleineTe  Stubien,  Wi^cQeu  u.  a.  in  ben  oben  genannten  3ftiWriften. 

Unter  ber  ScAeidjnung  3nneröfterrcid  tourben  feit  bem  15.  ^a^rbunbert  bte  öper« 
reidnfeften  i'änber  Steiermarff  Kärnten  unb  ftratn  }ufammengefa|t.  Sie  bilbeten  fdj^on 
1 111  eine  eigene  Senrjaltung^ru^^e  mit  <Steiermart  atö  .^au^tlanb  unb  ®rcu  afe  be= 
bor^ugtem  9legterunge{t$  unb  Sertpaltung^jentrum.    tiefer  3ufammenfc^Iuft   ^teb   aud) 

36  unter  ^erbinanb  I.  befielen  unb  mufete  ein  nod)  biel  enaerer  roerben,  ald  ^erbhtanb  I. 
ftarb  unb  fein  jüngfter  Sor;n  Grjberjog  Äarl  II.  btefe  Sänbergru^e  erbte  (1564).  3n 
!irc^(id>er  Se^te^ung  ftanb  fie  unter  bem  Sr^btetum  Saljbur^  unb  bem  ^Patriarchat  bon 
9(qui(eja.  3^ar  Ratten  and)  einzelne  geiftlicbe  Steicr^fürften  rote  bie  bon  Samberg,  grcifvng 
unb  Srijen  reichen  Sefuj  in  ben  bret  Sänbem,  aber  bie  tird^licr)e  SJernxiItung  tourbe  ^ie= 

40  bon  in  leiner  2Betfc  berübrt.  X)ie  gro^e  rtrc^lide  Scrt>cgung  beä  16.  ^^^unbertö  fanb 
in  allen  tnneröfterreic^ifc^en  fiänbcrn  frübjeittg  ßingang;  ja  biefe  tourben  bon  i^r  biet 
ftärfer  erariffen  ate  btele  anbere  beutfe^c  Sanbfc^aften ;  unb  ba$  nimmt  ntAt  Sßunber, 
benn  auc#  in  ben  RÄtm  be«  9Jiittelalter3  gab  ed  in  ben  beutföen  Sanben  feine  bebeu« 
tenbere  Setoegung  ber  ©eifter,  bte  man  ntcfyt  mit  befonbercr  Stärle  aud)  in  3ttneröftct* 

45  retet)  berf})ürt  fyätte;  ftanben  boc^  lange  3cit  neben  £fterreicty  borne^mnd^  ßteietmarl 
unb  Äärnten  im  ÜKittelpunlte  ber  geiftigen  Seroecjung  2)eutfcr)Ianb«.  ©o  fanb  benn  auc$ 
bie  mittelalterliche  C^ofttion  gegen  bae  ^Ja))fttum  bier  Gingang,  unb  rourben  bte  r;uma= 
niftifc^en  ©tubien  f/icr  mit  befonberem  Gifer  betrieben.  SBiel  einbringlid^er  totrfte  aber 
jene  Setoegung,  bie  mit  Sut^erö  9Jamen  iufammenr/mg.    3(ucr)  hier   toie  anbertoärö  lag 

60  bie  Urfadje  r;ierbon  borner;m(ic^  in  ben  feptoeren  ©dbre^en  beö  fatboltfc^en  JKcrud.  gef^on 
ein  ©idjter  be«  13.  3abrr;unbert^  flagt:  „eä  gebe  hier  Pfarrer,  bie  e$  gar  nid^t  tuageit 
bürfen,  ir^re  ^farrfinber  $u  tabeln,  toeil  man  fic  fonft  irjrer  eigenen  Umud&t,  bed  Sbteleö 
unb  SBuc^er^  h>egen  berflagen  toürbe.  5Ricr)t  feiten  berufen  fu$  bie  5ßfarrfinber  auf  baä 
bon  ben  Sifc^öfen,  9lbten  unb  Sßfarrern  gegebene   fc^lecr)te  Seifpiel.    SRiemate  tytix  bie 

65  ©ciftlid;fcit  leidjtfinniger  gelebt:  Un^uc^t,  Seilerei,  au^gelajfene  Sieben,  Saufen  unb  ©teeren 
in  allen  ffiirts^äufem  fei  jeftt  ir;r  Sebcn.  Sluf  alten  ©emälben  fe^e  man  oft  ben 
Sßriefter  abgebilbet  mit  einem  Suctye  in  ber  $anb;  je^t  tr)ätc  man  beffer,  i^n  bargupeUen 
mit  einem  SBeib  an  ber  Seite,  ein  Spielbrett  in  ber  §anb,  ein  ©c^toert  unb  ein  langet 
5)ieffer  um  bte  Senben.    Gfye  möge   einer  im  ^gefeuer  ofyne  Slufregung  leben   ate  m 

w  einem  Älofter".  3)iefer  ©ittenfebilberer  ift  babei  noety  ein  toarmer  greunb  be«  Älerud. 
©old^e  Älagen  mehren  ftc^,  je  när;er  man  an  baä  1(5.  Sa^r^unbert  ^eranlommt.  Äetn 
SUunber,  bafe  alle«  ber  neuen  Stiftung  zufällt,  ©c^on  ergab  eine  grojje  SSiptation,  bte 
1528  in  ber  ©eefauer  ^iöjefe  burcf^jefübrt  tourbe,  ba^  ,,ba«  Vut^ertum"  überall   feinen 


^mirröfterrcid)  103 

&*&*%  fluten.  Hieran  fat  auc$  ber  Sauernfricg  nicfyt«  mefyr  geänbcrt.  2)ie  Überzeugung 
fcrrföt  bor,   man  fei  fcon  ber  ©eiftlicfyfeit  bi«fyer  um  fein  Seelenheil  betrogen  toorben. 
SDie  ftlofter  toerben  leer;   ein  2lbt  jagt  ba  toofyl,   er  fyabe  feinen  Untertanen  bie  lutfye* 
rifefcn  Sachen  nietyt  geftattet,  fie  feien  aber  ber  Stficinung  nietyt  getoejen.   Überall  fyerrfdjte 
itu^t  Mofc  ein  SRanael  an   „tauglid^en  unb  gelehrten"  <ßrieftern,   fonbern   an  Sßrieftern  5 
überhaupt,    alte  Stiftungen  gelten  ein  unb  ber  proteftantifcfye  2lbel  ertoirbt  burc$  ^fanb* 
febaft  unb  Rauf  einen  niefct  unbeträchtlichen  £eil  be«  Äircfyengute«.   SBeniger  al«  in  ÖSrol 
tommen  in  3mieröfteneic^  bie  laufgefinnten  gur  ©eltung.  3)a  bie  Sanbfdpaften  bie  äug«* 
burgiföe  Äonfeffion  für  bie  allein  fcligmacfyenbc  gelten  unb  Don  ber  2lnftd>t  ausgingen, 
taft  ber  Stampf  be«  Sanbeefürften  nur  gegen  bie  „©eften"  gefye,   fo  fallen  fte  faft  nod?  10 
me^r  al«  bie  Äatyolifen  barauf,  bafi   fein  SBiebertäufer  im  Sanbe  gebulbet  toerbe.    Sie 
6al)burger  ©tynobe  bon  1549  erbrachte  ben  9lac$toei«,  bafe  ©teiermarf,  Kärnten  unb  tootyl 
mdf  fc^on  Ärain  Dom  5ßroteftanti«mu«  gän$li($  burd?fefct  toaren.    3tt?ar  *rat  Serbinanb  I. 
na4  Äräften  für  ben  Seftanb  ber  alten  Sefyre  ein,  aber  auefy  er  fafy  fiefy  naefy  ber  ferneren 
Xtebcrfage,   bie  Äarl  V.  burefy  9Korifc  Don  ©a^fen  erlitt,  genötigt,  gugeftänbniffe  &u  16 
wachen.  Stuf  bie  gorberung  ber  ©tänbe,  itynen  bie  (Srrungenf^aften  be«  9leligion«frteben« 
utfommen  gu  laffen,  ging  er  freiließ  ni<$t  ein,  benn   fte  feien  jtoar  ©tänbe,   aber  nietyt 
Ütet^Sßänbe,  bodj  getoäfcte  er,  bafj  jene,  bie  ba«  2lbenbmafyl  unter  beiben  ©eftalten 
nahmen,  ni<$t  geftraft  toürben.    güljrer  ber  Sßroteftantcn  toar  ber  2anbe«fyaul>tmann  bon 
Steiermarf  Hon«  Ungnab,  greifen  bon  ©onnegg.    6r  fiel  toegen  feiner  leilnafyme  für  20 
He  $rotcftanten  in  Üngnabe  unb  toanberte  freiwillig  in«  @jil,  erft  nad&  ©acfyfen,  bann 
na$  SBürttemberg,  bon  fco  au«  er  eine  lebhafte  ^ropaganba  unter  ben  ©übflaben  ein- 
leitete.   6«  ftnb  grofeenteil«  feine  ©elbmittel   getoefen,  bie  Sßrimu«  trüber,  ben  SRefor* 
matot  ba  ©lobenen  unb  feine  ©enoffen  in  ben  ©tanb  festen,  bie  ©lobenen  unb  Äroatcn 
mit  Überfe^ungen  ber  Sibel  in  tyrer  URunbart  ju  berfetyen.    Sie  beften  Hoffnungen  ge*  25 
toäfyrte  ber  9tegierung«antritt  sJ)ta|imilian«  IL  (1564),  be«  einigen  §ab«burger«,  ber  au« 
innerer  Steigung  bem  3lug«burgifc$en  ©laubenebefenntni«  nafye   trat.    93tan  fyielt  bafür, 
bog  auc$  @r$erjog  Äarl  biefelben  Sßfabe  toanbeln  hnirbe:  „3.  3Kt.  unb  ßr^erjog  Äarl, 
(treibt  ein  3eitgenoffe  in  biefen  Sägen,  ftimmen  toofyl  jufammen;   lafct  un«  getreulich 
beten,  e«  ift  eine  grofje  3*ü-"    %&&*$,  9tta£imilian  IL  toar  biel  ju  fefyr  ^olitifer,   als  so 
ba&  er  ba$  äug^burger  ©lauben«be!enntni«  gang  angenommen  j^ätte,  unb  feit  bem  tra= 
giften  6nbe  bei  3)on  6arlo«,  ba«  ben  beutfe^en  $ab«burgern  bie  9lu«ftdbt  auf  ben  33efi$ 
€)>aniend  eröffnete,  geriet  er  bollenb«  in  ein  anbere«  ga^rtoaffer.    ©ein  Sruber  Äarl  IL, 
Va  $err  in  ^nneröfterreicfy,   erfüllte  noc^   biel  toeniger  bie  Hoffnungen  ber  Sßrotcftanten ; 
unb  gerabe  bon  tym  ertoartete  man  ba«  Hoffte:  bie  (Sinfüfyrung  ber  3lug«burgifd^en  Äon*  86 
feffüm  al«  ©taat«re!igion.    Gr  fear  hierüber  auf«  tieffte  erbittert.    2Ba«  foDte  er   aber 
tbjm?    ©tärfer  al«  jemal«  früher  brang   ber  $roteftanti«mu«  in  alle  Äreife:   in  ben 
Käthen  unb  ©täbten  gehörte  i^m   alle«  ju,  in  ben  Sergftäbten  ging  ber  fatl^olifc^e 
®otte«bienft  ganj  ein,  bie  Älöfter  ftanben  enttoeber  leer   ober  h>aren   bon  berfyeiratetcn 
Konten  betoo^nt  unb  auf  ben  latyolifc^en  Pfarren  fa^  eine  ©eiftlic^feit,  bie  ben  65libat  40 
aufgegeben  fyatte,  ba«  Slbenbma^l  unter  beiben  ©eftalten  aufteilte  unb  bie  „beutfe^e 
Seffe"  la«. 

3m  3a$re  1572  tourbe  ein  fogenannter  2Bin!ellanbtag  ju  Srud  an  ber  9Kur  ge^ 
galten,  (ginem  Sriefe,  ben  ber  Sifc^of  Urban  bon  ©urf  bamal«  an  ben  Herjog  2Ubrcrf>t 
knm  Saiern  fc^rieb,  entnehmen  toir,  h>elc^e  fteiriWen  ©täbte  al«  folcfye  fid^  bamal«  jur  is 
|roteffamttf$en  2ebre  belannten:  6«  fmb'©rag,  Harburg,  Seoben,  gjub^urg,  Slabfer«- 
burg,  gürjtenfelb,  Sottenmann,  3Soit«berg,  2lu^ee,  9leumarft,  (Sifenerj,  SBäeifeenfirc^en,  gelb^ 
hafy,  Obc^eirmg  unb  Obbadb.  9lber  and)  bon  ben  no$  übrigen  erwartete  man  ben 
übertritt  mittel«  offener  @r!lärung  jeben  &ag.  9lo$  biel  ^offnung«boller  für  ben  $n>; 
teftanti«mu«  lagen  bie  3)mge  in  Äratn,  n>o  bie  flobenifc^e,  bon  ben  fteirifd^en  ©tänben  60 
mterftü^te  $ro)>aganba  einen  ®rf olg  nad^  bem  anbern  errang,  unb  in  Äärnten,  n?o  Älagen» 
fort  nidft  lanbe«fürftlid^e,  fonbern  lanbftänbifc^c  ©tabt  mar  unb  al«  foletye  einen  au«= 
\h/Mflid}  ^roteftantifc^en  (Straftet  trug.  5Bir  erfahren  au«  einem  Briefe,  ba|  fte  felbft 
1598  iux$  faum  einen  unb  ben  anbeten  fat^olifc^en  ^Bürger  in  i^rer  Glitte  jä^Itc.  ^n 
ben  ©tobten  finb  alle  Ämter,  ba«  eine«  SBürgermeifter«,  ©tabtric^ter«,  ©tabtfe^reiber«,  65 
ßmiebmer«  unb  bie  StatfieÜen  in  ben$änben  ber  5ßroteftanten,  ja  felbft  bie  Hofbebienfteten 
geboren  ber  81.  Ä.  m.  9Kc^t  anber«  toar  e«  beim  3lbel.  SSom  fteiriföen  Sanbtage 
1580.81  f^retbt  ein  9eoba$ter,  ein  fämtnifc^er  Gbelmann  nad)  Älagenfurt,  bafe  e«  in 
Cteiermarf  ni$t  me^r  al«  ^ften«  fünf  fatyolif$e  Gbelleute  gebe.  3)ie  £anbe«bermaltung 
tourbe   nun   ganj  mit  $roteftanten  angefüllt:  ber  £anbe«^auptmann,  iJanbe«berh)alter,  eo 


104  3»tter0ßerretdj 

fcanbeSDertoefer,  SteUermeifter,  gmnetymer,  bie  Dom  2anb  beßettten  grütyrer  ber  Xrujtyen, 
bie  Sorftänbe  ber  Äretfe  u.  f.  to.  toaren  Sßrotefitanten.  Slm  2anbtage  flehen  ö — 6  la? 
t^oItfd>e  gegen  40—50  proteftantiföe  Stimmen,  unb  bieS  Sertyältniä  toürbe  tuxty  gait) 
anberS  fein,  toenn  nictyt  bie  Vertreter  ber  ©table  unb  SRärfte  htSgefamt  nur  eine  etti|tae 

6  Stimme  befäfeen.  gm  Anfang  ber  ftebjiger  3a$re  lenfte  Äarl  II.  me&r  m  bte  jefutttfcpe 
Stiftung  ein.  Seit  feiner  Verheiratung  mit  3Raria  Don  Saiern  tourbe  ber  batcrtfdye 
(Sinflufc  mafjgebenb;  aber  bie  finanzielle  9iot,  in  ber  er  ftdb  befanb,  nötigte  iftt,  in  bat 
beiben  großen  *ßacifttationen  Don  ®ra*  (1572)  unb  Srurf  a.  b.  2R.  (1578)  bat  Sbtge» 
porigen  ber  21.  Ä.   folck  ßugeftänbniffe  )u  machen,    bie  faft    einer  äbterfemutttg  ber 

10  ®lauben$freityeit  gleich  tarnen.  ©atn  nicty  blojj,  bajj  er  berfpra$,  ber  Sieligion  toegen 
niemanben  aucfy  nur  „ein  $är$en  ju  frümmen",  geftattete  er  ben  ^roteftanten  in  ®ra) 
unb  ^jubenburg,  Saibacf)  unb  JUagenfurt  bie  Ghrrtdjtung  eigener  Atrien  unb  Spulen.  3n 
ben  brei  SanbeStyaitytftäbten  ®raj,  Älagenfurt  unb£aibac$  tourbe  nun  ein  eigenes  Hingen» 
unb  Scfyulminifterium  eingefefct.    (Sine  alle  ^Protestanten  3nneröfterrei<$ä  Derpflt<$tatbe 

15  ftir$enorbnung  n>irb  feftgefefct  unb  mit  ben  Dorn  (Srjtyerjog  gegebenen  3uaeftänbmffen  alä 
bie  grofce  fteiriföe  SReligionSpacififation  aufgejeubnet  —  ein  gretyeitsbrief,  ber,  tote  bte 
^roteftanten  meinten,  fie  Dor  aßen  fünftigen  Verfolgungen  f$ü$en  foOte.  SDie  Stifte 
fc^ule  in  ®raj  tourbe  toenigftenä  teiltoeife  als  $o$f$ule  emgeridbtet.  Sei  ber  Sebeutung 
ber  Dier  genannten  Stäbte  mufcte  bie  3a^  ^ex  bort  toirtenben  ©eiftlid^en  er^dfyt  toerben. 

ao  (Sinem  jeben  §errn  unb  fianbmann  ftanb  e$  frei,  einen  Sßräbilanten  für  ft$  unb  bte 
Seinen,  b.  $.  feine  Untertanen,  ju  galten,  unb  ba  nictyt  ein  jeber  Sanbmann  in  ber  Sage 
fear,  bieg  tfyun  ju  lönnen,  tourbe  in  jebemfianbeSbiertel  ein  proteftantifäeT  ^tertefyrebtger 
aufgeteilt.  Sei  bem  großen  Sebarf  an  ®eift(i$en  unb  bornetynlicty  an  toif[enj£aftlid(| 
gebUbeten  Setyrfräften  für  bie  ®rajer  Stiftefctyule  enttoicfelte  ftq  ein  reger  Serrepr  ber 

26  einzelnen  £anbf$aften  mit  ben  proteftantiföen  UniDerfttäten  be$  SRad&eS.  Unter  bat  ax& 
bem  Steige  berufenen  ©eiftlictyen  foielte  SeremiaS  §omberger  als  Dbeqjaftor  in  ©raj  eine 
tyerborragenbe  Stolle,  bie  ftcf?  am  beutlic^ften  in  ben  SBorten  @r$erjog  flartö  aufragt: 
ßnttoeber  muffe  er  au$  bem  fianbe  fyinauä  ober  ber  fiomberger.  ©iefer  toar  efat  c$r* 
lieber,  uneigennütziger  unb   infolge  beffen  bei  feinen  ©laubenSgenoffen  $oc$  angefeuerter 

sodann:  in  ben  feit  1579  angebrochenen  Sagen  ber  Verfolgung  bte  Seele  be$  3Biber= 
ftanbeS  gegen  bie  brtiefenben  9ttafcregeln  ber  ©egner. 

3Kit  ben  grofjen  3ugeftänbniffcn  Don  Srud  fyatte  ber  mneröjierrei$ifd{>e  ^Sroteftan* 
ttemuS  feinen  ^ityepunft  erreicht.  3lfö  bie  ßurie  öon  ben  gtofeen  3ufl^^*«|f!«n  be« 
@r^erjog§  Äunbc  erhielt,  geriet  fte  in  einen  grofjen  Sd^reclen.    5Ran  fürchtete  ein  Über* 

35  greifen  beä  ^roteftantiSmud  Don  ®örj  au$  in3  Senetianifc^e.  Sin  SRunttu^  erf^ien  fat 
®raa;  ber  ©r^erjog  tourbe  in  ben  Sann  getfyan  unb  alle  $ebel  in  Setoegung  gefegt, 
um  bte  ben  ^roteftanten  gemalten  ftonjefftonen  ^urütfjune^men.  S)er  @n^er)og  toar  ju 
einem  SBäiberruf  geneigt,  unb  baji  biefer  nid^t  eine  bem  £aufe  ßaWburg  abtraglti^e  gönn 
annahm,  bantte  er  bem  ©ingretfen  ßr^erjog  gferbinanbä  in  Snn^brud.    3)ie  $öfe  bem 

40  SWünd^en,  3"«^^*/  Salzburg  unb  $rag  traten  für  bie  Sactye  be«  Äat^olijtemiö  ein, 
unb  in  aJtünctyen  fanb  im  Dftober  beS  3a^  1579  jene  Seratung  ^tatk,  in  toelc^er  Me 
®runbfä^e  jur  2)urc^fü^rung  ber  ®egenreformation  in  3nneröfterreid&  festgelegt  totnben. 
Sc^on  1580  tourbe  ber  98erfu4  gemalt,  bem  J)roteftantifc^en  SBefen  bn  Sanbe  mit  einem 
einzigen  Stog  beiftufommen.    ylod)  aber  toaren  bie  Stäube  bie  [tarieren  unb  ber  @rj* 

46  ^ergog  genötigt,  fein  2)efrct,  ba^  feine  grofeen  3wgeftänbniffe  toieber  aufgehoben  ^atte, 
jurücfjunc^men.  9lun  ging  man  —  im  Sinne  ber  9Jiünd&ner  Sefölüffe  —  langfamer, 
aber  um  fo  fixerer  bor.  wem  begann  mit  ber  ,,fat^olifc^en  Sieformation"  bort,  too  bar 
Srfolg  am  ftc^erften  ju  ertoarten  toar  —  in  Stäbtcn  unb  SWärften,  baut  über  biefe,  mit 
Sluöna^me  Don  ®raj  unb  ^ubenburg,  2a\ba<fy  unb  JHagenfurt,  J^atte  ftd^  ber  SanbeSffirft 

60  bie  SDt^pofttton  in  firdjlidjen  Dingen  Vorbehalten.  9tun  tourbe  in  Stäbten  unb  SRdrtten 
ber  proteftantifc^e  ®otte^bicnft  abgefc^afft,  bie  eDangelifc^en  Pfarrer  unb  Se^rer  Derjagt, 
®nabcn=  unb  ®unftbejeugungen  nur  noc|  an  Äat^olifen  Derlie^en.  Sd^on  feit  bem  3a$re 
1571  toar  ber  3Künd^ner  §of  bie  Seele  ber  gegenreformatorifc^en  Seftrebungen  in  Krater* 
öfterreie^.    ^n  Diel  ^oberem  ®rabe  ift  bie«  feit  1579  ber  gaH.    9lad)  3Künc^en  jidjt  bar 

65  (Sr^erjog,  um  feinen  jtampfegmut  ju  flauen,  Don  bort  au$  toirb  für  alle,  au$  für  bte 
Heinftcn  3)ingc  gürforge  getroffen,  ettoa  toenn  &  fiety  um  einen  fat^olifd^en  Äoc^  fconbeß, 
ben  man  in  ®rag  nicfyt  auftreiben  fann;  bort  toirb  beraten,  toie  man  bie  l^ten  pro* 
teftantifc^en  öofbeamten  befeitigen  fann:  e$  ift  eine  Äorref^onbenj,  bie  alles  unb  jebe^ 
umfaßt,  bie  ft#  nunmehr  gtoif^en  ®raj  unb  2Rünc$en  jie^t.    2ln  ben  §of  fommen  bai= 

eo  rifd;e  fieute ;   bie  beften  unb   befferen  Stellen  in   ber  firc^licfyen  ^ierard^ie  toerben  mit 


3tttter9fterretd)  105 

Soient,    bie   im  £ofbienft  am  Uebften  mit  italienifcfyen  Untertanen  befefct.    SKur  toenige 

tafce,   unb  ba«  ganje  SBefen  in  ©teiermar!  erhielt  ein  anbetet  ©eftd&t.    ©etyon  gießen 

91er  We  Sürger  batoon,  um  an  ebangelifc^en  Orten  ifyrem  (glauben  ju  (eben,  bte  pro; 

teßaitttf<$e  ©ttft«fc$ule  fommt  in  Slbnafyme  unb  um  tyr  ben  ©arau«  ju  machen,  toirb 

eine  ftratg   fatyoliföe  Uniberfttät   in  ©raj  errietet  unb  ben  ^efutten  übergeben.    2113  5 

jtoeit  ber  ©rünbung  toirb  m  ber  ®rünbung«urfunbe  au«brüdKic$  bie  „§erftellung  unb 

Hem^altung"  be«  tatyoliföen  ©lauben«  be$eic$net.  Stein  2anbe«finb,  fofern  e«  nid&t  ettoa 

abefiger  Sbfunft  ift,  barf  fortan  mefyr  an  einer  proteftantiföen  ©d^ule  —  fc^on  toerben 

biefe  <Bmfelf$ulen  genannt  —  ftubteren,  unb  um  ben  Äujug  bon  proteftantifd&en  ©urgent 

tu  Rannten,  toirb  fcon  jebem,  ber  Sürger  toerben  toiuf,  ber  „fatyoliftije  Sürgereib"  öer*  10 

lanat    Dabei  toirb  ben  proteftantiföen  Sürgern  fcon  ©raj  auf«  ftrengfte  ber  Sefucty  ber 

Sti$t«firc$e  unterjagt;   geftraft  toirb,  toer  feine  Äinber  in  ber  proteftantifetyen  ©tift«firc$e 

taufen  ober  trauen  läfjt  unb  unbarmherzig  toirb  au«gctotefen,  toer  bort  ettoa  eine  Sßrebigt 

an  )toette«mal  anhört     2)ie  Jrcoteftantifoen  ©eiftli$en,  bie  toie  ®gen,  Hornberger  u.  a. 

tyrer  $flt$t  gemafe  ityre  ©emeinbe  im  ßantyfe  ftärfen,  toerben  au«gctoiejen.  ©abei  toirb,  16 

inbem  man  bie  Strafe  toörtlicfy  nimmt,  immer  no$  bie  giftion  aufregt   erhalten,  bafe 

feinem  Sßroteftanten  „ein  §ärd)en  gefrümmt  toerbe".    Sergeben«  ift  e«,  bafc  ber  gefamte 

ibd  aller  brei  Sänber,  bajj  bie  proteftantifäen  9teic$«fürften   um  äbtyilfe  ber  auf  bem 

Bürger  taftenben  Sefd&toerben  bitten,  hergebend  toirb  um  ^nterbention  beim  Staifer  3tu* 

bolf  II.  anaefud&t.    gm  $atyre  1590  toar  bie  ©a#e  fo  toeit  geförbert,  bajj  man  in  ben» 

jefuittj$en  Kretfen  be«  Sanbe«  ein  @nbe  ju  machen  gebaute;  ber  2)rucf  toar  fo  ftart  ge* 

toorben,  bog  man  in  ©raaer  Sürgerlreifen  „fcon  einer  anberen  ^arifer  Sluttyocfy}eit"  ft>rac$. 

Aber  ba«  toar  e£,  toorauf  bie  gefuiten  einem  ©eftänbnijfe  be«  SRuntiu«  2KaIafotna  jufolge 

nur  toarteten.   gm  entfd&etbenben  äugenblicfe  ftarb  @r$erjog  Starl  unb  bie  ©aetye  tourbe 

oft  unter  gerbinanb  II.  ju  6nbe  geführt,  gn  ber  Rtoifd&enjeit,  bte  biefer  ber  Sormunb*  25 

tyaft  entlebigt  ift  (1595),  lägt  ber  ungeheure  ©rua  ettoa«  naify,   aber  in  benfelben  fünf 

Jahren  toerben  föon  bie  ©enfföriften  angefertigt,  toie  bie  Äefcerei  am  frfmeUften  unb 

Werften  auszurotten  fei.  —  gn  allen  toirb  betont,  bafc  ber  „neue  ßerr"  an  bie  $ufagen 

be*  oben  triebt  gebunben  fei.  ©0  toar  alle«  auf«  befte  borbereitet.  SJJac^bem  gerbinanbll. 

n«$  eine  2Sflflfa$rt«retfe  na$  Soretto  unb  3tom  unternommen,  erfolgten  im  §erbfte  1598  90 

bie  entfcfceibenben  Silage  unb  bie«  mit  einer  Stafc^eit  unb  einer  3Bu#t,  bafc  bie  $ro* 

ttftanten  hn  Sanbe  faum  *ur  Seftnnung  tarnen,    ßrft  toirb  ba«  }>roteftantif^e  Äird^ens 

unb  S^ulmmtfierium  in  ©raj,  too  eben  nod^  ein  Stepler  toirfte,  bann  in  gubenburg  unb 

Mboäf  aufgehoben,  bie  proteftantif$en  ©eiftlic^en   au«  bem  Sanbe  gejagt  unb   hierauf 

ein  fdrmfic^er  gelbjug  gegen  bie  proteftantifd^en  Sürger  unb  Sauern,  gegen  proteftantifd^e  86 

Sinken,  grieb^öfe  unb  Spulen  begonnen  unb  bie  ©a#e,  al«  fte  in  ©teiermar!  unb  Strain 

Aeglücft  toar,  au$  in  Stärnten  burd^gefü^rt.  ®er  ^elbjug  tourbe  bon  bem  ©eefauer  ^ürft- 

wf^of  SRartin  örenner,  bem  Sabanter  Sifc^of  ©eorg  ©tobäu«  unb  bem  Saibactyer  %ty* 

«a«  Slrön  aefü^ri    Ätten  J>roteftantifc^en  bürgern   unb  Sauern  toirb,  toenn  fte  nic^t 

tonHifd?  tt»aben  tootten,   ein  furjer  Termin  pm  2lbjug  gegeben,  bann  toirb   er  abge*  40 

töobai,  aber  nid^t  o^ne  jubor  ben  10.  Seil  ferner  Qcibz  al«  9tad&fteucr  ju  jaulen,  ©egen 

jnttfftantifty  Stbeln,  ©ebet^,   ©efang«  unb  fonftige  @rbauung«büc^er  toirb   ein   erbarm 

immg*le[cr  Äampf  geführt;   ^aufentoeife  toerben   fte  „bem  ÜButfan"  geopfert,    ^ofyx  für 

|ak  peEjen  Weltgion«reformation«!ommiffionen  burc^  ba«  fianb,  um  neuerbing«  Um^  unb 

ftröftfrau  ^u  bauen,  unb  erfi  in  ben  Sagen  Äaifer  3°fcf3  II.  fc^toinbet  biefe  5ßerfönlic^=  46 

feit  aus  ben  Säften  ber  öfterreictyifd&en  Seamten^ierard^ie.    3)iefc  ßrfolge  toaren   möglich, 

tocil  niemanb  m  allen  brei  Säubern,  nac^bem  bie  gefeilteren  ©egenmittel  ber  Sitten  unb 

Jty^toerben  erf^öpft  toaren,  an  einen  SBiberftanb  backte.  3)er  2lbel  ^ielt  in  unenttoegter 

Irtue  an  bem  angeftammten  ^ürften^aufe  feft;   toa«  er  tfyat,  toaren  Sitten  für  bie  Ser« 

folgten.    35em  ^erren=  unb  SRttterftanb  tourben  „nofyJ  bie  alten  £ufagen  gelaffen,  allein  50 

(^on  ba«  SBörtqen  „noc^"  fagt,  ba|  auti)  i^re  3)ulbung  {eine  bauernbe  ift.   Unb  in  ber 

3^at:  fefcon  1598  toerben  aueb  i^re  ©eifUic^en   öon  ben  2lbel«^öfen  unb  ©cfylöffern  ber« 

jagt  unb  fte  felbft  bann  geftraft,  toenn   fte  ettoa   ifyre  Äinber   aufeer  £anb  taufen  tieften. 

£0  \M te^en  fty  aud?  fc^on  Ferren  unb  SRitter  ber  9lu«toanberung  ber  Sauern  unb  Sürger 

«l  3Bie  groft  bie  £a^l  ber  ßjulanten  toar,  lägt  ftcfy  faum  beregnen.  3bre  3^1  tourbe  66 

Keine  ^ö^ere  getoefen  fein,  al«  fte  t^atfö^fic^  toar,  toenn  ntcfyt,  jumal  im  Säuern^ 
,  bte  ßoffnung  auf  beffere  3^ien  jurüdfgeblieben  toäre;  bie  „Sctc^rung"  toar  in 
fc«  meiften  gfäuen  eine  rein  äufterlid^e.  ©0  toenig  toie  bie  3a^  ber  ©planten  fennt 
nan  bte  tooltetotrtfd^aftlic^en  graben  ,,be«  toeiften  ©d^rerfen«".  SDtc  geiftigen  fonnte  man 
i^on  nac^  toenigen  ^a^r)e^nten  bemerlen:  eine  allgemeine  geiftige  Serfumjjfung  trat  ein, 


106  ^nncröftcrreirfj  ^nnocni}  I. 

bie  bis  in  bic  3eitcn  bcä  aufgeflärten  SlbfoluttämuS  fortbauerte.  9hn  längflen  tourbe  ber 
Sfbcl  im  Sanbe  gebulbct,  aber  afe  gferbinanb  II.  auf  ber  ßö^e  feiner  3xium}>$e  im 
:JOjäfyrigen  Kriege  ftanb,  Verfügte  er  (1028)  bic  SluStoeifung  oeS  t>roteftantifc$en  Sbefe. 
9lod)  ba3  SluStocifungSbelret  rütymt  cS  biefem  2lbel  nac$,  bafj  er  ben  glamenben-Sc^ilb 
6  feiner  Untertfyanentreue  unb  feinet  erprobten  ^Patriotismus  rein  unb  unfcerfefyrt  erhalten. 
©etoife  —  e$  toar  fein  ©cufenblut,  ba$  in  biefen  „gfü&rern"  be*  93olfe3  lebte,  »fe  £o$n 
für  i|re  unenttoegte  £rcuc  erliefe  man  ifynen  —  ben  je^nten  Pfennig.  —  ©o  tourbe 
3jnneröftcrreicfy  fefcerrcin.  9lad)  toenigen  Safyrjefynten  toar  alle«  ftitt.  3)od&  nur  f$einbar. 
9Dcnn  oft  genug  jüngeltc  in  Dberfärnten  unb  Dberfteier  ein  gflämmc^en  auf,   au«  bem 

10  man  erfafy,  bafe  ber  SßrotcftantiSmuS  fyeimlicfy  im  Sanbe  noc$  fortlebte  (ber  Kttyrtoprote* 
ftantiämuS  1600—1781);  bie  Äommiffionen,  bic  fcon  $e\t  ju  3eit  auägefanbt  tourben, 
mußten  mit  Seftürjung  toabrnefymen,  bafj  biefe  Sauernfcfyaften  noc$  immer  nid&t  befe&rt 
feien.  3)a  gab  c3  in  manchem  §aufe  eine  alte  33ibel,  ein  j>roteftantifc£e$  ©cfangS*  unb 
@rbauung3bu$,  in  toclcfycn  man  in  unbedachten  2lugenblidfen  Üntertoeifung  fu<$te  unb 

16  SEroft  fanb.  Selber  ift  biefe  intereffantc  $e\t  beS  ÄrtyptoproteftantiSmuä,  bie  mit  bem 
3>afyre  1601  begann,  no#  toiel  gu  toenig  toiffenfctyaftlicty  burd&forföt,  aber  au«  ben  mir 
befannt  geworbenen  ItnterfuctyungSprotoIollen  ergiebt  ftety  bie  S^atfactye,  bafe  ber  anae* 
ftammte  ©laube  in  §unberten  bon  ftamilien  bon  ben  ÄauSbätern  treu  erhalten  tou&e. 
2ltö  Äaifer  3°icV^  *>a«  Solcranjebift  (1781)  erliefe  —  Heinere  (Meisterungen,   toie  bie 

30  3ran$migration  nac$  Siebenbürgen  u.  a.  toaren  fcfyon  früher  berffigt  toorben  —  famen 
bie  ^roteftanten  gu  §unberten  unb  ^aufenben  fyerbor,  um  neue  ©emeinben  )u  bilben. 
§unbertmal  fo  biel  freiließ,  atö  no#  erhalten  blieb,  toar  in  bem  ungleichen  unb  unab* 
läffigen  Äampfe  bernic^tet  toorben.  3.  £efert$. 

3nuocenj  L,  $aj)ft  402  (401)— 417.  —  Quellen:  Liber  pontificalis  ed.  Momm- 
26  sen  MG  Gesta  pontificum  I,  p.  88-90;  ed.  Duchesne  I,  p.  220—224.  Coustant-Schoene- 
mann,  epistolae  pontificum  tora.  I,  p.  495 — 661,  vgl.  epistolae  imperatorum,  pontificum, 
aliorum  cd.  Günther  in  CSEL,  p.  92—98.  Jaffd  "  I,  p.  44—49.  Paulus  Orotriuß,  hist 
libri  adv.  paganos  VII,  c.  39.  Socrate«,  hist.  eocles.  VII,  c.  9.  Sozomenns,  hist.  ecclea. 
VII,  p.  24.  26,  IX,  c.  6.  7.  Zosimus,  hißt.  Romana  V,  c  41.  45.  Palladius,  de  vita  & 
30  Johannis  dialogus,  Lutetiae  1610,  p.  22  ff. 

fiitteratur:  Wrdjib.  53otrer,  Unparteiliche  ®efd).  ber  röm.  Ißäpfte,  überf.  Don  SRam» 
bad)  «I.  ©.  450 ff.;  Sangen,  ®efd)  bev  röm.  flirre  bis  XijfiuS  III.,  6.  665-741;  3ung« 
mann,  Dissertationes  selectae  in  hist.  eccles.  II,  p.  207—212;  ©rifar,  ®ef£b.  Storni  unb 
bcr  $«pfte  im  WM  I,  6.  59 -Tl.  284-288;  DchrB  III,  p.  243—249;  ^infdiiuÄ,  «hreften* 
36  rc*t  I,  6.  578 ff.;  Söning,  ©cfd).  beö  beutfeften  £ird)enred)t$  I.  ©.  459 ff.;  fjrtebricft.  3ur 
älteftcn  ©cfd).  beS  «ßvirnateö  in  ber  ßtrdje,  ©.  188 ff.;  3>cu^2Bteter$&etnir  ®efcb-  b.  «olfer- 
roanberung  1881.  II,  @.  110 ff.;  Äcumont,  ©efeft.  bcr  @tabt  9«om  I,  6.  738 ff.;  ®regoro* 
DiuS,  ©efd).  b.  Stabt  SHom  im  WH.  I,  ©.  113  ff. 

^nnocenj  I.,  ein  Sotyn,  inie  ^ieron^mu^   (epist.  130,   c.  16  ed.  Vallarsius  I, 

40  p.  992)  anjunebmen  fd^eint,  be$  ^Japfte^  SKnaftafm^  I.,  nid^t,  toie  ber  liber  pontificalis 
angiebt,  eine«  9jnnoc^n^^  au«  3llbano,  toarb  am  21.  35egember  401  (fo  na^  berSRefc* 
gabl  ber  catalogi)  ober  3lnfang  402  (fo  ^Pro^er,  chronicon,  MG  Auct.  antiqu.  IX, 
p.  465)  einmütig  bom  Sleru«  unb  SSolf  jum  topfte  getollt.  S)ie  ©eftnnung,  mit  ber 
er  ba£  Regiment  ergriff,  fennjeid^net  fc^on  feine  SB3a|lanjeige  an  SlntyftuS  bon  3^effa« 

45  Ionid^.  Sr  nennt  barin  ben  römifc^en  Sifd&of  rector  ecclesiae  Dei.  6r  ergebt  alfo 
betougt  Slnfpruc^  auf  bie  Seitung  ber  ©cfamtfircfyc.  tiefer  Slnfrruc^  ift  bamald  nic^tö 
9leueö  unb  UngetoöfynlicfyeS  me^r.  Slber  ungelnö^nlic^  ift  ba$  (Sefd^icf  unb  bie  3^0^r 
mit  ber  3n«Dcenj  i^n  15  ^afyrc  l^inburc^  im  3lbenblanbe  tote  im  9Korgenlanbe  jur  ©el* 
tung  ju  bringen  gefugt,  unb  neu  crftenS  bic  %vxm,  in'toelc^er  er  ifyn  begrünbet,  fotoie  teil« 

60  toeife  ^oeiten«  bie  rechtlichen  Folgerungen,  bie  er  barau«  gebogen  fyat.  —  SBa^  JunäAfl  bad 
erftere  anlangt,  fo  pnben  toir  juerft  bei  %  bie  Theorie,  bafj  ber  Slang  eine«  93ifc^of« 
bamaefy  ju  beftimmen  fei,  ob  unb  intoiefern  ber  gürft  ber  Styoftel  in  bie  ©efe^tefe  ber 
betreffenben  Äircbe  eingegriffen  ^abe.  2lu«  biefer  I^eorie  ergiebt  fid^  nac^  i^m  1.  bie 
Cbcr^errfc^aft  Storni  über  ba$   Slbenblanb,   benn  alle   abenblänbifc^en  ©emeinben  pnb 

eö  burd;  Senbboten  $etri  ober  feiner  Dtac^folger  gegrünbet  toorben  (epist.  25,  p.  607) ; 
2.  bie  Dbcrfyofyeit  9lom3  über  bie  Patriarchate  be«  DftenS,  benn  ber  Äirc^e,  bte  $etru* 
bi«  an  feinen  lob  bauernb  leitete,  gebührt  felbftocrftänblic^  ein  leerer  Slang  ab  ber 
Äird^c,  bie  er  nur  toorübcrgcfyenb  burc^  feine  ©egentoart  au^gejeic^net  ^at,  Äntiod^ien 
(epist.  24,  p.  602  f.),  unb  —  barf  man  ergänzen  —  auefy  ate  ber  Äird&e,   bie  tud&t  er 

so  felbft,  fonbem  nur  fein  Schüler  SDtarlu«  gegrünbet  fyat,  Sllejanbrien.    äud  ber  gleiten 


dttnoceiij  I.  107 

Xnf$auung  folgt  aucty  3.,  bag  für  bie  ©licberung  beä  tird^Iic^cn  SSerbanbeS  bic  toeltlid&e 

^roDhtgialDerfaffung   nicfyt  maggebcnb  ift  (epist.  24,  p.  602  f.).  —  SKictytiger  no#   ate 

btcfe  neue  Strt  ber  Segrünbung  be$  ^rimatcS  fmb  II.  bic  rechtlichen  Folgerungen,  bie 

J.  au$  tym  ableitet.    Scfyon  tyatft  ©iriciuä   fyatte  in   aller  gorm  ein  oberfteä  33crorb* 

iumg&  unb  Sluffid&tärectyt   über  bie  ©efamtfircfye  in  Slnfprucfy  genommen.    !g.   W   beibc  6 

Sc^te  mit  Stadjbrud  geltenb  gemalt,  fotüo^l  gegenüber  italifcfyen  93ifd)öfen  (epist.  25, 

37,39),  tote  gaUifd&en  (epist.  6),  toie  foaniföen  (epist.  3),  toie  macebonifcfycn  (epist.  17). 

Aber  er  guerft  föreibt  fug  augerbem  auc$  in  aller  gorm  1.  bic  Sefugniffc  eine«  oberften 

Mieters  gu,  2.  ba$  Siecht,  neue  Äir^cnämter  gu  Raffen,  3.  ba$  Siecht  ber  oberften  Setyr* 

entfe^eibung.    2)a3  erftgenannte  Stecht  forbert  er  juerft  in  ber  berühmten  SDefretalc  an  10 

Siföof  SJictriciuä  Don  SRouen  Dom    15.  jjebruar  404  (epist.  2),  unb  gtoar  beanforuc^t 

er  ba  a)  bog  bie  Urteile  aller  ftynobalen  ©cri$t$Derfyanblungen,  fotoett  ftc  causae  maiores 

betreffen,  bem  Sßapfte  mitgeteilt  derben  (§.  6. :  si  causae  maiores  in  medium  f uerint 

devolutae  ad  sedem  apostolicam  post  iudicium  episcopale  referantur;  bie  6d&t= 

beit  be*  toie^tigen  ^toifd&enfafeeS:  sicut  saneta  synodus  —  Nicaea325  —  statuit  et  16 

beata  consuetudo  exigit  ift  niefct  fieser);    b)  toatyrt  er  ftd?  ba$  Stecht,   Reflationen 

gegen   bie   ©ntfctyeibungen  bifcfyöflicfyer  Äongilien  angunefymen   (§  5:  nee   alicui   liceat 

sine   praeiudioio  tarnen   Romanae   ecclesiae  —  ad   alias  convolare 

provincias).  —  3Me  niefct  minber  nötige  93efugni$  gur  @rri$tung   neuer  5tir$enämter 

nimmt   3-   erftmalig   bei  ber  @rri$tung   be3  SSifariatS  Don   2tyeffalonicfy   in   Stnftmicty.  20 

6$on  jur  Seit  beS  ©arnafuä  unb  ©iriciuS  beftanb  eine  enge  SSerbinbung  gtoijcfyen  ifyeffa* 

Umic£  unb  SKom.    216er  erft  3.  M  Mtf«  SSerbinbung   bie  $orm   eines  rechtlichen   3lb* 

^(pgletöDertyältniffeä  gegeben.  35ie  2*nbeng  fyiergu  fünbigt  fiefy  f$on  an  in  feiner  $&ai)U 

anjeige  an  ben  SWetropoliten  SlntyftuS  (epist.  1).    Slber  in   aller  gform  erflärt   er  ben 

Stetrcpoliten  gu  feinem  Untergebenen   erft  in  feiner  35efrctale  Dom  17.  ^uni  412,  burety  26 

toeUfce  er  tym  ate  Statthalter  be3  rbmifcfyen  SMfcfyofS  bie  cura  causaeque  DftiltyrtenS 

überträgt  (epist.  13).    Damit  fyatte   er  tbatfäc^lid)  ein  neue«  2lmt  gefcfyaffen,  ba3  2lmt 

eine«  pä)>ftli$en  SStfarS,  toenn  aud)   erft  $Paj>ft  Sonifag  I.  ben  Xitel   vicarius   in   bie 

9mtdft>rac$e  eingeführt  tyd.  —  2Ba8  bann  enblicty  3.  ba$  Siedet  ber  oberften  Setyrentfcfyei* 

tomg  anlangt,   fo  fyat  er  baSfelbe  in  aller  $orm  guerft  im  pelagianifäen  Streite  fiefy  ju-  90 

gcfcjneben.    Sfolaft  bagu  gaben  ifym  bie  Schreiben,   toelcfye  bie  Rongilien  Don  Äartfyago 

unb  9RiIeDe,  —   fohrie  5   an  bem    ©treite   befonber«  interefftertc   afrifaniföe  SBijcfyöfe 

416  in  biefer  Slngclegenfjeit  an   tyn  richteten.  $ie  äfrifaner   Ratten  barin   abftd^tlic^ 

Me  Autorität  be«  römifd^en  ©tu^led  ungctoötynlicfy  ftarf  ^ertoorge^oben,   um  i^n  p  be* 

toegen,  bad  Urteil  Don  2)io6^oltö  umjufto^en  unb   ^elagiu^   nad>  diom   bor  fem  ^0=  36 

tum  )u  laben.  S)ie  Art,  toie  ber  $aj)ft  barauf  antwortete,   ift  ungemein  c^aratteriftifd^ 

für  feine  $olitit  (epist.   29—32   Uom   27.  Januar  417).    ^n   ben  »riefen   an  bie 

Rtmjilien  öon  Äart^ago  unb  ÜKiIet>e  lobt  er  bie  Slfrifaner,  bafe  ftc  in  ber  Streitfrage, 

tntiquae  regulae  formam  secuti,   eine  @ntfd^eibung  bed  o))ofto(if(^en  StublcS  nad>= 

gefugt  Rotten,   obtoo^l  bie  5tonjilicn   nur  um   eine  33eftätigung   ibre^   Urteilet  gebeten  40 

Ratten,  unb   benü^t  btefe  (Gelegenheit,   um   in   aDer  gorm  bie  summa  potestas  ma- 

gisterii   m  änfrrud}  )u  nehmen  (Dgl.  epist.  30,  §  2,  p.  641  f. :   quoties  fidei  ratio 

rentilatur,    arbitror  omnes   fratres   et   coepiscopos   nostros   nonnisi    ad    Pe- 

tnun,    id   est    cui    nominis    et    honoris    auetorem    referre   debere   —   quod 

per  totura  mundum  possit   ecclesiis  omnibus  in  commune  prodesse).   dagegen  45 

ge^t  er  fa$li$  nic^t  unbebingt  auf  bie  2Bünfd?e  ber  9lfri!aner  ein.    @r  Weigert  [\d)f  bie 

Sefc^Iüffe  Don  2)io$£olte  )u  Derbammen;  benn  i^re  (Sc^t^ett   fei   xpm   nid)t   fieser.    Gr 

iKwert  fi^  ferner,  ^Jelagiu«  naety  SHom  ju  gitteren,  benn   e$  fe^le  i^m  an  SJJitteln,   ben 

mulpaten  jum  ©rfc^einen  gu  jtoingen.    Sluc^  fpric^t  er  nur  in  bebingter  gorm  bie  G|= 

bttmmtlation  über  bie  $öretifer  airö ;   benn   er  f efct  ben  gall,  bafe  fic  fic^  jum  Söiber^  60 

mfe  »erpe^en  toürben,  unb,  toenn  er  auc^  ifyre  fielen  verurteilt,   fo  fteHt  er  ftcfy  babei 

itinestDegd  auf  ben  ©tanbpunft  3luguftin^,  fonbern  äußert  ftd>  ganj  in  femi))elagianifc^em 

6trai  (t>gL  epist.  29,  §  4).    $iefelbe  biplomatifc^e  3urü^^a^und  beobachtet   er  aud>  in 

feinem  ©^reiben  an  3«>^nn  Don  ^erufalem  (epist.  35).    6r  tabelt  jtoar  in  bemfelben 

offen  bie  äu^reitungen  ber  ^elagianer,  aber  er  Dermeibet  e^,  s3tamen  gu   nennen  unb  15 

(rate  SRetnung  über  bie  Se^re  bed  $elagiu$  gu  äugern.    Mc$  ba^  lägt  barauf  fcfylicfjcn, 

k^  bie  bogmattfebe  ©eite  be«  ©treite«  i^n  füfyl  lieg,  bag  er  i^n  in  erfter  Sinie  ate  eine 

(WegcnJj*tt  betrachtete,  SRom«  ÜKac^tftcHung  gu  crl;ö^cn.    Iro^bem  ift  fein  SBer^altcn  für 

bie  ©ntf^eibung  bed  Streite«  toie^tig  geworben,   toeil  e«  al«  $räjubig  gegen  ¥>ap\t  $o\u 

wuä  geltenb  gemalt  toerben  tonute. 


108  Snnocettj  I.  ^nnocenj  IL 

Stuf  biefen  getieften  93erfuc$en,  bie  Sefugniffe  be3  römifd^en  ©tu$le3  ju  erweitern, 
beruht  bte  toeltg^$ic$tlic$e  Sebeutung  Don  3j.3  Sßontififat.  2Beniger  bebeutfam,  aber  be* 
merfen3toert  al3  etne2Bei3fagung  auf  bie3ufunft,  ift  feine  Stellungnahme  in  bem  Streite 
atoifcfyen   $fyeo^ilu3  t>on  SUejanbrien   unb  3jo^anne3  6fyfyfoftomu3  Don  ftonftanttnotoel, 

6  feine  Dermittelnbe  S^ättgfeit  in  ben  5trieg3hrirren  ber  ^a^re  408—410,  fein  Serfyalten 
gegenüber  ben  ßäretitern,  ben  »erheirateten  unb  unleuföen  Sßrieftern.  —  ©ett  3u(tu3  I. 
ftanb  9tom  im  !8ünbni3  mit  2ller,anbrien  unb  in  einem  balb  mefo  balb  toeniger  fc^arf 
jjertoortretenben  ©egenfafc  ju  bem  „*Pari>enu"  am  9o3poru3.  Unter  3-  toarb  biefe  Äon* 
fteHatton  erftmalig  erfctyüttert  burcfc  ben  3hrift  jtoifctyen  2$eol>&ilu3  unb  ^o^ann  (Sfyäfto* 

10  ftomu3.  Seibe  ^arteten  toanbten  ftd)  nad)  ber  Verbannung  be3  Gtyrtyfoftomu3  an  ben 
$apft.  ©iefer  griff  ju  bem  feit  ben  3eiten  fa  guliu3  beliebten  $Ku3&mft3mittel,  er  faltig 
bie  Berufung  eine3  allgemeinen  5tomil3  fcor.  Rix  2#effalonic$,  alfo  in  ber  ptyföväpn 
SBtad&tft^äre  unb  unter  pä^ftlid^em  ©influffe,  foute  ba3felbe  tagen.  flaifer  ßonoriuS  ging 
toillig  auf  biefen  Sßlan  ein:   er  fanbte  auf  ©taat3foften  eine  abenblänbifcpe  ^Deputation 

16  nad)  Äonftantinotoel.  Slber  2lrfabiu3  toie3  biefelbe  in  brutaler  SBeife  ab.  3)ie  JJolge  toar 
ber  2lbbrud&  ber  Jtirctyengemeinfctyaft  ahrifctyen  9tom  unb  SUejanbrien,  fotoie  allen  äUeganbrien 
anfyängenben  flirren  be3  Oriente.  3Ktt  Gfyfyfoftomu3  unb  feinen  Setreuen  blieb  bagegen 
ber  tya!p\t  in  freunbfcfyaftlic$em  Serfetyre.  2lber  feine  gefttgfeit  tnad^te  bocfc  au$  auf  bte 
§oft>artet  einen  getoiffen  (Sinbrucf.  33etoei3  bafür  ift  ber  änn^enmg3berfuc$  be3  Patriarchen 

20  Suejanber  bon  3tntio$ien  unb  be3  toon  $.  fuäpenbierten  (!)  öiföofS  Slcactu3  bon  Seröa. 
Um  bem  meletianifcfyen  ©$i3ma  enbli$  ein  @nbe  )u  machen,  toa3,  fo  lange  ber  Unfriebe 
mit  9tom  toäfyrte,  faum  möglich  getoefen  toäre,  fitü^ften  beibe  Sifööfe  mit  3-  hrieber  an, 
inbem  fte  erflärten,  in  ber  ©actye  be3  Styrr;foftomu3  alle  getoünföte  ©enugtyuung  leiftai 
ju  tootlen.    3.  begrüßte  freubig  biefen  ©d&ritt.    3Me  Äirc^engemetnfd&aft  toarb  ttneber* 

25  gergefteHt,  unb  3-  berfäumte  ni$t,  auc$  bem  ftol&en  Patriarchen  auf  eine  anfrage,  tote 
einem  Untergebenen,  Sefe^le  ju  erteilen  (bgl.  epist.  24,  4  ©cfclujj  p.  605).  dagegen 
lehnte  ber  9M>ft  alle  wohlgemeinten  33erfuc$e,  ben  ^rieben  $toifdjen  t§m  unb  bem  $a* 
triarctyen  Don  3llejanbrien,  fotoie  bem  neuen  Sifc^of  öon  ÄonftantmoJ>el  h>ieber^erju|httenr 
nic^t  blo^  in  beftimmtem,  fonbem  fogar  in  ^oc^fa^renbem  $one  ab  (t>aL  epist  22).  — 

so  (Sbenfo  bemer!en3U)ert,  toie  biefe  feine  ©teHung  ju  ben  Orientalen  Ährc^enftreitigreiten, 
ift  )tt>eiten3  ^.3  5?erbalten  in  ben  polttifd^cn  SBirren  be3  9tbenblanbe3.  9113  SUaric^  gegen 
SRom  t?orrüdtte,  begab  er  [tc^  mit  einer  Deputation  be3  ©enate3  nad)  9tabenna,  um  ben 
§of  ju  einer  änberung  femer  gotenfeinblid^en  $olitif  ju  beftimmen.  63  ift  ba3  ba3  erfte 
Wal,  bafe  ein  tyap\t  in  politif^e  tragen  fic$  einmifc^t.    2lber  bie3  J>olitifc^e  35ebüt  be3 

86  römifc^en  ©tu^le3  enbete  mit  einem  SKifeerfolge :  toäfyrenb  X  noc^  )u  5laöenna  teilte, 
erftürmte  3llaric^  am  24.  Sluguft  410  bie  eh>ige  ©tabt.  2Kan  ^ebt  mit  Stecht  ^ertwr, 
hxld>  nieberfc^metternben  ßtnbrucf  bie3  @reigni3  auf  alle  3c^Öenoffen  macbte,  motten 
fte  Gfyriften  ober  §eiben  fein.  Slber  man  beamtet  in  ber  Siegel  nic^t,  toie  flarf  ba3  ©elbfjt* 
gefügt  ber  Stiften  burc^  bie  X^atfac^e  gehoben  tourbe,  ba^  ber  barbarifcfye  Äönig  bte 

40  ftirdje  be3  ajjoftelfürften  berf^onte,  unb  toie  fcfyr  ba3  bem  2lnfe^en  be3  ^eiligen  unb 
bamit  aud^  bem  2lnfefyen  feine«  angeblichen  3lac^folger3  ju  ©ute  tarn.  —  S03a3  enblidd 
^.3  ©teQung  in  fragen  ber  fird)lid?en  Di3)i))lin  anlangt,  fo  entfprid^t  e3  gan)  feinem 
ftarfen  fyierarctyifctyen  ©elbftbetou^tfein,  ba^  er  mit  großer  ©nergte  ge^en  ^äretifer  unb 
©#i3matifer  Vorging.    2)en  Sloöatianern  na^m   er   in  SRom  mehrere  Atrien  toeg.    S)en 

46  ^J^otinianer  3Karcu3  bertrieb  er  au3  ber  ©tabt.  ©eine  Slntyänger  liefe  er  burc^  bie 
defensores  ber  römifc^en  jtirc^e,  fo  toeit  e3  nötig  toar,  Verfolgen.  Gin  @leid^e3  forberte 
er  öon  ben  SMfcfyöfen  (togl.  epist.  41).  3Jitt  5Re^t  ift  femer  vermutet  toorben,  bafe  er 
ber  geiftige  Urheber  be3  fc^arfen  98erfolgung3ebifte3  fei,  toelc^e3  §onoriu3  am  22.  gebruar 
407   in  Slom  gegen  SRanic^äer,  3Jlontantften  unb  $ri3ciHianiften  erlieft  (Cod.  Theod. 

50  XVI,  5,  40).  9lod^  d^arafteriftif^er  ift  für  tyn,  ben  ^reunb  ber  borne^imen  Stötethtnen 
9lom3  (ögl.  epist.  15),  bie  Energie,  mit  ber  er  für  ben  Sölibat  be3  Rleru3  eintritt  5Ran 
barf  gerabeju  be^au^ten,  bafj  i^m  näc^ft  ber  @r^ö^ung  ber  ^äj)ftlic^en  üJiad^t  nic^t3  fo 
fefyr  am  $erjen  gelegen  tyat,  toie  biefe  §rage  ber  firc^licpen  9)i3ji>)lin  (t>gL  epist.  2,  %  4—6, 
9,  11;  6,  S  2— ^;  38).  —  3.  ftarb  am  12.  ÜJlärj  417.   3)ie  römifdje  Äir$e  j&^lt  i^t 

66  ju  ifyren  ^eiligen.  Son  i^rem  6tanb^unftc  au3  ftc^er  ntit  Siedet.  Senn,  toenn  man  fragt, 
toer  bon  ben  köpften  be3  5.  ^a^unbert3  2eo  bem  (großen  am  meiften  Vorgearbeitet 
^at,  fo  toirb  man  3-  «n  wft«  ««nie  nennen  muffen.  $•  M^wer. 

3fnitocen^  ll.f  tytyft  1130—1143.  —  Duellen:  2)ie  »riefe  unb  ^rioüegien  biefe« 
^apfte«  MSL  179  p. 53-058,  p. 657— 674  »riefe  ernenn.;  Bouquet,  Kecueil  des  hietorieoe 


Snnoceuj  II.  109 

des  Gaulee  et  de  la  France  tome  X,  p.  368— 408;  WH  IV  (1879),  ©.199— 201,  XIV  (1889) 
6.616.617;  MGLLSect  IV  Constitutiones  tom.I,  1893,  Nr.  116  Privilegium  de  regalibus 
episooporum  Teutoniae,  Nr.  117  Privilegium  de  terra  Mathildis  p.  168-170;  Mansi  XXI, 
p.389ff.;  Ph.  Jaffa,  Bibliotheca  rerum  germanicaruni  tom.  V,  93erlin  1869,  ©.419  ff.;  3.  U. 
$flitgN$arttung,  Iter  italicum, ©tuttg.  1883,  üg I.Index;  beif.,  Acta pontificum  inedita  1.93b,  6 
Jüb.1880,  ©.  138 ff.,  2. 53b,  ©luttg.1884,  ©.  265 ff.,  3.53b,  ©tuttg.  1886,  ©.  32 ff.;  bcrf ,  ©«ein. 
originale  beutf($er$anfturfunbcn:  Sb©  24.93b  (1884),©.  43<>.  442;  8«  VII  (1882),  6. 88  ff. ; 
$3®  5  (1884),  ©516  ff.;  ©.  Söwenfelb,  9W  VIII  (1883).  ©.  559 f.  566;  berfelbe,  Epistolae 
pontificum  Romanoruin  ineditae,  Lips.  1885,  p.  85 ff.;  Ph.  Jaffa,  Regeeta  pontificum  ro- 
manorum,  Ed.  II,  tom.  I  (Öeityig  1885),  ©.  840-911  Wr.  7403-8369,  tom.  II  (1888),  io 
6.  715.  716;  93ulle  Snnocenj  II.  für  bie  «btei  üon  ©amgnt)  üom  22.9ttär$  1140  ed.  H.La- 
caille:  Bibliotheque  de  l'ecole  des  chartes,$b.  57,  $ari«  1896,  ©  217  f.^.Äefjr,  <|kpfturtunben 
inÄom.  1.93erid>t.  9?ad)r.  b.  £.  <öef.  b.  »iff.  suttöttingcn.  <ß&il.f)ift.  m.  1900.  £  2,  ©.160—170, 
9x.  14—18.  —  Vita  Innocentii  II  be«  ßarbinai93ofo:  3  sJ)t.9Batterid).  Pontificum  Romanorum 
ritae  tom.  II,  Ups.  1862,  p.  174 — 179;  L.  A.  Muratori,  Rerum  italicarum  scriptores  tom.  15 
III,  1,  Mediolani  1723,  p. 434-436;  vita  be«  Bernardus  Guidonis  :  ib.  p.  433  f. ;  Falco  Bene- 
ventanus, Chronicon :  Muratori,  Scriptores  V,  p.  106  ff. ;  Chronicon  Mauriniacense :  Bouquet, 
Recoeil  tom.  XII,  $ari«  1781,  p.  79  ff. ;  Arnulf i  in  Girardum  Engoh'smensem  invectiva  de 
schismafte  Petri  Leonis:  MG  SS  XII,  p.  707 ff.;  ^Battcrit^,  p  258—275;  ebenbort  @.  179 
bt«  257  3ufammrttfteaung  ber  iptc^tigften  Oueüen  für  bie  ©e  fdjidjte  3«noccttj  II.  20 

fittteratur:  Delannes,  Histoire  du  pontife  Innocent  II.,  Sßari«  1741;  3-  fcbolpfc 
$artmami,  Vita  Innocentii  II  pontificis  Rom  an  i,  Marburgi  Cattorum  1744,  42  ©.,  4°; 
dt)r.  ».  gr.  9Bafd),  Entwurf  einer  ooUftänbigeu  Sporte  ber  röntifd)en  Ränfte,  2.  $(u«a,abe, 
6öttinaen  1758,  ©.  247  ff.;  Slrd).  93oiuer,  Unparteüfdje  ftifiorie  ber  römifdien  ^fipfie.  über*  35 
ftt  von  StambaA,  fcljf.  VII,  SRagbeburg  unb  Seidig  1768,  ©.  164 ff.;  (5.  ©eroai«,  $oli^ 
riffle  ©efdjidjte  ©eutfdjfanb«  unter  ber  Regierung  ber  Äaifer  feindet)  V.  unb  ßottyar  III., 
Seil  II,  fidöjig  1842,  ©.129  ff.;  ?&.  3<iffö  @efd)id)te  be«  fteutfcfteu SReidj«  unter  ßot&ar  III., 
«fTlin  1843,  @.  87  ff.;  «.  d.  föeumont,  ©eftfidMe  ber  ©tabt  föom,  93b  II,  93erlin  1867, 
6.  408 ff.;  <£.  griebberg,  $te  Narratio  de  electione  Lotharü,  gb®,  9W  VIII,  ©ötting.  1868,  so 
6.  83  ff.;  8fr.  3.  ©enti«.  3)ie  Monarchia  Sicula,  greiburg  i.  93r.  1869,  @.  50  ff. ;  3.  ©re- 
ooToohi*.  Okfdj.  b.  ©tabt  Hom,  $b  IV,  3.  5tufi.,  Stuttgart  1878,  ©.  393  ff.;  Sfc.  3öpffet, 
$ie  %opptlma^i  be«  3a$re«  1130,  öeilaae  ju  ber  ©dnuft:  $ie  ^opfttua^len,  ©öttingen  1871, 
6. 269 ff.;  m.  Wofcnnyinb,  $ie  filteften  iüiograpljien  be«  $cil.  Norbert,  93erl.  1874,  ©.  26  ff., 
«nrn.1;  <L93enu>eim,  fiotftarlll.  u.  bat  9S3ormfer  flonforbat,  ©trafeb.1874;  <£.  9Rü&Ibad)er,  35 
3>ic  jrreitige  $anftwa$l  be«  Sa^rc«  1130,  3nn«brurf  1876  (»gl.  föec.  ü.  35|>ffel :  ©g^f  1876. 
6.257—304);  988.  »attenbadj,  ©efd).  be«  röm. $apfttum«,  93erl.  1876,  ©.  160 ff.;  SB.  ü.©iefc 
ta*t,  Off*,  ber  beutfdjen  Äaiferjeit,  93b  IV,  2,  Bearbeitung.  SJraunfcfyü.  1877,  ©.  51  ff.; 
429R.;  ©.  3)e$io,  ©efd).  be«  ©rabt«tum«  £amburg.93remen,  93b  II,  93evlin  1877,  @.  30  ff  ; 
i  Sitte,  gforfdjungen  jjur  ©efd)id)te  be«  ©orm(er  ßonlorbat«,  ^öttingen  1877,  ©.  Uff.;  40 
f.8entl*im,  3ur  ©efa^.  be«  SBormfer  Äonlorbatc«,  ©öttingen1878,  ©.49 ff.;  SB.  93ernfjarbt, 
dotier  oon  ©upnlinburg  (=  3a^rb.  b.  beutf^en  ©efeft.),  Seipjig  1879,  ©.282  ff.;  91.  ©agner, 
$ie  untcritalifdien  Normannen  unb  ba^  $apfttum  in  iftren  beiberfettigen  93ejtet)ungen.  93on 
Siftor  III.  bt«  ßabrian  IV.  1086—1156,  3)iffert.,  93re«lau  1885,  ©.  28-38;  ©.  93ern- 
Mi,  Äonrab  III.  (—  3a$tbüc&er  ber  beutfdjen  ©cfa)i4te),  2  Xeile,  fieipitg  1883;  3ung*  45 
Bunn,  Dissertationes  selectae  in  historiam  eccles.  tom.  V,  Eatisbonae  1885,  p.  57  ff. ;  6  3. 
•.  fcefele,  Äonailtenflef«i(öte  93b  5  2.  Hufl,  ^reiburg  i.  53r.  1886,  ©.  406  ff. ;  903.  harten«, 
tk  ©efc^ung  be«  pa>ftlt{&en  @tub,Ie«  unter  ben  iraiferu  £>rinricjj  m.  unb  $>einrid|  IV. 
(=  3Ä«  V,  139—255;  VI,  1-98),  fjreiburg  i.  93r.  1886,  @.  323 ff ;  at).  »olfmar,  3)a« 
&x*aftni«  fiot^ar«  III.  jur  3"wftiturfrage :  %W  12,  ©.  476  ff. ;  3.  fiangen,  ©efdjidjte  ber  w 
tönif^cn  Äircfte  oon  ©regorVII.  bi«  Snnocenj  III,  93onn  1893,  ©.  3l5ff.;  3.3aftroio  unb 
•.  Sinter,  5)eutf(fte  ©efAta^te  im  3eii aller  ber  ^otjenftaufen  (1125— 1273).  (Srfter  93anb 
(1125-1190),  ©tutta.  1897  (=93ibliot^ef  beutf*er ©cfd)id)te)  ©.330ff.;  ®.$Ri*ter,  «nnalcn 
ki  bfutfcöcn  Qkfd)id)te  im  Mittelalter  III.  «bt.  2.93b,  $>aUe  a.  ©.  1898,  ©.  666 ff.; 
lT.  Chevalier,  Repertoire  des  sources  historiaues  du  Moyen  Äge,  ^ari«  1877  ff.  ©.  1114.  55 
2658;  Fr.  Cerroti,  Bibliografia  di  Borna  medievale  e  moderna,  vol.  I,  Roma  1893,  p.  322; 
A,  Potthast,  Bibliotheca  historica  medii  aevi  vol.  I,  p.  650.  1389,  ug(.  bie  9lrt.  w93ernf)arb 
u*  «latrwiiir  »b  II,  @.  623,  „ttmolb  uon  93re«cia"  ©b  II,  ©.  117. 

Ghreger,  au$  bem  $aufe  ber  ^enparefei,  tft  ipa^rfc^emlic^  Don  SBibert  bon  Sabcnna 
(Semen«  III.,  bem  ©ea/npapfte  ®regor«  VII.)  in  ben  ^alattnalfleru«  aufgenommen,  unb  bon  #> 
$afö(dt&  II.  aum  ilarbinalbtalon  bon  ©.  Sfagelu«  fretert  morben.  W\t  ®elaftu«  IL,  an  beffen 
ttybum  et  ft^  beteiligte,  gtna  er  nadj>  %xanhcid}f  a(«  biefer  bort  @d^iu)  fua^en  mu^te 
(bgl.  6. 93b  ©.  476, 60).  Unter  Kalijt  II.  tnurbe  er  bielfa$  ju  ben  fd)mierigften  3OTifftonen 
oertoanbt  unb  roat  einer  ber  3(bgefanbten  be«  $a))fte«,  bie  im  SBormfer  jtonlorbat  ben 
^rieben  mit  Äatfer  unb  Sleid^  fdffloffen.  SSalb  barauf,  im  3a^re  1123,  begegnen  tuir  i^m  <& 
MRcnifam  mit  jetnem  foateren  ©egner,  bem  flarbinal  $etru«  ^ßierleont,  al«  ^äpftlic^en 
ScgateR  in  granfreic^.  @r  berbanlte  e«  feiner  @efc^äft«{unbe,  feiner  freunblid^en  Stellung 


110  3tutocett)  U. 

jum  laiferlicfyen  §ofe  unb  feinem  fittenreinen  SebenStoanbel,  baß,  als  Sßapft  $onoriu«II. 
im  Sterben  lag,  bie  33licfe  eine«  Teiles  ber  Äarbinäle,  bie  bon  bem  Äanjler  £aimcricu« 
geführt  tourben,  ftc$  auf  ifyn  richteten  unb  er,  naetybem  $onoriu«  in  ber  5Rac$t  bom  13. 
auf  ben  14.  gfebruar  (1130)  faum  berfd&ieben  toar,  burefc  eine  SRinorität  bon  Äarbinälen 

s  unter  bem  SRamen  ^nnocenj  II.  am  14.  gebr.  1130  gu  beffen  9la$f  olger  getollt  tourbe.  3)ie 
2lngft  bor  ben  römifcfyen  SlbelSgefcfyled&tern,  bie  mit  3lu«na$me  ber  jfrangtyam  unb  Gorjt 
bem  Äarbinal  ^etru«  <ßierleoni  gur  drreicfyung  feiner  ehrgeizigen  $läne  auf  ben  ©tu$l 
Sßetri  mit  ifyren  2Baffen  befyilflidfc  fein  toollten,  trieb  ben  in  größter  Site  immantierten  unb 
introbujierten  Snnocenj  II.    in  ba«  $toifc$en   ben  feften  türmen  be«  Gencin«  unb  2eo 

10  grangtyani  gelegene  Rlofter  Sßallabium.  Ünterbe«  toarb  an  bemfelben  läge  $etru«  Sßter» 
leoni  bon  ber  ÜRetyrjafyl  ber  2Bafylbere$tigten,  inSbefonbere  bon  ben  ftreng  gregorianif$  ge* 
fmnten  Äarbinälen,  naetybem  bte  9Jad>ric|t  oon  ber  (Srfyebung  Snnocenj  II.  ju  tynen  ae* 
brungen,  in  einer  georbneten  2Bafylberfammlung  mit  ben  ^ä^ftlic^en  gnftgnien  gefömüat; 
er  nannte  fu$  als  ^apft  3lnaf(et  IL  (f.  b.  21.  93b  I  ©.  486). 

15  SCuf  bic  Stauer  fonnte  ftd^  ^nnocengll.  inSRom  nietyt  galten  unb  begab  fu$ba$erim 
3uni  1 130  über  Sßifa  na#  ©enua  unb  bon  bort  naety  granfreiefy.  §ier  tyiüt  SCbt  Sern^arb  bon 
Slairbauj  bereits  alles  gctfyan,  um  ben  §of  unb  ben  ÄleruS  für  ityn  günftig  gU  ftimmen  unb 
fyattt  eS  auf  einer  ©tynobe  *u  etampeS  erreicht,  baß  älnaflet  IL  als  einbringling  jurttefgetoiefen, 
3>nnoccn j  IL  aber  als  rechtmäßiger  Sefifcer  beS  ©tufyleS  $etri  anerfannt  tourbe.  gfanb  jener 

20  in  granfreic^  nur  geringen  2lnfyang  —  feine  berborragenbften  Parteigänger  toaren  fcter  ber 

#cr$og  JBilbelm    bon  Stquitanien  unb  ber  S3tfd>of  ©erwarb  bon  SSngoufeme  —  fo  {Heg 

bod)  fein  Stnfe^cn  in  Italien  immer  fyöfyer,  SRailanb  $ielt  ju  tym  unb  ben  $enog  SRoger 

bon  ©ijilien  machte  er  ju  feinem  SunbeSgenoffen,  inbem  er  tyn  jum  Äönige  erfcob. 

2)ie  beiben  ^tyftejbattcn  ft$  fofort  nad)  tyrer  Erhebung   an  ben  beutfdjjen  Äönig 

25  Sotbar  getoanbt,  ibm  93erforec$ungen  unb  locfenbe  2lnerbietungen  gemacht  2öo^l  bem 
einfluß  ber  @r;bif$öfe  Norbert  bon  5Ragbeburg  unb  Äonrab  Don  Salzburg  auf  2ot$ar 
unb  auf  ben  fyofyen  ÄleruS  berbanfte  cd  ignnocenj  II.,  baß  im  Dftober  beS  3^^  U30 
eine  ©tynobe  nt  2Bür$burg  ftcfy  für  il)n  entfetyieb  unb  eine  ©efanbtfd&aft  an  tyn  abfaulte, 
bie  i^m  bie  -Jcactyrictyt  öon  feiner  3lnerfennung  burety  ben  Äönig  unb  bte  Sifd&öfe  brtngen 

uofottte.  9lm  13.  3a«war  1131  fanb  eine  95egegnung  Simocenj  n.  m[t  j>em  jtönige  $cm* 
rid^  bon  ßnglanb  ftatt.  Äönig  fiot^ar  bereitete  am  22.  9Rärj  bleiben  Safyxtä  tym  einen 
glänjenben  empfang  in  Süttic^.  Site  gnnocenj  ^ier  an  ben  beutfe^en  Äönig  bie  Sluffor* 
berung  richtete,  einen  SRomjug  gur  SSertreibung  SlnaHetd  unb  jur  ©etoinnung  ber  Äaifep 
frone  ju   unternehmen,   ging  ßot^ar  barauf  ein,   »erlangte  jebod^  feinerfeitd  ate  ©egen* 

35  leiftung  Dom  Zapfte  bie  3"n**crftattung  aller  öon  ber  Äircfye  im  SIBormfer  Äonlorbate 
errungenen  Sorrec^te.  9iur  bem  eingreifen  be$  3lbte«  öon  ßlairöaus  Derbanlte  e8  3nno= 
cenj,  baß  ber  Äönig  bon  feiner  gorberung  abftanb. 

3m  3luguft  1132  trat  Sot^ar  jeinen  öerfproc^enen  3ug  nadff  Italien  an.    S)ie  ton 
3lnaflet  burc$  3lbgefanbtc  geforberte  unparteiifc^e  Unterfuc^ung   be«  SBatytoorgangeS  fam 

40  nic^t  ju  ftanbe:  2)a  2lnaflet  ftarf  genug  toar,  um  ben  Äönig  an  ber  Sefifcergreifung  ber 
$eter$ftrc£e,  toofelbft  bie  Ärönung  ber  beutfcfyen  Äaifer  ftattjufinben  pflegte,  ju  ^inbern, 
mußte  Sotfyar  fid^  im  Satcran  bon  feinem  Zapfte  am  4.  Sunt  1133  bie  Äaifertrone  auf* 
f e£en  laffen.  Site  barauf  Sot^ar,  tote  früher  in  Süttic^,  ba«  3u0cftiurtmte  ber  gnbeftitur  ber  9U 
fcfyöfe  »erlangte,  toar  ed  ber  e^btfe^of  9Jorbert  bon  SJJagbeburg,  ber  für  bie  Siebte  ber  Äirc^e 

45  unb  beä  ^apfted  in  fo  einbringlicfyer  ffleifc  eintrat,  baß  ftdj  ber  Äaifer  mit  ganj  geringfügigen 
3ugeftänbniffen  bed  ^Japftcd  begnügte,  dagegen  erreichte  Sot^ar  eine  Überlaffung  ber  matytl* 
bifc^cn  ©ütcr  gegen  3a^w«Ö  *w&  jä^rltd^en  S^\^  bon  Snnocenj  IL  3lu«  biefer  Sele^muig 
leiteten  ^nnocenj  IL  unb  bie  furialc  Partei  jpätcr  bie  93erec^ttgung  ab,  in  bem  Äaifer  einen 
SSafaDen  be$  römifc^cn  Stuhles  ju  fcfyen.  9lte  Sot^ar  aud  9lom  nad^  Deutfc^lanb  yaxü& 

50  fe^rte,  toar  ^mween^  toieber  auf  ben  Scfyufc  ber  grangipani  angetoiefen  unb  mußte,  ba 
biefe  ben  ^terleoni  bei  toeitem  nic^t  getoac^fen  toaren,  im  ©ept.  1133  ftc^  nac^^tfa  be* 
geben.  §ier  ^ielt  er  bom  30.9Rai  bte  6.3um  1135  ein  bon  me&r  al«  120  93ifc^öfen  unb  Äbten 
befugtes  Äonjil  ab,  toeld^ed  bon  neuem  gegen  änallet  unb  beffen  2lnfymg  bie  ®jfommum» 
fation  außfprac^.    SJJoc^te  auc^  ber  in  9tom  reftbierenbe  ©egenpapft  biefe«  ol?nmä^tigen 

55  Äon^iläbefc^luffcS  feiner  ©egner  flotten,  fo  lernte  er  bo#  bie  ganje  ©efä^rlid^feit  bed  ge» 
toalttgften  bcrfelben  balb  genug  fennen,  aU  Scrn^arb  bon  ßlairbauj  bon  $ifa  nad^  SJtatlanb 
aufbrach,  um  in  toenigen  lagen  bie  Sebölfcrung  biefer  ©tabt  auf  bie  6eite  ^nnocen}  II.  fli 
jic^cn.  Scnem  auc^  noc^  bie  le£te  ©tübe  ^u  nehmen,  toar  ba«  Streben  SernfyirbS,  m 
er  bem  Äaifer  borfytclt,  e«  fei  feine  $flic|t,  bem  Äönige  9loger,  al«  einem  Ufur^Kitor  Si« 

eo  cilien«,  feine  Ärone  ju  entreißen.    2)en  Sitten  ^nnoccitj  IL   unb  beä  Stete«  bon  Qair» 


3itttoccttj  II.  Snnocenj  IIL,  (Scgeit^ö^ft  11t 

taug  toiflfa^rte  Sottyar,  inbem  er  im  Sluguft  1136  bon  SBürjburg  auä  gum  ätocitenmale 
einen  3UÖ  **&**  ^e  SUj)«x  antrat.  Ofync  bor  9tom  §alt  $u  machen,  führte  er  fein  £eer 
na$  Sübitalien,  ba$  er,  mit  äuSnafyme  ber  ^n]d  ©icilien,  bem  Könige  Stoger  entriß 
Ruf  bem  Sücftoege  lam  er  Stom  fefyr  nafye,  aber  im  ©efüfyl  be$  betoorftcfyenbcn  lobe« 
tooflte  er  feine  legten  Äräfte  ni#t  an  bie  3Sertreibung  2lnaflet3  fefcen ;  auety  motten  3Rifc  5 
^cQigtetten  toegen  einer  Slbtätoatyl  in  ÜRonte  Gaftno  ba3  SBerfyältniS  gu  3>nnoccn$  H.  um 
rielcä  abgefüllt  unb  bie  Steigung,  biefen  in  ben  boUcn  Sefifc  be$  ©tufyleä  $etri  &u  fefcen, 
beträc^tlidp  gebampft  tyaben.  3>nnocen$  II.  mufetc  ^on  neuem  fi$  in  ben  ©cfyufc  ber 
grangipam  begeben,  als  ber  Äaifer  Italien  herliefe.  2lber  er  befafj  einen  8unbe& 
genoflen  m  SRom,  ber  mefyr  öermod^te  ate  baS  faiferlicfye  ©cfytoert,  SSern^arb  *>on  Glair*  10 
taug,  bem  e$  au#  #er  gelang,  bie  ©cmüter  ju  ©unften  feine«  ^apfteS  umjuftimmen. 
gn  bem  Xugenblicfe,  too  fein  Slnfyang  fcon  ifym  abzufallen  brofyte,  ftarb  2lnaflet  II.  am 
25.  Januar  1138.  2Botyl  ftettte  bie  Familie  be$  SSerftorbenen,  bie  Sßierleoni,  einen  neuen 
Gkgenpapft,  SSiitor  IV.,  auf,  biefer  aber  leiftete  fcfyon  naety  2  5Ronaten  auf  feine  2Bürbe 
freiwillig  SJerjM&t.  15 

3>en   toieber&ergefteflten  Äirc^enfrieben  proflamierte  ein  Sateranfonjil  im  3^**1139, 
ba?  )U0tet$  über  ben  Äönig  Soger  bon  ©teilten,  als  ben  ftanbtyafteften  gfeinb  be$  5ßa£fte3,  ben 
8ann  fcer^äugte.  ©egen  tyn  unternahm  e$ Snnocenj  H.,  ein  §eer  perfönli$  in«  gelb  $u  führen; 
ba£  ©nbe  biefeS  abenteuerlichen  5trieg$auge$  aber  mar,  ba|  3nnocenä  JI-  *n  **nen  §inter* 
balt  fiel,    ben  tym  SRogcr  tyatte  [teilen  laffen  unb  fiefy  glütflicfy  fcfyäfcen  mufete,    feine  Se=  20 
frehmg   axß  ber  ©efangenfcfyaft  burefy  bie  änerfennung  Soger«  al«  jtünig   toon  ©icilien 
tu  erlaufen  (25.  3uli).    Waä)  Som  gurütfgefefyrt,   liefe   e«  fid?  ber  ^apft  angelegen  fein, 
tßtt  bie  SBunben  ju  feilen,  bie  ba«  ©externa  auf  allen  ©ebieten  be«  Seben«  gefcfylagen. 
Dann  pellte  er  ftep   bie  Slufgabe,  ba«  Slnfetyen  Som«  in  ben  Keinen,  bem  päpftli<$en 
Stuhle  unterworfenen  ©täbten  toieberfycnuftcllcn.  §ierburc$  tourbe   er  in  einen  langtoie*  25 
rigen  Krieg  mit  Stitooli  DertDtdelt,   ber  auerbing«  gu  einem  ber  jtirc^e  günftigen  ^rieben 
führte,  über  ben  aber  bie  Stömer,  bie  bie  bödige  Vernichtung  XiDoli«  Don  ^nnocenj  II.  ber- 
langten,   iebo$  nic^t  erreichten,  fo  ungehalten  maren,  ba|  fte  bem  Zapfte  ben  ©e^orfam 
auffünbigten,  pc^  nac^  bem  SSorbilbe  ber  lombarbifc^en  ©täbte  i^rc  eigene  Cbrigfeit  toasten 
unb  ben  alten  Senat  ber  römifcfyen  Sle^ublif  toieber  in«  Seben  riefen.  —   3lu$  ba«  gute  90 
Cmjcnte^men  mit  bem  Könige  fiubtoig  VII.   öon  ^anlreic^  öertoanbelte  fid^   in  offene 
gttnbfc^aft,   al«  jener  ben  bom  ^a^fte   in  Sorfcfylag  gebrauten  Äanbibaten  für  ben  er* 
lebigten  (Srjftu^I  bon  Sourge«  nic^t  acce))tieren  Sollte.    S)er  ©treit  gebie^  fo  totit,  bafe, 
tote  ba«  Chronicon  Mauriniacense  berietet,  3>unocenj  IL   über  granlreic^  ba«  ^uter- 
bat  belangte.  9loc^  ftanben  bieSRömer  in  SBaffen,  noc^  toar  bergriebe  mit  Subtoig  VII.  so 
niefy  gqc^loffen,  al«  ^nnocenj  II.  am  23.  September  1143  ftarb. 

Unter  ben  bogmatifc^en  ßntfe^eibungen,  bie  biefer  $apft  getroffen,  fmb  bie  bemerfen«* 
toerteften  bie  3Serbammung«urteile  über  Slbälarb  (f.  3Jb  I,  ©.  19,9)  unb  ben  mit  biefem 
mg  berbunbenen  Srnolb  bon  Sre«cia  (f.  33b  II,   ©.  118,55). 

ßö^ffel  t   (<£ar(  Wirbt).       40 

^nucenjill.,  ©egenpapft,  1179—1180.  —  Quellen:  Annales  Ceccanensea 
1178:  MO  SS  IX,  286;  Annales  Casinenses  1180:  ib.  XIX  312;  Chronicon  Fossae  Novae : 
L  A.  Muratori,  Berum  Italicarum  scriptores  VII,  p.  874 ;  Sigebcrti  Gemblacensis  continuatio 
AquidocÜDÄ:  MG  SS  VI,  p.  418  etc.;  3.  3S.  haltend),  Pontificum  rom.  Vitae  tom.  II, 
lip».  1862,  6.  647  f.  —  fiitter. :  Ph.  Jaffa,  Regesta  Pontificum  Rom.  Lip8.  1888,  Ed.  II  « 
toau  II,  p.  431;  $•  9?euterf  ®efd).  ^lejnnbev«  bc«  Mitten,  «b  III,  ßeipjia  1804,  8.  497 ff.; 
J.  Qhregorooiu«,  ©efd).  ber  6tabt  9?om,  4.  93b,  2.  Muff.,  Stuttgart  1877,  ©.  563  f. 

£aitbu^  öon  ©ejja  (Landus  Sitinus),  ftammte  au^  einent  alten  longobarbifc^en  ©c- 

ti)Ud}U  Satuim^  unb  ntdjt,  n>te  bielfac^  angenommen,  auö  ber  Familie  ber  grangipani. 

9011  bem  römtf$en  9(bel  unb   toofyl  and)  t>on  ben  ©egnern  Slle^anber^  III.  unter  bem  60 

köderen  Alerid  toarb  er  am   29.  ©e^tember  1179  (ntdjt  1178)  alg  $apft  unter  bem 

Samen  3nnocen$  DL  aufgerufen.     3)ie  Sertoanbten  be$  erften  ©egen^a^fte«,  ber  2lle= 

{aber  bem  brüten  ben  $ontififat   ftreitig   machte,  b.  t).   bie  Serfranbten   be^  Cttat)ian 

(88tor  IV.),  fotogen  W  foM  auf  bie  Seite  ^nnocenj  III.  unb  ber  »ruber  DltatuanS 

vofym  t^n  m  eine  fefte  ©ura   jh>if4en  ^alombara  unb  9tom  auf.    älejanber  III.  griff,  66 

at  btefen  Herten  ©egenpapft  ju  befeitigen,  ju  bem  Mittel  ber  Seftec^ung.   SDer  9(n^ang 

3nt0cem  III.  tourbe,  fotoeit  er  läufig  War,  mit  ©olb  abgefunben,  unb  für  ©elb  lieferte 

*a  »efepüfrer  be«  ©egen^fte«  feine  Surg   unb    feinen  ©d&übling   in  bie  ^änbe   8Ue« 

paballL,  bar  ben  ©efangenen  in  ba«  Älofter  2a  Gaba  überführen  liefe  (Januar  1180). 

3«H>ffcl  f   (^ar(  Wirbt),      go 


112  3ttttocen3  III. 

3?wioccitj  lll.f  $apft,  1198—1216.  —  OueUen:  Hbbrucfbcr  ©riefe,  ©Ariftenunb 
s#rebigten  3nnocen$  III. :  MSL  tom.  214—217.  ©ou  ben  29  ©ü*er  umfaffenben  ©riefen  biefe* 
$apfte3  ftnb  ©u$  IV.  XVII-XIX  niä)t  ehalten,  ©lieft  I.  II.  V.X-XVI  tft  abgebrueft  bei 
Stephan  ©alu^iu^  Epistolarum  Innocentii  III.  libri  undeeim,  <ßari3  1682,  2  vol.  (bier  aud) 

5  tom.  I,  p.  687—764  b  ad  Regist  nun  super  negotioRora.  imperii);  ©ud)  III,  V—  IX  bei  Br£- 
quigny  et  la  Porte  duTheil,  Diplomata,  chartae,  epistolae  et  alia  documenta  ad  resFran- 
cicas  speetantia,  $aviä  1791,  pars  II,  tom.  I.  II ;  S)ud)efne.  Historiae  Francorum  scriptores  V, 
p.  706—748,  792  -  809 ;  §1.  Xljeiner,  Codex  Diplomaticus  dominii  teinporalis  8.  sedis 
tom.  I,  SRom  1861,  Nr.  35-60,  p.  28— 46;    Bouquet,  Recueil  des  historiens   des  Gaules 

io  tome  XIX  p.  347-  605  ;  L.  Delisle,  Bibhotheque  de  l'Ecole  des  chartes  tome  4,  1863, 
©.  442;  berf.,  Lettres  in^dites  d'Innocent  III.,  tome  34,  1873,  p.  397—419;  berf.,  Les 
Registres  d'Innocent  III.,  ib.  tome  46,  1885,  p.  84—94;  Chauffier,  Lettre  ineViite  d'In- 
noceut  III.  (12.  Wat  1200),  ib.  tome  33,  1873,  6.595-605;  $.  Aalten  brunner,  9iömif<$e 
©tubien:   SDM.  b.  3nftitut8  f.  öfterr.  ©cfd).  V,  1884,  ©.  213  ff.;    ©.  $igarb,  La  serie  des 

15  registres  pontificaux  du  XHIe  siecle:  Bibl.de  PEcole  des  chartes  47.  ©b,  1886,  6.  80 ff.; 
£.  $elifle,  Examen  du  privilege  d'Innocent  III.  pour  la  priemt  de  Lihons:  ib.  57.  ©b, 
1896,  ©.  517-528;  3.  u.  $ftugN$>artlung.  Iter  Italicum,  Stuttgart  1883;  ftr.  Qolff, 
(Sine  Urfuube  be3  SßapfteS  Snnoccnj  III.  uon  1204:  9W  IX  (1884)  ©.  631  f.;  J.  B.  Pitra, 
Analecta  novissima  spicilegii  Solesmensis,    tom.  I,  Tusculanis  1885,   tom.  I,   p.  171—181, 

20  487-555,  615  f.;  #.  $enlfle,  3)ie  p«pftltd>en  ftegifterbänbe  beS  13.  3«^.  unb  ba*3nDentar 
berfetben  vom  3-  1339:  9lra<>iü  f.  ttitt.  u.  m  b.  "ätttt.  II,  ©erlin  1886,  6.1  ff.  Prima 
collectio  Decretalium  Innocentii  III.  ex  tribus  primis  Regestorum  eins  libris  composita 
a  Raincrio  diacono  et  monacho  Pomposiano:  Baluzius,  1.  c.  I,  p.  543—606;  ©.  SBinf  elnuwa, 
3u  ben  fflegeften  be3  <ßapfte3  3nnocen$  III.:    gb®  9  ©b,  Hattingen  1869,  6.  455  ff.   berf., 

25  (Sine  tfonftftorialrebe  beä  «ßapfteö;  3nnocen$  III.  ü.  3.  1199:  9Rünä)ener  ©©.1875.  I,  345; 
91.  Sßottt)aft,  Regesta  pontif icum  Romanorura  I,Berolini  1874,  p.  1-467,  II,  p.  2041-2056, 
2135;  91.  ^ottimfr,  Bibliotheca  historica  medii  aevi  2.  Hüft.  1.  ©b,  ©erlin  1896,  6.  65a 
Gesta  Innocentii  III.  auetore  anonymo  coaevo:  ©alujtuä  1.  c.  tom.  I,  p.  1 — 88,  anbete 
9lu3gaben:  Sßottfjaft  Bibliotheca  I,  p.  520;   $.  fclfan,   $>ie  Gesta  Innocentii  III.  im  ©tt» 

so  ftfftnid  ju  otn  Dtegeften  beweiben  «ßapfteS,  55M f f .  fteibclberg  1876;  &  $etif(c,  Itroewire 
d'Innocent  III.  dresse*  d'apres  les  actes  de  ce  pontife:  Bibhotheque  de  PEcole  des 
chartes  4«  s^rie  tome  3,  1857,  p.  500—534;  berf.,  Memoire  sur  les  actes  d'InnocentUL: 
ib.  tome  4,  1858,  p.  1  -  74.  Vita  Innoc.  III.  ex  ms.  Bernardi  Guidonis :  Muratori,  Rerum 
Italicarum  scriptores  tom.  III,  1,  p.  480  sq. ;  Burchardi  et  Chuonradi  Urspergensium  chronicon : 

35  MG  SS  XXIII,  p.  365 sq.;  Annales Colonienses maxi mi:  MG  SS XVII;  SRagbeb.  ©djöppen* 
d)ronit,  in  ben  d^roiiifcn  ber  beutfdjen  ©täbte,  ©b  VII,  ©.  123 ff.;  Annales  Marbacenses: 
MG  SS  XVII;  Annales  Ceccanenses:  MG  SS  XIX,  p.  294 sq.;  Otto  de  S.  Blasio,  Con- 
tinuatio chronici  Ottonis  Frisingensis :  MG  SS  XX,  p.  329 sq.;  Annales  Casinenses  MG  SS 
XIX,  p.  318 sq.;  Annales  Piacentini  Guelfi:  MG  SS  XVIII,  p.  422 sq.;   Richardus  de  a 

40  Germano,  Chronicon:  MG  SS  XIX,  p.  329 sq.;  Rigordus,  Gesta  Philippi  Augusti :  Bouquet, 
Recueil  de»  historiens  des  Gaules  et  de  la  France,  tom.  XVII,  p.  49  sq. ;  Uuilelmus  Brito, 
Historia  de  vita  et  gestis  Philippi  Aug.:  Bouquet,  Recueil  etc,  tom.  XVII,  p.  73 sq.; 
3)eUfle,  Catalogue  des  actes  de  Philippe- Auguste,  v$ari8  1856;  Rogerua  de  Wendover, 
Chronicon  ed.  Coxe  1841—1844,   vol.  III,  p.  134 sq.;   Th.  Rymer  et  R.  Sanderson,  Foe- 

45  dera  et  acta  publica  inter  Reges  Anglicae  et  alios  quosvis  imperatores  etc.  EditioIII,  1745, 
tom.  1,  pars.  I,  p.  32 sq.;  3.  ft.  ©5l)mer,  Regesta  imperii,  V  3)te  diegeften  beS  ftaifer« 
reid)3  unter  Wtipp,  Otto  IV.,  griebridj  IL  u.  f.  10.,  neuberauäg.  von  3»  &icfer,  1.  Äbt.  3nnf» 
bruef  1881 ;  Huillard-Bräholles,  Historia  diplomatica  Friderici  Secundi,  ©ari$  1852— 1881, 
tom.  I,  p.  6 sq.  etc.;  Raynaldus,  Annales  ecclesiastici  ad  ann.  1198—1216;  Mansi  tom.  XXII. 

60  Sitterat  ur:  1.  allgemeine:  Ciaconii  vitac  et  res  gestae  Pontificum  Rom.  ab  Aug. 
Oldoino  recognitae,  tom.  II,  Rom.  1677,  p.  lsq. ;  (St)r.  3§.  gr.  ©aldj,  (SnttoUTf  einer  WÖ- 
ftänbtgen  #iftorie  ber  rümifeben  $äpfte,  ©öttingen  1758,  2.  Auflage,  ©.  267  ff.;  fcrdjibalb 
©otuer,  Unpartettfd)e  ^iftorie  ber  römijcben  köpfte,  $(  VIII,  überfe^t  üün^atnbad),  Äagbe* 
bürg  it.  fieipjtg  1770,  @.1ff.;  91.  Zf).  x>.  5Hottengatter,  Res  ab  Innocentio  III.  papa  gestae 

55  Vratislav.  1831 ;  gr.  $mrter,  ©ef^ic^te  ^5apft  3nnocenj  III.  u.  feiner  8«tfl«t°ffen,  3.  «nfL# 
4  ©be,  Hamburg  1841-1843  ((Sin  SluSjug  au^^urtcr  tft:  «.  SBaibel,  ©apft Snnoceni  HJL, 
9(ug«burg  1845);  Jorry,  Histoire  du  pape  Innocent  III.,  Sßariä  1853;  ©ö^ringer,  ^icfiirtfte 
etjrifti  unb  i$re  3eugcn,  ©b  II,  2.  Mtl.,  ßürid)  1854,  8.  322:  3nnocensIIL;  ipapencorbl, 
©efd)td)te  ber  ©tabt  9tom,  ^aberborn  1857,  ©.  280ff  ;    (5.  3.  v.  ^efelc,   «oncütengef<W*te, 

cf)  ©b  V,  2.  «ufl.,  greiburg  i.  ©r.  1886,  6.  771  ff.;  9t.  *.  9?eumont,  ©ef*i*te  ber  ©tobt  ft»* 
2.  ©b,  ©erlin  1867,  ©.469 ff.;  3of).  gr.  ü.  <5<b\\Ut,  ©efd)uf)te  ber  Duenen  unb  fiittcratur 
be8  römifd)en  ^cd)t§  uon  ©ratian  bis  auf  bie  ©egentuart,  1.  ©b,  (Stuttgart  1875,  6.  83 f.; 
5.  ©regorouiuä,  ©efd)id)te  ber  ©tabt  9tom  im  3Kittctattcr,  V.  ©b,  3.  BufL,  ©tuttgort  1878» 
©.  7  ff. ;   5.  $eutfrf),  ^apft  Snnocenj  III.  unb  fein  (Sinflufe   auf    bie  Utrafo  ©re»tau  1876; 

65  38.  Söattenbad),  ©efeft.  b.  römifeften  ^apfttumä,  ©erlin  1876,  ©.  184  ff.  k.;  3-  &>  örrft^or, 
$apft  3nnocen^  III.  unb  feine  gelt,  gretburg  i.  ©r.  1883;  3.  ßangen,  ®ef$icbte  ber  rf» 
mifdjcn  Äträie  oon  ©regor  VU.  big  Snnocens  III.,  ©onn  1893,  ©.600-713;  5r.  (Jcrrotl, 


^itnocctij  III* 


113 


Bibliografia  di  Roma  medievale  eniödernn,  vol.  I,  Roma  1893,  p.  323  327;  V.  Chevalier, 
Repertoire  des  aoureejs  historiquos  du  niuyen  age,  3iariü  LST7-  lSÖf.i,  p,  11 14  f.,  Sup- 
Yment,  1888,  6.  2659;  3.  W.  Erijdjor,  3mioceiti  III,:  äirdjeulerifun  u.  Kelter  11.  »lti\ 
"    8b  2»11«|L,  greiburg  i.  8t.  1889.  6.  726-730. 

2.  3ktl)afiiiis  gum  ftaifertum  u.  111  m  beutfdjeu  ftönigiuni:  6,  $&flcr.  Ä'aiftr  SJricbrid)  IL,  6 
tüiufrn    1814,    6.10f.f  6.  Uff.;    0.  «bd,  Stoma  ftyitpp  bcr  ftolpiifiaufc,  Bttfltl   l»2, 

71  ff.;  bcrf..  Staifcr  Otto  IV.  u.  Stoma,  Öriebrid)  IL,  8erlinl856;  &r.  ü.  Mainner,  ^cfcti- 
tr  fjolpiiftaiifcii,  4.  Stuft ,t  2.  8b,  3.  8b.  &ip0ifi  1871;  C.  de  Cherrier,  Hirt,  de  la  lutte 
M  l'apes  et  des  Eknperenn  de  lamaisoii  de  Sou  lt<nti.  I,  ^ari&  3858,  p.  337*q. ; 

.  Hiiillard-Bn'holies,  Hist,  dtol  Friderici  II..  prefnce  et  introduetion,  $ari&  1859;  ft.  8J.  IG 
sdlirvimutfrr»  Ä*»i|t?  Srtebridl  II.,  1.  8b,  Groningen  1859,  S-  7 ff ;  E.  IHntelmatm,  OdcTd». 
lolftr  SJrifbridj  fe.  8iuetfcn,  8erlin  18#3,  6.  27 ff.;  A.  Huillard-Breholles,  FivderielL,  Etüde 
ir  1' Empire  et  le  Sacerdoce  au  l.; .  *uvli  ;  Iti-v.  HriLaim.  l>et\  lS<i:J;  tiuibal,  I>-.  Holn 11- 
aufeu  etc.T  Staub.  1867t  p.  12  sq.;  3'  girier,  jjorfdjuilfleu  |UT  Stfeidja*  n.  fted)t%efdjid}tc 
Italien^  8*  IL  3mi3brutf  1869,  &  267  ff.,  377  ff.,  386  ff.  n\:  3fr.  3.  Sentit  Xic  Mo- 15 
nn-hia  Sieuk,  Swifcurn  L  Bt.  1869,  6.  ffifc;  0.  Eaugerfdbi,  tfaifer  Otto  17-,  $a*HOTKf 
:.',  3.  18  ff.;  {£.  ©intclwöiin.  Wltpp  bon  ©djmnbcn  uub  Otto  IV.  ddu  Brtmnfdjweig 
3aljrbüd)«  bcr  beuifdKn  föejdiiebre),  8b  I,  ikiwg  1873,  ®.  93 ff.,  8b  II,  l'eipaia.  J 878, 
3  ff ;  ? ■  ¥riiij,  Etarhüarb  fron  «modln,  tfrnben  1875,  ©•  68  ff- ;  §.  SRagr,  Worrivarb  uon 
Starcciler,  3nusbrurf  1876,  ©,  t9ff,;    £.£oreitÄ,  $rei  Biiifjcr  ©efifcidite  unb  $Mittf,    8crliit  2« 

,8.1;  ftaifei  g-riebrid}  IL  unb  fein  8rr1)uitiu3  pir  rbmijdnm  Jfrrcf)e;    Jjp.  Sfteuter,  ©e= 
bicfcte  ber  retig.  SlufMhrung  im  Winelali«,  2.  ob,    8«rliit  1877,   6.  253 ff  ;    s\.  S3.  tfipfcb, 
Ltutfdje  Slubien,  8erlirt  lö79.  6.  1:  ©fmifijdje  Stublen,  ©.  39ff.,  S.  53  ff.  ?r.;  9J.  ©diiDcmcr, 
Jtinoccn^  IIL  11.  b«e  bcutfdbe  Äirdii:  rnKbrcnb  b<£  2&ronftreite&  uon  11118-1208,  Sirüftb.  1882  ; 
nbcntaitlt,    Cttu  IV.    erpc    8«rtpred)unflcn    an    3unoCfn^  IIL:   Jd©    XXII    (1882)  35 
232;  betf.,  Jfrilifdp  XorftrHuHß  biT  SBcrtjanblunflen  3nnaccnj  III+  mit  beu  beutf^cn 
öcgcnfonlgett,  OTagbeburg  1885;  3,  &iaeT|  ©Tbrtrrumjen  jtit  WeidiSgcjdjtdjte  beä  13.  3a^.: 
1t  b.  3nft.  f.  üftctf.  ©cfd),  IV.  8b,  1883,  c,  337 ff.,  i.  ^uavhiiann,  ».«nfpru*  b,*fipfte 
nf  Äonfirmoium  u*  Srprobaliptt  bei  b.  bcutfcftun  Äönifl3n>al)len  (1077—1379),  8te$laii  1886, 
i  :    6   ^infdmatm,  ftaifct  5ricbrid|  IL  (=  3abrbb.   b,  bentf«.  ©efrfj.  1.  Ob,  Üeip^  30 
d.  (£ngflutanit,  ¥büipp  von  ©(ftiuobcn  uub  ¥apft  Qmtüfeni  IIL  jwftljrenb  bei  beutfdj, 
tronftreitc^  1108— 1208:  jatircSbcr.  b,  ffll.  Sriiij  4>etnrid)Ö-<äljmnafirtm*  in  ©erliu  I8e§. 

3.  »erbfilinU    *öu  Jran rreirf):    3.  e*u1j,   Wiltyp  %u%ufl   unb    Suflebpra,    (Hei   1804; 
^efig-ue^  Uiwtoire  de  Philippe  Auguste,  $ad3  1820f  toiu.  II,  p.  136 scj.;    Geraud,  luge* 

le  Dänemark:    Bibtiotheque  de    l'ecole   des  Charten,    2.  I^er,,    tüDo.  IT    9iariö  JS44,  a» 
.3  sq.  unb  p.  93eq.;  ty  3d)effev-^L>icbLuftp  ^eutfdjlaub  unb  ^dilipp  IL  fluguf  nun  fjrüflf- 
ridj:  ftb«  8b  VIII,   »Stttnae»  1868,  S.  501  ff.    lieber  bie  ?(lbfg€iiferrmgc  v$L:  Duuais, 
Albigeois,   ^artS  1879^  p.  447  §q.  «.  b.  ?1.  f,^em«onidjdcrH. 

4.  8erb&IlnU  ^u  ^aglanb:  9L  ¥auli,  ÖJefcbidjie  t*ou  ^nglanb,    3.  8b,    ftambiirg  1853, 
1418  ff.;  1i).  l'au.  ^ic(£mftct)unflfiftefrtjicbte  ber  Magna  Ctarta,  ^amburti  1867,  ä,  32ff.j  « 

tubbft,  The  coostitutional  LIistory  uf  England,  vol.  IT  Oxford  1874,  p.  520 sq.  etc, ;  fB.Bobett* 
auer,   f&ic  iuurbc  Äönig  3^^nn  üüu  duglanb  ^a\aü   bc§  römifdjen  StutjteÄ;  3£E&  ^882. 

5.  8crt]Qlmi^  jn  Spanien  u.^orlugaL:  ii.  Scftäfer,  @efdi.  uoit  Spulen,  IIL8b,  ®ull)ß 

^ ff*-  Gtftäfer,  ©ef^i^te  üon  Sorluflal,  I.  8b(  J&ambuvg  1836,  ©,  115  ff.;  ©eruimifl, 
Iftorifcbc  Scftrifieu,  neue  31u*gabc,  3Bien  1871,  ©.  21 8 ff, :   8erfudj  einer  inneren  ©e[a7id}tc  *>> 
öon  HröQouicn,  ©.  269  ff.    Je. 

fer^aflnt*  ä»  fiu>lanb :  Llftnger,  ®ettlf**bflnifd)e  0»efcft.  d-  1189-1227,  8ct1cr  1863, 
3.  186  ff.;  ^.^ebiOr  »efdj.  bei  erabiwum*  tiaMiburj^remeii,  2.8b,  8erlin  1877,  S,  I68ff, 
Beryllen  p  bett  5mu$jüg«n:  ÄSilfen,  ©cfd)(cbtc  bcr  Äreujjügf,  8b  V,  2*ipiifl  1829, 
Tf,;  pcfele,  S)er  Strru^ug  imter  3nno«TVi  IIL  unb  ba^  IcUcinifAc  Slaifenum  in  bo 
fittnftantinppel  in:  8eih'ägt  äuv  JftirdKnc^f durfte  u.,  L  8b.  ^übtu^cu  1864,  ©.  3t6ff. ; 
Hl  im  Fe-  ^ie  Quellen  äut  ©efdiidjte  beö  mcvti-n  töreu^ug^,  8reälau  1875;  P.  Riaut,  Inuo- 
ront  ULj  Philippe  de  Sfiuabe  et  Bouiface  ck  IVIoutferrat,  ^ßanä  1875  ^  P.  Riaüt,  Exuviae 
mtnm  eunstantinnpolitanae,  Gcuevae  1877,  toro,  I,  p.  XIII  etj.;  P,  Riant^  Le  chauge- 
itient    de    direetion    de    la    quatrieme    oroi^ade:    Bevue  des    tjuestiona    historiquea,    1878j  66 

■q.;  $1.  mt\nd}\,  8eitraöe  ;ur  @cfd)td)tc  ber  Ä reu^üge,  2.  Üb,  8erlin  1878,  ©  2l5ff.  ic; 
^ailfuger,  ©er  l^atriartbat*  iE.  flHi'ivopoLtinnfpreiigcl  üon  Äonftantinuptl  u.  bte  bulgarifrfje  Ötrdje 
ittrS««  ber  Öateineröenldioft  in  8«,^:  ^3^  L  ^b-  1880,  ©.  77-106,  2,8b  1881,  8. 1-55; 
^bridn,  Ö»efdiid)(e  be§  Äömgrefdiä  3crufülem  (1  lücj - 1291),  3n«sbrucf  1898,  6.682ff.; 
QJoitlob,  %at  ^Japfl  3ilttöeenÄ  III.  prf)  ba#  Jftedjt  perranut,  au^  bic  i^aien  *u  Äteuüngö*  w 
püeffeu  ^u  befteuemV  ^3©  16.8b,  1895,  S.  312-319;  Le  p&pe  InDüceuz  IIL  dans  ees 
rapports  avoc  la  eroisade  ooDtre  les  heretiques  Albigeois,  im  Bulletin  de  la  aoe.  archeol., 
seieiUieL  et  litter.  de  Beziere,  1884!  p.  57  sq, 

8.  ^Dle  ©ebriften  ^unoeenj  HL-   ^-  Sieiutetu,  Sunoeenj  III.  unb  feine  ©rfjrift  de   cofr- 
mundi,  UM.  t  Srian(\cn  1871,    mi  IT,  1S7H;    3bJ.  aRolltor,  ^)ie  Xtfrctalc  ,.lVr,., 
i-ilt'iu^  üou  Smioeenj  IIL,  9Hiind|cn  1876;    ft.  9?uboIf,  ^apfl  3nnoeenj  III.  ©d^vift 
baft  eienb  bes  men[a)lid)eii  £eben£",  96  ©,  12°,  ?lrnM>crg  1887. 

KtaL*tfiic|)flopäble  für  Tfyolügk  unb  sMutf.     B,  tf.  IX.  g 


j 


114  3ttttoceit$  HI. 

Sotfyar,  ber  Sofyn  be«  ©rafeix  $ra«munb  bon  Segni  unb  ber  Gianda,  einer  SRömerin, 
au«  bem  angef  ebenen  ©cfcfylectyte  ber  Scotti,  toar  c.  1160  in  Slnagni  geboren.  Seine 
erftc  3>ugcnbbilbung  erhielt  er  in  9lom,  toofelbft  er  hHX^rfd^etnlic^  f$on  frity  in  bie  Steigen 
be«  Äleru«  aufgenommen  unb  infolge  beffen  mit  einer  SPfrünbe  au«gcftattet  tourbe.  Um 
6  feine  Stubien  fortjufefeen  unb  ju  boHenben,  begab  er  ftety  gunä$ft  nad)  ?ßari«,  too  er  be* 
fonber«  bie  biblifetyen  SSorlefungen  be«  $eter  bon  Eorbeil  befugte,  unb  bon  bort  na$ 
Bologna,  ba«  tyn  al«  Sifc  ber  tyerborragenbften  fiefyrer  be«  lanonif<$en  SRec^tö  anjog. 
3lati)  9tom  jurücfgeletyrt,  lourbe  er  naety  empfang  ber  nieberen  äBetyen  unter  bie  Jtononifcr 
bon  St.  SJJeter  aufgenommen;   ba  er  brei  ber  anaefe^enften  Äarbin&le  )u  feinen  38er* 

10  toanbten  jaulte,  rütfte  er  auf  ber  fyierard&ifctyen  Stufenleiter  rafö  empor.  Unter  ^afit 
©regor  VIII.  erhielt  Sottyar  bie  Stellung  eine«  Subbiafon«  unb  bereit«  im  Sjafyre  1190 
burdj  $Papft  ©lernen«  IIIV  feinen  Dfyeim,  bie  SBürbe  eine«  Jtarbinalbialon«  Don  St  Sergiu« 
unb  33ac$u«.  Sil«  aber  (Söleftin  III.  ben  Stufyl  $etri  beftieg,  toarb  ber  Äarbinal  fiotfar 
gu  ben  ©efd&äftcn  ber  Äurie  freiließ  nur  feiten  beigeben,  h>atyrfc£etnlic$  infolge  be«  aßen 

15  ftamiliengegenfafee«  jtoiföen  ben  SBertoanbten  Sotfyar«,  ben  Scotti,  unb  bem  ©eföfabte  ber 
Drftnt,  bem  ßöfeftin  III.  angehörte.  @r  benüfctc  biefe  unfreiwillige  SRufje  jur  Stofaffung 
berfcfyiebener  Schriften:  ber  brei  Sücfyer  „de  contemtu  mundi,  sive  de  miseria 
humanae  conditionis",  ber  fe$$  Sucher  „Mysteriorum  evangelicae  legis  ac  sa- 
cramenti  Eucharistiae",  fotoie  ber  Schrift  „de  quadripartita  ßpecie  nuptiarnm". 

20  3)iefe  SBerfe  geben  in  gleictyertoeife  geugni«  bon  ber  profanen  unb  tljeologifctyen  ©ilbung, 
toie  bon  bem  tiefen  (Srnft,  be«  93erfaffer«.  311«  Söleftin  III.  am  8.3anuarll98  gejiorben 
toax,  lourbe  ju  beffen  9tactyfolger  noety  am  Xobe«tage  be«felben  bon  allen  antoefenben 
Äarbinälen  nad)  furjen  SBertyanblungen  fiotbar  in  feinem  37.  £eben«ja$re  erträgt  Sfo$ 
er  genügte  ber  bei  ber  ^abfttoa^l  hergebrachten  gorm,  inbem  er  fid^  juerji  unter  3$rfinen 

25  unb  gießen  toeigerte,  bie  Leitung  ber  Äircfye  ju  übernehmen,  ^nnocenj  III.  —  fo  nannte 

fiety  fiotbar  als  *Papft  —  liefe  fi$  am  21.  $ebruar  bie  *Prieftertoetye  erteilen,  am  folgern 

ben  Sag  empfing  er  bie  bifcgöflictye  Äonfelration  unb  naljm  bon  bem  Stuhle  $etri  wfifc. 

Sebor  er  an  bie  großen,  bie  SJölferioelt  umfajfenben  Aufgaben  feiner  Stellung  ber* 

antreten  fonnte,  mufete   er  erft  ba«  ^apfttum  in  SRom  unb  in  Italien  hrieber  $u  Sin* 

ao  fcfyen  bringen.  6«  gelang  ifym  in  ber  Xfyat,  ben  bon  Staifer  $einri$  VI.  eingeigten 
Stabtyräfeften  $etru«,  fohrie  and)  ben  bom  Stutyl  $etri  bieder  unabhängigen,  toom  33olfe 
getollten  Senator  Scottu«  Sßaparone,  jenen  &ur  Slnerfennung  feiner  Dber^o^eit,  Wefen 
aber  gut  Slbbanluna  gu  betocgen.  hierauf  trat  er  al«  Sefreier  gtalien«  \>on  ba  beut* 
fd^en  grembfyerrfd&aft,  b.  \).  bon  ben  burefy  $einric^  VI.  eingefe^ten  beutfd^en  £etyn«fürften, 

85  auf,  eroberte  Spoleto,  unterioarf  ftd^  Perugia,  na^m  eine  gebieterifetye  Stellung  m  iu«* 
cten  ein,  fteHtc  im  Patrimonium  feine  SReftoren  an,  unb  galt  balb  m  ganj  3ta^m  ^ 
§ort  ber  nationalen  Unabfyängigfcit.  3lud^  ba«  Äönigreid^  Sicilien  lieferte  i^m  ein 
günftige«  ©efd^ief  in  bie  $anb.  $icr  regierte  nad^  bem  lobe  Äaifer  $einric^«  VI.  bie 
SBittoc  be«felben,   Äonftan^e,  für  ihren  unmünbigen  Sotyn  griebric^.    Sebrängt  Don  ben 

40  }toei  \id)  belämpfenben  Parteien  ber  Italiener  unb  Deutfc^en,  ertannte  fte  nun  ba«  Siectyt 
be«  römifd^en  Stuhle«  an,  Sicilien  al«  fein  Sefyn  ju  berlei^en,  inbem  fte  fic^  bereit  er» 
Härte,  ben  Ireuetb  ju  letften,  ja  fogar  auf  alle  alten  SJorred^te  ber  Stormannen^enf^er 
in  firc^lic^er  öejic^ung  ju  t>er^id;ten.  SM$  fie  balb  barauf,  am  27.  9Jobember  1198, 
ftarb,  ^interlie^  fte  fogar   ein  leftament,  ba«  ^nw^cenj   jum  SRegenten  be«  9leu$e*  unb 

46  jum  3$ormunb  be«  minberjä^rigen  ^ricbrtd;  ernannte.    9)tit  Sifer  !am  ber  ^apft  feinen    . 

neuen  ^Sfltd&ten  nad^,  inbem  er  bie  hnberftrebenben  beutfd^en  £etyn«trägcr,  bie  i^rc  Semtcr    \ 

unb  SBürben  in  Sicilien  bon  §cinrid?  VI.   erhalten,  feinem  üJZünbel  untertoarf  unb  für   * 

bie  ßrjie^ung  griebrid^«  auf«  befte  Sorge  trug.  L 

%ixx  bie  @rtoetterung  ber  päpftlid^en  Wac^tftetlung  lagen  im  3lnfange  be«  ^Jontiftfatf  ^ 

50  ^nnocen^  III.  bie  ^erhältniffe  mo^l  am  günftigften  in  Deutfc^lanb.  $ier  fteitten  W  fi 
l\m\  ^rätenbenten  um  bie  beutfd^e  Aönig«-  unb  bie  römif$e  Äaifertrone,  ^ißpp  Ml  i' 
Scbrtaben,  ©ruber  öeinric^«  VI.,  ber  bon  ber  SKe^a^l  ber  beutfepen  gürften  im  Stfiq  jr 
1198  in  ber  9teic^«ftabt  9JJü^l^aufcn  jum  Äönige  ertoä^lt  toar,  unb  Otto  IV.,  au«  be»  r 
,§aufe  ber  SÜclfen,  ber  am  9.  ^uni  1198  bon  ben@egnern  ber  $o^enpaufer,  tn«befonbe«  ^ 

65  bon  ben  nieberrfycinifd&en  Sifd^öf en  in  Köln  mit  engltfd^em  ©elbe  burc^  Sefte^ung  fttac  ^s 
ßr^ebung  burd&gefcfct  batU.  2)cr  le^tcre  fuc^te  ben  ^apft  fofort  baburc^  auf  feine  Seite  fr 
}u  sieben,  bajj  er  auf  bie  toefcntlic^ftcn  »tcdjte  be«  Steige«  in  $tal\zn  ber)i$tete  unb  bal  h 
(gjarc^at  bon  Siabenna,  bie  ^}entaj)oli«  unb  ba«  ^erjogtum  Sj)oleto  bem  rdmifc^en  Stu^b  Ji 
überlief  SBäbrenb  al«bann  bie  ätn^änger  Dtto«  IV.  ben  $apft  förmig  um  feine  ÄnerfenromB  9 

o<)  bcr  bon  i^nen  getroffenen  Söatyl  gebeten,  geigten  bie  ber  Partei  ^ß^ili})})«  angebörtgen  dürften  ein  h 


dttttocettj  III.  115 

mtföicbcncS  ©elbftbetoufetfem  3nnoccnj  III.  gegenüber ;  in  ifyrem  Schreiben  bom  28.  sBlai 
1200  bcrfpre$en  fie  allerbingS  äctytung  bor  ben  Siebten  berftiretyc,  erfucfycn  aber  ben^apft, 
feinerfeitS  nietyt  an  bic  Siebte  beS  SReictycS   m  taften.    @S  fann  lein  3toeifel   obtoalten, 
bafe  3nfU>cen2  HI«  bon  bornfyerein  für  bie  Äanbibatur  beS  SBelfen  biel  mefyr  ©tympattyien 
hatte  als  für  bie  eine$@liebeS  ber  tyotyenftaufifäen  $amilie,  bie  als  Srbfeinbin  beS6tul?leS  6 
?etri  galt,   aber  in   einem  33riefe  an  bie  beutfeben  SReictySfürftcn  gab  er  fiefy  ben  ©cfyein, 
als  ob  er  füllen  33erftanbeS  bie  Siebte  beiber  Sctoerber  abwäge,  unb  als  ob  eigentlich  in 
erfter  2inie  baS  gntcreffe  f^r  ^e  Unabfyängigfeit  ber  3Bätyler  *ßl?ili$>S  ifyn  nötige,  biefen 
ju  bertoerfen,  bamit  ©eutfölanb   nietyt  in  ben  erblichen  SJefifc  eines  $errfcfyerfyaufcS  über* 
gejfc.    DtefeS  jutoartenbe  SSertyalten  beS  ^SapfteS   tyattt  feinen  ©runb   in  ber  Hoffnung,  io 
betbe  2$ronj>rätenbenten  Würben  fic$  einem  ScfyiebSgerid&te  beutfd&er  gürften  fügen,  Dtto  IV. 
aber  als  Sieger  aus  bemfelben  Verborgenen.    2)octy   in  biefer  SBorauSfefcung  tyatte  er  fiety 
«int,  bad  €>qiebSgeri$t  fam  nic^t  ju  ftanbe.    Sa  arbeitete  er  —  wafyrföeinlicty  für  bie 
xarbinäle  —  eine  ©enffc^rift  auS,  bie  Deliberatio  d.  papae  Innocentii  super  facto 
imperii,  freiere  in  ben  Säften  gipfelte :  mit  ber  Slnerfennung  SP^ilippS  Würbe  er  glauben,  15 
biefem  gegen  fein  (bee  ^ßapjteS)  Seben  baS  SctyWert  ju  reiben,  bagegen   fyabt  Dtto   als 
auS  einem  bem  römifc&en  ©tutyle  tief  ergebenen  ©efcfylecfyte  ftammenb  unb  als  ein  Jreunb 
ber  Rittet  Slnftmub  auf  beren  Unterftüfcung.     3}n  btefem  (Sinne  foHte  ber  nad)  2)eutfcfc 
lanb    abgefertigte  Segat  beS  SßapfteS,  ber  Sarbinalbijcfcof  ©uibo   bon  ^ränefte,   Wirten. 
Sun  tamrbe  im  3Rön  beS  $a\)x&  1201  ber  3Belfe  in  einem  an  biefen  gerichteten  ©^reiben  20 
bon  Simocen}  III.  olS  beutföer  Äönig  unb  jufünftiger  römifetyer  Äaifer  anerfannt.  3Son  bem 
ya>fut$en  Segaten  fmb  barauf  am  3.  3uli  auf  einer  SBerfammlung  ber  Partei  DttoS  IV. 
alle  (Segner  beSfelben  ctfommunijiert    Worben,  aber   erft  naetybem  ©uibo   bon  SjJränefte 
nie  am  8.  3un*  1201  ju  SReufe  auSgeftellte  Ürfunbe  beS  Sßelfen   in  §änben  tyatte,  bie 
Ate  auSbrürflic^e  @rneuerung  beS  SSerfprecfyenS  enthielt,  alle  SRcfuperationen  beS  römtjdjen  26 
Stuhles  bemfelben  in  3ufunft  belaffen  ju  tollen.    $iefe  Urlunbe  ift  bie  ©runblage  für 
bic  fpäteren  }>äpftlic$en  anfertige   auf  ben  Äird^enftaat  geworben,  inbem   tyre  Seftim* 
«ungen  in  fßäteren  bim  beutföen  Äönigen  unb  Staifern  ben  köpften  auSgeftellten  sJkibi* 
Ugien  SBort  für  SBort  Wieber^olt  Würben.     3llS  ftety  baS  ©lud  ber  3Baffcn  immer  metyr 
aaf  bie  Seite  DttoS  IV.  Wanbte,  fudjjte  tytyltyp  1203  mit  gnnocenj  III.  Untertyanblungen  30 
anpifnüpfen,  bie  aber  baran  heiterten,  bajj  er  blo^  baS  ber  Hurte  ^urücfjuerftatten  ftc^  ber= 
^jhc^ten  tooßte,   toaS  toiberrecptltc^  tyr  bon  ben  Aaifern  genommen,   bod)  bie  Überladung 
ÄtttditalienS,    auf  bic  ber  ^apft  befonbcrS  brang,   bertocigerte,    inbem  baS  SRcd^t   beS 
JtekfcS  auf  Stncona,  Spoleto  :c.  unanfechtbar  fei. 

3)oc^  in  ben  3afyren  1204  unb  1205  trat  ein  gewaltiger  Um|d;lag  ju  ©unften  beS  35 
§obcnftaufcrS  ein.  TOe^rere  ber  angefebenften  Parteigänger  OttoS  IV.  gingen  ju  s15l?iltp)) 
bon  S^tDaben  über,  auf  bem  Sc^lad^tfelbe  blieb  le$terer  @ieger,  toie  fein  ^unbeSgenoffe, 
ber  ftfasg  bon  granfteic^,  ber  ben  SJerbünbeten  DttoS,   ben  ttönig  bon  ßnglanb,  fd^lug. 
Sa  richtete  ber  auf  ber  $ö$e  feiner  SMac^t  angelangte  tytyltyp  bon  ©c^tüaben  noeb  ein- 
«d  (g^ni  1206)  ein  be^itynlid&eS  ©^reiben  an  3n"ocenj  III.,   in  bem   er  mit   ancr=  40 
iamenStoerter  Offenheit  bie  33erfcältniffe,   bie  jur  2)o^ehoa^l  geführt,  fotoie  bic  bicfelbc 
begleitenben  (Sreigniffe  barlegt  unb  mutig  fein  Siecht  auf  bie  ftrone  toabrt.    Um  baSJelbe 
bom  ^k^jfte  anerfannt  )u  fe^cn,  toar  er  getoiUt,   bie   3tt>ij$cn   bem  9teid^c  unb  bem  rö* 
wföai  Stuhle  ftreitigen  Angelegenheiten   einem    aus  ffarbinälen   unb  Steic^Sfürften  be= 
jkc^aibcn  ©<^iebSgeric^t  jur  6ntfc$eibung  ju  tiberlaffen.  ßnblic^  mu^te  ftc^  3mnwn3  III.  46 
ai  ^a^re  1207   baai  bequemen,   ber  beränberten  ©abläge  Stec^nung   ^u  tragen   unb 
Otto  IV.  fallen  }u  faffen.    Aber  bie  SBerfucfye  ber  Legaten,   biefen   gur  i^ronentfagung 
p  betocgen,  Vetterten.    Waä)    langen  Ser^anblungen  ging  ^bilt^   je^t  auf   baS  bon 
^nocenj  III.  boraefc^lagene  fä^ftltc^e  ©c^iebSgeric^t  ein,  ba  tym   berfic^ert  toorben  toar, 
14  ba*  fixere  Stefultat  ber  Unterfud^ung  ber  SDop^cüual)!  feine  ätnertennung  fein  loerbe.  50 
%idf  Otto  IV.  tonnte  ft$  nac^  Sage  ber  $inge  ber  Unterwerfung  unter  baS  Urteil  ber  tturic 
wtyt  entließen.  %üx  bie  $olitif  ^nnocenj'  III.  bebeutete  biefe  äBenbung  einen  großen  Xrium^b ; 
Imt  e*  i£m  nun  bo<b  geglücft,  bie  ©ntfd^eibung  beS  I^ronftrciteS  nac^  Stom   $u  ber^ 
kgac   Die  fc^toterige  grage  ber  Se^anblung  ber  ©üter  beS  Sieic^S  in  IKtttcIttaltcn  tourbe 
m  ber  Seife  erlebigt,  bafe  ^nnocen^  auf  biefe  ©ebiete  Sa^tcbt  leiftete  unter  ber  33ebing«  66 
na,  ba$  bie  Zoster  beS  ^o^enftauferS  feinem  Neffen  ;ur  ^rau   gegeben  unb  biefer  als 
6qyiwcgerfofrn  beS  ÄönigS  mit  bem  ^erjogtum  XuScien  belebnt  loerben  follte.   ^n  biefem 
mttyetbeiiben  Sugenblide,  ba  $^il^  bon  ©d?it>aben  ber  3i>cg  (^ur  .UönigS=  unb  ftaifers 
hone  offen  toar,  bereitete  am  21.  Sunt  1208   bie  entf etliche  ^rebelt^at  beS   baier ijcfyen 
TWlflnifni  Otto  t>c>n  SEBittelSbac^  bem  Seben  biefeS  $errfa>erS  ein  unerwartetes  ßnbe.      r/> 


116  3fnnocetij  III. 

3l\m  bolfyog  ficty  ein  rafetycr  unb  boHftänbiger  Umfötoung  in  ber  Sage  Dtto«  IV. 
(§r  unterzog  ft$  einer  SReutoafyl,  unb  biefe  machte  ifyn  am  11.  iRobember  1208  jum  att* 
gemein  anerlannten  Könige  3)eutfd&lanb«.  9tafö  roufete  ftc$  Sjmwenj  III.  in  bie  böQig 
beränberten  SBer^ältniff  e  ju  (Riefen ;  er  (teilte  bem  SBelfen  bie  Kaiferfrone  in  3lu«ft$t,  bo$ 
6  tyiefe  e«  in  bem  päpftlid&en  ©d&reiben :  „hrir  »erlangen  bon  bir,  teuerfter  ©o$n,  einige«, 
toa«  bu,  toeil  e«  beiner  (Sinftd&t  entft>ric§t  unb  ju  beinern  Seelenheil  bient,  ofyie  toeitere 
©etytoierigfeiten  jugeftetyen  mufet".  Unb  biefe  fo  unerbittlich  geforberten  Äufl^nbnifle  ge* 
toätyrte  Dito  IV.  ;u  ©peier  in  ber  Urfunbe  Dom  22.  9Rärg  1209,  bie  alle«  überbot,  toa« 
er  bei  feiner  2Bafyl  unb  fpäter  ju  SReufc  bem  ©tutyle  Sßetri  ju  überlaffen  ftcfc  an^eif^ig 

10  gemalt  E?atte.  Ru  ber  ätnerfennung  ber  ©renken  be«  Kird&enftaat«,  tote  ^nnocem  III. 
ftc  gebogen,  gefeilte  ftd^  fyier  ba«  SSerforecfyen,  bei  ber  3lu«rottung  ber  Kefceret  be^ilfu$  ju 
fein  unb  ein  birelter  SSer^id^t  auf  jegliche  Seeinfluffung  ber  firctylic&en  SBlafylen,  b.  $.  auf 
alle  bon  ber  Kurie  bem  Königtum  im  Sßormfer  Konforbate  getoä&rten  gugeftänbniffe. 
Um  biefen  $rci«  ertoarb  ftety  Dtto  IV.  bie  3uftd&erung  ber  Kaiferfrönung  bon  fetten  bed 

16  Zapfte«.  —  3m  ©ommer  be«  Safyre«  1209  trat  ber  König  feinen  gug  über  bie  Wpen 
an.  Site  fic£  nun  ^nnocenj  III.  unb  Dtto  IV.  in  SSiterbo  trafen,  muftte  erfterer  alias 
bing«  fofort  bie  (Erfahrung  machen,  bafe  ber  an  ber  ©pifce  eine«  gewaltigen  £eere« 
ftefyenbe  König  boety  nicfyt  in  bollern  SWafte  bie  freunblid&en  SBorte  berbiente,  mit  benen 
er  ifyn  bei  ber  93egrü|ung  empfangen:   „ba  ift  mein  liebfter  ©otyn,  an  bem  meine  Seele 

20  SBotylgcfallen  tyat".  Dbtootyl  ein  bollc«  ßinbcrftänbni«  bei  biefer  Segegnung  ntd^t  erjidt 
tourbe,  ^at  ber  *Papft  bem  Könige  bie  Kaiferfrone  am  4.  Dftober  1209  in  ber  $eterfe 
firc^e  auf«  §aupt  gefefct.  Kaum  aber  ^atte  Dtto  IV.  biefe«  Qiü  erreicht,  fo  bergafc  er  alle 
feine  93ertyrecfyungen.  3)ie  Krieg«erflärung,  gegen  ben  ©<$ufcbefotylenen  Snnocenj'  HL, 
gegen  König  $riebri#  Don  ©ieilien,  unb  bie  getoaltfamc  Seftfcergreifung   eine«  letle«  be« 

25  Patrimonium«  $etri  beranlafeten  ben  Sßapft,  bem  Kaifer  mit  ber  ©träfe  be«  Shtat^ema« 
ju  brüten.  2)iefe  SDrofyung  mürbe  am  18.  Stobember  1210  jur  Zfyat,  al«  bie  Kurie 
bie  9lad)x\fy  bom  Sinmarfcty  Dtto^  in  ba«  ©ebiet  be«  Köntg«  bon  ©ieilien  erhielt 
©egen  tyn  rief  er  nun  bie  italienifcfyen  ©rofeen  unb  bie  beutfetyen  $ftei($«fürften  auf 
unb   fcfylofj   mit  $tyiliM>  3luguft  bon  granfretdb   ein   Sünbni«  jum    3toe*  &*  6«** 

so  t^ronung  be«  Äaifer«.    ©d^on   ^atte  biefer  im  «ampfe  gegen  griebric^  bon  ©ieilien  fo 

Sirofte  Vorteile  errungen,  baf?  le^terer  bereit«  an  eine  ftludj?t  nad)  Sfrita  backte,  ba  ge* 
ang  e«  ^nnoeenj  III.,  im  Sorben  Stalten«  ßremona,  SDcantua,  SSerona,  genara  k,  tum 
Slbfatt  vom  Kaifer  ju  betoegen,  unb  in  $eutf$tanb  braute  er  e«  in  ©emeinf^aft  mit 
granfreid^  bafytn,   bafe  bie  ju  Nürnberg   im  September  1211   berfammeltcn  Stetcpdffepcn 

85  ftriebri$  von  ©ieilien,  al«  bem  Sofyne  ^einricr^  VI.,  bie  beutfd^e  Rönig«fronc  anjubieten 
befd^loffen.  3luf  biefen  3lntrag  ber  beutfd^en  dürften  einjuge^en,  bertoe^rte  ^nnocen)  III. 
bem  Könige  bon  ©ieilien  nicr/t,  nac^bem  biefer  eine  Urfunbe  be«  Qnlnilt«  au«gefteDt  ^atte, 
ba^  er  fein  ftälifd^e«  Äönigreic^  auc|  in  3ulunft  al«  ein  päpftlutye«  fie^n  auffaffen  tootte. 
3lun  nannte  er  ftd^,  al«  er  SRom  bei  feiner  gefahrvollen  Sleife  bon  SKefftna  nadj  2)eutf<fc 

40  lanb  berührte  unb  bort  förmlich  jum  Äaifer  au«gerufen  toar,  König  bon  ©ieilien  vaib 
ertoäfylter  römifd^er  Kaifer  bon  ©otte«  unb  be«  Sßapfte«  ©naben  unb  lie|  bann  auc^  feinen 
&oljn  bom  $apft  gum  Könige  bon  ©ieilien  frönen,  toa«  ^nnoeenj  mit  Stecht  toopl  ab 
einen  Seioei«  bafür  anfa^,  ba|griebrid^  nid^t  auf  bie  3)auer  beibe  Kronen  auf  feinem  Raupte 
bereinigen   Wolle.    S5on  einer  5ürftenberfammlung  ju  ^anffurt  am  5.  3)eg.  1212  tourbe 

46  griebrid)  in  aller  gorm  jum  römifd^en  Könige  getoä^lt  unb  balb  barauf  in  sRainj  gelröni 

911«  ,,ba«  Kinb  bon  Simulien",  toie  griebner;  IL  in  romanifef/en  unb  beutfe^ai  2anben 

genannt   tourbe,   in  Mittel-  unb  ©übbeutfcl)lanb    immer  ja^lreid^eren  2lntymg  fanb,  unb 

felbft  ©lieber  be«  roelfif^en  §aufe«  fict)  bem  Staufer  juloanbten,  ba  ^iett  ber  Sßapji  bie 

3eit  gefommen,  einen  $oü  ber  9Dantbarfcit  bon  griebri^  II.   &u  forbern   unb  entgegen*    : 

wjune^men.  2lm  12.  3uü  1213  fyat  ber  erloä^lte  Kaifer  „feinem  Sef&üfeer  unb  ffio^l«  i 
t^äter  3"nocenj"  unb  jioar  in  ©egentoart  unb  mit  Seroilligung  ber  2Reiqi«fürftai  fetmr  ^ 
^artei  in  einer  $u  ©ger  au«geftellten  Urfunbe  alle  bie  ©ebiete,  Siebte,  3^^"^^  '# 
bie  einft  Dtto  IV.  am  22.  3Jlärj  1209  bem  ©tu^le^Jetri  gehört,  bon  neuem  garantiert  -^ 
$ic  ©c^lacbt  bei  Soubine«  am  27.  Suli  1214,   in  ber  Dtto  IV.   mit  feinem  fhinfac*  iä 

66  genoffen,  bem  Könige  bon  ©nglanb,  bon  XSV^W  II-  9luguft  bon  ^anfreic^  auf«  ^aujrt  L 
gefcr;lagen  tourbe,   r;at  ben  beutfetyen  i^ronftreit  befinitib   ju  ©unften  $riebri$  IL  ent»  i| 


fd^ieben.  —  SDae  im  ^abrel215  ju  9tom  ;ufammentretenbe,  glänjenbe  Konjil  fprac^übet 
Dtto  IV.  normal«  ben  Sann  an^f  toorauf  bann  ^mwena  III.  JJriebrid^  IL  ate  ben  et» 


:« 


toasten  Kaifer  auf  bem  Konzil  }>roIlamiertc.     2)em  tyfy\U  tourbe  burA  ben  2ob  bte  J 
eo  bittere  ßrfafyrung  erfpart,  bie  feine  dkc^folger  machen  foüten,  baf;  bie  ©r^ebung  griA«  ^ 


3ititocettj  IJI.  117 

it$  II.    toom    ttr$li$en  ©tantymnlte    aus   ein   nocfy   größerer  3$}lgriff  toar,  als  bic 
Ctto  IV.  früher  ertotefene  ©unft. 

®ne«  grö&eren  ©cfolgS  fonnte  fi$  ^nnocenj  III.  $  \)  i  l  i  py  >  II.  21  u  g  u  ft  b  on  gr a  n  f * 
rei<$  gegenüber  rühmen,  tiefer  tyatte  ftcfy  bon  [einer  rechtmäßigen  ©attin  ^ngeborg,  einer 
bänden  ^Jrinjeffin,  toie  er  angab,  toegen  eines  aHjunafyen  SSertoanbtfd&aftSgrabeS,  in  berlfyat  6 
aber  auS  9ttneigung  burefy  eine  SBerfammlung  franjöfifcfyer  33ifc$öfe  $u  ßom^iegne  [Reiben 
laffen  unb  ftt$  f}>ater  mit  2foneS,  ber  $oc$ter  beS  §eraogS  93ertfyolb  III.  bon  9Jteran,  bon  neuem 
benn&^lt.  6<$on  fyctpfi  ßöleftin  III.  tyatte  im  SRamen  ber  Kircfye  gegen  bie  Sfyefcfyeibung  Voic 
gegen  bie  2Bicberbere$elic§ung  proteftiert.  Kaum  fafe  ^nnocenj  HL  auf  bem  Stuhle  ^Jetri,  fo 
näpai  er  fiety  ber  SSerftofeenen  an ;  bem  Könige  felbft  fd^rieb  er,  toenn  er  nicfyt  fof  ort  gnge* 10 
borg  jurücfrufe,  fo  toerbe  bie  a^oftolifc^e  $anb  burefy  nichts  in  ber  SBelt  gefytnbert  toerben, 
ben  gegen  baS  göttliche  ©efefc  fi$  2luflefynenben  empfmblicfc  ju  [trafen.    211«  $&ilift>  IL 
Xuguft  gegen  alle  SSorftellungen   fein  Dfyr  toerfd&lofe,  mürbe   buref)   ben  Karbinallegaten 
$etni£  auf  einem  Konjil  ju  35üon   baS  3nterbift  über  ganj  ftranfretcfy  bedangt.    3)a 
bte  ©etfUt$feit  mit  geringen  2luSna^men    in  ber  %fyat  überaß  ben  ©otteSbienft   ein«  15 
flcDte,  toar  bie  gclgc,  baft  baS  Soll  ftcf)  empörte  unb  ber  fyo^e  2lbel  ju  ben  SBaffen 
griff,  fobafi  9tyttyt>  3tugu[t  föliefeUcty  genötigt  hmrbe,  am  7.  September  1200  ben  pctyft* 
ütfren   Segaten,  bem  Karbinalbiföof  Dftabian  bon  Dftia  unb  bem  Karbinal  ^obanned 
Cofamna  )u  geloben,  Snaeborg  al«  Königin   unb  ©ernannt  hrieber  anjune^men.   93ergeb* 
Ify  fu$te  er  bann  normal«  auf  einer  ©tynobe  bon  ©oiffonS  bie  päp[tli$en  Segaten  20 
jar  Trennung    femer  @$e   ju    betoegen.     3Me  gruc^tlofigleit    feines  93emityenS,  3n* 
xoeenj  III.   tu  ertoeid&en,  etnfefcenb,  fällig  er  nunmehr  einen  anberen  2öeg  ein  unb 
bcföufe   burcp  ©ntjtetyung    aller  SSebienung   unb   ber  frifcfyen  Suft,    burefy .  SSorent^al- 
tnig   ber   HReffe  unb  burc§  bie  niebrigften  ©cbmätyungen  bie  &aü\n  mx  freiwilligen 
fatfaguttg  }u  beranlaffen.    3n   ^retn   gerben  Seib  tyatte  bie  unglücflicpe  Königin,  bie  25 
tyc   fötoereS  ©efd&idf   mit   einer  Ergebung   ertrug,    bie  Setounberung   berbient,   tyren 
endigen  ^trofi  unb  i^re  ©tü^e  an  ben    liebebouen  Sriefen   h)ie  an  bem  feften  Se= 
meinen  ^nnocen^  III.    Sä^t  eS  ftd>  aud>  nid^t  leugnen,  baß  biefer,  als  er  1210  ^ility) 
laguftS  £üfe  gegen  Otto  IV.  beburfte,   eS  bei  falbunaSboUen  Xrofttoorten   an  ^ngeborg 
betoenben  Ke^,  unb  ben  Äöntg  ntc^t  me^r  mit  ber  früheren  @nergie  jur  befferen  Se^anb=  so 
hmg  fetner  bem  Glenb  überladenen  ©attin  ermahnte,   fo  fyat  er  bodj?  and)  bann  nic^t  in 
Vit  €x$etbung  beSfelben  gebilligt,  als  biefer  im  Setoufetfein,  bem  ©tufylc  $etri  im  2lugen^ 
Wie  unentbehrlich  ju  fein,  ein  neues  ©efud^   um   enblic^e  Trennung  \>on  ^ngeborg  ein* 
S*ca^t  tydtt.    3nnocen^  III.  ^atte  fd^lie^lid^  bie  ©enugt^ung,  baß  bie  fett  20  ^a^ren 
ferfto&ene,   fett  17  ^a^ren  gefänglich  beiüae^te  Königin  bon  i^rem  reuigen  (Hatten  im  86 
^re  1213  mit  @$ren  toieber  aufgenommen  Würbe. 

(Rnen  anberen  Irium^  feierte  ber  $a})ft,  als  eS  tym  1206  gelang,  bie  in  ju 
■a^cm  98ertoanbt|dSiaftögrabe  gefd^Ioffene  ©&e  beS  Königs  211  fonS  IX.  t>on  £eon  mit 
Somta  Serengarta,  2od>ter  beS  Königs  bon  Gaftilien,  ju  trennen.  Scrmoc^te  and)  baS 
ttcr  Seim  beringte  ^nterbÜt  ben  König  ni$t,  auf  bie  bon  SRom  gebotene  @^efc^eibung  40 
wjnge^en,  fo  tooHte  bod^  bie  Donna  Serengaria  nid^t  länger  bie  Urfac^e  fein,  bafe  ij^re 
tbUert^anen  bie  Stufye  ibrer  Seelen  einbüßten.  211S  fte  ihren  ©atten  berlie^,  um  ins 
titcrlkpe  fiatiS  jurfletjure^ren,  löfte  ^nnocenj  III.  baS  Königreich  unb  baS  töniglic$e  $auS 
im  Jntafcift  unb  Sann,  unb  —  als  ^Äd)m  feiner  väterlichen  5Dlilbe  —  erllärtc  er  bie 
tti  jener  @fye  entfproffenen  Kinber  für  erbberechtigt.  45 

(Ebenfalls  toegen  na^er  Sertoanbtfcbaft  toiberfe^te  fic^  ber  $at)ft  bem  SBerlöbniS  beS 
ftonigS  ^Jeter  Don  Slraaonien  mitSlanca  öon  9?aöarra.  $eter  von 2lragonien  folgte, 
dt  ge^orfamer  @o^n  ber  Kirche,  bem  ^ä^ftlic^en  ©ebote  unb  vermählte  fief  mit  9Jcaria, 
kr  Xoc^ter  SBU^elmS  bon  Montpellier,    ©eine  Unbeftänbigfeit,  bie  tyn  bie  cfyelicfyc  i^er= 
labnng  als  eine  brücfenbe  geffel  füllen  liefe,  machte  in  i^m  balb  ben  2Bunfd^  rege,  ficb  so 
*mt  feiner  ©attin  ju  trennen;  um  fein  niebrigeS  SSor^aben  ju  befd^önigen,  berief  er  fieg 
mi  bte  8lut3fcerh>anbtfd&aft,  in  ber  er  ju   feiner    ©ema^lin  fte^c.      2lber  3n"ocmi 
nflärte  bte  angegebenen  @cbeibungSgrünbe  für  un^ureid^enb.   3&mn  nun  $eter  bon  2tra« 
$mkn  ber  päpftlic^en  (Sntfd^eibung  Rottete  unb   fogar  an  eine  neue  e^elid^e  Serbinbung 
tote*,  fo  läfet  fic^  fem  tro^igeS  Sene^men  mclleidpt  barauS  ableiten,  baf*  i^n  baS  ©efü^l,  66 
«ff  bem  ?Japfte  3n"°cenj  ju  biel  an  Siedeten  eingeräumt  ju  tyabm,  in  fbäterer  ^ett  ju 
feiner   t*rf<$ärften  Dppofitton   trieb.    9Bar  er  boc$  im  %afyct  1204  naefy  9lom  geetlt  um 
bort  füb  t>om  @tellbertreter$etri  bie  KönigSfrone  aufs^aupt  fe^en  ^u  laffen,  fein  iHeid^bem 
liwfaffäxfiten  ju  übergeben,  unb  baSfelbe  bom  tßapfie  als  fielen  jurüchuempfangen. 

JUS  König  San^o  Don  Portugal  ben  bon  feinem  %ater  bem  (Stuhle  go 


118  Smtocewj  III. 

*ßetri  gelobten  £in«  nid&t  entrichten  Wollte,  lief*  3nno<*nj  111.  benfelben  mit  SRac&brudt 
einforbern.  S)en  öerjog  £abi«lau«  Von  $olen,  ber  bie  Kird&e  unb  bie  Sifctyöfe 
ifyrer  ©üter  unb  SRcc^te  beraubte,  braute  er  jum  ©etyorfam  gegen  bie  j>äp(Hid&en  änorb* 
nungen.    2Bic  fe^r  gnnoceru  III.  barauf  tyielt,  bafc  nur  bem  !ßa)>fte  ba«  9iti)t  jtußefo 

5  Könige  ju bannen  unb  vomSBann  &u  löfen,  er(etyen  Wir  barauf,  bafe,  al«£afon,  König 
von  ©ety  weben,  bur$  ben  Srftbtföof  (Srid?  von  $rontyeim,  tt>etl  er  ber  Kircfce  jurü<£ 
gegeben,  toaä  ifyr  (ein  SSater  entriffen,  Vom  Sänne,  aber  o^ne  vorangegangene  2Reinung& 
äi^erung  be«  Raffte«,  befreit  Würbe,  biefer  bem  lederen  fd&rieb,  er  tyabe  tyn  fo  naefc 
geahmt,  Wie  ein  2lffe  ben  9Ren[$en,  nur  bie  £o«ft>rec§ung  be«  (gebannten   bur$  bat 

10  (Stellvertreter  $ctri  fyabe  ©iltigfeit.  35a«  2lnfetyen  be«  gewaltigen  SRac&folger«  $etri  liefe 
ben  dürften  ber  Bulgaren,  go^ann,  fyoffen,  bur$  Unterwerfung  unter  ben  römtfefcn 
©tufyl,  feine  #errfd&aft  gegen  innere  geinbe,  jowie  gegen  bie  3lnft>rüc$e  btyjantiniföer  Kaifer 
ju  fiebern.  SKm  8.  November  1204  empfing  er  avß  ben£änben  be«  Segaten  beSSJktyfW 
bie  Königefrone,  ba«©je}>ter  unb  eine  tym  Von  ^nnocenj  überfanbte  fja&ne,  bie  mit  bem 

16  Kreuje  ßtyrifti  unb  ben  ©c^lüffeln   be«  $etru«  gefömücft  War. 

3)ie  Unerfcfyrccfentyeit  l^nnocen*  M-r  fcin  W***  SSe&arren  auf  bem  einmal  ein» 
gefd^lagenen  2Beg  unb  (eine  ftofye  S3era$tung  aller  weltlichen  ©otyeit,  bie  au$  bem  9e« 
Wufetfein  hervorging,  nidfjt  bloft  Stellvertreter  $etri,  (onbern  SSifar  Styriftt  unb  ®otitö 
ju  (ein  —  biejen  Stitel  legte  (i<$  3nnocenä  HL  mit  Vorliebe  bei  —  fyd  fid&  am  glan* 

20  jenbften  beWägrt  in  bem  SBerfyalten  be«  ^ßa^ftc^  ju  bem  e  n  g  l  i  f  $  e  n  Könige 
3  o  b  a  n  n  ohne  Sanb.  38on  ben  SRönctyen  be«  2)om«  von  Ganterburty  War  na$ 
bem  lobe  i^reS  ©rjbifcfyof«  §ubert  juerft  ber  ©uperior  9tegmalb,  bann,  al«  biefer 
fid)  ifyre«  Vertrauen«  unWürbig  erzeigte,  auf  2öunfc|  be«  König«  ber  Sifc&of  3°^" 
Von  9iorWic&  ate  SRactyfolger  be«  Verftorbenen  Kirctyenfürften  ßeWctylt  Worben.    2)a  mm 

as^nnoceng  III.  bie  SBa^l  be«  lefcteren,  meil  fte  unter  bem  (Sinflufc  go&ann«  o&ne  Sanb 
erfolgt  mar,  nicfyt  betätigte,  (onbern  einige  in  9tom  Weilenbe  ©lieber  be«  Konvent«  Von 
Ganterburty  Veranlagte,  ben  Karbinatyriefter  Stephan  Sangtyton  auf  ben  erjbifööflufym 
©tufyl  &u  ergeben,  (o  fear  ein  heftiger  Konflilt  jWifctyen  ©taat  unb  Kirc&e  unaud» 
bletbltd;.    $enn  auc^  ber  König  mar  ntdfjt  getoillt,  }u  gunften  emed  Vom  $a))fte  i^m 

30  aufgebrungenen  9Jtanne3,  in  bem  er  nod^  bagu  einen  entfd^iebenen  ©egner  vermutete,  auf 
bie  ßrfyebung  be«  Sifd^of^  Von  -Jtortoic^  jum  Dber^au^tc  ber  englif^en  Äir^e  ju  Ver* 
jid^ten.  3)en  im  -Kamen  be$  ^apfte^  mit  bem  ^nterbift  bro^enben  englifc^en  Sifd^öfen 
erhribertc  ber  enürnte  §err(d^er  mit  einem  ©etytour  bei  ben  „Stynen  ©otteS",  fte  imb 
überhaupt  alle  ®eiftli$e  in  bem  älugenblicfe  au$  bem  Sanbe  jagen   |u  Wollen,   ba  bad 

35  ^ntcrbtft  Verfängt  Werbe.  Unb  ate  nun  bie  päpftli$e  Drohung  am  24. 2Rär^  1208  jur 
äluefübrung  !am,  ba  machte  and)  ber  König  feinen  @d^Wur  jur  SBa^r^eit,  inbem  er  alle 
©eiftlid;en  au$  @nglanb  ju  verbannen,  ifyre  ©üter  einjiujie^en  befahl.  Xber  (elbft  bad 
^ntcrbih  ftimmte  ^o^ann  nod^  ni^t  nachgiebiger;  ba  Verhängte  ber  $apft  über  i^n  ben 
Wann.    3lHc  9JJittel,   benfelbcn  in  ßnglanb  nic^t  ruchbar  Werben   ju   laffen,  Waren  Ver* 

40  gebltcfy,  er  Würbe  befannt  unb  (eine  SBirfung  (^ürte  ber  Äönig  baran,  bafe  fid^  ber  ^o^e 
Slbcl  gegen  t^n  empörte.  9lte  nun  vollenbs  3nnocen3  HI-  ^  Untertanen  von  ber 
2^rcue  unb  bem  ©efyorfam,  bie  fte  bem  Äönige  ge(^Woren,  entbanb,  unb  jebem,  Ver  mit 
biefetn  verfe^re,  bie  ©träfe  beä  33anneö  anbro^te,  Wuc^«  bie  Aufregung  unb  ber  6afe 
gegen   ben  Wegen  (einer  (Styrcffungen,  (einer  ©raujamfeit,  (einer  jügello(en  ©innlu^feit 

46  gefürcfytcten  unb  Verad;teten  3°^nn  unter  ben  Saronen  unb  im  25olfe  immer  me^r. 
^unmel^r  griff  ber  $apft  ;u  bem  legten  SKittel,  er  erflärte  i^>n  ber  engtifd&en  ittone  fQx 
Vcrluftig  unb  forbertc  ^iliw  2luguft  auf,  ben  UnWürbigen  Vom  $fyrone  )u  fto|en,  ft$ 
(elbft  in  ben  bauernben  Öefifc  bleiben  m  (e^en;  Wer  fid)  an  bem  Kriege  ^egen  3ofyaim 
beteilige,  (oute  ate  Kreuzfahrer  gelten  unb  aller  ©naben  eine«  Kreujjugä  teil^aft  Werben. 

60  ^>n  rid;tiger  S^ä^ung  ber  2Jlad^t  unb  Klugheit  feine«  ©egner«  auf  bem  franjöftfdfren 
Äönigetl^ron  unb  in  ber  3$orau«fi$t  be«  im  gallc  bc«  Kriege«  ficfyer  eintretenben  Slbfatt« 
(einer  S3arone,  lenfte  3Dl(>ann  j^t  ein  unb  befcfylofc  auf  bie  33orfc^lägc,  bie  tym  bie  Kurie 
burc^  bie  Legaten  ^Janbulf  unb  2)uranb  nod^  einmal  machte,  einjuge^en.  3lm  13.  SRai 
12i:>  (d;lof;  ber  König  ju  2)over  mit  ben  römi(d^en  bevollmächtigten  eine  Konvention  be« 

66  Snf^alt«  ab,  bafc  er  ©te}?ban  al«  Grjbijcfyof  von  (Santerbur^  anerfennen,  aCe  an  ftc$  ge« 
riffenen  Ktrc^engütcr  aurücferftatten,  ben  au«geWanberten  unb  Vertriebenen  ©eiftüqen  unb 
DJlönc^cn  bie  Slüdfe^r  unb  ben  gefangenen  bie  greil;eit  gewähren  Wottc  tc  3ebo^>  bieje 
Scenc  Von  SoVer  l^atte  nod)  ein  emftere«  Diadbfpiel.  3lugen(d^einli^  um  fiefc  Vor  bem  bevor« 
fte^enben  (SinfaH  be«  fran^öfifc^en  Kronprätenbcntcn  511  fiebern,  nominell  jeboc^  aur  Süfeung 

oo  feiner  5ünbcn,  übergab  nämltc^  3°^a,m  am  iö-  3)tai  1213  ©Ott  unb  bem  ^Japfte  (eine  König; 


ditttocettj  III.  119 

ra$e  Snglanb  unb  3>rlanb  unb  empfing  fie  bann  als  pä^ftltc^er  Se&näträger  unter  ber  93c- 
bannig  tmebcr  jurücf,  bafi  er  bem  Stuhle  fßctri  700  SWart  für  Snglanb  unb  300  ÜWarf  für 
Saanb  als  SefyiäjinS  jätyrlic§  entrichte.  SXBer  erft  als  er  fic£  aucty  bor  bem  (Srjbtfctyof -Stefan 
jo  tief  gcbemütigt  tyatte,  bafi  er  fid^  auf  ber  Sanbftrafce  bor  tym  in  ben  Staub  toarf  unb  um 
erbarmen  flehte,  toarb  er  bom  Sänne  gelöft.  3)a3  Sanb  jcbocr)  blieb  nocty  bis  ^um  2.  ^uli  6 
1214  unter  bem  gnterbilt,  b.  ty.  bis  ju  bem  3eityunfte,  ba  ber  König  ber  ©eiftlictyfeit  ben 
Stoben,  ben  er  fy  toä^renb  ber  ferneren  SBerfolgung  ^gefügt,  burc§  eine  fyoty  Summe 
@e(be3  erfefct  falte.*  SBofyl  toar  jefct  ber  triebe  mit  ber  Kird&e  fyergeftetlt,  aber  bie 
txmt  Könige  fcergetoaltigten,  mit  Steuern  belafteten  Saronc  lonnten  bie  ^Demütigung  nid&t 
übertomben,  bie  tynen  ^o$amt,  burct)  Überladung  beS  Steiges  an  ben  ^ßapft,  angetfyan.  10 
XU  i^re  Sefötoerben  nid&t  abgeftellt  tourben,  griffen  fte  1215  gu  ben  SBaffen,  bemäcfc 
ügten  ftc^  ginbonS  unb  erjtoangen  am  15.  3>uni  1215  bom  Könige  jenen  Freibrief,  ber 
bie  ©runblage  ber  englifd&en  Staatöberfaffung  bilbet,  bie  Magna  Charta.  Kaum  fear 
ba  3n£alt  berfelben  ^nnocenj  belannt  getoorben,  fo  erflärte  bi^cr  ben  Vertrag  beS  äbefe 
mit  b«m  König,  toeil  er  ben  föniglictyen  SBorrecfyten  unb  inbirelt  bem  Stuhle  Sßetri  —  ba  16 
ja  ba  fyap\t  ber  Se^n^err  Igo&annS  h>ar  —  &u  nafye  trete,  für  nid&tStoürbig,  fcfyiml>flic$ 
unb  uitterbmblty  Slbertoeber  biefe  Srflärung  noefy  bie  toieberfyolte  ©jfommunifation  aller 
©egner  be$  König*  ty&m  ben  geringsten  Srfolg  gehabt.  9lur  einer  ber  an  bem  9lufftanbe, 
toerai  au$  nur  mittelbar  beteiligten,  fiel  ^nnocenj  als  Opfer  in  bie  JSänbe:  ber  6r^ 
bvfc^of  Stephan  bon  Santerburty,  ber  bisherige  ©ünftling  beS  SßapfteS.  2Seil  er  ben  Slbet  20 
pm  Xufru^r  gereift  fabe  unb  fpäter  bie  Smpörer  nid)t  bannen  Sollte,  tourbe  er  als  er 
fö  1215  jum  Komil  naety  9tom  begeben  fyatte,  bom  Slmte  fuSpenbiert. 

3)urd>  nt$t3  $at  ftc|  baS  *ßafcfttum  fo  fer)r  in  Snglanb  gehabet,   als  burety  ben 
Kiberftanb,  ben   e$  ber  Magna   Charta   entgegengefegt.     3n    Snglanb    fyatte    aller* 
töna*  ber  grofee  ^Japft  ben  3uftanb   Qefcf>ciffen,   ber   tym   als   baS   ^beal   beS  98er*  26 
tyiltniffeS  bon  Kird&e  unb  Staat  borfd&toebte.    3)em  Könige  Igotyann  fcfyrieb  er: 
^efuS  G^rtßuS  toottte,  bafe  baS  Königtum  priefterlic^  unb  baö  ^rieftertum  !öniglid^  fei. 
ttdbar  aQe$  fegte  er  einen  ju  feinem  Stellbertreter  auf  @rben,  bafe,  glei$tme  ftc^  i^m  alle 
ftwe  beugen,  biefem  alle  ge^orfam  fein  foUen,  bamit  ein  #irt  unb  eine  §erbe  fei;  .  .  . 
biefed  ertodgenb  tyaft  bu  aud^  todtlify  bemjenigen  bein  SReic^  unterloorfen,  bem   geiftlid^  so 
a0e3  untert^an  ifk".    SBo  Swwcenj  dürften  unb  Söllern  gegenüber  bie  Sterte  bc«  römi* 
V^cn  Stuhle*  toerteibigte,  ba  gef^   eö  immer  in  bem  Setoufjtfein,  ate  Stellbertreter 
Sjnfti  ju  ^anbeln.    Stuf  ftd^  ioenbet  er  ba^er  bad  SBort  S^rifti  an:   „mir  ift  gegeben 
aOe  (Setoalt  im  ^immel  unb  auf  @rben".    Sd^on  bem  *ßetru3  fyabz  S^riftu^  bie  fiettung 
ba  gefamten  SBelt  übertragen.    2öenn  $etru^  auf  bem  SReere  toanbelte,  fo  bebeutet  ba^  86 
Kcet  bie  Söttertoelt.    ®er  $apft  ift  toie  3Welc^tfebcf  König   unb  ^o^erpriefter   in   einer 
$af<m,  unb   „toie  in  ber  SunbeSlabe  bie  Mute   neben  ben  $afcln  be«  ©ejege«  lag,  fo 
mty  auc^  m  ber  ©ruft  beä  Zapfte«  bie  furchtbare  Kraft  ju  jerftören  unb  bie  Sergünfti- 
ber  ©nabe".    3)ie  Sfotorbnungen  be«  apoftolifd^en  Stuhle«,  ber  über  SSölfcr  unb 
»  ßefegt  ift,   erforbem  unbebingten  ©e^orfam,  toer  ifynen   fid^  toiberfegt,   ift  einio 
Ifdjänber  unb  ©ögenbiener.    5Die  fd^on  bon  ©regor  VII.  gezogene  parallele  jtoifd^en 
6oraie  unb  3Ronb  einerfeitö,  ber  Kircr)e  unb   bem  Btaatt  anbererfeitö  ertoeitert  %nno= 
cai)  111.,  inbem  er  fagt:  „sicut  luna  lumen  suum  a  sole  sortitur,  quae  re  vera 
minor  est  feto  quantitate  simul  et  qualitate,  situ  pa riter  et  effectu,  sie  regalis 
potestas  ab  auetoritate  pontificali  suae  sortitur  dignitatis  spien do rem,    cujus  46 
oonspectu  quanto  magis  inhaeret  tanto  minori  lumine  decoratur,  et  quo  plus 
ab  ejus  elongatur  aspectu,  eo  plus  proficit  in  splendore".    ^nnocenj  fprid^t   ed 
offen  oud,  baf  nur  bad  ^rieftertum,  b.  t).  bie  Kirche  göttlicher  Drbnung,  bagegen  baä 
Äaniatum,  b.  %  ber  Staat,   „per  extorsionem  humanam"   entftanben.    ®aber  bean^ 
ftauftt  er  aud?  in  allen  fällen,  too  eine  fernere  Sünbe  borliegt,  ba$  Stecht,  bie  ßntfe^ei-  00 
tagen  ber  h>eUH$en  Obngleit  ju  prüfen  unb,  toenn  nötig,   ju  fafjieren;    geboren  boc^ 
kern  ^kü>fte  bie  betben  ©d^toertcr,  bad  toeltlid^c  unb  baS  geiftlic^e,  toäf^renb  er  ba$  le^tere 
Wbft  fu^rt,  tyd  er  jene*  ben  dürften  übertragen. 

Xfe  ©teltoertreter  ß^rifti  ^ielt  er  eä  nun  aud)  für  feine  $flic§t,  glci^  beim  antritt 
fmte^  $imttfi!at3  bie  Könige  unb  S3öl!er  aufzurufen  pm  Kreugguge  ind  ^eilige  &mb.  66 
Sie  ^Jitbigt  bed  giilco  ^on  5ReuDv  getoann  einen  £etl  bc«  franjöfifd^cn  Slbefe  unter  ber 
Äifrrung  bed  SRarlgrafen  Sonifatiu^  üon  Wontferrat  unb  bie  alle  geiftli$en  unb  toelt^ 
li^en  Sotteile  abtoägenben  2öorte  bed  Slbttö  ÜJiartin  öffneten  bie  $erften  in  Sübbeut{c^« 
lab  bem  päpf&iäpn  $lane.  2)ckt;  ba£  in  93enebig  lagernbe  Kreu^eer  tourbe  bon  bem 
Sogen  ^aitbolo  )ur  9Biebereroberung  ber  ben  33enetianern  bom  Könige  bon  Ungarn  tnU  eo 


120  dnitocens  in. 

rifjenen  ©tabt  &axa  benufet;  Vergebens  fyrtte  3innocenj  III.  ben  S)ogen  unb  bie  Äreuj* 
fairer  getoarnt,  i^re  Jöaffen  gegen  einen  $riftli$en  Äönig  ju  feenben,  tyren  Unge^orfam 
ftraftc  er  mit  bem  Samt.  Raum  fear  berfelbe  auf  Sitten  be3  9(bteö  Martin  gelöft,  als 
ft$  bie  Äreujritter  ebenfalls  gegen  ben  SBiflen  beä  ^apjieS  auf  ein  feeitere*  Unternehmen 

6  einliefen,  toeld&eS  mit  ber  Eroberung  be«  ^eiligen  SanbeS  m  fernem  ^ufammen^ang  fianb. 
3)ic  ©efanbten  beä  ÄönigS  $&iliw>  Von  2)eutfc$lanb  betoogen  bieJkeujritter,  bemSdfrtoager 
beSfelben,  bem  btyjantinifd&en  Sßrätenbenten  älejioä  SlngelöS,  bem  &of)m  be$  abgefegten 
unb  geblenbeten  Äaiferä  Sfaaf  ängeloä,  jur  äBiebererlangung  be3  väterlichen,  tum  bem 
Ujurpator  SUqrioä  III.  Vorenthaltenen  ©rbeä  unb  jur  (Eroberung  Äonftantinol>ete  tyre 

10  fiilfe  jujufagen.  3113  nun  aber  ftonjtantmopel  Von  ben  Jlreujfalpern  gewonnen,  Sfaaf 
3lngelo$  unb  fem  ©otyn  ftc^  toieber  in  ben  Seftfc  beä  3$rone3  gefefet  Ratten,  tourbe  bad 
Verhältnis  j|h>if($en  ©rieben  unb  Sateinern  ein  fo  unleibli($e$,  ta$  in  einem  Äufftanb 
jener  ber  angeblich  ben  Satemern  aHju  getrogene  SUejioS  StageloS  in  benÄerfer  getoorfen 
unb  föliefelicfc  erbroffelt  mürbe,    gefet  blieb  ben  latemif^en  Gittern  ni$t3  anbereS  übrig, 

15  als  ft$  ber  ©tabt  mit  ©affenaemalt  ju  bemäd&tigen  unb  bafclbft  ein  fatebiif$e3  Äaije** 
tum  auftürmten;  am  16.  SWai  1204  toarb  ®raf  Salbuin  von  ftlanbern  ate  Äatfer 
gehont.  $ur$  bie  Searünbung  beS  lateiniWen  ÄaifertumS  eröffnete  ft$  nun  bem  ©tutyk 
$etri  eine  erttrimföte  $erft>eftive  auf  cnblidpe  Sereinigung  ber  grie$tföen  mit  ber  abenfe 
länbif^en  ftmfc    ©o  erflärt  eS  fty,  ba|  gnnocenj  III.,  ber  bte  Verzögerung,  toefcfc 

30  ber  Äreujjug  bur$  bie  @fl>ebition  xwid)  5tonjtattinoVel  erfahren,  juerft  bitter  getabdt  $atte, 
nun  brieflich  feine  greube  über  ben  großen  SBaffenerfolg  unb  bie  Hoffnung  aufe 
foraety,  bafi  eS  balb  einen  §hrten  unb  eine$erbe  geben  toerbe.  SBaS  monier  feiner  Sot* 
laufer  auf  bem  ©tufcle  $etri  erfetynt,  toarb  biefem  Sßapfie  vergönnt:  bie  Srneranntg  eine* 
fatyolifcfcen  $atnart$en  ^0n  5tonftontinol>el.   —  S)er  Segeiftenmg  für  bie  Jtreimüge  gab 

25  gimocenj  ein  neue«  Siel  bunfr  eine  Sutte  Vom  12.  Dttober  1204,  in  ber  er  ber  ga^rt 


na#  Sivlanb  bie  gleiten  ®naben  jjufufcerte  tote  ber  Beteiligung  an  einem  3uge  nä$ 
Serufalem,  ja  fogar  allen  benen,  bie  ftdfr  ju  legerem  bereit  erflart,  btefe  Verpflichtung 
gegen  ben  $ug  na#  2ivlanb  um^utaufc^en  gemattete.  Dem  SKföof  90bät  txm  ÖVlanb 
gelang  e$,  mbem  er  immer  neue  ©$aren  von  jtreujfa^rern  Vom  SRuttrrfanbe  in  bie  Äo« 

so  lernte  ^inüberfü^rte,  1206  bie  SiVen,  1208  bie  Seiten  ju  taufen  unb  bem  Stuhle  ^etri 
untert^an  }u  machen.  Cb  bie  Xanftarteit  gegen  SObcrt,  ob  e3  bad  Streben  toar,  bte 
3Hetro)>olitanverfaffung  ju  ©unften  einer  biretten  9b^angigteit  ber  ©tfc^ofe  von  9tom  yt 
bur^brec^en,  mufe  ba^in  gefteüt  bleiben,  3]}nocenj  entjog  9tiga  unb  ben  Sifc^of  Söbat 
ber  oftmals  von  ben  $apftot  anerfamtten  3RetroftoKtanfrobeit  SremenS.  Sie  Streitigleiten, 

35  bie  $ta>if$en  3Ubert  unb  ben  Srübern  /fber  SVitterfc^aft  d^rtßt  in  Sfefanb"  ftatt  Ratten, 
fuc^te  er  bur$  einen  1210  ^toif^en  ben  in  9lom  aiüoefenben  SetetTigten  abgeflogenen 
$erg(ei$  fo  bebulegen,  bafe  ber  Crben  ben  britten  2eü  beS  fi$  über  bte  £iven  unb  Seiten 
erffrerfenben  btfdbofltc^m  @ebieted  Von  SUbert  gegen  bie  Sa^^tung  }u  Se^cn  cx^ieb, 
bemfelben  hn  Kampfe  gegen  bie  ffattbaren  Reiben  bei^ufk^en.  9Uö  nun  cnu^  bte  betörten 

«o  (Sftat  ibren  eigenen  Sif^of  ergeben,  ber  (iv(änbif(^e  SRiüeioiben  aber  auf  ba*  jenem 
unterworfene  @ebiet  Slnftmid*  er^ob,  ba  jeigte  ed  fi^f  toie  fäaxx  ed  ber  mSbmt  centra^ 
lifterten  Stir^engetoalt  tmtrbe,  ft$  einen  regten  (Sinblic!  in  bie  £er$alimffe  einer  entfern* 
teren  Jtm$eT$roVtn£  }u  verfd^affen.  3n  Unknntntd  ber  territorialen  Sage  unb  in  ber 
Meinung,   ba£  ffcreittge  ©«biet   unter  bie  Setoerber  geteilt  $u  fcben,  vorfieb  ber  ?k# 

45  einen  unb  benfelben  Sanbfhtc^,  bie  eftbmfcfc  Ätn^Knjjrovinj,  fotoo^l  bem  Sifc^of  tawe  bem  Drben. 

<ä$  tft  3tmocen$  111.  nid^t  fo  bedb  anzurechnen,  tote  ed  vielfat^  gefe^en,  bafc  erben 

5treu^ügen  ^uerfi  bie  Jttcbtung  ber  Äe^ertnege  gegeben,   mbem  er  fc^on  1207   ben  fron» 

jöftföen  5löntg   ^ur  Vertilgung   ber  £äretiter  in  ber  Oraffc^aft  Xoulottfe   aufforderte 

unb  jebem  ber  fw^  bem  Äreu^uge  gegen  biefelben  anfc^liejsen  toerbe,  benfcOben  WAafc  tote 

50  ben  Äreu3fafc«ni  verbiet  üe  an  ben  Älbigenfern  verübten  @reuel  faflen  nk^t  ber  ^Jer* 
fönlicbteit  ^mtocen)'  111.  fonbern  bemSvfteme  $urSafi,  bad  unter  $nt  unb  bun^  i^ngur 
Vollen  (Sntfaltung  unb  Stu^toirfung  gelangte.  Xte  vom  $a^fte  gegen  bie  Äefccr  getroffenen 
Verfügungen  tourben  auf  bem  I V.  Sateranfcn^U  (12.  aflgem.  ©Jptobe)  Vom^  1215  geWBgt 
unb  3um  fiircbengefef  erhoben.   Sllle  ©etoaltbaber  foden  geloben,  feine  §aretifar  in  t^cem 

55  ©ebtete  ;u  bulben.  3i>enn  ein  *ürft  ber  äLufforberung  ber  Jtac^e,  fehl  Sanb  Von  Sehern 
^u  fäubern,  ntd?t  ^tolge  leifte,  foU  er  mit  bem  $anne  belec^,  bei  fortbauernber  Zeniten) 
feiner  ^errfebaft  entfe^t,  ja  berfelben  mit  ©etralt  ber  2gaftnt  beraubt  toerbeiL  ^ebe», 
ber  an  einem  felcben  Striemige  teilnimmt,  toerben  bie  ben  5heu$fa^cem  gttoäjrcten  Ser« 
günftigungen  3ugeftebert.    ^lud?   ba^  von   biefem  Äon^tl,  b.  b-  ^m  ^tms\^rq  III.  gegen 

so  bie  3uben  etngefcblagene  unb  gebotene  Verfabren,   toar  ein  überaus   ^arted.    9ttc^t  Ho^ 


ditnocett}  III.  121 

tourbe  bnt  Dbrigteiten  unterfagt,  ben  ^ubcn  ein  öffentliches  3lmt  anvertrauen.  @3 
tourbe  au$  ben  ^uben  geboten,  ftdfo  anbcrS  ju  Reiben  als  bie  ©giften,  bamit  fte  als 
3uben  fofort  !enntlic§  feien,  ja  toätyrenb  ber  Äartoocfye  foHcn  fte  nietyt  auf  bie  ©trage 
IjtnauSge^en,  bamit  m$t  bie  Sänften  in  biefer  Xrauerjeit  an  ityrer  getoufcten  Jtteibung 
Sitfbfe  nehmen.  Unter  ben  übrigen  @ntfc$eibungen,  bte  biefeS  Äonjil  gefällt,  ift  bie  5 
Settoerfung  ber  Srrlefae  be$  21malric$  toon  33ena  (f.  b.  21.  33b  I  ©.  433,  8),  bie  33er* 
bammung  ber  Don  3oac§im  bon  glore  (f.  b.  31.)  gegen  SßetruS  SombarbuS  gerichteten 
€tyrift  „De  unitate  seu  essentia  trinitatis",  ba8  Verbot  ber  Stiftung  neuer  Orben 
(ogl.  bie  ».  fcomintfu*  33b  IV  ©.  770, 21  ff.  unb  granj  to.  äfftft  33b  VI  ©.  200, 57  ff.) 
ttm  39ebeutung.  2)ie  lefcte  Säuberung  biefer  ©tynobe  toar  bie  3uftimmung  ju  ber  $&p\t*  10 
liefen  39uüe,  in  toelc^er  Sie  95ölfer  unb  gürften  ju  einem  neuen  Äreujjug  in8  tyeil.  Sanb 
für  ba$  %afyc  1217  aufgeforbert  hmrben.  SMefeSxam  ©cfyluffe  bc$  ^Sontiftlatö  3>nn0s 
cenj*  III.  abgehaltene  allgemeine  Äonjil,  toelctyeä  er  im  ©efüfyle  beä  naty  befcorftefyenben 
Qfrbeä  mit  einer  Siebe  über  bie  2Borte  beä  §errn:  „fetynlic^ft  \)at  miety  barna$  verlangt, 
no$  fcor  meinem  fieiben  biefed  $affal?  mit  euc§  $u  effen"  eröffnete,  geigt  un$  biefen  ge*  15 
tpaüigen  *m>ft  aU  ben  unumföränften  §errfctyer  über  bie  ©rofeen  ber  2Belt  unb 
ber  Jttnfc  Äaifer,  Könige,  JJürften  Ratten  ju  benfelben  tyre  33ebottmäctytigten  gefanbt  unb 
1500  ©nbifäöfe,  33ifc§öfe,  Sttbte  jc.  beteiligten  fic§  an  ben  33er^anblungen  ber  ©fynobe,  ober 
beffer  gefagt,  tootynten  ber  SBerlejung  ber  befreie  ^nnocen^'  III.  bei;  benn  m  eigentlichen 
Beratungen  fam  e3  nid&t,  auf  bte  SBerlefung  ber  päpftlictyen  3)efrete  fd&eint  fofort  bie  9lb*  20 
fttmimmg  ber  ?ßrälaten  erfolgt  ju  fein.  3nbem  biefe  aber  bie  SKeinungSäu&erungen  be3 
$apfie3  juißr^lid&enSSorfc^ften  erhoben,  untertrieben  fte  eigentlich  tyre  eigene  Slbbanlung. 

DieWac^tpeuung^nnocenglll.  in  ber  inneren  33ertoaltung  berÄirctye  übertrifft 
bie  afler  feiner  SSorgänger.  Keiner  $at  in  bem  3Kafce  tote  er  in  bie  33efugniffe  ber  SRetro* 
fcoßten  unb  Sifööfe  eingegriffen,  unb  in  fo  ^em  ©rabe  toie  er  ftcfc  ba$  ben  lolalen  26 
fix$lk$en  Oberen  juMenbe  33eje$ung3rectyt  angemaßt.  6r  guerft  bat  ein  Stecht  ber  Sßäpfte 
auft  Scrietyung  tont  33enefi)ien  beanfpru$t  unb  mqctylige  *Prot>ifton$manbate  öerliefyen,  um 
auf  Stoßen  ber  im  Sanbe  beftnblicfyen  ©eiftlid&en  unb  auf  Äoften  be$  2lnfetyen3  ber  ein« 
}eimtf$en  39if<$öfe,  ben  pä^ftlic^cn  Wienern,  ben  römifcfyen  Älerifern,  felbft  feinen  33lut& 
fcertoanbten  unb  Sertrauten  eine  ergiebige  Sßfrünbe  ju  fiebern.  35ie  Gentralifation  ber  ao 
Gn^ßc^en  ©etoolt  in  ben  $änben  ber  ^ßä^ftc  I)at  ^nnocenj  III.  aud^  babur^  beförbert, 
bafe  er  ed  ftd^  borbe^ielt,  bie  33ifc^ofdftü^le  in  bem  %aü  m  befeften,  bafe  bie  2Bal?lberecfc 
tigten  i^re  loitonifc^en  33efugniff e  Übertritten.  Sluc^  bie  33erf ejjung  ber  Sifc^öfe  refertoierte 
a  bem  römiföert  Stuhle,  inbem  er  erllärte,  bag  ed  allein  bem  Raffte  aU  (Stellvertreter 
Script  guftefye,  bie  S^ejtoifd^en  einem  SSifc^of  unb  feiner  ©emeinbe  ju  löfen.  36 

3)a«  ungemeffene  »nfe^en,  toeld^e«  in  fragen  be«  firc^lid&en  mfytö  ^nnocenj  III. 
genafc,  beruhte  in  gleicher  SBeife  auf  feinem  bielfadb  betoiefenen  juriftifd^en  ©ctyarfftnn  tote 
auf  feiner  tiefge^enben  ÄenntniS  ber  einf^lägigen  3Jlaterien.  ©c^on  naety  ben  brei  erften 
Vrniäfttatöja^ren  tourben  bie  bi^erigen  3)efretalen  be«  ^ßapftcä  bon  Rainer  bon  ^Joms 
Ipoft  gcfammelt,  f)>ater  unternahm  33ernarbu3  GompofteUanuS,  bie  auö  ben  9  erften  %afyctn  40 
^nnocen^'  III.  fyerrütyrenben  SJerorbnungen  ju  einer  ©ammlung,  ber  Compilatio  Ro- 
manaf  )u  bereinigen.  2)a  aber  jener  tote  biefer  einige  unechte  33riefe  bed  ^ßapfteä  auf« 
genommen,  (ie^  berjelbe  burd?  feinen  9!otar  ^Jetruö  SaUtoacinud  alle  btö  ju  feinem  12. 9le= 
gtenmg«ia^rt  erlaffenen  3)efcetalen  jufammentragen  unb  überfanbte  biefe  fogenannte 
„Compilatio  tertia"  1210  ber  Untoerfttät  33ologna.  Äurj  nac^  ^nnocenj'  III.  lobe  46 
tauben  bann  au$  bie  33riefe  unb  Süden  au$  ben  6  legten  ^ontiftfatöja^ren  bleiben 
in  ber  Compilatio  quarta  ber  Öff entlief eit  übergeben. 

Unb  birfer  Don  ftrd^Iid^en  ©treitigfeiten  unb  StectytSgefd&äften  bebrängte  $a})ft  fanb 
boefr  nodb  SJiufee,  feine  fc^riftftenerifd^e  S^ätigfett  fort^ufe^en.  SBtr  befi^cn  bon  tym 
eute  Xudleguna  ber  7  33uffrfalmen,  bie,  abgefe^en  bon  ben  Spielereien,  mit  eigen=  60 
tömlu^en  ^^toer^ältniffen  unb  SSerdeinteilungen  nafy  bem  ©efd^mad  feiner  ^eit,  ben 
9dfi  einer  inneren  #enen$frömmig!ett  unb  ba^  ©treben  befunbet,  „au$  bem  ©trubcl 
nenfctyttfcr  Übereilung  ft^  an  bie  Duelle  göttlicher  ©nabe  ju  flüchten".  Um  ein  ©egen« 
Qäüidft  gegen  ben  toeräuj}erli$enben  Sinflug  ber  Sled^tö^änbel  }u  beft^en,  aber  auc^ 
fqtcui},  um  baä  SSeitoief  eine«  treuen  ©eelcn&irten  ut  geben,  prebigte  3«n^cenj  fetyr  66 
l&afig  uufyt  blofe  in  9tom,  fonbern  auc^  auf  feinen  SRcifen.  ©eine  ^rebigten  liefe  er 
mm  Zeil  felbft  fammeln,  eine  Steige  berfelben  ift  auf  un$  gelommen.  ©ie  ftnb  jtoar 
jtyftoülßtg  unb  bUberreic^,  legen  aber  boep  3^9"^  a^  üon  b*™  @rnft  feiner  religtöfen 
0efbnumg  unb  bon  ber  tiefen  2)emut  ©ott  gegenüber,  ©etoift  lam  bie  Klage:  „lieber* 
ttt^em  na^juftnnen,  ^abe  id^  leine  ÜDhifte;    faum  bafe   tcf>   atmen  barf.  %a,  fo  fe^r 


122  dnnocetij  III.  ^nnocenj  IV. 

mufj  id)  für  anbcre  leben,  bafe  id)  mir  beinahe  felbft  fremb  toerbe",  aus  einem  $erjen, 
ba$  fU$  aus  ben  Äötyer  unb  ©rift  aufreibenben  ©eföäften  naefc  SRu^e  feinte.  SXefelbe 
gehörte  tym  am  16.  IguU  1216  ber  £ob,  er  ftarb  in  Perugia.  @$  ift  unmöglid),  bö$ 
ganje  2)enfen  unb  Streben  ^imocen)  III.  auf  ben  §o$mut  eine«  eitlen,  felbjtfücfyiaen 

5  §erjcn$,  auf  bie  SRücfftd^telofigfcit  eines  polittfc&eti,  fid>  felbft  fcergötternben  fßrteftec^  ju* 
rticfjufü^ren.  2öo  er  jümte,  bannte,  fteffeln  fa^miebete  unb  lofte,  fuc^te  er  ntd&t  ferne 
(Sfyre,  fonbern  bie  Gtyre  beffen,  ber  tfyn,  tt>ic  er  feft  glaubte,  gu  feinem  ©teltoertreter  auf 
(Srben  berufen.  3JJitten  bura^  bie  bunllen  unb  toirren  3«tt)er^ältnifje  fann  nur  ber  feinen 
2Beg  fo  ftd)cr  unb  mutig  geben,  ber  ft$   aU  Siüftjeug  ©otteä  toeifc  unb  fitylt    3nni>= 

10  ceng  III.  I?at  baä  sßapfttum  in  bem  3föafce  bergetftigt  unb  ftttltd?  berßärt,  afö  e3  ft$ 
überhaupt  mit  d^ftttcHUtltyem  ©ehalte  erfüllen  läfet.  3tyff«l  t  (««*l  Wirft). 

3tonoceitj  IV.,  sßapft  bom  25.  $um  1243  bis  7.  ®ej.  1254.  —  I.  Quellen. 
a)  Sötr  befi^en  jaiei  fiebcnSbefcbretbunaen,  bie  eine  Ex  MS.  Bernardi  Guidonis  bei 
Murat.  SS  III,  I,  589  f.;  bie  onberc  Don  9cifolau8  üon  Surbio,  gnnocena'  IV.  Kaplan,  ba^ 

16  Ijcr  mit  SBorfid)t  $u  gebrauchen;  fie  ift  gebrueft  bei  Baluze,  Miscell.  libri  VII  seu  oollectio 
veterum  monumentorum  1715  VII,  353  f.  (2.  Hufl.  1761  ed.  Man«  I,  194  f.)  unb  bei  Mu- 
rat. SS  III,  I,  592  f. ;  ugl.  Fabricius,  Bibl.  mediiaevi  1734  f.  V,  329;  Tanner,  Bibl.  Brit  Hib. 
1748,  ©.  545;  Sbaralea,  Suppl.  script.  Franc.  1808,  ©.  554.  563. 731;  Duchesne,  Liberpont. 
^ari«1892.  11,454.  —  b)  Eon  ©Uronifen  feien  genannt  Muratori  SS  III, H,  398f.:  Vita 

»  Inn.  IV.  Aiualrici  Augerii;  VI,  504—21  Caffari,  Ann.  Genuenses;  VIII,  494  f.  Nicol.  de 
Jamsilla;  680 f.  Monacni  Patav.  chron. ;  786 f.;  Sabae  Malasp.  rerum Sicul.  hist. ;  964 f.  Istor. 
Fiorcnt.  di  Ricprd.  Malesp. ;  IX,  651  f.  Franc.  Pipin.  chron. ;  768 f.  Chron.  Pann.;  XI,680f. 
Gualv.  Flammae  hist.  Mediol. ;  1141  f.  Ptol.  Luc.  hist.  eccl.;  XII,  354 f.  Andr.Danduli  chron.; 
XIII,  169f.Giov.ViU.;  XV,  310f.  Chron.  Estense;  XVI,645f.  Ann.  Mediol.-  Bouquet, 

25  Recucil  etc.,  nouv.  Mit.  XX  (1840),  770 f.  Guill.  de  Podio  Laur,  Hist.  Albig.;  XXI  (1855), 
163  f.  171  Chron.  de  Baudoin  d'Avesnes;  695-98  E  floribus  chron.  Bern.  Guid;  766  f. 
Majus  chron.  Lcmovic;  XXIII  (1894)  213  f.  Chron.  Normann.  —  Gallia  christiana,  edit. 
altera,  «b  I-XIII  v.P.Piolin,  <ßari8u.9tom  1870  f.,  »b  XIV— XVI  v.  Barth.  Haureau, 
$ariä  1856-65  (f.  b.  Index  Generalis  &u  jcbem  Sb  unter  Romani  pontif.).  —  MG  SS  IX, 

80  788-92  Ann.  S.  Rudb.  Salisburg;  X,  524f.  Gesta  episcop.  Virdun.;  XVI,  34-40  Ann. 
Erphord.;  368— 73  Ann.  Stadenses ;  XVII,  48- 58.  75  f.  Ann.Wormat.;  394  f.  Ann.  Herrn. 
Altah.;  XVIII,  212—32  Barthol.  Scribae  ann.;  486-507  Ann.  Plac.  Gibell.;  670-77 
Ann  Parm.  mai.;  XIX,  78-102  Roland.  Patav  chron.;  158-64  Ann.  8.  Justin.  Patav.; 
472-77  Diurnali  di  Matth.  diGiovenazzo;  497—99  Ann.  Siculi;  XXII,  439 f.  471  f.  Mart 

86  chron.  pontif.  et  imper.;  492.  514 f.  ThomaeTusci  Gesta  imp  et  pontif.;  538-47  Ann.  S. 
PauUü.  Colon. ;  XXIII,  537  46  Menk.  chron.;  XXIV,  162 f.  Vincent.  Bellov.;  199—201 
Chron.  minor.  Minor.  Erphord.;  216.  219  Chron.  pont  et  imp.  Mant.;  283 f.  Joh.  de  Co- 
lum.  marc  hist;  407  —  12  Gest.  Trever.  cont. ;  XXV,  303 f.  Richeri  gesta  Senon.  eccl.; 
453    60  f.  Chron.  Hanon.;  543  f.  Balduini  Ninov.  chron  .;  704  f.  Sifrid.  de  Balnh.;  843-48 

40  Joh.  Longi  chron.  S.  Bert.;  XXVI,  535 f.  Hist.  Anonymi  Remens.;  561  f.  Andr.  Ungar.; 
636 f.  679 f.  Guill.  de  Nang.  Gesta  Ludov.  IX  n.  Chron.;  XXVII,  440f.  Ann.  Melrosen»; 
469 f.  Ann.  Wigorn. ;  474 f.  Ann  Burton.;  490f.  Ann.  Oseneiens.;  510f.  Ann.  Dunstapi.; 
MG.  $cutfd)e  S&ronifen  1877,  II,  255  f.  293  f.  3)ie  fö*f.  ©eltdjronir  u.  beren  gortfefrung. 
—  Salimbene,  Chron.Pannen.sc,  ed.  A.  Bertani,  «ßarma  1857,  @.59f.;  bgl.  (5.  SBidjael,  @ol. 

46  u.  f.  e&ronif,  3nn£br.  1889.  —  c)  Uvtunben  unb  föcgeften.  Duchesne,  Hist.  Franc. 
script.,  Lutet.  Paris.  1649.  V,  412— 17:  Epist.  Inn.  IV.  super  profectione  Ludov.  IX.,  reris 
Franciae,  in  subsidium  terrae  sanetae ;  851-92:  Epist.  pontif.  summ.  Honor.III,  Greg.  IX, 
Inn.  IV  etc.  ad  principe«  et  reges  Francorum  et  suj)er  negotio  regni  Siciliae ;  Baluze  1715 
1.  c.   53b  VII;  Harduin,  Acta  concil.  etc.  $ciri3  1715  f.  VII,  353-406;  Martene,  Theaaur. 

60novii8  ancedot,  Lutct.  fciriü  1717.  I,  1023-59.  III,  1836-59,  1897-1922;  Manai,  Coli, 
conc.  XXIII,  561  f.  Epistolae;  605  f.  Concil.  Lugduncnsis  pöenebig  1779);  Rymer,  Foedera, 
gonb.  1816.  I,  I.  250-312;  $>öfler,  fclbcrt  u  SBcfam  u.  SRegefr.  <ßapft  3nn.  I V.,  ©tuttg.  1847 
p»ibl.  b.  ©titttq.  bitter,  herein*  XVI,  II,  159-220);  ©Ltymer,  Regesta  imperii  911-1313 
(ftremtf.  am.  1831)  S.  193  f.  207f2IOf.;  beif..  Reg.  imp.  1246-1313  (6tuttg.  1844)  6.1  f. 

»3f.;  berf.,  Reg.  imp.  1198-1254  (6tuttg.  1849)  6.  LXVIII-LXXXI  JQueUcnÜDerrt**, 
6.  194  f.  263  f.  ;*53f.  39  If  ;  Bullar.  Rom.  ed.  Taurin.  1858,  III,  502  f.  —  fcn  «ororWten 
für  b.  gvofKU  «udfl.  b.  SHegeften  ügl.  ?cr^,  9lr*.  f.  ö(t.  btf*.  ©efd».  V,  341.  VII.  890.  XI, 
501;  $>ut?elmann/ftb<&  X,  261  f.  $u  ben  Weg.  b.  $ftpftc  .&on.  III.  bi*  gnn.  IV.;  »oben« 
bern.  ««X,  510f.:  lieber  bie  Weg.  ©onor.  III.)  ©reg.  IX.  u.  3nn.  IV;  fiöineiifelb,  ^tXI, 

80  tili  f.;  t>.  $fluflF.$arttun<i.  Iter  Italicum,  6tuttg.  1883;  Äaltenbrunner.  W\  b.  3nft  f.  öften. 
©efd).  V,  2l3f  ;  ^enifle,  55>ic  pfipftl.  WegiflerMnbe  beö  13.  Sabrf).,  «fi5H»  1886,  II,  lf.; 
Dignnl,  1a\  «>rio  dos  reg.  pont.  du  13.  siecle,  ^arid  1886.  —  Theiner,  Cod.  diplom.  dominii 
tempor  S.  S dis,  Romo  1861,  I,  116—35;  ^otttwft,  Reg.  Pont.  Rom,  Berlin  1874  f.  I,  679. 
938  f.  II.  943—1285.  2110-24.  2137;  ©obmer.&icfer,  Reg.  imperii  1198-1272  (3ntl«brittf 

65  1881  f.)  I,  589  f.  II,  814 f.  910f.  9l8f.;    Haureau,   Les  Reg.  dlnn.  IV.  et  de  Benoit  XI 


Sitnoccitj  IV.  123 

(Journal  desSavants,  1884,  6.  153 f.);  (5.  «erger,  Les  Reg.  d'Inn.  IV,  4  93be,  $ari$  1884f. 

(»ejenf.  t>on  Äaltenbrunner  in  TOt  b.  3nft.  f.  oft.  ©eftf).  VI,  491-98);  93itymei>28ia,  Reg. 

areniepiflooponim  Moguntinensium,  3*tn3brurf  1886,  6.  273  f.;    SRobenberg,  MG  Epistulae 

saeculi  XIII,  e  regestis  Pont.  Bom.  selectae,  93b  II,  SBcrlin  1887,  III,  1—313,  »erlin  1894; 

ftö&mcT'&tcfer-SSBinfeJmamt.  Reg.  imp.,  3nn3brucf  1892,  III,  1260f.,   1544—71;    ftadjtrfige   6 

im  »b  IV(3nn3br.l894)8.1686f.,  1933f.,  2126 f,  2131,  2133,  2138f..  2156,  2160f.  u.  $t 

b.3nft.  f.  öftere.  ©efaVSorfd).  XIV,  87-97;  Bernoulli,  Acta  pontific.  Hclv.  I,  $afell892; 

Bübb,  Calender  etc. ...  Papal  letters,  ßonb.  1893,  1, 198-306;  föeblicb,  TOt  quo  b.  uattf.  9lrd). 

II,  3,  SBten  1894;    MG  Legum  Sectio  IV,  Constit.  et  acta  publ.  imp.  et  regum  II,  ed. 

Weiland  1896,    S.  328-89.    448-73.  507—16.  629;    £ampc.   5R91  XXIV,   503  f.     »rief  10 

3nn.  IV.  an  ßubwtg  b.  fceü.  o.  ©nbe  1246.  -  IL  ßttteratur.    a)  «UgemeineS.  föalj» 

nalb,   Ann.   eccles.  a.  a.  1243—54;    Paolo  Pansa  et  Costo,  Vita  del  gran  pontifice  Inno- 

cenzo  IV,  Senebio,  1598  u.  Neapel  1601;  Ciaconius-Oldoin,  Vitae  et  res  gest.  pont.  Rom. 

1677,  »om,  II,  99  f.;  Startmann,  Dissert.  de  vita  Inn.  IV,  9ttarb.  1735;  ©.#.  ©gröber, 

Vita  Inn.  IV.,  SRarburg  1738;  «Bai*,  (Sntnmrf  einer  üollftfinb.  Jfc)ift.  b.  röm.  $äpftc,   ©ött.  16 

1758,    6.  277  f.;     «r*.  «oroer,  Unparlf).  £ift.  b.  röm.  $äpfte,  beutfef)  Don  SRambad),  ßeipj. 

1770,  VIII,  82f.;    Cardella,  Memorie  storiche  dei  cardinali,  «Rom  1792,  II;  ^fanef,  ©cfd). 

b.  djrfftl.  <8tefenjdjaft«üerfaffg.  1806,  IV,  2,  8.  555;    Biographie  universelle,  anc.  et  med., 

$arte  1818,  XXI,  230f.;  (Srfd)  u.  ©ruber,  ©nc^rl.,  ßeip$ig  1840  II,  18  6.  423  f.;  $apen* 

forbt,  ©ff*,  b.  6tabt  SRom.  ^aberborn  1857,  8.  303 f.;    föeitmonr,  beSgi.  ©erlin  1867,  II,» 

530f.;   (BregorooiuS,  beägl.,  3.  91  uß.  ©ruttg.  1878,  V,  2l7ff.;    SBattenbad),  ©ei*,  b.  röm. 

$apfttiiin&,  ©erlin  1876,  6.  203 f.;    Sungmann,  Dissert.  selectae   in    hist.  eceles.,   Ratisb. 

1885,  V,  418 f.;  fcefele.ffnöpffer,    Sonjiliengef4.  2.  flufl.  &reib.  i.  »r.  1886,  V,  6.  1089 f. 

1105-1156.  VI  (1890)  1-10;  «Raufe,  SBeltgefcb.,  Seip*    1887,  VIII,  ©.  361;    SBe&er  unb 

»eile,  «at^ft.-ßej.,  2.«.,  Sreib.  i.ör.  1889.  VI,  736 f.;  Sd)nu>3tbet)bt,  <g|n  «uOenftempel  26 

b.  $.  3nn.  IV.  in  3Rt  b.Snft.  f.  öfterr.  ®efd).  XVII,  64f.;  ©ägmiiaer,  $ie  Sbätigteit  unb 

Stellung  b   ffarbinäle  bis  ©onifaj  VIIL,  greib.  i.  93r.  1896;  ©ottlob,  $ie  päpftl.  ftreuaaugS* 

fteuent  im  13.  3atyrft.,  fccüigenftabt  1892;    berf ,    $ty>ftl.  3)arlef)enfd)ulben  be8  13.  3öW-, 

03®  XX,  676  f.  686f.  713;  SR.  9^iac*f  3nn.  IV.  u.  bie  glagolitifd).flaoif*e  fiiturgie,    3121) 

1900,  1.    —   b)  Serbftltni«  $u  griebrid)  IL  u.  Äonrab  IV.    Giannone,  Istor.  civile  30 

del  regno  di  Napoli  1753.  93b  II;  £öfler,  Äaifer  griebrid)  IL,  ?Wüna<)enl844;  6porfd)il,  ©efd). 

b.  fiobenftaufer,  ©raunftf)».  1848,  S.  402f.;  Äarajan,  3ur©efd).  b.  Sron$ite  uon  2\)on  1245, 

8f§«  II,  67  f.,   ©ien  1849,   ogl.  ba$u  Xangf,   2)ie  fog.  Brevis  nota  über  b.  »joner  STonjil 

(in  Wt  b.  Snftit.  f.  öfterr.  ©efd)  XII,  246-  53);  Böhmer,  Regesta  Imperii,  Stuttgart  1849, 

6.  XXXV  unb  VLf.;   Sugcntjeim,  ©efc&.  ber  (Sntfte^ung  u.  HuSbilbung  beS  flirdjenfraatS,  30 

Seipj.  1854,  6.  1 66 f . ;  fiau,  2).  Untergang  b.  $ol)enftaufer,  #amb.  1856,  ®.  52f. ;  Cherrier, 

Hirt,  de  la  lutte  des  Papes  et  des  Empereurs,  2.  ddit.  <ßari31858,  II,  263f.;  HuiUard-Iire- 

hoUes,  Hist.  diplom.Frid.il,  introduetion,  $ari8  1859,  @.  CCXLI,  93e*ief)gn.  5U  5)eutfd)lb. 

OCXILVII  ju^aiäftina,  CDU  ju  (Stallten,  CDLX  gu3riebr.IL;  berf,  Frödenc  IL,  Etüde 

aar  Tempire  et  le  sacerdoce  ä  13  sieel«  (Revue  Britann.  ü.  3)ej.  1863);  Canale,  Nuova  istoria  40 

delU  repubblica  di  Genova,  Firenze  1860,  11,88-112;   Äortüm,  ©efi.«5orfd)gn.,  fieipj.  unb 

fribflb.  1863,  @.  313f.;   Ott.  fiorenj,  3)eutfrf)e  ©cf*id)te  im  13.  u.  14.  3abrt).   W\cn  1863 

I,  35 f.  64f.;    berf,  in  £8  XI  (1864)  6.  365 f.    (boef)  wjl.  @*irrmaa^cr,   griebri*  IL,  IV. 

370f.);  Zimmermann,  ©ef(fti*te  ber  fcofjenftaufer,  2.  «ufl.  Stuttgart  1865,  S753f.;   Huil- 

bud-fi^holles ,    Vie   et   correspondance  de   Pierre   de    la  Vigne,   $artd    1865;     Sa^trr*  45 

«aaVr,  Äaifer  griebri*  IL,  ©öttgn.  1865,  IV,  43 f.;    Guibal,    Les  Hohenstaufen,    8tra6= 

barg  1867,  @.  18 f.;  6enti«,  3)ie  Monarchia  Sicula,  greibg.  i.  53r.  1869,  ©.  86 f.;  SBinteN 

«ann,   5)ie  $olttif  ber  ^äpfte  unb  ^onrabin  («altifa^e  Wonat^fdjrift   1870,   ^3  I,   £eft  5, 

6.  8f);     Wesener,    De  actionibus    inter  Inn.  IV.  et  Freder.  IL   etc.,   $tff.    93oun  1870; 

6*irrma(fter,  2)ie  legten  fcofjenftaufen,  ©öttingen  1871,  6.  1—102:  berf.,  9Ubert  oon  ^offc«  w 

mfinfter,  genannt  ber  Söbme,  SBBeimar  1871;  Ottofar  Sorcn^,  2)rei  ©üa^er  ©efd).  u.  ^olitif, 

fkrltn  1876;    Äaifer  griebri*  IL  unb  fein  «erttfltniS  ^ur  Strebe,  6.  43 f.;    JHcutcr,  ©cfd). 

b.  reltg.  «uftlfirg.  i.  3RH.  ©edtn  1877,  II,  261  f.;  £üffer,  Die  ©tabt  fitjon  u.f.m.  fünfter 

1878/6.  82-96;  ©infelmann,  «b©,  fieipj   1878,  VII,  445  gviebr.  IL  u.  1882,  XVI,  562 

Äonrab  IV.;  »aumer,  ©efd).  b.  £ofjenftaufen,  5.  Hup.  Seipj.  1878.©b  V;  ©arbauuö,  J^ourab  55 

p.^oftabcn,  (gr^b.  p.Äöln,  ftöln  1880,  ®.  21  f.;  girier,  Regesta  imperii,  1198—1272,  Snnöbr. 

1881;  I.  XXII  f.  gegen  ©öijmerS  einfeitige  Vluffaffung;  g.  ©rofjmann,  itönig  (Sn^io,  ein  93ct^ 

trag  j.  ökfc^.  b.  3a^re  1239—49,  1883;  gtefer,  3)ie  (Sniennung  Grjb.Äonrab«  u.  Äöln  hum 

|>ÄpfW.  Staaten  1249  in  m  b.3nft.  f.  öfterr.  ©efd).  1883.  IV,  379-  92;  $crm.  «lafnu\  Äönig 

^itiio  1884;  Masetti,  I  pontef.  Onor.  III.,  Greg.  IX.  ed  Inn.  IV.  a  fronte  dell'  imp.  Fred.  IL,  00 

Som  1884;    ^infre,  $a3  Äönigt.  m%  u.  .^»Uonb,   llcipj.  1885,   6.  41  f.;    ?(.  töübcfamen, 

Eaiibgrof  ^einr.  Wadpe  ü.  $bür.  ^attenf.  5)iff.  1885,  6.  34 f.;    3.  3encr,  L'cmp.  FrM.  IL 

et  lächelte  de  Pempire  germ.  dumoyen&ge,  s^ariö  1885;  kommen,  Äaifer  8fr.  IL  u.v#apft 

3n«.IV.  in  b.  3-1243-45,  fieip*.,  3)iff.,  1886;  (*ngefmann,  Xer  «ufpr.  b.  ^fipfte  aufüon. 

Snnafion  «Approbation  bei  b.  btfd).  Äönifl8toal)lcn,  1077—1379,    JBreölau  1886,    6.  48  f.;  «5 

Äobenberg,  Äaifer  griebr.  IL  u.  b.  Äircfte,  4>ift-  9(uff.,  SBaife  getütbmet  1886  6. 246  f. ;  Ä.  Äö^ler, 

Da«  Skr^aitntd  Äaifer  ftriebr.  IL  ju  b.  köpften  feiner  ^ett,  1888,  (llnterf.  5.  btfrf).  Staate« 


124  ^nttocenj  IV. 

11.  SMtägefä.  XXIV);  Fournier,  Lc  Boyaurac  d'Arles  de  Vienne,  $ari*  1891,  6.  168  ftift 
199;  ff.  Hobenberg,  3nn.  IV.  u.  b.  flbnigr.  Sizilien  1245-54,  1892;  Xemfyojf,  3).  dampf 
b.  #obenftaufen  um  b.  Warf  flnfona  u.  b.^er^ogt.  ©poleto,  fünfter,  $ijf.  1893 ;  xtmpl  ®efö. 
b.  btfa).  9?eid)e8  mn^renb  b.  grofjen  SnterregnumS  1245—73,  fBfir^burg  1893;  Äarft,  0ef$. 

5  SRanfrebä  Dom  lobe  griebr.  II.  bi8  ju  f.  Krönung  1897  ($ift.  @tub.  fcrtgeg.  t»on  <£.  fcbe« 
ring);  $.  Srantfurtf),  ©regortuS  be  SRontetongo,  ein  Beitrag  $.  ®efd).  DberitalienS  t.b.3- 
1238—69,  9Harb.  1898,  ©.52  f.  (ögl.  SRejenfion  ö.$ampe  in  $tfö.  3tfcft.  f.  0ef4*3Kff.  1899, 
©.  404 f.);  $.  Sllbringer,  $ie  (Srfjebung  Slrnolba  o.  3fenburg  jum  <£rjb.  ü.Xrtcr  1242,  $nr 
@efd).  b.  btfci  flirre   unter  3nn.  IV.  #eilbronn.    $rogr.  1898.     —    c)  »er&ÄCtnt*  *tt 

10  Srranfrci«.  SBilten.  ©ef#.  b.  flreuuüge,  $b  VII,  fieipj.1832;  ©dnnibt.  ©ef*.  t>.  arranfreicft, 
1835.  I,  520  f.  594  f.  Biechy,  Saint  Louis,  Limoges  1844,  @.  73 f  ;  ©gölten,  Okfg  Sub- 
nrigä  IX.  u.  f.  ro.,  2  93be,  fünfter  1850—55,  I,  203 f.  II,  12 f.;  Hufllard-Bräiolles,  HwL 
diplom.  Frid.  IL,  $ari§  1859,  Introduction  ®.  CCCIVf.;  8t  Gervais,  Lee  croiaades  de 
St.  Louiß,   $ari«  1860;    Walion,   St.  Louis  etc.,  $ari3  1875,  I,  195  f.  II,  18;    »öfcricftt, 

15  Seitröge  $.  ©efd)  b.  ffreuaaüae,  ©erlin  1877 f.  I,  83 f  IL  273 f.;  ©cftwann,  fiubw.  b.  öetL 
0.  8frf«.  u  f.  »ejic^gn.  ju  ffaifer  u.  $apft  (3tf*r.  f.  aUgem.  <8kfd).  1887);  ©temfelb.  Aar! 
uon  9injou  als  ©raf  ber  ^kouence.  Berlin  1888;  Serger,  St.  Louiß  et  Inn.  IV.  Etudes 
sur  les  rapports  de  la  France  et  du  St.  Siege  (Einleitung  $um  IL  ob  ber  IRegefren)  1887, 
©.  I— CCXXIII ;    St   Pathus,  Vie  de  St.  Louis,  pubb'ee  par  F.  Delaborde,  $ari*  1899. 

20  -  d)  SerftBttni*  $u  (Snglanb.  $auti,  ©efef).  uon  (Snglanb,  Hamburg  1853,  III,  656 f.; 
Scbröer,  De  studiis  anglicis  in  Regno  Siciliae  et  Alemanniae  adipisoendo  coUocatis  a.  1250 
big  57,  Sonn  1867.  -  e)  Serft&ItntS  jum  beutfdjen  töitterorben.  Script  renim 
Prussicarum,  edd.  ß.  $iria),  Joppen  uub  (Streife,  5  Sbe,  £eip$tg  1861—74;  »oigt,  Oefö. 
beäbtfcf}.  töitterorbenS,  Berlin  1857,  I,  353 f.;  SBatteridj,  $ie  ©runbung  be«  bifän-Orben* 

26  ftaateä  tn^veufeen,  Öeipgig  1857,  ©.  129  f.;  ftetbroifd),  $  ie  Berufung  be»  btf*.  Orbeng  gegen 
bie  Preußen,  Berlin  1868,  ©.49;  %  ©roalb,  $ie  (Eroberung  ^reu&enS  bur*  bte  $eutfdKn. 
£alle  1875.  II,  151  f.  —  ©eitere  ©pe$iallitteratur  f.  Fabricius,  Bibliotheca  medii  aevi  1735, 
IV  97-100;  Hain.  Report,  biblioth.  1831, 111,9191-94;  Chevalier,  Bepert  des  soorces 
hist.  1877  f.,  ©.1115  unb  (SrgänftungSbanb  (1888)  ©.  2659. 

so  I.  SSorleben  unb  ©Triften,  ©inibalb  gfieSfo  h>at  ber  fünfte  ©o$n  be«  #ugo 
gieäfo  a\\$  bem  gcnueftfd?en,  jum  bornefymen  SleidpSabel  gehörigen  ©ef$Iec$te  ber  ©rafen 
toon  Sabagna  (bgl.  Canale  II,  88).  ©eboren  ju  ©enua  erhielt  er  feine  9hi&Ubung  in 
sparma  unter  ber  2luffic$t  feinet  D^eimS  Dpi-jo,  be«8ifc^of«  biefer  ©tobt,  in  ber  er  noefr 
ja^lrei^e  aSertoanbte  f)attt  (6a>trrmad&er,  Staifer  griebria^  IL,  IV,  180);   er  trat  bort  in 

86  ben  geiftlta^en  ©tanb  unb  tnurbe  balb  Äanonifcr  an  ber  ^auptfira^e.  Spater  taribmete  er 
[\6)  in  Bologna  ber  SRea^tötoiRenfc^aft,  in  ber  er  ftdfo  afe  $apft  einen  ^ertorragenben 
9iamen  gemalt  ^at.  ^n  polttifd^en  ©efd^äften  beh>ä^rte  er  ftä^,  fotoiel  toir  toiffen,  aierjl 
in  ben  3.  1218—19,  afe  er  getneinfam  mit  bem  Äarbinal  $ugDßnud,  fbateren  $<# 
©regor  IX.,  einen  ^rieben  jtüifa^en  ©enua  unb  ^JtRi  ©ermittelte.    9)aS  bahnte  i^m  ben 

40  2öeg  ju  ben  ^ö^eren  Ätra^enftcllen :  1223  oerüe^  i^m  £onoriu$  III.  eine  ©tiföpftfinbe 
ju  $arma,  am  14.  9Jobember  1226  jeta^net  er  jum  erftenmal  afö  auditor  contradic- 
tarum  litterarum  domini  papae,  in  berfelben  Stellung  ift  er  unter  ©regor  IX.  bto 
mm  30.  3uni  1227  naa^toctebar,  bom  28.  3ult  (naa^  gb©  Xr  257  bereits  D.  15.3uni) 
bi«  aum  23.  ©eptember  (bgl.  SreMau,  Urfunbmle^re  I,  207,  änmerfg.  1)  erf^eint  er 

«ate  3?ije!anjler  ber  römtfd&en  Äira)e  (^ottHt/  Reg.  pont  I,  ©.  679  unb  938  f.)  unb 
nod&  am  18.  ©eptember  beäfelben  3afyre3  ftieg  er  jur  SBürbe  eine«  ÄarbinalpriePerÄ  bom 
litel  ©t.  fiaurentiuä  in  Sucina  av(:  c$  fear  toenige  ^Eage,  bebor  ©regor  IX.  ben  Sann 
über  ben  Äaifer  au$Jpra$,  er  ^atte  tyn  alfo  fia^erlia^  afe  juberläfftg  erlannt  3ha  ben 
folgenben  Sauren  tmffen  toir  toenig   über  ©tnibalb;   bon   1235—40  h>ar  er  t>cb;ftli^er 

60  SRcftor  ber  9Rarf  2lnfona,  bagegen  fd&etni  bte  3lngabe  Ugr/elli3  (Italia  sacra  IV,  916), 
ba^  er  1235—38  93ifd^of  bon  3llbenga  getoefen  fei,  fid^  nid^t  ju  beftätigen.  —  Am 
25.  3wni  1243  fiel  in  9lnagni  nad^  anbertfyalbjäfyriger  ©ebi^bafang  bie  aBa^I  ber  Aar» 
binäle  auf  i^n,  am  28.3uni  empfing  er  bieSBct^e.  SBinfelmann  (Reg.  imp.  III,  1261) 
maa^t  barauf  aufmerfjam,  bafe  er  bamate  noefy  jiemlia^  jung  getoefen  fem  muffe,  ba  er 

66fta)  1251  in  einen  fcfyer^aften  SBcUftreit  mit  bem  1207  geborenen  §etnric$  III.  Donßng» 
lanb  einladen  lonnte,  toer  ber  ältere  fei. 

Unter  ben  politifd&en  ©türmen  feiner  ^Regierung  fanb  er  bod)^  iu  fö)riftjidlertfä)a 
I^ätigfeit  auf  fircbenrc$tlicf;em  ©ebietc.  3n>ar  bie  Heilte  ©4rtft  De  exoeptionibus 
r/at  er  toafyrfdpetnlid^  bor  feinem  ^ßontififat  berfafet,  aber  in  2^on  fd^rieb   er  unmittelbar 

60  na#  bem  $ton jil  gum  afabemifd^en  toie  jum  praftifa^en  ©ebraud^  ben  Apparatus  in  quin- 
que  libros  decretalium,  an  bem  ©cf/ultc  bie  au^erorbentlia^e  ^ßräjtfton,  bad  unbebingte 
SBe^errfd^en  be«  ©toffä,  bie  boUftc  Unmittelbarfeit  ber  2lnfcfyauung  unb  ben  äu|erp  pra!« 
tifd&en  33licf  rü^mt.  Verloren   ift  leiber  fein  Apologeticus,    eine  Slb^anblung   über  bie 


Siwoceita  IV.  125 

Staate  be«  $aj>fttum«  gegenüber  bcm  Äaifertum;  ftc  fotl  ficfy  gegen  eine  Schrift  Cetera 
be  Smea,  toelcge  bie  äUtyängtgfeit  be«  ^jSapfttum«  bom  Äaifertum  behauptete,  gerietet 
faben  (b.  Spulte,  Die  35efcetalen  gtoifcfyen  ben  3)efretale«  ©regor«  IX.  unb  Lib.  VI. 
Bonifacü  VIII.  SBicn  1867,  ©2B21  55,  701—97;  Beiträge  gur  Sitteratur  über  bie 
Schäden  ©regor«  IX.,  ^nnoceng'  IV,  ©regor«  X.  SBien  1871,  ©2B21  68,  120—27;  6 
©efö.  ber  Duellen  unb  Sitteratur  be«  fanoniföen  9tec§t«,  Stuttgart  1875.  II,  25.  30. 
91  f.  504;  langl,  3)ie  päfcftl.  Äangleiorbnungen,  1894).  —  Stucfy  anbertoärt«  fuc^te  er  bie 
SBifienfcfaft  gu  förbem:  er  regte  3He|.  bon  §ale«  (f.  b.  21.  93b  I  ©.  352  f.)  gur  2lbfaffung  feiner 
Summa  universae  theologiae  an  unb  begünftigte  nach  Gräften  bie  Uniberfitäten,  bor  aßen 
bie  Sorbonne,  in  9tom  unb  ^iacenga  errichtete  er  neue  9ted&t«f$ulen  (Tiraboschi,  Storia  10 
della  letteratura  ital.  Müano  1823.  IV,  56 f.  450 f.;  2)enifle,  Uniberfitäten  I,  304 f.). 

IL  Ser^ältni«  au  griebric^  II.  unb  Äonrab  IV.  S)ie  2tujjerung,  bie 
ber  äaifer  bei  ber  SRac&ridpt  bon  berSBafyl  getrau  fyaben  foH:  „3$  furzte,  bafe  \d)  einen 
gmmb  unter  ben  Äarbinälen  verloren  tyabe  unb  einen  fernblieben  $abft  hrieberftnbe.  Äein 
$apfl  lann  ein  ©fcibeHine  fein!"  ift  tym  erft  jtoätcr  in  ben  SRunb  gelegt;  bielmetyr  förieb  is 
er  am  28.  Sunt  1243  an  bie  gürften  boller  Vertrauen  über  bie  ©r^ebung  unb  fanbte 
bereit«  am  26.  3uli  bie  angefefyenften  ©rofccn  feine«  SReictye«  gu  $neben«ber^anblungen 
nac$  Sbtagni.  Stnbererfeit«  toiberfpri$t  bie  oft  hnebertyoltc  Setyauptung  be«  päpftlidjien 
Siograp^en,  SRilolau«  be  Surbio,  gnnoceng  fyabe  in  ben  erften  %afyxm  alle  Serfud&e  gur 
ffii&erjperfteflung  be«  SJrieben«  erfdfoöpft,  ben  erhaltenen  Slften.  3Me  gerühmte  S3creit=  ao 
toiÜigfeit,  mit  ber  er  ftc^  erbot,  bie  Älagen  be«  Äaifer«  angufyören,  ben  gangen  ©treit 
einem  Äonjil  gu  unterbreiten,  ben  Sann,  fall«  er  ungerecht  befunben  toerbe,  aufgutyeben 
unb  (Senugtyuung  gu  leiften,  toar,  toie  ficfy  balb  l?erau«fteHte,  nur  föeinbar;  böHig  unan= 
nebmbar  aber  toar  für  griebriety  bie  gorberung  bebingungslofer  Stücfgabe  alle«  Äirctyen* 
gute«  unb  ber  aufnähme  ber  Sombarben,  bie  ber  Äaifer  al«  Stebellen  betrauten  mu&te,  26 
in  ben  grieben.  Unb  toä^renb  er  barüber  bcrfyanbelte,  machte  er  ben  Äarbinalbiafon  SRainer 
Sapoccio,  griebric^«  tyeftigften  ©egner,  gum  Sifcfcof  bon  Siterbo,  ber  mit  feinem  ©inberftänb* 
ni«  in  (urgent  bie  bi«^er  faiferlicty  gefmnte  ©tabt  auf  bie  ©eite  ber  Äird&e  fyinüberfüfyrte. 
Skr  %a$l  fanbte,  al«  ber  Äaifer  bie  ©tabt  fötoer  bebrängte,  beträchtliche  ©elbmittel  unb 
natpn  griebrieb«  erflärte  geinbe  unter  feinen  befonbern  ©c^ufc  (bgl.  2Binfelmann,  Äaifer  ao 
ÄriebriA«  II.  Äamtf  um  Siterbo,  £ift.  2luff.,  SBaifc  gehribm.,  £annob.  1886,  ©.  277—305). 
&eniux9  lam  burd^  Sermittelung  be«  ©rafen  Slaimunb  bon  louloufe  unb  be«  Äaifer«  Sal* 
butn  fcon  Äonftantinopel  am  31.  SJtärg  1244  ein  triebe  511  ftanbe,  in  bem  griebriefy  ben 
päpftfiefcn  gorberungen  im  gangen  nachgab;  bafür  foUte  er  bom  Sann  gelöft  werben. 

Aber  föon  am  30.  3()>rtl  berfünbete  3""«>ceng,  ber  Äaifer  ^abe  e«  borge^ogen,  bon  35 
feinem  @ibe  abzubringen,  ftatt  ju  ge^orc^en  (Potthast  n.  1 1359 :  resilire  potius  quam 
parere).    3)er  ©treit  entjünbete  ftc^  bon  neuem  an  ber  alten  Sombarbenfrage.    griebrid^ 
toünföte  be«^alb  bringenb   eine  ^erfönlic^e  3ufammentunft.    Um   fid^   i^r  gu   enhie^en, 
fe|te  ^nnocenj  bie  Ser^anblungen  }um  ©^ein  fort,  bann  enttbic^  er  plö$li<$  am  3lbenb 
bä  28.  3u™r  felbfi  o^ne  SBtffen  ber  Jtarbinäle,  mit  nur  fünf  Sertrauten  bon  ©utri  nad^  io 
©bitabecc^ia,  too  eine  genuefifd^e  Motte  feiner  ^arrte:   gum  erftenmale  toar  griebriety  bon 
einem  ^Japfte  überliftet    9tacfc   gefa^rboller  Überfahrt  langte  ^nnocenj  am   7.  3wK   in 
©enua,  feiner  Saterftabt,  an  (bgl.  ©d^irrmac^er,  griebriefc  II.,  Duellen  unb  Selbeife  ju 
«b  IV,  368—71).    äl«  ©runb  ber  gluckt  gab   man   an,   ber  Äaifer  ^abc  ^ßapft   unb 
Äarbinäle  gefangen  nehmen   tooDen ;   in  2Ba^eit  tarn   e«  ^nnocenj   barauf  an,   einen  45 
fkfcren  Ort  ju  gewinnen,  an  bem  er  ein  Jtonjil,  h)ie  er  e«  brauste,  berf ammeln  unb  ba« 
Urteil  über  griebric^  fprec^en  laffen  lonnte.    (Sin  folc^er  tt>ar  Styon:   bom  Kaifer  bamal« 
nk^t  me^r  unb  bom  franjöftfc^en  5tönig  noc$  nic^t  abhängig,   auf  ber  ©renge  ber  roma= 
ntfd^en  unb  germanischen  Söltertoelt  gelegen,  ioar  e«  h)ie  feine  anbete  ©tabt  geeignet,  al« 
©ammefyuntt  für  bie  Anhänger  unb  bie  ©elbmittel  ber  Aurie  gu  bienen.    31m  5.  Ottober  so 
faa4  ber  $<4>ft  bort^in  auf,  obwoty  er  eine  breimonatlid^e  5tranf^eit   noc^   nic^t  böUia 
fiberimtnben  $atte,  fo  bafe  er  [1$  anfange»  in  Setten  tragen  laffen  mujjc  unb  ein  Slücffau 
i^n  bem  Xobe  naty  braute ;  über  ben  3Ront  Seni«  gog  er  benfelben  SBcg  tote  einft  §ein= 
nd}  IV.  unb  erregte  am  2.  ^egember  ß^on.    $ier  berfünbete  er  am  27. 2)eg.  1244  bie 
feäffnung  eine«  Hongil«  auf  ben  24. 3uni  be«  näcfyften  3ia^re«.  3n  ben  Serufung«fd^reiben,  66 
bie  meifi  nur  an  feine  2ln$änger  ergingen,  rücfte  er  ben  ©treit  mit  bem  Äaifer  hrie  eine 
Sebenfac^K  ani  @nbe;  griebriefy  felbft  mürbe  überhaupt  ntd)t  offigiell  borgelaben. 

SBenn  man  bebentt,  bajs  ^nnoceng  III.  auf  ber  großen  Sateranf^nobe  me^r  al« 
1200  $rälaten  um  [vif  berfammelt  hatte,  fo  fann  man  ba«  bon  ettoa  150  SSifc^öfen  befuebte 
Stonpi  fc^toerlic^  ein  allgemeine«  nennen  (©cfyirrmac^er  IV,  120  f.  u.  389  f.  unb  £inl 


126  3mtoceitj  IV. 

Äirctycnrec^t  1883,  III,  355  gegen  £efele,  Äonjil.  ©efcty.  V,  983),  jumol  bte  tocit  übertoieaenbe 
SKe^r^cit  au«  5ran$ofen  unb  (Spaniern  beftanb;  bon  beutfd&en  $rälaten  toaren  nur  berfcfytrins 
benb  toenigc  erfctyienen.  3)ie  erfte  SSer^anblung  fanb  ftatt  am  26. 3uni,  bie  entfcfyetbenbe  am 
17.3uli.  3)er$ap(t  ging  mit  unberfcnnbarer  $aft  juSöerfe:  föon  Dörfer  toaren  jtoet  ums 
s  faff  enbe  Slnflagefcfyrif ttn  aufgearbeitet,  beten  eine  ben  Äaifer  be$eid&net  al«  ben  „dürften  ber 
Styrannei,  ben  SSertilger  be«  fird&lictyen  3)ogma«,  ben  SBernic^ter  be«  ©lauben«,  ben  aRetfter  ber 
©raufamfett,  ben  SBerberber  be«  3atyr$unbcrt£,  k™  &afitotx  be«  ©rbfretfe«,  ben  Jammer 
ber  ganzen  @rbe"  (©d&irrmad&er  IV,  131),  toätyrenb  bie  anbere  alle  erbenfltc&en  Serleum« 
bungen  al«  behriefene  $fyatfactyen  aufführt.    Vergeben«  berteibtgte  ber  latferfic&e  ©rofc 

10  rietyter  2;fyabbäu«  bon  ©ueffa  feinen  $errn  auf«  gefctyidftefte  unb  appellierte  f$lteßlt$,  ba 
ber  Äaifer  nietyt  gehörig  borgclaben,  ber  ^apft  $ugleic§  Äläger  unb  Stifter,  ba«  Äonjil 
lein  atigemeine«,  furj,  jeber  9ftec$t«gang  bernacfyläfftgt  fei,  an  ben  fünftigen  $ßapß  unb  em 
allgemeine^  Stonjil;  bergeben«  forberten  bie  Vertreter  ber  ftöntge  bon@nglanb  unbgtan!^ 
rei^  eine  SBerfd&tebung  be«  Urteil«  —  bie  franjöfif^en  unb  fjxmifc^en  Prälaten  brängten 

16  bortoärt«  unb  Snnocenj  berla«  ba«  2lbfefcung«befcet,  toelcfye«  ben  Jtaifcr  toegen  SRetnetb«, 
©afrilegium«,  Äefcerei  unb  gelernte,  (entere  begangen  bur#  3lu«faugung  be«  ftömgr«$« 
©ijilien  unb  SBertoeigerung  be«  £e^en«8infe«  für  ba«felbe,  berurtettte.  Sitte  Xreuetbe  unb 
fonftigen  SBerpflicfytungen  gegen  tyn  fmb  aufgehoben,  „unb  gebieten  au«  apoftolifd&er  3Rai)U 
boQfommen^eit  auf«  ftrengfte,  bafc  tünftig  niemanb  mefyr  tfym  al«  Äöntg  unb  Äatfer  ae* 

30  tyorcfye".  3Me  beutfcfyen  dürften  follen  jur  SBafyl  eine«  neuen  £errfctyer«  föreiten,  für 
©ijilien  toerbe  ber  $apft  nadj  Stücffpracfce  mit  ben  Äarbinälen  felbft  forgen.  ©<tyirrma$er 
fafct  (IV,  159)  ba«  Urteil  über  ba«  ganje  SJerfa^ren  folgenbermafcen  gufammen:  „©er 
gange  Serlauf  ber  93ertyanblungen  ...  bie  feine  Sered^nung,  mit  ber  Smtoeenj  bon  An* 
fang  an  ba«  perfönli$e  @rf$einen  be«  Äaifer«  unmöglich  ju  machen  toufete  unb  toieberum 

26  ba«  SJictyterfctyemen  a(«  §ebel  für  feine  Operation  benufcte,  feine  (§fere<$ttgfeit«lte6e  rühmte, 
mit  ber  er  bie  ©adbe  be«  Äaifer«  in  ben  geheimen  ©jungen  burt$  Sfatoälte  ^abe  führen 
laffen,  unb  öffentlich  feiner  äbfefcung  mit  £aft  entgegenbrängte,  bem  ©efanbten  einen  Jer* 
min  geftattete,  um  tyn  nid)t  einzuhalten  unb  jebe  berfötytltc&e  ©timme  mebenufölagen, 
mefyr  aber  al«  biefe  Momente,  bie  Setreibung  einer  ©egentoatyl,  toaljrenb  er  fu$  noc$  ben 

ao  Slnfd^cin  eine«  unbefc^oltenen  Stifter«  gab,  alle  biefe  SKomente  ertoeifen  jur  ©enüge,  toa« 
bon  feiner  . . .  3?crficfyerung  ju  galten  ift,  e«  fei  too^l  feine  Angelegenheit  fo  retfluty  über* 
bad^t,  fo  genau  unterfud^t,  bemßrmeffen  fo  erfahrener  unb  fo  unflräfRd^er  Wänner  unter* 
toorfen  toorben".  3)ic  folgen  toaren  bon  toeitgefyenbfter  Sebeutung:  bie  Äurie  Kep  Her 
über  bie  beutfe^e  unb  englifd;e  ©eiftlid^feit  ^inh>eg  bon  150  romanifd^en  Prälaten  bteäb^ 

85  fe^ung  be«  tfatfer«  befd^lte^en  unb  bertiefte  baburc^  ben  ©egenfa$  ^üifc^en  Stomanen  unb 
©ermanen;  ba«  alte  römifc^e  Sleid^  beutföcr  Slatton  aber  fanf  in  Irümmer. 

griebrid^  gögerte  nid^t  mit  ber  2lnth>ort.  ©*on  am  31. 3un*  erliefe  er  ein  ©^reiben 
an  bie  englifd&en  ©ro^en,  in  bem  er  fufy  5|3unft  für  $unft  ret^tf ertigte ;  gleic^jeitig  aber 
fd&ritt  er  h)ie   im  §afyxt  1239   gum  Singriff  auf  bie  bertoeltltd^te  Äm^,  tnbem   er  alle 

40  $riftli$en  dürften  aufforberte,  „bie  ©eiftlid^en  jeglichen  Stange«  unb  borne^mltc^  bte  fjUf= 
ften,  ju  bem  3uJtanfe  jurücfjufü^ren,  auf  bem  bie  erftc  d&riftlid&e  Äirc^e  ftc^  befanb,  fo 
baft  fte  lieber  ein  apoftolifege«  Seben  führen  unb  bie  92iebrigfeit  be«  ßerm  nac^men 
möchten  .  .  .  bagu  folltet  ifyr  unb  alle  dürften  gugleic^  mit  un«  allen  (lifer  betätigen." 
%üx  folc^e  ©ebanfen  mar  freiließ  bie  bamalige  2üelt  nod^  nid^t  reif  (©regorobiu«  ©.  234 

4.-,  bi«  239  unb  250—257 ;  bgl.  aud&  ba«  8.  Kapitel  ber  (Sinleitung  bon  ^uitt.*»^.). 

35er  $apft  fd^lug  ba«felbe  S5erfa^ren  ein :  and)  er  rief  bie  dürften  al«  ©$ieb$ru$ter  an 
unb  ging  bon  ben  bi«fyerigen  perfönlid^en  9lnfcfyulbigungen  bagu  über,  bte  aOgemetnen 
J^eorien  bon  ber  Unterorbnung  ber  toeltlicfyen  ©etüalt  unter  bie  gugletd^  ^o^epnefterlic^e 
unb  !öniglid;e  be«  irbifd^en  ©teßbertreter«  ©otte«,  tüte   jte  fett  ben  otogen  ©regor«  VII. 

go  unb  ^nnoceuj'  III.  gebräuchlich  U>aren,  toeiter  ju  entmicfeln.  2)ie  Snegung  ffat  auf 
beiben  ©citen  i^ren  §öfyepunft  erreicht.  6in  unbänbiger  §a|  gegen  bte  ganje  „Pipern- 
brut"  ber  §otyenftaufen  fyat  ben  9Jac|foIger  Gfyrifti  erfüllt,  feine  ©enbboten,  bte  Sornhu* 
faner  unb  §ranji«faner,  bie  alljeit  fc^lagfertige  2lrmee  be«  ^apfttum«,  prebtgen  aller  Orten 
ba«  Äreuj  gegen  ben  fefccrifcfyen  Maifer.    ffix  biefen  Äreu^ug   berieft  bte  Äurie  biefelben 

66  ^ribilegien,  h?ie  für  bie  befc^merlic^e  %aijxt  in«  ^eilige  £anb.  „3)ie  Äbfefeung  be«  Jtaifes«, 
ber  2lufruf  an  bie  ©laubigen,  ibn  unb  fein  ©efcfylecfyt  au«^urotten,  bie  ^tre^tbare  ©enia* 
lität  beiber  §äu^ter,  immer  neue  .Hräfte  für  i^re  3h>ecfe  in  Setoegung  ju  fe^en,  fteigerte 
auf  beiben  ©eiten  bte  Seibcnfd^aften  ju  fanatif^er  3t^ilbbeit.  3)te  ©egenfä^e  tonnen  fu$ 
an  Schroffheit  ntd^t  mcfyr  überbieten,   ber  ^Ja^ft  fte^t  in  bem  Maifer,  ber  Jlaifer  in  bem 

eo^Japft  ben  leibhaftigen  älnticfyrift"  (©c^irrmac^er  IV,  176). 


3?ititocettj  IV.  127 

3toetmal,  im  SRobember  1245  unb  im  ÜJtai  1246,  toie«  Sjnnocenj  bie  SBermittelung 
gubtmg«  be«  ^eiligen  tyartnäcfig  ab,  be«glei$en  eine  ©efanbtfd&aft,  bie  gfriebriety  naety  Styon 
Riefte.  3n  ©teilten  jettelte  er  eine  SJerfcfytoörung  untpr  ben  2lriftofraten  an,  bie  bem 
Äatfcr  fogar  na$  bem  fieben  trachteten;  troftbem  richtete  er  an  ba«  §au£t  ber  Verräter, 
Ztbalbo  granje«co,  „ber  nun  au«  einem  9ln|änger  be«  ru$lo|en  Styrannen  ein  Kämpfer  5 
3efu  Gtyriftt  ju  toerben  Derft>rac§",  ein  Schreiben,  unb  fyat  jtcfc  nie  gegen  ben,  auf  päpfc 
Itci^e  Urfunben  unb  bie  Anlagen  ber  gefangenen  ©m^örer  begrünbeten  93ortourf,  gerabeju 
ber  Xnftifter  ber  SSerfdfotoörer  getoefen  ju  fein,  Derteibigt;  ja  er  freute  fkty  nic^t,  bieStäbel«* 
fü^rer  ftiater  mit  ©<fytöffern  unb  ©ütern  ju  befcfyenfen.  3n  2)eutfcfylanb  unterftüfcte  er 
bie  brei  r^emifc^en  ©rjbifd&öfe,  bie  auf  bie  2Batyl  eine«  ©egenfönig«  fannen,  bur$  @nt- 10 
fenbtmg  eine«  Segaten  unb  feine  3)ominitaner.  2lm  21.  Styril  1246  erlief  er  Don  Styon 
au«  an  btc  beutföen  gürften  bie  beftimmte  3lufforberung  jur  SBatyl  be«  t&ürtngifcfyen 
Sanbgrafen  £einric&  Stoffe  (Über  bie  Sebeutung  biefc«  ©^reiben«  bgl.  £arnacf,  ba«  Kur* 
furflenloaeg  bi«  jur  SJKtte  be«  14.  3a&r&unbert«,  ©iefeen  1883,  ©.  49  unb  giefer,  3Dtt 
b.  Snftit.  f.  öfterr.  ©efc^.sgfd^g.  III,  58  f.  Über  bie  bebeutenben  ©elbauftoenbungen  ber  15 
flurte  für  bie  Stallen  Dgl.  Siübefamen,  Sanbgrf.  §rd&.  JRafpc  1885  ©.  40  Slnmerf.  115). 
9m  22.  SRai  1246  fanb  bie  Srljebung  $einri$ä  j\um  ffönige  ftatt,  bo#  toaren  nur  bie 
brei  Srjbifööfe,  Dter  Sifööfe  unb  eine  änja^l  ©rafen  unb  Mttter,  aber  fetner  ber  größeren 
beutfefcn  gtirften  an  ber  2Ba&l  beteiligt  (9teujj,  ®ie  3Batyl  §einrie$  Slafoe«,  $rogr.  b. 
tpb.  SJürgerfö.  ju  Sübenfd&eib  1878;  ©etyrrmad^er,  ©ntfte^ung  be«  Äurfürftenf otteg«  S.  63 ;  20 
&<fer,  9Ht  b.  gnfrtt.  f.  öfterr.  @.^orfö.  93b  II,  215;  ,§arnact  a.  a.  D.  50  änmerl.4). 
iBtelme^r  gab  ber  Saiern^erjog  Otto  feine  Softer  König  Äonrab  jur@emafyltn,  unb  bie 
übertoiegenbe  Sle^ett  ber  toeltlictyen  ©rofeen,  bor  allem  aber  bie  SReic^ftäbte,  gelten  treu 
ju  ben  ©taufern,  fobafe  ber  „Sßfaffenfönig"  am  17.  gebr.  1247  ein  unrübmlid&e«  ©nbc  nafym. 

2)<x$  ^nnocenj  forgte  fönell  für  einen  SWac^f olger:  bereite  Dier  SBodfoen  naefc  9laft>e«  25 
lobe  beftfmmte  er  ben  Äarbtnalbiafon  Bieter  ßapoccio  }um  Segaten  für  3)euttölanb  (9io= 
tigen  über  ityn  finb  jufammengefteüt  Don  Steumont,  3eitf$r.  k  Slactyener  @ef4ic£t«Derein«, 
I,  206).    Unb  fAon  an  falbes  3a^r  jpäter,  am  3.  Oft.  1247,  tourbe,  nad^bem  man  bie 
beutföe  .Hrone  me^rmald  t>ergeb(t$  aufgeboten  ^atte,  ber  freiließ  erft  ^an^igjä^rige,  unbe- 
mittelte ©raf  SBifyefet  Don  §oüanb  bon  toeltlid^en  unb  getftlid^en  dürften  bed  9t^eind  gefragt,  so 
SätAer  trug  bie  Starte  bie  ftoften,  unb   fte  forgte  au$  toeiter^in  burd)  ©e(bf)>enben  unb 
Sctteftgten  für  bie  SSergröfeerung  feine«  SlnfyangeS.    aber  erft  nac^  ^afyreSfrift,  am  1.9io- 
txmber  1248,  tonnte  SBil^elm   in  Slawen   burc^  ben  Jtarbinalbifd^of   Don  ©abinum  ficf> 
falben  unb  frönen  laffen,  unb  feine  $errfcfyaft  erftredtte  ftc^  faum  über  5Kainj  ^inau«.  Sin 
einen  3"g  nac^  Italien,  tote  ber  ^a^ft  unb  bie  Sombarben  toünf^ten,  toar  ni^t  ju  beuten.  35 
£o$  t>er)>flid^tete  fvi)  SBil^elm  am  19.  gebruar  1248,   feinem   geliebten  ätater  ^nnocen) 
alle  9eft$ungen  ber  römtfd^en  Äird^e,  bie  fte  utrüctgeloonnen  $(&*,  ungeftört  ju  überlaffen 
wtb  jur  SBiebereroberung  ber  übrigen,  au^|  ©Milien«,  nac^  fträften  ju  Reifen. 

Sorerft  jeboc^  ^atte  in  Italien  griebrtety  baö  Übergemi^t.    %xo%  ber  Slnftrengungen 
bed  Äarbtnallegaten  Stainer  ßa^occio  behauptete  er  ben  Kirc^enftaat,  bae  £er&ogtum  ©po-  40 
leto,  bie  Start  Sfotona  unb  2u8cten;    in  ber  Sombarbei  führten  Äönig  önjio   unb  ber 
ntäd^Hae  S^elm  traftt>oQ  feine  ©a$e,   ja  gerabe  utr  geit  feiner  Slbfe^ung  fd^loffen  ftc^ 
t^m  Senebig  unb  bie  ©rafen  Don  ©abotyen  an.    £abur^  in  ben  33eft$  ber  Sllpenftra^en 
gelangt,  backte  er  bereitö  baran,  mit  ^eeredmad^t  nac^  tyon  aufzubrechen,  um  ben  $apft 
|ur  Xudfd^nung  )u  fingen,  unb  bann  auc^  in  3)eutf$lanb  Orbnung  ju  fd^affen.  ^nno-  45 
cenj  fc^toebte  in  ber  größten  Seforgnte.    3)a  gelang  e«  am  16.  3uni  1247  einigen  feiner 
Anhänger,  ba«  für  ben  ftaifer  ftrategi{c^  äu^erft  toi^tige  $arma  ju  überrumpeln.  Damit 
dnberte  fu^  bie  ©abläge  Dodftänbig:   beibe  Parteien  jogen  tbre  ©treitträfte  in  unb  Dor 
ber  ©tobt  jufammen,  beren  Serteibigung  ber  päpftlid^e  Segat  ©regor  Don  3Rontelongo 
mit  größter  ausbauet  unb  ©ef$icflic$teit  leitete (granffurt^  a.a.O.,  ©.71  f.  unb  inbiefereo 
dne^tt.  »b  VII,  136 f.).    griebri<$  fianb  am  äßenbepunfte  feine«  ©lüde«:  am  18.^ebr. 
1248  ging  ba*  Don  i^m  eigen«  aur  Belagerung  angelegte  33ittoria  in  flammen  auf,  unb 
fem  fr**  erlitt  eine  bebeutenbe  Weberlage. 

9bimne^r  erneuerte  Snnocenj  feine  Umtriebe  in  ©tjilien.  3m  älpril  1248  liefe  er 
bm$  ben  Äarbmal  OctaDtan  grtebric^  ©ö^ne,  @ntel  unb  Anhänger  bannen,  am  8.  2)e=  66 
jnnber  beweiben  3a^re«  erging  ein  ©c^riftftücf  über  bie  SHeform  be«  Königreiche«  Sizilien, 
bo«  er  Writberte,  al«  fei  e«  unter  ftaufifd^er  SJertoaltung  jur  SBüfte  getoorben,  loä^renb 
fjwter  bie  Jturie  felbft  zugeben  mufete,  bafe  ber  3uftanb  be«  2anbe«  feit  bem  Untergang 
ber  ©taufer  ft$  nur  Derfd^led^tert  ^abe  (Dgl.  $ah)Iicti,  §onoriu«  IV.,  fünfter  18<T 
6.  40  f.).    Xm  7.  Styrtl  1249  enblid^  toie«  er  ben  Segaten  für  Slntona  unb  ©poleto 


128  3mt0catj  IV. 

gleich  bie  Slufgabe  gu,  ba«  Königreich  gu  befreien.  Qatyxaty  ©nabenertoeife  fottten  bie 
Slnfyänger  ber  Kird&e  ftärfen  ober  neue  getoinnen;  auefc  fcier  Verbreiteten  bie  2)0Tnmtfaner 
unb  3frangi«faner  bie  ^ät>ftltd^en  .SuDen.  Srofc  allem  tyattc  bie  Kurie  in  ©igilien  nur 
geringe  Erfolge  gu  Verzeichnen ;  größer  toaren  bie  ber  Segaten  Delation  in  ber  Stomagna  unb 

5  Rainer  in  ©poleto.  35er  $ärtefte  Schlag  für  ben  Kaifer  aber  fear  bie  ©efangetma^me  fernem 
2iebling«fotyne«  Engio  burety  bie  Solognefen  am  26.  ÜJtat  1249,  au«  ber  er  bi«  gu  feinem 
lobe  1272  nic^t  lieber  enttarn.  $o$  aud)  ba«  beugte  ben  Kaifer  niefct:  lange  genug,  fcfyrieb  er 
bamal«  an  König  Subtoig,  tyabe  er  ben  ämbo«  abgegeben,  nun  tooÄe  er  einmal  Jammer  fem. 
©d&on  erftarfte  feine  Partei  in  -Kittel*  unb  Dbers^taTien  toieber,  föon  festen  fid&  immer  neue 

10  ©4aren  bon  Sarazenen  nac§  bem  SRorben  in  3Rarfc§,  ba  ereilte  i&n  am  13. 35ej.  1250  ber  Job. 

„Rubeln  foDen  bie  $hnmel,  frotyloefen  bie  Erbe,"  fcfrteb  3nnoceng  oen  ©rofsen  6t* 

gilien«,  al«  er  bie  5Rad&ric|t  erhielt.    gefct  galt  e«,  ba«  Söerf  ber  Sernicfctung  an  König 

Konrab  unb  feinem  gangen  ©efdblecfyte  gu  VoDenben.    !gn  3)eutfcfclanb  unb  ©igilien  jodte 

e«  gleid&geitig  in  Singriff  genommen  toerben.  3Rit  SBifyelm  Von  $ottanb,  ben  er  bed^alo  auf 

16  Dftern  1251  na$  Styon  befd&ieb,  beriet  ber  $apft  ben  Vetteren  §elbgug«t>lan.  2BäI)renb2Bil$elm 
bann  gurüdffetyrte  unb  bie  Settelmönctye  Von  neuem  in  $eutf$lanb  ba«  Kreug  gegen  Konrab 
prebigten,  verlief  er  felbft  am  19. 2lJ>riI  1251  nad&  fecfyejätyrigem  Aufenthalt  &jon  unb  begab 
[\d)  burd?  bie  Sombarbei,  in  ber  er  überall  ben  9Rut  feiner  anhänget  neu  belebte,  nad? 
Perugia,  Von  too  au«  er  beffer  al«  von  9lom  gleidfoeitig  auf  bie  Stomagna  unb  bie  Sombarbei 

20  einftrirfen  fonnte.  3>n  ©igilien  gingen  Neapel  unb  Kapua  gur  Kirche  über,  aber  ber  erji 
18jätyrige  3Jtonfreb  vernietete  balb  bie  Hoffnungen  ber  Äurie  auf  einen  allgemeinen  äufflanb. 
3lm  8.  $an.  1252  erfd&ien  König  Konrab,  ber  ben  $ergog  Otto  Von  Satern  al«  9teict«Vertoefer 
in  35eutjctylanb  jurücfgelaffen  tyatte,  unb  getoann  bie  abgefallenen  ©tobte  toieber.  »ber  feinen 
SSerfudf?,  Vom  SSapft  anertannt  gu  Nerven,  toie«  3>nn.  unVerfö&nlicty  gurücf.  Um  tyn  in  Ober« 

26  Italien  gu  befdjäftigen,  betrieb  er  f$on  Anfang  1252  bie  Erneuerung  be«  Sombarbenbunbe«, 
jebod&  ofyne  Erfolg,  ba  Eggelin  unb  ber  SDlarfgraf  ^allaviäni  trofc  oder  Stauungen  unb 
Rodungen  ber  ftaufifd^en  6a$e  treu  blieben. 

©o  Von  ©üben  unb  Sorben  eingeengt  fafy  ft$  Snnoceng,  jumal  feine  $ttf«quellen  erf$dpft 
toaren,  nac$  auswärtigen  Sunbe«genoffen  um.  Er  bot  bie  jigtlifd&e  Krone  bem  reichen  9ii$arb 

30  Von  EorntoaQi«  an,  ber  fte  jebod^  ablehnte;  auc$  leiftete  bie  frangöfifc&e  ^Partei  im  Jtar* 
binatefollegium  SBiberftanb.  ©eneigter  jcigte  fid&  ber  gtoar  arme,  aber  von  brennenbem  Sfc 
geig  erfüllte  Karl  Von  Slnjou,  boc^  au$  mtt  i^m  gelangte  man  Vorläufig  no$  gu  leiner  Einigung 
(vgl.  ©ternfelb,  Ä.  V.  Slnjou,  ©.  89  f.).  ©nblicty  fanb  pc^  ein  Abnehmer  für  bieÄrone  in  König 
$einric$  III.  von  Englanb,  ber  fie  für  feinen  no$  unmünbigen  ©o^n  Ebmunb  annahm. 

35  92a$  KonrabS  ©iege  über  S^ea^el  muftte  ^nnoceng  fürchten,  ba§  and)  9tom  in  bie  ©etoalt 
beS  ©tauferä  geriet.  Xro^bem  toieS  er  aud)  eine  gtoeite  ©efanbtf^aft  ÄonrabS  ab,  ja  er 
eröffnete  nunmehr  baS  Serfa^ren  gegen  ben  König,  ben  er  ber  SSergetoaltigung  ber©eiftltc^en, 
ber  35egünftigung  berßefcerunb  in  ber  frivolften  SBeife  f ogar  be«  SWorbed  befd^ulbigte.  9to$ 
einmal  nämlid^  !am  ba«  ©d^irffal  bem  s^aipfte  gu  §ilf e :  um  bie  SBenbe  bed  $•  1253—54  fltarben 

40  iurg  nad)  einanber  be«  König«  ©^toiegervater  Otto  von  Satern,  fein  92effe  ftnebri$,  ba 
©o^n  §einrid^  (VII.),  unb  fein  §albbruber  §einric^  Von  ©igilien,  ber  ©o$n  ber  eng* 
lifdben  Elifabet^.  2)te  beiben  (enteren  foUte  Konrab  fyabtn  befettigen  laffen;  au«  toehtyem 
©runbe,  tonnten  fc^on  bie  ^eitgenoffen  nid^t  etnfeben,  benn  gerabe  §etnric^  bot  i^m 
toenigften«  eine  gehriffe  ©i^er^eit  gegen  bie  SJJläne  be«  englifd^en  Äönig«  unb  gegen  SMaii* 

45  freb,  mit  bem  er  auf  gekanntem  §u&c  lebte.  3lm  20.  3Rai  1254  enblic^  raffte  ber  Xob 
aud^  Äonrab  IV.  im  2llter  von  erft  26  ^a^ren  ba^in.  ©terbenb  beftimmte  ber  jtonig, 
toie  einft  Äonftange  nad^  bem  })lö$ltcben  lobe  #cinrittyS  VI.,  ben  ?ßa))ft  gum  Sormunb 
feine«  gtoeijä^rigen  ©o^ne«.  Unbcbenfltd^  na^m  biefer  bie  93ormunbf(^aft  an.  $eftt  pm* 
lid^  toarf  er  ftd?  gum  9lnh>alt  be«  jüngften  ©proffen  au«  bem  Vorder  fo  gefcpntitytcn 

so  Sipemgefd^lec^te  auf.  9ln  bem  Sertrage  mit  fteinrtcfy  III.  ^ielt  er  aber  trofrbem  gu« 
näd^ft  feft.  3)er  Sefi^  be«  Königreich  festen  i^m  fidler,  unb  fofort  b^ann  er,  toie  ewifl 
in  $ranfreid&,  aud^  ^ter  feine  Sertoanbten  gu  bereichern:  fein  SJeffe  2BityeIm  %fäfy, 
Äarbinal  Von  ©t.  ßuftad^,  tourbe  apoftoltfc^er  Segat  für  ©igilien,  ein  anberer  Sleffe  beflen 
©eneralfapitän.     SWanfrcb  unb  bie  übrigen  güfyrer  ber  fiaufijc^en  Partei  tourben  ge» 

65  bannt,  ein  väl)ftlid^e«  §eer  ftanb  gum  Einmarfd^  in  ba«  Königreich  bereit.  3Jon  Serrat 
im  eigenen  Sager  bebrofyt,  blieb  SJlanfreb  nic^t«  übrig,  al«  £e^en«mann  ber  Km&e  gu 
toerben.  S^n^ceng  ftanb  am  $kk  feine«  2eben«;  je  mefyr  bie  ftaufijd^e  ©a(^e  gurüa* 
ging,  befto  me^r  Vergaß  er  ber  Steckte  Konrabin«  unb  gebärbete  fidj  al«  re^tmä^iger 
§m  be«  Königreiche«.    2lm  20.  Dftobcr  1254  ergriff   er   förmlichen  Seföj  Von  ©igilien 

60  unb  Kalabrien,  SRanfreb  tourbe  überall  mit  ©eringfe^ä^ung  be^anbelt     2)a  entflog  ber« 


dmtocena  IV.  129 

fdbc  nad)  Suceria  ni  bcn  treuen  ©ara^enen,  unb  in  toenig  lagen  ftanb  er  an  ber  ©pi$e  einer 
ai^tunggebtetenben  Streitmacht.  !gn  anbetraft  ber  günftigen  SBenbungber  Dinge  fyatte  gnno* 
cenj  toetyrenb  ber  legten  SWonate  ben  33rieftoec§fel  mit  bem  englifcfyen  {tönig  ruben  laffen, 
nunmehr  richtete  er  noc$  einmal  an  ifyn  bie  bringende  9Jtofynung,  möglic^ft  balb  felbft  ju  fommen. 
De*  $rtfte3  £ebenetoerf,  ba$  ber  SSoHenbung  f  o  nabe  fc$ien,  geriet  ins  SBanfen :  am  2.  £e$.  ge-  6 
toann  wanfreb  goggia,  auf  bie  bloge  9Rac$ric§t  bafcon  flogen  ber  pätftlic^e  Segat  unb  fein 
§ecr  o^ne  ^toertftretc^.  3)ie  Äunbe  traf  ben  $ätoft  in  9teapcl,  in  ba3  er  am  27.  Ott.  feierlich 
eingebogen  toar,  auf  bem  Äranfenlager  unb  berfdjltmmerte  fein  Seiben.  2tm  7.  3)ej.  ftarb  er. 
III.  35a$  SBer^ältniS  35 tx tt o c etx ^*  IV.  ju  Äranlreicty  toar  beftimmt  einerfeitä 
bur$  fein  ©treten  natty  einem  ©egengetoittyt  gegen  ben  ftaifer,  anbererfeitä  burefy  SubtoigS  IX.  10 
brennenbe*  Serlangen,  ba$  ^eilige  Sanb  ju  befreien.  2)arau$  erflärt  ftdp  ber  Slnteil,  ben  Sutobig 
bereite  am  sjuftanbefommen  beä  ^rieben«  $toifc$en  ©acerbotium  unb  Imperium  im  3.  1244 
na^m,  unb  bte  ftrenge  ^Neutralität,  bie  er  in  bem  balb  toieber  auäbrecfyenben  Äampfe  bobaefctetc : 
ebaifo  tote  er  bem  $aj>fte  bie  aufnähme  in  feinem  Steige  fcertoeigerte,  lehnte  er  ^riebri^  Slner* 
bieten  einer  Verlobung  jtoiföen  feiner  ©c^toefter  $fabella  unb  Äönig  Jtonrab  ab.  Docfy  bröngte  15 
bte  Äurie  felbft,  namentlich  jur  $eit  i&reä  3lufent$alte$  in  Styon,  bie  franjöftteen  ©rofeen  burtfy 
Übergriffe  in  type  Angelegenheiten  unb  buri#  tyre  Habgier  in  eine  feinblitfye  Stellung  (bgl. 
Gesfta  episoop.  Yirdunensium  ap.  MO  X,  525:  pontifex  . . .  exaetionibus  inauditis 
et  importunis  cepit  omnem  ecclesiam  et  monasteria  enormiter  exhaurire; ...  car- 
dinales  vero  hinc,  summus  pontifex  inde,  tarn  in  vicenario  quam  in  denario,  tarn  20 
in  pensionibus  quam  in  procurationibus  et  subventionibus,  in  mille  libras  eccle- 
siam nostram  gravaverunt).  SKit  @rfolg  toanbte  jxc^  batyer  fjriebric^  II.  an  jene  in  einem 
ber  SRanifefte,  bte  er  al$  Slnttoort  auf  feine  toom  Ron^il  ausgekrochene  Slbfefcung  erliefe; 
baiüty  cremt*  man  bte  ©ebanfen  grUbricfyS  lieber  in  bem  33unbe,  toelcfyen  ber  frangöftfäe 
Sbd  bn  9iot>br.  1246  fälofj :  and)  er  tooQte  bie  ©eiftlid&en,  burc£  beren  Vereiterung  bie  25 
Seitlichen  arm  geworben  feien,  auf  ben  3uftanb  ber  erften  $riftli$en  Äirctye  gurücfgefütyrt 
toifien,  bamit  fte  toieber  SBunber  verrichteten,  toobon längft  nichts  mefyr  aujetyen  fei;  ja  bie 
fcoupter  beS  SBunbeS  foQten  in  3ufunf*  barüber  entfcfyeiben,  ob  Sann  unb  ^nterbitt  $u 
a^ten  feien  (bgL  ©ternfelb,  Äarl  bon  »njou  ©.36  f.). 

Der  fcergeblic^en  SBermittlung8t>erfuc$e  SubtoigS  gu  Glunty  in  ben  ^atyren  1245  unb  so 
1246  tft  bereite   gebaut.     $e$  Sßatfteä   blinber  $afe  gegen   Jriebrtc^  II.  braute  auc$ 
bcn  Streugug,  ben  Subtoig  1248   antrat,  jum  ©Reitern.     35afj  ^nnocen^   ben  ftreu^ 
m  0(8*"  griebrid?  für  gletc^  üerbienftboQ  ertlärte,  toie  ben  nad)  ^alöftina,  f$h>ä$te  bte 
3a^l  tote  bie  ©elbmittel  ber  toirflic^en  Äreujritter.    93or  allem  aber  bermoc^te  ber  Äaifer 
Um  Unternehmen  äubtoigd  nic^t  bie  nötige  Unterftü^ung  ju  gelpä^ren:    o^ne  fefte  D^85 
ratirntttafü  in  Sizilien  toar  jeber  Angriff  auf  ^aläftina   toie  sJtg^ten  au^ft^t^Io^  ^n- 
Bocau  aber  föttrte  bort,  toie  toir  fa^en,  immer  t>on  neuem  bie  glamme  ber  (Sm^örung. 
Sleu^toobl  t^alf  griebri^  bem  in  ß^ern  übertointernben   unb  junger  leibenben  5treu^ 
(eat  nadf  5Wdglid^(eit  mit  Seben^mitteln  aud,   toetyrenb  ber  $a))ft  gerabe  au^  granfreid? 
türtgefe^  ©elb  unb  SRannfc^aften  gum  Äam^fe  gegen  Jtonrab  50g ;  felbft  baä  %ol(  begann  40 
pi  murren,  ba|  man  feinen  Jtönig  barben  laffe,  unb  bie  Königin  befahl,  bie  ©üter  berer 
«R)ii)ic^en,  bie  gegen  ftonrab  ba$  Jtreu^  nahmen.  9ltö  bann  ber  93erfu$  be^  ^önigd,  nad) 
typten  überjufe^en,  mt^glücft  unb  er  felbft  in  @efangenf$aft  geraten  toar,  bezeichneten  ber 
$eqiM  tHWtöurgunb  unb  be$  Äönig«  Srüber,  bie  ©rafen  Don  Slnjou  unb^oitou,  ^nnoceng 
o^e  Umfc^toeife  atö  ben,  ber  infolge  feines  adeä  anbere  jurücfbrängenben  Äatn^feS  gegen  4b 
bat  ftatfer  bie  ©<^u(b   an  bem  Unglttd  trug,   unb  brofyten  i^n  auS  S^on  }u  bertreiben, 
tDam  er  ft^  ni$t  balb  mit  Jriebri^  II.  auäföbne.   ^nnocen^  mu^te   in  ber  Xfyat  baran 
baden,  unter  engltj^em  ©<$u(  in  Sorbeauj  eine  3ufluc^töftötte  gu  (ud)cn  (biefe  bon  ^utü.= 
tk$a(k*,<giid.©.CCCXXI  u.  ©(^inmaAer  IV,  316  aufgenommene  iRa^rid^t  b.  üKatt^. 
$an*  toirb  freiließ  fcon  §üffer,  bie  ©tabt  Ö^on  ©.  93  bejtocifelt).  gnger  tourben  bann  bie  w 
9<|t^ungen  atoikpen  gpantrety  unb  ber  fiurie,  aU  ^mtocen),  toie  ertoä^nt,  bcn  trüber 
be*  Ädnig^,  Karl  toon  Xnjou,  für  bie  fi)itiföe  Jtrone  in  9lu3ft$t  na^m. 

IV.  9lod)  Jelbftftdnbiger  toar  ba$  Ser^alten  Snglanb^  ber  Kurie  gegen« 
iber.  Xiu^  biefed  Sanb  betrachtete  ^nnocenj  aU  Hilfsquelle  für  ben  Krieg  gegen  bie 
€ta*fer.  6r  nennt  eS  „einen  toa^ren  ©arten  t>on  Koftbarteiten,  einen  Brunnen,  ber  56 
Badft  px  erf$tyfen  iß;  too  aber  Diel  ift,  ba  läftt  ftc^  and)  biel  nehmen",  ©ein  Segat 
Kaxttn  erfc^ien  mit  SoQmac^ten,  toie  fte  no$  leiner  feiner  Vorgänger  befeffen,  jur  ÖeU 
treihmg  toen  IOOOO  3RarI.  Hein  2Bunber,  ba^  %mW\d)  II.  fyier  nod^  me^r  ©ei^ör  fanb 
ab  in  granfreic^.  @r  forberte  Xnfang  1245,  inbem  er  baS  ikrfafyren  bed  ^ßapfte^  gegen 
Jbm  beleuchtete,  bie  Magnaten  auf,  fernen  ©egner  nic^t  toeiter  mit  ©elb   gu  unterftü^en, 

fteU«K9n«H>i(  fftt  T%tolo%U  unb  Sllt^c.    3.  «.IX.  9 


130  3fmtocenj  IV.  Snnocenj  V* 

unb  riet  bem  Äöntg,  fi$  *>on  bem  Tribut  ju  befreien,  ben  tym  ^nnocen^  III.  unreal* 
möfjig  auferlegt  fyabe.  ©o  tourbe  ber  Segat  abgetotefen,  unb  ber  Äönig  lieft  feftßeOen, 
ba|  bie  Äurie  jäbrltd^  60000  SKarf  für  tyre  Jtreaturen  aus  bem  Sanbe  30g,  alfo  me$r 
als  er  felbft.    (Sine  äborbnung  tourbe  gum  Äomil  na$  Styon  gefanbt,  um  Dom  $a}>jie 

5  äb^ilfe  ju  erbitten,  ber  Seaat  aber  f urjtoeg  aufgefordert,  binnen  brei  Xagen  mit  feinem 

©efolge  ba$  Sanb  $u  ocrlaffen,  hnbrigenfafe  fte  alle  in  ©tücfe  genauen  toerben  toärben. 

3n  Styon  fyöxtc  ^nnocenj  bie  englifd^en  fllagen  lautlos  an,  bann  ßri$  er  mit  ben 

3Borten:  „3)te  ©acfye  forbert  längere  Ueberlegung"  bie  »efa^toerben  einer  ganjen  Station 

oon  ber  2age3orbmmg  unb  forberte  balb  barauf  neue  6000  SWarl  ©ine  gioeiie  ©efanbt* 

10  föaft,  bie  notynafe  93orfteQungen  ergeben  foflte,  be^anbelte  er  tote  itefeer.  Darauf  unter» 
jagte  $einri$  III.,  geftükt  auf  bie  9ef$Iüffe  einer  ©tynobe  oon  ffiino>efier  ($cg.  1245), 
aufs  ftrenafte  bie  Eintreibung,   aber  ber  ^a^ft  brobte  mit  bem  Sann,  unb  bie  Prälaten 

Stylten.    5113  er  jebod?  oon  ibnen  noety  in  bemfelben  %afyct  ben  britten  Xeil  ifaer  ©m 
nfte  Verlangte,  toanbten  fte  [\d)  an  bie  Äarbinäle,  gälten  aBe  feit  bem  legten  Sateran* 
16  fongil   entrichteten  fieiftungen  auf  unb  beteuerten,   felbft  toenn  fie  all  tyr  toertaufti$e* 
Eigentum  Eingäben,  fönnten  fie  bie  geforberte  Summe  ni$t  aufbringen. 

V.  SJerfcältntS  ju  Portugal.  3Rit  bem  ß^arafter  ^nnocen^  IV.  tonn  und 
fein  bem  Jtönige  ©antfyo  II.  oon  Portugal  gegenüber  bettriefeneS  fefted,  an  bie  ftttlutyen 
3Rottoe  ^nnocen^  III.  erinnernbeS  auftreten  baety  nur  teiltoeife  audfd^nen.    SU«  btefer 

ao  $errf$er  tro$  ber  jKtyftlicfcen  Drohungen  oon  feinem  ftttenlofen  Sebenftoanbd  mdft  laffen 
tooQte  unb  fiety  burc$  feine  2Rt|regierung  ben  $abel  beä  $apfie3  »tgegogen,  jebo<$  um 
benfelben  fi$  ntefa  gefümmert  tyatte,  ba  entbanb  Ignnocenj  IV.  alle  $ortugiefen  tyrer  bem 
Röntge  gegenüber  eingegangenen  Verpflichtungen  unb  übergab  baä  SReicfc  bem  ©ruber 
Sanyos,  SllfonS,  ber  autfc  oon  bemfelben  fofort  93eft$  ergriff  ($1$.  ©c^afer,  ®efö.  Oon 

»Portugal,  Hamburg  1836  1,  177—212  bei  §eeren4Ifert,  ®efö.  ber  europ.  Staaten). 

VI.  Sertyältntä  ju  $reu|en.  Um  bie  fircfclu&e  Organisation  $reuf$en$  fpk 
fic$  3nnocen j*  IV.  infofern  ein  33erbienft  ertoorben,  als  er  ba«  2anb  in  bie  tricr  Sittümer 
Gulm,  ^omefanien,  (Srmelanb  unb  ©amelanb  teilte;  bo$  iß  auo>  tyier  fein  Schalten 
bem  beutfcfyen  Crben  gegenüber  nid^t  Oon  bem  SSortourf  ber  Soppelgüngigleit  frei    Dfc 

ao  tootyl  er  bie  Siechte  bemfelben  auf  ?ßreufcen  beftätigt  tyaüe,  fud&te  er  boep  fic^  felbft  bie 
Ober^errfd^aft  über  (amtliche  an  ber  Oftfee  gelegenen  ©ebiete  ju  fiebern,  inbem  er  ZUbcd 
©uerbeer  jum  @r^bifc^of  oon  $reu^en,  Siolanb  unb  Sfttanb  unb  ^um  päpftlu^en  2egaten 
für  biefe  Sänber  ernannte,  unb  tym  bie  Sefugntö  erteilte,  in  bem  ©ebiete  bed  Dd>end 
Sifc^öfe  einzufetten.    SDocty  le^terer  tougte  feine  9tc$te  fo   energif^  geltenb   )u  machen, 

86  bafe  fc^lie^lic^  bie  fturie  fic^  )u  feeitgebenben  3ugeftanbmffen  bequemte,  bie  einer  gurftfe 
fü^rung  ber  Kr$U$en  Ser^öltniffe  auf  ben  Oon  SUbert  bei  feinem  Suftreten  in  ^tauften 
Oorgefunbenen  3uftanfe  glei^tamen.  $*«d  G^ßl*. 

Snnocenj  V.,   s^apft   Oom   21.  Januar  btö  22.  3uni  1276.    —  I.  Quellen: 

a)  (Jl)roniten:  Murat  t5S  III,  I,  605  Bernard.  Guid ;  VIII,  871  Sab.  Malasp.;  1139  Mcm. 
40  Potest.  Regiens.;  IX,  52  Jacob,  de  Vorag.  chron.  Jan. ;  722  Franc.  Pipin;  XI,  1173  Ptolem. 

Luc;  MGSSIX.X.XVl-XXX(f  b.Indices);  Bouquet, Recueil etc.  XX— XXni(f.b.Ind.); 

Jxtui.  Corner.  Chron.  novella,  ed.  Eccard,  Corpus  tust  medii  aevi,  II,  926,  fipg.  1723,  bod) 

ogl.  Viedu  bienh.  Innoc.V.,  Rome  1S96,8.  77 f.  9lnmtg.;  Nie.  Triveti  Ann.  1136— 1307, ed. 

$ljom.  $ofl.  Üonb.  1845,  6.  '294 ;   Salimbene.  Chron.  Parm.  ed.  «.  »ertani,  ^anna  1857, 

46  8.268f .;  Rishanger,  Chron.  etann.  1259-1307,  ed.  ©  ^Öom.  9iile^  Sonbon  1865,  6.87. 

b)  Urtunben  unb  9?cgcfteu  :  Martene,  Veterum  Script  et  monum. . . .  collectk)  VII,  244 f., 

$arid  1733 ;  Sbaralea,  Bullar.  Francisc.  III,  242 f.,  9iom  1759-68;  Rymer,  Foedera  . . .,  Sonb. 

1S1G;  Bullariuru  Romanuni   YV}  35  f.  Taurin.  1859;  Xljeiner,  Codexdipl.  dominii  tempor.  8. 

Sedis  I,  196 f..  iKom  1861;  Potthast,  Reg.  Pontif.  Rom.  II.  1703-8.  »eritn  1875;  fofie, 
60  Analecta  Vaticana.  Oeniponti  1878,  6  71  f;  Äaltcnbrunner,  9t 5m.  Stubten  III,  inb.  wt.b. 

3nftit.  f.  öfterr.  @efd).  &orfd)g.  1886,  VII.  579.607;  Duchesne,  Liber  pontif .  II,  457.  fori» 

1892 ;    Vie  du  bienheureux  Innocent  V.  .  .  .  de  Tordre  des  frerw  precheure  par  Un  Be- 


ll. UMtterotur:  Staunalb,  Ann.  eecles.  a.  a.  1272,67—68;  1276,15—25;  DuBoulay, 
Hist  Univers.  Paris.  III,  705  f..  ^ari*  16l>5f  :  Ciacon.-01doin,  Vitae  et  res  gestae  pont 
Rom.  II,  2lK5f,  9t om  lf>77;  Ei*hard  et  Quetif,  Script.  Ord.  Praedic.  I,  350f.t  Lutet  Park. 


1719;  Touron,  Hom.  illustr.  Poiuin.   I.  344-66,  1743;  Baluze,  Miscellan.  etc.  IV,  476f. 

Lucae  1754;  'öaldj,  iSntiPiirf  einer  oollft  $tftcrte  ber  rom.  köpfte  6.  293f.,  2.  9Iu4a.,  Wt- 

Mngen  1758;   *lrd).   ^ower,    Unvartb.   ^iftoiie   ber  rom.  f&pflt,  beutfdj  x>.  9tambad),  VID, 

74  ff.,  IKüftbebunj  unb  VJeiWig  1770;  Ix>r.  Canlella,  Memorie  stör,  deicardüuüi  11,0 f.  Von 


60 
fingen 
r  " 


3nttocenj  V.  131 

1793;  Biogr.  universelle,  ancienne  et  moderne,  XXI,  234  f,  $ari3  1818;  (Srfd)  u.  ©ruber, 
«ttoein.  fcncnfl.  II,  18  ©.  424,  Seidig  1840;  Stopp,  ©efd).  b.  eibgenöff.  »mibe  I,  131  f., 
&Wfl  \SAb ;  St.  Priest,  Hist.  de  la  conquete  de  Naples  par  Charles  d'Anjou  III,  287, 
$ari*  1849;  ^tdjler.  ©efd).  b.  firdjl.  Trennung  aroifcöen  Orient  unb  Ocdbent,  9Rüncben  1864; 
Cttotar  Soren&,  fceutfdje  ©efd).  im  13.  u.  14.  Saftr^.,  SBien  1867;  Pra  in  Sem.  relig.  Grenoble  5 
633—36,  1869;  Ducia  in  Rev.  Savoisicnne  XI,  43 f. ,  XII,  97 f.,  1870 f.;  $ottt)aft,  Reg. 
pontif.  Rom.  II,  1703,  S9erlin  1875;  ©uffon,  $te  3bee  be$  beutfdjen  (Srbreid)3  unb  bie  erften 
fribftburger.  So«  1877,  8b  88,  646 f.;  ©regorouiu*,  ©efd).  ber  ©tabtSHom  V,  451,3.  9TufI.# 
Smtt.  1 878 ;  fcüffner,  $ie©tabt fiijon,  SRiinfter  1878, ©. 96  u  103  f. ;  SBertfd),  $.  «egie^.  StubolfS 
o.  $abdb.  jur  röm.  fcurie  bi«  jum  £obe  9Jifolau3  III.,  ©ött.  SMffert.  1880 ;  Turin az, La  patrie  et  10 
la  famille  de  Pierre  deTarentaise,  Nancy  1882  (au*  in  M&n.  acad.  Val  d'Isere  1883,  IV,  5— 
55) ;  Laurent,  Dissert.  sur  la  patrie  d'innocent  V.  1872,  nouv.  6dit.  par  B£thaz  1883  ;  B£thaz, 
Obeervations  en  reponse  ä  la  brochure  de  Mgr.  Turinaz,  Aoste  1883 ;  Lecvy  de  la  Marche,  La 
Chaire  France  1886, @.  526 ;  $enifle,  Cliartularium  Universitatis  Paris.,  I,  385.  646;  #.  ©übel, 
$3®  IX,  403 f.,  1888;  SBefrer  u.  Seite,  ffatl).  Äircftenlej.  VI,  743 f.  2.  «ufl.,  greib.  i.53r.l889;  16 
^ef*^ÄnopfIer,Äonjiliengef4.VI,  142f.  155 f.,  greib.i.^r.  1890;  L'abbö  Borel :  Notice  biogr. 
sur  Pierre  deTarentaise,  Chamb&y  1890;  Patrie  du  Pape  Innocent  V.,  deuxieme  reponse  ä 
M.  B&haz,  Moüriers  1890;  troisieme  reponse  Moütiers  1892;  B<5thaz,  Pierre  des  Cours  de  la 
Balle,  pape  sous  le  nom  Inn.  V.,  Augustae  1891 ;  ©ottlob,  $.  päpft.  #ren$jug.fteucr  im  3a$r&., 
$eiligenßabt  1892:  Laureti  Carboni  Dissert.  hist  de  Inn.  V.,  Rom.  Pont,  Romae  1894;  Vie  20 
da  bienh.  Inn.  V.,  1896  ((.  oben);  o.  .£>irfd).©ereutf),  ©tub.  &.  ©efd).  b.  ftreu^uaSibee  na*  b. 
ftrriittugen.  ©.91—94,  SRündjen  1896  (fiiftor.  9lb&.  ö.  fceigel  u.  ©rauert,£eft  XI);  ©tapper, 
$apfr  3o^onn  XXL,  ©.  43.  45.  49.  63,  fünfter  i.  ®.  1898  (Äirdjengefd).  ©tubien  o.  ßnbpfler, 
6d)rör3  u.  ©bralef  IV,  $eft  4);  Bourgeois,  Le  bienheureux  Inn.  V.,  «ßariä  1899. 

fBeitere  ©pejiaUitt.  bei  Sfabriciu«,  Bibliothcca  medü  aevi  1735,  IV,  100— 102;  1737,  V,  26 
282  u.  bei  Chevalier,  Repert  de  sources  hist  1877  ©.1116  u.  ergänjungäbanb  1888,  ©.  2659. 
I.  Vorleben   unb   Schriften.     SBetruS  toar   geboren  um«  3a$r   1225    un& 
flammte  avA  einer  fcomer/men  gfamilie  ber  Hird^cnprobin^  $arentaife  an  ber  oberen  3f&r* ; 
ob  mm  Courier«,  6fanq>agnr/,  Gentron   ober,   tote  anbere  toollen,  baä  ©ttylofe  la  ©alle 
in  ber  3)iöcefe  Slofta  fein  ©eburtäort  toar,  barüber  fyerrföt  lebhafter  ©treit  (bgl.  ßarboni  ao 
6. 20  iL  Vie  du  bienh.  Inn.  ©.  1  u.  253 f.  ansang  I  mit  ausführlichen  £itt.-2lngaben). 
$em«  mit  16  3a$ren  in  ben  ®ommifanerorben  eingetreten,  tourbe  er  in  $arte  2)oftor 
ber  Ideologie  unb  ertoarb  nic^t  nur  in  feinem  Drben,  fonbern  auc$   in  toeiteren  Äreifen 
ben  SRuf  emeS  tyerborragenben  ©elefyrten.     %xo$  beS  Sßiberftrebenä  ber  $afifer  Uniber* 
ffcät  gegen  bie  SJettelmönd&e  lehrte  er  an  berfelben  neben  feinen   großen  DrbenSbrübern  85 
IlbertuS  3Ragmi*  unb  3$oma3  bon  äqutno   fotoie  bem  $ranji$faner  33onabentura  (f. 
Vie  du  bienh.   Inn.  Reep.  2  u.  Rtip.  7  ©.  211  f.).    ÜRit  ben  beiben  erfteren  jufammen 
arbeitete  er  bie  ©tubienregel  für  feinen  Drben  an$,  bie  bom  ©eneralfajntel  ber  35omim* 
lauer  ju  SalencienneS  Slnfang  ^uni  1259   beröff entließt  tourbe  (f.  biefelbe  bei  SDenifle, 
Chart,  üniv.  Paris.  F,  385).   3jm  ^a^re  1262  (f.  bie  Steuerung  in  Vie  etc.  ©.36f.)40 
towbe  er  §um  ?ßrobinjial  ber  ©ominifaner  in  granfreid^  getoä^lt,  aber  nac§  <I^oma«,  216= 
beratung  naä)  Italien  na^m  er  feine  93orlejungen  an  ber  ©orbonne  toieber  auf  (1267— 
69X  wegor  X.ma(^tei^näum©roft)önitentiar  (bgl.  ©ägmüHer,  Die  X^ätigteit  u.  Stellung 
ber  Äarbtnäle,  greiburg  1896  ©.  105  f.)  unb   1272  jum  e^biWof  oon  £^on  (f.  bie  bei 
§*ffer,  fi^on,  6.  96  Änmfg.  angeführte  Sttt.  u.  ba«  neue  Stttenftücf  über  ben  SSergleic^,  ben  46 
er  timföen  ®eipK(§!eit  unb  Sürgerföaft  bon  2^on  bermittelte,  in  Vie  etc.  ©.  81  f.  Slnm.  2). 
691m  im  näd&ften  3cu)re  (1273)  er^ob   ihn   ber  $<u>ft  auf  ben  bornefymften  tyla%  be« 
ÄarbmaldfottegiumS,  inbem  er  tyn  gum  Rarbtnalbt|c^of  bon  Cftia  unb  2JcHctri  beförderte. 
©td  )um  April  1274  bertoaltete  $etruS  jebo$   noc^  baS  Srjbtötum  &on,  feine 
lUtoftfrrificii  unter  ben  ^äftlic^en  SuIIm  beginnen  erft  mit   bem   7.  ÜJlärg  1274  unb  so 
rekfrem  btt  jum  1.  3pril  1275  (^ott^aft  II,  1703).    ©emeinfam  mit  bem  gleichfalls  ;,um 
Aarbinal  erhobenen  Sonabentura,  bem  ©eneral  ber  ^ran^tötaner,  hielte  er  eine  bebeutenbe 
3bBe  auf  bem  Styoner  Äonjü  bon  1274  (f.  93b  VII,  ©.  123,8  ff.),  als  Sonabentura  toäbrenb 
bei  ftongU*  fkrb,  ^ielt  $etrud  tym  in  ©egentoart  be^  ^a^fted  unb  be*  ganzen  Son^iU 
bie  Seityenrebe  (bgl.  9b  III,  284).    (gnbe  S^ril  1275  berliefe  er  mit  bem  $atft  £t;on,  66 
m  an  ben  Ser^anblungen  mit  ftubolf  bon  ^ab^burg  in  Saufanne  teilzunehmen. 

©eine  Schriften  umfaffen  bie  ^ilo[o})^ie,  bie  Geologie  unb  ba«  Äir^enre^t.  35es 
fsiJbcre  Snertennung  ertoarben  fi$  fein  Kommentar  ju  ben  paulinifcr)en  ©riefen,  ber  oft- 
md*  (Adln  1478,  $agenau  1502,  $ari^  1521,  Hnttoerpen  1617)  unter  bem  tarnen 
bei  ftibltttß  ©orranud  herausgegeben  ift,  fotoie  feine  Kommentare  }u  ben  bier  ©ücr)ern  go 
6ttten)en  be«  $etru£  Sombarbud.  ©efamtau^gabe  „Ex  MS.  Tholosani  conventus  per 
pttres  dusdem  conventus,  Tolosae  1651,  4  tom;  bgl.  Echard  et  Qu^tif,  I.e.  I, 
55»;  Doirffc,  «8«©  1886,  ©.338;  Vieetc.  ®.31f.  55f.  unb  «n^ang  III,  ©.348f. 

9* 


132  3tmocett$  V.  3mtocenj  VI. 

3lad)  ©regorS  X.  2obe  ging  ^JctruS  in  Slrc^o  au£  bem  Äonflafce,  toelcfceä  jum  erftenmale 
nacfc  ben  neuen,  in  Styon  erlaffenen  Sefttmmungen  gehalten  tourbe,  am  21.  ^an.  1276  ab 
$aj)ft  tyertoor.  (togl.  bie  Unterf.  über  ben  Ort  beS  ÄonflabeS  in  bet  Vie  etc.  ©.130—133 
Stnm.  u.  ©.  350 f.  2lm).  IV).  am  22.  gebr.  empfing  er  in  6t  ?ßeter  311 9tom  bieSBetyc. 
6  IL  ©eine  Regierung,  Site  ^Ja^ft  fefcte  er  bic  ?ßoliti!  feine«  Sorgän^et«  fort 
(Vie  etc.  ©.  170  u.  172).  35iefelbc  toar  gerietet  auf  baS  unerreichbare  &\tl  eine«  alfe 
gemeinen  europäiföen  ^rieben«,  ber  bie  Sorbebingung  toar  für  ben  geplanten  grofeen, 
alle  Äräfte  ber  Gfyriftentyeit  —  toomöglic^  auc§  ber  griec^ifc^en  —  umfaffenben  Äreu^ug. 
©leicty  ©regor  Vermittelte  beSfyalb  ^nnocenj  V.  ahnten  ben  fyabernben  italtfd^en  ©erneut; 

10  ben  tüte  atoifd&en  SHubolf  Don  $ab£burg  unb  5tar(  bon  Stnjou.  Irofcbem  untaföeibet  ftdfr 
feine  Sßolitil  in  einem  fünfte  bon  ber  ®regor3.  Sxtyon  in  ben  legten  Xagen  biefed 
^JapfteS  tyatte  bie  franjöftfd^e  Partei  im  Jtarbinatelotteg  ba$  Übergehet  erlangt,  unb  tnbem 
fie  bie  $rage  1^4  *>**  £e$en^o^eit  über  bie  Stomagna  auftoarf,  einen  entfdpiebenen  Um* 
fd^toung  in  ber  ^olitit  ber  Äurie  ju  ©unften  beä  ftäilifa^en  ÄönigS  aufÄoftenbeS  beutfefcen 

16  herbeigeführt,  ^nnocenj  betätigte  jefct  Jtarl  bon  Sfojou  bie  2Bürbe  eine«  Senator«  bon  3tom 
unb  bie  SReic^etoertoeferfd^aft  bon  Xuäcien.  SlnbererfeitS  forberte  er  SRubolf  bon  §abeburg, 
ben  ©regor  X.  immer  Don  neuem  gum  SRömer^uge  gebrängt  batte,  auf,  tyn  fo  lange  £m* 
au«guf Rieben,  bte  feine  Seüe^ungen  jur  Rurie  unb  flönig  Jtarl  bottftänbig  geregelt  feien; 
bor  allem  folte   er  feine  Beamten  au«  ber  SRomagna  abberufen  (bgl.  giefer,  $orfä.  jur 

20  JReid^aefd^.  Italien«  3nn«br.  1869,  II,  451  f.;  35uffon,  ©3338  1877,  8b  88,  646;  ®iefe, 
SRubolf  b.  §ab«burg  unb  bie  römifd&e  Äaiferfrone  1893,  ©.  30 f.];  »ö&mer*3tebfo$,  Sieg. 
%mp.  1898,  VI,  5Rr.  534;  ©tapper,  Sobann  XXI.,  STOünfter  1898,  ©.  45—50). 

Um  auc$  bie  Kräfte  be«  b^antinifdpen  Steige«  in  ben  Dtenft  feiner  Jtreu^ug«ibee  ju 
[teilen,  tyatte  ©regor  bie  Einigung  mit  ber  griec^ifd^en  ßirctye  betrieben,  unb  ^nnocenj  faö* 

26  ir/n  babei  auf  bem  Äonjil  gu  2tyon  lebhaft  unterftüfct  Äarl  bon  Slnjou  unb  SJenebig  Regten 
freiließ  $läne  gegen  ^onftantinopel,  bie  !eine«toeg«  ju  ber  ^rieben«politit  be«  ^topfte«  paßten, 
unb  beSfyalb  fucfyte  W\d}azl  VIII.  ^aläologu«  ein  enge«  Sünbnte  mit  ber  Äurie  (b.  $af<fc 
©ereuty  a.  a.  D.).  ^nnoceng  lieft  barauf  ben  Maifer  aufforbern,  bie  bon  bem  Sogot^etcn  },u 
Styon  befd^toorene  Union  eiblia^  ^u  bekräftigen ;  aber  no$  e^e  feine  ©efanbten  ben  italf^en 

aoS3oben  berlaffen  Ratten,  ftarb  er  am  22.  Sunt  1276  £u  Mom.  $an«  6^«ij. 

^nnocenj  VI.,  $apft  bom  18.  ©ejember  1352  bi«  12.  ©eptember  1362.  — 
Quellen:  a)  83ier  SioflrQpfticn  Snnocenj' VI.  bei  Baluzius,  Vitae  pap.  Avenion.  I,  321—62, 
918-74,  1433—35,  <ßaviS  ll>93  unb  bei  Muratori,  Scr.  rer.  Ital.  III,  2  p.  589—610  (vgl 
Zf).  ßinbncr,  lieber  einige  Quellen  jur  Sßapftgefc^.  im  14.  Sa^rl).,  in  gb©  XIIr  235  ff.  unb 

36  656;  $almf  lieber  einige  «ßapftleben  beS  13.  unb  14.  3abr&.,  in  &b©  XIII,  579  ff.). — 
b)  ©^reiben  Snnoccn^  VI.  bei  Baluzius,  Vitae  etc.  II,  752—55  unb  Miscellanea  VII,  155, 
$ari8  1715;  Martene,  Thesaurus  novus  aneedotorum  II,  843-1072,  $ari«  1717  (pal. 
£&.  gÄenjel,  gtalien.  ^olilif  ÄarlS  IV.  1355-1368.  fciffert.  ^>aQe  6.44,  Hnl).  IV):  Wad- 
ding,  Annales   Minorum  VIII,  431-80,   Mom    1773;   Mansi  XXVI,  308-  311,   feenebig 

40  1784;  Rymer,  Foedera,  in  ber  91u8gQbe  üon  (£afel)  unb  ^olbroofe,  fionbon  ©b  III,  Xeil  I 
1825,  Seil  II  1830;  Huilarium  Ronianum  IV,  502—19,  Surin  1859;  Theiner,  Codex  di- 
plomat.  dominii  teraporalis  s.  sedis  II,  241—393,  9fom  1862;  SBeruudfQ,  Exoerpta  ex  re- 
gistr.  Clcmentis  VI  et  Innoceutii  VI,  3n"^br.  1885  (i»gl.  $Berun«fQ,  ©emert.  über  bte  im 
«at.  «rdjio  befinbl.  föegift.  (£lem.  VI.  unb  3nnoc.  VI.,  in  9Rt  b.  3nftit.  f.  öfterr.  ®ef4id)td- 

46  for(d)ung  VI,  140  ff.  1885);  SBinfclmanu,  Acta  imperii  inedita  II,  862,  3nn«br.  1885; 
ßimniermann,  Acta  Karoli  imp.  ined.,  6.  161,  183,  Snnöbr.  1891;  Filippini,  La  primi 
legazione  del  cardinalc  Albomoz  in  Italia,  con  docum.  ined.,  in  Studi  storici  V,  81  — 120, 
377  -  414,  485-530,  fiiüovtto  1896;  Cerasoli,  Innocenzo  VI  e  Giovanna  I  di  Napoli  (Do- 
cumenti  inediti    deir  Arch.  Vat.),    in    Archivio  stör,  per  le  province  Napoletane  XXII, 

60  183-203,  351-370,  507-528  (1897)  unb  XXIII,  3-21,  275-304  (1898);  Daumet,  In- 
nocent  VI  et  Blanche  de  Bourbon.  Lettres  du  pape  publ.  d 'apres  les  registres  du  Vat, 
s?ori«  1899.  -  öofjmer,  Regesta  imperii  VIII  (cd.£mber)  ©.507-513,  658,  SnnÄbr.  1877 
unb  Reg.  imp.  VIII.,  Additam.  I  (ed.  #uber)  S.  782—93,  816,  SnnSbr.  1889.  —  c)  Cftro« 
nifen:  Johannes   Porta  de  Annoniaco,  Li  ber    de  coronatione  Caroli  IV   imp.  Bom.  (ed. 

55  hofier  in  83ettr.  §.  ©efd).  ©öbmenö,  1.  9lbt.  2.  93b,  «ßraa  1864);  Benes  Krabice  de  Weii- 
muel,  Chronicon  (Pclzel  et  Dobrowsky,  Script,  rer.  Bohemic.  IL,  ^Jrog  1784);  Henricos 
dapifer  de  Diessenhoven,  Hist.  eccles.  Cööfjmcr,  Fontes  IV,  86  ff.,  ©titttfl.  1868);  Matthias 
Nuewenburgensis,  Continuatio  (^3ö^m.,  Font.  IV,  281);  Henricus  de  Rebdorf,  Annal.  im- 
perat  et  pajmr.  (©ötjm.,    Font.  IV,  503  ff.).  —  Matteo  Viliani,   Istorie  Fiorentine  (Murt- 

go  tori,  Scr.  XIV,  9-728,  wettere  Wuäg.  bei  ^ottfjQft,  »eflwetfer  II,  1093);  Cronica  d'Orvieto 
(Murat.  XV,  643—94);  Ranieri  Sardo,  Oronaca  Pisana  (in  Archivio  stör.  Ital.  VI,  2 
p.  73—244).  —   Liber  pontificalis  11,  192   (ed.  Duchenne,  ^ariö  1892);    Raynaldus,  An* 


3mt0cetij  VI.  133 

Utk*  ecclcs.  (ed.  Theiner)  33b  XXV,  478,  540-604  (1880)  u.  XXVI,  1-64  (1872).  - 
Froissart,  Croniques  (Äu«g.  bei  $ottf)aft  SBegto.  I,  472);  Script  rer.  Prussicarum,  edd.£irfd), 
26pi*n  u.  ©trebite,  Üeip^ig  1861—  74,  II,  77  f.,  523.  111,74,109.  V,  396;  Gallia  christiana, 
Sbll,  IV,  VI,  X-XIII  ed.  P.  Piolin,  «ßariS  1870  ff.,  »b XIV— XVI  ed.  B.  Haur&ro,  <ßari3 
1856—65  (\.  b.  Index  generalis  $u  jcbem  93b.  unter  Romani  pontif.).  —  SBgl.  ©tct3jd)röber,8nr  5 
Ouettcnfunbc  ber  $a*ftge|d).  b.  14.  %ai}xf).,  in  #3©  XI,  240  ff.  (1890);  Sangl,  $ie  päpftl.  föegift. 
oon  »cncbütXn.  bis  ©regorXL,  3nn3brucf  1898,  -  Sßott^aft,  SBegiu.  burd)  bic  ©efd)id)t8« 
werte  be*  euroö.  Mittelalter«  II,  1390.  2.  Muff.,  Berlin  1896;  Chevalier,  Repertoire  des 
gourcea  hist.  du  moyen  äge  ®.  1116  ($ari3  1877-86)  unb  Supplem.  ©.  2659  (^ariS 
1888);  Fabricius,  Biblioth.  Latina  mediae  et  infimae  aetatis  IV,  327,  Florentiae  1858.         io 

gtttcratur:  a)  «agemein:  @rfci)  u.  ©ruber,  ©neljflott.  II,  18,  6.  424,  Seidig  1840; 
NouveUe  Biogr.  genende  XXV,  910,  ^ariö  1858;  SBefcer  u.  Seite,  Äirdjenlejifon  VI,  744. 
2.  «uff.  1889.  —  Duchesne,  Hist.   de  tous  les  cardinaux  franc.  I,  546-50,  «ßariS  1660; 
CSaconius,  Vitae  et  res  gest.  pontificum  Rom.  II,  521-43,  9iom  1677;  Gör.  SB.  g.SBalcb, 
(Entwurf   einer   aollfiänbigen   #iftorie   ber   röm.  «ßäpftc,  @.  316,  2.  Aufl.,  ©öttingen  1758;  16 
«r*ib.  »oroer,    Unöart.   $ift   ber  röm.  «ßöpfte,   überf.   ü.  föambacft,  8.  Seil,  @.  428—42, 
9tagbeb.  u.  fieipjig  1770;   Cardella,   Meraorie   storiche  de'  cardinali  II,  164,   ÜRom  1793; 
J.  B.  Christophe,    Hist.  de  la  papaute*  pendant  Je  XIV©  siecle  II,  222—352,  «ßariS  1853 
(überf.  x>.  Witter,  ^aberborn  1853):  #öfler,  $ie  $Mgmut.  $fipfte,  @.  45,  SBien  1871;  Cerri, 
Innocenzo  papa  VI,   Torino  1873 ;   ftergenrötber,   ftanbbud)    ber   allgem.  ßirdjengefd).  II,  20 
27— 30,  111,345,  2.*ufl.  1879,  80;  $aftor,  ©ef«.  ber  «ßäpfte  I,  77.  greiburg  1886;  3ung. 
mann,  Dissertationes  selectae  in  historiam  eccles.  IV,  167,  231,  235,  Ratisb.  1886;  Cristo- 
fori,  Storia  dei  cardinali  I,  SRom  1888;  Soud)on,  <ßapfttu(U)len  @.  55  ff.,  ©raunfd)roeig1888; 
0.  $efele-*nöpfler,  <&©  VI,  697-708,  2.  «ufl.  1890;   @f)rle,  Hist.   bibliothecae  Romanor. 
pontificum  I,  193-249,  644  ff ,  692,  784,  9tom  1890;  Eubel,  Hierarchia  cath.  medü  aevi,  25  - 
p.  18,  Monast  1898.  —  b)  Stalten:  ©ugenfjeim,    ©efdj.   ber   (Sntftefjung  unb   SluSbilbung 
be*  fttrcftenftaatÄ,  6.  256  ff..  Seipjig  1854;    «ßapencorbt,  ©efd).   b.  ©tobt  töom,    @.  415  ff., 
?übcrb.  1857;  ffieumont,  ©efeft.  b.  @tabt  SRom  II,  897  ff.,  »erlinl867;  ©regoroüiu«,  ©efd). 
b.  Stobt  Hont  VI,  338  ff.,  Stuttgart  1878;    SBurm,  $ie  Abberufung  be8  Äarbinal«  «Ibor« 
*>**  $3«  XII,  538  (1891);  SBurm,  Starb.  Albornoj,  Sßabtxb.  1892  (mit  Oueflen«  u.  Sitte-  30 
ratnr*$erfteidjni8) ;   Filippini,  La  prima  legazione  etc.  f.  0.  unb  La  riconquista  della  stato 
della  chiesa  per  opera  di  Egidio  Albornoz,  in  Studi  storici  VI,  169-213,  343—378  (fii- 
wrno  1897).    —    c)  Jcaifer  unb  SReidj:   $eljel,   ßaifer  Äarl  IV,  2  93be,  <ß™g  1780;    SBe* 
run3fy,  3talien.  $olitit  $apft  3nnocen$  VI.   unb  Äönig  tfarl  IV.   in  b.  3af)ren  1353  unb 
1354,  «ien  1878;   Serunäfy.  $er   erfte   SRömerjug   Staifer  flarl  IV.,  Snnöbr.  1878;    2Be*  35 
nmatto.  ©efd».  Äaifer  ÄarlS  IV.,   2.  S3b,   2.  Abt.,   3nn36r.  1886,   3.  53b  1892;   @tol),  2)ie 
polit.  ©ejieijungen  awifäen  Äaifcr  unb  $apft  in   ben  Sauren  1360-1364,  3)iffert.,  ©tra&b. 
1881;   IRenjel,  Stalien.  ^olitif  Jcaifer  tfarlS  IV.,   ©lanfenburg  a.  ^>.  1885;   Äröger.  3)cr 
tiofhtb  unb   bie  $olitit  Iraifer  Staxl^  IV.   bei   ber  $efe$ung  ber  beutf^en  9teid)dbidtümer. 
Difjert..  IRunfter  1885;   fiinbner,  ^)eutfd)e  ©efa^.  unter  ben  ^abdburg.   it.  fiujrenburg.  II,  40 
41  ff.f  Stuttgart  1893;  ftirfd).  ^)ie  päpftl.  ÄoOeftionen  in  2)eutfd)tanb  mä^reub  bed  14.  3al)r= 
*iuibeTtd,¥ttberbornl894.  —  d)  grantreidj  u.ßnglanb:  e.  91.  ©eftmibt,  ©ef*.  oon  Sranfrei*, 
»  II,  Hamburg  1840  (beeren- Ufert);  $auli,  ©ef*.  ü.  ©nglanb  S3b  IV,  ©otfta  1854  (beeren* 
Uten).  —  e)  Spanien:  <Sd)irrmat&er,  ©efä.  ö.  Spanien  ©b  V,  ©otlja  1890  (^eeren»Ufert); 
Duunet,  Innocent  VI  et  D.   Pedro  Ier  roi  de  Castille,  in  M^langes  d'archeol.  et  d'hist.  45 
XVII,  153  ff.,  $ariS  1897;  Daumet,  Innocent  VI  et  Blanche  de  Bourbon,  ^axti  1899. 

Sorte  ben.  ©tefon  3lubett  ift  geboren  im  3)orfe  3Kon^  in  ber  35iöjefe  bonShnogeS. 
Sr  begann  ferne  Saufbabn   atö  ^rofejfor  bed  tpeltlid^en  9lec^tö  in  Xouloufe  unb  tourbe 
bann  ber  &öc$jte  rid^terKc^e  SSeamte  biefer  ©tabt ;  fcäter  finben  toir  tr/n,  nad^bem  er  RU* 
rite  (jetoorben,  auf  bem  btfc^öflic^en  ©tu^Ie  non  9?o^on,  melden  er  1340  mit  bem  Don  w 
Qennont  fcertauföte.    Semen«  VI.  er^ob  t^n  1342  jum  Äarbinalpre^bvter  unb  10  3<ir/te 
naäfba  utm  itarbinalbifdbof  Don  Dftia  unb  SeQetrt,   fotoie  jum  ©ro^)5nitentiar.    9lad) 
bem  ^mfc^eibm  (Sternen«' VI.  Ratten  bie  Äarbinäle  unter  [\q  eine  3B(u)ßapituIation  oer« 
anbart,   xtxlty  bem  au«  ifyrer  SRitte  ©efeäblten  oerfd^iebene  Verpflichtungen  auferlegte. 
Sie  tmc^rinften  Seftrmmungen  toaren  folgenbe:  ber  julünftige  $apft  foule  bie  ©ebiete  ber  66 
tfmtföcn  Ärn^e  nic^t  t>eräu|ern   ober  gu  Serben  aufteilen   oxjm  vorangegangene  @enefy* 
■igitn0  tnm  jtoei  Dritteln  be«  KarbinaföloQegium«,   ferner  foQte   er  leinen  Marbinal  ab- 
tyn,  gefangen  galten,  fu^enbieren,  erfommuni^eren  o^ne  $uftimmung  be«  ÄoIIeaium«, 
ja  ba«  neue  Ober&auj>t  fottte  bie  gefamten  ©infünfte  ber  Ätrd^e  jtoifd^en  ftd^  unb  bem 
ÄrrbrnalSfolIegtum  teUen,  toä^renb  bte^er  ben  Äarbinälen  bic  §ä(fte  nur  ber  mit  bem  w 
Kamen  census  bezeichneten  Sinlünfte  juftanb   (Dgl.  .Uirfc^,  Die  ^inanjDertoaltung  be« 
ÄarbinalMegtumS  im  13.  unb  14.  3a^.,  3){ttnfter  1895).    Diefe  Vereinbarung  mürbe 
fem  fämtfi<$en  Äarbmälen  angenommen,  t>on  einigen  jeboc^  mit  bem  33orber/alt,  ba^   fte 
^ienmt  ferne  rec^tötnibrige  ^anblung  begingen.    ^u  fecnen'  b"  ^^  ^(aufel  hinzufügten, 
je^dete  au$  ber  ftarbinalbtfc$of  ©tefan  t>on  Dftta;   er  tourbe  am  18.  ie^ember  1352  65 


134  3nnocettj  VI. 

!um  9to<$folger  ©lernen«'  VI.  geteilt.    9Jid^t  lange  nadb  antritt  feinet  $ontifi(ate*  er* 
(arte  er  jene  SBa^Kajntulation  ber  Karbinäle  für  gefe^tDtorig  unb  nichtig,  ba  fte  bie  bem 
$apfie  Don  ©ott  Derltefyene  3Rac$t  einfd&ränfe. 

!gnnerfird&lic$e«.    211«  erfle«  na^m  ber  neue  Sßapfi  eine  burdbareifenbe  Steform 

6  ber  (irttylicfyen  93ertoaltung  in  Singriff.  Sofort  toiberrief  er  bie  Don  Cuemen«  VI.  ben 
^rälaten  behelligten  93eneftjien  unb  erfiärte  ftcty  gegen  bie  SBluralität  berfelben.  Stele 
Kommenben,  SieferDationen,  (Sjpeltationen  feiner  SSorgänger  (affterte  er;  toeiterfcin  fdtärfte 
er  ben  fyofyen  ©eiftlictyen  auf  ba«  ftrengfte  tyre  9*eftbcntf>flic£t  ein,  Derminberte  bat  &i£u$ 
ber  päpftlictyen  Aoffytltung  unb  nötigte  ba«  Karbtnal«rolJegtum,  fu$  einer  einfachen  8e* 

10  ben«toeife  ju  beftajjigen.  3m  Igntereffe  einer  orbentlkfcen  SRed&tfyflege  fd&uf  er  für  bie 
auditores  rotae  ein  fefte«,  fixere«  (Surtommen. 

Stauen.  3)a«  anbere  grofee3tel,  ba«  ftc^  ^nnocenj  geftefft  $atte,  fear  bteSBieber* 
ertoerbung  be«  Kircfyenftaate«.  1353  fanbtc  er  ben  Karbinal  SUbornoa,  bem  er  biefe  Auf* 
gäbe  übertrug,  na$  Italien  unb  mit  tfym  Sola  bi  Slicnji,  ben  römtf^Ten  3Sol!«tribun,  ber 

16  au«  feinem  Kerler  in  SlDignon  entlaffen  tourbe,  um  nunmehr  al«  etn  Organ  ber  p&ipfc 
liefen  ?ßoüti(  in  Italien  ju  hrirfen.  Salb  unterwarf  SHbornoj  9tom,  unb  Sola  trat  fein 
3hnt  al«  Senator  an,  ba«  er  aber  nur  feenige  Monate  Dertoaltete:  eine  (Empörung  ber 
Stömer  machte  am  8.  Dftober  1354  feinem  Seben  ein  6nbe.  $n  ber  $offmmg,  ba«  Xn« 
fetyen  be«  Karbinal«  älborno*  in  9tom  ju  fyeben  unb  bie  päpjtltc&e  gartet  in  Stalten  $u 

aoftärfen,  betrieb  beruft  auty  eifrig  ben  Dom  Könige Karl  IV.  beabftd&tigten  Stonnug  (f.  u.). 
üWtt  grofcem  @cfc$icf  fe^tc  ber  Karbinallegat  bie  Unterwerfung  be«  Kmfcenftaate«  fort,  btter 
1357  nad&  Sfoignon  jurücf (efyrte ;  infolge  ber  Unfä^igteit  feine«  9lac§folger«,  be«  Äbte« 
Slbroin  DonSlugnlp,  jogällbornoj  1359  hrieber  nac$  Italien,  too  er  in  ben  näcMen  $ofyxa 
bor  allem  mit  Samabo  S3i«(ontt  Don  SDtailanb  um  ben  SSefto  Sologna«  !ämj>ten  mufcte. 

26  Kaifer  unb  9tei$.  3)a«  S3erfyalten  be«  JSapfte«  ju  Kaifer  unb  9tei$  trug  einen 
friebli$en  ßbarafter.  3m  ©egenfafc  gu  feinem  Vorgänger  legte  Snnocenj  ber  Somfa^rt 
Karl«  IV.  feine  $inberniffe  in  ben  2Beg.  SWerbing«  Dolfyog  er  nic$t  t>erfönlidb  in 
9tom  bie  Katferfrönung,  fonbern  beauftragte  bamit  ben  Karbmalbifd&of  $eter  Don  Dfüa. 
33on  biefem  empfing  am  Oftertage  (5.  2tyril)  be«  %afyx&  1355  Karl  bie  Krone,  naefibem 

so  er  ben  am  26.  Slpril  1346  ju  äDignon  geleifteten  (gib  ftrieberfcolt  fcatte:  toeber  in  Storni 
noety  in  ben  anberen  ©ebieten  ber  Kirche  innerhalb  unb  außerhalb  Italien«  irgenb  toüfy 
Sterte  au«$uüben,  fotoie  gleicty  noety  am  Xage  ber  Krönung  mit  allen  feinen  Seilten  9tom 
&u  Derlaffen  unb  oljne  au«brücfltc^e  @rlaubni«  be«  $apfte«  nie  toieber  ba^in  gurüdjute^cen. 
2)ie  tiefe  (grniebrigung  be«  Äaifertum«  offenbarte  fid^  t>or  aller  9tugen,  al«  ber  ©efrönte 

86  na$  bem  feftltd^en  3Ka^le  fof ort  —  hrie  er  gefroren  —  bie  etoige  ©tobt  DerTte^  unb 
feine  §eimfa^rt  antrat.  3n  ben  folgenben  S^^ten  na^m  Äarl  ber  Äurie  gegenüber  eine 
felbftftönbtgere  SteDung  ein,  unb  bie  @intra$t  jtoifc^en  ftaifer  unb  ^ßa^ft  toar  jutpeilen 
ni$t  me^r  biefelbe  h)ie  früher,  ofyne  bag  e«  aber  jum  Konflitte  (am.  §n  ber  (Solbenen 
Sude  War  ba«  93eftätigung«red^t  ber  ^äpfte  bei  ber  9&af)l  be«  beutföen  König«  mit  (einem 

40  SBorte  ertüä(?nt  toorben.  2Benn  jene«  @efe$  ferner  beftimmte,  ba^  toäBrenb  ber  @eb& 
toafanj  bie  Äurfürften  toon  ©ad^fen  unb  t>on  ber  $falj  bie  Stegierun^  übernehmen  fottten, 
o  h)arbaburd^  ber  9lnfprud^  be«  ©tu^le«  $etri  auf  ba«  9lei(^«t)i(anat  ftiafqtoeigenb  be» 
eitigt.  2)afe  ^nnocen^  ben  hiergegen  erhobenen  $roteft  toieber  fo  fc^nell  fallen  lie|,  erBart 
\d)  nur  au«  feiner  ^neben«liebe.     @«  gelang  fobann  ^nnocenj  nid^t,  na$  ber  SdUad^t 

46  bei  9Jtau)>ertui«  (1356)  ben  Kaifer  für  eine  energiföe  SSermittelung  jtoifd^en  ^anJEret^ 
unb  (Snglanb  gu  gewinnen,  and)  fpäter  in  bem  Kampfe  um  Bologna  bemühte  er  fid^  M» 
geben«,  Karl  gu  einem  Sünbni«  unb  }um  @infc$reiten  gegen  SBarnabo  3Si«(onti  ju  be« 
tocgen.  1359  fd^rieb  bie  Kurte,  um  befonber«  ba«  für  bie  italienif($en  gelbjüge  bc«  Kar» 
binal«  Sllbornox  erf orberlid^e  ©elb  m  befc^affen,  für  $eutfc§lanb  einen  Santax  au«.  XU 

60  ber  t>äpftK$e  92untiu«  auf  bem  *Rei$«tage  ju  SRain)  biefe  ©elbforberung  rechtfertigen 
tooDtc,  erfiärte  ber  Kaifer,  betoor  bie  Kurie  ©elb  verlange,  möge  fie  ben  beutf&en  Klentf 
reformieren,  fonft  toerbe  er  bie  Sefferung  be«felben  in  feine  #anb  nehmen.  Salb  barauf 
empfahl  auch  ber  $apft  ber  beutfe^en  ©eiftltc^leit  eine  Reform,  toie  fte  Karl  toünfc&tt 
hingegen  auf  bie  götberung  Karl«,  bie  Süßen,  toeld^e  Giemen«  V.  gegen  $etnri$  VIL, 

66  Karl«  ©rofetoater,  crlaffen  ^atte,  jurücfyuneljmen,  ging  ber  ^Ja^ft  nic^t  ein.  Xnberfettt 
ertöte«  er  ftd^  aber  toteber  bem  Katfer  gefällig,  tnbem  er  beffen  vertrauten  SlatgAer,  ben 
Sifd^of  3)tetrtc^  Don  SKinben  auf  ben  crabifrfjöfltdjen  ©tu^l  Don  ÜKagbeburg  braute  unb 
baburet^  bem  #aufe  fiujcmburg  bie  geplante  ©rtoerbung  Sranbenburg«  erleichterte, 

granlrcic^.    3um   fratuöftfe^en  §ofe  ftanb  ^nnoccnj  in  freunblicbem  33er^altn& 

oo  ©e^r  Diel  loar  i^m  an  ber  Seenbigung  bc«  Kriege«  jftnf<$en  granfceicy  unb  (Snglanb 


Sonoren)  VI.  ^nnocen*  VII.  135 

gelegen.  Stte  in  feiner  ©eaentüart  ju  äfoignon  1354  greif  d&cn  engfiföen  unb  frmuöftfd^en 
8ä>ottmäc$rtgten  toegen  Serlängerund  cme$  SBaffmftuIftanbeS  geführten  Sertyanblungen 
entforac^en  aber  in  ibrem  SSerlaufe  nid&t  ben  ßrroartungen  beä  fricMiebenben  <ßaj>fte$. 
9ta$  auf  bem  ©<^la^tfelb  Don  3Jtau}>ertute  fuc^te  ber  Äarbinal  2aletyranb  ben  ßampf 
aufzuhalten,  jebo<$  im  SBertrauen  auf  feine  Übermacht  uerroarf  Honig  ^o^ann  bon  gfranfc  5 
iti$  bie  Scrmittelung^orfc^Iäge  beä  Äarbinafä.  SDte  @d;lad)t  entfepieb  ju  ©unften  be$ 
f^toar^en  Crimen,  h>ek$er  ben  franjöfifd&en  Äönig  gefangen  nac§  Sonbon  führte.  @3  mar 
baö  Serbienfi  ^nnocen)'  VI.  unb  feiner  SeboHmäcfytigten,  bafe  ber  triebe  non  93r6ttgnty 
1360  bem  Slutoergieften  ein  @nbe  machte.  —  35urd)  bie  Sparen  non  gfreibeutern,  bie 
ft$  in  f$ran!rei$  ttxtyrenb  beä  ÄriegeS  gebilbet  hatten,  tourbe  aud;  baä  päpftli<$e  ©ebiet  10 
jeünxtfe  ^eimgefud)t.  5E)te  befonberS  berüigtigte  Sanbe  be$  Slrnolb  b.  ßernoQeä,  bie  „9lou* 
tierS",  toermo$te  Ignnocenj  Don  ber  ?ßlünberung  SfoignonS,  baä  er  bamafö  gerabe  be* 
fefrtgen  Refe,  nur  bun$  bie  Sa^lung  einer  gto|en  ©elbfumme  abgalten  (1357). 

Bpanitn.  ©egen  ?ßeter  I.  ben  ©raufamen  bon  ÄaftiKen  (1350—1369)  trat  ber 
$apß  mit  allen  ber  xir$e  ju  ©ebote  ftetyenben  Mitteln  auf,  um  Ujn  ju  bewegen,  feine  15 
redptmäfeige  ©attm  SWanca  bon  Sourbon,  bie  er  üerftoften,  ftneber  in  ifyre  Stellung  ein? 
*ufe$en  unb  fid)  Don  feinen  Äonfubinen  ju  trennen.  SDtc  Streulofigfeit  beä  ÄönigS  jroang 
^nnocen)  )u  toieber^olten  Walen,  ben  Sann  über  <ßeter,  baä  ^nterbift  über  Äaftilien  ju 
bedangen;  bie  ptyftlvtyn  3*nfuren  Ratten  immer  nur  neue  23erfic$erungen  unb  ebenfo 
bide  (fibbrüä)e  *ßeter$  jur  ftolge.  9lufy  minber  ergebnislos  blieben  bie  93emüfyungen  ber  20 
fturie,  gtarif$en  bem  genannten  §errfc§er  ÄaftiUenS  unb  bem  Äänige  $eter  IV.  bon  2lra* 
gonien  einen  ^rieben  ju  Vermitteln. 

tyx  feinen  legten  2eben$ja$ren  war  Igmtocenj  mit  bem  ©ebanlen  eines  ÄreujjugeS 
mb  einer  SBieberbereinigung  mit  ber  orientalifd)en  .Htrc^e  beföäftigt.  2lber  mitten  unter 
ben  Serfcnblungen  mit  bem  grie$if$en  Äaifer  Sodann  SßaläologuS  ftarb  Snnocenj  VI.  26 
am  12.  September  1362.  9u$  bie  3bee,  bie  Stobt  9lom  roieber  ut  betreten,  rooju  ber 
$atA  fron  Äarl  IV.  ermuntert  toorben  roar,  tarn  erft  unter  feinem  vladbfolger  Urban  V. 
pir  SuSfäfrung.  (R.  BM^t)  SRas  Rattwanti. 

3mioee«j  V1L,   $aj>jt  Don  1404—1406.  —    Ou eilen:    Vita  Innocentii  VII  ex 
Codice  MS  Vaticano  ap.  Muratori,  Herum  Ital.  ßcr.  t  III,  p.  II.  p.  832 sq.;   Vita  Inno-  30 
ccotii  VII   ex    additamentia    ad   Ptolemaeum  Lucensem,   c   Codice   MS  Fatavino,    ibid. 
p.  834  aq.    JJn  ^Betreff  ber  ©riefe  3nnoeen$  VII.  unb   einer  üon   Ujm  fle^allenen  9fiebe  üal. 
Sobririu*,  biblioth.  Lat  med.  aevi,  t.  IV,  p.  103 ;  2)ietrid)  ü.  ^iet)eim,  De  schismate,  lib.  II, 
c  34  sq.    (ed.  ©rlcr.  Seityia  1890;    berf.,  i)ietr.  ü.  9?.,  ebb.  1887);   Antonii  Petri  Diarium 
Romanum,  ap.  Muratori,    Ker.  Ital.   scr.,   t.  XXIV,    p   968  sq. ;    Leonardi  Bruni  Aretini  35 
epiatolarum  hb.  VIII,  reo.  Mehus,  glor.  1741;  berf.,  Rerum  in  Italia  suo  tempore  gesta- 
nnn  commentarius,    ap.    Muratori,    q.  q.  O.   XIX,   p.  909  sq.;    Infessura,   Diario  della 
citta  di  Borna,    ap.  Muratori,    t.  III,    p.  II,    pag.  1116  sq. ;    Uentüis  Delphini   diariura, 
p.  844aq.;    Piatina,   De  vitis  Pontif.  Rom.    in   ber  $ludgabe:   Coloniae  Agrippinae  1626, 
p.  262 »a.;  Baynaldus,  Ann.  eccles.  ad  ann.  1404— 1406 ;  feiner:  Cod.  dipl.  dominii  tem-  io 
poralis  8.  Sedis,  t.  III ;   Gayet,  Le  grand  schisme  ((.  u\ 

Bearbeitungen  unb  allgemeine  üttteratuv:  DuPuy,  Hist  du  schisme  1378— 
1428,  $ari*  1654;  Vitae  et  res  gestae  Pontif.  Born.  .  .  .  Alph.  Ciaconii  .  .  et  alio- 
ram  opera  deacriptae,  t  II,  Roraae  1677,  p.  711  sq.;  3Raimburg,  Hist.  du  grand  schisme 
d'Oocident,  ?ari«  1678;  (J^r.  «3.  8rr.  ©aldj,  Entwurf  einer  üollft.  ^iftorie  ber  römif^en  46 
«Wie,  2.  «uÄgabe,  ©5ttinaen  1758#  @.  328 ff.;  %rdj.  »oroev,  Unpart^.  fciftoric  ber  röm. 
Wtef  9.  Zeil  überf.  üon  SÜtamba«,  «Wagbeburg  u.  fieipj.  1772;  @.  36 ff.;  SBeffenberg,  S)ie 
frokn  ftir^eni>erfaminlunaen  bed  15.  u.  16.  3a5rlmnbert$,  33b  II,  Sonftanj  1845,  6.  48 f.; 
ikri^op^t,  Q^dj.  beS  ^apfttumd  wfi^renb  be3  14.  3a^rt)unbertö,  überf.  Don  ftitter,  III.  99b, 
fiberborn  1854;  ©.153 ff.;  ®<&tt>ab,  3o^.  (SJerfon,  Sürjiburg  1858;  $öfler,  9?upre4t  üon  60 
**  f  Wj.  Sreiburg  1861 ;  $efele,  «onj,ilienflef4v  »b  VI,  Sreiburg  1867,  @.  748  ff. ;  JReu- 
■omt,  0kf4.  ber  ©tabt  Hom,  II.  ©b,  »erlin  1867,  @.  1110 ff.;  ©regorooiuS,  öefdjicftte  ber 
Sfabt  8tom.  9bVI.f  3.  «u](.#  ©tuttg.  1878,  ®.  542 ff.;  Creighton,  Hist.  of  thePapacy  du- 
ring  the  period  of  the  Ref.  I,  Sonbon  1882,  @.  162 ff.;  $aftor,  ©efd).  ber  köpfte  feit  bem 
Iiigonge  be*  «R««  I,  8rreiburg  1886,  @.  129 f.;  3ungmann,  Dissertatt.  sei.,  VI,  Ratisb.  66 
1887,  p.  277;  Qayet,  Le  grand  schisme  d^eeident  d'apres  des  docc.  contemp.,  2  53finber 
|tri4  1889-1890;  Valois,  La  France  et  le  grand  schisme  d'oeeident,  2  $be,  $ori§  1896; 
*wttx,  Die  (Entfiebung  ber  (on^liaren  X^eorie  k.;  91Q3  Suppl.  1893;  ©eitere  ßitteratur 
f.  Hüter  ©enebift  XIII.a  unb  93onifatiu§  IX. 

6oftmo  be  SRialiorati,  aud  ©ulmona  in  ben  Slbru^en  gebürtig,  toibmete   ftd)  ur<  60 
ftränglty  bem  ©tuotum  be^9le^tö;  Urban  VI.  $og  tyn  an  bie  Kurie,  übertrug  ifym  bie 
Smfammlung  ber  bem  Stuhle  $etri  )uflie|enben  Summen  in  (Snglanb,  erl^ob  t^n  juerfi 


136  dnitocetta  VII. 

jum  ©rjbifd&of  bon  Slabenna,  fyäter  jum  Siföof  bon  Bologna ;  Sontfaj  IX.  na$m  i$n 
1389  in  bie  Steige  ber  Äarbinälc  auf  al«  ßarbmafyriefter  bon  ©ta.  ßroce  m  ©erufalemme ; 
unter  biejem  $apft  War  bcr  flarbinal  bon  Bologna  —  fo  Würbe  Gojtmo  nacg  feinem 
93tf$of3ftyc  allgemein  genannt  —  eine  ber  emfluf$rei$ften  unb  gead&tetjien  ^erffciltdpfeiten 

6  an  ber  römiföen  Jturie ;  fein  fxttenreiner  £eben«Wanbel,  feine  ffeenge  9«fefe,  feine  um* 
faffenbe  Äenntni«  be«  fanonifd&en  Stecht«  unb  feine  ©ef<$äft«getoanbt$eit  $aben  na$  bem 
Xobc  Sonifaj'  IX.  bie  Sota  ber  Äarbmäle  auf  tyn  gelenft :  am  17.  Oftober  1404  ging 
aus  bem  ßonflabe  ber  Äarbinatyriefter  bon  <&ta.  Groce  al«  Sßapft  Snnocenj  VII.  fcerbor. 
3lu$  er  fcatte,  wie  alle  feine  ßottegen,  bebor  fte  jur  3Ba#  jufammentraten,  eine  Schrift 

10  unterzeichnet,  in  beider  er  fic$  berflic^tete,  für  ben  %dü  feiner  ©rtyebung  auf  ben  Stubl 
$ctri  alle«  (Srbenflid&e  jur  Beilegung  be«  bie  Äircfce  berjefcenben  ©<$i«ma«  ju  t$un,  ja  fdbft. 
Wenn  e«  erforberlicfc  fei,  bie  päpftltd^e  Ärone  ber  äSieber^erfteÜung  ber  fir^Ii^en  @b$ett 
jum  D))fer  ju  bringen.  @in  biefer  Vereinbarung  juWiberlaufenbe«  93erft>rec&en  gab  aba, 
Ignnocenj  VII.  ba(b  nacfc  feiner  2Bafyl  bem  ßönige  2abi«lau«  bon  9Zecä>el,  na$bem  biefer 

16  bie  SRömer  jur  äfoerlennung  be«  *ßaj>fte$  unb  jur  Slbfd&liejjung  eine«  ipre  ftäbtifc&en  grei* 
tyeiten  fu^ernben  Vertrages  beWogen  (27.  Dftober  1404);  er  gelobte,  mit  feinem  Segen« 
papftc  Senebift  XIII.  unb  beffen  Äarbinälen  nur  unter  ber  SBebingung  fidb  auSjuföbnen, 
bafe  borber  ba«  Slnred&t  be«  £abi«Iau«  auf  Neapel  flc^ergefteHt  fei.  3Ulerbing«  Derief 
Snnoccnj  VII.  no$  am  ©$lu|  be«  ^a^red  1404   ein  allgemeine«  ftomil  )ur  Seilegimg 

20  be«  fircpctyen  3to\tfp<d&  für  ba«  näd^fte  Igatyr  nac§  9tom ;  ba|  ba«felbe  nicfct  ju  ftanbe 
tarn,  fear  nid&t  bie  @$ulb  be«  ^Sapfte^ ;  bie  Körner,  mit  bem  ÜRafce  ber  tynen  gehörten 
Siebte  nocfy  nid^t  jufricben,  fugten  Ignnocenj  VII.  juerft  auf  bem  SBege  ber  Unterhalte 
fangen,  bann  mit  bewaffneter  §anb  ju  größeren  gugcftänbniffen  ju  bewegen,  bun$  bie 
grebelttyat  eine«  päpftlicfcen  5Re^oten  jur  äufjerften  Erbitterung  getrieben,   griffen  fie  am 

26  6.  Sluguft  1405  ben  ptyfttid&en  ^Jalaft  an,  nur  bie  eiligfte  gluckt  tonnte  gnnoceni  VII. 
unb  feine  Äarbinäle  bor  bem  brofyenben  lobe  bewahren.  2Bar  aud&  bur#  biefe  pwifiväft 
Verlegung  be«  päpftlid^en  $ofe£  bon  9tom  nacf)  SSiterbo  ba«  nac$  9tom  jufammenberufene 
Äonjil  unmöglich  geworben,  ber  Sufftanb  ber  Körner  ^ätte  bo(§  infofern  bem  9BerIe  ber 
SBieberberfteuung  ber  Rird^enem^eit  )u  ftatten  tommen  tonnen,   aU  «jener  SabtelauS  bon 

30  3ltapd,  bem  ber  ?ßaj>ft  bie  oben  ertoä&nte,  feine  aftionSfrei^eit  in  ©ad^en  be3  ©c^temaÄ 
lä^menbe  Sufid^erung  gegeben,  einen  leil  ber  aufftänbifc^en  SRömer  für  fu$  gewonnen 
unb  mit  tyrer  ^ilfe  ftcp  SlomS  gu  bemächtigen  fud^te,  ^ierburc^  aber  Snnoceng  VII.  felbji 
feinet  93erfj)red^enS  entbanb,  ja  tyn  jur  Slntoenbung  ber  fyärtefien  Äir^enftrafen  nötigte  — 
ber  $apft  t^at  Sabi^lau«  in  ben93ann  unb  entfette  benfelben  feine«  throne«.  30&er  bom 

36  erften  S3eginn  feine«  ^ßontiftfats  War  e«  3nnocen8  VII.  nid^t  ernft  um  einen  bie  Äird^e 
einigenben  9(u«gleid^  mit  Senebift  XIII.  getoefen ;  bergeblic^  War  e$,  baft  Äarl  VI.  bon 
3rranfreid&,  bie  ^arifer  Uniberfität,  ber  beutfdje  Jtönig  Su^rei^t  unb  ber  Äönig  bon  Äaj& 
Iten  ftd?  eifrig  burc^  ©efanbtfd^aften  an  bie  Beiben  um  ben  ©tu^I  <ßetri  (äm^fenben  $ra« 
tenbenten  bemühten,  ber  Äir^e  ben  inneren  ^rieben  toieberjugeben  unb  ju  biefem  Stadt 

40  balb  bie  Berufung  eine«  allgemeinen  ÄonjilS,  balb  bie  äbbanlung  ber  beiben  ty&pfy  unb 
bie3leutoa^l  burd£  ein  au«  ben  bi«^erigen  Äarbinälen  33enebift«  XIII.  unb  Snnocenj*  VII. 
ju  bilbenbe«  Kollegium  in  93orf$lag  brauten.  Seibe  ^ä^fte  jeigten  glei$  Wenig  Sufi, 
ben  SJBeg  berßejfion  ju  betreten;  jeber  bon  tynen  be^auj)tete,  nic$t  er,  fonbern  fein  (Segnet 
trage  bie  Scfyulb,  bafe  ba«@<^i«ma  fein  @nbe  noty  nid^t  erreiche;  nur  benahm  ftc^  Sene» 

46  bift  ber  XIII.  bei  ber  3lbtoeifung  aller  an  ifyn  gefteUten  ^orberungen  um  btele«  Rüger 
al«  fein  ©egner ;  er  begab  fiep  naefy  3taKen/  angebKc^,  um  buri  j)erfönlic^e  Unterhatte 
Iungen  mit  feinem  9* Walen  bie  Beilegung  ber  ftirc$enft>a(tung  ju  befc^leunigen,  t^atfäc^ 
aber,  um  fw$  mit  §ilfe  ber  aufftänbifdfcn  Körner  rafd^  jum  §errn  ber  ©tobt  unb  be* 
©tu^le«  $etri  ju  machen,  äl«  er  bon  ©enua  au«  an  ^nnocenj  VII.  ba«  ©efud^  richtete, 

60  ben  ©efanbten,  bie  er  jur  93erfyanblung  über  bie  5Rittel,  ben  Kirchlichen  ^rieben  ^erbeip 
führen,  an  ifyn  abjuorbnen  gebenfe,  fixere«  ©eleit  ju  garantieren,  berWeigerte  biefer  oie 
fo  biQig  lautenbe  ^orberung  mit  bem  Semerlen,  Senebttt  XIII.  fei  boc^  mfy  entfttt^ 
bereit,  ba«  @$i«ma  burd^  3u9ef^n^n^e  aufju^eben.  @nblic^  War  e«  ^nnocenj  VII.  im 
Januar  1406  Wieber  bergönnt,   nad^  9tom  jurüdEjufe^ren ;   i^n  rief  ba«  Parlament  ba 

66  ©tabt,  nic^t  gewillt,  für  ben  $a})ft  al«  Se^errfd&er  ben  Äönig  bon  SReapel  einjutaufc^cn. 
©d^ltefelic^  gab  auc^  2abi«lau«  bon  Jlea^el  bte  @ngel«burg,  bie  er  befefct  ^atte,  bem  $apfk 
jurüdt,  ber  i^n  bafür  bom  Sänne  löfte  unb  jum  35efenfor  unb  Sannertr^er  ber  Äird^e 
ernannte;  balb  barauf  berfd&ieb  ^nnocenj VII.,  am  6.  9lobember  1406.  ®a|  er  eine« 
unnatürlichen  lobe«  geftorben,  Würbe  Wotyl  unter  ben  Äurialen  in  3lom  erjcü^lt,  fc^eint 

üo  aber  blofe  auf  Vermutungen  feiner  ferneren  Umgebung  ju  berufen. 


3ftnwcntj  VII.  3mtoceitj  VIII.  137 

Söenn  3)ietri$  bon  9lie$eim  tyn  einen  „magnus  Simulator"  nennt,  fo  toax  biefer 
Sortourf  infofern  jutreffenb,  ol*  gnnocenj  VII.  eine  ©eneigtyeit  jur  SBiebertyerfteHung 
bet  fii$It$en  ©in^ett  erheuchelte,  bie  feiner  Seele  gang  fremb  toar,  unb  toenn  berfelbe 
jehgendfftfctye  ©c^riftftcHer  Ijinjufügt  „suos  statim  in  divitiis  temporalibus  sublima- 
vit",  jo  ertoeift  bie  ©efctyicfyte  cuxd)  biefe  Slntäulbigung  ate  toöQig  gerechtfertigt.  Ser^teb  6 
er  tax$  fofort  jetnem  Siepoten  Sobotnco  SKigliorati  jene  entfefelicge  Sluttfyat,  tocl<$e  bie 
Xefeolutiim  m  Stom  ^erborrief  unb  ^nnocenj  VII.  jur  f^Iud^t  nac§  SSiterbo  nötigte  —  Sobo- 
toico  tytitt  11  Sttgeorbnete  ber  ©tabt  bei  ifyrer  Stüdftetyr  bom  ^Ja^ftc  überfallen  unb 
einen  na$  bem  ärgeren  ermorbet;  eine  geiftlid^e  Sufte  toar  alles,  toaS  ber  gütige  Dnfel 
ban  Steffen  ate  Strafe  auferlegte,  unb  balb  barauf  berliety  er  itymSlncona  unb  pernio ;  bafe  10 
jener  Überfall  auf  baä  ©e^eife  3nnocenj  VII.  geföctyen,  ift  eine  toenig  glaubtoürbige 
9ta$ri<$t  (3*c*ffel  f)  »ettratfj. 

dssfces)  VIII.,  ^Japft  bon  1484—1492.  —  Ctuellen:  Diarium  romanum  urbis 
ab  anno  1481  ad  1493,  ap.  Muratori:  Rer.  Ital.  Scr.,  t.  III,  p.  II,  p.  1070  sq.;  Infes- 
surm:  Diarium  romanae  urbis,  ibid.  p.  1189  sq.;  Joh.  Burchardi  diarium  Inuocentii  VIII,  15 
ed.  Gennarelli,  Floreuz  1854.  baf.  ed.  Thuasue  I— II,  Paris  1883 f.;  Jacobus  Volaterra- 
nus:  Diarium  Romanum  de  Xisti  IV  pontificatu  a  1472—1484,  ap.  Muratori:  Ber.  Ital. 
Scr.  t  XXIII,  p.  87  sq.;  Onuphrii  Panvinii  Pontific.  Roman,  vitae  in  ber  Historia  Pla- 
tinae  de  vitis  Pontif.  Rom.  .  .  longe  quam  antea  Onuphrii  Panvinii  accessione  nunc  illu- 
strior  reddita,  Coloniae  Agrippinae  1626,  p.  332 sq.;  bie  83uflen  Snnocenj  VIII.  finben  fid)  20 
in  Cherubini  bullarium  magn.  t.  I,  Lugduni  1665,  p.  443 sq.;  Epistola  Innoc.  VIII.  in 
Bahuias,  miecellanea,  9lu8gabe  üon  Man  ei,  t  I,  Lucae  1761,  p.  518  sq.  93erglcid)e  aud) 
Raynaldus:  Annal.  eccl.  ad  ann.  1484-1492. 

*Ug.  fiittcratur:  Vialardi:  vita  d'Innocenzo  VIII.,  Venet.  1613.    lieber  bie  2ob* 
rebtn  be$  $alitiani,  Solieta  unb  fjieödji  ugl.  Sagittarius:  Introductio  in  histor.  eccles.  t.  I,  26 
p.  697;    Ciaconius:  Vitae  et  res   gestac  Pontific.  cum  uberrimis  notis   ab  Aug.  Oldoino, 
t  III,  Romae  1677,  p.  89 sq.;  Palatius:  Gesta  Pontif.  Rom.  t.  III,  Venet.  1688,  p. 685 sq. ; 
Cfc  ».  &r.  »aldj,  dntrourf   einer   t>oflft.  fciftorie   ber   rbm.  «ßfipfte,  2.  9lufl.,  ©btt.  1758, 
6.  365  f.;    ©o»er,  Unpartb.  fciftorte  ber  röm.  $äpfte,  9.  XI ,  überf.  ü.  SRamba«,  SHagb.  u. 
Seityig  1772,  6.  383  ff.:  @*röctt),  IHrdjeng ,  32.  %l,  Seidig  1801,  @.  368  ff.;  Viani,  Me-  30 
mone  della  famiglia  Cybo,  Pisa  1808;  ©tömonbi,  ©efdiidjte  ber  italienifdjen  ghreiftaaten  int 
Mittelalter,   au*   bem  gfranj.,   11.  %[.,    ßüricft  1820,   6.  274  ff.;    #er$og,  3)ie  romanifdpn 
Salbenfer,  $ade  1853,  8.  274;   $auti,  ©efcft.   u.  <£nglanb,  5.  8b.,  ©ottja  1858,  <5.  529 f.; 
Petracelli  della  Gattina,    Histoire  diplomat.    des  Conclaves   t.  I,  Paris  1864,   p.  298  sq.; 
Sfumont,  Qkfd).  ber  ©tobt  «Rom,  3.  93b,  1.  flbtlg.,  ©erlin  1868,  ©.  187  ff.;  Cherrier,  Hist.  35 
de  Charles  VIII,  t.  I,  Paris  1868;    ©regorooiuS,  @ef*.  ber  Stobt  9iom,  7.  ©b.,  3.  Aufl., 
Stuttgart  1880, 8.268 ff-;  töeumont,  3ur  ©efdjicbte  fjerränteä  üon  Neapel,  #81873;  SReumont, 
HoTtttio  be  SBebici,  2.  8b.,  fiebrig  1874,  @.  272 ff.;   3af.  ©urcfyarbt,  S)ie  Kultur  ber  SRe* 
latffance,  3.  Aufl.,  ßeipjig  1877,  6.  102  ff.;  ©am«,  $ic  Äirctjengefd).  üon  ©panien,  3.  S3b., 
1.  tttlg.,   »eflen«burg  1876,   @.  442  ff.,    3.  ©b.,   2.  Bbtlg.,   «RcgenSburg  1879,  6.  22  ff.;  40 
Oreirfiton,    History    of  the  Papacy  vol.  III,   fionbon  1887,   @.  117—156;    $oftor,  ©ef«. 
ber  $8>fte  feit  b.  *u8g.  b.  9)W  III,   Srei6urg  1895,   6.  167—268;   ©«neiber,  S)ie   tir*l. 
Sirfffamfeit  b.  fiegaten  91.  ^eraubi,  #alle  1882;    ©ottlob.  S)er  Scgat  SR.  ^eraubi  (.&3©VI, 
6.  438 ff.);  $agen.  $ie  ^apftwablen  uon  1484  unb  1492.  Krisen  1885;   ^an^öljl.  ©entert. 
iber  bie  »uüe  gnnocetti  VIII.  'Exposuit*  (8t'Di93(JO,  1884).  —  $Rie$Ier,  3)ie  ^ejenpro^ffe  45 
1896;  Stit\K,  Der  ^ejenma^n,  %.  8-  »eil.  38  f.,  1896;  »gl.  b.  Wrt.  #eje,  ^ejenproj.  »b  VIII. 

9iobaitm  Sattifta  Gbjbö,  geboren  im  ^a^re  1432  ju  ©cnua,  toax  ber  ©o^n  bed  3Iran 
fybb,  toehfcr  unter  (Salqrt  III.  bie  (Stellung  etneä  Senator^  bon  3(om  inne  gehabt,  unb 
ba  leobortna  be'3RarL  ©eine  y$\iQtrit>  berbrad^te  er  am  neafcoUtamfäen  §ofe ;  bann 
begab  er  fty,  um  ben  ©tubien  obzuliegen,  juerft  nad^  ^abua,  ftmter  nac^  9^om,  n>ofel6ft  60 
a  bie  ©unft  bed  Äarbtnal^  (Salanbrini,  etne^  ^albbruber^  92t(olau^  V.,  in  fo  ^o^em 
Ka%e  ertDarb,  bafc  biefer  i^n  in  fein  §auö  aufnahm,  i^m  gur  @rlangung  ber  betriebenen 
«x^k^en  ®rabe  be^üflic^  toar  unb  (d)Ue^lic^  ba^  Saturn  ©aDona  burd?  gmpfe^lung 
bei  $a^{t  $aulll.  üerf Raffte;  ©i^tu^IV.  übertrug  i^m  baäStetum  Wolfetta  unb  freterte 
tiß  1473  jum  Äarbinal^riefter  bon  ©ta.  Salbina.  2)af$  er  nad)  bem  lobe  btefeä  ?Pa^fteö  66 
bat  ©tu#  $etri  befüeg  (24.  9luguftl484)/  toar  größtenteils  baS  Serbienft  beS  Aarbinal* 
Siuliano  beda  Stöbere,  be^  fpäteren  ^a^fteö  Julius  II.,  )ebenfalls  fein  Scleg  bafür,  ba| 
pa  Criangung  ber  ^ften  firc^lic^en  SBürbe  ein  ftttenreiner  Sebendtnanbel  erf orberltc^ ; 
Ifö  ei  bo$  in  einem  ßpigramme  bon  ^nnocenj  VIII.  —  fo  nannte  fi$  ftarbinal  6^bö 
ab  $apß  —  „Octo  Nocen8  pueros  genuit,  totidemque  puellas,  hunc  merito  eo 
potent  dicere  Roma  patrem".  3)ie  Sma^l  ber  Äinber  totrb  freiließ  berfd^ieben  ange- 
yben.    $n  ben  erfiten  Sauren  feinet  $ontif({atö  fyat  ber  $a))ft,  ber  felbft  eine  fd^tnad^c, 


138  3mtoccitj  VIII. 

cfcaralterlofe  ^ßerfönltd^feit  toar,  fid&  t>öaid  leiten  laffen  bon  bem  ertoätynten  Äatbinal  beDa 
Stöbere,  $)iefer  betoog  ännoceii)  VIII.,  für  bie  neapolitanifd&en  öarone  gegen  tyren  König 
genante  tßartet  gu  nehmen,  mit  biefen  unb  ben  SSenetianern  ein  enge«  Sünbnt«  gu 
fc$lie|en,  toeld&e«  ben  $lan  berfolgte,  9ten6  bon  Sotyringen  auf  ben  3$ron  bon  IReapd 

6  gu  führen,  genante  bot,  obtoofyl  fein  $eer  bi«  an  bie  dauern  Storni  borgebrungen  toar, 
fc$on  am  11.  Sluguft  1486  bie  #anb  gum  grieben;  bie  gur<$t,  feine  Ärone  ju  berlieren, 
fre|  ifyn  bem  Zapfte  bie  toeitgetyenbften  3ugeftänbniffe  machen;  nidfrt  blo|  berforaefc  er, 
bie  aufftänbifd&en  SJarone  gu  begnabigen,  er  berieft  aud&,  bem  römtfd^n  ©tutyle  fernerem 
ben  £c&en«gin«  für  SReajjel  galten,  fic$  jeber  Simnifd&ung  in  bie  fir$lic$en  Angelegenheiten 

10  feinet  Steige«  enthalten  gu  toollen.  2)ie  @nttäuf$ung  ^nnocenj  VIII.  toar  gro|,  al« 
ber  König  balb  nad&  9C6fc^tu%  be«  Vertrage«  gerabe  ba«  ©egenteil  bon  allem  bem  tipt, 
toogu  er  fic§  betyflid&tet,  bie  Sarone  auf«  ^ärtefte  beftrafte,  ben  Äleru«  bon  ftd&  abhängig 
machte,  ben  2etyen«gin«  gu  jaulen  bertoeigerte ;  ber  ©treit  gtoiföen  Stapft  unb  König  gebtejj 
fctyliefelicfc  fo  toeit,  bafj  jener  am  ll.©ept.  1489  biefen  eEiommunijierte  unb  feine«  $et$e$ 

16  berluftig  erflärte.  3ebod&  ba«  ©erücfy,  bafj  Karl  VIII.  bon  2?ranfreid&  bie  XrfytfMfc 
feine«  $aufe«  auf  Neapel  gur  ©eltung  bringen  tootte,  nötigte  fc$liefcRd&  genante  ju  einer 
engen  Serbinbung  mit  3fnnocem  VIII.  ©iefelbe  !am  nid&t  blo|  in  einem  1492  ge* 
f$loffenen  grieben,  fonbem  auaj  in  ber  Sermäblung  einer  Ipä^ftlid^en  ©nfeltn  mit  einem 
©pröfelmg  be«  aragonefiföen  §aufe«  gum  3tu«brucf.   ©d&on  früher  toar  e$  biefem  $a)>ße 

so  gelungen,  feine  gamilie  mit  bem  mächtigen  ©efd^led&te  ber  83e$errfc$er  bon  gloreng,  ber 
SIRebiceer,  gu  berfd^toägern,  inbem  fein  in  SSubenftücfen  grofj  geworbener  ©ofyt  grance* 
fd&etto  bie  SDtabbalena  be'2Rebici,  eine  £od&ter  Sorengo«  be«  erlaubten,  im  ga^re  1487 
etyelictyte;  bie  (Srfyebung  be«  ©iobanni  SRebici,  be«  gtoeiten  ©o$ne«  be«  Sorenjo,  jum 
Äarbinal  im  Igafyre  1489   befiegelte  bie  greunbfcfcaft  atoifc&en  bem  £aufe  ber  ©pbd  unb 

36  ber  9Jtoc$tfyaber  bon  glorenj.  I^nnoceng  VIII.  trug  feinen  9let>oti«mu«  fo  öffentlich  jur 
©$au,  bafj  er  fic$  nid&t  etnmal  entblöbete,  bie  SSermätylungen  femer  Ämber  unb  ©rofc 
finber  mit  großen  ©aftmälern,  an  benen  fiefr  fogar  grauen  beteiligten,  im  Sattfan  gu 
begeben.  2)oc§  in  bem  päpftlicfcen  ^ßalafte  gingen  nocg  anbere  ©jenen  bor  fic$,  bie  ben 
©tutyl  $etri  metyr  fd^änbeten  ate  biefe  gamilienfefte.  2)er  98atilan  toar  ber  Äufent^öort 

so  eine«  ©ultan«  getoorben,  be«  unglüdflutyen  3)jem,  ben  fein  S5ruber  Sajajet  II.  bertrieben. 
SSon  bem  ©rofemeifter  be«  Igo^anniterorben«,  ber  fid^  beä  gu  i^m  afö  glü(§tling  lom* 
menben  ^ringen  bemächtigt  ^atte,  ertoarb  Sjjnnoceng  VIII.  1489  ben  ©ro|türfen,  um  tyn 
bann  im  auftrage  33ajajet$  für  eine  jä^rlicpe  Selo^nung  bon  40,000  ©ufaten  in  fidlerem 
©etoafyrfam  gu  b^lten;  im  %afyxt  1490  erhielt  benn  auc^  ber  9N>ft  al«  ©efangento&ter 

86  3)jem«  bie  ©rattfifation  für  brei^a^e  au«beja^lt;  unb  toä&renb  berfelbe  in  biefer  fömäfc 
liefen  2ßetfe  ein  Wiener  be$  ©ultan«  Sajajet  getoorben,  rief  er  bie  S^riften^ett  au  einem 
ßreujjug  gegen  bie  Ungläubigen  auf ;  braute  er  aud^  benfelben  niefct  ju  ^anbe,  fo  erlebte 
er  boefy  bie  i^n  unb  gang  9tom  mit  ^ubel  erfüHenbe  Übergabe  ©ranabaS,  ber  legten  be« 
feftigten  ©tabt,  bie  bie  ÜRauren  tnne  Ratten;   am  2.  Januar  1492   jog  gerbmanb  ber 

io  Äatbolif4fe  in  bie  bon  i^m  gtoei  !ga^re  bergeblic^  belagerte  geftung  ein,  ber  SPapfi  unb 
bie  Äarbinäle  beranftalteten  beim  ©intreffen  biefer  9ia<$rid&t  bie  gro|artigften  unb  fofb 
ftrieligften  geftlic^fciten,  bie  ba  nur  eine«  betoiefen,  baft  ba«  au«  ©panien  betriebene 
§etbentum  bom  Gentrum  ber  Gtyriftenfyeit  unumfd^ränlten  33efi^  ergriffen. 

3>n  ©nglanb  benahm   ftcf^  ^nnoceng  VIII.  al«  ©fcenber  ber  Äönig«lrone;   in  brei 

46  ©ullen  be«  §a^re«  1486  erflärte  er,  bafe  ^einrieb  VII.  au^  bem  Äaufe  xubor,  ber  1485 
in  ber  ©d^lad^t  bei  33o«toort^  SRid^arb  III.  ber  Ärone  unb  be«  Seben«  beraubt  fatte,  mit 
breifad^em  Sichte  ben  engltfcfyen  Äönig«t^ron  beft^e,  mit  bem  Steckte  be«  ©ieger«  in  ber 
gelbfölacfct,  be«  erbbered^tigten  Äron^rätenbenten  unb  be«  bom  Parlamente  Srtoa^tot 
»Ben  benen,  bie  bie  2lnft>rü<$e  §einric$«  VII.  auf  ©nglanb  nic^t  anerfannten,  tourben  bie 

60  ^ärteften  Ätrd^enftrafen  angebro^t ;  auc^  fj>rac^  er  ben  9ta$fommen  ©einrieb«  VII.,  o^ne 
Unterfd^ieb,  ob  ftc  bon  ber  beseitigen  ©attin  be«felben,  einer  Springeffm  au«  bem  ^mife 
tyoxt,  ober  bon  einer  anberen  rechtmäßigen  ©emafylin  ftammten,  ba«  anregt  auf  bie  en(j* 
iifc^e  Äönig«Irone  gu.  3)em  am  5.  3hj>xH  1486  gum  römifc^en  Äönige  gehonten  9Rap* 
milian  betoie«  ^nnoceng  VIII.  feine  gange  ©unft,   inbem  er  ben  ©efanbten  Äari«  VIII. 

m»  bon  granfreiefc  auf  i^r  Segc^ren,  bie  Scftätigung  ber  Äönig«toürbe  SKajimilian  gu  ber* 
fagen,  bie  föneibtge  3lnttoort  erteilte,  bie  i(m  eben  borgetragene  Sitte  be«  5tönig«  bon 
granfteic^  tonne  niebt  bon  biefem  felbft,  fonbern  nur  bon  feinen  fc^led^ten  Ratgebern 
Rammen,  benfelben  tooDc  er  e«  balb  Aar  machen,  toie  untoürbig  e«  fei,  einen  berartigen 
Antrag  beim  5JJaj>ftc  gu  fteHen. 

eo         @ine  toa^aft  ^eroftratifc^e  Scrü^mt^eit  $at  ber  3Jame  biefe«  $a))fte«  burd^  bieSuOe 


dmtQceitj  VIII.  dftutocenj  IX.  139 

„Summis  desiderantes"  bom   5.  3)ejember  1484  erfanat,  toeld&e  ba$  Untoefen   bcr 
gegtnprojeffe  m  ben  ©ä)ufc  ber  flirre  genommen  fyat  (f.  33b  VIII  6.  32,  B2  ff.).    3fod& 
bcr  ^nquifttion  in  Spanien   tyat  biefer  $apft  erbcblid^e  ®ienfte  geleiftet,   inbem   er  ben 
furchtbaren  Äefcerrid&ter  2$omaS  $orquemaba  als  ©rofcinquifttor  ©t>amen$  (1487)  beftä* 
tigte  unb  biefem  eine  fo  &o$e  3Rac$t  fogar  aufeertyalb  ©}xmien«  gewährte,  bafj  alle  au&  5 
toärttgcn  £crrf$er  bura)  eine  pä>fMta)e  23utte  angehalten  Würben,  bie  in  ibrc  ©ebiete  ge* 
flutteten  Äefcer  bem  ©rofeinquifttor  auf  fein  Verlangen  auszuliefern,  ©egen  bie  SBalbenfer 
in  ben  3$äfcrn  bon  Sßtemont  prebigte  er  in  einer  Sude  ben  Äreujjug  unb  ftettte  aßen 
benen,  bie  ft$  an  bemjelben  beteiligten,  balligen  Slblaft  in  2luöjicr)t ;   in  feinem  auftrage 
jammelie  ber  2egat  SUbert  be  Sapitanete  ein  10,000  SDlann  ftarfeS  $eer  jur  33ernid)tung  10 
bcr  Jtefeer,  bie  tym  aber  einen  berjtoeifelten  SJBiberftanb  entgegenfefcten.  3)em  Aberglauben 
Stoma  unb  ber  gefamten  Ämfce  Verlier)  er  einen  neuen  ©egenftanb,   inbem   er  bie  tym 
bem  Sultan  Sajajet  überfanbte  Sanje,  mit  beider  bie  Seite  beä  $eilanb$  am  Äreuje 
bun^bo^rt  toorben  fei,  1492  im  feierlichen  Aufzuge  einholte,  um  fte  bon  bem  93oIfe  afe 
eine  ber  getoaltigften  ^Reliquien  ber  ^ßeterdftrd^c  anftaunen  ju  laffen.  35aft3nnocenjVIII.  15 
bin  gfreuftb  be3  aufblütyenben  SieupIatomSmuS  toar,  geigte  ft$,  als  3jo£  $ico  bon  9Ri* 
ranbola  hn  3a$re  1486  in  SRom  900  ©treitfäfce  jum  3h>ecf  einer  öffentlichen  ©töputation 
batte  anklagen  laffen;  obtoo^l  berfelbe  ftd)  bon  borntyerein  bem  pä>ftli<$en  Urteil  unter* 
toorfen   unb  babur$  einer  ftrenaen  Prüfung  feiner  ©ä$e  ju  entgegen  gehofft  r)atte/  fo 
berbot  bo$  Simocenj  VIII.  burdp  ein  im  $egember  1486  puMmcrteS  Srebe  unter  5ln=  20 
bro^ung  fernerer  Äm&enftraf en  ba$  Sefen  berfelben.  SBätyrenb  beS  ^ßonttftlat^  biefeS  $apjie3 
befanb  fUfy  3tom   tro$  ber  (Srlaffe  ber  Äurie  gegen  üDlörber  unb  Sauber  in  einem  böDig 
retylofen,  anordnen  Sufte^  Äird)enberaubungen,  2)iebftäfyle,  SKorbttyatcn  am  gellen 
Xage,   an  9letfenben  unb  grauen  berübte  *J$lünberungen  gehörten  $u  ben  gewöhnlichen 
(Srcißmffai.  Sejeic^nenb  für  bie  guftänbe  ift  eine  (Snäfylung  gnfeffuraS :  $er  S3i  jeeamer*  25 
lengo  gefragt,  faxtrum  bie  9Serbreä)er  nicr)t  mefyr  betraft  toerben,  antwortete:  ©ort  will 
mx$t  ben  Stob  be«  ©ünberä,  fonbern  bafe  er  lebe  unb  jafyle.    3)ie  2)emoralifation  tyatte 
bie  gange  flurie  bis  hinauf  ju  ben  Äarbinälen  ergriffen;  bie   leiteten  lebten  in  unauf* 
fj&äMpm  ©treue  untereinanber,  ben  fte  unb  tyre  ©ölbnerfcfyaren  mit  bewaffneter  ^anb 
aud&nyften:  tyre  feften  Surgen  Waren  bie  Slftle  ber  aSerbrecr)er{  bie  einzige  Aufgabe  ber  30 
Äarbinäle  fepten  gu  fein,  $rad)t  unb  @lanj  ju  entfalten,  ber  ©innenluft  ju  frören  unb 
txm  biefer  P4i  im  Spiele  um  $otyc  Summen  ©rtyolung  gu  fud^en.    3lDe«  War  an  ber 
Arne  um  ©elb  feil,  ber  ^anbel  mit  gefällten  33uflen  florierte  Wie  nie  jubor ;  ;u  bief en 
ae^drt  öxi^rfcbeinlic^ertwfe  aud)  baö  angeblid^  an  ben  norWegifd)en  ßlerud  erteilte  ^ribileg, 
bie  SReffe  o^ne  ©ein,  ber  bei  ber  ftrenaen  norbifd^en  Äälte    ungenießbar  Werbe,  ju  cele«  85 
bneren.   Sie  fty  bie  Beamten  ber  Jtune  unb  bie  Äarbinäle  auf  unrechtmäßige  9Beife  ju 
bereitem  fugten,  fo  griff  auc$  ber  ?ßaj)ft  gu  bem  bon  feinen  Vorgängern  erprobten  -Kittel 
bedämterbertauft   um  feine  Äaffe  gu  füllen;   ^unbertc  bon  neuen  ©teilen   fd)uf   er  in 
Sa»,  um  fte  bem  SDWftbietenben  m  bergeben.    3)a$  ift  ber  bunflc  §intergrunb,  bon 
bem  fk^  je^t  bie  leudjtenbe  ©eftalt  be^  ©abonarola,  be^  iü^nen  (Stferer^  gegen  ^ürften^  40 
tyraitiiet  unb  pä>filtc^e  Stißregierung  ber  5?trd?e,  abju^eben  beginnt.    Unter  ben  bauten, 
bie  Snnocem  VIII.  in  5Rom  aufführen  ließ,  fmb  befonber^  ju  nennen  bie  Wieber^ergefteQte 
Äinfc  6.  Sxaria  in  Sia  lata  unb  bie  berühmte  Stfla  bei  Selbebere.    3lm  25.  ^uli  1492 
farb  3rmi>cen3  VIII.    9lac^  3«Wfw^  fott  ein  jübifa)er  Slnt  ba$  Seben  bleiben  burä) 
änen  Iran!  ju  berlangern  gefugt  ^aben,  ber  au^  bem  Slutc  breier  für  ©elb  ft$  I?in=  45 
otfernber  Änaben  zubereitet  War.    Surt^arb   Weiß  nid^tö  babon ;  Sta^nalbud  fennt   unb 
atoa^itt  bie  Xrabition,  fügt  aber  ^inju,  baß  ^nnocen),  al$  er  bon  bem  93erfud)e  fyörte, 
W  nUmOtg  bartiber  geäußert  ^abe.  (9).  3M«lf)  IBettrat^ 

StateeiM  IX.,  Sal)fx  bom  29.  Dftober  bis  30.  3)ejember  1591.  —  üuellcn:  5)ic 
Bullen  J>iefe«  $apfte*  ftnbcn  fid)  bei  Cherubini,  Magnum  bullari um  Roman.,  tom.  II,  p.  727;  60 
Beacbtctnd  Suftinionud,  9^ebe  am  Sarge  3nnocen&'  IX.  bei  Ciaconius:  vitae  et  res  gestae 
Parti  Rom.,  in  ber  9udaabe  beä  Oldoinus,  t  IV,  Romae  1677,  p.  240sq.;  Cigarella,  vita 
Innoc  IX.,  im  Än^on^e  Der  Historia  Platinae  de  vitis  Pontif.  Kom.  .  .  Onuphrii  Panvinii 
Mw—imw»  nunc  Ulustnor  reddita,  Col.  Agripp.  1020,  p.  500  sq. 


£itteratnr:  Ciaconius:  vitae  et  res  gestae  Pontif.  Rom.  (IV,  235  ff.)  f.  0.;  Palatius,  66 
Gertt  Pontif.  Rom.  tom.  IV,  Venetiis  1688,  p.  437 sq.;  Sandinus,  Vitae  Pontif.  Rom., 
pan  II,  Ferrariae  1763,  p.  672;  *(rd)ibalb  «ower,  Unportf).  ^iftorte  b.  rom.  ^äpfte.  X.  1, 
«•(arbeitet  twn  Wambaa),  SRagb.  u.  Seipiijj  1779,  6.  290  ff.;  Pctruceili  della  Gattina, 
Hifltoire  diplom.  des  Conclaves,  II.  vol.,  Paris  1864,  p.  340sq.;  ffianfe,  5)ie  röm.  ^äpfte 
u  ben  Itften  uier  3a^unbertenr  2.  9b.,  6.  ?luf(.,  «8.  149  f.;   $t)tlippfon,  W{W  n-  fon  60 


140  ^sttjceg)  IX.  3tt*9ce«)  X. 

eponicn    unb    ba«   ^apfttum  in   Sljbete   ftift.  3eitfd)r.,   39.  $b.,   SRündKit  1878,  6.  447; 
örojdi,  ®efd).  be£  ßirc&enfiaateS  I,  Oot^a  1880. 

3>ofyann  änton  gad&inetto,  geboren  ben  22.  ^ult  1519  ju  Bologna,  totbmete  ftcty  in 
feiner  3?aterftabt  bem  ©tubium  ber  gurteprubenj.  9lac$bem  er  im  3>a&re  1&44  ken  ©rab 

5  eines  3)oftor$  ber  Steckte  erlangt  fyatte,  begab  er  fi$  nac$  9tom,  trat  bafelbft  in  bie 
5Bienfte  be$  Äarbinate  gfarnefe,  ber  ü>n  juerfl  afe  feinen  SStfar  na<$  Stoignon  fanbte, 
fpäter  mit  ber  eJrüfyrung  feiner  ©eföafte  in  Sßartna  betraute.  5PaJ>fi  Sßiud  IV.  bediel} 
ifym  ba£  Saturn  SRicaftro  in  ßalabrien.  1561  beteiligt  er  fx^  am  Äonjil  bon  Xrient 
unb  begiebt  fu$  im  auftrage  pu£'  V.  1566  als  9iuntiu3  na<$  Sknebtg,   ein  Sünbnt« 

10  *tmf$en  feinem  £errn,  ber  Signorte  unb  bem  Äönig  bon  Spanien  ^erjufteOen.  3m 
Seginn  beä  $ontifttat$  ©regorS  XIII.  lehrte  er  in  fem  Siötum  gurücf,  um  fu$  feinen 
SPfKcfyteu  als  $irt  ber  ©emembe  mit  großer  Sxeue  gu  toibmen.  3*^  ^S  ungefunbe 
Älima  bon  TOcaftro  nötigte  if/n,  auf  fem  Stetum  ju  toerjid&ten  unb  ftd&  na<$  9tom  $u 
begeben,   roofelbft  ibm  ©regor  XIII.  bie  fyerborragenbften  Ämter  anvertraute:  ntc^t  bloß 

16  machte  er  tyn  $um  9Hitglieb  ber  Äonfulta  unb  ber  ^nquifttion,  er  er^ob  u)n  audj  jum 
Patriarchen  bon  Qcrufaletn  unb  am  12.  Dezember  1583  &um  Äarbinalpreebtyter  Dom  2ttd 
S.  S.  Quatuor  Coronatorum,  tootyer  er  häufig  in  9tom  ber  Äarbinal  bon  ©anttquattro 
genannt  hwrbe.  £er  an  ba$  Äranfenlager  gefeffelte  ©regor  XIV.  überließ  ibm  alle 
©efcfyäfte  ber  ©ignatura.    ©eine  @r&ebung  auf  ben  ©tutyl  ^Jetri  berbanfte  ber  ftarbmal 

30  bon  ©antiquattro  bem  ßinflufj  ber  ftwmiföen  Partei  auf  ba3  JtonQabe,  toelcfceS  am 
27.  Cftober  1591  gufammentrat  unb  föon  am  29.  b.  9R.  mit  ber  2$ku)l  gac^metto^ 
enbigte;  ber  9leugeh)ä^Ue  nafym  ben  tarnen  ^nnoceng  IX.  an;  ben  3)an!  für  bie  er* 
ioiefenen  3)ienfte  ftattete  er  ben  Äarbinälen  baburc^  ab,  baß  er  in  bem  Äarrtyfe  $einri$3  IV. 
bon  granfreicr/  unb  $Pr/iIu#$  II.  bon  Spanien  für  lederen  Partei  ergriff,  Sßejanber  gar* 

25  nefe  antrieb,  mit  feinem  §eer  bem  bom  Äönige  bon  gfranfeeio)  ^art  belagerten  Stauen  )u 
#ilfc  ju  eilen  unb  eine  größere  ©umme  auf  benÄrieg  oertoanbte;  am  3. 9tabember  1591 
berfammelte  er  ein  Äonftftorium  ber  Äarbinäle,  um  ifynen  unter  anberem  feine  9H>fi$t 
mitzuteilen,  für  bie  Stirere  einen  ©c$a$  ju  grünben,  ber  nur  in  ber  #k$ften  ©efa^r  an* 
gegriffen  toerben  bürfe.    3)ie  3unci0«nÖ  ^  Stamer  ertoarb   er  fiefc,  inbem  er  bur#  ein 

so  SDefret  anorbnete,  baß  ber  infolge  einer  3Kißemte  fyod&  geftiegene  SßreiS  ber  Sebendmtttd 
tyerabgefefct  toerbe,  unb  bie  Sarone  in  ber  Umgebung  Storni  anfielt,  baä  ©etreibe  in  bie 
©tabt  $u  führen.  Sine  feiner  erften  ^anblungen  toar  ed,  bie  Veräußerung  bon  ftir$en* 
gutem  auf  ba«  ftrengfte  ju  unterfagen;  um  bie  ©ejc^afte  beffer  ausführen  unb  leiten  }u 
fönnen,  beftimmte   er  fefte  läge  für  bie  äubienjen,  unb   rief  bie  fiarbinäle   ^aupg  ju 

86  ©jungen  jufammen ;  ben  fic^  mit  großen  planen  tragenben  3nno<«iJ  IX-  raffte  ü* 
2ob  aber  fcfyon  am  30.  35egentber  1591  tyin.  @r  hinterließ  eine  SRei^c  bon  ©d&riften, 
bie  bte^er  noc^  nid^t  gebrueft  ftnb.  (Süffelt)  »eiiwU. 

3naocen$  X.,  ^Japft  bon  1644—1665.  —  Oue[len:Cherabini,Magnumbullar. 
Koui.,  t.  IV,  237  sq.  V,  466—4(38  (3)ie  ^Buüe  Zelo  domus  Dei);  Bank,  Roma  triumphalis, 

40  8eu  actus  inaugiirationis  et  coronationis  Innoc.  X.,  Fraoeker  1645 ;  Herrn.  Conring,  Com- 
ment.  histor.  de  electione  Urbani  VIII  et  Innoc.  X.,  $elmftfibt  1651;  ffloßtäufdjer,  Hist 
Innoc.  XM  Wittenberg  1674;  Gualdus,  Vita  di  donna  Olympia  Maidalchina  1666  (ber  8er« 
faffer  ift  üeti).  ^)ie  Delationen  ber  venetianifdjen  ©efanbtcn  am  römi|d)en  $>of,  in^6efonbere 
bie  beö  Alvise  Contarini,  Giov.  Giustinian,  bie  SRanfe  fc^on  in  feiner  ©efdndjte  ber  romif(ben 

46  $äpfte  üielfad)  bcnu$it  \)a\,  unb  auö  benen  er  in  ben  ?lnaletten  $um  3.  S3anbc,  Seip^  1874, 
S.  173 ff.  einen  ?(u^uq  gegeben,  liegen  jefet  gebrueft  üor  in  ben  Relazioni  degli  stati  Euro- 
pci lette  al  senato  dagli  Anibasciatori  Veneti  nel  secolo  deeimosettimo  raecolte  ed  annotate 
da  Nie.  Barozzi  e  Guglielmo  Berchet,  Serie  III,  Italia,  Relazioni  di  Roma,  Volume  II, 
Venezia  1878,  p.  43—161;   Diarium  Deone,    fe^r  roertüoll,   nur   Ijanbidjriftlid)  oorbanben, 

BOüon  ^Kante  uielfad)  benu&t  unb  (3.  »b.  9(nale!ten.  6. 168* ff.)  c&arafterifiert ;  Relatione  della 
vita  dcl  Card.  Cccchini,  composta  da  lui  medesimo,  ogl.  SRonte,  ebb.  ®.  165*  ff. 

üitteratur:  Ciaconius,  Vitae  et  res  geetae  Pontific  Rom.,  in  ber^udgabe  bc*  Aug. 
Oldoinus,  t  IV,  Romae  1677,  p.  641  sq.;  Palatius,  Gesta  Pontif.  Rom.  IV,  Venet  16TO, 
p.  r>7l8q. ;  ^eibegger,  Hist   papatus,  Amstelaedami  1698,  p.  392  sq. ;    (£br.  %B.  gr.  %Bald)f 

»ISntnmrf  einer  ^iftoric  ber  rbin.  ^äpftc,  42.  «ufl..  ©öttingen  1758,  6.  422 ff.;  Sandinus, 
Vitae  Pontific.  Rom.,  p.  II,  Fcrrariae  1763,  p.  687 sq.;  Ärd).  53ower.  Unzart.  $iftorie  ber 
röm.  $äpfte,  X,  2,  ausgearbeitet  uon  3ol).  $Rambac6f  SHagbeburg  unb  ßeiöj.  1780,  6.  3ff.; 
6d)rödb,  CStjriftl.  Äircbengef«.,  3.  XL,  Seipa.  1805,  6.  392  ff.;  ffieu«ltn,  ®ef(b.  üon  «ort- 
Äoijal,  I,  fcamb.  unb  ©otba  1839,  S.  60.» ff.;    $.  6rf)fifer,   Wef4   o.  Portugal,  IV,  fiamb. 

•0  1852,  ®.  532 ff.;  Petrncelli  della  Gattina,  Histoire  diplomatique  des  Conclaves,  3.  vol, 
$arid  1865,  p.Oösq.;  Stod),  öejdj.  bed  beutfe^eu  9?cid)§  unter  ber  Wegferung  gerbinanb*  in„ 


dnnocettj  X.  141 

H,  »icn  1866,  6.  195  unb  526 ff.;  9ianfe,  gransöf.  ©ef«,  III,  Sety*.  1869,  S.  36  «.; 
»cumont.  ©efdjidjte  b.  ©tobt  9?om,  III,  2,  Berlin  1870,  6.  623  ff. ;  Gailiardin,  Histoire  du 
rigne  de  Louis  XIV.,  II,  $ari«  1871,  ©.  139ff.,  168 ff.  k.;  föanfe,  $ie  röm.  Sßäpfte,  III, 
6. «uff.,  ficipjigl874,  6. 26 ff.;  b.ffieumont,  ©efd).  SoSfana«.  l.Stt.,  ©otfja  1876,  ©.428 ff.; 
Charveriat,  Histoire  de  la  Guerre  de  Trente  Ans,  t.  II,  <ßaria  1878.  p.  509,  536,  628;  6 
Ciampi,  Un  periodo  di  cultura  in  Koma,  in  Arch.  della  soc.  Rom.  di  storia  Patria,  t.  I, 
Roma  1877;  berf.,  Innocenzo  X.  Pamfili  e  la  sua  Corte,  9Rom  1878;  Cheruel,  Histoire  de 
France  pendant  la  minorite*  de  Louis  XIV,  $ari«  1879.  p.  141  sq  ;  9R.  ©rofd),  ©ef#.  be« 
Äircbenftaate«,  I,  @ot§a  1880,  ©.  409  ff.  $ie  Sitieratuv  §u  3anjemSmu«  f.  bei  bem  «. 
8b  VIII  6.  589,20.  10 

©iobanni  Sattifta  pamfili,  ber  ©otyn   be«  GarniDo  pamfili   unb  ber  glaminia  be 

Subali«,  ftammte  au$  einer  gamilie,   bie   urforünglidj   in  ©ubbio  in  Umbrien  toofyntyaft 

getoefen,  ft>äter  aber  nad)  SRom  übergefiebelt  mar;  er  ift  imlgafyre  1574  mStom  geboren. 

3ta$bem  er  bafelbft  unb  auf  anberen   italienifcfyen  Uniberfitäten  fic§  bem  ©tubium  be« 

9le$te3  getoibmet,  tourbe  er  im  20.  2eben«jatyre  33accalaureu«  ber  9te$te ;  Giemen«  VIII.  15 

toerlie$   u>m   eine  Stellung  al«  Slubitor  ber  Rota  Romana,   toöfyrcnb   be«  ?ßontifilate« 

©regor«  XV.  begegnen  toir  ü)m  al«  Segaten   in  Neapel;   auefy  Urban  VIII.  bertoanbte 

ü>n  öfter  in  ©eföäften  ber  Äurie,  bem  Äarbinal  öarberini  gab  er  auf  bic  £egation«reife 

ita$  granfmd?  unb  Spanten  ben  pamfili  al«  35atar  mit.    3jn  ^anrreid^  machte  biefer 

fty  in  feiner  ©tettuna  al«  ®atar  toenig  beliebt,  er  erhielt  $icr  ben  33etnamen  „ber  SKons  20 

figiwr:   6«  ge&t  niqjt".    Urban  VIII.  belohnte  ben  berbienftboQen  pamfili  im  $atyre 

1629  burc£  Ernennung  jum  Äarbinafyre«btyter  bom  Xitel  S.  Eusebii.    5Raa)  bem  Stöbe 

biefe*  ^afcfte«  tonnten  bie  am  9.  äuguft  1644   jum  Äonflabe  jufammentretenben  Aar- 

binäle  fid)  lange  ni$t  über  bie  Sßerfönlidjleit  be«  9ia$folger$  berftänbigen,  bie  frangöftfa) 

Seftmtten  —  geführt  bon  ben  SRepoten  Urban«  VIII.,  ben  Sarbcrini  —  toollten  feinem  25 

ber  ftxmiföen  Krone  ergebenen  3Jlanne,  bie  ft$  auf  bie  ©eite  ©panien«  5Reigenben  —  an 

beren  ©ptye  ber  Äarbinal  SKebici  ftanb  —  feinem  bon  granlrei(ty  empfohlenen  Äanbibaten 

u)re  ©timmen  geben.    3Betm  fid)  bie  franjöfifa^e  Partei   enblicfy  boep  für  ben  Äarbinal 

$amftli  entföieb,  obgleich  berfelbe  feine  ©tympatyien   für  Spanien  nie  bereit  fcatte,  fo 

betoog  fie  &u  biefer  ©c&toenfung  bie  guretyt,  bafe  bielleictyt   ein  nod>   eifrigerer  Slntyänger  30 

Spanien«  bie  erforberlia^e  3^1  bon  ©timmen  auf  [\$  bereinigen  fönnte.    3lm  15.  ©ep* 

tember  1644  beftieg  Äarbinal  pamfili  al«  Snnocenj  X.  ben  ©tiu)l  $etri.    35er  Äarbinal 

Sarberint  $atte  ftdp  getäuf^t,  toenn   er   glaubte,  ben  $apft  bura)  Unterftiu)ung   feiner 

Sa^i  fUty  unb  feinem  $aufe  freunblid^er  gefttmmt  ju  baben.    ^nnocenft  X.  fe^te  ftcb  über 

bie  $fli$t  ber  I)anfbarfctt  ^intoeg,  achtete  felbft  ntdbt  bie  ^roteftion,  bie  gfcmfreia?  unb  86 

IRajarin  ben  Sßeßoten  Urban«  VIII.   angebei^en  lief;,  er  machte  benfelben  ben  $ro}e| 

toegen  Veruntreuung  öffentlicher  ©eiber,  unb  beanforucfyte,  afe  fie  au«  9tom  flogen,   i^re 

Suter  unb^Saläfte.    SBätyrenb  er  auf  biefe  ^arte  SBeife  bie  Angehörigen  feine«  93orgängcr« 

betfolgte,  genxi^rte  er  feinen  eigenen  33ertoanbten  einen  fefyr  toeitge^enben  (Sinflu^  auf  bie 

Angelegenheiten  ber  Ährd)e.    35ie  ©d^toägerin  be«  $aj)fte«,  bie  grau  feine«  toerftorbenen  40 

Cruber«,  2)onna  Ol^m^ia  SRaibalc^ina,  bon  ber  er  fta)  geiftig  fcfyon  bor  feiner  Grabung 

in  bem  38afee  abhängig  füllte,  ba|  er  in  einem  an  fie  gerichteten  SJriefe  erflärt,  fern  bon 

tyt  jet  er  toie  ein  ©$m  o^ne  Siuber,  tourbe  nun  fo  mächtig  in  9{om,  baft  Karbinäle,  dürften, 

)Kttpdler  fvt)  auf  aue  erbenflid^e  Seife  in  ibre  ®unft  ju  fe^en  fugten.    9tom  erlebte  e« 

boü),  bafe  bie  l?oI?e  grau  fta)  mit  i^ren  Slnbertoanbten,  bie  ebenfaU«  auf  bie  Siebe«erh>eife  45 

Jimocenj'  X.  9tnfprü$e  erhoben,  bollig  übertoarf  unb   ber  $apft  al«  Familienoberhaupt 

ben  6$teb«ri$ter  jtoifa^en  35onna  Dl^mJ)ia  unb  ifyrer  ©c^n)iegertoc^ter  unb  ein   anbere« 

9tal  jloifc^en  jener  unb  feinem  92epoten,  bem  Äarbinal  SlftaUi,   ^u  fpielen   ftc^  genötigt 

W.    fflobl  braute  er  e«  enblia)  über  ftc^,  bie  ©d^n)ägerin  ju  entfernen,  aber  nur  um 

fie  balb  toieber  jurüchurufen  unb  tl;r  ein  größere«  $Ra$  bon  mafy  über  fieb  einzuräumen,  so 

Saft  ber  Xn^anglic^teit   unb  greunbfd^aft,  bie  ber  ^apft  ber  3)onna  Dl^m^ia  betote«, 

fumlufc  2eibenfc§aft   ju  ©runbe   gelegen,    tpirb   bon  ©ualbu«  (2eti)    in   feiner  2eben«* 

bef^reibung  ber  3Raibala)ina  berietet,  bon  ©c^röcf^   nid^t  be^toeifelt,  bon  Softer  toeber 

mit  Sntfd^teben^eit  behauptet,  noa)  mit  @ntfc^ieben^eit  beftritten.    ^efcixt)  Slante  tjat  nafy 

fetmefen,  ba^  bie  oben  ertoä^nte  £eben«befd^reibung,  freiere  bie  Duelle  jener  Sr^ö^lung  65 

*on  bem  unfUtlic^en  Ser^ältni«  jtoifc^en  bem  ^5a]pft  unb   feiner  ©c^toägerin  ift,   leine 

(Mntbtofirbigteit  beft|t,  nur  ben  Sftert  eine«  „au^  apofrty^en  sJ2ac^rid^ten  unb  d;imärifc^en 

Sk^ütneen  ptfatnmengetoebten  Momanö"  beanfpruc^en  fann.    S)ie  ©tellung  ^nnocenj*  X. 

pi  ben  na<$ granfretety  geflüchteten Sarberini  tourbe  mit  beredt  toieber  eine  freunblid^ere ; 

ta)H  trug  bie  @ntf$iebenbeit  be«  bic  glüdutinge  in  feinen  6d;u^  ne^menben  fran^öfifd^en  < 

Ämifter«  3Ka^arin  biel  bei.    äluf  bie  ^ia^ria^t  l;in,  baft  ber  $apft  in  einer  Sude  bom 


142  Sfitttoceit)  X. 

21.  $ebruar  1646  berorbnct  fyabe,  alle  Karbinäle,  bie  bcn  Kinfcenftaat  otyne  feine  ©enef^ 
migung  berliegen,  joden,  toenn  fte  nicfyt  in  einer  grift  bon  6  Zonalen  jurüate^ren,  tyrer 
Semjungen  unb  (Sinlünfte  beraubt  Serben,  jefcte  er  e«  fotootyl  im  fönigficfyen  State  al«  im 
Parlamente  burc$,  baft  ber  päpftlid&e  (Srlag  für  nuD  unb  nichtig  erflärt  toarb,  toorauf  er, 

5  ba  ^nnocenj  auf  biefen  Sßroteft  teine  9tü<f  fid&t  na&m,  franjöftfc&e  Gruppen  na$  Italien 
fanbte,  beren  (Steinen  unb  jjortfetyritte  bem  ^ßapft  bie  Umfetyr  ya  einer  SRajarin  unb 
ben  Sarberini  freunblic^eren  $olittf  erleichterten,  filtere  erhielten  fölieglicty  boc$  no$ 
tyre  Sefifcungen  unb  SBürben  gurücf. 

§atte  ^nnocenj  X.  bem  mächtigen  gfranfreicfc  unb  beffen  ©d&üfelingen  gegenüber  ba« 

10  gelb  räumen  muffen,  bem  #erjog  bon  *Parma  gegenüber  tougte  er  feine  9(nft>rü$e  burefc 
jufefcen.  3)iefer  fyattt  feinen  römifc^en  ©laubigem  freber  bie  geliehenen  Kapitalien  jurfict* 
erftattet,  noc$  bie  fälligen  ginfen  bejaht;  eine  Slufforberung  Snnocenj  X.,  bie  ©Bulben 
ju  beefen,  lieg  ber  £erjog  unbeachtet;  ein  jtoeiter  ©treityunft  gefeilte  ficfc  balb  tyhnu:  ber 
Dom  Sßapft  ernannte  33ifc$of  bon  Saftro  toar  bem  #er$og  nicfyt  genehm,  auf  ber  SÜctfc  in 

16  fein  33i«tum  tourbe  berfelbe  überfallen  unb  getötet ;  bie  ©d&ulb  am  SBerbrecfcen  mag  ber 
Sßapft  bem  #erjog  au,  bur$  feine  Xrujtyen  lieg  er  (Saftro  erobern,  föleifen  unb  nafrn 
bon  bem  Sanbe  Sefife,  fo  lange  bi«  ber  ^erjoa  ba«  Kapital  unb  bie  3infen  ben  ©lau« 
bigern  jurücfbeaafylt  gaben  toerbe.  9lu$  mit  SSenebig  gelang  e«  3nnocenJ  X.  ein  ab* 
lommen  ju  treffen,  Vocld^e^  bie@ignorie  um  ba«  bon  tyr  beanferuc^te  Stecht  berSefefcung 

20  ber  bifd&öflic^en  ©tüfyle  braute  unb  \f)x  ni$t«  toeiter  eintrug,  als  ba«  —  bom  $apfte 
foäter  nur  tyalb  eingelöfte  —  SSerfprec^en,  ben  SBenetianern  mit  ©elb  in  bem  mit  bin 
Surfen  um  ben  Sefty  bon  Ganbia  au«gebro$enen  Kampf  beijufte^en.  Sticht  frei  bon 
3toeibeutigfeit  toar  ba«  auftreten  ^nnocenj'  X.  ben  Spaniern  gegenüber,  al«  Neapel  in 
bem  Sfafrubr  be«  ÜRafanietto  ba«  Igocfy  berfclben  abjufd&ütteln  fuepte;   er,  ber  feine  ®r* 

25  Hebung  bodp  nur  bem  fpanifc^en  ©nflug  berbanfte,  ermunterte  ^einrieb  bon  ©uife,  bie 
gü^reiföaft  ber  SRebetten  ju  übernehmen,  unb  mit  tfyrer  Unterftüfcung  ftd&  in  bauernben 
S3efi$  Neapel«  ju  fe^en ;  anbererfeit«  fyat  ^nnocen)  X.  fein  ganje«  Steinalten  )u  bem 
neu  gegrünbeten  Königreich  Portugal  ftdb  bom  fpanifc^en  ©efanbten  in  SRom  biftieren 
laffen.    3n  Portugal   fyatte   bie  9SoIf«erfyebung   bom  !ga$re    lß40  ju*  2o«föfung  be« 

so  äanbe«  bon  ©panien  unb  jur  ßrtoäfylung  eine«  eigenen  König«,  Sojjatm  IV.  <*u«  km 
£aufe  Sraganja  geführt.  2Bie  fc$on  fein  Vorgänger,  fo  bertoeigerte  auety  3nnDcen8  x- 
bem  Könige  ^o^ann  au^  SHücfftc^t  auf  ben  fpanifc$en  ©ef^äft^träger  ben  (Stityfang 
einer  ©efanbtfd^aft,  bie  i^m  bie  Dbebienjerflärung  Portugal«  überbringen  follte;  bie 
golge  babon,  ba|  ber  $apft  bem  Könige  au«  bem  §aufe  Sraganja  bie  änerfennung  ber^ 

85  Jagte,  fear  auf  fird^nrecfytlidbem  ©ebiete  bann  bie,  baft  er  i^m  audp  ba«  Siecht,  Kanbibaten 
für  bie  erlebigten  93ifc^of«ftü^le  ju  präfentieren,  beftreiten  mugte.  ©o  lam  e«,  bog  fd^ieg* 
lic^  bie  S3ifd^of«ftü^le  in  Portugal,  bie  bi«  auf  einen  balant  toaren,  unbefe^t  blieben; 
toeber  bie  SSertoenbung  ber  Donna  Olympia  noefy  ein  ®efuc§  ber  franjöftfc^en  Prälaten 
bermoc^ten  ben  ^apft  ba^in  ju  bringen,  bie  bom  Könige  bon  Portugal  in  SBorfc^lag  ge= 

40  brauten  Sifd^öfe  ^u  betätigen.  33öHig  unfruchtbar  toar  ber  ?ßroteft,  ben  im  Flamen  be« 
Zapfte«  ber  9lunttu«  G^igi  gegen  ben  ^rieben  bon  D«nabrüd  unb  SKünfter  er^ob  unb 
ben  bann  3nnocenJ  X.  in  ber  33ulle:  Zelo  domus  dei  am  26.9lobember  1648  toieber- 
^oltc  (abgebr.  u.  a.  bei  Wirbt,  Duetten  j.  ©efc^.  be«  ^apftt.  1895,  ©.202 ff.;  bfll.b.». 
Sßcftfäl.  griebe).    2)ie  fd^tberh)tegenbftc   unb   folgenreiche  ©ntfd^eibung,  bie  bon   biefem 

46$apft  gefällt  toorben  ift,  mar  bie  5?erbammung' (30.  ÜRai  1653)  ber  ber  Kurie  jur  »e* 
gutac^tung  borgelegten  5  ©ä$e  au«  Sanfen«  Sluguftin  (bie  35ulle  bei  9Birbt  a.  a.  D., 
©.  204 ff.);  bgl.  b.  31.  ^anfen  93b  VIII  ©.  594, 45 ff.  3)er  franjöftWe  TOmifter  9»a* 
jarin  lieg  e«  fid>  angelegen  fein,  ber  pä))ftlic^en  $erbammung«butte  bte  toeitefte  Serbrettung 
ju  geben,  inbem  er  bie  93if$öfe  befcog,  fte,  o(?nc  auf  bie  Seftätigung  be«  Parlament«  ju 

so  toarten,  in  ben  Kirnen  }u  publizieren.  SDiefe  Dienftfertigfeit  be«  Seiter«  ber  fran)öftf$en 
Regierung  ^inberte  übrigen«  3mu>cetu  X.  nic^t,  ba«  ungerechte  SBerfa&ren  be«felben  gegen 
ben  Koabjutor  be«  ©rjbifd^of«  bon  ^Jari«,  ben  Karbinal  SRefc,  auf  ba«  fd^ärffte  )u  tabdn. 
3)erfelbe  toar  ein  langjähriger  unb  erbitterter  ©egner  SRa^arm«  unb  ^atte  ftd^  an  ber 
gronbe,  jener  grogen,   in   erfter  Sinte  gegen  ÜRajarin  gerichteten  gemeinfamen  Sr^ebung 

65  be«  Parlament«,  be«  2lbel«  unb  be«  Kleru«,  al«  einer  tyrer  ^erbonagenbfhn  ^ptrle« 
teiligt.  911«  bie  Sctocgung  glüilicb  übertounben,  $ari«  toieber  im  Seftft  fiubtoig'  XIV. 
toarf  tourbe  auf  anraten  Wajarin«  ber  Karbinal  9te$  in«  fioubre  gelodft,  um  bon  bort 
in  bie  ©efangenfd^aft  abgeführt  ju  toerben.  2)iefe  an  einem  Karbinal  berübte  ©eiDottt^at 
beranlagte  3«nocenj  X.,  bie  augenblidtlic^e  Befreiung  be«  ©efangenen  ju  forbem;  biefem 

eo  glücfte  e«  gu  entfliegen  unb   nun  crfyob   er  al«  bt«^criger  Koabjutor  —  ber  @r)btf$of 


Sttttocettj  X.  ^ttttocettj  XI.  143 

toor  mtttlertoetle  geworben  —  2lnfprücfye  auf  ben  crjbifd&öfKd&en  ©tufyl,  bie  bon  9Rajartn 
nkfrt  anerfannt  tourben,  am  $apfte  aber  tyren  SSerteibtger  fanben.  ©ntfctyloffentyett  unb 
gefttgteit  in  bcr  ^urc^fü^rung  be$  Unternommenen  Iaffen  ftc$  Ignnocenj  x-  ™fy  a&5 
fpräfym ;  ex  toor  überaus  tyättg,  forgte  and)  ernftlicty  für  bie  Drbnung  unb  Stu^e  in  9lom. 
SHefem  Streben,  bie  ©td&erfyett  in  ber  ©labt  fyer$ufteHen,  trat  nur  6meS  ^inbertid^  ent*  6 
gegen,  bie  no$  immer  nic^t  genügenb  gefüllte,  toon  ber  3)onna  Dtympta  fo  ftart  bean* 
fpru$te  Äaffe  beä  SßapfteS.  9Bte  foflte  ben  93erbre$en  gefteuert  toerben,  toenn  Ignno* 
ceng  X.  ben  fcom  ©eric^t  Verurteilten  gemattete,  bie  ©träfe  mit  ©elb  abzulaufen?  2Bte 
ein  gut  unterrichteter  3^^^°^  erJä#*/  foH  bie  Befreiung  bon  gerichtlich  ^uerlannten 
©trafen  bem  ^ßapfte  in  ben  erften  fteben  Sauren  \*™&  $ontififatS  mefyr  als  etne  SRiHton  10 
Scubi  eingetragen  tyaben.  Unter  biefen  ©efufytSpunft  be$  ©elbertoerbs  fällt  jum  5Eetl 
an$  bie  wrlünbigung  eine«  3ubelablaf[e£  fl**  bft*3.0^  1650>  foh>tc  bte  2tuföebung  einer 
Äejtye  Don  Älöfiern ;  bie  lefctere  2lnorbnung  toar  toöllig  gerechtfertigt,  inbem  e$  eine  3letye 
Heiner  Stontoente  gab,  in  benen  bie  ÜMönc^e  bie  burefy  ba3  ©efefc  unb  bie  Siegel  bor* 
geschriebene  S)i£gij>lm  nic^t  tne^r  beobachteten  unb  ft$  ben  geiftlic^en  Übungen  ntctyt  me^r  15 
tmbmeten.  gn  ben  lefcten  3ja$ren  feine«  fiebenä  füllte  Ignnocenj  X.  tiefer  bei«  2)rticfenbe 
unb  S^mpfltye  ber  \xd)  immer  fteigernben  §errfctyjud&t  unb  §enföafttber2)onna  Dtyms 
j»o;  bie  gelbgierige  grau  forberte  fd^Ke^Itd^  bon  benfieuten,  benen  fieSmter  unbSBürben 
»erraffte,  monatliche  abgaben,  liefe  [tefy  bon  bat  &u  freierenben  Äarbtnälen  fyofye  ©ummen 
audga^len,  gehörte  gegen  ©elb  felbft  ben  ^erabgelommenen  Söc&tern  JRomS  ©cfcufc  für  20 
tyr  ntebrigeä  £anbtoert  an  feine  ©c^toägerin  fyattt  ft$  ber  *ßapft  ju  fefyr  getoöfynt,  fte 
fctte  \id)  tym  nadj  tyrer  SRücflefyr  toölltg  unentbehrlich  gemalt;  obtoofyl  er  tfyr  nic^t  me^r 
traute,  fjattt  er  nic^t  bie  Kraft,  fte  nochmals  bon  fid?  ju  toetfen.  Unb  tote  ^at  btejeö 
ffietb  fyroocenj  X.  feine  3fnfyängltc$fett  vergolten?  211$  er  am  5.  Januar  1655  im 
Sterben  lag,  fyitte  2)onna  Dlr/ntyta  nichts  (Eiligeres  gu  tfyun,  als  bie  ^abfeligleiten  beS  25 
©terbenben  an  ftcfc  gu  bringen.  9l\fy  einmal  bie  Äoften  für  bie  Seerbigung  beS  9RanneS, 
bux$  ben  fte  Millionen  Don  ©cubi  gewonnen  fyatte,  übernahm  fte ;  tyre  Slnttoort  auf  bie 
lufforberung,  für  bie  Seftattung  ©orge  tragen  m  tootten,  lautete  lafonifcfy,  al«  arme 
ffiittoe  beft^e  fte  nid^t  bie  ^iegu  erforberlid^en  uRittel.  Safe  l^nnoceng  ftc^  unter  ben 
Prälaten  ber  Stirere  toenig  Siebe  ertoorben,  aber  auc^,  bafe  bie  @^rfur$t  unb  ©c^eu  au$  30 
9bm  getoti^en  toar,  bereifen  un$  bie  Seric^te  t>on  ben  (Sgfequien  be«  $at>fte«.  9lify  nur 
tourbe  bie  Srid^e  in  einem  jum  aufbewahren  öon  ©eräten  btenenben  -Jtebenlofale  ber 
$eter«firc^e  abgefteUt  —  am  ©arge  brannten  nur  gtoei  bon  einem  ^rieftet  geftif tete  Kernen, 
unb  ein  3Ritleib  fü^lenber  ftanonituä  toanbte  einen  falben  ©cubi  auf  Seitynträger,  bie 
atbltc^  ben  $apft  o^ne  bie  hergebrachten  geierlid^Ieiten  jur  @rbe  beftatteten.  35 

(diMel  t)  Betratf. 

3wwcen^  XI.f  5ßa^ft  t>on  1676—1689.  —  G'uellen:  3)ie  S3uflen  3nnocengTXI. 
{tnben  fid)  im  erften  Jöanbc  ber  gonjefuna  bc§  Magn.  bullar.  Rom.  be§  (StjerubinuS.  $a$u: 
Epistolae  J.  ad  prioeipes,  SRom  1891,  1895  (ed.  Söertt)ier);  Vita  d'Innoccnzo  undeeimo, 
Venez.  1690;  Palatius,  Gesta  Pontific.  Rom.,  t.  V,  Venetiis  1690,  p.  lsq. ;  Legatio  mar- 40 
chioois  Lavardini  Romam  ejusque  cum  Romano  pontifice  dissidium  1697;  L'Etat  du 
liege  de  Rome,  Stöln  1707 ;  Vita  del  Servo  di  dio,  papa  Innocentio  XI ,  raecolta  in  tre 
libri,  mir  ^anbfdjriftli^  uort)anben,  uon  sJ?anfe  benugt  in  feinem  Werfer  "Die  röm.  ^ftpfte  :c , 
9b  III,  ffaaleftcn  6.  202 ;  An  Account  of  his  Excellency  Roger  Earl  of  Castelmaines 
Embttsy,  by  Michael  Wriffht,  chief  Steward  of  his  Exceliencys  house  at  Rome,  1688;  ^ 
RHiTione  di  Koma  di  GiroTamo  Lando,  fdjon  üon  JRanfe  benu^t  a.  a.  D.  6.  205  ff. ;  jum 
trfanmalt  ©oüfiönbig  gebrueft  in  Barozzi  e  Berchet,  Relazioni  degli  stati  Europei  lette  al 
Seoato  dag^i  Ambaaciatori  Veneti,  Ser.  III,  Italia,  Relazioni  di  Roma,  vol.  II,  Venez. 
1878,  p.  409 sq.;  #eibeQ(jer,  Hißtoria  papatus,  Amstelaedami  1698,  p.  526 sä. ;  etc. 

2ittera  tur :  Ant.  Turrerezzonico,   De  suppositieiis  militaribus  stipendiis  Ben.  Ödes- W 
ealchi,  Como  1742;     Guarnaccius,    Vitae  et  res   gestae  Pontific   Rom.    t.  I,    Rom.  1751, 
p.  105aq.;    C^r.  ».  gr.  «Bai*,    (gntiuurf  einer  üoflft.  £ift.  ber   röm.  ^äpfte,   2.  flu3gaber 
Mttinqen  17:">8,  6.  428  ff.;  Sandinus,  Vitae  Pontif.  Rom.  p.  II,  Ferrar.  1763,  p.  692  sq.; 
Booamjci  viU  Innoc.  XI,  Rom.  1776,  in«  ^cuifd)e  überf.  grantf.  unb  fieiyj.  1791;    ÄrdjU 
btlb  ©ower,   Unpart.  $)iftoric    ber  röm.  $äpfte,  3:1.  X,  2  Äbfdjn ,    ausgearbeitet  uon  9tam»  66 
ta*.  «ügb.  unb  iieipiig  1780,  6.  152  ff.;    6d)rö(fft.  ^^riftl.  Äird)engcfd).  feit  ber  Reform., 
6.  XL,  fieipita  1807,  ©.  334 ff.;    Capefigue,  Louis  XIV,  Bruxelles  1838,  p.  113 sq.;    Ma- 
caalay,  The  History  of  England,    vol.  II,    fieipj.  1849,    p.  38  sq.,    245  sq.    etc.,   vol.  III, 
.  92aq.,  rol.  V,  p.  105sq.;  etc.;    ©Darling,  sD(ftd)acl  ^olinoö   in  3t)X().  1855,    ©.  15ff  ; 
etnicefli  della Gattina,  Hist.  Diplom,  des  conclaves,  3  vol.  Sßariä  1865,  p. 272 sq.;  SHanfe,  CO 
Sran|df.  lief*,  oorneimlid}  im  16.  unb  17.  3a$r$.,  3.  »b,  fieip^ig  1869,   6.  360  ff.,  4.»b, 
6.  16 ff.;  »onfe,  Cngl.  Qk\d>.,  Wb  VIr  S.  151  ff.;  ffieumont,  ©ef«.  ber  6tabt  fflom,  3 .^b, 


$< 


144  Sttttocettj  XI. 

2.  mt,  »erltn  1870,  6.  636 ff.;  9*anfe,  $ie  römifc&en  $fipfte.  3. ob,  fieipi- 1874.  8. 111  ff.; 
G£rin,  Kecherches  historiques  sur  1' Assembler  de  1682,  $ari$  1869,  p. 49 sq.;  ber}.,  L'am- 
bassade  de  Lavardiu  et  La  Sequestration  du  cardinal-nonce  Ranuzzi  in  ber  Revue  des 
questions  historiques,  1874,  Octobre;    GaillardiD,  Histoire  du  regne  de  Louis  XTV,  t  V, 

5$art3  1875,  p.  59 sq.;  $eppe,  ©efdn'ajte  ber  qutetiftifojen  SJtyftif,  5Bcrltn1875;  Dnno  $t\opp, 
$er  3-alI  be3  fcaufea  (Stuart,  II,  6.  390 ff.;  III,  @.  87 ff.,  lOOff.  K,  IV,  6.  52 ff.,  67 ff., 
86  ff.,  2c;  Genn,  Le  Pape  Innocent  XI  et  la  Evolution  Anglaise  de  1688,  in  bcr  Revue 
des  questions  historiques,  1876,  Octobre;  berf.,  Le  Pape  Innocent  XI  et  la  Revocation  de 
l'Sdit  de  Nantes,  ib.  1878,  Octobre;    Srofd),  C^efcf).  be$  ftirdjenftaate«,  1.  99b,  Qotfea  1880, 

10  6.  439 ff.;  Michaud,  Louis  XIV  et  Innocent  XI,  $ari*  1882 f.  <£infd)lägige  «uffäfre  mm 
(Sterin  weiteren  a.a.  D.  »b  XXIII  f.,  XXXIII,  XXXIX.  gernere  9toa>eifungen  bei  3m- 
mid),  <ßaj>ft  3nnocen$  XL,  Berlin  1900.  lieber  f.  Stellung  in  ber  grage  nad)  bent  $roba« 
büiSmuS:  öefd)icf)te  b.  ^oralftreitigf.  in  b  vom.  fat$.  JHrdje  t>on  Stöüinger  unb  SReufd),  33b  I 
Wörblingcn  1889,  6.  38r  126 ff.;   föeufd),  $er  gnbej  ber  verbotenen  ©udjer  II,  Bonn  1883, 

15  pas8im. 

93enebetto  Dbe3cala)i,  gebürtig  au$  6omo,  toar  ber  am  16.  SKai  1611  geborene 
6or/n  t>on  Sibio  Dbe$cal$i  unb  $aula  ßaftetta.  ©eine  (Srjietyung  tourbe  in  feiner 
fieimatftabt  bon  ben  Igefuiten  geleitet,  flötet  toibmete  er  fia)  in  SRom  unb  Neapel  bem 
©tubium  be$  Stents.    SSon  feiner  Stbftc^t,  in  ben  ßriegSbienft  ju  treten,  braute  i&n  ber 

20  SRatfd&lag  eines  tym  na^efte^enben  Äarbinate  ab ;  aucb  bie  Weitere  @rmabnung  beweiben, 
fein  ©lud  in  ber  furialifttfd&en  Sauf bai)n  ju  fua)en,  beljergigte  DbeScald&t.  Son  Urban  VIII. 
erhielt  er  bie  Stellung  eines  *ßrotonotar$,  tnarb  fpäter  ^Jräftbent  ber  apoftoltfä^en  Äamma, 
tourbe  trielfaa)  in  auswärtigen  Angelegenheiten  ber  römifd&en  5tir$e  fcertoanbt  ^rmo* 
cenj  X.  erfyob  tyn  jum  Äarbinalbiafon  S.  Cosmae  et  Damiani  unb  ft>äta  jum  Äarbtnat 

26  preäbr/ter  com  Xitel  S.  Onuphrii.  3)ie  allgemeine  Siebe  ber  Stoma,  bie  Slnertermung 
aller  ©utgeftnnten  ertoarb  fta)  Dbefcaldji  bura)  bie  (Sinfaä^ett  feine*  auftretend,  feinen 
ßrengfittlic^en  Sebenäloanbel  unb  burd?  feine  t>öQig  uneigennützige,  auä  einer  vertieften 
Sleligiofität  fyerborge^enbe  Srubaliebe.  ©eine  toeitgeritymte  Sarmtyerjigleit  trug  if/m  nom 
^apfte  ben  Sluftrag   ein,  fta)  nad&  ^errara   ate  Segat  *u  begeben,  um  „aß  93aia  bcr 

so  Armen"  bort  ba3  Unglücf,  toeld&eä  eme  fa)toa  auf  ber  ißrotrinj  laftenbe  Steuerung  ange* 
rietet,  $u  milbern.  3113  tym  bann  im  %at)Tt  1650  ba$  SBtetum  ÜRobara  anvertraut 
tourbe,  oertnanbte  er  bie  gefamten  (Sinfünfte  bleiben  auf  bie  Äranfen  unb  Sebürftigen. 
3ebo$  feine  leibenbe  ©efunbfyeit  unterfaßte  tym  ben  Aufenthalt  in  SRotnira,  er  überliefe 
mit  Erlaubnis  beS  tyap\t&  ba$  Stötum  feinem  Sruber  unb  nafym  feinen  bauernben  Stuf 

85  enthalt  in  9lom.  §ier  beteiligte  er  fia)  auf  baS  eifrigfte  an  ben  Beratungen  ber  Jtongre* 
gationen  unb  lie^  fia)  in  allen  ©efa^äften  ber  Äurie  nia)t  —  toie  fo  uiele  feiner  Äollegen 
im  Äarbinatefollegium  —  toon  bem  ©runbfa^  leiten,  auf  jebe  SBeife  feine  Äaffe  gu  be* 
reifem.  s2Bo  e«  gcria^tlid{>e  Sntfa^eibungcn  galt,  blieben  mit  Berufung  barauf,  bafc  bie 
©ered^tiglcit  blinb  fein  muffe,  alle  ibm  eingereihten  @mpfe^lungen  ungelefen.    9lac^  bem 

40  Sobe  Giemen«'  X.  richteten  fta)  bie  93litfe  ber  Äarbinäle  im  Äonllabe  auf  Benebift  DbedcaU^t; 
obtno^l  Submig  XIV.  tfyn  guerft  au«  ber  Rafyl  ber  Sßa^llanbibaten  au«)ufa)Ite|en  gebaute, 
jal)  er  fic^  fa^lie^lia^  boa^  genötigt,  ben  ffiünfd^en  be«  römifd^en  SSolfeä,  h)ela>e«  mä^renb 
bc^  Äonflatoeö  cd  nid>t  an  ©unftbejeugungen  für  feinen  Siebling  fehlen  liefe,  Slea^nung  )u 
tragen  unb  erteilte  ber  framöfifety  geftnnten  Partei  im  ^eiligen  ÄoHegium  bie  Anmetfung, 

45  ber  ältafyl  Dbe^cald^iö  gu^uftimmen,  toenn  auc^  faseren  §ergen«.  2)erfelbe  toarb  naa) 
einer  ©ebiebafana  non  2  SKonaten  am  21.  ©eptember  1676  auf  ben  ©tu^l  $etri  er« 
^oben  unb  nannte  fi$  al«  ^5aj)ft  ^nnoccnj  XL  S3ei  ber  mit  ber  üblichen  Zeremonie  bei 
ftc^  SBeigernS  unb  SBeinen«  perbunbenen  Slnna^me  ber  työa^ften  fira^lid^en  SBürbe  eröarte 
ber  SReugetoäfylte  mit  aller  Offenheit,  bafj  er  ftd)  nur  unter  ber  Sebingung  ber  i^m  auf« 

50  gebürbeten  Saft  nicfyt  entjie^en  Wolle,  bafe  man  ber  3)urd^ftu)rung  feine*  Sorfatyeö,  ben 
eingeriffenen  5Kifebräud{>en  ju  fteuern,  unb  bie  ©eiftlia^Ieit,  fotoie  bie  SSertoaltung,  ber 
römifa^en  Äira^e  ju  reformieren,  feine  §inberniffe  in  ben  SBJeg  lege.  3n  ha  3^at  tyd 
feiten  ein  Sßatft  mit  einer  folgen  (Sntfa^ieben^ett  unb  Äonfequenj  an  allen  fünften  ba* 
ffierf  ber  Sieform  in  bie  Äanb  genommen,  h)ie  3n«ocenj  XL;   biefelbe  galt  junäa^ft  ber 

55  auf  ben  pöHigen  Stuin  loSfteuernben  üJlifetnirtfa^aft  in  ber  3Sah>altung  ba  Jinanjen.  3n 
per^ältnidmäfeig  furjer  fyit  gelang  c^  i^m,  bie  9tu3gabcn  ber  Kurie  mit  ben  ©nna^men 
berjclben  nic^t  blofe  in«  ©leia>gen)id{>t  ju  bringen,  fonbem  fogar  ein  nia^t  unbeträchtlich 
$lu«  ber  einnahmen  ju  erjielen.  3)iefe«  $kl  toar  nur  baburd)  erreidbbar,  bafe  er  an 
fu$  unb  feiner  §of^altung  tn  jeber  SBctfc  fparte,  alle  ©inefuren  abfd&affte  unb  ntc^t  bal 

co  ©eringfte  bon  ben  ©ütern  unb  ©elbem  ber  Strafe  an  feine  9iej>oten  berfd^leuberte,  Swi 
Dorn^erein  crflärte  3nnoccn5  ^-    feinem  9Jcffcn,  Sipiu«  DbeScaldJH,  ba|  er  toon   ü^m 


dfnuoceuj  XI.  145 

ractytö   m    erwarten   fyabe.    Stuf  bic  ©efcfyäfte  ber  Äurie  gewährte  er  feinen  SSerWanb* 

im  nidpi   bcn  gcringftcn  ßinflufc.    2Bie  er   fid&   felbft  ber  einfad&ften  SebenSWeife  be* 

flet^igte,    fo   forberte  er  foWofyl  von  feiner  näcfyften  Umgebung,  afö  aucfy  Von  ber  fyofyen 

0ctftltd?fett   außerhalb  SRomS  größere  Sinfd&ränfung  unb   3urü*9eS°9cn^e^/   Verpflichtete 

au$  bie  Sifööfe,   fi$   ntcfyt   aufcerfyalb   tyrer  £)iöcefen  aufzuhalten.    ßiner  Kongregation  s 

Don  Äarbinälen  erteilte  er  ben  2luftrag,  genau  $u  prüfen,  ob  bieScWerber  um  bifctyöflic^e 

giüble  in  tyrem  bisherigen  Seben  bie   crforberlicfye  ©ittenrein^eit  bewahrt  unb  bic  not* 

toenbtgen  fyeologifäen  Äenntniffe  befäfjen.    Slucty  auf  bie  fittlid&e  güljrung  be$  nieberen 

ÄlcruS  £atte  er  8tc$t,  fd&ärfte  bemfelben  bic  $fli$t  ein,  nicfyt  gelehrte,  mit  Gitaten  prun= 

lenbc  ^Jrebigten  ju  galten,  fonbern  bem  33olfe  ben  gelreujigten  ßfjriftum  $u  verfünbigen.  10 

Die  ©etftHcfyfeit  insgemein  forberte   er   nacfybrüdtlicty  auf,  tyr  Stugcnmerf  auf  eine  p>z&* 

mäßigere  ^eranbilbung  ber  Jugcnb  ju  richten,  ben  fatccfyetiföen  Unterricht  mit  (Srnft  $u 

betreiben,  ben  Syrern  Anleitung  in   betreff  ber  -Ketfyobe  be$  JugenbunterricfytS  in   9e$ 

Währen.    3)em  um  fi$  greifenben  ©ittenVerberben  in  ben  Saienrreifen  Wollte  er  auf  bem 

ffiege  ber  firc^Itc^en  ©efeftgebung  fteuem.    Unter  anberem  gebot  er  im  Jatyre  1683  ben  10 

grauen  unb  Jungfrauen  \\d)  fittfamer  ju  fleiben,  ben  §ate  unb  bie  2trme  nicfyt  entbläfjt 

$u  tragen.    SBer  jicjj  gegen  biefe  Äleiberorbnung  Verfünbige,  fott  mit  bem  Sann   beftraft 

toerbrn.    92od^  rigoriftifdjer  lautete  eine  anbere  33erorbnung  vom  Jafyre  1686,  fte  unter* 

fügte    allen  ^Römerinnen   o^ne  Unterfcfyieb   ber  SilbungSftufe   unb   ber   gefellfd&aftlicfyen 

Stellung  baä  Orienten  unb  bie  3lu$übung  ber  SWufif;   and)  bic  männliche  Sevölferung  20 

Äom£  Würbe  Don  tym  in  föarfe  $nd)t  genommen,   ber  über  ade  ©ebote  be£  Slnftanbcä 

fi$  ^inWegfefeenbe  römifd&e  2lbel  warb  jur  Sefferung  feiner  (Sitten  angehalten  unb  ber  in 

Äom  über$anbne$menben  ©pielWut  bur$  2lufl?ebung  ber  ©pielfyäufer   ein  2)amm  gefefct. 

gimocenj  XI.  War  eine  nid&t  blofj  etfyifcty  veranlagte,  fonbem  auefy   tief  rcligiöfe  ^erfön-- 

li^Ceit    $a3  ©ort  fernem  93eid&tVater3 :   er  fyabe  an  biefem  $apfte  nie   etwas  wa^r*  26 

genommen,  WaS  ba$  SSertyältntö  ber  ©eele  ju  ©Ott  getrübt,  ift  eine  §typerbel,  in  richtiger 

Stnföränfung   cfyxrafterifiert  eä   bie  #erjenefrömmigfeit  Jnnocenj'  XI.    (Sine  %fyat  Voll 

fittttefcr  Straft  War   e$,  bafj  ber  *ßapft   im  Jatyre  1679  aller  SKeligion  unb  Stytf  fyotyn* 

fprc$cnbc  ©ä$c,  jumeift  aus  ben  Schriften  ber  Jefuiten  6ecobar,  ©uarej,  Sufenbaum  2c, 

aU  propositiones  laxorum  moralistarum  Derbammte.    @r  h?ar  c^  and),  toddjcx  ben  30 

gegen   ben  ?ßrobabiti£mu3  auftretenben  Stl;rfo  ©onjale^   (f.  b.  91.  $robabili$muä)  gegen 

bie  Jntriguen  feiner  jefuitifetyen  Drben^genoffen  ^iclt  unb  fogar  beffen  9Ba^l  jum  ©eneral 

burdftufe$en  tou^te.    Jener  Urteilßfpruc|  ift  itym  bon  bem  mächtigen  Drben  nie  toerjiefyen 

toorben;   er  fyd  fxd)  an  Jnnocenj  XI.  baburcf>  gerächt,  bafe  er  ben   lebenben  unb  geftor* 

benen  $apft  mit  ben  niebrigften  9tnfc^ulbigungen  Verfolgte  unb  feine  ©eligfprcd^ung  hinter-  86 

trieb.    2>aft  Jnnocenj  bie  änfc^ulbigungen  ber  Jefutten  fürchtete  unb  bafe  bicfelben  eine 

gewaltige  ÜJ^ac^t  toaren,  mit  ber  felbft  biefer^Japft  ju  rennen  ftety  gejtoungen  fa^,  betoeift 

ber  quictiftiföe  ©treit.    SBJo^l  ftanben  bie  ©tympatfyien  Jnnocenj'  XI.  juerft  auf  ber  ©eite 

bö  Slolinod,  er  tyatte  ein  33erftänbni«  für  bie  berinnerlictyte  ^römmigfeit,  bie  an$  bem 

„gnftüf^en  SBegtoeifer"  be«  öon  ben  Jefuiten  ^art  bebrängten  3Kanne3  fpra^.    Sil«  aber  40 

ba*  unta  bem  @influ&  ber  ©c^üler  So^ola«  ftefycnbe  Jnquifttion^geric^t   fic^   burc^   eine 

an  ben  ^ßapft  gefanbte  Deputation  Von  ber  Steifytgläubigfeit  beöfelben  ©eh)i^eit  berföaffen 

toottte,  ald  felbft  einzelne  Äarbinäle  Jnnocenj  XI.  einen  ©eneralvüar,  um  größere  ßnergie 

in  bie  Ser^anblungen  ju  bringen,   beiguorbnen  gebauten,   al$  man  tym   von   feiten  ber 

^efutten  immer  toieber  vorftedte,  ba|  ber  au£  bem  ^Ha^mcn  bcr  fatfyolijcfyen  Sleligiofttät  45 

had)  feine  ©eringfe^ä^ung  ber  firt^lic^cn  Zeremonien  ^crau^tretenbe  Duieti^mu^  bieAirc^e, 

toam  er  nix^  toeiter  um  fi$  greife,  jerftören  muffe,  ba  toitlfafyrte  Jnnocenj  XI.  enblic^ 

bm  unermüblicfyen  älnflägern   unb   bestätigte   in   einer  Sude  vom  28.  3luguft  1687  ba$ 

Urteil  bcr  Jnquifitoren,  bie  68  ©ä|e  au«  ben  ©Triften  be«  3Kolino«  alt  fc^crifd^c  unb 

grttedäflerlify  geftempelt  Ratten,    mtyx  2lu$bauer  unb  ©eifte^ftärfe  betvie«  Jnnoccnj  XI.  so 

in  ben  langwierigen  ©treitigfeiten  mit  Subtvig  XIV.  Von  gfamfreiety,  vgl.  bie  21.  Slcgalie 

üb  ©aHifaniömuä  9b  VI  ©.  356, 66  ff.     9luf  bie  Hriegäerilärung,  bie  in  ber  Slnna^me 

ber  »icr  gaßüanifdjien  ärtitel  lag,  antwortete  Jnnocenj  XI.  bamit,   bafe   er  alle  bie  vom 

fnotyoftftycn  Äönig  in  SSorfc^lag  gebrauten  Äanbibatcn  für  bie   crlcbigten  Sifc^of^e  in 

bem  Jolle  iu  orbinieren  ft^  Weigerte,  bafj  fic  bcr  SSerfammlung  ber  ©eiftlid&feit  Von  1681  66 

b»  1682  (f.  8b  VI  ©.  357,  sff.)  angehört  Ratten  unb  nun  glcidrfam  jum  So^n  für  i^re 

ÜBtcrtocrfung  unter  ben  2öiflen  be^  jlönig«  mit  ^o^en3Bürbcn  ber  Kirche  bebaut  Werben 

foOtcn.    ffierni  SubWig  XIV.  Ijofftc,  burc^  bie  gewaltfamc  2tu$rottung  t>&  ^Jroteftanti^ 

«ad  in  granfreitty  unb  burc^  bie  9tuf^ebung  be«  (Sbifte^  vonsJ2ante«  1685  Jnnocen^  XI. 

■Hfuftimmen  unb  jur  92ad^giebigteit  in  ber  iRegalienfrage,  fowie  jur  ftillf$Weigenben  3ln^  go 

ntml**w*tU>pto\t  für  £$co(ogie  unb  ftir^e.  3.  «.  IX.  10 


146  3fnttocttta  XI. 

crfennung  bcr  bier  Strtifel  &u  bewegen,  fo  tyattc  er  fid&  in  biefer  (SrWartung  böflig  getäufd&t. 
SBofyl  lobte  ber  SJJapft  ben  franjöftfd&en  ©efanbten  gegenüber  ben  ©fer,  ben  ber  König 
bewiefen,  Wofyl  fpra<$  er  in  einem  Äonfiftorium  ber  Jtarbinäle  am  18.  3Wärj  1686  bon 
bem  „unterblieben  SScrbienft",  ba«  fiel)  SubWig  XIV.  erworben,  inbem  er  biejenigen  ßbifte 

5  Wibcrrufen  fyabe,  „quae  perduelles  haeretici  ab  ipsius  majoribus  regibus  chri- 
stianissimis  inter  bellorum  aestus  et  pericula  extorserant",  too^I  Willfahrte  er 
aud)  bem  au«gefprocfycncn  Verlangen  be«  Äönig«,  feine  ©rofifyat  burd&  befonbere  Sfejttidfc 
feiten  in  9tom  gefeiert  ju  fe$en,  inbem  er  am  29.  äpril  b.  $.  in  bcr  päpfHid&en  JtapeOe 
ein  Tedeum  fingen  unb  greubenfeuer  in  ber  ©tabt  abbrennen  liefe,   aber  balb  genug 

10  mufite  SubWig  XIV.  wafyrnefymcn,  bafe  bic  Äurie  bei  aller  Slncrfennung  feiner  ber  Äir$c 
bur<$  2lu«rottung  ber  Äefter  geleiftetcn  ®ienfte  bon  ifyrem  ©tanbpunft  in  ber  9legalicn= 
frage  unb  bon  i|rer  3luffaffung  ber  bier©äfce  nicfyt  im  geringften  abging.  XXnb  nun  gc* 
feilte  fiefy  ju  ben  bi«fyerigen  ©treitpunften  ein  neuer  fyin$u;  ^nnoccnj  XI.  Wünfd&tc  fctyi* 
lictyft,  bafj  bie  auswärtigen  3Wäd^tc  auf  ba«  fogenannte  äftylrecfyt  tyrer  ©efanbten  t>er}i$s 

15  toten,  b.  f).  auf  ba«  Stecht,  in  intern  $alaft  unb  in  ber  näd&ften  Umgebung  bcefclbcn  ben 
bon  ber  römiföen  guftij  Verfolgten  eine  3uflu$t«ftätte  ju  gehören.  2Bäfytenb  ber  Jtaifcr, 
bic  Äönige  bon  Spanien  unb  $olen,  bie  Äönigin  Gfyriftme  bon  ©d&toeben  fh$  in  biefe« 
Segefyren  be«  Zapfte«  ju  finben  Wufeten,  rief  SSenebig  feinen  ©efanbten  au«  SRom  jurikf 
unb  ber$i$tete  junäcfyft  lieber  auf  bie  Scfcfcung  biefe«  @efanbtfd&aft«poften«,  al«  bafe  e« 

20  ba«  Slfolrectyt  preisgegeben,  Sil«  nun  gnnocenj  XI.  na&  bem  iobe  be«  bi«$erigcn  fran* 
jöfifc^en  ©efanbten  an  2ubwig  XIV.  bie  gorberung  fteute,  ben  nädjtften  ©eft$aft«trägcr 
nur  mit  einem  93erji$t  auf  ba«  $ribilegium,  Serbrectyer  ni  beherbergen,  nadfr  SRom  )u 
fenben,  anbernfaH«  Werbe  er  ifym  feine  Slubienj  erteilen,  ertlärte  berÄönig,  umfometyr  mit 
aller  ßntfcfyiebenfyeit  an  ber  Quartierfretyeit  ferne«  ©efanbten  (le  droit  de  franchises 

25  des  ambassadeurs)  fcftfyalten  ju  wollen,  al«  er  fi$  um  bie  fattyoltfc&e  Jtir$e  Wie  fem 
anberer  fatfyolifäer  gütft  Mbur<$  2lu«rottung  bcr  Äefeer  berbient  gemad&t  fydx.  gmio- 
cenj  XL,  cntfd&loffcn,  ba«  Stufeerftc  ju  Wagen,  ja  felbft  ben  SJtärtyrertob  ju  leiben,  belegte 
in  einer  Süße  atte  btejenigen,  bie  fünftigfyin  ba«  2tfi;lrectyt  beanfpruc^en  Würben,  mit  bem 
Sann  unb  fafy  bemgemäfe  in  bem  SRarqui«  be  Sabarbin,  bem  neuen  franjöfifctyen  Sefcoflt 

so  mäßigten,  ber,  um  bie  Quartierfreifyeit  mit  sJ2a$brucf  behaupten  ju  fönnen,  feinen  @Ht)ug 
mit  einer  Wo^lbeWaffneten  ©cfyar  bon  c.  800  5Wann  in  SRom  ae^alten,  einen  ©ebannten, 
belegte  fogar  bie  Jtirc^c  be«  heiligen  SubWig  in  *Rom,  bie  Sabaroin,  inbem  er  am  24. 3te 
jembcr  1687  bafelbft  bem  ©otte«bienft  beigewohnt,  entweiht  ^atte,  fofort  mit  bem  Snter* 
bift.    SBJobl  fcerliefe  bcr  frangöftfe^e  ©efanbte,  ber  bie  ©tellung  eine«  ©ebannten  auf  bie 

85  ®auer  ntdpt  ertragen  fonnte,  9tom,  aber  ber  päpftlic^c  SRuntiu«  in  5ßari«  mufete  ba«  Ste 
nehmen  feine«  $erm  entgelten;  er  Würbe  al«  ©efangencr  be^anbelt,  nur  in  Segleitung 
einer  SBacfyc  burftc  er  ba«  §au«  berlaffen.  infolge  ber  berfc^iebenen  Äämpfe  mit  ber 
Äuric,  bie  nod^  um  einen  neuen,  ber  bie  Sefc^ung  be«  Jfölncr  @r;ftu^I«  betraf,  Dcrme^rt 
Würben,  fteigerte  ftc^  bie  Erbitterung  be«  Äönig«  fo  fe^r,   ba|  er  bie  ©raffc^aft  Sltngnon 

40  bem  franjöfiföen  Sleic^e  einverleibte,  bic  ©elbau«f u^r  au«  gtanfreid^  nad^  9tom  unterfaßte, 
unb  fc^on  im  Segriff  War,  in  ftranfreicfy  einen  bom  Sßapft  unabhängigen  Patriarchen  an 
bie  ©pifce  ber  Äirc^e  ju  ftetten.  Stile  biefe  3Ka^na^men  fc^reeften  ^nnoccnj  XI.  nid^t, 
er  Weigerte  fiel)  nai)  Wie  bor,  ben  ifym  toom  Äönige  präfentierten  Sif^öfen  —  e«  Waren 
i^rcr  fc^on  35  —  bie  Seftätigung  gu  erteilen;   unb  loenn  au$  ber  $apft  ftd^  fd^Ke^ltd^ 

45  eine  ^Ermittelung  be«  Stönig«  toon  ßnglanb,  3>afob  M.,  in  bem  ©treit  mit  $ranfreu$ 
gefallen  laffen  Wollte,  fo  mag  bic  Vermutung,  bic  Srofcty  au«gefproc^en  ^at,  richtig 
fein,  bafe  3nnoccn5  XI.  babureb  nur  feine  griebcn«liebe  beWeifen  Wollte,  m  bcr  $or* 
au«ftc^t,  bafe  bcr  Ifyron  ^fob«  II.  ju  erfc^üttert  fei,  al«  bafi  er  fid^  auf  benu 
felbcn  nod)  lange  galten  unb  bie  3lu«fö^nung   ^Wifd^en  9)om   unb  granfretc^   in  Angriff 

60  nehmen  fönne.  3)ie  unflugen  unb  übereilten  ü)iagrcgeln  be«  englifd^en  flönig«  $u 
Hebung  bcr  lat^olifc^cn  ftir^e  im  proteftantifc^cn  ßnglanb,  ja  $ur  bölligen  UmWanblung 
feine«  ben  proteftantifd;cn  ©runbfä^en  ergebenen  Sleidfie«  in  einen  bie  geiftlid&e  Ober^o^dt 
SHom«  anerfennenben  Staat  mißbilligte  bcr  befonnene,  bem  aHmäfyUAen  gortfe^ritt  g» 
get^anc  3nm>cen$  XI.  auf«  entfd^iebenfte ;  bergeblicfy  liefe  er  %atob  II.  SMäftfgung  anraten, 

55  i^n  erfud^en,  feine  ©dritte  ju  t^un,  bic  jlotfd^en  i|im  unb  bem  Parlament  einen  Äonflift 
herbeiführen  fönnten.  Sil«  in  9lom  ©raf  Gaftelmaine  al«  ©efanbtcr  be«  englifd^en  5tönig« 
crfd;tcn,  um  bic  Serbtnbung  ^Wifc^en  SRom  unb  ben  Äatfyolifcn  be«  S^f^reic^«  toteberbtt* 
juftetten,  empfing  i^n  bcr  $apft  allcrbing«  f)ö)l\d),  aber  mit  einer  öerlefeenben  ilaltc  J)ie 
i^m  öon  feinem  ©ebicter  erteilten  befonberen  auftrage  fonnte  ber  Sotfcpafter  in  ben  i^« 

go  beWiUtgtcn  Slubicnjcn  ^nnocen^  XI.  nietyt  Dortragen,  ba  le^terer,  fobalb  ba«  ©efprä^  auf 


3fntiocetij  XI.  147 

Wefe  lom,  bon  einem  §uf*en  befallen  tourbe,  bet  ben  ©rafen  Gaftelmaine  in  böllige  95er= 

totrrung  braute  unb  ber  Unterrebung   ein   unertoartet  rafcfyeS  (Snbe  bereitete.    6S  blieb 

bem  SeboOmä$tigten  3afobS  II.   fd^Itc^Iic^  nichts  toeiter  übrig,   als  feinen  abrieb   ju 

nehmen,  bat  i$m3nnocenj  XI.  mit  bem  boppelfinnigen  State  erteilte,  ft<$  ja  Dor  SagcS* 

<mbru$  aufzumachen  unb  in  ber  Küfyle  ju  reifen.    2luS  einem  Schreiben  beS  SßapfteS  Dom  6 

Sa^re  1688  an  ben  Kaifer  Seopolb  erfetyen  toir,  baß  ber  innerfte  ©runb  feiner  SRißftim« 

mung  gegen  gafob  II.  bie  fi$  immer  mefyr  $ur  ©etoißfycit  geftaltenbe  Befürchtung  toar, 

bem  Könige   fei   eS  bei  allen  feinen  ÜKaßregeln  ju  ©unften  ber  Katfyolifen  nid;t  in  erfter 

Önie  um  bie  fatyoliffyc  Kird&e,  bielmefyr  um  bie  ßrtoeiterung  feiner  9Jtacfyt  ju  tfyun  unb 

um  cm  SünbniS  mit  Subtoig  XIV.,  ber  ft<$  (SnglanbS  als  eines  SBerfjeugS  jur  2)urd^  io 

fütyrung  feiner  bie  gfreityeit  ganj  ©uropaS  bebrofyenben  *ßläne  bebiene.    $n  ^uc  %i}at  fyatte 

fub  3afob  IL  mehrmals  bereit  finben  laffen,  im  gntereffe  beS  franjöfifd^en  Königs  ahnten 

biefem   unb  9tom   nt  t>ermitteln.    93efonbcrS  Verübelte  ^nnocenj  XL  bem  Könige  Don 

gnglanb  feine  ber  ^ßolitif  Subtoig  XIV.  bienenbe  Sinmifd&ung  in  bie  Kölner  SBafylange* 

legenden.    3)er  @rjftul>I  Don  Köln  toar  erlebigt  feit  bem  3.  guni  1688.   3llS  Setoerber  15 

um  ba3  SnbiStum  traten  auf  ber  Karbinal  gtirftenberg,   bieder  Sifcfyof  Don  Strasburg, 

mib  3ofef  GlemcnS,  ©ruber  beS  Kurfürften  9Raj  (Smanuel  bon  Sägern;  ber  erftere,  eine 

gefügige  Kreatur  2ubtoiaS  XIV.,  toarb  bon  fbantreid^  auf  baS  eifrigfte  in  ber  Hoffnung 

unterjttt£t,  bajj  er  als  Kurfürft  beS  beutfe^en  zReictyS  ber  Sänbergier  beS  fran^öftfd^en  Königs 

(eine  $inbcrmffe  in  ben  2Beg  legen  toerbe;   Qofef  (Element  bagegen   galt  nicfyt  bloß  als  20 

Äanbibat  beS  KaiferS  Seopolb,  fonbern  aller  Regierungen,  bie  —  toie  Spanien  unb  $oU 

lanb  —  bie  Übermalt  $ranfreid&S  brechen   tooDten.    £)a  bie   im  3uli  lf>88  bor  [\ty 

gefcnb*  9Ba$I  beS  Kölner  ©omfapitelS  refultatloS  blieb,   inbem  feiner  ber  Setoerber  bie 

Stimmen  in  ber  erforberlic^en  Slnja^l  auf   fiefy  Dereinigte,  fo   fiel  bie  Sntfdjeibung   bem 

Zapfte  }u ;  Subtoig  XIV.  fanbte  einen  bef  onberen  33eDoIImä<$tigten,  Gfyamlaty,  naefy  9lom,  26 

um  beim  Zapfte  bie  ßrtyebung  beS  ©traßburger  93ifctyofS  auf  ben  Kölner  (Srjftufyl  ju  be* 

ffatoorten,  er  tourbe  bon  gnnocena  XL  nicfyt  einmal  jur  Slubienj  jugelaffen,  mußte  uns 

berri^teter  ©ad&e  ju  feinem  §errn  jurücffefyren.    ©incr  ettoaS  freunblid&eren  aufnähme 

fatte  fufc  ber  engliföe  ©efanbte,  ber   ftd^   für  bie  Betätigung  5ürftcn^er0^  berlocnbcn 

fottte,  bon  feiten  beS  ?PapfteS  ju  erfreuen ;   too^l  erhielt  er  bie  crtoünfcfytc  Slubienj,  aber  30 

fie  blieb  o^ne  ßinfluft  auf  bie  (Sntfctylüffe  ^nnocen^'  XL  —    3°fcf  GlemcnS  tourbe  balb 

barauf   als  6r^bift^of  Don  Äöln   bestätigt,    infolge  biefer  englifc^en  Sefürtoortung   ber 

Sta^I  güxftenbergS  fteigerte  fic^  ber  SSerbac^t  ber  römifd^cn  Kurie,  bafc  jtoifc^en  %alob  IL 

imb  Subtvtg  XIV.  ein  SünbniS  befte^e.    ©0   erflärt   eS  ftc^,   ba^  man   in  9tom  ben 

6turj  SafobS  IL  nid^t  ungern  fa^.    ßS  lä^t  fid;   aber  nic^>t   quellenmäßig   betoeifen  —  35 

toeim  eS  aud&  fe^r  toaWdbeinlic^  ift  —  bafj  ^nnocenj  XL  um  ben  $lan  SBil^elmS  Don 

Cranien,  bem  Könige  3a!ob  IL  bie  Krone  ju   entreißen,   gemußt.    2lbcr  bie  angebliche 

Unterftü^ung  beS  OranietS  bur$  bie  Kurie  „ift  nichts  als  eine  Don  ben  gran^ofcit  auf= 

tfkaitykt  2epenbe"  (Smmic^  a.  a.  D.  ©.  106).    2llS  ber  feiner  Sänber  beraubte  ^afob  IL 

fty  im  Äpnl  1689  bur$  feinen  ©efanbten  Porter  an  ben  $apft   mit  ber  bringenben  40 

8itte  um  Unterftüftung  toanbte,  erflärte  biefer,  nichts  für  i^n  tyun  ju   fönnen,  ba  ber 

ftuff  0e9cn  ^ranfretc^  i^n   jur  Slnfpannung   aQer  feiner  Kräjte   nötige.    W\d)t  un}u- 

Mfenb  ift  bie  Äußerung  beS  DenetianMen  ©efanbten   in  9tom,   beS  2anbo,   in   feinem 

Beruht  an  bie  ©ignorie  Dom  16.  3lpril  1689:  „SllS  baS  einige  ©ute  betrautet  man  in 

Stom  baS,  toaS  jur  Srniebrigung  ^ran!reic^S  führen   fann,   o^ne   einen  Unterfc^ieb   511  45 

iiadben,  06  eS  ben  Katyolifen  ober  ben  Ke^ern  Vorteil  brinat".    2US  nun  Subtoig  XIV. 

in  2)eittf$lanb  einfiel,  um  Köln  für  gfürftenberg   mit  ben  Waffen  &u  gewinnen,  ba  ge- 

teilte  eS  l^miocen)  XI.  aur  ©enugt^uung,  baß  bie  ©lieber  beS  befenfiDen  SlugSburger 

SünbntffeS  bon  1686,  Söil^elm  Don  Dranien,  ber  Kaifer  unb  ©panien,   in  ber  großen 

tflianj  Dom  12.  SWai  1689  jur  DffenfiDe  gegen  granhreid^   übergingen.    Um  fein  i'anb  w 

\)tt  fufy  ^nnocenft  XL  fo  große  Serbienfte  ertoorben  toie  um  Öfterreic^.     ©eine  3Rafc 

nngen  unb  unauf^örlioen  Sitten  betoogen  bie  beutfd^en  9(eic^Sfi'trften,  fotoie  3>°bcmn  ©0= 

Htm  bon  $olen  jumSntfa^e  beS  Don  ben  dürfen  belagerten  sBicnS  (1683)  herbeizueilen. 

Sein  (Eifer  brachte  auc^  fpäter  ben  Sunb  beS  KaiferS,  SenebigS  unb  dolens  gegen  ben 

£attmumb  ju  fianbe,  alle  hgenbtoie  Derfügbaren  Mittel  [teilte  er  bemfclben  &u  ©ebote,  er  55 

abfetc  noc^  bie  Don  i$m  fo  ^eiß  erfe^nte  Befreiung  Ungarns  Dom  türfifdjen  Soc^e,  fotoie 

Mr  (Eroberung  SelgrabS.    ^nbireft  brauten  biefe  ©tege  über  ben  ßrbfeinb  ber  ßfyriftcnbeit 

fem  §au&,  baS  ber  CbeScal^i,   pi  Slnfe^en   unb  G^rcn.    infolge  i^rer  Beteiligung   an 

Um  Kampfe  gegen  bie  Xürfen  tourben  bie  DbeScald^ii   ut  9tet4sfürften   erhoben   unb   cr= 

fiefiat  ba&  ungariftye  ^erjogtum  ©irmium.    Sielen  SJtißbeutungen   fear  ^nnocen*  XL  go 

\0* 


148  dfnitoctttj  XI.  dmtocenj  XII. 

babur#  auägefefct,  bafe  er,  ber  of;nef;in  mit  bcn  ^roteftantifc^en  gfirften  cn&  politiftfcen 
SRücfftc^ten  ein  (Sinbernetymen  unterhielt,  ben  roctyrenb  feinet  SßontifilatS  auftaud&enben 
*ßlänen  einer  2lu«fötynung  ber  proteftantifctyen  unb  ber  fatyoliföen  Ämfce  ntd&t  fremb  blieb. 
?Jreilia%  „tym  Neigung  ober  aui)  nur  33erftänbni«  für  proteftantifd&e  tyten,  Sefunbung 
s  einer  freieren  religiöfen  ©eftnnung  nad&jurtifymen,  liegt  fein  ®runb  bor"  (3mmic$,  ©.111). 
£)ie  legten  3af;re  ieinc^  üeben«  r/atte  ^nnocem  XI.  biel  mit  Äranftyeit  ju  fämpfen,  feit 
bem  ftuni  1689  fear  er  ganj  an«  S3ett  gefeffelt,  am  12.  äuguft  b.  3.  trat  ber  lob  ein. 
&em  forf^enben  2luge,  roel$e3  nief/t  bura)  bie  fd&toarje  33rille  franjöftfäer  unb  je* 
fuitifd&er  93erid?te  fielet,  roirb  ^nnocen)  XI.  ftety  bei  einge^enbfter  Prüfung   al«   eine  ber 

10  ibealften  ©eftalten  ber  sßctyftgefctyicfyte,  ber  bie  Steckte  ber  Sliribe  mit  ßnetgie,  STOafc  unb 
SÖürbe  bertrat,  al«  eine  geläuterte  ©cele,  als  eine  umfaffenbe  $läne,  $o£e  Siele  mit  efa* 
liefen  SRitteln  berfolgenbe  ^Jerfönlicfyfeit  barftetten.  Steuer  aber  &at  ber  £afe  über  bte 
objeftibe  Betrachtung  gefiegt,  benn  bie  bon  Senebift  XIV.,  Giemen«  XI.  unb  Slemenä  XII. 
eifrig  betriebene  Äanonifation  biefe«  ^JapfteS  roufjte  grantreia^  immer  toieber  ju  bereitein. 

iö®erabe  gfranfreia^«  geinbfcfyaft  ift  ein  G^renjeugni«  für  ben  Sßapft:  er  tottnfctye  trieben, 
»]jrranfrei<$  bebrofyte  unb  bra$  benfelben  unau$gefefct;  er  fefcte  alles  baran,  bie  dürfen  au« 
Üuropa  ju  bertreiben,  gftanfreia^S  *ßoIiiif  roollte  fie  ftart  fetyen  als  ©egner  öjiterretyS. 
^n  ben  tird^cn^olittfc^en  fragen  tyat  ^«nocenj  allerbingS  ni<$t  ber  franjöfifc^en  ^räpoteit) 
nachgegeben,  aber  fonft  Subtoig  XIV.  gegenüber  „eine  ©ebulb  unb  3laqf\^t  an  ben  Zag 

ao  gelegt,  roie  fte  feinem  6l;arafter  fremb  haaren  unb  roie  fte  [\fy  nur  au«  ber  Sdbtung  bor 
ber  gewaltigen  SRaa^t  bicfeS  9Ronawr/en  unb  ber  faft  traditionellen  SBorliebe  StomS  für 
ben  älteften  ©ofyn  ber  Äira^e  erflären".  SRanfe  fagt  über  ^roweenj  XI.:  „®a$  $apfc 
tum  erfa^eint  uns  r/ier  in  feinem  löblid^ften  Berufe,  bermittelnb,  griebe  ftiftenb." 

(3i»ffe!  t)  »e«w«. 

36  3ttttOCettj XII7  $apft  fcon  1691— 1700.  —  Quellen:  Bullarium  Innoc  XII,  Rom 
1697  ;  Relazione  di  Domenico  CoDtarini  ambasciatorc  ordiuario  ad  Alessandro  VIII  ed 
Innocenzo  XII,  fdjon  oon  SRanfe,  $ie  röm.  $äpftc  jc,  3.  Job,  Seipftig  1874,  ftnaletten, 
©.  207  f.  benufrt,  ooflfränbia  herausgegeben  oon  Barozzi  e  Berchet,  Belazioni  degli  statt 
Europei  lettc   al  senato  dagli  Ambasciatori  Veneti,  Serie  III,  Italia,  Belazioni  di  Borna, 

30  vol.  II,  Venez.  1878,  p.  433  sq. ;  Guarnaccius,  Vitae  et  res  gestac  Pontif.  Rom.,  1. 1,  Bom. 
1751,  p.  389  sq. ;  Sandiuus,  Vitae  Pontif.  Rom.  pars  II,  Ferrariae  1763,  p.  689  sq.  cte, 

iHtteratur:  Wrcfjibalb  93oroer,  Unpart.  £tftorie  ber  röm.  $«pfte,  10.  %L,  2.  «bfdjn., 
ausgearbeitet  üon  SRambod»,  9ttagbebitrcj  unb  fieip^ig  1780,  @.  207 ff.;  ©cbröcfö,  dftrifH. 
Ätrd&eng.  feit   ber  Deformation,   6.  XI,   Seidig  1807,  ©.  350 (f.;  Petrucelli  della  Gattin*, 

86  Histoire  diplomatique  des  Conclaves,  3  vol.,  üßariS  1865,  p.  351  sq. ;  9?anfe,  Srranj.  Qkfä., 
4.  »b,  fieipiig  1869,  @.  79 ff.,  108  ff.;  fleumont,  ©efeft.  b.  6tabt  Dom,  3.  ob,  2.  «bteiL, 
93eritn  1870,  ©.  640  ff. ;  Hanfe,  3)ic  röm.  $npfte  in  ben  lefcrcn  4  Sa^rbunberten,  3.  ©b, 
fieipjig  1874,  S.  118 ff.:  Gaillardin,  Histoire  du  rbgne  de  Louis  XIV,  5  t.,  $arid  1875, 
p.  455  sq. ;    Ge>in,    Recnerches  historiques  sur  Tassemblee  du  clerg^   de  France   de  1682, 

40<ßari8  1869,  p.  435sq. ;  ^eppe,  ©efd)id)te  ber  quictiftifeften  ^ftif,  Berlin  1875;  Libouroui, 
Controverse  entre  Bossuet  et  F^oelon  au  sujet  du  quietisme  de  Madame  de  Guyon  1876; 
Dnno  ftlopp,  2)er  &QU  be8  ^aufeS  ©tuort,  V,  6.  328  ff.,  VI,  6.  8  f.,  180  ff.,  224  f.f  VII. 
6.  66  f.,  8.  126,  VIII,  @.  163  ff.,  @.  504 ff.  (SBten  1877-1879);  »rof«,  ©ef^ieftte  be* 
Äird)enftnQte«,  1.  »b,  ©ot^a  1880,  8.  450  ff.     «gl.  bie  flrlt.  öoffuet  («b  III,  340,15)  unb 

46  g^nelon  (©b  VI,  34,  30). 

Antonio  ^JtgnatcHt  roar  im  sJteapo[itanijcf;cn  am  13.  üJlärj  1615  geboren  unb  gehörte 
einer  ber  älteften  unb  berbienftbollften  gamiüen  9Jecu>eU  an.  ©eine  ßrjie^ung  empfing 
er  ju  Som  im  ^cfuitenfoHegtum ;  Urban  VIII.  l;at  bcn  jroanjigiä^rigen  ^iignateOi  an 
bie  Sude  gebogen,   i^n  jum  ^rolegaten   bon  Urbtno  ernannt.    3Bä^renb  bed  ^ontififatö 

60  3nnocen^  X.  begegnen  rotr  i^m  aU  sJiuntiu^  in  glorenj,  Giemen«  IX.  berlie^  i^m  bie 
Nuntiatur  in  SBicn,  naa^bem  er  bereit«  unter  ^Uejanber  VII.  bie  Angelegenheiten  ber 
Eat^oüfc^en  Äirdfie  in  Sßolen  geregelt.  Seiner  ber  $äpfte  ^at  5ßignatelli  fo  grofee  8Bo#* 
traten  erroiefen,  feiner  einen  fo  tiefgehenden  (Stnflufe  auf  bie  ©runbfäfce  unb  ©efinnung 
be«felben  ausgeübt  roie  3«n°cenj  XL;    1681  nar;m  biefer  i^n  in  bie  3a^  bet  Äarbindle 

66  auf  unb  err/ob  i^n  bann  jum  @rjbifa^of  bon  Neapel.  Sil«  bie  Äarbinäle  nadj  bem  lobe 
älejanber«  VIII.  jum  Konflabc  jufammentraten  (11.  J^bruar  1691),  befämpften  fu^  im 
^eiligen  Äottegium  eine  fpanifa*>=fai|erlid^e  unb  eine  frangöfifc^c  5ßartei,  bie  aber  beibe 
ir;re  Hanbibaten  nia^t  bur^ufe^en  bermoa^ten.  2)a  fid>  roä^renb  ber  langen  ©ebtebafanj 
bie  Unfia^er^eit  in  Stom  bon  jag  ju  lag  fteigerte,   fd>loffen  cnblia^  bie  ftreitenben  Äa^ 

eobinäle  einen  Sompromi^  bem  Slnton  ^ignatelli  am  12.  ^uli  1691  feine  6rr/ebung  auf 
ben  @tu^l  $etri  berbanfte.  iSx  nannte  fic^  ^nnocenj  XII.  au«  S)antbarleit  gegen  3nno* 


^mtoceitj  XU.  149 

cenj  XI.,  ben  er  fi<$  in  allen  feinen  SKaferegeln  $um  SSorbilbe  na^m;   toie  biefer  toar  et 

ein  cntföiebener  ©egner  be«  3let>oti«mu« ;  bie  armen  nannte  er  feine  Sftepoten,  ityrer  natym 

er  fu$  mit  einer  folgen  Sarm^erjigfett  unb  in  bem  Umfange  an,   bafe,   als  er  einft  bon 

einer  5Reife  na#  SRorn  jurücffetyrte,   Saufenbe  berfelben  ifym   jtoei  3KeiIen  entgegengingen, 

um  unter  bem  Stufe:  ba  fommt  ber  SSater  ber  Sirmen,  ben  Prägern  ben  ©effel  ju  cnU  6 

teilen,    auf  bem  ber  Spapft  rufyte  unb  ^mtocenj  XII.  unter  lautem  %ubtl  in  bie  ©tabt 

m  txoQtn.    ßmen  $eil  be«  fiateran«  toertoanbte  er  jur  §erftellung   eine«  $of}ntal«  für 

Hotleibenbe,    für  bie  !gugenb  bw  unteren  93olf«flaffen  forgte   er  burety  Stiftung  bon  2ln* 

flauen,    ©egen  feine  Slnbertoanbten  bagegen  geigte  er  ftety  ftreng ;  fofort  nad)  feiner  3Ba£l 

liefe  er  fte   toiffen,  bafe  fte  bon  tym  nietyt«  ju  ertoarten  Ratten,  er  ityre  Slntoefentyeit  in  10 

Jlmn  nid&t  gern  fe^e.    Um  nun   aber   für  alle  gräunft  fcag  Sluffommen  eine«  berartigen 

$epoti«mu«,  toie  er  ft$  unter  feinem  Vorgänger,    Sllejanber  VIII.,  breit  gemalt  fyatte, 

|U  ber^inbern,  erliefe  er  bie  S3ufle  Romanum   decet  Pontificem,   in  toeld^er  er  ber* 

orbnete,  bofe  lein  $oßft  ba«  Siecht  §aben  fott,  unter  irgenb  einem  SSortoanbc  feinen  9Ser= 

toanbten  ©elb,  ©üter  ober  Sftmter  ju  beriefen :    ftnb  biefelben  böllig  mittello«,   (o  foHen  16 

fte  bom  SSapfle  niefct  anber«  betyanbelt  unb  nidpt  in  fyö^erem  SKafee  unterftüfct  toerben  al« 

bie  übrigen  armen.    2Benn  aber  ein  pctyftlicfyer  2lnbertoanbter  um  feiner  SSerbienfte  hrillen 

jumÄarbtnal  freiert  toirb,  fotten  feine  ©inna^men  nietyt  über  12000©cubi  betragen.  Stuf 

biefe  Stonftitution  —  fcerorbnete  ber  ^Japft  —  ftnb    alle  gegenwärtigen   unb  jufünftigen 

ftarbtnäle  ju  bereibigen ;  ber  apoftolifctyen  Kammer  unterfagte  er  ba«  Verläufen  ber  getft-  20 

liefen  jbnter  unb  SBürben  unb  liefe  benen,  bie  tyre  Stellungen  erlauft  Ratten,  ben  Setrag 

be«  eingezahlten  ©elbe«  jurüdterftatten ;  ben  ^ierburcfy  berurfacfyten  2lu«faH  alljäbrlic^  ein« 

Iaufenber  Summen  fyd  er  niefct  burety  (Srtyöfyung  ber  ©teuem,   fonbem   burdp  Verein* 

fa^intg  be«  £of$alt«,  bur<$  ßrfoarniffc  ber  für  ©inefuren  bi«^er  im  3afyre  au«gegebenen 

80000  ©cubt  gebeeft.    2tucty  ba«  ©treben  Snnocenj'  XI.,  georbnetere  unb  ftdjere  Ver=  25 

bdltniffe  im  Äm&enftaate  aufteilen,  teilte  er.  Dfynt  Slnfefyen  ber  *ßerfon  bestrafte  ^nno* 

ent)  XII.  ade,  bie  ftefy  gegen  ba«  ©efefc  bergingen,  unb  jtoar  mit  fc$onung«lofer  ©trenge. 

Sie  fetten  bom  römifd&en  Slbel  mufeten  jebe  fcfytoere  Stecgtöberlcfcung  auf  ber  Sngeföburg 

ober  im  @pl  berbüfeen.  grauen,  bie  fufy  bem  ^ajarbfoiel  ergeben  Ratten,  gab  er  im  Äerfer 

Selegentyeit,  über  ijjren  £eben«toanbel  nad^jubenfen.    ®amit  ba«  Stecht  bon  ben  Stiftern  so 

in  iuqxirteilid&er  2öeife  gefprod&en  toerbe,  unterfagte  er  benfelben,  bon  einem  Äläger  ober 

Serttagten  ©efc^enfe  entgegenjune^men ;  um  bie  $ectytft>re<$ung  tu  erleichtern,  liefe  er  einen 

gtofeartigen  3ufti#>ala[t,  bie  Curia  Innocentiana,  ba«  je$ige  Slbgeorbneten^au«,  aufführen, 

ber  alle  bisher  über  bie  ©tabtjerftreuten  Se^örben  unb  ©eric^te  an  einem  fünfte  bereinigte. 

Sem  tief  ^erabgetommenen  ÜKönd^ftanbe  toanbte  ber  $a))ft  feine  boHe  9lufmertfam!eit  86 

)u,  eine  befonbere,  fron  i$m  gegrünbete  Kongregation  erhielt  ben  Auftrag,  bie  @in^altung 

ber  Crben«regel  mit  aller  ©trenge  ju  überfragen.  2)iefe«  Seftreben  be«  $abfte«,  bie2)i«* 

;i^in  in  ben  Älöftem  ioieber  $u  änfe^en  ju  bringen,  fanb  nidfrt  ben  Seifau  ber  ^nfaffen 

berfelben,   tyrem  SWifemut  gaben  fte  in  ©dfriften  boH   ge^äfftger  Sejic^tigungen  3lu«brucf. 

3»  feinem  @ifer  für  bie  Sieform  griff  ^nnoccnS  x^-  übrigen«  tyin  unb  lieber  m  SKafe*  40 

regeln,  bie  einen  freieren  SSlicf  bermiffen  laffen ;  tyiefyer  gehört  jene  Serorbnung,  bie  allen 

detfUk^en  ba«  Iragen  bon  ^ßerrtidEen  unterfagte ;   für  biejfe  fleinlid^e  ©itten^olijei  tourbe 

er  burc^  ba«  befannte  SBi^toort  geftraft,   toel^e«  jene«  Verbot  be«  ^ßapfte«  für  ba«  erfte 

Snjeii^en  erflärte,  bafe  gnnocen^  XII.  bie  Äird^e  nid^t  blofe  an  ben  ©liebem,  Jonbern  aud^ 

am  fyauptt  reformieren  tooQe.  @«  glücfte  biefem  ^ßa^fte  enbli(^,  ben  ©treit  über  bie  gaUi-  45 

lantjcfcn  Äh^enfrei^eiten  beizulegen,  ber  eine   langanbauernbe  Spannung  jtoitten  3lom 

j  «tb  granfreic^  ^erborgerufen  ^atte.  2Bie  feine  Vorgänger  3jnn«>cenj  XI.  uno  Stlejan* 
ber  VIII.  forberte  auety  ^nnocenj  XII.  bon  jebem   ber  an  ber  3Serfammlung  bon  1682 

I  beteiligt  getoefenen  Sif^öfe  ben  au«brücfli<$en  SJBiberruf  jener  4  ©äfce,  freiere  al«  ber 
Inäbrutf  ber  Sonette  ber  gallilanifc^en  Äirc^e  galten.  Qatte  Subtoig  XIV.  biefe«  S3e*  so 
ge^ren  ber  Vorgänger  Smtocenj'  XII.  nic^t  einmal  ber  Sead&tung  frert  gefunben,  je^t 
»ifete  er  (1693),  naetybem  berfd^iebene  ßnttoürfe  ju  einem  allerbing«  bemütigen,  ben  au& 
hfldBtc^en  SBiberruf  aber  umge^enben  Schreiben  toom  ^ßaj)fte  jurüdEgetotefen  toaren,  e« 
Wiefelfa^  ^inge^en  laffen,  bafe  bie  ©lieber  ber  &ot)en  ©eiftlid^Ieit,  freiere  bie  4©äfte  1682 
nUeijei^net,  ba«  reuige  Sefenntni« :  „niebergeftredft   ju  ben  güfeen  @h).  ^eiligfeit"  ah  66 

i      legten,  „unauäforedfolic^en  ©d^merj"  bartiber  gu  emj)ftnben,  bafe  3)ingc  in  jener  SBerfamm* 

!  fang  be«  fran$öftf<£en  Äleru«  fu^  jugetragen,  toeld&e  ^nnocenj  XII.  unb  feinen  Vorgängern 
uH  hoffte  mifefallen  Ratten.  2)en  Mdfjug  ber  fran^öfifd^cn  ^Srälaten,  ben  botten  Srium))^ 
ber  Ätrt^e  über  Subtoig  XIV.  bejeic^net  aber  ber  in  bem  citierten  ©(^reiben  ber  Sifc^öfe 
rttydttnt  ©a^j :  nAc  proinde  quiequid  in  iisdem  comitiis  circa  ecclesiasticam  po- 


150  3mtoctttj  XU. 

testatem  et  pontificiam  auctoritatem  decretum  censeri  potuit,  pro  nondecreto 
habemus,  et  habendum  esse  declaramus;  praeterea  pro  non  deliberato  habe- 
mus  illud,  quod  in  praejudicium  jurium  ecclesiarum  deliberatum  censeri  po- 
tuit".   Seine  SSerorbnung,   bafc   bie  4  ©ä$e  ber  Defloration   Von  1682  allen  Unter* 

5  tarnen  in  bcn  ©d&ulen  gelehrt  toerben  follen,  na^m  ber  Äönig  aurüd,  inbem  er  benfclben 
freifteflte,  fic$  über  bie  Vier  ©äfce  bie  2Hemung  ju  bttben,  bie  fte  mit  tyrem  ©etmfjcn  in 
feinen  Äonflift  bringe.  3Jun  erfi  erteilte  gnnocenj  XII.  ben  framöfifetyen  SMfd&ofen  bie 
tynen  fo  lange  vorenthaltenen  93eftättgung«buflen.  3)afj  Subtoig  XIV.  ft$  fo  nacbgtebtg 
gegen  bie  römifetye  Äircfye  betoie«,  toar  aHerbing«  nid&t  in  erfter  Sinie  ein  ßrf  olg  ber  ©tonte 

lo  fyaftigf eit  ber  jturie  —  berfelben  ^ätte  er  noc$  länger  Irofc  geboten,  toenn  nic^t  bie  gegen  tyn 
gerichtete  europäifd^e  ätUtanj  feinen  Übergriffen  mit  Srfolg  ft<$  hriberfefct  unb  in  tym  ben 
äBunfcfy,  toenigften«  mit  ber  Äircfye  im  ^rieben  ju  leben,  rege  gemacht,  ©inen  bie  fron* 
jöfijcfyc  Äirctye  in  jtoei  fidj>  befämpfenbe  Heerlager  teilenben  ©treit  entfd&ieb  ^nnocenj  XII. 
tm  ^atyre  1699,   inbem  er  auf  Soffuct«  Stntrag   23  ©äfce  au«  bem  2Berfe  genclon«: 

15  Explication  des  maximes  des  Saints  sur  la  vie  intörieure"  Verbammte  (f.  9b  VI, 
©.  34,  so  ff.)-  3n  «nem  anberen  Se&rftreite  fucfyte  ber  SJSctyft  bagegen  ba«  entfd&eibenbe 
Urteil  fo  lange  al«  möglich  ^inau«juföieben ;  fünf  franjöfifcfye  93if<$öfe,  an  tyrer  ©öifre 
92oaUIeS  unb  Soffuet,  berichtigten  ben  Äarbinal  ©fonbratt,  ben  Serfaffer  einer  ©cyntt 
über  bie  ^räbeftination,  be«  *ßelagiani«mu«.   Sil«  ber  9Serfud&,  ben  SBiberftmicfc  ber  fran- 

ao  jöfifctyen  Prälaten  burefy  gütliche  SUtittel  verftummen  &u  laffen,  fetylgeföfogen  toar,  Der* 
foraety  ^nnocenj  xil.,  bie  eingereihte  Silage  unterfud^en  ju  tooHen,  unb  bemnäd&ft  eine 
©ntfcfycibung  ju  Veröffentlichen.  ®ocfy  bie  %uxfy  vor  bem  fd&limmen  ©nbrud,  ben  bie 
Verurteilung  eine«  römifdjen  Äarbinal«  unb  bie  SBerbammung  eine«  Suctye«  machen  mußte, 
gegen  toelcfye«  felbft  bie  ^nquifition  nid&ts  ein^utoenben  gefoult,   tyat  i$m  in  btefer  grage 

25  ©cfytoeigcn  auferlegt,  bi«  ber  lob  feine  iitypen  für  immer  tölojj.  3n  ten  SRiebedanben 
nafym  fty  Snnocenj  XII.  1694  ber  ©eiftlid&en  an,  bie,  obtoo&l  be«  SanfeniSmuS  nfa^t 
überführt,  allein  auf  ben  Verbaut  fyn,  btefer  Stiftung  anzugehören,  u)rer  &mter  unb 
SBürben  beraubt  toorben  toaren.  SBenn  aber  bie  ^anfeniften  <nß  biefem  fa$Ii$en  Ser» 
galten  be«  Zapfte«  auf  eine  geheime  Segünftigung  ber  Se^re  ifyre«  STOeiftcr«  föloffen,  toenn 

so  fie  ferner  ba«  Srebe  !3nnocen^  XII.,  in  toelc^em  er  beftimmte,  bafi  oa«  1665  Von  Sie» 
Eanber  VII.  aufgehellte  gformular,  toeld&e«  bie  SBerbammüng  ber  5  Von  $anfen  Vorgetra* 
genen  ©äfce  forberte,  „in  sensu  obvio"  unterfd&rieben  Serben  folle,  al«  eine  toefentlidjp 
3)iilberung  auffaßten,  fo  jerftörte  ber  $aj>ft  1696  alle  auf  tyn  gefegten  Hoffnungen 
ber  ganfeniften  burc^  bie  unumtounbene  ©rtlärung,  nic^t«  liege  i^m  femer,  all  eine  3u* 

35  rüdfnafyme  ober  Slnberung  ber  Von  feinem  Vorgänger  getroffenen  SBerorbnung.  6men 
jahrelangen  ftrieg,  ben  fogenannten  franifd^en  6rbfolgefrieg,  befd^toor  ^nnoceng  XII.  herauf, 
als  er  auf  Sefragen  fiarl«  II.  bon  ©Manien,  ob  ber  Sßapft  e«  billige,  ba^  er,  ber  Äönig, 
gum  6rben  feine«  Steige«  ben§crjog  von2lnj[ou,  ©ro|fo^n  Subtoig«  XIV.,  einfe^e#  biefen 
Vorfcfylag  nic^t  blofe  billigte,  fonbern  tyn  auc|  burd^  eine  Steige  bon  ®rünben  al«  ben  em* 

40  aigen  2lu«toeg  ^infteHte,  ben  ©efafyren  ber  SJroteftantifterung  ber  SWonard^ie  gu  entrinnen, 
bie  für  ben  Jyall  unausbleiblich  fei,  bafe  ba«  &eid&  unter  mehrere  Slgnaten  jerfpltttert  toerbe. 
3)e«  Zapfte«  91at  toar  entfd^eibenb ;  ba«  leftament  Äarl«  IL  vermalte  ©ganten  bem 
$wjog  bon  Slnjou.  Unter  bem  ^ontififate  ^nnocen^  XII.  f}at  fomit  ba«  ?ßapfttwn  eine 
gewaltige  }>olitifc^e  ©d^toenfung  gemalt,  aue  Vorgänger   be«fclben  Ratten  fi<$  feit  ben 

45  Xagen  UrbanS  VIII.  an  ba«  ^ab«burgifd^e  §au«  eng  angefdf;loffen  unb  ^anfreid^  be* 
fämj)ft.  3nnoccnS  XIL  ftellt  ba«  gute  ©invemefymen  mit  biefem  ©taate  toieber  ^er,  nai^ 
bem  Subloig  XIV.  bie  ^ftlid^en  3lnf})rüc^c  in  bem  ©treit  um  bie  gaUifamf^en  grei* 
Reiten  befriebigt ;  biefe  Umftimmung  bc«  $aj)ftc«  ^>at  aber  %um  Seil  i^ren  ©runb  in 
aHifjberftänbniffen,  bie  jtoifd^en  bem  ©tufyl  $etri  unb  bem  Äaifer  Seopolb  obtoalteten.  ®wf 

50  SRartini^  ber  faiferlicfye  ©efanbtc,  beanfpru^ite  ba«  mit  ber  Quartierfretyeit  bon  ßfterrek^ 
—  toätyrenb  be«  ^Jontififat«  ^nnocen^  XL  —  aufgegebene  Siedet,  bie  Auslieferung  eine« 
©efangenen  bcn  römifd^cn  ©engten  Verweigern  ju  bürfen,  ftörte  ferner  burefc  unjeitige« 
©eltenbmacbcn  feine«  SSortritt«  eine  ^Jrojejfton,  an  ber  fid^  ber^Japft  beteiligte,  unb  erijw 
im  9tamcn  feine«  §crrn  2lnfj)rüc^c  auf  angebliche  2e^en«gütcr  in  ^talien,  bie  längjl  unter 

ö5  33otmä^igfeit  be«  römifcfyen  Stuhle«  geftanben.  SBo^l  berief  ber  Äaifer  auf  auSbrüdtlic^en 
SJunfd^  be«  Zapfte«  bcn  ftreitfüdfitigen  ©rafen  SDJartinifc  ab  unb  erfe^te  i^n  burtfc  ben 
©rafen  Sambcrg,  o^ne  jebo$  baburd{>  bie  Kluft  Völlig  au«$ufüUen,  bie  [\d)  jtoifc^en  Öfto» 
reid;  unb  ber  iluric  aufget^an.  Unter  bcn  dürften  S)eutfc^lanb«  bereitete  too^l  leiner 
^nnoccnj  XIL  gröfecre  ftreube,   al«  ber  Äurfürft  ^riebrid^  Sluguft  Von  ©ad^fen,  ben  bie 

60  SluSficfyt   auf   bie   ))olnifc^e  Ärone   ^ur   fat^olifc^en  Äirc^e  überjutreten  betoog,   todtyn 


^ititoctitj  XU.  dmtoceua  XIII.  151 

Stritt   er  bann   bem  Sßctyfte  al«  ba«  SRefuItat  einer  inneren  Umtoanblung   barjuftellen 
fiu^te.    3n  ^nem  810er  bon   85  Sauren  ftarb  Ignnoccnj  xil.  am  27.  September  1700. 

(3«el>ffe(  t)  »enrot^ 

Snntcett}  XIIL,  ^apft  bon  1721—1724.  —  Quellen  unb  ßttteratur:    Guar- 
oaccius,  Vitae  et  res  gestae  Pontific.  Rom.,  Rom.  1751,  t.  11,  p.  381  sq. ;  $et)fjler,  92euefte   ö 
Seife  bur*  $eutfd)lanb,  erfter  Steif,   6.  604  ff.;    (Sljr.  Stf.  gr.  SÖald).    ©nttüurf   einer   »oll* 
ftönbiaen4>iftorie  ber  röm.  $äpftc,  2.?lu3g.,  ©öttingen  1758,  6.  437;  Sandinus,  Vitae  Pontif. 
Rom.,  Pars.  II,  Ferrar.  17G3,  p.  706  sq.;    SRerfiuürbige  fiebenöcjefd)irf»tc  aller  ftarbinftfe  ber 
rom.'tatf).  Sirene,    bie   in  biejem  je&t   laufenben  ©efulo    ba«  3eitlidje  üerlaffeu  Ijaben,    uon 
SR.  iR.  Ä.,  l.Xeü,  9?egen«burg  1768,  @.  273  ff. ;    Rclationc  di  Andrea  Corner,  bei  Kante,  io 
Tie  römifdien  $fipfte  in  ben  legten  bicr  3af)rftunberten,  3.  SBb,  6.  Slufl.,  Seidig  1874,  Pa- 
letten, 6.  215  f.;  Relatione  de  N.  H.  Pietro  Capello,  ibid.  p.  216  sq.;  Wrdjib.  öower,  Um 
part.  $tß.  ber  röm.  ?äpfte,  10.  XL,  2.  $lbfön.,   aufgearbeitet  uou  Wambadj,  Etagbeb.  unb 
&M>$tÖ  1780,  6.  329 ff.;  Sd)röct&,  (£^riftlid)c  Ätr4cngefd)icf)tc  feit  ber  Deformation,  6.  Xcil, 
gfipfttci  1807,  S.  395  ff. ;  SRanfe,  $ie  roinifdjen  $äpfte  in  ben  legten  4  3al)rt)iutberten,  3.$b,  15 
6.9luflL,  £eip$ig1874,  6.123;  Sd)itl,  $ie  tfonftitutton  Unigenitus,  greiburgl876,  ©.200jc; 
Michaud,  La  fin  de  Clement  XI  et  le  commenccmcnt  du  pontificat  d'Innocent  XIII  (3nter* 
mit.  2fcol.  3eitfär.  V,  42-60,  304-331). 

9Ri$ete  Xngeb  ßonti  flammte  au«  einem  ©efölecfyte,  meinem  bereite  einige  ^Jctyfte, 
barunter  ^nnocen^  III.,  angehörten,  unb  fear  ber  ©ofyn  Äarl  (II.)  Gonti,  $£WÖ$  bon  20 
$oß,    ben  tym  feute  ©attin,  eine  ©c&toefter  bc«  ^ergoa«  bon  9Kuti,  am  13.  9Kai  1655 
ge^entt   3)e«  ßnaben  na^m  ftcfc  ein  SSertoanbter,  ber  flarbinal  $o$ann  ßonti,  an,  man 
befnmmte  tyn  für  bie  geiftlic^e  Saufbatyn.    Strauber  VIII.  50g  \f)n  an  bie  Äurie,  über* 
trug  ü?m  1690  bie  STOiffion,  bem  benetianifct)en  3)ogcn   unb  $clbf>errn  üJtorofini  ben  ge= 
tocfyten  #ut  unb  $egen  al«  Rtityzn  ber  )>(u;ftlict)en  SBertfcfyäfcung  ju  überbringen,  ^nno-  20 
cot;  XII.   fanbte  ben  9RtdfraeY  Conti  1695    al«  SRuntiu«    in   bie  ©d&toeij   unb  1697  in 
gleufcer  6tgenf$aft  na<$  Portugal,   toofelbft  er  bis  jum  %af)tt  1710  blieb.    3lu«  biefer 
3eit  rüfat  too&l  feine  tiefe  Abneigung  gegen  ben  I^efuitenorbcn  $er,   ber  bamal«  in  $or* 
tugal  bem  ©tuble  *ßetri    eine  geringfügige  Stbgabe  bon   feinem  großen  (Sinfommcn  ber* 
toeigerte,   eS  fehlte  nic&t  biel,  fo   Ratten  bie  ©ctyüler  Sotyola«,  bie   an  ber  bertoittoeten  30 
Äönigin  eine  Sefctyüfcerin  fanben,  bie  2lu«toeifung  be«  sJ2untiu3  au^  Portugal  burd^gefe^t. 
Sternen*  XI.  naj)m  ßonti  in  bie  $abl  ber  itarbinäle  auf  unb  berlie^  i^m  bie  Si^tümer 
Djimo  unb  —  einige  $<it  barauf  —  SSiterbo.    9Jac^  bem  lobe  Element  XI.  ging  au$ 
emem  fe^r  erregten  ÄonHabe  Äarbinal  Sonti  ate  $aj)ft  3nnoccnJ  XIII.  ^erbor.    2)en 
Äaifer  Karl  VI.  inbeftierte  er  mit  3?ecu;el,   berfelbe  liefe   tym  burc^  feinen  ©efanbten  ben  35 
©b  ba  Xreue  leiften,  fotoie  ben  3^ter  unb  ben  SefynSjinS  überreifen  (1722).   Slfö  nun 
aber  £ad  VI.  ben  fbaniföen  ^ringen  ®on  6arlo3  mit  $arma  unb  ^ßiacen^a  gemäfe  ben 
Serabrebungen  beö  Äongreffed  bon  Gambrab  belehnte,   |o  proteftierte  ber  tyapjt,  inbem  er 
bie  ^nbeftitur  ber  beiben  §erjogtümer  aU  fielen  beg   apoftoltfcfyen  ©tu^le^  für  ftc^  bean= 
faulte  (1723).   ©eine  fc^on  toä^renb  ber  Nuntiatur  betätigte  Abneigung  gegen  ben  §&  40 
fuiteiiütben  fott  Snnoceni  XIII.,  atö  er  bon  bem  alle   ^ctyjtlicfyen  ©rlaffe  bemängelnben, 
bem   Scgaten    offenen  23iberftanb  entgegenfe^enben  Sene^men    ber   3^fu^cn   'n  6^na 
Ambe  erhalten  ^atte,   ben  ©ebanten  na^e  gelegt  baben,   ben  ganzen  Orben  aufju^eben; 
artaing  mtd^  bie  ©ejeüfd^aft  ^efu  biefe^  3Kal  noct;  bem  ^ernic^tung^urteil,    fo  na^m  i^r 
boty  ber  ^apft  ba§  Stecht,  in  ty'ina  uRiffton  ju  treiben,  unb  berbot  i^r   bt3  auf  toeitereä  45 
bie  Aufnahme  neuer  ©lieber.    &iefe3   entfe^iebene  äluftreten  gegen   bie  ©cfyüler  Soi;ola3 
benötigte  immerhin  bie  geinbe  berfelben  ju  ber  §offnung,   bafe   nun  aud^  ber  Sßapft  in 
b«  Angelegenheit  jener  bon  ben  ^efuiten  toä^renb  De«  $ontiftfat$  6(emeng,  XI.   burc^- 
9cfAtcn  Äonftitution  Unigenitus,    tnelc^e  101  ©ä^e  au«  bem  31%  Due«nel«  aU  janfe- 
ttj&W  berbammt  ^atte,  ju^  bon  bem  ßinflufe  ber  ©efeQfc^aft  ^efu  befreien  unb  bie  33c-  50 
jfawumgen  biefer  Sülle  ermäßigen  toerbe.    Sil«  Äarbinal  (;atte  er  fiety  allerbing«  in  mifes 
UAgct  Seife  über  ba«  Serfa^ren  Slemen«'  XI.  geäußert,  ber  bie  Äonftitution  tyabe  ab= 
Wfm  unb  prodamieren  laffen,   o^ne  fic  ber  Begutachtung  be«   gefamten  ^eiligen  Rotte 
ptm«   ju  untertberfen.    äl«  nun   im  %at)xt  1721    [\ä)  7  fran^öfifc^e  93ifcfyöfe  mit  ber 
Sitte  um  Xuf^ebung  ber  SuQe  Unigenitus   an  ^nnocen}  XIII.  manbten,   liefe  er  ba«  55 
Schreiben  berfelben  berbammen,   unb  forberte  bie  bebingung«lofe  annähme  ber  5tonftitu- 
tw«.    ©egen   bie  Serec^tigung  unb  ©iltigfeit  berfelben   er|ob   auc^>  Äarl  VI.    al«  S3o 
bcnWer  ber  Jlieberlanbe  unb  al«  Äaifer  SBibcrfprud;.    geboety  bie  Sorberung  be«felben, 
bafe  in  feinen  Sanben  roeber  gegen  Säten  no$  gegen  ©eiftlic^e,   tbel^e  bie  Slnna^me  ber 
9UU  Unigenitus  berhxigerten,   mit  ftrc^ltc^cn  ©trafen  borgegangen  merbe,  berlor  mit  t>o 


152  dttttoceua  XIII.  3nq«ifitum 

ber  «fteit,  je  me&r  ^nnocenj  XIII.  barauf  einging,  ben  Äatfer  mit  SReapel  ju  belehnen, 
an  (Intföiebenfyeit  unb  fanb  tyren  flägltc^en  Slbfcfylufe  in  ber  faiferlic&en  ©rflärung  an  ben 
Sifc&of  toon  ©ent  (1723),  ber  SJeftrafung  ber  ©egner  jener  Äonftitution  ftetye  nichts  metyr 
im  SBege.   ©einen  ßifer  für  bie  SBieberfyerfteflung  ber  jfotyolifctycn  Äird&e  in  ©nglanb  be= 

b  tx>ied  ber  ^Japft,  inbem  er  bem  englijcfyen  Äronprätenbenten  3afob  III.,  tote  er  toätyrenb 
feinet  Aufenthaltes  in  9lom  genannt  hmrbe,  nic^t  blofi  naety  bem  SSorbilb  (Siemens1  XI. 
eine  beträchtliche  jäfyrlictye  ^enfion  gctoäfyrte,  fonbern  noefy  aufeerbem  100000  ®ulaten 
für  ben  gaU  juficfyerte,  bafe  gtinftige  Umftänbc  tym  einen  Stampf  um  ben  93efi$  ber  eng» 
lifcfyen  Ärone  unb  bie  Ausbreitung  ber  fattyolifd&en  flirre  in  bem  toiebergetoonnenen  SReidJe 

10  ermöglichten.  ®er  $ob  gnnoceng'  XIII.  erfolgte  am  7.  9Rär$  1724.  Die  Seitgenofjen 
fcfyilbern  biefen  *Papft  afä  eine  friebliebenbe,  babei  aber  ate  eine  energifd&e  5ßerfönKc^feit 
3)ie  $urcfyt,  bie  balb  naety  feiner  SBafyl  eine  allgemeine  war,  er  toerbe  bem  SRcpottemuS 
frö^nen  —  bie  ©rfyebung  eine«  SBertoanbten  $um  Äarbinal  tyattc  SSeranlaffung  ju  biefer 
SeforgmS  gegeben  —  crtoieS   fiefy  als  böllig   unbegrünbet;    ber  ÄarbinateRepot   erhielt 

15  feine  fyöfycre  Summe,  afe  bie  bon  ber  Suffe  IJnnocenj'  XII.  (f.  ©.  149,  is)  borgefe^en 
toar.  (8MeI  t)  »eurtt^ 

Snquifition  (Inquisitio  haereticae  pravitatis).  —  fittteratur.  I.  Ouellen. 
$gl.  bie  üitt.  $u  ben  Vlrtt.:  ©üdjerjcnjur,  Söu&büdjer,  Söufce,  ©eridjtSbarfeit,  fir<$(.  $avipU 
queflen  finb  für  bie  Drganifation  u.  f.  ro.  (£9mertd)3  „$irettortum"  u.  ßimbord)§  9(u$gnbe  ber 

20  Xouloufcr  Elften.  $a§  ©rftere  ift  ein  am  Woignoner  #ofe  1376  öerfafctefc  fieljr*  unb  $anb- 
bud)  für  bie  3nquifitoren;  e3  ift  ftetS  als  juuerläffigfter  gityrer  in  Sachen  ber  3-  betraget 
unb  1580  uon  bem  fompetenten  fpan.  Xtjcoiogcn  ^ena  in  9?om  neu  cbiert  unb  ©regor  XIII. 
geroibmet  roorben.  SBgl.  $enif(e,  $.  £bfcör.  be§  „$trcftortum*:  flrcfcto  für  ££©  1885,10. 
&ic  HuSgabe  ber  uon  1308—1322   reidjenben  Urteile  beS  Souloufer  3.*©eric$teS  burd)  fiim* 

26  bord),  ^rofeffor  am  ©emtnar  ber  SRetnonftranten  in  9fmfterbam,  erfolgte  1692  auf  ©runb  ber 
in  (einen  öefifc  gelangten  Driginaltjanbfdjrift.  6ie  bilbet  ben  Slnfjang  oon  ßimbord>$  Hist 
Inquisitionis.  $ud)  fonftige  „©enteren"  be8  %.*®tx\d)M  finb  in  jiemlid)  großer  3al>l  be« 
fannt  gemadjt,  u.  a.  burd)  filorente,  in  ber  ©efd).  ber  3.  (f-  u.),  burd)  $omenico  ©ertt  (Di 
Giov.  Valdes  ecc.  ^ubtifationen  ber  R.  Accadcmia    dc'Lincei    a.  1877/78  [9Jom]);   bureft 

80  Comba,  I  nostri  Protestanti  II  (1897);  burd)  ben  9ief.  bie  Sentenzen  ber  römifeften  3»  ön* 
ben  Sauren  1564—1567;  Rivista  Cristiana  [Slorenj]  1879—80;  au«  ber  nämli<&en  Oueüe 
(Dublin,  ©IM.  be«  Trinity  CJollege)  burd)  ®ibbing3  mehrere«  1852;  1856.  (Stne  ooaftfinbige 
©ammlung  ber  bie  Mfd)öfltd)e  unb  päpftlldje  3-  in  &en  ^icbevlanbcn  betr.  ^ftenftürfe  tat 
$rof.  ^aul  grebericq  in  ©ent  begonnen :  Corpus  Documentorum  Inquisitionis  haeret   prav. 

35  Neerlandicac  I  (1025-1520)  1889;    II  (1077-1518)1896;    bort  werben  (I,  6.  526 ff.;  II, 

314 ff.)  au(b  bie  tjanbfdjriftüdjen  Ouellen  für  ben  ©ereid)  ber  9?ieberlanbe  foroie  baS  gebrudte 

Material  für  bie  aUgcmeine  ©efd)id)tc  ber  3-  in  fonftwo  nidjt  erreichtem  Umfange  angegeben. 

II.  Bearbeitungen.    A.  Dvganifatton,  Äompetenj  u.  f.  to.:  ugl.  biefiebrbüc^er 

be«  fat^oltfdjen  Äirdienredjtä,   oor  aOent  ^infefttu«,    ©Aftern   bc«  f.  Ä.   mit   bef.  IRüdf.   auf 

40  5)eutfcbK,  S3b  IV,  V  (33erltnl889,  95);  Bern.  Guidonis,  Practica  Inquisitionis  haer.  prav., 
ed.  Douais,  $ari«  1886  (boju  Xf)£3  1886,  n.  6)  unb  föeufcb,  Galilei  S.  74.  Doctrina  de 
modo  proced.  contra  haeret.  (Martenc  et  Durand,  Thesaurus  V,  col.  1795-1822;  9Jcu6, 
©ammlung  ber  Snfcrutt.  b.  fpan.  S-^crtcftt«,  |>annot)er  1788;  Renner,  ©eitr.  5.  Crgan.  u. 
S?ompetenj   b.   päpftl.  ^efergertebte  (fietpjig  1890);  Bangen,   3)ie  röm.  Ihirie,   i^re  gegentu. 

4ö3uf.  u.  itjr  ©efd)«ft*gang  (fünfter  1854).  —  B.  ©efdjicbte  ber  3.  im  allgemeinen: 
Lud.  a  Pararao,  De  origine  et  progreseu  off.  S.  Inquisit.  (Wabrib  1598;  1692;  Äntw. 
1619);  Phil,  a  Limborch,  Historia  Inquisitionis  (f.  0.);  Jacques  Marsollier,  Hist.  de  Tln- 
quis.  des  son  origine  ((Sofognc  1693);  Srieb.  ^offmann,  (Befd).  b.  3..  2  53be,  öonn  1878; 
Ellies  Dupin,    Mdmoires  hist.  pour  servir  ä  l'hist.  des  Inquisitions  I,  II  (dologne  1716); 

60  Rodrigo,  Hist.  verd.  de  lal.,  3  93bc,  'ÜKabrib  1876;  Ortiy  Lara,  La  Inquisizion,  ebb.  1877. 
Mittelalter:  Lca,  A  Historv  of  the  I.  in  the  Middle  Ages,  I— III  (Wetunort  1888); 
&icfer,  3)ie  gcfe&l.  öinfiifjrung  ber  Xobeöftrafe  f.  ftefcerci  (^Wt.  b.  Snfttt.  f.  öfterr.  ©ef^iebt** 
forf(bung  1880,  I.  ©.  177—226);  Havet,  L'h4r6sie  et  le  bras  s^culier  au  moyen  age  jus- 
qu'au  13°  siecle  (Hibl.  de  TEcole  des  Ch.  1881);  Esmein,  IJist.  de  la  proc4dure  crim.en 

65  France  .  .  depuis  le  XIII«  siMe  jusqur  ä  nos  jours  (^art§  1882);  61).  ©cbmibt,  Histoire 
et  doctrine  de  la  secte  des  Cathares  et  Albigeois,  I.  p.,  ^ari«,  Geneve  1847;  Moünier, 
LTiiquis.  dans  lc  midi  de  la  France  au  XIIle— XIV*  siecle,  ^ari«  1861 ;  Douais,  Lee 
sources  de  l'hist.  de  VI.  dans  le  midi  de  la  France  (Rev.  des  Quest.  Hist,  ^ari«  1881); 
Frederichs,  Robert  le  Bougre,  Gent  1892  (Travaux  de  la  Fac.  de  Philos.).      »gl.  j.  9Ro= 

60  linier,  3)ouat«  u.  a.  $t)£3  1886,  n.  1—3  (^Bcfprecbungen  uon  ft.  Mütter);  Moll,  Kerk- 
geschiedeni8  van  Ncderland  voor  de  Hervorming,  II  c.  XVI,  7  (Utred)t  1869); 
betitfdjc  iBearbettung  üon  3UPP*C  (^cip^tg  18D5)  ©.  445-453;  Acquoy  Excursus  de  haeret 
pravit.  Inquisitiono  (Anfang  ju  beff . :  Gerardi  Magni  Epp.  XIV,  Wmft.  1857);  Poullet, 
De  la  r^pression  de  rhe>6sie  au  XVI  °  siecle  (Revue  gtfner.  Bruxelles  1877,  p.  145—179); 


Snqutfttion  153 

De  Hoop-Öcheffer,  Gesch.  d.  Kcrkvervorming  in  Nederland  tot  1531  (Slmfterb.  1873) 
betttfö:  *Jetyjigl886) ;  fiitt.  betr.  Äonrab  u.  Harburg  unb  bic  ©egarben  unb  ©egtynen 
wr  ben  betr.  wrtt.  SSgl.  SBattenbad),  Ueber  b.  3.  gegen  bie  SBalbenfer  in  Sommern  unb  b. 
»ar!  JBranbenburg  (HöH  1886);  SBilmanS,  8- ©efd).  b.  röm.  3.  in  $eutf<blanb,  14.  u. 
15.  3aftrb.#  $8  XLI,  193—228;  Wibbcf,  ©efd).  ber  3.  in  ^eutfdjl.  (8.  f.  uaterl.  ©ef*.,  6 
fRünfter  1888);  Mulder,  De  uitvoering  der  geloofsplakkaten  .  .  .  te  Antwerpen  1550— 
1556;  Frederichs,  De  I.  in  Luxemburg  .  .  (in  :  Twe  Verhandelingen  over  de  I.  in  de 
Nederianden,  S'Gravenhagc  1897  (?)  f.  Anzeige  in  £f#3  1898,  n.  5);  #infd)iu$,  $ie  9Tn* 
»eifungen  f.  b.  fpan  3.  tom  3o^  1561  ($.  3.  f.  $Urd)enrec&t  VII,  203—247).  Wo\\\tn 
übet  $.  X.  entlegenere  Seröffent  Itcbungen  neueren  Datums  giebt  #aupt  über:  Snquifttion,  10 
«bergfaube,  Äefrcr  k.  (3Ä©  XVI,  6.  512  ff..  XVII,  6.  270  ff.). 

Unter  ben  Sinrictytungen  ber  römifcr)=fatfyolifcf)en  Äirc^e  giebt  e$  leine,   über  toelcf)e 
bie  Urteile  berfd&tebener  lauteten,  als  über  bie  3nquifition.    2Bär)renb  bie  ©egner,  befon* 
berd   bie   auf  ^roteftantifd^er  ©eite,   faum  SBorte  genug   finben,  um  tyren  Slbföeu  bor 
berfeEben  auSjubrticfen,  ftnbet  fie  unter  ben  fatfyolifcfyen  Geologen   big  auf  ben  r)eutigen  15 
Sag  $a$lrei<$e,  bie  fie  in  ©cr)uft  nehmen,  ja  bie  begeiftert  ir)r  £ob  berfünbigen.   $n  &em 
achten  Sanbe  be$  Slrcfciba  für  fatfy.  Äirc$enrec$t  r)anbelt  ^rofeffor  ÜWartenS  über  bie  bog« 
matif<$e  Searünbung  ber  peinlichen  Seftrafung  ber  Äe$er  (©.  201  f.)  unb  fuc^t  au$  ber 
Sannbulle  2eo3  X.  gegen  Sutfycr  ben  SetoeiS  ju  führen,  bafe  e$  nacr)  ^ö^ftlid^em  2tu& 
frruc^e  ein  SBerf  be$  ^l.  ©eifteä  jei,  Äefeer   m  berbrennen  —  e$   tr)ue  not,  meint  ber  ao 
8erfaffer,  biefe  2öatyrr)eit  gegenüber  bem  falfdpen  SiberaliSmuS  ber  Reit  rinjutoärfen.  ?jn 
leiten  Äreifen  erregte  ein  humaner  unb  feinfinniger  fatfyoltfcfyer  ßirepenr/iftorifer,  *ßrofeffor 
SxfyroerS  in  Sonn,  2tuffefyen,  afö  er  bie  3nquifüion  „ein  tuo^It^ättge^  Qnftttut  bon  toelt* 
errettenber  ffirrffamteit"  nannte;   unb  nief/t  minber  bie  „Seuctyte  ber  Sßiffenfäaft"  im 
faltigen  Spanten,  ber  gelehrte  STOenenbej  $elago  in  ÜWabrib,  afö  er  beim  Reiten  Gen*  25 
tenartum  GalberonS  einen  begeifterten  Xoaft  auf  fie  ausbrachte. 

SBenn  bie  Urteile  fotoeit  auSeinanber  geben,  fo  toirb  nur  eine  ctnger)enbe  inSbefonbere 
bifhmfc&e  Untersuchung  über  baS  ^nftitut  ftdjeren  93oben  jur  Beurteilung  Raffen  fönnen. 
fcabei  finb  nun  mehrere  GnttoicfelungSperioben  $u  untertreiben,  bie  nic^t  blofe  in  bem 
Umfange  ober  ber  2lrt  ber  SBtrffamfeit  93erfcf/iebenr)eiten  auftoeifen.  3)enn  baä,  toaS  unter  30 
bem  Begriff  „^nquifition  in  ber  2llten  Äircbe"  gebraut  toerben  fann,  ift  tttotö  grunb* 
fä$lu$  anbereä  afe  ba$  SnfttM  ^  römifcpspäpftlicfyen  Äe$ergericr)te,  unb  gegenüber  bem 
ungeheuren  Umfange  biefer  lederen  unb  ifyrer  faft  ungehemmten  3Birffamfeit  im  ÜWttteU 
alter  bieten  bie  9tepriftination3berfucr)e  feit  ber  3eit  ber  Sieformation  ober  genauer  gefagt 
ber  (Segenreformation  boety  nur  an  einzelnen  ©teilen  ba^  93ilb  einer  gefc^loffenen,  um^  36 
jaffenben  unb  erfolgreichen  SBirffamleit.  %t(t)tm  toir  nun  gemäfe  ber  fo  angezeigten  brei= 
fachen  Xeilung  ben  ©toff  borlegen,  ftnbet  ber  Sefer  einen  nicr/t  untnefentltc^en  leil  ge= 
gefonbert  m  ben  8QC.  »üc^erjenfur  (93b  III,  ©.  523  ff.)  unb  ©erid&tsbarfeit,  firetyl.  (93b  VI 
6.  585  ff.)  be^anbelt. 

I.  „Snquifition"    in  ber  alten  Äircf/e.    „3n  bw  a^m  Äird^e  gab  e«  feine  40 
©nric^tung,  bie  ber  3-  <*ud&  nur  bon  ferne  ä^nlic^  getoefen  toäre,  feine,  bie  allmä^Uc^  ju 
einem  berartiöen  (^ftlid^en)  3"ftttute  r>ättc  fortgebilbet  tnerben  fönnen.    3)a^  game  93e5 
tott^tfein  unb  bie  r)errf<$enbe  ©inne^toeife  ber  6r;riftenr)eit  in  ben  erften  bier  3^^unoerten 
teiberftritt  bem  3^nge  in  religiöfen  fingen  . . .  SltyanafiuS  erflärte,  gerabe  bieS  fei  ein 
ftetmjei^en  ber  toafyren  SReligion,  ba^  fte  niemanb  jtoinge,   toie  ja  aud^  6r)riftu«  felbft  46 
jrtfan  ^abe  •  ba^  SSerf olgen  fei  bielmefyr  eine  ©rfinbung  unb  ein  Kennzeichen  be^  ©atan^" 
(löttinger,  n.  ©Triften,  1890,   ©.  295).     3n   ber  Zpat   trägt   biejenige   (Sinric^tung, 
toel^e  me^rfad^  atö  bie  SBurjel   ober  bie  ältefte  Betätigung   einer  äuffudfiung  unb  93e= 
fbafroiß  abh>ei(^enber  religiöfer  Stnftc^ten  angefe^cn   unb    jo  ate   erfte  (Snttnicfelung^ftufe 
fcer  3.  betrachtet  toirb,  nämlic^  bie  au$  Slnlafe  ber  nobatianifc^cn  ©treitigfeiten  getroffene  60 
ober  bei  tynen  guerft  begegnenbe  6inric^tung  bon  nQFoßvjeQoi  negl  firravolag,  in  beren 
8em<^  au$  bie  Slepreffton  ber  3^^^r^n  gefallen   fein   foü*,   einen,  ruie  fcfyon  ber  3tame 
jeijjt,  bdttig  anberen  ß^arafter,  unb  unter  ber  Subrif  ber  berfcr)iebenen  Berge^en,  toelc^e 
W  ber»ufebi^u;lin  (bßl.  b.ä.  93ufee  Sblll  ©.  586,  n»)  in  Setrac^t  fommen,  befinbet  fi<$ 
ber  Sfrtww  ober  bie  2lbtoeic§ung  in  ber  Sc^re  in  biefen  3e'^n  nid^t.   6«  ift  falfcfy,  tomn  66 
».  Wfy  in  ber   1.  Sluflage  bed  Äird^enlcrifon^  bon  2öe$er  unb  SEBelte  (^reiburg  1850, 
6.  648)  behauptet :  „3)ie  §ärefte  ober  Äe^erei",  b.  r/.  bie  toiffentlic^e,  öffentlid^e  unb  be- 
barrlu^e  Bbtoeicriung  bon  ber  fircf/ltcf/en  2e^re   „toar  bon  i er)er   einä  ber   erften   unb 
graten  $erbre<£en,  gegen  roelc^e  bic  firc^li^c  ©trafgetoalt  einfe^rttt".    3)a«  ift  nid^t  ber 
tyntergrunb,   oor  toeld^em   bie  Äc^erbeftreitungcn  ber  erften  3ö^r^unberte,  felbft  bur$  eo 
emen  ßb^baniu^  ober  Xertullian,  bor  ftd^  gc^cu.    3)ie  ftr$ltc$en  £e^rer  biefer  3eit  be= 


154  Sttqtttftttoit 

riefen  fiety  Dielmefyr  auf  bie  Parabel  Dom  Unfraut  unter  bem  SBetgen,  ober  triefen  barauf 
§in,  bafe  ber  §err  felber  bie  Singer  getabclt  fyabe,  als  fte  geuer  Dom  ^tmmel  berabntfen 
tooHtcn.  ©elbftDerftänblicfy  tourben  Äejjereien  im  33erei#  ber  d&rifttictyen  Sefyre  fccfämpft 
—  aber  fd^n>crltc^  mit  anberen  als  getftlittyen  SBaffen.  Unb  obtootyi  fd&on  bei  Jtonftantin 
6  bie  ßinfyeit  be$  ©laubenS  ober  genauer  bie  Uniformität  be3  SefenntniffeS  im  SReidfr  Dom 
politifcfyen  ©efid&tstoinfcl  au$  fefyr  fyo<$  getoertet  lourbe,  fo  tyat  e*  bod&  noc$  bis  auf 
IfyeoboftuS  gebauert,  bis  ein  d^riftlid^er  Äaifer  e$  angezeigt  fanb,  au|er  Verbannung, 
eDentuellc  Sobeäftrafe  auf  (manic^äifc^e)  Rederei  ju  fefcen;  „aber  bieä  gefefcaty",  mefait 
®öllinger  a.  a.  0.  ©.293,  „nur,  um  guretyt  einzuflößen,  an  bie  SSottjietyung  berfötoeren 

10  ©trafen  tourbe  nic&t  gebaut"  (f.  u.  Slbfd&n.  II,  B). 

GfyrtyfoftomuS,  bem  eine  rücfftd&tätootte  Se^anblung  ber  Slefcer  feineetoegä  eigen  toar, 
toollte  bod?  Don  Serfyängung  ber  SobeSftrafe  über  fie  nichts  toiffen:  „lötete  man  fie 
um  ifyrcr  2lbft>ei$ung  hrillen,  fo  fyiefee  ba$  in  ber  SBJelt  einen  unfüfmbaren  Ärieg  er* 
regen  (hom.  46  ju  5Wt),   unb  no<$   um  450   bezeichnete  ber  Rirc^en^iftoriler  ©ofrateä 

iö  überhaupt  Verfolgungen  toegen  §ärefte  afe  ettoaS  ber  rechtgläubigen  Äirctye  grembed. 
^njtoifc^en  fyatte  jeboef)  im  Slbenblanbe  3luguftinu$,  infolge  feinet  langen  ÄampfeS  gegen 
bie  2)onatiften  ber  eigenen  früheren  Überzeugung  entfagenb  unb  Don  ber  bUtyer  in  ber 
ganzen  ftircfye  fyerrfcfyenbcn  Slnftd&t  abtoeidpenb,  bie  2^eorie  Don  ber  3fac$tmäjjigleit  be$ 
religiöfen  3^an0^  unb  *><*    Verfolgung   StnberSgläubiger   feftgeftettt"    unb   töxpcriity 

20  ©trafen  gegen  bie  Slefcer  empfohlen  (Epist.  93  ad  Vincent.,  contra  Oaudent.  L  I; 
Ep.  185  ad  Bonif.).  $aft  man  trofc  feinet  ^rotefteä  gegen  bie  Sfyplttation  ber  Xobeö* 
ftrafe  an  Äefcem  boety  fic^  beStyalb  fpäter  auf  tyn  bezog,  f.  u.  —  ^nbefe  hergingen  nod&  fec^d 
bis  fteben  gafyrfyunberte,  bis  im  Dccibcnt  bie  3:fyeorie  Dom  SteligionSjtoang  unb  Don  ber 
getoaltfamen  Sluärottung  ber  Äefcerei  ju  Dotier  ©eltung  tarn,  na^bem  unter  ben  Zapften 

25  $eo  I.  fte  zuerft  gerabem  gebilligt  fyatte  (Leonis  Opp.  Epist.  15  ad  Turribium).  3n 
ber  gtoifcfyenzeit  fyatte  fiety  fefcerifcfye  C^ofttion  Dielfacty  erhoben,  toätyrenb  audj  Stcfte  ber 
^eibnifc^en  Stcligion  )ä£e  in  getoiffen  ©<$ictyten  ber  SBölfer  hafteten.  Slber  „in  Stoßen 
fyattt  man  unter  oftgotifcfyer  unb  longobarbiföer  ^errf^aft  gelernt,  bafc  Strianer  unb  Ate 
t&olifen  jatyrfyunbertelang  mit  toecfyfelfeitiger  3)ulbung  neben  einanber  too^nen  foiutien" 

ao  unb  gegen  ^aganien  fcfyriti  ber  toeltlic^e  2trm  ein.  2Bo  anftöfcige  ^Meinungen  laut 
tourben,  follten  bie  ©enbgericfyte  (fo  nac$  Can.  8  be^  Conc.  Tarraconense  D.  516)  bem 
Übel  abhelfen  —  toie  benn  aud^  bie  farolingiföe  ©efc^gebung  naj^  biefer  ©cite  §m  85e* 
ftimmungen  trifft  (Capit.  Car.  Magni  a.  769,  c.  7:  2)ie  Sifd^öfe  foHen  investigare 
et   prohibere   paganas  observationes   divinosque  vel  sortilegos,   aut  auguria, 

85  phylacteria,  incantationes  vel  omnes  spurcitias  gentilium;  na$  Capit.  a.  813, 
c.  1  [ollen  fte  beioeifen  inquirendi  Studium  de  . . .  malis  quae  sunt  contraria  Deo, 
quae  in  Scripturis  sacris  leguntur,  quae  Christiani  divitare  debent).  3n  k>iefen 
in  regelmäßigen  3^iWenräwmen  aufgeführten  (äße  SKifeftänbe  ^erDorjie^enben)  ©enb* 
gerieten  ^at  man  ben  2lnfang  ber   bifd^öflic^en  ^n^wiption  z«  fud^en.    „6«  h>erben"r 

40  Jagt  §infd^iu$  (fat^.  Ätrd^enrcd^t  V,  ©.  427)  „in  jeber  Pfarrei  alaub^afte  unb  angefefcnc 
aRänner  (juratores  synodi,  testes  synodales,  ©enbzeugen),  für  bie  Siegel  fteben,  Dom 
Sifcfjof  ciblic^  Dctyflic^tet,  alle  fir^lic^en  Serge^en  bem  ©enb  im  Äenntni«  ju  bringen. 
3)a3  (S^arafteriftifdSie  liegt  barin,  bafe  fie  eine  ©etoetyr  bieten  foHten,  bafc  möglic^fi  alle 
©traft^aten  zut  Äenntniä  beg  Sifdfiof^  gebraut  toürben   unb   tyre  SSeftrafung   nic^t  blo| 

45  Don  rein  zufälligen  Umftänben  . . .  abhängig  blieb.  2)ie  Unmöglic^Ieit,  auf  anbere  SBeife 
bie  Seftrafung  ber  ftrd^Iid^en  5Berge^en  zu  ftcfyern,  fd^eint  zur  Übertragung  jener  toeltlic|[äi 
©inric^tung  auf  ba^  f trcfylicfye  ©ebiet  bie  9Seranlaffung  gegeben  jut  ^aben,  unb  barum  tmrb 
man  bie  Einführung  ber  „^nquifitton"  feineäfalfä  Dor  bie  Hflittt  be^  9.  3afy$unbert* 
ZurücfDerlegen  bürfen  .  . . 

60  „2lfö  nun  feit  bem  (Snbe  be^  11.  ^a^unbert^  baä  ^ilbebranbjdfe  $aj>alf9ftem  fä 
cnttoidfelte  unb,  Don  einer  9Kacfytftufe  zur  anbern  folgerichtig  fortfe^reitenb  ba^ganje  fin^f» 
lid&c  Seben  unb  ®enfen  zu  unterwerfen  ftrebte"  (3)öDinger  a.  a.  D.),  ba  erfc^ien  auq 
jebe  äbtocicfyung  Don  ber  iSe^re  unter  bem  ©eftcfytötüinfcl  einer  ftrafbaren  äufle^mutg. 
iälan  ftemj)elte  biefelbe  zu  einem  SBerbrccfyen  ber  beleibigten  göttlichen  3Jta|eftät  unb  über* 

56  trug  bie  SJeftimmungen  be$  römifd>en  SRcd;tö  über  9RajeftätSDerbrec$en  auf  bie  ^ärefie. 
Stomas  Don  3lquino  eignete  ftd{>  bie  ©rünbe  Sluguftin«  für  ben  ©lauben^toang  (feÄp 
bie  befannte  falfd^e  @r!lärung  beä  compelle  intrare  bei  £c  14,  23)  an  unb  führte  bcö 
SBort  be^  3lj)oftclö,  bafe  man  einen  ^äretifer  nac^  ^tueitnaligcr  Dergeblid&er  (Srma^nung 
meiben  folle,  bal;in  au$:   bafe  biefe  SJermeibung  am  beften   burd^  §inridj|tung  gefc^e; 

eo  bei  SRücffäHigen  fei  auc^  eine  33e(e^rung  uic^t  me^r  nötig    —   bie  foS  man 


3nqtttfittott  155 

berbrennen  (Summa  II,  2,  9, 11,  art.  3,  4).  2Bir  ftefycn  bamit  fct)on  muten  auf 
tan  Soben,  au«  toclcr)em  bie  päpftlicfye  ^nqutfttion,  jene  bifct;öflicr)e  tiberbietenb,  r/errjor* 
getoad/fen  ijl. 

II.  A.  Die  bifcr)öflicr)e  unb  bie  pä|>ftU$e$nquifitton  imSKittelalter 
feit  1184.  3)ie  äbmad&ungen  2uciu«'  III.  unb  gftiebricr)  33arbaroffa«  in  SSerona  1184  6 
fkc^en  nix$  fcöKig  auf  ber  Sinie,  bafi  ber  S3if(t)of  ber  geborene  2Bäcr/ter  be«  ©lauben«  unb 
ber  Sitte  fei,  unb  ba«  6ntjcr)eibenbe  berfelben  liegt  in  bem  fünfte,  bafe  ber  Weltliche  2lrm 
tetyflicr)tet  Wirb,  unbebingte  §ilfe  unb  ßrrfution  ju  leiften.  6«  War  bie  3«*/  too  c^nc 
neue  unb  aefär)rlid&e  2er)re,  an  gewiffc  altgnoftiföe  ©r/fteme  erinnernb  burcr)  ir)re  93er* 
miföung  {rJriftUcr/er  unb  nid)t(r)riftli(r)er  Elemente,  t>on  Often  r)er  grofce  Seile  ber  Sänber  10 
be«  SRtttelmeere«  erfüllte.  3Kan  nannte  ir)re  Slnfyänger  berfäieben:  fyier  2Hanicr)äer, 
bort  Äat^arer.  33i«  1179  Waren  fie  fcr)on  fo  jaf)lreicb  in  ©übfranfreicr;  geworben,  bafj 
SIesanber  IV.  bereit«  gemannt  fyatte,  fie  mit  ©eWalt  ju  unterbrücfen.  2)en  form* 
fielen  3teKgum«frieg  r)at  Ignnocenj  III.  gegen  fte  organiftert  —  je$t  fyiefe  e«  auet;,  eine 
{ufcerfäffiger  toirfenbe&orm  ber  ^nquifition  ftnben,  ba  Wenigften«  nad)  berSReinung  eine«  15 
feiner  nä$ften  SRad/folger,  ©regor«  IX.,  bie  Sijc^öfe  fic$  teil«  ju  milbe,  teil«  m  läfftg 
pigterL  3)urd)  biefen  ^Japft  unb  ben  gleid)geftnnten  ^nnoceng  IV.  ift  ba«  ^nftitut  ber 
pfyftli$en  3nquifition  neben  ber  bif$öfli(r)en  organiftert  unb  in  Umfang  unb  ÜRormen 
im  roefentlicpen  feftgefteUt  Worben.  Spätere  köpfte,  rx>ie  ©regor  XI.,  r)aben  ba«  SSor* 
fanbene  nur  noer;  in  @injelr)eiten  ausgebaut.  20 

B.  Drganifition  unbßompetenj  ber  päpftlicr)en  Snquifition  (t>gl.§in* 

föiu«,  Sangen  u.  Renner  a.a.O. u.  b.  „Quellen"):  5Der9tame  „Sanctum  officium" 

be)ei$net  ein  3^fa4^:  einerfeit«  bie  SlbjWecfung  biefer  ©ericr)te,  bafe  fie  nämlicfy   bie 

Rinfc  beito.  2et)re  ß^rifti  rein  erhalten  —  anbererfeit«   ifyre  SBürbe  unb  Stellung:   bafe 

fie  urtt>erle$(icr)  unb  bon  rr>eltlicr)en  ^nftanjen  unabhängig   fein  foHen.    ®ie  Beamten  25 

(officiales,  ministri)  reffortieren,  ba  ba«  ©ericfyt  al«  ein  allgemeine«,  bie  ©ejamtfirdje 

einheitlich  umfaffenbe«  gebaut  ift,  bireft  bom  $apft.    2ln  it)rer  ©pifce  ftefyt  ber  3nqui= 

jitw,  unter  ibm  jWeierlei  gunftionäre:   jolcfye,  Weld)e  gleid?  tym   tyre  I^ätigfeit  lebiglicr; 

ber  ^ßrogefsfflr/rung  Wtbmen  (SWotare,  Äonfultoren)  unb  fold&e,  tt»eld>e  bie  abminiftrattoen 

mb  ©jefutirlgejcr/äfte  beforgen  (familiären :   @efängni«berWaltcr,  untere«  ©tenftperf onal  so 

mb  bie  mit  ber  ©iequeftrierung  betrauten  Beamten).  2)ani  treten  faäter  unter  befonberen 

$ar)attniffen  ber  ^romotor  (pr.  fiscalis)  unb  im  Sereicp  ber  SRepublif  Senebig  bie  brei 

„Savii  sali'  ere8ia"   al«  3lffefforen.     Slngeftc^t«  ber  erforberlid^en   2)i«!retion   erflärt 

fa  bie  fc^on  in  ber  SJuHe  3nnocenj,  IV.   „Cum  a  quibusdam"  bom  14.  Wien  1249 

begegnenbe  änorbnung,  nur   fo   biele  Seamte  anjuftellen   h>ie  unbebingt   nötig.    Über  35 

bie  an  bie  Seamten  )u  fteflenben  älnforberungen  in  93e)ug  auf  ir)re  h)iffenfc^aftli(r)e 

vnb  ftttlic^e  Qualifikation  bgl.  Renner,  ©.  10—13 ;  über  tyre  «Pflichten  ebb.  ©.  14—23. 

Sie  frrenge  man  auf  SBa^rung  be«  3lmt«ge^eimniffe«  ^ielt,  ieigt  ber  Umftanb,  baft  33er= 

Ictying  belfeCben  ben  a8erbact)t  ber  Segünftigung  ber  Äe^er  begrünben  follte.    @in  ^ani= 

Wk«  &ptidflDOTt  fagt:    Cosäs  de  Rey  y  Inquisicion  ziton.     S)en  ftrengen  Slnforbe^  40 

ringen  auf  ber  einen  ©eite  entjpractycn  aber   axid)  bebeutenbe  perf online  Privilegien 

aaf  ber  anbern.    Sffieil  bie  Seamten  ber  3>nquifition  bireft  unter  bem  s$apfte  fter;en,  ftnb 

fie  mm  jeber  anbertoeitigen  ürc^fic^en  ©trafgetoalt  ejimiert  (SuUe  2llej.  IV.  to.  18.  Slbril 

1259,  Urban  IV.  t>.  4.  »uguft  1262  u.a.);   i^nen  finb  bie  nämlichen  »bläffe  gugeftc^ert 

tote  ben  iheugfa^rern  (öutte  $onoriu«' III.  D.  22.  3jan.  1219;  ©regor«  IX.  to.  31.  Oft.  46 

1233  x.  f.  bei  ßenner  ©.  27,  3.  1);    ferner  ftnb   fte  für  untoerlcfclicr)  erflärt  famt  al 

ifrtr  ^abe ;  fie  ftnb  bem  befonberen  ©cr)ufce  be«  toeltlicr)en  2lrmc«  empfohlen,  unb  e«  barf 

ba  3Nwifw»f  ot)ne  9%üdEftdt>t  auf  bie  jeweiligen  ftaatlic^cn  Drbnungen,   ftd^  nad^  S3ebar: 

böDaffnete  3)iener  galten  (©r^merid)  III,  qu.  56;    Slorente  I,  266);   cnblicr;   Wirb  tooDc 

Immunität  k>on  allen  Ittd^Iid^en  unb  Weltlichen  abgaben   i^nen  gugefvrodjien  (cf.  5)}ei7a,  w 

Com.  1  ad  num.  3;  Simbortr;,  II,  c.  13,  p.  137).    3llle  biefe  ^ßribilegien  Würben  buret) 

bie  9uOe  „Injunctum  nobis"  r>.  1458    unb   bie  Äonftitution  „Sacrosanctae  Rom. 

Eod.-1  ».  1570  beftdtigl  —  2>a«  Siedet  ber  au«Wa^l  unb  »nftellung  ber  ^nquifttoren, 

pn^ifM  ben  Rappen  rejerbiert,  Würbe  bon   biefen   in  trielen  Ratten   auf   bie  Segaten 

ttertnigen.     Sl«  bann   tm   13.  ^a^unbert  ber  3)ominifaner-  unb  ^ran^i«fanerorben  65 

ott^anb  unb  fi<r)  befonber«  Angehörige  be«  erfteren  ju  bem  9lmte  ber  ^nquifttoren  quali- 

fvatat  unb  brängten,  tibertrug  man  e«  tynen  (fäon  ©regor  IX.  burefj  bie  Sülle  „Olim 

inteUecto"  r>om  1.  ^ebruar  1234),  Wie  benn  über^aujjt  Drben«mitglicbcr  al«  erlernt  toon 

ber  btfct^flur^n  ®etoalt  al«  &orner)mlicr/  qualifiziert  erfd^einen  mußten.    3jn  au«giebigftem 

Sa|e  finb  barauft)in  bauernb  3Ritglieber  jener  Orben  (ugl.  Sea,  1  u.  2,  passim),  jeboef;  eo 


156  ^nqtttfttiott 

aud)  ßiftercienfer,  Senebiftiner,  (Sölcftincr  unb  Äarmeliter  Dertoenbet  toorben.  ®ie  Drben«* 
oberen  (bei  ben  3)omintfanern  ber  magister  provincialis  bejto.  generalis,  bei  ben 
granji«faner  ber  guardianus  prov.  begto.  ber  ©eneral)  foHten  bie  3lu«toa$l  treffen ;  bie 
ßafyl  ber  $u  2öä|lenben   richtet  ftd&  md)  bem  Sebürfniffe.    3)iefer  3Robu«  ber  ©teilen* 

5  befefcung  ift  bei  ber  Steorganifation  be^  3nf^tute^  1542  bafyin  geänbert  toorben,  bafc  nun* 
meljr  ber  Äarbinal«fongregation  bc«  ©auf  Officio  ba«  Siecht  berfelben  juftd  (Sülle 
„Licet  ab  initio"  $aul«  III.,  bgl.  u.).  Übrigen«  ift  ju  bemerfen,  bafi  bo$  nk&t  feiten 
Ignquifttoren  begegnen,  belebe  Don  ben  Sifööfen  unb  nicfyt  bireft  Dom  Sßopft  emgefefct 
ftnb  (f.  Renner,  ©.66).  —  3)ie  -Kacfytbefugniffe  ber  ^nquifitoren   ftnb   bebeuttnb: 

10  3)ie  Serfyängung  Krepier  3*nfuren  (ejtommunilation,  Stata**)  inebefonbere  ba«  Siecht 
ber  ©u«penfion  Scrbäd&tiger  Dom  ^rebigtamte  unb  ba«  ?Kectyt,  fufy  gegenfeitig  Don  gefefc* 
liefen  Äenfuren  unb  Irregularitäten,  in  toeld&e  fte  ettoa  DerfaHen,  *u  bi«penfteren.  Ueber 
bie  $<u)l,  bie  Stellung,  bie  gunftionen  unb  bie  Sßribilegien  ber  übrigen  „ministri"  Dgl. 
Renner  a.  a.  D.  ©.  93—191. 

15  2)ie  @eri$t«Derfyanblungen  ber  Ignquifttion  tourben  enttoeber  in  geeigneten  Räumen 
ber  jur  Serfügung  ftefyenben  Äerfer  ober  tttoa  in  ben  bifctyöflid&en  Sßaläften,  ober  in 
Älöftern  gehalten,  fall«  nicfyt  ein  befonbere«  ©ebäubc  baju  bortyanben  toar.  ©en  urforüng* 
Ixd)  Diel  begegnenben  ßfyarafter  Don  SBanbergericfyten  legten  bie  3nquifttion«geru$te  ab,  fo* 
balb  fte  feften  ©oben  gefaxt  unb   felbftftänbige  @inri<$tungen  gewonnen   Ratten.    Sltö 

2o9tecfyt«quellen  befyuf«  Stbmeffung  ber  ©trafen  in  ben  Qmtmitn  bienen  junäctyft  bie 
bezüglichen  päpftlictyen  Srlafje.  Salb  aber  bilbet  ftety  ein  ©tyftem  geföloffener  Zrabttion, 
bie,  abgcfcfyen  Don  ben  2)efretalen,  folgenbc  Quellen  auSfcfyöpft:  Sefölüffc  Don  ÄonjUten, 
befonber«  2.,  3.  unb  4.  2ateranfon$il  (1139,  1179,  1215),  flonjil  Don  Sienne  1311, 
Don  ßonftanj  1414— 1418,   5.  Sateranfonjil  1512—1515.     2Bo  ©efefee  ber   toeltltcfren 

25  SWäcfyte  in  Äonflift  mit  ben  Sntereffen  ber  3>.  gerieten,  trat  bie  Kirche  mit  aller  3Jto<&t 
auf.  Na$  Snnocena'  IV.  Sutle  „ Ad  exstirpanda"  Don  1252  unb  2  Süllen  Süegmber«  IV. 
Don  1257  unb  1260  fyat  eine  folcfye  ftaatlicfye  Serfügung  gar  feine  5h:aft ;  bie  toeltlufcn 
9Räcfyte  finb  unter  2lnbrofyung  fircfylicfyer  ©trafen  gehalten,  jene  Serorbnungen  bem  SU 
fctyof  ober  I^nqufitor  befyuf«  Prüfung  Dorgulegen  unb  je  naety  bem  ju  änbern.  —  ©ofern 

so  bie  gebadeten  9le$t«quellen  bo<$  no$  nicf>t  alle«  enthalten  toa«  jur  erfolgreichen  @r* 
lebigung  eine«  Äefcctyroaeffe«  nötig,  fo  bleibt  bem  freien  (Srmeffen  ber  ignquifttoren 
ein  toeiter  ©Kielraum :  fo  j.  S.  barüber,  ob  unb  toann  fte  eine  Konfrontation  ber  8n* 
gcllagten  mit  ben  3eugen  anorbnen  tooHen,  ob  auf  Tortur  erfannt  toerben,  tote  grofc 
unter  getoifjen  Umftänben  bie  ©träfe  fein  foH. 

35  ©cfytoierig  unb  intrifat  ift  ba«  SJer^ältni«  ber  päpftlic^en  Snqutfttton  ju 
ben  orbnung^mägigen  bif$öfli$en  Dffi^ialaten.  fiom)?etenjfonflilten  m  begegnen 
ift  ba  bie  Äuric  f^on  früfyc  bemüht  getoefen.  ©elbftDcrftänblic^  ftanb  ben  ^nquifttoren 
al«  unmittelbar  Dom  ^ßa^fte  SeDollmä^tigten  ber  33orrang  ju;  aber  fo  toentg  glaubte 
man  bie  Sifcfyöfe  Don  ber  fionfurrenj  mit  jenen  auefcfyliefcen   m  foDen,  bafc   t^nen  ai* 

40  brürflid^  ba«  Siedet,  eDentueU  „divisim"  Dorjuge^en,  juerfannt  tourbe.  Slnbererfettf 
toerben  bie  33if$öfe  toieberum  burc^  bie  3n<iwiflt0ren  tontrolliert:  ^anbelt  e«  ftd^  um  ben 
Serluft  ftrc^Itd^cr  SQSürben,  fo  mufe  ber  ^n^wifttor  ben  9iat  beä  Sifd^of«  ^ören  —  aber 
an  btefeS  einDerne^men  ift  er  nicfyt  gebunben,  toenn  ftd^  ergiebt,  bafi  bie  Sifc^öfe  bie 
33enefijtcn  toiffentlid^   an  fieser   Derlie^en   Ratten  (Dgl.  Renner,  ©.  272).    35te  3ujtän* 

46  big  feit  ber  3k©erid&te  hjurbe  noc^  toeiter  au^gebe^nt  als  bie  ber  gemeinen  bifd^ötltc^en: 
obtoofyl  auf  „Äefeerangelegen^eiten"  befc^ränft,  na^m  ber  Umfang  ber  gwftänbigleit  mit 
ber  fteten  2lu«be^tmng  bc«  Segriff«  ber  „formalen  £ärefte"  immer  me^r  ju;  toa«  gegen 
bie  ©lauben«^  unb  Sittenlehre  Derftiefe,  toa«  bie  fircfylidje  Omnipotenj  ober  ba«  fird^lic^e 
^ntereffe  ju  ftören  geeignet  f^ien,  fonnte  unter  ben  Segriff  gebraut  toerben.  ©o  gehören 

50  Dor  ba«  3-:®crid(jt  nid^t  blofe  haeretici,  fonbern  beren  defensores,  fautores,  adju- 
tores,  reeeptatores,  seetatores ;  bie  haeretici  toieberum  ftnb :  manifesti  ober  oeculti, 
affirmativi  ober  negativi,  perfecti  ober  imperfecta  poenitentes  ober  impoenitentes 
(pertinaces),  cnbltcfy  relapsi  (Dgl.  Renner,  ©.  304  ff.,  too  auc^  bie  Stecfctoetfungcn). 
Sei  ben  Jnfulpaten,   bie   junäc^ft  al«  „suspecti  de  haeresi"    ober   „sub  vehementi 

55  suspicione  haeresis"  ergriffen  unb  ^rojeffiert  toerben,  fteflt  ftc^,  toenn  fd^ulbig,  l»erau«: 
blasphemia  haereticalis,  sortilegium,  divinatio  magica,  maleficium,  pactum 
cum  daemone,  abusus  Sacramentorum,  falsificatio,  injurium  offendens  S.  of- 
ficium, contumacia  in  causa  fidei,  lectio,  retentio,  impressio  librorum  haere- 
ticorum  (f.  Süd;erjenfur),  apostasia  ab  Ordine  ober  a  fide.    9luf  eine«  ober  mehrere 

go  biefer  SDclihe  fpi^t  ftc^  bie  Sententia   ju,   ob  fte  nun  gegen  ttebenbe  ober  gegen  Zote 


3ttqtttjttiott  157 

fty  rietet,  ßjimiert  Dom  3k@eri$te  ift  nur  ber  $a}>ft,  toeil  er  ja  felbft  bic  Sityuifc 
toren  bebottmädjtigt,  and)  toeil  er  überhaupt  „a  nemine  judicatur" ;  aud)  %ättt  ber 
Kehret  bei  SKfööfen,  SRuntien  unb  3"^wif^orcn  fclbft  unterliegen  ber  j)ä>ftlio)en  ©erid&t«* 
barfeit  im  engem  @inne. 

3)er  toeltlid&en2Haa)t  gegenüber  ergebt  bie$S-  ba«  unbebingte  Verlangen  toeiteft  5 
ge^enber  Unterftüfeung ;   bagegen  barf  jene  fein  Stecht  in  Äira^enfac&en  ftcfy  anmaßen,  auf 
ben  $ro)efi  {einerlei  Üinflufe  üben  unb   fyat   ofync  ju  fragen  ben  2tnorbnungen  unb  bem 
Serfangen ber 3*@eriä)te golge  leiften.  2lu$  too  —  toie  in IBencbig  —  ber  Staat  fia)  eine 
Wittoirfung  fieberte,  fal)  man  bic«  fir$lia)erfeit«  nur  als  ein  „3)abeifi$en"  an.   3)ie  toelt- 
tidp  $Ra$t  toirb  lebiglia)  al«   „executor"  ober   „minister"   be«  3.=@eria)t«  betrachtet  10 
3n  ber  3$at  K^at  bereit«  Otto  IV.    1209    „auxilium   unb  operam   efficacem"    Der= 
fonxfcn  (Mon.  Germ.  Leg.  II,   p.216f.),   toa«  griebric^  II.  1213  unb  1219   toieber* 
£>Üe  (ebb.  224,  231);  baraufoin  »erlangten  bie  $ä>fte  toeiteftgetyenbc  »etyilfe  (Seiftriele 
bei  Reimer,  ©.  354,  a.  1  u.  2,  Dgl.  ebb.  ©.  356  f.),  and)  ^rin^ieQ  infofern  als  bie  betr. 
fir$Itc$cn  Seftimmungen  in  bie  toeltlicfyen  ©efefcfammlungen   unb  Statuten   eingetragen  15 
»erben  fottten  (ebb.  ©.  358)  —  über  bie  SRepublif  ©enua,   meiere  bie  gorberung  1256 
abtöte«,  tourbe  ba«  gnterbift  behängt  (giefer  a.  a.  D.  ©.  225).     211«  (Sntgelt  gemattete 
gnnocen)  IV.  „Ad  extirpanda",  ba|  bem  ©taate  ein  Seil  be«  fonfi«$ierten  Vermögen« 
ber  Steuer  jufallen  bürfe(!).  Über  ba«  SSerfyältni«  Don  ©taat  unb  3.  im  allgemeinen  Dgl. 
bie  2efy*.   be«  Äird&enrea^t«   Don  9Raaffen,    D.  Spulte,  §inföiu«  u.  a.  —  2)ie  grrage  20 
na$  ber  5Eobe«ftrafe  für&e$ereten  unb  tyrer  2lu«fütyrung  bebatf  ba  nod)  (pejieQer 
Se^anbtung.    S)a«  erfte  Seiftriel  einer  Einrichtung  unter  SRottDierung  mit  Äefcerei  gab  im 
3a$re  385  ber  Ufutyator  SRarimu«,  al«   er  ben  ©panier  $ri«cittianu«  (f.  b.  21.)  nebft 
einigen  Anhängern  ju  Irier  liegen   ber  Verbreitung  pantfyeiftifa>gnoftifa)er  Se^ren  $um 
lobe  berurteilte  (cf.  3)öllinger,  Sil  ©Triften    ed.   3teufa%   1890,  ©.  295  f.).     3eboa>  26 
frtdten  anbere  SWottoe  hinein,  unb  fo  ejorbitant  erfa^ien  e«,  bafc  SKartin  bon  lour«  unb 
Ämbrofui«  Don  9Jtailanb  barauffyin  ben  al«  2lnf  lägern  aufgetretenen  93if$öfen  bieÄira^en* 
gememföaft  auffagten.    2lud&  2luguftin  proteftierte  gegen  bie  2;obe«ftrafe,  jebocfy  f)at  man 
fta)  für  biefelbe  boefc  auf  tyn  berufen,  toeil  er  bem  religiöf  en  3to<!n9  feine  ©renje  fteef t.  (Srft 
Gabe  be«  12.  %cfyxl}.  finbet  man  bie  £obe«ftrafe  fürßefcerei  in  Übung  —  freilia)  ift  fie  nod)  30 
nia)t  in  ben  ©afcungen  ber  Stynobe  $u  Verona  1184  feiert.    $n   *>tt  Äonftitution  be« 
König«  ?Jeter  bon  Aragon  Don  1197  toirb   ben  Äe$crn,   toela^e  \xd)  bem  Verbannung«* 
bettete  nidjt  fügen,  ber  geuertob  angebro^t  (t>gl.   aua)   ju  bem  golgenben  giefer«  2lb^. 
a.  a.  D.  ©.  182  ff.).    3m  ^a^re  1200  tourben  ju   Sro^e«,   1211  ju  5ßari«  Äc^er  Dcr^ 
haitnt    3m  „©elften  ©aft"   toirb  Seopolb   Don  Öfterreia)  1215  al«  „JtcfcerFtebcr"  ge=8B 
^riefen.  Übrigen«  ift  bie  Äonftitution  griebria)«  II.   für  bie  Sombarbei  Dom  ga^re  1224 
(Mon.  Germ.  Leg.  II,  252)  ba«  erfte  ©efe^,  toela^e«  toegen  Äefcerei  Xobe«ftrafe  ©euers 
tob)  feftfe^t  —  ba«  nämlia^e  t^ut  für  fyartnäcfige  Äefeer  eine  für  ©Milien  1230  erlaffene 
Äonftitution,  inbem  fie  bie  für  £oa^t>errat  üblichen  ©trafen  auf  Äefcerei  al«  ein  jenem  min* 
beften«  gleid^juftellenbe«  Verbrechen  appliziert.  2Benn  nun  auf  eine  Honftitution  ©regor«  IX.  40 
bon  1231  unb  eine  gleia^jeitige  be«©enator«  DonSlom  ^in  „ ^riefter,  Äleriler  unbSaien" 
infolge  be«  großen  Äe$ergeric$te«  Derbrannt  rourben    (f.  Vita  Gregorii,    bei  3Kuratori, 
Script  III,  578),  fo  tonnte  bobei  ber  ©runbfag  „ecclesia  non  sitit  sanguinem'1  bem 
Su^ftaben  naa)  babura)  geioa^rt  bleiben,  baj;   ^btn  bem  roeltlic^cn  2lrme  bie  (Sjefutton 
t»n  bem  Slugenblicfe  an  jugetoiefen  toar,   U>o   feiten«  be«  geiftlidjen  Tribunal«  bie  Äe£er  45 
^steculari   judicio    reÜnquuntur11.     ©ine    2lu«be^nung    ber    obigen   Äonftitutionen 
friebri^«  II.  auf  ba«  gange  9tei$,  alfo  and)  auf  Stalten,  erfolgte    1238   (ju  Sremona) 
mb  1239  (ju  ^abua),  f.  Mon.  Germ.  Leg.  II,  326.    2Benn  ber  Saifer  fta)  fo  aegen^ 
Aber  ben  2(nt(agen  be«  $a))fte«  öffentlich  al«  Äe^erfeinb  f?attc  bartbun  unb  jene  Umlagen 
Um  enthaften  motten  (Dgl.   I^oma«  SCu«fu«   in   Mon.  Germ.  Scr.  XXII,  513),  fo  so 
bat  er  jebenfall«  bie  ©unft  be«  ^Japfteö  nia^t  baburd^  gu  erlangen  Dermod^t  —  ba«  3<^? 
12:J9  fa^  i^  Don  neuem  unb  bauernb  im  Sann  (Dgl.  b.  21.  ©regor  IX.,  8b  VII,  119).  — 
$«  3t°de'  °t>  ta*  ^mifa^e  !ira)ltd^e  ©eria)t,  alfo  ba«  Sanctum  Officium  felber,  £obe$-- 
«teile  geifättt  be^to.  S3lut  Dergoffen  ^abe,   ift   neuerbing«  me^rfaa)  erörtert  toorben.    2)er 
epanicr  »alme«  tyd  biefelbe  1842,  ber  granjofe  2lbbe*  Gocur  1846,  bie  fat^olifd;e  Dublin  66 
Stawcto  1850  Demeint  (Dgl.  3)öttinger  u.  Steufa^,  3).  ©clbftbiograptyie  b.  Äarb.  Sellarmin 
6.233  [1887]),  auc$  ber  Sifd^of  SKartin  Don  ^Jaberborn  turj  Dor  bcmÄonjil  Don  1870 
(Gm  ffiort  an  bie  Sßroteft.  4.  2lufl.  ©.  87).    2lltere   Xl;eologen   fyaben  bergleia)en   nie 
Manntet, Settarmin  felbft  argumentiert:  „5)afe  bie Äefeer  bie  Iobe«ftrafe  Derbienen,  ergiebt 
fk^  au«  2)t  13,6.    3Ran  roirb  alfo  fagen  muffen:  3)iefte$er  tonnen  Don  ber  Jlirc^ebem  go 


158  3fitqtttfift0it 

tocltlid&en  2lrme  übergeben  unb  muffen  bann  Von  bem  ctyriftlic^en  toeltli<$en  arme  jum 
$obe  Verurteilt  unb  Don  bem  #rtftlid&en  genfer  getötet  toerben"  (f.  bie  ©dbftb.  b.  Starb. 
93.  ©.  234).  Somit  f$rumpft  bie  fatfyoltfd&erfeit«  erhobene  (Smfprad&e  gegen  bie  burdfc 
gafyllofe  93eifpiele  ju  belegenbe  Sefyauptung,  bafc  eben  ba«  Sanctum  Officium  bie  ent« 

6  fctyeibenbe  3nftanj  fr*  We  Sl^Iigierung  ber  $obc«ftrafe  gegen  Steuer  getoefen  fei,  auf  ein 
SJerftecfenftrielcn  jufammen  —  toie  ftcf  ba«  befonber«  flar  bei  ben  ja&lreicfcen  gäflen  er* 
giebt,  in  toeld&en  nad)  ber  SReorganijation  be«  ©ertöte«  in  SRotn  (1542)  eben  bort  Ver* 
fahren  tourbe ;  Vgl.  unten  Slbfctyn.  III. 

C.  ©urd&füfyrung  in  Stalten,  granfreid^,  3)eutfc$lanb,  ben  9lteber- 

10  (an ben  unb  (Snglanb.  3n  ben  italienijcfyen  ©täbten,  toelctye  Don  Sßatarenern  (f.  b.  8L), 
Slrnolbiften  (f.  33b  II,  128)  unb  anberen  Steuern  ftarf  bur^f efet  toaren,  forgte  SnnoceiuIII. 
&unäd&ft  für  bie  ©untyfüfyrung  ber  Snqutfttion.  ©o  in  JÖtterbo.  „3m  jdjmicn  gafae 
feinet  ^ontififate«",  fyeiftt  e«  in  ben  Gesta  Innocentii  III.  auet.  anon.  (bei  Wuratori, 
Rer.  Ital.    Scr.  III,  1  [üRailanb  1723J),  „Verliefe   unfer  fyetligfter  #err  .  .  bie  ©tobt 

16  9tom  unb  fam  naety  SKttcrbo.  @r  U^ann  fofort  2Raferegeln  gegen  bie  ©c^Ie^tigfeit  ber 
$atarener  ju  treffen,  in  toeld&e  bie  ©tabt  tief  Verfunfen  toar  . .  Sßätyrenb  aber  bie  $a* 
tarener  geflüchtet  toaren,  liefe  er  burd&  ben  33if<$of  unb  ßleru«  eine  genaue  ^nquifUton 
führen  unb  alle,  toeld&e  al«  Segünftigcr,  §efyler  unb  greunbe  ber  Äefcer  üerbäc^tig  toaren, 
Verhaften;   im  ©efängni«  mußten   fte  ciblic^  verfprecfyen  unb  33ürgtoaft  baju  leiften,  bafe 

2oftc  fünftig  in  allem  gefyorfam  fein  tooHten.  SDte  Käufer  ber  ©eflüc^teten  tourben  bem 
33obcn  gleich  gemalt,  ifyr  Vermögen  fonfi«jiert.  toarm  Verfünbete  ber  $apft  in  alt 
gemeiner  Setfammlung :  3*ber  £äretifer,  befonber«  jeber  ^atarener,  toelcfcer  im  Patrimonium 
gefunben  toirb,foH  unverzüglich  ergriffen  unb  bem  toeltlid&en  Arm  jur  ©träfe  übergeben  h>erben. 
ßin3)rittel  feine«  (Eigentums  fällt  bem  ju,  melier  bie  geftna^me  herbeiführt,  ein  drittel  bem 

26  (getftlid&en)  @erid&t«fyofe,  ba«  lefcte  toirb  gum  öffentlichen  9lu(en  Vertoenbet  2Ber  ben  Steuer 
irgenbroie  6egünftigt,  foH  mit  ben  fyärteften  ©trafen  belegt  toerben".  3)a«toarim3-  1207. 
©auernb  geholfen  fyat  e«  nid&t.  SSJir  fyören,  bafe  in  SStterbo  1265  ber  3nquifttor  getoaltfam 
Vertrieben  toirb  unb  ba«felbe  gefcfyafy  1277  in  Sßarma  —  infolge  ber  SSerbrennung  Don  jtoet 
grauen.    „Slber  ba«  jog   tynen  furchtbare  Stäche  unb  fötoere  Demütigungen  ju.    ©ben* 

so  fotoenig  fruchtete  e«,  ba|  einige  3nquifttoren,  toie  $tetro  bi  SJerona  (1245),  ber  barauf* 
i)in  &um  ^eiligen  unb  Sßatron  ber  3n<?utfttion  getoorben  ift,  erfd&lagen  tourben,  ebenfo 
lote  $ietro  bi  9luffia  (1250)  unb  $agano  bi  Secco  (1277).  ©aS  einjige  SKittel,  ba« 
einige  §tlfe  Derfprac^,  blieb  eine  mit  gehörigen  au&  ber  Sörfe  gefc^öpftem  9fo$bru<f  an« 
gebraute  93efc^n>erbe  in  9tom  . .  SSJurbe  ba«  ©efd&rei  attju  laut,  fo   erteilten  bie  $äpfte 

86  ben  ^nquifttoren  biätoeilen  Sertoeife;  aber  e«  ftnbet  ft$  nidbt,  bafe  einer  Don  tynen  aud) 
nur  bie  ärgften  2lu$hriicfyfe  bed  ^nftitutö  befd^nitten  unb  bie  ©efefce  gemilbert  ^atte".  Über 
ba«  S3orge^en  ber  3;.  im  einzelnen  in  Italien  giebt  2ea,  II,  ß$.  IV  genauere  3(u«tunft; 
begüglic^  beffen  h>ae  in  5Rea}>el  gefc^a^,  3lmabile,  II  santo  Off.della  I.  in  Napoli  II.  (6UÄ 
bi  GafteQo  1892).    Demgemäß  toar  e«,  tote  a\x$  fd;on  au«  einigen  ber  oben  angeführten 

40  Seftimmungen  über  bie  fc^örfere  3lu«geftaltung  be«  ^nftitute«  I)ert>orgefyt,  gunäc^ft  ®regor  IX., 
^nnoceng  IV.,  bann  ©regor  XI.,  toeld^c  energifefy  vorgingen.  SRolanbo  Von  Gremona, 
©iobannt  ©cl^io  Von  SSicenga,  ber  fcfyon  ertt)ä^nte  (©anfi)  $ietro  SKarthre,  SRainero  6ac 
cont  erfüllten  gang  Dberitalien  mit  ©d^reden.  3m  ©üben  [teilte  fi$  Jtarl  I.  Von  änjou, 
nac^bem  er  ben  jungen  Äonrabin  ^ingefd^lad^tet  (1268),  ganj   in  ben  2>ienji  ber  g.,  ber 

46  gu  &}tm  bie  })räc^tige  Äirc^e  ©an  s4}ictro  SKartire  1274  erbaut  hmrbe.  3n  SeneVent 
entbedfte  man  1276  $atarcner—  brei  tvurben  Verbrannt  (Slmabile,  II,  ©.  59 f.).  itarill. 
trat  in  be«  SSater«  gufefta})fen,  unb  and)  burd^  bie  Königin  ^o^anna  Würbe  bie  %  bc» 
günftigt.  6rft  mit  bem  15.  ^afyrfyunbert,  befonber«  unter  bem  ^umaniftifö  genuteten 
Könige  3llfon«  Von  3lragon  (feit  1442)  geriet  ba«  Tribunal  in  Verfall,   lieber  ben  Jton* 

60  flift  be«  fiaurentiu«  sV>aüa  mit  ber  3-  f.  b.  %  sliaüa  unb  bie  3u«fü^rungen  bei  Äma* 
bile  a.  a.  0.  —  6iner  gefonberten  Sel^anblung  bebarf  3?enebig,  h>eil  in  biefem  Staate 
eine  5Wobifi^ierung  ber  Organifation  unb  be«  Sorge^en«  ber  3-  baburefc  nötig  tourbe,  bafe 
ber  toeltlid^c  3lnn  ^toar  ber  Unterftü^ung  be«  ^nftituted  nid^t  abgeneigt,  aber  nod) 
toeniger  geneigt  fear,  bltnbling«  bie  Gjclution  ju  übernehmen,  Vielmehr  befummle  Stelle 

66  begto.  ÄontroHc  unb  SKittoirfung  fid^  ju  refcrVteren  Joufete.  3)ie  9le))ublif  gelangte  im 
14.  3>afyrbunbert  burd^  glüdflicfye  Grtüciterung  ibre«  93efi^e«  auf  bem  geftlanbe  3^««* 
gu  einer  mafjgebenben  ©tettung.  ©ic  braute  ianbe«teilc  unb  ©tabte  in  3Jlenge  unter 
ifyrc  ©etoalt,  in  benen  längft  gemäfj  faiferlid^en  unb  i)ä})ftlic^en  Sbiften  bie  3.  in 
fd^rofffter  gönn  etabliert  fear.    Slber  bie  ^c^ubli!  fear  nidj?t  getvtQt,   ebenjotoenig  tote  in 

oo  bem  alten,  fo  in  bem  neuen  Sefifce  eine   fo  eingreifenbe  3nf*tottion  tote  bie  3-  ofa* 


3itqtttfttiott  159 

bie  fcbarffte  auffielt  toirfen  ju  laffen.  SBäfyrcnb  bie  6ibe«formeIn  ber  3)ogen  nodb  bi« 
,u  beqemgen,  toeld&e  ©tacopo  üepolo  1279  leiftete,  feine  §inbeutung  auf  SSerfolgung 
ber  fielet  enthalten,  betoeift  btc  mittlerweile  burety  ©regor  IX.  fo  toirffam  in«  SSBcrt  ge* 

Sie  gjötberung  ber  g.  ifyren  ©influfc  boefy  aud&  auf  biefem  fpröben  ©ebicte:   3)er  2)oge 
arino  SHorofm   fötoört  1249  (bgl.  £ea,  II,   587),   bafe    getotffe   jutjerläfftge  SKänner,  6 
aQerbingä  „nac$  Äntoeifung  be«  State«"  ber  Äcfcerei  nad;ft)üren  fotten.  üJlc^r  tooHte  man 
mdyt  geftatten.    Aber  ba«  erfäien  in  9tom  al«  eine  t>icl  jm  geringe  Äonjeffton.    3nn°5 
cen$  IV.  befahl   burc$  S3ttQe  bom   11.  3>uni  1251   jtoei  gnquijttoren,   naefy  Sknebig  ju 
gefcn  unb  bort  gerabefo  toie  in  ber  fiombarbei   ju   berfafyren.    Sergeben«.    9lod)  sJJifos 
lau«  IV.   verlangte   1288   unter  fätoeren  ©rofyungen,  bafc  bie  Stepublit  jtdj   füge  —  io 
ober  bie  fturie  mufete  ftd&  gefallen  laffen,  ba{$  ber  9tot    tyrem  ©erid&te   brei  Slfftftenten 
(savii  suir  eresia)  beigab  unb  ba{$   fte  fidj  ba«  unbebingte  Stecht   ber  Prüfung   unb 
(£ntf$etbung  in  aHen  gftHen,  too  e«  fiefy  um  $obe«ftrafe  fyanbelte,  referbierte.    äuefy  bie 
in  Äom  jefr  gefc^äftte  Sßrojebur  be«  Verbrennen«  ber  Äefcer  fyat  bie  Sltyublif  trofc  aHer 
ÄeHatnationen  juerft  toieber  abgefd&afft.    (Sin  S3erfud^  be«  3nclu^r^or^  bon  Xrebifo,  fiety  i6 
jum  93orgefe£ten  ber  brei  ©abij  ju  machen,  fd&eiterte  ebenfall«  (1301)  unb  in  bem  $)os 
mintum  tmtrbe  ben  SRettoren   eine  entforectyenbc  Stellung  bei  ben  SJerfyanblungcn  ber  3- 
angehriefen.     Übrigen«  toürbe  man  irren,   toenn  man  annähme,   bafc   biefc  Seilnafyme 
tarier  fyxfcgeßellter  Saien  ben  gtoedf  gehabt  ty&c,  Steffen  be«  ganati«mu«  ben  Singe* 
föulbiaten  gegenüber  borjubeugen.    3ftre  I&ätigfcit  betoegt  ftcfy  ganj  in  ber  Stiftung  ber  20 
Snftrurtton,  bie   hur  aflerbing«  erft  in   einer  fpäteren,   bem  Safyxt  1547   angefyörenben, 
Ausfertigung  fennen  unb  bie  burt^au«  in  ber  Stiftung  ber  ftrifteften  firdfjlicfyen  3>ntereffen 
H  (*&  »©«  3nquif.*?Proje&",  £ift.  %a\$.  VI,  golge  I,  ©.  160  ff.).     2öir  tyaben  ^ier 
(ine  lebiglicty  politifäe  3Rafcregel  bor  un«,  nur  barauf  afytoedfenb,  bafc  ber  Senat  §err  im 
eigenen  ßaufe  fein,  and)  ba«  toa«  bie  3.  t^ut,  fontrodieren  unb  —  je  naety  bem  ju  feinem  25 
ebenen  Vorteil  bertoerten  toill.  ©0  t»crftc^t  man  e«,  bafe,  al«  toäfyrenb  be«  ©c$i«ma«  ba« 
inquifUoriale  ^ntereffe  ber  firc&lid&en  3>nftanjen  erlahmte,   and)  ber  Senat  jurüdfjog  toa« 
er  nac^  biefer  ©eite  getoä^rt  batte  unb  jd&ttefclicty  bem  gnquifttor  1423  bie  „^robifton", 
b.  b.  ba«  ©e^alt  entjog,  h>el4e«  er  i^m  ge^a^It  fyattc. 

Sieben  Dberitalien  h>ar  granfreid^  ber  fruc^tbarfte  ©oben  für  bie  ©eften  (Dgl.  90 
b.  SL  9teumani(^acr).  S)ort  ift  auc^  bie  fd>rccfltd^[tc  Ifyätigfett  ber  3-  ^u  ^9C  9e: 
treten,  unb  jtDar  fanb  biefelbe  bejeid^nenbertueife  mit  ben  ftreujjügen  gegen  bie  Jtefecr 
ttine^Deg«  i^r  6nbe,  fonbern  tourbe  feit  1229  erft  recfyt  eine  ba«  ganje  Sanb  umfaffenbe. 
B6«  mußten  nun  öor  allem  grofee  ©efängniffe  gebaut  Werben,  unb  man  fanb,  bafe  c« 
iaum  mo^li^  fein  Werbe,  bie  baju  erforberli^en  ©teine  beijufc^affen.  Um  ba«  &er*  36 
fahren  bei  ber  Einrichtung  feierlicher  unb  nac$brucf«t>oQer  }u  machen,  pflegte  man  bereit« 
eine  gTöfcere  Slnjal^l  Verurteilter  jufammen  fommen  ju  laffen,  bann  in  t^eatraliföer 
Seife  bor  einer  ja^Ireic^en  93olf«menge  bie  ©enten^  ^u  berfünbigen  unb  ju  UoEftrccfen. 
Seber  »Iier  noc^  ©efc^lec^t  tourbe  bertidf^tigt.  2lm  12.  3Rai  1234  tourben  gu  Stou= 
Umfe  fec^«  Sfinflling^  jtoölf  SRänner  unb  elf  grauen  verbrannt.  2)a«  SJol!  ertrug  ba«  40 
wue  3oi^  mit  bem  äufcerften  SEBibertoitten :  ^äufig  ereigneten  fufy  3lufftänbe  unb  tourben 
bie SnqutfUoren au« ben  ©tobten  berjagt  — fte  famen  aber  ftet«  toieber" (2)öHinger a.a.O. 
S.  304).  %U}t  %<äjxt  ftjäter  erfolgte  bie  itataftropfye  ju  Sloignonet,  too  eine  berjtoeif* 
hmgdboDe  ©c^ar  bie  Swjiufitoren  überfiel  unb  tötete.  3)ie  fo  ju  Opfern  be«  eigenen 
Shttamte«  ©etoorbenen  l^at  $iu«  IX.  im  ©e})tcmber  1866  tanoniftert,  nacfybem  im  3a^e  46 
toi^er  baäfelbe  mit  bem  fc^recfli^ften  ber  fpanifd&en  Äe^enic^ter,  2lrbue«,  ber  %aü  getoefen 
*d«  (f.  u.).  S)en  ©ieg  ^at  bie  3.  in  granfreiefy  burd^  bie  Verquicfung  be«  3lntcreffe« 
ba  ftdnige  mit  bem  irrigen  babongetragen.  Subtoig  IX.,  ber  ^eilige,  erliefe  1228  ad 
d?es  Narbonnae  ein  Slanbat,  toeld^c«  bie  toeltlid^c  Dbrigfeit  ju  unbebingter  §ilfe* 
k$mt0  «n*>  ©sefution  ber  ©trafen  betyflicfytet  (bei  6atel,  Hist.  des  Comtes  de  Tou-  50 
km«e,  Narbonae  1613,  p.  340).  äC^nüc^e  Seftimmungen  mufete  ©raf  SHa^munb  VII. 
*n  louloufe  1233  erlaffen  (j.  bei  Mansi  XXIII,  p.  265).  2)ie  SBiUtür  aber,  mit 
Wc^er  bie  3-  berfu^r,  beranlafeten  ^intoteberum  ^iliM>  ben  ©c^önen  1291  ju  bem  33e* 
f(Me  an  bie  toeÜU6en  ^nftanjen,  bei  SBertyaftung  bon  angeblid^en  Rebern  borficfytig  gu 
tiak  pi  ge^en.  allerbing«,  too  fein  t>erfönlic$e«  Sntcreffe  in«  ©piel  tarn,  toie  bei  bem  55 
ftqeffe  gegen  bie  Xempler,  ba  ift  i^m  ba«  Sorgeljen  be«  ^©ericfyte«  gerabc  red^t  ge* 
W.  3S8a«  in  granfreic^  bie  getoaltfamen  SReaftionen  be«  gequälten  SSolfe«,  toa«  auc^ 
«jelne  Idniglic^e  ©bitte  ni$t  bermod^ten,  erreichte  fd;licfeltd;  ber  bödige  ftrd;enpoltti(c^c 
Uüfc^toung,  Weimer  im  14.  Sjafyr&unbert  einerfeit«  burd;  ba«  ©$i«ma  unb  im  15.  ^abr^ 
Robert  anbererfeit«  burc^  ba«  äuffommen  unb  @rftar!en  be«  ©eifte«  größerer   fircfylid&er  go 


160  dtsqtttfttiott 

©elbftftänbigtctt  in  ber  franjöfifd&en  Nation  begeid&net  tft  3n  8famftei<$,  too  bie  3. 
unter  ben  ftyredlidMten  (Srfd&etnungen  t^rcn  furchtbaren  Sieg  begonnen  fyitte,  i[t  fte  au$ 
am  elften  unb  Döuigften  tmeber  untergegangen.  SDte  frangöftfcfye  Nation  fyat  {vif  bte 
auf  ben  heutigen  $ag  ate  „ältefte  Softer"  ber  9Rutter  9lom   oft  gu  SBtttcn  gegeigt  — 

6  aber  bie  3-  M  ft*  W  m$*  mefyr  aufbrängen  laffen. 

3nghrifcfyen  h>ar  e$  gelungen,  ba$  9tefc  berfelben  noety  über  anbere  Sönber  auägu* 
breiten.  3"  3)eutfd&lanb  betrieben  gu  ber  3^t,  als  fäon  bie  Tribunale  gu  Xouloufe, 
Garcaffonne  unb  anberStoo  im  ©ro&en  arbeiteten,  eingelne  fyerumgietyenbe  3n<|wifttoren  ibr 
©efcfyäft,  bor  allen  Äonrab  Don  Harburg  (f.  b.  91.),  „ber  auf  Möge  SluSfagen  habgieriger 

10  9Jlenfd^cit  eine  2Renge  Don  Unfcfyulbtgen  Verbrennen  lieg,  gulefct  aber  Dom  empörten  SSolf 
erfd&lagen  hmrbe  (1233).  2lucfy  ein  gtoeiter  ^nquifttor,  Sorfo  CDrofo),  fanb  getoaltfamen 
lob,  unb  ber  Slbfcfyeu,  toeld&en  ba$  Verfahren  biefer  beiben  in  ber  gangen  Station  er* 
regte,  betoirfte,  bafc  bie  neue  ©d&öpfung  c$  in  $)eutfc$lanb  bo$  gu  feiner  bleibenben 
sJtieberIaffung  bringen  fonnte,  toenn  auety  bafelbft  bte   in«   16.  Sa^unbcrt  einzelne  3^ 

15  quifttoren  Dorübergefyenb  ©eltung  erlangten"  ( S)öHinger  a.  a.  D.  ©.  302).  S)ie  3#ättg* 
feit  ber  3-  in  3)cutfdjlanb  fpiegelt  ftcfy  in  tyren  #auptbaten  in  ben  Serorbnungen  toieber, 
toelctyc  im  13.  bis  gum  Anfang  beä  15.  3afyrfyunbcrtö  an  bie  betr.  3nftonJ*n  gerietet 
toorben  finb.  SOlan  toirb  auf  ©runb  ber  Don  ^rebertcq  im  Corpus  Inq.  Neerl.  I  u.  II 
mitgeteilten  Sitten  eine  Slnjd&auung  Don  bem  gehrinnen  fönnen,  toaä  ^ier  ber  3-  abgeben  Don 

20  tyren  getoöfynlictyen  Slufgaben  oblag,  inäbefonbere  audb  Don  ber  Setyilfe,  toelctye  Derföiebene 
Kaifer  leifteten.  2lbgejefyen  Don  bem  Söirfen  ber  oben  genannten  Snquifitoren  lefen  toir 
ba  (1,  6.  89)  bie  SSorföriftcn,  toeld&e  ©regor  IX.  1233  ben  beutföen  Sifäöfen  erteilte, 
um  „bie  flehten  $ücfyfe"  gu  fangen,  b.  fy.  bie  gum  ©d&eme  befefyrten  Äefcer;  1,  ©.  168  f. 
teilt  Giemen«  V.  (1311)  bie  ©tatuta   befyufä  Ünterbrücfung  ber  Segarben  unb  Segfyinen 

25 (f.  8b  II,523,2i)  mit;  I,  ©.  190,  196,  198,  200  hrirb  über  bie  ©eifcterfefte  benebtet; 
I,©.  522  f.  3o^ann  ©ctyabeiant  als  3nquifttor  angeftcHt  (1348);  1,  ©.  200  feine  9la(fc 
folger ;  bie  Sfcprejfion  ber  Segarben  begtoeefen  au#  bie  päpftlictyen  SreDen  ©.  204—207 ; 
fohrie  bie  faiferlid^cn  (Sbifte  ©.208  unb  221  au*  bem  3a£re  1369;  1374  unb  1376 
tourben  neue  Untcrf ud&ungen  burefy ©regor  XI.  befohlen;  enblicfy  fefcte  3n«ocenj  VIII.  bie 

30  berüchtigten  3nquifitoren  Äramer,  ^nftitorid  unb  Sprenger  ein  (1484)  unb  öffnete  bun$ 
bic  SöuHe  Summis  desiderantes  Dom  5.  ®egember  b.  3-  bem  Äe£entoa^n  (f.  b.  8L 
$egen  8b  VIII,  ©.  32,52)  %i)iix  unb  2tyor.  2)aS  Sorgeljen  biefer  filtern  tyü  eine  bt* 
in  bie  ßeiten  ber  Sieformation  fortgefyenbe  8lüte  ber  3nquifition  *n  3)eutfc^lanb  gejeitigt ; 
ben  „§e£enfyammer",  malleus  maleficorum,  liefen  fie  1 189  in  Äöln  erfd^cinen,  too  bie 

35  3-  i^en  §auj)tfiö  ^atte.  2)iefelbe  richtete  i^re  i^ätigfeit  Dornefymlicfc  gegen  SBalbenfer, 
bic  ftar!  ben  Styein  entlang,  in  Saiern  unb  Öfterrei<$  unb  btö  nad)  Sranbenburg  unb 
Sommern  Derbreitet  h>aren,  gegen  Slnfyänger  aud^  anbercr  §äreften,  eines  9hnalri$  mm 
^HenneS,  gegen  bie  „Srüber  Dom  freien ©eift" (j.  b.  X.  8b III, @. 471,1») u.a.  3)ie  Über* 
griffe  ÄonrabS  Don  Harburg  unb  ber  ®rudf  ber  öffentlichen  Meinung  gegen  (eine  3-  matten 

40  e£  nad)  feinem  Xobc  ben  Ötfcfyöfen  leicht,  bie  irrige  lieber  ju  alleiniger  ^errfc^aft  ya 
bringen,  bis  Urban  V.  1367  jtoei  neue  3nquifitoren  für  ®eutfc^lanb  ernannte.  —  2)aji 
$tonrab  and)  in  ben  lieber! anben  fein  blutige^ 2ücrf  Derric^tet  fyabt,  beruht  auf  9Rt^ 
Derftänbniä ;  aber  feine  Sanblanger,  bie  Sominifaner  in  Bremen  traben  1233  ba$  Areuj 
gegen  bie  ©tebinger  (f.  b.  31.)  geprebigt  unb  bort  bie  fd^toerften  ©trafen  Der^angi    3n 

45  ben  ÜWieberlanben  richtete  ftcb  bie  SBirffamfcit  ber  3-  im  13.  3^f^unbert  gegen  We 
»eg^inen  unb  Öcgarben  (Dgl.  b.  31.  in  33b  II  bcf.  ©.  522  ff.).  Unter  ©regor  XI.  1372 
hmrbe  brei  für  3)eutfcfylanb  neu  ernannten  3nquijttoren  infonberfycit  auety  berö  Si^tum  Utre^t 
ate  ftclb  ber  S3Sir!famfeit  angeloicfcn  unb  bie«  bem  „Inquisitor  Saxoniae"  ß^l^orb 
©d^önfelb  neu  aufgetragen;    ber   fc^tc   auc$  ben  3tn(;ängern  be«  ©erarb  ©root  (dkm* 

co  btnen)  alfo  ben  $)rübern  unb  ©d^U)eftern  Dom  gemeinfamen  Seben,  J^art  gu.  Ob  er  3Hut* 
urteile  f?ter,  n>ie  in  Sübecf,  SBi^mar  unb  ja^lrctd)  in  3ftetffen,  DoQjie^en  lie^,  U>irb  nidfrt 
berietet.  3n  ^a^  15.  ^a^unbert  fällt  bic  Verurteilung  6^0«  Don  #aarlem  gu  entie* 
brigenbem  S&iberruf  unb  inb.  3-  1502  ^ermann  3lt>feU)icf«  gu  „enngem  fterfer"  (über  Scibe 
f.  Sfooll,  fterfgefd^.,  beutfd^c  35earb.  ©.  439  ff.).  „$ic  ©c^Iad^to^fer  be«  ©laubcnSeifetf  in 

55  ben  Slieberlanben  Dor  bem  3a(?r^un^^^  ber  Deformation  flehten  nid^t  ga^lreic^  getoefen 
gu  fein",  urteilte  5WolI  (ebb.  ©.  451).  3ngtoifc$cn  ^aben  grebericq«  gorfc^ungen  axA  ba 
bie  Äenntni«  ber  (Singetyettcn  fo  fe^r  erweitert,  ba&  biefeS  Urteil  be«  gelehrten  5Wofl 
faum  loirb  befte^en  lönnen.  3Jlan  Dgl.  bie  in  53b  I  u.  1 1  Don  grebericq  gegebenen  Jiijtai 
a)  ber  Äefccr  giutfe^en  1025  unb  1519  (rejp.  1077  unb  1518)  unb   b)  ber  3nquifttow« 

eogtoifc^en  1232  unb  1519  (refp.  1175  unb  1517).    (Srft  burc^  bie  aut^entijc^en  9ta$loci* 


^nquifitton  161 

funken  bei  %x.  lernt  man  ben  beträchtlichen  Umfang  ber  äßirtfamfeit  ber  3-  in  ©täbten 
tme  Xnttoer^en,  »rüffel,  Srüpge,  Sournar;,  ®tnt,  Sötoen,  Süttict;,  Utrecht  fennen  unb 
Stamm  nebft  SBtrten  Vieler,  bte  bte  ba^tn  fo  gut  tute  unbefannt  toaren. 

3n  ben  Vorreformatoriföen  3«ten  ift  ©nglanb  von  ber  3-  in  tyrer  fälimmften 
Srrlfamfeit  t>err)ältm3mäfiig  toenig  betroffen  toorben.  33on  glanbem  auä  verforengte  6 
ftefeer  etföeinen  1166;  unter  #einrt(i)  IL  toirb  bann  ftrenge  vorgegangen  mit  Wüten* 
ftlagen,  Sranbmarten  unb  Verbannung.  Slber  baä  blieb  Vereinzelt.  33ebeutenb  fpäter, 
unter  ben  9lad)toei)en  Don  2Bicliff$  SBirten,  fcfct  bie  3-  umfajfenber  ein  gegen  bie  fiollarben 
(f.  b.  X.).  9lur  Vereinzelte  unter  ben  $etrfd;em  jeigten  ftd;  ber  römifcr)en  ßurie  in  biefen 
fragen  entgegenfommenb;  bavon,  bafc  man  bem  Seifpiele  Äaijer  3ftebri<f)3  IL  mit  10 
Äcfcerebtftcn  gefolgt  toäre,  fonnte  nid;t  bie  Siebe  (ein.  %&od)  tyd  §einrid;  IV.  burcr) 
ba*  Parlament  1401  baä  Statut  „De  haeretico  comburendo"  beftötigen  lafjen  unb 
bunt;  baSfelbe  ber  bifd)öflid)en  ^nquifttion  energifd&e  Unterftüfcung  jugefagt. 

D.  5)ie  3.  in  Spanien.     3)ie  3-  «*  Spanien  bebarf  emger/enber  83er;anblung 
cincifcitö  auä  ä^nlicr)en  ©rünben  tote  bie  Venetianifctye,  toeil  aud;   r)icr  fcfylie&lid;  ein  ge- 15 
«rifötc*  ©tyjiem  jur  Äntoenbung   {am,  anbererfeitä  toegen  be$  au{$ergeh>ör)nlicr;   grofcen 
Umfangt  unb  ber  beifoiellofen  $ärte,  tooburcr;  biefe  3*  W  befannt  gemalt  f)at.  —  5Die 
gtage  über  bad  SBefen  ber  fyamföen  3.   tyat  feit  £efele$  „ßarb.  Ximene^'  (1844),  too 
HC  emge^enb  erörtert  tourbe,  eine  grofee  3af)l  von  Unterfucfyungen  hervorgerufen.    §efele 
^at  $r  ben  Sfcrafter  eines  ftaatlicr)en  3nftitut^  $ugefcr)rieben  unb  bamit  <ßapft  unb  ^ttre^e  von  20 
fyen  ©reuein  ju  entlaften  gefugt;   f$on  1837  |at  Stanfe  fte  „einen  tönigli$en  nur  mit 
geiftfufcn  SBaffen  auägerüfteten  ©ericr;ter)of"  genannt.   Sie  2lnftcr)ten  ber  Geologen  unb 
Jtaumtften  fmb  geteilt:  ßntyfler  (#ift.  polit.  81.  1882  u.  1883)  unb  ©am«  (3.  ©ejcf;. 
b.  fron.  ©iaaiStnquif.,  Siegendburg  1878)  treten  bafür  ein,  ber  ^efuit  ©rifar,  gejtüfct  auf 
bie  Ausführungen  jtoeier  ft>amfcr;er  DrbenSgenoffen,  SRobrigo  unb  Drti  r;  Sara,  bagegen  25 
(togL  b.  Jtrit).    $a$  £eranjujier;enbe  Material  hrirb  ba$  obige  Urteil  begrünben. 

5Dtc  SBtrffamleit  ber  fpaniföen  3-  entfaltete  für;,  naetybem  fie  im  13.  Safy^unbert 
gegen  Äatf^rrer  unb  SBalbenfer  im  Sorben  ber  #albin(el  gerietet  toorben  toar,  im  14., 
too  fte  föon  einen  jar)lrei(t)en  Stab  von  3"quifüoren  unter  ben  3)ominifanern  unb  3R\- 
unten  (barunter  auify  3l\c  ©;meric,  ben  3Serfaffer  be«  „$)vreftorium  3n(?uif-"f  bgl.  90 
CnÄif  u.  Qfyaxb,  Scr.  O.  Pr.  I,  709)  aufjutoeifen  r;atte,  gu  unfyeimlict;  großer  Slütc 
auf  bem  $intergrunbe  einer  allgemeinen  ^ubcnüerfolgunö.  5Dte  3uben,  intelligent  unb 
wi^r  Ante,  ©elefyrte  unb  §anbel«leute,  bilbeten  einen  Von  oben  begünftigten,  Von  unten 
tage  gebauten  Staat  im  Staate.  3)er  $ag  entlub  fidc;  1391  in  einem  Sttutbabe,  bem 
pi  entgegen  fingierte  „93efer)rungen"  in  5D?aff e  ftattr)atten.  35  000  retteten  ftc^  buret;  fd^nelle  ss 
«anordne  ba  laufe ;  toeiterbin  loirften  bie  ?JJrebigten  bed  2)ominifaner«  3Sincenjio  g^rer. 
Saft  ut  ben  Stetyen  ber  „33efef)rten"  iübi{cr)e  ©eftnnung  blieben,  Viele  toofyl  audb  bie  alten 
SKtcn  im  gegebnen  beibehielten,  toar  ftct)er:  gegen  fold^e  „2Rarranen"  ober  „Üceuc^riften" 
hafy  1472  in  SorboVa,  bann  von  ©tabt  ju  ©tabt  für)  forttoäljenb,  ein  blutiger  3luf» 
fkanb  ca&.  @o  loirften  @tamme3r)af$,  9teib  unb  3lrgtoo^n,  um  ben  Soben  für  eine  40 
gimibltt^e  Stttion  ber  3-  vorzubereiten,  unb  bamit  verbanb  ftc^  bie  ©elbgier  ber  lüften 
Stdk  ffiar  bte  auf  gerbinanb  unb  31  A&dkS  &ü  ber  ©üben  Spanien«  Völlig  frei  ge* 
Micben  unb  anbererfeit*  bie  3-  «w^  i«  wkt;  lotalen  Sebürfniffen  in  traft  getreten,  fo 
Wbe  mm  eine  generelle  Orbnung  ftattftnben.  3)er  ^ftlid^e  9hmtiu3  r)atte  bie  $anb  im 
69M:  1477  ftefite  er  bem  Jtönigfyaare  Vor,  toie  jeitgemög  bie  @rri$tung  ber  3-  0e0en  ^ 
bie  Xeiufcijlen  bn  Sanbe  fein  toerbe.  3un^f*  Öcf^^c  ©igtu^  IV.  1479  gtoci  3n<:luis 
ptorm  nad;  ffiatyl  bed  Jldnig^aare^  in  Sevilla  amufteQen  —  in  ben  anberen  ©ebieten 
jom  fc^on  fold^e,  Von  ben  $orftet;ern  be^  Domtnitanerorbcn^  ernannt,  Vorlauben.  2)a 
m Jene  aflju  l^art  Vorgingen,  mact)te  ber  ?ßa^ft  (2.  Sluguft  1483)  noef;  ben  SBcrfucr) 
ba  nUberung,  auet)  ber  (Eröffnung  einer  SfypeHation  na$  9(om.  älQein  gleicf;  barauf,  so 
ai  nk^t  in  Äonfltft  mit  bem  Könige  )u  geraten,  jog  er  bie  Sülle  toieber  jurücf 
ttb  ernannte  nunmehr  auf  SSorfc^lag  ber .  Sominitaner  lorquemaba  gum  Dberinqui- 
Stor  für  ba£  Jlönigretdb  neben  fteben  fcr)on  ernannten  3n()uifitoren.  SDicfc  ©efügigfeit 
atta  für;  axß  bem  993unfcr>e  bed  $a))fted,  alle^  ju  t^un,  bamit  bie  Sd^toierigleiten, 
M^c  gtrbtnanb  ber  (Sinjammluna  ber  Srujaba  entgegenfe^t,  befeitigt  mürben.  $)a£  56 
tyiat  gelang  —  ber  SJktyfi  banrte  lorquemaba  für  feine  2)ienftleiftung,  unb  als  bie 
Anbe  n^  w™  brana,  ba|  ber  Oberinquifttor  burd;  feine  (Energie  in  titanenhaften 
6«rk^ungen  unb  ftonpdtationen  ade  bier;erigen  Seiftungen  überbiete,  fcf;rieb  il)m  ber 
$#:  feine  Ifyitm  rotten  ü)n  mit  größter  greube  erfüllt;  toenn  er  fo  fortfahre,  toerbe 
a  lerne  t^fte  ©unft  ertoetben  (3)ö0inger  a.  a.  0.  @.  327—331 ;  bie  ©riefe  an  Xor*  go 

WuU*mc*TUp*Ut  fte  ^eolotic  unb  ftirc^c.    8.  «.  IX.  ]  [ 


162  dttqttifitiott 

quemaba  bei  fiopea,  Hist.  general  de  S.  Domingo,  III,  75).  Unb  lorquemaba  fu$r 
fo  fort,  gn  gan^  ©ganten  jog  er  untrer,  um  neue  @eri$t«&öfe  unter  bem  „Consejo 
de  Ja  Suprema",  bem  oberften  ^.-9tate  (befte&enb  au«  bem  ©rofeinquijttor  unb  brei 
geiftlid&en  Seififcern)   ju  organifieren.     Da«  SSermögen  berer,  toel<$e  entflogen,  aber  cmS) 

6  berer,  bie  unter  Stofeauflagen  unb  Äbfd&toörung  entlaffen  tourben,  fiel  ber  fönigli$en 
Äammer  ju.  3>n  ©aragoffa  h>trfte  al«  Ignquifitor  Sßebro  Arbue«  be  ®p'\la  (geb.  1441, 
feit  1476  bort);  nur  16  Monate  l?atte  er  ba«ämt  innegebabt,  al«  er  am  15.  ©eptember 
1485  ein  blutige«  6nbc  fanb  —  aber  biefe  turje  SBirfiamleit  ffat  al«  „acerrimus  per- 
secutor  haeresium"  ben  3Rann  ertennen  (äffen,  toeltpen  $iu«IX.  jum  Zeitigen  ber  3- 

10  gemalt  fyat,  nad&bem  fd&on  bie  foanijd&en  #errfcber  feit  ^erbinanb  bie  Beatifilation  eifrig 
erftrebt  unb  1664  erlangt  Ratten  (nähere«  über  Slrbue«  bei  DöUinaer  a.  a.  D.  ©.  341— 
356).  9Rit  feiner  ßanonifation  am  29.  Suni  1867  ift  ber  feamföen  Station  unb  3n* 
quifttion  eine  glänjenbe  ©enugt^uung  ju  teil  getoorben,  tote  e«  beim  in  ber  vorbereiten* 
ben  AHofution  Dom  26.  Sunt  fytefj:    „©«  tyanbelt  ftc$  tyier  barum,  gelben  ber  Äircfce 

15  tyeiltg  ju  fored&en,  Von  benen  Viele  jur  SSerteibigung  be«  apoftolifäen  ©tuble«,  jur  Rettung 
ber  @Iauben«eintyeit  gefämpft  unb  ben  lob  erlitten  tyaben".  —  Diefe«  Öftere  ifl  ja  für 
bie  Kurie  bie  allein  in  SSetrad^t  fommenbe  3*age.  2Birb  fie  bejabt,  fo  nimmt  fie  geringe 
33er(cfyiebenfyeiten  in  ber  Ausführung  ober  (Einrichtung  mit  in  ben  Kauf  unb  mufe  au<$  bte 
SSeranttoortung  mit  tragen  —  bei  ber  fpamfd&en  ebensogut  toie  bei  jeber  anberen  gorrn 

20  ber  ^nquifttion.  AHerbing«  unterfd&ieb  futy  ba«  f^antjepe  Sjnfütut  in  brei  fünften  tom 
bem  anber«too  burc^gefütyrten  päpftlictyen :  in  ber  ftraffen  Sentralifierung,  fofern  berSrofr 
inquifitor  bie  ©ertd^tc  unb  ^nquifitoren  im  gangen  fianbe  in  Abpängigleit  Von  fiA  ^idt; 
burefy  ba«  Seftefyen  be«  Gonfejo,  fofern  biefer  f^öd^fte  9tat  am  #ofe  alle«  ttbertoaqte  unb 
in  gehriffen  gällen  eine  oberfte  3nPanJ  bilbetc;   enblicfc  infofern,  al«  ber  (Sinflufe  be« 

2b  König«  auf  ba«  Xribunal  ein  legaler  toar  unb  mit  großem  ©fer  getoafcrt  ttntrbe.  2x0$= 
bem  tourbe  ber  Dberfyofyeit  9lom«  über  ba«  Snftitut  bo#  Siedlung  getragen,  fofern  ber 
©rojjinquifitor  gtoar  vom  Könige  beftgniert,  aber  Vom  Sßapfte  ernannt  bejto.  itym  bie  Am 
nafyme  be«  Amte«  geftattet  tourbe.  Au«  biefen  2tyatfactyen  ergiebt  ft$,  ba|  man  in  ber 
Xfyat  nur  von  einer  „gemijd&ten"  Drganifation  reben  fann.  —   AI«   „ber   größte  unb 

so  furd&tlofcfte  9Hann  ©ganten«",  nämlicfy  ber  Karbinal  Ximene«  (f.  b.  91.)  an  bie  ©ßi$e  ber 
3-  trat,  ertoad&ten  Hoffnungen  auf  eine  minber  befrotiföe  #anb$abung  —  umfonfl  Die 
franifd&e  3j.  W**  futy  ingtoifd^en  auety  für  i^ren  ©ejc^äft^jang  unb  tyre  ©trafen  befonbere 
©runbfä^c  ^erau«gebilbet,  bie  fit§  al«  fe^r  toirffam  ertoiefen.  Sinige«  baVon  ifl  f^äter 
burefy  ©iovannt  ^Jtetro  ßaraffa  ($aj)ft  $aul  IV.)  in  bie  ?ßraj:i«  ber  rönüf$en  Q.  hinüber 

35  genommen  toorben. 

Die  furchtbare  ©etoalt  unb  ba«  rüdfi$t«lofe  SSorge^en,  hjelc^e«  gerate  ber  ft>amf$en 
3-  eignete,  braute  e«  mit  ftd^,  bag,  um  ftc$  felber  gu  fd^ü^en,  Staufenbe  auc^  au«  ben 
beften  Jtreifen,  ftc^  al«  familiären  etnfe^reiben  Heften.  @«  genügte  )ur  annähme  ber 
9?a$toei«  ber  casa  limpia,  b.  f).  baft  man  Von  c^riftltd^en  @ltern  abflammte   unb  nie 

40  Vor  ba«  ©ericfyt  gebogen  toorben  toar.  Da«  $au$  ber  $.,  in  tocld^e«  ber  Denumierte 
citiert  ref}).  geführt  ivurbe,  ^ie|  casa  santa.  Dort  tourbe  er  in  ein  bunKe«  ©elak  ge» 
fperrt ;  man  fd?or  i^m  ba«  6aupt,  nafym  in^toifc^en  ein  genaue«  SSerjeic^ni«  befonber«  feiner 
SJüd^er  auf,  belegte  in  ber  Siegel  fofort  fein  Eigentum  mit  Sefdjlag  —  feiten,  baß  auc$ 
nur  bie  Angehörigen  e«  tagten,   für  ben   fo   fd&on  ©eäd^teten  einjutreten.     Srfc^ten  er 

46  nid&t,  fo  tourbe  er  junäcfyft  mit  Konfi«fation  be«  Vermögen«  beftraft,  ber  $roj^  ging 
tro^bem  feinen  Sauf  —  ba^cr  fo  Viele  in  effigie  Verbrannt  n>urben.  Die  „mitbe  Straft4* 
be«  fragen«  be«  ©anbenito  tarn  bod^  and)  ber  Ächtung  gleid^.  Segte  jemanb,  otyne  ben 
lermin  einzuhalten,  ba«  ©traffleib  ab,  fo  galt  er  al«  ÄücffäHiger  —  ba  hna  tym  ber 
^euertob  fidler,   aud)  toenn  er  ftc^  „reuig"  jeigte.     Die  Vielvem>enbete  SCortur  (examen 

60  rigorosum)  be^uf«  (Srpreffung  Von  ©eftänbniffen,  befonber«  aueb  von  Flamen  ber  „9DK4* 
fd^ulbigen"  tourbe  in  ä^nlic^er  SBeifc  ioie  nac^  ber  allgemeinen  Drbnung  in  Verfc^tebenen 
©raben  Vollzogen  unb  beftanb  meift  im  getoaltfamen  $erren  ober  ©treden  ber  ©lieber 
Vermittel«  einer  burd;  einen  §ebel  angebogene  SBede.  Die  „Autos  de  Fhu  ftnb  in 
Spanten  ju  pompöfen  Kunbgebungen,  an  benen  fogar  bie^errfc^er  teilnahmen,  au«gepattet 

63 loorben. 

SBenn  toir  un«  begüglid;  ber  Angaben  über  bie  $a^l  ber  0))fer  im  allgemeinen  auf 
Slorente  angetoiefen  fe^en,  fo  [\n\>  aOerbtng«  beffen  Angaben  gegnerif$erfeit«  al«  unrichtig 
in  Anfprucfy  genommen  ioorben.  ©o  bejüglic^  ber  unter  3torquemaba  SBerurteilten.  Sfter 
au^  be«  ^nquifitor«  ^}aramo  De  orig.  etc.  (f.  o.)  ©.  140  ge&t  ^erbor:   ba|  in  Vierjig 

«o  Sauren  (1180—1520)   in   ©eViHa    1000  Verbrannt  unb   über  30000  „8u|fcrtige"  Ji 


Snqntfttion  163 

betriebenen  ©trafen  be«  Äerler«,  ber  ©aleeren  unb  bcr  öffentlichen  83u{$e  verurteilt 
tmaben.  S)a  nun  bie  (Snthrid&enen  al«  „§artnädfige"  Verurteilt  tourben,  bamit  ifyr  35er* 
mögen  ber  lömgltc^en  Äaffe  aufltefje,  fo  ftieg  bie  ga&l  ber  ©traf urteile  auf  100000,  toie 
au$  3ur*ta  angtebt.  8fa<$  Die  S^jatjad&e  verfcfytoeigt  ?ßaramo  nid&t,  ba{$  in  Slnbaluften 
allein  über  4000  9Bo&n$aufer  infolge  gluckt  Vor  ber  3.  leer  geftanben.  $n  bem  bur$  0 
fein  ©nabenbilb  berühmten  ©uabelupe  Von  ettoa  3000  ßintoobnern  tourben  im  Satyre 
1485,  toie  ^Jaramo  au«  ben  Driginatyrotof ollen  mitteilt,  fteben  Autos  de  Fb  Von  jtoei 
^nquifttoren  gehalten,  in  toeld&en  53  ?ßerfonen  bem  ©Weiterlaufen  übergeben,  46  Seicfyname 
ausgegraben  unb  nebft  25  Silbern  ©nttoid&ener  Verbrannt,  16  gu  ctoigem  fterfer  be* 
gnabigt,  unjä^lige  anbere  auf  bie  ©aleeren  getieft  ober  gum  fragen  Von  ©anbenito«  10 
(gelbe  mit  roten  Äreujen  gezeichnete  ärmellofe  Slödfe)  Verurteilt  tourben  (3)öQinger  a.  a.  O. 
6.  338  f.).  .©0  ergeben  fiep  and)  obne  filorente«  beftrittene  angaben,  toie  biefe«  Seifoiel 
jagt,  reicht  erfcblicfc  gaffen  ber  Opfer. 

3nbem  toir  bejüglicfc  ber  fpäteren  SBtrffamteit  ber  3-  in  ©Manien  auf  äbfd&n.  III  ver* 
toeifen,  mag  fyter  nod)  ein  33lidt  auf  Portugal  geworfen  toerben.  ©emäfc  einer  93uUe  15 
Sregor«  XI.  Vom  17.  Januar  1376  toaren  bamal«  nodj  leine  Sjnquifttorcn  in  btefem 
ganbe,  alfo  lebiglicfc  bie  bif$öfH$e  3.  t^ätig;  e«  tourbe  nun  ein  folcfyer  eingejefct,  aber 
fem  feiner  unb  fetner  9la$folger  SBirffamleit  ift  nid&t«  belannt.  $)a«  Seityicl  be«  fpa* 
mföen  9fct$bar!anbe«  veranlagte  2)on  Manuel,  ju  Anfang  be«  16.  3afyrj)unbert«  eine 
<fynfi$e  @inri$tung  ju  erftreben  toie  bort,  junädpft  um  bie  au«  Spanten  fyctmltd)  ge-  20 
formen  3uben  ju  ergreifen.  Aber  erft  1531  unter  feinem  «Sohne  ift  bie  (Einrichtung  in« 
Beben  getreten. 

III.  S)ie  3nquifition  al«  SBaffe  ber  ©egenreformation  feit  1542. 
SioVanni  Sßietro  Saraffa  tyatte  in  Spanien,  al«  9tat  unb  SJijefaplan  am  §ofe  gerbinanb« 
be*  Äatboliföen,  bie  bortige  3.  genau  tennen  gelernt.  911«  er  ba«  £anb  nad)  bem  lobe  25 
bc*ftönig$  Verlief,  nahm  er  einen  tiefen  ©inbrudt  Von  biefem  ^nftitute  al«  einem  SBerfgeuge 
jur  SRegeneration  ber  lat^oltfc^en  flirre  mit.  ©0  fyat  er  benn  nad)  Sjafyren,  a^  ^  fä 
oder  $aul  III.  in  9tom  barum  fyanbelte,  bie  energtfd&e  SReattion  im  ©egenjafce  gum 
$n>tcflantt«mu«  in«  ÜBerf  ju  fefcen  unb  pnäd&ft  reine  Ziatyx  im  eigenen  Äaufe  gu  madpen, 
eine  SReorganifation  ber  3.  Veranlagt,  bte  bem  alten  ni$t  mefyr  träftigen  päpftlictyen  90 
taftitute  ein  gut  leil  be«  foanifd&en  ©eifte«  unb  einige  feiner  formen  gufüfyrtc.  3)er 
xarbtnal  Surgo«,  %xcü)  %nan  be  $olebo,  mit  bem  Garaffa  fcfyon  Vor  bem  Aufenthalte  in 
Spanien  SSegietyungen  gesoffen  Ijatte,  trat  mit  ifym  an  bie  ©pifce  be«  burefy  bie  Sülle 
„Licet  ab  initio"  am  21.  $uK  1542  gegrünbeten  neuen  ©ant  Officio  in  SRom.  6« 
toar  nic^t  leicht  getvefen,  ber  Partei  ber  unbebingten  Stealtion  an  ber  Jturie  ba«  Über-  85 
Qcfetyt  über  bie  ber  Xran«igenten  ju  Verfc^affen  —  aber  ber  @rlafj  ber  Sülle  bilbete  ba« 
©egcC  auf  ben  ©ieg  unb  bejeid&net  bie  SBenbe  mr  bemühten  mit  allen  Straften  geführten 
Ikgairefonnation  (Vgl.  m.9luff4  „®io.  $.  ßaraffa  :c.  in  %px%1)  IV  unbb.  21.  $aul  IV). 
Um  nun  bie  3.  )u  einem  geeigneten  SBertjeuge  baju  ju  geftalten,  gab  i^r  Garaffa  bie 
faitralifation,  toelc^e  in  Spanien  ben  burc^fd^lagenben  @rfolg  garantiert  fyattc.  „%n  40 
9m"  fo  fyattt  er  e«  $aul  III.  t>lauftbel  gemalt,  „ift  ba«  fyodrfk  Se^ramt  für  ben 
Stauben  —  ^ier  mu^  au$  ba«  ^fte  Tribunal  bleiben  fein",  ©obann  gab  er  i^r  bie 
Artung,  bun^  toeld^e  fte  ein  ©c^redten  and)  ber  $5c^ftfte^enben  geftorben  n>ar:  „!eine 
Sitffk^t  barf  auf  bie  Stellung  ber  33erbädE?itgen  genommen  toerben  —  gerabe  bie  §od)= 
^cnben  foH  bie  3-  ftrafen,  benn  baVon  ^ängt  ba«  $cil  and)  ber  anbern  ab".  9lu$  ber  45 
3.  $aragra))^  ber  Sutte  ift  offenbar  nac^  f panifd^em  STOufter  gearbeitet :  er  erteilt  ben 
3»qmfttoren  Sollmac^t,  Vorjuge^en  „gegen  ade,  toeld^e  ben  Steuern  Oefyilfltd;  fmb  mit  9lat 
*cr  TfyA,  ober  in  irgenb  einer  ärt  für  fte  eintreten,  o^ne  3uX^unÖ  ^  befte^enben 
w)  ©erriete  felbft  in  3ngeleaen^eiten,  »oeld^e  Vor  beren  Xribunal  gehören,  bie 
t  igen  eui)ufertern,  abzuurteilen  unb  i^re  Sefifetümer  einju^ie^en".  3n  biejer  60 
tfation,  jotoie  in  ber  ©c^nelligfeit  unb  Unmittelbarfeit  be«  Serfa^rcn«  lag  bie 
«naiirie  fftr  eine  erfolfareidjie  2#ätigfeit  ber  mmn  3.  im  Dienfte  ber  ©egenreformation  — 
fe  tourbe  fte  in  ber  X^at  „ein  gegen  alle  ©ebilbeten  gejüdter  3)otd^"f  h>te  Slonio  ^aleario 
w  genannt  fjot. 

Caraffa  tyit  bem  Snflituie  feine  gange  Äraft,  ben  SReft  feine«  2eben«,  getoei^t.  ^r  56 
A  dmrkfctungen,  beren  fte  in  9lom  unb  im  Rird^enftaat  beburfte,  trug  er  gunäc^ft  ©orge. 
Sann  tourbe  fte  m  gan)  Valien  reorganiftert  unb  brausen  ber  SSerfuc^  bagu  gemalt. 
9m*  ^auptfd^lag  ^atte  Garaffa,  a(«  bie  ^ulle  erlaffen  h>urbe,  jebon  im  ©inne  —  bie 
Jhdabung  be«  Hatominergeneral«  Sernarbino  Od^ino  (f.  b.  91.).  SBa«  er  irgenb  tfyun 
um  ben  ©eift  ju  pflegen,  ber  in  ber  @inri$tung  jum  äu«brucf  fam,  unterließ  eo 

11* 


164  ^uquifttion 

er  nid&t.  3n  *>cn  DonncrStagSftfcungen  ber  Äongrepation  ber  3-  tyd  er  als  Äarbinal 
unb  bann  als  ^Japft  nie  gefehlt.  3n  feinem  SobeSiatyre,  1559,  Verfügte  er:  Sitte  toelt* 
liefen  dürften  ober  93tfd&öfe  gefyen,  fobalb  fie  in  §ärejte  ober  ©djjiSma  Verfallen,  eoipso 
tbrer  Sßürbe  unb  fiänbcr  fcerluftig ;  bereuen  unb  totberrufen  fte,  fo  toirb  ber  Sßapft  biefe 
6  Äaifcr  ober  Jtönige  ober  Sifcfyöfe  aus  Sarmfyerjigfeit  )u  lebenslänglicher  Sufcc  „mit  bem 
33rote  beS  ©d&merjeS  unb  bem  Söaffer  ber  Sraurigfett"  in  ein  Ätofiter  ftetfen.  @inem 
fyäretifd&  geworbenen  gürften  barf  lein  Dienft  ber  2Renfc$lic$Ieit  metyr  geleiftet  toerben 
(omni  humanitatis  officio  destitui  debeant).  Unb  in  einer  onbern  Sülle  berorbnete 
er:  toer  in  getoiffen  2lrtifeln  (Xrinttät,  ^nfarnation,  SJirgtnität  SRariaS  aud)  nad)  ber 

10  ©eburt  3efu)  tefcerifd^  geglaubt  fyabt,  ber  foll  berbrannt  toerben,  felbft  toenn  er  SReue  jagt 
unb  flum  SBtberruf  bereit  ift  (Die  Süllen  bei  ßfymericty,  Direftoriüm,  Senebtg  1605  m 
ber  Sötwenbij  p.  122). 

DaS  Tribunal,  alfo  neu  organifiert  unb  auSgerüftet,  begann  fofort  feine  2Sir!famfeit 
in  Stom  unb  erftretfte  biefelbe  balb  über  ganj  Italien  (Dgl.  b.  SL   3taKen,   SReformat. 

16  93etoeg.  in),  toobei  bie  Keinen  §errn  bem  Don  9(om  ausgeübten  Drude  mefyr  ober  toeniger 
toillig  nachgaben.  3n  Senebig  toar  ber  Senat  nid&t  geneigt,  bie  alte  Stellung  jur  3.  ju 
fcerlaffen;  toä^renb  bie  Sluntien  jebeSmal  mit  ber  Oberleitung  römifc^erfeitS  betraut  tour* 
ben,  tyielt  man  an  ber  Seigabe  ber  Tre  savii  suir  eresia  feft,  behielt  ju$  in  jebem  gatte 
bie  (Sntfd&eibung,  ob  bie  ftobeSftrafe  fcoHgogen  Werben  folle,  bor  unb  bolljog  fte  bann  ntc^t 

2obur$  Verbrennen,  fonbern  naety  toenettanifcfyer  9lrt:  jtoei  ©onbeln  fahren  tidym  einanber 
in  bie  Sagunen,  ba$toifd&en  ein  übergelegtes  Srctt,  auf  bem  ber  Delinquent  gefeffelt  fifct, 
auf  ein  ßad&a*  rubert  man  in  entgegengefefcter  Stiftung,  fo  bafe  baS  Srett  toerfinb  unb 
mit  tym  baS  Opfer.  2lnbere  Opfer  ^ält  bie  SRejJublif  im  Äerfer  tro$  ber  verlangten 
Rötung;   fyier  unb  ba,   obtoofyl  feiten,  fü&lt  fte  ftety  auety  einmal  jur  Auslieferung  nad} 

26^Hom  veranlagt.  Da  bie  Sitten  beS  Sant'  Uffizio  in  SBenebig  öerbliebat,  fo  tonn  man 
im  bortigen  2Xrd^it>  fyeutjutage  genaue  Sluffdfjlüffe  über  baS  Sorgten  ber  3-  finben,  unb 
jtoar  finben  ftety  ^rojefealtcn  Dom  3atyre  1541  ab  bis  1794.  DaS  16. 3a^unbcrt  toeifi 
auf:  803  ?ßrojeffe  toegen  „Luteranismo"  unb  Segünftigung  öon Sutyeranern,  5  toegen 
„Calvinismo" ,     35  toegen    SBiebertäuf erei ,    43  toegen   „Judaismo"    (Südfall    )um 

ao  Subentum),  65  toegen  ftlucfyen  unb  läfterlicfyer  Sieben,  148  toegen  SefteeS  unb  Serbret; 
tung  bon  fefcerifd&en  Sudlern,  199  toegen  5JKifcbraud&  ber  getoeibten  $oftie  ju  3auberei 
ober  3öa^rfagen,  22  loegen  fallen  S^Ö11^  öor  ^em  3n(1uM^M>wSgeric^t,  45  toegen 
Verachtung  ber  Religion,  27  toegen  !öruc$  ber  gaftengebote,  23  toegen  ©ittenlofigRit, 
20  toegen  ÄonfubinateS  (gegen  ©eiftlid^e),   ügl.  ßecc^ettt  a.  a.  D.  II,  ©.  5  ff.    ©anj  be* 

86  beutenb  üerminbern  fiefy  burd^toeg  biefe  3°^  *m  17.  3<*^$unbert:  „Luteranismo" 
toeift  ba  blofe  125,  bagegen  „Calvinismo"  46  gölle  auf;  3Biebertäuferet  4;  „Jn- 
daismo"  34  ;  „Maomedanismo"  68,  gludfjen  unb  ©d^toören  146 ;  Verbotene  ©$riftai  59 
u.  f.  to.  Dagegen  fommt  3au^,CTei  unb  XeufelSbefd^toörung  fe^r  in  ©c^toung  mit  695 
unb  9D?iftbraucfy  ber  Seilte  jur  3Serfü^rung  mit  78  fällen.  3m  18-  S^W^nbert  ftnfen  alle 

40  biefe  3a^en#  baSSBirfcn  ber  3-  toirb  läffiger,  bis  eS  1794  fein  (Snbe  finbet  tomSfraupU 
jtoeef,  ber  ebangelif$en  Setoegung  in  ber  ©tabt  unb  im  Dominium  ein  ©nbe  ju  madj^n, 
hatte  man  fc^on  in  ben  fec^jiger  3^ren  beS  16.  3>afyrI)unberiS  erreicht  (t>gl.  m.  ©ef^u^te 
ber  Steformation  in  SSenebig,  §alle  1887 ;  6omba,  I  nostri  Protestant  II  [girenje 
1897J).  —  3njta>tfc^eit  tyatu  bie  3-  i^c  ibätigfeit  and)  in  ben  übrigen  Seilen  bcr£al& 

45  infel  burc^gefü^rt.  3n  9)tailanb  toar  eS  gelungen,  ein  Iribunal  ju  errieten ;  in  $temont 
toirften  gelegentlich  3ntlu^orcn ;  *n  ^cn  f leinen  §errfd^aften  ber  @fte  unb  ber  ©onjaga 
tarn  man  bat  SBünjc^m  9iomS  nad^;  in  Bologna  fc^te  bie  5turie  fofort  ein  Tribunal 
ein.  DaS  römifd^e  Sentralinftitut  übertoac^te  baS  i^orge^en  ber  übrigen.  3n  9?«*d 
(t>gl.  Slmabile  a.a.O.  I)  tourbe   ein  fd^on  1510   an  bem  einmütigen  S&iberftanbe  atter 

60  Älaffcn  ber  Seüölferung  gcfcfyeiterter  iserfuc^,  bie  f^anifc^e  3-  einzuführen,  1547  in  ber 
mobifijierten  gorm,  toelc^c  nunmehr  baS  römifc^e  3nf*üut  bot,  toicDer^olt  (bgl.  beS  Stefe* 
renten  „3U^  ©onjaga",  §alle  [1900J,  ©.  80  ff.).  3toar  flelang  auefc  bieSmal  bie  6in« 
^flan^ung  nid>t,  aber  biejturie  fe^te  burc^,  ba^  bie  3?erbäd^tigen  auS  bem  9ieapolttamf$en 
nun  ju  Schiff  nad^  9tom  gefd^idt  unb  abgeurteilt  tourben  —  biefer  energifc^en  änftjan* 

66  nung  ber  3lftton  üerbanfte  Die  reformatortföe  93etoegung  im  ©üben  ber  £albinfel  'üjpt 
Vernichtung.  @in  fc^auerlid^eS  ©ebäd^tnis  bat  fid)  unabhängig  bak>on  bie  3-  inCSalabrien 
buxd)  baS  §infctyla$ten  ber  3Ualbenfer  in  Galabrien  (f.  b.  31.  SBalbenfer)  gegiftet  3n 
©teilten  toar  fte  eingerichtet  unb  toirfte  ^ier  nad)  fpanifdi^em  SRufter.  Der  3Wittelpunft 
für  bie  £f}ätigfeit  ber  3.  feit  1542   blieb   aber   in   ber  ©tabt  Stom  —  öon   i^ren  bwt 

eo  abgehaltenen  ©laubenSgeric^ten  toiffen  bie  &enetianif$en  unb  anberat  ©efanbten  ber  3ett 


3ttquifttiou  165 

pi  erzählen  (fcgl.  3RutineHi,  Storia  arcana;  2llberi,  Relazioni,  passim).  (Sin  in 
Dublin  aufbetoabrtcS  Sßrotofottbucfc  bcr  römifdjen  3.  (bgl.  oben)  toeift  )tmj$en  bem 
16.  a>ejember  1564  unb  bem  21.  ©ebtember  1567  bie  §afy  bon  111  Urteilen  auf,  leite 
auf  Zobeeßrafe,  teils  auf  etoigen  Äerfer,  tette  auf  fanonifd&e  ^önitenzen  lautenb  —  baS 
Ic^te  hn  Sanbe  ift  ba$  gegen  Garnefeccfyi  (f.  Stauen,  9tef.  $eh>.)  gefällte  ftobeäurteil.  5 
Da  au$  bei  bcr  iefcigen  ben  ©tubien  entgegenfommenben  93erh>altung  beä  batifanifetyen 
Xr$ib3  bo<$  gerabe  bie  alten,  toeld&e  in  ben  33ereidf>  ber  3-  gehörten,  bon  freier  93enutjung 
«tfgefaloffen  fmb,  fo  bleibt  ben  in  ber  tyiftoriföen  Beitförift  (9$  85b  V,  ©.  249  ff.)  be* 
j$riebenen  ©ubliner  SBten  ifyre  einzigartige  ©tellung  unb  Scbeutung.  ©ie  jeigen  an 
tyrem  %c\U  trofc  i^rer  Südfenfyaftigfeit,  hrie  ber  ©egenref ormation  in  ber  3-  ityc  ftnrffamfteS  10 
JBertjeug  ertva^fen  unb  jebe  reformatorifcfye  Setoegung  fcfyon  in  ben  80  er  $,afyren  beä 
16.  3ah$unbert$  in  Stallen  bernid&tet  fear. 

3n  Spanien  braute  bie  ^Regierung  Äarte  L  ein  SBeitergefyen  auf  ber  emgefdjla* 

Sen  Sa^n;  unter  feinem  ©o&ne  $&iIiM>  IL  aber  follte  eine  jtoeite  flaffifd&e  $eriobe 
bie  SEBirffamfeit  be$  Snfütuted  eintreten.  Site  ©rofjinquifttor  fungierte,  bom  Äönige  16 
|*rfönlt$  begünfttgt,  jtananbo  SBalb&.  Die  SSerorbnung,  bafc  ben  Denunzianten  ein 
Zeil  bed  fonfiöjierten  SBermögenä  zufallen  Jolle,  tourbe  erneuert,  ein  Index  libr.  proh. 
1551,  bann  ertoeitert  1554  $erauigegeben  (fcgl.  9teufd&,  3nbe£  I,  ©.  138  u.  199),  ©üter* 
<ai)te$ung,  ja  lobeäftrafe  gegen  alle  behängt,  toeld&e  berbotene  Sucher  bruefen,  laufen 
ober  lefen  toürben.  3e$t  Ioberten  in  bier  großen  Stutoä  bie  ©Weiterlaufen  in  ©ebilla  20 
utb  BaQabolib  (1559  u.  1560)  —  bie  ebangelifd&c  Setoegung  ftmrbe  zertreten  unter 
Betätigung  fclbenmütiger  ©laubenStreue  einzelner.  Dann  toanbte  fiety  bie  3v  bier  allere 
bmgä  ganz  m  gememften  ©taatäintereffe,  mtt  nodj  größerer  2But  gegen  bie  ÜRortecoS, 
**  f •  3-  w«nbat  befe&rten  äbfömmlinge  ber  SKauren.  3lte  $tytlitt>  Ju  ***  breifad&en 
Verfolgung  berfelben  —  einer  firc^lic^en,  bürgerlichen  unb  militärifqen  —  noc$  ate  bierte  26 
ba*  Serbot  ber  3Rutterforac$e  fügte,  braefc  cm  äufftanb  au$,  ber  ja^IIofe  Opfer  ber  3. 
jetrieb  unb  erft  na$  bienig  ^a^ren  mit  ber  Vertreibung  ber  tiefte  beä  SBolfeS  bie  9tu^e 
-  bed  ®rabe*  braute,  »nbertyalb  Sa^r^unberte,  bon  1550—1700  ftanb  bie  3.  noef; 
m  Släte.  ©eit  ber  SRitte  be«  16.  3a$rtyunbert*  fyatte  fte  eine  auSerlefene  ©cf)ar  bon 
Serteibtaern  an  ben  3efuiten.  „Süden  h>ir",  fagt  DöHinger  a.  a.  D.  ©.  379  ff.,  „auf  bieao 
folgen  ber  $.,  fo  hxrr  bie  näcf)fte  unb  natürliche  bie  toeite  Verbreitung  ber  Jieud&etei, 
ca©c$etntoefen  unb  geremonientouft,  ein  Wetteifer  im  geräufcf)bollen  ürd^licben  3Re^ani^ 
und  oifrne  jÄe  ergniten^eit  . . .  Sitte  fd&led&ten  ©igenfd^aften  be«  f^nifc^en  National* 
(^aralterd,  ^onungdlofe  ®raufam!eit,  Habgier,  falfd^er  ©tolz  unb  $od^en  auf  eingebilbete 
Sonüge  mit  Serac^tuna  unb  $erna$!äfftgung  ber  toa^ren  fokalen  £ugenben,  blinber  85 
ÄiffaÜH^,  2uft  gum  SJaifftggang  tourben  bur<|  bie  3-  pflegt  «nb  toeiter  gefteigert  . . . 
So  lange  bie  ^ab£burgif$e  Dtynaftte  auf  bem  X^rone  blieb,  tonnte  man  mit  Jenem 
italiemfttyen  ©taatömanne  fagen:  „ber  eigentliche  §err  unb  Äönig  ber  fpanijdjen  Station 
fei  bieg/',  ...  unb  felbfl  unter  bem  erften  Sourbon  (1700—1746)  fanben  nod^  782  3luto« 
{btt,  in  benen  14  000  ^erfonen  mit  fd&toereren  ober  geringeren  ©trafen  belegt  hmrben".  5Raj>os  40 
\m&  »ruber  3ofe>>&  ^ob  enblic^  1808  fie  auf  —  gerbinanb  VII.  ftellte  pe  bei  ber  SReftauraHon 
1814  toteber  tyx,  aber  bie  2But  be«  SSolte«  er^ob  fid)  1820  toieber  pe  unb  zerftörte  tyren  3Ka^ 
bnber  Zoloft;  1834  ijt  fie  bann befinitib  befeitigt  loorben.  $reilid&  tourbe  ©^anien  —  toa« 
$cfäe  tü^menb  ^erbor^ebt  —  bur^  fie  bon  ßefcereien  gefäubert,  aber  bie  ©rabeärufye  auf 
tau  religtöfen  ©ebiete  loar  ein  Danaergefd^enl,  ba«  bemfianbe  teuer  zu  fte^en  gefommen  ift.  46 

San  ben  fübeuro>)äifc^en  Sänbern  ift  Portugal  ba^jenige,  in  toelcfyem  bie  3-  na^ 
6»xmien  am  längften  beftanben  ^at,  h>enn  auefy  in  toeit  geringerem  5Ka6e,  benn  bort  ate 
Safyeug  ber  ©egenreformation.  ©ie  richtete  fic^  t)orne^mlic^  gegen  bie  ^uben  unb 
hüe  $r  Sentrum  in  Siffabon.  9lac^bem  fte  toetyrenb  ber  f^anifd^cn  Cber^errfd^aft  ^eftig 
SäDätet,  traten  mit  ber  Sfyronbefteigung  ^o^ann«  IX.  (1646)  beffere  Reiten  ein,  tomn  60 
näf  bei  bem  SBiberftanbe  bed  ^lerud  unb  ber  ^efuiten  ber  itönig  ntdSt  bermod^te  fte 
<mfpi^eben.  ein  entfieibenber  ©c^ritt  gegen  fte  erfolgte  unter  bem  Hugen  unb  umftdfc 
tigm  Stegtmente  3ofe»>^  1.  burd^  $ombal,  ber  bie  ^efuiten  berjagte  (f.  b.  21.  93b  VIII, 
6.772,42)  unb  bie  3.  fotoeit  befc^ränfte,  bafe  fte  gemiffe  formen  be«  S5erfal;ren^  berbeffern 
ttb  fein  Urteil  o^ne  ©ene^migung  bed  föniglic^en  Satc^  DoUjic^cn  laffen  burfte  (bgl.  55 
Lidminißtr.  de  Mr.  Pombal,  Slmfterb.  1789).  %ud)  bie  äluto*  berbot  er.  9luc^  na$ 
fyfafii  lobe  unb  ^Jombal^  ©turz  lonnte  ber  neue  ©eift  mcfyt  toieber  erftieft  toerben: 
Storni  VI.  (1818—1826)  $ob  enblid^  bie  3.  ganz  ai*f  unb  2ßieber^erftettung«berfuc^e 
Hefen  obne  ©rfolg  (na*  9leubeder,  21.  3.  in  b.  2.  2lufl.;  bgl.  ©d&äfer,  ©efd^.b.  Portugal 
bef.  III,  337ff.,  V,  10  ff.).  «0 


166  Snqtttftttott 

3n  ben  Slieberlanben  fyat  bic  3-  im  16.  S^unbert  inerfter  2inie  aü  5Rhtd 
bei  ©egenreformation  gebient.  Slactybem  föon  ßarl  V.  bei  feinem  erjten  9efu$e,  al«  er 
&um  Söormfer  5Reit£«tage  untertoeg«  toar,  fd&arfe  ©bitte  gegen  bie  lut&erifd&e  ©atfce  er- 
laffen  unb  bann  feinen  SRat  gfranj  Dan  ber  #ulft  nac^  ber  fpanifd&en  (Gepflogenheit  jum 

5  ©eneralinquifttor  in  »rüffel  eingefefct  fyattt  (Plakkaat  bom  29.  aj>ril  1522 ;  oDe«  ge* 
genauere  bei  be  §oop;@c$effer  a.  a.  0.  passim),  bem  bie  ©totttyalterin  3ftorgoret$e  in 
Uebereinftimmung  mit  bem  ^ojjfte  1525  brei  fRac^f olger,  auc$  für  bie  nörblicfym  SJJro* 
Dingen,  gab,  entfaltete  bie  3.  eine  überaus  emftge  ifyätiafeit.  auf  tyren  $ö$epunft  flieg 
btefelbe  erft  unter  ^Uity)  lf.,  erregte  aber  au<$  bie  tiefjte  Erbitterung  unb  in  ben  gtei* 

10  tyeit«friegen  ben  tyeftigften  SBtberftanb. 

Um  ben  befonber«  auf  änttoerpen  (bgl.  SRulber,  De  Uitvoering  etc.  [1897]), 
Srüfjel,  Sötoen  unb  §erjogenbufd&  im  füblicgen  Seile  laftenben  Sebrüdungen  ein  6nbe 
ju  machen,  bereinigten  ftd)  bief e  ©täbte,  um  bie  StbfteKung  ber  X  $u  forbern.  Qljr  SSor* 
gefyen  unb  ifyre  ^eftiafeit  fanben  Slactyafymung,  unb   fo  bubete  RA  im  gebruar  1566  ein 

15  übrigen«  meift  au&  Äatyoltfen  beftefyenber  2lbel«bunb,  toelcfcer  eruärte,  nid^tö  toiber  Staat 
ober  £m$e  ju  unternehmen,  toofyl  aber  hriber  bie  Sjnquifttion  pfammenjufclten.  3m 
Sfyrtl  fteQten  3—400  ber  33erbünbeten  bor  ber  ©tattyalterm  bte  ftorberung  auf  beren 
Slbfcfcaffung.  SDte  bamal«  in  3tudftd^t  gefteHte  SRilberung  lehnte  tyl/dipp  II.  ab;  ba  ent* 
faltete  ftc$  bie  9SolI«h>ut  in  einer  Atrien*  unb  Silberftürmerei,  bie  bon  SRargaret^e  an 

20  ben  @bangeKf$en  fc^recflic^  geftraft  hmrbe.  3l\m  erfäien  ber  fierjog  Don  8Hba  1567 
unb  ber  3Berjh>eiflung«faml>f  begann.  Sud  beffen  @ef<$ic$te  fei  fier  nur  erfeätyit,  ba$ 
ber  5.  9lrt.  be«  bon  ben  ©üb-  unb  SRorbprobunen  geföloffenen  Vertrage«  bon  ©ent 
(SDumont,  Corps  univ.  diplom.  V,  1  p.  278)  alle  ÜDtanbate  unb  ©bitte  aufgehoben  es* 
närte,  bte  jur  Verfolgung  ber  Äefcer  erlaffen  toaren.    3)ie  SRorbprobtnaen   errangen  enb* 

26  li$  tyre  polttifd&e  unb  religiöfc,  ©elbftftänbi(jfett  —  and)  in  ben  füblicfcen  berfötoanb  bte 
3.  im  17.  Sa^unbert.  —  Stynlicty  hrie  in  ben  SRteberlanben,  fo  ffat,  tote  neuerbmg« 
na<$getoiefen  (erft  bur$  ^rebericq  unb  jtatylenbeef,  bann  1897  bun$  f$reberi($«,  De  I.  in 
het  Hertogdom  Luxemburg),  and)  in  bem  ben  §ab«burgern  im  16.  3afy$unbert  ge* 
työrenben  fiujemburg  bie  3.  fleifcig  gearbeitet,  befonber«  1560  unb  in  ben  3?*?ren,  att 

so  Sllba  feinen  gufe  auefy  auf  btefe«  Äänbdjen  fefcte.  —  3luc$  in  bie  überfeeifd^en  Senkungen 
tourbe  bie  3.  bur$  ©panier  unb  Sßortugiefen  gebraut  —  nac^i  9(mertta  (bat  Sca, 
Chapters  from  the  rel.  history  of  Spain,  Philadelphia  1890,  passim)  fohjo^l,  too  ftc 
in  9Rej?ifo,  anbererfeitö  in  Sima  unbSraftlien  befonbetö  ioütete,  al^auc^  nad^Cftinbten, 
h>o  fte  in  ©oa  i^ren  $au))tfu3  fanb.    „SU*  Dr.  33ud?anan  feine  /f Christian  researches 

86  in  India"  (Sonbon  1812)  beröffentlid&te,  beftanb  baö  Tribunal  in  ®oa  no(^  —  oft  bie 
@infü^rung  einer  Slrt  bon  fonftitutioneQem  Regiment  machte  U)m  fc^lieglk^,  toenigften« 
ber  gorm  nac^,  in  atten  })ortugieftfc^en  Äolontallänbern  ein  Snbe"  (^offmann  a.  a.  0. 
U,  ©.  156). 

2Benn  bort  unb  anberäfto  bie  SReujcit  bem  ^nftitute  bie  Sßurjeln  abgegraben  bat, 

40  fo  fyat  boä)  9iom  burc^aud  nid^t  auf  ba^felbe  berjicbtet  unb  fyalt  ben  SBunfd^  unb  bie  Ab* 
[\d)t  \)0<fy,  bei  günfttger  ©elegen^eit  ber  i^eorie  auc^  bie  ^ßragiä  toieber  folgen  gu  laffen. 
6^  ift  bod;  etn>a^  metjx  ati  ein  blo^  ©d^auf))iel,  toenn  man  Slrbued  im  ^a^ct 
1867  fanonifiert  fyat  —  bamtt  foQte  in  erfter  fiinie  bem  SInbenten  ber  fj>anifc^ax  3« 
al^  fold&er  im  ©egenfaft  in  i^rer  iserabfe^euung  burt^  ben  ©eift  ber  neuen  gelten  eine 

46  glänjenbe  ©enugtfyuung  ju  teil  toerben.  3lHerbing«  „temporum  ratione  habita" 
mufe  ba«  ©eric^t  borberbanb  quied)tert  fein  —  aber  nod&  im  §ofyxt  1869  tyd  Siud  IX. 
burd^  bte  Äonftitutton  „Apostolicae"  jebc  Beeinträchtigung  ber  3.'®eri$t3barteit  unter 
©träfe  geftettt  (§infd^iuö  V,  ©.  710):  h>er  bic  ^nquifttoren,  bie  Denuiuianten,  3^8^ 
unb  Diener  ber  3.  berieft  ober  bebrotyt,  toer  ©c^riftftüdEc  ber  3.  fortfdfrletyt  ober  bei» 

60  nietet,  ift  eo  ipso  ber  ßjtommunifatton  berfatten.  Dtefer  Äonftitutton  ift  aQerbtn^ 
binnen  ftalpSfrift  ber  Untergang  be«  Äird&enftaateS,  in  bem  bie  Äurie  allein  iux$  em 
9>.s©eri^t  in  ber  alten  SBetfe  aufregt  erhalten  fonnte,  gefolgt.  2)amit  ftunte  ba«  Snßta* 
in  9iom  felbft  jum  brittenmalc,  nad;bem  e«  \d)on  1809  burd;  bie  franjöfiUbe  OSutMtton 
aufgehoben,  bann  bei  ber  9leftauration  lieber  ^ergeftettt  unb  burc^  bie  Stebolution  be« 

66  3a$rc«  1848/49  aberma(«  befetttgt  n>orbcn  toar.  Sefc^retbungen  über  Sofale,  Sinrk^ 
hingen,  3Jorae^en,  ©trafen  u.  f.  U).  ber  römifd^cn  3.  in  ber  9Ritte  be«  19.  Sabrtunbertl 
gtebt  Suigi  ©efaneti«  (Roma  papale,  2. ed.  Firenze  1871,  ©.293 ff.;  28 ff.;  416X 
ber  ^e^n  ^afyre  lang  felbft  al«  „Oualififator",  b.  fy.  t^eologtfd^er  Sleferent  bem  ^nfütute 
gebleut  hatte.     Sei   ber  Kurie   aber   beftebt    bte  Gongregatio  Sanctae  Romanae  et 

oo  Universalis  Inquisitionis   nad)  toie  bor  unb  jtoar  al«  befonbere  3lu«jet(^nung  unter 


^wqnifttiow  3ftifdjrifteti  107 

ban  Sorfifce  bed  Sßapfted  aU  bie  borne^mfte  bon  allen  Äarbinaldfongregationen,  unb  Don 
ben  Seftimtnungen  jener  Steige  Don  köpften,  totfyt  bad  Qnftitut  im  Saufe  bec  ga^r* 
fcunberte  gepflegt  unb  ju  „toelterrettenber  SBirffamteit"  gebraut  fyaben,  ift  feine  einzige 
tmbenufen,  leine  einzige  ald  bem  ©elfte  bed  (S&riftentumd  jutoiber  jemald  erflärt 
towrben.  ftenratf}.      5 

3»fdjrifteii,  d&riftlic$e.  —  ßttteratur.  (Sin  fcanbbud)  ber  cfcriftl.  gnfdjriftenhmbe 
jteljt  nod)  aud.  Sin  foldjed  iotrb  audj  feine  Aufgabe  in  befrtebigenber  ©eife  ju  löfen  erft  im 
Stanbe  fein,  roenn  bad  infc&riftlic&e  Watertal  in  größerer  SBoOftftnbtgfeit  üorliegt  Snbeffen 
feljlt  cd  nidjt  an  toertoollen  Vorarbeiten,  namentlich  toon  beSRoffi,  Seölant  unb  pübner  (Xitel 
j.  u.).  für  bad  djrijil.  Altertum.  9luf  bie  gorfcfyungen  ber  beiben  erften  ©eleljrten  ftüfeen  ftd^  in  ber  10 
frutpffadje  SRartignt),  Dictionnaire  des  antiquit£s  chr&iennes.  Nouv.  4d.,  1877,  p.  357 sqq.; 
5.  X.  £rau3,  Borna  sotteranea,  2.  Stuft.,  ©.  43t  ff.;  2)  er  f.,  9tcal«(5nct)f(opäbre  ber  djrift- 
iidjni  *ütcrt5ümer,  2.®b.  ©.39  ff.;  8.  ©d)ulfre,  $ie  tfatafontben,  ©.  233  ff.  SBenn  Sbntonb 
2t  „fHant,  Manuel  d'Epigraphie  cWtienne  d'apres  les  marbres  de  la  Gaule,  1869,  unb 
I/Epigraphie  chr&ieniie  en  Gaule  et  dans  TAfrique  Romaine,  1890,  junädjft  nur  ©aflien  15 
bctanbelt,  fo  aefy  er  bodj  aud)  häufig  auf  bie  übrigen  Sauber  ein.  Söefonbere  $3ead)tung 
oerbtent  bie  ©ibliograpfjic  ber  ©pigrap&il,  bie  biefen  beiben  Werfen  beigegeben  ift.  —  gür  bad 
IRÄ  lommt  unter  ben  $eutfdjen  nodj  am  meiften  in  $etradjt  #.  Otte,  #anbbud)  ber  firdjl. 
ftnnft  «rc&Äologie  bed  beutföen  Mittelalter^  1\  6.  395  ff. 

Gfciftftd^e  gnjcfcriften  ftnb  nic$t4ttterartfc$e  gtyriftantoenbungen,  bie  bon  Sänften  20 
fcgefteOt  ober  Veranlaßt  ftnb  unb  jugleic^  in  33ejie|ung  jur  d^riftlid^en  Religion  ftetyen. 
$  txm  biefen  beiben  ftemt)ei$en  bad  erfte  o^ne  toeitered  berftänblic^,  fo  hrirb  gut  @r* 
Imrteruna  bed  jtoeiten  bemerft,  bafc  Sejie&ungen  bon  ^nfc^riften  jum  (Sgrtftentum  erfe^en 
toaben  tonnen  aud  entfpre$enben  2ludfagen  tyred  Iqrted  unb,  fco  folct)e  feblen,  aud  ben 
Scgcnßanben,  mit  benen  jie  jufammengd&ören,  &.  33.  cfyriftlic^en  Silbern,  Embolen,  3"$en' 25 
ober  aud  ben  Örtli^Ieiten,  für  bie  fte  angefertigt  ftnb,  fo  &ir$en  unb  ßird^öfen.  Anleitung 
l>r  Sammlung,  jum  Sefen  unb  abtreiben,  ntr  Jtritit  unb  ßermeneutif,  foiotc  ntr  hnffen* 
KWtlufcn  öertoertung  u.  bgl.  biefer  3njd&riften  giebt  bie  <$riftlic$e  ©ingra^if,  bie  audfr 
fa  bte  Reit  bed  Slltertumd  neben  ber  ifyr  näcr;ft  fcertoanbten  grieä)tf<$en  unb  römifäen 
ifce  Sewfrfianbigteit  behauptet,  tote  ettoa  bie  ©efd&td&te  ber  cgriftlic^en  Sitteratur  neben  so 
bajenigen  ber  antilen.    %üx  bie  @pigra))^il  fontmen  in  93etrad^t   1.  bie  ^nföriften  im 

rn  ©tun,  b.  f).  bie  Stuffd^nften,  bie  auf  SRaterial  ber  berfd^iebenften  mt,  namentlich 
faltbareres,  tote  Stein,  iDtttaü,  %f)on,  (Slfenbein,  $ol}  u.  bgl.,  eingemeißelt,  eins 
«f^nitten,  eingesägt,  etngerifet,  aufgemalt  u.  f.  h>.,  bie  ^erxunft  ober  ben  ftfttd  eined 
Öegenpanbed  bartfan  fotten.  meinen  )u  biefer  ftfaffe  an  (ic^>  auc^  bie  Slufföriften  auf  ben  35 
Röitjen,  fo  f$eiben  fte  boc^  aud  bem  33ereicr)  ber  ^nf(^riften!unbe  aud,  ba  fte  bon  ber 
Änmdmatif  ht  Snfpruc^  genommen  toerben.  2.  Die  3>nf$rtften  im  toettern  Sinn,  b.  ff. 
bte  Urtunben,  bie,  toeil  fte  ein  aEgemeinered  ^ntereffe  beanspruchen  unb  me^r  ali  bem 
Ät^enbtkf  bienen  tuollen,  auf  bauerfafted  Material,  gert>ör;nltcr>  Stein  unb  ^etaQ,  ge= 
{(^rieben  ftnb.  40 

Die  c^riftlic^e  &p\#tapfyt,  eine  nod^  junge  Didgiplin,  fyat  btd^er  i^r  ^auptintereffe 
ba  3ett  ber  alten  Ärrd^e  geioibmet,  toä^renb  t>on  i^r  bad  Mittelalter  ioentg  unb  noc^ 
tomiger  bte  92eu^eit  berüchtigt  toorben  ftnb.  Siefe  auf  ben  erften  ©lief  auffällige  @r* 
t^amjng  ftnbet  t^re  Srflärung  nic^t  bloß  in  ber  aud)  fonft  bemerkbaren  Vorliebe  ber  ge- 
t4i4tß4fen  unb  ar^äologifc^en  gorfd^ung  für  bie  Urzeiten,  fonbern  fauptfäd^Iid^  in  ber  45 
teftaffenfteit  ber  Snfäriften  felbft.  2öeil  ber  ©egentoart  ferner  gerücft  ald  bie  mittel 
aüedk^en  unb  neuzeitlichen,  erfc^ließen  ftc^  bie  altd^rtftlia^en  ^nfd^rtften  bem  3$erftänbnid 
b<t  geferd  unb  Sorfc^erd  fd^toerer  ald  jene,  etfyetfcfyen  barum  aber  größere  Sortenntniffe 
Mb  cniae^enbere  Stubien.  Slufeerbem  ift  bie  ftofflic^e  äludbeute,  bte  bie  infct)rtftltcr)en 
Smbnaler  au&  ber  3**  ^tx  alten  Ätrc^e  gewinnen  laffen,  eine  berfaltntdmä^ig  größere  50 
di  btejffttge,  bte  eine  Sefcfaftigung  mit  ben  Röteren  ermöglicht,  ^freilief?  ift  ed  bie  9luf- 
pfe  ber  SBtffenfcfaft,  nic^t  in  erfter  Sinie  mit  bem  ßrfofg  i^rer  X^ätigleit  m  rennen, 
Mb  Uon  barum  totrb  fte  auf  bie  Dauer  ber  Sammlung  unb  rrittfd^en  Bearbeitung  ber 
"^  ''tdidytn  unb  toemgflend  eined  leild  ber  neujeitltd&en  ^njd^riften  ftd^  ntd^t  ent^te^en 
£etyaft  gu  tvünfc^en  toäre  ed,  baft  für  Deutfct)lanb  ettoa  bte  Monumenta  Ger-  66 
bolb  eine  fofc&e  Arbeit  in  Angriff  nehmen  möchten.  Sinb  boc^  bte  ^nfc^riften 
yjdfrfrtiicfre  Urtunben  erften  Stangd.  Sürbe  aber  eine  Sammlung  ber  genannten  Dent 
■Her  no^  längere  Seit  J^ütaudgefcr/oben  toerben,  fo  toäre  em^finbltc^er  Schaben  bie 
falyt,  ba  biefe  ja  befanntli$  abftd^tlic^er  unb  unabftd^tlic^er  3'erftörung  forttoä^renb  au& 

rteftfittb.  60 


168  3ttf4riften 

2>ie  folgenbe  ©arfteüung  mufj  fxc^  nac$  bem  gegenwärtigen  ©tanb  ber  epigrat>$ifc$en 
ftotföung  rieten.  SMefer  ermöglicht  e$  nur,  bie  altc$riftltd&e  3*  genauer  ju  befanbeln. 
greilicfc  fe^lt  e$  auc$  $er  niety  an  Süden.  5)enn  für  bie  Snfcfcriften,  bie  nic&t  arie^tjd^ 
ober  lateinifö  abgefafct  finb,  ift  faft  no#  ntc^tö  geföe&en.  Snbeffen  felbji  für  bie  grie* 
6  d&ifcfcen  unb  lateinifd&en  gilt  e$  nod?  manche  nacfyjelaffene  Aufgabe  }u  föfen,  aufcer  ber 
Serbollftänbtgung  beä  Materials  namentlich  bie  ^erftellung  bon  böllig  juberläjfigen 
bilblic&en  SBiebergaben. 

I.  Sie  ^nfc^riften  auä  bem  c^rtftltctyen  Altertum.  1.  Sammlungen 
Don  ^nfc^riften  unb  @efc$id&te  ber  ß}>igrat>$il.    Sitteratur:  J.  B.  de  Roesi, 

10  Inscriptiones  christianae  Vrbis  Romae  Vol.  I.  p.  VI*  sqq.  Vol.  II.  pars  I.  p.  leqq.; 
grerb.  $iper,  (Stnleüunfl  in  bie  monumentale  Geologie,  @.  816  ff. ;  Conventus  II.  de  Ar- 
chaeologia  christiana  Romae  habendus,  commentarius  authenticus,  1890,  ö. 

9Son  ben  ©c^rtftfteDcrn  beS  d&riftltd&en  SlltertumS  toerben  gtoar  ab  unb  )u  einzelne 
Qnfc^riftcn  angezogen,  aber  e$  ift  jtoeifetyaft,  ob  in  biefem  Settalter  eine  einige  ©amm* 

15  lung  Don  3"föriften  entftanb.  Senn  für  bie  nachweisbar  ältefte  berartige  Sßeranftaltung, 
bon  ber  ein  33ruc$fiüd  in  bem  fog.  ^ergamen  be$  ©caliger  borliegt,  mufe  bte  £eit  550—839 
offen  gehalten  toerben.  @inc  Steige  bon  Ignfc^ftfammlungen  lieferte  bie  !aroImgif$e 
Slenatffance.  an  tyrer  ©pifce  ftetyt  ein  Codex  Einsidlensis,  beffen  unbelannter  Ur* 
tyeber  im  8.  ober  am  Anfang  beä  9.  3atyrfyunbert$  tyätig  hxnr.    SlllerbtngS  toar  bei  ben 

2omeiften  tnfd&riftlidfren  Unternehmungen  biefer  3eit  b<*3  Sammeln  nic^t  ©elbftjtoecf;  tnel= 
me&r  tooUte  man  burc$  ßu^^^^Ö^  bon  namentlich  in  SBerfen  abgefaßten  gnfc&rtften 
■Biufter  unb  .§ilfämittel  für  neue  Sßoeften  barbieten.  3n  biefen  Sammlungen  unb  ben 
meiften  folgenben  erföeinen  mc^t^nftlic^c  unb  c^rtftlicfye  ^njdfrriften  neben  emanber,  ja 
jene  toerben  fogar  beborjugt. 

25  3h)tfc^en  ber  Äarolingerjeit  unb  bem  14.  galjr^unbert  gefdba^  nur  toenig  für  bie 
(Sptgra^if,  au$  bie  d&riftlic&e.  (Srft  baS  SBteberaufleben  ber  Hafftfcfcn  Sitteratur  förberte 
aufs  ntü^  ben  Sammeleifer,  gfür  ba$  14.  Sabrfyunbert  tommen  $auptfä$(t$  in  Sctautyt 
Sola  Sttemt  unb  ©iobanni  Sonbi,  an  bie  fiep  anreihen  im  14.  unb  15.  3a$r$.  ßrriaco 
be^ijjicotii  (Gtyriahiä  bon  Slncona),  im  15.  ^atyrfc.  Jjfeltce  geliciano,  ©iobanni  3Rarc& 

30  nuoba,  !gü$anne$  gucunbuS  unb  $etru$  ©abtmtS.  Siel  neues  infcfcriftüc$c3  SRaterial 
tourbc  im  16.  y$atyf).  entbeeft,  ba$  meifte  in  ben  feit  1578  bon  Antonio  SJopo  toieber 
erfd&loffenen  Äatatomben  ju  9tom.  3$on  gorföem  beS  16.  3jaW&.  auf  tyigraröitoem  ®e* 
biet  nenne  td&  SllbuS  SRanutiuS  b.  3-  unb  SRartin  ©metiu«,  nebenbei  9Mcm$ü>m. 
SJlad^t  biefer  aud&  nid^t  afe  Gfyxpctipfym  ©poebe,  fo  förberte  er  boc^  ba«  3ntereffe  an  ber 

85  inf$riftli$en  ©tubien  burc^  fein  ©eleitfd^reiben  )u  ben  Inscriptiones  sacrosanetae 
vetustatis  feiner  $reunbe  $eter  9tf ian  unb  93art^o(omäud  Slmantiu^  bie  auc^  c^riftf.  Sn« 
fdbriften  barbieten  (1534).  aKeland^t^on  felbft  fd&rieb  al«  ©tubent  in  ßetbelberg  Snfc^riften 
ab  unb  atö  ?ßrofeffor  in  SBittenberg  fammelte  unb  topierte  er  bie  ©rabfe^riften  ber  SO» 
fanier  im  bortigen  ^ranjtölanerllofter.    Sgl.  £artfelber,  Melanchthoniana  Paedagogica 

40©.  196;  ©«er,  ffitttenberg  im  3R21.  ©.  75. 

SoS  früher  beröffentlid^te  el>igrat>tyifd&e  9Raterial  unb  mittlertoeile  neu  aufgefundene*, 
auc^  ^anbfc^riftltc^e«,  bereinigten  %an\tö  ©ruter,  ©caliger  unb  SJelfer  in  Inscriptiones 
antiquae  totius  orbis  Romani  in  corpus  absolutissimnm  redaetae,  1603,  toorin 
aber  bie  cbriftl.  ^nfc^riften  nic^t  ganj  ju  i^rem  SRe^te  tarnen.  Segnügte  fid^  boc^  ©ruter, 

45  nur  ba$  bon  neuen  ßntbedungen  in  fem  2öerf  aufzunehmen,  fta*  i^m  bon  greunbe^banb 
gelegentlich  mitgeteilt  fturbe.  3Rd)x  6F)riftlicbe^  mürbe,  nad)  feinen  noc^  bor^anbenen  feor^ 
arbeiten  ^u  fd^lte^en,  ©iobanni  Satttfta  3)om  feinen  Inscriptiones  antiquae  einberleibt 
$aben,  mürbe  ed  i^m  bergönnt  getoefen  fein,  beren  3)rudlegung  noc^  )u  erleben.  Selber  liefen 
bie  Herausgeber  feiner  §tnterlaflenfd^aft,  2lntonio  ?Vtance«co  ©ori  u.  a.,  biele  feiner  $riH.s 

so  e})igraj)^tfd9en  Rolleftaneen  unberüdEfid^ttgt  (1731).  SOBie  2>oni,  fo  toar  auc^  ber  Solumbud 
ber  ÄataiEomben,  SJofto,  1629  geftorben,  o^nc  feine  gafylreic^en  ard^äologifc^en  unb  qn* 
grcü)^ifc^en  ^unbe  Veröffentlicht  }u  haben,  ßum  ©lücf  fiel  aber  fem  9ia^la|  in 
beffere  $änbe,  erfc^ienen  aU  Roma  sotteranea  1632,  in  (atemifc^er  ttberfefcung  cad 
feiner  gebet  unb  berjemgen  $ao(o  3lrtng^tö  1651.    Sine  (Srgänjung  bed  ©rula'fc^en 

55  ßor^u«  lieferte  ber  Seipjtger  Slr^t  2^oma^  SHeineftuS  in  feinem  Syntagma  inscriptio- 
nura  antiquarum,  erfd^tenen  1682,  toö^renb  ^acque^  @^on,  SRobiOon  unb  3Kontfoucon 
in  t^rer  $etmat  unb  me^r  nod)  auf  großen  Steifen  au^er^alb  granfretdf^  ibertboHe  ßinjefc 
betträge  gur  c^riftl.  GpxQxfyfyt  fammelten.  (Sbe  ba^  17.  3a^.  jur  Müfke  ging,  erfc^ten 
nod^  ein  toettereä  Gorpu^,   Raphaelis  Fabretti  Inscriptionum  antiquarum  . . .  ez- 

60  plicati,  1699,  neben  ben  ^nfcljriftcn   feinet  eigenen  2Rufeum$  anbere,   namentlich  foU&e 


3nfrfjrtftett  169 

Don  SDoni  gesammelte,  barunter  au$  ctyriftlid&e,  barbietcnb,  fotoie  eine  ©pcjialarbeit  über  bic 
muftiri^djen  ©entölte  unb  Snfd&riften,  befonberS  in  9lom,  Stamptm,  Vetera  Monimenta, 
in  quibus  praecipue  musiva  opera  .  .  .  illustrantur,  1690.  1699. 

$ta3  18.  3afcV  förberte  bie  rf>rtftl.  (Spigra^il  Weniger  burcty  grofc  angelegte  ©amm* 
bmaen,  tote  bur$  S$eröffentli($ungen  totaler  SIrt  unb  burefy  aWonograptyien.    3jn  bie  erfte  6 
Jttafte   gehört   Ludov.   Antonius   Muratori,  Novus   thesaurus  veterum   inscrip- 
tionum, 1739— 42,  eine  berungtüdftc  arbeit,  burefy  bie  leiber  bie  Verausgabe  ber  gene- 
ralis   collectio  be3   fritifc^cn  ©cu)io  SJtaffei,    mit   SluSnafyme   be$   Museum    Vero- 
nense,  1749,  bereitet*  tourbe.  3)er  SSerf affer  beä  Veterum  inscriptionum . . .  novissi- 
mas  Thesaurus,  Sebastianus  Donatus,  1755,    wu)m  in  fein  2Berf  nur  eine  einzige  10 
dniftL  Sjnfc^rift  auf.    2>ie  jtoette  fllaffe  toirb  bertreten  $atu>tfäd&lid&  burefy  ttalieniföe  @e* 
lehrte,  bic  bie  ^nfcfcriften  einzelner  Sßrobtnjcn  ober  ©täbte  Verausgaben,  fo  %x.  3lnt.  $ac* 
caria,  ber  in  feinen  Excursus  litterarii  per  Italiam  unb  Iter  litterarium  per  Ita- 
liam  <md)  bie  ^nf^riften  TlxtttU  unb  Oberitaliens  berüdfftd&tigte,  ©ori,  ber  für  Sto^fana 
fammette,  9KbauteKa  unb  SRicoftri,  bie  iurin,  be  Sita,  ber  ÜBenebent  bebaute,  u.  f.  to.  15 
SertboQe  Stenografien,  in  benen  bie  Ignfctyriften  eine  größere  ober  Heinere  SRotte  fielen, 
lieferten  Suonarruoti,  Osservazioni  sopra  aleuni  f rammen ti   di  vasi  antichi  etc., 
1716,  SRarc'  äntonio  Solbettt,  Osservazioni  sopra  i  eimiteri  .  .  .  di  Roma,  1729, 
2upt,  Epitaphium  Severae  martyris,  1734,  3oty.  5Rarangoni,  Acta  Sancti  Victorini 
fllustrata,  1740,  ©  ori,  Thesaurus  veterum  Diptychorum,  1759,  Dberici,  Dissert.  in  20 
tliquot  ineditas  veterum  inscriptiones,  1765,  u.  f.  tu. 

din  Stücfbluf  auf  bie  etoigra^iföen  Sefttebungen  unb  fieiftungen  bon  ber  Äarolmger* 

&an  biö  ht$  18.  §atyfy.  berab  läfit  unfötoer  erfennen,  bafc  bie  cfyriftl.  ^nföriften  to«t 
ar  btejenigen  au£  bem  uafftfd&en  Altertum  jurüdtgeftellt  tourben.  !ga,  man  fann  ft$ 
bed  6cnbrucfö  nid&t  entfd&lagen,  bafs  fte  in  ben  meiften  Sßcrfen  nur  als  Sallaft  mitgefürt  26 
tourben,  ^ebenfalls  aber  toarb  in  ber  ganzen  langen  $eit  fein  GotyuS  ber  cfyriftl.  3ns 
fünften  im  3)ru<f  beröffcntlic^t,  toenn  and)  Anläufe  baju  gemalt  tourben.  3)tefe  um 
«neigen  Sei$ältniffe  ättberten  ft$  im  19.  %af)tt).  in  erfreulicher  Sßetfe.  Die  c^riftl. 
§nfc$nften  tourben  nunmehr  mit  berfelben  Sorgfalt  unb  @rünblu#feit  gefammelt  unb 
beröffentlic^t  tote  bie  antilen,  ein  Äortfc^ritt,  ber  namentlich  ber  ^mtiatibe  äfoguft  33ikfy$  90 
mb  I^eobor  slRommfen$  ju  banfen  ift  2öeiter  aber  etftanb  ben  d&riftl.  Snfdjriften  in 
duftaimt  Sattifta  be  SRofft  ifyc  ÜJieifter,  ber  bie  früher  mcfyr  ober  toeniger  btlettantifd&e 
Sefc^äftiöung  mit  ben  Snfd&riften  jur  2>i$jU)lin  ber  d&riftltd&en  Gpigra^^if  ertyob.  60 
barf  berat  mit  gug  unb  9tcd)t  ba$  19.  ^a^.  unb  befonber«  beffen  jtoeite  £älfte  als 
eme  neue  <Spo<$e  für  bie  cfcriftl.  ^nfctyriftenfunbe  bejeic^net  toerben.  86 

9ta$bem  ©aetano  3Rarim  1785  bie  Iscrizioni  antiche  delle  ville  e  de'  palazzi 
Albani  unb  1795  Gli  atti  e  monumenti  de1  fratelli  Arvali  beröff entließt  battt,  9BerIe, 
bie  gdc^rt  unb  tritifd^  genannt  toerben  bürfen,  fa^  man  mit  groger  Spannung  ber  3)rucf- 
leaung  feiner  grofeen  Sammlung  bon  d^riftl.  ?jnfc^riften,  jefet  in  31  $)änben  ber  battfani* 
f($en  Stbliot^a  bereinigt,  entgegen,  allein  er  ftarb  1815,  o|ne  bie  auf  i^n  gefegten  §off-  40 
mngen  erfüllt  px  tydxn.  (Srft&ngelo  !Dlat  gab  1831  einen  ber  4  bon  äRarini  geplanten 
Sfiribe  in  fetner  Scriptorum  veterum  nova  collectio,  tom.  V.  $erau$,  nad^bem  er  bad 
Raratffript  tetlä  bernirjt,  teild  auö  TOarint^  Aolleftaneen  ertoeitert  ^atte.  3Qtnn  jebo^ 
ben  ecffcenSanb  nic^t  auc^  bie  toeiteren  folgten,  fo  bebeutete  bie^  feinen  Schaben  für  bie 
C|N0rnp^il  Senn  bon  anbeten  ©rünben  abgefe^en  —  TOarint  befugte  beifpietötoeife  md)t  45 
bie  Äatalomben  mit  i^ren  ^nfe^riften  unb  benufete  bie  älteren  ^anbfd^riftli^en  ^nfc^riften^ 
||Eogen  nur  mit  äuStoabl  —  jteigte  er  ftc^  be^|alb  fd^on  feiner  Slufgabe  nid^t  getoad?fen, 
tocS  er  für  fem  SBerl  fad^li^e  Stubrilen  toäbltc,  benen  in  ma^gebenben  Streifen  feit  Wodtfö 
faftreten  enbgtttia  ber  9(bf$ieb  gegeben  tourbe. 

9Wtt  ber  gforberung  geograp^ifc^er  Slnorbnung  ber  3inf(^riften,  bie  örilicfy  3ufammens  w 
irfflngß  nu^t  in  disjeeta  membra  jenei^t,  brachte  Ööcfl;  einen  alten,  aber  längft  Dcr= 
jefjenen  ©runbfa^  toieber  jur  ©eltung,  jc^t  freilief)  für  ein  unberl?ältni3mäfjig  grö^ere^  ©e- 
Met  aü  früher,  ©teilte  er  bod^  ber  Serltner  Slfabemie  ber  3öiffenfc^aften  bic  riefige  3fof* 
yd*,  alle  0rie$if$en  ^nfc^riften  in  einem  Corpus  Inscriptionum  Graecarum  (C  I G) 
a  bereinigen,  bie  fobann  teild  er,  teils  anbere  belehrte  löften.  2Baö  bie  Stellung  ber  c^riftl.  66 
yfifrrijten  in  biefem  SBerte  angebt,  fo  ftnb  einzelne  JJummern  in  ben  brei  erften  Sänben 
aueftaut,  bad  ^auptmaterial  aber  im  2.  $eft  bed  d.  Sanbtö  ^ufammengeftedt,  an  beffen 
fajang  and}  eine  Überftyt  ber  in  ben  früheren  Sänben  gebrueften  ^nf^riften  mitgeteilt 
iwb.  ®er  Herausgeber  biete«  ^Eeil«  be«  CIG,  erfd&ienen  1859,  ift  älbolf  Äircbl^off, 
bec  burc^  feine  Stubien  jur  ©efd^ic^te  beS  griet^ifc^en  ällf)^abetö,  1863  juerft  veröffentlicht  eo 


170  3»frfjriftett 

ft$  ben  erften  $la$  unter  ben  griec$ifc$en  @l>igrat>&ifern  erworben  Ifal  ^au^tjäc^li^ 
burety  biefeä  28er!,  Weiter  aber  burety  ben  mittlerweile  erfolgten  $utoa$3  an  ^Material, 
Würbe  eine  Neubearbeitung  beä  C  I  G  beranlafit,  an  beffen  ©ptfce  jefct  ba*  Corpus 
Inscriptionum  Atticarum  ftetyt,  ba$  freiließ  für  bie  cfcriftl.  <&p\ffca$\l  fo  Wenig  un* 
5  mittelbar  in  9etra$t  lommt  Vöte  bie  Inscriptiones  Oraecae  antiquissimae  praeter 
Atticas  in  Attica  repertas,  1882,  unb  bie  Inscriptiones  Graeciae  septentrionalis, 
1892  ff.  Dagegen  finb  au$  bie  c$riftltd&en  ^nfe^riften  berücffu&tigt  in  ben  Inscriptiones 
Graecae  Siciliae  et  Italiae  additis  Graecis  Galliae,  Hispaniae,  Britanniae,  Ger- 
maniae  inscriptionibus,  ed.  G.  Kaibel,  1890;  Inscriptiones  Graecae  insiüarum 

10  maris  Aegaei,  fasc.  I.  III.,  ed.  Frid.  Hiller  de  Gaertringen,  1895.  1898.  Steten 
Äaibel  unb  filier  biete  !gnfc§riften  bar,  bie  ftird^off  no$  nic^t  jugänglic^  froren,  fo  ift 
feit  1859  and)  an  anberen  Orten  biel  9teue3  ni  Jage  gelommen,  ba3  in  StteifeWerfen  unb 
3eitfcfyriften  fyau}>tfäd&lid&  niebergelegt  ifi  93on  einer  äfofjätylung  aller  biefer  QmtfU 
beröffentlid&ungen  mufe  natürlich  an  biefer  ©teile  abgefetyen  Werben.    9(m  meiften  maefct 

15  fi$  jur  3eit  ber  9Jtongel  einer  fritiföen  Bearbeitung  ber  c^riftL  gnföriften  @}rie$enlaitb* 
im  engern  ©inn,  namentlich  ättifaS,  fühlbar.  3)oc$  ift  )u  ^offen,  bajj  bie  rührige  ficole 
frangaise  d'Athöne  (3.  Saurent  unb  gr.  ßumont)  mit  bem  bon  ifa  galanten  Corpus 
Inscriptionum  Graecarum  christianarum  balb  biefe  unb  bie  übrigen  Süden  aufe 
füllen  hrirb;   bgl.  Bulletin  de  Correspondance  Heltenique  XXII  (1898)  p.  410  sqq. 

30  ©egenWörtig  mufj  für  Sittila  $aut>tfä$(i$  no<$  auf  G.  Satyet,  De  titulis  Atticae  chri- 
stianis  antiquissimis  Commentatio  historica  et  epigraphica,  1878,  berWiefen 
tu  erben. 

2Ba3  SöcftyS  9tame  für  bie  gried&ifcfye  CSpigrap^il  bebeutet,  ba3  unb  nod)  mebr  ber 
SHommfenS  für  bie  römtfepe,  ber  &War  ni#t  atö  erfter  ben  Oebanlen  eine«  Corpus  In- 

26  scriptionum  Latinarum  (C I L)  anregte,  ber  aber  für  biefeä  in  feiner  ate  SRamtfhipt 
gebrückten  SDcnffd;rtft  über  $lan  unb  äuSfityrung  eine«  CIL  (1847)  bie  Sttytlinicn 
gab,  felbft  einen  großen  Seil  ber  gewaltigen  arbeit  leiftete  unb  ben  anbern  in  bie 

tanb  bewährter  ^reunbe  unb  ©c^üler  legte.  3n  biefem  SticfenWerf  fcaben  auiäf  bie 
riftüc^en  Snfc^riften  tr/re  ©teile,  fei  e$  bafc  fte  neben  ben  antiten  erfcfceinen,  fei  cd 

so  baf?  fte  ju  befonberen  Sänben  bereinigt  futb.  Sine  SluSnatyme  mac$t  nur  9tom.  3m 
einzelnen  lommen  }.  g.  flk  ^e  cr)riftl.  (Spigrap^if  in  Setradjtf:  Inscriptiones  Hispa- 
niae  christianae.  Ed.  Aera.  Hübner  1871.  ©rgonjungen  boju  finb  mitgeteilt  in  In- 
scriptiones Britanniae  Christ,  (f.  tyernaety).  Inscriptiones  Hispaniae  christianaa 
Supplementum.   Ed.  Aem.  Hübner,  1900.  Vol.  III.  Inscriptiones  Asiae,    pro- 

86  vinciarum  Europae  Graecarum,  Illyrici  Latinae.  Ed.  Th.  Mommsen,  1873. 
Voluminis  III.  Supplementum.  Ed.  Mommsen,  O. Hirschfeld,  Alfr.  Domaszewsky, 
1889  ff.  Vol.  V.  Inscriptiones  Galliae  cisalpinae  Latinae.  Ed.  Th.  Mommsen, 
1872.  1877.  Corporis  Inscriptionum  Latinarum  supplementa  Italica,  ed.  Pais, 
1884.  Inscriptiones  Britanniae  christianae.  Ed  Aem.  Hübner,  1876.  Vol.  VIII. 

40  Inscriptiones  Africae  Latinae.  Coli.  G.  Wilmanns,  1881.  Supplementum,  Pars 
I.  II.,  ed.  R.  Cagnat  et  Johs.  Schmidt,  1891.  1894.  Vol.  IX.  Inscriptiones  Ca- 
labriae,  Apuliae,  Samnii,  Sabinorum,  Piceni  Latinae.  Ed.  Th.  Mommsen,  1883. 
Vol.  X.  Inscriptiones  Bruttiorum,  Lucaniae,  Campaniae,  Siciliae,  Sardiniae 
Latinae.  Ed.  Th.  Mommsen,  1883.   Vol.  XI.  Inscriptiones  Aemiliae,  Etruriae, 

46  Vmbriae  Latinae.  Ed.  Eug.  Bormann.  Pars  I.  Inscriptiones  Aemiliae  et  Etru- 
riae comprehendens,  1888.  Vol.  XII.  Inscriptiones  Galliae  Narbonensis  La- 
tinae. Ed.  O.  Hirschfeld,  1888.  Vol.  XIII.  Inscriptiones  trium  Galliamm  et 
Germaniarum  Latinae.  Ed.  O.  Hirschfeld  et  Car.  Zangemeister.  Partie  I. 
fasciculus  I.  Inscriptiones  Aquitaniae  et  Lugdunensis.  Ed.  O.  Hirschfeld,  1899. 

60  Vol.  XIV.  Inscriptiones  Latii  antiqui.  Ed.  Herrn.  Dessau,  1887.  Vol.  XV.  In- 
scriptiones Vrbis  Romae  Latinae.  Instrumentum  domesticum.  Ed.  Henr.  DreeseL 
Pars  L,  1891.  Pars  IL,  fasc.  L,  1899.  —  ©a  naturgemäß  ba«  infc^rtftlu^e  ^Material 
infolge  Don  ^fälligen  (SntbcdEungen  unb  anstellten  2lulgrabungen  feit  bem  Srföetnen 
ber  einzelnen  Sänbe  beä  CIL   unb  ifyrer  Supplemente  ßunafcme  erfahren  tyAf  fo  fttflen 

65  biefc  mcfyt  ben  gegenwärtigen  Ignfdjriftenbeftanb  bar.  Slad&träge  liefern  namentlich  bie 
Ephemeris  epigraphica,  corporis  inscriptionum  supplementum.  Vol.  I  sqq.,  feit 
1872,  Wetter  aber  bie  epigrapfyifd&en,  fyiftorifdjen  u.  bgl.  ^citfe^riften,  bie  nic^t  fjitx  ebnete 
aufgejagt  werben  tonnen.  Skfonbere  (SrWäfynung  fcerbienen  bie  framöfifefcen,  Weil  in  itaen 
bie  meiften  @ntbecfungen   be$  um   bie  cfyriftl.  ädtertum^Wiffenfc^aft  fo  tKrbienten  ^Jater 

60  Selattre  in  Xuntö  veröffentlicht  fmb.    Überbie^  muffen,  fo  lange  ba«  C I L  ni$t  fein« 


3ttf4riftett  171 

Äbf^lufe  erlangt  fyit,  no$  anbere  frühere  Sammlungen  benüfct  toerben,  bie  mm  Steil 
toegen  tyttr  Setgaben,  namentlich  Kommentare  unb  SJbbilbungen,  für  immer  aBert  be* 
falten  toerben.  £ier  finb  befonberä  &u  nennen  bie  alten  ßotyora  unb  Sofalfammlungen 
(f.  oben),  bie  Sbbett  beS  größten  <$rifU.  ßfyigra^tferS  jenfeitä  ber  SJogefen,  ©bmonb  SeSSlant, 
Inscriptions  chr&iennes  de  la  Gaule,  1856.  1865;  Nouveau  Recueil  des  In-  6 
scriptions  chr&iennes  de  la  Gaule,  1892;  ferner  91.  3lQmer  unb  91.  be  Eerrebaffe, 
Inscriptions  Antiques  et  du  Moyen  Age  de  Vienne  en  Dauphin^,  1875 f.; 
%.  3L  ÄrouS,  3>te  cftiftl.  Sjnfc&riften  ber  Styeinlanbe,  1890—1894. 

gange  befeor  beStoffi  am  22.  Januar  1854  bon  ber  Serl.  9lfab.  b.  SBiff.  bie  efcren* 
tooOe  äufforberung  erhielt,  neben  3Rommfen  unb  $enjen  in  bie  9lrbeit  für  ba$  CIL  ein- 10 
jutreten  —  er  toar  bim  ba  an  bte  ju  feinem  %oi  einer  ber  Bearbeiter  unb  Herausgeber 
be*  voL  VI.  Inscriptiones  Vrbis  Romae  Latinae  —  fyattt  er  mit  ben  Vorbereitungen 
ut  einer  Sammlung  ber  altc$riftli$en  Snfd^riften  9tom3  begonnen,  nämlicfc  bereits  1842. 
SDie  %tud)t  femer  Sienenemfigtett  unb  (Genialität  erfc^ien  1861  unb  1888,  Inscriptiones 
christianae  Vrbis  Romae  septimo  saeculo  antiquiores,   vol.  I.,    voluminis  II.  15 
pars  I.    ©er  erfte  9anb  enthält  bie  batierten  3nförif*cn,  baju  eine  SBorrebe,  bie  über 
Ue  früheren  c^ftf  .*e(>igra$if($en  Unternehmungen  tyanbelt  unb  ben  $lan  ber  eigenen  bar« 
bgt,  unb  ausführliche  Sßrolegomena,  bie  fyauj>tfä($lic$  bie  altc^riftlic^e  Chronologie  gum 
©egenftanb  ^aben.    2>er  erfte  Seil  be«  2.  SanbeS  bietet  bar  bie  $anbf$riftli$en  3jn* 
fynftmfammlungen  Dom  *ßergamen  beS  ©caliger  (f.  oben)  an  bis  ju  *ßetru3  ©abmuS  20 
baob.  9Rit  großem  ©dSjarfftmt  toerben  tyier  alle  in  Betraft  lommenben  ©tyllogen  betyanbelt 
imb  iljre  SEegjte  in  trittfc^  juberläfftger  2Betfe  toiebergegeben.    Unmittelbar  ber  cfyriftl.  (Spu 
gtatfa  getoibmet  ift  and)  II  Museo  epigraüco  cristiano  Pio-Lateranense,  memoria 
del  Comm.  Gio.  Batt.  de  Rossi,  im  Triplice  omaggiö  alla  Santitä  di  Papa  Pio 
IX,  1877.  Starbt  ftnb  bie  einzelnen  Seile  ber  toon  be  Srcofft  im  Sateran  gefd&affenen  Sa-  35 
tftargatcrie   auf  SU&tbrudtafeln  toiebergegeben,  begleitet  toon  ioertboUen  Darlegungen  über 
We  3a^l  ber  altcbrifU.  3nf<$riften  Stoma,  über  bie  gerftörung  unb  gerftreuung  berfelben, 
ihr  Dtufeen  d?rifU.  Ignfctyriften,  über  bie  neue  Sajnbargalerie  im  Sateran,  über  9lnorbnung 
ba  3nf<^riften  u.  f.  to.  3a$lreic$e  Seiträge  jur  d&riftl.  SjugraJ^if  enthalten  ferner  be  Stoffe 
La  Roma  Sotteranea  Cristiana,  tomo  I— III,  1864—1877,  bie  Gemeierten  ©.  Sakao 
fi|b  unb  ©enerofa  umfaffenb,  Bullettino  di   archeologia   cristiana,   feit  1863,   unb 
Mnsaici  delle  Chiese  di  Roma,  1872—1900,   fotoie  9luffäfce  in  3eitföriften  u.  bgl. 
Boren  bie  Shifgoben,  bie  ft$  be  9tofft  gefteSt,  für  ein  Seben,  and)  für  baS  längfte  unb 
«beiöreic^fte,  gu  grofc,  fo  ift  Sorge  getragen,  bafc  bie  bon  tym  in  Angriff  genommenen 
Serie  tfyren  Fortgang  nehmen.    Die  gfortfefcung   ber  Inscriptiones  ift   in  bie  $änbe  86 
Jane*  langjährigen  greunbe*  unb  treu  betoäfcten  ÜJtitarbetter*  ©uije^e  ©atti  gelegt,  ber, 
toie  ber  Unteqeufytete  auf  ©runb  eigener  9lnf$auung  bezeugen  fann,  nid;t  nur  in  ber 
Ketyobe  bem  SReifter  folgen,  fonbern  auc$  beffen  Vorarbeiten  in  t&rem  ganzen  Umfange 
feädftytiaen  toirb.    S)ad  Bullettino  erhielt   1895  feinen  9lad&f olger  in  bem   Nuovo 
Bullettino  di  archeologia  cristiana,  anfangt  herausgegeben  t>on  be  dioffiö  93ruber  unb  40 
jxrfönlu^en  €tfülern,  9Ri^ele  Stefano  be  Slofft,  ßnrico  @tebenfon,  Wariano  9lrme(lini  unb 
CtaiioSRaruafy,  unb  nad)  bemXobe  ber  brei  erftgenannten  t)on  ®.  SonaDenia,  tß.Groftarofa, 
8.  Oatä,  9L  ftanfeler,  3.  SBilpert  unb  SRarucc^l    2)ie  gortfefcung  ber  Roma  sotteranea, 
Wädfit  berat  4.  9onb,  II  Cimitero  di  Domitilla,  tyabm  SRarucc^i,  3Bil)>ert,  ©atti,  Gro* 
popofa  unb  itanjler  übernommen.    @o  ift  benn  gu  ertoarten,  bafe  bie  c^riftl.  ^nfdjriften  45 
&■*  in  abfe^barer  3eit  fcoHftänbia  borliegen  toerben.    33tö  ba^in  ift  man  no$  auf  bie 
Acren  Sammlungen  unb  neueren  @ingelberöffent(i$ungen  angeioiefen.  Unter  ben  (enteren 
W  befonber«  91.  be  ©aal  unb  f})äter  ginlc  bqh).  ß^fe«,  SRömifd^e  Quartalfd&rift  für  c^r. 
Vtcst^imiAinbe  u.  f.  ro.,  1887  ff.,  ermähnt. 

■  Sa  bide  grjeugniffe  ber  d&riftl.  Äunft  3«Wriften  tragen,  fo  ftnb  unter  ben  Quellen  60 
te  bie  3nf(^riftbmbe  auc^  bie  2Berfe  über  ©efc^id^te  unb  9lrc^äoIogie  ber  d&riftl.  Äunft 
a Minen,  an  biefer  @teQe  namentlich  S. ©arrucci,  Storia  della  arte  cristiana,  1873  ff.; 
J  X.  ftrau«,  ©eWt^te  ber  cbriftl.  Äunft,  1895  ff.;  SB.  ©^ul|e,  9lrc^äologie  ber  al%. 
ftnP,  1S95.  Ältere  ©pejialtoerfe  f.  öor^er,  jüngere  fyernacfy  unter  4.  2)ie  Sitteratur 
Her  bie  alt^riftl.  ©räberftätten  f.  unter  „Jtatatomben^.  65 

€0  tixxt  anbere  Sprayen  alt  bie  griec^ifd^e  unb  lateinifd^e  auf  altrf)riftlicben  ^n= 
Reiften  Sertoenbung  gefunben  ^aben,  ift  bie  Gvi^ra^bif  gegenwärtig  nofy  auf  Anfänge 
«Ä  SruMüde  ber  @ammeltl^atigteit  an^etoiefen.  9lm  fü^lbarften  mad^t  ftc^  ber  Mangel 
mrSerdffentlic^una  ber  lopttfd^en  ^nf^nften.  Xmn  btö  ^umGrj^einen  ber  fcon&um  in 
iüfk^  gefteflten  $ubli!ation  fämtltcfyer  Xenlmäler  beö  sJ){ufeum^  )u  Kairo  unb  btö  jur  gq 


172  3ttfrfjriftttt 

Verausgabe  ber  fopttfäen  gnfcfyriften  im  SRufeum  ju  SUqranbria  fann  ni$t  einmal  ber 
Serfucfy  getoagt  toerben,  bie  foptifc^e  ©pigra^i!  »um  ©epenftanb  toiffenfd^aftKc^cr  Sterjkt 
lung  ju  mad&en.  ftoptiföe  3jnfd&riften  fmben  ftdp  u.  a.  in  ßepfiuS,  SDenfmäler  au3  Ägty* 
ten  unb  Äthiopien ;  Mälanges  d' Archäologie  figyptienne  et  Assyrienne,  1873  sqq.; 

6  Recueil  de  travaux  relatifs  ä  la  Philologie  et  ä  1' Archäologie  figyptiennes  et 
Assyriennes,  1884  p.  60  sqq.  (bon  Souriant),  1898  p.  174  sqq.  (bon  ©atyce),  1899 
p.  133  sqq.  (bon  $ietf ermann) ;  M&noires  publice  par  les  membres  de  la  mis- 
sion  archäologique  Frangaise  au  Caire,  tomelll.  3.  fasc,  1889  (bon  9L  ©otyet). 
3eitfd&rift  für  äg^ttje^c  Sprache  unb  2lltertbum$hmbe  33.  9b.  ©.  58  (bon  (Sari  ©d&mibt). 

10  ausführliche«  Seqeufrti*  ber  ägflrt.  Altertümer  unb  ©tySabgüffe  (ber  Ägl.  SKufeen  iu 
Serlin)  2.  SufL  ©.  385.  412  ff. 

©röfcere  Sammlungen  bon  altcfcriftl.  Drigtnalmfd&riften  befi$en  baS  SRufeum  beS 
Sateran,  bie  fiapibargalerie  unb  baS  6fyriftli($e  SKufeum  im  SBatifan,  baS  Äird&er'föe  3Ru? 
feum,  baS  2Rufeum  im  beutfd&en  Sampo  fanto,  baS  9)tofeum  im  ßapttol,  ber  Äreujgang 

15  ber  ßird&e  ©.  $aoIo  f.  I.  m.,  bie  SBorfyaUen  ber  Äird&en  ©.  SDtarco,  ©.  SWaria  in  Gräfte* 
bere  unb  ©.  Sorenjo  f.  (.  m.,  felbftberftänbltc^  a\x$  bie  einzelnen  ftatafomben  in  Stom, 
bie  ÜJtufeen  ju  SReapel,  ©tyracuS,  Palermo,  Stabenna,  ttrbmo,  Verona,  baS  ätrium  bim 
©.  Slmbrogio  $u  s)Jtailanb,  bie  ÜJtufeen  in  SEuniS,  Äairo,  SUqranbrien  unb  äb^en,  ber 
fioubrc  in  $artS,  bie  s3Jhifeen  unb  Sammlungen  in  Styon  unb  Stenne,  Xrier,  Slam), 

20  SöieSbaben,  Sonn,  Mn  a.  9ty.  u.  f.  to. 

©inen  getoiffen  ©rfa$  für  bie  Originale  getoäljren  ©ipSabgüffe,  ^otogra^^ien  unb 
spapterabbrücfe  bon  ^nfd&riften.  Rm  £*rftellung  ber  legten  gtebt  Anleitung  <£.  §übner, 
Ucber  med&amfd&e  Sofien  bon  Ignföriften,  1881. 

2.  35 tc  ©d&rift  auf  ben  grie$tfd&en  unb  lateinifd&en  gnf^riften.  — 

26  Zottig  juberläffige  Unterlagen  für  bie  ^afäograp^te  ber  cfyriftl.  6jrigrap$tl  atebt  eS  geaen* 
toärtig  noefy  berfyältmSmäfjig  toenige  unb  am  toenigften  für  bie  ber  grtc^ifdpen  ^nfc^nften. 
3n  93etracfct  fommen  tyaut>tfäc$Uc$  Ätrdföoff,  1.  c.  tab.  XII sqq.;  Stoßet,  1.  c,  Zafelit, 
be  SHofft,  Inscriptiones ;  Roma  sotteranea,  Xafeln;  II  museo  epigrafico,  Zofidn; 
Bullettino,  lejrtabbilbungen  unbXafeln;  Slotler,  Les  catacombes  de  Rome,  Zofebt; 

so§übner,  Inscriptiones  Hispaniae  unb  Britanniae,  Jejtobbilbungen ;  £e  Slant,  In- 
scriptions  unbNouveau  Recueil,  Iqrtabbilbungen  unb  $af ein ;  9tömif<fce  Duartalf^rift, 
ftqtabbtlbungen  unb  Safein ;  Nuovo  Bullettino,  beSgl.  3SgI.  baju  ^ran^,  Elementa 
Epigraphices  Graecae  p.  224  sqq.;  ^übner,  Exempla  scripturae  epigraphicae 
Latinae  a  Caesaris  dietatoris  morte  ad  aetatem  Justiniani,  1885 ;  2e  Slont,  Ma- 
ss nuel  p.  41  sq. 

a)  Sud^ftabcn  unb  ga^len.  #ur  ^eit  ber  ©ntfte^ung  ber  älteften  (^rifU.  %& 
Triften  lag  (unter  ben  gried^ifc^en  unb  lateimjc^en  Sud&ftaben  unb  3a^ljeid^en  betei«  eine 
lange  ©efe^ietyte.  3jnbem  bie  Serferttger  bon  djriftl.  3«W«M  fic^  an  i^re  unmittelbarai 
antifen  SBorläufer  unb  ßeitgenoffen  anfd^Ioffen,  führten  fte  ben  $roje^  in  ber  ©eftaltung 

40  jener  .ßei^en  toeiter  fort,  tooburd^  aHmä^li^  neue  formen  entftanben.  Sbgefe^en  bon 
ard^atftifd^en  Seftrcbungen  beif^ietetoeife  be«  ^ia^ftcS  2)amafu«  unb  feines  ^ofjtemmefcen 
ift  eine  ftetige  ®nth)tdelung  bemerfbar,  bie  freiließ  an  ben  einen  Orten  langfamer  bor* 
toärts  f^ritt  afö  an  ben  anberen.  3n  ben  qjrobinjen  festen  bte  entfbre^enben  ^tt)cn 
gemö^nlic^  foäter  ein  al«  in  9lom.    2)ie3  gilt  aber  nur  bon  ben  (farafterifttföen  Werfe 

«  malen,  ^n  ben  mc^r  nebenfäd^lic^en  Dingen  gingen  bie  SSerfertiger  bon  3nf4nfiftcn  tyie 
eigenen  SBege,  baburc^  bafe  ft*  on  bie  infc^riftlic^en  ©onberge))flogen^etten  tyrer  ^ebnat 
anlnüfften.  2)ie  SJic^tigfeit  btejer  Sc^au})tung  betoeift  bie  Sergleic^ung  j.  93.  ber  gafli* 
f(^en  Snfd^riften  mit  ben  ftabtrömiföcn. 

Mte  bie  früf^eften  d&riftl.  ^nf^riften  angefertigt  tourben,  ^atte  bie  Mntifc  brei  ^yau^ 

öo  fd&rtftarten  auSgcbilbct,  ©rjeugntffe  ber  ictoeilg  bei  ber  ^erftettung  ber  Snfd^riften  gehalten 
Unterlage  unb  ^ec^nif,  einmal  bie  Wonumentalfc^rift,  bie  getoö^nli^  auf  ®rj  ober  Stein 
mit  bem  3RcifteI  u.  bgl.  eingegraben  tourbe,  toetter  bie  3)talf(^rift,  ein  ©egenftüdf  jm  ber 
mit  ber  SRofyrfeber  auf  Pergament  unb  ^ßa^ni«  gefd^riebenen,  bie  urforüngßdfr  auf  Sß&nbe 
unb  $olj  mit  bem  ^ßinfel  in  %axbc  aufgefegt  tourbe,  unb  britten«  bie  SSulgär*  obet  Stuxfa* 

&5  \djxtfi,  bie  enttoeber  in  tocic^e«  3)tatcrial,  toie  2Ba4«f  frifd^en  3^on  unb  Äallmörtel,  ein* 
gebrüdft  ober  auf  fyartem  ©runb,  namentlich  SBanbflädben,  mit  einem  fptyen  ©egenfianb 
eingeri^t  tourbe  (©raffito).  Stlletn  bereit«  in  ber  3eit  ber  antifen  Qtyiscotpfft  toaren  bie 
©rengeh  gtoifcfyen  biefen  brei  §auptformcn  flie^cnbe  geworben.  Sefonber«  tarn  bie  9Äat 
fc^rift  au^  auf  ©tem  gur  3lnh>enbung,   in   ben  nid^t  feiten  bie  Suc^ftabm  unb  §a$(en 

eo  in   ber  3e^nun9   aufgemalter  ©$rtftjüge  eingemeißelt  tburben.    2)ie  cfyrifU.  Sj)igra^if 


3f»fdjriften  173 

fat  }toar  t>ielc  SSertreter  auhuroeifen,  bie  unfd&roer  in  einer  ber  brei  klaffen  unter* 
adbrac^t  toerben  lönnen,  aber  fie  bejtfct  nod&  roeit  mefyr,  in  benen  jene  formen  in  bunter 
IRtföimg  neben  einanber  erfd&einen.  Oft  genug  ift  fogar  bie  eine  §älfte  eines  Sucfc 
pabend  na$  Slrt  ber  2Ronumentalfcfyrift,  bie  anbere  nadj  2trt  ber  ÜKalfd^rtft  gebilbet. 
häufig  ftftfct  man  innerhalb  be3  33eftanbe8  ber  cfyriftl.  (^tgra^tf  auf  SnWriften  in  Vulgär*  5 
j^rift.  Äier^er  gehören  befonberä  bie  SBanbfrifceleien  bon  Sefud^ern  ber  Äatafomben 
(bgl  j.  33.  beSRofft,  Roma  sott.  II  t.  29  sqq.,  Nuovo  Bullettino  1898  tav.  13  sqq.) 
unb  triele  ©rabföriften  in  SDtörtel  emgerifct  (i>gl.  3.  33.  beStofft,  Inscriptiones  I  n.  43. 
55.  58.  75.  77). 

SBie  bie  ^auptform  ber  33uc$ftaben  unb  &ai)len  für  bie  gnfe^riften  in  ber  Slntile  10 
bie  (Kapitale  toar,  fo  ftrielt  biefe  auc$   in   ber  cbriftl.  ©tngrapbü  bie  roicbtigfte  Stoße. 
SeitauS  bie  meiften  Sucbjiaben*  unb  $af)lmpi(f)tn  gehören   in  biefe  Älaffe,  roenn   aueb 
He  ^nföriftbtlbner   i*  länger  befto  metyr  bet  ber  2lbmeffung  ber  Äöfyen*  unb  ©reiten* 
te$altmfje,  ber  Untertreibung  toon  $aar*  unb  ©runbftricben,   ber  SKnroenbung  toon  3u* 
traten,  tote  $ä($en  (cornua)  u.  bgl.,  ftd?  t>on  ben  beften  SSorbilbern  au$  ber  ätntife  ent=  15 
{einten.  Qux  Sapitale  gefeilte  fieb  bie  Unctole,  bie  bie  6cfen  unb  SBinfel  in  ben  Gapitak 
yif^en  tyuiüicbft  burdfr  SRunbungen  erjefct,  unb  bie  Surfte,  bie  bant  tyrer  tacbtygrapbiWen 
Zenben}  bie  »uc^ftaben  unb  Sohlen  m  ntöglic^ft  wenigen  Slbfäfcen  ^erftettt.    Stuf  ben 
kotierten  gnföriften  Storni  lommt  bie  ßurftoe  f^on  291  i>or;  bgl.  beStofft,  Inscriptiones  I 
n.  18.    3nfo(ge  ber  Xnroenbung  biefer  brei  formen  roeifen   bie  cbriftl.  Snfd&riften  eine  20 
überaus  grofce  gitde  bon  toerfebiebenen  Suc^ftaben=  unb  Qatyftufym  auf,  t>on  benen  aber 
toeitau*  bie  meiften  )u  örtlichen  unb  jeitlid^en  ©ruppen  ftcb  jufammenfaffen  (äffen.    2Bo 
gang  toereingette  formen  begegnen,   fyat  man   biefe  auf   Unroiffen^eit  ober  SMtür  ber 
Schreiber  jurüdfjufübren.    SBon  einer  grap^ifc$en  SBiebergabe  ber  bis  je$t  befannten  2311= 
bangen  mufj  ^ier  leiber  Slbftanb  genommen  roerben.  25 

Sigaturen.  3n  m*&*  «Ö  einbuebftabigen  SBörtern  treten  bie  einzelnen  3ty>en  *nt* 
Heber  jeber  für  ftcb  auf,  ober  mehrere  bon  tynen  ftnb  ju  einem  emsigen  ©djjriftbilb 
fobimben  (literae  ligatae,  nexus).  SSon  #aufe  aus  ber  3Rün$fcbrift  eigentümlich,  roo 
ber  geringe  SRaum  )ur  (Sinfcbränlung  ber  Segenbe  jroang,  fanben  bie  fiigaturen  aueb  6in= 
gang  auf  ben  eigentlichen  ^nfebriften,  obne  bafj  freiließ  babei  immer  ber  Mangel  an  Staum  90 
mtfifreibenb  getoefen  märe.  311$  Sieget  für  ibre  Sluflöfung  gilt,  bafi  bie  in  einer  folgen 
Scsbtnbung  toor^anbenen  Sucbftabenelemente  nur  je  einmal  gelefen  roerben.  2lu3  ben 
ägaturen  enthielten  ftc^  bie  monogrammatifd^en  3e^enf  ^e  au(^  noc^  ^m  ^s^  b" 
ben  Unterft^riften  bon  Jtaifern  u.  bgl.  fel?r  beliebt  maren.  3)ie  richtige  Sefung  biefer 
3ek^en  bereitet  ni$t  feiten  gro^e  ©c^mierig!eiten.  SBetftnele  f.  bei  be  9{offt,  Inscriptio-  35 
Des  n.  361.  1099;  Bullettino  1863  p.  33 sqq.  1887  p.  19 sq.;  CIL  XI  n.  267. 
279  u.  f.  ro. 

Äbfür jungen  unb  ©iglen.  3)ie2Börter  auf  ben  Qnfd^riften  fmb  entroeber  au3= 
gefebrieben  ober  abgefärbt,  ja  oft  ju  einem  einzigen  33uc$ftaben  rebujiert  (litterae  sin- 
gnlareSy  sigla).  ©emö^nlid^  mirb  bad  %tfy?n  t>on  Suc^ftaben  für  ben  fiefer  UnnU  40 
lk^  gemalt  burd^  ©triebe  unb  ^alen  über,  neben  unb  unter  ben  Suc^ftaben,  auc^ 
b«$  fünfte,  Slätter  u.  bgl.  ^tnter  i^nen.  i)a  nod^  eine  üollftänbige  3uf^mm^f^Qung 
dkt  auf  ben  $rift(i$en  Qnfc^riften  angemenbeten  älbtür^ungen  unb  ©igten  fe^lt,  fo  em- 
^Ü  e£  fwb#  im  Sebarföfall  jur  SBergleictyung  fyvcaniviiktjtn  bie  3"bice^  ju  be  Stoffe 
Borna  sotteranea  unb  Bulletino,  ÄrauS,  gnfe^riften,  2.  %l,  ©.  367  f.  unb  bie  ^nbtec«  45 
ponCIO  unb  CIL  fotoie  bie  SBerfe  über  ^aläograp^ic  unb  3)ij>lomatif.  Vorläufige 
AKfammenfteDunaen  für  ba£  ef  igra^^ifc^c  3)taterial  geben  u.  a.  $o\).  sJ2tcolai,  Tractatus  de 
Siglia,  1703;  SÄoroat,  Sigles  et  autres  abbröviations  im  Bullettin  ^pigraphique 
1884  p.  127 sqq.;  Sognot,  Cours  d'^pigraphie  latine;  ffrauä,  Roma  sotteranea, 
2.9ufL  ©.  614  ff.;  2)erf., 9lealenc^llot)äbic  2.  %l  ©.  17 ff.  —  ^n  ber  gorm  toertoanbt  00 
■it  ben  SCbfür^ung^ftricben  über  ben  Sud^ftaben  ftnb  bie  ©triebe  über  ben  .ßafyljetcfyen,  bie 
birfe  bon  getüd^nlicben  Suc^ftaben  unterfc^eiben  foQen.  gretlid^  machen  fefyr  mele  ÜBer« 
fatiger  t>on  c^riftL  3nW^ftm  babon  leinen  ©ebrauc^. 

b)  ^nterpunftion.  ©ine  3)urc^mufterung  ber  cbrtftl.  gnfe^riften  lä^t  eine  gro^e 
$ffle  txm  Derfc^iebenen  ^nter^unttion^eic^en  entbedten.  älm  ^äufigften  ift  ber  $un!t,  ge=  66 
M^nlk^  nic^t  auf  ber  3^^  fonbern  in  beren  falber  $ö^e.  3)er  $unft  ift  entroeber  au& 
ffavdpii  runb  gebilbet  ober  roid  roenigftend  atö  runber  angefeben  fein.  $ie  unb  ba 
taab  er  burc^  einen  Keinen  9ting  bertreten;  t>gl.  be  Stofft,  Inscriptiones  I  n.  39.  49. 
«2.  89.  112.  117.  134  u.  f.  ro.  Seltener  ift  bie  breiedige  gönn  be«  fünfte*,  au«  bem 
bie  geilen  V,  <C  unb  >,  au$  mit  gelrümmten  $aften,  entftanben ;   t>gl.  be  9toffi,  eo 


174  3nfdptftett 

1.  c.  n.  122.  239.  308  u.  f.  to.  StuS  bcm  breiecfigen  $unft  enttoicWten  ftc$  au$  »tätter, 
meiftenS  an  Sptyeublätter  erinnernb,  bie  früher  als  burd&bofate  #er$en  unb  barum  afc 
3etd&en  be*  Martyriums  fälfölid&  betrautet  tourben;  Dgl.  be  Stojft,  1.  c.  n.  27.  48.  50. 
65  u.  f.  to.  Unter  bem  ginfluffe  ber  (Surfil>fc$rift  tourben  aus  ben  einfachen  fünften  Keine  Sinien, 

6  gerabe  ober  gefrümmte.  SBeiter  ftnb  ju  nennen  blatt*  unb  jtoeigarttge  3*$**;  Dgl.be  SRofjt, 
1.  c.  n.  154.  269.  401.  422;  352.  360;  17.  141.  150.  161;  382.  395.  419;  212. 
225.  745;  48.  411.  712  u.  f.  to.  ©ne  Steige  Don  3nterl>unltton3jeic$en  erinnert  an 
93u$ftaben  beS  gried&iföen  unb  lateiniföen  SttytyabetS,  au$  an  arabiföe  3afy%t\$tn,  fo 
an  a,  £e  »lant,  Inscr.  n.  223.  228  u.  f.  to.,  an  s,  be  Slofft,  *•  *•  n-  292,  an  3,  ba* 

10  fetbft  n.  282  u.  f.  to.  gerner  tourbe  baS  griecfytfd&e  Äreuj,  ja  fogar  ^  al3  gnter^unf; 
tion$$eic$en  Dertoenbet;  Dgl.  be  Stofft,  1.  c.  n.  96.  211.  269.  360.  383.  403.  425  u.  f.to. 
SBolbetti,  1.  c.  p.  341.  $n  ber  Hafftföen  3eit  toar  eS  bie  Siegel,  nur  innerste  ber 
3etle,  ntd&t  am  @nbe  berfelben  S^terVunltionen  ju  feften,  eine  Sfteael,  bie  jeboc^  nkfa 
metyr  auf  fe^r  jatylreid&en    d?ri(tl  SDenfmälern  beobachtet  ift.     STuf  cfcriftL   ^nfetyriften 

15  Serben  bielmetyr  bie  ^nter^unfttonen  ^icmltct;  regellos  oft  fogar  am  falfdjen  IDrt,  mitten 
in  ben  einzelnen  SBörtern,  angebracht.  33on  biefer  Sntetyunftionätoeife  tjx  freiließ  gu  unter» 
Reiben  bie  interpunetio  syllabaris,  treibe  bie  einzelnen  Silben  Don  einonber  trennt, 
um  baSfiefen  ju  erleichtern;  Dgl.  j.  33.  be  Sofft,  1.  c.  n.  11. 

c)  Stiftung  ber  ©c^rift.   3ur  8*  ***  Älkfan  <WL  ^nföriften  toar  bei  ben 

20  ©rieben  unb  Römern  bie  2lnorbnung  ber  33uctyftaben  Don  re$t3  na<$  (inte  fe&r  feiten 
getoorben.  ©0  begegnen  benn  auc$  auf  unferm  ©ebiet  nur  ganj  au$natym$toeife  Imfe 
läufige  ^nfc^riften.  3U  nennen  ftnb  ate  fixere  33eifpiele  Supi,  Epitaphium  Severae  p.  151 ; 
Sperret,  Catacombes  de  Rome  vol.  V  pl.  64  n.  5;  Sognat,  Nouvelles  explora- 
tions  . . .  en  Tunisie  (1887)  n.  51.  -Kur  mittelbar  gehören  fciertyer  einige  gnföriften  auf 

26  Siegeln,  bie  cbenfo  ioie  bie  meiften  (Stempel  beSfyalb  linföläufige  ©c^ript  erhielten,  Damit 
recfctäläufige  Slbbrücfe  ^ergeftedt  toerben  lonnten;  Dgl.  ).  93.  be  Sofft,  Bullettino  1874 
tav.  2  n.  3  u.  5;  ©arrucci,  storia  tom.  VI  t.  477  n.  33.  34.  47.  Umgelegt  er» 
fctyeint  bie  fiegenbe  auf  ben  Stänbern  einiger  Sfitqiäxt  linföläuftg,  toeil  bie  ©cfcrift  m  ber 
gorm,  in  ber  ber  naffe  %l)on  gepreßt  tourbe,  rectyteläuftg  angeorbnet  toar;  DgL  CIL  II 

so  n.  4967,  35;  §übner,  Inscriptiones  Hispan.  ehr.,  supplem.  —  3Son  ber  ßovorpo- 
(prjdov  -  ©djrift,  ber  Slnorbnung,  bie  abtoecfyfdnb  je  eine  red&täläuftge  unb  ItnfSläufige 
3etle  toätylt,  ift  mir  fein  juDerläffigcä  Seifoiel  betannt  getoorben.  —  dagegen  faitn 
bie  xiovrjdov  -  Orbnung,  freiere  bie  SDBörtev  unb  ©äfte  fo  gruppiert,  bafj  ein  ©cfyrift* 
&ci$en  unter  baS  anbere  ju  fte|en  tommt,  burety  eine  Steige  Don  Seifpielen  belegt  toer* 

86  ben.  3toetfett°S  tourbe  biefc  2trt  in  mannen  gällen  burdj  bie  gorm  be^  ©egenftanbe^, 
ber  eine  Snfdfyrift  erhalten  fottte,  u.  a.  fieuc^ter  unb  Ärcuje,  Deranlafet;  Dgl.  j.  8.  CIG 
IV  n.  8728.  9448.  Slber  nic^t  immer  ioaren  etloa  bie  örtlic^=räumlic^en  SSer^altntffe 
au3fc$laggebenb,  bie  allenfalls  nod^  für  be  Sofft,  Roma  sott.  II  t.  3  sq.  geltenb  gemalt 
toerben   fönnen.    ©0   ift  auf  einer  3nfc$rifttafel   in  ber  römtfe^en  SomiMafatafombe 

40  unter  bem  eigentlichen  ^nf^riftteEt  noety  Diel  freier  Slaum  gelaffen*  tro^bem  f ej[>te  ber 
betr.  ©tcinm4  IN  IREN  in  6olumnatim*©c^rift  an  ben  3tanb.  SBie  mir  fdjfemt,  be« 
toirfte  bauptfäd^lic^  bie  greube  an  ber  3(btoe$felung  biefe  ©pielart,  tote  au$  noc^  einige 
anbere,  Don  benen  bie  om>Qidov*  unb  nhvpr\b6v  -  Slnorbnung  tocnigftenö  genannt  feien. 
21(3  fturiofttäten  ftnb  !ünftltd>c  33ilberafroftid()en  ju  bejeiAnen,  an  benen  felbft  ein  3xaim 

46  toie  ber  2)t$ter  S3enantiu«  50rtunaiug  fe^ne  $rcu*>e  ^atte ;  Dgl.  6bert,  ®ej$i$te  ber 
c^r.4at.  Sitteratur  1.  33b.  ©.  511.  Venanti  Honori  Clementiani  Fortunati  opera, 
rec.  Frid.  Leo,  lib.  II,  4.  5.  V,  6.  ©iefye  aud&  $übner,  Inscr.  Hisp.  ehr.  n.  145; 
CIL  VIII  n.  9710  sq. 

Unter  benen,  bie  ^nfetyriften  ^erftettten,   Derbienen  befonbere  ©rloa^nung  ?ßc^)fl  ©o« 

60  mafuä  unb  fein  ©teinme|  g-urtu^  SDiontyfiu3  $^ilocalu^.  3)enn  auf  fte  ge^en  nic^t  nur 
ja^lreid^e,  jum  Seil  noc|  erhaltene  ^nfd^riften  jurücf,  fonbern  auc^  ein  eigentümlicher 
©d^riftd^aralter.  2)afj  $^ilocalu^  bie  profaifd^en  unb  poetiföen  lejte,  bie  ©amafud  Der» 
fafjte,  auf  ©tein  übertrug,  ertoäbnt  er  in  einem  gall  au^brütflic^ ;  DgL  be  Stofft,  Roma 
sott.  II  t.  3  sq.    2ßabrfd?cinUd>  erfanb   er  aber  auc^  bie  Stypen,  an  benen  man  bie 

66  bamaftanifdjen  3jnfcr)rtften  unfd^toer  Don  anberen  erfennt.  3)ie  ©d^rift  ifi  fc^ön  unb  tonn 
an  bie  Genitale  ber  erften  Äaifcrjctt  erinnern,  ftebt  aber  t^atfäd^lic^  toeit  hinter  biefer  ja* 
rücf.  3)ie  (Spigonenjeit  Derraten  namentlich  bie  unDer^ältntömä^ig  bümten  ^aarffan^e 
unb  bie  unDer^ältntömä^ig  bitfen  ©ntnbftric^e,  toeld^  (entere  aber  toenig  tief  emgepauen 
ftnb,  foioie  bie  Häufung  Don  95ergierungen  ber  §aften   in  gorm  Don  ^ätt^en;  DgL  u.  a. 

eobeStofft,  1.  c.  t.  2  unb  Inscriptiones  I  n.  329;   baju  be  SRofft,  BuUetüno  1884/85 


3f»fdjriften  175 

p.  7  sqq.;   ©tornaiuolo,   Osservazioni  sugli  epigrammi  Daraasiani,  Studl  e  do- 
eumenti  di  storia  e  diritto  VII  p.  13  sqq. 

3.  Sprache  bcr  ^nfc^riftcn.    2Beitau«  bie  meiften  altc^rtftltd^en  ?(nfc$riften  fmb 
latetmfö.  3^nen  retten  fub  an  Rafyl  bie  ariectytfd&en  an,  Wctyrenb  bie  in  fonftigen  ©prägen 
abgefaßten  erft  in  britter  &nte  ftetyen.    äfabere  aScr^ättniffc  ergeben  ftcfy  Wenn  man  bie  5 
fyiföriften   naefc  tyrer  §eimat  jufammenftettt.    ®arnad&  überwiegen  bie  lateinif<$en  im 
Sbenbtaitb,  gleid&biel  ob  fte  innerhalb  ober  aufjer^alb  3taß*n$  entftanben  fmb,  bie  grie= 
$tföcn  hn  SRorgenlanb,  Wo  aufjerbem   in  einzelnen  ©egenben  bie   betreffenben  Sanbeä* 
ftmu^en  nic$t  unerhebliche  Kontingente  [teilen,  namentlich  in  äg$>ten  bie  fojjtifd&e.  2Benn 
aber  auA  im  Occibent  bie  lateinifäen  ^nfc^rtften  überwiegen  unb  eine  batierte  fäon  au«  10 
bem  1.  3a^-  nachweisbar  ift  (togl.  be  Sofft,  Inscriptiones  I  n.  1),   fo  begegnen  bo$ 
neben  ifyien  Diele  griec£if<$e,  unb  jWar  meiften«  toon  Seuten  unb  für  Seute  fyergeftellt,  bie 
ittyt  ©rieeben,  fonbern  Slömer  Waren.   $>iefe  merlwürbige  (Srfcfyeinung  tyat  tyre  parallele 
in  ber  älteftat  d&rifü.  Sitteratur,  beren  Vertreter  befanntlic§  griedjifd&  färieben,  felbft  Wenn 
fit  im  Sbenblanb  tbätig  Waren.    ^nbeffen  fo   biele  Sejietyungen  audj  fonft  jWifäen  ber  15 
Sitteratur  unb  ben  ÜRonumenten  gefunben  werben  mögen,  fo  tann  bo$  jene  für  biefe  in 
fyca$li$er  Senkung  fd&on  um  beSWiDen  nic^t  ben  Stuefc^lag   gegeben  tyaben,  Weil  bie 
ätteratur   ©elefyrte,  jum   minbeften  ©ebilbete,  bie  $5nfc4>rtften  in  tyrer  Überwiegenben 
Vie^qa^l,  Wie  namentlich  tyre  ©prad&e  jeigt,  Seute  au«  bem  Sott  ju  Urhebern  fyaben. 
J)er  gauptgrunb,  Weshalb  fo  biele  ignfd&riften  felbft  in  3tom  gried&tfö  gefd&rieben  ftnb,  ao 
$  bcr  allem  in  ber  Stellung  ber  griectyifd&en  ©prac^e  innerhalb  ber  S^riftenfyett  ber  erften 
3ak^unberte  ju  fudfren.    ©ie  War  bie  offizielle  Sprache,  bie  eigentliche  Äirctyenforacfye.  2)en 
beften  Setoei«  für  bie  9tid&tigfeit  biefer  Setyauptung  liefert  bie  gpigratobif  felbft.  Alle  röm. 
»fööfe  be«  3.  Safyfy,  bie  in  ber  $apftfrty>ta  ber  Äatalombe  ©.  Sauifto  beigefefct  Würben, 
adelten  grie$if$e  ©rabfetyriften,  bagegen  Gorneliu«,  ber  aufjertyalb  biefer  ©ruft  begraben  25 
toatb,  eine  lateiniföe.    3Da  e«  jic$  bei   jenen  um  eine  größere  Slnja^l  fyanbelt  unb  tyr 
Segräbniäplafc  längere  3«t  ^inburety  ber  offizielle  für  bie  Sifctyöfe  SRom«  War,  biefer  aber 
inmitten  feiner  gamilie  feine  SRutyeftätte  fanb,  fo  ift  ein  ©Jriel  be«  3uf^  au«gefd&loffen, 
toetm  bort  grie$ifc$e  ©rabfd&riften,  tyter  eine  latetnifd&e  gefegt  Würben.  Sielmefyr  War  für  bie 
offizielle  S3egräbni«ftatte  bie  offizielle,  bie  gried&ifd&e,  ©prad&e  mafjgebenb,  Wä^renb  für  bie  pri;  ao 
tate  <m$  gatein  in  Setrad&t  {ommen  formte.   2)ie  Qnfd^riften  be«  Abenblanbe«  unb  foqiell 
Som«  gewahren  aber  auc$  einen  (Sinblicf  in  ben  Kampf,  ben  Satein  unb  ©riec^tfeg  mit 
cmatiber  fäntyften  unb  ber  fd&liejjltd&  mit   einem  Steg  be«  Sateinif$en  enbigte.    2)enn 
nfy JfoWc^l  al«  3^m  b**  ^albbilbung  unb  §albwifferei,  Wie  bie«  bi«^er  gefd^e^en,  fonbern 
be«  fingen«  im  Soll  gegen   eine  xtyn  im  ©runbe  boc$   frembe  ©)>rad^e,  ba«  ©ried^ifc^e,  85 

Ät  \d}  e«  anfe^en,  Wenn  gatylreicfye  c^riftl.  ^nfe^riften  gried^ifd^e  unb  lateinifd&e  ©e« 
eile  neben  einanber  aufweifen.  Um  einige  33eift>iele  &u  erwähnen,  fo  finbet  fid^ 
bteimföer  %t&,  mit  griec^ifd^en  33u#abcn  gef$rieben,  u.  a.  beStofft,  Inscript.  I  n.  11; 
Bullettino  1871  p.  75.  1886  p.  94.  116.  142,  gried^ifd^er  %<&  mit  lateiniföen  ®uty 
fkaben  u,  a.  Bullettino  1886  p.  68.  70.  ©riec&tfd&en  Xejt  mit  griec^ifd^en  Sud^ftaben  40 
mb  lateinif4fen  Xejt  mit  tat.  Suc^ftaben  trifft  man  in  ein  unb  berfelben  ^«Wrift  «•  a. 
L  c  1882  p.  119.  1886  p.  84,  grie$ifd&en  unb  lateinifd&en  Jejt,  babet  au^  lat.  SBörter 
ttit  griec^.  ^uc^ftaben,  u.  a.  1.  c.  1886  p.  16,  einjelne  lateinifc^e  SBörter  griecbifc$  ge« 
f^ridben  in  gried^.  lejt  u.  a.  1.  c.  1882  p.  135.  S)er  5lam})f  im  Solle  tyatte  pon  ein« 
geftt,  al«  ba«  ©ried^ifc^e  noc^  bie  offizielle  Kird^enfrrad^e  in  Slom  War.  3)ie«  er^ettt  46 
bmrau«,  bafe  bie  erwähnten  3«Wnften  fämtlic^  bon  ^ribatleutcn  ^errü^ren  unb  jum  £eil 
älter  fuA  al«  bie  Snfc&riften  in  ber  5PcH)ftfrVt)ta,  foWie  bafe  biele  Seute  axi^  bem  Soll 
taett*  im  1.  unb  2.  %atyc1).  i^re  ^nWriften  lateinifd^  abfaßten  ober  abf äffen  liefen. 
ZpaXa  Werben  im  9(benblanb  foWo^l  bie  rein  grie$tf<$en,  al«  aud^  bie  j^albgrie$ifc$en 
ab  ^alblateinifcben  Qnfc^riften  [ebener.  ©$on  ber  $a))ft  3)amafu«  bebiente  ft$  nur  so 
bc«  Satemtfc^en  für  feine  SnWriften. 

Son  ber  £itye  ber  flafftfc^en  geit  ber  gried&iföen  unb  römifd^en  Sitteratur  au«  be* 
toastet,  gewahrt  bie  Bpxaty  ber  c^riftl.  3[nf(^riften  lein  erfreuliche«  33ilb.  Um  fo  Wert« 
»wBer  faib  fie  aber,  Weil  fte,  in  tyrer  überWieaenben  3a^l  ßrjeugniffc  be«  Solle«,  bielfac^ 
«üten  hineinfahren  in  bie  @pra$e  be«  gemeinen  SJtanne«  unb  bamit  ein  ©ebiet  erf$lief*en,  m^  66 
*atm$cmäb  ber  Sitteratur  ganj  ober  faft  ganj  fremb  ift.  Semer!en«Wert  ift  bie  Drt^o* 
ptybu  bcr  3nf4riften  Wegen  ber  gülle  i^rer  Abweisungen  t)on  ber  üblichen,  greilic^ 
cm  Zeil  Wefer  33arianten  ift  auf  Äoften  ber  UnWiff en^eit,  9tad&läfftgf eit  u.  f.  W.  ber  3n* 
f^nft^ferpeOer  unb  tyrer  Sorlagen  ju  fe^en.  2$ic$tiger,  toeil  Weniger  burd^  SOBittfür  be* 
cmpMfri,  ftnb  bie  Sefonber^eiten,  bte  bie  3nfd;nften  ^nft^tli^  be«  9Bortf$a$e«  unb  ber  go 


176  3«fdjriftc« 

©rammatil  barbieten.  35tc^  gilt  namentlich  von  ben  jüngeren  lateinifd&en,  bie  in  Vielen 
fällen  bte  Übergänge  be«  fiateiniföen  in  bie  romanifäen  Sptatym  beutlidb  ertennen  laffen. 
§n  ben  3nbtcc^  ber  betr.  Veröffentlichungen  ift  manche«  von  ben  foracplttyn  6igentüm= 
umleiten  ber  $riftl.  ^nfc^riften  jufammengeftellt.  3luc$  ßeölant  befanbelt  einiget  $ier$er 

5  gehörige;  Vgl.  Manuel  p.  193 sqq.  $en  ©t>rac$gebrauc$  ber  goUifqen  gnfe^riften  untere 
fud^te  ber  Unterzeichnete  in  feiner  pfyilof.  2)ohors35iffertation  De  latinitate  inscriptio- 
num  Oalliae  christianarum.  Über  bie  latemtföe  ©prac^e  auf  afrifamföen  3"f$riften 
t>gl.  S.  Aübler  in  SBölfflin«  Streit)  für  latetniföe  Sejitogra^te  unb  ©rammatif  8.  9b. 
2.  £eft. 

10  2i$te  bie  antifen,  fo  tourben  and)  bie  $riftl.  Sänften  enttoeber  in  $rofa  ober  m 
Serjen  abgefaßt.  SDie  t>rofaif$en  bilben  bie  SDte^rjatyl  unb  fmb  überbie«  in  ben  erften 
3afyrfyunberten  toeit  fyäuftger  al«  bie  Voetifd&en. 

2lnfyang«toeife  U>trb  noefy  l&ervorgefyoben,  bafi  bie  fyebr.  Sprache,  abgefeben  Don  ben  ®ot* 
te«namen  u.bgl.  auf  ben  mefyr  iübtfc^^eibnifc^  al«  c$riftlid&  )u  bejetd&nenben  Amuletten  u.bgL, 

16  auf  ben  c^riftl.  2)enfmälern  fefyr  jurüdftritt.  3n  9t°m  ift  täfe  nur  eine  $riftl  ^nfc&rtft 
mit  fyebräiföen  Sud&ftaben  jum  33orfc$ein  gefommen;  Vgl.  be  Stoffi,  Roma  sott  III 
p.  386.  Sine  anbere  auf  einem  SKofaif  im  3JtaufoIeum  ber  ©alla  $acibia  ju  SRaVenna 
ift  nur  ba«  Sßrobuh  falfcfyer  Sefung  eine«  §errn  SBiUiam«,  tote  feiner  angäbe  (be  Stofji, 
Bullettino  1882  p.  167)  gegenüber  biermit  au«brücflic$  bemerft  fei. 

20  4.  Slrten  (3ntyalt)  ber  gnfegriften.  2Bo  ©elefyrte  verfugt  Ijaben,  ba$  gefamte 
cfcriftl.  intariftlictye  Material  na$  fa<glid&en  @eft($t«i>unften  ut  Bajfiftjieren,  fmb  fic  ju 
ben  Verfdpiebenften  SRefuItaten  gelangt.  ©o  finben  ftc$  bei  ßaccana  16,  bei  SRarini  32 
Stubrifen;  Vgl.  beStofft,  Inscriptiones  I  p.  XXX*;  3Rai,  1.  c.  p.  XVIII  sq.  3>eStoflt 
brachte  bie  dpriftl.  3nfd&riften  be«  SateransSKufeum«  in  11  fa$lid&en  unb  7  örtlicben  8& 

25  teilungen  unter.  Ärau«  ftatuiert  nur  2  Klaffen,  ©rabföriften  unb  anbere  införiftlicfc 
SKonumente;  Vgl.  Roma  sott.  ©.  452.  3)iefe  verriebenen  ©ntetlung«h>eifen  jetgen, 
toie  unzulänglich  bie  bi«  ju  3Rarini  übliche  2lrt  h>ar,  bie  gnfe^riften  ncä)  fad}lic$en  fi* 
tegorien  ju  fammeln  unb  ju  veröffentlichen;  fte  machen  e«  aber  au$  von  Vorneherein 
3h>eifell)aft,  bafc  e«  jcmal«  gelingen  toirb,  ein  Völlig  eintoanbfreie«  fad&ltc&e«  (Sinteilungfr 

so  pxxn^p  ju  ermitteln.  Slm  meiften  Serücfftd&tigung  bürften  nod&  SRubrtfen  verbienen,  bie 
von  bem  93egriff  3nförif*  au«gefyen  (f.  oben),  bie  freilidfr  bte^er  nod&  ntd^t  in  ber  griffe 
liefen  6^igra})^if  sfierh>enbung  gefunben  ^aben. 

a)  ^nfd^riften  im  engern  ©inn.    §ierfyer  gehören  junäc^ft  bie  S^reninfc^riften 
ber  Äaifer,  Könige,  gtirften  u.  f.  to.;  ©ctfviele  f.  bei  3Rai,  L  c.  p.  237  sqq.    Unter  ben 

35  ßtyreninfcfyriftcn  nehmen  einen  breiten  Stammen  bie  (Slogien  ein,  toelc^e  Stärtorern  unb 
^eiligen  getoibmet  fmb,  namentlich  Von  Sßapft  3)amafu3;  93eifJ)iele  f.  bei  3Rai,  L  c. 
p.  30 sqq.,  audj  361  sqq.;  be  9loffi,  Museo  Pio-Lateranense  tav.  3.  3)en  S^orofter 
teil«  Von  @^reninfd()riften,  teil«  Von  2Betyetnf$riften  tragen  ja^lreic^e  Suffc^riften  an 
öffentlichen  Sauten,  befonber«  an  R\xd)cn  unb  fonftigen  {irc^lic^en  ©ebäuben  ober  Zeilen 

40  Von  folgen,  an  Slueftattung«-  unb  ©c^murfgegenftänben  Von  Jtird&en  u.  bgl.,  fo  an  Altären, 
Slmbonen,  bie  auf  bie  ßntd)tung  unb  ©Henning  ber  betr.  ©egenftänbe,  gelegentlich  auc^  auf 
beren  Gmtveibung  unb  SBicber^erfteUung  ©ejug  nehmen;  Seifoiele f.  bei sJJlai,  1.  c.p.74sqq. 
321  sqq. 

3ln  3a^  übertreffen  nic$t  nur  bie  bi«^er  erfragten,  fonbem  biefe  unb  bte  folgenbe» 

46  9(rten  jufammen  bte  ©rabfe^riften.  all«  Watertal  für  fte  tourbe  getoö^nl^  ©tein,  ÜRarmor, 
IraVertin,  Äalf-  unb  ©anbftcin  u.  f.  h>.,  3^gel  unb  üJlörtelftud,  feltener  SBronce  getoa^ii 
3m  Cccibent  bilbete  bie  lafel-  ober  5ßlattenform  bei  ©tein  unb  Riegel  bie  Segel;  feiten 
finbet  man  ^ter  bie  in  ber  älntife  fo  beliebte  6tppu«'gorm,  bte  nur  noc^  im  Orient 
mefyr   berücfftc^tigt   lourbc.     ^Bielfad^    erhielten   aud^    bie  ©arfof^age   3nW^f*«n.    3» 

60  ägvpten  VerfaJ^en  bie  (Sänften  n>ie  bie  s3itd?td>rtftcn  bte  3Jiumien  mit  einer  xdßla,  einem 
läfelcfyen.  Sei  ©teinunterlagen  mürben  bie  Suc^ftaben,  3a^en  unb  fonftigen  3ut^aten  in  ber 
Segel  vertieft  cinge^auen  ober  eingehakt  unb  aufeerbem  noc^  vielfach  mit  ^arbe,  am  meiften 
mit  roter,  aufgelegt,  dagegen  ftnb  ver^ältni«mä^ig  toenige  galle  von  ©temtafeln  mit  Wofc 
aufgemalter    ©c^rift  nad^n>ei«bar.  Um  fo  häufiger  tourbe  bte  3Mf$rift  auf  Aiegel))(atteii 

65  angetoenbet,  toobei  man  ftd^  roter,  fc^toarjer,  gelegentlich  aud)  toei^er  Äarbe  bebtentt 
3icgeln  mit  eingemeißelten  3«Wriften  gehören  $u  ben  ©elten^eiten.  SBo  URörtelftud  auf 
ober  an  ben  ©röbern  für  ^nfdjriftcn  benü^t  tt>arb,  ritzte  man  biefe  ein.  S)ie  ^otjt&feb^m 
in  "Jtgtypten  mürben  mit  einer  buntein  Xinte  betrieben  ober  bemalt  Sieben  ben  genannten 
$au^tarten  finben  ftety  noc^  manche  bef onberc.  ©o  tarnen  in  SRorbafrifa  unb  ©)xtnien  ®rab« 

go  fünften,  in  3Rofait  ^ergeftellt,  öfter«  jum  isor[d;em.  —  Stber  nic^t  nur  nad^  ©eiten  beSSRa* 


^liiMinflc» 


177 


tcnott  unb  ber  ledmrt  tottfen  bie  ©tabfc^riften  unter  ficr)  grofe  S>crjd>iebcn^eiten  auf, 
fonbem  aua)  itaaj  Seiten  ber  Stilificrung.  tDiefc  Unterfa)iebe  treten  um  fo  ntarfantet 
hervor,  tojenu  man  ^ufdjriften  üvl§  betriebenen  _3cüm  unb  bon  betriebenen  Crtcu  mit 
cinanber  bergteidit.  tfäit  man  ®rabfa)riften  au#  berf^iebenen  Reiten  jufammen,  fo  finbet 
man  auf  ben  fpateren  2lusbrüde,  SBenbungcn  unb  eingaben,  bte  man  auf  ben  früheren  & 
brnnilt.  ©ei  genauerer  Prüfung  ergiebt  fia?,  bajj  eta^pentoeife  befummle  mfaViftlid'e 
Aormulflte  fidj  berausbitbeten*  9lm  beften  fann  man  bte  Snttoidetung  in  SBum  Verfolgen, 
tot>  ein  umfangreich  Material  aur  Verfügung  fteb/L  Ü'Jä^ereä  bgl.  be  SRojfi,  Inscrip* 
tiones  I  p.  CXsqq.  unb  Bullettino  öftere.  Sieben  ben  jeittr  betriebenen  ^onnutaren 
ber  Jnicfcrifteii  fpiclcti  bie  brtltd;  berfd;tebenen  eine  SRotte.  Die  einzelnen  Öäiibcr,  ja  felbft  10 
bie  myünm  ©egenben  unb  Stabte  befi^en  auf  ir)ten  ©rabf^riften  Sluäbrudc  unb  For- 
meln, bie  i&nen  eigentümlich  ftub  unb  bie  an  einem  Ort  pufiger  gebraust  werben,  toä> 
renb  fie  anbetmärtö  böHig  fehlen,  ©ine  3ln$afyl  üon  folgen  i>Tt[ia)en  Sefcmbcr&eiten  ift 
uifamiueugcfteUt  bon  Sie  ©laut,  Manuel  p.  76 sqq.  Die  jeitliAett  unb  örtlia)en  übereil 
ituinnungen  betueifen,  ba|  mele  3nf$riften^erfteKcT  in  erfier  £inie  unter  bem  Einflu|  be3  10 

unb  Cxt#gefd)mad$  arbeiteten.  Jn  einigen  gäUeii  erlennt  man  fogar  noäf,  bafj  ftc 
bcftiinmter  Vortagen  fid>  bebienten,  in  bie  fie  nur  jetoeite  anbete  üRamcn,  3a^cn  u*  bß'- 
cinfe&ten;  taJ.£tfUattt,  l.c.p.  60;  Sur  les  graveurs  des  inscriptions  antiques, Revue 
de  l'Art  chrötien,  1859.  Offenbaren  bie  mföriftlidjen  ftonnulare  bie  "iDtadjt  ber  ÜRobe, 
\c  aubereTJeus  einige  3Üenbungen  unb  SCuSbrurfe  gar)tö  Jcftr/atteu  an  alten  ©etnofyuljeiten.  20 
UnjätyligeOTaU  begegnet  auf  ben  antifert  dkabftrinen  Dis  Manibus  mit  unb  ofntc  Sacrutn, 
ouägefdnicben  ober  abgefüllt,  aueb  in  griediifdjer  Überfeftung.     Urjprünglidj  lintrbe  bamit 

trabten  fmat  ben  Dii  Maxies  getodEjt  51  ad)  unb  nad)  berbta^te  aber  biefe  SJorftettung 
mebr  unb  mer)r,  jobaji  bie  Jormet  nur  noo*?  ben  fepuleralen  (Sfjaralter  einer  3nfd)rift  be* 
$eiaSncn  füllte.  9lu($  auf  djrifttidjen  JJnfdiriften  faitb  Dis  Manibus  CSingang  ~  naa)  ber  25 
neueften  3ufam*nenfteftung  fommen  134  fixere  #älk  in  Setraa^t.  'grettiaj  Ijanbelt  eS 
ft<§  babei  uid?t  um  ben  utfprüngliaSen  Sinn  be3  sJluäbrutfS,  ben  ja  bd^  6t)riftcntuin  ah 
lebnen  mufjte,  fonbent  nur  um  bie  gönnet,  an  bie  man  fi<i)  einmal  gemöbnt  ^atte;  toaf. 
©uft  0rceuenr  ®ie  ©igten  D  M  auf  alitfjriftl.  ©rabfd>riften  unb  il)re  Scbeutung,  (St= 
langer  vWof  loItDr^iff.  1895(1897).  (Sin  ®leid>e3  lute  üon  Dis  Manibus  gilt  30 
Dan  ben  Sluebriirfen  domus  aeterna,  aeternalis,  perpetua  für  ba*§  ©rab;  i*gl.  ba- 
Ktbft  2    1  "p*  i_ 

Unter  ben  .^nfdjriften   im   engem  Binne   ftnb  n>eiter  namhaft   ju  madien  bie  s)tuf= 
fünften  auf  ben  ©cgenftanben  be^  (og.  instrumentura  domeaticum.    3>a   t^iebei   bie 
üerfdbiebeuartigften  Xiit^c  im  täctfid)en  Seben,  in  ,C>anbel  unb  ÜHanbet  u.  f.  ip.  in  öetraa^t  35 
foiumen,  fo  mu|  bei  ber  SüfjÄHung  wn  Sdfoiaen  auf  SMftnnbigfeit  ber^taStet  Serben. 

en  ibrer  3a^  fte^en  un  Sorbcrgtuitbe  bie  ©egeuftäube  au^  gebranntem  X^on,  in 
bie  bie  ^nfeftrifien,  fo  tange  bie  6rbe  noa)  nafy  h)arr  mit  «Stempeln  ringebtüit  ober  mit 
Mini  (^caniftänben  eingeri^t,  ober  aber  auf  bie  ftef  nac^bem  bie  Örbe  gebrannt  \mtf  ge^ 
jebrieben  ober  gematt  tourben.  Öei  ber  Anfertigung  t)on  Üampcn,  aua)  fötaler  mit  ^n^riften,  40 
iLHircen  ^^rmen  uenuenbet.  ^nfc^riften  auf  Öauäiegefn  finben  [xa)  u.  a.  be3iojfi,  Bullet- 
tino  1870  p.  Msqq.  1871  p.  7S.  IGOsq.  1884,85  p,  53sq.;  (Iroftarofa,  Nuovo  Bul- 
lettino  IH90  p.  79  sqq.  1897  p.  200  sqq, ;  CIL  IT  n,  4967  ö.,  auf  3lm^oren  mit 
Stempeln,  f.  u,  a.  beSlofft,  Bullettino  1870  p,  18,  auf  vJtnvp(;oren  aufgemalt,  f,  u<  a. 
ibid.  1890  p,  29;  CIL  XV  n.  1858.  4888sqq.r  auf  gUi|d?cfrcn,  befonber^  auf  £[--  i£ 
fläfebebeu  mit  bem  Sbitbe  bec^  beil.  SRenaS,  f.  u.  a.  be  Mofft,  Bullettino  lHf>!>  p.  2a 
31  sq.  44,  46;  &  SLant,  Catalag-ue  des  monuments  chr£t  du  mus^e  de  Mar- 
seille p.  92  sqq, ;  ©arrucci,  storia  voL  VI  t.  435,  4.  SDic  3nf Stiften  auf  Campen  pnb 
metften^  tiertieft,  fdtener  in  SHetief  anöebraa^t;  DgL  u.a.  be3tofft,  Bullettino  187Qp.80sqq. 
1882  p,  109.  1883  p.  96;  ©arrucci,  storia  vol. VI  t.  473,7.  471,  1  a,a\;  3)elattre,  bo 
Revue  de  Tart  t-hret,  1892  p.  225 sq. ;  CIL  XV  n.  6296,  11.  s31ur  ßetetjentlia^ 
tti^on  }i(b  ¥ampa\  mit  aufgematten  ^"f^ttcu,  fo  be  Sftoffi,  Bullettino  1883  p.  96. 
liiuen  Tt6fu#  am  Xmrafotta  f.  bei  £e  Stant,  1.  c.  p,  92.  —  £)ie  ^nf^riften  auf  Metatt, 
tnctften^  flronce,  aber  aud>  auf  ^leif  Silber  unb  ©olb,  mürben  cjegoffen,  gepraßt,  getrieben, 
eingeftanu,  in  burd)broc^ener  ober  in  eingelegter  Arbeit  betgeftellt.  Ru  nennen  finb  £e=  &s 
a?nbm  auf  ^ü^alen.  [  u-  a-  be^offi,  Bullettino  1864  p,  58,  auf  ©etmdjtcn,  f.  u.  a. 
CIG  IV  n/K984r  auf  Üamveu,  f.  u.  a.  ©amieei,  Lc.  t  4G9,  1,  471,  4— G;  be  SKoffi, 
Bullettino  1882  p.  177  sq.  1890  tav.  8—10,  auf  Coffein,  f.  u.  a.  ©amtai,  I.e.  t.462; 
Äraui,  Jnfc|ttften  L  11.  9ir.  14,  auf  Äannen,  f.  u,  a.  Oarrucci,  I.  c,  t.  460,  ö,  auf 
(Timern,  f,  It,  a.  be  Moffi,  Bullettino  18ß7  p.  77  sqq, ;    ©arrucci,  1.  c-   t.  428,  1  sq., «» 

Äed=*nc^flou^bU  für  Zoologie  Mb  KhQt,  3.  iL  IX.  |2 


178  3f«fdjrifien 

auf  tafeln  unb  platten  u.  bgl.,  f.  u.  a.  bc  Stojft,  Bullettino  1870  p.  145.  1871  p.  38  sqq. 
66.  1891  p.  143  sq.;  ÄrauS,  a.  a.  D.  9fr.  190,  auf  Sibeln,  ©drallen  «•  W*  f-  «•  *• 
2c  Slant,  Inscriptions  n.  372.  632,  auf  ©d&muclgegenftänbcn,  f.  u.  a.  bafelbft  n.  412  A., 
auf  $läföcben,  f.  u.  a.  @arruccir  1.  c.  t.  433,  7  sqq.  434.  435,  1,  auf  Xäfdc&en,  bie 

6  flucfyttoerbädptigen  ©flauen  umgehängt  tourben,  f.  u.  a.  be  SRoffi,  Bullettino  1874  p.  41  sqq.; 
CIL  XV  n.  7192,  auf  Siegeln,  ©iegelftempeln  unb  SUngen,  f.  u.  a.  be  Slofft,  Bullet- 
tino 1874  p.  76 sqq.;  CIG  IV  n.  8986 sq.;  ©arrucci,  1.  c.  t.  465,  7.  468,  9  sq.; 
£e  »lant,  1.  c.  n.  669  A.  B.,  auf  Äreujcn,  f.  u.  a.  ©arrucci,  1.  c.  t.  430,  4,  auf 
SWcliquiarien,  f.  u.  a.  ©arrucci,  1.  c.  t.  436,  auf  SWebaillen,  &ebotion3mebaiDen,  ßn* 

10  folgen,  Amuletten  u.  bgl.,  f.  u.  a.  beStojft,  Bullettino  1863  p.  54  sq.  1869  p.33sq. 
49 sqq.  1872  p.  7 sq.;  ©arrucci,  I.e.  t.  480,  8—11.  13—15;  CIG  IV  n.  9064.— 
2tuf  ßlfenbeingegenftänben  ftnb.  bie  Snfcfyriften  enttoeber  bertieft  ober  ertyöfct  eingefönfot 
$n  Setrac&t  !ommen  fyaut>tfä$licty  3)tptt$en,  Jafeln  unb  Ääftcfcen.  3)a8  SRaierial  f.  bei 
333.  3Retyer,   3toet  antife  @lfenbetntafeln  ber  M.  ©taat&33ibltot$ef  in  aJtündfren,  1879; 

i5@röben,  $rü)$riftlid&e  unb  mittelalterliche  @lfenbeintoer!e,  1898  ff.;  ©tutyfauty,  Sie 
altc&riftl.  @lfenbcir4>laftif,  1896.  —  SBurbe  für  $rinfgefä&e,  ©ty&tn,  platten  u.  bgL, 
gelegentlich  auety  für  (Snfotyien  ©la$  getoäfylt  unb  mit  ^nfäriften  berfe^en,  fo  tourbe 
bie  ©$rift  eingefdjliffen  ober  burdfc  SluSfrafcen,  9(u3f$netben  au$  tyrer  Umgebung 
herausgearbeitet.    ©ine  Weitere  §erftellung$art,  bte  ^äufta   angetoenbet  tourbe,   begegnet 

20  auf  ben  fogenannten  ©olbglöfern  (fondo  d'oro).  $ier  legte  man  Slattgolb  auf  ©lad 
unb  befeitigte  fobann  bte  Seile,  bie  nicfyt  jur  gricfynung  bjto.  Segenbe  gehörten.  Seifriefe 
f.  u.  a.  be  9tofft,  Bullettino  1868  p.  38.  1875  p.  139  sqq.;  ©arrucci,  1.  a  t.  463, 
1—3.  464,  1.  4 sq.  7  sq.;  $crm.  95opel,  Sic  altd^riftli^en  ©olbgläfer,  1899.  $ie  gn* 
fünften  auf  ©belfteinen  tourben  eingefetynitten  ober  eingraviert;  f.  u.  a.CIG  IV  n. 9077 sqq.; 

25  ©arrucci,  1.  e.  t.  477  sq.  2)icfelbe  Jed&nil  tourbe  Vermutlich  au$  bei  getoö^tyen 
©teinen  bon  tleincrm  Umfang  angetoenbet,  fo  auf  Srotftempeln ;  bgl  u.  a.  ^orrer,  5Die 
frü^riftl.  2lltert^ümer  aus  bem  ©räberfelbe  bon  2lc$mim4(}anoi>olte  Xaf.  9,  5  f.  $oh* 
gegenftänbe  mit  Segenben  ftnb  in  Sld&mtm^ßanopolte  jum  3>orfcfcem  gefomjnen,  neben  ©rat 
(Triften  (f.  oben)  auefy  Ääftd&en,  auf  freieren  bie  gtguren  unb  Snfäriften  in  polychromer 

so  sJJtalerei  ausgeführt  mürben,  ^e  ein  ©jentylar  beftnbet  fic$  im  äg$>t  SRufeum  )u  öeriin 
(9ir.  11325)  unb  in  ber  d^riftl.sard^äol.  ©ammlung  ber  berliner  Uniberfttät  —  3Cuf  bem  er* 
toäfyntcn  ägtypt.  ©räberfelbe  fyabtn  ftety  aud)2Bebercicn  unb©ticlereien  mttSnföriften  erhalten; 
f.  u.  a.  gorrer,  »tömiföe  unb  93tyaantinifd&e  ©eibensSejtilien  auS  bem  ©räberfelbe  Mi 
Sldjmim-^anopoliS  laf.  5,  1.  7,  1.    3)ie  ©räber*  unb  Sejtilfunbe  Don  9J$mmu$ano* 

3ö  polte  laf.  10,  8.  3Me  frü^riftl.  2lltertyümer  au$  bem  ©räberfelbe  bon  &$mim4ßaiu>* 
polte  Jaf.  14,  1.  —  ©ine  ganje  Steige  toon  ©egenftänben  mit  Snfc&riften,  bie  in  bei 
tooranftefyenben  3ufammenfteßun0  *"$*  aufgejagt  toerben  tonnten,  f.  be  9tofft,  Roma 
sott.  III  p.  580  sqq. ;  Solbetti,  Osservazioni.  ©locfeninfcbriften  au$  bem  $riftt.  älter? 
tum   fehlen.    2)ie   ältefte  toirb   bqn   be  SRoffi  bem   8.  ober  9.  3a&rb.  jugetoiefen;  bgL 

40  Bullettino  1887  p.  82  sqq.  —  Über  bie  jatylreid&en  äbrafa^Snfö^ftai  bgl.  oben  8b  I 
S.  113  ff.,  über  bie  3n$rtften  auf  Slmuletten  bafelbjt  ©.  471  ff. 

b)  3nfd()riften  im  loeitern  ©inne  (Urlunben).  SBegen  ber  fc^on  in  be» 
ftatafombcn  nac^iociöbaren  ©efflogen^eit,  ba^  Gfyriften  bei  i^ren  Sebjeiten  ober  Snge^drige 
toon  SJerftorbenen  bor  beren  ScgräbniS  ftc^  ©räber  fäuflid^  ertoarben,  ftnb  bie  ga^IretcWtet 

45  unter  ben  altc^riftlic^cn  Urtunben  bie  Kaufverträge  jtoifäen  ben  gofforen,  ben  ^erfteuern 
ber  ©räber,  ober  fonftigen  firc^lic^cn  Beamten  unb  ben  Ääufern  t>on  ©rabftcHen.  3>kfe 
Verträge,  auf  ©rabfd^riften  erhalten,  ftnb  ^um  Üeil  fe^r  audfityrlt$,  fo  ba^  fte  auc^  bie 
beugen  beim  Äaufabfc^lu^,  ben  Kaufpreis,  bie  Sage  bed  ©rabed  u.  bgl.  nennen.  SM 
in  Setracfyt  fommenbe  Material   f.  be  9toffi,  Roma  sott.  III  p.  542  sqq.;  Bullettino 

50  1887  p.  73  sq.  —  3»  ben  Verträgen  $h>tjcfyen  bürgerlichen  ©emeintoefen  unb  Sribatat 
über  ©aftfreunbfe^aft  gehört  2e  Slant,  Recueil  p.  308  sqq.,  auf  Sronce  beqeUbict  — 
Urtunben,  Von  bem  ©efd^entgeber  bem  Seföentten  getoö^nlid^  auf  ©tem  obar  (Sq  wdß 
geftellt,  ftnb  in  größerer  Qafy  aud  bem  SÖiäl.  erhalten.  S)oc^  fe^lt  ed  auc^  ni$t  oo» 
an  folgen  aus  bem  auägel?enben  d^riftl.  Stltertum;   f.  j.  9.  eine  ©c^entung  bon  $a)»P 

55  ©ergiu^  I.  an  bie  ßirebe  ber  ©t.  ©ufanna,  be  Sofft,  Bullettino  1870  p.  89  sqq. 
SSgl.  aueb  3Jiai,  1.  e.  p.  209  sqq.  —  Unter  ben  ^nfd^riften  im  engern  Sinn  $abm 
ferner  tfyre  ©tcQe  bte  gaften,  bie  3Serjeid^niffc  bon  ^eiligen,  bie  ilalenbarien  unb  (SmxL 
95cift>ielc,  freiließ  in  ber  ^au^tfad^e  mittelalterliche,  f.  sJ9cai,  1.  c.  p.  56 sqq.;  be  Stoffe 
Bullettino  1882  p.  38  sqq.    Namentliche  (Srtoä^nung  t>erbient  ber  Oftercraud  auf  be* 

eo  ©cffel  be«  $i^j>ol^tu«.    #gl.  ben  SEcjt   in  Ärau«,  Steal^ncvHo^bie  1  »b  ©.  662  f. 


3nfd}riftett 


179 


er  fttib  su  nennen  bie  S&mbinfdmften  (©raffiti)  in  ben  Äatafomben.  ÖeifpieLc  f.  eben  2,  a), 
5lucb  bie  .Hoitfularbiuiiiajen  reinen  ^ter^er.  3Jgl.  SB.  Weyer,  gtwi  antife  (Slfenbciii* 
tafein  u-  f,  tu, 

Öl  SBiffenfdjaf t ( t d > e  Öebeutung  unb  bisherige  Sertoertung  ber  ,\n 
fa)riften.  2)a  ba3  jßatatt  ber  djriftl.  ßpigrapfyif  al$  einer  befouberu  SDiäjiptin  erft  r, 
mehrere  ^abqcimte  alt  ift  unb  fie  noa)  teineälpegä  allgemein  in  cntfpred;cnber  Skiff  «*■ 
erfanitt  unb  bon  ben  Ideologen  für  i^rc  ^rfa)ungen  fruchtbar  gemadjt  imrb,  fo  fann  eS 
bier  nitftt  umgangen  roerben,  hxnn  aud)  nur  mit  einigen  SBcmerfuttgen,  ijpen  SSert  pi 
beleuchten,  SDie  ^riftiia)en  gnfdjriften,  }umal  biejenigen  au#  bem  SUtertum,  Derbtenen 
größte  Seadjtung  naa)  Jetten  tl;rcr  Jorm  unb  ifjreS  3n$tttt&  äüä&renb  oon  ben  (f  rjeugnijjen  i-> 
ber  altert,  fittteratur  fein  cmjigeä"  int  Original   erhalten   ift,   bietet   bie  (Spigrap^if  noa) 

^aufenbe  uon  urfprünglidjcit  Den  finalem  bar,  3)abur^  totrb  aber  i^r  büber  Cuetten* 
mert  begrünbet.  Sauf  ben  jaf>lreiä)en  9lbfa)riftcn,  bura)  bie  bie  litterarifä)e  Jgrinterfaffen* 
fdnift  ber  6ü)riftfteKer  ^nburdftjegangen,  ift  bieje  in  ben  oortjaubenen  §anbfä)riften  enfc 
ivebev  uuabfia)tlia),  bura)  SJcrJeben,  s]taa)Iäffigfeit  u+  bgl.  ber  3lbfa)reiber,  ober  abftä)tlicfy,  ib 
burd?  Interpolationen,  gälf<fyungcn  u,  a,  ber  Sä)reibcr,  Sefer  unb  Jorfajer,  mefyr  ober 
minber  gefajäbigt  roorben*  So  rammt  eä  benn,  bafi  man,  toenn  aua)  baä  fyanbfa)riftlia)e 
'üiaterial  iet&cilö  fritifa)  gefloatet  ift,  boa)  nid?t  behaupten  fann,  ben  Xqrt  eincä  äutorS 
genau  fo,  iure  er  aue  feiner  geber  gefl  offen,  fcor  fid?  %a  Ijaben.  3lnber£  bie  Original  im 
fd)riften.  Sic  ftetlen  fia),  abgefetyen  toon  toemgen  Interpolationen,  bie  mit  .vuife  ber  paläo=  tt 
grapbif$en  ftritif  getoöfnilidj    unjcfymer  erfamit  luerbcn  tonnen,   gan$  in  ber   nätn[ia)en 

[e  bar,  Hrie  fie  üjm  ben  ©temincjjen,  Malern  u.  f.  tu.  tjergeftettt  mürben.  3Kit  Sccbt 
bat  man  fia)  besfyaü)  aua)  langft  baran  geipofmt,  ben  3nfa)rifteii  ben  erften  yjjlaty  unter 
ben  CueUen  anjumrifen,  atterbmgä  mef>r  in  ber  Xbeorie  aI3  in  ber  ^rariä.  3nbcffen 
aua)  in  93ejitg  auf  ibien  ^nbalt  finb  bie  ^nfa)riften  h>ertuoU.    3)ie  Üitteratur  rü^rt  pon  25 

löeten  unb  ©elebrten  her.  ^Mnn  aua)  einzelne  t^rer  3h)eige,  h>ie  |.  SB.  bie  ^rebtgten, 
mit  bem  Holt  Aübhmg  unterhielten  unb  barum  reiche  Seiträge  für  bie  Kenntnis  ber 
c^ciftl.  ©emeinbe  liefern,  fo  toäre  H  boa)  fd^ou  naa)  bem  ©nmbfa^,  ba%  aua)  ber  anbere 
Xeil  ac^ört  n>erben  foll,  mi|tia),  Ipeit  für  eine  objeltux  ffiertung  ber  ^ierfonen  unb  ^aa)en 
ungenügenb,  iueun  man  ben  gcn>Öf?nlia)en  3D?ann  nur  ttaa)  bem  Urteil  Der  fira)lia)en  m 
£d>riftficUer  feiner  §nt  einf^a^en  müfete.  Sor  einer  fota)en  ßinfeitigfeit  fönnen  bie 
o  11  f dm f teil  beiüaljren,  namentlia)  bie  @rabjä)riften,  bie  ja  atlermeift  Seute  au^  bem  ^uif 
ju  Urhebern  l;abcn  unb  ma)t  nur  bie  Spradbe  bc3  ge\ubl?nlia)en  Wannet  tennen  lehren 
(f.  oben),  fünftem  aiu$  i^u  felbft.  $m  tägtia)en  Üebcn  bei  ben  aüemrfcfyiebenftcn  «te« 
anlafümgcTi  eivtftanbcu,  geu>%cn  bie  3»f giften  einen  Sinblitf  in  bic[e#,  juiiwl  in  fei=  35 
im  Teügiü&fiitlia)eu  3n$alt  S^alb  finb  fie  abcv  für  bie  Kenntnis  ber  aÜgcmeimu 
Äultur  Dudkn  erften  :Hange&  SJaturgemä'fe  fommt  bie  (fpigrap^if  m  erft er  i^inie  ben 
biftorifd?eu  5ä^ctIt  ber  t^ej?logifa)en  "3Biiffeufd*aft  gu  gut,  SBerbcn  aua?  bie  införift* 
hdcii  tcnlmäter  nieinaö  ben  Stnfpruc^  afyzbm  hjollen,  bie  Utterarifdjen  51*  erfe^en,  unb 
in  aße  gufunft  uid?t  biefe  an  Umfang  unb  fflcia)J?altigleit  eneia)en#  felbft  t^enn  noä)  *i 
bie  gröpten  Juube  gemaa)t  u>erben  foflten,  fo  lä|t  fia)  bo^  aul  ibnen  uiete^  foftbare 
biftarijc^e  Material  fä)Öpfen,  n>a^  ben  ©a)riftfteüern  entmeber  üöQig  aX^gelit  ober  n>o= 
ruber  man  auö  biefen  nur  in  un^utänglidjcr  dBcifc  tiunbe  erhält.  Um  bio|  einige  33cifpielc 
aiijüfiu)ren,  fo  ift  ba^  ®a)i3ma  be^  ^eraltiuö  5U  9t om  lebiglia)  aus  einer  3nfa)rift  in 
ber  Äaüiftfatafombe  befannt ;  ügl.  be  ^Hojft,  Roma  sott,  II  tav.  :i  sq.  3)a^  ,0aupt  einer  40 
afritamfeten  Eira)lio)en  3onbergemetnfa)aft,  Xrigariu^  unb  btefe  felbft  nennt  in.  3äi.  feine 
lüterarifd?e  Cuelle;  t>gl  CIL  VIII  n.  8650.  3)ie  ©ef4|ia)te  ber  ^flanjunfl  unb  &uä= 
brettung  be«  (>briftentum^  in  Gtaüien  erfa)Iiegen  bie  tir^lic^cn  Sdjriftfteller  nur  für 
einige  fjunfte,  (rin  ©efamtbilb  baüon  ift  jeboa)  au&  ben  3nf<frriften  ^u  gewinnen;  fegt. 
2t  Slant,  Manuel  p.  95  sqq.  Sin  GHeia)es  gilt  audi  innt  Vijrita  u.  f.  fch  i^n  ber  50 
^te  be6  ß^riftentum^  auf  ben  ^nfeln  beä  ägdij^en  SRecrcd  im  2.  3<u)ri?.  irar 
(aum  etluaö  befannt.  ^e$i  finb  auf  C^nutb  infa)riftEicber  i>-unbe  d^riften  bort 
^uioeifen,  ba^i  Äircbcnbeamte  unb  felbft  bie  9Irt  be^  Sbriftentumd  mit  einem  SÜintoarr 
toon  i^riftlicben,  iübifa)cu  unb  ^eibnifd^en  Stemmten;  frflL  ß.  9^eßd  in  ber  3ritfa)rift  für 
bie  neuteft.  iBiffenfa)aft  1900  ©.87  ff,  Die  Stuften  bei  §ippoU)tuä  ftnb  puRXeil  btofe  f»5 
ü\l$  bem  infa)riftlia)eu  iler^eia)ni^  au  ber  3lu|en[eitc  be^  ©effet^  mit  feiner  Statue  ju 
ermitteln;  bg(.  3ta>e(i^,  ^ippolötftubieu  S.  3  ff  6in  @ebia)t  3luguftin$  le^rt  eine  3n= 
f^rift  fennen;  ogl,  be  üfiof|l,  lüscriptiones  II,  \  p.  460  sq,;  Bullettbio  1R80  p,  S, 
1887  p.  l->Osqq.    2Da  auf  beu  3nW"ftc"  ^uKl  'Stellen  aues  ber  E;[.  ©d?rift  angeführt 

fa    h'efem    fie  füiuobl  Beiträge  jur  flenn  tu  16  be^  ©a)riftgebraua)^  in  ber  alten  vp 

12* 


180  3ttf<fjrifteit 

Äird&e,  aU  aud^  Sln^altapunfte  über  bie  2lrt  ber  ©c^rifttejte.  Seiftnetetocife  m  Äfrila 
begegnen  lateinifd&c  Gitate,  bie  jum  Seil  fcon  ber  Sßulgata  er^ebttc^  abtoeic&en;  fcgl.  CIL 
VIII  n.  2218.  8625.  10642.  $a$  93ilb  toon  ber  @&e  in  ben  litterariföen  Duellen 
ftnrb  burcty  bie  e^igra^^tfc^en  3)cnfmäler  ergänzt,   namentlich   fo   toeit   e£  fu$   um  ba$ 

6  heiratsfähige  älter,  bie  2Biebert>erfyeiratung  unb  bie  @tye  t>on  Älerilern  ^anbelt.  Rtoax 
liefert  bie  altcfyriftl.  Sitteratur  eine  Unja^I  toon  <ßerfonennamen,  aber  eine  nod&  auSftefcnbe 
fritifd^e  Sammlung  unb  Älafftftfation  aller  (Sigennamen  toirb  in  erfter  ßinie  Don  ben  gm 
fünften  ausgeben  muffen,  toeil  biefe  fe^r  Diele  SRamen  aufführen,  bie  ber  Sitteratur  fremb 
finb,  unb  bie  Überlieferung  ber  SRamen  auf  ben  2)enfmälern  triei  ju&erläfftger  ift  aU 

10  in  ben  §anbf#riften,  h>o  befanntlicty  gerabe  unbefanntere  Slamen  burcty  bie  äCbfcfyreiber  febr 
ju  (Schaben  gefommen  finb.  2Bie  nictyt  anber«  $u  ertoarten,  toirb  ba*  Kapitel  Butt  unb 
©ebräuctye  bei  Job  unb  Begräbnis  burcfy  bie  gnfd^riften  toeit  me&r  beretdfcert  toie  bur$ 
bie  Sitteratur.  — -  2Bo  aber  bie  infd&riftltd&cn  Quellen  nur  baSfelbe  berieten,  toaS  fd&on 
aus  ben  ©d&riftfteUern  belannt  ift,   aucty   ba  fmb  fie  nid&t  ööflig  toertloS.    Srtyärten  pe 

15  bocfy  in  biefen  gätten  toenigften«  bie  Slicfytigfeit  ber  litterarifcfcen  Angaben. 

Sßegen  beä  toiffenfcfyaftlicfyen  ©etoinneä,  ben  bie  3nfd&riften  na$  ben  fcerföiebenfien 
©eiten  fyin  abwerfen,  finb  fotoofyl  einzelne,  h>ic  ganje  ©ru^en  toon  tynen  )um  ©egen- 
ftanb  jafylreid&er  arbeiten  gemalt  Sorben.  (Sine  jiemlid^  genaue  Überfielt  über  bie  Set* 
toertung  ber  altcfyriftl.  !gnfcfyriften  in  Südjern  unb  3eitfd&riften  u.bgl.  bfe  jum  gatyre  1867 

2ogiebt  $tyer,  ßinlcitung  S.  817  ff.  gnbem  iety  barauf  bertoeife,  erübrigt  e$  mir  nur  mx$, 
bie  toid&tigften  litterariföen  6rfd&einungen  bis  auf  bie  ©egentoart  herunter  namhaft  )u 
machen.  3)abei  barf  icfy  atterbtng«  ntcfyt  i>erfcfytoeigen,  bafe  bei  ber  Senüfcung  monier  alter 
unb  neuer  arbeiten,  bie  fyterfyer  gehören,  mit  SRücffid&t  auf  bie  ©tnfettigfeiten,  fallen  Ur* 
teile  u.  bgl.  ifyrer  SSerf affer  SSorfidfjt  angetoenbet  toerben  mufc.  gerbmanb  $t))er,  3^^  ^nfc^ri^cn 

25  Äonftantinä  beS  ©r.  an  feinem  Xriumt>fybogen  in  9tom  unb  in  ber  öatifanifäcn  SJaftlila, 
2tyStitl875;  2)erf.,  Über  ben©eh>inn  aud  3nf4riften  für  Rird&en*  unb  3)ogmengeföic&te, 
%t*%t)  1876;  2)erf.,  3ur  ©efd&id&te  ber  fiirdfcntoäter  au«  epigra^iföen  Duellen,  3»B 
1876;  ^uliuS  bitter,  De  compositione  titulorum  christianorum  sepulcralium  in 
Corpore   Inscriptionum  Graecarum  editarum,  1877;   SDerf.,  Symbolae   Joachi- 

aomicae,  De  titulis  Christianis  Commentatio  altera,  1880;  38.  @$ul(e,  ©er  tyeoL 
Ertrag  ber  Äatafombenforföung,  1882;  Äarlßünfile,  35ie  altc^riftl.  ^nfefriften  SCfrila« . . . 
als  Duelle  für  c&riftl.  Archäologie  unb  Mir^engef^te,  3#D©1885;  ÄSd^toane,  Unter* 
fuebungen  über  bie  äufeere  ©ntiotrfelung  ber  afrifanifd^en  Kirche,  1892;  3-  SBi^wt,  5Die 
©ottgetoci^ten  Jungfrauen,  1892 ;  Jo^.  Sßeter  .Hirfd^,  3)ie  c^riftl.  <£p\QX«pl)\t  unb  tyre  9e» 

35  beutung  für  bie  fir^engefdndbtltcbc  ^orfd^ung,  1898;  3B.  Sebifon,  2)ie  Seurfunbung  hti 
GtoilftanbeS  im  Altertum,  Sonner  ^Uof.  3)oftor*3)ijL  1898 ;  6.  3R.  Kaufmann,  Sfc 
fcfulcralen  3enfeitöbenhnäler  ber  Slnttfe  unb  beS  UrcpriftentumS,  1900;  §an$  3(^f 
©^uren  beS  Urd^riftentumS  auf  ben  griecfyifctyen  gnfdn?  3^44"^  f**r  ^-  neutefl  SBtffen» 
fc^aft,  1900;   Otto  *ßelfa,  2)ie  altd^riftl.  @tyebenfmäler,   ©rlanger  j>^ilof.  ©oltorbijferta* 

40  tion,  1890.  6ine  größere  älnja^l  einfd&lägiger  äb^anblungen  enthalten  be  Slofft,  Bal- 
lettino,  ÄrauS,  SReal=enc^flo>)äbie,  be  2öaal  u.  f.  h>.,  ^Hömifd^e  Duartalttrift  unb  Nuovo 
Bullettino.  35gl.  auety  bie  Artifel  in  biefer  @nctyflo)>äbie  „A  Q",  „Slbrafaj",  „SUtar", 
„Slmulett". 

II.  2)ie  3"f^riftcn  auS  bem  ÜJlittelalter  unb  ber  5Reujeit.   1.  Samnu 

45  lu tagen.  %üx  bie  betben  jüngften  ©efc^id^tSe^oc^en  fe^lt  eS  an  einem SBerfc,  toaSbemCIG 
unb  CIL  an  bie  ©eitc  gcftcllt  toerben  fönnte.  5Wur  für  cimelne  fiäiiber,  $rot>mjeiir 
©egenben,  ©täbte,  ©prad;gebtete,  3nf$rtftengruM>en  ift  s3Jtaterial  gefammelt  unb  ^craufr 
gegeben  entioeber  in  ©j)ejialioerfen  ober  in  ^ntontarot/  Scfc^reibungen  u.  bgL  Don  Sau« 
unb  Äunftbcnfmälern  u.  f.  h>.    äln  biefer  ©teile  mufj   eS  bei  einer  9(u3toa^l  beS  fflw^ 

60  tigften  fein  S5eh>enben  fyabcn. 

a)  ©^egialtoerfe.  3Me  betr.  ^änber,  ©egenben  unb  Drte  berüctftd^tigcn  Vincenxo 
Forcella,  Iscrizioni  delle  chiese  e  d'altri  edifici  di  Roma  dal  secolo  XI  fino 
ai  giorni  nostri,  vol.  Isqq.,  1873  ff.;  V.  Forcella  ed  E.  Seletti,  Iscrizioni  cri- 
stiane  in  Milano  anteriori  al  IX  secolo,  1897;  F.  Bigazzi,  Iscrizioni  e  Memoria 

55  della  Cittä  di  Firenze,  1886;  Raffaele  de  Minicis,  Le  iscrizioni  Fermane  an- 
tiche  e  moderne,  1857;  Iscrizioni  nella  cittä  di  Forli  (bis  1800),  1849;  F.  de 
Guilhermy,  Inscriptions  de  la  France  du  V«.  sfecle  au  XVIII6.,  1. 1  sqq.,  1878  ff. 
(enthält  nur  ba«  -Material  ber  alten  SDtöjefc  tyam);  Allmer  et  Terrebasse  (f.  oben  1, 1); 
Texier,  Manuel  d'gpigraphie  suivi  du  Recueil  des  Inscriptions   du  Limousin, 

qo  1851  (btd  in«  19.  ^a^.);  Inscriptions  de  landen  dioedse  de  Sens,  1897—1900. 


3fnfdnuften  181 

Kefer  fr&.  Sammlungen  f.  2c  Slant,  Manuel,  p.  223  sqq.;  L'fipigraphie  p.  125 sqq. 
Graf-en  gedenkscriften  der  provincie  Oost-Vlaenderen  I — III,  1860—70  (big 
in*  19. 3a^.);  g.  3L  Krau«,  SDie  c^riftl.  Snföriften  (f.  oben  1,1)  2.21.  $ie  d&riftl.  %n* 
ttctftm  tum  ber  2Ritte  beg  8.  big  jur  SKitte  beg  13.  %afftffi. ;  4  fiuc&g,  ©c^lcftfc^c  %n* 
fünften  toom  13.  big  16.  3a^.,  1878;  3#.  Slncfelmann,  Inscriptiones  antiquissimae  6 
et  celeberrimae  Urbis  patriae  Hamburgensis,  1706;  ©al.  ©tepner,  Inscriptiones 
Lipsienses,  1675  (big  )u  f.  3^)>  3-  ®-  SKic^aelig,  2)refjbnifcfye  Inscriptiones  unb 
Epitaphia,  1714  (auefy  neuzettlid&e) ;  @.  ©tier,  Corpusculum  Inscriptionum  Vite- 
bergensium,  1860,  2.2lugg.  1883  (au$  neuzeitliche);  §erm.  ©röfcler,  Inscriptiones  Isle- 
bienses,  1883  (audfr  neuzeitliche);  *ßaul  3Rifef$!e,  9taumburger  ^nföriften,  1877—1881  to 
(K*  ing  19. 3afy$).  ^Mittelalterliche  unb  neuzeitliche  ^nfd^ri^en  neben  altd&riftl.  aug  ber* 
föicbcnen  ©egenben  enthält  in  großer  $of)l  X***,  Dictionaire  d'fipigraphie  chr&ienne 
t.  I.  II,  1852  (Migne,  Nouvelle  Encyclop&Iie  theologique  t.  XXX).  —  2)ie  ^n* 
fünften  in  Stunenfd&rift,  in  Sfanbinabien  unb  (Snglanb  gefunben,  liegen  bor  in®,  ©tej^eng, 
The  Old-northern  Runic  Monuments  of  Scandinavia  and  England,  1866—68. 16 
3Hc  SPuMifotionen  bon  leltifd&en,  irifd&en  unb  angelfäd&fifd&en  3"f^riftcn  f.  §übner,  In- 
scriptiones Britanniae  ehr.  p.  V.  Um  bie  ©rforfdjung  unb  Sammlung  ber  georgifefcen 
unb  armenifcfyen  ^nfdfrriften  ^at  ftcfc  befonberg  berbient  gemalt  Sroffet,  beffen  meifte  Sir* 
baten  in  ben  Me*moires  unb  hn  Bulletin  ber  Sttabemie  ber  Sßiffenfctyaften  ju  ©t.  *ße* 
teräfrurg  veröffentlicht  ftnb;  bgl.  M&noires,  VI.  S6rie,  Sc.  politiques  etc.,  tome  4,  20 
1838.  1840.  VII.  Sene,  tome  8  n.  10,  1864.  Bulletin  Scientifique  tome  3,  1838. 
Bulletin  de  la  classe  historico-philologique  tome  8,  1851 ;  tome  10,  1853;  tome  11, 
1854;  tome  14,  1857.  Bulletin  de  l'Acad&nie  imp.  des  sciences  tome  1,  1860. 
$0*1  ®ruty>en  bon  3nf$riften  Ijaben  bor  anberen  Seacfytung  gefunben,  bie  $nfc$riften 
asf  unb  an  (Stöbern  unb  auf  ©locfen.  ©rabfcfyriften  unb  @)>tta^>^ien  ftnb  beröffentlictyt,  25 
afrgefefren  Don  ben  föon  aufgejagten  SBerfen,  in  ©efd&i$te  ber  $riftl.  ©rabföriften  im 
6*r.  ftunjtblatt  1868  ©.  107  ff.  1869  ©.  23  ff.  (ältertum,  2H2L,  5Reujeit);  <{tyil.2abbc, 
Thesaurus  Epitaphiorum  veterum  ac  recentium  selectorum,  1666;  Sucag  fiofftug, 
'Eauzdipta  Principum,  Ducum,  Nobilium  etc.,  1580  (auefy  neuzeitliche);  Solu).  3Jten$iug, 
Syntagma  Epitaphiorum,  quae  in  .  .  .  Metropoli  Witeberga  .  .  .  ereeta  con-  ao 
raiciuntur,  1604  (ou$  neuzeitliche) ;  ßifclaff,  ®ie  Segräbnifeftätten  2Bittenbergg  unb  ifyre 
Smtmalcr,  1896  (auc$  neuzeitliche);  21.  2B.  §ilbebranbt,  2)ie  ©rabfteine  unb  ©pita^ten 
abefiger  $crf  tmen  in  unb  bei  benßird&en  ber2lltmarf,  1868  (aud&  neuzeitliche);  2lj.$perfcfc 
vomt,  9b>rtyaufeng  mittelalterliche  ©rabbenfmäler,  1880  (and)  neuzeitliche) ;  3. Gfyr.Söfc 
»er,  Inscriptiones  sepulchrales  Helmstadienses,  1710 (auefy neuzeitliche);  9Hart.  ©er*  35 
\a$  unb  §ang  33öfö,  $>ie  Sronceej? itap&ien  ber  griebfyöfe  z"  Nürnberg,  1896  ff.  (and) 
MiqcttCufc);  9lub.  £ubarfc$,  3)enlmal  ber  ©ntfd&lafenen  in  ^otgbam  ober  ©ämmtlid&e 
feabföriften  ber  bajtgen  5tird>^öfe  u.  f.  to.,  1834  (nur  neuzeitliche);  ©rabfcfyriften,  ge- 
faanmett  auf  ben  Äirdjtyöfen  z«  ^reiburg,  Äonftanz,  SßiDingen,  1842  (nur  neuzeitliche) ; 
Z.  5.  S^amberla^ne,  Lacrimae  Nicossienses.  Recueil  d'inscriptions  fun^raires  40 
k  plupart  francaises  eidstant  encore  dans  Tile  de  Chypre  etc.,  1894.  2Berfe 
fikr  aMoctaiinWnften  f.  oben  8b  VI  ©.  703  3.  35—40.  —  ^nföriften  an  »auten  teilt 
mit  St  6<Wfer,  ®ie  3>nWnft^  unb  fiegenben  an  §alberftäbter  Sauten,  1864  (auc^  neu* 
jeitikfc);  beutf^e  3nj c^riften  an  Käufern  unb  ©eräten:  35eutfd^c  ^nfc^riften  an  §aug  unb 
•aötb,  5.  »ufl,  1888.  —  »efonberg  mittelalterliche  ^nfäriften  berürf^tigt  aud^  eine  45 
Ib£$(  bcr  oben  f,  1  namhaft  gemalten  Sammlungen. 

b)  Allgemeine  SBerfe.  SSiele  einzelne  ^nf^riften  bieten  bie  Sßerfe  über  ©c= 
&djte  bcr  Jainft  unb  beg  Äunft^anbtoerfg  bar  unb  noc^  me^r  bie  93erzei$niffe  unb  3«5 
bemtare  bcr  Sau*  unb  Äunftbenf mäler  in  ben  einzelnen  Sänbern,  ^rotoinzen  unb  ©täbten. 
Sic  auf  ^cutfc^lanb  bezüglichen  ftnb  folgenbe :  Sötticfyer,  3)ie  Sau«  unb  Äunftbenf mäler  w 
Wr ^froinnz  Dfaweufeen,  1891  ff.;  3)ie Äunftbenlmäler  ber^robinz  SQ3eftj)reuBen,  1884 ff.; 
Bernau,  3)ie  S3au*  unb  Äunftbenlmäler  ber  5ßrobinz  Sranbenburg,  1885;  Sorrmann,  3)ie 
fWw=  unb  Äunftoenfmäler  bon  Serlin,  1893;  $ie  Saubenfmäler  ber  ^rotoinz  Sommern, 
1891;  Äotfo  Serjeic^nife  ber  Äunftbenfmäler  ber  ^robinz  ^Sofen,  1896 ff.;  üyerzeic^ni^ 
Wr  ftmtfibcittmäler  ber  $robmz  ©Rieften,  1886  ff. ;  2kf$reibenbe  ^arftellung  ber  älteren  66 
Da?  unb  Jtonftbcnlmäler  ber  ^robinz  Saufen,  1879 ff.;  #au})t,  3)ie  93au=  unb  Äunft^ 
hadmäla  bcr  $robinz  ©c^legmig^olftein,  1887 ff.;  §aupt  unb  SBe^ffer,  S)ie  Sau=  unb 
Anßbcnfmälcr  im  Äretfe  ^enogt^um  Sauenburg,  1890;  $ie  Sau-  unb  Jtunftbenfmäler 
»•■  Scßfalcn,  1880  ff. ;  b.  I)e^3flotfelfer  unb  2o^,  $ie  Saubcnfmäler  im  SRegierungg^ 
kprf  Gaffel,    1870;   2o$,  Die  Saubenfmäler  im  SegierungSbejirf  3Biegbaben,  1880;  eo 


182  3»fri)riftett 

Sie  Äunftbenfmäler  bcr  9tyeinj>robim,  1891  ff.;  Sie  Sau*  unb  jtunftbenfmäler  in  ben 
^o&enjollern'fd&en  Sanben,  1896;  ©.  b.  Segolb  unb  Serty.  9Ke$l,  Sie  Äunftbenfmäier 
be«  Äönigrei$«  Sägern  bom  11.  bi«  gum  ßnbe  be«  18.  3$>r&unbertö,  1895 ff.;  Sie 
Saubenfmale  in  ber  $falj,  1884 ff.;  Sefc&reibenbe  Sarjieuung  ber  älteren  Sau*  unb 

5  Äunftbenfmäler  be«  Äönigreid&S  ©ac&fen,  1883  ff. ;  $au(u3,  Sie  Äunft*  unb  Sntertyumfc 
benfmale  im  Äönigr.  2Bürttemberg,  1889 ff.;  Sie  Äunftbenfmäler  be$  ©roffcergogt&umS 
Saben,  1887 ff.;  Äunftbenlmäler  bc«  @roj#enogtum«  Reffen,  1885  ff.;  SieÄunfl*  unb  ®e* 
fcfyicbt&Senlmäler  be«  ©rotoenogtyum«  Mealenburgs©c$h>erin,  1896  ff. ;  Sau*  unb  ftunft* 
benfmäler  S&tiringen«,  1881  ff.;  Sie  Sau*  unb  Äunftbenfmäler  be$  §enogt$um3  Dlben* 

10  bürg,  1896  ff.;  Sie  Sau?  unb  Äunftbenhnäler  be«  fierjogfyumS  Sraunfätoeig,  1896  ff.; 
Süttner,  *ßfänner  ju  2$al,  än&alt«  Sau«  unb  Äunftbenfmäler,  1892  ff. ;  Styfelfiebt,  $e* 
fc&reibcnbe  Sarfteßung  ber  alteren  Sau«  unb  ßunftbenfmäler  be$  f$ürftentyum£  ©cfctoarj* 
burg=©onber«fyaufen,  1886 f.;  @.  ©$önermarf,  Seföreibenbe  Sarfte&ung  ber  älteren  Sau* 
unb  Äunftbenhnäler  be«  gürftentyum«  ©<$aumburg=2iw>e,  1897;  %.  £  ÄrauS,  Äunft  unb 

16  aitertyum  in  glfafcfiot&ringen,  1876  ff.  Obtoo&l  in  biefen  SBerfen  ja&lreufce  ^nf^riften 
mitgeteilt  toerben,  fo  ift  bod&  ityre  XuStoatyl  unb  bie  2lrt  tyrer  Seröffentlicpung  eine  fo 
ungleiche,  bafi  ben  3lnft>rüd&en  ber  (gpigra^if  (elbft  bann  nod>  nfabt  DöDig  (genüge  ge* 
föe^en  fein  toirb,  toenn  alle  bie  genannten  Sßublttationen  einmal  tyren  Slbfölufs  erlangt 
fyaben  toerben. 

ao  2.  Sei  bem  bermaligen  ©tanb  ber  (g^tgrap^tf  bed  Mittelalters  unb  ber  9taqeit 
tonnen  über  ©d&rift,  Sprache,  3lrt  ber  ^nfqriften  enbgiltige  Angaben  nod)  nietyt  gemalt 
toerben.  SeStyatb  mag  e«  and)  berechtigt  fein,  tvenn  ic$  mi$  auf  einige  borläuftge  Se« 
merfungen  über  bie  ^nfc^riften  Seutfölanb«  beföränfe. 

Sie  ©eföid&te  ber  ©d&rift  läfjt  brei  grofje  3eiträume  untertreiben.  Stö  gegen  6nbe 

26  bed  14.  3afyrl?imbert3  tyerrfd&t  bie  3Jtaju$lel,  bie  aUerbing«  manche  SBanblungen  erfubr. 
Wod)  im  lO.^a^unbert  geigte  fte  bie  fog.  römiföe  gform,  in  ben  beiben  f olaenben  3agr* 
fcunberten  tourbe  fte  bon  ber  romanifd&en  Äunft  beeinflußt  unb  geänbert,  in  ber  3***  &* 
©ottf  paffte  fie  fidj  biefer  an.  aber  mitten  in  ber  ®ef$i$te  ber  ©otil  boüjog  fi$ 
ein  Umfätoung.    Sie  gotifd&e  9)taju«fel  tourbe  Don  ber  gotiföen  3)linu$tel  Derbrängt, 

so  bie  ftety  auf  ben  ^nfefriften  bon  ber  jtoeiten  §älfte  be«  14.  bte  jumSegiim  bed  16.  Sofa 
^unbert«  erhielt.  3Jtit  bem  16.  ga^unbert  begann  ber  brüte  3eitraum,  in  bem  bie 
©d&rift  auf  ben  införiftlic^en  SenfmäJern,  abgefe^en  bon  mannen  arc^aifterenben  Se« 
ftrebungen  befonberS  im  19.  ^a^unbert,  ba£  Silb  ber  \ttotiU  üblichen  SrurftfyKn 
miberfpiegelt.    JBa^  bie  ^ai)i^d}cn  angebt,  fo  tourben  in  ber  romanif^en  3^  täfa 

85  gängig  bie  lateiniföen  angeh>enbet.  ©rft  feit  bem  14.  ^a^unbert  bürgerten  fxö)  bie 
arabifd&en  ein,  o^ne  jeboc^  bi*  in  bie  neuefte  3^t  hinein  jene  böttig  au«  bem  Sdbju 
fc^lagett.  —  2ln  fiigaturen  ift  ba$  ^Mittelalter  fe^r  reic^,  am  reichten  bie  gotif$e  5RU 
nuätet  mit  i^rem  Seftreben,  bie  ätmföenräume  jtpifc^en  ben  einzelnen  Suc^ftaben  mog* 
lid^ft  )u  befettigen,  ©eit  bem  16.  ^afyrfyunbert  ftö{[t  man  feltener  auf  Sigaturen.  —  %äf 

40  Slbfürjungen  liebte  bie  mittelalterliche  ©d^rift,  toäfyrenb  biefelben  fpäter  me^r  unb  mc^r 
Derfd^mä^t  mürben.  %üx  bie  Sefung  ber  2lbfürjungen  toirb  auf  bie  SBerfe  über  $aläo* 
gra^lie  unb  Siplomatil  toerh)iefen.  —  Sie  Snterpunftion  wfufa  erp  in  ber  neuern  3* 
eine  bur$greifenbe  Siegelung,  unb  jtpar  jetoeilä  nac^  bem  Sserfa^ren  ber  betreffenben 
3ett  in  ber  ©d^reib^  unb   Srurffc^rift.    3fm   3Rä.  erfd^einen   afö  S«**^11'1*011***^01 

46  meiften^  fünfte  in  falber  §ö^e  ber  $t\U,  aber  auc$  Äreuje  u.  bgl  —  Sie  9li$tung 
ber  ©d^rift  gefyt  toon  linfö  nad^  rec^t«.  Siefe  Siegel  erlitt  größere  Xudna^men  nur  ba, 
too  bie  Sud^ftaben  bcr  3nWrif*en  mittete  ©u^erfa^ren^  ^eraefteßt  tuurben,  namentlich 
bei  ©lorfen;  bgl.  oben  Sb  VI  ©.  706  3.  27  f.  ©elegentlicfc  fteUte  man  bie  8u#ftaben 
untereinanber. 

60  Sie  ©)>ra$e  auf  ben  infc^riftlid^en  Senlmälern  Seutfölanb*  ift  btö  tief  in«  WL 
hinein  bie  lateinifd^e.  ©t>äter  tt>urbe  tDo^l  i^re  SlQein^errfd^aft  gebrochen,  aber  bi$  übet 
ba«  16.  3aF)rb.  Ejtnau«  menbete  man  fte  gerne  auf  ©rabfteinen  bon  ©ele^rten  unb  bil 
in  bie  neuefte  3^  an  öffentlichen  ©cbäuben  unb  Senlmälern  an.  Seuttöe  Xe^te  be» 
gegnen  in  ber  romanif$en  Äunft^ertobe  nodb  febr  feiten:   e«  ^anbelt  fty  oabei  um  3m 

66  fünften  be«  12.  unb  13.  Sa^unbert«.  Ärau«,  Snfcbriften  ber  9l^einlanber  jä^lt  bü 
1250  unter  677  Hummern  nur  3  beutfd^e  auf,  bon  benen  überbie«  eine,  II  %.  419, 
megen  i^rer  (5cf)tbeit  berbäc^tig  unb  bie  )tt>eite  jmeifello«  jünger  ift  afc  ba«  Xobedja^c 
(1146)  be«  Tie  betreffenben  abeltgen,  II  5Kr.  124.  Älcin  ift  auejf  bie  3<^l  ber  grieA^en 
unb  fcbrätfd^en  Snfd^riften   im  3J121.    Ärau«  ^at   blo^   5   grie^ifc^e   »ufammengwra^t 

so  Sa  fie  Silber,  Steliquiarien  u.  bgl.  fc^mücfen,  niemal«  ©rabfteine,  fo  ftnb  fte  \ooffl  alle* 


3fiifd)riftrtt  3nfotratton  183 

famt  aufeerr/alb  2)eutfölanb3  tyergeftellt.  3)agegen  cntftanben  griec^ifd&e  (Spita^ien  unb 
Jtaiotap^ien  unter  bem  (ginflufj  ber  fyumamftiföen  Seftrebungen,  namentlich  im  16.3afyr* 
bunbcrt.  äebräifc&e  ©orte  in  lateinifd&er  Schrift  ftnb  3nf$riften  auf  Äreujen,  ©locfcn, 
Singen  unb  Amuletten  im  2R21.  unb  3aubcrteöern  im  18.  $af)xf).  nid^t  fremb.  2Rit 
i^nen  r*rbanben  ftc$  in  ber  Siegel  abergläubifctye  SSorfteKungen.  Slrabifd&e  Segenben  bc=  5 
gegnen  auf  ben  au$  bem  Orient  importierten  iertilien,  tootyl  auety  auf  folgen,  bie  biefen 
in  £eutf$lanb  nacfaebilbet  tourben.  $n  Orthographie,  äBortfc^a^  unb  ©rammattl  toeifen 
bie  in  $rofa  ober  $oefie  abgefaßten  3nf«riften  manche  Sefonberfyeiten  auf. 

SBie  bie  altc$rifHic$en,  fo  lönnen  auefy  bie  faäteren  infcfyriftlicfyen  ©enfmäler  eingeteilt 
toerben  in  3nfd&riften  im   engern  unb  toeitern  ©inn.    $u  ^ct  erften  Älaffe  rennet  eine  10 
überaus  gro|e  3*^1.    3)ie  SRe^eit  bilben  bie  ©rabf d&riften,  ßpita^ien  unb  5tenotat>fyien. 
Setter  brnmen  tyier  in  Betraft  Snfd^riften  an  Sauten,  ftird&en  unb  ftrcfylid&en  ©ebäuben, 
fo  an  portalen  unb  2$üren,  SSJänben  (3Jtalereien,  aud&  folcfye  in  3Rofaif),  genftern  (®la& 
malereien),  an  ftr$Ii$en  auSftattungägegenftänben,  fo  an  Slltären,  3lmbonen  unb  Äanjeln, 
Xaitfftetnen  unb  lauf  feffeln  u.f.to.,  an  ©ebraucty&  unb  Scfymucfgegenftänben  aller  2trt,  fo  15 
an  Jtreujen,  Jtruufigen,  Seudfrtern,  ftelc&en,  ßiborien,  ^atenen,   3ierfd&eiben,  Steliquiarien, 
©läfern,  @<$üffeln,  SBei^toaffergefäften,  Stäuctyergefäfjen,  ©efäfcen  für  bie  fyetl.  Öle,  Sucfc 
betfein,  ©loden  unb  ©löcfctyen,  auf  *{$aramenten,  u.  a.  Sfotepenbten,  ©uperfrontalien,  fallen 
unb  geifUicfcn  ©etoänbern,  auf  Sifc^of^,  Slbt*  unb  Sßräcentorftäben,  fingen  u.bgl.  SBer* 
baltntämäfjig  häufiger  tragen  bie  genannten  unb  äbn(td?e  ©egenftänbe  im  WH.  als  in  20 
ber  9tauett  3nfc$riften.    SDiejelbe  2Batyrner)mung  brängt  fi$  bei  ber  2)urc$mufterung  ber 
Oebiauqfds  unb  ©c^mudfgegenftänbe  auf,  bie  nicfyt  ftrctylicfyen  gtowfen  bienten,  aber  toegen 
tyrer  £ertunft  unb  tyreS  3ntyalt3  ben  d&riftl.  ^nfd^riften  jugcjäfylt  h>erben  muffen.    äuety 
yd  ben  3jnfdjriften   im  toeitern  ©inne,  ben  Urfunben,  [teilen  bie  iDenfmäler  namentlich 
bed  StA.  Vertreter.    §ingehriefen  fei  auf  bie  Urlunben   über  ©d&enfungen,  Privilegien,  26 
gtttyefcen,  $ät$te  u.  bgl.  (togl.  j. ».  tfrauS,  Snfd&riften  II  5Rr.  9.  152.  239.  256  f.  272. 
351.  486),  bie  flirc&frielbeterminationen  (bgl.  j.  «.  bafelbft  5Wr.  193.  685.  687),   bie  Äa* 
Icnbarien  unb  Äalenbertafeln  (bgl.  u.  a.  9Rai,  1.  c.  p.  56  sqq. ;  ftrauS,  a.  a.  0.  9tr.  326). 
Sie  uerfc^iebenen  Arten  beä  SDtateriatö  unb  ber  lec&nif,   bei  ber  Herstellung  ber  cfyriftl. 
3nf$riften  be$  SUtertumS  übltct),  erhielten  ftc$  in  ber  $auptfad^e  auety  fpäter;  nur  in  ber  au 
neueften  3ett  führte  ber  moföinelle  Setrieb  teiltoeife  Snberungen  in  ber  $et$nil  gerbet. 

HtfolauS  jfflfttter. 

3vf|rirttion.  —    fiitteratur.    ©efcr)icr)tlicr)c«:    6ontag,    doctrina    inspirationis 

ejosqne  ratio,  historia  et  usus  popularis,  ^eibelb.  1810;    ßrebner,  de  librorum  N.T.  inspi- 

ratiooe  quid  statuerint  Christiani  ante  saeculuin  tertium  medium,  I,  3enal828;  S)edfelben  86 

©citrÄvjc  jur  Einleitung  in  bie  bibl.  ©Triften  I,  1—91;  SRubelbadf),  $te  fie^rc  oon  ber  3n* 

fpiratton  ber  (!.  6*r.  in  &IZW  1840,  I,  1-60.  II,  1—66.  IV.  1-40;   X^ohicf,  S)ie  3n- 

f^hrationÄWre.  3)cutf4e  Stf^r.  f.  cftriftl.  SSiffenfd).  1850,  16-18.  42—44;  berf.,  «rt.  3n* 

{piration  in  $$€';    ©rimm  bei  erfd)  unb  ©ruber,   magern.  (Snc^Hop.  II,   19,   ©.  37  ff.; 

3o.  Deli6fd)f  de  inspiratione  scr.  scr.  quid  statuerint  patres  apostolici  et  apologetac  seeundi  40 

Meculi,  Lipe.  1872;    fta$ntd,   3)onmatif  3,   ©.  136 ff.  2.  Hufl.  i,  268 ff.;    ^öftltn,  £utf)er3 

Hw(.  2,  246 ff.;    Womberg,  S)ie  fie^re  fiut^crS  üon  ber  M.  ©*r.,  2Bittenb.  1868;    (Swalb, 

•eW4te  be«  Solfd  3^raeP,  6,  268 ff.  3a^rbb.  für  bibl.  ©tffen|*.  1,  68 ff.  9,  91  ff.;    3Ke*- 

pr,  *.  ^ioination  in$au!^  SRcalcnc.  ber  tlaff.  «Itertuntstuiffenfd).  2,  1120;    ^ütjnert,  2Baö 

ld»rt  Eut^er  »on  ber  Snfoiration  ber  ffl.  6d)r.,  fieipft.  1890.  —  3)ogmatif*eg:  Chemnitii  46 

examen  oonc  Trid.  Francof.  1615,  1,  1—97;  Selnecceri  paedagogia  christiana,  Jen.  1568; 

HumiiuA,    tr.  de  majestate   et   auetoritate   scr.  scr.  Francof.  1594;    Hutter,  disp.  de  scr. 

«r.  Viteb.  1606;  R.  Simon,  trait^  de  Pinspiration  des  üvtcs  sacres  1687;  ©rteöbad),  stric- 

tnraram  in  locum  de  theopneustia  libror.  sacror.  p.  I— V,  Jen.  1784—88;  6rf)lcicrmacf)er, 

WanbenÄle^re  §  128—132;    ^meften,  «orlefungen  über  bie  3)ogmotif  I,  §  23;    93erf,  (Sin*  50 

UttnnQ  in  ba§  Softem  ber  «riftl.  fiebre  §  88-101;  ©.  3-  Wfrf*,  ©t)ft.  ber  cfiriftl.  &f)re5, 

§37 ff.;    flippt,    Stix^l  »laubenfile^re*  1,  205 ff.;    ftot&c,    8ur  3)ogmatitf  ©otfca  1863, 

6.  121  ff.;  ©ofmann,  ©ei8fagung  unberfüUung,  1,  S.25ff.  41  ff. ;  ©cb^ftbetoeiS,  1,  070 ff. 

3f  96 ff.;  0>ie  beil.  Schrift  9tX  1«,  1-54.    dagegen  SDiccfc)off  in  ber  lir«l.  3eilf«r.  u.  ffUe- 

M  unb  ©ejer  1858,  S.  711  ff.;    ftatjntö  a.  a.  £).;    Jranr,   St)ft.  ber  rt)itftl.  Gknnftt)cit  2, 66 

143,  9;    S^ft.  ber  «riftl.  9Bat)rt)ctt  2,   §  43;    $oigt,  ^unbanientalbogmatit  1874,    §  21; 

itaier,  6l)ft.   ber  «riftl.  (Blaubenälebre  1879,   §  57—59;    fiipnu«,   5>ogntatif\   §  l%ff.; 

«cbermonnr  5)oamati!»,  §  179 ff.;    Wer,  SBtffenfdjaft  ber  «riftl.  *!e&re\  446 ff.;    ^aftan, 

^•gnatif,  §  5;  xBQing,  ^rolegomena  jur  £et)re  uon  ber  ^eopneuftie  1890;  $ie  üet^re  t?on 

ler  tbeopneuftie  1891;  9lttf«l,  fie^re  oon  ber  9te«tf.  unb  «erfötjnimg»,  2,  9 ff.;  $>•  S«ulf,  60 

9k  Steffnng  be3  «r.  (Klaubens  jur  ^l.  6«r.,  Sraundberg  1877;  ^errmann,  bie  Sebeut.  b. 

3if^nition«le(re  für  bie  et).  ftir«e,  ^aQe  1882;  (f.  $aupt,  5)ic  33cb.  ber  ^l.S«rift  für  ben 


184  Snftriratio» 

cd.  (griffen,  1891;  ®e&,  3)ie  gnfpiration  bcr  gelben  ber  ©ibel,  1892;  $äring,  8ur  3"foi- 
rationSfrage,  $l)©tÄ  1893;  3W.  ü.  Wat&uiiuä,  lieber  bie  Snfpiration  ber  $1.  ®d)r.  unb  bic 
t)ift.  tfritif,  1895;  Äfiftler,  Unfer  ©treit  um  bie  ©ibef,  1895;  3efu3  u.  baS  «3:,  1896;  ®er 
fogen.  Ijtftor.  3efu&  unb  ber  bibl.  GfcrtfruS,  1896;    #.  Bremer,  ©laube.   ©djrift  u.  bciC.  @e- 

5  fdn'djte,  1896;  #enberfon,  Divine  inspiration,  1836;  ©auffen,  Tlieopneustie,  1842;  Vigute,  de 
la  nature  de  Tautorite*  du  NT  1850;  SRougemont,  (SfyriftuS  unb  feine  3eu8en  °^r  ©riefe 
über  bie  Cffenb.  u.  Snfptr.  $eutfd)  Don  6.  SabariuS;  ©armen  1859;  ©ennridj,  S)er  Stampf 
um  bie  ©d>rlft  in  ber  beutfa>eü.  Äirdjc  beS  19. 3atjrfcunbert8,  ©erlin  1898  (entlj.  auf  6. 151 
big  160  ein  faft  DoüftänbifleS,  freiließ  nid)t  immer  gan*  ridjtiaeS  ©er&eidjniS  ber  iml9.3aljr« 

io  Ipnbert  in  5)eut[d)lanb  erfd)ienenen  felbftftänbigen  ©Triften,  ©orträge,  Vb&anblungen  u.  f.  w. 
über  bie  ©djriftfrage,  au$  bem  fid)  ergtebt,  ba&  fautn  eine  bogmatifdje  grrogc  fo  jaljlrctü) 
betjanbelt  tuorben  ift  unb  wirb  wie  biefc). 

Snftriration  bq.  im  fyeologifd&en  Sprachgebrauch  foejiell  bie  @mtotrfung  be$  ^eiligen 
©eiftcö  auf  bie  (Sntftefyung  ber  ^eil.  (Schrift,  burc$  toeld&e  biefetbe  SluSbrucf  be$  und  gel* 

15  tenben  SBillenS  ©otteS  ober  beä  SBorteS  ©otteS  getoorben  ifi  SDte  »ejeicfcnung  entflammt 
ber  33ulgata,  toeld&e  2  %\  3,  16  näoa  ygacprj  &e67zvevorog  mit  omnis  scriptum  di- 
vinitus  inspirata  überfefct.  Db  barmt  ber  Sinn  beS  gried&iföen  Suebrudfö  getroffen 
ift,  erfd&eint  minbeftenS  fraglich  3)erfelbe  gehört  offenbar  nur  ber  $ettmi[rtf($en  unb  4rn> 
liefen  ©räcität  an.    3)ie  2lngabe,  er  toerbe  auc§  in  ber  flafftföen  ©räettät  t>on  Sintern 

20  unb  ©etyern  gebraust  Oputfyer  im  Äomment.),  um  ju  bejeic^nen,  toa$  Cic.  pro  Archia 
p.  8  fage:  nemo  vir  magnus  sine  aliquo  afflatu  divino  unquam  fuit,  ift  ent* 
Rieben  irrig.  SDenn  Motiv,  ftnbet  ftc§  in  ber  flafftföen  unb  überhaupt  in  ber  $rofam 
gräettät  gar  nid&t.  2ln  ber  einzigen  ©teile  Plut.  de  placit.  phil.  5,  2  (Mor.  904,  F): 
rovg  öveigovg  rovg  deonvevoxovg  xai  ävdyxtjv  yiveo&aC  rovg   de  wvoixovg  ävu- 

25  doikojioiovfiivYig  ywxrjg  rd  av/uxpigov  avrfi  xrL  lontmt  e$  mit  größter  £EBo$rf<Jfyetn* 
lid&feit  auf  Segnung  beä  3lbfc$retber3,  unb  ftegt,  toie  SHfyttenbacty  Vermutet,  an  ©teile  bim 
deonifjuizovg.  Slufcerbem  finbet  e$  fic$  bei  SPfeubo^ofylibeS  v.  121:  rifc  de  #«>- 
nvevaxov  oowirjg  loyog  lorlv  ägtazog,  —  toenn  nid&t  bie  ganje  3^e/  ö&  ten  Sfl* 
fammenfyang^  (törenb,  mit  Sema^«  ju  ftreid&en  ift,  —  fotoie  im  5.  83uc$  ber  ©ib^Dinen 

30  v.  308 :  Kv/xrj  d'  i\  fxcogd  ovv  vd/xaoi  xdig  ^eonvevcxoig  unb  v.  406 :  AAla  juiyav 
ysverfjga  &ebv  ndvxcov  &eo7zvev<n(ov  *Ev  {foofmg  iyigaigov  xal  äyiag  exajöjußag. 
5Pfeubot>^oI^libe«  aber  ift  ein  ÄeHenift,  unb  ber  35erfaffer  be$  5.  Suc^e«  ber  ©ib^uinen 
mit  ber  größten  SBa^rfd^einlic^Ieit  ein  jur  3^t  ^abriand  lebenber  äg^tifc^er  3ube,  Auf 
d^riftlid^em  Soben  lefen  toir  ed  2  %x  3, 16  —  toielleid&t  über^auj)t  bie  erfte  nac^ttm^bare 

35  f^riftlid^e  SSerloenbung  be$  SBorte«.  SBettftein  fü^rt  bagu  auä  ber  vita  Sabae  16  (in 
Cotelerii  monum.)  bie  ©teile  an:  fy&aoe  rfj  xov  %v  ydgixi  fj  ndvtmv  deoTtvewncov, 
ndvTwv  vgiOToq?6g(Dv  avrov  ovvoöla  fte'xQ1  6  dvo/xazwv,  fotoie  bie  Se^eic^nung  bed 
SJtarcuS  eremita  aU  6  ftedTzvevorog  ävrjg.  $afe  ba^  SBort  J)afftbif(^e  Sebetitung  tyd, 
ergiebt  ftc^  aui  Sibyll.  5,  406  unb  ben  beiben  jule^t  angeführten  ©teßen  al«  unjtottfel; 

io  ^aft,  alfo  =  mit  ©otteS  (Seift  begabt,  göttlich  begeiftet  (nic^t  begeijlert,  toie  Stoalb 


unterfd&eibet).    3)ann  aber  lann  ygatprj  dediivEvoTog  nid^t  „bon  ©orte«  ©eift  eingegeben' 
im  ©inne  ber  33ulgata  fyetfjen ;  bielme^r  toürbe  &  mit  folgen  Segriffen,  toie  ^ier  ygcuprj, 
Sibyll.  5,  308  väfxa,  Duette,  berbunben  enttoeber  „mit  ©orte«  ©eift  erfüllt"  ober  „qött* 
liefen  ©eift  atmenb"  bebeuten  nac^  jenem  naheliegenden  Übergang  ber  })afftben  in  aftbe 

45  Sebeutung,  toie  er  in  äjivevoTog,  evjzvevmog  borliegt,  fd^lec^t,  gut  beatmet  =  f$fa$t, 
gut  atmenb.  35gl.  Nonnus,  paraphr.  ev.  Jo.  1,  102 sqq.:  ov  noöbg  äxgov  dvögo- 
jutyv  TtaMjurjv  ovx  a£iog  el/u  mldocag,  Xvaat  juovvov  Ifxdvxa  fteoTtvevoroto  nedi- 
Xov,  mit  v.  129:  ßamlteiv  duivgoioiv  xal  daivvooroioi  Aoetgoig.  3)er  Slu^brud 
deojzvevoTov  Tiiödov  lä&t  bie  ©rflärung  „tnft)trierte,  bon  ©Ott  eingegebene  ©anbale" 

50  ebenfotoenig  $u,  tote  bie  SSerbinbung  mit  ävtjg,  äv&gcDizog.  3Bie  in  ber  ©teße  beä  9lon* 
nu«  toirb  e£  aud^  Phocyl.  121  ju  faffen  fem;  iebenfall«  fyat  bie  @r!laruna:  „mit  göttL 
©eift  begabte  2Betefyett"  ben  35orjug,  bafe  deojTvevorog  bann  bie  gleite  Sebeutung  be« 
^ält.  6tn  Übergang  ju  ber  ©ebeutung  „bon  ©ort  ge^aud^t"  =  öon  ©ort  eingegeben, 
fc^eint  minbeften«  fcr)r  fc^toer  erflärbar,   toürbe  aud^  ungejtoungen  nur  )u  Phocyl.  121 

55  Raffen,  toä^renb  2  %x  3,  16  bei  Slnna^me  biefer  Sebeutung  immer  eine  SRetontpnie  txnc» 
läge,  beren  ßrflärung  minbeften«  einen  fcr;on  längere  fyxt  befte^enben  unb  feftgelegten 
©J>rad;gebraud&  erforberte,  ber  aber,  tote  bie  angeführten  33ctfJ>iete  jeigen,  ntc^t  borlag. 
@S  mu|  ba^er  tro^  ^ranfö  fd^led&t^tn  unbegrünbetem  ^roteft  (©^ft.  ber  cfyrifH.  SBa^w^ett, 
3.  2luff.  2,  74)  babet  berbleiben,  baft  deonvevorog  enttoeber  „bon  ©ort  beatmet,   öon 

60  ©orte«  ©eift  erfüllt''  ober  „©otteä  ©eift  atmenb"  Reifet,  gür  bic  ©ac^e  ift  e«  einerlei  unb 
ebenfo  für  bie  fk$  barauö  ergebenbe  Slnfc^auung,  ba^  bie  ben  ©eift  ©otteä  atmenbe  ober  tom 


I 


dnfyirattoit  185 

$m  erfüllte  Schrift  auc&  unter  fonberlicfyer  ßintoirlung  be«  ©eifte«  ©otte^  entftanben  fei. 
9Dte  Sebeutung:  ,,@eift@otte«  atmenb",  entftmcfyt  ebenfo  bem  gufammenfyang,  namentlich 
bem  oxpeXifxog  jigdg  didaaxakiav  xtL,  bem  rd  dvvdfievd  oe  ootpioai  35.  15,  tote 
au$  ber  fonftigen  SRebetoeife,  $.  S.  be«  £ebräerbriefe«,  in  toelcfyem  ba«,  h>a«  bie  ©d&rift 
fagt,  befanntlicfc  al«  Siebe,  2Bort  be«  $L  ©eifte«  benannt  toirb,  togl.  aucfy  Slft.  28,  25.  5 
9u$  Drigene«  fd^eint  e$  hom.  21  in  Jerem.  fo  }u  Derftefyen:  sacra  volumina  Spiri- 
tus plenitudinem  spirant.  S)a$u  !ommt,  ba&  ber  2lu«brucf:  „toon  ©Ott  eingekaufte, 
eingegebene  ©dfrrift"  in  äntoenbung  auf  bie  gan^e  ©cfyrift  au$  bem  Stammen  ber  biblifd&en 
Sorfteüung  felbft  hinaustritt,  fofern  biefelbe  jtoar  toofyl  bie  nicfyt  au«  menfctylid^em  Sßillen 
berfrorgegangene  2Bei«fagung  (2  $t  1,21)  fo  bc^eid^nen  toürbe,  fd&toerlicfy  aber  alle  übrige  10 
H.  ©cprift  —  ober  man  rnüfcte  in  2  %\  3,  16  o^ne  jeglichen  Slnlafc  ettoa  ben  3lu«bruc! 
für  eine  ber  ^iloniföen  ctynlicfce  Sorftellung  toon  ber  $.  ©cfyrift  finbeu.  SUIerbing«  aber 
bat  bie  ^efc^ito  e«  offenbar  =  Don  ©Ott  eingegeben  fccrftanben,  iebod^  nid&t  anber«, 
al«  ioie  eS  3Rt  22,  43  Reifet:  Aavlö  h  nvev/uan  kahl  ©ie  überfefct:  T-?  sre  bz 
zrsr».  Är,r^>  „benn  jebe  Schrift,  bie  h  nvevfian  gefd&rieben  ift"  —  immerhin  boc§  15 
oortoaltenb  unb  in  erfter  fiinie  bie  Sorftellung  toon  Snftnration  be«  ©d^reibenben.  ©benfo 
bie  äüjicfp.  Überfefeung:  „Unb  jebe  ©cfyrift  ift  in  bem  (burcfy  ben)  ©eift  be«  £errn  unb 
nü$t  k",  toogegen  bie  (au«  bem  ©runbtejt  gefloffene)  arabifd&e:  „unb  jebe  ©d&rift,  bie 
göttlich  Don  spiratio  ift,  divinam  sapiens  auram". 

SUIerbing«  fönnte  bie  Überfefcung  ber  $ef$ito  ebenfo  toie  bie  (Srflärung  ber  grie$.  20 
Sgegeten  für  ba«  divinitus  inspirata  fetyr  in«  ©etoid&t  fallen,  toenn  biefelbe  fic§  nictyt 
au*  ber  ^errf^enben  SSorftettung  ertlärte,  für  bie  man  in  2  %x  3,  16  ba«  entftired&enbe, 
fonft  freiließ  nirgenb  gebrauste  unb  Ijier  erft  geprägte  2Bort  ju  finben  glaubte,  unb 
toe!$e  me^r  ober  toeniger  bom  alejanbrinifd&en  Igubentum  &*#*>•  Dom  §eibentum  herüber* 
genommen  fear.  26 

2>ie  ürcfclic^e  SnftrirationSlefrre  —  ober  bielmefyr,  ba  toon  einer  3>nftnration«letyre 
laum  e£er  als  nad)  beräeit  ber  Deformation  bie  Siebe  fein  fann  unb  fird&licfc,  toieÄafyni« 
mit  Siedet  fagt,  nur  bie  ISetyre  ift,  bafc  bie  ©d&rift  infoiriert  fei,  toäfyrenb  nie  fcon  ber 
fttr$e  feßgefe^t  toorben  ift,  h>ie  fie  inftririert  fei  —  bie  älteften  firctylid&en  Sorfteüungen 
fem  ber  Snfptration  fc^loffen  ftc^  toeit  enger  an  ben  älle^anbrintörnuS  refy.  an  bie  ^eib^  ao 
ntfe^cn  Sorftellungen  an,  afö  an  bie  ber  jübifctyen  Geologie. 

3)ad  talmubiföe  tote  ba«  ale^anbrinifd^e  ^ubentum  n>aren  einig  in  ber  unbebingten 
Sae^rung  unb  änerlennung  ber  einzigartigen  Autorität  ber  ^eiligen  ©Triften  Sil«.  £a$ 
talmubifc^e  ^ubentum  nimmt  in  Setreff  ber  Sfyorafy  einen  unmittelbar  göttlichen  Urfl>rung 
an.    ©ott  fjabt  fie  mit  eigener  $anb  gefd^rieben;    anbertoärtä:    ©ott  fyabt  fte  3Jtofr  al$35 
feinem  Smanuenft«  biftiert.    SBenn  einige  Se^rer  anzunehmen  geneigt  ftnb,  bau  2)t  34,  5 
ton  §o\ua  gefc^rieben  fei,  fo  toirb   bod?  bon  anberen   behauptet,   and)  bie«   fyabz  ^Jlofe« 
fettft  nad)  göttlichem  ©iftat  unter  bielem  SQSeinen  gefd&rieben.    6ine  Offenbarung  Reiter 
Cxtfmmg  bUben  bie  Nebiim  (Dorn  8.  3°fua  an  m^  SinfdJI.  ber  $Pfalmen,  §o^e«l.,  §iob, 
Äo^det^,  (gfra),  ate  Kabbalah  b.  i.  Irabition  untergeben  toon   ber  i^ora^.    3Kofe«,  40 
Mftt  ed  einmal,  fd^aute   in  einen  reinen  Spiegel,   aber  bie  anberen  ^rojiljeten  in  einen 
nnüaren;    9Rofe«  fa^  burd^  einen  ©Riegel,  bie  anberen   burd^   fteben.    Sei  ben  $ro* 
l^eten  ift  bie  Sßerfon  nid^t  fo  fe^r  t>om  ©eifte  ©otte«  Eingenommen,   bag   tyre   eigene 
^erfoa  gan)  zutürfträte  unb  fte  betou^tlofe  Organe  be«  ©eifte«  mürben.    SSielme^r  mac^t 
W  bie  natürliche  Eigenart  fo  fe^r  geltenb,  ba^  ).  8.  ^efaia«  ben  ©inbruef  eine«  Wanne«  45 
«*  berSeftben^  ßiec^iel  ben  eine«  Sauern  macfyt;  jener  ift  lur^  unb  fnaw  in  ber  2)ars 
Whmg,  biefer  mu|  fu^  über  alle«  fcertounbem  unb  berfäUt  ber  Sreite.    2)ie  Siebe  be« 
Jaemiad  unb  be«  Arno«  entforeefcen  ber  heftigen  ©emüt«art  biefer  beiben.    3a  e«  toirb 
jogar  eine  Serfc^ieben^eit  ber  prot>Eetif$en  Segabung  angenommen  unb   bie  bem  ^efaja« 
^  teil  getoorbene  unmittelbare  göttliche  Mitteilung  berjenigen  aller  anberen  ^ropf;eten  Dor=  so 
®%#mL    „Sei  ber  noety   fo   ftrengen  Slnerfennung  be«  Dbjefttoen   ber  ^rop^etie  liefern 
fe  Xalmuble^rer  bennod^  ba«  fubjeftiDe  Setou&tfein  be«  ^ro^^eten  beim  (Sm})fangc  ber- 
Wen  nt^t  toernic^tet  fein"  (Hamburger,  SHealenc^fl.  für  Sibel  unb  Salmub  I,  850  ff., 
857).    über  bie  eigenartige  Snftriration  ber  £agiogr.  äufeem  fid^  erft  bie  jübifcfyen  I^eo* 
b||m  be«  SRittelalter«  nä^er.    ©ie  lehren,  bie  ipro^^etifc^en  Sudler  feien  burc^  ben  ©eift  55 
fcr  Sei«fagung#  biefe  burd^  ben  ©eift  ber  £eiligfeit  gefc^rieben,  —  eine  bem  jübifd&en 
Itetmn  jtoar  unbelannte  Unterfd^eibung,  üeranlafet'burd)  bie  Dreiteilung  be«  Aanon,  ferner- 
ö^  a&er,  toie  3-  3)eliftfc^  (f.  u.)  annimmt,  ber  unau«geft>roc$ene  ©runb  berfelben.    2)afj 
fe  (Sntfte^ung  ber  ^agiograp^en   ebenfo  auf  SiJirfung  be«  ©eifte«  ©otte«  jurücfgefüljrt 
fciabe,  tote  bie  ber  übrigen  ©Triften,   beioeift   bie  Slrgumentation  be«  §errn  e  con-  <*> 


186  Snfotratton 

cessis  9Rt  22,  43.  3)afc  bie  SnbiVibualttät  ber  33f.  nod&  me^r  m  ityen  Vortoaltenb 
gebaut  tourbe,  afö.in  ben  $rot>fyeten,  lä|t  ftc$  ebenfo  au«  tyrer  ©teile  im  Station,  toie 
au«  verfd&iebenen  2lu&erungen  fctyliefeen,  in  benen  fic  im  SBer^ältni«  jur  3$ora$,  aU 
bte  unterfte  Stufe   einnetymenb,  be^anbelt  toerben. 

5  Sfaber«  ba«  alejanbrimföe  IJubentum.  3toar  tyält,  in  ttbereinftimmung  mit  bem 
SEalmub,  Sjofe^u«  baran  feft,  bafe  im  2.  Semmel  ber  $L  ©eift  fe#e,  unb  bk  bie  3eit 
be«  Slrtajerje«  fiongimanu«  al«  ba«  6nbe  be«  lanoniföen  ©cfaifttum«  —  äjto  ik  *Aq- 
xa£6o£ov  ju£%qi  xov  xafty  fjfmg  xq6vov  yfaoanxai  jukv  exaoxa,  moxecog  ik  ovx 
öfxoiag  fjglartai  xotg  tiqo  avxcbv,  dtä  xd  fxr]  yevio&ai  xr^v  xwv  7ipo<pt]XüJv  dxgißrj 

10  dtadoxrjv  c.  Ap.  1,  8;  Sir.  praef.  1,  Vgl.  aud&  1  9JtaI  14,  41  mtt  2  5WaI  2,  13. 
Srofcbem  nimmt  3of.  ebenfo  tüte  <(tyilo  unb  ba«  8.  ber  2Betö&.  7, 27  eine  fjortbauer  ber 
pro^etifd&cn  Segabung  an.  Sßfytlo  färeibt  jebem  frommen  unb  toeifen  3Ranne,  fpejied 
auety  ficlj  felbft,  nQwprjxFJa  ju,  unb  ber  ©iraeibe  [teilt  bei  aller  93ef$eiben$eit  bodfr  feine 
©d&rift  ben  väterlichen  Suchern  e&er  gleich,  al«  bafc  er  fte  unterorbnete,  Sir.  praef.  5 sqq., 

15  33,  17  sqq.  3)ie  ©age  Von  ber  Sntfte^ung  ber  ©eptuaginta  beruht  ebenfo,  tote  bie  8uf* 
nagme  ber  2fyo!r.  in  biefelbe,  auf  biefer  S^eorie.  ©d&einbar  alfo  toeityeqiger  unb  freier 
al«  ba«  talmubtfd&e  Subentum,  bertritt  ber  §eßeni«mu«  in  SBirfltyteit  eine  bei  toeitem 
ftrengere  Snfeirationeletyre.  äße  ©cfriftftetter  be«  SET«  finb  «Propheten.  8ei  ber  pttfylp 
tifd&en  ©rleud&tung  aber  cefftert  ba«  menfd&licfce  Setoufctfetn.    SDer  fyxopfftt  ift  Organ  be« 

ao  burd?  tyn  rebenben  ©otte«,  feiner  felbft  nic^t  betoufjt  unb  feine«  9Bitten«  beraubt  ©r  ift 
$oImetfc$cr  be«  göttlichen  2BUIen«,  otyne  ju  h>tffen,  toa«  er  rebet,  benn  er  befbibet  ft$  im 
3uftanbe  ber  (Sfftafe,  ber  &eo<p6or}xog  juavla.  3)ie  @tftafe,  ev&ovotovvxog  xal  deo- 
(pogrjxov  xö  Tiä&og,  ift  f]  r/ge/biia  xal  fjovxia  xov  vov,  Phil,  quis  rer.  div.  haer. 
I,  510  ed.  Mang.  cf.  511:  xeo  öi  nqorpmixco  yivei  <pdei  xovxo  ovußalveiv.   1£<m- 

26  xitexai  fikv  yäo  h  fjfuv  6  vovg  xaxä  xrjv  xov  üeiov  Jtvev/jaxog  cupt£tv,  xarä  de 
xrjv  juexavdoxaoiv  avxov  näfav  elooixl^exai.  ßijuig  yäo  ofix  ioxi  ihrfibv  d&avörcö 
ovvoixfjoai'  öid  xovxo  fj  dvoig  xov  Xoyiofxov  xal  xö  negl  avxdv  oxöxog  Bxoxaot* 
xal  dewpÖQrjxov  /biaviav  lyhrqoe.  Sfnbere  ©teilen  f.  bei  t)clt$f$,  De  inspir.  ete.f 
©.  10  ff.    3n  kkfent  gwftanbe  finb  fte  auc^  beim  ©(^reiben,  benn  ba  i^nen  bie  Offen» 

ao  barung  im  ^uftanbe  ber  @fftafe  unb  alfo  be$  aufgehobenen  Setou^tfemö  ju  teil  totrb,  fo 
lönncn  fte  biefelbe  felbftberftänblid^  aud^  niebt  nad^^er  au«  Erinnerung  niAerfc^reiben, 
benn  fte  fönnen  fi$  nid^t  erinnern.  5ß^Uo  felbft  glaubt  bie  ©fftafe  au«  ber  bei  fetner 
eigenen  f$riftfteQertf$en  Arbeit  gewonnenen  Srfa^rung  befebreiben  )u  fönnen,  de  murr. 
Abr.  I,  441.    3toar  fd&etnt  man  ntc^t  atte«  in  ber  tyL  ©d&rift  aö  im  gupanbe  ber  ®t 

86  ftafe  getrieben  angenommen  }u  ^aben,  j.  93.  bie  )eitgenöfftf$en  SRitteuungen  ber  $ro* 
j)^eten  xä  xcbv  TZQowrjxcov  xd  ßiiv  dvojxdxa)  xal  nakaidxaxa  xaxd  xi]v  bzbtvouxr  r^r 
And  xov  deov  fia&dvxwv,  xd  öi  xa&*  avxovg  <bg  iyivexo  oaq>6Jv  ovyyQeupovxair, 
Jos.  c.  Ap.  1,  7.  dergleichen  ift  jebod?  öer^ältntemä^tg  jju  geringfügig,  um  ettoa  auf 
bie  Slnnafyme  einer  t»erfd)iebenen  SBirffamleit  be«  ^eiligen  (Seifte«  ju  führen.   @^er  tonnte 

40  man  eine  fol$e  Annahme  al«  Jtonfequeng  ber  bevorzugten  ©teQung  ertoarten,  toelc^e  $$lo 
unb  3ofej)^u«  im  ©inflange  mit  bem  2älmub  ber  S^ora^  jutoeifen.  S)enno<^  ip  toda 
biefe  Bevorzugung  noef)  bie  geringere  SSertun^  ber  $aaiograp^a  burd^fc^Iagenb  genug,  um 
bie  obige  S^eorie  Von  ber  ßntfte^ung  ber  btblifd&en  ©Triften  ut  beemfluffen.  3a  niefct 
einmal  bie  Unterfd(>eibung  jtoekr  3(rten  Von  S^fritation  bei  aJlofe«,  ber  iopriveia,  too 

46  ©ott  allein  rebet  unb  mit  feinem  2)oImetfd&er  gleid&fam  eine  $erfon  toirb,  unb  ber  n^o- 

Stjxeia  (de  vit.  Mos.  III.  II,  p.  163  sq.  ed.  Mang.)  ift  ba$u  im  flonbe.  Ehcfe 
nterfebeibung  ift  eine  rein  formale,  Vgl.  ©iegfrieb,  5ß^ilo  Von  Älej.  als  äu&eger  be« 
211«,  ©.161.  ffiie  ^eiligen  ©c^riftftcHer  ^aben  ebenfo  gerebet  h>ie  gefc^rieben  im  Äu» 
ftanbe  ber  (Sfftafe,  burc^  meiere  ba«  ©elbftbetoufttfem  unb  bie  ©elbfit^ätigleit  aufgehoben 

60  unb  ber  3Kenf^  jjum  rein  pajfiven  Organe  be«  ©eifte«  ©otte«  bejh).  be«  Sogo«  toub,  — 
bie«  ift  bie  £ellemftifc&e  Slnfic^t. 

3lud^  bie  ^1.  ©d&rift  lennt  eine  ©fftafc,  aber  ioeber  bedft  ftc^  biefe  mit  ber  #>Uom» 
fd&en  gfftafe,  noc^  ift  c«  biblifd^c  SSorfteHung,  bafe  bie  gjnftriration  ftc^  mefentltd^  bur^ 
SJerfefcung  in  ßfftafc  VoUjic^e.    3Dic  SBerfcfcung  in  ©Iftafe  ift,  h>ie  ft#  ergeben  toirb,  nic^t 

66  au«gefcbloffen,  aber  fte  ift  h>cbcr  bie  einige,  nod^  aud^  nur  bie  tyaimtfä$li<$e  SBeHe  ba 
^nfciration,  vielmehr  etioa«  burd^au«  aufeerorbentlid^e«.  35or  allen  3)ingen  gefd^iept  bte 
SKitteilung  ber  bur<#  Offenbarung  empfangenen  Äunbe  an  anbere  nie  im  3uflanbe  ba 
©fftafe,  au«genommcn  Vielleid^t  ben  goß  einer  ^Jrop^etie  loiber  SöiHen  hrie  bei  Stlcam. 
9lac^  biblifd&em  33egriff  ift  bie  Gtftafe  berjenige  .ftiiftanb,  \n  toelc^em  bem  für  bie  93a^ 

60  ne^mung  überftnnlt^er  3)inge  an  unb  für  [xd)  ungeftycften  ÜRenfc^en  überfinnlfa^e  Offen> 


3nfytratto»  187 

bannigen  &u  teil  toerben,  fei  e$,  bafc  e3  göttlich  gezeigte  Symbole  toie  31©  10, 10;  11,6; 
3er  1,  11.  13,  ober  bafe  e$  überirbifd^e  Realitäten  ober  Silber  julünftiger  $)tnge  fmb, 
tote  bei  »ileam  9lu  24,  3.  4;  22,  31,  bei  ©efaft  2  Äg  6,  17;  bgl.  2  Äo  12,  lff.; 
Spt  1, 10.  3n  biefem  ßuftanbe  ift  ber  3Jtenfd&  enttoeber  &  nvevuaxi,  b.$.  ben  ©gratis 
len  feine«  an  bie  @inne  gebunbenen  SBafyrnefymungStoermögenä  enthoben,  bgl.  9l)>t  1,  10;  5 
2  Sto  12,  lff.,  ober  e$  fallen  biefe  ©d&ranfen  momentan,  ofync  bafc  augleicfc  bie  fmnlic^e 
33a$mebmung  aufgehoben  erföeint,  unb  bie  3Ba^me^mung  überftnnlicger  ©rfd&einungen  k. 
tritt  in  oen  3ufammentyang  beS  toad&en  fiebenS,  ofyne  tyn  gu  unterbrechen,  ein,  ogl.  Sc 
1,  11  ff.  3n  feinem  jfalle  erfd&eint  ber  giifhmk  ber  ©Iftafe  als  ein  fold&er,  ber  leine  @r* 
traienmg  be*  in  tym  ©abgenommenen  jurücflaffe.  SDenn,  tote  Slugufttn  ju  $f  67,  §  36  10 
rüstig  bemerft,  ift  bie  ©fftafe  nid&t  (tote  bei  Sßfytlo)  eine  alienatio  a  mente,  fonbern 
eine  alienatio  mentis  a  sensibus  corporis,  ut  spiritui  quod  demonstrandum  est 
demonstretur. 

SBeber  atö  ber  tyL  ©dfrrift  felbft  alfo  ftammt  bie  t>fyilonifctye  reft>.  ^etteniftifd&e  $fyeorie 
txm  ifyrer  ©ntftetyung,  not$  aus  ber  eigentlichen  jübifd&en  Geologie,  —  fte  entftammt  biet  is 
me$r  in  geraber  Sinie  bem  §cibentum.    SDiefcS  allein   lennt   eine  deoydorjxog  juavla, 
toie  ^tyilo  bie  ©fftafe  aud)  nennt,  toeld&er  im  biblifd&en  ©inne,  genau  genommen,  nur  ber 
Begriff  ber  Sefeffentyeit  entforeetyen  toürbe.    @3  ift  nid&t  ganj  genau,  toenn  ber  Segriff, 
mit  toekfcn  $^Uo  rennet,  lebiglicfc  auf  Segnung  feinet  „SßlatonifterenS"   gefegt  toirb. 
Su$  nodfr  anbere  Momente,  t>ieUei$t  (Sinflüffe  orientalifd&er  Religionen,  bürften  mttgetoirft  20 
faben  (t>gl  £emje,  $ie  Se^re  bom  2ogoä  in  ber  grie$.  ^tlofoptyte  ©.  296).  ^ebenfatl* 
aber  ift  eS  bie  allgemeine  üBorftedung  ber  ©rieben  i>on  bem  iv&ovoiao/u6g,  ber  juavia 
ber  pdrxug,  unb  bie  platoniföe  anficht  bon  ber  Duelle  ber  fünftlerifd&en  $ert>orbringung 
unb  bem  Urftmmge  ber  Sßtyilofo^ie  cetö  fold^er  juavia  ober  göttlichen  S3egetfterung,  toelcfce 
$$lo  aufgenommen  tyd.  Ct.  Plat.  Jon.  534,  b :  xov<pov  yäq  XQVt"*  noirjtrjg  loxiv  xal  26 
imprby  xal  Uqov,  xal  ov  tiqoxeqov  616g  xe  noieiv  tzqiv  äv  ifv&eog  xe  yevrjxat  xal  gxtpowv 
x€u  6  vovg  fifjxhi  iv  aixcp  Ivjj.  Sa>g  d'äv  xovxl  fyfj  xo  xxrma,  ädwaxog  nag  noieiv 
knbr  ävögamos  xal  ^a/iaxJeiV.    Sgl.  auc$  3Kejgcr,  Slrt.  ftibinotton  in  SßaufyS  Steal* 
Cnc^ö.  ber  Haff.  »ItertumStoiffenfd&aft  II,  ©.  1120  ff.    $reiltd&  befielt  ein  toefentlic^er 
Unterfc^teb  jtoifd^en  ber  platontfc^en  unb  ^ilonifd^en  2lnfic§t,  toelc^er  aber  nid^t  ba^SSJefen,  90 
fonbern  bie  »ebeutung  ber  (Sfftafe  betrifft    5Rad^  $lato  ift  bie  SJertoirrung  ber  ©eele, 
toeb^e  pe  bei  ber  Erinnerung  an  bie  in  tyrem  übernatürlichen  2)afein  gebauten  Urbilber 
mit  (Snt^ücten  ergreift,  bodb  nur  ber  3lu^gang^un!t  ber  $btlofo^te,   inbem  ber  baburc^ 
getoetfte  ^ilofo^ptfc^e  Xrieb,  ber  @ro^,  ba^  ©treben,  bem  Unfterblid^en  ä^nlic^  ju  toerben, 
feine  »efriebigung  fuc^t  unb  erlangt  auf  bem  2Bege  ber  bialeftifd&en  3Ket^obe  (Retter,  3)ie  86 
$$Iofo}>$ie  ber  ©riechen,  II,  1,  3.  SbtfL  ©.  516).    gür  ^J^ilo  bagegen   ift  bie  ßfftafe 
ba*  3ieC  be«  ©treben«,  bie  fcottenbete  SÖerfenhtng  in  bie  ©emctnfd^aft  ©ottcä  burd^  botte« 
Aufgeben  bed  inbhribueden  Setou^tfeinö.    aber  gerabe  biefer  Unterfdneb  jagt,  ba^  $^ilo 
im  ©runbe  nid^tö  ^ö^ere«  lennt,  ate  ben  gemeinen  Segrtff  ber  (Sfftafe,   tote  er  Oon  ber 
Äantit  unb  bem  SJfyjterienhiltuS  bergenommen  ift,  }u  beffen  Stntoenbun^  unb  Slu^be^nung  40 
auf  analoge  Srföetmmgen  be^  Offenbarung^gebiete«  er  ft$  bann  in  fernem  ©tyntretiämuä 
ffa  bere^ttgt  btelt. 

3He  gleupe  im  ©runbe  genommen  bur$  unb  bur$  ^etbnifc^e  S3orftellung  ftnben  toir 
n  ber  ^nrtftlt^en  Äirc^e  gleich  an  ber  erften  ©teile  toteber,  an  ber  un$  befttmmte  au«* 
ton  über  bie  Art  unb  SBrife  ber  3nft>i™tion  begegnen.  SBä^renb  nämltd&  bei  ben  aj)o- « 
{Mtfc^en  Satern  nur  bie  3^atfac^e  ber  Snfriratton  in  ber  3lrt,  toie  fte  bie  ffl  ©c^rtft 
Ki  citieren,  einfädln  Sudbrucf  finbet,  betonen  bie  9l))ologeten  be^  2.  ^a^unbertö  bie 
90dTtt^e  ©ntfte^ung  ber  in  ber  fyl.  ©c^rift  niebergelegten  @rlenntni«  unb  äußern  ftc^ 
barüber  fo,  baft  fte  unberlennbar  nic^t  blog  eine  med^antfd^e,  fonbern  eine  manttf$e  3n= 
Imatiim  lehren.  SgL  bie  bei£eli$f$  a.a.O.,  ©.36 ff.  gefammelten  ©teilen,  namentlich  eo 
Ju*t  00h.  ad  Oraec.  8.  10;  Apol.  I,  36;  Athen,  leg.  9,  42.  ^uftin  fagt  Oon  ben 
H-  6*^riftjWIern  (00h.  ad  Gr.  8):  xa'&agovg  iavrovg  rfj  xov  ftdov  Jivevjuazog  na- 
goordr  htQyclq,  fv*  abtö  xo  üeiov  l£  ovgavou  xaxiov  jzAijxxQov,  (ooneg  ÖQydvfp 
magag  xrvog  f)  Xvgag  xolg  öixaioig  ävögdoi  ^^c6/ievov,  xrjv  xcbv  ^«wv  fifilv  xal 
ojgoWoir  djtoxaXvxpf]  yva>oiv.  ät^enagora«  bepauj)tet  auöbrürflic^  bie  (Jfftafe  ber  $ro*  66 
^Ctea,  of  xax'  btaxaoiv  xwv  b>  avxöig  Xoytojuajv  xtvijoavxog  avxovg  xov  öeiov 
znvfAaxog  ä  h^qyovvxo  l£eq>d>vr}oav,  avyxgtjoajuevov  xov  nrevjuaxog  cooeI  xal 
athjxijg  avldv  ipmvevoai,  leg.  9,  42;  Theophil.  ad.  Autol.  2,  9.  Um  bic£  ju 
begreifen,  toirb  man  fi$  bergegentoärtigen  muffen,  bafe  ben  im  $eibentum  gefd^ulten  sIRdn= 
■cm  mit  ber  (Srfenntnid  ber  $rift(i$en  3Ba^r^ett  ntd;t  blo|  im  allgemeinen  ber  göttliche  60 


188  äfnftrinttton 

Urfarung  bcr  crften  grfenntniS  berfelben  unb  bamit  bcr  fyl.  ©ctyrift  fic^  aufbrängtc,  fon* 
bern  um  fo  letzter  fid&  audjj  bie  gried&ifd&en  SJorfteHungen  bon  ber  Sntfte&ung  folc&er  för= 
fenntniffe  geltenb  matten,  je  toeniger  bic  d&riftlid&e  SBJa^r^eit  baS  (Ergebnis  fdjlufjmäjjigen 
3)enfenS  fein  tooHte  unb  fonnte  unb  jemefyr  bcr  mit  bem  (S&riftentum  unauflöslich  öer* 

5  fnityfte  begriff  ber  Offenbarung  unb  ber  Söirffamfeit  beS  ©eifteS  ©otteS  fold^e  3?or* 
fteüungen  *u  rechtfertigen  jd&icn,  bie  no$  genährt  tourben  burefc  baS  ber  ©ttylle  (coh. 
ad  Gr.  37)  beigelegte  2lnfetyen.  Slimmt  man  bieS  lefctere,  bie  ©leic^ftdlung  ber  &eib* 
nijcfyen  ©ibtytle  mit  ben  Sßro^eten  unb  bie  bebeutfame  ©tettung  tynju,  toeld^e  bie  SBetS* 
fagung  in  ber  tyl.  ©djjrift  einnimmt,   bringt   man  baS  ©eftrid&t  in  änfölag,  toelc^eS  bie 

10  2tyologeten  auf  bie  SöeiSfaguna  legten  unb  legen  mußten  unb  bafc  bie  3urö*Wning  ber 
SBeiSfagung  auf  göttlichen  @eift  für  baS  ganje  2lltertum  fetbftoerftänblicfc  toar,  fo  beburfte 
eS  faum  ber  Sefanntföaft  mit  Wlo,  bon  toetd&em  guftin  mit  größter  Änerlennung  forid&t 
(coh.  ad  Gr.  9.  10.  13),  um  tyn  $u  biefer  Sinftcfyt  ju  bringen,  toeld&e  fd&tiefclicfc  imSRon* 
taniSmuS  ü)re  entfcfyiebenfte  Vertretung  fanb.    3)aju  tooUe  man  nid&t  bergeffen,  bafi  bie 

16  Betrachtung  immer  bon  ber  altteftamentlid&en  ©d&rift,  reft>.  ben  $ro$eten  ausgebt  3hif 
bie  neuteft.  ©Triften  toenbet  fte  juerft  an  Theophil.  ad.  Autol.  3,  12. 

3)er  D^ofition  ber  ßirc^e  gegen  ben  SDtontaniSmuS  ift  eS  ju  banlen,  ba&  bie  an* 
fidfjjt  \)o\x  ber  ßfftafe  als  ber  gorm  ber  gnfpiration  feine  nachhaltige  SCnerfennung  fanb. 
3WiltiabeS,  auefy  ein  2tyologet,  fd&rieb  nac§  Eus.  h.  e.  5,  17  gegen  bie  3Rontantften  jtegl 

20  xov  urj  delv  nQowrjXYjv  h  Ixomoei  XaXeTv.  SlemenS  Sil.  bejeid&net  bie  ©fftafe  als  ein 
SWerfmal  ber  fallen  $ro^eten  unb  beS  böfen©eifteS  (Strom.  1,  311)  unb  feitOrigeneS 
fennjeid&nct  bie  SSertoerfung  ber  aus  bem  Äeibentum  ftammenben  SBorftellungen  bie  Auf* 
faffung  ber  Kirchenlehrer.  3m  boHlommenften  ©egenfafce  gegen  ben  2RontaniSmuS  tuoQte 
man  in  ben  Sßro^eten  nichts  UnbehmfeteS  anerfennen  —   Chrys.  hom.  29  in  ep.  ad 

25  Cor. :  6  de  7igoq?rjtt]g  —  fjiexä  diavolag  vqtpovorjg  xal  ooxpQOvovarjg  xaTaordoecog 
xal  eidtbg  ä  cp&Eyyexai,  qrnolv  anavxa'  cf.  Epiphan.  haer.  48,  2.  3;  Äthan,  c. 
Arian.  4;  Hieron.  prol.  m  expos.  Jes.  ed.  Valla,  IV,  p.  3.  praef.  comm.  in 
Nah.  VI,  536;  Gregor.  M.  Mor.  in  Job.  c.  13.  £ierburd&  tourbe  freiließ  toteber 
eine  anbere  Überfpannung,  bie  beS  93egriffS  ber  Offenbarung  eingeleitet.  3)enn  bte3)uv$* 

so  füfyrung  biefer  2lnfid&t  mufete  bie  altteftamentlid&e  ßrfenntniS  auf  gleite  ©tufe  fteDen  mit 
ber  neuteftamentlicfyen  unb  fo  fd&Iiefelid&  ju  ber  p>ax  nic§t  mantiföen  aber  mec&anifc&en 
3nftrirationSlefyre  ber  älteren  proteftantifd^en  2)ogmatif  gelangen.  3)ie  Slnfä^e  einer  nc^ 
tigeren  ©rfenntniS,  toie  toir  fte  in  ber  Untertreibung  beS  ^^enäuS  atoitöen  pxoptyti\tyx 
unb  a^oftolifd^er  ^f^iration  (adv.  haer.  III.  11,  4)  unb  in  feiner  Stynung  einer  ^eilSs 

36  gefcfyid^tlicfyen  ©nttoicfelung  (IV,  9,  3)  finben,  blieben  o^ne  gruc^t.  S)ie  ^nfj)iratu>nSle^rc 
ber  Äird^enöäter  öerbinbet  mit  ber  tooUften  ^nerlennung  ber  uneingefd&ränften  ©intoirhing 
beS  ^eiligen  ©eifteS  auf  ben  SBiHen  unb  bie  (SrfenntniS  ber  biblifc^en  ©c^riftfteUer  bie 
3lnerfennung  i^rer  ©elbftftänbigfeit  unb  ©elbftt^ätigleit,  auf  toelc^e  me^r  nod^  als  gform 
unb©til  ^urücfgefü^rt  toirb.    ©inSSerfu4  bie  ^Bereinigung  berSBirlfamfeit  beS  ^l.  ©eifteS 

40  mit  ber  felbftftänbigen  2^ätigfeit  ber  \jl.  ©c^riftfteDer  ju  begreifen,  toirb  nid^t  gemalt 
S)erfelbe  S^enäuS,  toelcber  bie  eigentümlid^feiten  beS  paulinifc^en  ©tilS  ableitet  auS  bcr 
velocitas  sermonum  suorum  et  propter  impetum,  qui  in  ipso  est  spiritu,  ifl 
barum  bod^  nic^t  getoillt,  bie  gintoirfung  beS  ^l.  ©eifteS  auf  bie  ©injel^eiten  ber  äuS« 
brucfStoetfe  ^tntan^uftellen,  fonbern  fagt  adv.  haer.  III,  16,  2:  Potuerat  dicere  Mat- 

45thaeus:  Jesu  vero  generatio  sie  erat;  sed  praevidens  Spiritus  sanetus  depra- 
vatores  et  praemuniens  contra  fraudulentiam  eorum,  per  Matthaeum  ait :  Christi 
autem  generatio  sie  erat.  3)erfelbe  Sluguftin,  ber  toon  ben  ßtKxngeliften  fagt,  fte  Ratten 
gefd^rieben,  ut  quisque  meminerat,  ut  cuique  cordi  erat,  vel  brevius,  vel  pro- 
lixius  (de  consensu  evv.  II,  12),  toergleic^t  bie  2tyoftel  mit  ben  ^änben,  bie  nteber* 

eo  f ^rieben,  toaS  baS  $au>)t  S^riftuS  biftterte  (ibid.  1,  35).  £ierontymuS  toei|  i>on  ©o* 
löciSmen  unb  ä^nlid^em  in  bcr  ©etyrift  ju  reben,  finbet  aber  gerabe  barm  ein  3^9^ 
für  bie  (Stnhrirhmg  beS  ^l.  ©eifteS,  quod  apostolus  .  .  absque  rhetorici  nitore  ser- 
monis  et  verborum  compositione  et  eloquii  venustate  nunquam  totum  mundum 
traducere  valuisset,  nisi  evangelizasset  eum  non  in  sapientia  verbi,  sed  in  vir- 

66  tute  Dei  (Comment.  in  ep.  ad.  Eph.  II,  ad  3,  1).  Söetter  toeint  OrigeneS  )u 
ge^en,  bcr  ntd^t  blofe  ben  2lj>oftcl  Paulus  im  tarnen  aBcr  bibl.  SSerfaffer  fagen  läfet,  ba| 
er  ben  föftlid^cn  ©cfyafe  in  irbenem  ©cfäfe  bewahre,  jonbem  aud^  forbert,  ba|  man  unter« 
fctycibe  jtoifd^cn  bent  afeort  als  Älang  unb  3eid()en  unb  jhrifd&en  bem  3nN^  Septem 
fei  ftetS  richtig,   in  ben  SKorten  fehlten   bisweilen  bie  Serfaffer,  obgleich  fte  nie   fogto# 

60  fd^rieben,   toaS  i^nen  in  ben  ©inn  fam,   fonbern  alles  einzelne,  Söorte,  ©afcbau  u.  f.  to. 


äfnftrirattott  189 

mit  großer  ©orgfalt  jubor  ertoogcn.  3"^  M**  fyinbert  tyn  nicfyt,  nicfyt  blofe  jeben  grr* 
tum  auftuföliefeen,  fonbern  aucfy  ju  behaupten,  ba|  burcfc  alle  Seile  ber  tyl.©d&rift,  felbft 
bie  jufälligen  Sucfcftaben,  ftc^  bie  güße  ber  göttlid&cn  9Kajeftät  ergiefte.  „2Ber  ben  Ur* 
Geber  ber  SBelt  imb  ber  ©cfyrift  für  baSfelbc  2Befen  tyält,  fann  hierüber  nicfyt  jtoeifetyaft 
fein".  Cf.  Sei.  in  Deut.  p.  386,  Hom.  in  Jer.  21,  282;  Hom.  in  Ez.  VI,  376.  6 
CtigeneS  fyd  unter  ben  Äirmenbätern  ftcfy  offenbar  am  eingetyenbften  mit  ber  grage  na$ 
ber  ärt  ber  3Snft>iration  befqäftigt  unb  bie  mitgeteilten  Säuberungen  Rängen  genau  mit 
femer  2$eorie  jufammen,  toonaefy  bie  I^nftriration  «n*  Grabung  be$  ©emütcS  unb  eine 
Oeffmtng  be$  inneren  ©etyöröfmneS  für  bie  2Bal?rfyeit  ift,  eine  fyöfyere  Stufe  ber  ßrleuc^ 
tung,  toelc^er  alle  grommen  getoürbigt  toerben.  ©ie  erforbert  bie  työcfcfte  93efonnenfyeit  beä  10 
®etfte$  für  biejenigen,  toeld&e  Organe  unb  Vermittler  ber  göttlichen  Offenbarungen  für  bie 
mtnber  lauteren,  einer  unmittelbaren  ©rleucfytung  unfähigen  SRenfcfyen  fein  Jollen,  bgl. 
3ef  6.  (äuefüfrltc&ereS  f.  SKebepenning,  DrigeneS,  I,  ©.  253  ff.)  §iernacfy  bereinigt  ftcfy 
für  DrigeneS  in  ber  3>nft>tration  eine  gefteigerte  ©elbfttfyätigleit  be$  menfcfylicfyen  ©eifteS 
mit  einer  biefe  tyerborrufenben  gefteigerten  SBirlfamfeit  be$  gl.  ©eiftes.  15 

©amit  toar  ein  fruchtbarer  2lnjafe  für  ba$  95erftänbni$  ber  eigenartigen  ßntftetyung 
ber  £1.  ©<$rift  gegeben.  6$  lag  niept  an  bem  3ufammenfyang  biefer  Slnfd&auung  be$ 
Crigencä  mit  anberen  ©äfcen  feinet  ©tyftemä,  namentlich  bem  SSertyältnte  be$  ©eifteä  jum 
£ogo£,  bem  be$  SogoS  jum  Vater  unb  bem  SSerfyältniä  ©otteS  ^ur  2Belt,  auc§  nicfyt  an 
bem  Serbadfo  in  ben  bie  SRecfytgläubigfeit  beä  DrigeneS  geriet,  bafe  biefe  Stnfäfce  fruchtlos  20 
blieben.  Vielmehr  fehlte,  ate  bie  3eit  ber  ätyologeten  borüber  unb  ber  3Kontani$mu3 
übertmmben  toar,  ber  ätnlafe,  ba$  praftifcfye  ^ntereffe  an  ber  2lu$geftaltung  biefer  Sefyre. 
Jn  ben  innertir$(i$en  Kämpfen  tourbe  bie  Autorität  unb  bamit  ber  göttliche  Urfprung 
b<r  ^l.  ©cfcrift  ni<$t  in  jfttoti\d  9eS°9cn-  2)urd&  ben  SluStrag  jener  Äämpfe  unb  bie  @r- 
ftarfung  ber  tird&lid&en  Drbnung  trat  ber  Slutorität  ber  ©cfyrift  bie  ber  Äircfyc  jur  ©eite,  25 
toelctye  ein  fold^ed  ©ehri$t  in  bie  SBagfcfyale  toarf,  bafe  2luguftin  belannte:  evangelio 
non  crederem,  nisi  me  ecclesiae  catholicae  commoyeret  auetoritas  (adv.  Man.  5). 
9l<x$  freiließ  galt:  avxdQxeig  fiev  ydg  eioiv  al  äylai  xai  ^eonvevoxoi  ygacpal  Jigög 
rijr  rijg  äXtfieiag  äjiayyeXiav  (Athanas.  contr.  gent.  1,  p.  1 B),  aber  e$  bahnte  fi$ 
namentlich  burc$  bie  annähme  einer  fortbauemben  gnfpiration,  toelcfye  in  ben  Sefcfylüffen  90 
ber  ftongitien  gipfelte,  bie3#eorie  einer  gioeifac^en  (SrfenntniSquelle  an,  ber  divinae  legis 
auetoritas  unb  ber  ecclesiae  catholicae  traditio,  toie  fie  SincentiuS  in  feinem  com- 
monitorium  oufftellte,  unb  für  freiere  e$  \\d)  blo|  um  einen  ftanon  jur  Beurteilung, 
dfo  um  bie  g^ftftellung  ber  ^atfad^e  ^anbelle,  nid^t  um  bie  grage  nad^  ber  Slrt  ber  ^nfon**2 
tson.  2)afe  in  ber  antiod^enifd^en  ©d^ule  bie  menfd^lid^e  ©eite  ber  ^eiligen  ©d^rift  ftörfer  85 
betont  tamrbe,  toar  bei  ber  gleichzeitigen  2lnerfennung  i^rer  Slutorität  ^u  toenig  bon  ©e^ 
tote^t,  um  eine  (Srörterung  über  bie  3"f^ation  felbft  fyerborjurufen.  Slud^  bie  tüeitge^en- 
ben  ^ufcerungen  3^eobor«  bon  3Ko})fuefte,  ba^  SBud^  §iob  fei  ein  ©ebid^t  auf  tyeibnifc^em 
®xunb  unb  ©oben  entftanben,  ba^  ^o^elieb  fei  ein  langtocüigeS  Srautlarmen,  ©alomo 
^abe  fl5n)b.  unb  Äo^elety)  jtoar  ben  Xöyog  yvcooecog,  aber  nid^t  ben  \6yog  o<xpiag,  bie  40 
^cop^ettfe^e  ©abe,  empfangen,  betrafen  ja  nicfyt  bie  Snftnnrtion  ber  ^eiligen  ©c^rift  im 
allgemeinen,  fonbent  nur  bie  ^rage,  ob  ade  5etle  ber  ^eiligen  ©cfyrift  gleichmäßig  an  ber 
(^n^ettfe^en)  ^nfpiration  teil  Ratten,  unb  Ratten  feinen  anberen  Erfolg,  aU  bei  ber  6nt= 
(Reibung  bed  ^reitapitelftreite^  auf  bem  5.  ofum.  jlon^il  gu  ^onftantinopel  bertüorfen  ju  Serben. 

©0  blieb  cd  benn  bei  ber  annähme  einer  einzigartigen  unb  umfaffenben  ©ingebung  45 
bei  ^eiligen  ©eifteS,   toelc^e  bie  ©elbftftänbigleit  unb  ©elbftfyätigfeit   ber  iserfaffer   nid^t 
auejc^lo^,  otyne  ba^  bie  ärt  ber  ^nflwfltion  nä^er  unterfud^t  unb  erörtert  tourbc.  Jiatur« 
gemäfe  trat   bann    bie  SBirffamfeit  bed   ^eiligen   ©eifte^  in   ben   3Sorbergrunb,  fo   bafe 
«an  bie  ©elbftt^atigleit  ber  SSerfaffer  faum  noefy  beamtete.    Slfö  3lgobarb  bon  Styon   bie 
äu^erlu^en  3^m  ^itfzx  burc^  bie  ^nfpiration  nicf?t   aufgehobenen  ©elbftftänbigleit  ^er-  60 
bori^ob  unb  behauptete,  bie  ^eiligen  ©c^riftfteller  Ratten  nid;t  immer  bie  Siegeln  beröram^ 
motu  beobachtet,  ging  ber  2tbt  ^rebegid  bon  Stourö  fo  h)eit,  ju  behaupten,  ba|  ber  ^eil. 
Seift  felbft  etiam  ipsa  corporalia  verba  extrinsecus   in  ore  apostolorum  gebilbet 
fafre    ©0  leicht  ed  oud^  ägobarb  ^atte,  ftc^  burc^  bie  bebenflicfye  Analogie  ^u  berteibigen, 
in  tDdi^e  bann  bie  ^eiligen  ©d^riftfteQer  mit  33tleam$  6felin  gerieten,   fo   toenig  tarn  ed  66 
tijm  auf  ber  anberen  ©eite  in  ben  ©inn,  bie  äBirffamtcit  be$  ^eiligen  ©eifted  irgenbh)ie 
befc^ranfen  gu  tootten:  er  führte  bielme^r  jene  @rfcfyeinung  auf  eine  §erablaffung  be^  fjl. 
Öeijpte«  )u  ben  menfqlid^en  ©c$ftäc$en  jurücf. 

3He  ©<^olaftiI  bqeugte  lein  tiefere«  3nt««flc  für  ben  Segriff  ber  ^nfpiration.  3toar 
Iwrb  er  im  3ufammen^ange  be«  ©Vftem«  mit  ber  gehonten  ©orgfalt  erörtert.    S5a$  •■ 


190  dnftriration 

©ehrid&t  aber,  toetctye«  ifym  bocf;  eigentlich  um  feinet  3ufammenfytng«  tolflen  mit  bem  ber 
Offenbarung  and)  für  bie  ©d^olaftiter  jufäme,  ftrirb  tym  ri\d)t  beigelegt,  hrie  er  benn  au$ 
ntc^t  im  3ufammenbange  mit  Unterem  erörtert  hnrb.  Daß  er  tyie  unb  ba  ben  ©egen^ 
ftanb  ernfteften  9cadjbenfen«  gebilbet  fyat,  hrirb  und  bezeugt;  fo  ijctt  ).8.9lnfetm  ft$  riete 
s92äc^te  lang  mit  ber  $rage  befd&äftigt,  hrie  bie  ^nftriration  tootyl  ju  beulen  fei,  namentlich 
hrie  bie  ^ßrop^eten  bie  3ufunft  al«  bie  ©egentoart  flauen  fonnten  (Süfflet,  ©efammeCte 
©Triften  I,  52).  Stomas  bon  3lq.  befyanbelt  bie  %zap  in  ber  Se&re  bon  ben  Xugenben, 
übergetyenb  bon  ben  allgemeinen  Sugenben  $u  benen  etnjelner.  too  bann  bie  (&>art«mata, 
gratiae  gratis  datae,  m  elfter  Sinie  fte^en.  Die  auf  bie  @rfenntm«  bezüglichen  ©nabem 

10  gaben  frerben  unter  ben  Segriff  ber  ^ropfyetie  befaßt,  ju  toeldfrer  gehören  inspiratio  unb 
revelatio.  ©rftere  behrirft  bie  (Sr^ebung  ber  intentio  mentis  ad  pereipienda  divina, 
(entere  bie  pereeptio  divinorum.  Die  Sßropfyetie  ift  in  getoiffem  @inne  eine  passio; 
hne  fd&on  beim  natürlichen  ßrfennen  ber  SnteBelt  ettoa«  erleibet,  fo  muß  ba«  pxvptytifät 
Sid&t  erft  red&t  ber  Seele  be«  Sßro^eten  eintootynen  per  modum  cujusdam   passionis 

16  vel  impressionis  transeuntis.  6«  giebt  toerfebiebene  formen  unb  toerfötebene  (Stabe 
ber  ^ro^etic,  (entere«  fotoofyl  fyinftc^tlicb  be«  ^npatt«  al«  ber  £eü  ber  Offenbarung.  Die 
gform  anlangenb,  ift  ju  untertreiben,  ob  bie  göttliche  Erleuchtung  auf  übernatürliche  Dinge 
fief)  bejietyt  ober  nur  auf  göttliche  33ergeh>ifferung  in  betreff  beffen,  toai  bie  menfölufc 
Vernunft  au«  ftd^  erfennen  fann.  SefetererStrt  ift  bie  Erleuchtung  ber  Scrf  afler  ba  fragil 

gograptya,  erfterer  bie  ber  eigentlichen  ^frop^eten,  bie  bc«$alb  au$  in  ber  $erfon  Votted 
rebeten,  toogegen  jene  in  eigener  Sßerfon  rebeten.  Die  eigentlich  pro^etifc^e  Srletutytmia 
ift  barum  auc$  bie  fyöfyere,  fyat  aber  je  nad?  3eit  unb  %ntydt  lieber  ibre  Stufen.  Dato» 
erfennt  me^r  al«  sIWofe«,  obtoobl  bie  »rt,  toie  9Wofe«  ©Ott  fd&aute,  &ö$er  fte$t  3e  näfc 
Gbrifto,  befto  größer  bie  (Srleucptung,  bi«  jur  ^ett  ber  ©nabe  ber  Sor;n  ©orte«  felbft  ba« 

25  ©etyeimni«  ber  Srinität  offenbart  unb  bie  Diener  be«  9leuen  $eftamente«  be^alb  quasi 
magis  revelate  speetantes  aud&  fyoc$  über  9Rofe«  ftefyen.  2ln  ba«  G$ari«ma  ber  ßr* 
tenntni«  fcpeßt  ftcf>  nun  ba«  be«  SBorte«,  ofyne  meiere«  bie  ßrfenntni«  anberen  ntyt  ju 
gute  fäme.  Da«  redete  Söort  ju  Wirten  bebient  ftd&  ber  ^eilige  ©eift  ber  menföU$en 
3unge    quasi   instrumenti,   ipse   autern  est  qui  perficit  operationem   interius. 

so  aber  ber  Segen  be«  äBorte«  toirb  bi«roeilen  geminbert  burdfc  Sctyulb  be«  #örer«,  btötoetfat 
jeboc$  auty  buref;  Sd&ulb  be«  SKebenben  felbft  (Summa  seeunda  seeundae,  qu.  171 
bi«  174.  177).  Die  SOBirlfamfeit  be«  r/eiligen  ©eifte«  ift  alfo  nicr;t  eine  r>ergetx>alt^enbef 
bie  Selbftt^ätigfeit  lar/mlegenbe.  Darüber  jeboc^  lä|t  tyom.  ftdt)  nid^t  au«,  intoietoeit 
getoifje  @rj$einungen  be«  Scbrifttoorte«  ficf)  auf  biefe  SEBeife  erflären.    ®r  fyd  e«  nur  mit 

86  ber  ftttli^religiöfen  SBirfung  be«  äBorte«  ju  tl)un  unb  bafe  nact;  biefer  Seite  $in  bem 
Sc^rifttDort  fein  3Kangel  anhaftet,  fommt  i^m  gar  nic^t  in  %age.  98o  er  Don  einem 
SKangel  rebet,  ber  bem  geiftgehrirften  SBJort  anhaften  lönne,  yd  er  nic^t  foroo^l  ba« 
Sc^rtfttvort  im  äluge,  fonbern  bie  fo  frenig  h)ie  bie  übrigen  ©eifte«gaben  erlof$ene  ®abe 
be«  SBorte«  in  ber  Äirc^e. 

40  Die  Autorität  ber  Schrift  toax  unbeftritten,  aber  ba«  Sebürfni«,  fte  anjutoenben  unb 
fie  ^u  unterfud^en,  roar  nic^t  borfyanben  unb  rourbe  auc§  nid^t  getoeett.  Die  iSbff6i  ^atte 
ein  tiefe«  ©efttyl  für  bie  ©otte«traft  be«  Sc^riftroorte«  unb  ein  «erftänbni«  für  bie  äBiri* 
famteit  be«  ^eiligen  ©eifte«.  Slber  bie  Slnna^me  einer  gortbauer  aud^  ber  ©abe  ber3n* 
fpiration  lie^  bie  ^nfpiration  ber  ^eiligen  Schrift  tro^  be«  tr)r  eingeräumten  SSor^ug«  nic^t 

45  fe^r  au«  bem  9iar;men  ber  allgemein  möglichen  Srfa^rung  bon  ber  2Birf jamfett  be«  ©eifte« 
heraustreten.  So  üerbanb  ftd^  mit  ber  feftfte^enben  Autorität  ber  Schrift  eine  getotffc 
©leicbgiltigleit  gegen  ir;re  ßinjigartigfeit.  Die  burc$  ^Berufung  auf  ©a  2,  11  ff.  ge* 
ftü^te  Öe^au^tung  älbälarb«,  baf  bie  ^ro^^eten  unb  5lpoftel  ni$t  irrtum«fret  geioefen, 
tourbe  öon  tym  felbft  nur  jag^aft  angetoanbt.    211«  aber  ber  §umani«mu«  bie  in  ber 

so  menfcr/licf)en  Öefd)rän!tbett  t^rer  Serfaffer  begrünbeten  Mängel  ber  ^eiligen  Schrift  auf« 
jeigte,  fanb  bie  Strebe  unb  SBiffenfc^aft  baburc^  bie  Autorität  ber  Schrift  nict;t  beein* 
träd^tigt. 

So  fanb  bie  Sieformation  ba«  Dogma  öor.    9lod^  nie  feit  ber  Sipofiel  3*  Hx*  f° 
großartiger  ©ebraud^  bon  ber  r/eil.  Schrift  gemalt,  nod)  nie  ibre  Autorität  fo  entfc^iAen 

56  unb  burc^greifenb  jur  ©eltung  gebraut,  nod^  nie  ibre  ©otte«{raft  fo  mächtig  erlebt  toorben, 
tote  je|t.  Um  (o  Weniger  aber  tourbe  rcflef tiert  über  bie  2lrt,  roie  fie  )u  ftanbe  gelommen 
fei.  Senug  baß  fte  ba  ttrnr.  Daran  backte  niemanb,  ir/re  Autorität  )u  befteetot  9tur 
um  bie  2lnroenbung  toar  Streit.  Darau«  erflärt  e«  ftd^,  bafe  toir  bei  ben  Reformatoren 
felbft  hrie  bei  tyren  3ettgenoffen  unb  in  ber  unmittelbar  nac^reformatoriföen  3^  0*nau 

oo  bie  bi«^erige  9luffaffung  ber  3"f)>iration  or)ne  Weitere  ßrorterung  be«  Skr^ältntffe«  ber 


äfnftrintttott  191 

beiben  bei  (Sntftefyung  ber  fyeil.  ©cfyrift  gufammentoirfenben  ftaftoren  imb  ofyne  93egren* 
jung  bed  UmfangeS,  in  toelcfcem  bcr  ©cbrift  3"fr«ation  gutomme,  toieberfinben.  Dtyne 
Öegrengung  be$  Umfangt  —  benn  auf  ber  einen  ©eile  ift  bie  ty\l  ©d&rift  für  Sutyer 
ein  9u$,  in  toefefcem  „an  einem  33ud&ftaben,  ja  am  einigen  2itel  metyr  unb  größer  ge* 
legen  ift,  benn  an  §immel  unb  Srbe",  auf  ber  anbem  ©eite  toeift  er  gu  fagen  bon  £eu,  s 
Stro$  unb  6toj>l>eIn,  toeld&eä  ben  $ropbeten  bei  tyren  eigenen  guten  ©ebanfen  mit  untere 
gelaufen  fei,  bon  einem  ungureic&enben  Setoeife  be«  2tyoftel$  SßauluS  ©a  4,  2  t  ff.  („gum 
©tty  ju  fdfrtoaA")  u.  a. 

2Ba3  baä  SJer&altnte  be3  göttlichen  unb  menfölicfyen  gaftorä  gu  einanber  betrifft,  fo 
$  cd  2u#er  ebenfo  getoife,  bafe  ber  beil.  ®eift  Urheber  ber  ©d&rift  ift,  atö  baß  bie  2Jer*  io 
faffer  nid&t  Mofe  an  ifren  aRenfd&lid&feiten  gu  erfennen  ftnb,  fonbern  bor  allem  tfyr  eigene« 
$crj  in  Sorten  ausgefluttet  tyaben,  in  benen  tynen  niemanb  gleidjfommt.  3Rit  ber  formet 
„2)ur$bringung  beä  ©öttlid&en  unb  9Kenfcfylic$en"  hriirbe  man  biefe  lebenSbotte  änfd&au* 
ung  bod}  nur  fefa  ungenügenb  begegnen.    In  thesi  unterfcfyieb   fte  ftc&  nic^t  bon  ber 
trabUioncOen  Stuffaffung,   nur  in  ber  (Energie  tyrer  Slntoenbung   unb   i§re$  3lu«brucfö.  i* 
(Sbcnfo  toie  2u#er  ftanb  ßafoin.  3)er  ^eiligen  ©$rift  gebührt  ein  2lnfe$en,  ac  si  vivae 
ipsae  Dei  voces  exaudirentur.    S)er  ^eilige  ©eift  ift   tyr  93erfaf[er,  toetc^er  me$rfad& 
rudi  et  crasso  stylo  usus  est.    3)ie$  föliefet  nic^t   au«,   bafe  Satoin   nid&t  blofe  Un* 
gaiauigtetten  unb  ^rrunaen,  hrie  9Rt  27,  9  u.  a.  anerfennt,  fonbern  bor  allem   ebenfo 
toie  Sutfcr  bunfc  bte  ©eprift  in  ben  £ergen  ifyrer  SSerfaffer  lieft.  2Bie  Sufyer  unb  ßatbin,  20 
fo  ftanbfn  au$  tyre  3«^^^   unb  ©d&üler.    2Rit  berjenigen  Autorität,   toeld&e   bie 
fämalfalbtfdben  »rtitel  ber  tyeil.  ©$rift  guerlennen,   toenn  fte  fagen :  „@otte$  2Bort  fott 
3faifcl  be*  ©tauben«  fteDen,  fonft  niemanb",  ftanb  aud&  tyr  göttlicher  Urforung  feft,  unb 
fo  eng  toar  bie  3ufammenge^örig!eit  bon  ©d&rift  unb  ©eift,  bafc  bie  fömalfalbifd&en  9lr* 
ttfd  entföteben  au£fbre$en:  Deum  nemini  spiritum  vel  gratiam  suam  largiri  nisi  25 
per  verbum  et  cum  yerbo  externo  et  praecedente.    SBJie  aber  biefer  Urfprung  ber 
6<$rift  geartet  fei,  tarn  borläufig  nid&t  in  ftrage.    ßfycmnifc  ift  ber  erfte,  ber  (im  exa- 
men  eonc.  Trid.)  eine  einge^enbe  ßefyrc  bon  ber  ^eiligen  ©cfyrift  auffteQt,  aber  inbem  er 
bie  Aufgabe  $at,  bie  Autorität  ber   and)  bon  ben  ©egnern   als  inftririert   anerfannten 
6$rift  gegenübet  ber  fttr$e  unb  ber  Xrabition  fielet  gu   ftcQen,   fann   er  e  concessis  so 
argumentieren  unb  bie  große  nad)  SBefen  unb  2lrt  ber  3^f)>iration  brängt  ftd^  i^m  niebt 
auf.    ©dnedtr  befaßt  bie  gnftnration  unter  ben  Segriff  ber  Offenbarung  unb  befd&reibt 
fie  ab  einen  oecultus  flatus  quo  saneti  olim  Patriarchae  et  Prophetae  divinitus 
multm  edocti  fuenint,  fe|t  biefen  Vorgang   aber  in  unberfennbare  Analogie  mit  ber 
gnötHrfung   unb  Sintoo^nung  bed  ^eiligen  ©eifte^  in  ben  ©laubigen,    ^ob.  ©er^arb^ss 
rekb^alti^e  Erörterung  bed  locus  de  scriptura  sacra    enthält   ebenfalls  feine  näheren 
©eftrmmunaen  über  ben  Segriff  ber  ^nfpiration.    2Wein  je  me^r  e^  ftc^  um  bie  ©i^ 
nmg  ber  Autorität  ber  $eil.  ©c^rift  ^anbelte,  befto  feltener  Serben  S[u|erungen  unb  3u= 
geftänbntffe,  tote  bie  Sugen^fagend,  ba|  bie  @bangelif)en  gefc^rieben   fyabm,  quod   ipsis 
visum  est,   unb   bafi  Irrtümer  ber  ©eptuaginta  in  ben  %<&  beö  W£$  übergegangen  40 
feien.    £ö  toar  ja  natürlich,  bafe  aüeö  ©c^tt)ergeh)ic^t  auf  ben   göttlichen  Urfprung  Oe^ 
S^rifttoorted  fiel    9Ud  nun  gu  ber  $olemit  gegen  9lom   bie  gegen  ben  ©^ntrettemuä 
^in|ufam,  unb  Solist  in  Annäherung  an  fat^olifcbe  X^eologen  unterfc^ieb  gtoifc^en  einer 
rerttatio  ober  ^nfprotion  ^m  ftrengeren  ©inn,  bie  fi$  auf  bie  ^eil^toa^r^eit  felbft  be* 
^e,  unb  einer  directio  divina  begüglic^  beffen,   quae  in  sensus  ineurrerunt  aut  46 
tlhinde  nota  fuerunt,  toofür  cd  feiner  Offenbarung,  fonbern  nur  einer  Seitung  bebürf e, 
ne  quidquam  scriberent  a  veritate  alienum,  ba  toax  für  bad  nad^  unverbrüchlicher 
«fe^lkber  Sutorität  berlangenbe  ©efc^lec^t  bie  3ett  für  eine  fyanbfeftere  ©eftaltung  ber 
iei^ce  bon  ber  ^eiligen  ©c^rift,  für  eine  Vermeintlich  feftere  Sicherung  ber  ©d^riftautorität 
9egm  i^re  ©efä^rbung  im   eigenen  Sager  getommen,   unb  biefe  muftte  an  bem  fünfte  co 
atfepn,  too  bie  Autorität  ber  ©$rift  i^ren  Urfprung  ^at.    Salot)  ift  ber  Segrünber  ber 
um  ent{tc$cnben  unb  getoö^nlid^  atö  fird^lic^  begegneten  ^nfpiration^le^re.  3^m  ift  ^n« 
jpiratic«  bte  gorm  ber  Offenbarung,    ©^led^t^in  nic^tö  fann  in  ber  ©$rift  fein,  quod 
doo  sit  teriptoribus  divinitus  suggestum  et  inspiratum.    Nam  si  ulla  tantum 
ptrtteola  scripturae  esset  e  notitia   et  memoria   vel   revelatione   humana   de-  55 
prompt*,   non   omnis  scriptura  dici   posset  universaliter  divinitus  inspirata. 
Uab  mm  folgen  ade  jene  Seftimmungen  eined  Duenftebt,  Sater,  ^oQag  u.  a.,  bafe  bie 
\pL  ScfoiftfUfler  nic^t  ^aben  bürfen  ben   sensura  divinum   in  ea  conjicere  verba, 
quae  ipei  pro  mrbitrio  suo  eligerent,  sed  ipsorum  erat  haerere  et  pendere  ab  ore 
dietiintis  spiritus  saneti,  ba|  ber  ©til  be^  92X^  bon  allen  Sarbariämen  unb  ©oloectö«  eo 


192  äfnfytration 

mm  frei  fei  u.  f.  to.,  bi*  jur  93el?aut>tung  ber  Snftwation  audfc  ber  SBofole  im  3EE  fettend 
ber  reformierten  Geologen  Sujtorf  93ater  unb  ©o#t,  tote  fie  audfr  in  bie  formula  cons. 
helv.  aufgenommen  ift,  ja  bi*  *ur  3lu*bef>nung  ber  ftnfoiration  auf  bie  Igntertmnftion 
bei  ©t*b.  3Soct.    5)cr  2öiberfpruc$   eine*  3Jtufaeu*   toenigften*  gegen   bie  ÜRein^eit  be* 

5  ncuteftamentlicfyen  ©til*  $og  bemfelben  bie  fcfytoerften  33efe|bungen  ju,  obtoofyi  er  trofcbem 
bie  93erbalinft)iration  lehrte. 

35tefe  3jnflnration*lefyre  toar  ein  fälecfytfyinnige*  9lobum.  gtoar  W**  M°6  ber  Segriff 
ber  ßfftafe  &ur  (Srneuerung  ber  bon  ber  Äircfye  im  ©egenfafce  gegen  ben  3Rontam*mu* 
einmütig   aufgegebenen  mantiföen  3nftnration*lefyre  Sßljtlo*  unb  ber  alten  Stpotogeten. 

10  Slber  ba*  geilen  biefe*  Segriff*  berfcfylec^terte  bie  ©abläge  nur,  inbem  e*  bie  manttf^e 
gnfpiration  ju  einer  medjartifcfyen  fyerabbrütfte  unb  fie  niegt  blofc  aufcer  Sinologie,  fonbern 
in  bollfommenen  2Biberforu($  fefcte  ju  aller  anbertoeitigen  2Btrffamfett  be*  ^eiligen  ©etfieö. 
9iirgenb  in  bem  gufammentyangc  be*  göttlichen  SBirfen*  ftnbet  fid&  ein  9lnfnüpfung*)nmtt 
bafür.    2Benn  bie  annähme  einer  Sfftafc  boefy  no$  toenigften*  eine  ©elbftberatung  ber 

16  ^eiligen  ScfyriftfteHer  forberte,  ein  xadagov  iavrov  xfj  xov  feiov  Ttvevjuazog  na- 
gaoxeiv  hegyelq  (3>uftin,  fiefye  oben),  fo  toar  bie«  für  bie  fo  geartete  ^nfpiration  rivift 
mefyr  erforberlicfy.  Son  einer  ßeugenfcfyaft,  bie  bie  eigene  Sßerfon  einfefct,  tote  bie  HpofW 
fte  für  fub  in2lnfjmufy  nehmen,  fann  nid&t  metyr  bieSKebe  fein,  ©ie  lönntcn  aSeSileam 
unb  ftatpba*  fein,   ber  ßffeft  toäre  berfelbe.    3)tefe  Äonfequenjen  tourben  freiließ  triebt 

20  gejogen  unb  toürben  mit  aller  ©ntfcfyiebenfyeit  abgelehnt  fein.  Slber  unausbleiblich  ftnb  fie. 

Saft  bie  Geologen  ber  römifäen  Äirc^e  toenigften*  jum  SCeil  einer  freieren  auf* 

faffung  jugettyan  toaren  (toie  &.  33.  Sellarmin,  6anu*,  91  ©imon),  berfd&tug  umfotoeniger, 

al«  fte  ba*  ^ntereffe  verfolgten,  bie  Autorität  ber  (Schrift  ber  ber  Ätrcfce  untenuorbnen, 

obtoo^l  bie  Sefölüffe  be*  SEribentinum*  bie  $eil.  ©d&rift  al*  ein  Diftat  be*  &eiL  (Seifte* 

25  begegnet  Ratten.  ßbenfotoenig  (Srfolg  tyatte  e*,  bafi  bie  Slrmintaner  mit  einigen  fram 
äöftfcfyen  unb  beutfcfyen  reformierten  Ideologen  eine  freiere  8lnft($t  bertraten.  Grft  bem 
neuen  2luffcfytoung  be*  cfyriftlicfyen  Seben*  im  *ßieti*mu*  mar  e*  borbe&alten,  nk&t  o^ne 
@rf  olg  $u  toiberfaredjjen.  ®*  bürfte  Weniger  „bie  äufle^nung  ber  religtöfen  gegen  bie  bog* 
matiföe  ©eligfeit"  (3$olucf  na$  ©aj$,  ©eorg  Salijt,  ©.  XI),  al*  toielmeft  ba*  grojrn 

so  SJerftänbni«  für  bie  SBirffamfeit  bc«  ^eiligen  ©eifteä  im  }>erfönlic^en  Seben  getoefen  fein, 
toelcfycS  bem  5pieti«mu«  ebenjo  toie  ben  „inxi)  i^re  ejem^larifc^e  ^römmigfeit  berühmten" 
geifte^bcrioanbten  3)iffenter«  ber  angltfaniföen  Äird^e,  einem  Sagter,  3)obbribge  u.  a.  na^e 
legte,  toenigften«  toie  ©pener  bie  reine  5Jiaffibität  ber  bibliföen  SBerfaffer  ju  bereiten. 
©o  toenig  aber  ber  ^ietiSmu«  eine  Erneuerung  fir^lid^en  Seben*  unb  ftr$lic$er  SBiffem 

36  fc^aft  betoirftc,  fo  toenig  enielte  er  eine  Umgeftaltung  ber  jjüngften  3nfpiration*le^re  im 
poftttoen  ©innc,  toobei  freiließ  nid^t  bergeffen  derben  barf,  ba|  er  feine  ebelften  grüßte 
erft  in  Senget  unb  ber  Sengelfd^en  ©c^ule  getragen  fyat,  bon  ber  eine  neue,  nodjf  K* 
fyniU  bie  frud^tbarfte  @in)oirlung  auf  bie  ©eftaltung  ber  fielen  bon  ber  Offenbarung  unb 
bon  ber   ^eiligen  ©c^rift  ausgegangen   ift.    Sie   fird^lid^e  St^eologie   natym  eine  immer 

40  freiere  ©teQung  jur  ^eiligen  ©^rift  ein.  $er  menfc^Iid^e  ^attor  trat  in  ben  SSorbergrunb 
ber  Setrad^tung.  5)em  ©upranaturali*mu*  blieb  bon  ber  ^nfpiration  nur  bie  Mitteilung 
ber  burd^>  bie  Vernunft  nid^t  ^u  finbenben  üEBafyrl^eiten  übng  —  alfo  eine  auf  ein  be* 
ftimmte*  ©ebiet  be*  ©d^riftin^alte*  befcfyränlte  Grleud^tung.  Sern  3tationali*mu*  ging 
über  ber  grammatifc^^iftorifc^en  (S^egcfe  ber  göttliche  $x\l)alt  ber  ©c^rift  berloren,    8e* 

46  beutung  für  bie  (Snthnäelung  unfere*  Sogma«  rann  i^m  nur  infofern  gugeförieben  toerben, 
al«  er  ben  sMenfd?ltd?fetten,  bie  fid?  in  ber  ©c^rift  pnben,  nachhaltige  änerfennung  ba« 
fc^afft  ^at.  ^ür  bie  grofee  unb  jelbftftänbige  Scbeutung  be*  3Kcnfc^lic^en  im  Unterf^tebe 
bon  jenen  9Wenfc$licfyfeitcn  fehlte  i^m  alle*  unb  jebe*  SJerftänbni*,  toeil  i^m  alle  unb  jebc 
5tongenialität  mit  ber  ©cfyrift  fehlte. 

60  Sie  neuere  (Snthncfelung  ber  ^nfpiration*le^re  tnüpft  teil*  an  ©$leierma$er,  teil* 
an  bie  3)engelfc$e  ©d^ule  an.  Severe  bertritt  bie  (Spaltung  unb  äBeiterbilbung  einet 
pofttiben  Sebre  bon  ber  ^eiligen  ©c^rift,  ©c^leiermad^er  baut  bon  ©runb  au*  neu.  9Bä$renb 
bem  5Rationali*mu*  ba*  SSerftänbni*  für  ben  eigenartigen  ©eift  ber  ©dbrift  ganj  entfötmmbeu 
toax,  fe|te  ©c^l.  gerabe  bicr  ein,  nur  ba|  e*  tfym  nid^t  ber  ben  ^Renfcpen  gegenüber  juglet^ 

66  felbftftänbige  ©eift  ©otte*  ioar,  au*  bem  fte  geboren,  fonbern  ber  ^eilige  ®cijl  tote  « 
feinem  Segriffe  nad)  nid^t*  anbere*  al*  ber  ©emeingeift  ber  c$riftli$en  Ährd^e  ift  unb  att 
folc^er  bie  Duelle  aller  ©eifte*gaben  unb  guten  SBerfe,  auf  ben  ft$  alle  ©ebaiden* 
ergeugung  fturüdtfütyrt,  fo  h)cit  fte  bem  Steige  ©otte*  angehört  Sluc^  ba*  ^ofaßtffAe 
ift  noeb  infpiriert,  fofem  nod&  bie  einzelnen  ©puren  bon  3ufammen^fl  m&  *xw  c^rifr 

eo  liefen  ©eifte*(eben  bon  i^m  ^erftammen.    3m  ^anonifd^en  ift  feine  23trffamteit  bur$  ba* 


dttfyirattott  103 

Jnbüribuum  nä^cr  bejfimmt  faft  ol;nc  bon  ifym  gefd^mäd^t  $u  fein,  fo  jebocfy,  bafj  in  feinem 
©naeüeben  ber  Unterföteb  bon  Sfjrifto  ganj  aufgeboben  ift  (®I.  2.  §  130,  2).  ©ettbem 
ber  ©eiß  auägegoffen  ift  auf  alles  %U\fä,  ift  *ein  3eita*tcr  °^nc  eigentümliche  Urfprüng* 
Büfett  djriftUctyer  ©ebanfen.  SDiefer  ©eift  aber,  ber  cfyriftlicfye  ©emeingeift,  ift  ba$2BolIen 
beS  9tei$e3  ©otteä,  in  jebem  einzelnen  fein  ©emeingeift,  in  bem  ©amen  feiner  gnnerlicfc  G 
feit  na$  ein  f$te$t$in  fräftigeS  ©otteSbetoufetfein,  mithin  baä  Sein  ©otte^  in  bemfelben, 
bebhtgt  burd&  ba3  ©ein  ©otteS  ht  6&rifto  (§  116,  3).  3)er  eine  toefentltd&e  gaftor  be& 
fclben  ifi  bie  Don  Sfyrifto  getoedfte  @mj)fänglic§leit,  ber  anbere  bie  burd&  tyn  getoedfte 
6<ü>fftbättgfeit.  3)er  reinigenbe  ©influfe  ber  Iebenbigen  Erinnerung  an  ßfyriftuS  macfyt 
baS  erfte  ©lieb  aller  3)arfteßungen  be$  d&riftlic$en  ©laubenS,  baS  «ßeugnte  ber  unmittet  io 
boren  ©djüler  ß^rifti,  jur  SRorm  für  alle  f  olgenben.  63  berftetyt  fiep  bei  biefer  Sluffaffung 
Don  fettfl,  bafe  bie  ^nfpiration  ftd&  nicfyt  blofj  auf  bie  ©driften,  fonbem  auf  bie  $anje 
amtliche  Söirffamfeit  ber  Sfyoftel  erftreeft.  3)arum  ift  auefy  ghnfcfyen  bem  ajjoftoltfcfyen 
tofftai  unb  bem  ebangelifdfcn  ßrjäfylen  fein  Unterfcfyieb,  benn  bie  ©ebanfen  ber  2lpoftcI 
finb  nur  ßnttoicfelung  ber  Sufcerungen  ßtyrifti  unb  bie  reine  unb  bollftänbige  Sluffaffung  i6 
ber  2eben3momente  ß^rifti  ift  ebenfo  eine  nottoenbige  35ebingung  für  bie  gefamte  apofto* 
Cfc^e  ShntStyattyfeit,  toie  bie  ©id&erftellung  ber  richtigen  6rinnerung  \bxc  Aufgabe  ift.  Sin 
btefe  SBirtfamfett  be$  ^eiligen  ©eifteS  fd^liefet  ftcfy  bie  Slufbetoafyrung  ber  apofto(if$en 
©Triften  al3  baä  2Berf  be$  feine  eigenen  ßrjeugniffe  anertennenben  @eifte3.  £>a3  SEE 
teilt  toeber  bie  normale  S)ignität  nod&  bie  Eingebung  be3  91%  63  ift  au3  bem  t3raeli*  20 
tiföen,  alfo  nic&t  au$  bem  c&riftlid&en  ©emeingeift  geboren.  SDerfelbe  ift  nur  uneigentli<$ 
^eiliger  ©eift,  nämlicfc  nur  fofem  fid&  mit  tym  ba3  SBetoufjtfein  ber  6rlöfung3bebürftigfeit 
fcerbmbet,  alfo  ettoaS  bem  cpriftlid&en  ©emeingeift  bertoanbte3,  eigentlich  nur  fyöd&fte  6m= 
pf&ngltyteit  für  ben  ^eiligen  ©eift. 

3)a$  £auptgetoic&t  liegt  alfo  bei  ©c^leiermad^er  auf  feiten  ber  menf^Ud^en  SSerfaffer.  25 
Sie  finb  bermdge  tyreä  95er$ältniffe3  ju  ßfyrifto  bie  bollgittigen  urfprünglidjjen  3*u8*n  ber 
4rifUi$en  2Ba$rtyrit.    S)er  ©eift,  ber  fte  beftimmt,  ift  nid&t  ber  übertoeltlid&e  ©eift  @otte3, 
fonbern  nur  fo  toeit  bon  ifynen  untergeben,  toie  ba$  SlUgemetne  oon  bem  Sefonbcren. 
6r  ift  an  bie  ^ßerfonen  gebunben  unb  fann  fi$   nur  burc^   fte  äußern.    $)er  c^riftlid^e 
©emeingeift  iji  eine  Sefttmmt^eit  i^re3  ©eifte3leben3.    I^eopneuftie  n>irb  man  bie  Öeein*  30 
füiffung  burt^  biefen  ©eift  fd^toerlic^  nod)  nennen   fönnen.    &tyl  toeift  au^brücfltc^   jebe 
frage  nac^  bem  i?erfyältni3  biefeä   ^eiligen  ©eifted   ober  ©emeingeifte^  gu  bem   ^eiligen 
deiße  in   ber  Irinität  ab.    ©0   ift  feine  3nfpira^°n3le^re   formell  unb   materiell  ber 
gcrabefte  ©egenfa^  ju  berjenigen  ©eftalt,  toel^e  fie  jule^t  in  ber  Ideologie  beä  17.  3ja^ 
hmbectö  angenommen  fyatte.  ©ennod^  enthalten  feine  2lufftettungcn  in  toefentlid?en  fünften  35 
einen  nk$t  toieber  aufjuaebenben  gortfe^ritt.    ßinmal  barin,  bafe  bie  ^nf^iration  au3  ber 
Seföu^te  in  ber  fie  erfqfeint  begriffen  loerben  foff;    fobann  in  ber  Söertung  be3  menfd^« 
Ikben  §aftor3  für  bie  Beugung  unb  Mitteilung  ber  göttlichen  3Sa^r^eit,  toä^renb  bcr= 
fette  W  ba^tn  hnmer  nur  ertragen  unb  mit   in  ben  Äauf  genommen  tourbe.  ferner  bie 
©norbramg  ber  ^nfpiration   in  bie  einheitliche  unb   boc^  mannigfaltige  SBirffamfeit  be3  40 
Seifigen  (Beifted  unb  enblid^  bie  ßinorbnung  ber  fdmftftetlerifcfyen  SBirffamfcit  unb  bamit 
bie  (Sintotrfung  be3  ^eiligen  ©eifte3  auf  biefelbe  in  bie  gefamte  amtliche  SBirffamfeit  i^rer 
Serfaffer.    Sber  biefe  fünfte  betreffen   nur  bie  2lrt  ber  gnffiration,   alfo  bie  formelle 
Seite.    63  toirb  nun  alle«  auf  ben  erften  $untt   anfommen,   auf  bie  3wn^örigteit  ber 
3nfohratton  ju  einer  beftimmten  ©ef^te ;   bafe  ein  f oId;e3  S8er^ältni3  beftcfyt,   toirb  nir=  46 
genM  befrttten.    @3  bleibt  ©c^l.3  SSerbienft,  bie3  %er^ältni3   p   9lu3gang3puntt  ge^ 
■mnmen  ju  ^aben ;   ob  umfaffenb   genug,   ob  ber  toirflid^en  ©efd&icfytc  cntf>)red^enb   ober 
9tm&^  einer  I^eorie  über  biefelbe,  ift  eine  anbere  5raBc-    3e^enfa^  mu6  t>it  ^nfruration 
*&  biefem  Ser^altntö  begriffen   unb  ade  Seftimmungen   über  Sßefen  unb  Slrt   berfelben 
nffen  au&  biefer  ©efd^ic^te  begriffen  toerben.  50 

£ier  fe^t  benn  auc^  bie  neuere  (Snttoicfelung  burd^  9lot^e  unb  §ofmann  gan^  ent= 
kleben  ein,  nad^bem  jubor  ^toeften  in  teiltoeifem  3tnfc^luf[e  an  ©d^I.  bie  fu^ranaturale 
Raffung  ber  ^nf^nration  „o^ne  bie  Übertreibungen  be3  17.  3ö^^nnbcrt3"  erneuert,  Sedt 
ane  felbftftanbtge  Berichtigung  unb  ÜSeiterbilbung  ber  alten  ^nf))tration3le^re,  s^btIi^H  eine 
Bfobet^eifteflung  berfelben  berfud^t  $at.  heften  nimmt  bon  ©c^l.  nur  bie  Seftimmuna  ^ 
M  &afU4  al$  bed  md^enbilbenben  ^ßrinji^  mit  bem  Unterfd^tebe  auf,  bafe  e3  nicfyt  blo| 
ber  gdttlk^e  ©ememgeift,  fonbern  ber  gott^ettlid^  ftd^  jur  ©emeinbe  ber^altenbe  ©eift  ift. 
8rf  erfeimt  in  ber  2^eobneuftie  ein  h>efentlid^e3  iDtoment  be3  „Dffenbarung3organi3mu3" 
nb  fUttt  ftc^  bamit  entfqiebener  nod^  al$  Xtoeften  auf  fupranaturalcn  93oben.  9lber  fte 
9  *dft  bie  Offenbarung,  fonbern  eben  ein  ©lieb  be$  Dffenbarung$organi3mu3.    2)amtt  oo 

«Ml*«sc9rUt»ibU  ftt  XtttoloqU  unb  SHr^c.    3.  ».  IX.  13 


194  3«ftriraiion 

ift  nid&t  btofe  bic  ©leid&fefcung  bcibcr  in  bcr  3$eotogie  be«  17.  Sa^unbcrtö  aufgegeben, 
fonbern  aud?  bie  alte  Untertreibung  bon  Offenbarung  unb  ignftriration  ein  bebeutfame« 
©tüdf  toeiter  geführt.  Denn  loa«  Sedf  fyier  ben  Cffe!tbarung«organi«mu«  nennt,  ift  bie 
göttliche  $eilßbefa>affung  auf  bem  Söege  ber  @efd&U$te,  unb  bamit  ift  audj  bon  ü)m  er* 
5  rannt,  ba|  au«  bem  3ufammen^ande  ^  6ctl«geföid&te  tyerau«  bie  3nft>iratton  berftanben 
toerben  mufc.  9iur  fetycinbar  aber  berührt  ftd&  £ier  SBedf  mit  ©cfyL;  bie  8nfnü>fung  liegt 
in  ber  Sengelfdjjen  ©ctyulc,  beren  ebelfte  unb  ber$cifeung«bolIfte  fjrud&t  bie  (Srfemttm«  ift, 
toeld&e  ©ottfr.  Sföenfen  im  3afn?e  1793  ba&in  jufammenfajjte :  „Die  »ibel  ift  feine  Dog* 
matit  .  .  .,  fte  ift  bielmebr  ein  gefdjictytlictye«,  ^armonifd&e«  ©anje«.    8We«,  hxtö  fte  lefat, 

10  tetyrt  fte  und  enttoeber  unmittelbar  in  ©ef$i$te  ober  e«  nu)t  bodf  auf  ©efötyte,  fyA 
feinen  ©runb  unb  fein  2i$t  in  ber  ©cföüfye"  (Dämonologie  6.  163,  2Berte  VII,  68). 
Die  3ugcfyörigfeit  ber  Snfiwtttion  flum  Cffcnbarung«organi«mu«  läfet  im  ©egenfafce  yt 
©d&l.  ba«  £aut>tgetoid&t  auf  ben  göttlichen  gfaftor  fallen.  Die  3nft>iration  fyd  bengtocef, 
bie  Offenbarung  ntajt  blofj  für,  fonbern   in  unb  burc$  3Renf$eit  )u  bezeugen,    Darum 

15  fefct  fte  bie  Söirfung  ber  Offenbarung,  bie  SBiebergeburt  unb  ba«  au«  u)r  ft$  entlmcf  ebtfcc 
©otteeleben  borau«  unb  ja)licf$t  baran  an.  hiermit  ift  fte  ehtgegliebert  in  ben  3ufantmen< 
fyang  ber  tnnermenfcf)lia)en  ©eifte«toirf}amfeit,  bie  Scbcutung  be«  menf$li$cn  gaftorä  gc* 
toatyrt  unb  ben  Übertreibungen  be«  17.  ^a^unbertö  borgebeugt.  ©ic  toirb  baim  tociter 
unter  ben  Segriff  ber  an  bie  SBiebergeburt  anföliefcenben,  mit  tyr  gefegten  Erleuchtung 

20  gefafct,  toorau«  ftd&  bie  Slnna&me  bon  ©tufen,  fotote  bie  3Röglic$fcit  ber  §nftnratton  aud; 
bort,  too  nodfc  feine  SBiebergeburt  fein  fann  (211),  ergiebt,  nur  ift  fte  im  leiteten  galle 
nid&t  bteibenber  3uftan*>-  Ertef*  Sefaffung  unter  ben  Segriff  ber  (Srlcud&tung  giebt  aber 
eigentlich  bie  Sinretyung  in  ben  Offenbarung«organi«mu«  auf.  Sccf  toertauföt  bie  ®c* 
fd)ia?te  unb  ben  Drgani«mu«  ber  §eil«tl?aten  ©otte«  mit  ber  ©ef$i$te  unb  bem  Organa 

26  mu«  be«  menfölidjjen  #etl«leben«  unb  toirb  bamit  feinem  9Cu«gang«punfte  untreu. 

$l?ilityH  befaßt  bie  ^nftriration  gleichfalls  unter  ben  Segriff  ber  @rleu$tung,  fe$t 
fte  aber  auety  ber  Offenbarung  gleich,  inbem  auf  tyrer  bityften  apoftoltfc&cn  Stufe  nur 
noety  ein  begrifflicher,  fein  facfylicfyer  Unterfd&ieb  gtotföen  beiben  befielen  foQ.  Die  3*fa4 
ration  „ift  berjenige  2lft  be«  ©eifte«  ©otte«  auf  ben  SRenfd&cngeift,  burd|>  freieren  ledern 

so  ganj  in  ba«  Dffenbarung«objeft  Ijineinberfefct  unb  befähigt  toirb,  badfelbe  rein  unb  unge= 
trübt  toieberjugeben,  ober  berjenige  3wföwmenfd^Iu6  bed  5TOenf(^engeifted  mit  betn  ©otte^ 
geifte,  burc^  toetc^en  bie  Offenbarung  be$  (enteren  lauter  unb  unentftettt  jum  Sn^alt  beö 
erfteren  toirb".  Demgemäß  ift  tote  in  ber  Offenbarung  fo  auefc  in  ber  3nft>iratton  «ne 
alts  unb  neuteft.  ©tufe  ober  nä^er  bie  gefefclictye,  bic  pro^etifc^e  unb  bie  apoftolifc^e  %n* 

85  fpiration  &u  unterfd^eiben.  Wü  Stecht  toenbet  |>ofmann  ein,  ba|  $^ttin>i  bie  Smtoo^nung 
bcS  ^eiligen  ©eifte«,  toclc^e  ben  Triften  jum  G^riften  mac^e  unb  feine  auf  bie  Xu$ri4* 
tung  be$  ajjoftoltfd^en  Serufe«  gerid^tete  SBirfung  in  ein«  bermenge.  3U  Mtfa  SJetmengung 
tommt  jene  ©leic^fe^ung  mit  ber  Offenbarung,  toobur$  biefe  Suffaffung  unhaltbar  toerben 
bürfte.    9Bie  $fy.  berfu^en  auc^  ^enberfon  unb  ©aujfen  bie  S^eorie  be«  17.  3a^.  yi 

40  erneuern. 

©anj  cntfcfyieben  nimmt  Slot^e  feinen  Slu^gang^unft  in  ber  3uge^örigfeit  bcr  Schrift 
jur  Offenbarung,  bon  bcr  fte  ein  unabtrennlic^er  Seftanbteil  ift.  ©ie  ift  Urfunbe  bei 
felbcn  im  eigentlichen  unb  boden  ©inne  beg  äüorte^.  Darauf  ergiebt  fta)  tyre  6in)igj 
artigfeit  unb  i^re  (Eigenart.  sJiid^t  ba|  man  fte  als  infpiriert  begeic^nen  bürfte.  Die«  Sprfc 

45  bifat  fommt  nur  9Kenj$cn  gu.  3^rc  ©ißenart  rü^rt  batyer,  ba^  ibre  Serfaffer  mit^an* 
belnbe  ^erjonen  ftnb  in  bent  gefctyicfytiictyen  Hergänge  ber  göttlichen  Offenbarung.  Datum 
ift  tyr  rcltgiöje«  Setoufetfein  ein  foeatftfäeS  unb  in  feiner  ©igentümli^feit  ein  für  aOe 
Reiten  normatibe«.  2ln  fte  ergebt  bie  Offenbarung  unmittelbar.  Da«  eine  SRomtnt  ber 
Offenbarung  ift  ein  fubjeftibe«,  innere«  unb  fällt  in  fte  felbft  hinein.    Die«  ift  bie  3n» 

so  foiration,  ein  momentaner,  flüchtig  ba^in  eilenber  3uftan^^  toeld^er  bie  Steige  ber  geben* 
enttoief elung  be«  SKenfd^cn  au«  eigener  ©elbftbefttmmung  unterbricht  (bgl.  3$om.  8a.)  unb 
ba^er  nic^t  für  föriftftelleriföe  I^ätigfett  bertoenbbar.  Solche  gnfturationen  ftnb  ben 
bibl.  ©c^riftfteBem  ju  teil  geworben.  Durd^  biefelben  ftnb  fte  bie  3>ntyaber  be«  richtigen 
ä?crftänbniffe«  be«   objeftiben  ÜKomente«,   nämlicty  ber  göttlichen  ^antfeftation  unb  fo« 

r>5  mit  bie  aut^entifc^cn  unb  tfvax  aQcin  aut^entifc^en  2lu«leger  ber  Offenbarung.  Der 
(Sinbrudt,  ben  bie  göttliche  Ofrenbarung  bei  i^rem  Eintritt  in  bie  ©efc^ic^te  mac^t,  ift  in 
tfyncn  in  boller  Unmittclbarfcit  Dorbanbcn;  nad)  einem  ©efe^  ber  ©eföitye  mu|  bem* 
felben  eine  Starte  unb  Steinzeit  eignen,  tüte  fie  borerft  nta)t  toieber  borfommen  tarn. 
Denn  fte  bereiten   fid^  junäd^ft  nur  rcjcptib.    3iunmc^r  erft  treten  jte   felbftt^ttg  ein, 

go  aber  nic^t  blofe  al«  ©c^riftftellcr.    ^ebod^   begrünbet  bie  fc^riftfteDerif^e  2$ätigfeit  eine 


dfttftriratiott  195 

befonber«  gefteigerte  (Smpfänglicbfeit  für  bie  SBirffamleit  be«  ^eiligen  ®eifte«.  3)e«fyatb 
ndbmen  ttrir  m  ben  amtlichen  ©Triften  ber  Slpoftel  unb  ityrer  ©etyilfen  ein  befonber«  ^ofye« 
Äa&  t>on  Sttrhmg  be«  tynen  eignenbcn  fyeil.  (Seifte«  toar.  3)ie«  ift  tyre  6rleuc$tung,  ettoa« 
babttueüe«  im  Untertriebe  bon  ber  momentanen  3nft>iration.  ©omit  fann  bon  3jnft)i* 
ration  ber  tyeil.  Schrift  auc$  nid^t  einmal  in  bem  abgeleiteten  ©inne  bie  Siebe  fein,  in  6 
toe!$etn  ftc  al«  ein  2Berf  moirierter  Serfaffer  fo  tyeifcen  tonnte.  Senn  Ignfiriration  bejiefyt 
ftcb  ntcty  auf  färiftfteDertfd&e  3;fyätigfcit.  2)ie  fyetlige  ©cfyrift  ift  einfach  ein  8lu«fluj$  be« 
göttlichen  Scbettd  tyrer  Serfaffer. 

SJbgefeben  bon  ber  grage  nac$  bem  Siebte  be«  SBorte«  !gnftriration  toirb  man  aucty 
bon  biefcr  ®arftettung  fagen  muffen,  bafc  fte  tyren  eigenen  2lnf}micfyen  nid^t  geregt  toirb,  10 
—  grabe  ben  9taft>rü$en,  bon  beren  (Erfüllung  unbebingt  ber  (Srfolg  ber  Ünterfud^ung 
abhängig  ift  SRofye  toitt  bie  93ibel  au«  tyrer  ßuge^örigteit  tut  Offenbarung  unb  jtoar 
tocfentlicty  iVL  ber  gef$i$tli$en  Sfyttfacfye  ber  göttlichen  üJcanifejftation  begreifen.  Slber  er 
getaratnt  bie«  Scrftänbni«  bon  einem  allgemeinen  ®efe£  ber  ©efc$ic$te  au«,  anftatt  bor 
allem  au«  ber  Eigenart  berjenigen  ®ef$ic$te,  um  bie  ftd&«  tyanbelt,  unb  au«  bem  „W\U  ib 
cwnbdn"  ber  betreffenben  $erfonen  felbft. 

Sn  $ofmann  treffen  bie  ßinflüff  e  ber  Sengelföen  ©<$ule  mit  ben  bon  ©c$leiermad&er 
auegefycnben  gufammen.  SBenn  irgenbtoo,  fo  tyat  bei  ihm  bie  ^eilige  Schrift  t^re  Stelle 
in  ber  £eil«gefc$ic$te.  „2lm  ©bluffe  be«  Sefaftücf«,  beffen  ^n^alt  bie  auf  ßbriftum  bor* 
büblicfc  ®ef$i$te  au3mac$t,  fte^t  ber  ©a$,  um  für  bie  33erhnrfüc$ung  ber  bodtommenen  20 
0ottc«gemeinf$aft  bereitet  ju  fein,  fyabe  $«rael  einer  3ufammenfaffung  jener  ®efc$i$te 
im  Sorte,  eine«  entft>rec$enben  ©c^rtjtbenfmal«  berfelben  beburft,  beffen  §erfteßung  bann 
ebenfo  toie  bie  Sorbtlblic^feit  ber  ®efc$idjjte,  beren  3)enfmal  e«  fear,  ein  SBerf  be«  ®eifte« 
Statte*  getoefen  fem  toerbe.  Unb  am  ©etyluffe  be«jenigen  Sefyrftticf«,  beffen  ^nfyalt  bie 
©ntfte^ung  ber  Jttrc^e  au«macfct,  ftetyt  ber  ©a$ :  um  bon  bem  anfange  ber  in  $efu  Gtyrifto  25 
bemittelten  ®ef$i$te  jum  @nbe  berfelben  übergeleitet  ju  toerben,  tyabe  feine  ®emeinbe 
eine*  Meibenben  3)entmal«  tyre«  Anfang«,  eine«  ©cfyriftbenfmal«  bleiben  beburft,  toeld&e« 
alfo  bur<$  SBirfung  bleiben  ®eifte«  %tfu  (Styrifti,  burdfj  ben  fte  felbft  geworben,  toerbe 
tagcfteQt  fem,  um  nun  famt  bem  bon  ber  fycil«gefc$icfytlic$en  ®egentoart  au«  berftanbenen 
Sqmftbenhnale  tyrer  SSorgefcfycbte  i^re  ^eilige  ©c^rtft  ju  fein"  (^ofmann,  Sie  fyetl.  ©d^r.  so 
Sil  Ir  2.  %,  ©.  49).  %üx  ade«,  toa«  jur  Fortführung  ber  ^eil.  ©efc^ic^tc  bient,  maltet 
ber  ^etL  ®eif|  bem  3Kenfc^en  ^inftd^tlid^  feine«  3taturleben«  beftimmenb  inne,  toie  e«  für 
ben  jebe«maligen  3toc*  fold&er  Sötrfung  erforberlid^  ift.  2öie  bie  bem  ©emeintoefen 
®otte«  bienenben  Nachtübungen  fraft  be«  ©eifte«  ®otte«  gefd^en,  fo  toei«fagen  bie^ro- 
treten  be«  9.  9.  traft  be«felben  ®eifte«.  Sie  S3eftanbtei(e  ber  ©c^rift  fmb  nic^t  bie  85 
einen  me$r  al«  bie  anbern  ftaft  göttlicher  SBirfung  ^erborgebrad^t  toorben.  3)a«  burety 
ben  ©eift  m  ber  inbibibueHen  9WenWennatur  getoirfte  entflammt  biefer,  tote  ba«  ftinb  ber 
Stntta;  biqentge  Freiheit,  toelc^e  jum  SÖcjcn  be«  3)tenfd^en  gehört,  toirb  nid^t  gefc^äbtgt. 
©ie  aber  SBirfung  be«  ®eifte«  ®otte«  bie  ©Triften  ^eroorgebrad^t  bat,  fo  bat  fte  aud) 
SBtrhmg  be«  Seifte«  ®otte«  jufammengebrac^t.  40 

Ob  man  bon  ber  Sebeutung  unb  (Stellung  be«  ©c^riftganjen  in  ber  ^eiligen  ®e= 
fc^te  toirb  au«ge^en  bürfen,  um  bie  eigenartige  Sntfte^ung  —  benn  um  biefe  ^anbelt 
ei  fid)  bei  ber  3nft>iratton«frage  —  Ju  begreifen,  fotoie,  ob  man  bie  ®eifte«tt>irtfamfeit, 
b«$  toelc^e  bie  beilige  ©c^rift  jufammengebrac^t  ift,  mit  berjenigen,  bureb  toelcfye  fte  ent« 
fbmben  ift,  auf  eine  2tnte  ftellen  barf,  erfcfyeint  me^r  toie  fraglic^.  3)ie  Äanonicität  ift  45 
®otte«tinrfung,  bie  $erftellung  be«  5{arton^  aufgäbe  ber  ®emeinbe  ®otte«.  9Ba«  ettoa 
Srgebm«  ber  (Srtemttni«  refp.  ®etot^eit  fein  lann,  bafe  bie  ©c^rift  infftriert  ift,  bie  93c- 
baänng  ber  fo  *u  ftanbe  gekommenen  ©c^rift,  barf  nicfyt  3lu«gang«))untt  ber  (Srfenntnt« 
fem.  9hir  ba«  ift  richtig,  ba|  bie  (Srtenntni«  ber  ^nfpiration  ftc^  ftunäc^ft  auf  ba« 
S^nftgan^e  bqie^t,  auf  bie  einzelnen  Steile  be«felben  nur,  fotoeit  fte  Steile  biefe«  ®an&en  60 
fato,  fo  ba^  bie  totffenfctyaftltcfye  Unterfuc^ung  [\d)  auf  bie  ^uge^örigfett  ber  einzelnen 
Schiften  311  bem  ©c^riftganjen  unb  bamit  }ugleic$  auf  i^re  ^nf))iration  erftreefen  toirb. 

Xu$  granl  fü^rt  bie  Sammlung  ^eiliger  ©Triften  auf  ben  ^eiligen  ®eift  ^urücf, 
hadf  ben  fte  entftanben  pnb.  aber  bie«  ift  nicfyt  ein  a^rioriftifc^e«  Urteil,  tote  bei  .frof* 
■amv  fonbern  (Srgebni«  ber  @rfenntni«,  ba|  bie  ©d^rift  burc^  ®eifte«mirfung  ®otte«  65 
cxtßariben  fei  @r  unterfd^eibet  jtoifc^en  Offenbarung  unb  Söort  ®otte«  unb  jtoiföen 
Boct  (Sötte«  unb  ^eiliger  ©$rift.  SDtc  neuteftamentlid^e  ©d^rift,  bon  freierer  au«  fic^ 
oft  bie  ©efcmberf>ett  ber  altteftamentlic^en  ©c^rift  ergiebt,  orbnet  fic^  bem  ©orte  ein, 
todtyet  bie  ®emeinbe  al«  ®otte«  2Bort  rebet  uno  fyat  oor  bemfelben  bie  ^rörogatioe  be« 
«dhnMi^en  9Borte&    Setbe«,   ba«  3^9"^  ber  ®emeinbe  unb  ba«   ©d^riftjeugni«  ift  w 

13* 


196  dnfytntttoü 

geiftgetoirft,  Ic^tcrcö  nur  in  fyöfyerem  ©rabe,  entfpred&enb  ber  d&artSmatifc&en  Begabung  ber 
Urfircfye.  2)ie  urfunblkfye  gigierung  ber  änfangStterfünbigung  beS  #eileS  gehört  )u  ben 
£etlSberanftaltungen  ©otteS  felbft  ober  gu  jenen  äuStoirfungen  ber  ®rlöfungSt§atfac$e, 
toelcfye  ber  §erftcllung  einer  JÖienfd^ett  ©otteS  ju  bienen  beftimmt  ftnb.    2)iefe  93er!üm 

6  bigung  trägt  beSfyalb  ebenfo  göttliche  tote  menfälictye  ober  gottmenfd&lid&e  9Crt  an  ftcfc,  unb 
biefer  gottmenfcfylid&e  61;aratter  Verträgt  fid?  fe^r  toofyt  mit  einer  UnfeJ^Ibarfeit  beS  ©djrifts 
toorteS,  toelctye  baSfelbe  jur  bleibenben  -Korm  ber  SebenSbetoegung  ber  flirre  unb  ifyrer 
ferneren  ßnttoitfelung  macfyt.  3)enn  eS  ift  immer  baS  utfunblic&e  3"%™*  bon  bem 
§eilSmittIer,    ben  §eilSttyatfad&en  unb  tyrer  ©cbeutung,  toeld&eS  #er  Vorliegt  unb  bejfen 

io  Setoafyrung  umfomefyr  aufgäbe  ber  Äird&e  toar,  als  fte  bezeugen  toottte  unb  mufete,  ba| 
baS  urfunblicfye  SBort  lein  blofe  Vergangenes  für  fie  fein  bürfe.  3)ie  Unfefyibarfeit  ift  bo* 
burd&  befd^ränft,  bafc  bie  ^eiligen  ©^riftfteBer  nidjt  ofyne  ©ünbe  unb  an  ifjrem  Seile  no<$ 
nicfyt  botlenbet  toaren,  bie  Sprache  ifyrer  3^*  **bcn,  in  ben  SilbungSelementen  tyrer  3* 
ftcfy  belegen,  fotoie  baburefc,  bafc  fte  inbtoibuelle  Sßerfönlid&feiten  toaren,  bie  als  foictye  nidjft 

iB  toofyl  für  bie  untoerfale  SBafyrtyeit  gleicfy  untoerfale  SWebicn  toaren.  ©te  fyabm  alfo  bie 
SBafyrfyeit  empfangen  unb  befeff  en  naefy  bem  -äföa&ftabe  tyrer  Snbtoibualität  unb  ifcrer  (fort* 
toitfelung.  Sluf  ber  anberen  Seite  aber  —  eS  totrb  nietyt  flar,  tote  ftd&  biefe  Se^auptung 
mit  bem  eben  gefagten  Verträgt  —  erftreeft  unb  befd&ränft  fic$  tyre  Unfetylbarfett  auf  bie 
tyeilSnottoenbige  SBafyrfyeit,  benn  bie  tnbimbueöe  Sluffaffung  ber  ©taubenSrealitäten  ift  md)t 

ao  f$on  beSfyalb,  toeil  fte  inbtoibuell  ift,  mit  ^rrtum  behaftet.  @S  ift  toielmc^r  in  9lnf$lag 
ju  bringen,  bafe  bie  Urfirctye  potentiell  bie  auS  ifyr  ertoacfyfene  ©efamtfird^e  in  ftcfc  traat 
unb  ba|  baS  urfunblicfye  3eu0n^  m^  fe^ner  &uS  &**  3nktotoualiiät  unb  tyrer  Sefäranft* 
fyeit  fyertoorge^enben  3Wanni$faltigfeit  biefer  Stellung  entfprid&t 

3Rad&  2)orner  beruht  ber  2Bert  ber  ©djrift  barauf,  bafe  fte  als  gef($ic$tltc$e  Urfunbe 

25  beS  GtyriftentumS  allem  für  alle  3?iten  bie  jureicfyenbe  Storm  für  ©tauben  unb  Beben 
ber  5tir$e  ift.  @S  toar  ein  toefentlid&eS  Moment  im  göttlichen  SBtHen,  bafe  bie  fcottenbete 
Offenbarung  ifyre  urhtnblic^e  ^i^ierung  getoinne,  bamit  bie  Jtird^e  unb  ber  ©laube  ber 
einzelnen  burc^  biefe  Urfunbc  bor  fubjeltiöer  SBiOfür  unb  bor  ©{^toärmerei  betoa^rt  bleibe. 
SMefer  göttliche  SBiue,  ba«  urftmmglic&e  ß^riftentum  in  feiner  Steinzeit  unb  ©an^eit  ba 

so  SKenfc^^eit  für  alle  3eiten  ju  erhalten,  fanb  feine  gefiederte  SJertoirSid^ung  erft  in  ber  Sets 
anftaltung,  bafe  bie  fd^riftlic^e  Slufgeid^nung  feilend  fold^er  unb  unter  tfyrer  SRtttotrhing 
ftattfanb,  toeld^e  als  älugen-  unb  O^ren^eugen  ^efu  burd^  t^n  jum  3^ug^tamt  borgebilbet 
unb  beS  ^eiligen  ©eifteS  in  befonberem  3Jta|e  teilhaftig  unD  für  tyren  Seruf  c^artSmattfd^ 
auSgerüftet  toaren.    2)aburd^  ftnb   bie  SSerfaffer  nicfyt  pafftöe  5Kaf(^inen,    fonbern  feBfr 

ssftänbige  geifterfüQte  ^erfonen  getoorben,  beren  ^Jrobufte  bem  entfprec^enb  ben  ©eift  ©otteS 
atmen.  3)iefe  ©eifttoirlung,  toelc^e  ftc|  aus  ber  Urfunblicfcfeit  ber  ©driften  ergtebt,  ift 
bie  3intyiration  unb  jtoar  &unäd&ft  ber  ^Serfonen  unb  baburc^  tyreS  9BorteS.  5Denn  t» 
giriert  ift  berjenige,  toeld^er  burd^  eine  urfprüngli$e  Sl;ätig!eit  ©otteS  unb  juerfl  unter 
allen  eine  Offenbarung  ©otteS  empfangen  l)at.  t)amit  ergiebt  ftc^f  bafs  bie  Urfunblic^feit 

40  unb  jtoar  ni^t  blo|  fie,  fonbern  bie  ßigenfd&aft  ber  93erfaffer,  juerft  eine  Offenbarung 
©otteS  empfangen  ju  fyaben,  feftgefteQt  fein  mu^,  um  i^re  ^ufpinert^eit  unb  babun^  bie 
3nfpiriertl?ett  i^reS  SBorteS  barauS  ju  folgern.  3)ann  erft  ift  bie  Offenbarung  toa^aft 
übergegangen  an  bie  9Renfc$l?eit#  alfo  gefd^id^tlid^  getoorben,  toenn  ein  reine«  fe^Uofe* 
ffiiffen  bon  i^r  benjentgen  ju  eigen  getoorben  ift,   an  toelctye  fte  juerft  erging  unb  Don 

46  beren  reiner  9?erfünbtgung  t^re  gortbauer  abfängt.  3)a  nun  aber  bie  SRenfc^en,  an  toefcfc 
bie  ^ufpiwtion  gebunben  ift,  ntd^t  bollfommen  rein,  nic^t  fcoHlommen  an  (SrfenntniS 
ftnb,  fo  fcfyeint  bie  ^llofigtett  i^reS  SBorteS  bebrofyt  %u  fein,  aber  ein  ^rrtum  im 
3;n^alt  cmpirifc^enSötffenS  ift  noefy  !ein  Saturn  im  ©eiftlidjen.  gm  famerften  beSSXenfc^en 
ift  noefy  eine  ßmpfänglt^feit  für  bie  SBa^rfyeit  bor^anben.  2)iefcS  gunerfte  toirb  Don  Um 

6o9ieuen  erfüllt,  toeld^eS  bie  Offenbarung  bietet.  @S  ift  unrichtig,  bafe  ber3Jlenfc^  berSünbe 
falber  unmöglich  bie  äßa^rbeit  lauter  erfennen  tonne.  $a3  !ann  fd^on  ber  ©laubige 
überhaupt,  gefd^toeige  benn  toer  toon  ©ott  ^um  3eugen  ertoä^lt  unb  auägerüftet  ift  ^m 
ift  bie  objefitoe  göttlid^e  9Ba^eit  enthüllt  unb  ein  sBlitf  in  fte  burdj^  ©ott  berliepen,  toie 
eS  tfym  gugleic^  burd)  ©ott  berlte(;en  ift,    baS   erfannte  für  bie  ©emeinbe  au^ufpret^en. 

66  2)ie  ge^llofigtett  biefer  Sluäfüfcung  btgtfy  ftd^  auf  baS  äu|erli(^e  unb  menfc^lu^e  nur 
fo  toeit,  als  cS  mtt  ber  geiftlicfyen  SÖa^rbeit  in  3ufammen^ang  fte^t,  unb  btde  be» 
grenjte  Jefyllofigfeit  gehört  jum  ^lane  ber  göttlichen  Öfonomie,  bamit  tohr  nic^t  bei 
SKenfcfycn  flehen  bleiben,  fonbern  bie  toabre  ©td^er^eit  in  bem  toon  ben  infpirierten  Dt» 
ganen  unabhängigen  %n\)alt  fud^en  foßen,    ber  toon  ftd^   felbft  ©etoife^eit   gu  geben  bie 

eo  3)fac^t  ^at.  3)aju  lommt  noc^,   bafe  cS  ©rabe  ber  3nf)>itatton  giebt.    ^ie  ^nfriration 


Infiltration  197 

felbft  beruht  bei  ben  Sfyofteln  barauf,  baß  fic  im  ftetigen  unb  blcibenben  Seftfce  be«  tyeU 
ligen  (Seiftet  fidfr  befinben,  fo  baß  ftc  baburefy  im  ftanbe  fmb  in  gctftlid^en  fingen  feinen 
Irrtum  ju  lebren.  2)ie  intenftbfte  Äonjentration,  beren  fic  Bei  tyren  fd^riftfid^en  Sluf* 
jeufcnungen  bebürfen,  betoa^rt  fie,  toätyrenb  ber  ^eilige  ©eift  i^nen  pofitib,  unb  tfvax  jebem 
na$  feinem  3Raße,  ßrfenntni«  ber  göttlichen  2)inge  mitteilt.  3$r  tyiftoriföe«  Setoußfc  5 
fein  toirb  ©egenftanb  ber  Bearbeitung  unb  Silbung  burc$  ben  ^eiligen  ©eift.  2Ba«  ba« 
SEE  betrifft,  fo  toirb  beffen  Slutorität  un«  burc$  ß^rtftum  Verbürgt.  Sielet  freiließ  in 
tym  ift  bergängltö ;  fo  bie  2$eofratie  unb  ba«  jübifö  nationale.  3C*>0C&  betrifft  bied  nur 
ben  noc$  unbottfommenen  3lu«brucf  ber  göttlichen  ©cbanlen.  (Sine  Steige  bon  allgemeinen 
refigtofen  Sefaen,  toie  bie  3$erfönlid&feit,  Slllmactyt,  2Bet«&eit,  §eilig!eit,  ©ercc^tigleit,  Samt*  10 
ber$igfett  ©otte«,  bie  Schöpfung,  ©Haltung  unb  Sßorfetyung,  geben  fid&,  fobalb  fie  au& 
iefrro$en  ftnb,  bon  felbft  al«  toa^r  unb  barauf  baut  ba«  neue  fteftament  al«  auf  feinen 
Sorauöfefeungen.  3)aju  lommt  bie  §intoeifung  be«  ©efefce«  in  ber  SSertyeißung  auf 
g^rifkum.  3tber  erft  bie  ©fciften^eit  ift  e«,  bie  an  bem  bom  31$  nic^t  abhängigen  ©Triften* 
tum  ben  Sc^lüffel  )u  tym  bejtfct.  15 

9ta$bem  fo  ber  mantifd&e  Segriff  ber  gjnftnration,  abgefe^en  bon  toenigen  anber«  ar* 
beitenben  Ideologen,  allgemein  aufgegeben,  fie  felbft  aber  im  ©runbc  bod&  nur  al«  $oftulat  f  eft* 
gehalten  unb  $r  3n$alt  unb  Umfang  toefentlid^  auf  ben  Dffenbarung«jtoecf  belogen  toar, 
toobei  bie  begebenen  SSermittelungen  be«  Sßerftänbniffe«  tyrer  Slrt  unb  tyrer  Sebeutung 
btudf  bie  me$r  ober  toeniger  anerfennenbe  Stellung  jum  Seben  unb  93e!enntni«  ber  Äird&e  20 
bebtnat  erfc^emen,  !ann  e«  faum  tounber  nehmen,  toenn  SRitfd^I  unb  feine  Schule  ganj 
bon  tiyt  abjufe^en  unb  bie  Slutorität  ber  Sibel  au«  einem  anberen  ©runbe  in  größerem 
ober  geringerem  Umfange  unb  mit  größerer  ober  geringerer  Sebeutung  für  ba«  Seben 
ber  Stinte  unb  be«  einzelnen  feftju^alten  berfud&en.  3titfd?l  felbft  erfennt  ber  ©d&rift  unb 
jtoar  f^egieH  bem  31%  eine  Slutorität  nur  im  ©egenfafce  gegen  bie  Slutorität  einer  münb=  25 
ii$en  Überlieferung  ber  Styoftel  unb  gegen  bie  Slutorität  ber  ürcfylic^en  Sitteratur  ju  unb 
tanll  fte  nur  bejogen  toiffen  auf  bie  bogmatifd^e  Geologie  unb  auf  bie  oberfte  9Jorm  be« 
etyrifttiden  Seben«.  Die  neuteftamentlid&en  Schriften  feien  auttyentifcfce  Urlunben  ber  $rift= 
liefen  Seligion,  toeil  ber  Ign^att  ber  auf  Uniberfalität  angelegten  Religion  in  ber  $erfon 
«nb  bem  SBirfen  be«  Stifter«  in  boQIommener  $)eutlid&feit  au«geprägt  unb  baburc$  bon  so 
ben  umgebenben  HRäd^ten  abgegrenzt  ift.  3)ie  ßrlenntni«  ber  Styoftel  bon  bem  3nM**> 
ber  SefHmmung  unb  ber  göttlichen  Segrünbung  be«  ß^riftentum«  ift  ebenfo  toie  ber  @e* 
banlenfrei«  (S^rtfti  felbft  burd>  ein  au%ntifd^e«  Serftänbni«  be«  SIX«  vermittelt,  toeld^e« 
bem  gleidnettigen  ^ubentum,  bem  ^^arifäifd^en,  fabbucäifd^en  unb  effenif^en  abgebt.  @o 
$  bie  Stbel  eine  toertbolle  urtunblid^e  Segeugung  ber  Dffenbarung«religion,  beren  S3e=  86 
battung  in  bem  toefentlid^  nur  Don  i^r  bargebotenen  Serftänbni«  berfelben  beruht,  beren 
Sei^&ibni«  felbfk  aber  Sßrobuft  be«  ju  biefer  Offenbarung  fidb  angemeffen  t)er(>altenben 
«enfe^engeifte«  ift.  3^re  Slutorität  ru^t  alfo  auf  i^rer  ©efd^affen^eit  al«  urfunblid^e  3te 
jcugimg  ber  Offenbarung«religion. 

Suu^   für  38.  $errmann  ift  bie   ^eilige  Schrift  Offenbarung«urtunbe,   nur  ba|   er  40 
einmal  ba*  größte  ©etoid&t  barauf  legt,  baß  in  ityr  bie  Offenbarung  felbft  mit  ifyrer  über* 
toaltigenben  9Ra^t  in  Gfyrijto  un«  begegnet  unb  in  ber@emeinbe,  ber  fte  fte  bezeugt,  fi$ 
bun^fekt,   unb  fobann,  ba|  biefe  in  Gfyrifto  gegebene  Offenbarung  \xn%  in  ben  ©tanb 
\ty,  aue*  au«jufc^eiben,  toa«  al«  auf  mangelhaftem  SJerftänbni«,  t^eologifc^er  ©d^ule  u.f.  to. 
bent^enb   biefelbe  nid^t  rein  }ur  ©eltung  gebraut  §at.    Darum  beruht  benn  bod^  bie  45 
ftraft  ber  SKbel  auf  bem  in  ifyr  entbaltenen  reinen  @öangelium  %tfu,   beffen  §erau«* 
aibeitung  au«  ber  in  ber  Stbel  enthaltenen  Überlieferung  ©ad^e   ebenfo  ber  2Biffenf$aft 
toir  bed  ©lauben«  ift,  nur  baß  ba«  @rgebni«  biefer  Slrbeit  nic^t  bon  bem  Ginjelnen  ab* 
^angt,  fonbern  t>on  ber  ©emeinbe,  bie  ber  Offenbarung  getoiß  getoorben  ift.   Offenbarung 
dber  ip  ebenfo  bie  gef$ic$tlic$e  J^at  ©otte«,  bie  ?jefu3  erlebt  $at  unb  bie  ^efum  ^>at  er«  so 
fkben  laffen,  toie  bie  an  unb  in  ber  ©emeinbe  fidp  fortfe£enbe  %f)at  ©otte«. 

ß.  ©c^ul^  beratet  ebenfall«  auf  eine  3«fr»wtion«le^re,  toelc^e,  urffrünglic^  nid^t 
auf  cfyrifili^Km  ©ebtete  ertoac^fen,  bon  ben  froteftantifc^en  Äirctyen  o^ne  Sebenlen  über« 
«rannen  unb  burd&  38ertoerfung  ber  Irabition,  ber  Styofrt^en  unb  ber  attegorijd^en  3lu3* 
Unmig  nod>  geftetgett  toorben  ift.  £ie  ©d^rift  ift  un«  bon  ber  ßir$e  be«  Slnfang«  al«  55 
gefc^tlic^e  Zeugin  für  i^ren  Urforung  überliefert,  unb  toer  m  Gtyrifto  belehrt  ift,  bem 
$  mit  ber  2Bafyfyeii  biefe«  3^0"^^  ^  ©eltung  ber  Sibel  betoiefen.  5Wur  au«  tyr, 
»cratt«gefe^t,  baß  fie  nad^  tyrem  ©runbtejte  toiffenfd^aftlic^  au«gelegt  toirb,  lann  bie  @nt« 
Reibung  über  bis«  toa^re  2Befen  be«  ß^riftentum«  erhoben  toerben,  Womit  aber  ri\d)t  bie 
JBtigmtg  gegeben  ift,  baß  bie  33ü$er  ber  ^eiligen  ©d^rift  bon  ben  ®efe$en  aufgenommen  eo 


198  3nfy«ration 

feien,  toeld&e  bie  gntfte^ung  unb  Haltung  anberer  ©Triften  be8  9lltertum3  be$errf$en. 
2lber  e$  ftnb  bod&  Urtunben  ber  Dffenbarungägefd&id&te,  unb  gtoar  bie  einzigen,  unb  — 
toentgftenS  eine  2tngatyl  Don  tynen  —  Urtunben  erften  Sänget,  bie  Don  Offenbarung** 
trägem  felbft  ^errityren.    Dagu  lommt  ir;rc  innere  Befd&affenfyeit,  baß  fte  ftc$  natfc  bem 

6  äeugniffe  aller  toatyren  frommen  Don  Gtyriftu*  6iö  auf  unfere  «Seit  erproben  ate  Don  bem 
©eifte  getragen,  toeld&er  bie  2Belt  im  Sichte  ber  in  Gfyriftu*  gefd^enen  Offenbarung  Der» 
fielen  le&rt,  Don  bem  ©etfte,  tuelcr)er  auf  SfyriftuS  tyintoie*  unb  in  toller  Älartyeit  Don 
itym  auägetyt.  3n  biefem  ©inne,  nid&t  aber  im  fircfylidjjen  ©inne  be$  SBorte*,  tarnt  man 
Don  3nfJ>iwtion  ber  biblifd&en  Sudler  reben. 

10  3lud&  für  ftaftan  ift  bie  3nft>iration3letyre  —  b.  $.  feie  immer  bei  ben  2$eo* 
logen  biefer  ©d&ule  bie  fie&re,  nad&  toeld&er  bie  ^eilige  ©d&rift  ein  SDtftat  be£  ^eiligen 
©eifte*  fein  fo0  —  hinfällig  getoorben.  ©ie  muß  erfeftt  toerben  burefc  eine  9lnfcr)auung, 
toeld&e  ftet)  nid&t  tote  jene  in  2Biberftmtd&  mit  bem  gefd&id&tlid&en  Berftänbniä  ber  £eu» 
©d&rift  befinbet.     Die  Autorität  ber  ©d^rift  ift  einzig   barin  begrünbet,    baß  fte  bie 

16  Urfunbe  ber  gefd&id&tlid&en  ©otteSoffenbarung  ift,  auf  ber  unfer  ©laube  ntfjt  Diefer 
©laube  an  bie  Offenbarung  ift  ein  ßrforbernte  für  bie  fachgemäße  Beteiligung  an  bar 
gef$idj>t(i$en  Srforfd&ung  ber  Bibel.  Sa  bie  Offenbarung  ba$  SBtrlenbe,  ber  ©Iaube 
ba$  getoirtte  ift,  fo  muß  bie  Offenbarung  unabhängig  Dom  ©tauben  borjjanben  fein  unb 
aufgetoiefen  Serben  lönnen  als  eine  in  bie  ©egentoart  tyinemreicfceitbe  totrffame  3Radj>t 

2i)  35ied  gefegter)!  bur$  ben  ^intoeiä  auf  bie  r>eil.  ©$rift  als  ba$  SBort  ©otted,  in  toef " 
unb  burc|  toeld&eä  ber  ©etft  ©otteä  je  unb  je  ben  ©lauben  toirtt  unb  fo  bie  £ 
barung  an  bie  beftimmten  9Renf$en  bringt.    #iftorif#e  tJorfcfcung,  toijfenf$aftfi$e  _ö. 
gefe  unb  persönlicher  ©laube  ftnb  erforberlidp,  um  bieje  Slutorität  ber  ©c^rift  unb  ber  ein« 
gelnen  ©Triften  gu  ertennen,  gu  berfte&en  unb  gu  fdpäfcen. 

26  ©o  Dergid&tet  man  überall  auf  bie  ©intoirfung  beS  ^eiligen  ©eifteS  auf  bie  @ntfre$ung 
ber  ^eiligen  Schriften  begto.  be$  biblifd&en  2Borte$,  erfefct  ben  Segriff  ber  ^nfoiratton 
toegen  feinet  angeblich  bem  #eibentum  entftammenben  mantifcfym  SnpatteS  burc$  ben  ba 
Urrunblid^teit  ber  $eil.  ©Triften,  alfo  burd&  ein  ftfiorif  c$e$  Urteil,  toeld&eS  ju  feiner  DoHen 
©iltigteit  toiffenfd&aftlid&er  jtorfd&ung  unb  Begrünbung  bebarf,  fo  baß  gu  einem  tompetenten 

so  Urteil  über  ben  2Bert  ber  Bibel  nur  ber  toiff enfc$aftlid&  arbeitenbe  Ideologe  unb  au$  unter 
ben  Ideologen  fc$ließlid&  nur  ber  $iftorifer  befähigt  ift.  Diefer  Befctyränruiu)  totrb  einiger« 
maßen  bie  SBage  gepalten  burd?  ben  ©toff  ber  Bibel,  bie  Offenbarung,  toeiefce  fte  urfunb* 
li$  bezeugt.  5Dtefe  Ijat  bie  ftraft,  ftd&  als  Offenbarung  ju  legitimieren,  toedlpib  ja  au$ 
©laube  erforberlid?  ift,  um  ein  boäed  Urteil  über  bie  Bibel  ju  gehrinnen.    Da  eä  ba$ 

86  urtunblid^e  ffiort  ift,  fo  toirlt  bie  Offenbarung  naturgemäß  burc^  biefed  SBort,  mir  mä/t 
fo,  ati  toenn  biefe^  2Bort  ^robuft  be$  ©eifted  ber  Offenbarung  toäre ;  fol^ed  $robu!t 
ift  aber  nur  ber  ©laube.  3luf  ba^  3Bort  ber  Bibel  fyaben  3^been,  mangelhafte  9b^ 
faffung,  befd^ränlted  Berftänbntö  i^ren  Sinfluß  geübt.  Die  tyeologif$e  gorfc^ung  ^ak  fcfb 
juftellen,  tote  loett  biefer  Sinfluß  reicht,  um  fo  gur  3lufjeigung  be£  autoritativen  3«^lteö 

«o  ober  be$  bleibenben  ©e^alte^  ber  Offenbarung  ju  gelangen,  burd^  bad  ju  aller  3eit  aOein 
ber  ©laube  geh)irft  h)irb. 

@d  muß  fraglich  erföeinen,  ob  bie  in  ber  ©ef$t$te  ber  Ätrt^e  immer  toieber  erlebte 
eigenartige  9Ra$t  unb  Bebeutung  be3  ©d^rifttoorte^  [\d)  burd)  feine  Urfunblicfctett  genüaenb 
ertlärt.    Ded^alb  fyat  \\d)  Sipfiud  genötigt  gefe^en,   gtoifAen  ber  Urfunblicfyteit  ber  Bibel 

46  ald  ber  Durc^  ba^  gefc^t^tltc^e  Urteil  ber  <$riftlt$en  flirre  audgeh>ä^lten  ©anunlung 
aut^entifd^er  Urfunben  i^red  urfprüngltd^en  ©eifted  unb  jtoifd^en  i^rer  auf  ^nfptratton  fo» 
ru^enben  reltgiöfen  Bebeutung  gu  untertreiben.  Diefe  S^fpiration  foD  befagen,  baß  ber 
einheitliche  ©eift  ber  ©$rift  atö  ©etft  aui  ©Ott  ba*  3eugni3  bed  ©eifted  in  ben  £erjcn 
ber  ©laubigen  ^erborruf t.  ^nfptriert  aber  ift  bie  ©d^rift,  toeil  fte  bie  gefc^id^tltd^e  Urhmbe 

60  Don  ber  Offenbarung  in  (Spriftuö  unb  aU  folc^e  jugleid^  ba*  urfprünglic^e  3^0«^  Ml 
ber  §citehnrffamfeit  biefer  Offenbarung  in  ben  §erjen  ber  erften  3ün0^0^t«nbe#  d\o 
$robuft  be*  ©eifte*  biefer  Offenbarung  ift.  9iormatiD  ift  freiließ  nic^t  bie  jfrrm  toegen 
ber  toed^felnben  t^eologtfdjten  Borftellungen,  fonbern  nur  ber  3nl?att  nac^  Äbgua  biefer 
Borfteßungen  begto.  beffen,  toa*  auf  bie  Begrenjt&ett  unb  Befd^ränft^eit  i^rer  Berfaffa 

66  burc^  bie  3eit,  ber  fte  angehören  u.  f.  to.  ftd&  gurücffü^rt.  Die  ©onberung  gtotfd^en  gorra 
unb  3nr>alt  ift  un*  überlaffen. 

ffiir  bürfen  nid^t  fragen,  ob  e$  einer  befonberen  3wfr«<^ion«le^re  bebarf  ober  ob 
totr  berfelbcn  bebürfen,  ba  toir  ntd^t  me^r,  tote  bie  älteren  Dogmatifer,  bie  2e$re  Don  ba 
^eiligen  ©c^rift  ber  Dogmatil  DoranföidEen  unb  tr>rc  Bebeutung  bann  begrünben  muffen, 

60  fonbern  innerhalb  ber  Dogmatif  Don  ber  beil.  ©c^rtft  ^anbeln.   Dort  ift  unfere  Süifgabe, 


dnfyurattott  199 

bic  Eigenart  ber  ^eiligen  Schrift  ju  erflären  unb  biefe  (Srflärung  fütyrt  auf  bie  Snfei5 
ration,  b.  $.  barauf,  bajj  bie  tyeil.  ©cfcift  tyre  ©igenart  ber  SBitfung  be*  ©eifte*  ©otte* 
auf  i^rrc  6ntfte&ung  fcerbanfe.  6*  ift  jtoar  bequem,  aber  unrichtig,  bie  %n\p tration  unter 
bcm  Sorgeben  )u  leugnen,  baft  nur  bie  mantifdje  3"fr^tion  toirllid&e  ^nfoiration  fei 
Seim  um  bie  Slrt  ber  ©ntoirfung  be*  ^eiligen  ©eifte*  auf  bie  ©ntftetyung  ber  Sibel  gu  6 
oerfie$cn,  mu^  man  toiffen,  toa*  bie  ^eilige  ©d&rift  bon  ber  2Birffamfett  biefe«  ©eifte* 
überhaupt  fagt,  unb  um  bie*  toieber  ju  berftetyen,  mufc  man  begreifen,  toie  $aulu*  bie 
©alater  fragen  tonnte:  tyibt  tyr  ben  ©eift  empfangen  burdj  be*  ©efefce*  Serie  ober 
bun$  bie  $rebtgt  bom  ©(auben?  (®a  3,  2.)  Senn  nidjt*  berechtigt  \xn$,  eine  unau& 
füllbare  ftluft  jtoifd&en  ber  ©intoo&nung  be*  ^eiligen  ©eifte*  unb  feiner  befonberen  @in=  io 
toirfung  auf  bie  (gntftetyung  ber  tyeil.  ©d&rift  anjunefymen,  ba  e*  berfelbe  ©eift  ift,  ber 
nirgenb  mit  naturaler  Untoiberftetylid&teit  toirtt.  3ugleic$  °bvc  toirb  man  auf  bie 
grage  na$  bem  SEBefen  ber  33ibel  eine  anbere  Slnttoort  geben  muffen,  al*  bie,  bafj 
fte  Urtunbe  ber  Offenbarung  fei.  Senn  ba*  ift  fte  tfyatfäd&lid&  erft  im  abgeleiteten 
Sinne.  16 

Xn  biefem  fünfte  nun  tyd  Äätyler  eingefefct  unb  bamit  erft  eine  erfolgreiche  33e* 
fanblung  ber  gfage  nad)  SBefen  unb  2Bert  ber  Sibel  unb  nad)  iJBefen  unb  Slrt  ber  3.n* 
fotration  ermöglicht.  9tad&  tym  ift  bie  Sibel  unb  jtoar  junäd&ft  ba«  3^X  unb  erft  im 
3ufammen$ange  mit  tym-audfr  ba«  312  Urfunbe  ber  grunblegenben  ^ßrebigt  bon  S^rifto 
unb  bem  #eüe  in  tym.  Samit  ift  fte  ja  aud&  freiließ  Urfunbe  bon  (S^rtfto  beato.  ber  ao 
©otteÄoffenborung  in  tym,  ober  bo$  erft  in  abgeleiteter  2Bcife.  Sa*,  toa«  ba*  SR5E  unb 
im  3uM|me^uiS^  m^  tyn  ^  SEE  d&arafteriftert,  ift,  bafe  toir  in  tym  bie  Senfmale 
ba  un$rifUidj>en,  auf  ba*^jeil  berSefer  unb§örer  gerateten  iöejeugung  be*  §eile*  tyaben. 
3n  biefer  Sefmition  bereinigen  ftd^  3toedf  unb  $w)ali  ber  tyeil.  ©Triften,  toogegen  bie 
Hoffe  Urfunbe  ber  ®otte*offenbarung  bon  bem  unmittelbar  $u  erreidjenben  .»JtoedE  ah  25 
fie^t  unb  überbie*  bie  Silbung  eine*  gefd&id&tlicfyen  Urteil*  verlangt,  toelctye*  mcfyt  jeher* 
mann*  ©a$e  ifi  Sie  ©rfenntni*  aber,  bafe  aunäd&ft  ba*  SEE  Urtunbe  ber  grunblegen* 
ben  $rebigt  tum  ß^rifto  ift,  ift  ©emeingut  aller,  bie  mit  ber  ©$rift  in  Serityrung 
tommen  unb  erforbert  feine  gefd&id&tlid&e  93ilbung.  Senn  ba*  ift  eine  fi$  jebem  auf» 
brängenbe  X^atfad^e,  bafc  bie  ©c^rift  un*  ba*jenige  ßeitgnt^  Don  Sfyrtfto  barfteQt,  mit  ao 
toddjfcm  bo*  etJongeltum  ol*  Serlttnbigung  ber  äBelterlöfung  feinen  ©iege*jug  burd)  bie 
SBdt  begonnen  fyat  Ob  au$  h>ir  biefe*  fo  bezeugte  $eil  in  G^rifto  annehmen  toollen, 
ober  ob  teir  ba*felbe  al*  unfer  unb  ber2Belt$eil  nur  mit  größerem  ober  geringerem  93ora 
behalten  gelten  laffen  tooüen,  ift  eine  §rage  für  fi$-  Sie*  Sbangelium  ift  biejenige  d^rift= 
G$e  Secänbigung,  ber  gegenüber  totr  Stellung  nehmen  muffen.  @rft  bon  $ier  au*  be-  86 
greift  ft$  auep  bie  bon%:anf  energifd^  betonte  @rf Meinung,  bafe  iebe*Seugni*  bonS^rifto 
unb  twn  ®ott&  $eil*toiUen  unb  $eil*t^aten  un*  nur  in  bem  3Raf$e  geftift  ift  unb  bleibt, 
in  tDcfa$an  e*  fi*  in  Überemftimmung  befinbet  mit  bem  ©d^riftjeugni*  ober  bon  biefem 
beftäügt  totrb.  Sem  ©$rift)eugm*  eignet  in  befonberem  Wlafy  eine  t>erpfli$tenbe  unb 
cMitueO  fc^ulbig  ma<$enbe  ftraft,  h>elc|e  jebem  anbeten  £eugni*  nur  in  Jtraft  ber  9te*  40 
pcobuttixm  be*  €<^rtft}eugnif[e*  beitoobnt.  Siefe  t)et^)fltd)tenbe  unb  fd^ulbig  mad^enbe 
Äraft  ift  bie  Slutorität  be*felben,  bie  nid^t  bon  i^rer  9lnertennung  abhängig  ift,  benn  bie 
Sucriemtung  ift  unfere  $flid^t  unb  Aufgabe,  beren  Söfung  toir  ja  unterlagen  tonnen,  aber 
nk^t  anber*,  eil*  bafe  biefe  Unterlaffung  un*  f$ulbig  mad^t  bor  ©Ott.  Surc^  biefe  feine 
beqrfli^tenbe  unb  fepulbig  ma$enbe  Jlraft  toetft  ftep  biefe*  ^eugntö  al*  in  befonberem  45 
Slafte  erfüllt  bom  ©eifle  ©otte*,  getragen  bon  ber  ©egentoart  ©otte*,  getoirtt  bom  fytil 
Oaßc  au&.  gebe*  abgeleitete  ober  reprobujierte  ßeugni*  fü^rt  fi$  auf  SSirtung  be*felben 
(Scifled  ftiirüa,  biefe*  3^9"^  aber  in  jenem  befonberem  "äJtafje,  in  toeld^em  fi$  ba*  ?fun= 
bflfirtnlyugnt*  bom  abgeleiteten  3eugnt*  unterfd^eibet.  Sief er  ^ufammenbang  be*  Sc^nft^ 
|eugniffe*  mit  bem  $eil.  ©eifte,  toeld^er  einzigartig  ift  tro(  be*  ^ufammen^ange*  mit  bem  co 
«benfall*  auf  ©eifttottf ung  M  gurücffü^renben  abgeleiteten  3eugniS  ber(^riften^eit,  ift  e*, 
bem  totr  —  in  Äifammen^ang  mit  ben  ©d&riftau*fagen  —  al*  ^nf^iratton  bejeic^nen. 
Senn  fofa^e  aBirtfamleit  be*  ©eifte*  meint  ^aulu*,  toenn  er  1  Äo  2, 13  fagt:  totr  reben 
ofoc  h  dtdaxxöig  dv&Qcomvrjs  ooylag  JLöyoiQ,  d>U'  £v  didaxrölg  Tivevjuarog, 
unb  ebenjo  3efu*,  toenn  er  go  16, 13  fcon  bem  ©eift  ber  2Batyr&eit  rebet,  ber  bie  ©einen  66 
leiten  foll  h  ijj  äXrjddq.  ndofi,  eine  SBirtfamfeit,  toeld^e  ba*  $anbeln  berer  nid^t  au*» 
ftüeft  fonbern  erft  erm^alid^t,  Die  i^rerfeit*  ba*  §eil  bejeugen. 

Sied  iß  bie  grunblegenbe  @rtenntni*  üon  ber  ©eiftgetoirft^eit  be*  ©d^rifttoorte*, 
treibe  al*  folc^e  erfannt  unb  anertannt  toirb  bon  allen,  bie  ben  ^nfyolt  biefe*  2Borte* 
W  sefagt  fein  laffen  unb  in  bußfertigem  unb  banlbarem  ©lauben  fytnnefymen.  @*  fann  ao 


200  3nfyuratiott 

ja  freiließ  für  ben  einzelnen  mancherlei  Hemmungen  unb  §inberungen  biefer  $inna$me 
ober  btefet  ©laubenS  geben,  beren  Uebertoinbung  tn  größerer  ober  geringerer  gerne  liegt 
3)afj  aber  biefer  ©laube  entfielen  fann  unb  überaß  entfielen  totrb,  too  baS  abfegen  nur 
barauf  gerietet  ift,    &u  tfyun,  toaS  ©Ott  toill  (%o  7,  17),  liegt  baran,  bafc  baS  ©cfrift* 

5  aeugntS  eben  2Birfung  beS  ©etfteS  ©otteS  ift  unb  SBirfungSfraft  beS  ©eifteS  ©otteS  in 
ftd&  trägt.  £enn  toaS  bom  ©eifte  ©otteS  ftammt,  toirb,  tote  alles  SBirfen  unb  SBalten 
beS  ©eifteS  ©otteS  an  feinem  ©egenfafce  jur  @ünbe  bqto.  )u  unferer  fünbigen  Slrt  er« 
fannt.  3ft  eine  untrügliche  ©ünbenerfenntniS  möglich  —  unb  fte  ift  ber  Snfang  aller 
SBatyrtyeitSerfenntniS  —  fo  ift  au$  eine  untrügliche  ©rfenntniS  beffen,  toaS  beS  ©eifteS 

10  ift,  möglich  3e  reiner,  balliger  unb  mächtiger  biefer  ©egenfafc  heraustritt  unb  fid?  )u 
erfennen  unb  $u  erfahren  giebt,  befto  bößiger  ift  baS,  tooran  mir  foIdjjeS  toa$rne$men, 
beS  ©eifteS.  ©old&e  Sßatyrnetymung  unb  (Srfatyrung  toirb  aber,  toenn  fie  richtig  ift,  ni$t 
bie  eines  einzelnen  fein.  ©ie  mufc  bie  Slrt  einer  allgemeinen,  toenigftenS  allgemein  mog* 
liefen  ©rfa^rung  an  ftd&  tragen,  beren  Allgemeinheit   nur  befd&ränft  fein  fann  bur$  baS 

16  ber  greifyeit  an^eimfaSenbe  ftttlid^nreligiofe  Stallten.  @S  ift  barum  auc$  fein  ©egen* 
betoeiS,  toenn  jemanb  biefe  (Srfafyrung  nicfyt  lennt.  9hm  trägt  aber  biefe  (SrfetmtniS  unb 
©rfatyrimg  jene  Slrt  an  ftc$ ;  fte  ift  bie  ©rfatyrung  einer  ©emeinfdfraft,  ber  Ätrd&e,  in  allen 
©enerationen  ftd?  als  biefelbe  toiebertyolenb,  in  ber  gefd&id&tlicfcen  ©nttoicfelung  fid?  be* 
reicfyemb  unb  fcertiefenb.    3)ie  ©d&rift  tyat  ftc$  ber  Äircfye  ftetS«unb  immer  toieber  au£* 

ao  getoiefen  unb  inSbefonbere  ftcfc  betoäfyrt  als  ben  untrüglichen  fritifc&en  SRafjftab  beS  religiös* 
ftttlid&en  93er^altenS,  als  bie  unbebingt  reine  Quelle  beSfelben  unb  als  bie  mafegebenbe 
SWorm  aller  abgeleiteten  Sejeugung.  $ieS  ift  baS  testimonium  spiritus  saneti,  bie 
fird&lid&e  unb  inbibibueQe  Srfa^rung  bon  ber  Sebeutung  ber  tyeil.  Schrift.  Sie  begießt 
ftd&  auf  bie  ©cfyrift  als  ©anjeS.   üb  reff,  intoietoeit  fie  in  all  tyren  teilen  berfelben  ent* 

26  fpri$t  unb  biefe  ©eifteSart  an  fi$  trage,  bebarf  ber  @tajelunterfud&ung,  für  toel$e  bie 
(Sntfcfyeibung  biefer  grage  nicfyt  umgangen  toerben  fann. 

©tetyt  bie  2#atfac$e  ber  ^nfpiration  als  einzigartige  (Sintoirfung  beS  ^eiligen  ©eifteS 
auf  bie  ßntftefyung  ber  beiligen  ©Triften  auf  ©runb  ityrer  einjtyartigen  Sebeutung  als 
Urfunbe  ber  grunblegenben  $rebigt  bon  Gfyrtfto  unb  $rer  eimtgarttgen  toetyfli$tenben 

so  unb  üerföulbenben  Äraft  feft,  fo  tyanbelt  es  ftd&  nun  um  SBefen  unb  Slrt  biefer  Snftriratum. 
Um  biefe  ju  berftetyen,  tyaben  toir  uns  ju  bergegentoärtigen,  toobon  biefe  Sßrebigt  jeugt, 
nämlidfj  &on  ben  ÄeilStyaten  ©otteS  ju  unferer  (Srlöfung,  bie  in  ß^rifto  utfammen* 
gefd&loffen,  auf  tyn  |injielenb  unb  in  tym  bertoirllid^t  uns  bor  Slugen  fte^en.  9Rit  biefer 
^eilst^at  begto.  mit  ben  ^eilSt^aten  ©otteS  fyat  eS  bie  gange  ^eil.  ©c^rift  ju  t^un.  3)en 

86  ^nbalt  ber  ©d^rift  bilbet  eine  ©efd^i^te,  bie  ©ef^te  nämlid^,  toeld^e  fi$  )totfd^en  ©Ott 
unb  ber  9Jienfc|^eit  begeben  §at,  bejto.  begeben  toirb.  ©ie  toirb  uns  berietet,  gebeutet, 
getoeisfagt.  3)i^fer  ©ef^te  Sebeutung  ift  bie  93efc$affung,  3ueißnun8  un^  Souenbung 
beS  $eils.  @S  ift  na$  bem  ©efagten  berftänblid^,  toie  biefer  ^ntyalt,  and)  bie  SBeiS» 
fagung,  als  SBa^r^eit  ertannt  toerben  fann.   S)ie  Sefonber^eit,  in  ber  in  ber  ©etyrift  ba 

40  ©eift  ©otteS  ftd^  toa^rgune^men  giebt,  ru^t  beS^alb  auf  bem  befonberen  SSertyältniS  ber 
©d^rift  jur  §eilSoffenbarung.  ^nbem  bem  ©lauben  bie  befonbere  3u8e£&rigleit  ** 
©4rift  jur  ^eilSoffenbarung  feftfte^t,  ergiebt'fi^,  ba^  i^re  SBcrfaffer  jum  ^eiligen  ©eifte, 
toie  er  in  ber  §eilSgef$id&te  toirffam  ift,  in  befonberem  93er^ältniS  ftd^en,  in  einem  83a« 
^ältniS,  toeld^eS  nic^t  bloft  auf  i^rer  ©eite,   fonbern  audb  auf  feiten  beS  ^eiligen  ©etßeS 

46  begto.  ber  ^eilSoffenbarung  ftatt  baben  mn%  SBeld^er  Slrt  biefeS  SSer^ältniS  ift,  fann, 
ba  eS  ein  gcfctyic§tlic$eS  ift,  bebingt  burc§  bie  betreffenbe  ©ef^te,  nun  aud^  nur  auS  ba 
©efd^ic^te,  toie  fte  in  ber  ^eiligen  ©d^rift  uns  borliegt,  erfannt  toerben. 

@S  ift  ein  berföiebeneS  Sßer^ältniS  je  nac^  ber  Seit,  ber  eS  anhört  S)er  Unter» 
Wieb  ber  alU  unb  neuteftamentlid^en  ©otteSoffenbarung  ift  im  aSgemetnen  ber  ber  ©otteS« 

öo  ferne  unb  ber  ©otteSnäfye.  SSor  bem  (Eintritte  ber  §eilSgegentoart  ober  bor  ber  SBieber* 
^erfteSung  ber  ©emeinfe^aft  ©otteS  mit  ber  ^Renfd^^eit,  toeldjte  bie  neuteftamentlic^e  3^ 
bringt,  fonnte  ©Ott  nur  auS  feiner  übertoeltlid&en  gerne  £er  unb  o^ne  biefelbe  aufzugeben 
ftd^  in  93erbinbung  fe^en  mit  folgen,  bie  er ju3^9^n  feines  ^eilStoillenS  ertoä^lte.  5Dem 
entfpred^enb  finben  totr  im  Sli  einen  bem  9o£  fremben  SluSbrucf  in  Setreff  ber  göttlichen 

55  Mitteilungen  an  feine  3^0^^  toeld^er  in  bebeutfamer  SBeife  ben  Unterfc^ieb  alt»  unb 
neuteftamentlid&er  S«fl>iwtion  ausprägt.  3Son  ber  Mitteilung  beS  göttlichen  SEorteS  an 
bie  $roi>J>eten  Reifet  eS  burd^gängig  5»  n-rr  mrr  ^t  (»gl.  ^o  10,  35)  unb  ton  bem 
»ernennten  biefeS  SBorteS  tnrr  -21  rm  3jef  2,  1;  5Wi  1,  1;  am  1,1,  bgl.  $f.89,20; 
3ef  13,  1 ;  1  6&r  25,  5.    SRur  toereinjelt  unb  nur  au^erorbentlid^ertoeife  toirb  bie  C 

60  femung  (ßntfrembung)  jtoifdjjen  ©Ott  unb  bat  Menfd^cn  burcfybrod&en  unb  überbrücft, 


3ttfyuration  201 

au$  fubfeflib  latut  ba«  SBort  ©ottc^  unmittelbar  nur  auf  aufjerorbentlicfye  SBcifc  Der« 
nommen  toerben. 

3fm  9EE  ift  ba«  SBort,  ber  SluSbrucf  beS  £etl«toillen$  ©otteS,  au$  feiner  ?feme  unb 
Verborgenheit  m  bie  SBeltgegentoart  eingetreten  inGlprifto,  3tö  10,  5—8;  £it  1,  3;  ä!t 
10,  36;  13,  26  ;  1  $tr  1,  23  ff.  SSgl.  äft  6,  7;  12,  24;  19,  20;  2  $i  2,  9;  2  2$  b 
3, 1 ;  So  17, 14 ;  3o  1, 14 ;  1  $0 1, 1—3  mit  3o  10, 35.  Um  bie  ©otteSoffenbarung  in  (S&rifto 
toabntmefyinen  unb  gu  enennen,  bebarf  c$  nid&t  mefyr  ber  befonberen  2lrt  unb  SBeife,  toie 
bat  $ro^eten  göttliche  Mitteilungen  ju  teil  Würben,  tote  benn  au$  ba$  Stauen  ber 
fyapf&m  unb  ba$  ©e$en  ber  jünger  fid^  unterfd&etbet,  Sc  10, 24 ;  1  $tr  1,  10.  6$  be* 
barf  im  allgemeinen  nur  ber  gläubigen  ©elbftbejietyung  gu  C^riftuS,  um  bie  Offenbarung  10 
pt  empfangen,  9Kt  11,  25;  16,  17,  fcgl.  mit  go  6,  45f.;  14,  21.  diejenigen,  bie  be* 
rufen  Serben,  ben  erften  ©inblidt  in  ba$  in  Gtyrifto  offenbar  getoorbene  ©efyetmnte  ber 
Siebe  ©otteä  ju  fyun,  erhalten  bamit  ben  93eruf  unb  toerben  in  ben  ©tanb  gefefct,  &\iMn 
Sotted  ju  fem,  3Mt  10,  27;  So  15,  15;  Sc  10,  16.  3toiföen  i^nen  unb  ben  ©enoffen 
beS  neuen  ShmbeS  befielt  9infu$tltd&  ber  ©elbftoffenbarung  ©otteS  unb  ber  (SrfenntniS  15 
beS  $eile£  ein  anbereä  SBerfjältnte,  als  jtoifcfyen  ben  Sßropfyeten  unb  bem  Solle  be$  alten 
SutibeS.  2)ie  neuteftamentltdfre  äuärüftung  &ur  .»Jeugenfcijaft  ift  in  erfter  Sinie  begrünbet 
bur$  bie  gläubige  ©elbftbegie^ung  ju  ber  in  Gfrtfto  erfannten  ©elbftoffenbarung  ©otteS 
in  Sbrifio  unb  baä  neuteftamentltd&e  3eugni3  erfolgt  nur  im  3ufammentyange  beä  tyier* 
nai)  fiep  geftaltenben  ©laubenslebenä.  @$  giebt  jtdj>  jugleid^  als  ftrud&t  unb  SBirfung  20 
bar  in  bem  perfönß$en  Seben  bur$  ba$  ©laubenSbcrtyältniä  ju  ßfyriftuä  beftetyenben  @e* 
memf<$aft  mit  ©Ott.  $8on  ben  altteftamentlid^en  berufenen  ©otteSjeugcn  toirb  ebenfalte 
tone  überall,  too  e3  ftdj>  um  ©Ott  tyanbelt,  ©lauben  erforbert,  aber  bie  alttcftamentlicfye 
3$eojmeuftie  tann  nur  getragen  fein  fcon  ber  gläubigen  ©elbftbejietyung  ju  bem  ©Ott,  mit 
bem  erft  in  ber  3^btnft  totrflid&e  Sebenägemeinfcfyaft  möglidb  ift.  25 

Die  neuteftatnentltd&e  £eiföbeaeugung  ift  bebingt  burdp  bie  ^atfad^e  ber  neutefta* 
mcntltf^en  ©otteSoffenbarung  unb  $et&befc$affung,  tx>ie  fte  objeftto  in  Ctyrifto  geföe^en  ift, 
unb  tote  fte  in  ba$  perfönli$e  Seben  eintritt  burfy  bie  ©intootynung  be$  peil,  ©eifteä.  aber 
e*  iß  nid^t  baSfelbe,  in  ber  burd)  ben  ßntyfang  be$  fyeil.  ©eifteS  ju  ftanbe  gekommenen 
®otte&  unb  £ettegememfc&aft  ju  ftetyen,  unb  biefeä  §eil  *u  bejeugenju  fyabtn.  SefctereS  so 
tft  befonbere  aufgäbe,  befonberer  S3eruf  auf  ©runb  be$  allgemeinen  ß^riftenftanbe«,  unb 
tbar  nidjt  ettoa  blofe  Seruf  ber  ju  Sl^oftcln  ertoä^lten  erften  Beugen.  £)af$  biefen  bie  be- 
fonbere  Xudrfifhmg  für  i^ren  Setuf  eignet,  berfte^t  ftc^  bon  felbft.  3lber  au$  bie  ©eneration, 
ber  fte  &tu$n\d  geben,  unb  bie  ©e^Ufen,  bie  mit  i^nen  toirten,  fjabtn  biefen  93eruf,  einen 
Beruf,  ber  biefen  betben,  ben@e^ilfen  unb  ber  ©eneration,  eine  befonbere  Scbeutung  für  alle  86 
3eiten  toerfetyt  SEBte  bie  ©e^ilfen  [v$  jju  legitimieren  j^aben  burd^  bodfommene  inhaltliche  unb 
ItoccDii^e  ©inJ^eit  i^red  3^^^  mxt  ^em  a^oftolifc^en,  fo  ^at  jene  ©eneration  bie  5Iuf= 
gäbe,  bur$  bie  Bezeugung  t^reö  ©lauben^  unb  bie  Setoa^rung  bleiben  in  ben  mancher* 
ki  Snfe^tungen,  m  toel$en  fte  fte^t,  bie  erfahrene  unb  erprobte  ffiabrfyeit  ber  apofto- 
Uferen  ^etldbejeugung  ju  beftätigen  unb  bief elbe  fcor  aller  93er!e^rung  ^u  betoa^ren.  3)em^  40 
gemafc  erforbert  ber  Seruf  ju  fold^er  Segeugung,  fotoofyl  ber  apoftoltfd^e,  toie  ber  3)ienft 
ba  ©e^ilfen  unb  bie  Aufgabe  ber  erften  ©eneration  ebenfo  toie  jeber  befonbere  ©otte^ 
Wcnß  ju  aller  3eit  befonbere  ©eifte«au«rüftung ;  ber  Seruf  gu  jener  erften,  aljo  grunb- 
baenbcnf  unb  barum  für  alle  gfolgegeit  ma|gebenben  3eugenfd?aft  unb  tyrer  Seftätigung 
cxfotbert  folc^e  Xuärüfiung  in  befonberem  uRa|e.  3)ie  SÖtrffamfett  bed  ^eiligen  ©eifte^  45 
in  fernem  Serbältntö  ju  biefen  Beugen  beö  §eil^  ift  barum  eine  &toiefa$e.  ^nbem  er 
i^nen  ba*  $etl  t^atfä^lid^  ^ueignet  ald  ©eift  tyrer  @rlöfung,  bezeugt  be^to.  bestätigt  er 
i^nen  bie  3*atfac^e  be$  $ette.  Snbem  fte  bie  2lufgabe  ^aben,  ba«  §ctl  ju  bezeugen, 
toerici^t  er  iptten  im  Snfdjtlufi  an  i^ren  perfönlid^en  ©lauben  ober  toenn  man  toill  an  tyre 
^eriöulu^e  ^eilderfa^rung  nad^  ber  Siegel,  baft  ben  Aufgaben  bie  ©aben  entfpred^en,  eine  so 
Snemitnid  unb  ein  SBerjtänbntö  be^  ^eile^  unb  *uglei$  eine  '-Befähigung,  e^  ju  t)erlün^ 
bigeu,  toie  bie«  alle«  für  ben  3eugen,  ber  mit  feiner  perfönlityn  Srfa^rung  einzutreten 
tat,  erfttberft$  \%  1  Äo  2,  10  ff.  ®ie  93orau«fe|ung  ber  neuteftamcntlid&en  St^copneuftie 
$1  bte  £eittcrfa$rung,  unb  jtoar  bie  erfte  £eil«erfa$rung,  bie  bon  3Kenfrf»en  gemalt 
Krabe.  9nf$(iefieitb  an  i^ren  ©nabenftanb  ift  bie  ^nfpiration  bie  befonbere  2lu«rüftung  66 
ber  betreffenben  $erfonen  &ur  grunblegcnben  ^eugenf^aft  in  bem  ganzen  Umfange  biefe« 
ihc*  Serufe«,  ben  fte  ebenfo  burd^  i|re  münolicge  ^erfünbigung,  toie  burd^  i^re  fd^rift' 
ftdbrifc^e  SBMfamlett  au«rid^ten.  3)ie  ^nftriration  ift  i^re  3lmt«gnaDe,  \bx  C^ariäma, 
toeb^ei  fte  befähigt,  ungea6tet  ber  inbitoibuellen,  allgemein  menfc^licpen  fotoo^l  toie  fdntlb= 
tarn  UmwBfommen^ett  (®a  2,   t>gl.  mit  1  Ro  9,  16  ff.)  ju  einer  für  alle  $eit  grunb-  go 


202  dnfrhratum 

legenben  unb  maftgebenben  3lu«fage  ber  $eil«t$atfac$en  unb  ibrer  Sebeutung.  hierfür 
fyabm  toir  eine  Stnalogie  in  ber  allgemeinen  d&riftlid&en  §eil«erlenntni«  unb  t^rem  38er* 
jjältni«  £um  inneren  Seben.  3)a«  legiere  tann  toeiter  reiben  unb  enttoidfelter  fein  ab 
jene,  ober  umgefcfyrt.    3n  feinem  %düt  berfen  fie  ftd&.   ©ogar  bei  fortgef<$rittener  @nt* 

5  toicfelung  be«  inneren  Seben«  fiefyt  ftety  ber  G^rift  immer  hinter  bem,  toa«  er  erlannt  fct 
unb  tüci§,  jurüdfgeblieben  unb  ift  befähigt,  metyr  au«jmfagen,  al«  er  in  fü&  trägt 

2üenn  nun  im  9M  ju  befonberem  2Bir!en  im  SDienftc  ©otteö  befonbere  9bidrflfhmg 
erforberlidfr  ift,  fo  erft  rec$t  für  bie  ßeit  be«  912:,  too  ber  ©eift  ©otte«  nodfr  nid&t  im 
9Renfd&en  too^nen  unb  toalten  lonnte  al«  ©eift  unb  Straft  ber  (Srßfung.    5Der  ©egentoart 

10  be«  ©eifte«  im  9Jeuen  Sunbe  entft>rid&t  im  SEE  nur  bie  ©ntoirfung  be«  ©eifte«  tom  jen* 
feit«  fyer.  Kenn  fi$  nid&t  einmal  im  SReuen  Sunbe  unb  bei  ber  neuteftamentltcben  ©äße«* 
au«rüftung  3lmt«gnabe  unb  ©egenftanb  beefen,  inbem  bie  8lmt«gnabe  toeitergreift  al«  bie 
persönliche  ©nttoicfelung  im  @lauben«leben,  fo  erflärt  fic^f  tote  im  Alten  Sunbe  eine 
©eifte«eintoiriung  ftattfmben  fann  al«  2tmt«gnabe,   o^ne   bajj  ber  ©eift  fd&on  al«  ©eift 

16  be«  ©nabenftanbe«  ©egentoart  getoonnen  Ijat.  %xx  too  im  9fö  bie  3u&mft  V**  &pwfy 
lommt  unb  e«  fid&  nic^t  blofj  um  bie  ©eftattung  berfelben  im  allgemeinen  in  ftraft  ba 
ßeibgegentoart,  fonbern  um  biefelbc  im  Stampf  mit  ben  toiberftrebenben  (Elementen  ber 
©ef$i$te  fymbelt,  toirb  bie  neuteftamentlid&e  Snfjnration  in  größerer  Sinologie  mit  ba 
altteftamentlid&en  ju  benten  fein. 

20  @«  ergiebt  fid&  au«  oQebem  nod&  ein  toetterer  Unterf$ieb  jtoifd&en  alt*  unb  neuteffa* 
mentlid&er  ifyeopneuftie.  3)ie  3$eopneuftie  ber  neuteftamentlicfyen  ßeibjeugen  ift  nid&t  ab 
bereinjelter,  immer  toieber  neu  bon  ©Ott  getoirfter  Suftanb  aufeufaffen,  fonbern  iji  eine 
bleibenbe  SBeftimmtfycit,  toetyrenb  fie  im  2EE  toenigften«  al«  ^eopneuftie  ber  $ro|^ctcn 
nur  ab  ettoa«  jeittoeilige«  auftritt.    %üx  bie  3eit  bed  alten  SJunbe«  ift  ber  ©eift  ab 

26  3lmt«geift  fojufagen  nur  accibentieH  an  bie  Sßerfon  gebunben.  @r  befthnmt  fie  im  Sereufc 
ifyrer  amtlichen  SBirffamfeit,  toetyrenb  tip  perfönlic^ed  innere«  Seben  unter  bcmfelben  ©eifttd= 
mangel  leibet,  toie  ba«  i^rer  3ete  unb  SBolfögenoffen,  So  7>  39.  Sarin  ift  e£  begrünbet, 
toa«  toir  1  $tr  1,  10,  11  lefen.  Slm  fd^roffften  tritt  biefer  Unterfcfteb  alt*  unb  neutefta« 
mentlicfyer  ©eifte«au«rüftung  barin  tyerbor,    bafj  e«  ni$t  einmal  ftetö  et^ifc^  unb  reßjjidS 

so  qualifizierte  Beugen  ftnb,  fo  bafe  e«  für  bie  Seit  be3  3llten  Sunbed  eine  ^rop^etie  tmber 
SBJiOen  giebt.    9Ju  22—24;  SonaS;  1  Äö  13;  3o  11,  49—52. 

@o  ift  ba«  altteftamentlid^e  .ßeugm«  ein  bet^ältni^mäfeig  unfreiere«.  2)ie  ©ubjefc 
tibität  tritt  be«^alb  me^r  jurüdC  al«  im  9K£,  toenn  au$  nic§t  t>b0ig.  2)ie  neuteftament^ 
liefen  Beugen  muffen  ben  ©eift  ©otte«  ©eift  i^re«  perfönlid^en  Seben«  toerben  laffen,  ©a 

86  1,  12.  15.  16;  2,  11—21.  $)abur$  ift  e«  i^nen  mögli4  al«  felbftänbige  £eugen  ©otte* 
aufzutreten,  ni^t  nur  al«  Organe  ©otte«  unb  feine«  ©eifte«,  @pff  3,  4 ;  ^o  15,  26.  27. 
3lad)  biefer  ©eite  tyin  ^aben  toir  au^  ber  Seit  be«  X.  S3unbe«  nur  eine  änalogie  be«  neu« 
teftamentlid^en  3^ugniffe«,  bie  ©Triften  ber  e^otma^,  toelc^e  aber  neben  bem  tnbteribueQcn 
©e^räge  gugteieg  aud^  ben  eigentümlichen  Mangel  be«  neuteftamentli$en  ©eifte«  ab  be« 

40  ©eifte«  be«  perfönlidjen  fieben«  hervortreten  laffen. 

9lu«  bem  eigentümlichen  ßbarafter  ber  neuteftamentlid^en  X^eo^neuftie  al«  einer  bleU 
benben  Seftimmt^eit  ber  ^etl^eugen  erflärt  ftd^  no$  eine  anbere  SBa^rne^numg.  SBemt 
nämlid^  $aulu«  einen  Unterföieb  madjt  jtoifd^en  9lu«fagen,  bie  er  auf  göttliche  3Jättei* 
lung  jurüdCfü^rt,  unb  fetner  eigenen  Weinung,  fo  toiU  er  bod^  bie  Unterfcfyeibung  )tmfc^cn 

46  inf^triertem  unb  nidfjt  moiriertem  SBort  barum  ni$t  julaffen.  Sgl.  1  Äo  7,  40.  6.  10. 
12.  25;  SRö  9—11;  11,  25  mit  (Sjfy  3,  3—6;  1  Äo  15  mit  15,  51.  3>em  entfrricfy 
e«,  ba^  ^aulu«  feine  Ausführungen  getroft  bem  Urteil  feiner  Sefer  unterftellt  9JaL  1  Äo 
10,  15;  11, 13  mit  2Äo  4,  2.  gerner:  ift  bie  I^eopneuftie  eine  2ebm«Htimmtfcit,  Wn 
nur  auf  SRomente  ftd^  befc^ränf enber  Huftanb  ber  3^0^/  f°  fönten  fie  au$  Don  anbem 

6ü  al«  jur  §eil«üerfünbtgung  gehörigen  2)ingen,  toie  2  %x  4t,  13,  reben,  o^ne  ba^  i^re  3n» 
ftnration  in  biefem  %<dk  ru^te. 

SDcr  ^n^alt  be«  geiftgetoirlten  .§eil«jeugniffe«  bringt  nod^  eine  anbere  Sigentümlic^ 
feit  mit  fi$.  S)a  e«  ftcb  toefentlic^  um  Sejeugung  unb  Deutung  Don  ^atfa^en  ^ 
belt,  fo  gebt  bie  §eil«bcrfünbigung  $anb  in,§anb  mit  ber  gefd^id^tlic^en  Seri^terftattung; 

66  ju  biefer  bcoarf  e«  ebenfall«  ber  befonberen  Scfä^igung  bur^i  ben  ©eift  ©otte«.  Sfetyuv 
toirb  bie  altteftamentücbe  ©efdncbtöfd)reibung  toefentlic^  eine  )>ro^etifd^e  fein  muffen,  nm 
bie  ©eföidjte  i^rer  eigenen  Senbenj  nac^  barfteüen  ju  lönnen.  SRur  ift  e«  nid^t  Wc  Äennt» 
ni«,  fonbern  ba«  Serftänbni«  ber  ©efc^ic^te,  toelc^e«  burc^  ben  ©eift  ©otte«  ebenfo  tote 
in  betreff  ber  neuteft.  ©efd^id^te  getotrtt  toirb.  ®ic  Äenntni«  ift  eine  bur^  ba«  Seben  fdbft 

6o  fei  e«  burefy  3eitgenüffenfd;aft  unb  Slugenjeugfd^aft,  fei  e«  burd;  fd^riftlidjfe  ober  münbli(^e2ia* 


3«fotratioit  ^nfoirierte  203 

bitum,  Vermittelte.  Sie  Sefäljigung  m  biefer  Serid^terftattung  toerben  toir  für  bie  3eit 
bcd  SUten  Sunbeä  toefentlicfy  bort  )u  fud&en  fyaben,  too  bie  2lufgabe  unb  93efä#gung  jur 
öetoaiprung  ber  göttlichen  Seftimmung  ^^raeld  öor^anben  toar,  bei  ben  ^ro^etm,  in  ben 
$ro|>£ctenf$ulen  unb  bei  bem  Sßrieftertum.  3ft  eä  nun  nid&t  bie  Kenntnis,  fonbern  baä 
Serftänbniö  ber  ©efd?td?te,  auf  meines  fid^  bie  ©cifte&wSrüftung  be^og,  fo  erflären  ftd&  6 
Srf^etnungen  ber  ^eiligen  ®eföi$t3f<$reibung,  bie  tyr  mit  aller  ©efd&id&täfctyreibung  eignen, 
Sbtoetcfyimßen  in  ben  oegleitenben  Umftänben,  in  ber  djjronologifcfyen.Drbnung  k.,  ja  auc^ 
bie  $cxföteben$eiten,  tüte  fie  jtoifd&en  ben  Supern  ber  Könige  unb  ber  G^ronif  beftepen,  bie 
ebenfo  tote  anbere,  mit  ber  totrflicfyen  Sage  ber  Singe  mcfyt  ftimmenbe  äuSbrudtetoeifen 
Urie  j.  8.  fcom  3luf*  unb  Untergang  ber  @onne  unb  ä&nlid&c  ben  3nM^  um  beStoiHen  10 
unb  Der  bem  gezeugt  toirb,  nicfyt  berühren.  6$  ift  nid&t  bie  grage,  tow  fold^c  Errungen, 
folcfc  ähiäbntc&toeife  möglich  ift,  toenn  toir  infoirierteä  ©otteStoort  fyaben,  fonbern  e3  ift 
nur  bie  ffrage,  toorauf  ft$  bie  ©etfteäauerüftung  bejietyt.  2öaW>ett,  lauterfte  etoige 
Soweit  gu  toiffen  unb  ju  bezeugen,  Verträgt  [\d)  nid&t  blofe  fe^r  tootyl  mit  menfcfc 
lieber  Scffyänft^ett,    fonbern  tritt  in  SBerbinbung  mit  biefer  um  fo  Ilarer  unb  mächtiger  16 

3n  biefer  Srt  ettoa  toürbe  SBefen  unb  ärt  ber  ^nfeiration  ftd&  auä  ber  ©efd&id&te 
ber  Offenbarung   felbft    ergeben.    9ii<#t  ge&inbert,  tote  bie   Ideologen   be$   17.  3^** 
bunbertd  fürchteten,   unb  m$t  befcfcränft,   toie   i^rc  ©egner  annehmen,  toirb  bie  äöirfc 
famtett    be«  ^eiligen  ©eifteS  burd&  bie  ©elbftftänbigfeit   unb  Eigenart   ber    biblifc£en2o 
S$rtftfteIIer;  im  ©egenteil  toirb  lefttere  baburefy  ermöglicht  unb  geförbert.    Sie  Snftrira* 
tion   ift  bad  ©egenteil  fcon  äuföebung  ber  menf$li<$en  ©elbftftänbigfeit,  —   bielme^r 
Stärfung  berfdben;  fte  ift  niefct  §erablaffung  jur  menfölicfyen  ©genart,  fonbern  Heiligung 
bejto.  Umtoanblung  berfeften,  bamit  bie  $erfon  in  ibrer  ßigenart  felbftftönbig  eintrete  für 
(Statte*  2Ber!  unb  2Biflen.  '  Sie  ^nfoiration  liegt  toeber  außerhalb  be$  Streife«  c^riftlic^er  26 
(frfatynmg,  nod?  ftefct  fte  aufecr^alb  be$  3ufammen^an0^  aQcr  fonftigen  SBirffamteit  be3 
Softe*.    Sie  gltebert  ftd&  al$  3jnft>iration  be$  ijßä  ein   in   ben  3ufammen^ang  beä 
inneren  gebend  unb   in  ben  3ufammen&ang  ber   in  ber  jtird^e  toirflamen  G^artemaia, 
toemtgleicb  fte  ate  SJefätygung  jur  grunblegenben  ßeugenfctyaft  jtoar  nid&t  auf  bie  @nt* 
ftefang  ber  $eü.  Schrift,  aber  bod&  auf  bie  3ett  be$  Slnfang«  ber  Sirene  ©otte«  befc^ränft  so 
$  unb  bleibt  Gremer. 

3«f>merte  unb  ^ttf^trattonögcmetnben.  —  3W.  ©öbei  öat  j.  $.  aus  ^bf.  OueHen 
ein  umfangreidpS  Material  jufatnmengebra^t  u.  bie  @)efd)id)te  ber  ^nfpirationdgemeinben  jum 
tTftfnmat  im  3ufammen^ang  unb  erfctjöpfenb  bemäntelt,  8f)Xf)  1854,  1855,  1857.  »on  tfjm 
{räumt  biö  auf  wenige  Henberungen  ber  folgenbe  91rtifel.  S3g(.  aud)  Q&'öbtH  ©efd)id)te  bed  86 
4riftf.  Sfben«  in  ber  r^ein.  toeftp^l.  jtirebe  53b  III,  126  ff.  $(uf  ©obelö  edjllberung  nt^t 
StifdjlÄ  Starftedung,  ©c|cf).  bed  $ieti^tnuS  93b  II,  366  ff.  (ug(.  III.  265  ff.),  in  ber  cingelncö 
w  f4&rfere  Beleuchtung  gcrücft  ift.  Sgl.  aud)  SBürttemb.  m  (189H),  511  f.,  528  f.  lieber 
bie  ameritanifdp  Snfpirattonflgemeinbe  ber  @egenioart  f.  8.  tnor^,  3)ie  roaljre  Snfpira« 
tiondgemcinbc  in  3omav  1896.    lieber  iRocf:    %[).  Schott  in  9lb@  28,  735.  40 

3nfjnrierte  unb  3"f^ötio«^0«««nben  ftnb  eine  in  Seutfd^Ianb  um  1700  entftan* 
bene  &At,  toelc^e  burrf^  Anregung  ber  neuen  ^ßro^eten  ber  Samifarben  in  ben  GeDennen 
(f.  9b  3,  693  ff.)  aud  ben  bamald  in  Seutfd^lanb  ja^Ireid^  bor^anbenen  Separatiften  fic^ 
gebübet  fyat  unb  ba^er  i^ren  tarnen  fü^rt,  ba^  fte  mbm  ber  fyL  Schrift  nod^  eine  fort« 
irityicnbc  unmittelbare  göttliche  ^nf))iration  einzelner  ©laubigen  atö  befonberer  SBerfgeuge  46 
bc*  Äetfte«  anerlennt  unb  ftcb  i^ren  göttlichen  Slu^rad^en  untertoirft.  Sie  Snftririerten 
tomen  ^ierna4>  beutfe^e  Dualer  genannt  toerben,  unb  ^aben  bie  ©cparatiften  ju  SJor- 
gangern  unb  bie  §errn$uter  m  Nachfolgern. 

9ta$  bem  unglücflic^en  »udaange  bed  ßampfeö  ber  getoaltfam  unterbrüdtten  Stefor« 
mkrten  in  ben  GeDennen  um  9teligion&  unb  ©etoiffendfrei^eit  tamm  bielc  ir/rcr  t>or-  öo 
ne^mften  äinfü^rer  unb  au^erorbentlic^en  $ro))^eten,  toeld^e  nacb  Vertreibung  ber  orbent^ 
liefen  ?Jrebiaer  bie  ©abe  ber  begeifterten  Sluefprad^en  unter  leiblichen  (framp^  unb  frant« 
baften)  Srfqfütterungen  unb  anberen  tounberbaren  @rfc^einungen  bauen,  namentlich  @lie 
SRanon,  Suranbe  §age,  ^ean  Gabalicr  unb  Scan  9Uut  (f.  S3b  3,  69;$  ff.)  1706  na$ 
GagLmb  unb  ©c^ottlanb  unb  balb  barauf  aud)  nad)  ben  9cieberlanben  unb  erfüllten  bor-  66 
Mf*lty  bon  Cxmbon  aud  bie  gan^e  c^riftlid^e  9Belt  mit  ibrem  Sllarmgefd^rei  toiber  Säbel 
ffiwwhckfr)  unb  bie  grofee  $ure  (bae  ^a^fttum),  um  biefelbe  jum  ftampf  toiber  ben  2lnti= 
4nft  iu  entflammen.  SBegen  i^rer  ald  unnötig  erfunbenen  SBeiefagungen  bon  i^rer 
fwii$dfifcfcreformterien  ©emeinbe  in  Sonbon  unb  bann  auc^  t>on  ber  bif^öflic^angltta^ 
'"       Ahd^ngemetnfdjfaft   audgefc^loffen  (1707)   unb  baburd?  jum  Separatismus  unboo 


204  3fnfotricrte 

utr  Silbung  einer  befonberert  ©eltc  gebrängt,  toanbten  ftd&  bie  3nft>irierten  SHIut  unb 
ÜRarion  mit  ben  fte  begleitenben  Schreibern  tyrer  Sluäforad&en  Jacio  unb  SßotfaleS  1711 
nad)  ben  „jungfräulichen"  SRieberlanben  unb  nad&  ©eutfcfylanb,  unb  jtoar  natürlictyertoeife 
fd&on  allein  ber  Spraye  Wegen  junäd^ft  an  bie  bortigen  ja^lreic^en  franjöftfcfcreformierten 

6  Kolonien,  ofyne  jcbocfy  au$  bei  i^nen  befonberen  unb  nachhaltigen  Slnflang  $u  finben. 
©efto  entfcfyeibenber  War  tyr  (Sinflufe  auf  bie  jafylreid&en  (SrWedften  in  SRorb*  unb  SBeft* 
beutfd&lanb,  bie  fogenannten  Sßietiften  unb  ©eparatiften,  beren  §ang  nad&  ctyofafiflrttföen 
Schwärmereien  unb  Offenbarungen  tyren  3nft>irationen  empfängltd^  unb  gläubig  entgegen* 
tarn,    ©o  faxten  benn  bie  franjöftfctyen  3>nft> irierten  werft  tn^affe  (1713)  unb  in  Salin 

io  (1714)  feften  ^fufe  unb  gelten  in  §aße  1714  tyr  erfteS  gemetnfameS  SiebeSmatyl  (Ägape, 
Slbenbmafjl)  mtt  31  Sut^eranern  unb  Sieformierten,  Womit  ber  «nfafc  ju  einer  neuen 
©ette  gegeben  War.  ®er  junge  reformierte  SDomprebiger  Änautfy  (balb  barauf  fuäpenbiert 
unb  abgefegt)  berteibigte  t$rc  Sluäfliracfyen  amtlich  unb  öffentlich  ate  göttliche  SBeiäfagungen, 
unb  3lug.  $.  $rancfe  berichtete  anfänglich  amtlich  fe&r  günftig  über  fte:  „$>afür  motte  er 

15  gut  fein,  bafj  man  au$  bei  bem  fd&ärfften  Sjamen  finben  Würbe,  bafi  e3  leine  Betrügerei 
fei"  (bgl.  Äramer,  granefe  II,  161  ff.).  2113  nun  aber  auefc  beutfd&e  ©rWedfte  bon  ben 
frembartigen  Bewegungen  ergriffen  Würben  unb  2luäforac$en  erhielten  —  in  §alle  1714 
bie  erft  acfytjetynjätyrige  SKaric  ßlifabetfy  9Ratfye$,  Xocgter  beä  gamuluS  bon  gfrandfe,  unb 
in  93erlin  ber  erWccfte  unb  nad^er  Wa^nfmnige  ©cfyneiber  93oIid&  —  Warb  bie  ganje  ©e* 

20  f$i$te  fetyr  balb  berbäd&tig  unb  berbrängt.  Unterbeffen  War  bie  ©abe  ber  3nfr^ra^on 
auf  bie  brei  erWecften  93rüber  Sßott  tibergegangen,  Welche  big  batyin  in  #alle  ftubiert  Ratten 
unb  ftc$  (1714)  mit  tyrer  fdjjwärmerifd&en  SKutter  na$  ber  bamaligen  3ufluc&*  dte  **** 
folgten  ©ettierer  unb  ©eparatiften,  naeg  bem  Sfenburgifd&en  unb#anauiföen  in  ber  Söetterau 
b^abm,  Wo  fte  unter  ben  anfangt  mijjtrauifc|en  ©eparattften  balb  großen  Stnllang  fanben 

26  unb  fo  eine  befonbere  ©elte  unb  3nf)nration3gememf$aft  ftiften  tonnten.  2CXö  Häupter 
biefer  bornefymlic$  au$&ä)toabzn  unbgranlen  eingeWanberten  ©eparatiften  galten  M. Sbec 
^arb  Subtoig  ©ruber  (1665—1728)  in  #imbad&  bei^anau,  früher  Sletoetent  in  Sübmgen 
unb  Pfarrer  in  ©rofjjtifeen  unb  §ofen  bei  ©dringen,  M.  SfobreaS  (Srofe  m  ^ranlfurt, 
früher  Pfarrer  in  ©felingen,  Welker  juerft  in  #aße  bur$  SBreityaupt,  Slnton  unb  gfrandk 

aoerWedtt  Worben  War,  3joI?ann  griebri^  Stocf  (1678— 1749)  au3  DberWälben  bei  ©dringen 
in  äBürttembcrg,  ©räflicfy  Sfcnburgifc^cr  §offattler  in  §imbad&,  unb  ber  (Sinftebler 
(Srnft  G^riftof  ^od^mann  bon  §o$enau  (1670—1721,  f.  b.  ä.  8b  8,  162ff.)  in 
©d^loarjenau  untoeit  Berleburg.  3)iefe  ©e^aratiften  Ratten  no$  bor  funem  (1708)  bie 
unter  tynen  entftanbene  3Bieber=  ober  ÜReutäuferei  (^omfelaer^)  glüdlid^  tibertounben  unb 

86  auägefonbert ;  ber  ^nfbiration  bermoc^ten  fte  nid^t  ju  ioiberfte^en.  3U£#  tourbe  in  §anau 
bie  fcyon  früher  ertoeate,  bann  aber  toieber  lau  geworbene  go^anne  5Dlargaret^e  3Reh$ior 
tnfpirtert,  loorauf  aud^  i^r  einft  in  Seidig  unb  §alle  afä  ©tubent  ertoedter  unb  ©ejwra» 
tift  geworbener  ©c^toager  9teumann  (geb.  1687,  ftarb  nad^  1782  al«  treue«  ©lieb  ber 
Srübergemeinbe)   für  bie  !3nfiHHrtion  gewonnen  lourbe   unb  bann  nac$  längerem  Jtonfyfe 

40  ©ruber  unb  9todE.  ©ruber  ^atte  in  feiner  „Untertoeifung  bon  bem  inneren  SBort  ©otted** 
(1714)  bie  Xaulerifäe  2lnftc^t  bon  ber  unmittelbaren  Srleud^tung  im  ©runb  be«  ^erjend 
bertreten ;  er  fyatte  fi$  ba^er  länger  gegen  bie  biefer  3Ret$obe  ber  ftiHen  Offenbarung  ent* 
gegengefefete  ^nfairation  geioe^rt.  3)er  (Srfolg  ber  ^nfairierten  ««ter  biefen  ©c)>aratiften 
toax  „nic$t  gum  ioenigften  baburd^  herbeigeführt,  baft  bie  abgeftumpften  unb  gegen  etnanber 

46  gleic^giltigen  ober  mi^trauifc^en  3Renfd^en  ein  gemeinfame«  ^ntereffe  unb  babur$  teilet 
eine  Jeilna^me  für  emanber  gewannen,  ©ie  empfanben  alfo  bie  Anregung  bur$  ben  3»* 
f))irationdgeift  alö  eine  (Srtoeclung  au«  bem  ©ünbenfd^laf  unb  (Sinprägung  ber  ©ünbem 
bergebung"  (SRitfäl  II,  369). 

3)iefe  in  ber  SBetterau  mit  fo  ftarter  gemeinbebilbenber  ©ehmlt  aufgetretene  3m 

60  fpiration  entftanb  meiften«  mäbrenb  ber  gemeinsamen  @rbauung«berfammlungen  in  ben 
fogenannten  moirierten  SSertjeugen.  ©an^  ä^nlid^,  tvk  bei  ben  neuen  $rop^eten  in  ben 
(Sebennen,  gingen  ben  Slu^rad^cn  beftimmte  förderliche  ©mpftnbungen  unb  Seloegungen 
ftärferer  ober  f^toä*erer3trtt)or^er:  ein  SBärmcgefü^l  (©rennen)  in  berÜRäfye  btZ&maA, 
angenehme  ober  auq  toibrige  ©cru^empfinbungen,  Steigung  ber  3un0c  toi*  but<$  ©etoürj, 

66  33enebelung  beä  Äopfe^#  Beengung  be^  Sltmen«,  lonbulftbifd^e  8eh>egungen  be«  £etbe^ 
befonber«  ber  9lrme  unb  Seine,  ©Rütteln  beä  Köpfet,  ©d^lappern  be^  SeunbeS,  gudkmg 
ber  2l^feln,  ©d^lottern  ber  Äniee,  3^tcrn  ^  ®c»ne  —  toeld&e  Seioegungen  nac^  aller 
geugntö  bem  Ungewohnten  unb  Uneingetoeibtcn  fcbretflid^  unb  gräpd^  anjufe^en  toaren. 
®ann  gefäafy  mitten   in   bem  betoufetlofcn,  ctftatiföen,  fomnambülen  ^uftanbe  We  ffi»» 

60  fpra$e,  unb  biefer  meiften«  unmittelbar  f olgenb  bie  3lu3ft>ra$e,  entWeber  in  unauSgcbtlbeter 


3nfymerte  205 

Slrt  in  Mofj  Jnmtomimifd&en  Setoegungen  ober  ttypifd^en  §anblungen  (Änieen,  fted&ten, 
fyukn,  Klagen)  befte&enb  ober  —  meiften«  —  in  SBorten  fid&  au«brücfenb,  U>el<$e  mit 
unnatürlich  ftarfer  Stimme  in  furjen  ©äfcen  meiften«  in  biblifcfyer  Silbcrforad&e  ftofctoeife 
ausgebrochen  ttmrben.  3)a«  eintreten  be«  moirierten  Siebend  toar  meift  burefy  ©ebete, 
3efänger  reltgtöf e  ©efpräcfye  u.  f.  h>.  borbreettet;  aber  e«  tourbe  al«  ettoa«  aufgezwungene«  6 
atyfunben.  3)te  gfarm  to™  immer  fo,  bafc  in  bem  „3$"  ber  SRebe  ©Ott  forac^.  35em 
3nfalte  nac$  glichen  bie  8lu«fl>ra$cn  ben  j)ro^etif<$en  2)rotyungen  unb  Sßertycifeungen 
unb  ^anbellen  bornc^mlicfc  bon  ber  9lottoenbig!eit  ber  Übung  be«  tätigen  Gfyriftentum«, 
ber  Sufce  unb  93efe£rung  unb  richteten  ftd&  tyäuftg  an  einzelne  antoefenbe  ober  auefy  ab* 
ux(cnbe  ^ßerfonen,  beren  ^mterfte«  auf  merftotirbige,  erfäredfenbe  unb  ergreifenbe  SBcife  10 
but$  ba«  2Berf$eug  aufgebedtt  tourbe. 

$ur$  btefe  ©rfc&einung  füllten  ftd&  bie  in  Saufyeit  berfunfenen  ©eparatiften  in  ber 
fietttrau  unb  im  SBittgenfteinifcfyen  allgemein  unb  mächtig  ertoedft;  in  bem  neuen  geuer 
mtftanben  (fett  1714)  unter  biefen  bi«l?er  ganj  einfam  lebenben  ©titlcn  im  Sanbe  neue 
8(6etfgememfc$aften  mit  einer  beftimmten  Drbnung  unb  Serfaffung,  toeld&e  fi(§  feit  1716  16 
im  Unterföiebe  bon  ben  freien  ober  falfd^  3>nfyirierten,  bie  ftc$  gegen  bie  (Stnridfjtung 
einet  ^tögiplin  unb  ©emehtbeorbnung  fträubten,  bie  toafyren  3nfJ>iration«gemeinben  nannten 
unb  mehrere  taufenb  bon  früheren  ertoedften  ©eparatiften  fic|  einorbneten.  211«  moirierte 
unb  als  edjt  erlannte  SBerljeuge  traten  in  ber  6rtoecfung«aeit  bon  1714— -1719  im  ganzen 
afy  auf,  meiftenS  #anbtocrler,  unb  jtoar  ©trumpftoeber.  9iämli$  aufjer  bem  9Mc$tor  20 
unb  ber  grau  SBagner:  ©ruber«  einiger  ©otyn  3o^.S(bamf  ©d&toanfelber,  9Jladfinet,  JRodf, 
üifula  SRe^er  unb  Sodann  Äarl  ©leim.  3fn  ^rer  fötoärmeriföen  Segeifterung  burefc 
109m  fte  profefyienfüd&tig  jur  ©rtoedung  unb  Sammlung  ifyrer  Srüber  naf)  unb  fern 
nify  nur  bie  gange  SBetterau  unb  ba«  2Bittgenfteinif$e,  bie  fcfyon  boller  ©eparatiften 
taten,  fonbern  auefc  ganj  2Beftbeutf$lanb  unb  bie  ©djtoeij,  befonber«  2Bürttemberg,  bie  26 
${d)  unb  ba$  ©Ifafc,  ebenfo  aud&  Oft-  unb  SRorbbeutfcfylanb  bi«  naefy  ©acfyfen  unb  Sitymen 
änetn.  2>te  Berufung  unb  bie  2lu«rüftung  ju  biefen  berleugnung«*  unb  freujeäbollen 
Sete^nmgäretfen  in  bie  feinbli$e  2Belt  erfolgte  meiften«  in  unb  naefy  ben  2iebe«matylen 
(Streitermaf?len),  in  melden  bie  neue  ©emeinfcfyaft  ftcfy  in  fyofyer  Segeifterung  auf  %A> 
unb  geben  erbaute  unb  ftärtte.  Solcher  £iebe«mafyle,  toie  fte  bon  jetyer  in  ber  (tfyriftentyeit,  90 
too  fte  afe  ©efte  auftrat,  ftattgefunben  tyaben,  borfyer  unter  ben  Sababiften,  ben  franko* 
fiW«  3nftNrierten  un^  1>tn  SKiebertäufem,  ioie  nac^er  in  ber  SBrübergemeinbe,  fanben 
in  ben  betben  erften  %a\)ttn  1714—1716  im  ganzen  fünf  ftatt.  Söod^en  lang  bor^er 
tomben  fte  angetünbigt ;  nur  burd^  bie  3Berljcuge  namentlich  berufene  burften  baran  teil« 
«ernten;  ac^t  Sage  bor^er  fanb  ein  §aft*,  Sufe-  unb  Settag  ftatt;  Sag«  jubor  toarss 
morgend  unb  nachmittag«  Vorbereitung,  bei  freierer  jeber  {ein  befonbere«  Sünbenbefennt- 
wA  in  tnieenbem  ©ebete  ablegte.  2)a3  2iebe«ma^l  felbft  tourbe  nac^  bielftünbigem  Seien, 
6mgcn,  SBetefagungen  unb  Setennen  unb  t>orgängigem  §u^tüafd)cn  unb  nad)  glü^enbem 
Ski^gebete  eine«  SBer^euge«  burd^  gemeinfame«  @ffen  bon  ^uc^en  unb  SBein  gefeiert, 
toorauf  ftc^  anbern  Xage«  eine  9iac^feter  anfd^lo^.  40 

9latfirlic^ertx>eife  lonnte  biefe  getoaltfame  Slnfpannung  ber  ^öd^ften  Segeifterung,  aud^ 
toemt  fte  burc^  ba«  ^euer  ber  Xrübfal  unb  ber  Verfolgung  genährt  h)urbe,  nidjt  lange 
anhalten.  2)te  meiften  äBerljeuge  hörten  balb  ftrieber  auf,  Sluefprac^en  )u  fyabew,  teil« 
bunfc  eigene  Untreue  unb  Sau^eit,  teil«  burc^  innere  3to)if%Iriten,  teil«  burd^  äußere 
Um^änbe  gutn  ©$toeigen  gebraut.  9luc^  bie  Srüber  ^ott  unb  bie  Wat^e«  toaren  balb  45 
loiAer  lau  getoorben  unb  abgefallen.  Unterbcffen  Ratten  bie  treugebliebenen  $roj)fyetens 
Imber  am  4.  3juli  1716  in  Sübingen  burc^  ©ruber  IL  in  einer  3lu«fprac^e  i^re  Ver* 
fajjung  erhalten  :  „bie  24  Siegeln  ber  toafyrcn  ©ottfeligfcit  unb  ^eiligen  SSSanbel«".  ©ruber  I. 
tidbtete  nac^  biefen  ©runbregeln  in  ber  bortigen  ©egenb  ettoa  je^n  ©emeinben  ein :  gu 
6^kDanenau,  §omric#aufen  bei  Serieburg,  ^imbac^  mit  Sergfyeim,  Slonneburg,  3)übel«*  60 
^eim,  Tübingen,  Sirftein,  unb  öielleic^t  aud^  in  §anau  unb  granffurt,  toeld^e  bort  junt 
U&  bt«  in  ba«  gtoeite  Viertel  unfere«  ^ö^unbert«  beftanben  ^aben,  aber  burd^  älu«ioan- 
bemng  nac^  Stmerita  bi«  auf  einzelne  SRefte  t>erfd^h?unben  fmb.  Slu^erbem  beftanben 
fotye  0ebet«gemein|c^aften :  in  älntoeiler  in  ber  ^ßfal},  in  ©öppingen,  (Salto,  &tutU 
Satt,  Äeilbronn,  Ulm,  SRemmingen  in  ©c^toaben,  in  ©cfyaffoaufen,  3üric^,  Sem,  35ie^  55 
tafc  Ämfolbingen  in  ber  ©c^toeij.  §ü>t  ©emeinfd&aft  ^atte  einen  Sorfte^er  unb  xtoei 
SStältefte,  tuelc^e  mit  bem  Sorftanbe  ber  anbern  ©emeinben  bon  3«t  ju  ßeit  ju  „Äon* 
fanden  ba  älteftm  Srtiber"  jufammentraten  unb  alle  ©emeinbeangelegenl^eiten,  nament' 
H  gute  armenppege  unb  ftrenge  Äirc^enjud^t,  ^anb^abten.  Slufecrbem  bienten  bie  Se* 
H^mfrn  ober  Vifttation«reifen  ber  au«gefanbten  Srüber  jttr  @r|altung  ber  brüberli$en  eo 


206  3nfotriertc 

©emeinfd&aft.  Sin  befonbere«  Sefyramt  beftanb  in  ben  ©emeinben  nic$t,  bielme^r  mufcie 
in  ben  täglichen  ober  toenigften«  jtoei  fonntägltdj>en  93erfammlungen  jeber  ©rtoac&fene, 
3Rann  unb  $tau,  burc§  laute«  freie«  ©ebet  feinen  Seitrag  tyun.  Shtfserbem  tourbe  biet 
gefunden  (au«  bem  befonberen  ©efangbud^  ber  ©emetnfdfraft,  bem  fogenannten  Sübtn* 
6  giften)  unb  teil«  bie  $(.  Schrift,  teil«  bie  (in  50  Sammlungen  geföriebenen  ober  ge= 
brucften)  3lu«ft)rac$en  ber  SBerfgeuge  gelefen,  fall«  nid&t  ethm  einäBerqeug  antoefenb  toar 
unb  eine  neue  befonbere  Slugfpradje  an  bie  SBerfammiung  $atte.  3n  ber  bogmatif$en 
Se^re  ftimmten  bie  ^nfpirierten  im  toefentlid&en  mit  ber  gefamten  ebangelif$en  Aadpe 
überein,  bertoarfen  aber  gleich  aßen  anberen  ©eparatiften  biefe  Äird&e   felbft   mit  i&ren 

10  ©aftungen  al«  abgefallene«  Säbel,  unb  forberten  ftrenge  (Sntftaltung  bon  tyrer  ©einem; 
fd&aft  (laufe  unb  äbenbmafyl),  fotoett  fte  nic^t  ettoa  —  tote  j.93.  bei  ber  Zrauung  — 
unbermeiblicfc  toar.  3#re  fonftigen  ^raltifd^en  ©runbfäfce  toaren  bie  ber  betannten  HJty* 
ftilcr:  ©c&toenffelb,  3-  93<tyme,  SBeigel  unb  öoburg;  befonber«  fa^en  fte  bie  @fc  niify 
gerne,   toenn  fte  fte  and)  je  länger  je  mefjr  toenigften«  bulbeten.    ©id&  felber  betrachteten 

16  fte  al«  (Streiter  ßfyrifti,  beren  Seben  in  biefer  2Belt  nur  ein  Seben  boller  Sntfagung  unb 
Verleugnung  fein  muffe. 

9lad)  bem  aufhören  ber  übrigen  Sffierljeuge  feit  1719  trat  ^obamt  griebric^  9totf 
al«  einzig  übriggebliebene«  SBerfyeug  mit  bem  Sluffetyer  ©ruber  an  bie  ©pifce  ber  ®e= 
meinben  unb  toarb  na$  ©ruber«  Stob  (1728)  bi«  an  feinen  2ob  (1749)  ber  borne^mfle 

20  Präger  be«  c^riftlid^en  Seben«  in  itynen. 

Sr  toar  am  5.  -Jlobember  1678  ju  Dbertoälben  bei  ©bringen  geboren,  too  fein 
SBater  Pfarrer  toar ;  aud&  feine  SWutter  toar  eine  $farrer«toc&ter  unb  fem  ©roffrater  toar 
Prälat  in  3Rurrfyarb  getoefen.  @r  felbft  §at  ba«  ©atttertyanbtoerf  erlernt  unb  aud?  fpäter 
burd&  biefe«  feinen  Unterhalt  üerbient.    ©d&on  al«  Jtinb  tyatte  er  Slnfaffungen,  geriet  aber 

26  fpäter  auf  2lbtoege,  bi«  er  na$  langem  §in*  unb  #crfc&toanfen  juerft  1700  in  £atte 
unb  bann  (1701)  in  Berlin  grünblicty  ertoeeft  tourbe,  toorauf  er  1702  na$  Stuttgart 
jurtitffe^rte.  ®r  führte  jefct  ein  ftrenge«  Seben  unb  trat  gegen  bie  9Riftbr&u$e  in  ber 
Sanbe«fird;e  auf,  bon  ber  er  ftd&  äufeerlicfy  unb  innerlich  me^r  unb  mefr  trennte,  in  einer 
Seit,  in  ber  in  SBürttcmberg  au$   fonft  eine  ftarfe   feparatifttfdjje  Strömung  t>m$anben 

so  toar.  SBegen  be«  1707  ergangenen  ftrengen  Steffripte«  toiber  alle  $ribatt>erfammlungen 
toanberte  SRocf  (mit  ©ruber  unb  @rofc)  na$  bem  ^fenburgifd^en  au«  unb  berfebte  bort 
al«  gräflich  marienbornifd^er  §offattter  einige  Qa^re  in  fttUer  ©nfamfeit,  in  toelc^er  er 
bon  bem  ge{e$li$  picttftifc^^fc^arattfttfd^cn  SBefen  jmr  fällen  intoenbigen  SJtyftif  überging. 
3)ann  tourbe  er  bon  bem  3jnfi)iration«toefen  ergriffen  unb  blieb  bemfelben,  nadfr  Überträte 

86  bung  ber  erften  Abneigung,  Slbtoege  unb  Unlauterfeit,  in  aufrichtiger  §er^cn«frömmigfeit 
jeitleben«  treu  unb  ergeben.  9Hit  unermüblic^em  ßifer  machte  er  bi«  ju  ben  legten  fteben 
3al)ren  feine«  Seben«  nid)t  toeniger  al«  39  S3efuc^«reifen.  ©ie  führten  i^n  bor  allem 
nad^  SBürttemberg,  na$  ber©c^toeij,  nad^  ©ad^fen,  nad?  ©Aleften.  5Da^er  toar  auc^  fein 
3Rotto :   In  Forttoä^renben  Reifen.   Verfolgung,  ©c^mad^,  sJJli^anbIung  unb  ©efängnt«, 

40  toeld^e  i^n  forttoä^renb  trafen,  atyttt  er  nid^t,  ba  er  immer  nur  bem  2)range  na$  S^ 
fe^rung  ber  ©eelen  unb  ßrbauung  ber  Srübcr  folgte.  2Rit  ben  bebeutenbften  ober 
frömmften  -Diännem,  unb  namentli^  ben  ©eparatiften  feiner  3e^  mit  Oetinger,  Sengd, 
©teinfyofer,  sJ)iarfat;,  Dr.  Äaifer,  Dr.  Garl,  Dr.  Sippel,  ©beimann  unb  ©c^i^,  unb  be« 
fonber«  mit  bem  ©rafen  3in)enborf  unb  ben  ©rftlingen  ber  Srübergemeinbe  fam  er  babei 

«6  in  t>telfacr;c  perfönlic^e  Serü^rung,  unb  benu^te  jugleid^  feine  ©abe  ber  fc^nftlic^en  3*d>e 
unb  ber  Reimerei  jur  2lbfaffung  unb  Verbreitung  feiner  frommen  ©ebanten  unb  ®r* 
fabrungen  in  feinen  Tagebüchern  unb  Siebern,  toeld^e  freiließ  je^t  unfömacfyaft  ge> 
toorben  ftnb. 

Unterbeffen   nafym  aber  ber  3n)>iratton«t)criobu«  mit  bem  Sfofoören  ber  anberen 

üo  üffierfgeuge,  ber  9lu«toanberung  bieler  ©eparattften  unb  mehrerer  ehemaliger  ©erzeuge 
(©ruber  II,  ©leim  unb  5Kaainet)  nac^  ©ermantoton  in  $ennfvlbanien  fett  1726,  mit 
be«  audgegeid^net  erfahrenen  ©ruber«  lob  1728  unb  befonber«  mit  bem  anfange  be« 
fyerrnlmtifcfyen  ^eriobu«  feit  1730  aHmäfylid?  ab,  unb  e«  tourbe  fpäter  bem  alternbat  3W 
fd^toer,   ftcb   in  biefe  Slbna^me  ber  forttoä^renb   für  göttlich   gehaltenen  3nf)>itation  ja 

55  fc^iefen.  Vefonber«  fc^merjlic^  toaren  t^m  feine  Kämpfe  mit  bem  einfit  innigfl  Don  tym 
geliebten  unb  noc^  inniger  an  tlnn  ^angenben  ©rafen  3'n}en^^  toelc^er  juerft  1730 
nad^  bem  28ittgenfteimf$en  unb  bem  ^fenburgifc^en  fam,  anfang«  mit  9ioa  unb  ben 
„toa^ren  ©ebet«gemeinben"  in  bie  innigfte  Srubergemeinfd^aft  trat,  bann  aber,  ttac^bem 
er  felber  toieber  tirc^Iic^er  getoorben  toar,  feit  1732   ftc^  atlmäfyltd?  )urüd)og  unb  ettbU^ 

co  —  toegen 9toc!«  Verad^tung  belaufe  unb  be«  tyeil.  Slbenbma^le«  —  1784  juerfl  ^etntlt^ 


Snfomerie  207 

unb  bann  öffentli<#  ftd&  bon  tym  loäfagte.  2Bie  3faigenborf  bie  ^nfoiration  Stodfö  Der* 
toarf,  fo  tabelte  biefer  mit  toadjjfenber  Schärfe  bieleä  an  %mtm  unb  toarf  itym  Unlauter* 
feit  bor.  311$  ginienborf  nun  aber  au$  £errnfyut  berbannt,  1736  mit  feiner  Sßilger* 
gemeinbe  in  berSBetterau  fic$  nieberliefj,  beifügte  er,  eingetne-Dtttglteber  ber  3nft>iration& 
gemeinbe  gu  ft<$  ^erübenugtetyen.  9JKt  9tocf  fyatte  er  aufter  einer  gufäßigen  leine  perfön*  5 
li$e  Setü^rung  me$r.  &er  8rud&  toar  enbgiltig.  $ingenborf  trat  mit  offener  fteinb* 
fdigfett  toiber  fie  auf,  erflärte  9tocf,  „ben  er  früher  einige  $atyre  lang  geehrt,  geliebt  unb 
betounbert"  fatte,  1740  für  einen  falfd&en  ^ro^eten,  toäljrenb  Stodf  toiber  bie  in  ber 
Setterau  ftc$  ausbreiteten  unb  in  £errnfyag  1745—1750  in  bie  fd&recf  lichte  Scfytoär* 
meret  berfattenben  93rfiber  mit  bitterem  @mfte  toetefagte,  ben  bon  tym  bortyer  berlünbigten  10 
traurigen  Untergang  $ermljaagS  (1750)  aber  nid&t  me^r  erlebte,  bon  bem  bagegen  für 
ein  ^a^unbert  toito  W*  9>ntyirterten  Seftfc  nahmen. 

8u$    mit   feinem   früheren  g*eunbe,   bem    mtyftifd&en   Separatisten    Dr.   Sodann 
Äatfer  (Älet^o^tluö),    einem  Anhänger  Söhnte«,    be$  SftolinoS  unb   ber  %xau  ©utyon, 
toe($er  1710  in  Stuttgart  eine  ^ilabetyfyifd&e  ©emeinbe  geftiftet  tyatte,   bie  aber   balb  15 
toieber  gerfiob,  unb  1717  eine  ^nftJiration^gemeinbe  gebilbet  fyatte,  geriet  SRodf  1740— 1748 
in  Streit,  nac^bem  Äaifer  alle  ^nftririerten,  bie  jemals  in  grantreidjj,  (Snglanb,  §ottanb, 
Seutfölanb  unb   im  3faburgifd&en  getoefen  feien,   „falfcfye  2Begtoeifer"  genannt  fyattt. 
Stod  unb  bie  alten  naefy  3lmerita  auägetoanberten  SBerlgeuge,  ©ruber  II.  unb  9Racfinet, 
traten  mit  einmütigem  unb  freimütigem  ßeugntffe  toiber  tyren  früheren  g-reunb  unb  nun*  20 
tnetyrigen  hnmer  bitterer  toerbenben  ©egner  auf,  unb  toir  berban!en  biefem  Streite  bie  toidfc 
tigften  (SrHarungen  über  ba$  SBefen  unb  für  bie  Sßa^cit  ber  3nfj3tratton.    Unterbeffen 
fanben  bie  ^nftririerten  auefy  in  biefer  3«*  i^re^  beginnenben  SSerfaÜe«  immer  noety  neue 
Anhänger,  befonberä  au$  unter  Ideologen  unb  Straten.    SDie  bebeutenbften   unter  ben* 
fetten  hniren  ber  1716  getoonnene  reformierte  ^nfreltor  ßejjler  in  3*°^^*^   toetdjer25 
1728  ©rubere  Slat^f olger  in  Sd&toargenau  tourbe,  jebod^  fd&on  1729  an  ber  gangen  %n* 
fpiratioitdfacfye  toieber  irre  tourbe;  Dr.  Garl  in  Tübingen  (1675—1757),  1714  getoonnen 
unb  feit  1728  abgefallen,  toorauf  er  bon  1730—1736   bie  ©eiftlid&e  $ama  Verausgab ; 
unb  enbli$  ber  bis  gulefct  treu  gebliebene  §ofbrebiger  Dr.  Äämbf  in  Sautyl  im  (flfafc 
(1687—1753),  toelc&er  1716  fein  Pfarramt  nieberlegte,  fid&  ber  9Mebigin   toibmete  unb  90 
ftwter  lanbgräf lieber  Seibargt  in  §omburg  tourbe,  too  er  eine  berühmte  mebiginifd^e  Schule 
bilbete  unb  inäbefonbere  aud&  ben  mit  ben  §errnfyutern  toie  mit  ben  Sttftririerten   eine 
3eit  lang  berbunbenen  Oetinger  gu  feinen  Schülern  gäljlte.    (3luc$  2erfteegen   fyatte  in 
ber  3*«*  \*n**  t*$m  ßrtoedfung  infolge  feinet  Umgange«  mit  einigen  ^nfpirierten  3alpe 
lang  ^nftrirationäbetoegungen,  toel$e  er  aber  möglich  betämpfte.)  2l$t  ^a^re  bor  feinem  35 
Zobe  ntu|te  fftod  feinen  bie^erigen  3uffodjt3ort  §imbad^  berlaffen  unb  nac^  bem  Scbloffe 
Sebi^aujen  bei  §anau  gießen,  too  ber  ©anerbe  ©remp  bon  Sfreubenftein  $erg  unb§au« 
bem  Bebröngten,  Sertoorfenen  unb  SBerfto^enen  aufget^an  tyatte.    9Jic^t  me^r  befuc^enb, 
aber,  oft  aud  toeiter  gerne,  bielfad^  befugt,  bellagte  er  ben  eingetretenen  Stillftanb  unter 
ben  alten  unb  jungen  Seelen,  f<$rieb  fd^on  1746  einen  3lbf$ieb£gruf$  an  bie  bamatö  norf)  40 
tm^anbenen  ©emeinben  in  S^toargenau,  Berleburg  unb  ^omrig^aufen,  an  bie  Scfytoeiger 
Srüber  unb  bad  Stottotildvc  Sanb,  an  bie  ©öppinger,  SReutoieber,  ^omburger,   Hanauer, 
©irfteiner,  Sleu^enbac^er  unb  alle  ^fenburger  93rüber,  unb  ftarb  bann  am  2.  sJJiärg  1749 
freubig  unb  getroft,  nad^bem  er  no^  im  Sterben   eine  taum   bemerfbare  S3etoegung  mit 
ba  Suäfrradp  gehabt  ^atte:   „35er  9)tann,  ber  aud  bem  §immel  ruft,  toirb  balb  Ottern  u> 
«a^en!    3)er  toirb  aud  einer  flehten  eine  gro&e  Äraft  machen.    %fyt  fd&laf  ic^  ein  in 
3efu  Stauten,  balb  ftid  unb  ru^ig,  3lmen!" 

SSwi  nun  an  erlebten  bie  ^nfairationägemeinben  «ne  Ian0c  3clt  *><*  abnähme  unb 
be*  SUtfflerbend,  fo  bafc  ed  faft  unbegreiflich  ift,  toie  fic  ftdb  o^ne  9ia$tou$3,  o^ne  s^rc= 
biat,  laufe  unb  ÄebeSma^I,  ba«  erft  feit  1820  toieber  gefeiert  toorben  gu  fein  f$eint,  nod^  60 
erhielten,  ja  na$  60*  bi«  70  jähriger  Unterbrechung  mit  Kraft  toieber  auflebten.  Sie 
toufcten  ftd^  in  biefer  3^  nur  noc^  toe^toütige,  ftid  ergebene  2obe3na$rid(?ten  mitzuteilen. 
£0  ertoac^te  aber  mit  bem  neuen  $riftU$en  Htb^n  in  ber  großen  Jlirc^e  überhaupt  aud^ 
toieber  unter  ben  ertoeeften  Separatiften  bie  ©abe  ber  ^njpiration  unb  gtoar  nad^  ber 
tkftreibung  bon  Slugenjeugen  gang  in  ber  alten  camifarbif$en  unb  toetterauifd^en  3lrt.  55 
3»esp  1816  in  bem  Scpnetber  Wi&ad  5haufert  au^  Strasburg,  b\$  1820  ba^  gtoeite 
Kurrftanbene  S3erfgeug,  Barbara  $etnemann  au$  £etler^toeiler  im  (Slfafe,  feine  Unlauter^ 
tat  entberfte,  toorauf  1823  ber  Schreiner  ßbrifttan  3Jle$,  geb.  1792  in  sJteutoieb,  an  i^re 
Steile  trat  Unter  bem  Sinfluffe  biefer  erften  3Berfgeuge  reorganifierten  ftd^  nun  bie  alten  faft 
Kifaflenen  ©emeinben  im  ffilf a|,  in  ber  Sßfalg  unb  in  ber  SSBetterau  1816—21  aufä  neue  auf  <» 


[ 


208  dnfyiritrte  unterbot 

©runbityrer  alten  ©rubelen  Siegeln  ber  ©ottfcligfcit,  toanberten  aber  bann  bteauf  toenige 
SRefte  infolge  be«  erneuerten  SDrudfe«  ber  tyefftfcfyen  unb  preufjifdfren  Dbrigfeit  ettoa 
800  Seelen  ftar!  au«  ber  SBetterau,  bem  2Btttgenfteinif$en  unb  SBiebiföen  fett  1841 
unter  ber  Seitung  bon  9Re$,   bem   §ofrate  Dr.  SBeber  au«  £i$   unb  bem  gabrifanten 

6  3Rörfd&el  auf  ber  9tonneburg  naefy  ©benejer  bei  Suffalo  in  ÜRetotyort,  too  fte  eine  ayf 
3lcferbau  unb(3;ucfc)  gabrifation  gegrünbete,  äufeerltcfc  rafd&  aufblityenbe  unb  aud?  innere 
ltd?  gebetyenbe,  in  tetltoeifer  ©ütergemeinfd&aft  lebenbe  unb  lebiglidfr  bon  9Refc  atä  bem 
SBertjeuge  regierte  Kolonie  bon  tttoa  1500—2000  Seelen  errichteten. 

Seit  1854  fiebelte  ein  %til  ber  ©emeinbe  na$  Slmana  Qotoa)  au«.    $ter  gibt  e« 

10  nod?  ^eute  eine  3jnft>iratton«gemeinbe,  über  bie  Ä.  Änorfc  (f.  o.)  berietet  9ta<£  bem  Xob 
bon  9Kefc  (1867)  toar  Sarbara  Sanbmann  bie  Setterin  ber  ©emeinbe;  fett  tyrem  Xobe 
(1884)  tyat  fein  jDlitglieb  metyr  bie  ®abt  ber  2Bci«fagung  erhalten.  Sie  führen  tyier  ein 
ernfte«,  jurüdEgejogene«  Seben  unb  ftnb  burdj;  grofce  geföäftltd&e  Sü^tigfett  ausgezeichnet. 
®er  ©otte«bienft  ift  bon  äfynlic^er  (Sinfad^eit  toie  ber  ber  Duädfer.  ©er  ftommum«mu« 

16  bilbet  au$  jefct  nod&  bie  ©runblage. 

hieben  biefen  3>nf  jriration«gemeinben  bat  e«  f orttoätyrenb  metyr  ober  toeniger  mit  fyten 
in  3ufammenfyang  ober  ©egenfafc  jte^enbe  einzelne  gjnftririerte  gegeben,  bef.  in  ber  fron« 
jöftfd&en  unb  in  ber  beutfdjen  Sdjtoeij,  fotote  in  Dberbeutfd&lanb.  SBertoanbte  @rföei* 
nungen   in  neuerer  $eit,  tote  bie  „ßäfare"  in  Sc^toeben   unb  Slortoegen,   natfc   einer 

20  Seite  fyin  and)  ber  3jrbingiani«mu«  ftnb  tyier  ni$t  ju  befi>red&en.  6«  toäre  einmal 
eine  lo^nenbe  Stufgabc,  aQe  bie  bertoanbten  $ufeerungen  ber  3nf))itation«gabe  au«  ben 
berföiebenen  Sßerioben  ber  Ä©  unter  pfod&ologifäem  @eftd&t«Jmnft  im  3ufammen^an0  lu 
betyanbeln.     ©öbel«  oben  angeführte  arbeiten  geben  baju  reiben  Stoff. 

(W,  ®B*e(  f)  $e§ler. 

26         Intention  f.  Saframente. 

^nterbtft.  —  Ferraris,  Prompt»  Bibliotheca  s.  v.  Interdictum ;  Äober,  Ärd).  f.  fat$. 
m.  21  u.  22.  ©b;  £tnf4ut«,  äirc&enrecftt  §261  93b  V,  1895  ©.  19  ff.;  9fti«ter,  fcoue,  Staffi, 
Äircfanredjt  8.  «ufl.  1886.  783 ff.;  grtebberg,  flircfcnredjt  4.  «ufl.  1895,  6.  274;  «ober  im 
Ar«,  f.  tat!),  m.  ©b  21  unb  22. 

so  ^nterbitt  (interdictum  sc.  officiorum  divinorum),  b.  i).  Unterfagung  be«  @otte«= 
bienfte«,  ift  eine  Äird&enftrafe,  ^enfur  °^er  poena  — ,  toeld&e  ftd&  au«  ber  ©rfommunU 
fation  (f.  b.  21.  Kann,  93b  II,  S.  381  ff.)  in  ber  3lrt  enttoidfelt  tyat,  bafe  eine  befonbere 
golge  biefer  $cn]\\x  (bie  2lu«f$liefcung  bon  ben  SBofyltyaten  be«  ©otteäbienfte«)  )u  einem 
jelbftftänbigen  Strafe  unb  3toang«mittel  gemalt  tourbe.     Sa«  interd.  locale  unterfogt 

36  ben  ©otte«bienft  an  einem  beftimmten  Ort  ober  in  einem  beftimmten  93ejirf,  ba«  interd. 
personale  für  beftimmte  <ßerfonen.  33or$ug«toeife  toirb  unier  gnterbilt  ba«  erjtere  Der» 
[tanben,  r;au^tfäd^Uc^  ba«  interd.  generale,  hne  e«  bon  ben  $fyflen  be«  HKittelalter« 
in  ibren  Ääm^fcn  gegen  bie  tt)c(t(id)en  Ifläfyt  über  ganje  Sänber  unb  Steige  Der^angt 
mürbe,  unb  meinem  ba«  particulare  in  bem  Sinne  gegenüberfte^t,  bafe  e«  nur  einzelne, 

40  für  ben  ©otte«bienft  beftimmte  3läumlic^!etten  betrifft:  c.  17  X  de  verb.  sign.  6,40. 
2lu«  ber  2)arfteßung  feiner  ©efd^id^te,  hrie  fte  Äober  a.  a.  D.  gegeben  1)ai,  ift  bei  genauerer 
Prüfung  ju  entnehmen,  bafe  jtoar  2tnfä§e  ba^u  fc^on  in  ber  Seit  ©regor«  bon  Xour« 
borfommen,  c«  aber  boc^  erft  im  11.  ^a^unbert  Seftanbteil  ber  fir^lic^en  9te<^t«orb* 
nung  ju  Serben  angefangen  unb  nur  aflmäljltcfy  ben  (S^arafter  eine«  9tcc^t«ütftitut«  mit 

46  feftbegrenjtem  Sn^alt  angenommen  fyat,  toelc^cn  e«  im  Corpus  juris  canonici  an  fty 
trägt.  So  beredt  e«  Dorncfymlicfy,  burd^  feine  Unfd^ulbige,  toie  Schuftige  )ugleic$  treffen« 
ben  befc^toerlid^en  SBirfungen  einen  ftarfen  3lntrieb  auf  feine  Seranlaffer  au«)uüben,  ba? 
mit  fte  eine  älufle^nung  toiber  bie  Jtird^e  ober  eine  $r  ^gefügte  Jtränfung  toieber  auf« 
tybm  unb   gutmad^en  foden.    Über  bie   einzelnen  ^älle  feiner  Slntoenbung   bgL  Äober 

60  a.  a.  D.  8b  22,  S.  17  ff.  Sil«  totale«  —  feine  Ser^änaung  al«  »>artiale«,  b.  $.  mitSe* 
fd^ränlung  auf  einzelne  beftimmte  SBirfungcn,  ift  bie  3lu«na^me  —  befte^t  e«  eigentlk^ 
in  bem  SBerbot  ber  Sertoaltung  ber  Saframente,  ber  geier  be«  ©otte«bienfie«  unb  be« 
fird&lid&en  Segräbniffe«  über^au^t;  inbeffen  ftnb  nad^  unb  nad^  berfd&iebene  SRilberungen 
eingeführt  toorben.    Sllejanber  III.  erlaubte  im  ^afyre  H73   bie  Xaufe  ber  ftmber  unb 

66  ba«  Sufcfaframent  für  bie  Sterbenben  (c.  11.  X.  de  sponsalibus.  IV.  1,  DgL  c  11. 
X.  de  poenit.  et  remiss.  V.  38.  c.  24  de  sententia  exeomm.  in  VI.  V.  11),  311* 
nocenj  III.  auc^  bie  girmung  unb  ba«  Sßrebigen  (c.  43  X.  de  sent.  exeomm.  V.  89. 
a.  1208),  fotote  unter  getoiffen  Sejcbränfungen  ba«  Sufcfaframent  allgemein  (all.  X. 
de  poenit.  V.  38.  a.  1214,  bgl.  c.  24  de  sent.  exeomm.  in  VI),  ba«  ftiHe  Segröb* 


Suterbift  209 

nid  ber  Jtteriter,  toel$e  ba«  Snterbift  beobachtet  fyaben  (c.  11.  X.  cit.  V.  38),  be«gleic$en 
m  bat  Stonbenten  bet  Regulären  ba«  Sibyllen  ber  fanonifd&en  ©tunben,  otyne  ©efang, 
lmb  ba*  Sefen  einer  füllen  3Jleffe,  h>a£  im  fotgenben  %cfyxt  auf  bie  93if$öfe  au«gebe^nt 
tmabe  (c.  25.  X.  de  privilegiis  V.  33,  a.  1215).  2)abei  toar  ober  fcorgefcfyrieben, 
bafc  bie  (Ssfommunnierten  unb  perfönlid?  ^nterbijierten  nidfjt  antoefenb  feien,  bie  Stauten  5 
be«  ®ottcätyaufe$  gefd&lofjen  bleiben,  auefy  bon  ben  ©locfen  !ein@ebrauc&  gemalt  toerben 
füllte.  Sonifatiud  VIII.  (toeld&er  auc$  bie  Saufe  unb  girmung  @rtoa$fener  geftattete 
c.  19.  de  seilt,  exe.  in  VI*0)  erweiterte  be«  bafyin,  bafe  an  ben  Jeften  ber  ©eburt  be« 
$errn,  Dftern,  SJJfingften,  SRariä  Himmelfahrt  feierlicher  ©otte«bienft,  bei  geöffneten  Spüren, 
unter  ©lodengeläute,  unter  3ufoffung  ber  gnterbijierten,  ftattfinben  bürfe.  2tu«gcfcfylojfen  10 
füllten  aber  bie  @jfommunnierten  bleiben  unb  bie  gnterbijierten,  foelc^c  ba«  Sntobift 
teranlaftt,  m  nidjjt  bem  Slltare  nähern  (c.  24  de  sent.  exeomm.  in  VI.  [V.  11]). 
Wartin  V.  unb  (Sugeniu«  IV.  bebten  bie«  auf  bie  gange  Dftaöe  be«  gfronletd&nam«* 
fefte^  (festum  corporis  Christi)  au«  (Const.  Ineffabile  a.  1429  unb  Const.  Ex- 
eeüentissimam  a.  1433,  im  Bullar.  Magnum  Tom.  I.  Fol.  308.  323),  £eo  X.  auf  15 
bie  Dttabe  be«  grefted  ber  @mj>fängni«  ber  fjlL  Jungfrau,  äufeerbem  tourben  ju  ©unften 
ber  gran§i«faner  unb  anberer  9Hön$«orben  nod&  öerfd&iebene  2tu«nafymen  überbie«  ein- 
geführt  (Ferraris,  s.  v.  interd.  Art.  VI,  nr.  15  sq.).  ©afe  aber  fonft  bie  Regulären 
bie  gnterbttte  beobachten  füllten,  fd&ärfte,  toie  fd&on  Giemen«  V.  (c.  1  Clem.  de  sent. 
exeomm.  V.  10.  Conc.  Vienn.  1311),  ba«  Iribentimföe  ftonjil  hrieber  ein  (sess.  ao 
XXV.  cap.  12  de  regularibus).  gmmer  trifft  ba«  lofale  ^nterbift  aud&  bie  in  bem 
bamit  belegten  Orte  u.  f.  h>.  antoefenben  Unf$ulbigen ;  aber  aud&  bie  barin  toofynenben 
Unföulbigen  nic^t  aufiertyalb  (c.  16  de  sent.  exeomm.  in  VIt0). 

SDa«  ^nterbift  ijt  mixtum,  b.  \).  perfönlid^  unb  örtlich  beftimmt  unb  in  feiner  ört= 
liefen  Segie^ung  toanbelbar  (ambulatorium),  toenn  e«  toegen  beftimmter  $u  ftrafenber  25 
ober  gu  foüfeenber  ^ßerfonen  alle  Drte  treffen  fod,  in  toel$e  biefe  lommen,  fo  lange  fte 
fö  ba  beftnben  (f.  Äober  a.  a.  D.  8b  21,  6.  302  ff.  unb  bgl.  c.  11  X.  de  spons.  4,  1 
unb  Cl.  (de  poenis  5,  8).  (Sine  äbart  be«  Sofalinterbiit«  ift  bie  cessatio  a  divinis, 
ba*  teiltoeife  (SinfteHen  gotteebienftlid^er  fteierlid&feiten,  namentlich  be«  @ebrauc$«  ber 
©locfen  unb  Orgel,  ba£  unter  ber  gorm  ber  Trauer  über  eine  ber  ßirdje  jugefügte  Unbill  ao 
beten  Sttpettung  bejielt  (f.  c.  2.  8  de  off.  ord.  in  VIte  1,16.  Cl.  1  de  sent.  exe. 
5, 10),  unb  fo  noö)  im  gotyre  1839—1840  bei  ©elegenfyeit  be«  SSerfafyren«  ber  preufe. 
Segtcnmg  gegen  ben  6rjbifdj>of  Don  *ßofen*©nefen  SM.  t>.  2)unin  jur  2tntoenbung  fam. 
Sin  aOflemeine*  Sofalinterbiit  ift  julefct  1606  fcon  $.  $aul  V.  über  bie  Stepublii  SJenebig 
behängt  toorben  (f.  Sliegger,  Diss.  de  poenit.et  poen.  eccl.,  Vienn.  1772,  §  LXXVI,  86 
aaäf  in  ©cfynibt,  Thes.  jur.  eccl.,  T.  VII,  p.  172);  e«  ift  nid&t  metyr  „lebenbiger  8e* 
ftanbteil  ber  JHr$enbi3)i)>lm"  (Jtober  a.  a.  0.  9b  22,  ©.  53),  aber  e$  ift  bur$  biefe 
desaetado  ni$t  rec^tlid^  aufgehoben,  ba  fte  ntcfyt  auf  opinio  necessitatis,  fonbem  nur 
auf  ba  (Erfahrung  feiner  ttyatfä$Ii$en  jioeettoibrigen  2Bir!ungen  beruht  (bgl.  hierüber, 
fotöte  über  pnn^ielle,  aber  erfolglofe  @intoenbungen  bagegen  j.  33.  f$on  üon  ©er^o^  t>on  40 
Scufreriperg  um  bad  3. 1146  Äober  a.  a.  D.  »b  21,  ©.  27  f.,  30  f.,  37,  93b  22,  ©.  51  f., 
unb  über  ftaatli$e  ©egenma^regeln  ^riebberg,  ©renjen  jtoifc^en  Staat  unb  Jtirc^e,  ©.  484, 
670).  Sa*  befonbere  Sofahnterbift  ioenigften^  fe^t  atö  ju  SRed^t  befte^enb  nod^  bie  bei 
Sinter *Dotx*Äa^,  @.  785,  u  angeführte  ©teile  ber  ftonft.  $iud  IX.  Apostolicae 
seduB  tHmtud.  45 

9bic^  bod  interd.  personale  ift  generale  ober  particulare,  jenacfybem  e^  ganje 
Inbegriffe  Don  $erfonen  ober  nur  einzelne  aU  fo!d>c  betrifft:  c.  16  de  sent.  exe.  in 
Vi*0,  c.  1  de  usuris  in  VIt0  5,  5.  SBirb  ba^  erftere  über  ben  Äleru«  eine^  Drte« 
an*9efrro$en,  fo  trifft  tZ  nic^t  aud^  ba«  SSolf  unb  umgete^rt:  c.  16  cit.  (and)  mit  bem 
JÖmt*  ni^t  bie  Regulären  an  ^  (^ober  a.  a.  0.  Sb  21,  6.  300).  Sei  ©etftli$en  co 
bebeutet  ed  inäbefonbere  bie  interdictio  ingressus  in  ecclesiam,  um  barin  gotte«- 
MafttM^e  $anblungen  )u  beniesten :  c.  48  X.  de  sent.  exe.  c.  20  eod.  in  VIU>.  2)a« 
Zcibcntintf^e  Jlonjil  toei^ängt  biefe  ©träfe  über  bie  Sifcfyöfe,  U)elc^e  bie  SRefibenjgefefce  be« 
bc^arrlkb  übertreten:  Sess.  VI.  c.  1  de  reform.  Stilen  entgic^t  ba«  s^er{onalinterbi{t 
ba*  Secpt  be*  firc^lt^en  9egräbnijfe«,  toenn  fte  nominatim  tnterbi^iert  ftnb  unb  ba«  66 
Urteil  *mt  Stifter  )>ubli)iert  ift  (Äober  a.  a.  0.  Sb  21,  @.  341). 

Seiberlei  ^ntabilte  lommen  audb  al«  cens.  latae  sententiae  Dor;  über  bie 
empbten  gofle  beim  Soldlinterbift  f.  Äober  a.  a.  D.  $b  22,  6.  33 ff.;  über  bie  beim 
$crfonalmterbift  ebenbafelbp  ©.35  ff.,  unb  Pii  IX.  Const.  Apost.  sedis  sub  rubr. 
InteftL  L  s.  k>erbunben  mit  Conc.  Trid.  S.  VII.  c.  10  de  reform.  go 

nnl**m*OopäbU  für  Steolotfc  unb  ftir^c.  3.  8.  IX.  14 


210  3«terbift  Interim 

3)aS  9le$t,  Ignterbitte  gu  beringen,  fyaben  (fraft  eigenen  Sle^tä)  ber  $al>ft,  We 
Äongilien,  bie  93ifcfyöfe,  regelmäßig  mit  ben  Kapiteln,  auänajjmStoeife  au$  ofyte  fte  (tote 
ehemals  auc$  toobl  jtapttcl  traft  befonberen  SRedbtö  für  ftcfc);  perfönlicfc  ^nterbifte  tonnen 
aud^  Älofterborftefyer  über  ityre  Untergebenen  bedangen  (c.  2  X.  de  his  quae  fiunt  3. 

6  11.  Cl.  1  de  sent.  exe.  Conc.  Trid.  Sess.  XXV.  c.  12  de  regul.  —  ©enouereä  bei 
Äober  a.a.O.  8b  22,  ©.3  ff.).  Die  äuföebung  bon  Snterbitten  tonn  bon  felbft  er* 
folgen,  toenn  fte  auf  beftimmte  3eit  ober  unter  beftimmter  Sebingung  au3gef}m>$en  ftnb; 
aufcerbem  toerben  fte,  toenn  ber  3h>ecf  erreicht  ift,  ober  au«  befonberen  ©rünben  bon  bem 
aufgehoben,  ber  fte  behängt  tyat,  feinem  SRad^folger  ober  Delegaten  ober  Oberen.    Son 

10  einem  interd.  locale  latae  sent.  lann  nur  ein  Sifdjtof,  bon  bem  perfönli$cn  Sßartttular* 
interbitt  tarnt  jeber  approbierte  SBetd&tbater  abfolbieren  (f.  Äober  a.  a.  D.  Q.  43  ff.).  — 
X)a3  proteftantif$e  Äird&enred&t  lennt  biefe  Ätrcfyenftrafe  m$t.  6dje*rt  f. 

Interim.  —  ©eorg  ©eutcl,  lieber  ben  llrfpnmg  be«  HugSburger  Snterim»,  $re*ben 
1888;  *.  u.  ©ruffei,  ©tiefe  unb  Sitten  gur  ©e|«.  beä  16.3atjrb.  8b  3  6.  42 ff.;  6.  3fcleib, 

16  SRorifc  uon  ©adifen  1547—48,  $a3  Snterim  in  ©aeftfen  1548-1552  im  Beuen  «rdtfo  für 
fä#f.  ©ef*.  ©b  13  ©.  188ff.  unb  ©b  15,  193 ff.;  $re3ben  1892  unb  1894;  berfelbe,  SRoriJ 
oon  ©ad)fen  als.  proteftantifdjer  ftürft  in  SRub.  ©ird)on>3  Sammlung  gemeinoerftänbUd)er 
loiffenfä.  ©orträge,  #eft  302  6.  17  ff.,  Hamburg  1898;  fieop.  u.  SRante,  3)eutfcfc  ©ef*.  im 
3citalter  ber  Deformation  ©b  5,  6.  25  ff.  (ß.Vlufl.);  ©uft.  SBolf,  $>a$  ÄugÄburger  guten«, 

20  in  ber  $eutf*.  8eitf*rift  für  ©efäicötSnriffenfdfaft,  9?g  ©b  2  6.  39  ff. 

SRacty  bem  fcfymaltalbifdjen  Kriege  toollte  Äaifer  Äarl  V.  auf  bem  Sieicbätage  )u  Xug& 
bürg  1547—48  ba$  SBo^l  be$  beutfcfyen  SReicfyeS  förbern  unb  bie  (Sintyeit  ber  atatfe 
länbtjd&en  Äircfye  retten.  2)a  er  bie  $ortfe£ung  bc$  2*ienter  Äongtle  fite  ben  ftc&erflen 
unb  $riftli$ften  SBkg  gur  (Einigung  ber  gtoiefoältigen  (S&riftentyeit   ^ielt,  fo   Verlangte  er 

26  bon  ben  Sleic^ftänben  Untertoerfung  unter  bie  Srienter  Äird^enberfammlung.  Äufcerbem 
toünfd&te  er  ben  religiöfcn  guftänben  im  Steige  bis  gum  @nbe  beä  ÄongileS  2Rafc  gu  geben 
unb  bie  tirctylicfyen  93en?ältmffe  einfttoeilen  ober  „interim"  fo  gu  geftalten,  bafc  alle  3Rei$& 
ftänbe  nebeneinanber  gottfelig,  cfyriftlic^  unb  frieblid^  leben  tonnten.  Obgleich  Äurfürfi 
■Dtortfe  Don  ©adjfen  unb  feine  ©cjtnnungägenoffen  fotootyl  baä  Srienter  Äonjil  afe  auö) 

so  eine  taiferlicfye  ©laubenSorbnung  betämpften,  fo  toar  bo$  bie  9Refyn)eit  ber  9tei$3ftänbe 
für  bie  SBiebereinberufung  be$  Jrienter  Äonjileö  unb  für  ein  taiferlidbeS  3nterim.  gm 
9Jobember  1547  liefe  ber  Äaifer  bem  Sßapfte  bie  Untertoerfung  ber  Steicpäftänbe  unter  baS 
Xrienter  Äon^il  angeigen  unb  bie  3utüdCt>erlegung  be$  ftongileä  bon  Bologna  nac^  Orient 
forbern. 

86  darauf  juckte  ber  Jtaifer  im  (Sinberftänbniffe  mit  ben  9leic$äftänben  bie  ftrc^lid^cn 
ä}erl?ältniffe  S)eutfc^lanb«  einfttoeilen  otyne  ^Jafft  unb  o^ne  Jtonjil  }u  regeln.  Smgebruar 
1548  toä^lte  er  geeignete  3Wänner  be^  fattyolifeben  unb  j)roteftantifqen  Öefenntniffeö,  bie 
tym  Mittel  unb  3Bege  gur  Sergleic^ung  unb  (Sinigteit  angeben  fodten.  Obgleich  biefem 
ftänbifd^en  9lu^uffe  bie  Beilegung  be^  ©laubendftreite^  gur  görberung  ber  Stu^e  unb  M 

40  ^tiebend  im  Steige  ^oc^ft  toünfd^en^toert  erfdnen,  fo  toid^en  bod^  bie  Anflehten  unb  bie 
SÖorfd^läge  ber  Äatfyolifen  unb  ber  ^roteftanten  fo  toeit  bon  einander  ab,  ba^  toeber  eine 
älnnäl^erung  norf)  eine  SSerftänbigung  möglich  toar.  9laty  bier  ©jungen  fähigen  ©a^fen, 
Sranbenburg,  $falg,  3){atng  u.  a.  bor,  baß  gotte$für$tige  Ideologen  beiber  ISetenntniffe 
einen  iJergletc^  gtotfäen  Äatfyolttcn  unb  5Proteftanten  anbahnen  follten. 

46  3nfol0^effen  beauftragte  ber  Jtaifer  bie  brei  Geologen  guliud  $flug,  Sifäof  bon 
Naumburg,  3JJid^aeI  .^elbing,  2Bei^bifäof  bon  ^Dlaing,  unb  i^o^anncö  Slgricola,  ^ofjjr^ger 
be^  Jturfürften  bon  SBranbenburg,  mit  ber  Slbfaffung  eineö  ^nterimä.  auf  ©nmb  feiner 
bei  beginn  btö  Sleid^taged  bem  Äatfer  überreizten  ttrc^lic^en  Sentfd^rift  arbettäc  $flua 
im  Vereine  mit  §elbing    unb   Slgrtcola    eine  3nterim«fZrift  au«;    bie  2)ur$fic$t  unb 

60  Prüfung  berfelben  boßgogen  bann  be«  Äaifer«  Seic^tbatcr  ©oto,  ber  ©panier  5Walbenba 
unb  ber  ^ofprebiger  Äönig  gerbinanb«.  Obgleich  ber  ©nttourf  bie  proteftantif^cn  &i» 
f$auungen  überall  berüdffättgte,  fo  geigte  er  bo$  bie  alte  Stircpe  mit  ifrem  ©lauben  unb 
©otteöbienft.  35ie  26  älrtitel  be«  ©c^rtftftüdteg  ^anbelten  bon  bem  3Wenf4en  bot  unb 
nad)  bem  %aüt  (1  unb  2),  bon  ber  @rlöfung  bur$  G^riftum  (3),  bon  ber  ^e^tferttgung 

66(4— (J),  bon  ber  2icbe  unb  guten  SBcrfen  (7),  bom  Vertrauen  ber  Vergebung  ber©ünbat 
(8),  bon  benÄircfyen,  bon  ben  ftadfm  ber  toaljren  Atrien,  bon  ber  ©etoalt  unb  bon  ben 
Wienern  ber  Sirenen  (9—12)  bom  oberften  Sifäofe  unb  anbern  öif^öfen  (13)  bon  ben 
©atramenten,  3:aufe,  girmung,  S3ufee,  Slbenbmafyl,  Ölung,  ^Jrieftertoei^e,  S^e  (14— 21X 
bom  Dtfer  ber  3Keffe  (22),  bon  ben  .^eiligen  (23),  bom  ©ebäd&tniä  ber  aSerftortenm  (24X 


Interim  211 

bon  ber  Stotnmunton  beim  Dpfer  ber  3Kejfe  (25),  bon  ben  Geremonien  unb  @ebrauc$  ber 
Safcamente  (26). 

Um  einen  gfinftigen  JJefdblufi  beä  9teid&3tage$  ju  ermöglichen,  legte  ber  Äaifer  ben 
Snthntrf  3Ritte  ÜRärj  fotoo&I  ben  proteftantifd&en  Äurfttrften  atö  auc$  ben  tyerborragenben 
tatyoliföen  SReictySftänben,  bor  allem  §erjog  SBilbelm  Don  Saiern,  im  ©etyeimen  tax  s 
$un$ft$t  unb  jur  annähme  bor.  $n  ^em  ©lauben,  bafj  baS  Interim  für  alle  9teicg& 
fiänbe  fein  foUte,  billigten  ben  (Snttourf  bie  Äurfürften  bon  Sranbenburg  unb  bon  ber 
$fal$,  bie  feit  3a$ren  öfö  Vermittler  jtoifcfyen  Äatgolüen  unb  Sßroteftanten  tfyätig  getoefen 
toaren.    Äurfürft  9Rorte  bon  ©ac$fen  aber  tDte^  tyn  jurüdt  unb  toottte  otyne  3.wf^mmwng 

ecr  X&eologen  unb  Sanb[tänbe  nichts  betoilliaen,  toeil  ber  Äaifer  tym  unb  feinen  Sanb- 10 
iben  bor  bem  fdt)malfalbtf<$en  Äriege  münblicp  unb  fc§riftlic$  jugefagt  ^ätte,  bafe  fte  bis 
lur  <£ittf$eibung  eine«  allgemeinen,  freien  unb  d)rifilid)en  ÄomileS  bei  tfyrem  ©lauben  unb 
bei  tyren  fmtylicfyen  (Einrichtungen  bleiben  foQten.    @rft  nac$  langem  SBiberftanbe,  ben  er 
mdjt  nur  ben  Äurfürften  bon  ber  Sßfalj  unb  bon  Sranbenburg,  fonbern  au$  bem  römi* 
fc$en  Äönig  gerbinanb  unb  bem  Äaifer  leiftete,  gab  er  fotoeit  naefy,  bafe  er  im  3teic$3tage  15 
feinen  offenen  2Biberft>ruc$  gegen  baS  Interim  ergeben  toolite,  toenn  aue  SieicbSftänbe  eS 
billigten  unb  annähmen.  2Bie  SRorifc  fo  berjid&tete  auefy  ÜRarfgraf  £an$  bon  Äüftrin  na$ 
langem  Sträuben  auf  bie  offene  $roteftation.  $er}og  SBityelm  bonSöaiern  unb  bie  anberen 
fa$olif4>en  9lei$3ftänbe  ertlärten  bem  Äaifer,  bafc  bie  Schrift  über  ba$  Interim,  abgefefyen 
bom  3toenbma$le  unb  bon  ber  Sßriefterefye,  ben  c$riftlicben  SJefyren   im  gangen  entfyräc^e;  20 
boeb  tooDten  fte  bei  tyrem  ©lauben  bleiben,  toeil  jebe  2tbtoetc$ung  babon  ba$  3ugeftänbni$ 
enthielte,  bafc  bie  abtrünnigen  feiger  unbillig  berfolgt  Sorben  toären.  @ie  beeidigten  nur 
eine  Sieformation  be8  fatyolitöen  geiftlid&en  ©tanbeS.    SDer  Äaifer  fottte  bie  ^roteftanten 
jliir  Annahme  beS  3ntaim$  belegen,  bie  2lltgläubigen  aber  bei  ityrer  fiefyre  bleiben  lajfen. 
2Ke  ftatyolifen  leiteten  bem  Äaifer  tyartnädfigeren  SBiberftanb  als  bie  Sßroteftanten.  2Ba$  25 
$un?    Am   15.  3Rai  1548   berfammelte  Äarl  V.  bie  Steic^ftänbe  in  feiner  Setyaufung 
tmb  begehrte  bon  ifyien  ©efyör  unb  ©e^orfam.    3)ann  liefe  er  bie  Vorrebe  be$  Interims 
beriefen,  toorin  er  bie  altgläubigen  ermahnte,  an  ben  Slnorbnungen  unb  ©afcungen  ber 
allgemeinen,  <$riftli$en  Äitd&e  treu  feftjufyalten  •   bie  ^roteftanten  aber  foQten  enttoeber 
{um  alten  ©lauben  gurüdtte^ren  ober  ftd^  bem  gnterim  gemäfe  bereiten.    35a«  3nte^m  9° 
fettft  tourbe  nic^t  beriefen.  S)ann  nötigte  ber  Äaifer  bie  SReicfySftänbe  in  feiner  ©egenibart 
m  beraten  unb  )U  befd^lie^en.  9Bä^renb  biefeä  auftergetoö^nlid^en  Vorganges  toaxm  ßur= 
fürft  Vltm^,  3Rartgraf  §an^  unb  i^r  5ln^ang   ^eftig  barüber  aufgebraßt,  bafe  nur  bie 
^roteftanten  ba«  3nierim  annehmen  follten;  i^rer  SufaQ*  gemäfe  unterließen  fie  aber  bie 
$xotcftation.    ^Darauf  berlünbigte  ber  Jturfürft  bon  uRaing  bem  Jtaifer,  baf3  bie  9tei$&  35 
jlänbe  bad  Interim  angenommen  Ratten.  Obgleich  Äurfürft  3Kori£  brei  ^tage  f^äter  bem 
Äaifer  eine  Sertba^rung^fd^rift  überreizte,  fo  nötigte  man  ifyn  fdjne^Ud)  ju  ber  @rf(ärung, 
ba^  er  aDe«  berfuc^en  toollte,  feine  Untertanen  jum©e^orfam  gegen  ben  Äaifer  unb  $ur 
Sümatpne  bed  Snterim«  ju  bringen.    Xm  30.  3u"i  1548  iburbe  ba8  Interim  burc^  bie 
Xufna^me  in  ben  9lei$3tag$abf$ieb  Sleid^gef e^.  §ür  bie  ^roteftanten  toax  e^  in  ber  tyat  40 
em  3to<mg^g^  ober  ein  Xudna^megefe^;  e^  toar  nic^t  geeignet,  Stube  unb  ^rieben  ober 
©lauben^em^eit  im  Steige  )u  beförbern,  bielme^r  ber(e|te  e«  bie  ^roteftanten  in  gro^e 
Seto^gung  unb  Aufregung. 

§n  ©übbeutfc^lanb  gelang   &  bem  Äaifer,   in   einigen  ©täbten  unb  ©ebieten  bem 
Interim  auf  aetoaltfame  SBeife  ©ingang  ju  berfcfyaff en ;   im  übrigen  3)eutfd^lanb  aber  46 
bnmgen  feine  Sefe^le  nid^t  bur^.  3"  ber  $fah  unb  in  S3ranbenburg,  in  Saufen  unb  in 
SBeimar,  in  Qeffen,  SRedlenbura,  ^Sommern  unb  in  anberen  &aatm,  \o\w  in  ben  norb* 
bcstfi^cn  ©täbten  er^ob  ftd^  ^ejtiger  SBiberfprud^  gegen  ba«  Interim.  3toar  toar  ber  ein= 
yfajcite  &mbgraf  tyWtyp  bon  Reffen  bereit,  e$  amune^men,  toenn  er  baburc^  feine  ftwibeit 
eriangte,  aber  ber  gefangene  ehemalige  Äurfürft  ^ob-  ^riebrid^  bon©acbfen  bertoeigerte  ftanb*  go 
^t  bie  Snnabme  bed  gnterim«.  35ie  geästete  ©tabt  3Ragbeburg  h>urbe  3Rittel^unft  ber  eban= 
gdif^en  €iferer;  bie  in  ber  geringsten  9tac^giebigleit  gegen  ben  Äaifer  ein  iserbrec^m  an  ber 
ctwngdifc^en  8e^re  erblichen,   ^laciud,  3lm«borf,  ©aliud  u.  a.  faxten  einen  \v>abxm  ©türm 
«gm  bte  faiferlid^e  9le(igiondorbnung  an;   fte  hüteten  gegen  Xgricola  al$  ^örberer  bcö 
Jstann«  unb  griffen  3Relan$tyon  an  toegen  feiner  9?acbgiebigfcit.   ©ic  93liae  ber  ebam  66 
aefifd^en  Seit  hxtren  befonbetö  auf  Wittenbergs  ^rofefforen,  auf  Äurfürft  Wori^  unb 
fane  Satgeber  gerietet. 

Vtad}  ber  ^eimle^r  bom  9leic^tage  ju  Xugdburg  beriet  ber  jugenbli$e  Äurfürft  in 
Striaen  mit  ben  bomefymften  Vertretern  ber  Sanbftänbe  \o\vk  mit  ben  ^erborragenbften 
Slton  unb  Ideologen  über  ba«  Snterim.  geft  cntfd^loffen,  bei  ber  ebangelifd^en  Setyrc  ju  eo 


212  Interim 

bleiben,  forberte  er  bie  antoefenben  Ideologen,  ben  Äoabjutor  Don  SWerfeburg  gürft©eorg 
Don  21n^altr  ben  Domjrcebiger  Dr.  görfter  aus  SRerfeburg,  bie  Superintendenten  ©rejer 
aus  DrcSben  unb  *Pfeffinger  auä  Seidig,  3Mand&tyon,  Jlreujiger  unb  SWeier  auä  5Bittcn= 
berg  auf,  frei  unb  offen  *u  befennen,  toaä  man  Dom  Interim  annehmen  fönnte,  unb  taxid 
5  man  auf  ©runb  ber  fyeil.  ©$rift  jurücftoeifen  müftte.  Um  beä  griebenS  toillen  (oDte 
man  in  allen  fünften  nachgeben,  bte  toeber  bie  SBa^eit  bed  göttlichen  3Borte3  beein- 
trächtigten nod?  bie  ©etoiffen  ber  ©laubigen  Derlefcten.  Wai)  forgfältiger  unb  getroffen» 
^after  Prüfung  toiefen  bie  Ideologen  ba$  Interim  freimütig  unb  mannhaft  gurücf,  unb 
bie  Vertreter  ber  Sanbftänbe  Wollten  ni$t$  otyne  SBifjen  unb  3uf^mmun0  attet  Sanb* 

10  ftänbe  jugeftefyen.  9)te^rfad&  fugten  bie  Geologen  tyre  geiftlid&en  Sßflid&ten  Don  ber  auf- 
gäbe beä  SanbeSfyerrn  $u  trennen.  Unbelümmert  um  fie  fottte  ber  Äurfürft  mit  bat  2anb* 
ftänben  barüber  entleiben,  toaä  ju  tf)\m  toäre,  um  bem  Äaifer  ju  g$or$en  unb  ba* 
fianb  Dor  ©efa^ren  ju  behüten.  ÄeineSfalte  Sollten  fie  baä  Snterim  gutyeiften,  fettjl 
frenn  man  fte  gefangen  fefcte  ober  Derjagte.    Äurfürft  3Rori$  aber  toottte  bie  3$eologen 

15  ebenfo  fd&üfcen  h>ic  ade  anberen  Untertanen ;  feiner  f odte  beä  ©laubenä  toegen  au*  feinem 
Sanbe  ins  (Slenb  jiefyen. 

3lad)  ben  benftoürbigen  SSer^anblungen  in  Zeigen  famen  furfürfilic^em  Sefe^le  gemäft 
etliche  Geologen  unb  State  mit  bem  SMfd&of  ^uliuä  $flug  Don  Naumburg  unb  mit  bem 
Sijd^of  Igo^anneä  Don  2Rei|en  jufammen;  allein  bie  begonnene  SBerftanbtgung  fam  nid^t 

ao  über  ben  2lrtifel  Don  ber  Rechtfertigung  fyinauä.  2Bie  9Relanc£tyon  feinen  cDangelifcfcn 
©tanbpunft  feft  ju  behaupten  fud&te,  fo  erf lärten  bie  Sifcfcöfc,  baft  e$  ntcfyt  in  tyrer  ©etoalt 
ftänbe,  baä  Interim  ju  Deränbern.  infolge  einer  föniglid&en  unb  fatferlic&en  (Srma^nung 
jur  @infü^rung  bc$  IgnterimS  in  Saufen  fanb  am  18.  Dftober  1548  in  Xorgau  eine 
neue  ^Beratung  ftatt    35ic  furfürftlid&en  Säte   legten  ben  Geologen  ein  SBerjeidpnte  ber 

äs  fünfte  Dor,  bie  i&reä  (Srad&tenä  annehmbar  toären  unb  *u  einer  neuen  Äirc^enorbnung 
führen  fönnten.  SBteland^onä  Sebenfen  toar  mit  ben  meiften  fünften  einDerftanben.  Über 
bie  unDereinbarten  Slrtifel,  befonberS  über  bie  fogenannten  SKittelbinge  ober  Dta^ora, 
beriet  man  Dom  19.— 22.  SRoDember  in  älttjeda.  %a\t  unter  bem  Drude  ber  befannt  $e* 
toorbenen  Vergewaltigungen  beä  ÄaiferS  in  ©übbeutfölanb  fam  in  SUtjetta  ein  Sntenm 

ao  ju  ftanbe,  ba$  in  ber  2e|re  Don  ber  ^Rechtfertigung  unb  in  anberen  fünften  ben  jjro» 
teftantifd&en  ©tanbjnmft  behauptete,  in  Witteibingen  aber  nachgab.  Demnach  follten  gir* 
melung  unb  Ölung,  bie  SReffe,  Sinter,  ©efäfie,  ©efänge,  Äleibung,  Sauten,  Silber,  geter* 
tage  unb  gfaften  gebulbet  ober  Wiebereingefügrt  Werben.  Darauf  fam  Äurfürft  9Ron$  mit 
Äurfürft  ^oac^im   Don  Sranbenburg   am  16.  unb  17.  Dezember  in  Jüterbog  jufammen. 

85  33eibe  Der^anbelten  mit  i^ren  Säten  unb  Geologen  über  bad  faiferlic^e  Interim  unb 
über  bie  33ef$lüffe  Don  ätttgelta  unb  festen  urfunblic^  bie  fünfte  feft,  bie  fie  mit  So 
Billigung  i^rer  Sanbftänbe  annehmen  unb  befolgen  toottten.  2Bä^tenbber  f äc^fif c^e  Sanbtag 
feine  ©vfcungen  am  21.  Dejember  1548  in  Seidig  begann,  fam  ber  furbranbenbuxgiMe 
erft  im  Januar  1549  ulfammen.    Die  fäc^fifc^en  Sanbftänbe  nahmen  na$  fräftigen  fer* 

40  ma^nungen  be£  flurfürften  jum  ©e^orfam  gegen  ben  ftaifer  bie  Sefe^lüffe  Don  9Ul}e0a 
an.  Die  antoefenben  Sifc^öf e  Don  Naumburg  unb  Weisen  aber  Derfagten  i^r e  3uf timmuna, 
toeil  ber  Jtaifer  allein  3)taf}  unb  Drbnung  ju  geben  ^ätte  unb  feine  eigenmächtigen  SU« 
änberungen  be«  3«tertm«  bulbete.  6in  Senc^t  an  ben  Äaifer  jeigte  an,  bafi  ber  Jturfurfi 
nac^  fcfytoierigen  5}er^anblungen  mit  ben  Sanbftänben  mehrere  5ßunfte  bed  3nt^m^  J*» 

45  Slnna^me  gebraut  hätte ;  man  bat  um  D7a$ficbt  unb  ©ebulb  in  ber  (Srtoartung,  bafe  Die 
Untertanen  mit  ber  3cit  baä  Interim  gut^ei^en  toürben.  Darauf  lieft  3Rori$  eine  neue 
Jtird^enorbnung  aufarbeiten,  grünbltd;  prüfen  unb  auc^  an  bie  93if$öfe  Don  5Raumburg 
unb  ^Reiften  jur  Durc^ftc^t  Jenben ;  allein  toegen  bed  SBiberfpruc^  ber  SBifööfe  unb  toegen 
einer  SBarnung  Äönig  gerbinanbö  Dor  jeber   eigenmächtigen   2lbänberuna  bed  ^nterimd 

50  unterblieb  bie  Veröffentlichung.  9la$  einem  33efu$e  beim  König  in  $rag  befahl  ber 
Jturfürft,  einen  9lud)ug  auc>  ben  9lltjeQa^ei))jiger  älrtifeln  über  Xaufe,  Äonftrmation, 
Seilte,  Suftc,  3lbfolution,  £lung,  sJJieffe,  abenbma^l,  geiertage,  g^e,  ^riefterHcfoimg, 
Itird^enjuc^t  u.  f.  \v.  ju  machen,  um  i^n  nac^  unb  nad?  ju  Deröffentlicfyen.  ^^^^n^cr 
1549  toaren  bie  in  Seip^ig  Derfammelten  ©eiftlic^en  einmütig  gegen  bie  Veröffentlichung 

56  be^  älu^uged  unb  für  ben  Drucf  ber  ßtre^euorbnung.  Dagegen  lieft  berÄurfürft  erflton, 
baft  bie  ^erau^gabe  ber  fiirc^enorbnuna  unterbleiben  müftte.  3CQed  blieb  unentf^id>en; 
man  ioartete  ben  £auf  ber  Dinge  im  9lei$c  ab. 

2luf  bem  SRei^tage  *u  3lugeburg  1550—51  h>ar  bie  SKcbr&eit  ber  Steic^fiftönbe  fttr 


CO 


bie  Dom  <ßa)>ft  bewilligte  ^ortfefeuna  be3  Xrienter  Konjtled  unb  (teilte  bem  Äaifer  antrat, 
bie  faumjeltgen  proteftanttfd^cn  ^tei^ftänbe  jur  9lnna^me  bed  Interim*  gu  nötigen.   Db* 


Interim  Sntyrontfatio«  213 

ßlctc^  Äurfürft  2Rori$  gegen  ba$  Irienter  Äon$il  fräftig  ^roteftteren  unb  gegen  bie  getoalt* 
jame  (Smfü^rung  beS  gnterimä  triftige  ©rünbe  geltenb  machen  liefe,  (o  ^ielt  bod&  ber 
Raifcr  an  ber  SSerufung  be3  Srienter  ÄonjileS  unb  an  ber  3)urd&fütyrung  beä  3nterim$ 
feji  Die  ?Proteflanten  füllten  aber  nad&  Orient  eingelaben  unb  fidler  geleitet  toerben. 
Sobalb  bie  faiferlid&e  ©nlabung  in  Bresben  eingetroffen  toar,  trat  Äurfürft  2Rori$  mit  6 
ben  tnroteftantiföen  SRei($$fiänben  in  Sier^anblung  über  eine  aQgemeine  $riftli$e  Einigung. 
3n  i)effau  verfaßte  barauf  SKelandMon  mit  $ürft  ©eorg  tum  Sln^alt  ba$  fog.  fädpftfqe 
Sefeimtnte,  toeld&eä  Äurfürft  SRorifc,  §an$  t>on  Äüftrin,  bie  §enöge  Don  SKecflenburg 
unb  Sommern  u.  a.  billigten  unb  annahmen.  Sicher  geleitet  foQten  einige  fäcMifctye 
3$eologen  na#  Orient  jiefyen  unb  mit  ben  anberen  efcangelif  c$en  ©tänben  bie  reine  Ssetyre  10 
tateibigen.  !gtn  3anuar  1552  jog  2Man$tyon  mit  jn>ei  Geologen  bis  Nürnberg  unb 
bann  bte  Äuaäburg-  hn  9Kärj  aber  rief  man  fte  jurüd,  toeil  ber  Ärieg  gegen  ben  Äaifer 
begann.  Äurfürft  SKorto  unternahm  ben  Stampf  toegen  ber  Religion  unb  beSÄonjileä, 
toegen  ber  ©efangenfcfcaft  feine«  ©ctyoiegertoaterS  tyfylipp  öon  §effen  unb  toegen  ber 
gtetyeit  bed  beutfc&en  Solle«,  ©ein  Ärieg&ug  na<§  ©übbeutfd&lanb  fceranlaßte  bie  ©ufc  15 
jxnfion  beä  Äoniite  ;u  Orient.  3)er  Sßaffauer  Vertrag  vernichtete  ba$  Interim  unb 
führte  gum  äugwurger  SteligionSfrieben  (1555).  9$leib* 

3wtcr!alftrgefäae  f.  33b  II  @.  595, 49  ff. 

^sterfKtttn.  —  Thomassin,   Vet  et  nov.  eccl.  discipl.  I.   2.  c.  35.  36 ;    van  Espen, 
Jus.  eccL  univere.  I.  1.  c  2,  IL  9,  c.  5;    ^ß^ilippd,  SHrd&enr.,  93b I,  ©.  648 ff.;   £tnfd)tu3,  » 
Softem  be«  tat&ol.  ftirfrnr.,  93b  1  6.  112.  113;   SRic&ter,  $>oue,  tfafjl,  Äin$enred>t  8.  Huff. 
1886,  6.364;  griebberg,  ftir$enre$t  4.  Hufl.  1895.  S.  139. 

©a*  ÄonjU  bon  ©arbica  im  ^ja&re  343  forid&t  c.  13  ben  ©runbfafc  au«:  „Potest 
per  has   promotiones  (b.  I).  Sßetyen),  quae  habebant   utique  prolixum  tempus, 
probari,   qua  fide  sit,    qua  modestia,  qua  gravitate  et  vereeundia,   et  si  dig-  26 
nus  fuerit  probatus,    divino  sacerdotio  illustretur,    quia  conveniens   non  est, 
nee  ratio  vel  diseiplina  patitur,    ut  temere  et  leviter  ordinetur  episcopus  aut 
presbyter  aut  diaconus,  . . .  sed  hi,    quorum   per   longum  tempus  examinata 
sit  Tita  et  merita  fuerint  comprobata".    §ierna$  fodte  alfo  jeber  Älerifer  auf  jeber 
Setycfhife  erff  eine  geimffe  3eit  fid&  betoäfyrt  fyaben,   beoor  er  )u  einem   fyötyeren  ordo  90 
aufflogen  tonnte,   e5  foDten   alfo   jtoiföen  jebem  ordo  3ftrif$enräume,  interstitia,  be* 
dbodftct  toerben  (togl.  ou$  Dist.  59,  c.  1.  2).     tiefer  ©runbfafc  ftmrbe  in  ber  früheren 
♦Ja*  au$  bei  ben  nieberen  Sßetyen,  fo  lange  mit  biefen  befonbere  ftrcfyltcfye  gunftionen  Der= 
bunben   tonnen,  feßge^alten,  nur  fd&toanfte  bie  &id)tplin   ^inft^tlid^  ber  $auer   biefer 
3nterftitien  (twL  Dist.  77,  c.  2.  3.  9).    -Kad&bem  aber  bie  nieberen  Sßetyen  ifyren  früheren  86 
G^araZter  Doloren  unb  regelmäßig  nur  noc^  a(3  formeller  3)urc^gang«))un!t  mx  ©e^ 
toaanmg  ber  bd^eren  ordines  angefe^en   mürben,   fror  natürlich  bie  urf^rünglia^e  33er= 
anlaffung,  and)  bei  i^nen  bie  l^nterftitien  ju  beobachten,  ^intoeggefaQen.  $a£  Sribentiner 
Äon)U  t>erfuc^te   jtoar,   bie   nieberen  2ße$en    im  ©inne   bed   älteren  Sied^tö  lieber  ju 
restituieren  (c.  17,  sess.  23,  De  reform.),  unb  beftimmte  bemgemäß,  baß  au$  fte  lieber  40 
„per  temporum  interstitia,  nisi  aliud  episcopo  expedire  magis  videretur,  con- 
ferantur,  ut  . . .  in  unoquoque  munere  juxta  praescriptum  episcopi   se   exer- 
eeant^  (c.  11  a.  a.  0.),   allein   ofyne  (Srfolg,   unb   ed  ift  in  £eutfc$lanb  allgemein  ge^ 
btauäfiid),  fämtlube  nieberen  SBeiben  an  einem  Xage  juglei^  mit  ber  Xonfur  ju  erteilen. 
3n  Cejie^una  auf  bie  ^ö^eren  SBei^en  [teilte  ba3  Iribentinum  junä^ft  ben  ®runbfa$  46 
«f,  b«B  itotfd^en  ber  legten  nieberen  SBet^e  unb  jenen,  unb  ahnföen  jeber  ^ö^eren  SBet^e 
cm  3nterftttium  öon  einem  3a^re  eingehalten  loerbcn  foHe,  „nisi  necessitas  aut  eccle- 
siae  utflitas  aliud  exposcat"  (c.  11.  13.  14  a.  a.  D.),  baß  aber  „duo  sacri  ordines 
non  eodem  die,  etiam   regularibus,    conferantur,    privilegiis    ac  indultis  qui- 
bfiavis    concessis   non  obstantibus   quibuseunque1'   (c.  13    a.  a.  D.,    t>gl.   aud)  60 
t  13.  15.  X.   De  temp.  ord.  I.  11,  c.  2.  X.    De  eo   qui   furtiv.  V.  30).    ^ened 
^ntnrßitmm  twn  einem  §afyct  totrb  nid^t  a\$  Äalenberja^r,  fonbern  aU  Äir^enja^r  auf« 
gefaxt    3n  S3e$icbung  auf  bad  bom  Xribentiner  Äon)tl  im  c.  11  cit.  ben  3Mf$öfen  ein« 
geranmte  Di^enfation^re^t   fyit  übrigen^  bie   Congregatio   Concilii    entf$ieben,  baß 
bie  gleu^jeitige   (Srtetlung  ber  ordines   minores   unb   be$   ©ubbialonatö  ftrafbar  fei  65 
(Nr.  1.  ad.  c.  11  cit.   m  ber  2u«g.  Don  Spulte  u.  SRid^ter).         ©offerf djlebett  f. 

3nti^MiftriiM  f.  Sb  m  ©.  245,36  u.  b.  9t.  ^fttoo^l. 


214  äntrottiie  3«t>efKfctr 

^ntroiruS  f.  fiiiurgie. 

3noefttrur  nnb  SnoefKtarfrreit.  —  SHtteratur:    Staubenmaier,  ©eftiigte  ber  IM* 

föofSmafjlen  1830;    ©ugenbeim,  ©taatSleben  be3  Äleru«  im  Mittelalter  1,  1839;   $infd>iu«, 
ftirdjenretbt  2,  530 ff.;  $binty3*Sering,  £ircbenred)t  8,  330 ff.;   griebberg,   8ir$enred>t  4.  *. 

6  31 2 ff. ;  tf.  9RüHer,  ÄiraVngefd)icbte  1,  418ff.  —  &ür  S)eutfd)lanb,  Stalten  unb  »urgunb: 
SBaif.  SBeTfaffungdgef4»icf)te  7,  265 ff.,  8,  433 ff.;  ffi. ©djröber,  9&e$t«gef<$i<$te  3.  «ufl.  492 ff.; 
ftauef,  frira^erigefätaVe  S)eutfd)lanb«  3,  52 ff.,  665 ff.;  ftiefer,  lieber  baö  Eigentum  be«  Wtity 
am  9&eid>3!irc$engut  i.SSÖH  72.  55 ff.,  381  ff.;  ©tufr,  $ie  (Sigcnf  irrte  al«  Clement  be«  Mittel- 
alter liaVgermanifdjen  ffircbenrecbteS  1895.  32 ff.;    ©erbe«,  3)ie  ©ifcbofSroablen  in  Steutfcblanb 

10  unter  Otto  bem©rofjen  1878;  &ranjife,  $er  beutfetye  (gpiffopat  in  feinem  SBerbffltnt*  gu  Äaifer 
unb  SRei$  unter  ^einrieb  III.  1879/80;  St.  ©euer,  $ie  »IfdjofS*  unb  «btStoablen  tnfceutfd)« 
lanb  unter  fceinrid)  IV.  in  ben  Sauren  1056-76,  1881;  8f.  Soiat,  $ie  Äiofterpolitif  ber 
Jalifdjen  Äaifer  unb  Äönige  mit  befonberer  S3crücffic^tiguna  $einrid)S  IV.  bi$  ftum  3*$** 
1079,  1888;  Wirbt,  S)ie  $ublijiftif  im  3eitalter  ©reaorS  VII.  1894,  463 ff.;    ©.  Warten«, 

15  ©regor  VII.  fein  fieben  unb  SBirfen  2  93be,  1894;  @.  SReljer  öon  Shtonau,  3abrbü$er  be* 
beutfeben  9Wd)e3  unter  ©einriß  IV.  unb£einrid>  V.  1/2,  1890/94;  ©.  Stifter,  «nnalen  ber 
beutfdjen  ©efebiäVe  im  Mittelalter  3,  2,  1898;  @iefebre*t  im  Sttüngner  biftor.  3abrbu$ 
1866,  91  ff.;  Welfrer,  $apft  ©reger  VII.  unb  bie  93ifäof«roa$len  2.  «uff.  1876;  <£.  fltajer 
i.  b.  geftfebrift  be£  griebrid)8-#oUegium8  *u  Königsberg  1892,  75 ff.;   ©ontn,  3)ie  ©efefcung 

20  ber  beutfeben  Siätümer  in  ben  legten  30  Saljren  ^einrieb«  IV.  1077—1105,  1889;  ©ulefe, 
$eutfälanb«  innere  ftirtfenpolitif  1105-11,  1882;  Reifer,  S)er  beutfäe  Snocftiturfireit  unter 
König  ©einriß  V.  big  ju  bem  näpftüdjen  ^riuileg  Dorn  13.3lpril  1111,  1883;  6dntm,  Äaifer 
Seinrieb  V.  unb  $apft  $afcbali8  II.  im  3a$re  1112,  1877;  SR.  Maurer,  «ßapft  Gafijt  IL 
2  Sie,  1886/89;    ü.  Robert,  Histoire  du  pape  Calixte  II.  1891;   3.  Raffer  in  ben  Äeuen 

25  fceibelbergern  3af)rbüd)ern  2,  147 ff.;  ©tufrer  i.  gb@  18,  223 ff.;  Jöern&eim,  Äur  ©efdtftite 
beä  SBormfer  KonforbateS  1878;  berf.  i.  $b©  15,  618 ff,  16,  279ff.;  9t.  t>.  WofH  freien«!, 
XejttritifrteS  5 um  Snoeftiturörtoüeg  (EalijtuS  IL  1894;  SBtlling,  *ur  ©efebiebte  be*  SnoefH* 
turftreite*  1896;  Sriebberg  i.  Sb©  8,  75 ff.;  öernbeim,  fiotfar  III.  unb  ba*  SEBormfeT  Äon» 
torbat  1874;  berf.  i.  &b©  20,  359 ff.;   Sitte,  gforftbungen  *ur  ©efd)icbtc  be*  ©ormfer  fton* 

30  forbate«  1,  1877;  ©ollmar  i.  gb©  26,  435 ff.;  Uli*.  2>ie  beutfdje  Äircbe  unter  ßot&ar  oon 
6ad)fen  1885;  Soge*,  $a*  pactum  in  bcr  narratio  de  electione  Lotharii  1885;  SReefe,  3)ic 
ftaat3red)tlitf)e  @tellung  ber  «ifc^öfe  53urgunb«  unb  3talien§  unter  gfriebrid)  I.  1885;  Soff* 
ram,  fjriebricb  I.  unb  b.  ©ormfer  Äontorbat  1883;  Sembeim  in  gft©  7.  303 ff.;  ©a^memer, 
3nnoeenj  III.  unb  bie  beutfdje  flirebe  wä^renb  be»  X^ronftreite«  oon  1198—1208;    SRoben* 

söberg  in  ^iftor.  Huffäfe  bem  9lnbenten  an©eorg©ai{j  gemibmet  1886.  228 ff.;  $.  9R.  SR<ü)eT, 
3)ic  öftlidjen  Wlpenlänber  imSnoeftiturftrcite  1883;  Ärotticf,  $ie  Äloftertbronif  öon©t.^ubert 
unb  ber  Snoeftiturtampf  im  93i^tum  Siittia)  1884;  Cauchie,  La  quereile  des  investiture« 
dans  les  dioceses  de  Liege  et  de  Cambrai  1,2,  1890/91;  SU.  ftubtx  in  3Rt  bed  Snftitu*  f. 
öfterr.  ©ef^ia^tSforf^ung  2,  386  ff.   —    $ie  wertootten  ®treitfa)riften  au3  ber  fteit  be*  3n* 

40  oeftiturftreiteä  ftnb  MG  Libelli  de  Ute  imperatorum  et  pontificum  saeculis  XI.  et  XIL 
conscripti  3  tom.  1891—97  oon  Tümmler  berauSgegeben. 

gilt  granfreidj:  Luchaire,  Histoire  des  institutions  monarchiquee  de  la  France  sotw 
les  premiers  Cap^tiens  (987—1180)  2  eU  1891,  2,  68 ff.;  Viollet,  Histoire  des  Institution» 
politiques  et  administratives  de  la  France  2,  1898,  317 ff.;  Imbart  de  La  Tour,  Les  elec- 

46  tions  £piscopales  dans  l'öglise  de  France  du  IX<>  au  XIIe  siecle  1891. 

Sür  ©nglanb:  Freeman,  The  reign  of  William  II.  Bufus  and  the  accession  of 
Henry  I,  1/2,  1882;  3Watott)er,  2)te  «erfaffung  ber  Äirdje  üon  ©nglanb  1894;  Älemm,  3)er 
englifa^e  3noeftiturftrcit  unter  fceinricfc  I.  1880;  Sdjmi^  $er  engilfcfte  Snocftiturfrreit  1884; 
fiiebermanu  in  $iftorif$e  ^uffä^e   bem  ?lubenfen   an  ©eorg  SBatfr  getvibmet   1886,   156 ff.; 

60  ^öbmer,  ^ira^e  unb  Staat  in  (Sngtanb  unb  in  ber  9?ormanbie  im  XI.  unb  XII.  Sabrbun* 
bert  1899. 

Zäfct  [xd)  bereite  im  römtfd^en  Steige  eine  gelegentlich  Btö  jur  btreften  Sntetmung 
gefteigerte  TOittoirfung  ber  Äaifer  bei  ben  Stfc^of^ma^len  nac^roetfen,  fo  roudte  biefe  9e> 
teiligung  ber  @taatögeft>alt  an  ben  fircfylicfyen  SBa^len  in  ben  germanifc^en  Steteren,  ind» 

66  befonbere  au<^  im  fränfifien  SRetc^c.  2öieberr;olt  r;aben  fotno^l  bie  5Keroroingex  ab  au^ 
bie  farolingtfd^en  Aau^maier  unb  Äöntge  bie  33ijd^öfe  i^rcö  SanbeS  felbp  ernannt;  fanb 
bie  $ef<$ung  bed  93ifd^of^ftu^(e^  burd^  lanonifd^e  2Baf>[  t>on  Jtlem^  unb  Soll  flott,  fo 
^aben  fte  enttneber  ben  m  2l^lenben  üon  Dorn^erein  beftgntert  unb  bie  3Ba^l  babutd?  jp 
Sebeutungdloftgfeit  ^erabgebrüclt  ober  tnenigftend  ein  33eftätigung3re$t  gegenüber  bem  6c* 

00  mahlten  ausgeübt.  3)a^  2ßa^(rcd)t  ber  2Ba^toerfammlung  felbft  erf^eint  unter  ben  Jtoo> 
Ungern  alö  eine  auf  ?ßrhrileg  ober  auf  einmaliger  (Srlaubntö  bmu>enbe  lönigltc^e  So» 
günftigung.  3n  noc^  ^oberem  @rabe  machte  fteg  ber  Stnflu^  ber  roeltlic^en  ©einalten 
bei  ben  größtenteils  nid^t  in  bie  römiföe  geit  ^urücfrei^enben,  fonbern  unter  germantf^et 
^errfc^aft  t>on  trgenb  einem  ©runbfjerm  errichteten  Slbteien  geltenb;  ber@ebanle,  ba|  btc 


3nbeftttnr  215 

Um  einem  ©runbfyerm  auf  feinem  ©runb  unb  Soben  erbaute  ßirctye  al«  (Stgenfird^e  feiner 
Serfügung  unterftefo  führte  bei  ben  auf  £önig«boben  gegrünbeten  SKbteien  baju,  bafe  bie 
Ernennung  ber  Sebte  burdfc  ben  ©runbfyerrn,  alfo  ben  Äönig,  bie  Siegel,  bie  Srtoätylung 
ber  Äbte  burdfc  ben  Älofterfonbent  bie  auf  befonbere  föniglic^e  Äonjeffion  ft$  grünbenbe 
Xuäta^me  toar.  5 

An  btefem  ©rnemwng«rec$te  faben  and)  bie  Dttonen  unb  ©alier  mit  @ntf<§ieben$eit 
ftfigefcalten.  2)ie  Äu«ftattung  ber  Sifööfe  unb  $Lbtt  mit  gewaltigen  ©üterfomplesen  fo* 
toie  mit  ausgebenden  politiföen  Siebten,  in«befonbere  @erid&t«red&ten,  bie,  bereit«  in 
fränRfcfcr  3eit  beatnnenb,  unter  ben  £errfd&ern  be«  10.  unb  11.  fyctyxf).  tyren  $ö^ej)unft  er* 
reichte,  legte  ben  ©runb  m  einem  geiftlid&en  gürftenftonb,  ber  in  fetner  Sejie^ung  bem  toelt*  io 
ü$cn  gürftenftanbe  nadpftanb  unb  naefy  bem  Einbringen  be«  ©runbfa^je«  ber  @rbli<§feit 
in  ben  toeltli$en  gfürftentümern  al«  befonber«  toicfytige  ©tü$e  ber  fömglid&en  $Ra$t  er- 
fteinen  ntufite.  ^ür  ba«  beutfd&e  Königtum  toar  e«  eine  £eben«frage,  biefe  einflufereidben 
politifc^en  2Rä$te  m  feiner  ©ctoalt  ju  behalten  unb  bei  berSefefcung  ber  bofyen  fir^lidpen 
Stellen  bie  Sntfc^eibung  ju  geben.  $afs  biefe  Setyerrföung  ber  fyöcMten  fmtylid&en  2tmter  is 
bur$  ben  Staat  mit  bem  Sßefen  ber  Äird&e  im  ffiiberf J>rudpe  ftanb,  ift  in  jener  jjeit  nid&t 
empfunben  toorben;  ba«  @rnennung«re$t  be«  Äönig«  ift  felbft  bon  feiten  ber  Sßäpfte  in 
feiner  SBetfe  beanftanbet  toorben. 

S&tyrenb  in  ber  älteren  3eit  bie  Ernennung  fotoo^l  toie  bie  Seftätigung  bur$  ein 
GmigIU$e3  $rä»ept  bottjogen  tourbe,  erfolgte  unter  ben  foäteren  Karolingern  bie  Sefefcung  20 
be*  Stetum«  ober  ber  äfibtei,  gleid&giltig  ob  eine  Sßafyl  borauSgegangen  toar  ober  nid&t, 
bur$    feierliche  SBerletyung   na$   vorausgegangener  Äanbretc^ung   (commendatio)  unb 
(äbetfeifhmg  be«  neuen  Sifd&ofe«  ober  Slbte«.    Seit  Otto  I.  toar  bie  gebräu$(i$fte  33er* 
letyung«form  bie  (übrigen«  bereinjelt  fdjjon  für  ba«  @nbe  be«  9.  ^a^unbert«  bezeugte) 
Übergabe  ber  ferula  pastoralis,   be«  an  ben  $of  gebrachten  Sifd&of«*  ober  Slbtftabed  25 
be*  Sorgänger«  in  ber  geiftlid&en  SBttrbe.    ©am  trat  feit  £einrid&  III.  nod&  bie  Übergabe 
be*  Stföoftemge*.    2)er  ganje  Vorgang,  bie  sBerletyung   burdfc  9ting  unb  ©tab  fotoo^I 
toie  bie  nac&folgenbe  commendatio  nebft  6ibe«leiftung,  erinnerte  in  ben  formen  an  bie 
9e($ntmg  ber  toeltlid&en  dürften,  unb  ba  burdfc  benfelben  nid&t  nur  ba«  geiftlid&e  SKmt, 
fonbern  bor  allem  audf  ber  Inbegriff  ber  toeltlid&en  Siedete  be«  93ifd&of«,  ba«  ßird&enber*  ao 
mögen  fotoo^l  toie  bie  toolitifc&e  ©etoalt,  übertragen  tourbe,  ift  e«  begreiflich  bag  man 
im  11.  ^a^unbert  ftd?  baran  getoö^nte,   biefen  9lft  a(«  Sele^nung  aufjufaffen.    3)a« 
|cigt  ber  Sterne  ^nDeftitur  (investitura),   ber,  fd&on   balb  nad^  bem  ga^re  1000  be« 
jeugt  (Vita  Adalberti  9:   MG  SS  IV,  598),   in  ber  2.  $älfte  be«  11.  3a^unbert« 
allgemein  üblic^  toirb,  ferner  ber  für  bie  $anbrei<$ung  in  ber  2.  Hälfte  be«  11.  3a^r586 
^imbertd  gebrauchte  3tu«brucf  hominium  ober  homagium.  ^ebenfotfe  ^aben  bie  beutföen 
Somge  i^r  Ser^ltni«   ju  bet\  geiftlid^en  $ür[ten   im  11.  ga^rfyunberi  bödig  analog  toie 
bad  yu  ben  toeltlic^en  dürften  aufgefaßt.    Set  biefer  3lbf)ängigfett  be«  geiftlid^en  ^mte« 
tm  ber  toeltlic^en  ©etoalt  lag  bie  ©efa^r  allerbing«  nafye,  ba^  ber  ^ö^ere  beutfd^e  Jlleru« 
iwüig  bertoeltlid^en  unb  ben  geift(i$en  ^flid^ten   entfrembet  toerben  toürbe.    älnbererfeit«  40 
raupte  bei  ber  getoaltigen  toeltltd^en  Wad)t,  bie  in  ben  $änben  ber  93ifd^öfe  unb  9iei$«* 
äbte  lag,  bie  göfung  be^Sanbe«,  ba«  fte  mit  berÄrone  berbanb,  ein  bernk&tenber  ©c^lag 
für  ba«  Äoniatum  fein. 

5Diefe  Sw^angi^Ieit  be«  5tleru«  bon  ber  toeltlid^en  ©etoalt  fanb  juerft  im  11.  Satyr* 
fambert  einen  entfetytebenen  ©egner  in  ber  firetylietyen  Seformpartei.  SBenn  auety  bie  ur-  45 
fecfinglu^en  Seffarebungen  biefer  Partei  toeniger  gegen  bie  SBefefcung  f iretylietyer  Smter  burd^ 
Stoien  felbfi  d^  gegen  bie  bei  ber  Vergebung  Krctylictyer  ^frünben  tyerbortretenben  ftmoni« 
Wen  SKi^bräuc^e  gerietet  toaren,  fo  liefen  fiety  balb  audj?  Stimmen  bernetymen,  bie,  toie 
ber  aetoalttge  Äarbtnal  ^umbert  in  feinen  libri  tres  adversus  Simoniacos  (1057/58) 
ortf($ieben  gegen  bie  Saieninbeftitur  überhaupt  (Stellung  nahmen.  2)en  ttyeoretifctyen  gor^w 
benmgen  ber  9ieform)>artei  folgten  ))raftifctye  üJla^natymen  auf  bem  ^u^e.  bereit«  1059 
mb  1063  erflärten  ft$  jtoet  römif^e  S^noben  gegen  bie  Vergebung  ber  nieberen  firety« 
li^en  Ämter  burd^  Saien,  1060  ft>ractyen  jtoei  S^noben  bon  Sienne  unb  $our«  ba«felbe 
Safot  <md}  für  Stetümer  unb  Slbteien  au^f  unb  1068  fam  e«  bereit«  bei  ber  Sefefeung 
bei  Waildnber  eqbifööflictyen  @tutyle«  ju  einer  emftlictyen  Umfegung  biefe«  ^rinji^e«  in  65 
bie  $rngi*.  3lber  )u  einem  totrfticfyen  3^fammenftog  mit  bem  beutfetyen  Königtum  fam 
d  erft  al«  ©regor  VII.  in  Sßeiterbilbung  ber  auf  ber  römifc^en  ©Vnofe^  bon  1074  er« 
(offenen  6hmmieberbote  auf  ber  ^faftenftnobe  be«  ^a^re«  1075  bem  beutf$en  Aöniae  ba« 
%tfy  yax  Snbefütur  bireft  abf^rad)  (ben  ^nfyalt  be«  leibet  verlorenen  betrete«  rennen 
toir  ax&  Arnulfi  gesta  archiep.  Mediol.  IV,  7:   MG  SS  VIII,  27)  unb  baburd^,eo 


216  3n»eftttitr 

bajs  er  biefcn  ©runbfafc  bem  beulten  ®i>iftoj>at  gegenüber  fofort  in  änroenbung  braute, 

t einriß  IV.  ben  Kampf  aufnötigte,  ber  mit  ber  auf  ber  ©tynobe  toon  9Borm$  1076  Verfügten 
bfeftung  ©regorS  feinen  Stnfang  nafym.    9Kan  be*ei$net  biefen  46  3a$re  toa^renben 
©trat  geroö^nlicfy  als  ben  JJntoeftiturftreit,  toeil  bie  Regelung  ber  gntoefltiturfrage  fo* 

e  roo&l  ben  SKuSgangSinmf  t  roie  ben  (Snfymnft  bleiben  bilbet;  tfytf&äfidf  ift  er  auf  feinem 
$ö^e))unlte  ein  Kampf  jrotfd&en  geiftlid&er  unb  weltlicher  ©eroalt  um  bie  aBeltyerrfd&aft 
geroefen. 

auf  ber  einmal  eingetragenen  93at)n  fd&ritten  ©regor  unb  feine  9?acr)fotger  toeiter. 
•ffiäfyrenb  bie  beiben  römifd&en  ©tynoben  be8  3abreä  1078  nur  93erfc£ärfungen  unb©rn)eb 

10  auSfityrungen  ber  Seftimmungen  bon  1075  brauten,  [teilte  bie  römifd&e  ©tonobe  bon  1080 
aufeerbem  im  3.  Jtanon  de  electione  pontificum  für  bie  Sßatyl  ber  S3ifcr)öfe  poftttoe 
Siegeln  auf,  bie  in  SBfolefynung  an  baS  altdr)rtftlidr)e  93erfa^ren  bem  ÄleruS  unb  Soll  bie 
SBafyl  übertrugen,  baneben  aber  bem  römitöen  ©tu^l  einen  entfd&eibenben  (Sinfhsf;  bei  ber 
^Beurteilung   ber  Sted&tmäfeigfeit  ber  SBatyl  einräumten  (bgl.  Gregorii  VII.  Registrum 

15  VII,  14a  bei  Jafte,  Bibliotheca  2,  400  f.).  ©regor«  9laty olger  SSiftor  III.,  Urion  II. 
unb  $afd&ali$  II.  faben  in  ber  Snfceftiturfrage  bemfelben  ©tantyrnnfte  toieber&olt  Sud* 
brucf  fcerlie^en,  bagegen  ift  e$  ir/ncn  ebenforoenig  roie  ©regor  gelungen,  mit  tyren  3ln* 
forüd&en  gegenüber  £einric$  IV.  unb  fieinrid^  V.  burdjjubringen. 

SBictytiger  als  bie  ©tynobalbefd&lüffe  rourben  für  bie  Söfung  ber  gfrage  bie  )a$lrei$en 

20  ©treitfc&rtften,  bie  aus  beiben  Sagern  hervorgingen;  forad&en  ftc$  anfangs  in  benfelben 
uffl>erfi$nlid&e  ©egenfäfce  aus,  fo  lägt  ftdt)  bo$  im  roeiteren  Serlaufe  ber  $olemif  eine 
geroiffe  gegenfeitige  äfonctyerung  ntcfyt  benennen,  SjnSbefonbere  toirb  in  ber  foäteren 
©treitlitteratur  burcfygängig  ber  noa)  bort  öumbert  unb  SßetruS  ©amiani  gefliffentlid?  igno* 
rierte  Unterföieb  jroifd&en  bem  geiftlic^en  3lmte  unb  ben  toeltlicben  Seiten  einge^enb  ge* 

26  roürbigt,  2luf  biefer  gemeinfamen  ©runblage  lonnten  fid?  bie  SerftänbigungSberfud&e  auf* 
bauen,  bie  bem  bei  beiben  ^arteten  lebhaft  empfunbenen  ^ebenSbebürfnijfe  entsprangen. 
3roar  ber  erfte  93erfud&,  gelegentlich  ber  Äaiferfrönung  $einric$SV.  (1111)  eine  Einigung 
ju  erzielen,  miftlang.  £)er  jroifd&en  £emricfy  unb  ^afcfyaliS  II.  abgesoffene  Vertrag  bon 
©utri,  in  toelcpem  ber  Äöntg  auf  bie  gjntoeftitur  t?ergid^tetef  toätyrenb  ber  Sßapft  bie  SÜMfc 

so  erftattung  aller  in  ben  $änben  ber  ©ifcfyöfe  unb  #bte  befinblid&en  Stegalien  an  baS  Äeidfr 
fcerforact),  fäeiterte  an  bem  einmütigen  2Biberfpru$e  ber  Surften,  fotoo&l  ber  geiftficfcn, 
bie  Völlig  ifjrer  roeltlid&en  9JZad?t  beraubt  roorben  roären,  als  aud?  ber  toeltli$en,  bie 
ben  Serluft  tyrer  Äircfyenle^en  ju  befürchten  Ratten.  £)ie  in  ber  (Sefangenfcfcaft  etblty 
gelobte  SeroiHigung  beS  3jffl>eftiturred&tS  mufete  ^Safd&aliS   1112  unter  bem  2)rudte  ber 

86  Steformpartei  auf  ber  lateranifd&en  ©tynobe  roteber  gurüdfner;men. 

6rft  1119  unter  $aWalte>  5Rac^folger  (Salijt  II.  rourben  bie  abgebrochenen  a8er* 
r)anblungen  mit  bem  Äaifer  roieber  angebahnt;  biefelben  führten  f^lie^Tid^  1122  ju  ben 
unter  bem  SRamen  bed  SBormfer  Äonforbate«  befannten  gegenfeitigen  Jtongepmen 
$einricfy3  V.  unb  ßaltjt«  II.,  roelcr)e  ben  3nt»eftiturffaett  beenbeten  unb   bte  tum  Unter« 

40  gange  beä  beutfd^en  Sietd^ed  bie  rec^tlid^e  ©runblage  für  bie  Sefeftung  ber  Stetttmer  unb 
9leid^abteien  abgegeben  ^aben.  (£)er  Xejt  bed  Äonforbate^  ift  am  beften  bon  SBeUcmb  im 
MG  Constitutiones  1,  159 ff.  herausgegeben;  über  bie  im  Original  im  batifanifcfcn 
Strato  erhaltene  fatferüdr>c  Urfunbc  t>gl.  3^.  ©irfel  unb  §.  33re#au  in  9Kt  be«  3nffc 
tutö  für  öfterr.  ©efcr)icr)töforfd^ung  6,  105  ff.  foioie  baä  ber  genannten  Slb^anblung  beb 

«gegebene  galftmile.)  35er  3nr)alt  be«  ÄonforbateS  ift  folgenber:  3)ie  Sifc^öfe  unb  Äbte 
roerben  geroär)(t,  in  Italien  unb  Surgunb  o^ne  jebe  ^Beteiligung  beS  Jtönigd,  in  2)eutf<^ 
lanb  bagegen  in  feiner  3lnroefenr)eit  unb  in  ber  SBeife,  ba|  er  bei  ^toiefp&ltigen  ffia^lcn 
unter  Setrat  beä  Metropoliten  unb  ber  3Mf$öfe  berfelben  ßirc^en^robtm  ber  r>aftänbigeren 
Partei  jum  ©iege  bereifen   (oQ.    $amit   ift   i^m   in  3)eutjc^lanb   tyatfäd^lty   ein   ent* 

60  fd^eibenber  (Sinflufi  bei  ben  2Bar)len  eingeräumt.  Stuf  bie  ^nbeftitur  mit.  9lin^  unb  Stab, 
ben  3lb)eic$en  bed  geift(i$en  SlmteS,  Denic^tet  ber  5taifer;  bagegen  behält  er  bie  ©efugniÄ, 
ben  ©eroä^lten  mit  ben  Dom  Setct/e  r;errü^renben  roeltlic^en  Seiten  )u  belehnen  unb 
feinen  SeJ^nSeib  entgegenzunehmen.  $ie  93elel)nung  foH  burct)  Übergabe  eines  Scejrter«, 
beS  9lb}eic^enS  ber  roeltltd^en  ©eroalt,  erfolgen.    Sßär^renb  in  ^eutfölanb  bie  Sele^nung 

66  ber  ftonfefration  burc^  ben  Metropoliten  üoranger)t,  fyit  in  Italien  unb  93urgunb  ber 
9leugeroär)Ite  fte  innerhalb  6  -ffiocfyen  nai}  ber  ßonfefration  na^jufudben. 

2)aS  3Bormfer  Jtontorbat  an  unb  für  ftct)  bebeutet  roeber  einen  ©ieg  bed  Äatfertumi 
nod)  beS  $a))fttumS;  roät)renb  baS  eine  auf  lange  geübtes  Siedet  Derjtc^tet  ^atte,  roar  ei 
ber  ^ä>ftlia)en  Partei  nur  in  fer)r  unüoQbmmenem  3Rcr|  gelungen,   tyre  gorbenmge« 

oo  bur^ufe^en.    £en  §au^tüortetl  Ratten  bie  fiva>lid)cu  2Ba^lfötyerfd$aften,  inSbefonbere  bie 


SnbefKtur  217 

DomlajHiel,  bie  in  ben  nodalen  100  Sauren  ba$  auSföliefclid&e  2Ba$lrec$t  ber  SMfd&öfe 
erlangten.  ©c$Uefclic$  fyd  eS  jebo$  ba$  $apfttum  berftanben,  in  ber  SefefcungSfrage  ben 
6ieg  batoonjutragen.  Unter  Sot&ar  unb  ben  erften  ©taufern  atterbingä  tyaben  bie  beutfcfyen 
Jtönige  ni$t  nur  fätntltye  i^nen  fonlorbatömäfeig  juftetyenben  Siebte  ausgeübt,  fonbern 
<md)  btrette  Sffia^tyrafentationen  ober  Srnennungen  borgenommenen  unb  bie  üjnen  in  e 
Seutfölanb  jufte^enben  93efugniffe  aud)  auf  Italien  unb  Surgunb  au^ube^nen  berfud&t. 
Sbcr  feit  ber  Dofl>efa>a$l  bed3a&re$  1198  ift  ber@influfe  beS  Königtum*  auf  bieSBa&len 
in  raptbem  SKebergange  begriffen.  %ribzm  bie  gleicfylautenben  93erft>rec§ungen  Otto«  IV. 
(1209)  unb  ^riebriefr«  II.  (1213)  bie  ©iltigfeit  ber  2Ba$l  bon  bem  9iic$tbor^anbenfein 
faumiföer  #mbermfje  abhängig  matten,  rechtfertigten  fie  bie  bon  Warft  ^nnocen^  III.  10 
bereite  borfyer  geübte  fragte,  unter  bem  Sßortoanbe  ber  Prüfung  ber  Stettytmäfeigfett  ber 
SBabl  einen  entfc&eibenben  (Sinflufc  auf  biefelbe  auszuüben,  ©o  entftanb  baä  Stecht  beä 
$a£fte3,  We  2Ba$l  ju  laffieren,  fo  entftanb  baä  fogenannte  ^JoftulationSrecbt,  ba$  Siecht  be3 
$apfted,  einer  getollten,  aber  mit  fanonifäen  §inbemiffen  behafteten  $erfon  auf  Sitte 
ber  2Ba^ltörperf$aft  (postulatio)  bie  admissio  ju  erteilen.  33or  allem  aber  gelang  e$  16 
Sraioceng  toäfcrenb  be$  S^ronftreiteS  burc§  Sfypellation  bie  (Sntfdjeibung  bei  ftreitigen 
Sohlen  na$  9tom  ju  jie^en  unb  f#liefelid&  ein  j)äj>ftlid&e$  DebolutionSredjt  auäjubilben, 
bo*  ft$  in  ber  tjfolgewit  bem  faiferlid&en  bei  roettem  überlegen  geigte,  Daju  tarn  no$ 
ber  perfönli$e  ©mfwp,  ben  bie  bäpftli$en  Segaten  unb  Nuntien  bei  ben  einzelnen  SBatylen 
ausübten,  toatyrenb  bie  Stntoefengeit  beä  KaiferS  bei  ben  SBatylen  ju  einer  nur  feiten  au&  20 
geübten  Vertretung  bur#  einen  SBa&lfommiffar  ftd^  abfc^toädpe.  2lm  Anfang  be8 
13.  Saföunbert*  tft  tljatfä($li$  ber  ©ieg  be$  $abfttum$  entföieben. 

©inen  efoaä  anberen  Verlauf  tyit  ber  Ignbeftiturftreit  in J?ranfrei#  genommen. 
9u$  #er  fanb  ftd&  im  11.  3a$rljunbert  allgemein  neben  ber  SBafyl   eine  birefte  ®men= 
mmg  berSifööfe  unbSbte,  aud)  tyierrourbe  baä  geiftlicfye 2lmt  jugleid^  mit  ben  roeltlid&en 25 
Seiten  burefc  bie  ebenfalls  unter  lefynred?tlid?cn  ©eficfytepunlten  betrachtete  gjnbeftitur  mit 
Sina  unb  Stab  gegen  homagium  übertragen.    aber  anbererfeitö  toetft  granfreiefy  rec$t 
täfmUfr  Serföiebenfceiten  auf,  bie  e*  erflären,  bafe  fyier  ber  ^nbefttturftreit  nicfyt  eine  fo 
Imnjijriefl  toeittragenbe  Sebeutung  annahm  unb  nicfyt  mit  berfelben  Erbitterung  geführt 
tombe  tote  in  Deutfölanb.    Sintnal  fehlte  bem  franjöftföen  (fptffo^at  bie  politiföe  3Jlad)U  ao 
fülle  ber  beutf$en  93ifööfe,  jur  SluSbilbung   eine«  geiftlid?en  $ürftenftanbe$  toar  e$  in 
3rantrei$  niept  aelommen.    Die  SoSlöfung  ber  fyofyen  ©etftlicfyfett  bon  ber  toeltlid&en  ©e« 
toalt  toar  be^alb  für  ben  frangöftfd^en  Staat  ri\d)t  eine  Sebenäfrage  toie  für  ba^  beutf^e 
I     fioirigtunt.    ferner  aber  ernannten  unb  inbeftierten  bie   frangöfif^en  Könige  nur  einen 
I     Zeil  ber  Sifööfe  unb  Äbte;  bie@rnennung  unb  ^nbeftitur  ber  meiften  lag  in  ben^änbenss 
|     ber  großen  toeltlid^en  JtronbafaDen,  ber  ßerjöge  unb  ©rafen.    3)er  ^nbeftiturftreit  löft 
!     fty  bemnat^  ^ier  in  Sfranfreicfy  in  eine  5Wenge  einzelner  Heiner  Äämj)fe  unb  Unter^anb« 
ümgen  ber  Jturie  mit  ben  territorialen  ©etoalt^abern  auf,  toobei  fte  tu  red^t  betriebenen 
Sefnltttten  gelangte.    3m  gangen  ift  feit  bem  ätnfang  beä  12.  ^a^r^unbertö  ba^  @rnen$ 
nmgdre^t  befettigt  unb  bie  freie  2Ba^l  ber  93ifc^öfe  unb  "Übte  jur  Segel  getoorben ;  jebo$  40 
baten  bie  fran^öpfc^en  Äönige  unb  mehrere  bon  ben  toeltüc^en  ©ro^en  bi^  gum  6nbe  be$ 
12.  SöWunbertd,  jum  Xeit  aud)  noc^  länger,  ftc^  bie  33efugni3  betoa^rt,  bie  Sorna^me 
bei  Saß  erlauben  unb  ben  ©etoä^lten  betätigen  m  bürfen.    Die  alte  ^nbeftitur  mit 
Ana  unb  Stab  ift  überall  berfötounben,  ebenfo  meift  ba£  homagium ;    bagegen  ^aben 
bie  franjöftfc^en  Äöntge  unb  ein  Xetl  ber  ©rogen  auc^  fpäter  no$  bie  Stem^oralicn,   bie  45 
toebltyen  ©üter  unb  Siebte,  ben  neugetoä^lten  Stjcbofen  unb  Übten  gegen  &reueib  (^um 
%ti  auc^  o^ne  Xreueib)  übertragen  unb  toä^renb  ber  Safang  bed  geiftlid^en  älrnttö  bie 
Ätüfye  biefer  Xem)>oralien  für  \vi)  gebogen.    35oc^  ift  e^  bercingelt  föon  im  12.  3a^r« 
Nnbert  Sätümem  gelungen,  ftq  bon  jjeber  toeltlic$en  Dber^o^eit  freizumachen. 

9m  toenigften  tft  ber  tircgli$en  9teform)>artei  in  ©nglanb  bie  Durchführung  ir^rerso 
Äeie  gelungen.  6$on  unter  ben  angelfäc^ftfc^en  unb  bäniföen  $errfct)ern  ftanb  hier  bie 
fxtypng  ber  SiÄtümer  unb  großen  Abteien  ber  Staatsgewalt,  bem  Könige,  unter  bem 
Senat  ber  ©rofcen  unb  ber  Sieic^berfammlung  ju;  unter  ben  normannifc^en  Königen 
to«be  aud)  bie  ^nbeftitur  fotoie  ber  Se^n^eib  eingeführt.  Die  Verbote  ber  Saieninbeftitur 
nter  ©re^or  VII.  blieben  auf  bie  engliföen  3uf^nbe  o^ne  SBirfung ;  aud)  in  bem  65 
Streite  atoiMen  fflil^elm  II.  unb  änfelm  bon  (ianterburb  ^anbelte  cS  f\d)  nur  um  mi^= 
kauäfiift  Xntoenbung  bed  löniglic^en  Stellenbefe^ung^rec^ted,  ba£  felbft  nid)t  in  grage 
pffeüt  tourbe.  @rft  als  unter  $einric$  I.  SSnfelm  aU  überzeugter  ©regorianer  1101  ju= 
lUh^cte  unb  bat  SetynSeib  bertoeigerte,  tarn  eS  m  bem  rein  biplomatifd^  geführten  eng= 
fifrn  3nbefHturftreite,  ber  1107  bamit  enbete,   oafc  ber  König  auf  bie  Sele^nung  miteu 


218  3nt>cfMur  $oäb 

Sting  unb  ©tab,  alfo  auf  eine  reine  Formalität,  bergtcfytete,  bagegen  ben  Se$n3eib  ber 
Sifqjiöfe  unb  ätbte  fotoie  bie  übrigen  $ed?te  feiner  Vorgänger  befaubtete.  3n  ber  §[olgegeit 
tyaoen  bie  engliföen  Äönige  trofc  be3  93erfpred&en3  ©tet)fyan3,  bafc  8if<$öfe  unb  Übte  ge* 
mäfe  ben  Seftimmungen  be3  !anonif#en  SRecfyteS  getoä^lt  toerben  fottten,  tyren  (Sinfbife  bei 

6  ber  Sefefcung  ber  ^ojjen  fird&lid&en  Sämter  behauptet;  bie  SBa^len  bollgogen  ftcfc,  toie  bie 
12.  constitutio  bon  ßlarenbon  geigt,  am  föniglid&en  £ofe  burc$  eine  bom  Röntg  böHto 
abhängige  Sßa^lberfammlung,  ba3  @ntfd)eibenbe  toar  ber  assensus  be3  Äönig3.  Xuq 
in  ben  fyäteren  ^a^unberten  f}at  e3  bie  englifcfye  ©eiftlid^feit  ni$t  gu  freien  SBa^len 
gebraut,  bagegen  mad&tc  ftd^  feit  S^nocem  III.,  ber  bem  fdbtoa<$en  Äönige  Sodann  toiefc 

10  tige  3iigeftänbnifje  abnötigte,  neben  bem  fönigltc&en  ber  pä^ftlid^e  ©nflufi  bei  ber  ©teilen* 
befefcung  geltenb.  «tegfrieb  ttietfflet. 

$oab.  —   Sitte  rat  ur:  Sgl.  btc  Kommentare  gu  ben  88.  ©a  unb  ftge,  femer  bie 
betreffenben  Wbfcfcnittc  in  ben  $arfteflungen  ber  ©efdjicfcte  bed  93olfe3  3«racl. 

1.  Unter  ben  gaj&lreicfyen  SJJerfonen,  bie  toir  au«  ber  Seit  unb  Umgebung  ®abib3  in 

16  33rael  fennen,  ift  bie  ^erborragenbfte  %oab  (fyebr.  aar,  gr.  'Iaxxß).  ®r  flammte  nic$t 
nur  toie  3)abib  au«  Setylcbem  2  Sa  2,  32,  fonbern  toirb  audf  im  AI  gum  ©ef$le$te 
3)abtb3  geregnet,  toa3  ftdp  barau3  ergiebt,  ba£  nur  ber  SRatnc  feiner  3Jiutter,  einer 
©d&toefter  3)abib3,  nie  ber  feine«  9Sater3  genannt  toirb.  Sie  fciefe  S*™!0  1  ©<*  26,  6; 
2  ©a  17,  25  unb  toirb  feie  Slbigail  1  6tyr  2,  16  f.   ate  ©cfctoefter  StobibS   begegnet. 

»3&re  ©ö^nc  toaren  3oab,  Slbifai  unb  SCfa^cI  2  ©a  2, 18  (24;  18,  2:  in  1  Gty  2, 16  f. 
Slbifai,  3oab  unb  Slfa^eQ,  toäfyrenb  ate  ©o^n  ber  SKbigail  Sttnafa  aufgeführt  toirb  2  Sa 
17,  25;  1  S^r  2,  17.  ®3  ift  ba&er,  aud&  unter  Serüdffid&tigung  ber  Orientalinnen  Ser* 
fyältnijfc,  !aum  gtoetfetyaft,  bafi  3oa&  jünger  toar  ate  3)abib,  jebenfalfö  ntt$t  älter.  S)agu 
Raffen  bie  angaben  burcj)au3,  bie  1  ßg  1  unb  2  über  ba3  @nbe  3)abib3  unb  3.3  gemalt 

26  toerben.  3n  ben  gelungen  über  3)abib  taucht  3.  guerft  2  ©a  2,  13  ff.  auf,  nämlty 
ate  ^rer  ber  ©olbaten  3)abib3,  bie  ben  ©olbaten  33bofet&3  unter  SDbner  bei  ©tbeon 
begegnen.  35oc$  fyat  er  fi<$  too&l  fd&on  früher,  ebenfo  toie  Slbifai  1  ©a  26, 6  an  2>abtb 
angeföloffen;  bie  3lad)x\d)t  1  ©a  22,  1  fyricfyt  bafür.  2)er  Äantyf  bei  ©ibeon,  anfangs 
gar  nicfyt  ernft  gemeint,  ^atte  für  3-  fetyr  emfte  geigen.    Site  bie  Seute  Slbner«  bor  ben 

so  3ubäern  gurüdftoid^en,  berfolgte  2lfatyel,  ber  Sruber  3-3,  Slbner  mit  großer  Se^arrli^btt 
6r  lam  tym  bid^t  auf  bie  g^fen,  tourbe  aber  bon  abner  mit  ber  Sänge  erftoeben.  gw* 
unb  äbifai,  bem  ^eiligen  ©ebot  ber  Slacfye  ge^orfam,  nahmen  i^rerfeit«  fofort  bie  wc* 
folgung  2lbner^  auf;  ate  e$  btefem  aber  gelungen  toar,  feine Senjaminiten  an  einem  bor* 
teilhatten  $un!t  um  ft^  gu  fammeln,  forberte  er  3oab  auf,   au«  Stüd^t  auf  ba«  808 

86  bie  Verfolgung  abgubred^en.  %oab  folgte  birfer  SKa^nung,  toa^rf^emlid^  toeil  ber  unei* 
toartete  flam^f  f$on  mehr  Slutbergie^en  herbeigeführt  fyattt,  ate  beabftebtigt  toar  2  ©a 
2,  12—32.  9lber  er  bergafe  nid&t,  toa«  i^m  bie^ftid^t  berSlutrad^e  auflegte,  «feabner 
mit  2)abib  in  Hebron  fefte  Serabrebungen  getroffen  ^atte  unb  ftd^  bereite  auf  bem  9tikE* 
toege  in  ba3  ©ebtet  3ßraeld  befanb,  lehrte  3.  bon  einem  Slaubguae  jurüd  unb  erfuhr  gu 

40  feinem  Srftaunen,  bafe  toä^renb  feiner  3lbtoefen^eit  ein  freunbfd^aftlicper  3$er!etyr  gtoifc^en 
beiben  ftattgefunben  ^atte.  @r  l^ielt  ge^en  3)abib  nid^t  mit  bem  93erba$t  gurüdf,  ba| 
Slbner  nur  auä  Sift  freunbf^aftlic^e  ©atten  aufgieße,  unb  fd^idte  rafd^  entföloffen  ©oten 
au$,  um  Slbner  na<$  Hebron  gurücfgurufen,  offenbar  im  tarnen  2)abib3,  bo<^  o^ne  fein 
Sßiffen.    Slbner  lehrte  um,  tourbe  bon  %oab  am  I^ore  ber  ©tabt  ertoartet  unb  nieber» 

45  geflogen.  3)amit  toar  Slfa^ete  331ut  gerächt,  unb  ba^  toar  für  3-  ^CT  eigentliche  ©runb 
gum  #anbeln  getoefen.  Slber  bie  Umftänbe  biefeä  9Korbe3  enthielten  ben  Äeim  gu  bem 
[glimmen  Verbackt,  bafe  S5abib  fein  Urheber  toäre.  63  toäre  in  ber  2^at  eine  unerhörte 
SÄud^Iofigfeit  getoefen,  \otnn  35abib  ben  3Wann,  mit  bem  er  eben  feierlich  einen  Vertrag 
gefd^loffen  ^atte  (2  ©a  3, 20  f.),  ^interliftig  ^ätte  ermorben  laffen.    ®r  betonte  ba^ia  mit 

6)aQem  9iac$brucf  feine  Unfc^ulb  an  bem  (Snbe  9lbner3;  ein  folget  SRorb  an  einem  Ser« 
toanbten  be3  £aufe$  ©aute  toiberfprad^  aud^  burd^au«  ber  ^Jolttil,  bie  er  gegenüber  bem 
©efdjlec^t  be3^  erften  Äöntg3  über  3$rael  beobachtete,  ©egen  3oab  ate  Stauer  Wmtti 
aufzutreten,  toar  tbm  bamate  niebt  möglid^.  3)a3  betoeift,  toie  grog  fd^on  bamate  bk 
9Kad&t  3.3  in  ber  Umgebung  35abib3  toar  (2  ©a  3,  20—39).    »ber  bieSPfltyt  berÄac^e 

66  blieb  nac§  ben  bamaligen  Slnfd^auungen  auf  35abib  laften.  3lad)  1  6$r  11,  4—8  \m 
fid}  3-  bei  ber  (Eroberung  ber  3*Müerfefte  3»<>n  befonber3  au3gegeic^net  unb  bafür  bie 
©teile  eine3  „.§au})tmamt3  unb  anfü^rer3"  Crl  x^)  erhalten,  ferner  aud^  bie  übrige 
©tabt  toteber^ergeftellt  ^aben.  Slber  bief e  £arftellung  beeft  ftd^  nic^t  mit  bem  3n$alt  ber 
älteren  @rgä^(ung  in  2  ©a  5,  6—9  unb  ift  au$  fac^lic^  nic^t  eintoanb3frel  fytifltx  bei 


3oo*  219 

Hebten  £eere*,  ba*  2)abib  unterhielt,  toar  3-  bereite  bor  ber  (Eroberung  ber  3wn*burg, 
tote  2  ©a  2,  12  ff.  jeigt  Ob  3)atoib  bamal*  fd&on  bie  Stelle  eine«  Sefe^aber*  über 
ba*  SoBdfyeer  befefcen  tonnte,  fcängt  Don  ber  Slnttoort  auf  bie  grage  ab,  ob  er  bie  3ion** 
bürg  fror  ober  naety  feiner  SBafyl  mm  König  über  ganj  3*rael  erobert  ^at.  $m  erfteren 
%aue  —  unb  er  ift  na$  bem  Wortlaut  fcon  2  ©a  5,  6  ber  toatyrfcfyemlid&e  —  fonnte  6 
Sktirib  biefe  ©teile  bamal*  no$  nic^t  vergeben;  e*  bleibt  bafyer  jtoeifetyaft,  ob  bie  Angabe 
be*  G^nmtften  richtig  ift,  toenn  man  fte  mit  1  Gtyr  18, 15  glei<$fe$t.  2Ba*  ber  Gtyronift 
toeüer  über  bie  SBieber^erfteSung  ber  „©tabt"  burety  Soab  melbet,  foQ  fi<$  anföeinenb 
auf  3cmfalem  bqie^en.  «ber  na<$  2  ©a  5,6—9  unb  felbft  in  lG&r  11,4—8  ift  nid&t 
Um  ber  ©tabt  3>erufalem  bie  9tebe,  fonbern  toon  ber  £)atoib*ftabt  ober  2)at>ib*burg,  bie  10 
an  $ebräif4en  ebenfall*  ^<  fceifct.  2)ie  Sauten  bort  toerben  aber  2  ©a  5,  9  nur&abib 
tugeförieben.  3Kan  barf  ba&er  Vermuten,  bafe  ba*  nad&esilifd&e  ©efdjled&t  3-  in  bem 
Steffen  5Dabib*  feinen  S^n  erblidfte  unb  fic$  ju  beffen  Siu^m  biefe  Saaten  toon  tbm 
erjagte. 

SU*  2)abib  SBoltefönig  getoorben  toar,  übergab  er  3-  *>en  toid&tigen  ^Soften,  ben  16 
Scfc^I  über  ba*  gjolfö&eer  ju  führen  2  ©a  8,  16 ;  1  G^r  18,  15.  Sil*  fotyer  fat  g.  an 
ben  Striegen  $abtb*  überhaupt  tyerfcorragenben  Slnteil  gehabt.    2lllein  ba  bie  Duellen  ein* 
fa$  bem  ©afcib  auftreiben,  toa*  überhaupt  unter  feiner  Regierung  gegeben  ift,  fo  läfjt 
fö  bie  X^atigfeit  be*  S0^  ni<$t  int  3ufamtnen^an9e  verfolgen,    ©ein  9tame  toirb  nur 
bei  einzelnen  (Gelegenheiten  genannt.    @r  richtete  toä&rcnb  eine*  fecfy*monatlid&en  2lufenfc  20 
^aüe*  in  Gbom  ein  furchtbarem  Slutbab  unter  ber  33et>ölferung  an,  unterwarf  ba*  £anb 
unb  bertrieb  ben  cm^eimifdben  Äönig  SKbab  (fiabab)  nadj  $g$>ten  (l  Äg  11,  15—17; 
bgL  1  <8frr  18,  12  unb  2  ©a  8,  13  f.).    ®r  beftegte  bie  äramäer,  toelc^e  ben  2tmmoni- 
**»  ju  #ilfc  «Ken  (2  ©a  10,  6—14;    1  (Sfyx  19,  8—15)  unb   begann  im  folgenben 
3afae  bie  Sela^erung  bon  Slabba,  ber  §auj)tftabt  ber  Slmmoniter  (2  ©a  11,  1).  Jjtozs 
aa£m  Xcfoxb  ferne  Sttenfte  in  Stnfprucfy,  um  ben  $etyiter  Uria,  ber  ni#t  biefelbe  2ßitt* 
fajjirigfeit,  toie  fem  SBeib,  bie  e^rgeiuge  Satfcfeba,  gegen  ben  Äönig  an  ben  Sag  gelegt 
batte,  ca&  bem  3Bege  }u  Waffen.    goab  bereitete  nad)  bem  Sefefyle  be*  Äönig*  bem  Uria 
ben  lob   hn  Äarn^e  gegen  bie  Slmmoniter  (2  ©a  11,  14—27).    9113  bie  Hauptarbeit 
ber  Belagerung  get^an  toar,  (üb  er  in  !(uger  Sefd&eiben^ett  feinen  ©ebieter  ein,  bie  reife  so 
fadft  be^  ©ieae*  felbft  ju  pflücfen  (2  ©a  12,  26-31 ;  1  G&r  20,  1—3). 

SBotyttbueiro  ift  an  bem  raupen  Krieger  ^oab  bie  innige  Steilna^me  an  ben  ©rieb- 
mffm  SabiU.  tiefer  feinte  [\d)  na^  ber  9tücf!e^r  feine*  geliebten  ©o^neä  älbfalom, 
ber  na$  ber  (Srmorbung  feine«  93ruber«  Slmnon  'ftd^  3  %afyxt  lang  bei  I^almai,  bem 
Äönige  tum  ®efur,  aufgehalten  ^atte.  Seib  um  ben  Serluft  be£  Erdgeborenen  unb  30m  85 
gegen  ben  Srubermörber  froren  attmäfyltd?  au*  feinem  derjen  gefrieren;  bod^  fd^eint  er 
m  Rwäcfmifung  äbfalom*  [vi)  mdft  ^aben  entfd>lie|en  }u  tonnen.  2)a  lieg  ^oab 
ben  König  bur^  ba«  Äuge  SBeib  bon  %t)doa  barauf  ^infreifen,  bag  e*  ntd)t  rec^t  fei, 
an  be*  afAlagenen  Slmnon  toiflen  bem  SSolfe  ben  @rben  ber  Ärone  ju  rauben.  X>at>ib 
folgte  bem  Slaie  beS  SBeibeS,  in  toeld&em  er  übrigen*  fofort  bie  ©ebanten  %oab$  erfannte  40 
(2  ©0  13,  39—14,  24).  (Sine  förmliche  Serfitynung  jtoif^en  Sater  unb  ©otyn  fanb 
b*td)  §oate  Vermittlung  jebo<^  erft  jtoei  ^a^re  fpäter  ^tatt  (2  ©a  14,  28—33).  ^n  ber 
Qmpfasiia  3lbfalom*  ftanb  $oab  treu  jur  ©ad^e  be*  König*.  $at>ib  befahl  ©Tönung 
bei  Cm^iei«;  allein  Sjoab  frodte,  um  allen  Unruhen  ein  rafc^e*  (Snbe  ju  machen,  ben 
lob  be*  Xttfrübrer*  unb  erfta$  i^n,  ba  au*  feiner  Umgebung  niemanb  bem  93efe^l  be*  46 
temg*  jutariberpanbeln  toollte,  mit  eigener  $ant>  (2  ©a  18, 1—17).  ®er  jtönig  unterlag 
fcflfanbtg  bem  ©d^nerje,  aber  %oab$  9luge  toafyte  über  bie  6icberbeit  be*  Königtum*. 
9t  taoog  ben  Jtönig  baut,  ftety  im  X^ore  ber  ©tabt  (HkF)Qnaim)  bem  ^eere  ju  jeigen, 
an  yu  betoetfen,  bog  er  liebe,  bie  ir/n  lieben,  unb  um  ju  behüten,  bafc  aud)  feine  Ircucn 
9ß  bedienen  (2  ©a  18, 19—19,  9).  Sei  ben  nun  folgenben  Serbanblungen  mit  '^ubaso 
berftwoc^  5Dabib  bem  gelbbauptmann  Slbfalom*,  9lmafa,  ber  aud)  ein  Sertoanbter  2)at)ib* 
Ipar  (f.  0.),  bafr  er  an  bie  ©teile  Soab*  treten  folle  (2  ©a  19, 10—15).  (Sr  erhielt  ben 
luftrag,  ben  aufrü^rerifd^en  ©eba  m  behtegen.  Mein  er  braute  in  ber  feftgefe^ten  3«t 
bm  Heerbann  bon  ?|uba  ntc^t  jujammen.  2)a  entfanbte  SDaütb  ben  %oab  mtt  feiner 
6#px  unb  ber  Iönigii(^en  Seibtt>ac^e  gegen  BAa.  93eibe  ^ü^rer  trafen  ftd^  am  großen  55 
6tem  ju  ®ibeon.  Sei  ber  Segrü|ung  liefe  ^oab  fein  6rf>mert  in  bie  linte  ftanb  gleiten 
mb  (tieft  e*  bem  arglojen  Slmafa  m  ben  Seib.  3ln  ber  Seiche  gab  er  bie  Carole  „^oab 
nb  Starib"  au*.  TOi^trauen  unb  ßiferfu^t  gegen  2lmafa,  ©ifer  für  35aöib  mögen  bie 
ber  2fyä  getoefen  fein.  3-  fab  baburdi  eine  neue  Slutföulb  auf  ftc^,  beren  Stocke 
£)at>ib  }ufte(  (togL  2  ©a  19,  14).    ©eba  fyatte  [\d)  in  bie  fefte  ©tabt  9lbel  so 


220  3oah  ftoadjim  I.  bou  ©ranbenbnrg 

Setf)  9Raac$a  geworfen.  9ted&  lurger  Belagerung  töteten  bie  (Sintoo^ner  auf  etneSSBeibe* 
SRat  ben  (Smpörer  unb  ftarfen  fein  §aupt  jugoab  über  bte  Stauer  tyinau«,  Vorauf  biefer 
fofort  abjog  (2  6a  20,  1—22). 

2Bann  3oab  bie  gegen  (einen  9lat  bon  Dabib  angeorbnete  SBolföjätylung  borgenom* 

ömen  tyat,  ge^t  au$  2  ©a  24,  1—9;  1  <%  21,  1—4  ni<$t  fcerbor.  63  lann  ni<$t 
befremben,  toenn  %oab  am  (Snbc  ber  Regierung  DabibS  bie  3#ronanfprüc$e  SIboniaS,  ber 
alä  ber  rechtmäßige  6rbe  angefe^cn  mürbe  (1  Kg  1,  15.  22),  begünfUgte.  916er  Stboma 
unb  fein  Slnfyang  mußte  ber  Partei  ©alomoS  toetd&en,  an  beren  ©pifce  ber  fywptyk  Station 
ftanb  (1  Äg  1,  5—49).    ©alomo  fronte  jtoar  anfangs  feine  ®egner  (1  Äg  1,  50—53). 

10  3*od&  Me  Sitte  SlboniaS  um  Slbifag  bon  ©unem  (1  Äg  2,  13—17)  braute  tym  unb 
feinen  Slnfyängern,  barunter  3^ab  ben  lob.  @r  tourbe  amSUtare  3a$be$,  tootyin  er  fi$ 
geflüchtet  fatte,  bon  Senaja,  bem  Sefefytefyaber  ber  föniglid&en  Seibtoacpe,  auf  beftbnmten 
Sefefyl  ©alomoS  erfölagen,  bamit  nidjt  ^a^be  baä  S3lut  beS  Äbner  unb  Stmafa  an  bem 
§aufe  3)abib$  tyeimfuctye  (l  Äg  2,  18—34).    (Sä  entfprid&t  ganj  ben  ©itten  jener  3«*, 

15  toenn  35abib  bie  *J$flid&t  ber  9ta#e,  bie  er  felbft  nic^t  bolljietyen  mag,  feinem  ©o&n  unb 
SRacfcfolger  ©alomo  überträgt  1  Äg  2,  5  f.  %oaU  %ob  ermutigte  bie  geinbe  3*roel3 
(1  Äg  11,  21).  Obgleich  Dabib*  Änecfct,  fcatte  3oab  bo<$  ftetö  feinen  eigenen  SBUIett 
@r  §at  feinen  §errn  burefy  feine  2Borte  unb  bur$  feine  Saaten  nic&t  feiten  geleitet  5Den* 
noefy  f)at  ber  ©a$e  DabibS,  ber  ©id&erung  feines  IgroneS,  niemanb  treuer  gebient,  afö  er. 

ao  2.  3lamt  eine«  nac^eplifdp  jubäiföen  ©ef<§lec$te$  (@3r  2,  6;  9le$  7, 11;  1  ßfr 
2,  54).  'Und)  1  Gfyr  4, 14  toirb  ein  ^oab  als  ©rünber  einer  §anbtr)erferfolonte  trtoctynt, 
bie  fic$  bielleic&t  nad&  91$  11,  35  in  ber  Sfötye  bon  Sob  (Stybba)  unb  Ono  (Äefr  Ana) 
befanb.  4>.  9nt%t. 

ftoadjim  I.,ħ.  b.Sranbenburg,  geft.  1535.  —  Hiebe!,  C.  d.  Brandeb. ;  3.  ®.  3>rotfen,  $efö. 

25  b.  pveufj.  ^oliti!  * II,  2,  Seipalg  1870,  ©.  1—163;  (£ör.  SB.  ©piefer,  @efdj.  b.  (Einfübrtnm 
ber  töef.  in  bie  SWarl  SBranbenburg,  Berlin  1839;  «.  SRüüer,  @ef(ö.  b.  9tef.  in  ber  fltort 
»ranbenb.,  Berlin  1839;  3ul.  ©eibemann,  S)ie  föef.  in  ber  Wart  »ranbenb.,  »erlin  1889; 
3).  (Srbmann,  Cutter  unb  bie  £of)en$olIern,  SreSlau  1883,  ©.  37 ff.;  ©ageme^er.  lieber  bie 
Stellung   be3  Jhirf.  goacfcim  I.   jur  SRef.,  Snomrajlaw  1880;    fcritbeim:  Opp.  ed.  Freher, 

soFrancf.  1601;  6tlbernagl,  3.  Xr.4,  SanbSfjut  1885,  ©.  107  ff.;  €(^neegan»,  3.  Xx.t  ÄTeuj» 
nad)  1882,  6  90  ff.  Äaifemal)! :  9tetd>3tafl3aften.  Süngere  Reifte  I,  ©otba  1893;  ÄocÄler, 
2)te  Äaifermaftl  ©arls  V.,  Sien  1878.  @lifabet$:  SRiebel  in  3.  f.  preufe.  ©.  u.  2anbe«f.II. 
©ornung:  $.  8immermann  ebb.  XX;  ßofbe,  Anal.  Luth.  92ff.;  @nber8,  »rief».  SutQer* 
93b  VI  u.  VII. 

85  2lfö  3«>^an"  ßicero  am  9.  Januar  1499  ftarb,  ^mterliefj  er  bie  5Kart  ©ranbenbutg 
feinem  bamalä  noc^  nid^t  löiä^rigen  ©o&ne  3«>ad^im,  ben  i^m  am  21.  gebruar  1484 
feine  ©emaf)Im  Margarete,  bie  %od)kx  ^erjog^  SBU^elm  III.  bon  ©adMen,  geboren 
batte.  $a  3.  r\ad)  ber  ©olbencn  Sude  erft  mit  bem  18.  3afce  bie  3Rünbigrett  erntete, 
glätte  eigentlich  fein  Dnlel  üJlarfgraf  griebridb,  ber  bie  fränfif$en  95eft$ungen   in  feiner 

40  $anb  bereinte,  bie  SRegentföaft  führen  muffen.  Slber  bie  bon  ©erttyolb  bon  9Kaing  ge» 
^Ityrte  Partei  ber  9leid^8ref orm  fear  biefem  ate  eifrigem  Parteigänger  be«  #aufc$  Öflerm^ 
nid^t  gebogen;  Sert^olb  erflärte,  nur  bie  Slu^übung  bed  turfürftti$en  SBa^lrec^te^  fei 
bem  jungen  gürften  jur  $t\t  bertoe^rt,  aber  nidjt  bie  Slegierung.  ©0  übernahm  ber 
3üngling  felber  ba^  Regiment,  erföien  fd^on  auf  bem  Sieic^tag  1500  al£  Äurfürft,  na^m 

45  aber  einfttoeilen  feinen  1490  geborenen  öruber  Sllbrec^t  aU  nominellen  3ßitregenten  an. 
Der  jugenblic^e  gürft  War  reid?  begabt  unb  fyattt  buxö)  Dtetrid^  bon  93üloto  eint  ®t» 
jiefyung  genoffen,  bie  i^n  jum  greunb  unb  SSere^rer  ber  aufftrebenben  ^wnanijittftyen 
©tubien  gemalt  ^atte.  2)ie  Sebfyaftigfeit  biefet  3ntereR^  Wrte  ^  xn  e«ne  tyxjfMfi 
SBcrbinbung   mit  bem  berühmten  Spon^eimer  Slbte  3«>^.  Irityeim.    ©d^on  1502  lub  er 

so  ben  ifym  perfönltd^  nod}  Unbefannten  tbieber^olt  bringenb  na^  Serlin  ein;  einftoetlen 
bergebltc^.  Dann  machte  er  feine  $e!anntfd^aft  bei  ©elegen^eit  bed  ^ürftenfonbente«  m 
granffurt  a.  5K.  1503,  traf  bann  lieber  im  3uK  1505  mit  i^m  in  Sonn  jufammen,  na^m 
ihn  mit  fi$  nacb  Äöln  jum  ^ürftenlonbent  unb  betoog  \v)n  nunmehr,  if>n  in  Saun  J» 
befugen.    3m  ©eptember  erfd^ien  Srit^cim  toirfltc^  in  Serlin,  untertoie«  ben  Äurfür^en 

55  in  latetnifd^er  ©tiliftü,  unterrebete  ftd^  mit  ifym  über  mannigfaltige  fragen  be«  99Jiffen<, 
berfagte  für  i^n  mehrere  älb^anblungen  ^agiologifd^en,  arc^äologtjd^en  unb  mebtjmi^m 
3n^altö,  unb  beteiligte  ftcb  bei  ber  (Eröffnung  ber  am  10.  ^ebruar  1506  emgehKt^t« 
Uniberfttät  in  ^rantfurt  a.  0.,  in  ber  :>ad?im  feinen  Wärlern  eine  eigene  SUbun^ßSttc 
fc^uf  unb  jugleid^  ben  ©trom  ber  f$lefif$en,  preugifd^en  unb  polnif$en  ©tubierenben  Ml 


dfoadjtm  I.  tum  Sraubenburg  221 

tat  $o$f$uten  Seitojig  unb  SBittenberg  abjulenfen  fachte.  Sludj  naä)  feiner  älbretfc  blieb 

Zritbeim  in  brieflichem  SJerfefyr  mit  bent  ßurfürften,   bem  er  nun  and)  nod)  burdjj  einen 

modus   graece   scribendi  Anleitung   jur  (Erlernung  beS  ©riecfyifctyen  gab.    35er  Slbt 

ritymt  feinen  (Schüler  unb  ©önner  als  in  omni  varietate  scripturarum  doctissimus, 

prudentia  atque  sapientia  longe  supra  aetatem  clarus,    amore  scientiae  salu-  5 

taris  nimium  aestuans,   bobei  als  fittenrein,  Wo^lwollenb,   geregt  unb  gotteSfürd&tig 

(Chron.  Sponhem.  ed.  Freher,  II,  424.  Annal.  Hirsaug.  II,  631).  2lud&  älleanber 

bat  i$n   fyäter   als  latine  et  alemanice  faeundissimus  gerühmt  (Balan,  Monum. 

Ret  Luth.  p.  72).    Stber  aad)  bie  aftrologifcfyen  Steigungen  igoadjimS  toerben  auf  ZüU 

fand  (Sinfhife  jurüd juffifcen  fein.  SßJie  mit  biefem  fnitofte  $.  au^  mit  bem  ^od&gebilbeten  10 

$ctr.  SkmbuS  freunbli$e  Bedungen  an.     3n  ber  Verwaltung  .  ber  SKarf  machte  fi<$ 

bet  puige  gürft  junäcfcft  Derbtent  unb  bewies  rüdficfytslofe  Energie  in  ber  SRieberWerfung 

bc*  3taubrittertum$ ;  in  einem  garten  unb  langwierigen,  aber  fonfequent  bon  itym  bunfc 

geführten  Stampfe  bemühte  er  fu$  um  ^rieben  unb  Orbnung.    3Rit  fefter  £anb  mehrte 

a  ben  lanbeS^errltyen  (Sinflufc  auf  bie  $omfapitel.    SDlit   ber  ©rünbung  beS  Kammer- 15 

acrid?teS  führte  er  baS  römifetye  Stecht  ins  Sanb  ein  unb  fd^uf  einen  oberften  ©erid&tSftanb 

für  alle  (Äammergeric&tSorbnung  1516;  goacfyimfcfye  Konstitution  1527),  Wenn  audf  feine 

JlctySreformen  nur  langfam  Wtrffam  Würben.  2Bic  ifym  ^ier  trofc  beftem  Saiden  ber  bolle 

(Erfolg  fehlte,  fo  mifcglücfte  and)  feine  Sßolitif  im  Steige  in  Wefentlicgen  fünften.    $toax 

gewann  er  burefc  feine  Gfye  mit  ber  Softer  SofyannS  I.  t>on  3)änemarl,  dlifabety  (1502),  20 

eine  unfi$ere  StnWartfc^aft  auf  ben  föniglid&cn  Seil  ber  Herzogtümer  Schleswig  unb  §ol= 

jkin.    Unb  für  feinen  ©ruber  SUbred^t  erlangte   er  gegen  bie  ^rotefiton  eines  bairifetyen 

^tinjen  burefc  ben  Staifer  1513  bie  SiStümer  SBtagbeburg  unb  $alberftabt,  unb  bann  1514  baS 

Äurfürftentum  SRainj  (togl.  8b  I  306).    aber  ebenfo  unWürbig  Wie  j>olitifd&  fcerfe^lt  war 

^oactytmS  SJerfcalten  bei  ber  ÄaiferWa^l.  9luf  nichts  geringeres  ging  fein  Streben,  als  für  26 

ffy  felber  bie  Äaiferfrone  ju  erringen ;  einftWeilen  aber  lieg  er  fict)  in  93er^anblungen  erft 

mit-  SRacimiltan,  bann  mit  beffen   Snfel  Äarl,  augleid?  aber  and)  mit  bem  ©egenfanbi* 

baten,  gjtan)  I.  Don  granfreidf),  ein  unb  Derfuc^te  feine  Stimme  beiben  Parteien  fo  teuer 

tote  möglich  jum  $anbel  tu  bieten.  ©0  ^olt  er  fic^  1517  in  ben  9lieberlanben  perfönli$ 

tNm  SRagimilian  allerlei  ©unfterWeifungen  auf  bie  tünftige  2i5atyl  fyn  unb  fcfyliefjt  gleidfc  so 

{eitig  im  geheimen  mit  ftranj  einen  lufrattoen  SSertrag  ab.    granj  bietet  für  3.3  älteften 

£oc)n  feine  Schwägerin  Renata  jur  (Stye  an  (£eiratebertrag  öom  17.2luguft  refl>.21.2)eä. 

1517).    SRasimilian  bagegen  offeriert  beim SlugSburger SleidjStage  einegge  bcS ttutyrinjen 

wit  Karls  Scfyoefter  Äatljarma  (£eiratSbertrag  \>.  18.3lug.  Sponsalia  de  praesenti22.3lug. 

1518)  unb  3*  töfe*   W  abermals  t>on  tym  feine  Stimme  bejahen,  faliefct  barauf  im  35 

Sjrril  1519  mit  3ftanj  ein  Sßafylgeföäft  ab  unb  fc^raubt  gleid^jeitig  ben  Agenten  ÄarlS 

gegenüber  feine  Äirberungen  immer  ^ötyer.  als  er  bann  fafy  ba|  ft^  gegen  granj  immer 

aüfoftcbener  bie  SottSftimmung  erHärte,  trat  er  offen  mit  feiner  eigenen  Äanbibatur  ^eröor 

imb  fafy  ftc^  barin  Don  ftranj  unterftü^t  —  aber  ri\d)t  einmal   feines  SruberS  Sllbrec^t 

Stimme  gewann  er.    Styliefelid?  blieb  i^m   nichts  anbereS  übrig,   als  ber  Stimmabgabe  40 

aller  anbern  für  Äarl  ftc^  an^ufd^lie^en.   5Der  Krönung  in  Slawen  blieb  er  fern,  unb  auf 

bem  erftai  SeidjStag  beS  neuen  AaiferS  in  SBormS  erfc^ien   er   erft  möglic^ft  fpät.    Unb 

nssdf  einmal  Reffte  er  auf  bie  jtrone,  als  1524  bie  Unjufriebcnbeit  ber  dürften  mit  Jtarl 

fo  weit  gediegen  War,  ba^  man  bamit  umging,  ein  neues  Regiment  im  9teic^e  ju  fd^affen; 

aba  „Weber  mit  ber  ftraft  tiefer  Überzeugungen,  nod)  mit  bem  Kienen  93IidE  beS  Staate  45 

maimeS,   ben  caxdf  ^olitifc^en  ©ebanfen  in  ber  nationalen  unb  tir$li$en  Bewegung  &u 

«faflen,  berfolgte  er  fem  $rojelt"  (Drohen  S.  125).     ÄarlS  SBaffenglüd  Dor  ^ßat)ia 

(24  gebruar  1525)  berntytete  mit  einem  Silage  bie  DppofitionSpläne  gegen  i^n.   fortan 

filmte  ^oai^im  2lnfd?lufe  an  baS  $auS  ^abSbura  unb  warb  um  bie  ®nabe  beS  mä^tigen 

SaifetS.    3>amit  War  auc^  feine  Stellung  jur  Deformation  Sut^erS  befinitiD  entfe^ieben.    so 

€tyon  1514  ^atte  3.  bem  Zapfte  fein  Sanb  für  ben  9(blaf^anbel  geöffnet  gegen 
Sabi^iuig  beS  $atronateS  über  bie  SDompropfteien  in  33ranbenburg  unb  ^aüelberg.  9lm 
16.  GtyL  1517  ^atte  er  bann  $e$el  unge^inberte  abla^rebigt  in  ber  maxt  bewilligt, 
nb  bi^fer  War  im  Dftober  alSbalb  in  ^Berlin  erfc^ienen;  an  feiner  Uniüerfttät  granffurt 
kaut  ber  9Rdn^  bann  am  20.  Januar  1518  bie  ifym  \>on  2Btmpina  verfertigten  @egen-  55 
IM«  Dertetbtgt  unter  lebhafter  Beteiligung  ber  SDtönc^e  aus  märtifc^en  ßlöftern.  "Die 
Jnmlfurter  X^ologen  ergriffen  Partei  gegen  £ut^er.  2)a$  aud^  3oa$im  Sut^er  abgeneigt 
tonbe,  ba}u  Wirfte  gunä^ft  ber  Umftanb,  ba^  er  feinen  Sruber  3llbrec^t  fo  f$arf  bur^ 
^angegriffen  fa^:  ,,biefen  3Rön$  la|  id^  mid^  nic^t  fd^impfiren,  baS  ift  Verloren!" 
Setter  wirfte  baoei  mit,  ba|  er  in  ber  ganjen  3cit  ber  ftaiferwa^l  in  gekannter  Stirn-  eo 


222  3<mrf>tm  i.  tion  gtambenforg 

mung  gegen  #riebrid;  b.  2öeifen  fi$  befanb.  ©obann  gehörte  er  feit  1520  mit  ©<$recfen 
ben  9iücfgang  feiner  Uniberfttät  (1519  nod&  236,  1520  125,  1521  73,  1526  20,  .  .  . 
1529  18  ©tubenten  in  granffurt  immatrifuliert).  gtoax  fatte  er  nod&  auf  bem  Sßege 
nad&  SBormS  Sutfyer  auf  ber  3)urd&reife  in  Sßittenberg  begrübt;   aber  in  SBortn*  felbji 

6  toujjte  er  ft#  SUeanberS  fyofyeS  Sob  $u  ertoerben ;  er  fei  „ber  einjige  gürfl,  auf  ben  toir 
unä  in  3)eutfc$lanb  feft  berlaffen  fönnen".  ©ine  perfönlic&e  Unterrebung  mit  Sutyer  caa 
24.  2tyril  (Äöftlin,  9Jt.  Sutyer  *  I,  459)  &atte  nur  ben  ©egenfafc  beutücfc  Vortreten 
laffen.  6r  toar  e$  ja  aud&,  ber  am  25.  2Rai  bem  Äaifer,  angeblich  consensu  et  no- 
mine omnium,  bie  ßuftimmung  ber  ©tänbe  jum  SBormjer  ©bitte  auSfpracty.  9(1$  Sofa 

10  für  feine  Haltung  trug  er  J>äj>ftli<§e  ©unft  in  feinem  ©trett  mit  bem  #abdberger  toom* 
fapitel  babon.  ©o  fepritt  er  benn  bem  ßbift  gemäfc  im  eigenen  Sanbe  aegen  bie  neue 
Se&re  ein.  3lm  24.  gebruar  1524  erging  fein  „SKuSfd&reiben  toiber  D.  Sutfcr*  8ibel", 
in  ber  biel  £unbert  Irrtümer  feien,  bie  ju  mancherlei  SKufrufcr  führen  müßten;  er  publi* 
jierte  am  25.  äuguft  noefy   einmal  ba$  SBormfer  @bift;   ben  Äurprinjen  !goac&im  ber* 

16  mahlte  er  am  6.  ftob.  beSf.  3^*3  mit  ber  Softer  be8  Sutyergegner«  ©eorg  b.  ©ac^en. 
3)ie  Stebolution  ber  Sauern  toar  auefy  tym  fid&tbare  %mfy  ber  8e$re  SuttyerS;  toilfig 
folate  er  jefct  ber  $olitif  ©eorgS  unb  trat  in  SDeffau  (3uli  1525)  bemSünbni«  jurSer* 
niqjtung  ber  „berbammten  lutty.  ©efte"  bei.  @leicfyt>o&l  trieb  bie  Deformation  bun$  ging« 
fünften  unb  Sieber,  burc$  ©tubenten  unb  ausgelaufene  9Jtön<$e,  burd&  reifenbe  Äaupeute 

20  unb  toanbembe  £anbtoerfögefeHen  tyre  Sßropaganba.  3oa<$im  berbot  3uni  1526  ba$ 
©ingen  beutfd&er  luty.  Sieber  unb  $falmen.  SRun  trug  gar  SutyerS  Sefae  ben  jd&toerflen 
Äonflift  in  fein  eigene«  $au$.  Äurfürftin  ©lifabety  fatte  bur<$  tyren  aeittoeife  in  Serttn 
toeilenben  ©ruber  6bri(tian  II.  bon  35änemarl  fott>te  burety  Sutyerö  greunb,  ben  Äqt 
Stafceberger,  bamate  ©tabty^ftfuS  in  Sranbenburg,  SutyerS  Sefyre  lennen  gelernt;  feine 

25  ©Triften  boten  tyr^roft  unb  $alt,  je  fömerjfyafter  feit  1525  tyreS  2Ranne$  ^unetgung  gu 
Katharina  §ornung,  ber  Softer  be$  berliner  SürgermeifterS  Stomas  b.  Slanlenfdbt,  ityc 
e&elid&eS  ©lud  jerftört  fyatte.  Dftern  1527  empfing  fte  $eimli#  ba3  «benbma&l  auS'bcr 
£anb  eine«  tyr  gefenbeten  lutbert[d)cn  ©eiftlid&en.  3)ie  &unbe  babon  erbitterte  3oac^m; 
bie  ©inmif^ung  S^riftian«  fohne  be«  Äurfürften  3o^ann  in  feine  bäu3lid&en  98er^äteiiffe 

so  Derbrofe  tyn.  35ie  Sifc^öfe  unb  bie  angefc^enften  5ßrälaten  ber  SKart  berief  er  im  Dftober 
1527  nac^  Serltn  unb  legte  i^nen  bie  grage  bor,  ob  er  bie  Äurfürftin  gum  Xobt  bet^ 
urteilen  ober  fid&  bon  i^r  fc^eiben  laffen  jotte.  ©ie  botierten  für  lebenslängliche  dm« 
fperrung  auf  einem  feiner  ©c^löffer.  35er  Äurprinj  unb  anbere  interbenierten;  ba  geftanb 
er  i^r  eine  33ebenfjeit  bi«  Dftern  1528  $u.  3)i^t  bor  Slblauf  be«  XermineS,  am  24.51«», 

85  entflog  fte  unb  erreichte  glüc!lid|  bie  fäcfyfifdje  ©ren^e,  Äurfürft  go^ann  geh>äbrte  tyr  Unter* 
tunft  unb  6d;u^.  sJtan  mar  aber  auc^  kat^arina  ^ornung,  reuig  unb  im  Verlangen  naeft 
3lu«fö^nung  mit  i^rem  3Kannc,  mit  Sutber  in  brieflichen  SSerte^r  getreten;  ate  Soa^im 
i^r  biefen  Srieffred^fel  berbot,  tbanbte  ftc^  Sutber  brieflich  an  ben  Jturfürften  unb  jog, 
atö  biefer  i^n  für)  abtotä  unb  bei  feinem  Sanb^errn  berflagte,  bie  ©ad^e  an  bie  Cffetti* 

4olic^Ieit;  erreichte  er  auc^  bie  93ereinigung  ber  ©bleute  baburd^  ni<$t,  fo  toar  bodjf  3-  "* 
ber  öffentlichen  SJcinung  fc^toer  getroffen.  Steffen  religiöfe  SKbneigung  gegen  Sutyer  na^m 
je^t  ben  ß^aralter  perfönlicfyer  ^cinbfe^aft  an.  3um  SKugdburger  3tcic#3tage  braute  er 
mit,  toa«  bie  3)tarf  nur  an  lat^olifd^en  ©eletyrten  aufbieten  tonnte:  bie  ^ranffurter  2$eo* 
logen  aBimpina,  3J?enfing  unb  6lgcr$ma   unb  ben  ©tenbaler  3)om^errn  SBolfgang  9te» 

45  borfer,  bie  bafelbft  gemeinfatn  unter  feinen  9lufpicien  eine  ©egenfqrift  gegen  Sut^ert 
©d^lbabad^er  2trtifel  au^ge^en  liefen  (®rl.  2lu«g.  2  24,  345  ff.),  to%enb  er  felbft  auc^ 
in  ben  SSer^anblungen  unb  arbeiten  be^  JReic^tageS  ftcfy  alt  einer  ber  eifngfien  unb 
erregteften  gürften  ^erbort^at,  ber  toieberfyolt  bie  getoaltfame  Unterwerfung  ber  £u$ertf$eii 
forberte.    §mmer  ^9^  touxttc  fein  2lnfc£luf$  an  Äaifer  unb  SPapft;  ©lernen«  VII.  banftt 

50if)m  13.  Dftober  1530  für  feine  bortreffli^e  Haltung  in  überfc^tbänglic^en  SBorten,  ba 
ftaifer  mit  manierlei  ©nabenertveifungen  unb  i*erfyrec$ungen.  @ifrigft  betrieb  SJ.  jc^t 
gerbinanb«  SBa^l  jum  Mönig,  ber  er  im  3<muar  1531  perfönlid^  in  granffurt  a,  3k.  bei» 
lüo^nte.  Slber  bie  faiferlid^en  3[}erfj)rec^ungen  erfüllten  fiefc  nid^t,  unb  bie  Xörtcngefa^c 
jtoang  5tarl,  gegen  bie  @bangelifc^en  entgegenlommenber  ju  toerben.    Xie  Sefonnatiim 

55  brang  im  9tufolü^en  be«  ©d^maltalbener  ^unbe«  ftegreid^  in  9lorbbeutf^lanb  bortoärtt, 
unb  3-  fVürte  ibr  93orrüc!en  im  eigenen  2anbe  tro^  aller  ©egentoetyr  immer  beutfi^er. 
2)a  f<$lofs  er  2.  ^ebruar  1533  mit  ©eorg  bon  Saufen,  Jtarbmal  9Hbreät  unb  benSJraim» 
fd^toeigem  Qxxd)  unb  £emric$  in  §aDe  ein  ©egenbünbnte  gegen  bie  ©cpmaßolbener.  Skr 
er  erlebte  nodj,  bafe  um  fein  Sanb  ^er  3ln^alt  unb  ?ßommem  jur  Deformation  übetginaen. 

co  3n  feinem  leftamente  (22.  CIt.  1534)  berfügte  er  nun  noc^,  baji  feine  ©ö^ne  (3oadfhn 


3»ad)tm  I.  ton  ©ranbenbttrg  ^oadjitu  II.  tum  ©ranbenbnrg       223 

unb  Sodann)  unb  tyre  ßrben  f/mtt  ityren  Sanben  unb  2euten  gu  jjegfi^er  Reit  bei  bem 
alten  $nftti$cn  (glauben,  Religion,  Zeremonien  unb  ©eborjam  ber  d)x\\tl.  Äirctye  unber* 
rurft  unb  untoeränbert  bleiben  follten",  unb  berj>flic$tete  fte  burety  perforieren  ßib,  bem 
frafltfcfcn  Sünbntö  unb  biefem  fteftamente  treu  ju  bleiben,  3uglei<#  fcerorbnete  er  gegen 
ba*^u^efe$8Ubredjt  äd&ilte,  bafc  aud&  ber  ätoeiteSobn  einen  Seil  beä  fianbeä  (SReumarf,  5 
©ternberg,  Äroffen,  Äottbuä,  Sßeifc)  als  $errf$aft  empfangen  fotte  —  toofyl  in  ber  £off* 
ming  ben  bereits  offen  lutfyerifö  geftnnten  ^o^ann  eben  tyierburd^  an  ba$  tyaHifd&e  93ünb* 
m$  unb  bamit  an  bie  alte  Stird^e  ju  feffeln.  Unb  atö  am  28.  £)eäember  1534  feinet 
Sofcneä  3oa<bim  ©ema&lin  ftarb,  betrieb  er  nod;  fd&leunigft  beffen  Sffiieberberbeiratung  mit 
ftebtoig,  ber  &o$ter  ©igtemunbä  bon  $oIen,  um  au$  biefen  ©o^n  an  ben  ÄatfyolijtemuS  10 
ju  feffeln.  $i<£t  bor  biefer  Soweit  ftarb  er  na$  furjem  Äranlenlager  am  lL^juIt  1535. 
Xrofc  feiner  entföiebenen  Haftung  toaren  bie  reformatoriföen  ^been  unauftaltfam  im 
2an&c  tooxgebrungen,  unb  bafe  er  nid&t  mit  harter  ©etoalt  biefe  Siegungen  niebergefcfylagen 
I^atter  braute  tym  fd&liefjlic&  bei  bem  bairifd&en  Sanier  2.  t>.  @cf  ba3  fyerbe  Urteil  ein, 
bafe  aueb  er  hostis  orthodoxae  ecclesiae  fei  (3lunt.=8eri^te  I,  400),  toäbrenb  SRaufea  15 
gerechter  um  tyn  alö  um  einen  prineeps  maxime  catholicus  trauerte  (3*©  XX,  51 7). 
Seine  ©öfyte  erfannten,  bafe  in  faft  allen  Greifen  be$  itenbeä  nur  auf  bie  offene  (5in= 
ftynmg  ber  Deformation  gekartet  tourbe.  ®.  äauerau. 

3*tdj|imIL,  ħ.  b.Sranbenburg,  f!571.  —  flufjer  ber  allgemeinen,  im  oorigenHrt. 
angeführten  üitteratur:  9*untiatur*$erid)te  ©b.  I— IV.;  3r.  £ol&e,  Qux  ©efdjidjte  ber  mär»  20 
hffen  Äef.  in  Srorfdjungen  $.  «ranbenb.  u.  $reu&.  ©efd).  II,  1889,  :J95  ff. ;  £.  fianbiuef)r,  3.3 II. 
Stellung  jur  Äonjiläfrage,  ebb.  VI.  1893,  ö'.?9ff.;  Sranj  slfleine,  2)ie  ücrmittelnbc  6teüung 
3.*  II.  i>.  ©ranbenb.  ju  btn  polit.  unb  relig.  Parteien  f.  $eit,  fiüncb.  1898  (ffloftoefer  50iff.) ; 
».  £ebebur.  Uebcr  ben  Ort  unb  Sag  beä  Uebertritta  3.S  IL  jur  httfj.  ßirdje,  Berlin  1839. 
Sifitation :  *.  $artfiud  in  3)eutfct)'euanpl.  «Blätter  19,  6.660  ff.;  ©einleben  unb  3)iefte(mcier :  25 
%.  $ol$e  in  3or|d)  j.  Sranbenb.  u.  «ßreuß.  ©efä.  VII,  181  ff.  unb  ©Triften  beS  Eereinö 
f.*ef*.  »erlin«  31,1  ff. 

^oac^im  IL,  ber  ältefte  6o^n  3.$  K  geboren  am  9.  Januar  1505,  fyatle  unter 
bffäp  feinet  Onlel^,  bed  ^arbinatö  ällbrecK  burc^  ben  ßanonüu^  %oi).  9iegelein  unb 
Dr.  gimc!  forgfälttge  9(u3bilbung  in  ben  üafftfd^en  Sprayen  unb  ben  @taateftiffenf$aften  so 
traben.  SDie  Beilage  unb  bie  ^amilienber^ättniffe  jogen  i^n  \xix\)  in  bie  !ircbli$en  fyiU 
fragen  hinein,  unb  unter  ben  entgegengefe$ten  @inflüffen,  bie  Dom  Sater  unb  ber  3Jtutter, 
bem  einen  unb  bem  anbern  ÜBerftanbten  auf  i^n  ausgeübt  tourben,  erfragte  frü^  in  i^m 
m  tyeolo0tf$e$  3ntcteffe  unb  bad  Seftreben,  im  Streit  ber  Meinungen  eine  felbftftänbige 
9ofitum  mi  gewinnen.  @r  fat  fpäter  fetter  feierlich  berfu^ert,  ba£  er  fc^on  1519  in  ^er^ss 
(öntk^er  Scgegnung  mit  Sut^er  in  Sittenberg  bon  biefem  bie  Verfertigung  au^  bem 
Stauben  gelernt  $abe  —  biefer  Begegnung  too^l  eine  Sebeutung  beilegenb,  bie  fte  ÜjaU 
W)üd)  bamate  no<^  nic^t  gehabt  batle.  @rft  1532  fe^en  toir  i^n  lieber  in  birefter  brief« 
Via  aScrbhibung  mit  Sut^er  (be  SBette  IV,  363),  bon  bem  er  diät  begehrt  über  bie 
communio  sub  utraque.  3)urd^  feine  @^e  mit  Viagbalene,  ber  Softer  ©eorg^  bon  «o 
Saufen,  (1524)  fyatte  ü?n  ber  SSater  an  bie  tat^olifc^e  <g>a$t  feffeln  fcoden,  ebenfo  nad) 
boen  am  28.  3)e)ember  1534  erfolgten  3lbf Reiben  burd^  bie  Serbinbung  mit  $ebtoig, 
ber  Zoster  Sigidmunb^  bon  $olen.  210er  tro^  biefer  SBanbe,  irofc  bed  bom  Sater  be= 
gärten  3ufeitt*  )um  ^aflifc^en  Sünbutö  unb  ber  eibli$en  ^er^flidptung  auf  baä  Iefta= 
mm  bed  Siaterd  fafy  man  in  ibm  in  ebangelifc^en  Mrcifcn  einen  belou^ten,  nur  auf  gfrei*  46 
(at  ber  ©etoegung  kpartenben  ^efmnung^genoffen  unb  fürchtete  {atbolifd^erfeitö  filium  a 
pttre  per  suggestores  iniquos  degeneraturum  (3^©  XX,  517).  &uf  bie  yiafyxidjt 
Mi  Xobe  bed  Sjoterd  (11.  ^uli  1535)  richtete  fein  @<^h?ager  Sanbgraf  ^tlipp  ein  an= 
bringenbe^  €6reiben  an  iffti,  „aU  ein  loeifer  frommer  gürft  in  ber  Söabrtjeit  bed  6ban- 
«band  ju  betteten",  toaiprenb  anbererfeitö  ^binanb  ibn  mahnte,  ba£  2Bcr!  bed  Saterd  60 
pjdpife^cn.  (Sr  Derfd^ob  junäc^ft  feine  @ntfc^eibung,  tydt  §o^cit  mit  ^eblpig,  unb 
auffing  im  9?obember  Sergerio  in  Berlin,  ber  im  auftrage  $aul£  III.  für  ba^  in  3lu3* 
f^t  gefieflte  Itomil  h)arb.  W\t  ^eb^aftigfeit  ergriff  ber  junge  prft  biefe  3(udfic^t,  bie 
ftu^otfrage  jur  Söfung  ju  bringen,  erHärte  ftcb  für  ^Dlantua  alö  Ort  be$  5lon}iU  unb 
imfad)  ben  ttinftigen  Sef^Iüfjen  ©e^orfam,  fofern  fte  ni$t  ctma  bem  göttlichen  SBort  u 
rtbetpfttc^fn.  (Erfreut  gab  fiep  SSergerio  ber  Hoffnung  bin,  3.  ber  römif$en  .Hird^e  er- 
Ukn  tu  Idnnen;  mit  $ilfe  ber  bon  ätogerio  em>ir!ten  Nullen  bermod^te  3-  baä  neue 
vn^äftin  Köln  an  ber  Spree  am  2.  3uni  1536  ein}uft>etyen.  2)ort  [teilte  er  ben  gut 
fatfotif^en  Seborfcr  atö  Xompropft  an,  fammelte  Reliquien  auö  bem  ganzen  Sanbe  unb 


224  ^oadjim  II.  tum  ©ranbenbitrg 

berlegte  bie  Jürftengruft  t>on  Älofter  Sennin  bieder.  2tlS  tym  nun  im  SMärj  1537  ber 
pövftltd^c  SRuntiuS  Borft  boS  auf  ben  23.  9Rai  auSgefd&riebene  SRantuaner  Äonjil  infi* 
nuierte,  ftedte  er  unter  ftarfer  üffia^rung  beS  SRed^ted,  bort  atteS  für  baS  $eil  ber  S^riften* 
beit  ©rf^rie^Uc^e   offen   jur  ©£ra($e  bringen  ju  bürfen,  fein  (perfönlic&eS  @rf$einen  in 

e  SluSfidjjt  unb  erbot  ft$  ju  bem  Berfud^,  bie  bem  Äonjil  abgeneigten  proteftantifd^en  dürften 
umjuftimmen.  2lber  baS  ttonjil  tourbe  jefct  fcom  Sßapfte  toieber&olt  berföoben.  Sa  ent* 
fc^lofe  er  ftcfy  ju  einer  Bermittlerrolle  unter  ben  beutfd&en  dürften  befcufS  einer  Ber* 
gleicfyung  ber  fird&lid&en  2)ifferemen  auf  beuttoem  ©oben.  Sei  einer  3ufammenhmft  mit 
König  gerbinanb  in  Sauden  imsJHai  1538  übergab  er  biefem  ein  ausführliches  bem  Äaifer 

10  borjulegenbeS  ©d&riftftüdf,  in  bem  er  feine  SReformibeen  enttoicfelte;  im  Sinne  btefeä^ro* 
grammS  tooHe  er  jufammen  mit  ftarbinal  3llbred&t  Berfyanblungen  mit  ben  ©$malfalbenent 
führen.  2)er  Sßapft  foQe  Äommiffare  entfenben  au  einer  Ber#mblung  mit  ben  tu$ertf$cn 
dürften;  als  notfrenbige  Äonjeffionen  an  biefe  bezeichnete  er  ben  Xbenbma$tStel$  unb 
bie  sJ$riefterefye  fotoie  einige  anbere  fünfte  —  toir  fennen  feine  Borfölage  leiber  nur  au* 

15  bem  fummariföen  Beriet  9RoroneS,  3l\mt^ßmdftt  II,  293  ff.  unb  einem  Briefe  gabi» 
nanbS,  ebb.  IV,  445  ff.  9lu$  ju  einer  g-riebenSbermittlung  jtmtöen  granj  I.  unb  itari 
erbot  fidfr  fr  (Stont.^Ber.  11,  292).  erfreut  ging  fterbinanb  auf  baS  «nerbieten  betreff« 
ber  „Äonlorbie"  ein,  unb  fnüpfte  Bertyanblungen  mit  bem  Äaifer  unb  ber  Jturie  barfiber 
an.  3.  tön  begann  junäcfyft  mit  ben  §äuj>tern  ber  ©d&malfalbener  ju  unterhandln.  6o 

20  erfolgten  bie  Sagungen  in  6ifena$  3uli  1538,  unb  bann  in  granffurt  a.  3R.  gebruar 
bis  2tyril  1539,  too  Äurfürft  fiubtoig  t>on  ber  Sßfalj  mit  tym  gemeinfam  bie  Sermittfa» 
rolle  ausübte  unb  f$liep$  am  19.  Sfyril  nichts  tociter  als  ber  „frieblic&e  SCnftanb"  (togL 
8b.  VI,  167  ff.)  $x  ftanbe  gebraut  tourbe,  für  ben  bie  Vermittler  fi$  ben  S)an!  beS  Äatfert 
erwarben.    3)ie  äluSftdbt  auf  eine  (Sntfcfyeibung  beS  SteligionSftreiteS  auf  beutf<$em  ©oben 

25  burdfc  baS  SRittel  beS  fteligionSgeforäctyeS  unb  beS  Steu^StageS,  o&ne  ben  tyapft  unb  fein 
Äonjil,  festen  fu§  bamit  ju  eröffnen,  greiliefy  toaren  bie  (Sntfctyiebenen  in  beiben  Sagen 
unbefriebigt.  3ji  M*f«i  Sagen  ftarb  ©eorg  bon  ©ad&fen,  ber  auf  tyn  ßinflufc  befeffen 
fyatte,  unb  bie  Sieformation  jog  im  ©turmfcfyritt  in  fein  Sanb  ein.  3n  &<*  IReumarf  ^atte 
^.S  ©ruber  $ofyann  fd^on  längft  ber  Deformation  freien  (Sinjug  aetoä&rt  unb  1537  bunt 

so  eine  Äircfyenbifitation  bie  !ir$li$en  S3cr$altniffe  neu  georbnet.  §.  felbft  tyatte  gebulbet, 
bafe  in  einer  Steige  fcon  ©täbten  ebang.  ©eiftlic^e  berufen  toorben  toaren ;  in  anbern 
fällen  fyatk  er  bieätnfteQungber^inbert.  ©dbon  1536  ^atte  fein  3tat  @uftac^iuS  b.  ©d^liebe« 
wm  ben  SRat  erteilt,  ber  Setoegung  freien  2auf  gu  laffen :  ber  Sifc^of  bon  Sranbenburg, 
3Jlatt^iaS  b.  ^a^otv,  übrigens  ein  unbebeutenber  unb  and)  in  feinem  SBanbel  ungeiftlüte 

35  $rälat,  fyattt  ftc$  feit  bem  9iegierungStoe$fel  ft^tlid^  ber  lut^er.  Se^re  )ugeh>enbet,  toünMm 
aber  gugleid?  bringenb  bie  (Spaltung  feiner  bifd^öflic^en  Stellung  unb  feiner  bunB  bie  Sie« 
f ormation  gefä^rbeten  @inlünfte,  toünfd^te  ba^er  nur  eine  Se^rreform  unter  Beibehaltung  ber 
bif$öfli$en  ©erfaffung.  ®cr  ^cc^ant  beS  neuen  SomftifteS  SlgerSma  arbeitete  ben  6nt» 
tourf  einer  märlif^en  ttir$enreform  äuS,  ben  3-  ^)em  t™  SC^ril  1538  nac^  Berlin  bei» 

40  fenen  2Manc$tfyon  borlegte  —  gegen  Sutyer  h>ar  3.  ftarf  berftimmt,  toeil  biefer  im  $anbcC 
mit  ©imon  fiemniuS  feinen  Cnfel  Sarbinal  2llbrec^t  fo  fiarf  angetaftet  ^atte.  sKelaw^ 
t\)on  bermarf  ben  (Snttourf  als  ungenügenb  in  feinem  Se^rbelenntniS  unb  en^fa^l  toeitcret 
©etoäfyrenlaffen;  ügl.  Corp.  Ref.  111,  522:  In  Marchia  piam  doctrinam  et  po- 
pulus  mirifice  sitit   et  expetit  bona  pars  nobiütatis,   et  probat  Princeps.    Sei 

45  ber  9tücffe^r  Don  granffurt  fanb  3.  einen  mächtigen  ^ortfe^ritt  in  ber  ©etoegung  im 
Sanbe  bor.  5Dic  ©täbte  Berlin  unb  Jtöln  Ratten  fürs  Ofterfeft  um  communio  sab 
utraque  petitioniert;  Sbelleute  aus  bemXeltoh)  Ratten  bem  Sifoof  t>.  3agoto  ü>renÜber« 
tritt  gemeinfam  erflärt;  fein  Bruber  ^o^ann  fteHte  i^m  bie  ^ßrebiger  ®eorg  Ouc^oba 
unb   %atob  Stratner  }ur  Verfügung.    @in  ^inberniS  fa^  3-  aber   m  f"™*  ©ema^un 

5o^ebtoig  unb  beren  Bater.  <5<$on  im  Sommer  lie^  er  bur$  einen  ebangeltfd^  gefinnten 
polnij$en  SBoitooben  auf  $cbh)ig  eintoirlen,  melbete  am  1.  ©ept.  ©igiSmunb,  bafe  er  fty, 
o^ne  bon  ber  fat^ol.  ßir$e  ftc^  ju  trennen,  m  einer  ,,$riftli$en  Deformation  etlicher  6e» 
remonien  unb  Äircfycnorbnung"  entfc^loffen  ^abe,  bie  an  Slttertyeiligen  inÄraft  treten  foüe; 
er  bitte,  i^m  einen  BertrauenSmaun  ui  fenben,  ber  .§ebh>ig   über  bie  geringe  Sraatoeite 

55  biefeS  Befc^luffeS  unterrichten  fönne  (gorfc^.  j.  branb.  J)reufe.  ®ef(^.  II,  402  ff.).  Stgtt« 
munb  antwortete,  bur<§  ben  §offa>)lan  ber  Murfürftin  beeinflußt,  fe^r  unroiüig  barauf. 
3)a  fyalf  ber  abermals  nac^  Berlin  berufene  SReland^on,  in  einem  jtoeiten  fefa  tJorfk^ig 
formulierten  ©^reiben  (Corp.  Ref.  III,  789  ff.)  ©igiSmunb  bie  Slottoenbigfeit  beS  &9rittei 
bar^ulegen  unb  jugleic^  betreffs  feiner  ©ernannt  )u  berftd^ern :  si  quos  amet  ritus,  bii 

CO  suo  arbitrio  uti  potest.   (Sine  X^eologenlommiffion,  in  ber  neben  ©tratner  unb  Stuf* 


dfoudjim  II.  Don  Sranbenburg  225 

\plytt  and}  ber  6ra«mianer  ©eorg  SBifeel  fi$  befanb  (f.  ben  3lrt.  SBifcel),  fatte  im  ©ommer 

eine  fttrcfyenorbnung  aufgearbeitet,  SRctand^on  begutachtete  fte,  ofyne  jebod^  für  feine  2lu«* 

fteOungm  ballig  ©e&ör  ju  jtnben  (Corp.  Ref.  III,  803).    9Rit  9tücfftd&t  auf  §ebtoig,  bie 

fty  tH>n  fetner  3lbenbm<tyl«|eier  atöfölofi,  toätylte  3-  nic^t  Serlin,  fonbern  ©panbau,  um 

tfier  am  1.  URofcember  im  herein   mit  märfifc&en  gbelleuten  unb  ©eiftlicfyen  au«  ©ifdjof  5 

Wattbia«' §anb  ba«  Stbenbmafyl  unter  beiberlei  ©eftalt  ju  empfangen;  am  2.9Rod.  folgten 

bie  ®ememben  Serlin  unb  Äöln  feinem  93etft>iel  naefy,  bie  ©emetnben  im  ganjen  fianbe 

traten   in  ben  näc^ften  Sagen  ba«  ©leidbe  —  too  ©eiftlid&e  ftd?  toiberfefcten,   ftegte  bie 

ftorbenmg  ber  2aien.    3efet  tourbe  bie  ÄD  no<§  na#  Wittenberg  jur  Prüfung  gefanbt. 

Wtyx  (be  SBette  V,  232  ff.),  SMancfctljon  (Corp.  Ref.  III,  844  ff.)  unb  3ona«  $}ricfto.  10 

be*  3onaö  1, 375  f.)  gaben  tyre  3uftimmung  unter  2tnbeutung  untergeorbneter  Sebenfen. 

(2)iefe  ©riefe  ftnb  vereint  in  ber  Meinen  ©d^rift  M.  Lutheri  .  .  Sriefe  an  3Rarggraf 

Soadjpm  IL,  $alle  1748.)    35ie  ÄD   tourbe  barauf   im  2Rän  1540  ben  ©tänben  Dor= 

gelegt   unb  gegen  bie  ©timme  be«  $roteft  er^ebenben  Sßrälatenftanbe«  Don  2lbel  unb 

Stäbten  angenommen  unb  atöbalb  tm$)rucf  tntblhiert(au«jüglic§  bei  Stifter,  ©D.ftODI,  16 

323  ff.).  6«  ift  bie  fat&olifterenbfte  ÄO  ber  lutyer.  Deformation.  35a«  Sola  fide  ift  jtoar  in 

$r  aar  befannt,   aber  im  Siitu«  unb  in  ber  (Einfügung  be«  S3ifd&of«amte«  bietet  fte  Diel 

eigentümlich,    beibehalten  ift  3.  33.  ber  S^refem  bei  ber  Saufe,  bie  girmung  bei  @e* 

kgenfcii  ber  bifc^öf liefen  Situationen,  bo$  mit  Rulaffung  einer  Delegation  an  bie  Pfarrer; 

bie  Siebatton  betm  Slbenbmatyl,   bie  Steigung   oe«  ©pülfelc^«  (ablutio)  bei  Äranfenfom*  20 

mummten,  Äonfefratton  ber  Elemente  für  lefctere  am  älltar  ber  Äirctye,  $orengefang,  gron* 

letynam,  Assumptionis  Mariae,  ber  fonntäglid&e  Circuitus,  $rojefftonen  u.  a.    33udfc 

boljer,  utm  SJJropft  Don  ^Berlin  ernannt,  ftiefe  [xd)  an  etlichen  biefer  fatljoltföen  Zeremonien. 

toäjct  befötotd&tigte  feine  Sebenfen  Don  bem  ©tanbjmnfte  a\&,  bafj  toemt  3.  nur  *>a$ 

foangdium  rem  prebigen  laffe,  fcfyriftgemäfce«  ©aframent  getoäfyre,  unb  bie  fdjtoeren  abusus  25 

beseitige,  man  ifym  bann  in  feiner  $reube  an  prunfenbem  Zeremoniell  bie  toeiteftgefyenben 

3»geftänbniffe  macben  fömte  (be  SBette  V,  235  f.).    Sebeutfam  ift,  bafe  trofc  ber  3uftim* 

«mg  be«  branbenourgifc^en  Sifd&of«  3-  ^w  &&  bo$  lebiglid^  au$  lanbe«^errli$er  Tlad)U 

boKommen^ett  erlieft,  tote  er  benn  ftcfy  fortan  gerabeju  al«  ben  „Drbinariu«"  ber  mär- 

fif$en  Ämtye  betrachtet,  unb  bafc  er  babei  ftreng  ben  ©tanbjwnft  Dertritt,  nid^t  ettoa  jurso 

ffitttenberger  Ätrd^e  übergetreten  ju  fein,  fonbern  einfach  bie  fatfyolijctye  Äirc^e  feine«  Sanbe« 

Mm  etlichen  9ttfsbräuc$en  gereinigt  ju  ^aben.   SBeber  beruft  er  fid)  auf  bie  Conf .  Augu- 

ttana,  noc^  tritt  er  bem  €$malfalbener  Sunbe  bei;  too^l  aber  fud^t  er  bie  öeftätigung 

ttmer  ÄO  bei  bem  Äaifer  nad^,  bie   er  auc§   gegen   fein  2}erfj)rec^en,  fünftigen  ttonjil«* 

bcf^Uiffen  fu^  fügen  )u  trotten,  erhält.    3)ie  D^pofition  ber  93ij$öfe  Don  $aDelberg  unb  86 

£cta*  gegen  feine  StD  treibt  $n  nun  aber  toeiter,  bie  bif$öfli$e  ©etoalt  ju  befeitigen  — 

er  läfet  fte  getDäbren  auf  i^ren  eigenften  Territorien,  für  ba«  übrige  £anb  aber  rietet  er 

tabc^pnltyeS  Kirc^enregtment  ein.    Sine  furfürftlic^e  tfommijfion  (Sflat  SBeinleben  unb 

Stratner)  Dtftttert  ba«  ganje  fianb  —  ber  branbenburgifc^c  Sifc^of  beputiert  für  feinen 

Spiengd  nac^träglidji  einen  Äommiffar  baju  — ;  bie  Älöfter  toerben  auf  ben  2lu«fterbeetat  40 

«feft    Urban  Sl^egiu«,  bamal«  ©uj)erintenbent  in  3elle,  ben  3-  ™$  Berlin   berufen 

batte,  le^rnte  am  19. 9loD.  1539  ab.  ©tratner  tourbe  ©upermtenbent  unb  §ofprebiger  (SeftaU 

baig  in  8ettr.  j.  baier.  Ä®  V,  225),  febrte  aber  1543  in  fein  alte«  3)ienftDer^ältni«  nad&  3ln«= 

ba$  jurfiif(ebb.V,206).  2)er  je^t  mitSut^er  Derf einbete  ^o^.3lgricola  folgte  im  ©ommer 

1*40  3.*  Stuf*  (Dgl.  I,©.252),  tourbe  fein  $ofprebiger,  fett  1543  Dorfifcenber  ©uperinten*  40 

best  im  Berliner,  nac^  ©ittenberger  9Rufter  errichteten  Äonftftorium.  35a«  l;atte  natürlich 

eme  Serftimmuna   bei  Sut^er  gegen  3-  jur  %qIq*.    Äönig  ©tgi«munb  fanbte  im  3wni 

1640  Stföof  8u!a«  ©orta  an  ben  ^Berliner  §of,  um  $ebtoig«  ©ctoiffen«not  toegen  t^re« 

-tt  |u  bef(^tt)ic^tigen,  fie  §ur  5ottfefeung  ber  ®^e  anju^alten,  gugleic^  aber  3-  ba« 
Serftn^en  abjune^men,  ba|  er  fte  nie  ju  feiner  Deränberten  Religion  Derlocfen  öo 

(Jagiellonki  Polskie  w  XVI.  wieku.  I.  Ärafau  1868,  283  ff.).  —  35er  gefunfenen 
gomffurter  UntberfUöt  ^atte  3-  fd^on  1537,  too  er  sDielancf)tbDn  al«  Ratgeber  ju  \\d)  rief 
(Corp.  Ref.  III,  373),  feine  prforge  jugetoenbet,  1538  9Jtelanc$tyon«  ©d^toiegerfo^n 
Smg  ©abinu«  berufen;  jefet  (1540)  folgte  bie  Berufung  be«  Ideologen  2tle£.  ällefiu« 
(Ift  I  S.  337)  unb  be«  änbr.  3Ru«culu«  nad).    älQmä^li^   t)ob   [\<b  bie  ^requeng  ber  66 

3n  ber  großen  ^ßolitif  fe^te  3.  injtoifd^en  feine  S8ermittlert^ätigfeit  fort.  33eim  Sle^ 
%w*geftjrä^  in  SBSorm«  1540/41  faften  feine  älbgeorbneten  (u.  a.  3lle£.  älleftu«)  unter 
kam  be«  „getyorfamen'',  nid^t  be«  „proteftierenben"  leil«,  too  fie  ftc^  (ehr  unbebaglid) 
ftt&OL    3>er  ^ier  im  ©e^eimen  borbereitete  @nttourf  für  ba«  na$folgenbe  9tegen«burger  00 

im  §Mt%OopibU  fte  S^cologic  unb  SHxfr..  8.  «.  IX.  15 


226  ^oadjim  II.  nott  gtarabettburg 

NeligionSgetyräd),  ber  3.  burd)  Vermittlung  beS  Sanbgrafen  ^tyilrty)  ^ugefidlt  mürbe,  er* 
füllte  ir/n  mit  neuen  Hoffnungen  auf  eine  Bereinigung  ber  Parteien.  6r  übernahm  e$, 
baS  Surf)  bertraulid;  Sut^er  nir  Prüfung  jujufiellen  (4.  gebruar  1541),  ber  jtoar  bie 
gute  2lbftcr;t  ber  Verfajfer  anerfannte,  bie  VergleictySborföläge  aber  als  ebenfo  unannehmbar 
6  für  bie  fturie  froie  als  unbefriebigenb  für  bie  Gbangelifdjen  bezeichnete  (bgl.  b.  9ht  Sie* 

SenSb.  Sud;).  %xob  biefer  äblefynung  roirfte  3-  w  NegenSburg  eifrig  für  baS  £u* 
anbefommen  beS  Vergleich,  bot  fi$  aud;  als  Mittelsmann  bar,  als  ber  Staifer  no<b  ju 
bem  Verfud)  fd;ritt,  burd;  eine  befonbere  ©efanbtfd&aft  Sufyer  jur  Sbma^me  roentgftenS 
ber  wenigen  vereinbarten  NegenSburger  Slrtilel  ju  beroegen.    Unberrid&teter  ©ac^e  fcfate 

10  bie  branbenburgifcf;e  ©cfanbtjd)aft  nad)  NegenSburg  jurüd.  3llS  fio&n  feiner  93emü$ungen 
erhielt  3.  ^ier  bie  faiferlid)e  Veftätigung  feiner  £0.  @r  toar  je$t  feft  an  bie  farferlufc 
Sßolitif  gebunben  (Vertrag  bom  24.  Suni  1541).  ©ein  SRifeerfolg  im  Xürfentrieg  1542 
fd)toäcf;te  fein  SBfafetyen,  bie  (Srbbereinigung  mit  bem  $erjog  Don  iSegnifc  (1536)  nötigte 
ifyn   )u   toeitger/enber  gügfamfeit  gegen  Jfcrbinanb.    ©ein  ©ruber  ^jo^ann   berltefe  ben 

15  fcfymalfalbifdjen  Vunb,  erjürnt  über  ben  JtriegSjug  gegen  feinen  @$imegerbater  $emj  tum 
SBolfenbüttel,  unb  fölofe  fid;  bem  Äaifer  an.  äueb  fein  fränfifd&er  Setter  älbrecfct  Ski* 
biabeS  herliefe  bie  ©a$e  ber  @bangelifcr)en  tocgen  J>erfönli<$en  ©rollS  gegen  3<>&.  griebrieb 
unb  Sanbgraf  $bütM>-  3)a  nun  aud)  SRorifc  bon  ©ad)fen  Neutralität  beobachten  toottte, 
fo  fd;lof$  fid)  $.  biefem  an,  berfud)te  no$  vergeblich  im  3uli  1546  ben  ©$mal(albenem 

ao  bie  Sermittelung  ni  einem  SQtoSgleicr;  mit  bemttaifer  anzubieten,  fölofc  aber  bann  (20.€cpt.) 
ein  ©djute  unb  xrufcbünbniS  mit  3Jiori§  nur  Setoaljirung  ber  Neutralität  Site  9Rori$ 
biefe  glei<|  barauf  felber  burd)  feinen  (Sinfau  in  Äurfad)fen  gröblich  bedeute,  fa$  3.  mit 
Srregung,  baft  er  getäufcf;t  Sorben  toar,  unb  berjagte  biejem  ba&er  bie  $ilfe,  als  $n 
nun  %o\).  griebrid;  in  feinem  iJanbe  bebrobte.  2113  aber  bann  ber  Äaifer  felbfl  31.  Januar 

25  1547  bon  ber  branbenburgifd)en  fianbfdjaft  Unterftüfcung  jur  Seläm^fung  ber  „fömaBafe 
bifd&en  Äonftnration"  forberte,  gab  auefy  $.  gegen  bie  Ernennung  feines  jtoeiten  So^neS 
griebrid;  jum  Äoabjutor  von  SNagbcburg  unb  $alberftabt  bie  Neutralität  preis  unb  fanbte 
400  Netter  jutn  §eere  ÜHorifc'  ab.  ©ein  ©ruber  Qo^ann  aber  riet  tym,  je(jt  fei  bie  gfim 
ftige  ©tunbe,  ftd^  auf  ^Sommern  ju  ftürjen!  (©Triften  beS  SereinS  f.  ©.  b.  Neumart  VII, 

30  1898,©.  191  f.).  ©0  feierte  benn  2lgricoIa  ben  faiferlic^en  Sieg  bei  5Nü^lberg  mit  einer 
2)anfprebigt !  (fialoerau,  3lgricola  ©.  246  ff.),  gm  faiferlidfren  2ager  bor  Wittenberg  wr* 
pflichtete  fieb  3-  auf  Vu  fünftigen  93efcblüffe  beS  3:ribentiner  ÄonulS,  forberte  fretlty  ju? 
gleich  für  fid;  bie  gleiten  3ugeftänbnif|e,  bie  man  9Jiori$  in  ber  NeligionSfad^e  bereinigen 
roürbe.    ©eine  alten  SermittelungS^offnungen   lebten   neu  auf.    @r  proponierte  jeft  ein 

35  Nationalfongil  unb  bie  2tnba^nung  einer  „d^riftlic^en  Sergleid^ung".  ®rnftlic$  bemfi^te 
er  ftc^  aber  um  SRilberung  ber  garten  S3e^anblung  3ol).  2friebric^S,  unb  bitter  toar  i$m 
bie  @nttäufc^ung,  bie  if)m  roie  39lori^  bie  gegen  i^re  SBürgf<$aft  erfolgte  ©efangermabmc 
$^ili))ps  in  $a(le  bereitete.  9lber  nod)  toar  er  ju  feft  an  bie  faijerltcfe  $olitit  gebunben. 
9lm  20.  Dttober  traf  er  mit  feinen  Nöten  unb  Slgricola  auf  bem  Nei$3tag  in  ÄugSburg 

40  ein,  gab  feinen  £>ofprebiger  bort  gu  ben  gnterimSberatungen  ^er,  unb  bemühte  fk&  bann 
perfönlic^,  üJlori^  für  baS  äugSburger  Interim  (f.  0.  ©.210)  ju  gewinnen.  83eä>e  bei* 
banben  ftc^  ^ier  in  bem  @ntfcr;luffe,  ba^eim  burcr)  fr^tobale  Ser^anblungen  feftpifhOcn, 
in  roeld^em  Umfange  unb  auf  freieren  Siegen  eS  fic^  roerbe  einführen  laffen.  Suf  ber 
Nücrreife  bon  Augsburg   ücrjud)tc   er  no$   im  %\xl\  1548  bie  ©tabt  Nürnberg  für  baS 

45  Interim  ju  geroinnen,  inbem  er  aud)  t?icr  bie  Zahlt,  bie  er  bal)eim  einjufc^lagen  gebenle, 
burc^blicfen  liefe.  Über  fein  tocitercS  ^erfa^ren  unb  bie  nac^folgenbe  ßntroicfelung  ber 
firc^licben  Serptniffe  in  ber  matt  f.  8b  1  252,  w  —  253, 84. 

£)ie  märfifcr;en  Bistümer  febmanben  babin.    ^uerft  Sranbenburg,   roelcf^S  nac^  bem 
SEobe  Watt^iaS  bon  gagoroS  1545  jloar  noer;  einmal  mit  äerjog  ^oac^im  bon  3Rünfter» 

so  berg  befe^t  rourbe,  aber  nur  noer;  als  ©inelure.  3>n  ^abefberg  toar  eS  bem  SDomfayitd 
gelungen,  1547  ben  ftreng  fatfyolifdjen  2)omberm  $eter  Sonrabi  jum  $e$anten  |u  ei» 
beben,  bureb  ben  noct)  einmal  eine  NeaftionSpartei  bie  Dber^anb  geroann.  1548  parb 
9ifcf;of  93uffo  bon  ällbenSleben,  3.  fefete  bie  3i5ar;I  feines  ©o^neS  griebrief;  jum  Nachfolger 
burcr;,  aber  nur  für  ben  $reiS,  bafe  biefer  feierlich  bem  Sut^ertum  entfagen  unb  bem  rd» 

55  mifcr;en  ©tu^l  ©e^orfam  geloben  mufete.  5Dic  Leitung  beS  ©tiftS  lag  in  GonrabiS  ^anb, 
ber  noeb  1552  bie  Vernichtung  ber  SBilSnacfcr  2Bunberblutr;oftie  burc£  §oaö).  SUefeft 
am  liebften  burcr;  Verbrennung  beS  ebangelifeben  ®eiftlicr)en  gerächt  l^ite  (t>gL  b.  9rt. 
2BilSnac!).  (Trft  nafy  SonrabiS  Xobe  1501  erflärte  ftcr;  baS  Aabitel  gegen  bie  gortbauer 
beS  !atl;olifcr;en  .HultuS;   je^t  erft  rourbe  bie  märtifcr;e  HO  im  ©tift  eingeführt     gottan 

60  blieb  ^abelberg   bis  ju  feiner  formellen  Aufhebung  1819  ein  ebangelifd^eS  ©tift  )ur  9e* 


Sttdjim  IL  Hott  Sranbenburg  3foad)tm  Hon  gflore  227 

bfrntng  märlifcfcr  (Sbelleute  mit  ^räbenben.  2luc$  SebuS  leiftete  bcr  Surctyfityrung  bcr 
»efranatum  längere  3ett  SBiberftanb.  gtoar  tyatte  bie  9teftbenjftabt  be$  33tf4of$  prften* 
toölDc  1544  ben  2ut$?raner  Simon  -BtufäuS  als  *ßrebiger  berufen,  biefer  [tiefe  aber  auf 
riete  $mberniffe  bur^  Sifäof  ®eorg  ö.  Slumenttyal,  gegen  bie  au$  Sefctytoerben  an  $. 
toenig  Ralfen.  9(Id  ber  Siföof  1550  ftarb,  erlaubte  bie  politiföe  Sage  nidjt,  einem  bran=  5 
benburgifdjen  Sßrinjen  baä  Saturn  ju  öerföaffen,  öerfuc^te  boc$  eben  jefct  ber  ßaifer,  bie 
hanbenb.  Stötümer  für  reicfy&mmittelbar  ju  erflären,  um  in  tynen  bem  Sßroteftantiämuä 
6tu$>unfte  ber  (Segenreformation  entgegen$ufe$en  unb  bie  9tei$3getoalt  auf  Soften  ber  SDerri* 
torial^ecrn  gu  ftänen.  3n  2*u*  to*x  *>**  f^"0  fatfyoltfctye  2B.  9teborfer  gfü^rer  beä  2)om* 
iatxtcb.  5E>tefcd  lehnte  bie  brei  furfürftltctyen  Äanbibaten  ab  unb  toaste  SReborfer  mm  10 
9tf$of  —  aber  3-  berfagte  bie  änerfennung  unb  nötigte  tyn,  aSeryc^t  ju  leiften.  geht 
tourbe  ber  fa$olif$  gejumte  branbenb.  3)oml>roj>ft  %ot).  §orneburg  getollt,  unb  3. 
mnfete  e£  gefdietyen  laffen.  ©rft  nad)  beffen  Sfcobc  1555  erreichte  er  bie  2Ba^I  feinet 
lOjäfaigen  ©melä  goad&im  ^riebri$,  für  ben  fein  Sßater,  Jturprinj  3°&-  ®eorgf  bie  33er« 
toöitung  führte.  9iac$  SteborferS  lobe  1559  työrten  auety  fyter  bie  ÄonfKftc  auf.  2)ie  15 
$<rat£mn  entjagten  1563  ber  33erh>altung  ber  ©tiftägüter,  man  liefe  fte  auSfterben; 
3oa$un  griebrid?  behielt  ben  93ifc$of$titel  no$  btö  gu  feinem  Regierungsantritt  1598, 
unb  tamit  toca  aud)  biefeS  Saturn  öerfctytounben. 

§n  ber  grofeen  5Weid^oIitif  toar  $.3  93ebeutung  feit   1546   ööllig   jurtidfgetreten. 
2tynafttf$e  ^ntereffen  (um  2Jtagbeburg,  ©d&leften,  Sommern,  ^reufeen)  ftanben  bei  tym  20 
im  Sorbergrunbe.    $ert>orju$eben  ift,  bafe  er  in  ber  ©rböerbrüberung  ber  Käufer  £ef[en, 
Sachen  unb  Sfeanbenburg,  in  Naumburg  ÜRärj  1555,  [\d)  'au3brücfli$  auf  bie  Sefjre  ber 
lugäb.   ttonfeffton  tvcr^fltc^tete.     änbererfeitS  nötigte  bie  ©etoinnung  be$  (SrjbiStumS 
Kagbeburg  unb  be£  StetumS  §alberftabt  für  feinen  Sofyn  ©tgtemunb,   ben  So^n  ßeb* 
lägt,  na$  bem  lobe  griebri^S,  lieber  jur  Verleugnung  beä  ebangetiföen  ©tantyrnnfteS.  25 
!Der  ©o^n  mufete  bem  $apfite  baS  Streuöerforedjen  geben,  lauerte  aber  nur  auf  ben  9Jto* 
■tent,  too  er  bem  eöangel.  SefenntniS  im  (Srjftift  jum  ©iege  bereifen  fönnte;  aber  ber 
„getftlicfc  Sorbett"  im  äugeburger  SReligtonöfrieben  1555,  gegen  ben  ba$  branbenbur* 
0if4e  Sotum  t>ergebHd^  angefäm^ft  fyatte,  ber^inberte  )ur  3eit  noc^  mit  ^em  ©r^ftift  ju 
berfa^ren,  hne  ^eqog  Slbrec^t  einft  mit  ^reufeen.    Sitm  9^aumburger  ^ürftentage  na^m  so 
3-  nur  burtb  feine  bemutterten  State  teil,  bie  ber  Unterf$rift  ber  Sorrebe  gur  Gonf .  Aug. 
beitraten.    9ber  ben  gum  ftongil  einlabenben  92unttud  Sommenbone  embfing  er  in  Berlin 
■nt  tnd  9u3get$mmg,  bat  biefen  fogar  um   ein  Spaniern  Dom  fireuje  S^rifti  unb  t>er= 
jprab  bad  @rfc^etnen  feines  ©ofyneS  ©igtSmunb  in  Orient.    3u9Ic^  toa^rte  er  aber  bei 
SK^nttationen  bed  ben  Nuntius  begleitenben  ^ejuiten  SampertuS  Suer  mit  bem  %tanh  86 
fnter  ^rofeflor  Sbbtad  $raetoriu$  feinen  Mangel.  6tanbpunft.  SDer  ^ulbaer  Sletufation^ 
Hcift  1562  betreffe  be$  Kongtld  trat  er  bei,   entfenbete  aber  boc^  einen  feiner  Räte  na$ 
2nmt   3>afe  er  3RagimUian$  2öa^l  jum  römifc^en  Jtönige  anregte,  trug  ifym  t>on  biefem 
aW^  naäf  feinem  Stegienmgdantritt  eme  freiließ  noc^  rec^t  ferne  3lnh>artfc^aft  auf  SBraun- 
ntoeig^miben^agen  ein.    2Bic^ttger  fofltc  bie  Srb^ulbigung  in  ^reufeen  (1565)  toerben,  40 
tDomgleic^   er  au$   ^ier  tote  Dörfer  in  ber  norbtföen  grage  burd^  ben  Mangel  an  fräf« 
tim  unb  »elbettmfeter  ^nitiattoe  bie  ©elegen^eiten  Derfäumte  unb   fomit  ^atte  gefc^e^en 
laffen,   bafe  bie  Sebeutung  feinet  Kaufes  immer  me^r  gefc^h)unben  h>ar.    I)urd?   feine 
Steigung  )u  ®(an)  unb  $runf  tydtt  er  bie  ^inamen  be3  Sanbed  je  länger  je  mefyr  übel 
befaqtct  unb  bamit  ben  ©tänben  immer  me^r  (Sinflufe  auf  feine  unsere  unb  energielofe  46 
$attuna  in  ber  ^ßoltttl  eingeräumt.   3>n  glänaenber  $of^a(tung  ^atte  er  ©elefyrten,  5tünft« 
lern,  XU^miften  unb  ©ünftlingen  feine  ^reigebigfeit  beriefen,  aber  and)  ein  toüfteä  Seben 
nflouraten  laffen,  bei  bem  er  fetbft  nicht  einmal  me^r  ben  Schein  ebelic^er  Ireue  aufrecht 
m  galten  bemüht  getoefen  toar  (bie  „fqöne  ©ie^erin").    Sie  ^erquiefung  ber  religtöfen 
^uge  mit  folttifd^en  unb  btynaftiföen  ^jntereffen   o^ne  ben  9tüd^alt  einer  ctyaralterttollen  60 
nfimdfen  ^Jerfönlt^fett  tyütt  ^ier  üble  grüßte  getragen.    3n   f^nem  Manier  Sambert 
I^dmeter  ftanb  i^m  feit  1558   ein  t\xd)[id)  geftnnungäofer  Streber  ^ur  Seite.    Un= 
«Dartet  ftarb   3.  am  3.  Januar  1571,   je^n  läge  barauf  fein  »ruber  Johann  o^ne 
■tarftyen  Srben.    Sie  märfifc^en  Sanbe  gingen  ungeteilt  in  bie  .§änbe  Don  $.3  So^n 
^ann  ®eorg  über;  bie  Äeit  be«  ftrengen  lutf>eri|d?en  fionfefftonalt^mud,  aber  and)  be^66 
*  "gen  pänbtfc^en  ffitnfluffeS  begann.  ®.  Äaweran. 


3>m|üu  (81  bt)  toon  $lore,  geft.  1202,  unb  bad  etoige  S^angelium.  — 
Ciellen:  aufeer  ben  eigenen  ©Triften  3oad)im*  unb  vielen  jerftreuten  Urfunben  unb 
itciKi  fc  ©.  in  ber  d^ronif  be*  6alimbene,   f.  »b  VI,  3.  206,  8-12)  fmb   tu  nennen 

15* 


228  3tt4aü  •«  Slm 

.Synopsis  virtutum  b.  Joachimi  auctore  Luca  Consentino  aep.  (gejt.  1224,  angeblid)  früher 
Bramanuenfie  3°*3".  Gtfn&eit  gtDeifetyajt;  irfir  nrenig  ergiebig)  bei  Ua^eUi,  Italia  sacra' 
IX,  205 ff.  unb  AS  Maii  VII.  93 f.:  ferner  Vita  b.  J.  abb.  fundatons  ord.  Flor,  auet 
Jacobo  Graeco  Svllanaeo   (aus  bellen:    Ja  abb.  o.  FL  chronologia,   Cosentiae  1612)  AS 

5  a.  a.  £.  94—112,  fofern  ber  Serf.  au*  alten  Hufgeidinnngen  gefdppft  baben  min,  roaS  ftd) 
fretüd)  nidjt  fontroflieren  lägt.  —  gittere  tur  (au*  ber  filteren,  je$t  faft  toflig  als  anti* 
quiert  anjufeljenbenj :  Papebroch,  comment.  praevia*,  AS  a.  a.C  8.89—93;  berf.,  Dia- 
qnistio  hisUx.  deFloreosi  ord  ine,  prophetiis  doctrina  b.  Jo.  ebbo.  3. 125—143;  (Geiraiae), 
hiatoire  de  Fabbe*  Jo.  surnomme'  le  prophete,   $ari*  1745  2  8be);   3-  ©.  35.  Gnaelfcrbt, 

io  ÄircbengefaV  Sb&bß.,  Erlangen  1832,  8.  1—150  u.  260-291  (grunblegenb);  Gt^r.  Ü.fcain, 
Oefajiajte  b.  ftefter  im  W*.  III  (1839).  3.  72—175,  259—346  (bei  <t  u.  $.  umfaffenbe 
9ue$üge  and  ben  34rr.  3°  *) ;  Jrieberid),  ßrit.  Unterjudjung  ber  beut  Äbte  Don  <£lori8  ju* 
gefdjriebenen  Kommentare  ju  3ciaja  unb  3^emio,  ^müt)  1859,  6.  349—363,  444—514; 
6.  Stenan,  Jo.  de  Flore  et  l'lvangüe  £ternel,  Rev.  d.  d.  m.  1866.  6.  94-142,  faft  roörf. 

in  üd)  mieber&olt  in  ben  Nouv.  £tudes  d'hist.  rcL  8.  217  ff.  (1884);  Soufielot,  Hißt  de  Fe?. 
£temel,  ^ari«  1861,  unter  neuem  Xitel  als  Etüde  de  l'hiat.  reL  1867 ;  3.  H.  6dmeiber, 
3o.  0.  51.  unb  bie  flpofatyptifer  b.  fflNL,  $rogr.  b.  fiDcenm*  i.  SiQingen  1873 ;  S)öflinger, 
Xer  Seiefagungdglaube  u.  b.  $ropljentum  in  b.  4rijtl.  3eit.  $ijt.  Safdpnb.  V,  1  @.  257— 
370  (1871;  geifrooüe  Ueberftdjt  mit  bef.  ^ucrfidjt  auf  30.  unb  bie  Soatfymiten) ;  $reger,  5). 

20  Evangelium  aeternum  u.  3o.  0.  gl.,  «3RB  tyft.  Sil.  XII,  Hbt.  3  (1874);  berf.,  Gkfd).  b.  b. 
SRnfti!  I.  196-207  (in  brr  £aup:fa<be  üerfeblt):  acuter,  <fctfd).  b.  relig.  Vuftl.  i.  SR«.  H, 
191—218.  364-368.  536  ff.;  locco,  L'eresia  nel  medio  evo,  1884,  S.  291  ff.;  $.  S.  kniffe, 
2a*  Coang.  fit.  u.  b.  Äommiffion  Au  Bnagni,  «fifiö  I,  49—141  (1885,  feftr  nricfctige  9er* 
öffentlidjungen  u.  Unterf udjungen) ;  £.  $aupt,  3ur  QefduäVe  be«  3oad>imi«mue,  3Ä©  VII, 

26  372—425  (1885;  fommt  unabhängig  von  Xenifle  j.  £•  ju  qleidpn  (frgebnifjen) ;  Smil  Oeb« 
Ijarbt,  recherches  nouv.  sar  Thist.  du  Joachimismus  Rev.  bist.  1886,  8.  56—73  (©tubien 
im  9nfd)lufs  am  Den.  unb  £aupt);  $occo,  L'evang.  eterno  in  Archivk)  stör.  ital.  1886, 
Her.  IV  Tom.  17,  243-261  (beeof.);  «rt.  in  »efter  u.  Seite  ftirdjenlej.  *VI,  1471-80 
(0.  i&f)xlt).  —  Sgl.  fonft  nodj  (5.  ©abftein,  Die  e^djatol.  3beengruppe,  9lntid)rift,  Seltfabbaift, 

80®eltenbe  unb  ©ettgeridjt  1896  u.  $3.  $ouffet.  3).  «ntieftrift  in  ber  Ueberlief erung  b.  Suben* 
tum«,  b.  9?.  X.  u.  b.  alten  ftirefte,  1895  a.  ü.  D. 

9ta$  ben  Angaben  bed  3<xfobu3@r,,  beten  3ut>erlaffi0tett  ba^ingefkDt  Heiben  mu$, 
ift  3o.  im  3.  U45  im  SDorfe  Seiko  bei  Gojenja  aud  tDo^I^abeiiber  Jamilte  geboren, 
lebte  eine  3*ü  lang  am  $ofe  Siogerd  IL  Don  Sicilien  (ber  aber  f$on  1154  ftarb,  hxfc 

35^alb  $a)>ebro(^  al^  ©eburt^jar;r  3o.3  1130  annehmen  toiD),  unternahm  barm  eineäBaQ* 
fa^rt  nac^  bem  ^eiligen  Sanbe  unb  tourbe  nac^  ber  9tüctte$r  bon  ha  Wmd).  Stm  3a^K 
1177  finben  rühr  tr/n  (f.  Ug^.  IX,  272  ff.,  bie  bort  ©.  274  91. 1  angenommene  Satiennia 
ber  betr.  Urlunbe  borauägefe^t)  afö  2lbt  bed  (SifterjienferQofierd  ßoamo  (Goratium  f. 
3anaufc^ef,   Origg.  Cist.  ©.  168),  unb  in  biefer  Stellung  ift  er  eine  9leu>e  bon^ofren 

40  geblieben.  Gfyon  ro(ü)renb  biefer  ^Ät  ober  r;at  er  fi$  julveilen  nad)  bem  JUofter  (Sofa 
mari  jurücfgejogen  (f.  Praef.  in  psalter.  dec.  chord.)  um  ungeflörter  fernen  ©tubien 
unb  litterarifd^en  arbeiten  obliegen  gu  fönnen;  \patcx,  boc^  n\d)t  bor  1188,  gab  er  bie 
Leitung  bon  Sorauo  ganj  auf  unb  nar;m  bauernben  Stufenttyalt  in  einer  3BUbntd  bei 
©ilagebirgeä   bei  Sofenja,   roed^alb   bas  ©eneralfapitel  ber   Sifterjienfer  Don  1192  bie 

4t>  ©emeinfe^aft  mit  i^m  al^  einem  fugitivus  aufhob  (f.  3Kartdne  u.  Dur.  thee.  IV, 
1272).  Dort  errichtete  er  ein  neued  ftlofter,  S.  Johannes  in  flore,  mit  ftrengen  Orb« 
nungen  (Seftättgung  (Sölcftinä  III.  bon  1196  f.  Jaffa  17425),  boS  äuigang^untt  einer 
eigenen  Kongregation,  beä  Ordo  Florensis,  tourbe,  bie  $ur  3a^  bon  mcljr  ald  brei|ig 
Äldftern  aufftieg  unb  erft  1505    toieber  mit   bem  ßifter^tenferorben    bereinigt  rourbe  (f. 

bo  ganauföef  a.  a.  D.  S.  LXXI).  Da  30.  nac^  urfunblidjem  3eugni«  (Ug^.  IX,  453)  im 
©eptember  1201  noc^  lebte,  im  "sunt  1202  aber  ein  9lbt  3Ratt$iu*  atö  fein  9Zax^oIg« 
in  glorc  erfd^eint  (ebba.  6.  455),  fo  mag  bie  Angabe  be$  3a'0^udf  ba^  er  am  3.  3Räq 
1202  geftorben,  richtig  fein. 

3o.  r;at  bei  ftreng  a^tetifc^em  Seben  unb  im  Stufe  proptyetiföer  Begabung  jte^enb,  ji$ 

66  ber  ^oc^a^tung  roeltKd^cr  9Jtacr/tr/aber,  roie  ^einric^  VI.  unb  9ti(^arbd  ßötoen^erj,  tote 
and)  ber  $ä>fte  )u  erfreuen  gehabt,  befonber^  l)abm  Suciud  III.,  Urban  III.  unb  (Sie* 
men$  III.  ir/n  ^um  betreiben  feiner  biblt(c^^ofa(^tifc^en  ©tubien  ermuntert  (f.  bad 
©^reiben  Giemen«  III.  bom  8.  3uni  1188,  Jaffe  16273,  bo«  fid)  bor  ben  Skudcitber 
ffonforbia  unb  be^  Kommentar*  jur  2IpofaI^(e  finbet).    @r  felbft  jeigt  btd  ju  feutCM 

eoSebenäenbe  bem  ^apfttum  gegenüber  eine  fo  loyale  Haltung,  bafe  er  im  3<tyre  1200 
in  einem  eigenen  Dotument  feine  Crben^genoffen  berpffid)tete,  feinen  litterarif$en  9lad> 
lafe  nicr)t  ju  beröffentlict;en,  bebor  er  ber  }>ä))ftlicben  3^fur  unterbreitet  toorben  fei  (f.  AS 
a.  a.  C.  ©.  104  f.  bgl.  auc^  Conc.  V,  63). 


Soa^im  Hott  ftlore  •  229 

9Son  ben  ©Triften  $o.«  ftnb  bie  brei,  bie  er  fetbft  für  bic  n>tc^tigften  erRärt: 
1.  Liber  Concordiae  novi  ac  veteris  testamenti,  gebr.  Venet.  1519.  2.  Psal- 
terium  decem  chordarum,  Venet.  1827.  3.  Expositio  apocalypsis  (auc$  apoc. 
nova  genannt),  Venet.  1527.  3)ie  bon  *ßrcger  gegen  bte  ©cptyeit  biefer  ©Triften  er« 
Ebenen  (Sintoenbungen  fytt  SReuter  6.  356  ff.  treffenb  toiberlegt  (t>gl.  aueb  318Ä©  I,  6 
89,  JL  1).  Slufierbem  toeift  ftenifle  a.  a.  D.  S.  94  ff.  noc$  folgenbe  al«  ^anbfdjiriftUc$  öor* 
fanben  nac$:  Enchiridion  in  apocaly psim ;  Super  quatuor  evangelia  ober  con- 
cordia  evangeliorum ;  Contra  Judaeos;  De  articulis  fidei,  öon  toelc^er  ©etyrift 
Xoccp  ©refta  ©.  316,  ä  bte  Jta}>iteleinteilungangiebt.  9lod)  anbere  ©Triften  ftnben  fic$  im 
Cod.  Patavinus  S.  Antonii  n.  322.  —  dagegen  [\nb  bte  föon  SMitte  be«  13.  Safc*  10 
hmbert«  (f.  ©alimbene  ©.  102.  191)  bem  2lbte  beigelegten  Äommentare  ju  Sefaja  unb 
3eremia,  tote  juerft  Sngel^arbt  ©.  53  ff.  gefefyen  unb  bann  griebriety  in  entföeibenber 
Stife  barget^an  ffat,  unecht  unb  freieren  bon  ben  anfielen  3>o.«,  namentlich  burety  tyre 
ftrpffe  fialtung  gegenüber  ber  römifetyen  flirre,  bie  al«  33abtylon  u.  [  to.  be$eic$net  n>trb, 
ttKfcntIic$  ab.  @rft  burety  3lu«fc$eibung  biefer  ©Triften  ift  etne  rietyttge  Sßürbtgung  $0.«  16 
ermöglicht  toorben. 

3o.  gehört  einerfeit«  in  bie  Steige  ber  9Ränner  bc«  12.  3atyr$unbert«,  bie  hrie  Sern« 
tob  tom  Glairbaui  unb  ©erfyol)  bon  9teic$er«berg  bei  ftreng  firctylic&er  ©efmnung  unb 
Haltung,  boA  für  bie  ©c^äben  be«  Rrc$Kd&en  Seben«  einen  föarfen  93Kcf  Ratten.  iüamit 
tabinben  fiep  aber  bei  tym  tote  bei  ben  3Siftonärinnen§t(begarb  Don  Singen  unb  ©fif abtify  20 
fc»  ©<$dnau  erregte  3fo«ftd&ten  auf  eine  in  nietyt  femer  3u*unft  beborftetyenbe  gänjlicfce 
Utngeßaltung  ber  SSer^ältniffc.  Die  alte  Hoffnung  auf  eine  tyerrlid&e  $eit  ber  flirre  auf 
(ftben,  ber  freiließ  furchtbare  Ääntyfe  borau«gefyen  toerben,  belebt  ftety  auf«  neue.  3)iefe 
Hoffnung  grünbet  ^0.  aber  nid&t  auf  i$m  getoorbene  intyaltlicty  neue  Offenbarungen,  fon* 
bem  Icbiglt$  auf  bie  fyl.  ©#rift,  für  beren  tiefere«  SBerftänbni«  er  allerbing«  burdfr  gött«  25 
I  b}e  6rfeu#tung  befonber«  au«gerüftet  p  fein  glaubt,  tote  er  e«  in  ben  SBorten  be« 
pealterium  dec.  eh.,  bie  ber  Äonforbta  öorgebrudft  ftnb,  au«ft)rictyt:  ego  Jo.  circa 
medium  ut  opinor  noctis  silentium  et  hora  qua  Leo  noster  de  tribu  Juda 
resurrexisse  existimatur  a  mortuis  subito  mihi  meditanti  aliqua,  quadam 
mentis  oculis  intelligentiae  claritate  pereepta  de  plenitudine  scientiae  libriao 
huius  et  de  tota  pereepta  veteris  ac  novi  testamenti  concordia  revelatio  facta 
ert ;  biefe  ®rfeu(fytung  fou  tym  aber  nic^t  ba«  ©tubium  erfefcen,  fonbern  treibt  tyn  biel* 
mefor  311  fefyr  einge^enber  unb  in  feiner  SHBctfc  grünbüc^er  Seföäftigung  mit  ber  ^eiligen 
Streift  30.  tft  —  barin  ftimmt  ber  ©inbruef  ben  feine  Schriften  machen,  mtt  bem 
fteeein,  toa«  totr  Don  feinem  Seben  toiffen  —  burctyau«  mcfyt  ein  SDtann  *>on  ftürmtföem  85 
Sefonnnfer,  ja  über^aut>t  nic^t  fo  fe^r  bon  t^atfräftiger  al«  bon  fontemplatiber  Anlage. 
Seine  ©i^riften  ftnb  ni$t  fc^neK  mit  ber  2lbjtcfyt  auaenblicflic^en  @rfolge«  ^ingetoorfen, 
fonbern  au«  mü^eboDem,  lange  3«t  erforbembem  ©tuoium  ^erborgegangen,  unb  fc^Kejjen 
M  $n  einem  tünfUic^en  ©^fteme  ^iftori(c^^rop^etifc^er  Geologie  jufammen.  SDie  Jtraft 
jm  btefer  Srbett  fyd  er  au«  bem  ®ebanf en  gef^ft,  baft  e«  i^m  gegeben  fei ,  ben  <ßlan  40 
Sötte«  im  Gkmg  ber  ©efc^id^te  auf  @runb  ber  M.  ©c^rtft  ju  ent^üQen.  @r  glaubt,  bafe 
bie  ganje  alt*  unb  neuteftamentli$e  mit  @infc^Iu^  ber  ßir$engeföi$te  nac^  einem  ftreng 
yotbneten  in  ber  ^1.  ©d^rift  niebergelegten  ©c^ema  berlaufe,  ba«  er  bi«  in«  einzelne 
«4}utDeifen  fuAt  ÜRan  barf  fagen,  bafe  hiermit  in  getoiffer  SBeife  eine  neue  (Srfoei* 
nmg  auf  bem  ©ebiete  ber  bibtif$en  Geologie  m  Xage  tritt.  $enn  toa«  ftc^  fd^on  45 
früher  bem  a^nlic^e«  ftnbet,  bie  Setrad^tung  ber  ©efc^ic^te  unter  bem  ®efi$t«}nmft  ber 
iwrSeltmonar^ien  ober  bie  bon  ben  fteben  SBeltaltern,  ba«  tftboc^  nur  in  allgemeineren 
3Sge*  gehalten  (felbfi  bei  Shi^ert  bon  3)eu^).  3)er  9lu«beutung  getoiffer  proj^etiföer 
ab  a)mältt)ttf4fer  ©teDen  auf  beftimmte  ß^tborgönge  aber,  tote  fte  freiließ  bor^er  \d)on 
xädfid?  geübt  toorben  toar,  fe^It  e«  an  feften  innerem  ^«^»"men^ange  unb  einge^enber  so 
mfletfoer  Searünbung.  dagegen  ge^t  %c.  burc^au«  f^ftematifc^  ju  SBerle  unb  übt  fo« 
wä  m  Serfapren,  beffen  berü^mtefte  Vertreter  nac^mal«  Gocceju«  unb  »enget  getoorben 
jwb,  freute^  fp  berfd^ieben  bon  i^nen  beiben,  toie  fte  e«  toieber  unter  einanber  ftnb.  6ine 
MQUnbtge  2>arftellung  biefer  bibIif^ro))^etif(^en  Geologie  ^o.«  (bie  namentlich  aueb 
Me  W  anf^einenb  in  i^r  nnbenben  SBtberfprüc^e  31t  erörtern  tyaben  toürbe)  giebt  e«  nodp  65 
wtfi:  ba«  3tu«fityrli$fte  ftnbet  ftd^  bei  Sngel^arbt  unb  §abn.  $ier  fönnen  nur  bie 
Miftußen  ©runbltnten  angegeben  toerben. 

u&ct  bie  @tambf&$e  feiner  ©d^riftau«legung  fyricfyt  ftd)  3°-  Jelbft  au^  6r  unterfc^eibet 
(Cooe.  9.  V  in  ben  elften  ftapiteln)  ben  buc^ftäblidp,  moralifc^en,  tro)>oIogif(^en  (b.  \j. 
ii  feinem  ©mne,  ben  auf  bie  ®Iauben«le^ren  fid^  bejie^enben),  anagogifc^en  unb  ttyriföen  eo 


230  •  Sfoa^im  Hon  ftlorc 

Sinn,  bon  benen  ber  lefcte  toieber  in  fteben  ßlaffen  jerfällt  Stagu  fotnmen  aber  nod? 
jtoei  toeitere  annahmen,  bie  feine  S<$riftauffaffung  betyerrfcfcn,  nämlic$  bie  Don  ben  brä 
status,  in  benen  fxc^  bie  gefamte  2öelt=  unb  #eil$geföi($te  bolljiety  (Conc.  S.  II,  %x.  1 
Aap.  4)  unb  bie  bon  ber  Äontorbia,  b.  $.  einem  fi$  6ntft>red&en  ber  altteßamentlid&en  unb 

5  ber  neuteftamcntlictyen  ©efctyictyte  (bie  Definition  be$  SegriffeS  ber  oonoordia  f.  Conc. 
a.  a.  D.  Äaj).  2). 

SDarauf  erbaut  fi$  nun  folgenbe  anfielt  bon  bem  gefamten  Serlauf  ber  ©efd^w^te: 
bie  brei  status  ftnb  bie  be$  SBaterS,  be$  So^neS  unb  bed  ©eifted,  ober,  auf  bie  bret 
^auptftänbe  in  ber  Ätrd&e  gefetyen,  bie  (be$  SSor&errfdfrenä)  ber  ©erheirateten,  ber  lOeriler 

10  unb  ber  3Nönd&e  (Conc.  a.  a.  D.  Äaj>.  6  bgl.  8.  V,  ©.21).  $er  SJater  legt  ba*  ©efe| 
auf,  toeil  er  bie  gurd&t  ift,  ber  Sofyn  bie  3"$*  (diseiplina),  toeil  er  bie  9Bet3$eit  ift, 
ber  fyl.  ©eift  aber  giebt  bie  gretyeit,  toeil  er  bie  Siebe  ift  Datum  fällt  bem  erfien  Stanb 
bie  Arbeit  ber  ©ebote  beä  ©efefceä  &u,  bem  jtoeiten  bie  Slrbeit  be3  SeibenS,  ber  britte 
aber  erfreut  fic^  ber  gretyeit  ber  33eföauung  (Conc.  II,  %x.  2  Äop.  4  u.  5).   3n  jebem 

15  status  ift  toieber  ber  33eginn  ober  bie  Vorbereitung  unb  bie  bolle  Entfaltung  (fruetifi- 
catio)  ju  untertreiben,  fo  ba&  bie  borbereitenben  Anfänge  beä  folgenben  no$  in  bie  Sauer 
beä  bor&erge&enben  fallen.  Der  erfte  bauert  feit  äbam,  feine  bolle  (Entfaltung  beginnt 
mit  Igafob;  ber  jtoeite  bereitet  ftd)  bor  feit  ber  $eit  be$  Ufta  unb  tritt  in  feine  (Sntfal* 
tung  fett  Igo&anneS  b.  %.;  bie  Vorbereitung  be$  britten  beginnt  mit  bem   tyL  ©enebtft, 

20  feine  Entfaltung  fängt  an  mit  ber  @ntfte$ung  be$  EifterjienferorbenS  unb  toirb  um  ba* 
3a$r  1260  ju  tyrer  güHe  gelangen.  ®a  aber  gegenwärtig  ber  jtoette  status  no$ 
bauert,  läfet  )\d)  ba*,  loa*  jur  VoDenbung  be*  britten  gehört,  nodb  m$t  mit  ©enauigWt 
angeben.  —  3)e*  Spezielleren  toerben  bie  3^en  Don  ben  Sßatriarcfcen  an  bur$  bie  fteben 
Siegel  ber  Offenbarung  etyarafterifiert,  unb  jtoar  fo,  bafe  jebe*  Siegel  feine  boppeBe 

26  33ebeutung  fyat,  bie  eine  für  ba*  9EE,  bie  anbete  für  ba*  SEE;  noefc  me&r  in*  eingehe 
füfyrt  enblicfc  bte  mit  ben  beiben  8etrac$tung*toeifen  nac^  ben  status  unb  ben  Siegeln 
fidj  berbinbenbe  unb  berfctylmgcnbe  nad)  ©enerationen,  bet  ber  So.  freiließ  nur  mit  $ilfe 
fel)r  getoagter  annahmen  bie  concordia  aufteilen  bermog.. 

$em  erften  Siegel  gehört  bie  Befreiung  ^xatU  au*  Sorten  an,  im  9fö  bte  Auf* 

30  erftetyung  Styrifti,  bem  jtoetten  bie  Jtämpfe  ber  Israeliten  m  ber  SBüfte,  tat  9EE  bie 
G^riftenberfolgung  btö  Aonftantin,  bem  britten  bie  Äriegc  unter  ben  Israeliten  felbft  unb 
mit  ben  Sbrern,  benen  bie  $eriobe  bon  Jtonftantin  bid  ^uftmian  mit  ben  ftämj>fen 
gegen  bte  älrianer  unb  ber  Trennung  jtoifd^en  morgenlänbifc^er  unb  abenblänbif^eritM^e 
entf})ri(^t.    3cne   bergleic^t  fi$  bem  meiere  %$xad,   biefe  bem  9leic$e  3uba#   jene  toar 

36  biefer  eine  &\t  lang  fcorauä,  ba  au^  i^r  bad  9Rön$&  unb  @remitenleben  ^Vorgegangen 
ift,  feit  ber  Trennung  fte^t  fte  hinter  i^r  jurücf,  obtoo^l  ber  Unterf$ieb  boc^  nur  ein 
relativer  ift  (f.  Conc.  93.  II  %x.  1  Ita)).  7)  unb  unter  ben  SDranafalen  ber  ^ufunft  auäf 
öon  i^r  ein  9left  toirb  gerettet  toerben.  —  3)a«  inerte  Siegel  umfaßt  bie  3«t  bte  $iäRa, 
in  ber  Ättdje  bte  bi£  ^u  ben  köpften  ©regor  III.  unb  $a<fyma$,  bad  fünfte  bauert  biet 

40  bte  ju@nbe  beä  12.3a^unbertd;  unter  bem  fedbften,  bem  balb  bad  ftebente  folat,  toexben 
f^toere  Strafgerichte  über  bte  in  Sünben  verfallene  Äircbc  ergeben,  fotoo^l  burt$  bie  Sa« 
racenen,  bte  Ueberläufer  be^  Slntid^rift,  toie  butdj  bie  Äe^et  ($atarener,  tote  §o.  fte  oft 
in^gefamt  benennt)  unb  bur$  bie  falfc^en,  b.  fy.  toeltltc^  gefinnten  ©giften.  S^anacp  tont 
atö  ber  römtfe^en  ftir$e  bte  rettenbe  3Rad^t  ^eroorge^en  in  ben  parvuli  de  eoekna 

46  latina.  Parvuli  ift  eine  im  ÜJlönd^tum  längft  beliebte  93^eic^nung  ber  3Rön$c,  unb  fo 
benft  benn  Qo.  ft^  and)  jene  fyelfenbe  IRafy  atö  Orben,  ben  ordo  iustorum,  toie  er 
t^n  nennt  (j.  S5.  Conc.  V,  18);  anbertoärtS  rebet  er  im  £inblicf  auf  8^1  llf  14  tooty 
auc^  von  jtoei  ^ro^^cten  unb  jtoci  Drben  (Conc.  II,  Xx.  2,  Stop.  28),  einem  etgentlty 
mönc^tje^cn  unb  einem  (leri(alen,  toobet  i^m  baö  SSorbilb  ber  Gifter)ienfer  unb  $ränum* 

&o  ftratenfer  borfötoeben  mochte.  SDann  toerben  bie  @rtoä^lten  au$  ber  griec^ifc^en  Ätrc^e 
&ur  Sin^eit  mit  ber  römifc^en  jurücfgefityrt  toerben  unb  bie  Sefe^rung  ber  ipeiben  unb 
^uben  toirb  erfolgen.  SDtc^  ift  bie  3eit,  in  ber  ba$  geiftlic^e  aSerftänbntö  (spiritualis 
intellectus)  l^errfc^en,  in  ber  bau,  toad  in  ber  Schrift  geförieben  fte^t,  in  ber  JtirAe  px 
©etft  unb  Seben  toerben  toirb,  ober,  toa^  bamit  gleic^bebeutenb  ift,  bie  3*^  ^  etoigen 

5ö(SöangcIium$  (t>gl.  über  biefen  SBegriff  $enifle  in  212Ä©  I,  52 ff.  unb  bie  fe^fr 
c^araftertftifc^e  Stella  auö  ber  Schrift  über  bte  ßbangelien,  bie  ftd^  in  ben  SrotoIoOen  Ml 
9lnagnt  ebba.  S.  111  ftnbet).  Mo%  aber  ift  ba«  (Snbe  be«  2Beltlauf*  nic§t  erreicht,  no^ 
mufe  ein  lefcter  Äampf  geführt  toerben  gegen  bie  9Jtac$t  be«  S5öfen,  bie  nun  in  ber  Serfon 
be£  legten  unb  fcbltmmften  ätntic^riften,  baä  ©og  erfc^eint  (benn  unter  bem  3tntt<£rifte» 

eo  berftc^t  ^o.  teitö  ba«  burc^  bie  gan;e  ©ef$t$te  ber  Jtird^e  ft^  ^ütbu^te^cnbe  Xntt» 


3oad)tm  bon  Qrlore  231 

^rijtenium,  tcifö  einzelne  befonberS  tyerborragenbc  @rf($einungen  beäfelben).     3)ann   erft 
folgt  bog  @nbgeri$t,  nad&  Dem  ber  grofce  Sabbat  ber  3Sottenbung  eintritt. 

Sie  ^jtarifösprop^etiföen  Betrachtungen  Sjo.S  fti*  tetc^Iic^  mit  etfyifd&en,  aber  au$ 
mit  bogntatiföen  äu^nanberfefeungen  berbunben,  unb  ein  ^ßuntt  ber  (enteren  mufc  fyier 
nod}  ©rtoafynung  finben.  5Der  Sombarbe  fyatte  (Sententt.  üb.  I  dist.  5)  ben  Safc  auf«  6 
gefteflt,  bafc  baä  göttliche  SBefen  toeber  gejeugt  toerbc  nod)  (ben  Sofyn)  jeuge,  überhaupt 
mm  ben  Delationen  ber  Sßerfonen  fern  gehalten  toerben  muffe.  3)aburc$,  fanb  3o.,  toerbe 
cm  Quaternität  eingeführt,  fofern  bie  summa  res,  bie  toeber  gezeugt  toirb,  notfy  jeugt, 
ob  ein  Sterte«  über  ben  Sßerfonen  erföeme,  unb  er  tyat  beäfyalb  ben  Sombarben  nidjt 
mir  hn  erften  £u$e  beä  psalterium  d.  eh.,  fonbern  aud&  in  einer  eigenen  Schrift  föarf  10 
angegriffen  (ben  litel  biefer  S<$rift  De  unitate  trinitatis,  quae  sit  dif ferentia  inter 
nomina  essentialia  et  nomina  relativa  fyat  ©fyrle  Hist.  bibliothecae  romanor. 
pontiff.  1,501  naefcgetoiefen,  Womit  bie  Meinung  (SngeltyarbtS,  eine  foletye  tyabe  überhaupt 
«tyt  egißiert,  toiberlegt  ift).  dagegen  bejd&ulbigten  bie  Serteibiger  be$  Sombarben  $o. 
be*  Zntyetemu*  inbem  er  bie  ©tnfyeit  ber  ^erfonen  nur  als  ibeeQe  ober  ©attungSetnfyeit  15 
betrachte.  £a$  Sateranfon^U  Don  1215  entföteb  für  ben  Sombarben  unb  bertoarf  bie 
Snföt  30.«  (can.2  b.  Mansi  XXII,  981  bgl.  Decr.  Greg.  IX.,  Üb.  I  tit.  1  cap.  2), 
bo$  befien  SkreittoiDigfeit,  ft#  bem  Urteil  ber  ßird&e  ju  untertoerfen,  tyerbortyebenb,  fo  bajj 
fein  Xnbenfen  gegen  ben  33orhmrf  formaler  §ärefie  gefctyüftt  blieb. 

San  ganj  anberer  Seite  &er  hmrbe  einige  $t\t  fpätcr  ba$  fir$lt$e  Slnfe^en  ^oac^im«  20 
gcfafyrbet  SJon  f($toärmerifc$en  3ufunft$gebanfen  toar  bie  erregte  Reit  ber  ßämpfe 
jtotföen  bem  fßapfttum  unb  ben  legten  Staufern  noefy  metyr  betoegt  atö  baS  12.  Sa^r* 
fcmbert,  unb  jene  eifrigen  gfeanjisfaner,  benen  baä  SlrmutStbeal,  bon  bem  man  fie  ge« 
toaltfam  abbrängen  toollte,  fctyßefjlicty  työ&er  ftanb,  als  bie  @^rfurc^t  bor  ber  offiziellen 
Sooft,  toaren  m$t  bie  legten,  bie  fie  in  tyren  ßreifen  pflegten.  £ier  fanben  nun  bie  25 
(Manien  %oä  bie  toifligfte  aufnähme,  aber  and)  eine  Deutung  unb  (Srgänjung,  bie 
mit  feinem  eigenen  Sinne  im  SBiberfjpructy  ftanb.  §terl?tn  gehören  fetyon  jene  Kommen* 
tae  m  3ejaja  unb  geremia,  beren  SBerfaffer  nicfyt  betannt  finb,  am  toetteften  aber  ging 
ber  Stinont  ©erwarb  bon  Sorgo  San  2)onnino.  6r  betrachtete  bie  brei  $aut>ttoerfe  §o.ö 
att  im  eigentlichen  Sinne  moirierte  unb  fanoniföe  Schriften,  als  legten  unb  r/öd?ften  so 
Zeil  bc£  ftanonS,  ber  ate  Evangelium  aeternum  über  ba3  91  unb  91%  l)inau$ge$e, 
totyrenb  boefc  na$  3o.  ^  eioige  Sbangelium  eben  nidbt  eine  Schrift  fein  feilte.  So  ber- 
ttnftattete  er  benn  eine  ausgäbe  berfelben,  mit  (Stoffen  berfe^en  unb  bon  einem  Introductorius 
in  ev.  aet  begleitet.  (Sine  ©loffe  jur  Concordia  befagte  ab  hac  intelligentia  (spiri- 
tuali)  denominatus  iste  liber  cum  duobus  sequentibus  (Kommentar  )ur  Wpt  unb  86 
$falt*rium,  bie  toie  9(SJt®  1,  67  ff.  fe^r  toa^rfc^einlic^  mac^t  in  einem  jtoeiten  Sanbe 
«feinen  foflten,  ber  aber  nic^t  veröffentlicht  toorben  ift)  evangelium  aeternum.  3)en  gntro* 
bnitoritid  fdbft  gufommen  mit  ben  S$riften  3o.^  aU  evang.  aet.  $u  bejetd)nen  ift  ein, 
freükfc  fe^r  alter  ^rrtum,  ber  fu^  ungeachtet  ber  9tid^tigfteKung  a.  a.  D.  S.  66  auc^ 
M*  18,  683  no$  fmbet  40 

©iefe  S^rift  erregte,  al«  fte  ju  $ari«  1254  ausgegeben  hmrbe,  ungeheure«  Slufs 
fd^en  (f-  bie  Stelle  au$  bem  Roman  de  la  rose  ed.  Franc.  Michel  II,  36  bei 
fysapt  S.  379  Ä.  1).  3)ie  Ideologen  ber  ^Jarifer  Uniberfität,  bie  ftc$  in  i^rer  toiffen« 
i^aftlu^en  unb  fmtylicfyen  Haltung  tote  in  i^ren  junftmö^igen  (Sinric^tungen  burd^  bie 
9cttcbitön$e  bebro^t  fa^en,  liefen  ftc^  ben  gegebenen  3(ngriffapun!t  nid^t  entgegen  unb  45 
a^oben  eine  ÄnHage  in  Slom,  ber  31  Sä^e  au«  bem  Introductorius  unb  ber  Con- 
cordia )ttr  Segrünbung  beigegeben  toaren.  £iefe  9lu^üge,  bie  ftc^  in  me^rfacb  ab= 
toci^enber  ©eftalt  (in  bem  liber  additamentorum  ju  5Katt^äu^  *ßari£  ed.  Suarb 
6.  335  ff.,  m  ^einric^  bon  ^erforb  lib.  de  reb.  memorabiiioribus  ed.  ^ßott^aft 
E.  181,  u.  a.  a.  0.,  ^erau«g.  auety  b.  ^reger,  Ev.  aet.  S.  33  f.)  erhalten  ^aben,  fmbw 
ober  ittytctyte  tenbenjiöfe  galfc^ungen  (f.b.  grünblic^e  Unterfuc^ung  in  212Ä©  1,  70—88). 
tbfanber  V.  fefcte  1255  eine  Jlommijfton  oon  brei  Äarbinälcn  jur  Unterfu^ung  ber 
6a^e  ein;  bad  $rototoD  über  ifyre  Sier^anblungen  ift  jum  erftenmal  boKftänbig  ^SJt® 
I,  99—142  beröffentli^t  toorben.  ©«  tourben  ^ier  nt$t  bie  5Jkrifer  2trti!el  ju  ©runbe 
yhgt,  fonbern  Studjüge  bie  ber  S.  glorentiu«  b.  Slffon  am  bem  ^ntrobuft,  ben  ©[offen  65 
Mb  an*  Sänften  3o.d  (unb  )toar  niebt  blofe  ben  brei  obengenannten)  angefertigt  batte 
Mb  bie  genau  mit  ben  Originalen  bergli$en  tourben.  Sierauf  erfolgte  bie  33uBc 
Äcjanbert  IV.  brnn  4.  SRobember  1255,  toelc^c  ben  3>ntrobu!toriu«  berbammte,  toä^renb 
•er  bie  Sdjrriften  30.«  leine  gaifinr  »errängt  tourbe  (bie  Skljauptung,  bafe  in  ber  3?er* 
iwfimg  be*  Sntrob.  bie  ber  Schriften  30.^  mit  enthalten  fei,  3t@2  18,684,  beruht  auf  oc 


232  dfoa^im  tum  %lott  3foalja* 

ber  oben  bemerken  irrigen  äfoffaffung  beS  Ramend  introductorius  —  auä)  in  bem 
sprotofoH,  f.  ©.  91  bgl.  mit  ©. 102  hrirb  biefer  Don  ben  ©Reiften  So.«  beuüuff  unter* 
Rieben),  ©erwarb  tourbe  bon  ben  l>riefterßd&en  gunltionen  fufeenbiert,  in  ein  fijwamfäJKS 
Älofter  berhriefen  unb  nad&malS,  naetybem  fein  greimb  30$.  b.  Sßarma  geftärjt  unb  Sonabeittura 

5  jum  DrbenSgeneral  erhoben  toar,  ju  lebenslänglicher  fiaft  verurteilt  3ener  gfarenthutf 
aber  tyat,  jum  @b.  bon  Strich  erhoben,  auf  einem  SprobinjiaKonjtt  (na$  früherer  £h* 
na^me  1260,  nad&  9l£Ä@  J,  90  nid&t  bor  1263)  bie  ©Triften  3oac$imS  berbammen 
laffen.  SDod^  $at  biefeS  Urteil  leine  allgemeine  firc^Iid^e  ©eltung  erlangt,  ber  9fame  3** 
ift  als  ber  eines  Seligen  (beatus)  im  firc^lictyen  Slnbenfen  geblieben  unb  fyd  als  fol$a 

10  feine  ©teile  in  bem  AS  gefunben. 

9lod)  toeniger  vermochte  jene  93ertoerfung  ju  bertymbern,  bafi  bie  prop$etif$en  9luS* 
fü&rungen  3o.S  fort  unb  fort  gelcfen  tourben  unb  tyre  ©laubigen  fanben,  ungeachtet  baS 
3atyr  1260  otyne  irgenb  meiere  SBanblung  in  ben  tir$li$en  9Ser$ältnif|en  borüberge* 
gangen  fear.    3°k  $et.  Olibi  tote  UbertinuS  bon  ßafale,  überhaupt  bie  ©piritualen  beS 

16  aRinoritenorbenS  fielen  unter  tyrem  (Sinflufee;  eS  gab  päj>ftfic$ 'geftnnte  tote  g^ibeHinifcfc 
3oa#tmiten,  unb  baS  ganje  Mittelalter  ^inburdj  laffen  ftc$  bie  €?puren  beS  Soac^imiSmuS 
berfolgen.  e.  X>eittfc%. 

3foalfaS,  martr,  2  Äg  14,  1,  rrnfr,  LXX  JcoajaC,   1.  ©o&n  3$uS,   Jtönig  bon 

SSrael.  —    8gL  ©iner,  8tb(.  9?.«©.«  I,  584;    Sftenfel,  ©ibeUßej.  III,  313  (@*raber); 

»»irtm,  $»8.*  I,  749 f.  (ÄWnert);  (Sroalb,  ©efö.  beS  8.  3«t.«  HI,  598 ff.;    6tabe,  Off«. 

beS  8.  3Sr.  I,  564 f.;    tföfclcr,   ßeftrb.  ber  bibl.  ©efdj.  U,  2,  6.  391  f.;    Ätttel,   Qefcfi.  ber 

$ebr.  II,  235.  248 ff.;   <8ut$e,  ©ef«.  beS  8.  3«r.  @.  181  f. 

9la6)  2  Äg  13,  1  beftieg  3.  im  23.  3al>re  beS  jüb.  ÄönigS  3oaS  ben  2$ron  unb 
tyerrfcfyte  17  3a|re  $u  ©amaria,  naety  üblicher  Stectynung  856—40  b.  G$r.,  richtiger  eüoa 

26  814—798.  Unter  3-  erreichte  bie  SebrängniS  3&aelS  burefc  bie  Äönige  bon  3>amaStuS 
(Styafael  unb  beffen  ©ofyn  S5en^abab  III)  tyren  £ö$ej>un!t;  bgl.  2  ftg  13,  2  ff.  (toom* 
beS  38.  4— 6  a  als  eine  $arenfyefe  im  $inblicf  auf  3erobeam  II.,  f.  biefen  &.  8b  VIII 
©.  665,  ju  faffen  ift),  13,  22  unb  25  (auc$  6,  24  ff.,  fattS  $ier  3.  gemeint  ifi).  JDie 
zRebugierung  beS  iSraelitifd&en  $eereS  unter  3.  auf  50  Leiter,  lOSBajjen  unb  lOOOOgufc 

so  folbaten  fann  nur  bie  golge  einer  entfd&etbcnben  ©d&lactyt  getoefen  fein  (fo  föon  2$emu6 
bef.  toegen  beS  sra«  2  Äa  13,  7).  (Stn  ftd^cr  urferünafid&er  3ufafc  in  LXX  2uc.  W 
2  Äg  13,  22  G/Unb  £afael  entriß  tym  baS  ©ebiet  ber  ^J^Uifter  bom  2Befbneer  an  KS 
Wptyl)  jeigt,  ba^  bie  Slramäer  nic^t  bloft  bon  Sorben,  fonbern  auc^  bon  ©übtoeflen  fpc 
gegen  ^Srael  operierten  (bgl.  SRobertfon  ©mit^,  3)aS  a.  Xejl,  überf.  bon  Slot^ftein  [grab. 

35  1894],  ©.415).  Übrigens  rügt  baS  ßömaSbud&  an  3.  (93.  6  b),  bafe  er,  abgefegt  bom 
Äälberbienft,  eine  äfc^era  (f.  95b  II,  157ff.)  ju  ©amaria  tyabe  befte^en  laffen. 

2.  3.,  Tnanrr  2  g^r  36,  2  unb  4  m«T\  -  ©fli.  @d,enfcl,  »ibeLSej.  III,  313  f. 
(@«rabcr);  SRie^tn,  4)S®.S  I,  750  (kleinen);  fcnrnlb,  ©ef*.  be«  ©oIW  3St.»  III,  775  ff.; 
6tabe,  (»ef«.b.  33.  38r.  Ir  674;  Stößer,  ßeftrb.  b.  bib(.  @ef*.  II,  2,  6. 463 f.;  SHttel,  Qkfö. 

40  ber  4>ebr.  II,  328;  ©utf)e,  @ef*   b.  $.  3Sr.  S.  219. 

©o^n  beS  $ofta  unb  ber  G^amutal  bon  Sibna,  ber  nad)  bem  Xobe  feines  SaterS 
in  ber  ©$lad^t  bei  3Regibbo  (609  b.  Sfyr.)  bom  Soße  mit  Übergebung  feines  dütttrn 
95ruberS  gljaKm  (f.  „3<>iafim")  im  9llter  bon  23  3^^  «uf  ben  2$ron  erhoben  tourbe 
unb  brei  9Jlonate  ju  3erufalem  ^errfd^tc  (2  Äg  23,  30 ff.;   2  G$r  36,  lff.).    Offenbar 

46  Füelt  i^n  baS  SSoH  für  energifc^er  als  Gljafim;  übrigens  aber  fteKt  i^m  baS  ÄönigSbucfc, 
toie  3ofej)^uS  (Ant.  X,  5,  2:  äoeßhg  xal  jLuagdg  xbv  tqotzov),  ein  f$ßmme3  3eugniS 
aus.  £agu  ftimmt  bie  9(nbeutung  @g  19,  3,  fobafe  nic^t  (mit  ßtoalb)  an  eine  Sßanbe* 
lung  feines  S^arafterS  erft  auf  bem  &^rone  aebac^t  toerben  tonn.  Dagegen  f$emt  aul 
3er  22,  10—12  ^erbonuge^en,  bafe  baS  SSoIt  trofe  aUebem  grofee  Hoffnungen  auf  i^n 

60  gefegt  fyattc.  91IS  jeboep  ber  tyfyaxao  9tec^o  brei  3Konate  nac^  ber  ©c^lad^t  bei  3Regibbo 
bon  feinem  3U9C  nac^  ^m  ©u^^at  mrüctge!e^rt  toax  unb  ju  SRibla  am  OronteS  ein 
©tanbquartier  belogen  ^atte,  ftrafte  er  bie  eigenmächtige  Sinfeguna  beS  3*  bur^  bieJüif* 
erlcgung  einer  bebeutenben  ©elbbufec  (f.  „Soialim"),  Ue^  3-  i«  ™bla  in  tMfeln  fotogen 
unb  führte  i^>n  nac^  äg^ten,  too  er  —  unbefttmmt  toann  —  als  befangener  flai*.  vb 

66  [\d)  3-  freitoiQig  in  dtibia  [teilte,  um  bem  ^tyarao  ju  ^ulbigen,  ober  ob  er  bon  biefem 
entboten  (fo  3ofeb^uS)  ober  gar  mit  Sift  auS3erufa!em  ^erauSgelodt  unb  bann  gefangen 
ftmrbe  (fo  fc^eint  eS  nac^  65  19,  4),  läfet  fi$  aus  2  Äg  23,  33  nic$t  entfe^eiben,  jumal 
ber  $<#  bafelbft  in  Sertoirrung  ift  (ftreic&e  mit  Äloftermann  '^^  "jtee  als  ffitnfc^ub  aul 
2  Ql)x  36,  3).     @ine  alte  Streitfrage  ift  enblicfc,  ob  3er  22,  10  ff.  ber  SRame  ©$alliim 


3f0af)a3  3*4  233 

ffir  3.  nur  fymbnlifö  gemeint  fei  („SSergeltung"  ober  imßtnblicf  auf  bie  fur^e  ^Regierung 
©c^allunt*  bon  ^rael,  2  Äg  15,  13)  ober  ben  urft>rüna.lic$en  tarnen  be$  3.  bor  feiner 
Xfyronbefteigung  refcräfentiere.  gür  ledere  Annahme  fcfyemt  1  Sfc  3f  15  *u  forectyen,  too 
Sc^aHum  <U3  4.  ©otyn  ^oftad  aufgeführt  toirb.  ©rtoägt  man  aber  bte  Reihenfolge  ber 
Sufrfyhmg  unb  bte  offenbare  SSertorirrung  in  ben  Angaben  3,  16  ff.  (bgl.  $i6ig  ju  3er  5 
22,  10),  fo  toirb  man  föliefelicb  bocty  ju  ber  annähme  gebrängt,  bafi  ber  ©cpaffum  ber 
(Sfamif  iebiglidj  au«  3er  22  gefloffen  ift.  —  3. 3.  (LXX  jeboc$  Ozotiag)  Reifet  2  S&r  21, 17 
ber  nochmalige  ]übtfc$e  Äönig  Ad&aSja.  —  4.  3.,  Sater  be$  3oac$,  ber  nac$  2  6^r  34,  8 
unter  Sofia  ba£  Amt  be3  flanjler«  (5Wajfir)  befleibete.  Äou^fc^. 

3*d),  Sodann  ©eorg,  geft.  1731.  —  Sttteratur:  SBal*  VI,  6.  236  unb  10 
473  ff. ;  Söcber,  <&ele$rtenlejifon  (1750),  6.  1806-1897,  wo  aber  unter  ben  aufgeführten 
3d>riftcn  3°^  aud)  folcije  genannt  ftnb,  nie  de  desperatione  salutari,  bie  nid)t  oon  i&m 
jetber  finb;  ®öbel,  ®efd)i<bte  be«  ebrifttidjen  SebenS  in  ber  rb.=iucftf.  eo.  Stirere,  ÄoMenj  II, 
632-642;  too  alle  betreff.  ©trettfdjriften  aufgeführt  finb;  Slugufti,  3)er  SßictiSmuS  in  Sena 
in  ber  eTften  fcälfte  be*  18.  3a$r&.  (Bettr.  $ur  ©efdjicfcte  unb  ©tatiftif  ber  eoangei.  Äirdje,  16 
3ma  1837,  I,  164-231 ;  fpejiefl  bie  barin  abgebrurfte  Streit fdjrtft:  „(Eilfertige  ©ebenfen" 
6.  196  ff. 

Dr.  gofcaiut  ©eorg  %o$,  geb.  27.  3)ejember  1677  gu  SRotyenburg  Räuber),  geft. 
1.  Oftober  1731  ate  $rof.  ber  Geologie  in  Wittenberg,,  nimmt  in  ber  ßirctyengefd&id&te 
feiner  3***  baburefc  eine  befonbere  Stellung  ein,  ba£  er  nactyeinanber  in  ben  beiben  ftoty  ao 
hngen  ber  (utyerif$en  Ortfyobojie,  2)ortmunb  unb  SBittenberg,  ebenfo  auSbauernb  toie 
eifrig  ben  $ieti3mu$  bertrat  unb  jur  ©eltung  ju  bringen  trachtete,  naetybem  er  felber  in 
3ena,  bem  bainaligen  ^auptftfc  be$  pettemus,  too  er  bon  1697—1709  ft$  als  Stubent 
nnb  fSrifcatbojent  auffielt,  ein  entfetytebener  unb  tätiger  Anhänger  SpenerS  geworben 
toar.  3«1  3f^w  17°9  twnbe  er  als  Superintenbent  unb  ©tymnafiareb  an  baS  f ©genannte  26 
afabemtföe  Ar&avmnajtum  nacb  SDortmunb  berufen,  too  bamalS  bei  einem  un&eiligen 
oben  auf  bem  Ratgeber  toie  auf  ber  Äanjel  faft  nur  ©ogmatif  unb  ^olernif  getrieben 
tourbe.  3°$  na^m  öuc&  in  feinem  3)oty>elamte  fofort  ben  Äampf  bagegen  auf,  trieb  baS 
Stadium  pietatis,  brang  auf  perfönlic&e  Sefebrung  unb  SBiebergeburt  unb  führte  jur 
Sabefferung  beS  d&rifUid&en  SebenS  ßated&tSmuSeEamina  unb  *pribatberfammlungen  ein.  so 
$abunb  geriet  er  in  heftigen  Streit  mit  feinen  Kollegen  9toQer  unb  Sctyeibler  *  jener  fteflte 
tip  mit  ben  ganattlern  Spener,  Schabe,  Arnolb  unb  2)ity>el  jufammen,  unb  biefer  toamte 
ferne  3u^örer  öffentlich  oor  bem  $euc$lerifc$en  $ietiften   unb  ber  (Snt^uftafterei,  nac^bem 

Ö1711  in  einer  Seicfcenprebigt  einen  Steformierten  felig  ge^riefen  l)atte.  §ierburd^  ent« 
ein  Wb^after,  unfruchtbarer  unb  ge^äfftger  Streit,  an  toelc^em  auc^  anbere  teilnahmen.  86 
Da  9tat  Don  ®ortmunb,  ber,  toie  bie  toeltlid^en  Dbrigfeitcn  jener  3*U  t>ielfac^,  bem  5ßie* 
tümud  flünftig  toar,  na^m  $0$  anfangt  {räftig  in  Sc^u^,  fu^enbierte  and)  feinen  $aupt* 
«per  S^eibler  eine  3*ü  lang  bom  9tmte.    $1$  aber  30$  auc^  mit  ber  ©etftltcbfeit  ber 
oenabbarten  Stobt  Unna  in  Streit  geriet,  toobä  i^m  amtliche  Übergriffe  jum  3Sortx>urf 
pwe^t  tourben,  fo  berlor  er  bie  ®unft  feiner  Stabtbe^örbe,  befonber«  ba  er  gleichzeitig  ftd^  40 
m  einer  aitfseramtiic$en  }>ribaten  Angelegenheit  bem  9tat  auf^  fc^rofffte  toiberf e^te.  Ucber^aiH)t 
$  bei  aller  SBürbigung  bon  3<h$S  frommem  ßifer  unb  2lnerfennung   feiner  bebeutenben 
Saben  (SSerebtfamteit)  ntc^t  ju  leugnen,  bafe  er  ein  ftreitfü$tiger,   ^eftiger  unb  leiben^ 
fc^aftlk^rr  G^arafter  toar,  ber  nic^t  o^ne  eigene  Sc^ulb  ift,  toenn  fein  Sebenätoeg  burd^ 
bide  unerfreuliche  Streitigleiten  getrübt  ift.    @r  bertaufc^te  fein  3)ortmunber  3(mt  1722  46 
wit  bem  getfilic^Kn  Seniorat  in  ®rfurt  unb   fam   1726  als  ^rofeffor  nac^  Wittenberg. 
&f  ber  Seife  ba^in  befugte  er  fein  HebeS  3ena  unb  fcielt  ben  bortigen  ©laubigen  unter 
freiem  $immel  eine  Srtoecfung^rebe,   tooburd^  er  nid)t  nur  großen  2(nfto^  in  ortbobojen 
fteifen  gab,  fonbern  au$  bor  allem  ftc^  lauten  S|pott  ju^og.   9(uc^  in  3Sittenberg  trat 
er  txm  Anfang  an  \ttyc  entje^ieben   auf.    Sc^on  in  feinem  3lntritt3J>rogramm   \pxati)  er  60 
fty  89(n  ^e  bortiae  unbebingte  JSerrfd&aft  bed  3llten  über  baS  92eue  aus,   inbem  er  bie 
mk  Se^re  ber9Wvftifer  bon  ber  5Kögltcbfeit  unb  SISirflicbfeit  ber  Sünblofigfeit  ber  Süieber-- 
Mbmnen  berteibic^te.   9ufS  neue  aber  entbrannte  ber  Streit  im  3a^re   1730,    als  unter 
5*4*  Stoffen  etn  Sm>erintenbent  Stro^bacb  mit  einer  3)iffcrtation  „de  desperatione 
•thitariM  bie  Stottortottrbe  ertoarb.    So  ma^boQ  unb  Har  überjeugenb  biefe  Strbeit  i^re  66 
ßfcemnf&mnung  mit  ber  SSibel  unb  ben  Sefenntniöjcbnften  nac^toieS,  fo  tourbe  bie  Se^re 
to*  ber  „fcilfatnen  Sentoeiflung''  boc^  für  ein  funlelnagelneueS  ))ietiftifc^eS  günflctn  er= 
Bat,  unb  ber  Soxn  richtete  fid^  bortoiegenb  toieber  gegen  $od),   obtoofy  er,   toie  gejagt, 

tiwftt  ber  Serfaffer  toar.   Sefanntlic^  ^atte  ber  <ßieti£mu3  in  JB.  teinen  Seftanb,  ob; 
1  Üfl  fflcid^jettig  mit  30$  auc$  $aferung  1726—1744  bafelbft  beförbertc.   3od^  toareo 


234  3odj  3*et 

ein  fruchtbarer  ©ctyriftfteller,  boety  finb  feine  arbeiten  fämttt$  nur  ©elegenl>eit«fc$riftcn 
bon  geringerem  Umfange.  ©ie  erftredfen  fu$  auf  maimigfad&e  ©ebiete,  au$  naturtmffen« 
fc&aftlid&er  2lrt.  2)ie  meiften  fmb  fird&engefäic$tli($en  3n$alte«,  ni$t  toenige  au$  adle= 
ttföer  2lrt  unb  unter  biefen  teueren  fmb  au$  mehrere  beutfö  getrieben,  fo  ein  „Stoffe 
5  föreiben  an  fic$  fclbft"  bei  bem  Xobe  feinet  einigen  ©ö^nlein«.  <fc.  dreier. 

3foeIf  ber  ^ro^et.  —  £ola$aufen,  $ie  SFeiSfag.  be«  3oel  überf.  u.  erHÄrt  1829; 
Grebner,  $er  $rop$et  3oel  überfefct  unb  erffärt  1831 ;  S>elt&fd>,  Sroet  p*ere  (Srgebniffe  in 
©ctreff  ber  SBeiSfagungSitfrift  3oei«  in  SiStjtf  1851,  306 ff.;  ®.  SReier,  S)er  $r.  3oel  neu 
überfefct  u.  erflärt  1841;  $3ünfc&e,  $ie  SBeiSf.  b.  $r.  3.  nberf.  u.  erflärt  1872;    @rä&,  S)er 

io  cinfcitl.  (Sfjarafter  ber  v£ropfcetie  3oel«  1873;  9Rerj,  $tc  <Jkop&.  be«  3.  unb  i&re  «uÄlcaer 
üon  ben  «Heften  Seiten  bi«  $u  ben  Reformatoren  1879;  @*olj  (fat^.)-  Äomm.  j.  ©.  be*$r. 
3oel  1885;  Eug.  le  Savoureux,  lo  prophete  J...  publik...  par  fc.  3-  öaumgortneT  1888; 
Montet,  de  recentiss.  disputt.  de  Joclis  aetate  1880;  Peareon,  The  prophecy  of  J.  1885; 
Äaftner,  3)a«  geholter  be«  $r.  3.  (3)iff.),  ßeip$ig  1888;    $rcu|,  3>ie  ?ropb.   3-   (Zitiert.), 

I6#afle  1889;  ©erbcT,  $a«  geholter  be*  *rop&.  3.  in  £üb.  £&£t@  1889.  355  ff.;  $oljinaer. 
©praebdjarafter  unb  $bfaffuna3*eit  be*  53.  3ocl  in  Bat©  1889,  89ff. ;  Gray,  the  parallel 
passages  inj.  in  their  bcaring  on  the  question  of  dato  in:  Expositor,  Sept.  1893,  208  ff.; 
«ecf,  3)ie  ^ropbeten  Widja  u.  3oel  crfl.,  (jerauSgea.  »on  Siubenme^cr  1898.  »gl.  ».  $of« 
mann,    6*riftbem.  II,   1,   @.  144 ;    Äö^lcr,    ße&rbu*    ber    biblifaen  ®efä.   «$«  II,  2. 

20©.  181ff.;  3)uf)m,  Sfjeol.  ber  ^ropljeten  3. 275 ff.;  Stabe,  3at>an  (öiefiener  Programm  1880), 
6.  17  f. 

3°el,  ^r  (LXX :  'IcorjX)  hrirb  in  bem  naefc  tym  benannten,  im  dwdexajtgoqmir 
bie  jtoeite  ©teile  einne^menben  2Bei«fagung«bu$  al«  ein  ©ofyn  be«  -Nire  bejeid^net  SDafe 
er  3«bäer  toar  unb  ftc$  jur  3*it  fei"**  propfyetifd&en  SBirffamfeit  m  ^erufaiem  auffielt, 

26  ergiebt  ftd)  atö  bem  %nf)alt  feiner  2Bet«fagung.  ®ie  Annahme,  ba|  er  ein  Angehöriger 
be«  Stamme«  Sein  getoefen,  tyat  an  ©teilen  h>ie  1,  9.  13;  2,  17  leinen  #aft. 

3)ie  meiften  neueren  fefeen  3>oel  in  bie  erften  30  3a^re  bed  $oa&,  gtPtf^en  875 
unb  845  t>.  6^r.  ^ür  biefe  Aeit  mafy  man  geltenb  1.  bafe  «mo«  ba«  8u%  jjoelS  Dor 
9lugen  gehabt;   2.  ba^  3oel  ben  9(bfaD  @bom«  unb  ba£  ©efe^tef  ber  $lünberung  unb 

so  ©flatoerei,  toelc^e«  3uba  unb  3erufa^m  unter  %oxam  erlitten,  in  frif^er  @rinnerung 
fyabc;  bafe  er  bagegen  ber  ©^rer  nid^t  gebenfe,  toa$  nac^  bem  3ufle  $afad3  gegen  3^ 
rufalem  am  ®nbe  ber  SRegierung^eit  be«  3oa*  (ögl.  2  Äg  12,  18 ff.;  2  Gfa  24,  23  ff.) 
unftreitig  gefd^e^en  toäre ;  3.  bie  9tücfftcfytna^me  auf  ben  Xempelbtenfi  (1,  9 ;  2,  14) 
unb  bie  äu*jeic^nung,  toomit  ber  ^Jriefter  gebaut  toerbe  (1,  9.  13;  2,  17),   toa$  auf 

86  eine  3*it  be«  ^errfc^enben  3^bebicnfte«  fü^re.  3)a  biefer  nun  —  föliefct  man  —  W 
ber  51?ronbefteigung  be«  3oa«  lieber  ^ergefteQt  toorben  unb  to%enb  ber  erflen  30  3<u>re 
biefe«  Äönig«,  fo  lange  er  unter  3<>iaba«  Seitung  geftanben,  unangetaftet  t>erb(ieben  \A, 
fo  tyabe  man  ba«  SBirfen  be«  ^rop^eten  biefer  3eit  gujuh>eifen.  gür  biefelbe  erBären 
ftc^  grebner,  9Jloöer«,  £ifcig,  6h)alb,  D.§ofmann,  3Jleier,  8aur,  SBiner,  ©eK^fc^,  SBünf^e, 

40  ©Araber,  fteil,  toä^renb  t).  6öIIn,  §engftenberg,  Änobel,  $äberni(f  u.  a,  ben  $ro|>^ctcn 
unter  3erobeam  II.  unb  Ufta  anfe^en,  feiner  unb  öert^olbt  in  ber  StegierunfjS&eii  be« 
9l^a«  unb  öi«Ka,  ßönig  in  ben  legten  3a^ren  be«  %ofiaf  ©gröber  in  ber  3eit  an)  mw 
bem  ©jil,  SBatfe,  ^ilgenfelb,  Jluenen,  Du^m,  ©eineefe,  Dort,  flaufefö  u.  a.  nad^  bemjelben, 
in  ber  perfifc^en  ober  griec^ifc^en  3«^-    3Rerj  fte^t  in  bem  Sucpe  %od&  einen  naep  445 

46  b.  ßbr.  gef^riebenen  URibrafd^;  Sornill  ein  um  400  gefc^riebene«  Äompenbium  ber  frät* 
jübifd^en  ©«c^atologie.  2lllein  gegen  bie  nacfoilifd&e,  perftfe^e  ober  öottenb*  grie^tMe 
3eit  gelten  noc^  immer  bie  beiben  neuerbing«  toieber  Don  Jtöfyler  ^ert)orge^obenen  «€= 
benlen :  1.  ba&  3oe^  ®w^  fotootyl  im  ^ebräifc^en  al«  im  griec&tfd&en  Äanon  unter 
bie  älteren  proptyetiföen  ©Triften  geftellt  ift,  öor  bie  Schriften  nid^t  nur  ber  natfoiltföen 

60  ^rop^eten,  fonbern  and)  ber  ^ropbcten  ber  d)albäifcben  ^eriobe,  $abafut,  3^^niö:  ein 
SBebenlen,  ba«  umfomebr  in«  ®m\ä)t  fällt,  je  näfyer  bie  für  %od  angenommene  &d* 
fte^ung«jeit  an  bie  3eit  ber  ©ammlung  be«  SDobelaprop&eton  ^erangerüdt  tohb;  2.  ba^ 
unter  ben  Söllern,  toelcfye  [\d)  an  3"ba  berft&ulbet  ^aben,  toeber  bie  feleucibifd{|en  ©per, 
no$  bie  ©riedben,  noc^  bie  ^erfer,  noc^  bie  S5ab^lonicr,  noc$  bie  äff^wr,  no<^  bie  bamafc 

66  cenifc^en  ©Vrer^  toelc^e  laut  2  Äg  12,  18. 19;  2  S^r  24,  23.  34  toä&renb  ber  gtoeiten  ^fte 
ber  Regierung  be«  3<>a«  \n  ^nia  einbrachen,  taud^  nid&t  bie  5Koabiter  ober  bie  Xmnux 
nitcr,  fonbern  nur  bie  ^tyilifter,  ^ß^önijier,  äg^pter  unb  Sbomiter  (4,  4.  19)  genannt 
fterben.  dagegen  ift  feiner  t>on  ben  gegen  bie  Gnlftebung  be«  Su(^e«  in  ber  erften  ^älfte 
ber  9legierung«£eit   be«  %oa$   Vorgebrachten   ©nmbe  hnrtlicfy    beh>et«träftig ;    am   aller» 

60  toenigften  ber,  ba^  ein  König,  bafj  ba«  9iorbrcic^  nid^t  ertoäfynt,  alfo  in  bie  nac^Uif(^e 


3oel  236 

3«t  $erabwge$en  fei.    ®enn  ba«  argumentum  e  silentio  betoeift  jubiel    unb   alfo 

nuty*.    3Jt  ba«  8u<$  3oeI  nacfcqrilifö,  toeil  bon  einem  Äönig  unb  bem  Slorbreic^  ge* 

fötoiegen  toirb:    bann  fmb   au$  partim  be«   jefajamfctyen  33ucty«,   toie   Jt.  2 — 5,    too 

gki$faUö  be«  92orbrei$$  ober  1—5,  toeil  in  ben  bortigen  Flügen  unb  2öei«fagung«reben 

be*  Äönig«,  ben  ju  ertoätynen  tyier  metyr  al«  bei  $ocl  SSeranlaffung  getoefen  Wäre,   ntc^t  5 

gebaut  toirb,  in  bie  nac^ecilifc^e  3*ü  )u  rücfen.    3lber  tote  ftefyt  e«  mit  ber  Erinnerung 

an  bie  ß^ffa^u^d  be«38oße«  unb  bie  Verteilung  be«  Sanbe«  3(a&t>e«,  an  ^  Serfaufen 

jübif<$er  ©efangener  an  bie  ä-ern  "«*  4,  2.  6  ?    3ft  ba  nic&t  eine  ©efangenföaft,  n>ie 

bie  baify[imif$e,  borau«gefefct?  Ober  toenigften«  bie  afferiföeV  aber  bon  Sabtyloniern  ober 

Xfferent  ift  3oel  Ä.  4  {eine  SRebe  unb  ebenfotoenig   fcon  einer  3Serbringung  ber  ftaupU  10 

mäffe    ber  ©efangenen  Suba«  nöc&  Dften.    ^önijier  unb  ^tlifter  toerben  4,  4    al« 

$auptfembe  ^uba«  ertoafynt  unb  bon  tynen  gefagt,   bafe  ftc  fein  ©über  unb  ©olb  toeg* 

genommen,  ferne  beften  Äleinobien  nad&  tfyren  Tempeln  gebraut  baben.    jtann  bie«  toin* 

Ity  jur  3^  tat  afferifefcn  ober  cfcalbäiföcn  3jni>afton   bur$  bie  genannten  SSöUcr  ge* 

ftefci  fem?   3öa«  toir  über  bie  bamalige  Weltlage,  über  ba«  Serljältni«  biefer  Söller  is 

}u  ben  Xfftaern  ober  Sabtyloniern  toiffen   ober  mit  ©idjerfyeit  erfäliefcen   tonnen,  forietyt 

bagegen.    &aju  fommt,  ba£  bie  Sierfe  4—7  nicfyt  fo  lauten,  al«  tyabe  ba«  Unternehmen 

ber  3työni}ier  unb  ?JtyiKfter  juni  Untergang  ^erufalemS  geführt  ober  babei  ftattgefunben. 

Unb  barum  toirb  4, 2  ff.  auf  ein  anbere«  (freigni«  jurücfblicfen.    Sin  fold&e«  bietet  2  Gfyr 

21,  16.  17,  too  erutytt  toirb,  bafe  unter  Soram  Sßfyilifter  unb  Slraber  Qjuba  überfielen,  ao 

^erufalem,  in«befonbere  ben  föniglid&en  $olaft  plünberten,  SBeiber  unb  Jtinber  be«  Äönig« 

toegföhppten.  SuboS  augenblicflic&e  ©cfctoäctye  benugenb,  matten  fic§  bie  (Sbomiter  unafc 

gängig  unb  riffen  ofyne  ßtoeifel  ®ebiet«teile  an  fiefc,  bie  bi«tyer  ju  $uba  gehörten,  ebenfo 

bie  Wtliftar,  tote  benn  2  Äg  8,  22;  2(^r  21, 10  ber  Serluft  »on  £ibna  berietet  toirb. 

i«f8i«*ommntffe  lefrtererÄrt  toäre  ba«  ip*n  T«ti;  4,  2;  bie  in  bemfelben  Serfe  er*  26 

toä^nte  Serfireuung  3«rael«    aber  prfen  tve)   auf  ben  35erfauf  jatylreic&er  jubäiföer 

Kriegsgefangener  (v.  6)  an  frembe  Stationen  ju  bejietyen ;   unb  jtoar  toirb  man  im  £in< 

NU  auf  ben  ausgebreiteten  ©flabenfanbel  ber  ^J^önijier  (9Rot>erS,  ^^önig.  II,  3,  70  ff.) 

bie  Sbtffage  bon  v.  6  bafym  ju  berfte^en  ^aben,  ba^  bie  $^öni)ier  ben  ^^iliftern  bie  ge* 

fanaen  genommenen  ^ubaer  ablauften  unb  biefelben  al«  ©Haben  an  bie  6öbne  ^atoan«  90 

b.  9.    bie  Monier  ober  Heinafiatij$en  ©rieben  ber^anbelten.    Da^  bie  ^öniftier  gegen 

Snbe  bed  9.  S<*fy$unbert3  bereit«  mit  ben  ©rieben  in  Scrlefyr  ftanben,   ift  unleugbar. 

tud)  bie  ©rtod^nung  ber  äg^ter   at«  geinbc  ^uba«  (4,  19)  fyat  bei  ber  93ejugna^me 

aif  ba«  ©reigni«  unter  ^oram   i^ren    guten  ©inn,   naebbem  ibr  .Hönig  ©c^iftyrf  unter 

Sb^abeam  ben  Xemt>el  unb  $alaft  m  ^erujalem  ge))lünbert  (1  Ag  14,  25).   ©egen  bie=  86 

fdbe  taxin  man  [xd)  x\\d)t  auf  bie  S»  ^^  3T^   4,  1   berufen ;   benn  biefer  „in  einer 

nbeßritten  nad^nltfc^en  $ro)>^etie  nic^t  Dortommenbe"  9lu«bruct  bebeutet   nirgenb«  „bie 

Äef<mgenen  jurütffityren",  fonbern  in  allen  ©teilen  „SBieber^erftellung  ^erfteUen"   b.  i. 

be&jte^m  im  ©mne  einer  restitutio  in  integrum   (bgl.   namentlich  §i  42,  10).    3)afe 

akr  3uba  unb  Serufalem  einer  SBieber^erftellung   beburften  in  einer  3*ü>  too  bie 40 

iMGi^en  &tammt  bon  ber  babibifd^en  2)Vnaf^e  abgefallen  toaren,  !gerufalem  toieber^olt 

aobert,  jub&iföe  ©ebietöteile  annebiert,  ©d^aren  jübifc^er  Kriegsgefangener  in  bie  frembe 

bctlauft  toorben  toaren,   toirb  niemanb  leugnen   tooDen.    ferner  ift   and)  ber  Umftanb, 

oafe  nac^  bem  9u(^e  %oti  ba«  Heiligtum  auf  3ion   bie  legitime  ©tätte   be«  SBo^nen« 

3a}tocS  unb  feiner  Anbetung  ift,  fein  Setoei«  für  jpäte  @ntfte^ung  beSfelben  in  ber  nac^=  45 

ttffö*"  3^    2)mn  au^  Sefaja  unb  Wufya  fennen  nur  ein  §auS  be«  $errn  im^anbe 

Qef.  2,  2;  8,  8;   18,  7;  27,  13;   3Ki  1,  2 :  3,  12 ;  4,  1).    Unb  toenn  man  toegen 

Mi  Stellung  ju  ben  $rieftern  (1,  9  u.  ö.)  bte  Sntfte^ung  feine«  Sucbe^  hinter  ^ofta« 

tefoematum  anfe^en  )u  muffen  meint,  fo  überfielt  man,  bafc  aud)  ein  ^cfaja  8,  2  einen 

9cieper  pn  3^0^  nimmt    SBenn  enblic^  9Jlerj  bie  ©teile  4,  17  („unb  tyr  toerbetw 

ne  toeiben,  bog  id^  3^be,  euer  ©ott  bin,  ber  idj  auf  3»on  too^ne ...  unb  ^erufalem 

teub  ^eiliatum  Jetn  unb  Krembe  fte  nid^t  me^r  überjie^en")  unb  ©cinecle  (®ef$.  11,22) 

2,  19  GrMp   totu  euc^  ni$t  me^r  )um  ©c^im})f  machen  unter  ben  Reiben")    für  nac^= 

qififc^en  Urftming  ber  ^ro^^etic  ^oel«  citieren,  unb  ©einec!e  bemerft,  ba^  „3"ba  )um 

anomal  unter  Tcebulabnejar  )u  ©Rauben  geworben"  fei,  fo  toiberfpric^t  bem,  tote  Nobler  66 

toffenb  ertoibert,  ber  »erlauf  ber  ©efc^id^te  Suba«  (bgl.  5.  S5.  1  Äg  14,  25.  26),  befjen 

Kl«  flef^toeigen,  baft  2,19  bon  einem 3uföanbentoerben  burc^  ^eibnifc^e  fteinbe  feine 
ift  3)er  fpra^li(^e  Gtyarafter  be«  Suc^e«  mu^  au^er  93etracbt  bleiben,  ba  fief?  au« 
baftftffat  für  bie  ©ntftebungSicit  be«  93u$e«  tein  fixerer  ©c^lu^  ^en  läfet.  ^on  S-Bc= 
kadng  in  leitetet  fynfxfy  ift  aber  bie  fraglofe  Slb^ängigleit  be«  3lmo«  oon  3oel,  toie  w 


236  $oel 

eine  S3ergletd&ung  bon  2lm  1,  2,  9,  13  mit  3oeI  4/  16  unb  18;  ferner  ber  Umftonb 
betoeift,  bafc  bie  £eufc$recfenbejeic£nung  dt;  aufeer  3lm  4,  9  ftd&  nur  3o  1,  1 ;  2,  25 
finbet,  an  toelcfcen  ©teilen  fte  gehrife  nictyt  au«  SlmoS  entlehnt  ift.  Unb  toenn  eine  9e* 
gieljung  jft>ifc§en  $o  3,  4  unb  9Jta  3,  23  befielt,  fo  ift  e3  feine«toeg«  au«gemac$t,  baji, 

5  tote  GorniU  meint,  bie  Slb^öngigtcit  auf  feiten  ^oetö  liegt.  2Bir  bleiben  fona$  babei, 
bafc  goel«  Sieben  ber  9legierung«jeit  be«  3>oa«  angehören.  fjaffen  fte  in  feine  frityeften 
3a^re,  in  benen  er,  noety  minberjetyrig,  unter  bert35ormunbfd&aft  be«  $o$et>riefter«  %p\ctoa 
ftanb,  fo  erflärt  ft$,  toarum  nur  bon  $rieftern,  SUteften  unb  33oU  bie  Siebe  ift,  bie  $erfon 
be«  Jtönig«  nirgenb«  l)erbortritt. 

10  Slnlafc  be«  Auftretens  3}oel«  toar  eine  furchtbare  #euf#retfen$>Iage,  bie  in  SSerbinbung 
mit  einer  großen  Surre  ba«  Sanb  bertoüftete.  3m  erften  Seil  feine«  33ue$e3  1,  2—2,  17 
betreibt  er  biefe  Sertoüftung,  toclctye  ba«  Sanb  nun  föon  burety  ben  bierten  $euf$recten* 
fötoarm  betroffen  fyat  (St.  1),  bann  ben  93erh>üfter  felbft  2,  1—11,  tooran  ftdj  emeSRafc 
nung  ju   einem   affgemeinen  gafk    unb  Sufctag  f  erliefet  (2,  12—17).    Denn   ber  8u|e 

15  unb  Umfetyr  ju  3>a&be  bebarf  e«,  bamit  nietyt  jene  $eufdfcecfennot  nur  ber  Anfang  fei  be« 
©erid&t«  über  3«rael  unb  ber  Sag  3<*&be«  mit  feinen  ©freien  hereinbreche  (1, 15).  3)er 
Suferuf  be«  5ßro})l)eten  mufe  ©e&ör  gefunben  fyaben ;  benn  2, 18— 19a  f%t  er  m  ber  er* 
ääfylenben  gorm  fort:  Unb  e«  eiferte  3a$be  für  fein  Sanb  unb  fronte  feine«  Solle«  unb 
Sjafybe  antwortete  u.  f.  f.  ©o  fann  er  benn  nun  im  jtoeiten  Xeil  feine«  93u$e«  2,19—4,21 

20  ®uteS  bereiften.  3)iefe  33ertyeifcung  begießt  fic$  auf  bie  nähere  unb  bie  fernere  ^ufunft 
%üx  bie  nähere  berfünbigt  er  Vernichtung  be«  ^embe«,  Slbtoenbung  be«  Unheil«  unb 
glücflidbe  ßeit,  fobafe  ftc§  $ipn  feine«  ®otte«  freuen  fann,  ber  tym  in  bem  $rop$eten 
einen  geilfamen  Se^rer  ("?;?$?  rrnTäi),  Unb  al«  e«  auf  beffen  ÜfBeifung  $örte,  fruchtbaren 
Siegen,  gegeben  fyA  (2,  18—27),   für  bie  entferntere  T?  ^n«  rrrji   3,  i  (im  ©egenfafc 

26  ju  ,ptMr>a  2,  23)  2lu«gic|ung  be«  ©eifte«  $afybe«  über  bie  game  ©emeinbe  in  alten 
tfyren  ©liebem,  fobafc  fte  feiner  *Proj>tyetenbelel)rung  metyr  bebarf,  unb  Sefeatyrung  fror  bem 
tyereinbrectyenben  2öeltgeric$t,  toelcfyem  entnommen  ift,  toer  3<*&be  anruft.  3)enn  $u  jener 
3eit  —  fäljrt  ber^rop^et  4,1  fort—,  ber  Reit  ber  föliepcfcen  grlöfung  Suba«  unbÄe* 
rufalem«,    bringt  §a^be  ba«  fieer  ber  Sölrertoelt  jufammen  gegen  ^erufalem  im  2$al 

30  Sofa^at.  3)er  SBölfer  geinbfebaft  gegen  bie  tyL  ©tätte  mufe  ba^in  gebei^en,  ba|  fte  ft^ 
aufmalt  jum  Äam^f  toiber  fte.  SDort  aber  berfäDt  ba«  feinblic^e  Äeer  bem  ©eric^t, 
toelc^e«  burd^  bie  f$Hefeli$e  Wac^toffenbarung  be«  unter  furchtbaren  9laturerfc^inungen 
fic^  offenbarenben  ©otte«,  ber  feine  fyimmlifc&en  gelben  ^erniebeirfa^ren,  bie  @i$el  an  ba« 
@rntefelb  legen  unb  bie  ftelter  treten   fyetfct,  über  ba«felbe  beringt  toitb.    Witt  einem 

35  ^intoei«  auf  bie  für  ba«  fyl.  Sanb  nad)  bem  ©eric^t  über  bie  ^einbe  eintretenbe  Segen«* 
ftiffe  4, 18—21  föliefet  ba«  S5ud^  ab,  in  toelcfyem,  toa«  gegen  SJlerj  bemerft  fei,  flare 
Situation  ebenfolvenig  ju  bermiffen  ift  al«  fortfe^reitenbe  ©ebanfenenttoidfelung.  2)ie  fem« 
geglieberte  Anlage  be«  93u$e«  geigt  ftc^  namentlich  in  bem  fcerbetfeenben  Xeilc,  beffen 
©runbgebanten   einanber  entf^rec^en:    ber  @m>ecfung  be«  $ro^eten  in  ber  ©egentoart 

40  bie  3lu«giefcung  be«  ©eifte«  ©otte«  über  bie  game  ©emeinbe  am  Jage  Sa&be«;  ber 
Vernichtung  be«  §eufc^recfenfc^h?arm«  ba«  föliefjlidjje  ©erid^t  über  ba«  $eer  ber  SdQer* 
toelt;  ber  aßieberfc^r  fruchtbarer  3^^  bie  bereinftige  tounberbare  ©egen«füffe  be«  ^eiligen 
Sanbe«.  ®er  'n  c^t  feelc^cr  in  ber  erften  3Q3ei«fagung  für  ^«rael  al«  ein  lag  be« 
©$recfen«  in  9(u«ft$t  geftefft  toirb,  Dorgebilbet  unb,   fall«  e«  nic^t  9u|e  t^ut,  eingeleitet 

45  burety  jene  §eufc^rec!ennot,  erfc^eint  in  ber  Reiten,  nad^bem  ba«  Soll  einen  Setoei«  bu^ 
fertiger  ©eftnnung  gegeben,  al«  ein  Sag  gnäbiget  ^eimfuc^iung  be«felben  burc^  bie  8e* 
gnabigung  mit  bem  ©etft  ber  3Q3ei«fagung  unb  fd^lieyic^e  grlöfung,  h>ä^renb  er  über  bie 
gottfeinbltd&e  Söllertoelt  ben  ßorn  be«  göttlichen  ©eric^t«  ergiefei  9lac^  SRerj  tebet  ber 
^ro^bet  tfüax  bon  ber  Serfammlung  oder  SS5I!er,    aber   er  bentt  bod^  eigentlich  nur  an 

50  bie  92a$barböl!er;  ba^er  k>er!ünbige  er  beren  @nbgefd^icf,  laffe  aber  ba«  ber  übrigen 
9Jtenfd^eit  im  Unflaren,  toeil  er  gemäfe  ber  foäteren  jübifc^en  lenbenj  ein  fd^arfer  $«* 
titularift  fei.  Slffein  bafe  ba«  au«  ber  gefamten  Sßölfertoelt  gefammelte  ^eer  bem  gött» 
liefen  ©ertcfyt  unterliegt,  ift  boc^  in  Ä.  4  beutlic^  gefagt.  SBenn  in  ber  ©cfyitberung  be« 
ftimmte  9Jamen  einzelner  Sölfer  heraustreten,  h)ie  3tyru«,  ©ibon,  ^Iiftäa,  fo  fann  bW 

66  ebenfotoenig  auffallen,  al«  toenn  g.  S5.  3efaia  ^ort*  to0  CT  bon  bem  Snbe  be«  gegen* 
ftmrtigcn  3öeltlauf«  rebet  unb  bem  ©ericfyt  über  bie  Söeltmactyt,  (entere  Slffur  nennt,  in« 
bem  er  fi#  an  ben  ©tanb  ber  35inge  gu  feiner  3*ü  anfc^liefet.  ®er  SSorlmtrf  be«  not»* 
nalen  ^artifulariSmu«  aber  fällt  tyintoeg,  ir>enn  man  ertoägt,  bafe  e«  ftc^  in  Ä.  4  um 
bie  ©ntfcfyeibung  be«  ©cgenfa^e«  atoifcfyen  3«rael  al«  bem  3Solf  be«  &eil«gefc$i($tHc&en  8e« 

60  ruf«,  ber  ©emeinbe  ©otte«  auf  (Srben,  unb  )toif$en  ber  gottfeinblic^en  93ötfertoelt,  alfo 


3foe(  3of)atttt  ker  ©eftänbige  237 

um  ben  f$liefelt$en  33olhug  be$  göttlichen  ©nabenratfd&luffeS  tyanbelt.  $!a&  jene  (Snt* 
föeibung,  bafi  bie  föliefclic&e  SWactytoffenbarung  SatybeS  junt  ©ericfyt  über  bie  2Belt  unb 
utr  Srlöfung  feiner  ©emeinbe  an  einem  beftimmten  Ort  erfolgt,  ift  eine  and)  fonft  bent 
Alten  Steftament  gelaufige  9lnf$auung,  tote  j.  33.  Bad)  14,  2  ff.,  roeStyalb  e$  jur  @a$e 
unb  nic&t  gur  Sintleibung  gehört,  bafj  gerabe  Serufalem  unb  ba£  Sfyal  %o\apt)at  afe  ber  6 
Crt  be^eic^net  toerben,  lr>o  jene  ©ntföetbung  fic|  boU^ie^t.  6$  ift  baefelbe  £ljal,  too  einft 
(ögl.  2  <8&r  20,  22—26)  unter  SofapM  bte  fyeranjiefyenben  fernblieben  Sparen  ben 
Untergang  fanben,  unb  baä  feitbem  ben  Flamen  ^ctim^  p»  mit  bemfelben  Stoppel* 
finne  geführt  tyaben  toirb,  ber  i^n  für  ben  3ufammenfyang  unferer  ©teile  geföicft  mac$t. 
£er  9iame  erinnert  ni$t  nur  an  Sofort,  ben  König,  fonbern  auety  an  ba8  bort  bereits  10 
ergangene  ©eri$t  3>afybe3,  toelctyeS  fxd)  bereinft  an  bem  gegen  bie  ^eilige  Stätte  ber- 
jammelten  §eer  ber  SBöttertoelt  roieberljolen  foll. 

9Bir  Kraben   bie  $euf$recfem?ertoüftung   nicljt  attegorifety,   fonbern   eigentlich  gefaxt. 
Segen   bie  aflegorifctye  Raffung   ft>ri$t  ber  natürliche  (Sinbrucf  be$  erften  XeilS  unfereä 
9u$<*;  au$  ftört  fie  baS  3Sertyältni$  be$  erften  unb   jtoeiten.    3$re  §aut>tftüfce  finbet  is 
fte  in  bem  Steinen  be$  $euförecfen&eere3  2,  20 :  "wäi,  ein  2Bort,  ba$  nad)  ber  majoret. 
Sccentuation  nur  ben  norbifäen  bebeuten  fann.  3)a  nun  ber  3ug  ber  ^eufc^reden,  beren 
«genuine  $eimat  bie  ©anbhriifien  SlftenS  unb  2tfrila§  ftnb,   getoöfynlidj  bon  ©üben  nad) 
Soeben  ge^t,  nidjt  umgelegt,  f o  fctyeint  bie  SSejie^ung  be$  fraglichen  äusbruefö  auf  Softer, 
bie  auS  bem  Sterben  fommen,   nafyeliegenb,    aber  freiließ   niept  unau$tt>eic$li$ ;    benn  ba  ao 
§euj$recfen  auc$  in  ber  forifäen  SöJüfte  ju  treffen  ftnb,    au$  ber  leicht  Sctytoärme,    ofyne 
aber  ben  Sibanon  fliegen  gu  muffen,   burefy   einen  iRorboftttrinb   nac$  Sßaläftina  getrieben 
toerben  tonnten,  toarum  foßte  ein  folc^er  ©c^toarm  nietyt  ^räsn  genannt  toerben  Knnen  ? 
9n  biefer  3Röglic#eit  fefoufalfen,  nötiflt  ber  toeitere  Snfalt  üon  35.  20 :   'w  r&mm,, 
toorauf  £eli(f$  aufmerffam  mac^t.    5Denn  toenn  man  erfragt,  bafj  teils  bürre  ©tejtyen,  26 
tdtö  Seen  unb  SMeere  baS  ®rab  ber  ©tric$fyeufcfyre(fe  toerben,  toie  jott  bie  SBerfyetjjung, 
bafc  ein  Seil  ber  jefct  ^uba  öertoüftenben  in  bie  {übliche  SBüfte,  ber  SSortrab  in  baS  tote 
Steer,  ber  9ta$trab  in  baS  mittellänbiföe  9Keer  geföleubert  Serben  foll,  mit  ber  allego* 
rifc^cn  Suffaffung  beftetyen?    @S  fte^t  berfelben   auc$  freiter  ber  Umftanb   entgegen,  bafe 
fö  tod>er  im  Dor^erge^enben  noc^  im  nac^folgenben  eine  6pur  t>on  einem  feinblic^en  @in-  so 
fa&  emeS  jener  Sölter,  bie  man  mit  ^osn  bejeic^net  toä^nt,  finbet. 

Sin  ©runb,  bem  ^ro^eten  bie  Verausgabe  feiner  Schrift  ab^u^rec^en,   liegt  ni$t 
iwc.    3He  Integrität  berfelben  M   eine  emftlic^e  93eanftanbung   nic^t  erfahren.   9tot^- 
peinS   9e^au))tung,    ba|   baS  S3u$   leine    litterarifc^e  ©in^eit    bilbe,    ru^t    auf    ber 
unbegrünbeten  Meinung,  ba|    bie  Rfy\>.  3—4   anbere  3uf^n^e   borau^f4en/  a^  ^e86 
Jtaft>.  1—2.  »otrf. 

3o^««tt  ber  8eftfnbtgef  geft.  1532.  —  SpalatinS  ^iograp^ic  bei  SRenrfe,  SS  rerum 
pam.ll  (Lipmae  1728),  1123ff  ;  3)e  «Bette,  ßutljcrS  »riefe  I-IV.  VI ;  »urf^arbt,  ÖutfterS  »rief. 
m«fel,  Seidig  1866;  SnberS,  ßutöer«  ©riefroe*iel  I— VII. ;  «ielan^tfjonS  ©ebä*tniSrebe 
CR  XI,  223  ff.;  fiut^erSSeicftenrebe,  (521*  18. 189  ff. ;  ©eefenborf,  Historia  Luthcranismi  1692 ;  40 
Sörftcmonn,  9?eueS  Urhtnbenbuc^  hux  ©e[d)ict)te  bev  eo.  ^ird)en=9?cformation  I,  Hamburg 
1812:  berf.,  Urfunbenbuc^  jur  ©ef^ic^te  beS  Oiei^StaßS  ju  ^ug^bura,  ^aOe  1835,  2  $be; 
ktf.#  «rcöio  für  bie  @efd)id)te  ber  fir*licben  Deformation  I,  1.  $>ft,  ^alle  1833;  Weubecfer, 
thenfräefe  auS  bem  8eitolter  ber  Deformation,  Nürnberg  1839 f.;  3)eutf*e  SRetdjStagSaften 
«ter  «ar!  V.  I,  II,  ©ottja  1893  ff.;  Danfe,  beutfdje  ©efdtfd)te  III.  u.  IV.  ©b.;  ©öttiger*  46 
ftUtfc  0kf4id)te  oon  ©a^fen  I,  482 ff.;  g.  o.  »e^olb,  ©e(d)ict)te  ber  beutfcf)en  Deformation, 
Berlin  1886;  (£getyaaf,  ^rutfdjc  ©efd)ict)te  im  16.  3a£)rt) ,  Stuttgart  1889 ff. ;  &  «aumgar- 
te^  flarl  V.,  3  »be,  6tuttgart  1885 ff.;  3.  ftöftltn,  SW.  fiutber,  (Slberfelb  1883;  Jft.  itolbe, 
»artin  fiulljer,  ©ot&a  1884 ff. ;  berf.,  griebri*  ber  Seife,  (Erlangen  1881;  beif.,  3)er  £ag 
toi  6d)let^  u.  bie  (Sntfteljung  ber  6d)tt)abac^er  ^Irtifel  in  Beiträge  jur  Deformation$gef4id)te  60 
S.  ftftftün  geroibmet,  ©ot^a  1896;  griebenSburg,  ßur  $orgefdjid)te  beS  ©ottja  -  torgauifdjen 
fcnbnlffe«,  Warburg  1884;  berf.,  ber  DeidjStag  ju  ©peier  1528,  Berlin  1887;  Starftenft, 
fMf.  beff.  ©esiebungen  in  ben  Sauren  1524—1526,  3ettf*rift  f.  tf)üringifd)e  ©ef*id)te  1885; 
Burt^arbt,  Okfd)id)te  ber  ffidrfifdjen  Äircf)en-  unb  6d)uloifitationen,  ficipjig  1879 ;  $>ifariud 
6#mt^  Sanbgraf  $l|iüpp  oon  Reffen  unb  bie  $ac!if(f)en  .^ftnbel,  Seip^ig  1884;  3.  Det),  66 
•ef*i*te  bed  ffieiefettag*  ju  ©peier  1879;  W.  £en&,  S3rtefroed)fcl  äanbgraf  $()tlippd  mit 
ftwr,  &i|utgl880ff ;  ©incfclmann,  ?)er  fdjmalfalbifdje  ©unb  unb  ber  ^arburger  DeügionS» 
friebe,  ©trafeburg  1892. 

Sodann   ber  Seftänbiae,  feit  1525  Äurfürft  toon  ©a^fen,  »ruber  ^riebric^   be^ 
Seifen,  tourbe    am    30.  3>uni  1468  in  Weisen  geboren,    ©r  erhielt   eine  ber^ältni^  go 
mäfa   gelehrte  Silbung,  fo  ba|  er  nad)  bem  Urteil  @}>alatin^  bte  lateinif$e  Spraye 


.     238  3foi^ottn  bcr  Scftdubigt 

toofyl  oerftanb.  (Sin  längerer  Shtfentbalt  bei  bem  ©rofeo^eim,  Äatfct  griebriety  III.,  gab 
tym  ©elegen^ett,  fic$  in  ritterlichen  Rünften  }u  üben,  au$  fott  er  ftc|»  bort  ate  Ärieg3* 
mann  im  Äampfe  gegen  bie  dürfen  ausgebeutet  faben.  Über  feine  religiöfe  unb  finfc 
lietye  Stellung  fcor  £ut  jjerä  auftreten  toiffen  totr  nickte.  Sie  totrb  biefelbe  gutmittetalterity 
6  getoefen  fein,  bie  man  an  feinem  SBruber  fennt.  Um  f  o  reichlicher  fliegen  bie  $a$ri$ten 
in  biefer  Sejie^ung  in  ber  foäteren  Seit,  grity  Ratten  Sut^erd  Schriften  i$m  ba£  #eq 
abgewonnen.  SBenn  er  tyn  fyörte,  liebte  er  e3,  feine  Sßrebigten  nacfcjuföretben  (©eefen* 
borf  III,  21).  (Sine  foletye  5Woc^fc^rift  auf  einem  $oI)iafeIbü$Iem  lernten  ftrir  fcfym  au* 
bem  3a$re  1520  (3Ä©  XXI,  ©.  145  ff.).     Unb   Sutyer  toufete,   bafe   er  ben   eigenen 

io2Bünfc$en  beä  £erjog8  entgegen  fam,  toenn  er  tym  burety  SBibmung  Dom  29.3DUttj  1520 
feine  toie^tige  ©d&rift  „fcon  ben  guten  2Berten"  auftrieb  (2Bä  VI,  202  ff.),  gmrtan  toer* 
folgte  ^otyann  mxt  gekannter  äufmerffamfett  unb  mit  fteigenber  Seilna^me  ben  toet* 
teren  Verlauf  ber  dnttoicfelung,  toie  fein  Srieftoec&fel  mit  feinem  ©ruber  (2$.  Rotte, 
3friebric&  ber  SQBeif e  ©.  42  ff. ;  görflemann,  9leue$  Urfunbenb.  ©.  1  ff .)  erlernten  lagt  SBie  er 

16  ben  ©ruber  t>on  allem  unterrichtet,  toaS  er  barüber  fyört,  fo  freut  er  [\i)  über  jebe  ©cfaift 
SutyerS,  bie  tym  griebriety  jugetyen  lägt.  ®r  fear  e$,  ber,  afö  in  ber  Xbtoefen^eit  be* 
Äurfürften,  ber  nadj  Slawen  jur  ßaiferfrönung  gereift  toar,  !go&.  ®d  mit  bcr  Sannbulle 
im  Sanbe  erfetyien,  nac$  bem  State  ber  3Btttenberger  bie  $ub!iIation  ber  Sutte  unter» 
liefe  unb  auc£  burc$  einen  bef onberen  ©rief  @cfö  (S55alc^,  «utJ^er«SBBerteXV,1878)  ftynty 

20  ine  machen  liefe.  3)a  er  nur  toenige  Sage  in  SBormS  ftc^  auffielt  (görftemann  a.  a.  D.  6.  30), 

bei  toel^er  (Gelegenheit  er  übrigeng  Sutyerä  „Srbieten"  mitgebracht  $aben  bürfte  (Steufcfc 

tag&tften  II,476),fyatte  er  feinen  unmittelbaren  Sinflufe  auf  bie  Vorgänge  auf  bem  3te«$3tagc. 

Um  fo  eifriger  toar  er  in  feinen  ©riefen  an  ben  ©ruber,  ben  „frommen  SDlamt  SRartinum", 

bon  bem  tym  bünfe,  bafe  er  auf  bem  regten  SBege  fei,  ju  empfehlen  unb  ben  toorftyttgen 

25  Äurfürften  ju  eifriger  Betreibung  Don  SutfyerS  ©ad&e  *u  ermahnen,   unb  tyn  &u  erf  uefc*, 

....  ^^ 


and)  bie  anbern  dürften  in  feinem  Flamen  ju  bitten,  ftc$  SutberS  angune^men  (X^.  Äolbe, 
%x.  b.  28.  ©.  42—46).  ©einer  ©ntoirfung  totrb  e$  jujufcpreiben  fein,  toenn  griebrkjj 
ftety  entfölofe,  Sut&er  ben  folgen  einer  ungerechten  Verurteilung  ju  entjie^en  unb  fyetmß($ 
bertoafyren  ju  laffen.  2öo  &t$er  ftc$  befanb,  toufete  3o^ann  anfangt  ebenfotoenig  al*  bcr 

so  Äurfürft  felbft  (ebb.  47.  (SnberS  III,  229).  aber  loum  fattt  er  babon  Äunbe  erhalten, 
als  er  auety,  toemger  ängftlicty  als  ber  ©ruber,  foglei$  neue  Iterbinbung  mit  tym  anfnüpfte. 
3bm  toar  befannt  getoorben,  bafe  Sut^erä  @egner  mit  ber  Stelle  Sc  17, 14  gegen  beffen 
©c^rift  öon  ber  Seilte  (®9l  27,  318)  agitierten,  ja  avß  Sut^et«  »rief  an  ©palatm 
(Princeps  Johannes  petitus  illo  Lucae  de  decem  Leprosis  etc.   (Snberd,  £u$eit, 

86  »riefto.  III,  234)  ift  in  fc^Iiefecn,  bafe  man  biefe  ©teOe  bem  dürften  felbp  entgegen  tydt; 
eben  b^alb  liefe  er  «ut^er  bei  einem  Sefuc^e  auf  ber  SBartburg  im  ©eptember  1521 
ben  2Bunfö  um  »ele^rung  burefy  ben  ©c^lofe^auptmann  k>on  Serle^  Vortragen,  toorauf 
ber  Reformator  feine  9lu3legung  btö  Stoangeliumd  Don  ben  je^n  Sludfä^igen  (09*  16, 
29391  VIII,  336  ff.)  ausgeben  liefe. 

40  $em  $erjog  ^o^ann,  bei  bem  er  toor  allem  grofeed  Qntcreffe  baran  Dorau^fe^en 
fonnte,  fc^tate  er  no$  toä^renb  be^  3)ruc!ed  bie  eingeben  Sogen  feiner  Übecfejpmg 
be«  913:  ((SnberS  III,  381),  unb  ba«  Sefcn  in  ber  S3ibel  gehörte  fortan  ju  ben  tag* 
liefen  ©emobnbeiten  be£  dürften,  ja  in  Röteren  Sauren  liefe  er  ftc^,  tote  berietet  totrb 
(©eefenborf  III,  31),  bis  fcc$ö  ©tunben  am  Xage  barau*  t>orIefen.    SKitte  Dltoter  1522 

45  tarn  Sutfyer  bann,  tote  eS  fc^eint,  gum  erftenmale  auf  ber  Steife  nad}  Erfurt  auf  ben 
Söunfc^  beS  dürften  an  ben  .§of  nad)  SBcimar  unb  burfte  bafelbft  me^rfac^  J>rd)tgen. 
Unb  toaS  er  ba  u.  a.  (in  ber  oierten  «Prebigt  621 XVI,  472  ff.)  über  bie  jtoet  ©c^toerter, 
über  toeltlid^e  unb  geiftltc^e  Dbrigfeit  barlegt,  ertoeefte  ben  9Bunf$  bed  dürften,  eine 
toeitere  Sluäfü^rung   ju   ^aben.     $)a^  gab   £utl)er  bie  äufeere  Seranlaffung    ju  fetner 

wSd&rift  „3Son  toeltli^er  Dbrigfeit,  toie  toeit  man  t^r  ©e^orfam  fcfculbig  fei"  (BS 
22,  59  ff.),  unb  obtoo^l  Sut^er  bie  ©renken  ber  fürftli$en  Wac^toottfommen^ett,  mit  aßen 
^rabitionen  brec^enb,  fc^arf  betonte,  unb  and)  bem  bamaligen  gftrftatgeföfobte  bittere 
SBa^eiten  fagte  (togl.  %f).  Jlolbe,  5K.£ut^er  II,  66  ff.),  na$m  ber  ^erjog  niat  nur  bte 
38ibmung  beS  fc^toer  angefetnbeten  Sucres  an,  fonbern  liefe  ftc^  babur$  ft^tlt^  beie^ren. 

66^)enn  als  im  !Jafyrc  1524  ber  93ifd^of  oon  3Jlerfeburg  auf  ©runb  ber  fcon  i^m  im  lur» 
fäc^ftfd^en  ©ebiete  feiner  SDiöcefe  Vorgenommenen  SSifttation  ßinfe^retten  gegen  getotffe 
^rebtger  forberte,  riet  go^ann  feinem  33ruber  bte^  abjuletynen,  ba  bte  Ängefc^ulbtgten  fÜ^ 
auf  bie  göttliche  ©c^rift  unb  baä  @t>angeltum  berufen  gärten,  o^ne  bafe  man  fte  barau« 
toiberlegt  ^ötte,  unb  gegen  folc^e  Seute  mit  ©etoalt  t)orjuge^en,  i^nen  att  toeltBc^en 

eo  dürften  nic^t  julöme  (^örftemann,  9Ieued  Urf.  ©.  102).  Sie  einfeitige  »etonung  biefe* 


Soft*™  ber  ©cftänbtge  239 

©runbfofceS  unb  bic  ängftltd^e  Sorge,  ftcty  unrechtmäßig  in   gctfttgc  3Mnge   einjumiföen, 
föeint  aucfy  ber  ©runb  getoefen  ju  fein,  toeäfyalb  igotyann  lange  $eit  gegen  üRünjer 
ntyt  cutfd^ritt  unD  ßarlftebtS  baS  Sanb  Vertoirrenbe  Xfyätigfett  rufig  mit  anfaty.    (Sr 
Heft  bie  @a$en  gefcn,  ließ  bie  ^onlei^namSprojeffton  faden  unb  fvrad)  föon  im  Igatyre 
1523  feinem  ©ruber  gegenüber  feine  Sreube  barüber  au$,  baß  ft<»  bie  „^irojeffion   in  6 
2$äringen  fo  fein  Von  felbft  abgefcpnitten"   (XI).  Stolbe,  %t.  b.  SB.   ©.  51),  unb   fein 
fetter,  #erjog  ©eorg,  Sagte  nietyt  o^ne  ©runb,   baß  er  „metyr  benn  anbere  dürften  in 
fernem  ©ebtete  e3  letbe,  ba$  man  beutfd&e  9Keffe  lefe  unb  ba$  2lbenbmafyl  unter  beiberiet 
(Seftalt  reiifce"  (ebb.  @.  55),  aber  tote  fein  ©ruber  vermieb  ^o^ann  lange  $eit  jebeä  unmittel- 
bare (umgreifen  fotootyl  nac$  ber  einen  hrie  xiai)  ber  anbern  ©ettc  (Jörftem.  31.  Urf.  ©.  111).  10 
Sie  er  mitten  in  ber  ©etoegung  ftanb  unb  alles  verfolgte,  jeigt  bie  3^atfa$e,  baß  fogar 
bie  2$eorie  bed  bamalä  ©ifenadjer  $rebiger$  3a!ob  ©trauß,  baß  ba3  3urücfge&en  auf  bte 
Sxfyrift  aud^  auf  ba$  mofaifebe  ©efefe  ate  bie  einige  StecftSnorm  führen  muffe,  (Sinbrucf 
auf  ifyx  machte  (©urtyarbt,  8.3»rieftp.  ©.  72;  2#.Äolbe,  Cutter  II,  118).  äberbaStoar 
nur  twrüberge^enb,  unb  ein  hrie  fd&eint  längerer  Slufentfyalt  in  SBittenberg  in  ben  erften  15 
Stenaten  be*  %afyc&  1525  braute  i&n  Sut^er  immer  nätyer.  9Jiit  greuben  berichtete  er  ba 
u.  a.  über  Sutjpt*  <ßrebigten  an  ben  ©ruber,  unb  „tyft  toarlic^en  tyn  großem  ©olef  in  ber 
Äirtfcn  getoefi,  baS  tc$  elpn  freube  baruber  getyapt"  (%$.  Äolbe,  %x.  b.  2B.  ©.  58).  — 
9ta$  bem  am  5.  3Rai  1525  erfolgten  SCobe  gxiebric$8  b.  2B.,  mit  bem  er  fo  lange  in  um 
getrübter  ßimgfeit  ba3  Sanb  gemeinfam  regiert  fyatte,   tourbe  er  mitten  in  ben  SBirren  20 
be*  Sauerntriege*  jur  felbftftänbigcn  Regierung   berufen.     35cn   toeiten  Politiken  ©lief 
be*  ©rubere,   ber  biefem  lange  3«*  eine  füfyrcnbc  Stellung  im  Steige  eingetragen  fcatte, 
befaß  er  tttyt,  aber  er  tonn  als  StypuS  eines  pflichtbewußten  Xerritorialfürften  gelten, 
bem  ba£  SBo^l  feiner  Untertanen  ernftlic^  am  §enen  (ag.    2Bar  er  in  Vieler  ©ejte^ung 
ton  feiner  Umgebung  abhängig,  feie  benn  fein  Jtanjler  ©rücf  (f.  b.  31.  111,441)  bie  Seele  [einer  25 
folitit  toar,   fo  fonnte  er  bcxty  and)  \ttyc  entfegieben   mit   ber  ^ä^tQfett   be£  fäctyftfctyen 
Stammet  an  bem  feft^alten,   toaä  er  einmal  für  richtig  erlannt  fyatte.    SQBie  er  in  ber 
MjRdpn  Stafl*  P»*»  frufete  man  auety  auätoärtö,   förieb  boety  2öingftelb,  ber  englifetye 
Beftaftttroger  in  ©rüffel,  faon  am  31.  9Jtai  1525  an  ben  Äarbinal  SBoIfcty,  ber  neue 
ftarfürft  von  Saufen  fei,  tote  man  fage,  ein  ärgerer  Sut^eraner  al$  fein  ©ruber  (©retoer,  so 
Letten  and  papers  of  the  reign  of  Henry  VIII.  ©b  IV,   I  9fr.  1370).      Unb   in 
Sittenberg  burfte  man  ^offen,  baß  bie   lange  jurücfgcftettten  noth>enbigen  Reformen  in 
ümtoerfttat  unb  Jttrctye  eine  gana  anbere  SBürbigung  finben  mürben  alö  b'xtyzx.    5Da^  bon 
Äeorg  toon  Saufen  angeregte  fceffauer  ©ünbnid  Dom   19.  ^uli  1525  mit  feiner  @pi$c 
„gegen  bie  berbammte  lut^erifc^e  @eltey/,  in  ba£  man  i^n    unb   ben  Sanbgrafen  tyfyl'yp  36 
ben  Reffen  einbeziehen  toollte,  nötigte  ben  dürften,  balb  nac^  ber  9lieberh)erfung  ber  ©auem 
ort  feiner  bie^ertgen  3urüct^altung  ^erauäjutreten.     @inb  toir  red)t   berietet  (Spalatin 
bei  Wende,  Scriptores  II,  648),   fo  ließ  ber  Äurfürft  am    16.  äuguft  1525,  e^e  er 
ffieimar  verließ,  bie  ©etfUic^feit  biefed  Slmte^  nod^   einmal  jufammenberufen   unb   i^r, 
wabern   fte  burc^  jtoei  ^rebigten  vorbereitet  toorben,  anfünbigen,  baß  fte   in  3utunft  40 
bog  lautere  Söort  ©otted  o^ne  allen  menfd^Iic^en  3ufa^  2U  }>^btgen  fyabe,  unb  aB  einige 
die  $rießer  äußerten,  ed  toerbe  i^nen  bamit  boc$  nic^t  verboten,   ©eelenmeffen  ju  lefen, 
Sal)  unb  SBaffer  ju  tarnten,  tourben  fte  bebeutet,   toa3  Von  bem  SBorte  gelte,   fei  auc$ 
ben  ben  ßeremonien  ju  Verfte^en  (Slanfe  II,  162).     3Rit  gleicher  entfc^loffen^cit   lehnte 
er  ein  ftafammenge^en  m^  ^em  fäc^fijc^en  Setter  ab  unb  befanntc  fic^  in  einer  gemein^  46 
feanen  (Srflänmg  mit  bem  Sanbgrafen  (Xreffurt  ben  15.  September  1525  bei  3rrteben& 
barg  ©ot^torgouif<$e3©ünbni3  6. 114)  offen  unb  frei  jur  evangelifc^en  Sefyre:  fte  feien 
Sett  bereit  unb  geneigt  getuefen,  jtc^  bem  SBorte  ©ottc^  unb  bem  (Evangelium  gemäß  ju 
Uten,  „baburc^  und  bie  toa^re  Rechtfertigung  ©otted  aud  bem  ©tauben  burd)  bie  ©er« 
petßung  in  S^riftum,  unfern  @rlöfer  unb  ©cligmacber  außerhalb   unferer  SBerfe   unb  60 
Seremmtien  nun  toiberum  offenbar  getoorben   ift".    Dftentativ   gab   er   bei   ©eginn  ber 
$affen}*t  1526  feinen  $of!euten  unter  ©rud^  ber  ^aftengebote  ein  großem  (Sffen  unb  ge? 
bot  tu  beifelben  $t\t,  im  ganzen  ©ebiet  bieSKeffe  naefy  Sut^er«  ©c^riftvon  ber  beutfe^en 
SRefte  ju  galten  (©eefenborf  II,  148;   9Jlencte,  Scriptores  II,  654).     2)iefeS  ©orge^en 
toie  bie  SZottoenbi^feit,  gegenüber  ben  3Rac$inationen  ber  ©egner  gerüftet  ju  fein,   führte  65 
bann,  toa«  ^ier  ntc^t  tpeiter  audgefüj^rt  toerben  fann,  gu  bem  in  Borgern  befd^loffenen  unb 
ti  Qotfyt  am  27.  ^februar  1526  ratifizierten  ©ünbntö  jtoifc^en  Johann  unb  ^Uity>,  bem 
m  12.  3uni  gu  Sftagbeburg  noef)  anbere  evangelifd^  geftnnte  Stänbe  beitraten,  h)oburdj 
ber  Äurfürfi  aan)  von  felbft  jum  güt?rer  ber  eVangelifc^en  Partei  im  Steige  tourbe. 
60  gerüjftet  «festen  er  auf  bem  9tei$$tag  ju  ©peier  im  ©ommer  1526.  Offen  Vor  aller  *o 


240  3of)*»tt  ber  ©eftänbtge 

2Belt  befanntc  er  ficb  hier  ate  ebangelifctyen  dürften.  Der  93erfuc$,  bie  ebangelif$e  $rebigt 
ni  unterbrüdfen,  Würbe  jurücfgefctylagen.  ßbcnfo  ba8  Sfofinnen,  bie  giften  *u  galten. 
Deffentlicfy  ertlärte  ^o^ann  bem  6r$erjog  gerbinanb  unb  ben  faiferlicfcen  Äommiffaren,  bon 
©otteS  ©ort  nicfyt  weisen  ju  fönnen,  unb  baß  er  ftc^  )u  leiner  (Seremonie  Werbe  bewegen 

6  laffen,  bie  ©otteS  SBort  entgegen  fei  (ebb.  658  f.).  Sin  ber  Verberge  beS  fturftirjtai 
tonnte  man  .als  Umfd^rift  feinet  SBappenS  lefen  Verbum  domini  manet  in  aeternum, 
ja  auf  bem  Srmel  feinet  ©eWanbeS,  Worin  feine  S5e^Ieitung  feinem  Seiftrid  folgte  ©rieben* 
bürg,  ©pcier  ©.  305  f.).  6r  War  botl  ®ifer  für  bte  (SrWeiterung  beä  ebangelifdpn  8ünb* 
niffeä  unb  feine  Haltung  War  eine  ©tärfung  für  bie  anbern  (ebb.). 

10  Wad)  feiner  Slücffefyr  erwarteten  tyn  fd&Were  aufgaben  in  ber  $eimat.  ©$on  e$e 
Sodann  flurfürft  geworben  War,  am  3.  9Jtai  1525,  fcatte  ber  treffliche  äwiefauer  Pfarrer 
9iif.  £au«mann  (f.  b.  31.  VII,  ©. 487)  in  einem  auSfü&rlid&en  ©utac&ten  (3$E&  22  365  ff.)  fty 
an  ifyn  geWanbt,  ausführlich  bie  traurigen  fmtylidjen  3uftänbe  gefctyilbert  unb  $m,  ber  al* 
oberfter  ©ctyufcfyerr  bcS  93iätum3  ba$  Siecht  unb  bie  ^Pflic^t  baju  fcabe,   bringenb  barum 

16  erfuc§t,  nac$  bem  33eift>iel  beä  ÄönigS  gofapfyat  (2Slj>r  17,  6  ff.)  „mit  großer  Siebe  unb 
fürftltdjen  tapfern,  gnäbigen  SBillen"  felbft  einzugreifen  unb  f$leunigft  bur^  tüchtige 
Männer  mit  entforeepenber  33oHmadjjt  eine  allgemeine  SSifitation  bornetymen  ju  laffen,  too» 
bei  er  auf  Sutyer  al$  ben  fyaitf)tfäc$lid&  baju  geeigneten  tyinWieä  (bgl  baju  ben  Don  Qaufr 
mannS  ©ebanfen  beeinflußten  93ricf  ©peuatinä  an  Jturfürft  griebric^  Dom    1.  9Rai  bei 

20  %f).  Äolbe,  %x.  b.  38.  ©.68  ff.)  3>n  ben  näc^ften  ÜHonaten  War  freiließ  baran  faum  ju 
benten.  Sutyer  f?attc  felbft  and)  mancherlei  33ebenfen ;  aber  als  ba«,  WaS  er  &uerft  ttm 
bem  neuen  Äurfürften  um  ber  ganzen  ßufunft  b«  Äird&e  willen  erreichen  Wollte,  m  SCiu 
griff  genommen  Worben  War,  bie  SReuorbnung  ber  Uniberfität,  unb  gerabe  na$  bem 
ÜBauernfriege  bie  SBerjettelung  be$  Äirctyengutö  burc^  ben  Slbel  ju  einer  immer  größeren 

36  ©efa^r  Würbe,  überzeugte  er  ftc^,  baß  nur  burd?  eingreifen  beä  Surften,  als  bem,  ber 
„baju  burcr;  uns  unb  burc$  bie  9tot  felbft  als  gewtßlicfc  bon  ©Ott  geboten  unb  ge* 
forbert  wirb"  (De  2Bette  III,  38  f.),  bem  Unheil  gefteuert  Werben  fönnte,  unb  bat  ipt, 
bie  nötigen  9Jtittel  unb  2Bege  ju  ergreifen.  Unb  ^otyann  War  fofort  bereit  barauf  cm* 
juge^en  (Surfyarbt  93),   Wenn  er  auety  naturgemäß  Wegen  ber  etwaigen  Sdaftuna  be* 

so  „ftammergutä"  Siebenten  trug,  unb  2utr;er  machte  barauf  ^in  ben  ^oftttben  Sorfcfclag, 
bad  ganje  Sanb  burc^  4  ober  5  SSifttationetommiffionen  bifttieren  ju  laffen  (3)e  ffiette 
III,  51),  Womit  man  auf  Slnorbnung  be$  dürften  )>robeWeife  im  Januar  1526  im  Amte 
S5orna  unb  bann  im  3lmte  lenneberg  begann  (Surl^arbt,  SSifttation  ©.  10  ff.).  DW 
führte  ju  ber  Wichtigen  gorberung  ber  33ifttatoren,   bie  fc^on  einen  ©^ritt  Weiter  in  ber 

86  (Sntwiaelung  ber  (anbe3nr$(i$en  ©ewalt  bed  dürften  bebeutete,  baß  bie  Sefugntö,  ©eift 
lid)e  ein=  unb  abjufe^en,  allein  bem  dürften  jufte^en  folle  (ebb.  ©.  13),  Wie  bemt  caiS) 
2utr/er  um  biefe  &\t  bem  Äurfürften  flar  mad^te,  „baß  einem  Weltlichen  Siegenten  nk^t 
ut  bulben  ift,  baß  feine  Untertanen  in  Uneinig!eit  unb  3^^^  ^ur(^  WiberWertige 
Hkebiger  gefd^rbet  würben"  (3)e  3Bette  III,  ©.  89),  2lu$laffungen  bie  auf  guten  »oben  fielen. 

40  9lber  erft  nac^bem  ber  9lei^tag^abfc^ieb  bon  ©^eicr  i^m,  Wie  man  meinte,  ba*  Stecht 
ju  felbftftänbiger  Drbnung  ber  fir$licben  ^er^ältniffe  ju  geben  Wien  unb  £u$er  in 
einem  bringenben  ©(^reiben  bom  22.  Scobember  1526  (SDe  Sßettelll,  135  f.)  no$  einmal 
bie  ^flid)t  bed  jturfürften,  atö  bc^  oberften  Sormunbed  ber  3ugenb,  bafür  )u  forgen,  baß 
biefe  ni$t  berfäumt  Werbe,   Woju  man  ©c^ulen,  ^rebiger  unb  Pfarrer  ^aben  müßte,  be= 

46  tont  unb  bon  neuem  eine  buretygängige  9Mfitation  geforbert  r;atte,  Würbe  fte  befc^loffm. 

feiltet)  War  Sut^er  längft  m$t  jufrieben  mit  bem,   toctö  man  am  ^ofe  jur  6k^ 

rung  be^  Kirc^engutö  gegenüber  ben  Räubereien  bed  Slbetö  tfyit    @ö  fei  nic^t  baran  |H 

benten,  tlagte  er,  baß  ber  fturfürft  wie  fein  Sruber  bie  Regierung  felbft  ausüben  Wabe. 

©ut  unb  treu  wie  er  fei,  hielte  er  and)  anbere  bafür  unb  laffe  ftcf)  bejc^Wa^en,  unb  in 

60  feinem  Ungeftüm  brang  er  beär/alb  einmal  ben  ^ofleuten  jum  %xo%  b\&  in  bad  Schlaf* 
iimmer  bed  gerabe  in  Wittenberg  anWefenben  ^ürften  (De  Siiettc  III,  147).  (Steufyoe^l 
tonnte  man  beobachten,  Wie  ber  Äurfürft,  ber  ftd>  längft  baran  gewöhnt,  ftc^  in  afla 
irgenbWie  tird^lic^en  fragen  bon  Sut^er  beraten  )u  laffen,  ja  fogar  fe^r  befümmte  SBor» 
fernläge   beefelben  in  rein   Weltlichen  Dingen  Willig  ^inna^m,   fo  biel    er   forarte,  feami 

66  2Bünfc^en  ju  genügen  fuc^te.  Da  War  in  ber  %fyat  feine  Sitte  für  biefen  ober  jenen, 
feine  Anregung  Sut^erS,  auf  bie  er  ni$t  freunblic^  einging,  unb  Wie  f$r  er  fu^  in  bie 
ebangelif$en  ©ebanten  ^ineingelebt  ^atte,  fo  Weit,  baß  er  ängftlty  beforgt  War,  man 
fönnte  biefeä  ober  jenes,  toa$  in  Wittenberg  gefc^a^  ober  bon  bort  auägmg,  im  lat^o» 
Uferen  ©inne  beuten,  jeigen  bie  Sebenten,  bie  er  bem  Reformator  Wegen  bed  Sifttatiiml* 

eobüc^lein^  borlegte  (Surf ^arbt,  93riefWe$fel  122  ff.,  126  ff.),  ^n  bie  Solle  bc*  S^u^^enn 


Sodann  her  8eftfttt*tge  241 

bar  Äircfce  fatte  er  fic^  fcfaeH  gefunben.  SRelancfytfanä  §inft>ei$  auf  bie  fräter  in  fe&r 
fctyner  SBeife  jur  33egrünbung  be$  lanbeätyerrlicfan  ©ummepiffopats  angetoanbte  ©c^rift* 
flette  3«f  49, 13:  Reges  erunt  nutritores  tui  gereifte  ifym  ju  großer  ©tärfung  (bgl. 
äartfdber,  Melanchthoniana  paedag.,  Seidig  1892  ©. 171),  ja  in  (einem  frommen 
Sifcr  für  bie  Sicherung  be$  ©bangeltumS  ging  er  balb,  bie  Rötere  (Snttoicfelung  in  Der«  5 
bängntebofler  SBeife  anbafcnenb,  toeit  über  SutfarS  SBünfcfa  fyinauS.  DaS  geigt  fic$  beut* 
G$  bei  einem  9Sergletc$  Don  SutfarS  35orrebe  &um  SStfitationSbüc^lem  mit  ber  furfürft* 
ticken  Snßruftton  für  bie  33ifttation$fommiffion.  9Jtan  tann  ben  Unterfäteb  bafyin  prä* 
öfteren,  bafi,  toäfyrenb  Sutyer  eine  SBifitatton  toollte,  ber  gürft  nafa  baran  toar,  eine  9lrt 
gnqutfttion  einjuric&ten.  @r  erteilte  ben  33ifitatoren  ba$  Stecht,  nietyt  nur  ©etftlicfa,  bie  10 
c*  mit  SBort  unb  ©ahament  nietyt  in  ber  bur$  fte  borgefäriebenen  üöeife  galten  toollten, 
be*  Xmteä  gu  entfefcen  fonbern  auc§  Saien,  „bie  beä  ©aframentS  falben  ober  fonft  im 
Stauben  berbacfytig'',  borjuf orbern,  unb  toenn  fie  auf  befragen  bei  tfaem  Irrtum  ber- 
fairen  tooUten,  irrten  anjufünbigen,  bafc  fie  nad)  beftimmter  ^rift  ba$  Sanb  )u  räumen 
hatten.  Senn,  ertlärt  ber  Jturfürft,  „n>ic  tootyl  unfere  ÜReinung  nietyt  tft,  jemanb  ju  ber«  15 
btnben,  tarö  er  glauben  unb  galten  foDe,  fo  toollen  toir  boety  jur  Sßerfyinberung  fcfablid&en 
Xufru^r*  unb  anberer  Unri$tigfeiten  feine  ©eben  noety  Trennung  in  unferem  Sanbe 
hüben"  (Stifter,  Ätrcfanorbnungen  I,  77).  $fatfäc$lic$  berfu&r  man  bo$  fefyr  milb,  unb 
£utfar  tmtfcte,  ba&  e$  babei  fo  gelten  toürbe,  toie  er  in  Sejug  auf  9Jtelanc$tfan3  2?ift= 
tatumäUu^Iem  bem  5turfürften  fefrieb:  „Orbnung  [teilen  unb  aufgehellte  Crbnung  falten,  20 
fmb  itoei  Ding,  toeit  bon  cinanber"  (De  2Bette  III,  212). 

Witten  in  biefe  friebfertige  unb  aufbauenbe  ftfatigfeit  fam  bie  Äunbe  bon  bem  am 
gcMkfan  Sretfauer  Sünbniffe  nir  33ernid&tung  ber  ebangeliföen  ©tänbc  unb  3tu3rottung 
ber  Stefeerei,  bie  Otto  bon  Sßaa  bem  Sanbgrafen  W^W  bon  Reffen  überbrachte,  toonadj 
man  txm  tym  unb  bem  Äurfürften  berlangte,  bafi  fte  „ba$  3tmt  ber  fatligen  2Reffe,  alle  25 
Zeremonien,  SBigilien,  ©eelmeffen,  ftrie  bie  tarnen  fairen  mögen  unb   Don  2Ilter3    tyer* 
gebraut  toorben  fein,  beägleid&en  Äircfcen,  Softer,  Älaufen  Jmeberum   foQten  aufrichten'' 
($L  Gdfloaxi  cl  cl  D.  6.  31  f.).    2Bie  ber  Sanbgraf  toar  ber  Hurfürft  bon  ber  (Styfait 
ber  betreffenben  Urlunbe  überzeugt,  unb  ed  entjprac^  bem  btö^erigenSünbntö,  h)enn  man 
W  )ur  Äbtoe^r  rüftete,  unb  bie  beiben  dürften  im  Sertrage  $u  Weimar  befc^loffen,  „Seib  30 
■ab  &fit,  Sßflrbe,  Sanb  unb  Seute  unb  alled  toaö  in  ber  fflelt   enei^t   toerben  tann, 
■^aminenaufe^en,  um  ben  ©c^afe  beä  @bangeliumd  )u  ^üten"  (©edenborf  II,  95).    Unb 
wffirft  gofann  entfaltete  jur  ^etoinnung   bon  Sunbe^genoffen  im  Sorben   faum   eine 
geringere  Zfatigfeit  al^  ber  £anbgraf  im  ©üben  (§.  ©c^toarj  ©.  47  ff.).    2lber  efa  er, 
rte  ber  Sanbgraf  fe$r  balb  für  nottoenbig  ^ielt,    mr  Cffenftbe  griff,    tytelt   ber  Äurfürft  ss 
ke^  für  geraten,  „um  Serftdberung  unfer  beiber  ©eftiffen  to'iüm",  toie   er  an  ^il# 
((faeb  (»eubeder,  9Rerfto.  »öenftücfe  I,  33-37),  Sut^er  ju  State  $u  gießen.    Unb  atö 
Wfer  |toar  bad  Stecht  unb  bie  $fltcr/t  feinet  ^errn,  feine  untertfanen  gegen  jeben  2ln= 
griff  ber  „aRorbfürften"  gu  fc^ü^en  betonte,  aber  ebenfo  beftimmt  aud  Sottet  2Bort  fic^ 
W/m  jeben  Angriff  unb  jogar  bafür  ertlärte,  bafe  ber  Jturfürft  nic$t  f^ulbig   fei,  fad*  40 
ket  2anbgraf  toiberrribtlicp  jum  angriff  fc^reite,  an  bem  33ünbniä  feftju^alten  (De  SBette 
HI,  319,  3tf#r.  f.  n.  SBiff.  1882  ©.  287;   3$.  Äolbe,   9Jlart.  Üut^er   II,  294),   lie& 
^  ber  fromme  3Rcam  fc^nett  überjeugen  unb   bat  ben  Sanbgrafen  $u  bebenfen,  ioie 
Jptfjty  unb  erfd^redlic^  e«  toäre  —  toiber  ©Ott  unb  bie  ©etoiffen  gu  fanbeln",  blieb 
tfy  ber  jornigen  Haltung  btö  Sanbgrafen   auf  biefem  ©tanbpunft  (§•  ©d;toarg  52  ff.)  45 
«b  liefe  fu^  bei  allen  Weiteren  SSerfanblungen  barüber  bon  feinen  Xfaologen  beraten  unb 
»wjk^tete  fogar  auf  bie  Jlrieg^loften  (ebb.  ©.  165).    92ic^t   ofae  ©runb  tonnte  baber 
ö^er  feinen  ^errn  am  Snbe  bed  Sa^re^,  aiö  »erbriefjlicfa  §änbel  mit  ^ergog  ©eorg 
fajta,  Reiben:    „©0  flehet   auf  3.  ff.  %.  ©.  Seiten   ber  ©t>ru$:   ©elig    fmb  bie 
griebfamen,  beim  fie  toerben  (Sottet  ftmber  faifeeny/  (De  2Bettc  III,  411).  so 

jtn  boDem  Vertrauen  auf  feine  geregte  ©ac^e  jog  ber  Äurfürft  im  3Rän  1529  auf 
ka  Äeu^tag  tu  ©)>eier.  3Bie  brei  %atycc  früher,  liefe  er  ft$  ba^  Stecht  nic^t  nehmen, 
fcougBatf  in  (einer  ^erberge  ft$  ba^  @Dangelium  prebtgen  ju  laffen,  unb  betannte  offen 
tfapol  feinen  ebangeltföen  ©tanb^unh,  Vorüber  er  fefyr  balb  92ic^tac^tung,  ja  sjlnfeinbung 
|i  afn^ren  fyüU.  ^nbeffen  fann  fyter  auf  bie  ©ejc^ic^te  beö  ÜHeic^^tage^  nic^t  etn=  66 
mangen  toerben.  &  tft  belannt,  toie  ber  Jturfürft  für  Seibefaltung  bed  ©peierer  2lb* 
MnM  twn  1526  in  ber  bon  ben  (Sttangelifcfan  allgemein  angenommenen  Deutung,  bafc 
a  $ncn  berf  Se^t  ju  ben  Krc&licfan Neuerungen  gegeben,  eintrat (92e^  a.  a.D.  ©.  125 ff. 
110.  178.  180)  unb  an  ber  ©pfee  ber  @bangeltfc|en  ©tänbe  bie  ^roteftation  gegen  ben 
jAen  gortbefianb  bed  eben  erft  mü^fam  gegrünbeten  neuen  itirc^enh)efend  fc^toer  bebro^enben  go 

Bml+wc*tt*pä*U  f*x  XWosit  unb  Stirdit.    8.  «.  IX.  iq 


242  Sodann  ber  geftönbige 

SDte^r^eitöbcfd^Iu^  einlegte.  35a«  führte  jur  SBieberaufnafyme  ber  SünbniSbeftrebungen, 
unb  obwohl  ber  Äurfürft  in  ber  2Ibenbma^l«frage  bon  Anfang  an  aanj  auf  Seiten 
fiutfyer«  ftanb  unb  man  in  ©peier  einen  Stugenblicf  nid&t  nur  in  römifdpen  fonbern  auefc 
anberen  Äreifen  glauben  fonnte,   er  Werbe  geneigt  fein,  burety  $ret«gabe  ber  gWinglianer 

6  einen  milberen  3lbfd&ieb  ju  erlaufen  (-Mety  ©.  220  f. X  fo  Würbe  au$  er  bim$  bie  ben 
©cgenfafc  berfcfyleiernbe,  aber  ben  9?ic£ttfyeologen  genügenbe  (Srflärung  ber  Strasburg« 
für  bie  Hoffnung  eine«  3lu«gleid&«  gewonnen,  unb  fam  nod&  in  ©peier  ein  Vorläufigem 
©nberftänbni«  gtoif$en  ©adfjfen,  §effen,  Nürnberg,  Strasburg  unb  Ulm  )u  ftanbe  (3%. 
Äolbe,  35er  SCag  bon  ©d&lei&   ©.  96).     aber    unter    bem    (ftnflufc  3Reland&t&onS  unb 

10  namentlich  Sutfyer«,  ber  fiefy  gegen  jebe«  „93unbmad&en"  unb  &umal  mit  Seuten,  „fo  toiber 
©ott  unb  ba«  ©aframent  ftreben"  (3)e  SBette  III,  455.  465.  596),  erttärte,  War  feine 
SereitWiUiafeit  balb  fe&r  fyerabgeftimmt  (Senj  I,  11  ff.),  unb  bie  refultatlofen  9ta$anb? 
lungen  ju3lotad&  unb©aalfelb  laffen  beutlicfy  ba«  93eftreben  erfennen,  burc§  einen  ©eintrat* 
bunb  mit  Reffen  unb  ©eorg  bon  93ranbenburg=2ln«bad&,  ben  ber  Jturfürft  befonber«  gern 

l&babei  fyaben  Wollte,  bie  Dberlänber  abschütteln.  !gnbem  n  ^)cm  £ua#  b°n  ^n 
Sranbenburger  ausgekrochenen  ©ebanfen  beiftimmte,  „bamit  Wir  alle  toiffen,  Warob  totr 
einanber  retten  unb  fyanbfyaben  foUen",  Slrtifel  feftjufteHen,  barauf  bie  einigfeit  be« 
©lauben«  unb  be«  ßfyriftcntum«  beruhe,  arbeitete  er  inbirett  ben  8lu«gleic&«beftrebungen 
be«  Sanbgrafen   entgegen.     Unb   bie  3Serfyanblungen  ju  ©cfyletj  (bom  4.  Oftober  1529) 

20  Wie  bie  Slnnafyme  ber  l;ierauf  bon  Sutfyer  al«  33unbe«grunblage  berfaftten  fpater  fogen. 
©d?Wabacfyer  SÄrtifel  (f.  b.  31.)  befunbeten  ben  (Sntfctyluft  be«  dürften,  fogar  auf  ba« 
3ufammengefyen  mit  bem  Sanbgrafen  ju  beraten,  trenn  biefer  fic$  nic^t  Don  ben 
©djWciaern  unb  Oberlänbern  trenne.  SBiebiel  au<$  auf  bem  Spiele  ftanb,  Wo  er  ju$  in 
feinem  ©eWiffen  gebunben  füllte,  War  er  unerfd&üttcrlicfy.    Sr  ^atte  bom  Äaifer,  ber  caxdf 

26  fein  SSerfprec^en  fyinftcfytlid&  ber  Verheiratung  feine«  ©ofyne«  mit  einer  fpanifcfcen  ^ßrm)efftn 
unberücf  ftd&tigt  gelaffen  fyatte,  mand&e  Äränfung  erfahren  unb  füllte  fietief,  aber  boH  fy>^er, 
ecfyt  mittelalterlicher  SSerefyrung  für  ba«  5Reicfy«oberfyaupt,  machte  tym  bie  grage,  Wie  Weit 
er  &ur  SSerteibigung  be«  (Sbangelium«  auefy  gegenüber  bem  Äaifer  getyen  bttrfe,  fötoere 
Sebenfen  (35e  SBette  VI,  105;  III,  526.  560),  unb  jWar  um  fo  me&r,  je  ©^Ihmnere* 

so  man  Slnfang  1530  bon  ben  planen  Äarl«  unb  feinem  SSertefyr  mit  bem  Zapfte  erfuhr. 
Unb  nun  fam  ber  Stag  bon  3lug«burg.  %xo§  be«  frieblicfc  lautenben3lu«fc£reiben«  (f.  b.  8t. 
3lug«burger  Sefenntni«  33b  II,  242  ff.),  ba«  für  ben  erften  äugenblicf  bie  beften  ßoff* 
nungen  ertocefte,  tou^te  ber  fcon  feinem  loeitblidfenben  Äangler  Srücf  beratene  Äurpirfr 
ber  t>on  bem  Äaifer   noety  bie  Sele^nung  mit   ber  ßurtoürbe  ju  erbitten  ^atte,   bafj  e^ 

86  leidet  ju  einer  großen  3lbred^nung  fommen  fönnte.  2BaS  irgenb  an  9(ttenftüden,  Der* 
brieften  Seiten  unb  fonftigem  Seloetematerial  bafür  bon  Gelang  fein  fonnte,  tourbe  mit^ 
genommen,  bie  Seamten  unb  Untertanen  tourben  nod^  einmal  an  tyre  ^flic^t  erhmert, 
bie  ^farrer  ermahnt,  fid^  an  bie  ^nftruftion  ber  35ifttatoren  gu  ^tten,  ba$  SBort  ©otte^ 
P^ifeig  jw  berfünbigen  unb  mit  i^rem  SSoIfe  für  ben  SeicfyStag  ju  beten.    Dbtoo^l  alternb 

40  unb  fränftid^  ftanb  ^otyann  n^  an/  in  ^erfon  ben  Slei^tag  ju  befugen.  9Kematö  toar 
er  größer,  jeigte  fidfj  bie  geftigteit  feine«  eöangelifc^en  ©laubenS  beftimmter,  a\$  m  jenen 
feieren  lagen  bon  2lug«burg.  @r  unterlieft  nichts,  toa€  ben  bon  i&m  fo  fe^r  erfe^nten 
^rieben  fyätte  förbern  tonnen,  aber  c«  gab  au$  nic^t«,  toa«  i^n  eine  Sinie  Don  bem 
für  richtig    erfannten   ©tanb)3unft  ^ätte   abbringen   fönnen.     Um  ben  fd^on  in  3nnds 

46  bruef  Joeilcnben  Äaifer  bei  feiner  Söteberfefyr  in«  SRetc^  ju  begrüben  unb  ben  $erleum= 
bungen  ber  ©egner  entgegenzutreten,  lieft  er  itym  balb  nac^  feiner  SCnfunft  in  Äug«= 
bürg  burd^  feinen  ©efanbten  §an$  bon  Dol^ig  ein  ©laubenäbefcnntniS  überreichen 
(Srieger,  ftird^engefd(>ic^tlid^e  ©tubien  §.  SHeuter  geh).  ©.  332 ;  görftemann,  Sn^it)  23), 
erbielt   aber  eine    ungnäbige   Slnttoort.     3)er    Äaifer  forberte  ÄbfteHung    ber    ebange* 

60  lifc^en  ^rebigt  unb  fora$  ben  SKunfd^  au«,  ber  Äurfürft  möge,  toenn  er  |u^  ge^orfam 
erzeigen  toolle,  i^m  nac^  3""*^  entgegen  reifen.  Seibe«  lehnte  er  ab,  tnbem  er  fu^ 
auf  ba«  9(eid^tag«au«fd^reiben  berief,  unb  an  ber  ebangelifd^en  ^ßrebigt  tpoQte  er  feft* 
galten,  obtoo^l  feine  Ideologen,  um  bie  unbequem  geworbenen  ghringlianer  lo«  ju 
toerben,  Weniger  abgeneigt  Waren,  auf  ben  faiferlic^en  SBJunfc^  einjuge^en;  bielme^r  ftm«^ 

66  er  babon,  fyeimreifen  gu  Wollen,  Wenn  ber  Äaifer  bie  ebangeliföe  Vßrebigt  nietyt  geftatten 
Werbe,  ßbenfo  berWetgerte  er  bie  leilnafymc  an  ber  gronleidjnameprojeffion.  Sefännt 
ift  fein  grofte«  SSerbienft  um  ba«  3uftan^c'ommcn  btt  2lugSburgifc&en  Äonfeffion  unb 
ii^rc  öffentliche  Serlefung  (f.  b.  31.).  W\t  Scftimmfyeit  wie«  er  ben  einmal  bon 
feinen  ©elefyrten,   um  bie  ©efafyr  bon   bem  dürften   abjulenfen,  geäußerten  ©ebanfen 

eojurücf,  ba«  Sefenntni«  nur  im   9lamen   ber    ^Prebiger  abzulegen:    „§c^  Witt  meinen 


Sofjaitn  ber  ©eftönbige  243 

gljriftuS  au<$  mit  befeimcn",  ertoiberte  er  ifynen,  unb  tym  unb  feinem  Äanjler  93rü(f  toar 
e$  wU&t  jum  toenigften  ju  berbanfen,  h>enn  SDteland&tfyonS  ^eitmeiüge  ©onberbertyanblungen 
unb  naety  ber  Übergabe  beS  SefenntniffeS  bie  gefährlichen  SluSgleictySberfyanblungen  oljne 
6<$abtmmg  für  bie  ebangeliföe  ®aty  verliefen.  2llS  ifym  berßaifer  funb  tfyun  lieg,  baft 
er  bie  »eftätigung  beS  GtyebertrageS itolfäm  bem  Äurprinzen  unb  ©ibtylla  bon  3üK$5  5 
6kbe,  toekfjer  biefem  bie  ebentuette  9ca$foIge  in  btefem  Sanbe  garantierte,  unb  bie  S5e= 
letyramg  mit  ber  Äurtoürbe  nic^t  }u  erwarten  fyabt,  toenn  er  „beS  lutfyerifd&en  ©laubenS 
unb  SBefen«,  **ft  er  bie  meifte  Urfactye  fei,  nid&t  abftctyen  tooHe"  (CR  II,  206  u.  fpäter 
II,  261  f.,  ©palatinS  SCnnalen  ©.151),  toieS  er  biefe  Zumutung  unter  Berufung  auf  fein 
©etotfjen  unb  baS  niefct  toiberlegte  93efenntniS  mannhaft  jurüc!  (görftemann,  USB  II,  113).  10 
fRan  brofyte,  tyn  bon  fianb  unb  Seuten  zu  berjagen,  unb  er  berfannte  nid&t  bie  ©e= 
fafrr,  in  ber  er  fid^  befanb.  „©nttoeber  ©Ott  berleugnen  ober  bie  SBelt",  fagte  er,  „toer 
larai  jtoetfeln  too  baS  Sefte  fei.  —  ©Ott  §at  miefy  ju  einem  Äurfürften  beS  Steid&eS  ge* 
ma<$t,  toaS  i<$  niemals  teert  getoorben  bin;  er  mad&e  ferner  auS  mir,  toaS  ifym  gefällt" 
(Steile  III,  188).  Unb  man  touftte  im  Steige,  toaS  man  an  tym  habt:  „Die  toeil  unfer  ib 
jetttty  Iroft  bomämli$  auf  @ur  Surf.  ©n.  rufyet",  als  bem,  „ber  unter  bem  £eerbanner  unferS 
fietfattb*  Igefu  Sfaifti  ju  fernerem  ftampfe  ftefyet",  fcfyrieben  bamalS  Sürgermeifter  unb 
xatfr  mannen  bon  SRagbeburg  unb  berftc^erten  it?n  tyrer  ^ürbitte  bei  ©ott  (^örftemann,  Url. 
II,  137).  Stfe  ber  Sanbgraf  ben  Stetc&Stag  berlaffen,  fyatte  er  nod)  mefyr  als  früher  bie 
gü^rung  ya  übernehmen.  Sie  legten  SBocfcen  brachten  täglich  neue  ©orgen,  aber  naefy  20 
bem  3Bunf$e  beS  RatferS  blieb  er  bis  nad)  SSerlefung  beS  älbfcfyiebeS.  9lod)  einmal  ber* 
fu^te  man  eS  mit  aQen  SKitteln,  tyit  umjuftimmen.  @r  blieb  bei  ber  SBertoerfung  beS 
XbfttytebS.  „Dfyeim,  Dtyeim,  baS  fyätte  xd)  miefy  ju  @to.  Siebben  ntd&t  berfefyen",  fagte  ber 
Äatfer,  als  er  tyn  entlieft  (görftemann,  2trcfyib  ©.  206).  Dfyne'  ein  SBort  ju  berlieren, 
aber  bim  tiefem  ©<$merg  erfüllt,  fo  bon  feinem  Äatfer  Reiben  }u  muffen,  unb  gebrücft  25 
ob  ber  SRtftacfytung,  bie  er  erfahren,  berlieft  er  ben  *J$alaft  unb  toanbte  ftd^  ber  ^eimat 
ya.  Set  ber  offemunbigen  ©efa^r  —  fd^on  auf  bem  9ieic^Stage  hatte  man  bon  Lüftungen 
beS  ÄaiferS  geftnroc^en,  freiließ,  toie  ber  Äaifcr  bei  bem  Zapfte  auf  SJernid^tung  beS  Atur= 
fürften  Einarbeitete  (9Btnfelmann  a.  a.  D.  ©.  15  ff.),  touftte  man  in  ©ac^fen  nid^t  — 
brdngte  alleS  baw,  ©(^u^maftregelu  gu  treffen,  aber  gan^  im  ©tnne  SutberS  battc  er  ftd?  90 
auf  ber  $eimreife  in  Nürnberg  bem  bortigen  ^rebiger  3BemeSlauS  Stnrf  gegenüber  üer- 
nehmen  laffen,  bafj  er  jtoar  gegen  jcben  angriff  toegen  beS  ©oangeliumS  öon  fetten  eines 
%u$barn  fid^  toe^ren  toürbe,  „lommt  aber  ber  Äaifer  anzugreifen,  ber  ift  mein  §err,  bem 
inufc  ic^  koeic^en,  unb  tüte  tonn  mir  ein  ehrlicheres  Serberben  ober  ©terben  begegnen,  benn 
um  be*9BorteS@otteS  toegen"  (©edtenborf  III,  2.  add.),  aber  einige  3ßo$en  fpäter  lieft  er  35 
fi$  ebenfo  toie  Sut^er  bon  ben  3uriften  überzeugen,  baft  baS  SBerfyältniS  beS  MaiferS  ju 
ben  9tet4$flänben  fem  ftreng  monarc^ifc^eS  fei,  fonbern  beibe  Xetle  an  ©efe$e  unb  9teqt 
btnbe,  unb  baft  alfo  ber  ftaifer,  toenn  er  bie  @t>angelifd^en  angriffe,  „ntc^t  allein  toiber  ©ott 
unb  gdttli^  9te$t,  fonbern  auc^  toiber  feine  eigenen  taiferlic^en  Sterte,  (Sibe,  ^flic^t, 
Sieget  unb  »riefe"  fanble  unb  tbcn  beS^alb  bie  ©egentoe^r  berechtigt  fei  (88L*  25,  23.  40 
^.  Äolbe,  9K.  Sut^er  II,  377).  Damit  toar  baS  toic^ttgfte  Sebenfen  gegen  ein  SSer^ 
teibtgungSbünbniS,  baS  bann  in  ben  SBei^nac^tStagen  1529  juftanbe  tarn  (iütnlclmann 
©.  49)  erlebigt  SJiel  entf^iebener  toar  aber  Johann  in  ber  grage  toegen  ber  SSafyl  %zx- 
binanbS  ium  römif^en  Äöntg.  tiefer  auS  rei$Sred(?tli$en  ©rünben  entgegenzutreten,  toar 
er  föon  bei  Seginn  beS  SlugSburger  Reichstages  entfd^loffen  getoefen  (%.  s)2oacf,  Die  ®&  45 
l^tion  ©ac^fenS  »on  ber  3Ba^l  ^erbmanbS  I.,  (Srcfclb  ^irogr.  1886,  ©.  5).  2BaS  er 
bann  bim  ben  ^rattiten  beS  MaiferS  unb  ^erbinanbS  fyörte,  beftärfte  ibn  in  feinem  ffliber= 
pimbe.  «u^  in  biefer  grage  ffoltt  er  ben  SRat  Stoibers  ein  (DeäBette  IV,  201),  aber 
in  btefem  fünfte  fiegte  bie  )>olitifcbe  @infid^t  unb  bie  Meinung  SrücfS  über  ben  t>on 
£u$er  auc^  nur  zaghaft  gegebenen  9lat,  in  bie  9Ba^(  ju  toiUigcn.  Der  Jturprtnz  legte  so 
im  9tamen  feines  SatecS  auf  bem  Sage  zu  .Höln  ^roteft  ein,  ber  gar  ni$t  einmal  ber» 
lefen  tourbe,  öielme^r  nur  ben  Srfolg  ^atte,  baft  ber  .Hurfürft,  toeil  er  tro^  regelrechter 
£abung  jur  ffla^l  nic^t  erfc^ienen  toäre,  als  unge^orfam  ertlärt  tourbe.  Damit  toar  ber 
9nu$  entfe^ieben.  9ber  obtoo^l  ber  alternbe  .Hurfürft  bie  ©a$e  beS  »unbeS  zu  beffen 
fyatptmann  er  neben  bem  fianbgrafen  getoä^lt  toorben  toar,  mit  groftem  (Stfer  be=  55 
trieb,  freiließ  )um  Seibtoefen  ^^ilvp^  immer  unter  äluSf^luft  ber  ©d^toeizer,  unb  na- 
mmtihdf  in  ©acben  ber  ftönigStoa^l  mit  einer  getoiffen  äeibenfc^aftlic^teit  bie  Dppofition 
}u  berßärfen  fuepte,  fo  litt  er  bo$  unter  biefen  ^erbältniffen  unb,  als  ber  Jtaifer,bur$ 
bk  toolttifd^e  Sage  gegtoungen,  fi$  ben  ebangelifc^en  ©tänben  toieber  näherte,  toar  er  gern 
bemt  toieber  anzuknüpfen.    Die  Kunbe  bon  bem  nac^  langen  $$er^anblungen  enblid^  zu  ^ 

16* 


244         Statin  ber  ©eftänbige  Soljann  gfrtebrid)  ber  ©rofpuütige 

Siürnberg  am  23.  %ul\  1532  gefdbloff  enen  9leIigion«f  rieben  toar  bem  föon  ©d&toerfeanfen 
ein  Xroft  auf  feinem  ©c$menen«lager.  am  16.  Stuguft  1532  ift  er  geftorben,  nactybem 
er,  toa«  für  tyn  d&arafteriftifdp  ift,  in  feinem  fteftainente  beftimmt  tyatte,  bafj  feine  Softer 
fi<$  feinesfaU«  mit  fatfyolifcfyen  gürften  bermä&len  foHten.  2ut$er,  ber  an  feinem  Sterbe* 
r>  bette  geftanben,  fyielt  tbm  am  18.  Stuguft  in  ber  ©d^lo^firc^e  px  SEBittenberg  bie  ©rab* 
rebe  über  1  Sljeff  4, 13  f.  unb  feierte  and)  in  einem  ©ebidjte  ben  gürfien,  ber  bw$  gegen 
gerbinanb  mannhaft  auf  feinem  Siechte  beftanben  fyatte,  befonber«  al«  SKann  be«  ftrieben« 
(SSL1,  18,  189.  SJtencfe,  Scriptores  II,  1130).  ^eobor  Sorte. 

^oljann  Ofriebridf)  ber  ©rofemütige,  geft.  1554.  —  ©ecfenborf,  Historia  Luthera- 
looismi,  1692;  $e  Sette,  fiut^er«  »riefe;  SBurtyarbt.  fiutfjer«  8rieftoed)fel ,  Seidig  1866; 
©nbev«,  fiutyer«  »riefroedjfel,  I-VIII;  %$.  Äolbe,  Analecta  Lutherana,  ©otfoii883;  ffianfe, 
$eutfd)e  ©efd)i«tc,  III. -V.  93b;  SBöttiger-giattje,  ©efd)id)te  Don  @ad)fen  I,  508 ff.;  &.  u.öe* 
jolb,  ©ef$id)te  ber  beutfcöen  Deformation,  Berlin  1886;  ©getyaaf,  $eutf*e  ©efcbid)te  im 
16.  3af)rf).,  Stuttgart  1889— 92;  $.  ©aumgarten,  Äart  V.  3.93b,  Stuttgart  1885— 92; 
15  3-  Äöftlin,  9R.  fiutfar,  @16erfe!b  1883;  $&.  floibe,  «Wartin  fiutfter,  ©ot$a  1884 ff.;  öurf. 
Ijarbt,  ©efä.  ber  jäd)f.  Atrien-  unb  ©djulmfttattonen,  Seidig  1879;  SR.  Senj,  ©riefroedrfel 
fianbgraf  $f)Uipp«  mit»ucer,  fieipjig  1880  ff. ;  ^untiaturberidjte  au«  SDeutfätanb  I.  II,  $ot$a 
1890 ff.;  (S.  ©ranbenburg,  9tforifc  uon  ©achten,  1.  93b.  Sety*.  1898;  «.  ßatterfelb,  9ioger 
«föam,  ©traSburg  1879;  31.  ©ecf,  Sodann  griebrid)  ber  SRittlere,  ©eimar  1858  ff. 

20  Igo&ann  f$ri*brU$  ber  ©rofcmütige,  ber  lefcte  fäd^ftfc^e  Äurfürft  au«  ber  erneftmifdben 
Sinic,  tourbe  am  30.  9Kai  1503  al«  ©ofyn  be«  fpäteren  ßurfürften  Qo^ann  in  lorgau 
geboren,  ©eine  SKutter,  ©op&ie  bon  SKedflenburg,  ftarb  balb  nad^  feiner  ©eburt.  ©eme 
(Irrung  lag  jumetft  in  ben  $änben  ©Palatino  (f.  b.  31.)/  ben  er  fein  fiebenlang  fyxfc 
jd&äfcte,  bocfy  fcfceint  fie  toeniger  ^umaniftifd^  gerietet  getoefen  ju  fein,   al«  man  ertoarten 

25  fönnte.  SBenigften«  beflagt  Igofyann  ^riebric^  fpäter  lebhaft  {eine  geringe  ftenntni«  be« 
fiateinifcfyen  unb  fann  ba«  ©tubium  bleiben  feinen  ©ötynen  nictyt  genug  an«  $erj  legen 
(bgl.  Slafceberger,  Sut^er  unb  f.  3eit,  $erau«$eg.  bon  Steubecfer,  Qena  1850,  ©.  275  ff.), 
boc$  rühmte  man  fpäter  fein  umfängliche«  Sßtffen  namentlich  in  gef$i$tli$en  Dingen  unb 
prie«  feine  auf  alle  Sßiffenföaften  ftdp  erftrecfenbe  Süd^erfammlung  al«  eine  ber  größten  in 

so  Seutfd^Ianb  (Äatterfelb  a.  a.  D.  ©.  265 f.).  grity  ^atte  er  berfönlid^e  Sejie^ungen  ju 
Sut^er.  ©eit  ben  Xagen,  in  freieren  bie  SannbuHe  gegen  ben  Reformator  befannt  nmrbe, 
batieren  bie  anfange  feiner  Äorrefponbeng  mit  tym  (35e  SOBette  I,  518;  6nber«  II#  502; 
De  Söette  I,  543;  ®nber«  III,  73;  Surtyarbt,  »riefto.  35).  ©c^on  bamal«  geigte  er 
fiefy  al«  einen  überzeugten  3ln^änger  be«  Spangelium«,  ber  er  fem  Seben  lang  geblieben 

35  ift.  fiut^cr  banfte  i^m  für  bie  erften  äu^erungen  feiner  freunblic^en  ©eftnnung  burc^  bie 
ffiibmung  feine«  SKagnipfat«  (30331  VII,  538  ff.  @3l  45, 2 12  ff.).  3Kit  lebhaftem  l^ntereffe 
beobachtete  ber  gfürft  feitbem  ben  Fortgang  ber  Dinge  unb  liefe  ftc^  über  einzelne  religtöfe  w& 
tirdblic^e  fragen  perfönUcfc  belehren  (g.  35.  De  2Bette  II,  154).  Unb  al«  bie  $rebigi  be« 
3alob  ©traufe  in  ©ifenaety  (f.  b.  31.)   mit   feiner  SSetonung  ber  altteftamentlic^en  ©efefce 

40  al«  9iorm  für  ba«  c^riftlid^e  Seben  bie  Äöpfe  ber  Seute  in  x^üringen  ju  berbre^en  bro^te, 
War  er  e«,  ber  guerft  ben  ©ebanfen  einer  Sifitation  em>og  unb  ben  SBunfc^  au«ft>ra$, 
Sut^er  möge  X^üringen  burc^gie^en  unb  bie  untauglichen  ^rebiger  abfegen  (Surfytrbt, 
Sriefh).  ©.  72).  Unt  fo  mcrfhmrbiger  ift  c«,  bafe  er  bann  biefen  Qafob  ©traufe  fdbft  1525 
bagu  oeranlafete,   eine  erftc  JJifitation   bc«  Sanbe«  borjune^men  (SSurf^arbt,  ©äcW.  9Stfi* 

45  tationen,  ©.  33).  §ocfc  erfreut  berichtete  er  balb  barauf  an  Sut^er  bartiber,  al«  er  bei 
einer  3uiamm^nfunft  mit  bem  Sanbgrafen  ^J^ili^  bon  Reffen  in  Äreujburg  fi<^  babon 
überzeugt  fyatte,  bafe  biefer  für  ba«  @bangelium  gewonnen  fei  unb  auc^  auf  feinen  ©$tpieaer* 
bater  ©eorg  bon  ©acfyjen  in  biefer  Se^ie^ung  eintoirten  tootle  (De  SOBette  II,  644).  SSon 
Sut^er«  ©c^riften,  in  bie  er  ftcfy  immer  me^r  bertiefte,  fyat  er  einmal  geäuftert,  em  Slatt  bon 

so  Sut^er  fei  tym  lieber  al«  gange  Sogen  bon  anbem,  unb  al«  tym  im  3a$re  1530  ba«  erfle 
Heine  Sergeic^ni«  bon  Sut^er«  ©Reiften,  ba«  bi«  in«  Sa^r  1528  reifte,  in  bie  fyaü> 
fam,  beauftragte  er  ben  Hauptmann  $an«  ^ctfcb  ju  Wittenberg,  bie  Xitel  bim  allen 
©Triften,  bie  in)toif$en  erjefnenen  mären,  baju  )u  f$reiben  unb  e«  i^m  toieber  juge^en 
gu  Iaffen  (XI).  Äolbe,  Anal.  Luth.  ©.  397) ;    unb  feäter  toar  er  e«,  ber  gang  befonber« 

55  ben  Drucf  ber  erften  (SBittenberger)  ©efamtau«gabe  bon  fiutfyer«  aEBerfen  betrieb  (föbbof.), 
unb  in  feinen  legten  3^ren  beranlafete  er,  toa«  fc^on  ^ier  bemerlt  fein  mag,  um  für  fein 
£anb  ba«  unberfälf$te  ^ut^ertoort  }u  erhalten,  bie  Inangriffnahme  ber  Jenaer  3lu«gabe, 
bie  im  ©egenfa^  gu  bem  SBunfd^e  be«  bamit  beauftragten  ©eorg  SRörer,  nur  ba«  ad* 
galten  follte,  ,,n>a«  ber  feiige  Doftor  Martin  o^ne  ^metfcl  au«  ber  Sorfebung  ®ottö  bei 

go  feinem  2<btn  fyabe  au«ge^en  Iaffen".    De«^a(b  Sollte  er  auc^  eine  neue  Drucflegung  ber 


deutln  ftriebrid)  ber  ©rofcmüttge  245 

Sibel  na#  £ut$er«  SKanuffrtyt  nid^t  fyaben,  „benn  eS  n>oIIe  jtd&  nicfyt  gebühren  in 
Dr.  äRartin«  Sibel  na<$  feinem  Xobe  nur  ein  2öort  ober  eine  ©tyflabe,  fo  e«  gleicfy  in 
ber§anbf<$rift  ftänbe,  ju  anbern".  (Sgl.  Surf  fyarbt,  Drucf  imb  Vertrieb  ber  SÖerfe  Sutfyer« 
3^  1862,  ©.  457  ff.) 

Sem  Sater  forgte  bafür,  bafj  er  früfy  in  ba«  ^olitifd^-biplomatifd^c  ©etriebe  ber  3*h  5 
eingeführt  Würbe.    Durd&   ifyn  Würben  bie  erften  Sünbnieberfyanblungcn  mit  Reffen   in 
ftraqburg   unb  fJriebeWalb    geführt   @rieben«burg,    SeicfyStag   ju  ©pcier,   Serlin   1887 
6.  CS  f.)-    Sebfyaften  Slnteil  nafym  er  an  ben  Sßirren,   Welche  bie  ^acffcfyen  $änbel  ber* 
Infanten,  unb  2utfyer  Wufete  e«  ibm  Danf,  bafe  er  ftcfy  ba  trofc  feiner  3>ugenb  um  bie  (Srfyal* 
tung    be«  ^rieben«   bemüht   tyiü^   (De  SBette  III,  323.  335).    Sßäfyrenb   be«   ^Weiten  10 
Steter  9teitfy«tag«  führte  er  für  ben  Sater  bie  Stegentfcfyaft,  berf  olgte  übrigen«  mit  ängft* 
lieber  ©Innung  ben  ©ang  ber  ßreigniffe,  über  bie  ifyn  berÄurfürft  brieflich  unterrichtete. 
Unb  auf  bie  Äunbe  bon  bem  mutigen  auftreten  ber  dbangelifd&en  bezeugte  er  bem  Sater 
feine  ^reube  barttber,  bajj  er  unb  bie  anbern  ©tänbe  „burety  bie  übergebene  ©d&rift  ©ott 
unb  fein  göttlich  SBort  bor  männiglicty   frei  unb  ungefcfyeuet  befannt  unb  ftcfy  fyaben  ber*  15 
nebmen  laffen,  babei  ju  bleiben  unb  fid&  burd&  5Jtenfcfyen  2Berf  nicfyt  babon   abführen  ju 
laffen"  (Secfenborf  II,  129).    ©d&on  bamal«  erfüllte  ifyn  befonber«  bie  ©orge  bor  ben 
Umtrieben  ©rjfyerjog  fterbinanb«,  unb  ber  al«balb  naefy  bem  ©peierer  9teicfy«tag  bon  ifym 
berfafete  ©nttourf  eine«  Stinbni«ftatut«  ber  ebangelifd&en  ©tänbe  lägt  bereit«  erfennen,  bafe 
er  fcon  bem  Stetbte  unb  ber  ^ßflidjt  ber  ©egenWefyr  entfcfyiebener  überzeugt  War  al«  fein  20 
Sater  (t>gLSRanfeIII,117).  auf  ben  3teid&«tag  $u  9lug«burg  1530  begleitete  er  ben  Sater, 
unterzeichnete  mit  ifym  ba«  3lug«burger  Sefenntm«,  griff  fräftig  bei  ben  2lu«gleid&«berfyanb* 
fangen  mit  ein  (631*  24,  ©.  391),  unb  e«  toar  nid&t  unbefannt,  ba|  fein  2Bort  im  9tat 
ba  ©xmgelifcfyen  in  bie  Sßagfcfyale  fiel,    ©ein  mutiges  auftreten  blieb  ni$t  unbeachtet. 
Dantal«  fcfyon  foH  ber  jtaifer  feine  Abneigung  gegen  tfyn  gefaxt  fyaben.   Dafe  er  fidfj  burefy  25 
bie  Äriegibrofyungen   unb   „bie  giftigen  böfen  ©riffe  ber  aHernäd&ften  SIut«berWanbten", 
bor  benen  2utfyer  Warnte  (De  2Bette  IV,  64  f.),  nicfyt  fcfyrecfen  (äffen  Würbe,  foraefy  er  ge= 
legentlicfy  offen  au«.    SCI«  ber  Äarbinal  bon  Süttidj  einmal  Wäfyrenb  ber  Serfyanblungen 
tym  gurief:  „3r  luttrifd&en  fürften  Wetten  ju  feinem  $\l,  manmufeeuc&  nur  mit  roter  hinten 
berju  bringen",  antwortete  er:  „9M  jufneben,  §err,  fefyen  aber  uf,  ba«  eud&  bie  rubrif  nit  so 
unter  bie  äugen  ftrifce"  (3immerifcfye  ß^ronif  ed.  Sarai,  ©tuttg.  1869  III,  337). 

@rft  29  ga^re  alt  gelangte  er  na$  bem  3lbleben  feine«  Sater«  (16.  3luguft  1532) 
nir  iturtoürbe  unb  regierte  anfangt  mit  feinem  ©tiefbruber  Qjo^ann  ßrnft,  feit  beffen  2lb* 
pnbung  im  ga^re  1542  allein.  SBenn  er  auc^  feft  entfc^Ioffen  h)ar,  nur  in  ben  Sahnen 
ferner  beiben  Sorgänger  ju  toanbeln,  fo  fam  bamit  bo$  bie  ruhige  ©tetigfeit  ber  86 
bisherigen  fä^ftje^en  $olitit  unb  9ieligion«))olitif  in  ein  getoiffe«  bur^  bie  *ßerfönli$feit 
bed  Ämfc^erd  beftimmte«  ©d^toanten.  Denn  3j°^ann  f^ebrid^  toar  fein  toeitblicfenber 
poHttfdpx  Äo|)f,  aber  er  tooflte  e«  manchmal  fein,  ^ür  Sutfyer  ^atte  er  faft  noc^  eine 
größere  Sere^rung  afe  ^o^ann  ber  Seftänbige.  Sffiie  oft  aud^  bie  Slacfybarn  fein  6in= 
fc^reiten  geaen  SÄ^er  in  beffen  ge^be  mit  fürftlicfyen  ^erfönlic^feiten  forberten,  toollte  er  40 
unter  Serufung  auf  feine  Sorgänger  babon  ni<$t3  toiffen,  feinem  „©^reiben  ein  Rwl  gu 
fefcen  .  T .  Dabei  gebenfen  toir  unfrer  Slegierung  unb  be$  Doftor«  fieben,  bietoeil  feine 
&fae  ©ottlob,  no^  bon  5Eag  ju  läge  in  ben  Jtird^en  reiner  unb  gewaltiger  toorben  ift, 
awfy  bleiben  ju  laffen",  f^neb  er  im  ^re  1538  (ty.  Äolbe,  Anal.  Luth.  ©.  322  f.). 
Der  Äanjler  Srucf,  beffen  fidlere  §anb  bie  auswärtigen  Sejie^ungen  lange  3^re  m^ tf 
©ef^tcf  unb  Klugheit  geleitet  ^atte,  blieb  and)  fein  Serater.  Dabei  Wollte  ber  ^ürft  bod^,  toa$ 
feinem  auSgebilbeten  $fli$tgefityl  aber  aud^  einem  ^od^gef))annten  ©ouberänitätäbeWufjtfem 
entfprang,  bie  Se^ierung  felbft  in  ber  $anb  behalten.  Die  bielcn  un$  erhaltenen  gum 
2eÜ  fcfrr  au^ü^rltc^en  ©d^riftftücfe  bon  feiner  §anb  laffen  feinen  gleife  unb  bie  ©elbft* 
ftanbigfeit,  mit  ber  er  fd^Wierige  fragen  ju  löfen  berfud^te,  erfennen ;  aber  bei  feiner  offenen,  so 
gutmütiaen,  leicht  gugänglid^en  unb  impulfiben  9Jatur  fam  e«  nid^t  feiten  bor,  bafc  ßinpffe 
^erfdnli<9er  SCrt  au«  ber  Umgebung  be«  §ofe«  bie  Wol^l  erwogenen  SWatfc^läge  ber  berufe- 
nen Satgeber  ^urüdtbrängten,  unb  auf  ber  anbern  ©eite  fonnte  er,  Wo  feine  Wirfliefyen 
ober  toermemtltcfyen  §ofyeit«recfyte  unb  §errfcfyaft«anfprü(fye  in  grage  tarnen,  ofyne  irgenb» 
toefa^e  ©egengrünbe  anjuerfennen,  an  bem  einmal  gefaxten  ßntfd^Iuffe  mit  einem  an  Se»  65 
fcfyränft^eit  grenjenben  (Sigenfinn  feftfyalten,  \oa$  bon  ben  fcfyWerften  folgen  fein  joQte. 
3ubem  lag  e*  in  ber  3htax  ber  ©a$e,  ba|  er  ^u  ben  fircfylicfyen  fragen  bon  bornperein 
etwa«  anber«  ftanb  al«  feine  Sorgänger.  Die  neue  @ntWidEelung  ber  Dinge  War  ju  fefyr 
mit  feiner  eigenen  (Sntwicfelung  berfnüj)ft,  er  War  mit  ifyr  aufgctoacfyfen,  al«  ba&  er  fie 
mxfy  für  ein  ^robiforium  anfafy.    Die  £o«(öfung  bom  $a))fttum,  feinen  Sifcfyöfen  unb  eo 


246  3o4<"ut  3Mebrtd>  ber  ©roftrafitige 

feinen  Safcungen  toar  für  ifyn  eine  enbgiltige.  3inbem  er  atöbalb  nadf  feinem  9tegieruitg& 
antritt  bie  unterbrochene  Äirc&enbifttation  lieber  aufnahm  unb  fte  me^rfa^  totebe$oue, 
ging  er  ftd&tlid&  barauf  auä,  bie  firc&lid^en  SSer^altniffe  ju  ftabtlieren,  au$  bte  Segie^tmg 
beä  dürften  jur  ßirc&enleitung  auf  eine  feftere  ©runblage  $u  [teilen,  toaä  bann  burdj  bte  Sin; 

5  ricfytung  beä  furfürftlidjen  ÄonfiftoriumS  im  %afyxt  1542  feinen  borläuftgen  Xbfötuj*  fanb. 
2lu$  bie  ©ac$e  unb  aufgäbe  beä  ebangelifd&en  99unbe$  erfaßte  er  prinzipieller  unb  fc&arfer 
als  3o^ann  ber  Seftänbige,  aber  freiließ  langfit  nic&t  in  ber  2Beife  beS  Sanbgrafen.  ©<&on 
früfy  toar  &toifc£en  ben  beiben  jungen  Surften,  bie  jefct  bie  fiauptleute  beä  9unbe$  toaren, 
eine  getoiffe  Spannung   eingetreten.    @3  toar   eben   lern  2öunber,   toenn   ber   polittj4 

10  benfenbe  $effe  auf  ben  in  ben  engen  Streifen  feiner  Xerritoriafyolitit  fu$  betoegenben, 
ettoaä  tyauäbacfenen  Saufen  tyerabfaty,  unb  biefer  in  bem  beweglichen,  ^einblütigen,  ftetä 
bon  großen  planen  erfüllten  Sanbgrafen  eine  ftete  ©efatyr  für  bie  ebangelifc^e  (Sac^e  er* 
blicfte.  ©#on  auf  bem  Steidj^tage  ju  SlugSburg  fear  bie  Spannung,  toetl  man  benSanb* 
grafen  atö  ßtoinglianer  berbäd&tigte  (Sen$  1,  204),  eine  berartige,  ba|  SWeland^on  too^ 

15  tt\oa$  übertreibenb  an  Sut^er  fcbrieb,  bafc  niemanb  ben  ßurprimen  fo  $affe  ab  jener 
(CR  II,  60  f.).  Unb  nad)  «bfölufe  beS  „Bk&erigen"  ^rieben*  )u  Nürnberg,  mit  bem  ber 
Sanbgraf  f o  unjufrieben  trat,  fam  e$  jtoifd&en  ben  beiben  dürften  *u  fe$r  gereiften  f<$nft* 
liefen  @rörterungen  (SRanfe  III,  303).  2)a3  93er$ältni$  mürbe  baburdj  natürlich  ni$t 
beffer,  bafc  ^o^ann  gfaebridfr,  tote  energifö  er  aud?  an  feinem  2Biberftanbe  gegen  ba«  £au$ 

20  ÄabSburg  in  ber  ßöniaSfrage  feftbielt,  barin  auety  bon  Sutyer  beftimmt,  eS  mit  Sntfcbieben- 
beit  ablehnte,  ju  irgenb  toeld&er  Dffenftbe  m  greifen,  unb  bon  einem  3Rttetntreten  fite  bte 
Sterte  be$  2Bürttemberger$,  toaS  in  ben  planen  be$  Sanbgrafen  feit  langem  eine  fo  grofce 
Stolle  ftrielte,  nid&tä  toijfen  tooflte.  Dann  toar  er  e$  boc|,  ber  burdfr  feine  Senmttaung 
bei  ben  griebenSberfyanblungen  bon  ftaban  unb  SBien  bie  füfyte  %bat  beS  Sanbgrafen 

25  für  bie©ac$e  beä  $roteftanttemu$  nuftbar  $u  machen  fud&te,  toenn  auc$  feine  Semü^ungen 
nur  bon  borüberge&enbem  ßrfolge  gefront  toaren  (bgL  2Bindfelmann,  35t®  XI,  332  ff.; 
%t).  Äolbe,  3R.  Sut&er  II,  415f.).  Unb  nun  tarn  bie  ÄonjilSfrage,  an  ber  ber  Jturfürft 
t>erfönlid&  ein  lebhaftes  ^ntereffe  na&m.  @d^on  1533  Ratten  bie  f^malfalbij^en  ©tänbe, 
al£  Siemens  VII.  burd^  ben  f>ä}>ftli<$en  ©efanbten  Slangone  ben  35erfu(^  machte,  fte  für 

ao  ein  Äonjil  ya  getoinnen,  unter  gü^rung  beä  Äurfürften  fe^r  beutli^  abgelehnt  (Sbenba 
S.  434 f.).  3jcfet  ate  $aul  III.  barüber  ber|«mbelte,  toar  Sodann  JriÄric^  )umal  unter 
bem  ßinbruef,  toie  toenig  man  ftc^  um  bie  äbmacfcungen  be8  SBiener  gfriebenS  fümmerte, 
me^r  aU  je  überzeugt,  ba|  biefe^  Jtonjil  nur  „$ur  @r^altuna  bed  ^ftlic^en  unb  antU 
d^riftlic^en  Sletc^  unb  ^ur  Dämpfung  bed  ^eiligen  (Sbangclu  unb  göttlichen  3Borö  am 

86  geftht  fei"  (Ebb.  II,  442).  3)e«^alb  toar  ferne  SKeimmg,  bafe  man  e3  runb  ablehnen  foDe; 
^ugletc^  regte  er  ben  f$on  früher  einmal  borgebrad^ten,  tounberlid^en  ©ebanfen  etned  etoam 
gelifc^en  ©egenfonjifö  an,  unb  e$  toar  nur  eine  Aonjeffton  an  feine  Statt,  toenn  man 
bo$  no$  über  bie  Strt  beö  Sorge^en^  in  toeitere  Beratung  trat,  unb  ber  Äurfürft  um 
auf  alle  %äüt  gerüftet  }u  fein,  Sut^er  ben  Auftrag  erteilte,  utfammenjufafjen,  toorauf  er 

40  in  allen  mtileln,  bie  er  btö^er  gelehrt,  bor  einem  Jtomil  unb  au$  in  jetnem  IdUat  9b> 
föeiben  ju  ber^arren  gebente  (f.  b.  91.  ©d^naltalbifqe  SSrtüel  unb  &mf  RR®  XIII, 
©.484  f.).  Unb  faum  irgenbtoo  ^at  ber^ütft  feine  ebangeliföe  ®lauben«juberft^t  ferner 
|um  Sluäbrucf  gebraut,  aU  in  bem  ©riefe  an  Sut^er  bom  3.  %anuax  1537,  in  bem  er 
feine  ßuftimmung  ju  Sut^erd  f^äter  fogenannten  ©d^maOalbifd^en  Srtileln  auef^rac^  unb 

45  gegenüber  ber  bon  3ReIan$tyon  hmbgegebenen  Neigung,  ft(^  bie  ©u)>eriortt&t  be*$a|>fte* 
über  bie  Sifcböfe  jure  humano  gefatten  ^u  laffen,  erflärte :  „be*  ^Jked  falben  ^at  e* 
bei  unö  gar  fein  SSebenfen,  ba^  toir  un«  ju  bem  aHer^eftigfien  toiber  ipn  leaen"r  unb  e* 
ah  ein  ©Ott  berfu$en  bezeichnete,  nad^bem  man  einmal  bon  feiner  bablpumtf<$en  ®e= 
fanaenfd^aft  bur#  ©ott  frei  getoorben   fei,   „ftety  toiber  in  fold^e  gä^rlii^Ieit  yi  begeben4' 

50(bgL  ZI).  Äolbe,  Anal.  Luth.  S.  285  f.).  Dem  entforaefc  auc^  feine  Haltung  auf  bem 
Jage  gu  ©c^malfalben  im  jfcbruar  1537.  35adÄonjil  tourbe  abgelehnt  $enjbäpßfi$en 
©efanbten  Bieter  ban  ber  SBorft  be^anbelte  ber  Iturfürft  mit  öffentlicher  3Rt|a^tung 
(sane  (pogrixüs,  urteilte  aKelanc^t^on  CR.  II,  297).  «fö  ber  ©efanbte  mit  3Rü^e  eine 
ätubieng  erhalten  ^attc  unb  nad^  einer  langen  SRebe  bad  Srebe  be3  $<4>fted  unb  bte  ©m 

55  berufungebuUc  gum  Jton^il  überreifen  tooQte,  er^ob  ftd^  ber  üurfürft  lätyelnb  unb  berliefe, 
o^ne  ein  Söort  ju  fagen,  bog  ^immer.  3Rit  f^arfen  ©orten  toie«  er,  auf  fein  gutö 
9te$t  in  ber  ftönigäfrage  )>od^enb,  and)  bie  9tnnä^erung3berfu$e  bed  faiferlic^w  ©efanbten 
Dr.  §elb  jiurücf  (Saumgarten  III,  298  ff.).  Überhaupt  tourbe  er  in  ben  näd^ften  ^a^ren 
niefct  ^um  Vorteil  ber  ebangelifd^en  <8aty  immer  Wroffer  unb  felbfÄetoufeter.    Xn  ben 

eo  SReligion^gefpräc^en  ^atte  er  ebenfotoenig  greubc  toiefiut^er.    3Rit  großem,  in  biefemgaOe 


3*tytntt  (Jriebrirf)  ber  Orofemütige  247 

ob  ber  für  tyn  unburd&ftd&tigen  Haltung  be«  Sanbgrafen  berechtigtem,  Slrgtootyn  berfolgte 
er  bie  @inigung«beftrebungen  ju  Regen«burg  im  ^a^rc  1541.  211«  am  8.  9Wai  bet  unter 
gujjrung  Sontarini«  bereinbarte  Sirtitel  über  bie  Rechtfertigung  in  feine  §änbe  tarn,  nafym 
a  fofort  mit  bem  Snftinft  be«  geraben,  e&rlic&en  9Jtanne«  an  ben  bielen  SBorten  Slnftofe. 
$a«  <&anje,  meinte  er,  fei  eine  gfaHe;  mit  Slbftcfyt  habe  man  bie  Sßorte  fo  berflaufuliert,  6 
bamit  ber  ©laube  allein  nietyt  $u  feinem  Sterte  tomme.  2öenn  gleich  alle  anberen  ärtitel 
oerglicfccn  toerben  tonnten,  fo  fönntc  er  ben  bon  ber  Rechtfertigung,  ioeil  bann  bie  Schrift 
tocrbunfelt  toürbe,  nimmermehr  annehmen  (CR  IV,  306).  Sctonte  man  taiferltcfyerfeit«, 
fofle  e«  jum  grieben  tommen,  fo  muffe  „bon  beiben  teilen  etioa«  jugerüctt  unb  entioid&en 
toerben",  fo  foQten  feine  ©efanbten  antworten,  bafe  e«  in  ReIigton«fadfjen  boefy  anber«  10 
ftefc  al«  i«  Sßrofan&änbeln  (©benba  ©.  307).  Unb  loa«  er  bon  Sutfyer  barüber  bernatym 
unb  fonft  über  bie  toetteren  SSertyanblungen  Ijörte,  beftärfte  tyn  nur  in  feiner  Slbnetguna. 
„^Dietoeil  toir  leben",  förieb  er  am  28.  9Jlai,  „fo  foüen  burefy  SBerletyung  be«  Slllmäcfc 
tigen  bie  SBorte:  33ergleic£ung  in  ber  Religion,  bei  und  unfrer  $erfon  falben  nicfyt  mefyr 
Statt  finben,  fonbern  toollen  e«  bafyin  [teilen,  unb  babei  bleiben  laff en :  toer  fi$  dergleichen  15 
toill,  ber  bergleid&e  ftc$  mit  ©Ott  unb  feinem  2Bort  unb  nefyme  ba«felbige  unb  biefe  Se^re 
an,  toie  toir  anbem  biefe«  $eil«  audfj  getfyan  fyaben.  2Ber  mit  gltdftoerf  toill  umgeben, 
ber  fafae  ba$in"  (CR.  IV,  346).  3njioifcfyen  toar  ba«  @tnigung«toerf  fd&on  gefd&eitert, 
unb  ber  Äurfürft  felbft  fyattt  burc£  fein  Singreifen  in  bie  firdfjlid&en  SSer^ältniffe  bon^aHe 
unb  ferne  Setyilfe  bei  ber  burd&  3.  3ona$  *>ort  eingeführten  Reformation,  tooju  er  fu$  20 
auf  ©runb  ferne«  in  feiner  2lu«betynung  fefyr  umftrittenen  fyaflifd&en  93urggrafenred&te«  für 
berechtigt  glaubte,  ba«  ©einige  baju  getfyan,  ben  ©egenfafc  $u  fcerfd&ärfen  (bgl.  %l).  Äolbe, 
3».  Sufyer  II,  606  ff.  unb  ®.  Sranbenburg,  Suttyer,  Äurfacfyfen  unb  9Kagbeburg  in  ben 
^a^ren  1541  unb  1542.  S5eutfd?e  fttfc^.  f.  @cföi$t«io.  Rg  I,  259  ff.).  S3erfyängni«boHer 
toar  nod),  bafe  er,  al«  änfang  be«  3>a^  1541  *>**  93ifctyof«ftulj[  bon  Raumburg  bafant  36 
tourbe,  in  eigenfmniger  Überfettung  feine«  ©cfyufcrec^te«  über  biefe«  Stift  trofc  ber  brin* 
genben  äBarnungen  be«  Äaifer«,  Srüct«  unb  Suttyer«  bie  bom  Äat>itel  borgenommene 
SBafcl  be«  3juliu«  bon  $flug  umftiefe,  Ritolau«  bon  2tm«borf  al«  Sifd&of  einfette,  bie 
Reformation  einführte  unb  ba«  ©ebiet  burc$  einen  turfürftlic&en  ©tift«^auptmann  txx* 
toalten  liefe  (Sgl.  2$.  ßolbe,  3R.  Sut^er  II,  511  unb  Rofenfelb,  Beiträge  gur  ©efd^i^te» 
be«  Slaumburger  »ifc^of«ftreit«  3ß@  XIX  ©.  155  ff.),  ein  Sorge^en,  ba«  ben  Äaijer 
auf«  $ö$fte  erregte.  95ie  gleite  rec^t^aberifd^e  9lrt,  gehaart  mit  bem  Seftreben,  feine 
Zerritorialgefralt  au«)ube^nen,  führte  bann  im  grüfyjafyr  1542  ^ur  ge^be  mit  feinem 
pmaen  Setter  9Rori^  um  ba«  ©tift  Sßurjen,  bie  gtoar  burc^  £ut^er  unb  ben  Sanbgrafen 
noep  beigelegt  tourbe  (bgl.  bef.  6.  SSranbenburg,  ÜRort^  bon  ©acfyfcn  I,  194  ff.),  aber  bod^86 
Kfron  ertennen  liefe,  tote  e«  nur  eine«  $un!en«  beburfte,  um  \>m  lange  gttrifcfyen  ben  beiben 
facfcftföen  Sinien  aufgekauften  3^nbftoff  gu  gellen  flammen  auflobern  ju  laffen.  Dann 
Um  in  bemfelben  Sa^re,  um  ba«  ebangelifc^e  ©o«lar  unb  SBraunfd^toeig  ju  fd^ü|en,  bie 
Vertreibung  be«  $erjog«  ^einrid^  bon  S5raunfc^toeig=2BolfenbütteI,  toobet  ber  Äurfürft 
feine  Iru^en  bafbnltd^  anpl^rte  unb  bann  bie  Reformation  be«  Sanbe«  t)orna^m  (Äolbe*  40 
Mp,  ^etnj  b.  fflolfenbüttel,  $aHel884;  %.  Srun«,  Vertreibung  §erj.  §einric^«  k.,  3Jtar* 
bürg,  1889).  Die  neuen  totoeren  friegerifd^en  SSertoicfelungen  ^inberten  Äarl  V.,  bagegen 
einjufc^reiten,  unb  tote  besannt  gelang  e«  i^m,  burd^  notgebrungene  unb  abfid^tlic^  ^erbor^ 
gelehrte  9fa$giebigteit  bie  @bangelif^en  über  feine  toa^ren  9tbfi(^ten  ju  tauften.  Stuf 
bem  9tei$«tage  ju  ©J>eier  bom  3<*fre  1544  erf^ien  ber  Äurfürft  jum  erftcnmale  toieber  45 
pafirdid).  Rie  toar  ba«  @inberne^men  be«  Kaifer«  mit  ben  @bangelifc^en  gröfeer  al«  ba* 
mal«.  3n  kw  3freube  barüber,  bafe  ber  Äaifer  bie  Regen«burger  Deflaration  (Ranfe  IV, 
162)  bom  3a$re  1541  je^t  in  ben  9lbf$ieb  aufnehmen  liefe  unb,  toeil  er  fonft  feinen 
3toctf  nk^t  eneic^t  ^ätte,  alle  Seränberungen,  toelc^c  jtoifd^en  1532— 1541  bon  ben@t>an- 
geltfc^en  vorgenommen  toorben  toaren,  anerkannte,  bergafe  man,  bafe  5tar(  foeben  nad)  ber  60 
Untertoerfung  be«  $er&og«  bon  ßlebe  (beffen  aufnähme  in  ben  fd^maltalbifd^en  S5unb  toegen 
be«  9Siberf)>ru(^«  be«  burc^  feinen  ©jpegiafoertrag  mit  bem  Äaifer  gebunbenen  Sanbgrafen 
ber  Jhirfürft  ntc^t  fatte  erreid^en  tonnen)  bort  bie  beginnenbe  Reformation  tote  balb  barauf 
in  3Re|  unterbrücft,  ja  fogleicb  nad)  fetner  Slnfunft  in  ©peier  bie  bon  ben  ^roteftanten 
benutze  Domtnitdnerrirc^e  ^atte  fd^liefeen  laffen,  unb  gefragte  bie  getoünf^te  $ilfe  gegen  60 
granhet*  (Ranfe  IV,  219 f.;  ®gel^aaf  II,  426 f.). 

Riemanbem  erfc^ien  bie  3u&nft  au«ftd^t«rei4er  al«  bem  Äurfürften.  9Ja(^bem  ber 
Äaifer  nic^t  nur  bie  lange  berfagte  Seftättgung  be«  jüli$:clebifcben  6^e=  unb  Rad^folge« 
bertrage«,  fonbern  fogar  bie  §eirat  feine«  ©o^ne«  mit  einer  Softer  ^erbtnanbä  in  Slu«- 
fxdfi  gtfteDt  ^atte,  füllte  er  \\d)  getoiffermafeen  im  Sunbe  mit  bem  Äaifer.  911«  ber  $apft  in  blin-  00 


248  3*tya«»  3frickrtd>  ber  ®r»§miti§c 

bem  3orn  über  Äorte  3uö^änbniffc  an  bic  „Stebelleti"  im  Sommer  ein  anmaßenbed  2abefe 
bretoe  an  benÄaifer  erliefe  unb  tymben  Bortourf  machte,  feine  feanb  nad)  bem  prtefterü^en 
ämte  auSjuftrecfen,  unb  unter  $intoei$  auf  bie  gottlofen  Äaifer  Der  Sorjeit,  $emn$  IV.  unb 
griebriefy  II.,  mit  bem  Sänne  breite,  toar  e$  ber  Äurffirft,  ber  benSBunfö  fydtt,  baß  £u%r 

5  ntr  Berteibigung  beä  Äaifer*  unb  gur  SEBiberlegung  ber  päpftltc&en  Anmaßungen  gur 
gfeber  griff,  unb  tyn  fo  ju  feiner  fdparfen  ©cfaift  „SBiber  baä  $apfttum  )u  SRom  bom 
Teufel  geftiftet"  (@3l  26,  108)  beranlaßte  (2J>.  Äolbe,  2R.  Sut&er  II,  538 ;  b.  Droffd, 
Äarl  V.  unb  bie  römiföe  Äurie,  3Ö>&.  b.  b.  3Rün$.  Slfab.  XIII,  1.  «bt.  1877,  ©.226ff.). 
Sodann  ftriebri<$  backte  jefct  toirfli($  an  einen  bauernben  grieben.  3m  Bertrauen  barauf, 

10  baß  ber  feieret  Stbfd&ieb  bie  Bertoenbung  be$  ßirc&en*  unb  ÄloftagutS  ju  fttr$en*  unb 
©d&uljtoetfen  gutgeheißen  tyatte,  na^m  man  bie  Bijüationen  toieber  auf,  fu^te  aflent= 
falben  bie  tircpdjen  Bertyältniffe  )u  tonfolibieren  unb  bie  Untoerfttät  bur$  reiflichere 
Bezüge  au$  ben  ©tiften  ju  ©ot^a,  ©fenad&  unb  SKtenburg  fidler  *u  [teilen  (glatte 
I,  568).    ©elbft  bie  toad&fenbe  Uneinigfeit   unter  ben  Berbünbeten  machte  bem  Äurfürß 

16  feine  ©orge.  %n  feiner  BertrauenSfeliafeit  toar  er,  toätyrenb  bei  ben  anberen  Berbünbeten 
über  bie  $läne  be$  JtaiferS  fein  3toriH  we^r  beftanb,  nur  fötoer  bon  ber  brobenben 
©efafyr  gu  überzeugen.  @r  meinte  ben  ßaifer  fyinreid&enb  ju  femten,  um  feine  ©etoalt 
bon  tym  fürchten  &u  muffen  (SRanfe  V,  260.  283.  302).  Um  fo  entföloffener,  ja  trofciger, 
toar,  tt»tc  e3  feine  2lrt,  fpäter  fein  auftreten.  Ungeachtet  feiner  fötoeren  SetbeäfüIIe  führte 

20  er  feine  Gruppen  felbft  ins  §elb.  aber  e$  ift  fyier  nietyt  ber  Ort,  bie  ©njeO&eiien  be$ 
fd&malfalbiföen  ßrieaeS  ju  erjagen.  9lad)  ben  erften,  freiließ  ni$t  genügenb  ausgenügten 
Erfolgen  im  Donaufelbjuge,  rief  ber  unerwartete  ßinfaD  beä  £erjog3  uRorifc  m  bieftur* 
lanbe  ben  fturfürften  in  bie$eimat.  @3  gelang  tym,  ben  größten  Steil  bed£anbe3  toieber 
ju  erobern,  $erjog  ÜRorifc  jurücf jubrängen ;  ba  eilte  ber  ßaifer  naefc  Sterben,  unb  e$  glüdte 

26  itym,  ben  Kurfürften  ju  überragen. 

Die  ©c&lad&t  bei  ÜRitylberg  auf  ber  Sorgauer  £eibe  am  24.  äpril  1547  entföieb 
gegen  tyn  unb  trieb  fein  §eer  auäeinanber.  Bertounbet  fiel  er  in  bie  #änbe  be«  ©ieger*. 
Der  ßaifer  ließ  über  tyn,  afö  überführten  Siebetten,  ba«  ftobeSurtetl  fpre^en.  3Bie  eqä^It 
totrb,   empfing   er  ba$  Urteil,   toä^renb  er  beim  ©$a$f)>iel  faß,  ^örte  e3  ru^ig  an  unb 

so  rief  feinem  Partner  ju :  Pergamus  (üJlütter,  ännalen  be«  fäd^ftfe^en  §aufe3  ©.  106, 
ettoa«  anber«  bei  Jiatterfelb  ©.  265).  3lber,  um  fufc  nid^t  mit  ber  Belagerung  bed  üon 
ber  ©ema^Iin  be3  Äurfürften,  Sib^tta,  toerteibigten  f eften  SBittenberg  aufhalten  )u  müffai, 
ließ  ber  Äaifer  bad  Urteil  nid^t  öollftrecfen,  fonbern  fnüpfte  98er^nblungen  an.  Um  fein 
Seben  ju  erhalten,  mußte  ber  Äurfürft  ftc^  jur  Kapitulation  bon  SEBittenberg  berfte^en,  bie 

86  tyn  gegen  Abtretung  ber  Äurtotirbe  unb  Äurlanbe  an  Äergog  3Rori^  ju  etoiger  ©efangen* 
fd^aft  begnabigte.  s3on  feinem  getreuen  £uca3  Äranacf  begleitet,  tourbe  er  nun  im  ®e* 
folge  beä  Äaijer^  mitgefürt.  @r  mußte  e3  mit  anfe^en,  tote  ber  berrateriUe  Setter 
3Rori$  auf  bem  üffieinmarft  in  Slug^burg  mit  ber  fä$fif$en  Äurtoürbe  belehnt  tourbe. 
aber  nie  toar  er  größer  att  in  ben  SEagen  feiner  ©efangenfe^aft.    Da«  jeigt  ber  Srief« 

40  toec^fel  mit  feinen  Äinbern,  feiner  ©ema&lin  unb  feinen  SRäten  (Ugl.  Btfc^r.  b.  SB.  f.  tyfir. 
©ef4  I,  1854,  ©.  395 f.;  Surfyarbt,  Die  ©efangenf^aft  ^o^ann  griebrid&S  b.  ©roßm., 
Sffietmar  1863 ;  berfelbe,  Briefe  ber  §erjogin  ©ib^fla  an  %ol).  Sjfrtebric^,  Sonn  1869). 
fjreunbe  tote  ??einbe  mußten  feine  ruhige  Haltung,  feine  ungebrochene  ©lauben«)uk>erf^t 
anerfennen  unb  bie  ©röße,    mit  ber  er  fein  Unglücf  trug,    ©o  urteilte  ber  Snglänber 

«SRobert  äf^am,  in  bem  er  ^injuje^t:  „er  ift  toeife  in  allem  fein  2#un,  geregt  in  allen 
feinen  $anblungen,  ^erablajfenb  gegen  ben  ©eringften,  fürftlic^  gegen  ben  ©toljefhn, 
KebenStoürbig  gegen  alle,  einer,  ben  toeber  Unglücf  nod^  ©etoalt  je  betoegen  tonnte,  bon 
feiner  s)Jleinung  ju  laffen"  (Äatterfelb  ©.  264).  ßbenfo  urteilte  ein  anberer  englif^er 
93otf$after,  $$il^p  $ob^,  ber  einge^enb  bie  bergebli$en  Berfu^e  be«  Äaiierö  unb  ©ran? 

60  bellaä  fd^ilbert,  tyn  ^um  3tbfaU  }u  bringen  (bgl.  91.  D.  üKc^er,  Die  englif$e  Diplomatie 
in  Deutfd^lanb  jur  3eit  ©buarb«  VI.  unb  SKarien«,  Breslau  1900,  ©.  46  ff.,  togL  att$ 
Simmerif4>e  G^ronif  ed.  Baracf  IV,  ©.  16).  Die  3umirtung,  ba^gnterim  anjumennen, 
toieS  er  mit  ©tanb^aftigfeit  gurücf :  toenn  er  barein  toillige,  erflärte  er,  toürbe  er  bie  ©ünbe 
toiber  ben  ^eiligen  ©eift  begeben,  benn  er  toiffe,  baß   ed  in  fielen  Srtitdn  bem  ©orte 

»  ©otteö  jutoiber  fei.  „SHu^ig  fa^  er  ni,  aU  man  i^m  feine  Bibel  unb  feine  (utyeriföen 
Bücher  toegnafym:  er  toerbe  fd^on  behalten,  toaä  er  barau«  gelernt"  (SlanfeV,  99).  9Ran 
begreift,  toie  angeftd^ts  beä  ©d^toanfen«  fo  Bieler  ber  gefangene  gürfl  bon  ben  ©etreuen 
balb  als  ,s>elb  unb  SWärt^rer  gepriefen  tourbe  (togl.  u.  a.  ba$  5JJaffton«fpiel  auf  3o^.  gr. 
91.  2lr$.  f.  fäd^f.  ©efc^.  IV,  215).  @rft  ber  Überfall  be*  Äaifer«   buwb  ben  ftwfürflen 

60  sDiori$  machte  feiner  ©efangenfd^aft  ein  (Snbe,  er  ^atte  jeboc^  no$  bem  ftaifer  auf  fetner 


3»ty*tttt  gfrtebrtd}  ber  ©rofemütige  Sofjanna  b'Htoret  249 

gtugt  auS  gnnSbrudf  (19.  3Rai  1552)  &u  folgen  (31.  33ecf,  3o$.  Er.  b.  2B.  I,  106)  unb 
erhielt  feine  enbgtlttge  gfteilaffung  erft  inSlugSburg  am  1.  (September  1552.  92o$  einmal 
tote  ber  Äatfer  fcerftt<$t,  tyn  ju  beugen,  inbem  er  ftcfy  fcerpflicfyten  follte,  ben  Sefcfyltiffen 
eine*  fcmfttgen  Äon$ilium$  ober  5Reic|$tage$  in  ber  Religion  golge  &u  (elften.  9(ber  au$ 
jefct  toar  er  nic^t  baju  ju  betoegen.  6r  fei  entfd&Ioffen,  erhriberte  er,  Bei  ber  Se&re,  bie  5 
in  ber  aug3burgif$en  ßonfeffion  enthalten,  bis  in  feine  ©rube  ju  bleiben  (SRanfe  V,  203). 
6eine  SReife  in  bie  #eimat  über  ©onautoörtfy,  Nürnberg,  Samberg  glicfc  einem  $riump^ 
juge.  Unter  bem  3ubel  feiner  Untertanen  betrat  er  bei  (Soburg  fein  ©tammlanb.  fortan 
nc&pn  er  feinen  6t$  in  SBeimar,  ftet$  barauf  bebaut,  bie  mancherlei  9Kif#eIligteiten  mit 
Jturfäxft  9Rori$,  bie  jtc&  toeiter  gefcfyleppt  Ratten,  in  friebfertigem  Sinne  aber  unter  Sttafc  io 
ntng  femer  Sterte  auäjugleid&en  unb  überall  georbnete  Suftänbe  ^enuftetten.  (Sin  be= 
fonberer  ©egenftanb  feiner,  freiließ  burd&  bie  Umftänbe  fe^r  begännen,  $ürforge  toar 
bie  im  ßntfte^en  begriffene  Untoerfität  3jena,  bie  er  r>on  ber  ©efangenfcfyaft  an$  an  Stelle 
be*  toerbren  gegangenen  SBittenberg  in$  Seben  gerufen  fyatte  (ögl.  3-  2.  6.  ©cfytoarj, 
2)a3  erpe  Sa&rje&ent  ber  Untoerfttät  3ena,  ^ena  1858).  aber  er  ftarb  fd&on  am  3.3Wärj  16 
1554,  naepbem  er  in  feinem  leftament  feinen  ©öfynen  u.  a.  bie  Jürforge  für  Pfarrer 
unb  Se^rer  an$  §erj  gelegt,  fte  jur  eintragt  unb  $römmigfeit  ermahnt  gatte.  Unb  e$ 
toar  ein  (Srtrag  feiner  fömerjlic&en  SebenSerfafaun^,  toenn  er  fte  baöor  toarnte,  ftcb  in 
trgenb  ein  9ünbm£  emjulaffen,  inbem  er  e$  $x  fernem  fcerberbtid&en  ©ctyaben  unb  -Jiacfc 
teile  feBbp  fabe  erfahren  muffen,  ba&  in  ben  Stinbniffen  toeber  Sreue  nod&  ©lauben  20 
fei.  (Sei  a.  a.  D.  I,  123).  hieben  feiner  tym  furj  öorfyer  am  21.  grebruar  im  $obe 
borangegangenen  ©ema^lin  ©ibr/tta  rutyt   er  in  ber  ©tabtfird&e  ju  2Beimar. 

Sljeobor  Äolbe. 

3et|a»na  fc'SUtret,   Äönigin   toon  Stafcarra,  geft.  1572.  —     $ie  Biographien 
oon  Vauvilliers,   Histoire  de  Jeanne  d' Albret  1,  2,  $ari8  1823,   unb  Muret,   La   vie  de  25 
Jeanne  d' Albret,  \ßari3  1862,    finb  ueraltet;   bie  3ugenbgefd)id)te  3.«  ift   erjagt   in   bem 
guten,    burdj    Diele    neue  3)ofumente   intereffanten   SBerfe  üon   A.  de  Ruble,    Le   mariage 
de  Jeanne  d'Albret,  $arid  1877.  Die  toeitere  SebenSgefdjicbte  ber  Königin  betjanbelt  berfclbe 
SBerfaffer  in  feinen  ©erfen:  Ant.  deBourbon  et  Jeanne  d'Albret,  4  %k,  $ari8  1881-1886, 
unb  Jeanne  d'Albret    et  la  guerre  civile,  !ßari3  1897.    2Bid)tig   für   bie  fpätere  Seit  fuib:  » 
Lettres   d'Antoine   de  Bourbon   et  de  Jeanne  d'Albret   p.  p.  Rochambeau,   $ari$  1877. 
6onft  mürben  benüftt  bie  SBerfe  üon  ü.  $oienj.    ©efd)id)te   be§   fronj   daluiniömu^,   5  Bbe 
1857—1869;  ©olban.  ©efdjicftte  be8  ^roteftantidmu«  in  Sranfreicft,  2  53be  1855;    Aguesse, 
Histoire  de  r&ablissement  du  proteetantisme  en  France,  4  *8be  1882—1886.    ^gl.  ferner 
Haag,  La  France  protestante,  Ed.  II,    1877,  T.  1,   6.  95  ;  N.  de  Bordenave,  Histoire  de  86 
Bearn   et  Navarre   p.  p.  Raymond,   $ari$  1873 ;   Delaborde,    Eleonore   de  Roye,    $ari$ 
1876 ;  Delaborde,  Gaspard  de  Coligny,  T.  I,  $arid  1879 ;  $aum,  53ejn,  )Bb  IL 

Sofcnna  b'ällbret  iji  am  7.  Januar  1528  in  $an  ate  ba«  ältefte  Äinb  bon  $ein> 
xid)  blßbret,  ÄMg  bon  9labarra,  wnb  öon  SKargareta  t>on  3lngouteme=21IenQon,  ber 
©d^toejkr  t>on  ^anj  I.  toon  granfreid^,  geboren.  Durc^  ben  2ob  i^re^  einigen  jüngeren  4) 
Öruberd  go^ann  (geft.  2Bei^nac^ten  1530)  bie  präfumtioe  X^ronerbin  be^  Keinen,  aber 
bia$  feine  Sage  $nuf$en  ^ranheid^  unb  ©panien  tnid^tigen  £önigrei$e3  ^a^arra=S6am, 
toar  fie  eine  politifd}  toie^ttge  Partie  unb  buxd)  ibre  gan^e  Sugenb  ^ieF>t  fidr>  ba£  ©erben 
um  i^re  ^anb,  bie  mannigfad&ften  S3erjud^e,  fte  bem  fttoeefe  einer  politifd^en  Äonfteflation 
bienftbar  )u  machen.  Da^  f(^n>ad^e,  jarte,  oft  tränfli$e  ^inb  erhielt  üon  früfy  an  eine  46 
förri^Iic^e  @r)iebung  (fie  ^atte  ).  93.  fegon  im  5.  ^abxt  eine  $ofnärrin),  i^re  Butter,  bie 
ge^nefene  Sefd?ü£erin  unb  ®dnnerin  ber  ®ele^rten,  forgte  eifrig  bafür,  bafe  fte  bie* 
jemge  rrnffenfc^aftlic^e  9Cu^6t(bung  erhielt,  tnie  fte  bie  Sitte  ber  ßeit,  b^  Xrabition  ibre^ 
fymiti  forbette.  9ltlolad  Sourbon  unterrichtete  fte  im  Sateintfc^en  unb  ©riec^ifc^en,  aber 
Me  po^e  umfaffenbe  ©eler;rfam!eit  i^rer  SJtutter  $at  fte  nie  erreicht,  nie  fyat  fie  and)  ba^  so 
^rtoeffe  für  bie  9Bif[enfc^aft  gezeigt,  ba^  ber  ^idjterin  ber  Gent  SfoubeUeä  eigen  toar,  ber 
fBiffenftisrft  unb  ber  ©d^ön^eitöfultud  ber  Slenaiffance  blieb  i^rem  anber^  gearteten  ©eifte 
fremb,  ebenfo  jener  §ang  $u  mpftifc^er  ©pefulation,  ber  3Kargareta  eigentümlich  tnar ; 
We  Iix^ter  ffittt  einen  Haren,  gefunben,  ettoa^  füllen  Serftanb;  fte  toar  ftetd  einfad?  unb 
natürlich,  aber  rec^t  im  ©egenfa^  ju  i^rer  fötoafyn,  nachgiebigen  Butter  jeigte  fte  frü^e  66 
f$mi  einen  fe^r  entfe^iebenen  ßfyarafter,  ben  man  nid^t  blofe  eigentuiOig,  fonbern  ^ie  unb 
ba  fcnföfityttg  nennen  barf,  aber  biefe  6igenj$aft  r)at  ii)t  bie  ^erDorragenbe  Stellung 
»erfd^afft,  toelc^e  fie  unter  ben  Hugenotten  einnahm. 

Gdpn  im  3afcc  1535  r;atte  ^ran^  I.  üorgef$lagen,  fte   mit  2lnton  r>on  Sourbon 
}u  toer^araten ;  um  gegen  jcbe  Überredung  Don  feiten  i^rer  eitern  gefiebert  ju  fein,  h>ie$  eo 


250  <H«»m  *'*ltret 

er  jetner  9?id&te  für  bie  «ßufunft  ifr™  Aufenthalt  in  bem  feften,  aber  bfiftern  unb  bur$ 
Subioig  XI.  berüchtigten  ©d&loffe  Pep  leSftourS  an  (toa&rftfemltc&  1539  ober  1540); 
afö  Star!  V.  bon  Spanien  3<>fan™  für  feinen  ©otyn  $$iliM>  in  ÄuSftc&t  nabm  unb  am 
24.  3Rän  1540  tyre  £anb  für  tyn  bertangte,    entfctyieb  granz  im  Straff*  f«*1«*  bama* 

5  Iigen  *ßolitif  rafö  für  ben  §erzog  Sßilbclm  bon  6lebe  (geb.  28.  3fulil516),  am  16.3uli 
1540  tourbe  bie  (Styeberebung  gefd&toffen;  toiberftrebenb  gaben  bie  (Sltern,  bie  in  ber 
gamen  Angelegenheit  feine  fefyr  e^renboHe  Stoße  ftueltcn,  ifyre  ßintoilligung ;  $emri$ 
b'Sllbret  ftanb  in  ^olitifc^er  unb  öfonomifcfyer  Slb^ängigfett  bon  feinem  ©ouzeram,  2)tar= 
gareta  toar  ftetä  getootynt,  tyren  SBillen  bem  ifyreä  ©ruber*  unterzuorbnen,  granz  bagegen 

io  fyatte  e$  an  SSerforec^ungen,  ben  an  Spanien  Verlorenen  Seil  bon  SRabarra  feinem  aßen 
SSeftfeer  toieber  ju  berfd&affen,  nid&t  fehlen  laffen,  oljne  iebocfc  biefelben  je  )u  galten.  Am 
14.  Sunt  1541  fanb  bie  feierliche  93ermäfylung  in  G&ftteßerault  ftatt,  Qo^anna  tytitt 
früher  feft  erflärt,  ben  §erjog  nic$t  heiraten  ju  toollen,  burcty  Silage  (!)  unb  Stauungen 
tourbe  tyr  Sffiiberftanb  gebrochen,  bodj  foH  fte  auf  bie  entföeibenbe  grage  bor  bem  SUtar 

i6  leine  beja^enbe  Slntioort  gegeben  fyaben ;  iebenfaßö  fyatte  fte  ben  2tbenb  bor  ber  äkrmäfc 
lung  einen  feierlichen  fd&riftlicfyen  ^Broteft  gegen  bie  betrat  unterzeichnet;  toegen  tyrer 
Sugenb  tourbe  bie  £odfoeit  nid&t  borgen,  SBityelm  fetyrte  na#  ©eutfölanb  jurüd,  go* 
fanna  blieb  in  $lejft$,  ber  üble  3ufanb  tyrer  ©efunb&ett  ^inberte  fte  in  ben  näcbften 
Sauren,   tyrem  Wannt  ju  folgen.    35ie  au$  polittföen  ©rtinben  geföloffene  @tye  tourbe 

ao  bur$  bie  beränberte  poltttfd&e  Sage  toieber  aufgelöft ;  als  ber  £erjop  ben  SBaffen  Äarfe  V. 
erlag  unb  mit  ©panien  ftd&  berbinben  mufete,  lag  granz  baran,  bte  frühere  Serbinbung 
aufzugeben.  ®a  bieä  bem  Söillen  ber  (Sltern,  noc$  me$r  bem  3o$anno3  entfpracfc,  fo  er* 
folgte  bie  ©Reibung  ofyne  Slnftanb.  2)urd&  ein  93rebe  bom  12.  Dttober  1545  löfte 
Sßaul  III.  bie  per  vim  et  metum  erzwungene  Gfye  auf,   3jo$anna  tourbe  aber   tyren 

25  eitern  nid^t  zurücfgegeben,  fonbern  mujjte  in  ^lefftä  bleiben,  bis  enblicfc  tyre  Skrmä^lung 
mit  bem  Herzog  2lnton  bon  93ourbon*93enböme  (geb.  Sa  gere  am  22.  Sfyrtl  1518)  in 
SWoulinS  (20.  Oft.  1548)  bem  toibertoärtigen  $anbel  um  tyre  £anb  ein  ßnbe  machte. 
3$re  (Sltern  toaren  mit  ber  2Babl  beS  eleganten,  aber  berfötoenberifc^en  unb  unfelbjt= 
ftänbigen  ÜRanneS  nic&t  fe^r  jufrieben.    aber  ^o^anna  entfd&teb  ftd^  mit  totrlltc^er  3«s 

80  neigung  für  i^n  gegen  bie  anbern  Setoerber  (j.  8.  ben  §erjog  granj  bon  ®utfe). 

£)te  burrf)  ©d^ön^eit  nicbt  ^erborragenbe,  aber  angenehme  unb  tugenb^afte  grau  lebte 
in  ben  erften  ^a^ren  tyrer  S^e  in  ber  glüdtlic^ften  §äu$Iic$feit  mit  t^rcm  gutmütigen, 
lebensfrohen  ©ema^l ;  ein  tüchtiger  %%<x  unb  tapferer  ©olbat,  fein  guter,  noc$  ioeniger 
ein  glücflid^er  gelbberr,  legte  Stnton  bamalS  feine  galanten  Neigungen  ab.    3n  jartlii^en 

86  Briefen  fprid^t  [\q  feine  ©orge  für  feine  ©emafylin  an$,  bei  bem  frühen  lob  jtoeier 
Äinber  toufete  er  fte  trefflich  zu  tröften.  am  14.  Dejember  1553  gebar  fte  in  $u*  m 
bem  alten  ©cfylofj  ber  b'aibret,  toofytn  fte  auf  ben  auSbrüdRtc^en  SBunfö  "i^red  SJaterS 
gefommen  toar,  tyren  ©o^n  Jpeinrtd^  (nad^malS  §etnrid^  IV.),  ben  fte  einfach  unb  natür* 
lid^  erjog.    1)nxd)  ben  %ob  t^red  S3aterS  (geft.  am  29.  Wlax  1555)  gingÄrone  unb^err* 

40  f$aft  oon  9tabarra  auf  fte  über,  na$  ziemlich  langen  Ser^anblungen  mit  ben  ©täJtben 
ibreS  flehten  ßöntgreicbS,  toeld^e  grofee  ^rei^eiten  genoffen,  braute  fte  eS  ba^tn,  bafc  auc^ 
Slnton  ate  Äönig  anerfannt  lourbe ;  bei  feiner  bäufißen  Slbtoefen^ett  lag  aber  bie  Settung 
ber  SRegierung  in  t^ren  §änben  unb  ibre  männliche  ©tnjtd^t  unb  ®ntf<$lof[en&eit,  i^r  päd* 
tifd^e«  ©efcfytcf  für  bie  3Sertoaltung  zeigte  ftcfy  in  glänzenbem  Sichte. 

46  9Sor  allem  toid^tig  toar  i^r  93erfyältm$  ^ux  SReformation.  ©d^on  t^re  SRutter  toar 
ber  neuen  Sebre  innerlich  unb  äu^erltd^  na^e  getreten ;  fte  ftanb  in  Sriefmecbfel  mit  öri* 
connet,  2e  ^eöre,  93erqum,  1518  toar  9Rarot  bei  ifyr  getoefen,  ben  berfolgten  Xn^&ngent 
beä  (Soangeltum^  ^atte  t^r  fleincr  §of  oft  ©cbu^  getoä^rt ;  an  bie  unter  tyr  fte^aibe 
Untoerfttät  Sourge«  ^atte  fte  proteftanttfcb  geftnnte  ^rofefforen  berufen,    z«  S3-  SRelcftor 

60  S3oImar,  ßalbtnS  unb  WtiaZ  Se^rer,  unb  mit  ßaloin  felbft  toar  fte  in  Jtorrefponbenz  ge< 
treten,  ©o  toe^te  an  ibrem  §ofc  proteftanttfcbe  Suft;  toa«  ifc  3«««^  betoegte,  bem 
bat  fte  in  ber  Arne  pecheresse  2lu$brucf  berlieben,  bocb  ift  fte  nie  ntr  fncoteftanttfc^cn 
gartet  übergetreten.  3n  biefem  ber  Sieformation  günfttg  gefmnten  (Seifte  ift  3<>b<rona 
erzogen  toorben,  aber  bei  ibrer  SSermäblung  mit  üUlfyelm  oon  Siebe  galt  fte  cntfcpieben 

66  nocb  ate  gut  fatyolifcfye  ^Jrinjeffin,  unb  ba«  Sieb,  toelc$e$  fte  bei  ber  ©eburt  ^ehtnd^ 
fang,  toar  eine  Anrufung  3Kariaö.  dagegen  ftanb  fte  mit  bem  toeiten  Äreife  ber  bor* 
nehmen  grauen,  ioelcbe  ftd^  feit  bem  S5egtnn  ber  fünfziger  3^**  ^  Steformatiim  ge* 
neigt  betotefen,  in  ftetem,  zum  Seil  bertraultd&em  sBerfe^r ;  baut  gehörten  bie  grau  bon 
©oubiu,  bte  3Rutter  GolignbS,  ibre  ©c^ioägertn  Eleonore  be  SRotye,   Sonbe^  grau  unb 

eo  beten  Butter  3Rabeleine  be  9Jiailty  unb  bor  allem  Renata  bon  gerrara,  bte  eble  Softer 


3o\)an\\a  Vflttxtt  251 

Subtotg«  XII.,  tocl($e  ifyc  nad)  bem  lobe  ifyrer  SKutter  mütterliche  Siebe  unb  ©orge  JU* 
ttxmbte.  Jtter  cd«  änton  im  3a&re  1557  mit  ßalbin  in  briefliche  SBerbinbung  trat, 
burften  bie  Hugenotten  fie  nod&  nid&t  &u  ben  3&ren  Säulen ;  nad&  ber  Sßeife  tyrer  ÜWutter 
fa&  fa  W  SurüdC.  3n  Slabarra  prebigten  93oi«*iKormanb  unb  Pierre  35abib  ba«  ®ban- 
gdtum  (1557  unb  1558),  balb  galt  Slnton  al«  bie  §auptftüfce  ber  ^roteftanten ;  er  6 
too^nte  ifaen  Jßerfammlungen  auf  bem  Prä-aux-clercs  (in  $ari«)  bei,  befreite  6^an* 
bicu  (f.  b.  ärt.  8b  III,  ©  785,39),  in  ebangetifctyen  Streifen  regnete  man  balb  aud&  auf 
3o^anna;  ber  merftoürbige  Srief,  toeld&en  (Slifabety  bon  (Snglanb  am  19.  3juli  1559  an 
fte  fcfctibt  unb  toorin  fie  tyr  treue«  Sefenntni«  ber  reinen  Religion  rü^mt,  giebt  babon 
ein  fpcecfcnbe«  3eugni«  (f.  Calendar  of  State  Papers.  Foreign.  1558—1559).  3Me  10 
cntfdjetbenbe  ©anblung  brauten  erft  bie  fcfylimmen  ßeiten,  bie  fyäu«Iic&en  Srübfale  $erbor, 
todefc  in  ben  nackten  Safyxai  über  fte  ergingen.  3lm  30.  guli  1560  toar  33cja  r\a<fy 
98&ac  gegangen,  fein  Slufentfyalt  toar  nicfyt  öergeblicfy  getoefen,  aufrieben  mit  feiner 
SKffton  fcfyrte  er  Siobember  1560  toieber  naety  ©enf  jurüdt,  um  biefelbe  $t\t,  ba 
9nton  unb  6onb6  fi$  unllugertoeife  naefy  Drl&m«  begaben ;  über  6onb6  tourbe  bort  iß 
ba«  Xobedurtett  au«geft>ro($en,  aud)  Sfoton  brofytc  ba«  gleite  ©cfyicffal;  ber  lob 
tat  3ran3  II-  anberte  jtoar  alle«,  aber  Katharina  bon  3Kcbici  ^atte  eine  3lu«fitymmg 
jtaxföeit  äbttmt  unb  ben  ©uifen  &u  ftanbe  gebraut;  feitbem  mürbe  bie  Haltung  be« 
fötoacfcn  SRaitne«  immer  fötoanfenber.  ^ofyanna  bagegen  ^atte  fi$  in  tyre  gfeftung 
9fafcantin«  jurücfgejogen  unb  biefe  in  guten  Sßerteibigungjfcuftanb  gefegt ;  „berlaffen  bon  20 
ben  Wenfäen  fegte  fte  tyre  Hoffnung  allein  auf  ©Ott",  2Bei&nactyten  1560  fd&tour  fte  ht 
fyau  feierlich  ben  Äat^oCiji«mu«  ab,  legte  ein  reformierte«  ©laubensbefenntni«  ab  unb 
nafym  jur  SWEräftigung  bor  berfammelter  ©emeinbe  ba«  fyl.  Slbenbma&l  na$  reformier- 
tem  Slttu*  (bo$  bgL  Sluble  II,  ©.  29,  ber  ben  Slnfd&Iufs  3.«  fd&on  in  ba«  Sja^r  1559 
besiegt).  33on  ba  an  ift  fte  bie  ftanb^aftefte  93efennerin  be«  *ßroteftanti«mu«  getoefen ;  25 
mit  ber  toarmen  Segeifterung  unb  £reue,  mit  freierer  fte  ifyren  neuen  ©tauben  im  Serben 
trag,  taniftte  fte  au$  bie  §äuj>ter  ber  frangöftfd^en  ^Reformierten  immer  toieber  $u  erfüllen, 
im  Jtriegürat  unb  fonft  ^at  fte  metyr  al«  einmal  in  fritifäen  Slugenblidten  ben  ftnlenben 
3Rut  ut  fcben  geteuft,  too  ibre  Sintoirfung  ftd?  geltenb  machen  f onnte,  toar  fie  ju  ©unften 
„ber  &aäp"  t&ättg.  ©d&on  im  3fa$re  1561  jeigte  ftcfc  biefer  ©influ^  befonber«  beim  so 
Sdigion«geftorä(^  bon  Sßotffa ;  anfang«  September  fam  fte  an  ben  $of  bon  ©t.  ©ermain, 
tip  eigener  Deiner  £of  bi&ete  nun  ben  3Jlittel^unft  ber  Reformierten,  täglich  tourben  in 
tyren  Qkmä^ern  $rd)igten  gehalten,  bei  treiben  ftc^  ber  ^ugenottifd^  geftnnte  Abel  ein* 
fcrab,  eifrigft  betrieb  fte  bie  ©ac&e  i^rcr  Sieligion,  ityr  §offtaat  jeic^nete  fäjf  burd^  grömmig- 
feit  unb  ©ittenfhenge  au«,  im  ©egenfa$  ju  bem  befannten  „fliegenben  ©efd^toaber"  Statfo  86 
rina«  tat  bebtet;  i^ren  ©o^n  erjog  fte  im  reformierten  ©lauben,  auf  tyre  SSeranftal* 
tmi0  traute  S9eja  nac^  bem  ©enfer  9litu«  ein  bornefyme«  abelige«  $aar.  ©elbft  i^r  @e* 
ma^l  festen  bamal«  toieber  me$r  ben  Sieformierten  ftc^  jujuneigen,  aber  nur  um  enblicty 
Den  ben  SSerftnce^ungen  ber  ©uifen,  be«  foanifc&en  ©efanbten  unb  be«  })ät)ftltc^en  Legaten 
ubertdltKlt,  toelc^e  i^m  bie  äBiebergetommmg  be«  ganzen  9lat>arra  ober  eine  grofie  @ntfc^ä»  40 
btgung  bafür  in  9Iu«ftd^t  fhdlten,  offen  jum  Aat^olt5i«mu«  mrücl^utreten  Oßalmfonntag 
1562  madjfo  er  bar^äu))ttg  bie  gro|e  $ro^effton  mit)  unb  ftd^  bem  Xriumbirate  amu= 
fc^üe^en.  ©c^on  bor^er  batte  bie  e^elidjc  Untreue  älnton«  ba«  £>er£  ^o^anna«  auf«  tieffte 
terimmbet,  nun  föfte  fic^  aud^  ba«  religidfe  Sanb.  93i«  ÜRai  1562  blieb  fte  bei  $ofe, 
bann  reifte  fte  mit  tyrem  ©ema^l  in  bie  $eimat.  2lnton  berlieg  fte  balb,  um  in  bem  45 
öäraerhtcg,  ber  Sranfretc^  berfyeerte,  ftc^  auf  bie  ©eite  ber  grinbe  feiner  grau  ju  ftellen,  am 
16.  Oltober  erlieft  er  im  Sager  borSRouen  eine  Äugel  in  bie  linle  ©c^ulter,  am  17.  9lob. 
ftarb  er  in  Slnb^lb«.  ®tne  3^  ber  bitterften  tiefften  Seiben  unb  Äränfungen  h)aren  bie 
legten  Safce  für  yo^nna  getoefen,  e«  fefylt  an  aller  9lad)x\d)t,  toie  fie  feinen  2ob  auf- 
Qawmmtn ;  für  ben  $roteftanti«mu«  toar  berfelbe  infofern  ioid^tig,  al«  ^o^anna,  bureb  w 
niemanb  me^r  gehemmt,  bie  Reformation  in  i^rem  Sanbe  bolljtänbig  bur^fü^ren  tonnte. 
Kit  getoo^ta  Snergie,  mit  ber  Klugheit,  treibe  Gatoin  an  ihr  rühmt,  ging  fte  an  bie« 
Skrt,  betf  fte  für  Ujre  eigentliche  SJliffton  fyielt  unb  in  toeld^em  fte  ftc^  burc^  feine  leeren 
©rünbe  aufhalten  lieg;  fte  führte  eine  Übereinftimmung  mit  ben  ©tänben  i^re«  Sanbe« 
fcftet,  bie  Silber  tourben  )um  Xeil  getoaltfam  au«  ben  ftir$en  gefd^afft,  bie  Ätlöfter  in  66 
©cfrilen  bertoanbelt,  ßatoin  fanbte  Januar  1563  ben  tüchtigen  ©eiftlic^en  Slatymonb  ÜRerlin, 
ber  übet  ein  3a£r  m  Slabana  blieb  unb  bieÄirc&enorbnung  gang  im  ©eifte  feine«  9Reifter« 
abfaßte  (^erau«geg.:Di8cipline  6ccl6siastique  du  pays  deBSarn  p.  p.Ch.  L.  Frossard, 
^ori«  1877.  ^m  3o^re  1631  unb  1637  tourbe  bie  reformierte  Äird^e  S3€arn«  mit  ber 
Jranfrric^«  txrnnigt).  i)ie  ötnfünftc  ber  eingejogenen  Stlöfter  bertoanbte  ^o^anna  jur  ©rün-  ao 


252  3»ty"ra*  b'gftret 

bung  öon  Spulen,  Spitälern  :c.,  befonber«  reicfc  ftattete  fte  bie  ^o&e  Sd&ule  (collfcge)  in 
Drtlfej  qu^,  um  eine  93ilbung«anftalt  für  ©eiftlictye  unb  ©elefcte  ju  fyaben.  9(u$ 
auf  eine  Überfefcung  be«  913;«  in  bie  £anbe3fpra$e  toar  fte  bebaut,  fte  erfd&ien  1571  gu 
SRod^ettc  (Jesus  Christ  Gure  Jaunaren   Testamentu  Berria;    ttberfefeer  toar  3o&. 

6  be  Sigarrague  be  33ri«cour«,  ba«  93ud?  felbft  ift  jefct  eine  ber  größten  btbliot^eiarifdjen 
Seltenheiten).  6nblid&  barf  aucfc  tyr  übrige«  lanbe«mtitterlic&e«  SBalten  nid&t  mit  Still* 
fd&locigen  übergangen  toerben,  fie  fud&te  bem  Settel  &u  fteuern  unb  gab  ein  Sanbw^t 
tyerau«,  auf  ba«  fte  biele  Sorgfalt  bertoenbet  fyatte,  u.  b.  %.:  Le  Stile  de  la  reine  Johanne. 
3)er  gricbe  bon  Slmboije  (1563)  braute  feine  93eränberung  für  fte  ^erbor,  aber  ein  neuer 

10  ungeahnter  ^einb  trat  gegen  fte  auf  in  ber  Sßerfon  bon  $apft  $iu«  IV.,  toeld&er  bur$ 
93ufle  öom  28.  September  1563  $$ofyanna  bor  ba«  3nc?u^^on^tribunaI  lub,  unb  toenn 
fte  nic^t  binnen  6  Monaten  erfd&eine,  fte  unb  tyre  Äinber  i^rer  Sänber  unb  SBürben  für 
fcerluftig  erflärte.  Diesmal  nafym  ftarl  IX.,  ber  ftd&  in  ber  ^erfon  feiner  Untert^anin 
beleibigt  füllte,  tyre  93erteibigung  in  bie  #anb,  fein  energifd&er  $roteft  betoirfte,  bafj  bie 

16  S5uHe  jurücf gebogen  unb  aufgehoben  tourbe.  3Rit  Sefriebigung  tonnte  3°^anna  1565 
fd&reiben,  ba|  in  bem  Keinen  SBinfel  Sanb,  tyrem  39<§arn,  bur$  ©otte«  ©nabe  ba3  (State 
allmä&lic&  toad&fe,  ba«  S($Ied&te  abnehme.  35ie  neu  au«brecfcenben  9Migion«friege  ftörten 
inbeffen  'fefa  biefe  SRufye.  2)er  hirje  jtoeite  Ärieg  toon  1567—1568  ©riebe  bon  Song- 
jumeau  23.  üJlärg  1568)  fd&eint   fte  unb  tyr  9lei<#  toenig  berührt  ju  fyaben,  ganj  anbet« 

30  toar  bie«  beim  britten  Kriege,  beffen  Sd&auj)la$  ^au^tfäcpltc^  ba«  fübtoeftlic&e  ^ranfrei<$ 
toar.  2Bie  bie  übrigen  Rauptet  ber  Hugenotten  foQte  auc£  fte  überfallen  unb  xfyc  Sofyt 
ityr  entriffen  toerben.  9Ronluc  unb  ein  $err  be  Söffe«  Ratten  bie  Slufgabe  übernommen, 
aber  ^jo^anna  toar  getoarnt,  glücflicfy  entrann  fie  tyren  ^einben,  allein  in  tyrem  eigenen 
Sanbe  füllte  fte  ftd&  ni($t  me^r  ftd&er,  am    6.  September  1568  berliefc  fte  9l6rac,  nur 

25  bon  toenigen  ©bedeuten  begleitet,  aber  untertoeg«  mehrten  ftdfr  bie  3uiüÖc#  *n  Ärc^iac 
traf  fte  mit  Sonb<§  jufammen,  am  19.  September  jog  ba«  #eer  in  Sa  SRo$e([e  ein,  bem 
fidleren  #uflucfyt«ort  ber  ganzen  Partei.  3n  mt«fü&rlid&en  S^reiben  an  JtarllX.  unb  bie 
Äönigin-Wutter  fyattt  fie  noety  untertoeg«  tyre  treue  Sotyalttät  gegen  tyren  SanbeS^emt  betont, 
bie  SHottoefyr  gegen  bie  3Jlac^inationen  be«  Äarbinal«  bon  Sotyringen,  ba«  SRic^tad&ten 

ao  ber  ^ricbenSbebingungen,  bie  Sorge  um  bie  93lut3bertoanbten  (6onb6)  ^aben  fte  ftu  bem 
Stritte  beranlafet.  Slu^  gegen  (Slifabety  t>on  (Snglanb  rechtfertigte  fte  ft$,  ba^  fte  niebt 
afödlebettin  unb  unge^orfame  llntert^anin  angefe^en  toerben  fottte.  %foxt  ganje  mämtltcpe 
Sntfd^loffen^eit  unb  Umfielt  geigte  fte  in  ben  biplomatifc^en  Unter^anblungen  mit  bem  $of,  tote 
mit  ben  au^toärtigen  3Serbünoeten  ber  §ugenotten ;  in  bem  toecfyfelboflen  ®ange  biefeö  Äriege« 

86  toufcte  ftd^  i^r  ftarfer  ©eift,  tyre  feftc  Mn^änglid^feit  an  bie  reformierte  Sieligton  in  $er* 
borragenbem  3Ra^e  geltenb  ju  machen.  211$  Slnfang  1569  bie  Saae  ber  Hugenotten 
Ieine«h>egd  fe^r  günftig  toar,  inbem  i^r  §eer  burc^  Äranfyett  unb  S)efertion  fe^r  ju= 
fammengefd^mol^en  toar  unb  bie  au^toärtige  Mfe  nid^t  eintraf,  ba  brang  fte  in  bem 
großen  flriegörat  (im  Sager  ju  92iort  @nbe  Januar  gehalten)  auf  erneute  ^ilfegefuc^e, 

40  auf  Stuä^alten.  Stuf«  tieffte  tourbe  fte  erfd^üttert  unb  empört  bur$  bie  (Srmorbung  t^red 
Sd^loager«  6onb6  in  ber  Sc^Iac^t  bei  3<*ntac  (13.  SKärj  1569),  fte  eilte  in  ba«  Sager 
bon  $onnaty*6&arente,  too^in  M  ^  §ugenotten  jurücfgejogen,  unb  f^tour,  „eine  fo  ^eilige, 
fo  gute  unb  geredete  Sac^e  nie  m  berlaffen",  aud^  bie  übrigen  gü^rer  toufete  fte  ju  gleichem 
©elübbe  ju  beranlaffen,  fo  f)ob  fte  ben  tief  gejun!enen  ÜRut  bergftrot;  i^r  So^n  ^etitri^ 

46  (16  Qa^re  alt)  tourbe  ba«  nominelle  Oberhaupt  ber  Partei,  ßolign^  unb  Xnbelot  feine 
SSerater,  fte  felbft  getoann  burd&  biefe  ^Jlaferegel  noc^  me&r  ©influg  auf  bie  Settung  ber 
©efd&äfte.  Unb  nod^  einmal  fiel  tyr,  „ber  grau  üon  ftarfem  ßerjen  unb  männlicher 
Seele",  bie  Slufgabe  &u,  i^ren  nie  berjagenben  9Rut,  i^re  glauben«fejie  Sntfc^loffen^eit 
bem  §eere  ju  jeigen   unb    anbere  bamit    nt   erfüllen,   afö  bie  grojje  9lieberlage   bei 

öo  ÜJtontcontour  (3.  Dftobcr  1569)  bie  Sad^e  ber  Hugenotten  auf«  Tc^Iimmfie  gefd|rbete. 
Sianc^e  toaren  be«  Kriege«  überbrüfftg,  mit  bem  $ofe  toaren  fepon  länger  9ta$anb* 
lungen  angetnüpft,  bie  Setoo^ner  bon  &ocfyeHe  argtoo^nten,  ber  Sbel  möchte  nur  auf  bie 
freie  9leligion«übung  in  ben  eigenen  Sd^löffem  bringen  unb  ben  SSürgerftanb  nic^t  berück 
fufctigen.    3°^anna  erflärte,  baft  fte  unb  ifyrSofyn  nie  i^re  3uftimmung  ju  einem  folgen 

65  ^rieben  geben  toürben,  ber  bie  freie  9teligion«übung  berfümmere,  fd^arfftnnig  tote«  fte  in 
tyren  ©riefen  an  bie  au«toärtigen  dürften  auf  bie  gemeinfame  ©efafr  ^in,  toelc^e  bem 
$roteftanti«mu«  buret)  bie  Sereinigung  ber  Äatfjolifen  bro^e.  ffi  eigene«  Sanb  toar  bon 
ben  Stürmen  be«  firiege«  niefct  berfc^ont  geblieben,  töniglic^e  $ruw>en  unter  Xerribe« 
rücftcn  ein  unb  oerbanben  fic^  mit  ben  un^ufrtebenen  Elementen,   toelc^e  bem  Äat^olici*= 

60  mu«  offen  ober  ^eimlid^   treu  geblieben  toaren,  $au  tourbe  erobert,  3o$anna«  Sefe^l«* 


%*)anna  br8(bret  253 

baber  SlrroS  unb  5Kontamar  fonnten  baä  gelb  nid&t  behaupten,  nur  bie  Heine  fjefte 
xabaircmä  freit  nodj  au$,  ba  fanbte  ^o^anna  ben  tapferen  unb  tüchtigen  ^Dlontgommer^, 
er  entfette  SRabarreinS,  na^m  ierribeä  gefangen  unb  eroberte  in  jtoei  SWonatcn  toieber 
ba*  gange  Sanb  für  feine  frühere  $errin,  am  23.  2luguft  1569  mu&te  and)  tyau  fajritu* 
lieren.  3Bofr  geigten  jtcfy  f^ätcr  toieber  Unruhen,  aber  leicht  tourben  3>ofyanna$  Offiziere  6 
barüber  £err;  nun  berbot  Sofyanna  in  936arn  bie  römiföe  Steligion  unb  gtoang  äße 
^riefte  unb  ÜKöndJK,  bie  Sßrobing  gu  berlaffen ;  in  9iabarra,  über  toelcfyeä  fte  nur  be= 
fcfyränfte  ©ouberänitätSrec^te  fyattt,  bulbete  fte  bie  fatfyolifcfye  Konfeffion.  Unterbeffen 
Ratten  bie  93emü$ungen  ber  Sßolitifer,  unterftüfct  burd&  bie  (Srfolge  ber  SJJroteftanten,  gum 
^rieben  Don  ©t.  ©ermain  geführt  (8.  äug.  1570),  bem  9tat  unb  bem  äu^arren  IgofyannaS  10 
ftnb  feine  für  bie  ^roteftanten  günftigen  Sebingungen  toefentlic^  mitguberbanfen.  33i$  Sluguft 
1571  blieb  gofanna  m^  ty*m  Kinbern,  bem  jungen  6onb6,  6olignty  unb  ben  anbern 
Häuptern  ber  Hugenotten  in  SHod^cQc ;  ber  §o<$geit  Karte  IX.  mit  (Süfabet^  bon  £>fter* 
rekfc  in  3R6gi&red  (26.  -Jiobember  1570)  beigutoofynen  fyatte  fte  abgelehnt,  ben  toeitenSBeg 
borföüfeenb ;  im  ©runbe  toaren  bie  ©emüter  noefy  gu  fef;r  aufgeregt,  ber  ^rieben  no$  gu  16 
toenig  befeftigt,  um  fu$  ber  Iangentbefyrten  SRufye  mit  ©ic^erfyeit  Eingeben  gu  fönnen; 
me^rfa$  flog  nod&  ^roteftantifc^c^  33lut,  bie  Reformierten  Ratten  manche  33efcfyh>erben  über 
Sitytbeacfytung  beä  griebeneebifteä  borgubringen,  unberbroffen  unb  eifrig  ift  3sofyanna  ßd* 
für  tyre  ©laubenägenoffen  eingetreten.  Der  britten  ©eneralfonobe,  toeld&e  bie  reformierte 
Äircfc  2.— 10.  3lpvU  in  Stodbetle  freit,  toofrite  fte  mit  ifrem  ©ofrte  bei,  ifr  9?ame  ftefr  ao 
ate  ber  erfte  auf  bem  5protoIolle.  9tod&  immer  toar  fte  boll  SKifetrauen  gegen  bie  3fnten* 
turnen  beä  ßofeä.  ©iefelben  ^erfonen,  toelcfye  fte  niefr  lieben,  fyaben  noc|  immer  ben 
metfiten  ßinflufj  bort  (Srief  bom  3an«ar  1571);    bie  toieberfyolten  ßinlabungen  borten 

Lge^en  lehnte  fte  ab,   „obgleich  fte  toofr  h>iffc,   ba|  bie  Königinmutter  feine  f (einen 
ber  freffe"  (SJrief  bom  7.  2luguft  1571).     (Sine  hriefrige  Angelegenheit   frttte  fte  mit  25 
neuer  ©arge  erfüllt,   bie  projezierte  §eirat   i^reä  ©ofyneä  £einri<$  mit  SKargareta   bon 
granfreiety,  ber  ioefrer  £einri(ty$  II. 

3n  einem  ©riefe  SlntonS  bom  21.  9Rärg  1556  begegnen  toir  ben  erften  ©puren 
Don  biefem  SJorfrtben.  König  $einric£  II.  fyatte  „biefen  äflorb"  borgefefragen  gu 
Xitionä  ^fter  öefriebigung,  ber  Bräutigam  gäfrte  aflerbingS  bamalS  noefy  niefr  brei  30 
^a^re;  aber  nie  mefyr  tourbe  berfelbe  ganj  au^er  a<f)t  gelaffen,  noc^  toä^renb  bed 
Krieget  hn  ^erbft  1569  tourben  bie  SSer^anblungen  lieber  aufgenommen  unb  im  Januar 
1571  erneuert,  bieämal  mit  befonberem  @rnfte.  Sänge  toäfyrte  tö,  biö  bad  3Jli|trauen 
unb  bie  Sebentlic^Ieiten  ber  Königin  bef$tm$tigt  toaren;  Siron  gelang  bieä  enblic^ 
(3lobember  1571).  35ie  $auj>tf<$toierigfett  mad^te  bie  Sieligion;  bon  einem  Übertritte 35 
$ehtri$ö  jum  Äat^olici^mu^  tootlte  begreiflic^ertoeife  toeber  er,  noc^  feine  SWutter  ettoa« 
totffen,  eben|oh>enig  aber  toar  bon  einem  SBed^fel  bei  2Hargareta  bie  SRebe;  unb  toenn 
Katharina  bte  Hoffnung  auätyxad),  bafi  $einri4  einmal  bur^  unb  um  9Ragareta3  Tillen 
ftA  belehren  toerbe,  fo  meinte  bie  eifrige  $ugenottin,  5TOargareta  h>erbe  einmal  gur 
„äu&gion"  übertreten  unb  bann  feien  fte  bie  glücflicfyften  Scute  unter  ber  ©onne  unb  40 
gang  granfreiety  toerbe  an  biefem  ©lüde  teil  nehmen,  ^m  Januar  1572  toar  man  fo 
to«t,  ba|  go^anna  ftc^  entfc^lo|  an  ben  £of  gu  ge^en.  §einric^  lag  an  ben  folgen 
eme^  ©turged  bom  ^ferbe  banieber.  3m  ?JAruar  traf  fte  mit  Katharina  jufammen; 
ber  leichtfertige  Ion  be«  franjöftfc^cn  §ofeä  mißfiel  ber  ftttenftrengen  grau  aufs  äu^erfte, 
aber  i^r  mütterltd^e«  #er$  freute  ftc^  au^  i^rer  flugen  unb  frönen  lod^ter  Katharina  45 
(geb.  am  7.  gebruar  1558,  an  ben  $erjog  bon  $ar=£otfyringen  bermä^lt,  geft.  1604) 
gegenüber  ber  gefönürteu  unb  gefd^minften  9Kargareia  b.  SSalote.  Sangfam  rüdtten  bie 
ttafymblungen  bortbärtd,  fte  meint  franf  barüber  gu  toerben;  am  4.  Styril  enblid^  tvurbe 
bie  Sermä^lung  eine  feft  bettloffene  ©ad^e,  bie  Trauung  foHte  in  ^JJari^  ftattfinben,  ber 
$fe<hitiaam  brauste  ber  ÜJleffe  ntcfyt  betgutoo^nen,  fo  tt>ar  für  beibe  Seile  getoa^rt,  toaü  so 
bte  Siuigleit  erforberte,  unb  gugleic^  in  ber  §eirat  eine  Sürgfd^aft  für  bie  SSerföt^nung 
ber  Parteien  gegeben.  3lm  11.  9lpril  h>urbe  ber  ^eiratöfontraft  feftgefefet,  ber  ^iapft 
toottte  bie  bcrlangte  SDi^enfation  nic^t  geben,  entfe^ieben  fprad^  Karl  IX.  feinen  Sorfafc 
ca&,  toö)  bie  ^eirat,  toelc^e  fo  fe^r  gur  Serufyigung  be«  Sanbe^  biene,  gu  ftanbe  gu 
bringen.  9hin  reifte  Igotyanna  nac^  $arig,  um  bie  Vorbereitungen  für  bie  SSermä^lung  ju  65 
treffen.  Sm  3.  ^nnx  feierte  fte  mit  einer  SWcnge  ©laubenSgenoffcn  in  SSincenne^  ba^ 
|t  9benbma$l;  am  folgenben  3^ige  erlranfte  fte  an  ©eitenftec^en  unb  heftigem  gieber. 
9alb  erfannte  man  i^ren  ßuftanb  für  lebensgefährlich,  feierlic^  mtyn  fte  Slbjcfjteb  bon 
ben  3^rigen#  ntadbte  i^r  Xeftament,  fc^rieb  intern  ©o^ne  £etnrtd?,  ber  baS  S3eifbtel  feiner 
gimiben^mten  3Kutter  fo  h>enig  befolgte,  unb  ftarb  am  9.  3>um  im  feften  Vertrauen  oo 


254  3oI)tttttM  VWtxtt  ^oljannbonitett 

auf  tyren  $cilanb  unb  grlöfer.  Dafe  in  einer  3<ty  to0  f°  &Mte  ©etoalttyaten  gefc$a$en, 
too  bie  Parteien  fo  fd^roff  einanber  gegenüberftanben,  an  eine  Vergiftung  (bur$  §<mb* 
fd&utye  ober  ätynlicfye«)  gebaut  hmrbe,  lä|t  ft$  ertoarten;  fo  ftar!  verbreitet  toar  ba«  ®e* 
rüd&t,  bafc  ber  Äönig  bie  Seiche  öffnen  liefe;  ein  ©efd&totir  am  regten  Sungenflügd,   ba« 

5  bie  Sterjte  fanben,  erflärt  tyren  %o\>  auf  natürliche  SBeife;  bie  Aufregung  ber  le$ten  9Ro= 
nate  ^atte  ifyre  o^nebie«  fötoacfye  ftonftitution  fe^r  erfötittert 

(Sine  grau  fcon  feltener  (Snergie,  fcon  toafyrer  gfrömmtgfeit  unb  reinem  ©anbei  ift 
Sofyanna  getoefen;  fte  ift  ber  ec$te  SDflnt«  ber$ugenottin  jener  §eit,  fcofl  ©lauben«mut  unb 
©lauben«eifer,  aber  aud&  t>oH  ftreimut  unb  Unerf$rocfen$eit;  t$re  Briefe  in  ber  fräftigen 

10  Spraye  be«  alten  granaöftfd&en  t>om  16.  galjrtyunbert  gegeben,  fcott  geuer,  geben  unb 
£eibenfd&aft,  ftnb  treffliche  3^9«^  tyre*  SSerftanbe^,  tyrer  Sorge  ffir  9Bi$üge«  unb 
Unhnc^tigc«,  tyrer  ßinfid&t  in  bie  bertoitfeltften  ^olitifd^en  SSer&ältniffe.  Son  ben  2eiben, 
toelctye  bie  religiösen  SBirren  über  ba«  Sanb  brachten,  bem  fte  mit  ganger  Seele  anfing, 
f)at  fte  ifyr  reicplidfr  Steil  erfahren,  aber  ungebeugt  babur$  tyit  fte  ibre«  geben*  Äraft  unb 

16  befiel  STeil  baran  gefegt,  ibrem  ©ott  treu  ju  bienen  unb  tyrem  ©lauben  eine  gefiederte 
Stätte  $u  bereiten ;  eine  ber  bebeutenbften  fönigl[ic$en  grauen  ifae«  3a$r^unbert«,  bleibt 
fte  eine  ber  ebelften  ©eftalten  be«  franjöftfctyen  $roteftanti«mu«.  3$.  B^ott  f. 

3fol)anna,  SPäpftin.   —  SDtc  ältere  ©treitlltteratur  bei  Oettinger,  Bibliographie  Wo- 
graphique  s.  v.  Jeanne  la  Papesse,  antiquiert  feit  $>öainger,  ^apftfabeln  be«  9R3L,  iKümften 
20  1863;  2.  Hüft,  öon  griebrtd)  1890,  baju  9(rd)iü  b.  ©efeüfd).  f.  ältere  beutf*e  ®ef<W<$t*hmbe 
XII,  17 ff.;  469 ff. 

Dafe  bie  einft  fcielberufene  $ä))ftin  nid^t  al«  ^iftorifcfce  ©eftalt  gelten  lann,  bqtoetfelt 
fyeute,  jumal  feit  Döflinger,  toofyl  niemanb  me^r.  Die  Sage  finbet  fidfr  niit  öor  ber 
9Ritte  be«  13.  3<*  Wunbert«  aufgezeichnet.    93on   ba  an  erfctyeint  fte  faft  gleichzeitig  in 

26  toerfd&iebenen  ßtyroniten,  juerft  bei  §tan  be  SJtailty  (Witte  be«  13.  3ajtö),  *>on  w®  M*** 
nommen  bei  Step fyan  öon  Sourbon  (geft.  1261),  ebenfalte  einem  Dominifaner.  Seibe 
fteflen  bie  $cü;ftin  ca.  1100  ein.  SBenig  fpäter  erföeint  bie  Sage  in  anberer  Serfton  in 
ber  Gfconif  be«  Erfurter  SRinoriten  (MG  ss.  XXIV),  ber  fte  mit  ben  ©orten  einführt :  fuit  et 
alius  pseudopapa  cujus  nomen  et  anni  ignorantur.    311«  §aupttt>erfgeug  jur  Ser- 

30  breitung  ber  Sage  fyat  bann  bie  ©fjronif  be«  SWartinu«  $olonu« (gejt  1278)  gebient,  „be« 
faft  au3f$tief$li$en  ©ef^ic^töle^rer«  ber  fat^olifd^en  ffidt  im  fpäteren  Wf,."  SRartm  fyd 
bie  Sage  jelbft  noi)  in  bie  britte  9le^enfton  feiner  ^ßapft-  unb  Statfergef$i$te  aufg^ 
nommen.  S3on  ifym  ftammt  bie  toerbreitetfte  gorm,  toeld&e  bie  5Päpftin  au«  SRain)  ober 
Snglanb  ftammen,  in  Sitten  ftubieren,   bann  in  9lom  burd^  tyre  ©elebrfamfeit  auffegen 

36  erregen,  enblic^  (855)  $Paj)ft  toerben  unb  unter  bem  9?amen  go^anne«  Slnglifu«  2l/«3a^re 
regieren  läßt.  äBäfyrenb  einer  ^rogeffton  auf  ber  Strafje  gebiert  fie  ein  Äinb,  ftirbt  ba* 
bei  unb  toirb  auf  ber  SteQe  begraben.  $en  SRäbd^ennamen  3tgne«  lennt  SRartmu* 
nid^t,  auc^  ntc^t  bie  für  bie  ©ntftefyung  ber  Sage  toie^tige  ©rabje^rift,  bie  fc^on  2|ean 
be  9J2ailfy  l)at   33on  biefen  Vorgängern  au$  bringt  bie^abel  balb  in  aBe,  auep  in  ältere 

40  ©efd^ic^tetoerfe  ein.  3m  15-  3a^un^^  begegnet  faum  mebr  ein  3to*H  3)ie  $äpftin 
figuriert  aU  $auptargument  in  ben  5!ontrot>erfen  über  Stecht  unb  Umfang  ber  ^ßapfb 
gemalt  5.  93.  bei  §uö  unb  in  ftonftan).  3^^!^  tonnten  um  fo  toeniger  Stemm  ge* 
toinnen,  al«  gerabe  pä^ftltc^  geftnnte  ©efc$idfjt$fdfjreibcr  bie  9lac^rid^t  iwrbreiteten.  ©ne 
befriebigent)e   ©rflärung   über  bie  ©ntfte^ung  ber  Sage   tyit  ^bllinjer  gegeben.    2>eim 

46  nad^  liegt  eine  römiföe  SioKefagc  ju  ©runb,  bie  ft$  anfnüpfte  an  etne  je^t  toerfötamn* 
bene  antife  Statue,  bie  loofyl  einen  5KitJ^ra«})riefter  mit  einem  Änaben  barftdlte.  Die 
Solföp^antafie  fa^  barin  eine  fceibli$e  gigur  unb  beutete  bie  rätfetyafte  3nf^rift  babet 
a(«  ©rabfd^rift  ber  ^äpftin.  Der  9lame  ^o^anne«  ift  too^l  nur  bem  ber  )a^lrei$en, 
jum  Xeil  übel  berüchtigten  ^Bäpftc  biefe«  tarnen«  naetaebilbet.    Die  Snfe^ung  ber  3^ 

60  erflärt  ft$  bei  Qean  be  3)tatlty  (1100)  ebenfo  toie  bei  ÜWartinu«  ^olonu«  (855)  au«  bem 
leeren  SRaum,  ber  an  ber  betreffenben  Stelle  bor^anben  toar,  fo  bafe  bie  ©efc^ic^te  ber 
$äpftin  ftd^  o^ne  Störung  ber  Slnorbnung  be«  ©anjen  einfügen  lieft,  gn  ber  Gfyrono- 
logie  f)at  fte  überhaupt  nirgenb«  $la|.  ((9.  IBoigt  f)  81.  ®^wU. 

3fo^annboniten    (ßremiten    be«   ^o^anne«   93onu«).  —  Vita  b.  Johmnniß 

66  Boni,  eremitae  S.  Augustini  Mantuae  in  Italia,    auetore  Ambroeio  Calepino,    O.  A.  (oeft. 

1511),  in  ASB  t.  IX.  Oct,  p.  748—886  (nebft  bem  Corament  praevius  be«  »eoboHanb^ten 

^bouarb  (Sarpenlier:    ebbaf.   p.  693—746);    Nicol.    Consenii    Monasticon   Augustiniannm 

(3Rün«en   1628)  p.  117  sq.;    ©el^ot,    Ordres  etc.   III,  8 ff.;    ©tabler.flMnal,    ^eiligenle;., 


Sfrljatttriwitttett  3fof)nmic8  I.  255 

«.  *3o$amie3  «onuS'  (III,  326-329);    %f).  tfolbe,  $.  beutfcfte  Shiguftinerfongregation  ic. 
(1879)f  6. 7. 

5Der  1168  ju  3Rantua  geborene  ©rünber  biefe«  ßinfieblerberein«  führte  al«  junger 
fRann  länaere  §eit  bie  2eben«toeife  eine«  umfyerfötoeifenben  ^Soffenreifjer«  föoculator), 
bi«  eine  fötoere  (Srfranfung  ben  ettoa  Stcr^igjä^rigen  iu  ernftli(|er  S3ufee  unb,  na($  äb=  6 
legung  einer  umfaffenben  Setzte  beim  mantuaniföcn  SStfc^of,  ju  immertoäfyrenber  äbfefyr 
toom  SBeltleben  trieb  (1208).  $n  ber  @inöbe  bei  ber  flirre  ©.  ÜWaria  be  Sutriola 
(itaL  bi  Subriolo)  untoeit  Gefena,  too^in  er  bamal«  enttoiefc,  fofl  er  junäcfyft  mehrere 
3a$re  ^inbureb  ein  böttig  einfteblerifcfye«  QfylmUbm  geführt  fyaben.  Seit  ettoa  1217 
begann  er  ©efäfyrten  um  fi<$  ^u  fammeln,  Verliefe  aber  auefy  bon  ba  an  feine  enge  fyüt  10 
(ebig[i$,  toenn  e«  ber  SKeffe  m  ber  an  fte  anftofeenben  Ätrcfye  bei&utoofynen  galt.  35ie 
^rieftertoeibe  empfing  er  ntd&t,  ja  er  lernte  toeber  lefen  nod&  fd&rciben.  Slber  burd&  ben 
Stnbrucf,  freieren  feine  ungetoöfynlicfc  garten  Äafteiungen  fyert>orbrad&ten  ($.  83.:  öftere« 
Olafen  auf  einem  Sager  t>on  ©te^almen,  ober  in  einer  fein  3lu«ftreden  ber  ©lieber 
gefiattenben  engen  ©rube ;  berfdjärfte«  haften  toäfyrenb  ber  Quabragcftmal^eit ;  hineintreiben  i6 
fpifccr  StofyrftMter  unte  f^nc  Sfagernägel  [befyuf«  9tbtötung  getoiffer  Segungen  fcon  fleifcfc 
liefen  Segierben]  u.  f.  f.),  betoirite  er  auffaHenbe  SBefefyrung«tounber,  jotoofyl  im  Äreife  feiner 
tyn  toie  einen  Patriarchen  toere^renben  unb  tfym  unbebingt  folgenben  Slnfyängerfctyaft,  toie 
an  ßaretitern  (lombarbiföen  SJktarenern),  bie  ityn  gelegentlich  befugten  unb  beren  er  biele 
gut  latyoliföen  Sirene  jurüdffüfyrte.  35afe  aud&  ber  bi.  gftanätefu«  ft$  feinen  Schülern  20 
jugefeüt  unb  bon  tym  Anregung  jur  ©rünbung  feine«  Drbcn«  empfangen  fyabe,  ift  aUerbing« 
nur  Sage,  bo<$  $eugt  bie  SSilbung  biefer  Segenbe  Don  bem  fyofyen  3lnfefyen,  ba«  ber  ©remit  bon 
(Sefena  im  Äretfe  feiner  änfyänger  genofe.  Cfyne  eine  föriftlicfye  Segel  ober  überhaupt 
eine  beftimmt  fixierte  £eben«orbnung  für  feine  geiftlic^en  ©öfyne  ju  fyinterlaffen  —  nur 
ba«  fragen  eine«  grauen  ©etoanbe«  foH  er  feit  1225  benfelben  öorgeförieben  fyaben  —,  25 
tontte  er  bo<$  toie  ein  €rben«ftifter.  33on  jenem  ©tammflofter  ©.  SJlaria  bi  Subriolo 
au«,  ba«  er  faft  niemal«  berliefe  unb  ba«  ob  feiner  einfamen  Sage  aud&  fßremo  (ober 
l'&lmo)  genannt  hmrbe,  foHen  bei  feinen  Sebjeiten  noefc  9—10  (Sremitenfonbente  ent* 
ftanben  fein:  nt  Sertinoro  (Brictinorium)  untoeit  gorli,  $u  9Rantua  (©t.  2lgnefe),  gu 
Senebtg,  ju  Bologna,  ju  5{Jarma,  ju  gerrara,  ju  ^oggiolo,  ju  gaenga,  gu  fßoneclia  90 
unb  ju  Stimini  (f.  Satyentier,  in  bem  jener  Vita  öorang.  Processus  beatificationis 
p.  726sq.).  —  ©d&on  einige  ^a^re  bor  feinem  lobe  (23.  Dftober  1249)  toaren 
bie,  na$  i^m  al«  Johannbonitae  (Jambonitae)  bezeichneten  ^nfaffen  burc^  3nno= 
cenj  IV.  jur  Annahme  ber  äuguftinerregel  ber^flid^tet  toorben.  Sllejanber  IV.  fobann 
nötigte  pe,  burc^  feine  SSuHe  üom  13.  äuguft  1256,  in  ben  bon  ifym  errichteten  äu=  ss 
gu^mer-eremitenorben  einzutreten,  bem  er  gleichzeitig  einige  anbere  mitte(italif$e  @im 
^eblertoereine,  inebefonberc  bie  SSrictinianer  unb  bie  ©adfträger,  einverleibte  (t>gl.  S5bII, 
©.  255, 31  ff.)  —  fo  bafj  bamit  bie  ©onberepftenj  ber  ©enoffenfe^aft  aufhörte.  —  Über 
bie  ^auptfä$li$  bon  SRantua  au«  (f$on  feit  SJlitte  be«  13.  ^a^unbert«)  betriebnen  93er« 
fuc^e  jur  Erlangung  ber  Jtanonifation  für  ^o^anne«  93onu«,  bie  aber  nur  beffen  ©elig^  40 
fprec^ung  (burc^  ©igtu«  IV.,  1483)  ju  ertotrfen  Vermochten,  fotoie  überhaupt  über  bie 
gioria  postuma  be«  (feit  1451  in  ber  ftird^e  S.  Agnes  nova  311  3Rantua  beigelegten 
unb  al«  $aiH)t»©cbu^)atron  biefer  ©tabt  verehrten)  ürbenßftifter«,  ^anbelt  au«fü^rlic^ 
ber  oben  genannte  SReoboflanbift  (bgt.  ©tabl.,  ©.  328  f.).  3*ifler. 

3ol)anne«  I.r  SPapft,  523—526.  —  Libor  pontificalis  ed.  Wontmfen.  MG  Gesta  45 
pontiticum  I,  p.  13.'* — 137;  Chronica  Italica  ed.  vJWomm|enf  Chronica  minora,  MG  Auct. 
ÄDtiqu.  I,  p.  328;  Jafte  P,  p.  109 f.;  fangen,  ©c|dj.  b.  rom.  Äird)e  uon  Seo  b.  ®r.  bi« 
tttfoiauft  I.  8.  299f.;  ©rifar,  <&efd).  SHom«  unb  ber  $äpfte  im  TOK.  I,  8.  481- 49H; 
©regoroolu«,  (»e|ct|.  b.  ©tabt  Oiorn  im  3HH.  I,  8.  302  ff  ;  3.  gviebvid)  in  8^W«  1891, 
6.  103;  &uncf  in  C>3^  XII,  S.  760,  XIII,  489 ff.;  ^fcili^tfter,  Skr  Oftgotentönig  2^eo-  w 
boridi  b.»r.  vu  bie  fat^oi.  JHrcfce,  ÄircöcngeW.  8tubten  ed.  ^itöpfler  III.  ©b.  1^96,  6.155- 
202;  ©artmann,  ©ejd).  3taüen8  I,  S.  225 f.;  Hodgkin,  Italy  and  her  invaders  III,  510— 
520;  DchB  III,  389  f. 

3o^onne^;  ein  geborener  Xu^cier,  toie  e$  Reifet,  toarb  am  16.(13.)  äuguft  523  jum 
^jfte  getoei^t.  8et  feiner  (Sr^cbung  ^atte  S^eobori^  b.  ©r.,  toie  e$  fc^eint,  ntc^t  mit«  66 
getotrft,  aber  toä^renb  feine«  furjen  ^ontififate«  folltc  e«  bem  Raffte  in  em})finbUc^fter 
feetfe  |um  Setoujjtfein  tommen,  ba^  ber  Äönig  tyn  burc^au«  al«  feinen  Untertan  be* 
trottete.  SU«  Äaifer  3uf^n  I-  ^3  eine  aÜgenteine  Jte^ert)erfo(gung  anorbnete,  toanbten 
fk^  bie  arianifc^en  ©oten  ber  SDonauprobtm  an  i^ren  Stammt  unb  ©lauben«genoffen 
Sbeoboric^   um  £ilfe.     Stter  ^eoborid^«  3Jorftettungen  begegneten    in  3fyjanj  tauben  «0 


256  dolpmte*  I.  ^anne*  in. 

Ofyren.  35a  befd&Iojj  er  bur<$  eine  ©efanbtfc^aft  bornetymer  orttyobojer  Stömer  feinen 
SBünfcfyen  9ia<$brucf  gu  geben.  3um  Sü^ter  berjelben  erlor  er  ^ßapjt  go^aim.  3)afi 
biefer  nur  gelungen  ben  bemütigenben  Auftrag  übernahm,  liegt  auf  ber  fywb.  aber, 
bafe  er  mit  ©etoalt  auf«  ©($iff  gebraut  toorben   fei,    ift   allem  9lnf$etne  na$  \pcdm 

b  Segenbe.  6nbe  525  langte  er  in  Äonftantinobel  an  —  ber  etfte  $apft,  ber  ben  ©oben 
be«  Dftreitfc«  betrat.  ßaijer  %u$\n  empfing  tyn  mit  ungetoö&nlicfym  ©fcren.  angeblich 
fyätte  er  ifyn  fogar  nacty  orientaliföer  ©Ute  aboriert.  Sicher  gemattete  er  tym,  ber  SBeifc 
na<$t«feier  auf  einem  fyöfyeren  2^rono«  beijutoo^nen,  al«  ber  SPatrianfc  bon  Jtonßantino)xL 
9luty  bie  Unterbanblungen  über   bie  loleram  ber  arianiföen  ©oten  führten  tu  bem  ge* 

10  münzten  (Srfolge.  Xrofcbem  toarb  ber  ^Sapft,  al«  er  nad?  Dftern  526  nadp  SRabetma 
jwrücffefyrte,  bon  2^eoborid&  in«  ©efängni«  getoorfen.  3Barum  ba«  gef$a$,  ift  bunfeL 
vlaty  ^feilföifter  unb  anberen  ^ätte  er  be«  ßönig«  3orn  baburdb  fi<$  jugejogen,  bafc  er 
Haifer  guftin  Dftern  526  frönte.  2lber  t>on  biefer  jtrönung  berichtet  nur  bar  über  pon- 
tificaJis,  ni^t  bie  fonft  gut  unterrichteten  gcitgenoffen :  fie  gehört  baber  toa$rfc&einlu$  m 

16  ba«  ©ebiet  ber  Segenbe.  3lud&,  toa«  man  fonft  anführt,  um  be«  Äönig«  ©erhalten  ju 
erflären,  ift  ni$t  geeignet,  ba«  Dunfel  ju  listen.  Sicher  ift  nur,  baft  er  in  3o$ann, 
fei'«  mit  Siecht,  fei'«  mit  Unrecht,  einen  $elfer«fyelfer  ber  StoptinifAen  gartet  fa&. 
Qofyann  fyattt  im  ©efängni«  ntd^t  lange  }u  leiben:  er  toar  längft  fcytoer  hont  unb 
ftarb  batyer  bereit«  am  18.  ÜRai  526.    3)a|  $tyeoboric$  fein  @nbe  befqleunigt  $abe,  ift 

20  jpätere  (Srfinbung.  $.  »öljmer. 

3?oljaiitte«  IL,  $aj>ft,  533—535.  —  L.  P.  ed.  SRommfen  I,  p.  141;  ed.  3>u*e*ne  I, 
p.  285  f.;  Cassiodor,  Variae  IX,  15—17,  XI,  2  ed.  SRotntnfen  MG  Auct.  antiqu.  XII, 
p.  279  ff.,  331  f.,  cf.  praef.  p.  XXIX  f.  IX;  Liberatus,  breviarium  *c.  20  MSL  68,  p.  1036; 
(£  untrer,  epistulae  imperatorum,  pootificum,  aliorum,  CSEL,  p.  320 ff.;  Jaffe*  P,  p.  113.  — 
26  Sangen  6.313—324;  ©rifar  I,  6.  497  f.;  berf.,  Analecta  Romana  I,  p.  151;  DchB  III, 
p.  390;  ©regorooiuä  I,  ©.329  ff.;  $artmann  I,  6.  238 f.;  Hodgkin  IV,  87 ff. 

9la%  bem  Sobe  Sonifa^  II.  am  17.  Dftober  532  fam  e«  inStom  toieber  )u  einem 
heftigen  SBafylfantyfe.  $u  toelc^en  SKitteln  bie  ftd?  befe^benben  Äanbibaten  griffen,  jeigt 
bie  9tocfyri<$t,  bafe  ber  Q^nat  ba«  ©imonieberbot  t>on  530  erneuerte,  bie  Älage,  bafc  fettft 

so  ^eilige  ©efäfje  bcrfteigert  Sorben  feien,  um  @elb  für  Seftec^ungen  flfiffig  ju  machen,  fotoie 
bie  merftoürbige  Äonftitution  König  Sltfyalaricfy«  bon  @nbe  533,  toorin  al«  SRormalfaf 
für  bie  am  föntglid^en  §ofe  be^uf«  (Sntfc^eibung  ftrittiger  Sßa^len  aufjutüenbenben  ©pro* 
teln  3000  solidi  feftgefe^t  toerben.  3)er  oftgotifc^e  $of  entf^ieb  enblicty  ju  ®unften 
be«  ^re«b^ter«  3Jterfuriu«  ^o^anne«  bon  @an  (Slemente.     9(m  2.  Januar  533  tourbe 

86  berfelbe  getoei^t,  bereit«  am  8.  3Rai  535  ftarb  er.  3)a«  toic^tigfte  ©reigni«  feine«  $on* 
tiftfat«  ift  bie  Beilegung  be«  t^eopa«4>itifc^en  ©treite«  (f.  b.  ».):  fcfrm  am  6.  3uni 
533  legte  ifym  Äaijer  ^jwftinian  ein  bie  ftrittige  gormel  ent^altenbe«  ©lauben«be!enntni« 
jur  93eftätigung  box.  Sänge  jögerte  Sofyann  mit  ber  @ntfc^eibung.  @rft  am  25.  SKörj  534 
erlief  er  ein  juftimmenbe«  ©^reiben,  tnelc^e«  al«balb  mit  bem  ©riefe  be«  ftaifer«  in  ben 

40  codex  Justinianeus  aufgenommen  h>urbe.  3Rc^r  im  ©inne  be«  $apfte«  toäre  e« 
getoefen,  h>enn  ftatt  be«  faiferlid^en  ©riefe«  allein  eine  bon  i^m  aufgearbeitete  2e^p 
betlaration  al«  bogmatifd^e  dntfcfyeibung  ber  Stirere  aeeeptiert  Sorben  toäre.  aber  biefe 
3lbfid^t  gelangte  nicfyt  gur  ©ertoirflic^ung.  3ur  fc^m  3e^  er^^  3°^nn  ^e  bebeut« 
fame  Verfügung  in  ©ad^en  be«  cfyebred&erifd&en  Stfd^of«  ßontumeliofu«  bon  9liej.    @r  be» 

46  fa^l  bie  @inf$lief;ung  be«  ^nfulpaten  in  ein  ftlofter  unb  ernannte  Säfariu«  bon  9Irle« 
—  e«  ift  ba«  ber  erfte  berartige  3"^WWon«aft  —  $um  93i«tum«bifar.     $.  ^d^mer. 

3o^|aune«  III.,  ^apft  561—574.  —  L.  P.  ed.  SWommfen  I,  p.l57f.;  ed.  Sufeftne 
I,  p.  305f.  Jaff6  P,  p.  1 36  f. ;  Sangen  a.a.O.  S.  401—403;  ©rifar  I,  DchB  III,  S.  891; 
Hodgkin  V,  65 ;  fcartmann,  ©efd).  Stauen«  IL 

60  3ol^ann^  oer  ©ol^n  tä  anaefc^enen  9lömer«  2lnaftafiu«,  tourbe  nac^f  langer  ©ebi««= 
bafanj  am  17.  guli  561  (nac^  I)u4e«ne)  gum  Raffte  getoei^t  unb  ftarb  am  13.  3uli 
574.  Unter  tym  führten  bie  Senkungen  be«  römifd^en  ©tu^le«,  bie  feit  bem  Jtanjil 
bon  553  mit  9tom  jerfallenen  Äirc^en^robingen  toieber  ju  getoümen,  juerft  ju  einigen 
bemerfen«toerten  ßrfolgen.    9lm  15.  ©eplember  568  untertoarf  ftd^  bie  $robim  Sabenna 

66  571  trat  auc^  erjbifd^of  Saurentiu«  IL  bon  SJlailanb  toieber  mit  Slom  in  Unter^anb* 
Iungen.  3lud^  im  fränfifd^en  SReic^e  erlebte  3ofycmn  einen  Reinen  IriunH)^:  er  erregte, 
ba^  bie  abgefegten  Sifc^öfe  bon  (Smbrun  unb  ®ap,  toel($e  an  i^n  awwlliert  Ratten,  toieber 
reftituiert  tourben.    Slber  ba  bie  beiben  Prälaten  i^ren  f(^le^ten2eben«toaiibel  fortfefcten, 


^Hantle*  III.  3oI|anne*  VII.  257 

tmnben  fte  o^ne  SRüdfftd&t  auf  ben  ^Ja^ft  fcfyliefclicfy  bocfy  beseitigt  (©reger  %nx.  I,  22.  27).— 
5toc£  bem  über  pontificalis  fyätte  Sodann  ben  mit  ben  Römern  verfallenen  Sßatriciuä 
9tarfe$  bet&ogen,  nad&  9lom  jurtichulefyren,  £ätte  aber  babureb  jtcfy  felber  bie  $einbf$aft 
ber  ^töntet  jugejogen  unb  barum  längere  3^  in  bem  ßömeterium  beä  Siburtiuä  unb 
8alerian  fiep  aufgehalten.    Ob  biefe  vlatyify  richtig  ift,  mufc  bafymgefteüt  bleiben.  5 

$.  »öljmer. 

3»lptttte*  IV.,  $apft  640—642.  —  L.  P.  ed.  SHommfen  I,  p.  177;  ed.  3)udje8ne 
I,  p.330;  JaffeP,  p.  227f.;  Sangen,©.  517-520;  JBojmann,  ^oütüber  ppftel.  3.171  ff.; 
Hodgkin  VI,  p.  18.  172;  DchB  III,  391  ff. 

§o$ann,  ber  So^n  be$  Sd&olaftiferS  SSenantiuS  au$  Sklmatien,  toarb  na$  SeberinS  10 
lobe  (2.  Stuguft  640)  jum  SPatft  getoä&lt.    2B%enb  er  noty  auf  bie  faiferlid&e  Seftä* 
tigung  toartete,  erliefe  man  eine  Slnttoort  auf  eine  anfrage  irifcfyer  ©eiftlicfyer  unb  2Rönd&e 
in  »etreff  be*  2*rmm3  be3  DfterfefteS.    3)iefe  Slnttoort   ift  bemerlenätoert,  1.  toeil  fte 
jeigt,   bafe   ein   eigener  StetumSDifar,   nicfyt  ber   ertoäfylte  Sßapft   Dor   feiner  SBetye  bie 
3totföenregterung  führte,  2.  toeil  fte  Dorauäfefct,  bafe  ber  SßelagtantemuS  nod)  in  Srlanb  is 
auf  Anhänger  jaulen  fönne.    3lad)  fetner  SBetl^e  am  22.  September  640  #elt  3«>^ann 
eine  ©tynobe,   auf   toeld&er   er   ben  SRonottyelettSmuS   berbammte.     3m  gleiten  Sinne 
aufarte  er  ftd&  gegenüber  bem  Patriarchen  SßtyrrfyuS  bon  Stonftantmopel.    21B  biefer  tyier* 
auf  unter  Berufung  auf  bie  Sntfcfyeibung  §onortu$'  I.  ben  2Ronottyeleti$mu$  Derteibigte, 
richtete  ber  Stopft  ein  ge$arnifd&te$  Schreiben   an  bie  beiben  Söfyne   unb  9{ad;folger  beä  ao 
Srnfer*  §erafliu3,   in  toelc^em  er  bie  Dolle  Drttyobojie  beä  §onoriu$  nad&jutoeifen  fud&te 
unb  bie  8Utfcerfraftfej}ung  be3  neuen  ®ogma$,  b.  i.  ber  2efyrbeflaratton  be$  5ßtyrrtyu3, 
forberte.   3n  ^a  2fyrt  foD  er  nad)  ber  Sßalaftrebolutton,  toeld&e  jur  ©rtyebung  ÄonftanS'  II. 
führte,  Don  biefem  benachrichtigt  toorben  fein,  bafe  fein  2ßunf4  erfüllt  fei.  —  Site  geborener 
$almatier  nafyn  ftety  Sodann  eifrig  feiner  bon  ben  Slaben  fd&toer  bebrängten  Sanbäleute  26 
an,  inbem  er  große  Summen  jum  fioSlaufe  bon  (befangenen  foenbete.    Slucfy  errichtete  er 
mehreren  balmattnifd^en  SDtärtyrern  in  SRom  eine  Stirere.  —  3lm  12.  Dftober  642  ift  er 
geßorben.  §.  mtymtx. 

3»4«tt«e*  V.,  $a})ft  685—686.  —  L.P.  ed.  Wommfen  I.  p.205f.;  ed.  2>u«e$ne 
I,  p.  366 f.;   Jaffe*  P,  p.  242;   ©ajmann  I,  6.  188;    Sangen   S.  581;   DchB  III,  392;» 
Hodgkin  VI,  p.  359. 

3o$anne3,  ein  geborner  Styrer,  ber  ate  ®ia!on  auf  bem  6.  öfum.  ßonjil  eine  SRoHe 
gezielt  tyatte,  toar  ber  erfte  ^apft,  ber  gemäß  ber  Äonftitution  Äaifer  ÄonftantinS  VI. 
(Jaffö  ©.  242  sub  Benedictus  II)  fofort  nad)  ber  28afyl  o^ne  Iaiferlid;e  Seftätigung 
getoei^t  tourbe,  23.  3«K  685.  3)ie  einjige  Slmt^^anblung,  ioeld^e  toon  ifym  befannt  ift,  36 
tjl  bie  SBieberuntertoerfung  ber  farbinifd^en  Äirc^e  unter  ben  pctyftlicfyen  Stu^l,  togl.  Jafte 
nr.  2129.    Sd^on  am  2.  Sluguft  686  ftarb  er.  $.  m^mtx. 

&%***&  VI.,  5ßa))ft  701—705.  —  L.  P.  ed.  SHommfen  I,  p.  217  ff.;  ed.  $u«e3ne 
I,  p.  383;  JafW  P,  p.  245 f.;  «ojmann  I,  6.  191;  Sangen  6.  593 f.;  Hodgkin  VI,  363; 
DchB  III,  392  f.  40 

^obann,  Don  ©eburt  ein  ©rieche,  tourbe  am  30.  Dftober  701  jum  ^Jajjfte  getoei^t. 
Seine  (Erhebung  fanb  niebt  ben  Seifall  be*  Äaiferä  3ll)ftmar=2:iberiu^.  2)crfelbe  fanbte 
bafcr  ben  @|arc^en  2^eo^^la!t  nac^  SHom,  um,  toie  e^  fd^eint,  ben  SPapft  ju  befeitigen. 
Aber  bie  game  STOilij  Don  Italien  fammelte  ftc£,  loie  e^  Reifet,  um  &om,  um  3<>^ann 
$u  föfiften.  ©iefer  liefe  jeboc^  bie  $ljore  fd^liefeen  unb  loufetc  ben  (Sjard^en  j\um  3lb-  46 
tuge  w  betoegen.  (Sine  größere  ©efa^r  brotyte  i^m  loä^renb  feine«  'ißontifirate«  toon  bent 
umgobarbtf^en  $enog  ©tfulf  Don  33enebent.  älber  and)  er  toarb  burd;  bie  ©efc^enfe  bc^ 
Stapfte*  befttmmt,  pc^  jurü&ujie^en.  —  %m  %afyxt  70 1  ^ielt  3.  eine  Stynobe  in  Sachen 
Küfrieb«  Don  ?)orI  (f.  b.  31.),  ofyne  eine  bepnitiDe  ©ntfd^eibung  ju  fällen,  Dgl.  Jaffd 
nr.  2142.    gr  fterb  am  11.  %annax  705.  $.  »deiner,     so 

3i^amied  VII.,  ^Japft  705—707.  —  L.  P.  ed.  Wommfen  I,  p.219f.;  ^)ud)e§nc 
I,  p.384;  Jaff^  P,  p.246f.;  «ajmann  I,  8.  192;  Hodgkin  VI,  p.  364.  370;  Sangen 
6.  595 f.;  DchB  III,  393. 

SofanneS,  toie  fein  SSorgänger  ein  ©ried^e,  amtierte  Dom  1.  ÜHärj  705  —  18.  Df* 
tober  707.     1)ad  ^JaDftbud^  ritymt   feine  JMlbung,   8ereb[amfcit   unb  feinen  Äunftftnn.  55 
gekernt  betätigte  er  bei  ber  2luöf$mücfung  ber  Don  i^m  gegrünbeten  3Ruttergotte3taj)cHe 

mmU9nc*tlopWt  fftf  S^cotegtc  unb  Surfte.  8.  ».  IX.  17 


258  ftolfanite*  VII.  tarnte*  VUI. 

in  St.  $eter  unb  mancher  anberen  römif<$en  Äird&en.  Dagegen  fiejj  er  in  ben  SBerfymb* 
hingen  mit  Äaifer  ^uftinian  IL  über  bie  Anertennung  ber  ÄanoneS  be$  Duinije|tum 
9Rut  unb  ^fttgleit  fcermiffen.  ©inen  energischeren  $on  fölug  er  ber  englifd&en  Ätn$e 
gegenüber  an,  Don  beren  ©eiftlicfyen  er  bie  Annahme  ber  römifoVn  ÄlerilftlHeibung  forberte. 
6  3u  ben  Sangobarben  ftanb  er  in  guten  Sejietyungen.  Jtönig  älripert  erftattete  tym  ba$er 
ba$  Patrimonium  ber  fottifc^en  Afyen  jurütf.  $.  »H»ter. 

Spanne*  VIIL,  Sßapft  872—882.  —  Gu  eilen:  3)te  »riefe  ber  tjatifanifdjen  $f. 
Mansi  XVII,  p.  1  ff. ;  MSL  126,  p.  647 ;  bie  graflmente  ber  collectio  Britannica  #«  V, 
p.  298  ff.;    SJöwenfelb,  Epistolae  Romanorum  pontificum  ineditae  p.  24-34;   aüe  roeiteTen 

lOjRefte  f.  Jaffa  I\  p.  376-422.  ©tograpWd)eS :  $intmar,  Annales  ad  a.  872—882,  MG 
SS  I,  p.  495  ff.;  Regino,  Chronicon  ed.  Sturze  p.  102 ff.;  Ann.  Fuldenaes  ed.  fturge,  p.  109; 
(Srdjempert,  Hist.  Langobard.  Benevent,  c.  39,  46  ff.,  SS  rer.  Langobard.,  p.  239,  256. 
Catalogus  comitum  Capuae  ibid.  p.  499;  SBattertd),  Bomanorum  pontificum  vitae  I, 
p.  27  f.,  635-648;  L.  P.  ed.  $u«eäne  II,  p.  121  f.;  bie  ßonailten:  Mansi  XVII.  —  fitt* 

löteratur:  Balan  II  pontificato  di  Giovanni  VIII,  SRobena  1876;  ßangen,  <3efd)id)te  ber 
römifdjen  $trd)e  oon  SlifolauS  I.  big  ©regor  VII.,  @.  17U-275;  ©regoroDiuS,  ©efdj.  ber 
©tobt  SRom  im  9M,  S3b  III;  £ergenrötl)er,  SßljottuS  II,  6.  291  ff.;  $efele,  Goncilienaefdj. 
IV2,  6.  447  ff.,  514  ff. ;  gungmann,  Dissert.  selectae  in  hist.  eccles.  III,  p.  419 -435  f.: 
©dprörä,    £intmar  *>on  Äeim«  passim;    $mucf,   £<S>  $eutf(fclatib3   11*,   6.  558  ff.,  702 ff.; 

30  Aman,  Storia  dei  Musulmani  di  Sicilia  t.  I,  p.  434  ff. ;  Gasquet,  L'empire  byzantin  et  la 
monarchie  Franque  1888,  p.  432—482;  Summier,  ©efefc.  be3  oftfr&nfifdjen  »etdje«,  ©blF 
unb  III2;  Guiglelmotti,  Storia della  marina  pontificia  nel  medio  evo  I,  p.  109 f.;  Lapotre, 
S.  J.,  L'Europe  et  le  Saint-Siege  ä  l'dpoque  carolingienne,  t.  I.  Jean  VIII,  1895  (ultra* 
montan  unb  beutfdjfeinbHdj). 

26  3°fann>  ber  ©<^n  beä  ©unbo,  hatte  bereite  an  20  gafae  baä  einflußreiche  Amt 
e'meS  Ard^ibiafonen  ber  römifd^en  Äirctye  befleibet,  als  er  am  14.  ©ejember  872  $um 
Zapfte  getoetyt  mürbe,  ©rofe  getoorben  in  einer  3"*  au&erorbentlic&en  »uffötoungä  ber 
pctyftlt$en  3Wac$t,  ergriff  er,  obtootyl  er  fcfyon  an  ber  ©d&toeHe  beä  ©reifenalter*  ftanb, 
fofort  mit  jugenblid^em  geuer  bie  Aufgabe,  im  ©eifte  9lifolau$'  I.  bie  SBelt  unb  bie  kitöft 

so  ^u  regieren.  An  Segabung  baju  gebraety  e$  tym  nicfyt.  ®r  toar  nid&t  nur  ein  tüchtiger 
gtnanjmann,  ein  ni<$t  ungefaßter  ftelbtyerr,  ein  getoanbter  militäriföer  Drgantfator,  er 
fcerftanb  and)  au$  bem  ©runbe  bie  Äunft,  mit  rafdjem  Sntfd&luffe  jeber  SBenbung  m  bem 
SBiberftreite  ber  ^olitifd^en  SKäa^te  ju  folgen  unb  fie  ftcfy  nufcbarju  machen,  unb  ©ut  unb 
^erfon  anberer  9Renfc$en  in  ben  ®ienft  feiner  Sntereffen  J«  [telfen.    Aber  fo  unerföoßfs 

85  Itd;  er  in  feinen  Kombinationen  toar,  fo  toenig  toä^lerifc^  fear  er  au$  in  feinen  Wittebt 
Sa^on  er  bermanbte  j.  33.  bie  @jfommunifation  in  einem  Umfange  jur  ©rreic^ung  rem 
Politiker  3roecfe,  U)ie  bor  U;m  fein  mittelalterlicher  ^apft.  Überfampt  mar  getfUtd^  an 
tfjm  faum  me^r  aU  ber  5Rame.  33or  einer  Untoa^r^eit  fa^retfte  er  nio^t  )urfict.  ©eine 
©egner  berfolgte  er  mit  bem  ganzen  n>ilben  Äaffe  be«  ©üblänberd.    ©afe  j.  S.  Sergiud 

40  bon  Neapel  bon  bem  eigenen  ©ruber,  bem  2Mfc$of  St^anafiuS,  überfallen  unb  greulich 
üerftümmelt  mürbe,  fanb  er  nur  ^öd^ft  löbl'xd)  unb  Ilingenben  So^ned  loärbig.  SBar  er 
\onad)  aller  geiftlid^en  JBürbe  bar,  fo  fehlte  ed  i^m  boa^  ni$t  ganj  an  getftigen  §nttr* 
effen:  2lnaftafiu«  Sibliot^efariuö  erfreute  fta^  feiner  ©unft.  3)en  ®iafon  3o$anned  be* 
auftragte  er,   in  maiorem  gloriam  beS  ^Ja^fttumS  baS  Seben  ©regorS  b.  ©r.   ju  be* 

46  föreiben,  unb  ber  Grmerb  einer  frönen  Orgel  mar  für  tyn  eine  faum  mtnber  t»u^ttge 
Angelegenheit,  ate  ber  6rU>erb  frieg^tüa^tiger  arabifa^er  ^Jferbc.  —  3^  x^n  politifäje 
3iele  roaren  eS,  für  bie  §«>^ann  feine  ganje  Äraft  einfette:  bie  33efreiung  ^taliend  Dem 
ben  ©arajenen  unb  bie  (Sr^ebung  be$  $apfteS  jum  Dber^erm  3^1^^  unb  be$  Äaifcr* 
tum«.    3)aS  (entere  liefe  fta^  nur  üerloirflid^en,   toenn  ba«  erftere  erreia^t  mürbe.    Sttef 

60  ^o^ann  fyat  betbe  Aufgaben  nid)t  gelöft,  nicf)t  toeil  e$  i^m  an  Talent,  fonbern  an  9Ra$t 
fehlte,  unb  ber  s^artei^aber  unb  bie  beginnenbe  S^^^Ö  ^  wonara^ifdj[en  ©etoalten 
biird^  ba«  SetyenStoefen,  beffen  ©efa^ren  er  beutlio)  ertannte  (Jaffö  3011),  jd>e  eneegtf^e 
älftion  t>er^inberten.  2)ie  erfte  Aufgabe  nafym  er  fogleia^  im  Sunbe  mit  ftatfer  Subtotg  IL 
in  Angriff.    Darum  trat  er  mit  Energie  für  bie  Autorität  biefeS  gürften  em.    (Sx  ffiftete 

66  ^rieben  gmifd^en  i^m  unb  Abalgid  üon  93eneoent.  6r  fud^te  i^m  ben  Sefty  be«  lot^a* 
ringifd^en  9tci$e3  ju  toerfc^affen.  Aber  er  baute  and)  jelbft  eine  flotte,  rüßete  unb  biftete 
Jjerjönlid^  eine  Art  ftefycnber  s3JJilij  au$  unb  oerDoßftänbigte  bie  Sefeftigung  Storni,  inbem 
er  ©t.  $aul  mit  einem  gort  umgab,  ba$  er  3o^anno}>olte  nannte.  Allein  folange  bie 
dürften  oon  Palermo,  9Jea}>el,  6aj)ua   unb  bie  öürgerfcfyaft  be«  feemäa^tigen  Amalfi  an 

oo  bem  SünbniS  mit  ben  „©öfyncn  be^  leufeB"  feft^ielten,  fear  tro^  aller  nemen  @rfo(ge 


3*fj<mne3  VIII.  259 

an  eine  Vertreibung  bcr  Sanbeäfeinbe  nicfyt  ju  benfen.  3)arum  fefyen  toir  ben  sjjapft 
immer  triebet  befc^äftigt,  fei'3  bur$  ©elb,  fei'ö  burcfy  gute  SBJorte,  fet'3  mit  ©etoalt 
Med  Sänbniö  jujerreifcen.  Slber  obtoofyl  er  e£  über  ftcfy  Dermocfyte,  j.  33.  an  Slmalfi 
ja^rlic^  10000  SKanfufen  )u  jaljlen,  unb  oft  genug  ben  äknnftraljl  toiber  bie  Un« 
getyorfamen  föleuberte,  gelang  e$  tym  mcfyt,  eine  bauerfyafte  antifara$emf$e  2iga  $u  6 
ftanfce  ju  bringen.  ©o  \af)  er  fiefy  fcfyliefjlicfy  gegen  6nbe  feiner  9tegierung  felber  genötigt, 
bm  ©aragenen  einen  jctyrlid&en  Tribut  Don  25  000  SKanfufen  ju  jaulen.  —  3n  «n*  neue 
$&afe  trat  feine  italiemfäe  Sßolitif  ein  burefy  ben  $ob  Katfer  fiubtotgS  am  12.  Oftober 
875.  2Bie  fefcon  #abrian  IL,  fo  fyatte  auefy  er  eine  ausgekrochene  Slbneigung  gegen  bie 
$eutf$en  unb  bie  beutfd^en  Karolinger.  $aä  jeigt  feine  ^jaltung  gegenüber  bem  beutfcfyen  10 
6pifto)>at  (t>gl.  Jaffa  2986),  feine  Stellung  in  bcr  mctyrif$en  gfrage  (f.  u.),  feine  game 
$oliüt  gegenüber  bem  „König  t)on  Satern"  unb  feinen  &ö\)Mn.  ©o  luD  er  benn  niegt 
Subtoig  ben  ©eutfetyen,  Jonbern  Karl  ben  Kafylen  ein,  fiefy  in  9tom  bie  Kaiferlrone  ju 
falen,  nu£t  o^ne  jugleidj  bie  beutfäen  dürften,  Prälaten  unb  ©rafen  energifefy  Don  einem 
©mfafle  in  granfrod)  abjuma^nen.  3lm  25.  3)ej.  875  empfing  bann  Karl  aus  feiner  16 
$anb  bie  Krone.  Kurj  barauf  ernannte  er  ben  Sr^bifd^of  Slnfegte  Don  ©en$  jum  päpfc 
U$en  95üar  nid)t  nur  für  ©aüten,  fonbern  auä)  für  ©ermanien  (Jaffa  3032).  2)ann 
fanbte  er  jtoet  Segaten  na$  granfreiefc  mit  bem  auftrage,  bie  §änbel  jtoifcfyen  Karl 
unb  2ubtoig  bem  $eutf$en  beizulegen.  3)afe  er  bei  aHebem  nur  ben  Vorteil  beä  t)on 
fyn  „ertoä^lten"  KatferS  im  3luge  fyatte  unb  beffen  abfielen  auf  SubtoigS  Sanbe» 
mtterffctycn  tooHte,  ift  Har.  aber  burd&  bie  ©#la$t  Don  2tnberna$  am  8.  Dftober  876 
toarb  Karte  fioffnung  auf  eine  Sßieberfyerftellung  ber  farolingifd&en  UniDerfalmonarcfyie  für 
immer  Derntcptet  ©cfym  Dörfer  toar  e$  in  SRom  ju  einer  3Serfcfyh>örung  gegen  ben  Katfer 
unb  bte  franjofenfreunblic^e  Sßolitif  beS  $aj>fte$  gefommen,  ju  beren  Häuptern  ber 
9if$of  ^ormofuS  t>on  Sßorto,  gofyannä  SRtt>at  bei  feiner  (Srtyebung  auf  ben  pä^ftlid^en  25 
6tu|l,  m  Regierungen  ftanb.  3lm  19.  Styril  fear  ber  $aj>ft  auf  einer  römifcfyen 
©tynobe  gegen  biefe  ©egner  vorgegangen.  6r  fyat  fte  bann  noefy  öfter  qrfommunijiert,  aber 
nie  fyre  Dpfofttion  toöfiig  unterbrüden  fönnen.  Wod)  f^limmer  fear,  bafc  ber  Aaifer  fld^ 
aufjer  ftanbe  jeigte,  t^m  gegen  bie  Sarazenen  §ilfe  ju  letften,  unb,  bafe,  aU  er  enblid^  im 
September  877  in  ber  fiombarbei  erfd&ien,  fein  9leffe  Äarlmann  aud  ®eutf$Ianb  ^eran^  so 
rötfte  unb  $n  )um  9tütf}uge  betoog,  auf  bem  er  bereits  am  13.  Cttober  toerftyeb.  s)iun 
fä^  fu^  ^o^ann  bo<^  genötigt,  mit  JlarlmannS  2tnfyrud>  auf  Italien  unb  baS  Raifertum 
yot  rechnen  unb  mit  $m  in  Unter^anblungen  ju  treten.  9U3  aber  biefe  ri\d)t  Don  ber 
Siede  rüdtten,  matten  Äarlmann^  9(n^änger,  bie  3Rar{grafen  Don  Xo^Iana  unb  @po(eto, 
(mjen  $roje^:  fte  überfielen  im  grüfyjafyr  878  9tom,  fc^Ioffen  ^o^ann  ein  unb  Der- 86 
pfafflttax  tnjtoifc^en  bie  römifd^en  ©ro^en,  Karlmann  atö  König  unb  pfünftigen  ftaijer 
a»|uerfennen.  tiefer  Vorfall  beftärtte  jebod?  ben  ^ap\t  nur  in  feiner  antibeutfe^en 
$oCitiL  Äaum  toar  er  toieber  $en  feiner  6ntfd^(üffe,  fo  begab  er  fiefy  auf  bem  ©eetoege 
iab  ^ranfretc^.  $ier  gebaute  er  auf  einem  großen  beutjd;--fran^öfifd;en  ©encralfonjtl  bie 
ttaliemMK  S^age  )u  entfäeiben.  2)te  brei  beutfd^en  dürften  (üb  er  baju  ein.  Slber  leiner  40 
berfdben  letftete  feinem  Stufe  golge.  ©0  unterfetyieb  [xd)  baSÄonjil  Don  2:roi;e^  (11.3tug. 
btd  20.  Sept.  878)  lÄiglic^  burc^  bie  Slntoefenfyeit  be«  5ßapfte^  Don  einer  franjöftfd^en 
Radtftfnobt.  %xd)  jeigte  Subtoig  ber  Stammlet,  obtoo^l  er  \\d)  bequemte,  auä  ^o^annd 
^anb  feine  Ärone  ju  empfangen  (7.  ©ept.),  leine  Steigung,  \\d)  in  baö  SBirrfal  ber  tta= 
Ucmfc^en  $olitif  }u  ftürjen.  2lber  ^o^ann  ^atte  bereits  einen  anberen  ^rätenbenten  inS  45 
äuge  gefa|t,  mit  bem  er  jefet  in  %xo\}&  einen  geheimen  Vertrag  abfd)lo|:  ben  ©rafen 
9ojo  öon  ber  ?ßrot>ence.  3)iefer  follte  an  feiner  ©tatt  al^  fein  „StbopttDfobn"  bie  toclt^ 
Ikben  Sfogelegeifyeiten  bertDalten,  toä^renb  er  felbft  angeblich  gan^  ben  göttlichen  Dingen 
fk$  toibmen  tooute.  3n  ber  3$at  folgte  Sofo  bem  ^apfte  über  ben  3Jtont  Geni^  nad) 
Stadien.  3Ba$rf$emlic9  auf  einer  italienifd^en  ©eneralfynobe  ,^u  9iom  follte  bann  bem  50 
Sertrag  Don  Xro^ed  gemä^  feine  9Ba^l  jum  König  erfolgen;  benn  bie  3uftimmung  be^ 
$apftc*,  erflÄrte  3o^ann  gan;  ä^nltcf),  tote  fpäter  ^nnocenj  III.  be^üglic^  ber  beutf^en  Könige 
toa^i,  fei  )u  biefem  Sitte  erforberlid^,  toeil  ber  gefräste  gürft  Don  ihm  jum  Kaifer  ^u 
oebtnieren  fei  Allein  ber  $lan  jerfd^lug  [xd),  toeil  bie  beutjd;en  Karolinger  in  Cberitalien 
tt  biet  ©oben  getoonnen  hatten,  ©elfteren  $er;en^  entfd^lof;  fieb  baber  ^obann  im  65 
Sbguft  879  )U  9laDenna  Karl  ben  ®idfen  aU  Jlönig  Don  Italien  anjuertennen  unb  enb« 
üd)  fogar  —  fror  9.  gebruar  881  —  ben  tym  fo  toenig  genehmen  gürften  jum  Kaifer 
111  fadnen.  $a$  bebeutete  nidbt  me^r  unb  mcfyt  toeniger  ati  ben  Dölltgen  ^ufammenbruc^ 
mner  italienif^en  ^olitif.  3lber  toenn  er  gehofft  ^atte,  burc^  ben  2kr)i$t  auf  feinen 
ÖeWing^lan  toenigftotö  einen  tüchtigen  Sunbe^genoffen  für  ben  Kampf  gegen  bie  ©ara;  go 


260  3oI|amte3  VIII.  ^otjanne*  IX. 

tfnm  ju  getoinnen,  jo  fyatte  er  ft$  grünblidfr  getauft:  Äarl  begnügte  fi$  mit  bem 
äußeren  ©lanje  ber  Ärone.  Italien  blieb,  toie  gerabe  SofyannS  leiste  Sriefe  jagen,  jic$ 
fclbft  überlaffen,  b.  i.  e$  blieb  eine33eute  ber  ©arajenen  unb  ber  emanber  jerfleifd&enben 
Meinen  Stynaften. 

5  hieben  biefen  rein  politiföen  ^fragen  fielen  in  3°l?Mm3  3Raf$na$mcn  fm^lid&e 
fragen  eine  toerfyältnismäfcig  geringe  Stolle:  nur  ber  m<tyrij$en,  bulganfctyen  unb  btyjan* 
tinifcfyen  grage  fyat  er  größere  2lufmertfamfeit  gefd&enft,  toetl  fie  ju  reinen  9Rad&tfragen 
geworben  toaren.  3n  b*™  ©treitc  jtoifcfyen  2Jtefyobiu$  unb  bem  baierifc^en  ©trijlojKite 
nafym  er  junäc^ft  fe^r  energifety  für  ben  erfteren  Partei.     2)ie  Sterte  ber  Saiern  erflärte 

10  er  einfach  für  aufgehoben  burd)  bie  älteren  SRed&te  Storni  (Jafte  2970—2980).  allem 
879  jitierte  er  9Retl;obiu$  boc$  noc^  aß  Strieder  m$  gjom  (jaff$  3267  f.).  3nbe* 
&  gelang  3Retfyobiu$  fi$  jm  rechtfertigen.  3°^ann  betätigte  tyn  als  (Srjbtfcfcof  bon 
9Rä|ren,  lobte  in  einem  SSriefe  an  ©toatopluf  bie  fyriDifäe  ©d&rift  unb  gcfjtonb  ben 
weiteren  ©ebrauefy  ber  flabifcfyen  Siturgte  ju;   aber  er   orbinierte  gleichzeitig  3fte$obiu$' 

16  bitterften  geinb  Sicfying  jum  93if$of  Don  Neutra  unb  beftimmte,  bafc  bog  ßbangelium 
immer  juerft  lateintfefy,  bann  jlabifcty  im  ©otteäbtenfte  beriefen  toerbe  (Jaffa  3319).  ©o 
hoffte  er  e$  beiben  Parteien  red&t  ju  machen;  aber  er  betoirfte  nur,  bog  ber  ©ante  ber 
3toietra$t  in  ber  jungen  metyriföen  Ährcfye  ntd&t  ausging  (Jafte  3344).  —  Äonfequcnter 
fefcte  er  bie  Sßolitif  feiner  Vorgänger  in  ber  bulgarifc^cn  ftrage  fori    aber  all  bie 

20  ©efanbten  unb  ©riefe,  bie  er  an  ben  dürften  9Ri$aeI  richtete,  erhielten  nickte,  al£  böge 
33erfotec$ungen  (Jafte  2962,  2996,  3130—3135,  3246—3248,  3261,  3265,  3360, 
3379):  bie  griecfyifcfyen  Sßriefter  unb  ber  gried&ifctye  Äult  blieben  im  Sanbe.  2>agegen 
glüdfte  e$  ^ofyann  879  ben  dürften  Sranimer  bon  Kroatien  fürSRom  ju  gelohnten  (Jaffö 
3260,  3262,  3359).  —   Sng   mit  ber  bulgarifd^en  toar  immer  bie  bt; j an tinifc^e 

26  jfrage  berfnüpft.  35ie  33efe£ung  ber  Sulgarei  bur$  btyjantinifd&e  Sprieftcr  führte  unter 
^ofyann  utnäc^ft  ju  einer  immer  fdjlimmer  toerbenben  Trübung  ber  Sejie^ungen  Storni 
ju  bem  Patriarchen  3ßnaJ  bon  Äonftantinopel.  9Jun  tourbe  nad)  Sgnaj'  iobe  (23.  Oft. 
877)  ber  auf  bem  „8.  allgemeinen  ßonail"  bon  869  abgefegte  $atriard&  $^ottud  reffe 
tuiert.    SBotyl  um  ben  SSeiftanb  beä  ftaiferä  SafiliuS  I.  gegen  bie  ©arajenen  ju  ge* 

so  totnnen,  erflärte  \\d)  ^o^ann  „temporis  ratione  habita"  im  Sluguft  879  bereit, 
^tyottüS  anjuerfennen,  toenn  SßtyotiuS  auf  einem  Ätonjil  ©atiSfaftion  leifte  unb  bie 
SBulgarei  9lom  jugejprod^en  toerbe.  %n  ber  %fyat  trat  im  -Wobember  879  )u  Äonfiam 
tinopel  ein  grofjeä  orientalijd;e^  Äonjil  jufammen,  bem  au$  einige  ))äj)ftlid^e  Segaten  bei? 
toofynten.    2lber  ^P^otiu«   teilte  auf  bemfelben  bie  ©riefe  3*>^«g  in  einer  ftberfefcung 

36  mit,  „meiere  ben  ^ofyen  %on  be^  ^}a})fte^  jur  Sitte  ^erabftimmte",  bon  ber  gorberung 
betreffe  ber  ©ulgarei  unb  ber  ©attefaftion  be^  ^^otiuö  nid^td  enthielt,  ftatt  beffen  aber 
bie  SKafynung,  bie  Sefd^lüffe  bon  869  &u  toerbammen.  3)iefe  grobe  SKl^ftififation  fcatte 
ben  ertoünfd^ten  ßrfolg.  I)ie  ©tynobe  erlannte  ^J^otiu^  an,  überliefe  bie  Siegelung  ber 
bulgarischen   ^rage  bem  jlaifer,  fafete  Sefc^lüffe,  toonad^  bem  $apft  nur  ber  $rimat  im 

40  Slbcnblanbc  }ugeftanben  tourbe,  unb  üertoarf  enblid^  fogar  feierlich  im  $mblicfe  auf  bad 
abenblänbifc^e  filioque  jebe  älnberung  be^  Nicaeno-Constantinopolitanum.  Cbtoo^l 
nun  bie  römijd^en  Segaten  proteftierten,  ftimmte  ber  tycty\t  im  äuguft  880  biefen  9<* 
fc^lüffcn  j\u  (Jaff^3322),  be^aüouierte  feine  Segaten,  bat  ben  fcfclaucn  Patriarchen,  nic^t 
übel  fcon  t^m  ju  benfen,  unb  erflärte  fogar,   auefy  er  toolle  nid^t«  bon  einer  Slenberung 

46  be$  ©t;mboleö  miffen  (Jaff^  3369).  2>er  ©runb  biefe^  SSer^alten«  toar  $aul>tfä<Mi($  ein 
politischer:  bie  Hoffnung  auf  bie  S)romonen  be^  KaiferS  Safiliu«.  3)a^u  fam  bie 
Hoffnung  auf  Söieberancrfennung  ber  römifc^en  2lnjjmic§e  in  Sulgarien,  bie  benn  in  ber 
%l)at  toenigften«  formell  erfolgt  ju  fein  fc^eint  (Jaff^  3323).  3)afe  %otyuin  t>or  feinem 
lobe  t>on   biefer  ^ßoltiif  ^urüdfgefommen   fei  unb  S|Jtyotiu8  bon  neuem   abgefegt   ^abe# 

50  melben  lebiglic^  bie  fpäteren  Duellen.  ^n  fe^nen  ©riefen  finbet  fic^  feine  ©pur  battm 
3Jiit^in  fyat  ber  ^apft  toa^rfc^einlid;  aud^  auf  biefem  gelbe  fein  $ontiftfat  mit  einer 
SRieberlage  befd;loffen.  —  9iac^  ben  gulbaer  Slnnalen  ^ätte  nun  bie  iragöbie  WefeS 
Seben^  aud^  toie  eine  Iragöbie  geenbet.  ©ie  erjagen,  bafe  3oI^nn  *&  M>f«  «n« 
SSerjd^toörung  getoorben  fei.    3^^  ^a^e  i^n  einer  feiner  3Sertoanbten  bergiftet;  aber  ba 

65  ba«  ©ift  ^u  langfam  toirfte,  (ei  ber  $apft  fctyliefelicty  burd^  ^ammeijttUiBC  auf  ben  Äötf 
getötet  toorben.  SBir  muffen  biefe  9Jad^ric^t  auf  fid^  berufen  laffen.  SRur  b<ö  fte^t 
feft,  bafc  ber  Uapft  am  15.  SDejember  882  au$  bem  Seben  fc^ieb.  $.  8i|«er. 

3o^anne«  lX.f  ^aj>ft898— 900.  —  L.  P.  cd.  2)n«eSnc  II,  p.  232;  SBatterid)  R.P.  V.  Ir 
p.  31,  84,  656  ff.;    Man«  XVI,  p.  450;  XVIII,   p.  201  ff. ;  Jaffd  P,   p.  442f.;    Longen 


3oijötwe$  IX.  Solfattttc*  X.  261 

S.  307—311;  Summier,  ©efc&itfte  be3  oftfrft'nFt facti  9ieicf)e§  IIP,  ©.  429;  £efele,  (£on-- 
ciiiengcfcfttdjte  IV*,  567 ff.;  SBeUanb  in  8^  XIX,  6.  85 ff.;  gunf  in  £3®  1888,  8. 284  ff.; 
ftregorooiu*,  ©efdjid)te  bcr  ©tabt  9*om  III,  6.  243  ff. ;  3ungmann,  Dissert.  selectae  in  hist. 
eccles.  IV,  p.  33 ff.;  f.  au*  b.  tt.  gormofu«  53b  VI,  ©.  127. 

3tad)  bem  $obe  S^eoborS  im  ©eaember  897  bemächtigte  ft$  junäcfyft  bcr  SSifd^of  6 
6ergiu$  öon  6erä  (f.  b.  31.  ©ergiuS  III.)  t>e$  pctyftlid&en  ©tubleS.  Silber  nad)  monate* 
langen  Stampfen  gelang  e$  ber  fpoletmifd^en  gartet  im  Styril  898,  ifyn  ju  Derbrängen, 
unb  an  ferner  Statt  ben33enebiftmer  Sodann  Don^tDolt  ju  ergeben,  ber  bis  gum3Kai900 
amtierte,  ^o^ann  betrachtete  bie  ©üfynung  ber  an  bem  #eic$nam  feinet  SSorgängerS  gor* 
mofuS  toerübten  ©reuel  afe  feine  näcfyfte  unb  hnd&tigfte  Slufgabe ;  auf  einer  ©tynobe  ju  10 
6t  $kter  Derbammte  er  bie  33ef$lüffe  ber  ©tynobe  <&ttpf)an$  VI.  (f.  b.  31.).  anatfyema* 
tifierte  bie  ©ergianer  unb  erllärte  alle  Don  gormofuä  Donogenen  2Beifyen  für  giltig.  ©leid)* 
jatig  erliefe  er  im  §inblicf  auf  bie  Unruhen  bei  ben  legten  SBafylen  eine  Verfügung  über 
bie  $a£fttoa^l,  in  ber  er  im  Slnfd&luffe  an  bie  constitutio  Romana  Don  824  forberte,  bafc 
bie  Äoitfefration  „be$  Don  ben  33if$öfen  unb  bem  gefamten  ÄleruS  erhalten,  Don  ©enat  15 
unb  Soll  erbetenen  Sßajjfteä"  in  ©eaentoart  laiferlicfycr  ©efanbten  Dorgenommen  toerben 
foQe.  @nbli$  erlannte  er  auf  bem  Äonjile  feierlich  Lambert  Don  ©poleto  als  Äaifer  an 
unb  erflarte  bie  Salbung  beä  Sarbaren  Slrnulf  für  null  unb  nichtig.  $m  öunbe  mit 
Sambert,  ba$  jeigen  no#  beutlid&er  bie  Sefcfylüffe  einer  birg  barauf  in  StaDenna  tagenben 
Sfynobc,  toddjt  ein  grelle«  ©c^laglicfyt  auf  bie  Sirmut  unb  2Rad>iIofigfeit  be$  SßapfttumS  20 
toerfen,  hoffte  Sofyann  *n  9tom  georbnete  §uftänbe  toieber  ^erjuftcKen.  Slbcr  biefc  £off* 
mmg  toarb  burefc  ben  plöftli($en  %o\>  beä  jungen  StaiferS  am  15.  Dftober  898  Dereitelt. 
San  3o$atm3  SRegierungäaften  ift  noefy  fyerDorjufyeben :  1.  bie  Steftitution  be$  Don  ©tepljan  VI. 
abgefegten  SifcfcofS  SlgrinuS  Don  £angre$,  2.  bie  auf  ben  2Bunf$  beä  dürften  2Rotmir, 
aber  o&ne  SRüdjtcfct  auf  bie  Slnftmtcfye  ber  bairifcfyen  Äirc^e  Don  ifym  Derfügte  ©ntfenbung  25 
breier  Sifc^öfe  in«  SKäfyrenreicfy,  gegen  meiere  ityeotemar  Don  ©aljburg  aläbalb  cnergifdjj 
@infpru$  crtyob,  unb  3.  bie  2Rajjna|men  be$  sßapfteS  in  bem  ©träte  mit  Styjan}.  2ln* 
fang«  betätigte  auefc  er  bie  Verfügungen  feiner  Vorgänger  in  betreff  be$  SßfyottuS.  2lber 
Dar  feinem  lobe  föemt  er  auf  einer  ©tynobe  no#  ju  einer  Verftänbigung  mit  ben  ©rieben 
gelangt  $u  fein.  #•  »itymer.     30 

3ffytIUte*  X.,  $atft  914—928.  —  Stutpranb,  Antapodoais  II,  c.  47-54;  III, 
c.  17,  43;  Opp.  ed.  Tümmler,  p.  44—47,  61,  73;  Benedictus,  Chronicon  MG  SB  XIII, 
p.  714  f.;  Leo  Casineneiß,  Chronicon  SS  VII,  p.  616;  Chronica  s.  Benedicti  SS  rer.  Lango- 
Mid,  p.  484;  Invectiva  in  Romam  pro  Formoso  papa,  ed.  Summier  in  Gesta,  Berengarii 
p.  153,  cf.  71  f. ;  Ceriani  e  Porro,  II  rotulo  opistografo  del  principe  Antonio  Pio  di  Savoja,  36 
boiu:  fiöwenfelb,  92«  IX,  @.  515  ff.;  Mansi  XVIII,  p.  315 f.;  Jaff^  l\  p.  447—453; 
LP.  ed.  ?)u4e«ne  II,  p.240f.;  hatten*,  R.P.V.  I,  p.  35 f.,  661  ff  :  Sangen  e.  319-328; 
Tümmler,  ©efc&.  be«  oftfränf.  9?eic^e§  III1,  ©.  603 ff.;  Liverani,  Giovanni  da  Tossignano, 
Opere,  Maoerata  1859,  t.  II;  ©regoromuS,  ©efdj.  ber  Stobt  SKont  im  ^K9(  III;  3ungmann, 
Diasertat  selectae  in  hist.  eccles.  IV,  p.  46—62;  bittet  in  Stoppö  ©efdjid)töblftttern  1,40 
6. 214  ff.,  290  ff.;  3)flnbliTer  unb  Füller,  fitubpranb  üon  Sremona,  SBübinger,  Unterfudjungen 
jnr  mittferen  ©ef*.  I,  Seipjig  1871,  ©.  11 3  ff . 

9ta<$  Siub^nranb  Don  ßremona  Dcrbanlte  ^ofyann  x-  fön*  @^ebung  auf  ben  päpfc 
lieben  ©tu^I  lebiglic^  bem  Umftanbe,  bafc  bie  „3lHein^errin"  9lom3,  bie  ältere  %t)to\>oxa, 
ein  längft  mit  i^m  angefnü))fte^  e^ebred^erifc^eg  33er^ältni^  bequemer  fortfe^en  n>oDte.  46 
ÄDein  Siubpranb  fc^rieb  erft  ein  fyalbeä  ga^r^unbert  nad^  3°^anng  ©tu^Ibeftetgung.  ©r 
ift  uibem  ein  arger  Säfterer,  barum  barf  fein  Seric^t  nidjt  für  bare  SKünxe  genommen 
toerben.  StOerbing^  ift  bie  SSorgefd^id^te  3<>^ann«  bunfel :  geboren  n>ie  e$  ^ei|t,  gu  loffig« 
nano  ht  ber  Slomagna,  tparb  er  junäd^ft  SDiafon  in  Bologna,  bann  Sifdjof  bafelbft,  trat 
aber  bied  Slmt  nic^t  an,  fonbern  bemä^tigte  ftd)  angeblid)  in  tt)iberred;t(t^er  ffieife  be^  so 
©tu^le^  Don  SlaDenna.  @rft  Don  ^ier  au«  tourbe  er  ettoa  im  3Kärj  914  entgegen  einer 
Seftanmung  !go^ann3  IX.,  Don  ben  primates  ber  ©tabt  —  b.  i.  Dor  allem  Don  3^eo* 
bara,  mit  ber  er  anfd^einenb  Dertoanbt  toar  —  auf  ben  päpftlicfyen  ©tu^I  berufen.  2ltö 
Äm^enfürft  ^at  er  fid^  nid&t  mit  Slu^m  bebedft,  obtoofyl  &  tym  an  ßifer  unb  ©cfcfyidf 
aad)  für  bie  Ätrcfyenregterung  nid^t  fehlte :  ben  f laDonijd^cn  (Srjbifd^of  Don  ©^alato  unb  66 
feine  Untergebenen  fuepte  er  jur  annähme  ber  latcinifd^en  Siturgie  unb  jum  Slnfc^lu^  an 
Sinn  )u  beftimmen,  toa«  i^m,  toie  e«  fc^eint,  aud^  bi«  $u  einem  getoiffen  ©rabe  gelang 
(3—2  3571—3573).  3lud&  mit  ben  ^Bulgaren  bemühte  er  ftd^  gelegentlich  ber  erfolg- 
losen Unter^anblungen,  bie  er  mit  93tyjanj  über  bie  3uföf{tgteit  ber  4.  (£^e  (f.  b.  91.  ©er* 
giud  III.)  führte,  toieber  an;u!nü))fen.    älber  ber  ^atriard^  92iIolau«  Don  Äonftantinopel  eo 


262  Cannes  X.  ^anne*  XII. 

ttnifete  bie  beabftd&tigtc  SRcifc  ber  päj>ftKc$en  Segaten  ju  bem  ftax  ©ipeon  ju  fcer&mbern. 
9l\d)t  minber  foH  er  beftrebt  getoefen  fern,  mit  ber  foaniföen  Jtirc^e  tn  Sene^r  ju  treten, 
unb  eine  Stetnfion  ber  mojarabifcfyen  Siturgie  behrirft  tyaben.  Aber,  toenn  auefy  oiefer  6r* 
folg  nic^t  in$  SRctd^  ber  Segenbe  gehören  fottte,  fo  führte  er  bod&  nid&t  tu  einem  engeren 

6  33ertyältmffe  gtoifd^en  5Rom  unb  ©ganten.  (Sin  folcfyeä  beftanb  toetyrenb  ^o^amtä  $on* 
tififat  nur  mit  granfreiefy  unb  3)eutf$lanb.  3la$  2)eutfd&lanb  entfanbte  er  im3a$re  916 
ben  33if$of  $eter  toon  Drta  afö  fiegaten,  feine  Slntoefen^eit  fottte  ben  83efölüffen  ber 
berühmten  ©tynobe  toon  §ofyenalttyeim  (MG  Constitutiones  I,  p.  618  ff.)  befonbere* 
©etoid&t  beriefen.    2lu3  feinen  Verfügungen  für  granfretety  ift  tyer&or&u^eben  bic  an 

10  ben  ßrjbifcfyof  Don  9teimä  gerichtete  ^nftruttion  über  bie  99e£anblung  ber  neubefetyrten 
Normannen.  2lber  faft  ausnahmslos  befd&ränfte  er  jt#  au$  im  SBerwfyr  mit  biefen  2än* 
bern  barauf,  bereits  getroffene  ober  geplante  3Ra|regeIn  ber  Sijdjöfe  unb  gürften  gut* 
jufyei&en.  3)aS  jeigt  nichts  fo  grell,  hrie  bie  33eftätigung  ber  2Ba^(  be$  öjetyrigen  ©rafen 
§ugo   bon  23ermanbotS  jum  (grjbifcfyof  toon  9teimS  (3— 2   3570).  —   2)efto  größeren 

16  $Kufym  ertoarb  fic$  aber  Sofyann  als  ^olitüer  unb  ftelbfyerr.  @S  gelang  tym,  eine  &t 
Siga  ber  bebeutenbften  italiemfctyen  dürften,  ben  btyjanttnifcfyen  Äaifer  einbegriffen,  gegen 
bie  ©arajenen  ju  ftanbe  ju  bringen.  SRacfybem  er  burety  bie  Ärönung  Serengar«  ftm 
gfriaul  jum  Äaifer  (26.  5Robember  ober  3.  ©ejember  915)  eine  fejle  Sfirgjc&aft  für  bie 
SBieberfyerftellung  ber  ftaatlicfcen  Smtyeit  in  Ober*  unb  SRittelitalien  gefd&affen  $atte,  jog 

20  er  felbft  an  ber  ©pifce  eine«  §eereS  gegen  baS  ©tanbquartier  ber  ©arajenen  am  unteren 
©arigliano  unb  errang  im  äuguft  916  einen  glänjenben  ©ieg.  allein  na$  btefem©tege 
begannen  bie  ttalienifcfyen  dürften  unb  2lbelSfa!tionen  toieber  i^r  alte«  ©toiel.  Äaifer 
Serengar  tourbe  im  ga^tc  924  ju  SSerona  ermorbet.  ©em  fd^toad^en  Stuboif  Don  8ur* 
gunb  gelang  es  nicfyt,  ftd)  ju  behaupten.    (Srft  $ugo  Don  Surgunb  festen  baS  jfa  glücfen. 

26  SDarum  fcfylofc  Sodann  nadp  bem  9.  %\xl\  924  mit  tym  ni  SRantua  ein  SünbniS.  allem 
ber  erhoffte  SSorteil  blieb  au«.  SSielme^r  erftanb  in  9tom  felbft  jefct  bem  Zapfte  ein 
mächtiger  %zwb  in  ber  intriguanten  SRarojia.  3m  3un*  928  toarb  auf  tyren  Setrieb 
fein  ©ruber,  ber  ^räfeft  SßetruS,  Dor  feinen  3lugen  ermorbet.  ®r  felbft  tourbe  in  ben 
Äerfer  getoorfen.    3)ort  ftarb  er,    feine«  Slmte«  beraubt,   furj  barauf,   ut  plures  asse- 

80  runt  @Ioboarb)  au«  Slngft,  alfo  eine«  natürlichen  Sobe«.  6rft  ein  fpätere«  ©erü^t 
(„aiunt"  Siubpranb)  melbet,  bafe  er  mittel«  eine«  Äopfliffen  erftidtt  toorben  fei. 

f.  »J^wer. 

3o^anne«XI.f  Sßatft  931—936.  —   fiiutpranb,  Antapodoeis  II,  c  48;  in,  c  43; 

V,  3,  p.  45,  73  ff. ;  Benedictes,  Chronicon  SS  III,  p.  715;  fjloboarb.  Annalea  931-936, 

86  SS  III,  6.  80  ff.    ©eitere  Duellen:   ©atteri«  R.P.  V.  I,  p.  38 f.;  669 ff.;  L.  P.  ed.  Du- 

djc«ne  II,  p.  243;  Jaffe*  P,  p.  454  f.;  Sangen,  ©.329—331;  ©regorouiu«,  <»ef<&.  ber  ©tobt 

JRom  im  WM  III. 

Sofyann  XI,  ein  natürlicher  ©otyn  $a})ft  ©ergiu«*  III.  unb  ber  SHarojia,  tourbe 
cttoa  im  3Rärj  931  auf  Setrieb  feiner  5Rutter  gum$a})fte  erhoben.  Äl«  fem  #albbruber 
40  5llberid^  fic^  cm  3a$r  ffäter  in  Slom  ber  §errfd^aft  bemächtigte,  tourbe  aud)  er  in  ben 
©turg  feiner  3Kutter  toertoicfclt.  Db  er  je  bie  $* etyeit  toieber  erlangte,  ifi  ungetoi^.  ©ic^er 
toar  c«  Silberig,  ber  bei  allen  bebeutenberen  3>wri«bi!tion«^anblungen,  tote  bei  ber  33er* 
letyung  be«  $aQium«  an  ben  16j ädrigen  Patriarchen  ^^eop^laft  t>on  ÄonftantinojKl,  ben 
9lu«fc^(ag  gab.  „Dirne  ©etoalt,  be«  ©lame«  bar,  nur  mit  geiftltc^en  fingen  be« 
46fd^äftigt"  ©loboarb),  enbete  ber  unglücflid^e  $<H)ft  im  Januar  936  fein  Seben. 

f*  »Hner. 

^oljannc«  XII.,  ^Ja^ft  955—964.  —  Stutpranb,  über  de  rebus  gestis  Ottonia, 
Opp.  ed.  Tümmler,  p.  124—136;  Continuatio  Reginonis  ed.  Jhtrje,  p.  171-174;  Bene- 
dictus  s.  Andreae  monachus,    Chronicon    c.  34  —  37,  SS  III,    p.  757  f. ;   Über  pontificalis 

50  ed.  5)ud)e«ne  II,  p.  246 ff. ;  Sattcrid),  R.  P.  V.  I,  p.  41-63;  Jaffe*  I*,  p.  463-467; 
Summier,  Cito  b.  ©r.  V,  313  ff.,  325  ff. ;  ©tefebredjt,  ©ef*id)te  b.  beutfeften  Äaifcrieit  I4, 
6.  447 ff.;  Manfc,  ^eltgcfcftidjtc  VI,  2,  ©.  2t0ff.;  «Wanitiu«,  3)eutfd)e  Öef4  unter  ben  fä*» 
fifdiew  u.  faltfdjen  ^atfern  ©.  144—151;  ^ungmann,  Diesert.  selcctae  in  hist.  ecclee.  IV, 
p.  441) ff.;  ©reqoroütu«,  ©efd).  ber  6tabt  SRom  im  9JW.  »b  III;   Sangen  a.  a.  O.  €.  336 

65  bi*  351 ;  $aurff  Ä:ir4engef«id)te  $eutfd)lanb3  III,  6.  222—236.  «u«  ber  Citteratur  über 
ba$  Cttontonum  Ijebe  id)  ^erüor:  ©icfel,  3)a«  ^rtoitegium  Otto«  I.  für  bie  römifdje  Ätrdie, 
1883;  3Bcilanb  in  8Ä«  XIX,;  eimfon  in  m  XV,  ®.  575 ff.;  fiinbner,  3)ie  fogenannten 
(54cnf«n(\en  $ippin«*,  tarl«  b.  @r.  unb  Dttoö  I.  an  bie  köpfte,  ®.  94  ff.;  $irfd>,  3)aÄ  fog. 
partum  Otto«  1.  uom  Sa^re  962;    Sadur  in  9M  XXV,  ©.  409  ff. 


SofjanneS  XII.  263 

Um  feinem  $aufe  au|er  ber  toeltlid&en  aud&  bic  geiftlicfye  §errf$aft  in  9tom  ju 
föcat,  He|  3Uberi$  t>or  feinem  Sobe  (954)  ben  römifcfyen  Slbel  eiblt<$  geloben,  bei  ber 
Mafien  (Srlebtgung  beS  päpftlic^en  Stuhle«  feinen  illegitimen  ©otyn  unb  örben  Dftabian, 
ben  er  bereite  in  ben  getftli<$en  ©tanb  fyattt  treten  laffen,  jum  Zapfte  *u  toätylen.  ©$on 
im  SJejember  955  trat  ber  fcorgefefyene  gaU  ein:  Sßapft  2lgat>et  II.  ftarb.  3lm  16.  3)e*em*  5 
ber  folgte  iljm  ber  junge  gürft  ber  9lömer.  Sei  biefer  (Gelegenheit  bertaufcfyte  berfelbe 
feinen  ^eibniföen  SRamen  mit  bem  cbrtftlicfyen  3o$anne&  Aber  im  übrigen  blieb  er,  toaS 
er  toar,  ein  echter  ©pröfcling  beS  fraftfcoHen,  ehrgeizigen,  aber  audfj  rotyen,  lafterfyaften, 
gang  ungetfili$  gefilmten  ©efdbled&teS  ber  SRarojia.  3)er  2ateran,  Reifet  eS,  toarb  unter 
$m  förmlid?  ju  einem  §urenfyauS,  in  toclcfyem  ber  Stacfyfolger  Sßetri  beim  ©elage  beS  10 
Zeufelä  3Rinne  tronf  unb  beim  SBürfelftnel  ©ämonen,  tote  Sujtyiter  unb  23enuS,  anrief. 
6eü>fi  bie  ^ßeter^thrd^e  enttoetyte  ber  päpftlicfye  2)on  $uan,  behauptet  man,  burcfy  feine 
Orgien,  ©eine  geiftli$en  SlmtSpflid&ten  betrachtete  er  felbftoerftänblicb  nur  als  eine  läftige 
Setgabe  feiner  ©tellung.  Er  ^atte  batyer  feinen  Slnteil  an  ben  fyoctyfafyrenben  Stufcerungen 
über  bie  SBürbe  beS  jßajjfttumS,  bie  in  üblicher  $orm  aus  feiner  Äanjlei  in  bie  2öelt  15 
gingen.  Aber  er  toar  bo$  me^r  als  ein  lüberlid&er  3)on  $uan :  w  toar  e"t  fltofeer 
Säger  unb  Ärieger  unb  t)erbanb  mit  allen  Saftern  au$  ben  fyod&fltegenben  ßtyrgetj  feines 
£aife3.  3unöwP  öerfud^te  er  t>ergeblid&  im  ©üben  feine  £errfcfyaft  tu  erweitern.  3)ann 
geriet  er  in  $änbet  mit  König  Serengar.  3lu$  babei  aber  baut  er  fein  ©lud.  SBerengarS  ©ofyn 
»albert  befefcte  römifd&eS  ©ebiet.  9lom  felbft  fd&ien  gefätyrbet.  3n  feiner  5Rot  entfd&lofe  ftdfj  ao 
ba,  ^ct^t  e$,  ber  $aj>ft,  ÄönigDtto  I.  um$tlfe  ju  bitten.  SMefer  (Sntfd^Iufe  ift,  toie$anfe 
imb  $audf  mit  Steigt  fynfoortyeben,  auffällig.  9Ran  fann  faum  annehmen,  bafe  ber  sjjajjft 
ifa  f**i  ß*fa6*  $at,  fonbern,  bafc  er  &u  ifym  burd)  bie  Sieformpartei  beS  römiföen  SHeruS 
gejtoungen  tourbe,  toelctye  t>om  Singreifen  Otto«  eine  Sefferung  ber  ffanbalöfen  ^uftänbc 
an  ber  Äurie  erhoffte.  3)afj  gotyann  felber  bem  Äommen  beS  ÄönigS  mit  2Jhf*trauen  26 
entgegenfa^,  jeigt  fein  SSer^alten,  als  Otto  ftcfy  9lom  näherte :  er  liefe  ifyn  nid&t  eljer  in  bie 
©tobt,  als  bt$  er  tym  feierlich  tyatte  geloben  laffen,  bafc  er  feine  ©tellung  als  ^apft  unb 
gfaft  öon  9tom  in  jeber  ©ejie^ung  reff eftieren  toerbe  (togl.  bie  promissio  Ottonis  in 
ben  fcerföiebenen  Siegenftonen  unb  bie  promissio  ber  fömglicfyen  ©efanbten  in  MG  Con- 
stitutiones  I,  p.  20 ff.:  ^ier  and)  alle  Sitteratur  ju  ben  beiben  ©d&riftftüdfen).  ©rftso 
naebbem  er  ftdb  bergeftalt  gegen  ben  König  gefiebert  l)attt,  frönte  ber  $apft  Otto  am 
2.  gebruar  962  jum  Äaifer.  33eibe  toaren  bann  iunäd^ft  bemül;t,  einanber  gefällig  ju 
fein.  SBie  ^o^ann  be«  ÄaiferS  SieblingStounfc^  erfüllte,  inbem  er  bie  ©rünbung  eines 
SrjbtStumS  tn  SWagbeburg  unb  bie  ©rünbung  eines  33tetum$  in3Kerfeburg  gut  fyiejj,  fo  er* 
taraite  ber  ftaifer  in  Saufc^  unb  Sogen  alle  93efi$anfprü$e  ber  römifc^en  Hirc^c  an,  fügte  86 
einige  neue  ©djenfungen  ^inju  unb  öerfprad^  bem  Raffte  jur  Eroberung  ber  i^m  toorent* 
baltenen  ©ebiete  be^ilflid^  ju  fein  (12.  gebruar  962.  1.  leil  beS  Dttonianum).  2lber 
faum  $atte  Otto  9lom  öerlaffen  unb  jeigte  fid^  in  ber  ©rfüBung  biefeS  SSerfprec^enS  läfftger, 
aU  ber  Sßaffi  ertoartete,  fo  änberte  ^o^ann  feine  Sßolttif.  6r  fnüpfte  mit  feinem  efye* 
maligen  Sebränger  Slbalbert  an.  2lud)  mit  St^janj  fud^te  er  ftcfy  ju  toerftänbigen,  unb  40 
fogar  bie  Ungarn  beabftc^tigte  er,  tote  eS  Reifet,  }u  einem  einfalle  in  $eutf<$lanb  ju  be* 
ftmtmen.  Dbtoo^l  er  Jomit  jtpeifclloS  33errat  fpann,  brad^  er  bod^  bie  SBejiefyungen  mit 
Cito  nid^t  gleich  ab.  @rftf  als  Slbalbert  in  Sibita  Secuta  gelanbet  toar,  liefe  er  bie  SRaSfe 
faBen.  9hm  gog  Otto  «nfang  9lobember  963  gegen  9lom.  3)er  2lbfaH  beS  größeren  Seiles 
beS  ©tabtabelS  öffnete  Ujm  bie  ^ore.  2Bä^renb  Sodann  unb  Slbalbert  nad^  Siboli  45 
flogen,  trat  am  6.  SRoDember  unter  faiferlid^em  Sorfifee  in  ©t.  Sßeter  eine  ©^nobe  m- 
fammen,  toddp  nac^  längeren  3Ser^anblungen  am  4.  ^ejember  Sodann  tüegen  SReineibS, 
IRarbS,  ©afrilegium  unb  Slutfd^anbe  für  abgefegt  erflärte  unb  an  feiner  ©tatt  ben  5ßroto= 
ffriniar  8eo  jum  $a^fte  toä^lte.  ^m  3ufammenfyang  bamit  tourben,  tüie  eS  föeint,  bie 
Seßhnmungen  ber  constitutio  Romana  bon  824  erneuert,  bie  Dberfyerrfctyaft  beS  ÄaiferS  50 
aber  9tom  anerfannt  unb  ÄleruS  unb  Stbcl  eiblid^  üerpflid^tet,  bei  ber  $apfttoafyl  an  bie 
lanonifc^en  Slec^tSformen  ftd&  ju  galten,  bie  3Qäeil;e  beS  neuen  ^apfteS  aber,  U)ie  eS  in  ber 
geti  ber  btyaniiniföen  §errfd^aft  üblid^  getücfen  tt>ar,  nid&t  e^er  borjune^men,  als  bis  ber 
(frtröblte  m  ©egentoart  ber  faiferlid^en  missi  bem  Äaifer  gefd^tooren  fyabt.  ©d^on  ber 
nette  ^>P  W*mt  Dor  feiner  2Bei^e  biefen  gib  geleiftet  ju  yabm  (Dgl.  ben  2.  Seil  beS  65 
fog.  Ottonianum.  ®erfelbe  ift,  toie  eS  fd^eint,  erft  nad^  bem  6.  3)ejember  963  ent* 
fUmben  unb  bann  mit  ber  promissio  Dorn  12.  gebruar  962  —  1.  Xeil  beS  Otto- 
nianum —  toerbunben  toorben:  SSetüeife:  1.  ber  spiritualis  pater  noster  Leo  fann 
nur  2eo  VIII.  fem,  togl.  ©imfon,  Sinbner,  ©atfur  a.  a.  0. ;  2.  fciub^ranb  a.  a.  D.  c.  8 : 
bie  3UHner  fötoören  Otto  numquam  se  papam  electuros  aut  ordinaturos  praeter  go 


264  Cannes  xil.  faulte»  XIV. 

consensum  et  electionem  domini  imperatoris  Ottonis  filiique  ipsius  regis  Otto- 
nis.  SDicfc  SBorte  fiiubpranbS  lönnen  feine  toörtlufye  SBiebergabe  beä  SibeS  beä  SRömerä 
fein,  fonbern  nur  ein  33ericfyt  über  bie  SReuorbnung  ber  Sßapfttoatyl  9toD.— Dej.,  963). 
allein   bie  Körner  Würben   balb  beä  Äaiferä  unb  beä  neuen  $aj)fteS  mübe.    63  gelang 

s  batyer  ^ofyann  in  9tom  einen  Slufftanb  anzubetteln.  Derfelbe  hnirbe  nun  jtoar  Don  Otto  rafdj 
untcrbrücft  (3.  3anuat  964).  aber  !aum  fyatte  er  bie  ©tabt  Derlaffen,  ate  bie  Dornet 
men  greunbmnen  go^annö  Don  neuem  ba3  33olf  aufwiegelten.  £eo  VIII.  muftte  flücfc 
ten.  3°^ann  J°9  toieber  in  ben  Sateran  ein  unb  fyielt  atebalb  (26.  f$cfauar)  in  ©t  $eter 
eine  ©tynobe,  auf  ber  er  bie  33ef$lüffe  beä  faiferlid&en  Äonjitö  faffterte  unb  Seo  VIII. 

10  abfegte  (Dgl.  bie  Sitten  Constitutiones  I,  p.  562  ff.),  ©räfelid&e  SRactyeafte  an  ben 
ftüfyrern  ber  Sieformpartei  folgten.  Slber,  efye  Otto  tyn  hierfür  jur  Seranttoortung  gießen 
rennte,  fanb  ber  (Snfel  ber  SKaro^ia  ein  feiner  §er!unft  unb  ©efumung  toürbigeä  6nbe: 
er  mürbe  mitten  im  ©fyebrucfye  Don  einem  ©efytrnfölage  getroffen  unb  ftarb  8  Stage  barauf 
am  14.  9Rai  964,  ofyne  bie  SBegjcfyrung  empfangen  ju  $aben.  $.  »öljwer. 

16  Cannes  III.,  Sßatft  965—972.   —     L.  P.    ed.  3)uc$e3ne  II,    p.  252  ff.;   Bene- 

dictus,  Chronicon  c.  39,  1.  1.  p.  719:  Siutpranb,  legatio  62,  p.  106;  SBatterid),  R.P.V.  I, 
p.  44,  66,  685  f.;  Jaff6  I2,  p.  470—477;  bagu  fletjr,  ©öttinger  Machten  1898,  @.  371  f.; 
Summier,  Otto  b.©r.,  ©tefebrcdjt  F,  6. 493 ff.;  Sangen  8.  354-363;  $aud  IU,  S.  124 ff., 
240 f.;  Sungmann,  Disscrt.  selectae  IV,  493 ff. 

20  9fau$  bem  Sobe  2eo$  VIII.  baten  bie  SRömer  Otto  b.  ©r.  junäc^ft  um  Söieberem- 
fefcung  SenebiftS  V.  Der  Staifer  lonnte  barauf  nidjt  eingeben.  2lud&  ftarb  Senebilt  fc^on 
am  4.  %ul\  965.  ©o  fanb  erft  im  ©eptember  im  ©egentoart  ber  SJifctyöfe  Don  ©peier 
unb  ßremona  als  faiferlictyer  missi  bie  SReutoafyl  ftatt.  ©ie  fiel  auf  ben  Sifd&of  ^olpmn 
Don  -Jtarni,  einem  ©o^ne,  toie  e$  fäeint,  ber  jüngeren  S^eobora,  ber  t>on  Sugenb  «i  bem 

26  römifcfyen  ÄleruS  angehört  fyatte  (gemeint  1.  Dftober).  Dbgfcw$  f°na$  m^  ton  ©tabtabel 
eng  liiert,  fyattt  $.  baä  getoötynlicfye  ©djidffal  aller  unter  fatferltdjem  Sinfluffe  getollten 
^Jäpfte.  bereite  am  16.Dejembcr  braefy  in  9tom  ein  Slufftanb  toiber  tyn  auä.  ®r  tourbe 
junäd^ft  in  ber  (Sngeläburg  eingefcfyloffcn,  bann  auf  einer  Surg  in  Äampanien  etngderfert 
3toar  gelang  e$  tym  nad)  einiger  3«t,  au$  biefem  ©efängniffe  )u  entlommen.  Slber  9tom 

so  öffnete  ifym  erft,  toie  e3  fcfyeint,  auf  bie  Äunbe  Dom  Slnmarfcfye  beä  ÄaiferS  t)om  4.  9lo* 
Dember  964  bie  2tyore.  Diefe  (Srfatyrung  toarb  beftimmenb  für  3-ä  toeitere  5ßolitit 
ßngfter  Slnfc^lufe  an  ben  Äaifer,  „ben  britten  Konftantin",  unb  totttfäfyrigeS  6inge^en 
auf  ade  beffen  5ßläne  unb  JBünfd^e,  ba^  toar  toon  nun  an  bie  Slid&tfd&nur  feinet  SJer^alten«. 
Die  Sr^ebung  SKagbeburg«  jur  3Retro))ole,    bie  Stiftung  ber  Stetümer  SRei^en,  SRerfe^ 

86  bürg  unb  3^/  M«  Privilegierung  ber  !aif erliefen  ^miltenllöfter,  bie  Ärönung  Otto«  IL 
am  25.  Dejember  967,  bie  (Sinfegnung  ber  6^e  be^  jungen  ÄaijerS  mit  ber  Zfpoptymn 
14.  2tyril  972  —  ba«  fmb  nur  bie  befannteften  Scif^iele  für  feine  ©rgeben^eit  gegen 
Dtto  I.  3lu$  bie  3Serbung  btö  jungen  Otto  um  eine  btyjantiniföe  ^rinjefjtn  im 
©ommer  968  unterftü^te  er  burefy  eine  eigene  ©efanbfd^aft,  berbarb  e^  aber  buri^  einen 

40  SBerftofe  toiber  bie  ßttfette  fo  fefyr  mit  Jtaifer  5Rice^^orug,  bajj  biefer  ben  ^lan  fa^te,  in 
Dtranto  ein  neues  (Srjbi^tum  unter  ber  ^ri^biltion  Äonftantmopefe  ju  errieten  unb  in 
Julien  unb  Galabrien  ben  lateinifc^en  Slituö  ju  unterbrüden.  Dagegen  f)ob  ftc^  infolge 
feines  33ünbniffe3  mit  bem  Äaifer  toieber  baS  Slnfe^en  beS  pä^ftlic^en  ©tu^leä  im  3lbenb^ 
lanbe.    92id^t  nur  Don  $ranfrei$,  fonbern  and)  Don  Spanien,  (Snglanb  unb  f elbft  S^ott* 

46  Ianb  auS  tourbe  er  um  (Sntfd^eibung  firc^Itd^er  Rechtsfragen  angegangen.  Semertenftoert 
ift  fein  freunbfd^aftlid^eS  Ser^ältniS  $u  ßluni  Q—2  D.  3-  744),  fotoie  bie  ja^lreid^en  Am 
berungen,  bie  unter  feinem  ^ontififat  in  ber  lirc^licfyen  Crganifation  fw^  Donogen ;  allein 
bier  nmt  (SrjbiStümer  —  aufeer  TOagbeburg  &tipua,  SBenebent  unb  33ic^,  baS  oDerbingS 
balb  toieber  einging  —  fmb  unter  ifym  entftanben.  —    @r  ftarb  am  6.  September  972. 

60  $.  MtyttCT. 

3ol)anne»  XIV.f  $atft  983—984.  —  SBatterid),  P.R.  V.  I,  p.  66,  686 f.;  Jaff^  V, 

p.  484;  GHcfebrec^t,  3)eutfd)e  ftcuferjeit  I6r  6.  604;  Sangen  6.  368  f. 

Wad)  bem  lobe  SenebiftS  VII.  toarb  auf  betrieb  Dttoä  IL  ber  Grfamlcr  Don 
Stalten  S3if$of  Bieter  Don  $aDia  im  5RoDembcr  983  mm  ^apfie  getoa&lt  ©ine  ber 
66  erften  2lmt3f;anblungen  be«  neuen  ^iapfte^,  ber  ftcfy  ^opanne^  nannte,  toar,  ba|  er  am 
7.  Dezember  bie  Seilte  be«  fterbenben  Äaijerg  entgegennahm.  9lad)  Otto«  24>be  erlitt 
aud)  er  balb  baä  geU)ö^nlid^e  Sd^icffal  ber  „laiferlicfyen"  5ßä})fte.  SBonifa^  VII.  (f.  b.  SL 
33b  III  S.  291)  fefyrte  au$  Äonftantinopcl  jurücf.  3m  3l}>ril  984  bemäd^a^e  er  fty 


3fo^anned  XV.  3fol)atMC*  XII.  265 

Stoma.   3°^nn  toarb  in  ber  SngclSburg  cingeferfert.    £ier  ftarb  er  am  20.  2luguft  984 
fei'*  an  ©tft,  fei'«  an  junget.  #.  »üljmer. 

Spanne*  XV.,  *ßa}>ft  985—996.  —     L.  P.  ed.  $ud)e3ne  II,  p.  260 ;    ©attcricfc, 
R.P.V.I,  66  f.;  687 f.;  Jaffe*  I1,  p.  486—489;  SSWnmnnä,  go^rbücfter  beä  beutfd)en  SKeid)3 
unter   Otto  III;    ©lefebredjt,     ©cfd)id)te    ber  beutfcftcn  toifevjcit,  I5,    @.  493 ff.;    Sangen  6 
6.  369-380;  tymcf,  SHrc&engefd).  3>cutfcf)lcmb3  III,  <3.  263  f. 

Sofann,  ber  ©ofyn  be$  römifd&en  *ßriefter$  £eo,  toarb  im  äfaguft  985  jum  Sßapfte 
getoä^lt  unb  ftarb  Slnfang  SCpril  996.  gn  SRom  felbft  erfreute  er  ftc$  fefyr  geringen  3fa* 
fefcnS :  bie  politifäe  3Rad)t  rifi  3^«™^  (SreScentiuS  IL  an  ftd&.  £)cr  HleruS  r/afcte 
ben  %ktyft,  toeil  er,  tote  e$  tyeifit,  alles,  toa$  er  erhalten  fonnte,  feinen  Sertoanbten  ju-  io 
tDanbte.  9hi$  aufterfyalb  Stoma  erlitt  ba$  päpftlicfyc  2lnfetyen  unter  ifym  fd^U>erc  einbüßen, 
tote  ber  SReimjer  ffird^enftreit  jeigt  (f.  b.  21.  ©ilbefter  II.).  2lm  erfreulichen  noc$  toaren 
ferne  Siegelungen  ju  ben  Sluniacenfern  unb  gu  2)eutfctylanb :  nicfyt  nur  bie  SRegentmnen 
Zbeopfyanu  unb  Äbetyeib,  aud)  ber  beutf<$e  ßpiffopat  pflegte  bie  $reunbfcfyaft  mit  9tom. 
$a£  betoeifen  nicfyt  nur  bie  bertyältniSmäfjig  jafylrcicfcen  auf  3)eutfc|lanb  bezüglichen  2)e*  16 
freie  unb  ©riefe  3ofyann3  —  am  merftoürbigften  ift  barunter  bie  §eiligforec$ung  Ubal* 
näß  bon  SlugSburg  bom  3.  gebruar  993,  3—2  3848  afe  ber  erfte  %aü  einer  pätftlictyen 
Ranoitifation  — ,  fonbern  auefy  bie  energifetye  Unterführung,  toeld^e  bie  beutfäe  ßtrcfce  unb  ber 
beutföe  #of,  allerbingS  nic^t  or/ne  politifcfye  §intergeban!en,  itym  im  Jteimfer  Äird&enftreite 
getoäfyrten.  ßrtoä^nenStoert  ift  auefy,  bafi  3°^ann  *n  ^n^m  P olitifcr)en  Streite  alä  3Ser=  20 
mittler  angerufen  tourbe:  fein  Segat  £eo  bonSrebt  Vermittelte  am  1.3Kärj  991  jtoifctyen 
Ityefeeb  fcon  ßnglanb  unb  Slicfyarb  bon  ber  SJJormanbte  ben  ^rieben  oon  Stouen,  ben 
er  bann  feierlufc  fanltionierte.  —  9Sor  ifym  nennt  guerft  9Warianu3  ©totuS  in  ber 
Steige  bei  Sßäpfte  einen  3o$anne£  Roperti  filius,  ber  Vier  3Ronate  regiert  fjaben  fott. 
SBtfmanS  jeigt  a.  a.  0.  ©.  208.  212,  bafe  biefer  3or/anne$  eine  mr/tr/ifd>e  *ßerfon  ift.     26 

#.  iöofjmer. 

3»lpitttC*  XVL,  $a})ft  997—998.  —  9  grie«tf«e  »riefe  beS  fico,  GJefanbten  be3 
Cafiliu«'  II.  »ulgarottonod  an  Otto  III.,  über  SoftanneS  @*icf f al  (mir  nid)t  augätißlirf))  ed. 
8aReltonr  2amJo  1892,  XV,  p.  217 ff.;  Jaffe*  P,  p.  495 f.;  Annales  Quedlinburg,  ad  a. 
997.  SS  III,  p.  24 ;  Johannis  chronicon  Venetum  SS  VII,  p.31 ;  Vita  s.  Nili,  AS  Sept.  YJl,  80 
p.336f. ;  ®attert(b  R.  P.  V.  p.  68,  689  ff.;  9BümanS,  3a^rbücber  be§  beutfdjen  9lei^  unter 
Otto  III.;  ©iefebredjt,  ©ef^to^te  bcr  beutfdjen  taiferjeit  I5r  6.  670f.,  701—703;  fangen 
6.  385-387. 

3o^nne^  $bilagatyu3,  ein  ©rieche  niebriger  ^erfunft  au$  9toffano   in  (Salabrien, 
trat  f$on    bei  Sebjeiten  Dtto^  II.   ju  ber  Äaiferin  2:^eopr;anu  in   fo  nafye  Sexie^ungen,  35 
bafe  ba£  ©erü^t   i^n  ju  beren  Siebtyaber  machte.    3)urc^  bie   ©unft  ifyeowanuS  ex- 
^ieÜ   er   982   bie  reiche  äbtei  3lonantuIa  (Diplomata  Ottos  II.  nr.  238).    SBär/renb 
ber  9tegentfdbaft  gehörte  er  ju  ben  toertrauteften  Ratgebern  ber  ßaiferin,  beren  3Serftimmung 
gegen  bie  ©ittoe  Otto«!.,  Slbel^eib,  er  befonberS  gefd^ürt   r;aben  foH.   3tör  rerbanftc  er 
aii^  feine  @r$ebung  auf  ben  6tubl  Don  tßiacenga,  ber  um  feinettoillen  jum  Gr$ftur/(  ge^  40 
ma^t  tourbe.   3)ur^  S^eo^anu^  lob  tourbe  feine  Stellung  am  §ofc  nid^t  erfc^üttert.  2)a$ 
ergiebt  ft^  barauö,   ba|  er  @nbe  995  ben  äuftraa  erhielt,  für  feinen  tyattn  Otto  III. 
um  eine  foföantinifd&e  ^rinjefftn  &u  toerben.    2luf  ber  SRüdfreife   toon  S^janj  fiel  er  im 
9Rat  997  3pbann  ßredcentiu«  in  bie  £änbe,  ber  iben  ©regor  V.  au3  3tom  berjagt  ^atte. 
Stbet  ben  Slot  feine«  Sanb^manne«,  beä  ffl  9l\lu$,  tiefe  er  ftcr;  betoegen,  an  ©teile  ©re^  45 
gort  ben  ^ftlicfcen  ©tu^I  )u   befteigen.    ®ie  ©träfe  blieb   nid^t    au«.    31«  Otto  III. 
©regor  mit  $eere$ma<$t  jurüdffü^rte,   mufete   er  auf  eine  fefte  Surg  fern  toon  Slom   fic^ 
fUk^en.    #ier  tourbe  er  tmSTOärj  998  ergriffen,  bann,  ber  3Jafe,  ber  D^ren,  bcr  2lugen 
unb  bcr  3un9e  beraubt,  auf  einem  Äomile  abgefegt  unb,  nad^bem  er  tro|  ber  Sitten  beä 
W.  %lud  in  f$impfli$em  ^lufjuge  burq  bie  ©tragen  gefcf;leppt   toar,   von   bem   tiygtog  so 
iubuK  ©regor  in  einem   römif^en  Älofter  eingeferfert.    2)ort  ift   er  toafyrfd&einlicty  erft 
am  2.  a^rif  1013  geftorben.  *.  ööijmer. 

3#^«neÖ  XVII.f  $a»)ft,  3uni   bte  ©ejember  1003.  —    L.  P.  ed.  $u$c«ne  II, 
p.  265;  Jaffe*  I»,  p.  501;  fangen  @.  401. 

9tec^  bem  lobe  ©ifoefter«  IL   toarb  am  13.  3juni  1003  auf  betrieb  be$  gre^cen^  56 
tiu«  ber  SRömer  ©ieco  jum  ^ktpfte  getoä^lt,  ber  ben  tarnen  ^o^anne^  annahm.    6r  ftarb 
bereite  am  7.3)ejember.  35a«  einjige,  toa^  toir  Don  ifym  toiffen,  ift,  bafe  er  vor  feiner  ©r= 
Hebung  ber^äratet  toar.  $.  »ö^mer. 


266  <Hatitie*  XVIII.  ^tttmed  XIX. 

3oljaiuic$  XVIII.,  *ßatft  1003—1009.  —  L.  P.  ed.  SudjeSnell,  p  266;  »ottc 
ri$  R.P.V  I,  p.  69,  699  f  ;  Jaffe*  I«,  p.  501-503;  Giniße  Sriefformufare,  bic  roa$rfd>ein« 
lid)  uon  ihm  fjerriifjrcii,  ed.  Wax\)  SBatefon  ouS  einer  augclffidjf.  Collectio  canonum,  Hwto- 
rical  Review  1895,  p.  728f. ;  gangen  ©.  401. 

6  3tuf  ^o^ann  XVII.  folgte  am  25.  ©ejember  1003  toieber  eine  Äreatur  be*  GreS* 
centiuS,  ber  3tömer  gafan,  ©o^n  eines  *PreSbtyter$  £eo,  afe  Sßatoft  3o$ann  XVIII.  ge* 
nannt.  93on  feiner  Amtsführung  toiffen  ton:  nur  toenig.  @r  genehmigte  1004  bie  2öieber* 
^erfteHung  beS  SiStumS  3Rerfeburg  unb  im  Sunt  1007  bic  ©rünbung  be«  SiStumS 
Bamberg.    S)afe  eS  tym  nietyt  an  (Snergte  fehlte,  jeigt  feine  Serfügung  gegen  bie  »ifööfe 

io  t>on  ©en«  unb  DrlSanS,  toeld&e  Don  Slbt  ©auilin  Don  ftleurtj  bie  Sertrennung  ber  t>tyffe 
lid&en  (&emtionS}mDilegten  geforbert  Ratten  Qafe  nr.  3955).  @rbebro$t  barin  ganaJranf* 
reidfr  mit  bem  Slnatyem.  2lud&  S3^anj  gegenüber  föeint  ber  $aj>fi  einige  ©rfolge 
errungen  ju  ^aben.    @r  ftarb  im  ^uni  1009  als  2Rön<$  Don  ©.  $aul.     $.  »i|wer. 

3oi>aune*  XIX.,  $atft  1024—1032.  —  SRabulf  ©laber,  hist.  ed.  $rou  IV,  c  1; 
16  Leo  Casin.,  chronicon  SS  VII,  p.  665 ff.;  $uftO  Don  3ffatoia.nl),  Chronicon  II,  ibid.  VIII, 
p  392;  SBatteri«.  R.  P.  V.  I,  p.  70,  708-711;  Jaffe  I*,  p.  514-519;  fangen  6.  418 
bi«  428;  ©regorouiuS,  ©efeft.  ber  @tabt  föom  im  9R«  ©b  IV;  ©re&lau,  3af)rbü*er  Äon* 
rabSlL,  2  S3be;  ©iefebredtf,  ©ef«.  ber  beutfdjen  ffaiferieit  II \  6.  244 ff.;  $aucf,  Äir^en* 
gefäidjte  3>eutf*lanb«  III,  6.  556  ff. 

ao  Äaum  $atte  Senebift  VIII.  bie  äugen  gefd&Ioffen,  als  bie  tuS&iIanifcfc  Partei  in 
unanftänbiger  @ile  bie  2Ba^l  feine«  SruberS  SRomanuS  jum  Sßapfte  betrieb.  »Der* 
bingS  toar  fte  ber  ©timmen  nid&t  fid&er.  SRomanuS,  ber  bisher  baS  »mt  eine«  consul 
et  dux  et  Senator  omnium  Romanorum  befletbet  fyatte,  mufjte  Diel  ©elb  opfeni, 
um    jum  Stele  &u   gelangen.     Aber  clvl$  na$   feiner  2Ba#  f^ten  tym  feine  Stellung 

26  fo  toentg  gefeftigt,  ba&  er  im  2Btberfi>ructy  *u  ben  ÄanoneS  nod&  an  bem  2Ba&liage  auf 
einmal  ft<$  fämtlid&e  2Betyen  erteilen  liefe,  toobet  er  ben  Atomen  SofymneS  annahm  (jtoiföen 
12.  2tyril  unb  10.  UM  1024,  Dgl.  £artmann,  3Rt  beS  SnftitutS  für  öfterreid^.  ©efaufrife 
forfd&ung  XV,  ©.  488).  ©o  trat  er  fein  2lmt  h>a^rfd^einlfd^  mit  einer  großen  ©futtern 
laft  an.    9lber  balb  fd&ien  ftc§   tym   eine  ©elegenfyeit  ju  bieten,  feine  Äaffe   toieber  ju 

ao  fußen.  Äaifer  SafiliuS  II.  üon  SStaanj  erfülle  i^n,  ben  Patriarchen  guflat^hi«  fron 
ibnftantmopel  ate  öfumenifd^en  SSifc^of,  b.  i.  ate  5ßaj)ft  be«  Dften*  an^uerlennen.  3)a 
ber  Äaifer  bie  SRömer  lannte,  fügte  er  feiner  Sitte  großartige  ©efc^enlc  bei.  @r  ^atte 
ftd^  nic^t  berred^net.  3°fann  h>^r  toirllid^  bereit,  i^m  ju  toillfa^ren.  SCber  auf  bie 
Äunbe  batoon  er^ob  ftc^  in  ben  flreifen  ber  SReformmönc^e  ein  foleber  ©türm  ber  6nt- 

85  rüftung,  bafe  fid^  ber  ^Sa^ft  genötigt  faty,  bie  SSer^anblungen  ab^ubred^en.  tiefer  Sotfafl 
jeigt,  toe^  ©eifte^  Äinb  er  toar.  gaft  afe  ein  ©lüdf  für  bie  Ährd^e  mufete  e«  ba^er  be* 
trautet  toerben,  bafe  er  feiten  ©err  feiner  ©ntfd&Iüffe  toar.  5Rad^bem  er  am  26.  SRarj 
1027  Äonrab  II.  jum  Äaifer  gehont  fyatte,  ftanb  er,  folange  ber  Äaifcr  in  ^talien  toeilte, 
ganj  unter  ber  §errfc$aft  biefe^  dürften.    Slic^tö  betoeift  ba«  beutlid^er,  ate  fein  93er£alten 

40  in  bem  ©treite  ber  Patriarchen  bon  Stquileja  unb  ©rabo.  3U  beginn  feiner  Siegierung 
fyatte  er  $o^o  t?on  3(quileja  bie  guriebiftion  über  ©rabo  )ugef))rod^en.  9lber  bereite  im 
©e^tember  1024  fyatte  er  biefe  ©ntfd^eibung  toiberrufen  unb  in  ber  feierlic&ften  gorm  bie 
ltnabfyängigfeit  ©rabo«  anerlannt.  3efct  nötigte  tyn  ber  Äaifer,  biefen  Sefölufe  toi*er 
umjuftofeen,   ja,  bem  bem  beutföen  §ofe  treu   ergebenen  Sßoflpo  unter  allen  italtenif^en 

4ö  Sifc^öfen  ben  ^öc^ften  Slang  ju  toerletyen  (Dgl.  ^affö  4060—4064,  4070f.,  4085,  4103). 
2)iefe  2Bißfä^rigfeit  mad^t  e$  begreiflich,  bafe  ber  Äaifer  in  2)eutfd&lanb  feinen  Sefe^Ien 
aerabeju  $o&n  frrac^.  3)a«  jeigt  ein  itoeiter  fe^r  d^aralteriftifc^er  SSorfaH.  Sodann  be* 
ftätigte  1031  bem  3lbt  Serno  toon  Slcid^enau  ba^SRe^t,  beim  ©otte^bienft  ftdj  ber  tojc&of* 
liefen  3)almatifa  ju  bebienen.    6r  überfanbte  i^m  aufeerbem  nod&  bie  bifc^öfli^en  ©(pu^e. 

so  Slbcr  ber  Sifcfyof  ©alomo  Don  Äonftanj  erfyob  hiergegen  Älage  beim  Äaifer,  unb  Ämtrab 
entWieb  o^ne  Zögern,  bajj  ber  3lbt  bte  ))ä})ftlid^c  Urfunbe  unb  ba«  }>ä}>fUi(te  ©ef^ent 
ausliefern  ^abc.  5Dcr  Sifc^of  aber  fcfyeute  ftc^  ntd^t,  beibe«  )u  Derbrennen.  2Ran  toürbe 
jeboe^  inen,  toenn  man  au$  btefen  Vorgängen  auf  eine  3Rinberung  be«  ^ftlic^en  3fo* 
fc^en«  fd^löfee :   jjuglcid^  mit  bem  Äaifer  fonnte  Sodann  1027  Äönig  Änut  Don  enalanb 

55  unb  9tortoegen  in  Slom  begrüßen.  3Rit  ben  Gluniacenfcrn  ftanb  er  auf  gutem J&ufc 
Dbilo  fucfcte  bei  i^m  um  ©^u|  nad&  gegen  bie  2lnfcinbungen  beö  SiföofS  bon  TOAcon 
unb  ertoarb  fk&  fo  ba«  Vertrauen  be«  ^apfteS,  bafe  berfelbe  fe^r  ungehalten  toar,  al«  er 
bie  2Ba&I  &um  erjbifc^of  Don  «^on  ntc^t  annahm  föaffd  4079—4083,  4095).  ttbenfo 
unerfäüttert  toar  baS  j)äj)ftlic^c  Slnfe^en  in  granftetdjj.  S)aS  betoeift  am  befken  bie  me* 


So^mteö  XXI.  3fo^anned  XXII.  267 

toüxbtge  SuQe,  in  ber  go^ann  auf  2Bunf$  be$  S3if*ofö  toon  gtmogeS  erflärt,  ber  tm> 
thifc^e  ©t.  aJtattial  fei  toxnüd),  tote  bie  Segenbe  behauptet,  ein  „aipoftel"  gctoefen.  ®afc 
er  o^ne  ©c&eu  Simonie  trieb,  inbem  er  für  bie  (Srteilung  be$  $alltum$  (Selb  nafym,  er* 
jd^ien  batnalä  fo  toenia  auffatfenb,  bafc  niemanb  tfytn  barauä  einen  33ortourf  machte.  9lur 
toc  #ö£c  ber  ©umme  tyat  Äöntg  Rnnt  beanjtanbet.  gmmer^in  ift  e$  auffällig,  bafc  leiner  ber  6 
mi3  erhaltenen  geiigenöfftföen  ©efcfyicfytSfcbretber  fid>  toeranlafct  gefüllt  f)atf  feinen  $obe& 
ta%  ju  notieren,  ate  toeldjer  h>a^rf^einltc$  ber  6.  5WoDembcr  1032  ju  betrauten  ift  (ogl. 
Qartmann  a.  a.  D.).  @3  9C^  barauä  fyer&or,  bafc  bie  $er[on  btö  $apfte$  ben  $e\U 
genoffen  flfcufyjUtig  toar;  nur  an  ber  gortbauer  ber  gnftitution  fyattm  fie  ein  3ntoeffe. 

#.  Böhmer.      10 

3otyratte*  XXI., tyap[t,  1276—1277.—  Les  Kegistres  de  Gregoire  X  et  Jean XXI 
Dobl.  par  J.  Guiraud  et  E.  Cadier,  3.  Fase.,  $ari3  1898;  91.  <PottI)aft,  Keg.  pont.  II,  6. 171  Off. ; 
Ravnaldns  AnnaL  eccles.  $.  1276  f.  33b  22  ©.  376,  9lu3gabe  aon  feiner,  93ar  le$uc  1870; 
3-  X.  Äöfcler,  »onftfinbige  $a«rid)t  tjon  $apft  3obannXXI.,  ©öttingen  1760;  9t.  ©tapper, 
$apft  3o$anncd  XXI.,  fünfter  1898;  9(.  t>.  £irfaV®ereutf),  ©tubien  jur  ©efdj.  b.  Ärcujjüge  16 
nad)  ben  Svcu^iigen,  9Ründ)en  1896  6.  95  ff. 

?ßctru$  3uliani,  au«  fitffabon  gebürtig,  feit  1273  ßarbinalbiföof  toon  ftuSculum, 
tmtrbc  am  15.  ober  16.  September  1276  ju  SSiterbo  *um  SJJapftc  gemäht;  er  nannU 
fty  Sodann  XXI.,  in  SBirfUd&feit  toar  er  erft  ber  20.  $apft  be$  SRamenS  ^o^ann  (ogl. 
Jhidjeäte,  Le  Liber  Pontific.  II,  ©.  457  äfomerf.  4).  @r  toar  ein  3Rann  öon  20 
ancrfaimter  ©ele^rfamfeit,  aber  tote  e3  fd&eint,  Don  ebenfo  großer  23erf$robenfyett.  ©eit 
bem  14.  3atyr(ptnbert  na^m  man  an,  baft  er  mit  $etru£  §tepanu$,  Don  bem  eine  Steige 
mebi)tnt{$ex  SBerfe  unb  ein  vielgebrauchte«  Äompenbium  ber  Sogt!,  Summulae  logi- 
cales,  erhalten  pnb,  tbenttfö  fei;  bo$  ift  bie  annähme  ni$t  fieser,  ©ein  ^Jontififat 
toar  für  bie  fir$lt$e  (Snttoidfelung  belanglos :  benn  feine  toenig  energifd^en  33emüfyungen,  25 
trieben  unter  ben  dürften  (SuropaS  )um  heften  eine«  Äreu^uaS  m  ftiften,  blieben  otyne 
Erfolg.  9ht$  feine  Äbfk^t,  eine  neue  93erorbnung  für  ba«  Äontlafce  311  erlaffen,  blieb 
unaulgefübrt.  @r  berunglüdte  bur$  ben  Stnfturj  eine«  gtmmerä  *m  päpftlid&cn  Sßalafte 
|u  SKterbo  unb  ftarb  am  20.  3Rai  1277.  Annal.  Plac.  Ghibell.  MG  SS  XVIII, 
6. 568.  »oigt  f  ($««*)•     ao 

3iknme«  XXÜ.f  $aj)ft,  1316—1334.  —  3)ie  SRegifter  3ofjann8  finb  erhalten 
(46  SWnbe),  aber  ntdjt  publiziert.  5)ie  U)id)tigften  ftftenftücfe  finbet  man  bei  Raynaldus, 
Annal.  eccleeiastici  j.  1316—1334,  ©b  24,  S3ar  le  3)uc  1872,  «uSgabe  x>.  91.  2:§einer;  in  ben 
«b&anblungen  ber  ^iftor.  ft(affe  ber  3Äüncbener  Sttabemie  1880-1886  XV,  2  ®.  61  ff.;  XVI;2 
6. 156ff.;  XVII,  1  @.159ff.,  uon  ?reger  bejtü.  SReinfen«  publiziert;  in  SBatifanifdje  5(!ten  86 
iut  beutf^en  öef^ieftte  in  ber  3cit  Ä.  'feubwigö  b.  ©.,  oon  SRiejler  herausgegeben,  3nn«« 
Irud  1891,  ogl.  i>3©@  XIII,  ©.  500;  bei  Martine  et  Durand,  Thesaurus  aneedotor. 
1717  II,  ©.  637  ff.,  im  Cberbatertfäen  Ärtfiio  I,  ©.  45  ff.  ^erau«gegeben  üon  ^öfler; 
bei  ©lifc  CSalendar.  .  Papal lettere,  2.  ©b,  Sonb.  1895  8. 123 ff.;  einzelnes  im  Corp.  iur.  can., 
ed.  griebberg  2.  93b  ©.  1201  ff.  Extravagantes  Joannis  papae  XXII.,  aud)  unter  ben  40 
Extravag.  communes;  im  Bullar.  Roman.  Muriner  9(u$gabe  93b  4  1859,  8.234  ff.;  bei 
Mnraton,  Antiquit  Ital.  VI,  ©iailonb  1742,  8. 185 ff.;  bei  Xöeiner,  Cod.  diplom.  domin. 
tempor.  i.jßb.  Äom  1861  ©.471  ff.;  in  ber  «Infttoal.  3eitfcbr.  üon  &.  i\  üö^er  ®b  V, 
©.  237  unb  VI,  ©.  212:  bei  B.  Dudik,  Iter  Romanum  2.  %l,  SBien  1855  @.  47  ff.  it. 
©.  129ff. ;  3.  3rider,  Urt.  jur  ©efeb.  beS  sJ<ömerjug«  fiubroig§  b.  53.,  3nn§bruct  1865.  5)ie  45 
ftrfdjtigften  erjfi^lenben  GueQen  finb  bie  üon  33alufttu$  gefammelten  Biographien,  vitae  papar. 
Atcd.  1.  ©b,  $nri3  1593  ©.  113 ff.;  nnb  Giov.  Villani,  Cronica  93ud)  9,  10  u.  ll,glorenj 
1823  ©b 4 ff.;  au&erbem  fommen  oorne^mlicb  in  SBetrad)*  bie  üon  SBöbmer  Fontes  rcrura 
GenD.  ©b  1  u.  4  jufammengeftellten  djronüaf.  ©djriften;  fobann  3^a""  ^on  3Bintcrtl)ur, 
beraa»0fgfbeit  Don  (».  0.  SStyfe  im  ?lrd)io  f.  ftftmeijer.  ©efcftidjte  93b  11,  ßüridj  1856,  unb  bie  50 
Cronica  s.  Petri  Erfordens.  mod.,  herausgegeben  x>.  £olber*(Sgger  MG  SS  XXX,  aud)  in 
ber  Oftaoau&gabc  unter  bem  Xitel  Monumenta  Erphesfurt.  1899.  3)ie  *8ioflrapt)ie  üon 
V.  Verlaqne,  Jean  XXII,  sa  vie  et  ses  ttuvres,  $ari§  1883,  ift  njcrtloä;  gelten«  91.  im 
StSt2  lebiglicb  Apologie.  C.  Füller,  ^)er  ^ampf  &ibioig3  b.  33.  mit  ber  römifd)en  ^urie, 
1.«b,  Tübingen  1879;  ©.  ^reger  in  ben  oben  Q.  34  angeführten  ÄW«  XV,  2  ©.  1  ff . ;  66 
XVI,  2  ©.113 ff.;  XVn,  ©.  103  ff., 499 ff.;  SRiejler,  ©efctfdjte  53aicru§,  2.  55b,  ©ot&a  1880 
8.  348  ff.;  %f).  ßinbner,  3)eutf(fte  ©efdjidjte  unter  b.  ^aböburgern  unb  i!u£emburgern,  1.©b, 
©mttaort  1890  ©.314 ff.;  91.  ü.  SReumont,  ©efd).  b.  ©tabt  föom  2.33b,  ©crlin  1867 
6.778;  ff.  ©regorot)iu«,  ©eftft.  b.  ©tabt  töom  im  vU?9l.  6.  ^öb  4.  Vitfl..  Stuttgart  1893 
6.99ff.;  C.  3.  t>.  ^cfele,  Sonciliengef«.  6.  ©b,  2.9lufl.  D.  «.  Änöpfler,  greib.  18W  ©.  57r> ff. ;  q0 
«.  SoüQon,   3)ic  ^apfnwa^len    üon  ©onif.  VIII.   bis    Urban  VI.,    ©raunfdjmeig    1888 


268  3ol)attitc*  XXII. 

©.35ff.;  ff.  Füller,  ßubtüigä  $(ppe(Iaitonen  3$m  XIX,  1884,  ©.  239 ff. ;  9R.  ©dmper,  $ie 
8a4{enl).  Appellation,  ©erlin  1888;  (Sbric,  Cüui  unb  bie  ©ad)fen$äu(er  9lpp.  «ßÄ©  III, 
©.  540 ff.;  3-  ^ricfocf,  3ur  ©adrfen^äufer  Appellation,  3tf©  XVII,  1897,  6.72;  <£.  (SngeL 
mann,  $>er  Anfprudj  ber  $ä'pftc  auf  ftonfirmat.   bei    ben    beutfdjen  flönigSwaMcn,  ©rcälau 

5  1886  ©.  82ff.;  @d>effer:93oid)orft  in  ben  Sttt  bc§  3nftit.  f.  Cefierr.  ©$.,  VI,  @.  68 ff.; 
<ßreger  in  ben  919M  XV,  2  ©.  4  ff,  1880;  gelten,  $ie  SuÜe  Ne  pretereat  2  2fc.,  $rier 
1885«.  1887;  $eniflc  im  9(«ft©  I.  ©.625  ff.;  83.  Wtmann,  3).  föömeraug  fiubttrigS  b. »., 
»crlin  1886;  91.  ©ijrouft,  $ie  ftomfafcrt  Subiuig*  b.  JB.,  ©otlja  1887;  $.  Sungmann, 
Dissertationes selectae  t  VI,  9?egen§6.  1886  ©.156 ff.;  @.9Rarcour,  «nteü  b.  SRinoriten  am 

io  Kampfe  giuifä^en  üubmig  IV.  unb  $apfr  gofjann  XXIL,  Smmerid)  1874;  SB.  ^reger,  S)er 
üraVnpoIitifdje  flampf  unter  Uubwig  b.  33.  919M  XIV,  1879;  ©.  8tie$ler,  <£ie  toterar. 
©iberfadjer  ber  «ßäpfte  jur  3eit  fiubroiaS  b.  SB.,  fieip^ig  1874;  &.  SRülIer,  Aitenftütfe  jur 
©efd).  ber  ©treitigfeiten  unter  ben  SWinoritcn  3fi©  VI,  ©.  63 ff.;  £ljrle,  3ur@ef4.be« 
©djafreS.   ber  »ibliotbcf    unb   be*  Ard)iu«   ber  köpfte    im   14.  3a^.  9ü*ff©  I,  ©.238 ff.; 

15  berf.,  3)cr  Madjlaft  GlemenS'  V.  u.  ber  in  SBetr.  be3f.  Don  Sodann  XXII.  geführte  ^rojefe 
a.  a.  D.  V,  ©.  1ff.;  M.  Faucon,  La  librairie  des  papes  d'Avignon  293be,  $ari3  1886 f.; 
Wl.  $angl,  3)ic  päpftlidjen  $an$lciorbnuna.en,  Qnnäbrucf  1894;  berf,  3)aä  Jajioefen  ber 
pftpfttidjen  ßan*lei,  Wt  b.  3nft.  f.  Oefterr.  ©g.  XIII,  @.  1  ff. ;  Ä.  £aton,  3).  Sümofenmcfen 
unter  3ol)ann  XXII.,  SttQB  VI,  1892,  ©.  209;    $.  (Subel,  8um  päpftl.  mefer&ation«-  unb 

20  $romfion$n>efen,  sJta©  VIII,  1894,  ©.  174;  f.  aud)  ben  ßitteraturberity  o.  &  Füller  3Ä© 
VII,  ©.  76  ff. 

3afobu3  ®ueja  (de  Osa)  tft  um  ba3  3ja^r  1244  in  Gabors  geboren,  ©eit  1300 
Sifcbof  t>on  $reju$,  hmrbe  er  1310  Stfcr)of  Don  2lbignon,  1312  Äarbinalbifd&of  bon^orto. 
5Radp  SlemcnS'  V.  ftobe  unb  einer  mefyr  aß  jtoeijäfrigcn  ©ebtebafam  halten  in  bie 

25  Äarbinäle  in  2i;on  am  7.  3luguft  1316  na$  einem  fec^toö^entßc^en  Äonflabe  ate  3°* 
r)ann  XXII.  jum  Sßapft.    6r  nafym  feinen  ©ift  in  3lbtgnon. 

•Diafcgebenb  für  feine  $olitif  1t>ar  bie  äbftcfyt  bie  SRefte  ber  laiferlid&en  ©etoalt  in 
Italien  ju  ©unften  beä  *Papfttum$  m  befeitigen.  ©d&on  Siemens  V.  tyatte  auf  ©runb 
ber  SBe^auptung,  bafc  toäfyrenb  ber  (Srlebigung  be«  SReid^  bie  Äaiferfjetoalt  bom  ?Ja^fte  )u 

30  führen  fei,  Slobert  bon  Neapel  jum  3?tlar  ber  Steid^länber  in  Stalten  ernannt,  f.  83b  IV 
©.  145,24.  3°fann  W  ^n  *>cm  3lnfpnid^  feinet  SSorgängerö  einen  unerfd^ütterlü^en 
sJtcd)t^fa^  unb  ba  e^  infolge  ber  $oppeltoar)l  bon  1314  einen  allgemein  anertannten 
Jtönig  nt^t  gab,  jo  h)är;nte  er  freie  33ar;n  für  bie  Sertoirflid^ung  feiner  3(bfi$ten  ju 
^aben.    35emgemä^  erflärte  er  am  31.  3Kärj  1317,   bei  ©rlebigung  be$  SReid^  fei  im- 

35  perii  iurisdictio,  regimen  et  dispositio  auf  ben  $apft  übergegangen,  bem  ©ort  felbft 
bie  SKec^te  be«  irbifc^en  unb  r;immlifc^en  Sleic^«  übertragen  ^abe;  er  berbot  barauf^m  ben 
bon  £einricr/  VII.  ernannten  Slei^üifaren  unb  anberen  S3eamten  toeiter  ju  amtieren 
(9tor,nalb.  3.  1317  §27  ©.  55).  Btatt  beffen  bott^og  er  felbft  im  3uli  1317  bie  ®r* 
nennung  Stöberte  jum  9leicr;«t)ifar.     Den   r)abemben  Königen   in  3)eutfc^Ianb   gegenüber 

40  berr)ie(t  er  ftdt)  junäc^ft  neutral :  er  rebete  beibe  aB  jum  römife^en  Äöntg  6rroä|lte  an 
(über  bie  S3ebeutung  ber  änrebe  f.  ßngelmann  ©.  84 f.);  aber  er  tarn  über  ni<$t3fagenbe 
3Rar)nungen  jur  ^erfteßung  bon  triebe  unb  eintragt  nic^t  ^inau«.  Sine  Anbetung 
trat  erft  ein,  aß  Subtoig  b.  S5.  burd^  ben  ©ieg  bei  2Rü$lborf,  18.  ©eptember  1322, 
gtiebric^  b.  ©d^.  übertoanbt.     3)enn  nun  toax  tym  bie  3RögIic$feit  gegeben  in  bie  üaße* 

46  nifd^en  93err;ältniffe  einzugreifen.  Unb  bie  ©rnennung  S3ert^olb^  bon  SKetffen  jum  9leid^ 
bifar  (2.  3fiärj  1323)  jeiate,  ba&  er  entföloffen  toar,  biefe  ÜRögli^Ieit  au  betrügen. 

S)ic  golge  toar  ber  !Ku$bruc$  bc«©treitc«.  3n  ^nem  öffentlichen  Äonftjtortum  er^ob 
3or)ann  am  8.  Dftober  1323  Jöage  gegen  Subtoig,  ben  fogen.  erften  ^Jrojefe  (Martine  et 
Durand,  Thes.  II,  ©.  644).    3U  ®tunbe  liegt  ber  juerft  bon  ©regor  VII.,  bann  bon 

wSnnocenj  III.  erhobene  Slnfprud^,  bafe  bem  ^iapfte  bie  examinatio,  approbatio  ac 
admissio,  repulsio  quoque  et  reprobatio  be^  ertoär)Iten  Jtaiferö  gebühre.  Subtoig 
loirb  toorgeU)orfen,  ba^  er  unter  3Mifeacr;tung  biefe^  päpftlid^en  9tec£t$  ben  römifc^en  Äöntgd« 
titel  angenommen,  bafc  er  unter  ©c^äbigung  ber  römifc^en  Ätr^e,  ber  toa^renb  ber  @riebt= 
gung  be^  S^ronö  bie  sBem>a(tung  be^  9tei^  ^ulomme,  ftc$  bie  le^tere  angemaßt,  enblid^  bafc 

65  er  bie  5«inbc  ber  römifäen  Äircr)e,  toie  bie  toegen  Serbred^en^  ber  ßärefie  r>erurtetlten 
SBteconti,  begünftigt  unb  bejd^ü^t  r)abe.  Unter  Skbrotyung  mit  bem  S9ann  hrirb  er  auf* 
geforbert,  bie  Stegierung  nieber^ulegen  unb  feine  bi^^erigen  3Raj$regeJn  ju  toiberrufen :  bie 
Untertanen  aber  toerben  bon  i^ren  ßiben  entbunben.  ®a3  8ebeutenbe  in  ber  päpftltc^cn 
CrHärung  ift  bie  fdr>roffe  Se^auptung  ber  päpftlic^en  §errfd^aft  über  ba3  3letc^.    5Da| 

60  SJubroig  ftcr)  ber  äufforberung  fügen  ioerbe,  r;at  3<>^ann  ftc^er  nic^t  ertoartet:  tt>a$  er  mit 
feinem,  33orge^en  erftrebte,  U>ar  ßrneuerung  be^  ©treite«  in  ®eutfc$lanb.  9lad&  momen* 
tanent  gögern  (jn>eiter  ^rojefe  bom  7.  3anuar  1324,  5Dtartönc  ©.  647 ;  bfll  83atit  alten 


^Harnte*  XXÜ.  269 

6.  172  9tr.347)  erfolgte  benn  au$  am  23.  3Rärj  1324  bie  2$erfünbigung  be«  Sänne« 
üb«  ben  Äönig  unb  feine  SSorlabung  bor  ba«  ©ertd&t  be«  $aj>fte«,  unter  2)rofyung  mit 
9aim  unb  3nterbift  gegen  biejenigen,  bie  tym  fernerhin  ©etyorfam  leiften  toürben  (britter 
$roje&,  SKarföne  a.  a.  D.  6.  652),  unb  am  11.  ^uli  1324  bie  (Sntfefcung  Don  aßen 
Xetgten,  toeldje  au«  feiner  Srtoctylung  abgeleitet  toerben  fonnten,  foh>ie  bie  Verengung  s 
txm  Samt  unb  Snterbift  über  feine  Slnfyänger;  jugleicfy  tourbe  Subtoig  bon  neuem  für 
ben  1.  Dftober  jur  SBeranttoortung  bor  ben  $aj>ft  gelaben  (bierter  $rojef$,  SRartene  a.  a.  D. 

5.  660). 

Subtoig  fattc  gegen  ben  erften  Sßrojefc  am  IG.  S)egember  1323  ju  Nürnberg  bor 
9totar  unb  3euden  c*ne  Sttlärung  abgegeben,  toorin  er  in  Se^ug  auf  ba«  beutfd^e  Äönigreicty  10 
bie  ©iltigleit  ber  SBatyl  unabhängig  Don  jeber  ^ä^ftlid^cn  Sintoirfung  behauptete,  in  33e$ug 
(nif  ba«  Smperium  ba«  in  3lnfpru$  genommenene  $rüfung«red&t  ber  ßurie  fe^r  bebeutenb 
cinfcfcränfte,  inbem  er  $toar  bie  9Röglu$fett  ber  2lbletynung  ber  Krönung  jugab,  biefe  aber 
lebtglic&  al«  ßeremonie  betrachtete,  enblicty  ben  33ortourf  ber  Äefcerei  gegen  go^ann  er^ob 
unb  bie  @ntfd&eibung  feiner  ©a#e  burefc  ein  allgemeine«  Jtonjil  forberte  (©etoolb,  De- 16 
fensio  Ludovici  IV.,  3"9°lft-  1618  ©.  68).  2lllein  er  föeint  biefe  ©rllärung  nur  al« 
9ta$t«bertoa£rung  betrautet  unb  nid^t  publiziert  ju  fyaben.  dagegen  trat  er  bor  bie 
Cffentlufcfeit  bur#  bie  ©ac$fen$äufer  äppellation  bom  22. 9Kai  1324  (SSaluj.  II,  ©.  478  ff.). 
Sie  toiebcr^olt  bie  Berufung  an  ein  allgemeine«  Jtongil.  2)iefelbe  erfd&etnt  fyter  begründet 
emerfeit«  baburefc,  bajj  3°&ann  ft$  al«  geinb  be«  9ieic$«  unb  be«  Kaifer«  betoiefen  fyabe,  20 
anbererfeit«  baburefc,  bajj  er  ber  Ackeret  fd&ulbig  fei.  2lnlafe  ju  biefem  SBortourf  gab 
gofyann«  Spaltung  in  ben  (Streitigfeiten  ber  granjt«faner  über  bie  Sirmut,  bgl.  hierüber 
8b  VI,  ©.  2 12, 24  ff.  S5afi  ber  $aj)ft  inatoiföen  ein  Urteil  gefällt  tyattt  (britter  $rosej$), 
A  ianoriert ;  angefügt«  ber  formlofen  $ublifation  bleiben  bur$  anklagen  an  bie 
Äirctyentfyüren  Ipatte  Subtoig  ©runb,  (0  &u  fymbeln.  25 

SBar  feine  Slbftd&t,  bur#  biefe  ^ellationen  ben  päpftlic^en  SKafjregeln  bie  SRed&t«* 
grunblage  ju  entjiefyen,  fo  bie  be«  paffte«,  bem  König  bie  Regierung  unmöglich  ju 
maAen.  2)a3  lefttcre  mißlang,  ba  Subtoig  ft$  mit  $riebrid)  bertrug,  unb  bie  93e- 
mü^ungen  einen  ©egenfönig  auhufteQen  ntdjt  jum  $kk  führten.  93ann  unb  ^nterbilt 
aber  berfetylten  ifceSBirfung  in  2)eutf$lanb.  ©leictytoofyl  tritt  in  ben  pctyftlicfyen  3Rajjregeln  90 
gegen  Subtoig  junäd&ft  eine  $aufe  ein.  @rft  bafe  biefer  $u  2lnfang  be«  $cti)x&  1327  na$ 
Italien  jog,  bort  unertoarteten  Erfolg  ^atte,  fic^  am  17.  Januar  1328  ju  9lom  burc^ 
bier,  öon  ben  3Wmem  getoä^lte  ©^nbici  frönen  liefe,  unb  am  18.  2tyril  bie  Slbfefcung 
3o^ann«,  am  12.  9Jtai  bie  SBa^l  eine«  ©egenpat>|t«,  9ltfolau«'  V.,  berfügte,  beranlafete 
neue  ßanblungen  Sodann«  gegen  ben  Jtaifer.  am  3.  2lpril  1327  erflärte  er  Subtoig  35 
aDer  Setyen,  bie  er  bon  ber  Äirc^e  ober  bem  Sleicty  trug,  befonber«  be«  §erjogtum«  Saiern 
berüiftig  (fünfter  ^rojefe  5Wartöne  II,  ©.  671);  am  23.  Dftober  folgte  feine  Verurteilung 
ab  Ke^er,  a.  a.  D.  ©.  698,  am  21.  Januar  1328  bie  SSerfünbigung  be«  Äreu^ug«^ 
ablaffe«  für  alle,  bie  ein^atyr  lang  gegen  ityn  bieSBaffen  tragen  toürben,  a.  a.  O.  ©.716, 
enblty  im  grüftalp  1328  tourbe  eine  neue  5tömg«toatyl  angeorbnet  (Sla^nalb  3.  1328  40 
§  40  ©.  358 ;  Stattf.  3lften  ©.  378  5Kr.  1328). 

3Ran  lann  auety  je^t  nietyt  fagen,  bafe  biefe  päpftlictyen  @rlaffe  irgenbtoo  nacbbaltig 
toirften:  aBein  Subtoig«  5D?actyt  toar  ju  gering,  al«  ba^  er  Italien«  tydtte  ßerr  toerben 
fönnen,  2)afe  er  im  SBinter  1329—1330  ba«  Sanb  berlaffen,  bafe  foäter  5lifolau«  V. 
futy  go^ann  untertoerfen  mufete  (»atif.  aften  ©.  469  ff.  5Hr.  1344 ff.  u.  ©.  491  9fr.  1413),  46 
tonfte  toie  ein  Srfolg  be«  $a})fte«.  %n  3)eut jetylanb  -toünjctyte  man  ben  ^rieben,  Subtoig 
toar  jum  @ntgegenfommen  bereit.  Slber  ber  triebe  fctyeiterte  baran,  ba|  Subtoig  feine 
unb  be«  Steige«  9lectyte  getoatyrt  toiffen  tooUte,  toätyrenb  für  ^otyann  bie  erfte  33ebingung 
SuMmg«  »üdtritt  toar  (f.   bef.   SBtartöne  II,  ©.  800  bom   31.  3uli  1330,   ©etoolb 

6.  118ff.   au&  b.  $erbft  1331,  SRa^nalb  j.  1333   §28  ©.  521).     6«  ift  nietyt  m  ber^  50 
imtnbem,  ba^  Subtoig  bon    neuem  jum   Eingriff   überging,   al«  ^otyann   felbft  itym  bie 
günftig^e  Gelegenheit  barbot. 

3otyann  tyatte  flet«  ben  Styrgeij  nietyt  nur  ^aj)ft,  fonbem  auety  3:tyeologe  u»  fein, 
unb  tote  bie  fty>laftif$en  Geologen  übvcfyaupt  intereffierten  ityn  befonber«  foletye  fragen, 
bte  jenfeit«  ber  menfcfyßctyen  @rfenntni«  liegen,  ^n  einer  ^rebigt  an  äldertyeiltgen  1331  66 
ftmu$  er  bon  bem  &nf$auen  ©otte«  unb  erflärte  fiety  batyin,  ba|  ba«felbe  erft  naety  ber 
Äüfeiftetyung  eintreten  toerbe,  Salug.1,  ©.  182  ff.  S3ci  ben  otynetyin  bortyanbenen  3toeifeln 
an  femer  Crtyobojie  erregte  ba«  toeittyin  ben  größten  Slnftofe.  Überbie«  machte  fu^  im 
Äarbtnal«folIegium  bie  älbneigung  ber  Italiener  gegen  ben  $apft  au«  ber  ©a«cogne  fefyr 
entfd^en  bemerfbar.     $ier  fe^te  Subtoig   ein,    inbem   er  im  (Sinberftönbni«  mit  bem  eo 


270  Zollamtes  XX11. 

Äarbinal  Napoleon  Drfint  im  %al)xt  1334  an  bie  Äarbmäle  ba«  äfafud^en  richtete,  eine 
allgemeine  ©tynobe  iu  berufen,  SSatif.  2Rten  ©.567  ff.  3h.  1663  unb  1671.  ©te  toäre 
in  biefem  3Roment  für  benSßapft  ungemein  gefä^rlic^  getoefen.  5Do<$  führte  ber  neue  Sin* 
griff  ju  nicfyt«,  ba  Sodann  am  3.  3)ejember  1334  ftarb. 
5  9to$  n\d)t  befinitiu  entfäieben  tft  bie  ^rage  naefy  ber  (Sd&tfyeit  ber  53uDe  Ne  pretereat, 
bur$  meldte  Italien  bom  Imperium  unb  bem  Äönigreic^  2)eutfölanb  für  immer  ge* 
trennt  toerben  foHte,  SJatit  SKtcn  ©.  559  3lx.  1637.  3)enn  einerfeit«  erregt  bie  Über* 
lieferung  ber  Sude  bie  größten  33ebenfen,  anbererfeit«  ift  bie  äußere  Sejeugung  gut  3eben* 
faß«  toiberftmcfyt  ber  gnfyalt  ^otyannä  9tec$t«anfc$auung  nid^t.    ®ie  Trennung  toäre  boc$ 

10  nur  äfotoenbung  ber  oberften  ©etoalt,  bie  ber  $at>ft  über  ba«  3teic$  beft^t :  Cui  terreni 
simul  et  coelestis  imperii  iura  Deus  ipse  commisit,  Slatynolb  j.  1317  §  27  ©.  55. 
®afe  3o$ann  ™fy  ba*  mtnbefte  Scbenfen  trug,  bon  berfelben  ©ebrauety  ju  machen,  jetgt 
fein  (Srlafc  an  93ifc$of  §einricfy  b.  SBerbun  bom  12.  2fyril  1331,  toorin  er  biejem,  ba  ber 
Stjcfyof  prohibitione   iuris  obstante  Sebenfen   fyatte,  bie  (Srlaubni«  gab,   ben  Äonig 

16  bon  grantreiety  in.  protectorem  ecclesiae  ac%  civitatis  Virdunensis,  nee  non  feu- 
dorum,  castrorum,  bonorum,  iuriumet  iurisdictionum  anjunefymen  (SSattf.  äften 
©.  504  9tr.  1455,  gelten«  lange  Ausführungen  barüber,  toa«  ber  SPapft  nic^t  burfte 
©.  37  ff.,  jerfaOen  biefer  prohibitione  iuris  obstante  gegebenen  ©rloubni«  gegenüber 
in  nicfyt«). 

20  Ueber  ben  litterarifcfyen  Äampf,  ben  ber  ©treit  3<>^ann«  mit  Subtoig  entfalte,  f.  b. 
31.  SRarfüiu«,  Cccam  unb  Sluguftinu«  3:rium}>fyu«,  über  bie  Stellung  ber  3)imoriten  jum 
sßatfte  ben  21.  granj  toon  Slfftfi  »b  VI,  ©.  2 12, 24 ff.;  über  fem  (Smföreiten  gegen  ©tat 
f.  93b  V,  ©.145, 23  ff.;  über  feine  Stellung  ju  ben  »eghten  8b  II,  ©.523,  so  ff.; 
über  feine  l^ätigfcit  für  ba«  lanonifcfye  Sted&t  b.  31.  Kanonen*  u.  2)efcetalenfammlungen. 

26  Uebel  berüchtigt  ift^o&ann«  ^ontiftfat  infolge  ber  gfaanjfttnfte,  bie  er  entfaltete.  ßr 
beburfte  ©elb,  um  feine  93ertoanbten  }u  bereichern,  unb  er  freute  fi$  e«  aufzuhäufen:  er 
mar  geijig.  ®ie  3^^^^ffen  toujjten  bort  bem  immenfen  ©$a$  )u  erjagen,  ben  er  ge* 
fammelt  tyabt:  SSiUani  giebt  u)n  auf  25  SKitttoncn  ©olbgulben  (über  200  SMumen  SWarl) 
an  (Cron.  XI,  20  ©.  56  ff.).  ®a«  toar  übertrieben,  bgl.  @&rle  S12Ä®  V,  ©.  159  ff.,  ba 

so  ben  ©c$a$  unter  ber  $orau«fe$ung,  bafc  er  j o  aiemlid)  unberfetyrt  an  (Sternen«  VI.  überging, 
nur  auf  ttm$  über  700000  ©olbgulben  beregnet;  auf©runb  einer  33uHe  »enebift«  XII. 
bom  7.  Styril  1335  beftimmt  tyn  ©ägmüDer  §333©  XVIII,  ©.  37 ff.  genauer  auf  775000 
©olbgulben  in  barem  ©clbe  unb  41000  ©olbgulben  in  2Bertfa$en,  alfo  auf  ungefähr 
8  ÜRilltonen  3Rarf.    211«  SWittel  jur  Bereicherung  bienten   tym  befonber«  bie  Meiertxu 

86  tionen  unb  Sßrobiftonen  (f.  b.  91.).  3ofyann  referbierte  fidj>  al«balb  nad&  feiner  2Ba$l 
(15.  September  1316)  alle  ©teilen,  beren  bi«^erige  3>nfyaber  burety  päpftlid&e  $Berleu?ung 
eine  anbere  ©teile  erhalten  Ratten  (Saluj.,  Vit.  I,  ©.  722):  er  ermöglichte  fic^  ba* 
bur$,  bie  Vergebung  einer  beliebigen  3lnjaH  bon  93enefijten,  inbem  er  bie  bi«fcrigen 
gnfyaber  berfefcte.     ©in   3a^r  fpäter,   19.  9?obember  1317,  erflärte  er,    niemanb  bfefe 

40  jugleicfy  me^r  al«  jtoei  Senefijien  befifcen.  ®ie  Unja^l  ber  babur^  erlebigten  ©teQen 
referierte  er  ftc^  gleic^fall«  (Extrav.  Joh.  XXII,  tit.  3  ©.  1207).  9iic&t  genug 
baran,  referbierte  er  fid^  im  y$af}Tt  1322  alle  geiftlid^en  33enefi«en  im  Patriarchate  bon 
Slquileja  unb  in  ben  GS.  9labenna,  3Railanb  unb  ©enua,  Ug^eKi,  Ital.  sacr.  III, 
©.  185,  f$lief$li$  aöe  sedes,  monasteria,  ecclesiae  et  alia  beneficia,  quae  apud 

46  sedem  ap.  vacant  ad  praesens  et  exnunc  in  antea,  tote  unb  kooburc^  fte  erlebigt 
toorben  feien,  Extrav.  Commun. -I,  tit.  3  c.  4  ©.  1240  f.  3)er  3toe*  W*f<*  SSerorb« 
nungen  toar  bie  güttung  ber  ^äjjftlid^en  Kaffen  (bgl.  3Satif.  äften  ©.  340  3te.  897), 
ben  JBortoanb  bot  bie  5Rottoenbigfeit,  bie  ©imonie  ju  bereuten  (SSiDani  XI,  20  ©.  56), 
ber  §abfud&t  ber  5ßrälaten  entgegenzutreten  (Extrav.  Joh.  XXII,  tit.  8)  u.  bgL  S)em* 

60  felben  3toecf  bienten  bie  bieten  92eugrünbungen  bon  93i«tümem  burd^  Stellung  bid^eriger 
®iöjefen.  f.  Vita  VII.  93b  I,  ©.  187  ff. 

Johann  toar  ein  tleine«  3)iännlein,  bon  !olerifc^er  ©emüt«art,  mager  unb  gla^töpfig, 
mit  unfeinen  3ügen  unb  einer  bünnen  ©timme.  2luc^  geiftig  bAeutete  er  trofc  femer  um 
ermüblid^en  I^ätigfeit  nietyt«:  er  gehörte  ju  ben  Sporen,  bie  SBorte  für3^aten,  ©efc^af* 

66  tigfeit  für  2lrbeit  unb  SSielfd&reiberei  für  Regieren  galten,  ©eine  SRegierung  tyd  nirgenb« 
genügt:  er  fyat  3)eutfd^lanb  gefd^abet,  %ta\itn  bertüirrt,  ba«  SPapfttum  unb  bie  Äird^e  in 
ber  allgemeinen  Sichtung  emiebrigt.  6«  tonnte  nic$t  anber«  fein.  9Ba£  ba«  ^k^fttum 
einftmal«  erhoben  batte,  tt>ar  bie  Übeneugung  bon  feiner  moraliföen  ©ebeutung;  ba^ 
je^t  ber  Präger  ber  Zfyaxa  nur  fteltltcge  ßiele  lannte,   'JDtac^t  unb  ©elb,  mufete  an  ber 

go  ganjen  ^"f^^^0"  irTC  machen.  ^ «mit. 


3oF}a«nc8  XXni.  271 

3»|«iute*  XXIII.,  $apft  1410—1415,  ßcft.  1419.  —  Guellen:  «bgefe&en  oon 
ben  allgemeinen  Duellen  bereit,  tnSbejonbere  ben  Elften  be«  ^tfaner  unb  ßonftanjcr  Äon* 
iil«.  bic  $iftorifd)en  Schriften  S)ietrid)  nun  9Mem«,  f.  b.  91.;  Qmi  SSiten  bei  Muratori,  Rer. 
ItaL  Script.  III,  P.  II  unb  in  Liber  pontificalis  ed.  L.  Duchesne,  t.  II,  1892  (Bibl.  des 
fcoles  fraoy.  d'Athenes  et  de  Borne,  2  se>.  III,  7) ;  Piatina,  Historia  de  vitis  pontificum  5 
romanorura;  (Jtjronit  be«  Änbrea«  töati«ponenfi«  bei  Eccard,  Corp.  hist.  med.  aev.  I,  25; 
fkipftcfcronit  be«  15.  Safjrlj.  tyrauäg.  x>.  $.  ginfe  in  tö&S  IV;  ft.  (Jubel,  $aä  gtinerar  ber 
$äpftc  jur  3eit  be«  großen  ©a?i«ma  in  £3©  XVI,  unb  Ergänzungen  baju  0.  fi.  ©dnnift  u. 
$.  ».  Sauerfanb  cbenb.  XVII  unb  XVIII.  —  Sitte rotur:  Vdi&er  ber  allgemeinen  Sitte* 
ratur  jur  <Befd)id)te  be«  ©djiSma  unb  ber  SReformfonjilien  (am  ooflftfinbiflften  citiert  bei  10 
2.  $aftor,  ©efdw&te  ber  $äpfie  k.  I)  unb  ber  Sitteratur  ü6cr  3>ietricft  o.  Wem;  G.  junger, 
3ur  ®ef*id)te  $apft  Solenne«  XXIII.  Diss.  phil.  Bonn.  1876;  3.  9?.  ©riftfar,  Strt.  „§o* 
fann  XXIII.-  in  SBe&er  u.  SBelte«  ffirdjeniejiton  93b  VI,  1889;  3.  edjiuerbfeger,  «ßapft 
3o^ann  XXIII.  unb  bie  SBatjl  ©iegmunb«  jutn  röm.  Äönig  1410,  28icn  1895;  £.  ©lumen» 
tyal.  Sodann  XXIIL,  feine  ©af)l  unb  feine  $erfönli$feit  in  8ß©  XXI.  16 

Salt^afar  Goffa,  au«  einem  neapolitantfctycn  Slbel^g cf d^Ied^t,  l;atte  ft$  anfangt  bem 
ftrieg«$anbt»erfe  (Seeräuber?)  ergeben,  toanbte  ft$  bann  aber  fetner  fyerborragenben  geiftigen 
Segabung  entforec&enb  ber  lird&ud&en  Saufbafyn  gu.  3?adf>bem  er  ju  Bologna  ben  Potior 
beiber  Siebte  ertoorben,  jog  tyn  Sontfaft  IX.  fcfyon  fd&r  balb  an  bie  Äurie.  1402  tourbe 
er  Äarbinal  unb  am  19.  Januar  1403  Segat  bon  ^Bologna.  $n  btefer  Stellung  &at  er  ao 
für  bie  SBieber^erftellung  unb  Sicherung  be«  Ätrcfyenftaate«,  fotoie  für  bie  §ebung  ber 
papfUüfcn  ginamen  §erborragenbe«  geletftet.  2Rit  ©regor  XII.  berfembete  er  ftd&  unb 
leitete  ben  SSbfaU  ber  Äorbmäle  bon  tym.  So  tourbe  er  au<$  bie  Seele  be«  Äonjtl«  m 
$ifa,  unb  ber  #er  getoä^lte  $a}>ft,  Slleranber  V.,  toar  nur  ein  SBerfjeug  in  feiner  #ano. 
SO  biefer  $u  Sologna  ftarb,  tourbe  er  am  17. 9M  1410  einftimmig  jum  Zapfte  getoätylt.  20 
5Die  Sage  ber  Äurie  in  Stalten,  befonber«  bie  ©efafyr,  hxlc^e  tyr  bon  2abt«lau«  bon  9leaj>el 
brofcte,  forberte  für  ben  p<u>ftlt$en  Stufyl  einen  frieg«tücfyttgen,  tfyatfräfttgen  Wann.  311« 
folgen  ^atte  Goffa  jtety  bi«  bafyin  gezeigt.  2lber  e«  toar  nun,  alz  toenn  bie  2iara  t^m 
aöe  Äraft  entjog,  al«  toenn  bie  SBuc^t  be«  ^öd^ften  getftlid^en  3lmte«  tyn,  ber  bt«  ba^tn 
toie  fo  triele  friner  Stanbe«genoffen  o^ne  Sd^eu  ba«  Seben  eine«  2Beltmanne«  geführt,  ao 
au«  bem  ©leic^etotdjt  gebraut  ^ätte.  Seine  Regierung  tft  eine  Rette  bon  33erfäumntffen, 
^alb^etten  unb  Unbesonnenheiten. 

3)a«  Ärieg«glürf  toar  U?m  anfang«   I)oIb   gegen  Sabtelau«  (Sd^lad^t  bei  9loccaftcca 
29.  S^ril  1411);   aber  ber  Sieg  tourbe  nid^t  au«genu$t,  unb  ber  ^ia^ft  fal)  ru^tg  )u, 
tote  bie  SRad^t  be«  ®egner«  touc^«.    ®r  fölofj  bann  mit  $ret«gebung  Subtoig«  bon  2lnjou  35 
einen  ^rieben,  bei  bem   er  faft  au«f$liejjlkfrber  ©cbenbe  toar  (16.  DItobcr  1412)  unb 
ber  ben  ®egner  nur  reifte  bei  ber  erften  beften  ©elegentyeit  tvieber  über  i^n   herzufallen 
(»tat  1413).    5Der  »apft  fa|  t&atenlo«  in  SRom,  bi«  i^m  nidfjt«  me^r  übrig  blieb   al« 
§al«  über  Äopf  ju  Jiie^en.    Unb  nun  mu^te  er  bem  römtfd^en  Jtönig  Stegmunb  ftd^  in 
we  9rme  toerfen   (SSer^anblungen   ju  6omo  13.— 31.  Dftober,  3ufammen''unft  in  Sobi  40 
6nbe  %n>ember  1413).  —  35em  ©rängen  feiner  Dbebien^  ^atte  gotyann  nachgegeben  unb 
ein  itonjU  in  SRom   abgehalten  (1412/13,   bgl.  barüber  §.  ginfe,   Acta  Concilii  Con- 
sUntieosis,    1.  Sb,  fünfter  1896).    älber  bie  älrt,  toie  er  fic^>  babei  aller  Steform» 
antrage  entzogen  fyattt,  toar  nur  geeignet  getoefen  ben  SRuf  nad^  emem  Ron^il,  nad^>  einer 
Sefornt  ber  Jtir$e  an  Qaupt  unb  ©liebem  ju  berftdr!en.    Unb  nun  lief;  er  ft$  gar  bon  45 
Sieamunb  ben  Ort  biefe«  Komil«  butteren.    3Rit  ben   trübften  2tynungen   ging   er  nac^ 
Äowfta«»  (bgL  Vita  di  B.  Valori  in  Arch.  stör.  ital.  IV.  p.  I,  262).    aber  ftott  nun 
tyier  au«ju^arren  in  Serteibigung  ber  päpftlid^en  Sterte  ober  toentgften«  in  2Bafyrung  fetner 
jKrfdnttcpen  SBürbe,  ftatt  ber  tiefen  Se^nfud^t  feiner  3cit  nac^  ^erftedung  ber  !trd;ltd^en 
(gadfat  ttug  Segnung  }u  tragen,  lub  er  burd)  bie  fd^tm})fltc^e  gluckt  (20./21.3)tär}  1415)  50 
ben  ganzen  Jpafc  ber  Serfammlung  auf  ftd^  unb  fteigerte  ben  bo«^aften  Älatfd?,   ber  bon 
ben  toemg  geiftlid^en  2Würen  be«  ehemaligen  j(rieg«manne«  gereift  jt$  längft  mit  feinem 
burc^au«  anfechtbaren  33or-  unb  $ribatleben  befd^äftigt  r)attef  ju  einer  ^luttoede  ber  föioers 
ßen  anüagen.    an  i^m,  ber   „ni$t  beffer,   aber  bod^  auety  nid^t  fd^led^ter  al«  feine  3eit* 
genoffen  toar"  (Srler,  ©ietric^  oonSRicfyeim,  Sei^jig  1887,  S.341;  togl.  aud^  S.  225  ff.),  66 
tmnbe  nun  ber  ben  Urfunben  ber  Äird^engefc^id^te  unb  be«  geiftlic|en  Siebte«  abge))re|te 
unb  Hl  gu  einem  unmöglichen  Sjtrem  berfeinerte  3Kafeftab  ber  ref ormatortfd&en  3)o!trinäre 
angelegt;   unb  mit  einemmal  erfaßten  er  aud^  benen,  bie  no$  bor  lurjem  an  ibm  ntd)t« 
au«jufe^en  Q^abt  Ratten,  al«  ber  boüenbete  Söfetotd^t.    2)a«  Unglüd  machte  ibn  toieber 
flarf:  er  benotete  auf  eine  Serteibigung  gegenüber  btefen  Slnllagen.    So  tourbe  er  Don  eo 
bem  ÄonjU  m  beffen  12.  St^ung  am  29.  9Jcai  1415  abgefegt  unb  feinem  alten  ©egner, 


272  3<>fjamte3  XXII.  3<>fjatttted  ber  jtyoflel 

bcm  *Pfaljgrafen  Subtoig  bon  S3aicrn,  in  ©ctoafyrfam  gegeben.  3n  9tabolf«$ett,  in  ©Ott* 
lieben,  in  §eibelberg  unb  SKanntyeim  erfuhr  er  bie  Unbilben  ber  ©efangenfcfcaft,  bte  bie 
42.  ©ifcung  beSfelben  ÄonjilS  unter  bem  SSorfifc  beä  neugetoetylten  $<H>fte$  3Rartin3  V. 
(28.  Dejembcr  1417)  {eine  greilaffung  beföloft.    Diefe  erfolgte  erft  1418  nac$  ©rfiattung 

6  eines  bebeutenben  SöfegelbeS.  Der  ettoa  fünfzigjährige,  aber  fd&on  innerliA  gebrochene 
SRann  tourbe  na$  bemütiger  Unterwerfung  bon  ÜJlartinV.  jum  Äarbinalbifqof  boniuS* 
eulum  ernannt.  6r  ftarb  aber  bereits  1419  inglorem  unb  tourbe  in  bem  bortigenSSa^ 
tifterium  beigefegt.  Die  ©tabt,  mit  beren  Sßolitif  er  jt<$  als  Sßa^ft  too^l  aHjufe^r  ibenfe 
fixiert  fyatte,  fegte  tym  in  banfbarem  änbenfen  „ein  Denfmal  bott  erhabener  ©$ft$eit" 

10  (bgl.  Museum  I,  128).  *  ».  »ef. 

3<>f)anne$  ber  Äpoftel.  —  Da«  6$arafterbilb,  toelcfceS  ber  blofje  9tame  So&arme* 
jebem  gebilbeten  (Stiften  bor  3lugen  zaubert,  ift  nac$  feinen  toefentlfc&en  3ügen  ein  SBiber* 
föein  ber  Schriften,  meiere  uns  unter  biefem  Flamen  im  911  überliefert  finb.  Sfoc$  bie 
Darftellungen  ber  ßünftler,  unter  Wellen  gerabe  bie  unbebeutenberen  bie  größte  $o)mlari* 

16  tat  erlangt  tyaben,  gaben,  toenn  auety  ber  einzelne  Äünftler  mefyr  burc$  bie  Xrabition,  aU 
bur$  SSerfenfung  in  bie  jofyanneiföen  ©Triften  beftimmt  tourbe,  fd&liejjlid&  bo<$  ben  au* 
jenen  ©Triften  empfangenen  ©inbruef  toteber.  Ob  aber  ber  Sfyoftel  3°$-  ta  SSerfaffer 
beä  4.  (SbangeliumS,  ber  3tyofafy}>fe  unb  ber  brei  tym  jugefd&riebenen  Briefe  fei,  ift  feit 
mefyr  als  100  Sauren  eine  gfrage,  toelc^e  bon  bielen  bemeint,  bon  mannen  unentfdpeben 

ao  gelaffen  ober  in  jtoeibeutiger  SBScife  beantwortet  Wirb.  6$  empfiehlt  fi<$,  bei  ber  (Srmitte* 
hing  ber  gef$t$tli$en  ©teQung  biefeä  Sfyoftetö  bon  ben  jofy.  ©Triften  unb  audfr  tum  ber 
Überlieferung  über  feine  fpäteren  ©<$icffale,  Welche  mit  ber  Überlieferung  über  bie  feinen 
Flamen  tragenben  ©Triften  jtoar  ntd^t  gufammenfäQt,  aber  bo$  innig  berbunben  iß,  jus 
näcfyft  ab&ufe$en. 

25  I.  Der  SC t> o f t e l  3o§.  na$  ben  neuteftamentlid&en  ©Triften  abge* 
fetyen  bon  ben  jo$anneif$en.  3n  faß  aDen  2tyojlelfatalogen  flehen  an  3.  unb 
4.  ©teile  hinter  bem  SSrüberpaar  SßetruS  unb  SlnbreaS  bie  SSrüber  3a!obuS  unb  3°&# 
bie  ©ö^ne  be$  3ebebäu$,  unb  jtoar  in  biefer  Drbnung  (9Kt  10,2;  SRc  3,17;  Sc  6,  14; 
im  Diateffaron  bgl.  ©ouffen,  Stud.  bibl.  I,  66;    ßam3,  Fragm.  of  the  oomment 

ao  of  Ephrem  S.  upon  the  Diatessaron  p.  101).  28enn  9t®  1, 13  no$  übertoiegenber 
Sejeugung  3°§-  *>or  3af0&ug/  ^e^e  db«  jtoifctyen  SßetruS  unb  änbrea*  gefteKt  fmb,  fo 
h)irb  bie«  barin  feinen  ©runb  fyabm,  bafe  in  biefem  93u$  3°$-  toieber^olt  neben  $etni* 
ate  ein  im  2tyoftelfcei$  fyerborragenber  ÜRann  $u  nennen  toar  (3, 1.  3.  4.  11 ;  4, 13. 19; 
8,14;  bgl.  2c  22, 8;  ©l  2,9),  toätyrenb  SafobuS  nur  einmal  airö  Slnlaft  feine*  9Rärttjr«r* 

86  tobe^  ertoä^nt  unb  bort  gegen  bie  in  ben  6bb.  beobachtete  Siegel  ate  Sruber  bed  3^ 
fiatt  umgete^rt,  bejeic^net  h)irb  (91©  12,  2).  $af*  ba*  @bjonitenebangelium  (Epiph. 
haer.  30,  13)  ben  ^ob.  gleic^faUd  bor  3af.  unb  jtoar  an  bie  ©pifte  aOer  9)>oftel  fteUt, 
ift  me^r  für  bie  Beurteilung  biefe«  (SbangeliumS  alt  für  bie  ©ef^te  be$3o$.  bebaitfam. 
dagegen  h)irb  aud  ber  beinahe  tonftanten  SSoranftellung  be*  3at  bor  3°^-  *n  ^  Atta» 

40  logen  h)ie  in  ben  erklungen  ber  6bb.  (3Rt  4,  21;  17,  1;  3Mc  1,  19.  29;  5,  37; 
9,  2;  10,  35.  41;  13,  3;  14,33;  Sc  5,10;  9,54)  ju  folgern  fein,  bafc  3at  ber  ältere 
toar ;  benn  bie  größere  gcfc^ic^tlic^e  Sebeutung  be*  3°^  h>«lc^  in  ber  8®  (f.  bor^tn) 
unb  au^erbem  nur  noc^  Sc  8, 51;  9,  28  bie  SSoranftcüung  be*3°^  berurfac^t  tyit,  lag 
jur  3«^  ber  ßntftebung  ber  älteren  @bb.  längft  am  Jage.    9lac^  legenbarifqcr,  aber  fe^r 

46  alter  unb  toeitberbreiteter  Überlieferung  ift  3°^-  &<>n  aH^n  9(p oftein  ber  jüngfte  getoefen 
(bgl.  3aJ^n/  Acta  Joannis  p.  CXXXIVf.);  e«  fpric^t  ni^tö  bagegen,  bafe  er  ettoa  jc^n 
3<fyre  jünger  aU  3cfu^  toax  unb  jebon  afe  3toanjigjä^riger  ftc^  alö  jünger  i^m  anf^lo^. 
3Die  ftarf  bezeugte  ^batfac^c,  ba^  er  erft  nad^  bem  Regierungsantritt  StrajanS  (a.  98) 
in  \ci)x  bobem  Filter  geftorben  ift,  gewinnt  bei  biefer  9(nna^me  an  SBa^rfc^einlic^teb.  Der 

60  initer  3ebcbäu^,  nac^  meinem  ^ob.  unb  %al  $xx  Unterfc^eibung  bon  anberen  Irägern 
biefer  febr  gebräuchlichen  Flamen  ^äufig,  jutpeilen  fogar  jum  @rfa$  i^rer  ©igennamen  ge» 
nannt  tourben  CKt  20,  20;  26,  37;  27,  56;  3o  21,  2),  betrieb  mit  feinen  ©etynen  unb 
mebreren  Sobnarbeitern  (3)tc  l,  20)  bie  $if$erei  in  Äapemaum.  Die«  läfjt  mif  einen 
getoijfcn  3öoblftanb  be«  §aufe«  fct>licfecn.    SBä^renb  bom  SJater  nur  eben  bie«  überliefert 

66  ift,  tritt  bie  3Jtutter  bebeutfam  ^erbor.  ©ie  begleitet  ben  $errn  auf  ber  legten  Steift  na$ 
3erufalem  unb  betoeift  baburc^,  ba&  fte  für  ibre  ©ö^nc  um  bie  6l?ratylä$e  tm  !ommenben 
Äönigreic^  3efu  bittet  (^Jt  20,  20),  ebenfofebr  ibren  (Sbrgeij,  ald  bie  itatuxtofi$ftge  Äraft 
i^rer  burc^  alle  änfünbigungen  bed  Seiben«  nic^t  $u  bämpfenben  Hoffnung  auf  ben  Sieg 
3cfu.    ©ie  begegnet  un«  ttrieber  in  ber  9Jä^e  bed  Äreujeä  (Ät  27, 56),  unb  tow  erfahren 


dftffjatttted  bcr  »M<el  273 

bei  biefer  ©deaen^ett,  baß  fte  ju  jenen  toofylfyabenbcn  ©aliläerinnen  gehörte,  toelcfye  f$on 
früher  in  ©altläa  unb  bann  toieber  auf  ber  legten  Steife  au3  ifyrem  Vermögen  toenigften« 
eilten  Seil  ber  Sieifefoften  für  ^efu«  unb  ben  3lj>ofteIfretö  beftritten  (ÜRt  27,55;  bgl.3Rc 
15,  41 ;  2c  8,  3 ;  23,  49.  55)  unb  fofort  nad)  bem  lobe  be«  §errn  ju  einer  toür= 
bigen  Sebanblung  be«  begrabenen  ba«3ftnge  beizutragen  ft$  anf Rieften  (Sc  23, 55— 24, 1 ;  6 
ffle  15,  47—16,  1).  SBä^renb  Sc  fic  niemals  au«brücflic£  ertoäfynt,  unb  3Wt  fte  nur  na$ 
tyren  berühmten  ©ö&nen  nennt,  tyd  un«  9Kc  15,  40;  16,  1  tyren  tarnen  ©alome  auf- 
betoafyrt;  beim  bei  33ergletc£ung  ber  erfteren  ©teile  mit  ber  genauen  ^ßaraUeUe  3Wt  27,  56 
tarnt  nid^t  too^l  jtoeifel&aft  fein,  baß  „bie  ÜRutter  ber  ©ötyne  ßebebäi"  eben  ©alome  ift. 
liefe  ftombmation  ber  fanoniföen  Serielle  gewinnt  faum  an  ©k$ert)eit  baburefy,  baß  f$on  10 
$uliuö  6aff ianu«  um  170  unb  ba«  Sägtypterebangelium  biefelbe  &orau«fe$en  (3afyn,  ©efety. 
tö  neutefiantentltc&en  Äanon«  II,  634).  3U  e'ner  fetteren  Kombination  locft  immer 
toieber  bie  8ergleic$ung  Don  $0  19,  25  mit  9Kt  27,  56;  9Kc  15,  40.  ©inb  bort,  hrie 
e*  föehtt,  jtoei  Sßaare  bon  grauen  jufammengeftettt,  beren  erfteö  bie  nietyt  mit  9?amen  ge* 
warnte  SRutterSefu  unb  beren  gki^fatt«  namenlofe  ©etytoefter  bilben,  fo  ift  ©alome  bie  15 
6$toefker  ber  SKutter  3efu  getoefen.  ÜRefyr  al«  eine  Überlieferung  toürbe  ^ieburety  auf- 
aeHärt  6«  genüge  fyier  bie  Semerfung,  baß  bie  efyrgeijige  Sitte  ber  ©alome  befonber« 
begreiflich  toirb,  toemt  fic  burc$  fo  na^e  berroanbtföaftlictye  Sanbe  mit  ^efu  berbunben 
toar.  S)ie  ©ö$ne  tyrer  ©cfctoefter  SKaria,  bie  Srübcr  ^efu  beredten  ftc$  ju  ^eju«  fritifö 
Qo  7,  3—8) ;  toer  \)(ütz  bann  metyr  Slnrectyt  auf  einen  $la|  in  ber  9Jä^e  be«  Xfyrone«  20 
Jefu  aü  bie  ©öfyne  ©alome«,  bie  Settern  be«  §errn,  roelctyc  ft$  unter  ben  erften  it)m 
mit  Segcifterung  angeföloffen  Ratten.  2)a«  toar  ein  Ijoc^fliegenber,  aber  ein  ccfyt  jübiföer 
»ebante.  Wad)  9Rt  4, 18—22;  ÜRc  1, 16—20;  bgl.  Sc  5, 1—11  gehörte  $u  bem  erften, 
toaä  Scfud  naefc  ber  Verhaftung  be«  Säufer«  unb  im  3lnfang  feine«  proj^etijcfyen  3ßir= 
tat«  in  ©aliläa  unternahm,  bie  ^Berufung  ber  gifc^er  *Petru«  unb  3lnbrea«,  !gafobu«  unb  25 
Job.  jum  Shtföluß  an  tyn  mit  bem  au«gefpro$enen  3toec*/  bafc  er  fte  ju  „2Renf$en= 
ftfqent",  )u  ©e^ilfen  in  fetner  Slrbeit  ber  ©ammlung  einer  ©emeinbe  machen  unb  fyiefür 
eqie^en  toerbe.  3)a  3efu«  erft  gleich  nac^  bie{em  @reigni«  gum  erftenmal  in  ber  &i)na: 
goge  gu  Äapentaum  al«  ^Jrebiger  unb  3Bunberarjt  auftrat  (sJWc  1,  21—27),  fo  fefct  biefe 
gtjä^lung,  tpenn  fte  ni$t  eine  fmnlofe  %abd  fein  |oU,  unb  namentlich  bie  fofortige  golge=  30 
letftung  ber  bier  gifc^er  mit  9lotn>enbigteit  borau«,  baft  fte  längft  an  ^efu«  gläubig,  mit 
feinen  äbftd^ten  Vertraut  unb  einberftanben  h>aren.  @«  ^anbelt  ft$  ntc^t  um  ben  erften 
tnfölufe  Don  ©Gütern  an  ben  Se^rer,  fonbern  um  leilna^mc  an  ber  Slrbeit  ^efu  unb 
um  Vorbereitung  ju  bem  33cruf,  »Deiner  nacfynal*  im  Flamen  unb  2lmt  bcräpoftel  feine 
feße  ©eftalt  getomnen  foQte.  SDte  unerläßliche  Sluftlärung  in  Sejug  auf  $etru«  unb  86 
Snbrea*  empfangen  toir  au«  3°  ^  35—42.  ©ie  h>aren  jünger  be«  Säufer«  getoefen, 
e^e  fte  fu^  an  ben  Slabbi  bon  SRajarctty  al«  Singer  anfd^lojfen,  unb  fte  fyaben  »oä^renb 
ba  3*fy  *ft  b«  lauf  er  noc^  in  $retyeit  t^ätig  n?ar,  alfo  bor  bem  9Kt  4, 12;  9Rc  1,  14 
öagegentoartigten  SRoment  monatelang  in  beftänbigem  SSerfe^r  mit  ^efu«  geftanben,  bi« 
biefa  mit  9*ücfftc^t  auf  bie  no$  nic^t  t>odenbete  Slrbeit  beä  Käufer«  (eine  öffentliche  X^ätig-  40 
fest  boriauftg  einfteBte  unb  fty  in  bie  ©tiHe  »urücfjog  (3o  3,  24;  4,  1—3,  43—44). 
£*  bmn  aber  o^ne  SBorftegna^me  nad^folgenber  Erörterungen  fc^on  ^ier  bemerft  toerben, 
baß  3°  h  35—42  außer  bon  Stnbrea«  unb  $etru«  noc^  t>on  einem  feiten  namenlofen 
SrübeqHtar  gleict)fam  groifc^en  ben  feilen  gu  lefen  ift,  baß  e«  bamat«  au«  ber  ^üngerfc^aft 
be«  läufer«  in  biejenige  %*\vl  tymübergetreten  ift.  3uma^  nac^  ^er  auf  ^cn  ^f^"  33Kd  46 
fefarierigen,  aber  ftarf  bezeugten  S31  Qo  1,  41  eugloxsi  ovxog  jigwxog  [ftatt  jigibrovl 
tot  tdiov  ddeXq>6v)  lärm  ber  9(u«leger  taum  anber«  berfter)en,  al«  baß  ebenjo,  roie  Slnbrea« 
feinen  Sruber  5ßetru«,  auc^  ber  namenlofe  ©enoffe  be«  Slnbrea«  (1,  35—39)  ben  fei* 
nigen  ya  ^efu«  geführt  i}at.  @«  finb  bie  bier  erften  jünger,  bie  gftei  ^ben  barum  an 
ber  ©trifte  oder  ä^ofteltataloge  fte^enben  Srüberpaare  gemeint.  3luc^  bie  ©ö^ne  be«  3e-  w 
bebau«  jtnb  3^9^  ^  Xäufer«  geroefen,  e^e  fte  an  ^efu«  fidt)  anjc^loffen,-  unb  l?aben  im 
(Befolge  3^f"  an*  beträcbtltc^e  $c\t  gelebt,  gelernt  unb  fogar  geroirtt  Qo  4,  2),  er/e  er 
fe  bet  ber  ffiieberaufnapme  feiner  Berufsarbeit  nac^  ber  S3err)aftung  be«  Käufer«  jur 
9lenf<$enfif$erei  berief.  —  Söä^renb  Slnbrea«  roenig  hervortritt,  bilben  ju  ber  3"t,  ba  ber 
3änaerfret«  angetoac^fen  unb  bie  Sfyoftelmabl  vodjogen  roar,  ^o^anne«  unb  ^afobu«  66 
mit  $*tni*  jufammen  ben  engften  jtrei«  ber  Vertrauten  ^efu.  ^efu«  felbft  jier/t  biefe 
bret  mit  3Ju«fcbluß  ber  anbeten  älpoftel  in  feine  nä$fte  9tä^e:  im  $aufe  be«  ^air  (3Jlc 
3Rc  5,  37;  &  8,  51),  auf  bem  Serge  ber  SBerflärung  QSlt  17,  1;  3Rc  9,  2;  Sc 
9,  28;  bgL  2^t  lf  16f.),  in  ©etbfemanc  (Tlt  26,37;  3Rc  14,33).  2>ie  »rüber  teilen 
mit  i^rer  SRutter  ben  ehrgeizigen  3Bunfd^  nac^  einer  befonberen  (S^renftedung  im  >Heicfy  eo 

nuU*uc*tlop**U  ffti  Z^cotoatc  unb  ftirefte.    3.  «.  IX.  iq 


274  dofjatmeS  ber  Äpoftcl 

bc«  3Rcffta«.  SBcnn  3)?c  10,  35  nur  bic  Srübcr  al«  bic  Sittenben  erföchten  unb  ©a* 
lomc  überhaupt  ntc^t  genannt  toirb,  bagegen  naety  9Rt  20,  20  gerabe  bie  SMutter  e«  ift, 
toelc^e  bic  Sitte  für  tyre  babei  antoefenben  ©öfyne  bor  3efu«  bringt,  Igefu«  a^er  ferne 
2lnttoort  an  3)tutter  unb  ©öfyne  jugleic^  rietet,  f o  bereinigen  ftdb  biefe  2)arftellungen  leicht 
e  batyin,  bafe  ber  Stolj  ber  5ttutter  auf  „biefe  tyre  ©ötync"  (3JU  20,  20)  tyr  ben  $tot 
berliefy,  bie  bis  bafyin  im  gamilienfrei«  befproetyenen  Hoffnungen  mit  ber  anbringenben 
2eibenf$aft,  toelcfyc  im  gufefall  fiety  auebrücft,  bor  gefu«  au«jufj>red&en.  Um  ©efumung 
unb  Gtyarafter  ber  gamilie  richtig  $u  toürbigen,  mufj  man  niept  überfeinen,  bafi  goty.  unb 
$afobu«  ftety  auf  bie  prüfenbe  grage  !gefu  fyin  fofort  bereit  ertlären   unb  bie  Straft  baju 

10  [ity  zutrauen,  auc£  alle«  Seiben,  toelcfye«  ber  #errlic$feit  borangetyen  mag,  mit  3*fuS  V* 
teilen.  3ln  go^.  unb  Safobu«  neben  $etru«  toerben  toir  überall  ju  beulen  faben,  too 
toir  bon  einem  SRangftreit  unter  ben  2IpoftcIn  fyören  (SKt  18,  1;  ÜRc  9,33—35;  2c 
9,  46—48;  2c  22,  24—27;  bgl.  3o  13, 12—17).  Sil«  ertoiberung  auf  eine  ber  $icr* 
burefy  beranlafcten  9)tai)nungcn  $efu  toirb  2c  9,  49—50  jene  $ujjcrung  berichtet,  tooburd^ 

16  3ofy.  fic£  über  einen  nietyt  jum  3>üngerftei«  gehörigen  unb  bennoety  im  SRamen  $efu  £cfc 
lung«ttyaten  botlbringenben  2Kcnfcfyen  befc^toert.  SBJcnn  ©fyrgeia  unb  6ifcrfu$t  angefügt« 
be«  aüm  3fyofteIn  gemeinfamen  Seruf«  unb  be«  Sorbilbe«  $efu  0^c  10,41—45)  inner- 
tyalb  biefe«  Äreife«  berftummen  muffen,  fo  föeint  boefy  bie  gleite  ©eftnnung  tyr  Sltdft  ju 
befallen  gegenüber  allen,  toelcfye  nidjt  gu  ben  bon  ;x\efu«  ertoetylten  ©enoffen  feine«  2cben« 

ao  unb  SBirfcn«  gehören.  9tic$t  bie  eigene  (Sfyre  ober  boefy  biefe  nur,  fofern  fte  mit  berjenigen 
be«  SKeifter«  fteljt  unb  fällt,  tooHcn  beibe  Srüber  bur$  ein  ©otte«urteil  gerächt  f  e$en,  al«  fie 
burety  bie  Setoofyner  eine«  Samariterborf«  öcrlcfct  gu  fein  festen,  unb  gtoar  tootten  fie 
felbft,  toenn  3>eju«  fie  baju  ermächtigt,  h)ie  einft  6lia«,  geuer  bom  §immel  ^abrufen 
(2c  9,  54).    Überliefert  ift  c«  jtoar  nid&t,  boety  aber  !aum  ju  bejtoeifeln,  bafi  biefe  unb 

26  ö^nlid^e  Äußerungen  einer  ^toar  mit  ftarfem  ©lauben  unb  ebelften  Sntyftnbungen  fccr= 
toad&fencn,  aber  no$  ungeläuterten  2cibenfc$aft  ben  §errn  bcranlafct  $aben,  ben  Srfibcm 
ben  Seinamen  Boanerges  &u  geben  (2Rc  3,  17).  (Sine  in  ben  Slften  be«  ^Utppu« 
borliegetxbe,  aber  au«  biel  älterer  Quelle  ftammenbe  3)i$tung,  toelc^je  fotoo^t  biefen  Stauten 
al«  bie  Äußerung   in  2c  9,  54  muthrilligertoeife   bon   ben  ^ebebaiben  auf  bin  3tpoftd 

so  ^iltypu«  überträgt,  betoeift  jebenfall«,  tote  unbermeiblic^  bie  ^Jerfnü))fung  Don  9Jlc  3, 17 
mit  2c  9,  54  bon  jcfycr  erje^ienen  ift  (togl.  3«^n,  gorfd^ungen  VI  6. 26).  SBenn  übrigen« 
ber  Seiname  toirfli^  =  wn  ^2  ift  (&gl.  ga^n,  ©inleitung  I,  10),  fo  föeint  bie  Ueber^ 
fc^ung  vtol  ßQovrfjg  ftatt  bc«  allein  genau  entfpred&enben  vloi  6gyfjg  bon  3Hc  getollt 
ju  fein,  toeil  Untere  fo  mifeberftanben  toerbeit   lonnte,   al«  ob   bie  SRänner  babur^  al« 

.%  Dbjelte  be«  göttlichen  3orne«  bejeic^net  toerben  follten  (bgl.  6^.  2,  3  xixva  dgyfjg  unb 
biete  analoge  3?erbinbungen  bon  vlog  mit  ©enctiüen  De«  Slffeft«),  toä^renb  fte  öielme^r 
toegen  i^rc«  eigenen  aufbraufenben  30nie^  f°  genannt  toorben  pnb.  3Ran  begreift,  baj 
biejer  eine  ernfte  5Rüge  ausfprc^enbe  9?ame  nid^t  an  ben  3Kännern  ^aften  geblieben  ift, 
tote  ber  berfycifjung«üotle  9iame  Äcj)^a  =  ^etru«  an  Simon.    @«  f4lt  nid^t  an  3*wfls 

40  ntffen  bafür,  baft  beibe  Srübcr  Ferren  i^re«  ^ä^orn«  toie  i^re«  eiferfüc^tigen  S^rgetje« 
getoorben  finb.  ÜBon  gafobu«  bat  Giemen«  3llej.  bei  (Suf.  h.  e.  II,  9,  2—3  eine  Sage 
aufbetoabrt,  toclctye  bic«  ju  rüljrcnbem  2lu«brucf  bringt.  Son  3^.  bezeugt  e«  bie  ©e> 
fc^ic^te.  'Diur  gebänbigt  unb  geläutert,  aber  ni($t  bernic^tet  jxnben  toir  bte  ererbte  Statur« 
anläge  be«  %o%.  in  ben  Schriften  unb  ^anblungen   nod^   be«  ^betagten  ©reife«.    3e 

45  begrünbetcr  bic  Slnnafyme  erfc^cint,  ba|  er  unter  ben  Styofteln  einer  ber  jüngften,  toenn 
ntd>t  ber  jüngftc  toar,  um  fo  fidlerer  ift,  bafe  nur  feine  ^erborragenbe  Segabung  unb  fein 
Feuereifer  i^m  unb  gtoar  i^m  attein  neben  ^ctru«  fcfyon  in  ben  erften  ^A^en  na$  ber 
Siuferftc^ung  3ef"  wnb  nod^  gu  2cbjciten  feine«  älteren  Sruber«  eine  fü^renbe  ©tdlung 
unter  ben  Sttpoftcln  unb  in  ber  ftirebe  ^aläftina«  Derfc^afft  ^at  (ä©  3, 1—11 ;  4#  13.  19; 

öo8,  14).  9tacfy  31©  15,  1—29  fdjcint  er  jtoar  in  bie  Ser^anblungen  be«  fogen.  Styoficl* 
fonjil«  im  SlUnter  51-52  nietet  toie  s^ctru«  unb  ber  „Sifcfyof"  3a^uö  <n  entfe^eibenber 
Söctfe  eingegriffen  $u  ^aben.  älbcr  ^5aulu«  nennt  tyn  boc^  neben  jenen  beiben  an  britter  ©teile 
al«  eine  ber  Säulen  ber  ftircfye  unb  boctyangefefyenen  Autoritäten  in  ^erujalem,  mit  freieren 
er  unbSarnaba«  bamal«  $u  einem  auf  ber  gegenfeitigen  Änerfennung  gleicher  Serec^tigung 

55  gu  fclbftftänbiger  9lu«übung  bc«  Sl^oftclbcruf«  auf  berföiebenem  ©ebtet  beru^enben  (Sin* 
ücrftänbni«  gelangt  ftnb.  2)ie  Serufung  ber  in  bie  galatifc&en  ©emeinben  eingebrochenen 
^ubaiften  auf  !3a^obu«,  ^etru«  unb  ^ob.  al«  Segünftiger  i^rer  Seftrebungen  ijat  ^Saulu« 
bort  burc^  H>atfad)en,  bie  er  ntd^t  erfunben  ^aben  fann  unb  jd?on  au«  Älug^eit  n«^t 
au«fprcc^en  burftc,  toenn  fie  nid;t  jtoeifcllo«  vorlagen,  in  untoiberlegliAer  SBcife  al«  eine 

60  untoa(?rc  itorflnegelung  ertoiefen.    SBa«  ben  Sc^am>tungen  ber  gubaiften  al«  I^atjac^e 


Samtes  brr  Styofilel  275 

p  ©runbe  lag,  toar  lebtglic^  bieä,  bafj  $o\).  toie  ^jafobuS  unb  $ctru3  foiütc  bic  unter 
tfjier  2ettung  fte^enben  ©emeinben  Igerufalemä  unb  sJ5aläftinaS  in  ben  gönnen  beä  jübi= 
föen  ®efe$eö  ju  leben  fortfuhren,  h)ie  fie  e3  bon  %\iQtrti>  <wf  unb  im  SSerfc^r  mit  ^efuS 
gebrannt  getoefen  toaren,  unb  bafj  fie  burcfyauS  nidjt  üftiene  matten,  auf  biefe  Sebcnäform 
m  benidjten,  toetyrenb  fie  [vi)  anbererfeitö  na$  Übcrhrinbung  bon  Sebenfen,  h>el$e  au$  6 
pe  frfiger  gegen  ctynltcfce  Unternehmungen  gehegt  Ratten,  im  3-  51/52  mit  bem  OTiffionS* 
betrieb  beS  SPauluS  unb  ber  Unabfyängigfeit  ber  fyeibencfyriftlic|en  ©emeinben  Dom  ©efe| 
feierlich  einberfianben  erllärten.  2>iefe  Stellung  beä  3joty.  gu  ber  brennenbften  fircfylicfyen 
grage  um  bie  9Ritte  beä  erften  ijaljrfyunbertö  ift  baä  lefcte,  toaä  uns  baä  3£Z,  abgefefyen 
Den  ben  joljanneifc&en  ©Triften,  über  3>oI).  gu  toiffen  giebt.  10 

II.  ®ie  ©Triften  be$  3>oljanne3.  1.  2)ie  2lj>o!altyi>fc  guerft  $u  nennen, 
aföetnt  baburefc  gerechtfertigt,  bafe  bon  ben  ©Triften,  toelctye  aläSöcrfe  beS  3l^oftcfö  3o^. 
überliefert  finb,  nur  biefe  il)rem  SSerfaffer  felbft  ben  tarnen  3S<^-  giebt.  Slbgefefyen  bon 
ber  toettlaufigen  litelüberfd&rift  1,  1—3,  toeldje  möglicfyertoeife  erft  nachträglich  unb  bon 
anberer  §anb  borgefe$t  fein  fönnte,  fyat  ber  SBerfaffer  burefy  33oranfteHung  einer  ©rufc  is 
fiberförift  nad)  ärt  ber  apoftolifd&en  93riefe,  in  toeld&er  er  ft$  felbft  ^ol?-  nennt  (1,4— 6), 
tan?  bie  abermalige  Nennung  feiner  $erfon  unb  Slnrebe  ber  Sefer  (1,  9),  fotoie  burety 
eisen  ©$(ufegrufi  (22,21)  bem  gangen  Sud?  biegorm  eine*  ©enbfcfyreibenS  an  bie  fteben 
Sememben  in  SpljefuS,  ©mtyrna,  SPcrgamum,  Jftyatira,  ©arbeS,  ^tyilabetyfyia  unb  £ao== 
bkea  gegeben.  SBBenn  ber  93crf.  in  einem  folgen  ©enbfdjreiben  fiety  gu  feiner  ©elbftbegeicfc  20* 
mmg  an  bem  jeber  9täl)erbeftimmung  ermangelnben  Eigennamen  genügen  lägt  (1,  4.  9; 
22,  8),  unb  fcenn  er  aud)  im  Xitel  nur  als  ein  ftnectyt  ©otteä  ober  ßtyrifti  be$eid)net 
toirb  (1,  1),  h>a3  bon  jebem  Stiften  gefagt  toerben  fann,  fo  ergiebt  ftc$,  bafe  im  Umfrete 
ber  jtoar  fämtlicfy  in  ber  ^ßrobing  Slften  gelegenen,  aber  boefy  jum  Steil  toeit  boneinanber 
entfernten  ©emeinben  ein  30^.  eine  aUbefannte  s}Serfönlic$feit  mar,  unb  bafe  c$  jur  3cit  26 
ber  Äbfaffung  ber  21p?  auf  biefem  auägebcfynten  ©cbiet  feinen  jtoeiten  3°^-  Öa&/  mit 
toeb^em  ein  Präger  biefeS  bei  ben  ^uben  giemlic^  gebräuchlichen  9tomcn3  fyättz  bertoec^Jelt 
tvaben  tonnen.  äu$  ben  an  bie  einzelnen  ©emeinben  ober  beren  Sorfte^er  gerichteten 
7  Änftjrac^Kn  (2,  1—3,  22),  toelcfye  man  nid^t  al^  an  biefclben  gerichtete  ©enbf ^reiben 
betraten  fodte,  ba  fie  nur  ai$  93eftanbtei(e  be^  einheitlichen  Suä^  ben  einzelnen  ©e-  so 
meinben  unb  fomit  allen  ©emeinben,  gu  melden  ba£  Suc^  gelangt,  ungetrennt  zugeben, 
agtebt  ftd^,  gleic^biel  ob  bie  &iftonen,  au$  meieren  ber  ^nijait  biejer  7  Slnfprac^en  unb 
brt  gangen  39u$3  entftanben  fein  totd,  ecfyte  SBifionen  ober  eine  fingierte  9iacfybilbung  bon 
folgen  pnb,  ba^  ber  SSerf.  mit  ben  fe^r  mannigfaltigen  ^uftänbcn  aller  biejer  ©emeinben 
ebenfo  genau  befannt  toar,  h)ie  fte  mit  i^m.  @ine  britte  für  jebe  ^rittl  grunblegenbe  35 
Zfctfadp  ift,  bafe  bie  %pt  nicfyt  nur  bon  $au$  au$  ba^u  beftimmt  mar,  in  ben  i<er= 
Sammlungen  ber  angerebeten  ©emeinben  gelegen  gu  Serben  (1,2  6  ävayivojoxov  xal 
61  äxavorreg,  2,  7  K.  ralg  ixxltjoiaig,  22,  7.  10.  16—20),  fonbern  auc^  ioirflic^  in 
eben  biefen  ©emeinben  bom  9tnfang  be$  2.  ^a^r^unbert^  an  al£  ein  43uc^  göttlicher  Offen» 
banmg  Singang  unb  Snerlennung  gefunben  i)at  ^apia^,  $3ifd^of  bon  ipierapoli^  in  ber  40 
natftm  9^ad^barf(^aft  bon  Saobicea  (%pt  3,  U),  (;at  um  125  i^re  s2(riopiftie  befugt 
(Andreas  in  apoc.  ed.  Sylburg  p.  2);  ber  um  130—135  in  (SpfyefuS  belehrte  unb 
jeittoeüig  anfäfftg  geh>efene  ^uftinud  fü^rt  fte  in  feinem  ettoa  20  %abxz  fpdter  berfa^ten 
Dialog  mit  itpp^on  (c.  81),  ber  Steprobuftion  eineä  in  (Sp^efud  gehaltenen  ©efprä^^, 
af*  einen  öetoei^  bafür  an,  baft  bie  ®abt  ber  SSei^fagung  bon  ber  ©tynagoge  auf  bie  45 
jttt^e  übergegangen  fei.  2)ie  „^Jreöb^ter  in  Slfien",  meiere  ^renäu^  (f.  b.  Slrtifel)  al$ 
©dualer  be$  3°^-  bere^rt,  toelc^er  bie  9lpf  gefc^rieben,  unb  atö  Scbrcr,  beren  müublicfycn 
Unterricht  a  felbft  genojfen  l^at,  l^aben  ftc^  mit  ber  £atyl  be^  älnti^rift^  («j)f  13,  18) 
beft&ftiat  (3ren.  V,  30,  1).  SDie  fc^merlicb  fpäter  als  um  160-170  in  bcrfelben  ^ro* 
toeä}  enthaltenen  3<>^anne^a!ten  be^  jur  ©c^ule  58alentin^  gehörigen  „Seuciue"  legen  bic  w 
Crbnung  ber  7  ©emeinben  in  2lpf  1,  11  il;rer  Säuberung  ber  Süanbcrunaen  bc«  Sipoftclö 
3o^.  yt  ©tunbe  (5lf3  1899  ©.  198).  Um  biefelbe  geit  tonnten  bie  „Slloger",  toelc^e 
in  ©cgenfa^  gum  Wontantömud  alle  ^ro^etie  unb  barum  aueb  bic  s2lpl  mit  ben  übrigen 
jo^.  Sänften  au«  ber  Ätrctye  berbannt  n?iffen  Sollten,  biefe  Jyorberung  nur  fo  begrünben, 
bafc  fie  behaupteten,  ber  Äe^er  Äcrinty,  toelc^cr  gleichzeitig  mit  ^o^.  in  epfjefuä  gelebt  65 
hatte,  ^abe  unter  trügerifc^er  älnna^me  be«  92amenö  S0^  bk  9lpf  in  bie  ftirc^e  einge- 
f^muggelt  9ber  eben  biefe  Sctyauptung  ber  ^(cubonrnnte  mufr,  aud;  abgefe^en  bon  ber 
Hnglaubli4>en  3bma^me,  ba^  gerabe  Jterint^  ber  ^Bcrfaffer  fei,  angeftd^tö  ber  fömudlofen 
€elbfteinfü^rung  be«  Serfafferö,  angeftc^t«  ber  burdj  3lpf  1—3  gebicterifd^  geforberten 
8otau$fefeung  genauer  perfönlu^er  Sefanntfc^aft  ^oifc^en  bem  noc^  lebenben  sJ3erfaffer  unb  eo 

18 " 


276  3ofjatme3  ber  tyoftet 

feinem  erften  SeferfrciS  unb  angeftcfytä  ber,  tote  gezeigt,  glängenben  geugmffe  f0*  K*  f* 
fortige  bereljrungSboHe  2lufnafyme  ber  31})!  in  ben  beteiligten  ©emeinben  ate  abfurb  beur- 
teilt toerben.  Dieje  S3el?auJ>tung  ift  bafyer  auc$  giemlic$  feiten  aufgeteilt  toorben,  tote  g.  9. 
bon  SBeigfäcfer  (9q>oft.  Zeitalter  ©.  504)  auf  $runb  ber  Slnatogie  aller  fonftigen  apola* 
5  Ityptifctyen  Sitteratur,  für  toelcfye  bie  ^Jfeubontymie  Siegel  fei.  93aur  unb  feine  ©$ule  hielten 
bagegen  an  bem  Sfyoftel  3o^.  als  SSerfaffer  feft  unb  erflärten  bie  Sfyt  für  ba$  einzige  edfrte 
2öerf  biefeS  SfyoftelS,  ja  neben  ben  bier  „£auj>tbriefen"  beS  $)Saulu8  als  bie  emsige  fimfl 
noefy  ectyte  Schrift  beS  SR2&  2Ber  ftc$  hierein  md)t  finben  lonnte  unb  bo<$  anbererfeitf 
bie  SJJfeubontymie,  gumal  in  ber  abföreefenben  ^ormf  in  toetc^er  bie  2Hoger  unb  SajuS  tom 

10  9tom  fte  behauptet  Ratten,  unannehmbar  fanb,  juckte  einen  anberen  3o&.,  toelc&er  $att  be* 
SfyoftelS  für  ben  33erfaff er  gelten  lönnte.  SoDumtyftuS  bon  SlleEonbrien  um  260,  toelc$er 
ftety  jeboc£  mit  ber  -äJWgltdjfeit  begnügen  mufcte,  baf$  e$  am  2lu3gang  beS  1.  3a$r$unbert$ 
in  Slften  noefy  einen  anberen  3o|.  neben  bem  Styoftel  gegeben  fyiben  möge,  toe($er  bie 
2tyf  gefc^rieben  fyabt,  toofür  er  in  einer  bamalS  borfyanbenen  Dufclicttät  ber  Sofaltrabition 

15  über  bie  ©rabeSftätte  beä  3ofy.  in  ßtyfyefuS  *t»wn  getoiffen  ©tüftnmlt  gu  finben  meinte 
(@uf.  h.  e.  VII,  25,  7—16).  $ieran  anfnüpfenb  entbeefte  (SufebiuS  ben  gefugten 
Doppelgänger  beS  StyoftelS  3o&.  m  S^efuS  in  ber  JJorrebe  beS  $a()iad  (h.  e.  III,  39, 
5—6).  9tun  fyatte  man  einen  „$reäbtyter"  !go&.,  toelc^en  ©ufebiuS  afö  93erfaffer  ber  8p! 
empfahl.    $$n  neueren  $eiten  ftnb  ifym  hierin  Surfe  (6inl.  in  bie  Dffenb.  2.  SlufL  1852, 

•jjonoep  nietyt  in  ber  1.  bon  1832),  S3leef,  ©toalb,  Düfterbiccf  u.  a.  gefolgt,  unb  in  neuerer 
$eit  geigt  ftc$  toieber  ftärfere  Neigung,  ben  *J}re$btyter  3o^.  für  alles,  toaS  ben  Flamen 
3oI).  trägt,  unb  fo  auc$  für  bie  Sfyf  mefyr  ober  toeniger  bireft  beranttoortlicfc  gu  ma$en 
(ÜKe^er^Souffet,  Dffenb.  ^oty.  neu  bearbeitet,  1896;  £arnacf,  Pönologie  ber  altc&rifti. 
Sitteratur  I,  1897),   ofyne  bajj  man  e$   bisher  gu  einer  Haren  unb  beftimtnten  Seant* 

25  toortung  ber  fämtlic^en  einfölagenben  fragen  gebraut  fyättt.  Den  bon  Diontyftud  in 
feinen  (Irtoägungen  über  einen  möglichen  5ßerfajjer  ber  Sfyf  als  unbrauchbar  betfeite  ge* 
festen  3oty.  2RarfuS  fjat  £ifcig  (Über  3o$.  SRartuS  unb  feine  ©Triften  1843)  afc  Serf. 
ber  Styf  in  3lnforu<$  genommen,  unb  ©pitta  (Dffenb.  3ob.  unterfud&t  1889)  ate  SBerf. 
ber  inStyf  1,4—7,  17;  22,8—21  giemlic^  unberfefyrt  erhaltenen  c^riftlic^en  Urajjolal^fe. 

ao  @S  fann  ^icr  nic^t  berfucfyt  toerben,  auc^  nur  eine  flüchtige  Überfielt  über  bie  feit  Softer* 
©d&rift  über  bie  ©ntfte^ung  ber  2tyf  (1882)  aufgefteflten  $topot^efen  über  bie  3ufammen- 
fe^ung  unb  meift  at3  ein  langtoieriger  $rojeg  borgeftellte  Sntfte^ung  bed  Suc^  gu  geben. 
Sgl.  £irfd>t,  Die  3lpf  unb  tyre  neuefte  Rritif  1895;  Souffet  a.  a.D.;  3a^n,  (Sinleitung 
11%  601.    Slfö  unanfechtbar  fc^eint  [\<fy  bo$  fc^lie^lic^  folgenbed  ^erau^juftellen :    1.  Die 

35  unerfinbbar  beftimmte  Slngabe  be«  3renäu^  (V,  30,  3),  baft  bie  Slpf  gegen  ©nbe  ber 
^Regierung  Domitian^,  alfo  um  95  „geflaut"  unb  getrieben  toorben  fei,  pnbet  m  b«t 
an  gefd)td)tlid)en  Regierungen  reiben  älnfang^fapiteln  lebiglic^  Seftatigungen,  mag  man 
ben  Seftanb  ber  aftatifc^en  ©emeinben  (g.  8.  ©mtyrna,  too  ed  bö  furj  bor  a.  70  nod^ 
feine  ©emeinbc  gab),  ober  bie  3Serfaffung  berfelben  (c5  äyyekog  rfjg  Ixxbjoiag  =  bü- 

40  oxonog),  ober  bie  SRifolaiten  unb  bie  Stellung  ber  2lp!  gum  Slpofteloefret  (2,  2—6. 
14—16.  20—25),  ober  bie  Verbannung  bc«  3  o^.  nac&  «Patmo«  (1,9)  ober  bie  für  jeben, 
ber  toeift,  toa^  ©obom  ^eigt,  beutlic^e  9tücfbegiel?ung  auf  bie  längft  erfolgte  S^ftorung 
3erufalem^  (11,  8)  inö  Sluge  faffen.  2.  Die  bon  born^ereht  beabfic^tigte  unb  in  ber 
Ityat  ber  3lbfaffung  bc^  93u^  fofort  gefolgte  (Sinfü^rung  bleiben  in   bie  aotteöbienffc 

45  Ikfyc  Sorlefung  bei  ben  7  ©emeinben  fct)Üc|t  bie  30tögli$feit  au^,  ba|  bie  3fyt  toatyrenb 
ber  $z\t  t>on  100—150  toef entließe  Seränberungen  erfahren  f)abt.  3.  Der  3Jerf.  ifi, 
toie  jc^on  fein  9lame  unb  feine  ©prac^e  betoeift,  ein  §ebräer,  toelc^er  um  95  eine  m  ber 
gangen  Äird^e  ber^robing  anerfannte  SttutoritätöfteHung  innehatte,  o^ne  einen  gletygeitigen 
unb  gleichnamigen  Stibalcn  neben  fi$  gu  ^aben.    6r  ift  ber  eingige  3o^.  bon  ^ef^ 

50  bon  toelc^em  eine  bis  in  feine  Sebenägeit  ^inaufreic^enbe,  bon  ben  jo$.  ©Triften  in  afc 
tyeibenben  fünften  unabhängige  Überlieferung  gu  fagen  toeift  (f.  unter  III).  Da&  a 
ic^  nic^t  als  Styoftel  c^aralteriftert,  ift  fein  ©runb  bagegen,  baft  er  ein  fofc$er  getoefen 
ei;  benn  er  c^arafterifiert  fid^  überhaupt  nid^t,  unb  feine  Slufgabe  ate  Serfaffer  bar  Slpf 
;atte  mit  bem  apoftolifc^en  S3eruf  feinen  näheren  3«fai«w^öW8- 

55  2.  Die  ©riefe.  Dem  größeren  berfelben,  toelc^en  jd^on  $a))iad  citiert  (@uf. 
h.  e.  III,  39,  16)  unb  $otyfarJ>  (ad  Phil.  7)  fidjtlty  nac^gebilbet  tyd,  fe^It  bie  gorm 
beS  SriefS.  Der  ©ingang  1,  1—4  toürbe,  aud)  bann,  toenn  man  annähme,  eine  ur* 
fprünglic^  bor^anbene  ©ru^überfc^rift  fei  abfyanben  gefommen,  ebenfotoenig  toie  bar  be* 
.^ebräerbriefS  erfennen  laffen,   ba^  hiermit  ein  Srief  beginne.    @S  fe^lt   aber  auc^,  im 

60  Unterfctyieb  bon  jenem  anonymen  ©enbfd^reibcn,  am  ©d&luj*  alles,  toaS  man  &on  einem 


dfofjatmed  ber  Styofitel  277 

9rief  ertoattet,  unb  im  flanken  Verlauf  jebe  Sejugna^me  auf  örtlich  bebingte  93erfyältniffe 
bcr  angerebeten  Sefer.  am  beuteten  erfennt  man  au$  5,  21,  baß  bic  Sejer  in  fyeib* 
wf^er  Umgebung  lebenbe  #etbencfyriften  ftnb  (bgl.  3  $o  7).  £eigt  anbererfeite  ba«  toiebers 
fcite  ygd<p<o  v/mv  (2,  1.  7.  8.  12—14.  21.  26;  5,  13),  baß  bic  ©c&rift  nic&t  eine  bor 
tafamrndter  ©emeinbe  gehaltene  §omi!ie  barfteHt,  fo  ift  fie  btelmefyr  als  eine  an  einen  6 
befkimmtrn,  toegen  beä  2Jtangel3  an  inbibibuellen  ^Beziehungen  giemlic^  groß  ju  benfenben 
Streik  Ijribewtyriftlicber  ©emeinben  gerichtete  föriftlictye  auftrage  beä  räumlich  bon  tynen 
getrennten  93erfaf[er3  anjufe^en.  9tur  ein  bejahrter  2Rann,  toeld^er  in  feiner  Umgebung 
unb  m  bem  toeiteren  Äreife  feiner  Sefer  als  Se^rer  unb  ßrjiefyer  $u  ctyriftlic^em  ©lauben 
unb  fieben  tyo&e  änerfennung  genoß,  fonnte  in  einer  berarttgen  2lnft>rac$e  ben  bäterlictyen  10 
Ion  anfragen,  ben  toir  au«  jeber  geile  fyerauäfyören.  SBäfyrenb  er  aber  buretytoeg  bon 
fk^  in  ber  ©mja^I  rebet,  too  er  auf  fein  ©^reiben  an  bie  Sefer  ju  reben  fommt,  bebient 
a  m  1,  1—5  unb  4,  6.  14.  16  einer  pluraliföen  ©elbftbegeicfynung,  toelctye  cbenfotoenig 
mit  bem  „t<£"  bon  2,  1  an  gleicfcbebeutenb,  toie  als  eine  ßufammenfaffung  be8  Siebenben 
mit  ben  Sefern  ober  ber  ganjen  ßtyriftenfyeit  genommen  toerben  fann.  Severe«  fcfyon  16 
banim  ntcfct,  toeil  ba$  ,,2Bir"  bem  „@ucfy"  (1,  2)  unb  bem  „au$  euety"  unb  „au$  i^r" 
(1,3)  f$arf  gegenübertritt.  äuc$  ba$  betonte  tipäs  4, 14.  16,  too  ni$t  toie  anbertoärtö 
bie  un^riftüd^e  SBBelt  ober  bie  abgefallenen  Srrtefyrer  ben  ©egenfafc  bilben,  fonbern  au$ 
twrfcr  faon  bon  ben  (Stiften  insgemein  gerebet  toar  (4,  11—13),  fteflt  ben  Sefern  eine 
Stutze  bon  SRännern  gegenüber,  bon  belegen  allein  ba$  gefagt  Serben  fann,  toae  ber  20 
Serf.  bort  bon  fic$  unb  jugleUfc  bon  anberen  ©enoffen  bezeugt.  2)a$  ift  aber  nichts  ©es 
nngereä,  al$  baß  fte  ba3  in  6fyriftu8  offenbar  getoorbene,  in  bie  ©rfcfyeinung  getretene 
Sieben  mit  D^ren,  äugen  unb  £änben  finnlicty  Wahrgenommen  tyaben  unb  fomit  in  ifyrer 
berufsmäßigen  SJerlünbigung  btefer  einft  bon  tynen  erfahrenen  21)atfac$e  ben  Sfyarafter 
bon  £eugen  für  ft#  beanft>ruc£en  fönnen  (1,  1—3.  5;  4,  14).  S)ie  bisherigen  3}erfu$e,  25 
biefe  Äu3fagen  ju  entkräften,  ftnb  nic^t  ber  ärt,  baß  fte  fyier  toiberlegt  &u  toerben  ber= 
bienien.  @5  bleibt  nur  bie  älternatibe,  toelc^e  feit  ben  ^Eagen  ber  äloger  bon  allen  ernft- 
^ten Äritifern  als unauätoeic^licfy anerfannt toorben  ift:  fyier  rebet  in  feinem  unb  mehrerer 
anberer  9lamen  enttoeber  ein  jünger  ^efu,  freierer  reic^lic^e  ©elegen^eit  gehabt  fyai,  im 
m^altenben  Serte^r  mit  ^efu«  bur$  ba«  Mittel  aQer  Sinne  fid)  eben(otoo^(  bon  ber  so 
leibhaftigen  SBirflic^feit  ate  bon  ber  übermenfc^lic^en  Öo^eit  be«  „im  gleifd^  gefommenen" 
6o^ned  ©otteS  gu  übeneugen,  ober  e$  rebet  ^ier  ein  Wann,  h>clc^er  ftc^  trügerifc^ertoeife 
für  einen  äugen-  unb  Dfyrenjeugen  ber  ebangelifcfyen  ©efc^ic^te  au^giebt.  gnbem  aber  ber 
Seif,  fagt:  „3)teS  bertünbigen  toir  auc^  euc^,  bamit  auc^  tfyr  mit  un«  ©emeinfe^aft 
^abet"  (1,  3),  fagt  er  auc^,  baß  er  unb  feine  ©enoffen  nur  je$t  unb  unter  anberem  aud)  85 
kiefen  SJefern  bad  im  2eben«ber!e^r  mit  %tf\x$  ©rfa^rene  prebigen.  3)ie  Sefcr  berbanfen 
ben  £ter  Stebenben  nic^t  i^r  ß^riftentum  (2,  7—14.  20—27);  anbere  ^rebiger  fyaben 
i^nen  badfelbe  gebraut,  toä^renb  ber  SSerf.  unb  bie  ©enoffen,  mit  toe($en  er  ftc^  ju^ 
fammenfaßt,  noä)  auf  anberen  ©ebieten  al«  35rebiger  t^ätig  toaren,  je|t  aber  ftnb  fte 
„au$"  )u  biefen  $eiben^riften  afö  Se^rer  gefommen.  2Benn  ber  33erf.  ben  Übergang  40 
)ii  ba  fo(genben  fc^riftlic^en  änffrac^e  felbft  nac^  ber  richtigen  Sä  1,  4  burc£  bie  93c« 
merfung  ma<^t,  baß  er  unb  feine  ©enoffen  i^rer  aufgäbe  ber  Sßertünbigung  and)  in 
f^nfüt^er  gorm  nadjfommen  unb  gtuar  auö  einem  inneren  2)rang,  toelc^em  ju  folgen 
tönen  fdbft  bie  ^fte  Sefriebigung  gehört,  fo  ift  bamit  baS  bieämalige  ©c^retben  einer 
fu^  je  unb  bamt  toieber^olenben  fd^riftfteKerifd^en  S^ätigfeit,  einer  bamatö  im  gntfte^en  « 
begriffenen,  bon  äugengeugen  ber  ebangelifc^en  ©efc^i$te  au^ge^enben  Sitteratur  eingereiht. 
Surfen  tarir  ba  abgefe^en  bon  ben  älogern  einftimmigen  Irobition  glauben,  baß  ber 
Serf.  3^.  ^ieß,  fo  ergiebt  ftc^,  baß  ein  perfönlic^er  jünger  gefu  biefeS  tarnen«  gugleic^ 
mit  mehreren  anberen  Düngern,  toelc^e  ebenfo  toie  er  felbft  früber  auf  einem  anberen  @e* 
biet  aU  ^Jrebtger  bed  dbangeliumd  t^ätig  toaren,  je^t  in  ^ö^erem  älter  in  einem  ftreife  so 
föon  früher  beflanbener  beibenc^riftlic^er  ©emeinben  als  Se^rer  beS  S^riftentumS  t^ätig 
tpE,  unb  baß  er  in  biefem  Streife  eine  fyerborragenbe,  toa^rfc^einli^  jene  neben  i^m  ebenbort 
tätigen  ©enoffen  übenagenbe  äutorität  genießt.  Die  ©ef$ict)te  h>eiß  nur  bon  einem 
3o$.,  bei  ft>e[$em  alles  bie«  jutrifft,  bon  bem  $ob.t  toelc^er  in  ben  legten  Safyrgefynten 
M  1.  3abr^unbertö  bon  (Spgefuä  au«  bie  gefamte  Stirere  ber  ^robing  geiftig  be^errfc^t  66 
bat  ®aß  ber  93erf.  be«  erften  Srief«  nic^t  bloß  borüberge^enb  alä  ein  ©lieb  be«  Weiteren 
^üngerfretfeS  fid^  mit  3^  berührt,  fonbern  bem  engeren  Ärcife  ber  £eben«gefä^rten  ^efu 
angebört  fjat,  alfo  ein  äpoftel  fear,  toie  bie  33ercfyrer  unb  in  i^rer  ärt  auc^  bie  ©egner 
ber  jo^.  Sänften  im  2.  ga^unbert  einftimmig  angenommen  haben,  maefct  ber  ftarfe 
Xuebrud  in  1  3°  ^  1—3  übertoiegenb  toa^rfc^einlid^.  —  3nnig  bertoanbt  ftnb  mit  bem  60 


278  3<>fjamte3  ber  Styopel 

größeren  95ricf  bie  Bctbcn  Heineren  SBricf c  erfiten«  burety  bie  Sprache  unb  benlgbeeiis 
frei«,  gtoeiten«  bur$  bie  Seftreitung  ber  gleiten  Srrlefyre  (1  3o  2,  18—26;  4,  1—3; 
5,  5—12;  2  %o  7—11),  britten«  burety  bie  au«  ben  Heineren  ©riefen  nur  no<$  beut* 
lieber  al«  au«  bem  größeren  unb  ber  Styl  fyerborleuc^tenbe  oberfyirtlid&e  Stellung  be«  95er* 

s  faffer«  in  einem  au«gebe^nten  Ärei«  bon  ©emeinben.  2)aß  biefelbe  nid&t  gang  unangefochten 
toar,  geigt  fetyon  1  3>o  4,  6.  6«  gab  Scbrer  unb  §örer,  toeld&e  fid&  fein  unb  feiner  ©e* 
noffen  2Bort  ni$t  Sollten  gefagt  fein  laffen,  toogegen  3}o^.  forberte,  baß  bie  ©emeinben 
tyrerfeit«  biefe  Scbrer  abtoeifen  f ollen  (2  $o  8. 11).  Überrafd&enb  ift  nur,  baß  naefr  3  3<> 
5—15  ein  ©emeinbeborftcfyer  be«  Drt«,  toofyin  ber  ©rief  gerietet  ift,  in  feinem  9Biber* 

10  \pxnd)  gegen  3>ofy.  fo  toeit  ging,  baß  er  [xd)  beräd&tlictye  ^Äußerungen  über  tyn  erlaubte,  ben 
im  ©inne  be«  !gofy.  in  ber  Sßrobing  al«  -Btiffionare  reifenben  SSrübern  bie  firc$li<£e  (Sofa 
freunbfdjaft  berfagte  unb  bie  ifym  hierin  ft$  ni$t  ftigenben  ©emeinbeglieber  egtommunU 
gierte.  Sticht  alle  bortigen  Stiften  fmb  greunbe  be«  3oty.  (3  §o  15).  liefen  3uftanben 
gegenüber  behauptet  !gofy.  feine  3lutorität«fteHung.    (£r  föreibt  nid&t  an  ben  unbotmäßigen 

16  ißorftefyer  ©iotrejjfye«,  fonbern  an  ein  tym  nabeftefyenbe«  ©emeinbeglieb,  ©aju«,  barüber 
(3  3°  !)•  ®r  Wwtbt  auety  gleichzeitig  an  bie  gange  ©emeinbe,  benn  baß  3  $o  7  auf 
ben  gtoeiten  ©rief  fyintoeift,  unb  baß  beffen  Slbreffe  bie  ©emeinbe  jene«  Drte«  tft,  bätte 
nie  begtoetfelt  toerben  follen.  2lber  in  9tücffufyt  auf  ben  großen  ©influß  be«  Qtotrep^e« 
lann  er  in  bem  an  bie  ©emeinbe  gerichteten  33rief  nid&t  mit  äu«fu$t  auf  Gtfolg  feine 

20  gorberungen  in  33egug  auf  SöieberfyerfteKung  normaler  SSer&ältmffe  (teilen.  aber  er  beutet 
an  (2  $0  12),  toa«  er  3  So  10.  13  f.  beftimmter  in  3lu«ftc$t  fteUt,  baß  er  bemnäc&ft  an 
Drt  unb  ©teile  ben  2)iotrepI)c«,  offenbar  bor  berfammelter  ©emeinbe,  gur  Siebe  fietten 
unb  feine«  Unred&t«  überführen  toerbe.  S)aran,  baß  tym  bie«  unb  überhaupt  bie  S^efeU 
tigung  ber  unerfreulichen  ßuftänbe   gelingen  toerbe,  gtoeifelt  er  nid&t  (2  3o  12).    3Mefe* 

25  ©elbftgefütyl  be«  SSerf.«  toiu  bebaut  fein,  and)  bei  ber  ^rage,  toarum  unb  in  trägem 
©inn  er  ft$  an  ber  ©teile,  too  fonft  ber  Sigenname  be«  Srieffd&retber«  gu  fielen  pflegt, 
ftatt  beffen  burety  6  TtQeoßvxeqog  begegnet  (2  go  1 ;  3  %o  1).  3)a  c«  in  ben  ©emeinben 
ber  ^robing,  beren  $aty  nad)  anbertoeitigen  9?ac$ric$ten  toeit  über  bie  fteben  in  9ft>!  1,4. 
11  l?mau«ging,  bermutlic^  bunbert  ober  metyr  ©emeinbeältefte  gab,   tann  ft<£  ber  Seif. 

so  nicfyt  al«  einer  ber  $re«btyter  feiner  Drt«gemeinbe  (2  3o  13)  in  einem  an  eine  frembe 
©emeinbe  gerichteten  SBrief  (2  %o  1)  „ben  $re«btyter"  jd^led^t^m  genannt  ^aben,  gumal 
toenn,  toie  ber  3.  8ricf  unb  2li>f  1—3  gu  betoeijen  fctyeinen,  bamatö  ber  monar^ifAe 
C5ptf!opat  in  jener  ©egenb  bereit«  fic^  entttricfelt  tjattt.  dergleichen  laßt  fk^  au$  nk^t 
6  ovjLtJiQeoßvreoog  (1  5ßt  5,  1);  benn  barau«,  baß  einer  im  eigentlichen  ober  uneigent* 

85  liefen  ©inn  ba«  Slmt  eine«  ^}re«b^ter«  mit  bielen  Prägern  be«  gleiten  ahnte«  teilte, 
fonnte  er  am  toenigften  ba«  Siecht  herleiten,  ben  Xitel  tote  einen  Eigennamen  gu  gebrauten 
unb  fomit  für  ftc^  allein  in  Slnfprucb  gu  nehmen.  @«  fann  nur  ein  S^renname  fein, 
melden  ber  93erf.  geh>iß  nidjt  für  fic^  gefc^affen  ^at,  too^l  aber  fic^  aneignen  tonnte, 
nad^bem  e«  in  ben  unter  feiner  Seitung  fte^enben  ©emeinben  üblid^  getoorben  hntr,   i^n 

40  ben  Sllten  ober  ben  SBater,  ben  efyrtoürbigen  fie^rer  be«  gangen  Äird^enfceife«  }u  nennen, 
tocld^er  äße  G^riften  biefe«  S3egirf«  al«  Äinber  {xFxvia,  naidia),  ja  al«  ferne  Äinber 
(3  %o  1;  bgl.  1  %o  2, 1.  18)  anreben  unb  ftd&  al«  i^ren  geiftlid^en  SSater  anfe^en  burfte, 
ofyne  anmaßlic^  gu  erfc^einen.  S)er  9?amc  „ber  2llte"  enthielt  fein  Sob,  alfo  im  SRunbe 
be«  fo  ©cnannten  auety  lein  ©elbftlob,  fonbern  toar  ber  8lu«brudf  einer  auf  fc^r  begreif- 

45  liebem  2£ege  entftanbenen  unb  mit  bem  gune^menben  2llter  be«  Sebrer«  toac^fenben  Shtto* 
rität«ftellung.  S)aß  e«  aber  um  jene  3*ü  in  äfien  einen  folgen  SRann  gab,  toeh^er  fo 
burefy  6  ngeo^viepog  and)  ofyne  ©igennamen  beutlic^  genug  begeic^net  tourbe,  unb  baß 
biefer  ebrtoürbige  ©rei«  ^o^.  ^ieß,  toiffen  toir  bur$  $aj)ia«,  toelc^er  ein  Schüler  eben 
biefe«  3o&.  getoefen   ift  (®uf.  III,  39,  15 ;  bgl.  §  4.  7.  14).    S)aburd&  fmb  toir  toiAa 

60  auf  ben  3o^.  bon  @p^efu«  al«  ben  angeblichen  ober  toirflic^en  SSerf.  and)  biefer  öeinften 
\oi).  ©Triften  ^ingetoiefen.  2)aß  außerhalb  ber  $robing,  too  man  bie  bort  aufgebmmene 
Segeic^nung  biefe«  3°^-  a^  ^  9lltcn  nic^t  fannte,  gegen  i^re  ^erfunft  bom  Serf.  ber 
übrigen  job-  ©Triften  gerabe  toegen  ber  eigentümlichen  ©elbftbenennung  be«  SSerf.  39e« 
beulen  ftc^  regten  (Can.  Murat.  1.  68;  Origene«  bei  ©uf.  VI,  25,  10;  Can.  Momms. 

66  a.  G.;  bgl.  3ab\\,  ©efö.  b.  Äanon«  I,  213—220;  II,  88—93,  145.  154),  ift  ebenfo 
begreiflich,  al«  baß  man  nacb  ©ntbeefung  eine«  bom  Slpoftel  begebenen  $re«b^ter«  3°^- 
bem  le^tercu  biefe  Sriefe  gufc^rieb.  ©o  guerft  $ierontymu«  (v.  ill.  9.  18)  nac$  ber  An* 
beutung  be«  ©ufebiu«  (III,  25, 3),  toelcbe  biefer  nod;  niebt  ernftlic^  gu  bertoerten  fkb  ge» 
traute  (III,  39,  6  toagte  er  nur  erft  für  bie  2lj)f  bon  feiner  Sntbecfung  ©ebrait^  gu 

60  machen),    beiläufig  fei  erhxi^nt,   baß   ein  apohtypfyer  »rief  be«  ^o^.  Pseudooypr.  de 


3of)<uttte£  ber  Styoftel  279 

montibus  Sina  et  Sion  c.  13)  mt$  bcn  3°^nnegaftcn  bc«  Seuciu«  ftammt,  toie  fc^on 
früher  toenmitet  tourbe,  nun  aber  burc£  bie  neuerbing«  gefunbenen  Fragmente  (ed.  Bonnet 
p.  198,  12.  14)  aufeer  Reifet  öcfteUt  fein  bürfte,   bgl.  3atyn,  %oxfö.  VI,  196  21.  1. 

3.  5Da«  gbangelium.  äudj  biefe  Schrift  gleist  ben  bieber  befproc^enen  barin, 
bafc  fte  nic&t  an  ba«  lefeluftige  *ßublifum,  fonbern  an  einen  beftimmten  Seferfrei«  gerietet  6 
ift,  toeb^en  ber  93erf.  19,  35;  20,  31  jtoeimal  tute  ein  ^rebiger  bie  um  ifyn  berfammelte 
Semeinbe  anrebet  (20,  31  unb  19,  35  xal  vjueTs  hrie  1  $o  1,3).  Die  fd&on  fyierburety 
toie  burc$  bie  Irabitton  nahegelegte  Vermutung,  bafc  fyier  berfelbe  9Rann  toie  in  ber  3fyf 
unb  in  ben  Sriefen  511  benfelben  ©emeinben  31fienö  rebe,  toirb  beftätigt  bur$  bie  unleug* 
bare  ©letc^eit  ber  ©pra$e  unb  ber  religiöfen  2lnfd;auungen  im  @b.  unb  ben  ©riefen.  10 
genter  babur$,  bafe  ba«  Sb.,  toie  jeber  fief;t  unb  nicfyt  im  einzelnen  nacfygetoiefen  ju 
toerben  brauebt,  für  Sefer  beftimmt  ift,  bie  mit  ber  Sprache  unb  ©itte  ber  3«ben  <ßalä= 
ftina«  unbefannt,  alfo  Ijeibmfcfyer  £erfunft  unb  außerhalb  Sßaläftina«  toofynfyaft  toaren. 
5>er  Serf.  rennet  fu^  1,  14.  16  ganj  ebenfo  toie  ber  &erf.  ber  ©riefe  1  ^o  1,  1— 5; 
4,14.  16  ju  benan^efu«  gläubig  getoorbenen  Slugenjeugen  feines  öffentlichen  ffiirfen«  unb  15 
beteuert  19, 35  in  Sejug  auf  ein  einzelnes  ©reigni«  ber  Kreugigung«gef$icfyte  mit  befonberem 
%u^bmct,  bafi  feine  (Srjä^lung  babon  erften«  ein  toirflicfye«,  toeil  auf  eigenem  ©efyen  be* 
n$enbe«  3^8"^  JtoettenS  ein  toafyrl)eit«gemäfjer  Serictyt  fei,  unb  bafj  er  brüten«  biefen 
9eric$t  ju  feinem  anberen  fttoti  ße&c>  a^  *>a6  au$  b*e  2efer  toie  er  felbft  jum  bollen 
Stauben  gelangen.  @«  fann  f^ier  nicfyt  auf«  neue  gegeigt  toerben,  bafe  bie  feit  einem  3lufc  20 
fafc  bon  Äoplin  ($$3®  1851  ©.  206  ff.)  aufgefommene  unb  mannigfach  bariierte  Sin* 
ftyt,  toonaety  ber  SBerf.  fyier  abficfctltc^  ober  untoiHfürlic^  feine  SBerfd^iebenfyeit  bon  bem 
Augenzeugen  befunbe,  nid&t  nur  mit  1,  14  unverträglich  ift,  fonbern  auety  ju  e?:egetifc$er 
Sergetoaltigung  bon  19,  35  felbft  füfyrt.  2lber  auety  gegenüber  ber  bis  gum  %ai)xt  1851 
allgemein  ^errfd&enben  annähme,  bafj  ber  SSerf.  fi$  felbft  bort  ein  ÄeugniS  feiner  SBa^r-  25 
baftigfeii  audftette,  befte^en  forad&lictyc  unb  no<$  fetytoerere  facfylid^e  ÜBebenfen,  toelc^e  ber* 
fcftmnben,  toenn  man  jugtebt,  bafe  er  Vielmehr  ben  gefreugigten  unb  nun  ersten  $errn 
mit  heetrog  ciöev  al«  3eugcn  für  bie  jtoeite  unb  britte  feiner  3lu«fagen  anruft  (bgl. 
Mfnt  38B  1888  ©.594;  (Jini.  II,  476 ff.;  Dement,  Sty©tß  1894  ©.446 ff.),  ^eben« 
falb  aber  liegt  19,  35  toie  1,  14  ein  3lnft>ru$  be3  58erf.S  bor,  toeldbem  gegenüber  nur  90 
biefetbe  SUternatibe,  toie  in  33egug  auf  ba$  ©elbftjeugnis  beS  erften  SriefeS  toiffcnfc^aftlic^ 
juliafftg  ift  9uc^  abgefej^en  bon  bem  92ac^trag  c.  21  fommt  man  an  berfelben  nid>t 
borbei  mit  Annahmen  toie  bie,  bafe  baS  4.  @b.  au£  ber  ©^ule  beS  Slpoftete  3°^-  fa* 
öergegangen  unb  im  ©eift  unb  tarnen  beS  3KeifterS  getrieben  fei  (Söeijfäcfer,  Unt.  ber 
cb.  ®ef<^.  1884  ©.220  ff.),  ober  bafc  ber  bom  2lj)oftel  gu  unterfäeibenbe  ^reSb^ter  %ot).,  35 
ber  ein  9ty>ofielf$üler  getoefen,  im  Slnfd^lu^  an  (Sr^lungen  beS  Sl^oftelS  3°^  ba$  Suc^ 
gefc^rieben  ^abe  (foSlenan  bon  ber  13. 3lufl.  feiner  Vie  deJSsus  an  f.  ed.  16  p.  LXIff. 
477—541  unb  l'6glise  chröt.  1879  p.  47—62;  äfynlicfy  aber  unbeftimmter  §arnacf, 
S^ronol.  ber  altc^riftl.  £ttt.  I,  ©.  654  ff.).  9?amentlid^  bie  SJerquicfung  ber  toirflic^en 
^utorfc^aft  be«  $re$btyter3  unb  ber  bon  biefem  beanftmictyten  $erfunft  feinet  ©toff^  bon  40 
bem  Sfyoftel  feÄt  gerabe  toegen  biefer  ©leic^namigfeit  be^  toirfli^en  unb  beä  angeblichen 
ISutord  ein  in  oer  alten  Sitteratur  uner^örted  3)?afe  bon  raffinierter  Xäuföung  borau^. 
Sber  auc^  bie  %1fpoti)t\t  bon  Üc^tri^  unb  S)elff,  bafe  baö  4.  ®b.  toenigftenS  feinem  §au^ts 
beflanbe  nac^  bie  e^rlid^e  Arbeit  eine^  3ün9^  3efu  tarnen«  &i}.  fei,  toelc^er  nur  nicfyt  ber 
^oftel,  fwibern  ber  $re$btyter  biefe«  tarnen«  fei,  fd&eitert  am  %qct  (bgl.  3a^n,  @inl.  II,  45 
481.484).  ®«  tourbe  bereit«©.  273,4)  bemerft,  bajj  1,35—42  bie  beiben©ötyne  be«3ebe^ 
bau«,  in  ben  ©dreier  ber  Slnon^mität  gefüllt,  neben  ^etruS  unb  Slnbrea«  geftellt  fmb. 
9hm  toerben  aber  m  bem  gangen  6b.,  toelc^e«  un«  bon  anberen  aipofteln  (3lnbrea«,  $etru«, 
t*iliw>u«,  2$oma3,  3uba«  ^afobi,  3uba«  Sfd^ariot)  mefa  6^arafteriftifc^e«  mitteilt,  al« 
irfijenb  ein  anbere*,  eben  jene  jtoei  mit  $etru$  jufammen  %t\u  am  nackten  fte^enben  50 
lipoftel  niemal«  mit  Stamm  genannt.  %i)x  SSater  toirb  abgeben  bom  Stad^trag  (21,  2) 
überhaupt  nid^t  ertoä^nt,  bie  3Rutter  jtoar  toa^rfc^cinlic^  19,  25  ertoä^nt,  aber  gleichfalls 
nic^t  mit  Siamen  genannt.  Da«  ift  ein  Ü8erfafyren,  beffen  Scf^anli^feit  feine  33etou|t^eit 
betoeift,  unb  fub  nur  barau«  erflärt,  ba^  ber  9?erf.  e«  meiernder;  fanb,  in  bie  i^m  unb 
feinen  SJefern  ^eilige  ©ef^te  feinen  unb  feiner  ganzen  ^milie  9lamen  einzuführen.  6r  55 
toifl  alfo  einer  ber  ©ötyne  biefer  g<nmfa  unb  jtoar,  ba  an  ben  im  3a^re  ^  geftorbenen 
Safobu«  al«  3Serf.  nid^t  ju  benfen  ift,  er  toill  ber  2tyoftet  30^.  fein.  3)ie«  beftätigt  ftc& 
au6  13,  23—25;  19,  26.  27;  20,  2—10  (18,  15.  16,  too  aXXoq  uafhjujg  bei  ber 
erften  Crtoätynung  be«  Slrtifel«  entbehrt  unb  feine  Stücfbejie^ung  auf  13,  23  borliegt, 
nimmt  eine  ©onberfteüung  ein).   Da  ^efu«  bei  bem  legten  siKa^le  nur  mit  feinen  2tyoftcln  60 


280  Cannes  bar  Styoftel 

bereinigt  h>ar,  fann  ber  Sünger,  meieren  gefuä  liebte,  nur  im  2ty oftellrei«  gefud&t  toerben, 
unb  toegen  be«  befonber«  innigen  SSer^ältntffc^  ju  3#efu«  nur  unter  ben  brei  Vertrauteren, 
ntmal  bie  au$  fyier  feftgefyaltene  Slnontymität  o^ne^in  auf  bie  in  ben  früheren  Seilen  be« 
Sucres  fonft  gar  ni$t,  unb  nur  einmal  anonym,  eingeführten  ©ötyne  be«  3e^c^ug  V^ 

6  toeift.  @r  ift  alfo,  ba  3>afobu«,  tote  bemerft,  au«gefctyloffen  unb  Sßetru«  überbie«  baneben 
genannt  ift,  ber  Slboftel  3M-  ®a6  ^  ^cr  3Serf.  be«  9iuöß  fei,  fagt  nun  au$  auäbrfid* 
liefy  genug  ber9ladjtrag  c.  21,  befonber«  21,24.  2)af$  btefeS  Achtel  niefct  al«  urftmingli<$ 
beabficfytigter  Veftanbteil  be«  @b.«  in  einem  3u9e  m^  c-  1—20  mebergeförieben  ift,  be* 
toeift  bor  allem  ber  auf  ba«  bollenbete  S3u#  jurücfblitfenbe  feierliche  ©cfctufj  20,  30—31. 

10  $a  aber  bei  ben  Tätern  unb  in  ben  alten  VerjTioncn  foit>te  in  ben  bor^anbenen  griet$if$en 
§ff.  nirgenbtoo  eine  leifefte  ©für  bon  einer  @jiftenj  be«S3ud&«  otyne  c.21  entbedt  toorben 
ift,  fo  folgt,  bafc  biefer  5Ka$trag  hinzugefügt  toorben  ift,  e$e  ba«  ©b.  in  toettere  Äreife 
fidj  berbreitet  fyat,  alfo  fetyr  balb  naq  ber  Slbfaffung  bon  c.  1—20.  SRun  fagen  aber 
bie  Seute,  toeldje  21,  24  ba«  SBort  führen,  bafe  ber  jünger,  bon  toeld&em  bor&er  21,  7. 

16  20—23  erjagt  unb  beffen  ^bentität  mit  bem  jünger  in  13,  23—25  nac^brücHicfc  fcr* 
borgefyoben  toar,  alfo,  tote  gezeigt,  ber  Sfyoftel  3ob.  ba$  Vorftetyenbe  in  ber  ©egentoart 
be}euge  unb  auc$  getrieben  yabt.  %ixx  bie  ©treiegung  biefe«  SBcrfcd  21,24  ift  bleute 
nur  ber  illegitime  2Bunf$,  ifyn  lo«zutoerben,  al«  ©runb  geltenb  gemalt  toorben.  ©eine 
(Scheit  ift  nod&   jtoeifellofer  al«  biejenige  be«  au«  ganz  unzulänglichen  ©rünben  bon 

ao  lijc^enbort  geftricfyenen  33.  25.  6«  ift  alfo  fyier  gu  Sebjeiten  be«  Styoftel«  3o&.  unb  bor 
jeber  toeiteren  Verbreitung  be«  6b.«  bon  SHännern  feiner  Umgebung  bezeugt  toorben,  bafi 
er  ber  Verf.  be«  6b.«  fei.  3)afj  ber  greunb  %tfu  unter  ben  äpofteln  jur  3*ü  ***  Stuf5 
Zeichnung  be«  9iac$trag«  no$  am  Seben  toar,  ergiebt  fi$  o^nebie«  au«  21,20—23;  berät 
e«  ift  nic£t  gelungen,  biefe  (Snäfylung  barau«  $u  erflären,  baft  $efu«  naefc  bem  lob«  be« 

25  $of).  gegen  Den  ©c^ein  ober  Vortourf,  bem  $o$.  fälfd^Iid^  bie  Ünfterbüd&feit  getoetefagt 
ju  fyaben,  berteibigt  toerben  follte.  8ln  Veftimmtyeit  läfjt  ba«  ©elbftjeugni«  be«  4.  6b.« 
ntc^t«  ju  toünfcfyen  übrig,  unb  e«  toirb  unterftüfct  burefc  eine  einftimmige  Srabition,  toelcfc 
toir  bi«  in  ben  ßrei«  ber  greunbe  unb  ©etiler  be«  Verf.«  deinen  berfolgen  )u  tonnen. 
Dtcfe  Irabition  lebiglic^  al«  ba«  Srjeugni«  bertrauen«boUer  fiefung  be«  Sud?«  unb  feitifc 

so  lofer  §innafyme  feine«  möglic^ertoeife  untoatyren  ©elbfheugniffe«  anjufe^en,  fc&eint  beben&ty, 
ba  19,  35;  20,  31  ein  perf online«  Verfyältm«  ztoifdjen  bem  35erf.  unb  ben  erften  2efem 
burc^blicft,  toelc^e«  felbft  toieber  al«  eine  ftiftion  betrauten  ju  foBen,  eine  fcarte  3unuttung 
toäre.  §at  aber  jtoifc^en  bem  SSerf.  unb  bem  Seferfeei«,  für  toeld^en  Minäd^ft  er  ba«  ®b. 
getrieben  bat,  ein  SSerfyältni«  gegenfeittger  Sefanntfc^aft  beftanben,  fo  fcfcemt  eine  abfielt«* 

85  bolle  läufc^ung  ber  Sefer  feiten«  be«  3Serf.«  über  feine  5ßerfon  unb  fein  Verhältnis  ju 
gefu  ebenfo  au«ge{d^loffen  ju  fein,  al«  eine  unfreitoiflige  9|rrung  ber  erften  Äefer.  SÄe 
Verfc^toörung,  toelc^er  bie  Äird?c  ben  93eft|  biefe«  afoftolifc^en  9BerIe«  berbanft,  mü|te 
eine  toeitberjtoeigte  getoefen  fein,  unb  bie  bon  ben  33erf$toorenen  gur  33ertotrHic^ung  i^re« 
3toecf«  angetoanbten  3Wittel  böten  ein  fonberbare«  33üb  bon  jtoedtoibriger  ©4>ü(^tem^eit 

40  unb  bon  bertoegener  ©c^lau^eit  £uglei$.  Xro^bem  belauftet  ftc^  bi«  fyeute  bie  bon  @bam 
fon  (Dissonance  of  the  four  generally  reeeived  Evangelists,  1792)  eröffnete,  m 
£eutf$lanb  juerft  burc^  Vretfc|netber  (Probabilia  de  ev.  et  epist.  Joannis  1820) 
mit  einiger  ©rünblic^Ieit  burc^gefü^rte  ßritif,  toelc^e  bei  aller  9Serf(|ieben^eit  ber  pofitiben 
©rgebniffe  in  ber  Verneinung  be«  bo^elten  3eugniffe«  für  bie  äbfaffung  burd^  ben  »pofW 

46  3oI?.  einig  ift.  g«  follte  aber  metyr,  al«  in  ber  Siegel  geföie^t,  anertannt  toerben,  bafi  e« 
ni(^t  j>ofttibe  Beobachtungen  am  $e#  unb  j>ofttibe  über  bie  Jrabition  ^tnau«fü^renbe 
erfenntniffc  getoefen  finb,  bur$  toelc^e  man  beranlafet  tourbe,  an  bie  ©teile  be«  J^ofieÖ 
^o^.  juerft  ben  Äe^er  Jterint^  ^u  fe^en,  bann  einen  gnoftifö  angekauften  ^eibent^riften 
au«  ber  SJlitte  be«  2.  ^a^r^unbert«,  balb  einen  Subendjriften,  ber  nie  über  Serien  ^tnau«^ 

60  gef ommen  fei,  balb  bie  ©$ule  ober  einen  einzelnen  ©d^üler  be«  9l)>oftel«  3^.  in  @}>föu*, 
balb  einen  JPre«bVter  3o£.,  toeld^em  feine  9lamen«gleidb^eit  mit  bem  äpoftel  bie  3bee  ein« 
gab,  [xd)  mit  biefem  zu  ibentifizieren,  fonbern  baft  bie  Vertreter  folget  $^ot^efen  nur  in 
bem  negatiben  Urteil  einig  toaren,  ein  persönlicher  ©c^üler  Sefu  fönne  ba«Vuc^  nid^t  ge* 
fc^rieben  haben,  ba  fein  ^n^alt  au«  berfc^iebenen,  teil«  gef$i$tltyen,  teil«  t>f^olo0ifc^en, 

w  teil«  Müofoj^ifcfcbogmattföen  ©rünben  unglaublich  fei.  6«  toerben  immer  nur  toentge 
fein,  toclc^e  toie  ^3.  be  Sagarbe  (Verfyältnt«  be«  beutfd^en  Staat«  ju  2$eol.  k.  1873# 
©.  28—31)  in  ber  richtigen  ©nftc^t,  bafe  eine  nur  in  ber  Negation  einige,  $u  pofitiben 
mit  toiffenf^aftli^er  9tottoenbigfeit  ftc^  ergebenben  Slefultaten  nic^t  gelangenbc  Änti!  fein 
SBiffen  unb  noc$  leine  2i5iffenfcbaft  fei,  ben  9Rut  ^aben,  mit  ber  Vertoerfung  ber  geföu&k 

60  liefen  ©laubtoürbigfeit  be«  4.  @b.«  bie  2lnerfennung  ber^erfunft  aller  jo^.  ©Triften  bom 


3<>fj<ut«ed  ber  Styoflel  281 

So&n  be$  3ebebäuS  iu  bereinigen.  Die  §auptgrünbe  ber  95erneinung  lagen  unb  Hegen 
in  folgenben  Beobachtungen:  1.  SBegen  ber  großen  Serfcfyiebentyeit  ber  Spraye  unb  ber 
Denftaetfc  crfd&eint  e3  unglaublich,  baß  berfelbe  SRann,  toenn  aucty  bielleic^t  in  begebenen 
$eriob<n  feine«  SebenS,  bie  3fyt  einerfeitS  unb  baS  6b.  unb  bie  93ricfe  anbererfeitS  ge« 
föriebfn  fa&e.  2Bie  bieg  einem  DiontyftuS  Sil.  ben  entföeibenben  ©runb  für  bie  93er*  6 
toerfung  ber  Styt  lieferte,  fo  einem  Säur  für  bie  Verneinung  ber  Scheit  beä  (Sb.S. 
2.  Stom  bie  fonoptifd&en  (Sbangelien  naefy  Irabition  unb  Äritif  älter  als  baS  toierte  fmb 
unb  im  großen  unb  ganzen  als  eine  glaubtoürbige  SBiebergabe  ber  ©emeinbeüberlieferung 
ber  §afyct  60 — 100  gelten  bürfen,  fo  fcfyeint  bie  burd&gängig  ju  lonftatierenbe  Unberem* 
barfeit  ber  jo$.  unb  ber  fenoptiföen  ©rjäfylung  im  gangen  3lufriß  ber  ©efcfyic^te  unb  in  10 
bielen  einzelnen  fünften  bon  2öi$tigleit,  j.  93.  ber  Chronologie  ber  SeibenSgefctyid&te,  bie 
Äbfaffung  beS  @b.S  bur$  einen  2lugen$eugen  ber  eb.  ©efcfyic^te  auszufließen.  3.  3Refyr 
no$  al£  ber  äußere  (Sang  ber  ©efdjic^te  föeint  baS  33ilb  ber  $erj on  3>efu,  feiner  Stellung 
nt  feinem  33olt  unb  ber  £on  feiner  Sieben  bei  3jofy.  grunbberfctyieben  bon  bem  33ilb, 
tod($e5  bie  ©tynoptifer  uns  jeigen.  Da  aber  biefeS  nic^t  nur  früher  entworfen  ift,  fonbern  16 
au$  an  ft$  gfaubtottrbiger,  toeil  fonfteter,  menf$li$  begreiflicher,  ju  fein  fctyeint,  fo  liegt 
bie  annähme  natye,  baß  baS  bon  $oty.  bargebotene  33ilb  bon  einem  ber  $erfon  unb  @e* 
j$i$te  3efu  fernerfte^enben,  burd&  foefulatibe  unb  fird^ltcfye  ^been  beftimmten  ß&riften 
ber  jtoeiten  ober  britten  ©eneration  geaeicfynet  fei.  4.  Sine  biefer  ^been  ift  bie  „SogoS* 
le^ce"  (1,  1.  14),  toeld&e  jh>ar  auc$  Styf  19,  13  burd&blicft,  aber  nur  im  ®b.  föon  burc$2o 
ifrre  äbtfna^me  in  baS  Programm,  toelc^cS  ber  Prolog  fein  ftnß,  unb  burefy  eine  ätynlid&e 
Scrtoertung  in  1  3o  1,  1  ate  eine  bie  c&riftologiföe  Slnföauung  beö  93crfaffer^  beS  @b.S 
unb  beS  erftat  SriefS  bebingenbe  ftd^  barfteut.  Die  „SogoSlefyre"  ftammt  aber  bon  $fyilo 
ober  ber  alejanbriniföen  9teligionS)ifyilofo}>$ie,  für  toeldpe  bie  galiläiföen  gifetyer  unju* 
gänglid?  toaren.  5.  Die  berfteefte  2lrt,  toie  ber  SBerf.  fi$  einführt,  einerfeitS  unb  anberer*  25 
jetä  bie  33orbrtnglic&feit,  mit  toelcfcer  er  bie  <ßerfon  beS  ^ofy.  als  beS  SieblingSjüngerS 
3cfu  unb  ate  beS  im  SBettftreit  mit  SßetruS  obftegenben  StyoftelS  in  ben  SBorbergrunb 
ffyefrt,  fd^emt  moralifö  begreiflicher  bei  einem  Späteren,  toeld^er  fic^  mcfyr  ober  toeniger 
mit  biefem  äfyoftel  ibentifi^iert,  al^  bei  biefem  (elbft.  6.  93etoeife  bon  Untenntnte  ber  ge« 
fd^tfidben  unb  geograp^tfe^en  SSer^ältniffe  in  ^aläftina  }ur  3t'\t  $efu  tourben  früher  90 
mit  meyr  3uberftc^t  al^  in  neuerer  $eit  gefammelt.  7.  Die  Überlieferung  über  ben  9lpoftel 
3o^.  in  ßpföuä  ift  teite  unftc^er,  toeil  bon  bem  ©elbftjeugntö  ber  unter  feinem  Flamen 
au^egangenen  ©Triften  abhängig,  teils  gtoeibeutig,  fofem  ber  a)>oftolifc^e  ßbarafter  eintö 
fletmffen  go^.,  toelc^er  in  ber  %\)at  um  70—100  in  ßtyfyefuö  gelebt  gu  l^aben  fctyeint, 
mdyt  Aar  am  Zage  liegt,  teils  ber  älbfaffung  beS  4.  @b.$  burc^  biefen  ^0^.  bon  @p^efu$  36 
ungfinfHfl,  fofern  bon  festerem  Stu^erungen  unb  ^anblungen  überliefert  fmb,  ioeld^e  ber 
Denftoetfc  be$  ©bangeliften  h)tberft>rec^en,  h)ie  j.  93.  feine  quartabecimanifcfye  Ofterfeter.  — 
ffia^renb  auf  eine  fflürbigung  ber  unter  1—6  angeführten  ©rloägungen  ^ier  natürlich 
toergte^tet  toerben  muft,  gehört  fyiertyer  eine  ©rörterung  be«  legten  $unfteä,  locil  berfelbe 
bie  to^te  $eriobe  bed  Seben^  beS  Slboftetö  betrifft  unb  mit  tfym  ber  gejc^icbtlic^e  ©oben  40 
feiner  gefamten  litterariföen  X^ätiafeit  fte^t  ober  gufammenbrid^t. 

III.  ^o^anneS  in  ber  $robing  3lfien.  ©elbft  toenn  bie  %pt  pfeubontym 
toäxe,  toa&  paü*  nur  toenige  annehmen,  toürbe  auS  biefem  33u$  ftc^  ergeben,  bafe  )ur 
3«t  feiner  ßntfte^ung,  al«  toelc^e  c. 95  fefyr  glaubioürbig  überliefert  ift  (oben©. 276, jk>), 
em  im  ganzen  Umfretö  ber  ©emeinben  bon  @p^efud  bis  Saobicea  befannter  unb  angefel^e*  45 
ner,  mit  ben  SSer&ättmffen  biefer  ©emeinben  bertrauter,  alfo  feit  längerer  geit  in  ber  $ro- 
bin)  anfäfftger  j^ebräif^er  Sbrift  $ol?.  auf  ^atmoS  einen  unfreiwilligen  Stufenti^alt  ge» 
nommen  fjfcd,  nxi^renb  fein  regelmäßiger  3Bo^nfi^  auf  bem  geftlanb  ju  fud^en  ift.  Da 
er  felbfk  über  bad  Ser^ältntö  feiner  2ebenSgefd>tcfyte  }u  ber  bis  ba^m  verlaufenen  ©c= 
fc^te  bed  S^riftentumä  ftc^  jebenfaüS  nid^t  beutlic^  auäftme^t,  fo  ift  fc^on  baburd)  bie  00 
tnd  erörterte  grage  na^  ber  $erfon  unb  ©efc^id^te  biejeä  ^of).  in  2lften  geftellt.  ©ohxit 
bie  Überlieferung  ftd^  auÄrticflic^  barüber  äußert,  be^eid^net  fte  biefen  S^anneä,  mag  fte 
bon  i^m  al£  bem  98erf.  ber  jo^.  ©cfyriften  ober  ate  bem  Se^rer  feiner  ©cfyüler  in  ber 
$rotmi)  äften,  ober  als  einer  Slutorität  für  bie  bort  gcltenben  Hird^enbräuc^c  reben,  be* 
^arrlu^  als  ben^^oftel  (bgL^atyn,  gorfc^ungen  VI,  ©.  190—217).  93on  ben  jüngeren  ju  66 
ben  alteren  3eugen  auffteigenb  ^ören  h)ir  bicS  bon  lertuUian  unb  GlemenS  2llej.  (quis 
dives  salv.  42),  bom  muratorifc^en  gragmentiften  unb  bon  3renäu«,  in  ausführlicher 
Darftettuna  bon  „SeuciuS"  unb  in  bebeutfamer  äBcife  aufy  bon  ben  mit  biefem  gleich 
Kitigen  SUogern,  toelc^e.  behaupteten,  baß  „feine  Sucher  mit  ben  übrigen  äfyofteln  nicf)t 
ttbemn^hnmen"  (Epiph.  haer.  51,  4).    SBenn  bem  ^o^.  bon  (S^efuS  bon  ©^rift-  eo 


282  Samtes  ber  Styoftet 

fteHcrn,  toeld^c  tfyn  ancrfanntermaßcn  als  ben  2fyoftel  anfetyen,  bod&  nur  feiten  unb  meift 
nur  inbireft  ber  2fyoftcltitel  erteilt,  er  bagegen  manchmal  als  ein  jünger  *>*$  $^m,  am 
allerfyäufigften  aber  nur  mit  bem  bloßen  (Eigennamen  ofyne  jeben  $itel  benannt  toirb,  fo 
folgt  barauS  bor  allem,  baß  man  um  160—220   in   unb  außerhalb   ber  *ßrobinj  äften 

s  bon  einem  anbcren  3oI).  Außw  ober  neben  bem  2tyoftel,  toelc^er  für  irgenb  eine  ber  in 
SRcbe  ftefyenben  ©Triften  ober  Irabitionen  in  öetrac^t  f ommen  lönnte,  fcfyled&terbmgS  nichts 
toußte.  6S  toar  f$on  barum  ein  berfefylteS  Unternehmen,  auS  bem  ©riefe  beS  ?ßotylrateS 
bon  6j>I)efuS  an  33iftor  um  190  (@uf.  V,  24,  3)  bic  Meinung  berauSlefen  ju  tootten, 
baß  ber  in  (§)>fyefuS  begrabene  3>ob.  jtoar  ber  ©bangelift,   aber  nidpt  ber  2tyoftel  getoefen 

10  fei.  ©$on  55—60  Safyre  früher,  ettoa  30—35  $afyre  na$  bem  lobe  beS  3o&.  bon 
@l>fycfuS,  etit>a  20  IJapre  bor  bem  lobe  beS  3ofyanneSf$üIerS  SPofofarj)  unb  ju  Sebjeiten 
beS  4-^^  *m&  «oberen  ©cfyülerS  beS  3>oI)anneS  bon  (S^efuS,  pat  Suftin,  als  er  in 
ßfyfyefuS  ß^ift  tourbe  unb  bie  ©Triften  „ber  ^reunbe  ßfyrifti"  (dial.  8)  ftubierte,  bort 
bie  Uebcrjeugung  getooimen,  alfo  aud^  bie  Überlieferung  gefunben,   baß  ber  SBerf.  ber  Sfyf, 

i6  alfo  ber  (Sgulant  bon  SßatmoS  unb  ber  $ofy.  bon  6j)I?efuS  „einer  ber  Sfyoftel  Gtyrifti"  ge* 
tocfen  fei  (dial.  81  f.  oben  ©.  275,42).  2luS  bem  2Jhtnbe  feines  fiefaerS  $ofyfort>  unb 
mehrerer  anberer,  biefem  ungefähr  gleictyftefycnber  „$reSbfc|ter  in  äfien",  fohrie  auS  bem  S3u(& 
beS  ^apiaS  fyat  $renäuS  (f.  b.  3t.)  mannigfaltige  ßrjäfylungen  unb  anbere  -Dtitteihmgen 
empfangen,  toeld^e  er  teiltoeife  unb  gelegentlich   in  fernem  ©enbföreiben  an  gflorin  unb 

20  SStttor  fotoic  in  feinem  §auj)tft>erf  niebergelegt  fyat,  unb  auS  melden  er  nid&t  ben  geringsten 
3h>eifel  baran  geföityft  |at,  baß  ber  3ofy.,  mit  toelcfyem  Sßofyfarj),  *Pal>iaS  unb  bie  übrigen 
„^reSbtyter  in  Slfien"  in  ifyren  jungen  fta^ren  als  feine  ©ctyüler  in  me&r  ober  toeniger 
anbauernbem  SSerte^r  geftanben  Ratten,  ber  Styoftel  getoefen  fei.  S)iefe  X£atfa$en  muß 
man  gegenwärtig  fyaben,   um  baS  Unternehmen  beS  (SufebiuS  (III,  39)  richtig   )u  tofir* 

25  bigen,  freierer  in  fitynem  2Biberft>ruc$  gegen  baS  bon  tym  nid&t  berfötoiegene  3cugniS 
beS3>rcnäuS  unb  gegen  feine  eigene  früher  in  ber  6fyrontf(a.  Abrah.2114)  ausgekrochene 
Slnfid^t  au«  ber  S3orrebe  beS  tycfyitö  betoeifen  toollte,  baß  toenigftenS  biefer  angefc 
li^e  Styoftelfd&üler  ntd^t  ein  ©etiler  beS  2tyoftelS  3jofy.,  fonbern  eines  bon  biefem  ju 
untcrfcfyeibenben  ^SreSbtyterS  gleiten  9tamenS,  beS  mutmaßlichen  SSerf.S  ber  Styt  getoefen 

so  fei.  GufebiuS  liefe  bie  gefamte  fonftige  Überlieferung  über  ben  Stpoftel  $ob.  als  ben  Ober* 
Wirten  ber  aftatifcfyen  Ätrd^e,  ben  Sc^rer  $ofyfart>S  unb  ben  SBerf.  beS  ©bangeKumS  unb 
toenigftenS  beS  größeren  SBriefS  unangetaftet.  9?ur  bie  9(})f  unb  ben  ßfyiltafien  ^JapiaS 
fuc^tc  er  fotoeit  tote  möglich  bom  Styoftel  3°^-  toeg^urüdfen.  ®r  erfannte  an,  bafe  bie 
Se^rer  beS  $apiaS,  toelc^e  biefer  in  Wenigen  feilen  breimal  61  TtQeaßvregoi  unb  niemals 

86  3fyoftel  nennt,  gletd^too^l  bie  2fyoftel  feien,  bon  Welchen  $ap iaS  beiffielStoeife  7  mit  tarnen 
aufgejagt  unb  beren  Slufjä^lung  er  mit  rj  rtg  eregog  xcbv  xov  xvqIov  ßAct&mwv  ob* 
gcfd^loffen  ^at.  Die  5Ri^tigfeit  biefeS  $eilS  ber  eufebianifc^cn  @jegefe  toirb  au<$  babur^ 
bebeutfam  beftätigt,  baß  brei  beS  ©riechen  mächtige  unb  noety  bor  Slblauf  eines  ga^r» 
fyunbertS  unabhängig   boneinanber  bic  Mir^engefc^ic^te  beS  (SufebiuS  bearbeitenbe  Wänner, 

40  ber  feriföe  Überfe^er,  §teronl;muS  unb  SRufmuS  bie  SSorrebe  beS  $apiaS  in  biefem  ent* 
fd^eibenben  $unft  ganj  ebenfo  toie  GufebiuS  berftanben  $aben.  S)er  einge^enbpe  Serfu<^, 
einer  entgegengefefcten  933orterflärung,  toonac^  bie  $reSb^ter  beS  SßapiaS  nic^t  S^ofhl, 
fonbern  2tyoftelf4>üler  fein  follten  (ffieiffenbac^,  S)aS  $a}>iaSfragment  bei  ®uf.  III,  39, 
3—4,  a.  1874),   toirb  beute  fötoerlicty  üon  jemanb  in  allen  feinen  fünften  gebilligt,  ift 

46  aber  au$  bon  feinem  ber  ©elenden,  Welche  baS  Ergebnis  beSfelben  fi$  angeeignet  baben, 
burc^  eine  befriebigenbere  Sjegefe  erfe^t  Sorben,  ©erabe  baS  SHic^tige  an  ber  Auslegung 
beS  ©ufcbiuS  )u  bertoerfen  unb  ben  bamit  unverträglichen  ^trtum  beS  (SufebiuS  o&ne  ep 
getifc^e  Scgrünbung  als  ausgemalte  2Ba^r^cit  auSjujpre^cn,  gilt  noc^  fyeute  für  h)iffenf(^aftli(^ 
erlaubt.  Dic^ler  ber  eufebianifdjen  Gjcgefe  beS  Fragments  beginnen  bamit,  baß,  ttrityrenb 

60  $apiaS  einen  bo^cltcn  2Beg  unterfd^eibet,  auf  h>el$em  er  SBorte  ber  ^PreSb^ter  =  3^9^ 
Seju  ober  Sljjoftel  empfangen  ^abe,  nämlic^  erftcnS  auf  bem  bireften  SBege,  auS  bem 
sJRunbe  feiner  Sc^rer,  ber  ^JreSb^ter  felbft,  Reitens  auf  bem  Umtoege  ber  Srhinbigimg 
bei  anberen  ©c^ülem  ber  ^reSbHcr,  (SufebiuS  ben  le^teren  2Beg  für  ben  emjigen  auSgiebt, 
toclcben  s^a>)iaS  befd^ritten  fyabt,  unb  im  offenen  2Biberft>rucfy  gegen  bie  eigenen  2Borte  beS 

6r»  $apiaS  behauptet,  biefer  ^abe  überhaupt  ntd^t  mefyr  äljJoftel-^reSbVter,  fonbern  nur  noc^ 
©cfyülcr  bon  folgen  gefannt  unb  gehört  (Guf.  III,  39,  7).  faltbarer  erfd^eint  bie  anbere 
Se^auptung,  baß  ^apiaS  in  beiben  teilen  feiner  jtociteiligen  äufjä^lung  je  einen  3o$. 
nenne,  bon  h>elc|em  ber  erfte  nac^  bem  3uf«^mcn9^n9  n"r  *><*  Slfoftel  fein  fönne,  ber 
jtoeitc  alfo  fd;on  beS^alb,  aber  aud;  ioegen  beS  i^m  bon  $apiaS  gegebenen  Titels  6  tiqw- 

uo  ßvreQog  bom  %p oftcl  berfcfyieben  fein  muffe,    ©o  ^aben  feit  (SufebiuS  bie  metften  bie 


frrfjanneS  *"  ®P»W  283 

Starte  beS  ^ßopiaS  berftanben:  ei  de  tiov  xal  7iagaxoXov&rjxd)g  xig  xoig  ngeoßvxe- 
QOts  ZÄdoi,  xovg  xwv  ngeoßvxegojv  dvexgivov  Adyovg,  xi  'Avdgeag  f)  xi  Ilexgog 
tbtev,  fj  xi  <&üuuinog  fj  xi  Sojfutg  f)  'Idxcoßog,  f)  xi  'Icodvvtjg  Tj  Maxftdiog  fj  xig 
hegog  twv  xov  xvgiov  fiav\r<üv,  ä  xe  'Agioxicov  xal  6  ngeoßvxegog  'Icodt'rrjg  ol  xov 
xvgiov  fjLa&qjal  Xeyovoiv.  2lm  bequemften  toürbc  bie  in  bcr  bereiten  SRennung  eines  6 
3<>&.  fiegenbe  ©c^toterigfeit  befeitigt  fein,  h>emt  man  nad)  einer  bonStenan  (V  Antichrist 
1873  p.  562)  ftngetoorfenen,  bon  §aufjleiter  (2^28  1896  @p.  466)  fc&arffmnig  begrün* 
beten  Sermutung  btc  SBorte  i)  xi  *Iojdvvi]g  als  3ntcr)>oIatton  auSfcfyeiben  bürftc.  2Beniger 
twhrbe  geholfen  fein  burefy  bie  gleichfalls  bon  SRenan  (1.  c.  p.  345)  borgefölagene  Gmen- 
bation  in  ber  legten  3eile  ol  xov  xvgiov  \j*a&7]x(ov]  fxav\xal  unb  bie  äl;nlic$e  bon  10 
9aam  (im  amerif.  Journ.  of  bibl.  lit.  1899  p.  176—183)  ol  xovxcov  (ftatt  xovxov) 
pa&rjxai.  Äu$  ben  überlieferten  %ztt  fyaben  feit  ber  trefflichen  Slbfyanblung  bon  3-  ©tiU 
tmg  (AS  Sept.  VII  p.  387  ff.),  toelctye  bon  ben  teueren  niemanb  ju  fennen  fctyeint, 
«mge  toenige,  ju  toel^en  ber  Unterzeichnete  gehört  (Ify©tÄ  1866  ©.649-696;  $orfc&. 
VI,  112—147),  berfte^en  $u  foHen  gemeint,  bafe  ber  <ßreSbtyter  3°^-  kw  anberer  als  16 
ber  Stößel  3o$.  fei.  3)ie  .§auj)tgrünbe  für  biefe  Suff  äff  ung  ftnb  folgenbc:  1.  S)ie  un* 
gefä^r  gleid&jeitige  Gfciftenj  emeS  als  Sefyrer  ober  gar  als  ©cbriftfteller  irgenb  ettoaS  be* 
beutenben  5J}reSb^terS  mit  bem  ^ebräifctycn  tarnen  %oi).  in  3lfien  neben  bem  Styoftel  bicfeS 
SamenS,  toel$e  (SufebiuS  unb  tl)m  folgenb  biele  teuere  angenommen  fyaben,  ift  fd?tDcr 
)u  glauben ;  benn  gerabe  bann,  toenn  biefe  3)opj>elgängerf<$aft  beftanben  fyätte,  unb  felbft  so 
bann,  toenn  baS  SÖirfen  beS  Softeis  go^.  in  Slften  erfyeblid?  früher  begonnen  unb  auf* 
adprt  ffcdU,  als  baSjenige  beS  ^reSbtyterS,  toürbe  bie  Ambition  beS  2.  ^afyrtyunbertS  baS 
SebürfniS  gehabt  unb  befriebigt  fyaben,  bie  beiben  gleichnamigen  unb  ungefähr  gleichzeitigen 
Jfa$enlefcer  bcr  gleiten  SProbinj  jtu  untertreiben,  ©o  begreiflich,  toie  SSertoectyfelungen 
im  einzelnen  toären,  fo  unbegreiflich  toäre  ein  allgemeines  SBergeffen  ber  borfyanben  ge*  25 
toefenen  ®uj)lijität,  ein  böfligeS  Untergeben  beS  ^SreSb^terS  im  Sfyoftel.  2.  2)ie  3lnnafyme 
&m  Äcim  (@efd&.  3efu  bon  9to&ara  I,  160—170),  bafe  in  3lften  überhaupt  ni$t  ber 
fyoftd,  fonbern  nur  ber  bon  (SufcbiuS  entbeefte  SJJreSbtyter  ^o\),  gelebt  ^abe,  entfaric^t 
infofern  ber  einftimmigen  Irabition  beffer,  als  aud^  biefe  nur  bon  einem  einigen  %oi>. 
in  Sljien  toei^;  fie  fte^t  aber  anbererfeitS  in  noc^  biel  fc^rofferem  Sßiberftmicfy  mit  ber  w 
irabttion,  ba  biefe  ben  fraglichen  go^.  nur  als  3tyoftel  fennt.  S)ie  bereinjelt  borgefom* 
mene  Sertt>edUelung  beS  ©bangeliften  Sp^ittypuS  in  §ieraj>oltS  mit  bem  Sfyoftel  biefcS 
SammS,  toebpe  bei  SPoltyfrateS  (6uf.  V,  24,  2)  aUerbingS  borliegt,  reicht  ni^t  jur  @r* 
flänmg  auS,  toeit  fte  nur  bereingelt  borgefommen  unb  nie  allgemein  getoorben  ift.  3m 
Segenteil  betoeift  bie  ja^r^unbertelang  erhaltene  ^rabition,  ba&  ber  ^J^ili^uS  bon  35 
feierapoliS  ber  ©ban^elift  unb  nic^t  ber  3l>>oftel  toar,  toie  fd^toer  ein  folc^er  %xxt\xm  ftc^ 
gegen  bie  ec&te  2^rabttion  burd^fe^en  fann.  ^nSbefonbere  n?irb  burc^  biefe  §^ot^efe  un= 
begreiflich,  toie  ber  3Serf.  beS  4.  ©b.S,  bon  bem  boety  niemanb  ftanb^aft  ju  berneinen  ge* 
toagt  tyd,  ba^  er  in  ftleinaften  gefc^rieben  ^at,  auf  ben  ©ebanfen  fam,  fein  @b.  gerabe 
bem  Styoftel  30^.  jujufc^reiben,  freierer  niemals  bortbin  gefommen  unb  au$  nid^t  burc^  40 
anbete  ©i^riften  in  ber  ß^riften^eit  belannt  toar.  3luc^  biefe  öVfot^efe  beruht  auf  SJer» 
fennung  ber  2^atfad^e,  toelc^e  3.  gegen  bie  ©jifteng  eines  bom  Ityoftel  berfc^iebenen  ^}reS- 
tyteiS  f^ric^t,  ba^  ber  ©lauben  an  feine  Sjiftenj  lebiglic^  auf  einer  im  4.  g^t^unbert 
Mtfuc^ten  Auslegung  einer  einzigen  im  Anfang  beS  2.  SafyrfyunbcrtS  gefc^riebenen  $t\U 
berate,  tröfcenb  bie  Äenner  beS  papiamföen  2Ber!s  bor  unb  nad^  (SufebiuS  förenäuS,  46 
a^uinariS  bon  Saobicea,  SlnbreaS  bon  Säfarea,  StasimuS  6onf efjor,  äfoaftafiuS  ©inaita) 
toAer  in  ber  Sorrebe  beS  ^}a})taS  noc^  in  einer  anberen  ber  bielcn  ©teilen,  wo  ^JapiaS 
ben  ^redb^ter  !§o$.  als  feinen  Se^rcr  genannt  fyat  (6uf.  III,  39,  7.  14),  ettoaS  gefunben 
^abrn,  toaS  fte  m  ber  Meinung  irre  machte,  bag  bieS  ber  äl^oftel  fei.  4.  Die  Auslegung 
bcr  oben  angeführten  SBorte  beS  $a))iaS  bur$  SufebiuS  ift  aber  audb  rein  ercgctijd;  bc--  w 
trachtet  ebenfo  ungenau,  toie  feine  Auslegung  ber  borange^enben  üBJorte  (f.  ob.  ©.  282, 19). 
Sriftion  unb  ber  IßreSb^ter  %of}.  toerben  bon  ^apiaS  ebenfogut,  alfo  auc^  in  bem  gleiten 
Sinn  als  jünger  beS  £erm"  be^eid^net,  toie  in  ber  borange^enben  fttik  bie  ©rup>)e, 
als  beren  wtreter  änbreaS,  3}etruS  u.  f.  to.  genannt  toaren.  ©ic  fmb  alfo  nic^t  Slpoftcl- 
ftäler,  fonbern  J>erfönlic^e  ©d^üler  ^efu.  ©tetyt  femer  feft,  toaS  (JufebiuS  richtig  ertannt  66 
kiü,  bafc  ftaptaS  furj  bor^er  iperfönhc^e  jünger  ^efu,  toelc^e  bielleictyt  nic^t  alle  (^afobuS^ 
^ili^uS'O;  aber  boefc  großen  letlS  ^u  ben  12  2tyofteln  gehörten  (SlnbreaS,  ^etruS, 
I^otnaS,  3o^anneSf  SKatt^äuS),  breimal  als  ol  ngeoßiWegoi  beseitet  tyat,  fo  fann 
toentge  $<üm  f}wter  6  Ttqeoßvxeqog  nic^t  bagu  bienen,  ben  ijofy.,  bor  beffen  9Jamen  biefer 
litd  fte^t,   bon   einem  gleichnamigen  ä^oftcl  ^u  unterfc^eiben.    Dies  ift  e^egetifö  auc^  m 


284  3<>fjattttcd  ber  StyofM 

babur$  auSgeföloffen,  bafe  au<$  ber  in  ber  boranftefyenben  äufjätylung  genannte  go^.  fem 
tyn  bon  anberen  Prägern  besfelben  SRamenS  unterföeibenbeä  Epitheton  unb  überhaupt 
feinS  bei  fi$  fyat  5.  @$  entfjmctyt  Diclmcbr  bem  getoö&nlufcen  Sprachgebrauch,  bie  SBorte 
6  TigeaßvreQog  9Icodvvt]g  ju  berftetycn:  „ber  ^SreSbtyter,  nämüc£  3o$.".    ®afc  ber  faulte 

6  leerer  be$  tyapitö  ebenfo  toie  ber  Serf.  ber  Heineren  jo$.  ©riefe  als  ber  feine  (Senoffen 
an  änfefyen  unb  Sitter  überragenbe  unb  fötiefjlicfy  überlebenbe  Se^rer  in  feiner  Umgebung 
„ber  2irte"  fc$Iec$$in  &iefe,  betoeift  überbieS  ber  @uf.  III,  39,  15  oufbetoafrte  ©a|  beS 
^apiaS:  xal  tovto  6  TiQeaßvrsQog  Skeye  bgl.  §  14.  2)er  Sigenname  toar  neben  oiefetn 
ßtyrentitel  }ur  9iot  entbehrlich ;  eS  toar  aber  angemeffen,  tyn  atyjofttionStoeife  anguföltejjen  in 

10  einem  ©afc,  in  toelc^em  auefy  no$  2lriftion  ju  ertoäfynen  toar,  toelc^er  ebenfo  toie  biefer  3o&. 
ein  jünger  3efu  unb  ein  Setyrer  beS  SPajjiaS,  alfo  na$  ber  2lu3brudfStoeife  beS  SßapiaS 
ein  TiQeoßwEQos  toar.  StuS  bem  Greife  biefer  TiQeoßvzeQoi  ragte  einer  empor  als  „ber 
«PreSbtyter"  fölecfyt&in,  SRamenS  Igoty.  $afc  biefer  em  2tyoftel  toar,  fagt  *Pa»>iaS  ebenfo* 
toenig,   als  er  eS  bon  $etruS  ober  SlnbreaS  fagt;   er  föliefjt  eS  aber  ebenfotoenig  aus. 

16  6.  @S  bleibt  baS  jtoeimalige  SSorfommen  beS  SRamenS  3°£  w  einer  einigen  Sßeriobe. 
@S  ift  aber  ju  bebenfen,  ba|  ber  tnbirehe  gragfafc  (ri-ebzev)  unb  ber  einem  folgen  gleich 
toertige  StelatibfaA  (a  xe-Uyovaiv)  nietyt  als  eine  einzige  Slufjätylunjj  befymbelt  toerben 
fann,  ofyne  ba|  jtc£  ein  logifetycr  3fe$ler  ergäbe.  9lad&bem  bie  eefie  Steige  burc$  bie  äBorte 
„ober  irgenb  ein  anberer  bon  ben  Jüngern  beS  fterrn"  abgesoffen  ift,  lönnen  fidfr  $iewn 

ao  ni$t  als  gortfefcung  biefer  Steige  noety  jtoei  vlamm  bon  Männern  anfd&Kejjen,  toeb^e 
gleichfalls  „jünger  **>&  #errn"  finb.  @S  toäre  bann  aber  au$  lern  ©runb  )u  ftnben 
für  bie  SSeränberung  ber  Äonftruftion  (ä  re  \iatt  xl)  unb  beS  $empuS  (Myovoiv  flott 
ebiov).  $ierauS  ergiebt  fic$,  bafc  eS  mit  biefen  $toei  julefct  genannten  Jüngern  eine  be* 
fonbere  SetoanbtmS  fyatte.    ©ie  lebten  noefy,  als  ^apiaS  fc^on  ferne  ©rfunbigungen  nadj 

26  SKorten  ber  SPreSbtyter^ünger  aufteilte.  (SS  toaren  2tyoftelfc$ttler,  an  toeld^e  er  fotoo^l 
bie  fragen  beS  erften,  afe  bie  beä  gtoeiten  ©a^eS  richtete,  aber  boc$  fe^r  l>erf(^iebene  Seute. 
SDic  $rage,  toaS  bat  $etruS  ober  3$oma£  ober  ^afobuS  ober  Wlatfyäuü  gefagt,  tonnte 
er  nur  an  fol$e  9lpoftelfd^üler  rieten,  toeld^e  frü|er  in  ^aläftina  gelebt  unb  jebenfalte 
aufeerfyalb  ber  ^roDinj  Elften  ©elegen^eit  gehabt  Ratten,  SBorte  biefer  S^oftel  }u  ^ören. 

so  3u  ben  2tyofteln,  toelc^e,  toie  ^a^buS,  SRatt^äuS  u.  f.  to.,  in  ?ßaläftina  lange  3*  ßdebt 
Ratten,  gehörte  au$  ber  ©o^n  bcS  3*ebäuS.  S)iefer  ift  alfo  allerbing«  unter  bem  erjlen 
3jo^.  bei  ^5aj)iaS  $u  berfte^en.  S)ie  toeitere  grage  aber:  „toaS  jagen  Striftion  unb  ber 
2lltc,  30^.,  bie  3ünÖ^  b«*  ßerrn"  ift  an  ganj  anbere  Seute  (jeric^tet,  toelie  nie  m  $a« 
läftina  getoejen  gu  fein  brauchen,  unb  toelc^e  bagegen  mit  &toei  no<^  in  Slfien  lebenben 

86  Jüngern  %t\u,  äriftion  unb  ^o$.  in  SJerfe^r  ftanben,  fo  bafc  fie  bem  $aj)iaS,  toenn  fie  an 
beffen  933o^nfik  famen,  auf  btefe  grage  3lnttoort  geben  fonnten.  2)ie  einen  fragte  %ti(M& 
ni^t  naö)  Slriftion,  bie  anberen  nic^t  nac^  3afol&w^  unb  ÜRattyäuä,  beibe  aber  fonnte  er 
fragen  nad)  2Borten  beS  ^oj^anneS.  @S  toar  getoi^  nid^t  getieft,  baft  SaptaS  toeber  bte 
©elbigfeit  noc$  bie   S5erf(^ieben^eit  beS   in  ben   beiberlei   fragen  bortommenben   3°J- 

40  au$ft>rid?t;  aber  ftiliftifd^e  ©efc^icflic^feit  ift  na<$  ben  erhaltenen  9ru(^ftü(fen  ferne«  SBerfe 
über^aui>t  nic^t  fein  ialent  getoefen.  begreiflich  ift  feine  SluSbrucfetoeife  bod^  fe^r  too^l, 
toeil  in  ben  beiben  an  berfc^iebene  Seute  gerichteten  fragen,  toeld^e  er  $ier  reprobujiert, 
füglic^  ein  unb  berfelbe  ^.  genannt  toerben  fonnte.  S)ie  Sjiftenj  eine«  bom  9)>ofie( 
3>ofy.  berfc^iebenen  ^JreSb^terS  3^^.  ^at  toeber  (Sufebiuä,  noc^  einer  feiner  9ta$fo(ger  aus 

46  $aipia^  ju  ertoeifen  bermoc^t,  unb  bodenbS  bie  ungefähr  gleic|)ettige  Soften}  jtoeier  jünger 
3efu  92amenS  3oF).  in  9l{ten  toirb  burc^  $a))taS  toie  burd^  afle  fonfttge  Xrabition  au^ 
gefc^loffen.  S)er  $reeb^ter  ^o^.  ift  über^auj>t  eine  ftetylgeburt  ber  Intifd^en  Slot  unb  ber 
mangelhaften  6jegefe  bcS  @ufebiu$. 

^ierburc^  beretnfac^t  ftc^  bie  g*age,  toer  ber  $ofy.  fei,  toel^er  nad^  bem  Sterin  un» 

60  anfechtbaren  ^eußniö  ber  2l^f  unb  nacb  bem  in  biefem  $un!t  gleid^faOS  gegen  jeben 
toefcntlic^en  ^xxtum  gefiederten  3cu9n^  fciner  ©d^üler  $ofytart>,  ^ßapiaS  unb  ber  anberen 
,,$PrcSbtyter"  beS  grenäuS  in  ben  legten  Sauren  ober  Sa^rje^nten  be«  erften  3<*^$unbert3 
in  epl^efuS  gelebt,  auf  bie  Sirene  ber  $robinj  unb  ba$  nad^toac^fenbe  ©efc^le^t  i^rer 
Scfyrer  unb  Sifd^öfe  einen  mafegebenben  Ginflufj  geübt  ^at  unb  erft  nad&  bem  Segtcrung^ 

66  antritt  SCrajanS,  alfo  um  100  geftorben  fören.  II,  22,  5;  III,  3,  4)  unb  nadfr  bem 
3eugntö  eine«  Sifcfcof  bon  6j)^cfuS,  toel^er  um  125—130  getauft  tourbe,  in  Gtfrfpß 
begraben  toorben  ift  (^ioll^fratcö  bei  @uf.  V,  24,  3.  7).  3tHe  beutlid^  rd>enbe  Überliefe« 
rung  fagt,  er  fei  ber  bon  3*fu$  gum  Slpoftcl  ertoä^Ite  ©o^n  beS  3*^^^-  ©ne  *&*** 
fpred^enbe  9kd?ri$t  aus  ben  erften  8  ^abrfyunberten  giebt  eS  nic^t.    91ur  ein  (Sitat  <nü 

eo  bem  jtoeiten  Suc^  beS  y>apia$,  toeld^eS  man  ba^in  glaubte  beuten  )u  bürfen,  bafe  ber 


SofamteS  ber  Styoftel  3?ofjatmeS  »stttSnageS  285 

SpofW  ^otyutneS  in  Sßaläftina  bon  ben  3>uben  getötet  toorben  fei,  tourbe  bon  einigen 
©defrten  als  genügenb  befunben,  bie  gefamte  Srabition  bon  bem  SBirfen  beS  !go$.  in 
Spfcfud  über  ben  Raufen  flu  toerfen.  2)aS  Sitat  ift  uns  auf  boppeltem  2Bege  jugefornmen. 
6S  fmbet  ftc$  in  ettoaS  abtoeic^enber  gorm  in  einer  einigen  ber  jafylreictyen  £ff.  ber  um 
850  abgefaßten  Styronif  beS  9HöncfycS  ©eorgiuS  £amartoIuS  (Georg.  Harn.  ed.  Muralt,  6 
1859  praef.  p.  XVII f.;  SRolte,  2#Q©  1862  ©.466),  unb  in  einer  anonymen  Samrn* 
hing  nrc$en$tjtorifcfyer  (Syetyte  (aus  einem  cod.  Barocc.  142  fol.  212  ff.  herausgegeben 
bon  be  Soor,  311  V  2,  170).  3)afe  eS  in  bieß^roni!  beS  ©eorgiuS  ebenfo  tote  ein  bo* 
nebenfle^enbeS,  äufcerft  ungenaues  ßitat  aus  DrigeneS  burc$  einen  ^nterpolator  fyinem* 
gebraut  ift,  ergiebt  fiety  mit  ©bibenj  aus  bem  2Biberft>rucfy  nic^t  nur  mit  ben  übrigen  10 
§ff.  ber  Öjronif,  fonbern  auefy  mit  bem  Äontejt  ber  §f.  felbft,  toelctye  allein  baS  Gitat 
enthalt  (bgL  be  Soor  a-  a.  D.  ©.  177).  Übrigens  toürbe  ©eorgiuS,  toenn  bon  tym 
jelbft  baS  ©itat  ^errityrte,  bamit  gefagt  ^aben,  bafe^o^-  n<*$  feiner  9tücffe$r  bon  SßatmoS 
nad)  @p$efuS,  alfo  in  epfyefuS  bon  ben  3uben  getötet  toorben  fei.  S)ie  Stngaben  unb 
Meflqrionen  ber  ©ele&rten  über  biefeS  ßitat  leiben  bis  ju  ben  leftten  an  einer  gerabeju  15 
ctftaunltc^en  Ungenauigfeit  ftkfy  man  baS,  toorin  ber  3nterJ>olator  beS  ©eorgiuS  unb 
bar  Serf.  jener  Djforber  (Sgcetyte  boneinanber  abtoetetyen,  ab,  fo  bleibt  bie  gleicfylautenb 
bun$  beibe  ßitate  verbürgte  2$atfac$e  übrig,  ba£  im  2.  8u$  beS  ^apiaS  ber  ©afe  ge* 
ßanben  tyd:  Iiodwrjs  vnö  lovdaicov  ävrjge&rj.  ©ang  äfynlic^  fyabm  mehrere  ©<|rifts 
Wer  beS  2.  unb  3.  IgafyrfyunbertS  bon  ber  §inri#tung  ^o^anneS  beS  Käufers  burc£  ben  20 
jübif$en  letrarc^en  §erobeS  äfattyaS  gerebet.  liefen  alfo  toirb  SßapiaS  gemeint  fyaben. 
DaS  SRt&üerftänbniS  ber  bfyantinifc&en  ©djreiber  bat  *ßapiaS  nic^t  beabficfytigt,  bielleid&t 
au$  nid^t  einmal  bur$  ftiliftifd&eS  Ungefctyicf  berfctyulbet. 

63  toirb  alfo  tooljl  babei  bleiben,  bafe  ber  Sfyoftel  $of).  ebenfo  tote  anbere  jünger 
3cfu,  ber  (Sbangelift  SPfyiltWuS  unb  ein  getoiffer  Slriftion  bon  Sßaläftina  nac^  Äleinaften  25 
fibergeftebelt  ftnb.  Senn  ^ol^Iar})  an  feinem  lobeStag  (23.  gebruar  155)  auf  86  ^atyre 
nit^t  feines  menfd^Uc^en,  fonbern  feines  $rift(i$en  SebenS  gurücfblicfte  unb  fomit  im 
3afcre  69  getauft  toar,  unb  toenn  feine  Sefefyrung  nac^  %xtn.  III,  3,  4  burdj  3l})oftel 
betoirtt  tourbe,  fo  toirb  bie  Überftebelung  jener  jünger  ^efu  nad>  Slften  bamalS  f$on  er= 
folgt  fein.  6S  ift  fefa  begreiflich,  ba^  i^nen  ber  2luSbrud)  beS  jübifc^en  ÄriegS  baS  3«$en  so 
pan  9utfbruc^  tourbe.  S)er  bamalS  bielleic^t  erft  60— 65jäfyrige  30^.  ^at  bann  noeb  tttoa 
30  Sa^ce  ber  pflege  beS  fir$li$en  fiebenS  in  ber  ^rotoinj  2ljten  unb  einer  unbergleid^lid^ 
gejegneten  ©irlfamleü  als  Se^rer  in  SBort  unb  ©d&rift  totbmen  fönnen.  SllS  ein  Sßriefter 
m  $o^)riefterli(^em  ©d^mud  ftanb  er  in  ber  Erinnerung  ber  Triften  bon  (S^efuS  (@uf. 
V,  24,  3).  3)er  2)onnerSfo^n  bon  efyebem  ift  aud)  im  älter  nietyt  ein  f>>c!ulierenber  9te«  35 
figiMtäß^Uofot>$  unb  ber  toeid^^erjige  $rebiger  einer  fd^toäd^lic^en  Xoleranj  getoorben,  fon= 
bent  ift  ein  fc^arf  ausgeprägter  ß^aratter,  ein  entfd^iebener  unb  überall  jur  ßntfd^eibung 
jtotfe^en  2id^t  unb  ginfterniS,  gtoijc^en  Seben  unb  lob,  jtoifc&en  6^rift  unb  äntic^rift 
brängenber  3eu9e  ***  bon  3^fuS  empfangenen  SßJa^r^eit  geblieben,  ffiir  erfennen  ben 
3o$.  be*3a$re27— 52,  bon  toeld&em  unS  bie  älteren  ©Triften  beS  -JUS  ein  Silb  geben,  40 
toeniger  in  ber  Slpolal^fe  toieber,  in  toelc^er  er  nur  ©mffangcneS  treu  toieberjugeben  batte, 
als  in  ben  ©riefen,  in  toelc^en  er  feines  SlmteS  als  Se^rer  unb  Seiter  ber  Kirnen  3lfienS 
mit  unerfc^laffter  ftraft  beS  2BiIIenS  toaltet.  ffiir  erfennen  ü;n  auc^  toieber  in  ben  @r- 
jä^htngen  feines  ©c^ülerS  $ol^far))  bon  ber  Begegnung  beS  Softeis  mit  fterinty  im 
Sabe^aufe  ju  (SpljefuS  (3ren.  III,  3,  4)  unb  üon  feiner  geier  beS  djriftlictyen  $affa^S  in  46 
ber  an  baS  ©efei  angelernten,  i^m  bon  ^Saläftina  fyer  getoo^nten  gorm  (SrenäuS  unb  Sßolty* 
batcS  in  i^ren  »riefen  an  Siltor  bei  (Suf.  V,  24,  3.  16).  2lud?  in  ber  3Serfaffung  beS 
SemeinbelebenS  ift  unter  feinen  äugen  unb  getoife  nietyt  o^ne  feinen  ©influ^  bie  juerft 
in  3erujolem  auSgebilbete  monarc^if^e  gorm  ber  oberften  Seitung  ber  DrtSgemeinbe  in 
bie  JCmpe  SfienS  eingeführt  toorben.  2^.  3oljn.     w) 

Spannes  HShtSnageS,  im  6.  3a^.  fiitter. :  9l6ul{arabfd)  bei  K|femanuS,  Biblio- 
theem  orientalis  53b  II,  1721,  8.  327 ff.;  ffialcf»,  ^iftorie  ber  flefrereien  VIII,  6.  684; 
«eanber,  «Qgem.  ©ef«.  ber  4rifkl.  JHel.  ©5  4,  6.1864,  @.  297;  ©a6,  Srityetftifc&er  Streit, 
in  5icfer  «nc^flopäbie  2.  9uf(.  »b  XVI,  6.  48  f. 

Qo^anneS  »SfuSnageS  toar  ©(^üler  beS  gelehrten  ©^rerS  $etruS   auS  Styefina   in  55 
oj>otamien  unb  9tac$fotger  beSfelben  als  Se^rer  ber  ^^ilofop^ie  in  Äonftantinopel  unter 
^uftinian  I.    33on  biefem  ju  einem  Äolloquium  gelaben,   befannte  er  ftc^  nicfyt  nur  als 
Wimop^fiten,  fonbern  au#  als  Sritl^eiten,  inbem  er  fagte,  bafc  er  in  trinitate  seeun- 
dum  numerom  personarum  naturas,   essentias  et  deitates  tres  anerfenne.     @r 


286  3fofjamte0  X8ttt*ttage8  äfolptraed  bon  $*ma*tit* 

luurbc  toegcn  biefer  IJrrlefyre  bom  Äaifer  betbannt,  !gofyanne$  toirb  nun  bon  Slbulfarabfö 
jum  ©tifter  ber  Irittyeiten  gemalt,  h>äl?renb  bic  griectyifcfyen  Duellen,  bie  bat  Stöfunageä 
ignorieren,  biefen  $Ia$  bent  3oJ^anne«  5ßfyiIoi)ono$  jutoeifen.  S)er  2Biberft>ruc$  ift  xoafe 
föeinlicfy  fo  $u  löfen,  bafc  ^iloponoä  als  ber  bebeutenbfte  Vertreter  jener  fic^re  irr* 
6  tümlicfy  auc£  für  ben  Anfänger  berfelben  erflärt  ift,  h><tyrenb  ntd^tö  bagegen  ju  ft>re<$en 
föeint,  bafe  3l$fu3nage3  ben  fogen.  IrittyeiSmuS  juerft  gelehrt  §at.  W-  SWe^er. 

3fofjanne8  bon  SlbUa  f.  ^uan  bon  Slbila. 

SofjanneS  bott  SJofel  f.  §iltalinger,  %of).,  33b  VIII  ©.  77. 

3ol)ttttue8  SJeffoS,  ^atrtar$  bon  Äonftantinopel,  geft.  1293.  —     Sitte* 
loratur:  Seo  Wllatiuö,  De  perpetua  consensione  etc.,  6.  761  ff. ;  gabriciuS,  Harl.  Bibl.  gr. 
XI,  6.  344  ff.     Quellen  unb   neuere  Sorfdjungen  jufammenfaffenb :   Ärutnbadjer,  ©efd).  ber 
%X)h.  Sitt.  1897,  6.  96f. 

iJofyanneS  ift  burefy  bie  Unionäftynobe  bon  1274   fyiftorifd&  getoorben.    @r   toar  bte 
bafyin  %aQTo<pvAa£  in  Äonftantinopel.    S)er  Äaifer  SKictyael  Sßaläologuä,  feft  entfcfcloffen, 

16  ba$  SinigungStoerf  burefoufefcen,  forberte  tyn  als  gelehrten  SRann  unb  gehnmbten  Sprechet 
$um  Sciftanb  auf.  9ia<$  einigem  3ögern  antwortete  3o$anneä  abletyienb,  toagte  e3  fo* 
aar,  bic  Sateiner  für  $äretifer  ju  erflftren;  bafür  büfjte  er  mit  ber  ^ärteften  Äerferftrafe. 
Slber  gerabe  im  ©efängniS  fanb  er  9Hufje,  bie  ältere  gried&iföe  Sitteratur  nochmals  über 
jene  Streitfragen  gu  SRate  ju  jie^en;    er   befann   ftc$   eines  anberen,  unb  namentlich  bie 

20  ©Triften  be3  ^iccjjfyoruS  SlemmibeS  ftimmten  ifyn  bergeftalt  um,  bafi  er  jefct,  h>a$  er  folange 
bertoorfen,  mit  allem  @ifer  berteibigte.  2)ie  golge  toar  feine  (Srfyebung  jum  Patriarchen 
unb  toefentlicty  mit  feiner  §ilfc  ift  bie  Union  bamalS  hrirflidfc,  toenn  aud&  nur  für  furje 
$eit,  gu  ftanbe  gefommen.  2)o$  betrug  fiefy  ^o^anned  bon  nun .  an  mdfrt  atö  feiger 
©ünftling  eines  2)efpoten.    SHitten   in  bem  tauben  ©efcfyret  ber  ^arteten  ber  £auj>ijiabt 

26  mahnte  er  $ur  SRäfeigung  unb  bertoanbte  fic§  für  bie  Verfolgten,  an  toeld&en  2Rt<$ael 
feine  2But  auöltefe.  @r  befyarrte  auefy  bei  feiner  unionSfreunbltd&en  Oefinmmg,  atö  bie 
Äirctyenpolitif  fi$  änberte.  3)arum  tourbc  er  1282  abgefegt  unb  1283  berbannt  (Sr 
ftarb  1293  im  Äerfer.  2?on  ben  ©rieben  ift  S3effoS  au«  ber  SRetye  ber  rechtgläubigen 
Scfyrcr  geftridjen,  bon  ben  Sateinern  ju  ben  Drt^obojcn  gejault  toorben,  batyer  fanben 

so  feine  ©treitfdjriften  Slufnafyme  in  bie  Graecia  orthodoxa  Tom.  I,  II  be$  Seo  Sttotiud. 
Von  ba  aus  finb  fie  in  bie  MSG  141,  ©.  16—1032  aufgenommen,  ©eine  t^eologifc^en 
©Triften  berteibtgen  )um  größten  Pfeile  bic  Union.  2)ie  umfangreid&fte  berfelben  ift  bie 
lhgl  rfjg  hcooecog  xal  eigrjvrjg  ribv  TY\g  jzaXaiäg  xai  viag  'Pdbutjg  ixxXrjai&r 
(Graecia  orthodoxa  1,  ©.  öl — 224).    2lnbcre  Heinere  Schriften  bejie^en  fid^  auf  feine 

36  perfönlicfycn  Ver^ältniffe.  ^o^anned  ift  für  feine  Griten  ein  gelehrter  3Rann.  ©eine 
©Triften  ftnb  bon  ben  foätercn  greunben  ber  Union  ftarf  au^gefc^rieben  toorben. 

(«aft  t)   ¥*.  m**tt. 

3fol>tttttte«  SJurtban  f.  33b  III,  ©.  570. 
Cannes  b.  Sa^iftrano  f.  Sb  III,  ©.  713. 
40         Cannes  ©tubttb  f.  Sb  III,  ©.  444,  ig— 32. 

3fo^anued  bon  2)amaöfuöf  geft.  bor  754. —  Sitteratur:  Bios  xov  Satov  xai9<*  wahr 

'Icodrrov  tov  .iaftaoxtjrov  oryyoat/  eis  Jtaoä  */wdrrov  Jtai^ido^ov  'IeQoooÄvfiwr,  MSG 
XCIV,  429-489.  Opera  ed.  Se  Cuien  1712,  2  ^be;  f)ternadf(mit  einigen  (grgfinjungen 
nac^  ©attanbi  unb  Wai)  audj  MSG  XCIV— VI;   Sot;.  Sangen,   Sobanne«   üon  Xamadhtd, 

46  eine  patrift  Sonographie  1879  (t)icv  6.  27  eine  llcberftdjt  über  bie  gebrueften  ausgaben 
einzelner  ^Serfe  b.  3.;  bie  erfte  nod)  feljr  unuollftänbige  ©e[amtau8gabe,  alle«  nur  in  tatet* 
nifdjcr  lleberfe^ung.  bot  bev  3)ominitaner  ©einrieft  ©raoe,  $ötn  1546,  eine  erfte  gried)tf4-ta* 
teini|d)e  ^luögabe  von  Sarfuö  ©opper  folgte  balb,  ©afel  1548,  1559  unb  vermehrt  1575). 
58crbicnt  um  bie  9(ufjinbung  uon  ©anbfeftriften  unb  um  bie  tfritit  ift  t»or  anberen  Seo9lHatiu$ 

60  geioefcn,  befjcn  bid  baftin  unebierte  ?(bt)anblung  De  Joanne  Damasceno  Prolegomena  Se  Ouien 
(j.  aueft  MSG  XCIV,  117  ff )  jum  5)rucf  bradjtc.  Se  Ouien  fclber  bat  niefct  nur  (juin 
Xeil  auf  ©runb  ber  Vorarbeiten,  audj  unter  birefter  23eit)ilfe  anberer  ©elcbrten)  juerft  eine 
toefcntlid)  ooliftänbige  ^ludgabe,  fonbern  aud)  tuertuollc  Einleitungen  ju  ben  einzelnen 
Söerfen  geboten.  311  fieben  Dissertationcs  erörtert  er  überbieS  eine  JRetbe  Don  fragen,  bte  *ur 

üo  Geologie   beö  S)ama85enerS  bej.    ber   gried)ifd)cn  Äircfte    gehören.     (5d  p"b   nur   erft  für 


$of)anne$  tiott  $araa£tit£  287 

einige  SBerfc  unb  erft  gan$  neuerbingS  crljeblidjc  ftortfctyritte  über  i(jn  t)iitau§gcmad)t  loorben. 
6.  ba$u  Ijentad)  bei  ben  einzelnen  SBerfen.  3m  allgemeinen  vgl.  Die  fie&rbüdjer  ber  Dogmen* 
gefdjtdjte  von  $ifrfd|,  I,  1870,  $f)i)inafiu3  P,  bearbeitet  von  öonroetjd)  1886,  .fcavnarf  II3, 
1894,  fioofS*.  1893.  ©ecberg  I,  1895,  Bug.  $orner  1899.  ©onft  befonberä  uod)  Farben* 
^eroer,  $atrologic  1894,  ÄTumbodjcr,  ©ef#.  ber  bl)jant.  fiitteratuv,  2.  &uff.  1897  (über  6 
3o(anne$  als  Geologen  Ijanbelt  f)ier  ©.  68  ff.  (S&rfjarb,  über  ir)n  als  $id)ter  $rumbad)er 
felbft  674  ff.). 

1.  Seben.  35er  oben  genannte  /Woc  beä  35ama3$ener3  ift  Verfafjt  Von  einem  Sßa* 
triart^en  SofaiM^  b*>n  3erufalem  (toafyrfd&einlicfy  bem  um  970  geftorbenen;  f.  über  ifyn 
ate  „^ofyanneä  VI."  2e  Duien,  Oriens  Christ  III,  466  ff.).  6r  rufyt  auf  einem  älteren  10 
(Verfäottenen)  arabiföen  2Berf  (tote  ber  SSerf.  felbft  angiebt  c.  3),  ift  toenig  ftoffreicfy,  nid&t 
aüju  legenbentyaft,  aber  burcfyauS  fyagiograpfyifcfy  erbaulicfy.  Slnbere  Quellen  finb  VolIenbS 
foarluf*.  SRur  in  fnappen  Umrifjen  ift  bafyer  bie  SebenSgefcfyictytc  be$  berüfymtcften  ber 
Ifyjantinifctyen  2$eologen  belannt.  ©eburtä*  unb  2obc3jafyr  finb  beibe  unftc^er.  £)a$ 
7.  dfumenifctye  Äonjil  (TOcäa  787,  act.  VI)  efyrt  ba$  Slnbenfen  be$  3-  als  be£  $au$U  16 
borfämpferö  ber  öilberverefyrung  in  fyofyen  SBorten.  ©3  läfct  er!enncn,  bafc  er  fdjon  bor 
754  geftorben  fein  mufe.  fötnn  e$  re^robujiert  (1.  c.  sJJtanfi  XIII  356)  bie  2Borte  be$ 
unter  Äonftantin  ÄoprontymuS  754  in  Äonftantinopel  gehaltenen  ftomilS,  bie  ben  3-  mit 
®ermanu£  Don  Äonftantinopel  unb  ©eorgiuS  GtymuS  verfluchten.  2ßenn  e$  in  biefen 
&etJ5t :  fj  TQiäg  rovg  rgelg  xa&elXev  (in  9!icäa  f  efct  man  entgegen :  fj  rgidg  rovg  rgelg  20 
IddSaoev,  act.  VII,  ÜRanfi  6.  400),  fo  ift  flar,  bafe  &  bamate  fd^on  tot  toar.  Sites 
&  Duien  geltenb  mad&t  (üRigne  XCIV,  486  f.  9lnm.),  um  ifym  eine  längere  Sebenäbauer 
pi  Vinbigteren,  !ann  bagegen  nic^t  auffommen  (£e  Duien  fyat  bie  SBorte  be$  ilon^lä  über* 
je^en).  3-  tofrb  iebod)  nicfyt  lange  Vor  754  geftorben  fein,  ©eboren  ift  er  getoifc  noety 
im  7.  S^tf^bert,  allein  ©enauereS  ift  nicfyt  &u  fagen.  @r  ftammte  au$  3)amaäfu$  unb  25 
toar  ber  ©otyn  eine«  farrajenifd&en  33camten.  2We  anberen  angaben  fpäterer  ©d^rift« 
fWkr  finb  unglaubhaft  unb  tenben^,  (togl.  über  fte  fangen,  ©.  17  ff.  u.  23  ff.),  ©eine 
Jamtfie  toar  eine  $riftli$e,  ^atte  aber  trogbem  ein  \)ol)&  ©taat^amt,  fotoeit  man  fe^en 
laxa,  too^l  ka$  be$  oberften  2luffe^erö  über  bie  ©teuern  in  ©^rien,  erblich  inne.  3-  H&ft 
Ifat  eö,  toie  e^  f(^eint,  eine  &'\t  lang  toertoaltet.  5Der  (flog  ift  ungenau  unb,  toaä  3^eid^=  90 
tum  unb  S^renftettung  be«  ^eiligen  betrifft,  offenbar  übertreibenb,  toirb  aber  bod^  fotoeit 
GMauben  l>erbienen,  bafe  3-  eben  auc$  beim  Äalifen  t>on  3)ama3fu$  beamtet  getoefen,  toie 
feine  Sorfa^ren.  3)tit  ber  3Sertrauen^fteUung  feiner  gamilie  bei  ben  Kalifen  ^ängt  ber 
Seiname  berfelben  Mansur  (=  ber,  bem  geholfen  toorben  ift:  „ber  ©ieger"),  ben  auc^ 
3.  geführt  ^at,  jufammen.  2Bann  3-  s^fönc^  tourbe,  ift  unftc^er.  $)od)  fcfyeint  e^,  ba^  35 
er  noc$  in  feiner  toeltlic^en  ©tellung  afö  t^eologifc^er  ©c^riftfteHer  aufgetreten  ift.  £)er 
füog  fcftt  baö  minbeftend  für  bie  erftc  feiner  ©Triften  $u  ©unften  ber  Silber  toiber 
*eo  ben  3Jau^^  tooraud.  2llfo  726  unb  furj  l^ernac^  ift  er  toafyrfc^einlic^  noc^  Seamter 
in  2)ama&fu$  getoefen.  3a  na^  c-  14  tyätte  er  über^au))t  feine  imoroM/uaiovg  koyovg 
für  bte  Silber  noefc  in  SDama^tu^  getrieben.  ®a^  toürbe  ir)n  auc^  noc^  730  als  23e*  40 
amten  ertennen  laffen.  SlHein  ber  ßtog  ift  fummarifefy  unb  toei|  offenbar  nict)tö  ©enaueS. 
fe  ift  auä  tnnern  ©rünben  (tooju  übrigen«  aud)  eine  9Jotia  bei  3:^eot)l;ane^  ftimmt,  bie 
man  bei  Sangen  ©.21  lefen  mag)  an$unefymen,  bafe  er  fpäteften^  balb  nad^  730  sJ)iönc^ 
tourbe.  6r  fiebclte  atö  folc^er  in  bie  Saura  be^  ^l.  Baba  bei  3*rufalem  („80  ©tabien", 
b.  L  ettoa  jtoei  SKeilen  fübtoärtd  toon  biefer  ©tabt)  über.  Da^  er  toofyl  jebenfafe  furj  46 
ruety  730  ba«{  ftlofter  aufluvte,  gefyt  auc^  barau^  l;ert)or,  bafe  er  no$  t>on  bem  ^atriard^cn 
3obanne$  V.  toon  ^erufalem,  ber  naefy  2^eoj)^anc^  735  geftorben  fein  foH  (^e  Duien, 
Or.  ehr.  III,  289  ff.,  ^ölt  boc^  für  möglich,  bafe  er  bi^  ca.  745  lebte),  unb  naefy  bem 
ßfog  ju  fc^liefeen,  feine^toegd  atebalb  nad^  feinem  Eintritt  in  bie  Saura,  jum  ^JJriefter  ge« 
toetyi  tourbe.  2Beiter  atö  btö  jum  TigeoßvTEQog  fyat  er  e^,  getotjjnur  nac^  feinem  eigenen  w 
S&unfö,  in  ber  ^ierarc^ie  nic^t  gebracht,  ©ein  Slboptibbruber,  ^oemaö  ber  -Welobe,  ber 
gieicr;  t^m  ©abaite  tourbe,  ift  bagegen  Sifd^of  t>on  üWajuma  ($afen  toon  &a^a)  getoorben. 
^n  bie  Xauxa  bed  ^l.  ©aba  einzutreten,  mag  i^n  neben  bem  SHufym  berfelben  (ber  nad^^er 
ymi  befonber^  mit  feinem  tarnen  berfnüpft  getoefen  ift)  ber  Umftanb  betoogen  ^aben, 
bau  f^n  Sc^rer,  bem  er  unb  fto£ma$  Viel  Verbanden,  i^m  borten  Vorangegangen  toarf  56 
tidlndft  bort  noc^  lebte.  3Me$  toar  ein  SDtönd^,  l£  9ha3Jag  og/ncüjuevog,  fagt  ber  ßlog 
c8^c  Outen  meint  au^  Salabria,  „quae  monachis  graecis  plena  erat11),  ber  al£ 
Ärieg^gefangener  nac^  SDama^fu^  gefommen  unb  Von  bem  $ater  beä  ^.  lo^getauft  toar. 
%ud}  er  ^ie|  Roimai.  3-  berbanfte  tym  bie  @infü^rung  in  bie  Geologie,  ^umal  aud^ 
in  bte  $$Uof0}>^ie  unb  baö  mancherlei   toeltlic^e  Riffen,   ba^   ityn   au^jeid^net.    ^n  ber  go 


288  3foljaitite$  Hott  2>araaSf*S 

Saura  §at  %  feine  §auptt^ätißfctt  atö  ©c^rifftfteller  entfaltet,  c.  33  ff.,  ni<$t  o&ne  bei  biefet 
3lrt  fcon  Sefd&äftigung  anfänglich  auf  äBiberftanb  ju  fto&en  c.  81.  kumal  <md)  als 
Sielobe  fanb  er  ffiiberftmtc^  tn  bem  mönd&iföen  Äreife,  ber  Her  SBeUftmt  Vermutete, 
toie  eine  ganj  glaubtoürbige  Slnefbote  belegt  c.  27  ff.     ©einem  Sluljm    als  2Mobe  Der« 

s  banlte  er,  bafj  fein  $atriard&,  n>te  ber  ßiog  fagt,  auf  befonbere  ©ngebung  beS  ®eifteS, 
c.  34,  ifyn  naety  3erufalem  berief,  um  tyn  jum  SPreSbtyter  bei  ber  bortigen  Äirc&e  )u  machen. 
%  lehrte  jeboc$  in  bie  Saura  beS  ©aba  jurüdf  unb  ift  auc$  ofyne  3toe*fel  b°*t  geftorben. 
9?id&t  otyne  ^ntereffe  ift  bie  9loti$  ßiog  c.  36,  bafe  3.  gegen  Snbe  feine«  £eben$  ferne  Süd&er 
einer  biioxeyng  unterworfen  fyabe,   imxoojuwv  unb  imdioa&ovjuevog  ngog  äxgißetav 

10  xal  M£iv  xal  vovv.  @S  fefylt  in  ber  Überlieferung  feiner  SÖerfe  nic$t  an  ©puren,  bie 
eS  betätigen,  bafc  er  fic$  nid^t  an  einer  einmaligen  Bearbeitung  genügen  liefe.  —  3m 
12.  ^afyrfyunbert  jeigte  man  noefy  baS  ©rab  beS  $.  w  ^er  fiaura  beS  ©aba,  im  14.  foH 
fein  Öeic^nam  naq  flonftantinopel  transferiert  fein.  3-  totrb  *>on  ber  gried&iföen  unb 
römifd&en  .Hird^e  gleid&ertoeife  als  ^eiliger  geehrt;   jene  feiert  fem  ®ebäc&tniS  am  4.  2)ej. 

iö(aud&  am  29.  5lot>.?),  biefe  am  6.  9)tai  (*>gl.  Acta  Sanct.  Maj.  tom.  II).  2$eoj>baneS 
bezeugt  fc$on  im  Igafyre  813  feinen  Seinamen  Xgvooggdag,  ber  ®olbftrömenbe,  ®olb* 
rebenbe. 

2.  ©Triften  für  bie  Silber.    Um  bie  Sebeutung,   bie  3-   in  f^ner  Ämfce  er* 
langt  fyat,  barjutfyun  unb  fcerftänblicfy  ju  machen,   fd&eint  mir  baS  Stetige,   toon   feinen 

20  Xoyoi  &noXoyr\xixo\  ngog  xovg  diaßdXXovxag  xäg  äyiag  elxövag  au$)uge$en.  ©te 
finb  toatyrfctyeinltcfy  feine  älteften  ©d&riften;  jebcnfaHS  ftnb  fte  eS,  bie  tym  juerft  ein  An* 
fefyen  unb  fogleic^  ein  fyofyeS  fctyufcn.  Stuf  ben  Silberftreit  im  allgemeinen  ift  ^ter  ni$t 
eimuge^en.  Sgl.  ben  ä.  fcon  Sontoetfcfc  in  33b  III,  ©.221  ff.,  ferner  ©dfrtoarjlofc,  $er 
Silberftreit,   ein  Äantyf   ber  grieefy.  Äird&e  um   tyre  ©igenart  unb  ibre  tjretyeit,  1890; 

26  Rattenbufö,  Serglei^enbe  ÄonfefftonSfunbe  I,  1892,  ©.456  ff.  3)er  2Bert  jener  ©Triften 
toar  um  fo  größer,  als  fte  ben  grunblegenben  SJtofenafymen  Jtaifer  SeoS  III.  auf  bem 
gufee  gefolgt  ju  fein  föetnen.  3unäd&ft  nur  eine;  aber  fd&on  fte,  SDtögne  XCIV  1232 ff., 
enthält  ade  toefentlicfyen  ©ebanfen,  bie  $.  überhaupt  bejtiglic^  ber  Silber  gehegt  $at,  fte 
ift  fc^on  rec^t  fcoHftänbig,  gelehrt  unb  gefd^idtt,  unb  fd&uf  ben  Silberfreunben  fil^balb  einen 

80  guten  litterarifd&en  SRüdt^alt.  fieo  fyatte  auf  feiner  ©eite  niemanb,  ber  bem  £ama$gener 
getoac^fen  toar,  biefer  aber  toar  feiner  SDlafy  entrttdft.  3)afe  er  ben  ®egner  ni<$t  germg 
tarierte,  brüdtt  [\$  u.a.  in  ber  (Srjäfylung  bon  feinem  Serfucfce,  ben  §•  ^^m  Äaltfen, 
feinem  SanbeS^enn,  als  .§od^t>erräter  berböc^tig  }u  machen,  aus.  S)aS  detail  totrb  ja 
auSgefd^müctt  fein,  ganj  erfunben  fc^etnt  eS  ri\d)t  ju  fein,  toaS  ber  ßiog,  c.  15  f.,  barüber 

35  mitteilt.  SDte  ©d;rtft  {Riegelt  bie  (Smpfinbung  tyreä  9lutorS,  einer  ^flic^t  ju  getyon^en, 
baS  giebt  xtyx  innere  Sraft.  ©etoig,  fo  beginnt  ^.,  fönnte  i^n  OaS  Semufetfein  feiner 
ävagidxrjg  beranlaffen,  niemals  öffentlich  ju  reben.  2lber  ndvza  nalä-  h  xaigcß 
avreov.  Unb  eS  ift  toafyrlic^  bie  rechte  3^it,  [\$  &um  SBorte  ju  melben,  tomn  man  fteljt, 
in  toeld^e  ©efal?r  bie  Ätrcfye  geftünt  toirb.    ©ie  ftefyt  im  Segriff  gefj>alten   )u   toerbett, 

40  toä^renb  boc^  ber  ungeteilte  SKodf  ß^rifti  i^r  Sorbilb  ift.  Unb  ij  xtjg  hcxlrjoiag  äva>&er 
xexQarrjxvta  nagädootg  foH  preisgegeben  toerben.  3Da  ^ei^t  eS:  totnn  bu  baS  ©c^toert 
fommen  fte^ft  unb  mad^ft  beinen  Sruber  nid^t  aufmertfam  barauf,  fo  toerbe  ic^  baSSlut 
beSfelben  bon  bir  forbern.  ^)eS^aIb,  bon  fernerer  älngft  bebrüat,  tomme  ic^  ba)u  ju 
reben,  ov  ßaoikiwv  vipog  jiqo  xfjg  äkrjüeiag  n&eig.    (SS  ift  bemertenStoert,  toie  ma^* 

45  boH  in  aller  Sefttmmtfyeit,  ja  ©d^ärfe,  3.  bod&  fic^  im  äuSbrudt  ^ier  unb  überall  $alt 
9Ktt  SRcd^t  tyat  ©d^toar^lofe  auf  bie  „Sorne^m^eit"  tyingetoiefen,  bie  t^n  als  ^Jolemiler 
d&arafterifierc.  ®S  ift  ein  sJJiann  beS  guten  2onS,  toenn  man  toiH  beS  §ofd,  ber  Ker 
rebet.  Slber  einOTann  toon  unbeugfamer  ©nergie  unb  fefteftem  firdbli^em  Setoufitf ein.  5Die 
©4>rift  toenbet  f\d)  an  baS  Solt  bon  Konftanttnopel  unb  feinen  Patriarchen  (®ermanuS), 

60  c.  3.  3.  tüiH  nid^t  glänjen,  nic^t  „ftegen",  er  toiH  nur  tw  äkrj&etq.  jioXepovfxby  %uQa 
ögegai.  ©ogleid^  tritt  er  bem  ^öd^ften  Sortourf  ber  ^fonotlaften  entgegen  unb  fteflt 
feine  eigene  $ofttion  als  eine  d^riftlic^  forrefte  ftc^er,  c.  4.  @r  befennt  au3brücHt$ :  i(^ 
glaube  an  Sinen  ©Ott,  äxaidkrjTtTov,  &o(bfiaxovi  ä6gaTovt  &7ieQiyQamovt  äoxrjfidxtcioyf 
unb  ov  jiQooxwco  rfj  xrioei,  &XXä  nqooxvvib  rdv  xriornv,  aber,  fügt  er  alSbalb  ^m» 

66  ju,  id^  glaube  an  tyn  als  einen,  ber  $ur  xxiotg  ^eruntergeftiegen  ift.  ©0  „bereite"  t^ 
(nQooxwd))  nur  ©ott,  aber  mit  bem  ßaodevg  and)  feine  äXovgyig  (feinen  Purpur), 
freiließ  nid^t  als  „©etoanb",  boHenbS  nic^t  (hg  xexagxov  TiQdoamov,  aber  als  Sjutöeor 
rgyiiaxhaoav.  2)enn  ber  „Sßurpur"  ift  baS  gleifd^  beS  ©o^neS  ®otte«  unb  er  ^at 
ieil  an  ber  2lrt  beS  ©o^ncS  felbft.    ©0  ift  ber  unfid&tbare  ®ott  felbft   in  bem  fleifc^ 

60  getoorbenen   üogoS  „ftd^tbar".    9llfo  ov  xtjv  Aooaxov  elxovlCco  te&trpa,  all*  dxo- 


äfotjanne*  tion  $auia£tit$  289 

n£a>  &eov  ttjv  öga&eioav  odgxa.  2Ba$  foHte  baran  unerlaubt  unb  unc^riftlicfy  fein  V 
$ad  tnofaif$e  Verbot  fpri$t  nid^t  bagegen,  benn  e$  jielt  nur  auf  ©Ott  an  ft$  unb  e$ 
teill  ber  Anbetung  ber  Äreatur  unter  bem  Flamen  ©otteä  entgegentreten,  e$  $at  feinen 
Semg  auf  bie  toatyre  eixd>v  ©otteä,  bie  Wir  Gfyriften  fennen.  3-  fommt  auf  bie  prtn= 
Riefle  Sebeutung  überhaupt  ber  elxoveg.  (Sin  Silb  ift  6/utoia)jua  xaQaXTVQ^0V  T0  5 
TZQayz&nmov,  Welc$e$  freiließ  eine  diaepogd  behält  unb  nicfyt  xaxd  ndvxa  öjlloiovtcu 
«ßoe  tö  dgxerimoy.  jjn  geWiffem  Sinn  jjnb  fclbft  ©efcfyöpfe  Silber  ber  ©ottfyeit,  Wie 
toir  j.  33.  vWXi,  bie  $L  IriaS  Werbe  abgebilbet  in  ©onne,  fiie^t  unb  ©trafyl  ober  in 
Saftanb,  SBort  unb  ©eift  in  un$  *c.  60  barf  \d)  allerlei  vkrj  „bereiten".  2)oc$  frei* 
lk§  mit  Vorbehalten.  @S  giebt  einen  Untertrieb  innerhalb  ber  jzgooxvvrjoig,  c.  14.  35ie  10 
xgooxvvnoig  ift  ein  oifjLßoXov  ber  Unterwerfung  unb  ßtyrung.  ©ie  f)at  mancherlei 
Jorm.  3)ie  \jMft*  ift  bie  kaxgeia,  bie  lebiglidfc  ©ott  felbft  gebührt.  Überall  fonft  fyanbelt 
tf  fi<$  für  ben  Sänften  bei  ber  ngooxvvr\oig  nur  um  ein  aißetv.  Sollte  e$  nidjt  natura 
gemäfc  fein,  bafj  ic$  in  biefer  3Crt  aHe$  fcerefyre,  mit  Gfyrerbietung  umgebe,  toaä  mit 
meinem  £etl  nifammen^ängt,  ba$  Äreuj,  ba3  6bangelicnbuc$,  ben  9lltar  k.  ?  3a  efye*  15 
bem,  e$e  er  iDtenfö  Warb,  War  ©Ott,  6  docbjuaTog  xe  xal  dovrj/bidxioxog,  überhaupt 
nic^t  burc$  3Kenfc$enfyanb  barfteHbar,  vvv  de  aagxl  dcp&ivxog  veov  xal  xolg  dv&ga)- 
notg  owavaoxQa<p£vxog  elxovita)  $eov  xo  ögcbpevov.  SÖieberfyolt  berftd&ert  3.,  c.  16, 
ov  TiQOoxwcb  tw  vkfl,  Jtgooxvvco  dk  x6v  xrjg  vkrjg  drjjbuovgybv,  xbv  ...  <V  vkrjg  xbv 

nQiav  juov  eqyaodfievov.  @r  fügt  fyinju :  xal  oißa>v  ov  navoofiai  xrjv  vXrjv,  oi9  20 
ocjüvqgia  /jlov  etgyaaxai.    3)a$  G^arafteriftifc^e  an  bem  ©afce  ift,  bafj  für  3-  ber 


bon  ber  ^iftoriföen  unb  ber  abgebilbeten  odgg  beä  SogoS  untüiUfürlic^  ju= 
fammenfliefct.  @r  fagt  eS  nic$t  unb  meint  e$  and)  bogmatifö  nid&t,  ba&  burety  bie 
vi*}  b&  Sitbeö  fj  owjrjQia  fiov  elgyaoxai  ober  lgyd£exai,  unb  boefy  ift  ba3  bie  Sm* 
tfmbung,  bie  im  £intergrunbe  fte^t.  35a«  33ilb  fällt  tym  in  ber  ^^tuition  mit  unter  26 
bie  „ßcttemittel".  35a3  93ilb  unb  ber  ©ottmenfe^  rüdfen  fo  na^e  jufammen,  bafe  }>raf= 
ttfc^  umm  ein  Unterfd^ieb  gemacht  tt>irb.  @«  ift  immerhin  ^erborgu^eben,  ba^  3*  ber 
Jbcntifbierung  ber  betberiet  vXrj  in  ber  älnfc^auung  noc^  nic^t  nachgegangen  ^at.  3lu$ 
bog  (^nftologtfcbe  Sogma  ^at  er  nur  erft  in  ber  allgemeinsten  2Bcife,  ba^  Sl^rifti  %k\\d)  boc$ 
xa&*  hraioiv  Zeil  an  ber  ©ottyeit  fyabt,  berangejogen.  @r  fretulierte  noc^  nic^t  über  bad  so 
SRafe  ber  Übereinftimmung  jtoifc^en  bem  93ilbe  be«  ^errn  unb  feiner  ^erfon  felbft.  Unb 
er  ^at  bie  ©egner  ber  Silberöere^rung  noc^  nid^t  $u  c^riftologifc^en  ^äretifern  m  ftem)>eln 
unternommen.  6r  ift,  toenn  ic^  reetyt  fe^e,  nie  Weitergegangen  ate  in  bem  erften  loyog. 
&  toar  bad  frätere  ©tabium  be^  ©treitö,  ba«  ber  ©^nobe  bon  754,  fco  bie  Silber- 
feinbe  borab  biefen  %on  angegeben  ^aben,  unb  ber  bon  787,  too  bie  Silberfreunbc  ju  86 
Sorte  famen,  toor  allem  ba«  ©tabium,  in  bem  I^eobor  bon  ©tubion  bie  t^eologifdpe 
gü^rung  tytitt,  too  bie  eigentlich  bogmatifc^en  Ireffer  au^gefpielt  Würben.  33ei  ,3.  ift  alle« 
tux$  einfacher,  fc^li^ter,  lebtglid^  prafttfd).  tym  genügt  e«,  nad^bem  er,  Wie  er  meint, 
beutiiebe  ©renken  wiber  etWatge  neue  ^bololatrtc  gebogen  I)at,  nun  mit  allen  Argumenten, 
bie  fup  i^m  nur  barbieten,  ba£  gute  Stecht  ber  ngooxvvr\oig  bor  ben  Silbern  barjutyun.  40 
(U  ift  ^Rani^äidmu«,  Wenn  man  bie  vh\,  bie  bon  ©ott  ftammt,  au$  nur  irgenbWo 
toerai^tet,  c.  16.  ®ur$  bie  c^riftlic^en  elxoveg  Wirb  bie  ngiüxrj  alo&rjoecov,  ber  ©efi$t& 
fwHf  fl^iliflt  c.  17.  3ebeS  Silb  ift  ein  vnöjuvrjjbia,  xal  ÖJteg  röig  ygdßjuaoi  juejuvr]- 
ftirois  ij  ßlßXog,  xovxo  xal  xolg  dygafifxdxotg  fj  cixcbv,  ib.  SDiefer  nidjt  bon  i^m  juerft 
au^gefproc^ene,  fpater  bollenb«  fanontfterte  ©ebanfen  leitet  i^n  längeren,  ©c^on  in  15 
3*cac(  fannte  man  folc^e  „©rinnerungen"  bur^  „Steine"  k.,  nwg  ovv  fj/uig  ovx  eixo- 
voygcupfioofiev  xd  oajrrjgia  jidfh)  xal  davfiaxa  Xgioxov  xov  &eov;  c.  18.  Dfync 
toettCKtf  tenft  er,  bafc,  Wenn  Silber  ß^rifti  berechtigt  ftnb,  natürlich  aud^  folc^e  ber  deo- 
xoxogju  bulben  fmb.  Slber  er  Will  auefy  al^balb  bie  ber  äyioi  rechtfertigen.  Man  fann 
nk^t  ß^riftu«  e^ren,  aber  ben  ©einigen  bie  S^re  Vorenthalten  Wollen.  Reiften  bie  §ci=  5; 
Com  bo$  auc^  in  ber  ^l.  ©c^rift  öeoi,  unb  befennt  ftcb  ber  fyl.  ©eift  bo^  mit  feinen 
Bunbern  immerfort  ju  i^nen  bei  i^ren  ©räbern,  c.  19  ff.  .ßulefct,  c.  27  ff.,  bringt  3. 
SdterWorte  mit  ©rflärungen,  um  baran  ju  geigen,  Welc^  ein  2lbfatt  toon  ber  Irabition  e« 
toäre,  Wenn  man  bie  Silber  Wirtli$  abföaffte.  92od^  Will  er  ba«  Slnatbcma  wiber  bie, 
toefa^e  ein  „anbered  (Sbangelium"  einzuführen  ftreben,  jurüdt^alten,  ba  er  noefy  auf  eine  65 
bumQoqm  berfelben  ^offt,  aber  Wenn  er  fic$  irren  foüte,  fo  mu&  eö  berfünbet  Werben.  — 
über  bie  £ebendftedung  bed  3-  erfährt  man  au^  ber  ©d^rift  n\d)t$.  SBar  er,  ali  er 
fie  fc^rteb,  nod^  im  ftaatli$en  9lmt,  fo  ift  fie  ein  um  fo  intereffanterer  Seleg  für  fein 
tyeologtfcfcS  Äönnen  unb  äBiffen.  @d  ^at  in  ber  grie$if$en  R'\xd)t  nic^t  an  „Staate 
«untern"  t»n  biefer  Art  gefehlt.     £oll  (Fragmente  toomic.  Äird^entoäter,  Sorr.  ©.  XV,  eo 

ntal*u*tt*pä*it  fflr  Xfftoloqit  unb  IHr^c.  3.  V.  IX.  X9 


290  3fol)atttte$  oon  2>ama$f*$ 

f.  fycma<$  unter  3lx.  4)  fyält  e$  na<$  einer  fur$ingetoorfenen  Semerfung  für  ganj  un- 
glaublich, bafj  3-  f$°n  b°n  3)anta$fu$  au$,  „no<$  als  &xie!",  in  ben  Silberftrett  einge* 
griffen  fyabz.    34  *am  &a  nu$t  juftimmen. 

£)ie  jtoeite  ©d&rift,  SRigne  ©.  1284  ff.,  fefct  bie  Situation  fcon  730,  too  2eo  ben 

&  Patriarchen  ©ermanuä  abgefegt  fyatte,  toorauä, m  c.  12.  gür  bie  SebenSumftänbe  be$  3- 
bietet  fte  fo  toenig  tüte  bie  erfte,  irgenb  toeld&en  SÄntyalt.  3>n  ber  ©acbe  bringt  fte  ni$t$ 
toefentlicty  9teue3.  3.  ift  bon  revic  tcör  rixvcov  xrjg  IxxXrjGlag  gebeten  toorben,  nodfr 
einmal  ra^i  elxovcov  m  föreiben,  ba  ber  erfte  X6yog  für  bie  SJlenge  ni<£t  ganj  ber* 
ftänbli$  getoefen  fei.    tiefer  jtoeite  ift  in  ber  %fyat  in  getoiffer  SBeife  populärer,   agita* 

10  torifd&er.  ©r  reflamiert,  h>ie  auefy  ber  erfte,  boefy  heftiger,  bie  gfretyeit  bei  Ährc$e  t>on  ber 
Staatsgewalt :  ov  ßaaiXicov  lorl  vojuofteteiv  rfj  ixxkrjola . . .  ßaodiayv  iatlv  ij  nok- 
rtxrj  €V7iqa^iaf  r\  de  ixxXrjotaorixr]  xardtnaotg  noifiivwv  xal  SidaoxdXcov '  Äflorgi- 
xij  fyodög  loriv  avrrj,  ädelcpoi,  c.  12.  3U  ©tynfto  gehört  fein  „#eer",  bie  6<$ar  ber 
äyioi.    35er  fiaifer  möge  erft  einmal  feinen  $urpur  unb  fein  ®iabem  ablegen,  e£e  er  cd 

16  toagt,  ben  ^eiligen  ba$  oißag  bor^uent^alten,  c.15.  35iefer  jtoeite  Xdyog  ift  ber  „perfön* 
licfyfte".  2)er  britte  tyat  umgelegten  Gfyarafter,  er  ift  ber  „fac^lic^fte",  am  meiften  ab* 
banblungSmäjjige.  ©r  ift  unpolitijd?  unb  rein  t^eologifö.  3m  ßt°€  <*■  83  ift  bafcon  bie 
$Rebe,  bafj  3-  *n  *>**  Saura  noc$  einmal  negl  xfjg  t&v  ddaiv  ebtdrwv  7iegi<pavovg 
TiQooxwrjoecog  getrieben  fyabc.   Db  man  benfen  barf,  bafe  bie  britte  ©cfcrift,  fte  aEein, 

20  bon  3-  äw  3Rönc$  fcerfafjt  tourbe  ?  35er  ßlog  fetyemt  anjubeuten,  bafc  ber  „abermafige" 
koyog  in  betreff  ber  Silber  erft  jiemlicty  fpät  berfafjt  fei  35ie  britte  äbfanMung  felbft 
enthält  nic^t«,  toaS  eine  ©ntföetbung  geftattete.  35ie  Überfc^rift  bqei^net  fte,  ganj  tote 
e$  bei  ber  erften  unb  feiten  ber  gaH  ift,  atö  2Berf  tov  äylov  'lwdwov  tov  Acl/a.,  fo 
fyat  \xd)  natürlich  3-  ntd^t  felbft  begegnet,  (toir  fyaben  einzelne  Überfc^riften,  m  benen  er 

26  fu^  felbft  bejeid^net,  fte  finb  immer  tooü  ,,35emut//).  @$toar)lofe  M  g^eigt,  ba|  fte  jum 
^eil,  befonberS  im  Anfang,  au$  ben  anbern  beiben  fompiliert  ift.  @te  fjat  ioify  <md) 
eigentümliches.  3.n,  0.  12  bringt  fte  eine  befonberS  feine  ©rörterung  über  ben  9Bert  be« 
„Sc^auenS"  Sfyrifti  im  53ilbe:  ^ecogovyieg  rdv  oajfiartxöv  xaQaxrVQa  o.vxöv,  Iwo- 
ovfiev   (bg  övvaxov  xal   rtjv   do£av   rfjg  deoTrjxog  avrov  .  .  .  tUotieq   öiä    I6ywv 

80  aioflrjTcbv  äxovofiev  tbol  aa)jLUXTixoigt  xal  voov/Liev  rä  Ttvevfianxä,  ovra)  diä  aa>- 
/uarixfjg  üecogiag  iQx6jxe&a  hü  rrjv  TzvrvjLUinxrjv  &€Ojgiav.  ^aben  bie  erfte  unb  &e* 
fonberS  bie  jtoeite  (c.  16)  betont,  ba^  e$  nagadooeig  äygaqrn  in  ber  Äirctye  gebe,  bie 
fo  gut  toie  bie  burc^  ygä/ujuara  feierten  auf  bie  avromai  xal  ineghai  tov  Xöyov 
jurücf gingen,   fo   fud^t  bie  britte  bod)  einen  inbtreften  ©c^riftbetoeid  ju  erbringen,  c  11; 

86  e3  !ommt  nic^t  barauf  an,  baft  ettoaS  verbotenus  in  ber  Sibel  fte^t,  man  fönnte  ja  fonft 
auc^  bie  äu^brücfe  rgidg,  öjuoovoiog  etc.  nic^t  feft^alten,  e«  fommt  barauf  an,  ob  ettoaS 
im  ©eifte  ber  ©Triften  ift.  SSon  c.  14  an  öerfä^rt  ber  2SerfafJer  f^ftetnattfc^.  6r  be» 
fyanbelt  f^ier  in  prinzipieller  gragftettung,  toaS  eine  elxcbv  fei,  toeld^en  Qtotd  fte  ^abe, 
U>ie  biele  2lrten  cö  gebe  k.,    beögl.   (c.  27  ff.)  toaS  ngoaxivrioig  fet,  toelc^e  tqötkh  fte 

40  ^abe,  toaä  bie  ©d^rift  bon  i^r  leljre.  SSJie  bie  beiben  erften,  enbet  auc^  bie  britte  mit 
&äterfteUen,  bie  meift  burc^  ein  oxäktov  erflärt  toerben.  Sin  ber  @$t$ett  bed  brttten 
Myog  ju  jtoeifeln,  ift  feinerlei  SSeranlaffung.  3Katcrieff  pafct  äße«  }u  3.  Sber  aud?  bie 
gorm  mac^t  nic^t  ben  ßinbruef,  afö  ob  man  ettoa  einen  „©c^üler"  ^öre.  Semerten^toert 
ift,  bafe  aud^  biefc  ©c^rift  noefy  nic^t  ben  ®ebanfen  öertritt,  baji  bie  Silbertoertoerfung  ate 

46  c^riftologifcfye  §ärefte  gelten  muffe.  ^  fyabe  in  ber  Jf onfeffion^Iunbe  ©.  472  ff.  totber 
©c^toar^lofe  bat)or  getoarnt,  bie  inneren  Se^ie^ungen  gtoifc^en  bem  grie$if$en  S^rifhtd* 
bogma  unb  ber  93ilberüerebrung  ya  übertreiben,  ^mmer^in  ftnb  folc^e  Sejie^ungen,  toie 
id^  föon  berührte,  nac^  ber  ßett  be$  3.  im  Äampfe  mit  #eftigfeit  be^uptet  toorben.  8bi 
biefem  ©efictytäpunft  geineffen  erfd^etnt   aud^  ber  britte  loyog  fo  gut  tote  fic&er  ald  e^t. 

so  6^  fei  no$  bie^  ertoabnt.  ^n  allen  brei  Xoyoi  erlernt  bie  9teliqutenbere$runq  ald  im« 
angetaftet.  3-  argumentiert  barauS  gelegentltc^.  ©r  erflärt  e$  für  ungereimt,  jene  Ser» 
etyrung  freuulaffen  unb  bie  ber  Silber  $u  »erbieten  unb  ju  beftrafen.  9cur  im  erftet  Sta* 
bium  be$  ©treit«  ftanb  eö  fo. 

©3  gelten  unter  bem  Wamm  be3  3)ama^ener3  freiließ  auc^  ©driften  über  bie  Silber, 

66  bie  il?m  fidler  nic^t  gehören.  ©0  ein  Xoyog  äjiodeixrixdg  negl  x&v  slxdvcor,  M80 
XCV,  309  ff.,  ber  fi<$  toiber  ben  9la(^f olger  Veo$  III.,  Äaif er  Äonftantin  Stoprontymo«  ober 
Äabalinoö  (741—775)  toenbet  unb  naefy  bem  Äomil  öon  754,  au$  nad^  bem  t>on  766 
(bod&  üor  775,  ba  Äopr.  no$  lebt)  abgefaßt  ift.  ©etyon  i'eDuien  erlannte  btellne^eit 
©.  aud&  fangen,   ©.  187 ff.  unb  ©c^toarjlofe  ©.  107 ff.;    ferner  bie  „huatoXh   ngog 

00  rov  ßaoiUa  Oeo<pdov   negl  rwv  äyiwv   etc.  eixovajv",  MSQ  XCVr   345  ff.  I$eo« 


3fol)atttte$  tion  $ama8faS  291 

#Uu3  regierte  829—842.  9ßan  fann  na<fy  bem  3nbalt  nid^t  atoeifeln,  bafj  bic  äbreffe 
tfy  tjt,  unb  cd  ift  aucfy  nic&t  fötoer,  toie  fctyon  GombeftS  erfannt  fyat,  biefe  biioroXr]  in 
bie  befanntc  ©efcgitye  beS  $fy.  ein$uorbnen.  Sgl.  übrigen«  and)  ©cbtoarjlofe  ©.  109  ff. 
©obarat  no<$  baS  bon  SKignc  in  8b  XCVI,  1348  ff.  mitgeteilte,  £e  Duien  nocfy  nid^t 
befannte  ©<$riftc$cn.  @S  interefjtert  burcfy  feine  2lrt  baS  ©tymbol  ju  fruftiftgieren  (and)  s 
in  ber  ©c&rift  gegen  Äonft.  Äab.  ft>ielt  baSfelbe  übrigen«  eine  Solle).  2Ran  toirb  eS  nod& 
bem  8.  pa^unbttt  junitoeifen,  aber  bocfy  fidler  bem  2)amaSjcner  abjuforec^en  fyabcn, 
6$toanbfe  ©.  Ulf.  SJtigne  mactyt  barauf  aufmerffam,  bafj  ein  Äobej  bie  ©d^rift  einem 
„$<>&.,  ?ßatriar$  bon  ^erufalem"  jufäreibe. 

3.  3)ogmatifc$eS  ^aupttoerf.  3.  ift  befannt  als  ber  eigentliche  2Rufterbog*  10 
matifer  ber  grie$ifd)en  Äircfc  ©ein  (Sinflufi  ift  auc$  für  baS  Slbenblanb  nid&t  ju  unter* 
ft&feen.  SßetruS  SombarbuS  fyxt  feine  ©ammelmettyobe  nad&geatymt,  Stomas  t)at  tyn 
beregrt  unb  benu$t;  bgl.  baju  Sangen,  ©.  9  ff.  Stber  eben  2Ränner  toie  biefe  fyabm  tyn 
für  baS  Slbenblanb  überreichlich  erfefct.  ^Dagegen  im  2Rorgenlanb  ift  er  nie  überholt  unb 
ba$er  nie  Derbrangt  toorben.  @r  ift  nicfyt  ber  erfte  getoefen,  ber  bort  bie  bogmatifcfyen  16 
2cbren,  bie  ber  §ärefic  unb  bie  ber  Äirdfo  in  einem  überfic^tlicfycn  ©efamttoerf  bereinigt 
fyd,  an  3$eoboret  tyatte  er  föon  ein  SSorbilb  (f.  befjen  Algerixfjg  xaxojbiv&iag  bivzoiir), 
opp.  ed.  ©c^uljc  IV,  280  ff.,  bcfonberS  baS  lefcte,  5.  33uc$,  öehov  doyjudrcov  Inixoim). 
Aber  er  toar  toenigftenS  im  Sßofttibcn  bottftänbiger  als  biefer,  unb  er  ftefyt  am  (Snbe 
ber  lebenbtgen,  bireft  bogmenfefcaffenben  SPeriobe  ber  alten  Äircfye.  ©0  lonnte  fein  grofeeS  20 
SBerf,  bie  Ttnyri  yvcooewg,  baS  Sefyrbucfy  ber  gangen  5°löeäeü  toerben.  2Ber  baS  SBerf 
bunfoetyt,  ertennt,  bajj  3-  burcfyauS  ber  ec^te  SRepräfentant  feiner  3eit  ur*  *&  ftrcbltcfyen 
S^riftentumS  btyjanttnifd&er  2lrt  ift.  35ie  ©djriften  über  bie  Silber  betoeifen  baS  ja  and). 
Ibcr  in  ber  7tr\y!\  ftept  man  eben,  bafc  3-  ic§  möchte  fagen  leine  „Jc^toad&e  ©eite"  fyat. 
Cr  ift  ebenfo  fromm  toie  toiffmfc£aftli<$,  ebenfo  autoritätsgläubig  tote  gelehrt  unb  fc&arf-  25 
ftimtg,  er  läfjt  alle  fefifte^enben  ©ebanfen,  ba«  ganje  2)ogma,  einfach  gdten  unb  toeifj  e« 
bo<^  in  bearbeiten,  in  feiner  SBBeife  geiftig  ju  burd^lcuc^ten.  @r  ift  ganj  in  ber  redeten 
fKfc^una  bed  8%antin^muö  ^colog  unb  *(tyilofo^.  i)ie  b^jantinif^e  Aird^e  ftcfyt  an 
feinem  SJerf  mit  ©toi),  h>ie  reid^  unb  funftk)ott  ifyr  ^)ogma  ift.  3-  W  d^abe  bie  $ö^c 
be«  guten  $ur$f$nitt$.  6r  fte^t  nirgenb«  unter  bem  92toeau  bleiben,  aber  er  überragt  30 
tf  auc^  nii^t  6r  fyat  feine  eigenen  ^been.  ©0  ift  er  nie  ber  Äircfye  gefäfyrlid;  ober 
<md)  nur  befötoerlicfc  getoorben.  %&ct  ©rieche  ^at  bei  ifym  tttvaZ  ju  lernen  bermoetyt, 
unb  er  ifl  niemanbem  ein  SSerfud^er  getoorben.  @r  ift  red^t  eigentlich  ein  2ty>u3.  3öer 
He  ©efc^tc^te  ber  altttr$li$en  Sej^renttoicflung  lennt,  erfährt  faft  nichts  92eueS.  9(ber  and) 
fr  begrübt  gern  fein  SBcrf  tote  einen  9tu^unft  ober  eine  Slrt  2Iu3ftd)t3turm,  auf  bem  35 
man  bad  burc^toanberte  Sanb  überfd^auen  unb  }um  ©d^lu^  einen  Stotaleinbrucf  bon  bem, 
toa£  bie  alte  grie^ijc^e  Strebe  erreicht  ^at,  toaS  ü)x  @rbe  ift,  getoinnen  fann.  s$lan  fielet 
ba  in  ber  ©aqe  nic^t  eben  @r^ebenbe£.  9ln  bem  5Dogma  ift  aHe3  gum  ^ß^Iegma  ge* 
toorben.  3-  ^^  n^  ^  Wann,  um  e$  innerlich  ju  erfaffen,  auä  feinen  eigentlichen 
Woth>en  )u  reprobujieren.  SBBäre  er  eS  getoefen,  fo  fyätte  er  feine  3eit  überragt,  fo  fyätte  40 
er  ben  Änftafj  ju  neuen  Setoegungen  bieten  fönnen,  ober  er  toäre  toafyrföeinltc^  bei  feite 
gebrangt  unb  längft  öerfd^oUen.  25enn  bag  ift  ba«  ,,(5rbe"  ber  alten  griec^if^en  Äird^e, 
bafe  baö  2)ogma  m  einem  bloßen  Segriff^gebilbe  ^eiliger  9lrt,  bon  äntgmatifd^em,  al« 
übernatürlich  empfunbenem  ©epräge  getoorben  toar.  92atürli^  fyat  e£  ber  b^^antinifd^en 
Äird^e  nie  an  praftif$en  ^ntereffen  gefehlt.  Wind)  tauten  bei  %.,  toie  bei  ben  meiften  46 
feiner  (Spigonen,  gelegentlich  SBenbungen  auf,  bie  bie  alte  praftifcfye  SBur^el  ber  ort^obo^en 
C^rifblogie  betraten.  9(ber  auc^  folc^e  SBenbungen  ftnb  für  3-  ^iligc  Formeln,  Don 
ttßeitb  einem  ber  nateQsg  übernommen,  ofyne  eigentliches  S3etou|tfein  um  tyre  Xrag« 
toeüc  3)ie  praftifc^e  grömmigfeit  als  fold^e  erfennt  man  bei  3.  nid^t  me^r  im  Sogma, 
fonbern  baneben  —  toenn  man  geübte  2lugen  fyal  so 

3.  fyd  fein  SBerl  (f.  baSfelbe  MSG  XCIV,  521  ff.)  toerfafet,  toie  fty  aus  ber  3Jor5 
tebe  ergtebt,  auf  antrieb  feines  SruberS  ÄoSmaS,  ben  er  bod^  fyier  mit  ber  ß^rerbietung 
beS  tßrcdtytetö  bor  bem  S3ifc^of  als  ncm'w  begrübt  unb  &  juaxdoif  anrebet.  2)ie  S)e» 
btfatton  ift  infofern  nic$t  o^ne  93elang,  als  fte  bic  d&ronologifd&e  gfisieruna  beS  SBerfeS 
geftattet,  falls  eS  richtig  ift  ^Jarbenbetoer  ©.  528),  bafe  ÄoSmaS  743  »ifd^of  tourbc.  2)er  66 
ßiog  rebet  c.  33  fretli^  bon  bem  SBerf  (borauSgefc^t  baf$  toirflieb  eS  in  ber  umfd^reiben* 
ben  lobtrretfenben  ©c^ilberung  gemeint  ift)  toie  bon  einem,  baS  gefd^rieben,  efyc  ftoSmaS 
bie  8aura  berliefj  unb  Sifc^of  tourbe  (c.  34).  aber  man  fyat  nid^t  ben  ßinbrudf,  ba^ 
bie  Serrebe  erß  ettoa  bei  ber  jtoeiten  Bearbeitung  borgefe^t  fei.  3-  fa0t  *n  ^er  SSonebe 
fdbft,  toie  er  baS  5öerf  beranlagt  ^abe.    3uerf*  tt)ia  cr  T(7)V  naQ   rJULijai  oaxpcov  xd  oo 

19* 


292  3foIjatiite$  tooit  Domo*!«* 

xdXhoxa  beibringen,  ber  93iene  gleid^  toiff  er  fammeln,  toaS  immer  bort  ju  ben  obtela 
xfjg  äXrj&elag  gehört,  „xal  nag'  ly&gcov  ocoxrjglav  xagniboofia^ '.  Die  93e)eic$mmg 
ber  fyeuenifd&en  *Jtyilofopfyen  (gebaut  ift,  hrie  ftc§  ergiebt,  befonberS  an  ÄriftoteleS)  ate 
IzfiQot,  trofcbem  er  fte  f o  retd)lid)  benufct,  ift  ate  ©timmungääujjerung  nic^t  o^ne  ^ntmffe. 
6  3>n  Reiter  Smie  toitt  $.  xcbv  öeooxvycov  aigioecov  xä  <ph\va<prmaxa  barftetfen.  Dann 
erft  toill  er  mit  ben  SBorten  xä>v  deonvevoxcov  ngwprjxcbv  xal  &eodidaxxa>v  äXiewr 
xal  &eo<p6ga)v  Jioifiivayv  xe  xal  didaoxdXcov,  alfo  mit  93ibet  unb  SBäterfprüc$en,  bie 
2öa^rfyeit  fclbft  barftetten.  9tur  fammeln  hriH  er  ba,  lyd>  de,  1/aov  ukv,  ovdhv  (&- 
{tfioopai).    Da$  ift  nic^t  fo  gemeint,  ate  ob  er  nur@gerpte  jufammenftetten  tootte,  aber 

10  er  ftriU  bod)  nur  ber  2Runb  für  bie  Autoritäten  ber  Sirene  fein.  @$  überwiegt  bei  tym 
bei  toeitem  bie  Serütfftd^tigung  ber  „#irten  unb  Setyrer",  barin  untertreibet  er  fic$  bon 
feinem  (nietyt  genannten)  SBorbilbe  3;fyeoboret,  ber  noefc  „felbftftänbig"  unb  faft  nur  na$ 
ben  „©driften"  bie  öeia  ööyjuaxa  barftellt. 

2Öie  e$  ben  Angaben  be£  3-  entfpric^t,  enthält  ba$  903er!  borab  xepdXaia  <pdo- 

16  ooyixä,  bei  &  Duien  68  ßapitel  (e$  giebt  no<$  eine  fürjere  Stebaftion,  bie  nur  15  tyü, 
aber  icfy  bejtoeifle,  ba&  fte  bie  „erfte"  ftorm  biefed  $eite,  fotoeit  er  jur  nryyri  gehört,  re* 
präfentiert).  SDiefer  SEeil  ift  eine  £ienuic$  umfangreiche  Dialef  tif ;  man  pflegt  tyn  au$  ate 
„Dial."  ju  jitieren.  Der  2.  $eil  befyanbelt  bie  #ärefien  h  ovvxofüq.  3-  fd&reibt  für  bie 
ältere  $eit  (bie  erften  80  §ärejten)  bie  2lnafep$alaeofte  be3  @)>ipfyaniu3  ab,  toenbet  fic$  bann 

20  ju  mehreren  Späteren  (^eoboret  u.  a.)  unb  mad^t  julefct  einige  felbftftänbige  ^Mitteilungen 
(befonberS  über  ben  SRufyammebantemuS  —  eine  ätojaljl  SobiceS  bietet  nur  100#arefien, 
ben  2Rufyammebantemu$  ate  lefcte,  anbete  bieten  einige  toeitere,  bie  toofyl  fpätere  3ufäjf* 
be$  3-  felfeft  finb).  Der  3.  Seil  ift  betitelt :  ixdooig  xfjg  dg&od6£ov  nioxewg.  Sr  umfaft 
bei  2e  Duien  100  Äapitel  (bie  parallele  jum  2.  Steil  ift  unberfennbar).    Die  Äapttd* 

36  einteilung  gefyt  toofyl  auf  3-  fclbft  jurüdf.  9ti$t  fo  bie  Einteilung  be3  3.  leite  in  bter 
Sucher.  Diefe  ift  erft  im  SSlbenblanb  aufgefommen  unb  ft>a^rf$einli$  eine  9?ac^bilbung 
ber  Sententiarum  libri  IV  be^  $etru^  Sombarbuö  (Sarben^etDer  6.  542).  2e  Duien 
bietet  borab  burc^gejä^lt  ben  niva£  ber  100  Äapitel,  toie  e3  ben  gried^ifd^en  $anbf4n»ften 
entfprid^t  (SKigne  ©.  783  ff.),  bann  aber  bie  „bier  93ü(^er"  mit  Sonberjä^lung  ber  „Äa* 

ao  pitel"  in  ben  einzelnen ;  bod^  fü^rt  er  bei  ben  Kapiteln  bie  eckten  Überschriften  fort. 
£e  Duien  i)at  juerft  toieber  ba^  ganje  SBerl  mit  benjenigen  brei  teilen,  bie  3-  tyw  8^ 
geben,  jum  Drucf  gebraut.  6^  n>ar  bei  ben  grie$iföen  SlbWreibem  üblic^  getoorben, 
nur  ben  1.  unb  ben  3.  jufammen  ju  trabieren.  Der  2.,  fad?li$  in  ber  <3%at  minbeft 
bebeutfame,  n>urbe  feltener  unb  für  ftcfy  fopiert.    l'e  Duien  teilt   in   ber  praefatio  )um 

30  2.  Seil  biefen  ©actyfcerfyalt  mit,  aud^  bie  Rechtfertigung,  bie  ein  griectyifc&er  abtreibet 
(offenbar  ber  ma&gebenbfte)  bafür  biete.  2Ba^  bie  bier  Sucher  be«  3.  leite  betrifft,  fo 
^anbelt  ba«  erfte  oon  ber  ©ottf^eit  (Irinität),  ba$  jtoeite  bon  ber  Schöpfung  ($immel 
unb  ®rbe,  (gngel,  Teufel,  SKenfd^en,  aßillen^frei^eit,  SSorfe^ung),  ba«  brüte,  bei  toeitem 
ausführliche  bon  ber  5ßerfon  ßl^rifti,  ba«  bierte  junäd^ft  auefy  noc^  bon   ibr,  bann  aber 

40  bon  ben  -Ötyfterien,  Silbern  2c.,  julefct  bom  äntic^riften  unb  ber  Sfoferftefyung.  Dem 
ganjen  SBerf  ^at  3-  felbft  ben  9tamen  gegeben,  ben  man  aud^  bei  2e  Duien  trifft,  Dial. 
c.  2 :  Tlrjyt]  yveboecog  dvo/uaCioftoj. 

3n  ber  Darfteilung  ber  ©ebanfen  be£  Dama^enerS  begegnen  fic^  bie  Dogmen^iftori* 
fer  in  allem  SBefentlicben.    @S  ift  eben   nic^t  biel  ©treit  barüber  möglic^.    3-  Wtri&i 

45  übcrftc^tlid),  tnapp,  burc^toeg  tlar  unb  berftänblid^.  @r  nennt  (eine  Autoritäten  feiten. 
$ioT  anbern  benu^t  er  ©regor  bon  ^a^ianj,  33aftliu3,  Dion^ftuS  Äreopagita,  }umal  aud? 
SeontiuS  (ben  er  bod^  nur  dgft.  mox.  III,  11  einmal  nennt),  ©rojjenieite  r&et  er  ein* 
fac$  in  ben  SBSorten  feiner  Duellen,  boeb  fügt  er  Erläuterungen  an  unb  brfidft  fc^on  bun(| 
bie  Kombination  ber  Duellen  feine  äuffaffung  au«.    Site  $b^f°t>^  W*  CT  &>   h>ie  i^ 

60  fefcon  bemerfte,  toefentlicb  mit  2lriftotele«,  fyier  befonber«  bur4  2eontiu«  beftimmt  &  i^ 
ber  Slriftotele«  ber  pbilofoptyifd&en  ober  f^olaftifc^en  SRenaiffance  be«  5.  u.  6.  3dfr$unbert3, 
ben  er  fennt,  alfo  mit  einem  ftarfen  (Sinfcfylag  be«  5leuplatontemu«.  ^rinjipidl  gilt  i$m  bie 
$^ilofopl;ic  ate  yvcooig  xcbv  övxiov  fj  övxa  loxi,  batyer  yvcboiq  feiwv  xe  xal  äv&Qamtvwr 
jzQayudxcDv,  aud^  jbiekhr]  üavdxov,  xov  TzgoaiQexixov  (man  bebenfe,  bafj  bie  ©rieben 

66  ba«  sJRön$tum  ate  ngoat^extxog  dävaxog,  freitoilliged  äbfterben  für  bie  SBelt  preifen!) 
xal  xov  (pvaixov  (£e  Duien  bertoeift  ^ier  auf  5Porp^riud  bqlbr  SmmoniuS) !  Sie  ift 
bie  äg%)j  Tidoyjg  xexvrjg  xal  /udvn  ov  oqy&Xkexai.  ©ie  teilt  fid^  in  einen  „tyeoretiföen" 
unb  „praftifd^en"  3toe*0-  3U  ^em  vecogrjxixov  in  ityr  gehört  ju  oberfi  „xd  deokoyixör", 
Dial.  3.    3Son  ben  oxoixeia  auffteigenb  mufe  man  bo^  StyriftuS,   xbv  xov  deov  hv- 

eo  nooxaxov  Xöyov,  jum  gü^rer  nehmen,  toenn  man  toirflic^  bie  3Ba$r^eit  bon  ©Ott  finben 


3foIjattitf£  taott  SamaShtS  293 

tmOL  Ser®Ioube  ift  für  3- bie  Königin:  nginei  dkxfjßaodidi  äßgaig  xiol  vjiegrjxeio^ai. 

läßcofiev  roevw  xovg  dovXovg  xfjg  AXrj&eiag  X6yovg,    Dial.  1.     %d)  toeifc   nicfyt,   ob 

3-  ber  etfte  ift,  ber  auf  ba«  SBerfyältni«  toon  ©laube  (Ideologie)  unb  SJtyilofo^ie  ba« 

twb  tum  bar  §errin  unb  9ßagb  antoenbet,  fcermute  e«  aber:   ber  ©a$,  bcn  ic$  foeben 

aushob,    ma$t  bot  (ginbrucf,  al«  ob    er  nun   erftenmal  formuliert  fei.    3-  berfömätyt  6 

nkfrt  bie  Setyttfe  ber  $^iIofo^^ie  jur  §erftefiung  einer  „natürlichen  Geologie",  ©ie  liefert 

$m  toiOIommene  Setoetfe  für  ba«  Safein  ©otte«  unb  Slnfyalte  für  beffen  SBefen.    2lttein 

bie  bdc^fle  SBa^eit  toon  ©ott   Ijat  fte  bo$  nic^t  finben  fönnen.  Sefctlicfc  ift  für  3.  bie 

$$tlofo}>^ie  nicfct«  al«  Setyrerin  ber  regten  Terminologie.    Sie   letyrt   bie   regten  a& 

gemeinen  begriffe  f ennen.    Soc$  fyaben  bie   |?a>  wiXdoocpoi  f  längft  nic^t  überall  ba«  10 

ftufytige  erlannt.  3$gl.  j.  8.  Dial.  c.  30 ;  negl  ovolag  xal  (pvoecog  xal  fxogq>rkt  äxo- 

pov  re  xal  tzqooo&jiov  xal  vjiooxdoecog :  erft  ol  äyioi  naxegeg  fyaben  ba  bie  forreften 

öwriffdftimmunaen  gefunben.    ©er  bie  richtigen  „Segriffe"  nic$t  fennt,  fann  ba«  Sogma 

nicpt  fcerftefcn,  rann  e$  mit  richtig  reprobujieren  unb  totrb  unfähig  fein,  ftd^  ber  £ärefie 

iu  ertoe^ren.    Sen  STOonoplfofittemu«  «Hart  3-  f\d)  fid.  orth.  III,  3  auc$  j.  33.  runer*  16 

fcmb  barau«,  bafe  man  awoig  unb  vjtöoxaaig  nxd)t  ju  untertreiben  toufjte.    Sie  yfo 

lofoytyie  ift  für  ^.  alfo  nicfct«  al«  blofje  formale  $anblangerin,  bie  Geologie  aber  nic^tö 

anbere«  al«  eine  S9egriff«bearbeitung.    Sa«  ift  bie  juriftiföe  9Ret$obe  übertragen  auf 

ba«  So^ma.    3n  ber  Äfirje  ift  überhaupt  bie  ©cfyolaftif  ju  fcerftetyen  al«  $inübertoirfen 

ber  3und|>ruben)  in  bie  Geologie.  20 

3$  $abe  in  ber  flonfeffton«urfunbe  I,  310  ff.  bie  ©otte«Ie^re  be«  3.  in  ber  9lrt 
anafyftert,  bafe  xd)  beren  religiöfe$öfyenlage  feftjufteHen  fud&te.  Sie  3^ee  bon  ©ott  erreicht 
bei  $m  nicfct  bie  Sinie  ber  $erfon.  „2Benn  freiließ  and)  $erfonattribute  auf  ©ott  über* 
tragen  fmb,  fo  reicht  bie  8egriff«bitbung  boefy  nur  toeit  genug,  um  eine  $erfonifttation 
ber  ®otte«ibee  ju  geftatten.  Sie  Slnföauung  greift  nirgend  entf<$eibenb  fyinau«  über  ben  25 
(Stnbnscf  einer  ©a<$e."  9Ran  mag  e«  immerhin  betonen,  bafj  bei  %  trog  aller  neuplato* 
mftyen  gfrrmeln  boc^  fo  Diel  Momente  bon  „$erfonififation"  )u  Sage  treten.  Sa«  ift 
für  bie  5tir$e,  bie  ftc$  bauernb  bur^  i^n  fyat  über  ©ott  belehren  laffen,  nic^t  untoie^tig. 
8ber  freiIU^f  man  fann  feftftetten,  bafe  e«  fraft  biefeä  ©otte«bcgriff«  ju  leiner  anbern 
Jbee  übet  eine  „©emeinf^aft"  mit  ©ott  fyat  rommen  lönnen,  ate  ber  einer  ^ftfcfcen  so 
Mbberf(^md)ung  mit  tym  unb  übrigen«  berjenigen  in  ber  öecopia,  im  „3lnf$auen".  Sa 
9aben  hnr  ben  religio«  bebeutfamften  ©runb  be«  Silberintereffe«.  Senn  „dia  ocoua- 
xottjg  decogiag  lg%6ßi€da  im  rrjv  7ivevuaTixrjvu ,  f.  oben  )u  de  imag.  III,  12.  y$n  de  fid. 
orth.  IV,  16,  h>o  er  ^^2  dxövcov  ^anbelt,  toirb  fuß  3-  ^ef^  ©nmbe«  freiließ  (toie 
au^  fanfi  metft)  nur  fe^r  unöottftänbig  betoufet,  er  variiert  bie  3***  bom  „vjiouvr]iuatt,M 
bod)  toefentli($  nur  im  ©ebanlen  an  bie  äygdjujuaToi.  tym  felbft  ift  überhaupt  am 
9otte«begrtff  ba«  SBicßtigfte  bie  Xrinität«letyre  unb  an  \l)x  ba«  berftanbe«mäfiige  ©e« 
föge.  —  6«  f<$eint  mir  nid^t  angezeigt,  an  biefem  Orte  bie  2:rinität«le^re  unb  ßfyrifto* 
logie  be«  Sama«)ener«  genauer  barjulegen.  3n  ^zx  Äürje  ift  ba«  faum  möglich  unb  e« 
«Ät  genug  gute  SarfteDungen  berfetben.  Sluc^  ift  jte  ja  eben  feine  felbftftänbtge  Seiftung.  40 
OT  *«rtpeife  au^er  auf  bie  oben  bei  ber  Sitteratur  bejeic^neten  Sogmengefcfyic^ten  au^ 
no^  auf  ein  latyolifcfc«  Sffierf,  3of.  93ac^,  Sie  Sogmengefcty.  be«  2RittelaIter«  I,  1873, 
S.  49  ff. ;  u|  ftnbe  bie  SarfteDung  ^ier  fogar  befonber«  inftruftiö,  fte  erläutert  u.  a.  ben 
Begriff  ber  ©n^oftafte  ber  menfcfylidjen  Slatur  (im  £ogo«)  fetyr  gut.  S.  toeife  freiließ 
npq  ni^t,  toa«  bie  neueren  Sogmenfyiftorifer  toiffen,  feit  £oof«  bie  Geologie  be«  fieon»  45 
tm«  tnm  99)an),  man  fann  fagen,  entbeeft  ^at,  ba^  3-  auc^  xn  Mtf«  Se^re  (fotoie  in 
ba  mit  t^r  jufammen^ängenben  öon  ber  ävridooig  rebv  Idicojudrcov)  nießt  felbftftänbig 
mib  feine«  befonberen  Slu^me«  toürbig  ift.  SKan  begreift,  bafe  burety  bie  ^nnel  bon 
ber  Sntyboßaft«  ber  3Ron^)^{tti«mu«  la^m  gelegt  tourbe.  Unb  and),  bafe  in  ihr  bie 
^nftologtföe  Setoegung  in  ber  gried^ifc^en  5tirc^e  überbauet  jur  9tu^e  fam.  9iatürlid^  w 
barf  bie  gormel  nur  in  i^rem  allgemeinen  ßinbruef  getoürbigt  toerben,  fte  läfct  ftd^  nid^t 
an  bem  fähigen  biblifc^en  SKaterial  ober  and)  nur  an  irgenb  einer  ^orfteQung  bon  einem 
JSUxfö™''  groben,  aber  ba  t^ut  fid)  für  bie  ©mpfinbung  be«  3-  unb  tiber^au^t  ber 
Geologen  feiner  Äirc^e  nur  eine  Steige  bon,  bafe  ic^  fo  fage,  6j)ielproblemen  auf,  bie 
WicKg  fortaefe^  unb  abgebrochen  toerben  fönnen.  3^  ^en*e  an  ^  Swgtn,  in  bie  bei  66 
tyn  bie  (^riftologifc^en  ©r&terungen  au«münben,  mgl  äyvoiag  xal  dovXeiag,  negl  ngo- 
xwrijfc,  tuqI  dediag,  jugl  ii}g  rov  xvgiov  ngooevxrjg  etc. 

Sn  bm  ^agen,  bie  nid^t  jum  Sogma  gehören,  ^at  3-;  natürlich  md)t  „gefe^lic^", 
«ber  faftifc^,  hn  allgemeinen  ben  §orhont  abgefteeft,  innerhalb  beffen  ftc^  bie  flpätere  grie* 
We  Ideologie  betoegt.   SR^ftagogifcpe  Probleme  fmb  manche  toeitere  entftanben,  al«  bie  eo 


294  ^ofjanncS  tum  Saraadfud 

er  betyanbelt,  —  ja  man  mufc  fagen,  bafc  er  jfragen  biefer  Art  überhaupt  laum  an* 
gerührt  fyat,  er  toar  fein  3JlVftifer  unb,  toietoofyl  Sidpter,  fein  ^oettfe^er  Geolog  (e$er  ein 
tfyeologiföer  $oet)  — ,  aber  letyrtyaft*tfyeologifc$e  fragen  ftnb  faum  noc$  Leiter  entftanben, 
ald  bie  er  be^anbelt  ^at.    Unb  ba  $at  er  meift  aud)   fa$li$  bie  Sefymblung  befinitib 

5  beftimntt.  ©o  tttva  bie  Sefyre  Don  ber  ©c^öpfung,  bem  ©ünbenfafl,  bem  freien  SBitten, 
ber  @d$atologie  k.  ßtyarafteriftifcfy  ift  für  ifyn,  bafc  er  bie  yga<pai  rixfyt  aDegoriftert 
©eine  Sefyre  bon  ber  ©d&öpfung  im  2.  93uc$e  ber  fid.  orth.  inbolbtert  eine  ganje  Stent* 
funbe,  eine  Sefyre  bon  SÖaffer,  Suft  unb  Sfaier,  ja  felbft  ein  flompenbium  ber  ©eogra^ie. 
©ol$e  Singe  gehören  in  ber  griedfoifd&en  Kirche  jur   fird^lid^en  jzeudda,  unb  bad  ift  für 

10  bie  Kultur  ntd?t  ganj  gleic^gütig  getoefen.  Semerft  ift  immer,  bafe  $.  W*1*  2ebre 
bon  ber  Äirc^e  bietet,  au$  nicfyt  bon  ber  $ierar$ie.  Ob  man  an  einen  $u$aft  beiden 
barf?  ($l)eoboret  fyat  au$  nic^td  Serartiged).  2Bad  %  im  4.  8ud&e  ber  fid.  orth.,  fo* 
toeit  ed  ni$t  aud)  noefy  c^riftologtfcty  ift,  be^anbelt,  betrifft  nur  einzelne  fircfcficfce  feiern 
unb  93räud&e.    33ei  ber  Setyre  bon  ber  laufe,  bie  tyn  beranlafct,  bon  ber  moxig  )u  reben, 

15  fällt  auf,  bajj  er  bed  ©tymbold  nic^t  gebenft.  Sad  Symbol  foielt  bei  tym  überhaupt 
gar  feine  Stoue,  toa3  natürlich  niefct  bebeutet,  bafc  ed  tym  gleiqgtlttg  fei.  @r  beftniert 
IV,  11  bie  nünig  ald  „äjzoXvjxQay/wivrjxog  ovyxax&deoig" .  8Cd  an  bad  SBunber* 
barfte  unb  SRätfcfyaftefte  benft  er  babei  an  ben  xljjuog  axavgdg  xov  Xgimov.  URan 
[teile  ftcfy  aber  m<$t  bor,   bafj  er  jefct  genauer  bom  SBerfe  Gfyrifti  rebe  (er  ftreift  ed  nur, 

20  inbem  er  SBorte  bed  (Stritt  b.  3er.  citiert,  f.  fonft  eth>a  noc$  III,  27),  fonbern  er  fommt 
nun  auf  bad  ÄreujeöjeiAen  auf  ber  ©tirn,  bie  SSeretyrung  bed  xipuov  £vlov  (sei.  in  3e* 
rufalem),  Womit  ]xd)  \pm  ber  Übergang  vermittelt  ju  einer  furjen  Erörterung  über  bie 
Silber,  Reliquien  *c. 

3m  einzelnen  ift  no$  für)  feiner  Setyre  bon  ber  @uc$ariftie  bejto.  von  ben  df/ia 

26  xal  äxQavxa  xov  xvqiov  juvoxrjoia  IV,  13  ju  gebenfen.  Senn  $ier  ift  einer  ba 
toenigen  fünfte,  too  er  in  einer  lefyrbaften  grage  nid^t  abfdblie^enb  getmrlt  fjot  3)ie 
Slbenbma^töle^re  t)at  no$  eine  lange  ©efd^idte  in  ber  grie$ifc$en  Äirc^e  gehabt.  @r  tyd 
boef)  auc^  ^ier  bie  $au)>tbirettU>e  gegeben.  95gl.  @te^,  Sie  Sfoenbma^föle^re  ber  grie^. 
Äirc^e,  fpejiett  ben  5.  Sluffafc,  Sa^rbb.  f.  beutföe  I^eoL,  9b  XII,  275  ff.    8u$  meine 

so  Äonfeffion^f.  I,  415  ff.  Sie  ^auptmomente  bei  i^m  ftnb,  a)  bofe  e«  jid^  um  eine  boßc, 
reale  fieraßolrj  unb  fxerajioitjotg  fyanbelt,  b)  ba^  ber  euc^artftifd^c  £eib,  ber  aud  ber 
93ertoanblung  entfte^t,  fein  anberer  aU  ber  bon  ber  Jungfrau  SKaria  geborene  ift,  c)  bafc 
bie  3}erh)anb[ung  [\<fy  bodjie^t  nac^  ber  Analogie,  tote  h>ir  und  bur^  offen  bie  Steife 
afftmilieren,  pe  in  unfer  gleifd^  „oertoanbeln".   greilic^  ift  ba$  nur  ein  ungefähre«  SJÜtid 

35  ber  SJerbeutlic^ung.  Senn  ber  5Jiroje^  in  ber  @u(^ariftie  boDjie^t  fidb  faltifcp  in  ber  Imut* 
berbaren  SÖeife,  bafe  ber  ©eift,  ber  ben  tyiftorifd&en  Seib  (S^rtfti  fc^uf,  jeftt  aud  bem  Orot 
benfelben  Seib  hervorbringt.  %?nt  Analogie  ^at  aber  bod^  bie  Sebeutung,  bem  Samad* 
jener  bie  Se^auptung  ald  möglidb  erfd^einen  )u  laffen,  bafe  ber  ^immltfc^e  unb  euetyari* 
ftifc^e  Seib  G^rifti  numerifc^  gleich,  alfo  ibentifd)  ftnb.  9Bad  man  peniefst,  ift  ber  eine  eim 

40  }ige  Seib  S^rifti.  9Jian  foKte  benfen,  ba^  3*  W™,  ber  Seib  ©^riftt  fomme  in  irgenb  einer 
äBeife  im  eud^artftif$en  jur  @rbe  herunter.  2lber  er  le^nt  bad  befttmmt  ab.  3-  kfr* 
nid^t  bie  3:rans;fubftantiation  (f.  b.  21.),  fonbern  bie  „Irandformation"  bur#  „Slffumtion". 
@r  tombiniert  ©ebanfert  bed  ©regor  bon  9l^ffa  unb  bed  (^r^foftomud.  ©tei  glaubt, 
niefct  au^  de  fid.  orth.,  aber  aud  einer  Semerfung  in  ber  3.  SUberförift,  bie  ©^toierig^ 

45  feiten,  bie  a.  a.  O.  übrig  bleiben,  begeben  $u  tonnen.  3$  laffc  ntir  baran  genügen,  auf 
tyn  (XII,  279  ff.)  $ier  ju  öertoeifen. 

gnd  Slbenblanb  fam  bie  nnyr\  yvwoeog  im  12.  Sa^r^unbert  6ie  tourbe  bamald 
(in  ber  3ett  bed  «ßatfted  @ugen  III.,,  1144—1153)  bur^  »urgunbio  tom^ifa  ind  Satei^ 
nifd^e  überfe^t.    Siefe  „barbari|c$e"  Überfe^ung  ^at  bem  Sombarben  fd^on  borgelegen,  fte 

öo  ift  nod&  ungebrudtt.  ©benfo  eine  anbere  bon  bem  Äarmeliter  ?[Janetiud.  6.  @$$arb  bei 
Ärumbad^er1,  ©.  70. 

4.  S  a  c  r  a  P  a  r  a  1 1  e  1  a.  Site  ein  ©egenftüdt  ju  ber  jxt]v^  yvonjea*;  fWIt  [vä) 
bad  SBerf  bar,  bad  unter  bem  litel  'legä  naQdXXrjXa  auftritt  uno  oaxS)  bon  §•  *>erfa^ 
fem  toitt,  MSG  XCV,  1 040  ff.— XCVI,  544.    Sadfelbe  ift  erfi  neuerbingd  ©egenftanb 

65  ernftlic^er,  einbringlid^er,  ^anbfcbriftlic^er  unb  ^iftorifc^-fritifc^er  S?orf4mng  getoefen.  SSgL 
Soofd,  ©tubien  über  bie  bem  3-  b.  Sam.  jugefd^riebenen  Sfjarauelen,  1892,  bor  aOem 
.^oll,  Sie  Sacra  Parallela  bed  g.  b.  Sam.,  in  %.  unb  U.  bon  ©eb&arbt  unb  ^amad, 
5ft§  I,  1,  1897;  Fragmente  bornieänifc^er  ftird&enbäter  aud  b.  Sacra  parall.  ib.  V,2. 
1899  (f.  \)m   befonberd  bie  SSorrebe,  bie  fic^  mit  ben  SRecenjionen   bed   erftgenonnten 

60  2Berfed   bon   Soofd,   S.  ßo^n    unb  $.  äBenblanb  befaßt).    S^r^arb   unb  Stmmba^a 


Statines  tion  $auta3ta£  295 

tonnten,  too  fte  bicParallela  berühren,  ©.  21 6  ff.  begto.  600  ff.,  bon  bem  £ottfd&en  Sßerf 
nodj  leinen  ®ebrou$  machen.  g$  ift  fyier  nic^t  am  *piafc,  über  ba$  ^Detail  ber  SBerfyanb* 
binden  gu  berieten.  9Rhr  fc&eint,  bafe  §ott  in  allem  935efentti^cn  ftegreic^  ift,  toaä  jebod? 
ben  Serbienften  minbeftenS  bon  Soofs  feinen  Slbbruc^  ttyut.  3$  *an«  m^  nid^t  auf 
eigene  ©pegialftubien  berufen,  um  ftoüi  Urteil  mit  Autorität  gu  bekräftigen.  Slber  §.$  2lrgu=  5 
mente  $a&en  m  ber  Hauptfrage  für  biefen  2lrtifel,  nämlic^  bie,  ob  3«  fü*  *>*"  SSerf  affer 
be$  3Berfö  gelten  bürfe,  für  mi$  ettoaS  fyöcfyft  ÜbergeugenbeS,  nicfjt  gum  toenigften  bie 
inneren,  bie  ic$  am  elften  abfegen  fann. 

£a3  SBerf,  toie  e$  nad?  £e  Guten  bei  3Rigne  gu  lefen  ftefyt,  fyat  eine  boppelte 
Sorrebe,  in  ber  fiefc  ber  93erfaffer  über  feine  abfielt  in  33egug  auf  <Sad)t  unb  gorm  au&  10 
fyri$L  3)er  erfte  jigdkoyog,  ber  fetyr  furg  ift,  geigt  fofort,  bafe  eä  fi$  um  ein  6rbauung& 
bu$  begto.  ein  SBerf  gur  drma$mma  unb  ftttltcfyen  görberung  fyanbelt.  £)er  2lutor  toill 
eine  Anleitung  gur  dgexrj  bieten.  9cad^bem  er  bon  ber  93ebeutung  ber  $ugenb  b.  i.  ber 
„Beobachtung  ber  göttlichen  ©ebote"  gebanbelt,  fagt  er,  er  tootte  in  feinem  Sßerf  na- 
oakirjXovg  pellen  rag  dgexdg   xal   xdg  dvxitvyovg  xaxlag  unb  gtoar  fo,   bafj  er  8oa  16 


ni(H  avxcov  keiexxat  xfj  üelq.  ygacpfj  xal  xöig  dyioig  xal  üeowögoig  naxgdoiv 
(ammele.  SUfo  er  toill  für  bie  (Styif  äfynlicfyeS  leiften,  tote  im  2.  unb  3.  &eil  ber  nr\yr\  für 
bie  Dogmatil.    Sfocfc  bon  Sp^ilo   unb  3ofe}>M  toiD   w   „©nomen"  beibringen.    ®enn, 


toictoo^I  Hebräer,  ftnb  beibe  boefy  köyioi  ävögeg,  unb  fte  ftnb,  toaä  ben  axondg  betrifft, 
gang  in  uberemfttmmung  mit   „unfern  moxöxaxoi  xal  fxaxdgiot  ävdgeg",    28aS   fte  20 
fogat,  ift  nur  geeignet,  ba$  gu  unterftüfcen,   toaä  #  an  Xoyia  xov  nvevjuaxog  beigebracht 
toerben  foD.    Sluä  bem  jtoeiten  Prolog,   beffen  Überfd&rtft   auSbrücflicfy  ben  35ama3gener 
ate  Autor  gunäc^ft  be$  SßroloaS,   naefy  beffen  ^nfyalt  aber  auefy   be$  SBerfö  begeicfynet,  ift 
fcrborgufyeben,   bafe  bie  „äntfoloaie"  ber   onogddrjv  xeiueva   dnwpMyuaxa   etfyiföer 
ober  paränetif$er  Statur  in  ber  9L  ©c^rift  unb  bei  ben  Tätern,  bie  beabftc^tigt  ift,    in  25 
mloi  gebraut  toerben  foD   unb   gtoar,   ötd  xo  $qdtcog  evgioxetv  rd  ^tnov^ieva,   in 
<ri|$abetif$er  Slnorbnung.    6ö  fo0en  aber  brei  Suchet  ^ergeftellt  toerben.   4)a^  erfte  foQ 
»wn  ©ott  ^anbeln.    35enn  e«  gegiemt  ftd^  für  Gfyriften  bon  i^m,   ber  rgtadixrj  fxovdg, 
immer  ben  Slu^gang  gu  nehmen.    S83ir  toerben  natürlich  toefentlid^  etyifd&e  yvcbfiai  über 
Sott,   fein  SBefen,  fein  I^un  ertoarten.    2)ad  gtoeite  93uc^  fofl  ^anbeln  negl  ovoxdoeayg  so 
xai  xaraordoetog  rwv    dv&gamivwv  7igayjudz(ov.    S)a^   britte   be^anbelt   rd   jregl 
&Qmjg  xal  xaxiag.  2Kit  33cuig  auf  bad  gange  SBerf  erflärt  ber  S8erfaffer:  övo/bia  reo 
Siw  ovrxdy^aTi  „rd  Ugd".  2Ba^  in  ber  gtoeiten  Sorrebe  als  2lufgabe  beS  britten  Sud^ 
fcqetcfytet  totrb,  ift  in  ber  erften  afö  Slufgabe  beö  SBerf«  überhaupt  angegeben.  Db  man  benfen 
beif,   bafe   ba£  9Bert  gtoei  Slu^gaben  burc^  feinen  Urheber  felbft  erfahren  fyat,   baft  baS  86 
Wtte  8u4>  guerft  für  ftdj»  allein  ejiftiert  fyatf  9Kan  bemerfe,  ba^  bie  gtoeite  SBorrebe  ben 
Etel  bed  2Berte  fo   beftimmt,   bafe  bag   „nagdkkrjXa",  toelcfyeS  ftc^  eingebürgert  ^at, 
Rkfc  barin  bortommt ;   ed  pafy  ja  auc^  nur  gu  ber  9lrt  bed  britten  93uc^S,  man  fann 

&ni$t  borfteHen,  toie  in  ben  beiben  erften  Supern  toofyl  „parallelen",  begto.  ©egem 
:  aufgehellt  toerben  foQten.  40 

SBa«  toir  bei  £e  Duien  bejto.  üRigne  t^atfäc^Kc^  gu  lefen  befommen,  ift  fein  brei* 
trißge*,  fwibern  ein  einteilige«  SBerf.  gnbe«  e«  befafct  ©toffe  bon  jener  breifac^en  9lrt, 
bte  ber  gtoeite  $rotog  in  9lu3fi$t  fteKt,  unb  e^  paftt  auc^  infofem  auf  bie  Schreibung 
in  btefem  Prolog,  ald  in  ber  <Xfyat  ber  ©toff  atyfyabetifcfc  angeorbnet  ift,  toobei  freiließ 
bie  eingehen  oxoixäa  in  fe^r  berfc^iebenem  2Rage  mit  xixXoi  bebaut  ftnb.  Um  nur  ein  45 
«nbeutatbe*  ©üb  gu  geben,  fefee  i$  einige  ttberf^riften  be^  erften  &apitel3  ^ier^er:  oxot- 
|w  A,  xklog  a  :  jiegl  äxdiov  dföxrjxog  (ga^lreicfye  SibelfteHen,  ©ä|e  au«  SafiliuS, 
öwgor  bon  9lagiang,  ß^foftomu«,  ßfci^aniuä),  xixL  ß ':  negl  xov  ayivxxov  elvai 
m  #mv  (»ibelftenen,  »aftliu«,  Srenäu«,  35ib^mu«,  ^ßt?ilo) . . .  xixL  & :  mgl  dydntjg 
xai  (poßov  teov'  xal  8x1  navxdg  dya&ov  vTiegi^ovoiv  .  .  .  xixL  f  :  negl  dyy£~  60 
iwv . . .  rfri.  rf  :  Tiegl  xfjg  xov  dv&gcbjiov  nMoexog  .  .  xixL  te  :  negl  ävaoxdoeiog 
xai  xQtoeaK  xal  aicoviag  xoldaewg  .  .  .  xixL  xd :  negl  Agyo}Uvtovt  oxi  %g}j  av- 
tovg  imoxdooeo&ai  rötg  ägzovoiv  .  .  .  xtxA.  xy':  negl  dxrjoelag  xal  ddv/uag  .  .  . 
wrl  fa:  7ugl  donaouov  .  .  .  xirL  fi  :  negl  aioxvvtjg  dyaftfjg . . .  xixL  jua' :  negl 
afcxwiyc  novrjgag.  eigentlich  nur  bie  beiben  legten  xixXoi  repräfentieren  „parallelen"  66 
im  ©irat  be«  erften  SPrologS.  9Kan  trifft  im  toeiteren  nod^  manchmal,  boc^  o^ne  Stetig* 
feit,  folAe  unmittelbar  einanber  folgenbe  gegenfä$li$e  X^emata.  9lUe«  in  allem  geigt 
Me  togefte  Überftc^t,  baft  bie  urf^rünglid^c  Slnlage  be«  2Berfö  zertrümmert  ift,  bafe  ber« 
mutfofc  rwfyt  nur  eine  3ufammenfaffung  ber  brei  93üd;cr  unter  einheitlicher  al^abetifc^er 
Drtmwtg,  jonbern  auc^  eine  ©toffrebuftion  borgenommen  fei.    $ür  oxoi%elov  a  ftnben  eo 


296  3of)attttc*  tum  Santa*!«* 

toir  im  ganjen  51  rkioi.  2tm  fnajtyften  ift  ber  ©toff  für  o  unb  a>,  #er  treffen  toir 
nur  je  einen  wAoc:  negl  ^e/xßofiivcov  zfj  dtavolq  xal  totg  dw&alfiol;  unb  tuqI 
ä)Q<zg  xal  fjßAigag  ftavdxov.  2Bte  §oü  angiebt,  enthält  ba*  SBen  bei  2e  Duien  über» 
fyaupt  323  ihkoi.    3Kan  trifft  bei  Se  Duien  immer  ober  burcfctoeg  eine  angäbe,  toofcr 

6  ba$  Ajzöqtäeyjua  ftammt.  Stber  ber  gried&ifd&e  lejt  bietet  nichts  Derartige*.  SBeber  bie 
93ibelftelle,  nocfc  bie  patriftifd&e  ©entenj  ift  barm  mit  Angabe  i$rer  §erfunft  berfe^en. 
SßJic  fcfyon  bie  oben  fyerausigefyobenen  „$itel"  belegen,  ift  ba*  2Ber!  fe$r  mannigfach,  lefc 
ret$  unb  „mterejfant" :  eS  toerben  toirflid&  bie  berföiebenjten  2eben*bertyältniffe,  ©tänbe, 
Serufe,  alle  9lrten  fcon  gigenfd&aften  berührt. 

10  $ie  #anbf$rift,  bie  toir  abgebrudft  finben,  ift  ber  jeftige  Cod.  Vatic.  1236.  2e  Duien 
fyat  aber  noef)  eine  jtoeite  #anbf$rift  ber  Parallela  befannt  gemacht,  ben  fogenannten 
Cod.  Rupefucaldinus  (je|t  in  33erlin).  3)iefe  §onbfc$rift  toeiefct  er$ebli$  )wn  jener 
fcatifanifd&en  ab.  ©ie  bietet  nur  bie  jtoeite  SSorrebe,  ift  aber  au<$  nur  einteilig,  im  ein« 
»einen  jetgt  fte  trielfadfj  fotoofyl  anbere  xhloi  al*  Sitate,  fte  fyit  mannigfach  ©polten  bei 

15  ben  ßitaten  k.  3n  biefem  Äobej  toerben  aud?  im  gried&iföen  %tp  bie  Autoritäten  fcCbft 
namhaft  gemacht.  §n  tym  überwiegen  bie  93ätercitate,  toätyrenb  im  Cod.  Vat.  metft  bte 
33ibelcitote  ttbertoiegen.  Se  Duien  bat  biefen  Äobej  nur  au*jug*toeife  mitgeteilt,  nämlty 
ben  mva£  rcov  xecpaXaicov  unb  eine  9foja$l  tym  befonber*  intereffant  büntenber  ©tüde, 
MSG  XCVI,  441  ff.    @S  toar  bie  grage,  tote  man  bie  ©ifferenien  ber  beiben  GoWce* 

20  unter  ft$  unb  ifyre  2lbtoei$ung  bon  jeber  ber  beiben  SSorreben  ernären  foDe.  3fac$  ba* 
lam  nun  in  ^rage,  toer  ber  SSerfaffet  fei.  Se  Duien  fyat  ben  ©ebanfen  geäußert,  bie  in 
Cod.  Vat.  auftretenbe  gorm  fei  eine  „foätere",  al*  bie  in  Cod.  Rup.  gene  erftere  fei 
toirflicfc  bon  g.  bon  35am.  9Bie  fte  ft<$  litterarifcfy  ju  ber  älteren  fcer^alte,  )og  er  nid&t 
in  ©rtoägung.    SSon  ber  altern  urteilte  er,  fte  toerbe  frü$  im  7.  3aty$unbert  etttßanben 

26  fein,  fof ern  ftcfy  in  Cod.  Rup.  ein  ©d&olion  finbet,  ba*  Saug  nimmt  auf  bie  ©ntfü^rung 
be*  1)1  Äreuje*  au*  ^erufatem  burc$  bie  Werfet  614.  $a$  ©emotion  unb  fomtt  ba* 
2Ber!,  ju  bem  e*  gehört,  fönnen  nur  balb  nac^er  entftanben  fein.  Soof*  tyd  btefe  8fo*» 
ftifyrungen  toeiter  }>räjiftert.  ®a^  Äreuj  hnirbe  627  toieber  jurücferobert  5Rac^  biefem 
Termin  fyabt  jentö  ©o^olion  überhaupt  leinen  ©inn  mebr.    ©eine  fcoQfiänbigere  £anb« 

so  fd^rtftenfenntni«  aber  geftattete  Soof«  eine  öiel  ftc^erere  Beurteilung  ber  beiben  ©obice«, 
bie  Se  Duien  benufcte.  ©r  fonnte  bereits  fonftatieren,  ba^  beibe  nur  berfc^iebenartige 
Searbeitungen  eine«  urf^rünglid^  toirflic^  breiteiligen  SBBerfe«  feien.  S)enn  für  jeben  Kefer 
brei  Seile  liefen  ft$  ©onberquetten  nad^toeifen.  ©er  erfte  £eil  ift  offenbar  feftftflfinbia 
erhalten  in  Cod.  Coisl.  276,  ber  jtoeite  in  Cod.  Vat.  1553 :   für  ben  britten  tp  iux$ 

36  feine  ©t>ejial^anbfd^rift  nac^getoiefen,  aber  SoofS  jeigt,  bafe  er  m  einer  Überarbeitung  er» 
galten  fei  beim  fogenannten  9lntoniu3  SWeRffa  (rectius  in  ber  üReliffa  bed  3Könc^  9n> 
toniu«,  11.  3a^r^unbert,  Ärumbacfcer  ©.  600).  3)ie  genannte  #anbf#rift  bed  jtoeiten 
Steile  bejeic^net  aU  9lutor  neben  bejU>.  bor  $.  t>on  3)am.  einen  Seonthtö.  2>a3  ^at  £oof« 
auf  feine  gbecn  in  Setreff  be«  9lutor«  aebrad&t.    SBegen  be«  fc^on  befprod^enen  ©#o* 

40  Kon«  glaubt  er,  bafc  3.  letneöfatt«  ate  folc^er  in  33etra$t  lomme.  ©0  folgt  er  ber  anbern 
©pur,  bie  ifyn  auf  fieontiu«  öon  S^janj  (geft.  c.  543)  fü^rt 

9luS  fiotfö  erftgenanntem  33ud^  getoinnt  man  in  tiberftd&tlid&er  SBeije  ein  Silb  tum 
ber  2Crt  unb  ben  Sejtefyungen  ber  öerfc^iebenen  §anbfd^riften.  ®«  ift  eme  fe^r  lontpfe 
xierte  ©efd&tctyte,  bie  aufgebedft  toirb.    3^  brause  ^ier  nic^t  m  notieren,  toelcfce  ^anb» 

46  Triften  atte  in  Unterfu^ung  genommen  ftnb.  3)a«  Stefultat  x\t,  bafe  bie  SRertmale  tyre* 
SBSerte«  ftd^  bielfad^  Ireujen.  3n  ber  SSorrebe  ju  bem  jtoeitgenamtten  ffierl  orientiert  ^. 
in  ber  Äürje  über  feine  ©rgebnijfe.  ©eine  eigenen  SBorte  mögen  im  Xuäaug  ^ter^er  ge« 
fcfct  toerben:  „3)tc  lepd  umfaßten  urfprünglic^  brei  Sucher.  .  .  .  ^nner^a(b  ber  einzelnen 
Sudler  toar  ber  ©toff  in  eine  lange  Steige  balb  umfaffenberer,  balb  gam  lonfretcr  2$e= 

so  mata  au^cinanbergelegt Unter  ftcfy  toaren  bie  2^emata  (rhXoi)  im  erjten  unb  jtoeiten 

93ud&  nad^  ben  ©tid^toorten  alp^abetifc^  peorbnet;  im  britten  lie^  ber  SSerfaffer  biefe« 
^rinjip  fallen:  einer  beliebten  @etoo^n^ett  folgenb  jog  er  e3  bor,  immer  eine  Xugenb 
unb  ein  Safter  cinanber  gegenüber^uftetten  (bafyer  nannte  er  biefed  8uc^  „bie  parallelen").1' 
Über  btefe«  Urteil  bejüglid^  be«  britten  33uc^e«  bergleic^e  fre^ieH  hn  erftgenannten  SBafc 

66  ©.  280  ff.  ^c^  bin  ntd&t  gann  überzeugt,  bafe  e«  baä  „alp^abetifc^e  ^rrngt^"  Dermiflen 
lajfe.  3)cn  1.  Prolog  erflärt  fyoü,  toenn  icb  nid^tö  überfeben  ^abe,  auq  nic^t.  Sollte  & 
rid^tig  fein,  bafe  ba«  britte  Suc^  unatyfyabetifd&  toar,  f 0  toürbe  mir  ba«  auc^  bafür  ft)rec^<n, 
ba|  c$  urjprünglid^  für  ftd^  ejiftiert  tyat  mit  bem  Sitel  öielleic^t  TlaQdXXnka  Ugd,  unb 
ba|  ^s.  foäter  feinen  ?pian  ertoeiterte,  bod^   ofyne  an   bem   alten  SBerfe,  bem  minmebr 

60  „britten  33ud^e",  fciel  ober  gar  formell  burc^greifenb  ju  änbern.    ^oU  fagt  toeiter:  „8* 


3fol)atttttd  bon  $auia$t*3  297 

Set^^altigfett  tyit  ba$  Sßer!  be3  3&fanne3  £)ama£cemi$  alle  äfynlid&en  Sammlungen  n>ett 
Eintet  fi<$  gelaffen;  bie  ©tote  ge&en  in  bie  Saufenbe  unb  barunter  ftnb  fyalbe  $rebigten 
be$  SafütuS  unb  <5$rtyfoftomu$.    (Sita  biefer  grofee  Umfang  be$  SßerfeS  fyat  e$  aber  aud) 
mit  ft<^  gebraut,  ba|  e$  atö  ®anje$  toofyl  faum  fortgepflanzt  tourbe.  2luf  un$  jebenfaflte 
ftnb  nut  einzelne  Pfeile  unb  Stejenftonen  ber  legd  gerommen".    „3)en  erften  Sang  unter  s 
bcn  3^*0™  nehmen  bie  beiben  $anbf$riften  ein,  in  benen   je  ein  Sucfy  ber  legd  in  ge* 
fanberter  SfoSgabe   erhalten  ift:  Cod.   Coisl.  276   unb  Cod.  Vat.  1553.    SBeibe  Co- 
dices fcnb  jebod^  nicfct  einfache  Slbföriftcn,  fonbern   fäon  Äürjungen  ber  entforetfyenben 
Sucher  be*  urfi>rünglic$en  SBerleS:  ganje  Kapitel  finb  auSgelafjen  unb  innerhalb  ber  auf- 
genommenen  ift  bie  Rcfyl  ber  ©täte  rebujiert."     „35ie  Hoffnung,  bafc  and)  Dom  britten  10 
9u<$  irgenbtoo  eine  #anbfcfyrift  auftauchen  tonnte,   t>at  \xd)  bte  jefet  nicfyt  erfüllt.    @S  ift 
nur  ein  fötoa^er  Xroft,  bafj  atö  bem  2Berf  beä  Antonius  9Mtjfa  toenigftenS  bie  Um« 
riffe  bicfe*  3*U3  ber  legd  ftcfy  erfennen  laffen.  . . .  ($enn)  ber  Stoff  ift  ba  fo  ftarf  ber* 
mmbett  toorben  unb  ber  legt  ift   in  ber  einigen  Veröffentlichten  $anbfc$rift  beä  2lnt.  fo 
tonumpiert,  ba&  biefer  3euge  neben   ber  fonftigen  Überlieferung  be$  3.  33u$3  faum  in  iö 
8etra$t  lommt"    SDte  fc$on  burc$  £e  Duien  berannt  gemalten,  jefct  bon  §oß  bottenbä 
bun^gearbetteten  Codices  ber  „3ufammenarbeitungen"  jeigen  im  SBergleic^   mit  ben  ge- 
nannten ©onbercobtceä,  bafc  fte  jutn  Seil  birefte  3^*0™  fite  ^  urfbrünglic&e  2Berf  ftnb. 
Den  boHen  £e#  be$  lefcteren  toieber  tyenufteffen,  toirb  man  nic^t  hoffen  bürfen. 

#oH  ift  mit  großer  ®ntfc$iebenl>eit  für  3-  &<w  2tam.  d&  SSerfaffer  beä  breiteiligen  20 
Serlcd  eingetreten.  äunäcfcft  im  §inblidf  auf  bie  fcbr  gute  Irabttion,  bann  in  inftrut* 
titoer.  bie  ÜrfenntniS  oer  tyeologifdjen  Slrt  beä  35ama3cener3  mannigfach  förbember  95er* 
abtqitng  ber  ganjen  Haltung  ber  legd  unb  ber  nr\yi\  (bod?  aud)  anberer  ©Triften  be3  3)- 
Jfity  jugujtimmen  t>ermag  iq  ben  SSnbeutungen  über  bie  @ntftefyung&eit  ber  iegd :  nad^ 
jfeagm.,  ©.  XV,  &ält  £ott  für  möglich  baji  3.  ba$  5Berf  nod&  bor  2iu$brud&  beä  Silber*  25 
jtreit«  berfafet  $abe.  @r  fefct  babei  eine  Gfyronologie  beä  SebenS  beä  3-  Vorauf  bie  fi$  ™™s 
beßenS  twn  allen  ÜRotijen  entfernt.   3)er  ßiog  gebenft,  ba^  fei  nebenbei  bemerft,  ber  legd 


überhaupt  nic^t  (ober  ge^t  c.  33  neben  ber  7Vf\yr\  auf  biefe?).    3)en  ©d^lufe  ber  Unter* 
fu^ungen  §olte  bilbet  bie  grage  na$  ben  Duellen  be$  3.    §at  %  unmittelbar  au$  ben 
citierten  obor  uettoenbeten  Tutoren  gef^ft?  Ober  aber  ^at  er  fd&on  SSorläufer  auf  biefem  90 
©ebiet  gehabt,  blänbert  er  gar  einen  älteren  Slutor  (tote  j.  S3.  im  2.  Steil  ber  mt\yi\  ben 
C^^anhtd)?   3n  freierem  Wafee  berteilt  \\$  ebentuell  @ntle^nte3  unb   eigene  Arbeit? 
§öa  glaubt  jeigen  %\x  fönnen,   bafe   er  in   ber  Ityat   in  bebeutenbem  9Wa^e  abhängig 
fei,  unb  jtoar  bon  3Rajimu«  (Sonfeffor.   ®r  ^at  eine  „3^^  *&  3R-/  *>urc$  2lnetnanbenei^en 
bwi  Äernf)mlc^en  ber  93ibel  unb  bon  Äirc^enbätern  ein  (SrbauungSbucfy  aufteilen,  auf*  ss 
genommen  unb  jugleicfc  beffen  ©er!  [xecpdXaia  fteoXoyixä  rjroi  IxXoyai]  in  baä  feinige  ein* 
Bearbeitet."   aber  er  |at  boefc  ein  biel  umfaffenbere«  2Berf  geliefert  ate  2Rajimu^.   /;5lac^ 
öden  Seiten  $in,  in  ber  3<$  1>et  be^anbelten  S^emata,  in  ben  citierten  Autoritäten,  im 
Umfang  ber  angeführten  Sitate  ftnb  bie  3)imenjtonen  bergrö^ert,   unb  VV  bon  $)am.  fyat 
öerfiu^t  ben  Stoff  ju  gliebern,  n>ä^renb  3Kajimu^  o^ne  erftc^tlic^en  3ufammen^ang  RapM  40 
m  Jtapitd  retj^t."    ©0  fteben  bie  iegd  boc$  toürbig  neben  ber  Tiriyrj,  fte  ftnb  mit  allem 
Se^te   ein  „eigene«"  SEBert   be«  3.  ju  nennen.    2)ie  relatib   große  ©elbftftänbigleit  bc« 
%  toirb  nadj  $o0  auc^  nic^t  beeinträchtigt  burc^  eine  }toeite  Vorlage,  bie  er  (©.  <ßarall. 
5.  384  ff.)  naqtoeift  (ben  navdixirjg  xrjs  äyiag  ygacpfjg  be«  äntioc^u«,  ber  auefy   in 
ber  Saura  be«  ©aba  fc^rieb,  runb   ein  ^a^unbert  bor  3)-    ®ft^  SRefultat  über  ba« 45 
Ser^ältni«  be«  3-  )tt  Warjmu^  Sonfeffor,  überhaupt  feine  Slnfd^auungen  bon  ben  ®cr= 
toanbtfc^aftöbejiebungen  be3  SBerfe^  be«  3-  3U  anbern  „glorilegtert"  (bie  \d)  hier  ni$t 
{u  nennen  brauche)   ^aben   ibn   in  toiffenfd^aftlic^en  Jton^ih  mit  ^ilologifdjen  ^orfebem 
aehac^t.  @in  Urteil  beftye  icp  ba  ntebt.  Sgl.  über  bie  gried^ifc^e  ^lorilegienlitteratur  pro= 
fancr  unb  fir^lic^er  Slrt  im  allgemeinen  bie  Überfielt  bon  Ärumbac^er,  ©.  600  ff.     x^  w 
\dft,  bafe  Sbc.r  otyM  §oß  ju  fennen,  in  ber  Slnerlennung  beä  3-  a^  sücrfaffer  ber  Pa- 
rallela  unb  in  ber  Annahme,  ba^  })tojimu3  ßonfeffor  ber  2lutor  ber  in  Setractyt  fom* 
menben  xcqxttaia  öeoXopxd  fei,  fotoie  bem  5Dama^jener  afö  3lnfnü^fungej)unft  (Duette, 
Wuftaf?)  gebient  ty&t,  mtt  Äott  übereinfommt.    3ntereffant  ift  #oll$  ©^lu^arafterifti! 
ber  Parallela,  ©.  392 :  „3)can   ift  erftaunt,  toclctye  ©egenfä^e  nebeneinanber  bertragen  66 
toerben :  Wotrbe  ber  ärmlic^ften  fieben^flug^eit  neben  ^been  bom  ^öd^ften  fittlid&en  ©c^toung, 
tob  fo  toenig  3ufammenfyanp  ^tt>ifc^ert  ben  einzelnen  et^ifd^en  Problemen,  fo  feiten   ein 
Sesfuc^,  fte  bon  einem  ^rin^  au^  ju  löfen!"  ©r  meint,  bie  Urfacfye  biefer  9Kängel  treten 
H«  ya  iage :  „ed  fe^lt  eine  engere  SSerbinbung   jtoifd^en  35ogma   unb   fittltcfyer  ^Jflic^t. 
Kur  an  jtoei  fünften  ragt  bad  Xogma  überhaupt  herein:  3)a^  Srmitätebogma  unb  bie  m 


298  3foIjattitfd  toon  2>araa3fuS 

Eefyre  Oom  lünftigen  ©eric&t  bilben  ben  Stammen,  in  ben  baS  ©anje  ^cjicDt  ift."  5)ie 
Parallela  fmb  ein  treue«  93ilb  für  bie  9lrt  ber  ftttlic^en  9tefIe|ionen,  bte  ber  grie$if$en 
Äirc^e  eigen  geblieben  ift. 

5.  Sichtungen,  ©in  eigentümlich  bebeutenber  9Rann  ift  3.  unter  aDen  Umftanben 

6  ju  nennen.  6r  ift  nic^t  nur  mit  Stecht  ber  gefetertfte  S^eoloa  beS  StyantmiSmuS,  er 
tft  auc$  mit  ÄoSmaS  Oon  SRajuma  ber  gefd&äfctefte  fir$li$e  Siebter.  SutbaS  (ed.  Sern* 
fyarbty,  1, 2  sub  Jlcoawrjg")  urteilt  Don  ben  ^ajuarixoc  xavdveg  (Sieber  in  Äanonform)  ber 
beiben  SBrüber,  baß  fte  avyxgioiv  ovx  idi£avro  ovdk  d££aivzo9  piYQig  äv  6  xaff 
fjjuäg  ßiog  negaKoörjoerai,  leine  anbern  toaren   i^nen  je  gletcfc,  noep  toerben   tynen 

10  gleicfyfommen,  fo  lange  -äRenfd&en  leben.  Sammlungen  feiner  ©ebicfcte  bei  3Rigne  XCVI, 
817—856  unb  1364—1408.  3ur  Beurteilung  bej.  Äriti!  f.  Christ  et  Paranikas, 
Anthologia  graeca  carminum  christianorum  1871,  Proleg.  XLIV  sq.  (bie  fcon 
!Kai  juerft  ebierten  Kanones  ftnb  größtenteils  unecht,  fpejiell  biejenigen  ÜDtigne  ©.  1372 
bis  1408);   fyier  ©.  117  ff.   einige  fürjere  ©ebte^te,  brei  oxtxnQa  ävaordoiua  unb  brei 

15  Idiofieka  (jum  geft  ber  imanavxh  rov  Xqioiov  2.  gebr.,  bem  beS  SrjengelS  ©obriel 
26.  SKärj  unb  beS  ÜWärtyrerS  ©eorg  23.  Styril)/  ferner  ©.  205  ff.  ac$t  xavoreg  (für 
SBetFmacfycn,  baS  fjeft  ber  6rfc$einung,  $fmgften  2c.),  man  fann  auS  tynen  ft$  in  ber 
Ättrje  ein  Silb  oon  $.  als  SDic^ter  machen,  immerhin  nur  Oon  feinen  beften  Seiftungen. 
3?gl.  im  übrigen  befonberS  Ärumbad&er  ©.  674  ff.    3-  jdft  ^an9e  aög^mem  für  ben  S5e* 

20  grünber  beS  fog.  Oktoichos  (Eieberbucfy  beS  täglichen  ©otteebienßeS,  noc$  immer  äuge* 
mein  in  93rauc£,  bie  a$t  moi  [Dftafcengattungen]  beftimmen  bie  periobifö  in  je  ad&t 
2Boc$en  fi$  toieberfyolenben  ©ingtoeifen).  3****  *><**  lotxb  neuerbingS  beftritten  unb,  toie 
Ärumbac^er  urteilt,  ift  eS  Oon  ©atfyaS  CIotoqixöv  doxißuov  Ttegl  tov  üeäxQov  xal 
rfjg  juovoixfjg  xoyv  Bv^avx.)   toafyrfcfceinlicfy  gemacht,  baß  er  nur  als   ein  ^Reformator 

25  biefeS  93uc$eS  gelten  bürfe. 

3$  fann  Dem  3-  äÖ  $ic$ter  nur  allenfalls  fo  tyier  fcanbeln,  baß  icfc  einige«  SUt 
gemeinere  über  bie  ©nttoicfeluna  ber  btföantinifd&en  firc$lic$en  Sichtung  bamit  fcerbinbe. 
$ür  bie  fyauptfäctylid)ftcn  tecfynifäen  SluSbrücfe  f.  meine  ÄonfefftonSf.  I,  484  ff.  Qu  ber 
©aetye  folge  idp  Gtyrift  unb  SßarantfaS,  3.  3afobi,  Sur  ©efcfcic&te  beS  griedfc.  Äirc&cnliebeS, 

90  3.ft©  V,  1882,  ©.  177  ff.,  befonberS  Ärumbac^er  ©.  653  ff.  690  ff.  <S*  ift  erft  in  ben 
legten  $e$ennien  gelungen,  bie  formen  ber  b^antinifc^en  Äirc^enpoefte  jn  erfajfen.  $a$ 
^auptberbtenft  gebührt  babei  t^eologifd^cn  g-orföern  toie  SWone  unb  $itra,  ^ilologtfc^en 
toie  G^rift  unb  303.  SRetyer.  Slm  toie^tigften  toar  bie  Beobachtung,  baß  jene  ^oefte  r^^* 
mifö  ift,  nic^t  metrifc^.   2)aS  $rinji^  ber  r^t^mif^en  ^oefte  ift  bie  ©ittenjaj^l  unb  ber 

86  2lccent,  nic^t  bie  Quantität,  bie  Äürje  ober  Sänge  ber  Silben.  3Som  b^antmijtten  SerS* 
ober  ©trop^enbau  gilt  ferner,  baß  md&t  auf  ©leicfoeiligfeit  gehalten  toirb,  in  SSttug  auf 
SSerSfüße  unb  geilenarten  giebt  eS  gar  leine  ©d&ranfcn.  3Ran  barf  gried^ifc^e  ÄtrcpenKÄer 
nic^t  mit  jrcoteftantifcfyen  dergleichen  toollen.  SB.  SKe^er  erinnert  (Jtrumbac$er  ©.  694) 
als  Analogie  an   „manche  Dpcrnarien   ober  auef)  ©oet^eS  bit^antbenartige  Sichtungen 

40  toie  ,©renjen  ber  ÜKcnf^cit*  ober  ,ber  ©trom'."  3)ie  griec^ifc^en  Sinter,  muß  man 
toeiter  Giften,  toaren  meift  auc§  Äom^oniften.  ©ie  fc^ufen  nic$t  nur  2ejte,  &trj9  fonbern 
aud^  bie  ÜMelobien  ba^u,  fukrj,  bafyer  i^rc  Sejeid^nung  als  jueXcodot.  SSon  X  öon  3)auu 
haben  toir  im  ßiog  c.  27  ff.  eine  birefte  9lotij,  baß  er  fmgenb  jJrobujierte.  ga  bie  muft* 
laufte  ^ßrobultion  ift  offenbar  bie  primäre,   unb  baS  mujtfalifcfce  ©efityl  allein  beftimmt 

46  ben  lonfaH,  bie  Sänge  ber  feilen,  tyre  ©ruppierung  ju  3Dbfä^en.  Sltt  baS  t>erbanb  W 
nun  freilief?  balb  mit  aflcrfyanb  Künfteleien  beS  9luSbrucfS  unb  Spielereien  im  Slufbau  beS 
©anjen.  5latürlid^  Wuf  aud^  nicfyt  jeber  Siebter  neue  SKelobien,  boÜenbS  nic^t  bei  jebem 
feiner  Sieber  (nid&t  lauter  „IdtdfteXa");  man  begann  mit  ber  3eit  nad^  befannten  9Selo^ 
bien  ju  bieten  (bie  SKufterftropfye  ^eißt  elgpög,  Hirmos).  ßtoei  ^auptformen  ^aben  fu^ 

60  bei  ben  Sintern  bon  Rirc^enliebern  tyerauSgebilbet,  bie  xovrdxia,  ober,  toie  Ärumbadjer 
fte  (nad^  SB.  2Re^er)  nennt,  bie  $\)mmn,  unb  bie  xavoveg.  3)ie  ßbmnen  bepe^en  auS 
20,  30  unb  meljr  gleic^gebauten  ©trogen,  jebe  mit  bem  gleiten  Mefrain  abfc^ließenb. 
^\n  biefer  ärt  bietete  bor  allem  Romanos  (in  Äonftantinopel,  6.  3^^-)-  ®*e  Äuwn» 
bi$tung   ift   oon  SlnbreaS  Oon  ftreta   (auS  ^)amaS!uS,  ^löxxd)  in  5^^^/   im  ©aba* 

66  Mlofter  V),  geft.  ca.  720,  eingeführt  unb  föeint  juerft  in  S^wf^lem  fceimifö  getoorben  ju 
fein.  ^.  oon  3)am.,  mit  JtoSmaS,  bat  in  i^r  feinen  9tu^m  erlangt  $iefe  gorm  tyit  bie 
ältere  nafyqu  Oerbrängt.  ©ie  ift  biejenige,  bie  nac^  bVjantinifd^em  ©efdbmacf  als  bie  boQ* 
fommenfte  erfc^eint.  ©ie  geftattet  bie  feinften  ßünfteleien.  ^.  M  naep  Ärumbac^erS  IU> 
teil  in  ftünfteleicn  ben  ©ipfelpunft  erreicht.    $0$  man  barf   eben  bie  s3KufiI  nic^t  tKr» 

go  geffen.  ©ie  gehört  toefentlic^  mit  ju  ber  Verbreitung  ber  ©efänge  beS  3-   ®^ne  S3efonba* 


dfotynnne*  *on  Sauiafthtd  299 

\p&  ber  Dichtungen  be3  X  ift,  bajj  er,   hierin  alleinftefyenb,  ba«  ^rimip  ber  Quantität 

mit  bem  bcä  9t$ft$muS  fombinierte,  nic^t  überall,  aber  in  einem  Steil  fetner  berüfymteften 

Kanones,   fo   ben   brei  auf  2Beifynad&ten,  Gfytyfyanie  unb  ^fingften,  bie  in  jambifd&en 

Inmetern  toerfafet  fmb  (f.  $u  tynen  2l.9taudf,  M&anges  Gr6co-Romains,  VI,2, 1894).  ®in 

Kanon  tft  eine  2)i<£tung,  bie  aus  8  ober  meift  9  begebenen  Siebern,  (jtöai,  aufammen*  6 

8*Wj*  tft;   i^**  2ieb  |at  feinen   befonberen  93au   unb  feine  befonbere  SDtelobie,   unb  e$ 

befielt  meift  aud  3  ober  4  Strogen.     (Sine  #aupttiebfyaberei  ber  93ty$antiner,  bie  fcfyon 

9tomaiu>3  pflegte,  ber  bo#  fonft  gerabe  burd?  feine  (Sinfac^rit  unb  ©cfylid&tfyeit  auffaßt, 

unb  bie  3.  bon  3)am.  auf  bie  ©J>i$e  trieb,   ift   bie  Akrostichis,    b.  \).  eine  fold&e  2ln* 

orbnung  ber  SlnfangSbuc&ftaben  ber  Strogen  ober  axid)  ber  Smjel^eilen,  bafe  enttoeber  bie  10 

Xetyenfolge  be£  2U}>&abet3  für  ba$  Stuge  barin  ftd&tbar  toirb,  ober  ber  9tame  beä  35icfyter$, 

ober  jogar  felbft  toieber  eine  ©tropfye.  35ie  jambifäen  Äanoneä  beä  2)ama$aener8  elg  xr\v 

Xoiaxov   yewtjoiv  etc.   ftetten    in    ben   Anfangsbuchstaben    ber   $t\Un    ein   toclppd* 

Wftttfym  bar  (toie  man  bei  Sfcift  ©.  205  ff.  fefyen  mag).    3toci  M>en  no$  in  b*n  $i5 

fliegen  bie  gleiche  3<*W  fcon  SBud&ftaben  unb  banaefy  je  130  $t\lm\  15 

6.  ©onftige  SSJerfe.  2Btr  ftnb  immer  noefy  nic^t  am  @nbe,  ja  e$  giebt  noefy  eine 

tyuqe  Steige  bon  SBerfen,  bie  bem  ©ama^ener  augefärieben  toerben,   f.  9Jtigne  in  allen 

btei  Sanben.  ©ie  fotten  jebocfc  tyter  nur  furj  berührt  toerben.  Sieben  ben  großen  nehmen 

jie  nur  ein  accefforiföeä  gntereffe  in  Sfoforucty.     ©inige  tyaben  ba$  ^ntereffe,  bafj  fte  in 

bie  3«*  faßen   bürften,  h>o  3.  noefc  in  3)ama3fu$  lebte,  fo  ber  getoifj  ec$te  XißeXXog  negl  20 

bqdov  (pQovrjjuaros,  3Rigne  XCIV,  1421  ff.    ©eine  Überfd&rift  'Icodwov  fxovavov  xai 

ngeaämigov  entftmcfct  &ik$ften$  einer  fpäteren  StuSgabe.    35ie  ©cfyrift  ift  eine  Demütige 

SMjtfertigungS*  unb  UntertoerfungSeingabe  jemanbeä,  ber  unter  bem  Metropoliten  bon 

J)am.  ftebt,    (Sin  ßobej  bietet  bie  gange  glaubhafte  Angabe,  baji  biefer  XißeXXog  fei 

htayoga&eig  vno  '/.   rov  Aa/u.f    aber   ijudo&eig   nagä  'HXia   biioxonov  ühgco  26 

puptQOJioihfl  Aapaoxov.   2Ber  ber  (SliaS  h>ar,  toeife  man  nic^t,  bagegen  ift  5ßetru«  bon 

2)am.  Mannt  al£  ber  3Retro))olit,  unter  bem  %  gelebt.     £ie  2Benbung  am  ©$lufi  bon 

c. 7  uigt,  ba^  ber Slonotla^mud  too^lnoc^  gang  neu  toar.   @lia^  mu^ perfönlid? befonberd 

be^  SRonot^eleti^mu^  öerbäc^tig  getoefen  fein,  c.  8.    35ie  ©cfyrift  erbaut  p^.  junäc^ft  über 

bem  ©tymbol,  6U  fte  gule^t  alle  §äreften  namhaft  mad^t,  bie  in  ©efyorfam   bertoorfen  so 

tourbat.   gntereffant  ift,  tote  c.  6  föon  bie  äbneigung,  ja  SSerad^tung  be$  X  gegen  DrU 

gened  ju  läge  tritt    Z^eologtf^  ty&  ber  XißeXXog  an  fi$  h>«nig  33elang.    Slber  er  ift  ein 

3fti0nt$  für  bad  Snfe^en,  in  bem  3-  föon  in  Qam.   ftanb.     SSiedeicpt  ift  bafür  aud^ 

gdtcnb   su  machen  ber  bei  9Kigne  a.  a.  D.   ©.  1436  ff.  atebalb   folgenbe  ro/nog,  in 

toefafcm  $etni^  bon  35am.  ate  berjenige  erfd^eint,  ber  fic$  bon  tym  eine  expositio  fidei  86 

liefern  läfct,  nämltc^  um  bamit  einen  bem  3Jiono})l$ftttemu$  berfaüenen  Sifd^of  „rov  Aa- 

oaiag"  (?)  jured&t  )U  bringen  („Tractatus  contra  Jacobitas").  2)od^  lönnte  biefer  rojiwg 

{iügli^  otup  au$  ber  fbäteren  mönd^ifc^en  3«t  be$  3.  ftammen.  —  Slnberc  Sraltate  ^>aben 

Ua  ^ntcreffe,  ba^  fte  eine  befonbere  $orm  ^aben,  nämlicfy  jum  Seil  bialogifc^e,  ober  bafj 

fte  dü  änd  qjcovtjg  beä  35ama^jener^  bejeic^net  toerben,   un«   alfo   ben  3-   *n   e*nem  *° 

e^ulerfretö,  in  bogmatifc^er  Untenebung,   in  ber  93eanth>ortung   an  i^n  gebrauter  bog» 

matif^er  fragen  »eigen.  38gl.  ben  didXoyog  xaxä  Mavixaiwv  (=  5PauIifianer?),  9)tigne 

XCIVf  1505  ff.   5)ie   didle£ig  Hagaxrjvov   xai   Xgioiiavov,   ib.  1585  ff.,  toirb   bon 

I^eobor  Äbutara  (=  Sifc^of  öon  Äara  jenfeitö  be^  S^tban«  ober  bon  Starrfyae  in 

3Refo)>otainien;  Dgl.  über  u)n  Ärumbad^er  ©.71)  ate  did  ycovrjg  empfangen  angegeben.  46 

3umal    bie    eioaycoyrj  doy/uärcov  <noixeicodrjgf  5Kigne  XCV,  99   gehört  aud^  ju  ben 

„$ittaten".    S^re  übifd^rtft  (Jlwdvvov  xamivov  fjLovayov")  fcfycint  i^re  (Sd^t^ctt   ju 

beden.   JHefe  nirie  Slu^einanberfe^ung  getoiffer  „Segriffe"  %at  am  elften  äfynltcbfeit  mit 

bem  erPcn  letl  ber  mjyjj,  benn  e^  ift  alle«  blofe  „p^ilofop^ifc^".  ©ie  toirb  bem  7a>di>i'?/c 

ooutnajog   bt.  Aaooixelag,   toofyl    einer  Sitte   be^felben  entjpred^enb,   überreizt.    —  eo 

über  einige  toeitere  bogmatifd^e  äb^anblungen   bgl.  Sangen  ©.  161  ff.  u.  173  ff.    3>ie* 

jemge  über  ben  ^mnu«  Sri^^agio«,   eine  imoroX/j  an   einen  2lrd;tmanbriten  ;>rbaneä, 

be^mibelt  ben  befannten  3ufa$  be$  $etru«  ^uUo   (bgl.  aud^  fid.  orth.  III,  10);   fte 

«u^att  in  §  1  einzelne  Slotijen  über  perföntid&e  Se^ie^ungen  be«  3-  un^  täfct  erfennen, 

b«i  ^O^amte«,  „7iaxQidQ%ng  tf]g  äyiag  Xqiotov  rov  deov  fjuwv  jioXeaK",  (man  be«  66 

oäftt  birfe  ©ejeu^nung  Serufalem«,  bie  in  einer  Unterschrift  be«  ©o^roniu«  auc^  ^u  pnben 

ift,  6.  öl.  jton).  act.  XII),   bereit«  berftorben   ift,   boefy  ^ilft  ba«  an  ftc^  für  bie  c^rono^ 

M^  jtoofctyaften  S)aten  im  Seben  be«  $ama$$cncr$  ntd^t  toeiter,   e«  bleibt  eben  auc$ 

Wt  unfu^er,  toann  ber  $atriar$  ftarb.  —  3Jiannigfad^  infyaltltd)  belangreich,  toenn  nic^t 

fe  0-/  fo  für  bie  gried^ifc^e  Rixty,   ftnb  bie  aöfetif$en  Xraftatc  bleiben,    fangen  ge*  eo 


300  Cannes  *™  $anta$fa$  $»l)amtc#  fflcens»» 

toäfyrt  fcon  ibnen  (h>tc  bon  ollen  Schriften  be$  Ig.)  3«^«anga6en;  bgl.  )u  tkqI  twv 
vrjoreicbv  (ÜJtigne  XCV,  64  ff.)  Sangen  ©.  166  ff.,  }U  tuqI  twv  öxtä)  rng  Ttovtjgiag 
jivev/udrcov  (9)iigne  80  ff.),  ©.  169  ff.  (ju  biefer  aud&  Rödler,  S)a3  Se^rftücf  toon  ben 
7  ^auptfünben,  ©.  53  ff.:   bie  Schrift   bringt  bie  öxxd)  loyco/uol  61  noXeuovvzeg  tot 

6  juovaxov  in  ber  3^lung  be$  Evagrius  Ponticus  [f.  )u  biefer  3ödler  ©.  15],  ober 
3.  tyat  nad)  §oH,  S.  parall.  ©.  390,  gragm.,  SSorrebe  ©.  XVII,  auc$  ben  Gaffton  unb 
beffen  [in$  ©riecfyfcfye  überfefcte]  Ausführungen  „negi  xoyv  öxtcd  Xoyiofiätv"  gefannt  [eine 
©teile  barauS  in  Sacr.  Parall.  unter  Axy,  SRigne  XCV,  1212  ff.]).  9lur  gfragmente 
einer  größeren  ©d^rift  fmb  bie  ©tüdte  „negl  dgaxövrcov"  unb  „negl  oigvyywv"  (£ejen), 

10  ÜJKjjne  XCIV,  1600  ff.  SSon  jfoeifetyafter  2lut$entie  erachtet  2an§m  mit  2e  Duien,  au* 
Steife,  bie  beiben  furzen  SluSeinanberfeJjungen  über  bie  @uc$arifhe  9Kigne  XCV,  401  ff. 
(für  ba$  erfte  ©tüdt,  einen  ©rief,  nennt  etn  Codex  ben  „äytcbxaxog  Ilexgog  6  Mavoovg" 
ate  SSerfafier),  ferner  ben  Zxattat  „negl  ätvfxcov"  (SJtigne  XCV,  388  ff.). 

©an)  auf  fi$  beruht  bis  auf  fceitere  $orfcfyung  bie  Scheit,   jumal  au$  ber  tfco* 

16  loaiföe  ©etyalt  ber  großen  Äommentartoerfe,  bie  bem  3-  jugefcfyrieben  tocrben  (ju  fämt* 
lidpen  ©riefen  be$  $aulu$,  ju  benen  auc$  ber  #ebräerbrief  geregnet  ift,  ÜRtgne  XCV, 
441—1033).  £)en  mancherlei  „#omüien",  bie  unter  bem  5lamen  be3  3-  Ö^*11  (SWigne 
XCVI,  545—814),  &at  Sangen  in  ber  Ättrje  (©.  213  ff.)  eine  Äritif  getoibmet;  er  $ft 
fie  meift  für  ec$t;  nur  bie  #omilien  auf  baä  geft  SWariä  SJerfttnbigung  unb  Wlaxxä  ®e* 

ao  burt  beanftanbet  er.  -äKir  f$eint,  bafc  nod)  fo  gut  toie  alles  ba  ju  tfym  ift  Seritymt  ift 
in  lefcter  3eit  ^  „"äJlönd&Sroman"  getoorben,  ben  3-  ate  @rbauung$fc$rift  berfaftt  (übers 
arbeitet)  fyabm  foH:  35ie  loxogla  yvxcocpeXng  beä  BagXaäfi  xal  lamodq).  S)enn  in 
tyr  fyat  21.  Stobinfon  gro&e  $art^ien  ber  Sinologie  be$  ärtftibeS  entbedt  (bgl.  baju  ben 
9lrt.  äriftibeä  33b  II.  ©.  46  f.    3U  *>cm  3Q3erf  im  ganzen,  feiner  3Sorgefc$i<$te  *c.  f.  Arum* 

26  bac&er  ©.  886  ff.)  3Rigne  XCVI  860  ff. 

3u  ben  fyiftorifcfy  intereffanteften  ©tüdten  unter  ben  opuscula,  bie  man  bei  ben  Statten 
beö  ®ama^enerö  trifft,  gehört  bie  ^jtwjtoAw  negl  IgojuoXoyrjoecos  xal  negl  i£ovoia<; 
tov  deojbu-iv  xal  kveiv,  sJMigne  XCV,  284  ff.  ®S  ift  ein  SSerbienft  bon  £oQ,  biefe  ©c^rift 
i^rem  n>irf[id^en  2lutor,  ©^meon  bem  „neuen  St^eologen",  reftituiert  unb  in   intern  be^ 

so  beutfamen  %nt)alt  mit  großer  ©ele^rfamfeit  beleuchtet  )u  fyahm.  93gl.  $oD,  ©nt^ufia^mu« 
unb  »u^getoalt  im  griecfc.  sJ)iön^tum,  1898.  8f.  Ätttenbiif^* 

3of)anneS  tion  ^ara  (9.  ^a^.).  —  Sitteratur:  Assemani,  BO.  2,  118.  219. 
347;  Bickell,  Conspectus  rei  Syr.  lit.  p.  42;  W.  Wright,  Short  history  of  Syriac  Litera- 
ture  204  f. ;  R.  Duval,  Litt^rature  synaque  318.  390. 

86  Cannes,  jafobitifc^er  33ifd^of  toon  35ara  in  üKefopotamien,  lebte  m  ber  erjien  §älfte 
beö  9.  3Mr&unbert$,  &ältpnofc  be«  3)ion^  bon  leHma^re,  ber  i^m  feine  grofee  fljrif^e 
6l;ronif  toibmete.  2öir  lernten  fcon  i^m  bier  SBSerle:  1.  de  resurrectione  corpornm, 
4  93ü$er;  2.  de  hierarchia  coelesti  et  ecclesiastica,  2  Sucher  auf  ©runb  ber  gleich 
namigen   ©Triften  bed  ^ßfeubo^ion^ftu^    (f.    ^rot^ing^am,   Stephen    bar   Sudaili, 

40  Seiben  1886,  p.  66);  3.  de  sacerdotio,  4  Sucher;  au*  (euerem  2Ber!  ^at  $.  $tu* 
3inaerle  in  ber  ^D©  1867,  ©.  183—205,  u.  1868,  ©.  267—285  aJlttteilungen  ge» 
macpt;  einige  ©tüdfe  bed  Driginate  fmb  in  Dberbedf,  Ephraemi  Syri  etc.  opera  se- 
lecta  (Oxon.  1865,  p.  409-413)  unb  Monumenta  Syriaca  I,  105/10  (Oenip. 
1869)  gebrückt;   4.  ein  Sud?   de  anima  (3lu^üge   in  cod.  vat.  syr.  147);   aufcerbem 

«  eine  äna»)^ora.  (®.  »Sbiger  t)  «.  »e|Me. 

^anned (gfeemon,  ber^arm^erjige,  $atriarc^  bon  Sde^anbrien,  gefl 
toa^rf^einlidb  619.  —  «umgäbe  ber  Vita  be«  Seontiuö:  $.  ©eljer,  Seontio*'  t>on  ^eopoit« 
Seben  bed  Ijl.  3ot)anned  bed  ^Barm^erjigcn,  (£^3.  von  ftlejrcnbrien,  in  Ärügerö  Sammlung 
au$gen>.    fivdjen'  unb  bogmcngefd)id)tlid)er  £lueQenfct)riftcn,  $cft5,  gfrb.  Seipjig  1893.    50ie 

60  latcinijdK  lleberfc^ung  beö  ^naftafinö  ^ibliot^eforiud  (f.  ©b  1,  6.  493, 18  ff.),  am  beften 
drdqg.  von  ö-  ftoSwctjbe  in  Vitae  patrum,  Antv.  1615  (banad)  MSG  93,  1613—68  unb 
MSL  73,  337—392),  fobonn  uon  3.  93oüanb  unb  ©.  fcenfdjen  in  AS  23.  Jan.,  Tom.  2, 
498—517.  2)ic  Vita  be$  ^etop^raften  in  ber  lateiuifd)en  lleberfefrung  beS  ©cntianu*  AS 
1.  c.  517—530.     $cr  l)iftovifc^   mertuoflc  Gingang  biefer  Vita  griedjifdj  bei  (Stel&er  a.  a.  C. 

66  108-112.  «gl.  $.  ©cijer,  @in  griedjifdjer  SBolfStäriftfteflcr  be§  7.  3a^.,  in  ^3  61, 
9?5  25,  1889,  1—38  (28);  91.  ö.  ©utfcftmib,  kleine  ©djriften  u.  f.  W.,  ^r»g.  t).  8f.  «ü^I,  % 
ßeipjig  1890,  471-475. 

Über  baä  Seben  ^o^anne^  be$  Sarm^erjigen  fmb  tr>ir  ^au^tfäd^Iic^  bur$  ben  ^anegt^üuÄ 
feinet  Sanb^manne^,  beä  Sifd^ofd  Seontiue  bon  ^eaj)oli^  auf  Stypern  (f.  b.  St)  untemc^ttt, 


ätflpmte*  (gleetnon  ^oljanncö  tion  gj>l)eftt$  301 

ber   auf  ©runb  bon  Mitteilungen  „gläubiger   unb  frommer  Männer"  (®elj.  4,4)  aus 
be$  3°^anncö  Umgebung,  no$  mefyr  aber  unter  93enufcung  einer  leiber  Verlorenen,   bon 
So^amicd  3Rof$u$  unb  ©o^romuä,  bem  foäteren  Patriarchen  bon  gerufalem  (f.  b.  SL 
unb  ©cljer   118  f.),   berfafcten  93iograj>fyie,   für   bie  lefcte  Seben&ett  aud)  atö  eigener 
ftauitnte  ein  fetyr  anfcfymlic&eS  Äulturbüb  fcfyuf,  beffen  geföic£tlic$e  Angaben  freilief)  burc§  5 
bie  übenetylty  emgeftreuten  äfaelboten  überwuchert  ftnb.    Sine  jtoeite  SebenSbeföreibung, 
unter  bem   Flamen  ©tymeonä  beä  9Retat>$raften  (f.  b.  3t.)  überliefert,  getyt  in  ityren  ®in- 
gangäfaptieln  auf  So^anneS  unb  ©o^roniuS  jurücf  unb    bilbet  für  biefe  ©tüdfe  eine 
toertbofie  ßrgänjung  ber  gerabe  tyier  berfagenben  angaben  be$  SeontiuS,  bon  bem  fte  im 
übrigen   toöfltg  abhängig  ifi     35er  Syrier  (©.  108, 17)  IgotyanneS  tourbe  bom  Äaifer  10 
fceradui*  auf  SBunfö  ber  SHejanbriner  gnbe  610  ober  änfang  611  (fo  ©eljer  ©.  124; 
na$  ©uifömib  472  am  13.  3UK  611)  Jum  ^Patriarchen  eingebt,   ©eine  Regierung  be* 
beutete  ein  getoaltigeä  ßrftarfen  ber  ortfyobojen  Sichtung  in  älejanbrien,  baä  fcfyon  burc$ 
bie  SBidfamfeit  be«  Patriarchen  SulogiuS  (geft.  607;  f.  93b  V,  594)  borbereitet  toar.  3la$ 
Jofanneä  unb  ©opbroniuS  (Sym.  Met.  bei  ©.  111,1)  berjetynfactyte  fic$  bie  gaty  ber  ben  16 
Rechtgläubigen   gehörigen  Atrien.    3RU  bem   oberften  faiferlic^en  Beamten  TOcetaä  be= 
frambet  unb  bon  tym  bielfacfc  unterftüfct,  toar  Ig.   boefc   ein  ausgekrochener  ©egner  ber 
Km  ßeracliuä  unb  bem  fiofoatriarc^en   ©ergiuS  (f.  b.  31.   3Ronotfyeleten)  angeftrebten 
$olitu  ber  ©migung  bon  Drt^obojen  unb  2Rono}>^fiten,  toaS  freiließ  toeniger  au$  ben 
Angaben  be£  SeontiuS  als  aui  gelegentlich   überlieferter  ÜRotij  (f.  2Rasimu$  gonfeffor  20 
Wsp.  c  Pyrrh.  MSG  91,  332  f.)   gefölofjeh  toerben    fann.      $n   ber  @efd&ic$te  ber 
4rifUi$en  2tebe$tyättgieit  ift  3.  befonberä  berühmt  getoorben  burety  äBerfe  ber  Sarrn* 
berjigleit  unb   feine  feine  ©cfrranfen  fennenbe  2öofyltfyätigIeit,  für  bie  freiließ   bie  unge* 
peiaen  Mittel   feines  ÄtrcfyenföafceS    —  nad)  feiner  eigenen '  Stngabe  (©.  92,  25)   fanb 
er  beim  ^Regierungsantritt  80  Gentner  ©olb,  b.  fy.  über  7  SKittionen  2Kart,  bor  —  unb  26 
bie  fortgefefcten  2iebe3gaben  ber  aler.anbrinifcfyen  frommen  nid&t  ausreichten,  bie  ibm  aber 
bie  $erjen  be3  SBolfeä  gewannen.    Seontiuä  berichtet   jatylreicbe  äuge  feiner   -Dcenföens 
jramMityfeit  unb  feiner  auf  bem  ©runbe  mönc&ifcfyer  grömmigfeit  faft  toeltfremb  gearteten 
Santtfcqigteit.    %ixx  ^o^anneS  ejiftierte  ba$  ©ebot  be$  ©iraeiben  (12, 1)  unb   bie  Iluge 
Sorfäinft  ber  $iba$e  (1,6)  nic^t:   er  liefe  ba$  Stlmofen  nid&t  föh>ij}en   in   feiner  #anb  ao 
fonbern  er  gab  jebem,  ber,  ob  mit  ©runb  ober  ofyne  ©runb,  93ebürftig!eit  geltenb  machte. 
IIS  bie  ißerfer  gegen  SUejanbrien   fyeranjogen  (nac^  ©el$er  ©.151  f.  im  ©ommer  619, 
naefy  ©utf^mib  617),  flo^  3°^anne^  na4>  St^ern  unb   ftarb  }u  2lmatfyu3  am  11.  s3io= 
bember,  toa^rfd^einlid^  619.    ©ein  ©ebäc^tniStag  ift  ber  12.  9lobember.      <&.  Ärägcr. 

^^anneS  tion  S^^efnö,  Jtirc^engefc^ic^tSfc^reiber  beS  6.  ^a^unbertS.  —-86 
Hitteratur:  AssemaDi,  BO.  1,  359—386.  2,48.84;  Barhebraeus,  Chronicon  ecclesiasti- 
com  1,  196.  224;  W.  Wri^it,  Short  history  of  syriac  literature  102-107;  R  Duval, 
Iitt&ature  syriaque  191— 195,  364;  3.  %  91.  ßanb,  3ot)anneSuon  (Sp^efuS,  ber  erfte  f^rtf^e 
ftird)en$tftoriter  (Serben  1856);  ber(.,  $e  ©ebenffdjrijteu  uan  een  sIRonopt)t)fiet  uit  be  $e$be 
tnm  (Ser*l.  en  Webeb.  ber  «on.  5Cfab.  uan  ©etenfd).,  %fb.  Öetterfunbe,  3«  veefS,  beel  V,  40 
«mfterb.  188*9;  ©.  ®.  Äle^n,  SacobuS  ©arabeüS,  3)e  6tid)ter  ber  S^rifcfte  «Konop^fietifcfte 
fterl  (Setben  1882).  2)ie  foaen.  Ä©  beS  3Qd)ana§  JH^etor  in  beutfdpr  Ueberfe^una  ^erauS« 
Begeben  wn  St.  «ftren«  unb  ©.  ftrüger  (ficipjiQ  1899,  6.  VIII,  XVIII  f.). 

Serie:     1.  The  third  part  of  the  ecclesiaetical  History  of  John  bishop  of  Ephesus 
dow  firat  edited  by   Will.  Cureton.    Oxford,    Clarendon   Press.  1853,  4  (f.    53ernftein    in  46 
3&m©  8,  387) ;    — ,   Now  first  translated   f rom  the  Original  Syriac  by  R.  Payne  Smith, 
cbenba  1860.     S)ie  £$  be§  3ot)anne§   Don  eptiefuö.      9lu3  bem  6t)rt(d)en  überfe^t.     ^flit 
einer  Vbfeanblung  über  bie  ^rit^eiten   von   3-  ^   Scbönfelber  (^iincfjcn  1862;  (.  ©efele  in 
tf)D8  44  [1 862^6 74 -684).     2.  Joannis  Episcopi  Ephesi  Monophysitae  scripta  historica 
qaotquot  adhuc  inedita  supererant.     Syriace  edidit  J.  P.  N.  Land.     Anecdoton  Syriaco-  60 
nun  tomus  seeundus.  Lugd.  Bat.  1868,  4°  (f.  ißölbefe,  fi©S31.  22.9(ug.  1868);  Joannis  E.  E. 
8yri  Monophysitae  commentarii  de  beatis  Orientalibus  et  historiae  ecclesiasticae  fra^iiienta. 
Lata*  ferterunt  W.  J.  van  Douwen  et  J.  P.  N.  Land.      Edidit  Academia  Reda  discipli- 
ntnun  Nederlandica   (Amstelodami    1889,   Lctterk.  Verh.  der  Koningl.  Akademie,   bfeel 
XVIII).    3.  F.  Nau,  Analyse  de  la  seconde  partie  inöditc  de  l'Histoire  Ecclc^siastique  de  66 
Jean  d'Ame  in  Eevue  de  TOrient  Chr^tien  2, 4  («ßariö  1897,  457-  493). 

3o$amte3  bon  Sp^efuS,   öfter  auc^  Qo^anne^   bon  9lfien   genannt,   in   ben  erften 
Saucen  be«  6.  ^a^unbert«  in  älmib   in  3Jiefo^otamien   geboren,   529  im  ftlofter  brö 
W-  ^o^anned  bafetbft  jum  Siafon  getoei^t,   534  beim  9lu3bru$  ber  $eft  in  tßaläfttna, 
toar  bon  535  an  in  Äonftantinobel,  tt>o  bie  monop^fitifc^en  S^rer  beim  golbenen  $orn  60 
cm  Älofter  Ratten.    2)ret^g  ^af?re  lang  ift  er  ber  Vertraute  Quftinianä,  ber  i^n  feit  546 


302  3ofjantte*  Hott  (gpfjeftt*  ^fo^atttted  IV.,  Sfcjpitator 

mit  bcr  SSefämpfung  beä  §eibentumS  in  Äleinaften  unb  in  ber  £auptftobt  beauftragt, 
batycr  er  ftcty  felbft  „ben  fietyrer"  ober  „Sluffefyer"  „ber  Reiben",  „ben  »recfrer  ber  ®öfeen* 
bilber"  nennt,  ©iebjigtaufenb  fott  er  belehrt,  ben  Sau  bon  96  Stinten  beranla&t  ^awn. 
Sludfo  für  bie  öon  Julian,  ifyeobor  unb  SongmuS  betriebene  9Jliffum  unter  ben  -ftubiern  unb 

6  älobäern  interef jterte  er  ftcfy,  inbem  er  bernünfttgertoeife  bie  neu ju  getomnenben  toon  ben 
bamaligen  cfyriftologifcfyen  ©treitigfeiten  berfctyont  toiffen  tooßte.  9cad^  bem  Xob  Sufttntan^ 
fyattt  aucty  er  unter  ben  Verfolgungen  ber  SDlonop^ftten  ju  leiben.  (Sr  entf$utbtQt  bamit  bie 
Seföaffenfyeit  feiner  Äirctyengefdfoidjte,  beren  einzelne  Äapitel  ju  begebenen  3«kn  «h  **** 
föiebenen  Orten   auf  einzelne  Snätter  niebergefctyrieben,  toon  gwunb«t  2,  3  3a$re  **** 

10  borgen  gehalten  tourben.  3)ie  beiben  erften  Seile  in  je  fed&ä  Supern  führten  toon  ßäfar 
bis  jum  f elften  %af)x  3uftin$  (571);  ber  erfte  ift  ganj  berloren,  ber  jhoeite,  toie  erfiStau 
1897  nactytoieä,  ju  einem  guten  Seil  in  ber  ßfyronif  beä  DioifyftuS  tum  %<&  Starre  et* 
galten  (f.  aufeer  ber  oben  genannten  Arbeit  öon  SRau  bie  bon  Jtrüger  ju  3a<$aria£ 
p.  XVHI   angeführten  auffege  bon  SHau  im   Bull.  crit.  1896,  24;  1897,  3.  Journ. 

16  As.  1896  (8).  346—358;  au%  SRölbefc  im  2693  1897,16);  einjeine  »ru^ftüde  üb« 
greigniffe  au$  ben  ^ren  520—568  bei  2anb  (oben  9fr.  2)  ©.  289—329. 363.  385  bö 
391.  £>er  britte  Seil  ift  mit  ben  um  569  gefammelten  i?eben«bef($reibungen  ber  tym 
befannten  SKänncr,  toie  gafobuS  93arabäuS,  ©eöeruä,  S^eobofut«,  8tot$tmu$,  eine  Duette 
erften  SlangeS  für  bie  morgenlänbifctye  Äirc&engeföictyte  beä  6.  3a$r$unbertS.    3)er  forif^* 

20©ti(  be$  SDtanneS  ift  nid^t  ber  befte.  $t\t  un*>  Ort  feinet  SCobeS  ift  unbefcmnt;  um 
585  toar  er  actytjigjctyrig.  (»..«WMgert)  <&*•  »t|He. 

3oljatttte$  fron  @orf|  f.  S3b  VI  ©.  740  ff. 

3of}amte3  IV.f  ^ejunator  (NrjoievTrjg),  ^atriarc^  öon  ßonftantinopel, 
geft.  595.     Oucllen:  $on  ber  jettgenöffifc^en  8Jiograp&ie  bc3  $rc8bi)ter«  $^otinu«  ift  nur 

26  ein  Stüddjen  in  ben  Elften  be3  7.  öfumenifdjen  ÄonjilS  (Mansi  13,  80—85)  erhallen.  $ie  tfotij 
be§  SrabriciuS  (f.  u.)  ©.  108,  baß  eine  $arifer  #anbfd)rtft  eine  Dom  $atrtard)en  fticepboruS 
(806—815)  oerfafjte  ©iograpljie  entfalte,  ift  falfcfc;  £.  ©et^er,  ber  bie  Vita  fcrau&gegeben 
bat  (3»o2t)  29,  1886,  59-89),  Ijat  gejeigt,  bafe  c8  fid)  um  ein  (Snfomium  auf  einen  anderen 
3ot)annc3  WefteuteS  banbelt  (f.  unten);   »erfaffer   ift  au$   nid)t   ber  ^atriard)  fticeplpru*. 

80  fonbern  ber  <ßatriard)  ftafliftuS  L,  ber  1350—54  u.  1355-63  amtierte.  Sgl.  weiter  bie 
bttjantinifdjen  .J>iftorifev  unb  Chronographen :  (SoagriuS,  EbeoptyulaftuS  €tmocatta,  Xfyo* 
Planes,  ßebrenu^,  9?icept)oruS  &aüiftu3;  bie  Äirc^cngefd)id)tc  bed  So^anned  oon  (Spbefttft 
(überfc^t  uon  3.  9H.  Sc^önfelber,  Wündjen  1862)  3,  39  (f.  aueft  bie  Ueberf(öriften  ber  Äapp. 
51  \u  53,   beren  Scjt  ucrloren  ift);   bie   ©riefe  ©regorö  b.  ©r.  (MG  Epist.  Tom.  I  u.  Ö); 

86  leid.  Sevill.  de  vir.  ill.  39  (ed.  ü.  3)jialoiu«fi  G4ff.;  ugl.  68).  —  fiitteralnr:  Guill.  Cu- 
perus,  Ad  historiam  chronologicam  patriarcharum  CP.  Dissertatio  praevia  im  Vn^ange  |U 
AS  Aug.  Tom.  1,*69-  *74;  (J^r.  Wl.  <Pfaff.  Dissert.  de  titulo  patriarchae  oecumenici,  Tubing. 
1735;  3.9R@«roecfb,  G&rift.  m  17,  fipj.  1792,  56-79;  3«.8abriciu*,  Bibliotheca  Graeca 
(ed.  £ar!e$)  11,  Hamburg  1808,  108—112;  «.  3.  ©intertm,  3)ie  Oorjügli*ften  3)en!würbig. 

40  feiten  b.  «rifufat^ol.  ßtrd)e  5.  »b,  3.  ZI,  Wlainj,  lb29,  383-390;  «.  $i*ler,  Oefd).  b. 
firc^l.  Trennung  jtoifcften  b.  Orient  unb  Occibent  2,  SHündben  1865,  647-666;  JJ.  ^ergen« 
rötfjer,  $(jotiu«  1,  9tegen§burg  1867,  178—190;  $.  ©rifar,  Cefumeniftöer  tpatriar*  unb 
Wiener  ber  Wiener  ©ottc«,  in  &%*>  4,  1880,  468-523;  3.  Sangen,  ©efd».  b.  röm.  *tnfc 
uon  Sco  I.  biö  MifolauSL,  53onn  1885,  412.  436.  446  ff.;  ^.  ©eljer,  3)er  Streit  um  h.  Xitel 

45  b.  öfumenifdjen  ?atriard)en,  in  §pxXf)  13,  1887,  549—584;  M.  L  A^wr,  [Iargtnoiixoi 
Uiraxeg,  Äouftantin.  1890,  232-236;  %.  ^attenbuf«,  fieftrb.  b.  Dergleidjenben  Äonfeffton«* 
funbe  1,  5rb.  1892,  111-117.  262,  W.  1.  376.  390,  92.2  (f.  au«  $&.  TOe^er  in  XffiS 
1891,  232);  91.  (S^rbarb  in  ÄrumbocftcrS  8§£ant.  fiitt.=@ef4  *,  "äWün^en  1897, 144;  Ä.$oH, 
@nt^ufiQdmu$  unb  93 u& gemalt  beim  griedj.  W6n^\umf  fieipjig  1898,  289-298. 

60  30^anne^/  gebürtig  au$  Jtonftantino)}e[  (fo  baö  ©^najartum  unb  bie  SWenäen 
jum  2.  September;  fc^on  Sftbor  nennt  i^n  in  93ertoe$felung  mit  bem  ^Satrian^en  305 
Cannes  II.  einen  Äa^pabojier,  aud^  bei  gabriciuS  108  finbet  ft4  berge&ler,  bem  t&  airf) 
jujufc^reiben  ift,  bafe  ba«  öon  ©o^roniu^  fcon  3^ntfalem  bei  $^otiu«  Cod.  231  Bekk. 
287  a  20  Don  Q^amieS  bem  Sappabofier  gebrauste  ©pit^eton  dgerrjg  olxmrjgtov  auf 

65unfereit  X  belogen  tourbe;  baö  richtige  f$on  bei  Super  *69),  tt>ar  unter  3<>9<mn€$  HL 
Sc^olaftifu«  (565—577  f.  b.  31.)  SMafon  ber  großen  (®opfym*)Sl\xd)t  (2^«^.  ed, 
be  Soor  p.  251, 23)  unb  ©acettariuS  (3o^>.  <5pfy.39)  geworben,  ©d^on  in  biefa  Stellung 
jeid^nete  er  ftd^  burc^  (Sntyaltfamfeit  unb  3Serfe  ber  Sarm^erjiafeit  berart  au»,  ba^  a 
ben  Seinamen  6  vrjoTevTrjg  (S^eopty.  p.  251,24)  reblicty  berbiente.     ©ele^rte  ©Übung 

oofyat  er  nid^t  befeffen;  toenigften«  nennt  9?iceptyoruS  (18,34)   i|»n  einen  tdtdnrje.    SBiber 


anatme*  IV ,  ^qttnator  303 

feinen   9BUfot  (3o&.  ®J>^.  39;   ©reg.  Epist.  1,4  ed.  MG  I  5,  i)   al«  5Ra#>lger  be« 
eutttftu*  (f.  b.  «.  93b  V,  648)  am  12.  Styril  582   burety  Siberiu«   jum  «Patriarchen  er* 
^otat,   $at  et  bei  biefem  Äaifer  unb   feinem  5Rac$folger   in   fyofyem  2lnfefyen  geftanben. 
ßr  toar  fcugegen,  al«  Siberiu«  feinem  ©cfytoiegerfofyne,  bem  ©eneral  SKauriciu«,  auf  bem 
Totenbette  (14.  Stuguft  582)  bie  §errfd&aft  übertrug  (S^eo^L  I,  1,2   ed.   be  Soor  6 
p.  39, 2 ff.;   2#eot>&.  p.  252,  7).    @r  fegnete  bie  ßfye  be«   neuen  Äaifer«  ein  (2$eot>fy}I. 
If  10, 2  p.  57,  7  ff.) ;  er  boUjog  bie  Krönung  be«  $rin$en  Styeobofiu«  (2&eol4  p.  267,  28). 
%u&  3o^.  @}>&.  39   tyit  er  ftety  ben  unter  ben  legten  Patriarchen  arg  bebrängten  3Kono= 
pbtyftten  al«  8efc$ü$er  gezeigt;  feine  Soleranj  fyatte  aber  ifyre  ©renken,  benn  9lic$t$riften 
gegenüber  toar  er  unnacfcfutytig  föoty.  ®pf).  53),  unb  au«brücflic$  berietet  S^eo^laft  (I,  io 
11, 14 ff.  p.  61,9ff.),  bafj  er  troft  ber  Slbneigung   be«  3Jtauriciu«  bor  93lutbergiefcen  bie 
Einrichtung  be«  ber  &aubmi  befctyulbigten  $aulinu«  beim  Äaifer  burcfygefefct  fyabe.    211« 
ber  $atriar$  am  2.  September  595  ftarb,   übernahm   ber  Äaifer  ben   tym   bereit«  ber* 
tfänbeten  5Ra#lafc  be«  frommen  fjfafter«,  beftefyenb  in  einem  SKantel,  einer  Dedfe  unb  einer 
Settftefle  —  ba«  barauf  geliehene  ©elb   fyatte  Pfanne«  unter   bie  Slrmen   berteilt  —  is 
unb   e^rte  biefe  ©egenftänbe   toie  bie  Reliquien  eine«  ^eiligen  (3$eop^l.  VII,  6,  1  ff. 
p.  253,  21  ff.),     ©ie  griectytfctye  Äirctye  fefcte   feinen  tarnen  jum  2.  September  in  ben 
Äalenber. 

9tic$t  fo  bie  römifd&e  Kirche.    !go&anne«  *ft  m  b«  Äirctyengefdfoicfyte  fyauptfäd&licfy  be* 
tarnt  geblieben  burefc  ben  ütelftreit,  in   ben  er   mit  feinen   beiben  römiföen  ÄoHegen  20 
$dagiu*  11.   unb  ©reger  I.  bertoicfelt  tourbe  (f.  auefy  bie  9lu«fityrungen  in  bem  Slrtifel 
©regor  93b  VII,  83, 24 ff.,  bie  freiließ  ben  frringenben  *ßunft  nid&t  berühren).    ®ie  %fyat* 
fachen  finb  folaenbe.    3n  ben  Sften  einer  588  (nid&t  587 ;  f.  $agi«  SRote  Mansi  Concc. 
9,973  f.)  )u  Äonftantinopel  unter  bem  33orfi$  be«  Pfanne«  abgehaltenen  ©tynobe,  bie 
ben  Patriarchen  ©regor  Don  Stationen  bon  ben  gegen  ifyn  erhobenen  änflagen  (f.  baju  25 
tont<$mlic$  3jo&.   ®t$-  5, 17)  freiforaefy,   toar  ber  fionftantinopolitanifd^e  $atriarc$   a(« 
äoxujüoxoTiog  xai  olxovfisvcxdg  naxQiaQxrjp  bejeic^net  toorben.    $elagiu«  erfyob  gegen 
töefe  angebliche  (f.  unten)  Neuerung  ^Jroteft  in   einem   nic^t  mefyr  erhaltenen  ©^reiben 
(f.  ©reg.  Ep.  5,41  [4,36]  p.  332, 6 ff.   unb  5,44  [4,38]   p.  339, 5 ff.;    bie  epistola 
Pelagii    ad    universos   episcopos   [Mansi    9,900—905]    ift   eine   ))feubo=ifiborifcfye  so 
golfc^ung;  f.  $.  $inf$iu«,  Decret.   Ps.  Isid.  720)  unb   berbot  feinem  2l^ofrifior  in 
JflS.,   mit  3.  bo«  Slbenbma^l  ju  feiern  (©reg.  1.  c).    35er  ©trett   erneuerte   fiefy   593 
«nter  ©regor  Lf  ber  übrigen«  ^o^anne«  nid^t  nur  bon  5tfß.  fyer  J)erfönlic§  fannte,  fonbern 
au$  gleich  nac$  feiner  9Batyl  fiety   brieflich   an  ibn  getoanbt  (Ep.  1,4  p.  4  f.)  unb  tym 
ab  fernen  coepiscopus  unb  frater  carissimus  feine  regula  pastoralis  getoibmet  fyatte  35 
(fo  ita$  bem  glaubtoflrbigen,   too^l   auf  Seanber  [bon  ©ebilla]   jurüdge^enben  [f.  ©jta- 
toto«fi«  Änmerrung]  3eugni«  Sftbor«  bon  ©ebilla;   ber  9Btbmung«brief  ©regor«  [Ep. 
1,24a  p.37f.]  ift  an  einen  Sifc^of  Qo^anne«  obne  nähere  Slngabe  be«  ©ifce«  gerietet). 
im  Xiüa^  jum  Streit  bot  ©regor  burdfo  feine  dinmifc^ung  in  einen  35i«^linarfall  ber 
orientalifc^en  fitr^e.    $\qä  Heinafiatifc^e  $re«bt;terf  ^o^anne«  au«  6l;alcebon  unb  3lt^a=  40 
Mfhid,  3Rond)  hn  Älofter  lamnafu«  in  2^faonien(fo  ©reg.  Ep.  6, 62  [5, 64]  p.  437, 27  f.), 
toaren  ju  Äonftantinoj>el  toegen  ile^erei  (f.  ba«  SRäfyere  bei  ©reg.  Ep.  6, 14—17  [5, 14— 
17])  mtt  Änütteln   gejitytigt  toorben   unb   Ratten   fic^   flagefityrenb   an   ben  ^ßapft  ge* 
toanbt    3n  einem  nid^t  me^r   erhaltenen  ©^reiben   er^ob  ©regor  einf^radje  gegen  ba« 
Scifatyren  be«  ^atriard^en,  biefer  anttoortete  junäc^ft  au«toeic^enb,  ber  $apft  remonftrierte  45 
bon  neuem  (Ep.  3,  52  [53]  Suli  593).    Stonmctyr   fteUte  %  bie  ängelegen&eit  in  einem 
bafi^nlU^en  ©(^reiben  (©reg.  Ep.  5,  44  [4,  38]   p.  343,  30 :   scripta  dulcissima  at- 
qua  suavissima  de  causa  presbyterorum)  flar  unb  überfanbte  gleichzeitig  bie  ^ßro^e^ 
aften.    Der  Umftanb,   bafe  in  biefen  Sitten  bie  SSe^eid^nung  oixov/tievixog  naTQidqxrjg 
ptene  per   omnem   versum  (Ep.  5,45  [4,39]  p.  344, 16)   toteberfe^rte,   beranla^te  50 
®K|jor  ju  einem  W^fl^n  änttoortfe^reiben  (5, 44  [4,  38J  3uni  595),   in   toelc^em  bie 
„Sraftctt"  unb  ber  „^oc^mut"  be«  Patriarchen  in  ben  üerle^enbften  3lu«brücfen  gerügt, 
jener  2ttd,  ber  feinen  Iräger  al«  ben  Dberbifc^of  erfd^einen  laffe  unb  i^n  über  alle  feine 
ifabtfc^öfe  ^tnaud^ebe,  al«  eine  teuflifc^e  9tnma|ung  ^ingeftedt  unb  bem  ©egner  ber  %aü 
SucifevS  al«  toamenbe«  Seif^iel  borge^alten  toirb.     sJ2iemanb   fyabt  je  biefen  Xitel  ge=  55 
fita,  and}  nxdft  ber  römifd^e  $a))ft,  obtoo^l  ba«  ffon^il  bon  Gbalcebon   i^n  biefem  ju- 
D^anben   ^abe  (über  bie  entftej^ung   biefer   fallen  S3e^au))tung   f.    §efele,   Äonjilien* 
tfdfött  *  2, 544  f.).    ©eine  heftigen  ^rotefte  ber^allten  unge^ört.    Äaifer  SKauriciu«,  an 
tat  W  ®tegor  flleic^jettig  (Ep.  5, 37  [4, 32J) ;   bgl.   auc^  ben  »rief   an   bie  Äatferin 
tonpmitina  5, 39  [4, 34J)   mit  ber  Sitte  toanbte,   bem  Patriarchen   bie  p^rung   be«  co 


304  3*     mrv., 

latd*  -mbt  \u  jennrten.  ttut»  ni  2em  Bumdbc  aoBtg  uapgangüib.  4bm)  im  3aü 
.">9>i  ermahnte  sc  3en  ftmunheu  >jrufn<nnf*  3011  JBetan&nen,  dnt  xodft  cdä  p*pn  uni- 
versalis iu  Beamten  Ep.  i.  21)  :?<>•;.  £09  er  3mmnne£  mit  bat  Samte  belegt  babe 
unb  Dieter  jfcnc  SiDercux  etntft  stij^tidxn  Taoes   jcfluilicit  fei  —  an  0atissgerm)t  für 

5  "eine  aetttodte  gesibeiet  jnD  *cnnn  ItuUtcbrn  (Smjet^  tfr  oft  tpalae  ujiuiji$e  Xtabitiini 
'Jon.  Diae.  Vit.  'ire^.  3,  30 1.  ^e&etuuus  aber  blieb  (Srogmö  jhnigeä  ILrted  aber  ben 
Barrianben  ür  3te  jnxnbianüridie  Ambe  iimüflcftcnP.  uno  Die  Änlanbijfam  ^afecn  fernen 
Samen  jus  inrnn  Jier^cnmne  inmjrnMmfeu  «Ad  ±  Sept.  Tom.  L,  337 D:  e  saeris 
fastis  exetadimast. 

:o  ,^ur  Seurtrituiig  Des  Suwtftf  ift  roigcubeö  ^n  fagen.  3mi£u$jt  &***  fu^  ®wgin  g& 
irrt,  meint  er  9er  Üienuinq  mar,  ^[abanneä  babe  eine  frtsber  uneibüite  Heuerling  twf= 
genommen.  Xas  märe  nur  3er  .Tafl  jeuieicu.  menn  der  foiliumb  jid)  felbfr  al£  oixov- 
upvtyetK  xaT*vrio%r]^  uiUH^enbnet  fwtte.  -sie  es  Die  Buiiimibeu  be£  jpateren  iRittelaltnä 
unb  Der  Jieu^ett  ^etban  aabet.    ^obarnies  box  Daä,   ürtDct  mir  uadfptafcx  bauen,   tödft 

15  jptbcai.  ier  Xhel  Jo^cj^iKrarKZDc  *ai  'Hxovuevtxtx;  anxouiamq  lagt  fk$  ab**  fär 
die  fönnantmmjoGtamttben  Bamanben  febon  fett  Der  3«*  öe#  ofl^nmt*  IL  Aappabog 
(513;  na<firoexien  f.  Die  Seiege  bei  (Seiner  -5tj8iT..i-  &ufi  m  ber  Snu$me,  baft  feine 
Sotgänqer  rw6  Dem  Xitel  episcopas  aber  patriarcha  (papa)  universalis  gegeaabg 
icbtetbttoeg  obCefmenb  uerbaiten  batsen,  irrte  (Sogar:  für  Seo  LP  Jpornriäbrö,  SonifatiuB  II. 

30  unb  jfgatoet  lägt  Sc6  Da3  ®egrtiifrl  lunmoenen.  (fö  Ca§t  vub  aber  toeiter  am$  baiübex  pieüea, 
06  (Tregor  mit  feiner  Xemung  Deö  Titefe  ai^De*  episcopas  anirersalis  «ab  gene- 
ralis pater  iEp.  o,  U  >,  38^  p.  :U;3.2^  im  ^mne  einer  ttberodmuna  bes  b^oroimf^ei 
i&üiiiuuien  über  jde  inoeten  ©brfjiüt,  juri)  Den  tömäd^en,  bie  3Sor(MIawg  trifft,  bic  bie 
(9tiec6en  Damit  gerfianDen.    Xnajtamxä  Der  9i6(totbefiir  erfuhr  bei  fernem  Xufeiiityatte  in 

x  Äonftarmnotjet  i .^D  i.  ö.  X  8b  I  492.  uff.).  Das  bie ®rie$en  non  ideo  oeenmenieiim, 
quem  mnlti  universalem  interpretati.  sont^  die«ent  patriarefaam,  qnod  totins 
orbis  teneret  praesnlarnm,  sed  qnod  enkkam  parti  orbis,  qnae  a  Christianis 
inhabitatur,  praesit.  UnD  Diefe  Inrnrng  bat  (ttos  @d^eö  Suifrunfr)  üid  für  {h^.  $U^ierf 
feanqen  unb  bei.  Jtxttenbutcb  if.  aub  iJb.  jRe&er  in  2te3  1891,232)  Snb  für  bte  neber» 

3ofe^una  be^  o«x.  .twto. mit  Jfcettbäwtrianb'*  mit  triftigen (Scunben eingetreten:  ^offenbar $ 
Der  otumenifebe  "Batrianb  Der  oer  Den  anfieren  mit  Dem  Sertranen  beä  Jtatfers  begnabete, 
Den  anbeten  al*  Jotbtlb  bingeftedte,  im  $nxä*bsfalL  für  bie  oixovpfni,  bas  Sem)  unb 
feine  Ambe  moB^ebenbe  ^atnattb"  (Jtattenbufcb  117).  Jafur  fyvdfl  auc^  bie  Seibfc 
rmfamtUAUti,  mtt  Der  ^unnrian  in  6ober  unb  Sotjeflen  ben  Zttel  bertoenbet,  tod^tenb 

v,  er  btx$  ebenfo  fe(6nberftanb(i^  Dem  ümüKben  Öi?(bcf  ben  oberem  Slang  pierfamt.  6# 
erfebeint  al^  febr  pfaujibel,  Da^  Der  Xttd  gerabe  in  ber  $nt  ber  burd)  bas  ^enotifon 
berbeigefiibrten  ftircbentremiung  aufgebmmen  $  i&djer  568;  ba^  Snafiafiud  I.  bem 
%\atxiax<fan  fca^  ^raßtfat  gerabeju  t)erüeben  babe,  toie  Äattenbuf^  a.  a.  O.  bennutet,  tfl 
angefid^t^  ber  (fytfdftdjtt  ber  Titulatur  unUKxbrfc^eauu^)  unb  ntjofetn  boc^  einen  (Segenfaf 

46  gegen  ftom  tmfäUtfr.  ^ebenfaS^  aber  betraft  bie  t^atfa^e,  ba^  @regW  unb  fräteter 
%\tipfa  n>tebei^o(te  ;JBrotefte  xm  ganzen  Crient  unge^ort  ber^aflten,  einen  tote  geringen 
iftlert  man  (>ta  auf  römiie^e  Sonbermeinungen  legte. 

Jlad)  \\)\t>vx  bat  ^o^anned  einen,  bem  Seanter  bon  SebiBa  getotbmäen  traftat  de 
ft*wrftm*nf'>  \mpi\»mnt\a  berfaBt,  ber  bon  3-  lebiglu$  ab  eine  ^ufammmfienung  bon 

a,  %\\t\p\i\<bftx\  aitrttxHätcT  über  bte  breimalige  Untertau^ung  (^arattertftert  toirb.  Unter  bem 
tarnen  bf«  ^atx\axä)tn  ge^en  noc^  beute  folgenbe  Sd^riften:  1.  äxoiovdia  xcu  täfa 
hü  t*oHo).t9yo»fihfi>v  (nftmalig  gebrudt  bei  3-  3Rorinu3,  De  diseiplina  in  admi- 
tt\nt rt* tlt, iw  «ftcrftm^nti  poenitentiae,  $ari^  1651  (u.  ö.)  im  9m)ang;  MSG  88, 
IWtfj    y,i\H,  bg(.  VXW     :>,(>),  eine  ^nftruttion  für  bieSem)r|mefier  )ur  Sertoaltung  bed 

w»  9hif)gnid;tf#  ;  2.  M/oc  noos  tw  fxlXXovra  Igayogevocu  xov  iamov  nvev/junixor 
/tutfoti  nUmxn  I.  «.;  M80  1919—32),  ein  äu^jug  aitö  9te.  1;  3.  tuqi  fieiavolag 
Hti)  /yy.ttftftffic  xtil  natßtvinq  (MSG  1937—78;  au<$  bemS^foftomudjugefc^eben); 

4.  /f/ol  ~i/>riiAn/rof>tfr/u7n>  xtX.  (unter  ben  3Berfen  bed  6$ripfoftomu$  MSG  54,  553 — 568); 

5.  AtfiaoxtiXin   uovatovoöw  xai  btiripua  ixdorov  äfiaoztjßiaTos  (^rdg.   bon  9L  8. 
i»*llw,  Hpl«ll.  Holcmm.  1,  $ar.  1858,  416—435);   ber  erjie  leil  au^   in  be«f.l8erf. 

.Mir.  Krd.  (Irawj.  HiHt.  et  Monum.  2,  Rom.  1868,  226—335);  6.  eine  utetrifefc 
jutunlvtiut  (Hlnnrii  nd  monachum,  ^g.  im  Spie.  Sol.  1.  c.  442 sqq.  u.  Jur.  etc. 
I.  <•..  .Tjrim|.).  Reine  biefer  ©tbriften  tfi  auf  unferen  3.  jurüdäuffi&ren.  3)ie  Une^t* 
beit  bon  9tr.  1  u.  2,  bie  bie  alten  riaorofen  Su^fanone^  burd?  milbere  erfe|en  tooOen, 
ynt  |ri)on  9Mntcrim  ertoiefen,  unb  §o\l  l?at  neuerbingd  barget^an,  ba|  fte  ben  )»on  ®dpr 


(Hl  fy(1 


3»tyutite*  IV.,  Stimmtet  3foljamie$  ÄlimafaS  305 

(f.  o.)  entbecften  gafter  Igo&anneS,  «inen  fawabojiföen  Wünä),  ber  um  1100  nad&  Äon* 
ftantuiopel  tarn  unb  bort  baS  ^etratlofter  hrieberfyerftellte,  jum  33erfaffer  fyaben.  Ob  bie 
übrigen  bei  3Ktgne  unb  $itra  gefammelten  Städte  bemfelben  33erfaffer  jujufd^reiben  ftnb, 
iß  no$  ju  unterfu$en.  ©.  Ärüger. 

3*f)«uue8  ftltmaftrt,  geft.  nadfr  600.—  ausgaben:  TOatt^.  föaberuS,  $ariS  1633,  5 
toiebe r  abgebrud t  inMSGBö,  5ö3- 1248  (#er  [596-608]  bie  Vita  beS  3.  oon  Daniel,  Wönd) 
in  Äaitfcu,  unb  einige  anbere  biograptjifdje  Motten  [607-612]);  ©opfjr.  ©remiteS,  flonftant. 
1883.  »gl.  $b.  £abbe\  Diss.  histor.  de  S.  Joanne  Climaco,  MSG  88,  579-82;  3.  91. 
gabriciu«,  Bibl.  Graec.  (ed.  #nrle$)  9,  ftamburg  1804,  522—28;  SB.  ©a&,  $ie  Etyftif  b. 
«ifolauS  (JabafilaS,  ©reifSwalb  1849,  59-  61 ;  C.  gocfler,  Sa*  üetjrftücf  uon  ben  fteben  10 
fcauptfünben,  daneben  1893,  49—51;  91.  (Slpbarb  in  ftrumbacberS  ©efd).  b.  bl^antin.  Sit» 
teratur*.  SRündpn  1897,  143 f.  (tyier  eingefyenbe  fiittcraturangaben). 

Über  baS  geben  beS  3o&anneS,  mSbefonbere  bie  ©Pönologie,  ftnb  mir  nur  burefy 
toenige,  no<$  baju  unftare  wotijen  unterrichtet.  33ieHekfyt  um  525  geboren,  toarb  er  als 
16  jähriger  in  baS  ©maülofter  aufgenommen,  &u  beffen  2lbte  9)tartt;riuS  er  in  natye  93e*  16 
peijungen  trat  9ia$  beffen  lobe  jog  er  ft$  in  eine  §öfyle  am  ^ufee  beS  ©inai  jurücf 
unb  Herbrachte  bort  40  %cfyxt,  bis  bie  ©inaimönctye  ben  ©reis  als  ttyren  2tbt  jurücfnefen. 
Unter  ben  ©riefen  ©regorS  b.  ©r.  fitibet  ftety  ein  an  Johannes  abbas  montis  Sinae 
genuteter  Dom  1.  ©ept  600  (Ep.  11,  2  [1],  MG  p.  261).  Salb  nad&  600  mag  er  geftorben 
fein.  Den  Stamen  ÄlimafuS  — ,  er  Reifet  auety  ©tnaiteS  unb  ©ctyolaftifuS  —  erhielt  er  ao 
tat  feiner  ©cfcift  KÜpag  tov  nagadeioov,  Scala  paradisi  —  fo  genannt  mit  öeaug 
auf  We  3a!obSleiter  —  bie  in  ber  ßnttoicfelung  ber  aSfetifd^en  -Dtyftif  in  ber  gried&ifcgen 
Jtir$e  eine  ©teile  einnimmt.  Siefe  Stiftung,  toofyl  m  unterfd&eiben  bon  ber  mefyr  litur= 
giften  unbjpelulattoen  beS  *PfeubobiontyfiuS,  fyat  fubofyne  3^^  au^  *>em  ®#e  *>& 
gnetyiföen  3Jcon$tutn$,  tote  er  fetyon  in  ben  älteren  9JtöncfySregeln  ausgebrochen  ift,  ent-  26 
towfelt  unb  bilbet  ein  ©egenftüd  ju  ben  Styeorien,  toelctye  bie  lateinifcfye  ©etyolaftif  über  bie 
Boje  unb  formen  beS  mü^eboQen  SntyorfommenS  ber  ©eele  ju  ©Ott  toeit  foäter,  aber 
au<9  in  f$arferer  pfod&ologifctyer  SluSbilbung  fyerfcorbrac^te.  Sie  ©$rift  beS  ^o^anneS 
tow  **ft  öeflen  ®ni)e  ***  6-  3afyrt&unbertS  entftanben  fein,  ba  fte  ÄenntniS  ber  9Jioralia 
SreaorS  b.  ©r.  (f.  u.)  jeigt.  w  3n  3°  Gradus  (Setterfproffen)  befc^reibt  fte  biejenigen  30 
6eelen)ufianbe  unb  pfocfyfdfoen  Übergänge,  toeld^e  ben  9Renfc^en  ftufenmäfcig  läutern  unb 
bem  ^dc^ften  3*e'c  **>&  9öttlid^en  SebenS  jufü^ren  follen,  unb  jloar  mit  Beifügung  gc* 
teiffer  aSfetifc^cr  Hilfsmittel.  35a^er  beginnt  ber  ^rojefj  mit  ber  SoSfagung  oon  ber  9Belt 
unb  mit  ber  öefämjifung  ber  Seibenfc^aften.  5}on  auer  jerftreuenben  2uft  unb  ftnnli^en 
2cbendfreube  toenbet  \vty  ber  ©eift  jur  93ufee  unb  3;raurig!eit  unb  öertoeilt  im  ©ebanfen  ss 
bö  lobeS.  ©ie  ^eilfame  Irübfal  ertoeid^t  baS  §erj  burd^  bie  9Rac^t  ber  Ifyränen,  be- 
(reit  eS  kwn  ber  felbftfü$tigen  Befangenheit  unb  nimmt  bie  6d)lacfen  unb  gärten  ^tn= 
toeg,  toeb^e  S$a$,  @m))finblic^!eit,  ©c^am  unb  baS  Slnbenten  erlittener  Seleibigungen 
prikflaffen.  fluf  biefem  2Bege  gelangt  ber  Bußfertige  in  ben  3uftan^  b*3  ©AtoeigenS, 
too  er  nur  SBorte  finbet  jum  ©ebet,  ^um  ©efang  unb  }ur  SiebeSertoeifung.  ©eift  unb  40 
Semüt  toerben  bon  gröberen  »Stoffen  befreit  unb  gleic^fam  fcerbünnt,  um  bie  Berührung 
mit  bem  jarten  göttlichen  2ebenSät^er  ju  ertragen.  Sic  feiige  9liebrigteit,  bie  toafyrc 
vmtbrayois,  fü^rt  auf  ben  $fab  ber  sJJad^foIge  ß^rifti  unb  erliefet  bie  Pforten  beS 
§anmelreic^eS.  Sern  alfo  ©eläuterten,  nac^bem  er  fic§  gegen  bie  ©innentoelt  immer 
DöÖiger  abgefd^loffen,  foD  jugleic^  ein  er^ö^teS  ftttlic^eS  Urteilsoermögen  (didxgioig)  ui  46 
Sebote  fielen,  baS  i^n  befähigt,  in  ftc^  unb  anberen  bie  böfen  Regungen  }u  unterfd^eiben, 
bte  guten  bertoorjuloden  unb  feftju^alten.  Ser  ^öc^fte  3uftan^  xft  ^er  cmer  9t>ttnac^= 
a^menben  ftpati}\t  unb  9tu^e  (^av^/a),  ber  geiftig  Slbgeflärte  tritt  fd^on  ^ier  in  baS 
boBbmmene  unb  bertlärte  Safein  ber  äluferftanbenen,  er  fd^aut  in  ungetrübtem  Spiegel 
Mc  ©üter  beS  $arabiefeS.  Slber  nur  berjjenige  toirb  biefen  ©tanbpunft  feiiger  ©tille  er«  60 
wkfcn,  ber  bie  ©türme  ber  Söelt  gubor  erfahren  unb  überftanben  fyat.  Sie  Abteilungen 
ber  &da  laffen  tfoax  im  allgemeinen  ben  ^ortfe^ritt  jum  ^ö^eren  ertennen,  o^ne  boefy 
m  einzelnen  nac^  logifc^er  unb  pfi;d)oloat|^er  golge  genau  georbnet  $u  fein.  silud;  ift 
ber  3toecf  nic^t  lebigli^  t^eoretifc^  unb  fontemplatio,  fonbern  oielme^r  übertoiegenb  pxau 
%  ba^er  man  ftc^  nic^t  tounbern  barf,  baß  bie  Schrift  unter  ben  grieduföen  Wöntyn  66 
jo^unbertelang  gerühmt,  als  Anleitung  jur  Soüfommenfyeit  benu^t,  fommentiert  (bie 
6^o(ioi  bed  So^anneS,  AbteS  beS  unfern  Dom  ©inai  gelegenen  filofterS  Slait^u,  auf  beffen 
SimM  baS  SÖert  entftanb,  in  MSG  1211—48;  anbere  ©Folien  am  ©bluffe  eines 
jcbenfla^ntelS)  unb  in  bietet  abtriften  verbreitet  toorben  ift.  $n  9ia$f olge  ©regorS  b.  ©r. 

*t&*mc*tlop&blt  fflt  Geologie  unb  «tr<$e.    3.  «.  IX.  20 


306  3ofjatttte*  SluttatitS  3oi)anne3  *o«  Kc^onntf 

Moral.  31,31  [45])  ift  axxä)  So&anne«  ber  Stnfid^t,  bafc  ©iebentetlung  ber  §auj>tlnfter 
gegenüber  ber  bamal«  üblichen  2ft&tteüung  bie  richtige  fei  (Oradus  22  MSG  949  A). 
®er  urforünglidfo  ben  ©cfylujj  be«  33ucfyeS  bilbenbe  kdyog  ngdg  rdv  noi^eva,  an 
gofyanneS  Don  SRaitfyu  gerietet  unb  ba«  ^bealbilb  be«  Älofterfyirten  jeid&nenb,  tft  je$t  eine 
6  felbftftänbigc  2Ctyanblung.  (®.  Äa§  f)  ®  Äriger. 

^ofjanneö  t>om  Aren)  f.  Karmeliter. 

^anneS  2RalalttS  f.  2Ralala«. 

3fof}anne$  2Waro  f.  SWaroniten. 

3o^annc«  2Rofd}n$  f.  3Wofd&u3. 

io  SofjanneS  Don  ÜRepomnt,  ber  beliebtefte  SRationatyeilige  33ö6men$,  angeblich  erfter 
•Dtärttyrer  bc«  93eicfytgefycimniffe«,  geft.  1583;  ©ebäctytniStag  16.  3Kai;  angerufen  gegen 
SSerleumbungen  unb  SKafferSnot.  Sit t erat ur:  Joannis  Nepoinuceni  vita,  auetore  Bohu- 
slav  Balbino  d.  J.  AS  Maii,  Tom.  III  (1680),  16.  Mai,  S.  668—678;  berfelbe,  baöfelbe  bfy 
mifd),  in :  Boemia  saneta  1682 ;  Acta  canonizationie  seu  declarationis  martyrii  etc.,  Bomae 

16  1717;  Acta  utriusque  processus  super  fama  sanetitatis  etc.,  Viennae  1722;  Boh.  Bal- 
binus,  Vita  b  Joh.  Ncpomuceni  martyris,  Aug.  Vind.  1725;  Sacrae  rituum  con- 
gregationis  canonizationis  seu  declarationis  martyrii  b.  Jo.  Nepom.  positio,  Bomae  1727; 
Bart.  Ant.  Passi,  La  istoria  della  vita,  del  martirio  e  de1  miracoli  di  S.  Giovanni  Nepo- 
muceno,  Romael729;  berfelbe,  baSfclbe.  ©efd)id)te  be«  geben«,  ber  harter  unb  ber  SBnnber* 

20  werfe  be«  1)1. 3°*)-  u.  9?.,  $rag1730;  $3ergl)auer,  Protomartyr  poenitentiae,  Graecii  et  Aug. 
Vind.  1736—1761;  $lttyanafiu«  (i^ltad  Sanbridj),  Dissertatio  xustorico-chronoloaco-critica 
de  J.  de  Pomuk  1777;  ©.  3)obner,  Vindiciae  sigillo  confessionis  divi  Jo.  Nep.  Protomar- 
tyris  poenitentiae  apertae,  Pragae  et  Viennae  1784  ;  berfelbe,  ba«fefbe  beutfd) ;  3-  $)obroto«fy 
in:  fiitter.  SHagaain  uon  33ö^men  u  Währen.  3.  St.  1787,  8.101—126.  159-161;  gr.$u. 

25  bitf^fa,  ©bronol.  ©efeft.  Söhnten«,  7.  93b.,  Sßrag  1788;  berfelbe,  Unusne  an  duo  ecclenae 
metropol.  Pragensis  canonici  Joannis  de  Pomuk  nomine .  .  in  .  fluvium  proturbati  fnere. 
Pragae  1791;  berfelbe,  baSfelbe,  beutfd),  tbba.,  @$renrettung  be«  1)1.  Solj.  x>.  %  ober  #ej>.; 
3.  Sil  flimmermann,  sBorbote  einer  &ben«gefd)id)te  be«  (1.  3.  t>.  Wtp.  1829;  ®.  g.  »eu« 
mann,  fcunbcrtjfi&rifle  Snbelfeier  ber  £>eiligfprect)ung  1829;  3.  u.  9*ep.,  £iftor.  polit.  «ifitter 

80  16  (1845),  650-655;  O.  Slbei,  $ie  fiegenbe  Dom  1)1.  3.  u.  9*ep.  1855;  ttt.  Srrinb,  $er  ge. 
fdufttlicfc.  ftl.  3-  »•  ^-  1861,  2.  «.  1871;  «.  .SBürfei.  Legenda  o  J.  Nep.  1862;  Tom. 
Novak,  Zivot  (Seben)  S.  J.  Nep.  1862;  berfelbe,  Uvahy  (©etradjtunaen)  o  S.  J.  Nep.  1871; 
Gb.  ffleimann,  3-  »•  W-  na«  ber  Sage  unb  nad)  ber  ©efd)i*te,  £3  27  (1872),  225-281; 
A.  H.  Wratislaw,  Life,  Legend  and  Canonization  of  the  Joh.  v.  Nep.  1873;  dem.  Borovy, 

36  S.  J.  Nepom.  1878 ;  Ä.  grinb,  $>.  M.  3.  t>.vW.,  3)enff4rift  jur  8eier  be«  brüten  giibi* 
Ifium«  ber  £>eiligfpred)ung  1879  ;  J.  Votka,  Srkipec  na  ceske*  neverce  (golterbanf  für  böb« 
mif«e  Ungläubige)  1881;  6.  3-  ®*mube.  ©tubien  über  ben  $1.  3.  D.^cp.  8tX6  7  (1883), 
52 ff. ;  ^iiflcnborff.  L'infallibilit^  pontificale  et  la  canonisation  de  S.J.  Nepom.,  in:  LaOon- 
troverse  1883;    La  critica  moderna  c  il  martirio  di  S.  G.  Nep.  in:  Givuta  cattolical883; 

40  J.  B  Votka,  Zäzracny  jazyk  svat^ho  J.  Nep.  (bie  umnberbare  3un9e  ^-  W-  3)  1884; 
«.  9lmrl)ein,  öiftor.  c^ronot  Unterfudjungen  über  ba&  Xobedja^r  b.  ftl.  3.  ».  91.  1884;  J.  B. 
Votka,  S.  J.  Nepom  1887;  ©djmube  in:  Sejer  u.  SBelte*«  fiircftenlejifon,  2. «  6  (1889), 
1725—1742;  J.  Herben,  J.  Nepom  Spor  dejin  ceskych  s  cirkvl  flmskon  (<£in  Streit  ber 
böbmifdjen  ©ef4i*te  mit  ber  römifdjen  Äitriel  1893,  2.  Ä.  1897. 

46  3)er  gefd^tc^tlic^e  2lu^gang^unlt  ber  9tei>omuf*2egenbe  ift  bie  ^ßerfon  be«  3°famn 
au^  ^ßomuf  ober  9?ej)omuf,  ber  ©tabt  im  ^ßtlfener  Äreife ;  fein  SBater  SBelflin,  too^I  ein 
Deutföer.  SBa^rf^ctnlic^  1340  geb.,  ftubterte  er  an  ber  neuen  Untoerfttät  iu  $rag,  1372 
öffentlicher  SfJotar,  1374  ber  erfte  Sd;retbcr  ber  erjbifctyöflid&en  Äanjlei,  ft)äter  ©eketar 
be$  e^btfd^ofö;  1380—90  aud)  Pfarrer  bei  ©t.  ©aDu«.    3n  biefent  Saürjefrit  roibmete 

50  er  fid^  bem  fanonifd^en  Stecht  unb  unb  ertoarb  fxc^  ben  3)oftortitd  be«felbenf  rourbe  Äö« 
nonilu^  bei  6t.  2lgibiu§  unb  furj  barauf  bei  bem  altberitymten  ÄoHegiatftift  am  ©Vff^ 
fyrab,  Slrd^ibiafon  bon  <£aai  unb  bamit  ÄanonifuS  öon  ©t.  SSeit,  mit  SSerjic^t  auf  ©t  ®aDu« ; 
1393  flieg  er  jum  ©eneratoifar  be^  6rjbifc^of«  3°^  öon  3wfWn  auf.  3n  b«nftfben 
3a^rc  ereilte  ifyn  ba^  ©d^idffal,  ba^  er  auf  Sefefyl  be^  mit  ber  ©eifUicblett  t>erfeinbeten 

65  Äönig^  SKenjel  IV.  jur  ©träfe  für  bie  toiber  feinen  SBUlen  erfolgte  Seftätigung  einrt 
neuen  Slbte«  für  ba«  93enebiftinerftift  Älabrau  unter  ber  33rü<fe  in  ber  Stolbau  erf&uft 
tourbe,   am  20.  3Kärj,   ein  3Jtärtyrer  ber  geiftlic^en  3"""u«Wät.    Dr.  3o$anef,  fo  nteip 

Senannt  roo^l  loegen  Heiner  ©eftalt,  erfreute  ftd^  leine«  befonberen  Stufe«;   et  toar  reic$, 
efa^  §äufer  unb  lie^  äbeligen  unb  ^Prteftcm  ©elb  au«. 


Sofjattne*  Hott  ÜRepomttt  307 

SDie  (Snttoicfelung  unb  Umbilbung  ber  Segenbe  lägt  ficfy  Verfölgen,  ©ctyon  ber  balb 
nadj  bcr  Untfyat  nadj  SRom  geeilte  Srabifcfyof  bezeichnete  in  feiner  Staffage  SßenjelS  ben 
@etötcten  als  -Kärtorer;  in  bcr  einige  %afyct  foäter  getriebenen  Stograpfyie  giebt  eS  be* 
reitS  SBunfter,  bur$  bie  ber  (Srtränfte  entbecft  tourbe.  ©anj  befonberS  fyaben  bic  fritifc 
lofen,  emanber  abfcforeibenben  bö^mifcfyen  Annaliften  öom  14.— 16.  ^a^unbert  bie  gäbe!  5 
genährt.  Um  bie  SKitte  beS  15.  taufy  bie  92ac^ric^t  auf,  bie  Steigerung,  baS  Seicfytfiegel 
311  tarieren,  fei  bie  lobeSurfactye  getoefen.  3toei  Safy^nte  \päUx  (1471)  mad^t  ber 
$rager  2)ombe<$ant  Sßaul  jjibef  (Dgl.  ^ehel,  3lbbilbung  bötym.  unb  mätyr.  ©elefyrten  unb 
ßünftler  3  ([1777],  6—11),  bem  aucfy  fonft  falfd&e  9toc$ric§ten  nactygetoiefen  fmb,  in  feiner 
ungebrutften  „bötymiföen  Untertoeifung  für  ben  Äönig  ©eorg"  ben  ^ofyanef  u.  a.  jum  10 
Set^ttxtter  ber  Äönigin. 

3)er  getoiffenlofe  ß&ronift  SBenjel  §atyel  aus  Siboöan  (bgl.  $eljel  a.  a.  D.  1  ([1773] 
20—24),  ber  „bö&mtföe  Storni",  lafet  (1541)  toofyl  au«  Unactytfamfeit  uub  Ungefc&icf  ber 
Duellenbenugung  jtoei  3<>&-  &•  9lcj>.  ertränlt  toerben ;  ben  erften  als  33ei$tt>ater  1383, 
ben  jtoetten  toegen  ber  AbtSbeftätigung  1393.  3)er  $rager  ©ontyntyft  ©eorg  Sartyolb  16 
$ontaiui*  fcon  Srritenberg  (togl.  $eljel  a.  a.  D.  2  [1775],  22—26)  rennet  in  feinen 
£tymnen  (1602)  3oty.  ü.  Step,  bereit«  unter  bie  SanbeSpatrone,  maetyt  tyn  in  feiner 
„Boemia  pia"  (1608)  jum  Almofenier  unb  regte  feine  $eiligft>rectyung  an.  Aber  ben 
mäßen  2)anf  föulbet  bie  2egenbe  bem  ^efuiten  SBalbinuS,  bem  „bötymiföen  piniuS", 
ber  ftety  um  bie  baterlänbifctye  ©eföictytSfcfyreibung  fo  toerbient  machte,  bajj  er  \>on  ber  9te=  20 
gicrung,  ber  SSergeffen  unb  Steigen  Diel  teurer  fear,  angefeinbet  tourbe,  ber  freiließ 
cbcitfo  leichtgläubig  als  patriotifefy  toar  unb  feinem  ^eiligen  ju  Gtyren  fogar  jutn  $älfc§er 
tourbe  (»gl.  $eljef  a.a.O.  1  [1773],  49—52;  ©raf  Süfcoto,  A  History  of  Bohemian 
Literature  1899  ©.  356  f.).  9ia$bem  1621  m  ®$ren  beS  3.  t>.  91.  bei  ©t.  Seit  ein 
Ätar  getoetyt  —  Ffäfliö  berfelbe,  beffen  einnahmen  er  f.  3-  genoffen  — ,  ein  gatyrfünft  35 
barauf  baS  erfte  2Bunber  am  ©rabe  ertoäfynt,  bann  im  ©eburtSort  eine  ßircfye  erbaut 
toar,  bie  einfttoeilen  Sjo&anneS  bem  Käufer  getoeifyt  tourbe,  tocil  ber  ^Japft  bie  Urfactye 
bc*  SRartyriumS  noc$  nidjt  emfctyieben  fyabt,  trat  SBalbin  mit  ber  ausgebildeten  Segenbe 
tytt>ox  (1670),  m  ber  er  mand&e  3üÖe  beS  großen  Sufe>)rebigerg  unb  -Dtagbalenen-SBaterS 
3o^arai  3Riliö  Don  Äremfter,  eines  ber  Vorläufer  ber  Deformation,  feinem  gelben  juioen*  ao 
bete.  3lad)  Salbin  ftubierte  %o1).  ö.  3lq>.  in  5ßrag,  tpurbe  SKagifter,  Dr.  theol.  unb  jjur. 
can.,  ^JrÄiger  an  ber  Xe^nfird^e,  Domherr  ju  ©t.  Seit,  $roj)ft  an  Allerheiligen.  Äönig 
SBen)el   machte  tyn   m  feinem  älmofenjjfleger,    bie  Äönigin,    3°^anna    öon   Skiern, 


toa^lte  tyn  ju  i^rem  $eic^tt>ater  unb  fucfyte  in  ©ebet,  Seilte  unb  Armenpflege  umfo- 
me^r  i^ren  Iroft,  je  tiefer  tyr  ©ema^l  in  SluSfctytoeifungen,  ©raufamfeiten  unb  Serbrec^en  86 
toerfant.  92un  gelüftete  eS  ben  ftönig  ju  h)iffen,  \va$  feine  ©ema^lin  bem  ^riefter  betete. 
Cr  berief  tyn  öor  ftc^  unb  oerfprad?  i^m  an  ©c^ä^en  unb  @^re,  \va$  er  nur  münfe^e, 
toerax  er  i^m  eröffne,  toaS  bie  jtönigin  gebeichtet,  tiefer  erfc^raef  ob  biefer  ruc^lofen  3U= 
mutuna,  braute Jeboc^  burd^  freimütige,  ernfte  @rtoiberung  ben  König  vorläufig  Don  feinem 
ffiunfqfe  ab.  3ulein  baS  ©elüfte  toieberfyolte  fic^  unb  führte  ju  t^rannifc^en  tyatm.  40 
Salb  barauf  lam  ein  fc^le^t  gebratener  ßapaun  auf  bie  föniglid^e  iafel.  darüber  ge- 
riet Sknjel  in  foM&e  9But,  ba^  er  ben  Rocfy  auf  ber  ©teile  ju  feffeln  unb  ins  geuer  ju 
toerfen  befahl.  3°^nn^  to™  ber  einige,  ber  bem  dürften  erft  fanfte,  bann  nac^brüdt« 
liiere  SJorfteöungen  machte.  9lber  nur  toenig  ^atte  er  gefproc^en,  als  i^n  ber  ftönig  in 
ben  unterften  Äener  abführen  unb  mehrere  Xage  in  ©c^mufc  unb  ginfterntS  unter  junger  45 
unb  3)urp  f^mad^ten  lie^.  ©nblid)  erfc^ien  ein  $öf(ing,  ber  tfyn  im  Warnen  beS  ftöntgS 
bat,  baS  Vorgefallene  ju  öergeffen,  unb  tyn  auf  ben  folgenben  lag  jur  Safel  lub.  3°5 
fcmte*  fteEte  ftc^  ein,  aber  ber  König  fam  auf  fein  Anliegen  jurücf  unb  lieft  fein  Glittet 
untoerfiutyt,  i^n  ftc^  gefügig  m  machen.  Als  aber  ber  getoiffen^afte  ^riefter  unbeugfam  blieb, 
aaiet  ber  König  toieber  in  2But,  lieg  ben  genfer  rufen  unb  ^o^anneS  burc^  biefen  unb  60 
feine  ©cfyilfen  auf  bie  golter  Rannen  unb  mit  brennenben  %addn  martern.  2)ie  Dualen 
nuteten  bei  ber©tanb^aftigteit  beS3RanneS  nichts  aus,  unb  man  fyörtc  fc^lie^lic^  mit  ber 
goüer  auf. 

2)er  ftatfer  gab  tyn  toieber  loS,  unb  go^anneS  toartete,  fobalb  bie  SBSunben  geseilt 
taten,  aufs  neue  feines  Amtes.  AIS  er  toieber  im  3)om  ^rebigte,  toanbte  er  ^efu  2Borte :  66 
„über  ein  JtteineS,  fo  toerbet  i^r  mic^  nic^t  fefyen",  auf  fic^  felbft  an,  unb  fagte  mit  Lei- 
tern Anilty  unb  Maren  SBSorten  feinen  Xob  toorauS ;  ja  er  fing  an,  tooH  Jrco^ctifctyen 
SciPeS  unb  unter  Zoranen  baS  bem  fianbe  beüorfte^enbe  Unheil  m  fc^ilbem:  bie  aus 
bem  Abgrunb  auffleigenbe  Hexerei,  tote  alle  Jtird^en  unb  ftlöfter  im  Sö^merlanbe  in  flammen 

20* 


308  3of)aittse$  Hott  ftepotmtt 

ftefyen,  ^eilige  SKänner  $u  Xobe  gefoltert  toerben  toürben,  unb  gänjlictyer  Untergang  ber 
Religion  brofye.  3U^  fö0*c  <*  ^cn  Sebetootyl,  bat  bie  Sßrälaten  unb  2)om^erren  ber 
Kirche  um  SJerjetyung  unb  fcfylofe  unter  allgemeiner  Trauer  unb  Seftünung. 

SBenige  Sage  barauf   trat   er   eine  ÜBaHfafyrt  nad&  SoleSlab  (Öunjlau),    ju  betn 

s  älteften  ÜJluttergotteäbilbe  in  Söhnen,  an.  911$  er  eine*  SlbenbS  nacb  Sßrag  jurücttefcte, 
\af)  ifyn  Äaifer  SBemel,  ber  gerabe  au$  bem  genfter  flaute,  ©ofort  liefe  er  tyn  bor  ftd& 
bringen  unb  fufyr  iyn  in  feinem  ^ä^orn  mit  ben  Sßorten  an:  „ööre,  $faff,  bu  mufet 
fterben ;  toenn  bu  nid^t  auf  ber  ©teile  baä,  toaä  mein  SBSeib  bir  gebeichtet  fyat,  genau  be* 
rietyteft,  fo  ifte  um  bic§  gefctyefyen ;  bei  ©ott,  bu  toirft  SBaffcr  jetyluefen  muffen !" 

10  3°^annc^  9a&  barauf  nietyt  mit  Söorten,  aber  mit  üBhenen  feinen  2tbfc$eu  lunb, 
tourbe  augcnblidflicfy  auf  ein  $t\ä)m  ^  JtönigS  ergriffen  unb  in  eine  anbere  Äammer 
gebraut,  aber  Staate  auf  bie  SKolbaubrücfe  gefc^le^t  unb,  an  #änben  unb  güfeen  ge* 
bunben,  in  ben  ©trom  fyinabgeftürjt.    2)aä  gefdpafy  am  16.  5Rai  1383. 

9hm  beginnen  bie  Sßunber.    2)ie  9Rorbtfyat,    toelctye  ber  Äaifer  böllig  geheim  fcatte 

16  balten  toollen,  tourbe  fofort  burc$  l?imm(if$e  SBunberjeictyen  benoten :  un^ätylige  tounber* 
aar  f>cüe  Siebter  fab  man  auf  bem  bamalS  ftarf  angefötooDenen  ^luffe  fegtoimmen ;  ber 
fieic^nam  tourbe  bon  ben  SBSeHen  langfam  fyinabgetragen,  toie  jur  Seictyenfeier  bon  ben 
Sintern  begleitet,  ©anj  $rag  ftrömte  ju  bem  feltfamen  ©ctyauftnel  fcerbei.  2>e$  3Rorgen$ 
lag  auf  bem  Uferfanb  ber  cntfcelte  2cib  mit  milbem  Slntlifc.   393er  ber  SKörber  fei,  fonntc 

2onid?t  lange  berborgen  bleiben.  3)ie  ^rager  3)omfyerren  orbneten  einen  feierlichen  Sittgang 
an,  brauten  bie  Seicfye  na$  ber  nahegelegenen  itirctye  jum  ^eiligen  Äreuj  unb  festen 
fie  tyier  einfttoeilen  bei,  bis  ein  toürbigereä  ©rab  im  2)om  bereitet  toäre.  3US  man 
aber  in  ber  ©t.  33eit$!ircfye  ein  ©rab  grub,  ftiefeen  fie  auf  einen  großen  ©ctyafe,  ©oft, 
©über  unb   anbere  Jtoftbarfeiten,  afö  toollte  ber  §eilige  für  baä  efjrenboße  SJegrabniS 

26  feinen  3)anf  abftatten.  3)runten  in  ber  Äreu^fird^e  ftrömte  eine  ja^llofe  5Renge  JU* 
fammen,  um  ben  fieietynam  ju  fefyen  unb  ftety  ber  gftirbitte  be$  ^eiligen  ju  empfehlen. 
2113  ba$  ber  Äaifer  erfuhr,  befahl  er  ben  ©eiftlid^en  ber  Äreujfirc^e,  ba$  33oll  abjutoetyren 
unb  bie  Seid^e  in  einen  abgelegenen  2Bin!el  &u  toerfen.  £>a$  gefdjaty,  aber  ber  flöitoer 
berbreitete  einen  fo  ftarfen  fytmmlifctyen  2)uft,  bafe   feine  ©teile  nid^t  berborgen   bleiben 

so  f onnte,  unb  baä  Siolf  aufs  neue  fiefy  um  i^n  fammelte.  Snblid^  toar  aUed  ju  ber  2eic$en= 
feier  bereit;  bie  ©eiftltd^Ieit  beranftaltete  eine  ^ßrojeffion  unb  braute  unter  bem  ©eläutc 
aller  ©lotfen  ben  ^l.  Seid^nam  hinauf  nad^  bem  ^rabfd^in  in  ben  ®om.  9Ran  mufete 
^ier  aber  bem  Drängen  be«  SSolfeS  nachgeben  unb  ben  ©arg  noety  einmal  öffnen :  ba 
tourben  eine  2JJenge  Äranfe  burdd  bie  Serü^rung   be«  1)1  SeibeS  geseilt.    6nblic^  tourbe 

86  berfelbe  unter  tränen  beftattet.  Königin  ^o^anna  aber  ftng  an  ^injutoetten  unb  flarb 
ünberloS  am  1.  ^war  1387. 

Dbh>o^l  baS  Präger  3KetroJ)olitan!a^itel  bie  i^m  getoibmete  SJiograp^ie  „ate  biel^ 
fac^  unbegrünbet  unb  irrig  unb  als  mtytyologifd^rfyetorifdbeS  9Jta<$h>erf"  nic^t  annahm,  liefe 
Salbin  nicfyt  locfer.    @r  getoann  einflußreiche  ^erfönlic^feiten,  unb  1685   berfuc^te  man, 

40  in  9iom  toenigftenS  bie  ©eligforeebung  ju  erh)ir!en.  SergebenS !  Umfome^r  mufete  ber 
Äanbibat  feine  SBunber  fpielen  laffen,  toobei  er  merftoürbigertoeife  in  fd^mu^tgen  Siebet 
gefeitesten  fid^  nüfelicfy  ertoieö.  1683  trurbe  bie  Präger  Srücfe  mit  feiner  Statue  ge* 
febmüdt,  bie  ga^llofe  Nachfolgerinnen  gefunben  fyat,  1708  i^m  ju  ßöniggräfc  bie  erfte 
Ätrc^e  jugetotejen,   too   er  fid;   in  unferen  lagen  recfyt  fd^lec^t   betoä^rt  1)aL    g^jtoifc^en 

46  tt>ar  tro(  jefuitifc^en  @infpru$eä  ber  ^ßrojefe  eingeleitet,  ber  mit  ber  §etUgft>retfyung  enbete 
(1721—1729). 

2luf  ©runb  bon  49  3«w0ena^faöen  hu  ©unften  ber  lugenben  unb  SBunber  unb  bon 
16  für  alt^ergebrad^e  SSere^rung,  ftant  ber  gürfbrac^e  Dieler  geiftlictyer  unb  toeltlic^er  gürjtei, 
erfolgte  burc^  3n™cenj  XIII.   am  25.  %um  1721  bie  95eatifi!ation.   ga  bie  Kurie  toar 

60  fo  in  ©$toung  gefommen,  bafe  fie,  o^ne  bie  ^njä^rige  %tx\t  einhalten,  nac^bem  fi$ 
ein  alberne^  S^S^^^^w  noc^  lä$>ifc$er  tüteber^olt  ^atte,  am  19.  SWärj  1729  unter 
Senebüt  XIII.  bie  Äanonifation  bur^  bie  95utte  „Christus  Dominus1'  folgen  liefe,  ge* 
ftüfct  auf  bie  S3albinifd;e  «egenbe.  $ie  500  ©eiten  ftarfen  äften  be$  ^rojeffe^,  ber  über 
90,000  ©ulben  foftete,  unterföeiben  jh>et  3«>^  b.  9lip.  unb  crlennen  bie  i&erelpung  bem 

66  1383  al^  9Wärtyrer  be^  Sufefaframent«  ertränf ten  ju.  SWit  grofeem  ©erränge  tourbe  bad 
toeltgefcbid^tlicfce  ßreignfe  bom  9.— 16.  Df tober  in  $rag  gefeiert;  400  Neffen  tourben 
täglich  bei  ©t.  SBeit  gelefen,  200000  ©laubige  fommunijterten  am  ©rabe  bed  neuen 
9lational^eiligen. 

Um   fo  peinlicher  toar  eS  für  bie  &urie  unb  alle  üRepomufianer,   bafe   m$t  einmal 

60  Orbendleute  bem  „Roma  locuta"  ftc^  unterwarfen,  toeber  ^tnftc^ütd?  bed  2)o^gänger^ 


Statute?  Mit  Wtpomnt  Soljatme«  $artm«  30» 

no$  foo,ar  ber  SSerlefcung  be«  93eic$tgefyeimniffe«,  ba  injtoifd&en  bie  2lnflagefcfyrift  be«  @r^ 
biföofS  fcon  Senftcin  <m$  Stc^t  getreten  toar,  bte  öon  ber  legieren  fein  2Bort  enthielt ;  ein 
nur  äufeerft  fünftlicty  ausgebeutete«  ©c^toeigen!  $n  ber  Sofepfyinifcfyen  $eit  tourbe  in«* 
befonbere    bon    bem    gelehrten   ©laoiften  Dobroto«fy     ba«  heutige   gforfd?ung«ergebni« 

f«M«8*-  5 

3nbcf[en  tyaben  ultramontane  ©elefyrte  fortgefahren,  für  bie  furiale  Cmtfcfyeibung  ein* 
jutreten,  freiließ  aud)  fie  unein«  in  93ejug  auf  bte  ^toctyeit  ber  ^erfonen  unb  ba«  $obe& 
laljr;  3.  8.  gegen  bte  erftere  unb  für  ba«  $afyr  1393  ber  berbicnftbolle,  aber  jhrifcfyen 
SBiffenfc^aft  unb  Aberglauben  tyin  unb  f>er  fegelnbe  grinb,  für  bte  Doppelbett  unb  ba«  gafyr 
1383,  tunftgerec^t  päpftlicty,  ber  3efuit  ©etymube.  10 

28ol?er  aber  bie  uralte  ©age  be«  »erlebten  33eic$tgefyeimniffe«,  bie,  toie  beregt,  fd;on 
um  bie  SRitte  be«  15.  3afyrfyunbert«  ertoätynt  toirb?  Steimann  berfucfyt  bie  (Srflärung :  bie 
®etftU$feit  tyatte  ©runb,  Äönig  Sßenjel  ju  oerabfd&euen;  fte  fonnte  tym  ba«  Slntoactyfen 
be«  $ufüi«mu«  jum  guten  Seil  jur  Saft  legen ;  ofme  feine  9toc§ft$t  toäre  ba«  2äbo* 
ritentum,  ba«  bie  Otyrenbeid&te  bertoarf,  fcfytoerlicty  entftanben.  2)a  mag  ifyn  ber  §af$  auety  is 
al*  groben  33erä$ter  ber  Dfyrenbeic^te  au«gefc$rieen  unb  ben  -Dtärtyrertob  be«  in  bunflcr 
Erinnerung  lebenben  ©eneralbifar«  fo  umgeftaltet  fyaben,  bafi  bie  an  3-  b.  SRep.  bertibte 
Setoalttyat  einen  bolfötümlicfyen  93etoei«  bafür  lieferte. 

Sbel  fyd  bie  ätaftcfyt  ftnnreicfy  begrünbet,  ber  gefcfyicfytlicfye  Äern  be«  fyl.  SRep. 
fei  eigentlich  #u«,  ben  man  au«  einem  böfymifcfyen  ^Reformator  in  einen  fatfyolifcfyen  20 
^eiligen  umgetoanbelt  tyabe,  bie  5Rep.*£egenbe  etnejefuitifdje  9?erfd^meljung  be«  erfäuften 
unb  be«  berbrannten  Spanne«,  ©etoijj  ftnb  bie  3t^nlid^feiten  auffaHenb,  fogar  bie  9lrt, 
bie  ®ebenttage  ber  beiben  ju  feiern.  allein  al«  bie  ^efuiten  naefy  $rag  famen,  toar 
Step.«  Sere^rung  fetyon  längft  toeit  berbreitet.  gerner  entftanb  ber  $lan  ber  ßeiligfprec^ung 
mcfct  im  ©egenfafc  jum  §ufttentum,  fonbern  jum  $roteftanti«mu«,  al«  Sßaffe  ber  25 
©eflenreformation.  3-  bon  sJlej).  ift  ein  anttyroteftanttfcfyer  ^eiliger,  toenn  and)  feine 
Sere^rung  baju  biente,  fiu«  au^  bem  §erjen  be«  böfymifcfyen  S3olfe«  mit  ju  berbrängen. 
3n  bem  aQmä^lig  emporfteigenben  §eiligenbilbe  Riegelt  ftcfy  bie  5Religion«gefc$icfyte  93öfc 
men«  toieber. 

%Qx  bie  SBiffenfd^aft  ift  jebenfall«  ba«  etttföieben,   bafe  ber  ©eneralbifar  3.  b.  %  30 
1393  feegen  ber  8lbt«h)a^l  erfäuft  ift,  unb   bie  Äurie  einen  3Kann,  beffen  3)afein  uner= 
toeiSßd^  ipf  mit  S3enü|ung  einer  gefällten  93iogra^^ie  ^eilig  gef^rod^en  ^at. 

2)ie  ht«befonbere  über  SSö^men  beringte  begriffliche  unb  ftttlid^e  g^fterni«  ber 
Seaenreformation  ^at  fu^  an  ben  entfernteren  unb  näheren  ©d^ulbigen  traurigluftig  ge* 
t«$t  ©ie  Äurie  fd^eint  felbft  ein  Unbehagen  ju  emj)finben,  infofern  fte  ba«  500jä|rige  35 
®tbä$tni«  i^re«  nic^t  bor^anbenen  ^eiligen  mcfyt  feiern  liefe-  ©d^toerlic^  bürfte  fte  [\<fy 
baju  berjie^en,  toa«  §erben  bon  i^r  berlangt,  ber  ^uleftt  unb  am  lid^tboHften  ben  ganzen 
twrtmcfelten  ©egenftanb  be^anbelt  f)at,  bafj  fte  bie  Äanonifation  rücfgängig  macfyc  unb 
tttoa  auf  ben  gefc^ic^tlic^en  ©eneralbifar  übertrage,  jumal  bte  ftrc^lic^  ^raftifc^e  Jtemfrage 
bog  JRart^rertum  für  ba«  »eid&tfiegel  bleibt.  ©eorg  Soef^e  (©.  Siedler  t).     10 

3»^«»»e«  ^arbtt«  (3*mt  ^etit)f  geft.  1411.  —  ?tn  ©cfjrtften  oon  i^m  fmb  bi«ber 
wtr  befannt  ein  0>3ebict)t  „Complainte  de  l'^glise"  (N.  Valois,  La  France  et  le  grand 
achisme  d'oeeident,  t.  II,  1896,  p.  410—412),  eine  9kbe  für  bie  Subftraftion  gegen  ©ene- 
bih  XIII.  (Bourgeois  du  Chastenet,  Nouv.  hist..  du  CJoncile  de  Constance,  Preuves 
p.  95 ff.)  unD  bie  berüchtigte  53erteibigung  be«  X^ronnenmorb«  (Gereonii  opera  ed.  3)u  $in,  46 
1706.  t.  V,  p.  15—42.  SBgl.  aud)  Denifle-Chatelain,  Chartularium  Univereitatis  Paris, 
t  IV,  p.151  ff.).  —  ötttcratur:  3. SB. <Sd)it>ab,  3o^annc«  ©erfon,  ©üijburg  1858;  £efelc, 
Äonjüiengef^.  ©b  7,  1869—1874;  Xfdjacfert,  ^eter  uon  «itti,  ©ot^a  1877;  Chapotin,  La 
guen«  de  cente  ans.  Jeanne  d*Arc  et  les  Dominicains,  ^Sari«  1889;  ftnöpfler,  sÄrt.  „30» 
^nne«  Van>u«Ä  in  ©e^er  u.  «Jelte«  ^ir^enlejiton  53b  VI  1889;  93.  93e&,  ©tubien  jur  ©efeft.  60 
Mftonftanier  ftonjtl«,  Harburg  1891 ;  VI.  Soffen,  $ie  öetjre  öom  tt)rannenmorb  in  ber  djrift- 
U(ften  Seit,  Wunden,  gfeftrebe  OT^t  1894;  Denifle-Chatelain,  Chartul.  Univ.  Paris  t.  III, 
1804,  t  IV,  1897. 

3eon$etit,  öonCSeburt  emSHormamte,  ba^er  auc^  5JtitgIieb  ber  normannifd^cn  Nation 
an  ber  Untoerfttät  $ari«,  feit  1400  fyier  $rof.  ber  Ideologie  (2Beltgeiftlic^er;  toeber  3)o^  66 
mmifaner,  noep  gtanji«!aner),  t^at  fic^  juerft  1394  tyertoor  burd^  ein  328  SSerfe  umfaffen« 
bei  franjöftfc^e«  ©ebic^t,  toelcfye«  bie  3lot  be«  ftrc^lic^en  ©c$i«ma«  unb  bie  bagegen  tion 
berUnhxrfttät  1394  empfohlenen  Mittel  be^anbelt.  9Jad;bem  er  bann  au^  auf  bem  National* 
biqil  bon  1406  bie  burgunbifetye  Äird^enpolitif  mit  au«gefuc^ter  ©cfyärfe  bertreten  ^atte, 
gab  er  fic^  am  8.  3Kärj  1408  baju  fyer,  ben  abfc^eulic^en  3Rorb  an  bem  ^er^og  Subtotg  00 


310  3ofjaittted  $artmS  dofjanite*  ^W****** 

Von  Drl&mS,  toeld&en  fein  Urheber,  ber  93urgunber  3^ann  o&ne  gfurcfct,  feEbft  al$  i^m 
vom  Teufel  eingegeben  bejeid&net  tyatte,  $u  Verteibigen.  @r  lonnte  ju$  babet  freiließ  nity 
nur  auf  bie  feit  3<>&ann  Von  ©alteburty  unter  ben  ©d&olaftifern  fcerrfd&enbe  Setyre  Vom 
Styrannenmorb  ftüfcen,  fonbern  aud)  auf  eine  SBolföftimmung,  toelcfce  ben  (Srmorbeten  ald 

5  SEVrannen  branbmarfte.  Slllein  baä  moralifcfye  ©mpftnben  ber  Seften  feiner  3**  ermannte 
ftdp  boety  —  e$  mufcte  freiließ  erft  93urgunbS  ©tern  in$  ©infen  lommen  —  )u  einer 
Steaftton  gegen  biefen  mit  allem  jtyntömuä  einer  getoiffenlofen  Dialettif  burdftjeftifcten 
SobpreiS  be$  SJleuctyelmorbcS  (val.  b.  31.  „©erfon"  93b  VI,  ©.  616, 4>  f.).  Sin  $arifer 
Äonjil  unter  5Borft$  be$  9if$of3  l)at  bie  Se&re  verbammt  (23.  gebruar  1414);  aber  eine 

10  nod&  Vonlgofyann  XXIII.  in  jtoeiter  ^nftan £  eingefefcte  ßommiffton  VonÄarbmälen  $ob  bie« 
Urteil  toieber  auf  (15.  ^anuax  1416).  Da3  Jfonjil  $u  ßonftanj  $atte  jtoar  am  6.  guli 
1415  ben  bebingungälofen  Styrannemnorb  im  allgemeinen  verbammt;  allem  ber  Antrag, 
bie«  Urteil  auety  auf  bie  befonbere  Raffung  ber  Se&re  bei  Sßetit  ju  bejieben  unb  jene  6nt* 
fd&eibung   ber  Jtarbinäle   }u   annullieren,    brang   infolge   ber  bur$  Äaifer   ©iegmunbS 

16  politifcfye  ©etytoenfung  feit  1416  fid)  voKjiefyenben  SSerfd^iebung  ber  Äonjitejxirteien 
nid&t  bur$.  Die  mächtig  aufftrebenbe  burgunbifcfye  3Rad)t  banb  auc$  ÜKartm  V.  bie 
§änbe  unb  erjtoang  in  $ari$  eine  (Sfcenrettung  beS  fd&on  1411,  angeblich  nid&t  o^neiufie* 
rungen  ber  Steue  Verdorbenen  Ideologen.  2lber  bie  2Beltgefctyi($te  aeigte  ftd&  auefc  $ter  ab 
Sßeltgerictyt :   am  10.  ©eptember  1419  fiel  Qo^ann  otyne  $urc$t  ourety  3Reu$ehnorb  auf 

20  ber  Srticfe  $u  ÜÖtonterau.  —  Über  bie  toeitere  Sntftricfelung  ber  ßefyre  Dom  2tyraimen* 
morb  Vgl.  Die  Vortreffliche  Darfteilung  Von  9K.  Soffen  a.  a.  D.  B.  ©e|. 

3of}atuse£  ^tlo^onoö,  33ifd&of  öon Sllejanbrien  im  6.  3a$r$unbert.  — .  ßttteratur: 
Fabr.HarlBibl.Gr.  ©.10,  @.  639  ff.;  bitter,  ©ef«.  b.Wü.VI,  S.  500;  ©al*.  fciftorie  ber 
ftefcereten  VIII,  6.  693;  XredrfeT,  X$6tft  1835  6.  95  ff.;  «.  Waucf  in  (Srfd)  unb  ©ruber* 
25  910g.  (Snctytlopäbie ;  Sdjönfelber,  $ie  Äirdjengefd)id»te  beS  3o$anne3  t>on  (Spfcfu*.  ?lu3  betn 
@t)rifct>en  überfeftt,  3Rün*en  1862;  ©töcfl  in  SBefeer  unb  ©elte*  Äirc^cnlejifon  (2.  Aufl.), 
SBb  VJ;  S3arbenl)eioer,  ^atrologie  189»,  ©.505  f.;  Rrumbad)erf  öefcbid)te  ber  ©%ant.  ßittcra- 
tur  1897:  ©^5.  8eitfd>r.  VIII,  @.  444  ff. 

^o^anned,  auc^  6  ydönovog,  ©rammatifuä  genannt,  fyat  ftc^  in  ber  ^tlofo^if^en, 

so  ))^iloiogifd^en  unb  t^eologifc^en  Sitteratur  feinet  ^eitalter^  einen  Ütamen  ertoorben.  @r 
toar  au$  Slle^anbrien  gebürtig  unb  ©d^üler  be3  SXriftotele^erflärcr^  Slmmontud  fotoie  be* 
@rammatifer$  Somanoö.  ©ein  Seben,  übrigen^  böQig  unbefannt,  ift  felbft  c^ronologifc^ 
erft  neuerlich  im  allgemeinen  friert  toorben.  ^toax  ertoä^nt  Phot.  BibL  cod.  240,  bafc 
er  ba^  2Berf  über  bie  3Beltfc^öJ)fung  bem  ©ergiuS,  Patriarchen  öon  Äonftantinot)d  (610 

85  bis  639),  getoibmet  f)abt,  unb  auf  beäfelben  ©ergiu«'  änreaiing  foK  fem  Aiaixrjj^  ab* 
aefa^t  fein.  9Jtit  Sle^t  aber  ^aben  Slittcr  unb  9Jaudf  bie  ^imtigleit  biefer  Angaben  be* 
ftritten  unb  bem  $^iloponu$  ftatt  bed  7.  3>a^unbert$  bielme^r  baS  6.  unb  ba£  @nbe 
be«  5.  jugeloiefen. 

3)iefeä  fein  fyüalUx,  alfo  ben  begtnncnben  3^^  ber  }>atrifiif(^en  2itteratur#  fyd  So* 

40  ^anneS  $^ilo))onuS  auefy  aB  ©d^riftfteller  nic^t  Verleugnet.  @ele$rt,  bteltoiffenb,  raffloS 
t^ätig,  felbft  mit  SKatfyematif  unb  ©rammatil  befc^äftigt,  baju  bialeftifc^  getoanbt,  fyai  er 
ftd)  toeber  ber  tird^lic^en  formet  unb  Xrabition  unbebingt  überlaffen,  no<^  baä  Dogma 
mit  religiöfem  ©eifte  aufjufaffen  unb  ju  re^robujieren  öermod^t,  fonbern  er  gehört  ju 
benen,  toelc^e  in  $auj)tfa(^en  ber  c^riftli^etr  Überzeugung  jugetfyan,  ftc^  übrigen«  mit  rtd* 

46  feitigem  gelehrten  SBSiffen  anfüllten  unb  burefy  ibr  Sebürfntö,  ba«  Dogma  ^bilofo^if*  )u 
ergänzen,  3U  Verarbeiten  ober  ju  berichtigen,  niept  feiten  in  eine  tfoeifdfyafte  ©o^lfleuung 
geführt  tourben.  S3ei  aller  fd^riftlid^en  $erü^mt|eit  l}at  baj^er  ^ßpilo^onud  immer  nur  fefy? 
bebingte«  Sob  geerntet.  Diefe  Zubilligung  galt  pau^tföd^li^  feiner  anftö&igen  @rfla* 
rung    ber  Irinität.    ©eine   bogmatifd^e  $au))tfd^rift  Atatzrjxrjg  fj  negl  tvcooecos,   ob* 

50  ßlctd)  verloren,  ift  und  bod)  burd^  mehrere  ß^cerpte  (Leontius,  De  sectis  Act.  5  apad 
Galland.  XII,  p.  641 ;  Joh.  Damasc.,  De  haeres.  I,  p.  101—107,  ed.  le  Quien. 
Niceph.  Call.,  XVIII,  cp.  47—49,  conf.  Mansi,  Concil.  XI,  p.  301)f  fotoeit  be* 
lannt,  um  erfe^en  ju  (äffen,  tote  er  feine  SSegriffdbeftimmungen  auf  baä  Dogma  antoanbte 
unb  Von   ber  d^riftologifc^en  auf   bie  3xtnität3frage  ^inübergefü^rt   tourbe.    9latur  unb 

55$typoftafe,  bc^au^tet  er,  ftnb  bad  nämliche;  in  S^riftud  tann  nur  eine  Statur  Vorlauben 
getoefen  fein,  tocil  fid^  fonft  aud^  ^toei  §^oftafen  ergeben  müßten,  gn  ber  Irtnttat  ftnb 
brei  befonbere  unb  eigentümliche  ©jiftemen  ober  §^}>oftafen  (idioovorajog  xrjg  bedaxr^g 
qwoecog  imaggig)  unter  eine  @inl?eit  geftedt.  SEBic  nun  überall  ba£  ©in^eitli^e  babun^ 
ju  ftanbe  fommt,  ba^  ein  ©emeinfamed  mehrerer  ^nbioibuen  ate  ©attungöbegriff  ju* 


3fQ!jftit»e*  ^fjthtyonos  ^anneS,  $re«b^ter  311 

fammengefafct  totrb:  fo  fann  au*  bic  göttliche  trinttarifdbc  <5inF)ett  nid&t«  anbere«  fein  al« 
bct  xoivdg  tw  elvai  Xdyog.    2BilI  man  biefen  SRatur  nennen,  fo  gefd^te^t  e«  im  ©inne 
jener  abftraften  unb  gattunggmäfeigen  Seftimmung  be«  allgemeinen  au«  bem  93efonbcren : 
fott  bagegen  bie  cpvoig  ein  gürfidfofeienbe«  au«brücfen,  fo  mufe  biefelbe  mit  bem  ©ein  be« 
9efonberen  ober   be«  ^nbibibuellen  (jxsgixal  ovoiai,    ärojua),    alfo  ber  §$>oftafen  ju^  5 
famntenfallen,  toorau«  benn,  ba  nur  ber  lefetere  gaH  auf  bie  $erfon  Gfyrifti  Slntoenbung 
fabet,  ntglei$  folgt,   bafe  in  biefer  bie  @in|eit  ber  £t#>oftajc  unmittelbar  bie  ber  SRatur 
in  ft$  fölie|t.  2)emgemä§  fann  e«  alfo  auefy  in  ber  Xrinität  feine  anbere  ©infyeit  geben, 
ab  toel$e  bie  2)reü)eit  ber  #$>oftafen  jur  33orau«fe£ung  fyat  unb  au$  tyren  gemeinfctyaft* 
lt$en  $räbitaten  bom  ®enfen  erfetyloffen  toirb;  unb  toie   bie  eine  SWenföennatur  lafyU  10 
ta$e ^nbiDibuen  berbinbet:  fo  beftefyt  bie  eine  -Jtatur  berOott^eit  barin,  bafc  fte  bic  ifyr 
cmgeorbneten  $$>oftafen  begrifflich  aufammenföliefet.   2Bir  bejeicfynen  hiermit  tixxfxd)  ba«* 
jemge,  fta«  bem  Sßfciloponu«  al«  $rittyet«mu«  bon  ben  Krittfern   nidfot  ofyne  ©runb  jum 
Sottourf  gemalt  tourbe.    2Rit  Unrecht  erfd&eint  übrigen«  Sß&Uoponu«  naety  bem  Sericfyt 
bed  2eontiu«  al«  eigentlicher  Stifter  ber  Xritfyeiten ;    er  toar  nur  einer  ber  ^auptber* 15 
trtter,  um  ben  fu$  toie  um  ben  bon  SBarfyebräu«  (Assem.,  Bibl.  or.  II,  p.328)  fyerbor* 
gehobenen  Sofanne«  ä«fu«nage«  unter  ber  Regierung  be«  ^uftinian  unb  be«  ^uftinu«  noc$ 
anbere  ©leicftjeftnnte  (ftonon,   ©ugeniu«,  ©eberu«)  fammeltcn  (Galland.  XII,   p.  641 ; 
Niceph.  Call.,  1.  c.  cp.  46).  SUifjer  bem  diaixrjr^g,  einem  bialogifefy  in  jefyn  Supern 
betfafcten  SBerf,  foD  *ß$Uoponu«  über  bie  Srinität  nod&  mit  ^ofyanne«  ©ctyolaftifu«  ber*  20 
^mbeft,   auc$   für  ben  3Wonoj)^fiten  ©eberu«  unb  gegen  bie  feierte  öfumenifd^e  ©tynobe 
geftyrieben  faben  (Phot.,  codd.  55,  75.   Niceph.,  cp.  46). 

SBtr  gefcn  ju  ben  anberen  noety  bortyanbenen  SBerfen  über,  toelctye  tyren  SSerfaffer  in 
feinem  allgemeineren  ^^üojo^ifd^en  unb  d^riftlid^en  Sfyarafter  erfennen  lajfen.  2)a«  faaxtyU 
toerf  De    aeternitate   mundi  {xaxä  ügdxXov  negi   ätöidxrjxog  xoouov)  in  ac^e^n  25 
Stöbern  (emjige  2iu«g.  Venet.  1535,  fol.  Trincavellus)  toitl  oen  cfyriftlictyen  ©ctyöpfung«* 
gtouben  auf  rationalem  SBege  unb  o^ne  bibliföe  33etoei«mittel  begrünben  unb  gegen  ba« 
tafeinerte  $eibentum  be«  fßroflu^  rechtfertigen.    Slriftotelc^  unb  $lato  toerben  bestritten, 
aber  jener  fte&t  ber  SBatyr^eit  netyer  als  biefer.   3)ie  3been  fmb  nur  etoig,  toenn  fte  ate 
fötyferif^e  ©ebanfen  ©otted  gefaxt  toerben,   als  foldje  ftnb  fte  ber  33orfe^ung  immanent ») 
unb  i^re  3$ertotrflic$ung  bringt  feinen  3"^^  ju  ber  göttlichen  3?oHfommen^eit.  ©einer 
8f«c  naefc  ifk  ©Ott  immer  ©c^ö))fer  getoefen,   bie  iregyeia  fügt  i^m  nichts  anbere«  unb 
neued  ^inju,    ©ie  SEBelt  ü)rerfeitö  fann  nid^t  etoig  fein,  toeil  fonft  bie  Urfactye  ber  SEBtr- 
fang  gliche  unb  ©Ott  ein  anbere«  (Stoige  unb  ifym  felbft  ©leid^fte^enbe  ^erborgebrad^t  fcätte. 
SBenn  er  ^ier  ba«  c^rtftlic^e  ^ntereffe  im  toefentlid^en  getoa^rt  l)at :   f 0   gelingt  ibm  bie«  so 
toeniger  in  ber  ©d^rift   liegt  ävaoxäoeax;,   bic  ioir  jtoar  nur  au«  9?otijcn  bc«  Sßtyotiu« 
(cod.  21—23),  be«  Slicejj^oru«  (I.e.  cp.  47),  unb  be«  ümotfycu«  (De  reeept.  haeret. 
in  Cotel.  monum.  III,  p.  414  sqq.)  tennen.    Qtnn  in  biefer  tyat  er  bur^  Trennung 
ber  {umliefen  bon  ber  überftnnlid^en  ©c|öj)fung  ber  $fyilofo}>fyie  toieber  eine  Äonjeffton  ge* 
mattyL  Ste  jtoeite  noc^  übrige  ©cfyrift  ift:  Commentariorum  in  Mosaicam  mundi  cre-  *o 
ationem  libri  Septem  (ütol  xoofwjiouag),  bem©ergiu«,  gleic^biel  meinem,  getoibmet  (ed. 
ßoiberiu«,  Viennae  1630,  bann  inSaDanbi,  Bibl.  XII,  p.  473, 1897  bon  SB.  9teic$arbt 
fcttuägegeben).    3)iefe«  merftoürbige  ^robuft  fc^Iie^t  ft<$  an  ältere  3)arftellungen  be« 
edjdtagetoerfä,  befonber«  bie  be«  Saftliu«,  an  unb  berfolgt  ä^nlic^e  a^ologetifd^e  3jbecfe, 
jc^net  fu^  aber  au«  burefc  ben  ungemeinen  SReid^tum  ber  bom  38erf affer  enttoicfelten^Katurs  « 
famtniffe  unb  p$Uofo)>$if$en  anfügten,  toie  fte  nur  irgenb  in  bem  5to^>fc  eine«  bamaligen 
Mehrten  angehäuft  fein  tonnten.  —  Seac^tung  berbient  britten«  bie  bei  ©aQanbi,  1.  c. 
Rottet  bem  bongen  abgebruefte  Disputatio  de  paschate,  b.  I).  bie  2lu«fü^rung  be«  ©a$e«, 
koj  „(S^riftu«  am  brennten  3Jlonat«tage,   am  2^tge  bor  bem  gefefelic^en  $affa^    eine 
wtoW^etRa^Ijett  mit  ben  Jüngern  gehalten,  nic^t  aber  ein  toirllidje«  ^affa^lamm  bamal«w 
fiawfjen  &ak".    Sür  ben  $^ilo)>onu«  al«  Serfaffer   fpric^t,   ba^   am  ©c^lu^   be«  2luf= 
l«le«  (bei  Ufleri  p.  121)  auf  beffen  2Berf  über  ba«  §ejaemeron  lib.  II,  cp.  22,  beut* 
ty  ^ingetmefen  toirb.  (©a§  t)  *^  Wt)tt. 

3«W«n^f  9?re«b^ter.  —  fittteratur:  günf  Seidiger  afabemifdje  Programme 
1873—1875  bon  ?rof.  Dr.  griebr.  S^rncfe,  bie  evftcn  üier  neu  bearbeitet  üon  bemfelben  66 
&Tf.  in  »b  XVII  «bijanbi.  ber  f.  fädjf.  ÖJelellfd).  b.  Riffen fc^aften  (93b  VII  pt)il.^iftor. 
«t)  1879;  5)er  ?riefter  So&anne«,  I.  «bft.  6.  827-1030.  II.  Hbf),  in  «b  XIX  (8b  VIII 
WMrtft  Äl.)  1883-1886;  (Ruft.  Cppert,  5)er  $re*bi)ter  So^annc*  in  ©age  u.  ©e|«i«te 
t8S4,  2.  berb.  tCufl.  1870-,  ^erjog  (ßoffntane),  «brift  ber  gefamt.  Rird)engef4.,  2.  Bufl.  18(J0, 
»  I  6.  672—677.  üo 


312  Sofjamte*,  $re£tyter 

Um  bie  Witte  be$  12.  Sfa^unbertS  berbreitete  jt$  ba3  ©erficht  in  Europa,  in  bem 
fernen  Slficn  fyerrfcfye  ein  mächtiger  d^rtftltd^er  ßönig,  ber  SPreSbtyter  3o&anne$,  meiner  m 
einer  blutigen  ©ctylacfyt  bie  SWufyammebaner  beftegt  £abe  unb  nun  jum  @$u$e  ber  Äreuj* 
fairer  fyeranjiel)e.    Sifcfyof  Otto  bon  greiftng,  unb  tym  na<$  ättbericuS  jum  $afyct  1145, 

5  erjagt  bon  einem  95tfd^of  bon  ©abula,  ber  bem  ?ßaj>fie  @ugen  III.  bon  biefem  jenfehS 
*ßerften  unb  Armenien  fyerrfctyenben  ßönig  Cannes,  einem  neftorianifj^en  (Stiften,  ber 
&ugleic$  ?ßriefter  fei,  berietet  fyabt  (lib.  VII,  c.  33 :  vidimus  etiam  ibi  tunc,  prae- 
taxatum  de  Syria  Gabulensem  episcopum.  Narrabat,  quod  ante  non  multos 
annos  Joannes  quidam,    qui  ultra  Persidem  et  Armeniam  in  extremo  Oriente 

10  habitans,  rex  et  sacerdos  cum  gente  sua  Christianus  est,  sed  Nestorianus, 
Persarum  et  Medorum  reges  fratres,  Samiardos  dictos,  bello  petierit.  Pres- 
byter Joannes,  sie  enim  eum  nominare  solent,  cruentissima  caede  victor 
extitit.).  3um  3a^rc  1165  berietet  bann  älbericuS  in  feiner  ß&ronil :  „Um  biefe  3*i* 
fanbte  ber  $re$btytcr  3ol)anne3,  ber  3nber  Äönig,   feine  Diel  SBunberbareS   enthaltenden 

15  Sriefe  an  berfd^iebene  c^riftlicfyc  §errfd&er,  inSbefonberc  an  9Wanuel  bon  Jlonftantinopet  unb 
griebriefy,  ben  römtfd^en  Äaifer".  ®iefer  in  (Strömten  unb  ©ebbten  biel  beft>nx$ene  unb 
befungene  ©rief,  toie  tyn  3«nt(fe  unb  Djtyert  botlftänbig  mitteilen,  ift  gefdji<&tli<&  toertlrö; 
feine  ßauptquetie  ift  bie  Slejanberfage. 

$abft  2l(ejanber  III.  fyatte  burety  allgemein  verbreitete  ©erüd&te  biel  bon  einem  afta* 

20  tifetyen  dpriftlictyen  König  gehört,  bte  er  bon  feinem  au$  Slften  jurücfgelefcten  Setbarjt  tyfy* 
IibpuS  näheren  2luffcfyluf$  erhielt  unb  auf  beffen  anraten  tyn  felbft  ate  ©efanbten  jurüd* 
fegiefte.  2)erSrief  batiert  auf  bem  SRialto  in  Senebig  ben  27.  ©ebtember  (1177),  abrefftert 
fi$  in  bem  bon  Djtyert  befolgten  $ejt  nietyt  an  ben  Sßreäbtyter  3o$anne3,  fwbern 
Indorum    regi,    sacerdotum    sanetissimo    (Jaffa   12,942).    Son    bem   ©efanbten 

25  $fyilibp  ift  feine  Äunbe  jurüdfgcfommcn  uub  längere  3^  fetytoeigt  alles  über  ben  SßreS* 
bfyterfenig. 

Sine  neue  (Ifyod&e,  bie  jtoeite  in  ben  Sagen  unb  9la$ri$ten  über  ben  $re3bt?ter 
3jofyanne3,  beginnt  mit  ben  ojtafiatifd&en  SBiffionen  ber  gramtefaner  unb  ©ominitaner  feit 
1245.    SDic  ungeheuere  ©efa^r,   toel($e  ber  europäifd&en  ßgriften^eit  bon  ben  HRongolen 

so  brofyte  unb  burefy  ben  §elbentob  §erjog  §einricty$  bon  fiiegnift  unb  feiner  @<$ar  eben 
nur  aufgehalten  fd&ien,  mahnte,  ben  Sarbaren  ben  ctyriftlicfcen  ©tauben  ju  prebigen.  Spatfl 
gnnocenjlV.  entfanbte  bafyer  1245,  unb  jtoar  nod&  bor  bem  3ufammentreten  be$  JtonjiÖ 
in  Styon,  eine  ganje  änjafyl  bon  Settelmönctycn,  unter  tynen  3jofyanneS  bon  $lano  (Sarptno, 
unb  trug  ifynen  neben  ber  Sefefyrung  ber  fyeibnifd&en  Mongolen  befonberS  bie  äuffudjung 

36  beä  9letd&e$  be$  ^reSbtyterS  gofyanneS  auf.  SDer  erften  2lu$fenbung  folgten  im  Saufe  ber 
Jjafyre  toieberfyolte  9tacfyfenbungen.  2>ie  Serielle  ber  9We^rja^l  biefer  Sceifenben  ftimmen 
bann  öartn  überein,  bafs  ein  $re^ter  ^o^anne^  nid&t  me^r  ejiftiere,  fonbern  im  ftampfe 
gegen  2)fc^tngtöf^an  geblieben  fei.  ®ie  ©runbfteüe  bietet  ber  Seric^t  be3  ^ranjtelaneö 
SBil^elmu^  Slubruquiö :  „3«  ber  Mi,  aU  bie  granfen  Slntiod^ia  eroberten,  ejiftierte  in  jenen 

40  nörblicfyen  ©egenben  ein  %üx\t,  ßoirc^an  genannt.  Goir  ift  (Sigenname,  ß^an  2Stel  unb 
bejetc^net  einen  SBafyrfager,  benn  alle  SBSa^rfager  nennen  fte  ß^an.  (®ie  3Kiffionare  be$ 
ÜJttttcIaltcrö  fyabm  beinahe  burc^gängig  Rom  ^ßriefter  mit  Rfyan  gürft  bertoe$felt  unb 
beibtö  mit  m  gefd^rieben.)  tiefer  Soird^an  toar  Saracatai,  Sara  bebeutet  föfta*),  unb 
Satai  ift  ber  9iame  eined  Solfe^.     ^ene  ßatat  Rauften  innerhalb  getniffer  Serge  unb  in 

45  einer  (Sbene  inmitten  ber  Serge  lebte  einft  ein  angesehener  neftorianifetyer  ßirt,  ber  über 
ein  neftorianifd&c$,  9?a^man  genanntes  Soll  ^errfäte.  2lte  ßoirc^an  geftorben,  er^ob  fii^ 
biefer  9?eftorianer  jum  Äönig,  unb  bie  5Reftorianer  nannten  tyn  Äönig  3o^anned  unb  er* 
jäfylten  bon  i^m  fönmal  me^r  als  bie  JBabrbctt  julägt.  @o  entftanb  jenes  grofee  ©e* 
rebe  über  ben  fiömg  ^o^anneS,  \d)  burc^jog  feine  SBeibe))lä|e,  boc^  tou^te  niemanb  etnxtS 

so  bon  tym,  einige  9leftorianer  aufgenommen.  3)iefer  3°fann<3  fcatte  einen  ©ruber,  einen 
mächtigen  §irten  Samens  Unc,  toeld^er  brei  2Bod?en  bon  feinem  Sruber  entfernt  toofyntc 
@r  gebot  über  einen  gledfen  Saracarum,  unter  feinen  Scfe&len  ftanb  baS  Soll  6rit  unb 
Sföerfit,  bie  neftorianifd^e  Sänften  toaren.  S^r^ürft  fyattt  inbeffen  ben  djriftlictyen  ©lauben 
abgelegt,  toar  ©öfeenbiener  geworben.    2)er  Äönig  3jot;anneS  toar  o&ne  Srben  ^eftorben; 

55  ba  toarb  fein  Sruoer  Unc  reic^  unb  lic£  flci>  6^an   nennen.    35a   fammelte  G^mgte  ein 

§cer,  ftür^tc  ft^  auf  Unc  unb  befiegte  tbn."    2)iefer  Serid^t  jeigt  beutli<$,  toie  bte  Sage 

bom  SPreäbtyter  go^anneS  bon  Äorl^an,  bem  dürften  ber  ÄaraB^itanen,  burdj  ba«  3Webium 

bcS  9ktymanfürften  auf  Unff^an  ben  bon  2)fc§tngi$fyan  beftegten  Äeraiten^äu^tling  überging. 

^on  Weiteren  Scripten  fei  nur  auf  ben  beä  ^erbonagenben  Srjbifc^ofS  bon  $amg, 

go  ^o^anneS   bon  3Konte  Gorbino,  bom  8.  ^^nuar  1305  fytngctoiefen,  toelc^er   bon  einem 


Cannes,  ^rc^ter  313 

Äönitt  ©eargioS  au«  bet  ©eftc  bcr  neftorianifcfyen  (Stiften  erjagt,  berf  bem  eblen  @e* 
ftledpe  be«  berühmten,  unter  beut  9tamen  $ßrc«bt;ter  ^o^anne^  öon  gnbien  befannten 
Äöntg«  entftammenb,  im  Sanbe  lenbuefy,  jtoangig  £agereifcn  entfernt,  fyerrfd&te,  jum  Jtatfyo* 
Ectdmu«  übergetreten  toar  unb  naefy  @m}>fang  ber  nieberen  SBetyen  im  föniglicfycn  ©etoanbc 
beim  ©otteSbienfte  miniftriert  fyatte.  @r  toar  1299  geftorben  mit  §interlaffung  eine«  6 
gern)  jungen  ©oljne«,  feine  fefceriföen  93rübcr  Ratten  ade  mit©etoalt  }um  ©cbi«ma  aurüdt* 
geführt.  3)er  gleichzeitige  3Jtarco  $oIo  nennt  biefen  Äönig  ©eorg  ben  fed&ften  ,§errfdfoer 
feit  bem  SPriefier  Soj^mii,  „unb  er  ift  nod&  ber  ^rieftcr  ^ofyann".  2Hit  bem  ©turj  ber 
mmigolif$en  Stynaftie  in  Sbina  1368  enbeten  biefe  ÜDttffumen.  3)a«  Vorbringen  ber  o& 
mannen  Härten  unb  f$lief$li($  bic  ßroberung  Werften«  burefy  lamerlan  brauen  bie  &er*  io 
binbung  toie  mit  %nb\znf  fo  mit  Gtyina  ab. 

3n)tmf$en  $atte  gerabe  ber  lefctc  biefer  beiben  Steifenben,  bem  boefy  genauere  Äcnntni« 
iwn  bem  ©efdjled^t  unb  ©ebiet  be«  afiatifcfycn  $J]re«bfyterfönig«  30^anncä  nid^t  abgebt, 
bur$  feinen  toetten  ©ebraudj  be«  SRamen«  3nbien  unb  feine  sJ?acbric$ten  öon  bem  mäd^ 
tigen  9tet$  eine«  d&riftlictyen  Jtaifer«  im  )toeiten  ober  mittleren  $nbien,  toetc^e^  3tba«cia  15 
genannt  toirb,  bie  britte  ober  afrilanifd&e  (Sfyod&e  in  ben  ©agen  über  ben  $re$btyter  3<>s 
formte«  eingeleitet,  ©rleid&tert  tourbe  biefer  ©prung  öon  Oftafien  nacb  älbeffinien  burclj 
bie  9iamen«ä$nüdjleit  jtoifdfoen  ben  äbffyaf  en  im  Äaulafu«,  tt>e(c^c  audfo  &bafi  unb  Slbaffmi 
genannt  mürben,  unb  ben  Slbeffiniern.  2)er  fatfyolifctye  SJifcfyof  ^orbanu«  bon  Quilon  in 
Sübinbien  nennt  ben  Äönig  öon  2ittyio}>ien  fälecfyttocg  $ofyanne«.  Um  1400  erfd&ienen  20 
Gkfanbte  biefe«  dürften  in  Suropa,  unb  al«  bie  ^Jortugiefen  ben  ©cetoeg  naefy  Dftinbien 
fugten,  tourben  fie  nxdft  toenig  burefy  bie  ©erliste  öon  bem  SReidfj  be«  $ricfterfönig«  gu 
tyren  lübnen  Seefahrten  ermutigt  unb  gelten  bann  auefy,  al«  fte  in  2Ralabar  juerft  bie 
Ifama«<$rifien  auffanben,  anfänglicb  SKalabar  für  ein  cfyriftlicbe«  9teid&. 

gnterejfant  ift  nun,  ftu  übcrblicfen,  toie  in  ber  gelehrten  SBeit  bie  Slnfcfyauungen  über  25 
ben  ftftorifcfcen  Äern  ber  ftety  totberfrrecfycnben,  unftd^eren  unb  fyalbtoafyren  Slad^ri^ten  ge* 
toe$felt  faben.    3Bie  feft  bt«  in«  17.  3atyrtyunbert  felbft  bei  ben  größten  ©eichten  ber 
3ntum,  ber  5ßre«btyterfönig  fei  ibentifd?  mit  bem  abefftnifcfyen  Äönig,  getourjelt  toar,  be= 
»eip  3^^  ©caüger«  annähme,  ba^  bie  5Wac^t  bcr  ShfyiojMer  fid^  einft  bi«  Gtyina  au& 
gebeert  ^abe  unb  erft  burc^  bie  Mongolen  gebrochen  fei.    ©nblicfc  beeften    im  17.  3afas » 
^unbert  bie  ?ßortugiefen  SBaltfyafar  leDejiu«  unb  3l(J)bonfu«  3Kenbefiu«,  römifc^er  ^Jatriard^ 
in  %tij>\op\tr\,  biefen  %cttum  auf.    Sorgfältigere«  ©tubium   ber  mittelalterlichen  Sleife- 
kfi^retbungen  unb  ber  Orientalen  Sitteratur  beftimmte  bie  ©ele^rten,  naefy  Slubruqui« 
unb  anberen  ben  Äeraitenfürften  UnR^an  für  ben  $re«b^ter  $u  ertlären,  einige   toollten 
im   tibetanifc^en  3)alai  Sama   einen   a^oftafierten  3Rad^fommen  be«  $re«b^iter«   erblicfcn.  35 
£ie  abenteuerltc^ften  Kombinationen  tourben  an  bie  italtenifcbe  Benennung  Preste  Giani 
9*wj>fi    3.  3-  ©c^mibt  (gorfd^ungen   im   ©ebiete   ber   älteren   Öilbung«gefd[ncbte  ber 
Mongolen  unb  lübeten,  $eter«burg  1824)  öertote«  auf  bie  ©efte  ber  ^abicr  unb  i^re 
S<w$nm#fl  30fannte  **>&  Käufer«,  beffen  9lame  auf  ben  fagenfyaften  6^>nftenfü^rer  über- 
tragen  fei    Jammer  ^Purgftall  (©efd^i^te  bcr  3ld?<*ne/   3)annftabt  1842)  fonnte   enblidfc  40 
l»n  bem  ütel  ber  Äeraitenfürften  fd&reiben,   bafe  „Dtoang  Gfyan,  burd^   bie  2)Jifftonarien 
be«  Mittelalter«  al«  ^riefter  3^^anne«,  feine  minbere  Serü^mt^ctt  erhalten  fyabt,   al«  in 
früherer  unb  m^ologifc^er  $t\t  ber  gifdfo  Cannc«  al«  ©efe^geber  an  ber  Jtüfte  be«  roten 
Wecrc«".    Sollen  Bpott  f)at  toenigften«  eine  fo  gebiegene  ©tubic,   toie  bie  SRitter«  in 
(einer  grbbmbe  Don  äften  I,  ©.  283  ff.,  ber  naefy  affemanni«  Vorgang  mehrere  Unff^ane  45 
att  2rägcr  be«  ütel«  $re«b^ter  go^anne«  annahm,  nic^t  toerbient. 

$rä^tfteren  toir  fdjliefelicty  ben  gegentoärtigen  ©tanb  ber  5ra9c-  3R-  b'3h)ejac  ^>at 
bem  1839  ^au«gegebenen  Recueil  de  Voyages  et  de  Memoires  publik  par  la  So- 
oää  de  Geographie  IV  eine  gebiegene  Slbfyanblung  Notice  sur  les  anciens  voyages 
de  Tartarie  en  g&ieral  et  sur  celui  de  Jean  du  Plan  de  Carpin  en  particu-  50 
Her  emberleibt  ©.  399—601,  unb  giebt  barin  ©.  547—564  Eclaircissements  histo- 
riquee  sur  le  Prßtre-Jean.  6r  ertennt  im  Gotrcfyan  be«  SB3.  SRubruqui«  ben  ©rünber 
b«  Steige«  Darft-Ä^it^aV  (Rarafbitanen),  ben  ©^aurf^an,  ber  jjtoar  nacb  orientalifc^en 
CwDen  mit  feinen  Untertanen  SBubb^ift  getoefen  fei,  aber  toa^rfd^einlicb  auefy  3Jeftorianer 
ütt  Untertanen  gehabt  tyibt.  @r  berietet  furj  bie  ©cf$i$te  biefe«  Don  ben  (Sbincfen  56 
JJdhitaJc^e  genannten  dürften,  bem  toon  1136—1155  fein  ©otyn  ?)eliu^ltci  unb  1155 
fongnW  Ifc^ilulu  gefolgt  fei,  toelcty  le^terer  1208  ben  Sta^manfttrflen  ftufdjluf  aufnahm 
wib  fm  ©c^toiegerfo^n  erfyob,  aber  t)on  bem  unbanfbaren  ©djtoicgcrfo^n  öerbrängt 
tewbe,  ber  toteberum  1218  bon  Dfd^ingi«f^an  gefc^lagcn,  ja  getötet  tourbe.  Slubru^ 
W*  Ifcbt  ben  Xitel  ©^aurtyan  al«  ßigennamc  genommen,  ^abe  bie  brei  erften  dürften  go 


314  3fof)atsttc$  $rc£6t)tcr  dofjaime*  *.  ©diSbnrt) 

in  eine  ^erfönlicfyfeit  jufammengeaogen  unb  enblidj  bie  Äonfufion  mit  Unttyan  toeranlafjt 
ber  fdfoon  15  3afce  fnl?«  als  fluföluf  bon  3)fc$mgtefyan  getötet  fei 

Djtycrt  öerfid&ert  nun  in  feiner  citierten  üJtonograpfyte,  bafe  er  unabhängig  bim 
3Jt.  b'älbejac  auf  biefe  Kombination  gefommen  unb  erft  nac$  gewonnenem  Stefultat  auf 
5  bie  Slbfyanblung  beä  franjbftfd^en  ©elefyrten  geftofcen  fei.  3fo«  bem  SStel  ftortyan  fei 
naefy  lautlichen  ©efefcen  3orfyan  geworben,  toelc|e$  ftd)  bann  bu«$  baö  ^ebr&iföe  3o$anan 
unb  ftortfe^c  gu^anan  in  3ol&<nm  fcertoanbelt  fyabt.  3n  ber  SBorrebe  jur  ahmten  8u$* 
gäbe  bemerft  er,  bafe  bie  ^bentifijierung  bon  ben  meiften  (gelehrten  anerfannt,  Don 
feinem  toiberlegt  fei,  unb  beruft  fiep  auf  bie  Slutorität  be$  bebeutenben  ÄennerS  ber  oft 

10  aftatiföen  ©prägen,  be$  berliner  SlfabemiferS  Sßrof.  ©etyott :  „2Bem  bie  5Bertoe$fehing 
fcon  Äurd&an  mit  Sucfyan  bebenfliety  fein  follte,  bem  fei  gefagt,  baft  ber  2aut  r  imTOunbe 
ber  dürfen  niebt  fcfyarf  bibriert  ift,  alfo  am  @nbe  ber  Bilbm  leidet  überhört  toirb."  SRit 
bem  ^Jrieftertum  be$  Sorffyan  toeijj  Djtyert,  ben  3örncfe  überhaupt  toenig  gelten  lajfen 
tottt,  allerbingS  noefy  wenig  anzufangen ;  er  Weift  auf  bie  gef$ic^tlic$  geäriffe  3lu3be^nung 

15  ber  neftorianiföen  9Jtiffionen  in  Dftafien  Ijin  unb  auf  bie  neftorianiföe  Unfttte,  bafc  toeim 
einmal  ein  93ifdfoof  in  fold&e  -Kifftonggebiete  fam,  er  faft  allen  männlid&en  ®lauberö» 
genoffen  t>rieftcrlicfye  Söeifyen  erteilte.  Sollte  ni^t  bie  oben  lonftatierte  23ertt>e$febtng  be3 
SBorteS  Kam  Oßriefter)  mit  Styan  (Surft)  ben  $aupterflärung3grunb  bieten?  ©efcbtd^tlt^ 
fonftatiert  ift  nur,  baft  bie  an  &uf$lu!  Verheiratete  Softer  beä  legten  eigentlichen  ftorjtyan 

20  eine  Sfyriftin  War  unb  tyre  ©laubenSgenoffen  unterftfifete  unb  begünftigte,  ferner  baft  fpäter 
Weiter  öftlid^  in  lenbuefy  jur  §errfctyaf t  gefommene  ©proffen  biefe«  Äönigägefölec^teS  fettfl 
Triften  Waren  unb  über  Gfyriften  fyerrfctyten,  Wie  So^anneä  ßorbmuä  unb  Sftarco  Sßolo 
ate  gcitgenofTen  unt>  Slugenjeugen  berieten.  D.  ».  «etwa**. 

SofjanucS  n#  (SaliSburty,  geft.  1180.  —   Sitteratur:  Bu&er  ben  befannten  SBerfen 

25  jur  #ir*enöe[d)id)te  ($.  33.  ©icfeler  II,  2,  405  ff. ;  «Reanber  X,  225  ff ) ;  jur  fir*lid>cn  ßittera- 
turgefebi^tc  (3.  93.  Gaue  II,  243;  ßeiMer XXIII,  279;  Diibin  II,  1303 ff.;  8rabrictuS,  BibL 
lat.  IV,  370;  $u  <ßin  IX,  167);  3ur  ©ef#id)te  ber  mittelalterlicbcn  ^büofopbie  (j.  ©.  Hüter 
VII,  605  ff.;  Uebertueg  II,  8.  Hufl.  ©.  201  ff.  206  ff.;  #aur6au,  Philoe.  Scol.  1,  353  unb 
Nouv.  Biogr.  g^rale  t.  26;   «ßrantl,  ©ef«.  b   Sogif  II,  6.  232  ff.);  Biogr.  Univ.  N.  Ed. 

80  T.  37,  p.  508 ff.-,  Gallia  christ.  T.  VIII,  6.  11 46 ff.;  Hißt.  litt,  de  la  France,  T.  XIV, 
S.  89-161 ;  «.  ßlerüal,  Les  £tudes  de  Chartres  au  moyen-Äge  1895,  @.  180 ;  9i.ß.  $ooIe, 
Illustr.  of  history  of  medieval  thought  1884,  c.  4— 7;  berf.  in  @.  Öee8  Dictionary  of  Nat 
Biography  T.  XXIX,  6.  439-446  (trefft,  ©iograpftien) ;  «ng.  $ottbaft,  ©cgweifer  b.  b. 
©e|cf).  28.  be3  enrop.   Mittelalter«,  2.9luf(.  93b  I,   S.  675;   ft.  ©iebeef,  «rebio  f.  ®ef*.  ber 

35  ^P^ilof.,  3.  I,  1888,  6.  518  ff.  ($ie  ^f^ologic  3oM-J  ©tubb,  Seventeen  lectaree  on  tfae 
study  of  medieval  and  modern  hist.  1886,  lect.  6,  7 ;  3B.  ©otlcnboct),  5)eutfd)lonb§  öf  {(btcbt^- 
quellen  im  fli«,  6.  «ufl.  II,  1894,  @.  333  483;  %$.  SBrtQfct,  John  of  Saliabuiy  <n  Bio- 
graphia  Brit.  lit.  II,  6.  230  ff.  —  SBefonbere  ©ebriften:  Wl.  5)emimuib,  Jean  de  Saliabury, 
$ari8  1873 ;   %  ©ennvid),  3ur  (Sl)ronologie  bed  Sebenö  So^anned  üon  Satiöbur^  (©rieger* 

40  äeitfebrift  f.  Äirdjengeftfjicbte.  3.  XIII,  1893,  S.  544-551 ;  berf.,  Die  Staat«-  unb  Äirdjen» 
leljre  3o^anne$  uon  @alidburi).  9?arf)  ben  Quellen  bargefteüt  unb  auf  ibre  gcjd)icbtliay 
93ebeutung  unterfuebt,  @ott)a  1894  ;  SR.  ^auli,  Ueber  bie  fircbenpolitifa>e  ^Birtfamfeit  be«  3o« 
tjaunc«  ©arcöb.  in  ^ettfcfjr.  für  #trdjenred)t  3.16,  9?g,  Tübingen  1881,  @.  265  ff. •  ^.  Äeuter, 
3of)  ü.6ali§bur^,  S3erün  1842  u.  in  feinem  Hlejanber  III.;   beff.  ®ef*id»te  ber  «uffl.  ©b  I 

45  u.  II;  <S.  Scbaarfcbmibt,  3.  ©.  in  feinem  SBeröältni«  jur  Haff,  fttteratur  im  Kbein.  SRuf.  f. 
Wl  ^5  XIV 1858,  ©  200  ff ;  berf.,  3o^.  6ave3bcrienfiS,  na«fieben  u.  ©tubien,  S^riften  u. 
^t)i(ofopt)ie,  Seidig  1862;  (Srnft  Säubert,  3)ie  StaatSlebre  Sodann*  üon  @ali*bur^,  ©erlin, 
1897  (Erlang.  $iff.). 

^o^anned  t>.  ©aliöburV  (Saresberiensis,  Salisb.,  de  Saresberiä,  Severianus, 
60  auefy  $arDu^  genannt  —  ob  lefctercä  ein  53einame  wegen  feiner  unbebeutenben  2eibe*= 
gröfee  —  „homuncio",  „parvitas"  nennt  er  fid^  felbft  —  ober  ftberfeÄung  beS^oimlien* 
namens,  ber  etwa  Stttle  ober  (Ebort,  nid^t  $etit  gelautet  fyaben  toürbe,  lägt  fu^  nu^t 
au^mad^en  — )  einer  ber  bebeutenbften  Älerifer,  ©ele^rten  unb  ©^riftfteßet  au&  ber 
3Witte  be«  12.  ^a^unbert«  im  3eitalter  ber  ^ä>fte  ©ugen  III.,  #abrian  IV.  unb 
66  ailejanber  III. 

3u  Sali^burt;  in  Sßiltffyire  (©übcnglanb)  jtnifc^en  1110  unb  1120  geboren,  tom  nie» 
berer  fäcfyftfcber  ^erfunft  (er  nennt  ftc^  homo  plebejus),  berliefe  er  im  3a^rell36  fdn 
93aterlanb,  um  tn  $™nfrei$,  junäd^ft  in  $ari«,  fic§  bem  toiffenfd&aftlic&en  @tubhtm  )u 
roibmen.  3uerf*  ^abe  er,  toie  er  felbft  er^lt,  in  3Ronte  ©tae  ©enoWKte  ben  berühmten 
60  äbälarb  gehört,  ber  i^m  nur  ju  frity  entrijfen  loorben  fei,  bann  9Qbert$  Don  S^etm* 
unb  Robert  üon  3Jielun.    Waty  )h)etj|ä^rigem  @tubium  ber  SDialetti!  ^abt  er  $arid  \K& 


3of)atsite3  b.  ©alisburtj  315 

(offen,  um  ben  (Srammatiler  SBifyehn  bon  GoncfyeS,   einen  ©d&üler  33ernfyarb3  bon  gfyar* 

txed,  toafycenb  ber  näd&ften  brei  ga^re  $u  fyören.    93on  biefem  tourbe  er  —  aller  Sßafyr* 

föeinlt$teit  nad)  )u  S^artreS  felbft  —  in  bie  ffaffifd&e  Sitteratur  eingeführt,  beren  grünte 

fi$e,   für   fein  3e^a^w  beifinellofe  ÄenntniS   unb    glücflicbe   9?acfyafymung   einen  feiner 

graten  9lu$me3tttel  bilbet.    -Mactybem    er  ficty  bann  &u  SRtd^arb  S'äbfcque  gctoenbet  fyatte,  5 

unter  bcjfen  gü^rung  er  baä  Sxibium  (©rammatif,  £>ialeftif  unb  SR^ctotrif)  repetierte  unb 

baS  Duabritrium  abfölofj,  toobei  nocfy  anbere  Seigrer,    toie  §arbetoin  ber  2)eutfcfye,  2^eo- 

bond^  unb  $eter  6lia$,  i&n  leiteten,  lehrte  er  nac§  $ari$  *urü<f ,  um  ftcfy  nunmehr  unter 

(Stöbert  be  la  fßorräe,  SRobert  ^ulletyn  unb  ©imon  bon  $oiffty  ber  Geologie  ju  befleißigen. 

äemenb  aber  auc$  letyrenb,  benn  er  mufete  ficfy  feinen  Sebenftmterfyalt  burd)  ben  Unterricht  10 

toameljwner  junger  2eute   ertoerben,   braute  er  im  ganjen  jtoölf  3>afyrc  in  granfreicfy  $u, 

t»n  benen  er  bie  le^te  3eit  bei  feinem  intimen  gromb  $eter,  9U>t  beä  (Siftcr jtenferflofterS 

Houtier  la  gelle  bei  IrotyeS,   Atn  feiner  9lot  toegen  bertoeilte.   Sefcterer  Umftdnb  führte 

eine  für  fem  ganjeä  2eben  entfd&eibenbe  SBenbung  fyerbei.    6r  lernte,  otyne  3ll>e*fe'  bur$ 

$äcrd  aSermittelung,   freierer  &u  *ProbinS  fein  Schüler  ober  boefy  Kommilitone  getoefen  15 

tonr,  ba£  mächtige  $au})t  beS  ßifteraienferorbenS,  ben  gemaltigen  Sem^arb  bon  Slairbauj 

tarnen,  mit  bem  er  an  bem  ben  21.  2Rän  1148  unter  bem  93orft$  ^Sapft  (Sugenä  111. 

p  Styetm*  eröffneten  Äon$il  teilnahm   unb   beffen  ftreunbfcfyaft  er  getoann.    Aucty  bem 

ftjKfcfcof  Xbeobalb  bon  (fanterburty,  ber  bor  ben  Verfolgungen  feines  ber  ©eiftlicfyfeit 

fcinbfeUgen  ÄönigS  ©tep^an  naty  gtanfreicfc  entflogen  toar,  trat  er  bamalS  nätyer,  unb  20 

&  tourbe  Don  tym  auf  33ernfcarb$  toieberfyolte  bringenbe  Sntyfefylung,  nacfybem  ber  ^JrimaS 

auf  feinen  ©i$  naety  ßanterburty  tyatte  jurücf teuren  fönnen,  borten  noety  im  gafyre  1148 

ober  Anfang  1149   als   erjbifööf lieber  Ramler   ober  ©efretär  berufen.    3)ie  bon  $auli 

(f.  oben)  auf  ©runb  be$  erft  neuerbingS  befannt  getoorbenen  Fragmente  ber  Historia 

pontificalis  Johannis   aufgeteilte  Meinung,  bafe  er   erft   biel  foäter   in   feine  Jjeimat  25 

»irikfgelefat  fei,  beruht,  toie  ©ennriefy   (f.  oben)  treffenb  na<$getoiefen  fyat,  auf  aSijjber* 

fembnte,  toie  fte  benn  auefy  an  gofyannä  eigenen  ganj  unjtoeibeutigen  @rflärungen  (Metal. 

II,  c.  10.  Policrat.  Prol.)  fd^eitert.    3n  \®n  Sunt   braute  3°^ann  ™fy  nur  c^ne  ums 

faffenbe  f^ilofof^tfc^e  Silbung,    eine  ftaunenätoerte  Vertrautheit  mit  ben   alten  ftlafftfern 

mit,  nidbt  nur  eine  getoanbte  geber  unb  bie  in  granfreiefy  gewonnene  Sefanntfc^aft  mit  so 

^oefaeßeuten  Älerilern  unb  ben  ma&gebenben  Ser^ältniffen  beS  firc^lic^en  ScbenS,  fonbern 

öor   ödem  biejenige  unter   bem  (Stnflufi  Sem^arbS  bon  ßlairbauj   unb   gleic^geftnnter 

Setfter  getoonnene  Ürc^lid^^olitifd^e  ©efinnung,  ti)eld»e  bon  nun  an  amtlic|  toie  fc^rift- 

ßeOerifc^   ut  berfetyen  bie  Aufgabe  feinet  SebenS  toarb.    Stuf  ©runb  beS  befonberd  bon 

711.  -    -     ~ 


VII.  geüenb  gemachten  ^ierarc^ifd^en  3;^^^  ber  ecclesia  Romana,  bie,  toie  er  35 
fty  oudbrfidt,    bie  „mater  et   nutrix   omnium   ecclesiarum"    bilbet,    §at  %of).  bie 
Cber^errfc^aft  beS  Sßapfttumä  in  allen  geiftlid^en  toie  irbifd^en  fingen  unb  bie  „libertas 
eedesiae",  b.  I).  bie  böDige  Unab^ängigfeit  ber  ©eiftlid^teit  bon  jeber  toeltlid^en  SKac^t, 
aö  bad  SWittel  angefefyen   unb  geforbert,  bie  SKenfc^en  bon   ber  Ungerec^tigfeit  irbifc^er 
(SetDoIt^aber  unb  ben  folgen  ber  ©ünbe  £u  befreien,  um  fte  ftttlid^,  gottergeben  unb  ba-  40 
buri^  gliicflidj  ju  machen.  9Jur  in  ber  gorm  ber  römifd^en  ^ierard^ie  fd^ien  i^m  ba«  6^riften= 
tum  feine  Segnungen  &u  entfalten  im  ftanbe  ju  fein ;    btefer  I^eortc  bon  ber  römifc^en 
Rat^oficttät  $at  3°^-  \P<ün  in  feinem  Policraticus  (f.  untm)  einen   berebten  SluSbrud 
gegeben ;  er  fuc^te  ilp  aber  aud^  in  ber  fragte  be$  tird^lic^en  Seben^  möglid^ft  Staum  ju 
Muffen,  obtoo^l  fte  gerabe  in  (Snglanb,  fotoobl  am  töniglic^en  §ofe  toie  bei  ben  33if$öfen  45 
W^,  toelt^  fu^  biet  metyr  atö  $aird  be^  9tetd)e3,  benn  alö  Untergebene  bed  i^nen  fernen 
%tifik&  betrachteten,  auf  entfdfoiebenen  SBiberftanb  ftie^.    Übrigen^   tonnte   er  bem  Sr^ 
Kf^if  tote  bem  nad^  be«  getoaltt^ätigen  ©tej)^anö  $obell54  ^ur  Regierung  gefommenen 
§eirau^  II.  toi$ti(je  ©ienfte  leiften.    3e  äto  unb  Iränflid^cr  Gr^bifd^of  I^eobalb  toarb 
kjb  nufp  fiel   bte  93eforgung  ber   firc^lid^en  Angelegenheiten  auf  3°^annö  ©d^ultem ;  50 
«  fotte  eine  ausgebreitete  amtlid^e  toie  Jmbate  Äonef)>onbenj   ju  führen  (f.  unten),  mit 
ber  fty  no<^  allerlei  ©eföäfte  juribifd^er  3trt  berbanben,  hatte  auefy  im  Auftrage  beö  ßrj= 
Wfc^ofe  unb  bed  JtdnigS  biele  Steifen  in  (Snglanb  unb  nad)  bem  ^eftlanbe,  befonber^  nad^ 
8«mntu^  unb  Stalten  gu  mad^en.    3cl^nmal  W  **  m$  feiner  eigenen  Angabe  (Metal. 
III.  Prol.)   bie  Slpen  ttberftiegen,   öfter«  bie  römifdbe  Äuric  befugt,  fd^on   unter  $apft  66 
8»9m  III.,  in  beffen  ©efolge  er  toieber^olt  fu^  auffielt  (Polier.  VI,  24),  befonberö  aber 
«ntir  £abrtan  IV.  (1154 — 1159),  bem   er   ate  Sandmann  unb  perfönlicfyer  %xt\mb  fo 
*He  flanb,  tme  fem  Anberer  (Metal.  IV,  42,  bgl.  Polier.  VI,  24).    2)rei  9ttonate  lang 
W  er  einmal  (jtotfc&en  SRobember  1155  unb  guli  115G)  bei  §abrian  in  Senebent  ber* 
Mit  unb  bon  $tn  eine  toie^tige  Urlunbe  für  ftönig  ^einrid^  II.,  betreffenb  bie  ©d^entung  oo 


316  faulte*  *•  SaHdfoirtj 

ber  3>nfel  $Tlarti>  an  bic  engltfd&c  Ärone,  erlangt.  2lufS  tieffte  bellagt  er  batyer  §abrian$ 
$ob  (1.  September  1159)  unb  bie  bur<$  bie  ©oweltoa^l  beä  SafyreS  1159  eingetretene 
scissura  ecclesiae.  ®amal$  toar  feine  Stellung  um  fo  fctyhrieriger  getoorben,  alä  er 
bei   ber  ferneren  Srfranfung  feinet  Srjbifcfyofä  nic|t   nur  bte  ganje  Saft  ber  ©efcfyäfte 

6  beä  $rima$  unb  beren  SJeranttoortung  ju  tragen  fyatte,  fonbern  [xt  auc$  im  Sinne  feiner 
fyierarcfyifd&en  ßirctyenbolitil  ju  leiten  fudjtc.  @ä  gelang  tym  jtoar,  ni$t  obne  grofce 
Sd&toicrigfeiten,  bie  Slnerfcnnung  be$  SpapfteS  älejanber  III.  gegenüber  bem  faiferlufcn 
©egenpapft  SSiftor  IV.  in  Snglanb  burdfoufcfcen,  befto  me&r  fam  er  aber  tro$  ber  SJer* 
bicnfte,   toelcfyc  er  jtc$  um  ben  Äönig  ertoorben  tyatte,  bei  biefem  unb  ber  übertoiegenben 

to  rotyaliftifcfyen  Partei  ber  Sifcfyöfe  in  3Jtifefrebit,  toobei  ber  argliftige  SBifctyof  Slrnolb  Don 
Sifteuc  ben  Singeber  unb  §efcer  beim  Könige  machte,  als  fei  !§o$.  ber  eigentliche  Urheber 
ber  fyierar($ifcfyen,  ber  alten  englifdjen  Äircfyen*  unb  9tei$3))ra£i3  jutoibcrlaufenben  unb  in& 
befonbcre  auf  Scfytoäctyung  ber  föniglicfyen  2Jtacfyt  ab jielenben  Strömung  (Epist.  115:  So- 
lus  in  regno  regiam   dicor   minuere  majestatem ;    quod  in   eiectionibus  oele- 

15  brandis,  in  causis  ecclesiasticis  examinandis  vel  umbram  libertatis  sibi  audet 
Anglorum  ecclesia  vindicare,  mihi  imputatur  etc.).  S5olb  lam  e$  fo  toett,  bafj  er 
ernftlid?  baran  beulen  muffte,  (Snglanb  no$  bor  bem  1.  Januar  1160  *u  bcrlaffen  unb  nad) 
granfreic^  unb  9lom  ju  gelten,  ba  er  burcfy  beS  ÄönigS  Ungnabe  niqt  blofc  feiner  &mter 
unb  (Sinhmfte  berlufttg  ging,  fonbern   fogar  für  feine   perfönlid&e  Si^ertyeit  beforgt  fem 

20  muffte.  $)ur<$  beS  $at>fte$,  beS  Srabifäof«  unb  beS  ÄanjlerS  Seilet  ^rforadje  ttmrbe  jebocfc  ber 
Äönig  toieber  umgeftimmt,  unb  3oI)ann  fonnte  für  je$t  in  @nglanb  bleiben.  Sfaen  $itycpuidt 
erreichte  feine  fircfylicfye  Söirffamleit,  als  nad&  bem  Xobe  feinet  bisherigen  ©önncrS,  bcS 
(SrjbiföofS  S^eobalb  (2tyril  1161)  im  folgenben  Sa^re  ($fmgftcn  1162)  SofrannS  ber* 
trauter  gteunb,  ber  Rangier  Stomas  33ecfet,  ben   er$bifd&öfli$en  Stu^l  bon  Ganterburty 

25  beftieg  unb  mit  überrafcfyenber  Sd&nelligfcit  aus  einem  gefügigen  #ofmann  anb  SSerteibtger 
ber  föniglid&en  Siedete  in  einen  jäfyen  3Sor!ämpfer  ber  „Äirdjenjreii&eit"  unb  beS  ^ierar* 
d&ifcfyen  StyftemS  ftcfy  bertoanbelte.  3ftm  fyattc  fur$  borget  IgoljanneS  feinen  *ßolicraticu$ 
bebictert,  ni$t  blofc,  um  ftd^  tym  perfönli$  $u  empfehlen,  fonbern  bor  allem,  um  bie  5ßrin* 
jtyien  fird&licfycr  ^ßolitil  i^m  anS  $erj  ju  legen  unb  tyn  bon  ben  nugae  curialium  für 

so  eine  ernfte  Seben^anfc^auung  ju  getoinnen.  3n  ber  ganjen  berbängnöDoBen  3e^  ^ 
Jtampfeä  ^ifc^en  bem  $rima^  ber  englifd^en  Jtirc^e  unb  bem  Jtönigtum,  jtoif^en  ben 
neuen  ^ierarc^ifc^en  9lnfprüd^en  unb  ben  antiquae  regni  consuetudines  toar  ^o^amied 
ber  eifrigfte  SSerteibiger  ber  „libertas  ecclesiae",  beö  ©rjbifc^ofS  treuefter  greunb  unb 
Seratcr,  feine  rechte  §anb  unb  fein  2luge  (manus  et  oculus  archiepiscopi.  Petri  Bles. 

35  ep.  22).  (Sr  überbringt  i^m  öom  $a^ft  3lle£anber  III.  bie  Seflätigung  feiner  2Ba$l  unb 
ba«  erj\bifc^öflic^e  Pallium  (1162),  ift  tym  balb  ^erfönltd^  na&e,  balb  erteilt  er  i^m  brief* 
liefen  diät,  tröftet  unb  mafynt  i^n  auf^  träftigfte  unb  freimütigfte,  ge^t  ij^m  Doran  ind 
6jil  nad^  ^ranhei^  (1163),  fuc^t  lfm  unermüblic^  für  ben  ßrjbifc^of  iit  toirlen  unb  i^m 
für  ben  gall  feiner  gluckt  ein  Slfyl  unb  gteunbe  ^u  gewinnen,  rät  $m  jur  glud^t  unb 

to  berteibigt  feine  ^lut^t,  ma^nt  ifyn  aber  aud^  toieber  jur  SWäfeigung  unb  ©ebulb  mit  bem* 
felben  ^reimut,  toomit  er  auc^  bem  ^ßapft  Sliejanöer  toiebcr^olt  entgegentritt  unb  ifyn  an 
bie  ^flic^ten  lote  an  bie  ©renken  ber  fcäjpftlicfyen  SWad^t  nac^brücflic^  erinnert  (f.  befonberS 
ep.  198,  219).  3Rad^bem  enblid^  ber  griebe  jtoifd^en  Äönig  §einri<$  unb  2^omaö  f^ein* 
bar  ^ergeftellt  ift,   eilt  ^ol^anne^  i^m  borauS  nad^  @nglanb  jurüct,  finbet  tyter  freiließ  bie 

45  ä5er^ältniffe  troftloö  (ep.  240),  enttoirft  eine  braftifd&e  Säuberung  bon  ber  Slnfunft  be* 
ßrjbifd^of^,  bon  feinem  unfreunblid^en  (Smtfang  burd^  bie  ©egner  uub  ben  toeiteren  Sor» 
gangen,  bie  $u  ber  5tataftroj)^e  am  29.  ®ejember  1170,  ^u  ber  ©rmorbung  bc3  6rj» 
bifc^of^  in  feiner  Äatfyebrale  führten.  Sei  ber  9Rorbfcene  felbft  toar  3»^ann  too^l  nu$t 
in  näcfyfter  9?ä^e,   er  eilte  aber  fönetl  genug  ^erbei,   um.  bon  bem  toftbaren  Slute  b^ 

so  SWärttyrerä  feinen  Xcil  m  befommen.  (So  lege  id^  bie  Säuberung  ^Jeterd  bon  Seile  aud, 
toenn  er  bon  3°^-  niyntt,  er  fei  „pretioso  sanguine  B.  M.  Thomae  intinctußM.j 
Wad)  Setfet«  lobe  lam  nun  noc^  für  Sofy.  ^i"e  3e^  ^tx  ©efa^r,  ba  bie  feinblt$e  Partei 
be«  ÄleruS,  ben  ßrjbifd^of  bon  ?)orl  als  §au^tgegner  ber  ^ierarc^ifc^  ©efumten  an  ber 
Spifce,   bic  äln^ängcr  unb  Wiener  be«  ermorbeten  ^JrimaS  gu  berfolgen  fortfuhr,    bte  ber 

56  (Jinflufj  SlomS  unb  mef^r  noety  bic  mächtige  Stimme  beS  bem  neuen  9Rärn)rer  immer 
eifriger  fyulbigenbcn  SSolfcS  ben  Äönig  gur  5Racfygiebigteit  ^U>ang,  toelc^e  auc^  unferm  3*$. 
$u  gute  fam.  6r  lehrte  balb  nacb  6anterbur^  jjurütf ,  erhielt  ben  ©enu^  femer  ^Sfrünben 
toieber  unb  trat  in  bie  Dicnftc  beS  Nachfolgers  ÖetfctS,  be«  $rior$  Sttc^arb  bon  3)ober, 
für  beffen  6rh)ä^lung  jum  CSrjbifd^of   bon  Ganterburty  er  eifrig   toirfte   unb  beffen  9<» 

eo  ftätigung  beim  Zapfte  er  bur^fe^te.    ©eivife   toar  er   aud^   für  bie  Äanonifation  beä  a» 


3fof)attiieS  *.  Saliöburt)  317 

morbeten  Sedfet  ttyätig,   beffcn  Seben   er  im  Segcnbenftil  betrieben  fyat  unb   beffcn  an= 
geblic&e  SBunbert^aten  et   beglaubigte.    3>m  3aVc  1176  aber  erlebte  ber  bamalS  fetyon 
betagte  3)iaim  bie  (Styre,  burd&  einftimmige  ÜBafyl  beä  Kapitels  unter  äuftimmung  beSßönigS 
fcubtoig  tum  granfrei<$  auf  ben  33itöof3fi$  toon  GfyartreS  erhoben  ju  toerben  —  berjenigen 
Stobt,    freierer  er  bie  Siebe  &ur  rlafftfd&en  ßitteratur  öerbanfte.    @r  trat   bie   tym  über*  6 
tragene  2Bürbe  im  äuguft  1176  an,  fyatte  aber  a\xd)  alSöifd&of  mit  allerlei  SBibertoärtig* 
leiten  unb  geinbfeltgfeiten  gu  tämpfen,  toie  au$  ben  Sriefen  s$eterS  toon  Seile  unb  SßeterS 
tom  SMote  an  tyn  fjerfcorge&t.  Übrigens  fufyr  er  fort,  baS  Vertrauen  beS  5ßa$>ftcS  Sllesan* 
ber  ju  bejt^en,   toeld&er  tyn  mit  fcerfdjiebenen  auftragen  beehrte,    %üx  toofyltfyätige  6tn= 
Tötungen  in  feiner  Siögefe  ebenfo  tfyätig  tüte  für  bie  allgemeinen  fir$li$en  angelegen*  10 
betten,  natym  er  am  (brüten)  fiateranfonjil  beS  %al)T&  H'9  eifrigen  SCntctl.    3la$  bem 
Briefe  beS  SßetruS  Gantor  (Verbum  abbreviatum  207)  toarnte    er  bort  in  einer  Siebe 
bor  unberechtigten  Steuerungen  unb  toertoieS  ben  ÄleruS  auf  baS  Gtoangelium  (Absit  nova 
condi  et  plurima  veterum  reintingi  et  innovari.    Laborandum  esset,  ut  evan- 
geüum  observaretur).  6r  ftarb  nad)  ber  Slngabe  beS  alten  Necrologium  Carnotense  iö 
am  25.  Ott  1180,  h>el$e  9lac$ric$t  baburefy  beftätigt  toirb,  bafe  sjjeter  fcon  GeUe(unD  fpäter  fcon 
6t.9tenty),  toeld&er  als  fein  SRactyfolger  ben  33ifdjofSftfc  öonGfyartreS  fieben^a^re  inne  ge* 
babt  ijat,  im  3>a$re  1187  ftarb.    3)aS  Necrologium  fagt  toon  tym:  vir  magnae  reli- 
gionis  totiusque  scientiae  radiis  illustratus,    verbo  vita  moribus  pastor  Omni- 
bus amabilis  —  ein  Wann,   bürfen   toir  parapfyrafierenb  baju  bemerfen,   öon   toafyrer  20 
SötteSfurc^t  burc^brungen,  auf  ber  #öfye  ber  2Biff  enfd&aft  feiner  3eit  ftefyenb,  ein  unermüb* 
lufcr  Äämpfer  für  ein  reines  Gfyriftentum  unb  eine  baSfelbe  bertretenbe  ibeale  Äirctye,  toie 
er  jie  fi<&  ba^te,  ein  ftetS  unerfc^roef ener  SSefenner  ber  SBafyrfyeit  auefc  3ftrf*en  un*>  ^Sä^ften 
gegenüber,   ein  treuer  unb  aufrichtiger  ftreunb  ber  Seinen,  öon  lauterem  §er$en  unb  babei 
föarfem  Skrftanbe,  ftetS  feiner  Übeneugung  treu  unb  babei  bo$  öorfictytig,  mit  einem  für  25 
ferne  3eii  gang  aufjerorbentlicfcen  Schafte«  beSSBiffenS  auSgerüftet,  ben  er  in  feinen  Schriften 
ofe  idjftct  ber  cfcriftlictyen  Sitte  unb  Xugenb  —  auf  biefe  nämli$  fommt   eS  ifym  aulefct 
immer  an  —  m  ben  mannigfaltigften  SBenbungen  unb  mit  unenblictyen  Gitaten  aus  ber 
StBel  unb  ben  JUafftfern  ausbreitet.    Di;ne   eigentlich   fctyöpferifd?  $u  fein,   feffelt  er  bie 
Sefer  femer  Sßerfe  burefy  baS  SRatoe,  griffe,  babei  9leid$altige  unb  überall  äBofylgemeinte  so 
feiner  mitunter  toofyl  bem  ^laubertone  na^etommenben,  bann  toieber  ^um  toiffenfc^aftlic^en 
Srnft  ftc^  er^ebenben,  an  ben  tlafftf$en  Lüftern  gebilbeten  Siebe,  toel$e  baS  älQgemein» 
gütige  mit  bem  92äd^ftliegenben,    leud^tenbe  ©^rüc^e  Don  etoiger  ffia(?r^eit  mit  ©c^ilbe= 
ruiwen  au£  ber  $t\t  unb  SKitteilungen   eigener  Seben^erfa^rungen  getieft  ju  toerfnüpfen 
toeip.    So  ift  feine,   neben  ber  bie  legten  brei  Dezennien  feine«  fieben«  erfüDenben  biet  36 
fettigen  unb  einflußreichen  firc^licben  unb  fir$ent>olitif$en  SÖiirtfamfeit  ^erge^enbe  fc^rift? 
fteBenf$t  X^atigleit  nidbt  minber  bebeutenb  aU  jene,  unb   für   unfere  Jtenntniä   mittel- 
alterlic^en  ©eifte«  unb  äebenä,   ber   toiffenfc^aftlic^en   unb  ftrc^lic^en  Seftegungen  jener 
ifyodft  ungemein  le^rreic^. 

1.  $a£  toeitau«  bebeutenbfte  unb  umfaffenbfte  feiner  Serie  ift  ber  Policraticus  40 
nve  de  nugis  curialium  et  vestigiis  philosophorum,  im  ^a^re  1159  abgefc^loffen 
unb  bem  bamaligen  Steinfänger  unb  Slrc^ibiafonuS  l^oma^  Öecfct  bebiciert  —  ein 
Softem  fird^lic^^olitifc^er  Staate  unb  Sittenlehre  auf  bem  ©runb  beä  G^riftentum«  unb 
ber  Sktäfcit  ber  alten  auferbaut  gu  bem  ^tvcd,  bon  ben  :fti$tigfeiten  be^  meltlic^en  unb 
Wrfc^m  gebend  gur  magren  ^ugenb  unb  Sitte,  utr  richtigen  Selterlenntni«  unb  2öelt-  46 
be^mf^ung  anzuleiten.  (3>ied  ift  ber  Sinn  be«  Ittcl^,  ber  bafyer  nic^t  Polycraticus, 
(onbern  Policraticus  )u  fd^reiben  ift.)  Wxt  ausgiebiger  Öenu^ung  ber  ^eil.  Schrift  unb 
ityt  minber  ber  alten  ßlafftfer  enttoirft  30^.  in  biefem  S&erf  aus  feiner  reiben  &tbtn& 
«rfafaung  unb  ©efc^ic^t«!enntni«  ^erau«  ein  S3ilb  bed  2tbtn$,  toie  e«  ift,  aber  &ugleic$ 
ouc^  bad  3beal  ^  h,a^ren  c^riftlic^en  Seben«,  toie  e«  fein  foB,  in  bem  bie  Äircfye  ate  so 
bie  $älerin  unb  Vertreterin  beS  göttlichen  ©efe^eS  unb  ^ugleic^  ber  eckten  mcnfd)licf)cn 
&er«^tiglett  burc^  i^re  3)ta$t  über  alle  3$er^ältniffe  bie  sJRenfd^eit  ^u  fc^ü^en  unb  ^u 
leiten  fat,  bamit  alle  Unterbrüctung  unb  ©emaltt^ätigfeit,  alle  i^or^ett  unb  Sünbe  ein 
6nbe  ne^me  unb  überall  ba$  toa^re  ©lue!  einlege.  3)er  policraticus,  bie  erfte  gro^e 
Staatötyeorie  in  ber  mittelalterlichen  Sitteratur,  bat  auf  bie  3"t9enoffen  i^ren  (Smbrucf  65 
»♦t  t>erfeblt,  auc^  auf  bie  'Jolge^eit,  namentlich  auc^  auf  ifyomaä  öon  2lquin  (f.  oben 
Säubert  6.  54  ff.)  getoirft,  hrirb  üon  SSingenj  bon  S3eaut>aiS  auSgenu^t  unb  ift  toiel  nac^= 
geahmt  unb  a&gefcfaieben  toorben,  toie  bie  grofee  3^^l  nod?  öor^anbencr  3Wanuffripte  (bef. 
w  &nbon  unb  Djforb)  bezeugt.  —  2)em  erften,  fe^r  toafyrfdjeinlicty  oon  ben  fratres 
Titae  communis  in  Srüffel  um  1480  (toenigftcnö  nic^t  uor  1476)  t>eranfta(teten  &ructe  00 


318  3foIjatttted  b.  ®ali*ttnty 

be«  SBerfc«  (in  $ol.)  folgten  föon  1513  jtoci  anbere,  ber  eine  in  Sßari«,  ber  anbere  in 
fityon,  fobann  eine  Seibener  2lu«gabe  bom  %afyxc  1595,  toelctye  ben  md&t  ju  untermauern 
ben  Slnfang  einer  —  feitbem  leiber  nietyt  mefyr  fortgelegten  unb  noc$  Weniger  bun^gefüfjr- 
ten  —  $e£te«friti!  maetyt,  unb  toeiterc,  eine  jtoeite  Setbener  bon  1639,  toelctye  au$  ben 
6  2JtetaIogicu«  mitentfyält,  unb  bie  mit  ifyr  bi«  auf  ba«  Titelblatt  ibentifd^e  ämfterbamer 
bom  3a&re  1664.  Stbbrücfe  De«  *ßolicraticu«  finben  fiefc  ferner  in  ber  Bibl.  P.  P.  Col. 
T.  15,  ber  Bibl.  P.  P.  Lugd.  T.  23  unb  ber  ^atrologie  bon  SRigne  T.  199,  enblidfr 
in  ber  ©ticken  ©efamtau«gabe  ber  ffierte  3ofann«. 

2.  311«  ©rgänjung  biefe«  2Ber!e«  ift  anjufefyen  ber  gleidj  nad)  bem  ^ßoL  getriebene 
10  unb  gleichfalls  bem  Äanjler  Stomas  bebicierte  Metalogicus  in  4  Sudlern,  juerft  getauft 

ju  *ßari«  1610,  bann  m  Serben  unb  Slmfterbam  1639  unb  1664,  eine  ©arftettung  ber 
toafyrcn  unb  falfd&en  2öifjenfd&aft,  toorin  er  bie  Berater  ber  Sßiffenfc&aft  unb  tn«befom 
berc  ber  Sogtf  ebenfo  geißelt  toie  einen  falfd&en  unb  gebaltlofen,  mit  leeren  $^rafen  unb 
unnüfcen  ©rübeleien  fid?  abmütyenben  töolaftifd&en  §ormaIi«mu«,  ber  über  ber  SEBifjenföaft 

16  bie  2Öafyrfyeit  $u  berlieren  in  ©efafyr  ift.  ©olcfcen  Berirrungen  ber  jettgenöffifdjen  $j&& 
fopfyie  gegenüber  bertoeift  3*^-  auf  bk  gefunben  Slnfc^auungen  ber  alten,  auf  $lato  unb 
bie  2lfabemifer,  bor  ädern  aber  auf  Striftotele«,  ben  philosophus  fc£lec$t$in,  qui  alioa 
fere  omnes  et  fere  in  omnibus  philosophos  superabat,  unb  beffen  Drganon  3°^- 
juerft  unter  ben  SIbenblänbern  boQftänbig  fennt   unb  gebraust    3)a  er  aber  über^au^t 

20  ber  ©$ranfen  be«  menfd&Iic^cn  SBiffen«  fiefc  betoufct  ift,  ba  er  toeifc,  bajj  tarn  sensus 
quam  ratio  humana  frequenter  errat,  fo  ift  tym  ba«  primum  fundamentum  ad 
intelligentiam  veritatis  bie  fides,  b.  &.  bie  fromme  Betrachtung  ber  göttlichen  SBerfe 
in  ber  creatio,  conservatio,  reparatio  hominis,  unb  bor  ollem  bie  Srtenntni«  unb 
Befolgung  be«  göttlichen  SBtllen« ;  benn  ntcfyt  bie  3)ialeftif,  fonbern  bie  @tyif  ifl  bie  Ärone 

25  aller  2Biffenf$aft :  toer  bana$  ringt,  ba«  bur#  bie  ©ünbe  entftettte  ©otteäbtlb  in  fw$ 
^erjuftellen,  toer  feine  Süfte  befämpft,  toer  bie  35ugenb  pflegt  unb  feine  $flic$ten  erfüllt, 
rectissime  philosophatur. 

3.  3o&.«  frityeftc  ©cfcrift  ift  ber  um  1155  berfafetc  Entheticus  (Eutheticus,  Nn- 
theticus)  sive  de  dogmate  philosophorum,  ein   au«  926  Diftic^en  beftefcnbe«,   bem 

80  ftanjler  %f).  Becfet  getoibmete«,  t>^ilofo>)^ifc^.-fatirifc^eS  Se^rgebic&t,  toelctye«  in  feinem  erften 
$eile  eine  fritifc^e  3)arftellung  ber  ©runbgebanten  ber  griecfyiföen  unb  römifc$en  ^tyUo* 
fopfyen  liefert,  benen  bie  fyöl?ere  äßafyrfyeit  be«  S^riftentum«  entgegengehalten  toirb,  in 
feinem  jtoeiten  Seile  aber,  toeld&er  ftc^  an  Xfyoma«  toenbet,  um  tym,  ber  ben  Sbttor  jum 
©^reiben  aufgeforbert  habe,  bie  ©a$e  ber   bebro^ten  unb  bielberl^ten  Ätrctye  and  $erj 

85  ^u  legen,  eine  ©c^ilbaung  ber  fd^Iimmcn  3uf*mtbe  feine«  SJaterlanbe«  bietet.  3)a  6n* 
t^eticuö,  ate  erfter  jjoetijd^er  ßnttourf  bed  litterarifd^en  $lane«  anjufe^en,  ben  3»^-  «n^Ö« 
Sa^re  f^äter  im  ißolicraticuS  biel  burc^bad^ter,  grünblid^er,  bolljiänbiger  unb  abgerunbeter 
aucigefü^rt  fyat,  ift  nur  in  jtoei  ^anbfe^riften  erhalten  unb  bon  6^r.  ?ßeterfen,  Hamburg 
1813  mit  Äommentar  juerft  herausgegeben  toorben.   (Über  3nM*  un^  Bebauung  biefer 

40  brei  SBerfe  fotoie  ber  Sludgaben  pnbet  man  ba$  Sichere  bei  ©c^aarfc^mibt,  3°^-  ©aredb. 
%l  III,  ©.  142—241 ;  283—288.) 

4.  35aö  bie  ^afyre  1148—1152  umfajfenbc  Fragment  einer  Historia  pontificalis, 
toeld^e  %oi).  —  bon  SB3.  b.  ©iefebrec^t  ate  beffen  3<erfaffer  richtig  ertannt  —  im  8n* 
fc^lu^  an  bie  Gfyronif  ©igebert«  unb   befjen  näd^fte  §ortfe!|}er   ettoa  um  ba«  3a^r  1165 

45  (jebenfallS  niebt  bor  1164),  als  er  tottyrenb  be«  Äirc^enftreiteä  mit  §cmric^  II.  in  %tanU 
reic^f  bcrtoeilte,  gefd^rieben  ^aben  totrb.  %of).,  über  bie  Krc^lic^en  Angelegenheiten  auf« 
befte  unterrichtet,  beginnt  mit  bem  Jlonjil  bon  SR^eim«,  bei  freierem  er  antoefenb  toar; 
er  giebt  u.  a.  über  ben  §anbel  ©t.  Sernfyarb«  mit  feinem  ehemaligen  Se^rer  ©tlbert 
be  la  $orr^e,  bamal«  Bifd^of  bon  ^ßoitier«,    über  älrnolb«  bon  Bre«cia  ©r^ebung  unb 

50  fonftige  in  bie  3^^  ßugen«  III.  fallenbe  Dinge  grünblid&e  3tu«funft  (bgL  SEBattenbac^, 
3).  @eföic$tft|uellen  im  Tl.  Bb  II,  6.  Slufl.  ©.  333).  S)ie  bi«^er  einjige  »i*8gab«  ba 
Hist.  pont.  fyat  3EB.  Slrnbt  in  ben  Monum.  Germ.  hist.  Script.  XX,  p.  515 — 545  ge» 
liefert.  —  Da«  Fragment  bricht  im  3^^re  1152  bei  §  45  mitten  im  ©afcc  ab. 

5.  Vita  S.  Ansei mi,    eine  in  STb.  Becfet«  Auftrag   unb  im  Slnfölufi  an  ©bnter« 
es  größere  Biogra^ie  1163  abgefaßte  2cben«bej Reibung  2lnfelm«,  toelc^e  ber  auf  bemÄonjil 

ju  S£our«  ju  betreibenben  Äanonifation  bieje«  bebeutenbften  Bertreter«  ber  bon  Sanfranc 
uterft  in@nglanb  eingeführten  ^ierard^ifd^en  Jtirc^enpolitif  bienen  feilte  (bgL  ©c^aaxf $mibt, 
%  ©.  ©.  241—244). 

6.  Vita  et   passio  S.  Thomae,    balb   na$  1170   )u  a$nli$em  3^^   toon  3^- 
go  felbftftänbig  berfa|t,  bei   aller  ©ad^fenntni«  unb  2Ba^eit«liebe  merfmürbig    burt^  ba« 


3»M««e*  b.  ©aliSbnrt)  ^ofjamieS  III.  ©djolafKfitS  319 

ffiagfiütf,   3$oma3  ©edet  mit   bcm  §eilanb  in  parallele   ju  [teilen  (bgl.  ©cfyaarfctymibt 
a.  a.  D.  ©.  244—249). 

7.  2)tc  Briefe  —  bon  3oty.  fcIBft  gefammelt  unb  in   bier  Sucher  berteilt,  toäfyrcnb 
btc  jefet  borliegcnbe  Sammlung  327  ©tücfe  in  atoei  teilen  umfafjt  —  nid&t  nur  für  bie 
8ebai£geföic$te  3«>^nn^  Jonbern  aucty  für  bie  Stirc$engefd>ic§te  feiner  $eit  bon  größtem  5 
Sefang,  ba  fte  an  $äpfte  (2lbrian  unb  SUejanber  III.),    an  dürften   unb  biete  nrdjlictye 
unb  toettlid^  SBfirbenträger  gerietet,   tiefen  SinbKcf  in  bie  bamaligen  fird^üd^en  93er^ält- 
niffe,  befonberS  aut$  in  bie  Streitigleiten  be3  ©r^bifd^ofö  %boma$  mit  feinem  Äönige  ge* 
flotten.  5Die  erfte  SfaSgabe  Don  2Jtaffon,  $ari$  1611,  gab  nur  302  ©riefe,  ju  benen  noety 
mehrere  ^injugefommen  ftnb.    93alu$e  in  $ari$  bereitete   eine  neue  2lu$gabe  bor,  beren  10 
Staterial  $anbft$riftlic$  in  $ari£  borfyanben  ift ;  gegenwärtig  toirb  eine  fritijcfye  äluSgabe  für 
bie  Monumente  Germ.  hist.  geplant,  ^njtbifd^en  mufe  man  ftety  mit  ber  bielfacfy  mangel- 
haften Sudgabe  bon  ®Ue$  (in  ber  ©efamtauägabe  ber  2Ber!e  %o\).$  33b  1  unb  2)  be= 
gnögen,   taxiere  bon   3Rigne  (Patrol.   Lat.    T.  99,    $ari$  1855)   abgebrudft    toorben 
ip  (bgl  Hist.  litt.   d.  1.  France  T.  XIV  1869  6.  89—161 ;  ©cfcaarfömibt  6.  249  16 
K*  276). 

Änbere  bem  ©areäb.  jugefefcriebene  Schriften  gcfyen  tyn  enttoeber  gar  nichts  an  ober  ftnb 
$m  nur  untergefctyoben.  @in  $aar  %\td  fönnten  auf  Verlorenes  Anbeuten,  toenn  bamit 
ni$t  ettoa  emjelne  Äafitcl  be$  ^olicraticuS  gemeint  toerben  (bg(.  ©ctyaarfctymibt  ©.  276 
K*  285).  20 

Sine  ©efamtauSgabe  feiner  SBcrfe  (bie  freiließ  bie!  ju  toünfctyen  übrig  lägt)  be= 
fi$en  toir  bon  3.  «.  ©ile$  in  fünf  SSänben  (Cjforb  1848),  bon  ber  sJKigne,  Patrol.  Lat. 
T.99,  $ari$  1855,  einen  äbbruef  gemalt  fyat. 

©ine  Sarftellung  feines  fiebenä,  feiner  Sefyren  unb  feine«  33erfyältnifjc3  jur  antifen 
Sitteratur  im  einzelnen  f.  bei  Steuter,  SRitter,  $oole,  See  unb  in  ©ctyaarfdjmibtS  93uc$e  26 
(f.  oben),  ©eine  au«  flaffifctyen  unb  biblifd?=alttcftamcntlid?cn  Elementen  auf  ®runblage  ber 
<$rijUtt$en  ßtyit  gemifd&te  tyeofratifcfcfyierardjifd&e  ©efeUfdjaftStoiffcnfdjaft,  in  ber  feine  2fa* 
juxten  über  ba«  USerfyältniä  bon  ©taat  unb  Hird&e,  über  bie  ©renken  ber  obrigfeitlicfyen 
ytadft,  über  ba«  Stecht  be«  StyrannenmorbeS  unb  ber  Stcbolution,  über  ba«  Verhältnis 
ber  berfd^iebenen  ©tänbe  ju  einanber  im  ibeal  gefaxten  Staat«organi«mu«  —  Sefyren,  mit  so 
benen  er  in  (jehnffem  ©inne  ber  Vorläufer  eine«  3nnocenj,  eine«  Sonifatiu«  unb  felbft 
ber  3*fuiten  ift  —  befonbere«  ^ntereffe  ertoeefen,  fyaben  ©ennriety  unb  ©d&ubert  (f.  oben) 
gtftytfbert  (^agenmann  f)  Sdjaarfdjmibt. 

3*l>aH«t«  III.  SdjolaftituS,  *ßatriard&  bon  Äonftantinopel  565—577.  — 
Quellen:  S)ic  ffirdjengefdjidjte  be«  Sofjanne«  b.  ©pljefiiS  (iiberf.  ».  3.  Wl.  @d)önf eiber,  86 
Warnten  1862)  »11*  t  u.  2;  Vita  Eutychii  (f.  bor  bem  «rt.  (5uU)d)iu$  «b  V,  648,14  ff ); 
Evagr.  Hist.  Eccl.  4,  38  ff.  5,  13;  Theoph.  Chronogr.  vvll.  (ed.  be  SJoor,  f.  ba«  JHegiftcr 
2, 630  f.);  3<>&.  b.  Wifiu,  (S^ronifon  (in  Auszügen  überf.  u.  8oten6erq  im  Journal  A«iatiquc, 
7.  s£r.,  12.  tom.,  1878,  343  ff);  Niceph.  Call.  Hist.  Eccl.  17,  29.  40.  »gl.  Guil.  Cuj>eru8, 
Ad  biBtor.  chroool.  patriarcharuni  Cr.  Dissert.  praev.  im  s2lnf)angc  ^u  AS  Tom.  1,  *67f.;  40 
3-  S.  «ffemaniu«,  Bibl.  Jur.  orient.  caa.  et  civ.  3,  Rom.  1766  (?),  319  ff.  344  ff.  (mir 
nid)t  juflanßlid));  $&v.  3r.^B.©ald),  ftiftorie  ber  #e& creien  8,  üeipaia  1778,  578  ff.;  3.31.  Sa* 
bririu«,  Bibl.  Graec.  (ed.  ftarle«)  11.  ^)amb.  18U8,  100f.,  ugl.  S.  20  u.  12,  1809,  146. 
193.  201.  209;  ©.  W.  Sinclair  in  DchrB  3,  tfonb.  1882,  366  f. ;  .1/.  '/.  r*ördtv  IIazoiaQzixoi 
IHraxes,  Äonftantiuopcl  1890,  230  f.  S.  quc^  ben  9Irt.  3uftinian.  46 

3)er  $atrian$  Sut^iu«  n>ar  am  22.  3anuar  ^>6^  (f°  nac^  bet  beftimmten 
Xngabe  ber  Vit.  Eut.  37  unb  76;  Ifyeoj^aneS  240,  27  giebt  unrichtig  ben  12.  [nic$t 
13v  toie  8b  V  ©.  648,34  gebrueft  ift]  2lj>ri0  toegen  feiner  able^nenben  ßaltung  gegen- 
fifcec  bem  laiferli^en  8lj)bt^artobo!ettemu«  (f.  ba$u  ben  9lrt.  ^uftinian)  berbannt  Sorben. 
3»  feinem  92ac^foIger  bestimmte  ^uftinian  ben  ^ofrifiar  be^  Patriarchen  3(naftafiu3  bon  50 
toafodfim  Sotymnti,  au$  bem  2)orfe  @irimtö  bei  2tntiod?ten  gebürtig,  in  jungen  ^a^ren 
Jta^danhxut  (oxoiaoxixog),  fpäter  AÜerifer.  9iac^  Joh.  Nie.  fyat  3.  bie  bon  3uftinian 
auf  i^n  gefegten  Hoffnungen  nid^t  gehalten,  jebenfaQ^  ^at  er  na$  bem  balb  erfolgten 
2rte  b«  Äaifer«(14.5Rob.565)  bie  ©unft  bc$  ort^obojen  3uftinII.  befeffen.  So^.e^. 
toetfc  bid  »on  ber  rücfjic^tölofen  2lrt  m  berieten,  mit  ber  ber  5ßatriarc$  bie  3Kono^^Pten  » 
in  ber  $auptftabt  bebrängt  fyat,  auq  bon  ^i^utationen,  bie  ju  heftigen  älu^emanber- 
fejungen  führten.  3la$  fötoerer  Mranl^eit,  bie  Joh.  Eph.  2,  25  f.  mit  fic$tlic$er  @e= 
nugtfyuung  aufmaß,  fteb  3^.  im  12.  3afyre  3"ftin«,  577,  nacfybem  er  noc^  ben  ^ibe* 
toi«  )itm  ßäfar  gefrönt  fyattt  (Evagr.  5,  13;  Nie.  Call.  17,  40),  toatyrf$einlid&  am 
31.  »uguft  (Theoph,  248,  10;  na#  Joh.  Eph.  1,  42  fajj  er  12,;,  3a^re).  eo 


320  3oIjatttted  III.  ©djolafKfttS  3^<"t»e$  ber  Stafer 

211$  tfyeologifd&er  ©cfyriftftefler  fd;etnt  ficfc  3.  ™$1  Verborgenem  )u  fcaben.  S)er  xa- 
Tt1%r]Tixög  Xoyog  über  bie  3;rinität,  ben  er  nacb  SJtyotiuS  (Cod.  75  Bekk.  p.  52a)  bei  ©e= 
legenfyeit  be$  erften  3afyt*3tage$  ber  2;fyronbefteigung  3uftin$  fyielt  unb  gegen  ben  3o^anne£ 
*JtyiIot>onu$  (f.  o.6. 310.)  feine  tritfyeiftifctyen  ©ebanten  toerfoetyt,  ift  berloren  gegangen.  D6 

6  bte  toon  Joh.  Nie.  (©.  344)  ertoäfynte,  anföeinenb  pvoxaycoyla  betitelte  Schrift  mit 
ber  genannten  ibentifdj  toar,  tote  ßotenberg  toermutet,  läfct  fup  ni#t  me$r  entfe^eiben. 
S3e!annter  ift  %ofy.  bur$  jtoei  firc$enrec$tli($e  Schriften:  1.  eine  ovvaycoyrj  xavövcov, 
bie  er  nodj  ate  antioctyenifäer  $re$btyter  toerfafete,  barin  ber  Sn&alt  btt  apoftolifcfcen  &a= 
nonen,   fotoie  berer  ber  Stonjilien  toon  9iicäa,    ändjra,  Sieocäfarea,  ©arbica,  (Sangra, 

10  2lntio$ien,  Saobicea,  ßonftantinopel,  ©}>fyefu$  unb  G&alcebon,  enblic^  beä  33aftliu3  in 
50  Stbfönitten  unter  foftematiföen  ©cftc^tfyunften  ^ufammengefteDt  ift;  2.  einen  vojao- 
xaveov,  in  ber  gleiten  feftematiföen  Slnorbnung,  ber  aufeer  §intt>eifen  auf  bie  fir$K4en 
ftanoneä  bie  ftrcfylidje  ©efefcgebung  ber  Äaifer  enthält.  Seibe  SBerfe,  für  tyre  3eit  ge* 
toife  anerfennenätoerte  Setftungen,  finb  gebrudt   bei  91.  3ufteDu3,   Bibliotheca  Juris 

16  Canonici  Veteris  2,  Par.  1661;  499—602.  603—672.  ©.  Ihriger. 

,3of)ajutc3  ©djolafKfuS  t>on  ©ftyt&opoliä.  —  »flI.  2K.  ße  Guien,  Dißöertationc« 
Damascenac  2,  13  in  Opp.  Joh.  Damasc.  1  p.  XXXIX  (MSG  94,  281—284);  bie  «rtifel 
im  DchrB,  $b  3,  unter  Sotjanneä  Er.  363.  565.  568;  g.  ßoofS,  üeonttuS  x>.  ö^an*  (XU 
3,  1  u.  2),  Seidig  1887,  269  272  ;  3.  ©tiglmatjr,  $a§  Buffontmen  ber  $fcubo*S)ioni)ftf<f)e* 
20  6d)riften  u.  f.  id.,  gelbfird)  1895,  52;  21 (Sljr&arb  in  ÄrumbadjevS  a3n$.  2\t®t\d).\  'Kündjen 
1897,  56. 

9ta$  ^tyottuS  (Cod.  95  Bekk.  p.  78b)  fyat  ein  ©t&ofofttfuS  3<>&anne3  aud  ©ftp 
t^o^oli^  eine  au$  12  Suchern  beftefyenbe  ©t&rift  xard  twv  &jiooxujzwv  xfjg  bcxXtjoiag, 
b.  f).  gegen   bie  2lnfyängcr  beä   (SuttyctyeS  unb  2)ioäfur,  getrieben,    ©iejen  3   ibentifU 

26  giert  ^fyotiuS  (Cod.  107  p.  87a)  toofyl  richtig  mit  bem  ©ctyolaftiler  3-  (dixolöyog,  b.  L 
oxoXaorixog),  gegen  ben  SafiliuS  Gilij  jur  3eit  be$  änaftaftuS  (p.  88a),  ol[o  bor  518, 
eine  in  2)ialogform  abgefaßte  Styologie  in  16  Supern  gerietet  f)at.  Sben  oiefer  3-  $ 
au$  ber  SBerfafjer  öon  ©qolien  $u  ben  $feubo*3)iontyfifc$en  ©Triften,  bie  barm  gegen 
ben  Stortourf  at>oflinartfttfc|er  3*rfel?ren  toerteibigt  tourben.    3)er  Äommentar  tourbe  dpi 

so  t>or  afe  na$  532  (f.  ©tiglma^r),  jebenfafl^  ju  einer  $Ät  getrieben,  ba  bie  origenijtitöen 
©trettigletten  ba^  t^eologifc^e  ^ntereffe  in  atnf^ruc^  nahmen.  Soof«  möd&te,  h>ie  fepon 
2lna[taftu^  Sibltot^efariu^  unb  £e  Quien  get^an  ^aben,  unferen  3-  auc^  mit  bem  gleich- 
namigen Sijc^of  bon  Sh;t^ot)oIi^  ibenttfijieren,  ben  er  richtig  jtoifc^en  536  unb  548  am 
fefct  unb  ber  ein  2öerf  gegen  ©etoeruä  bon  2lntioc^ien  gefc^rieben  f)at,  atö  beffen  8.  Suc^e 

36  auf  bem  SateranfongU  Don  649  unb  auf  ber  6.  öfumenif$en  ©tynobe  ein  paax  Qiüdtyn 
beriefen  tourben  (bgl.  Mansi  Concc.  10, 1107  unb  11, 438;  Doctrina  Patrum  ed.  ä.  9Koi 
in  Script.  Vet.  Nov.  Coli.  7,  21 ;  f.  auc$  ben  Srief  be«  SBotfteS  Slgat^o  bei  Mansi 
11,  270)  unb  au«  bem  3$otui*  (Cod.  231  p.  287a  23  ff.)  in  einer  trietteiefct  bem  %& 
triard&en  ©o>)^roniu«  bon  Igerufalem  ^ujufc^reibenben  (f.  SoofS)  IxXoyij  %Qr\oEoav  einige« 

40  gelefen  \)at  3lngeftd^t«  ber  I^atfac^e,  ba^  nad^  Leont.  Byz.  ctr.  Monoph.  (MSG86#2, 
1865  C)  ber  Sifd&of  tote  ber  Kommentator  (f.  o.)  in  apoflinartftiföen  ©Triften  betoan* 
bert  toar,  ift  biefe  $bentififation  red^t  tbo^l  möglic^.  2luc^  ber  ayokaatocög  'Iayäwrjg, 
ber  ca.  520  mit  bem  $1.  <Saba$  in  ©h;t^o^oIi«  jufammentraf  (Vit.  Sab.  61  ed.  Cotel. 
p.  327),  fann  mit  bem  unfrigen  ibentifU  getoefen  fein.  ©.  ihriger. 

46         ^ofjanncS  ©cohtd  (Srtgena  f.  ©cotu«  Srigena. 

^oljanncö  ber  Ianferr  Iwävvng  6  ßajtnoxrig.  —  Sgl.  Äeim,  ©efd).  3cfu  u.  Waiaro 
I  8.  469-588,  II  8.  355-367.  509-522;  föenan,  Vie  de  Je^us«  p.  94-112.  195-204; 
©crnlj.  2Bei6,  fieben  3cfu  1882,  I  ©.  225  ff.  295  ff.  II  @.  3  ff  ;  öe^fd)lag.  fieben  3efun« 
6.99  ff.  159  ff.  242-247:  »olfmar,  Sefuö  flajarenuS  1882,  6.  58  ff.  351  ff.;  8ünbel. SefuS 

60  in  Silbern,  1884,  6.  22—48;  (Srid)  ^aupt,  3ot).  b.  %..  eine  biblifd)e  »etradjtung.  1874, 
94  ©.;  Sdjürer,  Üct)r6.  b.  neuteft.  Seitgefd).  §  17;  &au8ratb,  ißeuteft.  3eitgcf(ft.  I  ■  6.  355 ff.; 
6d)mibt,  atjriftologie  in  S^rb.  f.  b.  Xft.  1869.  gerncr  ben  Slrt.  3o^.  b.  %.  in  (Erfcft  unb 
Öruber,  enajfiopäbie  II.  @ett..  Xeil  22,  3.  94—119  u.  **.  ©rtmm,  unb  in  ben  9teallejtta 
uon   ^öiner  nnb  iRie^m    unb  cnblid)    in    Senfelö  SBibcllejifon.    3)ie  ältere  ßitt.   bei  fiiafe, 

66  «eben  3efu  §  42. 

3)te  Duellen  über  ieben  unb  SBirfcn  bc^  3°^-  pichen  reid^Ii^  genug,  um  toenigftat* 
über  fein  Söirfen,  toenn  auc^  nic^t  über  fein  SBcrben  unb  SSJa^fen,  unb  au$  über  fein 
(Snbe  ein  in  ft$  gefc^loffened  93ilb  ju  gewinnen.    3m  4-  ®°-  ^  **  fceilic^  fc^ioer,  ben 


3fof)attiteS  ber  Säufer  321 

fajtoriföen  ftern  unb  bie  jo^anneifc^fubjeftibe  2tu3füfyrung  ftreng  auSeinanber  gu  galten. 
9u$  bie  31©  bietet  einige  bea$ten«toerte  Streiflichter  bar.  Ru  ben  ntl.  Slutoren  gefeilt 
fty  enbli$  Sjofep&uS  mit  einem  gelegentlichen  3eudn^/  ^  W  m^  *>en  n&  SluSfagen 
too$l  bereinigen  läfjt,  fo  toenig  aui)  ber  jübifcfcrömifc^e  2Beltmann  ber  Sebeutung  beä 
läuferä  geragt  ju  toerben  bermag.  2lu3  bem  Stalmub  unb  ben  ätyofrty^en  ift  hingegen  5 
ein  jutoerläfftger  Settrag  jur  Kenntnis  be3  gebend  unb  SßJirfcnö  beä  3ofy.  nic^t  $u  ge= 
toiiutea.  Othon.  lex.  rabb.  324,  Protev.  Jacobi  c.  22  s. 

Alle  bter  6bb.  fctyliefcen  tibereinftimmenb  bie  öffentliche  Söirffamfeit   3efu   <m  Vit* 
ienißc  3°&-  b.  £.  an,  fo  ba&  biefelbe  burdj  i^n  vorbereitet  ünb  eingeleitet  erfcfycint.  Unfer 
£crr  ift  burefc  tyn  jum  SKeffiaS  getoorben.    Sctyon  auS  biefem  ©runbe  berbient  er  unfere  10 
befonbere  Äufmerffamfeit. 

1.  Sein  2B  erben.  3°^anneg  toar  ^  ©°§n  **>&  ^riefter*  3ac^ar^a^  un^  fe*ne3 
au3  Sarong  ©efd&lec^te  ftammenben  SöeibeS  (Slifabctfy,  geboren  in  ifyrem  2llter.  Die 
ebangeltf$e  ©eföictyte  in  ber  SarfteKung  beä  SufaS  toeife  bon  Slngelobfyanien,  pxop\}c- 
tiföen  $Ätyn  un^  Stimmen  ju  berieten,  bie  fic£  bor  unb  nad&  ber  ©eburt  funbgaben,  15 
unb  berfnübft  biefe  enge  mit  ber  ©eburtägefcfyic^te  3efu*.  ®ne  überrafd&enbe  6tnftimmig= 
!eit  läfct  bie  beiben  ®ltern  bem  Äinblein  ben  SRamen  "i?~"\  ©ottfyolb,  geben,  beim  3Sater 
im  ©efcorfam  gegen  göttlichen  Sefefyl,  bei  ber  2Jtutter  bermöge  einer  3lrt  3)ibination, 
entgegen  bem  genommen  unb  bem  33ertoanbtenentfctyetb.  2Bie  bie  ©eburtägefd&ictyte,  fo 
berührt  ftdj  aud)  bie  SBetye  unb  SebenS^altung  be$  3°^-  a^  92afträer  mit  bem  bon  20 
Sitnfon  unb  Samuel  Überlieferten.  2Ber  biefen  ganjen  ©näfjlungSctyfluS  bon  Sc  1  bi& 
frebitieren  toiH,  mufi  mit  ber  2tyatfac$e  rechnen,  ba§  ber  (Sbangelift  &ier  eine  eigentüm* 
lu$c,  altteftamentltcfy  gefärbte  Duelle  benüfct,  beren  ^oetifc^e  ©rgüffe  nid&t  ^robuft  ber 
dürften  c$riftüc$en  ©emetnbe  fein  fönnen,  fonbern  fcfyon  borfyer  entftanben  fein  muffen. 
2)a3  ovx  ffdeiv  avxdv  30  1,  31  läfet  eine  Auslegung  $u,  bie  feine  ©egeninftanx  $x  ber  26 
bon  Sc  benoteten  95ertoanbtf$aft  be$  *ßriefterfyaufe$  in  %ubäa  mit  3Jtaria  bon  viajarety 
bübet  913  Drt  ber  ©eburt  föcint  Hebron  angegeben  ju  fein,  toenn  toir  Sc  1,39  lefen: 
ek  rtjv  ögarrjv  eis  n6hv  9Iovda,  benn  toir  fyaben  feinen  ©runb,  3u^a  a^  ^ne  SJ^5 
förabung  für  3«tta  anjufe^en,  ba^,  ebenfalte  5JJriefterftabt  (3of  15,  55),  nur  10  Äilom. 
fübüd?  bon  Hebron  liegt :  äin  Äarim  bei  3*™falem  atö  ©eburt^ort  be*  Käufers  fommt  30 
etftmalig  in  ber  £reuuafyrer$eit  bor.  %ixx  bie  S^ronologie  finb  n>tr  in  ber  §au}>tfad}e 
auf  Sc  1  u.  3  unb  bie  Unterfuc^ungen  über  bie  ©eburt  3cfu  bertoiefen:  3°^-  ibar 
6  ^Monate  älter  als  3efu3-  ^e  ^anÖe  Hne  Gr^te^ung  im  )>riefterlic^en  Sinne  geleitet 
toerben  tonnte,  ift  atö  ber  marfanten  S$tlberung  Sc  1,  80  nid^t  erfic^tlic^.  Seine  33cr= 
trautet  mit  ben  $ro^eten,  inebefonbere  mit  3efaia/  mochte  immerhin  auf  Unterricht  35 
berufen,  fein  frühzeitiger  Stücf^ug  in  bie  SEBüfte  mit  bem  Xobe  ber  betagten  (Sltem  ju- 
fammen^änaen. 

3Ran  |at  unrecht  get^an,  auftreten  unb  ©ebaren  be$  ^Eäuferö  mit  ben  ©jfenern 
in  Skrbhxbung  )u  bringen,  bafür  ift  3°^anne^  ^cl  lu  original.  2lber  fo  biel  ift 
richtig:  gemeinfam  mit  ibnen  unb  bem>anbten  ©eiftern,  toie  ber  Ginftebler  33anu3  einer  40 
toar,  bem  ber  ©efctyic^tjdpiber  3öfel>^u^  in  feinen  3w«9^"Ö^ial^ren  di  Schüler  gefolgt 
toax  (Joseph,  vita  2),  ift  i^m  ber  im  ßrnft  ber  3^  begrünbete  3"Ö  Bur  äl^fefe.  ©in 
Süd  auf  bie  bamalige  ©efedfe^aft  geigte  ntd^td  ate  3^mmer ;  nicfyt  nur  bie  ^roturatoren- 
toirtfAaft  mit  i^ren  Sc^recfen,  auc^  bie  $eu$clci  unb  33erfe^rt^eit  in  ben  Spi$eu  be^ 
jübifepen  Solfötumd  mufete  eine  fo  bur$  unb  burd^  grabe  3?atur  toie  3o^anned  abftofeen.  45 
.Sein  Stüd^ug  in  bie  SEBüfte  bebeutet  ben  33ru$  mit  ber  pfyarifäifc^leuitifcfyen  ^römmig^ 
leit  Sorbtiber  für  feine  unabhängige  ©eifte^rid^tung  fuc^tc  unb  fanb  er  in  ben  alten 
ymptyttm  3«raeW,  ®lia«,  bem  3)tonn  ber  Ifat,  3cfaja^,  bem  TOanne  bc«  SBorte^.  3)ie 
fd^aurige  SBUbniS  in  ber  SBüfte  3^ba,  gtoifd?en  bem  toten  Weer  mit  bem  untern  ^oxhan 
unb  ban  Äamm  bed  ©ebirged  3^ba,  entbehrt  ni$t  ber  ©ro^artigfeit :  ^icr  fear  ber  rechte  eo 
Crt,  unter  ftetem  Slüdblicf  in  eine  gro^e  Vergangenheit,  ©inblicf  in  eine  traurige  ©egen- 
toart  unb  äuöblidt  in  eine  büftere  '3ufunft  m  jenem  avtjäveiv  xal  xQaxaiovofrai  jivev- 
fum  m  gelangen,  bon  bem  Sc  1,  80  er^lt.  üJlit  ber  tflage  über  bad  Sünbenberberben 
fcxbanb  \\df,  too^l  auc^  in  Srinnerung  an  bie  )>ro^^etifc^en  Stimmen  bei  ber  eigenen 
Schot  (Sc  1,  68—79),  eine  glüfyenbe  Selmfuc^t  nad)  ber  mefftanifc^cn  &\t :  nie  toaren  55 

Öunb  O^ren  beffer  borbereitet,  ben  Stuf  ©otte^  &u  berne^men  aU  bei  3°^anne^- 
ber  göttliche  SRuf,  unb  bamit  ber  lag  ber  ävädeigis  nqog  töv  'IoqcujX  fam.  3n 
faan  dufteren  $abitu3  ^atte  [\<fy  ber  Käufer  ber  2öüftc  anbequemt:  SDic  Speije  beftanb 
Q  ^eufc^reefen,  tote  fie  auc^  tyutt  noc^  bon  ftedactyen  unb  Sebuinen,  berfepieben  ju- 
lerntet,  genoffen  toerben,  unb  toilbem  §onig  3Sit  3,4;  9Jlc  1,  6.   Seine  Jtleibung,  ein  go 

*fl**c*Uepäb\t  fftr  Zf>toloq\t  unb  «ir*e.  8.  ff.  IX.  21 


322  3oIjatme$  ber  Saufet 

fvdv/ia  Don,  toofyl  gehobenen,  .ftameetyaaren  unb  einem  lebernen  ©ürtel,  ber  ba* 
Unterfleib  umfctylofe,  unterfdjieb  fic$  faum  Don  berjenigen  armer  £irten,  erinnerte  aber 
feine  nachmaligen  &uf)öm,  too^l  ofyne  2lbft$t  feinerfett«,  an  ba«  ?ßroj>$etenfleib  eine« 
(Slia  (2.  5tg  1,  8);   audj   in  3efu  Slugen  erfaßten  fte  al«  bejeicfcnenb  für  ben  jebe  SRacfc 

satymung  unb  2lbfyängigfeit  Don  ben  SJtenfd&en   berfämäfyenben  ©otte«mann  3Jlt  11,  7  ff. 

2.  ©eine  pro^etifc^e  SBirffamfeit  unb  Sßrcbigt.    3m    15.  3a&re  be* 

Äaifer«  Sibcriu«,  781  (?)  ber  römifd&en   $ra  2c  3  „geföaty  ba«  SBort  be«  ßerrn"  an 

3ofyanne«,  bafe  er  nun  au«  ber  Serborgenbeit  fyerbortreten  fottte,  bamit  bem  SÖerben  jefct 

ba«  Söirfen  folge.   Unb  fo  getoaltig  toar  bie  SJliffton,  bie  ber  3ßufer  übernahm,  ba£  fte 

10  ofyne  ben  göttlichen  gfaftor,  b.  f).  otyne  fpe^ieüe  Berufung  burd^  Offenbarung  einfach  ni$t 
benfbar  ift.  ©ictyerlicty  fyabtn  un«  bie  ßDangeliften  nur  ba«  ©runbtyema  feiner  $rebigt 
überliefert  mit  ben  -äBorten:  Meravoeixt  tjyyixev  yäg  ff  ßaodela  x&v  ovqclvwv.  5Der 
lefctere  ©afc  fölofe  in  ftety  bie  ätu^ftd^t  auf  bie  SoUenbung  ber  atL  Offenbarung,  bie  6r* 
füllung  ber  pro^etifcfyen  2l*ei*fagung,  unb  jugleicty  ba«  Setoufetfein  be«  Käufers,  bafc  er 

15  bie  mefftanifc^e  §t\\  $u  inaugurieren  berufen  fei.  Um  ben  (Smtritt  berfelben  möglich  ju 
machen,  ift  auf  feiten  be«  Solfe«  bie  perdroia,  bie  §ergen$emeuerung,  bie  S&nberung 
ber  ©efinnung  Don  ©runb  au$,  nottoenbig.  3)er3nfyalt  biefer  Sßrebtgt  aBein  fcfrm  teugt 
für  bie  alle«  atl.  ^ropfyetentum  überragenbc  ©röfee  be«  l^o^anned,  tote  fte  ton  gefu« 
felbft  anertannt  toorben  ift:  lein  träumenbe«  SBarten,   toie  e«  bem  Solle  batnal«  eigen 

20  fein  mochte,  ba  ifym  ja  al*  Slbratyam*  Same  ba*  mefftanifc^e  9tetc^  fo  ftrie  fo  gehnfe  fei; 
fein  felbftäufriebene«  fidj  genügen  (äffen  an  bud&ftäblictyer  Erfüllung  ber  gefeilteren  Sor= 
fünften  unb  SluSbau  ber  ©afcungen,  hrie  toir  e«  bei  ben  ^anfäern  toa^rne^men;  lein 
au£  Soll  unb  SBelt  au«f(fceiben,  um  ftety  in  felbfterfunbenen  SReinigung«ceremomen  be* 
fonbere  £eiligfeit  ju  ertoerben,   toie  bei  ben  offenem;   ba«  toar  ein  ec$t  prty^ettfdjp* 

25  SBirfen  Don  ©runb  avß  unb  ba«  gange  Soll  umfaffenb,  toobei  nietyt«  logiert,  fonbern  alle* 
original  toar. 

©otteä  9tei$  unb  ©otte«  ©eric^t  ift  aber  aud)  in  ben  Äugen  be«  gurten  $ro* 
p^eten  toie  in  benen  feiner  Vorgänger  unjertrennlicb  mit  einanber  berbunben.  Unb  er 
ftefyt  ftety  berufen,  biefen  ©cric$t«ernft  mit   aEem  SRacgbrucf  geltenb  ju  machen,   unb  ba« 

so  um  fo  mefyr,  je  näfyer  er  ben  2lnbru$  be«  mefftanifd&en  Steige«  toeife.  3m  fommenben 
©erid^te  offenbart  ftc^  ©otte«  3<mt ;  toer  bemfelben  entrinnen  toitt,  ^at  Urfac^e,  getoabige 
Slnftrengungen  bafür  ju  machen,  9Rt  3,  7.  8;  3°  3/  36.  35abei  fte^t  3^-  ^in«  marfige 
9lu«brud«toeife  mit  fräftigen  Silbern  ju  ©ebote,  bie  Dortreffli$  paty  )u  ber  raupen  ©eftalt 
be«  einfttgen  äüüftenbctoobner« :  ungefc^minft   toie  ber  5Kann  ift  auc^  feine  @pra$e,  g^ 

35  rabe^erau«  unb  uttreffcnb:  „bie  9ljt  ift  ben  Säumen  an  bieSBurjel  gelegt",  „ber  Saum, 
ber  nid^t  gute  ^ruet^t  bringt,  toirb  umgehauen  unb  in«  geuer  getoorfen"  3Rt  3,  10. 
6«  ift  mbeffen  unmöglich,  Don  be«  Käufer«  5Heic^=  unb  ©eric^t«j)rebigt  ju  reben,  o^ne 
feiner  jugleid^  eigentlich  mefftanifd^en  ^rebigt  ju  gebenten.  ©o  na^e  toetfe  er  ba«  meffia* 
nifd^e  §eil,  bafe  er  fic^  al«  ben  unmittelbaren  Vorläufer  be«  ÜReffta«  bejeic^nen  barf,  ben 

40  $erolb,  ber  ber  @rfc^etnung  be«  Jtönig«  Dorange^t.  Übereinftimmenb  bejeuaen  bie  eDang. 
Senate,  baj  3o^.  fxd)  nac^  3ef  40,  3  al«  „bie  ©timme  eine«  Kufenben  tit  ber  fflüfle: 
Sereitet  ben  Seg  be«  ^errn"  sJKt  3,  3;  9Rc  1,  3;  2c  3,  4;  3o  1,  23  bejet^net  ^abe. 
2)anac^  lann  e«  nic^t  fraglic^  fein,  toa«  für  eine  Stellung  ber  Säufer  )um  fommenben 
meffianifd^en  SRctc^e  für  fic^  in  Slnf^rud^  na^m :  e«  ift  bie  be«  §erolb«  ober  SBegbereiterS, 

45  bie  Don  Wal  3, 1.23  bem  @lia«  gugetotefen  toorben  toar.  SBenn  er  felbft  e«  ablehnt,  ber 
tDiebergetommene  (Slia«  ju  fein,  toogu  boc^  auc^  3^  ^n  ^n  ^ner  bejetc^nenben  9Re= 
ta^^er,  Wt  17,  11.  12,  gemacht  fyat,  fo  bangt  ba«  mit  feiner  tiefen  lauteren  2)emut, 
einem  ©runbgug  feiner  ebeln  ^erfönlid^teit,  gufammen ;  facblic^  lommt  i^m  jene  fcrDor= 
ragenbe  Stellung  nac^  feinem  eigenen  %1)\m  unb  Sieben  unfraglic^  ju, 

so  6in  bebeutfamer  Unterf$ieb  mac^t  fic6  nun  freiließ  in  ber  mefftantf$en  ©eriAt^ 
)>rebigt  be«  3ofy.  Derglid^en  mit  ben  älteren  ^ropfyeten  vnb  ber  Solftertoartung  bemerfbar. 
3lad)  biefen  Derfc^ont  ba«  ©eric^t  ba«  Solf  3^wel;  nac^  3°^-  tow*  3^rae'  jueefi  tom 
bemfelben  betroffen.  Abraham  jum  Sater  ju  ^aben  ift  lein  ©dbu^  gegen  ben  Sgtyieb 
unb  bie  aufgehobene  Sßurffc^aufel,  3Rt  3,  8  u.  12.   ©Ott  Dermag  bem  Abraham  au«  ben 

55  ©teinen  ber  2öüftc  ffinber  ju  ertoeefen :  alfo  bei  afler  SBirffamfeit  innerhalb  ber  Station 
unb  auf«  ®antf  ber  Nation  bod)  eine  überrafebenbe  2)urc^brec^ung  ber  nationalen  ©d^ranle, 
Äeime,  bie  toir  bei  $aulu«  jur  reifen  ^ruc^t  entn)idfelt  ftnben.  &a«  mu|  mit  in  «nfcblag 
gebraut  toerben,  toenn  toir  ber  ibealen  ©röfee  be«  3«>^  tooDen  ©ere$tiafett  toiberfapren 
laffen.     SBJenn  man  bie  meffianiföe  SBirffamfeit  be«  Säufer«  in  3to*fa   flQogen  bat, 

go  fyaut>tfä$ltc$  loeil  ber  bie  mefftanifd^c  Hoffnung  feine«  Solfe«  fo  foxt  fo  Derleugnenbe  go* 


äfolptttted  ber  Sänfer  323 

faljjuS  jtc  unerwähnt  gefaffen,  fo  ift  bagegen  $u  beachten,  bafe  bie  3cugniffe  barüber  um 
fo  unberbäc^tiger  ftnb,  Weil  ja  bie  näc^fte  golgejeit  bcm  ^ropfyeten  augenfc$einli$  nid^t 
9ta$t  gegeben  $at. 

S)te  9tei$&,  ®eri<$t&  unb  93uf$prebigt  be$  3olj.  rief  eine  SSeWegung  im  Sanbe  fycr= 
bor,  We  ifyreS  ©leiten  nid&t  fyattt.    Über  tyre  anfange  ftnb  Wir  $u  Wenig  unterrichtet.  5 
Od  föetnt,   bafc  ber  *{$ropfyet  feine  Berufung   in  ber  SBüfte  empfing   unb  bann  bon  ben 
Rängen  bcS  ©ebirgeä  am  toten  9Reere  in  bie  IJorbanaue  borging.   (Sinjelne  mögen  juerft 
ben  3hif  bernommen  unb  fd&neU,   ergriffen  bon   ber  ©cwalt  unb  bem  gftuer  beä  fyetligcn 
3Ranne$,   bie  Äunbe  bon  ber  neu  crWad&ten  ^ropfyctie  im  Sanbe  herumgetragen  fyabm. 
fiberanffchnmenb  bezeugen  3Jlt  unb  Sc,  bafe  mit  neglxcoQov  tov  'logdävov   ber  ÄreiS  10 
ber  SBtrffmnteit  beS  3°&-  umf<$riebcn  fei  2Rt3, 5;  Sc  3,  3:  alfo  bon  fyüben  unb  brüben 
filmen  fie.   ©a3  juqIxcoqov  bc«  ^orban  War  bamalä  Weit  bitter  bebölfert  als  tyeut jutage, 
Wo  ehie  Stenge  Drtfäaften  berfd&Wunben  ift,  unb  boefc  wären  bie  ^orbanfurten  öftlicfy  bon 
$eri$o  noc$  fcute  ein  geeigneter  Ort,  um  eine  Sotfc&aft  xa\d)  in  Umlauf  ju  fefcen.  3)a8 
9uf$gejjtrau$,  Womit  ba3  gorbanufer  bcWad&fen  tft,   ermöglichte  e$   in  3Jerbinbung   mit  15 
ber  ftarf  benüfeten  %uxt  (Srücfe)  bem  ?ßrop§eten,  jeben  2lugenblicf  ft$  jurüdjujie^en  unb 
toi^er  an  bie  Öffentli$!eit  ju  treten  ganj  na$  93ebürfni$.    ©0  fyabcn  Wir  und  ni$t  $u 
tounbern,  Wenn  balb  Wed&felnbe  93olf$fc$aren  fi$  um  ben  Käufer  berfammelten.    Salb 
baren  alle  Stänbe  bertreten:  3öHner  (©renjgebiet  bon  gubäa  unb  ber  Stetrarc^te  beä 
$erobe3),  ©olbatcn  beS  SSierfürften,   ehrbares   unb   fünbigeS  93olf  (ol  rekcbvai  xal  dt  20 
Ttogvoi  SDtt  21,  32).    9UIe  biefe  lehrte  ber  Käufer  nac|  3jefu  3lu$brucf  h  ödeö  r^fc 
bxcuoovrrjs  (ib.),  inbem  er  fein  fistavoeixe  für  fie  fpe$ialifierte,  nid&t  irgenbWelcfcc   be= 
fonbere  Beübungen  forbemb,  fonbern  berblüffenb  nüchtern  Stblegung  ber  ©tanbeäjünben 
unb  9le$iföaffenbeit  in  £anbel  unb  2Banbel  berlangenb.  Die  3öllner  foHen  fi$  genügen 
laffen  an  ber  feftgefefcten  $aje,  bie  Ärieger  am  ©olb,  bie  o%\oi  an  bem  5RotWenbigen,  Woburd&  25 
fie  bie  SRtttel  erlangen  ben  SRotleibenben  Mfe  ju  bringen.  3lad)  2Jtt  unb  3°  **><**  bie  Solid- 
betoegung  fo  großartig  unb  untoiberfteblic^,  bafe  man  ftc^  fragte,  ob  biefer  dvrjg  dixaiog 
xal  äytog  3Rc  6, 20  ni$t  am  @nbe  ber  3Ke[fta3  fei,  trofebem  er  feine  orjuela  t^at  3°  10,11, 
tmb  ba|  auc^  bie  anerlannten  güfyrer  bed  Solfed  [xq  gebrungen  fa^en,  i^m  Seac^tung 
ju  fc^emen  unb  fogar  ftc^  offijieQ  mit  ibm  ju  befaffen.     @d   liegt   nämlid}   fein  ©runb  so 
bor,  ben  Seri^t  bed  %o  1,  19  ff.  unb  9Kt  3,  7  alä  unrichtig  ^u  bereif  ein.  Sie  2cmpeU 
«toen  3<f»  befUitigen  bie  bis  in  ben  Sentyel  unb  fein  ©tynebrium  ^mreid^enbc  äöirffamfeit 
bed  Xäufer*.    aber  biefen  9le))r&fentanten  bed  offiziellen  unb  bed  frommen  ^ubcntumd 
fct  30^.  nacb  bed  3Rt  tootyl  jutreffenberem  Seric^t  einen  Übeln  empfang  bereitet,  inbem 
er  fie  ote  yewrjjuara  Ixiövcbv  3,  7  anrebet,   bie  ber  §erjendcrneuerung  in  ganj  befon*  86 
berem  3Ka|e  bebürfen.    3)te  offiziell  an  i^n  gerichtete  ^rage  beantwortete  er  freiließ  mit 
toürbefcoDer  Sefc^etben^eit  unb  3)eutltc^feit:  ba|   er  nic^tö  bon  bem  fei,   tooju   man  i^n 
bat  matten  Wollen,  nic^tö  ald  eine  (pcovij  ßoeovrog  h  rfj  Iq/i/uü)  1,  23.    älQe  biefe 
Xebcn  tragen  mit  tyrer  fernigen  Äürje  ben  Stempel  ber  (Scgt^ett  unberfennbar  an  fi$: 
fie  tonnten  in  biefer  fantigen  &naft>$eit  unb  faft  änigmattfckn  gorm   in  ber  3Solföüber=  40 
lieferung  nic^t  too^l  entfteDt  Werben.     @od  bennod^   eine  ftritif  an  tynen  geübt  Werben, 
fo  iß  fte  bamit  audaefprod^en,  ba^  30^.  nic^tö  ju  geben  ^atte  al£  eine   ftarre  ftttlid^e 
gorberung.   $  inen  vttüban  tyti  er  ni$t  aufzuführen,  fonbern  Wie  @(tad  nur  bie  befte^enbe 
Solf^emeinbe  ftttiic^  )u  reformieren.    Slber  ed  gehört   mit  jur  ©röfee   bed  3°^  baft  ^ 
fti^  ferner  Sc^ranfe  beutluty  bewußt  blieb :  bon  ft$  Weg  Wied  er  auf  ben  ©tarieren,  mit  45 
(Beiß  unb  geuer  taufenben,  3Rt  3,  7.  11;  9Rc  1,  7.  8;  Sc  3,  16;  30  l,  26.  27,  Wobei 
bat  gtuer  Wobl  atö  @innbilb  bed  ©eifteS,  unb  nic^t  alö  geuet  beS  ©eric^teS  ju  faffen  ift. 

3.  3)ie  ^orbantaufe.  S$  galt,  ber  mejfianif^reformatorifd^en  2^ätigfeit  einen 
bebeutfamen  Slbfc^lu^  ju  geben,  baS  gesprochene  2öort  im  fpreebenben  ©innbilb,  wie  eS 
bem  Orient  befonbered  Sebürfnid  ift,  ju  berförpern.  3)a  F)at  aber  %ob.  wieber  ni$t  nad)  60 
bcm  Ocfe^  mit  feinen  2Baf$ungen  gegriffen,  aueb  nietyt  effenifebe  33räuc^e  foptert  ober 
aar  bie  (fpatere)  $rofel^tentaufe  nac^gea^mt«  fonbern  in  ben  ^$rop^eten  fanb  er,  Wa3  er 
brauste;  3cf.  1,  16  War  geforbert:  „SBafc^et  eu$,  reiniget  tud),  t^ut  eure  böfen  2fa* 
Wage  twm  euc^";  äfalicfc  ®j  36,25—27;  Bad)  13, 1  Womit  m  bergleic^en  Seb  14,  8; 
Sc$  19,  19;  2.  Äg  5,  10.  2BaS  bort  nur  Wie  eine  9Hetapber  er[c^ien,  Würbe  burefc  » 
3ob-  &UR  Symbol;  bom  bloßen  ffiorte  fd^ritt  er  jur  %i)at:  er  taufte  bie  bei  tym  er« 
Mmmbe  Stenge,  jeben  einzelnen  in  ben  fluten  be^  %ox1>an  untertaud^enb  Mt  3,  6; 
8k  1,  6,  Womit  ein  ©flnbenbefenntnte  berbunben  War.  Söaä  follte  biefer  Byrnbolt  s)Jic 
WUtt  e0  1,  4  ein  ßämioua  rijg  fietavoiag  eis  äqieoiv  äjuagricbv.  ©innenfäQig  follte 
bei  Xtaifüng  e£  burc^  biefe  ^anblung  au^fpred^en :   i$   bin   ein  ©ünbet  unb  bebarf  ber  w 

21* 


324  3oi)amtc$  ber  Sftnfer 

Steinigung,  unb  tote  bie  fluten  be$  ^orban  bk  Rieden  &intoegft>ülcn,  fo  totrb  meine 
©ünbe  fyintoeggenommen,  \<fy  erlange  ©ünbenbergebung.  %ixx  ben  untergetauchten  unreinen 
taucht  ein  reiner  auf,  ber  ©ott  aufrichtig  bienen  toill.  So  ftnb  ©ünbenbetenntniä,  ©ünben* 
Vergebung   unb  ©elübbe  bie  untrennbaren  SKomente  ber   einen  fmnbilblu^en  ftanblung, 

6  unb  e$  ift  93er;fcr;lag  9lecr)t  ju  geben,  ber  auf  bie  toectyfelfeitige  Sebingtyeit  toon  SReue  unb 
Vergebung  fd)on  im  3t£  aufmerffam  mad)t.  Söenn  man  aber  ferner  ben  3ofej>^u3  tyd 
fagen  laffen  (j.  33.  Äeim,  #au»ratl)),  toeil  er  Don  einem  ßamio/mp  owävai  be$  3$oue3 
fpric^t:  e$  fei  Don  3>or).  ein  eigentlicher  Saufbunb  geftiftet,  eine  ©emeinfc&aft  gefc^loffen 
toorben,  fo  ^rentiert  man  ben  SluSbrud  be$  äufammenfommenä  (pwiivai)  zu  fdjr.  9lu$ 

10  fet>tt  ber  beftimmte  £intoei$  auf  bie  Saufe  als  unerläßliche  SBetye  für  ba$  ^D2effiadreu^. 
ättotyl  aber  toar  ftety  $of).  betoußt,  mit  (einer  Saufe  ba$  SSolt  für  bie  bemnäcfcft  m$  Seben 
tretenbe  s3)ieffta3gemeinbe  zuzubereiten  unb  als  ßannarng,  toie  feine  3^0^°^  ty 
treffenb  d&arafterificrten,  ©otteS  SBillen  zu  erfüllen :  feine  £aufe  toar  auc$  nad)  bem  Urteil 
3jefu  „Dom  §immel"  9Bc  11,30  ff.  Sgl.  3jo  1,  38:  6  nifixpag  ue  ßam&iy.  2Ba$  für 

i5  eine  nachhaltige,  fturmartige  Sctoegung  er  bamit  im  gangen  Solle  hervorgerufen,  ba$  be* 
zeugen  bie  §errntoortc  9Jit  11,  12:  Orib  ia>v  fjjuegcbv  'lwdwav  rov  ßajmarov  iojg 
ägn  rj  ßaadeia  rebv  ovgavcbv  ßid£etai  xal  ßiaoxai  agnd^ovoiv  avrijv.  Unb  toaä 
bie  91©  18, 25  unb  19,  3  unä  Von  ber  bis  na$  Äleinaften  ^oc^gefyaltenen  3*>fanne$taufe 
ergäbt,  baä  bient  bem  Slusbrud  ^efu  zu  toiflfommener  SSeftätigung. 

20  4.  £)a$  SBcrfyältniS  zu3*fu&  ®icfe«  iftä  allein,  toaä  ber  trierte  ©Dangelifi,  bie 
anbern  ergänzenb,  in  feinem  Sendete  über  ben  Käufer  berührt  ovzog  fjX&ev  elg  pag- 
zvgtav,  Iva  juagrvgrjoj)  negl  t.  qxjoxog  1,  7.  8.  9iic£t  nur  ba3  Jiegixcogov  t.  'log- 
ddvov  ober  ^ubäa  tourbe  von  ber  Saufbetoegung  erfaßt,  auefy  ba$  ferne  ©aliläa,  ju 
meffianifd)er  Äunbgebung  ftetä  bereit,  t^at  balb  mit:  äjiag  6  Xaog  liefe  fic$  nac$£c3,21 

25  taufen.  ©inen  beftimmten  2lnl>alt$jnmft  bafür  ^aben  toir  in  ber  Mitteilung  beS  4.  @D , 
toonac$  SlnbreaS  au£  SSetfyfaiba  unb  ber  ungenannte  3>efu$jünger,  bcx  boc^  unfraglty 
ebenfalls  ein  ©aliläer  toar,  fidj  unter  ber  ©efolgfäaft  be$  Säuferä  befanben.  SUfo  3°^- 
fammelte  jünger  Don  überallher,  unb  na$  Sc  11,  1  unb  Sic  2,  18  ff.  lehrte  er  biefelben 
ba^  Sittm  in  beftimmter  ^orm  unb  beranlafete  fie  ni$t  nur  zu  einer  ber  (einigen  ä^m 

so  liefen  aelctifd^en  Sebenöioeife,  fonbern  ^u  regelmäßigem  gaften.  3m  übrigen  liegt  e^  no^er 
in  biefen  Jüngern  zugleich  ©c^ilfen  be$  3:aufgef^äfted  zu  f^en#  kern  SofynmeS  bei  ber 
großen  Stu^be^nung  ber  SSolföbetoegung  fc^toerlic^  allein  genügt  fyabm  totrb.  3)er4.@txm- 
gelift  ift  aud?  in  ber  Sage,  unö  beftimmte  Angaben  über  ben  bamaligen  Slufentyalt  M 
iäufer^  zu  machen:  h  Brj^aviq  negav  t.  'logddvov,  ein  Ort,  ben  toir  gegenüber  toon 

8ö3>cric^o  zu  fud^en  ^aben  toerben^eä  toar  eine  Serlegen^eitdauöfunft  ber  foäteren  3)otu^ 
mente,  an  ©teile  biefcä  fonft  unbefannten  SSet^anien  ein  befannteä  Set^abara  ja  fe^en. 
SDic  öltefte  geogra))^ifd^e  3)arfteQung  ber  ©egenb,  bie  toir  beftyen:  bie  s3Kofainarte  toon 
s)Jiabcba  (Dgl.  La  carte  Mosaique  de  Madaba,  $ari^  1897),  toeift  an  biefer  ©teile 
Ztoar  tein  Sekanten  auf,   aber  ein  Aivcov,  bad  too^l  bamit  gleic^bebeutenb  fein  tonnte, 

40  toäbrenb  toir  SBctfyabara  auf  bem  bieefeitigen  toeftlid^en  Ufer  eingezeichnet  finben. 

§ier  fanb  nun  bie  entfc^eibungStoolIe  Begegnung  be^  Käufers  mit  3«fu  ftati  Die 
Äunbe  von  ber  jjobanneijc^en  Setoegung  toar  aud)  nad^  bem  ftiOen  9iazaret$  gebrungen, 
unb  c^  ift  nicfyt  zu  Dertounbem,  baß  $e\\i$  biefen  Stuf  ©otteä  an  fein  Soll  au^  auf  fu^ 
bezog.    Unb  toäfyrenb  btc  ^5rebigt  bcö  %o\).  gipfelte   in   ber  froren  Sotfc&aft  Don  bem 

46  balbigen  (Srfcfycinen  bc^  3JJcffta^ :  noXXd  xal  hega  nagaxaXwv  evrjyyekiCero  xör  iaor 
Sc  3,  18  „fo  fud&te  feine  ©eele  ben  (Sincn,  Don  bem  ber  ©eift  tym  jagte,  bafi  er  lam- 
men muffe"  (Setyfcfylag).  3)a  ift  e^  too^l  ^x  Derftefycn,  baß  bie  beiben  tyoc^geftimmten 
©eifter,  jeber  Don  ©ottc^  ©eift  erleuchtet,  im  §enen  bc«  anbern  lefenb  jtc^  erfannten, 
glei^fDicl,  ob  früher  gepflogene  Dertoanbtfc^aftlic^e  Beziehungen  bur$  bie  Umftänbe  unter= 

50  brocken  ioorben  toaren  ober  nid?t.  3lber  ohne  eine  Doraudge^enbe  ^erzendauffc^Heßung  m 
gefonberter  Unterrebung  tourbe  bie  nadjf olgenbe  Sauf e  unbegreiflich  fein.  Sben  biefellnter= 
rebung  aber  ^alf  bem  Säufer  zu  ber  ßrfenntni*  Don  ber  Steinzeit  unb  ^ofyrit  feinet 
Säufling^.  $n  toeld^em  Sinne  biefer  bennoc^  auf  bem  SaufDoHzug  beftanb,  tft  im  „Seben 
3efu"   in   erörtern.     D^ne  ba«  SRoment  be^   ©olibarität^gefü^ld,  ba«   bei  3<M  unb 

55  ^o^anned  cntjcbetbcnb  inö  ©etoict)t  fiel,  läßt  ftet)  berfelbe  nt<$t  Derfte^en  (gegen  9.  SBetß), 
unb  e^  trägt  bie  bei  btejcm  Slnlaß  geführte  Unterrebung  3Slt  3, 13  ff.  innere  ©puren  ba 
(£ctjtr)ett  in  ftet).  SDa^  barauf  folgenbe  (Srlebniä  Don  fic^tbarer  unb  bleibenber  ©eifie^ 
mitteilung  an  ^efu^  unb  hörbarer  ©otte^ftimme  ift  too^l  atö  offenbarungdmäßige  Sifion 
be«  öo^annrö  zu  falfcn.    3)ö  ber  läufer  e$  im  4.  (£d.  eigentlich  nur  mit  bem  erfannten 

u> 'JMejfiaS  zu  tyun  ^at,  b.  fy.  naebbem  feine  eigene  mefftanifc^e  Srfenntntö  ben 


3of|atmc3  ber  Xfttifer  325 

gorlfdyull  gemacht,  fo  ift  cS  ofyne  toeitereS  bcrftänblicty,  toarum  in  biefer  Quelle  ber  §erolb 
3«fu  anberS  erföemt  als  in  ber  fynoptifdljen  SDarftellung.  2)aS  8g  Pfjuiooo&h  /nov  ye- 
ywtv  1,30  ift  im  Sinne  beS  SäuferS  einfach  räumlidj  gebadjt,  toenn  eS  and)  im  Sinne 
to*  Stxtngelifien  bie  ^räejiftenj  im>ofoiert. 

SKan  $at  gefaxt,  baS  ©rlebnis  bei  ber  Saufe  %tfu   fyätte  ben  ^«nneS  toeranlafjen  5 
Jollen,  feine  eigene  SBirlfamfett  nun  abjufdjliefeen  unb  fiefy  ofync  toeitereS  bem  „©tarieren" 
betjugefellen.    vlad)  ben  runben  ßrflärungen  über  ben,  ber  fyöfyer  über  ifyn  fyinauSrage  als 
cm  fyxt  über  feinen  mebrigften  ©Haben  9Wt  3,  11;  iJc  3,  16;  3°  1/27,  unb  naefy  bem 
bestimmten  §intoeiS  auf  bie  SBoüenbung  beS  SRctd^e^  ©otteS  burdj   ben   im  Äommen  be= 
gtiffenen  SMefftaS  ^ätte  eS  in  ber  Sfyat  nafyc  gelegen,  toenn  ber  Säufer  feine  Sfyätigfcit  10 
eingejteClt  j&ätte,  fobalb  er  über  bie  ©rfctyeinung  beS  §immelSfönigS  unb  feinen  Amtsantritt 
toolle  ®etoif#eit  fyatte.    ©r  tyat  eS  nidjt  getfyan,  fonbern  ftc$  begnügt,  jtoei  feiner  jünger: 
ben  StnbreaS  unb  ben  belannten  Ungenannten  (ben   3ebebaiben  30&arm^)  «n  !gefuS  $u 
toeifen  mit  einer  tieffinnigen  meffianiföen  ©rflärung  bom  WeffiaS   als  bem  ©otteSlamm 
3o  1,  29,  bie  jhoar  beanftanbet  toorben  ift,  aber  bei  einem  STOanne,  ber  fo  im  ^ropfyeten  15 
3efajja  lebte  tüte  er,  nid&t  attjufefyr  befremben  foflte.    3m   Weiteren  allerbingS  fyat  nun 
tbatfäc^li^,  namentlich  toenn  toir  ber  Sericfyterftattung  beS  4.  (Sbangeliften  ©lauben  fd&enfen 
bärfen,  eine  parallele  SBirffamfeit  beS  9RefftaS  unb  feines  §erolbS  ftattgefunben,  bie  fogar 
wtlü^  nic^t  toeit  auSeinanber  gelegen  fjaben  tann,  benn  für  !JefuS  toar  bie  grofje  9läfye 
ein  ©runb,  gubäa  mit  ©aliläa  $u  bertaufetyen,   unb  eS  finb  SlnfyaltSpunfte  bafür  fcor*  ao 
fanben,  bafj  baS  Alviov  iyyvg  rov  2aXeiju,  baS  man  nidpt  toeit  bon  ©id&ar  in  ©amaria 
tyd  fuefcn  tootten,  bodjj   in  gubäa  atoifäen  bem  Sßeftufer  beS  3>orban  un*>  *>cm  ©cbirge 
mui  Gelegen  tyaben,  toenigftenS  geic^net  bie  sDtofaiffarte  öon  Wabeba   auSbrüdflicfy  biefen 
Crt  frer  ein,  bireft  nörblicfc  bon  3cri$o.    3)ie  Siebe,  mit-  ber  ber  Säufer  feine  jünger 
über  bie  Saufhrirffamfeit  3efu  beruhigt  i}at  %o  3,  23  ff.,   läfet  gtoar  ofyne  $rage  bie  \o=  25 
fymneif$e  Färbung  beutli^  erfennen,  aber  baS  2Bort  bom  yikog  rov  wßjuplov,  ber  ficfy 
freut  bie  Stimme  beS  SBräuttgamS  ju  fyören,  ^at  boc^  too^l  ben  Säufer,  ben  Srauttoerber, 
felbp  )um  Urheber,  unb  baS  anbere  SBort  bom  eigenen  Abnehmen  gegenüber  bem  2Bad^ 
tum  beS  s3)ieffiaS  liegt  ganj  in  ber  äinie,   bie   er  mit  feiner  Semut   inne   gehalten   F)at. 
Unb  ift  benn   ein  folc|e$,   bis  jur  SunbeSgenoffenfc^aft  gebetyenbeS  9iebeneinanber  beS  30 
großen  unb  beS  größten  in  3^^el  ofyne  alle  Äonhirrenj   fo  burc^auS  unbenfbar?    3)ie 
eigene  Sleic^rebigt  $tfu  toar  boc^  junäc^ft  nur  eine  gortfefcung  berjjenigen  beS  SäuferS. 
Um  baä  93olf  »ujubereiten,  mu^te  S^fuS  t^un  toie  jener.  S)amit  ift  aber  3jof>.  bollfommen 
aeret^tfertigt.  9co^  lag  ber  Slbfc&lufe  ber  meffianifd^en  S^ätigfeit  Jjefu  in  Sob  unb  3lufers 
jtetyung  nk^t  bor,  no^  befanb  fu$  alles  im  ©tabium  ber  Vorbereitung,  unb  boüenbS  nac|f  86 
ber  Snf^auungSfeeife,  bie  ber  Säufer  offenbar  bon  ber  9Jfef fiaS^enlic^f eit  fyatte :  biefe  toar 
na*  i^m  »or  allem  nur  eine  ritterliche.  Slber  eben  mit  biefer  ^ielt  ja  3cfuS  augenfe^ein« 
lt$  jurücf  unb  nötigte  bamit  feinen  Vorläufer,  bie  borbereitenbe  ^Jrebigt  unb  iöufctaufe 
fottjufe^en. 

5.  3)aS  3fu9n*8  beS  3[ofej>^u^  über  ben  Säufer.  3)iefe  3)arfteHung  ift  40 
bisher  au6f$ttej}li$  ber  ntl.  Seric^terftattung  gefolgt.  @S  gilt  nun  aber  aud^  no$  ein 
anbereS  getoic^tigeS  3^9n^  über  ben  Säufer  richtig  ju  teerten:  baS  beS  ^ofe^uS.  ®^ 
jfibtföe  ©c^^fiftfteller  fommt  auf  3^^.  ba  ^u  fpred^en,  too  er  in  feiner  Slr^äolome  18,  5 
ben  Ärieg  befc^reibt,  ber  gtoifc^en  äretaS,  bem  Äönig  bon  ?5etra,  unb  bem  SSierfürften 
i5erobeS  aiiSgebroc^en  toar:  §erobeS  ^atte  ftd^  mit  btefem  toegen  Verftofeung  bon  beffen  46 
Softer,  bie  feine  erfte  %tau  h>ar,  berfeinbet,  unb  nad)  bem  Sobe  beS  Setrard^en  tytyu 
li^>uS  bra$  ber  Jtrieg  infolge  bon  ©renjftreitigfetten  aus.  Tie  erfte  ©c^lac^t  n>urbe  für 
jperobeS  yax  9?ieberlage  unb  baS  S3olf  erlannte  barin  bie  geregte  ©träfe  ©otteS  bafür, 
bafc  er  ben  So^anneS  „ jubenannt  ber  Säufer"  ungereetytertoeife  getötet  l^atte.  „3)enn  biefen 
Ölet  $erobe£,  einen  trefflichen  TOann,  ber  bie  guben  ermahnte,  unter  Übung  ber  Su*  60 
genb  unb  ©erec^tigteit  gegen  einanber  unb  gfrömmigfeit  gegen  ©ott  jur  Saufe  &u  fom= 
men.  5Denn  alfo  toerbe  au<^  bie  Saufe  i^m  angenehm  fein,  toenn  man  fte  ni<$t  ^um 
£otfritten  getoiffer  ©ünben,  fonbern  jur  Reinigung  beS  SeibeS  gebraute,  inbem  nämltc^ 
bie  ©eele  föon  jubor  burd^  ©ered^tigfeit  geläutert  iuorben  fei.  9llS  auc^  bie  übrigen  fic$ 
i^m  jutoanbten  (benn  fte  tourben  burc^  baS  ^ören  ber  Sieben  aufs  bockte  gehoben),  66 
ffin^tete  J^erobeS,  eS  möd^te  fein  fo  gewaltiger  ©influ^  auf  bie  Wenden  ju  einem  9lufs 
ffcmb  führen  (benn  alles  fc^ienen  fte  auf  feinen  SRat  ^u  ttyun)  unb  ^ielt  für  beffer,  ibm, 
bö»r  er  eine  Umtoälaung  herbeigeführt  ^ättc,  burd^  bie  Einrichtung  guborgufommen  als 
nad}  gefc^enem  Umfturj  bie  Überrafd^ung  burc^  bie  Sl)atfad;cn  bctlagen  ju  muffen.  ©0 
tmirbe  er  bur$  ben  9(rgft)o^n  beS  $erobeS  gebunben  naify  Wac^äruS,  ber  bor^er  ermähnten  00 


326  3o!pit«e*  ber  Sflufer 

geftung  gefanbt,  unb  fyier  getötet.    35en  Rubelt  <*«  erföten  e«,  bafc  ba3  #eer  be«fdben 
lux  ©träfe  bom  93erberben  ereilt  toorben  fei,  ba  ©Ott  tym  übel  toollte." 

Sie  Differenzen  ber  3ofe^u«quette  gegenüber  bem  31%  jmb  cbibent  9lac$  3ofej>^ 
ift  3ofy.    n^^  toeiter  al«  ein  ©itteityrebiaer.    Seine   Taufe  entbehrt  be«  fipnbolif$en 

6  ßfyarafter«.  33on  mcfftanifd&er  2tyätigfeit  ift  bollenb«  feine  Siebe.  2Benn  totr  ober  bem 
gegenüber  fteHen  bie  unerftnbbare  Originalität  ber  ntl.  Sßuferreben  unb  ben  Steffel  ber« 
felben  in  ben  ebenjo  unerfinbbaren  SBBorten  3efu,  fo  finb  toir  in  unferm  Urteil  über  bie 
SBürbigung  be«  Säufer«  burd)  ben  jübiföen  @efc$ic$t«fc$reiber  balb  im  Steinen.  3m  33e* 
fonberen  ift  ba«  SBerfötoeigen  ber  meffianifcfyen  S3e$ietyungen  nu£t  befremblicfc,   toenn  totr 

10  an  bie  fonftige  fragte  be«  genannten  £iftori!er«  benfen :  tym  liegt  au$  biet  baran,  foe* 
jififö  3jübif$e«  ^m  griec^cfcrömifcfyen  Sefern  munbgerec^t  unb  etntoanb«frei  )u  maepen. 
©ein  3^0"^  über  ben  Käufer  ift  infofern  eine  Seftätigung  be«  neuteftamentlicfyen,  ate 
e«  fi$  um  bie  tiefgreifenbe,  ba«  gange  3Sott  umfaffenbe  SBirffamleit  be«  Säufer«  tyanbelt 
316er  ber  religiöfen  unb  meffianifegen  93ebeutung  bleiben  ift  ber  polittf$e  ©efebte^tfe^reiber 

15  bei  toeitem  nietyt  geregt  getoorben.  3Befentlic$  anber«  bereit  e«  ft$  mit  feinem  8eri$t 
über  ben  £eben«au«gang  be«  Säufer«. 

6.  (Gefangennahme  unb  Einrichtung.  §ier  fielen  ftc$  9KC  unb  ber  mit  ber 
Politiken  ©efetyie^te  be«  Sanbe«  toopl  vertraute  SiofepM  anfdfremenb  fcfaoff  gegenüber, 
nur  barin  übereinftimmenb,  bafc  beibe  ben  %o1).  offenbar  auf  perätftym  ©ebiet  ourcfc  ben 

20  SSierfürfien  gefangennehmen  unb  bindeten  laffen,  toobei  bie  @bb.  ben  $inri$tung«9it 
berfetytoeigen,  3jofe^u«  aber  fe^r  beftimmt  bafür  2Rac£äru«  angiebt.  3>a«  3Rotib  biefer 
S^at  ift  na#  bem  @ef$id&tfd&reiber  Iebigltd&  ein  politifd&e«,  toogegen  bie  6bb.  3Rt  14; 
2Rc  6 ;  2c  9  fe^r  beftimmt  bie  ftamiliengefd&id&te  be«  §erobe«,  nämlicfc  feine  fietrai  mit 
ber  ©d&toägerin  in  bo^eltem  @bebruc$  unb  entgegen  bem  lebitifdjen  ©efefce  Se  18,  16 

25  bamit  berbinben :  3ofy.  fa&*  tom  S^etrarc^en  Schaltungen  über  biefe  ®&e  gemalt,  ba* 
bur$  ben  £afj  ber  £erobia«  auf  ft$  gebogen  unb  fei  enblicty  bei  ©elegentyet*  eine«  geft* 
mafyle«  (iä  yeveoia,  toatyrfd&emlicty  ber  3atyre«tag  ber  Sfyronbefteigung)  bemfelben  &um 
Dpfer  gefallen,  inbem  bie  Stocher  ber  fterobia«  bur$  tyren  Sänj  fo  fefc  bog  2Bo$U 
gefallen  be«  $erobe«  erregte,  bafj  er  fiep  jum  unbebauten  Serforecben  fyinretfjen  liefe  unb 

so  bem  fyerjlofen  bon  ber  3)tutter  aufgemachten  2Räbd&en  (xogdoiov  STOc  6,  22)  bad  Qaxtpt 
be«  $ro})^eten  auf  einer  ©Rüffel  jum  Sotyne  geben  mu^te.  5Diefe  eb.  Überlieferung  ip 
üoar  als  unhaltbar  unb  al$  reine  ^ßoefte,  gu  ber  bie  Königinnen  3fc&el  unb  Sft^er  ben 
%Wu$  hergegeben  fyabzn  foüen,  bargefteQt  toorben  (SSoßmar).  Sber  bie  Unt^at  fte^t 
burd&auä  im  ©inllang   mit  ben  ©epflogen^eiten  im  ^erobianifc^en  ^ürßen^aufe,  unb  ba 

35  33eri#t  be«  3ofel>^u«  ift  nid&t  eigentlich  batoiber. 

^olgenbe«  btirfte  ber  toa^rfcbeinlic^e  ©ang  ber  ©reignijfe  fein.  Sintis  fyd  ge» 
legentlic^  einer  SRomreife  bie  öerobiaö  (bgl.  VII,  ©.  769),  bie®attin  feines  ald  ^ntxitmann 
lebenben  ©ruber«  §erobe$  (Pbil^u«)  nä^er  fennen  gelernt,  unb  bie  beiben  fmb  überetn« 
gefommen,  nadj  §erobe«  SRüdre^r  bon  SRom  fid^  ju  e^elic^en.   ©urc^  3n^0ue  crfäfat  bie 

40  red^tmäfeige  ®attxn,  bie  2lrcta«tod^ter,  ben  ?pian  borstig  unb  lä|t  fk^  nac^  3Rac$äru$ 
bringen,  ba«  bamal«  i^rem  93ater  tributpflichtig  (vjiqzeXrjs  3trd&.  18,  5, 1)  toar,  bon  too 
fte  na$  $etra  Püc^tet.  §erobia«  unb  §erobe$  fd^liefeen  barauf  i^ren  e^ebreetyerifc^en  8unb. 
%a\l$  9lnti))a«  in  Sibia«  untoeit  be«  unteren  ^orban  feine  SReftben)  aufgefcblagen  ^atte, 
lag  e3  fe^r  na^e  für  ihn,  ftc^  um  ben  bolf«tümlic|fen  $ro))^eten,  ber  je|t  auf  feinem  ®f 

45  biete  taufte,  ju  intereffteren  (bgl.  fein  gjnterefje  für  gefu«,  Sc  23,  8).  ©ine  Segegnung 
fanb  ftatt,  unb  ber  läufer,  ber  nie,  toeber  beim  93ol!e  noety  bei  ^ürften,  um  ®vmfc  ge* 
bu^lt,  fagte  i^>m  fo  ungefd&mtnft  bie  SBJa^eit  toie  ben  ©tynebrtjten :  ovx  Qemb  oa 
fyw  ity  yvvaZxa  t.  ä&ekyov  oov.  3)ie  3)iaieftät«beleibigung  toar  ba,  bie  inSbefonbere 
Äerobia«  bent  neuen  Elia«  nid^t  beriefen  fonnte.  35iefer  3Runb  mufcte  gefcbloffen  toerben. 

50  2)a  man  e«  aber  nid>t  tonnte  auf  @runb  be«  gegebenen  ärgerniffe«,  fo  gefc^  ed  unter 
Vorgabe  politiföer  SKottoc,  toie  fte  ^ofe^^u«  ertoö^nt.  Denn  f^ottt  aud^  bem  Säufer 
bie  jwlitifd&e  Agitation  nac^  allen  DueDen  boDftänbig  ferne  gelegen,  fo  toar  boc$  ba«  1^ 
geifterte  3SolI  leicht  für  eine  folcfye  gegen  ben  notorifc^en  e^ebre^er  ju  ^aben:  toa«^ero« 
bia«  toollte  axt^  perfönlic^er  Slad^e,  ba«  boDfü^rte  §erobe«  au«  5ßoutif,  unb  bie  Skram 

55  lafjung  toar  bie  nämliche,  gn  Sibia«  fonnte  man  aber  ben  beliebten  $roj>$eten  nic^t  mit 
genügenber  ©ic^er^eit  betoac^en.  35a«  entlegene  unb  fefte  ÜRac^äru«  an  ber  ©renje  gegen 
Slrabien,  ba«  nac^  3°^^^'  au«fü^rlic^er  Sefc^retbung,  bell.  jud.  7,  6,  1—3,  ebenfÄ« 
einen  ^alaft  befafe,  toar  bafür  am  geeignetften.  [3)urcty  ©eefeen  unb  $arent,  mittelbar 
burc^  SRitter,  ©rbfunbe  XV,  *($aläftina  unb  ©^rien,  ©.  577,   tft  eine  ganj  falfd^e  Orte 

eo  läge  für  ÜWacfyäru«,  &eutc  SWufaur  beftimmt  toorben.    6«  liegt  ba«felbe  mc^t  am  SBBab^ 


3ofa««e«  ber  Sftufcr  3ol>amieS  Snttontcttd  327 

3erfa  "Slam,  fonbern  ca.  9  Äilom.  ©2B.  baDon,  1120  9Jteter  über  bem  loten  3Reer,  pvti 
tolle  Xageretfen  t>on  ber  Saufftätte  be«  3o^.  3)aDon,  bafe  3xiftram,  2)uc  be  Sutyne«  unb  ©ocin* 
Senjmger  ba«  Stetige  faben,  überzeugte  ft$  ber  SSerf.  burd&  ben  äugendem  im  2fyril 
1899.]  Selber  fagt  un«  ber  jübifefa  ©d&riftfteller  nidjt,  toie  ba«felbe  toieber  an  $erobe« 
jjdominen,  ob  burety  £ift  ober  ©etoatt  ober  burdj  taiferlid&e«  3Ractytgebot,  ba«  eben  auf  6 
teuer  SRomreife  ertoirft  fein  lonnte.  ©enug,  £erobe«  tonnte  barüber  Derfügen  unb  fefaint 
mm  feine  SReftbenj  ba$in  berlegt  ju  faben,  tooju  ifa  eben  bie  politifefa  Äonftetlation  Der* 
anlaßt  faben  lonnte.  £af*  ^ofanne«  fatoerlicfy  al«  poltttfc^er  (gefangener  angefetyen  Sorben 
ijt,  wffen  bie  @bb.  au«  ber  relatiben  greifait  erfennen,  bie  ifym  getoäfat  tourbe:  SJerlefa 
mit  ben  fjreunben,  mit  $efu,  mit  bem  2anbe«fürften,  ber  fid&  bo$  auf  feinem  toanfenben  10 
Ifame  bor  bem  Sßropfatenmorb  freuen  mochte,  toäfaenb  ba«  §ören  auf  be«  (befangenen 
Xattfläge:  äxovoag  avrav  nolXä  ffTigögei  xal  fjdicog  avxov  ijxovsv  Tic  6,20  bem 
Solle  gefallen  modele.  Sßäfaenb  man  nämlicfy  nad&  3ofej>^uö  meinen  fönnte,  e«  fabe 
$erobe«  ben  3o$.  fofort  entfalteten  laffen,  berftreic^t  ben  @DD.  jufolge  noc$  eine  geraume 
3cit  jtoif eben  (gefangennähme  unb  Einrichtung.  Unb  ba«  unerfinbbare  2Bort  $efu :  9Jtt  15 
11,  6  giebt  imjtoeifelfaft  bem  eb.  Serid&te  re^t. 

9Ran  fat  e«  für  untoafaföeinlit^  ertlärt,  bafe  3oty.  nac^  b*™  @rf*bni«  bei  ber  Saufe 
bie  §rage  geftefft  faben  foHte:   ov   sl  6   iqxo/^vog  f)  heQov  jigoodoxco/uev ; 

1  abgefefan  babon,  bafe  bie  gfrage  gang  bie  jofanneifefa  Klangfarbe  fat,  tft  bo$ 
xääß  natürlicher,  al«  bafi  er  bei  feiner  befcfyräntten  mefftanifefan  Srfenntni«  unb  feinem  20 
einfettigen  9Reffta«ibeaI  an  bem  febeinbaren  3a^bern  3efu  mit  feinem  machtvollen  §er= 
bortreten  foQte  Sfaftofc  genommen  faben,  Journal  in  feiner  bamaligen  Sage.  ©«  liegt  biel= 
me$r  ettoa«  ed^t  2Renfcflit$c«  barin,  ben  ©tarfen  feine  ßanb  nad&  bem  ©tarieren  aufr 
greifen  )u  fefan,  bamit  biefer  ifat  jur  ©ebulb  unb  (Srgebung  unb  Hoffnung  fyelfe.  2)ae» 
6nbe  hk  Z&uferd  lam  unerwartet  unb  erfc^üttemb,  fo  toie  bie  @bangeliften  e^  un^  be*  25 
ruhten,  ein  SRart^rium,  baä  bie  ganje  Sroftloftgfett  ber  £eit  offenbarte  unb  auf  Ser^ 
falten  unb  Stimmung  $efu  feinen  unberlennbaren  (Stnflufe  ausübte. 

über  bie  $ät  finb  toir  auf  Vermutungen  angetoiefen.    §erobeg'  SRomreife  mit  nad^^ 
folaenber  betrat  ber  ^erobiaä  mufe  bor  bem  ©turje  be^  ©ejan  31  n.  Gfyr.  ftattgefunben 
fawm. .  Irat  30^.  im  15.  Igatyre  beö  2:iberiu«  auf  unb  toirfte  ungefähr  ein  falbe«  3^/  w 
toerauf  eine  me^rmonatlic^e  Äerlerfaft  folgte,  fo   tonnte  bie  Einrichtung   in  ben  §erbft- 
tagen  b.  3.  29  ober  auc^  erft  30  erfolgt  fein. 

7.  Beurteilung  ber  @rf$einung  be«  3^^anne^-    ®^ner  eigentlichen  Beur- 
teilung biefe«  eigenartigen  religiöfen  G^arafter«  fmb  toir  burd^  ben  überfaben,   ber  jur 
ftritif  am  aDerberufenften  toar.    3efu«  fat  ber  unbeugfamen  ^eftigteit  be«  Xäufer«  ba«  85 
fachte  2ob  aejottt  9Mt  11,  7  ff.  unb  feiner  ©teHung  in  ber  öfonomie  be«  alten  Sunbe« 
bie   oberfte  Stufe  eingeräumt  3Jtt  11,  11.    3u0tc^   <*«  ^at  w  n^  unterlaffen,   bie 
©fronten  ju  beaeic^nen,  bie  audj  biefem  Srogen   gebogen  toaren:   er  blieb,  ber  ^fari- 
faifefan  9Betfe  ftep  nö^ernb,  innerhalb  be«  ®efe$e«bunbe«  unb  ber  gefeilteren  ©ered^tigteit, 
bie  be«  gaften«  nic^t  alaubte  entraten  ju  fönnen  3Kc  2,  18  ff.   unb  e«  eben  nic^t  toeiter  40 
att  btd  air  fflaffertaufe  braute,    ffiie  tief  eingreifenb  unb  bebeutung«t>oll  für  ba«  eigene 
Strien  ^jefu«  bie  SBirlfamleit  be«  3o^.  anjafy,  gebt  aui  einer  ganzen  3[nja^l  feiner  Sieben 
faöwr,  in  benen  er  allemal  ba«  Verfallen  be«  Solle«  ober  feiner  Oberen  gegenüber  3°- 
fannne«  jum  Kriterium  feiner  ©mpfänglicfyfett  überhaupt  für  bie  meffianifd^e  Offenbarung 
mac^t:  ben  a«!etif(^sftrengen,  leine  3^en  t^uenben,  mit  Söaffer  taufenben,  toom  SWcffta«  45 
jatgenben  gofanne«  faben  pe  nic^t  ertragen  fönnen  3Kt  11,  7—13;  17, 13;  2t,  25 ff.; 
We  2f  18:  8,  28-  11,  30;  2c  7,  24 ff.;  16,  16;  20,  4 ff.;  So  5,  33 f.;  10,40ff.,  fo 
tounbert  ftep  benn  ßj^riftu«  nic^t,  toenn  fte  für  feine  eigene  3Bctfc  leine  (Smpfänglic^teit  an 
ben  lag  toxen.   *ßl\t  peiliger  ^xonk  getftelt  er  ba«  Serfalten  be«  Solfe«  gegenüber  bem 
läufer.    3Wtt  nic^t  toeniger  cd«  fünf  (äleid^niffen :  bon  ben  ©c^läud^en,  Don  bem  un-  50 
aetoalltenSa^^Kn,  Don  ben  frityliefan  §od^jeit«leuten,  Don  ben  f))ielenben  Hinbern,  Don  ben 
beiben  ©ö^men,  bie  be«  93ater«  SBäiDen  ungleich  erfüllen,  ift  er  auf  bie  läuferbetoegung  ju 
ftjtt^en  ydommtn,  unb  ben  $on  ber  S^nie  fc^lägt  er  aueb  in  bem  Sporte  Dom  kvxvoq 
6  xcu6uer<K  xal  walvcov  $o  5, 35  an.    3o^>.  toar  ibm  ber  getoei«fagte  6lia«  unb  beffen 
Ikpber  Siegel  be«  eigenen  tragifc&en  au«gang«  '3Kt  17,  13.  Ueber  bie  SBorte  3efu  55 
m  80b  ober  Xabel  &inau«jugefan,   loiH  pd^  für  un^  nicfyt  Riefen :  jebenfaH«  foHten  fte 
m*  abfalten,  bie  Sebeutung  be«  Käufer«  irgenbtoie  ju  unterfd^ä^en. 

mm 

3f|«Ejie«  Xentonicu«  f.  9b  VI  ©.  716,  ij. 


328  doljamted  bott  Sljeffalotttdj  do^attttidfater 

^ofyanne«,  (grjbifd&of  Don  $&effalonic$.  —  Sttteratur:  Leo  Allatius,  De 
Symeonum  scriptis,  «Bari«  1664  ©.  105.  110;  De  Method.  scr.  ©.333;  Cave,  Hist.  litt. 
I,  597;  Le  Quien,  Or.  christ.  II,  42;  Fabric,  BibJ.  X,  219.  250.  285;  DchrB  111,396; 
ßrumbadjer,  ©cf(ft.  b.  b^ant.  fiitt.1  6.  192. 

6  6r  toar  2lbgefanbter  be«  *ßat>fte«  auf  bem    6.  öfumen.  Äonjil  (680),  Mansi  XI, 

640.  669.  688.  3n  ben  SKtcn  bcr  2.  nicäniföen  Stynobe  toirb  (Mansi  XIII,  164)  ein 
93ru$ftü(f  feinet  Dialog«  atoifäen  einem  Giften  unb  einem  Reiben  mitgeteilt  (ix  rov 
Xoyovy  ov  fj  ägxY}  MexQi  rote  neig&Zojv  etc.),  in  bem  bie  Verehrung  ber  Silber  ge* 
rechtfertigt  toirb :  fie  bejiefye  ftety  auf  bie  abgebilbeten  ^eiligen,  auf  ©Ott,  hrie  er  unter  ben 

io  SKenföen  getoanbelt ;  olw§  ben  ©ngeln  lomme  eine  geftnffe  Äörperlid&feit  ju.  SJafj  aud)  ber 
antijübiföe  Dialog,  bem  ber  in  ben  Sitten  folgenbe  93eleg  entflammt  (Mansi  S.  165),  auf  tyn 
aurücfgefye,  läfet  fug  nic^t  toatyrfcfyeinlic^  machen.  Die  Siebe  Elg  rag  /uvgcxpogovg  yvvcuxag, 
bieftc^MSG  59,  635  (aud&  Sombefi«,  Auctar.  nov.  I,  791  al«  De  resurrectione)  unter 
ben  ßtyrtyfoftomu«  untergefd&obenen  finbet,  fäeint  mir  bertoanbte  3tige  mit  be«  ^o^anne* 

15  Siebe  Elg  rrjv  xoljut]oiv  Tr\g  vnegaylag  . .  öeoroxov  xal  deuiag^evov  Maglag  ni<$t 
Dermiffen  gu  laffen.  Diefe  lefctere  ift  al«  ®ame«  nur  in  altflaDifcfyer  ftberfefcung  gebrudt 
(bei  $o})OD,  Bibliografißeskija  materialy,  üfto«tau  1879,  S.  40—65),  Srudfrftficfe  be« 
Original«  au«  Par.  gr.  897  bei  SXfd&enborf,  Apocalypses  apoeryphae,  Setyjtg  1866; 
fie  fyot  ftc£  an  ^ßfeuboiofyanne«,  De  dormitione  Mariae   eng   angefc&loffen,   trägt   au$ 

20  me$rfad&  be«  lefcteren  Stamm  (j.  95.  Coisl.  121 ;  in  Par.  1504  ben  be«  Stalobu«),  3u* 
fammen  mit  jener  „gßlfcfymg"  gebenft  bafyer  @l>ij>tyamu«  2Ronac$u«  (ed.  Steffel,  $ari« 
unb  Seitaig  1843,  S.  14, 6  ff.)  be«  nokv&gvkkrnog  Xöyog  be«  ^o^anneS  Don  IWJ., 
burd&  toelcge«  biefer  „jid&  felbft  in  Statten  geftcUt".  Snblicfc  ift  au$  nod&  eine  Sdjnft 
'Elg  rov  nagevdot-ov  &&X<xp6gov  AtjfjirJTgiov  (AS  Oct.  4,  104—160)  unter  bem  9tamen 

26  be«  30&.  Don  2$.  überliefert.  8»»»etf*. 

^oljann  Don  Xurrecremata  f.  3uan  D.  Sorquemaba. 

^oijannito«  ftartano«  f.  Startano«. 

^oljanntSfeuer.  —  Sitteratur:  dufter  ben  allgemeinen  ©erfen  über  firdjl.  9lr*fio. 
logie  (5.  93.  SRfjeinroalb  ©.  246)    f.    Paciandi,   De  cultu    8.  Joannis  Bapt.  antiqq.  christ., 

30  Rom.  1758;  de  Khautz,  De  ritu  ignis  in  natali  8.  Joannis  B.  accensi,  Vindob.  1759; 
SB.  ©rimm  in  ber  «flg.  ßncttH.  uon  (Srfcb  u.  ©ruber,  II,  22,  ©.265;  &.  Eotf,  geftfalenber, 
Stuttgart  1847,  ©.406  ff.:  ^üüent)of,  Sagen  au«  SdjleSiuiß.&olftein  168;  Solf,  2)cutfa>c 
©ötterleöre  83,84;  ^an^er,  ©eitr.  j.  b.  SJtytft.  I.  210,  211,  214ff.,  11,239;  Singeric,  $irol. 
©ttten  159;  SReter,  ©cömöb.  ©agen  423 ff.;  fieoprea^ting,  &118  bem  fie*rain  181  ff.;  ©rimm, 

85  9Jtytf).  581  ff.;  fianbfteiner,  Äremfer  ©ümnaf.^rogr.  u.  3.  1869,  46;  »ernalefen,  Oeftcrr. 
^t^.  307-309;  ©imroct,  3Wüt^.  533,  592;  öirlinger,  »o»«t.  a.  ©«maben  II,  97;  ®olf, 
3eitfcb.  f.  b.  9Jtyt5.  I,  88.  ölaa«,  Weberöfterr.  ©itten  in  b.  Stfcftr.  für  beutfäe  «ulturgef*., 
9?5  1874,  168. 

9U«  ^o^anni«feuer  be^eid^net  man  geuer,  tüddbe  nac^  einer  uralten,  in  toerfd^iebenen 

iofiänbern,  befonber«  im  (üblichen  Seutfc^lanb  nac^toei«baren,  jum  %Äl  no$  befte^enben 
Soltefftte  am  Stbenb  ober  Sorabenb  be«  ©cbäd^tni«tage«  So^anni«  be«  Käufer«  (24. 3uni) 
unter  freiem  $imme(,  auf  ^ügeln  unb  Sergen  ober  auefy  in  Strafen  unb  auf  Städten 
unter  mancherlei  begleitenben  Sräuc^cn  ange^ünbet  toerben.  ©olc^e  ©räuebe,  toie  fie  bei 
bem  Slnjünben  biefer  geuer  Dorfamen,  ftnb:   ßntjünbung  be«  geuer«  nid^t  burc^  ©ta&l 

46  unb  Stein,  fonbern  bur$  Rollreibung  (fogenanntc«  9lotfeuer),  3^njen  unb  Springen 
junger  Seute  um  unb  über  ba«  Äeuer  (^o^anntötanj,  choreae  S.  Johannis),  ßinetn= 
toerfen  Don  aDerfyanb  SSIumen,  Kräutern,  Äränjen  (!3otyanni«jfräuter,  go^anni^tränjc), 
priefterlic^e«  Segnen  be«  geuer«,  %ubtl  unb  ©efang  ber  Ruföauenben,  Snjünben  uiib 
SoQen  eine«  mit  Stro^  umtoicfclten  9tabe«  (^o^anntöräber),   XufffeQen  eine«  Saume«, 

so  treiben  be«  SSie^«  burd^  ba«  geuer,  Rerumtragen  t>on  fJadEeln  unb  geuerbränben,  ©tedtei 
ber  Sränbe  in  bie  gelber  u.  bgl.  3Jtan  fd^rieb  bem  fouer  allerlei  ^eilfame  Sßirtunaen 
unb  Segen«fräfte  ^u:  SBeloa^rung;  oor  Äranf Reiten,  Teilung  Don  allerlei  Übeln  (j.  8.  ber 
epilepfie,  3;^^anni«übe0,  5^c^tbarfeit,  Sdfjufc  loiber  S3ranb  unb  ©etoitter,  Sicherung 
gegen  Äejenbann  u.  f.  h>.  —   2ä^t   ftc^  gleich  ßntftefyung,  Verbreitung   unb  ©ebeutung 

66  biefer  (Sebräu^c  nid^t  mit  Doflftänbiger  Std&erfyeit  nac^toeifen,  fo  ffnb  fte  bod&  unjtoeife^ 
^aft  ^eibnifd^en  Urfprung«,  Stefte  eine«  uralten,  bei  aüen  feölfem  arifdjien  Stamme«  Der^ 
breiteten  2\d)U,  Jwers  unb  Sonnenfultu^,  ba^er  Slnalogien  baju  im  grieebifc^romifc^en 
Reibentum  (Seftafult,  Jeuer  beim  römifc^en  §irtenfeft  ber  ^alifien)  toie  bei  teltif^en,  ger* 


3o!jatmt*fcttcr  329 

maniföen,  flaDtfc^en  Sölfern  ft<$  finben,  ofyne  baj$  ein  Übergang  Don  einem  3Solf  auf  ba« 
anbere  ftd&  naefctoeifen  liefce.  3$re  urf^rüngltd^e  SSebeutung  jetgt  ber  SRamen,  ben  fie  im 
$oU«tnunbe  jum  Seil  no<9  führen :  ©untoentfeuer  b.  f).  ©onnentoenbf  euer  (forrumj).  ©un= 
bent*,  ©iirnnet&,  gimmetfeuer).  ©ebaftian  $rancf  ergäbt  in  feinem  2Beltbud&  bon  ben 
fronten:  „An  St.  Johanstag  machen  sy  ein  Sinetfeuer  (©omitoenbfeuer),  6 
tragen  auch  disen  tag  sundere  kräntz  auf,  weiss  nit  aus  was  aber  glauben, 
von  beifuess  und  eisenkraut  gemacht,  und  hat  schier  ein  jeder  ein  blaw 
kraut,  Rittersporn  genannt,  in  der  hand ;  welcher  dadurch  in  das  fewr  sihet, 
dem  thuet  das  ganz  jar  kein  aug  weh,  wie  sie  aberglauben.  Wer  vom  fewr 
heim  zuhauss  hinweg  gehn  will,  der  würfft  dis  kraut  in  das  fewr,  sprechende:  10 
Es  gehe  hinweg  und  werd  verbrennt  all  mein  unglück.  Das  bischöflich  hof- 
geaind  würft  auf  disen  tag  bei  ihrem  frewdenfewr  auf  dem  Berg  hinterm 
schloss  fewrine  kugeln  in  den  fluss  Moganum"  (Main),  dränge  unb  Äugeln 
tafimibtlbti$en  ebenfo  bie  ©onne  toie  ba«  Sofien  be«  Stabe«  unb  ber  San$  um  ba« 
geuer  famt  allem  toa«  ba  runbgefyt.  2)er  fogen.  ©onnentoenbgürtel  aber,  tote  man  15 
ba«  hn  SolKglauben  altgetyeiligte  ©fenlraut  unb  Seifufi  nannte,  erfcfyeint  ibentifö 
mit  3o$anm«gürtel,  bie  ber  Styoftel  So^anne«  am  ©ürtel  getragen  tyaben  fott,  um  beim 
Skmbern  fliegt  ju  ermüben.  2)er  SRame  be«  ^obanne^  fietft  au$  in  ber  nieberl.  Benennung 
St  Janscruit,  unb  nod)  fyeute  toirft  man  ba«  Kraut  am  ^o^anntötage  unter  befonberen 
Sprühen  in«  geucr  unb  glaubt  baburc^  eine«  gegenwärtigen  ober  brofyenben  Unheil«  lebig  20 
jii  toerben. 

SBie  föon  ber  „Sonntoenbgürtel"  auf  bie  Sebeutung  be«  fjeftc«   al«  eine«  ur- 
ftjrünglt^en  Sforturfefte«  tyinbeutet,  fo   au$  ber  „©unnfoenbfäfer",   tote  ber  Rannte 
föfer  (Lampyris  nocticula)  no$  in  SRieberöfterretc^  genannt  totrb.  SBie  man  im  grity* 
\cty  ba«  SBieberlefyren  ber  ©onnentoärme  unb  ba«  $euertoad&en  be«  Staturlcben«  bur$  26 
bie  (befonber«  hn  nörblid&en  ©eutfölanb  üblichen)  Dfterfeuer,  burd&  3Jtaifefte  u.  bgl.  fejfc 
li$  beging:   fo  feierte  man  um  bie  geit  be«  3o|annt«tage«  bie  ©onnentoenbe,  bie  Reit, 
too  bte  ©onne  tyren  $ö&e£unft  meiert  fyat  unb  nun  toieber  ^tnabjuftnlen  beginnt  (eoen* 
bie«  bebeutet  ba«  Stollen  be«  Stabe«),  bie  Sidjt*  unb  @lan#eriobe  be«  Satyre«,   bte  3ett 
ber  längften  läge  unb  fürjeften  Störte,  jugleic^  aber  auety  bie  Gfyoctye,  too  bie  -Hahn*  au^  so 
ber  Slütejeit  be«grülnatyr«  in  bieg-rud&t*  unb  (Srntejeit  übergebt,  unb  too  bte  beginnenbe 
©ommer^e   mannend   Jtrantyeiten   ju   erjeugen   brobt,  bafyer  man  be«  ©egen«   ber 
ftrutybarfett  unb  be«  ©c&ufte«  toiber  allerlei  ©efaljr  fug  ju  berftc^ern  fud&te.    6«  ift  bie 
^xftfeüige  3«t>  too  berfuwene   ©<$ä$c  ft<$   fyeben  unb   fonnen.    „35er  &d)ab  blü^t", 
toflegt  fäf  in  Äeffeln  )u  fyeben  unb  bann  feine  ©egentoart  bur$  eine  auf  ifym  leuc&tenbcse 
gtamme  anjujeigen.     äud&   (Srlöfung   fud&enbe  ©eifter,   namentlich   ©djlüffeljungfrauen 
gefcn  um.     3*fle  «Pflanzen  buften  unb   enttoidfeln  ^etlfame  Strafte.    35er  ©onnentoenb* 
aurtei  ftJeifufi),  ba«  3jo&anni«blut,  ba«  im  ^Mittelalter  fo   forgfältig    gefammclte  unb 
jw  ^eittrafttg  gehaltene  3o^anni«fraut  unb  anbere  Slräuter  toerben   jtoifc^en  ^o^anni« 
unb  9Karien=$immelfa^rt  (Jtrauttoetye)   gebrochen.     9lud^  ba«  äßaffer  foll   ju  ^obanni«  40 
^eilfamer   fotoo^l  jum  ^rinfen,   al«    gum  Saben   fein.     35a«    alle«  erflärt  ft$   axx^ 
bem  altgermamfc^en  ©lauben  an   Baidur,  ben  Std&tgott,   beffen  ©teile   im  Jtalenber 
3o^aime«  ber  Säufer  einnahm    (©imrodE   5K2,  243).      ®«    ftnb   alle   btefe   SSräuc^e 
unb  Sitten  überrefte  be«  ^etbnifd^en  üKitfornmerfefte«,  unb  bon  i^nen   gilt  ba«  2Bort 
be«  Äufluftinu«,  toelc^e«  SBraun  3a$rb.  XXII,  2.85   anführt:   haec  infelix   consue- 46 
tudo    adhuc    de   paganorum    observatione    remansit.      Wlan    freute    ft$    über 
ben  Sieg   öalbur«,  be«  ©otte«  be«  Stc^t«   in  j>^ftfc$em   "«^    et^ifd^em  ©tnne,  benn 
anc$  feine  Urteile  finb,  toie  fc^on  bie  6bba    fagt,  fo   rein,   bafe   niemanb   jic   fcbelten 
(b.  ff.  anfechten)  lann",  toa«  auc^  bon  ben  Urteilen  S^^anne«  be«  Täufer«  gilt,  ber 
unbeftedHid?  freimütig  jeugte.   —    ©tet«   ift    bie  ©onnentoenbe   al«  ©iege«feft  be^an^eo 
belt  toorben;  bie  3o^anni«nad^t,  bie  fürjefte  be«  ^a^re«,  too   im   Hen  Sorben   bie 
©otme  triebt  untergeht,  tou^te  man  burd)»  ba«  geftfeuer  in  ben  lic^teften  Sag  &u  ber^ 
toanbdn  unb   fo  ben  boHen  Sieg  be«  Sic^t«  jugleicfy  ju  förbern   unb   ut   feiern.    ©0 
anc$  in  S)eutf<^lanb,  fo  nod^  am  ©üb^arj  unb  in  2^ürtngen  unb  Söeftfalen.  3n  Gber«* 
leben  bei  ©anger^aufen  ift  bie  Verrichtung  be«  3o^annt«feucr«  folgenbe.  s))lan  richtet  eine  66 
Mk  ©tonge  auf,  befeftigt  baran  eine  Ityeertonne,  burc^  toeld^e  eine  bi«  &ur  6rbe  reic^enbe 
Äette  gebogen  ift,  unb  toenn  nun  ba«  ©anje  in  Sranb  ift,  fd^totngt  man  bie  Sonne  unter 
grofcem  gubel  runb  um  bie  ©tange.     3)er  San^   um   ba«  ^o^anntdfeuer,  bte«  2lbbtlb 
ber  ©onne,  ift  ganj  entft)rec^enb  bem  San^  jur  ^ul^it.    ^ul  bebeutet  Stab,  ©onnenrab, 
«b  bie  ^ulgeit   ift  entf^ed^enb  ber  ©ommerfonnentoenbe  bie  35Jinterfonnentoenbe,   too  eo 


330  3oIjaitm*feiier  äfolpttmter 

bic  ginfternte  tyren  $ieft>un!t  erreicht  fyat  unb  ba$£t$t  toieber  toäc^ft,  ba$  am  Sofymnte 
tag  feinen  ^öfyejmnft  erreidbt.  $ie  Stirere,  toenngleidfc  ber  Sejie^ung  beS  SoljKumiStagä 
jur  ©onnentoenbe  fi$  tootyl  betoufet  (hodie  natus  est  Johannes,  quo  ineipiunt 
decrescere  dies  fagt  2luguftin),  eiferte  boefy  gewaltig  huber  bie  tyeibnif^e  ©itte  be$ 
5  Querem jünbenä  (cessent  religiones  sacrilegiorum,  cessent  studia  atque  joca  vani- 
tatum.  Hesterno  die  post  vesperam  putrescentibus  flammis  antiquitus  more 
daemoniorum  tota  civitas  flagrabat  atque  putrescebat  et  Universum  a§rem 
fumus  obduxerat.  August,  de  S.  Joanne  Sermo  8).  Salb  aber  toufete  fie  mit  ber 
ifyr  eigentümlichen   2lccomobation$fäfyig!eit  gegenüber  Don  t>oHötümli$en  ©räumen  unb 

10  93orftelIuugen,  aufy  biefe  ©itte  ber  ©onnentoenbfeuer  ftcfc  anzueignen;  fie  Würben  ntc^t 
blofi  gebulbet,  fonbern  ©eiftlid&e,  dürften  unb  Dbrigfeiten  beteiligen  fu$  babei.  So  1497 
ju  StugSburg,  too  in  ©egentoart  Staifer  SKarjmUianä  bie  fööne  ©ufannc  SRett&art  ba« 
Sofyanniäfeuer  mit  einer  gfacM  anjünbete  unb  bann  juerft  ben  Steigen  um  bie  flamme 
an  ^ility>3  §anb  machte.    3m  $W*  1570  liefe  ber  $er)oa  bon  &egni$  ein  Sofa™^ 

15  feucr  auf  bem  ßtynaft  galten,  toobei  er  felbft  mit  feinem  fiof  )ugegen  toar.  ©djion  frü^ 
fud&te  man  auf  begebene  SBeife  ben  SSoltebraud?  $riftli<$  )u  beuten  unb  mit  ber  o$ne* 
bteö  fo  bolf3tümli$en  *ßerfon  be3  Käufer«  S^nneS  ebenfo  in  93qietyung  ju  fe$en, 
tüte  ft$  anbete  aus  bem  §eibentum  in  bie  djfriftlic^e  3eit  ^übergenommene  9rfiu$e: 
SotyanniStrunt,  SotyanniSminne,   3ofyanni3fe{jen   an   ben  Flamen   be3   ©txmgeliften  30* 

20  bannet  unb  an  beffen  mit  ber  SBinterfolftitialjett  jufammenfallenben  ©ebä$tm£tag  an« 
fnüpften.  [Mitunter  erfd&emt,  toie  au$  fonft  tm  beutföen  SBolfäglauben,  bie  3?ertoe^fc= 
fang  S^^annte  beä  ßtoangeliften  mit  bem  Käufer.  Übrigens  pflegt  bie  römtfd&«  Äiwpe 
no$je$t  am  Sage  %ot).  beä  (Söangeliften  einen  M$  mit  SBein  gu  fegnen  unb  tad 
älnbenfen  be$   (iebften  Jüngers  be$  #emt  bem  Soll  jur  9to<$eiferung  ju  empfehlen. 

26  Unter  bem  tarnen  „SopanneSfegen"  pflegte  man  (beä  Sbangeliften)  ÄoN™«*  3KUme 
(@ebäc§tni$)  gu  trinlen;  baä  geföafy  befonberS  fcon  ©c^eibenben  unb  Steifenben«  5Dte$ 
3ofyanne&9Kinnetrinfen  follte  gegen  alles  Unheil  bienen.  ©o  fott  @t.  ©ertrub  einem  Sitter, 
ber  ftc$  bem  Söfen  betrieben  tyatte,  ©t.  %of).  SRinne  gugetrunten  unb  tyn  babux$  axß 
feiner  3Jtac$t  erlöft  tyabenj.  ©t$on  mittelalterlid^e  Geologen  be3  12.  u.  13.  S0^-  (3°&- 

aoSMetfy,  Summa  de  divinis  offieiis;  3)uranbu3,  Rationale  div.  off.  7,  14)  beuten  bie 
3ofyanni3feuer  mit  Segie^ung  auf  @b.  %o  1, 8  afö  Symbole  be«  Säufer«,  qui  fuit  lumen 
et  lucerna  ardens,  praecursor  yerae  lucis ;  ba$  bergobgerollte  brennenbe  Stab  bebeutet, 
quod,  sicut  sol  ad  altiora  sui  circuli  pervenit  —  et  descendit  in  circulo,  sie 
et  fama  Joannis  descendit,  seeundum  quod  ipse  testimonium  perhibet  dicens: 

86  me  oportet  minui,  illum  autem  crescere.  anbete  tootten  bie  jfcuc?  ou3  einer  fiegenbe 
bon  ber  Verbrennung  ber  ©ebeine  be«  Käufer«  in  Sebafte,  bie  So^aitniStÄnje  aud  bem 
$anj  ber  3!oc^ter  ber  §erobia$  u.  bgl.  erflären,  nur  um  jeben  ©ebanfen  an  ^eibnij^e 
Äulte  ferne  ju  galten.  3n  *>**  t>rofaif^en  5Reujeit  fmb  biefe  geuer,  toie  fo  biele  ä^nlu^e 
aud  ber  ^eibniftyn  Sorjeit  ftammenbe  93olf3bräu$e,  meift,  jumal  in  ebangelif(^en  Üanben, 

40  aus  ))olijeiIid^en  ober  religiöfen  ©rünben  Verboten  toorben  ober  bon  felbft  aufeer  Übung 
gefommen  (f.  g.  S.  baS  Nürnberger  SRatSmanbat  bom  ga^r  1653  bei  Stimm  ©.  585; 
baS  toürttemb.  ©en^SReffr.  toegen  SlbfteDung  ber  bieler  Orten  übücty  getoefenen  3o^anniS* 
feuer  unb  =9täber  öom  Sa^re  1666,  toieber^olt  1687  unb  1809).  5Denno<$  tyd  bie  lob* 
lic^e  ^oligei  fic^  in  öerf^iebenen  ©egenben  glücttic^ertoeife  bergebenS  bemüht,  bem  85oB 

46  and)  biefe  am  i&ö^tyunft  beS  SJa^reS  (des  jares  hohgezit)  flammenben  ^reubenfeuer  ju 
verleiben,  bie  u.  a.  aud?  ©ötpe  ju  erhalten  toünfc^te,  toenn  er  jagt:  „gobanntSfeuer 
fei  unöertoefyrt:  Die  greube  unberlorcn:  S3efen  toerben  immer  |tum))f  gelehrt,  Unb 
3ungen$  neugeboren."  ©erabe  SScfen  toerben  neßen  ©tangen,  Seifig  unb  ßoIj|<^eiten 
noc^,  toie  j.  S.  in  Nieberöfterreid^  gum  ©onntoenbfeuer  erbeten  unb  gern  gefd^enlt  ©obalb 

60  baS  geuer  angejünbet  ift,  laffen  bie  Surften  bie  Sefen  anbrennen  unb  fd^toingen  fie  in 
bie  fcüfte;  auc^  fteden  fte  fu^  mit  ben  brennenben  Sefen  in  Steigen  unb  fjmngcn  in  bie 
§ö^e.  Dabei  fyerrfcfyt  überall  ^ubel  unb  ^reube.  (95Bo§e«»t«tt  f)  Stelle. 

3fo^anntSj|finger  f.  Wanbäer. 

3o()onniter.  —  fiitteratur.  Clinc    jefir    uuaftfinbige  Ueberficbt   über  bie  gefamte  ben 

66  Orbcn  betreffenbe   fittteratur   giebt    bie    „Bibliographie   m^thodique    de   l'ordre   soov.  de 

St.  Jean  de  Jerusalem  par  Ferdinand  de  Hellwald,  Rome  1885  4°.     S)ie    Urfunben  ftnb 

gefantmelt:  Codice  diplom.  del  sacro  militare  ordine  Gerosolimitano,   Luoca  1733.    SDann 

in    bem    grofjen    ^erfe    üon  J.  Delaville   le  Roulx,   Cartulaire    generale    d^Ordre  des 


3of)atiniter  331 

Hospitaliere  8.  Jean  de  Jerusalem,  $ari$  1894 ff.  biä  jefrt  2  ©be;  Saigc,  De  l'An- 
ciennite'  de  l'Höpitai  St  Jean  de  Jerusalem  Biblioth.  de  l'erale  des  chartes  1863, 
6.  552:  Ubtyoru,  «nffinge  beS  SotjanniterorbenS,  3ß©  VI,  46;  8c  SRoulj,  De  prima  ori- 
one  Hoepitaliorum  Hieros.,  $arid  1885;  #elt)ot,  ©efdjidjte  ber  SRöndjSorben  III,  87 ff.; 
Sertot,  Histoire  des  Chevaliers  hospitaliere,  <ßari3  1726 ;  b.  ^Binlcrfelb,  ©efd).  be3  ritterl.  5 
£rben£  6t.  Sofjamttd  oom  ©pital  ju  3erufalem,  ©erlin  1859;  u.  gincf,  Ueberfid)t  über  bie 
Qkfft.  be*  ritterl.  Orten*  6t.  3ot)anni3,  Berlin  1890;  Ut)lt)ovn,  $.  djriftlidje  SiebcSt^ätifl* 
teit,  2.  ttnfL  6.  299;  $rufc,  ffulturflcf*.  ber  tfreuftaüge  ©erltn  1883  ©  235 ff.;  3uüu8 
ü.  ^flugf^artuna,  $ie  Anfange  beS  Softanniterorben«  in  S)eutfd»lanb,  ©erlin  1899 ;  Gerr- 
it*, 5).  ©aflelj  ©ranbenbenburg  be«  So&anniterorbenS,  ©erlin  1891 ;  SBocfcenblatt  ber  3o«  10 
famuterorben$'©aUety  ©ranbenburg  rebig.  oon  $>crvlidö ;  SRiemann,  3)er  ^oijanniterorben 
ttonatfdjrift  für  Snnerc  SKiffion  uon  ©djäfer  XVIII,  ©b  1898,  e.  401  ff.).  $er  ©erein 
ber  Sd)leftf4cn  Walteferritter  unb  feine  Sfjötigfeit  auf  betn  ©ebiete  beS  (SfmritaS  (fcftaritaä 
Seitfdjr.  für  bie  SBerfe  ber  Eädjftenltebe  im  rat&ol.  3)eutfd)lanb  III.  &.  4  1898). 

Die   Anfänge    be$    So&GKnitetotbeHS    (Ordo    f ratrum    hospitalariorum  iß 
Hierosolymitanorum,  Ordo  militiae  S.  Johannis  B.  hosp.  Hierosol.,  foäter  naef) 
ben  $auptfi$en  Styobifer*,  SKalteferorben)  fmb  no<$   nict/t  böDig   aufgehellt.     3)afc  bie 
Crbett&egenbe  (bei  2e  Stoufe  De  prima  origine  ©.  97  ff.),   toelc^e  bie  Ursprünge  beS 
Orben*  bis  in  bie  SRaffobäeneit  mrücfbatiert,   ni$t3  al*  Sage  ift,  bebarf  niefct  erft  be* 
©etoeife*.     Unjtoeifetyaft  ftegt   aber  feft,  ba&  bie  Stiftung  be*  Orben*   an  eine  ältere  20 
Stiftung,  ein  hospitale  Hierosolymitanum,  anfnüpft.    35afe  biefe*  §oft)ital  bon  %vcu* 
falem  (nur  biefen  Flamen,  noer)  ni^t  ben  Sotyanni*  b.  %.  fü&rt  e*  anfangt),  jur  Kirche 
S.  Maria  latina  gehört  reiben  unb  bon  ir/r  abhängig  getoefen  fein   fott,  tote  SBifyelm 
mm  H?ru*  (XVII,  3)  unb  Safobu*  be  93ttriaco  (Hist.  Hierosol.   c.  46)  erjagen,  ift 
mmbeften*  untoa^rfc^einli^,  ba  bie  Urfunben  bon   einer  folgen  9(b^ängigleit  ni$t*  an*  26 
beuten.    9Ba^rf$einli$er  ift,  bafe  ba*  §oft)itaI  eine  felbfrftänbige  Stiftung  ber  Slmalft* 
taner  toar.    Sdjjon  bor  ber  Eroberung  ^erufalem*  to»wy   ^c  Äreuafar/rer  ftanb  biefem 
£oftntal  ein  ©ruber  ©erwarb  (©erarou*,  ©eralbu*,  ©iralbu*,  ber  SRatne  fommt  in 
betriebenen  formen  bor,  ber  Seinamen  $unc,  $onque,  2;om  finbet  ftcfy  in  feiner  Urfunbe 
unb  tauft  tqt  fyät  auf)   al*  leitenbe  ?ßerfönlicr)feit  bor.     Siefer  bergröfeerte  nadf  ber  ao 
einnähme  ber  $L  ©tabt  ba*  ^of^ital  unb  orbnete  ed  neu ;  je^t  erft  getoann  e$  unter 
Wrt^HIfe  ber  Äreujfa^rer  größere  SBebeutung,   unb   in  biefem  ©mne  lann  ©erwarb  afö 
Stifter  be«  So^anniterorbend  gelten,  obtoo^l  er  in  ber  Urfunbe  nie  afe  fundator,  immer 
nur  du  institutor  bejeu^net  totrb. 

(Stf*  ber  9ia$folger  ©er^orbd,  Sta^munb  bu  $ur/,  gab  ben  ©)}ttalbrübern  eine  Siegel  ss 
(abgebruA   Paoli   Cod.  dipl.  1,244;   $ru&  Äulturgefd^.  ©.602,   am   forgfältigften 
le  iRouIj,  Cartulaire  ©.  62  9lr.  70),  bie  bon  Snnocenj  IL,  ®ugcn  III.,  SiuciuS  III.  Be* 
ftätto  tourbe.    SHe  Siegel  ift  au$  toeitertyin  giltig  geblieben,   bod)  folgten  burd?  bie  Sc= 
WÜrffe   be«  ®eneralfa))ttefö  (Srgänjungen   unb  ^obtfifationen,   bie  bann  9lnlafi   gaben 
jur  jbfaffung  bon  ©tatutenfammlungen.    35ie   erfte  ift  bie  bon  ÜBifyelm  bon  ©tefano  40 
1287—90,  bie  jtoeite  1303.    5Diefc  beiben  bilbeten  bie  ©runblage  aller  fräteren  ©amm* 
hingen,  bie  bte  1489  (^ronologifc^,  f^äter  fad)lic6  georbnet  finb  (£e  9toul£,  Les  Statuts 
de  l'ordre  de  FHöpital   de  S.  Jean  de  Jerusalem   in   ber   Bibl.  de  l'lcole  des 
chartes   XVIII,   341—56).     S)ie   oft  hrieberljolte  angäbe,  SRo^munb    ^abe   erft   bem 
^oftntalbienft  ben  Stitterbienft  ^injugefügt  unb   fo  erft  ben  ©pitalorben  gum  SRitterorben  46 
gemalt,  inbem   er  bie  ©ruber  in  brei  Jtlafien  SRitter,  ^ßriefter  unb  bienenbe  SSrüber  ge* 
teilt,  ip  irrig.    8te  1259  ift  in  ber  Sracfyt  ber  Srüber  fein  Unterfct/ieb,   erft   in  biefem 
3a$rc  toirb  ein  folc^er  burd^  bie  9uHe  »lejanbcr^  IV.  (Paoli  Cod.  dipl.  ©.  278)  fefc 
gefegt    Qer  Orben  ift  bon  Anfang  an  ©pitaU  unb  Slitterorben  getoefen,  ba  gum  3)ienft 
an  ben  pilgern  auc^  bereu  ©4u|   auf  bem   gefährlichen  2Bege  nad)  ^erufalem  gehörte.  60 
ier  Orben  tyd  au$  alle  3eit  an  biefer  bo^elten  Seftimmung  feftge^alten,  nur  bafe  mit 
ba  3*  to*  Slitterbienft  größere  Sebeutung   geioann   ate  ber  ©pitalbienft,   unb  infolge 
babtm  bie  ritterlichen  Srüber  eine  ^ö^ere,  bie  eigentlich  leitenbe  ©tellung  im  Drben  ein* 
nahmen. 

8uf  bem  ©ebiete  ber  ©pitafyflege  ^at  ftcf)  ber  Orben  bie  größten  SBerbienfte  ertoorben.  66 
An  feinen  ©ptiälem  fd^uf  er  SKufteranftalten  für  jene  $t\t,  unb  feine  Drbnungen  unb 
Siegeln  fmb  für  bie  übrigen  ©pitalorben  borbilblidj  getoorben.  ^n  ber  Siegel  »lar/munbä 
nxrben  bie  Armen  al«  bte  „ßerren"  bejeic^net,  beren  3)iener  bie  Crbenäglieber  fmb,  unb 
feinen  Suftrucf  fanb  biefer  ©ebanfe  lange  3*it  b^tin,  baj  bie  gefammelten  9llmofcn  fo^ 
toie  bie  „Stefbonfionen"  b.  f).  bie  bon  ben  einjelnen  Orben^^äufem  in  ben  ©c^a^  be«  go 
Crbeitf  abjiüiefemben  Überf^üffe,  gunäc^ft  in  ben  Äranf enfaal  gebraut  unb  bort  bor  ben 


332  3ot)attmter 

Äranfen  niebergelegt  tourben.  35a«  §auptftrital  in  S^ifalem  bem  #.  ©rabe  gegenüber 
toar  ein  biet  betounberte«  grofee«  ©ebäube  mit  toeiten  ©äulen^aHen,  in  bem  ^unberte  Don 
pilgern  unb  Äranfen  Unterfunft  unb  Pflege  fanben.  Slucty  naefc  ber  (Eroberung  3*™* 
falem«  burety  ©alabin  beftanb  biefe«  ©pital  fort,  toätyrenb   ber  Crben  jugleidb   an  tfti}U 

6  reiben  anbeten  Orten,  im  9Rorgenlanbc  unb  im  2tbenblanbe  Spitäler  unterhielt,  namens 
lid)  ba,  too  er  ft>ätcr  feinen  $auptfi$  fyatte,  in  Slccon,  auf  G$>ern,  auf  Styobu«  unb 
2Mta.  ©djon  toter  $afyre  nafy  ber  33eft$natyme  bon  Styobu«  befölofc  ba«  ©eneralfat>itel, 
bort  ein  grofee«  Spital  ju  bauen,  jjforttoäfyrenb  toar  man  bemüht;  bie  Einrichtung  ber 
©pitälcr  *u  berbeffern,  eine  grofce  Steige  jbon  93efc&lüffen  be«  @eneraltat>itel«  bejietyen  ftc$ 

10  barauf.  fjrül)  fd&on  ftnben  fid)  gelehrte  ärjte  in  ben  ©pitälern,  bie  jugleicty  für  bie  Se* 
reitung  ber  Strjneien  Sorge  tragen.  2Ba«  $ur  Äranfenpflege  nötig  toar,  3)ecfen,  Äleiber, 
3udfer,  SBein  u.  f.  to.,  mufete  bon  ben  einzelnen  Käufern  geliefert  toerben,  unb  bie  2iefe* 
rungen  toaren  fo  berteilt,  bafc  ftc  immer  batyin  gelegt  tourben,  too  ba«  Setreffenbe  am 
beften  ju  fyaben  toar.    9tu(^  für  bie  geiftlicfye  Pflege  toar  au«giebig  geforgt  unb  bon  ber 

16  aufnähme  ber  Äranfen  bi«  gu  tyrer  Seerbigung  alle«  feft  georbnet.  3n  QU**  ©tücfen 
toerben  bie  Äranfen  al«  Ferren  be«  Äaufe«  befyanbelt.  §ÜKn  3lbenb  getyt  ber  ©enef^al 
be«  £aufe«  mit  ben  ^riepern  burety  bie  Äranfenfäle  unb  forbert  bie  „Ferren  Äranfen" 
junt  ©ebet  auf  für  ben  Drben,  für  feine  SBofylttyäter  unb  für  bie  gange  (S^riften^eit 
(L6on  de  Grand,   La  prtere   des  Malades   dans   les  Hospitaux  de  l'ordre  de 

ao  S.  Jean  in  ber  Bibl.  de  l'&ole  des  chartes  LVH,  9t.  325 ff.).  «Untätig  tritt  je* 
boefy  biefe  S^ätigfeit  be«  Drben«  mebr  jurücf.  SBäljrenb  anfangt  aDe  Drbenäglieber  )ür 
ßranf  enjpflege  betyflictytet  toaren,  tourben  foäter  bie  SRitter  babon  entbunben,  unb  bleibt  fte 
ben  bienenben  Srübern  überlaffen,  unb  früfy  fcfyon  työrte  man  ßlagen,  bafj  fte  namentlich 
im  Slbenblanbe  bon  manchen  Käufern  bernaefcläfftgt  ober  ganj   aufgegeben  tourbe.    Star 

25  Äampf  gegen  bie  Ungläubigen  na^m  alle  Äräfte  in  änfprudj.  3)er  Drben  toirb  mefyr 
unb  mejjir  bortoiegenb  SRitterorben,  eine  politifctye  unb  mUitärif$e  ÜRac&t,  unb  bem  ent* 
f priest  e«,  bafc  ber  geiftlicfce  Gtyarafter  jurücftritt.  SQBaren  bie  Drben«glieber  anfangt  faft 
metyr  SKönd^e  al«  SKitter,  fo  berliert  ftep  ba«  ÜRönc^ifc^e  jufe£enb$.  Um  fte  für  ben  jtannif 
tüchtig  m  erhalten,   Serben  fte  ni$t  blo^  bon  bem  ©pitalbienft  entbunben,  ed  toirb  auc^ 

80  ber  früher  au^gebe^nte  §orenbienft  befcfyränlt  unb  ba«  gaften  gemtlbert. 

Ungemein  fctyneB  toar  bem  Drben  eine  ftüHe  bon  S3eft^ungen  fotooW  im  SRorgen- 
(anbe  alz  im  Slbenblanbe  jugefaHen,  beren  SBert  noc^  burd?  bie  ga^lreic^en  Privilegien, 
mit  benen  i^n  ^ftlic^e  unb  taiferlid^e  ©unft  begabten,  ertytyt  tourbe.  3m  ^1.  Sanbe  er» 
^oben  ftc^  feine  Surgen  bon  ©üben  bis  Sorben,  befonberd  ga^lrei$  läng«  ber  am  meiften 

36  bebro^ten  ©renje  gegen  Sg^ten  bon  §ebron  btö  3lö!aton,  bann  an  ber  Dftgrenje  am 
©ee  Liberias,  am  ^a^Ireid^ften  im  ©ebiete  bon  $rtyoli$  unb  äntiod^ten.  Äier  ertoarb  er 
auc^  lanbe^^errlic^e  Setzte  unb  toar  auf  bem  SBege,  einen  förmlichen  Drben^ftaat  ju  bilben, 
beffen  SKittelpunlt  bie  ftarfe  gefte  SKargat  bilbete,  too  ber  §oc^meifter  fafc,  nac^bem  3^ 
rufalem  berloren  toar.    3)er  Drben  toar   eine  ftarfe  Sffiefyr  gegen  ben  Slnfturm  ber  Un* 

40  gläubigen  unb  fyat  ben  SReft  be«  ^l.  Sanbe«  lange  ^elbenmütig  berteibtgt,  aber  er  ift  auc^ 
tief  berfloc^ten  in  bie  enblofen  $artciftreitigfeiten,  toelc^e  bie  ftreujfatyrerjtoaten  jerrütteten 
unb  jule^t  ben  böHigen  3Serluft  be«  ^L  Sanbe«  herbeiführten.  1286  bejtoang  ©uüan 
Äelaun  ba«  für  unbejtoingbar  gehaltene  SKargat,  1291  ging  auefc  Slccon,  ber  lefcte  $laj 
im  ^l.  Sanbe  berloren. 

45  SRur  ein  fümmerlid^er  SRcft  be«  Drben«  fu^r  nad^>  ß^ern  hinüber,  too  i^nen  ber 
Äönig  in  ber  ©tabt  Simiffo  einen  3uffa$*«ort  eröffnet  fjattt.  6«  festen  mit  bem  Drben 
ju  (Snbc  ju  fein,  aber  fd^on  nac^  toenigen  3a^ren  er^°1^  «  faty  bon  neuem,  1309  er* 
oberte  er  unter  bem  ©rofemeifter  5°wlque«  be  SiHaret  bie  3"W  StyobuS  unb  grünbete 
^ier  ein  3n?*lreic§,   ba«   über  200  3a^rc  Seftanb  gehabt  ^at.    äl«  ^orburg   gegenüber 

60  ben  Surfen  fyaben  bie  go^anniter  bie  ^nfel  ^elben^aft  bertfyeibigt  unb  bamit  bie  S^ßen* 
fyeit  gegen  ba«  Anbringen  ber  dürfen  gefd^üftt.  RtoÄ  furchtbare  Belagerungen  #elt 
ber  Drben  ftegreic^  an^,  erft  1522  gelang  e«  ben  Surfen,  ftc^  ber  3«H  ^^  Senat  ju 
bemächtigen. 

3)ie  3eit  auf  Sl^obu«  ift  bie  ßeit  ber  ^öd^ften  83lüte  be«  Drben«.  ©eine  8eft|ungen 

öötourben  nod^  baburd^  bermc^rt,  bafe  ifym  nac^  Sluf^ebung  be«  Sem^lerorben«  1311  beffen 
©üter  ^um  größten  Seile  zufielen,  ©eine  ßintünfte  überftiegen  bie  be«  Röntg«  bon 
ftranlreicty  um  ba«  18 — 20  fac^c;  fte  laffen  ftcfy  auf  minbeften«  36  SMumen  granfen 
nac^  bamaligen  ©elbtoert  beregnen.  2luc^  bie  Drganifatton  be«  Drben«  ift  je^t  boO* 
fommen  au«gebilbet.     2)er  Drben  jerfäUt   nad?   ben  ^Nationalitäten  in  ac^t  Slbtetlungen, 

60  //3un0w"  Genannt,  bie  ber  ^Jrobence,  toclc^e  immer  al«  bie  erftc  gejault  toirb,  bie  ber 


3ot)atttttter  333 

Sutoergne,  granfreicfy«,  Italien«,  Aragon,  Snglanb«,  $)eutjcfylanb«  urtb  Gaftilien«.  $ebe 
3unge  verfällt  toieber  in  ©rofepriorate  unb  biefe  in  Stomtfyureien.  Sin  ber  Spifce  be« 
ganjcn  Orben«  ftetyt  ber  ©rofcmeifter,  ber  aber  neben  ficfy  ba«  periobtfcty  berfammelte 
Seneralfapitel  fyat,  bem  bie  gefefcgebenbe  ©etoalt  juftetyt.  2)ie  ßomtfyureien  toerben  in 
ttgdmä$tgen  3*itabfd&nitten  bon  bem  ©rofcprior  bifttiert  unb  muffen  ifyre  ttberföüffe  an  6 
bie  Orbenäfajfe  abliefern.  2)a«  ftnb  bte  Slefponfione«,  bie  fpäter  fixiert  tourben  unb  jum 
Jett  au$  in  Naturalien  beftanben. 

Stecht  buntel  ift  nocfy  ber  Urfprung  ber  $otyan niterin nen   unb   tyr  Ser^ältni« 
$um  Orben  (k>gL  2e  Stoulj,   Les  Hospitalferes   de   S.  Jean  de  J.  in  ben  Comptes 
rendus  des  S&inces  de  TAcad^mie  des  Inscriptions.  4.  Ser.   XXII,  S. 137 — 46  10 
$ari*1894).  Sc&on  *ur  3eit  ber  Stiftung  be«  Orben«  foH  eine  Römerin,  9llij  ober  2lgne« 
genannt,    ein  Spital  ber  ÜRaria  9Ragbalena  für   frante  grauen    gegrünbet  fyabtn  unb 
@$toeftern  m  ben  Orben  aufgenommen  toorben  fein  für  toeiblictye  ßranfenpflege.  Später 
finben  fufc  eigene  Scfctoefternf  onbente,  bie  nad)  ber  Siegel  Sluguftin«  al«  Äanoniff en  leben,  %üx 
bic  Jtemlenpflege  fyabcn  fte  leine  er^eblic^e  Sebeutung,  jebenfaB«   fyaben  fte  biejelbe  nad)  u> 
ber  Sertretbung  be«  Orben«   au«  S*™?^™   n^t  mefc  ausgeübt.     3)er   bebeutenbfte 
Sc&toejierfonbent  toar  ber  bon  Sijena    in  Spanien,  beffen  Siegel  allgemein  tourbe.    Sr 
tourbe  balb  fe^r  rei($  unb  jur  33erforgung«ftätte  für  bie  tarnen  be«  lüften  fpanifcfyen 
8bel«  (fcgL   P.  SWarco  Slntonio  SSaron,   Historia  del  Real  monasterio  de  Sixena, 
2  8be,  ber  jtoeite  jum  $eil  unterbrüdft,  ^ampeluna  1773).    üe  SRoulj  jä^lt  eine  3letye2o 
bon3o$aimiterinnen*5tonbentcn  auf  (Cartulaire,  S.  CCXX11— CCXXX).  ^n  S)eutf$lanb 
finben  ft$  nur  unfi^ere  Spuren  berartige  Konbente. 

9lac$  bem  SBerluft  bonStyobu«  irrte  ber  Orben  junäctyft  unftät  untrer,  bte  tym  1530 
bon  Äarl  V.  bie  gnfel  SRalta  al«  fielen  überliefen  tourbe.    2lu$   tyier  fefcte  ber  Orben 
mit  altgewohnter  Japferfeit   ben  Äampf   gegen  bie  Ungläubigen   fort,  gegen  bie  er  bie  26 
3nfeC  mutboll  berteibtgte.    SRit  ber  rufymbotlen  Serteibigung  unter  bem  ©rofemeifter  %tan 
be  la  Salette  (1557—68)  enbet  bie  ©lanjperiobe  be«  Orben«.    3)ie  Sieformation  braute 
jbm  einen  SScrluft  na$  bem  anbem.     $einridj  VIII.   bon  (Snglanb  jog  bie  ©üter  be« 
Orben«  ein,  bie  engliföe  äunge  erlofcty.    ätynlicfye«  toiberfufyr  bem  Orben  in  Ungarn  unb 
ben  9lieberlanben.     $n  $eutfctylanb  natym   ber  SBeftfälifc&e  ^rieben  bem  Orben   eine  so 
Steige  bon  ßommenben.    S^ltmmer  no$  toar  ber  innerliche  Verfall,  bie  einreifeenbe  $i«= 
jiplinlofigfett,  SBertoei$li$ung  unb  ©enufjfuctyt.   2)ie  SSerfaffung  geriet  in  Sluflöfung.  2)er 
^Japft  befefete  bie  Sommenben  nad^  SBiUfür,  griff  felbft  in  bie  $lad)t  be«  ©rojjmeifter«  ein. 
Set  ilampf  gegen  bie  dürfen  ^örte  auf,   ber  5Dtenft  be«  Orben«  befc^räntte  ft$  auf  bie 
Sefc^ung  ber  §anbel«föiffe  gegen  Seeräuber.     So  berliert  ber  Orben  feine  93ebeutung  36 
unb  fccrfäBt  bem  berbienten  ©eric^t.     Unter  bem  ©roftmeifter  gerbinanb  t>on  $oinpefd^, 
bem  einzigen  3)eutfc^en,  ber  ju  biefer  SBürbe  gelangte,  fiel  SDlalta  burc^  SJerräteret  in  bie 

:  99onaparte«,  unb  4.  September  1800  tourbe  e«  tion  ben  ©nglänbern  befefct.    S)er 

^umSImien«  1802  beftimmte  jtoar,  bafe  bie  %n\d  bem  Orben  jurücfgegeben  toerben 
aber   bie  ßnglänber  gelten  fie   befc^t,   unb   ber  s#arifer  ^rieben  1814   betätigte  40 
tynen  ben  95eftfe. 

®nn  aSerfufte  bon  üKalta  folgte  bie  völlige  Sluflöfung  be«  Orben«.  3ln  Stelle  be« 
juriktgetretenen  gerbtnanb  bon  ^ompefc^  tourbe  ber  Kaifer  $aul  I.  bon  Slu^lanb  jum 
©rofemeifter  getollt,  aber  ber  $apft  erlannte  t^n  nid?t  an.  3lu«  ^urc^t  bor  Strettig- 
feiten  mit  Äufelanb  ^ob  Äutfürft  Wai  3°fe^  üon  S^Vern  ben  Orben  in  feinem  Sanbe  45 
auf  unb  jog  1799  feine  ©üter  ein.  3)a*jelbe  gefc^a^  1802  in  Spanien,  bie  Orben«güter 
tourben  ben  Ärongütern  einverleibt,  ber  jtönig  ©ro^meifter  be«  Orben«  St.  ^o^ann  in 
Spanien.  Auf  bem  ffitener  Kongreß  bemühte  fid^  ber  Orben  bergeben«,  feine  Souberäni- 
tat  toieber  )u  erlangen.  3)ie  tat^olifc^en  Slefte  tourben  unter  einem  bom  ^apfte  er- 
nannten ©ro^meifter,  ber  feit  1834  feinen  Si$  in  dtom  ^at,  gefammelt.  öo 

3n  Sßreufeen  beftanb  bie  SalleV  S9ranbenburg  al«  proteftantifc^er  Seil  be«  Orben« 
fort  Äflerbtng«  tourben  bie  ©üter  ber  öaüe^  1810  eingejogen  unb  ber  „&önigli$ 
^keu^if^e  3o$anniterorben"  fanl  flu  einer  blofeen  3)e!oration  o^ne  Sebeutung  ^erab. 
Stter  1852  unterjog  g-riebru^  SEBil^elm  IV.  ben  Orben  einer  Sleorganijation,  bie  i^m 
feine  urfprünglufc  Seftimmung  ^urücfgab.  Unter  bem  1853  getoä^lten  erften  Ferren«  56 
metftar  $rtn|  Äarl  unb  bem  jefeigen  ^enenmeifter  $rinj  3llbrecft  \)at  ber  Orben  feitbem 
eine  toeitber^toeigte  unb  reic^  gefegnete  X^ätigleit  auf  bem  ©ebiete  ber  ßranfenpflege  ent= 
faltet  Segen  50  ftranten*  unb  Siec^en^äufer  ftnb  bon  t^m  gegrünbet,  au$  im  ^l.  Sanbe 
\pt  er  toieber  gu^  grfafet.  S)ie  S^riftcnberfolgung  burc^  bie  Brufen  am  2ibanon  im 
6ommer  1860   gab  Slnlafc  jur  (Srric^tung   eine«  großen  Äranten^aufe«  in  Beirut ;    in  go 


334  ^ofjannitcr  ^ofjnfon 

$crufalem  übernahm  ber  Drbcn  baS  »ort  g-liebner  tn$  Seben  gerufene  §oftm;  an  bem 
urforünglic&en  ©ifte  be$  DrbenS  in  ber  tyl.  ©tabt  ergebt  [\fy  je$t  bie  @hrlöferRrc$e.  ®anj 
befonbere  SBerbicnfte  ertoarb  ft$  ber  Orben  in  ben  Ärtegen  bon  1864,  1866  u.  1870/71 
bur$  bic  Drganifation  ber  Pflege  ber  SSerhmnbeten   unb  Äranfen,  unb  fettbem   ifi  bie 

6  Drganifation  nod)  toeiter  ausgebaut.  Um  geeignete  $ilf$fräfte  )u  gewinnen,  läfet  ber 
Orben  in  ben  3)iafoniffentyäufern  grauen  unb  Jungfrauen  als  ftrantcnpflegerinnen  au& 
bilben,  bie  im  SebarfäfaB  als  „^o^anniterinnen"  ft$  ifym  jur  Verfügung  [teilen. 

angeregt  burety  bie  I^ätigfeit  ber  Sßreufcifctyen  J^nntter  faben  fu$  bie  fa$olif$en 
Johanniter,  bie  ft$  in  befonberem  ©inne  „3Ralteferrüter"  nennen,  toenigftenS  in  $eutfcfc 

10  lanb  auf  ben  urfortinglicfyen  Ätoecf  beö  DrbenS  toieber  befonnen.  Jm  Ja^re  1863  hntrbe 
bie  „M&einifcfctoeftfälifae  5JMtefergenoffenf$aft"  gegrünbet,  1867  ber  „herein  ©#leftfc$er 
5Mtcferritter  jum  fttotd  *>er  ßranfenpflege  im  ^rieben  unb  borjugätoeife  im  Äriege". 
SBeibe  ©enoffenfc&aften  unterhalten  ebenfalls  eine  Steige  toon  ßranfentyäufern  unb  ^aben 
im  Äriege   toon  1870/71   in  3Serbinbung  mit  ben  Sarm^erjigen  ©$toeftern   ben  S8er- 

15  tounbeten  unb  Äranfen  pebient.  3)er  öfterretc&ifäe  3toe*0  V&  lß69  bor  &n  Sporen 
^erufalemS  ein  trefflicfc  emgeric&teteS  ©pital  erbaut.  D.  0.  ttW»*". 

3fo^ttfotty  ©ifle  S^riftian,  geft.  1894.  —  Uebcr  <8.  C(.  Softnfon:    Norek  For- 
totterlexicon  von  Straft  unb  ßange,  do.  oon  J.  B.  Halvoreen,  Nordisk  Konaervationelexicon, 
Brödrene  Salmonsens  Konversationslexicon  for    Norden,  ausführlicher   oon   X.  Ob  lanb   in 
20  79.  Beretning  am  det  norske  Bibelseskob. 

3)er  norfcegiföe  S^eolog  ©.  Gty.  Jo^nfon  Ijat  auf  feine  2anbe3ftrc$e  unb  tyren 
Sßrebigerftanb  gang  bebeutenben  @inf(ufe  ausgeübt.  @r  toar  am  10.  September  1822  in 
grebriföljalb  geboren,  ©ein  3Sater  toar  ein  angefetyener  Jngenieuroffijier  fölanbif$er  SCb* 
ftammung.    Jm  Ja^rc  1834   tourbe  J.   in  bie  6tyriftian3fanb^a%brdf<$ule  gefc^irft, 

25  too  unter  anberen  ein  ungetoötynlicty  gelehrter  2#eolog  0.  6.  3#ifieba$l  niefci  untoefent; 
liety  auf  tyn  eintoirftc.  1839  ttmrbe  er  ©tubent  unb  1843  Candidatus  theologiae. 
3)ie  ©gamma  abfolbierte  er  mit  äfoSjeictynung.  ©eine  9lbfi$t  mochte  föon  jefct  getoefen 
fein,  ft$  als  UntoerfttätSletyrer  ju  habilitieren.  6r  begab  fty  barauf  mit  $tlfe  eine* 
öffentlichen   ©tipenbiumä  nad)  ®eutjc$lanb,   too  er  in  Berlin  93orlefungen  bei  9teanber, 

so  Xtoeften  unb  £engftenberg  borte,  toeiter  nad)  2etyjig,  too  er  an  ben  &orlefungen  oon 
$arlefe  über  $riftli$e  &b'\i  teilnahm.  £ier  ^örte  er  au$  altteftamentltd^e  Sorlefungcn 
bon  Dr.  6.  $.  gafpari,  mit  toelcfyem  er  bort  Selanntfc^aft -ma^te ;  fpäter  trat  er  in  ein 
bauerr/afteä  ^reunbfc^aft^ber^ältntö  ju  i^m,  ba  fte  im  Ja^re  1849  Äodegen  mürben. 
$on  Seidig    ging  J.   nac^  Erlangen,  Wo  er  93efanntfc$aft  mit  ©.  2^omafiu^,  $öffing, 

85)7.  ^ofmann  unb  §.  ©$mib  machte.  Über  $eibelberg  unb  Xübinaen  reifte  er  naj$ 
$artö;  im  ^erbfte  1847  tarn  er  toieber  nac|  .^aufe.  9tac^bem  3.  einige  Rat  in 
d^riftiania  priüatim  Untertoeifung  in  ber  Geologie  gegeben  fyatte,  tmtrbe  er  al^Se&or  ber 
Ideologie  1849  unb  aö  ^rofeffor  1860  angefteHt  9leben  feiner  Se^rtoirtfamteit  an  ba 
Unioerfttät  gab  3-  m  ben  Sauren  1855—74  auc^  Unterricht  in  ber  ^äbagogil  an  bem 

40  pra!tifd[M^eo(ogifc|en  ©eminarium.  3ln  Der  Unioerfttät  fytelt  er  SSorlefungen  über  fi^e* 
matifd^e  ^eo(ogie,  3)ogmengefc^ic^te,  t^eologifc^e  Sntythtyäbie  unb  nad)  1877  über 
ftir$engef$i$te.  ©eine  SSorlefungen,  bie  grünblic^,  geiftrei$,  Oon  lebenbigem  (S^ripen- 
glauben  getragen  toaren,  lourben  bon  t^eotogift^en  ©tubenten  triel  befugt. 

9l\d)t  aflein  auf  bie  t^eologifc^en  ©tubierenben  übte  3-  gto^en  unb  bebeutung^Ootten 

46  Sinflufe  au^,  fonbern  aud^  auf  <$riftli$e  Saien  burc^  feine  erbaulichen  Sibelfhmben  in 
Sl^riftiania  unb  jum  Seil  aud^  in  anberen  Orten.  Um  feine  f$fta$e  ©efunb^eit  ju 
ftärfen,  benu^te  er  oft  feine  Serien  gu  Reifen  im  Sanbe,  fyauptjäd?ltd>  )u  %n%,  unb  cmf 
biefen  Steifen  befugte  er  ern?ecfte  $riftlic$e  Saien.  ©ein  t^eologtfc^er  ©tanbj)unlt  toar 
ftreng  tonfefftoned  altlut^erif^ort^oboj.     3-  ^ar  h)trffam  für  ©runblegung  „ber  inneren 

60  TOffton"  in  ß^riftiania,  „ber  nortoegtjc&en  Sut^erfttftung",  ,,be«  ©tubentenjjeim«"  u.  f.  to. 
@r  fuc^te  unermüblicf)  tir^lid^e  Steformarbeiten  ind  SBBert  )u  fe^en,  eine  lfo^emw> 
faffung  in  iKortoegen  in  Staub  ju  bringen :  aber  e$  gelang  i^m  ni<$t  iroft  feiner  grünb^ 
ticken  ©elefyrfamfett  toar  3-  nic^t  probuitio.  ©eine  ftrenge  ©elbfUritil  machte  i^n  $u 
ängftlic^.    9tte  fem  greunb,  ber  j>ietiftifd^e  ^Jrebiger  ©.  X.  Sammet*  in  ©Ken,  1857  mit 

66  feinen  Xn^ängern  ftc^  bon  ber  ©taatefirc^e  trennte  unb  eine  „freie  apoftoltfc$«tyrifUUbe 
©emeinbe"  ^u  grünben  berfu$te,  mit  9lbfc^affung  unter  anberm  ber  Ämbectaufe,  gab  3- 
feine  ©c^rift:  „Nogle  Ordom  Barnedaaben"  (einige  äBorte  über  bie  Äinbertoufe)  ^eraul 
SDieje  unb  einige  anbere  ä^nlic^e  ©Triften  traten  getoi^  i^re  gute  Söirtung.  Scmtmert 
toar  bant  feiner  93erebfamteit  gefc^iefter,  bie  (Gemüter  3U  erregen,  al$  bie  Angelegenheiten 


3?of)!tfott  ^o|ac^ttt  335 

feinet  „Oemembe"  ju  leiten.  3m  %afyxc  1860  trat  er  in  bie  ©taatöfirctye  jurüdf  (geft. 
1878).  9Rit  feinem  ÄoHegen,  $rof.  6.  %  Safari,  fear  3o!jnfon  beteiligt  an  ben  9fo 
boten  jur  Übetfefcung  be3  9fö  btö  1890  unb  fräter  bis  }u  feinem  lob  mit  einem  an« 
bern  Kollegen,  Sßrof.  5?-  2B-  ®W00C,  mit  ber  Überfefcung  be$  91%.  (Ebenfalls  jufammen 
mit  Safran  rebigierte  3.  „Tidsskrift  for  den  evangelisk-lutherske  Kirke  inNorge".  6 
aber  et  fdjrieb  niety  Diel  für  biefelbe.  3.  unb  Gafoari  überfefcten  jufammen  „2)a$ 
&mcwbienbud&"  in  bie  bänifcfcnortoegiföe  (Spraye  1861—1864.  3m  3a^re  1863 
«anbete  3-  „Luthersk  Kirketidende",  toelctye  er  bis  1875  rebigiertc  3n  biefem 
Samenblatt  jmben  ft$  biele  Sluffä^e  be$  Herausgebers  über  Krd&Iid&e  9teformfragen  unb 
gegen  bie  toon  bem  bäniföen  ^rebiger  ©runbtbig  aufgehellte  fogenannte  „kirkelige  to 
Anskuelse"  (RrcfcliAe  »nficfct ;  bgl.  S.  G.$.  Safari  8b.  III,  ©.740,  51),  unb  über  biete 
anbete  Etagen.  3°^?°^  ©$üler  Ratten  lange  $t\t  getoünfcfyt,  bafc  er  feine  bogma* 
trfc^en  SSorlefungen  herausgeben  möchte ;  aber  e$  mürbe  tym  ftfytoer,  feine  Sngftlictyfeit  *u  be- 
fiegen.  @nblic^  erföien  1878—79  fein  „Grundrids  af  den  systematiske  Theo- 
logie" anonym  unb  als  2Ranuffrtyt  gebrueft.  2)iefe$  99u$  ift  in  brei  Stuflagen  er«  15 
fttenen  (1879,  85,  97).  Seine  „Forelaesninger  over  den  christelige  Ethik"  unb 
„Forelaesninger  over  Dogmehistorien"  tourben  1896  naety  feinem  $ob  herausgegeben. 
San  ber  Uniberfttät  ßopen&agen  tourbe  3-  am  Qubelfcft  1879  honoris  causa  jum 
Dr.  theol.  freiert. 

6r  ftarb  am  17.  3«ß  1894.    ©ein  ©rab  auf  bem  @rlöfer*£irdtöof  in  G^riftiania  20 
tourbe  öon  feinen  Schülern  unb  greunben  mit   einem  frönen  ©rabmal  gefcfymücft.    Sluf 
einem  ©ranitfodel  ergebt    ftcfc   feine  S3üfte  in  Sronje  bon   einem  bebeutenben  Äünftler, 
9.  Sergäien,  mobeliert.  3.  $e(81jetitt. 

3»i«*t«.  —  Sal.  »iner,  «öibl.  SR.-©.'  1,593;  @<ftente(.  »ibel-fiej.  III,  360 f.  (@$ra< 
ber);  ftieftm,  $©»*  I,  761  f.  (»feinen);  @u>alb,  Gefö.  beä  ».  3Sr.»  I,  791  ff.;    Stabe,  ©e-  26 
fdtfeftte  be*  8.  3*r.  I,  680;    Mittel,    ttefd).  ber  £ebr.  II,  329 ff.;    »öljler,  Seljrb.  ber  bibl. 
•ef«.  II,  2,  6.  479 ff.;  ©utfce,  ©ef$.  be§  8.  §ix„  S.  222.  243. 

3oja<$m  T^rr  unb(<&  1,  2)  iw,  LXX  'Icoaxiv  unb  irrtümlich  9Ia>axei/x  (3er 
52,  31;  S)  1,  2,  fotoie  audj}  fonft  im  Cod.  Au.  B);  bie  gleid&bebeutenbc  gorm  rr»: 
(3er  27,  20  al.ff  1  Qfyc  3,  16  f.  Gfty  2,  6)  eig.  ^V-r"  LXX  'kxoviag,  unb  no$  forjerao 
*Ttt  (3er  22,  24.  28 ;  37,  1),  repräfentiert  na$  Gtoalb  ben  tarnen  3.  bor  feiner 
Zfambeftetgung.  3.,  ber  borlefcte  Äönig  (3er  24,  1)  bon  3uba,  h>ar  ein  ©otyn  be$  3°s 
jaftm  101b  bet  9le$uf$ta  bon  Serufalem,  beren  SSater  Glnatyan  too^l  3er  26,  22 ;  36, 
12.  25  gemeint  ift.  9ta#  2  Äg  24,  8  toar  3.  bei  feiner  I^ronbcfteigung  18  3a&re  alt, 
naA  2  Gtyc  36,  9  bagegen  8  3a^re  (ebenfo  LXX  Vat.  ^ur  Gfyronif  unb  3  @^ra  1,  43,  ss 
tpo^renb  LXX  Luc,  Ck)d.  AI.  unb  bor  Btym  18  3a|re  bieten).  SScrt^eau  ^ält  bie 
8  3<$re  für  bte  urfprünglic^e  Überlieferung  toegen  ber  ftarfen  §erbor^ebung  ber  Äönigin- 
TOutter,  2  Äg  24,  10.  12-  3er.  13,  8;  29,  2.  aber  mögen  au$  bie  1  Gfc  3,  17  ff. 
aufgellten  @5^ne  3-*  *W  tm  6|il  geboren  fein,  fo  laffen  ftc^  bod^  bie  grauen  3-$ 
(2  xg  24,  15)  nur  getoaltfam  bon  ben  grauen  be£  $arem$  beuten;  bie  8  %abxc  ber 40 
Q^nmit  ftnb  fomit  o^ne  $tot\\tl  ein  Schreibfehler.  SBenn  bagegen  bie  G&ronif  ftatt  einer 
brehnonatli(^en  Regierung  3-^  (2  %  24, 8)  bon  3  Monaten  10  Sagen  rebet,  fo  ift  biefe 
Äotii  föfterlty  nut  eine  fünftlictye  Srgänjung  ju  100  lagen.  2Bie  ben  beiben  Äönigen 
bor  t$m,  tohb  auc^  bem  3.  2  Äg  24,  9  unb  2  Gfyr  36,  9  (bgl.  au$  @j  19,  5  ff.)  ein 
ftfetye*  3eugni^  audgeftellt;  baefelbe  tüirb  tro$  3ofe))^  (Ant.  X,  7,  1)  au$  burd^3er45 
22,  10  ff.,  28  ff.,  24,  lff.  Sar.  1,3  ff.  nic&t  au^brüdflic^  toiberlcgt.  Qx  beftieg  ben^ron 
(597),  att  bie  ©tobt  bereit«  bon  ben  Styalbäern  belagert  toax  ober  boefc  !urj  bor  ber 
eigcnt&Aen  Belagerung  (2  Äg  24,  10;  bgl.  ben  %  „Sojatim").  3)ie  änfunft  9lebufab« 
u*ua&  behn  $eere  unb  bie  h)ad)fenbe  Sebrängniö  ber  @tabt  reifte  feinen  Sntfc^lu^  fi$ 
auf  ©nabe  unb  Ungnabe  )u  unterwerfen  (2  Kg  24,  11),  inbem  er  fiefy  mit  feiner  3Wutter  50 
unb  ben  Sorne^tnften  be«  SSolfö  in«  Sager  ber  Gfyalbäer  begab.  3n  bem  weiteren  Se« 
tu^t  iß  S.  13  unb  14($lünberungbe3  Xempelä  unb^alafte«,  ßerl^Iagung  ber  golbenen 
®erÄte  ©alomo«  unb  SBegfü^rung  bon  10000  2öe&rfäbiaen)  beutlic^  eine  (nad^  Stabe 
auf  bie  £)e(H)ttation  bon  586  be$üglic$e)  Dublette  ^u  &.  15  f.  (9lebufabnejar  liefe  3. 
nebß  ferner  9httter,  feinen  grauen  unb  bem  §of  nad^  Säbel  in«  ßjil  toanbern;  mitB6 
i^rnen  7000  todrftifat  ÜRännet  unb  1000  ÄriegSQanbtoerfer).  Statt  10000  9Renfc^en' 
fylt  3er  52,  28:  3023,  b.  $.  too^l  abgefe^en  bon  obigen  8000.  S)em  9lacbf olger  3.«, 
3Äefia,  blieb  nur  ba3  Proletariat  jurücf.  auf  3.  bejie^t  ftc^  ^ö^ftWa^rf^einlic^  ba$ 
^raibe  SBmrt  JHagel.  4,  20.    ftaft  37   3a^rc    f^mac^tete  3.  im  ©efängniS;    erft   ber 


336  3ojnrf|itt  3foi*b« 

SRac&foIger  5Rebufabnegar«,  (Sbil  3Reroba$,  fc^te  tyn  bei  feinem  9tegicrung«antritt  (5C2) 
in  $retyeit,  tote«  tym  unter  ben  am  babtylomfctyen  §ofe  antoefenben  Äönigen  ben  ©tyren* 
plafc  an  unb  gehörte  tym  reichlichen  Unterhalt  (2  Äg  25,  27 ff.;    3er  52,  31  ff.). 

6  3ojaba.  —    »gl.  ©incr,  ©ibl.  tö..2B.s  I,  594 ;  @d)enfel,  ©ibel'Sej.  III,  361  (ScfcrabeT); 

Diteljm.  #98©*  I,  762  (Äleinert);  (Sroalb,  ©ef*.  be«  SB.  3«r.8  III,  617 ff.;  Stabe,  ©efd).  be« 
$.  g«r.  I,  546 f.  566 f.;  ftittel,  ©efdj.  ber  £eOr.  II,  244 f.;  flottier,  ße^rb.  ber  bibl.  ©cfd). 
II,  2,  S.  210 ff.;  ©ut^e,  ©ef«.  be«  SS.  3«r.,  6.  179 f. 

3ojaba  ^TT^,   LXX  'Icodae,   £o^ert)riefter  gur  3eit  ber  Sltyalja  unb  be«  Äönia« 

io  3oa*  *on  3UH  ber  bie  babibiföe  Dtynaftie  bom  Untergang  errettete;  bgl.  2  Äg  11,  1  ff.; 
2  &)x  22,  10 ff.  2lu«  bem  Slutbab,  bur$  toeld^ed  »fyalja  bie  ftamilie  tyre«  bon  3&u 
getöteten  ©o£ne«  StyaSja  in  3**ufalem  ausrottete,  toar  nur  ber  einjährige  Äönigen 
3oa«  bon  feiner  $ante  3efy>f$äba  gerettet  unb  in  ben  lerntet  geflüchtet  toorben.  Die 
Gfyronif  (II,  22,  11)  motiviert  bie«  burefy  ben  Umftanb,  bajj  3e$ofi$öba  bie  ©ematylin  be« 

16  $ofyen}mefter«  3-  getoefen  fei.  ©cgen  bie  ©efcfyicfytlictyfeit  biefer  (Srgängung  «im  Äönig«* 
buc$  fonn  toeber  (mit  23>eniu«)  2  Gfyr  8,  11,  too  e«  fid^  um  einen  anbem  #aE  fcanbelt, 
noefy  9le^  3,  20  ff.  geltenb  gemalt  toerben;  benn  bie  3uftänte  be«  5.  $a1ftf).  betoeifen 
nietyt«  für  bie  be«  9.  Merbing«  fönnte  jene  $uti)at  ben  Rtotd  §aben,  ba«  Sertoetten 
ber  3efy>fc$ä6a  im  Sempelbcreicty  unanftöfeig  erflehten  gu  laffen  (boefc  f.u.).  9ta<&  Serlauf 

2)  bon  fe$«  Sauren  (878  na$  üblicher  9tec£nung,  richtiger  ettoa  836)  traf  3-  eben  fo  fluae 
tüte  energifetye  3Rajjregeln,  ben  ftebenietyrigen  ^ringen  mit  #ilfe  ber  töniglic&en  Seibtoaqe 
auf  ben  3$ron  gu  erbeben.  2Benn  3-  2  Äg  11,  4  plötßi)  obne  alle  nähere  9egei$miiig 
eingeführt  toirb  (erft  SS.  9  Reifet  er  3.  ber$riefter  [ber  „He  ^riefte"  12,11  ijt@lofie]; 
2  Gfyr  24,  6  au$  furgtoeg  ,,ba«  $aupt"),  fo   muji   er,  toie  ibeniu«  mit  Stecht  geltenb 

26  gemalt  fyat,  bereits  bor&er  ertoätynt  getoefen  fein  unb  bann  boq  toa^rfd&einlidfr  eben  ate 
©ema^l  ber  ^e^ofd^äba.  @r  felbft  leitet  bie  Serfc&toörung,  inbeftiert  ben  ^ringen  (au$ 
bie  Salbung  be«felben  toirb  2  Gfyr  23,  11  bem  3-  unb  feinen  ©ö^nen  gugef Arieben ;  ba* 
gegen  2  Äg  11,  12  allgemein:  „fte  falbten  tyn"),  gebietet  bie  Rötung  ber  Sttgalja  aufcer* 
Ijalb  be«  lempclbereicty«  unb  läfet  bann  ben  35unb  jhnfeben  3a^t>ef  bem  Äönige  unb  bem 

8o33olfe  erneuern  (2  6^r  23,  16:  jtüifd^en  ftc^  unb  bem  SSoße  unb  bem  Jtönig!).  Da«  Don 
tym  entflammte  SSolf  jerftörte  ben  Saafötempel  unb  tötete  ben  5ßriefter  beöfelben;  ben 
^a^etempel  aber  liefe  3.  fortan  bur$  einen  eigens  baju  eingerichteten  ffiac^tbtenft  tot- 
tüabren.  Der  ganje  93erid^t  beS  ßönigSbuc^S,  ber  burc$  unb  burc^  ben  (Stempel  genauefter 
Überlieferung  trägt  unb  abgefe^en  t>on  ben  fpäten  ©loffen  &  6  unb  1 1  jtoei  guten  alten 

86  Senaten  (ber  jtoeite  liegt  in  bem  Fragment  33. 13— 18  bor,  toie  ©tabe  gegeigt  £at)  ent^ 
nommen  ift,  fyat  in  ber  ßfyrontf  burd)  bie  übliche  SSoranfteQung  ber  ^ßriefter  unb  Sebiten 
unb  bie  ängftlic^e  SBa^rung  i^rer  ^rörogatibe  eine  h)ef entließ  anbere  Färbung  erhalten; 
über  bie  bermutlic^e  Quelle  biefer  2lbtoeid&ungen,  bie  man  bergebtiefr  mit  2  Äg  11  ju 
bereinigen  gefugt  ^at,  f.  u.  —  2  Äg  12,  3  toirb   bie  treffliche  Regierung  be«  3oa«  auf 

40  ben  @influ|  gurüdgefü^rt,  ben  3-  auf  feine  @rjie^ung  ausgeübt  fyatte.  Die  nachmalige 
Einrichtung  be^  ^irop^eten  ©ac^arja,  eine«  ©o^ne«  %.$,  toel$e  2  (Styc  24,  21  berietet 
(bgl.  93.  25,  tbo  fogar  bon  Slutföulb  an  ben  ©ö&nen  3.«  bie  SRebe  ift),  f$emt  babei 
al«  eine  Übereilung  aufeer3ld^t  gelaffen;  tbo^l  tm^tnbltcf  auf  biefe  blutiaeSt^at  befc^rantt 
2  6^r  24,  2  ba$  £ob  be«  ^oa«  auf  bie  2eben$bauer  be«  3.    —   Da|  ft^  Soa«  bem 

45  §ol)enpricfter  gegenüber  feine  ©elbftftänbigfeit  toafyrt,  ge^t  au«  bergnä^lun^Kg^^ff. 
au«  bem  23.  3a^r  be«  30a«  fyerbor.  SBcnn  aud^>  3.  an  bem  33erfau  be«  Xem})ete  (ber 
2  (Sfyr  24,  7  auf  ©etoaltt^aten  Slt^alja«  jurücfgefü^rt  toirb),  fotoie  an  ber  SJertoenbuna 
ber  Xcmpeleinlünfte  für  bie  ^riefter  ntc^t  birett  bie  ©$ulb  trug,  fo  mufete  er  fu$  boeb 
ben  3Ra^regeln,  burd?  toelcfye  ber  König  älb^tlfe  {Raffte,  unb   fogar  einer  Äontrole  bunp 

50  einen  löniglic^en  S3eamten  untertberfen  (2  Äg  12,  11).  2luc&  ^ier  tyd  bie  G^roni!  (II, 
24,  4  ff.)  bur4>  eine  toefentlic^  anbere  DarfteDung  jeben  änftofe  an  bem  2ta$aben  ber 
^riefter  unb  Sebiten,  abgefe^en  bon  ber  Verzögerung  be«  35aue«,  befeitigt.  2Benn  2  (S/t 
24,  27  fpe^ieD  in  Setreff  biefe«  Saue«  ber  3Jlibrafdj  ju  ben  Supern  ber  Adnige  eiltest 
toirb,  fo  liegt  bie  Vermutung  na^e,   bafe  ber  (S^ronift  biefer  Quelle  (bie   feinem  eigenen 

66  ©tanbpunft  aderbing«  entfprod^en  ^aben  mufe)  aud^  bie  fonftigen  Stbloeic^ungen  bom  8e^ 
ric^t  be«  Äönig«bud^«  über  3-  berbanftc.  ©onft  finbet  fu$  über  legieren  noc^  bie  Slotij 
(2  G^r  24,  3),  bafe  er  bem  3oa«  jioei  grauen  na^m,  fotoie  (24,  15)  bafe  er  in  einem 
ällter  bon  130  $a^ren  ftarb  unb  bei  ben  Äönigen  3>uba«  in  ber  Dabtbiftabt  begraben 
tourbe.    ©treitig  ift,  ob  ft$  3er  29,  26  auf  unfern  3.  begießt;  bgL  ©iefebr^t  j.  b.St 


3oj<tba  3oj<tftm  337 

—  %on  anbem  Prägern  biefcä  tarnen«   ift  no$  3.  PT^),  bet  ©otyn   unb  SRad&folger 
btf  £o&enpriefter$  eijafib  jur  3eit  5Re^emia3,  ^erborju^eben  (9le$  12, 10  ff.  22;  13,28). 

Äaufcfd). 

3qtKm.  —  »ol.  ©iner,  SBtOi.  9t.-©.1  I.  594 f.;    Stfenrel,  ©ibel.&jifon  III,  361  f. 
(Sdjraber);    Siieljm,  #9»»'  If  762 f.  (Äleinert);    ©roalb,   ©efd).  btrd   ».  3§r.3  III    775 ff.;   5 
Stabe,  ©efd>.  b.  SS.  3«t.  I,  674 ff.;  Mittel,  ©efd).  ber  £ebr.  II,  328 f.;  ftöljler,  Setyrbud)  ber 
bibl.  ©ff*.  II,  2,  464 ff.;  ©ut^e,  ©efö.  be8  SS.  3*r.,  6.  220 f. 

3<>ialim,  BT?^!  LXX  9l(oaxljn,   ©otyn  Sofia*  unb  ber  ©ebiba  (Qere  ©ebubba), 

britüefcter  Äönig  bon  3uba,  ber  im  SUter  bon  25  ^a^ren  an  ©teile  feine«  jüngeren  93ru* 

bei«  §oa$a*  (f.o.  ©.  232,  37)  bon  9tecfyo  auf  ben  2tyron   erhoben  tourbe  unb  11  3afae  10 

(608—597)  ju  3erufalem  fcerrföte ;  bgl.  2  %  23,  34—24, 6 ;  2  6^r  36, 4  ff.    $>afe  5Re$o 

(ittyt  er  felbft,  mit  ©enefymigung  ober  auf  SBeranlaffung  beä  ^tyarao,  tote  Äeil  u.  a.  toollen) 

feinen  urfpr.  Flamen  (Sljafim  in  3-  bertoanbelte,  fann  nur  ben  ©inn  fyaben,  bafc  tyn  ber 

Sieger  babur$  auSbrücflicfc  afe  „fein  ©efd&öpf"  (fo  SljeniuS  )u  2  flg  23,  34)  bewiesen 

tpoütc;  bgl  ben  ctynli$en  gatt  2  Kg  24, 17.    3)a3  fd&limme  äeugnid,  meldte«  ba$Hönig&  is 

bu$  unb  bie  S^ronif  feinem  (S&arafter  aufteilt,   toirb  bureb  3er  22,  13 ff.;   26,  20 ff. 

(ßrmorbung  be$  ^roptyeten  Uria);  36,  20  ff.  unb  bie  mannigfachen  Klagen  JgeremiaS  über 

ben  unter  tym  tout&ernben  ©öfcenbienft  auf  baä   ftärfftc  fommentiert.    5Die  erfte  9tegie* 

rung*fanblung  be$  3-  toar  Me  Aufbringung  ber  bon  -Kec^o  bei  beräbfefcung  be$3oaM 

auferlegten  Sufee  bon  100  latenten  ©Über  unb  einem  latente  ©olb  (LXX  100  X.  ©olb,  ao 

richtiger  aber  tootyl  LXX  Luc.  unb  ber  ©tyrer  10  %.  ©olb,  alfo  in  ber  Proportion  bon 

2  Äg  18,  14),  toelctye  ©umme  auf  ©runb  einer  ©$ä$ung  bon  bem  ganzen  33olIc  ein* 

getrieben  tourbe.    3)er  toeitere  Steigt  be$  Äönig$buc&$  (II,  24,  1  ff.)  über  3-  dürfte  fol* 

genbermafeen  ju  berftetyen  fein.    3)ur$  bie  ©d&lacfyt  bei  Äarfemifcty  (605)  tourbe  bie§err* 

f$aft  9le$o3  über  SSorberafien  gebrochen.    $iefe  ©$la$t,  bon  ber  aui)  3«  25, 1 ;  46,  2  25 

feaö  Äönigtum  beS  SRebulabnejar  batiert  toirb,  obfctyon  er  erft  604  bem  -Jcabopolaffar  auf 

bem  2$rone  folgte,  toar  baä  bierte  3afcr  be$  3.  (bgl.  and)  2  Jtg  24, 12,  too  ba$  ad)te  %at>x 

beS  9tebufabnejar  bem  legten  be$  3.  entfpricfyt).    SBciter  aber  ergiebt  fufc  au«  3er  36, 29, 

(bgL  mit  35.  9,  too  bon  einem  haften  im  neunten  SKonat  be$  fünften  3a^re$  3-$  Berietet 

toirb),   bafc  bie  ß&albäer  bi$  ©nbe  605  no$  nid&t   in  3uba   erfd&ienen  toaren.    Soften«  ao 

im  SJrityjafyr  604  nötigte  9lebulabnejar  ben  3-/   ber  bis  bafyin  nod?  %Sa\aü  ber  Äeg^ter 

toor,  gur  Üntcrtoerfung  (biefer  3UÖ  W  2  %  24/  1  gemeint;    nac^  bem  Fragment   be^ 

öeroffo^  bei  Sof^M  c.  Ap.  1,  19  toar  91.  bamalä  bur4>   ben  &ob  feinet  9?aterö   ju 

ftfomtger  ^etmle^r  nac^  öab^Ion  genötigt).    Wad)  breijö^riger  Xributleiftung  fiel  3-  bon 

bai  G^afbaern  ab,  o^ne  Rtoeifel  aufgeftad^elt   bon  ben  Ägyptern  (bgl.  9J2a^pero,  ©efc^.  86 

ber  moraenl.  33öUer  im  Altertum,  ©.  493  ber  beutfd^en  älu^g.).    ^ebufabnejar  muj*te 

fk^  borläufig  begnügen,  ©treiffd^aren  ber  Gfyalbäer,  b.  I).  too^l  bie   geringe   in  ©^rien 

»uiüd^elaffene  SBefafeunß,  fammt  ben  ©d^aren  ber  (Sbomiter  (l.  24, 2  „ßbom"  ftatt  9tram), 

iRoabttcr  unb  9(mmomter  )ur  SSertoüftung  %ut>a$  ju  entfenben.    31(3   enblicfy  bie  rege(- 

regte  Belagerung  3cruia^em^  burc^  ein  bon  sJtebulabnejar  entfanbte^  $eer  (f.  2  Äg  24, 10)  40 

begann,  fwib  3.  G/^Öte  M  Ju  fe^nen  SSätern"  2  Äg24, 6),  toorauf  fw^  bann  feinsJla^ 

folger  3°iacfyn  bem  mittlertoeile  eintreffenben  ©ro^fönig  ergab,    dagegen   berietet  bie 

Gfynmtt  (II,  36,  6  ff.),  bafe  9Jebufabne$ar  ben  3-  mit^effeln  gebunben  ^abe,  um  tyn  nac^ 

SJabel  ju  fübren,    inbem  er  jugleic^  einen  Xett  ber  Xempeigeräte   in    feinen  $alaft  ^u 

SJabd  überführte.    SBenn  mit  biejem  (Sreignte  ber  2  5tg  24,  1    gcmelbetc   erfte  3ug  be«  46 

ätcbulabnejar  gemeint  ift,  fo  finbet  ein  Sätberfbruc^  mit  bem  Äönigebuc^  nid^t  ftatt  (ba$ 

argumentum  e  silentio  ift  bei  ber  großen  ßürje  bed  (enteren  in  biefer  fy\t   nic^t  ent* 

fc^abenb),  unb  ed  ift  bafyer  ganj  unnötig,  ber  (E^ronif   mit  ©raf  eine  Sertoec^elung   be^ 

äojafim  mit  3°ia^^  ju^ufdjreiben.    SQSenn  bie  LXX  iu  2  6^r  36,  6  bie  Slbfic^t  einer 

SBegfffyrung  3.d  in  eine  toirfliebe  Deportation  bertoanbeln,  fo  berechtigt  bie^  ni$t  3U  einer  so 

Äomftur  be*  mafor.  lejte«.    9luf jäJDiig  bleibt  jeboety  ba«  gänjlid^e  ©c^toeigen  ber  Gfyronif 

über  ben  Xob  §.«,  unb  Ijier  bürfte  bie  ergän^ung  ber  LXX  ju  2  6^r  36,  8   („er  legte 

fö  ju  feinen  Söätern  unb  toarb  begraben  im  ©arten  UffaS",  bgl.  2  Äg  21,  18.  26)  ben 

mfpr.  iejt  ber  ß^ronit  repräfentieren.    3)ie  SBeglaffung  biefer  9lotij  im  maforctijctyen  lejt 

beriet  too^l  auf  ber  grojjen  ©^toierigfeit,   ba^  frieblic^e  ©nbe  unb  S3egräbni^  3^  m^  65 

ben  fo  beftimmten  Drohungen  Seremia*  22,  19  unb  36,  30   in   Sinflang  ju   bringen. 

3ur  ^ebung   biefer  ©c^toierigfeit  genügt  nic^t  bie  Slu^tunft,  ba^  ber  £ei$nam  %.$  nac^ 

ber  (Eroberung  ber  ©tabt  bon  ben  ^einben  ober  bem  eigenen  Stall  au^  bem  ©rabe  ge= 

riffen  toorben  fei  (aber  f.  3er  22,  19);    etyer  tyilft  f4>on  bie  2lnnafyme,  ba^  3-  6ei  einem 

«ctbtsctffeiribic  für  Ztttolotft  unb  fitr*c.    3.  H.  IX  22 


338  3oi<tttm  Soitt 

Ausfall  getötet  unb  unbeerbigt  liegen  geblieben  fei.  2fflerbing3  mufc  man  fld^  bann 
für  bie  SJBenbung  2  Äg  24,  6  auf  ben  ä&nltc&en  §att  mit  3tyab  berufen  (1  Äg  22f  40) 
unb  ba$  Begräbnis  im  ©arten  UffaS  für  eine  müjjige  ©rfinbung  erflären.  9Ga$  ©toalb 
toäre  3-  mit  2ift  au$  ber©tabt  tycrauSgelocft,  gefangen  unb  toegen  feinet  heftigen  2Biber= 

5  ftanbeä  getötet  toorben ;  otyne  bie$  Ratten  bie  fpäter  ntebergefc^riebenen  Sßetefagungen  3*= 
remiaS  ni$t  eine  fo  bestimmte  gorm  annehmen  fönnen.  %üx  einen  getoaltfamen  lob  3 .3 
fcfyeint  in  ber  %i)at  fein  no$  jugenbfräftigeS  Sllter  ju  fpredben.  Keinesfalls  aber  ift  bei 
ben  93erfu$en  eine«  2lu$glei$$  ahriföen  3eremia  unb  ben  ©ef^töbüc^em  (au$3)al,l, 
too  ba$  britte  %afyx  3.«  unter  allen  Umftänben  rätfefyaft  bleibt)  eine  ^Berufung  auf  3*>* 

iofe^u$  (Ant.  X,  6,  1—3)  ftattfyaft;  ebenfotoenig  geftattet  bie  ganj  offenbare  ©ef$i$t& 
maetyerei  bleiben  (togl.  S^eniuS  au  2  Äg  24f  1  ff.),  tyn  bei  ber  gntetyretation  ber  fte 
richte  be$  RönigäbuctyS  unb  ber  ßpronif  ju  ©runbe  ^u  legen,  tote  bieä  ©toalb  unb  $un<fa 
(@ef$.  be$  altert.4  II,  384)  getyan  faben. 

2.  3-,  öT?rvßoMmefter  im  nactyejiliföen  3erufalem  (9ie&  12, 10.  12.  26;  33aru<$ 
löl,  7?;  Subita  4,8ff.;  15,8?). 

3.  3v  ©<****  ber  ©ufanna,  im  gleichnamigen  SfyofcWb  3S.  1  ff. 

£a«tf4. 

Loftan.  —  «gl.  SBtner,  SBibl.  9?.*©.«  I,  595;  Sdjenfel,  öibel.fiejifon  III.  387 ff 
(flneuefer);  DiHmann,  Die  ©eneftS6,  6.  198 ff.;  fioljinger,  ©enefi«  (1898),  6.  106 ff. 

20  3oftan,  "RP.:,  LXX  hxzav  (Sutyer:  3afctan,  in  ber  S^ronif  Loftan),  Reifet  1  SRof 
10,  25  ff.  (ja^tmftifö),  1  G&r  1, 19  ff.  ein  ©o&n  be*  @ber,  be$  Urentete  be*©em.  3.  iji 
©ruber  beä  $efeg  unb  SSater  bon  13  (ober,  tomn  Dbal  mit  LXX  ju  [treiben,  bon  12) 
Söhnen.  3Rit  biefen  Angaben  befagt  bie  ÜBölfertafel,  bafc  ft$  ber  grofie  femittf$e  Stamm, 
ber  in  bem  9tomen  (be$  heros  eponymos)  ©ber  noeb  »u  einer  dingeit  jufammengefafct 

26  toar,  lange  bor  ber  SluStoanberung  ber  leracfyiben  (2lbra^amiben)  in  einen  nörbl.  ($eleg) 
unb  einen  fübl.  gtoeig  (Loftan)  faltete.  3n  ber  3#at  toeifen  bie  SRamen  ber  13  ©ö&ne 
3.«,  [otoeit  fie  fiety  ft$er  beftimmen  laffen,  auf  ben  ©üben  SlrabienS.  Ebenfalls  tjl  bie 
©eneftS  im  Siechte  mit  ber  Untertreibung  ber  älteren  joftanibiföen  unb  ber  ftwiteren  fe 
maeltttfcben  9lraber.    3)enfelben  Unterfctyieb  ftatuieren  bie  arabifetyen  (Stenographen  jtoifcfcen 

so  ben  ©ö^nen  Jta$tan3,  be3  ätynfyerrn  aller  reinen  Slraber,  unb  ben  erft  fpäter  aramfterten 
3^maelitcn,  mag  au$  tyre  3bentifijierung  be«  5ta4>tan  mit  3<>ftan  erft  auf  |üb.  Quellen 
in  nadjbiblifd&er  $at  berufen.  3)ie  1  3Rof  10,  30  angegebenen  ©renjen  ber  ÜEBo^ttftye 
3.0  fmb  ebenfo  tyinfid&tlicty  beö  Sludgang^  toie  be«  (SnbjmnfteS  preitig.  Sd  fragt  fid^,  ob 
Slcfc^a  (mit  ®eli$fd{>  u.  a.)  in  SKefene  am  norbtoeftl.  ®nbe  be«  perftfe^en  ©olfd  ober  mit 

86  Änobel  u.  a.  in  (na$  anbern  bei)  KaFat  Bische  ca.  50  SReilen  füböftlic^  Don  üDteffa  am 
20.  ©rab  n.  99.  ju  fuc^en  fei.  3m  erfteren  %aü  erhielte  man  bei  Slnfefeung  be«  @nb= 
bunfte^  ©ap^ar  in  ber  ^imiaritif^en  Äönigöftabt  Ijafar  in  3^"en  (bem  ©a^p^ara  beS 
^ßtolemäu^)  eine  2inie  bon  9torb  nad^  ©üb ;  ba«  „Öftgebirge",  toelc^e«  neben  ©c^ar  ge^ 
nannt  toirb,  bezeichnete  bann,  ba  ofyne  3^cif^  ba^  fog.  SÜSei^raud^gebirge  im  Often  bon 

40  ^abramaut  gemeint  ift,  einen  gtoeiten  füböftl.  ßnbpunft.  ©uc^t  man  bagegen  SRefc^a  m 
Sifd^e  unb  ©ap^ar  in  ber  £afenftabt  ©afär  toeftlid^  bom  2Bet$rouc$gebirge,  fo  toirb  für 
bie  SBotynfifce  3-^  ß^nau  ein  3)reiecf  im  ©übtoeften  Slrabien«  abgef^nitten.  3n  beiben 
fällen  bleibt  bie  ©4>toierigfeit,  toie  in  ben  genannten  ©renjen  auq  Dp^ir  (f.  b.Ä.)  unb 
(ffyabila  unterzubringen  feien.    3°fcPM  (A»t.  I,  6,4)  be^nt  ba^er  bie  ©renken  ber3<>!5 

46  taniben  bi«  nad^  3n^^n  m*-  Slic^tiger  fc^etnt  un«  bie  Slnna^me,  bafe  bie  bon  3-  ^s 
geleiteten  ©ebiete  Op^ir  unb  S^abila  bei  ber  Seftimmung  ber  ©rengen  gar  nic^t  mit 
berücffityigt  fmb.  *  IT«mf^ 

3foita,  ^ro^et.  —  3.  SeuSben,  Jonas  illustratus,  Utrecht  1656;  ^.  Ä.  ©rimm,  Der 
$r.  3.  überf.  unb  mit  erfi.  «ntnm.  ^erauggegeben  $üffelb.  1798;  ©olb^om,  (£;htrfe  j.  ©.3. 

60üetpj.  1803;  $erfd)uir,  De  argum.  I.  J.,  in  opp.  ed.  Lotze,  Traj.  1810;  ©.  (l.ffieinM,  Die 
€enbung  be*  <ßr.  3.  nadj  ^iniuef  ©amb.  1826;  ©nur,  Der  %  3-,  ein  affor..babtf.  Symbol 
in  Sflßen«  8tfd»r.  1837.  I,  90 ff.:  Säger,  Uebcr  ben  (Ml.  rel.  dnbiwed  b.©.3-  *"  b.©aiir« 
Äernfdjen  %üb.  3tf*r.  1840,  I,  35 ff.;  griebrtdjfen,  Ärit.  Ueberf.  ber  oerf*.  «np^ten  über 
b.  ©.  3.,  Üeipa.4  1841;  Deit&fd),  Ueber  b.  ©.3.  in  ffiubclbad)  u.  ©ucr.  8tf*r.  1840,  112 ff.; 

66  ©aumgarten,  Ueber  bad  Beißen  b.  $r.  3.  ibid.  1842,  lff.;  Raulen  (fat^)  lib.  Jon.  expoe. 
Mog.  1862;  «TO.  3R.$alifd},  Bible  Studios  II:  the  book  of  Jona,  London  1878;  $.  «artin, 
The  proph.  J.»f  (Sbtnburg  1889;  W.  G  C'donnor,  fitude  sur  le  livre  de  J.,  ©cnf  1883; 
<£f).  P-  $•  ©rig&t,  Biblical  essays,  (Sbinburg  1886;  SB.  ©ityme,  Die  «ompof.  b.  ©.  3.  in 
3at$3  1887,  224 ff.    3u  \>gl.  ferner:  @ad,  (S&riftl.  9rpoIogetif  1829,  343 ff.;    ^engfienbergf 


3ono  339 

(fyrifiol.  I.  467 ff.;  Eiebufjr,  ©ef«.  SlffurS  unb  Söabct«  1857,  274 ff.;  tfüper,  ^ropfjetentum, 
161  ff. ;  Änobel,  $rot>&eii«m.  II,  369 ff.;  ü.  $ofmanu,  edjriftbeiu.*  II,  1,  504;  Wölbele,  $>ie 
ttltt.  2itteratur  1868,  72  ff.;  (Siualb,  ^vopfjeten  III,  233  ff. 

3«ma  (nj*^,  'Iowas),  ©ofyn  Slmittai'«,  na$  toelctyem  ba«  im  dcodexajTQo^Tov  bie 
fünfte  ©teile  einne^menbe  fleine  ^roptyetenbucty  benannt  ift,  ift  ebne  ßtoeifel  tbentifc^  mit  6 
bem  2  Äg  14,  25  ertoä^nten  %ona,  ©otyn  SHmittaiö  au«  @at^ba  Gfycfer  (ba«  gegentoär* 
tige,  eine  ©t.  bon  9iajaret&  gelegene  etSKefctyljeb),  toelcfyer  laut  biefer  ©teile  bie  burety 
^erobeam  II.  in«  SBerl  gefegte  SBieberfyerftellung  ber  ©renjen  3^cte  bon  §amat^  bi« 
an  ba«  tote  SReer  getoetefagt:  eine  2Bei«fagung,  bie,  toenn  nid^t  fdjon  unter  %ocß,  fo 
bo$  fUfcer  )u  Slnfang  ber  Regierung  3erobcam§  II.  geforoetyen  ift.  3)a«  93udJ  unter*  10 
föabet  ftc$  bon  allen  anberen  propfyetifdjen  ©Triften  baburd^,  bafc  in  ifym  md^t  bie  *Pro* 
pfaeiung  bie  #auptfa($e  ift,  fonbern  bie  perfönlidfjen  (Srlebniffe  be«  $ro^eten.  3)iefer 
e^ält  ben  Auftrag,  Scmibe,  ber  §auptftabt  Slffyrien«,  Sufee  ju  }>rebigen.  Um  biefer  tym 
fdtfam  erfctyeinenben  ÜRiffton  ju  entgegen,  fd^ifft  er  ft$  in  ^oppe  auf  e'nem  $arftefd&iffc 
ein.  Sei  einem  ©türm  burdj}  ba«  £o«  bejeicfynet  toirb  er  bon  ben  ©cfyiff«leuten,  toelctye  15 
§a$toe«  geregte«  ©eric^t  erfennen,  auf  feinen  eigenen  9tat  über  93orb  getoorfen  unb  bon 
einem  großen  gifdj  Verfehlungen,  aber  am  brüten  Sag  lebenbig  an$  Sanb  gefaicen.  9tun? 
me$r  entlebigt  er  ft$  feine«  auftragt  unb  berfünbigt  ben  SRinibiten  binnen  40  Xagen 
ben  Untergang  tyrer  ©tabt.  211«  33olf  unb  $ömg  33ufce  ttyun  unb  ©Ott  tyrer  berfd&ont, 
totrb  er  über  oa«  göttliche  Erbarmen  unmutig,  aber  bon  ©Ott  an  einem  VT-?7>  (toatyrfö-  20 
ber  fefyr  fcfcneU  toaeftenbe  ricinus,  ägty>t.  kiki,  affer.  kükänitu)  feiner  $tyorfyeit  über« 
füfcrt  3)ie«  ift  ber  gn&alt  be«  93u$e«.  3Ran  £at  ba«felbe  für  eine  3)i$tung  erflärt,  für 
eine  SWegorie,  für  einen  ^oetifd^en  3Jtytfyu«.  am  toeiteften  berbreitet  tft  bie  Sluffaffung 
beweiben  al«  einer  national*^ebräif$en  $ropl)etenfage  mit  einem  gefctyicfytlid&en,  übrigen« 
njty  na^er  befttmmbaren  Äern  unb  bibaftijd&en  ßtoedfe.  2luf  ber  anberen  ©eite  fcat  au$  25 
bie  ftreng  tytftoriföe  Sluffaffung  üjre  Vertreter.  SBenn  ftd^  legiere,  um  bie  fytftorifcfye 
©laubtotirbigfett  be«  9uc&e«  in  aDen  einleiten  ber  ®rjäl)lung  ju  ertoeifen,  unter  anbe* 
lern  barauf  berufen,  bafe  bie  ©enbung  be«  ^ona,  ©o^n  3lmittai«,  nac^  -Kinibe  ju  ben 
gef^ic^tlic^en  aSer^ältniffen  feiner  3*ü  P*fy>  in  toddjt  bie  erften  Berührungen  3«rael« 
mit  Äfiur  fielen;  bafe  bie  93ef(^reibung  ber  ©röfee  5lintbe«  mit  ber  SBirflicfyfeit  im  ©im  90 
Hang  flefo  fo  ift  erftere«  nic^t  in  SIbrebc  ju  ftellen,  ledere«  aber  auf  ©runb  unferer 
gegentodrtigen  ÄenntniS  bon  bem  Umfang  be«  alten  s)Knibe  in  $\ücfyl  ju  jietyen  (bgl. 
m  *  X,  598).  $ie  »eftreiter  ber  ©ef^ic^tli^feit  ber  gqäfyhing  berufen  fid;  auf  bic 
Häufung  be«  SBunberbaren  in  berfclben;  auf  f 0  2luffaHcnbe3,  toie  ba$„ftaften  be«3Jie^e«" 
3,  7,  toa«  ein  unbertennbareS  Slnjei^en  be«  bibaftifd^en  (Sbaraftecä  be«  Suc^e«  fei ;  auf  35 
bad  laut  Ä.  2  bon  bem  ^ropfyeten  im  Sauere  beö  ^ifd^e«  gefprod^ene  ©ebet,  ba3  nid^t 
eine  Sitte  enthalte,  toie  fte  ^ier  an  ber  ©teBe  ibäre,  um  bie  erft  ju  getbä^renbe,  fonbern 
ein  Sant  für  bie  bereit«  gefräste  (Snettung.  SDie  3)inge  toerben  ^ier  ebenfo  liegen,  n?ie 
Beim  9.  ^iob.  SBie  bort,  fo  ift  ^ier  feine  freie  @rfinbung  be«  ^iftorifc^en  Stammen«  burc^ 
ben  35af.  be«  Sucfyeö  anjunc^men,  fonbern  eine  Senü^ung  unb  Verarbeitung  eine«  tra«  40 
beerten  Stoff«,  einer  in  ber  33olf«überlieferung  enthaltenen  alten  3ona-©efc^ic^te  jum  Se^ufe 
eine«  befthnmten,  le^r^aftcn  3toedc«.  hiermit  ift  5Wt  12,  39—41,  ioo  G^riftu«  ba«  über 
bie  tDunberbare  ©nettung  be«  3ona  ©rjä^Ite  jur  SSeranfc^aulid^ung  feiner  äuferfte^ung 
bertoertet,  burcjjau«  berträglic^.  915er  toelc^e«  ift  jener  lefyrljafte  3h>ccf  ?  3)ie  früher  OH®1) 
bon  mir  bertretene  Meinung,  bafc  ba«  Sud)  9luffc^lug  gebe  über  ba«  SGBcfen  be«  pro^e-  45 
tiföen  »eruf«,  ift  gegenüber  bem  berechtigten  gintoanb  nic^t  aufregt  ju  galten,  bafe  bieU 
me^r  ba«  Ser^alten  ©ottc«  jur  ßeibentoelt,  toelctye«  fic^  im  ©egenfa^  ju  ber  in  3«racl 
ganabaren  unb  felbft  bei  einem  ^jjro^cten  tüie  3^na  nicfyt  au«gef^lof)enen,  engherzigen 
SoqteDimg  al«  ein  too^ltoollenbe«,  liebeboQe«  offenbart,  „tok  ein  roter  gaben  ba«@an&e 
bux^jie^t  unb  )ule$t  ju  einem  Änoten  fiety  Würjt,  beffen  Söfung  4, 10  f.  ben  ©cfylufj  unb  50 
©lanjpuntt  bilbet".  3«  ber  Darlegung  biefe«  ©ebanfen«,  bafe  aud^  bie  §eibenibclt  ©egem 
ftanb  göttli^er  33orfe^ung  unb  @rjie^ung ;  bag  and)  fte  jur  Stnerfennung  3«^^  ju  rufen, 
aud}  tyr  bie  ^gnäbtge  Slufna^me  in  ba«  Sieid?  be«  toa^ren  ©otte«  ju  gönnen"  fei,  Ibirb 
bie  Zenben)  be«  Suc^e«  ju  fuc^en  fein. 

SDafe  ber  2  Äg  14,  25  ertoä^nte  $roj)^et  ba«  in  bem  8u$  über  tyn  ßrjä^lte  in  55 
Schrift  ßefafct  tyü,  ift  nirgenb«  angebeutet.  ©0  abgebrochen,  toie  bie  (Snä^lung  beginnt 
«nb  Wltefet,  liegt  e«  na^e  m  bermuten,  bafe  fte  urfprünglic^  nur  ein  ©lieb  in  einem 
Sxflüt  bon  ä^nli^en  (Srjä^lungen  gebilbet  bat ;  unb  ba  fte  nun  ben  ©efc^ic$ten  au«  bem 
geben  ©ßfa«,  toelc^e  toir  im  2. 33u$  ber  Könige  jufammengefteHt  finben,  bur^au«  analog 
ip,  fo  {lammt   fte  bieQei$t  au«   bemfelben  jlrei«  ber  fogenannten  ^ro^ctenjc^ulcn  fyer.  go 

22  * 


340  3etta  ftottag  Hott  %obb\o 

©ine  alte  §aggaba  bezeichnet  %ona  gerabeju  als  einen  ber  wjrq*i  ■»»  au$  6lifa$  ©c&ule. 
Über  bie  ßeit  ber  Abfaffung  be$  33u$e3  ^errfefct  unter  ben  Auslegern  grofce  SDtfferenj  ber 
2lnfw^ten.  ©ie  fetytoanfen  innerhalb  beS  .AeitraumS  JtoiWcn  SRena^em  unb  ben  9Raßa* 
bäem.    S)a  baS  3,  3  fiefc  pnbenbe  „unb  TOnibe  toar  (-r?\0  eine  grofee  ©tabt  für  ©ott" 

5  jeigt,  bafc  bie  ©tabt  &ur  3eit  ber  Abfaffung  beS  33u$e3  nu$t  me$r  beftanb,  fo  lann  e$ 
nic$t  bor  606  b.  Gbr.  getrieben  fein,  Aucty  ber  foraepc^e  G&arafcer  beS  8u#$  (*  2?n 
=  /i£Ua>  1,  4;  wro  1,  5;  rornn  l,  6;  nqrTP.  3,  2;  n»  (»efc^l)  3,  7;  TT'  2, 
1.  4,  6.  8;  rä»?  1,  7;  ^.tia  l,  12;  WP.  4,  10)  toeift  unS  in  eine  biel  fitere  3«t, 
als  man  ^äuftg  angenommen  fyat.    Aber  über  baS  5.  $afy$.  totrb  nietyt  herunterzugehen 

10  fein.  Sßerfd^iebene  ©Triften,  au«  benen  baS  Sucty  entftanben  toäre,  toie  Söhnte  bermutet 
fyat,  ber  einen  Stiften,  einen  (Slofyiften,  einen  SRebaftor  unb  einen  (Srgänjer  unterk&eiben 
ju  fönnen  meint,  laffen  ftc$  nid&t  na<$toeifen.  ••!*. 

3ona8  Don  Sobbto,  angefe^ener  §agiograpI?  beS  VII.  3aML  geft.  nac$  659.    — 

Histoire  littäraire  de  la  France  III,  604 ff.;   flrtifel  »SonaS  oon  »obbio"  in  ber  encljflo« 

16  pfibte  Don  (Srfd)  unb  ©ruber:    $ertel  in  Sfät)  39,  397 ff.;    Stöber,  8ur  Äritif  ber  Sita  8. 

Johannis  Reomaensis:  ®wt  1885,  ©.  3l9ff.r  bef.  6.  395-97;  tfrujcb,  8iuei  #eiliaenleben 

beS  SonaS  üon6ufa:  TOtteilungen  beSSnftitutS  für.  öfterr.  ©efdjic&tSforfdjunö  XIV,  385ff. 

Über  ben  SebenSgang  beS  3-  &on  33obbio  ober  bon  ©ufa  fmb  tohr  auSfölie&licfc  burc$ 
gelegentliche  SBemerfungen   in   feinen  Siograp^ien  unterrichtet,    ©r  ftammte    aus  ©ufa, 

20  einem  45  km  toefilic^  bon  $urin  am  ftu|e  beS  SKont  GeniS  gelegenen  Atyenftäbtcfcn, 
bem  alten  ©egufto,  baS  noefc  tyeute  bur$  eine  SReifye  römifc&er  Altertümer  fcerborragt.  3m 
3a^r  618  trat  er,  noety  jugenblictyen  älter«,  in  baS  brei  3^*e  mbor  bon  Golumba  b.  3- 
gegrünbete  Älofter  gu  Sobbio  ein  (f.  b.  A.  Golumba  b.  3üng.  8b  IV  ©.  241—47),  bem 
er  im  toefentlicfyen  feine  grammatifdfclitterarifctye  Silbung  ju  berbanfen  ^aben  toirb   (vita 

2öCol.  Prol.  4;  ASB  II,  4).  SereitS  unter  Abt  Atiola,  bem  unmittelbaren  9to($folger 
GolumbaS,  erlangte  3-  eine  $ertrauen«fteUung  (beati  viri  ministerio  deputatus, 
v.  Attalae  3  a.  a.  D.  ©.  116),  unb  Don  bem  3.  äbt  Sertulf  toarb  er,  al«  berfelbe 
balb  nac^  ©rlangung  feiner  2öürbe  (627)  bie  ^ilfe  be«  $cu>fte«  gegen  bie  9lnf)mt(^e  be« 
SifctyofS  bon  lortona  in  2lnf^ruc^  na^m,  jum  Begleiter  auf  ber  SRomreife  erh>ä^lt    3)a 

so  3-  ken  jtoeiten  9lbt  bon  fiujeuil  ©uftaftu^,  ber  im  grü^ja^r  629  geftorben  ift  (f.  b.  % 
(Suftafiu$93bV©.624f.)  ^erfönlic^  gelaunt  ^at  (v.  Col.54),  fo  ift  e^  nid^t  untoa^rfc^m 
lief;,  bafe  er  noc^  im  3.  628  naefy  ©aüien  fam,  too  er  jebenfaH«  nac^bem  er  Sobbio 
berlafjcn,  ftc^  bauernb  aufgehalten  ^at.  SBie  er  bei  einem  foäteren  borüberge^enben  Stuf* 
enthalt  in  SBobbio  (cum  apud  eos  .  .  vacans  .  .  morarer,  v. Col.  1)  ben  Srübern 

35  berfprod^en  ^atte,  f^rieb  er  —  unb  jtoar  innerhalb  ber  näc&ftf olgenben  brei  3a^re  —  fein 
bon  i^m  felbft  in  }toei  Seile  geglieberte^  §aupth)er!:  bie  £eben$befc$reibungen  Golumba^ 
unb  feiner  9?ac^folger  unb  ©djüler.  3)er  nac^  3lbfc^lu|  be3  ©anjen  (v.  Col.  4)  berfafite 
Prolog  an  fflalbebert  bon  Sugueil  unb  Sobolcn  bon  Sobbio  bezeugt,  ba^  bie  SSoDenbung 
be«  SBerfeS  gtoifd^en  640—643   fäüt,  nac^  ßrufc£  (©.  388)  in«  §a^r  641.    Um   biefe 

40  3e^  ü>ax  3-  xn  ©efcllfd^aft  be«  ijieil.  3lmanbu«  mit  ber  93efe^rung  ber  fcibntfc&en  granfen 
an  ber  ©c&elbe  unb  ©carpe  bef4>äftigt.  93ei  einem  Aufenthalt  ju  Arrad  an  ber  ©catye 
n>arb  er  beranlafet,  ba3  Seben  be«  ^l.  SSebafte«,  be$  erften  fränfifc^en  Sifc^of«  bonStna«, 
*u  fc^reiben,  ba«  in  ber  SJorrebe  auffallenb  an  bie  um  bie  nämliche  &t\t  abgefaßte  $rä« 
fation  ber  Sita  Sol.   erinnert  (Ärufc^  ©.  439).    3m  9lobember  659   fcattc  3.,  ber   au 

46  itoifcfyen  (©töber  ©.  397)  bie  AbtStoürbe  erlangt  ^atte  (nac^  früherer,  aber  gänjlic^  ^alt^ 
lofer  Vermutung  ju  Sobbio,  nad)  Hist.  lit.  bon  @lno,  nad)  ©töber  a.  a.  0.  in  einem 
SSogefentlofter  columbanifc^er  ©rünbung,  nad)  &ruf$  ©.  388  o^ne  bestimmten  ©i|,  in 
töniglic^en  3)ienften  —  eine  Sntfctyeibung  ift,  folange  nur  vita  Walarici  9  unb  vita 
S.  Joh.  Reom.  1  jur  Beurteilung  herangezogen  Serben  tonnen,  unmöglich)  im  Auftrage 

so  ber  ftönigin-SRegentin  SSalt^ilbi«  eine  Steife  nad)  SabiQonum  (^alon-fur-Saone)  awty? 
führen,  toobei  er  im  Älofter  be«  ^eil.  3<>&anne$  bon  SReomau«,  untoeit  ©emur.-en^3lujoöf 
Slaft  machte.  Auf  Sitten  ber  Srüber  bafelbft  berfagte  er  bie  Sebenäbeföreibung  bed  gegen 
sJJfttte  be«  6.  3atyrfy.  berftorbenen  ©tifter«  be«  ÄlofterS.  Über  bie  legten  ©c^ndfale  unb  ben 
lob  Sonatf  beft^en  toir  leine  SJad^ric^t. 

66  $a«  bereits  ertoetynte  Jpaupttoerl  beö  3  /  in^befonbere  beffen  erfter  %<Ü,  bie  vita 
Columbani,  ift  e«,  bem  er  fernen  fc^riftfteQerif$en  SRu^m  berbanlt  häufig  g^enfen 
gleichzeitige  ober  toenig  fpätere  Autoren  feine^Serbienfte«:  bgL  bie  Vita  Walarici  Saint« 
bert«  cap.  9  (ASB  II,  79),  vita  Salabergae  3  (II,  405),  vita  Agili  6  (II,  304), 
vitaFaronis  12,11,  585);  ber  fog.grebegar  bietet  in  bem  642  entftanbenen  Seile  IV,  36 


dfettad  Hon  Sobbio  3ona8,  StoftuS  341 

bereits  mehrere  ber  vita  Co],  entlehnte  Äapitel  (M.  G.  Scr.  Merov.  2,  134—38),  imb 
bte  Vita  S.  Qalli  beruht  in  tyrem  änfang  auf  bemfelben  25erfe  be3  $.  3Kan  tohrb 
au$  jugeben  muffen,  bafe  3-  fr°fc  mefyrfactyer  Unrictytiafeiten  im  einjelnen  (vita  Col.  10, 
12,  50;  bgL  §outf,  Jt@  I1  279  STnm.  3),  trofc  auffattenben  ©tyoeigen*  über  hricfctige 
Xngekgen$eiten  toie  ben  Dfterftreit  (bon  bem  jebocfy  vita  Bertulfi  3  nad)  SMnortyS  6 
[Quid  Luxovienses  monachi  ad  regulam  .  .  .  contulerint  p.  13]  anfpreetyenber 
Vermutung  eine  Semertung  nac^ufltngen  fd&eint)  unb  ba$  erfte  auftreten  ber  S3enebif- 
tinerregel  in  ©aflien,  tro$  feiner  bem  ©eift  ber  3eit  entfprectyenben  3Soriiebe  fürSBunber* 
geföidjtcn  (bte  Vita  Burgundofarae  ift  nichts  cmbereS  als  eine  no$  $u  Sebjeitcn  ber 
Surgunbofara  borgenommene  3ufammenftellung  tounberbarer  Vorgänge  im  Älofter  gare*  10 
moutier,  bgl.  auef  Ärufcfy  ©.  429)  —  botfy  bur$  feine  33emityungen,  auf  ©runb  per* 
jonltyer  ©rhmbigung  bei  Stugenjeugen  unb  mit  einer  getotjfen  Untertreibung  beä  mefyr  ober 
minber  toid&tigen  Stoffe«  (vita  Col.  4)  93ericfyt  ju  geben,  toie  audp  bur$  bie  lebenSboHe 
Suffaffung  ber  ©eftalt  unb  ber  ©ctyidffate  be$  Patriarchen  beä  altfdjottiföen  ÄloftertoefenS 
auf  bem  gejüanbe  unter  ber  großen  SRaffe  feiner  litterarifetyen  3**nftgenoffen  tyerborragt.  15 
3nbe$  ijt  e$  nietyt  nur  ber  3n&afy  *>er  bie  Schriften  beä  3-  berühmt  machte,  fonbern 
cbenfofeljr  toofyl  au$  bie  auffaQenbe  neue,  bie  borfyer  ^errfctyenbe  gregorianifd^merobmgiföe 
berbrängenbe  Sluäbrucfötoeife  (flrufety  ©.  435):  eine  mit  jafylreicbm  gloäfefn  au«  ber 
Bafjtfö*  unb  fin$Ii<fclateinifc&en  Sitteratur  (Sibiuä,  33ergil,  ©iftuS  3talicu3,  3ubencu$)  unb 
ber  gaflifcfcitalifc^en  Styetorenfc&ule  bürdete  ©praetyc,  ber  felbft  ba,  too  ber  SJerfaffer  in  ao 
trafen  fctytoelgt,  bie  betannte  toibertoärtige  äutorenbeföeibenfyeit  nicfyt  abgebt  (vita  Col. 
praef.  4).  @injig  bie  ©prac&e  ift  e$  benn  au$,  toonaety  junäctyft  für  bie  Vita  S.  Jo- 
hannis  Reomaensis  bon  ©töber  in  ©2B31  1885,  ©.  319ff.  (bort  au$  ba«  33ru$ftütf 
ber  Sita  na<$  Cod.  Paris.  11748),  fobann  für  biefelbe  Sita  unb  für  bie  be«  (eil.  93e* 
bafteS  bon  SIrraS  bie  äbfajfung  feiten«  be«  3.  burc^  Äruj$  a.  a.  D.  feftgefteüt  toorben  25 
tfL  Sefcterem  berbanlen  toir  au$  bie  einzige  boUftänbige,  rcf|p.  juberfäffige  Sluägabe  beiber 
SKtra  MG  Scr.  Merov.  III,  406—413  vita  S.  Vedastis  unb  am  felben  Drte©.506 
bte  517  bte  vita  S.  Joh.  Reom.;  vita  Vedasti  nad)  bem  cod.  Montipess.  55  bei 
Säubert,  2)ie  Untertoerfung  ber  älemannen,  ©.  210—222).  %ixx  ba«  §aupttoerf  be« 
3ona«  bleiben  toir,  bi«  ba«  Ärufcfyfctye  Sffierf  unb,  toa«  ba«  Seben  Solumba«  anbetrifft,  bie  so 
AS  fotoeit  borgeftfcritten  fein  toerben,  auf  ÜJtobiUon  angetoiefen,  ber  im  2.  93anbe  ber 
Acta  bie  Vitae  Columbani  ©.  5—29,  Eustasii  ©.  116—123  (au$  AS  19  Mart. 
HI,  784ff.),  Attalae  ©.  123—127  (AS  10  Mart.  II,  42—45),  Bertulfi  ©.  160  bi« 
166  (AS  19  Aug.  III,  750—54)  unb  Burgundofarae  ©.  439—449  Veröffentlicht 
tyA.    »bbrud  au«  3RabiHon  in  MSL  87,  1011  ff.  ©eebafc.     86 

3ft«t*,  3uflu$,  8*fc  1555-  —  95rieftoed)fei  be«  3.  3.,  gefammelt  unb  bearb.  oon 
«  «aroerau,  2  «5be,  ^aüe  1884.  85;  ba^u  feit^er  manefte  9?ad)träge,  j.  59.  oon  ®.  ».  $. 
thnrt^arbt  in  8(iBfi  1889,  @.  430 ff.;  £aur.  sJ?ein^arb,  Commentaüo  de  vita  et  obitu  J. 
Jooae,  «Itenb.  1731;  3)re^^aupt,  Saalfre^«,  £aOe  1749;  ©.  ^r.  ^napp,  Narratio  de  J.  J. 
twUc  1817,  au*  in  Scripta  var.  arg.  Hai.  1823,  II,  573  ff. ;  $t.  <£f)r.  fiebr.  granfe,  ©cfd).  b.  40 
äaO.  Deformation,  ^aüe  1841 ;  $.  ®.  ©äffe,  3.  3.  fieben  (in  teurer,  ^Utuäter  ber  lutf). 
hxtit  n.  2),  fietpj.  1862;  2&.  ^ßreffel,  3.  3.  (in  Seben  u.  auägew.  ©*riften  ber  »äter  b. 
lutb.  ftirdje  VIII),  (Slberf.  1862;  Ä.  SRetyer,  fjeftfdjrift  jur  Subelf.  be3  400j.  ©eburtätage« 
be«  Dr.  3.  3.,  Worb&aufen  1893.  gär  bie  Erfurter  8eit:  ^arl  ftraufe,  §tl  (Sob.  ©effuS, 
8b  I,  ©ot^a  1879;  ®.  Oergel,  Beiträge  jur  ©efd).  bcö  Erfurter  ©umanidmud  in  $Zt  beö  45 
Berfin*  f.  b.  ©efd).  unb  Älter tumSf.  oon  Erfurt  XV  1891,  audj  in  Sonberabbrutf.  gür  bie 
Hnffinae  in  »ittenb.:  3rr.  jhopatfdief,  3o^.3)ölfd)  au§  gfelbfird),  ©reifSro.  1898;  ©.  »au«, 
^tc  Stnfüfcrung  ber  tÄelancfttboniWen  SDeHamationen  .. .,  ©reSlau  1900.  gür  ©atte:  ©crf= 
berg.  ©ff*,  b-  <Btabt  ©aüe,  Sb  II,  1891;  @.  ^ranbenburg,  Sut^er,  Shtrfa$fen  unb  9Ragb. 
in  ben  Saftren  1541  unb  1542  in  $3  f.  ©efefti^tuiffenf«.  91$  I  (1896,97)  @.  259 ff. ;  so 
$r.  Äo^lmann,  3ur  ^aOifcften  5?cf.-^efd)  in  9?eue  ^t  a\&  bem  Gebiet  ^tft»antiqu.  gor- 
fdjungrn  XIX  (1896)  €.  153  ff.  —  ^anbfeftr.  Äuf^ei^nungeu  au$  3ona3'  legten  Scbcnd« 
jaftTcn  bur$  3oft.  fiinbener  in  C3m  939  (9ttünd)en,  ^of-  uttb  Staat^bibl.).  —  Ueber  3. 
al«  $  rebiger:  ©.  ©efte,  Äanjelrebner  ber  lut^.  Ätr^e  bc«  SRef.«3eitalterS,  fipj.  1856,  I, 
149  ff.  66 

3uffai*  3ona$,  eigentlich  Sobofu«  ßobft]  Äoc^,  tourbe  am  5.  3uni  1493  in  ber 
tteufölabt  9lorb^aufen  alt  ältefter  @o^n  bed  angefe^enen  Siatömeifterd  Jona«  ßo$  ae= 
boren.  (Setfüge  Segabung  unb  93erebfamteit  toaren  Erbteil  be*  Sofyncä  bom  SSater  ^er 
(CR  III,  535.  VIII,  986;  be  fflette  V,  105),  ben  er  no$  in  feinen  Änabenja^ren  ber« 
lor.  SBä^rmb  ber  Uniberfitätdja^re  tourbe  au*  bem  Jodocus  Jonae  [filius]  ein  :^obos  eo 
ati,  bann  3ufhi*  3ona*  Oöriefto.  I,  6).    föne  ältere  ©tyoefter  (^albf^toefter?)  heiratete 


342  3omt*,3itf}ud 

bcn  5RorbI?äufcr  93ürger  Sorenj  Siebbete;  ein  $albbruber  33ertfcolb  SBolföagen,  ber  Äano* 
nifuS  inßrfurt  tourbe,  bereitete  tym  beifiebjeiten  burefc  feine  „Unbufcferttgleit"  unb  (einen 
SebenStoanbel  bieten  Äummer,  unb  fein  lob  beranlafete  bann  nod&  1542  ärgerlichen  Streit 
unter  bcn  33ertoanbtcn  um  ben  SRad&lafe  (Sriefto.  II,  61.  82 ff.;  Dergel  ©.  110).    9tacfc 

5  bem  3-  3-  *>k  lateinifdjje  ©tabtfctyule  ber  33aterftabt  befugt  fyatte,  bejog  er  fäon  ate  13« 
jähriger  1506  bie  Uniberfität  Erfurt,  tourbe  1507  SaccalaureuS  unb  1510  üRagtfter. 
©cfyon  in  biefem  jugenblictyem  älter  fctylofc  er  \\i)  in  enger  greunbfctyaft  an  <8oban#ejJu$ 
an  unb  eiferte  tym  in  ^umaniftifd^en  ©tubien,  poetiföen  33erfu4en  unb  frö^ltc^em 
SebenSgenufc  na$.    211$  SerufSftubium  ertoetylte  er  bie  SRed^tstoiffenjdfoaftcn.  6$  toar  too# 

10  ber  1509  nad)  SBittcnberg  übergeftebelte  „monarcha  juris"  $ennmg  ©öbe,  ber  tyn  hn 
©ommer  1511  betoog,  jic$  gleichfalls  nad)  SBittenbcrg  ju  begeben,  too  er  ben  juriftifefcn 
Saccalaureat  ertoarb.  93on  näheren  Sejicfyungen  ju  Sut&er  liegt  für  jefct  fein  3^9^ 
bor,  toenn  fie  aud)  einanber  betannt  tourben,  tootyl  aber  bon  folgen  ju  ©palatin  unb  ju 
2Benje$lau$  Sin!  (Sriefto.  I,  3  unb  318).    3lad)  Erfurt  jurücfgefe&rt  (1514  ober  1515?) 

16  empfing  er  bie  $rieftertoetye  —  er  giebt  an,  1516  juerft  geprebigt  ni  faben  — ,  promo* 
feierte  bann  Bier  1518  jum  SDoftor  beiber  Steckte  unb  erhielt  bur$  feinen  einflußreichen 
©önner,  ben  $rofeffor  unb  Äanonifuä  SDtertin  b.  b.  -Dtartyen,  eine  ber  beiben  SectoraU 
$räbenben  an  ©t.  ©eberi,  ein  einträgliches  Äononifat,  mit  bem  eine  ^rofeffur  ber  SRecfye 
berbunben  toar  —  eine  überrafcfyenbe  33eförberung,  ba  jener  ein  ©egner  ber  $umanijten 

ao  toar,  SonaS  aber  mit  jugenblid&cm  (Sifcr  bie  ^ntereffen  be3  um  Jtonrab  SKutianuS  gebilbe* 
ten  2^üringiföen  §umaniftenfreife$  bertrat  unb  ein  jjerborragenbeä  ©lieb  in  bem  <$reunbe& 
bunbe  toar,  ber  in  (Sobanuä  feinen  Rex  anertannte  unb  bem  fernen  SraSmuS  in  fötoär* 
merifetyer  SSere^rung  tyulbigte.  Site  Sobanuä  1518  naefc  ben  SRieberlanben  gu  (Sraömuä 
pilgerte,  fanb  %oncß  bie  erfte  ©clegen^eit,  fid^  biefem  brieflieb  ju  nähern;    im  gruföa^r 

26  1519  unternahm  er  bann  felber  jufammen  mit  Äafpar  ©c&albe  bie  SBattfafyrt  )u  bem  in 
ttberfctytoänglicfcfeit  berebrten  SKann,  ber  and)  an  feinem  jugenblictyen  Sefucger  folefce* 
äßofylgefaflen  fanb,  bafe  er  ibn  Weiterer  Äorrefiponbenj  toürbigte  unb  fxd)  fpäter  bann  au$ 
ernftlicty  bemühte,  feinen  2lnfd&lufc  an  Sutyer  vi  ber^inbem.  SReben  bem  fritylicfcn  treiben 
ber  Erfurter  „Sßoeten"  in  ^ugenbluft,  betreff«  beffen  foäter  ©.  2Bi$el  gegen  Sona*  ben 

so  33ortourf  ertyob,  er  habe  fein  bäterli$e£  ßrbteil  bertrunfen  („degulatum  Patrimonium"), 
machen  ftc^  immer  ftärler  pofttibe  SBeftrebungen  geltenb:  nic^t  nur  jene  humanitas  gilt 
als  $\d,  tote  fte  bie  liebebode  Sef^äftigung  mit  ben  ftlaffttern  getoä^rte,  fonbern  @ra^ 
muä  totrb  i^nen  auc^  ber  SBegtoeifer  jur  Sefc^äftigung  mit  ber  norma  Christi,  bie  bem 
ßbangelium  unb  ben  Äird^enbätern  entnommen  toerben  foHte.    ^ona«   bejetebnet   1519 

86  ßraämuS  aU  feinen  „3Sater  in  Gfyrifto".  2)afe  er  —  gerabe  toä&renb  feiner  Steife  nad) 
ben  9iieberlanben  —  am  2.  3Kai  1519  jum  SReltor  getoä^lt  tourbe,  bebeutete  ben  ©ieg 
ber  ©raSmianerpartei  an  ber  Uniberfttät.  eine  Sieform  ber©tubien  toar  bamit  berbunben: 
man  befc^lo^,  ba«  ©tubium  aud?  be£  ©rie^ifd^en  unb  $ebräif($en,  ber  „toa^ren"  9^tlos 
fo^ie  unb  ber  „ed^ten"  Ideologie  unter  bie  2)i$jij>lmen  ber  fiod^f<^ule  aufzunehmen, 

40  unb  toä^lte  eine  Äommifjton,  toelc^e  bie  ^ieftir  geeigneten  Sefyrträfte  befc^affen  foDte.  ®r* 
ftaunt  fanb  $.  bei  ber  §cim!e^r  bon  ber  Steife  biefc  bebeutfame  SSeränberung  bor:  ba 
^umantömu^  ^atte  ftc^  feinen  $la$  erobert.  2Bte  (Sobanuä  je^t  über  ba$  Gnc^iribion 
be$  ßra^mu«  eine  Sorlefung  ^ielt,  fo  prieS  %  in  einer  Praefatio  in  Epistolas  divi 
Pauli  Apostoli  ad  Corynthios  begeiftert  ba^  ©tubium  ber  1)1  ©Triften  an  atö  ba« 

46  SKittel,  ber  berfattenen  Äirc^e  toieber  aufzuhelfen:  „mille  bibliothecas  evolvit,  cui 
unus  Paulus  sapit",  unb  begann  bibltfc^e  S3orlefungen.  aber  babet  ift  no<^  mdft 
ÜÜUttenberger  ©influfe  f^ürbar,  fonbern  ßraömu«  totrb  atö  ber  Se^rmeifler  gerühmt  Unb 
auefy  @cf,  ben  bie  Seidiger  Die^utation  nad)  Srfurt  führte,  toirb  bort  junäc^fl  ab  ^einb 
beä  6ra«mu«  bon  ben  einen  gefeiert,  bon  i^onaS  unb  feinen  Äreunben  berad^tet  (Sriefto. 

60  I,  28).  3lber  eben  biefe  3)i^)utation  beförberte  boc^  nun  anq  ben  Sbifölufc  ber  ^uma= 
niften  Grfurt«  an  fiut^er:  in  bem  äuguftiner  ^^.  Sang,  ber  and)  %,  naBe  panb,  befa| 
bie  ©tabt  fetyon  einen  ber  treueften  ^teunbc  SutfyerS;  je£t  !am  au^3Rofeuan  bonSei^jtg 
ju  ©efuc^  herüber,  boller  Segeifterung  für  Suttyer;  bie  äften  ber  ftiäputatum  tarnen  in 
ßrfurt  in  ben  3)rudf.    Äurj  bor  ber  ^Disputation  fyatte  Sut^er  burc^  Sang  3-  fdn«  Srcunb« 

66  fd^aft  angetragen  (GnberS  II,  13);  au«  bem  ^uni  1520  ftammt  ber  erfte  ©rief  jene«  an 
t^n,  er  toünfcfyt  i^m  ©lud  ba^u,  te  ad  asylum  sacrae  Scripturae  e  procelloso  ho- 
minum  juridicorum  pelago  confugisse  (önber«  II,  420).  9lud&  bad  ©tubium  ba 
gried^ifc^en  ©pracfyc,  toomit  toir  ^s.  in  biefer  geit  befc^äftigt  fe^en,  bient  bem  ertoatycn 
^ntcreffe  an  Sibel  unb  Geologie.    9lun   ftarb  am  21.  Januar  1521  ?Propjt  Henning 

eo  ©öbc  in  SBittenberg,  unb  ©i>alatin  machte  alebalb  auf  ^.  aufmerffam,  ber  „ein  jung  SKann 


3fott<t$,  3ufiu£  343 

unb  frommer  gelehrter  ^riefter,  in  beiber  Bpxad),  latctnifc^er  unb  beutlet,  tounber  tooty[ 
tacebt,  au$  ein  feinet  junger  Surift"  fei;  „liefet  au$  in  theologia  unb  prcbigt"  (Sriefto. 

I,  49).    ©erRurfürft,  ber  in2BormS  toeilte,  bot  bie  ©teile  jmnäcgft  bem  altcrnben  ÜRutian 
an,  ber  ablehnte,  aber  $ugleid;  gleichfalls  ^onaS  empfahl.    &a  lam  Sutfyer  auf  bem  SBege 
na$  SBonnS  am  6.  Slprtl  nacfc  (Srfurt  unb  fanb  bort  begeifterte  aufnähme ;    $onaS  jog  5 
$m  btSSBetmar  entgegen,  fölofc  ft<$  tym  auf  ber  SBeiterreifc  an  unb  erhielt  in  SBormS 
(elbfi  feine  Berufung  na$  SBittenberg,  burd&  bie  er  ftcfy  bem  3orn  ber  Äanoniler  in  @r* 
fürt  entzog ;  unb  er  ertoarb  ftd^  burcp  feinen  Sfofd&lufj  an  Sutfyer  £uttenS  Sob  unb  ^reunb« 
ftaft    (Sr  fiebelte  im  3>uni  nad)  Wittenberg  über  unb  lebte  fid^  tyier  —  burcty  ©raSmuS* 
ffiarmmg  nu$t   Beirrt  —  mit  toarmer  Segeifterung  in  bie  SBittenberger  Geologie  ein,  10 
fcjt  entföloffen,  feine  arbeit  fortan  ber  „ebangeltfcfyen  ©a$e  unb  $anblung"  ut  toibmen. 
Saufen  toar  er  als  Sßropft  an  ber  @$lof*tir$e  unb  als  ^rofeffor  beS  lanonifdpen  Stentes. 
Sofort  machte  er  ben  SJerfucty,  bom  Äurfürften  Befreiung  bon  biefem  Se^rauftrag  $u  er- 
falten,  unb  bat,  tym  bie  Promotion  jum  Dr.  theol.  unb  bamit  „©otteS  Setyre,  ©(fyrift 
unb  ffiort  in  ber  ©d&ule  unb  flirre  ju  führen"  ju  geftatten.    9iac$  längeren  23cr^anb=  15 
bnigen  tourbe  tym  ber  Übertritt  jur  ttyeologifd&en  galultät  geftattet:    einen  fleinen  Xetl 
feiner  einnahmen   (20  ©ulben)   muftte   er   an    einen  ©ubftituten  für  bie  Seitton  ber 
$cfeetalen   (©«fctoertfeger,   fbäter   2fyel)   abtreten,   eine   SBerpflictytung,   bie   tym    balb 
auf  ©palatmS  gürforac&e  abgenommen  tourbe.    3lm  14.  DItober   1521    ertoarb   er  bie 
tfcologifcfye  ©oftortoürbe.    2lber  and)  bie  gunlttonen,   ju  benen   ifyn  bie  ^ropftentoürbe  20 
tefyflil$tete,  empfanb  er  jeftt  balb  als  ©etoiffenSbelaftung.    Sei  ben  betoegten  SSer^anb* 
fangen,  bie  no#  toäfaenb  SuttyerS  äBartburgSaufenttyalt  über  Sieformen  an  ber  ©d&lofc 
fiafc  geführt  tourben,  toar  er  ber  rabilalfte  33orIämi)fer  einer  ÄultuSreform  (bgl.  %x.  Äro* 
patfdtaf  6. 66).  ©eine  3)oM>eltyätigfeit  an  ber  Uniberfttät  toie  an  ber  ©$(of*ftr$e  fc&ilbert 
©palatin  1525  folgenbermafeen :  „er  prebigt  alle  ©onntage,  au<$  alle  fyobcgefte;  barüber25 
falt  er  aBe  2Bo$en  breier  Sage  im  Stift  bie  beutf$e  Seition   in  ber  ^eilg.  ©c&rift, 
unb  fonft  au$  ade  SBeritage  eine  lateiniföe  Seition  in  ber  fylg.  Schrift"  (bgl.  Saud)  ©.  23 ; 
$ß$  1860,  455).    ©0  las  er  1523   über  ben  Stömerbrief;    1524  gab   er  nad)  93or* 
lefungen  feine  Annotationes  in  acta   apostolorum   tycrauS;   1529   las   er  über  bie 
$fabnen  unb  gab  eine  Srllärung  bon  2)a  7  tyerauS.    2)aS  2)elanat  ber  tbeol.  gahiltät  30 
bertoaltcte  er  feit  1523  bauernb  bis  1533,  breimal  tourbe  er  utmSReltor  ertoetylt.  Einige 
Zfcfenretyen  unb  einige  alab.  ©elegentyettSreben  (CR  IX,  41  [bon  1538,  niefct  bon  1521] 
unb  XI  227,  alfo  melleid^t  beibe  bon  3Man$t^on  berfa^t)  fmb  uns  bon  ifym  erhalten. 
Do<^  trat  feine  alab.  X^ätigleit  bor  anbern   lird^lic^en   unb   litterarifcfyen  Aufgaben,  bie 
i^m  gufielen,  aHmä^ltd^  me^r  jurücl,  fo  baf*  fpätcr  Kamler  Srücf  über  tyn  Alage  geführt  86 
[jat,  er  fei  „mit  Sefen  unb  fonft  in  ber  Uniberfität  unfleifeig"  getoefen.    Über  feine  $re« 
btgtt^dtiglett  bgl  and)  3Rat^eftuS,  Seben  Sut^erS  8.  <ßreb.  (ed.  2öfd>c  ©.  163).    SBaS 
i^ot  an  Sut^erS  ©eite  als  fein  befonbereS  Xeil  mfiel,  baS  toar  gunäd^ft  (1523)  bie  litte* 
tartföe  ^olemil  gegen  3°^-  5a^)er  unb  bef[en  äserteibigung  beS  SölibatS  —  ^atte  er  boc^ 
fdber  fc^on  gebruar  1522  eine  SBittenbergerin  geheiratet  —  (Adv.  Joh.  Fabrum  . .  pro  40 
conjugio  sacerdotali  defensio);   f^öter  bie  $olemiI  gegen  feinen  ehemaligen  @rfurter 
©tubiengenoffen  ©eorg  ffli^el,  gegen  ben  er  feit  1532  mehrere  ©Triften  richtete  (Sriefh). 

II,  ©.  XXXVII  ff.),  in  benen  er  ben  ebangeliföen  Äirc^enbegriff  berfoc^t,  aber  auc^  ftarl 
mit  Jxrfönlic^er  Serbäd^tigung  ben  ©egner  angriff.  Salb  aber  geigte  fi$  feine  fpejiette  Se= 
gabuna  barm,  bafi  er  bon  ben  Schriften  Sut^erS  unb  3Kelan^onS  Überf efeungen  lieferte;  er  45 
toar  ebenfo  getoanbt  barin,  lateinifc^e  ©Triften  ins  $eutfc$e,  toie  beutfepe  ins  Sateinifd^e 
tu  übertragen.    Seibe  Reformatoren  ertannten  freubig  feine  gang  befonbere  ©e|c^icflid;feit 
oarin  an  unb  gematteten   i^m  bertrauenSboH,   in  boQer  ^ret^ett  btefeS  9lmteS  an   i^ren 
©Triften  ju  toalten.    Slu^  einige  ©Triften  anberer  überfefcte  er  i^n  ä^nlid^er  SBeife.  ®in 
«erjei^niS  bon  35  folc^er  ÜberfefeungSarbeiten  f.  Sriefto.  II  ©.  XXXIII  ff.    Äerbor*6o 
gehoben  fei  feine  Überfe^ung   bon  SutyerS  De  servo  arbitrio,   ber  Loci  Welancpt^onS, 
unb  bie  §erfteflung  beS  beutje^en  Xe^teS  ber  Sinologie.    3)agu   lam   {eine  Xetlna^me  an 
tok^Kigen  SUtionen  ber  Reformation:  SKarburger  ©efpräc^  unb  SlugSb.  Reid^Stag.  ©obann 
fmben  toir  i^n  ftarl  in  2lnfpruc^  genommen  burd>  bie  furfäc^fifd^en  Sifttationen  feit  1528 
unb  ben  barauS  ftdb  and)  nad)  Seenbigung   ber  &ifitationSreifen  ergebenben  jtirc^enauf-  66 
fkbtSgef^aften.    ©etn  toi^tiaeS  ©utad;tcn  „ber  (Sonftftorien  falben"  f.  bei  Ritter,  ©efc^. 

b.  ebaita.  «hdjfenberfaffung  S^j.  1851  ©.  82  ff.  @r  toirb  feit  1532  fyeologifdjer  »erater 
ber  bret  an^altifdben  ^ürften,  mit  benen  er  in  lebhaftem  f$riftli$en  3$erle^r  bleibt;  in 
monier  Seife  naq  3)effau  unb  3erbft  pflegt  er  and)  ben  perfönltc^en  S3erte^r  mit  i^nen. 
^n  i^rem  auftrage  ift  er  1538  längere  3eit  in  &XW  ^^0  unb  giebt  ber  ©tabt  eine  oo 


344  3ott<t3,  dttfhtd 

ÄD.  3luc&  mit  ßerjog  SHlbred^t  unb  mit  Äönig  Gtyriftian  III.  fte^t  er  m  Äorreft>onben&. 
1536  ^ilft  er  in  Naumburg  ber  Sieformation  eine  Stätte  fiebern.  3Sor  allem  aber  ift  er 
e$,  ber  1539  bei  bem  ßinjug  ber  Deformation  in  ba$  £erjogtum  Saufen  afö  SJtfttator 
unb  SSerforger  ber  ©emeinben  mit  eVangelifc&en  ©eiftltc^en  unb  atö  SSerfaffer   ber  toufc 

6  tigen  ßD  beä  Sanbeö  33ertoenbung  finbet.  2>ie  Slrt  unb  2Beife  aber,  toie  fty  fier&og 
§einri$  ^ier  balbmöglictyft  ber  Mitarbeit  ber  erneftiniföen  Geologen  entjog,  betotrfte  bei 
$ona$,  ber  ftety  befonberä  fcurücfgefefet  füllte,  eine  9Serftimmung  gegen  ben  $redbner  §of, 
bie  für  tyn  fyernaety  in  feiner  Sejiepung  iu  §er^og  SRorifc  Verhängnisvoll  getoorben  ifl 
©ine  hurtige  aufgäbe  erhmctyä   ifrn  burdj   ben  gortfcfyritt  ber  eVang.  ©acfye   im  ©rjffift 

10  SKagbeburg.  3)er  in  §aHe  refibierenbe  Äarbinal  Sßbrec^t  fyatte  im  3^™**»  1541  auf 
bem  Sanbtage  ju  Salbe  3)ecfung  feiner  ©Bulben  burefc  bie  ©tänbe  be3  Stifte  nur  um 
ben  Sßrete  erhalten,  bafe  er  bie  religiöfen  Neuerungen  ftillfötoeigenb  anerfannte,  auf 
SRepreffiVmaferegeln  Vernichtete,  bie  ^Regierung  bem  Äoabjutor  SKarlgrafen  ^o^ann  älbrety 
überliefe  unb  feinen  §ofoalt  Von  §aHe  na<$  ber  sJJiainjer  3)iöcefe  verlegte.    3>efet   tonnte 

i6^aQe  an  bie  ßtnfüljrung  ber  Deformation  benfen;  bie  SBürgerföaft  nötigte  ben  med,  mu 
fctyeibenbe  ©dritte  ju  ttyun.  211$  %  ©rünbonnerätag  1541  auf  emer  Steife  in  bic#etmat 
§atte  paffterte,  tourbe  er  tyier  bur$  jtoei  SRatämitglieber  aufgeforbert,  „jtoei  9Ronate  ober 
länger"  bei  tynen  baS  ßVanaelium  ju  prebigen.  Offenbar  toaren  geheime  33orVer^anb= 
lungen  borangegangen.    3lm  Karfreitag  begann  er  in  ber  3Rarientir$e  feine  neue  3$ätig* 

20  feit,  gegen  ben  (Smfyrucfy  beä  ÄoabjutorS  unb  bann  auefc  gegen  ßarbinal  ÄlbrecfctS  33er* 
fuefce  eimufd&reiten,  burc&  ben  fäc^fifcfyen  Äurfürften  gebedft.  3)iefer  ^atte  im  8efi$  be$ 
SurggrafenamteS  von  #aHe,  baS  freiließ  nur  unbebeutenbe  formelle  Siedete  gehörte,  einen 
5Rec$t3titel,  ben  er  jefct  jum©$ufc  be$  <Proteftanti$mu$  möglid&ft  toeit  auszubeuten  fuefte. 
3)en  Verlotfenben  Slnerbtetunpen  feiten«  be3  ©rjftifteS,  tym  biefeä  Siecht  um   ^ol^en  $rtte 

26  abzulaufen,  leiftete  er  fcfyliefeluty  unter  energifd^em  3)rutf,  ben  Sutyer  brieflich  auf  tyn  au& 
übte,  SBiberftanb  unb  fcfylofe  am  6.  3loVember  1542  mit  §aße  einen  Vertrag,  in  bem  er 
ber  ©tabt  gegen  ein  jä^rlidjeä  ©d^ufcgelb  Von  1000  ©Ib.  ben  ©$u$  tyrer  SReltyion  unb 
tyrer  Privilegien  juftAerte.  3n$totfd&en  toar  ju  ÜBetynac&ten  1541  auefc  bie  Ulrtc^ttrcfo 
im  3luguft  1542  auep  bie  3Rorifcfirc$e  ber  etoang.  ^rebigt  aufgefc^Ioffen  unb  mit  $rebigent 

so  öerforgt  toorben.  %ona$  übernahm  im  ©ommer  1542  baä  ©u^erintenbentenamt  unb 
berf afete  5Wtyjafyr  1543  bie  RD  für  bie  ©tabt  (&anbfc$riftli(&  in  ben  «ften  be«  3Ragu 
ftratö).  2)a  auä  feiner  St^ätigfeit  ein  fefte^,  bauembeä  3(mt  tourbe,  fo  mufete  er  je$t  auf 
feine  SOBittenberger  Stmter  üerjic^ten,  auc^  feine  ^rojjftei  abgeben,  beren  (Sinfünfte  er  nur 
ju  gern  behalten   ^ätte  —  bodj  tourbe  i^m   eine  beftimmte  ©umme  avß  ben  ^}ropftei= 

36  gelbern  toeiter  ge^lt.  Xm  11.  5Dwember  1544  erhielt  er  feine  befmittoe  SeftaEung  in 
^alle.  3;n  energtfe^em,  oft  berbem  Äam^f  mit  ben  ©egnern  gelang  ed  i^m,  bie  SRcfor* 
mation  in  Sirene  unb  ©c^ule  me^r  unb  me^r  bur^jufü|ren  unb  im  State  in  ber  $crfon 
be3  SBittenberger  ^w^ften  Äilian  ©olbftein,  ber  ate  ©VnW^  ^ier^er  berufen  tourbe,  fi^ 
einen  ftc^eren  grreunb  ju  fc^affen.    gür  fc^riftftellerifc^e  arbeit  blieb  tym  ^ier  nur  toenig 

40  3eit.  @r  begleitete  Sut^er  1546  auf  beffen  legtet  Steife  na$  Sidleben,  ftanb  ibm  in  ber 
xobeäftunbe  }ur  ©eite  unb  ^ielt  i^m  bie  Seic^en^rebigt  bei  ber  ^eier  in  einleben.  Wt 
ßoeliu«  gemetnfam  Veröffentlichte  er  ben  33erid?t  über  ben  „c^riftlic^en  älbföieb"  be«  i^m 
ftetö  in  ungetrübter  gfreunbfäaft  öerbunbenen  Sleformatorö.  ®ie  „üft&reben"  fotoie  t^r 
Srieftoec^fel,  bon  bem  leiber  bie  33riefe  bftg  $.  an  Sut^er  nur  jum  Heineren  $etle  erhalten 

46  fmb,  getoä^ren  reiben  (Sinblicf  in  ben  Vertrauten  SSerfe^r  beiber  (1525  bei  Sutyer*  2rau* 
ung  antoefenb,  1527  fein  Sröfter  in  fd^toerer  änfed^tung,  ©e&ilfe  bei  ber  SibelreDifion). 
3lun  tarn  ber  unglücfli$e  fc^malfalbif^e  .Hrieg,  ben  J.  burc^aud  nur  du  9teltgion3frieg  be> 
trachtete.  3)a^er  rief  er  bie  $allifc$e  ©emeinbe  jum  ©ebet  toiber  ben  röm.  Slnttc^nfien 
unb  ben  „faaniföen  2)ioHetianu^"  Äarl  V.  auf,  liefe  bie  gürbitte  für  ben  Äaifer  fort  — 

60  biefer  fyabt  feinen  $la^  im  Grcbo  neben  $ontiu^  $i(atud.  2luc^  gegen  ^et^og  3Rori^ 
^atte  er  tyarte  SReben  geführt.  Slber  nun  befe$te  biefer  am  22.  SRobember  1546  $aDe 
unb  Verlangte  fofort  bie  „Slbfc^affung"  von  3ona«  unb  ©olbftein.  93erge6li$  erinnerte 
ber  SRat  an  bie  treuen  35ienfte,  bie  §.  bei  ber  ginfü^rung  ber  Stef ormation  im  ^eqogtum 
©ad^fen  geleiftet  Fjättc;  %  flüchtete  nac^  s))ton$felb.    5Iiö  bann  go^.  griebri^  Solle  gurürf* 

65  eroberte,  lehrte  er  am  9.  Januar  1547  toieber  ju  feinem  ^rebigtamte  jurücf,  unb  je$t 
tourbe  bie  Situation  fd&leunigft  audgenu^t,  3Könc^e  unb  5Ronnen  VoHenbS  au^utmben 
unb  ben  dteften  beä  lat^olifc^en  Multu^  getoaltfam  ein  @nbe  ju  machen.  Slber  badJtrieg^ 
glüdf  toanbte  fic^  fc^nell,  unb  jum  jtoeitcnmale  mufeten  3-  wnb  ©olbftein  fliegen  „toegen 
ber  grofeen  Ungnabe,  bie  ^erjog  SKori^  auf  fte  getoorfen".    SSJir  pnben  jeftt^.  m3Ran^ 

60  felb,  bann  in  92orb^aufen,  feo  er  mit  3)ie(and^t^on  jufammentraf,  gelegentlich  auc^  in 


3ona«,  3uftit$  345 

ffieraigerobe  (3HB2  1889,  483).    2Bar  er  fd&on  in  ben  ^ren  Dörfer  bur$  ©tcinleiben 
triel  geklagt  unb  förperlicty  gefdjWäcfyt  Sorben,  fo  tjatte  jefct  bie  .Hrieg«fataftropfye  tyn  an 
ifeib  unb  Seele  furchtbar  mitgenommen:  er  maetyt  fortan  benßinbruef  eine«  ftarf  gealter* 
ten  unb  im  ©emüt   befeuerten,   fdfjtoadfjcn,   tränenreichen  9Kanne«.    SKeland^t^on  rebet 
toon  (einem  „animus  aegrotus"  CR  VI,  567.    Slbcr  boefy   feinte   er   fiefy   ungebulbig  6 
no$  einer  SÜ&ätigfeit  —  bor  allem  naefy  ber  SRücffefyr  auf  feinen  Soften  nad?  §attc.  Un= 
ennüblicty,  aber  erfolglos  bemühte  er  fiefy  burefy  Sittgefudfje  unb  ^ürforadje  anberer,  SRori^ 
3orn  )u  befänftigen.  Die  ©bangelifcben  £ilbe«fyeim«  riefen  ibn;  er  fam   im  ^uni  1547 
unb  jrcebigte  in  ber  2lnbrea«!ircfye,  offupierte  auefy  bie  ©tiftöfirege  jum  tyl.  tfreuj  für  i'et« 
tionen  über  bie  ©riefe  $auli,  bie  er  ben  ©eiftlid&en   galten  fottte.    2tber  \otnn  er  aud&  10 
grau  unb  Äinber  nac^fommen  liefe,  fo  füllte  er  fieb  bo$  fyier  nidjt   fyeimifö  unb  feinte 
fö  hnmer  ungebulbiger  naety  #atle   jurüdt.    (Snblicfy   gelang   e«  3KeIanc£tI?on,  2Rortfc  in 
H^riftlic^er  unb  t>erfönltc^er  gürfpradje  ju  erweisen,  unb  nafy  bemütigenber  abbitte  erhielt 
&  enbUdfr  13.  3Jtörj  1548   freie«  ©eleu  $ur  SRücffe^r  nad)  £aQe.    ©cfcon  im  ftebruar 
toar  er  au«  £ilbee^eim  naety  -Morbfyaufen  jurücfgefetyrt  (Verworren  ift  ber  Serid^t  in  Dlbe*  16 
cojtf  ßtyronif,  Tübingen  1891  ©.  261),   unb  tyatte   mit  bem  9tot  in  £alle  über  feine 
SRücBeljr  ber^anbelt,  ber  aber  fe^r  fturüdtyaltenb  geantwortet  fyatte.    ^efct  begab   fiety  3-, 
ofae  erft  bie  SSer^anblungen  jum  äbfctyluß  gu  bringen,  fofort  na$  §aue  unb  Wollte  fein 
timt  ftrieber  einnehmen,    ©ine  Berufung  naä)  3)änemarl  lehnte  er  baber  je$t  ab.    aber 
mm  lam  bie  bitterfte  Demütigung :   ber  9tat  batte  Wenig  i'uft,  ben  alten  unb   franf en,  ao 
baju  bei  SDtorifc  unb  bem  neuen  @r&bifc$of  Jjofyann  2llbrec$t   mißliebigen  3Kann  Wieber 
an^une^men,  toertoeigerte  tym  feine  Äanjel  unb  geftattete  tym  nur,  an  Wochentagen  latei- 
mf<$e  Sehionen  ju  galten.    3lad)  einer  bitteren  2Barte$eit,  in  ber  ein  lefcter  33efu$  in  ber 
Satetfkabt  9torbbaufen  unb  feine  ^rebigt  bafelbft  im  September  1549  (ögl.  ©iegfr.  ©ad, 
&$cfo>rebtgten,  3Ragb.  1598  SSorWort)  Wie  ein  i'id&tblicf  erfcfyeint,  mußte  er  fiefy  boefy  na$  üö 
einer  anbem  S^ätigfeit  umfetyen    — :    §er$og  3>ofyann  ®nift   berief   ifyn  1550  al«  £of= 
prebtger  na$  ßoburg.    3njWifc$en  ^tte  feine  freunbfctyaftlictye  Sejiefyung  ju  9Relan$tI?on 
unb  ben  SBittenbergern  ftd^  merfltcty  abgefüllt;   ba«  Interim  maqte  audp  ^ier  ben  9iiß 
unb  führte  tyn  auf  bie  (Seite  ber  ©egner  ber  bon  Weland^t^on   beobachteten  ßonnibenj; 
baBei  beWirfte  natürlich  auc^  fein  Äonflift  mit  §cr^og  Tlox'xfy,  baß  ftc^  ^.  um   fo   cnt=  so 
fänebaier  auf  bie  ©eite  ber  erneftintj^en  dürften  fteute.    Der^anbet  mitDfianber  führte 
twrüberge^enb  noc^  einmal  eine  Slnnäfyerung  an  SKelanc^t^on  |erbei.    Sluf  Sfnregen  ber 
^ennebergifc^n  ©rafen   ließen   bie   erneftinifd^en  Geologen   am  18.  3anuar  ^52   i^re 
„Gensurae11  Wiber  Dfianber  au^ge^en,  bie  neben  ämeborf«  Unterfd&rift  junäc^ft  bie  be« 
X  tragen ;  biefer  ^alf  aber  bann  au$  in  ©c^leufmgen  ben  $ennebergif$en  ^rebigern  i^r  86 
©uta^ten  fteHen  (bgl.  3B.  ©ermann   im  ©onntagäblatt  ber  ^ilbburg^aufer  Dorfjcitung 
1893  9ir.  23).    ätö  eine  neue  Berufung  nac^  §ilbe^^cim  1551  in  g*age  gefommen  war, 
ba  tytiU  9Jtelanc$t$on  i^n  ate  einen  ©rei«  etyarafterifiert,  ber  Wo^I  noc^  beten,  aber  nid^t 
me^r  eine  Äird^e  toertoalten  lönne  (CR  VII,  755).    ©leid&Wofyl  nabm  erßnbe  1552  eine 
Berufung  nac^  9legendburg  an.    Slber  au«  un«  unbetannten  ©rünben  fe^rte  er  fd^on  nac^  40 
tpenigen  SRonaten  nac^  X^üringen  jurüc!,  um  naefy  fur^em  älufent^alt  in  ^sena  bie  ©u^er« 
intenientur  in  @i«fe(b  ni  übernehmen,  Wieber  im  emeftinifc^en  ©ebiete.    9(m  27.  SKuguft 
1553  $ielt  er  ^ier  bie  äntritt«j)rebigt.    3)er  2ob  be«  alten  Äurfürften  ^ofy.  ^riebrid^  Der= 
anlaßte  t^n  noety,  eine  feiner  9tegen«burger  $rebigten  a(«  Xroftwort  für  bie  ©ö^ne  be& 
fdben  ^erau^ugeben.    2lud^  teerte  er  no$   einmal   }u   feinen  Überfe$ung«arbeiten  jurücf,  46 
braute  aber  oie  lat.  Serfton  bon  l'ut^er«  „SSon  Äomilien  unbßirc^en"  nic^t  mebr  felber 
pan  3Cbfc^lu|.    SSergeblid^  bemühte  er  fic$  \fytf  bei  Hurfürft  äluguft  bie  ihn  unter  SRori^ 
entiogenen  Selber  bon  ber  SBittenb.  ^ro^ftei  jurüijuerbitten  —  ber  abfc^lägige  33cf$eib 
fano  i^n  nic^t  me^r  unter  ben  l'ebenben.    3)em  bom  „morbus  melancholicus"  (Sriefw. 
II,  342)  fötoer  $eimgefu(^ten,  auc^  t>on  geiftltdien  Anfechtungen  nic^t  JJerfd^onten  fd^enlte  60 
©Ott  am  9.  DR.  1555  ein  frieblid&e«  ©terbeftünblein  (f.  93riefw.  II,  LVf.  gegen  tenbem 
udfed  Sieben  t>on  feinem   „berjWeiflungebolIen"  (Snbe,   wie  nod^  Wieber  in  SBe^er=2Öelte, 
Xm$cn*2eEtton*  VI,  1812  ju  lefen  ift).    dreimal  War  er  Verheiratet  gcWcfen,   bie   britte 
%€0u  fiberlebte  tyn;  au«  jeber  biefer  @^en  fyatte  er.Uinber,  t>on  benen  ber  ^od^begabe,  e^r- 
geizige  ©obn  3U^  bur^  ^n  ^ßßiW^  ^n^c  befannt  geworben   ift :   berWidtelt   in   bie  66 
©rumba^ifc^en  §önbel  entflog  er   jWar  glüdtltc^   au«  ©otba  2tyril  1567,   aber  Äurfürft 
ÄuguP«  3oni  Verfolgte  i^n  bi«  nad^  feiner  ,3ufluctyt«ftätte  Kopenhagen,  Wo  i^m  ber  ^rojeß 
aemac^t,  unb   er  am  20.  3um  1567  Eingerichtet  Würbe.   (SBgl.  SBoigt  in  Räumer«  .s>ift. 
xattenb.  1831  ©.  270 ff.;  berf.,  Sriefw.  ber  berü^mteften  ©ele^rten,  Rönig«berg  1841, 
6.  346 ff.;   SBüldfer  in  »b»  XIV,   494 ff.)  SDer  f^nette  ©ntfc^luß  be«  93ater«  •$.,  nac^eo 


346  3ona3, 3uftud  Sonn*  bon  Ortöattd 

bcm  2obe  bcr  erftcn  $rau  ftcfy  toieberjuberefyelid&en,  erregte  nic&t  nur  in  $aDc  allerlei 
unliebfame  9tad&rebe,  fonbern  beranlafete  aufy  Üutfyer,  tym  propter  os  odientium  et 
exempla  nostra  in  partem  pessimam  capientium  jum  Sluffcfcub  ju  raten  (beSBette 
V,  556);  bo$  erreichte  er  bamit  nur  eine  gfrift  bon  toemgen  SBSoctyen.  —  3um  dxrog. 
6  Äircfyenlicbe  fyat  au$  3-  *m  entfcfycibenben  §a^re  1524  („3Bo  ©Ott  ber  £err  nietyt  bei 
un«  fyält")  unb  aud&  no$  faäter  einige  Seiträge  geliefert,  fo  bie  3ufatDafe  ju  Sutyer« 
„@r^alt  un«,  £err,  bei  .beinern  2Bort";  »gl.  ©rieft».  II  ©.  XLVII.  —  3)a«  93iib  be* 
eifrigen,  treuen  Sefenner«,  ber  feine  reiben  ©aben  unb  feine  8lrbeit«feaft  im  3)ienft  ber 
Sieformation  bofl  eingefefct  fyat,  toirb   in  tttotö  getrübt  burefc  bie  perfönlicfc  ge&äffigc  9lrt 

10  feiner  $olemif  unb  burety  bie  ftete,  oft  fleinltctye  Sorge  um  SBermetyrung  feiner  ©nna^men. 
SDod^  ift  bei  lefcterem  fünfte  ju  bebenfen,  bafe  ber  jungen  ebang.  ftirdbe  no$  bie  georb* 
nete  $ürforgc  für  SBittoen  unb  SBeijen  tyrer  Wiener  fehlte;  batyer  erflärt  m  ba*  un« 
oft  unangenehm  berityrenbe  öemüben  manche*  Ideologen,  eignen  ©runbbefty  ju  ertoerben, 
um  fo  bie  3u!unft  ber  ©einen  ni  fiebern.  —  Über  feine  ©rabftätte  bgl.  ßtyriftl  Äunffc 

lBblatt  1899  9lx,  4:  über  (Spita^im  unb  Silber  ©riefto.  II  ©.LVIf.  30«  3Ba)>f)en  fcatte 
er  3<wa«  im  2Ba(fifcfyrad&en  getoetylt.  9.  Jtatmatt. 

3ona$,  »ifd&of  bon  Drläraft,  geft.  844.  —    2>'9l*eri),  Spicileg.  I,  257-335;  BM 
XIV,  166  -  196;  Hist.  lit.  de  la  France  IV,  594—605.  V,  20-31. 

$ona«,  Sifc^of  bon  Orleans,  gehört  &u  ben  bebeutenbften  Äirc&enfürften  ber  fränfifd^en 

20  Äird&e  au«  ber  erften  £älfte  be«  9.  ^a^unbert«.  ©ein  ßeimatlanb  toar  Squitamen. 
Sei  bem  $obe  be«  @nbif<$of«  X^eobulf  bon  Orleans  (geft.  am  18.  September  821) 
toarb  er  ju  beffen  -Kacfyfolger  ernannt  unb  bon  ba  an  ift  er  in  ^erborragenber  SBeife  an 
ben  ©efctyitfen  feiner  &\t  beteiligt.  2Bir  treffen  tyn  auf  faft  allen  größeren  SSerfamrm 
lungen  unter  ber  Regierung  Subtoig«  b.  %v.  an,  beffen  befonbere«  SSertrauen  er  befeffen 

25  fyaben  mufi,  unb  itoar  fte^t  fein  Ulame  überall  in  erfter  Steige.  —  %ixc  ben  9?obember 
be«  ^a&rc«  825  gatte  ßaif er  2ubtoig  infolge  einer  3uf$rift  be«  grie$ifc&en  Jtatferd  2Rt$ael 
ein  ßonjtl  nat£  $ari«  einberufen,  auf  bem  auefy  3ona«  bertreten  ift,  ba«  in  ©a$en  ber 
Silberberetyrung  eine  binbenbe  ©rflärung  abgeben  foQte.  3>tc  Sefc^lüffe  be«  Jtonjilä,  gang 
im  ©inne  ber  farolingifd&cn  ©tynobe  $u  gfranffurt  bom  ^a^re  794  gehalten   unb   eine 

80  bermittelnbe  ©tettung  jtoifctyen  Silberftürmerei  einerfeit«  unb  überfctytoenglictyer  Serd^rung 
anbererfeitö  einne^menb,  tourbe  bom  Äaifcr  2ubh)ig  bem  Srjbifc^of  ^w^wiaö  bon  ©en«  unb 
Sif$of  3ona«  bon  Orleans  jur  näheren  Begutachtung  übermittelt  unb  ^onc^  afcbann  mit 
i^nen  nad)  SRom  gefanbt,  um  biefelben  bem  tyap\t  (Sugen  II.  nebft  einem  faiferlid^en  fianbs 
{^reiben  ju  unterbreiten.  —  ©benfo  ^at  ^onaS  ^erborragenben  Slnteil  an  bem  $arifer  Jlonjil 

86  bom  $af)xt  829,  ba«  bom  ßaifer  beranlafet  h?ar,  in  ber  Slbftc^t,  ben  ©c^aben  ber  3«t  abju* 
Reifen.  3)iefelben  ©ebanfen,  bie  fyier  jum  f^nobalen  Sefd^lu^  gelangen,  ^atte^ona«  fc^on 
einige  Sa^re  früher  —  ettba  um  825  (3)'2l(^erV  I,  258)  —  p  «uSbrudf  gebraut  in 
feiner  ©c^rift  de  institutione  laicali,  unb  toir  bürfen  boraud  faliefcen,  ba|  er  ber  eigent* 
lic^e  SBortfü^rer  in  ben  Ser^anblungen  getoefen.    3)iefc  ©c^rift,  einem  getDtff en  3Jlat^frieb 

40  getoibmet,  enthält  in  brei  Sudlern  tocrtboHe  ©c^ilberungen  über  bie  3uftänbe  jener  3«* 
mit  i^rer  fird;Itc^en  unb  fittli$en  %ertt)ilberung.  dagegen  bringt  3ona3  auf  (Erneuerung 
be«  tirc^lic^en  ©inne«,  unb  eä  ift  bemerfen^toert,  bag  er  ni$t  äußere  SrfüDung  ber  ttr$* 
lic^  gebotenen  ^Jflic^ten  nur,  fonbern  —  in  ebangelifctyer  SQBeifc  —  eine  grünblaue  Sinnet 
önberung  burefy  aufrichtige  Su^e  berlangt,   au«  ber  aQein  ein  lebenbiger  ©laube  erfie^en 

45  !ann,  ber  ftc^  betbä^rt  in  einem  gottfeligen  Seben.  3)a3  allein  tann  bie  gejunfene  ©itt* 
Ix^Uit  lieber  ^eben.  3ur  Sörberung  berfelben  ift  e«  mit  ber  lird^lic^en  ^«4*  f^N^  V1 
nehmen  atö  feiger.  3U  biefem  Sefyufe  t^ut  aber  auc^  eine  Sieform  be$  getftltc^en  Stoiber 
not,  bon  bem  e$  ftc^  ^ona«  nid^t  ber^e^lt,  bafe  er  e«  ju  feiner  3«t  bielfac^  an  ber  redeten 
geiftlic^en  pflichttreue  fehlen   lägt   (inst.  reg.  cap.  II).  —  auf  biefem   Äonjil   joüten 

so  nad^  fönialic^cm  SBiDen  neben  bcm  SBorfyergeljenben  aud^  bie  §errfc^erj)fK<^ten  eine  eins 
ge^enbe  ©rörterung  finben,  unb  au$  in  biefem  fc^log  fid^  bie  ©tynobe  ben  Slnfü^ten  be^ 
3,ona3  an,  bie  berfelbe  fd^on  bortyer  —  cttoa  828  —  in  einem  ©c$rtft$en  beröffenütd^t 
hatte,  inbem  fte  ba«felbc  unter  bie  ©tynobalbefd&lüffe  einreihte  unb  %ona$  mit  ber  3^ 
faffung  berfelben  betraute.    G«  ftanben  bamals  bem  granlenlanbe  f^toerc  3^^  btim, 

66  bie  i^re  buntein  ©chatten  bereit«  borau«h>arfcn.  3)er  3*b*P  *n  ^<x  föniglw^en  gamilie 
bro^te  bereit«  fiefy  blutige  Sa^n  ^u  fdjaffen  unb  bie  SJölfer  in  SRitlcibenfdbaft  ju  gießen. 
I)a  unternimmt  e«  ^>ona«,  feinem  angeftammten  2anbe«^errn  Äönig  ^\p\n  bon  Squitanien, 
©o^n  2ubtoig«  b.  %x.,  einen  SJegentenfpiegcl  boqu^altcn  (de  instit.  reg.),  in  bem  er  tyn 
unter  ^inloei«  auf  bie  fyofyen  ^flic^ten  be«  Stegenten  )ur  Xreue  gegen  feinen  lönigüc^en 


3ona*  non  Drl&in«  3orbam«  347 

Stoter  ermahnt  Igntereffant  fmb  §wi<&  Semerfungen  über  ba«  Ser^ältni«  bon  geiftlictyer 
unb  roeltlictyer  9Wa#t.  SBenngleicfy  er  an<5)  bie  Vücltitdje  ©etoalt  al«  Don  ©orte«  ©naben 
betrautet,  ber  barum  Don  aBen  ju  gefyorcfyen  ift  —  tote  ber  gefamte  fränfifetye  6}>iffo}>at 
jener  Seit,  fo  ift  au$  §ona«  ein  toarmer  Patriot,  bem  ba«  SBofyl  feine«  Saterlanbe« 
me$r  am  $erjen  liegt  al«  ftörberung  aufjerfränftföer  ^nterefjen,  unb  er  betoie«  bie«  burety  6 
feine  unenttoeate  ftreue  ju  feinem  faiferlidjen  #errn  in  ben  ftürmifcfyen  3«ten  be«  SBürger« 
Weg*  —  fo  jte^t  tym  boety  bie  geiftlictye  ©etoalt  ungleich  työfyer  al«  jene;  ja  lefetere  ftefyt 
in  einem  Sbljängigteitöber^ältni«  &ur  erfteren,  toie  an  bem  33eifpiel  Äaifer  Söfjeobofw«  b.  ©r. 
bargetyan  toirb  (de  instit.  laic.  II,  c.  20).  $ie  ©ctylüffelgetoalt  ju  binben  unb  ju 
Bfen  ift  bem  geiftlicfyen  2lmt  toom  §errn  übertragen,  fraft  beffen  e«  biefelbe  ausübt,  fo*  10 
bafc  tym  auefy  Könige  ftcfy  ju  beugen  tyaben  (de  inst.  reg.  c.  2).  ©eiftlictye  baaegen 
fönnen  nic&t  Don  URenfcfyen  gerietet  toerben,  toeil  ein  9Benfc§  ©ott  nietyt  rieten  lann, 
alfo  au$  niefct  feine  ©teltoertreter ;  unb  felbft  pflicfyttoergeffenen  *|Srieftern  ift  ber  fcfyulbige 
Se^orfam  nietyt  &u  t>erfagen  (ibid.).  $ie  ^ßriefter  fmb  bie  natürlichen  Mittler  jVt)ifd>cn 
®ott  unb  ben  9Renf$en.  6«  Hingen  biefe  ^been  an  tf  eubo*ifibortfc$e  ©runbfäfce  an ;  15 
ober  ba«  barf  nic^t  SBunber  nehmen,  toenn  man  bebenft,  bafj  biefe  grofcartigfte  aller 
gälfctyungen  in  ber  fräntiföen  Äirctye  entftanben  ift,  unb  bafj  nur  ettoa  toier  3a9re  tyäter 
na»  biefem  Sßarifer  Äonjil  bie  erften  Slnfänge  batoon  ebenbort  auftauten.  —  2Bic§tig 
noq  ift  bie  Stellung,  bie  $ona$  jur  grage  ber  S5ilbert>ere^rung  einnahm,  ©etyon  ba« 
Ronjil  *u  *ßari«  825  §atte  ftc&  eingefyenb  bamit  befaßt,  unb  3ona«  toar  babei  in  befon*  30 
berem  SKafee  beteiligt  bur<$  bie  tym  toom  Äaifer  übertragene  Söegutacbtung  ber  ©tynobal* 
befc&lfiffe.  Unb  foäter  toenbet  ft$  in  ber  gleiten  fjrage  Subtoig  nocg  einmal  an  SBifcfyof 
3ona«,  al«  bie  Silberftürmerei  eine«  ßlaubtu«  Don  $urin  aueb  im  granfenlanb  befannt 
tourbe.  Som  Äönig  hmrbe  tym  ein  2lu«jug  au$  ben  Sefyrföriften  be«  Glaubiu«  überfanbt 
—  beffen  ©Triften  felbft  $at  Sona«  ni$t  gelefen  (BMXIV,  167D)  — mit  bem  Auftrag,  25 
eine  »Überlegung  berfelben  ju  geben.  211«  er  aber  bie  9?act)ri<$t  fcon  bem  erfolgten  2obe 
bed  Qaubiud  bemann,  behielt  er  ba«  fc^on  fertige  3Uerf  jurücl  in  bem  ©lauben,  ba^ 
nunmehr  beffen  3^^  au$  aufhören  tvürbe.  @rft  bie  2Ba^rne^mung,  bafe  bem  nid?t 
fo  fei,  unb  We  »n^änger  be«  Slaubiuä  ft^  3lriantfc^er  Jtefterei  fc^ulbig  matten,  lä^t  i^n 
fein  SBerl  bem  ©o§ne  Subh)ig«f  Äarl  bem  Äafylen,  unterbreiten,  ettoa  um  ba«  3jafyr  842.  so 
(N  umfaßt  brei  8üd^er.  %ona$  greift  ^ier  auf  bie  $arifer  SBefc^Iüffe  jurücf,  ba  auc§  er 
biefelbe  Unterfd^eibung  toie  bort  atoifc^en  S3ilbert>ere^rung  unb  Äreujeäanbetung  mac^t.  3^ 
erften  8uc^  bringt  er  eine  ausführlichere  SebenSbefc^reibung  be$  SlaubiuS  fotoie  beffen  %xx* 
le^re  in  Sbriffen,  ber  er  feine  eigene  2lnftcfyt  jebe«  3Kal  gegenüber  [teilt;  aber  %onc& 
oamag  fic$  ^ier  nic^t  ju  ber  freieren  5Keinung  feine«  aufgeRärten  3c^9^offen  Slgobarb  35 
t»n  fSfon  )u  ergeben;  er  jeigt  ftc^  nod^  in  manchem  Aberglauben  feiner  $tit  befangen. 
Cr  untertreibet  eine  bo^elte  adoratio ;  eine  folc^e,  bie  allein  ©ott  gebühre,  unb  eine 
foUfo  bie  man  ben  ^l.  Silbern  ertoeife;  er  fpriebt  fic^  aus  für  3KärtVrer!ult  unb  SReli^ 
quienbtenft,  glaubt  an  eine  toirffame  gürfprac^e  ber  ^eiligen  unb  5Kuttergotte«  (BM  XIV, 
175  G),  forbert  Areuge^anbetung  unb  be^eic^net  bie  Äußerung  be3  Slaubiu«,  bafe  man,  40 
toenn  man  Äreuje  k>ere^re,  toeii  ber  $eilanb  an  einem  folgen  gebangen  ^abe,  bann  ebenfo 

Sit  auc^  no$  Diele«  anbere  anbeten  muffe,  loa«  mit  6^riftu3  ebenfall«  in  Serüfyrung  ge* 
atmen  fei,  al«  ba  feien  Ariden,  ©c^iffe,  (Sfel,  2ämmer  u.  bgl.  me^r,  al«  eine  gotteS* 
lafieriu^e  9la«t)^emie,  impudenti  ore  prolata.  2)a«  2.  93u^  banbclt  f^ejiell  Don  ber 
flrauctoibetung,  ioobei  Derfc^iebene  SBunbcrt^aten  be«  Äreuje^jei^en«  aufgejagt  werben,  45 
Don  ber  Jlreu)e3erf$einung  be«  Jtonftantin  an,  toie  ^ona«  benn  über^au))t  noc^  in  bem 
fmnlic^en  fflunberglauben  feiner  ^eit  DoDftänbig  befangen  ift,  bafe  auc^  er  fogar  nod^  an 
ber  3Bunberfraft  ber  Reliquien  feft^ält.  Unb  im  3.  Suc^e  rügt  er  ben  ungebührlichen 
Ion  be«  ®aubiu«,  ben  biefer  bem  Slbt  I^eobemir  gegenüber  angefd&lagen,  al«  biefer  i^n 
fccunblty  unb  too^ltooBenb  Don  feinem  ^rrtum  abzubringen  Derfud^te,  auf«  ernftefte.  —  50 
Salb  nai$  ©rfc^einen  biefer  Schrift  ftarb  ^ona«,  n>ie  man  glaubt,  itn  ^a^re  844. 

Wbcrt  gre^ftebt. 
frrUn  f.  $alöftina. 

^frbant«f  gefL  ca.  560.  —  ausgaben  unb  fiitteratur.  Jordanis  Komana  et 
Getica.  Eecensuit  Th.  Mommscn  1882  =  MG.  Auetor.  antiquisa.  T.  V,  1;  Joitlaiiis  de  66 
angine  actibusque  Getarum.  Edidit  Alfr.  Holder  1882  =  03crmanifd)cr  33iid)erfci)afe  V; 
3orbane«f  ©0t6engef(fti4tcncbft9lu«iügcn  aud  feiner  vom.  G>c(d).  Ucberfc^t  u.  SBity.  Warfen* 
1884  =  »efdjl4tf4reiber  b.  beutfeften  «orjeit.  (>.  Saljvl).  93b  1.  —  SBal.  ^Battcnbadj,  $eutfd)- 
lanbi  ©ff^id)t«qucOen  im  W91  l\  72 ff.,  1893;  %  ^oll^aft,  Bibliothcca  hiBtor.  medii  aevi 
V,  682  ff.,  1896.  60 


348  3*rbam$ 

^oibani«  fyiefc  urforünglicfy  bietleid&t  bod&  3°™**"^  toelcfyen  SRamen  3.  ©rimm  al« 
@berfiu)n  beutet,  unb  mag  biefen  au  friegerifcfyen  -Kamen  bei  feinem  (Eintritt  in  ben  getfU 
liefen  ©tanb  mit  bem  onbem  bertaufcfyt  tyaben.  3)ie  SRadpicfyten  über  fein  2eben  ftnb 
fe^r  ftärlid},  ba«felbe  fällt  in  bie  SMittc  be«  6.  ^a^unbert«.    (5r  felbft  jä&lt  fu$  gu  ben 

6  ©oten,  fcfyeint  ober  eigentlich  bon  2Uanif$er  Slbfunft  ju  fein,  ©eine  Familie  ift  eine 
fyoctyftefyenbe,  mit  bem  gotifcfyen  Äönig«gefd}lecfyte  ber  Slmaler  berfctytoägert.  ©ein  ©rofebatcr 
h>ar  SRotariu«  be«  alaniföen  König«  Ganbac  in  9Höften.  SRotariu«  toar  auefc  ^orbanie 
felbft ;  aber  bei  toem,  fagt  er  nicfyt.  6r  toar  e«  bi«  $u  feiner  Jtonberfton ;  biefe  bebeutet 
nicfyt  nottoenbig    ben  eintritt  in«  STOöndjtum,  toofyl   nur  ben   in  ben   geiftlic&cn  ©tanb. 

10  Sßatyrföeinlicfy  ift  er  33if$of  bon  Äroton  getoefen,  jebenfaU«  nicfyt  Ärianer,  f onbem  Äat&olil 
3)er  SBigiliu«,  tuelcfyem  er  eine«  feiner  SHJerfe  toibmete,  ift,  trofc  ber  ni$t  unerheblichen 
Sebenfen,  boefy  toofyl  ber  bamalige  $a£ft  biefe«  SRamen«  (538—555),  unb  mit  biefejn 
^ctyfte,  ben  er  alfo  in  fein  6jtl  (547—554)  begleitete,  befanb  ftcfy  ^orbani«  too^I  551 
in  ifonftantinopel.    @r  ift  ber  erfte  unb   einzige  gotifcfye  ©efe^ieptfe^reiber,  beffen  2Ber!e 

15  toir  befujen. 

@r  felbft  fagt  bon  fic§,  bafc  er  feine  fyöfyere  toiffenfcfyaftlid&e  S3ilbung  gehabt.  3)oc$ 
bermocfyte  er  lateinifcfye  unb  griccfytfdje  ©cfyrtftfteller  (benufct  fyat  er  u.  a.  SSergtl,  2ibiu«, 
Suftin,  3Kela,  ©trabo,  ^ofetyu«,  $io  G^rtyfoftomu«,  ßaffiu«  $io,  $acitu«)  ni  lefen ;  too&l 
befonber«  in  ber  fpäteren  3eit  fjat  er  ftcfy   bamit  auefy  toirflicty   lebhaft  befd&äftigt.    Son 

30  ü?m  felbft  ftnb  jioei  SBerfe  übrig.  ®a«  eine  ift  eine  ©efcfyictyte  ber  ©oten  ober  bielmebr 
SRöften«  unb  f<$eint  ben  Xitel  De  origine  actibusque  Oetarum  gelobt  ju  fabelt 
®a«  anbere  ift  ein  Slbrifj  ber  2Beltgef$icfyte,  öfter  De  regnorum  ac  temporum  suc- 
cessione,  aud)  De  breviatione  chronicorum,  bon  3Rommfen  De  summa  temporum 
vel  origine  actibusque  gentis  Romanorum   genannt,    $ene«  fyat  er  feinem  fonjt 

26  unbefannten  $reunbe  Saftaliu«  ober  ßaftulu«  getoibmet,  biefe«  bem  fd&on  genannten  S8igU 
liu«.  $ie  ©eföictyte  ber  ©oten  ift  toaljrföetnlicfy  551,  bi«  toofyin  fte  getyt,  in  Äonfton* 
txno^cl  berfafct,  ober  aud)  in  (S&alcebon,  toofyin  SBigiliu«  um  2Beu)nadjten  550  flüchtete 
unb  too  berfelbe  bi«  p  ^rüfyling  553  blieb.  2)ie  SBeltcfyronif  fyatte  ^orbani«  f$on  bor 
jener  begonnen,   er  fegrieb  fte,   toie  er  felbft  fagt,  im  24.  3a^r*  *>**  &  Jiuftiman,  alfo 

80  jtoiföen  Styril  550  unb  Slpril  551,  fte  ift  aber  no$  bi«  in«  $atyr  552  fortgeführt  unb, 
au«  ber  SBorrebe  jur  ©otengefc^ic^te  ju  fd^liefeen,  erft  nac^  biefer  toottenbet  SWan  ^at 
Vermutet,  ba^  er  noeb  toor  ber  gotifd^en  ©efctyutyte  auc^  eine  Äo«mograp^ie  Derfafet  ^atte, 
bie  bem  ©eograf^u«  SRaDenna«  vorlag. 

2)er  eigene  SCBert  ber  beiben  SBerfe  ift  lein  großer.    2)ie  gotifd&e  ©efd^ic^te  ^ält  m 

85  fyauptfädjlicfy  an  Safftobor«  berlorene  ©c^rift,  bie  ben  gleichen  Xitel  gehabt  gu  ^aben  fc^eint 
6r  habt,  fagt  ^orbani«,  biefe  nur  früher  einmal  auf  brei  Xage  entlehnt  gehabt,  fe^t 
liege  fte  i^m  nietyt  me^r  bor;  nic^t  toörtlid^,  aber  bem  ©inn  unb  $ntydt  naety  glaube  er 
fte  noc^  inne  $u  ^aben.  StQein  e«  ift  nunmehr  ^inreid^enb  erliefen,  bafe  er  bo<$  nur 
Gafftobor  toiebergiebt  mit  toenigen  unbebeutenben  3wfä$en;   er  fytt  ftc^  alfo   bo<^  tool^I 

40  irgenb  einmal  redjt  au«fü^rlic^e  9loti$en  au«  bemfelben  gemacht  unb  o^ne  «ßtowfd  W 
bann  eben  im  toefentli$en  an  bie  Sluff orberung  feine«  ^reunbe«  Saftaliu«  gehalten,  ßaffto* 
bor«  ©efc^ic^te  ber  ©oten  in  einen  9lu«gug  ^u  bringen,  ©egen  ba«  ®nbe  ^at  er  au$ 
bie  Slnnalen  be«  5KarceKinu«  ßome«  benu^t.  Slber  bie  ^Bearbeitung  be«  Ie^teren,  ben  er 
übrigen«  nie  nennt,  befriebigt  fo  toenig  toie  bie  be«  ßafftobor.    3or^n^  Unfelbflpänbig* 

45  feit  ift  fo  grofi,  bafe  er  fogar  bie  SKcnbungcn  feiner  turgen  SSorrebe  au«  Sfatftn  entlehnt 
^at.  2)er  Stil  ift  $um  Xeil  bunfel,  ferner,  gefugt,  fentenjiö«;  o^ne  3^«fri  fällt  ba« 
aber  ni$t  i^m  allein,  f onbern  f$on  feiner  §auptqueUe  ^ur  Saft.  5)te  burc^laufenbe  ©runb* 
anföauung  Don  ber  ^bentität  ber  ©eten  unb  ©oten  ift  auc^  fco^I  au«  ßafftobor  herüber« 
genommen;   bie  ^bee   fyat  in  unferem  ^a^r^unbert   toieber  Sln^änger  gefunben,  bamal« 

50  biente  fte  einem  befonberem  Rtoti.  ßaffiobor,  ber  al«  ©taat«mann  f$on  unter  X^eos 
berief  bem  fönialid&en  ©ebanten  ber  5}erfö^nung  be«  romanifcfyen  mit  bem  germanifc^en 
Solteelement  eifrig  gebient  fyatte,  fanb  in  jenem  ©lauben  ba«  5KitteI,  ben  ©oten  ebenfaÜ« 
ein  ^o^e«  unb  bebeutenbc«  Slltertum  ju  geben  unb  fie  auf  biefe  8rt  ben  ^Römern  gleich 
jufteöcn,  fobafe   e«  für  bie  lefeteren  ntc^t«  ©rniebrigenbe«  mefyr  ^atte,  bon  bem  uralten 

55  unb  urberüfymten  §aufe  ber  Slmaler  be^errfc^t  ju  toerben  famt  ben  altberifynten  ©oten 
felbft.  2)iefc  3lu«gleid)ung  ift  auc^  bie  2lbfi^t  ber  2)arftettung  be«  ^orbantö,  tpeb^e 
&  Don  Stanfe  eine  ,^n>ar  auf  fjiftorifcfye  93orftubien  bafterte,  aber  jugleu^  auf  ben  Wo« 
ment  angelegte  ))oIttif(94tftori|^e  Slrbeit  über  bie  ©efc^ic^te  ber  ©oten"  nennt  3U  f«11** 
3eit  n>ar  nun  aber  bie  oftgotiföe  SJtacbt  burd^  S^ang  toefentlicty  gebroc^n;  er  nut^  alfo 

60  babei  auf  ^ufttman  refleltieren,  ben  er  al«  Xrium^ator  über  bie  fo   eblen  ©oten  ber» 


3orb<im8  Sortö  349 

berriic&t,  unb  et  fefct  feine  Hoffnungen  für  bie  lederen  auf  ben  jungen  ©ermanuä  als 
tünftigen  S3e&errfctyer  berfelben ;  benn  biejer  ift  einerseits  ein  ©of/n  ber  SBatafuintfy,  ber 
Sntelm  3$eoberid£$  unb  ber  legten  bom  3lma(erftamm,  anbererfeitö  ber  ©ofyn  beä  ©er* 
manuS,  beä  »ruber«  Don  Sufttman  felbft :  er  berfcfymüjt  alf o  in  ftc^  ba$  33lut  ber  Slnicier 
mit  bem  ber  ämaler.  greilic^  fonnte  bann  nur  bon  einer  fefyr  relativen  ©elbftftänbigfett  6 
ber  ©oten  bte  Siebe  fein,  beren  9föa$t  bamate  in  ben  legten  3utfungen  lag;  engfter  2ln* 
fälufc  an  ba$  römiföe  Steify  ja  (Einfügung  in  baefelbe  n?ar  babei  nicfyt  &u  bermeiben. 
Sber  bieS  ftörte  ben  3°rbante  nidjt,  benn  er  befafc  eine  römifc^geiftlic^e  Silbung;  bie 
tömijt^e  SBelt^errföaft  bte  jum  (Snbe  ber  läge  toar  ifym  ©laubenSfafc,  fd^on  afä  Äatfyolif 
mufcte  er  toünföen,  feine  arianiföen  SBoIfögenoffen  in  bie  (Sinfyeit  ber  Kirche  unb  be$  10 
Seu&S  eintreten  nt  fetyen. 

Sei  jenem  ©ogma  bon  ber  3)auer  ber  römtfd&en  2öeltf;errfcfyaft  überragt  auefy  bie 
Snlage  feiner  SBettd&rontf  nic^t:  bie  2Beltgef$i$te  gefyt  ifym  in  ber  römtföen  ©efcf/icfyte 
fajt  gerabeju  auf ;  ber  SReft  roirb  faft  blofc  mit  ©enealogien  unb  ÄönigSretyen  abgemalt. 
2>er  ffiert  biefcS  SöerfeS  ftefyt  nod)  toett  unter  bem  beä  juerft  befproc^enen.  3-  fat  *>arin  w 
nur  berfd&iebene  anbere  Schriften,  jum  Icil  toörtltcfy,  ausgesogen  unb  in  mecfyanifdje 
Stiftung  gebraut,  namentlich  gloruS,  bann  DrofiuS,  (Sutrop,  sJRarceHinuS  GomeS,  Die 
ßfronif  beS  ßufebiuS  =  §ieronr;mu$,  SamblicfyuS,  ©ofcateS,  einen  SibeHuS  de  origine 
Romae. 

9enu$t  finb  IgorbaniS  SBerfe  im  5K3t  aufter  bon   bem  91abenner  ©eograpfyen  u.  a.  20 
tom  $aulu$  2)iafonuS,  gretfyulf  bon  2ifteu£,  äöibufinb,  ipermann  GontraftuS,  2Rarianu3 
ScotuS,  Semolb  Don  ftonftanj,  ©ffefyarb  bon  2lura,  §ugo  bon  glabignty,   ©tgebert  bon 
@emblous,  Otto  b.  ftreiftng  u.  a.  m.  (3nHit3  «Bet§fäcfer  t)  ©ity.  »Itmomt. 

3orbanu£,  Sominitanergeneral  f.  33b  IV  ©.  774, 1«— 27. 

3ori*,   Sodann  2)abib,   Slnaba^tift  unb  ©eftenftifter,  geft.  1556.  —    ©in  Steil  25 
ber  Oue&en  ift  in  ©.  flrnolbS  Äirdjen*  unb  $efeergefd)id)te  gufammengefteQt ;   91.  wav   ein 
entfdjiebener  ©erounbercr  Don^.  unb  l)at  ifyn  ju  reftituieren  üerfudjt.  lieber  bie  uerroorrenen 
Eadjridjtcn  ber  früheren  3^it  unb  bie   fid)  roiberfpredjenben  parteilichen  Urteile  t)at  ^ippolb* 
grünblidK  Sonographie  unausgeführt  (8^^  1863, 1864,  1868);  eS  ift  eine  ber  beften  arbeiten 
auf  biefem  (Gebiete  ber  9?eformation8gcfd)id)te.    ©ine  Bibliographie   f)at   0.  b.  üinbe  gegeben  so 
(&aag  1867) ;   ogl.    aud)    feine  Slrtifci   über  3.    im  Bibliophile  beige,    1865,  p.  137,  158 ; 
1866,  p.  129 ff.;  «bS3  14.  582 f.    gür  baS  53erft«nbniö  feiner  &t)re  ift  3unbt,    Histoire  du 
Panth£i8me(1875),  p.  164  ff.  wirfjtig.  Saronier,  Het  inwendig  woord  (1890),  p.  173  ff.  bietet 
nttyö    neue«,     dagegen    giebt    jefct    fj.  öuiffon,    S^b.  Castellion  II,    1892,  133  ff.    einen 
eingefcenben  ©eridjt    über  bie  93ejiet)ungen  jmifd)en  3-   nnb  (Saftedio   unb  über  ben  ganzen  35 
9afeler    Aufenthalt   bed   (Srfteren    (f.    nud)    ba^u   ©piefe    in   ^conat^t).    b.    (£omcniu3«($ef. 
5,  202  ff.). 

3-  ®.  S01^  (=  3°^Joon#  ®corg«  ©o^n)  ift  eine  ber  merfroürbigften  ^ßerfönli^s 
feiten  aud  ben  anabapttftifer/en  Greifen  ber  SWeformation^ctt ;  fein  perfönli^er  Gr;arafter 
mit  feiner  engen  Serbinbung  }h>if(^en  religiöser  Eingabe  unb  unlauterer  ©clbftfuc^t  unb  40 
©imdid^Iett,  fem  Seben  mit  ben  jroei  entgegengefe^ten  ^erioben  erft  ber  leibenfc^aftlic^en 
$ro|Kiganbaf  bann  ber  boBfommenen  äußerlichen  Unterorbnung  unter  baä  beftebenbe  Äirc^en- 
toefen  bietet  pty^ologifc^e  9iätfel,  bie  aud)  je^t  no$  nic^t  bollftänbig  gelöft  finb. 

Üt  ift  1501  ober  1502  geboren  unb  flammt  au$  Delft  in  §oßanb  (geboren  ift  er 
toafö<$eroli$  in  Jlanbem,  bielleic^t  in  ©ent  ober  93rügge).  @r  lernte  bie  ©laämalerei  45 
unb  braute  e$  in  biefer  fiunft  gu  bebeutenber  ^ertigteit.  s2Iuc^  für  feine  fpätere  Snttoicte^ 
ümg  mag  er  auö  if;r,  roie  aud  ben  Sluff Urningen  ber  ©c^aufpiele  in  ber  „Rederyker 
kmmer^,  ber  fein  SSater  angehörte,  Anregung  empfangen  ^aben.  (Sin  Rüg  gum  2lben* 
teuerlüben  einerfeit*,  ju  einem  borne^m  geroinnenben,  ariftofratifcfyen  auftreten  anberer* 
feit«  fepemt  tym  f(^on  burc^  feine  9lbftammung  eingepflanzt  geroefen  ju  fein.  ??ac^  längeren  go 
Seifen  im  Sudlanb  liefe  er  fi$  in  ®elft  nieber  unb  heiratete.  Won  3;ugenb  auf  einer 
f$toärmerif<tyen  Sflid^tung  jugeneigt,  trat  er  fofort  mit  Ungeftüm  für  bie  ^Reformation  ein. 
(b  befugte  bie  ©efangenen,  berbreitete  Sieber  unb  Iraftate  unb  griff  bie  ^iriefter,  bie 
8ilba#  bie  9Reffe  (ben  „toeifeen  ©Ott")  aufd  ^eftigfte  an.  311$  er  Himmelfahrt  1528  einer 
^wjeffum  öffentlich  mit  ©c^eltroorten  entgegentrat,  rourbe  er  beruftet,  auf  bem  Warft  66 
auf  einem  ©cfraffot  gegeißelt  unb  $m  bie  3"n9«  burd^bo^rt ;  bann  rourbe  er  für  3  3afre 
and  ba©tabt  berbannt.  ^eimatlo«  fc^toeifte  er  nun  jahrelang  uml;cr.  6r  fc^lofe  ftc^  bem 
läufertum  an  unb  begann  in  ber  aufgeregten  3«t,  in  ber  e3  bor  ber  ßr^ebung  in  fünfter 
unter  ben  nieberlänbifc^en  Säufern  getoaltig  gärte,   eine  r;erborragenbe  iRoUe  ju  fielen. 


350  3ori8 

©eine  feurige  Siebe  gab  ifym  großen  ©influß ;  alle  9ta$ri$ten  finb  barm  einig,  baß  tttoeä 
SBejaubernbe«  in  fetner  $erfönlic§feit  lag,  toenn  auc§  manc&e  ft#  raf#  toteber  Don  biefem 
3auber  befreiten,  ©eine  Sieber  au«  biefer  3*ü  fpieaeln  bie  SSerjtoeiflung  über  ben  2)ru<f 
ber  Verfolgung,  bie  §offnung  auf  einen  na^en  balbigen  Umfcfyhmna  ab ;  fie  jeigen  ton 

6  Don  mfyftiföen  unb  tyiliaftifcfyen  3been  be^errföt.  3ur  2Rttnfterifc$en  Sefeegung  felbft 
fyat  er  feine  fefte  Stellung  eingenommen,  boefc  f)at  er  bie  getoaltfame  ©rtyebung  miß* 
billigt  unb  nad^er  ba«  §aupt  ber  ejtremen  Partei  im  reöofotiimären  Slnabaptiätnud, 
Sattenburg,  entföteben  befämpft.  3n  bvc  &t\t  na$  9Dtünfter  »erfolgt  er  ben  Sßlan,  bie 
verriebenen  Parteien,  in  bie  ba«  Jäufertum  jeftt  au«einanberging,  ju  einigen,  ben  SUta* 

10  bapti«mu«  ju  reformieren  unb  tyn  ju  einer  mächtigen  Setoegung  unter  feiner  Seitirag  ju* 
fammenjuf  fließen :  ein  entfyufiaftifcfye«@egenbilb  $u  Menno  Simon«,  ©o  arbeitete  er  auf 
bem  ftonücnt  ber  Säufer  $u  Socbolt  2luguft  1536  an  einer  ©inigung,  bie  tym  bant 
feiner  maßDotlen  Haltung  unb  feiner  politifetyen  ©efcfyidflicfyfeit  fcfyeinbar  gelang,  fic$  aber 
balb  toieber  auflöfte.   3-  Würben  jefct  Don  ben  Derfctyiebenften  Parteien,   ben  gemäßigten 

löUbboniten  —  nac$  Ubbo  ^fyilip«  genannt  — ,  ben  Melctyioriten  —  nac$  M.$offmann— , 
ben  ejtremen  93attenburgern  Vorwürfe  gemalt.  Slber  e«  erhoben  fi$  auety  fd^märmeri^ 
©timmen,  bie  tyn  al«  „ben  ©heiligten  be«  §errn"  aufforberten,  feine«  Xmte«  al«  ^tro* 
ptyet  unb  Sringer  be«  ©eric^te«  m  toalten,  unb  er  felbft  fam  jefct  (1536)  &ur  ®ehriß* 
fycit,  baß  er  jum  ^ro^eten  berufen  unb  befonberer  göttlicher  Offenbarung  getoürbigt  fei. 

20  3)a«  auftreten  Don  SSiftonen  bejeic^net  biefen  Moment.  3ftr  Gtyarafter  ertlart  fi<$  au« 
ber  Aufregung  ber  3«*>  ber  ©pannung  ahriföen  ber  eigenen  fötoeren  Sebrängni«  unb 
bem  ©tauben  an  bie  nafye  tyerrlictye  3u'unft/  ^ann  auc^  auö  b*m  Won  Vorder  ftarten, 
jc^t  fic£  immer  mefyr  befeftigenben,  auefy  burety  ben  prophezeiten  Untergang  Sattenburg«  ge* 
fteigerten  ©elbftbeiuußtfein,  ber  ftarlen  3l«fefe  unb  ben   bei  3-  iwty  toegjuleugnenben  ge* 

25  f$lecfytli$en  9Serirrungen.  6«  fammelt  fiefy  aDmä^licty  um  3.  ein  Ärei«  Don  äto&angern, 
bie  ifym  unbebingt  Dertraucn.  3)er  ©laube  an  feine  ^rop^etengabe  grenzt  fie  al«  eine 
befonbere  ©efte  Don  ben  übrigen  Slnabaptiften  unb  ©piritualiften  ab,  mtt  benen  fie  im 
übrigen  bie  meiften  ©ebanfen  gemein  tyaben.  $er  ©runbdJKirafter  ift  ent^ufiaftifc^  unb 
$iliaftif$.   SBJie  in  i^m  felbft  jtoei  ©eiten  merftoürbig  Derbunben  finb,  fo  treten  bei  ben 

so  einen  feiner  SKntyänger  mefyr  bie  Merfmale  einer  toofyl  fctytoärmerifcfyen,  aber  ernften  unb 
e^rlicfyen  Steligiofität  tyerDor,  toetyrenb  bei  ben  anbern  ein  abftoßenber  2tbertini«mu«  bi« 
jum  ausgekrochenen  ,,3lbami«mu«",  ber  offenen  unb  planmäßigen  Serlefeung  alle«  ©<^am* 
gefü^l«  bie  §errfctyaft  ^>at.  2)a«  näc^ftc  gelb  für  bie  SBerbung  bot  ber  oamal«  no<^  flarf 
erregte  unb  jerfpaltene  9lnabapti«mu«.  3.  ^atte  großen  ©rfolg  unter  ben  Sattenburgifc^en, 

35  eine  3eit  lang  aud;  unter  ben  2Jlünfterif$en  älnabaptiften  in  Dlbenburg.    3m  ©otnmer 

1538  ^at  er  Dergeblic^  Derfuc^t,  bie  Sttn^änger  9Relcfyior  ^offmann«  in  ©traßburg  ju  ge* 
toinnen  (f.  95b  8,  226,  64  ff.),  ©eine  £el;re  Don  ber  9?oth>enbigfeit  be«  öffentlichen  ©finben* 
belennntniffe«,  ber  3lntinomi«mu«,  ba«  Serlangen,  baß  feine  Se&re  auc^  o^ne  biblifd>en 
33eh)ei«  Don  ben  SBoHfommenen  für  richtig  gehalten  toerben  muffe,   ftieß  bie  ©traßburger 

40  3Mc^ioriten  ab.  2)er  $auptpla$  feiner  X^ättgfcit  aber  blieben  neben  Dlbenburg  unb 
Oftfrie«lanb  bie  Weberlanbe.  $ier  f$ritt,  fobalb  bie  Seite  greifbare  ©eftalt  annahm, 
bie  Dbrigleit  mit  ben  fdjärfften  ©bitten  ein  (feit  1538).  gatybeictyc  anhänget  Don  3- 
tourben  Eingerichtet,  barunter  auc^  feine  eigene  3Ruttcr  (Februar  1538);  an  ber3Jerfolgung 
unb  bem  meift  mit  großer  ©tanbfyaftigleit   ertragenen  sjRartyrium  entjünbete  fid^  bie  S3e* 

46  geifterung  für  3-  immer  auf«  neue.  3-  Hbf*  Öc'an9  &  immer  toieber,  oft  unter  frunber* 
baren  Umftänben,  ftc^  &u  retten,  fo  baß  ber  ©laube  ft$  Derbreitete,  er  lönne  fi$  unfU^t* 
bar  machen.  2)urc^  alle  Mißerfolge  unb  Verfolgungen  ließ  er  fi$  nic^t  entmutigen,  DteU 
mefyr  trat  er  mit  feinen  prop^etifc|en  9tu«fprüc^en  immer  bro^enber  ^erDor.  3m  ©omma 

1539  toanbte  er  ftc^  mit  fcplDerer  ©eric^tebro^ung  an  ben  @erid&t«&of  Don  ^oOanb  unb 
60  forberte  tyn  auf,  ber  Verfolgung  ©in^alt  )u  t^un.    Jlur)  barauf  ($erbfk  1539)  fanbte  a 

feinen  treuen  äln^änger  3or^aen  ftetel  au«  &ebenter  an  ben  Sanbgrafen  ^tyüipp  Don 
Reffen,  ber  i^m,  freiließ  o^ne  nähere«  Don  i^m  ju  h)iffen,  unter  ber  SSebtngung  ber  8n* 
erfennung  ber  Sluguftana  3)u!bung  in  feinem  Sanbe  in  &u«fi$t  [teilte.  Sin  bie  ©räfin 
9lnna  Don  Dftfrie«lanb  fyat  er  eine  älpologie  gerietet  unb  felbft  an  Sut^er   einen  felbft 

66  bewußten  ©rief  getrieben.  3um  9tegen«burger  ©efprä$  1541  fanbte  er  toieberum  Äetd, 
ber,  o^nc  ben  tarnen  feine«  5Keifter«  ^u  nennen,  SBucer  )u  gewinnen  fuc^te.  äuc^  biefe 
Hoffnung  fc^Iug  fefyl.  3ntereffante  Ver^anblungen  tyat  3.  fobann  mit  ^o^ann  a  2a«co 
unb  Menno  ©tmon«  geführt;  aber  ba«  ©rgebni«  n>ar,  baß  beibe  fd^arf  bie  ©ren^linie 
tym  gegenüber  }ogen.    %ixx  bie  gan^c  Weitere  ©nttviclelung   be«  X&ufertumd  toar  «« 

oo  n>ic^tig,  baß  Menno  ft$  fo  entfe^teben  Don  jjeber  ©emeinfd^aft  mit  3*  lo^agte.    S>o$ 


3ori3  351 

gelang  eS  biefem,  einzelne  Anhänger  -DtcnnoS  $u  ftc§  fjcrüberjujiefycn.  2luf$er  burety  bic  ^cr= 
ffaluyt  ^ropagaitba,  bie  er  raftloä  umfyerjiefyenb  betrieb,  h>irfte  3-  auc^  bu*$  f«ne  5a^= 
reuten  ©enbfqlreiben  unb  ©Triften.  Unter  biefen  ift  bte  hnctytigfte  fein  „2üunberbudi>" 
(tf  Wonderboeck,  waerin  dat  van  der  Werldt  aen  versloten  gheopenbaert  is"). 
6*  ift  1542  jum  erftenmal,  1551  jum  jtoeitcnmal  crföienen,  in  prächtiger  2lu3ftattung,  5 
bem  ^n^alt  naety  ^öc&ft  bertoorren:  eine  Sammlung  entfyuftaftifctyer  ^^antafjen  mit  alten 
tmb  neuen  SJtotiben,  ofyne  Älarfyeit  unbDrbmmg,  boll  abenteuerlicher  Silber  in  ge^eirnnte* 
fcoBen  anbeutungen,  ßlagen  unb  SDrofyungen,  aflegorifd&e  Auslegung  bon  SBibelfteUcn  unb 
überall  ftarfe  Slnpreifung  feiner  eigenen  ©enbung.  Der  erfte  2etl  enthält  eine  ßrflärung 
aller  giguren  unb  ©e^eimnifje,  ber  jtocite  $eil  giebt  2luff$lüffe  über  ©Ott,  ber  britte  10 
über  GtyrifhtS,  ber  vierte  über  bte  SReftitution  beä  SteicfyeS  Gfyrifti.  2)ie  beigegebenen  SMlber 
jeigen  bie  au$fdj>toc'tfenbe  finnlictye  $Jtyantafte.  3m  9Bittel}>unlt  feiner  2efyre  ftcfyt  bie  ioacfyi* 
mittfe^e  SorfteQung  Don  ben  brei  SBeltaltcrn,  bie  in  bem  jübifcfyen  Heiligtum  borgebilbet 
jtnb:  1.  ber  Sor£of  -^  bie  ßeit  be$  alten  93unbe$  (®ott-38ater);  2.  ba«  ^eilige  = 
bie  3«tt  be*  9lZi  (@ott*©o&n);  3.  baS  2lUer$eiligfte  =  bie  Reit  beS  &etl.  ©eifteS,  in  15 
ber  bte  dufteren  Sjnftitutionen,  ©atramente  u.  f.  to.  aufhören.  6r  felbft  fetyreibt  ftdjf  bie 
Stoße  be$  ^ßro^eten  ber  legten  QÄt  m,  er  ift  ber  geiftige  ßfyriftuä  3)abtbf  ber  über  bem 
no$  ßeif$li$en  Igefu*  ftetyt ;   tym   ift  ba$  Königtum   im  nafyen  9tei$   ber  SSoDenbung 


3ei#  bad  bte&erige  auftreten  bon  3.  eine  mit  finnigen  (Elementen  ftarf  burctyfcfcte,  20 
ungejüaelte,  aber  immer  no<£  efyrlicfye  ©cfytoärmerei,  fo  beginnt  nun  eine  $h>eite  $eriobe 
feine*  SebenS,  in  ber  er  auf  bie  Sßropaganba  beratet,  feine  3>becn  nur  noefy  insgeheim 
verbreitet,  unter  frembem  Flamen  in  t  frembem  Sanb  in  behaglichem  £ebenägenu|  ba$ 
Kommen  be$  9iei$e3  erwartet.  2)en  Übergang  baju  bilbet,  neben  ber  ßnttäuföung  über 
baS  ausbleiben  eine*  greifbaren  ©rfolgeä  im  @ro$en,  bie  Slnfammlung  Don  Reichtümern  25 
bun$  bie  Opfertoifligtett  feiner  3ln$ängcr.  9>m  3luguft  1544  erfetyien  er  als  nieberlän* 
bifefcr  gflüctytlmg  rcic$  unb  mit  bornefymen  Sanieren,  Durc^  ein  imponierenbeS  auftreten 
«rterßüfet,  in  Bafel,  als  „Sfofann  bon  93rügge",  nad^bem  er  im  2fyril  jubor  ftcfy  ©ic^er* 
$cit  berfdjafft  fcatte,  bafj  er,  als  um  be$  SbangeliumS  Tillen  Vertrieben,  gute  aufnähme 
finbe.  @r  tourbe  atö  ©üraer  aufgenommen,  trat  ju  ben  Safeler  ^atrijiern  in  freunbfc^aftlic^e  so 
Sqte^ungen,  ertoarb  fiep  ©üter,  barunter  ein  fleineS  Sc^Iog  in  sBinningen  (ba^er  auc^ 
^Qo^ann  t>.  Sinningen"),  führte  einen  untabel^aften  fircfylicfycn  äSanbel,  jetc^netc  fid?  burd^ 
3Bo^ätig!eit  au*  unb  Verheiratete  Sö^ne  unb  Södjter.  Sie  „^ieberlänber"  bilbeten  eine 
Beine  angefe^ene  Kolonie  unb  toaren  unter  bem  ^oc^vere^rten  gamilien^auj)t  feft  $\* 
fmnmengefc^loffen. .  ©eine  ^ropaganba  fd^ränfte  er  auf  bie  fc^riftfteQerifc^e  X^ötigfeit  ein,  35 
bk  auc$  je^t  in  m^ftifd^en  2raltaten  unb  Senbbriefen  an  feine  Sln^änger  fefyr  rege  U>ar. 
Unter  ben  festeren  erlitt  gerabe  bamalS  eine  Slnja^l,  barunter  fietcl  (im  ^a^re  1544), 
ben  SRärtyrcrtob.  3lud  Safel  mahnte  er  feine  9ln^anger,  fic^  äu^erltc^  bem  befte^enben 
fttrc^entDefen  anjufd^Iie^en.  Sie  $eu$elei,  beren  er  ftd)  fc^ulbig  machte  unb  bie  nid>t  ju 
eirtfernen  ift,  trirb  nur  baburd?  eth)aö  gemilbert,  ba^  in  btefer  glimmen,  innerlich  40 
toiberftmu^Voflen  unb  äufterlid?  bebrängten  £age  aueb  anbere,  an  fittlicber  Kraft  ^öf?er= 
fte^enbe  ©^iritualiften  ber  SReformation^eit  c«  für  erlaubt  gehalten  ^aben,  i^rc  legten 
©ebanlen  Dorläufig  }u  Verbergen.  9lu$  ift  eö  möglich,  bafe  äFmltcfy  tuic  bei  anberen,  fo 
au<^  bei  3.  eine  getoiffe  SJcrgeiftigung  unb  6rmä|igung  feiner  3wtunft^erh>artungen  ein* 
trat ;  er  mochte  ^offeit,  bafe  langfam  ftc^  bie  neue  3C^  *m&  Beifügen  ß^riftentumS  an*  45 
bahnen  to>erbe,  unb  mochte  bieQetc^t  aud)  für  fic^  felbft  nicfyt  me^r  bie  fü^renbe  Solle 
beanftmteben  h>ie  früher.  ©0  trat  er  je$t  aud)  in  33erfe^r  mit  ^Diännem,  bie  gleichfalls 
bic  ^mftyenbe  ürc^lic^e  Stiftung  betämpften.  @r  trat  1553  für  ©erbet  mit  einer  an  bie 
S^toeijerftäbte  gerichteten  anonymen  Sittfc^rift  ein.  9ln  ©c^tpenlfelb  richtete  er  einen 
9n«ff  tn  bem  er  übrigen*  beffen  Se^re  Von  ber  SSergottung  beö  3){enfc^en  befäntyft.  ^5er?  50 
fdnlU^m  Serle^r  $at  er  mit  6afteHio  gehabt;  ber  2oleran$gebanlc,  bie  üJt^ftil,  bic  tjnri- 
tualifttfc^cn  ©ebanfen  Von  ber  (Snttoicfelung  ber  Airc^e  gaben  bie  s3Rög(id;feit  einer  9Ser< 
ftanbigung.  9lur  toenige  tou^ten  in  Safel  bon  bem  ©el^eimntä,  außer  (SaftcHio  ber  ftan= 
idftf^cär^t  gtan  Sau^in,  ber  ^auöar^t  ber  Jamilie.  Qo^ann  b.  Brügge  ftarb  in  93afel, 
3  läge  naety  bem  lobe  feiner  ^rau,  am  25.  9luguft  1556,  unb  hmrbe  in  ber  Seom  55 
friibSKuftc  al*  rechtgläubiger  unb  angefe^ener  9)tann  begraben,  ©rft  3  3^  nac^  feinem 
lobe  tarn  eö  an  ben  2ag,  ba^  ber  bornel^me  Diiebcrlänbcr  mit  bem  ßr^te^er  3«>ri*  iben« 
tiU  fei.  Den  Änlafe  baju  gaben  ©treitigfeiten  in  ber  Jamilic.  ©etn  ©d^totegerfo^n 
Sfitofau*  Sle^byl  n>ar  fc^on  ju  3-3  &b$eiten  an  feiner  £e|re  irre  geworben  unb  berriet 
ben  Safeler  ©etftlictyen  bie  ©ac^e.  ©d^lie^lid^  führte  bie  äludfage  eine*  früheren  ^amuluö  co 


352  3ortd  3ofapl>at 

Don  3v  §enbrif  Dan  ©$or,  $ur  2tufnafyme  be«  ^rojeffe«  imSTOön  1559.  2)ie  UniDerfitot 
erllärte  im  Slpril  bic  Sebre  Don  3.  für  fyäretifa)  —  Gurio  unb  Gafteflio  toaren  babei  ntd^t 
antoefenb.  3)ann  tourbe  ber  Äefcerprojefe  naa)  ftrengem  mittelalterlichen  Stecht  burdfc 
geführt,  bie  Seiche   Don  3.  ausgegraben  unb  feierlich  Derbrannt,   ebenfo  feine  S3ü<$er  unb 

6  fein  Silb  Derbrannt  (13.  3Bai  1559).  3)ie  Angehörigen  be«  33erftorbenen  mußten  am 
6.  Sunt  im  fünfter  ßtra^enbufee  t^un.  G«  toar  im  3(nterefje  ber  SBafeler  Sßatri^ier  felbft, 
nia)t  aDjufa)arf  Dorjugeben.  3>amit  toar  bie  ©acfye  für  SBafel  $u  Gnbe.  3Me  Seite  ^ielt 
ftd^  noa)  länger  in  ben  SRieberlanben  unb  in  #olftein.  2)ie  ©d^riften  Don  3.  ftmrben 
mefyrfaa^  neu  aufgelegt,  e$  famen  noa)  öfter  Äefcerprojeffe  gegen  bie  3oriften  Dor,  fo  @nbe 

10  beS  16.  3a^unbert&  Goornfyert  fyat  ftcfy  mit  ber  öefämpfung  ber  S^tiften  beifügt, 
noa)  fa^ärfer  bat  fte  Ubbo  Gmmiu«  befämpft,  babei  aua)  toertDofle  3lai)t\fytn  über  ben 
9Jiann  unb  feine  $läne  mitgeteilt.  Reglet. 

3ofa^atf  Äönig  in  3uba.  —  £.©roalb,  ©efa)tü)te  bc«  EoffeS  3«rael  «III,  509 ff.; 
&.  &i&ig.  ®ejd).  b.  93.  33r.  (1869)  I,   198ff. ;   ©.  9Ka3pero,    ©efdjicftte  ber  tnorgenlänbtfdjen 

16  SBölfcr  im  Altertum,  beutfd)  Don  ^ietfdjmann  (I877\  ©  350  ff.;  93.  Stabe,  ©efd)id>te  be* 
Solfe3  3«rael  I,  Berlin  1887;  9(.  Äö&ler.  93ibl.  ©efd)i«te  9123  III,  198 ff.  326  ff.;  9i.  Ätttel. 
©efd)id)te  ber  Hebräer  II  (1892),  6.  210 ff.;  Gb.  SReljer,  ©efcftidjte  bc3  Altertum«  I  (1884), 
392 ff. ;  G.  £  Gornül,  ©efd).  be3  «.  3«v.,  Gtjicago  1899,  ©.110 ff.;  £.  ®utf>e,  @efrf»rf)te  be« 
53.  3*r.,  ftreiburg  1899;  S.  132 ff.;  G.  ®d)lottmann,  $er  Woabiterfönig  SRefa,  ZföiSt  1871, 

20  S.  587  ff.  unb  beffen  9ltt.  Sttefa  in  9tie$m*  £brob.  Scfte  «umgäbe  ber  3Hefd)ainfd)rift  »on 
91.  Smenb  unb  91.  6ocin,  greiburg  1886.  93gl.  bie  Kommentare  $u  Üönigäbud)  unb  G&ronit, 
fotuie  bie  9lrtt.  „3ofapf)at"  in  ben  biblifd)en  SBörterbüdjem  uon  SBiner,  ©djenfel  (SRölbefe), 
$ie&m  (ilfeinert). 

Sofaptyat  prcTni,  „3a&Dety  föafft  Stecht")  toar  einer  ber  bebeutenbften  Äöntge  cati 

26  EaDib«  £au«,  ©otyn  be«  frommen  Äönig«  3lfa  (f.  b.  21.  93b  II,  ©.  130)  unb  ber»fuba 
unb  3eitgenoffe  be«  i«raelitifa>en  ftönig«  Styab  unb  feiner  ©ö^ne  2tya«ja  unb  %oxam.  3m 
4.  3«^te  2tyab3  jur  §errfa^aft  gelangt,  bamafe  35jäfyrig,  regierte  er  25  3^  «*  S«118 
falem  (trab.  914-889  D.  g^r.;  ^am^aufen  876—852)  lÄg  22,  41  ff.;  2G&r  20,  31. 
$ie  ©cfa)ia)tc  feiner  Regierung  finbet  fa  hirj  er^lt  1  Äg  22;  ügl.  2Äg  3,  unb  au^ 

3ofü^rIid;er  2  (S&r  17—21,  1.  ©eloiffe  sJtoa>ria>ten  unb  ©rjä^lungen  finb  nur  bem  6^ro^ 
niften  eigen,  n>aö  nid&t  baju  berea>tigt,  i^nen  ^tftorifd^en  2Bert  abjufprec^en.  SSielme^r 
^at  ber  ßfyronift  bie  i^m  noa^  ju  ©ebote  ftefyenbcn  umfaffenben  Duellen  (t>gl.  2  G&r  20, 34) 
rcia^lia^er  benüfct  aU  unfer  biblifa^e^  Äönig^bua^,  ba$  naa^  eigener  äu^fage  (1  .Vtg  22,  46) 
manage  rü^mlia^e  Saaten  >fap^at^   übergangen  ^at.    ®ie^  fa^ltefet  nid^t   au«,   bafe  ber 

36  Gljronift  ben  ©toff  naa^  eigener  3luffaffung  freier  geftaltete,  j.  83.  ©ebet  unb  Siebe  be$ 
.Honig«  (2  G&r  20 ;  Dgl.  19)  nad^  allgemeinerer  9totij  ausführte,  auc^  too^l  ©injel^eiten 
in  ben  gef$i$tli$en  Überlieferungen  infolge  be«  bebeutenben  Zeitraumes,  ber  5mifa>en= 
innelag,  mijjDerftanb,  g.  8.  2  G^r  20,  37. 

sJta$  au^en  tüufete  ^ofapfyat  ba«  Slnje^en  be«  Keinen  SanbeS  bur^i  IraftDoBe«  Äegi* 

40  ment  gu  er^ö^en.  ©eine  beträa^tlid^en  Lüftungen  unb  aSorfu^tSmaferegeln  für  ben  Äneg 
(2  G^r  17,  2.  12  f.)  flößten  junäa^ft  bem  Äönig  2tyab  Don  3«rael  äl^tung  ein,  fo  ba§ 
er  ein  Sünbni«  mit  bem  fonft  ftetS  fa^ecl  angefe^enen  §aufe  3)oDibd  fuc^te,  ba«  ttyn 
bei  feinem  faft  immer  gekannten  Ser^ältniffe  ju  ben  Syrern  (Äönig  Sen^abab  II.  ya 
3)amaef)  ein  imMommener  Sunbe^genoffe  fein  mufete,  nia)t  babon  ju  reben,  bafe  bamal* 

46  bie  aufftrebenbe  ©rofemaa^t  Don  3lffur  pa)  in  Sorberafien  fetyon  bebro^lic^  anfünbigte 
(©ieg  ©almanaffar«  II.  über  £ababefer,  Sl^ab  [!f]  u.  a.  bei  tfarfar).  30f^N  <*«  fabt* 
na$  innerfter  perfönlia^er  Neigung  ein  gute«  GinDerne^men  mit  bem  SunbeSDol!  an,  unb 
h>enn  bie  SJerbrüberung  mit  2l^ab  nia)t  Don  ifym  ausgegangen  ift,  tarn  er  jebenfafltö  ben 
2lBianjbeftrebungen    bereitloiUigft   entgegen.    9lur  gu   h>cit  liefe  er  jic£  mit  bem  paqanu 

60  fterten  §ofe  Don  ©amaria  ein,  unb  befiegeltc  bie  greunbfe^aft  mit  bemfelben  fogar  ba* 
burc^,  bafe  er  feinen  ©o^n  3oram  tnit  2ltyalja,  einer  Xod^ter  a^aW  unb  ber  ^\Ad, 
beren  ©eift  fa  geerbt  ^atte  (nac^  anberen  toäre  fie  ©(^toefter  Wifate  getoefen),  bermtyltc 
^Politifc^  foDte  ba«  Sünbni«  fic$  juerft  in  einem  offenftDen  gelbjug  gegen  bie  ©^ta  ei» 
proben,   toobei  e«  galt,  biefen  bie  eigentlich  gu  ^«rael  ge^örenbe  uub  für  bie  iWrrf^aft 

66  über  ba$  Dftjorbanlanb  loia^ti^e  ^eftung  Stamotty  in  ©ilcab  ju  entreißen  (2  Äg  22,  1  ff.) ;  DgL 
9b  I,  ©.  260, 17  ff.  2)er  Ärieg  enbete  mit  einer  SRieberlage.  8U«  3°^^  ««¥  fyufc 
jurüclfe^rte,  empfing  er  au«  bem  9Jtunbe  be«  ^Jrop^eten  %d)\\,  ©o&n  Gbanani«  (aua> 
2  G^r  20,  34  genannt)  eine  ernfte  SHüge,  toeil  er  fta^  mit  benen  eingeladen  ffobt,  bie 
ben  §errn  Raffen  (2  G^r  19, 1  ff.).  —   Sei  feinem  ftetigen  Verlangen  nac^  engerem  8m 

go  fc^lufe  an  ba«  nörblic^e  ttönigreic^  liefe  fic^  immerhin  fpäter  ^ofapfyat  audj?  )u  einem  ge> 


Sofort  353 

mdnfomcn  gelbjug  mit  bem  Reiten  ©ofyne  2lfyabS,  ^orarn,  bereit  finben,  melier  gegen 
bie  feit  ätyobS  lob  bon  S^ael  abgefallenen  9Hoabiter  (König  SDieföa)  gerietet  toar, 
2  Ü0  3.  SDiefe  6g>ebitton  ^oramS  unb  ^ofa^atS,  toeld^en  auefy  (Sbom  34JU8  Wften 
matte,  tourbe  bur$  bie  2Büfte  ©bomS  (jübltcfy  um  baS  tote  9Heer)  ausgeführt.  2)er  äöaffer* 
mangel  jener  ©egenb  brotyte  ben  berbünbeten  Königen  bereits  ben  Untergang,  als  (Slifa,  5 
ber  $roptyet,  um  ^ofap^atö  toillen,  ibnen  guten  9tat  gab  unb  Slettung  unb  Sieg  berfyiejj. 
£aS  eingetroffene  Steaentoaffer  braute  bur$  feine  gerötete  garbe  bie  SRoabiter  auf  bie 
Meinung,  bie  geinbe  Ratten  ftc$  gegenfeitig  angefallen,  unb  berlocfte  fie  $u  unbebautem 
9ngnfff  toobei  fie  gefcfylagen  tourben.  2)er  König  3Jief$a,  in  feiner  gefte  Kir  §arefetlj  (bem 
beutigen  Keraf)  belagert,  opferte  in  ber  äufjerften  9lot  feinen  ©ofyn  bem  ©tammgott  10 
ttamofö,  toorauf  naefy  ber  geheimnisvollen  angäbe  2  Kg  3,  27  ein  großer  3«>nt  über 
^Srael  fic$  funbgab,  fo  bafj  fte  umfcfyren  mußten.  2Bie  biefer  göttliche  3om  ftdj  aufwerte, 
tjt  ni$t  gefagt.  Db  eine  ©eut&e  ausbrach  ober  eine  SRieberlage  erfolgte,  —  jebcnfaDS 
bemächtigte  f\i)  beS  SBolfeS  ©c^reefen  unb  9liebergefc$lagenl)ett,  fo  bafj  fte  unterrichteter 
Sacfce  ^eimtefyrten.  2)er  Grfolg  beS  3U9^  toar  ™n  burdtfcfylagenber  unb  bleibenber.  —  u 
$er  (Sfyronift,  toelcfyer  (entere  ©eföicfyte  nicfyt  erjctylt,  toie  er  überhaupt  bie  Söirffamfeit 
beS  ^ropfyeten  (Slifa  übergebt,  melbet  bagegen  2  Gfyr  20  noefy  einen  befenfiben,  aber  glücf- 
Beeren  3U8  SofafMS  gegen  bie  Slmmonitcr  unb  SKoabiter,  benen  ftc§  bie  3Reuniter 
(2  (Sfyc  20,  1  lies  Kwsrra;  f.  8ert$.  g.  b.  ©t.)  auf  bem  ©ebirge  ©eir,  ni$t  bie  Gbo* 
miter,  angeföloffen  Ratten,  ©nttoeber  burefy  jene  fötoere  9lieberlage  beS  gefamten  ^xaA  20 
bei  Kamotty  in  ©ileab  ermutigt,  ober  aus  Stacke  für  ben  eben  ertoäfynten  Einfall  ber  ber« 
bünbeten  Könige  in  ifyc  £anb  toaren  biefe  alten  ©rbfeinbe  vorn  ©üben  beS  toten  SföeereS 
ter  gegen  3uba  borgebrungen  unb  ftanben  fetyon  bei  @n  ©ebi,  als  man  in  '^erufalem 
Äunbe  babon  erhielt,  ^n  tyrer  Slngft  tourben  König  unb  Soll  bur$  ben  propfyetifcfyen 
6pru$  eines  Sebiten  aus  ben  Kinbern  SlfapfyS  ermutigt,  über  toelcfyen  ber  ©eift  beS  §errn  26 
gefommen  toar,  toetyrenb  Sofa^at  bor  ber  9Benge  m  ©ott  betete.  9Wit  frohem  9Rut 
unb  unter  Sobgefängen  jogen  fte  aus.  3lad)  jener  SJerfyeifjung  tourbe  ifynen  ein  leichter 
Sieg  über  bie  Übermalt  ju  teil,  ba  bie  toerbünbeten  ©tämme,  bie  ifyien  gegenüberftan- 
ben,  auf  uneiflärlicfye  SBeife  aneinanber  geraten,  fiefy  gegenfeitia  aufrieben.  3)aS  Ztyd, 
too  bie  3ßraeliten  nac^  ausgiebiger  93eutejagb  jum  Sobgefang  ft^  fammelten,  tyiefj  fortan  so 
rc-2  p7?r,  „gobetyal";  eS  ift  baS  heutige  Seretfüt  loeftl.  oon^efoa;  f.  Drelli  ju  Soel 
4,  2.  J)ie  toradjittfäen  ^Pfalmcn  46—48  betrautet  %xani  2)elifcfc$  als  Sriump^gefänge 
na4  biefem  ©iege  (bgl.  benfelben  gu  ^Jf  83) ;  fte  paffen  aber,  abgefefyen  bon  48,  5—7 
beRer  in  bie  &\t  §iSfiaS.  dagegen  fönnte  $f  68  aus  biefem  ßreigniS  ^erborgegangen 
fein.  —  ^a  fcon  biefem  3"Ö^  "w^  ber  Gfyronift  berietet,  fo  behaupten  manche  Kritifer  86 
feit  ©ramberg  unb  Grebner  (m  ^oel  4,  li),  biefe  ©efäicfyte  2  ß^r  20  fei  nur  eine 
Umgeftaltung  beS  2  Äg  3  ergä^lten  unb  fpre$en  tnjonberbeit  ber  erfteren  allen  fytftori[tf>en 
Bert  ab.  SQein  bei  ber  großen  a3erfc^teben^ett  aller  §auptmomente  toirb  man,  falls  bie 
S^nmtf  nidjt  \>on  born^eretn  ungefc^id^tlic^er  Million  begid^tigt  toerben  foQ,  in  bem  Don 
i^r  berichteten  eine  felbftftänbige  Unternehmung  ^ofap^atS  anguerfennen  ^aben,  unbefc^abet  40 
ber  fubjettiben  SuSgeftaltung  beS  G^roniften.  ©0  fc^on  $i|ig,  Gtoalb,  Sertfycau ;  Dal. 
befonberS  auc^  Äö^ler.  dagegen  lä^t  ftd^  über  bie  jeitlid^e  ^olgc  biefer  beiben  ©reigniffe 
unb  i^r  SSerfyaltntS  jum  bekannten  ©iegeSbentmal  beS  Königs  Wefc^a  ftretten.  Sgl.  über 
biefe  fragen  ©c^lottmann  in  ben  I^StK  1871,  ©.  598  ff.,  toelcfyer  am  toa^rjc^einlic^ften 
bie  Smta^me  finbet,  jene  ©tele  beS  -JRoabiterfönigS  fei  bor  ben  beiben  eben  beforodjenen  45 
gtlb|ügen  gefegt  unb  bejie^e  [\$  auf  bie  gegen  König  StyaSja  errungenen  Grfolge.  3)er 
3«d  tiad)  S^efoa  falle  in  frühere  Rtit  als  ber  mit  ^oram  xn*  sJHoabiterlanb  unter- 
nontmene.  3n  ber  %f)at  toürbe  2  ßfyr  20,  1,  bergtic^en  mit  2JS  35  auf  a^aSjaS  3eit 
f^tte^en  laffen.  S)oc^  ift  bielleic^t  bie  Slnorbnung  Köhlers  borgujie^en,  ber  2  6l?r  20 
einen  SRac^qug  ber  3Roabiter  für  ben  (SinfaU  ber  berbünbeten  Könige  (2  Kg  3)  finbet,  so 
aljo  ben  3ug  nac^  ST^efoa  als  ben  fpäteften  KriegSgug  ^ofapl^ats  betrachtet.  3>af*  bie 
5Refc^aftele  bor  bem  guge  2  Kg  3  entftanben  ift,  ge^t  jcKon  barauS  ^erbort  bafe  fie  auf 
benfelben  leinen  Sejug  nimmt,  toäfyrenb  3Jtefd^a  nac^  jenen  (Sreigniffen  nic^t  unterlagen 
^atte,  auf  bie  rettenbe  %fyat  feines  ©otteS  Kamofc^  ^in^utoeifen. 

©rö^er  no<^  als  im  Kriege  jeigte  ftcb  ^ojav^at  als  Regent  feines  SolfeS,  bem  er  66 
fcfaie  tytyffoi  ©üter  ju  erhalten  eifrig  befliffen  toar.  fflie  feine  perjönlicfyc  grömmigfett 
(!Äg22,  43)  Urirb  bon  ber  älteren  unb  ber  jüngeren  Duelle  feine  reformatorifcfye  X^ätig« 
bit  gerühmt.  ®r  fc^affte  bie  Überrefte  beS  unftttlid;en  ^eibnifc^en  ©otteSbienfteS  aus  bem 
Stabe  (1110  22,  47)  unb  fyatte  mit  bem  Saalbienfte  nichts  ju  t^un.  Sgl.  2Gbrl7,  3.  6; 
19,  3.  9Bte  entfUu$  eS  i^m  um  bie  religiöfe  unb  moralijc^e  ^ebung  beS  SolieS  ;u  t^un  00 

UnlitountlopöbU  für  X^coloflic  unb  Wir^e.   3.  9(.  IX.  23 


354  3of<tyl)at  doftylf 

toar,  jctgt  bie  fcfyöne  ßmricfytung,  bafj  er  eine  2tn$a^l  funbiger  9Ränncr,  barunter  fünf 
gttrften,  neun  Sebiten  unb  jroet  Sßrieftcr,  in  bie  ©tobte  3juba3  au«f<$icfte,  um  ba«  Soll 
mit  bem  @efe$bu$  be«  §errn  bertraut  ju  machen,  2Qfyc  17,  7  ff.  >tär  bie  ©ef$i$tfi$: 
feit  biefe«  $uq&,  M*  [xd)  nur  bon  ber  irrigen  33orau«fe$unö  au«  anfechten  läfet,    bafc  e« 

6  bamal«  nodj  lein  ©efe^bue^  gegeben  r)abe,  ftetye  Rödler,  @ef<$.  III,  199  f.  Xuc$  bie 
9tec§t«j>flege  fanb  nact;  19,  5  ff.  in  biefem  Könige  einen  burc^greifenben  Reformator  (ate 
folc^er  hriirbe  er  nad&  2BelIfyaufen,  6tabe  nur  um  feine«  SRamen«  toitten  angefe^en !),  bem 
e$  ntct)t  blofj  um  ben  Seamtenap^arat  &u  tfyun  toar,  fonbern  ber  fic$  reblicfc  bemühte,  bem 
SRiAterftanbe  geregten  ©inn   einpflanzen.    gn  *>cn   einjetnen  Sanbftätten   befteUte  3o* 

10  fapgat  je  ein  ©ert^töloEegium,  in  ^erufalem  ein  oberfte«  Xrtbunal,  au«  Stammhäusern, 
Sßrieftern  unb  Sebiten  beftefyenb,  roelcf;e«  bie  fdjroiertgften  gjäfle  entfcfyetben  fottte.  Starbt 
t)atte  ein  ^Sriefter  bei  ben  geiftlic^en,  einwirft  bei  ben  roeltlic&en SRec^töfragen  ben  Sorfty. 
2)ie  Sebiten  h>aren  befonber«  Slbminiftratite  unb  ©jelutibbeamte.  Über  ben  3ufatnmais 
^ang  biefer   Einrichtung   mit  ber  beuteronomifcfyen  ©efefcgebung  bgl.  Sß.  Äleinert,  2)a« 

16  35euteronomium  unb  ber  2)euteronomifer  ©.  140  ff.  3lu$  eine  mertantile  Unternehmung, 
toeld&e  freiließ  erfolglos  toar,  toirb  in  beiben  §au))tqueBen  bon  3ofaj>^at  gemelbet.  6r 
fud&te  bie  einft  bon  ©alomo  betriebene  ©c^ifffa^rt  naefy  bem  ©olblanb  Dpfyx,  bie  &on 
6&jon  ©eber  ausging,  toieber  aufzunehmen.  Slttein  fcfyon  in  ber  SRä^e  biefe«  $afen« 
mürben  bie  neu  au«gerüfteten  ©ct)iffe  (nact)  anberen  nur  ein  ©$iff  naety  urfprüngficfcr 

so  £e«art  1  Äg  22,  49  ¥)  bom  Sturm  jertrümmert.  $en  Sorfctylag  3tya«ja«  bon  3«rael,  bei 
biefem  Unternehmen  gemeinfam  borjuge^en,  toie«  Sofaptyat  jurücf,  1  Äg  22, 49;  togl 
9,  26  ff.  2)cr  6t)ronift  bagegen  (2  Gtyr  30,  35  ff.)  berietet,  eine  folc&e  SJerbinbung  fei  bon 
SSofapfyat  totrflit&  eingegangen  toorben  unb  bie«  nact)  )>ro^ctif$em  SBorte  ber  ©runb  be« 
aRifjüngen«  getoefen.  Sribe  SRactyrictyten  fuct)t  man  berföieben  au«jugleu$en.   @m  Serfefci 

36  ift,  bafc  2  Gt;r  20,  37  Styarfi«  al«  3iel  biefer  ,,^arft«fa$rer"  angegeben  ift,  fall«  man 
nietyt  mit  $ranj  2)eli$fc$  annehmen  toill,  fte  feien  Dom  roten  2Reer  au«  um  Stfrifa  herum- 
gefahren. 

2)a«  ©efamtbilb,  ba«  un«  au$  allen  biefen  jum  Steil  or)ne  3ufammeitr)ang  aneinanber 
gereiften,  aber  auf  guter  Überlieferung  fufcenben  SRad&rid&ten  über  gofa^at«  Regierung 

80  entgegentritt,  ift,  toenn  auet)  nietyt  ot)ne  ©ct)atten,  boct)  ein  ticfytbolle«,  rote  e«  bie  ©eföufye 
be«  §aufe«  $abib  feit  ©alomo  fonft  nict)t  met)r  aufgeroiefen  fcat.  3)a«  2anb  erfreut  p* 
ftarfer  SeböIIerung  (Dgl.  2  S^r  17, 14  ff.)  unb  bor/en  SQSo^Iftanbe«.  £>a$  Heine  3uba  ift 
nafy  aufeen  geartet  ban!  ter  2Bei«t)eit  unb  Xapferteit  feine«  Jtönig«  (bgl.  ben  Tribut  ber 
^ilifter  unbSlraber  2  6t)r  17, 10  f.),  nact;  innen  roo^l  georbnet  unb  jurgurd^t  be«$errn 

86  angetoiefen.  *Re$t«pfIege  unb  ©otte«bienft  blühen  unb  bilben  ftet;  au«.  Xuc^  ba«  ^eilige 
©d^rifttum  toirb  forgfältig  gepflegt  unb  bereichert.  3)er  Jtönig  felbft,  ein  Xbbtlb  2)at>ib« 
in  feiner  grömmigteit,  bie  auc^  ben  fc^arf en  iabel  be«  $ro))^etenroorte«  erträgt,  geigt  ju* 
gleict;  leiten  S3lia  unb  toeit^erjige  eble  ©efmnung  fotoie  unermüblit^e  Snergie  in  ber 
©orge  um  feine«  SBolfe«  9Bot)l.    3)a^  e«  freilict)  nic^t  engherziger  ^anati«mu«,    fonbern 

40  tiefere  (ginfw&t  toar,  toa«  bie  eckten  $ro^t)eten  trieb,  jene«  tooplgemeinte  Streben  3<>fa* 
))t)at«  nact;  SBerbinbung  mit  bem  abgöttifeben  norbi«raelitifc^en  Äömg«£au«  bon  Sbtfang 
an  ju  berurteilen  —  rourbe  gleict)  nact)  feinem  Stöbe  nur  attju  offentunbig,  inbem  jene 
S3ermät)lung  feine«  ©o^ne«  mit  3ltt;alja  bie  bentbar  fc^ltmmften  grüdjte  trug  unb 
ba«  fianb  ber  Segnungen,   bie  it;m  ^ofa^at«  Regierung  gebraut  t;atte,  fc^neD   roid>er 

46  beraubte.  »•  CreflL 

3ofe^^f  ©or)n3afob«.—  ffl.  $.  ««icnicijer,  (Sljaratteriftif  ber  Bibel  (3.  «.  1778) 
II,  301  ff. ;  JHofennuiDcv.  5)a«  alte  unb  neue  ^oracnlanb  (1818)  I,  174 ff.;  G.  3S.  «©engften« 
berg,  $te  S3ü*er  ^ofe«  unb  Siebten  (1841);  &.  o.  fiengerte,  Äenaan  (1844)  6.  331  ff.: 
3.  $.  ^ur&,  ©c[d)id)te  beS  9(lten  SBunbc«  I  (3.«.  1864);  $.  feroalb,  ®ef*.  be«  »olfe«  3«roel 

60  (3.  «1863)  I,  552  ff.;  &.  (SberS,  «eggten  u.  bie  «ü*er  SRofe*  I  (ßeipjig  1868);  ILÄöbler. 
S3tbl.  ©efd).  9(.  ^eft.ö  (Erlangen  1875)  I,  1.V2  ff.;  Tomkins,  Life  of  Joeeph  illustrated  from 
ßources  exteroal  to  Holy  Scnpture  1880;  93.  ©labe,  ©efdj.  be«  ».  3«rael  I,  Bcrftn  1887; 
91.  £ittel,  ©efd).  ber  Hebräer,  I,  G*otf)a  1888;  A.  H.  Sayce,  The  Higber  Criticiöm  and  the 
Venlict  of  the  Monuments,  5  ed.  Lond.  1895,  p.  207  ff. ;    3><rfelbe,  Patri&rchal  Palestine 

66  (Lond.  1895)  p.  200 ff.;  S8.  ©taerf,  ©tubien  jur  JHcüflton«»  unb  Spra^gefcft.  be« «X.« (©erün 
1899)  II,  21  ff  »erfll.  aufeerbem  bie  ftommentare  jur  ©eneft«  u.  bie  Art.  ^Sofcp^  oon 
«Jincr  (im  9W.).  ©teiner  (in  ©djcnfel«  ».  ß.),  SRic^m  (ö.  $bwb.).  $alnmbifd)e*  bei  (onc 
burger,  Snc^tl.  be«  Subentitiitft  I  (1874)  ©.  607  f.  3«lomi|(be  fiegenbe  »on  Sufuf  unbSu» 
Ieifa  fiebe  bei  b'^crbelot,  Orientalifcfte  ©ibliot^e!  (^aftriebt  1776)  unter  Sufuf  Ben  3atob. 

eo  »gl.  oueb  Abulfeda,  Hist  antcisl.  ed.  Fleischer  p.  29sq.  -  «Itcbriftficfte  Xi(t)tung:  SReier 
(^ngel,  3>ie  Olcfd^ic^tc  %o\q\>^  nact)  einer  ji)vtjrt)cn  ^anbfebrift  I,  ©erlin  1895. 


3fofe*b  355 

©et  Warne  3ofe$,  ser»  (SJJfalm  81,  6  patyetifety  t|5'fr)  enthält  jebenfatl«  ein  gute« 
Omen:  @r  (©ott)  füge  $mju,  bermetyre!  ©en  30,  24  toirb  er  al«  @ebet«hnmf<$  ber 
Stutter  gefafct,  toelcfce  in  bem  (Srftgeborenen  ein  $fanb  toeiteren  Äinberfegen«  erblicfen 
nUM&te  (nebenbei  firielt  38.  23  auf  sp»  an).  SBa^rfcbeinlicty  fyiefe  in  ber  2^at  ber  toollere 
9tame  Joseph -El,  toenn  au<$  biefer  -Käme  nkfyt  fo  ficfyer  na^getoiefen  ift  tüte  Jakob-El.  6 
Siebe  barüber  b.  X.  3afob  93b  VIII  ©.  543.  9?a<£  langem  vergeblichen  ,§arren  fatte 
Stapel  biefen  ©o$n  noc$  in  #aran  geboren  unb  bie  Vorliebe  ^afob^  für  biefe  ©attin 
übertrug  ft$  auf  tyn,  ben  er  bor  feinen  §albbrübern  fic$tlic$  beborjugte.  SDtefe«  fotoie  bie 
Xn^gli<$feit  Sofeplj«  an  ben  Sater,  bem  er  tyre  fcblimmen  ©treidle  hinterbrachte,  unb 
bie  flogen  träume,  bon  benen  ber  jarte  Änabe  ui  ersten  tou|te,  erregten  ben  9Jeib  io 
unb  #afe  ber  alteren  Srüber  in  bem  3Raf$e,  baft  fte  ifyn,  ben  17jäfyrigen,  al«  er  auf  ber 
Zrift  )u  Station  in  tyre  ©etoalt  geriet,  töten  tooUtcn,  unb  bei  ruhigerer  Sefinnung  mc= 
nigften«  an  eine  bur$)ietyenbe$anbet3faratoane  toerfctyacfyerten.  ©o  tarn  3>ofej$  na^  #g$>ten, 
too  er  einem  föniglicfyen  Seamten  treu  unb  bon  ©ott  gefegnet  bientc,  jeboify  burefy  beffen 
(Stettin,  bte  tyn  o^ne  @rfolg  ju  fünbltctyem  Umgang  berfityren  Wollte,  angefötoärjt  unb  i& 
infolge  beffen  in«  ©efängni«  getoorfen  tourbe.  sJ?adj  mehrjährigem  2tufentfyalt  bafelbft 
tourbe  feine  ©abe  ber  Xraumbeutung,  bie  er  juerft  an  gtuei  $ofbeamten  betoätyrt  fyatte, 
bte  Urfacfye  fetner  (Srtyötyung.  3)er  $$arao,  toelcfyem  ber  bamal«  30jäfyrige  3°^  (41,46) 
gleichfalls  ein  bereite«  Sraumgeftc^t  erhoffen  unb  au«  bemfelben  fteben  fruchtbare  unb 
fwben  unfruchtbare  ^(a^re  borau«gefagt  fyatte,  berliefy  tym  bie  ^öi;fte  ©teile  im  $Reic$,  um  30 
bie  bem  Ambe  erforie&lictyen  SRafjregeln  für  biefe  3*ü  &u  treffen,  3ofcp$,  *n  toelcbem  bie 
Klugheit  Igatob«  ju  jtaat«männifcber  SBeie^eit  au«gebilbet  erfcfyeint,  fd?ü§tc  ba«  33oW  bur$ 
Snfammlung  großer  Sorräte  toäbrenb  ber  guten  ^a^re  bor  ber  §unger«not  ber  naefy* 
folgenben  fcbltmmen,  bereicherte  aber  jugleicty  bie  Ärone  in  fyofyem  9Kafec  um  2anb  unb 
®ut  6ben  biefe  §unger«not  führte  nun  auefy  Sofe^«  Srüber  na*  2ig$>ten,  too  fte  26 
jener  erfannte  unb  tynen,  nac&bem  er  fte  föarf  auf  bte  $robe  gefteut,  freunblid&e  auf* 
nabme  gefeierte.  Slucty  feinen  93ater,  ber  tbn  längft  tot  geglaubt  unb  auf«  fctymenlid&fte 
betrauert  tydtt,  lieg  er  )u  ftety  fommen  unb  bereitete  feinem  Sllter  eine  fixere  3uflu$t3; 
Hatte.  3n  bem  2Beibelanb  ©ofen  (f.  b.  21.  S3b  VI  ©.  768)  erhielt  3afob«  gamilie  freie 
Sfieberfaffung ;  bort  tou$3  fte  rafc^  ju  einem  jatylreicfyen  $ol(e  ^eran.  ^ofe))^,  t>on  feinem  90 
Vater  twr  beffen  Stob  ^h)iefältig  gefegnet,  lie^  ftc^  toerfprec^en,  bag  feine  ©ebetne  im  ge= 
lobten  Sanbe  begraben  h>erben  follten.  Neffen  eingeben!  nahmen  bie  Israeliten  beim 
Ätröjuge  feine  Überrefte  mit  unb  festen  fte  bei  ©icfyem  auf  einem  toon  ^atob  erworbenen 
»nmbftücfe  bei,  ®j  13,  19 ;  >f  24,  32.  —  2)a«  Ser^ältni«  ber  Duellen  ift  $ier  ä^nlic^ 
tote  in  ber  ©eföic&te  3a!ob«  (f.  b.  21.  93b  VIII  ©.  545).  E  unb  J  ^errjeben  burc&au«  35 
bor,  P  ift  nur  am  ©eblufi  (@en  46  —50)  ftärfer  beteiligt.  3h)ifc^en  E  unb  J  &u  Reiben 
iß  jtoar  öfter  t>erfu$t  Sorben,  aber  obne  über&eugenben  erfolg  im  einzelnen.  ÜJlan  füfyrt 
an,  J  nenne  bie  burc^jie^enben  arabifc^en  5taufleute  ^«maeliten,  E  3Ribtaniter.  @rbeblicber 
%  bte  Differenj,  toenn  E  loirflieb  37, 28  biefe  gremblinge  ben  3ofe))^  o^ne  3utl^un  ber 
©ruber  au«  ber  ©rube  ^eraufjie^en  unb  fo  im  eigentlichen  Sinne  be«  SBorte«  „fte^len"  40 
(40, 15)  läfet,  toäbrenb  er  nad)  J  i^nen  bon  ben  Srübern  herlauft  h)irb  (auc^  na$45,4f.), 
toie  auc^  gram  4)eKÄfd^  im  SReuen  Äomm.  jur  ©en.  1887,  ©.  437  annimmt.  9ta$  J 
toare  ben  Rritifern  juplge  ber  äg^tifc^e  §err  be«  QofeJ)^  ein  begüterter  ^rtoatmann,  nac^ 
E  ber  Dberfte  ber  Trabanten  unb  Äerr  be«  ©efängnijfe«.  3)oc^  ift  bie  2luffteHung  fold^er 
Unterfcbiebe  unftc^er,  ba  bie  Duellfqriften  triebt  toollftänbig  Vorliegen.  Sgl.  §•  ©trac!  ju  46 
ben  ©teilen,  gut  toefentlicfyen  muffen  E  unb  J  bie  ©efcfyicfyte  übereinftimmenb  er^ä^lt  fyabm. 

5>er  (Styarafter  3ofep^«  rechtfertigt  %atotä  befonbere  Siebe  ju  i^m.  „@r  jeigte  fein 
8eben  lang  eine  tiefe  ©otte«furc$t,  ein  3)urc^brungen|ein  toon  ber  ©egentoart  be«  ^eiligen 
»otte«  (37,2;  39,9;  41,  16;  42,  18;  45,8;  50,  19  f.),  ber  tyn  aud&  feinerfeit«  ©nabe 
bei  ftcb  unb  ben  5Wenfc^en  finben  lie^  (t>gl.  39,  2  ff.  21  ff.;  41,  37  ff.),  fo  bafe  er  burc^  50 
feine  liebeitftoerte,  Vertrauen  ertoeefenbe  ßrfebeinung  toie  burc^  beit  ©egen,  ber  auf  feinem 
Z^un  unb  bie  3Bei«^t,  bie  in  feinen  SReben  lag,  alle  §erjcn  geioann.  2)ie«  ift  ber 
Qtainbjug  feine«  fflefen«,  unb  mag  e«  aud^  fein,  bafc  ftcb  in  fein  Senebmen  anfang«  ein 
än0  bon  eitelfett  unb  fipäter  bielleic^t  eine  Stegung  bon  §ärte  einmijc^te  (ledere«  fc^on 
wraebotb  55  getabelt),  fo  ftnb  ba«  boc^  nur  Rieden  an  einer  lautern  großen  ©eele,  beren  55 
äbertoinbung  toir  bor  Slugen  fe^en,  unb  S^fe^b  ift  unter  ben  ©ö&nen  %atotä  bie  reinfte, 
ja  bie  allein  reine  Slu«prägung  be«  eckten  i«raeliti|c^en  SBefen«.  fflie  feinem  Gtyarafter, 
|d  tfft  er  bie«  auc^  feiner  »egabung  nad^.  2)a«  au«ertoäblte  ©efcfylecfyt  ift  ber  ^ro^^etif^e 
Iräger  ber  göttlichen  Offenbarung,  unb  aud)  Qofevf;  hat  eine  pro^^ettfe^e  ©abe,  nämüd; 
bk  ba  Xraumbeutung.  auf  ©runb  biefer  ©abe  h>irb  3°lc^  0üic  fpäter  Daniel)  ein  ^=  eo 

23* 


356  Sofetf) 

geftetlter  hnirbiger  SBertreter  Sßrael*  am  äg$>tif$en  §of.  211«  ©taat«mann  entfaltet  er 
eine  fyöcfyft  umfaffenbe,  toeife  unb  cnergt^e  Sttyätigfctt  nacfy  außen,  bleibt  aber  bi«  jum 
@nbe  feinem  SBolIc  treu"  (Sluberlen).  2)ie  tounberbaren  Sulaffungen  unb  ©d&icfungcn 
©otte«,  h>elc^e  in  3>«fob«  tocctyfelreicfyem  Seben  fi$  ju  einheitlichem  $lane  jufammenfügen, 

g  treten  in  3ofep&3  ©efd^ic^te  nod&  fyanbgreiflicfyer  fyervor.  ©otte«  2Bei«fyeit  bemächtigt  fufc 
aud&  bcr  böfen  Slnfc^Iäpc  ber  9Jienfd&en  (50,  20),  um  feinen  gnäbigen  SRatföluß  ju  Ver* 
toirflid&en,  toäfyrenb  feine  ©erecfytigfeit  bie  äBerfe  be«  §affe«  unb  Öctruge«  jur  redeten 
©tunbe  an«  2id)t  jiefyt  unb  afynbct.  gür  ©Härtung  biefer  2Ba£r&eüen  ift  bie  ©ef$i$te 
Sofeplj«  in  ibrer  Volf«tümlic$en  Sebenbigfeit  unb  pfycfyologifctyen  geinfyeit  ein  unübertreffliche« 

10  ßjcm^el  unb  eine  unerfcfyöp flicke  gfunbgrube.  6ine  Viel  größere  Sragtoeite  getoinnt  jie 
aber  noc$  baburefy,  baß  jene  SSerfaufung  3°fa>^  ben  Slnftoß  jur  SSerpflamung  3«rael« 
nad)  Sig^ten  gab,  bie  für  bie  Weitere  ©nttvicflung  be«  SBolfe*  fo  folgenreich  toar.  £ier, 
im  beftgeorbneten  Staat  ber  alten  Sßelt,  fyat  ©Ott  fein  $irtcnVolf  nic^t  umfonft  in  bie 
Schule  getieft.    6«  foDte  fyier  manche«  von  ber  ebleren  SBeltbilbung  ftety  aneignen,  aber 

16  auety  bie  geinbfcfyaft  ber  2BeIt  ju  foften  befommen,  um  enblic^  bie  Srlöfung«ttyaten  feine« 
©otte«  toürbigen  ju  fönnen. 

gür  bie  fyiftorifäe  Slnerfennung  ber  ben  3°^  betreffenben  Überlieferung  finb  nun 
bie  SBe^ie^ungen  auf  2lg$)ten,  feine  ©Uten,  2eben«formen  u.  f.  to.  Von  befonberer  SBic&tig* 
feit.    3)ie   mobeme  (Srforfd&ung  ber  3)enfmäler  biefe«  Sanbe«  fyak  biefelben  in  über* 

20  rafd&enber  Sßeife  beleuchtet  unb  gerechtfertigt.  SBäfyrenb  früher  manche  ©ele^rte  (V.  ©otylen, 
Knobel  u.  a.)  feerftöfee  aller  Slrt  gegen  bie  ägtyrtifcfyen  äuftänbe  in  3°fa^  ©efc£ic$te  ju 
entbeefen  meinten,  ergiebt  ftd>  vielmehr,  U>tc  juerft  §engftenberg,  bann  auf  reifere«  9Ra* 
terial  geftüfct,  bie  Sttgfyptologen  6ber«  unb  23rugfd{>  bargetfyan  ^aben,  tyre  burc^gängige 
Übereinftimmung  mit  bem  Silbe,   toelcfye«  h>ir  au«  ben  autfyentiföen  SKonumenten  von 

26  jenem  Sleicfye  gewinnen.  ßaratoanentyanbel  ift  feit  unbenflicfyer  £eit  Jtoiföen  Serien,  $a* 
läftina  unb  bem  SRillanbe  burefy  arabifd^e  ©tämme  betrieben  toorben.  ©erabe  bie  brti 
37,  25  (Vgl.  43,  11)  angeführten  ©pejereien  bilbeten  Von  jetyer  bie  ^auptartifel,  bie  au« 
©ileab  nad)  bem  bcr  ©enriirje  fo  bedürftigen  2lgfyj>tcn  eingeführt  tourben.  5Die  $anbe& 
ftraße  führte  Von  SBeifan  fyer,  h>o  fte  ben  3orban  überfc^ritt,  an  3)ot^an  toorbei.     9bu^ 

so  junge  ©Ilaben  fonnte  man  in  Stg^ten  gut  abfegen.  ^Soti^^ar,  ber  §err  ^ofej)H  trägt 
einen  ectyt  ägvptifc^en  Ütamen:  „Eingegeben  bem  9la",  ©onnengott  (anber«  Srugfcfc,  ®c» 
fc^ic^tc  tg^ten«,  1877,  ©.  248).  @r  Reifet  „Serfc^nittener"  na$  femitifc^er  SBeife  im 
aDgemeineren  ©inne  bon  Höfling,  ^ofbeamter,  ögl.  40,  2 ;  nä^er  ift  fein  ämt  ber  Ober* 
befe^I  über  bie  Trabanten  (nic^t  Äöc^e  LXX),  b.  fy.  bie  löniglic^e  Seibtoat&e,   meiere  gu* 

86  gleich  bie  ^olijeima^tegeln  boßftreefte.  6r  fe^te  feinen  Seibeigenen  jum  §ofmeifter  ein, 
ber  alle«  im  §au«  unb  auf  ben  ©ütern  gu  bertoalten  ^atte;  folc^e  S3erh>alter  begegnen 
un«  in  ben  alten  ägtyptifd^en  ^nf^riften  unb  auf  ben  älbbilbungen  unjä^lige  3)iale.  &\*P$ 
felbft  ^atte  frätcr  einen  folgen  43, 19.  3)er  3luf tritt  jtuifc^en  i^m  unb  ^oti^^ar«  ffieib 
ift  fo  tvenig  unvereinbar  mit  bortiger  Seben«art,  toie  man  behauptet  ^at,  bog  totelme^r 

40  eine  ber  unfern  auffallenb  ä^nlid^e  ßqä^lung  („bie  ©efc^ic^te  bon  ben  beiben  Srübern'O 
bon  mißlungener  SJerfü^rung  unb  nad&fyeriger  Serleumbung  be«  unfc^ulbigen  Dtfer«  burc^ 
bie  33erfuc^erin  auf  bem  ^aptyru«  b'Orbinet;  (niebergefc^rieben  für  ©eti  IL  al«  Äronj)rin^ 
ftc^  gefunben  ^at.  ©ie^e  biefelbe  bei  SBrugfö,  2lu«  bem  Orient  1864,  ©.7 ff.;  ©efö.  %, 
249 ff.;  ßber«,  %  unb  bie  Sucher  9)iofc«,  311  ff.  S3ea#te  aber  auc^  ben  ©c&lufc  Sayce, 

46  Monuments  8  ©.211.  2lu$  bie  3)enfmäler  be«  alten  äg^ten«  betoeifen  eine  im  Orient 
überraföenbe  IJrct^cit  ^ober  grauen  im  Umgang  mit  -Männern.  3n  S3ejug  auf  bie  Iräume 
Ä.  40  unb  41  ift ju  beachten,  baß  man  in  jenem  Sanbe  auf  folc^e  fe^r  gefpannt  toar, 
ba  man  göttliche  ÜJlitteilungen  öon  ifynen  erwartete.  ©.  ßber«  a.  a.  0.  ©.  321  f.  2>ie 
beiben  §ofbeamten,  toelc^e  3°feP^  im  ©efängni«  lennen  lernte,  erfc^einen  nad)  Sanbeejitte 

60  al«  3So^te^er  ber  beiben  Älaffen,  bcr  §off$enfcn  unb  §ofbäcfcr.  3)er  ütel  „Oberfier  ber 
SBäcfer"  ift  fogar  aufgefunben,  @ber«  ©.  333.  fyntx  afte  träumt  Don  feinem  Smte,  in 
toelcfyem  er  bem  $^arao  ben  Sec^er  mit  Xraubenfaft  ju  füllen  tyatte.  3)ie  Sintoenbung, 
baß  im  SRillanbe  in  früherer  &\t  fein  Söein  gebaut  unb  getrunten  toorben  fei,  toelcfc  ft$ 
auf  §erobot  2,  77  unb  ^ßlutarc^,  Isis  c.  6  ftüfcte,   toirb  f^on  bur#  anbete  ©teSen  bei 

66  #erobot  felbft  (2,  60.  121.  168)  toibcrlegt  unb  burd^>  bie  $enftnäler,  bie  fc^on  au«  bem 
alten  SReicfy  öon  vielem  Sffieingcnuß  in  ffiort  unb  Jöilb  3eugni«  geben,  bollenb«  abgetan. 
Slud^  ben  fonft  ju  befonberer  3)iät  Verpflichteten  Königen  toar  ba«  ©eträn!  nic^t  unterfagt 
©ine  ^Hwfttation,  toie  fte  nicfyt  jutreffenber  gelpünfc^t  Serben  fann,  empfängt  ber  Iraum 
be«  §ofbäcfer«  bur$  eine  3lbbilbung  ber  ^ofbäcferei  Stamfe«  III.  (Wilkinson,  Manners 

60  and  customs  of  the  ancient  Egyptians,  1837,  II,  385;  Vgl.  @ber«  0-0.0.  ©.332), 


3ofeM  357 

too  eine  Saft  bon  frifefy  gebaefenen  ©roten  auf  einem  Srett  ober  ©eflectyt  (anberStoo  Äorb, 
Wilkinson  IL  393)  auf  bem  Äopf  toeggetragen  toirb.  äöeigbrot  bon  SEBeijenme^l  mar 
tro|  ber  Angabe  §erob.  2,  36.  77  bei  ben  alten  Sintern  beliebt  unb  getoöfynlic^.  ®ic 
Deutung  beä  lederen  Traume«  auf  ©cfyänbung  be$  SeidljnamS,  h>elc^c  nad)  ägfyptifcfyer 
SorfieDung  no<$  ärger  toar  als  bie  Einrichtung  felbft,  lägt  in  bem  Unglücken  einen  6 
befonberä  fctylimmen  93erbred&er  erfennen.  3U  *0,  20  ift  bemerfenStoert,  bag  x\ad)  ber 
lafd  bon  Slofette  unb  bem  $efret  bon  ÄanopuS  bie  ägt;J)tif$en  Äönige  an  ifyrem  ©es 
burtstag  bie  SBürbenträger  ber  $riefterfafte  (otyne  Rtoeifel  überlauft  bie  työtyeren  Beamten) 
um  fiefc  berfammelten,  bie  ©efd&icfyte  be$  %ofyxt$  ftdp  bon  tfyncn  bortragen  liegen  unb  auefy 
Smnejtieen  babei  erliegen.  $)urcfy  unb  burefy  äg$>tifd&  ift  ferner  ber  3)opj>eltraum  be$  io 
$$atao  Ä.  41.  ©<§on  bie  2Börter  ^  (©trom  ==  9KI)  unb  in«  ©d&üfgra$,  fmb  äg^ 
tifä.  3ht  ber  „Sippe"  beä  $luffe$,  nric  aud>  bie  ägtypter  fagen,  Reibet  no$  tyeute  biel 
§orubie^.  $ie  ©iebenjatyl  ift  auefy  bort  ju  Sanbe  bebeutfam.  3)ic  Ätifyc,  b.  f).  bie  guten 
unb  magern  ^ofytt,  fteigen  jacfygemäg  aus  bem  ©trome  auf,  toefcfyer  als  Sefrud&ter  be$ 
ganzen  SanbeS  göttlid&e  SSereljrung  genog,  unb  bon  beffen  jäfyrlicfyer  §ö^e  baä  2Rag  ber  15 
JJru^tbarfeit  unmittelbar  abfängt  (Plinius,  Hist.  nat.  V,  57.  58).  2)ie  Ruf)  felbft  ift 
bo*  fomboliföe  $ier  ber  3ft&§atfyor,  be$  Umbuchen  $rinaty$  ber  $ruc§tbarfeit,  batyer 
twrjüglid?  geeignet,  ben  fetten  ober  magern  ßrtrag  beä  SBobenS  banuftellen.  3Wit  41,  8 
fthnmt  überein,  bag  ber  $tyarao  ftetö  bon  einem  priefterlicfyen  Äouegium  umgeben  toar, 
ba$  ü)n  beriet.  3)ie  n-?:::^n  (p0n  ^*n  ©riffel)  fcfyeinen  fpejiell  ben  iegoyQajufxateig  ju  20 
cntftrcecfcn,  toeld&e  bie  Slufgabe  Ratten,  auger  ber  ©c^reibfunft  bie  3Kegfunbe  unb  2lftro* 
logie  ju  pflegen,  alfo  and)  bie  SSorjeic^en  ju  beuten.  41,  14  ba$  2lbj$eren  ber  §aare 
unb  ber  SBc^fel  ber  Äleiber  &um  Setyuf  beä  @rf($einen$  bor  bem  $fyarao  ift  bon  ber 
ägjflrttf<$en  Sitte  geforbert,  toätyrenb  bei  ben  Israeliten  bie  Äafylfyeit  als  ©ebrec^en  galt. 
Stte  93ele£ming  Sofep^  mit  feiner  neuen  SBürbe  burdfc  Snbeftttur  mit  ©iegelring,  93fyffu&  25 
octoanb  (ägtyrtifcpeS  $riefter!leib)  unb  golbener  §al$f  ette  41,  42  finbet  lieber  tyre  getreue 
§Quftratton  in  ben  Äbbilbungen.  3)er  Stuf  abrek,  toeldjer  burety  einen  ©ai$  (Vorläufer) 
»or  bem  ©taatötoagen  hergerufen  tourbe,  motzte  bie  ©emiten  an$  9Jieberfnieen  erinnern, 
fc^eint  aber  ein  affarifcfcbabtylonifcfyer  Sitel:  abrik,  abarakku,  toelcfyer  ben  ©c^er  be* 
beutet  (Sayce,  Monuments5  p.  214),  nai)  griebr.  Delifefd^  ein  ^oj^er  SQäürbename  bei  30 
ben  Slfftyrern.  3la$  ben  ^unben  bon  ^Eett-Slmarna  ift  nitpt  befremblid^,  tt>enn  ein  bab^- 
lonif^er  9tame  biefer  ärt  in  äg^ten  ©ingang  gefunben  ^>at.  Die  9?amen  33.  45  fmb 
beutltcb  ägVJ)tifd{fen  Urfprung«:  Sophnat  Pa'neach  ift  freiließ  unficfyer.  LXX  me^r 
ög^btifc^  yfov&o/jupavrjx  ober  y>ou$oiu<pavrjx  (®*fen.  Thes.  1181),  n)a«  Targ.,  Syr., 
^ofe^bu^  revelator  oeculti,  ^teron^mu^  salvator  mundi  erflärt,  fc^eint  ju  lefen  86 
pußot-om-ph-anch,  toobei  sot  =  $eil  ober  sönt  =  ©tti^e,  anch  ober  enech  —  Seben, 
Seit  (»nber«  Srugfdfc  a.  a.  D.  ©.  248:  Statthalter  be^  fet^roitifc^en  ©aue^).  »Snaty 
ein  auf  äg^ptifd^en  3«f^nften  häufiger  grauenname:  Ns-Nt,  bielleic^t  Nes-Nit,  „ber 
Göttin  Neit  gehörig".  $on>^era  h)irb  bon  ben  meiften  fitr  ibentifä  mit  bem  obigen 
9tamen  Sßotit^ar  gehalten.  Dn  ift  ba«  äg^tifd^e  3lnu,  ^eliopoli«  norböftlid^  bon  SMem*  40 
Jjj^fe,  ^auptftätte  be«  JtultuS  be«  grogen  (Sonnengottes,  ba^er  ber  bortige  Dberpriefter 
einer  ber  erften  im  SReic^e.  ®ag  %o\q>f),  ob  auc^  o^>ne  ©efä^rbung  feiner  perfönlic^en  relU 
giöfen  ©elbftpänbigleit,  bie  er  $u  tba^ren  tougte  (bgl.  43,  32,  Wo  auefy  bie  ar<$äologifö 
nötige  ©Reibung  be«  Sifc^e«  atoifcfyen  2tg^tem  unb  Hebräern  ju  beachten),  in  bie  ^riefter« 
Haffe  trgenbnrie  einverleibt  tpurbe,  ftimmt  bamit  überein,  bag  biefer  auc^  bie  SSertoaltung,  45 
mdbefonbere  bie  ber  ©etreibeborräte  (S3rugfc^  a.  a.  D.  ©.  643)  mfam.  9lte  §crr  über 
Untere  na^n  aber  Spf^^  überhaupt  bie  erfte  ©tette  im  Steige  nac^  bem  ^J^arao  ein.  6r 
nennt  fü^  45,  8  „Sater  p«)  be«  ^J^arao,  ©ebietcr  (1"hn)  über  fein  ganje«  §au«,  §err= 
ft^er  m  gan)  äg^ptenlanb",  42,  6  ijeigt  er  c^rti  ©etoattfyaber  über  baS  Sanb.  3ene« 
Tf"«  ifl  foaar  in«  ^g^tifd^e  eingebrungen  (Srugfcji  ©.  207.  251  f.)  unb  ben  Sitel  50 
ab-en-pira  o  im  ©mne  bon  Serater  bc«  $^arao,  3Rinifter,  ^at  93rugfd>  me^rfac^  in  ben 
ÄoBen  naefojetariefen  (©.  207.  592.  633.  831).  SDie  lüirtfc^aftlic^en  5Kagregeln,  toelc^e 
^ofepb  nt  biejer  ^o^en  Stellung  traf,  finb  na^  üKaggabc  ber  äg^tifärn  Ser^ältniffe  ju 
beurteüen.  9Man  fyat  i^m  —  um  ^altlofere  2lnfcfyulbigungen  ju  übergeben  —  ben  3Sor« 
tourf  unnötiger §ärte  gegen  ba$  55olf  gemalt;  aber  für  ba$  reiche Stg^ten  toar  bie 41,34  56 
aefarberte  Sttgabenlaft  toeber  fc^toer  ju  tragen  noc^  ungetoo^nt,  unb  bag  ber  ©taat  allen 
wmbbefu),  aufgenommen  ben  })riefterlicf)en,  beffen  Slntaftung  bie  äg^tijd^e  ©afcung  berbot, 
m  W  jofl/  gehört  ju  ben  jentraliftifc^en  Seftrebungen,  toelctye  in  biefem  Sanbe  nötiger 
mtb  barum  berechtigter  toaren  ate  anberätoo.  2luc^  äg^tijd^e  Beamte  regneten  e$  ftdjf 
übrigen«   )um   ^o^en  SBerbtenfte  an,   h>enn  fie  baS  Sanb  burd)   ä^nlic^e  ^ürforge   bor  ßo 


358  3ofeM 

Hungersnot  ju  beloafyren  im  ftanbc  toaren.  fttoti  gäHc  ber  Slrt  (.  bei  Srugfö  a.  a.  0. 
6. 130  u.  244  ff.  $a«  leitete  Seifoiel,  ba«  toafyrfcfeinltcfy  mit  ber  bibliföen  Hungersnot 
ibentifcfy  ift,  jeigt,  bafc,  ob  auc§  feiten,  eine  fotcfye  in  3ig$>ten  mehrere  3a&r*  nfl$  «n* 
anber  infolge  niebrtgen  ©tanbe«  be«  9lilö  anbauern  fonnte,  toa«  bejtoeifelt  toorben.  9(u$ 

6  enttarnt  e«  ben  natürlichen  SBerfyältnifjen,  toenn  Äanqan  gleichzeitig  SRegenmangel  $atte, 
toeldje«  £anb  obenbrein  nac$  ben  2tmarnabriefen  au«  9tg$>ten  ßom  bejog.  2)afe  fteben 
Satyre  lang  ber  3lxl  feine  normale  $ö^e  nictyt  erreichte,  unb  infolge  beffen  toä^renb  biefer 
ganjen  3*ü  5Kangel  berrföte,  giebt  auc$  eine  Diel  fpätere  Snfcfyrift  (3.  3a^-  &  ©M) 
befannt.  ©ietye  Srugfdj,  2)ie  btblifcfyen  fteben  %afyu  ber  Hungersnot,  2eiftjtgl891;  Sayce, 

10  Monuments8,  ©.217  f.  $afj  Seftimmungen,  toie  fte 3°f^  einführte,  toirflu^  in  &gty>ten 
beftanben,  bezeugen  Hcrobot  2,  108  f.  unb  2)iobor  1,  54.  73  f.,  toeld&e  bcren  Urfprung 
auf  ©efoftri«  ober  ©efoft«  jurüdfü^ren,  toa«  aber  bei  bem  Iegenbarifd&en  ßfyarafter  biefcd 
Herrfcfycr«  leinen  ©cfylufj  auf  bie  Qtxt,  in  freierer  3jofet$  lebte,  geftattet.  —  S)a  &gW>ten 
bie  ergiebigfte  Äornfammer  toar,  fo  rücften   in  folgen  3*^  ^  9to*  M*  femitifcfcn 

15  ©tämme  Dom  9lorboften  gerne  in«  Sanb  ein,  tourben  aber  nu$t  feiten  mit  berechtigtem 
9Bi&trauen  aufgenommen  (42,  9).  2)ie  änftebeluna  ber  Hebräer  im  Sanbe  ©ofen  enfc 
tyridjt  toicber  ganj  ben  SSerfyältniffen,  ba  biefer  ©ejirt  in  ber  %tyd  feit  lanaem  ba« 
SRebier  einbringenber  Semiten  h>ar  unb  fieb  für,  bie  nomabifcfye  2eben«art  trefflicp  eignete, 
toäfyrenb  fte  im  ftreng  aibilifterten  eigentlichen  Slgfyjpten  mit  ben  gefefeli$  geregelten  ®e* 

20  brausen  biefe«  Sanbe«  in  Äonflift  gefommen  toären  unb  tyre  ©elbftftänbigteit  Ratten 
aufgeben  muffen.  SSgl.  46,  34  bie  3lbneigung  ber  äg$>ter  gegen  bie  fivttm.  Seiläuft} 
fei  bemerft,  bafc  man  ben  9tamen  „Hebräer"  in  bem  ägDptiföen  'Apri,  plur.  'Apriu 
fcat  erfennen  toollen  (Ober«  a.  a.  0.  ©.  316  f. ;  Dgl.  Hammel,  3lltt«r.  Überlieferung,  ©.  258  f.), 
toogegen  aber  cmftlid^e  33eben!en  befielen.   ©.  93rugfö  a.  a.  D.  ©.  541.  582 f.;  Äi>l?ür, 

25  ©ejfo.  I,  240  f.  —  211«  ectyt  äg^tifd^en  3UÖ  ettoätynen  hrir  enblicfc  bie  (Sinbalfamienmg 
gatob«  unb  bie  70tägige  Xotentrauer  um  ttyn  50,  1  ff .  —  Stimmt  man  bie«  alle«  $u* 
fammen,  fo  !ann  man  ftcfy  be«  ßinbruef«  ntdjft  ertoe^ren,  ben  Sber«  mit  ben  SBorten 
au«ft>rictyt :  „3)ie  gange  ©efd&icfyte  3°(e^  mufe  feIE>ft  in  tyren  ©injetyeiten  al«  ben  toteren 
93erl?ältniffen  im  alten  äg^ten  bur$au3  entf^red^enb  bejeic^net  merben".  äu«  ben  Dielen 

so  Regierungen  nu  ägtyptifcfyen  3^ftänben  unb  ©Uten  folgt  freiließ  nic^t  o^ne  ta>eitered  bie 
©eföic^tltctyfeit  ber  @rjä|lung.  aber  ebenfotoenig  lägt  ftd^biefe  Swftanjj  für  i^re  gitter* 
läffigfeit  bamit  abt^un,  bag  man  fagt,  ber  Serfaffer  ober  Überarbeiter  fei  eben  mit  äg^ 
tifc^en  33er^ältniffen  Vertraut  geh>efen.  SQ3o  arctyäologiföc  ©ele^rfamfeit  eine  Solbfage 
berichtigt,  fcirb  beren  bolfötümlic^e  prifc^e  unb  Sebenbigteit  überaß  jerftört    9luc^  mad^t 

35  Kittel  barauf  aufmertfam,  bag  jene  äluätunft  nod;  Weniger  angebe,  feit  man  ertatmt  tyiübt, 
ba|  fyter  nidbt  ba«  2Berf  eine«  9lutor«,  fonbem  eine  Don  Derfd^iebenen  Srjä^lern  mit  re> 
latiber  ©elbftftänbigteit  toiebergegebene  Überlieferung  Vorliege,  dagegen  aUerbing«,  bafc 
bie  3of^=©efc^ic^te  in  einer  ungefähr  jeitgenöfftfe^en  Duelle  Dorliege,  f}>re<^en  getotytige 
SKomentc,  namentlich  bie  Benennung  be«  „Sanbe«  SRamfe«"  (®en  47,11),  bie  bo<$  too|l 

40  erft  unter  ber  19.  Stynaftie  mögli^  toar.  3m  aUßcmehten  aber  mag  bie  ®eföi<$te  gegen 
bie  3^t  be«  2lu«jug«  niebergef^rieben  Sorben  fem.  3Kan  &at  bagegen  freiließ  gdtenb 
gemalt,  9?amenbilbungen  toie  ^oti^^ar  (pa-tu-pa-Ra)  fämen  erft  in  ber  3«t  be«  ©djifcfca! 
Dor;  ebenfo  feien  5{5erfonennamen,  mit  Neit  jufammengefefct,  toie  jene«  Asnat,  erft  ou« 
ber  26.  2)^naftie  ju  belegen.    SlBein  toenn  folc^e  9lamen   au«  früherer  &ät  niefct  nad^» 

45  geh^ief en  ftnb,  ift  ni$t  gefagt,  bafe  fte  bamal«  nicfyt  Dorfamen.  SSgL  über^au)>t  Sayce, 
Monuments6  ©.212  f.  2)ag  feit  bem3lu«aug  ou«  ^ptm  bie Soto^gef^te  föriftltd? 
Dor^anben  fein  tonnte,  lä|t  fic^,  feit  man  \vc\§,  in  toeldjem  umfaffenben  ©ebraud^  bie 
©d^rift  bamal«  nic^t  nur  in  Slg^ten,  fonbem  and)  in  Äanaan  ftanb,  m$t  füglic^  be> 
ftreiten.    Unb  bafür,  ba^  fold^e  äufgeic^nungen  ejiftierten,  legt  eben  bie  Zreue  ber  Uebet* 

50  lieferung  aud)  im  einzelnen  3^9^^  a^-  ^u^  ^  3Rärt$en  Don  ben  jtoet  Srübent 
(f.  oben©.  356,40)  fpriegt  bafür.  &enn  toenn  feine SSertoanbtfc^aft  mit  ber^ofepfoeföic&te 
ftc^  faum  bejlDeifeln  lä|t,  fo  mufe  bie  Originalität  ber  lefcteren  juerfannt  tperben,  nic^t 
ber  fc^on  unter  5Kernet)ta^  niebergefc^riebenen  äg^tifc^en  (grgä^Iung,  bie  plölflid)  in« 
^J^antaftijc^e  abbringt,  mo  fte  i^r  Sorbilb  berläfet. 

55  S^agt  ftd^  nun,  in  toeld&e  $eriobc  ber  äg^tifc^en  ©eföic&te  bie  (Smn>anberung  ber 
3«raeltten  einjugliebem  fei,  fo  lommt  Dor  aßem  i^r  SJer^lältni«  )u  ben  H#fo*  in  9e* 
trac^t,  beren  Hroföaft  über  ba«  untere  5Rilt^al,  aeittoeife  aud^  über  Dberäg^tcn#  be» 
tanntltcfy  einen  tiefen  ©infe^nitt  in  bie  ägt# tifc^e  ©efc^ic^te  gemalt  tyd.  Xa^  jene«  noma« 
bif^e  ©emitenbolf,  toelc^e«  ^a^unberte  lang  über  Sttgtyrten  regierte,  mit  ben  3«raditen 

eo  einfach  ibentifc^  toäre,  h)ie  ^ofe^u«  (c  Apion.  1,  14)  annimmt,  baran  )u  bentei  Der» 


3*f4»!l  3*\<Pt)  bon  »rimot^io  359 

bietet  föon  bte  befd&eibenc  Stellung,   Welche  bie  (enteren  naefy   beut  biblifcfyen  Serictyt  in 
jenem  2anbe  einnähen.    3)ie  grage  aber,   ob  3oft$3  ÜBirfen  in  bie  $tit  ber  #tyffo& 
fcrrföaft  }u  fefcen  fei  ober  erft  in  bie  bc$  SReucn  9lei$e$,  ift   in   erfterem  Sinn  ju  ent* 
[Reiben,    galten  Wir  an  ben  430  (ober  400)  galten  be$   äg$>tif<$en  äufentyaltS  feft 
nadj  @| 12,40;  ©en  15,13,  fo  führen  fte,  auc§  wenn  ber  2lu3$ug  erft  unter  SRerneptaty  6 
ftattgefunben  fyat,  bottenbä  Wenn  er  früher  ftattfanb,  in  bie  $tyffo3jeit  jurücf.    ®.  ©tyn= 
cdhtS  nennt  ben  Sßfyarao  ber  SinWanberung  Aphophis,  b.  i.  Apopi  ber  35cnfmäler,  ber 
na$  93rugf$  ganj  furj  Dor  bem  änfang  ber  18.  2)fynaftic  regierte.    3n  Me  3e^  fättt 
nad)  xfjm  auefc  bte  mehrjährige  §unger$not,   Don  Welcher  bie  oben  berührte  ^nfd^rift  be- 
notet S.  Srugfö,  ©ef4  %  ©.  243  ff.    (SS   ift  aud)   an  fic$   einleutyenb,   bafc  bie  10 
§ty!fo$tömge  ebenfofefc  ein  ^ntereffe  baran  fyaben  mußten,   fcmitifd&e  Slnftebler  in$  £anb 
|u  jiefcn,  Wie  bie  erften  $errfcfyer  be$  SRcuen  9tetc§e3  (18.  Stynaftie)  ©runb  Ratten,  bie* 
Jetten  fernzuhalten  ober  }u  unterbrücf en.    3>er  einjige  ©runb,  ber  für  bie  gegenteilige  Sin* 
nannte  angeführt  Werben  tann,  ift  baä  ausgeprägt  ägtyptifcfye  ©epräge  be$  $fyaraonentyofe$ 
in  ber  §tf<plfötfd}id)tt.  Slttetn  nad)  mannen  2tn$eic§en  fyaben  fi$  bie  $fyffo$fyerrfc§er  balb  15 
»oflftänbig  bem  äg$pti[c§en  Zeremoniell  anbequemt   unb  Waren  bemüht,  an  ber  feineren 
Sitte  unb  SMlbung  be$  Don  tynen  unterworfenen  SanbeS  teilzunehmen.   ©o  fann  eS  und 
bon  einem  folgen  Äönig  auefy  nicfyt  Wunbern,  h>enn  er  feine  ^eiligen  ©Treiber  fyat  unb 
mit  ber  Sßriejierfc&aft  auf  gutem  gufce  ftefyt.    2)aä  3)un!el  aber,  Welches  über  ber  §tyffofc 
|>eriobe  ru$t,  namentlich  infolge  ber  barbartfetyen  3^Pning  ifyrer  5Konumente  burefy  eine  20 
Rötere  Stynaftte,  mag  mit  baran  föulb  fein,  bafc  mir  feine  beftimmten  ägtyptifcfyen  Utodfc 
rieten  über  3°fa>&  unb  .feine  gamilie  tyaben.    3m  allgemeinen  flofc  offenbar  für  bie  6r= 
mnerung  ber  foäteren  Ägtyrter  biefer  ©tamm,  ber  un$  je$t  au$fdjlief$lic&  interefftert,  mit 
ben  femüif$en  Sbtfieblern  im  2)elta  überhaupt  jufammen,  Weätyalb   auefy  einzelne  $üge 
auS  3°fa>^  unb  3Rofe3  ©eföicfyte  in  DerWirrtem  ©emenge  mit  anberen  Bewegungen  in  25 
ber  ägty>ttf$en  Xrabition  erfreuten.  —  S3ei  ben  §uben  unb  3Ku^ammebanern  §at  ftc$     • 
bie  Srjityhmg  bon  3°^^  ©t^idffal  —  bie  fcfyönfte  ber  ©efcfytdjten,  Wie  3Ru£ammeb  fte 
neimt  —  befonberer  Seliebtyeit   erfreut  unb  ift  bielfacfy  legenbarifety,  befonberä  bon  ben 
Uferen  auSgefömücft  Sorben.    5o|ep^uS  Ant.  2,  2—8  begnügt  ft$  nod^  mit  bem  bibfc 
H^n  Seric^t  unb  malt  nur  Wenig  au$.    5Dic  Xalmubiften  befc^ränlen   fic^  ebenfalls  auf  30 
anleine  Slefleponen  über  bad  biblifc^e  2tbtn  30W^-     ©c^on   Diel   freier  berfä^rt  bamit 
ber  Horan,  too  ©ure  12  Don  3°f*f  ^anbelt.    3n  **>**  3°'öc  ft>ann  W  bti  ben  3Kudlimd 
ein  ©eWebe  ber  2)icfttung,  befonberd  um  bad  SSer^ältntö  jwifc^en  Qufuf  unb  ©uleila  (ber 
Zoster  $^araod,  ©atten  $oti))^ard),  toel$e$  merftoürbigerWeife  ^um  %\)pu$  ibealfter 
Siebe  tourbe.  t».  Orcfli.     35 

fyföft  Hon  8nmatf|ta,  Welker  (nad)  J0^  in  ©emeinfe^aft  mit  !Ri(obemue)  ^efu 
gek^nam  beftattete.  9Wt  27,57—60;  3Bc  15,42—46;  Sc  23,50—54;  30  19,38—42. 
Sämtliche  Sendete  befunben  ein  toarmeä  3niereffe  f^r  fe^ne  ^erfönlic^feit,  fein  muftoKeä 
Suftreten,  fem  J)ietätboHed  SBerf.  ©ein  ^eimatöort  9Agijua&aia  Wirb  mit  3Ba^rfc^einIic^s 
bit  ibentifijiert  mit  TfyiaM/i  1  3Baf  11,  34,  0Tj-t77  1  ®a  1, 1,  Rama  im  ©t.  »enj.  40 
3of  18#  25,  bem  heutigen  er-RAm,  6  9KiBien  nörblid^  bon  3*rufalem.  6in  Wo^Igeftnnter, 
frommer  3Rann,  buref  3^fu  SSerfiinbigung  für  bie  Erwartung  bed  SReic^ed  ©otte«  ge« 
twmnen,  tydtt  er  bod^  bid^er  in  feiner  Stellung  atö  SRitglieb  be$  ©Dnebrium^  unb  ber 
Snßohatie  ©d^eu  getragen,  ftc^  offen  ju  ^efu  ^u  benennen ;  aber  er  ^atte  ben  Wut  ge« 
fabt,  fu^  Don  bem  33erfa^ren  bed  ©^nebnum^  gegen  3efum  fern  ju  galten,  unb  Wagte  46 
e*  (toXprjoag  5Wc  15,  43),  feine  Serefyrung  gegen  ben  Eingerichteten  $u  bezeugen,  inbem 
er  feinen  Sei^nam  Dor  ber  ©c^mad^  einer  3Kiffetfyäterbeerbigung  bewahrte :  afe  auf  Slntrag 
ber  3"ben  Dor  Seginn  be$  ©abbatö  ber  Seib  %t\u  mit  ben  anbern  burc^  bie  ß^efution^ 
mamifc^aft  abgenommen  werben  foOte,  lam  er  jubor  unb  erbat  unb  erhielt  bie  Srlaubnid 
jur  ©enbigung.  2)iefe  gefd^  in  afler  ^orm  einer  e^renboden  SBeftattung,  ja  mit  bemofc  w 
ftratiDem  XufWanb.  2)abei  notieren  au|cr  Warfud  alle  Sbangeliften,  jum  ieil  mit  Waty 
taut  (3*^)r  fea6  bad  ©rab  ein  biä^er  nod)  ungebrauchte^  War;  Wie  e£  fc^eint,  fa^en  fte 
Sterin  ^mbolifcb  angebeutet,  bafe  3^"/  **>&  äuferftanbenen,  ©rab^uftano  nic^t  bemjenigen 
ber  bte  ba^tn  Serftorbenen  gleid^  gewefen  ift. 

6m  Problem  für  bie  (fbangelienfritit  bieten  bie  befannten  Differenzen  ber  33eri$te  66 
^tnfi^tlt^  bed  ©rabe*.    3)ad  Ser^ältntö  fc^eint  folgenbtö  ;u  fein:  3Rartud  unb  Sulad 
refleftieren  auf  ntd^tö  anbered  aU  auf  ben  Umftanb,   bafe  ^ofepf)   für  ben  2eid)nam  ein 
8rab  unb  jWar  ein  Dorne^med  befd^afft  fyat]  bie  fic^  aufbrängenbe  f^rage,  Woraufhin  er 
ba<fe(be  )ur  äkrfügung  fyatte,  berücfftd^tigen  fte  ri\d)l    9tber  ^att^äud  nimmt  9iücfftc^t 


360  Sofetff  bon  »nmatljm  3*fa>!|  »r^ennioö 

barauf  unb  fann  mitteilen,  bafc  cd  ifym  ^u  eigen  gehörte.  3)abei  aber  brängt  fw&  bie 
gragc  auf,  marum  rttc^t,  mie  e$  boc$  bei  bcfonberS  etyrenboller  Seftattung  als  baä  9la= 
türlid&fte  erfcfyeinen  müfjte,  für  ^jefurn  ein  befonbereä  eigenes  ©rab,  fonbern  ein  frembeS 
genommen  mürbe,    hierauf  nimmt  ^ofyanneS  SHüdEftc^t,   »Deiner  baä  (S^renboHc  ber  8e* 

6  ftattung  am  ftärfften  fyerfcortyebt.  6r  erflärt  ben  Umftanb  mit  ber  Angabe,  bafj  man 
burcr)  bie  SRüdtfid^t  auf  bie  Feiertagsruhe  genötigt  mar,  ein  in  ber  9tätye  borljanbene* 
©rab  $u  nehmen.  S3ei  biefer  2luffaffung  U)irb  freiließ  borauägefcfct,  maä  ja  aber  au$ 
fonft  gcfid&ert  erfd&cint  (togl.  neuerbingS  3a$n,  @inl.  in  ba$  31.  %.  II,  6.  498  ff.),  bafe 
SofyanneS  bie  ffynoptifcfyen  ßbangelien  bor  fic$  fyatte  unb  ju  ergänzen  bemübt  mar. 

lo  D.  ».  edpnibt 

3fofcJ>l)  SrtyemtioS,  geft.  um  1436.     —    fiitteratur:  3fabrictu3»£arle8,    Bibliotheca 

Gracca  XI,  @.  659 f.;    ßrumbadjer,  ©e(cbic6le   ber   b^antini[cften  ßitteratur  1897,  ®.  114; 

$$.  9ttet)er,  X&Stft  1896,  ©.  282-319;  $erfelbc,  93^antinifcf)e Seitfc^rtft  1896,  6.74-111; 

3olj.  $räfecfe,  Weuc  firdjl.  3citfd>rift  1896,  6.  208-228.    Seine  Säerfe  finb  9fyi.  3eüf*r. 

16  a.  a.  £).  au8fül)rltdj  genannt. 

^ofepfy  SrtyennioS  ift  einer  ber  bebeutenbften  bv^antinifcfyen  Styeologen  be$  15.  ^a^r* 
fyunbertä.  3)af$  er  bisher  nicfyt  fo  belannt  geworben,  mie  ©ennabioä  ©#oIario3,  3Rarfo* 
©ugenifoä  unb  anbere,  liegt  barin  begrünbet,  bafc  er  bor  bem  itonjit  Don  Floren^,  bad 
bie  bamaligen  b^antinifc^en  Geologen  im  Slbenblanbe  befonberS  belannt  machte,  fetyon 

20  geftorben  mar  unb  bafc  er  mit  bem  abenblänbiföen  §umani$mu$  feine  Serüfyrung  fu$te. 
3)am  fommt,  bafj  feine  SBerfe,  bie  bon  ben  ©rieben  ftetö  $oc$gefc$ä$t  unb  Diel  au& 
gefegrieben  mürben,  fo  3.  33.  bon  ^eremiaä  H.  *n  feinen  Stotmorten  an  bie  lübmger 
Sut^eraner  ($&.  9Ber/er,  $ie  t&eol.  Sftterat.  ber  grieefc.  Ä.  im  16.  ^a^.  ©.  99  ff.),  aud? 
bon  ben  2lbenblänbern  j.93.  bon  Seo  SltlatiuS  bielfacfy  citiert  mürben,  erft  im  3ai^rel768 

26  unb  1784  bon  ßugenioS  Sulgari«  (f.  b.  %  93b  V  ©.  588  ff.)  herausgegeben  mürben,  b.  &. 
in  einer  $&k,  in  ber  man  lein  3;ntcrcffe  für  bie  griectyifdbe  Äirc^e  gatte.  ©0  blieb  au<$ 
bie  ausgäbe  feiner  SBerfe,  dbmofyl  fte  bon  gabriciuäsßarleS  a.  a.  D.  genannt  toirb,  un* 
beamtet  unb  SBrr/ennioS  ©Triften  fanben  feine  Slufnafyme  in  ber  grie$ifc$en  Sßatrotogie 
fcon  ÜKigne.    SBafyrföemlicr)  maren  fte  auc$  biefem  unbefannt  ober  unzugänglich 

so  3>°ieP^  93rr/ennio3,  toie  er  fic$  matyrfcfyeinlicfy  na<$  feinem  (Eintritt  in$  9Rdn$tum 
nannte,  mätyrenb  er  borfyer  ben  Seinamen  33Iabtyntero$  geführt  $at,  ift  tttoa  1350  ber* 
mutlicty  in  Sacebämon  geboren  unb  trat  um  1375  in  ein  fretiföeä  JUofter  ein.  §ier  toirlte 
er  lange  3(a^re  als  beliebter  ^rebiger,  mufete  bie  Sjnfel  aber  h>egen  eine«  ernften  &on* 
flifteS  mit  ber  ©eiftlic^feit  toerlaffen.    6r  toanbte  tä  um  1395  naefy  Äonftantmopel  unb 

86  trat  bei  ben  Stubiten  ein.  SBalb  ertüarb  er  bie  ©unft  be$  ÄaiferS  3Ranuel  ^Jalaeologod 
unb  nafym  afe  §ofrrebiger  audf^  in  ber  Äird^en^olitif  eine  bebeutenbe  Stellung  eht.  gm 
3a^>re  141 6  unb  1418  mar  er  faiferlicfyer  ©efanbter  im  2lbenblanb.  Äu$  unter  3«>^anneS 
$aläotogoS  ftanb  er  anfangs  nodp  in  ^o^em  3(nfe^en.    9llS  biefer  Jtaifer  aber  burefy  bie 

!>olitijc§en  Umftänbe  gejmungen,  bie  Union  mit  ber  lateinif^en  ftircfye  jucken  mu^te,  jog 
ic^  %o\t)pfy  au$  bem  öjfentli(§en  Seben  jurücf,  benn  er  mar  ein  ftarfer  ^einb  ber  Union. 
SBa^rfqeinlic^  berlebte  er  feine  legten  SebenSja^re  in  Äreta.  ®r  ftarb  furj  bor  ber  86* 
reije  ber  ©rieben  jum  Äonjil  in  ^errara. 

93rr/ennio3  ift  ein  ftreng  ftttlic^er  Gtyarafter,  am  meiften  Starfod  Sugenifo«  bertoanbt 
3J2it  großer  Energie  unb   mit   einem  für  bamalige  SSerr/ältmffe  bemunberung^mürbigen 

46  greimut  ift  er  allzeit  für  baö  SBo^l  ber  orfyobojen  Äirc^e  unb  bie  ©elbftftänbiglcit  beS 
SReic^S  aufgetreten.  ®ie  9?ot  ber  $tit  in  Äird^e  unb  Btaat  fyat  feinem  SEBefen  ettoad 
^efftmiftifcbeS  aufgeprägt.  6r  a^nt  ben  nafyen  Untergang  unb  fte^t  baS  ®nbe  edler  Dinge 
bor  ber  £^ür. 

3jofej)|  ift  bormiegenb  Geolog,  bo<£  bieten  feine  SBerfe  eine  9Renge  ©toff  avß  allen 

60  fünften  unb  SQäiffenfc^aften  ber  b^jantinifd^en  Silbung,  namentlich  aus  ber  SR$etoriIr  ber 
Eialeftif,  ber  ©eometrie  unb  2lftronomie,  ber  ytiftW  unb  ber  Sßbtlofo^ie.  Site  $^Uofo^ 
^ängt  er  feinem  <5r/fteme  gän^lic^  an.  3n  ber  ^fr^ologie  ^latonifer,  aber  auc^  Don 
SlriftoteleS  beeinflußt,  folgt  er  in  ber  ßtfyif  ftoifd^en  unb  neuplatomfäen  ©ebanfert  Unter 
ben  SSertretcrn  ber  ©toa  beborjugt  er  namentlich  ben  Jtaifer  3Karc  2lurel,  Neffen  Äom* 

66  mentarien  er  oft  citiert,  bod&  o^ne  i^n  ju  nennen.  §ier  mar  er  offenbar  bon  bem  fata* 
liftifd^en  .ßuae  be$  faiferlic^en  ^5^ilofop^en  fr;m>)at^ifc|  berührt  ®oc$  fmb  bei  i^m  alle 
antifen  Horfteßungen  bon  ber  c^riftlic^en  Sbeologie  affimiliert  an  [\$  gelten  tym  bie 
Vertreter  ber  Slntife  als  Reiben,  beren  Autorität  er  nic^t  anerfennt.  3n  biefem  ©tücfe 
ftc^t  er  ben  §umaniften  feiner  3*it  Wroff  gegenüber. 


3ofty!|  »rtfenmoS  3o\*Ph  3fef«  Pflegevater  361 

SBie  gefaßt,  fommt  3°fe^  SrtyennioS  namentlich  als  $r)eolog   in  93etrad;t.    Ifjeo* 
logtfö  finb  auc$  faft  alle  feine  Sßerfe.    2luc$  unter  ben  Wenigen  bie  niefct  herausgegeben 
finb,  ftnbet  ftc$  h>enig,  toaS  nid&t  jur  Geologie  gehörte.    3°W  M  21  Sieben  unb  brei 
Dialoge  über  bie  Srinität  gehalten,     Sie  füllen  ben   erften  93anb   ber  ausgäbe  feiner 
Sdrriften.    Seine  übrigen  $rebigten  bejiefycn  ftcfy  auf  bie  ©otteftnutter  (5),   auf  bie  ©r*  6 
ßfung  (6),   auf  bie  legten  2)ingc  (4),   auf  ben  ©lauben  unb  auf  bie  §eil3öfonomie  je 
eine,  ebenfalls  eine  auf  Dftern,   jtoei   auf  bie   SSerflärung  ßljrtfti  unb  ba$  Ifyaborlicfyt. 
ftad^enpolitifcfy  ift  ber  köyog  av/ußovXevrtxög,  in  bem  Qofcp^  feine  Stellung  jur  Union 
barlegt  unb  bie  Siebe  mgl  rfjg  rebv  Kvnqimv  evwaecog,  bie  äfynlicfyen  ^Jn^att  l;at.  Stein 
l>olitifc&  ift  bie  dtj/LirjyoQia,  in  ber  er  jutn  SBieberaufbau  ber  -Kauern  Oon  Äonftantinopel  io 
aufforbert,  bie  ©anhebe  an  bie  ©otteSmutter,  mit  ber  auefy  ber  Sermon  über  bie  Stanb* 
Ipftigfcit  jufanimcn^ängt.  Stein  perfönlic^er  Statur  fmb  bie  jtoei  Iroftreben  an  ben  Äaifer. 
Sic  ÄbfctyicbSrcbe  an  bie  Greter  tyat  ätynlicfyen  Gfjarafter.    3^  Stbfyanblungen  ftnb  bie 
Äuffäfce  Jiegl  rov  vodg  unb  bie  emdxig  bird  xecpakaia.   (Snblicfy  ftnb  *>on  3ofej>^  auefy 
26  Sriefe  befannt,  in  benen  neben  bem  ^erfönlid^en  au$  manches  ifyeologifcfye  unb  %&  15 
Otifc^e  fwfc  finbet. 

3ofej)$  SJrtjennioS  ift  ein  ftreng  fircblictyer  Ideologe.  6$  finben  ftc§  bei  ifym  faum 
abenblänbifc^e  ©inflüffe.  2)aS  toirb  ein  rurjer  Überblicf  über  feine  Ideologie  jeigen.  3)ie 
Cffenbaruna  toirb  burc^auä  intetleftuetl  gefaxt.  Sie  enthält  doyjuara  unb  ift  in  ber 
fcüigen  Scyrift  enthalten.  2)ie  fielen  ber  ^eiligen  Schrift  ftnb  bafjer  bie  oberften  Stör-  20 
men  ber  Äirc&enletyre,  baneben  aber  ftefyen  bie  SBäter,  bie  bie  Schrift  richtig  aufgelegt 
faben.  2)ie  SSerfammlung  ber  SJäter  ftnb  bie  Äonailien.  (Sä  gilt  bafyer,  bie  überlieferten 
2)ogmen  unberänbert  feftjutyalten.  3)a$  ift  bie  $flic§t  ber  $römmigfeit.  2)ic  Dogmen 
bebfirfen  batyer  auefy  feiner  Steu^rüfung  ober  bernunftgcmäfjen  93egrünbung,  fte  ftnb  ge* 
)nrüft  Don  ben  SSätern  unb  ftefyen  über  ber  Vernunft.  3)ie  Seftrebungen  ber  abenblänbi*  25 
fam  S<$olafttt  toerben  alfo  gemifjbilligt  unb  bertoorfen.  9luf  ©runb  biefer  ^rin^ien 
mttoidelt  3ofe£$  nun  bie  einzelnen  fielen.  Über  ©otteä  2Befen  läfct  ft$  nur  fagen,  toaä 
tt  ntyt  ift,  pofttto  lennen  toir  tyn  nur  in  ber  ftriniiät,  auf  beren  ®arftellung  bie  größte 
SDÜtye  toettoenbet  toirb,  namentlich  um  bie  abenblänbifcfye  Setyre  ab$utoeifen.  2)er  ßtoedf 
ber  gefamten  Schöpfung  ift  ber  9Jtenf$.  6r  ift  gefctyaffen  um  baä  ui  toerben,  toaS  ©ott  30 
Don  Statur  ift,  er  fott  dioei  &e6g,  er  foll  Vergottet  toerben.  ®oc^  oer  SJtenfc^  toottte  bie 
i^m  jugebac^te  SBürbe  bur$  eigene  SJtac^t  erringen,  ba^er  ift  er  au«  ber  ©ememföaft 
®otte$  gefallen.  Unb  tpenn  i^m  auc^  ba«  amegovoiov  geblieben,  fo  ift  er  bo$  auf 
bad  Sinnliche  gerietet,  ja  unter  bie  Sünbe  berfauft.  216er  ©ott  l>at  in  feiner  ngovoia 
ben  gatt  Dorauägefe^en.  ®r  ^at  toon  Slnfang  nicfyt  nur  auf  bie  nkdoig,  fonbem  auc^  bie  36 
ördjüaoig  gebaut.  2)iefc  erfolgt  burd^  bic  Senbung  3>efu  ß^rifti.  Sein  2Berf  befte^t 
barin,  baft  er  bem  2Jtenf<$en  bie  (Srreid^ung  be«  Sc^öpfung^toecfe«  möglich  machen  toiD. 
Unb  jtoar  geföte^t  ba«  toeniger  burc^  ein  Strafleiben,  ba$  ber  §err  auf  ftcfy  genommen, 
eine  Satidfaltionäe^re  pa^te  ni$t  in  ben  3ufammen^ang,  fonbern  burrf>  bie  Srfd^einung 
ber  $erfon  be«  §errn  felbft.  2)ie  S^ätialeit  beä  §erm  toirb  in  mannigfachen  Silbern  40 
befc^rieben.  2)er  Srtrag  ber  ßrlöfung  für  bie  ©laubigen  ift  bie  ©arantie  beä  etoigen 
geben«  na$  bem  lobe  unb  bie  93ertoanblung  be«  Strafleiben«  in  $rüfung«leiben.  3SoHenbet 
tottb  bie  §eil«ö!onomie  erft  burc^  bie  ovvrüeia  rov  xdojuov,  Don  ber  3°ftyfy  ^nc  Wr 
betatOierte  Säuberung  giebt.  3)a«  biefen  religiöfen  I^eorien  entfprec^enbe  et^ijc^c  Ser* 
galten  ift  nac^  3ofef  SrtyennioS  ein  a«fettfc^e«.  3)er  SJtenfd^  rnufc  ftd$  felbft  bafür  be-  45 
reiten,  bafc  ber  §en  ba«  SJtaterieHe,  ba«  Sünbige  il^m  abnimmt.  6«  gilt  bie  ndßrj  %w 
überttiinben  unb  Xugenben  ber  brei  Seile  ber  Seele  $u  ertoerben.  Stamentlid^  tritt  babei 
baÄ  SUmof engeben  ^ert>or,  tvirb  aber  fotoeit  au«gebe^nt,  bafe  faft  bie  ganje  2iebe«t^ätig!eit 
gegen  ben  Stapften  barunter  begriffen  finb. 

SXefe  furjen  3**ge  mögen  geigen,  bafe  ^sofe^^  ein  fircfylicfyer  2l;eolog  toar.    ^ür  jebe  w 
emjebte  ber  Don  i^m  be^anbelten  Se^ren  bietet  er  aber  ein  fo  reiche«  SJtaterial,  ba{$  feine 
Serfldftc^tigung  bei  ber  3)arfteDung  ber  fpät=b^antinifc^en  Äird^enle^re  unerläßlich  ift. 

$1).  We^er. 

Stfaft*  3«fu  ^PflegeDater.  —  1.  ftultue.  ASB  t.  III  Mart.  (a.  19.  SRÄrj). 
Senebift  XIV  (^rofper  yambertini),  De  beatorum  canonizatioue,  IV,  2,  c.  20,  n.  7—58.  65 
Analecta  iuris  Pontif.  1860,  p.  1509  sq;  Stabler,  Soüftfinbige*  ^eiltgenle£tton  III  (1869), 
S. 449—  453;  3.  »ouot),  2)er  @tcrn  be«  19.  3af>rf)unbertö,  ber  bl.  3o|ept),  9lad)en  1869; 
Mrdbl,  ÄÄfi.«,  VIf  1843 ff.;  C.  M.,  Primaut^  de  S.  Joseph  d'aprea  l^piscopat  catholique 
et  1*  theologie,  ^ari*  1897;  93eba  ^ßlaiue,   O.  S  B.,   De  vita  et  eultu  S.  Joseph  patroni 


362  %o\tpt)  3efu3  ^ffcgebater 

ecclesiae  catholicae:  Stub.  u.  9Rittcif.  au&  b.  $eneb.«  u.  (£ift.-£).  1898,  p.  171ff.#  395jf., 
509 ff.;  gof.  Go&£a«£u$i,  De  s.  Josepho  viro  Mariae  cantica  liturgica  Graecorum  auetore 
Joaepho  Melodo:  Bessarione  (8eitfd)r.)(  t.  V,  1899,  p.  429-448.  «gl.  ba«  „SSolIftänbiflC 
©t.  3ofepb«büd)fcin",  SRegenäburg  189  1. 
6  2.  Orben  u.  Kongregationen.  £>el^otr  Ordres  mon.  IV,  405.  411ff.,  VIII,  25ff., 
186 ff;  £*wrion'$ef)r,  9(Qg.  ®c|d).  ber  Wönd)3orben  II,  288f.,  349-355;  401;  »abidK, 
Dictionn.  des  ordres  rell.  etc.  ($ari$  185*),  IV,  66)tff.,  684 ff.,  1139  f.;  Äcffer,  Les  Oon- 
grggations  rcligieuses  en  France  ($an«  1888),  p.  356 ff.;  SRardjanb,  Moines  et  Nonnes, 
Par.  1882,  II,  195sq.;  Streber,  «.  „gofep^iten"  im  Äffß*  VI,  1874—1888;  ©eimbufler, 
10  91.  „Scfculbriibcr",  ebb.  X,  1968-1970;  berfeibe  in  f.  Orben  unb  ffongreg.,  bef.  II,  428ff., 
439 ff.,  535 f.;  Zf).  ßolbe,  $.  fira%  ©ruber(d)aftcn  ic.  (Erlangen  1895,  <5.  10. 

I.  Screfyrung  be«  $1.  3 o f c J> ^.  gut  einen  bem  neuteftamentli<$en  3°fa>&#  bem 
Setlobten  bet  9Matia  unb  SRäfytbatet  3cfu  (Josephus  Sponsus  et  Nutritius  in  bet 
fyagiologifcfyen  Äunftft>tac$e) feiten«  bet  cüteren  jtinfye  bargebrad&ten  bef  onbeten  Äultu«  fetyt 

15  e«  an  au«reicfyenben  gefctyid&tlictycn  Seiegen.  2)ie  altd?riftlic^en  Silbtoetfe jieigen  Ujn  nie? 
mala  für  ft$  allein,  fonbetn  ftet«  in  ©tujtyenbatftellungen  $ufammen  mit  SJcaria  unb  bem 
(Sljtiftfinbc,  alfo  gemäfe  ben  bibliföen  Senaten  in  Sc  2,  2  ff.  (©ebutt^efu  in  Setylefan), 
9Rt2, 1  ff.  (änbetung  bet  SKagiet),  9Rt  2, 18  ff.  (ftluc&t  na$  ägflrten).  Unb  jtoarftetten 
bie  Monumente  au«  ftüfyeftet  3cit  ifyn  ftet«  in  jugenblidjcm  Älter  bat,  befleibet  (al«  äanbfterfer) 

20  mit  bet  furzen  $unica,  unb  babei  enttoebet  butefy  einen  Ätummftab  al«  3$ei!ne^mer  an 
jener  gfluctytreife,  ober  burefy  Seil,  ©äge  2C.  al«  Zimmermann  tenntltd^  gemalt.  Stft  feit 
bem  5.,  bejto.  6.  Sa^r^unbert  toitb  et  fcorfyettfc&enb  al«  altet  SJtann  ober  gar  aö  ©reo 
(mit  Pallium,  Dottern  Satt,  jungten  fa&lföjjfig)  abgebilbet,  rodele  Sluffaffung  getoifi  mit 
SRec^t  t)on  @.  S.  be  SRofft   auf  ben   ©influjj  bet  a^of^^en  £inb&eit«et>angelien   gurüd* 

26  geführt  tootben  ift.  3)enn  na$  bet  in  biefe  übergegangenen  fiegenbe  (pon  toddpx  aller* 
bing«  fetyon  ©regor  bon  SRajiana  unb  Gtyi^aniu«  Äenntni«  Ratten)  $atte  30f*tö  «ft  <*Ö 
betagtet  SBittocr  bie  Sttatia  geheiratet  unb  tyt  (bgl.  9Kc  6,  lff.;  3Rt  13,55)  ben  3a!obu«, 
3ofe«,  ©imon  unb  3uba«  al«  ©ö&ne  au«  feinet  etften  @tye  jugebtad^t  liefet  bia$« 
Mittelalter  fyinbutc&  in  ©eltung  gebliebenen  unb  auf  niAt  toenigen  ftunfibentmälern  )um 

so  2lu«brucf  gelangten  Sorftettung  Dom  ©reifenalter  30fafc  ((•  u-  <*•  Sforfael«  Sposalürio, 
au«  bem  ^afyre  1504)  ift  bie  neuere  abenblänbifcfctattyolifd&e  Xtabttion  entföieben  atyott) 
getoorben.  3^r  $&  iW  aDgemetn  ^ofe^>^  ate  bet,  toenn  nid^t  im  3iingling&,  boc^  im 
ttiftigen  3Kanne^aItet  ftetyenbe  Sctlobte  bet  3Kabonna.  ©ein  frityjeitigeä  ©Reiben  aud 
bem  (Srbenleben  toitb  möglic^ertoeife  —  loegcn  feine«  3utttdttteten$  in  ben  Senaten  ber 

86  (Sbangelien  (f.  au^et  SKc  u.3Wt  1.  c.  befonbet«  auefc  3o  2, 1—12  u.  19,26)—  mit9te$t 
angenommen,  toä^renb  freiließ  bie  feit  3lmbtofiu3  unb  ^ieton^mu«,  ben  ©egnern  beä  fyd* 
bibiu«  unb  Sonofu«  (»gl.  bie  51.),  )um  feften  Seftanbteil  be«  tat^ol.  5Dogma  getoorbene 
annähme,  ba^  feine  6^e  mit  TOatta  eine  blofee  ©c^eine^e  (fogen.  „3ofe£&&(g$c")  ge= 
blieben  fei,  bet  fic&eten  3ln^alt«})unfte  im  31%  entbehrt.     3)ie  fiegenbe,   unb  i^r  folgenb 

40  bie  batftellenbe  Aunft  be«  jäteten  Mittelalter^,  lögt  ben  %oh  3ofep^  toä^tenb  bet  3üng= 
Iing«ja^te  $efu  —  alfo  ettoa  im  3.  18  n.  Cfyr.,  ober  naä)  anbetet  Überlief erung  au^ 
too^l  fpäter  gegen  3*fu  öffentliche«  auftreten  im  3atyre  27  ,^n  —  eintreten,  unb  itoar 
im  Seifein  ber  an  feinem  Sterbebette  betenben  Ataxia  fotoie  (S^riftt,  nad^  einigen  3>ar= 
ftellungen  aud^  3ol^anne^  be«  ßbangeliften.    Sefonbet«  an   biefen   legenbarifc^en  Script 

45  bom  ©terben  3«>fe})^«  in  ben  2lrmen  ber  SRabonna  unb  S&rifti,  fotoie  an  ben  Umfkanb, 
baft  bie  ältere  Überlieferung  jtoar  gelegentlich  t>on  feinem  ©rabe  (al«  im  St^ale  3ofat^at, 
neben  bem  be«  greifen  S^meon  beftnblic^),  aber  mental«  bon  feinen  ©ebemen  ui  etj&^fen 
roetfe,  Inü>f en  bie  feit  @nbe  be«  3R31.«  im  Slbenblanbe  jut  ^errfc^aft  gelangten  xrabitionen 
unb  Sorföriften   über  ben  3»fej)^fultu«  an.     ©c$on  %o\}ann  ©erfon  —  überf^ru^t  ein 

60  eifriger  görberer  biefe«  Äultu«  (Serfaffer  eine«  Dfpjium«  für«  abenblänbifd&e  3^!«^*^ 
am  19.  SKärj  fotoie  einer  12  ©efänge  ^altenben  poetiföen  Josephina  ober  ^ta  8. 
Josephi,  t>gl.  b.  ».  bon  Sefc:  VI,  617,  3. 17)  —  bertrat  bie  »nftty:  3of^  fei  bei 
ber  Himmelfahrt  feine«  *PfIegefofyne«  3cf^  mit  ©eele  un*>  2eib  (gleich  jenen  ßcUigen 
9Kt  27, 52  f.)   in    ben  §immä    enttüdft  tootben.     Übeteinftimmenb  bamit   urteilte   ber 

66  f)l  Setn^atbin  b.  ©iena:  „mit  Siecht  feien  3^f«^  SKatia  unb  %o\tpf),  nac^bem  fie  auf 
ßrben  ein  atme«  unb  atbeit«boQe«  fieben  jufammengefü^tt,  im  $immel  gu  gemeuifamem 
etoigen  Beben  erhoben  tootben",  unb  toetftc^ette  be«gleic^en  gtanj  bon  ©<ue« :  ber  $1 3* 
jc})&  fei  „bem  Seibe  toie  bet  ©eele  nac^  im  §immel".  SEBie  benn  auc^  bet  leitete  feinen 
mit  grau  to.  g^antal  jufammen  gefttfteten  Drben  ber  Sifttantinnen  bem  befonberen  Bd/a^t 

an  3ofej>^«  untetftettte  (1610;  bgl.  b.  betr.  21.).  ©etyon  ettoa«  jubot  ^atte  Xerefa  be  3efu«# 
al«  fie  (genefen  bon  bierjä^riger  {elfterer  Hranf^eit,  beren  Teilung  fie  befonber*  ebenbenu 


&Wr  3*fa  ^ffcgebater  363 

fetten  $atrott  jufd&rieb)  DrbenSgrtinberin  tourbe,  baS  crftc  ifyrer  Älöftcr  bem  fyl.  Sofepty 
aetoetyt  (f.  b.  9.  in  $9l@  \  XV,  ©.  378  f.).  —  (Smtfofylcn  burdfr  biefe  unb  no$  anbere 
Autoritäten  na$m  ber  abenblänbiföe  SofepljStultuS  fett  bem  17.  %cü)rf).  e*nm  mächtigen 
Sbtffötoung  (togl.  Äolbe  a.  a.  0.).  2luc$  ^ofc^^^eliquien  beginnen  aufzutauchen,  be* 
ß$enb  aQerbingS  nid&t  in  ©ebeinen  ober  ettoelcfyen  Körperteilen  beS  leiblich  tn  ben  §immcl  6 
$inaufgenommenen,  aber  bo$  j.  93.  in  feinem  3krlobungSringe,  ber  )u  Perugia  gezeigt 
tourbe,  in  einem  ju  9tom  fcertoafyrten  ©tüdfe  feinet  s])tantelS  u.  bgl.  3al;lrei$e  fromme 
@enoffenf$aften  beiberlei  ©efcfcled&tS  tfyun  feit  SMitte  beS  genannten  3<*^unbcrtS  unter 
St  3^fa>$k  9tomen  ftd&  auf ;  f.  SRr.  II.  2luc§  ber  bermalen  angefe^enfte  bcr  tirc&lic&cn 
Stbenttage  Sofep&S  fyd  bamalS  juerft  päpftlidje  (Sanktionierung  erlangt.  10 

2BaS  nämlic^  bie  befonberen  feiern  ju  Qtyren  beS  ^eiligen  betrifft,  fo  befajj  berfelbe 
in  altfir$li<$er  3eit  noety  fein  eigenes  geft,  —  toaS  immerhin  mit  ber  Vorliebe  ber  älteften 
Gjpiften^eit  für  ben  ÄultuS  toon  ^Märtyrern,  $u  freieren  3<>fa>(?  ja  nietyt  gehörte,  jufammen- 
bangen  modjte.  33is  ins  Mittelalter  hinein  lauten  bie  Irabitioncn  betreffs  beS  ^ofepfys* 
tag*  emanber  hriberforet^enb.  3)ie  Äopten  feierten  einen  folgen  am  20.  $uli  (h>elc$cr  15 
%a%  hn  abenblänb.  Äalenber  Vielmehr  bem  ^ofepf}  ^uftuS  SarfabaS,  31©  1,  23,  getoetyt 
#).  9et  ben  ©rieben  tourbe  ber  4.  2tbt>enfc©onntag  (©onnt.  fcor  (S&rifttag)  als  y$o\q>fä 
tag  begangen,  jebocfc  ni^t  fo,  bafe  er  biefem  ^eiligen  auSfcfylie&Iicty  getoetyt  tourbe,  fonbern 
ridme$r  als  acmeinfameS  geft  für  3<>fa>&  (nebft  SKaria),  Äönig  3)at>ib  unb  ;>fobuS  ben 
©cremten  (ba$er  ber  allgemein  gehaltene  SRame :  Kvgiaxrj  tcov  ävicov  naxegiov).  (Sin  20 
3nrädret$en  biefeS  3ofel>fc3)a&ib=3afobuSfefteS  bis  in  früfyc  alt!ir$lic$e  Reiten  fuc^te 
neuerbing*  6oj$a4Juji  (f.  0.)  unter  Berufung  auf  baS  ßeugnid  beS  .§tymnograt$en  ober 
3JMoben  3ofep&,  eines  griec&iföen  2)i$terS  beS  9.  $a^unbertS  (geft.  883:  bgl.  Ärum* 
to$er,  ®efö.  b.  b%.  2itt.2,  676  f.)  toa|rföeinlic§  $u  madjen;  aber  er  legt  bem  SMenäen* 
Äanon  biefeS  9utorS  beS  ?tyotiamfc&en  Zeitalters  einen  übertrieben  fyofycn  geföicfytlictyen  25 
3eugentoert  bei  (f.  Anal.  Boll.  1899,  IV).  Sßieber  in  eine  anbere  SatyreSjeit  fällt  baS= 
Mg«  Stfty&Sftft,  toelc&eS  —  angeblich  burefc  flarmelitermönctye  beS  14.  ^a^r^unbcrtS  aus 
Serien  Opaläftina)  naefc  bem  2lbenblanbe  toetyflamt  —  ^ier  junäd^ft  bei  anberen  Settel« 
«ben  (bei  ben  granjiSfanern  feit  1399)  Eingang  fanb,  bann  burc$©erfon  ben  Äonftanjer 
Äongitoatern  angelegentlich  emjpfo^len  mürbe,  tociterfym  ber  übrigen  fc^on  genannten  ^a«  so 
trone  ft^  ju  •  erfreuen  ^atte  unb  fc^lie^lic^  1621  t>on  ©regor  XV.  jum  allgemeinen 
itizc^enfefl  für  bie  römifc^e  Q^riften^eit  erhoben  mürbe.  BiefeS  nunmehrige  $auptfeft 
^oto^S  —  neben  toelc^em  übrigens  lofal  (j-  S.  in  ber  2)iöcefe  SlugSburg  ber  23.  %qxk. 
als  SetCobungStaa  3°f^^  "n^>  SJtonaS)  noc^  anbere  ©ebenftage  in  ©eltung  geblieben 
fenb  —  fäHt  auf  ben  19.  SKärj ;  für  biefen  3:ag  ^aben  ba^er  aud&  bie  Sottanbiften  86 
tmfren  ^eiligen  bearbeitet.  %üx  aufnähme  Don  ©t.  ^ofe^S  9Jamen  in  bie  grofce  SlBer« 
^ingen-Siturgie  (unmittelbar  hinter  ^o^anneS  beS  XäuferS  tarnen),  foh)ie  in  bie  Heinere 
Stattet  pro  commendatione  animae,  forgte  bann  ©encbtft  XIII.  bur$  @rlag  t>om 
19.  5Degetnber  1729.  9lod)  ^ö^ere  (g^ren  enblicfy  ^at  i^m  unfer  ^a^unbert  gebraut. 
SiuS  IX.  erHärte  burc^  Defcet  bom  8.  2)ejember  1870  jenes  3Kärjfeft  für  ein  geft  erfter  40 
Klaffe  unb  er^ob  3°f*tö  )um  6d?u^atton  ber  ganjen  fatfyoliföen  Atrc^e,  moburc^  ber 
Sang  beSfelben  fogar  über  ben  ber  9))oftelfürften  $etruS  unb  $auluS  erbost  mürbe. 
8eo  XIII.  beftätigte  in  ber  ®r\ö)Ma  De  patrocinio  s.  Joseph]  Dom  16.  äluguft  1889 
boS  3BBefentli($e  beS  (SrlaffeS  feines  Vorgängers  unb  Derorbnete  au^erbem  für  ben  gangen 
Dftober  ehten  Atfa|  iutn  3lofenIranjgebete,  toorin  ber  ^l.  3°fa>l?  wm  feinen  befonberen  46 
@$ufc  für  bie  Kirx^e  angerufen  frirb.  9luc^  für  bie  anbauten  jum  ©fabulier  beS  \)l 
3^W  u.  bgl.  tourbe  geforgt;  bgl.  ftolbe  a.  a.  0. 

Sie  Sebeutung  bon  bem  allem  in  religiöfer  unb  firc^en^olitifc^er  §inftd?t  tann  nicfyt 
jtoeifel^aft  fein.  Sie  bis  in  3Raglofe  gefteigerten  (Sprüngen  beS  9!ä^rt>aterS  (S^rifti  be= 
beuten  jettftoerftänblic^  niety  ettoa  Suftimmung  ju  irgenbtoelc^er  ebiomttfcfyen  ober  ratio-  60 
Kn  Dottrin  betreffs  ber  Slbftammung  unb  ©eburt  beSfelben.  ©ie  fmb  Dtelme^r 
tote  ber  ©t  9nnenfultuS  am  SluSgang  beS  ^Mittelalters,  ein  Slnnejum  ber 
»e^r  unb  nte^r  )u  ^eibnifd^er  Slbgötterei  entartenben  3Wariolatrie.  ^efuitif^e  (Sinflüffe 
fielen,  inSbefonbere  bei  ben  feit  unfrem  ^a^r^unbert  hervorgetretenen  ßjtrabagangen  auf 
biefem  ©ebtete,  eine  $aut>trol!e.  @S  ift  eine  unb  biefelbe  bogmatif$4ir^en)>olittf<$e  Zm-  66 
benj,  toelc^e  in  jenen  auf^örberung  beS  ^ofe))l;Sbienft  bejüglic^en  (Srlaffen  ber  beiben  legten 
Sä^ie  tote  tn  bin  belannten  3?eranftaltungen  jur  .§ebung  beS  §er js^efu«  unb  beS  ^Karten» 
bdU  (»gL  »bVH,  777  ff.)  tyren  3luSbrucI  ftnbct. —  3Wit  bem,  toaS  bie  Jjo^uläre  ^agio* 
topfte  unb  aSfetij^e  Sitteratur  in  feefer  9ln)>reifung  ber  angeblichen  ^rüc^te  unb  6rf olge 
ber  ©ebete  jum  91.  ^ofe))^  leiftet,  Wetteifert  ein  $eil  ber  neuromif^en  ©c^olaftifer  in  eo 


364  ftofetrf),  dfefu  $flrgcbater 

§inficfyt  auf  gefcfymadflofe  Herfucfye  $ur  genauen  93eftimmung  be«  Slangs  tucld^er  bemfelben 
in  ber  fyimmlif<$en  §ierarc$ie  aulomme,  ober  gur  3*e^unÖ  Warfer  ©rcmlinien  jtoifc&en 
erlaubten  unb  unerlaubten  formen  be«  3ofepfy«fultu«  u.  bgl.  m.  2)om  ?ßlame  $.  8.  be* 
grünbet  feine  Slbmafynung  bon  ettoaigem  ©ucfyen  naefy  JofcpIj&SReliquien  unb   bon  be* 

6  fonberer  §eiligfyaltung  berfelben  mitbem  eigentümlichen  Slrgument:  ©t.  \$otyfy  gehöre  jur 
Stangflaffe  ber  forsan  in  corpore  et  anima  gen  §immel  gefahrenen  ^eiligen ;  bie  9ReU 
nung,  bajj  e$  Reliquien  öon  ifym  gebe,  fei  alfo,  „quasi  iniuriosa  ipsi  saneto",  Don 
ber  §anb  $u  toeifen  (f.  ben  Sln^ang  „De  reliquiis  S.  Joseph"  am  ©bluffe  ber  oben 
unter  SRr.  1    gen.  ©$rift).     3)er  Serfaffer   jene«   franjöfiföen  Sßcrt«  über  ©t.  ;Jofep&S 

10  Sßrimat  (f.  ebb.)  bietet  eine  reiche  3ufantmenftellung  bon  S3etoeifcn  bafür,  bafe  5s0fa$  ber 
näcfyfte  Sang  naefy  ber  ©otte«mutter  äufomme,  er  füfyrt  fünf  $ttel  für  fein  3$aterber$ält* 
ni«  $u  ßbrifto  auf,  bringt  10  ©etoeife  für  feine  §eiligfeit  bei,  erörtert  fogar  fragen  toie: 
„Le  ministöre  de  S.  Joseph  est-il  dans  l'ordre  de  l'union  hypostatique?" 
unb  begrünbet  feine  2lbletynung   ber  äfono^me,   bajj  ettoa   au«  9Rtl1,ll   ein  SJorrang 

16  Rannte  b.  2ßufer«it  bor  3°f^^  8U  folgern  fei,  mittele  einer  9lu«fül?rung  fcon  ettoa 
40  ©eiten  Sänge!  2tynlicfye«  jum  Xeil  auefy  fd&on  in  jener  ©cfcrift  SBoubp«  bom  Sa^re 
1869  (f.  0.).  —  Äein  2ßunber  bemgemäjj,  bajj  in  Straftaten  für«  fatyoliföe  SBol!  ge* 
legentlicfc  eine  an«  S3la«pfyemiföe  ftreif enbe  S3ergötterung«tenbcn  j  in  93ejug  auf  ben  ^eiligen 
tyerbortritt    ©0  j.  9.  in  bem  bifc^öflicfc  approbierten  SBubtoeifer  „Äalenber  ju  @bren  be« 

ao  attertyeiligften  §enen  3.  gfjrifti"  jc  für  ba«  %al)T  1895,  too  bie  gewaltige  SBirfung  ber 
Stnbac^t  jum  tyL  Sofepty  mit  ber  ausführlich  erjagten  ©efd&i$te  eine«  StaubmörberS  ittuftriert 
toirb,  bem  feine  Anrufung  bleiben  jur  Slufnatyme  in«  Himmelreich  bereifen  £abe,  trofc 
be«  §immel«pförtner«  $etru«  anfänglicher  Steigerung  tym  (Sinlajj  $u  getoätyren,  ja 
trofe  ber  eine  $t\t  lang  bon  ©ottbater  felbft  ifym  borentfyaltenen  So«fprec$ung  bon  feiner 

25  ©qulb. 

IL  3ofe^«  =  Drben  unb  93rüberf#aftcn.  3)ie  ju  ©fcren  3ofep&«  8«$rita* 
beten  unb  nad)  ifym  benannten  frommen  Vereine  gehören  fämtliqj  erfl  ber  neueren  3«*  ««• 
3Son  ben  3Rftwwcrbercinen,  bie  jk$  unter  ben  befonberen  ©c&ufc  St  3<>fcp&$  al«  be«  Mb* 
liföen  @etyorfam«ibeal«  ftettten  unb  naefc   tym   benannten,  batiert   1.  ber  ber  „3Belt* 

sopriefter  bom  H  Sofepfy"  au«  ber  erften  §älfte  be«  17.  ^a^r^unbert«;  t^n  grünbete 
$aul  SJlotta  1620  ju  9lom,  too  bie  Äird^e  Bari  Sorcnjo  in  3)amafo  fein§auptft$  tourbe; 
feine  ben  (Sinrictytungen  be«  Oratorium«  *Jty.  9ieri«  teitoeife  nac^gebilbeten  Statuten  be* 
[tätigte  3nnocenjXI.  1684  (bgl.  £etyot  VIII,  25f.).  2.  35te  ©enoffenfd&aft  ber  6re* 
teniften  ober  3Kifjtonare  bom   ^l.  ^ofep^  (aud^  Josäphites)  rief   um  bie  3Rttte   be« 

35 17.  ^a^unbert«  ^sacque«  ßretenet  in«  Seben,  ein  namhafter  6^brurg  ju  S^on,  ber  beim 
Süütcn  einer  $eft  in  biefer  ©tobt  (1643)  2Bunber  barmherziger  Siebe  tüirfte  unb  foäier, 
jur  geiftlic^en  Serforgung  ber  burefc  biefe  Äalamttät  SSertoaiften  unb  Verarmten,  eine  au« 
©tubierenben  unb  fonftigen  ©e^ilfen  feiner  ^ätigleit  gebilbete  ©efettfc&aft  ftiftete.  6r 
ftarb  föon  in  zbm  bem  3^re,  too  er  nac^  empfangener  $riefterh)ei^e  at«  geiftlic^er  Seiter 

40  an  bie  ©pifce  biefe«  SSerein«  trat  (1666).  3)ie  ^auptfäd^lic^  al«  ?Ktffton«prebiger  gu  9e* 
beutung  gelangten  unb  über  mehrere  3)iöcefen  granfreic^«  au«gebretteten  ßreteniften  er- 
lagen jtoar  bem  5ReboIution«fturm  bon  1790,  jmb  aber  nad&  bemfelben  al«  Seiter  taty& 
lijcfcer  6rjie^ung«inftitute  an  einigen  Orten  toieber  in«  Seben  getreten  (bgl.  bie  anonym 
erfd^ienene  Vie  de  M.  Jacques  Cretenet,  Prötreetc,  S^on  1680,  foftrie  §el^ot  VIII, 

46  191  ff.;  §enrion^r,  II,  283 f.).  3.  @in  herein  bon  ^ofep^«brübern,  jur  Sei* 
tung  bon  S3olf«fcfyulen  auf  bem  Sanbe  unb  ^ur  Unterftü^ung  ber  ©eiftlic^feit  bei  ber 
fiatec^efe,  au$  jur  görberung  be«  Äird^engefangc«  u.  f.  f.,  h)urbe  (al«  9leubUbung  eine« 
fc^on  älteren  ^nftitut«  au«  bem  18.  ^a|r^.)  1823  ju  ©t.  ©ufeien  bei  ämien«  bom  9b 
fäof   ^.  ?p.  be  G&abon«  (ö«ft.  1837)  in«   Seben  gerufen  föefc,  II,  308  f.).   —  $>em 

w  19.  ^a^unbert  entftammen  noc^:  4.  3)ie  ^ofep^iten  ober  ©t  3ofep^©ö^ne  bc« 
Jtanonifu«  bon  Sombruggfye  ju  ©rammont  in  ftlanbern,  eine  1817  entftanbene  »rüber» 
fcfyaft  jur  6rj\ie^ung  bon  Jünglingen  au«  fyöfyeren  ©tänben,  ausgebreitet  ^auptfäc^lic^  in 
Belgien,  too  fte  au^er  tyrem  Urfi|  ©rammont  (2)iöc.  ©ent)  no<f)  bier  ioc^ta^&tja 
(3Kelle,  Joubain,  liHemont,  SruneUe)  inne  ^>at  unb  auefc  burc^  einen  »eiblic^en  3*^ 

66  bie  Jofepljitinnen  bon  Srügge,  in  tyren  arbeiten  unterftü^t  toirb  (^eimbud^er  II,  418); 
ferner  5.  bie  „JofeptyitensSrüber  bom  $1.  Äreuj",  toelc^e  1821  bom  ^riefter 
2)ujani6  in  ber  $!iöcefe  Se  3Kan«  gegrünbet  tourben,  fpäter  aber  i^ren  6entralft|  na$ 
sJleuillp  bei  ^}ari«  berlegtcn.  Jfyr  cttoa  40  Jnftitute  (teil«  in  granfrei<$,  teil«  in  beffen 
Äolonien  unb  in  9lorbamerita)  jä^lenber  Herein  toibmet  ftc^  ber  §eranbilbung  tjon^anb^ 

(jo  tDerfem,  ^um  Seil  auc^  ber  Seitung  ^ö^ercr  ©c^ulcn  (%d)x,  II,  307  f. ;  §etmbu<^er  II, 


Sfofetf},  dtftt  Pflegevater  3fofcM  II.,  SCatfer  365 

419).  6.  2)te  1835  Von  2lbb6  SRe^  ju  DuHinS  (£6}>.  SRfyöne)  gefttfteten  Fror  es  de 
St.  Joseph,  ein  SBerein  &ur  (Sr^tc^ung  toertoafyrlofter  Änaben,  Ratten  toätyrenb  ber 
3a^te  1848—88  ßiteauj  als  tyren  Ijauptftfc  inne  (bgl.  b.  31.  „Giftercienfer",  IV,  125,4a), 
finb  aber  neuerbingä  aufgehoben  toorben  (ipeimb.  II,  421).  7.  3Son  nur  lolalcr  93ebeu* 
tung  ift  ber  Sterin  toon  „^ofe^Sbrübern",  toeld&en  Sifd^of  Äettler  bon  9Mainj  1864  s 
in  bem  ^efftfe^cn  3)orfe  Älein=3immern  bei  Dieburg  in$  Seben  rief,  eine  nur  auä  Saicn* 
bräbem  ftei^enbe  ©enoffenföaft,  bie  im  3.  1895  ettoa  20  9Jtitglieber  jä^te  (»gl.  £eim* 
buefcr  ÄR2.1,  X,  1970).  —  Über  ein  ©t  ^ofep^^au^  ju  SBalbbreitbacty  (Ar.  SReutoieb) 
Rubelt  Äolbe,  ©.  28. 

Son  ben  toeibltdjen  Vereinen,   toelcfye  ben  SRamen  ©t.  ^ofe))^  führen,   gehört  bie  10 
3Rcbr$a^l  b«n  franjöftjd^en  ÄatfyolictemuS  an.    ©0   als  bie  bier  älteften  unb  bermalcn 
ausgebreiteten:    1.  bie   ©cfctocftetn    fron   ber   Kongregation   be$    fyl.  ^ofepfy  ju 
»orbeauj,  geftiftet   1638   bur$   9Jiaria  2)etyed>   be  l'ßftang,   jur    S3ebienung  eine* 
ffiaifen=£oft>itate  ber  genannten  Stabt,  fcon  too  fie  fi<b  balb  naefy  anberen  Stäbten  2Bcft=  unb 
Xorbfranfreic^S  Verbreiteten  —  namentlich)  auefy  nadp  Sa  SRocfyette,  too  fte  1672  burety  3tb=  15 
legung  ber  feierlichen  ©elübbe  unb  2lnnafyme  be$  9iamen3  Religieuses  de  la  Congr6- 
gation    de  S.  Joseph,    dite  de  la  Trinitä  cr66e  (ober   auc|  de  J6sus,    Marie  et 
Joseph)  einen   befonberen  neuen  Stoeig  tyx*x  Bereinigung  bilbeten  (#efyot  IV,  411  ff.; 
Stör  II,  349 f.);   2.  2)ie  ßofeitalf cfytoeftern  toom  fjl.  3.   Don  Sa  gifcc^e  (änjou),  ge* 
(tiftet  1642  (£el.  IV,  405  ff.);   3.  2)ie  Softer  Dom  fjl  $.  ju  Se^ut;,  geftiftet  um  1650  20 
taad)  3.  Sßaul  9JtebaiHe  (ßcl.  VIII,  186  ff.),  biefe  brei  bereit«  bor  tttoa  2  ^a^e^nten  in  ber 
Starte  Don  über  9000  SJütgliebern  mit   metyr   afö  1200  Käufern   über  gan$  ftranfreiety 
ausgebreitet  (f.  SKarctyanb,  I.e.   II,  195 sq.).     ferner  4.  3)ie  Tonnen  t>om  fyl.  ^ofepfy 
du  bon  Pasteur,   ein   bur$  Sofe^efdjtoeftcrn  au«  Se  $uty  (f.  9fr.  3)  im  3.  1666 
auf  Anregung  beä  ÄanonifuS  Saborieuj  ju  Glermont  geftifteter  herein   nir  Seitung  bon  26 
3ufluc$te$aufern  für  gefallene  2Räbc$en,  toelcfyer  bie  SRebolution  überlebt  $at  unb  —  ber- 
föieben  fcon  ben  „lottern  fcom  guten  ^irten",   beren  Gentralfifc  3lnger$  ift  (fcgl.  b.  3t. 
„grauenlongregationen"   VI,  238,  4  7  ff.)  —  nod?  jefct  fein  WutterfyauS  in  Glermont  fyat, 
fem  too  au8  eine  ©eneral-Dberin  ettoa  60  Socfyterfyäujer  leitet  (£eimbucfyer  II,  444). 

Steueren  Datum«  ftnb:  5.  bie  Don  -Bhitter  ^aöou^e^  um«  ^3.  1800  ju  6Iugn^  ge*ao 
fttftcten  Sofcp^Sc^toeftem,  toelctye  fj)äter  (feit  1842)  nac^  ©enegambien  Derpflanjt  h>ur* 
ben  unb  teil«  bon  fyter  au«,  teil«  Dom  fran^öfifd^en  ©utana  au«,  nad^  unb  na$  }ur9tu«s 
breitung  in  ben  übrigen  franjöjiföen  Kolonien  (mit  2tu«natyme  Don  Sllgerien  unb  Don 
6oc^m$aia)  gelangten  (f.  Sabine,  Dict.  etc.  IV,  684sq.  1129  sq.).  6.  „©djtoeftern 
öwn  ffl.  5°f-  bon  ber  @rf Meinung",  geftiftet  um  1840  ^u  s3iarfeUIe  Don  ßmiliesö 
Stalarb,  toelctye  Dörfer  (1834)  aud^  fqon  in  SUbty  einen  herein  Don  3 of c^^äf <^h>cftern 
(für  ^wg^1111*^^  un^  Äranfenpflegc)  gegrünbet  ^atte.  lod^terj^äufer  biefer  93ias 
lärbfc^^n  Stiftungen  entftanben  einerfeit«  (Don  Sllbty  au«)  in  Algerien  unb  iunefien, 
anbererfett«  (Don  3Karfeifle  au«)  in  ^erufalem  ($eimb.  11,458).  —  7.  @in  33crein  norb« 
amerilanifd^er  ^of  ei>J}«fcfytoeftern  für  liranfenpflege  k.  tourbe  1809  )it  6mmit«-  40 
bürg  (Stöc.  Baltimore)  burc^  bie  fromme  (Sit je  2lnna  ©eton«  (geft.  1821)  in«  ^eben 
gerufen.  1850  erfuhr  berfelbc  baburefy,  bafe  er  mit  ber  Kongregation  ber  amerifanif djen 
Sarm^crjigen  Sc^toeftem  ober  SSincentinerinnen  ftd^  Derfc^molg,  eine  beträchtliche  93erftärs 
hing,  ©c^on  1868  jaulte  er  91  §äujer  mit  eth>a  1100  Sc^tocftern  (Dgl.  $.  D.  33ar* 
bercv,  ©^  *•  ©*ton/  2  ^bc,  3Jiünfter  i.  SB.  1873).  SäcHer.      46 

3ife)l|  11.,  Satfer.  —  Guellen.  9?eid)e«  Sitleratuvwjeidjni«  bei  $.  tfrone«,  ©runbrifj 
ber  öfterreid).  ©efd>.  1882  S.  760 ff.  ^>iev  enuft^ne  i*  nur  bie  Sitteratuv  ber  firc^iidjen 
Reformen.  3>ic  mit  *  bejeidjneten  SBerte  t)abe  leb  niebt  benüfen  fonnen.  1.  SBrteflittera» 
tur:  Ä.  ü.  «metb,  3Raria  Jb.  u.  3ofepb  II.,  iljre  Äorrfponbeni  u  f.  »..  3  $b,  1807  ff. 
%it  übrige  ftorrefponbenj  3o|epl)§  ift  in  ucrfcfjiebenen  ©erfen  gefammelt  unb  herausgegeben.  60 
€eine  Briefe  Jtonftanlinopel"  0.  3-»  bannfieipjig  1821  unb  fpätcr,  finb  gälfebungen,  ebenfo 
fein  „Qkbetbud)".  —  2.  Sammlungen  uon  Öofepfj«  ©efefen  u.  Serorbnungeu:  *[3.  Äro- 
potfdKf].  ©anbbud)  aller  unter  ber  Regierung  bc«  Sfaifcr«  3.  für  bie  f.  r.  (Jrbiänbcr  ergangene 
8erorbnungen  unb  ©efe^e  19  ©flnbe  1785-  91 ;  Codex  juris  ecclesiastici  Josephini,  2  ©be, 
1788  f.  widjt  nur  bi«  1784.-  »Sammlung  ber  »erorbnungen  unb  ©efe^e  ^.  3.  II.  10  $&  ,  66 
1788ff.  —  Weitere  $af)lrei(be  Sammlungen  f.  bei  &rant  (f.  unten)  S.  16f.  —  3.  $ar- 
fteUungen  a)  ber  gonjen  3eit  uon  flHaria  X^ercfia  bi«  üeopoib:  61.  £().  ^ertbe«, 
?olitif<be  3ttftfinbe  unb  $erfonen  in  ben  beutfe^cu  üfinbern  be«  £aufe«  Cefterreicb  oon 
Äarl  VI.  MS  SRettcrnid),  1869;  (S.  frriebberg,  3)ie  ©renken  ^iuifd)eu  Staat  u.  ffird)e  1872, 
c.  137-185.  608-615;    <&.  ü.  $orf,  3)er  öjtcrr.  StaatSratl)  1760-1848.  1879;  9lb.  SBolf,  «1 


366  3fofe*i|  IL,  Saifer 

Defierrei«  unter  SR.  %$.,  3.  II.  u.  fi.  IL  1740-92  (auS  Dürfen  A.  ©.)  1883.  b)  SRaria 
X&erefia:  £().  t>.  Sern,  $ie  Reformen  ber  flaiferin  3R.  £&.  ($ift.  Safäcnb.  4  gr.  10,  95  ff. 
1869);  «.  ü.  Hrnet$,  ©ef«id>te  SR.  H*.  9,1-260,  1879.  c)  3ofcp$IL:  $.  *&.  »olf, 
©efdjidjte  ber  $erfinberungen  in  bem  retigiöfen,  tird)Iid)cn  unb  ttHffenfd)aftlidjen  guftanb  ber 

5  öfterreidHfäen  (Staaten  unter  ber  Regierung  3.8  II.  1795 :  *&.  SRitter,  St.  3.  unb  feine 
fird)lid)en  Reformen  2  S3be  1867;  0.  SRejer,  3ur  ©efefc.  ber  römifd)«bcutfd)en  grage  l,4Gff. 
1871;  ©eb.  SBrunner,  Sie  tf)cologifd)e  fcicnerfdjaft  am£ofe  3.  II  1868;  berf.,  S>ie  SRtfterien 
ber  Hufflärung  in  Cefterreirf)  1770-1800.  1869.  —  $ie  SRadjridjten  über  bie  greulichen  3u* 
ftfinbe  in  ben  ©eneralfeminarien  bei   Steiner,  ®efd).  ber  geiftlidjen  ©Ubung&mft  alten  1835 

10  ©.  303  ff,  unb  banad)  bei  ©runner  u.  a.  berufen  auf  einer  belgtfdjcn  $rofd)iire,  bie  alle«  baS 
frei  erbidjtet  fcat,  f.  3f$f)  1, 156ff.  (1867).  —  JMoftcrauf  Hebungen:  ©runner,  SRnftericn 
S.  288 ff;  «b.  SBolf,  S)ie  «ufoebung  ber  Älöfter  in  3nneröfterrei$  1871;  «na.  ßinbneT,  Sie 
tyuftebung  ber  ftlöfter  in  $eut[d}tirol  1782/7  (8tfd)r.  b.  gevbinanbeumä  für  Sirol  unb  $or« 
arlberg,    3.$.  28—30$.  1884—6).    —    ©djitlroefen:   ©.  SBotf,  3)a3  Unterridjt«roefen  in 

16  Oefterretd)  unter  $.  3- IL  nadj  einer  $arfteüung  r»on  3of.  \>.  6onnenfel3,  1880;  —  to- 
lerant ©..ftranf,  2)a3 Soleranjpatent  $.  3.  IL  ©äfutarfefrfc&rift  1882;  *5.*roneS,  Ungarn 
unter  9R.  %t).  u.  3.  IL  1871;  g-  0.  8teglauer,  3>ie  politifdje  Steformberoegung  In  Sieben- 
bürgen in  ber  Seit  3.  IL  u.  S.U.  1881  ©.  474-502;  @.  $ubert,  Etüde  sur  la  conditkm 
des  protestants  en  Belgique  depuis  Charles  V  jusqu'ä  J.  II.,  Bruzelles  1882. 

ao  Unter  ben  ftreng  fatr)oIifd^cn  Sänbern,  bie  in  ber  jtoetten  £älfte  be$  18.  3<ufc 
fyunbertS  fi$  genötigt  fafyen,  mit  bem  bter/erigen  Softem  ju  brechen,  um  ben  95kg  ju 
neuer  lebensfähiger  @|iftcnj  ju  finben,  ftetyt  ßfterretet;  in  erfler  *Jinie.  ©d&on  bie  erpen 
Ärtege  unter  9Raria  S^erefta  (1740—80)  unb  bann  tooüenbS  ber  ftebenjctyrtcje  Ratten 
bie  tiefen  ©Reiben  be$  ©taatätoefenS  gezeigt,  ben  9Jiangel  an  ©nr/ett,  ©d^Iagfertigfeit, 

23  finanjietter,  intclleftueller  unb  ftttlic&er  Äraft,  tote  ü)n  ber  lodere  Serbanb  ber  einzelnen 
Sänber,  baä  feubale  ©Aftern  unb  ber  ungeheure  9teu$tum  fotoie  bie  geiftltd&e  $enf<^aft 
ber  Äirctye  geföaffen  Ratten.  ©c$on  unter  ber  Äatferin  Afleintyerrfc$aft  (bis  1765)  fcatte 
bar)er  bie  SReform  begonnen. 

3)ie  älteren  r/absburgtfd&en  Sänber  toaren  bisher  nur  in  lofe  berbunbene,  innerlich 

30  getrennt  toertoaltetc  @ru$>en  jerfallen:  2)cutfe£;öfterreic$,  bie  Sänber  ber  böjjmifcfcn  Ärone 
unb  Ungarn.  35aju  toaren  aus  ber  fpanifetten  ©rbföaft  bie  toattonifcl)en  9lieber(anbe  unb 
bie  Sombarbei  gef ommen,  bie  mit  ben  aUtyabäburgtföen  fiänbem  ft(^  mnerlic^  laum  berührten. 
5)iaria  ^erefta  r^atte  btefeS  ©ru^^enfvftem  baburd^  Vereinfacht,  bafe  fie  Cfterreic^  unb 
Sö^rnen  unter  einer   einheitlichen  ©))i$e  bereinigte.    3U0^4  aber  $atte  fte  bie  oberen 

36  ©rufen  ber  25ertr>altun$  btefer  Sänber  ben  ©tänben  enttounben,  i^re  Sefyfrben  felbji 
übernommen  unb  auc^  tn  ben  unteren  ©rufen  bie  ftänbrtöe  ^iertüaltung  btelfacb  burc^ 
brocken  unb  umgeftaltet.  ©0  roar  ber  2Beg  eröffnet,  auf  bem  bie  SRegterung  oben  tote 
unten  reformterenb  roeiterger^en  fonnte.  3m  ©taatörat  toar  1760  eine  ©etyörbe  ge* 
Raffen,    bie   beratenbe«   Drgan  ber    Äatferin    für  alle    inneren   Angelegenheiten   ba 

40  bmtfö'bötymifcf/en  Sänber  roar,  ber  §au}>tfti  oder  abfolutiftifc^en  ©runbfä^e  rourbe  unb 
bie  Uebertoinbung  ber  ganjen  ftänbt|cr/en  unb  feubalen  Orbnung,  ben  Aufbau  bed  bureau- 
fratifd^en  ©taatö  betrieb. 

©$on  barin  toar  bert>orgetreten,  tote  je$t  auc^  in  Öfterreid^  bie  ©taatägebanten  ber 
Slufllärung  jur  2Jiacf;t  tarnen.    %fyx  ^au))U?ertreter  unter  ben  ©taatdmännern  toar  ber 

46  ©raf,  f))äter^ürft  SBcnjcI  Jtauni^  ber  r>on  1753  an  r>ier)ig  3a^e  lang  als  ©taatölanjler 
bie  ©eele  ber  öfterret$if$en  ^olitif  geblieben  ift.  2ln  ber  UniDerfttat  SSten  r>ertraten 
biefelben  ©ebanlen  auf  bem  ©ebiet  beä  <Staat&  un^  Jtird^enrec^tö  mit  grofeem  Srfolg 
$aul  3ofe^r>  3liegger  (fett  1749)  Dom  Soben  beS  jioftttoen,  Äarl  Anton  3Rartini  (feit 
1754)  Don  bem  be$  sJkturrcd?t^  au3,   betbe  gugletcr)  in  ^o^en  Ämtern  t>on  Gtirfbr|  auf 

60  bie  J)rafttfc^e  Staatebertoaltung,  fett  1763  au^  3>ofe}>$  ^on  ©onnenfel«,  ^irofefior  ber 
^JoItjeU  unb  Jlameraltoiffenfc^af  ten,  ber  eigentliche  Vertreter  ber  3ütf!lärung.  3)ie  Äarferrn, 
obtoorjl  ^erfönltd?  ©egnertn  ber  Auftlärung,  r/telt  bieje  S9iänner  gegen  alle  Anfechtungen 
unb  machte  ed  baburd^  möglich,  bafe  ftd?  burc^  u)re  £rjätigtett  al§  Se^rer  tote  oi&  ©c^nffc 
fteQer  bie  neuen  )>oIttifc^en  unb  firc^enrec^tlic^en  Anfc^auungen,  b.  ^.  auf  fir$Uc$em  ®e* 

65  biet  im  toefentli$en  bie  ©ebanlen  bc^  2errttorialt3mu3  unb  ^broniantömud,  über  ben 
größten  Steil  be^  9{ac^touc^fe^  ber  3"t:tften  unb  ©taatömänner  ausbreiteten.  Sieben  biefen 
fünften  aber  fte^t  mit  mcr}t  geringerer  Sebeutung  fett  1745  ber  meberlfinbtföe  2etb» 
ant  ber  .Hatferin,  ber  ganfenift  ©erwarb  ban  ©töteten,  au^ejeic^net  burdb  feine  ^erfön* 
Itcpen  @tgenf$aften,  tote  baS  unbebingte  Vertrauen  ber  Jlatferin.    Überall   nalnn  er  in 

eo  fietem  ftamj)f  bor  allem  mit  bem  ©8.  t>on  2Btcn  (1757—1803),  Äarbtnal  9ct0O))t,  bem 
§auj)trjertreter  ber  alten  fanattfe^en  ©runbfäfcc,  bie  Arbeit  auf,  bie  ^efititen  auJ  ü)rer 
ADein^errfc^aft  unb  )ule$t  über^cnü;t  aus  ben  ©teOungen,  bie  fte  eingenommen  Ratten,  «i 


3?ofe*lj  Tl.,  Saifer  367 

tobrängcn.  ©o  junäd&ft  m  ber  3enfur:  feit  1749  als  9Mitglicb,  bann  1758—1771 
Sotftfecnber  ber  flommiffton,  fefcte  er  eine  biel  Weitherzigere  ^ra^iS  bur$  unb  ermöglichte 
bamit  bic  freiere  SJeWegung  ber  ©elfter  in  Öfterreicty  überhaupt.  2)ie  geiftige  ©renjfoerre, 
burefc  Me  Dejierreicty  feit  ber  ©egenreformation  gegen  jcbe  ©intoirfung  beS  beutföen  unb 
jebe«  anberen  ^JroteftantiSmuS  abgefd&loffen  fear,  fottte  nid&t  mefyr  in  ber  bisherigen  ©c&roff* 
beit  aufregt  erhalten  Werben,  ©o  ftrömten  benn  feit  ben  60  er  ^afyren  bie  ©ebanfen 
ber  gefamten  neuen  geiftigen  SeWegung  3)eutfcfylanbS  ein  unb  festen  jtd&  in  einzelnen 
6$i$tcn  beS  Beamten*  unb  työfyeren  93ürgerftanbeS,  beS  2tbelS  unb  felbft  ber  §ierard&ie 


fcfl  3fr  bornefrnfier  unb  lebfyaftefter  Vertreter  Würbe  ber  Sfyronfolger,  @r$erjog  3ofej>lj. 
Unb  afe  er  na#  beS  JtoiferS  granj  lob  (18.  Stuguft  1765)  ßaifer  unb  jugleicty  9Hitregent 
für  bie  öfterreic^tfe^en  unb  böfymifc&en  Sänber  Würbe,   machte  ftdt}  auf  allen  ©ebieten  fein 


Stnflufe  neben  bem  ber  Äaiferin  geltenb. 

3Jnbeffen  Waren  föon  Dörfer  au$  auf  firctytictyem  ©ebiet  eingriffe  erfolgt,  bie  be* 
jeugten,  bafe  man  ben  3uf<umnatfyang  beS  fc^tt>eren  SSerfaUS  mit  bem  ganjen  fatfyolifcfc 
fh$li$en  ©tyjiem  erfannt  tyatte.  -Biaria  Ifyerefta  War  *War  ftreng  fatfyolifö  fromm  unb  16 
freute  {eben  ©d^lag  gegen  baS  fatfyolifcfye  Äircfyenrectyt  ebenfo  Wie  jeben  Äonflift  mit  bem 
ijjapfttum,  felbft  mit  einem  5Dtann  Wie  GlemenS  XIII.  1758/69,  ber  jt$  i^ter  Regierung 
burdjauS  unfreunblid&  entgegenfteDte.  2tber  bie  Sage  ifyrer  ©taaten  bulbete  tnelfad? 
feine  anberen  SfoStoege  mefyr  als  bie,  bie  ibre  Staatsmänner  unb  ^uriften  rieten:  fte 
tonnte  nur  nod)  barauf  bringen,  bafi  man  fid$  auf  baS  Unerläßliche  bcfcfyränfe  unb  Xoo*  ao 
möglu^  Dörfer  ober  nad^er  bie  3uftimmung  bex  Äurie  hu  gewinnen  fuetye. 

©o  h>aren  benn  bie  firc^lkfyen  Sieformen  bis  jurs)){ittc  ber  60  er  $afyre  unbebeutenb 
getoefen.  2)te  föWere  Rütfftänbigfcit  ber  fafyoliföen  gänber  auf  Wirtfc&aftlictyem  ©ebiet 
jtoang  bamalS  au$  anbere  beutfetyc  Regierungen,  an  S3erminberung  ber  Feiertage  ju  benfen. 
1753  fcatte  3Raria  Sfyerefta  bon  Senebift  XIV.  erreicht,  bafc  an  24  Feiertagen  naety  bem  26 
©otteSbtenft  gearbeitet  Werben  burfte.  SMefclben  SSerbältniffe  Ratten  baju  gelungen,  baS 
toeitere  9bttoa$fen  beS  fir$li$en  Vermögens  ju  ber^inbern  unb  bie  gewaltigen,  fablest 
bertoalteten  ^Raffen  feines  jefcigen  SeftanbS  unter  bie  3(ufft$t  ber  £offanjlei  $u  fteden 
(1750).  3n  ben  Srebieren  fottte  (1744)  bie  ©teile,  Wo  bon  ©regor  VII.  gerühmt 
tourbe,  bafe  er  £etnri$  IV.  gebannt,  abgefegt  unb  feine  Untertanen  Dom  @ib  entbunben  so 
ffobt,  mit  Rapier  fiberflebt  unb  lünftig  nu$t  mefyr  gebrueft  Werben.  93or  ädern  aber 
fatte  fUb  ber  allmä^lige  Umfc^toung  im  SSer^ältniS  jum  3efuitenorben,  inbefonbere  im 
ttnterri(£tetoefen  angefünbigt.  35iefeS  ©ebiet  War  unter  ber  §errfc^aft  ber  3*fmtm  unb 
anberer  Orben  t>o!lftänbig  berlommen,  unb  WaS  bie  legten  Stegierungen  ju  beffern  Der« 
\udfi  Ratten,  War  bon  i^nen  Wieber  vereitelt  Worben.  3C^  f^te  ©Wieten  feinen  ganjen  86 
Smfht|  baran,  SBanbel  iu  fc^affen.  3^m  War  eS  ju  banlen,  ba^  ber  ©taat  an  ber 
Siener  Untoerfttät  eingriff,  1749  bie  mebijinifd^e,  1752  f.  bie  anbem  gafultäten  reformierte 
unb  einein  taiferli^en  ©tubienbirettor,  jule^t  aber  1760  famt  bem  ganjen  übrigen  ©d&ul* 
toefen  ber  fäiferli$en  $offtubientommiffton  unterfteQte,  in  ber  ©Wieten  felbft  ben  ma|= 
gebenben  ©mflufe  ^atte.  35ie  §errfc^aft  beS  OrbenS  Würbe  im  „Äonftftorium"  ber  Uni-  40 
berfität  tote  in  ber  Seitung  ber  gafultäten  gebrochen  (1757  unb  59).  3)ie  Se^rbüd^er 
l^neb  bie  Regierung  bor:  fo  Würbe  je^t  j.  33.  SHicggerS  ^rbuc^  beS  ^irc^enrec^tS  offtjieS 
eingefflprl 

Stter  tiefer  griffen  bie  Reformen  boc$  erft  unter  3°f^^  3Kitregentfc^aft.  2)eS 
So^ne*  ungebulbige«  SSorWärtSbrängen  unb  ber  sJ)lutter  fonfertoatiber  unb  fircplid^er  ©inn  46 
fttefeen  gerabe  ^ter  befonberS  lebhaft  auf  cinanber.  3lber  ^ofef^  unb  bie  Räte  festen 
boQ  Won  ieÄt  auf  allen  fünften  ftärtere  Reucrungen  bei  ber  Äaiferin  bur$.  3)ie 
JnebenSieit  feit  1763  gewährte  aud^  me^r  Raum,  unb  in  Giemen«  XIV.  (1769—74)  Wie 
$iu3  VI.  (1775—99)  lamen  $ä^)fte,  bie  baS  ^fttum  burd^  WeitefteS  (gntgegenlommen 
ju  retten  fugten.  9Haria  IBerefia  fcat  nac^  Äräften  unb  in  einzelnen  fragen  mit  größter  » 
debulb  bte  Reformen  burcp  Ser^anblungen  mit  tynen  ju  erlebigen  gefugt.  Slber  in 
toiden  fallen  ifl  fte  aud&,  beftimmt  burc^  bie  territorialifttfetyen  tyem,  bie  ftc^  bei  ifyren 
ÄÄten  geltenb  matten,  felbftftänbig  borgegangen. 

©o  folgten  benn  nun  ÜDiaftregeln,  bie  fi$  auf  baS  SScrbältniS  ber  öfteneic^ifc^en 
Är^e  }uRom  bejogen,  Wie  bie  (Erneuerung  beS  tylatftü  (1767)  unb  bie  ßinfd^änfung  ber  66 
Suntiaturgeric^tSbarfeit,  bor  allem  aber  folcfye,  bie  in  bie  inneren  unb  äußeren  SBer^ält* 
mffe  ber  dperreid^ifd^en  JCirc^en  eingriffen.  3)ie  lirc^lic^e  ©eric^tsbarleit  über  2aien  in 
todtlk^en  unb  gemixten  ©a$en  Würbe  boDenbS  ganj  aufgehoben;  aufter  ben  rein  geift^ 
Ik^en  Hieben  tyr  nur  bie  eigentlichen  (Sfyefacfcn  unterftedt.  Sie  über  ©eiftlic^e  unb 
Oiben^>erfonen  blieb  befielen,  aber  bie  appellatio  tanquam  ab  abusu  Würbe  geübt,  go 


368  3ofe*I)  H.f  fiatfer 

unb  ber  SSoQ^ug  ber  ©träfe  blieb  bem  Staat  Vorbehalten,  toenn  baS  93ergetyen  au$  na$ 
feinen  ©runbfäfcen  ftrafbar  toar.  3)ic  Älofterferfer  tourben  aufgehoben  1770;  für  jebe 
ßsfommunifation  mujjte  baS  <ßlajet  eingeholt  Serben  (1768).  Öffentliche  Äird&enbufcen 
tourben  Verboten  1779,  baS  2lfylre$t  ber  Äircfyen  unb  Älöfter  aufgehoben  1775.  3n  ***" 

6  neuen  allgemeinen  ©trafgcfefcbucfy  Von  1768  toaren  jtoar  bie  alten  firc&lic^en  SBerbrec^en 
ber  3«uberei  unb  ^e^erei  als  ©egenftänbe  ber  ftaatlicfyen  ©trafred&tSpflege,  ebenfo  tote  bie 
Von  ber  Äircfye  bem  SJbenblanb  augefüfyrtc  Wolter  als  ÜnterfuctyungSmittel  noety  beibehalten; 
aber  in  ben  näcfyften  Sauren  fielen  fte  ber  neuen  3^*  jumt  Opfer.  3)ie  Stifter  unb 
Älöfter  jtoangen  ebenfo  burd&  tyre  ftttlid&en  n>tc  ifyre  finanziellen  3uftanbe  jum  ©infd&retten. 

10  3)er  ©ebanfe,  ifyr  Vermögen  ganj  in  ftaatlic^e  SBertoaltung  ju  nehmen  unb  tyre  3nfaffen 
ju  befolben  (1769  f.),  ift  freiließ  nicfyt  ausgeführt  toorben.  Slber  neuer  @rtoerb  tourbe  er* 
fcfytoert,  unb  inSbefonbere  ben  DrbenSperfonen,  aber  auefy  ben  SBeltgeiftlictyen  Verboten,  bei 
Seftamenten  Von  Saien  mitjutoirfen  1771.  3u6'e^  begann  man  bie  einzelnen  ÄonVente 
ifyren  Oberen  gegenüber  felbftftänbiger  $u  ftellen,  fyob  1775  bie  ?ßroVtnjialfaffen  ber  Drben 

16  auf,  verbot  ben  fyöfyeren  Oberen,  über  baS  Vermögen  ber  einzelnen  ÄonVente  gu  Verfügen, 
unb  fuetyte  1771  ber  93erfcfyidfung  firctylid&er  ©eiber  naefy  auStoärtS  (Vor  ädern  nad&  Stom) 
ein  6nbe  ju  machen  u.  f.  to.  SDer  eintritt  in  Jttöfter  burfte  ntd&t  me$r  Vor  bem  22. 3^ 
ftattfinben  (1771).  $!aS  Äircfyengut  toar  in  Ungarn  bisher  fteuerfrei  getoefen,  in 
ben  (Srblänbern  fyattt  eS  toenigftenS  bie  Privilegien  beS  2lbetS  genoffen.     3c&nten  ** 

20  Von  toaren  nur  mit  väpftlic^er  (Srmäcfytigung  erhoben  toorben.  3^*  tourbe  feit  1768 
biefe  (Srmäcfytigung  niegt  mefyr  nadjgefucfyt.  2)ie  3elmten  aber  tourben  nac£  toie  Vor  er« 
fyoben.  gerner  tourben  bie  ©tolgebityren  feft  geregelt.  2lu$  auf  bem  ©ebiet  beS  ÄultuS 
unb  religiöfen  SBolfSlebenS  fyat  bie  Jtaiferin  eingegriffen,  teils  um  ber  toeiteren  3uS* 
befynung  ber  getftlicfyen  ©etoalt  entgegenzutreten  (Verbot  ber  Slufnatyme  neuer  3Ritglieber 

25  in  bie  britten  Drben  1776),  teils  um  bie  SrtoerbSttyätigfeit  beS  33olfS  )u  ftärfen  (Stuf* 
tyebung  auety  ber  fircfylicfyen  freier  Von  20  geiertagen  1771  Von  (SlemenS  XIV.  augeftanben), 
teils  um  ben  ärgerlichen  (SrtoerbSmitteln  beS  ÄleruS  entgegenzutreten,  toie  fte  fiep  namentlich 
au$  an  SBoQfafyrten  unb  ^rojefftonen  anfmtyften,  teils  um  ben  volfStümlictyen  Aberglauben 
&u  befämpfen,  boefc  nur  ba,  too  feine  offiziell  anerfannten  firctylic&en  ÄultuS^anblungen  in 

so  Setrac^t  famen.  3)ie  SHcf orm  ber  Spulen  tourbe  in  ben  70  er  3^ren  unter  ber  Settung 
ber  §offtubienfommijfion  eifrig  betrieben.  3Jon  großem  (Sinflufi  toar  fyier  bie  Aufhebung 
beS  3*fuitenorbenS  1773.  Die  Äaiferin  ^atte  ftc^  an  ber  Agitation  ber  lat^oltfc^en 
9Käc$tc  gegen  i^n  nic^t  beteiligt,  aber  baS  SreVe  (SlemenS  XIV.  angenommen,  ben  Drben 
in  tyren  tfänbern  aufgelöft,  fein  Vermögen,  f otoeit  eS  nic^t  ju  5]3enjtonen  für  ehemalige  TOit* 

85  glieber  nötig  ober  Vom  Drben  felbft  bei  Seite  geföafft  toar,  jum  ©tubienfonbS  Vereinigt, 
ber  auSfd^lic^lic^  für  Unterric^tSgtoecte  Vertoenbet  toerben  foute.  9luS  ben  tyeoloatfdjen 
5ßrofeffuren  tourben  je^t  bie  3efuitcn  entlaffen:  bie  Sieuorbnung  ber  ttyeologifd&en  (jantt 
täten  tourbe  in  bie  Äänbe  beS  aufgellärten  3lbteS  SRautcnftrauc^  gelegt  unb  bamtt  §u* 
gleich  ber  ©ieg  ber  Slufflärung  unb   baS  Snbe  ber  ©c^olaftif  aud^  $ter  enttetAen,  bie 

40  beutjcfye  ©^raqe  in  bie  SJorlefungen  eingeführt,  aber  ben  ©ebanfen,  bie  üftittelfc&ulen, 
beren  fläglic^er  3uftanb  offen  lag,  ben  Drben  ganj  ju  entreißen,  tyat  bieÄaiferin  abgelehnt: 
aud^  bie  ehemaligen  3^fuiten  blieben  ^ier  in  ifyren  fic^rftellen.  dagegen  ^at  fte  toemgfien* 
in  ben  beutfe^en  unb  böfymiföen  i'änbem,  beraten  von  g^lbiger,  bem  abt  von  ©agan, 
mit  Aftern  ßifer  bie  ©rünbung  unb  (Snttoidtelung  ber  5JoltSfc^ule  geförbert  unb  einen 

45  Steil  ber  §terard>tc  tote  beS  SlbelS  Vermont,  auf  ifyrem  ©ebiet  baSfelbe  )u  t^un. 

2)en  Slfat^olüen  gegenüber  l?at  sJJtaria  ^erefta  bie  $ra|iS  beS  alten  Öftemt^S 
laum  Verlaffen.  2)ie  ^roteftanten  toaren  nad^  toie  Vor  in  ben  öfterwctyifcfcbö^mtfdfren 
i'änbern  fo  gut  toie  restlos :  nur  in  ber  Slrmee  unb  neuerbingS  in  ben  lanbeStyerrlic^en 
Gabrilen  machte  man  feine  Unterjd^iebe  ber  ^ionfeffton.     ©onft  toaren  fte  na$  tote  vor 

so  Von  allen  Seamtungen,  vom  (Srtoerb  Von  ©runbbefi^,  vom  Bürger-  unb  3)teifterredbi,  von 
ben  afabemifc^en  ©raben  auSgefcfyloffen.  9lur  bei  biefem  legten  $unft  burd^brac^  bie  Aatfernt 
bie  alte  Drbnung:  1778  befahl  fte  trofc  ber  ©nf^rac^e  ber  SBiener  Univerfttät  unb  troj 
ber  Sebenfen  ber  §offtubienfommiffion,  bafe  Slfat^olifcn  ben  S)oftorgrab  in  ben  toelt» 
liefen  gatultäten  ertoerben  fönnen.  9lber  in  ädern  anbern,  au$  in  ber  XuSübung  beS  SerufS, 

55  für  ben  bie  ©rtoerbung  beS  ©rabS  fonft  beftimmt  toar,  blieben  fte  an  bie  alten  Scftim* 
mungen  getoiefen.  Den  ©ebanfen  ber  iolcranj,  toie  i^r  ©o^n  il^n  Vertrat,  ffat  fte  unbe* 
bingt  abgelehnt.  9iur  einzelne  getoaltjame  (Singriffe,  namentlich  9)ta^regeln  gegen  bie 
^eimlid^cn  ^roteftanten,  ^at  fte  ver^inbert.  3m  übrigen  blieben  bie  Steligion&ommtf Ronen 
in  3^ätigfett,   bie  Von  ©taatStoegen  bur$  sJDii{ftonen  unb  toeltlid^e  ©etoaltma^regdn  für 

60  bie  Steinzeit    unb   SUein^errfc^aft   ber   fatfyoltjcfyen   Sieligion    ju   forgen    Ratten.    3MS 


dfofetfj  IL,  Saifer  369 

Steligtonäpatent  Von  1778  lieft  bie  Seftimmungen  fetner  93orgänger  in  Kraft,  toonacfy  nie« 
uianb  ofyte  pfarramtlic^e  S3ef<$einigung  feine«  fatfyolifd&en  ©lauben«  $ur  Untertanen* 
fcfcaft,  uim  #au«fauf,  al«  2)ienftbote,  ^oljfnectyt,  Sergfnattye  u.  f.  to.  jugelaffen  unb 
ber  Seftfc  luttyerifctyer  Sucher  mit  Slrreft  unb  Strafarbeit,  im  2ßieberfyolung«falI  mit 
3u$$au«  beftraft,  ftirtnäcfige  Äefcer  aber  naefy  (Siebenbürgen  unb  auf  entlegene  5 
xameratyerrf$aften  Ungarn«  abgehoben  Serben  follten.  2)icfe  „3:ran«migrationen" 
trafen  no<$  in  ben  70  er  Sauren  tfyatfäcfylid&  $roteftanten,  bie  in  3nneröfterreid&  wnb 
Währen  hervortraten.  SRur  mit  3Jtttye  Ratten  3°fePJ?  un*>  Äaunifc  no$  härtere  SRaferegeln 
abgetoanbt  Unb  in  Siebenbürgen  tourbe  im  2Biberf}>ruc$  mit  allen  verbürgten  SRedjten 
1751  unb  68  bie  „Styoftafte"  Vom  ÄatfyoIici«mu«  jum  $roteftanti«mu«  mit  feieren  10 
Strafen  bebrotyt  unb  verfolgt.  3n  ben  neugewonnenen  ©efefcen  tourbe  bie  Union  mit 
öden  SRitteln  begünftigt.  3n  Iföunfac«  mufete  ber  $apft  1771  ein  unierte«  93i«tum 
errieten. 

3tDe  biefe  Sieformen  Ijaben  nur  bie  alten  f?ab£burgif$en  Sänber  betroffen,     3>n  ben 
Kieberlanben  Wieb  äße«  beim  alten.    %n  ber  Sombarbei  bagegen  tourbe  unter  ben  beiben  15 
©wfelanjlem  93eltrame*6&riftiani  (bte  1758)  unb  ©raf  girmian  (1758—82)  mit  anberen 
ja$lrei<£en  Sieformen  auefy  bie  ftirctyenfyofyeit  be«  Staate«  burd&gefüfyrt,  ber  Äleru«  fetner 
Steuer^errfctyaft  unterworfen,  ^nquifttton  unb  Älofterferf er  aufgehoben,  bieStubien  beförbert. 

aber  oHcS  ba«  toar  nur  Sorftnel  getoefen.    -Btit  bem  Job  ber  Äaiferin   unb  ber 
Stteinfcrrfc&aft  Sofepty«  (29.  SRoVember  1780)  begann  ein  ganj  neue«  Softem,   ba«   in  20 
einer  taxieren  glut  von  )Berorbnungen  binnen  toeniger  3>af;re  burctygefüfyrt  ftmrbe.   Sojtyfy 
felbjt  toar  ber  e^tefte  Vertreter  ber  2luff  lärung  unb  be«  aufgeflarten  2)eft)oti«mu«  unb  Voll 
jelbftfofefter  Eingabe  an  ba«  SBotyl  be«  33olf«  unb  Staat«.  &te  alte  feubale  Drbnung  foH 
burtfctoeg  bem  9te$t«ftaat  ber  2lufflärung  toeid&en,  vor  bem  e«  leine  bevorrechteten  Älaffen 
unb  Stänbe  giebt,  fonbern  alle   mit  gleiten  Seiten  unb  $flic$ten   in   ber  ©efamttyeit,  26 
bem  Staat  fielen,  au$  ber  ftürft  nur  a(«  beffen  oberfter  Wiener.    SDic  geföi$tlic$  ge* 
toorbtnen  äujlänbe  fielet  er  überall  im  33unbe  mit  ben  felbftfücfytigen  Xenbenjen  ber  ein- 
idnen  Älaffen  unb  Stänbe;   fie  erfc^ienen  tym  barum  al«  unftttltc|  unb  unvernünftig  in 
fohtyem  ©rab,  bafc  er  nicfyt  baran   badete,   fie  ju  gefünberen  Serfyältniffen  umjubilben, 
fonbent  nur  fie  umjuftürjen  unb  einen  SReubau  auf  jufüfyren,  ber  feinen  ^bealen  entforäetye.  so 
S«  ip  berfdbe  ©ang   tote  bamal«  in  allen  fattyolijcfyen  Staaten:   bie  3«ftänbe;  hrie  fte 
au«  bem  SKittelalter  übernommen  unb  unter  ber  ©egenreformation  toeiter  gebilbet  toorben 
baren,  erfd&einen  tote  ein  ©ebäube,  in  bem  fein  SHagel  mefyr  fyält. 

9Uif  politifd&em  ©ebiet  fyat  %o\fyf)  bie  Gentralifation  ber  alten  fyab«burgifcfyen  Sänber 
fortgefe^t:  fte  foDten  ju  einer  feftgefügten  SMonarcfyie  umgebilbet  Werben,  mit  einheitlichem  86 
»eamtenftanb,  pleitem  ftaatlic&em  Siecht  unb  ©erid&t  unb  beutjcfyer  3$ertoaltung«ft)rad&e, 
toetm  a  auc^l  nte  baran  gebaut  fyat,  Ungarn  burd^  beutfd^e  Seamte  ju  regieren.  2luf 
fojialem  ©ebiet  füllte  Vor  allem  ber  93auemftanb  unb  ba«  ©etoerbe  gehoben  toerben :  bie 
2etbeigenf<^aft  tourbe  abgetyan,  eine  „gemäßigte  Untertbänigfett"  eingeführt,  bie  ©runb- 
la^en  glei^mäfeig  geregelt,  ber  3imftgtoang  aufgehoben,  ba«  @rtoerb«leben  von  feinen  40 
la^menben  Süffeln  befreit. 

Suf  ttrc^lic^em  ©ebiet  loar  3°^  au«gefprod^ener  lerritorialift.   3llle  äußeren  33er* 
bältntfle  Der  Äirc^e,  b.  lj.  alle«  au^er  ben  eigentlichen  Dogmen,  ber  SSertoaltung  ber  6a= 
tramettte  unb  ber  inneren  3)t«^lin  über  ben  jtleru«,  unterfte^t  nur  ber  regelnben  unb  be- 
auffu^ttgenben  ©etoalt  be«  Staat«,    ^cr  ^ürft  i}at  für  ade«  ba«  bie  volle  3Jta$t,  aber  46 
aui^  bte  fcotte  SSeranttoortung.  Qofe^^  fyat  1782  für  alle  9Jiafjnafymen  ber  lanbe«^errlic^en 
»efe^ebung  unb  Sertoaltung  in  Sachen  ber  Atrien  Öfterreic^«  unb  Ungarn«  eine  eigene 
Se^fabe,  bie  geiftlic^e  ^offommiffton,  eingerichtet,  ber  bei  jeber  ^anbe«regierung  eine  geift* 
ßd^e  Äommtffton  mit  fe^r  au«gebe^nten  Sefugntffen  unterftanb.    3n  S3ejug  auf  ba«  *er- 
bältni«  ber  Kirchen  feiner  Sänber  ju  9tom  badete  er  gang  unb  gar  febronianifc^.    ©letd^^  60 
too^C  tyd  aud}  er  feine  Umtoälgungen  teiltoeife  im  (Einvernehmen  mit  9lom  vorzunehmen 
gefugt,  in  ben  meiften  fällen   freiließ   ftcf?  auf  eine  Sinnige  befc^ränft   ober  and)  ba« 
tmterlaffen.    5Die  (Sigentümlid^feit  feine«  tirc^enpolitiföen  S^ftent«  tyat  man  al«  3°fty^s 
nidinud  bejetc^net;  man  toiU  bamit  gerabe  biefe  Serbinbung  febronianifc^-eviftovaliftifd^er 
tmb  territorialtftif^er  ©runbfä^e  fotoie  bie  3l?atfac$e  hervorheben,  ba^  bie  ftaatlicfyen  ©e-  66 
fk^nmfte  burd^au«  überwiegen. 

%o\<p1)  ift  feme«h)eg«  Itrc^enfeinblic^  getoefen.  3)er  Mat^olici«mu«  ift  i^m  auc§  al« 
bie  ^efc^äiq  gegebene  unb  barum  natürliche  gorm  be«  ftirc^entum«  in  feinen  Sänbern 
ebenen.  Sber  firc^ltc^e  ©eftd^t«|)unfte  i)abzn  feiner  Regierung  gang  ferne  gelegen.  Die 
fttrt&e  eefc^emt  nur  al«  bie  Drganifation  eine«  ber  ©ebiete,  in  benen  ba«  95olI«tebcn  ver-  so 

*t&9mt*ltoptoit  fit  Ideologie  unb  flirrt.    3.  U.  ix.  24 


370  3ofr*fi  IL,  ftaifer 

läuft  unb  bie  bafyer  bem  ©an^cn  unb  feinet  Organifation,  betn  &taat,  unterteilt  unb 
bienftyflictytig  ftnb.  3)aS  entfc&eibenbc  !gntereffe  aller  femer  Sieformen  tjl,  ben  Staat  )um 
oberften  $xd  unb  Regulator  be$  ganjen  i'ebenS  bcr  Untertbanen  )u  machen  unb  ifjn  gu= 
gleich  mx  fyöctyften  SeiftungSfä^igfeit  auf  allen  ©ebieten  ju  ergeben.    S)aau  bebarf  e«  na$ 

6  feiner  Stuftest  bor  allem  einer  Umtoäljung  in  ber  fittltctycn  unb  religiöfen  (Srjtei^ung  be* 
93olfo  35a3  bt^berige  Softem  bat  e3  in  bumpfer  Unhrijfentyeit  unb  ftumpfer  @<fymmg* 
loftgfett  erhalten,  beren  gWfl*  ber  tiefe  ©tanb  be«  ÄönnenS  unb  Seiften«  ift  3)aä  Softem 
foQ  batyer  aud&  in  biefer  Sqiefyung  geänbert  toerben ;  ber  frifd&e  3U9  ^CT  ÄufHärung  foff 
hineinbringen  unb  bie  Kräfte  entfeffeln.  —  2)ie  fir$li<$en  Sieformen   laffen  ftc$   in  fe«$$ 

10  ^auptgrupben  jerlegen. 

1.  35tc  Serritorialijierung  ber  Äird&e.  (Sntjpre^enb  ben  ©runbfäfeen  ber 
territorialiftifcfyen  Xfyeorie  fyanbelt  e$  fu$  fyier  um  jtoei  §auj>tyuntte:  1)  bte  Stachen  ber 
fyab$burgifd&cn  Sänber  fo  toeit  als  möglich  au£  tyrem  rechtlichen  Serbanb  mit  bem$apft: 
tum  ju  löfen,  2)  fte  bafür  ju  einer  einheitlichen  Drganifation  unter  bem  lanbe£^errli$en 

iö  Äircfyenregiment  ju  ergeben,  gür  ben  erften  3toedf  tourbe  junäc&ft  (26.  3Jtän  1781)  ba* 
plaget  für  alle  arten  bon  bäpftltctyen  SuHen  unb  Sreben  erneuert  unb  föarf  Durchgeführt. 
®ie  SuDe  Unigenitus,  bie  in  Defterreicty  nie  angenommen  toar,  follte  nirgenbS  ertoetynt,  bie 
In  coena  Domini  au$  allen  Ritualien  auSgeriffen  unb  $u  biefem  .Rtoedf  bie  $3ü$er  eingeliefert 
toerben.    Slnbere  Süden  tourben  ^urtftjicrt  unb  j.  33.  SluSbrüae,  bei  benen  bie  päpftlicfc 

20  3uf^mmun9  Ju  fatferlicben  ©rlaffen  als  3ugeftänbni^  ^nbult  erfdbien,  geftri$at.  8ffle 
päjjftlictyen  Notariate  tourben  aufgehoben:  neben  ben  lanbeafyerrlicpen  burften  nur  bie 
*öifcfyöfe  tyre  Slotare  für  geiftlic^e  3lmt$fyanblungcn  fyaben. 

2tm  24.  SJiära  1781  fobann  tourben  fämtlid&e  OrbenSnieberlajfungen  t>on  bem  $er* 
banb  mit  ifyren  auswärtigen  Oberen  unb  DrbenSbrübern   gelöft:   i^re  Rettung   follte  nur 

25  noefy  ben  inlänbifctyen  ^Jrobinjialen  jufte^en;  ber  @ebraud&  auswärtiger  9Jliff<dien,  8re* 
biere  u.  ä.  Süerfe  tourbe  berboten.  3uöfc"ty  ö&w  Würben  bie  Orben  ber  SifttatumS* 
unb  SKSjtylinargetoalt  ber  Sifcfyöfe  unb  (Srjbifööfe  unterteilt  unb  (Sgemttonen  twn 
ber  Genehmigung  ber  ^anbeSfteüen  abhängig  gemalt  ©eneralfapitel  aufter^alb  Öfter» 
rei$3  burften  nid?t  befd&icft,  ©eiber  nad&  auStoärtä  nid^t  gefanbt  toerben.  9ia$  ein«  SBer* 

so  orbnung  bon  1782  mujjtc  auefy  ber  fcfyriftlictye  Serle^r  mit  ben  römifc^en  Oberen  über  ben 
öfterreicfyiföen  ©efanbten  gefyen. 

$tynlicfye  SSerorbnungen  ergingen  für  ben  ganzen  Äleruä.  SRiemanb  follte  ffinfttg 
mefyr  jjäpftlicfye  £itel  in  9ftom  nac^fuc^en  ober  ©elb  borten  fd&idten  bürfen.  3?or  allem 
aber  galt  e$,  bie  )>äpftlic^e  ©etoalt  in  Öfterreicfc  einjufc^ränlen.     ©ie  Duinauennalfahtt 

35  täten  foQtcn  fünftig  t)on  33if$öfen  nid^t  nte^r  nad^gefuc^t,  bielme^r  bie  äbfoluttonen  unb 
3>iS})enfationen  inöbefonbere  in  (S^efac^en  nac^  urfjprünglid^em  Rrd^lid^em  Stedft  bon  i^nen 
felbft  erteilt  toerben.  2tber  auc^  in  anberen  2)ingen,  loie  toegen  (Sinric^tung  neuer  gefte, 
Slnbac^ten  u.  ä.  foQten  ft$  bie  93if^5fe  nic^t  me^r  naefy  9tom  toenben,  unb  ba  ioo  bie 
geiftlic^en  ©erid^te  i^re  ^tibifatur  behielten,  loie  in  ©^efac^en,   tourbe  jebe  Stypdlatiim 

40  nad^  SWom  berboten.  3)ie  Sifc^öfe  follten  eben  tyre  Stellung  unb  Steckte  im  £ic$t  be« 
gebroniani^mu«  anfe^en  lernen. 

^aiu  tarn  bann  bie  territoriale  3lbgren$ung  be«  öfterreic^tfe^en  ittre^entoefend.  2>ie 
©renken  ber  beutfeben  Sänber  fielen  mit  benen  ber  2)iöjefen  größtenteils  nic^t  jufammen. 
sJ)ic^rere  aueiänbijc^en  Sifdfoöfe  übten  ba«  ftirc^enregiment  tn   öfterreid&ifd&en  ©ebieten. 

45  ©c^on  unter  SWarta  I^ercfta  fyattt  man  bcS^alb  einzelne  3)taßna^men  bagegen  getroffen 
unb  j.  S.  bie  Samberger  I)töjejanrec^te  in  Obcrtärnt#en  1759  an  bie  2anbeSbtfd^öfe  über* 
tragen,  aber  erft  S°f^^  W*  f^*  1782  grünblid^  burc^.  Unbebeutenbcn  9tf$dfen,  toie 
benen  beS  benejianifc^en  ©ebietö,  tourbe  einfach  baS  (Snbe  tyreä  Regiment«  in  i^ren  bfe 
fyerigen  öftmeidpifd^en  Seilen  angefünbigt.  35er  aufgeflärte  ©rjbifc^of  bon  Saljbura,  ®raf 

so  (Sotlorebo,  berftanb  fic^  nad)  längeren  Unter^anblungen  ba^u,  (eine  bifd^öflu^en  Siedle  auf 
öfterreid^ifd^em  S3oben  abzutreten:  1782  fein  ©ebiet  in  9lieberöfierretd&  bem  Siföof  bon 
SBiener^euftabt,  1786  ba$  inStciermarf  unb  Kärnten  ben  Sifd^öfen  bon©urf,  Satxmt, 
Secfau  unb  ^ieoben,  in  a:vro^  an  Srijen,  in  Dbcröfterreicfc  an  Sinj.  9lur  bte  Metropolitan* 
getoalt  behielt  er   im   alten  Umfang,    nac^bem    ber  Äaifer   feine  9lbft$t,  bte  mnerdfter» 

55  rei$if$en  3)iöcefen  )u  einem  Srjbi^tum  ©ra£  ju  bereinigen,  1783  toieber  aufgegeben 
fyatte.  ^Jaffau,  baö  oon  altere^er  bi^  an  bie  ungarifd^e  ©ren^e  reichte,  berlor  na^  bem 
lob  feine*  §ürftbif$of$  ^eopolb  @mft  ©raf  ^irmian  1783  fein  ganjed  dftacm$tföe* 
©ebiet,  jtoei  drittel  ber  alten  Diöjefe.  ®er  neue  SiWof  3ofet>&  ©raf  äuer«»>«B  W^ 
barauf  förmlich  SSerjic^t  unb  betam  nur  bie  bijdiöflidjen  ©üter  in  Oefterretd^  gegen  400  000 jL 

60  jurüd.    3)tc  Sifcfyöfe  t>on  ^inj  unb   St.  gölten  traten  in  fein  @rbe.    3lwc  9tegenÄurg 


3fofe*t>  II.f  Stttfer  371 

mit  bem  Ggerlonb,  8re«lou  mit  ©Rieften,  Gfyur  unb  Äonftanj  mit  93orberöfterrei$  blieben 
föUefcli$  berteont 

3*n  3ulttmmen$an8  m*t  M*fa  Umtoäljung  tourben  aud&  in  £fterrei$  felbft  bie  alten 
Sätümer  jum  Seil  berlegt  ober  neu  gegen  einanber  abgegrenzt  unb  jugleicfy  neue  er* 
ruhtet  ©o  ift  bamal«  bie  Äatfyebrale  be«  33i«tum«  ©edfau  nad&  ©raj  berfegt  toorben,  bie  6 
toon  ®url  na$  JUagenfurt,  bie  bon  3Biener=5Reuftabt  nacfy  St.  gölten,  ber  -Dtetropolitanfifc 
für  3(tyrien  ^on  ®ö*ä  m$  £aiba$,  ber  Sifcfyofftfc  bon  ©ör$  nad)  @rabi«ca  (biefe  beiben 
legten  3Raf$regeln  fywm  fu&  nictyt  allzulang  erhalten).  SReue  S3i«tümer  enblicty  tourben 
errietet  in  fieoben  (1808  lieber  eingegangen)  unb  £in$,  in  Söhnen  Subtoei«,  in  bem 
neu  gewonnenen  ©alijien  $arnoto.  10 

SBäfyrrnb  Sofepty  ba«  99efe$ung«re$t  für  bie  öfterreictyifc&en  unb  ungariföen  S3i«* 
tümer  föon  bon  feinen  SSorfatyrcn  geerbt  tyatte,  mufete  er  e«  für  bie  lombarbijdjen  erft 
ertoerben.    9lad&  breijätyrigen  Ser^anblungcn  mit  bem  ^Japft  fam  er  1784  jutn  $\d. 

ferner  foOten  bie  83ifdpöfe  mit  bem  Staatsoberhaupt  näfyer  berbunben  derben  al«  bisher, 
iwtyer  au$  al«  mit  bem  $apft    Ser  (gib  an  ben  Äaifer  tourbe  na<$  bem  SSorbilb  be«  i& 
fcanjdftföen  33ifd&of«eib«,  fotoie  be«  alten  ©ubje!tion«eibe«  an  bcn^Japft,  neu  geformt.  6r 
mttfete  fünftig  bor  bem  an  ben  ^Sapft  gefötooren  Serben. 

^mmerpin  Wieb  au$  fo  nod&  bem  $aj>ft  ein  getoiffe«  Siedet  über  bie  inneren  unb 
äu|eren  3Ser#tttniffe  ber  öfterreic&ifc&en  Äirctye.  Ser  itatfer  fud&te,  tote  föon  bemerft,  toenn 
möglich  Dörfer  ober  nac^er  feine  3uftimmung  ju  ben  fircbltc^cn  Sieformen  ju  erlangen :  20 
in  feinem  römtfd&en  ©efanbten,  bem  Äarbinal  fierjan,  fyattt  er  einen  ifym  gan$  ergebenen 
Agenten.  Sfter  bie  ?ßrotefte,  bie  ber  SBiener  9luntiu«  ©aramjji  im  erften  ^afyr  ber  9te* 
formen  erhoben  tyatte,  ober  ber  jähere  SBiberftanb,  ben  $iu«  VI.  fpäter  in  mehreren  fallen 
Idftete,  gab  bem  Äaifer  nid&t  nur  SSeranlaffung,  auf  bie  febronianifeben  unb  territorial 
ltfbf$en  ®runbfä(e  als  feftftefyenbe  SBatyrtyeiten  fyinjutoeifen  unb  ju  ertlären,  bafe  man  im  20 
einzelnen  %aü  aud&  o^ne  ben  ^ßapft  burd?  bie  *ßrobin$iaIfonoben  ober  burefy  Ianbe«fyerrlic$e 
Berorbnungen  borgetyen  fönne,  fonbern  au$  in  3(uSftcbt  ju  [teilen,  bajj  ba«  fünftig  regu* 
lärer  3uftonb,  wü>  ^mit  „eine  feit  mefyr  al«  feefy«  !gafyrf}unberten  in  ber  occibentaltfcfjen 
Jtin$e  allgemein  beftetyenbe  Jtommunion&  unb  SSerbinbung^art  ber  Stfc^öfc  mit  bem  päpft« 
(Üben  @tu^(,  folglich  eine«  ber  ftd^tbarften  Sänbcr  ber  Bereinigung  unferer  Äirc^c"  auf-  30 
geiöp  toürbe.  3n  ber  %l)at  fd^eint  ber  Äaifer  biefc  3lbficfyt  eine  3e^  lang  gehabt  311 
faben.  Slber  ein  ©efpräc^  mit  bem  franifc^en  ©ef4>äft«träger  in  SRom  6nbe  178:5  über« 
jeugte  tfyt,  toelc^e  ©efa^ren  bamit  berbunben  toärcn.  93on  ba  an  Verloren  £on  unb 
Xem)>o  feiner  Serorbnungen  erfyebltcfy  an  ©c^ärfe. 

2.  ©ie  Stellung  be«  Älcru«  im  Btaat  35er  ÜUeru*  foH  auf  bie  9Sertoal-35 
tung  tH>n  ©atramenten,  ^rebigt  unb  ©eelforge  befc^räntt  fein.  3)en  33if$öfen  bleibt  bem 
Jtterud  gegenüber  bie  9lufft$t  unb  S)i^i))linargetoalt  fotoie  ein  ü8erorbnung3redE?t  in  allen 
agmtltf^  getftlicfcn  Angelegenheiten.  3n  ölten  äußeren  Sejie^ungen  aber  fte^t  ber  ganje 
Bernd  unbedingt  unter  ber  regulierenben  toie  rieptenben  ©etoalt  bcö  <5taat$  unb  be« 
bmmt  an  biefer  ©etoalt  nur  fobiel  Anteil,  ald  ber  ©taat  ihm  getoä^rt.  Sagegen  fann  40 
er  ^tntmeberum  auc^  in  anbern  rein  toeltlid^en  Singen  im  Sienft  be«  ©taat«  toertoenbet 
toerben. 

9loc^  biefen  ©runbfä^en  tourbe  je^t  ba«  5]3lajet  aud^  auf  bie  SSerorbnungen  ber  ins 
lanbifc^en  9if$dfe  au«gebe^nt,  ^ugleid^  aber  ber  befonbere  ©eric^töftanb  be«  Äleru«  auf- 
aeroben  (1782  f.)  unb  bie  ß^egefefegebung  bom  ©taat  an  fu^  gejogen  (ß^atent  bom45 
Januar  1783).  Aufgebot  unb  ($|efcfylie|ung  fotoie  bie  ganjc  s3)tatrifelfüfyrung  blieben 
|toar  bem  SHeru«,  bie  JDtepenfation  bon  getoiffen  (S^ebinberntffen  unb  bie  (S^egertcfytäbarfeit 
ben  ©ifc^öfen,  immer  aber  nur  im  tarnen,  unter  ber  Sluffictyt  unb  gemä^  ben  93erorb- 
mmgen  be«  Staat«.  Sagegen  tourbe  jebe  befonbere  fird^li^e  Süc^er^enfur  neben  ber 
ftaatUc^cn  unterfagt.  9lod)  im  legten  3^r  SKarien  ^ereften«  toar  Derorbnet  toorben,  bafew 
He  $faner  alle  allgemein  toi$tigen  (Srlaffe  bem  Soll  in  ber  ftird^e  ju  Dertünbigen  haben. 
Unter  3^WL tour^  ^urc^  Vermittlung  ber  95if(^öfc  baüon  au«gtebtgfter  ©ebraueb  ge« 
mac^t:  bie  aRaffe  toie  bie  i'änge  ber  neuen  Serorbnungen  machte  biefc  Aufgabe  ju  einer 
toasten  $em.  —  SWit  biefen  ftidtn  fielen  nun  in  näc^ftem  3ufammen^ang  bie  Reformen 
aif  bem  ©ebiet  ber  66 

8.  Crjie^ung  be«  Äleru«.  Söä^renb  3ofe^  in  ber  SJerftaatlicfyung  toie  im 
Betrieb  be«  allgemeinen  Unterri$t«toefen«  nur  toeiter  führte,  toa«  feine  fluttet  begrünbet 
fcitte,  fc^fug  er  für  bie  Srjiefyung  be«  5ttcru«  ganj  neue  2Bege  ein.  ©ein  $\tl  toar,  ben 
iBenit  in  engeren  3ufammen^ang  mit  bem  ofterretdjt^en  ©taat«toefen  }u  bringen  unb 
4*  Wfläd}  für  feinen  Seruf  tüchtiger  ju  machen,  al«  c«  bei   bem  bi^erigen  ©Vftem  go 

21* 


372  3fofrM  IL,  fiatfer 

möglich  getoefen  toar.  Starin  fott  ftcfy  jugleid^  bic  allgemeine  SRcform  be$  Unterri$tötoefen£ 
abfölie&en.  3lucfc  bic  ßrjiefyung  beS  iileruS  foll  fünfttg  ber  ßentralbetyörbe  be$  ftaatlic^en 
UnterrictytStoefenS,  ber  fatferlictycn  ©tubicnfyoffommiffton,  unterteilen,  ©o  tourbe  baut  jit* 
näcfyft  (18.  SRobember  1781)  ber  33efud&  beä  Collegium  Germanicum  et  Hungari- 
6  cum  in  9tom  Verboten,  too  bisher  bor  allem  bie  ©öfyne  be$  Slbete  unb  bamit  ber  fünftige 
fyöfyere  unb  tyofye  ßleruS  auägebilbet  toorben  toaren.  Rann  tourben  1783  alte  bif$öfti$en 
©eminarien  unb  anbeten  tfyeologiföen  Silbung&mftalten  an  ©tiftern  unb  Älöftern  auf- 
gehoben, ifyre  gonbS  unb  Stiftungen  eingebogen  unb  für  bte  neuen  Stnftalten  bertoenbet 
Sin  bie  ©teile  be£  römiföen  Collegium  Germanicum  et  Hungaricum  trat  eine  Snftalt 

10  gleiten  SRamenS  in  $abia,  an  bie  ber  bifcfyöflic&en  ©eminarien  bte  „©eneralfemmarien", 
bie  in  jeber  *Probinj  toomöglicty  am  ©i£  einer  Uniberfttät  errietet  unb  als  ftaailufc 
Slnftalten  ber  §offtubicn!ommiffion  unterstellt  Würben.  2)er  ©taat  beftellte  tyre  Steltoren 
unb  *ßrofefforen  unb  fcfyrieb  Setyrplan  tt>tc  Sefyrbüc&er  bor.  3fyr  SetyrfurS  umfaßte  fed^d 
3afyre.    3)ie  SBiffenföaft,  bie  in  tynen  getrieben  tourbe,  toar  burctyauS  ber  ©cfcolafttf  ent* 

16  gegengefefct,  im  ©inne  ber  äufflärung.  3b*  93efud&  toar  bie  93orbebingung  fiur  bte  ^öfcren 
SBetyen  tote  für  ben  Sintritt  in  geiftlic&e  Drben.  2)en  S3if$öfcn  blieben  nur  ityre  „*ßriefiers 
Käufer",  in  bie  man  naefy  2lbf$lujj  beä  ©tubiumS  im  ©eneralfeminar  eintrat  unb  too  man 
bis  jum  (Smpfang  ber  fyöfyeren  SBetyen  unb  jur  93ertoenbung  in  ber  ©eelforge  blieb.  9u$ 
für  bie  foätere  Rt\t  fuc^te  man  bem  93ilbung$ftanb  aufhelfen,  mbem  für  alle  Setoer« 

ao  bungen  eine  ÄonfurSprüfung  borgeförieben  tourbe. 

4.  3)ie  Älofterpolitif.  $^re  3Kotibe  toaren  mancherlei.  Die  5Uöfter  galten  ate 
§aul>tftü$en  aller  ftaatsfeinblid&cn  ©eftnuung  unb  ber  alten  berrotteten  Silbung.  ©ie  entzogen 
bem  ©taat  eine  SMenge  bon  Gräften,  beren  er  für  feine  3toedte  au$  in  ber  ftir$e  beburfte, 
bor  allem  für  bie  bringenb  nötige  SBermefyrung  ber  Pfarreien  unb  ©eelforgerfräfte.    3ftr 

26  ungeheurer  33eftfc  toar  fcfyled&t  bertoaltet  unb  festen  bem  urferünglid&en  3to«f  b«  S# 
tunaen,  ber  Strmenpflege,  ber  ©eelforge,  bem  Unterricht  großenteils  entzogen,  für  baS  tobte 
föaftlictye  Seben  ber  Nation  tot  unb  eine  %tf\tl  3)ie  Settelorben  bor  allem  galten  als 
unnüfce  3Jiüfftggänger  unb  grobe  Seläftigung  beS  SanbeS.  2)a3  ißapfttum  fdbft  $atte 
bor  furjem  am  ^efuitenorben  gezeigt,  toie  man  mit  Jollen  Drben  umjugetyen  ^atte.    ©o 

so  fcfyritt  man  benn  balb  unb  rafefy  ein.  3unäcWt  touxbt  ber  Seftfc  ber  Älöfter  unb  Stifter 
inbentarifiert  unb  bie  alten  2tmortifationSgefe$e  erneuert.  Dann  berfügte  baS  Aloftergeje$ 
bom  12.  Januar  1782  für  bie  (Srblanbe  bie  Sluföebung  aller  SJcieberlaffungen  ber* 
jenigen  Drben,  bie  toeber  ©<$ule  gelten  no$  Äranfe  pflegten  noety  fonft  in  ben  ©tubien 
fiefy  fyerbortyäten,  als  bem  -Häuften  gang   unb   gar  unnüfc  unb  barum  auc^  ©ott  nid^t 

36  gefällig,  ©enannt  toaren  bie  itartfyäufer  unb  Äamalbulenfer,  fotoie  bie  ©reimten,  bie 
Äarmeliterinen,  Älariffmen,  Mapujinerinen  unb  gfranjiefanerinen.  3^r  Vermögen  tourbe 
eingeben,  t^re  Äirc^en  unb  ^l.  ©erätföaften  na^  Sebarf  für  firc^lic^e  3toede  übertotefen, 
bie  übngen  ©ebäube  bielfacb  m  ©taatöjtoecfen  bertoenbet  ober  famt  einem  großen  Seil 
be«  ©runbbeft|e^  unb  ber  Äoftbarleiten   berfauft     2)ie  ^"föff^  burften  in   au^toartige 

40  Alöfter  \tyc<&  Orbend  jte^en  ober  &u  einem  anbern  Crben  übertreten  ober  SBeltyrtefter 
toerben  unb  erhielten  ^Jenftonen.  3)a^  ganje  eingebogene  Äloftergut  tourbe  jum  Steligioitöfonbd 
bereinigt,  beffen  Erträge  auef^liejlic^  ürd^li^cn  3*b^cn  bienen  follten.  ^nbeffen  be» 
fc^ränfte  man  fiefy  fd^on  je^t  nic^t  gan$  auf  biefe  Drben,  fonbern  traf  auefc  anbere  toie 
namentlich  bie  ^auliner  unb  93ominifancrincn  fotoie  einige  befonberä  fc^lec^t  bertoaltttc 

46  Senebiftinerllöfter.  1783  folgten  bie  Srinttarter,  1784  ja&Ireictye  5Uöfter  unb  Äonbente 
anberer,  namentlich  ber  Settelorben,  ber  3J?inoriten,  3)omini!aner,  Äapujiner,  3luguftmer' 
Eremiten,  ©erbiten  unb  ^auliner.  Stilen  Settelorben  tourbe  bae  betteln  tote  bie  aufnähme 
neuer  SRitglieber  berboten.  1785  f.  enblid?  tourben  aud^  bon  ben  großen  reiben  Drben  ber 
Senebiftiner,  Gifter^ienfcr,  3luguftiner=6^or^errn  unb  $rämonftratenfer  eine  größere  Änja^l 

60  bon  Älöftern  unb  (Stiftern  aufgehoben,  tocil  fte  an  \i)tem  Drt  in  ber  ©eelforge  entbehrlich 
feien  unb  ber  SReligionöfonb«  iva  Dotierung  ber  neuen  Pfarreien,  bie  in  anberen  (Segen« 
ben  nottoenbig  feien,  nicfyt  au^reid^e.  ^ür  alle  übrig  gebliebenen  gnftitute  tourbe  bie  fyifjL 
ber  Sfafaffat  f«Pflrf<Bt,  bie  9Sertoaltung  beä  SBermögcn^  an  befonberd  befteDte  ^erfonen, 
meift  SBeltflerifer,  übertragen,  bie  3lnna^me  bon  fiegaten  berboten  u.  f.  to.    3n  Defterreic^ 

65  unb  Ungarn  fanf  baburc^  bie  3a^l  ber  Älöfter  bon  2163  auf  1425  (bie  3afcl  ber  3iu 
faffen  ift  nic^t  feft)ufteQen).  2)er  SBert  btö  eingejogenen  ©utd  betrug  über  183DttQumen 
©ulben.  3n  ***  Sombarbei  toar  fc^on  unter  3Waria  I^erefta  borgearbeitet  toorben ;  tnd) 
folgten  aud>  j^ier  nod^»  59  Älöfter  unb  Äonbente  nac^. 

93en  ©alularifationen  gingen  aber  namentlich   in  ben  Sauren  1783  f.  SSerorbnungen 

go  jur  ©eite,  bie  in  ba^  innere  2tbm  ber  Drben  unb  Jtlöfter  eingriffen.    9Iac^bem  ber  3u> 


SofcM  IL,  Stttfer  373 

Smmen^ang  mit  bcn  auätoärtigen  Dbern  unb  Drganifationen  aufgehoben  toar  (f.  unter 
r.  1),  tourbe  aud^  bet  SSerbanb  ber  öfterreidfoifcfyen  ^rotoinjen  gelodfert:  bie  SSifttationen 
ber  $rot>in)ialen  ^örten  auf,  bte  SProtnnjialfapitel  Ratten  nur  noefy  ben  SProfcinjial  ju 
toablen,  bie  SBatyl  ber  Äonbent^rioren  u.  f.  to.  mufete  toon  ben  Äontoenten  felbft  fcor* 
genommen  toerben,  ber  (Eintritt  in  Jttöfter  tourbe  nur  naety  fcorfyergefyenben  ©tubien  in  ben  5 
©eneralfeminarien  geftattet. 

5.  ÄultuS  unb  religiöfeä  SBoIfälebcn.  2)er  Äaifer  fyat  bie  größten  2ln« 
firengungen  fiema$t,  bie  ©eelforge  ju  fceben  unb  tyre  Drganifation  ben  Sebürfniffen  ber 
beränberten  Ser&ältniffe  anju^ffen  1782  f.  (Sine  grofce  ftafy  ber  aufgehobenen  Älofter* 
finden  tourbe  in  $Pfarrfird&en  toertoanbelt.  3lu3  ben  ßinfünften  be$  9teligion$f  onbS  tourben  10 
Stinten,  SPfarrftetten  unb  Äaplaneien  gegrünbet,  ehemalige  2Rönd&e  in  ber  ©eelforge  ber* 
toenbet  „!gn  SRieberöfterreicty  allein  entftanben  260  neue  ©eelforgeftationen,  in  ©teier* 
tnarf  156  neue  Pfarreien  unb  145  Sofalfaplaneien,  im  Saturn  Srijen  74,  in  SJtafyren  180. 
3n  Ungarn  tourbe  bie  $aty  ber  ©eelforger  um  1189  toermefyrt."  3)er  SDtangel  an  Seift* 
liefen  tourbe  baburdfr  natürlich  fefyr  em^finblic^.  Der  Jtaifer  badete  bafyer  baran,  neben  15 
bem  t^eologifcfc  gebilbeten  ÄleruS  eine  ^toeite  Älaff e  einzurichten,  bie  nur  auf  bie  nötigften 
ffanfttonen  abaenefctet  unb  auf  ben  Filarien  unb  5ta}>laneien  fcertoenbet  toerben  foHte. 
w  ift  baju  aber  fotoenig  gefommen  toie  jur  atoangStoeifen  SluSfyebung  ehemaliger  5Rönc£e 
für  bie  ©eelforge. 

daneben  aber  griff  3ofeJ)$  tief  in  bie  Drbnung  be$  ©otteäbienfteS  ein.    ©ein  Siel  20 
toar,  bem  fmnlicfcen  unb  äujjerlicfc  med&anifd&en  Setrieb  ber  Sieligion   naefy  Kräften  2Ü&* 
bruc£  gu  t$un  unb  ba$  Sbeal  ber  2lufflärung,  bie  Anbetung  ©otteä   im  ©eift  unb  bie 
$ätjae  9lä$ftenliebe,  in  iBolf  unb  KleruS  p  förbern   unb  bamit  toieber  bie  fittlicfce  toie 
inteOeftueOe  Äraft  unb  SeiftungSfäfyigfeit  fetner  Sänber  ju  fyeben.  Sin   feinem  *JJunfr  tritt 
bie  ßtgenart  beS  jofetofyinifctyen  itirdjjenregimentS  fo  fcfyarf  fyertoor  toie  tyier.  ©ingefyenbe  SSer«  25 
orbnungen  regeln  aufs  genauefte  alle  ©rfd^einungen   beä  gotteSbienftlid&en  SebenS,  berart, 
bafcjtaebri<$b.@r.  über  ben  „©ruber  ©alriftan"  Rottete.    $ie  Serorbnungen  toaren  an 
bie  SJtfööfe  unb  tyre  35efyörben  gerietet  unb  mujjten  t>on  ifynen  ausgeführt  ober  in  i^rer 
SluSfttyrung  fibertoad&t  toerben.   2lfä  baS  toie^tigfte  ©tücf  be$  firctylicfyen  §anbeln$  erfcfyien 
bem  Jtaifer  mit  bem  ganzen  aufgetlärten  ÄafyoliciSmuS  ^rebigt  unb  Unterricht  ber  ^ugenb.  so 
Xuf  pe  fpt  benn  3jpfep^  toon  3tnfang  an  fräftig  gebrungen,  fyat  aber  au$  über  ben  3n* 
fydt  ber  ^rebigten  Sorfc^riften  gemalt   unb  SRafjnafymen  getroffen,  bafc   fte  Don  3eit 
m  3«ö  lontrolliert  toerben  tonnten.    3lu#  ben  ©emeinbegefang   fud^te   er  ju  förbern, 
folgte  baju  fiieber»   unb  SKelobienbüd^er  ein  unb  behängte  bagegen    über  aDe  au«« 
toärtigen  Stttualien  u.  ä.  ein  ©infu^rberbot  unb  über  alle  Äird^enfalenber,  Serfünbigungen  85 
mm  ober  ©nlabungen  gu93ruberf^aften,  3lbläffen,  gotteSbienftltcfyen  feiern  unb  Slnba^ten, 
tote  fte  an  ben  Ährqen  angebra^t  toerben,  bie  Sebingung  beS  3m^matur.  3m  95rebier 
mußten  noc^  biele  ©teilen  (j.  95.  über  ben  ©regorianer  93enno)  überflebt  toerben.    3lm 
21.  'April  1783  erging  eine  neue  ©otteäbienftorbnung  junäc^ft  fürSBien,  aber  al^3Rufter 
für  ganj  Öfterrei^.     ©ie  beftimmte,  toaS  an  ©onn=  unb  Feiertagen   fotoie  an  2Boc$en«  40 
tagen,  in  ben  gfeft*  unb  gaften jeiten  in  ben  toerfd&iebenen  2lrten  bon  Äird^en  an  ^rebigten, 
Neffen,  anbauten  unb  (Seremonien  Vorgenommen  toerben  foUe   ober  bürfc.    SDenn  i^re 
abfielt  toor  bor  ödem,  bie  gotte£bienftli$en  ©ebräud^e  ju  Vereinfachen,  auf  baS  jurücfju« 
führen,  toad  hn  römifc^en  Slitual  auSbrüdtticfy  öorgefd^rieben  toar.  S)aStoirb  aud^  1784  no$ 
einmal  befonberd  eingefc^ärft  für  ba£  §eer  ber  üblichen  Segnungen  unb  Soeben  toie  ber  45 
t^eatsalif^en  ©d^aufteuungen  unb  3)eIorationen,  toie  fte  befonberS  in  ber  S^artooc^e  üblid^ 
toaren  unb  §.  35.   bem  Äalbarienberg  Von  Remote   bei  2Bien  ba«  Slu^fe^en  einer  93olf& 
bebtfUaung  gaben. 

Stefelbe  Mbpd^t  tritt  fyerbor  in  ben  35eftimmungen  über  bie  begebenen  3)etootion^ 
formen  unb  bittet  3)ie  ^rojefftonen  tourben  befcfyränft:  auger  ber  allgemeinen  35itttoo^c  00 
0B«H^e  be«  $immelfa^fefte«)  unb  aufterorbentlic^en  3lnläffen  follten  nur  jtoei  in  jebem 
3cfc  unb  flirc^f})iel  gehalten,  ^eilige  unb  ©tatuen  fotoie  grofie  ^bnen  babei  ntd^t  me^r 
getragen  toerben;  bie  biäfyerige  Jtleibung  ber  Datenträger  tourbe  verboten.  St^nltd^  er-- 
amg  e0  ben  ©aflfa^rten :  fte  burften  nur  noc^  unter  gübrung  bed  $aroc^u^  ftattfinben. 
»ie  Äblaffe  bed  ^Jortiuncula-gefte«  tourben  verboten,  ben  35if^öfen  eingef^ärft,  bem  33olf  66 
bun^  S^nftenle^re  unb  35ei#tftufyl  bie  toa^ren  Segriffe  bon  biefem  Slblajj  beibringen  ju 
bffen.  Unnötiger  2up$  im  ©4mud,  95eleud^tung  ber  Äirc^en,  ba^  ^ufeen  ber  ^eiligen* 
ftatuen  mit  Äemben,  ©trumpfen,  ©ctyufyen,  ^Jerüden  unb  93otit>gegenftänoen  tourbe  ber* 
boten,  alle  Sfottbaeftynfe  toie  prüfte,  Krüden,  ©äbel,  ^anjer  u.  ä.  au3  ben  Jtird^en  mU 
fenrt,  bie  31u«fteUung  ber  Sleltquien,  bie  mit  befonberem  ?ßrunf  berbunben  ober  jum  eo 


374  3offrt  IL,  «aifer 

ftüffen  ober  Verüfyren  mit  Silbern,  3lofenfrän$en  u.  ä.  beftimmt  toar,  berboten.  allgemein 
tourbe  ber  #anbel  mit  getoetyten  Äerjen,  3tofenfrän$en  u.  ä.,  ben  Älöjtern  tote  bem  SBelt* 
fleruS  bie  Verfertigung  unb  Austeilung  bon  Amuletten,  ©fabulieren,  ©ürteln  u.  ä.  unter* 
(agt.    @in  befonbereS  ^Mittel,  alle  biefe  formen  unb  2Jtittel  ber  alten  JDebotion  ins  Soß 

6  ju  bringen,  toaren  bie  britten  Drben  unb  Vruberföaften  getoffen ;  fie  tourben  am 
9.  Sluguft  1783  auf  einen  ©d&lag  aufgehoben  unb  burcfc  bie  emjige  Sruberföaft  ber 
tätigen  Siebe  beS  SRäcfyften  unter  bem  ©d&ufc  unfereS  #eilanbeS  !gefu  (S^rifti  ecfe^t.  Von 
ben  SJKtgliebern  ber  bisherigen  Vruberföaften  fonnte  eintreten  toer  toottte;  aber  baS  ge* 
famte   Vermögen  ber  alten   ging  auf  bie  neuen  über.     3&r  3to*&  &**  Armenpflege 

10  unb  3"9tttfmnterric&t.  Sin  bie  ©teile  beS  VettelS  unb  toilben  Sömofengebenö  fodte  bo* 
burcfy  rationelle  Verfolgung  ber  2lrmen  unb  Äranfen  treten.  31ik$  bie  ©rünbung  Don 
Slrntcn*  unb  ©ied&enfyäufern  lag  babei  bem  Äaifer  am  $erjen.  3mmer  toieber  betonen 
bei  alle  bem  bie  Verorbnungen,  bajj  eS  gelte,  ebenfo  ben  ©efctymacf  toie  bie  Steligiofitat 
ju  reinigen  unb  bie  ©laubigen  Don  ber  Äreatur  jum  ©$öj>fer  ju  führen. 

16  6.  $oleran$gefeftgebung.  ©eit  langem  $atte  3ofa>&  gerabe  £ier  ben  33ruc$ 
mit  bem  alten  öfterrcictyifdpen  ©tyftem  befonberS  lebhaft  fyerbeigefefyrit.  ©$on  einen  SRonat 
nacty  bem  lob  feiner  SDtutter,  am  31.  2)ejember  1780  tourben  ba$er  junäc^ft  bie  Sie« 
ligionSfommijftonen,  am  31.  9Rär$  1781  audfr  bie  jtoangStoeife  Verpflanzung  ^atSßarriger 
Äefcer,  am  16. 3funt  1781  baS  ganje  SReligionSpatent  bon  1778  mit  feinen  Vorläufern  auf* 

20  gehoben.  —  ©$on  bei  biefer  3frage  toaren  eS  bor  allem  Äauni^  fotoie  ber  Staatsrat 
gretyerr  bon  ©ebler,  bie  bie  ©ebanfen  beS  ÄaiferS  leiteten  ober  ü)m  jur  Seite  ftanben 
©erabe  bei  biefem  Slnlafe  aber  erflärte  nun  3°fa>&  jugleidfr,  *>afe  fünftig  jtoifdpen  Äa* 
tfyolifen  unb  ^roteftanten  fein  Unterföieb  mefyr  gemalt  toerben  bürfe,  ab  in  ber  Cffent* 
lictyfeit  ber  SReligionSübung.    Unb   als  bie  #oftan$Iei  gegen   biefe  faiferlicbe  Stoft^t  Ste 

26  benfen  im  ©inn  beS  alten  ©tyftemS  erfyob,  toaren  eS  toteber  Äaunifc  unb  GJebler,  bie  tyr 
föarf  entgegentraten  unb  babei  bon  einem  anonbmen  ©utad&ten  unterftüfct  tourben,  baS  für 
manche  ©injetyeiten  ber  ferneren  loleranjgefefcgebung  mafigebenbe  Vebeutung  getoonnen  fyd, 
unb  toörtliq  benüfct  toorben  ift.  älm  13.  ©eptemberl781  gab  ber  Äaifer  feinen  ßntfölujj 
in  allen  ßinjefyeiten  funb:   mit  2luSnafyme  toeniger  fünfte  toaren  eS  bie  Veftimmungen 

so  beS  nac^erigen  £oleran$atentS.  2)oc&  toar  noq  beabfic&tigt,  lein  öffentliches  Sßatent  m 
erlaffen,  toie  benn  aucfc  bie  SeligionSfommifftonen  unb  baS  SReligionSjxxtent  bisher  niqt 
öffentlich,  fonbern  nur  burcfc  Sleftript  an  bie  Ve^örben  aufgehoben  toorben  toaren.  SKan 
badbte  alfo  nur  bon  %aS,  ju  ftad  SiSpenS  ju  erteilen  unb  fo  eine  anbere  SßrasiS  )u  be* 
grünben.   3lber  bor  ädern  ©ebler  brängte  auf  £)ff entlief eit:  fonft  gefc^d^e  böd?  nur  alles, 

35  um  ben  faiferü$en  Saiden  geheim  ju  galten  unb  iHuforifdj  ju  machen.  3)er  Äaifer  er- 
fanntc  baS  am  13.  Cftober  1781  an;  bter  Sage  barauf  am  17.  veröffentlichte  bie  SSiener 
3eitung  in  i^rer  9lr.  83  bie  faiferlicfye  ©ntfd^liefeung,  unb  am  20.  erging  baS  patent  an 
ade  f.  !.  Sänberfteden,  jebocfc  nur  ^anbf^riftlic^  (ben  Sejt  f.  bei  gran!  ©.  37).  @rft  bon 
ben  fiänberfteden  tourbe  ber  Qn^alt  ber  faiferlic^en  ©ntfi^lie^ung  mit  bem  toatoxm  be« 

40  18.  Dftober  1781  befannt  gemalt  unb  im  2)rucf  berbreitet  S)aS  patent  toar  fthr  ben 
ganjen  Umfang  ber  ^abäburgiföen  3Ronarc^ie  beftimmt,  für  bie  beutfcfcböfymtfcben  Sänber, 
Ungarn  unb  feine  SWebenlänber,  Italien  unb  bie  ÜRieberlanbe,  unb  ift  überall  berfitabet 
toorben,  aud^  in  Sirol,  toie  jefct  urfunblid^  feft  fte^t.    ©ein  ^n^alt  iji: 

9lde  Untertanen  Slugäburger  unb  ^elbetifc^en  VetenntniffeS  fotoie  bie  nicbtumerten 

46  ©rieben  erhalten  ein  tyrer  Religion  entf))rec|enbeS  ^ribateS  gjenitium,  otyxt  Stüdfupt  barauf, 
ob  fte  eS  je  gehabt  ^aben  ober  nicfyt.  2Bo  fc^on  bisher  ein  umfaffenbereS  @serjitium  beftanb, 
toie  ).  %l  in  ©Rieften,  Siebenbürgen  unb  Ungarn,  bleibt  eS  natürlich  au$  je^t  beft^en. 
3m  einjelnen  toirb  beftimmt:  1.  3«  100  Familien  bürfen  f1^/  ^ud^  toenn  pe  einige 
©tunben  auSeinanber  too^nen,  Vet^auS  unb  ©d^ule  erbauen,  toeiter  entfernte  fvfy  m  ba« 

60  nöc^fte  VetyauS  ber  Wonarc^ie  begeben  unb  ben  Vefuc^  i^reS  ©eiftlic^en  empfangen.  Sie 
Vet^äufer  bürfen  jeboc^  feine  ©locfen,  Stürme  unb  @ingönge  an  ben  Straften  tyaben. 
SDarin  adein  liegt  baS,  toaS  baS  patent  als  „)>ribateS"  (f  jer^itium  bejeu^net  2.  Sie 
äfattyolifen  bürfen  fic^  ©c^ulmeifter  galten,  fotoie  3.  5ßaftoren  tollen  ober,  toenn  bie 
Dbrigfeit  (b.  fy.  ©utS^errfdDaft  o.  ä.)  fte  botieren  toid,  Rentieren,   muffen  aber  für  bie 

66$aftoren  bie  faiferlic^e  Veftätigung  einholen,  bie  borläufig  bur$  baS  f c^leftf cf^e  ilonftfbrium 
in  lefd&cn  ober  eines  ber  ungarifd^en  Äonjiftorien  erteilt  toerben  fott.  4.  JÄe  ©toi» 
gebühren  bleiben  bem  fatl?olif$en  ^arod^uS  (urf^rünglic^  toar  baS  anberS  beftimmt,  unb 
nachträglich  tourben  au$  ^ier  einige  @rleid^terungen  betoidigt).  5.  3)ie  3ubifatnr  in 
SteligionSfac^en  ber  Slfat^olifen  toirb  ben  ^olttifc^cn  SanbeSfteuen  übertragen,  bie  jtboc^ 

eo  ^ßaftoren  ober  Ideologen  ber  Äonfeffton  jujic^en  unb  nad^  beren  SeligtonSgrunbfa^ 


3ofet>l>  IL,  »tttfer  375 

urteilen  muffen.  9tefur3  an  bie  £offtellen.  6.  Sitte  JReberfe  über  Äinbererjiefyung  in  ge* 
mieten  <g$en  fallen  fünftig  Weg.  3ft  ber  SSater  latyoltfö,  fa  Werben  —  baä  ift  ba« 
$orre$t  ber  „botmnanten"  Sieligion  —  alle  Äinber  fatyoltfcfy  erlogen;  im  anbern  gfall 
toerben  fie  na#  bem  ©efc&lectyt  verteilt.  7.  Die  2tfatfyolifen  Werben  jum  £äufer*  unb 
©üterfauf,  93ürger«  unb  3Keifterrccfyt,  *u  afabemifctyen  SBürben  unb  Stoilbebienftungcn  6 
burt$  Dtetoenfation  jugelaffen,  bie  in  feiner  SBetfe  erfd&Wert  toerben  barf.  Die  6ibe& 
formel  totrb  für  fte  tyren  SReligionägrunbfäfccn  gcmäfc  geftaltet,  unb  niemanb  barf  gejtoungen 
toerben,  an  Sßrojeffionen  ober  gunftionen  ber  bominanten  Religion  Seil  ju  nehmen.  Die 
Seforberung  im  Gtoilbienft  foll  fiinftig,  tote  bisher  jdjon  im  SDlilitär,  ofyne  jebe  Sücffid&t 
auf  bie  Äonfeffum  gefcfcefyen.  10 

Der  Äaifer  felbft  beftimmte,  bajj  jeber,  ber  ftdb  unter  ba«  SJJatent  [teilen  toolle,  jicfc 
eingeht  $u  melben  fyxbe.  Unb  fo  traten  nun  überall  bie  (Stoangeliföen  an  bie  Öffentlich 
fett  8i«  ®nbe  Dftober  1782  jctylte  man  in  ben  beutfcfcböfymifd&en  (Srblanben  73  722. 
Die  $$1  War  für  bie  Regierung  im  ^öc^ften  9Majj  überrafcfyenb.  tflan  Vermutete  maffen* 
toetfen  Abfall.  3n  2Birflic&teit  lag  e3  toofyl  fo,  bafe  in  allen  Sänbern  aafylreictye  Sban*  16 
geltföe  bte  legten  anbertfyalb  Satyrtyunberte  bor  bem  furchtbaren  Drudt  ft$  äufeertid&  ge* 
beugt  unb  afö  Äatyoliten  gelebt,  innerlich  aber  bon  einem  ©efölcd&t  nim  anbern  tyren 
efcangelif$en  ©lauben  betoatyrt  Ratten.  2lm  21.  gebruar  1783  tourbe  für  bie  ©rblänber 
fterfügt,  bog  jeber,  ber  fi$  na$  bem  1.  Januar  1783  al$  Slfatboü!  gemelbet  tyabt  unb 
melben  toerbe,  erft  einen  jecfyetoöc&entlicfyen  Unterricht  in  ber  fatfyolifctyen  Religion  burcfcao 
Jamalen  fcabe.  Iroftbem  ftieg  bort  bie  Qafyl  b«  ßbangelifctyen  fortwährend  §od  giebt 
nac£  ben  Sitten  be«  Staatsrate  folgenbe  Satyrn: 

Snbe  Oft.  1782:    73722  mit     37  $aftoren  unb 

„  San.   1783:  79226  „   50 

„  Dej.  1784:  100924  „  107    „    „   79    „  25 

„   „   1785:  107454  „113 

„      „     1786:  124012    „     141 

„       „      1787:  132870    „     140 

„       „      1788:  156865    „     142 
9htö  Ungarn  unb  Siebenbürgen  toerben  nur  bie  Satytn  ber  tolerierten  ©emeinben  ao 
onoeaeoen : 

1783:    166  lutyerifd&e,    102  tyefoetifd&e,      5  griec^iföe 
1784:    586        „  162        „  10 

Überall  fatte  bann  aföbalb  bie  (Sinrtätung  ber  ©emeinben  begonnen :  Sammlungen 
in  £>fterret$  unb  Ungarn  felbft,  im  3teidj,  in  ben  ebangeliföen  9tieberlanben,  in  ber 
2<$toeij,  in  Dänemar!  unb  SRufelanb  brauten  ftattlicfye  3Jlittel  jufammen.  Die  Regierung  86 
fdfrß  liefe  ed  jtc&  angelegen  fein,  bie  inneren  33erf?ättniffe  ber  ebangelifd&en  .Hirnen  ju 
orbnen  unb  aHmäfylt$  auszubauen.  3Ran  forgte  für  ßinfufyr  ober  öfterreid&tfcfye  Drucfe 
bon  Stbdn  unb  ©efangbüd^ern;  man  fcfntf  eine  einheitliche  älgenbe,  beftettte  ©u^erinten^ 
beuten  unb  er^ob  bad  SEefdbener  Jtonftftorium  jur  oberften  ftrd^lid^en  Se^örbe  für  bie  ^ 
beutfe^en  unb  böfymif$en  Sänber.  1784  tourbe  e$  nac^  ffiien  verlegt  unb  i^m  ein 
reformiertet  Äonftftortum  jur  Seite  geftellt;  beibe  Beworben  aber  ftanben  unter  einem  ge- 
meinfämen  $räftbenten.  Der  SBiberftanb,  ben  einige  ßirc^enfürften  gegen  bie  i^nen  ^gemutete 
Beröffentlic^una  ber  Xoleran)  leifteten,  tourbe  gebrochen,  aber  aud^  aller  $ro)>aganba  ober 
fottfügen  Xuijdpreitungen  ber  Slfatbolifen  ftreng  gefteuert.  Die  Xran^migrierten  fotoie  bie,  45 
bie  um  ber  Religion  Witten  freitoiuig  au^geWanbert  Waren,  burften  jurüctfe^ren.  Dagegen 
fct  auc^  3°!^  einzelnen  Selten,  Wie  ben  bö^mifd^en  Slbraj^amiten  unb  ben  mä^rifc^en 
Setpen  gegenüber  jeitenWeife  ba«  Softem  ber  Sran^migration  eingehalten.  Denn  bie 
loleranj  galt  nur  ben  brei  großen  5tonfefftonen. 

@*  t>erfldbt  ftd^  Don  felbft,  baft  eine  fo  ungeheure  Umwälzung  auf  allen  ©ebieten  60 
ben  ftarfften  ffiiberftanb  fanb.  3unäc^ft  ^atte  \t)n  bie  AUirte  aufgenommen.  9lfö  $tu£  VI. 
erfahren  ^atte,  bafe  burety  bt^lomattfd^e  Ser^anblungen  nichts  ju  erreichen  fei,  toerfud^te  er, 
bun^  perfdnlid^ed  Srfd^einen,  burc^  „Sitten  unb  anflehen"  eine  SBenbung  ^erbeijufü^ren. 
6r  lam  am  22.  3Kän  1782  na$  98ien,  Würbe  glänjenb  empfangen,  erreichte  aber  nid^tö 
toefentlk^ed.  Die  ftolje  .Rurücf^altung  be^  Staatöfan^ler«,  ber  au$  Jlniebeugung  unb  66 
^(utbfu|  fcertoetgerte,  wie  bie  ^«ftigleit  be«  .Katferd  nahmen  i^m  aDe  Hoffnung.  ®r  ber* 
«ieb  <i  aber  auc^  ninftig,  bur^  i^roffe  Haltung  bie  Sage  be$  ^apfttum«  m  berf^lim* 
ment,  unb  äußerte  ft^  über  bie  $erfon  be^  .Haifer«  mit  großer  SBärme.  Örft  aU  ber 
RkberUiitbtföe  Xuffianb  ftd^  borbereitete  unb  er^ob,  Würbe  bie  päpftlid^e  ^olitif  Wieber  aftib. 


28  Set^äufern 

38 

n 

79 

// 

92 

H 

131 

tf 

136 

tf 

154 

ff 

ber  1 

tolerierten  ( 

376  Sofetf  II.f  Saifer 

3«  ben  alten  §abSburgifd&en  Säubern  toar  bie  Stimmung  fe^r  berfd&teben.  $m 
(Spiffopat  fanb  ber  Äaifer  toarme  2ln^ängerfc$aft,  nachgiebige  SJügfamfeit  toie  fc&roffe  vp* 
pojttion.  Die  febronianifd&en  ©runbfäfee  unb  bie  allgemeine  SufHärung  toaren  Vertreten 
bei  bem  ßnbifd&of  fcon  Salzburg  (©rafen  (Sollorebo)  fotoie  ben  93if$öfen  Don  Äöntggräfc, 

6  SBimerifcfcSceuftabt,  £aiba$,  ©urf,  Brian  u.  a.  Sie  ^aben  beS  ÄaiferS  SBerorbnungen, 
felbft  bie  über  $o!eranj  unb  gotteSbienftlic&e  Snberungen  burefc  Hirtenbriefe  toarm  unter* 
ftüfct  (f.  »runner,  X^eoL  £ofbienerfd&aft  S.  321—353;  D.  9Rejer  1,84 ff.;  granl  138ff.). 
Die  alten  fir$Iid&en  Slnföauungen  bagegen  toaren  fd&roff  unb  ftreitbar  Vertreten  fcor  allem 
burefy  ben  6r$bifd&of  bon  SBien,   ©rafen  ^iga^i,  unb  ben  ungarifc^en  (5^iffoJ>at  unter 

10  ber  $ütyrung  feinet  *ßrimaS,  beS  ÄarbinalS  ©rafen  Satt^janty  fcon  ©ran.  gn  ben  beut* 
fetyen  unb  böfymifctyen  fiänbern  toaren  bie  firetylietyen  Sieformen  toon  ber  3Raffe  beS  SSoöS 
junäc^ft  ru^ig  unb  gleid&giltig  Eingenommen  toorben.  (Srft  bie  (Singriffe  in  ben  ÄuItuS 
unb  bie  fir($fi$en  ©Uten  erregten  bie  ©emüter  $um  Steil  jeljr  lebhaft,  unb  burc$  bie 
Politiken  unb  jojialen  Sieformen   tourben   bie  bisherigen  ?ßrtoilegierten    berart  betroffen, 

ib  bafc  ftety  bei  tynen  ber  Unmut  gegen  baS  ganje  Softem  lehrte.  Dagegen  toar  um  fo 
größer  bie  Danfbarfcit  ber  befreiten,  bor  ädern  ber  Sauern  unb  teiltoetfe  beS  Sürger* 
tumS,  toietoo^l  man  gerabe  au$  fyier  me^r  erhofft  tyatte,  als  toirfliefc  getoatyrt  tourbe. 
Die  eigentliche  Stüfce  beS  neuen  StyftemS  aber  toaren  unb  blieben  bie  Seamten  unb 
fünften.    Unb  auf  allen  fünften  beS  geiftigen  unb  toirtfd&aftRc&en  2ebenS  matten  ft$ 

20  bie  toofyltfyätigen  folgen  ber  Reformen  fyanbgreiflid&  geltenb. 

©an)  anberS  toar  ber  Verlauf  ber  Dinge  in  Ungarn  unb  ben  Slieberlanben.  3n 
Ungarn  unb  Siebenbürgen  toaren  bie  fir$lid&en  Sieformen  anftanbStoS  bur^gefü^rt  toorben. 
Die  loleranj  tyatte  bie  ^roteftanten  nietyt  befriebigt,  toeil  fte  nid&t  blo|  Dulbung  bur$ 
föniglid&e  ©nabe,  fonbern  auf  ©runb  feierlicher  StaatStoerträge  tote  SanbtagSfdblüffie  auf 

26  religiöfe  gfreifyeit  unb  bürgerliche  92e$t3glei$^eit  mit  ben  Äatyolifen  Sfoftmtcp  machen 
fonnten,  einen  Slnforucty,  ber  tynen  nur  immer  toieber  Derfagt  toorben  toar.  Irofcbem 
tourbe  baS  ©btft  namentlich  in  Siebenbürgen  mit  greuben  aufgenommen,  obtoo^l  man 
audb  bier  Diel  mefyr  beanforuetyen  tonnte.  @S  galt  eben  als  ©etoä^r  bafür,  bafc  nun  bie 
bisherigen  93erfu$e,  bie  gefefelid^  Verbürgten  Sled&te  ju  befc&ränfen  unb  ju  jerftören,  toeg* 

so  fallen  unb  namentlich  bie  „2tyoftafiet>ro*ef[e"  aufhören  toerben.  6rft  bte  jpotiiiföcn  unb 
fokalen  Umtoöl^ungen,  ber  &erfu$,  Ungarns  unb  Siebenbürgens  alte  &erfaftung  ;u 
brechen,  baS  Sanb  burdj  ftaatlictye  Beamte  abfolutiftifö  ju  regieren  unb  fo  ben  beutjefc 
bö^mtfe^en  Sänbern  gleic^^uftellen,  bie  Sinfü^rung  ber  beulten  SlmtSf^rac^e,  bte  9uf* 
Hebung  ber  £eibeigenfd^aft,  ber  Steuerfreiheit  beS  3lbelS  unb  JtleruS  fotoie  ber  ^rei^eit  beS 

36  SlbelS  t>on  ber  Äonfm})tion  brauten  faft  ben  gefamten  mag^arifd^en  Abel  in  tyefttae  %k* 
toegung:  am  30.  3anuölf  ^790  mufete  ber  Äaifer  alle  ^olitifc^en  unb  fojtalen  Reformen 
aufgeben.  3n  f^n  Sterbe^immer  brang  baS  ^ub^Ig^«  ber  Ungarn,  bte  bie  ©iei>$an$s 
Irone  auS  ber  ^ofburg  abholten,  um  fte  toieber  in  tyre  ^eimat  ju  bringen. 

3n  ben  5lteberlanben  tourbe  bie  Soleranj  im  9lobember  1781  Derfcnbigt    ©tanbe, 

40  Sifd^öfe  unb  Untoerfttät  remonftrierten  ^efttg.  3lber  fte  tourbe  otyne  ©4ftotertgleit  bun^ 
gefefet.  $m  grü^ja^r  1782  begann  man  au$  bie  übrige  ©efe|gebung  in  i$ren$aupts 
fünften  einzuführen  unb  bie  Älöfter  allmä^Itg  aufju^eben.  DaS  Soll  blieb  immer  no<$ 
ru^ig.  Slber  ÄleruS  unb  s)Jlönc^tum  unter  ber  gü^rung  beS  5RuntiuS  3onbabari  (1782 
auSgetoiefen)  unb  beS  ^SrimaS  bon  Wedeln,  ÄarbinalS  ©rafen  grantenberg  ftanben  ge* 

46  fc^loffen  gegen  bie  Regierung.  Die  (Einrichtung  beS  ©eneralfeminarS  in  Sdtoen  tytitt 
fc^toere  ^^n.  Slber  erft  als  feit  Anfang  1787  aud&  ^ier  bie  alte  feubale  Serfaffung, 
baS  ftänbtjcbc  Selbftregiment  unb  bie  privilegierte  Stellung  bon  JtleruS  unb  »bei  toie  ber 
regierenben  Sc^id^ten  ber  Stäbte  gebrochen  toerben  fottte,  ergriff  ber  ffitberftanb  alle  mal* 
gebenben  Äreife.   3m  $«*ft  1789  trat  ber  93rud^  ein,  im  Daember  begann  ber  Äuffianb 

60  in  Srüffel,  obtoo^l  ber  Äaifer  fc^on  @nbe  5iot>ember  alle  Steuerungen  jurücfgenommen 
^atte.  3lm  7.  Januar  1790  erllärten  ftc^  bie  ^robinjen  mit  ausnähme  gimburgS  für 
unabhängig.  Der  geiftlid^e  ©aft  gegen  ben  Äaifer  toar  eine  ber  mächtigsten  triebhafte 
in  biefer  SRebolution.  Die  augemeine  politifc^e  Sage  C£ürtenfrieg,  SSer^öltniS  xu  $reu|m) 
na^m  bem  Äaifer  jeoe  Hoffnung   auf  Sieg.     Slm   20.  gebruar  1790   tft  §o\q>\)  nad) 

66  längerem  firänfeln  (Sd^toinbfud^t)  geftorben,  mitten  unter  ben  fd&toerften  Snttdufdpmgen 
unb  TOeberlagcn.  @S  ift  lein  fttottftl:  bie  Ungebulb  unb  ßaft,  mit  ber  er  feine  großen 
Sieformen  betrieben,  bie  alten,  toenn  auc^  morf^en,  boc^  tiefgetourjelten  Ser^ältnifle  um* 
geftünt  unb  fcöüig  neue  gefc^affen  fyattt,  fyabtn  fein  2Berf  fd^toer  gefdb&bigt.  Unb  bo$  $ 
feine  Regierung  ber  3(uSgangSbunft  einer  neuen  ^ö^eren  Snttotctelung  Dfterret$3  getoorben. 

eo  Unb  auc^  baS  Softem  ber  firc^lid^en  ©efe^gebung   fiel  mit  feinem  lob  ni$t    5Rur  in 


3*fe*l>  IL,  »atfer  3fofr^^n^f  Bflabind  377 

bat  SRieberlanben,  too  erft  nad&  3°W$  lob  bcr  flerifale  ßfyarafter  bcr  9tetooIution  fu$ 
gam  offenbarte  unb  ber  ßrjbifd&of  toon  -Dietzeln  fie  mit  allen  geiftlid^en  Mitteln  förberte, 
muftte  2eopolb  alle  fir$Kc$en  Neuerungen,  aud)  baä  loleranjebift  opfern,  um  bie  mtlitärifö 
niebergetoorfenen  Sßrotnnjen  toieber  ju  gewinnen,  dagegen  blieb  in  Ungarn  bie  «Öautot* 
maffe  ber  Rr$li$en  Sieformen  unb  bor  ädern  bie  Xoleranj.  9iad^  bem  großen  mtxafös  6 
tag  fron  1791  fteßte  Seopolb  II.  bie  politifd&e  ©leictybered&tigung  ber  ungarifd&en  $ro* 
leimten  unb  tyr  Stecht  auf  freie  Seitung  toon  Äirctye  unb  ©cpufe  unter  ber  SCufftc^t  ber 
Ärone  fefi  9luc$  in  Siebenbürgen  gelang  e$  ber  etoangelifd&en  Partei  beä  SanbtagS  burdfc 
jafegen,  bafe  bie  alte  gefefclid&e  religiöfe  $reifyeit  aufregt  ersahen,  ba$  Xoleranjebift  für 
ungenügenb  unb  bie  lanbeS&errlutyen  SBerorbnungen,  bie  in  ben  legten  (Generationen  bie  10 
Religionsfreiheit  Ratten  t>ernic$ten  toollen,   für  aufgehoben  erflärt  tourben. 

Jn  £>fterrei$  enblicfc  »erlangten  bie  meiften  fianbftänbe  bie  2öieberaufrid&tung  ebenfo 
en  feubalen  sjuftanbe  toie  ber  alten  §errföaft  unb  Stellung  ber  fatfyolifctyen  Äird&e. 
Aber  2co}>olb  fcertoetgerte  beibcö :  Don  ber  Kirchlichen  ©efefcgebung  fielen  nur  bie  ©eneral* 
feminarien.  ®ie  Sifdjöfe  burften  toieber  tyre  eigenen  Slnftalten  errieten  unb  erhielten  bie  16 
Seifügung  über  bie  gotte3bienftli$e  Drbnung  jurücf.  Sie  äauptmaffe  ber  mnerfird&lid&en 
Reformen  Wieb  bis  1848  befte&en,  obtoofyl  bie  firepc^e  SRejtauration  im  19.  ^a^unbert 
im  ^nnern  immer  toeiter  fortföritt.  Unb  in  ber  naj>oIeonifd&en  3eit  befynte  ftc&  ber 
„3ofep^ini3mu$"  über  alle  fttbbeutfäen  Staaten,  Saiern,  SBürttemberg ,  Saben  unb 
Reffen  au$  unb  tourbe  ba,  trenn  auef;  in  manchem  ertoeid&t,  bie  ©runblage  ber  ganzen  20 
Stellung  ber  fatr/olifcfyen  Äircfce  im  Staat.  @rft  burefc  ba$  %afyx  1848  ift  er  in  Öfter- 
rety  toie  ben  anbern  fübbeutfctyen  Staaten  ganj  gebrochen  toorben.  9iur  bie  Joleranj 
ift  mt$  in  Ößerreid&  geblieben  unb,  jur  toottfommenen  ©leic^berecfytigung  ber  Äonfeffionen 
fortgebilbet,  ein  Seftanbteil  ber  93erfajfung  getoorben.  ftarl  Vtfitter. 

3ofepl)  Hon  SRetipue,  15.  %af)xf).  —  Sitteratur:    Seo  MatiuS,  De  perp.  cods.,  26 
6.  932  ff.;  berfelbe  Graecia  orthodoxa  Sb  I,  @d)lu&bemer?ung.     gabrfciu3*$arl.,  Bibl.Gr. 
XI,  ©.  458;  Ärumbacber,  ©efdj.  ber  Stoj.  fitttevatur  1897,  ©.  I18f. 

3<>fa>k  Sijc&of  bon  SWettyone,  früher  Sofyanneä  ^PlufiabenoS  (6  niovoiadrjvdg)  ge* 
Reiften,  bUl^te  im  fünfzehnten  S^^unbert.  6r  lebte  in  Äreta.  Sefannt  ift  er  baburdfc 
aetoorben,  bajj  er  beftrebt  toar,  bie  Union  atoifdjen  ber  gried&iföen  unb  römtföen  Äirctye  gu  so 
fcrbern.  liefern  Qtotdt  bienen  auety  bie  meiften  feiner  Schriften,  bie  bei  MSG  93b  159, 
960— 1392  jufammengeftettt  finb.  Unter  biefen  fmb  bejonberä  ju  nennen  feine  umfang 
reiche  SBertcibigung  ber  fünf  $au}>tfä$e  be$  Florentiner  Sonate  über  bie  Union.  Ste 
Schrift  ^anbelt  bemna$  bon  bem  Sluägang  be^  r/eiligen  ©eifte^,  bon  bem  ©ebraud^  beö 
ungefäuerten  Sroted  bei  ber  Siturgie,  t)on  bem  ^egfeuer,  bon  bem  eroigen  Seben,  bon  86 
bem  Primat  be^  $atofted.  Sie  tourbe  anfangt  irrtümlich  bem  ©ennabio^  Sc^olariod  ju« 
gefc^rieben,  unter  beflen  Flamen  fie  bon  gabiuö  Senebolentiu«  1581  in  lateiniföer  Über* 
fe^ung  caid)  herausgegeben  tourbe.  SDer  SoHanbtfi  (Super  (Acta  Sanct.  Augusti  If 
193  ff.)  tyd  fie  oö  bo«  ffierf  Öojep^  ertoiefen.  ©ine  toulgär=griec$ifd&e  SSerfton  allein 
ersten  1628  in  SHom.  gbenfaHö  Oon  ber  Florentiner  S^nobe  (;anbelt  ber  grofee  2)iaIog  40 
Sofep^,  ben  £eo  äßatiuä  juerft  in  ber  Graecia  orthodoxa,  8b  1,  S.  583—654  mit 
iatemiföer  Überfefeung  herausgegeben  fyat  9Jian  fann  bem  SSerfaffer  eine  gro^e  Selefen= 
^eit  in  ben  Sätem,  aud^  ber  abenblänbtf$en  Mirc^e  nic^t  abfbrec^en.  vxsnbeffen  ift  ber 
aud)  bei  anbeten  übliche  3^0^^^^^  ^wrd^  baS  Gitieren  ber  93äter  bei  vx\ofep^  boety  reic^- 
lk^  fibertrieben.  6r  citiert  an  einer  Stelle  be«  guerft  genannten  SBerte«  nic^t  toeniger  als  46 
33  Sätet  (MSG  S.  1157).  ®er  2)iaIog  ift  gtoar  lebhaft  gefd^rieben,  fann  aber  ben 
(tyrattcr  bed  Üe^rgefpräcr^  ju  toenig  berleuanen.  ^ntmer^in  gehört  ^o\cpb  ju  ben  be= 
beutenberen  Setteibigern  ber  Union  innerhalb  ber  griec^i{d^en  .Kirche.  ¥*)>  ^etjer 

3#fe>^««,  gflaoin^  ber  jübif$e  ©efc^id^tfdbreiber,  geft.  nac^  100  n.  (5br.  — 
VUaeneine  Öitteratur.  ®ie  ältere  ift  uerjei^net  bei:  Teufel,  Bibliotheca  historica,  I,  2  60 
(1784),  p.  209—236;  ©bertftür  in  Fabricius,  Biblioth.  Graeca  ed.  Harles  V,  49—56; 
Jfirft,  ßbilioth.  Judaica,  II,  127—132  3)ie  neuere  in  meiner  ÖJefd).  be§  jübifdjen  SSolfeÄ, 
1  Vufl.  I,  78ff  -  Sgl.  fcauptfäd)licG  aufter  ben  im  Verlauf  bicfeS  9lrlifclö  nod)  ju  nennen« 
ben  6d)riften :  fieiotf,  Questionum Flavianarum  speeimon,  Rcgiom.  Pr.  1835;  beif.,  DeFlavi, 
Joaephi  fide  atqne  auetoritate.  Ibid.  18*>7 ;  dreier,  3°fcpt)uS  unb  feine  griedjijdjen  unb  55 
teOenifUfdien  SüVer  (ZtiStft  1853,  ©.45-86);  berf,  JHücfblicf  auf  3ofepl)uS ;  jübifd)e,  eftrift* 
H*c  Monumente  unb  $erfona!icn  (cbenbaf.  8.  900-928);  JHeufe,  ¥lrt.  „3ofcpl)u§"  in  ^rfeft 
Mb  Okuberi  «nc^H.,  IL  6eftton,  31.  ZU  (1855),  S.  104-116;   Saumgarten,  $er  fc^rift- 


378  30fe»!}tt*,  3fla*i«* 

fteüerif*c  (J^oraflcr  beS  3°fep&u8  (Sblö,  1864,  6.616-64«);  $au«ratlj,  lieb«  ben  jübifdpn 
©efd)id)tfcf)reiber  unb  Staatsmann  glautuS  Sofepfcuä  ($3  XII.  1864,  8.  285-314);  berf., 
^ciiteftamcntli^c  3citflcfcf)..  1.  «uff.,  III,  258-276  (2.  ttufK.  IV,  56—74);  ©wölb,  öefd). 
b.  ©olfcS  3*rael,  3.  Hüft.  VI,  700ff.;  VII,  89-110;  Nicolai.  (Brie*,  fittteraturgeftq..  neue 

5©earb.,  II,  2  (1877),  6.  553—559;  ffienan,  Les  övangiles  (1877),  p.  131  sqq.,  239 sqq.; 
(Sbcr^cim,  Art.  Sofeptui«  in:  DchrB  vol.  III,  1882,  p.  441—460;  6d)ürer,  Qfcfcfc  be«  jüb. 
©olfeä  im  Zeitalter  3efu  G&rifti,  2.  9lufl  I,  1890,  8.  56-81,  508 ff.;  ©utfdjmib.  «leine 
©Triften  93b  IV,  1893,  8.  336-384;  SBacbSmutk  (Einleitung  in  ba*  Stubmm  ber  alten 
©ejdjictjte,  1895,    8.  438—449;    9?iefe,  3)er  jübifetje  fciftortfer  SofepbuS  (§3  ©b.  76.  1896, 

10  8.  193—237);  Unger,  3u  3ofepf)o3  (fünf  ttrtifel  über  einjelfragen)  (9W8©.  p$ilof.-pl>üoL 
unb  btftor.  älaffe  1895,  8.  551-604.  1896,  8.  357-397.  1897,  6.  189—244).  -  Ueber 
bie  X&eologie  bc£  3ofep^u§:  ©retfdnuiber,  Oapita  Theologiae  Judaeorum  dogmaücae  e 
Flauii  Josephi  scriptis  collecta,  Vitebcrgae  1812;  $aret,  Ueber  ben  $bariffitömu£  be*  3°* 
fep&n«  ($&8tÄ  1856.  8.  809-844):  Sangen,  35er  tbeologifdje  ©tanbpunft  bed  glamu3  3of. 

iß  XtjOS  1865,  8.  3-59);  ^oftnanSfi,  Ueber  bie  religion$p&ilofopfjifd)en  Knfdjauungen  be3 
fttauiuS  3ofept)u$,  ©reätan  1887;  fieroinSfn,  ©eiträge  *ur  Äenntni*  ber  religionÄpbtlofopty* 
fdjen  Änfdjauungen  be3  glauin«  3ofepl)u3,  ©redlau  1887.  —  3ur  (Erläuterung  be*  geogra. 
p&ifdjen  TOaterialcS:  ©oettger,  XopogvapbifüVWtorifdjeS  fiejifon  ju  ben  ©Triften  bed  glao. 
3ofepbnö,  fieipjig  1879. 

20  3ofept)u3  tourbe  naety  feiner  eigenen  Angabe  im  erften  3ar)re  ber  ^Regierung  (SaBguIa* 
37/38  n.  Öfyc.  geboren,  ©ein  SSater  2Rattf;ia$  gehörte  einer  angeferjenen  $nefterfamüte 
in  3erufalem  an.  SRicfyt  or;ne  ©toi}  rür)mt  ber  felbftgefäQige  3<>fa>&u$  feint  toornetjme 
§eriunft,  feine  forgfältige  6rjier)ung  unb  feine  f;erborragenbe  Segabung.  3m  SQter  »an 
fetr)jef;n  ^aJ^ren  tuiQ  er  nacheinander  bie  brei   „p$ilofoi>r;ifd)en  ©d&ulen"  ber  Suben,  Ke 

25  ber  $r/artfäer,  ©abbueäer  unb  (Sffener  burd)gema(t)t  unb  bann  noer)  brei  3afc*  lang  bei 
einem  ßinftebler  tarnen«  SanuS  ftcf;  aufgehalten  f;aben.  3«i  Sttter  bon  neunjet/n^afren 
fd&Iofc  er  ftcf;  öffentlich  ben  $fyarifäern  an  (Vita  1—2).  2>ie  ©efongenfeftung  einiger  tym 
befreundeten  ^riefter,  beren  Umgebung  er  beim  Äaifer  erbitten  tooute,  gab  tym  Seron* 
lajfung,  im  SÖter  bon  26  Sauren  (64  naef;  Gfyx.)  eine  Steife  nait)  Stom  gu  unternehmen. 

so  ©urd&  einen  jübifd&en  ©c&auftneler  ÜRamenS  2Uttr/ru3  toufcte  er  jtet)  Singang  bei  ber  SUnferin 
$o^äa  ju  berföaffen  unb  erreichte  buref;  biefe  feinen  fttotd  (Vita  3).  Jtoutn  toar  er  nac$ 
$aläftina  jurüdfgef  e&rt,  fo  bxad)  l)ier  ber  grofce  Stufftanb  gegen  bie  Stoma  au*  (66  n.  ßl/r.). 
ffiie  bie  meiften  ber  Sorne^men  unb  ©ebitbeten,  fo  toar  o^ne  3n>eifel  aud>  3ofepr)u3  anfangt 
ein  ©egner  ber  Grabung ;  unb  e«  ift  in  biefer  Sejiet)ung   burd^au«  glaubtoürbig,  nxtf  er 

35  felbft  be^aut>tet  (Vita  4).  3U3  aber  bie  äufftänbif^en  burt^  bie  SSefiegung  be«  CefrhiS 
©aDu«  einen  entfd^eibenben  Srfolg  gegen  bie  SRömer  errungen  rotten,  unb  bie  3Ra$t  ber 
@r^ebung  nicfyt  mehr  ^urüdmbröngen  toar,  fc^lofe  ftcr)  aud)  3*  mit  f^nen  ©efmramg* 
genoffen,  mer;r  gelungen  afe  freitoitlig,  bem  Slufftanbe  an.  3a  CT  übernabtn  fogar  einen 
ber  toictytigften  $often  in  ber  Drganifation  beSfelben,  inbem  er  [xdf  jum  ooerjien  S5efe|^^ 

40  ^aber  bon  ©alifäa  ernennen  liefe  (Bell.  Jud.  II,  20,  4,  Vita  7).  2Bie  er  in  biefer 
Stellung  im  SBinter  66  67  n.  S|r.  bie  ©treitfräfte  bon  ©alil&a  organifierte  unb  alle* 
nun  Äampf  mit  ben  Römern  borbereitete,  tüobei  er  bielfact)  mit  ^erfönlic((en  ©iberto&tig* 
leiten  ju  lämpfen  r)atte,  toie  bann  im  gfrtityjafyr  67  ber  Äantpf  mit  ben  9tömern  begann, 
ber  ftcr;  ^unäct)ft  um  bie  bon  3-  berteibigte  ?Wtung  3<>tcH>ata  fonjentrierte,  unb  tme  er 

45  biefe  geftung  1'/,  5Konate  lang  mit  ^Ea^ferfeit  unb  ©ctylau&eit  gegen  ba«  ^eer  Sefoa* 
ftan^  berteibigte,  —  bie^  aQe3  bat  er  mit  felbftgefäQiger  ©reite  und  au$für/T(t<t)  erjä^It 
(BeU.  Jud.  II,  20— III,  7;  Vita  7—74).  3lad)  ber  Eroberung  3ot<rpata«  im  Sommer 
67  geriet  er  auf  toentg  ritymltcfye  Slrt  in  bie  ©efangenfct)aft  ber  Slömer  (Bell.  Jud.  III,  8). 
3n  biefer  blieb  er  jtoei  jaijxt  lang.    Site  aber  93ef^ajian  im  ©ommer  69  bon  ben  Sie* 

so  gionen  in  Sägt/pten  unb  3^bäa  jum  Äaifer  aufgerufen  toorben  toar,  fd)enite  er  bem  3- 
bie  ^ei^eit  —  angeblich  in  banfbarer  ©rinnerung  baran,  bafe  i^m  3-  W011^^  S0^ 
früher  bie  ßr^ebung  ^um  Äaifer  getoeisfagt  ^atte  (B.  J.  IV,  10,  7;  bie  28eidfägung: 
B.  J.  III,  8,  9;  Dio  Cass.  LXVI,  1;  Sueton.  Vesp.  c.  5;  Appian.  bei  3wiora$ 
XI,  16).    2lte  greigelaffener  $Jcfoafian$  führte   er  nun  ben  3lamen  glabiu«  3ofn^uÄ. 

55  ©ein  l'eben  ftanb  fortan  gang  im  ©ienfte  be«  flabiteen  Äaifer^aufe«.  Qx  begleitete  ben 
^efyafian  nact;  9lle;anbria,  lehrte  bon  l>ier  im  ©efolge  be£  Xirud  nact)  ^Jaläftina  juräd 
(Vita  75)  unb  befanb  fief;  toäfyrenb  ber  ganjen  Selagerung  3^»^^^  bunt)  5Ettu*  im 
3a^re  70  bei  bem  £eere  be«  le|tcren  (c.  Apion  I,  9).  9Bteberr;oIt  muftte  er  im  Auf» 
trage  be$  litu«  ate  ein  ber  ^anbeefpracbe  Äunbigcr  bie  Selagerten  jur  Übergabe  auf« 

eoforbem,  toobei  er  öfter«  in  Sebenägefa^r  geriet  (B.  J.  V,  3,  8;  6,  2:  7,  4;  9,  2—4; 
1:3,  3;  VI,  2,  1—3;  2,  5  init.  7,  2;  Vita  75).  9iact;  ber  Srobenmg  Serufolem* 
tourbe  er  bon  Xitue  mit  nact)  Som  genommen  unb  fer^eint  bon  nun  an  ftetö  bort  gelebt 


Sofern*,  Statin*  379 

{u  tyäxn  afe  einer  ber  Don  si*efoaftan  befolbeten  Sitteraten  (bgl.  Sueton.  Vespas.  c.  18: 
primus  e  fisco  Latinis  Graecisque  rhetoribus  annua  centena  constituit).  Sefoos 
fian  toie«  tym  eine  SBo&nung  in  feinem  eigenen  ehemaligen  £aufe  an,  erteilte  ifym  ba« 
tömtfebe  Sürgerre^t,  fefcte  tym  einen  3afyre«gefya[t  au^  unb  föenfte  ifym  ein  anfetynlid&e« 
©tüd  2anb  m  ^ubäa  (Vita  76).  äuefc  unter  ben  folgenben  Stoifern  Situ«  (79—81  6 
n.  Gfyc.)  unb  ©omitian  (81—96  n.  Gfyr.)  erfreute  er  fid&  berfelben  ©unft.  $)omitian  ber« 
ße$  ifyin  fogar  Slbgabenfretyeit  für  fein  fianbgut  in  3;ubäa  (Vita  76).  2Bie  lange  er  nod& 
lebte  unb  in  toeldjem  SBerfyältni«  er  ju  ben  fpäteren  Äaifern  ftanb,  toiffen  toir  metyt. 
^ebenfalls  mujj  er  bie  3^  2tajan«  nocg  erlebt  tyaben,  ba  er  in  feiner  Vita  ben  Äönig 
Sgrtppa  II.  bereite  al«  geftorbenen  ertoäfynt  (Vita  65).  tiefer  ftarb  aber  im  britten  10 
3afre  Irajan«,  100  n.  6&r.  ($&otiu«,  Biblioth.  cod.  33).  —  ©.  überhaupt  aufeer  ben 
oben  bereit«  genannten  SBerfen :  #o8betl,  Commentatio  de  Flavii  Jösephi  vita.  Traj. 
ad  Rh.  1835;  Sertoogt,  Het  leven  van  den  joodschen  geschiedschrijver  Flavius 
Josephus,  Utrecht  1863;  Sacrtoalb,  Sofe^u«  in  ©altläa,  fein  SSer^ältniö  ju  ben  $ar* 
teien,  in«befonbere  ju  Suftu«  bon  Liberia«  unb  2lgrift>a  II.,  33re«lau  1877;  ^ierju:  16 
UfiS  1878,  SRr.  9. 

®ie  SRufje,  toeld&e  ifym  bie  faiferlic^e  ©unft  gehörte,  fyat  3-  jur  äbfaffung  jener 
Serie  benüfet,  benen  er  aBein  feinen  tarnen  in  ber  ctyriftlictyen  SDScIt  berbanft.  ©ie  ftnb 
f5mt(i$,  mit  8u«na&me  ber  und  nicfyt  erhaltenen  aramäifc^  getriebenen  erften  Bearbeitung 
be3  jübiföen  Äriege«  (f.  Bell.  Jud.  SSortü.  1),  in  grted&ifqer  ©prac^e  berfafet,  beren  3-  20 
ft$  fc^on  beä^alb  bebienen  mufete,  toeil  e«  ifym  ^au^tfäd)(id)  aud?  barauf  anfam,  ber  ge* 
bildeten  grie^ifcfcrömifd&en  SBeit  bie  Äenntni«  ber  ©eföictyte  feine«  SSolfe«  ju  Vermitteln. 
60  ip  alfo  er,  ber  iübifc^e  Sßriefter  unb  ^tyarifäer,  ber  für  fein  SSolf  fogar  ba«  ©$toert 
gegen  bie  SRömer  geführt  fyd,  in  ber  jtoeiten  #älfte  feine«  Seben«  ju  einem  im  ©olbe  ber 
xaifer  fcfcreibenben  gnedbiMen  Sitteraten  getoorben.  2Ran  muft  aber  ju  feiner  ßtyre  fagen,  25 
bafe  er  babei  bo<$  fein  93olf  niefct  bergeffen  &at.  2)enn  fo  fe^r  er  in  feinen  SBerfen  ben 
ftfotern  fömet($elt  unb  babei  ftc$  felbft  lobt,  fo  ift  boq  ber  §autohtoedt  feiner  förift* 
ßcOeriföen  2$ätig!eit  bie  Serteibigung  unb  SSer^errlic^ung  feine«  Solle«.  greiliety  liegt 
aud)  bann  toieber  ein  ©tücf  ©telreit.  Senn  inbem  er  fein  SSoH  lobt,  lobt  er  ft$  felbft. 
—  SDer  aef<&ic$tKd&e  3Bert  feiner  SBerfe  ift  ein  fe^r  begebener.  3lm  forgfältigften  ge=  90 
arbeitet  ift  o$ne  3toeifel  fein  ältefte«  SDSerf:  ®ie  ©efc^ic^te  be«  jübifd^en  Stiege«,  ©c^on 
bie  güO«  be«  5Detail«  betoeift,  bafe  er  ^ier  für  manche  Partien  f^riftlic^e  auf jeic^nungen 
benfifct  ^aben  mu^,  bie  nod^  toä^renb  ber  (Sreigniffe  felbft  gemacht  toorben  tt>aren ;  fo 
namentli^  für  bie  ©eföi$te  ber  Belagerung  ^erufalem«  (t>gl.  feine  eigenen  Berftd^erungen 
c  Apion.  L  9 ;  Vita  65).  2)ajj  er  babei  in  3a^^«angaben  ©tarle«  leijiet  unb  in  ge*  so 
W^niB<^er  Sl^etorenmanier  feinen  Reiben  oft  enblo«  lange  felbftt>erferttgte  Sieben  in  ben 
3»inb  legt,  t$ut  bem  fonfttgen  ffierte  feiner  arbeit  nic^t  biel  ßintrag.  9Jur  ba,  too  er 
auf  ffa^  felbfi  ju  \pxt$m  lommt,  ift  ftarfe«  SKi^trauen  am  5pia{,  ba  fyier  feine  J>erföm 
li^c  (fttelfett  unb  bie  Slbfid^t,  al«  SRömerfreunb  ju  erfd^einen,  augenfc^einlic^  feine  $eber 
mtoeüen  auf  Stttoege  geführt  fcaben.  —  ffieit  Weniger  forgfältig  ift  bie  „^übifcfye  är^äo-  40 
bgte"  gearbeitet,  ©otoeit  toir  ^ier  feine  DueUcnbenüfcung  fontroUieren  fönnen,  ift  fte 
wäfi  f^r  k>ertrauenertuecfenb  für  ba«  Übrige,  älbgefe^en  bon  betou^ten  Umgeftaltungen 
ber  biblif^en  ©efd^ic^te,  bie  er  ftety  im  afologetifd^en  ^ntereffe  oDer  auf  ©runb  einer 
benfiknben  Xrabition  erlaubt,  laffen  ftc^  i^m  aud&  glfi^tigfeiten  nad^toeifen.  3lm  nad^* 
läffigften  finb  offenbar  bie  legten  Sudler  ber  Archäologie  (8b  XVIII— XX)  gearbeitet.  46 
ettoa*  befter  ifl  bie  ©efd&id&te  be«  §erobe«  (S.  XIV— XVII),  too  i^m  aDerbing«  fe^r 
tekfäaltige  Duellen  floffen,  bie  er  nic^t  gan^  o^ne  Äritif  benü^t  tyat  (f.  XIV,  1,  3; 
XVIf  7,  l).  —  (Sine  gröbliche  ©ntfteUung  ber  SBa^eit  ift  bie  SDarftellung  feiner  gali^ 
laifötn  SBirlfamleit  in  feiner  Vita.  2)ie  Untoa^r^eiten  bcrfelben  laffen  fid^  auf  ©runb 
feiner  eigenen  Sarfiedung  im  Bellum  Judaicum  in  ben  $au))tyunften  noefc  beutltd)  so 
nadfia^m.  —  gleifeig  unb  gut  gefc^rieben  ift  bagegen  bie  allgemeine  2tyologic  be«  ^suben« 
tum«  in  feiner  @$rift  contra  Apionem. 

Aber  (Sntfte&ung  unb  3nJ^alt  biejer  SBerfe  ift  in    ber  Äürjc  nod^  folgenbe«  ju  be* 
werfen: 

1.  S)ie  Oefd^id^te  be«  jübifctyen  Kriege«  (Ihol  tov  'lovdaixov  noktuov}f& 
|p  citiert  Tte  3ofe»)^u«  felbft  Antt.  XX,  11 ;  Vita  74;  auc$  o  'lovdaixog  nohfio^  Antt. 
XVIII,  lf  2;  fonft  au$  unter  allgemeineren  Sitein)  in  fieben  Supern,    ©a«  erfte  unb 

SShicfr  (bi«  II,  14)  geben  eine  Überfielt  über  bie  jübifd^e  ©eföic^te  bon  ber  SKaffa* 
bi«  jum  Äu«brud^  be«  Äriege«.    3)er  ganje  übrige  Seil  be«  SBerfe«  ift  ber  au«* 
en  ©arfkettung  ber  Ärieg«gef($ic£te  bon  ben  erften  anfangen  ber  ©r^ebung  im  uu 


380  Sofern*,  Statin* 

Sa^re  66  n.  Gtyr.  bis  jur  böütgcn  Unterbrüdfung  beS  SlufftanbeS  im  3a$re  73  n.  G$r. 
getoibmet.  SRacfc  93ottenbung  beS  SöerfeS  übergab  eS  ;goje^uS  bem  SSeftxjjtan  unb  TituS 
fotoic  bem  Äönig  Styrippa  II.  unb  Dielen  93ornefymen,  unb  erhielt  tum  allen,  namentlich 
Don  Situs  unb  Slgri^a,   lobenbe  3eugnifje  M>uc  bie  Äorrett&ett  feiner  ©arfkeDung  (c 

6  Apion.  I,  9;  Vita  65).  $)ie  Slbfaffung  fällt  tyiernacty  no$  in  bie  SHegierungSjeit  SSef* 
paftanS  (69—79  n.  6fyr.),  jebocty  erft  in  bie  festen  %a\}xt  berfelben,  ba  bem  Starte  be« 
SofepfyuS  bereits  anbere  ©arftettungen  Vorausgegangen  toaren  (Bell.  Jud.  Sorte,  c.  1; 
Antt.  Sorte,  c.  1).  äucty  totrb  bereits  bie  ©rbauung  beS  Tempel*  ber  Pax  als  DoDenbet 
crtoä&nt  (VII,  5,  7).    SDiefer  tourbe  aber  nac$  ®io  6aff.  LXVI,  15  erjl  im  3a$re  75 

10  n.  Gfyr.  eingetoeifyt. 

2.  Sie  ^übifc^e  Archäologie  ('Iovdcuxi)  dtQxaioloyla,  Antiquitates  Judai- 
cae,  toon  ^>of.  getoöbnlicfy  nur  als  f\  ägvaiokoyia  citiert  Vita  76  c.  Apion.  I,  10), 
eine  umfaffenbe  ©efdjic&te  beS  jübifäen  Softes  bon  ben  erften  Anfängen  ber  biblifc&en 
©efd&ic^te  bis  jum  äuSbruc^  beS  ÄriegeS  66  n.  6^r.,  in  20  Supern  (f.  bie  eigene  8e* 

lomertung  beS  3ofe}>&uS  am  ©c&lufe  Antt.  XX,  11,  2),  nac$  bem  Sorbilbe  ber  ebenfalls 
auS  20  Supern  beftefyenben  ePcofiaixi]  ägyaioloyia  beS  ©iontyfiuS  t>on  §aIifarnaffuS. 
Sof.  felbft  gefte^t,  bafe  ibm  toäfcenb  ber  arbeit  ber  3Jtut  unb  bie  Suft  *ur  SSoDenbung 
beS  großen  Unternehmens  faft  gefötounben  toäre,  toenn  nid&t  too&ltoottenoe  greunbe  tyn 
toieber  ermuntert  Ratten  (SBorto.  c.  2).    gnbltd&  im  13.  $a&re  ©omitianS  93  94  n.  Sfa. 

20  tourbe  eS  toollenbet  (Antt.  XX,  11,  2).  —  %üx  bie  biblid&e  3eit  (8.  I— Xp  ru&t  bie 
2)arfteHung  natürlich  fo  gut  tote  auSföliefjfidg»  auf  ben  bibltföen  ©driften,  bie  Sofep&uS 
bortoiegenb  in  ber  gried&iföen  Überfefcung  ber  LXX,  toenn  aud&  unter  £eranjie$img  beS 
©runbtejteS,  benttfct.  6r  giebt  aber  nid^t  einen  einfachen  SluSjug  auS  ber  Sioel,  fonbeni 
er  nimmt  mannigfache  Umgeftaltungen  mit  ber  biblifdjen  ©efqidjte  t>or.  3u"ä4#  täfe*  er 

25  im  apologetifd&en  ^ntereffe  änftöfjigeS  auS  ober  mobifigiert  eS.  ©obann  ergämt  er  an 
mannen  fünften  bie  bibliföe  (Srjäblung  bur$  fagen^afte  XuSfAmüchm^,  toobei  er  m 
ber  Siegel  toofyl  einer  bereits  fyerrfcgenben  Srabition  folgt  (ein  aSer^eic^ntS  btefer  oufc 
fcfymüdfenbcn  ©rgän^ungen  f.  bei  &\mi,  2)ie  gotteSbtenftlid&en  Vorträge  ber  3uben, 
©.  120).    §ier  unb  ba  fc&eint  er  aucty  bereits  ältere  &etteniftifc$e  Searbeitungeu  ber  bibli* 

so  föen  ©efd&id&te,  namentlich  bie  beS  2)emetriuS  unb  beS  ÄrtapanuS  benü$t  $u  fyaben 
(f.  über  biefe:  greubent&al,  2llejanber  $oty$iftor,  1875).  6nbli$  fehltet  er  an  mannen 
©teilen  SRottjen  auS  griec^ifd&en  *Profanfd&riftftettern  ein,  j.  8.  über  bie  Sintflut  (1,3,6), 
über  baS  SebcnSalter  ber  SBenf <$en  in  ber  Urjeit  (1, 3,  9),  über  bie  ^^önijifd^e  ©efd&ic^te  (VIII, 
5,  3 ;  13,  2 ;  IX,  14,  2)  u.  bgl.  —  Über  biefe  ganje  SRet&obe  feiner  Se&anblung  ber 

85  biblifc^en  ©efc^id^te,  über  feine  Senkung  ber  LXX  unb  beS  ©runbtesteS,  über  bie  fagen* 
haften  äuSjc^müdtungen  u.  f.  to.  ift  ju  dergleichen:  ©rnefti,  Exercitationum  Flaviana- 
rum  prima,  Lips.  1756;  baSfefbe  mit  jtoei  ßorollarien  auety  in  (Srnefti,  Opusc.  phil. 
crit.,  Lugd.  Bat.  1776;  9Rtd&aeIiS,  Drientalifc^e  unb  ejeget.  »ibliofyef,  V,  1773,  9h.  84; 
VII,  1774,  92r.  116;    ©ptttler,   De  usu  versionis  Alexandrinae  apud  Josephum, 

40  Gotting.  1779;  ©c^arfenberg,  De  Josepbi  et  versionis  Alexandrinae  consensu, 
Lips.  1780;  Surger,  Essai  sur  Tusage  que  Fl.  Jos.  a  fait  des  livres  canoni- 
ques  de  TA.T.,  Strasb.  1836;  ©erlad^,  bie  SBeiSfagungen  beS  SIIS  in  ben  Schriften 
beS  M.  3of.,  1863;  ®ufc^af,  Sofet^uS  glabiuS  unb  bie  Srabition,  2Bten  1864;  $laut, 
MabiuS  3ofej)^uS  unb  bie  93tbel,  »erlin  1867;    $ad&auer,  S)aS  SSer^äÜntS  be«  ^latnu« 

«öiyofe^uS  jur  fflibel  unb  uir  Irabition,  ßrlangen  1871;  ©iegfrieb,  $^Uo  t>on  SHe^anbria, 
1875,  ©.  278-281 ;  #loc$,  3)ie  DueDcn  beS  giatnuS  3ofe})^uS  in  femer  «n^logie, 
1879;  9tanfe,  ©eltgef^te  III.  Seil,  2.  äbt.  1883,  ©.12—41;  ©iegfrieb,  3>ie  fcWfc 
fc^en  SBorterflärungen  beS  Sofep^uS  (3at2B  1883,  ©.  32—52);  3Rej,  ®ie  9iW  beS 
3ofe))^uS  unterfud^t   für  8uc$  V— VII  ber  Archäologie,  Safe!  1895.    —    Über  ba« 

60  d^ronologifc^e  ©tyftem  beS  ^ofep^uS  f.  bef.  9rinc$,  Ghronologiae  et  Historiae 
Fl.  Josephi  examen,  Hafniae  1701  (aud?  in  ^at)ercam))S  SuSg.  ber  JBertc  II,  2, 
287—304);  ^unler,  Über  bte  Senologie  beS  %l  §ofeJ)^uS,  6oni|  1848;  Journal  of 
Sacred  Literature,  Vol.  V,  1850,  p.  60— 81 ;  Journal  of  Sacred  Literature  and 
Biblical  Record,    Vol.  VII,  1858,    p.  178—181;    W.  5Riebu^r,   ©efc^.  «ffur«  unb 

5o33abclS,  1857,  ©.  105—109;  347—360;  Ahienen,  2)er  Stammbaum  beS  maforetifien 
SejteS  beS  ai  (©efammeltc  äbfjanblungen,  beutfc^  1894,  ©.  82—124);  2)eftuum,  3)ie 
ß^ronologtc  beS  Sofe^^uS,  Äiel  1880. 

®ie  nad^biblifc^e  ^eit  ber  jübifeben  ©ef^te  (Antt.  XII— XX)  ift  bei  3ofarttt* 
fe^r  ungleich  befyanbelt,  je  nad^  ber  Sefc^affen^eit  feiner  Duellen,    gafl  leer  ift   bei  tl^m 

üo  ber  äcitamm  t)on  Sllejanber  b.  ©r.  bis  jur  3Ra!Iabäer)eit.    @r  füllt  bie  Sude  baupt* 


3ofet>I)tt$,  3fl<u>m*  381 

fä$li$  burcfc  einen  toeitläufigen  äuSjug  auä  bem  Suctye  bc$  3Jfeubo=2lriftea«  über  ben 
Urftmmg  bet  griec&ifctyen  93ibelüberfe$ung  (XII,  2).  %ixx  bie  @efc$ic$te  ber  9Raffabäers 
Kit  (175—135  t>.  <^r.  ■=  Antt.  XII,  5 -XIII,  7)  fctte  er  an  bem  erften  ÜJlaKabäer* 
bueb  eine  Vortreffliche  Duelle,  bie  er  freiließ  nietyt  immer  f orgfältig  benüfct.  3ur  ©rgänjung 
ift  tyier  ^otybiuS  herangezogen  (XII,  9,  1).  2)ie  Rötere  §a3monäergef3nc$te  (135—37  6 
t>.  Qipc.  =  Antt.  XIII,  8— XIV  fin.)  ift,  tote  e$  föeint,  e^er^iert  au$  ben  untoerfat 
Wlorifäen  SBerfen  be$  ©trabo  (f.  Antt.  XIII,  10,  4;  11,  3;  12,  6;  XIV,  3,  1;  4,  3; 
6,  4;  7,  2;  8,  3;  XV,  1,  2)  unb  be$  SRifolauS  ©amafcenuS  (f.  Antt.  XIII,  8,  4; 
12,  6;  XIV,  1,3;  4,  3;  6,  4).  2)icS  glaube  tc$  trofc  me^rfaefcen  (SinferucH  ber  ba= 
geaen  erhoben  toorben  ift,  feftfyalten  ju  muffen,  »gl.  bie  unten  genannten  Äriiifen  über  10 
tuocfc  unb  ®eftinon  in  3#23-  —  fibtx  ba$  verloren  gegangene  ©eföictytStoerf  be3  ©trabo 
togL  bef.  3RüHer,  Fragm.  Hist.  Graec.  III,  490—494.  —  Über  SRitolauS  ©amafcenuS  eben* 
falfeTOüller,  Fragm.  III,  343—464;  greujer  in  SfyStK  1850,  ©.538—553;  fcmborf, 
Historici  Graeci  minores  (1870),  I,  1—154  unb  Proleg.  p.  III— XXVII.  —  Über 
8eibe  auc&  meine  ©efö.  be«  jübiföen  SBolfeS  2.  2lufl.  I,  ©.  38—40,  42—46.  —  Stauer  15 
fommt  e$,  bajj  tyier  faft  nur  folcfye  (Sreigniffe  berietet  Serben,  in  teeren  fiety  bie  jübiföe 
<8eföt$te  mit  ber  auätoärtigen  berührt.  2Ba$  Don  ber  inneren  jübiföen  @ef<$ictyte  ergäbt 
tonfo,  ift  leaenbariföen  ßtyarafterä  unb  augenfc&cinlicfy  au£  ber  münblic&en  Xrabition  ge« 
Wötft  (j.  8.  XIII,  10,  3  ;  5-6;  XIV,  2,  1—2 ;  7,  1).  gür  bie  ©eföicfcte  be$  £erobe$ 
(XV — XVII)  ift  anerfanntermafcen  bie  §auptquette  9iifolauä  2)amafcenu3,  ber  al$  ber*  20 
trauter  SRatgeber  beä  §erobe3  in  ba$  innerfte  ©etriebe  ber  §ofintriguen  eingehet  toar 
unb  bie  ©ef$i$te  feinet  §errn  in  panegtyriföem  lone  ausführlich  betrieben  fyat  (t>gl. 
Antt.  XII,  3,  2;  XIV,  7,  1).  SDie  @cfc$ic&te  Dom  Sobe  bc$  §erobe$  bis  jum  2tu& 
bruc^  be$  JtriegcS  (XVIII— XX)  ift  jicmltcty  bürftig  befyanbelt,  namentlich  bie  ber  ©ötyne 
unb  unmittelbaren  SRac&folger  beä  £erobc$.  %üx  bie  legten  2)ejennien  fonnte  Sofepfyuä  26 
ftyon  au£  münblid&er  Information  ober  au$  eigener  (Erinnerung  jd&öpfen.  —  3Sgl.  über* 
baupt:  SRufcbaum,  Observationes  in  Flava  Josephi  Antiquitates,  Lib.  XII,  3  — 
XIII,  14,  Dissertatio  inauguralis,  Gotting.  1875;  ^ierju:  a#&3  1876,  5Rr.  13; 
9lo$,  3)ie  Duellen  be$  glabiuä  SoftyfyuS  *n  ferner  Archäologie,  Seidig  1879;  fyierju: 
1^83  1879,  9fc.  24;  ©eftinon,  ®ie  Duellen  be$  $fot>iu3  SofebM  in  *>**  3üb.  3lr$.,  so 
»u*  XII— XVII  =3üb.Ärieg,  Suc&I,  Kiel  1882;  ^icrgu:  £$31882,  5Rr.l7;  ©^ 
mann,  S)ie  Duellen  be$  %lotom*  SSofePM  in  ber  jübiföen  Archäologie,  S3uc§  XVIII— XX 
=  ^Jolemo«  II,  c.  VII— XIV,  3.  35ifiert.  1887;  Dtto,  Strabonis  Iotoqixcöv  vjiofivt]- 
ßidrwv  fragmenta  (Seidiger  ©tubien  gur  flafl.  $^ilol.  11.  ©b.  ©u))J)lementbeft  1889), 
6.  225—244;  3Bittrid&,  $vfotn  unb  ©rieben  bor  ber  matfabäifäen  ©r^ebung  1895;  35 
2)rüner,  Unterf Übungen  über  3o|e^^u^,  Harburg,  2)ifj.  1896;  Sudler,  Les  sources 
de  Flavius  Josephe  dans  ses  antiquitäs  XII,  5,  1— XIII  [foQ  Reiften:  XII,  5  btö 
Xni,  7]  (Revue  des  Stades  juives  t.  XXXII,  1896,  p.  179—199;  XXXIV,  1897, 
p.  69 — 93);  berf.,  The  sources  of  Josephus  for  the  bistory  of  Syria  in  Anti- 
quities  XII,  3— XIII,  14  (Jewish  Quaterly  Review  IX,  1897,  p.  311—349).  —40 
lieber  bie  Chronologie  ber  ^admonäifc^en  unb  römifc^en  ^eriobe:  92iefe,  $ux  ß^ronologie 
M  aofe»)M  (£erme3  XXVIII,  1893,  ©.  194—229),  unb  Unger,  ©2H«,  ^ilof^ilol. 
tmb  >tfL  61.  1896,  ©.  357—397. 

3n  ben  3ufammenfyang  feiner  eigenen  SDarfteHung  ^at  ^ofepfyuä  an  mehreren  ©teilen  (j. 
bef.  Antt.  XIV,  10;  XIV,  12;  XVI,  6;  einzelne*  auc$  XIII,  9,  2;  XIV,  8,  5;  45 
XIX.  5f  2—3;  XX,  1,  2)  eine  3lnjafyl  Don  Urfunben  eingefäaliet,  bie  tro^  ber 
tytapten  Oeftalt,  in  ber  fte  und  burc&  bie  9ia^läjftgfeit  bc«  ^ofe^uä  unb  feiner  3lbfcbrcibcr 
ftberliefert  juib,  boc^  aU  Urfunben  einen  fefyr  ^o^en  2Bcrt  ^aben.  6d  ftnb  teils  römtfetye 
6eiw«bef^lüffe,  teil«  ©^reiben  römifc^er  SRagiftrate,  teite  Sefc^Iüffe  fleinafiatiföer  ©täbte 
unter  römtfe^em  ©influ^  u.  bgl.,  ber3Jle^rga^l  nac^  auö  ber  3«t  be«  Gäfar  unb  Sluguftuä.  w 
89I.  über  biefe  Urfunben:  ©ronobiuS,  Decreta  Romana  etAsiatica  pro  Judaeis  etc., 
Lugd.  Bat.  1712;  Äreb«,  Decreta  Romanorum  pro  Judaeis  facta  eJosepho  col- 
lecta  etc.,  Lips.  1768;  3Renbel3jo^n,  Senatus  consulta  Romanorum  quae  sunt  in 
Joeephi  Antiquitatibus  (Acta  societatis  phil.  Lips.  ed.  Ritschelius  T.  V,  1875, 
p.  87—288);  ©<$ürer,  ämeige  be«  Vorigen  in  2^23  1876,  3lx.  15  (^ier  auefc  einher«  55 
yttifmi  ber  umfangreichen  ©bejiallitteratur  über  Antt.  XIV,  8,  5);  9liefe,  Söemerfungen 
tta  bie  Urfunben  bei  SoftybuS  Slrc^äof.  95.  XIII,  XIV,  XVI  (§erme$  35b  XI,  1876, 
6.  466—488);  fcierju  bieStetfi!  bon  3JlenbeIefo^n,  SH^ein.  TOufeum,  9Q.  XXXII,  1877, 
6.  249—258 ;  SBiefeler,  einige  S5emerfungen  ju  ben  römifc^en  Urfunben  bei  3oftyM 
Änt  12,  10;  14,  8  unb  14, 10  (3^6tt  1877,  ©.  281—298);  Stofent^  ®ie  (Srläffe  go 


382  Sofern*,  3f(rti«d 

(sie!)  GäfarS  unb  bic  ©enatSconfultc  im  3ofep&u$  altert.  XIV,  10  (3Ronat$f$r.  für 
©eföicfcte  unb  9Biffenf$.  be$  Subent.,  1879,  176  ff.);  Subeicfc,  Gäfar  im  Orient,  1885, 
©.  119—141;  ©räfc,  ©ef$.  ber  ^uben,  8b  III,  4.  »ufL  1888,  ©.655—671;  Sieredf, 
Sermo  graecus  quo  senatus  populusque  Romanus  magistratusque  populi  Ro- 

6  mani  usque  ad  Tiberii  Gaesaris  aetatem  in  scriptis  publicis  usi  sunt  exami- 
natur,  Gotting.  1888,  p.  91—116;  Unger,  3u  Sofe^oS,  I  (©3JÖI,  ^ilof.^I.  unb 
fcift.  Gl.  1895,  ©.  551—604). 

3n  bem  jefcigen  SCejte  ber  Antiquitäten  fte&t  XVIII,  3,  3   ein   hirjer  Sericfct  über 
SefuS  GfyriftuS,  in  toelc^em  ber  SBerf.  ganjj  unumtounben  feinen  ©lauben   an  %tfum 

ioate  ben  SWefftaä  befennt.  Dbtoofyl  biejeS  berühmte  ^eugni^  t>on  Gfyrifto  fcfym  fron 
(SufebiuS  (Hist.  eccl.  I,  11;  Demonstr.  evang.  III,  3,  105—106)  citiert  hmb  unb 
&  M  ity  *n  dkn  §anbföriften  finbet,  jo  fann  boety  mm  feiner  (Stytyeit  in  ber  fform, 
toie  e$  borliegt,  feine  Siebe  fein.  6$  ift  aber  aud&  feJjr  untoa^rfd&einltcfc,  bajj  ed&te  SBorte 
be3  S°f-  jw  ©runbe  liegen.  2)enn  toenn  baejenige,  toaä  unmöglich  Don  tym  ^errityren  tonn, 

16  aufgerieben  toirb,  bleibt  f o  gut  tote  nichts  übrig.  —  2>ie  Sitteratur  über  btefeS  ,,3«jante4' 
ift  unabjebbar.  35ie  neuere  finbet  man  berjei^net  in  meiner  ©efd&id&te  bc3  jüb.  Sollet 
2.  Slufl.  I,  455  f.  Unter  ben  jenigen,  toelctye  bie  Unecfcttyeit  nac&getoiefen  $aben,  finb  bc* 
fonber*  ju  nennen:  Gtctyftaebt,  Flaviani  de  Jesu  Christo  testiraonii  av&evria  quo 
jure  nuper  rursus  defensa  sit  quaest.  I — VI,  Jen.  1813 — 1841.    Quaestionibus 

20  sex  super  Flaviano  de  Jesu  Christo  testimonio  auetarium  I — IV,  Jen.  1841 
bis  1845;  ©erla$,  £ie  äöetejagunaen  be$  3133  in  ben  ©Triften  bcS  glotriuS  gof^bud 
unb  baS  angebliche  3cugni3  t>on  ß^rifto,  33erlin  1863;  SRiefe,  De  testimonio  Chri- 
stiano  quod  est  apud  Josephum,  Marburgi,  Index  lection.  hibern.  1893  94.  Sie 
toermittelnbe  änftctyt  vertreten  noefc :  SBiefeler,  35e$  Sojej^uS  Äeugniffe  über  G^riftaS  unb 

26  3a!obu«,  ben  »ruber  be$  §errn  ($b2k  1878,  ©.  86 ff.);  ©utfamib,  ftleine  ©Triften 

IV,  352—354;  %f).  SReinad^,  Revue  des  6tudes  juives  t.  XXXV,  1897,  p.  1—18. 

3.  SDie  ©elbftbiograp&ie  (Vita)  be$  Igofe^uS  fü&rt  biefen  Sitel  nur  infofern 

mit  Stecht,  als  fte  aUerbingS  aue|d)Ite^Iicf?   bon  ^ofe^uä  felbft  banbelt.    Sie  ift  aber 

nid&tö  toeniger  als  ein  Slbrifj  feine«  2eben$,  fonbern  eigentli<$  nur  eine  in  fefyt  erregtem 

so  £one  getriebene  35arfteHung  unb  ^Rechtfertigung  feiner  S&ätigleit  in  ©alitöa  im  SBinter 
66,67  n.  &)t.  2Ba3  fonft  an  biogra^iföen  sJloti$en  gegeben  hrirb,  berbalt  fw$  baju  nur 
n>ie  (Einleitung  (c.  1—6)  unb  ©c&lufi  (c.  75—76).  3ofe)>^iid  polemiftert  barin  faupfc 
fäcfyltcty  gegen  Sujfaid  bon  XiberiaS,  ber,  tute  e$  fd&eint,  ganj  ebenfo  toie  3ofej>$u«  ate 
Wann  ber  gemäßigten  Witte  ftcfy  mebr  gelungen  aU  freitoiuig  bem  äufftanbe  angeföloffen 

86  fyatte,  nac^mate  aber  in  einem  Söerfe  über  ben  jttbiföen  Jlrieg  äße  ©$ulb  n>egen  M 
9(ufftanbe«  in  ©aliläa,  infonber^eit  h>egen  ber  revolutionären  §altung  feiner  ^aterflabt 
Liberia«,  bon  fid^  ab^utoäl^en  unb  bem  ^ofepM  jujufc^ieben  fu^te.  SDiefc  Darfteilung 
mußte  bem  im  ©olbe  ber  (Säjaren  fte^enben  ^ofe})^u«  fe^r  unbequem  fein,  unb  fo  begaHt 
er  tym  nun  mit  gleicher  Wün^e  unb  fuc^t  in  feiner  Vita  ben  äufiu*  öl«  ^ou^taaitotw 

40  für  ben  älufftanb,  ftcb  aber  a(3  eigentlichen  Sömerfreunb  barjupeuen,  toobei  er  feefflty 
nxd)t  um^in  !ann,  bo<$  eine  ganje  SWei^e  bon  3^atfa$en  ju  ertDä^nen,  burc^  tnel^e  er 
fkfc  felbft  Sügen  ftraft.  ©.  über  bie  SJkrteiftellung  be«  $u\tu$  bon  Liberia«  meine  9e» 
merfungen  in  3^23  1878,  col.  208—210.  Über  SuftuS  über^nM:  TOülIer,  Fragm. 
hist.  Graec.  III,  523;    Greujer  in  Zit&tSt  1853,  ©.  56—59;    SRetne  ©ef*.  bti  jub. 

46  3L*olfe$  I,  47—51.  —  ®te  äbfaffung  ber  Vita  fättt  na#  bem  Xobc  »gri^Ki«  II. 
(f.  c.  65).  ®a  bief er  naefc  bem  3eugntffe  be«  guftu«  bon  überia*  bei  $^otiu«,  Biblioth. 
cod.  33  im  britten  ^ctyxz  Srajanä  geftorben  ift,  fo  ift  bie  Vita  erfl  nac^  100  n.  G$r. 
gefc^rieben.  sMerbingö  erfc^eint  fte  in  ber  fyanbjcfcrtftlidpen  Überlieferung  als  ein  Sbt^ang 
\ux  Archäologie;  unb  baä  an!nü))fenbe  de,  mit  freierem  fte  beginnt,  f^emt  )u  bettmfen, 
oafe  fte  unmittelbar  nac^  biefer,  alfo  noc^  im  3.  94  n.  Gbr.  gefd^rieben  ifl  hierfür  eitt« 
Reiben  ftc^,  unter  Sertüerfung  be«  obigen  3^9^11^  i-  *•  Srann  (Stonatöf^r.  für  ®c» 
föttye  unb  SBiffenf*.  be«  ^ubent.  1871,  ©.  26-28);  ©räfc  (ebenbaf.  1877,  6.337ff.); 
SRiefe  (Josephi  opp.  t.  I,  p.  V,  §3  $Jb  76,  ©.  226 f.);  ©glatter  (£U  XII,  1, 1894, 
©.40—44),  ©utfömib  (Kleine  ©Triften  IV,  354 f.);  aBad^mut^  (Sinl  in  ba«©tubram 

65  ber  alten  ©eföi$te,  ©.  448).  älQctn  bie  ©c^lu^bemerlungen  ber  är^äologte  betoetfen, 
baft  3ofe^l?u^  bamatö  alt  ^ortfe^ung  ein  ganj  anbered  SBerf  beabfu^ttgt  ffat,  ald  bad,  twö 
bann  in  ber  Vita  geboten  toirb  (xara  mgiögo/tuiv  imojuv^cco  n&kv  xov  xe  Tioliftov 
xnl  nov  ovjußrßrjxoTwr  fjfxiv  fi€XQ<  xijg  vvv  W€<nd>ot]S  üjuigas).  ©C^on  Olid  biefem 
©runbe  ift  eö  alfo  ftc^er,  ba^  bie  Vita  niebt  unmittelbar  na©  ber  ärt^äologie  gef^rieben 

oo  ift.    ©ie  ift  ein   erft  bei  Röterer  ©elegen^eit  ^injugefügter  »n^ang.    $ha  Antt  XVII, 


wbafe 


jty  and)  betoeifen,  bafc  unjcre  gan$e  tyanbfd&riftlicfce  Überlieferung  bc$  Fragmentes  auä  ben 
8aera  parallela  flammt;  beim  bte  ©tüae  aus  Clement  SllejanbrinuS,  toelctye  im  codex 


Sofern«,  fttaüittS  383 

2,  2  folgt  nid&t  (toie  ©glatter  unb  9iiefe  meinen),  bafc  ägrippa  II.  jur  Mt  ber  2lfe 
fafiung  ber  Sto&äologie  Won  tot  toar,  fonbern  nur,  bafc  ibm  bamafä  Satanäa  ntd?t 
meifc  gehörte  (f.  meine  ®ef$.  I,  499). 

4.  ©ie  jtoei  Sucher  Contra  Apionem  geben  eine  gut  getriebene  foftematifctye 
Apologie  beä  ^ubentumd  gegenüber  mancherlei  Angriffen,  namentlich  in  ber  litte-  6 
rariföen  SBelt.  3Der  jefct  getoöljnlicfye  Xitel  contra  Apionem  ift  jefyr  unjutreffenb,  ba 
mir  ein  2eil  beS  SBerfeS  ftety  mit  ber  Sßolemi!  gegen  Styion  befqäftigt  (f.  über  biefen 
aleganbrinif$en  Sitteraten  bef.  3RüDer,  Fragm.  hist.  Graec.  III,  506—516;  auety  meine 
®ef$.  be*  jüb.  Solle*,  3.  9ufL  III,  406-411);  SßorptyriuS,  De  abstinentia  IV,  11, 
citiert  e$  unter  bem  Xitel  jigög  xovg  vEM.rjvag,  bie  ölteften  Äirctyenbäter  (Origenes  10 
contra  Cels.  I,  16;  IV,  11;  ©ufebiuS,  Hist.  Eccl.  III,  9.  Praep.  Ev.  ed.  Gaisf. 
VIII,  7,  21;  X,  6,  15)  unter  bem  Xitel  negl  xfjg  xöjv  'Iovöaiov  Agxaidxrjxog. 
Beibe  Xitel  fmb  biellei$t  gleicfc  alt  unb  gleichberechtigt,  ba  ber  -Kad&toeiS  be$  SllterS  beä 
jtibif$en  Solled  in  ber  Xfyat  ein  ^auptmoment  in  ber  Sinologie  bleiben  bilbet.  t  %m 
cod.  Peirescianus  ber  ©gerate  be$  SonftantinuS  SßorpltyrogenetuS  finbet  fiety  bie  Über- 16 
fc&rift  negl  jiavxög  f}  xaxä  'EXXrjvcov  (f.  SBottenberg,  Recensentur  LXXVII  loci  ex 
Flavi  Josephi  scriptis  excerpti  etc.,  Berol.  1871,  p.  34),  tootyl  infolge  einer  33er« 
toe$fe!ung  mit  ber  unten  ju  nennenben  ©cfyrift  jregi  xov  navxog.  3)ie  Überfd&rift  Contra 
Apionem  fyat  juerft  £ierontymu$  (f.  überfy.  33ernaty3,  Ifyeo^raftoS'  Schrift  über  bie 
ÄÄtnmiflfcit,  S.  154 f.;  $.  ©.  SJtüHer,  $e$  %l  £of.  ©$rift  gegen  ben  3fyion,  ©.  17;  20 
Tliefe,  Jos.  opp.  t.  V,  p.  III).  —  2>a  ^ofe^uä  in  bem  SJBerfe  bie  Archäologie  bereit« 
citiert  (I,  10),  ift  e$  jebenfaHä  nad&  biefer,  aifo  nad;  b.  3-  93  n.  Gfyr.  getrieben.  — 
3ur  (Erläuterung  bgl.:  Sruice,  De  Flavii  Josephi  in  auetoribus  contra  Apionem 
afferendis  fide  et  auetoritate,  $ari$  1844;  Greujer,  X^StÄ  1853,  ©.  64 ff.;  Äettner, 
De  fragmentis  Manethonianis  quae  apud  Josephum  contra  Apionem  I,  14  et  25 
1,26  sunt,  Marburgil859;  3tyfer,  $e$  ftlabiuS  SofepbuS  2öer!  „Über  ba$  ^o^e  älter 
be3  jübtfcfyen  SolfeS  gegen  2fyion"  naety  fyebräifd&en  Driginalquellen  erläutert,  2öien  1871; 
3.  ®.  aRülIer,  5Ded  glabiuä  3ofej)&u$  ©c&rift  gegen  ben  2tyion,  Xejt  unb  ©rflärung, 
Safd  1877;  ©uttomib,  Äleine  ©Triften,  8b.  IV,  1893,  ©.  336—589. 

5.  55on  benÄirt^enbätem  unb  in  §anbfc$riften  toirb  bem  ^ofep^uö  fälfctylicfy  audj  baäso 
f09.IV.  SRattabäerbucfc  ober  „Über  bie  £errf$aft  ber  93ernunft"  ^ugefc^rieben. 
©.  über  biefeä  befonberS  ®rimm,  6jegetifc$e$  §anbbu$  ju  ben  2fyofr$>I;en,  4.  Sieferung, 
1857;    greubentfyal,  35ie  glabiuä  gofe^uS  beigelegte  ©etyrift:    Über  bie  $errfctyaft  ber 
SSenurnft,  8rc«lau  1869;  ©c&tirer,  ©ef^te  bc«  jüb.  3Solfe«,  3.  Slufl.,  III,  393-397. 

6.  3)ic  bon  $^otiu^  Bibliotheca  cod.  48  beforoetyene  ©d^rift  'Icoot)7iov  Ifegl  xov  35 
7tart6g    ober  Tlegl  tfjg  xov  navxög  aixiag   ober  Ilegl  xrjg  xov  navxög  ovotag  (alle 
brei  Xitel  giebt  ^^otiud  alä  ^anbf^riftlid;  bezeugte  an)  ift  tfmftlitfjen  Ur^rung^  unb  ge- 
^öct  bem  Serf.  ber  Philosopbumena  an,  ber  fte  Philos.  X,  32  aU  feine  eigene  citiert 
(unter  bem  Xitel  jugl  xrjg  xov  navxbg  ovoiag).    X)cr  5?erfaffer  beiber   ift  fyödjft  toabr= 
f^einlit^  ^t^ol^tud,  unter  beffen  SBetfcn  (in  bem  93er£ei$m3  berfelben   auf  ber  §i^o-  40 
l^tu*€tatue)   aud)  eine  ©ebrift  negl  xov  navxog  genannt  tDtrb.    ©.  SSolfmar,  |)i^o- 
hfoaA  unb  bie  romifd&en  3eitgenoffen  (1855),  ©.  2  ff.,  60  ff.    —    äufeer  $^otiu«  eitleren 
bie  €tyrift  7i£^2  Tf\g  xov  navxbg  aixiag  unter  bem  9Jamcn  beä  3°fe^^u^  aucj&  So^anne^ 
3$ifolMmu3  (De  mundi  creatione  III,  16),    ^ofyanneS  Samafcenu^  (Sacra   parall. 
Opp.  II,  789  sq.)  unb  ^o^anne«  3onara$   (Annal.  VI,  4).    3lud^   in  ber  Überförift  45 
etned  in  mehreren  ^anbfe^riften  erhaltenen  gragmente^  toirb  fiebern  ^ofe^u^  jugefc^rieben. 
SgL  über  bie  $anbf$riften  bef.  bie  Mitteilungen  t)on  9(c^eltö  bei  ^amac!,  ©e|cb.  ber  altc^r.  2xtt 

J,  622  f.  herausgegeben  ift  baS  Fragment  jiterft  t)on  5Cat>ib  &ö\d)d  (in  feiner  9(u3gabe 
ber  Bibliotheca  bed  3tyotiu3  1601),  nac^  t^m  bon  Se  3Rotyne  (in  f.  Varia  sacra  I, 
53 sqq.;  er  binbijiert  e$  bereits  bem  §i^ol^tuS),  gttig  (im  2lnl;ang  ju  feiner  3luSgabew 
bc*  Jof^uS),  ^aoercom»)  (in  feiner  2lu$g.  be«  ^of^uS,  II,  2,  145—147);  ;ya*mciu$ 
(Hippolyti  Opp.  I,  220—222),  ©allanbi  (Biblioth.  patr.  II,  451—454).  SJann  nac^ 
äqem  cod.  Baroccianus  bon  Sun  Jen  (Analecta  Ante-Nicaena  I,  393—402)  unbSa« 
9tiabe  (Hippolyti  quae  feruntur,  1858,  p.  68—73)  (^ier  fmb  bem  gragment  einige 
Btüdt  au&  GlemenS  Sllejanbnnuö  angehängt,  f.  §amacf  a.  a.  0.).  Sru^ftücfe  naefy  t)a=  66 
äantf^en  ^anbf^riften  gab  $itra  (Analecta  sacra  II,  1881,  p.  269  sq.).  2lm  beften 
$  bo<  gragment,  herausgegeben  bon  $oU,  Fragmente  bomieänif^er  Jtirc^enbäter  au^  ben 
Stern  parallela  (1899)  ©.  137—143.    3lu3  bem  bon  ihm  mitgeteilten  3Rateria(e  Iäfet 


CO 


384  Sofern*,  3flabm* 

Baroccianus  an  unfer  ^ragmant  angehängt  finb,  folgen  in  {frei  $anbf$riften  ber  Sacra 
parallela  auf  baäjelbe.  —  33gl.  überhaupt:  3^0^  Prolegomena  ju  3ofel>$u3  s.  fin.; 
gabriciuS,  Biblioth.  Gr.  ed.  £arle$  V,  8  sq.  VII,  192;  ©allanbi,  Biblioth.  patr.  II, 
Proleg.  p.  XLVII;   SRoutfy,  Reliquiae  sacrae   ed.  2.  II,  157 sq.;  Sunfen,  Analecta 

6  Ante-Nicaena  I,  344 ff.;  Safari,  Duellen  jur  ©eföitye  be$  Sauffombofe,  III,  395 ff.; 
Sigfytfoot,  The  apostolic  fathers,  part  I:  S.  Clement  of  Rome,  vol.  II,  1890, 
p.  395—397 ;  Äarnadf  a.  a.  D. 

7.  2lm  ©^luffe  ber  Archäologie  fagt  S^M*  CT  M>e  ^e  Stoppt  ju  {^reiben 
xaxd  xäg  jj/ieregag  Ö6£ag  xcbv  lovdaicov  h  xeooagoi  ßißkoig  tzsql  üeov  xal  ttj$ 

10  ovoiag  avxov  xal  negl  xwv  vojucüv,  did  xi  xax}  avxovg  xa  uihv  Efcoxiv  fjfuv  noulv, 
xä  ök  xexcoXvxai.  6r  meint  bannt  tootyl  ntc^t  berföiebene  äBerfe,  fonbern  nur  ein 
5Berf,  toelctyeS  über  ©otteä  SBefen  unb  über  ben  bernünftigen  ©inn  ber  mofaiföen  ®c* 
fe$e  fyanbeln  foQte.  Slucty  in  ben  erften  Supern  ber  Archäologie  bertoeift  er  ^äufia  auf 
biefeS  bon  tym  beabftctytigte  2Ber!.    @r  tootlte  barin  u.  a.  bie  ©rtinbe  für  bie  ©efaneu 

16  bung  angeben  (Antt.  I,  10,  5)  unb  bie  ©rünbe,  toeä&alb  SWofeS  bie  einen  liere  )u  effen 
erlaubt  fyabe,  bie  anbern  aber  nid&t  (Antt.  III,  11,  2).  Sgl.  au$  Antt.  prooem.  4. 
I,  1,  1.  III,  5,  6.  6,  6.  8,  10.  IV,  8,  4.  44.  SDaS  2öerf  jdfreint  aber  nicfct  jur  8lu& 
fü&rung  gefommen  ju  fein. 

3Me  erfte  ausgäbe  beä  gricctyifäen  Sejte«  ber  ffierfe  beS  $ofe^u«   «f^ien  bei 

20  3feobeniu3  unb  GfyifcoinuS  ju  93a  jel  1544  (beforgt  burcfc  ärnolb  $era#lu«  Strien).  — 
3&r  folgten  bie  ©enfer  Slulgaben  bon  1611  unb  1634.  —  SMefen  toieber  bie  mit  ge= 
lehrten  prolegomena  t>erfefyenc  9lu3gabe  bon  ^ttig  (Seidig  1691,  auf  bem  Xitel  ftefy 
fälfölicty  Coloniae).  —  UnboHenbet  blieb  bie  auf  neuer  §anbj$riftenIoflation  beru^enbe 
unb  mit  einem  reichhaltigen  ejegetiföen  Apparat  berfetyene  ausgäbe  bon  Sernarb  (Anti- 

25  quitatum  Jud.  libri  quatuor  priores  et  pars  magna  quinti.  De  bello  Jud.  Über 
primus  et  pars  secundi,  Oxoniae  1700).  —  Einen  nacty  ^anbfdjriften  berbefj erten  $ejt 
ber  fämtl.  2öer!e  gab  erft  $ubfon  (2  Sbe,  ftol.,  Oxonii  1720).  —  @in  9«et>ert<mum 
alle«  bis  bafytn  ©eleifteten,  au<$  neue  Kollationen,  jebo$  leinen  berbefferten  £ejt,  giebt 
§at>ercamp  (2  33be,  goL,  Amstelaedami,  Lugd.  Bat.,  Ultrajecti  1726).  —   An  Ufa 

aoföliefjen  fi$  an  bie  £anbau$gaben  bon  Dbertfyür  (3  Sbe  8',  ßeipjig  1782 — 1785)  unb 
Mieter  (6  Sbctyen,  gr.  12°,  Jdetty.  1826—1827).  —  auf  ©runb  be$  ^atoercamtfcfren 
SKateriale*  ift  ber  SCejt  an  mannen  ©teilen  berbefiert  bei  2)inborf  (2  »be,  2e|.=8°,  %cmi 
1845—1847).  —  tiefem  folgt  bie  £anbaufgabe  bon  Seffer  (6  8b$n.,  8°,  Seipj.,  $eub* 
ner  1855—56).  —   2B%enb  alfo  bis  bafyin   für  bie  fämtlictyen  9Berte  feit  #abercaml> 

36  feine  neuen  §anbfd&riften=£olIationen  gemalt  toorben  fmb,  ift  bieS  toenigftenä  für  ben 
jübifc^en  Ärteg  gefäe^en  in  ber  ©eparat^u^gabe  t)on  ßarbtoell  (Flavii  Josephi  De 
bello  Judaico  libri  septem,  2  Sbe,  8°,  Oxonii  1837).  —  6ine  umfaffenbe  Kollation 
aller  befjeren  §anbfc^riften  ift  erft  in  neuefter  $t\t  bur$  Sliefe  borgenommen  koorben. 
311«  SRefultat  {einer  Semü^ungen   liegt  je^t   eine  feitiföe  ausgäbe  bor,  toelt^c  bur*  bie 

40  Sletc^^altigleit  bed  mitgeteilten  ätyparateä  aQeS  Si^^erige  toeit  übertrifft,  toenn  aud)  ju 
bebauern  ift,  ba^  9Jiefe  in  ber  Äonftituterung  be«  Serie«  jutoeilen  ju  einfeitig  einer  fyaw* 
fd^riftenKaf[e  folgt  (Flavii  Josephi  opera  edidit  et  apparatu  critico  instruxit  Bene- 
dictus  Niese,  6  Sbe,  gr.  8,  Berolini  1887,  1885,  1892,  1890,  1889,  1894  [biefer 
6.  8b  in  ©emeinföaft  mit  35eftinon];  bagu  aU  7.  8b  ein  forgfältiger  ^nbej  1895).  — 

45$ierau«  eine  §anbau£gabe  be^  2e£te«  ohne  frittfe^en  Sfyparat:  Flavii  Josephi  opera 
recognovit  B.  Niese,  6  Sbe,  8,  Berol.  1888—1895.  —  «uf  ©runb  bon  SfiefeS  «^ 
Jjarat  giebt  eine  eigene  SRejenfton:  Flavii  Josephi  opera  omnia  recognovit  Naber, 
6  Sbe  8,  Lipsiae,  leubner  1888—1896  (@rfa$  für  SeHer«  Sütfgabe).  —  $ie  Vita 
erfc^ien   in    einer  Separat  *  5äu«gabe   bon  $enfe   (Sraunfd&toeig  1786).    —    S.  üba* 

öotyaupt  über  bie  ausgaben;  ^abriciuö,  Biblioth.  Graec.  ed.  §ad&  V,  31  ff.;  fjürfc 
Biblioth.  Judaica  II,  117 f.:  ©raeffe,  Tresor  de  livres  rares  et  pr&ieux  t  III, 
1862,  p.  480—484;  ©utfcbmib,  «leine  ©Triften  IV,  380—382;  TOefe,  ^roleftmnena 
ni  8b  I,  V  unb  VI  feiner  3lu$gabe.  —  Unter  ben  arbeiten  über  bie  Sprayt  be*  §& 
fcpE>u^  ift  bieumfaffenbfte:  2Bity.  ©c^mibt,  De  Flavii  Josephi elocutione  observationee 

66  criticae  Qa^rbb.  für  Haff,  ^tyilol.,  XX.  ©m>^Ibb.  1893,  ©.  345—550). 

33on  ben  {amtlichen  äBerlen,  mit  älu^na^me  ber  Vita,  ejiftiert  eine  alte  latei* 
nifc^e  Überfejung,  über  beren  Urffrung  einige«  2i$t  berbreitet  toirb  bun^  Gafiio* 
boru«,  De  Institutione  div.  lit.  c.  17:  Ut  est  Josephus,  paene  seeundus  Livius, 
in  libris  antiquitatum  Judaicarum  late  diffusus,  quem  pater  Hieronymus  scri- 

oo  bens  ad  Lucinum  Baeticum  propter  magnitudinem  prolixi  operis  a  se  per- 


Sofe^uS,  3fl<ttuitd  385 

hibet  non  potuisse  transferri.  Hunc  tarnen  ab  amicis  nostris,  quoniam  est 
subtilis  nimis  et  multiplex,  magno  labore  in  libris  XXII  (näml.  20  3393.  Altert. 
iL  2  893.  gegen  Apion)  converti  feeimus  in  Latinum.  Qui  etiam  et  alios  VHlibros 
capüyitatis  Judaicae  mirabili  nitore  conscripsit,  quorum  translationem  alii  Hie- 
ronymo,  alii  Ambrosio,  alii  deputant  Rufino:  quae  dum  talibus  viris  adscri-  s 
bitur,  omnino  dictionis  eximia  merita  declarantur.  §iernad&  ift  anjunefymen,  bafe 
hie  lateinifctye  Überfefcung  ber  Altertümer  unb  ber  338.  gegen  Styton  burety  ßajfioboruä 
bcrattftaltet  tourbe.  ©anj  unmotiviert  tft  e$  aber  (toie  feit  Semarb  geföiefyt),  bie  Über* 
jefcung  ber  Altertümer  einem  getoiffen  ßfyty&aniuS  jujuföreibcn,  lebtgli^  beetyalb,  toeil 
Gafftobimiä  jtoei  ©ätoe  fpäter  fagt,  bafj  er  burety  biefen  bie  historia  tripartita  fyabt  bc=  10 
arbeiten  Iaffen !  —  ©ine  burc&  tyr  Alter  (saec.  VII)  unb  ifyr  3föaterial  (^aptyruS)  mert 
toürbige  £anbf$rift  ber  lat.  ttberjefcung  fcon  Antt.  VI— X  (mit  dürfen)  befinbet  fic&  auf 
ber  Ambrofiana  in  5Jtatlanb.  ©.  über  btefc:  Muratori,  Antiquitates  Italicae  III, 
919  sq.;  9teifferf$eib,  ©2BA,  ^itof.^ift.  JH.,  33b  67  (1871),  ©.  510-512;  SRicje,  Jo- 
sephi opp.  I,  p.  XXVIII.  —  35ie  erfte  gebruefte  Ausgabe  be3  latetnifetyen  ^ofej^uä  er*  15 
f$ten  bei  igotyann  ©ctyüfiler  in  Augsburg  1470.  33on  ba  an  bis  jum  6rfc$einen  ber 
exfkn  grie$ifc$en  Ausgabe  ift  er  faft  unjäfyligemal  gebrueft  toorben ;  jum  lefctenmal  meines 
SBtffenö  1617  (benn  bie  lateiniföen  Überlegungen,  toelctye  ben  meiften  Ausgaben  beS  gric= 
$tfcpen  lejteS  beigegeben ftnb,  ftnb  moberne  Arbeiten;  nur  bie  in  ifyren  Anfängen  fteden* 
gebliebene  Aufgabe  bon  8ernarb  fyat  ben  Vet.  Lat.).  35ie  beftc  Aufgabe  beS  Vet.  Lat.  20 
iß  bie  93ofeler  fcon  1524 ;  bie  fpäteren  finb  Vielfach  naefy  bem  ©riectyifäen  tonigiert  (9?iefe 
I,  p.  LVUI;  ©utfc^mib,  Äleine  ©Triften  IV,  380  f.).  —  Sicheres  über  bie  Aufgaben 
be*  Vet.  Lat  f.  bei  gabrictuS,  Biblioth.  Gr.  ed.  £arleS  V,  27 sqq.;  ftürft,  Biblioth. 
Jud.  II,  118  sqq.  —  Sine  auf  umfajfenber  §anbfcfyriften*8enüfcung  berufyenbe  fritifd&e 
Aufgabe  $at  erft  in  neuefter  $eit  Soffen  begonnen  als  vol.  XXXVII  beS  SBiener  25 
CSEL.  (Srfd&ienen  ift  bisher  nur  bie  Aufgabe  ber  Sucher  contra  Apionem,  bie  befon- 
ber*  nottoenbig  toar,  toeil  bie  früheren  35rudfe  berfelben  einen  lügenhaften  %qct  boten 
(Flavii  Josephi  opera  ex  versione  latina  antiqua  edidit  Garolus  Boysen,  pars  VI: 
De  Judaeorum  vetustate  sive  contra  Apionem  libri  II,  SBien  1898). 

3Rü  ber  tateinitöen  ttberfefcung  beS  Bellum  Judaicum  ift  ni$t  $u  bertoe^jeln  an 
bie  latehttföe  8earoeitung  bleiben,  roelcbc  unter  bem  tarnen  beS  Egesippus  ober 
Hegesippus  betannt  ift.  Der  9lame  Egesippus  ift  nur  Korruption  auS  Josippus,  einer 
latfintfdjen  gorm  für  'Iwotinos  (j.  bef.  Säjar,  Observatt.  etc.,  p.  4).  'SaS  21krf  ift 
eine  toerfürjte  Bearbeitung  üon  ^fa^uS'  Bellum  Judaicum  mit  mannen  eigenen  $u* 
traten  beS  SSerfafferS.  Urferünglicty  anontom  ift  eS  fräter  bon  mannen  bem  AmbroftuS  35 
jngefc^rieben  toorben.  Sie  3ett  toürbe  annäfyernb  ftimmen.  35enn  baS  2Berf  ftammt  toafyr* 
f^cfaili^  aud  ber  jtoeiten  §älftebeö  4.  ^a^.  n.  6lj>r.  Aber  getoie^tige  ©rünbe  f^rec^en  gegen 
bteAutorfc^aftbe^  Ambro jiu^.  —  Sie  erfte  Aufgabe  erfd^ien  ^u$ari3  1510.  Unter  anberem 
iß  e*  aud^  gebrueft  bei  ©allanbi,  Biblioth.  patrum,  t.  VII  (unter  bem  tarnen  be$ 
Xmbroftu^)  unb  bei  MSL  t.  XV.  Hrüifdj  ret)ibierter  ^ejt :  Hegesippus  qui  dicitur  sive  40 
Egesippus  de  bello  Judaico  ope  codicis  Casellani  recognitus,  ed.  Weber,  opus 
morte  Weberi  interruptum  absolvit  Caesar,  Warburg  1864  (üorfyer  in  9  Untoerfitätös 
5rogr.  1857—1863).  ©ine  neue  Ausgabe  ift  $u  erwarten  im  SBiener  CSEL.  —  6.  über* 
tyatpt:  Joh.  Fred.  Gronovii  Observatorum  in  scriptoribus  ecclesiasticis  Mono- 
biblos  (Daventriae  1651)  capp.  1,0,11,16,21,24;  Cubin,  De  Script,  eccl.  T.  II 46 
(1722)  ool.  1026—1031;  ^obric.,  Biblioth.  lat.  mediae  et  infimae  aetatis,  T.  III 
(1735),  p.  582—584;  Sföeufel,  Biblioth.  hist.  I,  2, 282  sq.;  3Kaäoc$iu$,  Dissertatio  qua 
Egesippi  sive  verius  Ex-Josippi  de  excidio  Hierosolymitano  historia  S.  Am- 
brosio  restituitur  (öertürjt  bei  ©attanbi,  Biblioth.  patr.  t.  VII,  Prolegomena 
p.  XXVIII sqq.);  GäfarS  Ab^anblung  am  ©c^lufe  ber  3Beber|c^en  Aufgabe;  Icuffel,  &o 
9e|^.  ber  röm.  ßitteratur  (3.  unb  4.  Aufl.)  §  433;  SMatyor,  Bibliographical  clue 
to  latin  literature  (1875),  p.  179;  grib.  SSogel,  'OjtioionjTez  Sallustianae  (in:  Acta 
seminarii  philologici  Erlangensis,  I,  1878);  (&ä\av,  Observationes  nonnullae  de 
Joeepho  latino  qui  Hegesippus  vocari  solet  emendando,  Marburgi  1878  (Ind. 
leet):  gfrib.  SBogel,  De  Hegesippo  qui  dicitur  Josephi  interprete,  Erlang.  1881;  56 
beif.  in:  3eitfär.  für  bie  öfterr.  ©tymnaf.  1883,  ©.  241  249;  berf.  in:  9tomanifc^e 
Jorfc^unaen  8b  I,  1883,  ©.  415—417;  Gäfar,  Anzeige  t>on  «ogel^  3)iffertation  in: 
Jaljni*.  piirnaff.^iloi.8b  125,  1882,  ©.65 -75;  Sönfcb,  $ie  leiifalifc^en  (Sigentümli^ 
feiten  ber  Sattnitatbe«  f oa.  ^egef^u«  (9tomaniföe  ^orfc^ungen  I,  25G-321);  berf.,  @in 
fifi^el  6itat   au*  bem  lat.  £egefiw>u$  (^toSb  1883,    ©.  239-241).    [Seibe  Auffä|cftf> 

*t*l'*untlop&r>lt  ffir  7(€oIofll€  unb  flirdje.  3.  H.  IX.  05 


386  3ofe^u#,  3ft«*iu*  3fofta 

lieber  abgebt,  in:  9lönfd&,  Collectanea  philologa  1891,  p.  32—89.  256 sq. J;  Staube, 
3um  ratein.  Sofep&uS  (3tyein.  SKufeum  8b  39,  1884,  ©.  477f.);  SitftuS,  ®ie  apofrtp 
J>&en  3l^oftcIgefc$tc^ten  unb  Styoftellegenben  II,  1,  1887,  S.  194—200;  3ftm,  Studia 
Ambrosiana  (Safcbb.  f.  Haff.  $bilol.  17.  ©n^bb.)  ©.  61—68;  «leb«,  StaS  latetm|($e 

5  ©cföid&tStoerf  über  ben  jübiföen  Ärieg  (geftfc^r.  für  Subhrig  grieblänber  1895,  ©.  210 
big  241). 

Unter  bem  tarnen  3  o  f  i  j)  j)  o  n  ober  3  o f  e  }>  ^,  ©o&n  ®  o  r  i  on  3,  qriftiert  eine 
^ebräifö  gefd&riebene  lotnpenbiartföe  ©efd&ictyte  be3  jübtföen  Sollet  bom  Anbeginn  bt* 
jur  3erftörung  3;erujalem$,  bie  jtoar  toortoiegenb  au«  Sofa'M  gefc^&t>ft  ift,  in  bieler  8e* 

10  jie^ung  il)m  aber  jo  ferne  ftefyt,  bafe  nur  unfritifäer  entyujtaSmuS  fie  für  ba«  ^ebratföe 
Original  be$  3ofet^uä  galten  fonnte.  6$  giebt  batoon  fccrfd&iebene,  ftarl  txmemanber 
abtocictyenbe  Stegenftonen.  SDic  getoöfynlic&e  ift  ü>afyrfc$einlic&  im  10.  ^atyrfrmbert,  unb 
jtoar  nicfyt,  tote  man   früher  angenommen  tyat,  in  granfreid&,  fonbern,  tote  3unj  (Die 

fjotteebienftl.  Vorträge  ber  Iguben,  ©.  150  f.)  naetygetoiefen  $at,  m  $t<d\tn  enfc 
tanben.  —  ausgäbe  mit  lateiniföer  Überfefcung:  Josephus  Gorionides  lat. 
versus  etc.  a.  J.  F.  Breithaupto,  Gothae  1707  (au$  1710).  —  ©.  überhaupt: 
Dubin,  De  Script.  eccl.II,  1032—1062;  28olf,  Biblioth.  Hebr.  I,  508—523;  III, 
387 sqq.;  SReufel,  Biblioth.  hist.  I,  2,  236—239;  gabriciuS,  Bibl.  Gr.  ed.  $arle*  V, 
56—59;    3unj,  SDic  gotteäbtenftlid&en  SSorträge  ber  $uben  (1832),  ©.  146—154;   De* 

ao  Htf($,  3ur  ©efö.  ber  jübiföen  $oefte  (1836),  ©.  37—40;  gürft,  BibL  Jud.  II,  111 
MS  114;  Srieber,  3ur  Äritif  be3  ©orionibeS  (Stad&ric&ten  ber  ®ött.  ©ef.  ber  2Biffenf($., 
^ib&ift  ÄL  1895,  ©.  381—409);  SSogelftein  unb  Stieger,  @efd&.  ber  guben  m  9tom 
8b  I  (1896)  ©.  185—200,  483 ff.;  2öeltyaufen,  ®er  arabifc&e  Softem*  (»b&anMungen 
ber  ©ött.  ©ef.  ber  SBiffenfö.,  tfiL^ifl.  «I.  9$  I,  4,  1897). 

25  Seit  bem  16.  ^a^unbert  fmb  bie  2öer!e  beä  3ofej>tyu$  <ni<6  in  faft  alle  mobernen 
europätfetyen ©prad&en überfefct  toorben.  ©e^r  ja^lreid^ ftnb namentlich  bieüeberfefcungen 
unb  35rudfe  in  beutfetyer  ©prac&e.  ©$on  t>or  ber  erften  grie$if$en  ausgäbe  er* 
festen  eine  beutföe  Überlegung  naety  bem  Sateinifd^en  Don  <5aft>ar  #ebto,  ©trafeb.  1531 ; 
bann  toon  bemfelben  nad?  bem  ©ried&ifd&en  retoibiert,  ©trafjbg.  1561.  Über  anbete  bentf$e 

so  Überfefcungen  au$  bem  16.  bte  18.  ^a^unbert  f.  gabriciu«,  Bibl.  Gr.  ed.  $arle*  V, 
31,  38,  48;  gürft,  Bibl.  Jud.  II,  121—123.  —  3$  nenne  nur  no<$  bie  Überfefcungen 
ber  fämtl.  SBerfe  toon:  Dtt  (juerft  in  6  Sänben  8.  3üri$  1735,  bann  ettoa«  bewiest 
in  1  8b  gol.  3üric^  1736);  6otta  (Tübingen  1736);  fcetnme  (Sofe^bu*'  ©erfc,  übeif. 
Don  ßotta  unb  ©frörer.    2)aä  ©anje  toon  neuem  na$  b.  ®rie$.  bearbeitet  k.  k.  bun$ 

86  6.  9t.  35emme,  7.2lufl.,  ^tyilabetybia  1868—1869,  ©d&äfer  unbÄorabi);  bie  Übeifefcung 
ber  Altertümer  Don  Ä.  9Rartin  (2  8be,  Äöln  1852—1853,  3.  »ufi.  bon  Äoulen  1892), 
unb  Don  Giemen^  (2  Sbe,  §aDe,  o^ne  3a^r  [1899],  in  §enbete»ibliot&ef  ber  ©efomtlitteratur), 
be«  jübtföen  Äriege«  Don  ©frörer  (2  Sie.,  Stuttgart  1836)  unb  Don  $aret  (6  Sbcfrn., 
©tuttg.  1855),  ber  Sita  Don  9R.  3.  in   ber  Sibliotye!  ber  griec^if^en  unb  tömtföen 

40  ©d^riftfteaer  über  Subcntum  unb  Suben,  »b  2  (Seidig  1867,  0«far  Seiner),  ber  ©^rift 
gegen  St^ion  Don  $aret  (Stuttgart  1856).  —  3loq  einiget  f.  in  metner  ®ef$t$te  M 
jüb.  »olle«  I,  77  f. 

Unter  ben  Überfettungen  in  anbere  moberne  ©prägen  ift  befonber«  gefegt  toegen 
ifyrer  beigaben  bie  englifc^e  Überfe^ung   ber  SSita  unb  be«   jübifd^en  ÄriegcS  Don  Iraitt 

46  (The  Jewish  War  of  Flavius  Josephus,  a  new  Translation  by  R.  Traill,  edi- 
ted  by  J.  Taylor,  Sonbon  1862).  —  Über  anbere  Überfefcungen  in«  @ngltf(^e,  %tm* 
äWe,  ^talientfc^e  k.  f.gabriciu«,  Bibl.  Gr.  ed.  §arle$  V,  30  sqq.;  gürft,  BibL  Jud. 
II,  123—127.  <*.  e^tnr. 

3ofe«  f.  8b.  VIII  ©.  574, 7  ff. 

60  3ofta.  —  Sgl.  ©incr,  33ibl.  SR.-S.»  I,  610f.;  ©«enfel,  «ibeMBej.  III,  387 ff.  (Mi- 

be!*): ^iebm,  ^^  ^  7«5ff-  («leinert);  Giualb,  ÖJcfdj.  be*  ®.  3«rael»  III,  749  ff. ;  ©tobe, 
©efd).  b.  W.  gsrael  l,  641  ff.;  ftittel,  ©ef*.  ber  £ebr.  II,  321  ff.;  ftö&ler,  fieftrb.  ber  bibL 
©ef«.  II,  2,  6.  453 ff.;  SBel^aufen,  33r.  u.  jüb.  (Öef*.,  ©.  94 ff.;  Ou^er  Okf«.  bed  «.3-» 

@.  210  ff. 

66  Sofia,  irreah  LXX  'Icooiag,  Äönig  \>on  Quba,  ©o^n  be«  »mon  unb  ber  3*8ba, 
einer  Softer  be^  '9(baja  bon  Sojlat  (2  Mg  22,  1 ;  2  tyx  34,  1).  ®rft  adbt  3al^e  alt, 
hmrbe  er  nac^  ber  (Srtnorbung  feinet  Sater^  Simon  t>om  SSolfe  auf  ben  Z$ron  gehoben 
unb  ^errfd^te  31  Sa^rc  ^u  3erufaIem(f>10-609  t).  6^r.).   Über  bie  <5qt$ung  be«  iung« 


Sofia  387 

JtöniS*  unb  bie  ©nflfiffe,  unter  betten  er  aufftmcfy*,  ift  un*  ni$t*  überliefert,  bielme&r 
beginnt  ba*  König*bu$  (II,  22,  3)  ben  33erid>t  über  ifcn  erft  mit  ben  (Sretgniffen  feine* 
18.  9iegierung*ial?r*.  ffienn  ber  Gtyronift  (II,  34,  3  ff.)  bemerft,  bafe  3ofta  feit  bem 
8.  3a^re  feiner  ^Regierung,  aljo  gegen  bie  $z\t  feine*  SRünbigtoerben*,  ben  ©Ott  Dabtb* 
gefugt  unb  bereit*  im  12.  3<^re  mit  ber  2lu*rottung  be*  ©öfcenbtenfte*  begonnen  tyabe  u 
(bgl.  jebo$  34,  33,  too  bem  tyatjäctylictyen  Hergang  nachträglich  boefy  nod)  SRectynung  ge* 
tragen  tmrb),  fo  bürfte  biefe  2tbtoeic$ung  bon  ben  fo  beftimmten  unb  toofylgeorbneten 
Xuifaaen  be*  König*buc&*  nur  auf  ber  (Srtoägung  berufen,  bafc  ein  Wann  tüte  3-  um 
mfaliq  25  3a^re  fang  inmitten  ber  ©reucl  gelebt  Ijaben  fönne,  tote  fte  2  Kg  23,  4  ff. 
gegittert  Serben,  dagegen  unterliegt  e*  feinem  fttotiid,  bafc  ftety  ba*  überau*  efyrenbotle  10 
äeugni*  2  Kg  22,  2  unb  23,  25  (bgl.  3er  22,  15 ff.;  Sir  49,  1  ff.)  nic&t  erft  auf  bie 
Regierung  3-*  na$  *>em  benfttmrbigen  18.  3a^  *>•  ^  na(&  b«  äuffinbung  be*  ©efefc* 
buc^*,  bejiety.  Über  [entere*  ßreigni*  berietet  2  Kg  22,  3  ff. :  ber  König  fanbte  im 
18.  3afcre  feiner  Regierung  (623)  ben  ©taat*föreiber  ©ap&an  (na$  2  G&r  34,  8  mit 
bem  ©tabtfommanbanten  unb  bem  Kanter),  um  bei  bem  Dberpriefter  ßilfia  betyuf*  einer  15 
Reparatur  be*  Tempel*  ba*  au*  ben  ©aben  be*  SSolf*  angefammefte  föelb  m  ergeben. 
Cfynt  3h>«fd  beftanb  barnadfc  noc&  bie  um  814  bon  König  $oa*  getroffene  3lnorbnung 
(togL  2  Kg  12,  11  ff.).  3uglei$  föeint  e*,  ba&  feit  30a*  eine  grünblictye  Reparatur  be* 
Xempel*  nic^t  mffyc  ftattgefunben Jiatte ;  2  ©&r  34,  11  toirbber  SSerfatl  au*brüdflicty  ben 
Königen  guba*  (too^l  t)or  allen  SJcanaffe)  jur  Saft  gelegt.  Übrigen*  bietet  ber  Gtyrontft  30 
aud)  &ter 134,  8  ff.)  Varianten  jum  König*bu$,  toelctye  beutlirf)  barauf  au*getyen,  bie  felbft* 
ftanbige  Smtftrirtung  ber  Sßriefter  unb  fiebiten  bei  bem  Umbau  fyerbor$ul)eben.  Sei  biefer 
(Sdegen^eit  nun  melbet  £ilfia  bem  ©aptyan,  er  fyabe  im  Tempel  ba*  5Bu$  be*  ©efejje* 
gefunben  (na#  2  Gtyr  34, 14  fanb  er  ba*  93uc$  be*  „burety  9Jtofe  gegebenen"  ©efefce*  betm 
äerauäne^men  be*  ©elbe*)  unb  übergiebt  e*  ©apl)an.  tiefer  lieft  e*,  eilt  bamit  junt  25 
Könige  unb  lieft  e*  bemfelben  bor  (2  6&r  34,  18:  „er  la*  barau*  bor  bem  Könige"; 
offenbar  unter  ber  38orau*jefcung,  bafc  jene*  ©efefcbucty  ben  gamen  ^entateuefy  repräfen« 
ttaetc,  beffen  Sorlefung  boety  minbeften*  10  ©tunben  erforbert  baben  toürbe).  ©er  König 
träft  Don  bem  ©etyörten  bermafeen  erföreef  t,  bafe  er  (eine  Kleiber  jerreifet  unb  burefy  §ilfia, 
©apfan  unb  brei  anbere  bon  ber  ^roptyetin  §ulba  einen  @otte*fprud&  in  biefer  Sin*  so 
gdegen^eit  begehrt.  3fyre  9lntn>ort  lautet  im  jefcigen  minbeften*  überarbeiteten  Sejt,  bafc 
©Ott  ht  ber  %\>at  afle  bie  Drohungen  (2  tyx  34,  24  „alle  bie  glücke")  be*  ©cfe$bud(>* 
toafyc  machen  toerbe,  ba  fein  3o*»t  burefc  ben  3lbfaH  unb  ©öfcenbienft  be*  ÜBolfe*  fc^toer 
gereift  fei;  bo$  foüe  tDenigften*  3-/  ber  ficf>  tpiQig  bor  ©Ott  gebeugt  tyabe,  jubor  no$ 
in  f^ieben  fdpeiben.  35 

«uf  biefen  »efc^eib  berfammelt  ber  König  (2  Kg  23,  1  ff.)  bie  älteften  $uba*  unb 
alle  SeiDo^ner  ^wufalem*  famt  ben  ^rieftern  unb  ^rop^eten  (2  Gfyr  3 1,  30  bafür  „'iJJrieftcr 
unb  £etxten"!)  hn  Stempel,  lieft  tynen  alle  2öorte  be*  ©efe^buc^*  bor  unb  verpflichtet 
fobann  ba*  aame  Soll  auf  bie  ©a^ungen  be*felben.  ©aran  fcfclie^t  ftcfc  (2  Kg  23,  4  ff.) 
eine  grünblidje  Säuberung  be*  Semmel*  unb  ber  ©tabt  bon  allen  $ilf*mitteln  unb  @m=  to 
Hemen  be*  ©ö^enbienfte*.  ®ie  Slnja^l  unb  SWannigfaltigteit  berfelben,  bie  ftc^  a\x^  ber 
langen  Auftaklung  auc^  nac^  3lbred^nung  ber  fpäteren  guttaten  23,  4  a  (bon  N-^-nb  an) 
bt*  mit  6.  7»>,  14  ergiebt,  mu^  au<^  ben  in  Grftaunen  fe^en,  ber  bon  ben  ©ctyilberungcn 
ber  fyxöptyttn  ^er  auf  fc^limme  3uf^nbe  gefaßt  ift.  9lber  nid^t  allein  gegen  ben  eigene 
Ik^oi  (Sö^enbienft,  fonbern  auc^  gegen  ben  ^öbenbienft  toerben  umfaffenbe  Wa^regeln  45 
ergriffen.  Die  ^ßriefter  ber  §ö^en  (bamöth)  toerben  nac^  3crufa^m  gebraut,  um  bie 
gortfeiung  be*  nunmehr  fc^le^t^in  verpönten  Kultu*  unmöglich  ju  machen.  Dbmobl  au& 
gefc^Ioffen  Don  ber  3Rittt>irtung  an  bem  legitimen  Kultu*,  erhalten  bod>  and)  fie  i^reit 
Anteil  an  ben  ©peteopfern  „inmitten  tyrer  Srüber",  b.  \j.  tpo^l  einfad} :  mit  ben  übrigen 
(legitimen)  $rieftem.  Die  §ö^en  felbft  Serben  berunreinigt  bon  ©eba  bi*  Seerjeba,  «> 
b.  I  bon  ber  9iorbgren)e  bi*  mx  ©übgren^e  be*  Sanbe*,  barunter  auet;  bie  Samotb,  bie 
fty  an  einigen  X^oren  Smifalem*  befanben.  Die  fiofaltenntni*,  bie  betreff*  ber  lefeteren 
au*  2  Kg  23,  8  fpric^t,  berrätf;  beutlid?  ben  Sluaen^eugen.  ©c^lie^lic^  tvenbet  fiep  ber 
<Rfer  3.*  aud)  aegen  bie  ©tätten  be*  ifraelitifcfcn  §ö^enbienfte*  (2  Kg  23,  15.  19  ff.; 
16—18  ift  Sinföub,  ba  93.  16  bie  ©ebeine  auf  bem  &  15  bereit*  gerftörten  Slltar  ber=  66 
brannt  toerben),  bor  allem  gegen  ben  Slltar  unb  bie  $ö^e  Qerobeamö  I.  p  Setzei.  9lic^t 
mmber  toerben  enbli^  fämtlid^e  ,,^ö^en^äufery/  in  ben  ©tobten  ©amarien*  jerftört  unb 
{amtliche  ^ö^npriefter  auf  ben  betreffenben  Slltären  geopfert.  Vettere  92oti(^  erlernt  bei 
bem  milben  G^araner  be*  König*  aöerbing*  befremblic^,  ^umal  toenn  nad^  bem  3ufa$ 
2  Jtg  28,  5  bie  toirfltc^en  ©ö|enpriefter  in  3^ba  einfach  abgefc^afft,  ni$t  getötet  tourben.  w 


388  Sofia 

@3  liegt  bafycr  bie  Vermutung  nafye,  baß  bie  2  %  23,  16  berichtete  SSerunreinigung  beS 
SlltarS  ju  Setzei  burefy  Jotengebeine  auä  ben  ©räbern  nochmals  ale  Verbrennung  ber 
geopferten  Äöfyenpriefter  gebeutet  tourbe.  ®a$  Söert  ber  Äultuäreiniaung  toirb  fobann 
burefc  eine  s45affatyfeier  gu  ^erufalem  befiegelt,  hrie  eine  folc^e  na$  2  wg  23,  22  feit  ben 
6  Sagen  ber  Stifter  nietyt  ftattgefunben  tyatte,  eine  Sememmg,  bie  fi$  otyne  ä^M  kü* 
auf  bie  Vereinigung  aller  ^eiernben  an  einem  Drt,  teil«  auf  bie  SRttopferung  bon  ©c$afen 
unb  9tinbern  be$iefyt  (bgl.  5  3Rof  16,  2.  5  gegenüber  2  2Rof  12).  auf  leftteren  Sßunft  toirb 
bafyer  in  ber  ausführlichen  Seföreibung  be3  joftantfe^en  SßaffatyS  2  6br  35, 7  ff.  befonberer 
9iacfybrucf  gelegt.   SBenn  übrigen«  auefy  bie  ßlijronif  (II,  35, 18)  bon  feinem  folgen  tyafiaf) 

10  feit  ben  Sagen  Samuel  toeiß,  fo  ift  fcfytoer  gu  fagen,  toorin  fte  ben  Unterfd&ieb  btefe* 
ftefteS  bon  bem  2  Gtyr  30  betriebenen  ^affaty  beä  #w!ia  erbliche. 

Sie  gefd?id?tlid)e  Söürbigung  beä  gefamten  8eric§t$  über  bie  ÄultuSreform  $.*  toirb 
immer  in  erfter  Sinie  Don  ber  $rage  abhängen,  toelcfcer  Slrt  baS  bon  §ittia  gefunbene 
©efe^buety  getoefen  fei,  eine  Sfrage,  bie  aHerbingS  nur  im  3ufammentyang  mit  ben  übrigen 

16  Problemen  ber  5)3entatcucfyfritif  erörtert  unb  gelöft  toerben  fann.  Sin  btefer  ©teile  mögen 
folgenbe  Semerlüngen  genügen.  2Bar  baä  ©efefcbucfy  $ilfia$,  Vorauf  na$  unferer  Über« 
jeugung  ade  ©puren  führen,  nicfyt  ein  Verlorene«,  fonbern  ein  bortyer  böHig  unbefannteS, 
eine  erftma(ige  feierliche  Äobififation  ber  ©afcungen,  bie  auf  bie  Slbfd&affung  be$  $ö^en* 
bienfteä  unb  bie  Konzentration  be3  Äultuä  im  Stempel  gerietet  toaren,  fo  toirb  man  im* 

20  mer  toieber  ju  bem  SrgcbniS  gebrängt  toerben,  baß  jene«  ©efefcbucty  in  ber  ^auptfacfc 
ibentifety  toar  mit  unferem  35euteronomium.  3U6^C^  a^er  to"*  ^urc^  *>m  Spalter  gerabe 
biefeä  93uc$$  bie  ÜRöglicfyfeit  auSgefctyloffen,  als  ob  ber  ganje  Hergang  auf  einen  fem 
angelegten  Sßlan  jurücfgefüfyrt  Serben  (önnte,  bei  freierem  §ilfw  unb  bie  ^Jrop^eten  gleich 
mäßig  bie  §anb  im  Spiele  gehabt  Ratten.  Selbft  h>enn  man  bei  ben  Sßrieftern  (unmöglich 

26  aber  bei  ben  ^ropbeten)  ein  perfönlictyeS  3>ntereffe  neben  bem  religiöfen  borauSjefcen  tooQte, 
fo  h)ürbe  man  bocg  im  35euteronom  bergeblicty  naefy  einem  folgen  fuc^en.  3n  ^eiligem 
(Srnft  unb  im  35range  tnnerfter  SRottoenbigfeit  fyat  biefeS  ©efefcbucfc  bie  Äonfequeiu  au* 
ben  fielen  gebogen,  bie  feit  3al?*&unberten  bon  ben  ebelften  Prägern  ber  göttlichen  Offen» 
barung  berfünbigt  toorben  toaren.    35atyer  fein  mächtiger  ©tnbruet  auf  ^ofia  unb  bie  $6U 

so  genoffen,  bafyer  bie  unermeßliche  Sebeutung  biefeä  33ud&$  toeit  über  ben  Seftanb  ber  jo* 
fianijcfyen  ^Reformen  tyinauS.  9Jtag  e«  immerhin  toafyx  fein,  baß  bie  JUtltuSreform  3-^  <*Id 
eine  t)on  oben  angeorbnete,  nicfyt  t>on  innen  ^erau^getoac^fene,  bei  ber  großen  SKaffe  bed 
%olte  ftunäctyft  nur  bie  Oberfläche  ftreifte:  für  bie  fernere  ©ef$i$te  ^örael^  machte  ed 
immerhin  einen  getoaltigen  Unterjc^ieb,  ob  bie  Äultuöein^eit,  bie  ftärffte  SSerförjyerung  be^ 

86  monot^eiftifc^en  ©otteebegriffä,  je  einmal  praltifc^  burc^gefü^rt  toar  unb  ju  Stecht  beftanben 
tyatte,  ober  nic^t.  9Rit  bem  Söerfe  %£  toar  für  bie  SBirffamfeit  ber  fyxoptyttn  —  unb 
jtoar  in  bollern  ©intlang  mit  ben  ^rieftern  —  eine  neue  fefte  Saft«  gefd>affen  toorben. 
inmitten  ber  bunteften  sJKannigfaltig!eit  ber  Äulte  toar  gegeigt  toorben,  toelc&eS  ber  toatyr* 
^aft  normale  3"f^nb  ber  ©ottee&eretyrung  in  l^drael  fein  fottte;   auf  biefem  ©runbe  er^ 

40  baute  ft$  bann  ber  Jtultud  be$  jtoeiten  ^empelö,  um  in  ber  fcfyärfften  f^mboltfc^en  9lu^ 
prägung  be«  ßin^eit^gebanfen«  ben  innerften  Äern  ber  Sieligion  gäraete  auf  eine  bejfere 
3eit  ^inüberjuretten. 

©c^Iteßlic^  bebarf  e$  noc^  ber  Seanttoortung  einer  äußeren  grage,  bie  auc^  für  ba$ 
tragtje^e  ßnbe  3.^  in  33etra$t  lommt.    ^n  ioeld^em  ^nterefje  ober  mit  toel$em  Siebte 

46  bc^ntc  3.  feine  MuItuSreinigung  and)  auf  ba^  ebemate  töraelitifc^e  ©ebiet  (nac^  2  6^r  34, 6 
„b\*3lccpi)tal\")  auzt  unb  nicfyt  minber:  toa«  betoog  i^n  ju  bem  tolttü^nen  Unternehmen, 
bem  ?P^arao  Sfactyo  in  ber  ebene  §\\ml  ben  SBeg  ju  berlegen,  ate  berfelbe  im  3a^r609 
au^jog,  um  ben  ß^albäem  am  (Sup^rat  toenigftend  einen  Seil  ber  afftyrif$en  Seute  ftreitk 
ju  machen  1?  (2Äg  23, 29  ff.;  2  et;r  35, 20  ff.).    SHomineU  unterftanben  jene  ©ebietc  iux| 

60  immer  ber  Dberberrföaft  ber  afj^rijc^en  Könige  ju  SRinibe.  Sängft  aber  toar  älffitr  m 
Set^argie  berfunten  unb  feit  bem  älbfall  9{abopolaffard  (625)  toar  otyne  3toe*f^  &*$  ber 
Schein  ber  aff^rifc^en  §errfd&aft  in  SSorberaficn  gefc^tounben.  95Ba«  lag  ba  nä^er,  ab 
baß  3-  K^t  ben  3citpunft  gefommen  glaubte,  bon  bem  bie  Sßroptyeten  fo  oft  gerebet  Ratten, 
bie  3^^  einer  SBieberbereinigung  3&racl3  mit  3uba.    2)ann  aber  toar  bie  (Srneuerung  ber 

66  religiöfen  Einheit  beiber  bie  befte  Vorbereitung  für  bie  ge^offte  politifc^e  9Bieberberemigung. 
©c^toerlic^  bat  3.  eine  3)urd^fü^rung  biefe^  bebeulfamen  ^(anö  gegen  ben  SBtQen  ber 
G^albäcr  geträumt.  Söofyl  aber  burfte  er  auf  tyre  35anfbavfeit  rennen,  toenn  er  e*  bor^og, 
al«  ein  treuer  Sfofall  Säbelt  an  ber  SBiebergeburt  be$  babibifc^en  Sfeic^  gu  arbeiten, 
anftatt,   toie  feine  Jlac^folgcr,   im  Vertrauen  auf  bie  (Sinflüfterungen  ägVptend  ben  aitf« 

60  fktytelofen  Kampf  mit  ber  neuen  sBeItmad;t  aufzunehmen.   ©0  erföeint  ber  3ug  3.«  gegen 


3oft<t  3oftta,  »ndj  389 

9iet$o  minber  abenteuerlich,  als  bei  ber  annähme  $undfer$(®efc$.  b.  Slltcrtfy.*,  II,  ©.371, 
unb  fo  txrieber  ftittelS  II,  327),  baf*  3-  lebtglicfy  ber  Unterjochung  burdfc  Ägypten  babe 
vorbeugen  tooDen.  3fud&  im  ^atte  eines  ©iegä  fyätte  er  ja  fcpefelicfy  bo<$  nur  ben  #errn 
getoe$fe!t.  Erhoffte  er  bagegen  bie  Ärone  ©efamtiSraete  ate  ©iege$£rei$  bon  ben  QfyaU 
baern,  fo  lohnte  biefer  $rei$  allerbingS  ba$  SBagnte  eines  fo  ungleichen  ÄampfeS.  6 

2)er  ©ang  ber  Sreigniffe  felbft  cntf^rac^  nicfyt  ben  füljnen  Hoffnungen  be$  ÄönigS. 
Suf  bie  Äunbe  bon  bem  2lu^ug  9led>oS  toar  er  mit  feinem  §eer  in  bie  ßbene  ^ifteel 
btnabgeftiegen,  h>a$  ftd&  nur  au«  bem  Umftanb  begreift,  bafe  9?ectyo  fein  §eer  btreft  jur 
©ee  an  ben  gu&  beä  Äarmel  übergeführt  batte.  35afe  -Kccfyo  ben  ©eetoeg  bonog,  fyatte 
feinen  ©runb  toofyl  in  ber  ©c$eu  bor  bem  feften  &a^a,  toeld&eä  nacb  55er  47, 1  ff.;  §erob.  10 
II,  159  (unter  bem  9lamen  Rabatte)  erft  naefy  ber  ©c^lad&t  bei  SWegibbo  erobert  tourbe 
(bgl.  au$  bie  9lotijen  §erobote  a.  a.  0.  über  bie  ©ctyiffäbauten  9ied&o3  bor  feinem  3U8*)- 
3tn  toetteren  begnügt  ft$  ba$  Äönigäbucb  mit  ber  Semerlung,  bafc  3-  fogteid^  beim  erften 
gufammentreffen  mit  ben  Sgtyrtern  bei  SWegibbo  fiel,  bon  feinen  Anetten  tot  naety  3es 
ruf  dem  gebraut  unb  bafelbft  in  feinem  ©rabe  beigefefct  tourbe.  SBcnn  Äerobot  II,  159  is 
ftatt  sDlegibbo  3Ragboloä  nennt,  fo  fönnte  bamit  et-äftebfd&bel,  jtoei  9Jteifen  toeftlicty  bom 
Äarmei,  gemeint  fein  (@toalb).  3ft  bieHeic^t  s3Hegibbo  2  Äg23,30  nur  als  StobeSftätte  beS  ber» 
tmatbeten  jtdnigä  in  ben  33orbergrunb  getreten  ?  SBincfler  (Slnfyang  ju  93en$inger,  3Me 
SW9.  berÄönige,  1899,  ©.207)  ibentifijiert  SKagboloS  mit  ?Jttgbal*3lfc$torety  =  ©traton« 
<Xmm  (Gäfarea).  Slber  ift  e$  benfbar,  bafc  fid^  bie  jübifd&e  Überlieferung  über  ben  ©c^au- » 
pla$  gerabe  biefeä  ©reigmjfeS  fo  bötlig  getäuföt  fyätte?  ßtyer  Wirb  mit  SBett^aufen  (J^rael. 
©cf$.  ©.  97)  $erobot  ober  beffen  ©etoäfyrSmännern  eine  93ertoed&felung  ber  ©etyladjt  bei 
SRagbolo*  (b.  i.  na$  2Betty.  ^eluftum)  mit  ber  6d)larf)t  bon  SWegibbo  ju^utrauen  fein. 

aiwfütyrlic&er  unb   jum   teil  abtoeid&enb  berietet  bie  ßtyroni?  (II,  35,  20  ff.),  bafc 
!Ret$o  ben  3-  unter  Berufung   auf  einen  ©ottesforuefy  auäbrücflicty  bon  feinem  beginnen  25 
abgemahnt  babe.  3)ie  ©efdjic^tlicfyfeit  biefer  5Jotij  muß  auf  ftcfc  berufen;  ber  3ufa$(5S.  22): 
„er  ffittt  nid&t  auf  bie  SBorte  9ied&o$  au$  bem  3Runbe  ©otte«"  foH  im  ©inne  berßfyrom! 
jur  ©rflärung  bienen,  toie   ein  $of\a  ein   fold^eö  6nbe  finben   lonnte.    sJlac^  3S.  23  ff. 
toutbe  3.  burc^  ein  ©ef^o^  berh>unbet,   bon  feinen  Anetten  auf  einen  anbeten  2Bagen 
gebraut  unb  ftarb  erft  )u  ^erufalem  (auf  ^eiligem,  nic^t  auf  unreinem  ©oben?),  dnblicb  so 
toei^  Die  Sljronit  bon  Irauerliebern  ^ctemia«  unb  anberer  auf  ben  2ob  3<>fta$,  bie  noep 
$u  tiym  3«*  in  regelmäßigem  ©ebraud^  unb  einer  ©ammlung  bon  Älageliebern  einber* 
labt  maren.    Auf  ben  Sraud^  einer  (jctyrlic^en?)  SotenHage   um    3°Pa  füfart  enbli(^ 
and)  3«  22,  10  unb  ©a$  12,  11,  falls  £ababrimmon  (f.  »b  VII,  ©.288.295)  einen 
Ort  in  ber  9lä&e  ber  SobeSfiätte  3.«  bebeutet.   —   ein  anberer  3.  $?&&),  ©o^n  3e=  86 
yfym\a&,  totrb  ©ac^  6,  10  unter  ben  au$  Säbel  jurüdfgefebrten  ßjulantcn  ertoä^nt. 

^att^fc^. 

3f#f»«,  ba«  8ud^.  —  fiitteratuv:  Cfianber,  Comm.  in  Jos.,  $üb.  1681;  (Jovn.aSapibe, 
Comm.  in  Jos.,  Äntro.  1718;  ©erwarben,  Disput,  de  libro  Jos  ,  ©ron.  1H26;  Maurer,  Äomm. 
über  ba*  ©.  3„  Stuttgart  1831;  fi.  Äönig,  «Itteft.  ©tubien,  I:  «utftentie  be«  93  3„  SReurS  40 
1836;    Äeil,  Äomm.  über  ba*  )B.  3,  Erlangen  1847;    £impet,  ©elbftänbtgteit,  @in^eit  unb 
»loubtoüibigfeit  bed  93.  3.  in  $^DS  1864.  65;    3.  ^oüenberg,  ^ic  beuteron.  93eftanbtt)et(e 
bc*  ©.  3.  in  %1)§t$t  1874;  bie  ate?anbrimf4e  Uebcvje^ung  beö  93.  3-,  9Keur3  1876;  58ea* 
taufen,  $ie  Äompoption  be8  ©erateu^  3b£f)  1876-1877;  93ubbe,  Stifter  unb  3ofua,  8^38 
1887r  93 ff.;  3-  ©•  »lad,  The  book  of  J.,  Cambribge  1891;  (S.  9llber«,  3)ie  OueQenber.  in  « 
3of.  1—12,  93onnl891;  ftloftermann,  ©efdj.  be«  EolfeS  3§r.,  6.92  f.    9Son  fonftigen  ßom-- 
mentoren  ^u  t>ergl.  ben  üon  goQ  (in  ßange§  93ibelroerf),  bef.  3)iamann  (im  ejeget.  ©anbbuc^)    ' 
n.  Oettli  (tm  fur^gefaglen  Stomm.  j.  %%  uon  @tracf*3*>cficr). 

S)aS  95ud^  3°fuö  «öffnet  bie  2.  Abteilung  be^  altteftamentlic^en  Äanon«,  bie  Steige 
ber  al$  trr««^  s^ara:  bezeichneten,  jjrop^etifc^en  ©efd^ic^töbüc^er,  fyat  aber  urjfrünglic^,  60 
toie  fotoo^l  fem  3^M*  a^  f^ne  f^riftftetterifc^e  3ufammenfefcung  jjeigen,  ben  ©c^lufe  be« 
$eniaieu<$3  gebübet,  um  bann  antägli4  ber  Sinfügung  ber  unter  §o[\a  toieber  aufgefun« 
beiien  beuteronomifc^en  3^ora  ($t  5—28)  in  ben  ©c^Iufe  be$  urfprünglid^en,  mit  3)t  34, 
1—9  föliefeenben  93uc^e«  9iumeri  (f.  to.u.)  jum  Slnfang  ber  folgenben  ©efc^ic^t^erjä^lung 
gematy  |u  toerben.  Sie  bom  Xalmub  (Baba  bathra  f.  14b),  2.  ffönig,  Raulen  (@inL  65 
§  206)  u.  Ä.  bertretene  Annahme,  ba^  3°fua  SJerfaffer  beö  93ud&e$  fei,  barf  ^eutjutage 
ab  abgetönt  gelten,  über^au^t  bie  älnna^me  einer  einheitlichen  ffon^tion,  toeld^e  Äeil 
behauptete,  fatbem  er  bad  Sudb  bon  einem  Augenzeugen  be^  unter  %o\ua  ©efe^e^enen  auf 
0ittnb  \fym  borliegenber  Duellen,  h)ie  ber  bei  ber  SanbeSbertetlung  aufgenommenen  $ro= 
toblle,  be$  bei  ber  Sunbe^erneuerung  ju  ©ic^em  (51. 24)  barüber  abgefaßten  SDofumentc^  eo 


390  3*ftm,  Sud} 

aefd&rieben  fein  liefe.   35ie  ©teile  5, 1,  auf  toefd&e  ft$  Äeil  beruft,  totirbc  jdbfl  bann  ntyt 
Sfogcnjeugenföaft  beä  ©d&reiberS  betoeifen,  toenn  bie  Seäart  v?2?  rid&ttg  toäre.     3tter 
bort  ift  fraglos  mit  bem  Äeri  unb  fämtlictyen  alten  SBerftonen  c^^Spr  (,/&&  fte  hinüber- 
gingen")  ju  Iefen. 
5         Um  ein  Urteil  über  baä  33u$  ju  gehrinnen,  fajfen  totr  inä  Äuge 

1.  feinen  Qnfyalt  unb  feine  ©lieberung.  ©8  jerfäßt  in  einen  eroberung$gef$i$tIi$en 
£etl  Ä.  1—12,  toelc^er  mit  einem  93eri$t  über  bie  bie  ©innatyme  ßanaan«  twrberettenben 
©dritte  beginnt  (1—5,  12),  bann  bie  fteflteic&en  Äämpfe  unter  3«>fua«  tjü&rung  fd^lbert 
(5,  13— Ä.ll)  unb  Ä.  12  mit  einem  SBerjetc&nte  ber  übertounbenen  Äömge  be$  fübli$en 

10  unb  nörblid&en  SanbeS  fd&lie&t,  unb  in  einen  berteüung^ef$id&tU$en  Ä.  13—21,  ber  in  eine 
©ctylufcbetrad&tung  ausläuft,  bie  barauf  fcintoeift,  ba|  ftcfc  mit  ber  Seftyna^me  (Sanaanä 
burety  bie  ©tämme  bie  göttliche  2anbeft>erbeifiun(j  erfüllt  $abe  («s  Vsn).  <Der  lebte  Xett 
Ä.  22—24  bereit  ftd?  )u  ben  beiben  erften  tote  ein  e^Uogtfc^er  ©$lufe.  SDie  ©tämme 
Stuben,  ©ab  unb  tyalb  SWanaffe  toerben  in  ifyre  jenfeitigen  Gebiete  entlaffen  (t>gl  9ht  32) 

16  unb  baä  änftöfjige  eines  bon  tynen  auf  bem  red&tfeitigen  ^jorbanufer  errichteten  SDtar* 
befeitfgt  Ä.  22.  ^ofua  nimmt  (Ä.  23)  bon  ben  SSertretern  be3  35otte$  Slbfdbieb  unb  er* 
neuer!  in  einer  SSolföberfammlung  ju  ©i$em  ben  ®unb  be3  SSolfeS  mit  3a9be,  tooruuf 
fein  $ob  unb  ber  beä  ^rieftcrS  ©leafar,  ber  tym  jur  ©eite  geftanben,  berietet  totrb  Ä.  24. 

2.  SDte  3ufammenfe$ung  beä  33u$ö.    2Bä$renb  toir  in  bem  eroberung£gef<$i$t(tc$cn 
20  Steil  eine  2)arftellung  finben,  toeld&e  ganj  baä  ®ej>räge  ber  pentateu$ifcben  (Srjä^hutg  ber 

Patriarchen«  unb  mofaiföen  3eit,  be$  aus  jtoei  nid&t  metyr  fcfytrf  ju  fepeibenben  Duetten 
jufammengearbeiteten,  fogenannten  je^obifttfepen  33ud&$  (JE)  auftoetft,  erinnert  ber  Der* 
teilung$gef<$ictytlid&e  mit  feinen  bie  ©tammgebiete  na$  ©remen  unb  Drtf$aften  umffyets 
benben  Urfunben  unb  Siften  an  bie  $artieen  beä  Sßentateudjk,  bie  man  gegenwärtig  mit 

25  ber  Styiffre  PC  &u  bejeietynen  pflegt,  ferner  ift  bur<$  baä  ganje  8u$  $inbur$  eine  beu* 
teronomiftiföe  Stebaftion  toatyrjunetymen.  aber  bod&  nur  ber  $auptmafje  na$  gehören  bie 
ftafy>.  13—21  nebft  22  ju  PC;  benn  toir  treffen  in  biefem  berteilunaSgefc^tlicfren  Seil 
aud&  toieber  bie  35arftelhmg$toeife  bon  JE,  a.  93.  18,  3—10.  Unb  tote  m  &  9,  too  bie 
Überliftung  burety  bie  ©tbeoniten  erjagt  toiro,  ju  JE,  ju  PC  gehörige*  unb  beutenmo* 

so  mifäe  Elemente  burd&einanberlaufen,  fo  auc^  in  Ä.  22,  in  bem  Sendete  über  bie  StücRefc 
ber  21/,  ©tämme  in  il?r  @rbteil  unb  bie  ©rlebigung  i^red  SQtarbaued.  SDie  SBe^feU 
be^ie^ung  be^  93uc^e^  ^ofua  jüm  SDeutetonomium  tntt  befonberd  in  Ä.  8  ^erDor.  SDcr 
mit  n:n:  tn  beginnenbe  äbfd^nitt  (33. 30  ff.)  ift  im  »ud&  3ofua  ein  ebenfold^c«  ÄtotMnnu 
ftüdf   toie   im  ®eut.  ber  Heine  mit  V*iy  tn  an^ebenbe  äbfd^nitt  4,41—43.    3Ran  Der« 

86  gleite  ferner  Ä.  23,  too  ber  äuäbrudf  aanj  beuteronomifd^  ift,  j.  8.  3of  23, 11 ;  23,  5; 
23, 14:  bie  belannten  beuteronomifc^en  »u^brücfe  „f)ütet  eud&  fepr  für  eure  ©feien",  „*im 
ganjem  §erjen  unb  bon  ganzer  ©eele".  ^m  eroberung«gefd^ic^tIid^en  leil  finbet  fufc  an 
bie  SBeife  bon  PC  (Srinnernbeä  nur  in  Heineren  3ufäfcm'  toie  j.  35.  baS  Statum  4,  19; 
bie  Semerlung  über  bie  5ßaffa^feier  5,  10—12-  ferner  9,  17—21,  too  ba^  3SertmaI 

40  ber  Äuöbrudf  fTj?n  ^ozs  ift.  3lufeerbem  aber  ftofeen  toir  im  8ud^  3°fw«  ««f  ft««fc 
Iid^c  ßrfc^einungen,  toelc^e  fotoo^I  JE  ate  PC  fremb  fmb  unb  ber  Vermutung  9taum 
geben,  bafe  ber  SRebaltor  noc^  anbertDeitigee  9Raterial  bertoenbet  ^at  (©tradtX  $i«^ 
gehört  ber  nur  @£  5, 1 ;  32,  27,  aber  im  33u$  ^ofua  bierje^nmal  borlommenbe  Sötte** 
name  ^-^  ^nb«  rt;  ferner  ber  uns  im^ßentateuc^  über^am>t  nidbt  begegnenbe,  tmSui^ 

«^ofua  biermaf  (1,  14;  6,  2;  8,  3;  10,7)  fufc  finbenbe  SfoäbrucfVn  -7:ia;#  tpofür  ba* 
®euteronomium  —  unb  jtoar  in  einem  Serid&t  über  biefelbe  ©ac^e  —  3,  18  tndmefyr 
Vn  ^:a  gebraust;  rrjrjb?;  c?  im  äl  nur  gof  8,  1.  3.  11;  10,  7;  11,  7,  tooför  im 
^ßentateudp  biermaf  ^rVt2  ^^i  ^^  «P  bon  3°i  8,  16  an  Dorfommenbe  P?n  jufam« 
mengerufen  toerben. 

60  £iefe  S3emer!ungen  mögen  genügen,  um  ju  jeigen,  bafc  im  Sui^e  3ojua  t>erfdbiebene 
$änbe  unterfd^eibbar  ftnb.  SCuf  Serfuc^e  einer  einge^enben  QueQenana^fe,  tote  bie  *on 
Dettli  (baL  ©tradt^ödtfer,  Äurjgef.  Komm.  312:.  7,  2  äb$.  ©.  125  f.)  gemalten,  fotote 
auf  ben  älrt.  „^entaieud?"  bertoeifenb  bemerle  id^  nur  nod^  1.  baß  aOe*  ju  PC  ge(!orige 
fyier  toie   im  ^entateuc^  jünger  ift  aU  JE ;  2.  bafc  JE  unb  PC  b.  ^  ein  ©erf,  tod^ed 

66  bie  bier  erften  Sucher  unfere«  je^igen  ^entateuefc,  ferner  ®t  31,  14—23;  32,  1—44, 
48—52;  2)t  33.  34,  1—9;  3of  1—24  umfaßte,  bem  fogenannten  fceuteronomifer  b.  1). 
bem  ©c^riftfteQer  borlag,  toelc^er  bie  unter  xx\ofta  autgefunbene  beuteronomif^e  3^ora 
3)t  5—28  einarbeitete  unb  i^r  bie  ©eftalt  unb  (Sinraljmung  gab,  in  toeM^er  totr  ftc  je(t 
finben.    6r  ift  e$  getoefen,  toelc^er  ben  früheren  Sd^Iufc  be*  ^ßentateuc^,  unfa  jefctge* 

üo  ^ofuabuc^  jum  Anfang  ber  folgenben  ©ejc^id^töerjä^lung  gemalt,  e*  rebigiert  unb  über« 


3oftta,  Sudj  391 

arbeitet  ffoL  SBa?  ben  un?  borliegenben  $qrt  be?  93ud&e?  ^ojua  betrifft,  fo  letyrt  eine 
Prüfung  beäfelben  unter  SSergleid&ung  ber  LXX,  baft  er  ftd&  nid&t  einer  gleidfr  forgfältigen 
Suri^arbeitung  gu  erfreuen  gehabt  ^at  feie  ber  be?  $entateu$?.  ®?  erflärt  ftrf)  bie? 
barau?,  baft  ba?  ^ofuabud^,  naetybem  e?  einmal  bom  Sßentateucty  abgetrennt  fear,  biefetn 
an  £eiligfeit  naifcjtanb  (t>gl.  Sillmann  a.  a.  0.  689  f.).  Saft  fein  ßonfonantentest  „fdpon  6 
frity  eine  felbftftänbige  ©efd&ictyte  gehabt  tyat",  jeigen  SSorfommnifje  feie  bie,  baft  ftdfr  ba? 
J*ntateu<£iföe  »*i  für  nti  nid&t  metyr  finbet ;  baft  ^erietyo  nietyt  metyr,  feie  im  ^Sentateucty, 
'•"!??  Reifet,  fonbern,  tote  au$  fonft  im  32  "rrp,  irr??,  äuffallenb  ift  aud&  «'■*?_  24,19 
palt  be?  peiitateuc&ifd&en  »??.. 

3.  3m  Suc^  3ofua  fuiben  fi$  Angaben,  toelctye  auf  ba?  9llter  ber  QueHenf<$riften  10 
föfieften  laffen,  au?  benen  e?  unmittelbar  getopft  ift  ober  auf  bie  e?  unmittelbar  jurüdfs 
gefct    6o  muft  8,  28  toegen  3*f  10>28  lange  bor  Sefaja  geförieben  fein;  16,10  toegen 
1  %  9,  16  in  borfalomonifc&er,  foäteften?  in  ber  3^t  be?  Anfang«  ber  Regierung  ©a* 
lomo?;  toeiter  bürfte  bie  ©teile  15,  63  feegen  2  6a  5,  6  jurücffüfyren,  10,  13  frityeftenS 
ber  Seit  Satoib?  juautoeifen  fein,   ba  ba?  bort  ertoäfynte  "^73  -«c,  feotyl  eine  ©amm*  15 
hing  nationaler  ©elbengefänge,  laut  2  ©a  1,  18  au$  Sabib?  ©legte  um  ©aul?  unb 
3ona$an3  Xob  enthielt   Sie  ©teile  9,  27  geftattet  feinen  fixeren  ©d&luft.    Unb  feenn 
man  au?  6,  25,  feo  anläftiuty  ber  ©rjätylung  bon  Stafyafö  33erf$onung  gefagt  ift,  fie  fei 
infolae  beffen  too&n&aft  in  %$xad  „bi?  auf  biefen  lag",  unb  au«  14,  14,  feo  e?  Reifet, 
baft  xaleb  im  Sefaf  $ebron?,  ba?  er  für  jic$  in  3lnfpru$  genommen,  verblieben  „bi?  auf  20 
biefen  %aa",  gefolgert  &at,  baft  ba?  93ud&  bon  einem  3*ügenoffen  3°fua^  na$  beffen  $ob 
berfaftt  fei,  fo  ift  biefer  ©d&luft  anfällig,  ba,  toa?  6,  25  betrifft,  ber  SSerf.  ni$t  Stabab? 
$crftm  allein  meint,  fonbern  tyr  ©efctylec^t,  in  bem  fie  fortlebt.    Unb  ctynli$  behält  e? 
fty  mit  14,  14. 

Saft  ber  toerteilung?gefd&i$tli$e  Xeil  be?  93ud&e?  auf  föriftlictyen  Sofumenten,  giften  25 
unb  Urtunben  beruht,  ift  an  ftd&  toatyrjd&einlicty.    Sie  ©teile  18,  9  geigt,  baft  man  beim 
$ertetlung?gef#äft  i>roto!oßarif$  berfufjr.    Sa  feir  nietyt?  bon  ©renjftreitigleiten  ber  ein* 
pinen  Stamme  $ören,  fo  muffen  bie  in  ba?  93u$  ^ofua  übergegangenen  2lufjei$mmgen 
über  bie  2anbe?berteUung  ba?  2lnfefyen  einer  anerkannten,  öffentlichen  Urfunbe  gehabt 
baben.    Xber  au$  fonft  fcat  ba?  93u$  bergfeidjen  urfunblid&e  ©tücfe.    3U  folgen  jätylt  so 
gfealb  ba?  9Serjeid&ni?  ber  31  befugten  Äönige  12,  9  ff.    Saft  ber  urtunblicfce  %yct  $ie 
unb  ba  nic^t  me^r  feine  urfprünglidpe  ®eftalt  fyat,  fte^t  man  barau?,  baft  19,  15  gfeölf 
Stäbte  ge^lt  feerben,   19,  38  neunje^n,  o^ne  baft  bor^er  fo  biel  aufgeführt  fmb,  unb 
15,  32  neununbjfeangig,  toä^renb  bod^  36  aufgeführt  feerben.    ^ft  bort  ber  $ejt  lüdten* 
^aft,  fo  #er  t>tm  jüngerer  $anb  erfeeitert.    38enn  nac^  bem  93ergeic^ni?  ber  Setoitenftäbte  86 
(21,  9  ff.)  bie  tmefterltd^en  5la^atbiter  nic^t   nur  tyre  ©täbte  burc^?  Soo?  in  ber  9t% 
be?  ftwter  ju  errid&tenben  3;em^el?,  fonbern  auc^  m  einer  QÄtf  feo  bie  ~n«  ^:n  noc^ 
ni^t  fo  w^lreid^  fein  lonnten,  beren  fo  biete  erbalten,  fo  feirb  mit  Oettli   in  beiberlei 
^mfkpt  oie  ©tntotrfung  fpäterer  SSer^ältniffe  auf  bie  Sarftellung  einzuräumen  fein. 

Saft  ba?  &u$  Sofua  in  feiner  urfprünglic^cn  ©eftalt  (abftüglu§  ber  Eingriffe  be?  40 
Seutcnmomiter?)  unb  in  SSerbinbung  mit  ben  biet  erften  Supern  be?  *ßentateuc$?,  ferner 
St  31, 14—23;  32,  1—44.  48—52;  33;  34,  1—9  ben  Sßro^eten  £ofea,  ämo?,3Jlic^ 
bem»  befannt  fear,  erbeut  au?  folgenbem.  2Ba?  Wxfya  betrifft,  fo  ftimmt  (bgl.  Älofter= 
mann,  Set  $ent  155)  ba?  ©$ema  ber  ©efc^id^te,  feelc^e?  er  bei  ben  ßeitgenoffen  be? 
£Üfia  (6,  5  ff.)  al?  fo  befannt  borau?fe$t,  baft  er  nur  anbeutenb  baran  ju  erinnern  46 
brauet,  genau  mit  bem  überein,  feeld^e?  ba?  8uc^  9lumeri  in  feiner  Serbinbung  mit  bem 
jefigen  9uc^e  ^ofua  be^errfc^t.  95Jie  nämlic^  im  Sud^e  SRum.  bor  bem  mof.  Siebe  St  32 
übe*  Salat  unb  Sileam  (it.  22—24),  ben  Slufent^alt  in  ©ittim  (25,  1 ;  33,  49)  unb 
na$  bemfelben  im  9u$e  ^ofua  über  ben  3ug  bon  ©ittim  nad)  ®ilgal,  bon  feo  au? 
3ofua  bie  g^^üge  jur  (Sroberung  be?  Sanbe?  unternahm,  berietet  ift,  fo  gebenft  Wxdja  öo 
unter  SZac^abmung  jene?  Siebe?  (6,  1  ff.)  be?  Salaf  unb  Sileam  unb  ber  "  ™F"P?  bon 
©ittim  bi?  ©Ugal  unb  glei$  barauf  (SB.  8)  be?  9Rofe  a(?  bee  Sertünbiger?  ber  göttlichen 
gotberung  an  ^?rael.  jRinben  feir  ^ier  eine  beftimmte  Se^ung  auf  JE,  fo  bei  9lmo? 
unb  J&ofea  beuüic^e  Slnnange  an  PC.  älbgefe^en  babon,  baft  9lmo?  in  ben  40  lüften« 
jähren  2,  10;  5,  25  mit  PC  ftimmt,  ift  bemerten?feert  ba?  nr:  t~nr  7,  4,  feie  ®en  66 
7#  11;  ferner  2,  7  bie.unftreitig  au?  ©teilen  feie  £eb  20,  3;  22,  2.  32  ^erübergenom* 
mene  Formel  r&rpt  cct^  %n  "k^1?  nad^  ßrfeä^nung  eine?  Unjuc^tberge^en?,  bie  Sin* 
feielung  toon  Jpoj  9,  10h  auf  9lu  25,  3;  31,  16,  enblid)  bie  bon  9{ölbe!e  ^erborge^obene 
©teile  fyo  12,  4  ff.  ^nbern  bort  ber  ^rop^et  bei  feinem  Überblidt  über  bie  @efc^ic^te 
3afob?  nac^  (grfe^nung  berfd^iebener,  im  ^entateud^  nac^  anbeten  Duellen  erjagter  $or*  eo 


392  Sefuo,  Sud) 

gänge  auf  ba«  @en  35,  9  in  PC  Seric&tete  &u  forectyen  fommt,  &ält  er  eine  Reihenfolge 
ber  (Sreigniffe  ein,  bie  mit  ber  be«  jefcigen  $entatcuc$  ftimmt,  toonac$  ber  ©d^lufs  be= 
recfytigt  erföeint,  bafc  ifym  PC  in  feiner  Serbinbung  mit  JE  borgeleaen  $at. 

4.  35ie  @efd&id&t«erjctylung  be«  93.  3-  ift  auf  tyre  ©laubtoürbigteü  angegriffen  toor* 

6  ben.  3Kan  finbet  in  bem  Sucfy  „nietyt  bie  ©efd&icfcte,  fonbern  bie  Segenbe  ber  Seftyta^me 
ßanaan«  burefy  bie  Israeliten".  2)«*  ^auptanftoji  nimmt  man  au«  ber  Serglei<$ung  mit 
9tt  1  am  ©efamtbilb  ber  ©roberung.  SBäfyrenb  ba«  Sucty  gofua  —  fagt  man  —  tum 
einer  boHftänbigen  Unterwerfung  be«  Sanbe«  bur$  ben  9lacfyfolger  SJlofcd  rebe,  letyre  fefcon 
bie  erfte  3eile  un*>  ®e^e  b&  Sucfy«  ber  Stifter  ba«  ©egenteil  unb  jum  Überfluß  bafc 

io  bie  einjelnen  ©tämme  ben  Krieg  für  eigene  Rechnung  führten.  9ta#  SBeBfyaufen  u.  9. 
fott  9ti  1  nietyt  ^ortfeftung,  fonbern  \ad)l\$  an  ben  Sßentateucty  ft#  anföliefcenbe  parallele 
jutn  Su$e  Igofua  fein,  alfo  bie  (Sroberung  be«  2Beftjorbangcbiet«  ganj  nta  unb  abtoetcfcenb 
Dom  33ud^  Sofua  ersten,  äßein  1.  fagt  9ti  1  laut  SS.  1,  h>a3  „naety  bem  iobe 
3ofua«"  gefcfyetyen  fei,  unb  e«  fann  naefy  bem  Haren  SBortlaut  ber  ©teile  bon  einer  88er* 

16  legung  be«  (Srjctylten  in  bie  Seben«jeit  Sofuaö  leine  SRebe  fein.  2.  SBenn  auf  ber  einen 
Seite  ba«  Sudp  ben  ©cfyein  ertoeeft,  al«  ob  Ijofua  *&$  ganje  Sanb  erobert  l^abe  (18,  1; 
21,  43—45),  fo  limitiert  e«  bie«  anbererfeit«  ba^in,  bafe  bie  Seftfcna&me  ber  berloften 
Sanbe«teile  bo$  ntc^t  öoßenbet  toar  (23,  7.  12).  3Me  Sorau«fe$ung,  ba|  bie  Verteilung 
bee  Sanbe«  burefy«  Soo«  bie  böHig  öolhogene  ©roberung  in  fic$  fäliefo  ift  irrig.    Unter 

ao  ben  jugetetlten  ©ebieten  finben  jtdj  folcge,  toelcfce  nie  erobert  hmrben,  toie  *.S.  bie  ©tobte 
ßfron,  3l«bob,  ®a^a  unb  ba«  Sanb  bis  jutn  Sac$e  Stgtyrten«,  toelctye«  $uba  jugeftmxfcen 
tourbe  (15, 45—47).  3Me  SMnge  lagen  na#  ^jofucrö  lobe  fo,  bajj,  ioenn  auep  bie  unter 
feiner  güfyrung  errungenen  ©iege  bie  Setoölferung  be«  Sanbe«  mebergetoorfen  unb  ba« 
Sanb  in  ben  Sefifc  ^«rael«  gebraut  Ratten,   bod)   fein  einiger  ©tamm  jur  boUftänbigen 

26  Sefifcnatyme  feine«  (Srbteil«  gelangt  toar.  3)ie  feften  Orte  blieben  jum  Zeil  in  tanaam* 
tifetyen  §änben,  3.  33.  S^nifalem  mit  ber  fjefte  3ion,  ober  bie  Kanaaniter  gelten  jtc$  in 
ben  2$älern,  namentlich  in  ber  (Sbene  ^edicel.  ©o  geföa^  e«,  bafi  bie  ©tämme  teiltoeife 
unbequem  hinten,  toenn  fte  auf  bem  ©ebirge  ba«  offene  Sanb  jtoar  inne  Ratten,  aber 
S3urgen  unb  geftungen  in  fanaanitifc^em  33eft^   ioaren,   ober  toenn  in  ben  Malern  bie 

so  Jtanaaniter  bie  §erren  blieben  unb  bie  3&aeliten  ftc^  auf  bie  Serge  beföränft  fa^en.  Sei 
foletyer  ©abläge  erflärt  ftd^  ber  $nl?alt  öon  9li  1,  too  e$  fic^i  um  nic^tö  anbere«  ate 
um  bie  gortf4un9  be«  Kampfe«  gegen  bie  noefy  nic^t  toöflig  ausgerotteten  früheren  Se^ 
loo^ner  ^anbelt  unb  bie  @inric^tung  getroffen  hrirb,  ba^  je  ein  ©tamm,  ^uba  Doran, 
ben  Ärieg  ^u  führen  ^abe.    3Kan  fie^t :   ber  2Biberfprucfy,  ben  man  jioif($en   bem  33u$e 

86  ^ofua  unb  SRi  1  tyinfid&tlicfc  ber  Eroberung  be«  SanbeS  ju  finben  meinte,  ift  in  SBa^rbeit 
nid)t  üorbanben.  Slnbere  @intoänbe,  toelc^e  man  gegen  bie  ©laubtoürbigfeit  ber  ©efe^iept«-- 
erjä^lung  be«  3°fwabud^«  erhoben  ^at,  loie  j.  S.  ber,  bafe  ba«  t>on  ben  tranSjorbamföen 
©tämmen  e^ä^lte  „^antaftiW  unb  unnatürlich  fei",  laffen  fi^i  unfe^ioer  gurüdfoetfen. 
Unb  ioenn  man  behauptet  Ijat,  ba^  ba«  Silb  ber  ©ebietätoerteilung  üon  ber  jeitgef^t* 

40  liefen  SEBirilic^feit  be«  @r^ler«  tn  bie  Vergangenheit  jurüdgetragen  fei,  fo  $at  man 
überfe^en,  bafe  bie  gef$ic£tli(|e  aBirfltc^feit  öielfa^  hinter  ben  ^"tentionen  ber  Verteilung 
jurüdtgeblieben  ift,  hrie  benn  j.  S.  nac^  13,  6  bie  ^önijiföe  Jlüfte  berfoft  toerben  fou, 
aber  nie  erobert  toorben  ift,  ober  nac^  15,  12  ba«  9Jlittelmeer  bie  ©ren^e  guba«  bilben 
foHte,  loä^renb  fein  ©ebiet  nie  fo  tocit  gereift  ^at  u.  f.  f.    338a«  föliejjltcfc  oie  SBunber« 

46  erklungen  be«  Sud^e«  3ofua  betrifft,  fo  ioerben  biefelben  für  jeben  etn  ©tein  be«  8m 
ftofee«  fein,  toelctyer  ein  birefte«  eingreifen  ©otte«  in  ben  Slatur-  unb  @ef$i$tö)ufammen< 
^ang  leugnet  unb  ben  SRaftftab  ber  natürlichen,  grablinigen  @ntn>icflung  an  bie  ©efc^tyte 
3«rael«  angelegt  fe^en  toiQ.  Slnber«  toirb  über  biefelben,  toie  überbauet  über  bie  bibüfcfyen 
ffiunbcrberic^te  urteilen,   n>er  mit  ben  Verfaffern  ber  biblifc^en  ©efc^tc^t«büc^er  unb  mit 

60  ber  ßirdje  al«  einer  i^ren  ©runb  unb  Seftanb  auf  tounberbare  Saaten  ©otte«  pirüd* 
fü^renben  ©emeinfe^aft  ben  fupranaturaliftifc^en  ©tanbpunft  teilt.  Sr  totrb  nid^t  jebe 
©efc^ic^t«erjä^lung,  ioelc^e  bon  einem  SBunber  berietet,  be«^alb  für  ein  ©ebttbe  ber  Sage 
anfe^en,  nur  infofern  fi<$  in  {ebem  eimelnen  %aü  ba«  SRec^t  ber  Jlritif  toabren,  al«  baS 
Ver^ältni«,   in  meinem   etioa«  Überlieferte«  ju  anberm  aud^  Überlieferten  ße$t,   berarttg 

66  fein  fann,  bafe  bie  gcfc^ic^tlic^e  aBirflic^feit  jloeifel^aft  h)irb.  gm  borüegenben  gaDe  nun 
toirb  er  an  ber  SBirflicfyfeit  ber  erjagten  Sortommniffe  barum  feftyalten,  h>eil  mit  ber 
Seft^na^me  Kanaan«  bie  ©otte«tyaten  ibren  Slbfc^lu^  finben,  bur$  toeld^e  bie  9laty 
fommenfd&aft  äbra^am«  ju  einem  fclbftftänbigen  Softe  unter  ben  9ßeltt>5ltern  hxwb. 
sJäcfyt  aümäWig   ift  fte  ba^u  ertoac^fen,    nirf)t   burc^   eigenen  @ntfc^lu^  unb   in   eigener 

60  Kraft  e«  geworben.    9Bie  ^«rael«  Urfprung  ft$  unterfc^eibet  bon  bem  9Berben  aller  an« 


3fof«a,  Stuf)  ftofna,  ©ofjn  9*nn«  393 

beren  Söttet,  fo  auc$  bic  2lrt  unb  2Peife,  toic  e«  jur  3lu«geftaltung  feinet  3Solf«tum« 
aefontmen  ift.  3)urc$  ©otte«  X^at  ift  e«  au«  $gty)ten  erlöft  Sorben ;  burefc  ©otte«  %$>at 
|at  e*  ba*  ©efefc  feinet  ©emeinleben«  empfangen ;  burety  ©otte«  %t)at  tft  e«  in  {ein  £anb 
eingcpflaiqt  toorben.  ©a|  übrigen«  ba«  SBunber  be«  ©onnenftiHftanbe«,  ba«  ber  ©r* 
ja^ler  10,  13*  mit  einer  SMtyerfteße  be«  ^971  -55?  belegt  unb  bann  38.  13b.  14  in  ®e*  5 
Wtyäprofa  au«fl>ri($t,  !eme«toeg«  monftrö«  ift,  fofern  xxsofuae  SBort  lebiglicfy  auf  an« 
bauernbe  Sage«*  unb  SRad&t&efle  afotoeeft,  barüber  Dgl.  b.  f.  Slrtifel  ©.  395, 4. 

3Ba3  enbli$  bie  ©teilen  betrifft,  toelcfye  bie  9333.  3°f  un*>  9K  gemeinfam  fyaben,   fo 
fcfceinen  9tt2,  6— 9;  3,3  au«  3of  24,  28—31;  13,  2—6  $u  ftantmen;  hingegen  SRi  1, 
10—15  =  3of  15,  14—19;  1,  21  =  x>f  15,  63;    1,  27b.  28  =  $of  17,  12—13;  10 
3Ji  1,29  =  3of  16, 10  unabhängig  Don  einanber  au«  bem  jefyoDiftifcfyen  SBucfye  entnommen 
»u  fein. 

SXe  LXX  tyaben  am  ©tfclufe  be«  93u$e«  einen  langen,  teil«  apotfyptyxx,  teil«  au« 
bem  9fi<$terbu$  fompilierten  3ufa£  ^^  3n&alt$,  ^afe  ^*e  ^s«raeliten  $u  jener  Seit  bie 
Sunbeälabe  um^ertrugen ;  baft  ^inefya«  feinem  Sater  (Sleafar  im  *ßrieftertum  folgte  unb  16 
bei  feinem  lobe  im  ©rabe  feine«  Sater«  beftattet  fturbe;  bajj  3«rael  bie  ©ötter  ber 
Soffer  ring«um$er  t>eref?rt  unb  bon  ©Ott  in  bie  §änbe  be«  3Woabiterfönig«  Sglon  ba^in* 
gegeben  tourbe,  ber  e«  18  3a&re  be^errfdfrte  (3ti  3, 14). 

Shifter  bem  lanoniföen  Sudfj  3°fua  flk&t  &  unte*  biefem  9tamen  eine  famaritaniföe 
©front!,  freiere  aber  ftarfe  3lbtoei<§ungen  unb  Erweiterungen  ber  ursprünglichen  ©efcfyicfyte  20 
enthalt:  Chron.  Samarit.  ed.  Juynboll,  Lugd.  Bat.  1848.  80W. 

3*fn*,  ©ol)n  9?tttt«.  Sitteratur:  1.  ®te  betr.?lbfct)nttte  bei  Gumlb  (®ef#.  be«  SJolfe« 
3*rael)  fcengftcnbevg  (OJcfcft.  be«  JRei*e«  ©otte«  unter  bem  alten  93unbe),  2Bebev  unb  .fcolfc* 
mann  (fcefd).  be«  $olfe«  3«rael  u.  ber  ©ntfte^ung  be«  Gbrifientum«),  £Wfl  (©efdjidrte  be« 
«otte«  3«rael),  ÄiWcr  (2ef)rbud)  ber  bibl.  ©cf*.  911«),  ©einerfe  (©efd).  be«  SBolfeö  3«r.),  25 
&eHfcufen  ($rofegotnena  jur  ©efd).  3«r.  unb  Slbrifj  ber  ©efdndjte  3«rael«  unb  3uba«  in: 
Sfiuen  u.  Vorarbeiten  1.$eft),  Stabe  (©cid),  be«  Solfe«  3«raei  1.  8b),  3Reu&  (GJefd).  ber 
W-  6*riften  «$«),  Äittel  (®efd).  ber  ©ebräer  1.  $albbanb),  moftermann,  (®efd).  b.  33.3«r.). 
Ointfler  ((Befd).  b.  V.  3-  in  teinflelbarftellungen),  $icpenbrinfl  (Histoirc  du  peuple  d'Isr.),  ©utfoe 
(»ef<bi*te  be«  »ol!e«  3«r.)  £öt)v  (®efd)id)te  be«  «olfe«  3«v.  in  ad)t  Sorträflen  baröefteüt.)  jjo 
2.  9nbrea«  ^Rafiu«,  Joeuae  imperatoris  historia  illustrata  atque  explicata,  9lnttuerpen  1574; 
2ut\dKr,  De  bello  ab  Israclitis  in  Can.  illato,  Gen.  18 IT);  3-  •&•  ©tfibelin,  (Sroberunfl  unb 
Verteilung  be«  fianbe«  burd)  Sofua,  3:i)8t^  1849,  394 ff.;  3.  Socfcl,  3)ie  ©roberunfl  be« 
W.  £anbcft,  Öleiw.  1870;  fi  9?ein!e,  Sciträc*e  1.  271  ff.;  3.  3u  3of.  10.  12ff.:  8teubel#  5^er 
6tiHftanb  ber  6onne  auf  Sofua«  ©efjetfc,  2üb.  8tf*r.  f.  Ift.  1833,  1,  6.  126 ff.;  SBctgle,  35 
lieber  3of.  10,  7-15,  ebenba  1834,  4,  6.  101  f.;  ÖJ.  fj.  ©.  ©olb,  3)tc  fHUftcbenbe  @onue 
ja  ©ibfon,  »erlin  1833;  göcfler.  ßopcrnüu«,  ober  $toleinäu«  Sem.  be«  ©laubeu«  1868, 
248  ff.;  «.  «ogel,  ©onnc,  ftebe  ftiü  ju  ©tbeon,  Berlin  1869 ;  33on  ©ilgol  bt«  Vlfefa  unb 
WnWeba,  8l5:bft  1873,  1ff.;  Sofno«  ©cfetjl  an  bic  6onne  ebenba  1874,  600 f.;  Gfjriftlieb, 
Dtobeme  3n>eifel,  370ff.;  ^enöftenberg,  ©ef*.  II,  231  ff  40 

3ofua,  ber  ©o^n  9tun«  au«  bem  Stamme  ep^raim  (1  G^r  8,  25-27,  bgl.  9tu 
1,  10X  urftyr.  re^n  b.  i.  SRettung,  \p äter  bon  3Kofc  rc'w  b.  i.  3a^öc  ift  SHettung  (9Je^ 
H,  17  k>erfttr)t  )u  F& ;  ebenfo  bei  ben  LXX  unb  im  31%  'Irjoovg)  genannt  —  eine  Unv 
nenramg,  tode^e  nac^  bem  Wortlaut  t>on  9?u  13, 16  ni$t  nafy  ^ofua^  ©ieg  über  9lmalet, 
ionbern  nur  bei  ©elegen^eit  ber  3lu«fenbung  ber  Jtunbfd^after  üon  Jlabefc^  S3arnea  au«  45 
ßattgefunben  ^aben  !ann  —  tuar  ber  Wiener  unb  ©c^ilfe  Wofe«  (Sj  24,  13 ;  33,  11 
wib  ftbxrc  laut  3lu  11,28  Don  feiner  3üngling«&eit,  feiner  3u9cni)  ön  O^T2?")/  alfo  fc^on 
bor  3Rofc*  Muc^t  nac^  SRibian  ju  ifym  in  biefe«  SSer^ältni«  getreten  unb  bann  toafyr* 
fämtid)  and)  fem  ©efetyrte  auf  biefer  S111^^.  Sil«  folgen  ftettte  i^n  sJ)iofe  anlä&li<$  be« 
er^ai  fcinbli^en  Singriff«,  melden  ba«  au«  Äg^ten  befreite  3«rael  burc^  ämalef  erfuhr,  w 
an  bie  ©J>fre  be«  Äam^fe«  (®j  17,  9—13)  bei  SWa^ibim;  al«  folget  toar  er  mit  2)lofe 
auf  bem  6mai  (6?  24,  13).  @r  befanb  ftc^  unter  ber  #atyl  ber  3mölfe,  meiere  al« 
ftunbf^after  ton  Äabef^i  Skrnea  au«  ba«  ffl  2anb  burcfytoanbertcn ;  unb  er  unb  Äaleb 
aöetn  ftnrac^en  bei  i^rer  Stücffefyr  im  Söiberf^ruc^  gegen  ben  Älemglauben  i^rer  ©efä^rten 
bem  Sötte  9Rut  ein,  im  Vertrauen  auf  3atyöe  ben  Äampf  mit  ben  flanaanttern  aufju*  66 
nehmen,  toed^alb  benn  aud)  er  unb  Kaleb  bie  einzigen  n>aren,  meiere  Don  allen  Männern, 
We  cx&$Qtoptm  gejogen  toaren,  in  ber  SBüfte  am  tfeben  erhalten  blieben  (??u  14,30—38). 
9uf  9cf$l  3af?t>e«  befteOte  i^n  3}iofe  311  feinem  9)a$folger  unb  betraute  ifyn  mit  ber 
Aufgabe,  ba«  Solf  über  ben  %oxban  ju  führen  unb  in  ben  Sefi^  be«  tyl.  2anbe«  ju 
fefen  (3lu  27, 18—23).    9?ac^bem  bie  bon  3ofua  bon  6c^ittim  au«  in  ba«  äöeftjorbam  eo 


394  3oftta,  Solju  92und 

lanb  getieften  Äunbföafter,  toelctye  m  3S*ric$o  im  $<*ufe  ber  Sta&ab  ©$ufe  unb  Sergung 
fanben,  mit  ber  9ta$ri$t  Don  ber  (Entmutigung  ber  ßanaaniter  jurücfge!e$rt  froren,  tyiefc 
er  ba«  SSoIf  ftcty  bereit  galten,  um  binnen  brei  Sägen  ben  %lv^  ju  überträten,  bie 
Stämme  SRuben,  ©ab  unb  £albmanaffe,  bencn  bereits  im  Dftjorbanlanb  ifyc  (Srbbefty  tu* 

6  gefarocfyen  toar,  ermafynenb,  eingeben!  ber  übernommenen  Verpflichtung  ifyct  ©ruber  bei 
ber  (Sroberung  be«  Ver&cifeungelanbe«  ju  unterftüfcen  (3jof  1, 10—18;  2, 1—24).  8tm 
10.  läge  bc«  1.  3Wonat«  be«  41.  gafyre«  nacfy  bem  8lu«$ug  au«  Sgbpten  jog  Sfjnul 
bur$  ben  gorban  in  gleicher  Seife,  n>ie  beim  3tu«$ug  au«  $g$>ten  burcfc  ba«  rote  SReer, 
ba«  ficfy  ^attc  teilen  muffen,  um  ifym  ben  2Beg  au«  bem  Sanbe  ber  ftne$tf$aft  in  ba« 

10  ber  Verjüng  }u  bahnen.  3Jlan  tyat  gejagt,  $ofua  toerbe  bie  gurten  benufct  tyaben, 
meiere  ber  3orban  an  einzelnen  ©teilen  ju  günftiger  3jaljre«jeit  biete,  aber  bann  toar  bie 
Stelle  be«  Übergangs  bie  aHerungünftigftc  unb  ungünftig  boflenb«  bie  3ja^re«jeit.  1  6$r 
12,  15  finben  toir  aBerbing«  ein  Veifaiel,  bafj  ifyrer  ctltc^e  in  berfelben  3a$re«jeit  aber 
ben  3>orban  fötoammen;   aber  e«  toirb  bie«  al«  Vetftnel  unerhörter  Jtttyn^eit  berietet 

15  S)enn  *u  biefer  3eit  füllt  ber  ^orban  alle  feine  Ufer,  ba  bie  SBaffer  avß  bem  ©ebtrge 
tyn  anfötoeHen.  35af$  e«  ftety  eben  bamal«  fo  behielt,  toirb  3of  3,  15  au£brüdli$  an* 
gemerft.  ß«  fann  alfo  leine  Siebe  bon  gurten  fein,  toelcfye  Sofua  benufct  ^ätte.  SBerai 
hnrflicfy  bort  unb  $u  biefer  3jafyre«$eit  ein  Übergang  ftattgefunben  ffat,  bann  inuft  bem 
am  ©c&ilfmeer  ©efäetyenen  ä^nlid^ed  ftcfy  rcueberfyolt  ^aben.    ©a«  SEBaffer  be«  retfeenben 

20  Muffe«  Pöute  fidj  —  fo  lef  en  toir  —  in  bem  3Roment,  al«  bie  Präger  ber  $L  2aoe  ben 
yorban  berührten,  nörblicfy  bon  Slbam  (toa^rfd^eintt^  bie  heutige  gfurt  2)amtje,  norböfUty 
bon  bem  Vorgebirge  5tarn  ©artabe),  toä&renb  bie  SBaffer  füblicfc  Don  Slbam  in  ba«  tote 
2Jteer  abfloffen.  äöenn,  hrie  ttloftermann  meint,  ein  heftige«  ©rbbeben  @inbru$  ober 
§ebung  ber   oberhalb  be«  genannten  Vorgebirge  befmblidjen  %iäfy  be«  i^orbaittyrie« 

26  berurfacfyte,  burety  nacfyfolgenbenVergrutfcfy  ben  glufelauf  üerfe^te  unb  bem  überfötoemmcnb 
ausgetretenen  ©trom  erft  na#  geraumer  3eit  erlaubte,  toieber  einen  Slbfluft  nac$  ©üben 
ju  pnben,  fo  lagen  hierin  bie  natürlichen  Sebingungen  ju  jener  Slufftauung  ber  SEBaffer 
unb  2rodfenlegung  beS  ^luffed.  3)af;  bamalS  bad  3orbantf)aI  bon  ber^eerenben  (Srbftöfynt 
^eimgefud^t  toax,  betoeift  ber  bon  ber  Urtunbe  bem  Übergang  über  ben  Sorban  in  engfh 

so  jeitli^c  3iä^c  gerürfte  (Sinfturj  ber  TOauern  Seric^oS.  ^ur  Srinnerung  an  biefe  tomnoer» 
bare  ^ügung  errichtete  S^fua  an  ber  ©teße,  too  bie  ^nefter  toä^renb  be«  ©unfoußS  be« 
SBolfeS  ftiße  geftanben  toaren,  12  ©teine,  toelc^e  bei  niebrigem  SBJafferftanb  p^tbar  tourben 
(^of  4,  9)  unb  befahl,  bafe  je  ein  9Jlann  au«  einem  ber  12  ©tämme  je  einen  ©tem  bon 
berfelben  ©teile  be^  ^orbanä  an  ba«  meftlic^e  Ufer  mitnehmen  fofle  uir  @rric^tung  eine« 

86  SJenfmalS  (4, 1—8  ;  20,  24),  beffen  ©tätte  ©ilgal  (ba«  heutige  lett  Sbielbjul,  eineStunbe 
bom  Sorban  unb  cbenf o  toeit  bon  Sencfyo  entfernt ;  f.  9Jlitteil.  u.  ÜRacfyr.  be«  beutfe^en  ^Jaläffina« 
Verein«  1899  5Wr.  6  ©.  97  f.)  genannt  tourbe  (8,  9).  ©ort,  too  ba«  Heerlager  SÄaete 
für  längere  Seit  berblieb,  tyatte  Sofua  auf  ©otte«  Sefe^l  an  ben  in  ber  2Büfte  ©eblte 
benen  bie  Sefc^neibung  nac^ju^olen  (5,  2—8),  um  bann  jur  befthnmten  3^  ^*  ^fM 

40  feiern  ju  fönnen. 

2)ie3ufage,  toeld^e  bem  ^ofua  ftmrbe,  baft^be  al«  ^rer  be«  Ärieg«$eere*,  todd^e« 
nun  fein  ^Jolf  geworben  h>ar,  i^m  ^ilfreic^  gegenwärtig  fem  toofle,  betoä^rte  fic^  in  bem 
ftatlc  Seric^o«,  be«  ©c^lüffel«  be«  ßanbe«,  beffen  SKauern  ein  ©rbbeben  mebedegte 
(5,  13—15.  Ä.  6).    an  ber  ©tabt  tourbe  ber  Sann  bolhogen  unb  nurSla^ab  mit  tyrer 

46  bäterlic^en  ^amilie  berfc^ont.  Slac^bem  auc^  bie  toegen  Sld^an«  ungefüllten,  an  ber  Satte 
$eri$o«  begangenen  35iebfta^l«  iuerft  erfolglo«  angegriffene  ©tabt  8ti,  ber  ©$lüffd 
^u  bem  Wtfti'ufy  bon  ben  Ebenen  ^erid^o«  auffteigenben  ©ebtrge  (f.  ÜRitteit  u.  9bu^r.  be« 
beutföen  ^Jaläftina^Verein«  a.  a.  D.  ©.  99  f.)  gefallen  h>ar,  matten  bie  ©etoo^ner  Mi 
©ibeon  bur$  liftige  ßrfd^lei^ung  ^rieben   mit  ^ofua  (Ä.  7—9).    Saut  ber  Slntoetfung 

60  3)t  27  fyattt  er,  bon  9li  in  nörblic^er  Stiftung  jie^enb,  auf  ben  Sergen  6bal  unb  ®ari« 
jim  ©egen  unb  ^luc^i  berlünbigen  laffen.  äl«  bann  bie  Könige  ber  fübfi$en  jßälfte  be« 
)^anbe«  ein  Sünbni«  f$loffen,  um  ©ibeon  ju  jüc^tigen,  tourben  fte  bei  3Ralfe>a  auf« 
£aupt  gef^lagcn.  Von  biefer  ©c^lac^t  Reifet  e«,  ba|  toä^renb  berfelben  fu&  üb«  ba« 
.^eer  ber  Äanaaniter  ein  heftige«  ©etoittcr  mit  §agelfölag  entlub  (10,  11),  unb  ta|  W, 

66  al«  ba«  fernbliebe  $««  bie  %lufy  ergriff,  Jofua«  Vegej^ren  erfüllt  ^abe,  ba|  bie  ©oraie 
lange  genug  fc^eine,  um  bie  Jlieberlage  be«felben  boßftänbig  toerben  )u  laffen  (10, 12  ff-), 
fo  ba&  ba«  gefc^lagene  £eer  ftc^  nic^t  toieber  fammelte.  Von  ber  $o<$ebene,  auf  toei^er 
©ibeon  liegt,  erftreeft  ftc^  ein  %$al  nad)  Sljalon  ^inab,  toelc^e«  bon  ba  iia$  (SInm  in 
bie  ßbene  berläuft.    SQenn  nun  Sonnenlicht  blieb,  bi«  bie.  Verfolgung  Äjalon  erreichte,  fo 

6o  genügte  ba«  3Ronbli$t,  um  fte  bi«  in«  glacfylanb  fort)ufe|en,   unb   fo  —  fagt  ber  0b 


doftta,  ©olpt  9tnttd  395 

jö^Ier  —  fei  e*  getommcn,  inbem  er  bie  au*  bent  ^«^5  *£?  entnommene  9la$ric$t 
(10,  12—13»)  bi  18b  unb  14  bafyin  beutet,  bafe  bie  ©onnc  bi*  in  bic  TOitte  be* 
§hnmel*  innren  getoitynlid&en Sauf  eingehalten;  Don  ba  an  aber  fo  lange  gebraust  tyabe  bi* 
ju  ifcem  Untergange,  afö  fonfl  tyr  ganjer  lageelauf  toätyrte  (ran  cv2).  2ßenn  ber  (Ste 
jfl&ler,  tote  totr  boi#  annehmen  muffen,  feine  Quelle  richtig  Derftanben  fyat,  fo  brausen  6 
toir  bantm  nicfct  an  einen  „toirflictyen  ©tillftanb  be*  (Srbfötyer*"  ju  benfen,  fonbern  nur 
an  einen  „opttföen  ©onnenftiDftanb'' :  ©oit  erhielt  „auf  ba«  ©ebet  ^ofua*  auf  ftmnberbare 
Seife  in  jenen  ©egenben  bie  3äge*tyeHe,  fo  bafj  ^xatl  nacfy  bem  Slugenfc&em  meinen 
mufcte,  bie  ©onne  fei  im  $immel  fielen  geblieben".  $atte  fi$  ber  ©ott  3*rael*  ben 
Jtanaanitern  bur$  ba*,  toa*  an  Sjericfyo  gefcfyaty,  al*  ben  ©ott  ber  @rbe  unb  am  ^orban  10 
aä  ben  $errn  ber  SBafferftröme  ertoiefen,  fo  bur$  biefen  SSorgang  al*  ben  §errn  aucfc 
über  Sonne  unb  STOonb,  Jtanaan*  fyöfyk  ©ötter.  Wafy  SMfeba*  (Srftürmung  (10,  28) 
toanbte  fä  3*>fua  ßcfl*1*  «n*  SWfc  «nberer  ©täbte  ber  nachmaligen  ©tammgebiete  Don 
Ruba  unb  ©imeon,  eroberte  in*befonbere  bie  ©täbte  Sibna,  Safifcty,  ©fllon,  Hebron  unb 
$ebir,  brang  im  ©üben  bi*  in  bie  ©egenb  Don  Jtabefcfy  Sarnea,  im  SBeften  bi*  in  bie  16 
Don  ©aja  Dor,  bie  3Jla<fyt  ber  Jtananiter  in  bem  ganjen  Sanbe  jhrifd&en  ©ibeon  unb 
Jtabefö  ore$enb  (10,  29  ff.).  3«  einem  britten  gelb^ug  beftegte  er  am  ©ee  SRerom  (bem 
heutigen  8a$r  et^ule)  bie  Derbünbeten  Könige  ber  5Rorbfyälfte  be*  Sanbe*,  fco  $apx 
(DteUekty  ber  heutige  $ett  §ajftr  in  ber  ÜWittc  jhriföen  bem  ©ee  2Kerom  unb  bem 
Stittdmeer)  ber  33orort  toar.  20 

9Bar  btm$  biefe  toucfctigen  ©cfyläge  binnen  Weniger  ^afyre  (Dgl.  14,  7  mit  v.  10) 
ba*  Sanb  mit  9lu*na$me  ber  p^iliftäiföen  unb  ))^öni^if(^en  Hüfte  unterworfen,  fo  toar 
e*  bodj  leine*h>eg*  in  allen  feinen  teilen  Don  Israel  befefct.  9to#  mehrere  ^a^re  nadb 
Skenbtgung  biefer  Ärieg*jüge  befanb  ftc$  3jofua  in  bem  Sager  Don  ©ilgal  mit  bem  SSolr, 
jotoeit  cd  nic$t  fc$on  Dörfer  auf  ber  Oftfeite  be*  $orban  anjäffig  getoorben  ober  teiltoeife  20 
m  bat  eroberten  ©täbten  be*  bie*fettigen  Sanbe*  ft$  niebergelaffen  tyatte,  unb  betyerrfctyte 
Don  bort  au*  ba*  Sanb  (14,  6). 

SDie  Xudteilung  be*  Sanbe*  an  bie  ©tämme,   bie  jtoeite  Stufgabe,  ber  ^ofua  nt  ge- 
nügen  ffltk,   begann  no<$   in   biefem  Säger  14,  6.    3uerft  gelangten  $u  änfäftigfeit 
bie  ©tämme    ^uba,  Qfytycaxm  unb  §albmanaffe,    toa*  [\d)    ebenfo   au$  bem  ßa&len*  » 
Da$ältni*,  in  toelc^em  ba*  SSolf  biefer  ©tämme  ju  ben  übrigen  ftanb,   al*  au*  tyrer  be* 
Donugten  ©onberftellung  erHärt.  9{ac^bem  biefe  i^re  ®ebiet*tei(e  in  93cfi$  genommen,  braute 
^ofua  bie  ^eilige  Sabe  unb  ba*  \jl.  fylt  Don  ©ilgal   nad?  ©ilo  im  ©tamme  Sp^raim 
(18,1),  too  er  Don  ba  an  toofynte  unb  ba*  Sßolf  Dcrtoaltete.  §ter  na^m  er  bie  Verteilung 
be*Sanbe*  Don  neuem  auf.  Sie  ©egenb,  too  bie  no$  übrigen  ©tämme  tyren33efty  finbcn  35 
füllten,   tantrbe  bur^  ba*  So*  entf$ieben,  ber  Umfang  jebe*  ©ebiet*  aber  nad)  Der  3a^I 
be*  ©tamme*  au*gebe^nt  unb  Derteilt  (Ä.  18  ff.),    ^ofua  felbft  erhielt  auf  Wm  au«* 
brieflichen  Sefe^l  bie  im  ©tammgebiet  @j>fyraim  gelegene  ©tabt  I^imnat^  ©era^  jum 
(hbgut  (19,49.  50;  24,  30).    9tad)  Donogener  SanbDerteilung  geftattete  er  ben  21/,  oft* 
joAantfcpen  Stämmen,   toeld^e  i^rer  $fltd^t  genügt  Ratten,   bie  SRücffc^r  in  bie  ihnen  be*  40 
tot*  jugettnefenen  ofHorbanifc^en  ©ebiete  (22,    1—9).    Sie  Sirbett    im  ©rof*en   War 
burx^  t^n  gefc^en.    98a*  no^  übrig  fear,  um   jum   ruhigen  8eft^  be*  Sanbe*  ju  ge* 
knwen,  tonnten  unb  foOten  bie  einzelnen  ©tämme  nachholen.  3m  Vorgefühl  feine*  Xobe* 
Denammdte  er  bie  Oberften  be*  Volt*,  fte  ju  DöQiger  3lu*rottung  ber  Jlanaaniter  erma^ 
vtaäb  unb  Dor  ber  äkrbmbung  mit  tynen  marnenb  (Ä.  23).   Sluf  einem  balb  barauf  &u*  45 
{ammenberufenen  allgemeinen  Sanbtag  ju  Sichern  nafym  er  älbfd^ieb  Dom  Solle,  ba«  er 
auf  feine  (Erflärung  yin,  3a^De  Dienen  ^u  moQen,  gur  Beobachtung  ber  göttlichen  ©a^ungen 
Mpfltytete.  ß^S^tt^wwfl  ^aran  entc^tete  er  bei  ber  Serebinttye,  tocld^e  „am  Heiligtum 
3a^MM  ftanb,  eine  ©enlfäule  unb  na&m  über  ben  ganzen  SSorgang   eine   llrtunbc  auf, 
toeii^e  bem  <Befefebu$  beigefügt  tourbe  (24,  26—27).    Sticht   lange  barauf  ftarb  er  in  50 
einem  SDter  Don  110  $af)tm  unb  tourbe  in  feinem  (grbteil  begraben  (24,  29.  :*0;  9li 
2,  8.  9). 

3n  3ofua  finben  toir  unerf$ütterli$e  ©lauben«)uDerftc^t  unb  Einblicken  ©laubeu«* 
jriorfam  ©ott  gegenüber  gepaart  mit  DöHiger  Unabl;äng!eit  Don  menfc^lic^em  ^bun  unb 
Weinen  (9ta  24,  1—10;  3jof  17,  14—18;  24,  15).  $u  biefen  (Sigenf^aften  fommen  55 
)>erfdnli^e  Zapferfett  unb  eine  feltene  ^elb^ermgrö&e.  2Bte  3Jtofe,  fo  erhält  aud)  er  ba« 
tyrenpefibifat  eine*  Anette*  3a^De*  (24,  29 ;  W\  2,  8  Dgl.  m.  $t  34,  5).  aber  er  n>iH 
vUfi  außer  Serbmbung  mit  Wofc  betrachtet  fein,  beffen  eigenfte*  SBerf  er  trieb  unb  &ur 
SoOenbuna  führte,  ©en  9lamen  3«>fuaö  finben  mir  fpäterjjin  ertoä^nt  bei  ber  lieber* 
eibauung  yeric^o*,  500  3^  ««?  feinem  Xobc,  l  SEg  16,  34;  bei  jenem  Saub&üttcnfeft  go 


396  3oftta,  ©ofjn  «uns  3otl)öra 

3le^8,17  unb  Don  ©te^anu«  »©7,45;  ferner  §br4,  8.  3n  Setreff  ber  angriffe  auf 

bie  ©  l  a  u  b  tt> ü  r  b  i gf  ei t  ber  erjäfylung  be«  Suctye«  ^ofua,  feiner  2Bunberberic$te  Dgl.  b.  D.  8. 

(Sine  intereffante  aufeert«raelitifcfye  Slottj   über  gofua«  @efd&i<$te  finbet  fu£  bei  $ro* 

f oj>iu«  unb  ©uiba« ;  f.  Socfyart,  Geogr.  sacr.  520 ;  gabriciu«,  Cod.  pseudepigraph.  I, 

5  889—894.  8bW. 

ftotljam,  nri-,  LXX  Ya>a#d/i,  1.  jünafter  ©o&n  be«  3erubbaal  (©ibeon),  ber  attein 
bem  Slutbab  entrann,  burcfy  toelctye«  fein  £albbruber  äbimeled&  bie  gamtlic  ©ibeon«  avfc 
rottete.  9ia$bem  er  in  feiner  berühmten  gfabel  Don  ben  Säumen,  bie  einen  Äönia  fug- 
ten, ben  ©icfyemiten  tyre  33jortyeit  vorgehalten  unb  bie  fc^Ihnmcn  folgen  iljre«  Serrat« 

io  pro^e^eit  fyattc,  flolj  er  naefy  einem  ntcfyt  netyer  gu  beftimmenben  Orte  Seer  3ti  9,5—21. 57. 

2.  $.,  ©otyn  Uffia«  unb  ber  Serufcba,  einer  $oc$ter  gabofö,  König   Don  3uba  (ögl. 

Stner.    »ibl.    3R.*»  « I,  614f.;   Stienfel,  Si6el*fiej.  III,  391  f.  CHölbede) ;  9itet)in,  $»» 

I.  790  (Äicinert);  fciuatb,  ©efd).  be«  SSolfeS  3«r.sIII,  632 f.  660f.;  @tabe,  ©efrf>.  b.  S.  3*r. 

I.  589;  Stößer   «efcrb.  b.  bibl.  ©efeb.  II,  2,  ©.  357 ff.) 

15  SRadfrbem  3otyam,  'Iam&äju  (Ia)va#äv  in  Cod.  B  2  £g  5,  5.  7.  32,  [A,  in  S.  5, 32 
'Icoa&dv  ift  tootyl  nur  ©dbreibfefyler])  bereits  bei  Sebjeiten  feinet  Sater«,  ba  berfelbe  auSfäfetg 
geworben,  al«  Sorfte^er  be«  $alafte«  Stecht  geferod&en  tyatte  (2  Äg  15, 5 ;  2  6$r  26, 21),  beflteg 
er  ben  I^ron  im  älter  Don  25  %af)xtn  unb  regierte  16  3^jw  3«nif^w  (759  bi«  43  nod?  ber 
fraktionellen  SRccfynung,  richtiger  Dielleicfyt  740—736).    93ci  ber  befatmten  Sertoirrung,  in 

20  ber  fiety  bie  d&ronologifcfyen  angaben  be«  Jtönig«bu$«  in  biefem  Zeitraum  beftnben,  über* 
gefyen  hrir  alle  bie  mc^r  ober  toeniger  fünften  Serfucfce,  bie  3lnfti^rung  eine«  20.  $afytt$ 
be«  Sotfyam  (2%  15,30)  ju  erflären.  35ie  ©etytoierigfeit  toäctyft  no<$,  toenn  fic£  au«  ben 
glcic^citigen  affyriföen  Quellen  für  bie  Regierung  be«  Sjotyam  unbSC&a«  tmrflty  nur  ein 
Seitraum  Don  12  (ftatt  32  !)3afyren  ergeben  foHte.  2)ie  immer  toieber  am  näcfcften  liegenbe 

26  annähme,  bafe  bei  ben  16  3j^rcn  3-$  Me  3e^  to*  3JKtregentf($aft  eingeregnet  fei,  fyd 
tfvax  an  2  ftg  15,  5  (f.  o.)  einen  Stnfyalt,  entfpric^t  jebocfy  nid^t  bem  Haren  SBortlaut 
Don  2  Kg  15,  32.  Son  ben  %hattn  3<>tfyam«,  bem  ba«  3eu8n^  e*ner  P^1^  t$eofra= 
tifc^en  ©efmnung  erteilt  toirb,  berietet  ba«  ftönig«bu<$  (15,  35)  nur  ben  Sau,  b.  $. 
2lu«bau  ober  Serfcfyönerung  be«  „oberen"  2*mt>eltyor«.    2Bie  fic^  au«  3W  20#  2,  too  Don 

so  einem  oberen  Sknjaminätljor  bie  Siebe  ift,  unb  beutlictyer  au«  @j  8,  3.  5,  Dgl.  mit  9,  2 
unb  40, 38  ff.  ergiebt,  ift  bamit  ba«  nörblictye  6ingang«t^or  au«  bem  äußeren  in  ben  inneren 
SSor^of,  ^unäd^ft  bem  Sranbotf eraltar,  gemeint.  2)ie  5^ronif  (II,  27,  3  ff.)  berietet 
aufeerbem,  offenbar  au«  guter  Quelle,  bafe  g.  auc^  an  ber  D})^elmauer  eifrig  gebaut  unb 
@d;löjfcr  unb  I^ürme  auf  bem  ©ebirge  guba  unb  in  ben  SBälbern  errietet  fcabe;    DgL 

SB  über  ä^nlic^e  Sauten  feine«  Sater«  2  Gfyr  26, 9  ff.  Son  ben  friegerifd^en  i^aten  3.«, 
auf  toelc^e  2  6^>r  27,  7  ^intoeift,  h)irb  (S.  4  ff.)  nur  ein  Seifriel  angeführt,  nämltcfc  bie 
SejtDingung  ber  3lmmoniter,  bie  bereit«  bem  Uffta  tributpflichtig  getoorben  (2  Gfyc  26,8) 
unb  toatyrfd|emlid&  erft  nad^  bem  Sobe  be«felben  lieber  abgefallen  toaren.  Db  ber  fefyt  b^ 
beutenbe  Iribut,  ben  fic  brei  3«^te  lang  an  ftotyam  entrichtet  |aben  fotten  (100  latente  ©Übet 

40  unb  je  lOOOOftor  Söeijen  unb©erfte),  al«  ein  fortlauf enber  ga^re«tribut  ju  ben!en  ift  ober 
al«  nur  auf  brei  ^afyre  Der^ängt,  läfet  fic^  au«  2  6^r  27,  5  nic&t  fieser  entf^eiben. 
Sielleicfyt  aber  fte^t  biefer  gelbjug  in  3ufantm*nfan0  m^  ^m  ©ffolgen,  bie  3-  "^  ber 
Slnbeutung  Don  1  6fyr  5,  17  a\x$  in  bem  ben  Slmmonitern  bena^barten  iäraelttiföen 
Dftjorbanlanb  errungen  batte,   unb  bamit  fiele  jugleid^  ein  Sic^t  auf  bie  toa^rc  Seron* 

46  laffung  bc«  f^rifd^-c^^raimitifc^en  Sünbniffe«  gegen  3"ba,  ba«  nac^  2  Äg  15,  37  noc$  bei 
Sebjetten  S.«  in  SBirffamfeit  trat.  5)ie  Erbitterung  ber  3«raeliten  über  bie  burd^3ot^am 
erlittenen  &crluftc  unb  bie  Seforgni«  Dor  einem  Weiteren  Umfic^greifen  ber  SD?ac$t  3uba« 
traf  gufammen  mit  ben  planen  ber  ©Drer,  bie  nur  in  bem  engten  3ufammenU(u^  Don 
2)ama«fu«,   ffiad  unb  3u^a  «nc  ©cpu^iDe^r  gegen  bie  immer  brotyenberen  wrtffiitte 

bo  äffur«  erblidtten  (Dgl.  xVf  7,  6,  toonai)  Don  ben  Serbünbeten  fogar  ein  fyrif<$er  SafaD 
für  ben  2:^>ron  7suba«  in  3lu«ftc^t  genommen  fd^eint).  3Me  3^Üage  h>ar  biefen  $Unen 
infofern  günftig,  al«  Siglat^  ^ilefer  Don  äftyrien  feit  feiner  2^ronbefieigunfl  (745)  in 
heftige  Jtäint>fe  im  Dften  Dertincfelt  fear.  35od{i  fc^eint  e«  unter  3<>t^am  noÄ  ntc^t  ju 
bebeutenberen  ftäm^fen  ge!ommen   ju   fein,   ba^er  in  ber  6^rontf  audj   be«  Sünbniffe« 

66  gegen  ^uba  noc^  ntd^t  gebaut  mirb.  Son  ben  $roj>§eten  toirfte  jur  g^t  3-^  ^w  ^m 
3efa]a,  unb  bie  Säuberungen  be«felben  2, 5  ff.  laffen  nur  ju  beutlic^  erfennen,  toie  tro^ 
aller  Slnl^äufung  Don  ©c^iä^en  unb  ltrteg«material,  tro£  aller  glänjenben  Sauten  unb 
getoinnreic^cn  Unternehmungen  jur©ee  auc^  ein  ftürft,  toie  3^t^am,  ben  inneren  Serfall 
be«  9iei$«  nid^t  ju  fyemmen  Dermo^t  fyattt.  Ä««#f^- 


ftotfaimd  397 

3»biann$,  römifcr/er  Äaifer  3>um  363  bis  ftebruar  364.  —  $te  tuidMigeren 
Duellen:  Ammianus  Marceil.  XXV;  Eutropius,  Brev. ;  Aurel.  Vict.,  Epit. ;  Themistius, 
Ormt.  V;  bie  ftirdjcn^iftorifcr  @otrate*,  3o*om.,  X&eoborct.  ©Ui$elncS  bei  bcn  öiuantineni. 
$u  üfll.  Äbb6  be  la  93leterie,  Histoire  de  rempcreur  Jovien,  9lmfterbam  1740;  XtHemont, 
Histoire  des  empereurs  IV,  3.  263  ff. ;  £.  9tid)ter,  2>a3  »ucftvömifcöc  föeicb  u.  f.  »..  ©eriin  5 
1865,  3.  168 ff.  (bürftig);  #.  8djiacr.  ©eföidjtc  bcr  römifdjen  Äaifcr^eft,  n,  ©otfja  1887, 
6.  344  ff. ;  S3ict.  edjutfe,  ©ejcfcidjte  bc«  Unterganges  be3  grted)ifdKönitjd)en  $etbentum3,  I, 
3«ia  1887,  6.  176  ff. 

glatotuä  GlaubiuS  SobianuS,  barbarifcfyer  £erfunft,  geboren  um  331  in  ©ingibunüm 
(Seigrab)  afe  6or/n  beä  bur#  militärifcf/e  SEücr)tigfeit  ausgezeichneten  SomeS  33arronianu$,  10 
bennär/lt  mit  Gr/arito,  ber  $ocr)ter  be$  angefefyenen  ©eneratö  Sucittianuä,  Gfyrift  unb  unter 
Julian  35erf Übungen  jum  SlbfaH  gegenüber  ftanbtyaft  (©ofr.  III,  13 ;  2^eobor.  IV,  1 : 
Üufin.  II,  1 :  confessor),  nar/m  aU  ^öfyerer  Cffijier  ber  ^alafttruWen  an  bem  ^erferjuge  teil 
unb  tourbe  in  ben  fritifcfyen  Slugenblicfen  nacfy  bem  Xobe  Julians,  nacfybem  ber  prätoriföe 
$räfeft  ©allufiiuä  abgelehnt,  auf  Anregung  einzelner  in  rafcf/em  SBafylgange,  toelcr/er  ber  15 
Majorität  bie  SRöglidjfeit  ber  ßrtoägung  abfctymtt,  am  27.  3>uni  363  bon  ber  Slrmee  im 
Angefügte  beä  geinbeS  jum  Äaifer  getoäfylt.  3Die  Styriftenfrage  föeint  babei  feine  Stoße  ge* 
fpicü  ju  fcaben.  35ic  bei  Äircrjenföriftftellern  (©ofr.  III,  22 ;  ©030m.  VI,  3 ;  ^eobor. 
IV,  1)  beftimmt  auftretenbe  SRact/ric&t,  ba&  er  unter  §intoeie  auf  ben  ©cgenfafc  jtoifcfyen 
feinem  <$riftlic$en  iBefenntniffe  unb  ber  beibnifcf)cn  Steligion  be$  größeren  leite  ber  Slrmee  ao 
Sebcnfen  geltcnb  gemalt  I^abe,  lägt  ftcf)  mit  ©runb  nicfyt  in  3.^*^  5^en;  nur  bie 
Sinjetyeiten  ber  Überlieferung  fmb  ju  beanftanben.  Die  mtlitäriföe  unb  bie  politifcr/e 
Sage,  freiere  ber  SReugctoätylte  borfanb,  unb  baneben  SRüdfftc^tcn  auf  bie  ©icfyerfteQung 
feiner  SBürbe  gegenüber  ettoaigen  Ufutyationen  im  SBJeften  führten  ju  einem  unrühmlichen 
grieben  mit  ben  Verfem,  in  bem  anfefynlid)e  ©ebietc  bc$  SieicfyeS,  barunter  bie  ©tabt  25 
9äftbi$,  preisgegeben  tourben.  3)ocfy  mar  bielleid&t  ein  anbercr  Sluätoeg  überhaupt  nicf)t 
md^r  möglich  3ebenfatfe  tourbe  IJobian  perfönlicf)  für  biefe  ©cr/mact;  beranttoortlicr;  ge* 
ma$t  (bagegen  richtig  ©ofr.  III,  22,  toetyrenb  2$eobor.  IV,  2  ben  2fyatbe[tanb  ein- 
fad?  in  fein  ©egenteil  berfefyrt).  3n  3(ntioc^ien  entlub  ftcfy  ber  ®roQ  ber  unruhigen, 
leibcnfc^aftli^fen  Sebölferung  in  bifftgen  ^Jam^Ieten  (groben  bei  ©uibaS  'loßiavog).       bo 

3n  Xntoc^ien  fanb  ber  junge  Kaifer  ©e(egen^eit,  feine  Stellung  ju  ben  tirc^lid^en 
unb  t^»(ogif^en  fragen  unb  3^ftänben,  tpelcpe  auö  ben  arianifef/en  Kämpfen  unb  ber 
retigim^oUtiföen  Sleftauration  Julians  ftc^>  ergeben  Ratten,  öffentlich  jum  Slu^bnicf  ju 
bringen.  Umtoorben  bon  ben  graftionen  (©ofr.  III,  24),  erflärte  er  fi$  unumn^unben 
für  bie  nieäntf^e  Partei  unb  i^ren  gü^rer  Slt^anaftuS.  ^n  einem  Schreiben  f orberte  er  85 
bkfen,  ben  „gottgeliebten",  „gottätynlidjen"  5)iann,  ber  ba«  ©teuemiber  be$  ort^obojen 
Olaubend  in  feiner  §anb  bält,  auf,  feinen  Sifc^of^  in  2Ucjanbrien  toieber  einzunehmen 
unb  im  (Sebete  ber  taiferlicpen  3Jlajeftät  gu  gebenfen  (Äthan,  opp.  ed.  Bened.  1698, 1, 2, 
p.  779).  SU^anaftuS  felbft  fucf)te  ben  Jtaifer  in  älntioc^ten  auf  (vita  aeeph.,  bgl.  ben 
X.  Sriantömud  9b  I,  ©.  40)  unb  fam  bem  33efc^le  be£  Jlaiferd,  neue  f$rift(i$e  3)ar=  40 
(cgungen  ber  redeten  Se^re  einjufenben,  im  @tnt>emd?mm  mit  einer  äg^tifc^en  ©t>nobe 
nad^  (Xt^an.  a.  a.  0.  ©.  780).  äöieber^olte  33erfu^e  bcr  Slrianer,  baS  Vertrauen  S°5 
biand  in  SU^anafiu*  ju  erf^üttem,  mißlangen  (bie  ^rotofoQe  2Itfmn.  a.  a.  D.  ©.  782  f. 
unb  ^J^tloft  VIII,  6).  Umfonft  bemühten  fic^  auef)  bie  SWacebonianer,  eine©unfterloetfung  bom 
Statfer  )U  erlangen,  (©ofr.  III,  25).  2lnbcrerfeit$  boHiog  fic^  in  Slntiod^icn  unter  Jüfc  40 
rang  bed  bei  bem  ^errje^cr  angcfc^cncn  33ifdj>ofS  3)celetiu^  auf  ©runb  ber  gormel 
Sfiotog  xax*  ovoiav  eine  bebeutfame  ätnnä^crung  ber  ©egenpartei  an  bie  3Rtcäncr  (©ofr. 
III,  25;  2Ranfi  III,  370  f.). 

(Ed  läfy  [\d)  ntd^t  berfennen,  bafe  bie  Stutorität  beS  jtaiferä  auf  ben  ©ang  ber  .cfjrifto» 
logif<^en  Römpfe  birett  ober  inbireft  einen  geftiffen  (Sinflufe  geübt  fyat,  boc^  bat  ^obian  60 
jeben  getoaltfamen  @ingriff  in  bie  ßnthridfelung  bermieben  unb  aus  feiner  Abneigung 
bagegen  fein^e^l  gemalt  (fein3lu^ruc^:  jundevl  dx^gog  rcov  omooovv  moxevovxcov 
foeadtu  ©ofr.  III,  25;  baui  IbcmifttuS,  Orat.  V).  "§icr  ^örtc  ßonftantiuS,  in  bem 
a  fehl  Sarbilb  fanb,  auf,  für  ipn  mafegebenb  ju  fein.  2)icfelbe  Haltung  beobachtete  er 
gegenüber  bem  ^eQenidmuS.  $ie  SBieber^erfteUung  bee  3uftant>^  bor  Julian  War  felbft  66 
berftdnblic^  ba*  R\A  feiner  Sleligion^poütif  unb  mag  in  ber  §auptfa$e  in  ben  ftenigen 
Winakn  feiner  Tcegierung  erreicht  toorben  fein,  fo  ba^  $i?Uoftorgiuä  VI II,  5  mit  Stecht 
fagen  (onnte:  Qobianu^)  xbv  Aq%cuov  xoojliov  äjioxa&iorijai  mTg  £xxXr}oiais  Tidotjg 
atVd?  dnaiidfas  btrjoeiag,  Sorjv  avralg  6  äjTOordn^  birjveyxer.  ©tymbolifcr;  ioied 
barauf  Ijin  baö  im  ^eereebanner  unb  auf  9)iün)en  toieber  erfc^einenbc  Sonogramm  G^rtfti  oo 


398  dotfattttd  Sotfttiaira* 

(Soweit,  M6d.  imp6r.  VI).  3)ic  Verbannten  Sifcfyöfe  festen  jurüd,  bie  Sonette  ber 
Äu$e  unb  tyrer  ^eiligen  ©tänbe  —  Älerifer,  SBittoen,  Jungfrauen  —  tourben  reftituiert, 
bie  innegehaltenen  ©etreibelieferungen  be$  ©taateä  triebet  ausgeführt  (©oft:.  III,  24  ; 
©ojom.  VI,  3 ;  2^eobor.  IV,  4).  3)er  GomeS  3Ragnu3,  ber  fidji  an  ber  Ämfcnbebrütf ung 

6  in  frevelhafter  2Beife  beteiligt  ^atte,  entging  faum  ber  £obe$ftrafe  (3$eobor.  IV,  22).  9Ktt 
Vorgängen  auä  ber  3eit  ber  Igulianifcfyen  SReftauration  l&ängt  o^ne  3toe*fel  au<$  eine 
Jtonftitution  jufammen,  freiere  bie  SSerefyelicfyung  mit  einer  getoetyten  Jungfrau  ober 
3Bittoc,  aud)  im  $aUe  ber  3uftimmung  biefer,  unter  lobeSftrafe  [teilt  unb  bie  au£  biefer 
SBerbinbung  (contubernium)  ^erfcorge^enben  Jtinber  für  erbunfätyig  erflärt  (Cod.  Theod. 

10  IX,  25,  2).  dagegen  ift  ba$,  toaä  ©uibaS  (a.  a.  D.)  über  bie  Störung  eine«  m  eine 
9ibliottye!  fcertoanbelten  Tempels  in  SRifibte  ni  erjäfylen  toeifc  (toobei  übrigen*  ber  Jtaiferin 
bie  Anregung  $ugef$rieben  toirb),  %abtl  SBenn  bemnaety  bie  SRcligionSpolitit  Vornan* 
bie  2BiebertyerfteHung  ber  früheren  Sage  ber  Jtir$e  unb  be$  ßfyriftentumS  al$  fefleS  3^ 
behauptete,   fo  ging  boefy  baneben  bem  §eibentum  gegenüber  eine  Xolerang,  freiere  auf 

16  biefer  ©eite  banfbar  aner!annt  tourbe  (2^emift.  a.  a.  D. ;  anberd  in  t>ertmtnberli$er  Um- 
beutung  ber  Quellen  ©filier  ©.  347).    3-  *W-  3U  leerem  33ict.  ©(^ulfte  a.  a.  D. 

2luf  bem  SBege  von  Slntiod^ien  na$  Äonftantinopel  übernahm  ^ovian  in  Slnc^ra 
mit  feinem  ©ofyne  33arronianuS,  einem  Äinbe,  feierlich  ba$  Äonfulat.  Äurj  barauf  ereilte 
Um  in  bem   bit^niföen  ©täbtctyeit  3)abaftana  in  ber  9ta$t  Vom   16.  bi3  17.  ftefcruar 

20  364  in  einem  Sllter  von  33  ^ai)xm  ber  lob.  2)ie  Urfactye  tvar  eine  natürliche,  ob* 
toofyl  bie  Senate  barüber  Von  einanber  abtoeietyen  (Amm.  Marceil.  XXV,  10 ;  Eutrop. 
Brev.  17).  35er  33erbac$t  getoaltfamer  Rötung  (j.  Ö.  bei  S^fyfoftomu*  in  epist.  ad 
Philipp,  cap.  4  hom.  15,  5 ;  neueftenS  ©filier  ©.  348)  ift  unbegrünbet.  5Die  Sei^e 
hmrbe  in  ftonftantinopel  in  ber  2fyoftelfircfye  neben  ben  Äonftantinern  beigefefet 

25  3n  ber  Äirctyc  empfanb  man  baS  unverhoffte  @nbe  be3  mit  großen  Hoffnungen  bc* 
grüfeten  äuguftuS  afö  einen  föfoeren  ©d^lag  (©oft  III,  26  ;  2$eobor.IV,  4;  SRiiftn.  II,  1 : 
haec  tarn  pia  et  tarn  beata  prineipia  mors  immatura  corrupit).  SBotyl  festen 
il)m  bie  ©genfctyaften  eines  großen  dürften,  unb  feine  Silbung  ging  über  ÜRtttlereS  ntd^t 
binauS  (Amm.  Marcell. :  XXV,  10:  medioeriter  eruditus;  boep  Aurel.    Vict.  Epit. 

ao  c.  40 :  literarum  studiosus),  aber  bie  getoiffentyafte  Ausübung  feinet  93eruf$,  fein  ®e* 
rec^tigfeitefinn  unb  ein  angeborenes  freunblid&eS  SBefen  ertoarben  tym  bei  Sänften  unb 
Reiben  in  fteigenbem  SRafee  Sichtung.  33orjügli($  ^ing  tym  bie  Armee  an  (3$eobor. 
IV,  5).  £ie  Von  »mmianuS  9JtarcelltnuS  an  tym  gerügten  fittlu&en  Mangel  (XXV,  10: 
edax  et  vino  Venerique  indulgens)  feinen  in  ber  %^at,  toie   jener  erhoffte  (quae 

86  vitia  imperiali  vereeundia  forsitan  correxisset),  feit  feiner  ©rfyebung  )urü<Egetreten 
ju  fein.  35ie  feltfame  Stotij  bed  (SutropiuS  Brev.  c.  18 :  benignitate  prineipum,  qui 
ei  successerunt  (93alenS  unb  SSalentinian),  inter  divos  relatus  est,  ift  enth>^et 
falfc^  ober  fo  gu  ertlären,  bafe  bie  s2tpotfyeoje  ein  blo^ed  SeremonieQ  o^ne  ben  früheren 
^n^alt  geworben  tvar.    ^jovian  ^interlie^  eine  ®attin  unb  ben  Vorbin  genannten  ©o&n, 

40  tvelc^em,  um  i^n  regierungeunfä^ig  311  machen,  ein  Sluge  au^geftoc^en  tmirbe  (fo  6^ 
foftomu^  a.  a.  D.).  »ictff  64nl«e* 

3ovintanuö,  römifcfyer  Ääretifer  in  ber  jtoeiten  Äälfte  bc«  4. 3a^r^.  geft.  bor  406.— 
üuellen:  Hieronymi  lib.  II  adversus  Jovinianum  ed.  Vallarei  II,  238—384;  Hierooymi 
epistola  48  unb  49  ad  Pammachium  ed.  Vallarei    I,    212  ff. ;    Hieronymi    epistola  50  ad 

45  Domnionem  ed.  Vallarei  I,  230  ff.;  Augustini  lib.  de  haeresibus  c.  82  ed.  Maur.  VTII, 
24 ff.;  Siricii  papae  epistola  2  ad  diversos  episcopos,  Maosi  III,  663 ff.;  Ambro«!  ep.  8 
ad  Siricium,  Coustant.  ep.  pont.  Rom.  I,  609 ff.;  Ambrosii  ep.  83  ad  Vercelleneee,  Balle- 
rini V,  554  ff.  —  Sitterotur:  ©.  ©.  öinbner,  De  Joviniano  et  Vigüantio  poriora  doc- 
trinae  quarto  et  quinto  saeculo  antesignanis,  ^tffertatton,  fieip^tg  1839;    St.  vfin(.  3ooi« 

so  nian  in  $tperd  eoangelifdjem  ^alenber  1858,  ©.  89—96  unb  in  Seugen  ber  tBafyrfctt  II, 
133 ff.;  C.  Bödier,  $)icront)mu§  1865,  ©.  194 ff  ;  H.  ^icn^,  St  Jerome,  1875,  6.  143ff.; 
©agenmann,  $(.  3oi>inianu§  in  dt&  VII,  127-29,  1880;  fl.  ^amad,  Die  Se^re  Don  ber 
©cligfeit  oüein  burd)  ben  Ölauben  %Zt)®  II,  138—154,  1891;  9B.  ßafler,  3ooinianu*f  %k 
Fragmente  feiner  ©djriftcn,    bie  OueUen   ju   feiner  ©efd)id)te,    fein  fieben  unb   feine  fie^re, 

66  Öei^ig  1897  (bort  aud)  OüaftÄnbige  giifammenfteHung  ber  gefamten  Riteren  fittteratur). 

SSon  bem  Seben  3^i«iön^  toiffen  toir  lüenig  Sicheres.  Sd  ift  eine  unbegrünbete 
Vermutung  bed  Saroniu^  (Ann.  eccl.  ad  ann.  382  §  30,  31),  bie  S$töbl  im  Sfat^en* 
lejifon  'VI,  1903  toieber  aufgenommen  fyat,  ba^  3o^n'an  ai1^  t*™  Älofter  beSXmba»* 
ftuö  in  3Railanb  hervorgegangen  ift.    3lad)  bem  ^«^te  385  trat  er  in  9lom  öffentli^  unb 


^obhtutmtS  399 

Gtterarifö  gegen  bie  Ueberfööfcung  be«  efyelofen  unb  aäfetifcfyen  geben«  auf,  bie  bur# 
ba«  au«  bem  Orient  ftammenbe  unb  im  äbenblanb  ftcfy  immer  me^r  embürgernbe  W6nfy 
tum  Verbreitet  toar.  3)iefer  3eityunft  $  ^urc^  ^m  333^0öanÖ  **>&  $ierontymu«  nad)  $a= 
l&ßina  gegeben,  ba  tyn  §ierontymu«  nic&t  ^crfönlic^  in  Sftom  fennen  gelernt  tyatte.  Vor 
biefa  3eit  ^atte  er  im  ßölibat  al«  ftrenger  2l«fet  gelebt,  in  fc^lccbtcftcr  Äleibuna,  in  5 
ftottiger  Zunita,  fötoarjem  §emb  unb  barfufe  toar  er  eingegangen  unb  tyatte  fic^  nur 
mm  ©rot  unb  SBajfer  genährt.  9Jlit  feinem  öffentlichen  auftreten  milberte  er  fein  a«* 
iettfe^ed  Seben  —  Die«  bürfen  tohr  ben  fraffen  2lu«füfyrungen  be«  §ierontymu«,  ber  ifyn  in 
feinet  {pateren  3eit  aU  römifefcen  Sturer  unb  2öollüftling,  al«  d&riftlictyen  ßpifur  unb 
fßrebiger  ftnnlictyer  fiuft  fcfcilbert,  glauben  —  er  erlaubte  fug  ben  ©enujj  fcon  ^leiföfpeifen,  10 
trug  beffere  Äleibung,  befugte  bie  Säber  unb  fcfylofe  ftc^  feor  allem  nic^t  Don  bem  Verfefyr 
mit  Solingen  ul*  Sfauen  ab.  ©erabe  ber  leiste  Sßunft  mar  ben  Orientalen  9Rön$en, 
Me  auf  fhengfte  Älaufur  brangen,  befonber«  anftöfeig.  2)abci  blieb  er  aber  naefy  toie  bor 
$do*  unb  bie«  getoifi  ni$t,  toeil  bie  bamalige  flirre  ben  33ru$  be«  9Rönc$«geIübbe«  al« 
furchtbaren  gret>el  beurteilte  (gegen  |>aHer  ©.  123),  fonbern  toett  er  biefe  £ebcn«form  für  15 
fk^  ate  4rifui$  geboten  erachtete.  6r  lebte  ganj  naefy  ber  SBeife  ber  bormöncfyifd&en, 
abenblanbtfctyen  ä«feten,  unb  fo  bürfen  toir  tyn  al«  einen  Vertreter  be«  alten  2l«feten* 
{famfee*  betrauten,  ber  gegen  bie  neuen  unb  toerfd&ärften  a«fetif#en  formen  be«  orien* 
taltfcfcn  3Rftn$tum«  in  Korn  einen  fcerjtoeifeltcn  Stampf  fämpft.  35abei  gelangte  er  ju 
prinzipiellen  Aufteilungen,  bie  mit  feit  lange  in  ber  Rird;e  geteilten  2lnfc£auungen  in  Stoiber«  20 
\ptud}  ftanben.  2)ajj  toir  e«  mit  einer  burcfyau«  ad&tung«toerten  unb  unanftöfjigen  $er= 
fönlutyteii  }u  tyun  tyaben  unb  fein  fanatifc&er  ©egner  §icrontymu«  un«  ein  ßerrbilb  fcon 
ifrn  enttoorfen  tyd,  ge^tbarau«  fyertoor,  bafe  3luguftin  unb  feine  anberen  ©egner  nicfyt« 
Ungünfttge«  über  feinen  2eben«toanbel  ju  berieten  toiffen  unb  feine  großen  Erfolge  in 
Äom  boep  mit  auf  bie  SBtrfung  (einer  ^erfönlid&feit  ju  fefeen  finb.  2)er  ßrfolg  feiner  25 
Agitation  gegen  ba$  "DJtönc^tum  toar,  bajj  t>ielc  Männer  unb  grauen  fogar  in  fyöfyerem 
Sttcr  ba«  etyelofe  geben  aufgaben.  Unter  ben  Sßrieftern  fanb  er  nad)  3luguftin  leinen 
Anfang.  Sa«  amtliche  Schreiben  be«  Siriciu«  nennt  8  feiner  Sln^änger,  bie  tym  al« 
ministri  praedioantes  jur  Seite  ftanben,  beren  tarnen  aber  fonft  unbetannt  fmb.  2)afj 
W  vj^tn  au$  leichtfertige  Naturen  anfc^loffen,  bie  in  tym  einen  Vertreter  la^er  $riftlid?er  90 
Stttlu^fett  iaben,  ift  bem  §ierontymu3  it)obl  ^u  glauben.  3)er  römifc^e  Sifc^of  @iriciud 
fa^  ft$  auf  Denunziation  ber  mönc^ifc^en  «reife  Stoma  belogen,  ben  2iot)inian  unb  feine 
Anhänger  auf  einer  römifc^en  ®^no\>^  im  %al)xt  390  ju  ejfommunijieren  unb  ben  au^ 
tpärtigen  Sifc^öfen,  inöbefonbere  bem  Slmbroftu^  t>on  sHJatlanb  babon  Mitteilung  ju 
machen  (Siricii  ep.  2  ad  diversos  episcopos).  Sei  biefer  Verurteilung  fyatte  U>o^l  35 
t»r  allen  ber  einflußreiche  2Rönc^  unb  frühere  Senator  $ammacfyiu$,  ein  ergebener  greunb 
bed  ^tcroitymuS,  mttgetoirlt.  S)a^ot)inian  ftc^  mit  feinen  treueften  ätn^ängern  nac^Wai* 
bmb  begeben  fyitte,  fo  beeilte  ftdj>  2lmbroftu$  391  eine  ©t^nobe  in  SKailanb  ju  galten, 
bie  glei^fadd  bie  (Sgtommunifation  über  ^somnian  au^fprac^  (Ambrosii  ep.  8  ad  Siri- 
dam,  papam).  SDte  Annahme  $aQerd  (6.  126),  toimafy  ein  @bih  be3  Äaifcrö  Xbco=  40 
boftud  toom  17.  Sunt  389,  baö  bie  Vertreibung  ber  3Ranid)äer  Verfügte,  3omnian  jum 
Seriaffen  Storni  beranla^t  ^abe,  unb  n>onac^  ^oDintan  in  3Railanb  beim  Haifer  gegen  bie 
Äntoenbung  biefed  @bi!ted  auf  feine  Stn^änger  borfteDig  ju  Serben  beabftc^tigte,  läfct  ftd^ 
mc^t  betoeifen  unb  ift  auc^  menig  toa^rfc^etnlic^.  sJlac^  ber  Verurteilung  be$  '^oöinian 
att£dretiter  förieb  §ieron^mu«um  392  auf  Veranlaffung  feiner  römifc^en  greunbe,  bie  i^m  45 
bie  Schriften  3ot)inian«  nac^  ©et^lc^em  getieft  b^ten,  feine  jtoei  Sucher  gegen  Soüinian, 
f.  8b  VIII  ©.49, 4s  ff.  3)a  biefe  aber  felbft  bem  ^5ammac^iu«  unbDomnio  ;u  ftarf  pole* 
wäjA  toaren,  toerfuc^te  §ierontymu$  ben  ^ä^ic^en  @inbruct  feiner  ©cfyrift  abjufdbtDäc^en,  o^ne 
fac^ljc^  nachzugeben  (ep.  48, 49  u.  50).  ^n  Vtailanb  lebte  ber  ©treit  no$  einmal  lieber  auf. 
3toei  SWnc^e  ©armatio  unb  Sarbatian,  älnge^örige  be^  Don  Slmbrofiuö  geftifteten  Älofter«,  so 
Ratten  tyrilloßer  berlaffen  unb  mürben,  atö  fie  ba^in  jurüdttebren  moQten,  uon  Jlmbroftu^ 
abgetmefen.  ©ie  gingen  nacb  VerceUi  unb  fammelten  bort  äln^änger.  älmbroftu^  fc^rieb 
bed^alb  an  bie  bortige  ©emeinbe,  um  fte  ttor  ben  fyäretifcfycn  fielen  ^oüiniand,  bie  bie 
beiben  3Rön<i}t  bertraten,  ju  toarnen  (Ambrosii  ep.  83  ad  Vercellenses).  Sluguftin 
f^rieb  gegen  bie  ^^^^^e  $ärefte  bie  Schrift  de  bono  conjugali,  obne  ^obinion  55 
au^brücRid^  )u  nennen.  Sud  ber  ©d^rift  be$  .^ieron^mud  gegen  Vigilantiud  im  ^atyre 
406  erfahren  toir,  ba63°binian  bamald  bereits  geftorben  toar  (Hieron.  adv  Vigil.  c.  1). 
J)k  näheren  Umftönbe  feine«  lobe«  fmb  unbelannt.  Gin  bom  ^a^re  412  batierte«  @bift 
bei  Xaiferd  X^eobofh^,  ba«  Xidemont  (M^moires  X,  733  ff.)  auf  ba«  3afyr  389  ^urücf= 
datieren  unb  auf  3°binian  bejie^en  ftoHte,  ^at  tt»obl  mit  bem  befannten  ^äretiter  nid^t«  w 


400  SobtmamiS 

ju  $un,  jumal  ba  aucfy  bei  ber  fd&toanfenben  Überlieferung  be«  Sternen«  3°t>ianii*  ober 
3oVinianu«  im  (Sbift  ftcfc  nid&t«  ©idpe«  feftftetten  läfct. 

2Ba«  bie  Setyranfcfyauungen  3ovinian«  betrifft,  fo  ftnb  fte  un«  nur  au«  ben  S$riften  feiner 
©egner  befannt.  2)iefe  tyaben  un«  atoar  einige  feiner  2$ejen  n>örtli<^  überliefert,  aber  für  ben 

6  inneren  ©ebanfemufammenfyang  ftnb  toir  auf  ^potyetifäe  Jtonftruftionen  gehriefen.  3)e«$alb 
ftnb  auefy  bie  Urteile  ber  proteftantifcfyen  ©ele&rten  Don  ^laciu«  (Centuriae  Magdeburg.  IV,  5 
6. 381)  bi«  auf$arnadt  unb  §atter,  bie  in  tym  einen  Sßroteftanten  feiner  Rät,  ben  tieften, 
origineHften,  burefy  @ntfd^ieben^eit  au«gejeicfyneten  2BaI?r£eit«jeugen  be«  Altertum«  fe^en, 
in  bem  ba«  ec^t  evangelifcfye  unb  proteftantijctye  Sßrinjip  am  meiften  hervortrete,  nu$t  mit 

10  ©id&erfyeit  unb  in  biefem  Umfange  feftgu^alten.  ^ouiniaii  (jattc  f«n*  Seiten  in  einer 
©cfyrift,  bie  §ierontymu«  commentarioli  nennt,  litterarifefy  Vertreten,  $afe  biefe  Schrift 
Von  ber  conscriptio  temeraria,  Von  ber  ber  römifcfye  Stföof  ©iriciu«  ft>ri$t,  )u  unter* 
f Reiben  fei,  tote  Roller  (©.  118)  meint,  ift  toenig  toafyrfdjietnlicty.  #ierontymu«  Verfpottet 
ben  ©ttl  3<>Vinian«,  ber  in  ber  %t)at  naefy  ben  groben  ju  urteilen  fdjtoerfäUig  unb  fötmfc 

16  ftig  toar.  gür  feine  2;fyefen  fud&te  govinian  3*uönifa  &*&  *>**  ©$rift,  aber  au$  au&  ba 
profanen  Sittcratur  beijubringen.  SDie  Scfyren  3<>Viniand  ftnb  ade  an  bem  9Biberft>ru$ 
gegen  ba«  2Röncfytum  orientiert.  2Iu«  bem  ©riefe  be«  ©iriciu«  ^ören  toir  von  jtoei  3rr« 
lehren  ^oviniand,  unb  biefe  flehten  in  ber  %t)at  bie  Jternpuntte  feiner  2etyranfc$auung 
getoefen  au  fein.  3la<fy  bem  erften  ©afc  tyaben  Jungfrauen,  SBittoen  unb  Verheiratete,  bie 

20  auf  ßfyrijtu«  getauft  ftnb,  ba«jelbe  Serbienft,  toofern  fte  nicfyt  fonft  in  tyren  SBerfen  ver* 
{Rieben  ftnb.  $ür  bie  ©leic&toertigfeit  be«  etyelicfyen  unb  jungfräulid&en  ©tanbeä  tote«  3- 
auf  bie  göttliche  ßinfefcung  ber  ßtye  in  @en  1,  28  unb  2,  24  fyin.  @r  berief  ft$  babei 
auf  bie  @otte«männer  be«  alten  Sunbe«  unb  auf  ben  Styoftel  $etru«,  bie  in  ber  6$e 
gelebt  fyaben.    Slucfy  empfehle  ber  2lpoftel  Sßaulu«  im  erften  $imot$eu«brief  auäbrüc&ty 

25  bie  6fye.  3)ie$  fü^rt  3.  ba$u  für  ba«  SRec^t  ber  jtoetten  unb  britten  Sere$eli$ung  unb 
für  bie  SRefonjiliation  bußfertiger  §urer  einzutreten.  93eactyten«toert  ift  e«  aber,  ta$  3- 
ben  Göltbat  be«  Jtleru«  nicfyt  befämpft  ju  gaben  fcfyeint.  —  2Bie  bie  Bevorzugung  be« 
jungfräulid&en  ©tanbe«  befämpfte  3.  auefy  bie  Überffyäfeung  be«  haftend.  2)a«  Raffen  $ 
nafy  ifym  um  nietyt«  beffer,  Verbienftlicfyer  unb  gottgefälliger  al«  ber  ©enufe  Von  Steifen, 

so  ber  mit  $anffagung  gefc^ie^t.  @r  lehnte  ftc^  ^ier  toörtlid^  an  1  %x  4,  4  an.  ©Ott  ^at 
aHeöjum  35ienft  ber  3Äenfd^en  geje^affen.  SBie  ber  SKenfc^  afö  Seft^er  unb  Se^enf^a 
ber  üffielt  unter  ©Ott  ftel;t,  fo  ftnb  Stiere  unb  fangen  gur  92a^rung  unb  Äleibung,  über- 
l^au^t  jum  ©ebrauc^  ber  SKenfc^en  gef Raffen.  6(?riftu$  felbft  fyat  an  ber^^ett  guÄana 
teilgenommen  unb  bort  nic^t  gefaftet  ober  auc^  nur  getoiffe  ©peifen  alö  unrein  juw& 

35  getoiefen.  3ur  3)arftellung  feine«  Slute«  fyat  er  im  ^eiligen  Slbenbma^l  ntctyt  bad  z&ifier, 
fonbern  ben  2Bein  getoä^It,  unb  auc^  $aulu«  fyabz  auf  bem  ©<^iffe  Srot  unb  ntc^t  Ra- 
ftanten  gegeffen  unb  bem  magenleibenben  5imotyeu$  ben  9tat  SBein  )u  trinfen  gegeben. 
SKit  bem  %a\ten  a^men  bie  Gtyriften  bie  Reiben  nac^,  bie  ^riefter  ber  Säbele  unb  3fö 
enthalten  ftd^  be«  Srote^  unb  ber  Serealien,  unb  bie  $^t^agoräer  be$  ^letfc^genuffed. 

40  3n  ^em  mailänbifc^en  ©^nobalbefc^eib  bed  Slmbrofiu«  toerben  bem  So*""*1*  nitf 
tfvti  weitere  ^nle^ren  beigelegt.  3*  ^ugne  bie  unverlegte  SSirgmttat  ber  SRaria  unb 
eine  33erfdjieben&eit  in  ber  ^immltj^en  Belohnung  ber  ©ered^ten.  3Rit  ber  Selämpfimg 
be«  loerbenben  35ogma«  Von  ber  unVerlefclicfyen  35irginität  ber2Raria,  an  bem  bie3Rön$e 
jur  3Serl;errlt(^ung   be«  ßöltbatä   befonber«   interefftert  toaren,  toollte  3-  *>*n  Stn^ängern 

45  be^  2Rön$tum3  einen  fd^m  erglimm  ©c^lag  Verfcften.  3*  ^c^  ^a^  feft  an  ber  junafräu* 
liefen  ©eburt  ^eju,  behauptete  aber,  ba^  ^taria  burc^  ba«  ©ebären  aufgehört  fysbt,  §ung» 
frau  ju  fein.  @r  bef^ulbtgte  bie  ©egner  be«  9Jtantc^ät«mu«  unb  Sualiätnuä,  ba  bei 
i^rer  älnna^me  von  ber  beftänbigen  3ungfraufc^aft  ber  5Rarta  ber  Seib  G^rifti  fein  toirf* 
lieber,  fonbern  nur  ein  f$einbarer  gemefen  fei.    —   911«  eine  tfonfequen)  au«  ber  ©letc^* 

60  fteQung  ber  6l?e  unb  ber  Sirginttät  (d^etnt  3-  ben  ©a$  aufgefteOt  )u  ^aben,  ben  im« 
§ierontymu«  al«  vierten  überliefert  fyat.  9lad^  3-  erhalten  aide  SBtebergeborenen,  tod^e 
i^re  Xaufgnabe  betoa^rt  haben,  glei$giltig  ob  fte  im  (Styeftanb  ober  al«  3ungfrauen  ge> 
lebt  fyabcn,  biefelbe  Sergeltung  im  ^immelreid^.  (S«  giebt  nur  )h>ei  Klaffen  von  3Rcnf$en, 
©ered)te  unb  ©ünber.    ^ür  biefe  3mcitcilung  ber  3)tenfctoeit,  bie  Von  Anfang  an  natfc 

&6  loeiebar  fei,  beruft,,  er  ftc^  auf  9loa^  unb  bie  ©ünber,  £ot  unb  bie  ©obomiter,  bie  3** 
raeliten  unb  bie  si(g^ter,  bie  ©c^afe  unb  bie  33öcfe,  bie  ©efegneten  unb  bie  Skrflutyen 
be«  Sater«,  auf  bie  ©let^niffe  vom  guten  unb  fcfylectyten  Saum  unb  Von  ben  ttugen  unb 
t^öric^ten  3"«0frau^-  9t"4  ben  2Härttyrem  erfennt  3-  W«€  ^ityere  Stufe  in  ber  Selig* 
fett  ju.    Ob  einer  in  ber  Verfolgung  Verbrannt,  erbroffelt  ober  enthauptet  toirb,   e«  ftnb 

00  Verriebene  Slrten  be«  Kampfe«,  aber  e«  giebt  nur  einen  ©iege«franj.  &u$  ben  ©ntoanb 


3o»utiaitttd  3mtäuS  oon  ßijon  401 

tornn  tricrfa$en  SWerfelb,  bon  ben  begebenen  2Bor)nungen  im  ßtmmel  liefe   er  nicfyt 

Sldten.  Unb  auf  ben  SBortourf,  mfyalb  ftc$  benn  ber  ©ered&te  anftrenge,  toenn  e$  boc$ 
einen  gortförüt  gebe,  antwortete  er:  er  ttyue  bteä  ntef/t,  um  metyr  ju  berbienen,  fonbern 
um  mq>t  ju  berlicren,  toaS  er  fyat.  35ie  Heiligung  btent  alfo  jur  Sctoafyrung  be$©naben* 
ßanbeS,  m<$t  -jur  SKetyrung  ber  33erbienftli<$feit  unb  ©eligteit.  35ie  gute  ©runbrietytung  5 
ber  Seele  backte  er  fiep  —  er  fnityfte  fyier  an  3jof;annetfcfyc  ©cbanlen  an  —  burety  bie 
ntyfttf<$e  Smtoo^ramg  ©otteä  unb  (Sfyrifti  im  Wenden  beftimmt.  35ie  toafyren  ßfyriften 
bilben  miteinanber  ein  einiget  SSolf,  bie  toatyre  einige  Sirene,  bie  bie  33raut,  ©cfytoefter 
unb  SKuHer  S&rifti  tft. 

S8on  biefen  ©ebanfen  aus  toirb  auefy  ber   fünfte  f<$rmerigfte  ©aft  3.$  berjtänblicfy.  10 
§ierr»rr/mu3  $at  tyn  ofe  gleite  3*rfetyre  beä  3.  unb  ämbroftuS  als  £e$re  be3  ©armatio 
unb  Sarbattan  befäntyft,  9(uguftin  unb  Julian  Don  (Sclanum  traben  ftcfy  genauer  mit 
ü)m  aufttnanbergefe^t  (Aug.  Op.  imperf.  contra  Julianum  lib.  I  c.  96  ff.).    3-  be* 
^ouptete   nämlicp  bte  prinzipielle  ©ünbloftgfeit  ber  äBiebergeborenen.    35ie,   toelcfye  mit 
bollern  ©(auben  in  ber  SEaufe  hriebergeboren  ftnb,  fönnen  Dom  Teufel  nid&t  ju  $att  ge- 15 
btadfi  toerben.  Sin  in  ber  Saufe  SBiebergeborener  fann  nicfyt  fünbigen,  Wenn  ein  getaufter 
ejpnft  fallt,  fo  ift  e$  ein  93ch>ci^#  bafe  er  tein  toafyrtyaft  SBiebergeborener  toar ;  er  fyat  nur 
bte  SBaffertaufe  unb  mcfyt  bie  ©eifteStaufe  tote  ©imon  3Wagu3  in  ber  2l}>oftelgefcfyicf/te 
ergaben.    2Bie  biefe  Sßropofition  bon  3.  be$  näheren  ausgeführt  tourbe,  bleibt  im  2)unfeln. 
ßterontymuS  machte  tyn  auf  ©runb  btefeö  ©afceä  jum  ©eifteeoertoanbten  be$  s$elagiu$,  20 
Julian  bon  (Sclanum  jum  ©eftnnungSgenoffen  2Iuguftin$,  unb  Slugufttn  fefcte  lieber  3°= 
trinian  m  Sejietyung  jum  *Pelagiantemu$.  G>rÄ$madjer. 

3tc«fa*,  Sifcfyof  bonStyon,  geft.  na($  190.  —  ausgaben  feiner  ©erfe:  t>on(£ra3* 
mu*,  s6afeilö26;  &euarbent  (1575  unb  1576,  oerbefferte  Hauptaufgabe) :  $ölnl596;  ©rabe, 
Eonbon  1702;  SRaffuet,  $ari$  1710 ff.  (nad)  Äapiteln  unb  Paragraphen  biefer  9lu3gabe  nrirb,  25 
wie  üblid),  $ier  cttiert);  Stieren,  fieipjig  1853,  2  voll. ;  £>an>en,  ©ambribgc  1857,  2  voll.  3n 
letterer  VuSgabe  ftnb  juerft  bie  parallelen  au8  #ippoli)tu«  als  (Srfafc  be&  Originale  oer* 
»ertet  unb  bie  bid  bafyin  befannt  gemorbenen  ftrtfdjen  unb  armenifa^en  Fragmente  gefammelt 
unb  ftar!  oerme^rt  (vol.  II,  431—469).  5)a$u  tommt  einiget  9?eue,  aber  nod)  ber  ®id)iung 
9ebfirfttge  bei  SRöfinger,  Monum.  syr.  II  (ltf78)  p.  8,  tat.  Jeil  p.  10  unb  bei  Sßitra,  Ana-  30 
lecto  IV  (1883,  bearbeitet  oon  Martin)  p.  17-35.  292-305.  ©elbft  bie  grieeftifdjen  grag^ 
mente  ftnb  nod)  bei  roeitem  nic^t  Doüftänbig  in  bie  bidt)rrigen  ausgaben  aufgenommen.  $gl. 
S-».  ^itra,  Anal.  II,  194  ff.  202  (Er.  2  =  Frg.VI  tat.  bei  Stieren  p  828;  fcaroenp.  478); 
p.  204  Ar.  4 ;  $apabopulo3  Äerameu«,  Anal.  Hierosol.  I,  387—389.  baju  ^auöletter,  8tf*v. 
f.  Äirc^engefa^.  XIV,  69  ff.  &ud)  Gramer,  Cat.  in  Matth.  et  Marc,  unter  ben  Corrigenda  36 
binter  p.  498  ju  ^ren.  Ul,  10.  6.  -  lieber  £ff.  ber  lat.  SBerfion  $itra,  Anal.  II,  lö8  big 
193.  210—217;  fioofS,  3)ie  $ff  ber  lat.  Ucberfefung  beö  3renäu3  unb  itjre  Äapttelein* 
teilung  in  ftirtbengefefc.  @tub.  ju  ^.  9?euter8  70.  ©eburt«tagf  1888,  @  1—93;  ©anbau, 
The  Ä88.  of  Irenaeuß  in  Journal  of  philol  XVII  p.  81-94.  —  Sitteratur  über  3"- 
nftui:  Eus.  h.  e.  V,  4  p.  8.  20.  24.  26;  Hieron.  v.  ill.  35;  ^iüemont.  M^m.  pour  servir  40 
1  llii«t.  eccl.  tom.  III  (a.  1695)  p.  77—99.  619-629;  3)obioea,  Dissert.  in  Iren.  1689; 
•rabe,  Proleg.  de  vita  et  Script.  Iren.  1702;  Eßaffuet,  Di98ert.  praeviae  in  Iren,  libros 
1702  (3)ie#  unb  anbere«  abgebrueft  bei  Stieren  II,  32—355);  Stieren  in  (Srfdj  unb  ©ruber« 
(hie^ll.  Serie  2,  »b  XXIII,  S.  357—386;  3iegler,  grcna'u«  ber  ©ifdjof  oon  ttjon  1871; 
2eimba4,  fBann  ift  3r.  geboren?  31X&  1873  S.  614— 629;  SipfiuS,  ^)ie  3eit  be*  %x.  unb  46 
bie  dntfle&.  ber  altfat^.  Sirene,  $3  1872,  S.  241—295;  beMelben  Nrt.  über  SrenäuS  Dic- 
ton, of  Christ  biogr.  III  (1882)  p.  253-279;  3abn.  3ur  ©iograp^ie  beä  $oh)tarpu«  unb 
be«  SrenfiuÄ,  gforfdjungen  5  ©efd).  beS  ftanonö  2c  IV  (1891)  S.  247—283;  oon  bemfelben 
ftpo^el  unb  «poftelfc^üler  in  ber  $roo.  «fien  a.  a.  VI  (1900)  S.  27—40.  53—94;  fcarnacT,  ©efd). 
ber  alMftriftt.  fiitt.  bid  GufebiuS  I  (1893)  S.  263-288;  II.  1(1897)  8.  320-333.  517-522.60 

—  Heber  einzelne  Seiten  ber  fiebre  unb  ber  litterarifa^en  arbeiten  be«  3  •  Wunder,  3)ie  ©bri- 
jrologie  bed  (I.  3r.  1843;  3abn,  ^arcettud  oon  »nenra.  1862  S.  234-245;  Itun^e,  S)ie 
«otteSle&re  be»  3r.  1891  ;  $()ierfd>,  3)ic  «el)re  bed  3r.  oon  ber  @ud)ariftie  312b  1841, 
6.40ff.;  Höfling,  3)ie  fiebre  ber  älteften  Stirere  00m  Cpfer,  1854  S.  71— 107;  £°pfenmüller, 

8.  Irenaeus  de  eucharistia,   1867;   ferner,   ^cr  ^auliniömuö   bed   3r.,   211  VI,  2,  1889.66 

—  Uebcr  feinen  Äircbenbegriff  unb  Stellung  ju  5Hom:  JRitfd)!,  ©ntfteb.  ber  altfatt).  Äira^e. 
2.  tvfL  1857,  6.  312 ff.;  ^arfenf^mibt,  2)ie  9lufängc  bc«  fall).  Äird)cnbegriff^  1874,  I 
6.  83 ff.;  Seeberg,  Der  ©egriff  ber  ayiftl.  lEircbc,  I  (1885)  S.  16 ff.;  Schneemann,  S.  Iren. 
de  eedeeiae  Born,  primatu  1875;  C>arnad,  S©«  1893.  S.  939 ff.  -  Stellung  in  ber  bare- 
feoL  gittere tur;  fcamaef,  3bXb  1874,  S.  174  ff.  211  ff  ;  gipfiu«.  3)ie  OueOen  ber  älteften  60 
Sefergefd).  1875,  6.  36 ff.;  Stunje,  De  historiae  Gnosticismi  fontibus  1894,  p.  1—40. 

I.  Schriften:  1.  "EJLey%og  xal  ävaTgornj  Tfjq  yevdcovv/wv  yvcoaeajg.    2)iefen 
^d  M  3r-  fdbft  in  älnle^nung  an  1  %\  6,  20,  bem  großen,  au$  5  Supern  befielen* 

*aU9ut*tleptoit  für  a^eolooic  tmb  Stirbt.    3.  «.  IX.  26 


402  drenSttd  Hon  S^ott 

ben  SBerf  gegen  bieÄcfcer  gegeben  (1.  Ilpraef.;  IVpraef.  §  1  unb  c.  12,4,  5;  V,  praef. 
cf.  6uf.  h.  e.  V,  7,  1,   unb  bie  6infü&mng«formel  eine«  forifc^en  fjragment«  bei  £art>e$ 

II,  433  nr.  3),  ftatt  beffen  bei  ©rieben,  Sateinem  unb  Boxten  auc$  abgefttrjte  ^formen 
übli$  toaren  (Eus.  h.  e.  III.  23,  3;  Cyr.  Hieros.  catech.  16,6;  Hieron.  v.  ilL  35; 

5Änastas.  Sin.  bei  lifd&enborf,  Anecd.  sacra  et  pro!,  p.  120;  gloru«  hn  Prolog  jur 
lat.  Überfefeung;  2Brig^t,  Catal.  of  the  syr.  Mss.  p.  1012.  1013;  ^otiu«  cod.  120; 
eigentümlich  Gramer,  Cat.  in  acta  ap.  p.  31  mit  ber  Jtorreftur  p.  426  xaxä  Ovaler- 
xivov  xal  Magxiowos  =  3ren.  III,  12,  1).  35a«  ganje  SBerf  ifi  un«  bottftänbig  nur 
in  einer  lateinifcfyen  ttberfefcung  erhalten,  beren  älter  erneuter  Unterfuc^ung  beborf;   beim 

10  bie  Meinung  toon  ©rabe  (sect.  II,  3)  unb  SJlaffuct  (diss.  II,  53),  bafc  bereits  3*r* 
tuHian  c.  Valentinianos  fte  benufct  fyabe,  ift  anfechtbar.  gür  ba«  ©or^anbenfetn  be« 
Original«  no#  im  16.  unb  17.  ^G^unbert  giebt  e«  uffl>erh>erfltc$e  3eug™fc  (8*fa 
3«©  II,  288-291;  TOtyer  ebenba  XI,  155—58;  2$2©  1893  9te.  43).  3njtot|<^en 
fyaben   toir  an  großen  (Sjcerpten   bei  ©bi^aniu«  (haer.  31,  9—32  =  Iren.  I  praef. 

15  §  1— c.  11,  1;  Epiph.  haer.  32,  1.  5.  7;  33, 1;  34,  1;  35, 1—20;  35,  1  =  Iren. 
I,  11,  2—21,  5),  an  jatylreicfyen  Heineren  Gitaten  bei  anberen  Sc^riftftellern  unb  großen 
ftifffd^tpcigenb  fyerübergenommenen  ©tücfen  bei  ^typofytu«  (refut.  VI,  38,  42—52;  VII, 
32—37)  einen  gehriffen  6rfa^  für  beträchtliche  Seile  be«  noefy  nietyt  toiebergefunbenen  Du* 

Sinai«.  —  @«  fehlte  in  ber  nrcfyenamtlid&en  Stellung  be«  IJrenäu«  )u  Öjon  niefct  anXn- 
ift  ju  einer  litterarifcfyen  ©eftreitung  ber  Srrle^rer.  einige  ©c&üler  be«  bon  ber  Schule 
©alenttn«  ausgegangenen  ©noftifer«  3Rarcu«  toaren  in  bie  Styonegegenb  gelommen  (I, 
13,  7),  unb  ©driften  be«  jur  balentinianifcfyen  Se^re  abgefallenen  römtfefcen  $re«btyter« 
ftlorinu«  beunruhigten  bie  bortigen  ©emeinben  (fragm.  syr.  XXVIII  ßorbety  II,  457). 
Sber  bie  näcfyfte  ©eranlaffung  jur  3lbfaffung  be«  großen  SBerl«  toar  bie  Sitte  eine«  m& 

25  toärtigen  greunbe«  unb  ©eruf«genoffen  (für  lefctere«  bgl.  befonber«  IV  praef.;  V  praef.), 
tyn  mit  ber  balcntinianifd&en  Sefyre  genauer  bdannt  ju  machen  unb  tym  Einleitung  ju 
tyrer  SBiberlegung  ju  geben  (f.  befonber«  bie  ©orreben  ju  1. 1  u.  III).  ©em  entfprecbenb 
h)ill  3jr.  Mc  bon  ifyren  Urhebern  unb  än^ängern  bielfacg  in  mtyfteriöfe«  SDuntel  gefüllten 
fielen   erftlicfy  an«  2ic§t  jiefyen  (ikeyxog),  jtoeiten«  aber  auefy  toiberlegen  (ävaTQomj). 

so  2)a«  urforünglicty  nic^t  auf  fo  großem  Umfang  angelegte  SBerf  follte  in  feinem  erften 
9uc$  bie  erfte,  im  &toeiten  bie  jtoeite  aufgäbe  löfen  (I,  31,  3  unb  bie  ©orreben   &u  II. 

III.  IV).  aber  fdjon  II,  35,  3  ftettt  3r.  ein  britte«  9u$  in  8u«fi<$t,  in  toelcfctn  bie 
fummarifcfyc  SBieberlegung  be«  2.  ©uc$«  burety  einen  ausführlichen  ©<$riftbetDet«  ergänzt 
Serben  follte.    2lber  „bie  Siebe  in  ©Ott,  reiefy   unb   netblo«  tote  fte  tft,  giebt  mtfyc  atö 

85  man  bvn  tyx  forbert"  (III  praef.).  9luc^  bie  eigentliche  Aufgabe  bed  Reiten  9u$*  foD 
mit  reiferen  SRitteln  noety  einmal  in  Sfngriff  genommen  toerben.  ®a«  %erf)nre(^en,  aufter 
ber  bie  ©nofte  üerurteilenben  Se^re  ber  ©bangeliften  bie  ber  übrigen  3lpofteI  nac&  S)>ofte[< 
gefc^ic^te  unb  ©riefen  unb  sulefct  bie  SBorte  !§efu  felbft  in«  gelb  ju  fübren  (III,  11,  9), 
toirb  im  britten  9uc^  nur  tciltoeife  gclöft.   S)ie  Sieben  %tfu  toerben  auf  ein  bierteS  83ud^ 

40  berf^art  (III,  25,  7),  toeld&eä  bann  hrieber  felbftftänbig  bem  greunbe  gefc^ieft  toirb  (IV 
praef.).  916er  am  Scfylufc  beweiben  ift  nic^t  nur  ein  großer  Xeil  biefer  Aufgabe  no$ 
unerlebigt;  e^  ftedt  ftd>  aufterbem  nod^  ba«  Sebürfntö  ^erau«,  bie  Se^re  bä  $aulud 
grünblicper,  alz  c^  im  3.  Suc^  gefc^en,  gegen  gnoftifd^e  3JJt|beutung  fu^er  *u  [teilen. 
(£ine  förmliche  Stu^legung  ber  j>au(inif$en  ©riefe,  fotoie  ber  ntcfyt  in  parabolifd^er  %oxm 

«6  borgetragenen  älu^fagen  ^efu  über  ©ott  ben  ©atcr  fteQt  er  für  bad  5.,  untmbenufli$ 
le^te  Suc^  in  Slu^ftd^t  (IV,  41,  4).  (Srft  eine  erneute  SRa^nung  bed  greunbe«  an  ba* 
gegebene  ©erfpred^en  fc^cint  bie  Slbfaffung  bctoirlt  ju  ^aben  (V  praef.).  Srfüttt  ty&  $x. 
in  bemfelben  fein  aSerf^rec^en  feine^tocg«;  in  feinem  £eil  be«  3öer!e«  entfpri$t  bte  SUid* 
fü^rung  bem  Programme  fo  loenig,  al«  in  biefem  legten;    baran  tonnen  bte  @o)^tdmen 

so  3!){affuet«  (diss.  II  §  54)  nid&t$  änbern.  ©rabe«  Vermutung  (proll.  sect.  II  §  6),  bafc 
ba«  ffier!  nic^t  bodftönbig  erhalten  fei,  entbehrt  riufyt  ganj  be«  anmalt«,  unb  auc^  m$t 
ber  Slnalogie,  benn  manche  lat.  £ff.  ^aben  auc^  ben  jefcigen  Bdj/iu^  bon  V,  32  an  toeg« 
gelaffen.  ©et  groger  ßlarfyeit  be«  ©ebanfen«  unb  be«  Su«brucf«  im  einzelnen  überlä|t 
ftc^  3r-  ftc^  bem  natürlichen  ©trom  ber  tym   jufliefeenben  Stoffe  unb  3been  unb  giebt 

56  fic^>  feinerlei  3Slixty,  tyn  in  ba«  enge  Seit  eine«  bor^er  aufgefteQten  $lan«  ein^toangen. 
2Ba«  ben  georbneten  ©ang  be«  SBerfe«  ftört,  ftnb  and)  nid^t  Dtgrefftonen  unb  Ssmfe, 
&on  loeld^en  ber  ©c^riftfleUer  reumütig  jurüdHebrte,  fonbern  ber  rüftig  fortfe^reitenbe  ®e* 
banfengang  eine«  ^Jlanne«,  ber  ft$  auf  ben  ©ebieten,  toelc^e  er  überhaupt  betritt,  mit 
ungejioungener  ©ic^cr^eit  betoegt.    6r  öcrjid^tct  au«brücfli^  auf  alle  Äunjl  be«  Ärift- 

co  ftellerifd&en  ©ortrag«.    SBie  er  fte  überhaupt  nic^t  erlernt  unb  geübt  tyü,  fo   mup  in«« 


3rettatt£  Hon  Sijon  403 

befonbere  fein  Aufenthalt  unter  ben  Jtelten  unb  feine  eifrige  Seföäftigung  mit  beren  bar* 
bartfe^er  6tora$e  ben  Mangel  an  gein^eit  beä  griectyifcfyen  äuSbrucfö  entfcfyulbigen  (I 
praef.).  3bxt  um  bie  ©acfye  ift  e$  ifym  ju  ttyun ;  unb  obtoofyl  er  an  einen  heiteren  Sefer* 
trete  benlt  (V.  praef.)  unb  jogar  eine  birefte  Seeinflujfung  ber  ftäretifer  burefy  feine  Schrift 
)u  beabtfcfctigen  fc^cint  (I,  31,  3;  111,25,  7;  IV,  12,  4),  fo  |at  er  bo$  immer  junäd&ft  6 
ben  fan  ftr$li$en  ©lauben  mit  ifym  einigen,  aber  über  bie  geinbe  bleiben  unb  bie 
rechten  SWittd  ber  Striegfityrung  mcfyt  auSreicfyenb  unterrichteten  greunb  im  äuge,  bei  toel* 
tym  er  auf  toofyltoo^Ienbe  aufnähme  feiner  3)arftellung  rennet.  Um  bie  öalentinianifdjje 
2efa*  toar  e$  biefem  ^auptfäctylic^  ju  tfyun;  baljer  ftetyt  fte  im  SSorbergrunb  ber  3)ar* 
fkeOung  tote  ber  SBiberlegung  be$  ^r.  2lber  ba  biefelbe  eine  recapitulatio  omnium  L0 
haereticorum  tft,  fo  gehört  e3  ju  i|rer  3)arfteHung,  bafe  fte  auf  t$re  SBurjeln  jurüd- 
geführt  unb  bt$  ju  ©fanon  üDlaguä  jurücfgegangen  toerbe;  unb  ba  bie  SBiberleguna  ber 
fcalenttn.  2e£re  jugletcty  biejenige  aller  anberen  §äreften  fein  foH,  fo  mufe  audj  auf  bie 
ty  gleictyeittgen,  aber  ni$t  ftammtoertoanbten  Sefyrbilbungen,  $.  93.  auf  ben  3Rarcioniti& 
mud  toemgftenS  beiläufig  eingegangen  toerben  (IV  praef.;  I,  22,  2;  31,  3;  II  praef.).  15 
&*  Duellen  ber  Darfteilung  btenen  tym  neben  ber  J>erfönli$en  9erütyrung  mit  einigen 
6$ülern  SSalentin«  beren  Sänften  (I  praef.),  au$  benen  er  meift  frei  referiert,  gutoeilen 
aber  au$  tatfrtlty  citiert,  ).  33.  I,  8,  5  au3  einer  Schrift  be3  italifd&en  33alentinianer$ 
$tofan*u*  (*&  3*K  ©efö.  be$  neuteftl.  ßanonS  11,  956—959);  I,  11,3  aui  ber 
6$rift  eine«  anberen  „berühmten  Se^rerS"  berfelben  S^ule,  alfo  nid^t  be£  Äatyofratia«  20 
ners  Spip^aneS,  beffen  tarnen  ältere  ©elefyrte  in  bem  (Spityeton  clarus  (fo  Iren,  lat., 
insignior  bei  Tert.  c.  Valent.  37;  bziqxivfis  Hippol.  refut.  VI,  38)  toieberpnben 
tooflten,  na$bem  tynen  ©jriptyoniuS  (haer.  32, 3)  in  biefem  grrtum  borangegangen  toar. 
3r.  leimt  too^l  ältere  firdjli<$e  Äefcerbeftreitungen,  toermifjt  aber  an  i^nen  genügenbe 
Scemttm*  ber  toalent.  2e$re  (IV  praef.).  dagegen  mag  er  in  Sejug  auf  anbere  #äre*  25 
ften  au*  folgen  SBerfen  geköpft  tyaben,  toie  er  benn  3jufttn3  ©<$rift  gegen  Wareton 
(IV,  6,  2)  unb  ein  gegen  9RarcuS  polemifterenbeS  ©ebicfyt  (1, 15,6)  beifällig  citiert.  £>a$ 
britte  Sud?  (III,  3,  3)  ift  jur  ßeit  be$  römiföen  ©ifd^of^  ®leutyeru$  (175—189)  ge* 
förieben.  Seit  SDtaffuet  (diss.  II,  §  47),  beffen  ungenaue  Slngabe  §art>ety  (Introd. 
p.  CLVIII  unb  vol.  II,  110)  unb  ßiegler  (©.  29  änm.)  toollenbS  falfö  re^robujieren,  30 
bat  man  bie  ÄbfaffungSjeit  nätyer  )u  beftimmen  gefugt,  inbem  man  bie  Slnfütyrung  ber 
Ueberfefeung  2#eobotion$  (Iren.  III,  21,  1)  als  öetoete  bafür  nafym,  baft  ^renäuS  ^tö 
einige  3**t  na$  ^>em  3^ten  ^af)t  be^  GommobuS  gefc^rieben  ^abe,  in  toclc^em  nad^  ben 
ft^  ergänjenben  Angaben  ber  $af$a$ronif  (ed.  3)mborf  I,  481)  unb  bc£  @pi]pbaniu^ 
(de  mens,  et  pond.  17  cf.  18)  i^cobotion  fein  2Bcrf  ebiert  tyabc.  Slber  erftlicp  han=  35 
belt  ed  fk^  ntc^t  um  eine  einmalige  (Srtoä^nung  einer  bud^^änblerifc^en  9tot>ität.  Srcnäug 
bat  bie  t^eobotion'fc^e  SSerfton  bed  Daniel  bur^toeg  anftatt  ber  LXX  benityt  (ogl.  Dt)cr= 
pect  Quaest.  Hippol.  p.  104—108)  unb  tyält  fte  ftd^erlicb  für  einen  Seftanbteil  feiner 
inspirierten  LXX.  $a3  fe^t  einen  fird^lid^en  ©ebrauef)  ju  S^on  borau^,  toelc^er  in  ber 
^tmfAenjeit  )tanf4fen  bem  2.  ^afyr  be^  Sommobu^  (181/2)  unb  bem  legten  Qa^r  bedio 
Cbutpenid  (189)  nid^t  entftanben  unb  feinem  Urforung  nad^  lieber  völlig  in  SSergeffen* 
^eit  geraten,  unb  bei  bem  Urteil  be$  gr.  über  bie  begebenen  Serftonen  (III,  21,  1—4) 
am  toentgften  auf  i^n  felbft,  ben  bamaligen  S3ifc^of  biefer  &ir$e,  jurüdtgefü^rt  Serben 
tarnt  Unb  obtoo^l  %x.  (nad)  bem  gried^tf^en  %<%t  \d)on  III,  21, 1;  nad?  bem  lat.  erft 
III,  21,  3)  ben  Sp^^  S^eobotion  unb  ben  ^Ponttler  9lquila  atö  ol  vvv  ut&eo^riveveiv  45 
roluoyyxeg  ben  70  Senioren  ber  ^tolemäergeit  gegenüberfteßt,  fo  geigt  bod^  "eben  btefe 
gnjaMiinenfteBung  X^eobotion«  mit  äquila,  toelc^er  ber  3^^  «w  130  angehört,  fcon  %x. 
aber  erfft  #nter  x^eobotion  genannt  loirb,  fotoie  bie  Scpau^tung  be^  3r#  ^  @bjoniten 
feien  biefen  beiben  überfe^ern  (ju  3ef  7, 14)  mit  tyrer  Weinung  \>on  ber  natürlicben  6r* 
pu&Mfi  3^  0^°^  ^fe  ft  ^a^  3B^  X^eobotion^  nic^t  a(3  eine  aderneuefte  @rfc^einung  so 
feiner  &egentoart  rennt;  unb  ed  folgt  unmittelbar,  0a^  l^eobotion  geraume  Reit  oor 
fiommohtd  unb  bor  @leut$eru$  gearbeitet  baben  mu^.  SDtc  $af$a$ronit,  toeldpe  nic^t 
jum  2.,  fonbern  6.  3>a^r  bed  (Sommobu^,  unb  tfvax  mit  au^brücflic^er  33e}ugnabme  auf 
bte  baju  notierten  itonfuln,  bie  $eraudgabe  t>on  X^eobotiond  33erfton  anfe$t,  ift  für  und 
o^ne  alle  Sebeutung,  ba  toir  ben  ©eioä^rämann,  ben  fte  citiert  unb  giemlid^  buc^ftäbltc^  65 
abfe^reibt,  felbft  lefen  fönnen,  nämlic^  ben  öpip^aniu^.  £iefer  aber  begnügt  ftc^  mit  ber 
fefyr  unbefhmmten  Angabe  negl  rfv  rov  devrigov  Kopodov  ßaodeiav  (§  17  f.  iebo<§ 
legt  unb  SInmerfungen  bei  Sagarbe,  Symmicta  II,  1(59)  unb  h  uo  xq6vco  xovtov 
(§  18).  2Bemt  SWaffuet  eine  ftonjeftur  gemalt  §at,  bie  er  nid&t  mitteilt  (ettoa  Tiegl  xo 
dcvxtQOY  xrje  KoßiMov  ßaodelag),  fo  ioirb  biefelbe  burd^  ben  ftontegt  fc^led^t^in  au^=  eo 

26* 


404  drtttittg  »Ott  Sljon 

gefcfyloffen.  2)er  jtocite  ßommobu«  be«  ©fn^aniu«  aber  toirb  Don  biefem  felbft  ebenfo 
unjtoeibeutig  na$  (©eirtimiu«)  ©everu«,  al«  bic  3Serfton  3$eobotion«  nac$  ber  be«  ©tym* 
mad&u«  angefefct;  unb  bic  fyeillofcn  Äonfuftonen  unb  ©elbfttoiberft>rü($e  btefed  fc&redltcfc 
ften  aller  Chronologen  in  biefem  3w^mt"^an9  §  IC— 18  fyat  ber  ©<$arffinn  eine«  Sßc* 

ötaviu«  (II,  398  sqq.,  $inborf  IV,  1,  62  sqq.)  tootyl  einigermaßen  )u  erflären,  aber 
f  eine«toeg«  ju  beseitigen  vermod&t.  3)ie  angäbe  be«  (Spi^aniuä  ift  bemnac$  völlig  toertlo« 
für  bie  Chronologie  be«  3r-  Slnbcrerfcitö  barf  man  avß  bem  befctyeibenen  lone,  in  toefc 
d&em  3>r.  aud&  noefy  in  ber  SBorrebe  feinet  legten  33ucfy«  feinem  greunbe  gegenüber  jty 
äußert  (quemadmodum  postulasti  a  nobis  obedientibus  praeoepto  tuo),  au$  ntyt 

10  fließen,  baß  er  ba«  gan^e  2Berf  nod)  atö  Sßre«btyter  gefd&rieben  ^abe.  @«  bebarf  !aum 
ber  Annahme,  baß  jener  gfreunb  felbft  ein  angefe^ener  SJifcfyof  toar  $loru«  im  Prolog 
§  1  scripsit  quinque  libros  cuidam  episcopo),  ober  baß  3r.  *ta  Wiener  -Kann 
mar,  bem  be«  greunbc«  2ßunf$  al«  »efe^l  galt  (t>gl.  SWaffuet  diss.  II  §  49  gegen  ®rabe). 
©teilen  toie  IV,  30,  1  (hi  qui  in  regali  aula  sunt  fideles  cf .  Hippol.  refut.  IX,  12), 

16  f otoie  bie  2lbtoefenfyeit  aller  älnbeutunaen  von  einem  Serfolgung«juftanb  ber  Äirc^e  fprecfcn 
bafür,  baß  biefe«  2Bcrf  nu$t  unter  SJcarc  2lurel,  fonbern  erft  unter  Sommobu«  (180  bi« 
192)  unb  fomit,  toenn  toir  bie  für  ba«  mittlere  33udj  geltenbe  angäbe,  jurSeit  bc«(Sfou 
ttyeru«  (175—189),  für  ba«  ganje  SEBerf  gelten  laffen,  um  185,  Vielleicht  im  Sauf  me^re 
rer  %afyxtf  aufgearbeitet  tourbe.    $)a  %x.  nun  mit  biblifd&en  Sitaten  ntc^t  fparfam  ift,  fo 

20  läßt  ftd)  barau«,  baß  er  fiefy  felbft  mit  einer  einigen  3lu«nafyme,  bie  toir  nietyt  fontroHieren 
fönnen  (III,  7,  1  cf.  ©rabe  sect.  II,  1),  niemals  citiert,  nicfyt  fließen,  baß  er  Dörfer 
nur  erft  toenig  ober  noefy  gar  nid&t  fcfyriftfteUerifcfy  tfyättg  getoefen  fei,  jumal  na$  ben 
Vorfyanbenen  angaben  leine  anbere  feiner  ©Triften  bon  annäfyernb  gleichem  Umfang  ober 
gleicher  Sebeutung  toie  ba«  $aupth>erf  getoefen  ju  fein  föemt.  —  2.  @in  3Ratynfc&reiben 

25  an  ben  römifcfyen  $re«btyter  glorinu«  neqi  juovagxiag  f)  7uq\  tov  jxy]  elvai  xov  &ebv 

noir\xY]v  xaxcov  (Eus.  h.  e.  V,  20,  1 ;    ein   gefcfyic&tlicfy   bebeutfame«  ©tücf   barau«  V, 

20,  4—8;   eine  au«  einem  Warttyrologium  genommene  armenifd&e  ttberfcfcung  bei  Sßitra, 

Anal.  II,  200).    3ur  3C^  bwW  ©d&reiben«   ftanb  glorin   noefy  innerhalb   ber  Jtir$e; 

*  benn  3>r.  betoetft  tym  erft,  baß  feine  £e^rfäfcc  mit  ber  flirre  unverträglich  feien,  unb  baß 

so  „nicfyt  einmal  bie  außerhalb  ber  ftircfye  fte^enben  Äe^er  foldjc  ©äfce  au3jufore$en  getoagt 
fyaben".  £)em  entfpridjt,  toaä  (Sufebiu«  (V,  20,  1)  fagt,  baß  glorm  barnal«  bie  im  2;itd 
be«  ©enbfc^rciben«  verneinte  Slnftc^t  ju  begünftigen  fc^ien.  —  3.  2)urd&  benfelben  glorin 
Veranlaßt,  aber  ntcfyt  me^r  an  ifyn  gerichtet,  toar  rö  onovdaofxa  negl  dydoddog.  ^a« 
«njißc  5raftment   WeiCT  //©tubie"   bei  Eus.  V,  20,  2   enthält   feine  Slnrebe  an  giorin, 

8ö  fonbern  ift  eine  an  ben  ©Treiber,  loelc^er  bie  ©cfyrift  logieren  toirb,  gerichtete  Sefd^toörung 
ju  geloiffen^after  SJergleic^ung  feiner  3lbfcbrift  mit  bem  Original.  2)a  ba«  3^ema  ber 
©c^rift  eine  ©runblej^re  SBalentinä  betraf,  unb  fte  nic^t  me^r  bie  gorm  einer  SBarnung 
an  %lox'\n  an  ftc^  trägt,  fo  mag  im  toefentlid&en  richtig  fein,  h>a$  ©ufebiu«  fagt,  baß  3r- 
fte  getrieben  ^abe,  al$  glorin  „loieberum  burc^  bic  ^nle^re  Valentin«  fortgeriffen  tourbe". 

40  Sefonber«  bebauerlicfy  ift  ber  Untergang  biefer  ©cfyrift,  ioeil  %x.  barin  fo  einge^enb  feinen 
3ufammen^ang  mit  ber  erften  nadj^apoftolifc^en  ©eneration  erörtert  ^at,  baß  @ufebtud 
außer  jener  Sefc^toörung  am  ©cfyluß  ber  ©d^rift  nur  bieS  auß  berfclben  anmerft.  3n  ber 
Überfc^rift  eine«  f^rifc^cn  (Sitat^  au«  Iren.  1, 9 , 3  ift  ni$t,  toie  man  au«  ber  Überfe^ung 
bon  §aröe^  (II,  433  f.  ä.  1;    cf.  $itra*3Rartin   IV,  18.  293   9ir.  3)   fließen  »nnte, 

4ö  biefe  ©cfyrift  von  ber  OgboaS  citiert,  fonbern  nur  gefagt,  baß  3jr.  in  jenem  3ufammm* 
^ang  gegen  bie  von  Valentin  unb  feinen  Sln^ängern  lt>ic  ein  tftytfyu«  vorgetragene  ^J^an- 
tafte  unb  gegen  bie  von  i^nen  fo  genannte  Dgboa«  ftreite,  loa«  in  ber  <3$at  zutrifft. 
3)agegegen  ift  ein  griccfyifc^  unb  f^rifc^  erhaltene«  Fragment,  ioelc^e«  in  einer  $f  mit 
xaxä  Batevxivov  eingeführt  h)irb,  toa^rfcfyeinltdj  ber  ©d^rtft  über  bie  Dgboaä  entlehnt 

öo(grg.  VIII;  ©tieren  ©.  829;  §arVety  II,  479;  SRat,  Spicil.  Rom.  II,  2,  36;  «Püra, 
Anal.  II,  197  9tr.  6;  f^rifc^  etioa«  Vollftänbiger  bei  ^arVd?  II,  454  3h.  25:  $itra* 
3Rartin  IV,  26.  299  9Jr.  24  mit  ber  fonberbaren  Übexfc^rift  „von  Srenäu«,  toelc^cn  bie 
§äretiler  citieren",  ober  nac^  anberer  Öefung  „töteten")-  —  4.  ©in  an  einen  getotffen 
Slaftu«  in  9Jom  gerichtete«  ©enbfc^reiben  negl  oxio/Aarog  nennt ©ufebiu«  V, 20, 1 

66  cf.  c.  15  neben  bem  jenigen  an  %lox\n.  9la$  ^Bfeubotertufltan  haer.  22  toorölaftu«  ein 
Duartabecimaner,  nad;  ^iacianu«  (ep.  1  ad  Sympron.)  ein  geborener  ©rieche  unb  9Ron* 
tanift,  vgl.  3«^n,  ^rWungen  IV,  285.  307.  3U  biefem  ©enbföreiben  gehört  nic^t  ein 
fvrifc^e«  gragment,  toeld^e«  ^arvet;  bcmfclben  guloeifen  toottte  (II,  456  3ix.  27  =  $itra* 
3)lartin  ©.  26.  300  9lr.  26,  f.  bic  tyier  folgenbe  Plummer),    (g^er  toäre  batyn  )u  rennen 

co  eine«  ber  ^fafffd^en  gragmente,  tomn  e«  cetyt  märe  (^arve^  II,  505  9fc.  37)  unb  fe^r 


3renSttS  »on  £t)tm  405 

toa$rf<fctnK<&   ein  ormeniföeS  gragment  0Pitra*9Kartin  ©.  34.  305  9fr.  8),  beffcn  ®$U 
&eit  bur$  bic  aSertoanbtfc^aft  beS  ©ebanfenS  mit  Iren.  IV,  26,  2 ;  33, 7  beftätigt  hrirb. 

—  5.  3U  ton  ©enbföreiben,  toelctye  3>r.  ä"*  3«*  ^^  DfterftreiteS  jh)ifc^cn  ben  2tjwten 
unb  SStctor  Don  SRom  an  fcerfctyiebene  Sifd&öfe  gerichtet  fyat  (Eus.  V,  24,  18),  toirb 
baSjenige  gehören  ober  fying  bocfy  bantit  jufammen,  toeld&eS  er  nad&  einem  ftrifcfyen  fjrag=  6 
ment  (£art>e$  II,  456  9fr.  27;  ÜHartm  ©.  26.  300  9fr.  26)  „an  einen  älejanbriner 
f$rieb,  barüber,  bajj  eS  Siecht  fei,  baS  geft  ber  Sluferftefyung  am  (Sonntag  511  feiern". 
Ob  ber  Slbreffat  ein  Quartabecimaner  toar,  ober  ob  3r.  ebenfo  hrie  an  3Sictor  (Eus.  V, 
24,  11)  hn  ion  ber  ßonjeffion  fo  gefcfyriebcn  fyat,  läfet  fi$  toeber  au«  ber  Ueberfd&rift, 
tu>c$  auS  bem  ^nfyalt  beS  Fragments  ficfyer  erfennen.  —  6.  ©^reiben  an  SSictorio 
fron  Stom  in  ber  Dfterfrage,t  im  tarnen  ber  gaHifcfyen  ßljriften  (Eus.  V,  23,  2; 
24,  11 — 17.  ^ufammenfteßung,  Überfe$ung  unb  Unterfucfyung  ber  Fragmente  bei  Rafyn, 
$orfä.  IV,  283—308).  (SufebiuS  lennt  mehrere  ©d&reiben  beS  ^r.  in  btefer  angelegen* 
$eit,  aber  nur  eine«  an  33ictor.  $n  t>M*n  ©nomologien  (9RajimuS  Conf.,  Parall. 
Sacra  etc.  f.  ^artoety  II,  477  9fr.  4;  $itra,  Anal.  II,  197  9fr.  8  9Jote  3)  foirb  ein  15 
&a%  beS  3>r.  »Qua  *>em  £W*f  <*n  3Sictot"  cttiert.  ©ine  3Jfr^rfyeit  foletyer  ©riefe  fyat  nur 
#terontymuS  (vir.  ill.  35),  fcon  toeld&em  toieberum  $fyotiuS  (cod.  120),  tote  fo  oftmals, 
burt$  Vermittlung  ber  gried&iföen  uberfefcung  beS  ©opfyroniuS  abhängig  ift,  in  feiner 
Seife,  toaj^einli#  infolge  unaufmerffamer  Sefung  fcon  Eus.  h.  e.  V,  24, 18  erbietet. 
3u  bem  emjigen  ©enbfc^reiben  beS  Sr.  ön  Victor  gehört  batycr  au$  baS  forifcfye  $rag*  20 
ment  eine«  ©Treibens  an  3Sictor  in  betreff  beS  glorinuS  unb  feiner  ©Triften  (£arfcety  II, 
457  9te.  28;  SRartin  ©.  27.  300  9fr.  27;  fcgl.  3af>n,  gorfö.  IV,  254  21.  4;  ©.289  f. 
305—308;  VI,  32  ff.),  unb  eS  ift  ni^t  fd&toer  einjufe^en,  hrie  trefft  eS  fi$  in  SEon  unb 
ßufommen^ang  jenes  ©enbfäreibenS  einfügt.  3Wögli$  ift  auefy,  bafe  ^feubojuftin 
(quaest  ad.  orthod.  115  ed.  Otto  IIP,  186)  mit  h  reo  Tiegl  tov  ndaxa  Xöyco  eben  25 
biefeS  ©enbfd&reiben  meint,  benn  öon  einer  anbertoeitigen,  ntd^t  als  93rief  abgefaßten  2lbs 
banblung  beSgr.  über  biefen  ©egenftanb  hriffen  toir  nichts.  —  6.  „Über  ben  ©lau  ben 
an  $emetriuS,  einen  2)iafon  öon  93ienne".  ©in  feit  geuarbent  in  lateinifcfyer 
Überfettung  unb  o$ne  genauere  Eingabe  ber  §erfunft  gebrucfteS  fjragment  (§art>ety  II, 
478  9er.  6)  ^at  juerfi  ^Pitra  Anal.  II,  202;  togl.  ©.  194  au«  einem  3Hi$celIenfobe£  90 
(Paris  854  fol.  134)  griet^ifdj  herausgegeben.  35aS  ßitat  toirb  bort  eingeleitet  ix  rfjg 
(L  rov)  Jigog  Ay)uy}tqiov  öi&xovov  Bialvrjg  negl  moxecoQ  loyov  unb  als  anfangt 
toorte  btefer  ©d^rift  ^tjtoyv  xöv  &edv  äxove  rov  Aavid  Xeyovtog  xtX.  6S  f daließen 
W  dm  hieran  mit  oem  Semma  toi»  avxov  X6yov  brei  für  je  ©ä|e  an,  toelc^e  fc^on 
längp  als  grg.  V  (©tieren  ©.  828:  £art>ety  ©.  477)  nad^  einem  (Sttat  beS  ÜRapmuS  as 
(Opp.  ed.  Combefis  II,  152  =  SJtigne  91  col.  276)  in  bie  ©ammlung  aufgenommen 
tDaren.  ©ort  toaren  bie  änfangStoorte  unb  ber  Sitel  ber©d^rift  ebenfo  angegeben;  benn 
&  tüjv  .  .  .  Xöyay»,  ov  ff  ägyri  xrX.  ift  ein  feine  üorreftur  mit  fiefy  fü^renber  ©c^reibs 
fehler.  33illei<$t  gehört  ju  biefer  <§c()rift  ein  ftyrifcfy,  armenifc^  unb  arabtfc^  erhaltenes  gragment 
(ßartK^  II,  460—463  9fr.  30.  31;  2Rartin  ©.  28.  31.  301—302;  syr.  9fr.  29;  arm.  40 
9fr.  1 ;  Mai,  Spie.  Rom.  III.  704).  3n  jtoei  ftr.  §ff,  einer  Sonboner  toom  3.  562 
(Brit.  Mus.  Add.  12156  fol.  1)  unb  einer  Datifanijtyen  (Cod.  140  fol.  128;  bgl. 
Wöftn^a,  Mon.  syr.  II,  9,  lat.Ieil  ©.  11  9fr.  3),  ferner  in  ber  armeniföen  Überfefcung 
fotoie  m  ber  arabifcfyen,  in  toeld^er  ber  9lame  Hierotheus  auS  Irenaeus  berfd^rieben  ift, 
toirb  eS  bem  3r.  gugefcfyrieben.  5)iefe  ftarfe  33cgeugung  fann  nicfyt  baburc^  in  5ra9c  0Cs « 
fWft  toerben,  bafe  in  einer  forifd&en  $f  (Brit.  Mus.  Add.  12156  fol.  77,  alfo  berfelben, 
toefcfc  fol.  1  unfer  gragment  bem  %x.  ^ufc^reibt)  ein  fetyr  ä^nltd^  lautenbeS  ©tüdt  bie 
Überschrift  trägt  „toon  »ifd^of  9Melito  über  ben  ©tauben"  (Gurcton,  Spicil.  syr.  p.  32, 
engliWcr  leil  ©.  53.  95;  9Rartin  ©.  29.  301  9fr.  30).  SDenn  erftenS  ift  eine  ©c^rtft 
WelttoS  unter  biefem  Xitel  nic^t  befannt;  ber  litel  mgl  vjiaxofjq  marecog  alo^rrj-  so 
oUov  Eus.  IV,  26,  2  liegt  m  loeitab.  dagegen  mad^t  fd;on  ber  (gingang  beS  SHelito* 
fragmentS  C/ÄuS  ©efefe  unb  ^ro^eten  ^aben  Wh  gefammelt,  toaS  Derfünbigt  ift  über 
unfern  #errn  3efuS  S^riftuS")  jiemlic^  geloi^,  bafe  eS  auS  SRelitoS  txXoyal  ex  je  tov 
röuov  xal  xcbv  7tQoq>t}x<bv  mgl  tov  oanrjoos  xal  ndotig  rrjg  moxecog  fjfidjv  (Eus. 
IV,  26,  13)  genommen  ift.  gtoeitenS  finb  biefe  ©ä|e  9JJelitoS  benjenigen  beS  %x.  eben  56 
nur  fe$r  ä^nlic^,  WneStoegS  mit  tynen  ibentifc^.  !jr.  loirb  fyier  loie  anbertoärtS  3luS* 
fü^ningen  eines  älteren  ©djrifftefierS  ft(^  frei  angeeignet  fyaben,  öielleic^t  in  ber  ©cfyrift 
an  2)emetriuS,  tpeld^er  ber  litel  neol  m'oxecos  e^er  jutommt,  als  ben  ©flogen  5RelitoS. 

—  7.  (Eine  Sinologie  bezeugt   Eus.  V,  26:    noög  "EXXtjvag  Xoyog  ovvxofuoxaToq 
xal  xd  fidlioxa   dvayxaioxaxog,    juqI    huorrjfArjg   hayFygafifAh'og.    ^ierauS  mac^t  go 


406  3rettatt£  Don  Üt)on 

Hier.  vir.  ill.  35  jtoei  Schriften,  bcren  lefctere  de  disciplina  betitelt  getoefen  fein  fott, 
toie  and)  Stufm  h.  e.  V,  26  negl  Imoxrjjurjg  überfeftt,  toö&renb  ©opfyroniuS  boS  Original 
glücflicty  lieber  erreicht.  SSieHetdjt  la$  $terontymu$  Sei  (SufebiuS  gegen  bie  meiften  fiff, 
audj   gegen  SRufin  unb  ben  ©tyrer  dg,  tote  Sämmer  e&,   bor  xä  fju&Xtaxa.   —   8.  ©ne 

6  ©cfyrift  £&  biidei£iv  xov  AnooxoXixov  xrjgvy/iaxog  toibmete  er  einem  gegriffen  SWar* 
cianuä,  möalicfyertoeife  bem  ÜBerfaffer  beä  Martyrium  Polycarpi  (c.  20,  f.  baju  2tg$t* 
foot).  —  9.  Sine  ©ammlung  Oon  $reb  igten  toirb  ba3  ßißXiov  dial££ea>v  dia<p6g(ov 
getoefen  fein  (Eus.  V,  26;  falfcfy  Stufin  dialogi  de  diversis,  richtig  fiterontymuS  vari- 
orum  traetatum,   ©opfyroniuS  noixiXcov  öjLuhcbv,   bgl.  Qafjtn,  3fotf<$.  III,  44).    Sin 

10  Fragment  berfelben  ift  in  ben  ©nomologien  toenigftenS  tetltoeife  unter  richtigem  Xitel 
aufbetoafyrt  (§art>cty  II,  480  Str.  11),  anbere  mit  SBerförcibung  be$  Xitefö  in  diaxd^ecov 
(1.  1.  II,  508  Str.  41  =  Str.  9  t>gl.  SJtigne  86  col.  2087).  ©in  armenifdfreS  »rucbfiüc! 
einer  Sßrebigt  über  SJtt  20,  20  trägt  bie  Überfd&rift  „avß  ber  jtoeiten  Steige  ber  $omUien 
be$  tyL  ^renäuS,  beS  StacfcfolgerS  ber  3fyoftel"  (£art>ety  II,  464  Str.  32;  SJtartin  ©.31. 

16  302  Str.  2).  —  10.  DefumeniuS  giebt  einen  äuSjug  avß  einer  ©c^rift,  toorin  Sjr.  über 
©anetuä  unb  Slanbina  enätylt  fyaben  fofl  (£art>ety  II,  482  Str.  13).  Slbgefefcn  Don 
einer  33ertoecfyfelung  ber  Märtyrerinnen  S3lanbina  unb  SibliaS  ftimmt  biefer  Stanzt 
toefentli#  mit  bem  ©^reiben  ber  ©emeinbe  Don  Styon  über  bie  SJtarttyrien 
oo n  2tyon  im  3.  177  überein  (Eus.  V,  14— 19.  25).    3r.  fann  ber  Serfaffer  beS  le|= 

20  teren  fem,  ba  er  bamate  Sßreäbfyter  in  Styon  toar,  unb  bie  ©emeinbe  tann  an  irgenb  einer 
©teile  feinen  Stamm  als  beS  SSerfafferS  genannt  ^aben  (&gl.  ben  gleiten  galt  Mari 
Polyc.  20,  1),  ofyne  bafc  (Sufebiug  e3  nötig  fanb,  auefy  biefcö  ©ttief  be3  93eric£t«  unter 
feine  ofynetyin  ausführlich  genug  geratenen  SluSjüge  aufzunehmen.  2Bir  Ratten  ein  ©eitern 
ftücf    an   ber  nafye$u    fixeren  äbfaffung   ber  Passio  Perpetuae  burety  Xertuttion.  — 

25  11.  9lu3  einer  ©$rift  negl  xov  fit]  elvai  6\yhvr\xov  xijv  vXrjv  ejiftiert  ein  Fragment, 
gegen  toelcfyeS  nid&t  Oiel  einjutoenben  ift  (Jöaroety  II,  496  Str.  32,  boüftänbtger  aud  einer 
anberen  £f  $itra,  Anal.  II,  203  Str.  3,  bgl.  ©.  195).  SBenn  man  neben 
Sofe^uS,  SuftinuS  unb  6aju3  auc$  ben  3>r.  für  ben  SSerf affer  ber  ©cfrift  $fo 
potytä  Tieql   xfjg  xov   navxög  ovoiag   gehalten   fyat    (*ß&otiuS  cod.    48),    fo   föratte 

sobaS  au$  ber  ßrinnerung  an  eine  ©cfyrift  oertoanbten  ©egenftanbeS  ftammen,  toelc^e 
3r.  in  ber  %\)at  gefd^rieben  fyat  —  12.  Unftd&er  ift  eine  „erfte  Auslegung  jum 
^o^en  Siebe",  oon  toelc^er  ein  f^rifc^eS  gragment  epftiert  ($arbe^  II,  455  va.  26; 
SJtartin  ©.  26.  299  9tr.  25).  —  13.  Über  bie  ©cf^te  ber  4  gragmente,  toeb^e  ber 
Sübinger  Kanzler  $faff  1715  Verausgab  (©tieren  I,  847—891  Str.  37—40;  £artK$  II, 

36  498—506  Str.  35—38),  f>at  ©tieren  II,  381—528  bie  Stften  gefammelt.  Steuerbmg«  fct 
§arnadt  (XU,  31%  V,  3)  fte  nachgeprüft  unb,  toie  e«  fc^eint,  enbgiltig  betotefen,  bafc 
alle  4  ©tüdEe  eine  ftälfc^ung  ^ßfaff'«  feien.  3)a«  2.  gragment  mit  ber  bunfeln  S5e* 
rufung  auf  öeviegai  xwv  äjiooxöXcov  diaxdt-eig,  toomit  möglic^ertoeife  bie  Didache 
gemeint  toäre  (Ogl.  ba^  ßitat  au$  SJtal.  1,  11   ^ier  toie  in   Didache  14,  3),   beni^rt 

40ftc$  nabe  mit  Iren.  IV,  17,  5—18,  1.  Slucfy  bort  toirb  betont,  ba|  bie  Äir^e 
baä  Di>fer  be«  neuen  Sunbe«  oon  ben  a^ofteln  empfangen  ^abe;  e3  toirb  bie  gleite  pa* 
p&etifcfye  ©teile  unter  Stennung  bed  SJtalacfyiaS  unb  ba^inter  mit  ber  gleichen  gormel 
(Joannes  in  apocalypsi)  91))!  5,  8  citiert.  Sebenfltc^  ift,  baft  an  ein  <d&  paulimfö 
bejei^nettö  6itat  (Stö  12,  1)  mit  xal  ndhv  ein  fol$e*  au^  ^br  13,  15  angeföbffen 

46  toirb,  a\$  ob  audj  bte^  $aulud  gefd^rieben  fyättt,  toä^renb  3r.  ben  ^ebr&erbrief  jtoar  citiert 
(Eus.  V,  26),  aber  bem  $aulu£  abgebrochen  fyat  (Phot.  cod.  232).  ©ntfcfctbenb 
gegen  bie  @c^tl;eit  ift  ber  auf  einem  S)ru(ffe^ler  bei  $a(lois  beru^enbe  ©ebrauc^  Oon 
htxaXovfiev  ftatt  Imxakov/uev.  —  14.  Db  ^r.  feine  älbftc^t  gegen  SJtarcion  eine  be» 
fonbere  ©c^rift  ju  fc^reiben  au^gefü^rt   tyd,    toiffen    toir   ni^t   (Lren.  III,   12,   12; 

60  Eus.  V,  8,  9). 

IL  SebenSgefcfyictyte.  3)a  3r.  mefyr  als  irgenb  ein  anberer  Ätrc^enfc^riftfteöer 
t>or  @ufeb  für  un$  afö  ^euge  ürd^lid^er  Xrabition  oon  Sßic^tigteit  ift,  fo  tyü  audf  eine 
genauere  geftellung  feinet  äußeren  Seben^gange^  er^eblic^e  Sebeutung.  2)te  $nMniu  Xften 
toar  feine  §eimat.    ^n  Stieberaften,  b.  ^.  in  einer  an  ber  2Beftfüftc  ftlehutfiend  gelegenen 

66  ©tabt  unb  in  ber  Umgebung  $otyfat|>3,  alfo  getoifi  in  ©m^rna  ^at  er,  „ba  er  noep  ein 
Änabe  toar/'  ben  f^äteren  fieser  ^lorin  gefe^en  (f.  unten).  Stac^  bem  Armenier  ©ebeot 
^at  [\d>  3r-  einmal  in  Saobteea  aufgehalten  (Mitteilung  bon  $übfcbmann  bei  ^arnaef 
Patr.  apost.  I1,  2,  101).  3)ie  auep  fonft  mannigfaep  bejeugte  Serbtnbung  jtarif^en 
ben  Hirnen  Slften^  unb  ©allienS  unb  ber  Xon,  in  toel$em  3r.  inm  ben  S&cd^n  unb 

60  Kirchenlehrern  jener  ^robinj  rebet,  beftätigen  feine  ^erfunft    ©rie^ifc^e  Sbtunfi  folgt 


3rettatt£  Mit  £4011  407 

freiTuft  toeber  atö  feinem  ÜRamen,  ben  man  in  ben  ^nfd&riften  SlftenS  jtemlid&  tyäufig 
antrifft,  no$  au«  ber  ©twtd&e,  in  tt>eld^er  er  förteb.  Slnbererfeit«  fyat  aber  au$  $art>ety 
(Prtef.  p.  V:  Introd.  p.  CLIII)  m$t«  triftige«  für  bie  £$>ot|efe  einer  femitiföen, 
feriföen  fierfunft  beigebracht,  3)ie  Übereinftimmungen  in  neuteftamentlicfcn  ßitaten  mit 
ben  frrifqen  Serftonen  fmb  nur  Qeugmffe  für  bie  ©cftalt  be«  gried&iföen  $erfe«  im  5 
itoetten  $$al?rl?unbert,  auf  toeld&en  beibe  gurücfgetyn.  2)ie  3lnjeid&en  öon  einiger  Äenntni« 
oe*  $ebrätf$en  unb  3framäifd&en,  toelcfye  übrigen«  burcfy  ben  an  ben  betreffenben  ©teilen 
begroflicfcertoeife  befonber«  oerberbten  %ttt  jiemlid&  öerbunlelt  fmb  (If  21,  3;  II,  24,  2; 
35,  3),  fonnten  e«  $öc$ften«  toa^rfd&einlic^  machen,  bafc  unter  ben  afiatifd&en  Äird^en- 
leerem,  toeldjen  3jr.  bie  ©runblagen  feiner  33ilbung  oerbanlt,  aucfy  Suben  öon  ©eburt  10 
toaren.  ©elbft  mit  toieöiel  93u$ftaben  ber  SRame  Sefu«  öon  ben  Hebräern  gefd&rieben 
toeibc,  toei&  er  nic^t  av&  eigener  ßenntni«,  fonbern  beruft  fi$  bafür  auf  bie  periti 
eoram  (II,  24,  2).    —   gn  ba«  &eHe  2i$t  unbcjtoeifelter  ©efd&icfyte  tritt  3r.  erft  im 

5.  177,  in  toelc^em  bie  )u  2tyon  im  ©efängni«  liegenben  Äonfefforen  tyn  jum  Überbringer 
eme*  ©^reiben«  in  ©aqen  ber  montamjtifd&en  gfrage  an  ©leutfyeru«  fcon  9tom  toasten  16 
(Eus.  h.  e.  V,  3,  4  unb  c.  4).    2Benn  ©ufcbiu«  bemerft,  bafc  bie  galligen   ©Triften 

b.  $.  bie  ©emeinben  bon  SSienne  unb  Styon  (V,  1,  3),  biefe«  ©^reiben  an  ©leut^eru« 
ebeitfo  tote  ba«  in  berfelben  ©ad&e  an  bie  ©emeinben  Slften«  unb  ^tyrtygien«  gerichtete 
©^reiben  berfelben  Äonfefforen  tyrem  an  bie  3lfiaten  gerichteten  33eri$t  über  bie  9Rar« 
tonen  jener  %aat  beigefügt  $aben,  fo  mufc  bie  Slbfenbung  be«  gu  $toeit  genannten  33rief «  ber  20 
Äonfefforen  fiep  bi3  naefc  bem  &obe  feiner  SSerfaffer  (rcov  nag'  avxolg  reJLeuo&ev- 
xwfp  ßjuxgtvQwv  diayöoovg  biiaxoXdg)  unb  naety  bem  ©nbe  ber  Verfolgung  öerjögert 
ffobm.  $>arau«  folat  aber  nid&t  ba«  ©leid&e  für  bie  Steife  be«  $r.  uno  ocn  bon  tym  gu 
überbringenben  ©rief  an  ©leutfyeru«,  bon  toelcfyem  aud}  nad&  ^a^r  unb  Sag  no#  eine 
9bf$rift  genommen  unb  ben  Slftaten  bei  fo  nafyeltegenber  ©elcgen^eit  mitgeteilt  toerben  25 
mochte,  älfo  toäfrenb  bie  Verfolgung  in  Sugbunum  toütttt,  toirb  3>r.  nad&  9lom  gereift 
fein.  Sgl.  (Safran,  Duetten  jur  @e$.  be«  Sauffembol«,  III,  344  f.  fflenn  tyn  bieÄon* 
fefform  nad;  3bpl  1,  9  nic^t  nur  i^ren  Sruber,  fonbern  aud&  i^ren  xoivcovfc  nennen,  fo 
fc^eint  er  )>erf5nlic^  bon  ber  Verfolgung  nicfyt  gang  unberührt  geblieben  ut  fein;  unb  ed 
ma%  auc$  bie  3Äbftd^t,  ba«  gefä^rbete  !8eben  unb  bie  toertootte  Kraft  be$  §x.  ber  ©emeinbe  so 
$u  erhalten,  feine  SBa^l  jum  ^Ibgefanbten  nad^  SRom  mit  öeranlafct  ^aben.  3m  3-  177 
toar  3r.  ^redb^ter  ber  Äird^e  öon  S^on  (Eus.  V,  4, 2).    @r  toirb  e«  feit  einigen  Sa&ren 

«etoefen  fein,  benn  gleich  nad^  feiner  SRücfle^r  tourbe  er  ber  SRacfyfolger  be^  in  ber  Ver* 
>Igung  umgefommenen  Vifc^of^  $otyinu£  (Eus.  V,  5,  8;  Hieron.  vir.  ill.  35).  9113 
Sifc^of  bon  £pon  fd^rieb  er  um  185  fein  grofteä  2Berf  (oben  ©.  404, 18).  ^n  gleicher  @igen=  86 
Haft  unb  bannt  )ugleid^  aU  Vorftanb  ber  gattif ä)m  ©emeinben  f$rieb  er  um  190  an 
Sktor  bon  SRom,  al3  biefer  au$  Stnlafc  be3  Dfterftreit«  ben  3lftaten  bie  Äir$engemem= 
gemeinfe^aft  aufgelünbigt  Ijattt,  fotoie  aud^  an  anberc  Vifd^öfe  (Eus.  V,  24,11 — 18  f.  0. 

6.  405,  m»).  SBeitere  9lad^nd^ten  über  feine  legten  2eben3ja^re  ^aben  toir  nid^t.  6rft  §ieros 
n^mu«  tna$t  i^n  jum  SRärt^rer,  aber  gan)  beiläufig  (comm.  in  Es.  lib.  XVII,  Val-  40 
Ursi  DuortouSg.  IV,  761),  unb  S)obtoell3  Vermutung,  $ierontymu$  ^abe  ftd^  burd?  bie 
XuAractStoetfe  ber  Äonfefforen  bon  Jtyon  (Eus.  V,  4, 2 :  xoivcovög  fjjuätv)  ba$u  ermäd^tigt 
geglaubt,  ifk  nic^t  untoa^rfc^einlic^.  3)er  Verid^t  bei  Greg.  Tur.  Hist.  Franc.  I,  27; 
Gloria  mart.  I,  49  u.  50  ift  fo  öertoorren,  bafe  man  annehmen  mufe,  er  ^abc  cbenfo- 
toema  toie  ©regor  ber  ©ro|e  (ep.  XI,  56)  gesta  vel  scripta  be$  ^r.  t>or  ftd^  gehabt.  45 
S)ie  Angabe  eine«  forifefcen  ©d^reiber«  (Harvey  II,  454),  toonadfc  ibn  bie  §äreti!er,  unb 
biejenige  emed  anberen,  toonad^  i^n  bie  ©allier  erfd^lagen  ^aben  fouen  (Mon.  syr.  ed. 
3Roefmger  II,  8  f^r.,  ©.  10  lat.  2ejt),  ertoeefen  toenig  3"^uen.  ©ein  ?Jlame  fe^lt  in 
bem  dlteften  forifdjen  HRart^rolog  au«  ber  geit  um  350—400,  ünb  im  fogen.  Martyrol. 
Hieronymi  (Acta  SS  Nov.  tom.  II,  1  p.  [1—192]).  3n  gnec^ifd^en  ÜRenologien,  so 
l8.  in  bem  be$  Saftliu«  5ßor))tarog.  (Migne  117  col.  597.  601)  unb  in  bem  Menol. 
Sirleti  (Canie.  ant.  lect.  ed.  S3a«nage  111,  1,  460  sq.)  ift  unfer  !gr.  mit  bem  3Jlär* 
tt^cet  unb  89ifc$of  öon  ©irmium  gleiten  Flamen«  au«  ber  ^t  2)ioclctian«,  toeld&er  in 
jenem  f^nfe^en  Äalenber  no$  einfam  unter  bem   6.  Sfyril  fte^t  (Acta  SS  Nov.  II,  1 

p.  LV),  fo  brüberiidfr  unter  bem  23.  auguft  $ufammengeftellt,  bafe  ber  Serbad^t  einer  66 
Uebertragung  ber  SWärttjrertoürbe  bon  einem  %x.  auf  ben  anbern  faum  ab$utoe$ren  ift. 
Ütyofy,  Xertudian,  @ufeb  unb  biele  f^äterc,  toeld^e  ©elegen^eit  Ratten,  e«  m  bemerlen, 
au?  Scatariud  bon  HRagnefta,  toeld^er  toa^rf$einli$  auf  ©runb  ber  bon  tym  gelefenen 
Vita  Polycarpi  ben  3r.  ate  SBunbert^äter  neben  ^Jol^lar^,  %abxan  bon  SRom  unb  ß^rian 
bon  ÄarÖjago  fteöt  (III,  24  p.  109  ed.  »lonbel  bgl.  3Ä@  11,  ©.  454.  457),  fötoeigen  eo 


408  dfreitSit*  Mit  S^ott 

bon  feinem  Martyrium;  unb  alle  3lnftrengungen  bon  HRaffuet  (diss.  II,  §31 — 40),  baS* 
felbe  $a  betoetfen,  toaren  eitel.  3luS  ber  3*ü  "<*#  feinem  (gingreifen  in  ben  Dfterffcreit, 
h)el^nac^bem3[mtöantritteS8ictoröi)on5lom(a.l89)unb  noety  unter  SommobuS  (f  192) 
fällt,  fefylt  jebe  Spur  feine«  SBeiterlebenS.  SBctyrenb  über  biefe  3)aten  eine  ernftli$e  9ReU 

6  nungSberfd&iebenljeit  ntcfyt  entfielen  tonnte,  ift  ber  Streit  über  bie  ©eburtSjett  unb  SebenS« 
bauer  beS  3>r.  bis  tyeute  no$  nid&t  gefd&lid&tet.  Sßctyrenb  $obtoeH  unb  ©rabe,  in  neuerer 
Seit  am  beftimmteften  ber  Unterzeichnete  bie  ©eburt  beS  3r-  te™  Anfang  beS  2.  3a^t» 
fyunbertS  mefyr  ober  toeniger  nafyerüdfen,  tyaben  9Raffuet,  Qxqflxt,  StyfiuS,  #arnadf  fte  näfcr 
an  bie  SJlittc  beS  gatyr^unbertS  tyerangerüdft.     ©ine  mittlere  Stellung  nehmen  XiHemont 

10  („frütyeftenS  um  120"),  unb  2eimbad&  (c.  126)  ein.  3)abei  totll  jebocfc  bebaut  fein,  bafc 
man  früher  als  baS  $obeSja^r  SßotyfatyS  ba(b  147,  balb  166  ober  gar  169  annahm, 
toäfyrenb  fyeute  als  ausgemalt  gelten  barf,  bafe  Sßoltyfaq)  an  einem  Sabbat^,  bem  23.  gebr. 
155  geftorben  ift.  @S  fommen  folgenbe  SKomente  inS3etrad&t:  1.  3ft3tenäu$  177  na<$ 
vorangegangenem  ^JreSbtyterat  33tfd&of  geworben,  fo  mufe  er  nadfc  bamate  tyerrföenber  Segel 

16  minbeftenS  40  %atyc  alt  getoefen,  alfo  toafyrfcfyeinlid&er  bor  als  naefc  137  geboren  fem 
(3^n,  tjorfd^.  VI,  6.  28).  2.  SrenäuS  fagt,  bie  2fyoIalty>fe  fei  nid&t  bor  langer  3ett, 
fonbern  beinah  nod&  ju  feinen  Sebjeiten  (oyedbv  Im  xfjq  fjjueceQag  yeveäg),  geaen 
©nbe  ber  ^Regierung  2)omitianS  geflaut  toorben  (V,  30,  3).  Sßenn  ber  Sinn  ber  griectytfqjen 
SBorte  nid&t  burety  ben  Sprachgebrauch  feftftänbe,  fo  toürbe  ftc$  boc$  barauS,  bafe  bieS  um 

20  185  gef ^rieben,  SDomtttan  aber  96  geftorben  ift,  bon  felbft  ergeben,  bafc  yeved  $ier  nityt 
ben  getoötynlicfc  ju  ettoa  30  Satyrn  beregneten  Ä^taum  bejetc^net,  innerhalb  beffen  eine 
©eneration  ber  anbern  ju  folgen  pflegt.  @S  fyet|t  auc$  nifyt,  tote  ber  Satetner  überfe|t 
fyat,  nostro  saeculo,  fonbern  be&eicfynet  bie  mit  ber  ©eburt  beS  Siebenben  begmnenbe 
3eit.    9hm  ift  „beinah"  ein  relatiber  Segriff,  unb  offenbar  ift  bie  rtyetorifäe  3lbft$t,  bie 

26  Slbfaffung  ber  äpf  fo  nafyc  ftrie  möglich  an  bie  ©egenloart  fyeranjurüdfen.  aber  bei  einem 
SDtann  bon  nüchterner  Sd&reibtoetfe  tote  gr.,  melier  ftd&  *.  S.  in  ber  Serec&nung  ber 
nod&  nid&t  50  ^afyre  3*fu  (3°  8>  57)  a&  e^nen  nur  Ju  ffcuputöfcn  Steiner  jeigt  (II, 
22,  6  irrationabile  est  enim,  omnino  viginti  annos  mentiri  eos),  ift  nidpt  ongu? 
nehmen,  bafc  er  fo  gerebet  fyaben  toürbe,  toenn  er  40—50  ^a^re  nad^  c.  95  geboren  toare. 

so  9to$  biefer  ©teile  aÖein  mö^te  man  efyer  mit  3)obh>ell  an  97  ober  98,  ober  mit  ©rabe  an 
c.  108,  als  mit  SDtaffuet  unb  §amadf  an  c.  140  ober  gar  mit  Regler  an  c.  147  benlen. 
3.  3»  feinem  93rief  an  glorin  (Eus.  V,  20  5)  fd^reibt  3r. :  eloov  ydg  ob  Ticug  ixi  är 
h  xfj  xdxco  'Aoiq  nagä  IIoÄvxdQncp,  Xafjmg&Q  JiQdaaovra  h  xfj  ßaodixjj  aiifj 
xal  jieiQcbjuevov  evdoxijueiv  nag'  avreo.     $ie$  Reifet  nid&t   nur,  bafe  glorin   bamafe 

86  eine  Stellung  am  laiferlid&en  $of  innehatte,  fonbern  bafc  %x.  i^n  in  ©mtyrna  in  biefer 
Stellung  ftd^  f)at  belegen  fe^en,  ba|  alfo  glorin  fid)  im  ©efolge  beS  bamald  in  Sm^rna 
h>eilenben  Äaiferö  befunben  ^at.  3)iefer  Äaifer  !ann  nid&t  Slntoninu«  5ßiu«  (138 — 161) 
geftefen  fein;  benn  bafür,  bafe  biefer  als  ftaifer  jemals  bie  $robin)  3lfien  befugt 
|abe,  fe^tt  jebeä  3^0"^-  Selbft  bafe  er  um  154  in  Sllejanbrien  unb  Sfottod&ien  getoefen 

40  fei,  !ann  man  bem  un^uberläfftgen  SlalalaS  (XI,  p.  280)  angeftd^tö  bon  Capit.  Anton. 
5,  4—5 ;  7,  1  nid&t  glauben.  ©3  ift  alfo,  ba  9Rarc  Slurel,  bor  beffen  ^Regierungsantritt 
?ßol^lar^  ftarb,  ^ierburd^  auägefd&loffen  bleibt,  Äabrian  gemeint,  ©iefer  ift  123  unb  toie* 
ber  129  in  ber  Sßrobinj  getoefen,  bei  lefcterer  ©elegen^eit  unter  anberem  in  @}>$efu$  unb 
Saobicea,  toa^rfd^einlid^  auä)  in  Smtyma  ($afyn,  %ox\ä).  IV,  278).  3)ie Begegnung  beS  jungen 

46  %x.  mit  ^lorinuS  in  Sm^ma  bat  alfo  129  ftattgefunben.  3Rxt  Unrecht  fyat  man  bagegen  bie 
ßrloä^nung  beSfelben  glorin  in  bem  Schreiben  beS  3r.  an  SBictor  geltenb  gemalt  (oben 
S.  405,2o).  ©in  SMann,  meiner  fd^on  129  eine  bienftlid^e  Stellung  am  $ofe  tnne  ^atte, 
fönne  nid^t  nad^  189  nod&  ein  gefährlicher  Äefter  geh>efen  fein,  ju  beffen  Serurtethmg 
SBiftor  aufgeforbert  h>erben  mufete.     aber  3r.  rebet  bort  bon  glorin  nur  als  bon  einem 

60  Sd&riftfteHer,  beffen  Schriften  in  ©allien  Schaben  anrieten,  unb  beffen  Schriften  Bictor,  ber 
baS  bisher  berfäumt  l)at,  aus  ber  ßircfye  betbannen  fod.  aßenn^r.  f^ltefelidi  bem  JQeruS 
juruft:  „Sieltet  (ober  rüget)  ben,  ber  Solches  gefd^rieben  ^ot",  fo  forbert  er  ein  Ana« 
tfyema  über  ben  ehemaligen  römif^en  ^reSbl^ter.  Statt  beffen  muftte  er  äbfe^ung  unb 
©gfommunitation  beSfelben  forbern,  h>enn  er  nod?  lebte,     ^lorin  !ann  unb  toirb  alfo  ge» 

66  räume  3eit  bor  190  geftorben  fein.  SBenn  nun  %x.  fagt,  ba|  er  129  „iux$  ein  jtdis" 
toar,  fo  toürbe  bieS  an  ftd&  fogar  auf  ein  Sllter  bon  20  unb  metyr  galten  gebeutet  teer* 
ben  lönnen  (Eus.  h.  e.  VI,  8,  5cf.  3,  3;  8,  1  ff.;  vita  Const.  II,  51,lcf.  I,  19,1; 
Galen,  ed.  Äütyn  XIX,  217),  jebenfaHS  aber  h>eift  unS  bieS  nid&t  ins  ÄinbeSalter.  SBaS 
3r.  £unä$ft  in  Sejug  auf  jenen  3*ityunft  bon   feinen  Srinnerungen  an  bie  $rebigten 

eo  unb  SebenSgetoo^npeiten  $ol^!atyS  mitteilt,  fe^t  borauS,  ba^  er  bamalS  minbeftenS  12  bis 


^renalis  tum  £t)on  409 

15  3a^t  dt,  alfo  c.  115  geboren  toar.  SSon  ba  au«  ift  [eine  Stu&erung  über  bie  Sipo* 
lafypfe  begreiflich  —  4.  3r-  M  °b*x  nic^t  nur  toorübcrgefyenb  im  3a!?re  129  @elegen$eit 
fld&abt,  ben  Sßofyfar})  gu  fyören;  er  erinnert  ftcfy  an  SBorte,  toeld&e  *Poltylarp  fyäuftg  ju 
toiebcr^olen  bie  ©etootyn^eit  fatte,  unb  fpricfyt  fcon  ben  bamal«  empfangenen  ©errungen 
al«  folgen,  bie  tym  fcon  !gugcnb  an  (Ixnaidös)  $u  teil  getoorben  unb  mit  ber  ©eeleö 
jugleic$  getoad&fen  feien  (§  5).  SDa  nun  bie  (Erinnerung  an  empfangene  Untertoeifungen 
mit  bat  3afyren  nid&t  ju  toad&fen,  fonbern  ab$unefymen  pflegt,  toenn  bie  Unterteilungen 
md)t  fortgefegt  unb  toiebertyolt  toerben,  fo  folgt,  ba&  3>r.  unter  bem  Einfluß  $oltyfarp« 
al«  feine«  2etyrer«  fcom  Anaben  ober  Jüngling  jum  2Rann  fycrangetoad&fen  ift.  Gben  bie« 
beftättgt  feine  3(u«fage  über  Sßoltyfarp  im  §aupttoerl  (III,  3,  4)  Sv  xal  f^ieXg  ecogd- 10 
xa/i£v  Iv  ijj  jigwTfl  fifi&v  fjXixiq.  Äann  biefe  3llter«angabe  felbftoerftänbucfy  nid&t  ba« 
friü&cjie  ÄinbeSalter  ettoa  bi«  jum  7.  ga&r  bebeuten  (cf.  Iren.  II,  22, 4 ;  24,  4),  fo  !ann 
ykxia  nur  bie  getoötynlid&e  33ebeutung  „älter  be«  6rtoa<$fenen"  fyaben,  unb  na$  einem  gleich 
falfe  gctoö&nlic&en,  aud&  bem  %x.  geläufigen  (Sprachgebrauch  (II,  25,  5  cf .  Clem.  hom.  I,  1) 
begeidptet  i}  tiq.  fjL  ba«  jüngere  3Ranne«alter,  toelcfce«  im  Altertum  bi«  in  bie  öierjiger  16 
Safre  au«gebefcnt  tourbe.  ©$on  129  l;attc  für  %x.  bie  $t\t  feiner  Sele&rung  bur$ 
$otoIarJ>  begonnen,  unb  fte  !ann  ftd&  bi«  um  150,  ettoa  öon  15.— 35.  £eben«ja$r  er* 
ftreert  ^aben.  5.  6ben  bie«  ergiebt  ftd&  auc&  au«  berfc^iebenen  angaben  be«  3>r.  über  Se= 
{errungen,  toelcfye  er  burefc  anbere  3lpoftelfd&üler  in  Slften  empfangen  fyat.  2lllerbing«  be* 
bürfen  bie  oft  jufammengeftellten  Fragmente  ber  „Seniores  apud  Irenaeum"  fefyr  ber  20 
Sichtung.  @«  bleiben  aber  nai)  ber  ftrengften  ©icfytung  gtoei  Stbfd&nitte  übrig,  in  toclc&en 
3r.  über  münbli^e  Vorträge  jener  Sßre«btyter  berietet,  toeldje  er  felbft  gehört  fyat:  IV, 
27, 1  —  32, 1  unb  V,  33,  3—4.  33on  einem  beftimmten  Vortrag  eine«  apostolorum 
discipulus  (IV,  32,1,  toogegen  IV,  27,1  nic&t  ftreitet)  jagt  er  IV,  27,  1  audivi 
a  quodam  presbytero,  unb  er befd&reibt  in  oft  toieberfyoltem  ^mperfef tum,  toeld&en25 
Sinbrucf  er  bamal«  fcon  biefen  unb  anberen  ätynltc^en  Vorträgen  empfing  (befonber«  IV, 
31, 1 :  talia  quaedam  enarrans  de  antiquis  presbyter  reficiebat  nos  et  dioebat). 
8n  ber  anberen  ©teile  fügt  er  ber  Slnfüfyrung  einer  e«cfyatalogifd&en  ^rabition,  toelcfye  er 
auf  perfönlic^e  ©#üler  be«  go^anne«  jurücffü^rt,  bie  Semerfung  ^inju  (V,  33, 4) :  ,,$te« 
begeuat  aber  beftätigenb  aud&  Sßapia«,  ber  ein  £örer  be«  ^o^anne«  unb  ©enoffe  be«90 
tyoltpatp  getoefen,  ein  5Wann  ber  alten  geh,  in  f^riftlid^cr  gorm  im  feierten  feiner 
Sü^er".  ©<^on  ^ierau«  ergiebt  ftd&,  bafe  gr.  jene  Überlieferung  nic&t  au«  bem  SQSerf 
be«  $a)ria3  gefd^öpft,  fonbern  auf  münblid&em  SBege  empfangen  ^at;  öoDenb«  betoeift  bie« 
bte  toeitere  Semerfung,  bafe  ^japia«  biejer  Srabition  noep  ein  3toi*g*fpräd&  jioifd^en  3^fu« 
unb  3*iba«  hinzugefügt  ^abe,  meldte«  alfo  in  jener  münblic^en  Mitteilung  ber  $re«btyter  85 
nic^t  entbalten  ta>ar.  9!un  fagt  aber  %x.  unb  alle  fonftige  Überlieferung  nur  feon  einem 
einzigen  aWitglieb  be«  Greife«  jener  älpoftelfd^üler  Elften«,  feon  ^obfarp,  bafc  er  ein  un= 
getoö^nlid^  ^o^e«  3Uter  erreicht  ^abe.  ©inb  bie  übrigen  beträchtlich  früher,  alfo  ettoa  t>or 
145  geßorben,  fo  mufe  %x.  bor  biefer  $c\t  jene  Setyrer  mit  SSerftanb  gehört  fyaben.  — 
6.  3"  bem  ansang  be«  Martyrium  Polycarpi  in  einer  s3)io«Iauer  ^f.,  toeld^er  fogut  40 
toie  getot^  üon  bemfelben  „Sßioniu«"  ^errü^rt,  loeld^em  toir  eine  öor  400  toerfa^te  Vita 
Polycarpi  toerbonfen  (Patr.  ap.  II,  p.  168;  3ß©  II,  ©.454 ff.;  ©g3ll882  ©.289ff.), 
trab  unter  Berufung  auf  ©Triften  be«  %x.  berietet,  ba^  3r-  Jur  S*ü  ^  %o\>^  be« 
$ofytaxt>  in  9tom  al«  Se^rer  t^ättg  getoefen  fei  unb  burefy  eine  trompetenartige  Stimme 
\xm  bem  in  ©m^rna  erfolgten  %oh  feine«  Selber«  am  Xage  unb  in  ber  Stunbe  biefe«  45 
feeigmffe«  benac^ric^rigt  loorben  fei.  SWan  mag  über  biefe  lefete  2lngabe,  toclcfye  be^ 
bmntlU^  )u  allen  Reiten  i^re«gleid^en  finbet,  beulen  toie  man  tmu,  fo  befte^t  fein  SRed^t, 
ben  Äcrn  ber  Slad^nd^t  )u  bejtoeifeln.  35ie  betaillicrten  Slngaben  über  ^ßol^farp«  93efuc^ 
in  3tom  )U  Oftern  154  (Iren.  III,  3,  4;  befonber«  aber  im  3Wef  an  2?ictor  Eus.  V, 
24,16—17)  flammen  Don  einem  ÜRann,  toelcfyer  bamal«  in  5Hom  antoefenb  toar.  2)ie  w 
Waäjmfy  be«  ,,$ioniu«"  beftättgt  bie  näc^ftliegenbe  annähme,  ba^  3r.  bort  ©elbfterlebte« 
beruhtet  Sie  bie  Angabe  be«  „^Jioniu«"  öon  ben  fonftigen  Überlieferungen  über  ^r. 
unabhängig  ift,  fo  beftättgt  er  aud^  in  unabhängiger  2Bcife  bie  toorfte^enben  ^Beregnungen. 
ß«  ergeben  jtcb  aljo  folgenbe  Slnfä^e:  $x.  geb.  c.  115,  in  ©mtyma  unter  bem  bortoiegem 
ben  ©inpu|  ^ol^iarp«  auftoa$fenb  unb  nod^  al«  junger  Wann  mit  ober  ol;ne  Unter«  55 
brecjpungen  lebenb  c.  128—150,  in  SHom  fpäteften«  154,  $re«bt;ter  in  Styon  bor  177; 
Äfc^of  bafelbji  bon  178  an,  äbfaffung  feine«  §aupttoerfe«  c.  185,  Senbf ^reiben  an 
Sictor  c  190,  geftorben  nic^t  gu  lange  barnac^  im  Sllter  öon  c.  80  Jahren.  2)ie  Her= 
teüung  fetner  manniafaltigen  litterarifd^en  3^ätigleit  auf  ben  Vauf  feine«  Seben«  ift  un- 
mogli^,  folange  niqt  bie  Verlorenen  ©Triften  toiebergefunben  ftnb.  w 


410  ^renalis  t>on  £90« 

III.  3ur  GfyaralteriftifbeS  ^renäuS.  ©^on  bie  SWannigfoltigfett  feiner 
Seftrebungen,  tueld^e  fcorftefyenbc  Überfiel  Deranfd&aultcfct,  Verbietet  e$,  fcier  eine  Jtarftellung 
feiner  Ideologie  unb  feiner  Äircfyenpolitif  ju  fcerfud&en,  jumal  eine  einigermaßen  befrie* 
bigenbe  in  ber  Sitteratur  über  3*.  bisher  noefy  nid&t  fcorfyanben  ift  %üx  bie  Beurteilung  be* 

6  fd&on  fcon  §iW)oty*  (refut.  VI,  42. 55)  unb  IertuDian(adv.Valent.  5),  ober  auc&  bon  ©ufebiu* 
trofc  beffen  Slbneigung  gegen  ben  d&iltaftifd&en  ©cbanfenfreiS  ftetS  mit  größter  Styrerbietuna 
genannten  Äird&enlefyrerS  unb  Äird&enmanneS  ift  eS  ungünftty,  baß  tob:  außer  ben  bürf- 
tigen  Brud&ftüdfen  feiner  meiften  Schriften  fcon  tym  nur  etn  polemifdjeS  SBerf  beffeen, 
unb  au$  biefcS  größten  $eilS  nid&t  metyr  im  Original    SBir  lernen  tyn   $ter  bor  allem 

10  als  einen  fc&tagfcrtigen  Berteibiger  ber  tirc$lic&en  üe&rüberlieferung  gegen  bie  „fälfölt^" 
fogenannte  ©nofiS  Fennen.  Bergleid&t  man  tyn  mit  ben  @c^riftfteuern  ber  @$ule,  auS 
tocld&er  er  fyerfcorgtng,  mit  einem  Sßal>iaS  ober  Sßofyfafy,  fo  empfängt  man  einen  ftaTfen 
ßiitbrucf  babon,  baß  3r-  mit  treuefter  2lnfyängli(|feit  an  biefe  fc$li<|ten,  tetltoeife  fogar 
bejdfjränften  Männer  eine  ungemeine  Smpfänglicfyfeit   für  bie  berfd^iebenften  tym  &ugäng* 

16  liefen  BtlbungSelcmentc  berbinbet.  3je  Weniger  er  mit  außerftr$lic$er  ©ele^rfamleit  prunrt, 
umfome^r  überraföt  bie  SüHe  ber  Bctoeife  bafür,  baß  er  trofc  feiner  frühzeitigen  Unter- 
ftedung  unter  ben  !irdf)lic$en  Unterricht  ftd&  eine  ad&tungStoerte  todtli^e  Ȇbung  ange* 
eignet  tyat.  6r  toitt  fein  $l?ilofoj>Ij  fein,  aud&  ntd&t  fietyrer  einer  „barbarifefcen  ^tlofo^te", 
tute  bie  Styologeten  fcon  SlriftibeS  bte  ßlemcnS;  aber  toie  $od&  überragt  er  fte  alle  an  ge* 

ao  funbem  Urteil,  an  Schärfe  beS  ©ebanfenS  unb  Älar^eit  ber  3)arftellung !  3*-  *ft  k* 
erfte  ©d&riftftetler  ber  nacfyapoftolifd&en  geit,  bem  ber  9lame  eines  Ideologen  gebübrt 
Sßenn  entftge  Bcfd&äftigung  ntit  allerlei  ©egenftänben  unb  Urlunben  beS  d^rifUkpcn 
©laubenS,  frorin  ©ufebiuS  unb  £ierontomuS  ©roßeS  geleiftet  fytben,  noc$  nic&t  jum 
Geologen  macfyt,  fonbern  nur  eine  in  ftq  $armonifd&e,  auS  ben  eigentümlichen  ^ßrin^ipien 

26  beS  d&rtftlid&en  ©laubenS  enttmdfelte  ©efamtanfd&auung  bon  ben  Schiebungen  gfetjtyen 
®ott  unb  Söelt,  fo  läßt  ftd>  3r.  nur  mit  DrtgeneS  unb  Sluguftin  dergleichen.  Xt^anaftuS 
unb  ßtyrill  lommen  als  Geologen  neben  biefen  SWännern  gar  ni$t  in  Betraft  SBaS 
aber  Steinertyaltung  ber  Geologie  bon  frembartigen  (Sinflüffen  anlangt,  übertrifft  3r-  tfe 
alle.   Silier  aj>rioriftiföen  ©pefulation  abfyolb,  in  ben  3tyatfa#en  ber  Offenbarung  tounehtb, 

ao  fucfyt  er  bie  gefamte  bem  3Jtenfd&en  unb  Gtyriften  htnbgetoorbene,  auS  ber  ©mgfeit  ffießenbe 
unb  in  biefelbe  toieber  etnmünbenbe  (Snttoicfelung  öon  ber  ©ctyöpfuna  bis  p  JRiOentum 
als  ein  lernbegieriger  Schüler  ber  Offenbarung  teleologifd^  ^u  begreifen.  9Benn  SufebtuS 
unb  ^ieron^muS  betlagen,  baß  er  ber  no$  älteren  Slutontät  etneS  $a(>iaS  folgenb  ber 
c^iliaftifd^en  Se^re  ergeben  getoefen  fei,   fo  muß  man  nur  bie  fyaltlofen  unb  oben  3^or< 

86  ftellungen  biefer  i'e^rer  beS  4.  3^rl9wnbertS  öom  Ausgang  ber  3)inge  fu^  t>ergegentoär* 
tigen,  um  ju  erfennen,  baß  ^r.  lebiglid^  bie  ur$riftli$e  @S^atologie  feftge^alten  ^at, 
ofyne  tveld^e  ein  einheitliches  unb  bod^  juglcic^  toa^aft  c^riftlid^eS  ©üb  ber  SBelt*  unb 
OffenbarungSgefd^id^te  nid^t  gu  ftanbe  fommt.  JUS  bie  p^rtaif$en  Sauern  mit  t^ren 
fanatifd^en  uBetSfagungen   unb   ihrer  finfteren  Sußprebigt  bie  forty  fetner  ^eimat  unb 

40  balb  and)  bie  gan$e  Sfyriften^eit  aufregten,  ^at  3t.  bie  Seftnramg  nic^t  i>erloren.  ®r  ffat 
im  SmHang  mit  feiner  ©emeinbe  unb  tyren  im  ©efängniS  Itegenben  Ronfefforen  ben 
römijd^en  Sifd^of  ©leut^eruS  batoor  getarnt,  eine  religiöfe  Setoegung,  toel^e  an  toert« 
DoQe  ßrbftüdfe  ber  Styofteheit  anfnü^fte,  ungeprüft  ju  berbammen  (bgL  $afyti,  St»Ml- 
V,  43—47).    Sr  ift  ber  StuSjc^reitung  ber  „3lloger",   h>eld^e  im  ®egenfa^  p  SKonta* 

«6  niSmuS  alle  ^ropbctie  unb  baju  baS  Sud^>  ber  Hpofafypfe  aus  ber  Äirc^e  berbanitt  toiffen 
tooQtcn,  fd^arf  entgegengetreten.  9lber  er  ift  fein  TOontanift  getoorben.  @r  fyd  caid)  in 
feiner  Beurteilung  beS  ^eibnifd^en  &taatä  nid^t  bie  Sinie  tKrlaffen,  todtyt  Itafu*  m* 
5ßauIuS  öorgcjeic^net  ^aben,  unb  toeld&e  aud^  bie  Sl))o!al^fe  beS^o^anneS,  tmeSr.  richtig 
erlanntc,  ni*t  überfd&ritten  ^at.    35aS  römiWe  SReid^  ift  tym  fotoenig  baS  beS  Sntu&nßS, 

60  toie  bie  SBelt  unb  baS  gleifdj  beS  Teufels  tft.  —  3lu4  als  SKarni  ber  Kn$U<$en  ^Jws» 
ift  3^.  m$t  leidet  gu  überfc^äfeen.  2LUr  befifeen  feine  $rebigten  nic^t  me^r;  aber  baß 
fd)on  150  3^re  nac^  feinem  Stöbe  eine  Sammlung  berfelben  toor^anben  toar,  fiebert  i^m 
eine  erfte  Stelle  in  ber  ®ef$i$te  ber  $rtftli$en  $rebigt.  3r-  ^ernte  Äeltifd^,  um  ben 
Reiben  in  unb  um  2t>on  baS  Gt>angclium  na^e  ju  bringen.    2)arum  gebührt  i^m  eine 

66  (S^renftede  in  ber  ®c\d)\d)U  ber  W\\[ion.  £ie  treue  Erfüllung  ber  ^fli^ten,  tod^e  fein 
in  enge  räumliche  ©renken  cingefd^ränfteS  3mt  unb  fein  entlegener  JJitöoteftfc  i^m  auf» 
erlegte,  tyinbert  i^n  nid^t,  baS  3Bo^l  unb  Sßetye  ber  gefamten  Äirty  auf  bem  fyqen 
m  tragen,  unb  in  bie  fte  erfd&üttemben  Belegungen  toirffam  einzugreifen.  ®r  tft  in 
ätom  tüte  in  Sp^efuS  ju  $aufe.  Sie  tuelfad)  burd^blicfenbe  Sorltebe  für  bie  ilm^e  fetner 

00  ^eimat  mad?t  i^n  nid^t  blinb  gegen  bie  in  ber  Sage  unb  ber  ®ef$i$te  SlomS  begrünbete 


ftrniittft  »Ott  £i)ou  3ren5ttS,  (S^riflo^f|  411 

berVorroaenbe  Sebeutung  unb  ben  befonberen  8eruf  ber  römifd&cn  Äirctye.  3n  ber  Öfter* 
frage  mfct  er  ftdjf  Von  ber  heimatlichen  Sitte  lo3,  toeil  er  bie  abtoeid&enbe  Sitte  be$ 
Jbenblanbeä  bem  SBefen  unb  3Rittefyunft  ber  d^riftltd^cn  Dfterfeier,  ber  jäbrüd&en  $oc§* 
fder  ber  (Suctyariftie  angemeffener  fanb.  Slber  mit  rücffkfytslofer  @ntfd&loffen&eit  tritt  er 
ker  Überfettung  folcfcer  ©ifferenjen  unb  ber  mit  Untoiffenfyeit  gepaarten  äfamafcung  be$  & 
$ot>fleS  SJictor  entgegen.  SHe  gintyeit  ber  Äird&e,  um  bercttoillen  er  bie  &au»>tfäd&lic&  burd& 
bie  Succejfton  ber  8tfc$öfe  in  ben  großen  3fyofteI!irc$en  getragene  Srabition  fcocfcfääfct, 
\)ti  na$  3r.  |ur  2eben*bebmgung  eine  grofce  greift  unb  SKannigfaltigleit  ber  lird&lid&en 
9tau$€  unb  bte  gegenfeitifje  Unabtyängigfeit  ber  autonomen  AUrtyenfötyer.  Sie  größte 
Öefafc  aber  für  bte  gin&ett  ber  Äird&e  erblidft  er  näc^ft  ber  ftälföung  ber  Se^re  burdfc 10 
bie  ©noftiter  in  ber  alle«  uniformierenben  SRec^t^aberci,  mag  fte  bei  einem  iQuartabecU 
nana  8(afht*  fu$  finben,  ber  in  SRom  ber  bort  berrfd&enben  Dfterfitte  ftd&  ntd^t  fügen 
toodtc,  ober  bei  bem  römifd&cn  8if$of  8ictor,  mit  toeld&em  er  in  ber  äußeren  Sßartei* 
fWIung  in  ber  Dfterfraae  übereinftimmte.  3)urd&  biefe  auf  innerfter  Überzeugung  bc* 
rufcnbe,  Don  ben  Deutlichen  3KotiVen  ber  ftreitenben  Parteien  unabhängige  Haltung15 
in  ben  ftr$lt$en  Streitfragen  feiner  3eit  ^at  biefer  ftreitbarc  Styeolog  bod&,  toie  SufebiuS 
(V,  24,  18)  Am  nad&fagt,  feinen  9lamen  StwäuS  jur  2Batyrfycit  gemalt.  ©r  tyat  ben 
graben  ber  Ämfc  im  Streit  gefugt.  2Benn  er  ben  ©nttmdfelungägang  ber  Äirc&e 
toeber  bur$  eine  tvhriffame  SReaftion  aurücfgejd&raubt,  noefy  burc$  ej)o$cmac$enbe  ©cbanfen 
tan  einen  toefentlic&en  Stritt  Vortoärt*  gebraut  fyat,  fo  $at  er  bo$  in  breifac^cr  8ejiefyung  2° 
mefr  geleistet,  alä  vielleid&t  irgenb  ein  Äirc&enle^rer  ber  erften  brei  Sa^rbunbertc.  @r 
(tat  Viel  bagu  getyan,  bie  Äirc&e  ju  föüfcen,  erften«  gegen  ben  jerfeftenben  (Sinflufc  ber  meift 
unter  bem  Serfmantel  ber  äußerlichen  3ugefyörigfeit  jur  Jtird^e  ftc$  einj$(ei$enben  Spefu* 
lationen  ber  Valentiniamfd&en  Sd&ule,  jtoeitenS  gegen  provinjiale  (Sngfyerjigfeit  unb  baue* 
rifefcen  ganattemuS,  brüten*  aber  aud&  gegen  bie  ©elüfte  be$  römifd&cn  Stufte  na$  einer  Ä 
beftwttfcben  UniVerfal&errfcfcaft  in  ber  Airtye.  ty.  go^n. 

3froti«0,  6&rifio})$,  ftlacianer,  geb. c.  1522,  geft.  1595.  —  fiitteratur:  9?aupad>, 
Pmbyterologia  Austriaca,  <S.  69—73,  bid  jefet  bie  befte  ©iograptjie  mit  reichhaltiger,  aber 
Bicfet  ganivoUftänbiger  Bibliographie  (ugl.  ben  9tod)trag  in  töaupad),  3n)iefad)e  3 u gäbe,  @.  43) ; 
£euffelb,Historia  Spangenbergensis,  6.  37 f.;  «uSerlefcnc  tf)eol.  Bibtiotbef  59  21.,  ©.  1657;  90 
flanf,  0kf4i(tte  be*  proteftanti|d)en  fieörbeöriffö  5,  333,  422;  Söibel,  ^o^cnlo^fcfte  Äird)ens 
unb  »ff.  9.  1,  599;  Xb.  @tub.  a.  SÖürttb.,  1880,  271;  Shrumdaar,  bie  ^raffd).  ^an^fetb 
im  »ef.  Seitalter,  6.  353;  $reaer,  3K.  fJlaciuS,  2.  Söb.,  36T^  19,  3 ff.,  2 18 ff.;  $.  »erf, 
«rtmtttngdütteratur  b  eo.  ».  3)eut|d)l.,  1,  302 ff.;  Hb$.  14,  582,  »ud^walb,  *&ittb. 
Crbiniertenbu*,  1,  82.  86 

(fytßo)^  Srenäu«,  beffen  beutfd^er  9lame  nod&  nic^t  feftfte^t,  tourbc  ju  Sd&toeibmfc 
ettoa  im  Sommer  1522  geboren,  benn  im  3Rörj  1592  nennt  er  ftd)  prope  septuagenarius. 
9btd  bef^eibenen  8er^äUniffen  hervorgegangen,  befugte  er  bodfr  bie  Schule  be«  öon  i^m 
^oe^xre^rten  Xro^enborf  in  ©olbberg  unb  ftubierte  h)o^(  in  Wittenberg,  Wo  er  vielleicht 
ab  Christoff eni8  Harem  Schuidnicensis  im  3}la\  1544  inftribiert  tourbe  (^örftemannn,  40 
«Ib.  8tt*.  212).  a3a&rfc$einnd&  nötigten  i^n  feine  befdjränfteu  ÜWittel,  balb  einen  Sd^u(= 
bienft  }u  Jucken.  1545  bte  6nbe  1547  toar  3jr.  Sleftor  ber  Schule  in  Sernburg 
(3.  0.  Cberrfcin,  1899,  141,  2Bafferf»)iegel  8  f.).  am  4.  3an.  1548  aber  empfahl  i^n 
SteiaiK^t^on,  naebbem  er  au$  unbefannten  ©riinben  von  Semburg  fteggefommen  tt>ar, 
ab  Sc^ulmeifter  nad?  Sd^h>einfurt,  inbem  er  von  i^m  rühmte :  scribit  solutam  ora-  46 
tionem  et  versus  satis  feliciter.  ^r.  foQte  ftd^  ^erfönlid?  bewerben,  aber  bie  Sac^e 
jerfalug  fu^.  <§x  übernahm  ba«  SReftorat  ber  Schule  in  3lfd^er«leben,  toaS  i^n  tvo^I 
betoog,  am  17.  Äebruar  1549  bie  3Jlagifterh)ürbe  in  Wittenberg  &u  ertverben  (Äöftün, 
9acca(.  unb  Stagtftri  ber  Univ.  ffiittb.  ju  1549).  31m  6.  Sej>t.  1551  verehelichte  fic^ 
3r.  nrit  3tenef  lo^ter  be«  berühmten  Steftorö  ber  ßtviefauer  Schule  ^5et.  s^lateanu«,  ber  w 
*om  21.  Äug.  1547  bis  27.  3an-  1551  Superintenbent  in  äfd&eräleben  getvefen  tvar 
(Jabian,  SW.  ?J.  $Iateanu«,  gtoiefauer  ©^mn.=^rogr.  1878),  übernahm  .s^erbft  1552  ba« 
l*afonat,  tve^alb  i|nt  Sugen^agen  am  2.  9lov.  1552  orbinierte,  unb  rücfte  1559  jum 
In^tbiafonat  Vor.  $ier  begann  er  in  ^rebigten  baä  3(poftoIifum  ju  bcbanbcln,  h>oraud 
jene«  umfaffenbe  fflerl  ertouc^':  ,,Symbolum  Apostolicum,  ba^  ift  bie  3lrtifel  unfere«66 
^eiftüc^en  ©lauben«  ausgelegt"  (ber  erfte)  1562  25. 3uli,  140  »l.;  „ber  anber  2lrt."  1562 
10.  «ug.,  166  81;  „ber  britte  3lrt."  1562  29.  Sej)t,  240  81.  (nur  Vom  W.  ©eift); 
gcrtfdwng  „Äirc^,  Sememe  ber  ^eiligen,  Vergebung  ber  Sünben",  156:1  29.  Sept., 
444  8L;  w«uferfle^mg  be«  gleite«"  1565  1.  «lai,  J160  81. ;  Siegel  be*  etvigen 
ScfeciK  1572,    SBibmung  Vom  29.  Sept.   1571,   414  81.;    Spiegel  ber  fetten    1579  eo 


412  dfrcnän*,  (prifto^ 

2.  gebr.,  376  91.    ©d&on   &ier  jetgte  ft$   3jr.  als  firengen  Sutyeraner  unb  *Poletni!er 

gegen  jebe  3lrt  öon  „Äorrupteln,"  ft>e$tyalb  er  aud&  mit  feinen  8tmt3brübern  in  ©treit  loa. 

3m  ftrüfyling   1562   ftmrbe  3r.  al$  Pfarrer  an  bie  ©t.  Sßeter*  unb  ^autefinfc 

gu  ©töleben  berufen,  ft>o  fein  SanbSmann  unb  ÜRcntor  §ier.  SJtencel  ©uperintenbent  toar. 

s  ^ier  hmrbe  er  als  „gelehrter,  treuer,  reiner  Setyrer  beä  ©efefce*  unb  gbangelii,"  aK  „cfaifl* 
ltd&er  ©ferer  unb  allen  Äorrupteln  unb  einfcfyleid&enben  ©eften  toibertoärtig,  babei  efc 
baren  Öebenä  unb  SBanbelS,"  bon  ben  ©rafen  bon  SDtanSfelb,  tote  bon  ber  ©emeinbe 
tyocfygeföäfct  unb  mit  ben  2lnfyängern  be$  glaciud  unter  ber  ^ü^rung  bon  6tor.  ©pangen* 
berg   befreunbet.    ©nbe  1566  erbat  \\d)  £ergog  ^ann  2ö^elm  bon  ©aepfen  3r-  3um 

10  £ofl>rebiger,  erft  in  Äoburg,  bann  in  SBeimar.  Ungern  lie$  man  tyn  auf  ein  %atyc,  mufcte 
tyn  aber  f^äter  bem  §crgog  gang  überlaffen.  3jr.  prebigte  mit^ro^em^reimut  unb  fhraftc 
ofync  ÜRenfd&enfurcfyt  fyocfc  unb  nieber,  benufttc  aber  auä)  feine  emfhijjretcfce  ©teDuna,  um 
ben  Slnfyängern  be$  glaciuS  gu  Sftmtern  auf  oer  Uniberfttät,  in  ber  flirre  unb  ber  Ranglei 
gu  Reifen,   ft>ic  er  felbft  geftefyt  (3h>eigüngige  Sefyre  ©eorgii  Slutumni  1580),  unb  genofc 

16  grofceä  Vertrauen  beim  $ofe.  9Rit  bem  §ergog  toar  er  auf  bem  Ältenburger  ©efprä$, 
21.  DItober  1568  bis  9.  SJtärg  1569,  unb  mit  ber  §ergogin  auf  einer  Steife  nac$  ©üb* 
toeftbeutfd&lanb,  ani)  in  2rier. 

SergebenS  bemühten  fid&  Gfyemnifc  unb  SJtörlin,  auf  einer  3ufammenlunft  gu  Urnmem 
borf,  ^r.  öon  $laciu$  abtoenbig  gu  machen,    tiefer  eilte  felbft  na$  Strasburg,  um  fty 

ao  bon  bem  SKeifter  genau  über  feine  Sefyre  bon  ber  Srbfünbe  unterrichten  gu  laffen  unb 
fte  fortan  bis  gum  legten  3ltemgug  unter  ben  fd&toerften  Opfern  unb  Sebrängniffen  gu 
berteibigen ,  bagegen  bie  Senkungen  älnbreäS  um  (Sinigung  beS  $roteftantiSmu$  unb  Suä* 
gleid&ung  ber  t$eologifcfyen  ©egenfäfce  auf  lutfyeriföer  Seite  bon  1569  an  in  ©<$rift  unb 
Sßort  mit  fteigenber  §eftigleit  unter  groben  SBerbäd&tigungen  unb  Seft^impfungen  Xnbreää 

25  gu  befämpfen.  33crgebltd&  erföien  3lnbreä  im  gebr.  1570  felbft  mSBetmar.  &aä  treiben 
ber  glacianer  in  S^üringen,  bor  allem  beS  %x.,  erregte  ben  Untoillcn  ber  ebangeüf^cn 
dürften.  Äurfürft  griebriefy  bon  ber  $falg  Hagte  am  10.  3lpril  1570  über  tyr  umgriffe 
lic^eS  diffamieren,  SSerfefcern  unb  SSerbammen ;  Äurfürft  3luguft  bon  ©ad&fen  broljte  mit  Jtrieg. 
3ofyann  2öilfyelm  muffte  bie  beiben  35ialonen  SRcinecfer  unb  ©untrer  entlaffen,   toetyrenb 

so  %x.  als  ©uperintenbent  nac^  9Reuftabt  a.  b.  Drla  berfeftt  tourbe.  ®ort  futyr  er  fort,  feine 
t^eologifc^en  ©egner  in  ^rebigten,  ©riefen  unb  $ribatgefrrä$en  gu  berläftern,  unb  tottgerte 
ftcfy,  baS  ^ergoglid^e  SReffript  gegen  ba$  ©egänle  gu  beröffentlid^en.  ^Ero^ig  fefcte  er 
San.  1572  bem  Äonftftorium  bei  einer  3)tögiplinarunterfud^ung  großen  SBtberftanb  ent» 
gegen,  mttoid)  enblic^  „nocte  silente"  bon  feinem  9lmt  unb  begab  ft$  nac^  3Ran#felb. 

86  Jpier  h?anbten  ftd^  bie  alten  ^reunbe  unter  ber  ^ü^rung  SMencelS  bon  ber  ©at^e  bed 
§laciuS  ab  unb  tourben  bafür  bon  S^mtf  unb  ©pangenberg  auf«  H^öPe  öngegriffen, 
fo  3Rencel  1574  unb  ©.  §erbft  1580.  2)ie  Jenaer  Ideologen  fd^rieben  gegen  3^.  „S8om 
glidtoerf  3R.  3renäi"  1572.  ftlaciuS  eilte  felbft  gerbet  unb  $ielt  unter  Seilna^me  be« 
3r.  am  3.  unb  4.  ©ej>t.  gu  3Ran$felb  ein  ©efjJräd^  mit  feinen  ©egnern.    3mmer  lüütenber 

40  ftmrbe  ber  Kampf,  immer   heftiger  erregten  ft$  bie  ©eifter  au$  in  ber  9ürgerj$aft,  cd 

Sab  felbft  Unruhen  im  ©otte^bienft.    ^ule^t  griff  ber  ßrgbiföof  ©igtömunb  bon  SRagbe* 
urg  ate  Se^en^^err  ein.    2lm  31.  35eg.  1574  erf d&ienen  500  Sanbdftted^te,  benen  3r-  nur 
mit  §ilfc  einer  bome^men  Sßittoe  (h>o^l  ber  ©räftn)  entrann. 

35ie  näc^ften  ^a^re  im  i?eben  beä  %x.  ftnb  bunleL    SBir  toiffen  nur,   ba|  er  fk( 

«6  fortan  exul  Christi  nannte  unb  bis  1590  fkbenmal  bertrieben  ftmrbe.  1575  toeilte  er 
in  ©Rieften,  tourbc  auf  Setreiben  ber  Äird&enbiener  a\x$  feiner  Saterftabt  audgekoiefen 
unb  gog  nun  nac^  Söcften  unb  ©üben.  @ingelne  ©puren  ft>eifen  auf  einen  auf  enthalt  in 
Reffen  (am  §eUenberg=6Ilenberg,  ft>o  er  1578/79  ben  „©piegcl  ber  fetten"  fc^rieb)  unb 
am  SRicberrtyein.    Dftem  1579  tocilte  er  in  JVranlfurt,  ft>o  er  mit  bem  SReftor  ^ktreptf 

60  $erbcftanuS,  bem  (S^cnac^folger  beS  glaciu«,  Serbinbungen  fyatte.  Äurge  3«t  barauf  fm* 
er  3ufluc&*  ^n  t^nfen,  too  fein  SKeimarer  ÄoIIege  SReinerf er  bei  bem  £crm  bon  Graitt^eim 
auf  SWorftein  in  35ünSbac^  3lmt  ©erabronn  toeiltc.  %x.  tourbe  mit  feiner  ©attin  mm 
Sber^arb  bon  ©tetten  in  bem  na^en  Sud^enbac^  im  Sagfttfyal  9lmt  itüngettau  auf* 
genommen.    §ier  „auf  ber  ©lenb^burg  gtoifc^en  Serg  unb  3^al"  führte  ^r.  ben  Jbmtf 

65  gegen  Slnbreä  unb  bie  nun  boQenbete  Formula  Goncordiae  in  grimmigem  ßofs  unb 
mit  grobem  ©dielten  auf  i^re  SSerfaffer,  Untergeid^ner  unb  8efd^ü|er  toeiter  (SRerfity 
^artifel  ber  längft  gefugten  gormcl  ßoncorbien,  1580;  ®jamen  be«  eqien  ärtiW«,  1581X 
Sine  perfönlic^e  Begegnung  mit  Slnbreä,  tueld^e  ©raf  Sfcolfgang  bon  ^o^enlo^e  gu  Sängern 
bürg  am  6.  auguft  1581  öeranlaftte,  gofe  nur  6l  in«  geuer.    3r.  beflanb  übel  in  ber 

60  Unterrcbung,  aber  er  fa$  je^t  in  Sinbrcä  ben  ftolgen  Sirc^enfürften,  ber  in  feiner  Hutfd^e 


drenfitt*,  (n>rif»ort  3frlanb,  tir^U^e  Stattftil  413 

bafcrfafce,  unb  föalt  nur  um  fo  mefyr  auf  ifyn.  ©raf  Sßolfgang,  ben  !gr.  &«  einem 
9efu$  in  granffurt  toerläfterte,  fann  forttoä&renb  auf  SKege,  um  %x.  au$  granlen  gu 
treiben,  bejfen  ©attin  aber  nod&  in  Sucfyenbacfy  1582  ftarb.  Gfycmmfc,  fttre^ner  unb 
Selneccer  erliegen  1583  bie  fc^arfe  „Refutatio  Irenaei.  ©rünblic^er  Seriell  auf  ba« 
gramen."  6 

SBie  eine  ©rlöfung  fam  @nbe  1582  ein  Stuf  an  tyn  al«  Senior  ber  nieberöfterreic$if<$en 
Äinfc  na$  #orn  bei  2Bien  unter  93eit  2llbred&t  oon  ^ßue^eim,  toofyin  er  mit  feiner  gtoeiten 
Sattin  Seronila  91  überfiebelte.  $x.  toar  aber  nic^t  ber  -Kann  für  bie  tief  gerriffene 
äxmgeiifcfc  &tr$e,  too  bie  anhänget  ber  ßonforbienformel  unb  bie  au«  gang  3)eutfd&lanb 
^ter^er  geflüchteten  glacianer  einanber  gegenüberftanben,  unb  lefctere  trofc  Sto.  unb  Spangen- 10 
berg«  ©arnung  unter  ber  2lnfüfyrung  be«  3>oac&-  SJtogbeburgiu«  bie  £efyre  be«  glaciu« 
ton  ber  6rbfünbe  in  toafynftrifciger  SBetfe  übertrieben  unb  fo  bem  gfacwntemu«  ein  nic^t 
immbiente«  6nbe  bereiteten,  auf  ©runb  eine«  ©utad&ten«  ber  3lltorfer  gfafultät  fünbigten 
enblty  bie  öfterrei^ifdien  ©tänbe  nad&  einem  33ef$luf$  oom  12.  äug.  1585  ben  ftlacianern 
auf.  3r.  ftanb  hneber  tyeimatlo«  ba.  35ie  näd&ften  ^a^re  lägt  fufj  fein  3lufenttyalt  nid&t  is 
nacfy&etfen.  ffiabrfd&einlic^  fudjte  ber  gealterte  2Jlann  no$  einmal  in  ©c^toeibnifc  eine 
Unterfunft,  ber  9lat  aber  gebot  tym,  obtootyl  er  IranI  mar,  bie  ©tabt  nod&  „bei  ©onnen* 
f$ein"  ju  Derlafjen.  3U^^  toanbte  er  fiefy  toieber  nac$  SuAenbad^  gu  ©bewarb  fcon  ©tetten, 
too  er  feine  bretteilige  $oftiQe  gum  SDruct  fertig  machte  (SBibmung  be«  erften  Steile  Dorn 
24.  %m.  1589)  unb  immer  no$  litterarifö  t^ätig  toar.  3nl  3rü^ia^r  *595  bürfte  er  ao 
«fbrben  fein,  benn  am  Sonntage  9Mifericorbia«  toirb  feine  SBittoe  im  Sud&enbad&er 
fca$enbu$  ermähnt  ©ein  ©otyn  ift  tootyl  2Bolfg.  ^^näu^  bon  2Bei$burg  (?  SBeifienburg, 
(Hfafc),  ber  am  23.  Oft.  1577  bie  Softer  be«  ftlactu«,  2lnna,  efclitye  Oßreger, 
$Iacut*  2,527  Sinm.). 

3renäu«,  ein  urft>rünglid&  ebel  angelegter,  begabter  unb  tootylgeletyrter  ÜRann,  ber  28 
große  Ächtung  unb  grofcc«  Vertrauen  bei  ben  Männern  feiner  Stiftung  genofc,  ift  ein 
Opfer  ber  rabies  theologorum  geioorben.    9Jlit  etyrlid&em  (gifer  fämpfte  er  gegen  9foia= 
t^reiften,  ©tynergiften,  Slccibentiften  für  ba«  „35evofttum"  l'ut^er«,  bie  reine  lutfyerifd&e 
$dpt,  aber  feine  Ideologie  fcerfümmerte,  ba  bie  flacianiföe  ©rbfünbenletyre  für  tyn  gum 
^entralboama  tourbe.    3m  ^eftigften  Jtambf  für  bie  t>on  ^laciud  in  ber  §i^e  be^  ©efed^te«  ao 
gemalte  tlntoenbung  be^  ungeeigneten  ©ubftangbegriffed  auf  bie  ©rbfünbe,  Verbrauchte  er 
feine  bepe  Äraft  im  ©gelten  unb  Üäftern  unb  na^m  innerlich  ©d^aben.    6r  öergafe,  toie 
freunbli^  fu^  SRelanc^t^on  um  tyn  angenommen  fyatte,  unb   ließ   fi$  im  §afe  0e0en 
Inbrea  unb  beffen  ©önner  SBoIfgang  toon  §o^en(o^e   teifö  gur  Unbilligleit  im  Urteil, 
leite  jirc  Untoa^eit  ^inreifcen.    SEBo^l  ^at  fein  „©Riegel  be$  etoigen  Seben«/'  ba«  befte  86 
ferner  <Srbauung«bü^er;  brei  Auflagen  erlebt,  aber  fonft  ^inberte  er  bie  @rbauung  burc^ 
feine  fiarfen  perfönli$en  9tu«fäQe  (Vgl.  ba«  fd^arfe  Urteil  bon  §.  Secf  a.  a.  £.).    9lom 
bai  ben  Stann,  ber  ba«  päpftlic^e  gubelja^r  unb  ben  gregorianifd&en  Äalenber  fd^arf  an* 
gegriffen  $atte,  im  3nbej  gu  ben  autores  primae  classis  geregnet,    ©ein  groge«  SBerf 
über  bo«  Symbolum  Apostolicumbürfte  für  ben  praftijc^en  Ideologen  Sead^tung  öerbienen.  *o 
Äi  feiner  Schrift  MDemonstri8<4  geigte  er  fi$  al«  ec^tc«flinb  feiner  3«t,  bietet  aber  ben 
Stoijinern  manche  3la(fyx\i)t,  bie  no$  ber  Prüfung  toert  ift.  ($.  koffert. 

3re«er  «oiferinf  f.  33b  III  ©.  224, 25  ff. 

drifffte  ©c^ttiefiern  ber  Siebe  f.  33b  V  ©.  392, 3  7  f. 

3rl*«b,  firc^lic^e  SSer^ältniffe,  ©tatiftif.  —  Shteratur:  9ianfer  (Sitg»« 
lifdje  Qkf4i4te  (bef  53b  4  u.  6);  i8caumont,  L'Irlande  sociale,  i>olitique  et  religieuse  ($ari« 
1881);  ».  ©offenfamp,  ©ef*.  Srlanb«  bi«  gu  f.  Union  mit  (Snglanb  (ficipgia  1886);  fjr.  bc 
9rejfen&  L'Irlande  et  TAngleterre  1800-1888  OJtori«  1889);  The  official  Year-book  of 
tbe  Chureh  of  England,  London,  Society  for  promoting  Christian  knowlcdgc;  Se^er  u. 
Seite,  Statt).  Äudjenlejifon.  so 

SHe  Sefi^ergreifung  ber  Snfel  burc^  Äönig  §einrid^  II.  fanb  auf  ©runb  einer  93ulle 
$abrian*IV.  (eine«  ©nglänber«)  öon  1155  Qaff^  10056)  ftatt,  burc$  loelc^e  §ibernia  unb 
ab  SRa^barinfeln  bem  erfteren  gegen  bie  jä^rlid^e  Ballung  eine«  S)enar«  oon  jebem 
So^ngebaube  ttbedotefen  toarb.  t)ie  bonll71  an  begonnene  öefieblung  unb  Sefi^ergreU 
fang  bur#  bte  ßnglanber  befc^ränlte  ftc^  nur  auf  einen  Streif  an  ber  Dftfüfte  unb  erlangte  66 
«folge  ber  8anbe«abtoefen^ett  ber  meiften  ©rofebeftfeer  toenig  93ebcutung.  2)ie  gort* 
bona  einer  gegriffen  Ober^errli^Ieit  be«  $a))fte«  trug  l^teju  mittelbar  au$  ettoa«  bei,  toie 


414  dfrlattb,  Krityidje  ©totipt! 

benn  $<tyft  ^o^ann  XXII.  ftd&  bei  Ä.  ßbuarb  II.  über  bie  §ärte  feinet  Regierung  in 
grlanb  beflagte ;  bod&  ba$  War  fcergeblid&,  mürbe  bod&  u.  a.  1367  ben  englif$en  ftotoniften 
unter  Strafe  be$  §oc$&errat$  verboten,  einen  3*en  ju  einer  geiftli^en  $frünbe  )u  prafentieren 
ober  in  ein  Softer  aufzunehmen  k.  35ie  abhängig!  eit  beS  SanbeS  bon  ber  9tegterung  ju  £onbon 
5  Warb  nac$  ben  SSerWirrungen  ber  Äriegc  gWifd&cn  „ber  roten"  unb  „ber  Wagen  SRofe" 
1495  Wef  entließ  geförbert  burefy  bie  fogenannte  SßotyningSafte,  ein  bom  triften  Parlament 
angenommenes  ©efe$,  nad&  Weld&em  alle  SSorlagen,  bie  an  ba$  trifte  Parlament  gebraut 
Würben,  bortyer  bom  englifäen  ©efycimen  9tat  gebilligt  fein  müßten.  3m  16.  %afyc* 
fyunbert  führte  bie  SoSreifcung  ber  englifd&en  Äird&e  bon  ber  Suprematie  be$  Stapfte*  bur$ 

10  $einri$  VIII.  aud)  in  Dublin  baju,  baft  ba$  Parlament  SrlanbS  1536  bie  päpfUty 
Suprematie  für  abgefd&afft  unb  alle  3lppeuationen  nad&  Slom  für  berboten ;  bie  Seamten 
aber,  Weld&e  ben  SuprematSeib  für  ben  Äönig  berWeigerten,  für  £od>berräter  erflärte, 
Woran  ftd&  nod&  anbete  gfeftfteüungen  ju  ©unften  ber  $ur$fityrung  beä  angßfaniftyen 
ßird&enWefen8  in  allen  Sßfrünben  3>rlanb3  fd^loffen.    Riebet  ertoied  fiep  ber  Srjbiföof  tnm 

15  Slrmagfy  aU  be&arrlid&er  Vertreter  ber  römijcfcfat£olifd&cn  Sac^e.  Sie  für  letytere  fo 
günftige  3toiföenJrit  bvc  Königin  3Raria,  Der  „Slutigen",  1553—1558,  biente  immerhin 
and)  jur  formalen  Sefeitigung  ber  päpftlic$en  Dber$otyeit$anft>rüc$e.  Denn  na$bem  f$on 
1541  bur$  ©efefe  ber  Xitel  eineä  Dominus  Hiberniae  bur$  ben  emeS  fouberänen 
Könige  erfefct  Worben  War,   erfannte  aud&  ber  Sßapft  1555  bie  UmWanblung  3tfanb*  in 

20  ein  Königreich  an.  Unter  ber  R.  ©lifabetb  natjm  1560  ba$  Parlament  gu  Dublin  bie 
Drbnungen  ber  englifcfyen  Staatäfird&e  audj  für  Urlaub  an,  unb  bunb  bie  Untformittä* 
afte  Würbe  bie  engl,  ©otteebienftorbnung  unb  ba$  „Gommonpraberboof"  eingeführt,  jcbo$ 
bei  ber  Siturgie  bie  lateinische  Spraye  jugeftanben.  Unter  ben  Sifööfen  berWeigerten  nur 
$Wet  ben  Suprematäeib,  WeSfyalb  fte  tyre  Stellen  berlaffen  nutzten.  9)ie  barauf  folgenben 

26  Grabungen  triftet  SSornefymer,  geförbert  burd&  ftKtnifdpe  ^nbaftonen,  foWie  Aufrufe  unb 
SBebolImäd&tigte  ber  köpfte,  führten  ju  Weitgehender  ©runbentetgnung  gegenüber  ben  SJren 
unb  gu  berftärlter  SJefteblung  mit  (Snglänbem  unb  Schotten,  Wa3  namentlich  auefc  infolge 
ber  unter  Safob  I.  unb  Äarl  I.  (fett  1641)  erhobenen  Slufftänbe  ausgiebig  fortgefefct 
Würbe.    3[ebod&  «P  fcurc§  bie  3>nfuräftton  gegen  bie  republtfanifcfce  Regierung  erhielt  ber 

30Äam})f  jWifd&en  3ren  unb  ©nglänbem  feine  ^fte  Schärfe.  S)er  erbarmungdlofen  9Keber* 
h>erfung  ber  a\xi  nationalen  ft>ie  religiöfen  ©rünben  unternommenen  Slufftänbe  folgten 
in  umfaffenberer  SOBeifc  Jtonfi^Iationen  be£  ©runbbefi^  unb  Äolonifterung  bur^  prote* 
ftantifc^e  ßnglänber ;  anbererfeitd  berftärfte  fic^  bie  9lu$h)anberung  bon  3ren  in  ber^^ 
bene  fat^olifd^e  £änber  @uro^a^.    So  tarn  &,  baß   bei  ber  gefefeli$en  Steuorbnung  be* 

85  Sobcnbeft^e^  buref)  bie  Sieblungäafte  bon  1665  über  gtoei  Dritteile  be*  gefamten  Soben^ 
im  93eft$e  ber  cnglifcben  s}Rinber^eit,  ettoa  einem  Vierteile  ber  SetJölferung,  betätigt 
ftmrbcn.  3la&  ber  friegerifc^cn  Unterwerfung  Srf<mb$  burc^  Ä.  3BU^e(m  III.  toatb  bie 
fortbauembe  Sebingung  be«  SuprematSeibeS  unb  ber  SBertoerfung  be«  SReftopfer*  für 
^arlamentdmitglieber  unb  Beamte  (au$  für  9(bt)ofaten)  l^rlanbd  burA  ba£  Sonboner 

40  Parlament  betoirft.  1727  tourbe  ben  triften  Jtat^olifen  ba$  altit>e  9Ba^(red^t  für  bad 
Parlament  be^  Sanbe^  entzogen  unb  bur$  ein  ©efe$  bedfdben  bon  1745  Würben  bie 
(Styen  jtotfe^en  ^apiften  unb  älnglilanern  für  nichtig  erflärt.  Sine  Steige  bon  anberen 
©efefcen  unb  SSerorbnungen  beengte  bie  Setoegunggfret^eit  bed  Äat^olictemu«,  j.S.  bie  föon 
1896  erfolgte  Seftimmung,  bafi  jeber  fat^olifd^e  ^riefter  unb  Drbenägeifttid&e  ftc^  regifiheren 
«6  ju  laffen  tyatte,  unb  ba^  foleber  nur  in  feinem  ßircfytyiele  anttieren  bürfe.  So  hm  cd, 
bafe  eine  ftatiftifc^e  örbebung  bon  1730  bie  Slntoefen^eit  t>on  nur  1455  $rießem  unb 
bon  254  9J{önd^en  in  51  ßlöftern  ergab.  ®eren  Unterhalt  erforberte  bei  bem  gortbefte^en 
ber  gefyentlieferung  bon  feiten  ber  fatboUjc^cn  ^ren  an  bie  ang(Üanifc^e  ©eifSic^feit  eine 
beträchtliche  D^fertoiUigleit  auf  feiten  berfelben,  jumal  bie  3^enter^ebung  burd^  bie  Z^&tig* 

60  feit  ber  3e$entpä$ter  bielfad?  befonberd  brücfenb  war.  @3  War  ba«  ©ebiet  bed  Seftyl 
unb  (SrWerbtö,  auf  Welkem  im  legten  Vierteil  btö  18.  3^rfyunbert$  bie  Sefettigung  ber 
ben  5lat5)oltfen  mi^günftigen  gefeilteren  Seftimmungen  begann,  bid  fc^rittWetfe  für  fte  bie 
bode  ^olitifcbe  unb  ttrc$lt$e  ©letAberec^tigung  gewonnen  War.  92ad^bem  man  1778  ben 
SrWerb  bon  ©runbeigentum  ben  Katboltf en  erleichtert  unb  fcerföiebene  Sefc^ränfungen  erb« 
66  rechtlicher  3rt  aufgehoben  ^atte,  begünftigte  bie  im  ftatyre  1782  erlangte  Unabhängigst 
ber  irifd^en  ©efe^gebuna  bon  ber  &orberatung  be^  englifc^en  ©e^eimen  State*  bie  ein* 
beimifefce  parlamentarijcbe  Se^anblung  öon  ©efe^en  fonfeffionetter  Art  föon  tnfofern,  att 
Anträge  unb  ©efe$eft>orf$läge  für  bie  Jtat^olifen  eingebracht  Werben  tonnten.  ($6  geföafc 
bie«  natürlich  nur  burc^  ?ßroteftanten.  Sd^on  ba«  3a^r  1782  fdlbft  Staate  nidyt  nur 
go  grei^eit  im  Anlauf  bon  Sanbbef^,  fonbern  aud^  bie  Sefeitigung  bed  Segiprieren«  ber 


dfrlanb,  Rrdjlidje  StatifKt  415 

bimftberedjtigten  ©eißßd&en.    1792  folgte  bic  Sluföebung  be3  9Kifd^e^cntoerbotc«  unb  bie 

Efiung  ber  Äat^olücn  jur  Slbvofatur,   toeld&em  Stanbe  bann  auefy  ber  toirfungSvotlfte 
er  ber  fdt^olifc^en  3ren  in  ben  folgenben  %atyci*l}r\tm,  D'Gonnetl,  angehörte.  Die  3"s 
.,  ng  jum  9efu$e  ber  Dubliner  UniVerfttät,   toenn  au$  nid^t  ju  beten  Diplomen  unb 
(graben,   im  $afyct  1793  unb  bte  SetoiHiaung  einer  Subvention  für  ba$  Spriefterfeminar  6 
ju  9R<tynoot$  1795  galten  ber  tyityeren  ÜBilbung   ber  5latt?oltfen  be$  SanbeS.    Die  Se= 
ttriüigung  Von  8000  $fb.  Sterl.  für  baä  JtoQege  Von  3Ratynootfy,    eine  Seifteuer,   meiere 
auefc  bei  ber  Sereinigung  be$  triften  Parlamentes  mit  bem  englifd&cn  Von  bem  teueren 
ntyt  beanftanbet  tourbe,  toar  ber  erfte  Staatebeitrag,  ben  bie  fat^oliföe  Äird^c  in  ^rlanb 
erhielt,   toätyrenb  bie  Sßreebtyterianer  unb  anbere  SRonfonformiften,  bie  fiefy  fyauptfä$lid&  in  10 
Ulftet  niebergelaffen  tyüttn,  föon  feit  %atob  I.    eine  beträchtliche  jätyrlid&e  3ulage  für 
tyre  $rebiger,  „Regium  Donum"  genannt,  erhielten,  toeld&e  fpäter  jäljrlidj  Vom  $arla= 
mmt  fcertmUtgt  tourbe.    ©leic^falfö  1793  tourbe  tynen  ba«  aftive  2öatylre#t  für  bie  poli* 
üfc^en  unb  gemetnblicfcn  SBatylen  toteber  eingeräumt   unb   eine  änjatyl  Von  Ämtern  )u« 
gänglty.    Sin  toeitereS  Sntgegenfommen  ber  ©ejefcgebung  tourbe  Von  minifterieQer  Seite  ib 
bei  ber  Vorbereitung  ber  Sßarlamentäunion  ^rlanbS  unb  Snglanbä,  meiere  im  ^afyre  1 800 
(Scfefe  tourbe,  ben  ftaltyolilen  in  9fo3fu$t  geftetlt.    Do#   jog  ftc^  bie  (Erfüllung  fyinauS, 
befonoei*  infolge  bed  SBiberftrebenS  beä  ftönigS  ©eorg  III.,  tocl($er   eine  (Srföütterung 
ber  Serfajfung  (InglanbS  unb  eine  Verlegung  feinet  $errf#ereibe$  in  fol$er  Snberung  fafy. 
Umfaffenbe  Sffociationen  in  ^xlanh  betrieben  jebocfy  eine  lebhafte  Agitation  für  bie  3lns  ao 
fpr&be  ber  jtatyolifen,  mit  freierer  allerbingS  gemeinhin  infolge  ber  brücfenben  Sage  ber 

2 pfiffen  triften  2anbpäd&ter  unb  Arbeiter  eine  ftarfe  agrarijd&e  Setoegung  fic$  Verbanb, 
$e  y$Uofe  Störungen  be8  Sanbfriebenä  mit  ft$  braute.  Dies  um  fo  mefyr,  toeil  and) 
cm  SJunb  proteftanttfd&er  Setootyner  ber  Snfel,  bie  Drange-Sogen,  ftcfy  gebilbet  tyatte  unb  )u 
gctoalti^ätiger  Slbtoe^r  Vorging.  3)ie  fteigenbe  Unjufriebenfyeit  im  Sanbe,  burefc  bie  agita*  26 
torifc&e  Äraft  D'ßonnelfö  bebro^licfyer  enttoidfelt,  Veranlagte  im^a^re  1829  ba3  umfaffenbe 
©efefcjur  Aufhebung  ber  Xeftafte  für  bie  Äattyolifen,  bur$  toeld&eä  ibnen  ba$  Parlament 
unb  alle  Ämter  außer  ber  Stelle  beS  SorbfanjlerS  von  ßnglanb  unb  be$  SiaefönigS  von 
»Wanb  &uganglidj  tourben,  jeboc^  nid^t  bie  Stiftungen  ber  Univerfttäten  unb  fyöfyeren 
Schulen,  gür  bte  SSefefrung  ber  lattyolifd&en  bifd^öflic^en  Stühle  aber  tüurbc  {ein  Veto  ao 
bc*  Äönigd  m  (Sinfü^rung  gebradbt,  um  biefer  flirre  {einerlei  offiziellen  S^arafter  ju  Ver« 
\dpfim,  toie  auc^  leine  Dotation  für  beren  ©eiftlid^leit  befd&loffen  lourbe.  3m  $a&re  1838 
aber  toinbe  ber  ffltnt,  toel^er  in  allen  Rtrc^^ielen  an  bie  anglilanifd^e  Rxxty  in  ent- 
rufaen  toar,  in  etne  toefentfiq  geringwertigere  ©elbfteucr  umgetvanbelt.  Die  SSer^ältniffe 
ber  ®runbpa^ter  unb  Keinen  £anbtt>irte  geftalteten  ftc^  infolge  er^ö^ter  $ac$tbeträge  unb  86 
^hifiaeren  3Ri^toac^fe^  Von  ben  30er  ^aljxm  an  immer  brüdenber ;  ^ugleid^  erlangte  bie 
po&tiföe  Setoegung  für  bie  9luflöfung  ber  im  3a^rc  1^00  Vorgenommenen  Union  mit 
Cnglanb  eine  )une^menbe  Starte.  Die  Aufregung  tourbe  burefy  O'GonneQd  9tepeal  ägi* 
tatiim  auf«  ^fte  geftetgert,  unb  tvenn  auefy  mit  beffen  Verhaftung  bie  ©efa^r  befeitigt 
toar,  fo  blieb  bo$  nad^  toie  Vor  im  triften  SSolt  Erbitterung  unb  §a^  gegen  (Snglanb.  «o 
Sai  ber  ©etoalt  nic^t  gelungen  toar,  Verfugte  Sir  Robert  $eel  burc^  freunblid^ed  @nt* 
gegenlommen,  inbem  er  1845  feine  sJ)tatynoot^$3ill  in^  Parlament  bradbte,  na$bem  fc^on 
ba«  3a^r  juVor  burefy  bie  S^antable  5Requeft^33tC(  ben  Jtatbolilen  ba^  Stecht  gegeben  toar, 
tyre  Krn^e  burd^  freitoiOige  ©oben  ju  botieren,  o^ne  burd^  proteftantifc^e^  2lufft$t$re$t 
befcfaänft  ju  fein.  $eel  beantragte  in  feiner  Öiü,  bie  ^ertoilligung  für  Wa^noot^  auf  46 
26000  $fb.6terl.  jä(?rltd>  gu  er^en  unb  auf  ben  regelmäßigen  (Stat  ju  fefren  unb  au^ 
bem  einen  Beitrag  von  30  000  Sßfb.Sterl.  für  Sauten  ju  geben,  auc^  bie  auffielt  überl'etyre 
«nb3)^«))lin  bed  Seminar^  ben  lat^olifc^en  SJifitatoren  ju  überladen.  Die  Stil  ging  mit 
«ofcer  Majorität  burc^:  aber  e3  fteüte  [xd)  bei  ben  SJer^anblungen  barüber  unb  ben  jäfyr- 
ud^  toiÄer^olten  jtämpfen  geaen  biefelbe  nur  )u  beutlid^  l^eraud,  baß  bie  Maßregel  nad^  so 
feiner  Seite  befriebigte.  Die  fiat^olifen  fa^en  barin  nur  eine  Heine  3lbf$lag£&abtung  einer 
großen  S<^ulbf  ein  Seil  ber  Sßroteftanten  einen  Senat  am  £roteftantif<$en  ^Jrinjij). 
Übabieö  führten  bie  Ser^anblungen  ju  Spaltungen  im  proteftantifc^en  Säger  felbft,  fofern 
bie  Stffentert  prinzipiell  gegen  jebe  Unterftü^ung  einer  ßtrebe  burd)  ben  Staat  finb.  G^ 
toar  Üar,  baft  jebe  toeitere  Slufpilfe,  bie  man  ber  lat^olitäen  Kirche  jufommen  ließe,  nur  66 
neuen  Äampf  hervorrufen,  unb  ebenfo,  baß  Die  ^albe  Maßregel  nic^t  auf  bie  Sänge  ge* 
sögen  toürbe.  SEBad  aber  fodte  gefd^e^enV  SRacaulav  hatte  geraten,  ba$  jtird^engut,  baö 
bermalen  im  Seftfe  einer  Reinen  Minorität  be^  Solfe3  fei,  gleichmäßig  unter  bie  latyo* 
üfc^e,  bte  proteftortitifc^epijfopale  Kirche  unb  alle  Diffentergemeinj$aften  )u  teilen.  9tie* 
aber  fonnte  ertoarten,  baß  biejtird^e,  bie  faftifö  unb  rec^tlid^  im  Sefifc  bed  Jtird^en- oo 


416  Stfattb,  Krdjlidje  StntifHI 

gute  fear  unb  baju  ftd&  ben  tbcalen  Seruf  einer  9Jtiffion$fir<§e  für  gam  3>rlanb  jufd&rieb, 
toeitauä  ben  größten  Steil  ifyreS  ©uteS  an  eine  Kirche  toürbe  abtreten  toouen,  toelcfc  ftc  für 
grunböerlefyrt  unb  fdjäblic^  erflärte.  Unb  ebenfotoenig  tiefe  ficb  eine  folcfc  Sföaferegel  Don 
bem  übertoicgenb  ^roteftantifd^en  Parlament  ertoarten,  in  toelcpem  Diffenter  unb  Staat** 

6  firc^lic&e  toenigftenS  in  ibrer  Abneigung  gegen  bie  tatfyolifd&e  Kirche  ein«  toaren.  SBar  aber 
eine  Verteilung  be$  Kird&engutä  unter  alle  Hirnen  aufcer  grage,  fo  blieb  aU  bur$gretfenbe 
•Kaferegel,  um  atle  Krdjltc^e  Ungleichheit  unb  allen  £aber  für  bie  äutunft  abjufc&neiben, 
nur  ba3  umgetebrte  Verfahren :  ber  eingig  befcorjugten  Stirere  ihre  jßorred&te  gu  entjie^en 
unb  fo  aüe  Denominationen  auf  biefelbe  Stufe  ju  [teilen,    liefen  ebenfo  bun^greifenben 

10  al3  turnen  $lan  toagte  ©labftone  in  bie  §anb  ju  nehmen,  ber,  im  3)ejember  1868  an 
bie  ©pifce  ber  englifdpen  Regierung  getreten,  gleiq  im  erflen  Parlament  eine  33iD  ein* 
braute,  toeld&e  bie  Sluffyebung  ber  triften  Staatäfird&e  beantragte ;  trofc  heftigen  98iber> 
fpruc^S  ging  fie  burefy  unb  erhielt  als  „Irish  Church  Act"  am  26. 3uli  1869  bie  fömg* 
lic&e  Seftätigung.    2)a$  ©efefc  foQtc  mit  bem   1.  3anuar  1871   in  Kraft  treten.    3)te 

16  baitytfäcfylicfyften  33efttmmungen  biefer  3lftc  finb,  bafj  bie  trifte  Kirche  Don  ihrer  b& 
fyerigen  SSerbinbung  mit  ber  engliföen  Kirche  unb  bem  Btacdt  loägelöft  unb  ba$  Kir#en= 
gut,  naefy  Scfriebtgung  aller  geregten  unb  billigen  Slnfprüctye  ber  ^ntereffenten,  na#  8e* 
fälufi  beä  Parlaments  (für  nicfytfirctylicfye  3^e*e)  bertoenbet  toerben  folle.  3ut  ®unfc 
füfyrung  biefer  ÜRaferegel  toirb  eine  Kommiffion  (the  Commissioners  of  Church  Tem- 

20  poralities  in  Ireland)  auf  10  %afyct  eingefefct  unb  jtoar  mit  ausgebauten  Salt 
matten,  fo  jebocfy,  bafe  ba$  bon  ber  Kommiffion  proponierte  Verfahren  bon  bem  tönig- 
liefen  geheimen  JRat  für  3>rlanb  gut  gereiften  toirb.  —  3lQe  $atronatöre$te  (töniglüge 
unb  anbere),  alle  geiftlid&en  Korporationen  unb  aüe  geiftlid&e  ©erid&täbarleit  unb  fm^lu^en 
©efefee  (mit  einiger  Sluänafyme  beä  £eirat&  unb  @|egefefce$)  työren  auf,  ebenfo  ba3  Stecht 

26  ber  &if<$öfe,  im  §aufe  ber  SorbS  ju  fteen,  nur  bie  Stangorbnung  ber  berjetttaen  Sßrä- 
laten  bleibt,  folange  fie  leben,  Slnbererfeitä  finb  aud&  befäränfenbe  ©efefee  aufgehoben, 
tüte  jene  betreffenb  bie  Spaltung  bon  ©tynoben  unb  bie  SSefugnte,  SSefd&lüffe  ju  fajfen. 
Sei  ber  Trennung  ber  Kirche  Dorn  Btaat  bleibt  bie  3form  unb  SSerfaffung  ber  Äirc&e 
tocfentlicfy   untoeränbert,   b.  I;.   baä  bermalige  Kird&enred&t,   ©laubenäartifel,  $Htu$,  2>te 

90  jiplin  unb  Orbnungen,  mit  folgen  Snberungen,  toie  fte  bie  neue  fftrc$enafte  mit  fu$ 
bringt,  finb  binbenb  für  bie  2Jlitglieber  ber  Kirche,  gerabefo  aU  ob  fie  einen  Kontratt 
gefcfjloffen  Ratten,  biefelben  feftjubalten,  unb  ba«  fird^lid^e  Eigentum,  ba3  burc^  biefe  3ttte 
ber  ftirc^e  gugetoiefen  toirb,  fte^t  unter  bem  ©d&ufc  be«  bürgerlichen  ©efe^ed.  ©obalb  bie 
Hirc^e  (b.  fy.  bie  33ifdf>öfe,  ©eiftlid^cn  unb  Saien)  ^Jerfonen  ertoä^lt  ate  9lq)räfentanten  ber 

86  Jtird^e  unb  SSertoalter  be«{  firdjlicben  aSermögend,  toerben  biefe  ate  Ätr$en!öriperf<$aft  Re- 
presentative  Church  Body  imorporiert.  mit  biefer  Korporation  tritt  bie  oben  genannte 
ftommiffton  in  ^erbtnbung,  um  bie  Sefolbungen  an  bie  Prälaten,  ©eiftlid^en  unb  anbere 
^ntereffenten  fortguentrid^ten  ober  bie  S^^gelber  in  ein  Kapital  umjutoanbeln,  ba^  ber 
Korporation  übergeben  toirb  unter  ber  93ebingung,  ben  beteiligten  i^re  frübere  Sefolbung  vau 

40  gefd^mälert  f  ortju^ablcn.  2Bad  lird^lic^e  ©ebäube  betrifft,  fo  toerben  alle  Kirnen,  bie  benüfct 
toerben,  Der  Korporation  überlaffen,  famt  ben  Segräbm^lä^en  (tvelc^e  jeboc^  ber  Crt£be§örbe 
abgetreten  toerben  tonnen),  ebenfo  bie  @c$utyäufer.  ©ebäube,  bie  nid^t  gebraucht  ober  be» 
anfpruc^t  toerben,  fallen  an  bie  Kommiffton  ^eim.  ^farrfyäufer  unb  btfc^dfli^e  3Bo^nungcn 
toerben  ber  Korporation  gegen  8e^al)lung  bed  ge^nfa$en  jä^rli^en  SBerte«  bed  Sobend, 

46  auf  bem  fie  fielen ,  überlaffen  unb  baju  noa)  bis  10  Slcfer  £anb  bei  jebem  $farr= 
fyauZ,  30  Slcfer  bei  einem  $if$of*fto  um  btütgen  9lnf$lag.  9ltö  (Srfa|  für  folgen  9e* 
ft§,  ber  a\xi  Donationen  unb  ©ubffriptionen  ^erftammt,  toirb  eine  runbe  Summe  tum 
500000  $fb.  @ter(.  gegeben  unb  überbie^  alle  betoeglic^e  $aU  ber  Korporation  einfach 
überlaffen.    ©lei$}eitig  mit  ber  Staat^tird^e  l?ören  avtfy  bie  jä^rli^en  SertotOtgungen  be£ 

60  $arlamentd  für  bie  proteftantifd^en  Diffenterd  (Regium  Donum,  44000  $fb.  SterL  p.  a.) 
unb  für  ba$  fat^olif^e  ©eminar  (Maynooth  Grant,  26000$fb.  ©terl.  p.  a.)  auf.  3>en 
Sntereffenten  tt)i»b  bi«  $u  i^rem  iob  i^r  btö^eriger  Anteil  fortbeja^lt  ober  in  ein  Kapitel, 
ba£  ^ierje^nfac^e  be^  jä^rücben  $3etrage£  auömac^enb,  t>ertt>anbelt  unb  einem  jßffegf4aft* 
rat  übergeben.    Überbied  erhält  baä  proteftantifd^e  tbeologijdie  Kollege  in  S3elfafx   eine 

66  Summe  t)on  15000  5ßfb.  Steil,  toä^renb  bem  3Ka^noot^  ßouege  bie  gemalten  Soifc^üffe 
erlaffen  toerben. 

Die  näc^fte  @oxge  mar  bie  Konstituierung  be^  repräfentatiben  Kin^enförperd,  ber 
benn  au$  1870  inforporiert  mürbe,  bie  12  Prälaten,  12  getftliifce  unb  24  iodäid^e  9le> 
präfentanten  ber  12  SDiöccfen  unb  12  fooptierte  Witglieber  umfanenb  (bie  3<$l  ^  2Rit* 

oo  glieber  l?at  ftd^  feitbem  infolge  ber  Trennung  ber  SDiikefen  ätrmagp  unb  Otogner  um  je  1, 


driattb,  Krdjlldje  Stotiftif  417 

Bejto.  2  ©lieber  er^ötyt).    ©obann  tourbe  $ur  Beratung   einer  23erfaffung  für  bie  nun« 
mefyr  unabhängige  flirre  fortgef dritten,  meiere  1879  jum  2lbfd&lufi  tarn. 

Die  Serfaffung  bei  Äird&e  bon  tylanb  (the  Constitution  of  the  Church  of  Ire- 
land)  tourbe  in  ber  ©eneralfenobe  1879  jum  3lbfcfylufi  gebraut  unb  alle  in  ber  je^n* 
jährigen  $eriobe  feit  ber  irif  d&en  Äircfyenaltc  1869  bereinbarten  @efe§e  fobiftjiert  unb  6 
ab  fortan  gütige«  Äird^enrec^t  fanftioniert.  Setyre  unb  SRituö  blieben  unangetaftet,  alfo  ganj 
fo  toie  in  ber  anglilanifd&en  ©dfjtoefterlird&e,  mit  tocljtyer,  toie  mit  anberen  gleichartigen  Äircfyen, 
ane  SSerbinbung  aufregt  erhalten  toirb.  Die  SBeränberungen  befäränfen  ftc$  auf  bie  bur$ 
bie  £o$tremtung  bon  bem  ©ummelnffopat  unb  ©taatSberbanb  nötig  geworbene  neue  33er= 
faffung.  An  ber  ©t>i|e  ber  Äirc&e  ftefyt,  unter  GfyriftuS,  bem  §aupt  ber  Äirc^e,  eine  10 
Seneralfynobe  mit  oberfter  gefefcgebenber  unb  abminiftratiber  ©etoalt,  unbefd&abet  ber 
6ptftof>alt>erfaffung. 

1.  Die  ©eneralftynobe  beftefyt  au%  brei  ©täuben,  ben  33tf($öfen,  bemßleruä  unb 
ber  2aienfd&aft,  toelc^e  jtoet  §äufer  bilben,  baS  £au$  ber  Sifcfyöfe  unb  baS  £au3  ber 
Xepräfentanten,  aber  getoö&nlicty  in  boller  ©fynobe  juf  ammenberaten.  DaS  SRepräfcntanten*  15 
bcaß  befte^t  au$  208  ©eiftlicfjen  unb  416  fiaten.  Jebe  Dtöcefe  fenbet  eine  beftimmte 
gajfrl  tnm  Vertretern  unb  jtoar  fo,  bafe  bie  ©etftlic^en  bon  ©eiftlicfyen,  bie  Saien  bon 
Auen  (©tyrtobenmännern)  getoetylt  toerben.  35ie  ©inteiluna  ber  Diöcefe  in  SBafylbiftrtfte 
ift  ber  Diöcefanfonobe  überlaffen.  3>eber  orbinierte  ©eiftlidpe  ift  in  unb  aufcerfyalb  feiner 
Didceje  toa^lbar.  Seber  &"e  mufe  bt\  feinem  ©intritt  in  bie  ©cneralfonobe  folgenbe  De«  20 
flaratton  unterjeittynen :  „3$,  91.  93.,  erlläre  ^iemit  feierlich,  bafe  idj  ein  ÜRitglieb  unb 
jtammtnitant  ber  Ätrd&e  t>on  ^rlanb  bin/'  ällle  brei  !gafyre  toerben  bie  Stepräfentanten 
getoa^lt,  unb  jtoar  toirb  bie  SBafyl  jtoet  SWonate  rnoor  fcon  ben  jtoei  ßribifcfyöfen  in 
ifaen  Diöcefen  aufgetrieben,  ©leic^jeitig  mit  ben  ifiepräfentanten  toerben  drfafcmänner 
getränt  26 

Die  ©eneralfanobe  tagt  alljährlich  (im  Styril)  in  Dublin.  Slugerorbentlid^e  ©jungen 
Bmten  Don  bem  $rima$  (ober  ©teDbertreter)  ober  auf  Verlangen  eines  Drittels  beS  einen 
ober  anberen  ©tanbeS  beS  SRejrcäfentantenfyaujeS  berufen  toerben,  aber  nur  mit  genauer 
Angabe  beS  )u  ber^anbelnben  ©egenftanbeS.  —  Drei  Prälaten,  40  geiftli^e  unb  80  Saien* 
repräfentanten  jum  mtnbeften,  ftnb  ju  einer  ©ifcung  in  tooller  ©tynobe  erforberlicty,  unb  so 
toenigfienS  fünf  Prälaten  im  §aufe  ber  Sifd&öfe  unb  bie  genannte  Rctyl  bon  2lbgeorbneten 
im  $aufe  ber  Stepräfentanten.  3n  boller  ©tynobe  präftbiert  ber  $rimaS  (ber  Grjbifcfyof 
tom  ärmagfy)  ober  fein  ©tellbertreter. 

Ser^anblungen.  3eber  Vorfd^lag  eine«  ©efefceS  ober  Äanonö  toirb  junäc^ft  ate 
9i0  mnr  bie  botte  ©tynobe  gebraut  unb,  toenn  genehmigt,  jum  erftenmal  o^ne  Debatte  86 
gdefen  unb  bann  gebrueft  unb  ber  Sag  für  bie  Debatte  feftgefefct,  in  ber  bie  ^auptyunfte 
txr^Ktnbelt  toerben.  SBenn  bie  93iH  jum  jtoeitenmal  gelefen  ift,  toirb  fte  bon  ber  öollen 
e^nobe  im  Gommittee  beraten  unb  hierauf  bie  $t\t  für  ba«  britte  liefen  feftgefe^t,  fo  ba^ 
toenkrßcnd  ein  boller  %a$  bajtoifd^en  liegt.  3um  brittenmal  gelefen  unb  angenommen,  toirb 
bie  9iQ  )um  ©efe^.  Die  Stfd^öfe  haben  jeberjeit  ba«  Stecht,  bie  <&aty  für  ftd^  ju  be-  40 
totm,  «nb  bid  bie$  gefc^eben,  toirb  bie  Ver^anblung  abgebrochen. 

3)ie  Stfc^öfe  ftimmen  abgefonbert  bon  ben  SRepräfentanten,  bie  Ste^räjentanten  ent* 
toAer  jufammen  ober  nad^  ©tänben,  (entere«  immer,  toenn  IOWitglteber  be3  einen  ober 
anberen  ©tanbe^  eä  fc^rifäic^  verlangen.  3U  eiuem  Ö^%n  Vefd^lu^  ift  bie  Majorität 
ber  antoefenben  Prälaten  (toenn  fte  abftimmen  tooUcn)  ebenfo  nötig  toie  bie  ber  9tej>rä*  45 
fentanten  (ob  fte  na$  ©tänben  ober  gufammen  abftimmen).  9Birb  eine  grage  bon  ben 
Stfödfen  t>ertoorfen,  fo  lommt  fie  in  näc^fter  ©i^ung  toieber  jur  ©prad^e,  unb  h?enn  bann 
Itoci  Drittel  ber  9te))räfentanten  bafür  ftimmen,  fo  gilt  ber  Antrag  al«  angenommen  — 
anfcer  toenn  jtoei  Drittel  aller  Vifc^öfe  antoefenb  ftnb  unb  bagegen  ftimmen,  fotoie  i^r 
Seto  f^rtftlic^  begrünben.    Die.Sifd^öfe  ftimmen  immer  jule^t  ab.  60 

Süiträgc  auf  irgenbtoeld^e  2tnberungen  in  ber  Sefyre,  ber  Siturgie  ober  bem  StituS 
wüffen  in  DoHer  ©^nobe  unter  genauer  Slngabe  ber  betreffenben  fünfte  gefteUt  unb  oon 
toentgften«  jtoei  Dritteln  jebeS  ber  jtoei  ©tänbe  beS  9te))räfentanten^aufeS  approbiert  toerben. 
Darauf  toirb  eine  Slbfcfyrift  ber  9<ef olution  ben  ©efretären  ber  Diöcefanf^noben  jugeftellt, 
tmb  erft  m  ber  näc^ften  ©eneralftynobe  barf  bie  93iQ  5ur  Sto^anblung  lommen.  3l\xx  bie  66 
emfttmmig  gemalten  Sorfc^läge  ber  englifd^en  Stitualfommiffton  fönnen  fofort  angenommen 
toerben,  toenn  gtoei  Drittel  jebeS  ©tanbeS  bafür  ftnb. 

Die  ©eneralftynobe  ^at  ba$  9ted;t,  allgemeine  3lnorbnungcn  über  bie  9lu$übung  beS 
9atronat#redted  )u  treffen,  fotoie  über  alles,  toaS  Drbnung,  gutes  Regiment  unb  SBirl* 
famfeit  ber  Kirche  betrifft.    3n  tiefem  ©inne  lontroOiert  fte  auc^  bie  Sefölüffe  ber  Diö^  ^ 

*t&%mc*n*pUU  fte  Xtfioloqlt  unb  ttir^e.  8.  «.  IX.  27 


418  3rlanb,  fird>lidje  ©tattfHI 

ccfanjbnoben.  SBäfyrcnb  bie  bisherige  Etrd^Itd^c  (Einteilung  aU  )u  red&t  beftetyenb  gilt, 
fyat  bte  ©eneralfonobe  baS  Stecht,  mit  ßuftimmung  ber  betreffenben  Diöcefen  Xenberungen 
gu  machen,  toie  Trennung  ober  gufammenlegung  bon  Diöcefen. 

%ixx  bie  einzelnen  @efd&äft$ztoeige  toerben  bon  bei  ©eneralfonobe  9Cu^fd^fiffe  befleOt, 

5  insbcfonbere  ein  SRecorbsßommittee,  ein  ftänbiger  Auäfd&ujj,  ber  ben  Drudt  unb  bie  2kr= 
toafyrung  ber  ©t^nobalaften  iontroQiert  unb  baS  Siegel  ber  ©eneralfonobe  Dertoabrt 
2XUc  @efc$e  ber  ©eneralftynobe  toerben  in  jh>ei  Sternklaren  gebrudft  unb  loDationiert 
unb  bann  mit  bcm  ©tynobalfiegel  unb  ber  Unterförift  be3  SßrimaS  berfetyen  unb  eine«  ba* 
bon  im  Arcfyib  ber  ©eneralfonobe,  baS  anbere  bei  bem  Representative  Church  Body 

10  betoniert. 

2.  Diöcefanftynoben  toerben  jö^rlic^  toenigftenS  einmal  bon  bem  93iföof  be* 
rufen  unb  gehalten,  toobei  eine  Diöcefe  ficfy  mit  einer  anberen  bereinigen  ober  in  atoei 
Dtftrifte  geteilt  toerben  fann.  alle  altiben  ©eiftlid&en  (mit  6mfd&lufc  ber  Äuratgeiftlid^en) 
fotoie  ber  *ßrobft  unb  bie  gellotoS  bom  Srinitty  GoIIege,  Dublin  (toenn   orbiniert)  finb 

16  SRitglieber  ber  ©tynobe ;  bie  bon  ben  ©emeinben  geloätylten  Vertreter  fielen  im  33er$ältni$ 
bon  2 : 1  ju  ber  altiben  ©eiftlic^feit.  Dies  gilt  and)  bon  Äatyebralen,  bie  jugleid^  $a* 
rotten  finb.  311^  ©emeinbebertreter  fönnen  auä)  grunbbefifcenbe  ©eiftlicfce  unb  fol$e,  bie 
sine  cura  ftnb,  gefragt  toerben.  Die  2Bafyl  ftnbet  alle  brei  $a\jtt  ftatt.  Die  Saien* 
bertreter  (Synodsmen)  ^aben  biejelbe  Defloration  ju  unterzeichnen  toie  bie  in  ber  ©eneral- 

20  fonobe,  bie  ©eiftlicfyen  btcfelbe  toie  bei  ifyrer  Drbination  unb  Aufteilung.  3"*  33efölufc 
fäfyigleit  ift  bie  Antoefenbeit  beS  93ifd&of3  ober  ÄommiffärS  unb  je  il4  be$  StleruS  unb 
\4  ber  ©tynobenmänner  erforberlic^.  ©etoitynltcfy  tagen  beibe  ©tänbe  mitemanber,  aber  auf 
Verlangen  bon  fccfyS  ÜRitgliebern  eines  ©tanbeS  getrennt  ©infame  SRajorität  ber  ©tänbe 
für  ftcfy  ober  ber  gemeinfäaftlicfy  beratenben  entfd&eibet  unb  mad&t  ben  9ef$lu£  gütig  unb 

26  binbet  äße  Angehörigen  ber  Diöccfe.  ©emeinben,  bie  jutoibertyanbeln,  toerben  bon  ber 
Beteiligung  bei  ber  ©fynobe  auSgefd&loffen. 

Der  33ifcfyof  ftimmt  für  ftc$  ab.  Segt  er  ein  SSeto  ein,  fo  mufe  ber  betreffenbe  Sin* 
trag  bis  jur  näd&ft  jährigen  ©fynobe  bertagt  toerben,  unb  toenn  bann  je  *;,  betber  ©tänbe 
toieber  bafür  ftimmen  unb   ber  33tfd&of  bagegen,  fo  lommt  bie  ©aege  bor  bie  ©enerat 

so  fonobe  jur  enbgiltigen  (Sntfd&eibung.  Der  Sifcfyof  lann  jebocfc  jubor  föon  bie  ©aifc  an 
bie  ©encralftonobe  toeifen.  Die  ©tynobe  fjat  ba$  Stecht,  über  baS  jtir$enbermögen  ber 
SDtöccfc  zum  beften  ber  Äird&c  5U  berfügen,  fofern  nid&t  2lnorbnungen  ber  ©eneralfynobe 
ober  recfytltcfye  Auftrüge  im  2ßegc  ftcfycn.  Aud&  fyat  fte  baS  Siecht,  unter  SBorbe&alt  ber 
ßuftimmung  beS  repräfentatiben  ÄöfyerS,  bie  Pfarreien  neu  )U  regulieren,  toaä  SJefolbung 

36  unb  Abgrenzung  (Teilung  einer  Pfarrei  ober  3ufammenlegung  oon  mehreren  u.  f.  to.) 
betrifft. 

Sin  35iöcefanrat  afe  ftänbiger  Slu^f^ufe,  beftefyenb  aus  bem  S3ifc^of  unb  einigen 
geiftli$en  unb  tocltlic^en  ©^nobalcn,  toirb  aüjä^ritd)  bon  ber  S^nobe  gehntylt,  )ttr  @r« 
lebigung  laufenber  ©ef$äfte,   j.  33.  Anfertigung  ber  fitfite  ber  neugetoä^lten  ©^nobaI= 

40  glieber  u.  a. 

3.  Die  ^aroc^ialorganifation  ift  tro^  ber  beränberten  SBerfyättniffe  nad}  %exm 
unb  3lamtn  beibehalten  toorben.  AIS  $arod^ie  (parish)  gilt  jebe  Äir^le  mit  einem 
©eiftlic^en  unb  regtftrierten  ©emeinbegltebern  (registered  vestrymen),  b.  ^.  SRännent 
bon  toenigftenS  2L  3a'?rcn/  ^^c  enttoeber  jur  irtf^en  Äird^e  gehören  unb  einen  ©runb« 

46  beft^  in  ber  5ßaro$te  mit  10  ^Jfb.  ©terl.  toenigftenä  SRcinertrag  ^aben,  ober  ftcfc  regelmäjig 
^  ber  betreffenben  .Stirere  galten.  (Sine  ba^in  ge^enbe  Defloration  &abcn  bte  SKitglieba 
bei  ber  jäfyrltd^cn  SHebifion  beS  ©emetnberegifterS  ju  unterzeichnen.  SDie  Diöcefanfynoben 
tonnen  aud;  einen  regelmäßigen  Beitrag  zum  ^irc^enfonb  zur  Sebingung  be«  eintrtttS 
in  bte  Beftrty  machen.     Die  ©emeinbeberfammlung  toä^lt  einen  ber  |toei  Äircfcn&OTfiefcr 

60  (ber  anbere  toirb  bon  bem  ©eiftlid^en  getoä^lt),  aud^  bie  ©tynobenmänner,  unb  ernennt 
jä^rlid^  bis  zu  }H>öIf  ©emeinbeglteber,  bie  mit  bcm  ober  ben  ©eiftti$en  einen  (Semeinbe* 
auSfc^uß  (select  vestry)  bilben,  toeld^er  bie  ^onbS  bertoaltet,  Airc^enbtener  aufteilt  ttf.to. 

4.  Aufteilung  bon  ©eiftli$en.  ^ebe  Diöcefanf^nobe  toä^lt  foglet^  na$  ibm 
Jtonftituierung  \mi  ©eiftlid^e  unb  einen  Saien  (nebft  (Srfa^männem)  au&  ifyctx  SRttte,  bie 

66  mit  bem  93if$of  einen  $atronatSauS[d^uß  bilben.  ^cbe  ©emembe  i^rerfettö  ernennt  aOe  bret 
vvi^re  brei  Iliänner  (Parochial  Nominators),  toeld^e  biefelbe  Srflärung  nrie  bie  ©tonobalen 
Zu  unterzeichnen  fyaben.  Sei  Grlcbtgung  einer  $farrfteDe  treten  ber  ^atronatSauSfc^uft  unb 
bie  betreffenben  SHominatoren  zufammen  unb  bilben  eine  SBafylbe^örbe  (Board  of  Nomi- 
nators).   xybeS  sJJtitglieb  berfelben  muß  eine  feierliche  Dellaration  unterzeichnen,  baß  c* 

(o  ot)nc  ade  perfönlid^en  9lücfftd?ten  nur  ben  SBürbigften  unb  lü^tigjten  tollen  tooDe. 


drlattb,  Krdjlidje  ©tattfHt  419 

Stimmt  bet  ©etoä^lte  baä  ämt  an,  fo  Wirb  et  bem  S3ifc^of  ate  folget  genannt.  @3 
fönnen  au$  mehrere  auf  bie  Sßatyllifte  gefefct  werben,  fo  ba&,  Wenn  bet  erfte  bie  ©teile 
auäfdjlägt,  ber  jWeite  gewählt  h>trb  u.  f.  w.  Sogt  ber  33ifd&of  ein  33eto  ein,  fo  ftefyt  bem 
©eWatylten  wie  ben  SRominatoren  Slppellation  an  ben  £of  ber  ©eneralfonobe  (f.  u.)  offen. 
Äommt  feine  2Ba$l  ju  ftanbe,  fo  ernennt  ber  Siföof.  2)a3  *Präfentation$red&t  Wirb  unter  6 
getroffen  Sebingungen  folgen,  bte  gur  Dotierung  einer  ©teile  beitragen,  eingeräumt. 
ftoftatfapellen  Werben  bur$  biefe  äfaorbnungen  nidfjt  berührt.  Der  angeftedte  ©eiftlid&e 
taim  Don  feiner  Pfarrei  nur  burd&  SJcfölufj  be$  §ofc$  ber  ©eneralfynobe  entfernt  Werben. 

Die  Deflorationen,  Weld&e  bie  ©eiftlidjcn  bei  Orbination  ober  SlnfteQung  ju  unter- 
febreiben  $aben,  jtnb  jum  letl  biefelben  Wie  in  ber  (gpiffopalfircfye  in  ßnglanb,  nämlid&  10 
a)  bie  ber  3ufiimmung  ju  ben  30  ärtifeln,  Gommon  $ratyer  u.  f.  W.,  b)  gegen  Simonie, 
c)  be3  fononifd&en  ©ejjorfamS.  SHlegianj*  unb  ©uprematäbeflaration  fällt  felbftberftänblid^ 
fort,  an  beren  ©teile  bie  3"pimmi»ng  $u  ber  1870  organifiertcn  Kirche  bon  grlanb  unb 
bie  Unterwerfung  unter  beren  ©erid^t^öfe  tritt. 

5.  2Babl  ber  @rjbifd&öfe  unb  Sifd&öfe.    33ei  (Srlebigung  eines  SiStumS  be=  i6 
ruft  ber  (Srjbifcfcof  ber  HJrobinj  (ober  ©teHbertreter)  bie  Dtöcefanftynobe,   ober  tomn  ber 
Sprengel  au$  mehreren  bereinigten  Diikefen    beftefyt,  bie  einzelnen  ©tynoben,  bie  bann 
jebe  fttr  fi#  ftimmen.    Saien  unb  ©eiftlid&e  ftimmen  $unäa;ft  mittete  3etteln   für  eine, 
bfc^ftenS  brei  Sßerfonen.     Die  SRamen  berer,  bie  WenigftenS  >/4  aller  ©timmen  beiber 
©tänbe  ober  V»  beS  einen  ober  anberen  ©tanbeä  erhalten  fyaben,  fommen  auf  bie  engere  20 
SBaljl.    2Benigften$  jWei  $erfonen  muffen  fo  gewählt  Werben;   bie  ©tynobe   fann   aber 
aud)  &ur$  3RajoritätSbefd&luft  Weitere  tarnen   beifügen,     ^ebtö  3Ritglieb   jebeä  ©tanbeS 
fttmmt  bann  je  für  einen  Scamen  auf  ber  engeren  2Sa#.     Ratten   je  •/,  ber  ©timmen 
JebcS  ©tanbeS  auf  eine  Sßerfon,  fo  ift  biefe  bamit  gefräst.    gft  bie  ©timmenjafyl  geringer, 
fo  Wirb  ba3  ©erfahren  Wieberfyolt  unb  jWar  mit  bem  erftborgefd&lagenen,  unb  Wenn  ber*  25 
gebli$,  mit  bem  näd&ften  in  ber  Steige,    ©inb  fo   mehrere  ^Jerfoncn  gewählt  Worben, 
fo  toä^lt  au*  biefen  bie  Sifäofsbanf  ben  33iföof  mit  einfacher  ÜRajorität.  Kommt  binnen 
brei  SRonaten  feine  SBatyl  ju  ftanbe,  fo  Wätylt  ebenfalls  bie  93ifc$ofäbanf. 

33or  ber  SBatyl  tyaben  alle  SBäfyler  eine  feierliche  ßrflärung  *u  unterzeichnen,  bafj  fte 
nur  bie  2üa)tigften  wählen  unb  einzig  baä  Sefte  ber  Kirche  im  siluge  faben  Wollen.        :w 

Sei  ber  (Srlebigung  be$  ©rjftufyte  bon  Slrmagfy,  Womit  ber  Primat  bon  ganj  Qrlanb 
berbunben  ift,  Wählen  mnäcfyft  bie  genannten  Diöcefen  einen  93ifd)of  ad  interim.  Dann 
treten  aDe  Sifcfcöfe  jur  äöa^l  eine«  Sqbiföofd  bon  Slrmag^  unb  5ßrima«  jufammen.  ^ättt 
Wefe  nic^t  auf  ben  ad  interim  gewählten  Sifd^of,  fo  erhält  biefer  ba«  SiStum,  ba^  ber 
jum  $rimad  gewählte  $rä(at  innegehabt.  35 

6. 3)aSÄat^ebralWefen.  Unter  Söa^rung  ber  Steckte  bcrberjeitigenÄat^ebralgeiftlid^en 
Wirb  ber  2)iöcefanftynobe  bie  ä$oDmac^t  erteilt,  )Wecfmäf(ige  sÜnberungen  unb  @inria;tungen 
mit  3uf^mmun0  tat  ©eneralfbnobe  gu  machen,  Wie  Verlegung,  3luf^ebung  ober  ©rünbung 
tnm  Äat^ebralen.  3)er  Sifc^of  aU  Orbinariud  ernennt  ben  Dombefan,  bie  ^)om^enen, 
&ra>ibiafonen  u.  f.  W.  3)er  3wf«««w»^nbang  bon  ^räbenben  unb  Äat^ebralftellen  Wirb  40 
aufgehoben.  3fl  bie  Äat^ebrale  jugleiq  ^fanfirc^e,  fo  ernennt  bie  SBafylbe^örbc  (f.  0.) 
ben  ©etfUicben,  ben  bann  ber  Stfd^of  audj>  jum  Dombetan  machen  fann,  aber  nid;t  mu^ ; 
umgefe^rt  sann  ber  3)ombefan  bon  ber  ©emeinbe  jum  $faner  gewählt  Werben. 

Um  anbere  ©nrid^tungen  bon  me^r  lofalcm  ^ntcreffe  ^u  übergeben,  fo-  ift  bie 
JtoOegiat*  unb  Aatl^ebralfirc^e  bon  ©t.  tßatrief  in  Dublin  jur  9{ationalfat^ebrale  gemalt  45 
toorben  (IRai  1872),  bie  ju  allen  35iöcefen  in  gleichmäßiger  Sejie^ung  fte^t.  3U  ^r 
gehören  bie  @rjbifc^öfe  unb  bie  anberen  Prälaten  ber  Äirc^e  bon  (^rlanb  unb  außer  bem 
Sklan,  ^Jracentor,  Äanjler  unb  ©cfyafcmeifter  21  ^Sräbenbare  ober  2)om^erren.  2)ie 
SrSbenben  Werben  bon  ben  Pfarreien  getrennt,  unb  jeber  ber  12  2)iöecjen  Wirb  eine 
^cdbenbe  jmgeWiefen  mit  bem  ^iatronatörea;t  auf  biefelbe.  S)ie  übrigen  9  ^iräbenben  60 
befe|t  ber  fäkal  unb  baö  Kapitel.  3)er  SDefan  wirb  bon  bem  Kapitel  gewählt  unb  er= 
nennt  ^Jräcentor,  Kanzler  unb  ©c^afemeifter.  ®ie(e  nebft  einigen  anberen  alle  :*  ^a^re 
ÄeWa^lten  bilben  bie  Kat^ebralbe^öroe,  in  Welker  aud^  bie  Öaten  Vertreten  ftnb.  SDie 
9lationalfat^ebrale  tyd  i^re  Vertreter  in  ber  $iöcefanfynobe  bon  Dublin. 

7.  Die  geiftüd&e  ©erid^t^barfeit  erftreeft  fic^  auf  aDe,  bie  fta;  ber  Autorität  w 
ber  ©eneralf^nobe  unterwerfen.    &$  giebt  zweierlei  ©ertebt^böfe :  bie  3)iöcefan^öfe  unb  über 
biefen  ber  $°f  btx  ©eneralf^nobe. 

(ginen  Dtöcefanaeric^t^of  fyat  jebe  einzelne  ober  mit  anberen  ju  einem  bifd^öflid^en 
Sprengel  bereinigte  $id)efe.  Der  §of  befte^t  au*  bem  93ij$of,  ^em  bon  tym  auf  lebend- 
lang  angefteBten  ftanjler  —  einem  Sled^t^gele^rten  bon  minbeftenä  ge^njä^riger  ^raitö,  00 


420  drlattb,  firdjltye  ©iaHfüt 

ber  afe  fein  Slffeffor  fungiert  —  unb  einem  geiftlic^en  unb  toeltlic^en  3Ritgltebe  ber 
©tynobe.  Diefe  toäfylt  nämlicfy  auf  5  3öfc*  3  geiftltd&e  unb  3  toeltlid&e  3Ritglieber,  bon 
benen  ber  Steige  naefy  je  ein  getftlic^e«  unb  ein  tocltlid&e«  t>on  bem  39iföof  Einzuberufen 
toirb,  um  als  Seiftfcer  bei  drfyebung  be«  3#atbeftanbe«  ju  afftftteren.  3Wc  muffen  eine 
6  feierliche  ©rf  lärung  unterzeichnen,  bafj  fte  gam  unj>arteüf$  fymbeln  toollen.  —  Auf  fc$riftlt$ 
ausgekrochenen  SBunfdfj  ber  Parteien  iann  ber  Sifcfyof  bie  ©ad&e  allein  abmalen.  ©onji 
ift  ba«  33erf  afyren  für)  biefe« :  Die  Älage  totrb  bem  ebenfalte  bon  bem  Siföof  angefteOten 
Diöcefanregiftrator  föriftltd^  jugeftedt  unb  bann  bem  Setlagten  mitgeteilt  Setrifft  bie 
Älage  einen  &fyrt>unft,  fo  mufc  fte,  toenn  fie  nic^t  fcom  Stfc^of  felbft  auäae^t,  bon  4Äom* 

lo'munifantcn,  bie  in  ber  Diöcefe  toofynen  ober  l>erfönlid&  betroffen  ftnb,  fqiriftli^  eingereiht 
unb  Kaution  (big  auf  50  $fb.  ©terl.)  geleiftet  toerben.  (Sine  Slbfcfcrift  ber  Älage  toirb  bann  Don 
bem  Slegiftrator  bem  33eflagten  augefcfyicft,  unb  bann  erfolgt  binnen  14  2äge  eine  SSor« 
labung  beiber  Parteien  burd)  ben  Äanjler.  Da«  SSerl&ör  ift  münbltcty,  toirb  aber  proto* 
folliert.    9laä)  SJerfyör  ber  ^arteten  ober  ifyrer  2lntoälte  unb  ber  QtuQtn  Ö^  &*  &°f 

16  fein  Urteil  fctyriftlicfy  ab.  SUirb  ber  Slngeflagte  fcfyulbig  gefunben,  fo  Iann  er  felbft  ooer 
burefy  feinen  3Intoalt  milbernbe  Umftänbe  geltenb  machen.  Darauf  fällt  ber  Stfcfyof  bhmen 
eine«  3Ronat«  bae  Urteil  in  offener  ©ifcung.  31*  ^tx  93eßagte  unfd&ulbig,  fo  berffigt  ber 
©of  über  ba«  Äaution«gelb.  SJeranftaltet  ber  33itöof  felbft  einen  $ro)efi  in  feinem 
©ericfct«fyof,   fo  fungiert  ber  Kanzler   an  be«  93if$of«  ©teile;  bei  fiefcfragen  ergebt  ber 

20  Diöcefantyof  nur  ben  Sfyatbeftanb  unb  fenbet  ben  Sled&tSfall  an  ben  #of  ber  ©enerak 
fonobe  $ur  (Srlebtgung. 

Der  t>oHe  ©erid&t«fyof  ber  ©eneralfonobe  beftetyt  au«  einem  6nbifd&of,  einem  Stfäof 
unb  3  Saienricfytern.  Die  betben  ©rjbifdfjöfe  toecfyfeln  ab;  fte  toätylen  bie  Sifööfe.  Die 
©eneralfonobe  toäfylt  6—10  SJtönner  au«  ifyrer  SMitte,  toeld&e  Stifter  ber  ^ö^eren  ©eri$t& 

26  bofe  in  ^rlanb  ftnb  ober  toaren.  2lu«  biefen  toäfylt  bei  jebem  einzelnen  9iec$tSfall  ber 
Megiftrator  in  ©egentoart  ber  Parteien  3  bur$  Saüottercn.  SfypeUationen  bon  bem 
Diöcefanfyof  an  biefen  oberften  @eri#t$tyof  muffen  14  State  nad&  gfäCung  be«  Urteil« 
mit  genauer  Slngabe  ber  ©rünbe  unb  mit  Hinterlegung  fcon  Äaution  gefcfyetyen.  Die  ein* 
facfye  9)iajorität  be«  #ofe«  genügt,  um  baö  Urteil  enbgiltig  ju  machen.    Set  Älagen  auf 

so  2l6fefcung  ift  bie  3"ftimmung  ber  2  Prälaten  nötig.  Klagen  gegen  Sifc^öfe  (önnen  nur 
beim  §of  ber  ©eneralf^nobe  anhängig  gemalt  toerben,  unb  toenn  biefelben  Se^untte 
betreffen,  muffen  fte  toon  minbeften«  6  Aommunifanten  erhoben  toerben.  2lbfe^ung  u.  f.  to. 
Iann  über  33if$öfe  nur  ber^ängt  n>erben,  toenn  bie  beiben  Prälaten  be^  $ofed  bafür 
ftnb.  —   2)ie  ä5erl?anblungen  ftnb  öffentlich  au^er  in  befonberen  gäHen,  h>o  jebe  Partei 

86  6  sJJlänner  al$  3eu9en  *>**  Skrfyanblung  toä^lt*  —  3)ic  $roje|aften  toie  bie  9tec^töf)>rüc^e 
toerben  auf  ber  Stegiftratur  aufbetoa^rt.  ^inftd^tlic^  ber  ÜBerge^en  gegen  ba^  tm^Hc^e 
Stecht  unb  ber  ©trafen  bafür  ift  baö  alte,  bor  ber  Trennung  ber  irifqen  jttr$c  gtltige 
Stecht  unb  SSerfa^ren  untjeränbert  beibehalten  toorben. 

8.  Die  fird^lic^en  Äonftitutione«  unb^anone«  (54 an 3^0  fc^lie^en  ftc^  an 

40  bie  anglttanif$en  an.  Semertenötoert  ift,  baft  fte  alle  ritualiftifd^en  Neuerungen  auöbrüifli^ 
auöfd^lie^en  unb  fo  ben  enblofen  ©treittgfeiten  biefer  Slrt,  toie  fte  in  @nglanb  borfommen, 
toeiölic^  öorbeugen.  Iro^  ber  Trennung  bom  ©taat  totrb  bte  Sbee  ber  iriföen  Äirc^e 
a(ö  allgemeine  Solföftrc^c  noefy  infofern  aufregt  gehalten,  alö  bie  ©eiftlic^en  bie  ftrd^lic^en 
gunltionen  feinem  in  ber  5ßaroc&ie  SBo^nenben  öertoeigern  bürfen.    äud^  foHen  bte  Pfarrer 

46  toomöglic^  im  ^farrort  too^nen,  Äatec^iömuöunterri^t  an  ©onntagen  unb  fonft  geben, 
auefy  beim  ©otteöbienft  fiefy  teiltoeife  ber  irifd^en  Sprache  bebienen. 

Da«  Siecht  ber  Sl^^eQatton  bom  Sifcfyof  an  ben  Diöcefan^of  unb  toetter  an  ben  ^of 
ber  ©eneralfbnobe  alä  ber  ^öc^ften  Autorität  ber  Äircfye  t>on  %xlarib  toirb  burd^  bie  Äanone« 
feftgeftellt.    311«  ©trafen  für  Sßerlejjung  ber  Äanone«  toerben  Serma^nung  ober  bret« 

60  monatliche  ©uepenfton  für  ba«  erfte  ^Berge^en,  ©uäpenfton  ober  Deprüxitton  für  ba« 
jtoeitc  angefeftt.  —  Die  Äird^enjuc^t  betreffenb,  fo  foDen  notorifc^e  ©ünber  juerji  tmtxütm 
ermahnt,  bann  bon  ber  Äommunion  au«gefc^lofjen  toerben.  ^ettation  fte&t  offen.  6ine 
@£lommunitation  ift  in  ber  gan)en  irifc^en  Kirche  giltig ;  9leutge  aber  toerben  toieber  jim 
gelaffen. 

66  9.  Der  repräfentatibe  Mörder  ber  Äird^e  (The  Representative 
Bodyof  the  Church).  Diefe  burefy  bie  Äird^enalte  ^erborgerufene  ftor^oration, 
toelc^e  bie  ftir^e  }u  Vertreten  unb  ba«  ^ird^engut  )u  t>ertoalten  j^Ktt,  begreift  in  ftc^  1.  ex 
officio  alle  @r^bifc^öfe  unb  Sifd^öfe,  2.  ertoä^lte  3){itglieber,  je  einen  ©etftlu^at  unb 
jtoei  Saien  für  )ebe  Diöcefe,  3.  foobtierte  SRitglieber,  entf)>red(fenb  ber  jetoeiligen  3^1  ber 

eo  Diöcefen.    Die  Qualiftfation  ber  SKitglieber  ift  biefelbe  toie  bei  ber  ©eneralfanobe.    3e 


dfrlattb,  firdjltdje  StatifHI 


421 


ein  drittel  ber  ©eiftlid&en  unb  Saicn  fd&eibet  beim  ^ufammentritt  ber  ©eneralftynobc  auä 
(fo  ba&  nur  einer  bon  berf  elben  35ükef  e  jäfyrlicfy  auStrttt).  3lu$  ein  drittel  ber  Kooptierten 
f$etbot  jäfyrltdj  au3  unb  toirb  bon  bem  repräfentatiben  Körper  mit  ßuftimmung  ber 
©meraltonobe  ergänzt.  3)ie  3lu$f$eibenben  fmb  toieber  toäfylbar.  2)er  repräfentatibe 
Körper  ftetyt  unter  ber  Kontrolle  ber  ©eneralfonobe,  ber  er  aHjäfyrlid&  Segnung  ablegt.       5 

(Sin  9Bittoen*  unb  SBaifenfonbS  unter  einer  befonberen  SJefyörbe  (Sifcfyöfc  unb  15 
anbete,  barunter  toenigftenä  5  ©eiftlicfce)  unter  ber  Kontrolle  ber  ©eneralfonobe  toirb  ge* 
grünbet  unb  bie  ©eiber  bon  bem  repräfentatiben  Körper  fcertoaltet.  $eber  ©eiftlidbe  ja^lt 
6  $fb.  ©terl.  jctyrlicfc  ein.  3)ie  SBittoen  ber  Kontribuierenben  erhalten  33  *ßfb.  ©terl.  p.  a., 
bie  SBaifen  5  $fb.  ©t.  bis  »um  21.  SebenSjafyr.  10 

Statiftifc^eS.  3luc^  bei  ber  Krd&lidfjen  ©tatiftif  ift  c$  nid&t  untoid&tig,  auf  baS  merk 
toürbige  ©teigen  unb  fallen  ber  ©efamtbebölferung  in  ftrlanb  tyinjutoeifen.  3Jon  cttoa 
5  Stationen  ju  Anfang  beä  Safyrfyunbertö  ftieg  bie  Skalierung  auf  8  295061  im 
3a^r  1845  —  bie  ^fte  Ziffer,  bie  e$  erreicht  $at.  SSon  ba  ab  jeigt  ftd&  eine  ftetige 
äQma^me  (teil«  infolge  bon  $ungeränot,  leite  bon  3lu3toanberung)  bis  ju  5  402  759  16 
im  Safrre  1871,  5174836  im  ^a&re  1881  unb  4  706162  im  ^re  1891.  2Kenn  bie 
Xbna^me  im  gleiten  SSertyältniS  fortgef ^ritten  ift,  fo  mürbe  jefet  (1900)  bie  33et)ölferung 
mx$  unter  bie  Stufe  bon  1801  fyerabgefunfen  fein.  2lm  ftärfften  toar  bie  2lbnafyme  in 
ben  faft  sani  fatyolifd&en  Sßrobinjen  (tonnaugfyt  unb  SDiunfter,  too  fte  toon  1841—1871 
42  5ßrog.  betrug.  SSon  1881—1891  toud&S  bie  »eböllerung  nur  in  2  ©raffd&aften,  ao 
Shiblin  (2,4  Sßroj.)  unb  äntrim  (1,4  ^$ro$.);  in  allen  anberen  ift  fte  gefunfen,  am  ftärfften 
in  9Ronagban  (16,2  *ßroj.),  Styperarty  (14,5  $roj.)  unb  Songforb  (13,9  $ro$.). 

3)er  jrti^efte  fird&lid&e  6enfu3  ift  bom  ga^rc  1834;  bana$  berteilten  fiefy  bie  Kon* 
feffionen  in  ben  bormaligen  4  erjbifäöflid&en  5J}robinjen  (tttoa  ben  Politiken  entfprec^enb) 
tote  folgt  (f.  auc$  Tabelle  ©.  422):  25 


33et)öller. 
1834 

Katfyolifen 

Staate 
firc^e 

9ionfon= 
formiften 

Slnberc 
Triften 

<£rjb.  »rmag$  (Ulfter) 
„    Dublin  (Seinfter) 
„    Gaföel  (TOunfter) 
„    Stuam  (Gonnaugtyt) 

3  126  741 

1  247  290 

2  335  573 
1  234  336 

1  955  123 

1  063  681 

2  220  340 
1  188  568 

517  722 

177  930 

111813 

44  599 

638  073 

2  517 

966 

800 

15  823 

3162 

2  454 

369 

7  943  940 

6  427  712 

852  064 

642  356 

21808 

80 


Um  no<$  SRäfyereä  über  bie  größeren  Kirnen  anzugeben,  fo  fyat  bie  fatfyolifd&e  Kird&e* 
75,4°/.  ber  Seöölferung  umfaffenb,  bie  alte  lird&Iid&e  (Einteilung  faft  untoeränbert  bei« 
MfaÜtn:  bie  4  5ßrobinjen  2lrmagfy,  Dublin,  Gaffel  unb  luam  mit  32  Stetümern,  toofconse 
4  unter  ben  Snbifööfen  ftetyen.  SSon  ben  anberen  28  ftnb  4  mit  anberen  bereinigt.  @$ 
giebt  bemgemäfc  4  (Sqbifööfe  unb  24  93ifci>öfe.  $n  1090  Pfarreien  toerfe^en  1850  Zuraten 
unb  3420  anbere  Sßriefier  bie  Dienfte  ber  ©celforge  unb  jum  Seil  be«  Unterrichte,  toobei 
befonberö  aud;  103  SDlännerflöfter  unb  302  grauenflöfter  Unterftü^ung  getoä^ren.  $er 
Äranlen^pege  bienen  brei  anbere  größere  toeiblidpe  Kongregationen,  barunter  bie  ber  „^rifd^en  40 
S^toeftern  ber  $riftli$en  Siebe".  ®ie  Glementarfc^ulen  finb  großenteils  ben  Christian 
Brothers  überlaffen,  fotoie  ^lt>ei  toeiblid^en  Kongregationen.  %ixx  bie  fatfyolifcfye  ^ö^ere 
6<^ulbübung  unb  bie  ßeranbilbung  be«  Äleru«  befi^t  jebe  2)iöcefc  ein  Änabenfeminar; 
fobann  befielen  nod^  Älerilalfeminare  (Colleges)  in  Styurleä,  SBaterforb,  Äilfenn^  unb 
Sarloto,  abgeben  bon  bem  SoQege  ui  ©t.  ^ßatridf  in  tRaijnootb.  45 

SHe  }>rotejiantifc^e  ®})iflo})aßir^e  (Church  of  Ireland),  über  '/•  ber  Sebölferung 
umfaffenb,  tyd  in  ber  SReformation^eit  bie  alte  ftrd)lid?e  Einteilung  bon  32  Si^tümern 
in  4  ^Srotmiien  mit  2436  Pfarreien  einfach  fte^en  laffen.  3lber  bei  ber  geringen  $abl 
ber  Äin^enange^örigen  tourben  im  Verlauf  mehrere  äi^tümer  unb  ebenfo  Pfarreien  $1* 
jammengelegt  ©dpon  unter  Karl  II.  gab  e3  außer  ben  4  (gnbi&ümern  nur  18  Sijc^of^  50 
ftfce  unb  ebenfobiele  Sifd^öfe.  ©0  blieb  e«  bi«  1833,  too  bureb  bie  Church  Temporality 
Act  bie  4  $robmjen  auf  2:  armag^  unb  Dublin  mit  je  6  2)iöcefen  einfd&liefjlid&  ber 
erjbtfd^öflu^en,  reburiert  tourben.  3)ie  gegenwärtige  Sinteilung  ift:  ©rgbiöcefc  2lrmag$ 
mtt  ben  »Ötümern  SKeat^,  Glog^er,  luam,  2)oton,  2)errto,  Kilmore,  408 137  Seelen. 
fejbtöceft  Dublin  mit  ben  »tetümernSimeridf,  ßaf^el,  6ort,  Maloe,  Dffor^,  192  566  ©eelen.  66 

(Sine   im   %atyct  1834  angefteQte  Unterfud^ung  ber  ^arod^ialber^ältniffe  ergab,   baft 
bon  2405  Äin$ft)ielen  nur  907  felbftftänbig,  bie  übrigen  1498  $u  478  jufammengelegt 


422 


3rlattb,  firdjlidje  ©tortjüt 


iuaren.  33on  biefen  1385  $tir<$f  fielen  fyatttn  nur  461  über  500  ©etneinbegfieber; 
264  Pfarrer  Ratten  Weniger  al«  50  ©emein&eglieber,  41  gar  feine.  9fiodj>  föltmmer  toar 
e«  30  Safyre  jubor  getoefen,  too  111  Pfarreien  sine  cura  toaren,  Don  ben  jaljireicfcn 
©inefuren  an  ben  Äatfyebralen  gar  nid&t  ju  reben.  Diefe  Sertyältmffe  $aben  ft^  nun 
6  toefentlicfc  gebeffert.  ©d&öH  gab  1886  bie  Ratyl  ber  Kirnen  auf  1628,  bte  ber  @ei|Ui<$en 
auf  ettoa  1800  an.  Die  $a$len  für  bie  ©egentoart  (1900)  laffen  fu&  n*fy  angeben,  ba 
ba«  Year-book  of  the  Ch.  of  E.  fte  nid&t  mitteilt. 

Die  jüngften  Genfu«  ergeben  folgenbe«  93ilb: 


10 


Äat&olifen 


ffopal. 


15 


20 


26 


Seinfter 


fünfter 


Ulftev 


ßonnaugljt 


3nööefamt 


30 


1861 
1871 
1881 
1891 

1861 

i  1871 

1881 

1891 

1861 
1871 
1881 
1891 

1861 
!  1871 

i  1881 
1891 

,  1861 
\  1871 
»1881 
^1891 


gunaljme  ober  2lb» 
na^me  1881-1891 


1  252  553 
1  145  104 
1  094  825 
1018  487 

1420  076 
1  304  684 
1  249  384 
1095  210 

966  613 
897  230 
833  566 
744  353 

866  023 
803  849 
783  116 
691  995 

4  505  268 
4150  867 
3  960  891 
3  549  745 

—  411  146 
10,4<70 


75,4 


180  587 
164  586 
157  522 
149  368 

50860 
74  213 
70  128 
62  875 

391  315 
393  268 
379  402 
361  807 

40  595 
35  931 
32  522 
26  690 

693  357 
667  998 
639  574 
600  830 

-  38  744 

6"/o 


12,8 


$rc«bljt. 


3Ketf)o* 
biften 


12  355 
12  556 
12  059 
12  858 

4  013 
4  091 
3  987 
3  448 

503  835 
477  729 
451  629 
427  810 

3  084 
3  272 
3  059 
2  571 

523  291 
497  648 
470  734 
446  687 

-24  047 

5,1°/, 


w 


6  290 

6  530 
7006 

7  705 

4436 
4  758 

4  769 

5  072 

32  030 
29  903 
34  825 
40  525 

2  643 
2  250 
2  239 
1933 

45  399 
43  441 
48  839 
55  235 

+  6  396 
13,l°/o 


1,2 


Suben    Übrige 


oljne 
Singabc 


338 

218 

355 

1171 

2 

9 

34 

342 

52 

58 

83 

276 


393 
285 
472 

1798 

+  1326 

280,9°/0 


5  512 

10  457 

7  059 

5  769 

4  471 

5  730 
2  770 
1883 

20  391 
35  040 
43  249 
41883 

785 
911 
718 
628 

30859 
52138 
53  796 
50165 

-  3  631 
6,7°/0 


1,1 


160 
363 


-13 
164 


321 
1131 


530 
1  702 

4- 1 172 
221,1°/. 


^riuente  ber  ©efamt» 
bet).  i.  3-  1891 

85  Durd&  bie  @ntftaatlid&ung  erlitt  bie  Äird&e  einen  ungeheuren  SJerluft  an  ©infommen, 
jäfyrlic^  mefyr  al«  600000  Sßfb.  ©terl.  ©eblieben  toar  tyr  ein  nt$t  unbebeutenber  8efo 
an  Äird&en,  Sßfarr*  unb  ©d^utyäufem  nebft  ©runb  unb  Soben  imb  einem  ftafrital  toon 
500000  $fb.  ©terl.  Dodj  fyaben  bte  feitbem  erhobenen  freitotlligen  Seiftungen  ben  8e* 
frei*  geführt,  bafj  bie  Jtird&e  fi$  in  tyrem  btö^erigen  Umfang  erhalten  tonn.    Die  Sei- 

40  träge  jum  Church  of  Ireland  Sustentation  Fund  betrugen  1876—1898  nic&t  tveitkter 
al«  5,190,696  $fb.  ©terl.  ©ie  toaren  am  työd&ften  in  ben  Sauren  1876—1877,  fanfen 
1878—1880,  fyaben  ftd&  feitbem  aber  aiemlid^  auf  berfelben  fiö&e  erhalten. 

Die  §aut>tuntoerfttät  für  bie  Üird&e  bon  ^rlanb  ift  Srinity  ßollege,  Dublin  (gegr.  1591); 
aber  aud&  in  ben  3  College«  ber  1850  gegrünbeten  Queen«  Untberftty,  b.  $.  »eCfaft,  Gort  unb 

45  ©altoaty,  &at  fte  ©tubierenbe  in  „Sicenfeb  SReftbence«",  Äoftftwfern,  bte  unter  ber  äuffuty 

eine«  Defan«  ftefyen.    Diefelbe  6inrid&tung  tyaben  aud&  bie  Sßre«btoterianer  unb  SBeäfapaner. 

Die  $re«b^terianer  toanberten  fd&on  unter  @lifabe$  bon  ©cpottlanb  na<$  Ulfter  au& 

Salob  I.  betottttgte  tfynen  ben  gefynten,  toa^  *>m  Slnlafe  gab  ju  bem  Regium  Donum, 

einer  jäfyrlid&en  SSertotUiguna  be«  Parlamente«  für  bie  SJonfonformiften  in  §rfanb,  bte 

50  aHmäblic^  bi«  auf  44000  $fb.  ©terl.  ftieg,  aber  1871  aufhörte,  £u  ben  ja$.rei<$en  auf 
ber  SBeftminfter  ftonf effton  ftefyenben  Preby terians  (Trinitarians  ober  Old  Light)  tarnen 
fr äter  aud&  Presbyterians  of  the  New  Light,  bie  ftd&  in  älntrim  unb  SRunjter  itieber* 
liefen,  unb  Scotch  Seceders  (bie  au«  ber  föottifd&en  Äird&e  belannt  jtnb).  Die  toeit 
übertoiegenbe  9Re$rljeit  bilbet  aber  bie  „Presbyterian  Church  of  Ireland* \  toebfc  in 


3frl«ttb,  Krdjltdjc  Stnttfttf  Irregularität  423 

bar  ©cncral  Äflemblij  rejwifentiert  ift ;  [\t  f)at  36  SßreSbbterien  unb  gegen  600  ©emeinben. 
SHefe  fttr$e  #it  tbeologifebe  SoffegeS  in  SBelfaft  unb  SJonbonberrty  unb  „SRefibenceä"  (f.  o.) 
in  ben  Queens  GoQegeS.  ©te  übrigen  prcSbfytcrianifcben  Streben  ftnb  unbebeutenb.  Die 
Sefamtjabl  ber  $re$bbterianer  f.  o.  ©.  422,  ^  -  30.  $ie  Baptist  Union  of  Ireland  jaulte 
1897  2513  9Jittglieber  unb  batte  31  Atrien  unb  35  Äapetlcn.  SDie  SBeäletyanifcbc  3Retyobiften*  6 
Rrtbe  $ab  in  bemfelben  Satyre  bie  Rafyl  tyrer  3Kitglieber  auf  27164  an;  fte  fyat  in 
10  Diftriftcn  146  Stationen.    S)ie  ©efamt^l  aller  üWct^obiftcn  f.  o.  ©.  422. 

gm  (Slementarfctyultoefen  befielt  ein  gemifcbteS  ©Aftern,  infofern  fieb  ftmultane  unb 
ttmffixontUt  ©cbulen  feit  1848  toorfinben.  3jm  ^abre  1894  jaulte  man  8458  Spulen, 
mm  treiben  3769  jimultan  toaren  unb  3531  ber  fatl;olifcben,  fotoie  1158  ber  pro*  10 
teftantifc^cn  Jtonfeffion  angehörten.  2lber  toäfyrenb  man  832  821  Äinber  in  ben  Siften 
bcr  Spulen  toerjeiebnet  fanb,  befugten  nur  525,547  ben  Unterriebt  orbnungämäfjig. 
8280  ^e^rer  unb  3515  £ilfäletyrer  (einfcbliefcli<b  Seherinnen)  toaren  in  bemfelben  tfyätig. 

(<£.  <3djiM  f.)    3B.  ©3*. 

Irregularität.  —  Thomassin,  Vetus  et  nova  ecclesiae  diseiplina,  t  11  lit.  1  c,  62  sq.;  16 
¥t)iUipd  ftird)enred)t,   83b  I  §  46  ff. ;   F.  £.  a  Boenninghauscn,  Tractatus  iuridico-canonicus 
de  irregularitatibus,  Monast.  1863  sq.  3  fasc;  ?.  £infd)iu8,  JtSR.  83b  1,  ©erlin  1869  6.7  ff. 
§2f.;  £.  Sriebbcrg,  m.  4  Hufl.  ßeiftig  1895  6.  134  ff. 

Irregularität  (irregularitas)  bebeutet  im  fatbolijcben  Äircbenrecbt  ben  SKangel,  toeld>er 
eine  an  fub  jum  giltigen  Smpfange  ber  Drbination   ober  üöetye  fähige  Sßerfon  —  bieäao 
ifi  jeber  ©etaufte  männlichen  ©efd&Ie$t$   —   bon  ber   erlaubten  (Srtoerbung   ober  2lu& 
Übung  eines  fir$(ic$en  SßetyegrabeS  ausliefet.     3)ie  9tecbt3fä$e  über  bie  Irregularitäten 
bat  ba$  fir^lid^c  JRecbt  im  Slnfcblufj  an  einzelne  Seftimmungen   be3  Sitten  unb  9ieuen 
leftamentS  (2e21;   1  3:i  3, 2 ff.)    tit.  I,  6 sqq.;   dict.   Grat.  c.  3  D.  XXV   enttoicfelt. 
£te  fanonifüfctye  ©cbule  fd&eibet  bie  gäffe  ber  Irregularität  in  irregularitates  ex  de-  26 
fectu  unb  ex  delicto,    a)  3U  ber  erften  klaffe  gehört:  1.  bie  ex  defectu  natalium, 
au£  bem  SDtangel  ber  e^elicben  ©eburt.     2)iefelbe  trifft  olle  biejenigen,  toel<$e  nid&t  au% 
einer  fir$H$en   giltigen   ober  nietyt   au$    einer   als  matrimonium  putativum   ju  be* 
tra$tenben  @b*  ^erftammen,  c.  1.  2.  14  X.  I.  17,  unb  toirb  bur<b  Sßrofefcableiftung  in 
einem  Orben  unb   bureb  nacbfolgenbe  Segittmation  gehoben.     2.  Ex  defectu  corporis  so 
ftnb  afle  biejenigen  irregulär,  toei<be  infolge  toon  Äranfbeiten  ober  ©ebred^cn  an  ber  SSor- 
na^me  ber  fertigeren  geiftlicben  Junftionen  gebinbert  finb  ober  biejelben  nid&t  ofyne  @e* 
fa^r  für   bie  SBtirbe  be$  ©otteSbienfteä  ober  obne  (Srregung  toon  3lnftofe  unb  Slergernte 
Dar  ber  ©emeinbe  ausüben  fönnen,  tit.  X.  I.  20  u.  III.  6.   3.  Ex  defectu  aetatis  ftnb 
mm  ber  9ifcbof3h>eibe  bie  ni$t  fcoHe  30,  t>on  ber  ^rieftertoeibe  bie  ntd^t  t>oUe  24,   bon  36 
bem  Stofamot  bie  ni$t  tooHe  22,  t>om  ©ubbiafonat  bie  ni$t  Dolle  21  3al?re  alten  $er= 
fwien   au^gefc^loffen,  toä^renb   für  bie  nieberen  215ei^egrabc  minbeften^  baä  boUenbete 
7.  Sebendja^r  genügt,  Trid.  Sess.  XXIII,  c.  12  de  ref.     4.  3)er  defectus  scientiae 
binbert  bie  ©rteilung  ber  SBeitye  an  biejenigen,   toeld^e   nic^t  bie  für   ben  betreffenben 
aBei^egrab   erforberlicbe  Sorbilbung  btf\1$ei\,   Trid.  Sess.  XXIII  c.  4.  11.  12.  13.  14. 40 
de   ref.    5.  Ex   defectu   fidei,    tuegen   Mangel  ber  ^eftigfeit  im  ©lauben   fmb   bie 
nodf   ntebt  Äonfirmierten  unb   bie  3?eofb^ten  irregulär,  Trid.  Sess.  XXIII.  c.  4.  de 
ref.,  c  1  dist.  LVII.    6.  Ex  defectu  sacramenti  biejenigen,  toelcbe  bintereinanber  in 
jtoei  ailtigen,  burtb  copula  carnalis  fonfummierten  @^en  (fogen.  bigamia  successiva) 
ober  ferner  m  einer  folgen  mit  einer  fcfyon  anbertoeitig  fleif^lid^  erlannten  grau  gelebt  46 
baben  (fogen.  bigamia  interpretativa)  tit.  X.  I.  21.    7.  3)ie  Irregularität  ex  defectu 
perfeetae  lenitatis  (5Kangel  ber  §erjen^milbe)   trifft  biejenigen,    toelcbe  obne  ein  23er* 
brechen  gu  begeben,  alfo  erlaubtertoeife,  jum  Xobe  ober  ^ur  Serftümmelung  eine^  TOenJcbcn 
mitgetoirft  b<wen  (j.  8.  ©olbaten,  Siebter,  änfläger,   ©efd^toorene,   3cu0en/   ™fy   al,er 
ixpt  unb  Gbirurgen),  c.  5.  9.  X.  III.  50;  c.  10.  X.  V.  31;  c.  21  X.  V.12.   8.£in*  w 
bert  ber  defectus  famae,    bie  geminberte  @b^  ober  ber  3Jlangel  be«  guten  9lufe$,  bie 
Orbinoäim,  c.  2  u.  20  C.  III.  qu.  1.  c.  17  C.  VI  qu.  1.    9.  Ex  defectu  libertatis 
ftnb  tarn  berfelben  auägefcbloffen  bie  ©flauen  ober  Seibeigenen,   fo   lange  ifyr  §crr  niebt 
cintoiHtgt,  e^emänner  obne  guftimimmG  ibrer  grau  unb  biejenigen,  toelcbe  toegen   einer 
ikrmogen^ertoaltung  jur  9le<$nung3(egung  t>er))flicbtet  ftnb  (obligati  ad  ratiocinia)  bor  55 
erhaltener  Decbarge,  X.  I.  18.  19. 

SBJaä  bie  irregularitates  ex  delicto  betrifft,  fo  tritt  nacb  bem  geltenben  Steckte 
eine  f riebe  ein  1.  toegen  affer  öffentlich  befannt  getoorbener  ober  toor  ©eriebt  ertoiejener 
ftrafbarer  $<mblungen,  toeld^e  ben  2l;äter  ber  allgemeinen  Slcbtung  t>erluftig  machen,  c.  1. 


424  dmgttlarität  3*t>t«g 

17.  X.  I.  11.  c.  5.  X.  V.  18,  ferner  2.  toegen  befttmmter  SSergetyen,  feDbft  toenn  biefe 
geheim  geblieben  ftnb,  nämlid&  toegen  Rötung  (homieidium,  alfo  3Horb  ober  XotfdUag) 
ober  Serftümmelung  einer  anberen  $erfon,  toegen  Äefcerei,  toegen  Sfyoftafie,  toegen  3Rifc 
braud&«  be«  £aufjarramente«  (abusus  baptismi),  toegen  orbnung«toibrigen  (Smpfange* 

6  ber  2Betyen  (abusus  ordinationis),  toegen  einer  berartigen  2lu«übung  eine«  SBet^egrabe* 
(abusus  ordinis),  unb  toegen  (ogen.  bigamia  similtudinaria,  b.  \j.  toegen  fonifö  Der« 
jud&ter  ßtyeabfd&ließung  unb  Gtye=Äonfummation  feiten^  einer  Drben«l>erfon  ober  eine* 
©eiftlid^en  ber  fyöfyeren  SBetyen  mit  einer  Jungfrau  ober  einer  föon  fonft  fleifölitty  er- 
lannten  grauen^erfon. 

10  3)ie  SBirlung  ber  Singularität  beftetyt  barin,  baß  bie  betreffenbe  Sßerfon  ni<$t  er« 
laubtertoeife  (licite)  orbiniert  toerben  ober  ben  ettoa  fd^on  empfangenen  2BeiI)egrab  au«* 
üben,  aud&  feinen  fyötyeren  erhalten  barf.  2Benn  aber  trofe  ber  Irregularität  bie  SSetye 
erteilt  toorben  tft,  fo  bleibt  lefctere  immer  gültig  unb  ber  (Setoetyte  ift  nur  getyinbert,  toon 
bem  erlangten  ordo  ©ebrauefy  gu  machen. 

15  SSon  ben  Irregularitäten  fann  für  bie  Siegel  nur  ber  Sßapft,  bloß  au«na$m«toeife  in 
einzelnen  gäHen  ber  33ij$of  bi«penfieren. 

3)a«  Jrcoteftantifcfye  Äird&enredpt  tyat  bie  2etyre  ber  lattyolifttyen  Äir^e  Don  ben  3fc 
regularitäten  nid^t  rejiziert.  %  giuföiit*  f. 

Swing,  ©btoarb  (geft.  1834)  unb  ber  3rttttgiam«mtt«.    W.  Jones,  Biographical 

20  Sketch  of  the  Rev.  Edward  Irving  with  Extracte  from  and  Rcmarks  on  his  prineipal 
Publica tions,  fionbon  1835;  W.  Wilks,  Edward  Irving:  An  ecclesiastical  and  literary  bio- 
graphy,  fionbon  1854;  Mrs.  O.  W.  Oliphant,  Tho  Life  of  Edward  Irving,  Minister  of  the 
National  Scotch  Church,  London :  Illustrated  by  his  Journals  and  Correspondenoe  2  vol., 
fionbon  1862,   New  edition  1864   (bagegen    David  Ker,   Observation  on  Mrs.  Oliphants 

26  „life  of  Edward  Irving*'  etc.,  Gbinburglj  1863;  J.  N.  Köhler,  Het  Irvingisme.  Eene 
historisch-critische  proeve.  S'Gravenhage  1876  (t)icr  auf  ©.413-443  eine  nadj  bestimmten 
©efid)t«puntten  georbnete  ttjertoofle  Ueberfidjt  über  bie  reidje  Sruingianerliüeratur) ;  Edward 
Miller,  The  history  and  doctrines  of  Irvingism  or  of  the  so  called  catholic  and  apostolic 
church,  fionbon  1878,  2  vol. ;  Xtjoma«  (Jarhjle,  Sbtoarb  3röing  in  be«  ©erf.«  Reminiscences. 

30  Edited  by  Charles  Eliiot  Norton,  II.  vol.,  fionbon  1887;  barau«  beutf*  in  geben«- 
erinnerunejen  uon  Xfjoma«  (Sarlnle.  Ueberfefct  t>on  $aul  Säßer,  ©öttingen  1897 ;  9R.  #oW, 
S3rud)ftürfe  au«  bem  Seben  3rmng«,  ©t.  ©allen  1838,  jttjeite  «uSgabe  1850;  <L  «b. 
SKoßteu(djer,  ber  Aufbau  ber  Äirdje  (S&rifti  auf  ben  urfprünglidjen  ®runblagen,  ©afel  1871, 
2.  Slufl.,  1886  (bie«  bie  offi^iefle  ©efd)id)te  ber  Setuegung);   3.  ftSftlin  Art.  3rt>ing.  in  ber 

36  feiten  Slufl.  biefeö  SBci feö ;  tf).  tfotbe,  abwarb  Sriring,  ein  biograptytfäer  ©ffaij,  Seipjig  1901. 

(Sbtoarb  3rbing  mürbe  am  4.  2lug.  1792  in  bem  ©täbtdjen  Slnnan  in  ber  ©raffc^aft 
3)umfrie«  im  füblidpen  ©d&ottlanb  geboren,  too  fein  fcerfyältm«mäßig  too^tyabenber  SSater 
ba«  ©etoerbe  eine«  ©erber«  betrieb.  Dort  lonnte  ber  Jtnabe  fc|on  ben  erfien  ^ö^eren 
Schulunterricht  fyaben,  geigte  aber  feine  fonberlid^e  Sernbegierbe,  au|er  für  bie  3Kat^ematit 

40  9lu$  auf  ber  Uniberfttät  in  (Sbinburg,  mo^tn  er  erft  breije^niä^rig  gefd^idt  tourbe,  um 
junäd^ft  bie  unferen  oberen  ©^mnaftalllaffen  entf^red^enben  unteren  Aurfe  burc^umaa^en 
unb  ftcb  fpäter  burd^  allerlei  ^i(ofo^ifd()e  @tubien  bi$  jum  ^ad^ftubium  ber  Geologie 
fyinburc^uarbeitcn,  ftanb  neben  ber  Steigung  für  aDe  lörtoerlid^en  Übungen  bie  für  bie 
3Katyematif  oben  an,  bie  bem  fiebjebnjäfyrigen  auf  embfe^lung  feine*  fietyrer«,  ^ßrofeffor 

46  £e«lier  bie  ©teile  eine«  Se&rer«  ber  SKat^ematif  an  ber  ^ö^eren  ©d^ule  in  bepi  ©täbtcjlen 
^abbington  eintrug.  (Sin  3afa  fj)äter  bertaufd^te  er  fte  mit  ber  eine«  Sldtor«  ber  neu* 
gegrünbeten,  fufy  „Slfabemie"  nennenben  ©d^ule  ju  fiirfalbv,  blieb  babei  aber  ©tubierenber 
ber  Geologie  unb  befugte,  n?enn  au$  unregelmäßig,  bie  meift  auf  toenige  SBintennonate 
ft$  erftreefenben  Unit>erfttät«!urfe.    ^n  jenen  9lufentyalt  in  fitrfalbv  fällt  aud^  bie  greunb* 

eo  fc^aft  mit  bem  größeren  £anb«mann,  bem  f^äteren  SBeifen  bon  ß^elfea,  3^oma«  Sarü?lc, 
ber  gleidüjfall«  bafelbft  ein  Se^ramt  befleibete.  3)e«  leftteren  ©rinnerungen  laffen  und  Wber 
leinen  @inblic!  in  3rbing«  Snttoicflung  t^un.  @in  regelrechte«,  met^obifd^e«  ©tubieren 
mar  f^erlid^  feine  ©a$e,  bod^  berftanb  e«  ber  )toeifel!o«  ungemein  begabte  SRaim,  fä 
mü^elo«  ein  nid^t  getoö^nlid^e«  SCBiffcn  auf  t>ielen  ©ebieten  ju  ertnerben.    21m  toenigfien 

66  toiffen  h>ir  t>on  feiner  religiöjen  Snttoidtlung,  nur  baß  er,  um  ben  beritymtejtai  ?5rebigeT  bei 
Sanbe«,  Dr.  G^almer«  t>on  ©la«golo  (f.  b.  S.  93b  III,  777)  $u  ^ören,  leinen  3Bä  fd^eute.  Stab 
bem  er  bie  toorgefd&riebenen,  fe^r  umftänblid^en  ©jamina  (Dal.  2^.  itolbe  ©.  8)  "* 
erhielt  er  1815  bon  bem  5ßre«b^terium  (Rrei«f^nobe)  ju  Äirlalbty  bie  ^rebigtertaubni«. 
aber  feine  Sßrebigten  tourben  nid^t  gern  gehört,    ©ein  Sßatyo«,  bie  gefugte 

60  feiner  <Spxad)c  fanb  man  gef^reijt,  ja  fc^au^ielerifc^.    3m  3a^re  1818  0^8  ^#  nac^bem 


Ortung  425 

er  3  3a^rc  bergebß$  eine  Sertoenbung  im  Äircfyenbienft  erftrebt  fyattt,  beS  ©cfyulmeifterlebcnS 
mübe,  nadf  @binburg  unb  beschäftigte  fid^  mit  allerlei  faracfyltcfyen  unb  naturtoiffenfd?aftlid&en 
©tubien.  aber  erft  ein  %afyx  foäter,  als  er,  toeil  niemanb  in  ber  #eimat  tyn  fyaben 
toofite,  f<$on  ernftiid^  baran  badete,  als  3Jtiffionar  nad&  Werften  ju  gefyen,  toar  eS  Gfyak 
merS  in  ©laSgoto,  bertynim  Dftober  1819  als  Sßrebigtgefyilf cn  annahm.  aber,  toie  $reff=  5 
lictyeS  er  auefy  als  ©eelforger,  namentlich  unter  ben  Arbeitern  leiftete,  neben  bem  berühmten 
Q^almerS  lonnte  er,  toenn  er  au$  nad)  einiger  $eit  e*ncn  Keinen  JtreiS  Don  Scretyrern 
um  fü$  gefammelt  fyatte,  nid&t  auffommen.  3)aS  ©roS  ber  ©emeinbe  mieb  feine  Sßrebigten 
unb  trug  tyre  @ermgfd&ä$ung  offen  jur  ©d^au,  aber  in  ftol&em  Setoufjtfein  feiner  flraft 
unb  ber  SRic$tig!eit  feiner  SKct&obe,  fa£  er  barin  nur  ben  SBiberfrrucfy  ber  großen  9Renge,  10 
gegen  bte,  toeld&e  bie  ausgetretenen  Sßfabe  toerlaffen  fyaben,  um  ben  umfaffenben  Sebürf* 
niffen  bex  2Beit  geredet  ju  toerben.  2)a  toar  eS  eine  3lrt  (Srlöfung,  als  er  burefy  bie 
SSermtttlung  toon  GtyalmerS  im  gafyre  1822  &um  3Kinifter  ber  flehten,  bamalS  ca.  50  ©eelen 
umfaffenben  nationalfd&ottifd&en  (fog.  falebonifcfyen)  ©emeinbe,  bie  mit  einem  fleinen  fctyottifäen 
Äranlen^aufe  in  §atton  ©arben  in  Sonbon  jufammenfying,  ertoäfylt  hmrbe.  2)aS  5preS*  15 
tfyterium  in  äfanan  erteilte  tym  bie  Drbination.  SKtt  einer  fulminanten  3lbfc$iebSprebigt, 
in  ber  er  bie  gorberung  ganj  neuer  ^Jrebigtmetyoben  auffteÜte,  um  bie  SBelt  unter  bie 
Sutorität  Gtyrifti  ju  bringen  (beinahe  boHftänbig  bei  SBillS  ©.  17),  fd^ieb  er  bon  ©laSgoto. 
3Ran  muffe  bie  ©aetye  ganj  anberS  anfangen,  als  eS  bisher  geföe^en,  baS  Gljriftentum 
muffe  in  einem  metyr  $eroifd&en  ©tile  getrieben  toerben,  fo  fdjrieb  er  um  biefelbe  $t\t  20 
(Cli*>$ant©.73)  an  ben  Steftor  3Rartin  in  ßirfalbty,  beffen  Softer  3fabel  er£erbftl823 
als  feine  ©attin  in  fein  £auS  führte. 

Unb  ftrirf(i($  festen  eS  nur  ber  Überfteblung  naefy  Sonbon  beburft  ju  tyaben,  um  tyn 
ya  9luf  unb  änfe^en  ju  bringen,  ©cfyon  bei  feinen  *ßrobeJ)rebigten  erregte  er  2luffefyen. 
einbrucfSDoH  ober  tocnigftenS  auffaücnb  toar  f$on  feine  äußere  @rfd&eimmg.  ©r  toar  25 
über  fec$S  gufj  £od&*  feine  fd&toarjen,  faft  bis  $u  ben  ©d^ultern  fyerabfaüenben  SodEen  um« 
rahmten  ein  Heises  @eftd?t  mit  bunleln  2lugen,  bon  benen  baS  eine  fefyr  ftarf,  ja  na$ 
bem  Urteile  Dieter  in  unheimlicher  2Beife  fädelte.  2Ber  tfyn  fafy  unb  fyörte,  mit  melier 
©i$er$eit  er  auftrat,  fyatte  ben  ©inbrudE  einer  #mfd&erperfönli<$feit,  bie  fid;  ifyrer  Äraft 
betmtfct  mar.  3Kan  fanb  aud^  in  Sonbon,  ba^  feine  ©eftitulation  ^eftig  unb  ungrajioSso 
toax,  aber  fte  h>ar  einbrücfli$.  3)ie  ausgetretenen  $fabe  ber  bamaligen  $omiletif  ging  er 
in  ber  Tfyd  nid^t.  gjmmer  ftrebte  er  bana$,  ettoaS  befonbereS  ju  fagen,  in  blumenreicher 
Qpxaty  ju  reben,  bie  3)ic^ter  feines  SSolfeS  ober  bie  §eroen  ber  J)uritanifd^en  Sitteratur 
^eranju^en  unb  ungett)ö^nlid^e  Silber  &u  gebrauten,  ©ein  großer  SanbSmann  ©alter 
©cott  bermi|te  in  feiner  Sßrebigttoeife  eine  getoiffe  Äeufd^^eit  unb  Ausgeprägtheit  beS  36 
e^arafterS;  fte  fear  Ü?m  ju  ^od^fliegenb  unb  efftatifd^  unb  legte  ju  biel  2Bert  auf  eleganten 
ShtttrudE.  ©0  toerben  manche  geurteilt  ^aben,  aber  fte  toaren  t>ereinjelt.  SBielme^r  ^atte 
bie  Serebfamfeit  beS  fd^ottif^en  ^rebigerS  nad&  ganj  funcr  ^xt  eine  bisher  unerhörte 
3u^orerfc^aft  um  ftd^  gefammelt.  @S  fam  öor,  ba^  bie  SDcenge  ber  3Kenfd^en,  bie  fic^  ju 
feiner  Äird^e  brängten,  ben  öffentlichen  9Ser!e^r  ftörte.  Salb  fonnte  man  nur  auf  ©runb  40 
ton  (SintrittSlarten  Sinla^  erhalten.  9Ran  mu^te  eine  neue  Äird)e  bauen,  bie  bann  in 
9tcgetife€quare  errietet  tourbe.  S)a^  and)  bie  gute  ©efettfd&aft  auf  i^n  aufmerffam  tourbe, 
toax  bor  Srfolg  einer  gelegentlichen  Äufeerung  beS  -iDlinifterS  (Sanning,  ber  bei  einer  bie 
ftmbe  betreffenben  8iH  auf  bie  Serebfamfeit  beS  in  ben  aücrbefc^eibenften  SJer^ältniffen 
lmrfenben  3rk>ing  ^ingetoiefen  ^atte.  Salb  toar  cS  ber  eigenartige  3Kann  felbft  unb  fraS  45 
er  fagte,  toaS  eine  ganj  ungetoö^nlid^e  SlnjiebungSlraft  ausübte,  ^toins  toar  ber  2Jtobcj)rebigcr 
2onbonS  getoorben,  aber  nid^t  nur  baS,  aud?  ein  SrtoecfungSfrebiger,  gerabc  unter  ben 
Sebilbeten,  toie  eS  beren  toenig  gegeben  ^at.  Unb  mit  bem  Srfolg  hmcfyS  baS  Sehmfjtfein 
feiner  Äraft  unb  ber  2Bunfd&,  nod^  größeres  ju  leiften. 

3)en  bö^er  bon  ber  Äird&e  gröbli^  Sernad^läfrigten,  ben  ©ebilbctcn,  bie  noc§  brausen  w 
flehen,  ben  ©rfinbern,  ben  $olitifern,  ben  ^uriften,  ben  3Rännern  ber  SBiffcnfd^aft,  bie  bie 
Seit  in  ber  $anb  fyabtn,  bie  SBa^r^eit  na^e  ju  bringen  mit  ben  Mitteln  ber  Silbung  unb 
einer  blumenreichen  SR^etorif  loar  auc^  bie  Jenbenj  feiner  erften  3)rucffd^rift  (For  the  oracles 
of  God9  four  orations.  For  Judgement  to  come,  An  Argument  in  nine  parts, 
Sonbon  1823)  toenigfienS  im  erften  3!eil,  toäfyrenb  er  im  feiten  bebeutenberen,  $u  bem  65 
et  burc^  bie  bamalS  t>tel  bef^rod^enen  frivolen  ©ebid^te  ,, Vision  of  judgement4'  bon 
SoutfKV  un*>  83Vron  (laueres  barüber  bei  2:^.  Äolbe,  a.  a.  D.  ©.  24)  angeregt  tourbe, 
barauf  ausging,  „nid^t  als  X^eologe,  fonbern  als  9Renfd&,  nid^t  als  Äird^enmann,  fonbern 
ote  ®^rift",  SotteS  Siedet,  bie  SKenfd^eit  jur  Seranttoortung  ^u  jie^en  unb  bie  9lot- 
toenbigleit  beS  ©eric^tS  bor  bem^orumberSernunft  ju  erloeifen  fud^te.    Seifall  unb  f$arfereo 


426  3rttttg 

SBiberfyrucfy,  bic  ftcty  im  ganzen  bic  2Bage  gelten,  ersten  nur  feine  föon  übergroße 
Popularität  unb  jur  bangen  ©orge  fetner  greunbe  ba«  immer  mafclofer  toerbenbe  ©elbfU 
gefüfyl  be«  Sßrebtger«,  ber  fi<$  immer  metyr  in  bie  Stoße  eine«  in  befonberer  SBeife  be* 
rufenen  untrüglichen  $roj)fycten  feine«  33olfe«  fyineinlebte,  unb   aud?  bie  too^lmeinenben 

6  SBarnungen  ber  t>on  tym  fc^arf  angegriffenen  ebangelifd&en  Sßartet  toeräd^tlicty  aurüdttote«.  ©atoar 
e«  feine  ©uetyt,  immer  neue«  borjubringen,  immer  größere  Erfolge  ju  enielen,  bie  tyn  ein« 
Stiftung  jutrieb,  burd&  bie  fein  Seben  eine  ganj  anbere  SBenbung  napm. 

ffite  fcorübergefyenb  auefc  anbertoärt«  tyatte  ftd&  in  (Snglanb  unter  ben  @inbrü(fen  ber 
franjöfifd&cn  3lct>olution  unb  ber  ifyc  folgenben  ©reuel  unb  Ärieg«ftürme  ein  Jtrete  öon 

10  frommen  gebilbet,  bie  in  ©rtoartung  be«  jüngften  läge«  futy  in  apotaltyrttfd&e  @tubien 
vertieften.  2)arau«  cntftanb  eine  ftet«  breiter  toerbenbe  apofaltflrtiföe  fiitteratur,  au«  ber 
bic  ©Triften  fcon  §utlety  gfrere  unb  Setoi«  Süaty  (Stöbere«  barüber  bei  2$.  Äolbe  a.  cl  D. 
©.  30)  hervorragten,  bie  in  füfynen  Berechnungen  au«  9tyofaU#>fe  unb  ^ropfyeten  bie 
ßnttoidflung  be«  @ottc«reid&e«  unb  bie  ©tabien  ber  ©nbjeit  ju  bestimmen  fud&ten.    Unter 

16  ben  für  biefe  ©ebanfen  gewonnenen  toar  balb  feiner  fo  eifrig  al«  ^enrty  Drummonb,  ein 
bielfeitig  gebilbeter  2aic,  ein  reifer  Sonboner  Sanfier,  ber  fd&on  in  jungen  galten  al« 
$arlament«mitglieb  fi$  fyertoorgetfyan,  auf  toeiten  Steifen  ftd&  in  SBelt  unb  Ätrc$e  umgefe^en 
fyatte,  unb  beffen  ^dt  unb  ©elb  überall  ju  ©ebote  ftanb,  h>o  e«  galt,  allgemein  n% 
lietye«   $u   unterftüfcen  ober  gute«  ju  ttyun.     ©o   fyatte  er  bie  Continental  society,  )ur 

2o$ebung  be«  geiftüdjen  3uftanbe«  be«  kontinent«  gegrünbei,  tm3a£rel821  bem  gorf dpung«* 
reifenben  Dr.  Sofep^  Sßolff  bie  SRittel  ju  feiner  bamal«  Sluffefyen  erregenben  @rforf$ung  be« 
innern  2lftcn«  gegeben  unb  no<$  1825  in  Dsforb  eine  Sßrofeffur  für  Stationalöfonomte  (bie 
erfte,  bie  e«  überhaupt  gab),  geftiftet.  ©eitbem  er  bon  ben  aj)o!al^)tif4en  ©ebanfen  er* 
griffen  toorben,  ^attc  er,  obiootyl  er  fpäter  toieber  unb  jtoar  bi«  an  fein  £eben«enbe  (1860) 

26  im  englifd^en  Parlament  fafe,  fein  fyötyere«  ©treben,  al«  bie  Stefultate  ber  aj>o!afylrttft$en 
gorf<$ung  ju  allgemeiner  2lnerfennung  ju  bringen.  3)a  toar  e«  £utle$  gftere,  ber  m  bem 
nod&  Keinen  Streife,  beffen  gü^rer  3)rummonb  balb  getoorben  toar,  auf  ben  ©ebanfen  tarn, 
im  Sntercffe  ber  größeren  $ropaganba  ben  9Serfud&  ju  mad&en,  ben  gefeiertften  ^ßrcbigfr 
ber  ^auptftabt,  (Sbtoarb  3>rtoing,  ju  gewinnen.    6«  gelang  überrafd&enb  fänefiL    aRtt  ber 

30  ifym  eigenen  gfreube  am  neuen  nafym  er  bie  tounbertid&e  ©jegefe  jener  Seute  unb  tyre 
©ebanfentoclt,  bie  fo  biele«  erflärte  unb  bie  bem  S5u^)rebiger  in  tym  ein  neue«  gelb  er* 
öffnete,  hnrflicfy  toie  neue  Offenbarungen  auf.  Salb  tourben  fte  tote  bei  jenen,  ber^Kittet 
j)unft  feine«  3)enfen«  unb  Sieben«.  3n  c^ner  ftunbenlangen,  f^äter  in  ertoeiterter  gorm 
gebrueften  ^rebigt  (Babylon   and    Infidelity,  foredoomed   of   God:    A  discourse 

35  on  the  prophecies  of  Daniel  and  the  Apocalypse,  which  relate  to  these  later 
times  and  until  the  second  advent.  ©la«goh>  1826,  2  bol.  Sgl.  barüber  3$. 
Äolbe  a.  a.  0.  ©.  35  ff.)  bei  bem  ^a^re«fefte  ber  Continental  Society  im  So^re  1825 
enttoidfelte  er  fte  jum  erften  male  bor  ber  großen  Öffentlid^feit,  jeigte  an  einzelnen  ßr« 
eigniffen  feit  1793  ba«  9lu«gie^en  ber  fed^«  erften  3orne3fd?aIen  unb  [teilte  ba«  ftommen 

40  be«  ^errn  unb  bie  9lufrid^tung  be«  taufenbjö^rigen  Steige«  für  1864  in  9lu«ft<fct  3^ 
ga^re  barauf  erfd^ien  mit  einer  jtoet^unbert  ©eiten  langen  ©tnleitung  feine  Searbe&utg 
beö  1816  ffeubon^m  ^erau«gefommenen  SBerfe«  be«  ft>anifd&en  Sijefutten  Sacunga  unter 
bem  Ittel:  The  coming  of  Messiah  in  glory  and  majesty,  Sonbon  1827  (»flL 
ebenba  ©.  38).    ^i^f^  ^attc  fön  ©antreten  bafür  toirflid^  ben  @rfolg  gehabt,  bafc  ni^t 

46  toenige  ^ertoorragenbe  ©eiftlid^e  unb  ertoeefte  Saien  ber  Sonboner  „$ro})$etenf(^uIe/¥  tote 
grbing  juerft  bie  2tyofal$)tifer  genannt  ju  fjabzn  fd^eint,  ftd^  anfd^lofjen.  SKuf  93eranlaffung 
bon  Setoi«  SBa^  famen  feit  bem  1.  3lbbent  1826  alliä|rlid^  auf  ©rummonb«  ganbftj 
3llburt^  unioeit  bon  ©uilbforb  in  ber  ©raffd^aft  ©urre^  Seute  au«  Derfc^iebenai 
Denominationen  —   bie  3^^   fd^toanfte  jtoifd^en  20—40  SBerfimen,  unter  tbnen  au* 

ßo  Srttoö  ~  ü«  ^n^  Äonfercnj  ^ufammen,  um  unter  bem  Drt«l>farrer  $u^  SWac  9teu, 
ber  übrigen«  toie  mehrere  anbere  fid^  bem  foäteren  3tbingtant«mu«  ntdjft  anf^lofe, 
fonbern  al«  einer  ber  angefe^enften  Äanjelrebner  unb  $äut>ter  ber  „etKtngelifc^en 
^artei"  1879  ftarb,  auf  ©runb  ernfter  gotfd^ung  ftd^  über  bie  totytigfhn  gragen  fk 
einigen,    ©eit  bem  Satyre  1829—33  erfc^ien  audj  ein  eigene«  Organ  auf  Drummonb« 

55  Soften  ,,The  morning  Watch,  Journal  of  Prophecy",  toeld^e«  bim  9Rr.  Xubor 
^erau«gegeben  h>urbe.  ^n  bem  Meeting  t>on  1829  tourbe  ol«  einmütige«  6rgebm«  er* 
Hart,  feit  ber  3^it  3>uftinian«  I.  bi«  jur  fran^öftfd^cn  Sleöolution  fei  eine  grofee,  m  ber  ^eiligen 
©ebrift  angefünbigte  ^eriobe  t>on  1260  ga^ren  abgelaufen,  auf  to&fce  je^  bie  legten 
SBe^en,  eine  3erftörung  ber  fid&tbaren  Äird^en,  bie  3wrüdtftt^rung  ber  ^uben  in  t^r  2anbr 

60  bann  bie  $arufte  unb  ba«  taufenbjä^rige  Steic^  folgen  tverben,  unb  e*  fet  ^fltc^t  aDer,  bte 


$rbfog  427 

bic*  glauben,  biefe  (Srfenntnte  aller  SBclt  fo  cinbrüdflicfy  afe  möglich  ^u  berfünbigen  (bgl. 
Stillet  If  44  ff.),  Damit  berbanb  ftd&  alsbalb  ein  fcfticrcrifc^er  3U9-  20er  rodfa  auf  bem« 
fetten  ©tanbjnmlt  ftanb,  tourbe  beä  böffigen  SlbfaffS  ge$iefyen.  $a  bie  game  btS^erige 
fitc^Iid^e  Snthmflung,  unb  nid&t  am  toenigften  bic  ebangelifctye  Partei  im  englifegen  Äircfyen= 
tum,  bie  auf  bie  SReubelebung  ebangclifd&en  ©laubcnälebenS  aud&  burd&  fol$e  SBeran*  6 
ftoltimgen,  bie  man  ft>äter  innere  9Riffion  nannte,  ausging,  traf  biefe  Slnflage.  ©eitbem 
ba*  „fünffältige  Slmt  ber  Styoftel,  $ro^eten,  ßbangeliften,  §trten  unb  Sefyrer"  au«  ber 
ftinbe-gefötounben  ftnb,  bie  3r^nÖ  f$on  1Q24  als  bie  etoigen  ©runblagen  ber  Äird&e 
bezeichnete,  ift  aud&  ber  ^eilige  ©etft  avß  ifyr  getoid&cn:  „Über  GfyriftuS  unb  ber  gläubigen 
Seele,  —  bie  ganje  Summe  unferer  Sefyre  unb  geiftlicfyen  graste  —  finb  uns  ber  ^eilige  10 
®eifl,  bie  ©ememfe^aft  ber  ^eiligen,  bie  ^eilige  fatfyolifctye  ftirctye,  ju  toten  Sucbftaben  im 
ßrebo  getoorben  — .  3Ran  ladt  bom  ©lauben  unb  einfältigen  ©lauben  unb  erfennt  nid&t 
ober  hnfl  ntc^t  erfennen,  toaS  ber  gange  Snfyalt  unfereä  ©taubenä  ift,  —  bie  fyoc^eilige 
Dreietnigfeit  unb  tyre  ©aben,  Simtcr  unb  SBirfungen  jum  £eite."  ©$on  geigt  fi<$  aud& 
ber  bieifacb  erft  ber  fiteren  ©e!te  jugefcfyriebene  ©tyncrettemuS:  „au$  offen  borfyanbenen  ls 
Sefamtmffen  unb  ©laubenäparteien  toirb  erft  baä  ©cfcfylecfyt  erftefyen,  bie  toafyre  3luäh>afyl 
unter  ben  SluSertoätylten,  toelcbeS  unter  {einem  Sjofua  in  baä  tangerfefynte  Kanaan  ein* 
gefcn  totrb"  (bgL  Stofcteufd&er  ©.  107—111). 

Damit  berbanb  fid&  bei  %xto'mQ  atebalb  eine  immer  beutlid&er  toerbenbe  Slbfe^r  bon 
grunblegenben  ©ebanfen  unb  $rinjijHen  be$  fctyottifd&en  ßircfyentumS,  feiner  33erfaffung  unb  20 
femeä  Sotteäbienfted,  bon  ber  Sßräbeftination,  toogegen  er,  in  biefer  Sejietyung  nicfyt  un* 
beeinflußt  burety  baä  SBerf  be3  ^od^Ürd^lid^en  SlnglilanerS  SRid&arb  §oofer  (Ecclesiastical 
polity  1599)  fk&  a^  ^nefter  füllte  unb  feiner  ©emeinbe  unb  feinem  SßreSbtyterium 
gegenüber  pheflerlic$e3  änfefyen  unb  ^rtefterüd^e  ©etoalt  in  9lnfpru$  nafym,  toorüber  e$ 
fc$r  baß)  ju  unliebfamen  (Erörterungen  fam.  ©rofceä  2luffefyen  machte  e$,  unb  e$  tourbe  26 
bei  toettem  atö  bie  fölimmfte  §eterobojie  empfunben,  toaS  man  ®nbe  1827  bon  eigen» 
ähnlichen  c&riftologifd&en  Sluälaffungen,  bie  er  auf  ber  ßanjel  bortrüge,  erfuhr,  ba&  er  tion 
einer  sinfal  substance  bed  Seibe«  Gfyrifti  f^rec^e.  S)^alb  interpelliert,  fd^rieb  er  eine  große, 
toie  immer  me^r  r^etorifd^e  aU  bogmatifd^e  älb^anblung  „über  bie  Se^re  bon  ber  ^nfamation" 
(Xbfc^nttt  III  unb  IV  feiner  Sermons,  Lectures  and  Occasional  Discourses,  3.  t>ol,  90 
2onbon  1828),  in  ber  er  offenbar  im  Igntereffe  an  ^,er  toüm  3Jtenfd$eit  G^rifti  unter 
falfc^er  ^Jreffung  ba$  äfiagziag  in  bem  ))au(inifc^en  9lu3brucf  h  öfioicß/uan  oagxög 
ipagiÜK  0Röm.  8,3)  ferne  I^efe  begrünbet.  9iur  toenn  S^riftuS  mirflid^  unfere  9tatur 
angenommen  ^at,  bie  gefallene  2Renf$ennatur,  fonnte  er  unfer  ßrlöfer  fein.  S)a  feiner 
Sbttter  ©ubflan)  getoifelid^  gefallen,   er  aber  feiner  5Renf3$eit  nad^  bon  ber  ©ubftam  36 

Ser  Shitter  toar,  fo  ift  bie  ÜRatur,  bie  er  annahm,  eine  fünbige  getoefen.  6ben  beä^alb 
Ite  er,  obtooW  er  an  ber  ©rbfünbe  nid^t  teilnahm  unb  burdj  ben  i^m  immer  bei* 
too^nenben  ^eiligen  ©eift  bor  jeber  toirflieben  ©ünbc  betoa^rt  tourbe,  in  feinem  natür- 
lichen ©iflen  eine  StebeQion  gegen  ben  2Btüen  ©otteö.  3)enn  iDcnn  er  unter  baö  ©efe^ 
get^an  toar,  fo  muftte  er  ntc^t  nur  jugänglic^,  fonbern  für  alles  ba^  geneigt  fein,  toaö  40 
ba8  ®efej  berbot.  §a,  Srbing  ge^t  fo  toeit,  ju  fagen,  jebe  2lrt  bon  ©d&ledjtigfett,  bie 
m  <Xty&  getoorben  tft,  ober  ^ur  I^at  toerben'  fonnte,  gehörte  jum  SCBefcn  feiner  sJtatur, 
nnb  Atn  m  ber  ©röfte  be«  ©iege«  über  bie  in  feiner  9iatur  (iegenbc  ©ünbe  fiefyt  §rbing 
bie  Sonett  ber  @rlöfung  ber  s})ienfd^ennatur  unb  erllärt  im  Setou^tfein,  bamit  bie  alte 
octyoboge  2e^re  ber  Äird^e  toieberjugeben,  jebe  anbere  Sluffaffung  afe  eine  j)eftilen^ia(ifd^e  46 
tiefte  (3%.  Äolbe  ©.  50  ff.). 

S)te*  aOed  unb  feine  at)o!al^tifd^en  ©d^toärmereien,  bie  nid^t  toenige  feiner  früheren 
Sn^anger  atö  ber  großen,  für  i^n  erbauten  unb  im  Srityjafyr  1827  getoetyten  Äird^e  auf 
bem  Sugent^uare  bertrieben,  erfcfytitterten  fein  3lnfeben  in  toeiten  Äreifen,  befonber«  in 
&mbim.    ©letd^toofyl  getoann  bie  e^d^atalogifd^e,  a^ofal^ptifd^e  ÜRic^tung,  bie  [\d)  mit  einer  50 
neuen  bon  Sieb.  3-  $albane  ©tetoarb  angeregten  Setoegung  begegnete,  bie  barauf  au& 

Eafle  frommen  m  allen  Denominationen  jum  ©ebete  um  eine  neue  mac^tboHc  3lu^- 
tg  bed  ^eiligen  ©eifted  ju  berbinben,  in  äffen  leiten  ©rofebritannienS  immer  mefyr  an 
,  befonberd  in  ©cfcottlanb.  öicr  h>aren  e^  ;^rbing^  greunbe,  bie  ©eiftlic^en  6amj)beD, 
Stor^  unb  SUe&  ©cott,  bie  in  gleichem  ©inne  h)irlten,  unb  legerer,  ber  eine  3eit  lang  3r- » 
bmg^  ^Jrebigtajfiftent  getoefen,  fprad^  bie  Hoffnung  au^,  ba^  mit  ber  erfebnten  neuen 
Sttteie^utig  be«  ©eifteä  aud^  bic  befonberen  ©aben  unb  Kräfte  ber  Urftrctye  toieber  jur 
fof<^einung  lommen  tbürben.  Die  Erregung  ber  ©laubigen  tburbe  noeb  geftärlt  burc^ 
Itoei  gro^e  ^Jrebigtreifen  Stttoß*  in  ©d^ottlanb  in  ben  Sauren  1828  unb  1829,  bon  benen 
befonberd  bie  erfte,  bie  auefc^lie^lid^  ber  ^erfünbigung  bed  neuen  älbbentö  galt,   einem  üo 


428  3r*ittg 

toafyren  2!riumpfy;uge  gficty,  unb  mit  faum  bejätymbarer  Ungebulb  erwartete  man  bte  3lu«s 
giefjung  be«  ©eifte«. 

35a  bernatym  man  im  Sfätj  1830,  bafj  fte  in  fjemicanty,  einem  Sförfd&en  an  ber  Stünbuitp 
bc«  Sltybe,  im  Äird&fpiel  be«  fctyon  ertoätynten  Pfarrer«  Stöbert  ©torty  Don  Sto«neatty,  erfolgt  fet 

6  @ine  getoiffe  KJMarty  (Sampbell,  eine  Slätyerin,  bie  nacty  aller  Meinung  ftd&  im  legten  ©tabnmt 
ber  ©d&toinbfuctyt  befanb,  gleid&toofyl  aber  im  SBetoufetfein,  bon  ©Ott  ju  ©rofcem  berufen 
3u  fein,  an  bem  langgehegten  ©ebanlen,  al«  SWtfftonarin  nad&  ben  ©übfeeinfeln  $u  getyen, 
fefttyielt,  tyatte  unter  bem  unmittelbaren  Sinbrudf  bon  3>rt>in(j«  $rebtgt,  mit  ganj  befonberer 
Energie  bie  ©efynfuctyt  nacty  SBieberertoedung  ber  apoftoltfctyen  @eifte«gaben  in  ftcfr  auf* 

10  genommen,  bornetymlidj  ber  ©abe  ber  Teilung  burcty  ©ebet  unb  be«  Siebend  in  Sangen, 
Worunter  ftc  bie  für  ityren  9Jliffion«beruf  befonber«  ertoünfd&te  Segabung  mit  fremben 
tyeibnifd&en  3un8en  berftanb.  9ln  einem  ©onntage,  bem  21.  SJtärj  1830,  tyatte  fte  mit 
einer  ©etytoefter  unb  einer  ^reunbin  toieberum  unter  gaften  unb  S3eten  um  bie  grofce 
©aetye  ben  &ag  jugebraetyt.    Da  am  Slbenb,  fo  hrirb  behauptet,  richtete   ftety  bie  fronte, 

16  bie  feit  2Bocfyen  unfähig  toar,  ftety  $u  ergeben,  plöfeli<$  auf  unb  fpraety  mit  bergücftem  Sin* 
gefixt  eine  SSiertelftunbe  lang  in  gänjlicty  unberftänblictyen,  übrigen«  fofort  notierten  Sauten, 
toa«  ftd&  am  näctyftcn  ©onntage  toiebertyotte.  Da«  ift  bie  bon  ben  grbingianern  behauptete 
SBiebererfcfyeinung  ber  ©praetyengabe,  toobet  fogleicty  bemerft  fein  mag,  bafe,  naetybem  bie 
©eletyrten  bonDjforb  unb  ßambribge  erflärt  Ratten,  bafj  jene  Saute,  entgegen  ber  SWetnung 

20  ber  Sampbell,  mit  feiner  menfd&lid&en  ©praetye  tttoeß  ju  ttyun  Ratten,  man  jene«  ber)üdte 
Sieben  einfaefy  al«  3ungenreben  beutete.  Die  Jtunbe  babon  machte  befonberen  Smbrucf 
in  einer  befreunbeten  ftamilie  in  bem  nafyen,  am  anberen  Ufer  be«  ßfybe  gelegenen  Ort 
©la«goto,  too  atoei  fromme  ©<$iff«aimmerleute  namen«  SKacbonalb  mit  ityrer  ©ctoefter 
Margaret  bie  frommen  $u  @ebet«berfammlungen  in  ityrem  .§aufe  ju  berfammdn  pflegten. 

26  ©ine«  Sage«  im  Slpril  1830  braety  bie  fterben«franfe  SRargaret  in  ftunbenfongen  $rei«  ©otttf 
au«  unb  fd&lofj  bann  mit  einem  tyeifjen  ©ebet  für  ityren  Srober  $ame«,  bafc  er  in  bteftr  ©tunbe 
angetfyan  toerbe  mit  ber  Äraft  au«  ber  §ötye,  toorauf  biefer  ber  feit  18  SRonaten  an  ba« 
S3ctt  gefeffetten  Äranfen  gebot,  aufjuftetyen,  toa«  biefe  auety  ttyat  unb  am  gemeinfam« 
SRatyle  teilnahm.    Unb  am  folgenben  Sage  gebot  $.  SRacbonalb  brieflich  ber  befreunbeten 

so  Tl.  Gampbett,  ebenfaH«  aufeufteljen  unb  über  ben  glufc  herüber  iu  lommen,  toelc&er  Auf- 
forberung  fte  folgte.  Damit  fd&ien  auefy  bie  ©abe  ber  Äranfentyettung,  bon  beren  toeiteren 
Slntoenbung  man  übrigen«  nid^t«  ^ört,  toieber  ertoedft  ju  fein.  3n  ben  ja$Irei$en  ®<bt& 
berfammlungen,  bie  auf  biefe  Stuffetyen  erregenben  ßreigniffe  folgten,  trat  bem  t>m 
3JI.  (SampbeQ  geübten  3mtgenreben  aud)  bie  berftanblictye  ©prad^e  im  ©elfte  in  hinen,  auf 

36  ba«  Kommen  be«  $errn  bezüglichen  9(u«rufen  jur  ©eite,  unb  ftne  fetyr  man  fid^  fd&on  in 
©ebanfen  an  ba«  SBieberaufleben  be«  apoftolifctyen  ©eifte«  tyineingelebt  tyatte,  jeigt  bie 
Slactyrictyt,  bafe  in  jenen  SSerfammlungen  bielmal«  ber  Stuf  gehört  h>urbe:  „©enbe  un« 
Spoftel." 

Die  Sonooner  ^ßroptyetenfctyule,  bie  eine  Äommiffion,  in  ber  ber  3lec$t$anhxilt  Sarbale 

40  tyerborragte,  naety  ©ctyottlanb,  Wo  immer  mehrere  bom  ©eifte  ergriffen  tourben,  gefctyidt 
tyattc,  betätigte  bie  erwartete  erneuerung  ber  ©eifte«gaben,  toa«,  toie  begreiflich,  für  bie 
beteiligten  auety  ein  ©rtoei«  ber  Sßatyrtyeit  ber  ganzen  apolal^ptifc^en  Sßrebigt  toar.  3n 
ßarbale«  §aufe  fudjte  man  nunmetyr  in  ©ebet«berfammlungen  ba«fetbe  ju  erreichen  tote 
in  ©ctyottlanb.    Unb  tyier  begann  im  gtfi^ja^r  1831  Sarbale«  grau  mit  httjen  8u«« 

46  rufen.  Wun  tarn  auety  3Rarv  GampbeH,  bie  injhnfd&en  einen  3Jh.  ßairb  geheiratet  tyatte, 
nad^  Sonbon,  unb  balb  tourbe  ba«  3un0enrc^>en  wwb  bie  Siebe  in  berftänbltctyen  fiauten, 
bie  „^roptyetie"  tyäufiger.  93ct  einem  ber  §au«gotte«bienfte,  bie  S^b^Ö  f^  tanflwn  täglty 
bei  fiety  ju  galten  pflegte,  machte  ftd^  juerft  mit  feiner  SRarf  unb  Sein  burd^bringenben 
©timme  ein  getoiffer  iaplin  al«  Sßropfyet  bemerHid^.    Slod&metyr  @inbrud  machte  auf  3** 

60  bing  ein  anberer  Sßroptyet  Sajter,  ber  freiließ  na<$  einiger  Reit,  toie  bie  $rop$ettn  9Rt|  ^aD, 
in  einer  eigenen  ©etyrift  feine  2Bci«fagungen  miberrief  uno  ade«  auf  ©dbftbetrug  jtaü* 
führte  (bgl.  Dliptyant  ©.  357,  6b.  flird&en$tg.  1837  ©.  437  ff.),  beffen  «uaa^ungen  aber 
gleid^tootyl  in  bieler  Sejtetyung  für  bie  Drbnungen  unb  Einrichtungen  ber  fpäteren  ©ette 
grunblegenb  tourben.  Sine  ßeit  lang  fuetyte  3^in0/  ^e  f^r  CT  au$  ^^  ^c  SKantfeftattomn 

65  be«  ©eifte«  erfreut  toar,  ba«  ^ungenreben  au«  bem  eigentlichen  ©otte«bienft  fern  ju  galten, 
nur  bie  ©afriftei  räumte  er  baju  ein,  um  getoiffermafjen  ba«  3w"8enr*en  iu  üb*1  *** 
um  bie  aBteberaufrictytung  ber  längft  al«  nottoenbig  erfamtten  fogenannten  apoftelifiben 
ämter,  ber  ©enbung  bon  älpofteln,  $roptyetcn,  @bangeliften,  §trten  unb  Setyrcm,  bie  bom 
ffl.  ©eift  gefalbt  toären,  unb  ba«  betonte  befonber«  Setter,  nietyt  burdty  menf$li$e  8eni« 

60  fung  fonbern  burety  ben  ©eift  felbft  au«gefonbert  toerben  foKten,  in  antyaltenbem  ©ebete  ju 


3rt>tng  429 

ringen.  Aber  ber  einmal  entfeffelte  (SntfyuftaSmuS  War  nid&t  mefyr  aufhalten.  Offen* 
baruna  brängte  ftd&  auf  Offenbarung,  unb  3*bing,  ber,  feitbem  er  bon  ber  ©d^ett  biefer 
$mmuf$en  Stimmen  fid?  überzeugt  fcatte,  nid)t^  mefyr  freute,  a(3  bem  Strien  be$  ©eifteS 
entgegenzutreten,  mußte  ftd&  Don  ben  Sßroj^eten  jagen  (äffen,  baß  er,  um  ber  @$ma$ 
QpnfK  ju  entgegen,  ben  ©eift  bäntyfen  Wolle.  £)a  gab  er  nad).  sDiitte  Oftober  1831  5 
$dt  ber  (gnttyufiaSmuS  in  fttirmifd&er  SBeife  feinen  ©injug  in  feine  $ir<$e.  9lux  fo  t>iel 
fctte  man  tym  jugeftanben,  bafj  bie  ©eiftbeWegten  erft  nad&  feiner  Seenbtgung  ber  ©cfyrift* 
twrlefung  unb  na$  feiner  ^rebigt,  Wo^u  er  jebeSmal  eine  $aufe  machen  Wollte,  fpred^en 
fällten.  Salb  trat  ber  Sßrebiger  naturgemäß  hinter  ben  Prägern  be$  ©eifteS  jurücf.  g$ 
lam  nt<$t  feiten  ju  aufregenben  unb  lärmenben  ©cenen.  3)aS  mußte  $u  einer  ©Reibung  10 
in  ber  ©emembe  führen.  2)ie  alten  fc^otttfd^cn  Familien  jogen  ftcfy  jumeift  jurücf  ober 
Würben  bon  ben  apofafyptif$en  ©d&Wärmern,  bie  balb  in  ber  Äird&e  &u  Siegent  ©quare 
tyren  SRittetyunlt  fallen,  berbrängt.  211$  er  im  3>atyre  1830  feiner  Gbriftologie  toegen 
bor  ba«  gorum  be$  SPreäbtyteriumS  ber  jd&ottifd&en  ©emeinben  in  Sonbon  (b.  fy.  beS  über 
ben  Äm&enborftänben  ber  (Sinjelgemeinben  ftefyenben  ©efamtyreebtyteriumä)  gebogen  Würbe  15 
unb  biefen  ©eric^tötyof  ablehnte  unb  bielmefyr  an  bie  fd&ottifd&e  ©eneraljtynobe  appellierte, 
ffüitt  er  fein  Sßreäbtyterium  no$  auf  feiner  ©eite.  3>efct  berflagte  c$  tyn  bor  berfelben 
8e$drbe  wegen  33erle$ung  ber  gottesbienftlictyen  Orbnung,  Weil  er  Männer,  bie  ni$t 
Sttnifter  ber  fd&ottifd&en  ftirc^e  jeien  unb  fogar  grauen  in  feiner  Äird&e  fyabe  fprecfyen 
laffen.  3)a3  Urteil  bom  2.  9Rai  1832  lautete  auf  Slbfefcung.  2lm  6.  ÜRai  begann  er  ao 
in  einem  Saale  mit  feiner  auä  etwa  800  Äommunifanten  befte^enben  ©emeinbe  eigene 
©otteäbienfte,  bie  im  Cftober  in  ein  ju  einer  Slrt  Äircfyc  umgewanbelteä  Maleratelier  auf 
ber  5Retomanftreet  berlegt  tourben.  ^efct  fd&Wanben  bie  legten  5tefte  ber  fd&ottifäen  @otte& 
btenftorbnuug.  Die  Stimmen  ber  Sßropljeten  brängten  ben  Sßrebiger,  ber  jefct  afö„@ngel" 
ber  ©emeinbe  (Styf  2,  3),  Wie  er  fid&  fd^on  früher  genannt  fcatte,  fungierte,  immer  mefyr  in  26 
ben  ^mtergrunb.  3mm**  offenhmbiger  traten  ßarbale,  3)rummonb  unb  ber  *ßroj$et  Xocplxn 
an  We  Stifte  ber  Bewegung.  2)urd&  ben  lefcteren  Würbe  Sarbale,  ein  SWann  Don  großer 
StOendfraft  unb  großem  DrganifationStalent  am  31.  Cftober  unb  7.  9tobember  1832 
$um  „Sfyoßel"  aufgerufen  (näheres  barüber  S^.Äolbe  a.  a.  D.  ©.  71  ff.),  in  erfter  Sinie, 
um  ein  Organ  ju  baben,  baä  ben  bom  „©eifte"  jum  ßngel  ber  ©emeinbe  in  3llburty  so 
erteilten  ^rummonb  orbinieren  fönnte. 

S)amtt  begann  bie  ftd^  fe^r  rafd^  t>o(tye^enbe  Organifation  ber  neuen  Sirene,  toobei 
aUcnUKÜben  ba^  Seftreben  m  bemerten  tft,   baö  „3Imt"  atö  (olc$e£  in  ben  Sorbergrunb 
treten  pt  laffen  unb  baburc^  ben  (SntfyufiaSmuä  ber  einzelnen  einpbämmen.    laplin,  ber 
$auptgungenrebner,  tourbe  auf  ©runb  einer  Offenbarung  jum  ^ßrop^eten  xax}  igoxrjvdb 
orburiert,   benn  bon  ber  bloßen  ©abe  ber  SßeiSjagung,   bie  toon   allen    erftrebt  toerben 
foOe,  fei  ba£  prop^etif^e  3(mt  mit  feiner  Aufgabe,  ben  „apoftoüfc^en  öaumeiftem  ba£  Sid^t 
bed  ©eifte^  in  ber  ln:o#>etijc&en  gorm  ju^ufli^ren",  ju  untertreiben,  benn  ber  £err  ^abc 
mir  „<St(i$e"   }u  ^rp^eten  eingefe|t.     äluf  fein  ^ropbetentoort    bin   tourben  nunmehr 
(Sbril  1833)  fe(^  ältrfte  berufen,   bie   beim  ©otte«bienft  auf  ber  in  ber  Äird^c  einge^  40 
richteten  Plattform  ju  Sterten  unb  Sinfen  be«  ßngefö  fi^enb,  ben  fiebenarmigen  Seud^ter 
ba  Stiftd^ütte  barjuftetten  Ratten,  toä^rcnb   ber  ^Jrop^et  neben  bem  2tyoftel  faß.    3)aju 
famen  (am    14.  Styril)  „Reifer"  (helps  =  ävrtXrjipetg  „  1  So  12,  28   bgl.  SoßteuWer 
S.  368  f.),  anfangt  \tifi,  bie  gleichfalls  ^riefter  tote  bie  Stlteften,  biefen  unterworfen  feien 
unb  in  t^rer  ©egentoart  ju  fc^toeigen  Ratten.    3lber  balb   barauf  erfuhr  man,   baß  jeber  45 
Xmtttr&aer  feinen  Reifer  ^aben  folle,  ber  ßngel,  ber  äiltefte  u.  \.  tu.,  unb  nod>  bor  fönbe 
ba  SBoqe  fe^te  man  auc^  fteben  Diafonen  für  bie  äußerlichen  ftrc^lid^en  Stafyältmffe  ein, 
unb   ein  3^  ft>äte  wnter  Berufung  auf  1  jto  12, 29  xvßegvrjoeig  aud^  ©ubbiafonen. 
Da   mm   fc^on  3ü>ing  foglei$  beim  beginne  ber  Separation  „©Dangeliften"  auägefanbt 
^atte,  bie  je^t  bur$  a^oftolifc^e  Orbination   ju  toirtlic^en  älmteträgern  erhoben  Würben,  co 
fo  toar  bad  „fünffältige"  2lmt,  an  befjen  SBor^anbenfein   bie  3Üirffamleit  be«  ©eifteä  in 
ber  Jtm^e  getnü^ft  Würbe,  toieber^ergeftellt.  Unb  Wie  ber  ©eift  eä  forberte,  entftanben  balb 
ium$  fec^d  anbere  ©emeinben  in  2onbon,   mit  berjenigen  SrüingS  eine  (Smeuerung  ber 
fieben  ai>otaI^)tifc^en  ©emeinben.    9ta$  i^rem  Sorbilb  bilbeten   ftd^   mit  gleicher  ()ier= 
an^cMer  ©lieberung  eine  gan^e  Steige  anberer  ©emeinben  im  ganzen  £anbe  borne^mlid^  66 
ix  Goottfanb. 

3rt>ing  ^at  bad  aUeä,  wenn  i^m  aud^  baS  eine  ober  ba3  anbere  fc^Wer  Würbe,  Weil 
et  txmt  ©eifte  ju  lommen  fc^ien,  gläubig  unb  frittfloä  Eingenommen,  greilid^  ben 
S^olat  baut  er  fieb  anberd  gebaut,  unb  er  War  ber  3){etnung,  baß  „ber  2tyoftet  jur 
Xmtft^anbiung   be£  Siorted  unb   bed  SRegimentS  außer  in   ber  offenbaren  ©eifteefraft  go 


430  drttttg 

überhaupt  nid&t  befugt  fei"  unb  Wollte  feine,  bc«  6ngel«,  ©elbftftänbigfeit  innerhalb  feinet 
©emeinbe  Wahren.  3lber  berartige  SSerfuc^c  Würben  jurtidgeWiefen,  unb  toetm  er  e* 
Wagte,  auf  ba«  für  i&n  untrügliche  *ßroj)i?etenWort  fyin  felbftjtänbig  ju  fymbdn,  miifete  er 
ftc^  fagen  (äffen,   bafj  er  e«  ntd^t  verftefye  bie  ©tymboüf  ber  Sßroptyetie   in  bie  firi$li$e 

5  ?ßrai:t«  umjufe^en,  toa$  er  otyne  SBiberrebe  bemütig  gefd&e&en  liefe.  Unb  man  beiu^te 
jebe  ©elegenfyeit  ben  bod&  bi«Weilen  unbequemen  -Dtann  mit  feiner  großen  Sergangen^eit, 
an  beffen  Sßerfönlicfyfeit  foviele  banibar  fingen,  ju  bemütigen.  Ate  er  Don  bem  $re$ty* 
terium  ju  2lnnan,  bem  fd&liejjlid&  Don  ber  fdjottifd&en  ©eneralfonobe  bie  Unterfu$ung  gegen 
ifyn  Wegen  ^rrletyre  übertragen  Worben,  Von  ber  fc^otttfe^en  9lationaIfir$e  au«geföu>ffen 

10  unb  bamit  feine«  geiftlictyen  2lmte«  entfe$t  Worben  fear,  glei<$Wo$l  aber  im  SeWufjtfetn, 
ber  Von  ©ott  jum  (Sngel  berufene  §irt  feiner  £erbe  ju  fein,  nad)  Sonbon  gurücfgefefat, 
feine  priefterlictyen  gunftionen  metter  ausüben  unb  ein  Äinb  taufen  Wollte,  Würbe  tym, 
bem  Wieber  jum  £aien  geworbenen,  bie«  geWe&rt.  ©r  mufete  Warten,  btö  er  auf  9bu>tb* 
nung  be«  5ßro^cten  Don  neuem  unb  jtoar  jefct  burdj  ben  Styoftel  orbiniert  Würbe.    5Da* 

15  burd?  mufjte  feine  Stellung  natürlich  eine  ganj  anbere  Werben,  aber  nur  ba«  fömerjte  tyn, 
bafj  bie  Sraft  von  oben  gerabe  auf  tbn  nid&t  lommen  Wollte.  Sängft  fd&Wer  letbenb  tytik 
er,  obwohl  erft  Wenig  über  Vierzig  Satyre  a^/  *><**  3lu«fe$en  eine«  ©reife«  befommen.  S)er 
Slrjt  Verlangte  im  §erbft  1834  einen  9luf enthalt  im  ©üben,  Wenn  er  ben  SBinter  über» 
leben  foßte.  ©leicfyWofyl  folgte  er  freubig  bem  Sefefyl  nadj  ©d&ottlanb  ju  getyen,  h>eil  tym 

20  bie  ^ro^etenftimme  bort  s3Jtaffenerfolge  in  ber  Straft  be«  ©eifte«  geWei«fagt  tyatte.  ®r 
!am  bi«  ©la«goW.  3)ort  ift  er  am  8.  3)ejember  1834  geftorben  unb  liegt  in  ber  Rttfpta 
ber  Äatfyebrale  begraben  (vgl.  über  feine  legten  3äge  2$.  Äolbe  a.  a.  D.  ©.  79  ff.). 

3n£toifc$en  War  bie  $afyl  ber  ätyoftel  bi«  jum  ©ommer  1834,  }u  Welker  3eit 
SBoobboufe  fjinjuget^an  Würbe,  auf  fed&«  geWad&fen.   Unb  mit  tyrer  $ai)l  unb  namentlich 

26  naety  bem  lobe  S^ing«,  mit  bem  in  mancher  Sejietyung  ein  £emmni«  gefallen  War, 
Wud&«  tyr  ©tärfcgefüfyl  unb  ba«  Seftrcben,  bie  Organe  nic|t  nur  ber  3)i3)t})lm  fonbeni 
auefy  ber  i'efyre  $u  fein.  2>a«  mufjte  jur  (Sinföränfung  ber  Sßroptyetie  führen.  (Sarbale  er» 
Härte  e«  jefct  für  notWenbig,  bogmatifd&c  Belehrungen  an  bie  ^ropfyeten  gu  richten,  um 
ba«  2Bei«jagcn  xaxä  rtjv  ävakoyiav  rrjg   Twneco*    (3lö  12,7)   )U  förbern.     3n   ^ 

so  $ra|i«  entwickelte  ftd^  bie  ©ad^e  fo,  ba|  bie  2Xpoftel  nur  biejentgen  &uf*erungen  be« 
©eifte«  anerlannten,  bie  ifynen  gefielen,  unb  ftd>,  toai  freiließ  nid^t  o^ne  fc^Were  Äämj>fe  mit 
ben  auerft  öom  ©eift  erleuchteten  unb  auf  i^rc  ©elbftftänbigleit  eiferfücfctigen  ©Rotten  ab* 
ging,  bie  SKac^t  in  allen  fingen  aud^  in  ben  einzelnen  ©emeinben  aneigneten.  3n  einer 
Wö^entlic^en  9lat«Derfammlung,  an  ber  bie  @ngel  unb  SUteften  ber  ©emeine  teilnahmen, 

35  entfd^ieben  fte  über  ba$  @in}elne,  Wä^renb  bie  $rop^etie  abgefe^en  bon  allgemeinen 
^Ra^nungen  an  bie  ©emeinbe,  Wefentlid^  baju  biente,  über  bie  9Ränner,  bie  $u  Ämtern 
berufen  Werben  f otlten,  3eu9n^  abzulegen,  unb  über  bie  formen  be«  ©otte«bienfte«  Offen- 
barung ju  verbreiten.  %ccp[\nf  ber  Weil  man  eine  auf  fein  ^rop^etentoort  borgenommene 
fultijdje  Jleuorbnung  ^rtoing«  (SWo^teufd^er  ©.  424  ff.)  Verworfen  tyatte,  f«^  «n  3a^r  lang 

40  grollenb  jurüdE gejogen  fyattz,  Würbe,  al«  er  im  ^ebruar  1831  reumütig  jurücHe^rte,  jum 
©äulen*  ober  $feilert>ro^^eten  ernannt.  sJJJit  jeety«  anberen  $ro})^eten,  bie  t^m  betgegeben 
Würben,  foQte  er  eine  gewiffe  Oberaufftd^t  über  bie  gange  $rop^etie  ausüben.  5Diefe« 
Kollegium  trat  bem  Styoftelfollegium  an  bie  ©ette,  ni$t  al«  Se^rer  ber  Äirc^e,  ,ffonban 
al«  SUerheuge  jur  $ert>orbringung  ber  Verborgenen  ©e^eimniffe  ©otte«,    ba«  £i$t  am 

45  bunllen  Orte,  in  beffen  ©c^eine  bie  äl^oftel  Wanbeln  unb  ba«  $au«  orbnen  foüten".  Unb 
le^tere«,  bie  2lu«bilbung  be«  Multifd^en  im  Weiteften  ©inne  be«  SBBorte«  Würbe,  je^t  immer 
me^r  bie  ^auptjad&e,  Weel;alb  auc^  bie  S^ätigfeit  ber  ®ngel  eine  anbere  Würbe ;  benn  ber 
©eift  offenbarte,  nid;t  bie  $rebigt,  fonbern  bie  älnbetung  fei  bie  $auf)tfac^e  $re£  S)tenftee. 
©ie  Würben  feit  biefer  3cit,  namentlid^  feit  bem  Stöbe  ^rtring«,  be«  ^rebtgerd,  toefentli^ 

60  fiiturgen. 

3mmer  Weiter  fd^ritt  man  in  ber  ftymbolif$en  3luebeutung  ber  (Einrichtungen  ber  Stifte 
fyiitU,  beren  Wa^re«9(bbilb  in  bem  nunmehr  allmonatlich  jufammentretenben  Äonjil  txm3ion, 
ben  fieben  ©emeinben  Sonbon«,  jur@rfd^einung  fommen  foßte.  auf  ber  oberen  <&tufebe«$o* 
bium«  feilten  fe$«  Stpoftel  ftfeen,  hinter  i^nen  bie  fed^«  ^rop^eten,  bie  t^nen  zugeteilt  waren, 

66  ^inbeutenb  auf  ba«  in  ber  ©tift«^ütte  mit  Brettern  abgefd^loffeneSUer^eiliafte  unb  beffen  ©erate. 
S)iejer  Do^elreibe  gegenüber  bie  Vier  Pfeiler  be«  3lmte«,  ber  erfte  ber  wpofol,  ber  ^Jrov^äen, 
ber  Svangeliften  unb  ber  §irten  (@ngel)  al«  bie  ©äulen  Vor  bem  SWerfyeüigften.  8uf  einer 
niebrigeren  ©tufe  juerft  bie  fteben  @ngel,  unb  hinter  bem  ©tu^le  eine«  leben  bie  fet^ 
Stltcften  feiner  ©emeinbe  jufammen  42,  entfprec^enb  ben  42  Srettern,  bie  bie  ©eitenWänbe 

co  ber  ^ütte  gebilbet   Ratten.     SDic   übrigen  fünf  Sfyoftel  foüten  befonber«   ftfcen,  quer 


3r*istg  431 

itotfctycn  bcr  Steige  ber  fed&S  Styoftel  unb  bcr  7  @ngel  mit  tyren  $(teften,  um  bie  fünf 
burityge^enben  Stiege!  barjuftellen,  burd&  Welche  bie  gan^c  Umfaffung  ber  £ütte  jufammen« 
gehalten  War.  6tWa$  unterhalb  ber  ©ngel  ber  fiebert  ©emeinben  bie  fünf  §auj)tebange* 
liften  afö  bie  ©aulen  am  ßtngang  beä  ^eiligen,  cnbli$  rings  um  bie  ganje  Plattform 
$cr  bie  jenen  untergeorbneten  60  (Sbangeliften  als  bie  Säulen  bc3  SSor^ofö  (SRojjteufd&er  s 
6.  452).  9Ran  jaulte  fyiernad&  normaler  SBeife  135  SlmtSiräger.  ©o  Würbe  ba3  Äonjil 
jum  crftcnmal  am  17.  3>uni  1835  abgalten,  obwohl  c$  bamate  nod&  einige  Süden  gab, 
tnbem  jtoar  bon  gebruar  bis  9Rai  toter  neue  2tpofteI  berufen  Würben,  aber  nod&  jroei  ju 
bcr  längft  ate  nötig  erlannten  ÄWölfeafyl  festen.  3l\$t  ofyne  grofee  ©d&Wierigfeiten,  — 
bet  Spotte  ©abtb  ®oW,  ber  ftd^  felbft  einmal  in  ßbinburg  jum  Stpoftcl  aufgeworfen  io 
tyxttt,  unb  ber  jefct  „burefc  ben  ©eift  berufen  Würbe",  Weigerte  ftcfy  ba$  Slmt  anzunehmen, 
unb  man  mufete  cnblicty  jum  Sofc  greifen  —  gelang  e$  einen  elften  unb  zwölften  zu  ge* 
tmimcn,  Worauf  am  14.  3uli  1835  bie  jogenannte  2tu3fonberung  ber  2fyoftel  ftattfanb 
(togL  9tofeteufd&er  ©.  465).  ©ie  Wirb  mit  ber  Sluefcnbung  be$  5ßaulu3  unb  VarnabaS 
(8®  13, 1)  bergßd&en,  fottte  aber  bielmefyr  eine  feierliche  2lnerfennung  De«  Styoftotatä  unb  15 
eine  ©ntoeifung  in  ben  foezififö  apoftolijc^en  SJeruf  für  bie  gefamte  SBelt  fein.  Denn 
mit  Umen,  fo  tyefc  e$  jeftt,  ift  nad&  jenem  erften  jübijctycn  3tyoftolat,  Welches  ber  £err 
fclbji  emgefcfct  fyat,  ber  ttyoftolat  ber  §eibenfird>e  eingetreten,  benn  $aulu$  toar  nur 
ein  8fabrud&,  Wie  er  felbft  fagt  (1  Äo  15,  8),  eine  unzeitige  ©eburt  geroefen. 

3ur  Vorbereitung  auf  i&ren  befonberen  Veruf  begaben  fid&  nunmehr  bie  Slpoftel  in  20 
Segleitung  ber  fieben  Sßro^eten  ber  Statäberfammlung  naefy  Sllburty,  um  bort  mittelft 
bet  UnterWeifung  burety  bie  Sßro^eten  mit  furzen  Unterbrechungen  ein  %afyx  lang  (ni$t 
2Vt  3^*^  to*c  °f*  angegeben  Wirb;  bgl.  SHofcteufäer  ©.47)  bem  ©tubium  ber  ©etyrift 
obzuliegen,  unb  bann  „©otteS  Volt  aufzuführen  atö  ber  großen  ©tabt  ber  Verwirrung, 
bcr  berbannten  ©tabt"  (9lof$teufd&er  ©.  473).  (Sin  erfteS  „3eugni$",  Wetd&eS  bie  SBclt  25 
fiber  i^re  9Riffion  aufflären  foHte,  unb  Slnfang  1836  ausging,  richtete  fi#  an  bie  Vifd&öfe 
bcr  engßföen  Ährd&e,  ein  jtoeiteS  an  ben  Äönig  SBityelm  IV.  bon  ßnglanb  (beibe  bei 
Stiller  II  361  ff.).  9luf  ©runb  einer  2>rummonb  zu  teil  geworbenen  Offenbarung,  Wo* 
na$  bcr  £crr  bie  6&riftenfyeit  teilen  wolle  unter  btc  gwölf  Styoftet,  unb  jcber  ber  jwölf 
dürften  be£  getftlidjen  SSraelä  angeficfytS  beS  naf;en  kommen«  be^  §errn  feinem  ©tamme  so 
jugeteilt  Werben  fotte,  um  allenthalben  bie  urfj)rünglid^cn  Drbnungen  aufzurichten  unb  je 
12000  SBerftegelte  ju  fammeln,  Würbe  bie  SBelt,  richtiger  freiließ  ßurofa,  ate  bcr  eigent* 
B$c  ©t^  bed  großen  ^5nig«,  unb  älmerita  unb  bie  d^riftlic^en  Kolonien,  al«  bie  Vor- 
ftabte  bar  großen  ©tabt  am  .15.  %vl\  1836  —  b.  ^.  bem  Sage  mit  ber  alten  33e$eicfc 
imng  Apostolorum  divisio—  berteilt,  ßarbale,  ber  ©äulena))oftel,  Warb  für  (Snglanb  35 
befttmmt.  SJrummonb  erhielt  ©c^ottlanb  unb  bie  ©d^Weij,  Äing=6^urd&  bie  SRieberlanbe 
unb  Dänemari,  ?ßercebal  Stauen,  Slrmftrong  %xlanb  unb  bie  Atrien  ©riec^enlanb«  unb 
Ut  Oriente  2Boob$oufe  ©übbeutfc^lanb  unb  Defterreid^,  Subor  ^Jolen  unb  —  gnbien, 
Dalton  granfreitty,  6arl^le  SRorbbeutjc^lanb,  ©ittwill  ©fanien  unb  Portugal,  2yißiam 
Doto  9lu|lanb,  SRacfenjie  Norwegen  unb  ©c^Weben.  92ac^bem  man  bann  nodj  in  bem-  40 
fdfccn  SatyK  1836  ein  langatmiges,  beinahe  200  (Seiten  umfaffenbeS  „3«i9m$"  in  eng^ 
üfd^cr,  ffonjöftfc^er,  beutfd^er  unb  lateinifd^cr  ©prac^e  hatte  ausgeben  (äffen  (abgebrueft 
bei  SWntoalb  Acta  hist.  eccl.  1837  p.  793—867.  @ngltfö  bei  bitter  1,346  ff.,  beutfd^ 
bei  Jlofeteufd&er  im  ansang)  begaben  f\i>  bie  Styoftel  mit  älu^na^me  Garbale«,  ber  ba* 
^jehn  blieb,  um  bie  ©emeinben  3ton3  ju  leiten,  begleitet  Don  je  einem  5ßroj)^eten,  ©bange-  45 
liflcn  unb  Wirten  auf  bie  Steife  ju  i^ren  ©tämmen  (naefy  9tofetcufd^er  ©.  490  §erbft  1836, 
nä49»iDcr  1,185  erft  älnfang  1838).  %i)x  §au^Wedt  War  babei  ^u  erforfc^en,  toa*  etwa 
111M9  twm  reinem  ©olbe  übrig  geblieben,  ba$  für  bie  große  3lufgabe,  unter  3iiebenei^ung 
bcr  ©fronten  ber  berfd^iebenen  ftird^c  eine©emeinbe  beteiligen  aufzurichten,  ju  brausen 
toarc.  Unb  WieWofjI  fie  allenthalben  in  regem  Vcrfefyr  mit  fir^lid(;en  ©rofeen  unb  fonftigen  w 
bert>orragenben  9Rännern  für  bie  Slnerfennung  i^rcr  ap oftolifc^en  SKürbe  warben,  gingen 
pc  bo$  borfk^tig  ^u  SSJerle,  fobafe  fie  felbft  in  bem  bamaligen  Italien,  ©panien  unb  Deftcr« 
tciib  t>an  ber  $olijet  unbehelligt  blieben.  2öie  berabrebet  trafen  fie  nad^  älblauf  ber 
mwtiWm  1260  Zage  (na$  ber  äluefonberung)  ffietbnad)tcn  1838  Wieber  in  3llburty  ju= 
fammen,  unternahmen  bann  1839  eine  ^Weite  Steife,  bon  bcr  fie  (Sarbale  bor^eitig  ^urücf=  55 
wfen  mufitc,  Weil  &  ju  fd^WerWiegenben  2)ifferenjen  im  .Honjil  ju  3^°"  gefomnten  War. 
Die  bcrfdpcbenen  ämtöträger  Waren  &  nämlic^  mübe  geworben,  blofte  ©tatiften  in  ben 
Ron|ilÄ>crfaminIungen  )u  fein,  unb  erllärten,  ünterftü^t  bon  ber,  ^Jrop^etie,  unter  93e« 
nrfung  auf  ä©  16  unb  bie  ©efäicfcte  aller  Seiten,  ba^  bie  sSlteften  immer  mitge^ 
totett,  unb  bie  auf  bem  Aonjile  Verfammelten  felbft  bie  \)'6d)\k  Autorität  einzunehmen  w 


432  3r*tttg 

fyätten,  toäfyrcnb  bic  2lpoftel,  obtoofyl  ben  crftcn  Stang  einneljmenb,  nur  bie  Äonjtfäbefctylüffe 
ausführen  follten.  2lber  es  gelang  bem  hriebcr  boDjäfylig  berfammelten  Slpoftolat  ben 
Singriff  gurüdfautoeifen  unb,  um  äfynlic^e  SBorfommniffe  ju  berfytnbern,  tourbe  baä  äongil, 
für  toeldjcS,  tote  er^lt,   ber  ©eift  fo   beftimmte  Sorföriften  bte  jur  Seftimmung  ber 

5  Sßläfce  gegeben  fyatte,  unb  toeld&eä  bte  (Srfüflung  ber  ©ttftä&ütte  fein  foule,  in  ber  bte 
berigen  SBetfe  ni$t  mefyr  jufammen  berufen  unb  lebte  nur  ateÄonferem  ber  jieben  6ngd 
Bonbon«  unter  bem  33orfifc  be$  2lpoftet3  im  3a&re  1877  toieber  auf.  2Bu$tiger  toar 
noety  ber  au$  bei  biefer  (Gelegenheit  (3uni  1840)  feftgelegte  ©runbfafc,  bafc  toetl  ein  uns 
reinem  ©efäjj  lein  reinem  Sßafjer  bieten  fönne,  in  jebem  JaHe  bie  Steinzeit  be$  $rop$eten 

10  bon  ben  3lpofteln  geprüft  toerben  müfjte,  toomit  bie  abfolute  ©uperiorität  be«  SlpoftolatS, 
aufs  ftriltefte  »um  SluSbrudf  fam.  Slber  bie  glüdflic^  übertounbene  Jtrifte  tyatte  ein  fd&toer* 
toiegenbeS  9tac9fpiel,  inbem  einer  ber  2lpoftel  felbft,  3)uncan  SRadfenaie,  ber  bergeblidj  na$ 
ber  2lu3f onberung  auf  eine  neue  SluSgiefcung  beä  ©eifteä  gekartet  $atte,  an  feiner  Styojtel* 
tourbe  irre  tourbe  unb  fid&  gänjlicfy  aurüdEjog.    @r  ftarb  in  Äaplanb  1855. 

15  3)ie  übrigen  2lpoftel  nabmen  jefct  lieber  tyren  SBotynftfc  in  Sllburty,  um  an  bie  33er* 
Wertung  ber  Stefultate  tyrer  sjRiffion3reife  ju  getyen.  3Jterftoürbig  genug  toaren  fte,  naefc 
bem  fte  nur  toenig  anbere  belehrt  Ratten,  in  getoiffem  Sinne  felbft  als  Sefefyrte  $urü(fc 
gefommen.  93ci  ber  fd^on  früher  beobachteten  Setonung  beä  priefterlid&en  ßfyirafterS  ber 
2lmt$träger  unb  ber  Anbetung  im  ßultuä  begreift  fiety,  bafe,  toie  fte  felbft  bejeugt  faben, 

20  eine  genauere  33etanntf$aft  mit  bem  ÄatfyolictemuS  in  feinen  $eimat$gebieten,  auf  biefe 
iJeute,  bie  bießeid&t  aud&  fd^on  Oom  *JJufei$mu3  angeregt  toaren,  ben  größten  (Sinflufc  $aben 
lonnte.  3)erfelbe  toar  in  ber  $fyat  fo  grofe,  bafj  man  fagen  barf,  ba§  mit  tyrer  Steife 
unb  balb  barauf  feit  1840  eine  neue  <ßeriobe  ber  SBetoegung  beginnt,  bie  Stomanifteruna 
beä  3rt>mgiantemud  ober  ber  „apoftolifd^latfyolifcfyen  ©emetnben",  toie  ftc  nunmehr  ofpjieu 

26  auf  ©efyeifj  beS  ©etfteä  ftcfy  nannten.  3(Qed  toaS  ettoa  nodf  an  bie  fd&ottifcfcpreSbtyteria* 
nifd^en  unb  englifäe,  nonfonformiftifäen  Xrabitionen  erinnerte,  tourbe  jeftt  toirUic^  au& 
gemerkt.  S&äfyrenb  in  ben  meiften  irbingianifc^en  ßircfycn  bte  jum  §al)it  1838  feine 
3lltäre  toaren,  mußten  je$t  fol^e  errietet  toerben,  aud&  tourbe  ber  Slaum  um  ben 
Slltar  (toie  au$  in  ber  anglifamfdben  Ätrc^c)   afö  sacrarium  (screen)   abgegrenzt,  unb 

so  empfingen  nunmehr  bie  Rommunifanten  an  biefem  Inienb  baä  3lbenbma^>l.  ©ireft  tourbe 
ba^  SBolf  belehrt,  bafe  bie  ßue^ariftie  afe  Dpfer  aufgufaffen  fei  (bgl.  über  bie  frühen  SUi* 
fange  berDpferibee  ify.  Äolbe,  3^bin9  ©•  75  ff.),  unb  jtoar  in  bemSinne,  ba&  bie  tonfe» 
frierten  unb  bamit  burefy  ben  ^eiligen  ©eift  in  ß^rifti  2eib  unb  93lut  toertoanbelten  ©lemehte 
(SBein  unb  ungefäuerte^,  gebrochenem  ©rot)  ©Ott  bargebrad^t  toerben  jur  (Srtnnerung  an 

35  6^rifti  3;ob,  ate  eine  ^anblung  auf  (Srben,  toelcfye  mit  ber  Äanblung  be^  $o$enprieftap3 
im  §immel  forrefponbiert.  3)ie  Slbtoeidjung  öon  ber  römifepen  Sluffaffung,  mit  ber  fie 
bie  allerbing^  ni$t  überall  !lar  au^gebrüdte  SBanblung^le^re  unb  ben  ©ebanlen  ber  not* 
toenbigen  priefterltd&cn  ^nterjeffton  gemein  ^at,  liegt  barin,  bafe  man  feine  2Btebe$olung 
be«  einmal  Oollgilttg  gefd^el;enen  93erföfynung$oj)fer$  annimmt,  e«  gleid^too^l  aber  al3$ant* 

40  unb  ©ebäc^tnfeopfer  ©Ott  bon  neuem  barbringt,  e^  getoiffermafeen  i&m  Don  neuem  in« 
©ebä^tnt^  ruft  (jo  totrb  ba^  röv  ddvaxov  rov  xvglov  xaxayyüers  1  Ro  12,  26  ge» 
beutet),  tooburd^  cö  Oerfö^nenb  toirft,  toee^alb  beim  aud?  an  bie  baö  Opfern  f^mboltfierenbe 
§anblung  ber  ©leOation  unb  be$  örotbred^en^  (,/für  ®uc^")  bie  gürbitten  angefc^loffen 
toerben  (ogl.  Äarl  SRotye,  SDa^  Opfer  unfern  §errn  ^efu  G^rifti  am  Äreug  unb  baä  Opfer 

45  ber  fttrc&c  im  ^l.  ©aframente  be«  2lltar$,  2.  «ufL  granff.  1854).  3)ie3  unb  anbere«,  loa« 
bie  tfyeoretijcfy  faum  irgenbtoo  flar  jufammengefafeten  ©onberborftellungen  ber  ^rtoingianer 
d^arafteriftert,  fommt  am  flarften  jum  Sluöbrucf  in  ber  feit  1842  eingeführten  toefentltc^ 
bon  Sarbale  ^errü^renben  ©otteebienftorbnung,  in  ber  man  mit  Vorliebe  auf  altttn^lu^e, 
aud^  griec^ifc^e  gormein  ^urücfging  unb  fictytlic^  bte  Senbenj  berfolgt,  mögltdtft  trid  9b* 

60  toec^felungen  hineinzubringen  unb  bte  einzelnen  9lfte  an  bie  berföiebenen  Ämteträga, 
Gngel,  2tltefte,  ^rop^eten,  ©bangeliften  ju  berteilen  (bie  Siturgie  unb  anbere  ©otteÄienfte 
ber  Äirctye  1.  %\).  9Jad^  ber  ttberfefcung  ber  engl,  ausgäbe  bon  1853  II.  »ufl,  »erim 
1860 ;  bgl.  namentlich  ba«  Opfergebet  ©.  30).  3ugleu$  fc^ritt  man  jur  annähme  txm 
Äultu^getoänbem,  beren  5Rottoenbigfeit  auf  jener  ajJijfion^reife  einem  ?ßrop^den  in  Stirnen 

66  aufgegangen  toar.  Sie  finb  toefentltd^  biefelben,  toie  bei  ben  Stömem,  8Hba,  Stola,  ©ürtel, 
Äafula  unb  bie  3)almatica,  ba«  befonbere  3lmt«fleib  be«  ßngetö,  babei  mai^t  fi(^  bad  Se* 
ftreben  geltenb,  burd&  möglic^fte  ^rad^tentfaltung  auf  bie  ©inne  ju  totrfen.  3m  tyt/tt 
1847  tourbe  ben  ^rieftem  ein  ausführliches  3)ireftorium  für  bie  »udfü^rung  ber  tfturgie 
in  ben  berfc^tebenen  ©otteSbienften  in  bie  $anb  gegeben  (Über  bie  Munitionen  ber  einjdnen 

6o  ©eiftlid&en  im  ©otteSbienft,  bitter  I,  259).     3n  bemfelben  3a^re  aboptterte  man  bie 


drttttg  433 

lefcte  Delung.  ©eit  1850  iourben  bie  gemeinten  3lbenbma£teelemente  tote  bei  ben  Römern 
in  einem  Zabernatel  aufbetoafyrt,  aus  bem  fte  bei  ben  täglicb  abju^altenben  borgen-  unb 
äbenbgotteäbtenften  herausgenommen  unb,  ein  2lbbtlb  ber  Sdpaubrote  ber  Stiftäfyütte,  au& 
gepeilt  toerben,  nic$t  als  ©egenftänbe  ber  2lboration,  fonbern  um  bie  ©emeinbe  ber 
©egentoart  beä  fierrn  unb  feiner  forttoäfyrenben  ^nterjeffton  ju  Oerfid&ern.  3>m  3^**  5 
1852  folgte  bie  Aufhellung  Don  Äerjen,  jtoci  auf  bem  3lltar  alt  Symbole  ber  ©egentoart 
©otteä  in  feinen  betben  3eugen,  ^cn  Slpofteln  unb  Propheten,  unb  beä  ftebenarmigen 
2eu$ter$,  um  be$  $errn  ©egentoart  in  bem  Dtenfte  beä  ftebenfältigen  SÄlteftenamtS,  beä 
toafcen  £eu$ter$  anjubeuten.  3ugletd^  fam  bie  Slntoenbung  beS  SBetyrauctyeS  auf  (ÜJliHer 
I,  266),  fe^r  tnel  faäter,  obtoogl  e$  Oon  einer  Partei  fd&on  früher  geforbert  toorben  toar,  10 
namli$  erft  1868,  bie  be3  2Betytoaffer$.  gür  ben  Unterhalt  be$  natürlich  toegen  ber 
3Renge  ber  Sßriefter  fefyr  foftfpieligen  Äird&entoefenS  tourbe  \d)on  feit  bem  Satyre  1833  ber 
Rennte  als  Dtofer  erhoben  unb  ^toar  ge&t  bie  93erj)flicfytung  in  ber  2$at  ba$m,  ben  jetynten 
Steil  be$  toiruu^en  @in!ommen3  au  opfern. 

3#re  originellfie  Geremonie  ift  bie  auf  Sarbateä  Seranlaffung  im  Safyre  1847    auf-  iö 
gclommene  SSerftegelung.  SluS  Sfyf  7, 3  ff.  entnahm  man,  bafj  biejenigen,  bie  gerettet  toerben 
follten,  berftgelt  toerben  müßten,  um  fo  ber  großen  Irübfal  }u  entgehen  unb  mit  bem  $errn 
in  feinem  ©«folge  »u  erfd&einen.    Daraufhin  tourbe  jefct  gelehrt,  bafe   e$  für  bie  2lu$* 
erteilten  nötig  fei,  burd&  ben  2fyoftel,  unb  jtoar  allein  burefy  biefen  unb  nid&t  t>or  bem 
20.  3a$re  burefc  $anbauflegung  unb  Salbung  mit  Üt  berftegclt  ju  toerben,  unb,  bafe  um  20 
bie  mbjttföe  3<*#   144000  boH  ju   machen,   genau   je  12  000   au$  jebem  Stamme  ju 
Derftgew  fein.    Unb  obtoofyl  jtoei  Sl^oftel  fi<f>  toeigerten,  bie  33erftegelung  oorgunetymen, 
alfo  tootyl  ntd&t  an  fte  glaubten,  ift  e$  $fyatfa<$e,  bafe  bie  9lu3fu$t,  burd&  biefen  2lft  in 
bie  Steigen  ber  äuäertoäfylten  aufgenommen  ju  toerben,  namentlich  unter  ben  grauen  no<$ 
gütigen  5Eage$  einen  befonberen  9lnjic^ungSj)unft  be$  ^ttingiantemuS  ausmacht   3)amit  26 
pingt  bie  SJorfieHung  jufammen,  bafj  eben  biefe  fcerftegelten  ©laubigen  bem  §errn  bei 
feinem  Äommen,  tote  auf  ©runb  bon  1  2ty  4, 16  f.  gelehrt  toirb,  burefy  bie  Suft  entgegen* 
gerfidEt   toerben   (bgl.   bagegen  Suttyarbt,  2ef;re  oon   ben   legten  fingen,  Seidig   1861 
©.  37ff.). 

5Der  teiltoeife  2Biberft>ru<$,  ben  bie  gefcfytlberten  fultifd&en  Neuerungen  im  Äreife  ber  90 
neuen  ©emeinföaft  erfuhren,  ber  Sttidftritt   be$  2Xpoftel^  s])tadfenjie,  Oor  allem  aber,  bafj 
bie  Derfcbiebenen  3rityunfte,  bie  man  für  baä  Äommen   beS  §errn   in  3tu$fi$t   gefteüt 
hatte  j.  8.  ber  14.  3uli  1835,  aBei^nad^ten  1838,  14.  3ult  1842  unb  ebenfo  1845  toer* 
ffcrii^en  toaren,  o$ne  bafe  biefe  ©rtoartung  in  (SrfüHung  gegangen,  toar  ber  numerifd^en  (SnttoidEe* 
hma  mßnglanb  ntc^t  förberlic^  getoefen.    @n0e  War)  1851  ^ählte  man  bafelbft  an  4018  35 
Anhänger  mit  32$trd?en,  toad  gegen  ba^  erfte  Stuffladern  be^  Snt^ufta^mu^  um  bie  $c\t 
oon  Srtnngd  %o\>*  entfd^ieben  einen  Slüdtgang  bebeutete.  Slbcr  toenn  bie  $ro^eaeifyungen 
ft^gefc^lagen  toaren,  tonnte  man  fid),  tüte  bad  biö  auf  ben  heutigen  Xag  gefd^ie^t,  immer  barauf 
berufen,  bafc  man  ben  ©inn  be^  §errn  nid^t  gan}  erfannt  fyabt,  unb  toie  toenig  man  ftc^ 
ajÄrücft  füllte,  jeigt,  bafe  man  gerabe  bamal^  an  bie  @rri<$tung  ber  1853  ooüenbeten  großen  40 
xrn^e  in  ©orbon  (Square  ald  6entral)>unlt  für  bie  ©emeinfd^aft  ging,  bie  mit  großer 
^rai^t  au^geftattet  ald  eined  ber  bemerfenätoerteften  neueren  ftrd^ltc^cn  ©ebäube  Sonbonä 
bejeu^net  toerben  raufr 

Aber  föon  längfi  toar  e«  ber  neuen  ©emeinfd^aft  gelungen,  auc^  in  anberen  Sänbern 
feften  gu|  )u  faffen.  ®d)on  oor  ber  erften  3Jtiffion$reife  Ratten,  tote  fc^eint,  o^ne  eigentlichen  46 
Auftrag  irOtngtantfc^e  Soangeliften  in  ben  ^afyrcn  1835  unb  1836  in  ©enf  in  borttgen 
I^eologenfreifen  Eingang  gefunben,  ja  fogar  bei  bem  ^rofeffor  ber  Geologie  $rei$toerf, 
ber  bed^alB  abgefegt  tourbe  (fefyr  halb  aber  ftd)  toieber  bom  3rt?ingtantömu^  abtoanbte 
unb  ftKUer  $rofeffor  in  S3afel  tourbe,  Ogl.  @0.  Ätrd&enjeitung  1837  sJlr.  54  ff.).  Srngatyre 
1843  tourbe  oon  eimelnen  ätyofteln  unb  ihren  @miffären  bie  3Kiffion  offiziell  toieber  &o 
aufgenommen.  Aber  fc$on  jtoei^a^re  oor^er  1841  hatte  ber  @0angeli(t  Sairb,  ein  früherer 
Scfneiber,  ber  SBittoer  ber  erften  1840  geftorbenen  3ungenrebnerin  3R.  @am)>bell,  ben 
ba  Stößel  für  ©übbeutfölanb  toa^rfd^einlic^  feiner  ßeit  jurücfgelaffen,  in  Satem  ange* 


fangen  $robaganba  xa  machen.  3?id^t  mit  offener  $rebigt  i^rer  Se^re  fonbern  ^eimlid^ 
anter  Berufung  auf  ^ofua  unb  Caleb,  bad  ift  nod^  ^eute  bie  SBJcifc  ber  ^roingianifc^en  66 
Senbltnge,  f^lu^en  fte  ftc^  ein,  um  auf  Umtoegen  bie  Seelen  gu  getotnnen  unb  ohne  ettoa 
ben  auftritt  au$  ber  Kirche  ober  bie  Sfteberlegung  eintö  fird)ttd?en  9lmte3  m  forbern, 
"Brofebten  glei^too^l  tyrer  Sonbergemeinfc^aft  ^ujufü^rcn.  3)a  fte  bie  fonfefftonelle 
teben^ett  ber  „Äirc^enabtetlungen"  überbrücken  tooßen,  nehmen  fte  babei,  je  na$93e* 
lat^olifc^e  ober  ebangelifc^e  Haltung  an.    So  fc^on  jener  Satrb,  bem  ed  gelang,  eo 

*t*l*9n£*tlDptolt  ftr  %$tolotft  unb  ftir^c.    3.  «.  ix.  28 


434  3frbwg 

in  ber  2)iöcefe  2lug«burg  feit  1841  einige  ernft  geftnnte  latyolifctye  ©eiftlidfre  )u  getoinnen, 
bie  tciltoeife  f<$on  berfd^icbene  religiöfe  Spfyafen  bur<$gema$t  Ratten,  tote  ben  lange  gtotföen 
ÄattyoIici«mu«  unb  $Proteftanti«mu«  fyin  unb  fyerfcfytoanfenben,  bann  afe  ©c^riftfletter  ber 
©elte  angefetyenen  SDelan  ©eorg  £ufc  (er  fd&rieb  u.  a.  über  ben  Statfölufc  ©otte«  mit  ber 

6  SWenfc^eit  unb  ber  @rbe  1847,  3.  Slufl.  gemeinfam  mit  SBiEiam  Gairb,  8lug«burg  1879. 
Über  tyn  Ibalfyofer,  Seiträge  &u  einer  @ef<$id&te  be«  3lftermtyftici«mu«  *c,  9tegen«burg 
1857  unb  2.  2B.  ©Roller  förbingianer]  &ir<$engeföic$tltd&e«  au«  bem  beutfd^en  ©üben. 
Mitteilungen  au«  bem  Seben  bon  3.  ß.  @.  2uft,  Safel  1891),  bann  ben  ©ombifar 
©jnnbter  (bgl.  ©pinbter,  3lftenm.  2)arftellung  b.  offij.  SBer^.  über  bie  @lauben«anftyten 

10  in  betr.  b.  fog.  3rbingiani«mu«  2c,  Äaufbeuren  1857),  unb  3tug«burg,  bielleic^t  nodb  $eute 
bie  größte  fübbeutfd&e  ©emeinbe,  bann  93afel  tourben  bie  Zentren  ber  $ropaganba  im 
beutfcfyen  ©üben,  toobei  bemerft  ju  toerben  bcrbient,  bafj  aufeer  im  erften  anfange  bie  ©elte 
innerhalb  be«  Satfyoliciemu«  nirgenb«  nennen«toerte  ßrfolge  erjielt  ty&.  3)a«  größte  Auf- 
fefyen  machte  e«  aber,   al«  ber  bamaliger  ©rlanger  $JJribatbo$ent,   ber  fpätere  SRarburger 

16  ^rofeffor  ber  'Ideologie  £einrid&  2$ierfd&  (f-  *>•  »•)  W  getoinnen  liefe  unb  bamit  nu&t 
toenige  mit  fiefy  fortrifj.  3ftm  folgte  u.  a.  ber  SWarburger  ^ßribatbojent  ber  Ideologie  SRofc 
teurer  unb  ber  gelehrte  Sotanifer  SfiSiganb. 

Sßeit  größeren  (Sifer  enttoicfclte  übrigen«  ber  Sfyoftel  für  SRorbbeutfölanb,  ber  ©d&otte 
3:fyoma«  Sarltyle,  ein  früherer  3lbt>ofat  (Don  tym  erfd&ien  u.  a.  anottym  „Da«  apoftolifcfc 

20  Slmt,  Serlin  1850;  Slidfe  eine«  ©nglänber«  in  bie  fird^Itd^en  unb  fojialen  ^uftänbe 
2)eutj<$tanb«,  beutfdj?.  93re«Iau  1870")  unb  fein  (Sbangelift  G|.  33itym,  ber  neben  bieten 
anberen  Sraftaten  in  beutfd&er  ©prac^e  über  ba«  ©anje  be«  3rbingiani«mu«  eine  Art 
Dogmatil  getrieben  i)at  u.  b.  %.  „©Ratten  unb  2i<$t  in  bem  gegenwärtigen  3uftanbe 
ber  fiird&c  u.  f.  to.,  2.  Slufl.,  SJafel  1878".  SDurd&  jte  tourben  u.  a.  in  33erlm  jtoei  eban* 

25  geliföe  ©eiftlictye,  ber  Sßaftor  &öjtyen  bon  ber  33efyletyem«gemeinbe  unb  6.  Stotgc  belehrt, 
unb  toa«  faft  noety  größere«  Sluffetyen  machte,  ber  Areuj)eitung«rebafteur  SBagener.  3n 
Berlin  mürbe  1848  ber  erfte  ©otte«bicnft  eröffnet.  3Son  äfynlictyen  Erfolgen  ^örte  man 
balb  in  Königsberg  unb  Hamburg,  namentli<$  h>aren  e«  in  2)eutfd&lanb  bie  Äreife  ber 
fircfylicfy  SPofittben  unb  j)olitifd&  £odbfonferbatiben,   bie  angeftd&t«  ber  fester  troftlo«  ax& 

so  fefyenben  fircfylid&en  unb  poiitif<$en  Sage  unb  be«  brotyenben  allgemeinen  Umfturje«  (bgl. 
bam  fiöftlin  in  ©eljer«  prot.  3Jtonat«bl.  IX,  »b  1857,  ©.  262  f.  ©.  269  f.,  unb 
Ib.  Äolbe,  31.  firc&l.  Reitjc^r.  XI,  ©.  193  ff.)  in  tyrem  ßunger  na#  einer  t>ermeintlic^  eilige 
Sid;er^cit  gebenben  Autorität  biefe  bei  ben  neuen  Ityofteln  m  finben  hofften,  unb  e« 
tuurbe  natürlich  für  bie  ^ropaganba  fe^r  bebeutfam,  bafe  berfqiebene  Stbelige  u.  a.  3Raj 

8öt>.  s4Jod^ammer,  S.  bon  SRid^t^ofen  fid^  nietyt  nur  ber  Setoegung  analogen,  fonbern  fjHf 
unb  i^re  SKittel  in  i^ren  Dienft  fteuten  unb  nicfyt  toenige  Stanbe«geno|fen  ^erüberjogen. 
©o  fam  e«,  ba^  ein  9te^  Heiner  ©emeinben  ftc^  über  ganj  Deutfd^lanb  au«breitete,  toety 
renb  ber  ©rfolg  in  ben  übrigen  Sänbern  au^er  in  £ollanb,  too  \pcdtt  (1865)  namentlich 
ber  Übertritt  be«  Dr.  $\aat  ßa^abote,   eine«  frommen  5Kanne«,  ber  ein  ^otye«  Amt  im 

40  Äolonialminifterium  beHeibete,  t)iel  Don  fi$  reben  machte,  ein  laum  nennen«toerter  taxtr. 
3)a  enegte  e«  ni$t  geringe  Seforgni«,  bafe  nid^t  nur  ber  neue  Termin,  ben  man  für  ba« 
Kommen  be«  §errn  in  2lu«fi$t  gefteÖt  tjattt,  guli  1855  öorüberging,  fonbem  gegen  afle 
beftimmt  au«gcfj>roc^enc  Grluartung  bie  3tyofteI  ftarben  toie  anbere  5Kenfc^en.  ©o  fiarben 
1855  3)Jacfenjie,  ßarl^le  unb  2ß.  2)oh).  ÜRanc^e  fielen  baüber  ab.  3)ie  3Re^rja^I  tourbe  jebo^ 

45  fcftge^alten  unb  e«  toirftc  berufyigenb,  a(«  bie  ^ro^etie  eine  Stuferfte&ung  bor  ber  „erjlen" 
Dffenb  20, 5  erfcä^nten,  ntd>t  aller  ^eiligen,  aber  einer  ertbä^Iten  Slnja^l  berfünbete,  unter 
i^nen  ber  9l))oftel,  fo  bafc  fte  bod^  al«  Sebenbe  bem  §errn  entgegen  ge^en  fönnten  (bgl 
Äö^Ier  ©.  131).  Um  ber  ©orge  entgegenzutreten,  toa«  nad&  bem  Sobe  ber  Sl^oftd  au« 
ben  bieten  toerben   toürbe,    bie  nid&t  berfiegelt  toorben  toären,  —  unb  bie  Serftegehmg 

50  toar  bi«  borten  nur  an  ber^ältni«mäf)ig  fe^r  Wenigen  boQ}ogen  lt>orben,  enttmdeUe  fUp 
auf  ©runb  ^ro^etifcfjer  9lu«fagen  bie  ^bee,  ba^  bie  3fyofte(  auc^  nad^  i^rem  Xbfc^eiben 
ni$t  mü^ig  feien  unb  an  ben  ©laubigen  bie  SSerftegeluna  im  ^arabiefe  nac^olen  toürben, 
eine  I^eorie,  bie  fpäter  (nac^  5Kißer  I,  193)  toieber  aufgegeben  Sorben  fein  M.  3eben* 
fall«  genügte  fie,  al«  bie  immer  toieber  für  befummle  3«*en   angdünbigte  „Ärifte"  nüft 

66  eintrat,  unb  toeitere  Sl^oftel  ftarben  (^ercebal  1859,  SJrummonb  1860,  Xubor  1863, 
©itttoill  1866),  1862  toar  aud?  ber  ©äulenpro^et  2a^lin  geftorben  —  langft  nic^t  allen, 
unb  f$on  im  ^abre  1860  rief  bei  einer  SBerfammlung  be«  3(pofteIfolIeg«  in  SUnnty  ber 
^ro^et  ^eiuri^  @ci;er  (bgl.  itö^ler  ©.  VY2\.  nad)  3RiOer  I,  315  toäre  e«,  toa«  un« 
toa^rfc^einlic^  ift,  2:aj)lin  getoefen)  „in  the  power"  bie  früber  ertoä^nten  ß^ade«  9Sfym 

go  unb  Sairb  ^u  ^oftetn  au«,  tourbe  aber  bafym  belehrt,   ba|  e«  fu^  mit  um  Äoabjutor- 


drttttg  435 

Sfyoftel  fyanbeln  ßnne.  3113  fold&e,  a(fo  ni$t  afe  6rfa$  für  bic  SBcrftorbenen,  fonbern  als 
Ilnttrftü^ung  für  bic  Sebenben,  tourben  bie  beiben  anerfannt,  unb  toaä  fyier  fogleicfy  be* 
mcrft  fem  fott,  am  12.  Januar  1870  toieberum  auf  proj$etif<$e  Slnorbnung  neue 
ftoabjutoren  berufen.  Aber  ©etyer  toar  babon  nid&t  überzeugt  unb  berfünbete,  als  er  baä 
3a^r  barauf  im  äuguft  1861  mit  bcm  Styoftel  Söoobfyoufe  in  Königsberg  toax,  bem  bor*  5 
tigen  SÜteften  Stogafafcfi,  bafi  ber  §err  biefen  als  2lpofteI  berufen.  Diefer  liefe  ftcty  über« 
jeuaen,  au$  babon,  bafc  bteje  Berufung  cinfttoeilen  nocfy  geheim  ju  galten  fei.  9tt$t  alfo 
beSpalb,  fonbern  toeil  er  bte  Scfyre,  bafe  bie  33erfiegeltcn  bor  bem  (Srfcfyeinen  beS  Sintis 
drifte  entrüdt  toerben  toürben,  leugnete,  tourbe  er  1862  ejlommunniert.  3*!**  nad&bem 
er  and)  ben  §ilf«engel  ©<$toar$  bon  ber  Hamburger  ©emeinbe  jur  Slnerfennung  ber  93e*.io 
rufung  9togafa(ti$  bewogen  tyatte,  offenbarte  er  biefelbe.  Unb  obtootyl  ber  neue  2fyoftel 
balb  reuig  *3ufce  tijat  unb  jene  Berufung  als  eine  teuflifctye  bezeichnete,  lam  c$  jum  ©<fyi$ma. 
©etyer  tourbe  Anfang  1863  in  Hamburg  bur$  ©$toar$  jum  9Xpoftel  aufgerufen,  jefyn 
3Ronate  ftröter  biefer  felbft  mit  ber  befonberen  Seftimmung  für  £ollanb,  toorauf  er  fernen 
9Bo^nft$  in  Slmfferbam  nafym.  3)ie  brei  bamalS  nocfy  lebenben  englitöen  2tyoftel  toollte  15 
man  anerfennen,  bielt  aber  für  nottoenbig,  baS  Sfyoftelfoßegium  auf  bie  3toölfsal)l  ju 
ergänzen,  toeS^alb  man  nacfc  unb  nack)  in  Hamburg  fe$S  unb  brei  in2lmfterbam  berief.  (©0 
ber  ©tanb  um  1875).  darüber  fam  eS  natürlich  ju  heftiger  33efetybung  beiber  Parteien, 
ü*  W  degenfeitiQ  Senat  unb  93etrug  bortoarfcn. 

3m  engliföen  SjrbingianiSmuS  trat  mit   bem  Sobe  laplinS  bie  ^ro^etie  als  fon*  20 
fhtutibeS  ßlement  immer  metyr  jurüd.    SSon  S3ebeutung  toar  fie  freiließ  längft  nur  bann 
getoefen,  toenn  man  fie  gerabe  brauste.    Die  Vorgänge   mit  ©etyer  unb  ©<$toar£  unb 
toa£  t^nen  folgte,  jeigten,  toie  gefäfyrlicfy  ftc  toerben  f onnte.  Garbale  gab  ifyr  bann  im  gafyre 
1868    ben   SobeSftofj,    inbem    in  feinem  Straftat  Prophesying   and    the    Ministry 
of  the  Prophet  in  the   Cristian  Church   ben  Sßropljeten   ber   ©injelgemeinbe  bem  25 
©ngel  unterorbnete  (bgl.  bie  intereffante  Segrünbung  bei  3Mer  I,  303).  ©eitbem  ift  baS 
„SBeiefagen"  me^r  nur  eine  SDeloration  beä  ©otteäbicnfteS,   jumeift   toarnenbe  aufrufe 
ebne  irgenbtoeld&e  Sebeutung.    sJJUt  Seftimmtbeit  tyatte  man  auf  baS  %ai)x  1866  gehofft, 
bann  tourbe  auf  ben  14.  Sjuli  1877  tyingetoiefen,  an  bem  42  %afyxt  "a^  *>**  SluSfonbc* 
nmg  berfloffen  toären.    aber  toaS  attein  gefc^a^,  toar,  bafe  bier  Sage  fj)äter  am  18. 3uli  30 
ber  ©äulena»)oftel  ßarbale  ftarb.   Unb  ba  9)alton  fd^on  1871  geftorben,  Slrmftrong  ^offs 
mtngMo*  gelernt  loar,   berför^erte  fxd)  ber  Slpoftolat  in  SBoob^oufe  unb  Hämmerte  fiefy 
bei  »ielen  bie  Hoffnung  baran,   bafe  mit  i^m  ber  2lj)oftolat   erhalten  bleiben  h)ürbe,  bte 
ber  £err  lomme.  2lber  aud^  toenn  2Boobfyoufe,   ber  feit  langem  ein  altetöfcfytoacfyer  ©rete 
je^ft  (Dftober  1900),  beinahe  96  %al)xt  alt,   in  böHiger  gurüdtgejogen^eit  in  ber  3fyoftet  35 
too^nung  in  SUbur^  begetiert,   geftorben  fein  toirb,   ift  ein  bollftänbiger  ^wfammenbruc^ 
ber  ©efte  ntcfct  ju  ertoarten.    3Jlit  merftoürbiger  SSerfatilität  ^aben  bie  gü^rer  e«  immer 
berflanben,  fu^i  mit  ben  I^atfad^en  abjufinben  unb  i^re  ©laubigen  mit  neuen  Hoffnungen 
ga  erfüllen,    ©c^on  ®nbe  ber  fiebjiger  %at}xt  fing  man   an,  bie  ©emtiter  für  eine  neue 
SnttmdfelungSreUje  borjubereiten,  inbem   man   baran  erinnerte,  ba^  ber  $err  na&   ben  40 
12  Sfyofleln   nodjf  70  jünger   auägefanbt  fyabt.    ffiarum  feilte   er  je$t  nid^t  auä)  nod; 
70  Äoabjutoren  au^fenben?    Um  biefen  ©ebanfen  populär  ju  machen,  anberö  !ann  man 
c*  f^toerlic^  auffaffen,  begannen  um  jene  3cit  bie  $rop^eten  ber  ©efamtfircfye  in  2onbon 
i^re  XuStaffungen  nic^t  me^r  mit  ber  früheren  älnrebe  „D  i^r  3^ölfe",    fonbern  „D  i^r 
3todlfe  unb  i^r  ftebjig".    Ob  man  toirllid^  ju  biefem  äuefunft^mittel  gegriffen  fyat  ober  45 
wäf  greifen  toifl,  ift,  ba  bie  ©etyeimntöfrämerei  immer  gröfjcr  getoorben  ift,  bte^er  nid^t  be* 
tonnt  getoorben.    ©oute  e$  fo  fein,  bann  l)at  man,  bi$  bie  70  alle  geftorben  ftnb,   nodj 
«ne   lange  3^  bor  fic^,   in  ber  bie   tßrop^eten  too^l  Vlat  fd^affen   toerben   (3Mer 
I,  316), 

9&a&  bie  Ausbreitung  anlangt,  fo  fehlen  barüber  alle  offizielle  Angaben,  unb  and)  ft> 
bei  offoteBen  3leligion«ftatiftifen  ^at  befanntermafcen  nur  ein  Heiner  5Ectl  ber  3rt>tas 
«aner  i^re  Qwäflntfüt  jur  apoftolifd^sfat^olifd^en  ©emeinbe  angegeben,  toeil  fie  feine 
fdbftpänbige  ©efeflfepaft,  Jonbern  bie  2lu3ertoctylten  au«  allen  ©emeinfd^aften  fein  toollen 
«Hb  barum  bon  i^ren  9inge^örigen  forbern,  fo  lange  atö  irgenb  möglich,  in  i^rer  b\& 
fcigen  iltn^engemeinf^aft ju  bleiben.  Sicher  iftr  ba|  im  englifc^en  3Rutterlanbe  ber  93e*  eß 
tocgnng  faum  noeb  eine  93ebeutung  jutommt.  j)er  anglilanifd^e  ©eiftli$e  Dr.  Maurice 
mofci  loet|  in  fernem  2Berfe  Unorthodox  London  (1875),  bon  ber^rad^t  be«  ©otte^ 
Kenfke*  in  ben  fteben  meift  anfetynlicf)enÄird&en£onbon$  ju  berichten,  unb  bafe  in  ber  großen 
§auj)tfin^e  in  Gordon  Square  im  ©onntagägotttöbtenfte  nabqu  fünhig  ©eiftli^e  ju 
gleäer  3ett  miniftrieren,  toie  in  ben  täglichen  grü^  unb  Slbenbgotte^bienften  in  ber  Siegel  *> 

28* 


436  drttttg 

bis  14  ©eiftlid&e,  bafj  aber  in  ben  lefcteren  ©otteäbienften  ftc$  oft  nur  aeaen  20  ®e* 
meinbeglieber  $ufammenfanben  (@b.  Äird&enjeitung  1876  SRr.21,  ©.  268).  2Mer  a.a.O. 
nafym  1878  für  Sonbon  ca.  3000  3Jtitgltebern,  für  ba«  übrige  ©nglanb  ca.  1700  mit 
im  ganjen  37  fclbftftänbigcn  ©emeinben,  für  ©d&ottlanb  800,  für  ^rlanb  200,  für  @ng* 

b  Ianb  unb  bie  englifdjen  Jtolonten  1500,  toaä  aber  lebiglid&  auf  Schalung  beruht.  $)er 
(Srfolg  ber  ^ropaganba  in  ben  romanifcfyen  Sönbern  fear  immer  ein  minimaler.  Sad 
§au))t!ontmgent  fteßt  no<$  immer  2)eutfd?lanb,  unb  ift  bie  SReimmg,  bafj,  toeit  man 
toeniger  als  früher  babon  tyört,  bie  ©efte  fyier  aud&  im  SWiebergang  begriffen  toäre,  eine 
burd^auS  irrige.  Die  SBefyauptung,  bafj,  toeil  bielleid&t  toeniger  afö  richtig  ift  Don  ber  dfctfi* 

10  liefen  Hoffnung  geprebigt  toirb,  ber  ©emeinbe  biefeä  angeblid&e  toittytiafte  Se^rftüd  borent* 
galten  toirb,  toirbt  noefy  immer  ©laubige  für  bie  apo!olty)tif$en  ©tytoärmereien,  ebenfo 
übt  bie  Spracht  be3  ©otteSbienfteä,  toie  bie  SRöglicfyfeit,  felbftttyätig  babei  mitjutohrifen, 
auf  biele  bie  alte  2lnjtctyung3fraft.  3jn  $teu^en  allein  jä&lte  man,  —  toobei  baS  früher 
über  Ungenauigfeit  ber  betreff enben Stugaben  gefagte  mit  in33etra<$t  gu  jietyen  ift—  1890: 

15  16081  unb  1895  22  610  ^rbingianer,  babon  im©tabtfrei$  Serltn  3073,  in  ber  $robinj 
S3ranbenburg  3538,  in  ^ommern  3125,  in  ben  SFtyeinlanben  1384  (bgl.  ©taiiftifc&e* 
£anbbuc&  für  ben  J)reufeifd&en  ©taat  93b  III,  »erlin  1898,  ©.  419).  @ine  erty&li#e 
jRunafyme  läfjt  ft<$  aud)  in  Sägern  unb  namentlich  in  ©ad&fen,  tooß^emnifc  ein  $auptjt( 
ift,  lonftatieren. 

20  Ungleich  zahlreicher  als  bie  englifd^en  Igrbmgianer  bürften  aber  tote  in  £oHanb  fo 
in  3)eutf  $lanb  bie  „neuen  3>rbingianer"  fein,  bie  in  jenen  Satyrn,  fotoeit  fte  überhaupt 
gegärt  ftnb,  miteinbegriffen  fein  toerben,  benn  ba$  ©d&tema  bauert  nid^t  nur  fort,  fonbern 
bie  beutJA^oHänbifd^en  2)ifftbenten  fyaben  immer  mefyr  an  Soben  getoonnen.  SKit  toöHtger 
Älarl?eit  lägt  ficf>  ifyre  (SnttoidEelung   unb  ifyre  gigenart   btä  jefct  nid&t  frieren,   bo$  lagt 

25  ftd&  immerhin  einige«  feftfteHen.  Die  SoSlöfung  bon  gnglanb  |at  im  Saufe  ber  3«*  W 
entfcfyiebenem  geft&alten  an  ben  ctyofafyjrtifd&en  ©d&toärmereien,  bie  unter  bem  ©infiuft 
ber  meift  gang  ungebilbeten  gütyrer  gu  immer  maffiberen  SorfteUungen  ft<$  auSgebttbet 
babm,  jur  Aufgabe  be3  Äatfyotifierenben  in  ÄultuS  w.  unb  jur  ätnpaffung  an  beutfefc 
3}erfyältniffe  geführt.    3tyoftel,  $roj)fyeten  unb  f onftige  ©eiftltd&e  erfd&einen  in  getoötynli$er 

so  %xad)t,  an  ©teile  be3  9Iltar^  ftnbet  man  in  ben  SerfammlungSlofalen  einen  einfachen 
$if<$.  3)aju  fommt  ein  getoiffer  metfyobiftiföer  3"fl-  Silbet  au#  ba8  ÜEBeiäfagen,  au<& 
au«  ben  Seiten  ber  ©laubigen,  ein  ftefyenbeS  ©tüdE  be«  ©otteSbienfteä,  fo  tritt  bod^  bad 
anbetenbe  Moment  jurüdt  unb  ift  bie  33efetyrung  bur*  bie  5ßrebigt  unb  bie  $ro}>$etie  wib  bie 
Sammlung  ber  ©laubigen  angefid^tö  be«  nafyen  kommen«  be«  §errn  bie  Hauptaufgabe. 

86  @benbe«^alb  tritt  aud;  i^ier  unb  ba  bie  ©efte  unter  bem  tarnen  a^oftol.  3Riffton«gemeinbe 
(„Styoftoliföc  SKilpon"  aud&  „allgemeine  d^riftL^oftolifc^e  2Rijfton")  auf,  toä^renb  i^r 
getoö^nlid^er  9lame  „3lJ)oftolif4e  ©emeinbe"  ift,  unb  fte  bie  „engtif^e  Partei"  getoö^n« 
l'\d)  al«  bie  fogenannten  ^rbingianer  bejeid^net.  SBä^renb  bei  Segtnn  be«  ©<$i$ma3  bie 
Berufung  neuer  3l^oftcl  mit  ber  9tottoenbig!eit  ber  3^^fja^  begrünbet  tourbe,  toirb  bie 

40  $e^auptung,  bag  e«  „jtoölf"  fein  müßten,  je^t  al«  Sud^ftabenbienft  bejeid^net  unb  nur 
bie  9lottoenbigfeit  be«  gortbefte^en«  be$  apoftolijd^en  2lmt«  betont,  toogegen  bie  3^1  taf 
äl^oftel  ftd^  nad&  bem  Sebürfniffe  rieten  muffe,  unb  augenbtidflid&  (DItober  1900)  fun* 
gieren  14  als  Sfyoftel.  ©benfo  toirb  erflärt,  bag  neben  ben  toier  ref^.  fünf  Dom  S^oflel 
$au(u3  an  ben  belannten  ©teilen  aufgezählten  Ämtern  aud^  anbere  errietet  toerben  fönnten, 

45  toa$  mit  bem  für  bie  ^ropaganba  fe^r  triftigen,  bem  üKct^obi^muö  abgelernten  Streben 

äufammenfyängt,  mögli^ft  biete  in  ben  unmittelbaren  ©emeinbebienft  ^fatem}U)te^en.  5Die 
ie^re  bon  ber  Unfe^Ibarteit  ber  9lpoftel,  bie  fte  ben  ©nglänbern  jufd&reiben,  toirb  ber- 
toorfen,  ebenfo,  ba^  bie  ©laubigen  bor  bem  legten  Äampfe  entrücft  toürben.  ©rofterSSBert 
toirb  auf  bie  Serftegelung  burd^  bie  Sfyoftel  gelegt,  unb  bürfte  bie  §auptfpe)ialtt&t  biefer  neuen 

50  S^ingianer  bie  fein,  bafc  fte  auc^  bie  Xerftorbenen  unb  jtoar  oft  grofce  Waffen  berftegeln. 
ffield^e^  bie  S3ebingungen  ftnb  unb  meiere  (Eeremonien  babei  angetoenbet  toerben,  ^abe  \i) 
biä^er  nid^t  feftftellen  tonnen,  ^^re  ^ropaganba  ift  eine  fe^r  rührige  unb  tyr  6tfolg  aller« 
bing^  im  ©egenfa£  ju  ben  englifd^en  ^rtimgianem  in  ben  unteren  Soltdfd^upten,  aud 
benen  and)  fämtltd^e  je^t  fungierenbe  S^oftel  ju  ftammen  fd^einen,   iß  in  ben   legten 

65^^ren  ein  auffallenb  großer,  ^^re  ©emeinben  unb  3Rifftondftationen,  beren  Gentral* 
mt  Sraunfd^toeig,  Hamburg,  Berlin,  jtonigdberg  f^b,  breiten  ftc^  )ur  3^  über  gani 
ä)eutfd^lanb  au3  unb  bie  forttoä^renb  auf  Steifen  befmbK$en  ^poftel  t>erftegeln  naep 
ben  offiziellen  Sendeten  jeben  3Ronat  $unberte  bon  ©laubigen.  Slu|er  in  £oHanb  ftnbet 
man  fte,  abgefe^en  bon  3)eutfd^lanb,  neuerbingd  aud)  ja^Ireid^  in  ÜRorb*  unb  ©übamerita 

oo  (33ueno&3fyre3)  unb  in  Sluftralien,  unb  nadjbem  ed  i^nen  im  3a^  1B99  gelungen,  einen 


dttring  3fftrf  * on  Stationen  437 

eingeborenen  SRiffionar  ©abrad&  auf  ^atoa  ju  belehren,  follen  ityrer  Sefyauptung  $u* 
folge  in  hirjer  3*ü  bort  15000  (!)  eingeborene  burety  SSerftegelung  aufgenommen  roorben 
fem.  3ftr  Organ  mar  toomDftober  1887— 1888  (grünere«  ift  mir  nid&t  betannt  geworben) 
ba$  toon  ß.  ©etyer  in  Hamburg  rebigierte  SKonatSblatt  „95er  *ßrebiger  in  ber  SBüfte". 
2)ann  erfepienen  audj  in  Hamburg  bom  1.  Sanuar  1891  an  anbertfyalb  ^a^rgänge  eine«  6 
9Kottatäblatte3  unter  bem  SStel :  „Slifce,  35onner  unb  Stimmen.  3euÖ™ifc  b«  SBatyrfyeit 
an  ba«  c$rifili$e  Sott."  3e$t  ift  ba«  $auJ)torgan  bie  im  35erlag  fcon  $.  Sornemann 
in  3ferlo£n  erfd&einenbe  unb  toon  bem  Styoftel  gr.  Äreb«,  einem  früheren  Safynmeifter, 
fcute  bem  eigentlichen  gityrer  ber  Seite,  rebigierte  2Ronat«fd&rift  „SBäcfyterftimmen  au« 
(Sptyraim"  mit  ber  Setlage  „Der  $erolb".  ^n  *>em  gieren  finben  ftety  bie  regelmäßigen  :o 
9eri$te  über  bie  Seifen  ber  Sfyoftel  unb  tyre  ©rfolge  mit  ben  $afylm  ber  bon  tynen  3Ser- 
fugdten.  £$.  fallt. 

3ffarf  »on  »nttocfjteu.  —  SUteratur:  Hffemam,  BO  1,  207—234;  SB.  SBrig^t, 
Short  hietory  of  syr.  lit  51—54;  SR.  3)uwil,  LitteVature  syriaque  340  f.,  $ie  fog.  Ä®  be* 
3adjaria«  H&etor  oon  R.Ä&ren*  u.  ©.  Krüger  (fieip$.  1899)  6.  *20(=&mb,  Anecd.3,84);  ib 
Viden,  VuftpeiDfttyte  ©ebic&te  ber  f^rifeften  flirc&enüäter,  Kempten  I872  (93tbltot^et  ber  Äir*cn- 
Däter,  44.  fiteferung),  6.111,  191.  9?acf»trägltcftc  öemerfuugen  ^ieju  in:  ÄuSgen?.  ©Triften 
b.  f.  «.=»..  1874,  S.411f.;  Singerle,  £&0@,  1870,  92/114.  SBerfe:  (Sarbafci,  Liber  The- 
sauri de  arte  poetica  Syrorum  1875,  p.  21  —25.  Monumeota  S/riaca  (ed.  iRöfinger)  I, 
13—20;  Qinoerle,  Chrest.  Syr.  299.  387;  ©ejamtauägabe  uon  SMcfea  6egonnen:  S.  Isaaci  20 
Antiocheni,  Doctoris  Syrorum  opera  omnia,  ex  omnibus  cjuotquot  exstant  codieibus  ma- 
nuacriptis  cum  varia  lectione  syriace  arabiceque  primus  edidit,  latine  vertit,  prolegomenis 
et  gfcssario  amrit  Dr.  G.  B.,  »b  I,  Giessae  1873 ;  II,  1877,  »gl.  S$93  1873,  8.,  1877,  6., 
X$S3  1877,  26. 

3faal  toon  äntiodbien,  aud&  gfaaf  ber  ©rofce  genannt.  2Cuf  bie  ^rage,  ob  e$  einen  26 
ober  mehrere  forifd&e  Äirctymfcfyriftfteller  be$  9lamenS  3faa!  gebe,  nennt  ber  monop^* 
fitifc^e  Salob  Don  (Sbeffa  (7.  3a^.,  bei  SBria&t,  Catalogue  II,  603  sq.)  beren  brei, 
jtoei  „tttt$talaubige''  unb  einen  „d^alcebonenftfcpen  $äretifer".  95er  1.,  3faaf  fcon  Slmib, 
£x$üler  QfyqtämS,  ber  in  ber  ^Regierung  beä  Slrfabtuä  nad)  9tom  ging,  baS  ftapttol  ju 
fefcen,  auf  bem  §eimtoeg  in  ftonftantinopel  eine  $t\t  lang  eingelerlert,  naety  feiner  Stufe  ao 
!e$r  $riefter  ber  Äird&e  toon  Slmib  rourbe.  Der  2.,  ^riefter  ber  Äirc^e  toon  ßbeffa,  in 
fcer  3«^  »  Jlaifer«  3mo/  *<*  Sur  3e^  ^  Patriarchen  $etru«  guOo  nai)  2tntio^ien 
ging  unb  gegen  bie  Sleftorianer  prebigte,  rooju  i^m  ein  ^aj)agei,  ber  baS  Jri^agton  mit 
bem  Rufafc  o  <navQco&eig  di  rjfmq  fang,  ben  3^ejt  liefern  mu^te.  35er  3.,  ebenfall« 
bim  «beffa,  ber  juerft  in  ber  3ett  be«  SiföofS  ^wl  (fät  512)  ort^oboj  mar,  ftd&  aber  86 
nac^er  unter  Stföof  3l«Hej)iu«  (feit  522)  ben  Sleftorianern  anfd^lo^.  ©ennabiu« 
fcrart  jtoet  ©c^riftfteller  btefe^  Slamen« ;  ben  jroeiten  (c.  66)  nennt  er  *ßre$btyter  ber 
antio^enifc^en  jttre^e  unb  leifet  i^n  ein  lange«  Seben,  in  meinem  er  Diele«  frritö  gc= 
{((rieben  unb  noA  ben  Untergang  3(ntio$ien3  (459)  in  einem  elegif$en  ©ebid)te  betlagt 
^abe,  unter  ben  Äaifern  2eo  unb  SJtajoran  (alfo  jroifd^en  459  u.  461)beföliefien.  Sicleff  40 
i}8U  bie  beiben  toon  3alob  juerft  genannten  für  eine  Sßerfon  unb  für  ibenttf^  mit  bem 
Itoetten  be«  ©ennabiu«;  3ac(aria«  SR^etor  erroäbnt  3faa!  ben  Setyrer  be«  ©^rerlanbe« 
mit  5>aba  in  ben  Xagen  ber  gläubigen  Jtaifer  9lr!abio«  unb  X^eobofto«;  35ionirfiu3  t>on 
ZeOma^re,  ber  t>on  fyn  ©ebtebte  über  bie  @inna^me  SRorn«  burc^  bie  ©oten  410  unb 
bie  im  $ahzt  404  gefeierten  Säfularftnele  fennt,  läfet  i^n  um  418,  bie  ebeffenif d^e  ß^ronif  46 
um  464,  8ar&ebräu$  unter  95omnu«  blühen,  unb  SofyanneS  bar  ©d^ufepan,  ber  feine 
Serie  )u  fammeln  unb  abjuf^reiben  begann  (geft.  1073),  bringt  i^n  nur  inbireft  mit 
fyptycäm  in  SSerbmbung,  inoem  er  beffen  ©d^üler  3*nobiu«  al«  feinen  fie^rer  nennt.  Die 
Angaben  3a!ob3,  fagt  Stcfeö,  feien  eine  falfd^e  ©c^lu^folgerung  au$  bem  ©ebi$t  über 
ba«  Xridagiim,  ba$  galob  auf  bie  fj)äteren  ©treitigfeiten  über  biefe  gormel  beue^e  (Bar-  50 
hebraeus,  Chron.  Eccl.  I,  185  unter  bem  ttaifer  2lnaftafiu3  unb  bem  Patriarchen 
^allabiu«  490/8)  unb  eine  tenbemiöfe  2tu«rebe,  um  bie  antimonoj)^fitifd^en  ©ebid^te 
wfw*  St«**  «»«»  anberen  3Serfajfer  juroeifen  ju  fönnen.  S3ideH  ^ält,  roie  Slffemani, 
ben  Serfaffer  ber  bon  tym  erftmal«  ebierten  metnfd^en  ^rebigten  für  ortfyoboj,  wogegen 
ftm4>t,  bafe  eine  auSbrücHidfje  3lner!ennung  be«  d^alcebonenfe  nirgenb«,  bagegen  eine  66 
gan)e  9lei$e  monoptofttifd^  flingenber  ©teilen  gefunben  roirb,  bei  meldten  Stcfeü  jur  Sin- 
nabtne  f^erer  ^älfcpung  feine  3"P"*t  nehmen  mufe.  hierüber  roie  über  bie  näheren 
8e6eitÄHad^ltnif[e  Sf^al«  müjfen  erft  weitere  Duellen  3luffd^lufe  geben;  über  ba«  S3ud^ 
bfÄ  „Isaac  Syrua"  de  contemptu  mundi  in  53  Kapiteln  (BM  XI,  1019;  Gallandi 
XU,  3)  f.  b.  Ä.  Sfool  bon  Slinibe.  cu 


438  dftmt  Hon  »»Holten  3faal,  $fttriord} 

35on  bcr  Sßeitfcfytoeifigfeit  biefer  forifd&en  ©ebid&te  lann  bie  £tyatfad&e  jeugen,  bafe 
ba3  ©ebid&t  über  ben  Papagei  2136,  ein  anbetet  über  bte  Sufce  1928  SSerfe  $at  (bte 
^atylen  bei  2Brigl?t  ©.  54,  unb  SDufcal  ©.  20  u.  340  ftnb  falfö),  unb  bafi  Don  ben  ettoa 
200  Slummern  fetner  2)id&tungen  33b  I  ber  SicfeQfd&en  Sluägabe  nur  1—15,  83b  2  nur 
5  16—37  enthält.  Ob  bie  gortfeftung  erfahrnen  toirb,  tft  bem  Unterzeichneten  unbelannt 
Über  eine  mit  Stanbnoten  Oerfefyene  &bf.  eines  Seite  {einer  ©ebictye  f.  ©a$au$  33er* 
^eic^nte  ber  fer.  §bff.  in  Berlin  (1899)  ©.  497  ff.  $t.  HefUc. 

3faa!  tiott  92tntoe,  7.  3^.  —  3)te  früheren  Eac&ricfctert  (Hffemant,  BO  I,  444; 
Srigtjt,  Short  history  110  f.,  fclbft  nod)  Ig.  93.  (S&abot,  De  S.  Isaaci  Ninivitae  vita,  scriptis 

10  et  doctrina.  Accedunt  eiusdem  Isaaci  tres  intcgri  sermones,  quos  e  codicibus  syriacis 
Musaei  Britannici  descripsit,  latinitatc  donavit,  notis  instruxit  et  collatione  ad  graecam 
versionem  facta  nunc  primum  publici  iuris  facit  J.  B.  Ch.  $ari8  [Louvain]  189*2)  ftnb 
&ttm  großen  $eil  ju  beriet t(\en  nod)  J&usdenah,  Evfique  de  Baerah,  Le  li?re  de  la  chastetä, 
public  et  traduit  par  J.  B.  Chabot  (9tom  1896,   Extrait   des   M&anges  d'Archdologie  et 

löd'Histoire  publ.  par  l'Ecole  fraoe.  de  Rome  t.  XVI;  f.  9Wbete,  £©$  1896,  46);  3.  $. 
©tjabot,  Notes  sur  la  litterature  syriaque  in:  Revue  Slmitique  1896,  254;  8fr.  $uoa(,  Ltt- 
tärature  syriaque  233  ff. 

Über  3faa!  toon  üttntoe  fyat  erft  baä  SBerl  toon  gefubenaty  (Stföof  öon  Safra  bn 
8.  3afy$.)  Älar^eit  gebraut,  baä  Grabet  1896   toeröffentlidbte.    3)anad&  tourbe   er  toon 

20  bem  Patriarchen  ©eorg  (660—680)  im  JUofter  33etfc2lbe  ate  9ta#>lger  be$  3Rofe3  tum 
Sifcfyof  t>on  TOntoe  gemalt,  banfte  aber  naefy  5  SKonaten  auä  ©rünben,  bie  nur  ©Ott 
toeifc,  ab,  jog  ftcfy  in  bie  Serge  unb  ©inöben  jurüd,  fräter  in  baä  Älofter  be$  SRabban 
©cfyabor  unb  ftarb  erblinbet  fcon  vielem  ©tubium  unb  Safteten,  ©ne$  femer  ^aufcttoerfe 
ejtftiert  nid&t  nur  forifety,  arabifdfc  unb  ät^iopifd?,  fonbern  tourbe  aud&  toon  atoet  2Rön$en 

25  $atriciu$  unb  Slbratyam  im  Älofter  SJtar  ©aba  bei  gerufalem  m$  ©riedpföe  überfefct 
unb  17-70  bon  SRice^oruä  in  Seidig  gebrueft  (MSG  86,  799—888;  f.  Act.  Eradit. 
Lips.  1770,  283).  £ateinif$  ftnbet  ftety  Isaac  Syrus,  über  de  contemptu  mundi 
in  53Äo*piteIn  fcfyon  in  ber  Bibliotheca  map  (Col.  1618  VI,  2,  688;  BM  XI, 
1019  [1677];  ©aUanbi  XII,  ,3— 35  [1778]).    >M  ©bebjefu  bilbeten  feine  SBerfc  fieben 

so  Sänbe ;  in  ber  arabifcfyen  Überfefcung  ftnb  e$  bter.  93gl.  auety  Revue  de  r  Orient 
Chr&ien  3  (1898)  110,  too  ein  SHönA  be$  11.  jtcri^.  erjagt,  tote  er,  o&ne  forifö 
fd&reiben  ^u  fönnen,  bie  ©c^rift  be^  3faaf  über  bie  SSorfeputw  ^ätte  fopieren  fotten.  Sin 
©tüdf  über  ©lauben  unb  SBiffen  (begtnnenb:  e«  giebt  eine  Srlenntnte,  bie  bem  ©lauben 
borau^ge^t,  unb  e$  giebt  eine  ßrfenntnte,  bie  au$  bem  ©lauben  geboren  totrb)  tft  gebrueft 

86  in  ben  Monum.  Syr.  (^nn^brud  1869)  I,   97—101 ;   brei   in  ber    oben   genannten 

Th&se  bon  S^abot.   ©eine  ©Triften  toaren  ein  ^au^tbeftanbteil  ber  a£fettf$en  Sitteratur 

be^Often^,  tote  etnSlicf  in  bie  §anbfd^riftent>erjei^niffe  ber  eurobäifd^en  Sibliot^efen  jeigi 

Sitte  bt^er  faum  beamtete  ©d^rift  biefed  Wannet  tft  Veröffentlicht  am  ©c^luffe  k>on 

Novae   Patrum   Bibliothecae   ab  Angelo  Card.  Maio    editae  tomus  oetavus  a 

40  Josepho  Cozza  Monacho  Basiliano  absolutus  (Romae  1871.  4°)  Xeil  3  ©.  156  bte 
188.  3n  bt*  Überfd^rift  ift  fte  be^eid^net  ate  rov  ooiov  7taxQog  tjjluov  Ioaax  emaroXr] 
7igo<;  rov  ooiov  naxega  rjjucov  Zvuewva  rov  ev  reo  &av/ua<nq)  ogei.  8uf  ©runb 
biefer  Überfd^rift  ^at  3tffemani  ben  SSerf.  für  einen  geitgenoffen  *be«  jtoeiten  ©t^neon 
erflärt;   aber  in  beffern  ^anbfd^riften  Reifet  e$:   nooq  rov  aßßäv  Zv/bteorv  x6v  &no 

46  Kaioagdag.  S)ie@d^rift  ift  namentlich  intereffant  toegen  be^Slutfc^luffed,  ben  fte  über  ben 
ßbeffener  Mahtdx,  ben  (Stifter  ber  SKeffattianer  (@uc|iten)  liefert  (bgl.  $91®  *  9,  618  mit 
3f$©  1888)  unb  einen  anbern  ßbeffener  "Agcdv  (fjroi  'Aoiväg),  bttnoUd  rgd^ta  (geiffe 
lid^e  ©onette)  k'cog  xrjg  orjjueQov  tpaXXdjueva  berfa^te.  SBeiter  tomte  ber  SScrf.  noc^  allerlet 
^äretifd^e  2tyofal$)fen,  in  benen  mgl  rd>v  juovcbv  rov  oxegeiAjuarog  (ImL  ben  ffatoiföen 

60  $enod^),  7i€Qi  T(bv  eioodcov  xov  vodg  dg  tov  ovgavöv,  tieqI  t(üv  xötküv  xwv  d<po- 
Qiouivcov  rfj  xQioei  (togl.  bie  ^ßetruäapofalfypfe),  jtegl  xvnwv  (x6tuovT)  xcov  nolv- 
xgojicov  xcl)v  ävco  dvväjuecov  pfyantaftert  toar.  2)a^  ©ried^ifc^fe  fd&eint  auß  bem 
©^rifd^en  überfej^t;  toenigftenä  erfd^eint  neben  anbern  ©^ridmen  jtoifc^en  Origened  unb 
Valentin  einerfeit«  unb  5Karcton  unb  5Rane«  anbererfeitö  6  vtög  xov  Aiooäy  =  Sorbe» 

66  fane*.  &.  Keflfe. 

3faaf,  ber  ^Jatriar^.  —  i«icmet)cr,  Gfiarafteriftif  ber  »Ibel  U  (3.  «ufl.,  ^afle 
1778);  3.  3.  fcefe,  ©e{d)ict)te  bcr  ^atriaretjen  II  (8üric$  1776);  ^.  fturj,  ©ffd)i*tc  be« 
%.  SB.  I  (3.  «ufl.  1864);  ^>.  (gwalb,  ®ef*id)te  be*  ».  3«rael  (3.  «ufl.  1864),  If  431  ff., 
486 ff.;   (5.  28.  fcengftenberg,   ©cfdj.  b.  9iei*cö  ©otteS  unter  bem  «.  ».  (1869);   «.  »ern- 


3f*af,  ^atrtardj  439 

frein,  Urftmmg  bcr  @agen  Don  Abraham,  3faaf  unb  gafob,  1871 ;  «.  ßöljler,  93i6l.  ©efdj. 
«.2..  I,  127 ff.;  &  Seinecfe,  ®ef«.  b.  «.  3«r.  (1876),  I,  S.  35 ff.;  3.  Popper,  Urfprung 
be«  *Ronot&eiSm.  (1879),  8. 261  ff.;  3*.  Mittel,  ©efcf).  b.  Hebräer.  I  (®ot&a  1888);  S&.  ©taert, 
©tubten  jur  Religion«-  u.  ©pradigefdjidite  be«  WZ  I  (Berlin  1899).  Sgl.  aud)  bic  Kommen- 
tare jur  Qknefid,  bie  btblifdjen  SBörterbüdjer  unter  3faaf  unb  bie  talmubifdjen  TOttetlungen  5 
in  ©amburger«  9&eals<Snä)ttopäbie  be«  Subentum«  (1874)  I,  612  f. 

3faat  (pnasr,  feltener  pn*?:  3m  7,9.  16;   «ßf  105,  9;   3er  33,26;   LXX  7aadx, 
Vulg.  Isaac  —  b.  $.  „ber  Sad&er")  tyeifct  ber  leibliche  ©ofyn  2tbraj?am«  unb  ber  ©ara, 
auf  freieren  bie  bem  SSater  gegebene  93unbe«3ufage  famt  ben  bamit  berbunbenen  33er* 
bedungen  ftcfc  bererbten.    ©eine  ^erfon  tritt  hinter  ber  Slbra^am«  ftarf  jurüd  unb  bient  10 
jum  ©egenftanb,  an  toelcfyem  fid&  feine«  S3ater«  ©lauben«jur;erfid&t  unb  boller  ©efyorfam 
$u  erhoben  fyxben.    fiange  mufc  biefer  bergeblid&  auf  ben  ©tammfyalter  toarten,  bem  ©ott 
allem  ben  33unbe«fegen  übertragen  hrill  (®en  17,  19),  bte  enblicty  im  ^unbertften  fieben«* 
jar)r  Slbra&am«,  im  neunjigften  ber  ©ara  (Sohlen  iwcfc  P),  ber  fj)äte  ©profe  biefer  Gtye 
erfcfcmt,   toomit  21,6  (E?),  bgl.  17, 17  (P);    18,  12  ff.  (J)  fein  9tame  in  SBerbinbung  iß 
gefefct  hrirb,  toafrenb  er  an  ftd&  etyer  auf  bie  ^eitere,  frö^Kcr)c  ©emüt«art  be«  ©ofyne«  &u 
ge$en  föeint  (bgl.  26,8).     Stbra^am«  ©eborfam  betoeift  ftety   in  ber  Seföneibung    be« 
Knaben,  bie  ex  na<$  bem  93unbe«gebot  am  8.  Sage  öoltjie^t  (21,  4  P),  noety  toett  grofc 
artiger  aber  in   feiner  Sereittoifligfeit,  biefen    lang   erfetynten  ©otyn   auf  ©otte«  ©etyeife 
uim  Opfer  ju  bringen  (£.  22).    3faal  felbft   geigt  ftd&   bei  biefem  Slnlafe  linblid^  in  ben  20 
^Bitten  be«  95ater«  ergeben,  ebenfo,  obtoo^I  bamal«  fetyon  bierjigiäfyrig,  bei  feiner  SBerfyei* 
ratung  mit  SRebefla,  einer  Jod^ter   feine«  in  2lram   toofynenben  Setter«  Setfyuel,   toobei 
Stbra^am  hrieberum  ber  etgentltd^  $anbelnbe  ift,  ber  freiließ   göttlicher  SBeifung  nac^u* 
lammen  $at   SSon  3faaf«  Weiterem  2eben  finb  nur  toenige  3üge  berietet,  h>ona$  er  al« 
baS  fätoädbere,  aber  toürbige  2lbbitb  feine«  33ater«  erföeint.     ©eine  geringere  Ityatfraft  25 
aeigt  fw$  fepon  in  geringerer  SBanberluft.     ©eine  SBanberungen   befd&ränfen  jtety  auf  ben 
fäblufyfien  Seil  be«  gelobten  Sanbe«,  ben  SWegeb  unb  ba«  angrenjenbe  ^iliftäifd^e  ©ebiet. 
3n  jener  oben  ©egenb  ftnb  als  $aln>unlte,  h>o  er  bertpeilte,  genannt  bie  DueDe  Lachaj 
Koi  25, 11   (jeftt  Muweilih,  Q.  §.  ^almer,  ©d^am)Icu>  ber  SBüftentoanberung  3«rae(«, 
©.273);    ®erar,  bie  $P&iIifterftabt,  26, 1  (vfy  SÄuinenftätte  35fc^erar),  ba«  S|al  ©erarao 
26, 17  (bgL  ju  ben  Brunnen  ©itna  unb  SWed^obotj^,  $a(mer  a.  a.  D.  ©.  295  ff.),  Seer* 
f*a  26, 23  unb  enblicfy  §ebron   35,  27,  too  er  hrie  fein  SSater  feinen  Slufentfyalt  na^m. 
Dagegen  tpar  i^m  fcertoefyrt,  na$  Sgbpten  ju  }ie^en,  26,  2.     3l(«   i^n   eine  jpungeränot 
baju  t>eranlaffen  toodte,  mu^te  er  toielme^r  ju  ©erar  beim  König  9lbimelec$  bleiben.  §ier 
ty&U  er  nac$  26, 7  ff.    eine  ctynlicfye  2lnfe^tung    ju   erbulben   toie  3lbra^am  bei   biefem  35 
ftfirftai  20, 1  ff.  (E)  unb  beim  SJtyarao  12, 10  ff.     Sediere  erjä^lung   ftammt  au«  ber* 
fetten  Duette  (J)  toie  26, 7  ff.   Die  ©leic^artigfeit  biefer  brei  ©eföic^ten  berechtigt  nid^t,  fte 
o^ne  toeitere«  al«  blofee  Variationen  über  einen  einigen  Vorfall  &u   betrauten,   ba  bie 
@lcuttett   ber  2eben«r>er^ältnifje  fold^e  SBieber^oIung  ber  S3egeben|eiten  benfbar  mad^t. 
JHe  Senate  jeigen  aud^  abftemenbe  ßinjeljüge.    SßJa^rfd^einli^  ift  immerhin,  bafe  in  ber  40 
münblütyen  Überlieferung   @ntle^nungen  unb   Übertragungen  ftattgefunben  ^aben.    Gtnc 
nebt  Serityrung  pnbet  ferner  ftatt  jtoifd^en  21,  22  ff.  (E)  unb  26,  26  ff.  (J),  inbem  fyier 
tnm  Maat  hrie  bort  bon  Stbra^am   ein  Stinbni«  mit  bem  Äönig  2tbimelec^  unb   beffen 
^cerfü^rer  ^Jic^ol  (benfelben  ^erfonen  ?)   beridbtet   toirb,  ba«,   ju  Seerfeba   abgefd^loffen, 
Hejem  Ort  ben  Stamen  gegeben  fyabt.  Deutlich  ift  fyier,  ba^  bie  beiben  ©rjäfyler  einanber  45 
ni4*  fennen.    Sfobererfeit«  ä^arafterifiert  3faaf  im  Unterf^ieb  Don  Slbrabam  aufeer  ber 
lofalen   SStrföiebenfyeü  feiner  ^iilgerfc^aft  ein   getoiffer  gortfd&ritt  in  ber  Äultur.     3U 
©erar  treibt  er  neben  au«giebiger  ^erbenjud^t  and)  Slcfcrbau  unb  jh)ar  ebenfall«  mit  retefy 
aefegnetem  (SSrtrag.    ©eine  ©^eife  ift  SBilbbret,  fein  ©etränf  SBein,  mä^renb  le^terer  bem 
Abraham  nur  Don  einem  anbern  dürften  gereicht  toirb.  —  35e«  SBater«  gegen  Üoti)  U*  50 
toiefene  Sertragfamleit  erfebeint  im  ©o^n  nod^  gefteigert,  ber  aud^  gegen  grembe  äufeerft 
nachgiebig  ijl    3faal  toeidpt  forttoä^renb  bor  ben   neibifd^en  -Kad&barn,   rüclct)e  i^m  bie 
Srunnen  ftreitig  machen,  erh)irbt  fid^  aber  boct)  eine  feltene  äc^tung  auö)  bei  9Jiäd^tigeren, 
ba  fte  bie  Slacpt  be«  göttlichen  ©egen«  an  i^m   fpüren,  bie  alle  Stadtteile  rcid^ltcr;  au«« 
gleicht,    ©ie  galten  e«  ba^er  fogar  für  rätlic^,  ftc^   auf  freunbf$aftlicr)en  %u$  mit  bem  &6 
„Sefegneten  be«  ^erm"  ju  ftetten,  26, 28  ff.    Die  öebeutung  Sfaa!«  ift  l>au^tföct>Iic^  bie, 
ba|  et  ben  aöttliäen  9unbe«fegen  bon  Slbra^am  auf  %atob,  ben  ©tammtoater  S^caett, 
ftberlettel    SRac^   langer  Unfrud&tbarleit  feine«  SBeibe«  (25, 21)  »ourben  il)m   auf   fein 
(Bebet  «inber  befeuert,   ^toißinge  fer>r  berfd^iebener  3lrt,  @fau  unb  Safob.    DbtooW  ber 
Sater  aud  fmnlicfyer  92etgung  an  bem   älteren  ^ing  (25, 28)  unb  biefer  aud)  nad?  bem  60 
Saturrec^t  ben  erften  änfpruc^  auf  jenen  befonberen  ^orjug  ^atte,  nutzte  ber  alte,  blinbe 


440  Sfaat,  ^atriartf>  3**»ft$ 

3faaf  nacfy  fyö^erer  gügung  unb  burcfy  33eranftaltung  feine«  SBetbeS  jenen  fco^en,  unteil- 
baren ©egen,  ber  tym  bon  Slbra^am  übermalt  unb  bon  ©Ott  um  &bra$am3  toitten  be* 
[tätigt  toorben  toar  (26,  3  ff.  24),  bem  jüngeren  ©o^ne  %alob  jufprecfcen,  o&ne  e$  ju 
totjfcn.    §ür  @fau  f)at  3faa!  nur  nocfy  einen  ©Ratten  bon  ©egen  übrig,  ber  im  ©runb 

5  Unfegen  ift  unb  jene«  2ic$tftücf  um  fo  geller  leuchten  läfct.  Die  barob  enhtoeiten  Srüber 
pnben  fidfj  julejjt  bereinigt  beim  Begräbnis  tyreä  180  jährigen  SBaterS  ju  #ebron.  3faaf 
felbft  tritt  in  fernem  $aufe  tote  nadj  aufeen  toenig  felbftftänbig  auf.  Aber  fe&r  )u  flotten 
fommt  ibm  feine  Ergebung  in  bie  Fügungen  einer  ^ö^eren  $anb,  toel$e  au$  mentolfafc 
Errungen  unb  f$efyfantte  nad[>  bem  toatyren  $\*U  lenft.    ©o  ftefyt  er,  toenn  andf  al£  ber 

10  fctytoädpfte,  bo$  nidfjt  otyne  eigentümliche  SSorjüge  gtotf$en  bem  glaubenSftarfen  9(bra$am 
unb  bem  ©laubenSfäntyfer  galob.  %\aat  bertritt  in  biefer  3)rei$a$l  jene  pietatbotte  Xreue, 
toelctye  ben  angeerbten  ©egen  in  ber  ©titte  fromm  betoafyrt,  metyr  auf  beffen  Srfaltung 
als  auf  neuen  ©etoinn  bebaut,  unb  in  ber  genügfamen  j&reube  über  biefen  SJeftfc  bie 
äBibertoärtigfeiten  be$  SebenS  gelaffen   ju  tragen  toeifc.    3)en  fpäteren  $uben  erfaßten  er 

16  um  feiner  bei  ber  Opferung  betoiefenen  fieibenSfreubigfeit  toitten  „als  Oberhaupt  ber  ®e* 
bunbcnen  unb  ©emarterten"  (9Ribr.  r.  ju  ßftfyer),  b.  f).  baä  Sorbtlb  ber  SRärtyrer.  — 
Überaus  tyäufig  toirb  ber  allmächtige  ©Ott,  ber  ju  biefen  brei  SSätern  geforod&en,  ®ott 
2tbrafyam3,  %\aaU  unb  %atob$  genannt,  aud&  tttoa  baS  ßauS  %$xad  mit  biefer  2)reu)eit 
bon  Wamm  berbunben,  3er  33,  26.    fiauS  3faafe  für  ftc$  f.  b.  a.  3$rael  fte^t  nur  am 

ao  7,  9.  16.  eigentümlich  ift  bie  Sejeicfrtung  ©otte*  als  pnar  ins  31,  42.  53.  3>a  bei 
biefem  ^nE  gefd&tooren  totrb,  fo  mufc  e$  fo  biel  afe  ©ott^eit  bejeicfyten,  nic^t  ben 
©Freden,  ben  3faaf  berbreitet,  toie  &ta^d  I,  60  unter  ^Berufung  auf  anber*  geartete 
©teilen  angiebt.  ®r  benft  ficfy  unter  3faaf  eine  alte  berfd&ottene  friegerifc&e  ©tammeS* 
gottfyeit.    5Kan  fcfytoört    aber    nirgenb*    bei   ber   %uxfy   ©otteS,   fonbern   überall   bä 

26  ber  ©ott^eit,  bie  man  fürchtet.  6$  entftmdfjt  bem  grie$if$en  oeßag  im  ©inne  bon 
oeßaofia. 

$n  3faafö  Sebenägefd&id&te  geigen  fkfy  biefetben  pentateuc$ifc$en  Duetten  tote  in  ber 
©cfd&td&te  2tbrafyamS  (f.  barüber  I,  102  f.)  unb  3afob$.  Sgl.  au#  fiupfelb,  Duetten  ber 
©enefte  ©.  150J.;   170  f.  unb  Äittel  I,  125  ff.  138  ff.  147  f.  3)iefe  Duetten  ergeben  um 

so  begäbet  i(;rer  SBerfd&iebenfyeüen  im  toefentlic^en  ba^felbe  Seben^bilb,  bem,  tote  totr  fcu>en, 
aud^  eigentümliche  3Ü0«  n^*  fehlen.  3)ie  ©efctyid&tlicfyfeit  feiner  5ßerfon  anaujtpeifeln  (fo 
fd&on  2cnaerle,  Äenaan  I,  ©.  290)  ift  bafyer  fein  genügenber  ©runb  bor|<mben.  iie 
3Serfud^e,  ben  Flamen  3faaf  afe  ben  einer  alten  ©ott^eit  ju  eröären  finb  ni$t  glücflic^. 
5Kit  SRed^t  bemerft  Särgen  (Seiträge  ©.  157  f.)   gegen  5Rötbefe,  ber  iRame:    @r  lafy, 

86  fpielt,  fd^erjt,  fei  für  einen  ©Ott  toenig  paffenb.  35ie«  gilt  au$  gegen  ®b.  Sieger 
(3at2B  1886  ©.  115).  ©olbji^er  toitt  in  Sfaaf  bie  läd^elnbe  2lbenbröte  erlennen,  bie 
bom  SJad^t^immel  (jefct  2tbra^am  genannt)  getötet  toerbe.  Unb  $$.  ^oM>«  toottte  gar  in 
bem  ^armlofeften  ber  Patriarchen  ben  eranifd^en  3)rad^en  Azhi  dahäka  entbetfen,  „ein 
Untier  mit  brei  Sachen,  brei  Köpfen,  brei  Stugen  unb  taufenb  Äräften!"  Sluc^  afe9Zame 

40  eines  ©tammeS  ober  SSoBeS  toitt  Sfaaf  mfy  gaffen,  au^er  bei  ber  annähme,  ba|  bad 
„§au^  3jaa^y/  m$  ^n^  ^erborragenben  ^erfönlid^Ieit  benannt  fei,  unb  eben  ein  foh$e* 
9?omaben9aiu)t  le^rt  unö  ber  biblifc^e  Seric^t  fennen.  ip.  Orelt 

3«bofet^  —  fiitteratur:  gu  ben  üueHen  bgl.  3-  ©eUftaufen,  2ejt  ber  ©ü$er 
©amueüö  1871;  «.  flloftermann,   3)ie  ©ücbet  ©amucli«  unb  Äönige  1887;  6.  9.  5)rioer, 

46  Notes  on  the  Hebrew  Text  of  the  Books  of  Samuel  1890;  ff.  ©ubbe,  The  Books  o£  Sa- 
muel 1894;  3ft.  2tyx,  3)ie  Söücfter  Samuels  erflärt  uon  Otto  X^eniu«.  dritte  ttoflftfinbig 
neugearbeitete  Auflage  1898.  Äufeerbem  bie  betreffenben  9tb[djnitte  in  ben  Xarflettungen  ber 
©ef«icbte  3«raet«  üon  «.  Äö^ler  II,  1  (1884),  ©.  245 ff.;  fl.  ftlttel  n.  (1892),  @.  120ff.; 
©.  6tabe  I  (1887),  ©.  257 ff.;  «.  Äloftermann  (1896),  ©.  152-154;  3.  «eflbaufen  (1897), 

60®.  58 f.;  $.  ©utye  (1899),  ©.85 f.  u.  91.  ffamptjaufen,  $t)Uifter  u.  ^ebrfier  jurgeit  5>aoib« 
in  Bat©  1886,  43-97. 

SSbofetfy  Reifet  2  ©a  2—4  berjenige  ©ofyn  ©autö,  toelc^er  nac^  ber  ^J^iltfierfd^a^t 
am@ebirge  bon©ilboa  burc^  feinen  D^eim  3lbner  bonüRa^anaim  im  Dftjorbanlanbe  auö 

äum  Äönig  über  ^^rael  auegerufen  tourbe.  2Bir  lennen  leine  fianblung  bon  tym,  burdft 
»ie  er  fic^j  3lnfe^en  ober  SÄu|m  ertoorben  ^ätte;  e$  ift  ba^er  ganj  bci]rci|lic^,  ba&  er  in 
ber  Überlieferung  f$le$t  toeggefommen  ift.  ©ie  ^at  tym  junäd^ii  nidn  feinen  eigentlichen 
tarnen  gclaffen.  3)iefer  lautete  nämlic^  (SSbaal  1  6^r  8,  33 ;  9,  89  ^W  r  eine  leierte 
SSerfürjung  bon  bra^p-»,  b.  i.  3Rann  be^  §erm,  nämlicty  3^^^-  Äbnli^e  Sigennamen 
finben  fid&  auf  femitifc^en  3«f^ften ;  fo  fommt  j.  9.  auf  ^nf Ariftcn  aud  Äart^ago 
eo  ber  9lame  ri:nc«f  b.  i.  2Rann  ber  (©öttin)  Xanit^,  bor.    äl^  z$  Jpätcr  im  3^bentum 


3$bofctf)  441 

übli$  tourbe,  benv  9tamen  Saal  aus  religiöfem  Stbfd^exi  gu  meiben(f  11,337,25),  fyat  man  in 
biefem  goD  entto  ber  baS  tabelnbe  2Bort  böschet  „©d&anbe"  ober  ben  ©otteSnamen 
mrr  an  bie  ©teile  bon  ^  gefegt.  Das  erftcre  finben  toir  burd&toeg  in  ben  jufammen* 
^angenben  (Srjä^lungen  über  $.  2  ©a2— 4,  unb  bon  bort  ^er  ift  ber  tounberlicfye  9?ame 
bei  und  übltd^  getoorben.  Da«  leitete  toirb  bon  SBettyaufen,  Driber  u.  a.  (anberSÄlofter*  5 
mann)  angenommen,  um  ben  eigentümlich  tarnen  T^"!  1  ©a  14,  49  ju  erflären,  in- 
bem  fte  ^  als  eine  SSerfürnmg  ober  auefy  Serftümmelung  au«  isrni»,  -nti«  anfefyen 
(LXX  IeooiovX,  Ieooiov).  Da£  bie  urfprünglid^c  gorm  beS  sJtamenS  au<$  in  2  ©a  2  ff. 
gSbaal  getoefen  ift,  toirb  burc$  bie  9Refyraafyl  ber  alten  Überfefcungen  (2lquila,  ©tymm., 
2$eob.  EufßaaX ;  LXX  Cod.  93  ßolmeS  ebenfo ;  ^tala  Isbalem)  ertoiefen.  9>n  ber  10 
®jjrontf  ty&  m  ber  urft>rünglid&e  9tame  bermutlid^  beSfyalb  erhalten,  toeil  biefeS  33ud& 
toeniger  gelefen  unb  feltener  abgetrieben  toorben  ift.  $m  übrigen  aber  fyat  bie  Gfyronif, 
bie  jjüngfte  (jübifd&e)  ©eftalt  ber  iSraelitiföen  Überlieferung,  bie  Regierung  %£,  obtoofyl  fie 
i$n  tennt,  furjtoqg  geftrid^en  (1  6fyr  10,  14  unb  11,1),  unb  naefy  i|rem  3Rufter  ber- 
fä^rt  no$  fjtutt  toielfad^  bie  populäre  Sefyanblung  ber  btbliföen  ©efd&icfyte.  6nblid&  giebt  15 
tym  bie  Überlieferung  feine  fefte  ©teile  in  ber  iReifye  ber  ©öfyne  ©aulS.  Die  Sfyronif 
)ä$lt  i$n  an  ben  a.  D.  als  bierten  ©otyn  hinter  IJonatfyan,  3Kald&ifua  unb  Stbinabab ; 
1  ©a31,  2  nennt  tfyn  überhaupt  nid&t,  h>cil  eS  [\d)  bort  nur  um  bie  im  ftampf  gefallenen 
©d$ne  ©auÖ  (Sonatyan,  Slbinabab,  üRalctyifuaty)  fanbelt,  unb  1  ©a  14,  49,  too  offenbar 
alle  ©ötyne  ©aulS  genannt  toerben  foden,  ftefyt  atoifd&en  x>natf>an  unb  9Jtal$ifua  nur  20 
3$toi,  ben  Äloftermann  mit  2tbmabab  gleichen  toiH.  9BBa^rfd^cinlid^cr  ift  jebod^  bie  oben 
ernannte  ßrflärung  beS  IWamenS;  bann  toirb  man  toeiter  annehmen  muffen,  bafc  ber 
9tame  SDbinabab  ausgefallen  ift.  Sluffallenb  bleibt  jeboety  immer,  ba&  $Stoi  an  ber 
&hxüen  ©teile  fte&t,  bie  nad&  1  ©a  31,  2  (gegen  1  Gf)x)  2lbinabab  jufommt.  S3erf$iebene 
gebürtige  Umftänbe  fyrecfyen  inbeS  bafür,  bafc  §.  ber  jüngfte  ©ofyn  ©aulS  toar,  tote  bie  25 
Reihenfolge  1  Qfyc  8,  33;  9,  39  ju  berftefyen  giebt:  er  toirb  ntd&t  unter  ben  Söhnen 
©aulS  genannt,  bie  gegen  bie  *Jtyilifter  fämpfen ;  er  erfd&eint  burc^toeg  als  unfelbftftänbig 
Xbner  gegenüber,  unb  bon  grauen  ober  Äinbern,  bie  er  fymterlaffen,  ift  mrgenbS  bie  Siebe. 
Da*  Stter,  ba«  i^m  2  ©a  2, 10a  jugefd&rieben  toirb,  (äfet  ftd^  mit  ben  änbeutungen  ber 
übrigen  Strahlungen  nid^t  bereinigen ;  nad^  biefen  fmb  Jonathan  unb  Dabib  3(lter3genojfen  30 
unb  beim  2^>be  ©aute  no^  nid^t  40  ^a^re  alt  getoefen  (1  ©a  18,  1  ff.;  2  ©a  4,  4). 
Der  ©aj  10  a  gehört  bem  d^ronologifc^en  ^kngia&fi  an,  baS  jüngeren  UrfJ)rung«  ift 
unb  erft  na^träglic^  in  ben  gufammen^ang  eingefd^oben  h>urbe.  Da^er  h)irb  man  in 
1  ©a  14,  49  mit  einer  lejtberberbni«  rennen  unb  annehmen  müjfen,  bafe  3«bo{et^ 
beim  lobe  ©aul«  in  nod^  jugenblid^em,  toenn  auc^  nid^t  gerabe  unmtinbigem  Älter  ge*  86 
{tanben  ffoL 

Äbner,  ein  Setter  ©aul«  (1  ©a  14,  51 :  Äi«  unb  5Rer  toaren  ©ö^ne  Sbiel«),  fuc^te 
nac^  bem  ©iege  ber  5ß^i(ifter  am  ©tlboa  bon  bem,  toa«  ©aul  für  S^rael  errungen  fyatte, 
ju  retten,  toa«  möglid^  toar.  6r  begab  ftc^  mit  3.,  bem  Überlebenben  ©ofyne  ©aul«, 
m  baä  Dftiorbanlanb,  ba«  bamal«  a(3  ftd^erer  S3eftfe  ^xacU  galt,  unb  rief  ihn  in  SRalp  40 
naim  jum  Jtönige  aus.  @3  gelang  i^m  aud^  bon  |ier  aus,  feinem  Scbü^tinge  aHmäbttc^ 
bie  Xnertennung  ber  iSraelitifd&en  ©tämme  ju  beiffd^affen.  Site  i^m  ge^orfam  toerben 
26a2,9  Oileab,  Stjfer  (l.  vv*n  für  "^«R),  Sefreel,  ep^raim  unb  Senjamin  ge^ 
nannt;  baS  iß  in  ber  2$at  baö  gefamte  ^^el.  Denn  in  %vba  unb  bem  {üblicher 
jelegenen  ©ebiete  ber  Äalebiter  um  §ebron  toar  bereits  Dabib  als  ftönig  anerlannt45 
toorben  2  ©a  2,  1—4.  Sin  bem  SSoItSfönigtum,  baS  ©aul  für  bie  ©tämme  errungen 
fctte,  ^ielt  man  bemna$  feft,  tro^bem  man  bie  bottc  grei^eit  nid^t  befa^.  Die  ©tämme 
beS  SBef5tjorbanlanbeS,  guba  eingeploffen,  Ratten  ftd^  aufs  neue  ^u  einem  Tribut  an  bie 
^iltfler  bereit  erflären  muffen;  nur  baS  Dftjorbanlanb  toar  bermutlic^  bon  biefer  2faf* 
läge  frei  geblieben,  toeil  eS  fcon  ben  ^emben  übertäubt  nid^t  betreten  toorben  toar.  xxs.  toar  w 
olfo  für  bie  größere  ßälfte  feines  Sleid^S  ein  33afaH  ber  ^^iltfter,  ebenfo  tote  Dabib  im 
Süben;  freiließ  betraf  biefe  äfbbängigfett  bie  inneren  SSer^ältnijfe  nid&t.  Den  ©egenfa^ 
ftoift^en  3«rael  unb  ^itba,  ber  burd(|  DabibS  93orgeI)en  gejd^affen  tourbe,  liefen  bie  ^fyi- 
ufter  ru^ig  getoä^ren;  eS  lonnte  ifynen  ja  nur  red^t  fein,  toenn  bie  Sctoo^ner  beS  33erg* 
lanbe«  unter  ffa^  im  ©treite  lagen  unb  [\$  nid^t  gegen  tyre  Dber^erren  teerten.  SKtr  66 
erfahren  öon  einem  jold^en  Äambf  jtoifd^en  ^Srael  unb  ^>uba,  toie  eS  fd&etnt,  bem  erften, 
bei  bem  £ei<$  bon  ©ibeon  in  Senjamin  (Jof  18,  25).  Slbner  fyatte  ftdd  mit  ben  Seuten 
3.*  erft  ber  ©renje  genähert,  als  tym  §oab  mit  ben  Äriegern  DabibS  fd^on  auf  iSrae« 
ütifd^em  ©ebtet  entgegentrat.  93eibe  ^ü^rer  t>erabrebeten  mnäd^ft  ein  ©biel  ber  SBaffen, 
aber  bie  2eibenf4>aft   ber  Jtäntyfenben  bertoanbelte  eS  in  blutigen  (Srnft ;   SlbnerS  Seute  «x> 


442  3*Met!| 

iourben  $um  Stticfjuge  genötigt  unb  nur  burc$  feine  perfönlid&e  SKo^nung  an  Soab,  ba« 
9Jo(!  au  fronen,  Dor  ber  SBernid&tung  gerettet  2  6a  2, 12—32.  3)aDtb  fcfcint  ein  beffere« 
$eer  befeffen  gu  fyaben;  biefer  Umftanb  gab  ben  einzelnen  Stampfen  gleiche  ju  Shtfang 
fo  aud&  foäter  bie  entfctyetbenbe  SBenbung   2  ©a  3,  1.    Dagu  tarn  für  3uba  Die  mutige, 

5  fluge  ^ßerfönlicfyfeit  DaDib«,  bem  e«  audp  feit  ©aul«  lobe  am  ©lücf  nid&t  fehlte,  toetyrenb 
e«  3-  n^t  einmal  gelang,  fic$  bei  feiner  nädtften  Umgebung  in  Stefoeft  ju  feften.  Slbner 
taftete  ba«  ßrbe  ©aul«  an,  inbem  er  bie  9ti#a,  ein  Äeb«ioetb  ©aul«,  für  fid&  in  Sin* 
ft>ru$  nafym  2  ©a  3, 6  ff.  $.  Vermutete  ba^inter  ioeiterge&enbe  Stafprüd^e  auf  ben  2$ron 
(Dgl.  1  Äg  2,  22)  unb  ftettte  beefyalb  feinen  Dfyeim  $ur  Siebe.    3)iefer  na&m  ben  3$er* 

10  bad&t  feine«  ©d&tifeling«  getoaltig  übel  unb  lünbigte  tym  offen  ben  Übergang  jur  $artei 
DaDib«  an,  nicfyt  ofyne  ftd&  gegen  ben  SBerbac^t  bur$  ben  §inioei«  auf  feine  beengen  Serbienfte 
um  ba«  $au«  ©aul«  &u  Dertoafyren.  3>n  bvc  2^at  lieft  Slbner  bem  3)aDib  ba«  Angebot 
machen,  er  toerbe  ifym  bie  teraelitifd&en  ©tämme  gegen  bie  eiblid&e  3ufage  Hnw  «fl*nen 
©id&erfyeit   jufüfyrcn.  Diefc  plöfclicfye  ©d&toenlung  Slbner«,   bie  3-  ftififatoeigenb  gefepefcn 

15  lieft,  gefyt  toofyl  in  (entern  ©runbe  auf  bie  ttberjeugnng  jurücf,  baft  e«  Dergeblic^e  SWtye 
toärc,  gegen  ben  toad&fenben  Sinfluft  35aDib«  Die  $errfd{>aft  3«  über  %$tad  gu  galten. 
2)aDib  nafym  ba«  anerbieten  im  allgemeinen  an,  forberte  jeboc$  al«  Sebingung  eine«  pe> 
fönlid&en  Serfefyr«  mit  Slbner,  baft  biefer  tym  fein  SBeib  Wxfyal,  bie  Softer  ©aul«  (1  ©a 

18,  20  ff.),  toieber  jufüfyrte.   Diefe  gorberung  lieft  StaDtb  barauf  burefc  befonbere  ©efanbt* 
ao  an  3.  au«ft>re$en.    ©ie  ift  ein  33etoei«  feiner  überlegenen  ftlugbeit  ®r  Derfc^affte  babur$ 

nid&t  nur  Slbner  bie  3Rögli$feit,  tyn  al«  @eleit«mann  ber  ÜRiqal  in  £ebron  aufjufu$en, 
fonbern  er  erlangte  baburety  —  unb  ba«  toar  bie  $aut>tfac$e  —  bte  öffentliche  Älter* 
fennung  feiner  ßugefyörigfeit  ^u  j)Cm  <gaujc  gfoufy    bie  einft   burc$  feine  gluckt  1  ©a 

19,  11  ff.  unb  bann  burety   bie  SSerbinbung   ber  üRtd&al   mit   bem  Senjammiten  <ßalttel 
26  1  ©a  25,  44  gelöft  toar.    ©obalb  SDtid&al  toieber  in   feinem  $aufe  toar,   tonnte  er  al« 

6rbe  ©auß  neben  3-  auftreten.  $•  jeigte  ftety  fo  fd^hHK^  ober  toar  föon  fo  mac^tlo«, 
baft  er  ber  gorberung  leinen  SBiberfrrud^  entgegenfe^te.  ®r  gebot  ber  SKic^al,  t^ren 
feiten  3Rann  ju  Derlaffen  unb  ju  2)aDib  jurüdjule^ren.  Slbner  übernahm  ba$  ©deit, 
)h)ang  ben  trauernben  ^altiel  bei  S3a^urim  am  £)lberge  jur  Umfe^r  unb  erf^ien,  nac^bem 

ao  er  ftdj  Dörfer  mit  3$rael,  felbft  mit  bem  ©tamme  Benjamin  Derftänbigt  ^atte,  in  Seglei* 
tung  Don  20  3Rann  Dor  3)aDib  in  Hebron.  9?un  fam  ber  feierliche  ^ß^trag  gtmfc^en 
2)aDib  unb  2lbner  jn  ftanbe  unb  tourbe  burd^  eine  Offerma^ljeit  brfiegelt  Sbner  Der« 
ffltd^tete  ftd^,  35aDib«  Slnerfennung  ate  Äönig  Don  feiten  ber  teraelitijcpen  ©tämme  gerbet« 
jufü^ren,   unb  $aDib   beipflichtete  ftc^,    für  2ttmer£  ©td^er^eit   aufjutommen  (2  ©a  3, 

85  12—21).  Slbner  toar  bereit«  Don  §ebron  aufgebrod&en  unb  toollte  nun  gan)  3«rael 
um  ben  Äönig  35aDib  Derfammeln,  ate  $oab  (Dgl.  b.  21.  ©.  218, 89)  Don  einem  ItriegSguge  $eim« 
fe^rte  unb  in  DoHer  Unfenntnte  ber  getroffenen  SJerabrebungen,  Don  SDföfttrauen  unb 
Slac^eburft  erfüttt,  Slbner  ermorbete  (2  ©a  3,  22—39).  infolge  beffen  fam  ber  Serrat 
Slbner«   an  3.  nid^t  jur  SluSfüfyrung;   boc^   auc^  fein  lob  führte  )u  bem  Don  i^m  er* 

40  ftrebten  QUl.  ©eine  Beurteilung  ber  bamafe  leitenben  ^ßerfönlic^feiten  unb  ber  $er$äli* 
niffe  tourbe  bur$  bie  folgenben  ©reigniffe  DoHfommen  gerechtfertigt  %,  ber  Don  ben 
Derräterifd&en  SSer^anblungen  Slbner«  nid^tö  muftte,  Derlor  bei  ber  9lad^ric^t  Don  fernem 
lobe  felbft  baä  Vertrauen  auf  feine  eigene  ©a$e,  unb  in  feiner  näc^ften  Umgebung  glaubte 
man  fd&on  an  35aDib  al«  ben  3Kann  Der  gutunft.    3toei  feiner  $aiq>tleute  memten  i^r 

45  ©lud  ju  machen,  toenn  fte  burdfc  ßrmorbung  3.«  35aDib  freie  &al)n  jur  $errf*aft  über 
3«rael  fd&afften.  ©ie  ftablen  ftd$  jur  9Rittag3jeit  in  ba«  §au«  i^re«  $errn  uiib  ermor* 
beten  i^n  im  ©#laf.  ©ein  abgefd^nittene«  Äau^t  brachten  fte  eUenb«  nac^  Hebron  ju 
3)aDib  unb  fteüten  fid^  i^m  al«  freiwillige  SRäd&er  für  bie  Don  ©aul  i^m  totterfa^rene 
Unbill  Dor.    Slbcr  3)aDib  Dergaft  über   bem  ©etoinn,  ben  biefer  SKorb   ibm   einbringen 

50  muftte,  ntd>t  bie  ©teQung,  bie  er  al«  ©c^toiegerfoj^n  ©aul«  auffüllen  ^atte  unb  au£ 
füllen  toollte:  er  übernahm  bie  $flid^t,  ben  fd^änblic^en  3Rorb  feine«  ©c^toager«  ju  röchen, 
unb  lieft  bie  9Jtörber  fofort  töten  (2  ©a  4,  1—12). 

35a«  ift  bie  2)arftellung  ber  Gegebenheiten  jtoif^en  3-  unb  StaDib,  toie  fte  au«  ber 
jubäifeben  6rjä^lung  2  ©a2ff.  gewonnen  toerben  fann.  Ratten  toir  baneben  eine  cj^rau 

55  miti(d;e  ober  benjaminitifd^e,  fo  toürben  mir  ma^rfd^einlid^  bie  färben  be«  Silbe«  per 
unb  ba  ettoa«  anber«  auftragen  muffen.  9?ur  Derbient  bie  in  2  ©a  16,  5— .13  fcrDor* 
tretenbe  Sluffaffung,  bie  au«fcblieftlicfy  DaDib  ben  Untergang  be«  $aufe«  ©aul  )ur  2a^ 
legt,  feinen  ©lauben ;  fte  ift  offenbar  Dom  leibcnfd^aftli^ften  $aft  eingegeben.  S)ie  Qatipt* 
fünfte  ber  jubäifc^en  Srjä^lung,  nämlich  baft  3)aDib  al«  ©$toiegerfo$n  ©aul«  anmannt 

60  fein  tooHte,   unb  baft  er  an  bem  2obe  3-3  unfd^ulbig  n>ar,  feinen  juDeriafftg  )u  fein. 


Sabofctf)  3femwann  443 

Sie  Sauer  ber  ^Regierung  $£  toirb  ungefähr   ber  Sauet  beä  babibifd&cn  Königtums  in 
^efcron  entforec^en  2  6a  6,  5,  toa&rfcfyeinli4  ettoaS  geringer  fein.  (Stotlje. 

3femnann,  ^o^ann,    geb.  ca.  1495,  geft.  1574.—  Duellen:  ftifcftlin,  Memoria 
theoLhistl,  53;  £>artmamt-3äger,  SÖreiij;  $rcfjel,  AnecdotaBrentiana,CR2.93b;  ©.OdmeU 
ber.  Württemberg.  8fref.»©ef*i#te;  koffert,  gnterim  in  SBürttemb.  ?lbS3  14,634.  X^eol.  @tub.   6 
o.  S.  1881,  20.  81.  f.  eü.  Ä©  1892,  21;  ©melin,  ^aflifefte  ©efäidjte;  (Srnft,  fforrefponbenj 
**  $er$og3  C§riftopft. 

Sfenmann,  eigentlich  ^fenmenger,  ßifenmenger,  geb.  $u  ©ctytoäbifcfc§all  ca.  1495, 
lomätyrtt  1514  auf  bie  Uniberfität  $eibelberg,  tourbe  1515S3accalaureu3,  1516  SJtagtftcr, 
1523  20.  Seumber  35e!an  ber  2trtiftenfafultät  unb  toar  jugleicty  Siegen«  ber  Surfe  &u  10 
St.  $cdob.  igm  September  1522  ^atte  er  feinen  gfreunb  Srenj  feiner  SSaterftabt  als 
$rcbiger  empfohlen  unb  tourbe  (toor  Oculi)  1524  felbft  jum  Pfarrer  an  ber  $au)>tfir$e 
}u  Äall  berufen,  obgleich  er  nur  ©ubbiafonuS  toar  (§artmann^äger  1,  41).  fortan 
toirfien  Srenj  unb  3f*nmann,  in  innigfter,  ungetrübter  $reunbföaft  berbunben,  24  Jjafae 
lang  für  bie  ©a<$e  ber  Deformation  ju  $att,  S9renj  als  ber  geiftige  Seiter,  ben  ber  ältere  u 
grtunb  in  feiner  geiftigen  ©uperiorität  toillig  anerfannte,  ^fenmann  ate  ber  jrcaftifd&e 
Organifator.  Dbtootyl  33renj  am  27.  ^uli  1524  flogt:  ecclesia  nostra  difficulter 
avellitur  ab  inveteratis  ceremoniis  (Anecdot.  Brent.  ©.  2)  unb  auf  ben  9leic$fe 
tagen  gu  ©l>eier  1529  unb  StugSburg  bon  §att  eine  entfcfyiebenere  Haltung  ertoartet  Serben 
burfte,  fo  ging  e3  bod^  rafd&er  bortoärtö  ate  in  anberen  ©täbten  ©c^toabenS,  abgefe^en  ao 
tat  Reutlingen,  ©(^on  1524  tourbe  baS  Sarfüfcerflofter  aufgehoben  unb  bic  $ron- 
lei$nam$feter  abgefc^afft,  an  Sßetynacfyten  1525  bie  ebangeltfd&e  Säbenbmafytefeier  unb  1526 
nad)  SSorberatungen  3f^nwann«  mit  3lb.  SEBeift  in  Grattefjeim  eine  ebangelifdfje  Äird&en* 
orbnung  eingeführt  (Anecdot.  Br.  ©.  6).  eifrig  beteiligte  |id&  gfenmann  am  Syn- 
gramma  suevicum  Dftober  1525  unb  ben  Slbcnbmafyteftreitigfeiten,  betoabrte  fid^  aber  26 
gegenüber  feinem  greunb  93renj  ein  felbftftänbigeä  Urteil,  i.  33.  bei  ben  3ugeftänbniffen 
fRelam$tyon$  unb  8tem'  an  bie  altgläubigen  auf  bem  StetctyStag  $u  3lug$burg  1530 
(CR  2,  362).  Site  aud&  für  ba$  ganje  §aHer  Sanbgebiet  eine  etoangeltfd&e  ftird&enorbnung 
unb  Berfaffung  gefd&affen  tourbe,  trat  ^fenmann  1542  ate©uj)erintenbent  an  bie  ©J>ifce 
ber  Roller  ©etftttctyteü,  toäfyrenb  8renj  unb  atoei  SRatäberren  &u  SSifitatoren  beftellt  tourben  ao 
unb  fomit  bie  Dberfirctyenbefyörbe  bilbeten.  Anfang  1546  tourbe  Sfenmann  nad&2Bimpfen 
gefanbt,  um  bort  bie  Steformation  burdfoufti^ren.  ©d&toere  Sebrängnte  braute  Sfenmann 
aki<$  8renj  ber  ©efcmalfalbiföe  Krieg  mit  bem  fiegreid&en  Sinjug  beä  ÄaiferS  in  £aH 
Sqember  1546.  gfenmann  mu&te  mit  feiner  gamilie  in  ba$  ©pital  jiefyen,  um  fi$  ver- 
borgen gu  Balten.  ®r  fonnte  erft  am  SWeujafyr  1547  toieber  ©otteäbtenft  galten.  9to<$  35 
f^UKrcrcg  braute  ba«  3nterim-  ^f^"10««  W&  W  an  *>em  ©"tagten  beteiligt,  toomit 
©rem  ben  SRat  gur  SSertoerfung  be«  Interim*  aufforberte ;  bod^  toanbte  ftd^  ber  3orn 
be«  Xaifer«  nur  gegen  93renj,  3lfenmann  fonnte  feinet  3lmte«  toalten,  bi^  bie  Spanier  nad^ 
^all  lainen  unb  in  ber  9Rt<$aeli$fircfye  SWeffe  gelten.  3)o$  mufete  aud^  er  eine  3ctt  lang 
bor  ben  Spaniern  flüchten  unb  tourbe  bom  $lat  mit  ben  übrigen  Äird^enbienem  entlaffen,  40 
ate  fte  bie  Annahme  be«  Interim«  bertoeigerten.  3m  3uli  1549  toanbte  er  [xd)  nad^ 
Bürttemberg  unb  tourbe  atebalb  gum  ^rebiger  in  Urad&  beftellt,  too  er  mit  bem  ^"teri* 
mtflen  Äo^lcr  fc^toere  Ääntyf e  belam.  3lte  ber  berbannte  unt>  berioittocte  Srenj  fid^  toieber 
aud  feinem  Serftedt  berbortoagen  burfte,  toarb  er  Sfenmann«  ältefte  Softer  Katharina 
utr  ©atttn,  mit  toeldfcr  er  am  7.  September  1550,  aber,  toofyl  au«  3Kifetrauen  gegen  ben  45 
gnterimifien,  ntd^t  in  Urad^i,  Jfonbem  in  bem  na^en  Dettingen  getraut  tourbe.  anfangt 
1561  tourbe  3fenmann  jum  Pfarrer  in  Tübingen  unb  jum  ©encralfuperintenbcnten  über 
ben  fübtoeftlidjen  leil  be«  Sanbe«  beftellt.  fortan  fe^cn  toir  Sfenmann  bei  allen  toiefc 
ti^en  S5er^anblungen  ber  toürttembergifd?cn  Äird^e  über  ba«  bem  Stricnter  Äonjil  511  über= 
mi|KnbeS5elenntni^  ba3  Sfenmann  famt  bem  jungen  Seurlin  (f.  b.  31.  Sbll  ©.672,:*)  50 
mit  bem  fä^ftfe^en  SefenntniS  Sluguft  1551  in  Sangenfal^a  gemeinfam  mit  ßamerariuS  ju 
Vi'tgleiAcn  ^atte,  aber  audf  SKelan^on  unb  ben  fäc^fifd^en  Theologen  nod^  perfönlid^  borlegte 
(Entft  a.  a.  D.  1 ,  261),  über  bie  Se^rc  DftanberS  u.  f.  to.  (Sgl.  b.  31.  ©räter  8b  VII  ©.  60,  27) 
mittyätig.  3m  ©ommer  1557  na^m  öcrgog  ß^rifto^  Sfenmann  unb  %atob  Slnbreä  ate 
tb*0lügij(t>c  Berater  mit  jum  gürftentag  in  granffurt,  aud^  arbeitete  er  an  ber  grofjen  55 
Äpolo^ia  confessionis  Wirtemberjricae  gegen  ^Jeter  a  ©oto  mit  Sren^,  Seurltn, 
Äeetbranb  unb  3)ietr.©d^nebf  (granffurt  1561,  bgl.  b.  31.  Seurlin  ©.  673, 41).  Slber  man  muf; 
m  Segiaung«Ireifen  baS  ©efüfyl  gehabt  baben,  bafe  ftfenmannS  Straft  für  Tübingen  nic^t 
wfa  ganj  au^reic^e,  toäl^renb  ber  j)raftifc^  begabte  sÄann  in  bem  bte  je|t  bon  einem 


444  3fenmamt  3flbor  fco»  ^ßelnffatm 

fatfyolifctyen  2Cbt  regierten  Äloftcr  Ankaufen  an  ber  Srenj  ben  SBtberftanb  ber  legten  brri 
3Jlönd^c  beftegen  unb  eine  Heine  ebangelifcfye  Mlofterfc^ulc  einrichten  tonnte,  ©o  tourbe  er 
1558  £um  2lbt  in  ankaufen  beftettt,  too  er  in  frieblicfcer  ©title  totrfte  unb  1574,  toter 
3afyre  nad)  feinem  greunb  Srenj,  [tarb.  <S.  »»ffert. 

5        3ftbor  SWercator  f.  *Pfeubotfibor. 

3ftbor  t)on  $elufutttt,  geft.  um  440.  —  Hu8gabe:S.  Isidori  Peius,  opera  sea 
do  interpretatione  divinae  scripturae  epistolarum  libri  V  (Ä.  SRoreflu«),  Par.  1638,  ab» 
gebruef t  unb  um  bie  Isidorianae  Collationes  be«  $.  <ßofftnu«  (Rom.  1670)  Dermebrt  in  MSG 
78,  103—1046;  bie  Kollationen  SRiemet)er«  (f.  u.)  ebenba  1647—1674.  3>a«  fogenonnte  Syn- 

10  odicon  Casinense  (Synodicon  adv.  tragoediam  Irenaei)  enthält  49  Briefe  3f.«  in  einer 
alten  totetnffdöen  Ueberfefcung,  uon  benen  13  nadj  einer  üatifanifdjen  $anbfd)rift  burd)  Wanft 
(Concc.  Coli.  5,  758—762)  bie  übrigen  36  nad)  Cod.  Casin.  11  saec.  XII  in  ber  Biblio- 
theca  Casinensis  1,  1873,  Appendix,  Florilegium  Casinense  p.  7—24  tteröffentlid)!  roorben 
ftnb.    9We  49  ftnben  fid)  trofc  Sflanfi«  ©e&auptung,  ba&  einige  unöeröffentltdjt  feien  (Praef. 

16  Gencr.  Vol.  I,  p.  XVII),  tm  griedjifc&en  gebrueften  Xejt,  bod)  in  erfjeblid)  abiveid)enber 
SRcifjenfolge  (^otij  be«  $enn  #.  üuentin  O.B.,  @ole«me3).  Duellen:  Ephraem.  Antioch. 
bei  <ßbotiu«  Cod.  228,  $eff.  p  247;  Facund.  Herrn i an.  Defensio  trium  capitul.  2,  4  (MSL 
67,  573);  Leont.  Byzant.  Ctr.  Nestor,  et  Eutych.  lib.  3  s.  fin.  (GtoHanbi,  B.P.  12,  699; 
ift  in  MSG  86, 1,  1395  tueggelaffen) ;  Evagr.  Hist.  Eccl.  1, 15  ;  Steph  Gobar.  bei  Phot  Cod. 

20  232,  p.  291 ;  Suidas  s.  v.  ($crn&avbl)  1,  1073) ;  Niceph.  Call.  Hist.  Eccl.  14,  30.  53. 
ßtttercitur:  ©.  £enfd)en,  in  AS  gum  4.  3febr.  Tom.  1,  468-473;  @.  i'e  Sfcain  be  Stüe* 
mont,  Memoires  pour  servir  ä  l'histoire  eccl&iastique  des  six  premiere  siecles  15,  Ven. 
1732,  97-119.  847;  £eumann,  Diss.  de  Isid.  Pel.  et  eius  epp.,  Gotting.  1737;  3.  «.  gtt* 
briciu«  (£arle3),  Bibl.  Graec.  10,  Hamb.  1807,  480—494  (ba«  üon  fj.  aufaefteflte  «erjeUftni* 

26  ber  «breffaten  aud)  MSG  78,  1701-1708);  #.  91.  SRiemeljer,  De  Isid.  Peius,  vita  Script» 
et  doctrina  commentatio  hist.  theologica,  Halae  1825  (roieber  abgebrueft  in  MSG  78, 
9—102);  %  $.  ©luecT,  Isid.  Pel.  summa  doctrinae  moralis,  Herbipoli  1848;  ß.  Softer, 
De  arte  hermeneutica  S.  Isid  Pel.,  Cracov.  1878;  SB.  ©rigfjt  in  DchrB  3,  1882,  315—320; 
©.  fi.  «.  $ouüt),  De  S.  Isidoro  Pel  Libri  III,    Nemausi  1885;  O.  »arben&etoer,  *otro« 

30  logie,  greift.  1894,  353 f.;  3-  8fej?ler *3ungmann,  Institutiones  Patrologiae  II,  2,  Oenip. 
1896,  128-143. 

3ftbor  bon  ^elufjum,  nad&  ©J^raern  bon  äntiod&ien  au«  SHejanbria  gebürtig,  ift  ein 
ettoa«  älterer  3eitgenoffe  be«  alejanbrinifd&en  Patriarchen  Styritt,  too$l  nid&t  foäter  ab  370 
geboren,  ba  er  föon  an  ben  praefectus  praetorio  9iufm,  ber  395  gefttirjt  tmtrbe,  ©riefe 

36  gerietet  f)oi  (1,  178.  489)  mit  ber  ©td&er&eit  unb  bem  üRaefcbrudf  eine«  SRoime«,  ber 
3lnforud&  barauf  §at,  gehört  *u  toerben.  3)er  gett  nad&  ift  e«  ba$er  fetyr  toofyl  mögßt$, 
hrietoofyl  nid&t  jjofttib  $u  ertoetfen,  bafc  ber  33if#of  ©regor,  an  toel<$en  ein  ©rief  3fiboi* 
(1,  125)  gerietet  ift,  ©regor  bon  9l^ffa  ift,  toie  SCittemont  Dermutct  Oft  tfl  gfibor  auf 
bie  Autorität   be«  9ttce))^oru«   ^m  al«  Spület   be«  ^o^anne«   S^fofbmu«   bejd^net 

40  toorben,  Ina«  nid^t  nad^t»et«(ic^  unb  toofyl  nur  au«  feiner  Sere^rung  für  biefen  großen 
SWann,  bem  er  in  mancher  Sejie^ung  getfte«t>erh)anbt  ift,  au«  ber  lebhaften  ^eilna^ne, 
bie  er  feinen  ®d&idfalen  gollt,  unb  au«  ber  Äenntni«,  §o^f(^ä^ung#  ja  ©enufcung  faner 
©Triften  gefd^Ioffen  ift  (bgl.  1,  152.  156.  310;  2,  42;  4,  224;  5,  32  unb  langer 
©.  5).    Sftbor  lebte  in  einem   bei  ^eluftum  an  ber  öfätc^en  Äauptmünbuug  be«  9aB 

46  auf  einem  Serge  gelegenen  Älofter  cd«  $re«btyter  unb  Stbt  (bgl.  ^aeunbu«  bon  Amnione 
unb  ba«  ©^nobifon,  beibe«  3eugntjfe  au«  bem  6.  3a$rtyunbert,  lefttere«  ru^enb  auf  ben 
SWitteilungen  be«  ^renäu«  bon  I^ru«,  be«  jüngeren  3«tgenoffen  Sftbor«).  3n  btcfar  ©teflung 

it,  freiw  "" 


geigen  tyn  feine  ga^Ireic^en  Briefe  al«  einen  ^od^angefe^enen,  freimütigen,  bon  ^eiligem 
grnfte  burddglü^ten  geiftlt^en  SRatgeber,  ©eelforger  unb  wriftfunbigen  Sd^rer.  ®te  Butte 

50  feine«  Sfofe^en«  fällt  nad&  @t)agriu«  in  bie  Seit  Styeobojtu«  be«  3ün8e^"-  8B*^  I«W  CT 
aber  gelebt  ^at,  ift  jtoetfetyaft.  ®ie  »riefe  1,  310  unb  311  an  ®jrifl  unb  ben  Äufer 
X^eobofiu«  gehören  o^ne  ßtoeifel  bem  ^a^re  431  an  (f.  u.),  ein  anberer  (1,  324)  einem 
ber  näc^ftfolgenben  ^afyxt,  in  benen  Gtyrill  mit  ben  »ntio^enern  unter^anbeKe.  SBetter 
berab  führen  feine  fixeren  3)ata,   benn  bie  Briefe,   au«  benen  man  fyd  fd^Re|en  tooHen, 

w  SPbor  ^abe  ben2tu«brud^  be«  eut^ianifd^en  ©trette«  unb  ba«  einbringen  be«duttx$iam* 
mu«  in  @g^t>ten  erlebt  (f.  9Iieme^er,  ©.  21  ff. ;  e«  ftnb  )um  Xeil  bie  au$  bon  Seontiu« 
angeführten)  enthalten  feine  au*brücfli$e  @m?ä^nung  be«  Streite«  unb  erHären  fic^  DoD* 
ftänbig  au^  ber  Slücffid^t  auf  bie  aleganbrinifcfye  Siid^tung  ber  (^rifblogie,  tote  berat  einige 
berfelben  nod^  an  Gtyritt  felbft  gerietet,   alfo  nottoenbig  bor  beffen  lobe  444  getönefot 

60  finb.    ^ftbor«  ja^lreid^e  »riefe  enthüllen  un«  eine  für  aSe  Reiten  e^rtoürbige  <^rifUi^e 


Sftbor  non  $elnfutttt  446 

$erfonli$teit  m  bem  Vertreter  beS  griecfyifctyen  9Wön$tumS  in  feinet  ebelften  ©eftalt. 
SRur  in  ber  3ur^i^un0  &om  ©eräujcfy  ber  2Belt,  in  freitpißiger  2lrmut  unb  ßntfyalt* 
famfett,  beren  fcotyeS  SBorbtlb  Sobanned  ber  Säufer  ift,  gebeizt  tfym  bie  toa^re,  bie  pxab 
txföt  ^ftlofo^ie  ber  jünger  6$rifti  (1,  63  u.  o.).  3n  ben  SBogen  beS  alltäglichen 
SebenS  tyd  bie  Seele  nid^t  3Buße,  ©Ott  $u  erlennen  (1,  402),  unb  nur  in  mögltd&fter  6 
BebfirfmSloftgfeit  lommt  fte  ber  göttlichen  grei^eit  nabe:  „Sorgen  toir  für  bie  ©eele  am 
meifien,  für  ben  Seib  fotoeit  eS  nottoenbig  ift,  für  bie35inge  braußen  gar  nkfyt!"  (2,19). 
Sie  Unfcerträglictyfeit  beS  toeltlicfyen  SebenS  mit  ben  gorberungen  ber  9la$folge  (Styrifti 
toirb  oft  fo  ftarf  tyerfcorgefyoben,  baß  SWöndjtum  unb  ^rafttfd^e^  ßtyriftentum  jufammen* 
jufaDen  Drohen,  toie  er  toirflicfy  einmal  fagt :  f}  xov  deov  ßaadela  f\  novaj[ixi\  loxi  10 
nolxieia,  ovöevi  pkv  vjzoxvmovoa  Tzd&et,  juexecoga  de  q)Qovovaa  xal  vtieq- 
ovgävta  xatoQ&ovoa  (1,  129).  ütatürlicfy  ftetyt  tym  ber  jungfräulid&e  ©tanb  fyo$ 
atu$  über  ber  rechtmäßigen  @be.  Slber  äBeltflucfyt  unb  SlSfefe  allein  genügen  nid&t, 
ber  Äram  aller  Sugenben  foll  im  SKöncfytum  getounben  toerben,  ade  ©ebote  beS 
Äetnt  follen  barin  i|re  Befolgung  finben.  ©c^mäfyjud&t,  3orn  un*>  §afe  an  dnem  1B 
9Rön$c  ift  fd&limmer  als  otyne  btefen  gfe^ler  ber  3BangeI  möncbtfcfyer  ©ntfyaltfamfeit; 
mdf&  foll  tym  femer  fein  als  ©tolj  auf  feine  S3oHfommenfyeit,  benn  ni$t  ber  jung« 
fr&ufi$e  ©tanb,  fonbern  bie  2)emut  erfyityt.  9tud^  entgegen  %  bie  eigentümlichen  @e* 
fahren  beS  5Dtön$tumS  mcfyt,  unb  befonberS  ermahnt  er  auety  jur  2lrbeit.  2BaS  $.  ^om 
3Rdn$tum  forbert,  muß  er  fclbft  im  fyofyen  ©rabe  geübt  fyaben,  ioenigftenS  ftanb  er  im  20 
@tru<$  großer  $etligfeit  unb  fyatte  ftcfy  gegen  übertriebene  Serefyrung  $u  toefyren  (1,216). 
3)<mütigeSelbjifc^ä|ung,  beren  Äußerungen  benginbruef  ber  Slufridjtigfeit  machen,  fytnbert 
$n  aber  ntctyt,  feft  unb  mit  einem  getoiffen  ©efü^l  fcon  Überlegenheit  mit  feinen  ßrmafc 
mmgen  unb  ©trafreben  fyerfcorjutreten.  Unb  in  bem  ©eifte,  ber  in  btefen  (Srmafynungen 
toc&t,  liegt  bie  fc^önfte  ßrgänjung  feiner  negativen  3KöncfySmoral.  3urüc*Öcä08en  bon  ber  25 
Seit  trägt  er  bod&  felbft  bie  SRot  unb  bie  ©efatyren  ber  ganzen  (Sfyriftenfyeit  auf  bem 
ficqen,  ftäfct,  ermahnt  unb  (traft  überall,  toofyin  er  mit  feinem  fqriftlicfyen  SBorte  gelangen 
lann,  unb  gerabe  feine  mönc^ifc^e  ©teQung  nimmt  manchem  Berbern  ©traftoorte  ben 
mcnf$lu$en  Stapel,  ben  eS  fonft  fyaben  totirbe.  33on  fefyr  Vorteilhafter  ©eitejetgt  fic^ 
3.  in  feinem  SSer^alten  ju  ßt^ill.  2Rit  i^m  toon  änfang  einig  im  bogmatif^en  ©egenfa|  90 
gegen  92eftoriud  fyat  er  bo$  ein  offene^  9luge  für  feine  £eibenf$aft  unb  Stäntefuc^t;  als 
ba|cr  6^riH  fxc^  ruftet,  feinen  $au)>tj$lag  gegen  92eftoriud  311  führen  (431),  enna^nt  er 
i^n  fefyr  ernft,  nid^t  blinbe  Seibenfd^aft,  fonbern  ruhige  @rtoägung  entfd^eiben  }u  laffen 
(1,  310:  ngoonädeia  jukv  ovx  ögvdoQxei,  ävzuid&eia  de  8X(vg  ov%  oga),  unb  )U 
ahu^cr  3^*  toarnt  CT  ^^  Äaifer  freimütig  bor  bem  Unfug,  toeld&en  bie  unberufene  35 
Ctmmföung  feiner  bogmatifterenben  §ofleute  ftifte  (1,  311).  2lfö  aber  6^  ^m  SBers 
b&ttmjjcn  naebgebenb  unb  aufrieben,  baß  nur  bie  $erfon  bed  9{eftoriu^  preisgegeben  tourbe, 
fic^  m  jenen  bogmatiföen  3ugeftänbniffen  an  bie  Slntioc^ener  herbeiließ,  mußte  er  Von  3- 
bie  fRa^mmg  ^5ren,  fefhufte^en  unb  ftcfy  f eiber  ntd?t  untreu  ^u  toerben  (1,  324).  ©anj 
befonberd  liegt  i^m  bie  Sffiürbe  beS  ^rieftertumS,  biefed  foftbarften  ©uteS,  biefe*  bon  ©ott  40 
angttßi4eten2ic^teö(i,32),  am§erjen.  6in  großer  leil  feiner  ©riefe  l^ält  pflic^tbergeffenen 
SeipliAen  jum  leil  mit  furchtbarem  ©rnfte  bie  fc^toere  3Seranth)ortli^feit  ifyrcr  Stellung 
twr.  SJamentUc^  toirb  ber  33tj$of  @ufebiud  t>on  ^elufium  mit  einem  Seile  feiner  ©eifU 
li$teit  hnmer  aufd  neue  t>on  tfym  gejüd^ttgt,  baß  fte  ed  toagen,  priefterlid^e  Slmter  um 
9m  ju  t>erfaufen  unb  ju  laufen,  baß  fte  um  i^rer  toeltlicben  3ftecfe  toiQen  bie  ©emein=  45 
ben  benommen  laffen,  lieber  pracfytoolle  ßtrcfycn  bauen,  aU  ber  Slrmen  fi<f>  annehmen, 
tot  allem  aber,  baß  fte  bur$  i^ren  anftößigen  ÜÜBanbel  ben  G^riftcn  ärgernid  geben.  (Sr 
taufet  fu^  ntc^t  über  bie  ÜDtocfyt  eines  im  Söfen  Verwarteten  2BiHenS,  bie  feinen  ßrma^ 
mmgen  gejxmjert  gegenüberfte^t,  aber  bie  Siebe  brängt  ityn  immer  loieber,  fein  toenig 
•rfrlg  t^erfprec^cnbed  SBJerl  in  Hoffnung  aufzunehmen  (bgl.  ben  frönen  ©rief  2,  16).  50 
8efonbcrS  fc^merjt  eS  i^n,  baß  burd^  bie  ©ünben  einzelner  bie  Unberftänbigen  heranlaßt 
toceben,  an  bem  priefterlid^en  §lmt  überhaupt  irre  ju  toerben,  unb  baß  ber  3^^^  **s 
toac^t,  ob  folc^e  untoürbige  ^riefter  bie  ©nabenmittel  ber  Kirche  ^eilfräftig  bertoalten 
tarnten.  2)em  tritt  er  in  ©riefen  an  Saien  milb  bele^renb  entgegen.  3a^Te^c  untoür^ 
bige  oba  fc^toacbe  ©lieber  bed  3Rön$3ftanbe3  muffen  ftcb  ebenfalls  toon  tym  [trafen  ober  66 
«a^nen  laffen.  Sber  fein  Slicf  reicht  toeiter.  @r  nimmt  )\d)  in  jener  j)atriar$alif$en 
Sktfc,  bie  baS  alte  ßfyrtftentum  auszeichnet,  auc^  allgemein  menf^hc^er,  bürgerlicher  unb 
tJtüxtter  SRot  an  unb  fürchtet  babei  aud?  nic^t  bie  ©roßen  biefer  @rbe.  $erjli$  ermahnt 
«  ben  Äaifer  jur  SKtlbe  unb  greigebigfeit  (1,35),  bon  bem  mächtigen  SRufin  aber  forbert 
af  baß  er  ben  ©ehmltt^aten  beS  $rätorS  CfyreniuS  (Sin^alt  t^ue,  bamit  er  nicfyt  bereinft  go 


446  dfttar  Hin  $etefam 

in  gleiches  @ericf)t  mit  tym  lomme  (1,  178),  unb  GtoreniuS  ieftfi  totrb  in  bor  berbflen 
SBetfe  bon  ihm  geftraft  (1,  174  u.  175).  äußbrücflic^  betrautet  er  ftc^  al^  btfonberö  be* 
rufen,  für  ba3  2Bo$l  ber  Stabt  bei  ben  3Rad>tbabern  fiefr  gu  tertoenben  (2,  25).  Sbenfo 
aber  legt  er  für  Stlaben,  bie  ju  ibm  flieben,   bei  ihren  Ferren  gürbitte  cht,   nic^t  obne 

6  ben  Ferren  juöemüte  $u  führen,  bafe  fte  als  (Stiften  feine  Sflafcen  baten  feilten.  Setojl 
litterartfer;  gefault  unb  mit  ber  toeltlicfyen  Silbung  öertraut,  blidt  ysfibox  gtoar  auf  ben 
unreinen  (Seift  ber  2Jtyttyologte  unb  bie  Stefultatloftgfeit  $eibmf$er  Spekulation  fcrab, 
aber  bod&  geftetyt  er  ju,  ba£  aus  bem,  toa£  bie  ^i^ilofo^cn  über  lugenb  gelehrt,  au$ 
ber  G^rift   ber   33iene   ^letcr)  Sßatyrung   tyolen    fonne  (2,  3),   unb  bog    bie  tvtlüidpn 

io  SBiffenfcfyaften,  toenn  fid^  bie  göttliche  ÜBafyrtyeit  mit  tynen  berbmbet,  4$ren  SBert 
tyaben  (3,  65). 

3n  bogmatifd&er  Sejie^ung  föliefet  fi#  3fü>or  ^  fitd&licfcen  Crtyoborie,  fotoeit  fte 
bamalä  in  ber  grie$tf$en  Äircfye  fefte  ©eftalt  gedornten  tyatte,  aufrichtig  unb  mit  Gifer 
gegen  ade  §ärefteen  an,  ofyne  SebeutenbeS  $u   geben.    Sein  Sntereffe  toenbet  fic^  gern 

16  auf  bie  fünfte,  bie  ifym  für  ba$  fraftif^e  (Sfyriftentum  hric^ttg  fmb,  auf  Sünbe,  f^reU^eit, 
©nabe,  bie  er  ungefähr  toie  GfyrtyfoftomuS  fafct,  um  bie  gfretyeit  im  Sinne  ber  grie^ifien 
Dogmatil  gegen  jebe  naturaliftifetye  2luffaffung  beä  Sittlichen  ju  behaupten,  $ier$er  ge* 
fyört  and)  feine  Sefämpfung  ber  Se^re  bom  gatum  (f.  u.).  9lu|erbem  ift  ettoa  no$  ju 
nennen  fein  »rief  über  bie  SluferftefyungSletyre  (2,  43)  unb  feine  Sefämpfung    ber  2e$re 

ao  be$  DrigeneS  Dom  gaU  ber  Seelen  (4,  163).  Sebcutenber  aber  ift  er  ate  Sieget.  SSon 
feinen  »riefen  begießt  fid&  nämli#  eine  grofce  äafyl  auf  eregetifd&e  gragen  (batyer  bie  8e* 
jeic^nung  auf  bem  Xitel  feiner  SBerfe).  Die  Sdjrifttoafyr&eit  ift  tym  ber  tytmmlifdje  Scfcfe 
in  irbenen  ©efäfeen,  ben  Ginfältigften  Derftänblid^  unb  boefc  fo  boDer  ©ew^eitettefen,  ba$ 
aud&  ben  SBeifcften  barob  fcfytoinbelt.    Dringenb  empfiehlt   er  au#  ate  3$rberung3mittel 

26  ber  Heiligung  Sefcbäftigung  mit  ber  Sdjrift  unb  flagt  über  SJtangel  berfelben.  @3  ift  frei« 
li$  fcfyon  ein  »orhmrf,  baft  toir  überhaupt  ber  »ermirtelung  bur$  bie  Schrift  bebürfen. 
#u  ben  2llten,  9>loafy,  2lbra$am,  §iob,  j)at  ©Ott  nid&t  bur$  SudMiaben,  fonbern  bur$ 
fid&  felber  gerebet,  toeil  er  tyren  Sinn  rein  fanb.  6rft  mit  bem  SSerberben  be$  jübtj^en 
ÜtoltS  tourben  Schriften  nötig ;    unb  äfynlicty  ift«  im  9fä.    Die  ä^oftel  erhielten  n«$8 

so  Sc^riftlic^e^  fonbern  bie  lebenbige  ©nabe  be«  ^eiligen  ©eifte«.  $ätte  bie  ß^riften^eit 
ben  urfprünglid^cn  Steid&tum  ber  ©eingaben  burd^  Sreue  in  Setyre  unb  Seben  betoa^rt, 
fo  toären  S^rtften  gar  nid^t  nötig  getoejen  (3,  106).  Um  fo  fc&Ummer,  ba^  toir  nun 
nid;t  einmal  bie  Schrift  gebrauten,  tüte  toir  foQen.  T)aö  ©ef^äft  be*  Sudlegerd  ift  H, 
mit  ^eiliger  ©efinnung  an  bie  Schrift  gu   gefyen,  getoiffen^aft  unb  felbftberleugnenb  nic^t 

86  unter*,  fonbern  auflegen,  bon  tyr  felbft  ftd^  führen  ^u  lajfen  (2,  106.  254 ;  3,  292), 
nicfyt  an  eiiuclne  SBorte,  fonbern  an  ben  S^^lt  in  feinem  ^ufammen^anae  j^  jU  ^m 
(3,  136).  ungeachtet  Dicfer  unb  äfynlicfyer  ber  befonnenen  antio^enifmen  $ermeneut9 
na(;cftcbcnbcn  gorberungen  geftattet  er  ft$  freiließ  boc^  manche  re^t  toilKürli$e  SWegorie 
befonberd  in  c^riftologtfc^en  Deutungen   altteftamentlid^er  Stellen.    9lur   toarnt  er  au$ 

40  hierin  bor  ©etoaltfamfeit  unb  \v\ü  befonber«  in  ber  Sluälegung  be^  31^  ben  gefdji^tücfcn 
Sinn  burd^  ben  mt;ftifc^=J)ro^etifc^cn,  bie  forogla  burd^  bie  öeiogta  nid&t  aufgehoben 
ober  berfd^lungcn  toiffen  (4,  203).  fflo  m^ftifd^e  Deutung  nic^t  ungcjtDungen  gefepe^en 
tann,  foß  ber  (Srllärcr  bei  ber  einfachen  ^iftorifc^en  Sejie^ung  flehen  bleiben,  um  nu$t 
bat  ^uben  unb  Reiben  SWaffcn  in  bie  §änbe  ju   geben  (2,  63.  195).  Übrigens  fefrlt  e* 

4&auc^  ntc^t  an  itefud&en  grammatifd;cr  (1,  18)  unb  facfylid^er  ßrltäruna  (1,  68;  2,  150; 
3,  110;  1,  114;  2,  66,  an  lefcter  Stelle  mit  gelehrter  Se^ung  auf  3ofe|)^u«).  3n^ 
rejfant  tft  aud^  ber  fritifc^e  Herfucty  (3,  31),  ba«  J>afftbe  tzqiotötoxos  miorjs  xtioeaK 
Äol  1,  15  in  ba«  aftibe  xQonoroxog  umjufe^en  unb  auf  bie  Sc^fert^attgfeit  (S^riffi 
ju  bejie^en,  gegen  bie  beliebte  arianifd^c  Senu^ung  biefer  Stelle. 

60  Die  3ftW  ber  Briefe  ^ftbor^  toirb  bom  SBerfajfer  bed  S^nobilonÄ  unb  öon  ga* 
eunbud  bon  .^ermiane  auf  2000  angegeben;  Suibaä  fpric^t  bon  3000,  9ttce}>boru3 
gar  bon  10000.  Die  «Parifer  abgäbe  enthält  2012  »riefe,  toobei  aber  m  bebenfm 
ift,  bafj  ntd^t  feiten  Öriefe  in  leicht  abtoeid^enber  Slejenfton  fid^  boppeU  öorfinben  (bgL 
9liemet)er   41  f.    unb    62—67;   gefjler--3ungmann   132   91  1).     3uto«tkn    ^aben  jtoei 

r*  jefct  getrennte  urfprüngltc^  einen  3?ricf  gebilbet  (f.  JiHemont  847  unb  g.*3.  a.  a.  D.) 
iSnbIid>  ift  eä  febr  ipa^rfd^einlic^,  ba|  Diele,  ftenn  ntd^t  bie  SRe^rja^I  ber  Briefe  un*  nt^t 
in  ber  urfprünglic^en  ©eftalt,  fonbern  aU  Don  sDiöncben  ^ergefmlte  Äu^iüge  überTtefett 
finb.  Die  Monjcftur  ^eumannd,  bag  bie  meiften  »riefe,  jumal  bie  japlreu^en  Straf* 
epifteln,  Don  3.  nur  fingiert  feien,   um  feinen  Schülern  als  rtyetorifctye  Stuftet  ju  bienen, 

00  bebarf  für  jeben,  ber  einige*  »erftänbniä  für  bie  barin  futy  offenbarenbe  ^erfönli^feit 


dftfcor  Hott  $c!nfuutt  Sfibor  bon  ©ebtfla  447 

mitbringt,  feiner  SBiberlegung.  ®a$  Don  3.  3,  253  ertoäfynte  Xoyldiov  negl  rov  jurj 
ärai  dfjuiQfihtiv  barf  man  tootyl  in  bem  langen  Srief  an  ben  ©opfyiften  §ar}>ofra$ 
(3,  154),  ber  eben  biefen  ©egenftanb  be^anbclt,  toiebererfennen.  Dagegen  fc^etnt  ber 
läyog  ngdg  "EkXrjvas,  toorm  (nad&  2,  137)  bic  göttliche  SSorfefyung  toegen  beS  ©lüde« 
ber  ©Öfen,  be$  Unglüdfö  ber  ©uten  gerechtfertigt  unb  (na$  2,  228)  bie  9tf$tigfeit  ber  5 
^eibntföen  3Jtantif  nad&gehnefen  fear,  nicfyt  erhalten  ju  fein,  ba  e$  faum  angängig  fein 
bfirfte,  au$  biefe  ©c^rift  in  bem  ©treiben  an  §atyofra$  toieberjufinben  (fo  Sarbenfyetoer). 
2>te  unter  ben  apophthegmata  patrum  bei  GoteleriuS,  Monum.  Eccl.  Graec.l,  488  f. 
aufgeführten  ©entenjen  SfiborS  ftnb  ben  ©riefen   entnommen. 

m.  mutx  t  (©.  Ärüger).       io 

3fibor  PPtt  ©etoifla,  geft.  636.  —  WuSgaben:  Marg.  de  la  Bigne,  <ßari8  1580;  cum  notis 
J.  B.  Perez  el  J.  Grial,  Mabrib  1599;  1778  2  23be;  ed.  emend.  per  J.  du  Breuil  «Part«  1601, 
Äöln  1617;  befte  wa^r^aft  Flaffifdje  ©efamtauSgabe  öon  Faustinus  Arevalus  in  7  S3bn,  9Rom 
1797-1803  ($b  I  unb  II  Isidoriana;  53b  III  unb  IV  bic  Gtumoloa>n;  93b  V-VII  bic 
übrigen  Sdniften),  barnadj  MSL  81—83,  woran  |id)  84—86  ber  codex  canonum  eccl.  His-  16 
panae,  ba«  Missale  unb  Psaltcrium  Goticum  anfliegen.  2)ie  lütdjtigften  (Separat ausgaben 
ber  einzelnen  ©ebriften  f.  u.  Sitteratur:  lieber  3i'borä  Seben  unb  ©djrifteu  nor  aflem  bie 
fd)on  genannten  Isidoriana  üon  9lrcualo  MSL  81;  9ttonoa,rapfuen  oun  (Sajetan,  SRom  1616; 
Stomefttil  1843;  fcoUombet  1846;  ferner  ft.  Antonio,  Bibl.  Hispan.  vetus,  Mabrtb  1788, 
6.  321  ff.;  Srlorej,  Esp.  sagrada  IX  ©.2 16 ff.;  ©am*,  $.  ®.  u.  Spanien  II,  2  ©.  102ff.;20 
Sembfe,  ©efd).  o.  Spanien  I  ©.  241  ff.;  3)alm,  Könige  ber  ©ermaneu  ©b  5  unb  6;  bie  litterar« 
gejd)i(fttlid)en  SBerte  oon  fJabriciuS,  Bibl.  lat.  III,  655  ff;  Bibl.  medii  aevi  IV,  539;  (Saue  I, 
547;  Ceittier  XVII,  621:  $upin  V,  1;  CubinI,  1581;  SBäfcr,  ©efd).  ber  vom.  fiitt.  ©uppl.  II 
6.  455;  2euffel.©d)n>abe  1890  ©.  1298 ff.;  ©bert  1889  I,  588 ff.;  Sttontaletnbert,  Wönc&e  be3 
«benblanb*  1860,  II  ©.  211  ff.;  3ödlcr  Slffefe  u.  IWondjtum  2.  flufl  1897  ©.  367 ;  Bourret,  25 
l'ecole  ChreHienne  de  S^ville  $ari«  1855,  ©.  59 ff.;  Nouvelle  Biogr.  gebende  $ariS  1858 
8b  26,  ©.  57ff.;£ülb  bei  ©rfd)  unb  ©ruber;  SBattenbad),  ©cfaVcbtSquellen,  6.  Aufl.  I  ®.  85 ff. ; 
Voltftofl,  Bibl.  medii  aevi  1896  33b  I  ©.  687;  wenig  bei  Gtjeoalter,  Repertoire  1886;  @.  3f. 
Wgflerö,  8eitf*r.  f.  Ijift.  $&eol.  1855  ©.  268 ff.;  ©brreS  über  ^önig  Ütcffareb  3\v%f)  1897, 
98,  99.    Silt  )u  ben  einzelnen  ©Triften  f.  u.  so 

Sftbor,  Siföof  bon  ©eoilla  (über  Derfd&iebcne  SJlänner  biefeS  Samens  f.  2lreDalo  I 
MSL  81  6.  90)  ift  geboren  ca.  560  aus  angefefyener  romamfcfyer  (nid&t  gotifa^er)  unb 
tatyolifc$er  ^amtlte,  bie  auä  bem  (552?)  toon  ben  ©oten  jerftörten  dart^agena  ftammte. 
Seat  ßkburteort  ift  unbefannt.  ©ein  9?ater  ^iefe  ©et)erianu^,  feine  5Kuttcr  naefy  Seanber 
(MSL  81  ©.  14)  lurtur,  toenn  ba^  aU  Eigenname  j\u  berfte^cn  ift.  6r  fyatte  gtoei  ss 
»rüber,  Seanber,  576—600  Siföof  bon  ©ebilla,  unb  gulgentiuS,  Sifc^of  oon  Sftigi,  fotoie 
eine  ©Atoefler  glorentina,  bie  afe  -Könne  ju  3lftigi  lebte,  ßr  felbft,  ba$  jüngfte  ber 
©efc^toifker,  tourbe  nadd  ber  ßltern  frühem  lob  fcon  Seanber,  feinem  berühmten  ©ruber 
(f.  b.  81.),  mit  UebeboHer  ©trenge  mögen  unb  unterrichtet,  toibmete  ftc^  bem  geiftlic^en  ©tanbe 
(über  fem  angebliches  SJJönc^tum  ift  nichts  ©id^ereS  betannt)  unb  bem  eifrigen  ©tubium  40 
ber  ^eü.  ©<&rift,  ber  Äirc^entoäter  unb  ber  ^rofanlitteratur  unb  lourbe,  toa^rfc^cinlic^  im 
3a$r  600,  Slai^folger  feinet  Srubcrö  als  Sifcfyof  t)on  ©eDiUa,  bem  9KetropoIitanfifc  ber 
$rotwnj  SJaetica  (baS  3)atum  mu^  bom  lobeSial^r  aus  beftimmt  toerben  ;  je  nad^bem  man 
bie  40  o<tyrcr  bie  ^Ibefonä  vir.  ill.  9  i^m  giebt,  genau  nimmt,  fommt  man  auf  596  ober  600; 
fpätcre  lüaten  berbienen  feinen  ©lauben).  Sr  bertoaltete  fein  2lmt  unter  loec^felnben  firefc  46 
tk^en  unb  ^olitifc^en  Ser^ältniffcn  mit  groger  Ireue  unb  ftarb  na$  ber  Slngabe  feiner 
lungeren  3«tfl*w>ffen  unb  greunbe,  Sraulio,  Sifcfyof  Don  ©aragoffa  unb  JRcbemptuS, 
Älenfer  in  SeDiUa,  im  1.  $af)x  beS  Königs  (Sbinttla,  am  4.  9lpril  636.  lieber  fein  Gnbe 
^aben  toir  einen  erbaulichen  Serid^t  Don  SRebem^tuS  an  Sraulio  (MSL  81  ©.  30 ff.): 
fetfyd  SRonate  lang  verteilte  3J*or  täglid^  3llmofen  an  bie  3lrmen  ;  bei  junefymenbcr  Äranf^eit  60 
berief  er  bie  benachbarten  Sifd^öfe  gu  fiefy,  lieg  ftc^  in  bie  Äircfye  bringen,  unterjog  fid^ 
^ier  frettoiOtg  ber  öffentlichen  fitre^enbuge,  betete  laut  um  Vergebung  feiner  ©ünben,  bat 
alle  äntpefenben  um  u^re  Serjjci^ung  unb  ^ürbitte,  empfing  bic  fycil.  Äomntunion,  Derteilte 
ben  Stefl  feiner  #abe  unter  bie  3lrmen,  lieg  fid&  in  feine  3^c  jurücfbringen  unb  ftarb 
4  *Xaat  barauf  im  ^rieben,  ©onft  ift  unä  aus  ber  ©efd^ic^tc  feines  Gebens  unb  feiner  55 
Xmtöjtt^rung  toenig  ©injelneS  betannt.  (ix  toar  fein  Äirc^enpolitifer  im  grogen  ©til  toie 
Seanber.  5Ke  beränberte  3«t  60t  auefy  ju  grogen  2lftionen  feine  ©clegenfjeit.  95er  Ie^te, 
Htoere  Jtampf  mit  ben  SlrianiSmue  berührt  nur  noeb  feine  ^ugcnbjeit ;  über  feine  Beteiligung 
baran  ift  nietyt*  ©etoiffeS  überliefert.  ÜJlc^r  als  ber  9trianiämu3  befd^äftigte  Mönige  unb 
Slptoben  ba«  Problem  ber  Subenbefe^rung,  an  bem  benn  aud^  3-  'n  fc'"cr  2öe^c  litterarifd^  go 
unb  in  ben  ©tynobalber^anblungen  mitarbeitete.    Slugerbem  ^anbelte  eS  fic^  um  geiftige 


448  3ftbor  öon  ©ebilla 

unb  fittlicfce  §ebung  be«  Äleru«,  Drbnung  be«  Äloftertoefen«  (f.  feine  regula),  ber  2iturgie 
(bgl.  bte  ßanone«  ber  4.  ©tyn.  b.  SEolebo  633  Mansi  Xf  611  MSL  84  ©.  363  ff.). 
Stntoefenb  toar  er  bei  ber  (jtoeifctyaften)  ©tynobe  unter  Äönig  ©unbemar  610,  too  bic 
Siebte  be«  ©tu^I«  toon  $olebo  feftgefteHt  tourben.    auf  jtoei  ©tjnoben  führte  er  ben  Sorte: 

5  619  ju  ©etoilla  unter  Äönig  ©ifebut  (Syn.  Hispalensis  II  Mansi  Xf  556  ff.;  $efefef 
Gonc.  ©cfd^.  III,  66;  ©am«  85  ff)  unb  633  auf  ber  toie&ttgen  4.  ©ünobe  bon  lolebo 
unter  ©tfenanb  (Mansi  X,  611 ;  §efele  III,  72;  ©am«  90  ff.).  3)o<$  läßt  ft$  au«  ben 
Quellen  nid^t  feftftellen,  toietoeit  fem  perfönlictyer  Anteil  an  ben  gefaßten  Sefölüffen  unb 
an  ber  SRebaftion  ber  Äanone«  getyt.    ^mmertyin  tß  Ju  Vermuten,  bafi  bei  feinem  Sfafeben 

10  bei  Äleru«  unb  ftönigen  fein  ©influß  nicfyt  gering  fear.  3lud^  bie  ßrric^tung  einer  flöfteriiqen 
©cfyulanftalt  &u  ©etnlla  fdjeint  tym  metyr  im  Stücffölujj  avß  feiner  litterariföen 
S^ätigfeit  unb  ben  SBorf Triften  ber  ©tynoben  feiner  3*ü  (can.  21  ber  4.  ©ton.  t>.  lolebo), 
al«  auf@runb  toirflic^erUeberlieferungjugef (^rieben  toorben  ju  fein.  ®r  galt  einer  fpateren 
3eit  al«  Urheber  ber  bifcfyöflidjen  Älerifalfeminarien. 

15  3-3  §auj)tbebeutung  liegt  {ebenfalls  auf  bem  litterariföen  ©ebiet.  ©eine  ©ele^rfamfeit 
umfaßt  äße«,  toa«  im  6.  $afyr$unbert  in  feiner  foanifcfyen  §eimat  nadfr  ben  ©türmen  ber 
SBölfertoanberung  bon  toiffenfcfyaftltcfyer  Sitbung  no$  ju  erlangen  toar.  Sr  toar,  toie 
Sraulio  ifyn  nennt  (MSL  81  ©.  16)  ein  vir  in  omni  locutionis  genere  formatus, 
quem  Deus  post  tot  defectus  Hispaniae  novissimis  temporibus   suscitans  ad 

20  restauranda  antiquorum  monumenta,  ne  rusticitate  veterasceremus,  quasi 
quandam  apposuit  destinam  (=  $alt,  ©tüfte).  35o«  fttnb  einer  $t\t,  ba  bie  fpamf$e 
Äirctye,  bom  2)rud  ber  arianifcfyen  §errfcfyaft  befreit,  auf  ©runb  ber  SBerfö&mmg  fcon  ®oten 
unb  SRomanen  im  fatfy.  ©iauben  aufblühte  in  bem  berechtigten  ©elbftbetoufitfein,  ba«  bejie 
aeiftige  Seben  ber  neuen  gotifdHpanifäen  Nation  barjuftellen,  tourbe  er   oer  güfyrex  be* 

25  lebhaften  S3tlbung«brang«,  ber  ftd?  naturgemäß  in  bie  Vergangenheit  richtete  unb  an  $r 
ft$  aufrichtete.  Sßeber  neue  originale  ©ebanfen,  nod^  felbftftänbige  toiffenfqaftUc&e  gotfcfcung, 
toeber  föarfe  Äritif  nod)  elegante  2)arfteHung  barf  man  batyer  bei  iljm  ertoarten;  aber  an 
Sielfeitigleit  be«  tfyeologifd&en  toie  allgemein  totffenföaftlidjen  3jntereffe«,  an  umfaffenber 
Selefenfyeit,  an  gleiß  im  ©ammeln,  ©netteren  unb  Äompilieren  eine«  toloffalen  SBiffenä« 

ao  ftoff«,  an  unermtiblictyem  (Sifer  feinem  Ißolf,  feinen  Äönigen  unb  bor  aDem  ber  Äin^e  mit 
feinen  2öiffen«f$äfcen  &u  bienen,  fyaben  e«  ifym  toenige  gleich,  feiner  juborgetyan.  Unb 
obgleich  bie  Sietfyobe  be«  Süc^ermactyen«  bun$  2tbf$reiben  burc^au«  nidjt  neu,  fonbern  gute 
anttfe  Ueberiieferung  fear,  ift  bo$  feiten  einer  fo  e^rlkfc  getoefen  toie  3-,  offen  ju  gefte^en, 
baß  er  nichts  u>oüe,  atö  ©Qerpte  geben. 

85  ©eine  gefd^tc^tlic^e  33ebeutung  beruht  bor  allem  auf  ben  jftei  @amme(h>erten,  ben 
libri  sententiarum,  ber  erften  Dogmatil  ber  lateinif$en  Jtirc^e,  beliebtem  Se^rbuc^  unb 
Vorgänger  unjä^Iiger  SBcrfe  bleiben  Sitefe,  unb  ben  (gtymologien,  ber  Duelle  be$  f^ra^» 
lid^en  unb  realen  äöiffenä  für  3ja^unberte.  ©o  ift  er  ber  große  ©tfculmeifter  bed  sJRittel* 
altera  geworben.    T)a^  xc\d)üd)  überfd^h)änglid^e  Sob  freiließ,  bad  bem  ©ele^rten  unb  bem 

40  ^eiligen  3eitgenoffen  unb  Spätere  ftreuten,  ift  für  und  getrübt  bur$  bie  SBa^me^muna 
baß  überaß,  too  feine  Duellen  nod)  gu  fontrollieren  fmb,  bebenßi^  große  glüc^tigfeit  tnS 
Dbcrfläc^lic^Icit  fiefy  na^feeifen  läßt.  %)oi)  läßt  fiety  auf  bem  ©runb  be«  Silbe«  fein« 
3eit  ber  imponierenbe  ©inbrud  feiner  ©eftalt  erflären,  jumal  auefy  feine  ^ßerfönli^feit, 
fotoeit  erfennbar,  burc^auä  gefeinnenbe  3üöc  Je'ö^    ®afe  ^  c'n  offene«  Sluge   für  feine 

45  Umgebung,  ein  toarmeS  £er$  für  feine  greunbe,  fein  SBolf  unb  Saterlanb,  ein  geregte« 
Urteil  über  gcfcfyid&tltcfye  Ser^ältniffe  ^at,  geigen  manche  ©teilen  in  feinen  ©griffen  unb 
©riefen;  bor  allem  ba«  befannte,  bie  Einleitung  gu  feiner  ©otengefdjic^te  bilbenbe  Elogium 
Hispaniae,  eine  begetfterte  Ser^errlic^ung  ber  3wf^w*>e  Spanien«  unter  ber  2öeftgotau 
^errfc^aft.    Unb  felbft  toenn  biefe«  ©tüd  unecht  fein  foHte  (f.  u.)  blieben  anbere  Äapitel 

sobiefer  ©c^rift  neben  mannen  ©teilen  anbercr  ©Ariften  3^0"^  Hne^  ftHmifc^floti^en 
SRationalgefü^l«.  Die  93if$öfe  im  ©panien  ber  fat^olifd^en  ©otenfonige  Ratten  aÖerbmg« 
aud^  Urfac^e,  ftcfy  too^l  ju  füllen  in  bem  ©taat,  in  bem  fte  bie  erfle  Stolle  frteüen,  unb 
lotyal  iw  fein  gegen  bie  Äönige,  toelc^e  toieberum  bie  ÜRad^t  be«  Staate«  in  ben  SHenfl 
ber  Äird&e  [teilten  (t)gl.  can.  55  be«  4.  Äonjil«  bon  $olebo).    Äönige  toie  Sleffor^)  ber« 

55  bienten  aud?  ba«  banfbare  £ob,  ba«  3-  ^m  fr^nbet  (hist.  Got.  cap.  52). 

Der  Siogrop^ie  ^«.  ift  bie  große  SSere^rung  toie  getoö^nlid^  fe^r  übel  belommm. 
Segenben  umtoud^em  reic^lid^  fein  Seben  bon  ber  uBiege  bi«  ftum  ©rabe.  ©ein  Sater  tourbe 
jum  dux  provinciae,  bann  balb  fein  Sater,  balb  feine  3Rutter  )u  gotif^en  Äönig*finbetn 
unb  jtoar  be«  Dftgoten  a^eobori^,  balb  toenigften«   eine  angebliche  ©c^toefler  S^eobora 

cojur  ©attin    be«    Jiönig«    Seobigilb     unb    SJtutter    be«   ^ermenegtlb    unb    9leBareb. 


3ftbor  t)on  Scötfla  449 

3.  tourbe  aHmätylicfy  jum  f^anifd^en  9tationalIircfyenfyero«  unb  ade  @igentümlicfyfeiten  ber 
foamfdfjen  Ätrt^e  in  ÜBerfaffung  unb  Siturgte  tourben  mit  feinem  SRamen  gebedft.  ©0  läuft 
au$  bte  altfpantfc^e  ober  mo$arabif$e  Siturgie  unb  bie  ftjanifcfye  Äanonenfammlung,  bie 
ber  gfälfäung  ^ßfeuboifibor«  gu  ©runbe  liegt,  ja  fogar  bie  ©ammlung  ber  toeftgotifcfyen 
König«geje$e  unter  feinem  SRamen.  35afe  er  nicfyt  nur  doctor  Hispaniae  blieb,  fonbern  s 
jum  cmgefe^enen  Seigrer  ber  ganzen  Äird^e  tourbe,  t)at  bann  noefy  ba«  Sebürfni«  getoeeft, 
i$n  römifdfcfir($lic$  ju  überarbeiten.  So  mufcte  er  ein  ©cfyüler  ©regor«  be«  ©rofccn  toerben, 
apoftolifcger  SJifar  in  Spanien  fein  unb  ba«  Pallium  erhalten  fyaben,  an  einer  rötmfcfyen 
©tynobe  teilnehmen  etc.  3)amit  hmrbe  bie  in  fpäteren  Reiten  befremblicfye  I^atfac^e  gebetft, 
bafc  bie  Steuerungen  jtoifäen  9tom  unb  Spanien  &u  feiner  $eit  fefyr  fd&toacfy  toaren.  2Bar  10 
e«  bo<$  bamal«  möglich,  bafc  3.  ba«  5.  Ronyl  bon  553  nicfyt  anerfannte,  obgleich  e«  in 
Stom  föon  gefcfyefyen  toar,  ben  Äaifcr  Suftinian  einfach  al«  Jtefcer  befyanbelte,  ber  ba« 
Seferaitni«  tum  (S&alcebon  umftür$en  toollte  (bgl.  vir.  ill.  4.  31 ;  MSL.  83  ©.  1086. 1099), 
unb  unter  bem  Äejjemamen  „Slfep^aler"  eben  bie  Slnfyänger  be«  Äon$il«  t?on  553  befämpfte 
(»gl.  can.  12  unb  13  ber  2.  ©tynobe  bon  ©ebilla,  MSL  84  ©.  598  ff ;  etymol.  VIII,  15 
cap.  5  MSL  82  6.  306 ;  vir.  ill.  4).  (Sbenfo  <$arafteriftif$  tfc  bafj  g.  in  feinem  firefc 
liefen  £anbbudj  ben  $apat  gar  mcfyt  crtoäfynt.  3CDCnfa^^  fonnte  toeber  bie«  no$  bie 
3Ba$rne$mung,  bafc  er  j.  83.  in  ber  ©aframent«*  unb  ©nabenlefyrc  nicfyt  ganj  forrelte 
Ausführungen  bon  älteren  übernommen  fyat  (Dgl.  bie  SSerfyanblungen  über  feine  SRed&t* 
gKubtgfett  bei  Streb.  I,  30;  SBigger«  a.  a.  D'}  31.  Slbenbma^l  93b  I,  63,  4ü;  93b  XVI  20 
©.  311  ber  2.  Slufl.)  feinen  Stnfe^en  3lbbrud&  tyun. 

S8on  3.«  ©Triften  beftyen  toir  gtoei  alte,  toenn  audfj  ni#t  ganj  boUftänbige  SSer« 
)et$niffe,  ba«  eine  toon  Sraulio,  praenotatio  libromm  s.  lsid.  (MSL  81,  ©.  15  ff), 
ba3  anbete  in  cap.  9  ber  viri  illustres  toon  Iglbefon«  bon  Solebo  (MSL  81  S.  27). 
2>te  Sufja^lung  beiöraulio  fd&eint  in  ber  $auptfac$e  cfyronologifcfy  $u  fein,  bafyer  mir  biefe  ju  25 
©runbiegen,  bot$  ber  Überfu^tli^Ieit  toegen  mit  Untertreibung  breier  §aubtgruj)j>en  naety  bem 
3n$a!t,  ©Triften    tfyeologifcfyen,  fyiftorifcfyen   unb    allgemein   totffenfäaftlid&en  Sfyarafter«. 

1)  Prooemiorum  über  I,  Einleitung  in  311  unb  31%  bcftefyenb  au$  einem  furjen 
Prolog  über  ben  Seftanb  be«  Äanon«  im  allgemeinen  unb  fuqen  prooemia,  b.  fy.  ^nfyalt«* 
angaben  ju  ben  einzelnen  Supern;  Slreb.  V;  MSL  83  ©.  155 ff.  so 

2)  De  ortu  et  obitu  patrum,  ober  de  vita  et  morte  Sanctorum  utriusque 
Test.,  furje  biogra^iföe  SWottjen  über  bibl.  ^ierfonen,  64  au«  bem  312,  21  au«  bem  SM, 
begmnenb  mit  3lbam,  fc^liefeenb  mit  ben  Sfyoftelfc^ülern  Sufa«,  3)Jarfu«,  Sarnaba«, 
Innotbeuä,  litu«.  Die  ßc^t^eit  ift  beftrttten  toorben,  jebod^  o^ne  genügenben  ©runb. 
SlreD.  V  ;  MSL  83  ©.  129  ff.  35 

3)  Officiorum  libri  II,  getoö^nlid^  de  offieiis  ecclesiasticis  genannt,  gefc^rieben 
ca.  610,  eine«  ber  für  bie  Geologie  unb  fircfylicfye  3lrc^äoIogie  toid&tigften  äöerfe  3^or«. 
^ad  SEBert  ift  na$  ber  SBJibmung  an  gulgcntiu«  (©.  737)  ex  scriptis  vetustissimis 
auetorum,  ut  locus  obtulit  commentatum,  in  quo  pleraque  meo  stilo  elicui, 
nonnulla  vero,  ut  apud  ipsos  erant,  admiscui,  in  ber  %fyat  eine  ber  felbftftänbigften  40 
Schriften  3.«  35a«  erfte  IRnd)  unter  bem  ©J)ejialiitel  de  origine  officiorum  ^anbelt 
ban  bem  Urforung  unb  ben  Urhebern  ber  fircfytid&en  .^anblungcn,  Don  G^riftentum  unb 
Ämfc,  ben  Seftanbteiien  be«  ©otte«bienfte«,  Stören,  ^falmen,  §^mnen,  ©ebeten,  fieftionen, 
Sofyftetjungen,  Offcrtorien,  5Reffe,  ©^mbol,  S3enebiftionen,  Dj)fcr  ftier  ©.  755  bie  faavtyu 
pelle  über  ba«  Stbenbma^l  neben  2  au«  Etym.  lib.  XIX,  f.  0.),  §oren,  ©abbatfy  unb  45 
Sonntag,  gefiten,  gaften  2c.  Da«  jtoeite  Sucb  unter  bem  befonberen  2itel  de  origine 
ministeriorum  ^anbelt  bon  bem  31mt  ber  firdfclid&en  Diener,  ben  Derfc^icbenen  Drbnungen 
ber  Älerifer,  »on  ben  SWönd&en,  bon  ^JJönitenten,  ^""Ö^0«^/  S38ith>enf  Verheirateten, 
flatec^umenen,  ©lauben«regel,  laufe,  Konfirmation.  3toci  ©d^Iufefapitel  über  bie  firc^ltc^en 
©uffragien  finb  unecht.  —  3ucrP  ^w«u«flg.  b.  3-  6od(?Ieu«   1534   na$   einer  Trierer  50 

tbji^r.;  toeitere  ©et)aratau«gaben  $ari«  1564,  1610;  SRom  1591 2c;  Slreb.  VI ;  MSL  83 
>.  737 ff;  ebert  ©.  597. 

4)  De  nominibus  legis  et  evangeliorum  liber,  in  quo  ostendit,  quid  me- 
nioratae  personae  mysterialiter  significent  (Sraulto),  offenbar  ibentifc^  mit  ben  in 
unferen  §anbfc$r.  unb  3lu«g.  erfd^einenben  Allegoriae  quaedam  s.  Script..  aUegorifd&e  66 
ftrüärung  \>on  129  9lamtn  unb  ©teilen  au«  bem  Sil,  121  au«  bem  91%  beginnenb 
mit  Sbam  unb  @t>a  al«  2:^j)u«  auf  Gfyriftu«  unb  Mird^e,  fc^lie^cnb  mit  ben  7  Jüngern 
behn  Sta&l  be«  Sluferftanbenen  Qo  21,  2)  al«  Stojm«  ber  aeternae  beatitudinis  refectio, 
eine  toie^tige  Duette  für  bie  Sitteratur  unb  Hunft  be«  5D131.  —  31reb.  V;  MSL  83 
S.  97 ff;  ©frert  ©.  596.  go 

*t&9*t*Uop*blt  fflr  fcfceolofltc  unb  Rir^c.   8.  «.  ix.  29 


450  3ftbor  bon  ©ebtfla 

5)  De  haeresibus  über,  bielleidjjt  tbenttfcty  mit  bem  in  bot  ©tymologien  lib.  VIII 
c.  4  unb  5  gegebenen  93crjeic$nt«  ber  jübifcfyen  unb  $riftlic$en  $äreften,  einen  Äbfcfyutt, 
ber  auc$  fonft  öftere  feparat  erfcfyetnt,  ober  mit  einem  fälfdjlicty  bem  fiterontymu«  beigelegten 
indiculus  de  haeresibus,  f.  hierüber  Streb.  III,  86,  MSL  81,  ©.  633  ff. 

5  6)  Sententiarum  libri  III  (na$  ben  2lnfang«toorten  auety  genannt  de   summo 

bono)  ba«  tfyeologijd&e  §aupttoerf  3j.«,  ber  Sitel  bieHeicfyt  bon  *ßro«per  übernommen,  in 
ber  ©acfyc  bo$  ba«  erfte  lateinifcfye  Äompenbium  ber  ©lauben«*  unb  ©ittenle&re,  meiflt  in 
ßr^erpten  au«  Stuguftin  unb  ©regor  bem  ©rofcen.  35a«  1.  9u$  ift  bogmatifäen  Qn^altd: 
e«  fyanbclt  bon  ©Ott  al«  bem  summum  et  incommutabile  bonum,  tum  ©otte«  ©igen« 

10  haften,  #eit  unb  2öelt,  Urfprung  be«  93öfen,  (Sngel  unb  SKenfcfyen,  ©eele,  G&riftu«,  $eiL 
©eift,  Sirene  unb  £ärcften,  ©efe$,  7  Segeln  ber  ©c$riftau«legung,  SSerfd^ieben^ett  ber 
beiben  Scftamente,  ©tymbol  unb  ©ebet,  laufe  unb  Äommunion,  SKarttyrtum,  SBunber  ber 
^eiligen  unb  Don  ben  legten  2)ingen  (ofyne  ßrtoäfynung  be«  gegfeuerö).  93uc$  II  unb  III 
ftnb  in  ber  §auptfacfye  etfyifdjen  3>nl)alt«   unb   jtoar  be^anbelt  II  me$r  bie   allgemeine, 

16  III  mcfyr  bie  fpe^ielle  3ttoral.  3uerf*  $  b*c  *&&*  öon  b^  Äarbinaltugcnben :  2Bei«^eit, 
©laube,  Siebe,  Hoffnung,  bann  Don  ©nabe  unb  ©nabentoafyl  (fyier  bie  ©teile  über  gemina 
praedestinatio  sive  electorum  ad  requiem,  sive  reproborum  ad  mortem,  toel$e 
§infmar  im  ©ottfcfyalffctyen  (Streite  beanftanbete,  f.  o.),  93e!e^rung,  ßampf,  SRüdfaü,  3$c*r* 
bilber  ber  ^eiligen,   3erfmrf$ung,  9fauc  unb    ©ünbenbefenntni«,  Serjtoeiflung,  ©Ott» 

20  berlaffenfyeit,  ©ünbc,  ©etoiffen,  lugenben  unb  Safter.  93ucfy  III  tyanbelt  bon  ben  ©täuben 
be«  d;riftli<$en  Scben«,  bon  göttlichen  §eimfucfyungen  unb  Strafgerichten,  bon  ben  9?er* 
fucjmngen  be«  Teufel«  unb  ben  ÜHitteln  bagegen,  ©ebet,  Scftüre,  ^eilige  unb  profane,  bon 
Siefeten  unb  SJtöncfyen,  Sehern  unb  fircfylicfyen  93orgefefeten,  Dbrigfeiten  unb  Untertanen, 
dürften,  Sintern,  Slbbofaten,  Unterbrücfern  ber  Sirmen,  Öieb^abern  ber  SBelt,  ben  Jreunben 

26  ber  Sarm^er^igfeit,  ber  Äür^c  unb  bem  @nbe  be«  menfc$lic$en  Seben«.  ©o  ift  ed  eine 
bollftänbige,  toenn  auefy  nid&t  eben  ftreng  faftematifcfy  georbnete  Snbtbibual*  unb  ©o$ialet#f, 
bie  in  93ucfy  II  unb  III  enthalten  ift ;  unb  bei  ber  großen  Verbreitung  unb  bem  tyotyen  Sn* 
feben  be«  315erfe«  berbient  btefe«  jebenfaffö  einen  fyerborragenben  $lafc  in  ber  @efc$ic$te 
ber  mittelalterlichen  ßtfytf  unb  Dogmatil,  obgleich  e«  fac^Ud?  böllig  unfelbftftänbig,  au$  bie 

so  2lu«füfyrung  ber  einzelnen  Äapitel  fefyr  ungleich  unb  toemg  erfd^öpfenb  ift  (bgl.  2.  SUifL 
99b  IV  ©.  358,  93b  XIII  ©.  654).  —  Slreb.  VI;  MSL  83,  ©.538;  ©etoaratauSgaben 
bon  fr  Stleaumc,  5ßari«  1838,  ©areta  be  Soaifa,  lurin  1539  u.  a.  f.  Slreb.  II  cap. 
67.  68:  Sonographie  in  ben  ftönig«berger  Uniberfität«programmen  1826  ff. 

7)  Contra  Iudaeos  libri  II,  ober  de  fide  catholica  adyersus  Iudaeos,  getrieben 
86  auf  SÜunfd}  fetner  ©ebtuefter  glorentina,  6rh)ei«  ber  SBafyrfyeit  bc4  6^rif|entumö  au«  ben 

SKetefagungen  be^  2li  mit  befonberer  Slücffic^t  auf  bie  Subenfrage  in  ©panien  (ut 
prophetarum  auetoritas  fidei  gratiam  firmet,  infidelium  Iudaeorum  imperitiam 
probet.)  ^ic  ©c^rift  ift  im  Mittelalter  ntd^t  blo«  bielfac^  abgefcfyrieben,  fonbern  aud)  in  bie 
ÜKationa(fpra$en  überfe^t  Sorben:  Fragmente  einer  alt^oc$beutfd?en  Überfe^ung  aud  einer 
40  ^arifer  ^anbfe^rift  herausgegeben  bon  5ßaltl?eniug,  ©reifätoalb  1706;  ©c^tlter,  2^efäimtf 
1727  93b  I;  §olfcmann,  Äarlöru^e  1838;  SBein^olb,  93ibliot^e!  ber  älteften  beutfe^en 
Sitteraturbenfmäler  »b  VI,  ^aberborn  1874.    »reb.  VI;  MSL  83  ©.  449 ff. 

8)  Monasticae  regulae  über,  eine  mit  ber  93enebiftinerregel  in  feinem  93erhxmbt* 
fd^aft^ber^ältniö  ftel)enbe,  ioenn  auefy  bon  il;r  ]ad)l\d)  nic^t  fefyr   berfc^iebene  ÜKönc^öregel 

46  pro  patriae  usu  et  invalidorum  animis  (93raulio)  bon  Sftbor  enttoorfen,  milb  Rumänen 
©eifteS.  Über  bie  bon  £cmanbea  o^ne  genügenbc  ©rünbe  beftrittene  @<$ttyeit,  über  $anb« 
fd;riften  unb  SluSgaben  über  baS  lier^ältnis  jur  93cnebiftiner*  unb  anberen  Regeln  f.  3fceb.  II, 
71;  $olften=95roc!ic, codex  regularum, äugßburg  1759,1, 187 ff.;  Slreb.  VII;  MSL 83 
©.  867  ff,  bgl.  ©am«  ©.  108;  Rödler  a.  a.  0.  ©.  367. 

50  9)  Quaestionum  in  vetus  Test,  libri  II  ober  hrie  ber  urforfinglic^c  litel  noc^ 
^Ibefon«  gelautet  ju  babcnfd;cint:  Secretorum  expositiones  sacramentorum,  m^ftifc^ 
allegorifcbc  unb  moralifd;e  (Srflärung  au«getoäl;lter  ©teilen  be«  SEE;  enthält  nur  Sgei^te 
au«  Crigene«,  iBiftorinu«,  Slmbroftu«,  §ierontymu«,  Sluguftin,  gulgentiu«,  Safftanud  tuib 
bor  aßen  au«  ©regor  bem  ©rofecn.    Slreb.  V;  MSL  83  ©.  207 ff. 

66  10)  De  viris  illustribus  s.  de  scriptoribus  ecclesiasticis,  ^fortfefcung  ber  gletcfc 
betitelten  ÜBerfe  be«  öicroin>mu«  unb  ©ennabiu«,  in  46  ÄaJ)iteln  32  ÜRic^tftxmter  unb 
14  ©panier  be^anbelnb  bon  ^Japft  A'vftu«  bi«  auf  bie  3*ügenoffen  be«  Serfaffcr«  ©regor, 
Seanber,  aJiajimu«  bon  ©aragoffa.  3>em  SKcrfe  ^at  fpäter  95raulio  feine  praenoUtk) 
librorum  s.  I.  hinzugefügt.    3.  bietet  ^ier  einige  toertbolle  SRac^ric^ten   befonber«  über 

eo  ©panier,  im  allgemeinen  aber  befielt  ba«  2öcr(  au^  fe^r  flüchtigen  unb   Oberflächen, 


3ftbor  bon  Sebifla  451 

bielfac^  fallen  9lotijen  au«  SRufin,  ßajfiobor,  3Siftor  bonlunnuna,  ober  au«  benSBerfen 
ber  bcfanbelten  ©^riftfteller.  3)a«  Süctylein  ejiftiert  in  bereiter  9tebaftion.  —  Streb.  VII ; 
M8L  83  ©.  1081  ff;  neuefte  3lu«gabe  mit  eingefyenben  Unterfucfyungen  bon  2)aialoto«fi, 
Sfibor  unb  ^IM01**  a^  £iftorifer,  in  ben  fircfyengefcfyid&tlid&en  ©tubien  bon  Änöpfler, 
ScfaotS  unb  ©jbralef  1898.  5 

11)  Chronicorum  a  prineipio  mundi  usque  ad  tempus  suum  über,  eine 
»eltttyrontf  Don  ber@t$öpfung  bt«  auf  Äaifer  §erafliu«  unb  Äönig  ©tfebut  (616),  quanta 
potuimus  brevitate  an  ^uliuä  2(frtfanu«,  @ufebiu«s$ierontymu«  unb  SBiftor  bon 
Zuimuna  ftd^  anföüefcenb,  eingeteilt  nad)  ben  sex  aetates  mundi,  eine  (Sinteilung,  bie 
3.  au«  äuguftin  de  civ.  Dei  übernommen  fyat.  5Dic  (Sfyronif  ejiftiert  in  $toei  Raffungen.  10 
Bufjerbem  $at  er  nod&  einen  fürjeren  2lu«jug  barau«  al«  cap.  V  feinen  ßtymologien  ein- 
gefügt, ber  oft  al«  felbftftänbige«  2Berf  erfd&eint.  —  Die  S&ronif  f.  2lreb.  VII;  MSL  83 
6.  1017  ff. -MG  AA  XI.  ©.  394  ed.  SKommfen  1894;  Dal.  2euffek©c$toabe,  Statten* 
ba$  a.  a.  £>.,  ^ott&aft  ©.  687;  @bert  ©.  598 ;  §erfcberg,  bie  §iftorten  unb  Gtyronifen 
3.S,  ©öttmgen  1874 ;  berf.  in  gorfd&ungen  j.  beulen  ©cfd^.  1875,  ©.  289  ff.  15 

12)  Historia  Gothorum,  Vandalorum  et  Suevorum  (über  ©cfytoanfungen  unb 
$cxtDc$3hmgen  in  ber  93e$eid&nung  f.  .§erftberg  ©.  7),  eine  furje,  ebenfalls  in  atoei  SRe- 
bafionen  borliegenbe,  meift  au«  fonft  bekannten  Duellen  geköpfte,  bodf)  audj  5Rcue« 
ent^altenbe  unb  in  tyrer  3ufammenfaffung  bod;  toertbolle  ©efcfyicfyte  ber  brei  genannten 
Softer,  befonberS  ber  Ooten  bon  ben  älteftengeiten  bis  jum  5. 3^r bcS  Äönig«  ©n>mtila(626).  20 
$orau«gef$irft  ift  &a«  nid&t  in  allen  Äanbfcfyriften  enthaltene  elogium  Hispaniae  (f.  0.) 
—  Stob.  VII;  MSL  83  ©.  1058 ff.;  MG  AA  XI  ©.  243;  beutfö  in  ©cföic^t* 
ftywtber    ber    beutfd&en    SBorjeit,    Seidig   1887    93b  10;    bgl.    §erfcberg,  24Jattenbad& 

a.  0.  D. ;  Sbert  ©.  599  ff. 

13)  Libri  differentiarum  II,  ba«  erfte  diff.  verborum,  ein  afyfyabetifd&e«  Sßörter*  25 
bu$  bon  fonontymen  ober  boefy  ä^nlidfj  lautenben  SBörtern  mit  Eingabe  tyrer  begebenen 
Sebctitung;  ba«  gh?eite  diff.  rerum  enthält  (Srtlärungen  über  begebene  Segriffe  au« 
tbeologifc^en  unb  anberen  ©ebieten   in   bunter  sMföung.    silreb.  V;  MSL  83  ©.  9 ff. ; 
Sbert  ©.  594. 

14)  Synonymorum  libri  II,  bon  $ft>efon$  au(fy  a(g  1.  lamentationum  bejeicfynet,  90 
eine  Sammlung  bon  ©tynontymen  unb  trafen  in  gorm  eine«  Dialog«  jtoifcfycn  ber 
fünbigen  ©tele  unb  ber  tröftenben  ratio  ober  bem  £ogo«,  ber  fte  l;intoeift  auf  Sufee  unb 
Sünbenbergebung,  toie  bie  oielen  #anbfcfyriften  unb  ©eparatbrude  (3.  33.  1472;  73;  84; 
88  u.  f.  ta>.)  jeigen,  otyne  93ea<$tung  feine«  eigentlichen  3toed«  al«  6rbauung«bud&  biel 
gebraust  unb  bocfoefd&äfct.  —  äreb.  VI ;  MSL  83  ©.  825  ff. ;  3lreb.  II  c.  70;  (Sbert  ©.  595.  35 

15)  De  natura  rerum,  aud;  Cosmographia  etc.  genannt,  auf  2öunfd;  üönig  ©ifebut« 
(612—20)  berfafet  unb  tym  bebijiert.  SMe  ©etyrift  enthält  in  45  Sap.  ba«  Sßifjen«* 
tofabigfte  aud  ber  ÜRaturle^re  (3eitcinteilung,  Somnt  Elemente,  §immel«förver,  ©etottter, 
Sibe  imb  Srbteile  2c.),  ade«  ge{d^ö))ft  a  veteribus  viris  ac  maxime  sicut  in  litteris 
eatholioorum  virorum  scripta  sunt,  befonber«  ©ueton,  2tmbrofiu«,  ^fcuboflementinen,  40 
Xugufttn.  3)te  ©c^rift  tourbe  im  ^Mittelalter  btel  gelefeit,  ab=  unb  au«gefd&rieben.  — 
Sfa».  VII;  MSL  83  ©.  963  ff;  über  §anbfd&riften  unb  ©cparatau«gaben  3lreb.  II 
c*p.  76 ;  neuefte  SKu«gabe  bon  Seder,  Serlin  1857,  mit  9lad(?toei«  ber  Duellen ;  ©bert  ©.  596. 

16)  De  numeris  1.  ober  numerorum,  qui  in  s.  ser.  oecurrunt,  eine  mtyftifcfye 
3abUnlefyre,  be^anbelnb  bie  $cti)Un  bon  1—60  unb  ifyrc  ©ebeutung  in  ber  ©cfyrift,  sJJatur  45 
unb  Stettgefötyte.    3)ie  ©d^rift  ift  toid^tig  für  bie  ©efcfytcfyte  ber  3«^lcnfl;mbolif ;  fte  ejiftiert 
ruht  t&  fcpeuit,  nur  in  einer  einzigen  $anbfcfyrift  unb  ift  juerft  ^erau«gcgeben  bon  Slrcb.  V ; 
MSL  83  ©.  179  ff. 

17)  Etymologiarum  s.  originum  libri  XX.  35a«  SBerf  bilbct  ben  2lbfc^lufe  aller 
twffenfdjaftli^en  Arbeiten  %£ ;  feine  anbern  ©d^rtften  bereiten  fid^  ba^u  nur  tuic  Jsor^  50 
^ubien  ober  toeitere  3lu«fü^rungen  einzelner  Seile.  SJon  %  auf  Sraulio«  Sitten  unter- 
nommen, tourbe  e«  enbltd^  nadb  jahrelanger  Arbeit  unboQenbet  (licet  inemendatum  ex 
raletudine  tibi  studueram  offerre)  an  Sraulto  übergeben  unb  bon  biefem  in  20  ©üc^cr 
ängeteUt  (bgl.  ben  »rieftoec^fel  jhjift^en  %  unb  »raulio  MSL  83  ©.  909  ff).  6«  ift 
cnse  StafatctyKopäbie  be«  gefamten  Söiffen«  jener  3«* ;  1>qc  ©ad^erflärung  ift  immer  bie  66 
St^mobgte  be«  betreffenben  SBorte«  borau«gefd^idt  —  bal^er  ber  Xitel.  2)ie  3  erften 
öftrer  be^anbeln  bie  Septem  artes  liberales:  Hb.  I  C^rammatü,  II  Styetorit  unb 
Dialeftif,  III  3Wt$metif,  ©eometric,  3Kuftf  unb  äftronomie,  IV  alebijin,  V  3uri«prubeng 
mb  Chronologie,  jum©<blu^  eine  lurje  SBeltc^ronif  (f.  0.),  VI  bie  ^.  ©d^rift,  ^nfoiration  unb 
lamm,  ©abamente  (bgl  über  ben  ©aframent«begriff  ^ftbor«  93b  XIII,  ©.  271   berco 

29* 


452  Sftbor  Hott  ©ebiUö 

2.  2lufl. ;  ftatyn,  Setyre  Don  ben  ©aframenten,  ©.  12  ff.),  Siturgie,  DfterdjHuS  unb  gefte, 
aber  and)  33ibliotfyefen,  §anbjd&riften,  Sucher,  ©d&reibmaterialien  2c,  VII  enthalt  einen 
fur$en  2lbrife  ber  Ideologie:  bon  ©Ott,  Jrinität,  gngeln  unb  9Renföen,  Sßairianfcn, 
^ro^cten,  Sfyofteln,  Märtyrern,  Älerifern,  3Könc$en;  VIII  9teligion$geföic&tlic|e3 :  Ätnfc 
g  unb  ©tynagoge,  ^Religion  unb  ©lauben,  §ärcfe  unb  ©externa,  ääretifer  ber  3>uben  w* 
©Triften,  ^tyilofo^en  ber  Reiben,  Poeten,  Sibyllen,  -Btagier,  ©öfter  ber  Reiben.  Die 
Sucher  IX— XX  umfaffen  bie  ©ebiete  bc$  meltlic&en  SBifienS  unb  Seben«,  ©praep^e* 
unb  Realien :  üb.  IX  fyanbelt  bon  ben  berfetyiebenen  Golfern  unb  Sprachen,  Ämtern  unb 
SRegierungSformen,  g^en  unb  Sermanbtfcfyaften ;  X  enthält  ein   lateinijfaeS  Sqrilon,  (&c* 

10  Härung  bon  ca.  500  SBörtern  in  afyfyabetifd&er  golge ;  XI  ^anbelt  bom  URenfcfcen,  XII  bon 
ben  Sieren,  XIII  bon  ber  2BeIt,  ifyrer  3ufanunen[efcung  unb  Setoegung,  XIV  »on  ben 
(Srbteilen,  iiänbern,  ©ebirgen,  XV  bon  ben  ©täbten  beä  3Rorgen=  unb  SlbenblanbeS, 
XVI  bon  (Srben  unb  Steinen,  gbelftcinen  unb  SKetaDen,  3Rafe  unb  ©etoic&t,  XVII  Dom 
2Werbau,  *PfIan$en  unb  ©etreibearten,  XVIII  bom  Ärieg,  SBaffen,  ©fielen,   XIX  bon 

15  ©Riffen,  Sauten,  Kleibern,  ©ctymucffad&en,  XX  bon  ©Reifen,  ©etränten,  %aa&  unb  Scler* 
geraten.  —  211$  Quellen  ^aben  Äajfiober,  SoetyiuS,  3Jarro,  SßlmiuS,  ©olinuS,  £%in, 
©erbiuS,  Saftam,  Sertullian  unb  anbete  Kintyenbäter,  befonberS  aber  ©uetonS  prata 
gebient.  3)ie  Dcactyläjfigfeit  unb  Äritillofigfeit  im  2luSfd&reiben  biefer  Duellen  ertlärt  fty 
jum  Seil  barauS,  bafc  er  bielfad)  nur  aus  bem  ©ebäctytnte  naetygefetyrieben  tyd  (ex  veteris 

20  lectionis  recordatione  collectum,  MSL  82  ©.  74).  %ixx  bietet  aber,  toaS  und  abfhu* 
unb  tounberlid)  erfctyeint,  inSbefonbere  für  bie  ganje  SWet^obe  be$  (StymologifierenS  ift 
Sfibor  nid)t  berantroortlid? :  er  mar  aud)  barin  nur  ber  getreue  ©d^üler  unb  Seroabrer 
ber  2llten.  ^ebenfalls  fyat  er  trofc  aller  ftlüctytigfeiten  (SReifferfctyeib  nennt  tyn  einen 
negligentissimus  breviator,  diversissimas  res  diversissimosque  auetores   con- 

25  fundens)  mit  einem  in  9lnbetra$t  ber  litterarif$en  £ilf$mittel  feiner  3«*  betounbcrnS* 
werten  äufroanb  bon  -Diü^c  ein  gut  Steil  antifer  SBeltlenntniS  unb  SBtffenfcfcaft  gerettet 
unb  in  ^anblictyer  $orm  ber  9ladtjtoelt  überliefert,  fo  bafe  er  fein  SBerf  noety  jefct  in  bidem 
ben  SBert  einer  einigen,  unentbehrlichen  Quelle  &at.  SBon  toclc^  eminenter  fultur^iftorif^er 
Scbeutung  gerabe  biefeS  §auj)troerf  3;fü>orö  getoejen  ift,  fe^en  mir  barauS,   bafe  basfelbe 

30  nachweisbar  ^a^unberte  lang  in  allen  Sänbern  ber  abenblänbifäen  Gtyrrftentyett  atö  un* 
entbehrliche  unb  unübertroffene  ©cfyafcfammer  weltlicher  wie  ßrc^lid^er  SBiffenfd&aft,  unb 
gan$  bejonberä  au$  aU  bielgebramfycS  £e^r*  unb  Sernbucty  in  ben  ©c&ulen  gebient  fytt 
§raban3  grofee«  encr;flot)äbifd^eS  SBcrl  de  universo  (berfafet  844)  ift  grofeenteil«  roörtlkfr 
aus  3f^or^  (Stt^mologicen  abgetrieben  unb  fte^t  in  §inftd^t  auf  »norbnung   unb  Ser« 

36  arbeitung  beS  ©toffcS  hinter  i^nen  jurüdE  (f.  SBerner,  Stlhiin,  ©.  108)  unb  noc$  3o^ann 
bon  ©alieburr;  im  12.  ^a^unbert  fyat  3»fiborS  et^mologieen  ni$t  blo|  felbft  biel  benü^t, 
fonbern  münfe^t  aud?,  ba|  feine  ^Definitionen  in  ben  ©qulen  auemenbig  gelernt  werben. 
SBäre  er  aud^  nichts  weiter  geroefen  als  ein  Komj>ilator  unb  $lagiariuS,  fo  bleibt  bo<&  richtig, 
ioaS  Srucfer  (Hist.  crit.  philos.  III,  569)  über  tyn  fagt :  Sö^unberte  toären  in  Slinb^eit 

40  berfyarrt,  wenn  ni^t  ^ftbor  ifynen  fein  2id;t  j^ätte  leuchten  laffen.  —  SSon  ©e^aratauSgaben 
ber  Etymologiae  ift  befonberS  gu  nennen  eine  Slugeburger  bom  3^te  1472#  eine  StoSfo 
cum  scholiis  Vulcanii  1577  unb  bie  neuefte  bon  %.  355.  Otto  im  Corpus  Gramma- 
ticorum  latinorura,  33anb  III,  2ei))gig  1833.  2)ie  3lbfc^nitte  über  Styetortf  ed  Halm, 
Rhetores  lat.  minores  p.  505  sq.    Über  bie  SSebeutung  beS  SBerfS  für  bie  ®ef$t$te 

45  ber  5p^ilo|o^ie  bgl.  ^rantl,  ©eW.  ber  Sogif  II,  ©.  10 ff.;  über  bie  bon  3.  benätten 
Duellen  f.  §.  2)rcffel,  De  Isidori  Originum  fontibus,  Surin  1874;  Sleifferfc^eib, 
Sueton.  reliquiae  Seidig  1860;  Iraube  in  comment.  Woelfflin  ©.  198;  StaWer  in 
Slrcbib  für  lat.  Sejilogra^ie  33b  10 ;  Älufcmann  Excerpta  Tertulliana,  Hamburger  ^Jro» 
gramm  1892;   #ol$er  Varroniana,   Ulmer  5|irogr.    1890;  2:euffel*©(&h>ab«  ©.  1295; 

wßbert  ©.  589;  3lreb.  III;  MSL  82. 

9luj?er  biefen  bon  93raulio  aufgezählten  SBerfen,  fd^rieb  3*  no$  alia  multa  opus- 
cula  unb  bieleS  ift  ifym  fpätcr  unterfc^oben  ober  auS  feinen  SBerfen  gured^t  gemalt  toorben. 
93on  ätrebalo  finb  unter  bie  eckten  nod?  aufgenommen  morben  bie  quaestiones  de  Veten 
et  Novo  Test.    MSL  83  ©.  201  ff.  unb  de  ordine   creaturarum   ©.  913 ff.;  bie 

56  übrigen,  eine  Auslegung  bc«  ^o^enliebeS,  de  contemtu  mundi  etc.  tyat  er  in  bie  ät^enb. 
aufgenommen.  3tu$  lat.  ^Dic^tungen  mürben  ifym,  mo^l  fämtlic^  mit  Unrecht,  beigelegt, 
f.  barüber  2lreb.  II  cap.  81  ©.  574  ff.,  bie  Stejte  Slpfenb.  3. 16. 17.  »nbere,  fttyrntn 
auf  3lgat^a  unb  anbere  SWärt^rer,  fte^cn  unter  ben  mouirabifc&en  §^mne«  MSL  86,  bei 
Slume  unb  3)rebeS  Analecta  hymnica  medii  aevi  93b  27  ©.  128 ;  129 ;  210.  @nbfi<$ 

oo^oben  mir  bon  i^m  eine  älnja^l  bon  «riefen,  an  Sraulio,  fieubfrieb    bon  Gorboba, 


3ftbor  nott  ©etoiUa  3f$lanb  453 

£ellabiu$  Don  lolebo,  einen  Duj  GlaubiuS,  an  SlebemptuS  u.  a.,  lefctere  fcon  atoeifek 
^aftar  @c$t&ett  3)ie  Sriefe  bieten  manches  btogra^ifcfy  unb  jettgefd^i^tlid?  Igntereffante. 
&eö.  VI ;  MSL  83  ©.  894  ff.  Über  ben  etwaigen  perfönlid&en  2lnteil  3.3  an  ber  QnU 
touflung  imb  Stebaftion  ber  fbanifcfyen  Stturgie  f.  Säumer,  ©efefy.  beS  SrebierS,  greiburg 
1895,  ©.  244;  $robft,  bie  abenblänbifd&e  3Kejfo  fünfter  1896,  ©.  390  ff.  Die  unter  s 
SJ  Sorftff  gehaltenen  Äomüien  fcon  619  unb  33  fmb  in  biefer  ©ejiefyung  fc^r  mistig. 
Stöe  franifetye  Äanonenfammlung  ift  atterbingS  ju  %.$  Reiten  angelegt,  aber  für  feine  2lutor= 
fc^aft  lä&t  j«$  lein  burd&fcfylagenber  ©runb  anführen.  ätottenbS  J^at  er  natürlich  nichts  mit 
ber  pfeubotftborifd&en  Sammlung  ju  tfyun  (f.  ben  31.  ^feuboijtbor.)  Über  $•  ""b  baä 
Beftgotenrec&t  f.  ^elffericfc,  (Sntftetyung  unb  ©efcfyid&te  be$  2Beftgotenred&t$,  »erlin,  1838  unb  10 
We  Xuägabe  Don  ftmirwc,  Fontes  iuris  Gernu  ant.,  §annober  unb  2eitaig  1894. 

(fttageutnauu  f ).    ÜR.  ©djtnib. 

3$lattb.  — Quellen:  Ares  Isländerbuch,  f)erau3g.üon@oltf)er,#ane  1892;  Biskupasögur 
gefn.  dt  af  hinu  isl.  B6kmentafelagi,  2  93be,  flopenbagen  1858-1878  (©efdnc&te  ber  iSl. 
9tfd)öfe  M3  jur  Deformation);  De  Saga  van  Thorwald  Kodransson  den  Bereisde,  IjerauSg.  15 
anb  überfefct  oon  fiafonber,  Utrecht  1886;  Sturlunga  Saga,  IjerauSg.  uon  ©ubbranb  &tgfu§fon, 
2  8be,  Djforb  1878;  Diplomatarium  islandicum,  93b  1—6,  ßopen&agen  1857—1900  (gebt 
bi*  1481,  wirb  fortgefefct).  ©tätige  iRac^ric^ten  über  bie  ©tnfü'brung  beä  (S&riftentumä  auf 
3$lanb  unb  bie  früqefien  d)riftlic&en  3uftänbe  entfalten  bie  3$lenbtngafögur  unb  bcfonbcrS 
bie  öefdjicbten  ber  norroegifd)en  Könige  €laf  Xrtygguafon  unb  Olaf  Ijelgi  (in  Snorris  Heims-  20 
kringla,  berauSg.  üon  Unger,  (S^rifttania  1868);  bie  fi heften  d)riftUd)en  8afcungen  enthält  ber 
Krutinna  laga  bättrin  ben  Grdgas  (berauSg.  toon  SWb.  Stufen,  3  93be,  ßopenbagen  1850—1883); 
für  bie  fpfitere  fttU  fmb  üon  85ebeutung:  Biskupa  Annälar  Jons  Egilssonar,  berauSg.  toon 
36n  6igurb3fon  in  Safn  til  Sögu  Islands,  1, 15—136;  Annalar  Björns  ä  Skardsä  (1400—1645), 
2  ©be.  Hrappsey«,  1774—1775.  26 

$ülfdmtttel:  Finnur  Johannseus,  Historia  ecclesiastica  Islandiae,  4  SBbe,  $open* 
bogen  1772— 1778  (bte  1740);  ¥&ur^tur8fon,  Historia ecclesiastica  Islandiae  (ü.  1740-1840), 
topeitöagen  1841 ;  (£8pölin,  Islands  Ärbsekur  (1263— 1832),  12  SBbe,  flopenbagen  1821-1855; 
Wund).  Det  uoreke  Folks  Historie,  6$Bbe,  Gbriftiania  1852—1863;  <Sa\%  üdsigt  over  den 
noreke  Historie,  4  ©be,  ©^riftiania  1873-1891;  für  bie  ältere  3eit:  Sörgenfen,  Den  30 
nordiske  Eirkes  Grundlaeggelse  og  forste  Udvikling,  2  93be,  Sbpenbagen  1874—1876; 
f.  SRaurer,  3)ie  ©efebrung  beä  norroegifdjen  Stammes  juin  CSfjriftentume,  2  93be,  SDtüncben, 
1855-1856;  Ä.  SRaurer,  3$lanb  oon  feiner  erften  ßntbeefung  bi$  jum  Untergang  be§  grei- 
ftaate*,  3Ründ)en,  1874  (befonberS  @.  68-97;  220-278);  Björn  Olsen,  Um  Kristnitökuna 
and  1000,  Reykjav.  1900;  $arboe,  Om  Reformationen  i  Island  (Det  Kjöbenh.  Vidensk.  86 
8dak.  Skrifter,  V,  209-302;  VI,  1—100);  §  X^xltVi  «Bjarnafon,  Um  sidbötina  a  tslandi, 
»c^fjaoif,  1878;  Sön^fon,  Um  Klaustrin  ä  Islandi.  Tim.,  VIII,  174-265. 

©eti  S^lonb  Don  Norwegen  bcfiebelt  toorben  ift  (nac^  870),  fyat  e«  nie  an  33c= 
ritynmg  ber  Äolomften  mit  ©Triften  gefehlt.  Sc^on  bie  erften  @inn;anberer  trafen  auf 
bem  fernen  6Uanb  irifd&e  Slnad^oreten  an,  bie  ftd^  aber  bei  ber  Slnfunft  ber  Reiben  bon  40 
ber  3«fe'  entfernten.  2)er  9Beg  ber  Äoloniften  führte  meift  über  bie  brittfe^en  3nfdn> 
loo  man  mit  ß^riften  in  93ertifyrung  fam,  i^re  Sieligion  fennen  lernte,  n;o  mancher  au« 
pzattifätn  Slürfftc^ten  bie  laufe  annahm  ober  ftd?  toenigften^  mit  bem  Äreuj  be^eic^nen 
Re^.  ©o  ftnben  toir  fd&on  unter  ben  frü^eften  nortoegifcfyen  Sefteblem  ber  Qnfcl  eine 
Än^l  (S^ripen,  benen  ftc^  ^ier  unb  ba  feltifd^e  angefd^loffen  Ratten.  ©leicfytoofyl  bilben  46 
btcje  hn  erfien  Sa^unbert  ber  tölänbifd^en  ©efc^ic^te  roeber  eine  gefc^loffene  Partei,  noc^ 
toitb  t^re  Sieligton  Dom  Btaatc  anerfannt.  ^en  erften  93erfud^,  bie  alte  Sieligion  $u  ftürjen 
unb  ba*  (S^riftentum  einzuführen,  machte  981  2tyort>aIbr  Äobran^fon  SSfbförlt  („ber  SBeit^ 
gereifte"),  em  S^länber  au^  angefe^enem  ©efd&le$te,  ber  im  3lu^lanbe  für  ba3  ß^riftentum 

rwmen  toar  unb  mit  einem  fäcfyftfcfyen  ©eiftlic^en  SJamenö  ^riebriefy  feine  Sanb^leute  60 
bie  neue  Setyre  ju  gewinnen  fud^te.  3lHein  ber  93erfud?  miftglücfte;  2^ort>albr  unb 
fein  Segleiter  fanben  nic^tö  als  ©>>ott  unb  §o^n,  mürben  fcf}liefelic|  geästet  unb  Derlicfeen 
986  bie  3nfel.  2^ort>albr  ftarb  fpäter  in  einem  ruffiföen  Älofter,  too  er  naefy  feinem 
tobe  als  ^eiliger  bere^rt  tourbe.  ©leic^too^l  waren  bie  Semü^ungen  biefer  beiben 
Stiffionare  unb  bie  Begegnungen  ber  S$Kinber  mit  G^riften  im  ^uSlanbc  nic^t  ofyne  66 
6infbt|  auf  bie  religiöfen  Slnfqauungen  beS  93oIfeS  geroefen:  fte  Ratten  begonnen,  ben 
ÖUmtben  an  bie  alten  ©ötter  m  erfc^üttern  unb  fomit  ben  ©oben  für  bie  neue  Slcligion 
$u  cfcnen.  6ht  SKärt^rertum  l}at  eS  überhaupt  für  bie  6l?riften  auf  ^älanb  nic^t  gegeben; 
man  liefe  i^nen  tooHe  SJrci^ett  unb  fc^ritt  nur  gegen  fte  ein,  toenn  fte  ftc^  ben  <Btaat& 
gefeffen  toiberfefcten.    eine  vlönmä^igc  unb  energifc^e  Belehrung  ber  ^Slänber  jum  G^riften-  60 


454  3*lattb 

turne  fanb  bann  unter  bem  nortoegifcfyen  Äönige  Olaf  $rtyggbafon  ftatt,  ber  bie  fünf  !gabre 
fetner  ^Regierung  (995—1000)  faft  au«fd&lief$Iic$  ber  ©infüfyrung  ber  neuen  ^Religion  in 
SRortoegen  unb  ben  $oc$terftaaten  (3«fanb,  ©&etlanb«infeln,  gfaröern,  ©rönlanb)  toibmete. 
5Jiit  rücfftd&t«lofer  Strenge  fucfyte  er,  tote  im  SKutterlanbe,  auefc  auf  §*larib  fein  $vtl  &u 

5  erreichen.  SlUe  3«länber,  bie  ftcfc  an  feinem  §ofe  aufhielten,  toufete  er  burdfr  ttberrebung 
ober  ©etoalt  jur  Saufe  ju  betoegen.  311$  ®lauben«bote  ging  juerfl  ber  3«länber  ©tefnir 
I^orgifefon  na$  ber  l^nfel,  ber  jebo$  balb  toieber  bertrieben  tourbe,  ba  er,  tote  Äönig 
DIafr  in  SRortoegen,  Stempel  jerftörtc  unb  ©öfcenbilber  ftüqte.  9Refyr  ©rfolg  $atte  ein 
jtoeiter  ©enbbote,  ber  fäd&ftjd&e  $riefter  2tyanfbranbr,  eine  jtoeifetyafte  ÜRatur,  ber  toegen 

10  feiner  Stauftuft  feine  §eimat  batte  Derlaffen  muffen  unb  ftdjj  ft>äter  Äönig  Dlaf  anfc^lofc, 
ber  aber  au$  in  SRortoegen  toegen  feine«  rticfft4t«lofen  6goi«mu«  balb  bei  feinem  £errn 
in  Ungnabe  fiel.  6r  erhielt  ben  Auftrag,  auf  3«lanb  ba«  ©Dangelium  ju  prebigen  al« 
©träfe,  toeil  er  fid&  mit  ©etoalt  ba«  ©igentum  nortoegifetyer  Reiben  angeeignet  ^atte. 
997  ge^t  Styanfbranbr  na$  fflauto  unb  beginnt  fyier  fein  93efejjrung«toerf,   bei   bem  er 

16  nid>t  Dor  bem  lobfd&lag  jurücffd&recft,  toenn  ifym  SBiberftanb  geleiftet  totrb.  %xot$  feiner 
9iücfficfyt«Ioftgfeit,  troft  mancher  (Srfolge,  lehrte  aud&  er  999  naep  ÜRortoegen  jurüd  mit 
ber  Ueberjeugung,  Dafe  bie  S^änber  toofyl  niemal«  ^um  (S&riftentum  gu  belehren  feien, 
©leictytoofyl  toar  burety  Styanfbranb«  Styätigfctt  bie  <$riftlid&e  $artei  auf  3«lanb  toefentlij$ 
erftarft.    Äönig  DIafr   tooDte   auf  bie  9lacfyri($t  feine«  ©enbboten  tytn   alle  3«lanber  in 

20  SHortoegen  t'ötzn  laffen,  bie  no$  Reiben  toaren,  liefe  aber  Don  feinem  SSortyaben  ab,  al« 
bie  cfyriftlicfyen  ^«länber  ©ijurr  unb  §jalti  ©feggjafon  tym  bie  3Riffion  bei  tyren  2anb«* 
leuten  Derfyractyen.  2)iefe  gefyen  1000  nac^  3«lanb,  fantmein  alle  Sänften,  erfreuten  auf 
bem  Sltttfyinge  unb  forbern  ^ier  2lnna$me  be«  S^riftentum«.  ©ie  ftofcen  babet  auf  heftigen 
SBiberftanb,   unb  e«  festen   offener  Äampf  unbermeiblicty.    2)a  fanb  ber  noc$   ^eibniftfce 

26  ©efefcgeber  ^oraetrr  burd^  einen  Kompromiß  einen  3lu«toeg,  bem  fu$  bn  Dorau«  Reiben 
toie  (Efyriften  ju  fügen  Derforacfyen,  toeil  fonft  bie  ©intyeit  be«  ©taate«  Dernidjtet  toorben 
toäre.  Gr  fd&Iug  Dor:  2lIIe  Sßlänber  fotttett  ba«  ß^riftentum  annehmen  unb  ftc$  taufen 
laffen.  dagegen  fottte  fyeimlicpe«  Opfer,  gffen  Don  Sßferbefleifö  unb  3lu«fe$en  ber  Äinber 
na$  toie  Dor  geftattet  fein.    2)iefer  SSorjd&lag   tourbe  jum  ©efefc   erhoben    unb  afebalb 

so  lieften  ftcfy  bie  ^eibnifc^en  3ßtänber  tau\m  (1000).  Sticht  innerer  xrieb,  fonbern  bie  SHirf- 
ftdpten  auf  ben  ©taat  Ratten  bie  befferen  Glemente  ber  %r\]d  jur  Annahme  be«  ß^rijienj 
tum«  betoogen.  ©ie  toar  bafycr  junäc^ft  eine  rein  öufeerlic^e  unb  blieb  e«  au$,  al«  auf 
aSeranlaffung  Dlaf«  be«  ^eiligen  1016  bie  3«9^änbniffe,  bie  man  1000  ben  Reiben  ge* 
madfjt  I^attc,  gefefelic^  befeitigt  tourben.    SJa^er  touc^erte  ^eibnifc^e«  Seben  unb  alte  Sitte 

35  bei  ber  großen  2Jcenge  fort,  unb  bie«  fonnte  um  fo  efyer  gefc&e^en,  ba  ber  flleru«  toeber 
organtftert  noc^  unabhängig  toar. 

6igentümlic|  ftanb  e«  auf  3^nb  fd^on  mit  ber  ®rric$tung  ber  ©otte«^&ufer.    SBie 
in  ^eibnifc^er  Rz\t  ber  33eftirf«^äuptlin$  für  ben  Sau  unb  bie  Unterhaltung  be«  lempcB 

äu  forgen  gehabt  fyatU  unb  biefer  fetn  (Eigentum  toar,  fo  lag  auety  je^t  ber  9mt  t>m 
litten  gan^  in  ^riDat^änben.  SIber  toäbrenb  beim  ^eibnifc^en  ©oben  [\d)  an  ben  Tempel 
gugleid;  toeltlid^e  $Jlad)t  fnüpfte,  tourbe  biefe  bon  ber  ftir$e  gam  Io«getrennt.  6«  fonnte 
bemnadj  jeber  ein  ©otte«^au«  errieten,  ber  e«  tooHte.  ^n  ber  Siegel  gef^a^  e«  aDerbinge 
ba,  too  bi«^er  ber  Tempel  geftanben  ^atte.  3)er  ©taat  getoä^rte  bem  ©otte«fcufe  nur 
ben  Alirc^enfrieben,  b.  fy.  e«  burfte  bei  ©träfe  niemanb  §au«  ober  ©eräte  beriefen.    Slba 

45  ber  Äird^enbeft^er  fyatte  auc^  für  ben  ©eiftlic^en  ju  forgen,  ein  Umftanb,  ber  ben  geijt 
liefen  ©tanb  ungemein  ^erabbrücfte.  3)enn  um  nic^t  aü^ubiel  2lu«gaben  für  biefen  pi 
baben,  tourbe  ber  Ätrc^enberr  enttoeber  felbft  ©eiftüc^er,  betrieb  aber  bie«  Slmt  nur  al« 
Nebenamt,  toä^renb  er  feinen  Seftfcungen  ober  bem  §anbel  bie  meifte  3^  toibmete,  ober 
er  mietete  einen  ©eiftlic^en,  bem  er  möglic^ft  toenig  tn  geben  brauste  unb  ber  gang  toie 

so  ein  2)ienftmann  be«  §errn  be^anbelt  tourbe.  3U  W^fw  aRifeftänben  fam  no<$  toeiter,  baj 
in  ältefter  3^t  bie  ^Jriefter  meift  2Iu«Iänber  toaren,  2)eutfc^e,  ©nglänber,  3ren.  8lu«länber 
toaren  auc^  bie  älteften  Sifcfyöfe  ber  $>{nfel ;  e«  toaren  SBanberbifcfcöfe  ofjnt  feften  Ort, 
bie  balb  in  Sortoegcn,  balb  auf  3«lanb  ft^  aufhielten.  (Srft  feit  berSRitte  be«11.2ja^ 
^unbert«  (1056)  erhält  3«l<tnb  in  3*Wf  feinen  erften  ^eimiwen  SiWof,  ber  tn^erborben 

55  in  SBeftfalen  au«gebtlbet  toar  unb  Don  2lbalbert  Don  Sremen  bie  SBeifye  erhalten  ^atte. 
2lud^  er  ^atte,  ab^efe^en  Don  einer  geringen  Äopffteuer,  feine  fefte  (Simta^me,  unb  fo  toar 
er  gcjtoungen,  fernen  ©tfe  in  ©Kl^olt,  feinem  Däterltc^en  Seftytum,  ju  nehmen.  So 
tourbe  ©fätyolt  ber  erfte  Sifd^of«fi$  ber  ^nfel.  geftgclegt  tourbe  biefer  an  jener  ©tätte 
bann  burc^  3«Ieif«  ©ofyn  unb  9Jac^folgcr  im  3Imte,   ben  energtfd&en  unb   ftaat«flugm 

eo  ©ijur,  ber  toie  fein   SBater  in  2)eutfcfylanb  erjogen  unb  1082  Dom  ©rjbtföof  §arttoig 


3$l<tttb  455 

tont  Stagbeburg  uim  SifAof  geWeifyt  Worben   War.    $iefcr  ©Uurr  ftiftete  bem  SiStum 
ba*  Daterficfce  @ut  ©fätyolt,  bamit  ber  33ifd&of  in  £ufunft  etnen  feften  ©t$  unb  fefte 
Dotation  £abe.    gerner  führte  ©igurr  1097  unter  bem  99eiftanbe  angesehener  Häuptlinge 
ben   3^nten   öwf  ^Icmb   ein.     ©eine  ßrjie^ungeftätte,   £>eutf#lanb,   War  i|m   babei* 
Sorbilb,  unb  fo  befttmmte  man,  bafe  Dom  geinten  ein  Seil  für  ben  Sifcfyof,   einer  für  6 
bie  ^riefte,  einer  für  bie  ©otteäfyäufer,  ber  bierte  enblicß  für  bie  Slrmen  fei.    2)ic  räum* 
fi$e   9hi$be$nung  ber  Snfel  erßeiföte  unter  ©ijur  au$   bie  ßrrießtung   eines  Reiten 
Öiföof Sftfceä :  9htf  Verlangen  ber  SRorblänber,  Würbe  für  ben  Sorben  ber  ^nfel  baäStetum 
&6lax  gegrünbet,  beffen  erftcr  Sifd^of,  %6n  Ögmunbarfon,   1106  ju  2unb  bie  bifd&öfltc&c 
Ski&e  erhielt.    S)ennbem  (SrzbiStum  2unb  War  bamafö  bie^nfel  untergeftellt  (feit  1103),  10 
nac^bem  ftt&  bie£  bon  33remen*§amburg  abgezweigt  fyatte. 

3)ie  Ätr^e  befanb  fi$  auf  3ßfonb  Dotlftänbig  in  ber  ©eWalt  beä  Staate«.  3)aßer 
Wählte  aud)  bie  Sanbgemeinbe  ben  Sifcßof.  SJerfelbe  Würbe  bann  Dom  (Srzbifcfyofe  ober 
bem  Sßapfte  geweißt,  Wie  er  felbft  bie  bon  ben  Kircßenbefijjem  erf orenen  ^Jriefter  für  ißr  Slmt 
Weißte.  2)iefe  Äbßängigfeit  be$  SMfcßofä  unb  ber  ^riefter  Dom  BtaaU  unb  bon  ^rtoafc  16 
perfonen  trug  nic$t  befonberS  jur  Kräftigung  ber  geiftlicßen  Autorität  bei;  bie  ©eiftlicßcn 
Dertoeltticßen,  —  ßatte  boeß  aueß  ber  ©ifcßof  zuweilen  neben  feinem  geijWicßen  Slmte  ein 
WeitlicßeS,  —  jinb  im  §inblicf  auf  grau  unb  Kinber  gelungen,  fieß  naeß  Nebenerwerb 
umzufeßen,  unb  fallen  feßliefelicß  ber  größten  ©ittenloftgteit  unb  Stoßßeit  anßeim.  9Boßl 
(jiebt  e3  feit  c.  1130  ein  aufgezeichnetes  Sßriftenrecßt,  ba$  bie  ^JJflid^ten  unb  Sterte  ber  ®cift*  20 
liefen  unb  ber  ©ememben  enthielt,  allein  biefeS  braute  feine  Seränberung  in  bie  ganzen 
Scrfcältniffe  unb  ifi  nur  ein  Seil  beS  allgemeinen  fianbrecßteä;  e$  leßnt  fieß  in  feinem 
Äcrne  an  bie  Seftimmungen,  Wie  fte  bis  baßin  ßerrfcßenb  Waren.  ©0  fteßt  bie  mittel* 
alterlicße  Kircße  auf  3$lanb  bis  um  1 150  in  feßroffem  @egenfa$  *u  ber  in  ben  anbern  Seilen 
be3  9(benb(anbe3:  Kein  Gölibat  ßerrfeßt,  überall  Saienpatronat,  feine  fireßließe  gefefcgebenbe  26 
Oetoalt,  felbft  bem  Weltlichen  Neckte  ift  ber  ©eiftlicße  unterworfen  unb  bon  ber 
allgemeinen  ©teuer  meßt  auägefcßloffen.  SBanbel  fd?ien  in  biefer  Sezießung  einzutreten, 
ab  3Äanb  1152  bem  neuen  ßrjbtetum  SRtbaroS  ($rontßeim)  jugewiefen  Würbe,  ba 
#cr  bie  ©rjbifcßöfe  bemüht  Waren,  bie  Kircße  bom  Btaak  lo$zurei|en,  unb  alles 
aufboten,  um  aueß  bem  telänbifcßen  Klerus  eine  felbftänbtge  unb  unabhängige  Stellung  so 
{u  fcerföaffen.  ®in  Seil  ber  islänbifd^en  Sifc^öfe  reifte  bem  HJletrofoliten  gern 
bie  Jjjanb  unb  War  bereit,  au$  bie  islänbifd^e  Äirc^e  im  ©inne  ©regorS  VII.  ju 
organtfteren,  boefc  War  bie  tölänbifd^e  Seöölferung  $u  fonfert>atib,  um  ftc^  etwas  Don  ifyren 
angeerbten  Siechten  nehmen  ju  laffen  unb  bur^  ßinfü^rung  beä  fanonifc^en  Stentes  i^r 
ganbrec^t  berieft  ju  fe^en.  ©leic^Wo^l  bilbete  fi$  eine  fir^Iic^e  Partei,  bie  ber  ©itten*  35 
berberbnid  unter  ben  Älerifalen  fteuertc  unb  bemüht  War,  bie  ©eiftlicfycn  bon  allen  Welt* 
Bc^en  SSefc^aftigungen  fernzuhalten.  3)aburc^  begann  auf  %$lanb  ber  Äam^f  jWifd;en 
Staat  unb  Äird^e,  ber  bie  tyeillofeften  SBinen  ^ertoorrief  unb  ben  Sr^bifc^of  Don  zRibaro« 
enblic^  nötigte,  bie  ßügel  ftraffer  anzugießen  unb  einfach  norWegifcße  Sifd^öfe  ber  ^nfel 
aufzuzwingen  (c.  1238).  3)iefe  traten  natürlich  bo^elt  energifcß  für  ba«  fanonifcfye  Mird;ens  40 
Ttty  «n  unb  befämj)ften  bor  allem  baS  Saienfatronat.  ©0  Waren  feit  ber  -Kitte  beä 
13.  3a^unbertö  bie  meiften  tölänbifc^en  Sif^öfe  2lu«länber.  3lber  aueß  bie  Wenigen 
^ehnifeßen  arbeiteten  ganz  *m  ®ctftc  be«  Metropoliten,  toa$  um  fo  leistet  anging,  al$ 
3Manb  ^Wifc^en  1262  unb  1264  bem  norWegifd^en  Könige  unterworfen  Worben  War 
unb  fomtt  auefc  politifcß  unb  Wirtfcßaftlicß  Don  biefem  Sanbe  abging.  3)azu  fam,  ba&46 
aut^  ber  norWegtfqe  König  bie  Seftrebungen  ber  i^länbifcßen  ©eiftlicßen  unterftüfcte,  ba  er 
mit  i^rer  £ilfe  ben  immer  noeß  mächtigen  freien  99auernftanb  auf  ^lanb  fieß  ganz  ÖCs 
fügtg  ju  machen  hoffte.  Sefonbcr«  ßeftig  entbrannte  ber  Kampf  zWifc^en  ©taat  unb  Äird^e, 
aU  1275  Sifcfcof  ärni  Sßorlaföfon  Don  ©fätyolt  ba«  neue  Kircßenrecßt  auf  bem  2lHtyinge 
bun^ufe^en  Derfucßte,  ba«  ganz  auf  ^em  fanonifeßen  SHcc^tc  fufjte  unb  unter  bem  &n-  50 
Raffe  beS  ©rzbifc^of«  Qjön  Don  3)rontfyeim  entftanben  War.  Sro$  be$  ßeftigften  SBiber* 
ftanbed  fefcte  ärni  in  ber  ©fälßoltcr  2)iöcefc  fein  ©efefc  bureß,  unb  ungefäbr  60  ^afyre 
bater  Würbe  e«  burefy  König  TOagnuS  eiriföfon  in  ber  Don  .ftölar  eingeführt.  'Durd^  bie 
Stnfft^runa  biefe«  neuen  Kircßenre^teS  fyattt  bie  tircßlid^c  ©eWalt  über  bie  Weltliche  geftegt, 
bie  fRac^tfteKung  ber  ©eiftlic|feit  War  ber  in  anberen  Sänbern  bcS  2lbenblanbeS  gleid^.  55 
$abur$  War  Äer  ba^  grojje  nationale  ^n^^effc  gefd;Wunbcn,  ba^  bie  ©eiftltcfyen  in 
früherer  Qnt  auf  3$fonb  Ö^^flt  Ratten.  Seftanben  boefy  fd^on  feit  früßeftcr  3e^  ™$* 
nur  an  ben  33ifc^of«f^en,  fonbern  aueß  an  mehreren  ^riefterft^en  Spulen,  in  benen  neben 
©treiben,  ©efang,  Satein,  Styetorif,  ^oetif,  Ideologie,  2lftronomie  unb  Slftrologie  an& 
^emrifd^e  ©efeßießte  eifrig  getrieben  Würbe,    ^rieftet  wie  ©aemunbr  unb  9lri  fmb  jugleic^  eo 


456  3*lattb 

bie  bebeutcnbften  ©eföid&tsforfcber  $SlanbS.  3)er  toid&tigjie  ©fe  btefer  botertönbiffyn 
©elcfyrfamfeit  toar  Obbi  im  ©iibtoeften  ber  Snjel.  3U  biefat  VricftaWulcn  ^nn<n  * 
©d&ulcn  an  bcn  Älöftern,  an  benen  im  gleiten  ©inne  gearbeitet  tourbe.  Bor  ber  etfta 
fiälfte  beS  12.  ^a^unbertS  freiließ  l)at  eS  auf  SjStanb  feine  Jtlöfter  gegeben:  ba*  äücftt 

5  ift  baS  1133  gegrünbete  Senebiftinerflofter  ju  Sfyingetyrar,  bem  no$  ]tdfi  9Won$fr  unb 
^tuei  Slonnenflöfter  folgten,  alle  bom  93enebiftiner*  unb  Sluguftinerorben  gearünbet,  feine* 
bon  ben  £omini!anern  ober  grangiSfanern.  2)ie  rege  griffige  arbeit  ber  ©eiftlw^,  bie 
bis  um  bie  3Witte  beS  13.  ^aljr&unbertS  auf  ber  $nfel  &errfc$te,  fcört  bon  btefer  3«it  an 
auf ;   toter  2Jtarien=  unb  £eiligenfult,  Silber»  unb  Steliquienbienfi  tritt  an  tyre  Stelle. 

10  Sejonbere  Sere^rung  burd&  Sieb  unb  ©penbe  genofe  bie  Jungfrau  SRaria,  baneben  bie 
Straftet  ^etruS,  Cannes,  2lnbreaS,  ^auluS.  93on  ben  nortoegiföen  ^eiligen  ftanb  Olaf 
ber  fettige  obenan ;  bon  ^Slänbern  toaren  bie  93ifc$öfe  2$orlärr,  $6n  Ögmuitbarfon  unb 
©ubmunbr  Slrafon  heilig  geferoetyen  toorben  unb  genoffen  allgemeine  Serebrung.  toi 
ber  reformatorifd&en  Seftrebungen  bertiefte  ft$  ber  ©otteSbienft  nic&t    Sluf  SiJufiedk&letaii, 

16  toie  (Sinfyalten  ber  gefte,  SBcten,  gaften  u.  bgl.,   tütrb  am  meiften  gegeben,  fonft  ifk  man 

iufrieben.  toenn  ber  2aie  baS  Grebo  unb  ^aternofter  unb  bieftei$t  noefc  baS  äbe  Diana 
ennt.  Über  ben  SebenStoanbel  ber  ßird&englieber  fefct  ftd&  bie  ©etftlidfrfeit  meift  fcmto* 
unb  brüdt  über  ben  Aberglauben  unb  bie  ©ittenloftgfeit  baS  Sluge  gu.  #«*$*  **¥ 
unter  bem  JüeruS  felbft  bie  größte  §abfud&t  unb  ©ittenloftgfeit.    ©eit  um  bie  SRttte  be* 

20  13.  3afy$unbertS  baS  ßölibat  eingeführt  toar,  fommt  baS  Äonfubmat  gu  einer  Sitte, 
toie  eS  toofyl  in  äfynlicfyer  SBBetfc  in  feinem  anberen  Sanbe  beS  SlbenblanbeS  ber  ^faH  ge= 
toefen  ift.  ©o  toirb  bom  ^Jriefter  ©bembjörn  3$orbarfon  berietet,  bafe  er  im  ÄonwKnate 
ri\d)t  toeniger  als  50  Jtinber.unb  aufeer  bemfelben  eine  toeitere  9ln$a$l  eneugt  $abe.  (Eine 
Seffcrung  in  btefer  Sejie^ung  trat  erft  ein,  als  ben  Räubern  ber  ©eiji  ber  lutfaiföcn 

25  Setyre  in  ?[leifd&  unb  93lut  übergegangen  toar. 

$>er  Deformation  ift  auf  ^Slanb  burd)  prftenbefe^I  auf  ä^ntidfre  SBeife  jum  Siege 
berfyolfen  Sorben,  toie  bem  S^riftentume.  ©eit  bem  14.  ^atyrtyunbert  toar  bie  3nW  ■* 
SHortoegen  an  3)änemarf  aefommen.  9lac^bem  G&riftian  III.  1536  bie  Se^re  2ut$ert  in 
feinem  ©tammlanbe  eingeführt,  toar  er  eifrigft  bemüht,  btefer  auc£  auf  3«Ianb  jur  fya* 

80  jdjaft  gu  bereifen.  SBJo^l  gab  e$  ^ier  bereite  eine  ainja^l  ©eiftlic^e,  bie  in  ©eutf^lanö 
ober  -ftortoegen  unb  3)änemart  bie  neue  Sefyre  fennen  gelernt  Ratten  unb  für  fie  begeiftot  toartn, 
allem  tyr  (Eintreten  für  fte  ftiefc  auf  ben  J^eftigften  SBiberftanb  ber  iSlänbifdbcn  Sifc^öfe  unb 
beö  tölänbifcfyen  3Joffeö.  Unter  jenen  Männern  befanb  [\d)  a\x$  Obbr  ©ottöfallefon,  ber  bad 
3VX  nad)  Sut^erö  Überfe^ung   in«  3tfänbtf(^e  übertrug.    Sefonber«  ftart  toar  bie  Ja»» 

8ö  teftanttjcfyc  ©trömung  am  ©i^e  be«  33ijc$of$  bon  ©Kl^olt,  beffen  Äerr  Ögmunbr,  an 
^oc^betagter,  faft  erblinbeter  ©reis,  ein  aelotifc^er  Sln^änger  be«  alten  ©lauben«  toat 
3)iefer  übergab,  ba  er  ftcb  nid^t  ftarf  genug  jur  Serteibigung  füllte,  ba«  93i*tum  fenwn 
^flcgefo^ne  ©ijur,  ber  in  SBittenberg  ftubiert,  fic^  aber  nic$t  offen  jur  lutberifc^en  Se^ce 
befannt  ^atte.    ©anj  gegen  (Srtoarten  feinet  ^flegebater«  unb  ber  fat^olifc^en  Partei  an 

4o  beffen  §ofe  tritt  btefer  balb  offen  für  bie  neue  2e|re  ein  unb  beginnt  in  feinem  Sittume 
$u  reformieren.  S«^^  3e^  h?ar  c^n  S3cfc]^I  ^^  Äönigö  S^rtfKan  III,  auf  bem  2UUtyin# 
beriefen  toorben,  nad^  bem  bie  neue  Jtircfyenorbnung  auf  ber  9[nfel  eingeführt  toerben  fdte. 
93ergebltcfy  fud^t  je^t  Ögmunbr  ba«;  Stetum  lieber  an  ftc^  ju  reifeen.  Dänifc^  Äriea«« 
fd^iffc  führen  tyn  nad)  Äofen^agen,  Wo  er  balb  im  ©efängmä  geftorben  ift    9tad&  biefm 

45  Vorgängen  fügte  fi4  aud^  ber  Sifd^of  %6n  Strafon  bon  $6lar,  ber  mit  bcn  9toi*« 
teuten  eben  erft  gegen  bie  föniglic^e  15crorbnung  jjrotcffiert  tyatte.  ®(eid^ta>o^(  blieben  et 
unb  bie  9?orblänber,  lx>te  aud^  biele  ber  ©fätyolter  Diöcefe  gut  J>äpftlic^.  Unb  alö  1548 
©ijurr  geftorben  toar,  bertreibt  36n  beffen  froteftantifc^en  9lac$folger  mit  SBaffengetoalt, 
bemächtigt  fic^  be3  aStfd^ofeftubleö  bon  ©fäl^olt  unb   füfyrt   im  ganzen  Sanbe  ben  alten 

5«)  ©Iauben  unb  bie  alte  Äird^enberfaffung  toieber  ein.  35oc^  balb  barauf  toirb  er  bon 
J>erfönlid&en  ©egnern  ber  bänifc^en  Regierung  ausgeliefert  unb  bon  btefer  Eingerichtet  (1550). 
9lad)  feiner  SSejeitigung  toar  ber  SBiberftanb  gebrochen,  unb  nun  tourbe  auf  bem  SUÜ^mge 
1551  bie  bänif$e  5tirc^enorbnung  als  gefe^lid^  für  panj  ^Slanb  anerfannt.  3^^ 
toar  aQerbingS  btefer  JtonfefftonStoed^fel  ein  rein  äufeerlt$er  ©c^ritt,  unb   baS  babfütyigc 

56  ÜBorgc^en  ber  bänifc^en  Seamten  trug  nxtyt  baju  bei,  bie  Setoo^ner  ber  3nfel  fixt  Me 
neue  ie^re  ju  ertoärmen.  £>ie  meiften  Äird^ens  unb  Äloftergüter  tourben  bon  i^nen  für 
ben  bänifdjen  Äönig  eingebogen;  fird?licf)e  ßinna^men,  toie  ber  Sifd^ofeeEnt,  floffen  eben« 
falls  in  ben  föniglic^en  ©äcfel.  35aburd?  tourben  bie  einnahmen  ber  ©riftlic$en,  bie  bon 
ber  ©emeinbe  getoä^lt,   bon  ber  SRegicrung  cingefe^t  toerben,  jiemlic^  bürftig.    infolge« 

w»  beffen  trat  Mangel  an  geeigneten  ^rebtgern  ein,  unb   nic^t  feiten  bereinte  einer  mebmt 


3*lattb  3«mael  457 

ßforreten  in  feinen  §änben.  daneben  toalUUn  ^uh>eiten  Saicn  be«  geiftlid&en  Slmtc«. 
b  ber  ©pifce  biefer  ©eiftlic^en  ftanben  bie  ebenfalls  Dom  bänifcfyen  Äönige  beftimmten 
Nfcfcöfe  bon  $6lar  unb  ©fätyolt,  bie  aucfy  fernerhin  tote  in  Dänemarf  ben  ütcl  „Sifcfyof" 
ifyten.  33im  biefen  33ifdjof«fi$en  ift  ber  bon  #6lar  1801  eingegangen,  nadjbem  bereit« 
m  3lu«gange  be«  borigen  ^afyrfyunbert«  ber  bon  ©fäfyolt  nad)  ber  gegenwärtigen  $awpU  6 
tabt  SRetyljabif  berlegt  Worben  fear.  —  Slucb  bie  ©ittenlofigfeit  unter  Saien  unb  ©eift* 
id^at  blieb  junäcfyft  noc$  bie  alte.  Daju  tarn,  bafe  bie  Sln^änger  ber  neuen  Se^re 
rit  einem  $anati«mu«  borgingen,  ber  an  ba«  auftreten  ber  SBiebertäufer  erinnert. 
Bftjlcr  tourben  jerftört,  flirren  geplünbert,  unb  babei  biele  Wertbolle  litterariföe  ©cfyäfce 
«mietet,  ba  man  für  geiftige  Slrbeit  unb  SBiffenfcfyaft  überbaust  fein  gntereffe  fyatk.  10 
So  tfl  toieber^olt  bon  !g«länbern  bie  Einführung  ber  Deformation  al«  ein  nationale« 
Bnglüä  begegnet  Sorben.  ©rft  im  Saufe  be«  17.  Saftr^unbert«  bringt  Sutljer«  ©eift 
fcjer  in  bie  §erjen,  nad&bem  burd?  Pflege  ber  Sud^bruaerfunft  (eingeführt  um  1550)  unb 
rie  ©rünfcung  ber  Sateinfd&ulen  ju^ölar  (gegr.  1552)  unb  ©fätyolt  (gegr.  1553)  ba«  Wiffen* 
tyaftltye  Sntaefa  bon  neuem  geWccf  t  Worben  War.  9ttc^t  unwefentlicty  baju  beigetragen  fjatte  16 
n$  ber  Siföof  ©ubbranbur  $Ijorläf«fon  bon  §ölar,  ber  1584  bie  erfte  boüftänbtge  Über* 
tymg  ber  Sibel  in  ber  2Jhitterft)rac$e  Veröffentlichte  unb  mehrere  Sammlungen  guter 
pfUtd^er  Sieber  $erau«gab.  Die  bon  ©ubbranbur  angebahnte  geiftlid^e  Dichtung  erreichte 
mgefä^r  100  3a^te  foäter  in  ben  *Paffton«})falmen  be«  §allgrimur  $jetur«fon  i^re  Slüte. 

J&eute  ift  3«Ianb  burd&Weg  proteftantifö,  obgleich  naety  bem  ©efefce  Dom  %cd)tt  1874  20 
»tte  ©lauben«fretyeit  ^errföt.  3llle  Verfuge,  namentlich  fran^öftf^er  ©eiftlic^er,  ben 
Ka$olici$mu3  auf  ber  3nfel  Wieber  einzuführen,  fmb  mifcglücft.  3ln  ber  6pi$e  be« 
JW&entoefen«  fte^t  ber  93ijd?of  bon  SRetyfjabif,  ber  auefy  bie  3lufftc$t  über  ba«  gefamte 
Sxfcultoefen  fyat.  @ingetetlt  ift  ba«  Sanb  in  20  ^robfteten,  beren  jeber  ein  $robft  bor* 
jt$t  unb  unter  bie  bie  begebenen  Pfarreien  berteilt  fmb.  Der  Sßrobft  leitet  alle  firefc  25 
i«$cn  Slngelegen&eiten  in  feinem  ©brengel.  Pfarreien  giebt  e«  auf  3«lanb  141,  benen 
299  Atrien  juge^ören.  §erangebilbet  Werben  bie  jungen  ©eiftlid&en  in  ber  *ßriefterfdjule 
|K  JRetyfjabif,  auf  ber  fie  nac$  Slbfolbierung  be«  ©tymnafium«  brei  ftatyre  &u  berWeilen 
pflegen,  um  bann  bon  einem  älteren  ©eiftlid&en  praftifety  in  ba«  SBhnt  eingeführt  $u 
»erben.  ©.  3Rogf.     30 

3«mael  £*&?&,  ©Ott  erhört,  bgl.  ©en  16,11;  21,17;  LXX  'IojuarjX)  Reifet 
m  ©o^n  Stbra^am«  unb  ber  £agar,  einer  äg^tifc^en  ©Habin.  Über  feine  ©eburt 
mb  Sertreibung  bgl.  ben  31.  §agar  93b  VII,  ©.  332.  ©ara,  bie  rechtmäßige  ©attin 
Abraham«,  fyatte  bie  Serbinbung  i^rer  Wagb  mit  i^rem  ©ema^l  felber  getoünfAt,  um 
Rac$ttmunenfc$aft  ju  erhalten,  ba  fie  felbft  unfruchtbar  toar,  fab  fi$  aber  nac^^r  bon  35 
icncr  mi|ac^tet  unb  rächte  fic^  bafür  burc^  Wife^anblung  i^rcr  leibeigenen.  #agar  flo^ 
n  Me  SBüfte.  S)ort  am  Srunnen  Sad^aj  Stoi,  ber  ben  tarnen  babon  erhielt,  erfqien  i^r 
wi  (Sngel  unb  befahl  i^r,  ju  t^rer  §errin  jurücf ju!el?ren,  berfüfete  i^r  aber  ben  garten 
Befehl  burc^  bie  SBer^ei^ung  jabllofer  Slac^fommenfc^aft,  ©en  16  (J).  ©0  tourbe  ?;«mael 
x  bem  $aufe  be«  bereit«  betagten  3lbrabam  geboren  unb  in  ben  foäter  geftifteten  99e*  40 
i(^netbung«bunb  al«  13  jährig  (17,  25  [P])  aufgenommen.  Xa  jeboci^  nac^  bem  SBiüen 
)ci  Sunbe«gotte«  ^faa!  alleiniger  @rbe  be«  93unbe«fegen«  fein  fodte,  ^teß  ber  $err  ben 
Ibra^am,  bem  ber  ßntfc^lufe  ferner  tourbe,  ber  gorberung  feine«  SBeibe«  ©ara  naefc 
geben,  toelc^e  imd)  ben  2lnblicf  be«  muntern  ^fmael  (?ns:::  fpielenb  ober  tan^enb,  21,9, 
bat  bie  jübifc&e  Ueberlieferung  al«  bo«fyafte  yieeferei  gegen  %\aat  berftanben  Serefcfyitfy  40 
JL  63,  15 ;  bgl.  and)  ©a  4,  29)  eiferfüd(»tig  geworben,  feine  Vertreibung  au«  bem  $aufe 
forberte.  ©0  fam  ber  ©o^n  ber  §agar  in  ba«  SHebier,  iool?in  er  gehörte,  in  bie  5ßüfte. 
Stufy  nac^  biefer  gezwungenen  %lutyt  wirb  eine  göttliche  Offenbarung  an  feine  3)2utter 
berietet,  1  SKof.  21  (E).  311«  fie  in  Ser^toeiflung  um  ben  bor  Dürft  berfd&macfytenben 
ttnabm  Oagte,  rief  tyr  eine  ©timme  bon  oben  ju,  Worauf  ftc  ÜBaffer  entbeefte.  Die«  50 
begab  ftcfc  in  ber  „SBüfte  Seerfeba".  sJlä^er  Wirb  bie  Ürtlicfyfeit  niebt  angegeben.  Daß 
ber  Vorfall  nur  eine  anbere  93erfton  be«  Rcty.  16  berichteten  fei  (§upfelb,  Duellen  ber 
ScneftÄ,  ©.  176 f.;  Dillmann  u.  a.),  ift  ntd>t  ju  be^aiU)ten,  ba  bie  Umftänbe  ber  gött= 
ii^en  Crfd^einung  ganj  berfd^iebene  fmb  unb  bie  namenlofe  Eluelle  21, 19  nid&t  mit 
ber  16r  14  Sac^aj  9toi  genannten  ibentifefy  ^u  fein  brauebt.  Dagegen  bürfte  aud&  ^ter  66 
eine  Diffonanj  jWifc^en  ber  ß^ronologic  be«  P  unb  bem  (Srjäfyler  E  anjuncfymcn  fein. 
Kai}  17,  25  (P)  nämlic^  ift  3^^el  bei  feinem  2öegjug  in  bie  SBüfte  minbeften«  fünf= 
^njäbrig  ju  benten;  bagegen  bie  Gr^lung©en  21  (E)  läßt  bermuten,  bafe  er  fic§,  Wenn 
md)  fieser  lein  ©$ofttinb  me^r,  bod;  noc^  im  garten  Minbe«alter  befanb,  alfo  nur  einige 


458  3$mael  3#rael,  ©efötyte,  btbltf^e 

Safce  älter  toar  als  $faaf.  Stoar  f orbern  bie  fcebr.  SluSbrücfe  21, 14.  15.  18  nic^t 
notioenbig,  bafe  er  auf  ber  2Banberf$aft  nocfy  fcon  berSKutter  getragen  hmrbe,  abertoafc 
jc^cinlid)  machen  fie  c$  in  ber  3^at.  ^n  21, 14  jie^en  mandje  LXX  fror,  bie  e$  au& 
brücflt(fy  fagt:  *ai  biedr}xev  bti  xbv  (bfiov  ainrjg  xo  nmdiov.     5Die   Angabe  17,25, 

Bbafe  3$mael  bei  ber  Sefäneibung  fc^on  13  jährig  toar,  tonn  bem  ©ebraudfr  ber  Sraber 
entnommen  fein,  toelcfye  tyre  Jtnaben  jutoeilen  bte  gegen  ba8  13.  $afyc  unbefönitten 
laffen. 

2)ie  befonberc  Sebeutung  3^mac^  liegt   in    feiner    9tac$tommenft&aft    imb    ifcer 
Stellung   ju  3$rael.    2)iefelbe  foQ   lein  2lnre$t  ^aben   auf  baä  SBer^eiftungSerbe   be$ 

10  ®otte$öolte  (t)gl.  aucfy  25,  6),  toofyl  aber  £)anf  bem  Segen,  ber  fcon  Stbra^am  &er  auf 
ben  Stammvater  fam,  fi<$  bolfreicfy  ausbreiten.  3toölf  Slraberftämme  —  barunter  fo 
bebeutenbe  tote  SRebajotfy  (5Rabatäer),  ßebar,  au$  SDuma,  2Raf[a,  3#ema  —  toerben 
25, 12—18  auf  %$mad  ^urücfgefü^rt.  C^araftertftert  totrb  biefer  SRad&touc&ä  burcfc  baS 
2Bort  beä  ßngelS  über  ben  2tynfyerrn  felbft  (16, 12):    „@r  toirb  ein  SBilbefel  fcon  einem 

16  ÜRenfctycn  fein,  feine  §anb  toiber  jebermann  unb  jebermannä  §anb  toiber  tyn  !"  SRetfter* 
fyaft  ift  fyier  mit  toenigen  ©trieben  Sinnesart  unb  SebenStoeife  jener  in  ber  SBüpe  fc&toeU 
fenben  Sebuinen  gejeic^net,  toelcfye  gleicfy  jenem  freuen  SBüftentier  (§i  39,  5  ff.)  in  ftör* 
rifcfyer  giferfucfyt  tyre  greifyeit  über  alles  fd&äfcen,  ti)x  einöbeS  Jlebier  allen  Statten  ber 
Äultur  Dornen  unb   gegen  3temte   tote  untereinanber  in  unerfc&öpflictyer  ge^be  leben. 

20  ©rünbeten  auefy  einzelne  biefer  ©tämme,  toie  jjum  Seil  bie  oben  genannten,  feflerc  ÜRieber* 
Iaffungen  unb  trieben  Äaratoanen^anbel,  fo  blieben  fte  bo$  im  ganjen  jener  tiefern  Äultur* 
ftufe  treu  unb  lebten  bon  SMefouc^t  unb  Sßaffen&anbtoerf.  311$  8ogenfc$ü|en  {eigneten 
fie  fty  au«  toie  tyr  Stammbater.  Sgl.  3ef21,  17  mit  @en21,20.  9ta<$  16, 12  fottten 
fie  toeitcr  öftlic^  als  ifyre  99rüber  toofynen.     9Belfyaufen  u.  a.  erflären  aüerbmg*  "2E  -": 

26  er  toirb  allen  feinen  Srübern  auf  ber  9tafe  fifcen.  Sgl.  aber  23,  19;  25, 18.  StoberS 
gr.  £ommel,  2lltiSraeltt.  Überlieferung,  ©.  240  f.  $n  ber  2#at  Ratten  fte  bie  ©äffe 
ofttoärtS  Don  ^aläftina  inne,  aber  aud&  ben  ©üben  Dorn ,  perftföen  ©olf  bis  naefc  ber 
SRorboftgrenje  Sg^tenS,  toomit  i^re  Sertoanbtfd^aft  mit  %#>tern  (16, 1 ;  21,  9)  unb 
ßbom  (28,  9 ;  36,  3)  ftimmt.    ©o  breiteten    fte   ftety  über  ba«  ganje  nörblic^e  ärabien 

ao  au«,  toeäfyalb  i^r  Solfename  S^maeliter  für  bie  norbarabiföcn  ©tämme  über^auj>t  ge* 
brauet  tourbc.  Sgl.  ®en  37,  25  mit  28.  2lu<fy  9li  8,  24  u.  a.  toerben  bie  SWibianiter 
unter  biefem  allgemeinen  tarnen  befaßt.  33on  3^m^l  toerben  ©en  25,  12  ff.  (P)  jtoölf 
norbarabifc^e  Sölfer(c^aften  abgeleitet.  Sgl.  über  beren  Ser^ältntö  ju  ben  feturätf$en 
©tämmen  (25,1  ff.)  ©a^ce,  Monuments8  201  f.    §ier  toirb   ber  Stammbaum   etfyno* 

86  logtfc^er  ate  fonft  in  ber  ^atrtard^engefc^ic^te.  3)a^er  liegt  e3  na^e,  in  ?^mael  unb 
§agar  feine  j)erfönltc^en  ©eftalten,  fonbern  urforünglid&e  ©tämmenamen  ^u  f^en,  toie  bie 
meiften  Steuern  toollen.  2Ulein  gerabe  S^^ael  ift  ein  uralter  Sßerfonenname,  ben  auc^ 
bie  altarabifc^en  ^nf^rtften  auftoeifen.  Sgl.  §omnxel,  3lltter.  Überlieferung,  ©.  82.  8uc$ 
^ier  toirb  alfo  toie  bei  S^^el  ber  gü^rer  bem  ©tamme  ben  SRamen  gegeben  tydxn,  otytu 

40  bafe  natürlich  alle  bie  Sölfergru^cn,  bie  mit  tym  in  ßufammen^ang  gebracht  toerben,  feine 
j)^t;fifc^en  De^jenbcnten  toären.  3)a^  ftcb^rael  mit  biefen  teraelitifc^en  Stämmen  blute 
toertoanbt  toufete,  beruht  auf  richtiger  Überlieferung.  3)ie  muäimifc^en  Araber,  toelc^e 
^«mael  mit  Stoljj  $u  i^ren  2l^n^errn  jaulen,  laffen  tyn  in  ber  Äa'ba  ju  3ReRa  mit  feinet 
SWutter  §agar  begraben  fein.     2lbulfeba,   Histor.  anteislam.  ed.  gleifcfcer,   S.  24 ff.; 

45  spocoef,  Specimen  hist.  Arab.  (1806),  p.  6 sq.;  177,  506 sq.  u.  ö.;  b'£erbelot, 
Driental.  Stblio%f  (^Kaftric^t  1776)  s.v.  £agar,  3«mael,  3f(^a!.  —  SgL  über3*mad 
bie  unter  gfaaf  o.  S.  438  aufgeführte  Sttteratur.  n.  Crefll 

3fof  5Könc^  f.  Sb  VI,  S.  347, 35  ff. 

3draelf   ©efc^icfjte,   btblifc^e.    —   Sittcratur:    Obwohl   ed  ju  allen  Seiten  btn 

60  Suben  iuie  ben  (Sbriften  nid)t  ferne  lag,  bie  idraelitifcfc  6)efdöidöte  auf  bibliftber  (Srunblaje 
barjufteUen,  t)at  ba^  SBorbilb  be§  ^fftorifer^  glauiud  3ofepbu*  in  ber  älteren  3ci*  »cmd 
9*ad)al)miuifl  gefunben.  9lu«  ber  alten  d)rifllid)en  ^tv4e  ift  ju  nennen  bie  <£l)romf  be^ 
8ulpiciud  öeucruö  (f.  b.  %).  33g(.  aud)  bie  tfjeologifdje  Bearbeitung  bed  ©egenftanbe«  0011 
ftiigufttnuS,  De  Civitatc  Dci  L.  XV— XVII.    —   @rft  uom  17.  Safcrtjunbert  an  enoatftte 

55  lüieber  baö  fjiftorifcfie  Sntcrcffe  baran,  unb  c«  tüurbe  bie  idraelit.  ®e|d)id)te  nic^t  feiten  in 
53cjtcl)uiu3  ftii  ber  atlgcmeinen  9Beltgefcbtd)te  gefegt,  fo  oor  ollem  üon3nme8  Ufter.  Annale« 
V.  et  N.  Test,  Bonbon  1650.  54  (ugl.  tieftet,  ÖJef*.  MHZ  in  ber  d)riftl.  ftir*c  6.466); 
3.  ».  »offuet,  Discolire  sur  Fhistoire  univereeUe,  <PariÄ  1681  (ogL  ©b  III,  339.*  ff.); 
4>umpljrt)  ^rtbeouj,   The  Old  and  New  Test,   connected  in  the   nistory  of  the  Jews  and 


3*roel,  ©efdjtdjte,  utMtfdjc  459 

neighbouring  nations,  2  voll,  fionbon  1716.  18;  beutfd)  Don  A.  Mittel,  3)rcSben  1721  (ögf. 
Stießet  o.  ü.O.  8.  462);  ©am.  ©bufforb,  The  sacred  and  profane  hist.  of  the  world  con- 
nected, 2  voll,  Äonbon  1727.  29;  beutfd)  üon  %\).  Arnolb,  »erlin  1731  ($ieftel  a.  n.  0. 
6.  462).  (£r  bebanbelt  bie  @efd)id)te  apologetifd)  gegen  bie  Reiften,  bod)  reid)t  fein  SBerf 
nur  bi«  Sofuad  ftuXob;  fortgefefct  ift  eS  uon  (£.  ©.Sänge,  Söerfud)  einer  Harmonie  ber  bei*  5 
ligen  unb  $rofanffribenten  in  ber  ©efdn'djte  ber  95*elt  uon  ben  Reiten  ber  Siebter  bis  jum 
Untergänge  beS  9freid)eS  SSrael,  2  93be,  AnSpacb  1778.  80.  —  «gl.  au*  3-  ©aurin,  Dis- 
coure  historiquee,  Amfterb.  1720.  28  (f.  b.  A.  ©aurtn);  ferner  ©tafboufe,  iBcrteibigung  ber 
6161.  ökfd),  überfefrt  üon  Sfr.  <S.  föambacb,  8  93be  1752-1758;  ßllientbal,  $ie  gute  ©acbe 
ber  göttl.  Cffenbarung  16  93be,  1750  ff.  —  93on  anberen  mürbe  bie  alttcftamentlid)e  ©efd)id)te  10 
mit  ber  Äird}engefcbid)te  in  93erbinbung  gebradjt.  So  uon  &riebr.  ©panbeim,  Hist.  eccl.  ab 
condito  Adamo  usque  ad  aevum  christ.,  Lugd.  Bat.  1701  unb  3.  93afnage,  Histoire  du 
V.  et  du  N.  T.  4  voll.,  Geneve  1708  unb  L'hist.  et  la  religion  des  Juifs  depuis  J6sus 
Christ  juaqu'ä  present  5  voll.,  föotterb.  1707.  Aud»  ber  fatljol.  Xbeologe  Aleranber  WataltS 
bat  bie  altteft.  ©efdjidjte  an  bie  ©pifce  feiner  Äirdjengefdjidjte  gefteül:  Hist.  eccles.,  8  voll.,  15 
$ariS  1699.  Aebnücb  ber  ffatbolif  Auguftin  (Satmet ;  ftebe  über  befjenSBerfe  93b  III 6. 648, 20.  — 
ÖoccejuS  unb  feine  ©djule  ft)ftematifierten  bie  ©efdjidjte  nad)  ii)rem  tbeologifdjen  ©djema,  fo 
§.  ©.  91.  ©ürtler,  Systema  theol.  propheticae,  Francof.  1724  ($ieftel  a.  a.  0.  ©.  532  f.). 
3frei  üon  Äünfteleien  biefer  Art  ift  ßompegiuS  93itringa,  Hypotyposis  historiae  s.  et  chro- 
nologiae  sacrae,  Franequerae  1708.  3"  ber  lutber.  Strebe  leiftete  93oräüglidjeS  fjran j  93ubbc  20 
(Buddeuß),  Hist  eccl.  Vet.  Testamenti  2.  voll.,  Jenae  1715.  19  ($ieftef,  ©.  463).  —  3m 
18.  3a!>T&.  fdjiiefet  fieb  an  Sengeid  ©djule  3tt.  gr.  9?ooS,  Einleitung  in  bie  biblifebe  ©c* 
fdjid)te,  1770 ff.  (Sbenfo  fdjlicbt  unb  populär  gebalten  ftnb  bie  biblifa>gefcbicbtlicbcn  ©ebriften 
*on  3.  3.  $e&  (f.  über  biefelbcn  93b  VII,  ©.796  f.).  93enoanbt  finb  aueb  bie  biograpbifcben 
»Über  WemeljerS:  Sbarafteriftit  ber  93ibel,  #alle  1775ff.;  julefrt  1830-32.  »on  »erfudjen  25 
in  ber  römifdjen  Äircbe  finb  ju  nennen  3.  3abnS  Arcbäologie,  Xeil  2  in  2  »ben  1800  bis 
1802  unb  &op.  oon  ©tolbergS  ©efd).  ber  Religion  3cfu  93b  I— IV,  1806  ff.  —  $er  im  aß. 
gemeinen  um  biefe  3**1  b*rrfd)enbe  Nationalismus  fommt  jur  Sölüte  in  fiorenj  93auerS 
&ef$td)te  ber  bebr.  Nation,  2  SBbc  1800  unb  in  feiner  bebräifeben  Wtotbologie,  2  93be  1802. 
$e  fBette  führte  barüber  btnauS.  so 

3«i  19.  3öbtbunbert  laufen  eine  rationaliftifebe  ober  naluraliftifdje  unb  eine  offen» 
barungSglfiubige  9Hd)tung  neben  einanber  %tx,  nia^t  obne  fid)  uielfacb  einanber  an&unäljern. 
9?eue  gmpulfe  geben  einerfettS  bie  arcbäologifdben  Gntbccfungen  auf  bem  ©ebiete  be§  antifen 
Orients  (flegtyptologie,  ?lff^riologie  u.  f.  m.),  anbererfeitS  bie  fritifebe  Umgeftaitung  ber  alt« 
teftamentl.  ©ef(bi(bte  bureb  bie  ©tjpotbcfen  üon  9teu6,  ©raf,  ßuenen,  SBeübaufen,  meldjen  fieb  35 
bie  meifren  neuern  anfcblicfeen,  »ftbrenb  anbere  mebr  ober  iueniger  befttmmt  biefelbcn  ab» 
lehnen.  Sir  nennen  auS  tiefem  3eitvaum  üor  ädern  ^einrieb  Gmalb,  ©efeb.  beS  ©oltcS 
SSrael  (bis  auf  «ar  ^oebba),  7$Bbe  famt  1  93b  Altertümer,  3.  Hufl.  ®öttingen  1864-68; 
C.  ©ertbeau,  3ur  ©ef*.  b.  3*raeliten,  jioei  Abbanblungen,  ©öttingen  1842;  ©.  fc.  fiengerte, 
ÄenQon,  SoifS«  unb  $Religton8gefd)id)te  SSraelS,  93b  I,  Königsberg  1844:  £einvi#  Riirf,  40 
©eWicbte  beS  Alten  JBunbeS,  2.93be,  2  Aufl.,  Berlin  1853-55;  193b  3.  Aufl.  1864;  gifen- 
lobr.  3)aS  fßoit  SSrael  unter  ber  ^errfdjaft  ber  Könige,  2  Xeile,  fieip^ig  1855.  56;  ft.  A. 
Dtenftel,  Staats»  unb  9ieligionSgefdii(bte  ber  flbntgreicbe  SSrael  unb  3uba,  ttreSlau  1853; 
3r.  ».  <&offe,  ®ef*.  beS  Alten  »unbeS,  fieipjig  1863 ;  Seber  u.  ©ol&mann,  ©cfd).  b.  93ol(eS 
SSrael,  2  93be,  SeipMg  1867:  &.€>t&ifl,  ©cfdj.  b.  93.  3^ael  (bis  72  n.  Wr.),  2  Seile,  Öeipjig  45 
1869;  A.  Ihtenen,  De  godsdienst  van  Israel  tot  den  ondergang  van  den  joodschen  staat 
(bie  Religion  SSraelS  bis  jum  Untergang  beS  jübifdjen  ©taatS),  §ao^m!869.  70;  #engften» 
berg,  ©efd).  beS  9?eidjeS  ©otteS  unter  bem  Alten  ^unbc,  3  93be,  Berlin  1869—71 ;  Auguft 
Sedier,  fiebtbueft  ber  biblifeben  ©efebiebte  AXS,  (Srlangen  1875—93;  fi.  ©eineefe,  ©efd).  beS 
»olfeS  3*tael,  2  93be,  ©öttingen  1876-84;  3.  ©cHbaufen,  ©efeb.  SSraelS.  I,  »erlin  1878  60 
(fpätere  Auflagen  unter  bem  Xitel:  ^rolegomena  jur  ©ef*.  SSraelS);  berf.,  3Sraelittfd)e  unb 
jubifcfie  ®ef4icbte,  Berlin  1894;  93ernbarb  Stabe,  ÖJefaiicbte  bcS93olfeS  SSrael,  2$bc,93erlin 
1?87;  G.  Wenan,  Hist.  du  peuple  d'Israel,  5  ©be,  ^ßariS  1887—93;  beutfa^  u.  (S.  ©cbälSft) 
1893;  9?.  Älttel,  ©efd).  ber  Hebräer,  2  93be,  ©otba  1888-92;  §•  Sincficr,  ©efd).  S^aelS 
in  Cinjelbarfteflungen  oon  1895  an;  A.  Äloftcrmann,  ©efef).  beS  93olfeS  SSrael,  ^iindien  55 
1896;  <L  ^iepenbring,  Histoire  du  peuple  d'Israel,  Strassbourg  1898;  (5.  §.  ßornin,  (9efd). 
beS  33.  3^-  »*>n  ben  älteften  QdUn  bis  4utr  Störung  3f^uf.  bura^  bie  iHömer,  ©bicago 
1898;  ^enn.  ©utbe,  ©efeb.  beS  «olfeS  gsr.,  greib.  i.  S5r.  1899;  90.  ©taerf,  Stubien  jur 
»eligionS»  unb  ©pra«gefcbid)te  b.  A2,  .£>eft  1.  2.  Söerlin  1899;  X.  St.  Gbcl)ite,  XaS  religiöfc 
8«ben  ber  3uben  nacb  Dem  (Sjil,  beutfd)  uon  .&.  ©torfS,  tieften  1899;  W.  Ööbr.  ©cfd).  beS  oo 
U.  3*t.  in  8  93ortrfigen,  ©trafeburg  1900.  Jür  bie  neutcftamcntlidjc  ^eriobe  ift  baS  £aupt* 
»erf  ©.  ©(ftürer,  ©efeb.  beS  jübifeben  93olfcS  im  Zeitalter  Sefu  Gbrifti,  3  Aufl.  in  3  »«üben, 
&ipjig  Pon  1898  an:  A.  fcauSratb,  Weuteftamentl.  8citgejd)icbte.  2.  Aufl.,  fteibelb.  1873—77; 
3  Aufl.,  aRüna^en  üon  1879  an.  —  93on  93earbeitungeu  beS  ©egeuftanbeS  burd)  iSraelitifcbe 
Qkfebrte  ftnb  a«  nennen:  ©.  Srieblänber,  ©efd).  beS  iSr.  93olfcS,  1848  (unuoüenbet);  S.  W.  (« 
Soft  ®efd>idjte  ber  3Sr.  feit  ber  Seit  ber  gflaffabäer  bis  auf  unfere  läge,  10  93be,  »erlin 
1820—47;  berf.,  ©cfdb.  bcSSubentumS  unb  feiner  ©eften,  3  35be,  Seip^ig  1857-59;  £.  &\y 


460  3*rael,  ©efdjtdjte,  BiMtf^e 

feib,  ®cfd).  b.  $.  3«r.  uon  her  Rcrftörung  be«  crften  Xempel«  bt«  *ur  (Sinfefrung  b.  SRaffab. 
6d)imon,  3  Sbe,  93vaunfdnueig  1847-57;  "Öforifc  SRaptjall,  Post-biblical  History  of  theJews 
from  the  close  of  the  Old  Test,  tili  the  destruction  of  the  second  temple  in  the  year  70, 
2  voll.,  Sonbon  1856;  #.  ÖJräft,  (öefd).  berauben  uou  ben  «fteften  Seiten  bi«  ouf  bic  ©ea.cn» 

6  wart,  11  93be,  Seidig  1854- 75;  «.  ©eiger,  $a«3ubentum  u.  feine ©efcfctdMe,  8  Sie,  «re«lau 
1864-71;  S.  93äcf,  @efd).  be«  jübifd)en  Eolfe«  unb  feiner  Sitteratur,  1878;  3>aoib  Gaffel, 
Urbild)  ber  jüb.  ©efrf}.  u.  Sitteratur,  Seidig  1879;  9fl.  SBrann,  ©efd).  ber  3ubcn  unb  tyrer 
Sitt.,  2  9lufl.,  93re«lau  1896.  —  $ie  ©ef#i#te  3«rael«  fjat  aber  au*  in  ben  3>arftellungen 
ber  allgemeinen  $8eltgefd)id)te  eine  tnefyr  ober  weniger  eingeijenbe  unb  angemeffene  93efjanb* 

io  Iung  gefunben.  f o  in  ben  ©efd)id)t«roerfen  toon  9Kaj  $uncfer,  2.  ü.  SRanfe,  wafpero  (®efd).  b. 
morgeniänb.  Golfer  im  Altertum,  beutfd)  üon  ^ietfdjmann  1877),  (Sb.  SRetjer  u.  a. 

tiefer  2lrtifel  fott  im  toefentlicfyen  nur  eine  äufammenfaffenbe  Überfielt  über  ben  ae« 
fcfyicfytlid&en  Serlauf  geben,  inbem  für  ba«  9täfyere,  too  möglich,  auf  bie  ©J>e*ialartuel 
bertoiefen  toirb.     Die  Slamen,   unter  toelcfyen  folc&e  nadmife^en,  fmb   mit  *  bejei^net 

15  ^auptquelle  für  bie  i«raelilifdHübifcfye  ©efcfytcr/te  ift  bie  Öibel,  befonber«  ba«  SEE,  bon 
toelctyem  außer  ben  fyiftorifcfyen  Supern  namentlich  aud&  bie  prol>f}ettfc£en  in  8etra<$t 
fommen.  Die  biblifcfyen  Sucher  ftnb  al«  fyiftorifd&e  Quellen  um  fo  toertboHer,  je  nä^er 
iijre  ©ntftefyung  ben  ßreigmffen  liegt.  6o  ift  *.  93.  ba«  ©amueli«bud&*  juberläfftger  al« 
bic  ßfyronif  * ;  bo$  fann  and)  in  ber  jüngeren  Quelle  ft$  alte«  Material  finben,  loa«  bie 

20  ältere  nid^t  bietet,  ©o  ift«  in  S3ejug  auf  bie  ßfyronif  in  tyrem  SSerfyältnt«  $um  ©antuet 
unb  Äönig«bud&*,  ober  beim  jtoeiten  SRaffabäcrbucty*  im  SJer^ältm«  jum  erften.  9lo$ 
um  ein  beträchtliche«  ftefyt  hinter  ber  Gfyronif  $labiu«  3°f^ug*  jurücf,  abgefeben  bon 
ben  ©d&riften,  too  er  ©elbfterlebte«  berietet.  Smmerfyin  bietet  er  jur  älteren  <$ef$i$te 
toertboHere  Seiträge  al«  *Pfyilo.    Die  talmubifqe  Srabitton  fommt  für  bie  ältere  §eit  al« 

25  Quelle  gar  nicfyt  in  33etra$t,  bagegen  für  bie  foätjübifc^e,  für  toeld&e  autty  bie  aeitgenöf* 
ftfcfyen  gried&iföen  unb  lateinifcfyen  Tutoren  bei juüe^en  ftnb.  —  3Ronumentale  Quellen  jur 
i«raelttifc$en  ©efdn'd[jte  fmb,  abgelesen  bon  ft)äten  STOünjen  au«  ber  ÜJlaßabäcrjeit,  tmSanbe 
felbft  gar  feine  bon  SBelang  erhalten  geblieben.  Dagegen  ift  ein  üRonument  erfien  Stange« 
ber  auf   moabitifcfycm  ©ebiet   gefunbene  HJlefc^aftein*.    33on   ^o^em  SDSerte  ftnb  bie  ca& 

so  giebigen  Duellen,  toelcfyc  bie  2ljfr/rioIogie  Unb  2legr/l>tologie  eröffnet  ^aben,  ba  %$xad  mit 
biefen  SSölfem  in  mannigf atyn  Sejiel^ungen  ftanb.  ©ie^e  flgfffUn*,  9lhube*  (unb 
S3abt;lon).  3^re  monumentalen  2lufjeic^nungen  bereitem  im  einjelnen  bie  biblif<$e 
©efqic^töenäplung  unb  orientieren  namentlich  über  ben  3ufammentyang  ber  Gegebenheiten, 
bie  ßfyronologie  u.  bgl. 

36  Die  ©efcfyicfyte  §«raeß  tourbe  früher  faft  au«fölicfjliclj  bom  t^eologifc^en  ®eftdbt«< 
jmnltc  bargeftellt  al«  Offenbarung«-  ober  £eU«gef$ic£te.  Die«  ift  bor  allem  ber  ©eft^t«^ 
punft  ber  biblifd^en  ßrgäfyler  felbft.  3n  neuerer  3«t  toirb  fie  oft  al«  bfo^e  Sßrofan* 
biftorie  be^anbelt,  b.  \).  ofyne  SRütffid&t  auf  ba«  befonbere  göttliche  SBalten  barm  unb  ba« 
$ofye  $kl,  auf  toeld^e«  bieje  ©ef$icr)te  angelegt  toar.    Die  d^riftlic^e  Ideologie  toirb  fW« 

40  biefen  fyöfyeren  galtor  im  Sluge  behalten  muffen,  ofyne  barüber  bie  menfc$lic^  hrbtfcfcn 
^cr^ältniffe  unb  Iriebfebern  nt  bernad&läfftgcn.  Slufeerorbentlic^  ober  tounberbar  ftnb  ja 
nietyt  bloß  eimelne  %t)<xtm  unb  (Sreigniffe  in  biefer  ßiftorie;  ba«  aufeerorbentlit&fte  tp  bie 
gruc^t,  bie  fte  gebraut  f)at:  ß^riftu«  unb  ba«  Gfciftentum.  5Ber  biefe  £öcr/fie  Offen- 
barung be«  lebenbigen  ©otte«  lennt,  ber  toirb  and)  in   ber  ganjen  ba^injtelenben  6nt^ 

45  toicfclung  toeber  ein  bloße«  Äräfteftncl  nod^  eine  nac^  orbinärem  -Dtaßftab  jure^huftuAenbe 
©efd^id^tc  erblicfen,  fonbern  biefe  ßnttoicfelung  burc^toaltet  fe^en  bon  bent  göttlichen  ©eifte, 
ber  r)ter  für  bie  ganje  SBelt  ein  §eil  jubereitete,  ba«  nic^t  bon  ber  SBelt  toar.  ©n 
©efü^l  bon  ber  ^Planmäßigkeit  biefe«  göttlichen  SBalten«  in  i^rer  ©efc^tc^te  fett  ber  Ur* 
jeit  Ratten  bie  erleuchteten  ^^aeliten  felbft  fd^on  in  fcr>r  früher  3e^-  $&*  betoetfen  jl9. 

60  bie  jpentateud&ifd^en  gr^äf^ler  E,  J,  P  mit  ifyrem  .ßurücfgetyen  auf  bie  Ur*  unb  3$or* 
gefc^id^te.  Seiner  bon  i^nen  r>at  HWa  mit  9Kofe  angefangen ;  fte  alle  fa^en,  um  bon  ber 
Ürjeit  p  fc^toeigen,  fcfyon  in  jener  SSorjeit,  too.i^re  ©tämme  al«  Heine  9tomaben$orben 
bur^  Äanaan  ftreiften,  bie  93orftufe  i^re«  nationalen  Seben«  unb  in  bem  Serte^r  be« 
allmächtigen  ©otte«  mit  jenen  Sßätern  bic  Vorbereitung  ber  fj>äteren  Offenbarungen. 

65  Die  in  ber  ©eneft«  cr^är)Ite  3Sorgcfc^ic^te  betoegt  fidt)  im  Stammen  einer  gamilie. 
Die  Jamilte  toar  bei  ben  femitifd^en  3tomaben  ba«  ftammbilbenbe  Element,  unb  fo  er« 
Hart  e«  ficr/,  baß  bie  Israeliten  aüe  Stationen  au^  ^amilienberjtoeigung  r^erborgegangen 
fidr)  borftelltcn,  toie  benn  in  biefem  33u$e  ein  gamtlienftammbaum  gegeben  toirb,  ber  bie 
gan$e  a)lenfc^^eit  umfaßt.    Streitig  ift  in  Se^ug  auf  jene  Vorfahren  3^Ä«te  fd^ft  n>ie* 

♦vo  toeit  bic  gamiliengefc^ic^tc  al«  gefcfyicfytlic^  ju  gelten  ^abe,  toietoett  ba«  genealogtf^e 
©c^ema  nur  auf   etfynograj^ifcfye  SBer^ältniffe   übertragen,   mit  anbeten  SBorten  bie  ©e« 


3$rael,  ©efdjidjte,  BiMifdje  461 

fc^id^te  ganger  Söller  unb  Stämme  in  bic  ©eftalt  Don  gamiliengefcfyictyte  gcfleibet  Jet. 
3)oc$  fce&en  fi<$  Von  ben  feftematifö  angelegten  Stammbäumen,  bie  ioenig  pcrfönlicge« 
fieben  entfalten,  bie  ©eftalten  ber  (SrjVäter  felbft  ctyaraftervotl  ab  unb  e«  toiÜ  ntd^t  ge* 
fingen,  t^re  an  beftimmte  Örtlictyfeiten  fidj  anfctyliefeenben  unb  red^t  inbiVtbueH  gearteten 
ßtlebniffe  in  überjeugenber  SBeife  auf  allgemeine  SBiberfafyrniffe  eine«  ganzen  Stammet  6 
ober  Sßolted  )u  beuten.  Sgl.  immerhin  bie  Siegeln,  toeld^e  ©utfye,  ©efefy.  be«  25.  3«r., 
©.  4  ff.  bafür  auffteHte.  2lucfy  ift  bic  SRücfyternfyeit  unb  bie  ©enauigfeit  im  einzelnen  bei 
btefen  erklungen  fo  grofe,  baj*  fte  Don  ber  bietytenben  (Sage,  feie  fic  fonft  bie  Sölfer 
um  ifyre  totrflictyen  ober  Vermeintlichen  Stammfyeroen  unb  2lfynfyerrn  fielen  laffen,  gänjlicty 
Vertrieben  fmb.  2)a«  aUerbing«  ift  leicht  erfkfytlic^,  bafe  toir  fyier  nur  noefy  Fragmente  von  10 
Überlieferung  tyaben,  toelc^e  lange  3eit  e'ne  münbltcfye  getoefen  fein  mufj.  9iur  gehriffe 
fcrvorragenbe  ©eftalten  ^aben  fi$  in  ber  (Erinnerung  erhalten,  toä&renb  bie  toeniger  in 
bie  äugen  fottenben  unb  ba«  Solf«gemüt  feffelnben  Serfyältniffe  unb  Gegebenheiten  ifyr 
entfötounben  finb.  2lber  folcfye  ^erjönlic^feiten  tote  2lbrafyam*,  ber  Stammvater,  an 
beffen  Stamm  ftety  bie  Sintoanbcrung  au«  bem  (Su^ratlanb  naefy  Kanaan  fnüpft,  ober  15 
$afob*,  ber  ftcfy  burefy  garten  $>ienft  in  ber  aramätfetyen  ftrembe  unter  feine«  ©otte« 
Segen  ftu  ÜBotylftanb  unb  jum  Raupte  eine«  gafylreicfyen  Stamme«  emporgearbeitet  fyat, 
ober  3°fa>&**  bur$  ^eRen  benftoürbige  2ebcn«j$icffale  bie  Überfiebelung  be«  Stamme« 
nac$5&g$>ten  Vermittelt  tourbe,  finb  al«  ccfyte  (Srbftücfe  ber  Überlieferung  anjufefyen,  toelctye 
im  toefentlit&en  baefelbe  Silb  Von  tynen,  ob  au$  mit  Variationen,  enttoirf t.  Sei  ber  20 
©ef$i$te  3°f^^  fallt  für  bie  ©efdncfytltcfyfeit  bie  genaue  Übereinftimmung  mit  ägtyptifcfyen 
Ser&ältniffen  in«  ©etoicfyt,  toie  in  jenem  2t.  bargetfyan  ift.  3um  21-  Slbrafyam  (ber 
92ame  Aburamu  fommt  in  alten  feilinfdjr.  Äontrafttafeln  Vor;  bie  ©runbform  ift  aber 
too^l  Abträm,  „mein  Sater  ift  ergaben")  ift  nachzutragen,  bafc  ber  Äricg«gug  ©en  14 
burefc  bie  babtylonifcfyen  Monumente  in  einer  2Beife  beleuchtet  korben  ift,  toeld^c  biefe  6r=  25 
gtylung  gerabeju  al«  ^iftorifäe  Urfunbe  erfcfyeinen  läfct.  2)ie  tarnen  ber  bort  aufgezählten 
Könige  nämlicfc,  bie  bem  Äeborlaomer  golge  leifteten,  fmb  nid^t  nur  in  ben  Äeilinfdjriften 
größtenteils  nadfoetoiefen  toorben,  fonbern  fte  entforecfycn  in  ifyrer  gufammenftellung  einer 
befhmmten  ®ru$>e  $eitgenöffifc&er  §errf$er.  Äeborlaomer  felbft  ift  Äuburlugfyamar, 
König  von  (Slam.    @«  entftmctyt  ben  ttyatfäc^licfyen  Serfyältniffcn,  bafc  einem   elamittfctyen  so 

terrfc^er  bie  gityrung  jugeforoetyen  toirb  14, 14  f.  antratet  bagegen,  ber  Äönig  Von 
»inear,  in  bejfen  lagen  biefe  3)inge  fiety  jutrugen  (14, 1),  ift  ber  epocfyemacfyenbe  babty* 
lonifcfce  Äönig  Chammurabi  (Chammurapaltu),  toelcfyer  fpäter  (offenbar  erft  nac^  bem 
®en  14  er&ä$ltcn  ^elbjug)  Sab^lonien  Von  (Slam  unabhängig  gemalt  \)at,  toä^renb  er 
jefct  no4>  bem  ©lamiter  $eere«folge  leiften  mu|te.  Slrioc^,  Äönig  von  (lllafar,  ift  Iri-aku,  86 
Äönig  von  £arfa,  ebenfaQ«  ein  SafaH  be«  Äönig«  Äuburlug^amar.  Sib'al,  Äönig  ber 
®ojim  (©uti  V)  ift  Tudchul,  ber  auf  einer  3nf^^ft  ^m  3uTammen^an9  ni^  ^em  ©o^ne 
be«  Iri-aku  ertpä^nt  ift.  Son  bem  ©en  14  berichteten  3u9e  Mcfa  Äönige  nac^  bem 
Seften  geben  bie  bi«^er  gefunbenen  SDofumente  feine  ?2ac^rid^t.  dagegen  geigen  fte,  bafe 
eine  folc^e  @0>ebition  in  fo  früher  $tit  feineeloeg«  etlüa«  unerhörte«  ift,  h>te  bieder  öfter  40 
behauptet  tvurbe.  %at  boc^  fdjon  lange  vor  3000  v.  ßl)r.  Sargon  von  2ltfab  (Sab^= 
lonien)  Viermal  einen  3U0  na^  ^cm  3)ttttclmeer  unternommen  unb  an  beffen  Äüfte  fein 
Silbni«  aufgeftellt,  unb  fein  So^n  unb  DJac^f olger  9iaram=Sin  ift  nad^  Serien  unb  93tagan 
(Dftarabien)  unb  ber  Sinail^albinfel  gejogen  unb  ^at  von  bort  Sronje  unb  ben  garten 
SHoritftein  naety  ^aufe  gebraut.  @r  mufe  ungefähr  benfelben  2Bcg  gebogen  fein  tote  bie  46 
babtylomfctyen  ffirftm  jur  Mt  Slbral^am«.  %txncx  ift  ju  beachten,  ba|  Äubur  5Kabuf, 
ber  Sater  jene«  9>ri*2lfu  W  »$***  **>&  Sanbc«  SJartu"  nennt,  b.  f).  be«  St;ricn  unb 
^aläftma  umfaffenben  SBeftlanbe«  (=  (SmoriterlanbV).  Da«felbe  t^ut  ber  etlüa«  fpätere 
babtylonifd^e  Äönig  Ammi  Satana.  g«  erhellt  überlauft  au«  ben  ^nfc^riften  unb  110$ 
mefcr  au«  ben  Jeu  StmamasSriefen,  bafe  bie  Segie^ungcn  atoifctyen  Sabt^lonien  unb  60 
ftanaan  Viel  ältere  unb  engere  toaren,  al«  man  bi«^er  geglaubt  fyat,  unb  baf?  lefetere« 
2anb  vom  erfteren  infolge  langjähriger  volitifc^er  3lb^ängig!eit  aud?  in  Se^ug  auf  bie 
Kultur,  l  9.  ben  Sc&riftgebraudj  ftarf  abhängig  tvar.  Siclletd^t  fällt  auc^  auf  bie  rcli* 
giöfen  SKotiVe,  toel^e  bei  Slbra^am«  9lu«toanberung  toirffam  toaren,  ein  neue«  £id;t  au« 
ben  gnfe^riften.  Sa^ce  unb  §ommel  ^>aben  toal;rfäeinlicfy  gemalt,  ba|  jene  2)^naftie  66 
be«  Chammurabi  eine  fübfemitifcfye,  bejto.  arabifd^e  toar,  bic  ftd^  ettoa  100  Sa^re  Vor 
i^m  in  Sabtylon  feftgefe^t  fyaitt.  Diefe  Sübfemiten,  gu  toeld^en  auc^  abra^am«  ©efcfyled&t 
fld^örte,  Verloren  bort  allmä^li^  ifyre  Sefonber^cit,  auc^  i^re  reineren  ©ottc«vorftel!ungen. 
SKbra^am,  ber  nac^  ©otte«  2Bittcn  biefem  9lfftmilation«pro}e^  nid)t  verfallen  foQte,  tvan- 
bette  au«,  unb  )toar  Von  Ur  im  {üblichen  Sabtylonien  gunäc^ft  nac^  ^aran;  bie«  ift,  ob  go 


462  3*rael,  ©efdjtdjie,  btbliföe 

aucfy  auf  unjerer  Starte  ein  tüciter  Umtoeg,  bocfy  bie  getoofynte  ©trafee  getoefen,  auf  toelcber 
man  bamafä  Don  Sabtylonien  nad)  jtanaan  gog.  ÜJtittelft  biefeä  ©tyndfconiSmuS  foDte  eS 
nun  anty  möglich  fein,  bie  £eit,  in  toelctyer  2lbrafyam  lebte,  genauer  gu  beftimmen.  Mein 
fyier  ergiebt  fic^  eine  ©d&toicrigfeit :  bie  biblifcfyen  Angaben  toürben  baju  führen,  tyn  um 
5  2000  D.  Qfyx.  anjufefcen,  toäfyrenb  man  jenen  Chammurabi  getoö^nlitty  fc^on  um  3000 
ober  bocfy  bor  2200  regieren  liefe.  2)o<|  fmb  bie  2lfforiologen  über  biefen  9nfo$  iux$ 
ni^t  einig.  Bommel  £at  ntlefct  (3118  1898  ©.  1001)  c.  2100  al«  baä  für  beibe  toafr* 
föeinlicfcfte  aufgeteilt.  —  ffia|  ba$  ©tücf  ©en  14,  bejfen  3lltertümlid^fett  föon  ©toalb 
fyerDorgefyobcn  fyat,  nictyt  eine  junge  ©icfytung   ift,   ftefyt  nac$  bem  Obigen  jebenfalfc  fefl 

10  @b.  SKctyer  Witt  freilief)  glauben,  ein  jübifäer  ©plant  gu  Sabtylon  tyabe  fty  jene  Angaben 
in  ben  bortigen  Slrd^tbcn  Derfcfyafft.  allein  eine  fo  raffinierte  gälft&ung  toäre  einem 
folgen  ntcfyt  zutrauen.  3Kan  fefye  abgefetyen  bon  bem  unbeholfenen  ©til  au$  bie  m 
jener  ßrgäfylung  forttoäfyrenbe  @rläuterung  fol$er  geograptyifd&er  9lamen,  bie  nit&t  mdjr 
geläufig  toaren:  93ela,  b.  i.  $oax\  ©ibbimtfyal,  b.  i.  ©aljmeer:  @n  3Ri§j>at,  b.  i.  ÄabeS; 

16  %f)al  ©etyatoe,  b.  i.  ftönigSfyal.  UnDerfennbar  fyat  fyier  ber  Srjä&ler  eine  alte,  föriftlicfc 
borliegenbe  Urfunbe  ber  (Srgäfylung  einDerleibt.  @3  ift  aber  Don  pröjjter  SBt^tigleit,  ba| 
an  bem  einigen  $unft,  too  ein  ©tücf  2BeItgefc§i$te  in  bie  ^Jatnard^enüberlieferung  fcr* 
einfielt,  ba$  Mitgeteilte  fiety  als  getreue  fyiftorifctye  Äunbe  auStoeift  Sietye  über  biefe 
Segiefyungen  Don  ©en  14  21.  §.  Satyce,  Monuments8  161  ff.;  gr.§ommel,  Sltidr.  über« 

ao  lieferung  ©.  119  ff.;  147 ff.  (too  jebocfc  ©.  173 ff.  bie  Sefung  $.  Steife  Kudur-lug- 
gamar  fi$  al$  Irrtum  wtüiefen  fyat). 

2lbrafyam  toirb  in  ber  ©enefte  Dom  ÜBölferbater  ©em  abgeleitet  unb  erfebemt  ab 
beffen  geiftiger  ©rbe.  5)iefe  2lbftammung  teilen  mit  tym  nad)  ©en  10,  21  ff.  eine  Steige  tnm 
Söllern,  bie  fiefy  (abgeben  Don  (Slam  unb  2ub)  in  ber  tycit  mit  ben  Hebräern  foratfc 

26  unb  ftammbertoanbt  geigen,  ftrie  bie  Slfftyrer,  2lramäer  unb  Diele  arabif^e  Stämme,  ba^er 
man  biefen  ^auptftamm  bis  ^eute  ben  ber©emiten*  nennt.  ^ä$er  £eijjt  Sftratyam  14,13 
„ber  Hebräer",  unb  fo  foerben  in  ber  älteften  $eit  nac$  jben  biblifd^en  Angaben  bie 
Israeliten  auejj  fonft  Don  ben  SluSlänbern,  namentlich  ben  $Sig$>tern,  genannt.  2)iefer 
93*8riff  „Hebräer"  ift  nad)  bem  angeführten  Stammbaum   ein  engerer  als  „Semiten", 

so  aber  toeiter  als  „SSfaeltten".  ©eine  eigentliche  Scbeutung  lä^t  f\d)  ntc^t  mit  Dößiger 
©id^cr^eit  feftftellcn.  ©c^tüerlic^  feigen  bie  „Hebräer"  bie  ^enfeitigen  al«  bie  jenfeitö  be^ 
^orbanS  3Bo^ncnben  ober  über  ben  3>orban  ©efommcnen  (Stabe,  6b.  SDtetyer  3o*3!& 
1886,  ©.  11).  Sielmefyr  toirb  bie  Senennuna  auf  ben  ©trom  6u|)^rat  ftc^  bqie^en  hrie 
ber  feilinjc^riftlid;e  Ebir  nari.  2)oc^  fragt  fic^  babei,  ob  ber  2lu^brucf  Dom  babtytonif^en 

86  ©tanbjjunlt  au^  gemüngt  ift :  bie  jenfeit«  feol;nenben,  ober,  toaä  nHt^rfc^einlic^er  (DgL 
©en  14, 13)  Dom  fanaanitijcfcägty})tifcfyen :  bie  Don  jenfeitS  ©etommenen.  3lu(^  bleibt  We 
5Wöglic^feit  offen,  ba|  ber  9iame  „bie  S«nfeitigen"  bei  einem  toanbemben  SSolfe  bei 
toec^felnben  geograjj^ijd^en  SSer^ältniffcn  auc^  Derf^ieben  gebeutet  tourbe.  SSgL  3fr.  ^ommel, 
3lltter.  Überl.  ©.  257  ff.  Stüeifel^aften  9itd)t&  ift  bie  ©leicftefcung  be«  ^ebr.  'Ibrim  mit 

40  bem  ägttyt.  cApriu  (f.  oben  ©.  358, 21) ;  bagegen  bürfte  bie  mit  ben  Chabiri  ber  Jett 
2Imarna^afe(n  fyradjlicfy  ba«  richtige  treffen;  nur  mufe  man  bort  nic^t  f^tett  an  bie 
Sorfafyren  ber  S^raeliten  benfen. 

SDa^  %tbm  ber  l;cbräi|(^cn  9?omabenfamilie  in  Äanaan  mar  na^  überetnftimmenber 
Sefc^reibung  ber  Duellen  lein  leiste«,     ©ie  mußten  öfter  i^ren  äufent^alt  toed^feln,  um 

46  ^inreic^enbe  -iffieibe  gu  finben  unb  trennten  fic^  aud)  too^l  gu  biefem  (Snbe,  toie  Don  Sbra« 
^am  unb  üot  erjagt  h>irb,  auf  toelcfyen  bte  im  Dftjorbanlanb  unb  am  loten  3Reer  an« 
gefeffenen  §ebräer,  2lmmoniter  unb  39Joabiter,  jurücfgefü^rt  toerben.  9loc^  tümmerlic^er 
tourDe  i^re  Sage,  toenn  ftc  in  $z\kn  be$  Wi^toac^fe«  auf  ftäbtifc^ciDiKfterte«  ©ebiet  über» 
treten  mußten,   toie   auf  baä  be«  König«  Don  ©erar  ober  auf  ägty)>tif$en  Soben,  toddp* 

60  fianb  bie  ^ornfammer  be«  bamalä  noc^  ntd>t  burc^toeg  lanbtDtrtfc^aftlic^  bebauten  Äanaan 
Jinir.  2)a  (ahm  fte  fidb,  mie  überhaupt  bie  ^remblinge  in  jener  &it,  Dielerlei  ^ßlacferrien 
unb  Demütigungen  au^gefe^t,  toofern  nid)t  bie  fromme  ©c^eu  Dor  ber  über  allen  Jfölbrn 
toaltenben  ©ottyeit  bie  Setoo^ner  ui  menfc^enfreunblic^erer  Sefyanbhmg  biefer  ungebetaien 
©äfte  Deranla^te  (®en  20, 11).    2)a6  btefc  gelungen  über  ba«  ^Küriar^alifc^e  9lo« 

65  mabenlcben  ein  Sleflcj  ffäterer,  nac&mofaiföer  3Ser^ältniffe  ber  S^raditen  )u  ben  Sanbefe 
betüo^nern  feien,  ift  gang  untoafyrf$emlt$. 

(Sine  Notlage  jener  2lrt  toax  c$  and),  tod&t  gur  Überfteblung  bed  ganjen  $al6b&* 
ftammeä  nac^  3igD})ten  führte,  unb  jioar  nac^  bem  im  9lorboften  beS  fianbe«  gelegenen 
©ofen  *,  bag  Don  @b.  sJ2aDiÜe  (Goshen  and  the  Shrine  of  Saft  el  Henneh,  gonbon 

00  1887)  aU  ber  fpäterc  „arabifc^e  ©au''  um  (ba*  griec^ifc^e)  $^a{ufa#  ^eute  Saft  el  $erat4, 


3*rael,  ©efdjtdjie,  BtBlifc^e  463 

befKmmt  toorben  ift,  ber  bamal«  no$  nicfyt  fcft  abgegrenzt  toar.  Übet  ben  mefyrfyunbcrt* 
jährigen  Aufenthalt  m  biefem  Sanbe  verlautet  toenig.  2lber  bie  gructytbarfeit  biefe«  $3oben« 
tarn  ber  SBermeljrung  be«  Stamme«  gu  gut,  bet  fic|  fyter  rafefy  gu  einem  33olfe  ertoeiterte, 
ta«  freilieft  fem  polttiföeä  ©anje«  bitbete,  fonbern  in  feine  Stämme  mit  ifyren  patriar$a* 
fifc^en  ©epeie^«  jerfolittert  blieb.  Sluct)  für  feine  geiftige  ßnttotcfelung  muf$te  ba«  2ioIl  6 
aud  ber  5Ra$e  be«  beftgeorbneten  Äulturftaate«  ber  alten  SBelt  mannen  ©etoinn  jie^en. 
ffiäfcenb  ein  $eil  bleiben  bei  ber  überfommenen  2eben«tocife  bleibenb,  feine  §erben 
nadf  bor  ©tejtye  &in  toeibete,  lieft  ftd&  ein  anberer  mitten  unter  ben  Ägyptern  in  feften 
Käufern  nieber  unb  betrieb  ädEer*  unb  ©artenbau  (9tu  11,  5).  ©o  mußten  au<$  bie 
(Setoerbe  unb  5tünfte  unter  ben  Israeliten  ©ingang  finben.  SBäfyrenb  beifoiel«toeife  in  10 
ber  ?ßatrian$engefc$tt$te  leine  fixere  ©pur  fcom  ©ebrauety  ber  ©d&reibfunft  fi$  finbet,  fo 
ntufc  biefelbe  bagegen  in  bem  toielfd&reibenbcn  Ägypten  ben  gebilbeten  Israeliten  —  bafc 
tf  foCc^e  gab,  betoeift  fetyon,  toa«  Don  3°^  un&  ^°fc  «jätyft  ift  —  ganj  Vertraut 
getoorben  fein.  3)ajj  3«rael  fpäter^tn  mefyr  ßmpfänglicfyfeit  unb  £eiftung«fäj?igfeit  in 
ber  Äultur  betoie«  al«  alle  feine  nqd&ften  SSertoanbten  (6bom,  9Jtoab  u.  f.  Id.),  mag  15 
mit  auf  feinen  frühen  Aufenthalt  in  Hg^ten  gurüd^ufü^ren  fein.  2lber  and)  für  bie 
bürgerlich  unb  fultiföe  3lu«geftaltung  feiner  Religion  toar  biefe  33orf$ule  ofyne  3toetfel 
tädft  bebeuhmg«lo«. 

Äuc$  in  religiöfer  $inficfyt  Ijatte  fid&  toäfyrenb  ber  bormofatfd&en  $eriobe  bie  foätere 
®otte«ertenntni«  unb  ber  tyeofrattfcfcnattonale  @otte«bienft  Vorbereitet.  2Ba«  3Kofe  feinem  20 
Solle  fcerfünbigte,  muft  eine  Saft«  in  beffen  bi«fyeriger  ©rfenntni«  gehabt  fyabtrt.  %n  ber 
2$at  berieten  fämtliqe  alte  Duellen,  bafe  ber  jpätere  93unbe«gott,  ob  axxö)  unter  anberer 
Benennung,  jc^on  ben  SBätern  in  au|crorbentli4er  Söeife  erfcfyienen  fei  unb  fie  in  feinen 
öunb  unb  5Dtenft  genommen  fyabe.  tiefer  ©Ott  ift  ber  unficfytbare,  erhabene,  feine«toeg«  an 
ein  beffcimmte«  fianbe  gefeffelte,  toofyl  aber  an  getotffen  Stätten,  bie  barum  für  heilig  galten,  25 
jty  offenbarenbe,  ber  §immel  unb  Grbe  bereitet  fyat  (®en  14, 19).  @r  toofynt  im§immel 
unb  befcrrfät  Don  ba  bie  (Srbe.  gr  bulbet  bei  feinen  SSerefyrern  leine  anberen  ©ötter 
neben  fu$,  toenn  and)  in  feinem  erhalten  Stamm  au«  ber  Jtembe  importiertes  ©öfcen= 
tum  fug  emgeniftet  Ijat  (bgl.  bie  Seraphim  ber  Rachel).  2lud?  bie  Erinnerung  fefylt  ntctyt, 
bafe  Abraham  au«  einer  SSertoanbtfdjaft  au«gefd&ieben  fei,  bie  in  Abgötterei  fcerfunfen  toar  so 

Sof  24, 2.  14).  Sluc^  bie  übrigen  SRacfyfommen  3:era^  Ratten  einen  minber  reinen  ©Ott 
l  er  (®en  31,  53).  5Ric^t  t^eoretijd^  gtoar  h^ar  bie  ßinjigfeit  feine«  ©otteS  formuliert, 
aber  al^  etngigartiger  toar  berfelbe  erfahren  unb  fo  burfte  i^m  allein  gebient  Serben.  6« 
toar  ein  prattiföer  SWonot^etömu«.  tiefer  ©Ott  toaltet  über  bem  5Dcenfc^enleben  aU  ge* 
ro^ter  SSargelter  be^  ©uten  unb  Söfen.  Sgl.  j.  93.  ba$  ©erid^t  über  Sobom.  3U  Wefer  86 
SWigiim  ber  S5ort>äter  fie^e  35ißmann,  2l(tteft.  SC^eol.  1895,  6.  82  ff.  2Ba3  man  bon 
©temtultuä  unb  Xotemtömu«  in  ber  ©eneft«  bat  finben  tooden,  beruht  auf  toillfürltäer 
Ausbeutung  unb  Eintragung  au$  anberen  9teligion«gebietcn.  Sefonbere  2lufmerfjamfeit 
berbienen  bie  natoen  unb  primitiben  Sorftellungen  unb  Darftellungen  ©otte«,  toeld?e©en 
11  u.  18.  19  begegnen,  in  fold&er  Altertümlidjfeit  aber  in  Seric^ten  über  bie  mojaifc^e  40 
anb  ft>älere  3«t  ntc^t  mej^r  borlommcn,  ba^er  fie  am  ftd^erften  auf  bie  bormofaifc^e 
6tufe  jurüdtoeifen.  3xo$  i^rer  linblid^en  3lnt^roj)omorp^tömen  geigen  biefe  2lbf$nitte  bie 
oben  angegebenen  3ü0e  erhabener  ©otte^borfteQung. 

3)a|  in  %^ten  bie  reinere  ©otte^erfenntni«  biefe«  fcmitifcfyen  Stamme«  nid^t  ge« 
binnen  tonnte,  lägt  fi$  im  borau«  benfen.  3tuar  behielt  er  feine  überlieferten  religiöfen  46 
Snfc^auungen,  toel(^e  öon  ben  äg^tifc^en  grunbberfc^ieben  toaren.  2lbcr  e«  ift  burc^au« 
toa^rfc^einli^,  ba|  namentlich  bie  unter  ben  Äg^tern  lebenben  Stämme  t>on  bem  Der= 
ffi^rcrif^en  ^eibentum  i^rer  Umgebung  biel  angenommen  ^aben,  toa«  au«brüdtlid;  bejeugt 
ip  3of  24f14;  6j  20,  7 ff.;  23,3.  8.  19.  3luf  äg^tifc^en  (Sinflufe  führen  manche 
bie  m  3«rael  fd^on  @j  32  unb  fpäter^in  auftretenbe  ä}eie^rung  ber  ©ott^eit  in  einem  60 
©tierbilb  jurücf,  boc^  mit  jtoeifel^aftem  Sec^t.  Sielte  Crelli,  silHgem.  9lcligion«gefd^ic^te 
6.269.  $Jn  9etra$t  fommt  and)  ber  Äultu«  be«  mofaifc^en  ©c^langenbilbe«  2  ftg  18,4, 
ber  an  bie  äg$>tifäe  S^mbolif  erinnert.  3>n  ^cn  bodfgeftaltigen  Dämonen  Se  1 7,  7  barf 
man  fc^toerli^  ben  l>l  )8o(f  t>on  s3Jienbe«  erfennen;  cl;cr  toeift  ba«  Verbot  fc^eupe^er 
Unjudbt  2e  18,  23  auf  eine  Don  bort  eingebrungene  Unfitte  (§crobot  2,  46).  3)er  fcinb=  66 
fefige&rucf,  ben  bie  ^«raeliten  toä^renb  ber  legten  *ßeriobe  i^re«  äg^tifd^en  Aufenthalte« 
erlitten,  mufcte  ba^in  toirten,  bag  fie  ftc^  auf  i^ren  angeftammten  ©otte«glauben  toieber  be« 
faimen  unb  ftc^  bem  ^eibnifc^en  Sfßefen  gegenüber  ablefynenber  toer^iclten.  aber  um  biefe« 
Bon)  )u  übertoinben  unb  ben  alten  ©lauben  neu  ui  beleben,  bagu  beburfte  e«  eine«  pro-- 
l^eäfdjKn  Reformator«,  toie  er  bem  9iolfe  in  ber  H$erfon  be«  üDiofe  gefc^enft  tourbe.         go 


464  3*rael,  ©efdjidjte,  btbU^e 

Die  in  bem  nacfy  ägtyptifd&er  Vorftcllung  bemeffen,  nur  tyalbcibißfterten  ©ofen  nieber* 
gclaffenen  fyebräifcfyen  §irten  Ratten  in  relatiDer  ©elbftftänbigfeit  lange  %afyxt  gelebt  unb 
futy  ftarf  Dermefyrt.  Da  trat  in  ifyrer  begünftigten  Sage  ein  Umfötoung  ein,  al«,  tote 
®E  1,  8  einfach  erjäfylt,  „ein  neuer  König  auffam,  ber  Don  Sofepty  n\if8  toufete."  Diefer 

6  SB$ec§fel  ber.  äg$)tifd;en  $oIitif  fying  .pfyne  3towfd  bamit  jufammen,  bafc  unterbeffen  ba« 
eigentliche  Sg^tertum  burety  Vertreibung  ber  §tylfo«  au«  bem  üanbe  erftarft  unb  ba« 
Veftreben  ber  fterrfcfyer  be«  neuen  Stetcfye«  nun  barauf  gerietet  h>ar,  ba«  ftramm  ge* 
orbnete  ägtyptifcfje  ©taat«ft>efen  in  Unterägtyrten  fo  toeit  al«  möglich  au«jube$nen.  Da* 
Don  mufjten  bie  in  jenem  ©au   fo  lange  gebulbeten  §albnomaben  empfuiblicfc  betroffen 

10  toerben,  mit  benen  man  um  fo  lieber  aufräumte,  ba  fte  leicht  eine  ©tü$e  für  bie  je  unb 
je  Don  biefer  ©eite  einbringenden  femitifetyen  ©tämme  abgeben  fonnten.  ©ie  hmrben  alfo 
mit  £ärte  jum  ©taat«bienft  herangezogen,  too  man  tyre  3Mu«!elfraft  bei  Sauten  Don 
fejten  *ß(ä$en  unb  Vorrat«fyäufern  gut  brausen  fonnte,  unb  ba  bie«  ni$t  gu  genügen 
fdpien,  um  ifyre  beunrufyigenbe  ©tärfe  $u  brechen,  burefy  Rötung  ber  männlichen  ffinber  ge* 

16  toaltfam  rebu^iert.  ©o  Dertoanbelte  ftety  ba«  toillfommene  2lftyl,  ba«  fie  emft  in  &gtt>ten 
gefunben  Ratten,  $x  einem  ©flaDenfyau«,  in  toelcfyem  fie  unter  hartem  Drude  jeufjten. 
Die  benftoürbige  Befreiung  au«  biefer  Äned^tfd^aft  fnüpft  bie  einftimmige  Überlieferung 
ganj  an  bie  $erfon  be«  ÜJtofe,  batyer  bie  ba^in  gehörigen  Sreigniffe  im  21.  SRofe*  eins 
gefyenb  bargefteüt  ftnb.     Die  £eit,  in   toelc&e  fte  fallen,  glaubte  man  mit  annä^ember 

20©i$crl?eit  feftgeftellt  ju  fyaben;  boefy  ift  neuerbing«  biefelbe  toieber  fraglich  getoorben.  Die 
monumentalen  ägtyptifcfyen  Quellen  farec^en  au«brücfli<9  toeber  DonSofepfy  noc$  Don3Rofe. 
2lu$  ba«  (Sreigni«  am  ©c^ilfmeer  toirb  nicfyt  gemelbet,  ba«  freiließ  für  bie  S^ter  ju 
bemütigenb  toar,  al«  bafc  Don  ben  im  Dienfte  be«  ägtyjrt.  ßofe«  ftetyenben  ©Treibern  feine  Gr* 
toäfynung  ju  ertoarten  toäre.  Die  £tyffo«periobe  ift  überhaupt  Don  ben  §ütem  ber  ägVptifcfcn 

25  Vergangenheit  abficfytficfy  in  Dunfel  gefüllt  loorben.  Dafc  bie  ^«raeliten  mit  ben  £tyffo«  felbft 
ibentifety  toären,  hneSoftyfyu«  meinte,  ift  nietyt  ju  glauben  unb  jene  6rjä$lung5Wanetijo«  uon  ber 
Vertreibung  ber  2tu«fä$igen,  in  ber  fty  naefj  allem  2lnf$ein  (Erinnerungen  an  ben  mofaiföen 
(S^obu«  erhalten  fyabtn,  ift  tenbemiö«  „gefärbt  unb  fonft  unjuberläffig.  J8ei  Vergleic^ung 
beffen,  toa«  toir  über  bie  ©efd^iqte  3ig$>ten«  feit  ber  3lu«treibung  ber  §trff°*  totffen, 

so  fc^ien  fid;  bi«  toor  lur^em  am  meiften  bie  3lnna^me  ju  em^fe^len,  ba^  ber  Sß&arao  ber 
SebrüdEung  fein  anberer  toar  al«  ber  bauluftige  3tamfe«IL,  beffen  5Ramen  fo  Diele  9Ro* 
numente  tragen  unb  ber  toätyrenb  feiner  langjährigen  Regierung  gcrabe  auc$  ba«  unterfie 
3lgVPien  m^  fanen  Sauten  bebaut  l^at.  ©ein  ©ofyn  unb  Slacpfolger  3Rttntptaf)  toare 
bann  ber  $fyarao  be«  3lu«5ug«  (c.  1314).    2lllein   fo  anffred^enb  biefe  annahmen  jtnb, 

86  fo  f)at  ftd^  ber  SBiber^ru^  Äö^ler«  (I,  238  ff.)  bod&  al«  begrünbet  ^erau«gefteBt  ©egen 
fte  entfd^eibenb  ift  bod&  too^l  bie  ©iege«inf4rift  SJterneptalj«,  ber  auf  einem  3«0  ^ 
©t;rien  auc^  $zxad  0)kx  jum  erftenmal  biefer  9Jame  auf  einem  äg$>tifc$en  3Wonument 
nac^getoiefen)  Dernic^tct  fyabcn  h>ill.  3jf*  b\t  freiließ  nic^t  attgemein  angenommene  8e* 
jie^ung  auf  ba«  Voll  33rael  richtig,  fo  mufe  e«  bamal«  fc^on    in  jenem  Sanbe  gekoo^nt 

40  fyaben  unb  ber  2lu«jug  ift  bebeutenb  früher  anjufe^en.  ©o  auc^  %t.  $ommel,  9tt3 
1898  ©.  998  ff.  Dann  fommt  bie  i«raclitifc^e  Srabition  toieber  ju  i^rem  Siebte,  bie 
1  %  6, 1  Dom  3lu«$ug  bi«  ä*mt  Jem^elbau  480  3^re  rennet,  toa«  für  ben  SfoSjua 
cttva  auf  1440  führen  mürbe,  in  bie  ßeit  Slmeno^i«  II.  (1461—1436VX  toomit  au(^ 
übereinftimmte,   ba^  ÜRanet^o   bie  9lu«fä^igen   unter   einem  {tönige  biefe«  Flamen«  Der= 

46  trieben  toerben  läfet.  Dann  läge  au^  leine  Nötigung  mefyr  Dor,  bie  3^  *w  SÄufcter 
me^r  jufammenjubrängen  al«  bie  biblifcfyen  Sendete  e«  julaffen.  9?ur  eine  $auj>tinftaiq 
fjjric^t  gegen  eine  fo  früfye  Slnfeftung  be«  3lu«juge«:  ba«  öftere  Vorlommen  be«  Flamen« 
SRamfe«  im  biblifc^en  Script.  Vgl.  bie  ©tabt  »tamfe«  @e  1,  11 ;  12,37;  9tu  33,3.  5 
unb  ba«  £anb  Siamfe«  ©en  47, 11.    Diefer  -Warne  mufe  bod^  too^l  Don  einem  ßerrf^et 

60  ber  19.  Dtynaftie  ^errü^ren,  loa«  freiließ  fd^on  ftötyler,  ©efc^.  I,  239  f.  befiritten  ^at  unb 
#ommcl  a.  a.  D.  S.  1003  bur$  Slnna^me  Don  ©loffen  umgebt.  Da^  man  ben  Su«)ug 
nic^t  erft  unter  SKerneDtaty  unb  bie  Vebrüdfung  nid^t  unter  Saamfe«  II.  anfe^en  barf,  ba* 
für  foricfyt  auc^  ba«  Vorfommen  be«  ©tammnamen«  Slfc^er  in  einer  ©iege«mf$rift  M 
König«  ©eti,   be«  Vater«  jene«  Stamfe«  (c.  1350).    Diefer  ritymt  fid[>,   jenen  Stamm  be* 

65  ftegt  ^u  fyaben  unb  }toar  mug  Derfelbe  r\ad)  bem  Hontest  an  ben  2lu«läufem  be«  Sibanon, 

alfo  fc^on  an  feinem   Jätern  aBo^nft^e   fefe^aft    getuefen  fein,    ©ie^e  SB.  3Dtaj  3Rü0er, 

Europa  unb  Slfien  ©.  236  f.    Die  9(nna^me,  ba^  biefer  ©tamm  allem  Dorangejogen  fei, 

ift  an  fiefy  nid^t  toa^rfd^einlid^  unb  ioirb  bei  früherer  änfeftung  be«  äu«jug«  überflüffig. 

Die  Dauer  be«  äg^tif^cn  aufcnt^alt«  toirb  ©en  15, 13  runb  auf   400  §afpt  an* 

go  gegeben,  fo  bafc  ba«  4.  ©efc^led^t  (V.  16)  nafy  bem  äanbe  ber  @moriter  gurücRe^ren  foO. 


3*rael,  ®efdjidjte,  biblifdje  465 

2)aS  ©ef$le$t  ift  babei  tootyl  $u  120  Safyren  angenommen,  ©enauer  beftimmt  ®j 
12,40  t.  (P)  ben  Aufenthalt  ju,  430  Sauren.  £ier  lefen  aber  LXX:  „ber  3luf enthalt 
ber  Sö$ne  JjSraelS,  ba  fte  in  Stgtyjrten  unb  im  Sanbe  Äanaan  hinten",  beSgleic^en  ber 
Samaritaner,  boefc  mit  Ümftellung :  „im  Sanbe  Äanaan  unb  in  ätg^ten".  SBöre  bieg  bie 
urforünglid&e  ffcffung,  fo  ergäben  ftd),  ba  nad)  ben  cfyronologifcfyen  Angaben  ber  ^riefier=  s 
fiepen  Duelle  (P)  ber  äufentbalt  ber  Väter  in  Jtanaan  215  $afyre  bauerte,  für  ben  in 
Äfften  ebenfalls  genau  215  igatyre.  3)ieS  ift  bie  in  ber  Stynagoge  getoöfynlictye  Stetes 
ramgStoeife  (togl.  auefc  @al  3, 17).  ßbenfo  rennet  ^ofe^^uö  Ant.  2, 15,  2,  unb  ungenau 
c  Apion.  1,  33.    R\x  gunften  biefer  SeSart  toirb   angeführt,  bafe  bie  ©efc^lecfytSregifter 

C'fcpen  3a!ob  unb  3Jtofe  nietyt  mefyr  als  Dier  ©lieber  aufjagen.  £ie  -Dtotter  9JlofeS  fyeijje  10 
enr  eine  Softer  beS  Se&i  gj  2, 1 ;  6,  20 ;  9lu  26,  59.    3hriföen  2etoi  unb  2Rofe  fte&en 
®l6, 16 ff.  nur  jtoei  ©lieber;  gtotfötenSetri  unbÄoracfc,  bem  3eitgenoffcn  3RofeS  9?u  16,1 
ebenfalls  nur  jtoei;  jftrifd&en  ^uba  unb  2lcfyan  %o\l,  1  nur  brei.    allein  hrie  föon  ber 
erjie  gaD  jeigt,  bei  toelc&em  baS  9JtifeöerftänbniS  burc^jtc&tig  ift,  tonnen  biefe  ©efd&lectytS* 
regtfter  für  bie  Pönologie  nietyt  majjgebcnb  fein.  2)a  bie  fyötyere  3lngabe  für  ben  äg^tifefcen  iö 
luf enthalt  auc&  burefc  ®en  15,  bort  felbft  bei  LXX,  bezeugt  ift,  fo  erlernt  tyre  Sefung 
®5  12,  40  als  ÜRac^befferung.    gür  ben  mafforet.  SCejt  treten  auefy  Onk,,  Pesch.,  Vulg. 
ein.    3)afür  fpric&t  au$  bie  Starte  beS  auSjiefyenben  33oIIcg,  bie  nad;  allen  Vericfyten 
eine  ju  beträchtliche  fear,  als  bafe  ber  in  älgtypten  eingetoanberte  (Stamm    fiefc  fo  fcfyneU 
$atte  bermetyren   tonnen.      3)ie   .ßä^lungSliften   ^  P   sJto  1    unb   26   ergeben   fogar  20 
ca.  600000  3Räimer,  toorauS  auf  ein  Soll  Don  ca.  2  9KtHionen  Seelen  ju  föliefeen  toäre. 
Stomtt  ftimmen  aud&  @£l2,27;  9lu  11,21  (fcgl.  au$  10,36)  überein  unb  eS  ift   nic&t 
ausgemacht,  ba|  biefe  Eingaben  anberer  ßrjäblet  ur^rüngüd;   anberS  gelautet   fyabtn. 
25o$  ftnb  biefe  ^en  gatylen  mit  ber  ©r^ä^lung  Dom  langjährigen  Slufent^alt  auf  ber 
Stnat^albmfel  ferner  ju  Dereinigen,  toel$e,   toenn  aud)  bie  Dafen  bamalS  auSgebefynter  25 
unb  fruchtbarer  toaren  als  fyeute,  eine  foletye  Stenge  nicfyt  fo  lange  ^ätte  erhalten  tonnen. 
Siefc  ©ittmann  m  9lu  1  ff. 

©erStoSjugigSraelS  unter  SKofe  aus  ätg^ten  toirb  Don  ber  iSraelitifctyen  Erinnerung 
einfthnmig  als  bie  ©eburtSftunbe  beS  iSraelitifcfyen  VoltStumS  bejeic^net.  3Sgl.  g.  S.  6e  20,2 ; 
$of  11, 1  tu  f.  to.  2)er  ©efc^id^ttic^feit  ber  ©rjä^tung  bom  Sluäjuge  felbft  t^äte  e^  leinen  (Sin*  90 
trag,  toemt  anjune^men  foäre,  ba|  nur  ber  anfe^nlid^fte  Seil  be$  SSolfe«,  tooju  jebenfall« 
Sofep^d  Stamm  gehört  ^aben  müfete,  auf   jene  toon  %al)te  gefanbten  plagen  ^in  a\\& 
gqogen  toäre  unb  baS  5Keer  burc^fc^ritten,   toä^renb   anbere  Stämme  fi$  jc^on  bor^er 
na$  ber  Sinai^albinfel  ^m  ausgebreitet  unb  bann  ebenfalls  am  Sinai  ft$  eingefunben 
l^atten ;   boc^  fehlen  bafür  fixere  Sln^altSpuntte.     (Sin   intereffanteä  Settenftüct  ju  bem  36 
3Raf[enau$£ug  in  einer  9lac^t  f.  Satyce,   Monuments 8   S.  249.     3Wofe  fear  ber  SSolfe 
ffi^itr,  ber  nac&  friner  genialen  3lnlage  unb   perjönlic^en  Vergangenheit  baö  2Bcrf    ber 
Befreiung  feine«  SolteS  in«  2Bert  ^u  je^en  bermoc^te,   freiließ  nur  geftüfct  auf  bejonbere 
göttliche  Offenbarungen,  bie  i^m  bor^er  unb  toäfyrenb  feines  SBirtenS  ju  teil  tourben  unb 
auf  bad  benttoürbige  Eingreifen  ber  erhobenen  §anb  feines  ©otteS.  3)te  nähern  Umftänbe  40 
unb  Begebenheiten  futb  unter  3Diofe*  angegeben.     9tur  auf  bie  religionSgejc^ic^tlic^e  93e* 
beutung  biefer  ©poc^e  fei  fyier  ^ingen>iefen. 

@S  toirb  allgemein  gugeftanben,  bafe  3Jlofe  eS  toar,  ber  bie  Styntfyefe  »on  3a^t)e  unb 
3$rael  für  immer  bodjogen  t)at.  @ben  bamit  fyat  Wofe  baS  gelocterte  Sanb,  baS  bie 
Mist&ert&anbten,  aber  jur  äbfonberung  geneigten  Stämme  umjcfylang,  fefter  gefnüpft.  45 
laburtty,  ba|  er  fte  unter  bie  Slutorität  btefcS  ©otteS  fteHte,  tyat  er  bie  iSraelitifc^e  Station 
gef^affen.  3^  ©runb  toar  bieS  freiließ  ©ottcS  Xfyat,  beS  ©otteS,  ber  fitty  in  erfc^üttern^ 
ben  SRaturereigniffen  bezeugte  in  ^ig^ten  \m  am  Sc^ilfmeer  unb  in  ber  SBüfte,  inSbef onbere 
auc^  an  bem  toom  3)onner  toieber^allenben  ©ebirge  Sinai.  3lHein  alle  biefe  au^er* 
otbentlic^en  Jtunbgebungen  mußten  boc^,  um  bem  Volte  berftänblic^  gu  fein,  burd)  einen  50 
in  ©otteS^Jlan  eingeteilten  menfc^lic^en  ©eift  in  i^rem  ßujammen^ang  erfaßt  unb  burefy 
einen  menfd^fic^en  9Kunb  bem  Volte  gebeutet  toerben.  3)iefer  sJ)ienfö,  gelüifferma^en  ba« 
3Kebtum,  burc^  beffen  Vermittlung  ^inburc^ge^enb  bie  SBunbcr  ©otteS  erft  ju  Dffen^ 
barungen  (SineS  bestimmten  ©otteS  tourben,  toar  3Wofe.  Vor  allem  mu^te  er  biefe* 
hmnberbare  ffialten  ©otteS  unter  einem  beftimmten  3Jamen  gufammenfaffen,  bamit  eS  55 
fernem  Solle  einheitlich  ersten.  3)iefer  SfJame  toar  3a^öe*.  3)a|  eS  ftd?  babei  etmaS 
benten  fottte,  ift  felbftoerftänblic^.  5Kofe  fyat  il;m  ben  Dtamen  gebeutet.  Ob  baS  nun 
bie  urfcrüngli^e  Sebeutung  bcS,  loie  cS  fd^eint,  fdjon  länger  öortommenben  ©otteSnamenS 
toar,  SRofe  beutete  ij^n  als  ben,  ber  öollfommen  fouDerän  ift :  „3$  bin  ber  ic^  bin"  ober 
„3tö  to«*«  1«  «nb  je  fein,  ber  icfc  je  unb  je  fein  toerbe".    SBaS  baS  tyeifee,  tourbe  allem  w 

nt&9wc*nopWt  fftr  Utoloflie  unb  «ir*e.    3.  «.  IX.  30 


46«  3$roel,  ©efdjidjte,  biblifdje 

aSolfc  burcfc  ben  großartigen  2lnfd?auung«unterric£t  bcr  ©eföicfcte  jener  2kae  erläutert. 
3>ene  -Btonifeftattonen  De«  JBefen«  biefe«  ©otte^  toaren  fo  geh>altig,  baß  jeoer  ©ebanfe 
an  einen  ebenbürtigen  Nebenbuhler  be«felben  fi$  Don  felbft  berbot.  S«  toar  alfo  nur  bie 
nottoenbtge  Äonfequenj  ber  grunblegenben  Offenbarungen,  baß  9Jtofe  jeben   anbern  Äult 

6  unterfaßte.  3)er  2lu«brucf  9Konolatrie  genügt  tyier  ni<$t.  2)iefer  3f*&&e>  *tx  in  SKgtyrten 
fo  allmächtig  in  alle  ©cbiete  be«  9latur-  unb  5Renf$enleben«  eingreift,  lote  er  fouDeran 
über  Äanaan  unb  anbere  Sänber  Derfügt,  ift  fo  einzigartig  unb  unemgefd&ränft,  baß,  tote 
e«  immer  mit  ben  fyeibniföen  ©öttern  unb@eiftern  ftcfc  ber&alten  mochte,  jebenfaB«  femer 
Don  ifynen  fi$  3a^c  an  We  ©ri*e  ftdfen  burfte  (Ssl5, 11).     2Bie  aber  biefer  ©Ott  im 

10  Sergleicfy  mit  bem  ^atriard^alifc^cn  fic§  Diel  mannigfaltiger  offenbarte,  fo  tourbe  au$  fein 
2>ienft  nun  reifer  unb  Dtelfeitiger,  toieberum  bur$  3Jiofe,  ber  al«  S^bed  SRunb  ba« 
gange  Solf«teben  orbnete  unb  in  allen  ©tücfen  mit  Sja^De  in  Sejie^ung  fe£te.  $te©tytt* 
tfycfc  felbft,  bie  fortan  ba«  Sott  mit  biefem  feinem  ©otte  Derbinbet,  toirb  Don  Anfang  an 
al«  ein  Sunb  gefaßt.    9)ie«  fefct,  ba  überall  3a^öe  ber  ©tifter  biefe«  Sunbe«  ift,   einen 

15  fpontanen  2lft  |uIbboUer  Siebe  unb  ©rbarmung  Don  feiner  ©eite  borau«.  9tt$t  in  einem 
SRaturjufammenfyang  \)at  er  Don  $au£  au«  $u  feinem  Solfe  geftanben,  fonbern  er  ift 
biefe«  Serfyältni«  au«  freier  ©nabe  eingegangen,  nictyt  o^ne  eine  etyifd&e  gorberung  baran 
au  fnüpfen.  galten  toir  bamit  gufammen,  baß  feine  SRac&t  feine«toeg«  )KnrtiIu(arr  auf  ein 
Solf  ober  Sanb  befcfyränft  ift,  fo  ergtebt  ficfy,  baß  er  fein  allgemeines  Ser^alten  jur  Sölfer= 

20  toelt  näfyer  befonbert  fyat  gu  einem  eigenartigen  Ser^ältni«  mit  biefem  Solle.  3ft  bei 
Slbrafyam  unb  feinem  ©tamm  fcfyon  ettoa«  ä^nlictye«  bagetoefen,  fo  getotnnt  em  folcfcr 
©unb  bocty  Diel  leben«Dol!ere  ©eftalt  in  einem  gangen  Soße.  2)ie  gorberung  be«  gött* 
liefen  SBtÖen^  h>irb  fyier  gu  einem  Solfögefefc,  ba«  mit  bemSunbe  jugleidb  gegeben  ift  — 
Dgl.  ba«  „93unbeebu4".    $a«  Solf  &at  nad)  @g  24  bei  ber  feierlichen  SunbeSföließung 

25  burety  ben  ÜJJunb  feiner  Vertreter  feine  freie  Auftimmung  gu  biefer  Setyffic&tung  gegeben. 
35aß  biefe  3)arftellung  bem  toirflid&en  Serlauf  entforeetye,  ift  niefct  ju  bejtoeifeln.  Denn 
nur  auf  eine  folc^e  9Betfe  lägt  ft$  überhaupt  bie  (Sntftetyung  eine«  Solfötum«  unter  ber 
Seitung  eine«  ^ro^^eten  benfen,  ber  ja  gar  feine  anbere  9Ha<£t  befaß  al«  bie  ibeale,  bie 
ifym  bie  Stellung  ju  feinem  ©ott  in  ben  Slugen  be«  Solfe«  einräumte.    (Sin  fob^er  aber 

80  tourbe,  frenn  einmal  anerfannt,  naturgemäß,  man  fann  fagen  nac^  aller  Analogie  auf 
femittfcfyem  Soben,  bie  oberfte,  unfehlbare  Slutorität  für  ©ntföeibung  aller  fragen  unb 
©c^lid^tung  aller  ©treitigfeiten  be«  öffentlichen  toie  be«  priDaten  Seben«;  unb  toa«  er  im 
gegebenen  g-aH  anorbnetc,  ba«  erlangte  Don  felbft  ©efefce«fraft  für  bie  äufunft  2)a« 
Setf>)iel  3Kufyammet>«  in  3Webina   ift  hierfür  le^rreicty,  ba  bei   aller  Serfcbieben^eit  ber 

86  ^Jerfonen  unb  Umftänbc  gerabe  in  §inftd^t  auf  ba«  eben  angebeutete  bie  Analogie  mit 
bem  btbltfctyen  Script  über  3Jtofc  fidj  al«  eine  h>eitge^enbe  ^eraueftellt  3flaa  nennt  biefe 
3ufammenfaffung  ber  gefefcgebenben  unb  regierenben  ©etoalt  in  ber  Sertretung  ber  ©ott» 
^eit  „Ifyeofratie",  feit  3ofej)^u«  contra  Apion.  2, 16  biefen  3lu«brucf  gemünjt  ^ot,  too* 
bei  er  aber  ungenauer  SBeife  biefelbc  folgen  Serfaffung«formen  toie  3$conar$ie,  Srifto* 

iofratie  u.  bgl.  gleicfyorbnet ,  toä^renb  ber  Segriff  ber  mofaifefcen  S^eofratie  in  feinen 
9lnfprü$en  toetter  unb  tiefer  ge^t  al«  irgenb  eine  berfelben  unb  fo  toenig  t^ren  &dflxxx* 
puntt  im  rein  ^ßolittfcfycn  fyat,  bafi  fie  fogar  unbefc^abet  i^re«  ?ßringi})«  mit  Derfdjtebenen 
bürgerlichen  Scrfaffungen  fic^  im  Saufe  ber  $t'\t  Dercinigen  liefe.  Sine  Dößige  Sertennung 
be«  ffiefen«  ber  bibltf^en  Ibeofratie    ift  Doilcnb«  bie  immer  toieber  auftauc^enbe  Ser* 

46  toed^felung  berfelben  mit  §icrar$ie,  b.  ^.  ^Priefter^enfc^aft!  SDagegen  gehört  ^im  SBefen 
biefer  3:^eofratie,  toie  fcfyon  3<>fep^u«  anbeutet,  bafe  alle  unb  aDe«  fu^  r\ad}  ber  Autorität 
©otte«  gu  rieten  ^aben,  beffen  SBille  für  alle  ©ebiete  be«  Seben«  ba«  mafegebenbe  ©efefc 
ift.  2)a^er  begegnen  in  ber  2fyora  ciDil-  unb  friminalrec^tlic^e  Seftimmungen  neben 
fultifd^en  Dj)fcr=   unb  f^eftgefe$en,   äußerliche  9{einigfeit«fa^ungen   neben   tief   innerlichen 

öo  ct^ifd;en  ©eboten.  ©erabe  biefe  Sielfettigfeit  ift  ba«  urfjprünglic^e,  ba  man  für  aDe« 
%i)oxa,  b.  fy.  28eifung  über  ben  göttlichen  SSJiUcn,  ^aben  mußte,  um  bem  Sunbc«gotte 
too^lgefälltg  ju  leben,  ©tarf  tritt  babei  bie  ©olibarität  be«  ^a^DeDolfe«  ^erDor.  6«  bttbet 
für  ©ott  eine  t>erfönii$e  Sin^ett,  bie  gefrö^nlic^  mit  2)u  angerebet  toirb;  bgl.  Qcfalog, 
©egen  9{aron«  unb  fonft.     £a«  Solf  ift   eine  religio«  einheitliche  ©emembe   getoorben. 

56  £aß  Tlo\c  ben  Jtultu«  biefer  ©emeinbe  georbnet  fyat,  inbem  er  bie  im  Solfe  Dor^anbenen 
©etoo^n^eiten  fanftionierte  ober  unterfagte,  je  nac^bem  ftc  mit  bem  ^^btbienfl  Dereinbar 
toaren,  Derftc^t  fic^  Don  felbft.  Dabei  fonnten  auc^  ©ebräuc^e,  bie  urfprünglty  einen 
anbern  9laturboben  Ratten,  eine  neue  Üikibe  unb  Sebeutung  erhalten.  3)ie  gürforge 
3)iofc«  für  bie  Steinzeit  be«  Äultu«  aber  gefyt  fd^on  barau«  ^erDor,  baß  er  ein  ßentral* 

oobeiligtum  (o^ne  ©otte«bilb!)  fc^uf:   bie  Sunbe«labe,|e  mit  i^rem  Seit,  ber  ©tifttyOttc* 


30rael,  ©efdjtdjte,  btblifdje  467 

unb  allen  Dpferbienji  auf  biefe  ©tättc  befcfyränlte.  SBcnn  auc$  ba«  SSoII  ftc$  jeittoeife 
tDcit  auf  ben  umliegenben  Stehen  jerftreuen  mochte,  burfte  e«  bocfy  nur  bier  fd&lad&ten; 
in  Meter  ßentralitatton  allein  lag  eben  bie  Sürgfcfyaft  für  ben  reinen  SMetift  3>a^be«  (& 
1 7r  3  ff.).  3)ie  Spriefter  an  biejem  ßentratyeüigtum  tourben  naturgemäß  bie  Jpüter  ber 
attmofaiföen  Äultu«orbnung,  ja  be«  mofaifd&en  SRed&te«  überbauet,  ba«  natürlich  burd)  6 
Äntoenbung  auf  foätere  SBertyältniffe  ftcfy  bereichern  unb  auty  mobileren  mußte,  aber  fo 
fe$r  bie  ©runblage  aller  Röteren  9ted&t«enth>icfelung  blieb,  baß  man  überhaupt  Don  feinen 
8efe(en  ttmßte,  bie  nic^t  bon  2Rofe  gegeben  toären.  93gl.  m  biefem  Slbfctynitt  befonber« 
fciOmarat,  SÜtt  2$eoI.  ©.  105 ff.;  3ame«  Stobertfon,  alte  Religion  3«rael«,  ©.21  Off.; 
236 ff.;  Ätttel,  ©efö.  I,  216 ff.  10 

SDaß  auf  bie  religio«  boc^gefoannte  $eit  ber  erften  Segeifterung  ein  SRücffafl  folgte 
unb  biefer  foäier  na<$  ber  2lnftebelung  in  Kanaan  unter  fyeibnifd^er  Seböllerung,  bie  ben 
Sdradtten  an  Äultur  überlegen  toar,  d&ronifcfy  tourbe,  fann  nicfyt  befremben.  Daß  e«  lein 
gbealbilb  tft,  ft>el$e$  un«  Dom  $ug  burcfy  bie  2Büfte  unter  9Jtofe  gegeben  toirb,  erbeut 
auft  ben  bunleln  ©Ratten,  bie  gerabe  auf  biefe  3eit  fallen.  6«  fonnte  nid&t  anber«  fein,  16 
ab  baß  bie  au«  tyrem  äfltag«leben  aufgetoecfte,  junäcfyft  bon  fcfytoerem  3)rucf  befreite 
Stenge,  bie  unter  bem  frifd&en  ©rieben  ber  hmnberbaren  Saaten  ©otte«  ftcfy  Hoffnung«« 
tooB  bem  großen  gffifcrer  angefd&Ioffen  fyattt,  balb  bon  biefer  $öfye  ber  Segeifterung  in  ein 
fdbßfü$tige«  unb  rebeflifd&e«  Söefen  jurüdffanf,  al«  bie  ©ctyhnerigleiten  unb  ©ntbetyrungen 
jty  mehrten  unb  berlängerten.  ®afyer  fyatte  2Rofe  balb  mit  Segefyrlic^feit  unb  Un$u*  20 
friebentyeit  be«  gemeinen  33oKe«  ju  lämpfen.  ©c$on  auf  bem  SBege  jum  ©inai  hrirb 
bon  beffen  SWurren  berietet  (®jl6;2f.;  17,1  ff.),  unb  fogar  toctyrenb  be«  Slufenttyalt« 
am  <8otte«berge  toirb  ein  93unbe«bruc$  (mit  bem  golbenen  Kalb*)  erjagt  (6j  32),  toobei 
Wofe  ftc^  nur  auf  eine  Keine  3atyl  *>on  ©etreuen,  befonber«  feinen  ©tamm  Sebi  ftüfcen 
tonnte  unb  ba«  33oH  erft  burc£  Slutbergießen  jur  SBefinnung  auf  ben  (Srnft  unb  bie  25 
$eiligteit  fetner  SJerpflic^tung  gebraut  toerben  lonnte.  aber  für  lange  3eit  genügte  au# 
töefe*  Strafgericht  nicfyt;  bie  Ünjufriebenfyeit  mit  bem  äußerlich  fümmerlicfyen  Seben  in 
ber  SBüjte  trat  immer  toieber  ju  läge  (9to  11,  l  ff.;  20, 1  ff.)  unb  bie  33erfü^rung  ju 
^eibmf$em  Äültu«  mit  tooflüfttger  Unfitte  tourbe  für  einen  großen  leil  be«  93olfe«  ber* 
bangnteboll  (9ht  25,  1  ff.).  2U«  e«  aber  galt,  im  Vertrauen  auf  ben  allmächtigen  S3eU  90 
ftanb  3a^bed  in  ba«  bon  i^m  ber^eißene  Sanb  cinjubrtngcn,  ba  offenbarte  ftc$  biefelbe 
mebrige  ©efmnung  in  feigem  2Biberh>tflen  gegen  ben  Stampf  (9iu  14, 1  ff.),  obgleich  biefer 
©Ott  bereit«  in  ber  ämalefiterfölac&t  (®j  17, 8  ff.)  gezeigt  ^atte,  baß  er  fein  SSolf  jum 
Stege  ju  führen  toiffe  unb  felbft  ber  fyeibnifd^e  ©e^er  33üeam  *  ber  Unbejtuinglic^feit 
Wefe«  ©otteStoolfeS  3.eu9n^  9*en  mufete  (9lu22ff.).  ©0  50g  ftcty  ber  S^^^wP0"^  *& 
ber  ffianberung  in  bie  Sänge.  35te  Dauer  be«  SBüftenjuge«  toirb  bon  ber  gefamten 
Überlieferung,  au$  burd^  3lm5,25,  auf  40  %ai)xz  angegeben.  92atürlid^  toaren  fte 
toä^renb  btrfer  langen  geit  nic^t  in  ftetiger  SBanberung  begriffen,  äbgefe^cn  bom  Stuf* 
enthalt  um  ben  ©inai,  ^aben  fte  ftc^  länger  um  ftabefö  angefiebelt,  unb  bie  2Xnfxd>t  tyat 
bM  für  m,  baß  biefer  Ort  für  ben  größten  leil  beä  40  jährigen  3^traume«  ber  ©tfc  40 
bed  Heiligtum«  blieb,  too  ÜJlofe  ben  ©tämmen  Stecht  tyxad),  h)ä^renb  bie  nähere  unb 
toettere  Umgebung  bort  reiflichere«  ffieibelanb  unb  audp  ertragfähigen  Soben  bot.  3Rit 
jener  3)auer  bon  40  ^a^ren  fttmmt  übercin,  baß  ein  neue«,  abgehärtete«  unb  glauben«^ 
mutigered  ©efäled&t  ^erantoad^fen  mußte,  e^e  sJJtofe  an  bie  ©roberung  be«  gelobten  Sanbe« 
benfen  fonnte  unb  nur  toenige  ber  au«  ^ig^ten  ©ejogenen  biefe«  erreichten.  45 

TOofe  felber  befanb  |id^  nid^t  unter  tynen.  9lur  ba«  Cftjorbanlanb,  ba«  nietyt  eigent- 
lich gum  2anb  ber  SBertyetßung  gehörte,  fa^  er  fd^on  im  Scfi§  ber  i«raeliti|c^en  ©tämme. 
Cr  mu$fc  bie  Soüenbung  feine«  SBerte«  feinem  jüngeren  ©enoffen,  bem  tüchtigen  2ln^ 
fü^wr  (gj  17,  9 ff.;  bgl.  9?u  14, 5  ff.)  ^jofua *  überlaffen,  melier  ba«  SJoIt  enblic^  über 
ben  fortan  nac^  ©ilgal  untoeit  bon  ^tx\6)o  führte  unb  nad^  mehreren  ftegreic^en  ^or^  so 
Soften  ba«  8anb  unter  bie  ©tämme  berteilte.  £aß  bie  fritifc^en  Sejtoeifelungen  ber 
©eföt$tli$!eit  biefe«  ^raimitifc^eu  gelben  nid^t  begrünbet  finb  (©tabe,  ©efc^.  I,  135: 
3öfua  fei  em  um  iimnat  ©erac^  toobnenber  (Slan ;  ber  ©rjä^Ier  J  toiffe  nod^  nic&t«  bon 
i^m),  fte^e  Äittel,  ©efö.  I,  247  f.  2)a«felbe  gilt  bon  ber  Meinung  (©tabe),  bie  3«rae* 
liten  feien  gar  ntc^t  fämpfenb,  fonbem  ganj  friebiic^  in  ba«  SBcftjorbanlanb  eingebrungen.  55 
Cie^e  bagegen  Äittel  I,  266f.  SBo^Ibejeugt  auc^  burc^  ba«  ©efer  §aijafc^ar  (3of  10,  13) 
i^  eine  ^auptfd^lac^t,  bie  ^jofua  ben  bereinigten  tanaanitifc^en  Königen  bei  ©ibeon  lieferte. 
Su4  im  ndrbltc^en  2anbe«teil  am  SKaffer  iWerom  bepegte  er  ein  £eer  ber  berbünbeten 
fldntge  (3of  11, 1  ff.)  unb  jog  fid^  barauf  loieber  in  ba«  Sager  bon  ©ilgal  jurüdf.  ßrft 
frätix  rfi&e  tt  mit  feinem  ©tamm  in  bie  Witte  be«  Sanbe«  bor,  too  dp^raim  tootynen  oo 

30* 


468  3dmelf  ©eftytye,  HUifte 

folltc,  unb  ©ilo  tourbe  ber  fultifcf>c  -äKittetyunft  beS  SSolfeS,  toon  toetyem  fu$  bte  oft= 
jorbanifäen  ©tämme  nacfy  Dften,  bie  Subäer  nac£  ©üben  felbftftänbiger  abgezweigt  Ratten. 
3u  ©id)em  ^iclt  Sofua  nocfy  &or  feinem  lobe  einen  Sanbtag  ab,  too  er  bte  Slbgeorbneten 
ber  Verriebenen  ©tämme   jur  Ireue  gegen    tyren  ©Ott  ermahnte.    Dft  erörtert  ift  bie 

5  j^rage,  toie  ftcfy  $u  biefem  Sendete  beä  Sucfyeä  ^ofua  ber  bon  Sit  1  bereite.  2Ran  tyxt 
in  bem  lefctern  eine  anbere,  urtyrünglic^ere  SSerfton  ber  ©rjätylung  bom  Smjug  in  Kanaan 
fefyen  toollen,  roonacfy  nid&t  ba$  ganje  SBolf  bie  Äanaaniter  niebertoarf,  jonbern  e$  bon 
Slnfang  an  ben  einzelnen  Stämmen  überlaffen  geblieben  fei,  ibr  ©ebiet  ju  erobern. 
Slflein  bafe  unter  3>ofuaS  energischer  Jü^rung  juerft  einige  §auptföläge  gegen  bte  SanbeS* 

10  beroofyner  geführt  mürben,  bie  ftcfy  jujammenget^an  Ratten,  um  bie  (Sinbringlinge  abju« 
toelfren,  ift  nietyt  anjutaften.  Sann  blieb  für  bie  einzelnen  ©tämme  noefc  genug  ju  tyun 
übrig,  bie  \i}i  augetoiefeneS  ©ebiet  einzunehmen  Ratten  unb  bie3  mc&t  o^ne  ©eroalt  bei* 
motten.  9iur  erfd&lafften  fte  babei  häufig  unb  jogen  e$  bor,  gegen  3Rofe$  2Rafmung  ein 
gütliches  Slbfommcn   mit  jenen  ju  treffen,    Stber  auc$  lefctereä  märe  gar  ntdjt  bentbar, 

15  roenn  bie  Äanaaniter  nicfyt  burefy  bie  ©iege,  bie  tynen  jeigten,  toaS  biefe  9Jomaben  ber» 
motten,  eingeflüstert  getoefen  mären.  Deutlich  ift  SRi  1  ausgeflogen,  bafi  beim  lobe 
SofuaS  bte  Eroberung  weiter  Ginjelgebiete  noc§  nicfyt  bottenbet,  ja  gerabeju  aufgegeben 
mar  unb  bie  allgemeinen  gegenteiligen äuSfagen  toie  SoflO,  42;  11,12.  18 ff.;  21,41  ff. 
fmb  ba^er   nic^t   bucfyftäbli<$   $u  nehmen,    ©ie^e  Äittel,  ©efö.  I,  238 ff.  263 ff.;  Öttfi 

20  ju  9ti  1. 

3m  allgemeinen  aber  finben  mir  511  9lnfang  ber  Stid&terjeit  bie  jtoölf  ©tämme  über 
tyr  £anb  bertetlt.  Dafyer  mag  fyier  eine  Überfielt  über  biefelben  gegeben  toerben.  Da  bie 
genealogifetye  ©ntypierung  be$  SSolfö  unter  bie  $toölf  ©ötyne  SalobS*  toeber  geoflrajj&tfö 
noefy  polittfä  mit  ben  tyäteren  33er(}ältntffen  übereinftimmt  ober  ftc$  axß  benfeloen  eraären 

25  läfet,  mufe  fte  auf  bormofaifetyer  SSertoanbtföaft  berufen.  Dagegen  jeigt  ftc$  toeiter&in  ftetö 
baä  Seftreben,  an  ber  3toölfaafyl,  meiere  für  bie  Integrität  beä  93oue$  fomboiifcty  geworben 
toar,  feftju^alten,  auefy  too  fie  ben  toirflic^en  SBer^ältniffen  nid&t  mefcr  entfprad?.  Da 
nämltcfy  ber  ©tamm  ^o\^!pi}  ju  &toei  ebenbürtigen  ©tämmen  ftc$  faltete,  fo  gab  eS  beren 
eigentlich  brei^n,   toaä  immerhin  baburefy  ftdjj   au£gli$,   ba|  £ebi  lein  ©ebiet  erhielt 

30  ©ine  ©onberfteBung  nimmt  er  fcfyon  bei  ber  Sagerorbnung  ein  9lu  2  u.  10, 13  ff.  3m 
©egen  %atob$  ©en  49  tritt  Sofepb  nur  ate  ein  ©tamm  auf.  3Jgl.  betbe  SBeifen  ber 
ßä^Iung  ®j  48, 1—7.  23—28  unb  9&  30—35.  anberötoo  toirb  ber  3tt)ölfg^I  ju* 
lieb  einer  ber  unbebeutenbften  ©tämme  meggelaffen,  f 0  ©imeon  im  ©egen  3Kofe3  (Dt  3:3), 
Dan  2tyf  7,  4  ff.  —   Die  einzelnen  ©tämme  tüaren  in  Bxppm  (pmzciz,  LXX  önpoi) 

35  gegltebert,  biefe  in  §äufer  ober  ^am^^n  (=,,ra»  obcoi),  biefe  roieber  in  einzelne  ^au«« 
Haltungen  (3of  7, 14.  17  f.).  Die  Unterabteilungen  ber  ©itöen  Reifem  aud^  Sater^aufer 
n-Ä«  n^a  ober  furj  rns«  (5RU  36,  1 ;  1%  7, 11,  bgl.  m  9).  2Rit  biefer  >>atriarc^ 
ltf$en,  aus  bem  ^amilienjufammen^ang  ermad^fenen  Einteilung  ift  eine  folc^e  nad}  ber 
numerifc^en  ©tärfe  fombiniert.    Denn   für  bie  ©typen   ftetyt  aud^  ber  SuSbrud  Q^c-N, 

40  2^ufenbe,  1  ©a  10, 19;  bgl.  2&  21;  3)ii  5,  1.  —  an  ber  ©J)i|e  ber  ©tämme  ftanben 
dürften  a"«"^:  (6^34,31  u.  fonft),  aud&  §äu»)ter  (C^n^)  ber  ©tamme  (5Ru  30,2) 
genannt;  unter  biefen  ftanbcu  §äupter  ber  ©typen  unb  SBatertyäufer.  StQgemetner  tft  ber 
Sluäbrudf  „Stltefte"  (^-T-t),  melier  alle  SSorftefyer  fold^er  bottlid^er  einleiten  bejetd&nen 
fann  unb  nac^>  feiner  nähern  Sebeutung  burc^  ben  3ufammen^ang  beftimmt  toirb.    Der 

45  Sluöbrudf  „^iltefter"  für  9iorftel;er  (bgl.  ba^  arabifdje  scheicli),  ber  burl^  bie  ganje  terae« 
litifc^e  ©efc^ic^te  ^tnburd;  in  Uebung  geblieben  unb  aud^  auf  bie  $riftltc$e  ©emeinbe 
übergegangen  ift,  beroeift,  ba^  in  erfter  Sinie  Sllter  unb  ©rftgeburt  Slnfe^en  unb  SBürbe 
berlie^en. 

Ueberblidfen  toir  bie  einzelnen  in  Äanaan  angeftebelten  ©tämme,  inbem  totr  für^uba*, 

go  ber  balb  feine  eigenen  5üege  ging  unb  Sebi*,  ben  ^ßriefterftamm,  mit  bem  e£  feine  be« 
fonbere  SBctoanbtni^  fyattt,  auf  bte  felbftftänbigen  3lrtifel  bertoeifen.  3Sgl.  ju  bat  jtoölf 
©tämmen  ^ofe^u«  Ant.  5,  1,22;  H.  Relandi  Palaestina  (Trajecti  Batav.  1714) 
Tom.  I  L.  1,  cap.  28;  £.  (gtoalb,  ©efö.,  3  21.  I,  521  ff.;  Sertbeau,  3toet  «b^utM-, 
©.  117 ff.;   Subto.  Dieftel,  ©egen  3aiob«  1853;   33.  ©tabe,  ®ef4  I,  145 ff.;   ©utfc 

66  ©efd^.,  ©.  40  ff. ;  ©taert  a.  a,  D. 

Stuben  toar  nad?  alter  Überlieferung  ber  erftgeborene,  bur^  befonbere  ©c^ulb  feiner 
SBürbe  berluftig  gegangene  ©o^n  %atob$  (®en  49,  3  f.).  Diefe  Strabttion  berbtent  um 
fo  me^r  Vertrauen,  ba  ber  ©tamm  in  ber  nadjmofaiföen  3^  n^e  ^m  befonbere  Sebeu* 
tung  erlangt  i}at  311$  §trtenftamm  im  Dftjorbanlanb  unb  am  Dftranb  bed  Zoten  Weered 

60  biä  )um  3lrnon  tyn  niebergelaffen,   ^at  er  fc^on  in  ber  9ti$ter}ett  für  bte  gemetnfame 


3*rael,  ©eftytye,  MMifdje  469 

6ac$e  3SraelS  fcenig  leilnatyme  gezeigt,  SRi  5, 15  f.    Später  mußte  baS  Grftarfen  SKoabS 
$n  feiner  Unab^ängigfeit  berauben.   —   Sin   jmeiter  ©teile  erfcfceint  ebenfalls  als  ©ofyn     - 
3atob3  bonSea:  ©imeon,  ber  gleich  Sct>i  megen  fyinterliftiger  ©etualtttyätigfeit  (©en  34) 
txmt  fcäierfic$en  gflucfye  betroffen  mirb.     35er  ©tamm   fcfyeint  mäfyrenb   beS  SBüftcnjugeS 
Don  befonberem  Unglficf  betroffen  morben  ju  fein,  ba  bie  3äfylungSliften  9lu  1,  23  unb  s 
26, 12  ff.  eine  ftarfe  33erminberung  bleiben  ergeben,  maS  mit  bem  Don  ©imri  9Ju  25, 14 
grölten  jufammentyängen  mag.    Um  feiner  ©cfymäcfye  mitten  fcerbünbete  ftcfy  ©imcon  bei 
ber  Eroberung  beS  SanbeS  nätyer  mit  3uba,   in  beffen  SKitte  er  motten  fottte  (9ti  1,  3). 
$ie  bem  ©rbe  ©imeonS  Qof  19,  1—9  ^geteilten  17  ©täbte  (fcgl.  1  Gtyr  4,  28—33)  er* 
fronen  baneben  3of  15,  21—42  größtenteils  im  Sefifce  3>ubaS,  ju  beffen  ©übftricty  ge*  10 
^firig.   ©o  tyatte  er  motyl  gar  lein  feft  umgrenjteS  ©ebiet  unb  mürbe  toon  bem  mächtigeren 
guba  bemale  aufgefogen,  meSfyalb  er  auq  35t  33  ganj  fefylt.    Utomabifierenbe  Seile  beS 
Stammes  aber  toanberten  meiter  fübmärtS  unb  festen  ftcfy  gemaltfam  in  ben  Sefifc  bon 
9BetbcpIä$en,  mie  aus  ben  merfmürbigen  Zotigen  1  Gfyr  4,  39  ff.  fyerfcoraefyt.    (Sine  allju- 
fityne  $^ot^efe  ^at  barauf  91.  35o$  gebaut:   35ie  Israeliten  ju  ütteffa,  Seidig  1864. 16 
Sie&e  überhaupt:  ©raf,  35er  ©tamm  ©imeon,  3Jlei^en  1866. 

9larbmärtS  föloß  ftc$  an  IgubaS  ©ebiet  baSjemge  fcon  Senjamin  an,  ber  jmiföen 
tym  unb  3ofe^  mitteninne  mofynte.  ©einer  Slbftammung  fcon  SRacfyel  entfyricfyt  fein  natyeS 
ScrtyältniS  ju  festerem;  bgl.  9?u  2,  22;  9ti  5,  14.  teuere  meinen,  feine  ©eburt  in 
Äanaan  befage,  er  tyibt  fiefy  erft  naefy  Ginnabme  beS  SanbeS  fcom  ©tamme  3S°fe^  a&5  ™> 
ggtoeigi.  ©ein  ©ebiet  (!gof  18,  11  ff.)  erftreefte  fi$  öK  formaler  Streifen  toom  SBeften 
(6rbe  2)anS)  bis  an  ben  Sorban  unb  baS  lote  3Keer  unb  enthielt  namentlich  bebeutenbe 
©tobte  Cgeric^o,  Setzei,  3<ntfalem  u.  a.).  35aS  SBotynen  SafyfceS  jmiföen  Benjamins 
Schultern  3)t  33,  12  mirb  gemö^nlicty  auf  baS  Heiligtum  au  3>erufalem  ^joght,  fcon 
Stabe  auf  baS  jiu  ©ibeon.  35er  ©tamm  mar  Hein  aber  tpatfräftig  unb  friegStücfytig,  25 
berühmt  bur#  feine  ©c^üfcen  (1  Gfa  8,  40;  12,  2 ;  2  Gj&r  14,  7)  unb  (mit  ber  linfen 
$anb  fed&tenben)  ©d&Ieuberer  (SRi  3, 15 ;  20,16).  35er  trofcige  ©tamm  geriet  in  ber  erften 
Seit  nad>  3ofua  mit  ben  Sruberftämmen  in  eine  fcer^ängmS&otle  ^be,  in  melier  er 
fafl  aufgerieben  hmrbe  (Sti  19—21),  ^at  ftd^  aber  balb  mieber  erholt  unb  ju  Stnfefyen  er* 
faben.  6in  ^eCb  aus  Senjamin,  ©&ub,  befreite  ^Srael  bom  SKoabiterjod^  (9ti  3,  12  ff.)  30 
unb  am  6nbe  ber  Slic^terjeit  tourbe  ber  erfte  König  aus  biefem  ©tamme  entnommen,  ber 
gerabe  um  feiner  Älein^eit  toitten  bie  ©iferfuc^t  ber  übrigen  Weniger  reijen  mochte.  Slußer 
auf  feine  entfc^loffenen  Senjaminiten  fonnte  ftc^  ©aul  too^l  namentlich  auf  bie  mächtigen 
(S^aimtten  fttt$en,  bie  au^  nad^  feinem  lobe  feinem  §aufe  treu  blieben  (2  ©a  2,  8  f.). 
dagegen  begreift  ftc^,  baß  35abib,  ber  jubäiföe  Äönig,  junäc^ft  ben  ©tamm  Benjamin  35 
men  fic^  &atte  unb  ^ier  faft  bis  julefct  erbitterte  geinbe  fanb  (2  ©a  16,  5;  20,  1). 
XBem  bind)  bie  Eroberung  3*ntfalemS,  b^S  er  jur  £auptftabt  er^ob,  mußte  ®abib  bod^ 
biefen  ©tamm  großenteils  an  fein  §auS  ju  feffeln,  toenn  auc^  ein  anfefynlicfyer  'üeil  feines 
®ebieteS  (®Uaal,  3^°*  Sct^eO  jum  nörblid^en  SRcicfye  !am.  ©0  tourbe  Scnjamin  ein 
nk#  ju  berac^tenber  SunbeSgenoffe  für  £uba.  9Sgl.  1  Äg  12,  21 ;  2  G^r  14,  7,  h>o  bie  40 
3a$t  txm  280000  leichtbewaffneten  Senjaminiten  immerhin  auffällt;  17,  17.  Slucfy  nac^ 
bem  (SjU  bilbete  er  neben  Syba  unb  Sebi  einen  §auj>tbeftanbteil  beS  iübMen  SSolfeS 
(Wr  1,  5;  4,  1;  10,  9).  SIS  berühmte  Sprößlinge  beS  ©tammeS  fmb  nodp  &u  nennen 
Stebo^aj  unb  (gfter  (@ft  2,  5),  befonberS  aber  ©auluS  =  ^auluS,  ber  St^oftel,  9tö 
1,  11 ;  W  3,  5.  46 

3>an,  ©en  30,  3 ff.;  35,  25,  bon  Stapels  SKagb  S3il^a  abgeleitet,  fottte  Mjtlty 
bon  S3enjamin,  norbtoeftlid^  bon  3>uba  baS  §ügellanb  unb  bie  (Sbene  bis  jum  9)cecre 
betoo^nen  (3of  19,  40  ff.),  allein  toenn  au<$  35an  nad^  SKi  5,  17  einft  toirflic^  am 
©eflabe  beS  9RitteImeerS  getoofynt  fyat,  bermoc^te  er  bo4  fein  ©ebiet  nur  ^um  Ileinften 
leil  einjune^men  unb  bann  gegen  bie  borbringenben  ^^ilifter  ju  bebauten;  9ti  1,  34 f.  w 
Cr  tourbe  bt«  ©ebirge  gebrängt,  unb  ba  fyier  ber  nötige  SRaum  fehlte,  manberte  jc^on  in 
ber  erften  SRic^terjeit  ein  großer  2eil  beS  ©tammeS  nad^>  bem  äußerften  9?orben  itanaanS 
auS,  too  er  bie  ©tabt  2aifc$,  fortan  35an  geheißen  (beute  Teil  Kadi)  eroberte.  9tur 
#er  hn  Sorben  blieb  ber  ©tamm  unabhängig,  mä^renb  er  im  ©übmeften  teils  Don 
ben  ^Uiftern  unterjocht,  teils  mo^l  bon  %\x\>a  aufgenommen  mürbe.  Gin  ruhmreicher  66 
©proffe  biefeS  fübmeftlic^en  RmeigeS  mar  ©imfon*,  in  meinem  ft^  bie  ©en  49, 16  f.  ge- 
jet^nete  ©tammeSart  offenbart,  obmo^I  biefer  ©pruc^  ftcfyetlic^  ni^t  auf  i^n  ge« 
mün)t  ifi. 

Am    bebeutenbften  mar  neben  3u^a  ÖOTt  Anfang  an  ber  auf  3°^*  ft(^   aurücf- 
fttyrenbe  ©tamm  ©t>fy rat m.  35ie  beiben  ©ö^ne  ^of^S  ober  baS^auS  ^ofe))^S  erf^einen  go 


470  dfdraei,  ©efättye,  biblif^e 

in  bet  älteften  3«t  noc$  unter  biefem  Tanten  aufammengefafet  ©cn  49,  22 ;  3)t  33, 13 ; 
9ti  1,  22;  3of  18,  5 :  17, 14.  3ln  leftterer  ©teile  beflagen  jte  W  W  3ofuo,  bafi  fte,  ob* 
toofyl  ein  ga^lreic^eS  ©olf,  nur  Sin  £o«  erhalten  Ratten,  toerben  aber  bon  ü?m  barauf 
bcrtröftet,  bafe  fte  ben  auf  ifyrem  bergigen  ©ebiete  (iegenben  SBalb  auSrobcn  unb  fo  ft$  einen 

6  fruchtbaren  ©efife  Raffen  iönnten.  Slber  fd^on  fritye  ftnb  bie  bon  3°f3$  ftammeitben 
©pbratm  unb  9ftanaffe  Vollberechtigte  Stämme  in  $$xad  getoorben.  ©gl.  ®en  48,  5, 
unb  jtoar  tourbe  ber  jüngere  (G^raim)  ber  mächtigere  unb  überholte  feinen  ©ruber  (®en 
48,  13  f.),  toaä  unmöglid^  barauf  getyen  !ann,  bafc  ÜRanaffe  früher  ein  Äönigtum  erlangt 
fyabc  (unter  ©ibeon  unb  3lbimelec$ !).  3)ie  größere  ©ebeutung  Gp^raim«  tritt  f#on  toäfc 

10  renb  ber  mofaiföen  3eit  tyerbor,  jtoar  nid&t  in  feiner  ©olföja$I,  nac$  toel$er  er  no<&  $u 
ben  Heineren  ©tämmen  gehört,  aber  barin,  bafe  3°fua  au«  feiner  9Rttte  fcrtorgegangen 
ift  unb  bann  in  bem  centralen  9Bo£nft$,  ben  er  erhält  (3of  16)  unb  ber  bie  ganje  ©reite 
Dom  ^orban  bi«  jum  SKittcImccr  einnimmt.  $iefe$  ©ebirge  Gj^raim  toar  biel  fruchtbarer 
afä  ba«  ©ebtrge  ^uba ;  bamit  tying  bie  ftarte  ©ermefyrung  be«  ©olle«  jufammen.  Sluf  betbe« 

iB  toeifen  ©en  49,  22 ff.;  3)t  33,  15 ff.  £ht.  3)er  Stamm  foU  nac$  ©tobe  amalefittfcfc  ©e* 
ftanbteilc  in  ftc$  gehabt  fyaben  nac$  SRi  5,  14  (bgl.  12,  15),  toeldbe  ©teile  aber  toum  yd 
biefer  Stnnafyme  berechtigt.  3ebenfaltö  fyat  er  tote  fein  anberer  iäraelitiftye«  Sfationattctoufcts 
fein  gezeigt  unb  ftcfy  als  ben  eigentlichen  fjütyrerftamm  angefetyen,  fotane  über  fein  ©ebiet 
fchtau«   feine  antoad&fenbe  ©ebölferung   ergoffen,    ©gl.  ©en.  49,  22;  Sit  19,  16.  Saft 

20  freiließ  eine  grünblic^e  Säuberung  bon  fanaanitifd&en  Stemmten  aud?  auf  feinem  ©ebiete 
nid&t  ftattgefunben  t)at,  ge^t  Weniger  au«  Sit  1,  29  al«  au«  ber  ®ef$t$te  Sichern«  3*i  8 
unb  9  berbor.  3Bie  ^otye  Stnfprücfye  bie  G^raimiten  im  ©olföberbanb  (teilten,  er$cDt  aud 
ibren  Reibungen  mit  ©ibeon*  unb  %tpf)ta*  SRt  8,  1  ff . •  12,  1  ff.  SluS  bem  ©ebtrge 
Gpfyraim  ging  nacb  1  ©a  1,  1  aud?  Samuel,  ber  größte  gfl£rer  feitSRofe,  Verbot.  Unter 

25  2)abib  muffte  ber  ©tamm  ungern  genug  auf  feine  Hegemonie  beraten.  Unter  ©alomo 
berfuc^te  ber  Gpfyraimite  ^erobeam  eine  ©ctyilber^ebung,  unb  nac$  bem  lobe  be*  jfömgd 
gelang  e$  tym,  ein  um  G^raim  gebilbete«  unb  oft  nac$  tym  benannte«  fetbftßänbtge« 
Königreich  ju  grünben.  3)ie  £aul>tftäbte  beäfelben,  Sichern,  Styirja,  ©amaria  lagen  auf 
e^raimitifdjem  ©ebiet.—  ©on9R  an  äffe,  bem  anberm  SofepMtamm   toar  etnletl  dftfty 

so  bom  ^orban  geblieben,  p  Seil  tyat  er  ftc^  nörblicfy  bon  g^^raim  mebergelaffen.  9ud 
9K  12,  4  tooflte  man  fcgliefcen,  bie  jenfeit«  be«  %lvfl\&  gelegenen  ©eftfeungen  feien  bon 
bem  Stamm  erft  f^äter  bom  SBeften  avß  eingenommen  toorben.  3laq  9ai  32,  39  ff. ; 
bgl.  3o|  13, 8  ff.  $atte  bagegen  föon  9Rofe  felbft  bem  9Ra$ir,  ©o^n  3Ranaffe«  (®en 
50,  23 ;  1  G^r  7,  14)  geftattet,   mit  3tuben  unb  ©ab  öftlicfc  bom  ^luffe  feine  ©i$e  ya 

86  erobern  unb  jtoar  liefe  fid^  jener  leil  SRanaffeS  im  Sorben  be«  Dftjorbanlanbe«  (Stefan) 
nieber,  nad&bem  er  bie  ©moriter  unter  i^rem  Äönig  Dg  bertrieben  baut,  aber  aud?  hn 
nörblid^en  SCeil  be«  mittleren  Sanbe^  (©ileab),  to^alb  ©ileab  9Rac^ir«  ©o^n  fceijjt  3ta 
26,  29 ;  27,  1 ;  1  G$r  2,  23.  ©ein  Stnteil  toar  alfo  #er  ein  fe^r  auögeb^nter.  @r 
reichte  tüblid^  bt«  jum  3<*bbof,  toeftlic^  nid^t  ganj  bte  an  ben  Sorban,  nörblic^  btd  an  We 

40  äu^läufer  be«  £ermon  unb  umfaßte  norbofttoärt«  einen  beträchtlichen  leil  bed  ^euttaen 
$auran.  (Sin  Seil  feine«  ©ebiet«  führte  ben  SRamen  3air^5)örfer  (®t  3,  14).  3atr* 
Reifet  Urentel  3Jlana^e«,  ioirb  aber  nad?  feiner  bäterlicpen  Sbftammung  bon  ^uba  ofc 
gelettet,  toaä  auf  eine  ©erfd^mcljung  beiber  ©tämme  füfyrt.  3Ranaffe  fa^  ftd^  übrigen« 
nie  in  unbeftrittenem  ©eft^  biefe«  toeiten  Sanbe«.    ©ein  toeftlid^  too^nenber  3>U  fc^eint 

45  mit  Gpfyraim  o^ne  ftrenge  ©onberung  jufammengetoo^nt  ju  ^aben  (3of  17,  9).  3m  all« 
gemeinen  follte  ber  33aä  jtana  bie  ©ren^e  bilben,  auf  beffen  nörbltd^er  Seite  bi«  mm 
Slarmel  3Kanaffe  feinen  Si|  ^atte.  Dfttoärt«  befafe  er  aud)  ©täbte  inÄfd&cr  unb3ffac§ar: 
©et^  ©d^ean,  ®or,  Gn=35or,  I^aanad^,  3Kegibbo.  ^reilic^  be^aiü>teten  fty  bort  btel« 
me^r  bie  ftanaaniter.  ©on  älnfang  an  toar  :Dlanaffe3  ^riegdtüc^tigreit  berühmt    ©ibeon 

so  gehörte  bem  ©tamme  an. 

3ffac^ar  (fo  richtiger  al«  3faf^ar/  Sut^er)  toar  ein  an  Rafy  bebeutenber  ©tamm 
(bgl.  m  1,  29;  26,  25;  l  G^r  7,  5).  ©eine  3tbjtoeigungen  fte^e  ®en  46,  13 ;  1  G$r 
7,  1  ff.  @r  too^nte  norbtoärtä  bon  SKanaffe  in  ber  langgeftredten,  bom  Äifon  burc^floffenen 
Gbene  $of  19,  17  ff.    S)od^  toaren  auefy  ^ier  bie  ©renjen  nid^t  fc$arf  gefc^teben,   inbem 

66  auä)  SKanaffiten  ^ier  too^nten,  gof  17, 11.  2luf*erbem  gelang  e«  lange  niebt,  bießanaamter 
au«  biefer  fruchtbaren  Gbene,  in  ber  fte  i^re  Ärieg«toagen  bertoerten  fomüen,  ju  bei» 
treiben.  3)em  ©tamme  maa  auc^  bie  bafür  nötige  Gnergie  gefehlt  ty&tn,  ba  er  ®en 
49, 14  f.  gefcfyilbert  totrb  al«  ftartfnod^ig,  aber  aHm  gutmütig  unb  träge,  baber  b«m]fa>^t* 
bienft  berfaUenb.    3)oc^  nahm  er  rütjmlic^en  älnteil  am  ©efretungitamjjf  unter  $ebora 

oo  SRI  5,  15,  unb  fd&enfte  bem  Sanbe  einen  „9tt$ter",  I^ola  9li  10r  1.  3n  ber  G^ronil 


3»rael,  ®efd|td>te,  btbltfdje  471 

toirb  bie  Unterfifö$ung  gelobt,  toelcfye  bie  §auptleute  biefe«  Stammet  burcfy  9tat  unb  Hbat 
bem  Äömg  Daöib  getriftet  bätten,  ba  fie  ber  3«ten  funbig  toaren,  fo  bafe  fie  toufeten, 
loa«  3ßrael  tyun  fottte  (1  6I?r  12,  32),  fei  e«  nun,  bafe  bamit  aflronomifcfce  ftenntnijfe  ge* 
meint  finb  ober  politiföe  einfielt  unb  Älugfyeit.  3m  3älmub  toirb  ber  ©tamm  3ffac^r 
aö  ber  gelefctefte  gerühmt,  atö  bem  bie  angefebenften  ©lieber  be«  ©tynebrium«  berborgingen.  6 

3n  na^er  Seriinbung  mit  Sffad^ar  erfd&eint  immer  ©ebulon,  beffen  ©ebiet  ($of 
19,  10  ff.)  fU&  bom  toeftlid^en  Ufer  be«  galtläiföen  „Weere«"  (?)  naef»  bem  Äarmel  hinüber* 
log,  m  beffen  SRäbe  e«  auf  ba«  mittellänbiföe  au«münbete  (@en  49,  13),  ba«  für  ifyn 
tofe  flfr  3ff«fa*  jur  Quelle  be«  SReid&tum«  tourbe  (Dt  33, 18  f.),  ba  ftc§  beibe  am  £anbel 
ber  3$öni)ter  betätigten.  Dabei  ging  e«  ntc^t  ofyne  SerfcfymeUung  mit  ben  öeiben  ab  10 
(togL  Sit  1,  30).  Docb  $at  ftc£  and)  ©ebulon  ju  Debora«  unb  ©ibeon«  3eit  belbenmütig 
gegen  ftc  gefölagen  (9ti  4, 6.  10 ;  5,  14 ;  6,  35).  2lu$  ein  nid&t  näher  belannter  Stifter 
namend  6Ion  ging  an^  biefem  Stamme  berbor  (SRi  12,  11  f.).  3ur  3e^  Dabib«  fanbte 
©ebulon  biefem  Äönig  fräftigen  3u&ug  na$  Öcbron  (1  G^r  12,  33.  bgl.  40).  ©onft  ge* 
borte  biefer  ©trieb,  toie  ba«  foätere  ©aliläa  überhaupt,  $u  ben  geföicfytlt^  unb  tfyeofratifc^  iö 
unbebeutenbften  2anbe«teilen,  unb  follte  erft  in  ber  Snbjeit  um  fo  fyerrlicfyer  ju  Sfyren 
lomtnen  nadfr  3ef  8,  23. 

DaSfelbe  gilt  toon  SRa^tali«  ©ebiet  am  SBeftufer  be«  ©ee«  tfinnerety   (toeld&e« 
ihn  fcom  ;Ealmub  gonj   zugeteilt  loirb),   unb    be«  -äJteromfee«  fotoie  be«  3sor^an^  na^ 
feinen  Duellen  fyin.  Diefe«  Sänbcfyen  fear  fe^r  fruchtbar  (35t  33, 23)  unb  fyatte  bebeutenbe  ao 
©tabte  tote  Äebefcty  Qo]  19,  32—39).    aber  e«   litt  ftar!  an  tyeibnifd&em  ©t?nfreti«mu«. 
gier  lag  ber  Diftrift,  ber  urforüngli<$  c-nan  br»  ober  blofc  br»n  (g0f  20,  7;  21,  32; 
gef  8,  23)   genannt  tourbe,    toober  ber   fpäter   auf  ein    toeitere«   ©ebiet   au«gebebnte 
Want  ©aliläa.  ©utye,  ©efö.  ©.  5  meint,  bie  5Wägbe  SBilba,  Butter  Dan«  unb  9topfc 
talt«,  unb  Silt>a,  SRutter  ©ab«  unb  Slfd^er«,  feien  gerabe^u  fanaanitiföe  ©efd&lec^ter,  biefe  26 
4  Stamme  bafyer  nic^t   fyebräifcfyen,   fonbern    fanaanittfdjen  Urfprung«.    äu«  SRapbtali 
aing  ber  gelb^err  S3ara!  ^ert>or  (9li  4,  6)  unb   fein  ©tamm  na^m  an  ben  Befreiung«* 
fen^fen  jener  Sage  ^ertorragenben  Anteil  (9ti  4  unb  5,  18).    3n  bem    änigmatifc$en 
&pmd)  ©en  49,  21   totrb  9{ap^tali   mit   einer  flüchtigen  §inbin  (nad?   anbern:    einer 
f^jianlen  Xerebtntfye)  zergliedert  an  3lnmut  unb  ©etoanbt^eit,  bie  ftc^  befonber«  in  feiner  so 
^anbbabung  ber  Siebe  jeige. 

Der  Streifen,  ber  ft($  nod^  toeftlicty  bon  9lap^tali  bon  9lorb  naefy  ©üb  ^injie^t,  toar 
Äf^et  jugeteilt  (3of  19,  24—31)  mitfamt  ber  Äüfte  unb  i^ren  ©täbten  (2lRo,  ©ibon, 
aa^rud),  ein  überau«  fruchtbarer  ©tric^  (®en  49,  20;  Dt  33,  24 f.);  allein  toenn  er  auc$ 
fteöenloeife  an«  3Reer  toorgerücft  ift  (3li  5,  17),  fo  fyat  er  boc^  toenigften«  an  ber  ßüfte,  36 
iw>  Ne  ^önijier  i^re  Dber^o^eit  Dan!  ifyren  feften  ©täbten  behaupteten,  ftet«  nur  eine 
untergeorbnete  ©teQung  eingenommen  (9li  1,  31  f.)  unb  and)  fonft  fid?  nie  in  bebeutenber 
Seife  ^crtwrget^an.  —  3Bte  3lfc^er  bon  ©tl^a,  ber  2cibeigenen  Sea«,  abgeleitet  toirb,  fo 
auc^  ©ab  (®en  30,  9 ff.).  Seine  ©t^en  toerben  ©cn  46,  16;  9Ju  26,  15 ff.  unb 
batum  cttoa«  abtoei$enb  1  Gfyt  5,  11  ff.  aufgeführt.  Da  e«  ein  §irtcnftamm  toar,  erhielt  u> 
er  feinen  SBoWty  öftlid^  bom  3orban  (9Ju  32),  unb  jtoar  in  ber  Witte  jhnföen  Wanaffe 
unb  Stuben,  im  eigentlichen  ©ileab  um  ben  3a&bot  unb  Don  ba  bi«  jum  ©ee  Ätnneret^ 
^m,  öfüic^  bi«  ©alefca  (1  G^r  5,  11).  Diefer  Sefi^  toar  lein  fefter  unb  bauernber.  3n 
ber  9tt$ter)eit  tourben  bie  ©tleabiter  bon  ben  Slmmonitern  unterjocht,  bi«  ^i^^0^  *  Wefe« 
3oc^  abfc^üttelte,  toobei  and)  ßpbratm  bie  Straft  ber  ©abiter  au  füllen  belam,  bie  fxdb  46 
ixm  jenem  nic^t  be^ogten  liefen  (SRi  11,  12)  Die  3Koabiter  lagen  auc^  oft  im  Äampfe 
mit  oen  ©abitem,  toie  j.  33.  bie  5)iefc^aftele  betoetft,  unb  bie  Slmmoniter  erneuerten  auc$ 
ft>äter  i^re  3lnftjrttdS>e  Qer  49,  l).  ©o  Gilbert  fd^on  ©en  49,  19  ben  ©tamm  ©ab  btcl 
angefochten,  aber  pegreic^.  äud^  unter  Dabib«  gelben  ftac^en  bie  ©abiter  fyerfcor  mit 
Sdtoencutgeftc^tern  unb  gajellenartiger  ©etoanbt^eit  (1  &x  12,  8).  60 

6«  mmU  taum  anber«  fein,  al«  bafe  in  bem  geograpfyifö  ftarf  parzellierten  &mbe 
Äanaan  unb  bollenb«  bei  feiner  Untermifäung  mit  ben  alten  £anbe«betoofynern  ba«  Sol! 
3«rael,  al«  e«  nac^  3°fua^  2°^  ^ur(^  ^ne  Gentralgetoalt  mel^r  be^errfc^t  mar,  feinen 
po(stif$en  3«föwmen^ang  öerlor  unb  fiefy  in  feine  ©tämme  ^erfvlitterte,  toeld&e  in  bers 
fc^tebener  »Jeife  ftcfc  mit  ben  Manaanitern  abfanben.  2luc§  bie  religiöfe  ©in^eit,  toeld^e  e«  66 
toeiter^in  ^au))tfäc^lic^  ^ätte  jufammen^alten  foUen,  toar  burc^  biefe«  ^ufammentoofynen 
mit  einem  län^ft  ^ier  angefeffenen  SSolfe  gcfäbrbet,  ba«  an  Äultur  ben  3gtac^ien  ü^CTs 
legen,  toefentlufc  anbere,  tueit  niebrigere  33orftellungen  bon  ber  ©ottbeit  ^atte,  al«  fte 
tynen  am  Sinai  offenbar  getoorben  toaren.  9Man  nabm  leicht  bon  ben  ©nbeimifc^en 
audf  in  ben  3<^bebienft  folc^e  ©ctoo^n^eiten  auf,  bie  eigentlich  nac^  Urjprung  unb  9te  eo 


472  3*ratl,  ©efäidjte,  biblifdje 

beutung  fyeibnifd?  toaren.  ©tc^  gefd^a^  befonber«  leidet  auf  ben  Samoty,  jenen  bon  bat 
Kanaanitern  fyeilig  gehaltenen  Dpferftätten,  bie  )u  einem  guten  Seil  aucty  bei  ben  3«raditen 
in  geheiligtem  Stnbenfen  ftanben  unb  baber  aucfy  für  fte  toicber  Orte  be$  Kultu«  tourben. 
5luä  offener  SlbfaH  ju  ben  fanaanitifc&en  ®aalen  unb  Slftarten  toar  burtfcau«  ntc^t  auä* 

6  gefcfylojfen.  35er  ftnnlicfye,  oft  la«*ibe  SRaturfult  fyatte  im  ©egenfafc  jum  ftrengen  3a$be* 
bienft  )u  biele  Steige,  al«  bafe  niqjt  ber  natürliche  Äang  be«  Solle«  ftc$  bort$m  geneigt 
tyätte,  aumal  al«  bte  erfte  (Generation,  toelc^e  im  9camen  be«  großen  ©otte«  bom  Sinai 
bie  ^eiligen  Kriege  geführt  fyatte,  bafyingegangen  toar.  SBenn  aber  3«rad  feine  rdigiofe 
©onberfteHung  aufgab,   fonnte  e«  ni$t  fehlen,  ba&  e«  ftcfc  mit  ben  GSntooljnem  amalga* 

10  mierte  unb  auefy  national  Don  tynen  aufgef  ogen  tourbe  ober  bo$  in  f$impfli$e  Xb^angtg- 
feit  bon  tynen  geriet,  fdbft  too  e«  fompaft  beifammen  tootynte,  bottenb«  too  e«  fu$  in  ber 
3)iinberja^I  befanb.  (Sbenfo  ift  leicht  begreiflich,  bafe  too  ber  alte  fampfe«mutige  ©rift 
bon  ifynen  getoicfyen  toar,  bie  Israeliten  ftc§  audjj  gegen  frifefy  nac^brängenbe  Stämme  ttrie 
bie -Dtibianiter,  Slmalefiter,  SDtoabiter,  Slmmoniter,  *ßbiltfter  nid&t  ju  behaupten  bermo$ten, 

16  fo  bafe  ihre  Sage  eine  rec^t  traurige  tourbe.  3n  folgen  Sertyältniffen  trat  eine  2Benbung 
ium  Sefferen  ein,  toenn  ein  bon  ©otte«  ©eift  erfaßter  £db  toieber  »um  ^eiligen  Ste 
freiung«hteg  aufrief  unb  einen  Heineren  ober  größeren  2eil  be«  Solre«  jur  Grrtyebung 
gegen  ben  $feinb  entflammte.  ®iefe  9Wc$ter*  toaren  bor  allem  3ftetyeit«lämpfer;  aber 
ibre  Kraft  unb   tyr  ßrfolg  lagen  burd&au«   barin,  bafe   fte  ftcfc   auf  3Rofe«  unb  3ofua« 

20  ©ott  beriefen,  in  beffen  9tamen  fie  ben  Kampf  toagten  unb  bom  SSolfe  Vertrauen  unb 
©efyorfam  berlangten.  Utocfybem  fte  al«  ©otteämänner  burd&  ben  ©rfolg  ertoiefen  toorben, 
fiel  itynen  bon  felbft  bie  oberfte  ©eric§t«barleit  ju  toie  einft  bem  3Rofe  unb  3°^;  "^ 
folange  fte  lebten,  fehlte  e$  alfo  nidjjt  an  einem  menf$li$en  Xräger  ber  öffentlichen  ©e= 
toalt.    ©olc^e  „9lid&ter"  toaren  Daniel,  (Styub*,   bie  <ßrop&etm  3)ebora*    mit    Saraf, 

25  ©ibeon*,  Sepfytafy*.  @ttoa«  anberer  2lrt  toaren  bie  Kämpfe  ©imfon«*,  ba  er  me^r  al« 
@injelfämpfer  benn  al«  2lnfü^rer  auftritt  unb  bottenb«  eine  ritterliche  3$ätigfeit  fötoers 
Ixd)  ausgeübt  fyat  9luc^  bon  ©amgar  toirb  nur  eine  $dbent$at  erjä^lt  (Sit  3,  31),  bon 
anberen  blofe  gefagt,  fte  Ratten  „3^ael  gerietet"  tüte  bon  Sbjan  w*^  Set^lebem,  ®lon 
bem  ©ebuloniten,  Slbbon  au$  5ßireat^on  (SRi  12,  8  ff.),  beren  ©o^eit  natürlich  nur  bon 

ao  i^rer  näheren  Umgebung  anertannt  n>ar.  ©ine  einheitliche  Sittion  bed  ganzen  Solle« 
tbirb  nur  noef)  SHt  19—21  erjagt,  toelc^e  ©efd^ic^te  balb  nad^  3ofua3  Stob  ju  fe^en  t{L 
©onft  fiel  ba«  SSoH  in  ©tammgruty>en  au^einanber,  inbem  namentlich  ©p^ratm  eine  an« 
gefefyene  Hegemonie  über  bie  umtoo^nenben  ©tämme  behauptete  unb  mit  Sifcrfuc^t 
ju  tbabren  ftrebte,   toätyrenb  ^vtoa  mit  Heineren  Stämmen  im  ©üben  faft  gang  ab* 

86  gefonbert  toar. 

2)iefe  un^eilboUe  3erfplitterung,  bie  freiließ  burd^  ben  TOebergang  ber  9unbe«treue 
gegen  ben  ©ott  ^«rael«  berfd^ulbet  toar,  mu^te  ba«  Verlangen  nac^  einem  fefteren  poli* 
tif^en  3wfammen^ang  unb  einem  nationalen  Dber^aupte  toedfen,  beffen  @infeftung  niefct 
me^r   nur  bem  unberechenbaren  SBalten  be«  ©eifte«  ^a^be«  überlaffen  toäre,   fonbern 

40  toeld^e«  bleibenb  bie  Regierung  bertoaltete.  9lnfä|e  )u  einem  fold^en  monarc^tfd^en  Segt= 
ment  finben  ftc^  befonber«  in  ber  ©efd^ic^te  ©ibeon«  *,  beffen  ©o^n  äbhneled^  fogar  mit 
bollern  Setou^tfein  fi$  }um  J!önig  auftoarf,  aber  nur  auf  turge  3C^  ^nc  <*u$  räurnftc^ 
fe^r  befd^ränfte  X^ranni«  über  ©i$em  unb  Umgebung  erlangte.  $ie  Stiftung  be«  tarirf« 
li^en  Königtum«*  tnüpft  ftc^  an  ben  9Jamen  ©amuel«  *,  ber  nugleic^  al«  ber  lefcte  Stifter 

46  gelten  fann,  unter  ben  SJid&tern  aber  al«  Sßriefter  unb  5ßro^et  eine  einzigartig  ^obe  geißige 
©tellung  einnimmt.  3)ie  äufeerlid^e  SSeranlaffung  jur  Bereinigung  aller  politifdjen  ©etoalt  in 
ber  §anb  eine«  ©injigen  bilbete  ber  ftarfe  S)rucf  ber  ^J^ilifter  *,  unter  bem  ba«  2anb  feufcte. 
©aul*  entfprac^  ben  Hoffnungen,  bie  man  in  biefer  §inft^t  bon  tym  ^egte,  unb  befreite 
fein  Soll  ä^nlicfy  ben  früheren  „Stiftern".    Stud^  lonnte  i^m  nic^t  borgetoorfen  h>erben, 

50  bafe  er  burc^  feinen  äufeerft  befd^eibenen  §of^alt  ju  ©ibea  ba«  Soll  gebrüctt  ^ätte.  SWetn 
in  anberer  Steife  folgte  er  balb  bem  Seiftnel  ber  fyeibniföen  Könige :  er  fa^  ftcfy  felbfi  al« 
ben  ©ouberän  an,  nid^t  al«  ben  bloßen  ©teübertreter  be«  eigentlichen  König«,  Sa^be«, 
fo  bafc  ©amuel,  ber  i^n  einft  al«  ben  ©otterforenen  gefalbt  $atte,  an  i^m  irre  tmtrbe 
unb  t^m  julefct   feine  enbgiltige  SJertoerfung   bon  feiten  feine«  ©otte«  anfünbigte.    5Da| 

55  ber  ©eift  ©otte«  bon  tym  getoic&en  toar,  äufeerte  ftd^  in  feiner  ©etyoermut,  bie  i^n  arg« 
toöbntfä)  unb  graufam  machte.  3luc^  erlag  er  fd?lte^licb  im  Kampfe,  ben  er  fo  Hoffnung«« 
boll  eröffnet  tyatte ;  famt  feinem  ^elben^aften  ©ofyn  gonat^an  fanb  er  am  ©ebtrge  ©tÜHXt 
in  einer  5Wieberlage  bor  bem  (Srbfeinb  feinen  lob. 

©d&on  bei  feinen  Seb^eiten  ^atte  ©ott  ben  bon  tym  ertoä^lten  9ta#foIgcr  auf  bem 

eo  Ibron  $«rad«  beftettt  in  ©abib  *,  bem  ©otyne  Sfai«  au«  »et^e^emsgiÄa,  ber  e«  al« 


3*rari,  ©efdjtdjte,  bibltfdje  473 

Ärieg«fyelb  ollen  juborgettyon,  aber  eben  be«fyalb  Saul«  Strgtootyn  gegen  fic$  fyeraufbcfcfytooren 
fatte  unb  bon  tym  töblicfy  getyafct  unb  betfolgt  Sorben  toar.  SDabib  fear  fctyliejjlicfy  genötigt 
getoefen,  bie  ©aftfreunbfäaft  ber^tyilifter  anjurufen  unb  tyr  £e^en«mann  &u  toerbcn.  ©rft 
nadf  Baute  lobe  lonnte  er  in  fein  Stammlanb  jurücffe^ren,  too  er  junäd^ft  ju  Hebron 
7V,  $af)Tt  über  ben  Stamm  3>uba  Äönig  toar,  toäfyrenb  bie  nörblicfyen  Stämme  31t  einem  6 
überlebenben  Sofyne  Saute,  Sfäböal,  fic|  gelten,  ber  in  SWa^anajim  jenfeit«  be«  gorban« 
reftbierte.  9?a<&  beffen  getoaltfamem  ©nbe  tyulbigte  ganj  3j«racl  bem  $abib,  ber  balb 
ferne  Steftbenj  nad)  bem  enblicfy  eroberten  Igerufalem  berlegte  unb  burcfy  feine  geniale  %üt)* 
rang  mÄrieg  unb  ^rieben  ba«9teic&  auf  bie  §öfyc  feiner  Wad^t  braute.  9lu$  in  geiftiger 
unb  religtöfer  ßinfic^t  fteUt  35abib  einen  §öfyepunft  ber  ©efd&id^te  bar,  ba  unter  tym,  bem  10 
toörbigcn  SReffta«*,  b.  f).  bem  ©efalbten  3atybe«,  ber  nac§  bem  $er^en  ©otte^  regierte, 
ba«  Äönigtum  unb  ba«  Sßroptyetentum  in  feltener  SBeife  harmonierten.  So  ttmrbe  benn 
burc$  prop^etiföe«  Söort  feinem  ßaufe  ba«  Königtum  auf  immer  berbeifcen.  2lud&  für  bie 
Jtultii«gef<9i$te  toar  35abib«  SBirfen  Don  tyotyer  SBebeutung,  ba  er  bie  $unbe«labe,  ba« 
alte  $aQabium  unb  ©entratyeiligtum  ^«raete,  nacfy  ber  neuen  £auptftabt  verpflanzte  unb  15 
al«  ber  liebliche  Sänger  föraett  bem  @otte«bienft  burcfy  feine  Sßfalmlieber  neuen  Stuf* 
fötmmg  unb  perfönlic^  geiftige«  Seben  einfyaud&te.  9lber  erft  fein  Sofyn  unb  9tacfyfolger 
Salomo*  baute  bort  auf  getoetyter  Stätte  ben  Tempel*,  ber  metyr  unb  mefyr  ber  ful* 
ttfc^e  3Ktttelpunft  für  ba«  ganje  £anb  tourbe  unb  bie«  trofe  mehrmaliger  ß^ftörung,  bie 
er  erlitten  fytt,  bi«  an«  ©nbe  ber  nationalen  ©efcfyictyte  geblieben  ift.  3m  ©egenfa§  gur  20 
Regierung  ®abib«  toar  biejenige  Salomo«  eine  ruhige  unb  frieblic^e,  in  ber  ft$  ba«  9SoIf 
ju  fyofyem  SBotylftanbe  auffd&toang.  aber  gerabe  ber  Umftanb,  bafc  e«  nid^t  me^r  Don 
äußeren  geinben  bebrotyt  toar,  fotoie  bie  ©iferfud&t  ©pfyraim«,  ba«  fug  nur  ungern  einem 
jubäif<$en  Jtönig«tyaufe  gefügt  ^atte,  femer  bie  Selaftung  mit  Steuern  unb  großen  jur 
Ausführung  ber  $läne  be«  bauluftigen  Äönig«,  freiere  bon  bem  freifyeitliebenben  Holfe  26 
ate  Sebrüaung  empfunben  tourbe,  —  führten  ju  ber  SReicfy«fpaltung,  toeld&e  bem  jur  ©rofc 
mac&t  aufjlrebenben  Äönigtum  3ß*ael«  ein  rafcfye«  ©nbe  bereitete.  35a«  *ßropfyetentum 
felbfi,  ba«  gegen  ben  alternben  Salomo  getoid&tige  Auflagen  ^atte,  ba  er  in  falfc^er 
$ulbfam!eit  feinen  ^Jrinjefftnnen  julieb  fyeibnifcfye  Äultu«übungen  geftattete,  gab  fd&on  bei 
feinen  Üebjeiien  ben  erften  Slnftofe  ba*u  (SIbia  bon  Silo  1  ßg  11,  29  ff.).  so 

9ta$  Salomo«  lob  trennte  ficfy  oer  größere  3!eil  be«  93olfe«  („je^n  Stämme")  bom 
bat)ibtfd?en  ^aufe  unb  er^ob  ben  S^raimiten  Sjerobeam*  ^um  Äönig  bon  3«rael,  toä^renb 
bem  SRe^abeam*,  So^n  Salomo«,  nur  ber  füblid&e  2anbe«teil  mit  ber  §auptftabt  3S*ru= 
falem  berblieb,  in  toeld^em  ber  Stamm  3"ba  burd^au«  bor^errfd^te,  toenn  auc^>  SEeile  bon 
©eniamm,  ©imeon,  £an  bamit  berbunben  h?aren  unb  ein  großer  %t'\l  ber  Sebiten  ft^  35 
jum  lempel  gelten.  Seitbem  befc^beten  fic^  biefe  beiben  Ileinen  Sruberreid^e  faft  immer 
unb  nu$t  feiten  ftti^te  ftc^  ba«  fcfytoäcfyere  ober  unterlegene  auf  eine  au«toärtige  3Kac^t,  erft 
auf  bie  ©ijrer,  fpäter  auf  bie  2lfferer,  unb  rief  fo  ba«  3Serberben  über  ba«  Sruberbol!, 
aber  metft  auc^>  über  ftd^  felbft  herbei.  2lucfy  in  religiöfer  ^inftc^t  toar  biefe  Trennung 
ber^ängni^oH.  Um  ba«  SJol!  bon  gerufalem  unb  feinem  Heiligtum  ab^ulöfen,  errichtete  40 
^erobeam  golbene  Sbole,  S^^bebilber  ju  3Dan  unb  Setbel  unb  beförberte  fo  ben  religiöfen  Styn= 
(rett«mu«,  bie  tyeibnifcfy  geartete  ^ere^)rung«h?cife  Sa^be«.  £>ocfy  blieb  ba«  5j}ro})^etentum  tro^ 
aBer  9(u«artung  man^er  Angehöriger  biefer  $unft  eine  geiftige  5Kac^t  im  ejpfyraimitiföen 
Seidel ;  ja  ba«felbe  entfaltete  im  Kampf  mit  ber  paganificrenben  Jenbeng  ber  $errfd^er 
ferne  grofcartigfte  Energie,  ^olitifc^  fam  e«  im  nörblicfyen  SKeid^  ju  feiner  feftcn  £au«-  46 
mac^t.  ©ine  ®^aftie  folgte  auf  bie  anbere ;  feiten  bermocfyte  fic^  ein  ©efcfylec^t  burc^ 
mehrere  ©enerationen  auf  bem  Ifyrone  ju  behaupten.  35er  rebolutionäre  Urfprung  biefer 
ÄöniBd^errlid^Iett  rä^te  ftd&  in  ber  ganjen  Weiteren  ©efc^te. 

9tac^bem  Igerobeam«  §au«  fc^on  mit  feinem  getoaltfam  tDeggeräumten  So^ne  9tabab 
geftür^t  unb  bie  folgenbe  35tynaftie  Sa'fa«  toieberum  fd^on  in  ibrem  feiten  ©lieb,  6la,  60 
bertiigt  towrben  hrnr,  toorauf  ©la«  SKörber  Simri  nad)  ftebentägiger  Regierung  in  ben 
glommen  feine«  3Jalafte«  feinen  £ob  gefunben  hatte,  brobte  eine  neue  Spaltung,  inbem 
ein  leil  be«  93olfe«  bem  übni,  ber  anbere  bem  Omri  anfing.  35o<$  ftegte  ber  le^tere 
raW  Mi*  Dmri«  9?ame  ift  fo  berühmt  geworben,  bafe  bie  Äeilinfd)riften  nocfy  lange  bom 
,f^anbe  Dmri«"  fpret^en.  SBid^tig  h?ar  befonber«,  ba^  er  eine  fefte,  S^fak"1  äu^erlid^  55 
ebenbürtige  #mtytftabt  grünbete,  Samaria,  too  nun  bie  föniglic^eSRcftben^  blieb,  bie  borfyer 

E'felt  ^atte.    Sein  Sotyn  2l^ab*  tbar  gleichfalls  ein  tfyatfräftiger,  im  .Uriegc  tüchtiger 
ber  bie  Styrer  mit  ©rfolg  befämpfte,   aber  im  eigenen  Sanbe  ftcfy   feiner  tyrifc^en 
Sfebel  gegenüber  um  fo  fc^toäc^er  geigte,  toel^e  mit  Sift  unb  ©eh?alt  barauf  ^in= 
arbeitete,   ben  p^önijifd^en  93aal«fultu«  im  &mbe  einzuführen,  ber  nad^  i^rer  Hoffnung  60 


474  3*raei,  ©efdjtdjte,  bibltfdje 

ben  i«raelitif$en  3a^>clultu«  fcerbrängen  foHte.  $n  biefcm  Stamtf  um«  2)afein  berate 
religion  fyat  @lia*  bie  2Ra$t  feine«  ©otte«  beWiefen  unb  bem  einbringenben  $eibentum 
©alt  geboten.  Äur$  regierte  nac$  2tyab  fein  ©otyn  2tya«ja,  länger  Soram,  m  bem  fid^ 
@lia«  9tocfyf  olger  (Slifa  *  nid&t  ganj  fo  able^nenb  [teilte,  ba  berfelbe  toenigfien«  ben  natften 

6  93aal«bienft  befeitigt  ^atte. 

Um  biefe  3eit,  Wo  3ofai)^at*  in  guba  regierte,  bejtanb  ein  au«natym«toeife  freunb- 
lic^e«  SBerfyältni«  aWifd&en  beiben  SReid&en,  ba«  jebod?  $uba  nic^t  jum  Vorteil  gereifte, 
fonbern  tym  unb  feinem  Äönig«tyau«  fcerfyängni«t>oll  Würbe,  ba  Slt^alja,  bie  loc^ter  3fe* 
bete  unb  ©attin  be«  jubäifd&en  Äönig«  %oxam  bie  Sßolitif  ifrer  SRutter  nac$  gerufakm 

10  fcerpflanjte  unb  mit  ctynlicfyer  fcerbrecgeriföer  9tüdfftd&t«loftgleit  burdfoufe^en  fuefcte.  3)ort 
War  ber  Verlauf  ber  ©efd&ic^te  gleichförmiger  gewefen.  9tod&  gut  3*i*  be«  SRetyabeam 
fyatte  ba«  Sanb  ferner  unter  bem  @inf all  be«  SJtyarao  ©<$ifc$al  gelitten.  2)er  itoeite  SRacfc 
folger  SRefyabeam«,  Slfa*,  War  ein  fcortrefflid&er  Äönig,  noc$  bebeutenber  beffen  ©oljn  unb  9lacfc 
folger  äofap^at*.   5Rur  geigte  fic$  biefer  bem  Sruberftamm  unb  feinem  Äönig«$au«  gegen« 

15  über  att^u  entgegenfommenb  unb  *>ertrauen«felig,  Wie  jene  unglücßi^e  SSermäblung  feine« 
©otyne«  mit  jener  2ttljalja  beWetft,  bie  beinahe  bie  2tu«rottung  be«  gamen  $aufe«  $a»ib« 
nad)  [\$  jog.  9?ur  ber  fleine  ^oa«  entging  bem  ©emefcel  ber  tyerjlofen  Königin  unb 
tourbe  bom  ^ofyenpriefter  3ojaba  auferlegen,  bi«  biefer  ben  Slugenblicf  gefommen  erachtete, 
ben  bamal«  fecfy«jctyrtgen  ftnaben  jum  Äönig  au«rufen  ju  laffen  unb   bie  Ityrannm  ab- 

20  juttyun  (2  %  11).  —  Unter  %oxam  fielen  bie  ©bomiter  bom  #aufe  3uba  ab,  ba« 
einjige  SSafallen&olf,  ba«  biefe«  nod&  bei  ber  SReid&«ft>altung  behalten  tfliu. 

3m  nörblid&en  SReic^e  lam  ba«  ©erid&t  über  ba«  £au«  Dmri«,  bejto.  Styab«  bur$ 
%d)\i*,  ber  nad)  einem  furchtbaren  Slutbabe  eine  neue  Stynafüe  m  ©amaria  grünbete, 
Welche  ben  Ifyron  am  längften  ju  behaupten  unb  fein  änfetyen  toie&er  ju  mehren  toufete. 

25  gtoar  unterlag  $e^u  f  elbft  ben  ©tyrern,  burefy  Weld&e  aud&  fein  ©otyrunb  9lad&foIger  3oa«  fd&toer 
gebemütigt  tourbe  (2%  13,  lff.  22).  allein  unter  3e&u«  @nfel  3oa«  (2  fig  13,  lOff.) 
|ob  ft$  bie  e^raimitifcfye  3Macfyt  unb  lief*  fofort  toieber  3uba  tyre  Überlegenheit  füllen, 
beffen  Äönig  Slmajja,  Sol^n  De«  iubäifc^en  %oa$,  burd^  einen  (Srfolg  über  ®bom  über« 
mutig  geworben  h>ar  (14,  9  ff.).   2$ollenb«  unter  3^obeam(II.)*,  bem  britten  9ta$folger 

ao  3^u«,  na^m  ba«  e^raimitifd^e  SReic^  noc^  einmal  einen  unerwarteten  äuffc^mung.  ®e« 
lang  c«  boc§  biefem  nac^  bem  SBorte  be«  ^Jro^eten  gona,  be«  ©o^ne«  Xmttfyi]«,  no<^ 
einmal  bie  alten  ©renken  ^enufteUen  unb  bie  f^rifc^e  unb  moabttifcfye  JJafallenlanbfc^Ktft 
unter  feine  8otmä^igfcit  ju  bringen  (2  flg  14,25.28).  allein  nac$  feinem  Xobe  h>ar  ber 
3*rfaH  um  fo  unauf^altfamer.  ©^on  bei  feinen  Sebjeiten  War  ber  jubäifc&e  $rop^et9mo«* 

85  in  Sctbcl  aufgetreten  unb  fyatte  gegen  ben  gügellofen  ©inn,  bie  ü))j?ige  ©enufefuc^t  unb 
bie  tyimmelfd&reienben  Ungerec^tigfeiten  ber  ©rofcen  im  2anb,  gegen  ben  ftttlu$m  unb 
lultifd^en  äbfall  Don  3a^t>e  fein  toud^tige«  3cwgni«  abgelegt  unb  bie  getoaltfame  33er* 
nic^tung  biefe«  ßönig«l?aufe«  t>orau«gefagt.  Unb  in  ben  legten  §afyxm  feiner  Stegteruna 
nafym  ber  c^raimitifd^e  $ropF)et  ©ofea*   biefe  Slnllagen  mit  neuer  Kraft  auf,  ber  audp 

40  unter  ben  folgenben  rafd^  toed^felnben  ©etüalt^abern  *u  toet«fagen  fortfuhr.  Die  ptlp 
tifcfye  £age  ^atte  ftc^  unterbeffen  baburc§  bebro^lid^er  geftaltet,  bafe  bie  affertfd^en  ^enfe^er 
immer  häufiger  nad^  ©tyrien  borbrangen  unb  g^racl  i^rem  Steige  förmlicp  einjiüKrletben 
beftrebt  toaren.  ©^on  mit  ©almanaffar  II.  (860—825)  toaren  bie  3«raditen  m  btrelte 
Serü^rung  gefommen.    Wjab  hatte  (nad)  gewöhnlicher  9lu«Iegung  ber  betr.  ^nfc^rift)  im 

45  $afyre  854  gegen  tyn  bei  Harfar  mitgefäm^ft  (Sb  I,  259,  iß)  unb  Setyu  im  $atyct  842, 
al«  jener  berfycerenb  bi«  nac^  33afan  borgebrungen  toar,  i^m  loftbaren  Tribut  be^lt 
(©Araber,  KAT2  189.  208  f.).  Slber  biel  foftematiföer  al«  feine  aScrrganger  bemühte  W 
3:iglatJ)ilefar  (III.),  ber  745—727  regierte,  bie  fiänber  bi«  jum  TOittelmeer  femer  Jtone 
untert^an  ;u  machen.    SBä^renb  %$xatl  unb  Suba  fu^  bi«^er  nur  Heiner  9tai$barflaaten 

so  m  erwehren  gehabt  hatten,  benen  fte  Dereinigt  überlegen  getpefen  h>ären,  unb  äfften  nur 
feiten  gefätyrlicty  geworben  War,  fa^>  man  ftdb  je^t  einer  ©ro^mac^t  gegenüber,  toeÜ&e,  uns 
abläfftg  Dorbringenb,  bie  tleinen  Königreiche  in«gefamt  zermalmte,  aber  au$  aU  biefe 
furchtbare  ©efa^r  fc^on  offenfunbig  War,  ^errfc^te  jWifd&en  S^tael  unb  3uba  noi^  bie  alte 
#Wietrac§t.    3ja,   ba«  toon  %$xati  fd^Wer  bebrängte  3uba  rief  biefe  (gröberer  julefct  gegen 

»  ba«  Sruberbolf  in«  Sanb.  2)aju  tarnen  bie  troftlofen  3legierung«»er^ältniffe,  toel^e  im 
nörbltc^en  SReic^  nac^  3*™beam«  %ob  eintraten.  6m  S^ronräuber  folgte  bort  bem  anbent 
Serobeam«  ©o^n  ©a^arja  Würbe  nac^  blofe  fecfy«monatlid&er  Regierung  tH>n  einem  ge» 
Wiffen  ©allum  erfc^lagen ;  biefer  Wieber  nac§  einmonatlic^er  §errf(^aft  t>on  einem  %m* 
tyerrn  SKena^em,  ber  ftd&  lO^a^re  auf  bem^ron  ju  behaupten  touftte,  bo<^  nur  fo,  bafr 

eo  er   bem  ^ul,    b.  \j.  jenem    Xiglat))i(efar  fc^weren  Tribut  entrichtete   2  Jtg  15,  19  f. 


3*racl,  ©efdjidjte,  btbltfdje  475 

(©dfrober  KAT»  223  f.).  Sein  ©ofyn  Sßefacfyja  tyintoieber  fiel  balb  burefy  bie  -Dtörber^anb 
be«  $eta$  (2  Äg  15,  25),  ber  ftcfy  mit  Serien  gegen  %vtoa  berbanb  unb  fo  bie  affty* 
rifefc  Äataftro^e  herbeiführte,  beren  93oIIenbung  fein  9iacfyfoIger  §ofea  berfd&ulbete. 

3uba  bagepen  tyat  JTtcty  bon  ben  unter  Stmagja  erlittenen  ©d^la^en  balb  toieber  leiblich 
erholt    3He  52iä$rige  Stegterung  feine«  9ta$folger«  Ufta  (Uajiaty),  ber  auc$  ben  Tanten  5 
Xfarja  führte,  gehörte,   toie  -2  Äg  15  unb  befonber«  bie  ausführlichere  SBerid&terftattung 
2  §fft  26  erfennen  läfct,  ^u  ben  glüdfli^ften  ^erioben,  bie  Sjuba  feit  ber  SReid&efyaltung 
gefetym  tyd.    Ufta  nafym  bie  flämpfe  gegen  ®bom,  bie  fein  Sater  Stma^a  nicfyt  fyatte  )u 
6nbe  führen  tonnen,  mit  (Srfolg  toieber  auf  unb  befeftigte  bie  toie^tige  §afenftabt  (SlatI?. 
9nd)  über  moabitifäe«  unb  ammonitifcfye«  ©ebiet,   ba«  beim  fyrfaü  ber  epbraimittfcfyen  10 
SRa^t   fi($  bon  biefer  freigemacht  fyattt,  bellte  Ufta  nun  bie  jubäifäe  Dberfyofyeit   au«. 
SBenn  bie  getoö^nlicfce  annähme  richtig  ift,  bafe  ber  in  jtoet  ©ersten  be«  ßönig«  liglat* 
ßUefdr*  genannte  Äönig  Az-ri-ja-a-u  mät  ja-u-di  lein  anberer  al«  biefer  2tfarja,  Äönig 
be3  2anbe«  3uba  ift,  fo  fyat  berfelbe   fogar   an  ber  ©pifce   einer  gegen  Stffur  gerichteten 
giga  fyriföer  Älehtftaaten  geftanben,  bie  freiließ  im  Igafyre  740  bem  genannten  afftyriföen  15 
Orofelöntg  gegenüber  ben  füneren  jog.  3)er  (entere  §at  bann  au«  irgenbtoeld&en  ©rünben 
feinen  SRadfrejug  ntc^t  bi$  nac^^uba  au«gebetynt.  2tu«  biefem  unb  anberen  ©rünben  hotten 
ober  ffimefler  u.  a.  in  jenem  dürften  ber  3>nfd&riften  bielmefyr  ben  eine«  in  ben  ©enbfäirli* 
3nf$riften   ertoätynten  norbforifcfyen  Steige«  fe^en.    2lucfy  im  ^nnem   tyat  ftd^  Ufta  nietyt 
nur  um  bie  S3efeftigung  ber  ©täbte,  borab  genitalem«,  f onbem  au#  um  bie  §ebung  be«  20 
SBo^lftanbe«  bemüht,   inbem  er  35ie^ud^t  unb  Slcferbau  förberte.    dagegen  toirb  tym  in 
ber  (Sfconif  fdfrulbgegeben,  bafc  er  mit  bertoegenem  eingriff  in  bie  priefterlid&en  Siebte  in« 
Heiligtum  brang  unb  bort  räucherte,  loa«  bie  Urfac^e  be«  2lu«ja$e«  getoefen  fei,   an  bem 
er  toatycenb  ber  legten  ga^re  feine«  fieben«  litt,  (0  bafc  feinSofyn  gotyam  ftatt  feiner  bie 
Staentföaft  führte.  3luc$  fctyeint  gerabe  bie  äufeere  SBofylfatyrt  §offart  unb  üppige  ©enufc  25 
fuept  im  Sanbe  beförbert  ya  fyaben,  gegen  toelc^e  toie  gegen  bie  Ungered&tigteit  ber  ©ro&en 
unb  Wältigen  ber  Sßropfyet  gefaja*  fane  getoaltige  ©timme  erfyob.    ®ie  Slllein^errfd&aft 
gotyam«  fcfyeint  bon  fur^er  £>auer  getoefen  ju  fein,  unb  unter  feinem  ©otyne  2tya«  brauen 
bie  Sßetter   bon  allen  ©eiten    über  guba  herein.    £>er  ©tyrerfönig  SRejin  (3te^on)   bon 
5Dama«t  berbanb  jtc^  mit  bem  X^ronröuber  $e!ac^  ju  ©amaria,  um  ba«  babibifc^e  Qavß  so 
ju  entthronen.   ®ie  untertoorfenen  ©bomiter  unbbieftet«  f einbüßen  ^iiifter  matten  mit4 
t^nen  gemeinfame  Qaty  gegen  %vba.    3l^a«  aber,  bem  ber  ©laube  an  Safybe  WÖe,4 
loderen  i^m  Sefaja  al«  ben  einjig  loa^ren  9lu«h?eg  prie«,   rief   gegen  bie  übermächtigen 
geinte   ben  noefc   mächtigeren  Sff^rer  in«  Sanb.    iiglatpilefar  (III.)   rütfte  im  3$** 
734  ^eran,   fd^Io^  ben  ©^rerlönig  in  2)ama«!  ein,   ba«  lange   belagert  tourbe  unb  erft  86 
732  peL    6r  untertoarf  bie  ämmoniter  unb  5Koabiter  unb  überjog  ba«  i«raeiitiid^e  Oft« 
jorbanlanb    unb   ben   Sflorben    be«   toeftjorbanifd^en  SReic^e«,    o^ne  ©amaria    felbft   ju 
nehmen  unb  beportierte  überall  biele  Setoo^ner,  toelc^e  5)fa^rcgel  er  juerft  in   größerem 
Wattab  fc^eint  angetoenbet  ju   ^aben.    ßbenfo  jüd^tigte   er  bie  ^tlifter,   bie  ßbomiter 
unb  waber.  6r  loul  aud^  ben  $efacfy  getötet  ^aben,  ber  aber  bur#  bie  sBlörber^anb  eine«  40 
2anb3maime«  namen«  $ofea  *  fiel,  toelc^er  bem  31ff^rer  fc^loeren  iribut  jabltc,    unb  al« 
er  ftjäter  bon  biefer  läftigen  Iributpflic^t  frei  ju  toerben   trachtete,  bamit  ba«  ©nbe  be« 
9leä^e«  ^^rbeifü^rte.  Sei  einem  erften  SSerfuc^  entging  er  noefy  burd^  rafc^e  Unterwerfung 
unter  ©almanaffar  (IV.)  feinem  ©c^idffal.  ein  jtoeite«  SKal  aber  (724)  erfäien  biefer  §errfc^er 
mit  {tarier  SRac^t  unb  belagerte  ©amaria,  toeld^e«  atoar  lange  toiberftanb,  aber  f^Iiefelic^  46 
im  Öa^re  722,  nad^bem  unterbeffen  ©argon   ben  affprifd^en  I^ron  beftiegen  l>atte,    bon 
ben  »n^rern  erobert  tourbe.    2)er  gröberer  berpflanjte  über  27000  Setoofyner  ber§aupt= 
pabt  unb  too&l  aud^  folc^e  bom  Sanbe  nac$   bem  nörbüd^en  3Kcfopotamien  unb  9Kcbicn. 
S)a«  Äönigtum  na^m  ein  ©nbe.  9Jod^  me^r  lourbe  ber  i«raelitif<$e  ß^arafter  ber  8ebö(s 
(erung  bertoifc^t  burd^  änfteblung  bon  3lu«länbent.  ©0  berppanjte  fc^on  ©argon  jtoang«*  60 
toeife  Sabplonier,  ©^rer,  3lrabcr  nad^  ©amarien ;  nod^>    größere  Kolonien  fliehen  Slfar* 
^abbon  unb  äfurbanipal  borten.    3lu«   biefer  üHifdjung  gingen  bie  fpäteren  ©amaritaner 
^erbwr.  —   3n   religiöfer  ^injtc^t  ber^arrten  alle   biefe  norbi«raelitifd^en  Könige  bei  ben 
„©ünben  ^erobeam«"  unb  fapen  ben  Sälberbienft  ju  Setzei  al«  tyre  eigentliche  ©taat«s 
rdigton  an,  ber  au$  abgefe^en  bon  bem  unmofaiföen  ©tierbilb  burc^  beibnifc^e  ©epflogen*  66 
fetten  berunftaüet  toar.    einzelne   toie  3lbab  Ratten  fogar  bem  nadtten  §eibentum,  bejto. 
bem  p^önijiWen  Saatebienfte  Sorfc^ub  gelciftet.  ^mmerbin  geigen  Die  ^roj^ctengeföid&ten 
unb  4/ädfct,  hob  and)  im  SSolIe  eine  entgegengefe^te  Unterftrömung  bor^anben  h>ar,    bie 
bon  ben  alten  Sa^beüberlieferungen  je^renb,   auc^  neue  Offenbarungen  be«  ^eiligen  leben* 
btgen  ©otte«  3«rael«  empfing,  ^ene  fremben,  burd^  bie  Stff^rer  nad^  itanaan  bepflanzten  qj 


476  3*rael,  ®efd>idjte,  btblifdje 

Slnftcbler  fyaben  ifyr  $eibentum  ins  Sanb  gebracht  unb  fo  einen  neuen  ©tynfrettSmuS 
herbeigeführt,  liefet  ift  jcbod)  teils  burdjj  ben  @influfe  bon  Suba  (Sofia),  teils  burd&  bie 
größere  3äfytgleit  beS  eingefeffenen  ©tammeS  übertounben  toorben,  fo  bafe  ber  3a^oe- 
bienft  atiein  blieb  unb  audp  bte  Silber  in  Abgang  {amen. 

6  35aS  jubäifd&e  Königtum  erhielt  ft<§  reic$li(fy  130  %afyct  länger,  auf  StyaS*,  unter 
toelcfyem  fem  politifd&er  Seftanb  h)ie  feine  Sieligion  fo  ftarf  gefätyrbet  toar,  folgte  ^tefta*, 
unter  beffen  Regierung  eS  ftc§  in  beiben  ßinfi^ten  befeftigte.  3toar  &a$i*lt  fic$  §tefia 
als  afffyrifd&er  Scfyenfürft  leincStoegS  tabelloS.  allein  in  feiner  bon  tym  felbfi  mttber* 
fäulbeten  9Jot  toarf  er  fiefy  bem  ©Ott  in  bie  Sirme,  ber  attein  Reifen  fonntc  unb  tym 

ioburc§  3cfaia*  fdn  gewaltiges,  gnäbigeS  SQSort  julommen  liefe.  -Kadfr  beffen  Ser^eifeungen 
Würbe  er  Don  ber  Uebermad&t  ©antyeribS  tounberbar  errettet.  Um  fo  untoeranttoortlt<$er 
toar  ber  Slbfall  feines  ©ofyneS  SKanaffe*,  ber  no<$  eifriaer  als  SD^aS  &eibmfc£en  ftultuS, 
unb  jtoar  jefct  mit  Sorliebe  affarifc^babtyloniföen,  einführte  unb  über  bie  treuen  ^aif^yt- 
Propheten,  meldte  ft<$   bem  toiberfefcten,  blutige  Verfolgungen  behängte.    Dagegen  fein 

ib  jtoeiter  SRac^folger  %o$\a*  liefe  fk§  nochmals  mit  allem  Srnft  bie  3urüafütyrung  beä  Soße* 
5um  mofaifcfyen  ©lauben  unb  JtultuS  angelegen  fein,  tonnte  jebo$  bie  tiefliegenben  Schaben 
burc§  feine  Sieformation  nidjjt  me^r  feilen.  ^emia*,  *>**  unter  tym  auftrat,  fyit  fic^ 
benn  au$  bon  Slnfang  an  nietyt  barüber  getäufd&t,  bafe  baS  ©erid&t  na^e  fei  3)er  tragifefc 
früfye  lob  biefeS  legten  frommgeftnnten  ÄönigS  bei  -Dtegibbo,   too   er  bie  Übermaät  beS 

ao  Sßfyarao  9lec$o  aufhalten  toollte,  toar  ber  fd&toerfte  ©<$Iag,  ber  3>uba  treffen  toimte. 
SBäfyrenb  ber  ftegreicfce  $^arao  naefy  bem  (Supfyrat  eilte,  tourbe  in  Serufalem  3oa^aS*, 
einer  ber  jüngeren  ©ötyne  %o[\a$,  bureb  baS  Sott  auf  ben  2$ron  erhoben  (2  £g  23, 30). 
©ein  älterer  Sruber  ©Ijaüm  fcfyeint  fidp  gegen  biefen  SottSbefdjlufe  an  SÄgtypten  getoenbet 
ju  tyaben.    %mex  tourbe  toenigftenS  naefy   bloS  breimonatiid^er  Regierung  im   ägtyptif<$en 

25  §of läget  ju  Stibla,  toofyin  er  ftcfy  toofyl  begeben  ^atte,  um  Stnerfennung  ju  erlangen,  ge* 
fangen  gefegt  unb  Don  ba  nad)  SSgfypten  gefd&leppt,  bon  too  er  ni$t  aurüdffe&rte.  ©tatt 
feiner  festen  bie$(topter  ben  bem  95olfe  mifeliebigen  gljafim,  ber  ft$  jefctSojafim*  nannte, 
als  tyren  Safatlenfönig  &u  ^erufalcm  ein,  too  er  11  3afae  tegierte.  ©etyon  im  4.  3a£re 
biefer  Regierung  tourbe  bie  auefy  über  3"baS  ©d&icffal  entfc&eibenbe  ©d^Ia^t  bei  Äar^etmfö 

so  gefölagen,  burc§  toelc^e  bie  Sab^lonier  baS  Übergetönt  in  35orberaften  erhielten,  äuc^ 
^ojafim  tourbe  bem  5lebu!abnexar  tributpflid^tig,  liefe  ftc§  aber  balb  in  SBerfätoörungen 
gegen  biefen  ein,  toaS  jener  oaburcfy  rächte,  bafe  er  unter  beffen  -Kacfcf olger  3o|ac^cn* 
fjeranrücfte,  $5crufalctn  einnahm  unb  ben  König,  na<§  blofe  breimonatlic^er  Slegienmg, 
famt  bem  beften  Seil  beS  SSolIeS  nac§  Sab^lonien  abführte.    5Rebutebnejar  machte  no^ 

86  einen  ©o^n  ^oftaS,  3ebe!ia*  (bisher  SKatt^anja  ge^eifeen),  gum  Äönia,  toelc^er  mx^mate 
baS  trügerifc^e  ©ptel  gegen  Sab^lonien  toieber^olte  unb  baburd^  oen  Untergang  beS 
Äönigrei^S  herbeiführte.  SBä^renb  er  anfänglich  ben  ©rofefönig  burc^  eine  ©efanbtfc^aft 
feiner  Ergebenheit  Derrtd^erte  (3>er  29,  3)  unb  noefy  im  4.  ga^re  feiner  Regierung  feine  per* 
f online  äuftoartung  in  33abel   machte  (3ier  51,  59),   liefe   er  ft<#  im  9.  3a$re  bun^  bie 

40  tyn  ganj  be^errfc^enben  §äuj)ter  ber  ffriegSpartei  ju  einem  fd^on  länger  geplanten  SünbniS 
mit  äg^pten  (Äönig  §o^^ra)  toiber  jenen  berleiten  trofe  aller  fflarnungen  ber  eckten  ipro* 
p^eten,  ^Jeremia  unb  ©jed^iel,  toeld&e  biefen  Ireubruc|  aufs  fc^ärffte  verurteilten.  ®er 
93ab^lonier  liefe  nic^t  lange  auf  ft$  toarten.  @r  nafyte  mit  ftarfem  AriegS^eer  unb  um« 
fc^lofe  bie  $auptftabt,  bie  in  tyren  Hoffnungen  auf  ben  SunbeSgenoffen  am  9äl  fu^  balb 

46  getäufc^t  falj.  SBo^l  machte  fid^  ein  ägtyptifc&eS  $eer  auf  ben  SBea  unb  toeranlafete  fogar 
bie  SBab^Ionier,  bie  Belagerung  ^^wfalemS  für  furje  3*it  auhu^eben,  allein  balb  toiepen 
bie  Slgbpter  gurüdf  unb  ber  getnb  fe^rte  toieber.  junger  unb  Slot  fliegen  in  ber  ©tobt 
toälpnb  ber  anbertfyalbjäfyrigen  Belagerung  aufs  fyöcbfte.  ®er  bon  Seremia  immer  toieber 
erteilte  SWatfölag,   fte  ju  übergeben,  tourbe  bon  3*^fia  ntc^t  befolgt,  ber  ebenfofe^r  Dor 

60  ben  jübifd^en  Slnfü^rem  tt)te  bor  bem  graufamen  geinbe  jitterte.  ®nblid^  erfolgte  bte  (St* 
oberung  unb  balb  barauf  bie  gänjlidjc  3^ftörung  ber  ©tobt  unb  i^reS  Xempdd  im 
Satyre  587/586  burc^  ben  gclb^crrn  9lebufaraban,  toälirenb  5Rebu!abnejar  felbft  bamalS  in 
©brien  toeilte,  too  er  ju  Slibla  über  bie  treulofen  §äupter  beS  beftegten  SSolfeS  ein  ftrengeS 
SBlutgeric^t  F>iclt.    35ic  ©rofeen  tourben  getötet,  ber  Äönig  felbft  bon  bem  ©ieaer  geblenbet, 

65  um  bann  in  Äetten  na#  Säbel  gcfc^leppt  ju  toerben.  $aft  alles  Sott,  beffm  man  fpto* 
^aft  tourbe,  führte  man  gefangen  nad)  Sabtylonien,  nur  fieute  Don  geringem  ©tanb 
tourben  mx  SefteUung  beS  §elbeS  (2  Jtg  25,  11)  gurücfgelaffen.  Sgl.  über  bie  berföicbenen 
Deportationen  Äö^ler,  ©ef^.  III,  501  f.  3um  ©tatt^alter  tourbe  ©ebalja*  ein^efe^t, 
ber  in  SKijpa  feinen  Slufent^alt  na&m   unb  um  toelt^en  ber  Äem  b«  SolteS  ftc^  in  er* 

eo  fpriefeli^er  SEBcifc  toieber  fyätte  fammeln  fönnen,  toenn  er  ntc^t  balb  baS  Opfer  ru^tofen 


3fdrael,  ©efdjidjte,  biblifdje  477 

3Reu$ehnorbe«  getoorben  toäre.  211«  aucfy  bicfc  ©tüfce  gefallen  toar,  flüchteten  Viele  naefy 
8g$>ten;  i^nen  mußte  ftcfy  gegen  feinen  SBiBen  and)  Seremta  ausließen.  Jgerufalem  *aÖ 
m  irümmem.  ©djabenfrofye  3lad)baxn,  tote  bie  Ebomiter,  Ratten  bei  ber  Schleifung  ber 
Stauern  mitgeholfen  unb  bemächtigten  ftc§  jefct  toeiter  ©triebe  be«  entvölferten  unb  föu£* 
lofen  jubäifctyen  ©ebiete«.  S)ie  Rulunft  unb  ber  geiftige  ©c^toetyunlt  be«  Solfe«  lag  in  6 
ben  nodalen  50  Jfafren  in  ben  Verbannten,  meiere  in  Sabtylonien  toeilten. 

©ie  unter  SRebufabne^ar  Söeggefüfyrten  tourben  im  eigentlichen  Sabfylonien  interniert, 

1  S.  am  gfuffe  Äebar  (E*  1, 1)   in   ber  9iä^e  ber  ©tabt  9?i)>pur.    ©ie  erhielten  bort 
Sanb  angetotefen,  fonnten  ftcfy  Käufer  bauen,  gelber  gu  eigener  5Rufcnießung  befteBen  (vgl. 
3er  29,  5  ff.)  unb  erfreuten  ftcfy  innerhalb  gegebener  ©etyranfen  freier  Setoegung  unbSer*  10 
toaltung,   fo  baß  au<$  fyier  tyren  Slteften  eine  getoiffe  auffielt  unb  3Bürbe  juftanb.    3m 
übrigen  feljlt  e«  an  einer  eigentlichen  Sefcfyreibung  be«  bortigen  3uftanbe«   unb  tyrer  Er* 
lebntffe  toäfaenb  ber  50  3>afce  bi«  ^urSlücßc^r,  jo  baß  man,  abgefe^en  Vom  Su#  Daniel  *, 
auf  änftrielungen  bei  Ejedjiel  unb  iDeuterojefaja  angetoiefen  ift,   toeld^   lefctere«  Suc§  im 
legten  drittel  be«  Ejit«  entftanb  unb  befonber«  innere  3uftänbe  biefer  3«t  toieberfpiegelt.  is 
6*  ge^t  barau«,  toie  and)  au«  bem  Sucfy  3;^™**/  tytoot,  baß  manche  Ejulanten   auc§ 
jefet  no<$  mit  tyeibmfcfyem  Untoefen  ftc§   beflecften.    3u9^e^   <*«  tourbe,   al«  ba«  Sott 
Vom  Ztmpd  unb  aBen  lolalen  Heiligtümern  mit   tyren  Serfucfyungen  abgefd&nitten   toar, 
bie  Äuffaffung  ber  ©emetnbe  unb  be«  ©otte«bienfte«  geläutert  unb   Vergeistigt  burdjj  ba« 
göttliche  SÖort  (©efefc  unb  ^ropfyeten),    um   toelqe«  man   fic§   je$t  $u  feiner  Erbauung  20 
fammebe.    ©er  Dpferbienft  jtoar,  ber  bi«t>er  für  unentbehrlich  galt,  mußte  feiern,  ba  man 
auf  unreinem  Soben  unreines  ©rot  aß  (§0  9,  3 f.;  65  4, 13).    2lBein  getoiffe  ©afcungen, 
toie  ©abbatfyru&e,  ©peifeVerorbnungen,  Seföneibung  u.  a.   tourben   al«  Untertreibung«* 
}ei$en  be«  Solle«  ©otte«  um  fo  toicfytiger;    ber  ©c§a$  ber  \)l  ©Triften,    ben  man  im 
6jU  eifrig  burcftorfc&te,  tourbe   um  fo  foftbarer,   unb   baß  3ö^e  fä  au$  öuf  ftembem  25 
Soben   emjelnen   @otte«männern    offenbarte  (Eaedjiel,  geremia,   2)euterojefaja,   2)aniet), 
toar  bebeutfam.    2>a«  $eibentum,   toelc^e«  man  jefct  au«  ber  dläfyc  fennen  lernte,   ftiefj 
aBe  befferen  3^äw  ^eilfam  ab,  bie  furchtbar  emftcn  ©rfa^rungen,  bie  man  fcon  ©otte« 
lange  angebro^tem  ©eric^t  gemalt  fyatU,  blieben  nietyt  o^ne  mächtigen  ©inbrudf  (ßaä)  1, 5  f.). 
ffiar  bad  £0«  ber  Verbannten  im  allgemeinen  ein  erträgliche«,  toobei  freiließ  ber  ©c^men  30 
über  ben  SJerluft  ber  §eimat  unb  bie  ©efynfuc^t  nac^  i^r  forttoirften,  fo  fehlte  e«  boc$ 
fi$erli<$   aud^  nid^t  an  fc^toeren  Anfechtungen   unb  Maßregelungen  einzelner  ^«raeliten, 
unb  jtoar  nid^t   blo«  unruhiger  Äöffe,   fonbern   aud)   getreuer  Anhänger  beä  väterlichen 
©efefee«,  toie  ftc^  au«  ©euterojefaja  unb  Daniel  erf ennen  läßt,  toelcfye«  le^terc  S3uc^  aber  auefy 
enä^lt,  tote  ein  gotteefürd^tiger  ^ube  burc^  feine  3Kei«fagung«gabe  am  §ofc  ju  ^o^en  6^ren  35 
gaommen  fei.    änbedeit«  nämlid^  burften  bie  3;uben  bei  mannen  Reiben  eblere  ©efmnung 
unb  aufrichtigere  6mj3fänglic^feit  für  bie  Sefyre  Dom  lebenbigen  ©Ott  3;«*aelS  toa^rne^men, 
al«  fte  ertoartet  Ratten,  unb   e«  tourbe  butefy   folc^e  Erfahrungen  ba«  SBetoußtfein  eine« 
^ofittoen  Serufe«,  ben  3^^el  an   ben  Reiben   ^abe,   getoedft   unb  genährt,   ba«  freiließ 
Eigentum  ber  toenigen  Erleuchteten  blieb,  toä^renb  im  allgemeinen  bei  ben  frommen  um  fo  40 
ängftlictyere  Sbfd^lteßung  gegen  bie  33ölfertoelt  Dor^errfd^te. 

6ttoa  50  3^re  nac^  ber  3^ftör"nÖ  S er uf atetn^  erlag  ba«  bab^lonifc^e  Steicfy  felber 
bem  ^Jerferlönig  (S^ru«*.    Sd^on   al«  biefer  feinen  fü^nen  3UÖ  fl*8*n  ba$  l^bifc^e  SReid^ 
ausführte  (im  ^a^re  547  546),   begrüßte  &euterojejaja   in  ii;m  ba«  9Üerfjeug  ^a^e«  jur 
SiföQung  ber  auf  ben  ©tur$  Säbel«  jielenben  SBei«fagungen  unb  fud&te  bie  ©emütcr  ber  46 
(Sgulanten  burd^  $intoei«  auf  ben  in  Reit  unb  Staum  unvergleichlich  aBe«  bc^errfd^enben 
®o.tt  3«rael«  )U  ermutigen  unb  bie  Suft  jur^eimfcfyr  ju  toedfen.    ©eine  Sor^erfagungen 
trafen  ein.    Säbel  öffnete  (538)  feine  Ityore   bem  gfdbfyerrn  bc«  ^erferfönig«,  Ügbaru 
(©obr^a«)  unb  einige  3Konate  fpäter  l^iclt  jener  felber  feinen  Einzug.    6i;ru«,  ber  bie  33e* 
todlfentng  ber  ©tabt  burd^  ©d^onung  ju  getoinnen  fud^te,  toanbte  in«befonbere  ben  untere  so 
brüdten  3uben  feine  ©unft  ju.    C^ne  3^^fcl  a«f  beren  Sitte,  toobei  fte  fid)  toa^rfd^einlic^ 
auf  t^re  feine  Grfolge  t>orau«fagenben  ^ei«fagungen  ftü^ten,  gab  er  tynen  fc^on  im  erften 
3«^re  feiner  bab^lonifc^en  §enfd^aft  (538)  bie  ßrlaubni«  ^ur  §eimfc^r,  genauer  gur  Stücf« 
fe^r  berer,  toelc&e  ben  2emfel   toieber  aufbauen  tooBten  unb  jur  SKieberenic^tung  biejc« 
Heiligtum«,    toeld^e   er  auf  aBe  SBBcifc   förbern   tooBte,   inbem   er  *.  S.  aud)  t»ie   von  66 
xefrufabnqar  geraubten  \jl.  lempelgeräte  toieber  ^erau«gab.    ^£)a«  Sbitt  be«  6^ru«  nämli$ 

2  Qfyc  26,  22 f.;  @«r  1,  1  ff.  ^at  burefrut«  biefen  fultifc^en  3toedt  im  Sluge  unb  bie« 
fttmmt  mit  anbertoeitigen  fultifc^en  Serfügungen  überein,  bie  ßtyru«  nac^  ber  Eroberung 
ben  Säbel  getroffen  fyat.  Unter  ber  ^^rung  ©d^efd^ba;ar«=©erubbabcl«*  (bie  ^bentität 
toirb  freiließ  nid^t  aBgemein  jugegeben)  unb  be«  ^o^riefter«  ^ofua,  eine«  Entel«  be«  bei  eo 


478  3*rael,  ®efd>tdjte,  biMifte 

9tibla  Eingerichteten  §c*epriefter«  ©eraja,  brauen  42360  SRätmer,  mit  2Beibern  unb 
Kinbern,  Anetten  unb  9Mägben,  befonber«  avtö  ben  ©tämmen  3****,  Senjamin  unb  2eVi 
(bie  eigentlichen  Seviten  aber  nic^t  $a^Ireid&,  toeit  Weniger  al«  bie  ^riefte)  nad)  ^erufalem 
auf,  too   fie  nac$   einigen  Monaten  (537?)  glticflicfy  anlangten.    Dort  Verteilten  fte  fid) 

5  über  Serufalem  unb  bie  umliegenben  ©täbte  unb  richteten  atebalb  ben  Sranbopferaltar 
toieber  fyer,  um  im  7.  9Jtonat  bie  Opfer  toieber  barbringen  *u  fönnen.  Aber  aul^  gum 
lempelbau  tourben  2lnftalten  getroffen  unb  im  2.  3a$r  ber  StücHe&r  (536?)  ber  ©runb= 
ftein  baju  feierlich  gelegt  (@«r  3).  Salb  jeboc§  muft  biefe«  Unternehmen  gänjli<$  in« 
©todfen  geraten  fein,  fo  bafc   erft  im  2.  3«ty*  be«  SDariu«  (520)  eine  neue  ©runbftttn* 

10  legung  erfolgte  auf  ba«  Setreiben  ber  $ropfyeten  $aggai  *  unb©ac$arja*.  $)ie  ©cfyoierig* 
feiten,  toelcfye  ba«  erfte  3Ral  bie  §änbe  ber  Koloniften  lafe  gemalt  Ratten,  toaren  namentlich 
burdj  bie  ©amaritaner*  bereitet,  toelc^e  erft  Anteil  an  bem  SBerfe  ju  nehmen  begehrten 
unb  bann,  als  tynen  bied  vertoeigert  tourbe,  e«  auf  alle  Sßeife  hemmten,  ©ol$en  8m 
feetytungen  toar  bie  33egeifterung  ber  3^üigefe^rten  nic^t  getoaetyen;   fte  toaren   o^netyin 

15  ftarf  Don  ber  ©orge  um  bie  Einrichtung  tyrer  eigenen  £eimat  in  9fofpruc$  genommen; 
bafyer  liefe  man  bie  2lu«füfyrung  be«  entworfenen  $(ane«  Von  %afyc  ju  3a^r  anfielen. 
3Kan  fyat  fogar  naefc  getoiffen  3lnjei$en  beftritten,  bafc  überhaupt  Vor  520  eine  ©runbftein- 
legung  ftattgefunben  tyabe  (©Araber,  SfyStK  1867,  ©.  460 ff.;  ©teiner,  ©tobe  u.  a.). 
allein  tote  Hobler,  ©efö.  III,  568  ff.   gezeigt  fyat,  ift  fein  genügenber  ©runb  vin$anben, 

20  ben  Beriet  @«r  3  ju  Vertoerfen.  Kofter«  (bie  333ieber^er|tellung  3«rael«,  beutfd^  Don 
Safeboto,  1895)  ftellte  fogar  bie  ganje  SRüdffetyr  ber  erften  ®julantenfcrahxme  in  Xbrebe 
unb  behauptete,  ber  Stempel  fei  Von  ben  in  Igerufalem  gimufgebliebenen  toieber  aufgebaut 
toorben ;  auefy  ©erubbabel  fei  nie  im  @gil  getoefen,  Wogegen  boc$  föon  fem  Warnt  3«^^ 
ablegt.    Sorrety   enblic^  (The  composition  and  historical  value  of  Ezra-Nehemia, 

26  ©iefeen  1896)  fyat  jebe  Sftüdffe^r  einer  größeren  SJolfömenge  au«  bem  ®pl  geleugnet  (bie 
Sßerfon  ©«ra«  fei  (Srfinbung  be«  ßfyroniften !).  ©ie^e  aber  gegen  folc&e  toUUftrlfcpe  Äritif 
befonber«  ©warb  9Jt<tyer,  (Sntfte^ung  be«  Subentum«  1896;  SBeH^aufen,  9ta$r.  b.  ®ött 
gel.  ©ef.  1897;  Köhler,  ©efdfc.  a.  a.  D.;  Kloftermamt,  @efd&.  2 12  ff.  ®en  jtoetmaBgen 
Anfang  be«  %au&  toill  IguL  Set?  (§ift.  (Srfl.  be«  atoeiten  Seife  be«  Sefaja,  aftarb.  1893) 

80  burdjj  annähme  einer  förmlichen  3^örung  be«  erften  SauWerfeö  burc^  Samaritaner  unb 
befonber«  ßbomiter  erflären.  SSottenbct  unb  eingetoei^t  tourbe  ber  3iempd  im  6.  ^afyx 
be«  S)ariu3  =  516  b.  (S^r.  33on  ba  an  fehlen  bie  SRacfyricfyten  über  einen  3^raui"  ^m 
ettoa  58  3a^rw-  6h>alb  fud^te  bie  Sücfe  ju  ergänjen,  inbem  er  au«  $f.  132  unb  89 
mutmafjte,   e«  fei  nac^  jenem  2luffctytoung  eine  3^*  ber  Ungunft  ber  Werfet  unb  blutige 

86  Unterbrücfung  fotoie  SSer^ö^nung  burd)  bie  92a$barVö(fer,  3^^^  ^n  dauern  unb 
Stellung  be«  Sempete  gefolgt  (ßtoalb,  ©ef4>.Ä  IV,  155  ff.),  ©ettin  (©enibbabel  1898) 
§at  biefc  §t;potljcfc  toeiter  ausgebaut,  inbem  er  bie  $erfon  ©erubbabel«  in  ben  Sorber- 
grunb  rücfte,  ber  feinen  5Weffta«traum  am  Äreuje  ^abe  büfeen  muffen.  ®oc^  fehlen  baför 
irgenbtocld^e  ^iftorifc^e  3cu9n^e^  toa^  ^e'  c^ncm  f°  ^od^tragifc^en  Aufgang  btefed  ^ärften 

40  rec^t  befremblid^  toäre.  3lud^  eine  anbere  (Srgän^ung  Ijat  n>enig  ©etoi^t:  bie  grie^ifd^en 
Kirchenväter  S^eoboret  ^u  (£5  38;  3joel  4;  3Ki  4, 11  unb  S^eobor  Von  ÜRopfueftia  ftu 
ben  beiben  le^tem  ©teilen)  verfemen  bie  (SrfüUung  biefer  SGBei«fagungen  in  bie  3«* 
©erubbabel«,  in  toelc^cr  ^aläftina  burd^  einen  ©ftytyeneinfaU  ^eimgefuc^t  unb  bie  guben 
Von  ben  umliegenben  Golfern  fyart  befämpft  toorben  feien.    3)a  X^eoboret  ben  ©erubbabel 

46  bieje  gembe  übertotnben  unb  mit  ber  SBeute  ben  Xempef  ausbauen  lä^t,  fo  f$etnt  bie 
©arftcllung  toefentlic^  a\&  biefen  SBct«fagungen  geflojfen,  obgleich  er  ftc$  aUerbtna«  für 
bie  tyiftoriföen  Slngaben  auf  ältere  ©etoä^r«männer  beruft.  3n  b*  3^  be«  AerreS 
(9l^a«vero«)  fpielt  bie  ©rjä^lung  be«  S3uc^e«  ßfter*;  aber  über  bie  Stüdmtrbmg  jener 
Gegebenheiten,   fofern   tynen   ein  gefc^id^tlic^er  Jtern  ju  ©runbe  liegt,   auf  $ubäa  unb 

60  ^ttufalem  ift  ni^t«  befannt.  Ebenfalls  toar  jur  3*it  be«  Slrtajerje«  I.  bie  Sage  ber 
Kolonie  $u  ^erufalem  eine  fümmerltd^e  unb  bie  ätufrec^altung  i^rer  geistigen  33efonber* 
^cit  gefä^rbet.  5Damate,  im  7.  Sa^re  biefe«  König«  (458)  reifte  ber  ©tynftgelcfcte  (Kta* 
mit  einer  neuen  Äaratoane  von  ungefähr  1500  9Rann  famt  grouen  unb  Xinbern  fotoie 
SBei^egaben  unb  ©ejc^enfen   für  ben  Stempel  al«  „föniglic^er  Äommtjfar"  (JUoftermann) 

66  nac^  ber  §eimat.  SBegcn  feiner  ®efe^e«funbe  ^  angefefyen,  ^atte  er  fu^  Vom  Könige 
S3ollmad^t  ertoirft,  bie  Seftimmungen  ber  mofaiföen  2^ora  —  nötigenfall«  mit  Oetoalt 
in  bem  neuen  ©emeinn>efen  burd^^ufü^ren ;  begnügte  fi^  aber  bamit,  burdb  ernftlic^e  SSor* 
fteQungen  unb  grünblid^e  Belehrungen  in  biefem  ©inne  ju  toirfen.  ©urd^fc^lagenben 
(Srfolg    ^attc   er  bamit   too^l   erft,   al«  aud)  9^ct)cmia*,   ber  löniglic^e  9Runbf<^enf  ju 

go  ©ufa  (445/444)  r\ad)  ^erufalem  bim.    Serfelbe  ^atte,  Von  ber  traurigen  Sage  feiner 


3drael,  ©efdjidjte,  biMifdje  479 

$oD&  unb  ©efmnungSgenoffen  in  ber  §eimat  unterrichtet,  ftcty  bom  Äönig  Urlaub  erbeten 
unb  baS  STmt  eine«  Statthalters  über  $uba  erhalten.  3n  M*f«  Stellung  fefete  er  mit 
arofcer  Eingabe  unb  S^atlraft  bie  SBieber&erftellung  ber  Stabtmauern  ins  Sßerf  unb 
führte  fte  in  funer  grift  burcfy,  tro$  aller  änfeinbungen  ber  Samaritaner,  bie  fogar  bor 
$ätli$en  Angriffen  auf  bie  Sauenben  fid?  nictyt  freuten.  Seinen  Setftanb  Iie§  er  6$ra  6 
namentlich  aud?  jur  Steinigung  ber  ©emeinbe  bon  tyeibniföen  3Beibern  unb  jur  93er* 
bfltytung  berfelben  auf  ba$  ganje  mofaifd&e  ©efefc.  9iac$  12  jähriger  2tntoefenfyeit  reifte 
Kefcmta  an  bat  $of  jurücf,  lam  aber  fpäter  nochmals  unb  fd&ritt  ftrenge  gegen  bie  unterbeß 
emgeriffenen  Ungefefclicfcfeiten  ein,  bie  ftd)  namentlich  33ornefyme  ju  föulben  hatten  fommen 
laffen.  Stempel  unb  Sabbat^  föüfcte  er  fcor  (Snttoetfyung.  3tud^  berjagte  er  obne  weiteres  10 
einen  Gnfel  be3  §o^enpriefter$,  ber  ftcfc  mit  ber  locfyter  beä  famaritaniföen  dürften 
SanbaOat  bere&eli<|t  fcatte.  9lad&  Sofe^uS  Ant.  11,  8,  2  ff.  l)at  biefer  bertriebene  $riefter 
(SRanaffe)  mit  $ilfe  feine«  Sc^toiegerbaterS  baä  famaritanifc^e  Heiligtum  auf  ©arijim 
mit  feiner  <Priefterf$a|t  eingerichtet,  fttoax  fcerflicfyt  3jofä>M  biefe  Gegebenheiten  mit  ber 
Seföicfrte  SUepmberS  b.  ©r.;  berlegtfte  alfo  um  ettoa  100  3^?**  foäter;  allein  fte  f  fließen  16 
fty  na$  äußeren  Snjeic^en  unb  innerer  2Babrjd)emltd?fett  Dielme^r  an  baS  bon  SRetyemia 
Sericbtete,  tote  au$  SBJeltyaufen  (©eföid&te  S.  148)  urteilt,  ©antäte  fyaben  bann  otyne 
3tocifc£  bie  Samaritaner  auc§  ben  Sßentateucfy,  \l)x  fyeil.  33ucfc,  t>on  ben  ^uben  übernommen. 

Über  bie  legten  3)ejennien  ber  ^erfer^errfd^aft  fmb  feine  jutoerläfftgen   gefcfcid&tlicfcen 
Mac&ricfyten  erhalten.    Unter  ärtaserjeä  III.  Ccfyuä  fyat,  vpie  berföiebene  Duellen  ((SufebiuS  20 
Chron.  ed.  Schoene  II,  112f.;   DroftuS,  Hist.  III,  7,  Slbulfarabfdfc,  Chron.  S.  36) 
mclbcn,   eine  Deportation   bieler  ^uben   nac$  §tyrfanien   an«  füblic^e  Ufer  beä  fafyifd&en 
Sleere*  ftattgefunben,  ba   fte  ftcfy   am  Slufftanb   ber  Sßbönijier,  Syrier  u.  a.  gegen  ben 
$erferfönig  beteiligt  Ratten.    Droftuä  fagt  bon  ben  Verbannten:    „quos  ibi  usque   in 
hodiernum  diem  amplissimis  generis  sui  incrementis  consistere  atque  exinde  26 
quandoque  erupturos  esse,   opinio   est.    3>m  3ufammen^an9   m^  bxtftn  Gegeben- 
Reiten  tarn  ber  perftföe  gelb^err  SBagofeS  naefy  gerufalem  unb  brang  bis  in  ben  Tempel. 
3ofe^u£  Ant.  11,  7, 1  berietet,  berfelbe  fyabt  ftatt  beä  ^o^enpriefterä  3ofyutne$  (Socfyanan) 
befjen  ©ruber  gefuS  (!gofua)  in  biefe«  3lmt  einfefcen  tooflen.    2)ie  beiben  S3rüber  gerieten 
im  Zempel  in   einen  2Borttoe#jel,    toobei  Igefuä  bon  !gofyanne$  erfragen  tourbe.    Der  ao 
erzürnte  SBagofeä  eilte  gerbet  unb  rief  ben  ^rieftern   ju,   bie  i&m   ben  Eingang  toe^ren 
tooOten:  wSBie,  tyr  toaget  in  eurem  iem})el  einen  3Korb  ju  begeben?    Sin  ic^  benn  nid^t 
reiner  atö  ber,  toeld&er  brinnen  erfc^lagen  toorben  ift?"    3um  crftm  3WÖ'  &&  #w  e'ne 
(Hrfttifc^e  Sebeutung  bed  §o^rieftertumö  und  entgegen,   tote  fte  tfym  in  ber  borectlifd^en 
3eit  nu^t  eigen  toar,  übrigen^  aud^  bem  5ßriefters6obej  (s3laron !)  burebau^  nicfyt  entf^rid^t,  85 
unb  bamit  jugleic^  eine  ^inmifc^ung   ber  ^rembmac^t  in  93efe$ung   biefed  9lmted,   toie 
fie  fortan  faft  regelmäßig  [tatt^atte. 

SUd  burc^  SUesanber,  ben  ©roßen,  bad  <ßerferrei$  ju  %aü  tarn,  bxad)  aud)  für  ^ubäa 
eine  neue  3^*  ««•  älejanber  felbft  ftellte  ftc$  ju  ben  ^uben  freunblic^.  3Kag  auti)  bed 
3of4>M  ©rja^lung  Ant.  11,  8,  4  toenig  @efc^t<$tlic$e3  enthalten,  fo  fte^t  boc^  fo  biel  feft,  40 
bafe  ber  Eroberer  t^nen  getoogen  toar  unb  fte  mit  fetner  §errf$aft  Ratten  jufrteben  fein 
tomten.  Älletn  bie  3ttfirtüterung  feine«  SReic^ed  nac^  feinem  £obe  unb  bie  langwierigen 
Jt&mpfe  ber  Diabod^en  um  fein  grbe  tourben  für  fte  befonberd  fcer^ängniäboll,  ba  i^r 
2änbc^en,  jtotfe^en  jtoei  ©rofemäc^ten  in  ber  3)iitte  liegenb,  barunter  forttoä^renb  ju  leiben 
batte.  i<gL  S)a  11,  5  ff.  3ucrf^  bemächtigten  ftc^  feiner  bie  5J}tolemäcr  als  §erren  Don  46 
Segnen.  a)e«$tolemäu«  fcagi  gelb^err  na^m  Serien  bem  Statthalter  Saomebon  320  t).  tyx. 
ab.  3ofe)>^u«  berietet  (c.  Ap.  1,22  fin.),  ^Jtolemäu«  ^abe  bie  Sabbatfyrufye  ber  %v!bm 
mißbrauebenb  l^erufalem  eingenommen  unb  eine  große  3)icnge  ©efangener  aud  ^erufalem 
unb  ©altläa  nad&  %x)ptm  toeggefü^rt  (Ant.  12,  1;  K3,  12,4).  9Jac^  ^cfatäud  fyätte 
er  ftcfy  fyättt  fo  freunbli^  gegen  bie  3«ben  gezeigt,  baß  Diele,  unter  tynen  aud^  ber  §ofye*  60 
Irrtefkr  GSjdia^  freiwillig  nac^  äg^ten,  befonberd  Sllejanbrten,  überfiebclten  (c.  Ap.  1, 22). 
$ie*  tonnte  5  3^  «a(^  \*n<*  (Srobentng  getoefen  fein,  ate  SlntigonuS  ftc^  jum  §errn 
^alafttnad  gemacht  ^atte,  ol^ne  ed  lange  be^au^ten  ju  tonnen.  Qm  allgemeinen  berblieb 
ba*  £anb  ben  ^Stolemäcm,  bie  e$  nid?t  übel  bebanbelten;  boefy  bilbete  ed  and)  Weiterhin 
einen  Qardapfcl  jtoifc^en  Stg^ten  unb  Styticn,  ^tolemäern  unb  Seleuciben*,  unb  feit  w 
$to(emäu£  IL,  ^i^ilabelb^ud,  bauerte  ber  ftampf  faft  ununterbrochen  fort.  2luc^  bie  33er* 
ma^lung  bed  Slnttoc^ud  II.  mit  Serenice,  ber  Softer  be$  eben  genannten  äg^tifd^en 
^eirfc^er9  behnrtte  nic^t  ben  geäfften  bauerbaften  Jricben  (Da  11,  (>)f  jonbern  führte  ju 
no<^  erbitterterem  3toift.  3^ör  öermoc^te  ^Jtolemäud  III.,  ©uergeted  *ßaläftina,  5ß^önijien 
unb  einen  2W  Syriens  in  ben  neuen  Kriegen  (®a  11,  7— 9)  ju  behaupten.    Stilein  burc^  eo 


480  dfdracl,  ®efdjid)te,  bibltfdje 

2Intioc§uS  III.,  ben  ©ro&en,  erhellen  bie  ©fyrer  bic  Dber^anb.  $toax  befiegte  biefen 
*PtoIemäuS  IV.  Sßfyilopator  in  ber  ©d&lad&t  bei  Stap^ia  an  ber  ^iliftdtfd^en  Äfifie 
(2)a  11,  10—12).  2)er  ©ieger  !am  nac^  Serufalem,  too  er  na$  bem  III.  aRaRdbaer* 
buc$  3)anfopfer  barbringen,   augleic^   aber  ructyloS  in  baS  Slllertyeiligfte  beS  Stempels  ein- 

6  bringen  toollte,  fo  bafe  er  ftcfy  mit  ben  ^uben  grünblicfc  Verfeinbete.  $lad)  feinem  Stobe 
fiel  bie  §errfcfyaft  über  ätg^ten  einem  4jätyrigen  ßnaben,  SßtolemäuS  V.,  ®ptptyai&,  ju. 
3jefct  toar  2lntio<$uS  erfolgreicher;  fein©ieg  über  ben  gelbtyerrn ©lopaS  beim ^kmfyeiltgtum 
an  ben  ^orbanqueDen  (198  V.  6br.)  braute  ben  größeren  Seil  SßaläftinaS  in  feine  Äanb. 
2luc$  ^enifalem  tourbe  bon  ben  ©fyrern  eingenommen,    SlntioctyuS  fuc^te  übrigens  ju$  mit 

10  ätg^ten  frieblicty  ju  vertragen,  inbem  er  feine  Softer  ßleopatra  bem  jefct  11  jährigen  (SpipfyaneS 
Verlobte  unb  nad)  5  §af)xm  verheiratete  (Vgl.  3)a  1 1, 12—17).  2ÜS  äntiocftiS  einen  ge(b&U0 
nac$  Äleinaften  unternahm,  geriet  er  in  Jtonfüft  mit  ben  Römern,  tourbe  bei  SRagnefia 
(190  V.  Qi)x.)  befiegt  unb  ju  einem  Ungeheuern,  in  12  %a\)ttn  abjutragenben  Tribut 
verurteilt,    gn  feinen  ginanjnöten  verfiel  er  auf  lempefylünberungen  unb  fanb  bei  einer 

16  folgen  in  (StymaiS  ben  lob  (Da  11, 18  f. ;  1 3)M  8,  6  f.,  too  jebo$  mit  Unre^t  bon  eina 
(Gefangennähme  beS  9lntio$uS  bie  SRebe).  3$m  folgte  fein  ©o$n  ©eleucu«  $$lo)>ator, 
ber  tfyatenloS  regierte  (35a  1 1, 20).  35a  auefy  er  in  ©elbnot  toar,  toollte  er  bur$  ^eliobor* 
ben  lempelfcfyafc  in  ^erufalem  plünbern  laffen,  tooran  er  nad)  2  URaf.  3,  4  ff.  burtb  eine 
tounberbare  ©rfcfceinung  fei  Ver^inbert  toorben.    35iefer  $eltobor  fuc^te  ftc$  nad)  be3  König* 

20  lob  auefy  ber  Ärone  ju  bemächtigen,  bod)  fiel  fte  nit^t  tym  ju,  fonbern  einem  Jüngern 
93ruber  beS  ÄönigS,  ber  and)  beffen  ©o^n  nietyt  auffommen  liefe  (Vgl.  $a  11,  21).  3)iefer 
2lntioc§uS  IV.,  (Spi^aneS,  fotlte  für  bie  ^juben  befonberS  Verhängnisvoll  toerben. 

©onft  i}atU  baS  jübifd)e  SBolf  ftdjj  an  ben  häufigen  SBedMel  ber  $errfc$aft  einigem 
mafjen  getoöfynt.    ©eine  politifcfye  ©elbftftänbigfeit  tyatte  e$  ja  längfit  eingebüßt  unb  feine 

25  geiftige  Eigenart  toie  {eine  SRcligionSübung,  toorin  feit  bem  babty!omf$en  @gil  ber  ©<$toer= 
punit  beS  nationalen  SebenS  lag,  fonnte  eS  unter  ben  fremben  Siegenten  metft  ungeftört 
toeiterpflegen.  ©o  toar  eS  an  bem  Söettftreit  ber  feinbli$en  9Räc$te  innerlich  mäft  altya 
ftarl  beteiligt,  ©eine  gü^rer  fugten  fic$  mit  benfelben  fo  gut  als  möglich  abgufinben, 
nicfyt  feiten  auefy  ©etoinn  aus  ifyrem  §aber  }u  jiefyen.    Dagegen  machte  ben  ernfteren  $uben 

so  eine  geiftige  3Kad^t  immer  me^r  ju  fd^affen,  toeldj^e  auf  frieblid^em  SSSege  ben  %olfö$ara&er 
p  jerfe^en  bro^te,  bie  gried&tfd&e  ©eifte^bilbung  unb  Sebendart.  3)iefer  $eDentömuS,  ber 
m  3llejanbricn  eine  neue  5ßflan^ftätte  empfangen  ^attc,  von  too  er  fu$  erfolgreit^  nad) 
Stfien  unb  9lfri!a  auebreitete,  befafe  auefy  in  ©^rien  (befonber«  Slntioc^ia  am  DronteS)  unb 
^aläftina  jal^lretd^e  ©ige,   in   benen  er  Pflege  fanb.    63  gab  an  ber  Äüfte  be$  gelobten 

86  £anbe$,  im  Dftjorbanlanb  unb  fonft  ©täbte  mit  ftarlen  gried^ifc^cn  Kolonien,  toel(^e  bie 
Slnfd^auungen  unb  2eben$gctoo^n^eiten  beberrfc^ten.  3a;  w  ^erufalem  felbft  fehlte  e8  nic^t 
an  einer  $artei  foletyer  §elleniftcn  *,  toeld^e  für  ba$  ©ried&entum  getoonnen  toaren,  beffen 
freiere  unb  lagere  ©itten  ber  ©trenge  beS  jübifd^en  ©efe^ed  Vorjogen,  bie  ©enüffe  ber 
gried^ifd^en  Äunft   begierig   fief?  aneigneten  unb  überhaupt  bie  9(bf^liefeung   i^red  jßoBei 

40  gegen  bie  übrige  2Belt  al$  bie  Duelle  alleä  Unheil*  verurteilten.  Diefer  gartet  ftanb  aber 
hier  toie  anber^too  im  Sanbe  eine  gefe^e^treue  gegenüber,  toeld^e  bie  SSermengung  mit  bem 
©ried&entum  verurteilte  (2  9Raf  14,  3)  unb  ftd&  um  fo  ftrenger  unb  ängftli^er  an  bie 
mofaif$en  Crbnungen  in  i^rer  3(u3bilbung  burd^  bie  ©efe^eegele^rten  j^ielt  3enen  ®efdp 
lofen  (vioi  jiagdvojuoi  1  tflat  1, 11;    ävdgeg  ävo/uoi  2,44)  gegenüber  begegneten  fu 

45  ftd^  ak  bic  frommen  n^Tcn  ('Aoidaloi  1 3Kaf  2,  42,  gri^We;  f.  $a$monäer)  7,  13; 
2  3Rat  14,  6.  S)te  ^ellenifttfc^e  Stiftung  toar  namentlich  bei  ben  politifd^  3Rä$tigen  Ver« 
breitet  unb  ^atte  and)  in  ber  ^nefterfd^aft  Eingang  gefunben.  Sie  ßfyafibäer  toaren  meift 
Von  oben  ^erab  veraltet ;  fte  toaren  bie  ©tillen  im  äanbe,  bereit  e^er  bat  fd^limmfte  ju 
bulben,  aU  i^ren  angeftammten  ©lauben  $u  Verleugnen. 

60  35afe  e$  jtoifc^en  biefen  beiben  Stiftungen  ju  einem  offenen  Slinglampf  umS  geben 
tarn,  ba3  führte  jener  ©eleucibe*  9lntio$u3  @p\pf)an&  buxd)  feine  brutalen  Singriffe  auf 
baä  Heiligtum  beä  jübifc^en  Zolles  gerbet.  2Ba3  bem  93efreiungefam}>fe  Vorausging,  eqä^lt 
2  üJlaf  4  f.  2)a3  5Wafe  tourbe  Voll,  als  im  ^a^re  168  v.  6^r.,  nac^bem  fein  ©teuer* 
beamter  SlpoIIoniuS  ^erufalem   überfallen,   ein  ©lutbab   angerichtet  unb  Viele  Setoo^na 

66  fortgefliegt  ^atte,  ein  föniglic^eS  (Sbift  erfc^ien,  nad^  toelc^em  ber  Tempel  ^a^Ved  bem 
ol^mj)iWen  $tu$  getoei^t,  ©abbat^feier  unb  Sefc^neibung  aber  ftreng  Verboten  fem  foQten. 
3)er  ärger  beS  ÄönigS  über  SDtifjerfolge  im  Jtam^fe  mit  äg^ten  vermehrte  mx^  feinen 
^ngrimm,  in  toeld^em  er  nichts  geringeres  als  bie  gänglid^e  Vernichtung  ber  Stetigum 
^SraelS  betrieb,    ©o  ift  er  bie  Sßerfönlicfyfeit  getoorben,   in   toeld^er  bie  f$embfc$aft  geaen 

60  ben  SunbeSgott  unb  feine  ©emeinbe  gipfelte,  ein  SSorbilb  beS  neuteftamentli^en  äntic^S. 


3*rael,  ®efdjidjte,  MMifdje  481 

Sgl  SM  11,  29ff.;  I  9Raf  1,  41  ff.  3toar  fear  bie  3^1  ber  abtrünnigen  in  fo  fötoerer 
S«N0ung  eine  große.  SSicIc  anbere  liefen  ftc$  ofyne  ©egentoe^r  fyinfc^lac^ten  unb  ftarben 
aBStärtyrer  i&re«  @otte«bunbe«.  @nbli#  aber  gab  im  ^a^rc  167  ein*J$riefter  $u  Sföobein 
We  Sofung  jum  SBiberftanb  unb  ging  babei  mit  feinen  ©öfyncn  entföloffen  Voran.  Diefe 
$a«numäer*,  fbäter  auety  SRaHabäer  genannt,  ftritten  mit  ©rfolg  gegen  bie  fariföe  Über«  6 
maty.  S3or  allem  gelang  e«  Iguba«,  einem  ©ofyn  jene«  ^riefter«  5Öcatt^atia^  Igerufalem 
m  befreien,  toorauf  er  ben  unterbrächen  lempelbienft  be«  ©otte«  3«rael«  toieberfyerftellte. 
*Raä)  manchen  ftegrei^en  Ärieg«jüaen  ftarb  er  ben  §eIbentob  (161  v.  6fyr.).  3$m  fate** 
in  ber  güfyrung  be«  getreuen  Soltek  fein  Sruber  Jonathan,  ber  mebr  burdjj  Serecfynung 
bie  Unab^ängtgfeit  be«  Sanbe«  ju  erreichen  ftrebte  unb  jur  toeltlid&en  ©etoalt  and)  bie  10 
fwfameftertoürbe  [vi)  beilegte.  sJtac§  feinem  getoaltfamen  lob  (143)  folgte  ifym  fein 
©ruber  ©hnon  al«  gürft  unb  §o^epriefter,  befjen  Stürben  and)  von  ©Vrien  mit  3Us 
gejtönbni«  bebeutenber  gretyeiten  an  ba«  Sanb  anerfannt  toaren.  35ie  93olr«Verfammlung 
ber  Suben  fyattt  befthnmt,  ©imon  fofl  gfürft  unb  §oljcpriefter  fein  auf  ctvig,  bis  ein  ju* 
öerläffwer  Sßro^et  auffiele,  ber  ©otte«  2BiIIen  in  betreff  biefer  2tmter  funbtyue  is 
(l3Raf  14,  41).  3Kan  toar  ftcfc  alfo  be«  abnormen  toofyl  beh>ufet,  ba«  in  biefer  Über* 
tragung  ber  &o^ejmefterli<§en  SBtirbe  lag.  ®od)  fonnte  man  [\d)  um  fo  e^er  in  beren 
Übergeben  auf  ba«  §elbengefc$lec§t  ber  §a«monäer  finben,  ba  ber  rechtmäßige  @rbe  ber* 
jelben,  Dnia«  IV.,  ein  ©ofyn  be«  ermorbeten  £ofyepriefter«  Dnia«  III.,  naefy  3tegtft>ten  au«* 
getoanbert  ioar  unb  mit  ©rlaubni«  be«  ^tolemäu«  ^bilomctor  ju  Seontopoli«  einen  20 
jfibiföen  lempelbienft  eingerichtet  fyattt,  ber  bi«  73  n.  6&r.  fortbeftanb  Qof.  Ant.  12,9,7; 
13,  3, 1  ff.).  Irofc  biefer  geiftlid&en  SBürbe  t>erh>eltlic^ten  bie  £a«monäer  immer  mefyr. 
Simon«  ©o^n,  ^jotyanne«  §fyrfanu«,  überwarf  ftcfy  gänjlicfy  mit  ben  Gfyafibäern,  au«  freiten 
We  SJtyarifäer*  hervorgingen  unb  ftüfete  fic§  ganj  auf  bie  toeltli^  gefinnte  Partei  ber 
Sabbujäer*.  9iac$  feiner  äußerlich  nidpt  unglüdflic^en  Regierung  (135—106)  xerftörte  ba«  25 
<8ef$le$t  f\6)  felbft  in  gräuelvollen  Jtämpfen  feiner  ©lieber  um  bie  ©etoalt.  2lm  längften 
behauptete  fiäf  noety  einer  feiner  ©öfyne  Sfiejanber  L,  $annat  (104—78),  ein  gemeiner, 
Mutbürftiger  ÜRenfö,  gegen  beffen  3tyrannei  bie  ^tyarifäer  einen  ©eleuciben  )u  §ilfe  riefen. 
Salb  na^  feinem  lobe  fanben  aud^  bie  SRömer  Slnlafc,  ftc^  in  bie  forttoä^renben  3$ron* 
^reittgleiten  be«  jübifc^en  Sanbe«  ein^umifc^en.  ®ie  romifd^en  Segionen  erftürmten  fetyon  30 
unter  ^Jom^eiu«  gemfalem  nac$  breimonatlic^er  Belagerung  unb  ba«  Sanb  blieb  feitbem 
(63  to.  G$r.)  öom  SRömerrcid^  abhängig.  Slud^  £erobc«*,  ber  ©o^n  be«  3^umÄw« 
Sitttpater,  toar  i^r  SBafall.  (Sr  tourbe  bom  römifc^en  ©enat  im  3>^re  39  jum  Äönig 
kwn  3ubäa  ernannt,  fonnte  aber  erft  im  5afae  37  m^  §^fc  tömifd^er  Segionen  ftd^  ber 

" "  aft  bemächtigen,  ©eine  §eirat  mit  SKariamne,  einer  ^Eod^ter  be«  §a«monäer=  35 
^td,  toerlie^  il^m  baju  eine  fceilid^  bon  ben  %ubzn  nur  ^alb  anerfannte  ^Berechtigung. 
$te  jtoar  fu^  al«  guten  ^«raeliten  au«mh>eifen,  in«befonbere  burc^  feinen  großartigen 
XuÄau  bä  3^m}>el«  ju  3jmifalem,  begünftigte  aber  ^ugleic^  bie  Sinfüfyrung  römif^er 
Sitten  unb  blieb  bem  innerlichen  SBejen  ber  jjübifc^en  Religion  gänjlid^  fremb.  9Jac^  bem 
lobe  biefe«  begabten,  aber  gemiffenlofen  35efpoten  (4  b.  6^r.)  jetfiel  fein  Sfteicty  nac^  feinem  40 
Zeftatnent  in  bret  leile,  über  toelctye  feine  brei  ©ö^ne  ^errfc^en  foHten:  Slrc^elau«  erhielt 
Jubäa,  Änti^xi«*  ©aliläa  unb  $eräa,  ^J^ili^u«*  bie  nörblicfyen  ©remgebiete.  Stflein 
In^etau«  Vermochte  ftcfy  nid^t  lange  ^u  galten.  Gr  n>urbe  balb  bon  ben  Römern  abgefegt 
(6  n.  <5^r.)  unb  Subäa  ber  ^Jrobinj  Serien  einverleibt,  boc^  unter  einem  befonberen  römijd^en 
$ro{urator,  ber  ju  Gäfarea  feinen  ©ifc  ^atte.  3)iefe  ^}rof uratoren-(Sanbpfleger)  Ratten  feinerlei  46 
Serftanbni«  für  bie  ©igenart  be«  jübifc^cn  s2Jolfe«,  unb  toaren  ^aujitfäc^li^  nur  barauf 
bebaut,  ba«  Sanb  für  fic^  unb  bie  faiferlid^e  Regierung  au«jubeuten.  35ie  p^arifäifc^e 
gartet  ber  Suben  fc^ürte  in«gc^eim  bie  Unjufrieben^eit,  unb  fyie  unb  ba  fam  c«  $u 
einem  Sufftanb,  ber  ftet«  an  religiöfe  3Kotive  a^ellierte.  Stllein  gegen  bie  römifc^en 
Soffen  toar  nic^t  auf)u!ommen ,  totüfyalb  man  ben  offenen  ft airpf  mieb  unb  ftcfy  60 
mit  bem  Jtommen  ber  ©otte«^errfd^aft,  bem  verheißenen  -Dtejfia«  Vertroftete,  toeld^er 
biefer  ^errfd^aft  ber  Reiben  ein  6nbe  machen  toerbe.  ®er  bclanntefte  unter  biefen 
^roturatoren  ifi  «ßontiu«  5ßilatu«*  (26—36  n.  6^r.),  melier  manche  Ronflifte  mit 
bem  Solle  tytitt,  in  ber  Seiben«gefcfyicfyte  3efu  <&&  feine  ganje  innere  §altlofig!eit 
offenbart  66 

Unterbeffen  reifte  ber  innere  SBiberfrrud^  jtoifcfcen  bem  freiließ  mannigfach  getrübten 
$eotratif$en  Setoußtfein  be«  9SoIt«  unb  ben  maßlofen  Stnfjjrüc^en  ber  ßäfaren  immer 
me^r  au«,  bi«  er  föliepd^  gur  ©nbfataftroj)be  führte,  ©c^on  um«  %cfyx  40  märe  e« 
bemale  jum  offenen  au«bruc^  be«  Kampfe«  gefommen,  al«  ber  f^rifc^e  Segat  ^etroniu« 
auf  ben  Sefe^I  be«  Äaifer«  Saligula  ba«  ©tanbbilb  be«  (enteren  jur  Slnbetung   in  ben  eo 

MtaUQmc^nopäbit  fftr  X^cotoaie  unb  Stirbt.   8.  «.  IX.  3  [ 


482  3«rael,  @cfd)id)tc,  btbltfd)c 

Sempel  Don  Serufalem  fefcen  Wollte.  31llein  ben  inftänbigen  Sitten  be«  Solled  imb 
namentlich  bem  perfönlid&en  eintreten  ägrijtya«  in  9lom  gelang  e«,  benÄatfer  }u*3urü<f* 
nabme  biefe«  Sbift«  ju  bewegen.  3)tefer  ägrippa*  I.,  Welcher  no$  einmal  ba«  gaitje 
SRctd^  §erobe«  b.  ©r.  al«  Äbnig  befyerrfd&te,  fu^te  jenen  ©egenfafc  ju  milbern;  ba|  er 
6  freiließ  ni$t  ofyne  ©raufamleit  War,  betamen  bie  (triften  ju  füllen.  9lac&  feinem  ab* 
leben  (44)  fcerWanbelte  Gtaubiu«  ^vbäa  Wieber  in  eine  römifd&e  Sßroöinj  mit  SJertoaltung 
bureb  einen  $rofurator,  ba  Slgrippa«  ©o^n  noc&  minberjäfyrig  War;  allein  aud?  ft>ater  liefe 
man  ba«  jübifdje  Königtum  nic&t  wieber  aufleben,  fonbern  Sigrid  IL*  mufete  fty  mit 
einem  befebeibeneren  SRacbtgebiet  begnügen  (40—100  n.  Gfyc.).    ©r  fud&te  übrigen«  ba«  Soll 

io  umfonft  Dom  Äampf  mit  ben  Römern  aurüdfjutyalten  unb  blieb  toäfcenb  be«  Striegel 
biefen  treu. 

©ebon  burety  bie  Sanbpfleger  ftelij*  unb  geftu«*  Würbe  bie  ©ebulb  ber  3>uben  auf 
^arte  groben  gefteBt.  9tod&  fcbltmmer  War  SUbinu«  (3of.  Bell.  jud.  2, U, 1)  unb 
toollenb«  ©effiu«  gloru«  (feit  65)  legte  e«  red&t  eigentlich»  barauf  an,  ba«  SSolf  ju  einem 

15  üer&toeifelten  Slufftanb  ju  bringen,  ba  er  nur  f o  einer  Slufbecfung  feiner  ©c&anbtyaten  tonnte 
toorjubeugen  ^offen  (Bell.  jud.  2,  14,  3  ff.).  ©cfylie&Iicty  gelang  tym  bie«.  2)te  3eloten 
liefen  ft$  nidjt  länger  nieberfyalten ;  fte  befehlen  ben  Sempel  unb  befeftigten  fieb  bort; 
gloru«  aber  fanb  für  gut,  bie  ©tabt  ju  toerlaffen  (66  n.  6$r.).  Der  jur  Serubtgung 
herbeigeeilte  älgri^pa  (II)  richtete  niebt«  au«.    Slucb  mit  bewaffneter  3Ra$t  lieg  ftc^  ba 

20  Slufftanb  niebt  nieberWcrfen.  ®ie  römifc&e  33efa$ung  jog  ab,  Würbe  aber  gegen  gegebene 
3ufage  auf  bem  SHüdfWeg  niebergemaebt.  ©elbft  Geftiu«  ©aHu«,  ber  mit  florier  $eere** 
mad&t  unb  nidjt  ohne  einigen  6rfolg,  gegen  bie  ©tabt  borgebrungen  h>ar,  trat  f$lieftft$ 
ben  Stüdfjug  an  unb  mürbe  in  einer  ©$lu$t  bei  Set^oron  öon  ben  Slufftänbifc^en  über« 
fallen,  fo  bafc  er  6000  SKann  famt  bem  ÄriegSgeräte  einbüßte  unb  nur  einen  Keinen  Seil 

25  feine«  £eere«  retten  lonnte.  ^efct  batten  bei  bem  ©iege«taumel,  Welker  ba«  SSott  ergriff, 
bie  3e^°ten  ganj  bie  Dberfyanb.  uRan  rüftete  ftcb  im  ganzen  Sanbe  jjam  9Biberftanb. 
ftlatoiu«  3ofe#}u«*  erhielt  ben  Oberbefehl  in  ©aliläa,  galt  aber  ben  (Eifrigeren,  an  beren 
©pifce  ber  fanattföe  ^ol;anne«  öon  ©ifd&ala  ftanb,  ni$t  o^ne  ©runb  al«  mattyenig  unb 
fltoeibeutig,   fyattt  baber  manche  2Biberfe$ü#feiten  öon  tynen  ju   erbulben.    2>ie  9u>mer, 

so  Welche  ber  friegälunbige  Skfpafian  anführte,  brangen  gerabe  $ier  guerft  ein  unb  über- 
wältigten ©aliläa  oftne  grofte  3Kü^e  (67  n.  6^r.).  3n  Serufalem  felbfi  toütete  bie 
^arteileibenfc^aft  nod^  toett  fd^limmer  al«  in  ©aliläa.  @«  tarn  )u  blutigen  Jtam^fen 
jtoifc^en  ben  3el°ten  unb  ben  ©emäfpgten,  Wobei  aueb  bie  ^bumäer  mithalfen.  Unter» 
beffen   eroberte  SSefpaftan  (im  Sa^re  68)  $eräa,   fotoie  bie   toeftlic&e  Äüfte.    ®er  lob 

35  SRcro«  toerurfaebte  noc^  eine  Verzögerung  be«  SSormarfc^e«  gegen  bie  §aul>tftabt,  ba  Seftwfwn 
jum  Äaifer  aufgerufen,  erft  eine  abtoartenbe  Stellung  einnahm  unb  bann  öon  Sllejanbrien 
nacb  SHom  eilte  (im  %al)xt  69).  ©ein  ©ofyn  Situ«,  ber  ben  Oberbefehl  übernommen 
batte,  traf  no$  Weitere  Vorbereitungen  unb  lieg  ben  in  ^erufalem  unter  fu^  ftreitenben  brei 
Parteien  —  bie  3^loten  Ratten  f«b  in  jtoei   fold&e  gefpalten  —  3*  fl^wfl»  M  g<g«s 

40  feitig  ju  fc^mäcben,  e^c  er  enbltc^,  Wenige  Sage  bor  bem  $af[a$feft  be«  3$^  70,  bor 
ben  dauern  ^erufalem«  erfc^ien.  35er  Singriff  erfolgte  naturgemäß  Don  Sorben.  ©<bon 
nacb  14  Sagen  War  bie  äu&erfte  bort  befinbltcbe  3Jlauer  genommen,  Wenige  Sage  barauf 
aueb  bie  zweite  burctybroctyen.  3lux  bie  britte,  ftärtfte  leiftete  länger  Sßtberftanb.  SDber 
gugletcb  würbe  bie  £unger«not  in  ber  überfüllten  ©tabt  entfefclicty.    Situ«  forberte  tarieber* 

45  bolt  ^ur  Übergabe  auf ;  aber  Weber  feine  frieblicben  Sorfctyläge  no<^  feine  ©c^redmittd  — 
er  liefe  toiele  ©efangene  um  bie  ©tabt  l)er  an«  Äreuj  fc^Iagen  —  t>ermocbten  bie  unglfrf* 
lieben  Verteibiger  ba^u,  t>on  ifyrem  verzweifelten  SBiberftanb  abgulaffen,  t>tm  tochfytn  manche 
noc^  äfften,  ber  ©ott  ifyrer  Väter  Werbe,  Wenn  e«  mit  ©tabt  unb  Sempel  jum  äufeerften 
gefommen  fei,  Wunberbarc  §ilfe  fenben.    Sil«  bie  übrigen  SJefeftigungen  nad^  me^rmonat« 

60  liebem  fingen  tro§  aller  Sapferfeit  ber  ^uben  gefallen  waren,  ba  Wogte  ber  ftampf  no^ 
um  ba«  le^te  93olIWerf,  ben  Sempel.  9lad>  ^ofep^u«  au«fübrlid^er  Sef^reibung  ber  Vor« 
gänge  (Bell.  jud.  6,  4,  3  ff.)  Wollte  Situ«  ben  Sempel  fronen,  berfelbe  geriet  aber  bureb 
bie  unbewachte  S^at  eine«  ©olbaten  in  Sranb.  ©ul))iciu«  ©e^eru«  (Ghron.  2,  30)  ba* 
gegen  behauptet,   Situ«  felbft   fyabt  namentlicb  bie  ^e^törung  be«  Sem}>el«  beabfu^tigt 

66  S)en  furchtbaren  Slnblict  be«  brennenben  Heiligtum«  Wie  öS  bie  ©<^rtcfen«fjenen,  bie  ben 
%aü  ber  ©tabt  begleiteten,  l?at  ^ofe)>bu«  au^ftil?rltd?  betrieben,  ©eine  ©ipilberung  t^re« 
Untergange«  ift  eine  unwägbare  ^Hufttation  ju  ben  2Bei«fagungen  be«  ^errn  3efu  Dem 
bem  ifyr  na^enben  ©otte«geric^t.  35te  Slufftänbifd^en  behaupteten  nacb  ibrem  gaü  no$ 
fur^e  3eit  einige  geftungen:  ^erobeion  (bei  S^etoa),  SRac^äru«  (hn  Dftjorbanlanb)  unb 

eo  sJÜiafaba  (Weftlicb  Dom  Soten  2)Jeer).    Slber  ba«  ©cbidfal  be«  jübifc^en  Staate«  War  be* 


3*rad,  «efdjidjte,  bibltfdjc  3*rael,  @efdjidjte,  nad)bibltfd)c        483 

fiegelt,  unb  audj  ftwttere  Stufftänbe  öermoc^ten  bem  ©emeintoefen  nic^t  lieber  }u  einem 
bauernben  Dafem  ju  öertyelfen.  3^röeI  1**  feitbem  otyne  Sanb,  oljne  Heiligtum,  unter 
bie  Stationen  jerffreut.  t».  Drefli 

dfdrtel,  uad)bibltfd)e  @efdjtd)te  beöfelbeu.     Sitterafur:  9W.  3.  Soft,  ©efäicbte  ber 
3*rcaltten,  SBerlin  1820—29.  9.  »b.   -  9W.  3.  3oft,  (Befriste   be«  Subentum«   unb   feiner  5 
6eften,  ßpj.  1857-59  3.  »be.  —  Dr.  £.  ©räfc,  ©cfäidjtc  ber  Suben.ßpj.  1856-1870, 11.  SBbe. 

£ur$  bie  3wf*<tamg  ^evufalemd  l)atte  ba«  jübifdfje  3Solf  ben  legten  SRcft  feiner 
©elbftänbigfeit  Verloren,  eS  burfte  unb  lonnte  feitfyer  nirgenb«  über  fein  ©efd&idf  felber 
entf$eiben,  tonnte  e«  auety  nur  in  geringem  Maße  felber  geftalten ;  in  feinem  2)afeiu 
unb  ben  SBebmgungen  unb  SBerfyältniffen  beäfelben  toar  e«  feityer  (janj  unb  gar  öon  ben  10 
Solfern  abhängig,  unter  benen  e«  lebt  unb  unter  bie  e«  jerftreut  tft.  ©eitler  \)at  e«  alfo 
lerne  fdbftänbipe  ©eföictyte  mefyr.  Silber  trofcbem  beftfct  e«  noety  eine  eigenartige  geiftige, 
jojiale  unb  reltgiöfe  @nttoidfelung  feinet  Seben«,  burety  toelctye  e«  fi$  fcon  all  ben  Woltern, 
m  beren  Sföitte  eS  lebt,  untertreibet.  Unb  A^n  biefe  innere  ©nttoidfelung  fyat  au$  feinen 
äußeren  SJeftanb  erhalten,  fo  baß  e«  toeber  freitoillig  ftcfy  mit  ifynen  berfc^meljen,  no$  15 
ttm  i^nen  abforbiert  toerben  tonnte.  2)a«  jübifäe  93oIf  fyat  borf)  mätyrenb  ber  legten 
1900  3a^re  eine  eigene,  innere  ©efd&id?te  erlebt.  2Beil  e«  ftd&  aber  unter  ben  Söllern 
m  eigener  ©onbergeftalt  enttoidfelte,  beeinflußte  e«  auefy  bie  Söller,  nid&t  burety  Saaten 
äußerer  ©etoalt,  aber  um  fo  mefyr  innerlid^  burdf?  bie  SBirlungen  feine«  eigenartigen 
(Seifte*  unb  SBefen«.  Irofc  feiner  äußeren,  politifäen  Madfjtloftgfeit  gehört  bafyer  3frael  20 
bo$  110$  ju  ben  gef$i$tlid)en  unb  gefdJHctytbilbenben  Woltern,  ifym  fehlen  nietyt  bie  inneren 
©ebmgungen,  um  einmal  auefy  toieber  äußerlich  eine  SBeltftellung  unter  ben  Söllern 
§u  erringen. 

Äußerlich  alfo  gliebert  ftety  bie  jübifctye  ©efdfjictyte,  toie  bie  ber  Söllertoelt,  in  eine 
ältere,  mittlere  unb  neuere.  $)ie  ältere  reicht  fcon  ber  gerftörung  3erufa^m^  M*  &um  25 
Untergang  be«  römiföen  SBeltreicfy«  unb  ber  ftegreic^en  lilu«befynung  einerfeit«  ber  ger* 
manif^en  Sölfer  über  ben  Sorben  be«  SJtittelmeere«,  unb  anbererfeit«  ber  mufyamebaniföen 
Araber  über  bie  afritanifd&en  unb  aftatiföen  ©üb*  unb  Dftlänber  beweiben  Meere«.  2)ie 
mittlere  3«*  ecjtaeat  fi$  bann  für  ba«  jübiföe  Soll  bi«  jum  fic^reieben  2)ur$brudf?  aller 
politiftyen  unb  tuttureKen  ^rinjipien,  meiere  Stenaiffance  unb  Deformation  in  ba$  Seben  30 
ber  europäif$en  SSölfer  eingeführt  Ratten,  in  ber  großen  Äataftroji^e  ber  franjöfiföen  Sie* 
Solution.  3)a«  Mittelalter  bauerte  bemnad^  für  ba«  jübiföe  SSolt  er^eblid^  länger,  al«  für 
bie  übrigen  Jtulturttölfer.  ®ie  9leujeit  alfo  beginnt  für  bie  $uben  mit  ber  Sleoolution; 
fie  inaugurierte  aud^  für  bie  3uben  gan^  neue  SSer^ältniffe. 

©ie  innere,  geiftige  Snttoicfelung  ber  3«ben,  alfo  i^re  eigentliche  ©efc^ic^te,   verfällt  86 
in  biefelben  brei  $erioben.    3"  ber  erften  f^afft  ftei^  ba«  jübifc^e  Soll  in  intenfioer  ©eifte«» 
arbeit  ba$  große  unb  getoid^tige  SBerljeug,  bur#  ba«  e«  ben  eigenen  unb   eigenartigen 
getftigen  gwtb^ftonb,  gefonbert  unb  unbeeinflußt  öon  allen  Söllern  um  eä  ^erum,   ftd^ert 
unb  faü^t.    @«  errietet  um  ftd^  einen  geiftigen  SBall,  burc^  ben  e«  feine  innerfte  9latur 
imb  3nbt0tbualität  tocfytt  unb   erhält.    3)a«  jübifc^e  ©eifteäleben,   ber^ic^tenb   auf   alle  40 
Sirlfamteit  na<^  außen,  ift  gam  unb  gar  befdfjäftigt  mit  ber  ^robuttion  bc«  3:almub,  ber 
©^u^mauer  unb  93urg  feine«  ©eifte«,  ber  ©c^afctammer  feine«  ©innen«   unb  2)ic^tcn«, 
ber  ©runbfcefte  feiner  leiblichen  unb  geiftigen  Seben«orbnungen.    Srft  nac^bem  fo  fein  ©eift 
unb  £eben  in  fefte  gormen  befd^loffen  loar,  fonnte  e«   o^ne  ©efa^r  für  feinen  inneren 
tkftanb  auc^  am  ©eifte«Ieben  ber  Sölfer,  fotoett  i^m  ba^u  Stoum   gelaffcn   tourbe,   teils  46 
nehmen.  —  5)ie  ganje  jJoeite  $eriobe  ^inburc^  loar  freiließ  biefer  SRaum  nur  ein  äußerft 
bef^rönfter.    <8i  blieb  i^m  faft  nur  übrig,  bie  ©elb*  unb  §anbel«gcfc^äfte  ber  SBeltoölter 
unb  befonber«  jtoifd^en  Orient  unb  Dccibent  ju  oermitteln.    2)a  aber  ©elb  unb  ^anbel 
mächtige  galtoren  ber  ölonomifc^en  unb  fojialen  Ser^ältniffe  ber  SSölfer   fmb,   fo   fyaben 
bamit  bie  3uben  benfelben  einen  ^od^ioie^tigen,  nod^  nid^t  genug  erlannten  3)ienft  geleiftet,  so 
ben  $u  t^iut  fem  anbere«  SSolt  gleichermaßen  im  ©tanbe  geioefen  ioäre.    Sin  bleibenbe« 
Serbtenfi  um  bie  fttyere  Äultur  erioarben  fic^  aber  bie  3"ben  gleic^  in  ber   erften  §älfte 
bei  Mittelalter«.     Sfibiföe  ©ele^rte  toaren   e«,    Joelc^e  bie  ©d^äfee   ber  altgriec^ifc^en 
^tlofo^^ie,  toel$e  bie  Araber  bon  ben  ftyriföen  CSbriften  geerbt  unb  )\d)  angeeignet  Ratten, 
bim^  Überfe(pingen  au«  bem  9lrabif$cn   in«  Sateinifd^e  bem   latinifierten,   germanifc^en  66 
Curojw  befannt  matten  unb  bamit  bem  p^ilofopj^ifc^en  2)enfen  be«  d^riftlid^en  Sorben« 
ein  toefentli<$e$  eiement  jum  Sau  feiner  ©d&olaftif  jufü^rten.    2)abei  brauten  bie  3«ben 
fdbft  au«  ibrer  Mitte  leine  Heine  3«^l  fc^arfftnniger  unb  tiefer  2)enler  ^erOor.  2lm  ©c^luß 
Mefer  ^eriobe,  al«  für  bie  Übrigen  Wolter  fd^on  längft  bie  92eujeit  begonnen  ^atte,  erftanb 

31* 


484  3*racl,  ©efdjtdjte,  nadjbiblifdjc 

aber  au3  bem  fonft  norf)  ganj  nuttclalterltd;,  talmubifö  benfenben  jübifcfcen  33oß  ber 
moberne  Denfer,  ber  burcty  bic  2Buc$t  feinet  moniftiföen  ©ebanfenS  bte  in  unfere  3eit 
feinen  gemicfytigen  (Sinflufe  ausübt,  ©pinoja.  60  fyaben  bie  !guben  au$  mit  geiftigen  ©ütent 
ben  33ölfern  ben  elenben  $lag  bejaht,  ben  ba$  ^Mittelalter  tynen  m  tyrer  Glitte  getoäfyrte. 
6  —  Die  fran}ö{tc^e  Devolution  braute  ben  3uben  ityre  allmähliche  @man)i)>ation.  Damit 
mufete  audf?  in  biefer  britten  $criobe  bei  ben  mit  ben  Stiften  politifefc  gtetc^bered^ügtat 
3>uben  bie  geiftige  SKactyt  be$  Salmub  fallen,  unb  bamit  fiel  audj  tyr  innerer  ßalt  unb 
ifyr  geiftigeS  ©onberleben.  3Kit  ungeftümer  £aft  unb  Äraft  bemächtigten  fic$  bie  toefc 
europäifcfyen  Iguben   ber  ifynen  bisher  fremb  gebliebenen  mobemen  SBilbung,  Äunft  unb 

10  5öiffenf$aft  unb  ber  mobernen  Denk  unb  SebenStoeife.  !gnbem  $r  allgemeiner  2Bol?lftanb 
fi$  \)ob,  fcfymangen  fiefy  einzelne  empor  ju  eminenten  ^Reichtümern  ober  $u  ben  ^öd^tei 
ßfyrenftellen,  mie  au<$  auf  allen  ©ebieten  be$  §anbel3  unb  ber  ^nbuflrie  tyre  Äonfurrenj 
balb  überall  brücfenb  empfunben  tourbe.  gm  ©cgenfa^  baau  jeigt  ifyr  religiöfe*  fie&en 
einen  unaufl)alt|amen  SRiebergang,  ben  auefy  bie  fogenannte  Sieform  ityrer  fonagogalen  ©otteä* 

16  bienfte  unb  ©ebräudfje  efyer  noefy  beförberte  als  auffielt.  Der  burefc  ba$  Vorbringen  ber 
Suben  aber  entftanbene  SlntifemittemuS  tyatte  bie  SBirtung,  bajj  bie  gortgefd&rittenften  tyr 
^ubentum  ganj  aufgaben  unb  jt$  ober  tyre  Äinber  in  eine  ber  c&riftlidjen  Air$en  auf« 
nehmen  liefen.  Site  natürliche  Steaftion  bagegen  trat  bann  am  @nbe  be$  ^^unbertS 
ber  .ßiontemuS  auf,  ber  bie  ©inigung  ber  Station,  bie  ©rrid&tung   eined  gubenftaated   in 

20  Sßaläftina  unb  bie  ©Raffung  einer  re$tlic§  gefiederten  #eimftätte  für  bie  verfolgten  ^uben 
ber  ganzen  @rbe  auf  rein  Politikern  SSJege  }u  erreichen  ftety  jum  $id  gefegt  fyat  2kö 
neue  ^a^unbert  aber  finbet  ba$  jübi|ctye  Soll  in  einer  fokalen  Setoegung  unb  geiftigen 
©ärung,  mie  noefy  nie  feit  ber  3^ftörung  IgerufalemS. 

Überblicfen  mir  nun   in  Äürge  ben  Verlauf  ber  jübtfdjen  ©eföic&te   im  (Smjetnen. 

26  I.  Die  al  t  e  3  eit.  Der  lange  blutige  Krieg  tyatte  ba$  jübifcfce  fianb  jur  2öüfte  gemalt 
unb  feiner  jübif^en  ©inmofyner  faft  gar  beraubt.  33esj>afian  natym  ba$  fianb  ju  feinem  privat* 
befifc,  verföenfte  grofce  ©üter  an  feine  ©ünftlinge  unb  greunbe,  fiebelte  800  Veteranen  in 
ber  -Jtätye  ber  jerftörten  ©tabt  an,  unb  ^uben,  bie  mieber  in  gubäa  ftd&  meberiajfen 
mollten,  mußten  bem  ©ieger  ba$  fianb  ablaufen.    ©0  beftunb  baä  jübtfd&e  Soll  eigentlich 

so  nur  noefy  in  ber  grembe.  ©etyon  feit  Satyrfyunberten  toaren  biele  Saufenbe  öon  Juben 
au^er  fianb^  angefiebelt.  Diefe  bilbeten  nun  ben  eigentlichen  Seftanb  ber  Nation.  Die 
größte,  reic^fte  unb  angefefyenfte  jübifc^e  93ebölferung  ^atte  unftreitig  Sig^pten,  too  fte  feit 
ber  ©rünbung  Stlqranbria^  eine  bebeutenbe  Stellung  einnahmen.  QtoÄ  Quartiere  biefer 
©tabt  toaren  gang  bon  3»uben  betootynt  unb  bie  brei  anberen  Ratten  gemixte  SeDölferung. 

36  Da^  gan^c  fianb  beioo^nten  mo^l  über  eine  Million  %ubm. .  %n  #elio}>oli$  befa^en  pe 
feit  200  3<^ren  ein  ^eiligtum,  ba«  i^nen  baä  jerufalemitifc^e  erfegte.  2luc^  bie  $rotnnj 
Ä^rene  ^atte  eine  biegte  jübifc^e  S3ebölferung ;  ©l^rien,  bie  ©up^ratlänber,  Armenien, 
Werften,  %n\>im  toaren  mit  %\x\>m  überfüllt,  fiäng«  ben  ^anbeleftra^en,  bie  bun$  Älein* 
aften,  Stacebonien  unb  ©rie$enlanb  hinüber  nad^  Italien  führten,  toar  feine  bebeutenbere 

40  ©tabt  o^ne  jübifc^e  ©emeinbe  unb  ©tynagoge.  ©ie  fehlten  nic^t  ben  $anbelä)>lä(en  unb 
Kolonien  be^  3Rittclmeere^.  Stönfc^  §änbler  folgten  ben  römifc^en  fiegionen  ben 
SH^ein  herunter  unb  hinüber  nac^  ©aHien  unb  Sritannien.  9lom  felbft  befa|  tD0^Iminbeftend8000 
jübifdjc  einfröret,  h)dd)c  ein  eigene^  Quartier  an  ber  über  audmac^ten.  Siele  Ratten 
eö  ^ter  ^u  9ieic^tum  unb  3lnfc(;en  gebraut,    ©eit  Sluguftud  $eit  gelten  ftc^  immer  ©lieber 

46  ber  ^erobianifc^en  gamilie  am  #ofe  auf  unb  Ratten  ^uben  fogar  in  ^fte  Ärei[e  geführt, 
lebte  boefy  bic  ^übin  Sernice,  bie  ©eliebte  be$  litud,  noc^  10  3^  lanÖ  n«<v  ber  3«* 
ftörung  ^crufalem«  im  faiferlic^en  5|Jalaft.  9llle  biefe  Millionen  bon  %\üxn  Ratten  twm 
Krieg  loenig  gelitten.  9lur  baburd^  mürben  fte  in  3)Ktleibenf$aft  verfegt,  ba^  SSwjKxftan 
ben  Dniaätempel  in  ^eliopoltö  fc^lie^en  lie^  unb  allen  3>uben  bed  Sleic^  eine  befonbere 

60  ©teuer,  ben  fiscus  Judaicus  auferlegte,  ber  älnfang  ber  Sluöna^möfteHung  unb  9(udna^mds 
be^anblung  ber  3>uben  in  aller  3Belt. 

Sitten  biefen  3iuben  Joar  nun  aber  tyr  Sin^eitöpunft  genommen,  benn  bira$  ben 
Xem}>el  maren  fie  mit  bem  §eimatlanb  unb  ber  Väterlichen  Sieligion  in  engftem  gufammen* 
fang  geftanben.    6«  fyätte  i|nen  baä  ©c^idjal  ber  je^n  ©tömme  gebro^t,  fte  Ratten  ft<^ 

66  allmä^lic^  unter  ben  SBeltVölfern  Verloren,  toenn  ni<$t  ein  neuer  3Kittel^unlt  für  bie  fyx* 
ftreuten  märe  gefc^affen  morben,  ber  bie  religiöfe  unb  nationale  ©emeinfefaft  aufregt 
erhalten  fatte.  3Mä^renb  ber  gdoten^errfc^af t  in  ber  belagerten  ©tabt  batte  ber  gemäßigte, 
römerfreunblic^e  diabb'i  3o$anan  ben  ©atfai  ftd;  in^  römiföe  fiager  geflüchtet.  9Qd  fiofa 
bafür,  bafe  er  bem  äJe^paftan  bie  Äaifermürbe  gemetöfagt  fabe,  foll  biefer  ibm  eine  Sitte 

60  ju  gemäßen  verfprod^en  ^aben.    Der  sJtabbi  bat  um  ni^tö,  ate  um  bie  Srkuonid,  irgenbtoo 


3fdrad,  ©efdjtdjte,  nad)btbltfd)c  485 

ob  gelter  be$  jjübifd^cn  ©efe^e«  eine  ©$ule  errieten  iu  bürfen.  9tac$  bem  Ärieg  toäfylte 
er  baju  Sabnefc  ober  9jötnnia,  eine  Heine  Äüftenftabt  füblicfy  öon  3°We-  £to  fammelten 
fty  btc  ©efetoeäfunbigen,  toelctye  bem  ©cfytoert  unb  ber  ©Hauerei  entronnen  toaren.  9ln 
He  6$ule  fcglofj  ftety  bann  ein  SBetfy  2)in,  ein  ©ericfytäfyof,  beffen  93orftoenber  mit  bem  litel 
Habban,  9labbi  Sod&anan  felbft  mürbe.  ®ie  Hauptaufgabe  beä  ©erid^ofeä  toar,  nid&t  blofe  bie  6 
®efefce$beobac$tung  ju  übermalen,  fonbern  fertiger  mar  bie  Drbnung  be$  ßalenberfcefen«, 
bie  ffeftfefeung  ber 9leumonbe  unb  beä  ganjen  ©abbatfc  unbjVeftctyf  luä.  ®ie$  fyatte  früher 
ba$  ©tynebrtum  in  !gerufalem  beforgt  unb  allen  guben  ber  2Belt  burdj;  Sotfcljaft  mitgeteilt. 
Dbglet$  nun  biefer  ©ericfytöljof  nid&t  bie  umfaffenben  Sefugniffe  toie  baä  alte 
©tynebrtum  befafc  unb  aud)  nic^t  aus  70  3Ritgliebern  beftanb,  fo  fonnte  boety  bie  ©age  10 
entfielen,  Stabbi  3fo$anan  fjabt  ba$  ©tonebrium  fcon  ^erufalem  naety  ^abne^  übertragen. 
*"  'ibft.  $at  too$  bei  feiner  ©c^ulgrünbung  nid&t  bie  äbftd^t  gehabt,  einen  neuen  bittet 
bei  religW&nationalen  fiebenS  für  feine  Nation  ju  föaffen,  aber  bennoefy   lag  bie 

itung  femer  ©c&öjpfung  barin,  bafj  eine  lebenbige  gortpflan^ung  be$  ©efefceä  unb 
Pflege  be3  ©efet^ftubiumS  im  ©eift  unb  ©inn  be$  bisherigen  ^ubentumä  baburety  er*  16 
mdgfic^t  toar.  Solange  baä  jübifctye  ©efefc  gelehrt  tourbe,  (onnte  ber  jübiföe  ©eift  ntcfyt 
auäfterben  unb  nic^t  untergeben,  $ier  toar  nun  ber  Ort,  too  bie  ©efegeSlefyre  rein,  tief 
unb  umfaffenb  getrieben  tourbe,  toofyin  bie  $uben  beä  2lu$lanbeS  tyre  ©ötyne  toieber  $um 
©efefredftubtum  fc&idfen,  toofyer  fte  tyre  ©efefceälefyrer  begießen,  unb  bon  too  fte  über  toid&tige 
fragen  (Sntföeibungen  ft<$  tyolen  tonnten.  20 

Die  ©efe^eätrabition  toar  aber  bamate  fd^on  reic$  enthricfelt.    ©ie  teilte  ft$  in  jtoei 
$auptbeßanbtet(e,  bie  £ala$a  unb  bie  $agaba  (togl.  b.  Slrt.  -Biibrafcfy). 

£ur$  biefeS  ©ef^eäftubium,  ba$  Don  nun  an  ben  ^nfyalt  unb  bie  S^ätigleit  be$ 
jäbiföen  ©etfteS  ausmalte,  toaS  tyn  ganj  unb  gar  befcfyäftigte  unb  ausfüllte,  empfing 
berfelbe  feinen  ganj  eigentümlichen,  fcon  jebem  anberen  SSöltergeift  ber  2Belt  burcfcauS  Der*  25 
ftyebenen  ß^arafter.  35iefer  beftanb  in  einer  ganj  eigenartigen,  aber  feftgefcfyloffenen  unb 
hmfequent  burefoefütyrten  SBeltanföauung  unb  ftttlic^en  Sebenätyaltung.  2BIH  man  ba^ 
3ubentum  Dom  erften  ©fil  btö  ^um  jtoeiten  ba$  biblifd^e  ^ubentum  nennen,  fo  bilbet  ftrf> 
im  |toeiten  Sjil  nun  ein  Xalmubjubentum,  toobureb  bie  3uben  ba$  geworben  fmb,  toa3 
fte  ^cute  nod^  überall  ba  ftnb,  too  bie  moberne  ©Übung  bie  Xalmubl)errf$aft  noc^  nic^t  90 
gebrochen  ^t.  6d  ift  bie  britte  SEBanblung  unb  SntJoicfelungöftufe  beä  jtibifd^en  ©eifte«, 
toom  man  atö  erfte  bie  borbiblifd^e  betrautet.  3)ie  bier  ©enerationen  toon  ©efe^eöle^rern 
btd  jum  Sbfd^lu^  ber  Wifrfjna^  Reiften  Xanaim.  ©ie  fünf  ©enerationen  bis  jum  9lbfc^lu| 
bed  ganzen  Xalmub  nennt  man  Slmoraim ;  beibe  ^aben  bem  jübtf^cn  33ol!  tfyren  ß^araher 
aufgeprägt  burc^  bie  ©c^öpfung  i^  ©eifte^:  ben  Stalmub  (f.  b.  91.),  mittelft  beffen  ben  86 
Äabbmern  öon  bamal«  an  bi«  ^eute  ba^  jübifc^e  3SoIf  ju  be^errfd^en  biel  leidster  auc^ 
ofrte  äußere  ©etoalt  gelang,  ate  ber  römifcfyen  Hierarchie  bie  geiftige  Sefyerrfd^ung  ber 
C^riftm^eü.  3)iefeö  9xabbinertum  fyat  bid  ^eute  bie  @in^eit  be^  ^ubentum^  ^u  magren 
mib  allen  ßäreften,  Separationen  unb  ©d^temen,  baä  Äaräertum  aufgenommen,  gu  ioe^ren 
gettwfct.  (Srft  in  unferer  $At  ^at  mit  bem  Xalmub  auc^  ba$  iRabbtnat  tylafyt  unb  93e-  40 
beutung  eingebüßt,  unb  bamit  ift  ber  innere  unb  äufcere  Swfaß  be^  Subentumd  unauf^altf am 
eingetreten,  tooburety  ba«  iübifd^e  2?olf  unb  ba«  S11^*11™  frfbft  bor  eine  neue  SBenbung 
üftk  ©ef^tdfe^  geftedt  ftnb. 

Unter  ben  Dielen  ianatm  ftnb  gh^ei  ju  befonberer  93erü^mt^eit  gelangt :  ©amaliel  II 
tmb  SRabbi  ätiba.  2)em  erfteren,  einem  9lbfömmling  be«  berühmten  &\M,  gelang  e$  46 
burc^^uf efeen :  1.  ba|  in  ber  SßrajiS  ber  ©efe|e«au«übung  bie  2lu$ft>rüc$e  $illete  ©eltung 
Ipbm  foulten,  obfctyon  e«  ben  ©efefeeöle^rern  unbenommen  bleiben  follte,  für  ftd^  prtoatim 
anbere  5Kemungen  ju  ^egen  unb  i|ren  ©d^ülern  bor^utragen ;  2.  bafj  neue  §alad^ot  nur 
hmfr  9Ra)oritatöbefd^Iu|  ber  ®efefee«le^rer  ©iltigfeit  erhalten  foUtcn  unb  3.  bafe  ber  Ort 
ber  Seföluftfaffung  barüber  %abnd}  fein  unb  bleiben  folle.  @r  felbft  mar  ^räftbent  biefe«  60 
(Senate«  unb  führte  ben  $itel  9lafi  (^atriard^,  gürft)  unb  toerfyängte  rücfftc^tölog  ben 
8amt  über  alle,  bie  ftety  nidbt  fügten.  2)urd&  biefe  93la^regeln  blieb  bie  Ginfyeit  unter  ben 
SabKnern  felbft  gehört.  Slabbi  SKfiba  (f.  b.  21.  »b  I  ©.  281)  aber  glänjte  nic^t  blo« 
bim^  feinen  ©d&arffmn  im  Se^ren,  fonbern  au$  baburc^,  bafe  er  ^uerft  ft$  um  ©ammlung 
tmb  Drbnung  ber  #alac$ot  bemühte.  Sefonberen  SRu^m  aber  erJoarb  er  ftc^  burc^  feine  66 
neue  äRetbobe,  tooburd^  er  bie  Segrünbung  ber  Se^rfä^c  au$  ber  ©d^rift  gum  @jtrem 
führte.  Seiest  blo|  au$  einjelnen  SBorten,  ©üben  unb  8uc^ftaben  ber  ©$rift  fottten 
(SefeMformebt  abzuleiten  fein,  fonbern  auefy  au«  ben  einzelnen  §ädfcfyen  ber  eimelnen 
Suic^ftaben.  fingen  biäfyer  bie  Se^rfä^e  nur  an  einem  &aax  unb  Ratten  leine  toirfli<$en 
Än^alt^unlte  im  ©c^rifttoort,  fo  fear  burefc  3«iba«  Äünftelei  bottenW  aller  SBiUfür  I^ür  eo 


486  3*rad,  ©efdjtdjie,  uadjftiblifdje 

unb  $fyor  geöffnet.  ÜKofeS  felbft,  fagten  feine  Schüler,  tyabe  ftc$  im  ©eifte  getounbert, 
toas  alles  einmal  älliba  au$  ben  £ädf$en  unb  Äröncfyen  ber  Suc&ftaben  feiner  2$ora 
fyerauSfiügeln  tocrbe. 

Unter  ©amaliete  II.  Matriarchat,  am  Anfang  be3  2.  ^a^$unbcrt3,  öottjoa  ftcfc  atic$ 

6  bie  ©Reibung  itoijdjen  ^ubentum  unb  Styriftentum,  inbem  91.  £aq>&on  unb  m.  3ßmael 
bafür  eiferten,  bafe  bie  döangelien  (©ilion)  ber  Triften  Verbrannt  toerben  müßten,  au$ 
toenn  ber  9tame  ©otteä  barin  toorfomme,  unb  SR.  Samuels  SSertoünföungSformel  ber  Rubelt* 
Triften  (Mirfat  Sföinim)  offiziell  ben  18  ärtifeln  be3  täglichen  ©ebeteS  aller  3uben  #n* 
jugefügt  tourbe.    Der  Umgang  mit  Subenc^rifiten  tourbe  nocty  ftrenger,  ate  ber  mit  Reiben 

10  unb  Samaritanern  verboten,  unb  ganj  befonberS  toar  unterfagt,  ftd^  im  Flamen  Qefu 
feilen  ju  laffen. 

Der  inneren  Stärfung  entforad?  au$  eine  äußere.  9b$  immer  getoann  ba$  i^ubentutn 
toiele  unb  auc$  toornetymc  Anhänger  auä  ben  Reiben,  befonberS  aucb  in  SRom.  Überhaupt 
festen  bie  Sraft   be3  SubentumS  immer  nocg   nid&t  ganj  gebrochen.    Äaifer  Domitian 

16  lieg  bafyer  ben  fiscus  Judaicus  mit  aller  Strenge  einten;  auf  bem  Übertritt  ptm 
^ubentum  ftanb  33ermögen3ber(uft;  @jil,  \a  JobeSftrafe;  auq  ba$  eifrige  ©efefceäfrubrum 
ber  ^uben  toeefte  fein  9Kifjtrauen ;  er  lieg  unterfuefcen,  ob  baä  ©efe|  nichts  Staate 
gefährliches  enthalte.  Sein  9tac£folger  SWeröa  toar  bulbfamer.  ©r  $ob  bie  Strafen  beS 
Übertritt«  auf  unb  bie  Siubenfteuer  tourbe  nad&ftc^tig  eingebogen,  toaS  eine  Dentmünge  tw> 

20  etoigte  burety  bie  Sluff d&rif t :  Fisci  Judaici  calumnia  sublata.  Dentition*  3Ktfctraaen 
gegen  bie  3uben  tourbe  unter  %xa\an  beftötigt  burety  bie  tyätige  $itfe,  bie  fte  ben  $ar$ent 
trifteten  unb  baä  Sorbringen  beS  faiferlicfcen  $eereä  am  (Sup^rat  $mberten.  $artn&fig 
Derteibtgten  ^juben  unter  ifyrem  Oberhaupt,  bem  SRofc^  @ola$  ®ürft  ber  ®ef<mgenf$aft) 
bie  Stabt  TOftbiS.    3lm  StigriS  fonnte  ber  gürft  öon  Slbiabene,  beffen  ©eföletyt  fton 

25  bor  100  ga^ren  zum  Sjubcntum  übergetreten  toar,  nur  mit  9Rfitye  befiegt  toerben,  fo  bafc 
bie  Unterwerfung  ber  $art^er  jugleicty  als  neuer  Sieg  über  bie  Suben  galt,  tote  bie  Dem« 
münje  eS  toeretoigte :  „Assyria  et  Palaestina  in  potestatem  Populi  Romani  redaetae." 
Der  Sieg  über  bie  ^ubenim  Orient  toar  aber  nur  baS  3^^  &u  einem  furchtbaren 
SSufftanb  aller  guben  in  5äeg$>ten,  Jtyrene  unb  Gtypem.    Die  raiferlid^en  Segionen  unter 

so  fiupuS  tourben  gefd&lagen,  unb  bie  3uben  nabmen  furchtbare  Stäche  an  Stömern  unb  ©rieben, 
bie  in  ir/re  £änbe  fielen.  Stuf  ®$ern  allein  follen  240000  ©rieben  umaebradjt  toorben 
fein.  3:rajan  mufete  feine  beften  gelb^errn  aufbieten:  fiuciu^  QuietuS  führte  einen  3Jer« 
tilgung^frieg  gegen  bie  l^ttben  in  ben  babtyloniföen  Sönbern,  unb  3Rartiud  %uxbo  gelang 
e£,  nac^  fd;rocren  Kämpfen  9ia$e  an  ben  ^uben  be^  üDttttelmeereä  )u  nehmen.    S^nre 

86  prachtvolle  Synagoge  in  älle^anbria  tourbe  bem  @rbboben  gleic^gema^t  So  mufete  awS) 
bie  Äraft  ber  au^länbifc^en  ^uben  gebrochen  toerben.  3lo4  toaren  We  ^uben  ftleinaftend 
unb  Sorberfbrien^  übrig.  Sie  toagten  nid^t  felber  bie  ga^ne  bed  Stufru^rd  )u  erbeben, 
aber  bur$  i^re  Unterftü^ung  fonnten  bie  ^uben  ^alöftina^  rux^  einmal  ben  Äampf  mit 
ben  Römern  toagen;  benn  bie  mefftanifd^e  Hoffnung  erregte  immer  noc^  bie    jübif$en 

io  ©elfter.  9ltö  ein  @rbbeben  ßäfarea  unb  @maud,  bie  beiben  ^agerjpld^e  ber  römtfe^en 
©arnifon  jerftorte,  festen  ber  älugenblicf  be^  Slufftanbä  getommen.  @r  toar  fo  gut  fror* 
bereitet,  bafe  balb  ba$  game  £anb  in  feiner  ©etoalt  toar  (f.  8b  VII  S.  318,  isff.  «. 
über  »artod^ba  f.  b.  31.  Sb  II  S.  403  ff.),  ^abrian  mufete  feinen  beften  gelb&enn, 
3uliu^  Setoeru^,  aus  bem  fernen  Sritannien  lommen  laffen,  um  ben  Slufftanb  }u  über* 

46  toältigen.  Da«  toar  ber  leite  33erfud?  ber  Suben,  bie  meffianifctye  3^  tntt  ©etoalt  ber 
SEBaffen  }u  berroirflicr^n.  3lon  nun  an  befegränften  fte  fti^  barauf,  um  fo  inbrünfUger 
täglich  um  ba$  kommen  be«  SJicfftaö  }u  beten,  inbem  fte  i^re  ©rlöfung  nur  t)on  ein« 
göttlichen  SBunbert^at  ertoarteten.  3ur  Strafe  für  ben  3lufru^r  tourbe  über  bie  ff.  Stabt 
unb  ben  Sempelberg  ber  $flug  gebogen,  ettoa«  nörblid^er  eine  neue  Stabt  mit  bem  Tanten 

60  älelia  (Sapitolina  gegrünbet  bureg  ^eibnifd^e  (Sinroor/ner,  ben  3"ben  ba£  Sctrtten  ber 
Stabt  bei  Xobeäftrafe  Verboten ;  ba«  X\)ox  fcr/mücfte  ein  S(^toein«fo))f,  auf  bem  2em^elberg 
tourbe  eine  Statue  ^abrian«  aufgeteilt,  auf  ©olgot^a  ein  Senu^tempel  gebaut  unb  in 
Seriellem  eine  Slbontöftatue  errietet.  Die  ^ubenfteuer  tourbe  in  eine  Äopffteuer  um* 
getoanbelt,  bie  93efd^neibung,  ber  Sabbat^  unb  ba$  ©efe^edftubium  t>erboten.    gtoerf  toar, 

65  ba£  jübifc^e  SSolt  mitfamt  feiner  Religion  aSmä^lid^  gan)  auszurotten.  Damit  toar  ba* 
jübtfd^e  Soll  enbgiltig  aud  ber  Steige  ber  SSölfer  au^geftric^en  unb  ^ofitifc^  toernu^tet 

^r/re  ^olitifcfee  D^nmac^t  toar  eine  fo  üoDIommene,  ba|  älntoninud  $iud  e*  too^l 
toagen  tonnte,  bie  bratonifc^en  Sieligion^erbote  toieber  auf)u^eben.  ©d  toaren  ntyt 
politifd^e  ©rünbe,  fonbern  reltgiöfe  Intoleranz,  toenn  sBiarc  äurel  fte  erneuerte.    6*  toar 

eo  gleicr/fam  bie  Anerkennung  bureb  bie  ^uben  felbft,  ba^  i(?r  ^olitifc^ed  Seben  nur  me^r  ber 


3*rarl,  ©efdjtdjie,  imd)btb!ifd)c  487 

@ef$i$te  angehöre  unb  enbgiltig  befd^Ioffen  fei,  bafe  ^ei  9tabbinern,  bie  au«  ^ßaläftina 
aefommen  toaren,  um  bic  Ungunft  be«  Äaifer«  abzutoenben,  toerftattet  tourbe,  in  ber  ©d&a$* 
fammer  ju  SRom  bie  fyeil.  $em}>elgefäf$e,  ba«  golbene  ©tirnbanb  be«  ^o^enpriefter«,  ben 
ftebenarmigen  golbenen  Seud&ter  unb  ben  foftbaren  33orfyang  be«  2lllertyeiligften  zu  fetyen. 
©ad  alle«  toar  für  immer  vergangen,  bie  $uben  befafcen  feine  öffentliche  nationale  S3e-  6 
beutung  metyr,  fonbern  toaren  nur  noefy  eine  SReligion«gemeinfctyaft. 

Am  ®nbe  be«  jtoeiten  3<*^unbert«  Belang  e«  91.  ^uba  ben  ©imon  bie  Autorität 
be«  $atriar$en  über  bie  be«  ©tynebrium«  ju  fefcen,  fo  baj$  feine  ©ntfdfjeibungen  ©iltigfeit 
Ratten  au<$  o^ne  bie  guftimmung  be«  ©tonebrium«,  aber  ni#t  umgefcfyrt.  2)a«  ©tynebrium 
toerlor  ba&er  immer  mefyr  an  2lnfel)en.  2luc$  bie  2Beil)e  ber  Rabbiner  bur#  §anbauflegung  10 
behauptete  er  ate  fein  SBorred^t.  ©nblid&  braute  er  auety  (um  190  n.  Sfyr.)  bie  ®efe$e& 
fammlung  jum  äbfc&lufe,  inbem  er  bie  SJtifönafy  be«  SU.  Slfiba  enbgiltig  orbnete,  flutete, 
abf$lo£,  unb  i^r  burety  fein  2lnfefyen  bie  allgemeine  Slnerfennung  öerfc^afftc.  Sllle  anberen 
Sammlungen  galten  nun  nur  nod)  al«  Sßrtoattoerf  ofyne  Autorität.  Dbtoofyl  fein  offizieller 
6>b«|  gefertigt  unb  fanoniftert  tr>urbe,  fo  rnufc  bod;  angenommen  toerben,  bafj  Don  jefct  i> 
an  bie  3Rif<$na$  ni$t  mefyr  blofe  münblidfj,  fonbern  f$riftli$  fiety  fortpflanzte.  $)a  alle« 
nationale,  polittföe,  rec&tli<$e  ©taat«leben  ber  gilben  aufgehört  ^atte,  fonnte  biefe«  ©efefc 
Ztoar  nur  jum  Seil  no<$  im  religiöfen  unb  pritoaten  fieben  be«  SBolfe«  angetoenbet  toerben; 
e«  fyütt  faft  nur  einen  ibealen  2Bert,  bie  innere  2)enftoeife  unb  ©eftnnung  ber  SJolf«* 
genoffen  ju  bifben  unb  ba«  @eifte«leben  in  jübifd&en  Sahnen  ju  erhalten.  $er  ®ebrauc$  20 
ber  3Rtfc$na$  beftanb  bafyer  borztiglicty  barin,  bajj  fie  ftubiert,  bt«futiert,  fommentiert  touroe, 
aber  ber  ©eift  eine«  SBolfe«  liegt  in  bem  feine  ©eftnnung  unb  feine  ©itten  bilbenben 
©efefc  unb  Stecht,  unb  biefer  jübiföe  ©eift  tourbe  Am  babur$  erhalten  unb  fortgepflanzt 
unb  bor  bem  Untergang  gefiebert. 

9Rit  ber  »Übung  ber  3Wifd&na&  tyatte  fid&  bie  @eifte«fraft  ber  paläftinenftföcn  3uben  35 
erfööpft.  J)er  ©d&toetyunft  be«  3;ubentum«  toanberte  hinüber  na<$  ben  (Supljratlänbern 
unb  ©abtylon  tourbe  balb  ©i$  ber  neuauffommenben  Stabbinerfdfjule  ber  2lmoraim,  al« 
beren  @neugm&  bie  ©emara  ober  ber  eigentliche  Xalmub  ju  nennen  ift.  2Bie  bie  sJ9tifc$naty 
W  Pf  Sioel,  fo  öer^ält  ftc^  bie  ©emara  jur  SKifc^na^ ;  eS  ift  eine  immer  f ompliziertere, 
bialdtif^ere,  biö  )ur  ©op^iftit  ft<$  üerfteigenbe  9lu^beutung  be^  ©efe^ed,  tooburd?  ba^  30 
©tubtum  be«  ©efe^ed  in«  Unenblic^e  anfd^tooll  unb  ber  jübifcfye  ©eift  in  immer  engere 
geffeln  geleat  tourbe.  2)ie  erften  Slmoraim  finb  alle  nod^  ^Paläftinenfer.  Unter  ifynen  ift 
ba  ^Jatnarc^  SR.  3uba  II.  ju  nennen.  6r  verlegte  Den  ©i^  be«  Matriarchats  nac^  überia«, 
unb  ^ier  erlebte  ba«  SSnfäto*  nod^  eine  ©lanzjeit  burd^  bte  ©unft  be«  ßaiferS  Älejanber 
©et>eruö,  ben  bie  Älejanbriniföen  ©pigrammatifer  al«  ^o^enpriefter  unb  ©tynagogentoorftefyer  86 
eben  bedtoegen  ber^ö^nten.  SWicfyt  o^ne  Sortoiffen  be«  Äaifer«  fonnte  $uba  II-  bie  peinliche 
<8cri$t£taneit  ausüben.  3)er  Jtaifer  fc^enfte  aurf>  bem  Patriarchen  großen  ©runbbeft^ 
ttftctc  in  bie  ©l^nagoge  }u  Liberia«  einen  golbenen  Seuc^ter  unb  befreite  bie  Juben  be« 
vUidfi  Dom  3h>ang,  ftäbtifc^e  ämter  übernehmen  zu  muffen.  2)ie  Beziehungen  z^if^en 
guben  unb  ftömern  toaren  fo  intime,  bafe  man  ber  gamilie  be$  Patriarchen  gemattete,  40 
toie  bie  SRömer  ba«  §aar  zu  tragen  unb  griec^ifd^  z«  lernen,  fo  bafj  ber  3^itgenoffe  Drigene« 
fty  barüber  m  feinen  ^omilien  beflagt,  bafe  biefelben  %v{t>tn,  toeld^e  ben  G^riften  mit 
unerfättlic^em  $affe  begegneten,  gegen  bie  gö$enbienerif<$en  Reiben  fo  augerorbentlid^ 
freunblic^  Aäten.  $a,  vi.  %uba  ging  fotoeit,  bafe  er  nid&t  nur^  ^eibnifd^e«  Öl  unb  S3rot 
)u  ef|cn  gejtatten  toollte,  fonbern  auc$  bie  Slbfc^affung  be«  gafttage«  zum  2lnbenfen  an  bie  46 
Serftörung  ^erufalcm«  plante.  ®iefe  fiaj^eit  mochte  too^l  ba«  2lnfel>en  be«  paläftinenftfd^en 
Matriarchat«  tief  f^äbigen  unb  bem  Sluffteigen  Sab^Ionien«  z"  ®ute  fommen.  Unter 
ben  toaläftinenfifd^en  Slmoraim  ^at  91.  ©imlai  al«  ©efe^e  be«  gubentum«  613  aufgezählt, 
narnlU^  365  Serbote  unb  248  ©ebote.  2)iefe  613  ©efefte  ^abe  2)aDib  fc^on  in  11  zufammen^ 
gefafct,  ^efaj|a  auf  6  zurücfgefü^rt,  SKic^a  auf  bie  3:  SRec^tüben,  2üofylfyätigfeitlieben,  60 
tn  $üd)Urtt\t  leben;  #abafuf  enblic^  fyabt  ftc  in  bie  eine  Formel  {ufammengefa^t:  „ber 
©ertöte  lebt  feine«  ©lauben«".  33on  %  ©imlai  toirb  auq  gerühmt,  bafe  er  eifrig  gegen 
Wc  Cbrifien  ^olemiftert  unb  befonber«  ba«  Irinität«bogma  zu  toiberlegen  beftrebt  getoefen 
fei  —  SBäfcenb  3uba«  II.  Matriarchat  tritt  nun  aber  Sab^lonien  immer  mefyr  in  ben 
Sorbergrunb  ber  jjübiföen  ©efc^ic^te.  ^te  ^uben  gaben  bamal«  allein  bem  babtylonifd^en  66 
2anbe  geiflige  Sebeutung.  gn  ben  ©täbten  2fyamea,  5Wa^arbea,  s)tifibi«,  ^umbetita, 
©amofata  unb  anberen  toofynten  fo  biele  ^uben,  bafe  man  Sab^lonien  gerabezu  „Sanb 
3«rad"  nannte.  3Uler  ^uben  %avcpt  toar  ber  5Refc^-©aluta  (@jil«fürft),  m^  SBürben-- 
tröger  be«  part^tje^en  SReicfö  bem  Slang  nad)  ber  Vierte  nac^  bem  5lönig.  ©ein  ©ef$le$t 
tooQte  *om  2)at>tbfd^en  Jtdnig«^aufe  abftammen.    @r  ^atte  alle  ©etoalt  über  bie  ^uben  eo 


488  3fdrael,  ©eföidjie,  uad)bibltfd)e 

beSSanbeS;  ftc  toar  aber  rein  toeltlictyer  9tatur,  feine  geiftlidbe  Sßürbe  toie  ba3  )>aläfttnenfif$e 
Matriarchat.  91.  2lbba  9tab  braute  au^  gubäa  bie  9Kifc£na9  na$  SJafylonien  unb  grünbete 
ein  SefyrfyauS  (©ibra),  too  balb  1200  Schüler  berfammelt  toaren.  SKit  tym  beginnen  bie 
babtylonifcfyenSlmoraim.  ©ein  greunb  9Jiar  ©amuel  toar  e3,  ber  ben  bon  allen  fj>äteren  guben 

5  aboptierten  Setyrfafc  aufftcUte:  „ba$  ©efefc  beä  Staate«  ift  gütige«  @efe£."  3)amit  toar 
ausgebrochen,  bafj  bie  $uben  bon  nun  an  immer  unb  überall  ft$  ben  jetoeiltgen  £anbe& 
gefe^en  ju  fügen  getoiHt  feien,  unb  baft  baS  ©taatägefejj  tyrem  eigenen  9Jeligion«gefe^ 
borgcfye.  91.  Samuel  toar  ber  erfte  9tabbi,  ber  bom  jubäifctyen  Matriarchat  atö  religtofe* 
§auj>t  ber  babtylonifcfyen  $uben  anerfannt  tourbe.    2Bä$renb  ber  Regierung  be$  Slfeganber 

10  ©eberuS  tourbe  bie  400  jährige  Stynaftie  *>**  ^ßart&et  fle|Mltjtr  unb  baS  neuberftf$e  fömigä* 
fyauS  ber  ©affaniben  bemächtigte  ftc$  ber  £errf$aft.  3)iefe  fugten  bie  alte  Joroapri^e 
Religion  toieberfyeraufteHen,  toeS^alb  ftety  Verfolgungen  gegen  bie  ©fcijlen  ju  Scifibte  unb 
(Sbeffa  erhoben.  SÜber  au$  bie  ijuben  Würben  mitbetroffen,  ©ie  unterfagten  ben  3uben 
bie  SluSübung  ber  peinlichen  ©eric^tSbarfeit,  fcfyloffen  fte  bon  allen  Ämtern  axß,   berboten 

16  tynen  an  getoijfen  perftfetyen  gefttagen  Si<$t  im  £aufe  unb  $euer  auf  bem  §erbe  }u  ^aben. 
Unter  Äönig  ©fyapur  traten  aber  balb  toieber  beffere  3^***  «in.  SDiefe  Slu^egett  bewerte 
im  Orient  unb  Occibent  bis  in  bie  Rtit  ÄonftantinS.  Senn  au$  bie  für  bie  Sänften  fo 
fd&toere  ^Regierung  beS  ßaiferS  SMoHetian  toar  ben  guben  günftig.  3jn  ÄonftantinS 
loleramebift  bom  $afyxt  312  toar  jebermann  freie  9leligionSübung  geftattet.    2)ie  jübifcfct 

20  ^Patriarchen,  SSorfte^er  ber  Setyrfyäufer  unb  ©tynagogen  genoffen  biefelben  Siedete  toie  bie 
$riftli$en  ©eiftlid&en  unb  fyeibnifd&en  Sßriefter.  ©ie  toaren  fogar  gefeftlicty  bon  ben  2Ragißrat£* 
ämtern  befreit.  (Später  aber  änberte  jtety  ÄonftantinS  Sßolitif.  &ie  guben  fyiefeen  jefct 
eine  föäblic^e,  ructylofe  ©efte,  ber  bie  Slufnafyme  bon  $rofefyten  berboten  hxir.  3Rit  bem 
geuertob  tourben  bie  bebrofyt,  toeld&e  bem  ftubentum  abtrünnige  mit  bem  Sann  belegten 

25  ober  mit  Steinigung  angriffen.  2luf  bem  Konzil  $u  9licäa  tourbe  baS  Dfterfcft  unabhängig 
bom  jübijctyen  ftalenber  feftgefteHt,  benn  eS  fei  untoürbig,  bei  bem  fyeiligften  gejie  bem 
©ebrauety  ber  §uben  $u  folgen.  9ttc$tS  mefyr  foHten  bie  Sänften  mit  ben  guben  gemein 
fyaben.  Später  Verbot  ber  fiatfer  auc^  ben  ^uben  i^re  ©Haben  ju  befd^neiben.  2tte 
©Haben  follten  burd^  Sefd^neibung  bieftretyeit  erlangen.    Überbauet  foQten  fte  feine  fremben 

30  ©Haben  beftften.  Slfö  bie«  ©efe|  nic^t«  fruchtete,  tourbe  bie  »ejc^neibung  ber  ©Haben  mit 
SobeSftrafe  belegt.  3jn  biefem  3)rucf  fa^  ba«  jübifc^e  SSoIf  9Sorjeidfren  für  ba«  Äommen 
be«  erhofften  3Kejfta«,  bem  eine  SEBe^ejeit  borauSge^en  muffe,  ©dj^on  fang  furfterte  ba£ 
SBort:  „I)er  ©o^n  ^)abib«  toirb  nid^t  e^er  fommen,  bi«  ft$  ba«  römifc^e  Stetdb  jum 
Gfyriftentum  befennen  toirb."    3)iefe  3^t  festen  je^t  ba.    aber  ber  Matnarc^  &ülA  II. 

85  erflärte :  „3frae(  W  feinen  ^Jieffta«  mefyr  }u  erwarten ;  benn  bie  Ser^ei^ungen  ber  $ro^beten 
bon  einem  frommen,  mächtigen  ^errfc^er  f}at  e$  bereit«  unter  $i«fia  genoffen."  @r  i^ 
bie  erfte  jübifd^e  Slutorität,  bie  bte  5Keffta«^offnung  ber  guben  ju  enttourjeln  unb  ^u  unter» 
brücfen  fuc^te.  S)a«  bab^lonifd^e  ©c^utyaupt  aber  legte  SEBiberfprudb  ein:  „©Ott  möge  e£ 
bem  91.  §tttel  ber^ei^en,  einen  folgen  ^rrtum  ausgebrochen  ju  ^aben."    9lod^  fd^limma 

40  ging  e«  ben  ^uben  unter  Sonftantiu«.  ©ie  Ratten  ben  $erferfömg  ©^aj)ur  II.  gegen  ben 
Haifer  unterftü^t.  2)afür  ber^ängte  er  über  fte  bie  ©träfe  be«  (S%il3,  fo  bafe  biele  nac^ 
Merfien  au«tbanberten.  ©ie  ©efe^eSle^rer  tburben  mit  bem  Stöbe  bebrofyt.  Die  ©d^ule 
bon  Liberias  berfiel  baburd^  bem  Untergang.  GonftantinS  ©efej^e  tourben  erneuert  mit 
bem  3ufafy  ^  auc§  We  6^e  jJbifd^en  guben  unb  Sänften  mit  lobeSfteafe  belegt  feL 

45  Site  gar  bte  römifd&en  Segionen  toegen  beS  }>erftfc^en  ÄriegS  brei  Scfyrt  lang  m  ben  Stäbten 
^ubäaS  einquartiert  h>aren,  bemächtigte  ftc^  ber  ^uben  SSerjtoeiPung ;  fte  matten  einen 
Slufftanb,  ber  mit  ber  3ctftörung  ber  beteiligten  ^ubenftäbte  enbigte.  @d  toaren  barunter 
©ety^ortö  unb  Liberias,  bie  $auptft$e  jübifc^er  ©efe^eSle^re.  33on  nun  an  toar  Safylonien 
ber  §au^tft^  ber  ©efe$e$funbe  unb  bie  ©c^ulen  bon  ©ura  unb  $umbetita  nabmen  ben 

60  erften  9lang  ein.  —  2)ie  Sage  ber  ^uben  änberte  ftc£  gänjlic^  unter  ber  funen  SVegientng 
Julians,  ©ein  $a^  gegen  bie  (^riften  machte  i^n  jum  ^reunb  ber  *$vtom.  5Den 
Patriarchen  §töel  nannte  er  feinen  e^rtoürbigen  ^reunb,  erlief  ein  ^anbfd^eiben  an  bie 
jübifcfyen  ©emetnben  unb  traf  Slnftalten,  ben  Stempel  in  ^erufalem  h>ieber  auhubauen. 
3)er  (Schutt  tourbe  toeggeräumt,  Saumaterialien  ^erbeigef^afft.    J)er  S3au   tourbe  aber 

56  balb  eingeteilt.    S3eim  SBlofelegen  ber  unterirbifc^en  ©änge  foHen  fc^lagenbe  2Better  bie 

Arbeiter  bertrieben  ^aben.    ^u^an^  tafc^er  $ob  machte  ber  ©ac^e  ein  Snbe.    3Rerftoürbig 

aber  ift,  baf;  bie  jübif$en  Duetten  gämlic^  fd^toeigen  unb  ni$t  einmal  ben  Flamen  biefe* 

ÄaiferS  ertoä^nen.    3lud^  3u^an^  9toqjfolger  betfubren  mit  ^oleranj  gegen  bie  3*iben. 

Um  baS  Qa^r  400  fjat  91.  Slfc^i  in  ©ura  bie  ßrflärungen,  S)tefuf jtonen,  ©ntfcfyeibtingen 

eo  unb  Unterfu$ungen,  toeld^e  bisher  münblicf)  über  bie  9Jlif^na^  gegeben  toorben  toaren,  in 


3*rael,  ®efd>idjte,  wadjbiblifdjc  489 

ben  ©Etilen  gebammelt  unb  gum  lalmub  (ftalmub  SBabli)  bereinigt,  obwohl  er  felbji  ba« 
gxoftt  SBerf  niqt  ganj  fcoüenben  tonnte.  Slbcr  feine  Sammlung  Würbe  bie  ^auptfäd^lid^e 
0etfnge  9ta$runa  aller  gilben,  ftttm  Jute  ba«  Stbelftubium  für  Weniger  förberlicfc  unb 
toerbienftooH  galt  al«  ba«  ber  5Wifd&nafy,  fo  ftanb  ba«  3Rifd&natyftubium  Weit  jurücf  hinter 
bem  Seinen  be«  Xalmub.  2ln  ben  ft>i$fmbigen  3)i«fufftonen  be«  2almub  fd&ärfte  fieb  ber  5 
jfibtjtye  Serjfanb  bon  ^a^r^unbert  gu  §afjrtyunbert ;  aber  ebenf 0  fetyr  fceräu&erlictyte  er  ba« 
reßgiöfe  ©enfen  unb  $itylen,  inbem  bie  Stalmubfemttni«  gum  9Raf$ftab  ber  grömmigfett 
unb  $etltgtett  Würbe.  ®ie  jübiföe  Sieligion  aber  felbft  erftarrte  bollenb«  jur  peinlichen 
ßbung  ber  Xalmubborföriften.  SBi«  auf  ben  heutigen  Sag  ift  ber  lalmub  für  Millionen 
tom  %vbm  ber  Snbegriff  aHer  SBafyrtyeit  unb  2Bei«l)eit,  ©erei^tigfeit  unb  §eiligfeit,  fein  10 
6tubtum  ber  fixere  3Beg  jum  ewigen  Seben.  (StWa«  anbere«  ju  ftubieren  al«  Sälmub, 
#  für  ben  eckten  ^uben  *w  fixere«  3eid&en  b«  ©ottloftgfeit.  6«  ift  fdjWcr,  über  ben 
getftigen  2Bert  be«  Xalmub  ein  gerechte«  Urteil  gu  fällen.  $ier  fyabm  Wir  aber  nur  &u 
lagen,  Wo«  er  für  bie  geiftige  (Sntwidflung  ber  3>uben  unb  be«  3ubentum«  bebeutet ;  unb 
ba  barf  nk$t  öerfc&Wiegen  Serben,  Wo«  er  jur  ©rfyaltung  be«  ^ubentum«  geleiftet  fyat.  ib 
gfir  ben  talmubtfö  erlogenen  unb  gebilbeten  $uben  ift  ©Ott  unb  feine  Offenbarung,  alters 
bing«  in  ber  gform  be«  SEalmub,  erfte«  unb  fyöcfyfte«  3ntoeffe  \™&  Seben«,  feine«  2)enfen«, 
palend  unb  2#un«.  SlHe  ®inge  betrautet  unb  mi|t  er  naefc  bem  9Raf$ftab  ber  Religion. 
SDie  Offenbarung  ©otte«  ift  tym  ber  Inbegriff  aller  3Bafyrfyeit  unb  ^Jrinji^  aller  SBatyrfyeit«* 
erfetmtm«.  Sludj  in  ber  gorm  be«  Jalmub  ift  tym  ba«  göttliche  ©ittengefeft  ein  nur  um  20 
fo  ftrengerer  unb  härterer  ftuctytmeifter  geblieben,  ber  fein  Seben  in  toieler  SBegieljung  auf 
einer  aetoiffen  jtttlic^en  §öpe  erhielt,  eine  -Menge  altteftamentlictyer  ^been  Wurzeln  nod& 
ab  lebigenbe«  ©eifte«gut  im  jübiföen  93olf,  freiließ  fcielfad?  überwuchert  toom  bieten  ©eftrityp 
talmubiföer  ©pifcftnbigfeiten  unb  SBerfefyrttyeiten.  Slnbererfeit«  Würbe  burety  ben  Salmub 
ber  jübifc^e  ©eift  auf  einer  9teligion«ftufe  jurücfgetyalten,  bie  metyr  al«  anbertfyalbtaufenb  25 
Saljre  ^tnter  ber  ©egenWart  liegt,  unb  ber  jübifege  ©eift  Würbe  fo  feft  in  biefe  rücfftänbige 
xeligumSftufe  eingezwängt,  bafe  er  für  jebe  Umbilbung  unfähig,  unb  jebe  SBeiterbilbung 
abgeritten  Würbe,  geoer  Serfucty  einer  9tef  orm  fü^rt  jur  totalen  2luflöfung  be«  3u^^tum^ 
fepfi  5)er  lalmub  ift  alfo  ber  SBerfölufj,  unter  bem  3«tael  bon  jeber  SBeiterenttoicflung 
ferner  Religion  unb  feine«  religiöfen  Seben«  abgefc^loffen  gehalten  Würbe.  SDer  Srud^  mit  so 
bem  Xahnub  bebeutet  bamit  für  ba«  jübif$e  9iolf  bie  Sluflöfung  unb  ben  Untergang  feiner 
Maserigen  Sieligton  unb  bie  Umtoanblung  unb  Sleugeftaltung  feine«  gefamten  ©eifte« 
unb  Säend. 

Der  lalmub,  ber  mäc^tigfte  galtor  be«  nac^biblifc^en  gubentum«,  ift  babtylonifc^er 
Aedunft,  feftgeftedt  unb  abgefd?loffen  im  SRcid^  unb  }ur  3ctt  be«  faffanibifd^en  $erf erfönig«  86 
3e«begerb  I.,  al«  ba«  alte  9tom  bon  ben  germantfe^en  Golfern  ^art  bebrängt  unb  D^orb= 
afrila  eine  Seute  ber  SSanbalen  Würbe.  2)ie  gewaltigen  SBeltereigniffe  unb  ber  ficfytbare 
3ufammenbru(^  ber  römifd^en  SHeic^«mac^t  faxten  bamal«  aud^  Wieber  bie  meffianiföen 
Hoffnungen  be«  jübifd^en  SBolte«  an.  6«  War  eine  2öci«fagung,  ber  SKeffia«  Werbe  im 
ffetnwbac^higfien  Jubiläum  (4200  ber  SBelt,  440  n.  Gfyr.)  erfc^einen.  2)er  Huge  SR.  2lfc£i  40 
fa  ©ura  aber  erflärte:  „3)er  3Keffia«  fann  bor  bem  fünfunbacfytjigften  Jubiläum  gewi^ 
ntyt  lommen;  erft  nad^  biefer  3«t  fann  man  fi$  ber  Hoffnung,  aber  nityber  ©eWifi^eit 
^geben."  Um  biefe  3«*  to**  &  oud^,  bafe  bie  Sanbalen  bie  fjl.  Sentyelgeräte  in  3^om 
raubten  unb  fie  nac^  äfrifa  fc^afften.  Später  foll  fte  8elifar,  ber  ©roberer  be«  SSanbalen* 
rekfo  nad^  Äimftantinopel  (534)  gebraut  fyabtn.  3)er  abcrgläubifd^e  ^uftmum  aber  tyabt  45 
fk^  gefürchtet,  fie  bei  ftc^  ju  behalten  unb  ^abe  fte  in  einer  Äird&e  ju  Qerufalem 
mebcrlwen  laffen.  $f}T  33erbleib  ift  ganj  unbefannt.  9Jlit  ber  alten  SBelt  gingen 
fo  aud)  bie  alten  Heiligtümer  ^«rael«  tooflenb«  unter.  3)er  Xalmub  Würbe  ba« 
einzige  Heiligtum  be«  jerftreuten  $ol!e«.  9lud^  in  ^kläftina  fammelten  bie  Slmoraim 
i^cc  SErabitionen  im  jerufalemifc^en  Salmub  (Talmud  Jeruschalmi,  Talmud  schel  w 
Erez-Israel,  Qemara  di  Bene  Ma'araba).  6«  ift  unbefannt,  bon  Wem  unb 
too  er  toerfa^t  Würbe.  —  $m  unterge^enben  Slömeneic^  War  ber  Juben  gage  cjne  \om\^ 
fixere.  2$eoboftu«  ber  ©rofee  jWar  fuebte  fie  ju  f^en,  Wenn  ber  cfcriftlidje  $öbel  bie 
Synagogen  gerftörte,  aber  feine  guten  Slbfid^ten  fc^eiterten  am  ^eftigen  aOBiberfprud^  be« 
^etL  ambrorai«.  Slud^  ba«  Siecht  ber  Patriarchen,  Slbtrünnige  mit  bem  S3ann  &u  belegen,  55 
fachte  er  aufregt  ju  erhalten.  SRoc^  Weniger  gelang  e«  feinen  ©öbnen  $onoriu«  unb 
Ircabiu«  bie  3uben  ju  fd^ü^en.  3m  ^a^re  425  ^ob  ber  morgcnlänbifcfye  .Haifer  J^cobofiu«  II, 
ba«  palafttnenfiföe  Matriarchat  gan^  auf,  nacfybcm  ber  le^te  ^atrtard)  ©amaliel  V.  o^ne 
männliche  Srben  geftorben  War.  Unter  2;l;eoboftu«  II  burfte  ber  Siföof  (Stritt  in  2lleEanbria 
bie  %vbai  atö  ber  ©tabt  öatreiben  unb  i^r  Vermögen  bem  ^Jöbel  gur  93eute  geben,   in  eo 


490  3*rael,  («cfätdjtc,  nad)bMifät 

Slntioc^ien  tourben  ftc  ber  ©tynagogen  beraubt.  Die  Spannung  jtmfc^en  3>uben  unb 
(Stiften  unb  geöcnfcttigc  gfeinbfctyaft  fcat  bamal«  einen  aufjerorbentii<$en  ©rab  erreicht 
ÄirdfjenVäter  unb  SBifd&öfe,  fcie  2lmbroftu«,  6l)rtyfoftomu«,  äuguftinu«  eiferten  toiber  bic 
^uben ;  anbererfeit«  verheimlichten  bie  ^uben  nid&t  tyren  #ajj  gegen  ba«  C^riftentum  unb 

5  feinen  (Stifter,  verboten  allen  Umgang  mit  (Stiften,  fogar  bie  Erteilung  von  Unterricht 
in  ber  fyebräifäen  ©praetye  an  Stiften.  St  93ar  Gfyanina  burfte  nur  I?eimlic$  in  be« 
Äird&enVater«  £ierontymu«  .ftelle  ju  Setlefyem  tommen,  um  ifyn  im  $ebräifc$en  ju  unter* 
rieten,  unb  biefer  ntu&te  öffentltd^  ftc$  toegen  feinet  Umgang«  mit  ^uben  rechtfertigen 
bur$  bie  grtlärung,  bafc  er  bie  ^uben  unfagbar  Verad&te,  verabfd&eue  unb  faffe,  toetl  ftc 

10  ben  §errn  in  ifyren  Synagogen  verfluchen.  —  Da«  dtyaläftinenftfd&e  gubentum  ftarb  a&er 
ni$t,  ofyne  ber  2Belt  noety  ein  toertvolle«  SBermäcljtni«  ju  fyhtterlaffen:  bie  9Raffora§  b.  $. 
bie  §injufügung  ber  totale,  2lccente,  2Bort*,  ©Üben*  unb  ©afcabteile  jum  $ebratfc$en 
SBibeltejte,  ber  au«  blofcen  Jtonf onanten  beftanb.  SCud^  ba«  alle«  fear  bi^er  nur  münblicfc 
SErabition  getoefen  unb  I onnte  nur  burety  lange  Übung  Vom  Se&rer  (Itarra,  SibeCIefer)  erlernt 

15  toerben  bur$  9ta$ft>rec§en.  Qe^t  ba  mit  ber  ©elebrfamteit  auety  bie  Äennrni«  ber  ^ebrätf$en 
©prad&e  fogar  in  Sßaläftina  am  3lu«fterben  mar,  tonnte  nur  bur$  genaue  geftfteüung  ba 
3tu«ft)ra$e  ber  fiebere  Söortlaut  ber  SMbel  ber  3"fanft  erhalten  toerben.  —  Da«  babtyloniftye 
^ubentum  erhielt  ftd^  noc$  länger.  Äönig  ^iruj  (470)  erregte  eine  Verfolgung  gegen  bte 
Suben  Werften«,   tooburety  Diele  naety   %n\>\m  au«juh)anbern   gelungen   tourben;   bort 

20  erlangten  fte  bom  Äönig  von  Sranganor  fiänbereien  unb  $ribi(egten,  bie  auf  einer  nodf 
erhaltenen  SJronjetafel  in  altinbiföer  unb  l)ebräif$er  ©J>ra<$e  aufgellt  toerben.  3$<m  ben 
©flögen  biefer  Verfolgung  flehten  ftety  aber  bie  babtyloniföen  ^uben  niebt  me$r  tdfdlt 
m  fyaben.  ^r  geiftige«  wbtn  erlofö.  Da«  @nbe  ber  3*it  bw  Slmoraim  fällt  in  ba« 
@nbe  be«  5.  3jaljrfyunbert«.    ©ie  tyinterliefjen  ben  $atmub  ate  ein  Steige«,  J"  *m  mm 

25  feine  3ufä$e  ntefyr  foUtett  gemalt  toerben  bürfen  (500  n.  G$r.). 

IL  Da«  Mittelalter.  ftür  bie  ^uben  be«  b^antinijc^en  SReidfre«  beginnt  ba* 
Mittelalter  mit  ber  Regierung  ^ftinian«,  benn  er  erlief  bie  ©efe^e,  bie  gletcpfam  ba« 
SKufter  tourben  für  bie  Se^anblung  ber  guben  ba«  ganje  SWittefoiter  tymburdj.  @r  erlieft 
ba«  ©efefc,  bafc  jübifcfyen  3eu6m  8eÖen  Soften  leine  ©laubtoürbiglcit  beijumeffen  fä. 

so  2)er  Übertritt  toom  ß^riftentum  jum  3w^^wm  toar  ftrengften«  unterfagt.  ferner  foUtai 
bie  3uben  verpflichtet  fein,  bie  läftigen  unb  foftftneligen  ©tabtämter  ju  übernehmen  o$ne 
bie  Privilegien  babon  )u  geniegen,  Freiheit  t>on  ©ei|elftrafe  unb  @gif.  „Sie  Jollen  ba« 
^oc^  tragen,  auc$  menn  fte  barunter  feufaen,  aber  jeber  S^re  fotten  fte  untoürbig  a&cdkn 
fein."    ©ie  burften  i^r  5ßaffa^feft  nie  toor  bem  c^riftlic^en  Dfterfefi  feiern,    ©ie  fouten  bie 

85  ^eil.  ©c^rift  in  ber  ©^nagoge  am  ©abbat^  nur  griec&ifö  ober  lateinifdj  öorlefen.  ©o  oft 
ftcb  ©elegen^eit  bot,  überfielen  bie  S^riften  bie  ^uben,  um  i$re  Synagogen  ju  ^erftören, 
fte  felber  }u  berauben,  ju  Verjagen  unb  ju  töten.  Unb  aud^  bie  ^uben  Hegen  leine 
©elegen^ett  Vorübergehen,  bie  6bri[ten  ju  fc^äbigen  unb  für  bie  erltttene  Unbill  9ta$e 
)u  nehmen,  toa«  ibnm  nur  immer  neue  Verfolgungen  jujog.  S3on  je^t  an  aber  t>erf(^h)ütbai 
bie  orientalifc^en  ^uben  vom  <Sd}anplat>,  ber  ©eföicbte ;  ba«  gef^tlu^e  Seben  bed  jübifc^en 
SSoße«  ge^t  über  auf  bie  toeftlänbiföen  ^uben.  Die  Spanien«  ftnb  bie  getftig  regfamfta, 
toel^e  nun  für  lange  in  ben  SSorbergrunb  treten.  Die  $uben  Italien«  bagegen  treten 
ntdbt  befonber«  ^ervor.  SEBä^renb  ber  ©türme  ber  Sötterfeanberung  Ratten  fte  biefelben 
Seiben  burd^umacfyen  loie  bie  S^riften.    Daju  tarnen  aber  immer  nod^>  bie  Äonflitte  mit 

45  ben  ßbriften.  Unter  ber  ©oten^errfd^aft  galten  in  Italien  immer  noc^  bie  ©efefee  bei 
Äaifer«  i^eoboftu«.  ©ie  burften  nad?  i^rem  ©cf^e  leben,  Ratten  i^re  eigenen  Stifter; 
nur  burften  fte  feine  neuen  ©tynagogen  bauen.  Über  ftönig  S^eoboric^  tonnten  bie  IJuben 
ftcf;  ntebt  betlagen.  Die  metften  ©treitigteiten  berurfac^te,  ba|  bie  ^ttben  immer  loi^er 
rfjriftlic^e  ©Haben  gelten  unb  fte  burc^  bie  33ef$neibung   p  ^ubentum  ^ttnmgen,  too« 

50  beibe«  toiber  ba«  ftaatlicfj  d^riftlic^e  ©efe|  toar.  Die  ^uben  Ratten  bamal«  auc^  ben 
©tlaven^anbel  in  ber  §anb  unb  pflegten  ungefefelic^er  sBeife  aud^  (^riften  al«  ©Batoen 
ju  taufen  unb  }u  verlaufen.  6«  ift  felbftverftänblic^,  bafj  bie  ^riefter  i^re  ©lauben«genoften 
nad)  3Jl5glic^teit  gegen  btefe  ungefe^lic^e  $anblung«toeife  ber  ^uben  )u  fc^üften  fuc^ten. 
©onft  fu^te  bie  h>eltlic^e  unb  geiftltd^e  Dbrigteit  bie  ^uben  m  f(^ü|en,  benn  auib  Ma 

65  pflegte  ber  $öbel  bie  Synagogen  oft  ju  ^erftören.  Sejonber«  bie  ^äpfte  übten  ©eret^tigteit 
unb  Silligteit  gegen  fte.  911«  ber  berühmte  3Kinifter  be«  Äönig«  5DSfeobori^,  Gafftobor, 
feine  Smter  niebcrgelegt  j^atte,  fd^rieb  er  eine  $falmenau«legung,  toorin  er  bie  guben  bur^ 
^intoet«  auf  bie  meffianifd^en  $falmen  ^um  ©lauben  an  ^ejum  ju  beteten  beftrebt  toar. 
^eoboric^«  9tac^f olger,  ^eobatu«  ^atte  einen  jübifc^en  ^auberer  unb  SBa^rfogcr,  )u  beffm 

eo  trügerifc^er  Äunft  er  oft  feine  Suflucfr  na^m.    Sil«  ^uftmtan  bur^  SWifar  ^toTten  erobern 


4obte 


3*rael,  ©efdjtdjte,  ttarfjbibltfclje  491 

liefr,  toe^rten  ftc$  bic  $uben  auf«  tyef tigfte,  berebcten  audf?  bic  Sürger  Neapel«  &u  energifd&em 
ffitberftanb  unb  berteibigten  perfönlicty  bic  ©tabt  auf«  tapferfte  bi«  ftulefct,  toeil  fte  mußten, 
taft  fie  boc£  feine  ©nabe  ju  erwarten  Ratten.  Unter  ber  Sangobarbenfyerrföaft  Ratten  fte 
ruhige  3eüen.  83efonber«  $<u)ft  ©regor  I,  ber  ©rofce,  bef$ti|te  fie.  @r  toollte,  bafe 
guben  nur  burefc  fanfte  Serebung,  nietyt  burrf)  ©etoalt  belehrt  Serben  f odten.  ©etoiffenfyaft  6 
toaste  er  iftten  ba«  römifd&e  Sürgerred^t.  !gn  feincn  Ö^feen  33eft$ungen  in  Unteritalien, 
©hüten  unb  ©arbinien  (tejß  er  fte  nietyt  bebrücfen,  nur  burften  fte  ferne  ©Triften  al«  ©flauen 
fcben.  Oft  unb  nie  umfonft  toanbten  ft$  bie  guben  Sofien«  um  ©d&ufc  an  ben  Sßapft. 
gür  gerfförte  Synagogen  mußten  bie  ßbriften  (Sntfdfjäbigung  jaulen.  Übergetretene  $uben 
aber  begünftigte  er,  erlieft  ifynen  bie  ©runbfteuer.  Über  foletye,  bie  nur  au«  irbifcfyen  10 
(Shünben  übertraten,  fd&rieb  er:  „2Bir  gewinnen  ätoar  fie  nic^t,  \>oty  getoife  tyre  Äinbcr." 
Stogcgen  befcfcüfcte  er  audfr  bie  Stiften  bor  ben  Übergriffen  ber  3uben.  2fa  bie  Äönige 
ber  fronten,  Surgunb«  unb  2luftrafien«  förieb  er,  fte  feilten  bem  föänblictyen  £anbel  ber 
gilben  mit  c^rifüi^en  ©Haben  ein  @nbe  machen.  3)en  flönig  SRcccareb  Don  ©banien 
lobte  er,  bafc  er  fo  gettyan  fyaU.  2Benn  ba«  cf>rtftltd^e  93oI{  oft  bie  jübij$en  ©Haben*  15 
^anbler  unb  33efi$er  d&riftlictyer  ©Haben  mifftanbelte,  fo  toaren  bie«  feine  Verfolgungen 
um  tyre«  ©tauben«  toitten. 

gn  feinem  2anb  tyaben  bie  !guben  (Suropa«  fo  feften  guft  gefafet,  auf  bie  ©efe^idfe 
feine«  fianbe«  fo  großen  (Sinflufe  au«geübt  unb  felber  nirgenb«  einen  fo  bofyen  ©rab 
materieller  unb  geiftiger  8lüte  erreicht,  toie  in  Spanien.  9la<fy  tyrer  Vertreibung  au«  20 
Spanien  $aben  fte  boety  tyre  fpanifd^e  ©prad&e  behalten,  al«  toäre  e«  tyre  TOutterfpracfye, 
fo  bog  bi«  ^eute  bie  SRad^fömmlinge  jener  Flüchtlinge  in  Slfrifa  unb  ber  Xürfei  fcanioltfa 
reben.  3a  \*  mächtig  toirfte  u)x  Slufentfyalt  in  ©panien  auf  fte,  bafe  fte  na$  bem  gellen 
meb>btf$en  Jttang  ber  ©pra$e  ßaftilien«  ihre  eigene  fyebräiföe  ©prad&e  fetter  unb  Hang« 
boller  au«fpre$en  lernten,  gam  anber«  al«  alle  übrigen  3uben.  Nirgenb  im  Mittelalter  26 
baben  fte  folgen  SReictytum  uno  fold&e  ©Ipnftellen  ftdj  ertoorben,  fo  grofee  Siebter  unb 
ftytbfap^en  ^erborgebrad&t,  h>ie  in  ©panien,  in  feinem  anberen  Sanb  aber  fyaben  fte  au$ 
fo  biel  erbulbet,  al«  in  Spanien.  3Kit  ©tolj  unb  ©c^men  flauen  tyeute  noc&  bie  3«ben 
auf  jene  3e**  ta*  SRu&me«  unb  ber  Seiben  jurücf.  $)ie  JJieberlaffungen  ber  ^uben  in 
Spanien  mögen  fo  alt  toie  bie  ber  $l)önnier  fein.  3Me  bome^mften  ©ef(|lec^ter,  tote  bie  be«  so 
Äbrabanel  behaupteten,  bon  S)abib  abjuftammen ;  fte  tooDten  fd^on  nad)  ber  erften  3^ 
ftörung  gerufalem«  ^ingefommen  fein.  3la$  ber  jtoeiten  feien  80  000  ©efangene  na4> 
6^>anten  berfauft  toorben.  ©ranaba  h>ar  faft  ganj  bon  ^uben  beiwohnt  unb  ^iefe  batyer 
gubenftabt,  ebenfo  ba«  uralte  larracona.  3u^m  Routen  auc^  bie  ©rbauer  bon  SColebo  fein 
unb  biefe  ©tobt  galt  al«  jtoeite«  ^erufalem.  SRing«um  fotten  fte  aud^  anbere  ©täbte  an«  86 
aelegt  faben  toit  in  ^ubäa  um  ^erufalem,  fo  @«faluna-9l«falon,  3Kaqueba=5Kafeba,  3oJ)e«* 
Stippt,  ScecasSlfefa.  ©ie  beioo^nten  bie  ©täbte,  befafeen  aber  Äcfer,  SBeinberge,  Öls 
rffamuitgen,  hatten  ben  gefamten  §anbel  in  ber  §anb  unb  befugen  mit  i^ren  ©Riffen 
ba«  SReer.  ®a«  ®S>riftentum  fam  fe^r  früfye  nad^  ©panien.  ©<bon  bor  Äonftanttn« 
Übertritt  tonnten  19  Sif^öfe  unb  36  $re«btyter  ju  @lbira  eine  ©^nobe  galten  (305).  10 
6$<m  fte  befc^äftigte  ftd^  mit  ben  guben  unb  berbot,  bafe  Gfyriften  i^re  gelbfrüc^te  bon 
ben  Stabbinern  ber  3"ben  einfegnen  ließen.  Sludf?  bie  @^e  Jibifc^en  %v!t>m  unb  G^riften 
MÜc  mit  bem  Sann  belegt  toerben.  211«  bie  arianiföen  9Beftgoten  ©panien  eroberten, 
tonnten  bie  guben  toieber  unge^inbert  i^re  ctyriftlid&en  ©Haben  beWneiben.  ßrft  al«  König 
Äeccareb  auf  ber  ©l^nobe  ju  lolebo  ben  arianifd^en  ©lauben  abfd^toor,  legte  er  ben  3*^46 
bie  fd^toerften  Sefd^ränfungen  auf  jum  ©d^uft  ber  ß^riften  unb  um  ba«  Slntoactyfen  ber 
guben  ju  fcmmen.  @r  berbot  i^nen  d^riftli^e  ©Haben  ju  galten.  3tuf  ©Habenbefc^neibung 
fbanb  35ermögen«berluft.  Äinber  au«  9Rifd^e^en  mufeten  getauft  merben.  Äönig  ©iftbut 
erneuerte  bie  ©efefce,  aber  o^ne  ©rfolg.  2)a^er  befahl  er,  bafe  innerhalb  einer  beftimmten 
grhl  fämtli^e  ^uben  ftd^  müfeten  taufen  laffen,  ober  fte  müßten  ba«  Sanb  berlaffen.  w 
SBWe  liefen  fid^  taufen,  biele  manberten  nad^  granfreic^  unb  Slfrifa.  2)ie  Sifd^öfe  aber 
liefern  bem  Äönig  fagen,  bafe  er  tfvax  biel  ßifer  für  ben  ©lauben  gejeigt  babe,  aber  nid^t 
nad^  Oetmffen.  ©cintitta  neu^m  bic  ftrengen  ©efe^e  jurücf.  Unter  ©ifenant  fam  bie 
SJubenfrage  toieber  auf  ber  ©tjnobe  gu  Solebo  (633)  bor.  3ftbor  bon  ©ebilla  fpraety  ben 
munbfa^  au«,  bafe  guben  niebt  mit  ©etoalt  bürften  befebrt  toerben,  aber  aud^  feine  65 
(fyriften  bürften  jum  ^ubentum  ge^toungen  toerben.  3^an9^e^e  getaufte  ^uben  bürften 
aber  ntd^t  jum  Sw^tw"1  jurüdfe^ren,  bamit  ber  ©laube  nic^t  gefcfyänbet  toerbe."  9111er 
mit  Iguben  fear  ben  ©etauften  ftreng  unterfagt.  StücffaH  ober  ^eimlic^e  Übung 
Sitten  unb  ©efefee  tourbe  beftraft.  9{id»t  getaufte  gilben  Ratten  bolle  Sieligion«« 
S)ie  getauften  follten  im  ©lauben  unterrichtet  toerben.    Über  bie  religiöfen  ©trete  (» 


492  3drael,  ®efd>td)ie,  «ad)btblif<f)e 

fünften  jener  ßeit  ftefye  ben  9lrt.:  2Riffton  unter  ben  $juben.  Die  Vielen  getauften  3uben, 
bte  l)eimlid&  bem  alten  ©lauben  anfingen,  fcaren  ein  ftäter  Sßfatyl  im  gletfc&  ber  Ktrcfc 
©panienS.  3**  ©tynobe  bejcfyäftigte  fufy  bamit;  manche  Könige  gematteten  bie  Stücffetyr 
gum  !gubentum.  9lber  Viele  toollten  ber  äußeren  Vorteile  toegen  ben  ©c&ein  beä  Sänften* 
s  tumS  beibehalten,  toeäfyalb  anbere  Könige  lieber  ftrenge  ÜRajjregeln  gegen  bie  @$em$riften 
übten.  911$  König  ßrtoig  (681)  26  fefyr  ftrenge  ©efefce  gegen  bie  fyeimlid&en  ^uben  erliefe, 
beftätigte  Julian,  ©rjbifc|of  bort  lolebo  unb  felbft  jübiföer  Slbfunft,  biefe  ©efefce  auf 
einer  großen  gfynobe.  Die  vielen  laufenbe  fyeimlid&er  Suben  bilbeten  eine  ©efatyr  ni$t 
bieg  für  bie  Kirche,  fonbern  auety  für  ben  ©taat.    DaS  jeigte  fi<$  unter  König  Sgica, 

to  ber  jtoar  bie  ftrengen  ©efefce  aufhob,  aber  toenig  Dan!  baVon  erntete,  ^uben  unb  $alfc 
juben  matten  eine  Serfd&toörung,  fnüpften  Serbinbungen  mit  ben  afrifamfd&en  3uben  unb 
burefy  bieje  mit  ben  2lrabem  an,  toeld&e  bamafä  9torbafrifa  erobert  Ratten,  um  mit  beten 
§tlfe  ba$  toeftgotifcfye  9tei$  ju  ftürjen.  Die  33erf$h>örung  tourbe  entbeeft.  Die  ©träfe 
beä  Hochverrate  fear,  bafj  alle  gilben  ber  Seibeigenfd&aft  foHten  verfallen   fein.    Stber  e$ 

15  toar  fcf)on  ju  fpät.  Die  !^uben  9lfrifa3  unb  ©panienS  matten  gemeinfc$aftlu$e  ©a<£e 
mit  bem  mul)ammebanifc$en  (gröberer  %axxt,  ber  711  bem  9BeftQ0tenrei$  in  ©panien 
ein  @nbe  machte.  —  DaS  SerfyältniS  ber  !guben  jum  3$Iam  ift  etgenartig.  ©ie  galten 
tyn  für  bie  jüngere  Softer  be3  ^ubentumä,  d$  ob  er  ganj  parallel  bem  ßtyrifientum 
toäre.    Der  Unterföieb  jhrijctyen  Qefuö  unb  9Rufyammeb  lommt  i^nen  niefct  &um  Selouftt* 

20  fein,  barum  bilben  für  fte  Gfyriftentum  unb  %$lam  ganj  gleichartige  ©ntfteßungen  be$ 
^ubentumS,  ja  fte  füllen  jt#  bem  %$lam  Viel  Vertoanbter  ate  bem  Sfciftentum.  ©ie 
tyaben  noety  nie  mit  ben  (Stiften  gemeinfame  ©a$e  gegen  bie  SWutyammebaner  gemadbt, 
aber  oft  genug  umgefefyrt,  obtoofyl  ba$  9EE  lange  ni$t  fo  Viel  ttbleä  über  bie  guben  ju 
fagen  toeifc  h>te  ber  Koran,  unb  e$  au$  bei  ben  9Ru$ammebanern  nidjt  an  Verächtlich 

26  SBefyanblung  ber  Iguben  fefylt.  ©eit  uralter  Seit  haaren  bie  3juben  au$  in  Arabien,  be* 
fonberS  an  ber  Söeftfüfte  anfäfftg.  3n  ©<">a  unb  fernen  foll  e$  jübifc^e  dürften  unb 
Könige  gegeben  baben,  bie  in  ©täbten,  Dörfern  unb  ©c&löffern  tootynten.  ©elbft  arabtfcfc 
Surften  Jollen  bd$  3u^entum  angenommen  fyaben.  Dieftuben  Ratten  mit  ©lud  bieäufc 
breitung  be$  GfyriftentumS  in  Arabien  ber^inbert,  toeld^e  Konftantin  burc^  3Riffionare  toer» 

ao  juckte,  ©rft  im  5.  ^afyrfyunbert  belehrte  ftd^  ein  arabiföer  2ftirft.  Die  3«ben  in  SRebina 
unb  ^abrib  befa^en  eine  ©efe^e^fd^ule,  h>ie  benn  aud)  ber  Xalmub  i^nen  betannt  tDar 
unb  bie  biblifc&en  ©efd^ic^ten  bei  i^nen  in  ber  auäfömüdfenben  unb  entftedenben  SBeife 
ber  talmubifd^en  ^agaba  erjagt  hmrben.  3Beil  3J2u^ammeb  feine  neue  fietyre  nur  al^ 
alte  Slbra^am^religion  ausgab,  glaubten  bie  ^uben  an  tyn,  unb  er  üerlie^  i^nen  ben  6^rtn= 

36  titel  „©e^ilfen".  Ungläubige  Slraber  meinten,  5Ku^ammeb  fei  eigentlich  nur  „baö  Dfjx", 
bie  %ubm  bie  @ingeber  feiner  Offenbarungen.  Die  ^reunbfe^aft  bauerte  aber  nu^t  lange, 
toeil  er  ntc^t  bad  ganje  jübifc^e  ©efefe  annehmen  h>oQte,  aud?  nic^t  bon  2)at>ib  abflammte. 
2)a^  fü^rt  auf  bie  Vermutung,  bafj  fie  einige  3«t  in  tym  ben  SKef jtad  )u  fmben  äfften. 
anfangt  fuc^te  5Wu^ammeb  ben  ©treit  ju  öermeiben:   „®ebet  ben  ©d?riftbeft$ern  toeber 

40  9led^t,  nod^  (träfet  fte  Sügen".  8alb  aber  Veröffentlichte  er  eine  lanae  ©ura  fernes  Koran* 
voll  Schmähungen  auf  bie  ^uben,  bie  er  Ungläubige,  ^ro^etenmörber,  Serflud^te  ©ottrt, 
Serfälfd^er  ber  Offenbarung  nannte.  624  fam  e3  jum  Krieg  gegen  ben  jübtfc^en  Stamm 
ber  SenUKainufa.  Der  ©ieger  braute  gn>ei  jübifd^e  grauen  j^eim,  bon  benen  bte  eine, 
Soinab,  tyn  Vergiftete.    5Wac^  3Ku^ammeb«  %ob  bauerte  bie  geinbfc&aft  fort,  obtoo^l  ft>ätcr 

46  öftere  bie  ^uben  fcieber  ©^  unb  ©unft  bei  einzelnen  mu^ammebanifd^en  gttrfien  fanben.  — - 
3>n  Spanien  Jourben  bie  ftegenben  Slraber  überall  von  ben  %u\>m  unterftfi^  Den 
eroberten  ©täbten  tourben  ^uben  ate  Statthalter  Vorgefeftt.  ©o  tourben  fie  Me  ^ereen 
in  (SorboVa,  ©ranaba,  Malaga  u.  a.  9113  Starrt  gegen  bie  §auptfiabt  Stolebo  log, 
öffneten  i^m  ^uben  bie  %fyoxt  ber  ©tabt  unb  nahmen  furchtbare  Stacke  an  ben  (Sänften. 

60  Sluc^  3:olebo  Jourbe  ben  ^wben  anvertraut.  Die  fpanifd^en  3uben  Ratten  alfo  gute  &(ütn 
unb  galten,  Joie  bie  in  Sßaläftina  unb  Werften  atö  treue  Sunbe^gcnoffen  ber  erobern. 
©ie  toaren  ganj  frei,  auc^  bie  Kopfftcuer  fiel  toeg.  —  3;n  biefe  3«*  fallt  aud^  bie  Stiftung 
ber  ©ette  ber  Karäer  (f.  b.  91.).  Der  Urheber  mar  9lnan,  ber  in  Sab^lon  unb  $al&ßiiia 
im  ©egenfa^  jum  ^almubftubium   auf   fleißige  Srforfc^ung  ber  ©$rift  (Mikra)  brana 

66  unb  alle  ©afeungen  be3  Stalmub  verwarf,  um  nur  bie  Seftimmungen  ber  Schrift  fdbp 
gelten  ju  laffen.  ßr  tvar  audb  tvo^l  ber  erfte,  ber  unter  ben  guben  einen  Kommentar 
mm  ^entateuc^  fd^rieb.  —  9lber  auc^  bie  eaentrtfd^e  SDtyftit  unb  9U!efe  trat  jett  in 
Sßaläftina,  h>o  ba3  Karäertum  entftanben  Jvar,  auf,  unb  gang  befonber«  tourbe  We  8e^re 
Von  ber  Körperlid^feit  ©otted  unb  vom  Betatron,   bem  p^ilonifd^en  2ogo^,   bem   gtoetten 

eo  ©ott,  au^gebilbet.    Die  9lnbänger  biefer  D^ftif  nannten   ftd^  Statiner  be$  ©lauben«, 


3*rael,  ©efdjidjte,  nad)btblifd)c  493 

Ba'ale  Emunot;  natürlich  fungierten  fie  cuefy  aU  Sejcfytoörer,  2Bei3fager,  SBunbertfyäter 
unb  Shnulettenbertäufer.  SBcibe  Stiftungen  beeinflußten  bireft  unb  inbireft  ba$  3u^entu^ 
ba£  gange  SWtttelatter  I?mburc$.  2)ie  jübifcfye  Söiffenfcfyaft  aber  nal)m  ifyren  Urfprung  im 
10. 3<ty$unbert  in  $g$>ten  burefy  ©aabia  aus  gajum.  TOcfyt  bloß  förieb  er  eine  SBiber* 
legung  ber  Äaräer,  fonbern  er  überfe^te  aud)  bie  \)l  ©d^rift  in$  Slrabiföe,  fte  feilte  ben  6 
Setoetd  liefern,  bafc  bie  &l.  ©cfyrift  in  ßinflang  jofcofyl  mit  ber  Sernunft  als  ber  taU 
mubiföen  Xrabition  ftetye.  gn  feinem  Kommentar  jum  Sefer  Jezirah,  93uc$  ber  ©d&öpfung, 
ober  ftettte  er  ein  ganjeS  religionö-^^ilofo^^ifd^c^  ©Aftern  auf,  baä  er  in  feinem  £auj)ttoerf 
Emunot  We-Deot  (943  berfafct)  ausführlich  barlegte.  @r  ift  ber  erfte  jübiföe  ftyilofopk 
ber  burdjj  bie  Slraber  ju  einer  genaueren  Kenntnis  ber  griccfyifcfcctyriftlicfyen  Sßtyilofopljie  beä  10 
Oriente  gefommen  toar.  ©ein  ßtoedf  ift,  bie  fielen  ber  jübijcfyen  Offenbarung  burc$ 
btalettif$en  SJetoeiS  als  unumftöflid&e  Söafyrtyeit  gegen  Ungläubige  unb  gtoeifler  ju  er« 
gärten;  bagegen  fuc^t  er  auefy  ba3  ^ubentum  bon  altem  Sernunfttoibrigen  unb  ädern 
Aberglauben  gu  reinigen.  33e(onber$  {eine  Qtfyt  toetft  beutlicfy  auf  tyre  ariftotelifd&e  Duelle. 
3m  10.  3a^$unbert  begann  aber  au$  in  Spanien  eine  SBlüte&eit  ber  jübijd&en  Kultur,  15 
Stffenfcfraft  unb  $oefte.  Stm  $ofe  Slbbul^JtyamanS  III.  lebte  GbaSbai  3bn=©d&<tyrut 
(915 — 970);  er  natym  ate  gejcfyicfter  Vermittler  atoifctyen  bem  Kalifen  unb  ben  cfyriftlicben 
gürften  9torbft>anien$  unb  (SuropaS  eine  fyotye  ©tcllung  ein  unb  machte  feinen  (Sinflufi 
geltenb  jur  geiftigen  görberung  feiner  SSolfögenoffen ;  er  toar  ber  ©önner  ber  jübifctyen 
©etefyrten  unb  3)i$ter,  bie  an  ben  $of  gu  Gorboba  tarnen.  20 

S)ie  ^erborragenbften  Vertreter  biefer  ftanifd^jübifc^en  Kultur  toaren  nid&t  blo  jj  9Jtänner, 
toe($e  bun$  ausgebende  #anbel$gefc$äfte  reid?  getoorben,  fonbern  auety  meift  9Rinifter, 
©teuetyäd&ter  unb  fieibär^te  beS  Kalifen  ober  anberer  arabifcfyer  unb  berberifcfyer  gürften  toaren. 
$ie  Steige  eröffnet  ©amuel  §aletoi  ^bn^agrela,  9Jlinifter  beS  Serberftirften  fcon  ©ranaba, 
geboren  993 ;  er  toar  auglei<$  Stabbiner,  ©cfyriftfteltcr  unb  ©id^tcr.  ©ang  ©elefyrtcr  toar  25 
bagegen  3>ona  SKörinu«,  mit  arabijd&em  9iamen  ÜMertoan  3bn=©anad&,  995—1050;  er 
toar  ©rammatifer  unb  Sieget  unb  erfyob  bie  Sibelforfdfjung  ju  einer  felbftänbigen  SBiffen* 
j$aft  ©ein  Äaupttoerf  trägt  ben  Sitel  „Kritif "  (AI  Tanchik) ;  SJJlato  unb  SlriftoteleS 
toaren  tym  mept  unbefannt.  Sß^Uofopl)  unb  2)i#ter  &ugleidfj  toar  ©alomon  ^bn-©'ebirol. 
3n  arabiföer  Spraye  fcfyricb  er  fein  SBerf  Mekor  Chajim,  bie  Duette  beS  1'ebenS,  ober  30 
über  ben  allgemeinen  2öeltgrunb ;  unäfynlicfy  anberen  jübifctyen  Sßtyilofo^en  mifc^t  er  nic^tö 
tom  relifliö^jübif4>en  ©ebanten  in  fein  ©Aftern,  aufter  bafe  er  jum  Sefyuf  ber  Süeltfc^öpfung 
aud  ber  göttlichen  Urfubftan)  ben  göttlichen  2BtHen  ober  ba^  „2Bort  ©ottrö"  ^ert)orge^en 
lafet,  bem  o^ne  Mittel,  o^ne  Setoegung  unb  o^ne  3e^mo6  fc^öpfertfe^e  Kräfte  entquellen, 
burtb  toelc^e  bie  abtoärtdfü^renbe  ©tuf enrei^e  ber  ©efc^öpfe  ind  Seben  tritt ;  bie  le^te  86 
Stufenretye  btlbet  ber  Siaum  unb  bie  Kötyerlictyfeit ;  in  ber  Witte  liegen  bie  allgemeine 
Setoernunft,  bie  SBeltjeele  mit  ben  (Sngeln  unb  ©eiftern  unb  bie  Statur.  2Bir  fe^en 
fc^ott  barau^,  toelcbcn  ß^arafter  biefe  $9ilofoj)^ie  trägt:  e$  ift  ein  ©^nfrettömu«  au« 
Xeuptatontömuä  unb  SKriftoteltömu«.  Der  fons  vitae  ^bn=©'ebirofe  iourbe  100  ^a^re 
bater  tne  fiateinifd^e  überfc^t  unb  toon  ben  ©c^olaftüern  fleißig  gelefen  unb  benu^t.  40 
Sac^ia  3bn»$ahiba  fetyrieb  eine  „Anleitung  ^u  ben  inneren  $fli<$ten",  bie  in  ^latontfc^er 
SWefe  fltpfelte  (1050—1060).  3n  ber  erften£älfte  be«  11.  ^a^.  lebte  auc^  inSrotyeS 
ber  burd^  feinen  35ibelfommentar  berühmt  geworbene  SRabbi  ©c^clomo^  3^ö!i,  befannt 
unter  bem  9lamen  SHafc^i  (f.  b.  St.).  ©ein  Kommentar  ift  fo  beliebt,  bafj  bie  öon  guben 
gebmeften  ©ibeln  i^n  ftetä  bem  Sibeltqt  jur  ©eite  bruefen,  unb  bi«  ^eute  mirb  er  fcon  45 
bar  jübifc^en  3u9m^  immer  ^ugletc^  mit  bem  Stbcltcjt  gelefen  unb  ftubiert.  —  Unter 
ber  SRenae  ber  ^ebräifd^en  2)td)ter  bed  11.  unb  12.  ^ci^unbertS  ragt  am  meiften  ^erbor 
Je^uba  »alet)i  (1086—1145).  @r  ift  ber  gröfjte  jübifc^e  2)ic^ter  aller  ^a^unberte. 
Seme«  Serufed  Slrjt  bietete  er  in  ber  ^ugenb  fiiebcöliebcr,  jang  Don  SEBein  unb  greube 
unb  erfaim  Sflätfet;  fräter  toei^te  er  fic^  ber  religiöjen  ^ioefie  unb  feine  ßiondlieber  ^s  w 
bmern  an  bie  ^falmen.  Soll  inniger  ©efüfylätiefe  trauert  er  um  bie  erlofcfyene  ^errlid^s 
fcit  3">n«.  $iefe  lieber  ^aben  i^n  für  emige  $Ätm  jum  9tationalbic^ter  be^  jtibifcfyen 
Sottet  gemacht  ^n  arabifd^er  ©prac^e  fc^rieb  er  and)  in  3)ialogform  ein  ^^tlofop^ifc^- 
atoologettWed  3Ben  über  ba$  ^ubentum  unter  bem  Stitel  „Chozari".  9leligion^lo(e 
^üof^ic,  6^riftentum  unb  $$lam  merben  mit  bem  ^ubentum  berglic^en  unb  le^terem  66 
ber$ret*  guaeteilt,  toeil  e«  meber  auf  ©pefulation  noc^  unertoei^lic^en  Vorgängen,  fonbern 
auf  ber  einfachen,  ^iftorifd^cn,  Don  Slugen^eugen  betoä^rten  I^atfac^e  be^  tounberbaren 
Su^ugd  ber  3*raetiten  au^  Stg^ten  beruhe.  Sei  allem  n>irb  aber  bie  unbebingte  2Bai?r= 
beit  ber  Sibel  borau^gefe^t.  Slu^  ihr  toirb  bann  bie  ^enlic^feit  bed  ^ubentumä  unb  bie 
wijftgttt^feit  bed  jübifegen  SSolIed  abgeleitet,  auf  ba^  fi$  bon  Slbam  ^er  in  ununter-  00 


494  3*rad,  ©efdjtdjte,  uacfybiBKfte 

brod&ener  golge  bie  bollfommene  Sugenbfyaftigfeit  be$  ©tammbater«  ber  9Wenfd$ett  un* 
toerminbert  öererbt  l)at,  fo  bafj  ba$  jübitöe  Sott  baä  £erj  unb  ben  Jlern  ber  3)tenf$$tit 
bilbet,  ba$  auSföliefjlicty  für  bie  göttliche  ©nabe  unb  befonberS  au$  für  bie  tyxopfflUn? 
gäbe  befähigt  ift.  60  bilben  bie  ^uben  eine  ßtoifd^enftufe  jtoifd&en  ben  @ngeln  unb  ben 
6  übrigen  -Kennen,  treten  ©lieber  anberer  SSötter  junt  Igubentum  über,  fo  betommen  jte 
jtoar  Seil  an  ben  äufeeren  Segnungen  ber  Israeliten,  fönnen  aber  nie  ben  $otyen  }>ro* 
jpfyetifcben  ©rab  ber  geborenen  3>uben  erreicht.  3$rael  ift  aucfy  ber  Jtncd&t  ©otteä,  bem 
aHe  Jtranf^eit  unb  alle  ©ctymerjen  ber  SRenfd^eit  aufgelaben  ftnb.  2)ie  3"ftöntng 
SJerufalemS  ift   eine  tounberbare,    göttliche  SSeranftaltung,   um   bie  SSölter  ber  Srbe  mit 

10  jübifdjem  ©eifte  ju  burctybringen.  2Benn  baä  erreicht  ift,  totrb  bie  28elt  bie  $o$e  S3e« 
beutung  3>£rae($  erfennen  unb  bie  jübifäe  Nation  als  Trägerin  beä  Sic&teä  efyrcn.  ©0  iji 
£alefci  ber  Segrünber  ber  befonberS  in  neuefter  3^*  bon  mobemen  SRabbinern  geprebigten 
3bee  bon  ber  „SEBcItmiffton  ber  ^uben"  unb  ber  unberglei$Iic&en  jübifc^en  Stoffe  („The 
race  is  all").    2)ie  ©efynfudjt  na#  3ion  führte  §aleöi  im  älter  no<&  nad&  bcm  getobten 

15  &anb.  ©ein  JobeSjafyr  unb  feine  ©rabftätte  ftnb  unbetannt.  —  §toei  Safyxifynlt  ftxiter 
juckte  Slbrafyam  3&n=£)aub  toieber  mit  §ilfe  ber  ariftotelifd&en  ^tlofoptyte  bie  afletmae 
SSernünftigfeit  unb  SBa^rfyeit  be$  3u^entum^  iu  ertoeifen  in  feinem  3Berf  „$er  tytyjte 
©laube",  jugleicfy  »erfolgte  er  ben  3*™*/  b*e  SBillenSfretyeit  $u  begrünben.  —  ©ne  ber 
bebeutenberen  jübifdp  ©röfeen  ift  au#  2lbrafyam  3bn*@Sra  au«  2olebo  (1088—1167), 

»ein  fcfyarfftnniger  Äritifer,  aber  jugleid^  abergläubiföer  3tftroIog  unb  Äabbalift ;  nacfc  toetten 
Steifen  im  Orient,  fcfyrieb  er  in  Italien  feine  Äommentare  )u  einzelnen  biblifc^en  Supern ; 
bie  toic^tigften  ftnb  bie  jum  ^entateuc^  unb  ju  %tfa\a,  toorin  er  fc&on  feine  äto^f**  <**&* 
]pxad),  ob  bie  Kapitel  40—66  \>om  felben  aSerfaffer  hrie  1—39  tyerrti&rten.  ©eine  plfiLo* 
fopfyifaen  ©Triften  aber  finb  ofyne  2Bert.   —   3)en  allergrößten  Stutym  aber  ate  Schrift* 

26  unb  ©efe^eSfunbiger  unb  jugleicty  als  ^ilofopty  erwarb  ficty  SJtofe  ben  SRaunun,  getoö&n* 
lid)  3Raimonibe$  genannt  (1135—1204)  (f.  b.  21.).  SDiaimonibe*  bitbet  ben  getfttgen 
§ö^e)>unft  ber  3uben  be$  SKittelalterS.  3Kit  feinem  lob  1204  beginnt  ber  Serfatt. 
Denn  nur  toenige  ^a^rje^nte  (1232)  nac^cr  beginnt  nid^t  bloß  bie  SSerfefcerung  unb  ber 
S3ann  gegen  be$  9R.  j^tlofopljiföe  ©Triften,    fonbern  au$  bie  hnmer  parier   toerbenbe 

so  geinbfcfyaft  ber  Slabbiner  gegen  aHe  ^tyilofo^ie  unb  i^r  ©tubium.  ©ie  3uben  aller 
Sänber  teilten  fwty  in  ÜRaimuniften  unb  Slntimaimuniften  unb  jelbft  bie  einzelnen  ®e= 
meinben  falteten  ftc^.  äte  aber  fcoHenbä  bie  Äabbala  bie  ©elfter  beftricfte,  ha  tonnte 
Slabbt  8en=3lberet  1305  ben  8ann  über  alle«  ©tubium  ber  Sötffenf duften  au^fpre^at 
3)i«  ^üofop(?if$m  3lu^Icgcr  ber  ^l.  ©c^rift   feilten  öerflud^t   unb   i^re  ©Triften  pxm 

36  ©d^eitcr^aufen  verurteilt  fem.  33en*3lbcret  gefiel  fid^  in  ber  Igubentyeit  in  ber  SRoBe  feine* 
3citgenoffen,  Sonifaciue'  VIII.  Sluc^  ^ier  gefc^a^  e«  na^  bem  jübijc^en  ©Jmdjtoort: 
SÖie  c^  fic^  (ftrifteit,  fo  jubelt  e$  ftd^.  ©eitbem  tyaben  Suben  ntc^tö  me^r  für  »Übung 
unb  SBijfrnWaft  gdriftet  hü  auf  ©pino^a.  —  ©0  günftig  bie  Stellung  ber  guben  anfang« 
in  ben  mu^amimbamtc^en  ©taaten  ©panien^  getoefen  toar,  fo  ungünfkig  geftottete  fic  fu^ 

40  flpätcr  unter  bei  £tfrrf*aft  ber  3llmo^aben.  3)ie  meiften  mußten  ben  S^lam  annehmen 
ober  auäteanbenv  3)aber  bcgttnftigten  bie  3juben  bon  nun  an  bie  ftegretd^  borbringenben 
ß^riften.  ©0  leifteten  bie  3uben  öon  ©eüilla  bem  Äönig  Sllfonfo  X.  bei  ber  Eroberung 
ber  ©tabt  SJorfd^ub.  3um  ®ant  bafür  burften  fte  brei  3Ro\qcm  m  Synagogen  um« 
tvanbeln,  ber  faftilijc^c  König  gab  i^nen  2lcf er  unb  übertrug  mistige  ©taatöämter  an  Suben. 

45  ©leicfyoofyl  erlief  er  1260  eine  ©ef^fammlung  für  Äafttlien,  toorin  bie  alten  toeftgattfe^cn 
S3eftimmungen  gegen  bie  3"ben  erneuert  mürben;  fte  feilten  feine  neuen  Synagogen  bauen 
bürfen,  feine  djriftlic^en  3)icnftboten  galten,  am  §ut  ein  farbige«  3(b)eic^en  tragen,  am 
Karfreitag  ftcf>  nic^t  öffentlich  fefyen  laffen  u.  bgl.  dagegen  toar  auc^  ben  Sänften  Der« 
boten,  ©tynagogen  gufc^änben,  ^uben  mit©eh)alt  ju  taufen,  an  jübtfc^en  Feiertagen  fte  t?or 

60  ©erid?t  )u  jieben,  bei  jübifc^er  ßibeäleiftung  emiebrigenbe  Zeremonien  )u  forbern.  3)o<^ 
blieben  biefe  ©efe^e  lange  $t\t  nur  in  ber  X^eorie  giltig,  ni$t  in  ber  ^ra^td.  3n 
Siragonien  erflärte  fie  Röntg  3aVme  I-  h^  f^nen  Äammerfnec^ten;  babunfy  toareti  fte  ber 
JBiUtür  be^  Stbel^  unb  bed  Äleru^  entzogen.  Unter  i^m  fing  auc^  ber  3)omintfaner* 
general  SRa^ntunb  bon  55ennaforte  feine  3Wiffion  unter  ben  3uben  an  (f.  ben  Art  „SJäffum 

&6  unter  ben  guben").  Stuf  Slnregung  beg  $a)>fted  Giemen«  IV.  hntrbe  auc^  1264  «nm 
3atyme  I.  ber  S3efe^l  gegeben,  baf$  alle  d^riftenfeinblic^en  ©teilen  im  lalmub  gefbi^cn 
Serben  müßten.  2)ie«  fear  bie  erfte  Xalmubcenfur.  Dagegen  begann  in  Äaftüien  mit 
ber  Regierung  SllfonfwJ  X.  für  bie  ^uben  ein  golbene«  3^^^-  ©ie  tourben  an  ben 
§of   unb   in   ^o^e  älmter  berufen    unb   famen  gu  5Kac^t   unb  9teidbtum.     £0$   liefe 

eo  3tlfon3  XI.  1336  auf  Denunziation  be«  ^rofel^ten  Sllfonfo  bon  Surgo«  ^m  ba«  ©ebet  gegen 


3fdrael,  @cfd)td)tc,  narfjbtblifdje  495 

Mc  3Rtmm  (ftefeer,  9tajarener,  gfyriften)  bei  ©träfe  Derbteten,  ©elbft  al«  ber  fd&toarje  $ob 
ftaftüien  berfyeerte  unb  fogar  ber  Äönig  2llfonfo  XI.  an  ber  ©eu$e  ftarb,  fyat  bod)  nie» 
manb  in  Äaftilien,  tote  fonft  überall  in  ber  2öelt,  bie  ^uben  bafür  beranttoortlicty  gemacht. 
Unter  3)on  $etro  (1350—1369)  aber  ftieg  (Sinflufe,  SRad&t  unb  SRetd&tum  ber  $uben  in 
Äaffclten  twe  nie  jubor  unb  nirgenb  anber«too.  3)er  Untergang  biefe«  Äönig«  50g  aber  6 
aud)  bie  $uben  m  feinen  ©turj.  S3ei  ber  Eroberung  $olebo«,  be«  abenblänbifd&en 
Serufalem«,  bur$  #einric$  II.  tarn  ber  gröfete  Seil  ber  jübiföen  Sebölferung  ber  ©tabt 
um,  bic  übrigen  be«  Sanbe«  tourben  geplünbert  unb  gebranbföafct,  biete  gingen  jum 
S^rtjtattum  über.  ©leictytoofyl  übertrug  and)  2)on  §einrid;  bie  einflufereicfyftcn  2lmter  an 
guben.  ^Dagegen  betlagten  ftd&  bie  Sorten  1371  um  fo  mefyr  über  bie  3Racfyt  ber  ^uben  10 
im  Sanbe,  befonber«  toeil  ber  ©teuerpäc^ter  be«  Steige«  ein  ^ube  toar,  2)on  Sofepfy  $i$on. 
35er  Äönig  mufete  eintoifiigen,  bafe  $uben  leine  foanifdfje  3lamm  tragen  unb  bafür  ein 
Xbget$en  an  ber  Äleibung  anbringen  mußten,  toie  einft  ^nnocenj  III.  borgefetyrieben  fya&e. 
Um  ben  jübifd&en  3Bud&er  $u  befämpfen,  erliefe  er  au<fy  ben  cfyriftlid&en  ©d&ulbnern  ein 
Drittel  i^rer  ©Bulben.  2lu$  orbnete  er  auf  Anregung  be«  $rofeltyten  3ofyann  b.  Sofias  15 
boßb  1375  )u  Slbila  eine  grofee  3)i«£utation  an,  too  im  Seifein  bieler  Stiften  unb  2Ro«lim 
9L  Go^en  be  Xorbeftfiaä  gegen  Sodann  b.  SSallabolib  ba«  Igubentum  berteibigte.  ©leiefc 
jeitta  berfafeic  ©d^cm^ob  au«  lubela,  ber  fcfyon  $u  Sßampeluna  mit  bem  Äarbinal  $ebro 
be  2una,  bem  foäteren  tyäpfo  »enebift  XIII.,  bieputiert  fyatte,  um  1380  ein  SBerf,  Eben 
Bochan,  toorin  er  afie  Setoeife  au«  33ibel  unb  lalmub,  toelcfye  für  ba«  Gtyriftentum  20 
boraebra$t  tourben,  $u  toiberlegen  fucfyte.  3lm  meiften  aber  föabete  ben  ^uben  tyr  eigene« 
(Skbafcen,  bafe  fte  fiety  am  £of  in  bie  Stetyen  ber  ©rauben  brängten  unb  burety  Sßucfyer 
ba«  Soll  aussaugten,  ©elbft  3uben  betlagten  bie  unau«ftetylid&e  ©elbftfud&t  unb  Habgier 
ber  jübtföcn  SJeamten  unb  Steigen.  $ftaaf  ben  ©tyet^et  fd&rieb :  „Sin  biefen  @ebre<$en 
faben  We  jübifdben  Surften,  Slbligen  unb  Steigen  bie  meifte  ©tyulb ;  fte  ftnb  nur  auf  tyre  25 
Sfrre  unb  tyre  Steid&tümer  bebaut,  auf  ba«  Slnfefyen  i^reö  ©otte«  nehmen  fte  Jüenig  9lüdt« 
|u$t"  ©alomo  älami  jc^rieb  in  feinem  äßamungäbrief :  „SBelc^e  an  ben  ÄönigS^öfen 
berichten,  treibe  bie  ©d^Iüffel  )u  ben  ©taatöftyö^en  fyabcn,  tyun  ftolj  auf  tyre  ©tefiung 
unb  SReitytum,  bauen  $aläfte,  fahren  in  $radt)ttr>agen,  reiten  auf  reic^geftymüchen  3RauU 
efdn,  fc^mücfen  grauen  unb  34)c^ter  toie  gürftinnen,  ftnb  gleitygiltig  gegen  Sieligton,  90 
fritynen  bem  SKüfeggang,  futyen  ©teuerfrei^eit,  lieben  Janj  unb  ©j>ielr  beraten  bie 
Jtabbmer,  leben  in  9ceib  unb  9Jli|gunft,  berleumben  einanber  bei  ben  Königen  unb  dürften." 
Kein  Sßimber,  bafe  je^t  au$  in  .Haftilien  ba«  93olf  ft$  gegen  ben  jübifc^en  Übermut 
a$ob,  fo  ba^  ed  ju  Sliröf Leitungen  gegen  bie  Quben  !am.  ©0  entftanb  1391  in  ©ebtfia 
bie  ato  3ubcnfyefce,  bie  nur  burc^  löniglitye  £rutt>en  unterbrücft  Serben  fonnte.  3lber  35 
btei  SRonate  fjiater  tpurben  bei  einem  neuen  2Solteaufftanb  4000  ^uben  getötet,  i^re 
Seibar  unb  Äinber  an  3Ko»Iim  berfauft  unb  2  ©tynagogen  in  Äird^en  bermanbelt.  Sine 
grofre  9Renge  %vfom  aber  liefe  ft#  taufen.  3)aju  gehörte  au$  ©amuel  abrabanel.  3n 
Socboba  unb  SDolebo  unb  tttoa  70  anberen  ©emeinben  geftyal^  baS  ©leiere,  unb  grofje 
Stengen  bon  ^uben  traten  f<$einbar  jum  S^riftentum  über.  9luc$  im  9teic^  9(ragonien  40 
traten  biefelben  Verfolgungen  ein,  fo  bafe  nur  bie  jübij^e  ©emeinbe  bon  SBiurbiebo  bers 
(d^ont  blieb,  dreiviertel  ^a^re  bauerten  bie  3>ubenme^elcien  unb  laufen,  fybod)  tourben 
Wie  Zaufenbe  bon  jübifdben  ^^nö^täuflingen  (Anusin)  je  länger  je  mefyr  eine  ©efafyr 
fftr  ftirc^e  unb  Staat,  benn  ber  SWorb  i^rer  s^ermanbten  unb  greunbe  Jüar  nic^t  geeignet, 
fie  bon  ber  HBa^eit  be^  GtyriftentumS  innerlich  ju  überzeugen ;  tyr  ^eimlid^er  §afe  gegen  46 
Sfctftat  unb  ß^riftentum  fteigerte  ftd^  mit  jeber  neuen  Verfolgung ;  äufeerlicty  matten  fte 
aOe  Ceremonien  be«  c&riftltcfyen  Äultu«  mit,  ^eimlid^  aber  gelten  fte  um  fo  fefter  am 
^ubentum  unb  lalmub,  unb  bie  Sefyörben  liefern  fte  gefahren.  sTOan  nannte  fie  5teus 
Triften  ober  aui  SKarrano«  (bon  Siaranat^a,  1  Ro  16,  22,  toaS  aber  nic^t  gu  erflären 
ijl:  „ Der  ^err  rommt",  fonbem  mit  ©rä^  al«  c^albäifc^e  gorm  s)Jiac^aramt^,  „5)u  bift  50 
gebannt",  entft>re<$enb  bem  gried^ifc^at  Slnat^ema).  2)a3  J5olf  betrachtete  fie  mit  9Rifetrauen 
tmb  ^fete  fte  ärger  a($  bie  ^uben  felbft.  9lber  e$  gab  auc^  9teuc^riften,  bie  ein  toa^rer 
(Kfer  für  bie  Sefe^rung  i^rer  ©ruber  befeelte;  fo  ber  3lr$t  Stftruc  Maimud^  au«  $raga, 
ber  yu  ben  ©äulen  be«  ^ubentum«  gehört  fyattt,  aber  a(«  glaubiger  ©I>rift  allen  (Sifer  jur 
Sd^rung  feiner  Srüber  antvanbte.  Dk  einflufereic^fte  ©tedung  aber  na^m  ber  SRabbi  65 
©alomo  fiebi  au«  93urgo«  ein,  al«  6(;ri(t  $aulu«  Surgenft«  be  ©anta  Waria  genannt 
(1353—1435).  §od&angefefyen  al«  ftreng  ortfyobojer  Slabbi  trat  er  1390  jum  (^riftentum 
ober  unb  pubierte  ju  ^Jan«  Ideologie.  3um  Sßrieftcr  gemeint,  ging  er  nac^  3tbignon  ju 
Senebilt  XIII.,  ber  ibn  jum  Äanonifu«  bon  ©ebilla  ernannte,  ^einriety  III.  bonÄaftilien 
überhäufte  t^n  mit  ©unftbejeugungen.    ©egen  ibn  fd^rieb  GfyaSbai  6re«ca«  1396  einen  eo 


496 


3$ttic(,  ©efdjidjtc,  nnrljbiblifdje 


petemifdKn  Iraftat,   in  bon   er  bic  d?rifüicfycn  Dogmen   einer   Warfen  flritif   unterzog, 
^aut  Don  SuigoS  aber  mürbe  juerft  93ifa>f  üon  ßartagena,  bann  Stander  t»on  Äaftifiei 
unb©ebeimrat  jpcinrit$3  IM.     Sbii  'Jubcn  faben  in  ifjin  ifyreu  ftrinb,  toxi!  er  feine  3ubc 
in  Ämtern  bulbete  utib  eifrig  an  ihrer  Sefebrung  arbeitete.    Den  gleiten  Gifer  eutfaltei 

t>  ,\ofua  itornui,  alä(5bri[t  ©eronimobe  teanta  §6  genannt,  teibar^t  btSSßapfttS&etiebtfi  XII 
Muef?   ber  Bufiprebiger  Statte  Jemr,   ber   mit   feinen   SBüfcerfcfyarcn   (Spanien    bura)jo 
tyiett  Mffkmäprebigten  in  bm  ©puagogen,   in  benen   er  yotemtfö  gegen  ba3  ^ubentun 
betonte«  aber  gegen  bie  ^euaViften  auftrat.    ^D^it   bem  .Urem   in    ber   einen  §anb, 
illjora  in  ber  anbern,   forberte  er  mit  erhobener  Stimme  bie  3ubcn  aufr  ftc^  tinter 

io  Swuj  ju  fammeln.    ©letcfoeitig  erlieft  bie  ffiegeutfdmft  bd  Steäpei  ein  (Ebift  ijon  24 
titeln,    toonacb   bie   JJntai   in  befonberen  Cuariiercn   Juanen    mufeten;    >>anbtncrle  un 
Stiflnrifunft,  ©efaSäfte  mit  Gbriften,  djriftliaje  Dienftbuten  unb  alle  Erntet  Mm  ihnen 
boten,  bie  eigene  @erid)töbarfeit  tourbe  aufgehoben;   fie  mufften  eine  befonbere   ±radrt  an 
legen  mit  totem  ^ubenabjeu^en;  fte  burften  ben  Öart  nidjt  abfcbecien  unb  ntc$t  fid1  Dun 

ib  J>cif$en  laffen;  SSaffentragen  unb  Sluätoanberung  toar  beraten .  %l$  nun  aud>  bas  vl>tflf 
gegen  bie  Juben  awfftänbe  machte,  gingen  uiclc  laufenbo  uon  3ubeu  in  allen  Stattci 
Spanien*  jum  ßbtiftentuin  übet.  SDie  ^nagogen  tmttben  in  Mitten  öertoanbelt,  f$a 
liefics  beunrftc  Retters  auftreten  in  3(ragonien.  Snblia)  orbnetc  Senebtft  XIIL,  ber 
*liifa  abgefegt  juorben,   aber  in  Spanien  noa)  anerfannt  tyar,   eine  Imputation  an,    &u 

»tanke  1412  in  £orbofa    gehalten,    §m  biäputierte  ^oftia  Sorqui   mit   bm  IG  b^f 
ragenbfien  Rabbinern,  an  beren  Spi^e  ber  91  ab  ht  Don  SJibal  Ben  ^Bentocnifti  ftanb. 
bauerte  1    oafyr  unb  3  Wonatc  in  68  ©jungen  unter  9}orft|  be*  Sßapftc*  ©enebitt  XIII 
unb  feinet  £*ofe£.    @£  tft  bie  merftoürbigfte  unb  bebeutcnbfte  rcligiöfe  Disputation,  bic 
gehalten  tourbe.    ^Ran  bi&puiierte   aud?  über  ben  Xalmub.    Die  $ötge   toar,   ba|  1415 

36  Jöenebift  burd?  eine  SÖulle  ba£  Scjcn  beä  Xßfaiub  uerturt  unb  i^n   |u   üernid>teu    fud?t< 
äud)  bie  fa)anbbaren  Schriften  über  bal  l'ebcn  'Jefu,  bejonbei*  bie  S^rifc  Mar  Mar  Jesu 
mürben  Verboten.    Sun    fam  eine  $nt  eifriger  unb  $$iga  ^olauif  ^oifaScn  ^uben  un 
ß.E)riftcn,    tr>o^on   alle  flanjetn    in  Hirnen   unb  ©i>nagogen  n)iberl)a[lten.     %)mn  ber  " 
fe|rungöeifer   ber   Dotuinifaner   unb   mancher  ^Jrofel^ten  nötigte  bie   ^nben    ^x  SeÜ 

»o  uetteibigung,     %lü$  bie  Vitteratur  mürbe  nun  üor^üglia)  apologetife^  unb  polemifcb.    ilc 
in  feinem  82.  Üebenäjafyr  ^etfafete  *JJflul  t>on  33utgo§  eine  Siieitfcbtift  scrutiiiium  scrip 
turarum;  ebenfo  bet  greife  SjSrofetyt  3^"  be  Stpanja  u,  a,     I4fiu  erfriert  üüu  3llfonic 
bc  Spina  ba^  grefee  3Üetf :  Fortalitium  fidei,  „©taubenefeftung/'  toorin  alle  antijübifd 
^olemif  Rammen  getragen  tvax>    2lber  aud?  ^uben  njaren  nic^t  mü|tg.     Ton  Hiba  ,\bn 

SB  Vabt  unb  ^ofctf  SÜbo,  3ofep^  3bn=Sa^nit=iüb  („3n>eifel  an  ,V1u  Stdigton"),  (Shaiti 
3bn=3JIufa  {„Sc^itb  unb  Sdvnjert")^  Suran  unö  fein  Sofjn  unb  üiele  anbere  boten  alu 
Kräfte  auf  ,^tr  SBctteibigung  be^  ^iibentuino  unb  Süiberlcgung  be^  ßbriftentumd.  3)ei 
gegenfeitige  ^a|  \i?urbe  baburd;  nur  i>evfdiärft.  1142  erlief*  bann  ?ßayfl  ©ugen  IV.  ein 
iluHe  an  bic  Btfd>fe  um  Äaftilien   unb  üm\t    ituniu  er  i^nett  bie  alten  fiircha 

40  gegen  bie  ^>uben  einfdwrfte.    Sonig  ^iian  IL    ,vu>at  erlief   ein  3)efret   j^um  Sdni^c  b< 
felben,  ober  feine  Autorität  reichte  nia>t  toeit  unb  bie  getubfeligfeiten  bauerten  fort.    iHbcr 
aud;  geiftig  mad;te  fia)  ein  Stüdtgang  ber  ^uben  Spanien^   geltcnb.    7)h  -Dic^tfunft  fanf 
unb  bie  3iHffenfd;afteu  luurben  immer  melii   üetpont,    benn  bie  Rabbiner   eiferten   urun 
eiufdiiebeiur  gegen  ttjr  ©tubium,  lüeil  baburaS  ber  Slbfall  i>om  ,\ubentum  begilnfttgt  ipcri 

45  Tagegen  n>urben  nun  ©aSrif ten  ber  grölen  £a)olaftifer,  beö  lboma£  üon  stquin,  W 
2)un^  Scotuä  unb  93JiIt?cIm  üon  Oceam  in3  .s^duaifdic  übetfe^t,  sJIueb  mehrten  fui  bie 
ä(nbänc[er  ber  .ftabbala,  n^a^renb  auf  bem  ©ebiet  be^  lalmubä  niditß  3iamhafte<5  mehr 
geleiftct  iuurbe-  Dageaen  blühte  immer  no^  unter  ben  .'Jubcu  bie  ärjtlid^e  Munft,  wobui 
fte  Jürftetv  3(b[igen  unb  AUerifern  unentbebrlid)  iuaren     \n  ber  2.  ^alftc  btf   I 

bü  ^unbert^   traten  auefy    in   Spanien    bie    331utbefa)ulbigungen,   ba|  ^uuen    (Hivtftcnlini 
morbeten,   auf,   unb  obtoo^  bie  fonigtidben  ©eriaSte  icbeämal  bie  Slngeflagten  freifpn  " 
nuifsten,    ^örten  bie  3tnf lagen  boc^  niefct  auf.     91  ua)  9infeinbungen  unb  Verfolgungen 
^eua^riften  imirben  immer  häufiger,  Jucil  biefe  bie  einflu|reidj[ten  unb  einträgliebften  Sta< 
amter  inne  Ratten.    5)tan  fagte  üon    i^nen,   bap   fie   \ify    atä  unter  iigtyptcrn  tebcnb 

55  trachteten  unb  e£  baruin  für  erlaubt  Enelten,  bic  6f?riften  (9tgupter)  ^u  betrügen  unb  öi 
^ubeuten ;  ihren  Minbetn  fugten  fie  ba«f  Tauflpafier  trieber  ab^umafd?en.  Den  SSJeubepU] 
in  ber  ©efc^iaSte  ber  !Juben  Spanien^  bilbete  aber  bie  §eirat  ber  ^nfantin  ^fabcBfl  tei 
ÄaftiHen  mit  bem  Infanten  Ton  ^ernanbo  \>m\  3£ragonien  14(i^.  ^u  fta^ifiöt  m 
Slragonien  gab  e^  ßimbfrttaufenbe  tion  SKananen,    ©egen  fie  §aUn  jene  beiben  auf  Sli 

eo  ftiften  ber  Sominifaner  unb   mit  ^uftimmimg  beö  ^apfteJ  ©%tuS  IV.   bie  ^nquifttbn 


3*rnel,  ©efdjtdjte,  nadjbiblifdje  497 

angeführt,  1480  junä<$ft  für  Sevilla.  Sofort  füllten  ftcfy  btc  ©efängniffe  unb  f<$on 
4  Xajge  nad&  ber  (gmfefeung  tourben  6  -Karranen  gum  geuertob  Verurteilt.  9teu<$riften  unb 
Spanier  tourben  aufgeforbert,  innerhalb  3  Xagen  alle  be«  ^ubaifieren«  Verbärgen  am 
geigen,  unb  ein  lange«  Verjeic^ni«  jaulte  alle  33erba$t«grünbe  auf;  gum  Veiftriel:  toer 
am  #üiienfeji  Von  3>uben  ©efd^ente  empfing,  fear  felbft  be«  ^jubentum«  Verbäd^tig.  Unter  6 
ben  erften  ber  Verbrannten  toar  gleich  aud?  ber  reichte  aller  SWarranen,  2)iego  be  Sufon, 
ber  10  Millionen  befafj.  Vom  Januar  1481  bi«  -November  bleiben  i^afyre«  ftarben 
298  SRarranen  be«  gfeuertobe«.  3m  ßrjbietum  ßabij  toaren  e«  im  felben  $at)x  2000 
jubtf^e  ftefeer.  äuc§  fetyon  Verftorbene  Würben  auegegraben  unb  ifyre  ©ebeine  verbrannt, 
iljr  Vermögen  aber  ben  ßrben  genommen  unb  tonfi«$iert;  bie  -ftadjtommen  jelbft  lonnten  io 
nie  me^r  ein  ßtyrenamt  erhalten.  Viele  flogen  nadj  ©ranaba,  Portugal,  Stfrita,  Italien. 
6elbft  Stjtu«  IV.  tabelte  ba«  Vorgehen  ber  Snquifitoren  unb  lehnte  ba«  ©efuc§  gerbinanb« 
ab,  für  bie  übrigen  Sänber  ber  Ärone  aufcerorbentlid^e  Äefcertribunale  $u  errieten. 
1482  kpurbe  Storquemaba  jum  Dberinquifitor  ernannt.  Valb  erhielt  ba«  Tribunal  ba« 
Privileg,  ni<$t  an  bie  formen  be«  gemeinen  9te<$t«  gebunben  ju  fein,  unb  tourbe  auety  15 
(Ulf  Siragonien  au«gebefynt.  Äein  33ifd>of,  ber  von  ^juben  abftammte,  burfte  al«  SRid^ter 
fungieren.  3n  Valencia  unb  fterrol  brauen  1485  Volt«aufftänbe  gegen  bie  ^nquifttion 
au«,  bie  nur  mit  ©etoalt  erftteft  toerben  tonnten.  $n  Slragonien  fugten  bie  fyöcfyften 
SBürbeniräger  unb  ©ranben,  toel<$e  von  ^uben  abftammten,  bie  3>nquifition«tribunale  )u 
$nbern  unb  )u  Vereiteln.  3)ie  ßrmorbung  be«  Dberinquifitor«  9lrbue«  in  Saragofja  Ver=  20 
fjblünmerte  aber  nur  ba«  £0«  ber  SWarranen.  200  9?eu$riften  tourben  Verbrannt,  eine 
Stenge  ju  etoigem  Werter  Verurteilt,  barunter  2lblige,  Älerifer,  grauen,  ben  Verfrorenen 
bie  $änbe  abgehauen  unb  fie  felbft  gelängt,  Selbft  gegen  ben  Vijetanjler  Von  Siragonien, 
älfonfo  be  GabaHeria,  tourbe  ein  ^ro^ef*  angeftrengt  unb  ebenfo  gegen  2  Vifdjöfe  jübiföer 
äbfunft;  leitete  f$ü$te  nur  ifyre  lirdjlictye  Stürbe,  erfteren  feine  Vornehmen  Verbinbungen,  25 
benn  alle  feine  Söfyne  unb  Softer  toaren  an  fyofye  Slblige  verheiratet  unb  einer  feiner 
Sö^ne  $atie  be«  Äönig«  @nfelin,  eine  Vafe  be«  nachmaligen  Äaifer«  Äarl  V.,  jur  grau. 
$a  bie  3nqu^on  b*n  eigentlichen  ^uben  nicfyt«  anfyabtn  tonnte,  Von  biefen  aber  Viele 
in  tyo^en  @taat«ämtern  toaren,  urib  toeil  Von  tynen  bie  2Rarranen  ^eimlicty  unb  offen 
unterfingt  tourben,  fo  brängten  bie  ^nquifttoren  ba«  Äönig«paar  |$on  1485  &u  einer  teil«  30 
toetfen  Eintreibung  ber  3>uben  au«  Slnbaluften  unb  namentlich  au«  (Sevilla.  2lm  §of 
Wbft  aber  na^m  ber  berühmte  unb  gelehrte  SRabbi  ^faat  Slbrabanel  eine  ^o^e  unb  ein* 
flufcretctye  Stellung  ein.  ©eboren  1437  in  Siffabon,  vertvaltete  er  juerft  bie  ginanjen  be« 
König«  von  Portugal,  Sllfonfo  V.  Sil«  gmmb  be«  §ergog«  von  Sraganja  mufete  er 
na^  ©Jwxnien  fliegen,  ^ier  fc^rieb  er  Kommentare  ju  ^ofua,  9iic^ter  unb  ben  beiben  36 
Samuelbüc^ern.  ®ann  tvurbe  er  Jinanjminifter  ber  tat^olifd^en  fiönige  unb  blieb  8  Ja^re 
in  biefem  ämte  tro^  ber  tanonifd^en  ©eje^e  unb  tmebertyolter  6orte«befc^lüffe,  bi«  1492  am 
31. 3Rär)  ganj  plp^lid)  unb  unerwartet  ba«  @bitt  erfc^ien,  tooburd?  alle  ^uben  ber  Königreiche 

S Milien,  »ragonien,  ©ijilien  unb  Sarbinien  bei  £obe«ftrafc  be«  ^anbe«  Verliefen  tourben. 
e  3uben  mußten  au«tvanbern  innerhalb  4  Monaten ;  $ab  unb  ©ut  f ollten  fie  mit*  40 
nehmen  bürfen,  aber  ni$t  in  ©olb,  Silber,  ^ün^en  ober  in  bem  3tu«ful?rverbot  untere 
liegenben  fflaren.  Sil«  ©runb  ber  3lu«tveifung  toirb  nic^t  üBucber  ober  ^oftienfe^änbung 
oba  Ätnbermorb  angegeben,  fonbern  toeil  ber  SlüctfaH  ber  5Keuc^riften  in  ben  jübif<$en 
Unglauben  im  Umgang  unb  Verleg  mit  ben  Juben  feinen  legten  ©runb  ^abe.  Um  bie« 
Übet  ju  vermeiben,  ^abe  man  bie  ^ubm  in  befonbere  Quartiere  verliefen  unb  gegen  bie  46 
Xeuctyftfken  bie  ^nquifttion  eingeführt ;  aber  ba«  Übel  bauere  fort  )ur  Sd;mac^  be«  ^eiligen, 
tat^olifc^en  ©lauben«,  tveil  bie  ^uben  aüe  Wtyc  anh>enben,  bie  9leu$riften  m  verführen 
unb  Vom  ©lauben  abfrenbig  gu  machen.  3)a^er  fyabt  ba«  A5nig«paar  nac^  Beratung  mit 
einigen  fttrfynfürfiten,  ©ranben  unb  ©ele^rten  befc^loffen,  alle  ^uben  au«  allen  Btaatm 
pi  Verbannen.  2lbrabanel  Vertyrad?  ben  Königen  bie  allergrößten  ©elbfummen,  Juenn  fte  6i 
ba«  (Sbitt  jurücfnä^men,  aber  Xorquemaba  foü  i^nen  ba«  firu^ifij  vorgehalten  ^aben  mit 
ben  Sorten:  ,,3uba«  fyat  ßtyriftu«  für  30  Silberlinge  vertauft,  ©urc  Reiten  tooUen  i^n 
für  300000  Shitaten  verlaufen.  §ier  ift  er,  nc^mt  unb  vertauft  i^n!/y  3)ie  2tu«toeifung 
toiabe  Vollzogen.  2)ie  3"ben  toanberten  äße  au«,  toeil  bie  Xaufe  fie  boc^  nur  in  bie 
$änbe  ber  ^nquifttion  geliefert  fyätte.  9lad^  Slbrabanel  betrug  bie  3<^I  ber  2lu«getriebenen  66 
300000  ©eelen.  Sie  toanberten  nac^  Portugal,  SRavarra,  Italien,  SJaroffo  unb  in« 
türftf$e  9tet<^.  35ie  gürften  euroj)a«,  aud&  ba«  Parlament  von  $ari«  tabelten  bie  SJlafr 
regebt  ber  Iat$olif($en  Äönige,  unb  ber  Sultan  Sajaftb  bemertte:  „$\)t  nennt  gernanbo 
einen  tlugen  Äönig,  er,  ber  fein  Sanb  arm  gemalt  unb  unfer  &mb  bereichert  ^at." 
Qpanun  ty&  auc^  tveber  geiftig  noc^  moralifefy  no4  ötonomifc^  ^inen  ©etvinn  von  ber  so 

nt&*nt*Uoptolt  fflr  Ideologie  unb  Äir<^c.  8.  «.  IX.  32 


498  3*rael,  ®efd)td)te,  nadjbibUfefc 

Vertreibung  Jetner  guben  gehabt.  @S  ift  aber  probibeniett,  bafe  bie  guben  im  felben 
3afyr  aud  ganten  bertrieben  mürben,  too  burcty  fpanif<$e  ©cfciffe  Omenta  entberft  tourbe; 
e«  läfet  ficfc  nic&t  fagen,  tote  bie  ©efd&icfe  ©panien«  unb  ämerifa«  ft<$  geftaltet  Ratten, 
toenn  bon  biefer  Sntbecfung  aud)  no$  bte  intelligenten  unb  geföäftSgetoanbten  3uben 

6  profitiert  Ratten ;  biedetd&t  toäre  bann  3Ra$t  unb  9tei<$  unb  SEfyron  ©partim*  ganj  in 
jübiföe  §änbe  übergegangen.  —  1496  ftedte  ber  Äönig  3Wanoel  Don  Portugal  ben  3uben 
burd^  ein  Sbift  bie  SUternatibe,  fi$  enttoeber  taufen  &u  laffen  ober  auäjutoanbern.  Siele 
laufenbe  toanberten  au«,  Säufenbe  tourben  getoaltfam  getauft,  Diele  #unberte  töteten  fty 
unb  tyre  SBeiber  unb  Äinber,  um  ber  3^angdtaufe  *u  entgegen. 

10  ^mfränfi^cn  Steige  begünftigte  Äarl  ber  ©rofee  bie!guben,  toeil  jte  bie  einzigen 
§anbel«leute  im  Sletd^e  toaren.  2tu$  ber  ©efanbtfäaft  an  §arun  al  StafAib  gab  er 
einen  3>uben  aß  ^olmetfc^er  mit,  ber  nac§  bem  2obe  ber  ©efanbten  bie  ©efdpäfte  fährte 
Unter  fiubtoig  bem  frommen  unb  (einer  jubenfreunblic^en  ©ematylin  gubity  jjpteltcn  fte  am 
§ofe    eine  grofee  Snode   unb   matten   für   ifyre  Religion  ^ßroßaganba.     (Stnen   um   fo 

iö  energifcfyeren  ©egner  aber  fanben  fte  im  Stföof  Slgobarb  bon  Styon,  ber  ben  (Sinfbtfe  ber 
^uben  am  §ofe  unb  im  Sleid^e  ju  brechen  fuc^te.  Da«  Äonjil  fcon  3Jleauj  erliefe  eine  zRctye 
bon  Seftimmungcn,  tooburefy  bie  alten  fanonifd&en  ©efefte  gegen  bie  $uben  toieber  in  Äraft 
treten  foQten.  Die  Sifcfyöfe  erinnerten  an  bie  Sefdjlttffe  ber  Stynoben  bon  ägbe,  SJtacon 
unb  Orleans,  an  ein  @bitt  be«  merotoingif<$en  Äönig«  Styilbcbert,   an  bie  ©efefegebung 

20  S^eoboftu«'  II.,  an  ba«  Äonjil  bon  Saobicäa  unb  an  bie  toeftgotiföen  ©tynobalbqctylüfie; 
allein  fie  fonnten  it^re  Seftimmungen  bei  Äarl  bem  Äafylen  ni$t  burd&fefcen.  Um  fo  öfter« 
lamen  2tu«f$reitungen  be«  93olf«  gegen  bie  ^wben  bor.  3n  louloufe  beftanb  ba«  Stecht, 
bafe  ber  ©raf  afljctyrlid)  am  ©Karfreitag  bem  SBorfte^er  ber  jübiföen  ©emeinbe  eine  Dfyc- 
feige  geben  burfte.    (Später  tauften  ftcfy  bie  ^uben  babon  loö  burt^  eine  jä$tlu$e  Jtögabe. 

25  Ueberad  toaren  fie  ber  SBidfür  ber  Slbligen,  dürften  unb  Prälaten  freigegeben,  #ugo 
Sapet«  $ob  996  tourbe  auf  Siedlung  ber  3uben  gefegt,  toeil  er  einen  jübiföen  Setbarjt 
fyatte;  fd&on  bamal«  berichtigte  man  bie  %ubm,  bafe  fte  böfe  3<wbermittel  jum  92a$tetl 
ber  (Stiften  brausten.  1010  liefe  ber  Sifd&of  bon  Simoge«  einen  -Jttonat  lang  feinen 
^uben  bie  DJieffianität  $cfu  au«  ber  ©c^rift  betoeifen ;  ba  fie  ft<$  aber  trofcbem  ntd^t  taufen 

ao  liefern,  bertrieb  er  fie.  3)ie  #auptgemeinbe  ber  %\ü>tn  ©übfranfreic^  toar  9?arboime,  too 
and)  bie  fXaImubftubien  blühten.  1049  tourben  in  S^on  bie  3"ben  erfragen  unb  ifyct 
©üter  ber  Sirene  ausgeliefert.  Site  1065  bei  einem  Jtreujjug  gegen  bie  SWufyammebaner 
auc^  bie  ^uben  bernic^tet  toerben  fodten,  fanben  fte  ©<$u$  beim  ©rafen  Serengar  bon 
9tarbonne   unb   bei  ber  ©eiftlic^feit.    £)te  jübifd^e  ©emeinbe  }u  Sorbonne   beftanb  au$ 

36  300  gamtlien,  unb  unter  tynen  erlangte  bie  Familie  ber  Äimc^i  befonberen  Slu^m  al£ 
©rammattfer  ber  ^ebräifc^en  Spraye.  Der  ©tammbater  Qofe^  Äimc^i  blühte  1150—1170. 
©ein  ©o^n  2)aüib  Äimd^i  (1160—1235)  tourbe  ber  £e|rer  ber  fcbrätfcfcen  ©jwac^e  für 
ß^riften  unb  Sutw  ßuropad,  aber  er  ftü^te  ftc§  auf  bie  grofeen  SBerle  3bn*©'anacfö 
^bn^'ifatitta«  unb  ^bn^^ra«.    ©ein  SBerf  trägt  ben  Sitel  Michlol :  er  unterföieb  juaft 

«0  bie  langen  unb  turjen  SBofale  unb  braute  bie  SSotaltoanblungen  aum  SBerftänbnte. 
1160  tourbe  gu  Segicrö  jtoifäen  G^riften  unb  guben  ein  Vertrag  gefc^loffen,  bafe  bte 
Sänften  nid^t  mel^r  toie  bieder  am  ^ßalmfonntag  bie  %vbzn  überfallen  unb  mife^anbeln 
bürften,  bafür  aber  bie  ^uben  jä^rli^  4  ^5fb.  ©über  jaulen  fodten.  2u(^  SKontjjeHier 
befafe  eine  grofee  ^u^^gemeinbe ;   ebenfo  Sunel,   toelcfyeS  feinen  Slu^m  bur^  bie  gelehrte 

46  gamilie  ^bn^Iibbon  erhielt.  $m  12.  Sa^mnbert  taufte  audj  in  granfreid?  jum  er^en 
ÜKale  baS  ©erüd^t  auf,  bafe  bie  ^uben  ^ur  Dfterjeit  ß^riftenfinber  fc^lac^teten,  um  i$r 
Slut  am  ^ßaffa^feft  au  gebrauten.  Die«  benu^te  Äönig  ty1)\l\W  äuguft,  um  im  ^afyct  1180 
alle  3uben  fernem  SFtcid^cö  einguf erfern,  bis  fte  i^m  15000  3Rarf  ©Über  jaulten,  jugleic^ 
tourben  ade  ©Bulben  an  ^uben  für  nichtig  erflärt,  nur  bafe  'U  ber  ©$ulb  an  ben  ^«Shtd 

50  befahlt  toerben  mufete.  1181  Vertrieb  er  fte  ganj;  i^re  ©üter  berftelen  bem  Äonig,  bte 
Synagogen  ber  Äir^e.  ©in  anbermal  liefe  er  100  Suben  Iebenbig  berbremten.  S35ie  beim 
erften  Areunug  bie  ^uben  3)eutf$lanb$  berfolgt  tourben,  fo  gefc^  beim  jtoeiten  baSfelbe 
in  granfreie^.  3m  9«njen  Königreich  aber  galt  ber  ©a$,  bafe  ba«  Vermögen  ber  guben 
bem  Saron   gehöre.    Die  (Sbelleute  berfauften    einanber  i^ren  33effe   „an  ©ad^en  unb 

66  Suben".  —  3ur  felben  3eit,  al«  in  ber  Gfyriftentyeit  ftd^  neben  bie  ©c^olaftil  bie  3W#f 
ftedte,  entftanb  aud^  unter  ben  fübfranjöftfc^en  ^uben  neben  ber  f^Kmifd^jübifc^en  ©$ofafKf 
be«  5JRaimonibe«  bie  m^ftifc^e  ©efyeimle&rc,  ^cofop^ie  unb  2Jlagie  ber  Äabbala  (f.  b.  8C.X 
©ie  fyat  nic^t  nur  je  länger  je  mefyr  bie  jübifd^en  ©elfter  bi«  in  unfere  3«t  hinein  beein» 
flufet,  benn  bie  mobernen  C^affibim  9lufelanb«  unb  ©aluien«  ftnb  nur  bie  legten  Äabbaltften, 

go  Jonbern  fte  fyielte  auc^  je  länger  je  mefyr  eine  grofee  Slode  im  Ser^ältni«  jtoifc^en  ^uben 


3f8rael,  ©cfdjidjte,  nadjbibltfdjc  499 

unb  Triften.  Die  c^riftlic^e  SÖtyftif  frar  nid&t  oljne  Sinflufi  auf  bic  ßntfridfelung  ber 
Jtabbala,  unb  fo  entftanb  unb  befeftigte  ftA  bie  SHeinung,  frelc&e  befonberS  bon  Sßrofefyten 
gefegt  unb  behauptet  tourbe,  bafe  auS  bcr  flabbala  unb  bem  fabbaliftif<$  erflärten  $almub 
pcp  bte  SBafyrfyett  beS  ßfyriftentumS  unb  borjüglicfy  bte  fiefyre  bon  ber  Dreieinigfeit,  ber 
®ot$eti  beS  SRefftaS  u.  a.  erfreifen  lafje.  Set  allen  Disputationen ,  öffentlichen  unb  5 
pribaten,  foieltcn  batyer  fortan  fabbaliftifc^e  ^beengänge  eine  grofce  Soße,  2lnbererfeitS 
überteuerte  unb  berbrängte  bie  fabbalifttfc^c  Denffreife  immer  mefyr  bie  pfyilofoj^iföen 
Strebungen  ber  guben.  Die  autoritätsgläubigen,  ftrengen  Salmubiften  franbtcn  fic§  immer 
fympa$tf$er  ber  Äabbala  $u,  je  feinbltcfyer  fte  bie  9Kaimuniften  unb  tyre  SJtyilofobfyie  be- 
fämpften  unb  ästeten.  3ur  änerlennung  unter  ben  3>uben  bertyalf  aber  ber  Jtabbala  10 
ganj  befonberS,  bafi  ber  berühmte  9?ad&mani  fie  als  ectyt  jübiföeS  SneugniS  anerfannte 
unb  empfahl,  berfclbe  9lac§mani,  ber  baS  Unjübtf$c  ber  9Jtoimunif$en  9teligionSj>fyilofopfyie 
fo  Har  unb  föarf  erfannte  unb  berurteilte.  2Bie  fefyr  bafyer  aucfy  baS  moberne  gubentum 
bie  Äabbala  bon  ftd>  abjufäütteln  beftrebt  ift,  (0  tDtrb  bocty  ein  unparteiiföeS  Urteil  fagen 
muffen,  bafc  fte  ferne  fol<$e,  ben  jübifdpen  ©eift  ^afyrtyunberte  lang  gefangcnnefymenbe  SJlac^t  15 
$fitte  teerben  fönnen,  toenn  fie  nic^t  trofe  ben  aleEanbrinifc^neuplatonifc^en  unb  c&riftlic&s 
mtyftf jcfyen  (Sinfrirfungen  ed^t  jübifd&en  UrforungS  fräre  unb  bem  jübifc^en  ©eift  entftwi^e. 
ffieü  fte  bie  bem  Igubentum  unb  ialmub  unb  bef onberS  ber  #agaba  genuine  unb  homogene 
ffictSfyeitSlefyre  ift,  barum  aHein  fonnte  eS  tyr  gelingen,  bie  bem  Igubentum  frembe, 
ariftotelifcfcarabifcfye  SJtyilofo^ie  beS  SDGaimonibeS  )u  berbrängen    unb   im  jübif$en  ©eift  20 

Si  enttourjcln.  Die  ftärffte  2Ra<$t  beS  unbcrfälfcgten  3>ubentumS  bilbet  fyeute  freber  baS 
cforntjubentum  nod&  ber  SalmubiSmuS,  fonbern  ber  fabbaliftifcfye  GfyaffibiSmuS.  9Kag 
man  ba^er  au$  bie  Jtabbala  als  eine  geiftige  Vcrirrung  berurteilen,  fo  bleibt  fte  bocfc  ein 
c$t  jübtföeS  ©eifteSerjeuaniS,  ber  §auj>tfa$e  na<$  tyerauSgefrad&fen  auS  unberfälföt 
jübtftyen  $rtmijrien.  Deshalb  ftetlte  aud&  mit  SRed&t  ^alob  ©erunbi  (1243)  bie  Äabbala  20 
birelt  ber  ^ilofo^ie  entgegen  als  e$t  jübifäe  SBetSfyett  gegenüber  ber  Sefyre  ber  Äefcer 
unb  ©efe$e$berä<$ter.  —  2Iuc§  beim  britten  Äreu^ug  1236  überfielen  bie  fran$öftf$en 
Areu)fa$rer  bte  guben  in  2lnjou,  *|}oitou,  ängoulfcme,  Sorbeaus,  ©aintS  u.  a.  D.  $a)>ft 
®regor  IX.  aber  erHärte  in  einem  ©enbföreiben,  ba^  bie  Äirc^e  toeber  bie  Vertilgung 
not^  getealtfame  laufe  ber  Suben  toünf^e.  Um  biefelbe  3*ü  erregte  aud^  ber  ^irofel^te  30 
Zittau*  Dänin  eine  heftige  Agitation  in  granfreid^  gegen  ben  Xalmub.  ©regor  IX. 
beauftragte  ben  33if<$of  bon  5ßariS  mit  ber  Unterfud^ung,  ob  ber  ^Ealmub  toirtlid^  bott 
S^mä^ungen  gegen  ß^riftum  unb  feine  SKutter  fei,  bie  ^1.  ©c^rift  berbre^e  unb  unh>ürbige 
Sorfteflungen  bon  ©ott  enthalte.  DaS  Tribunal  berurteilte  ben  Xalmub  )ur  ißerbrennuna. 
Kadj  einer  Disputation  bor  bem  jtan^er  ber  Uniberfttät  $ariS  unb  bem  tönigli$en  ^ofess 
tourbe  baS  Urteil  beftätigt,  unb  1244  tourben  24  Saftfragen  boU  lalmubqem^larcn  auf 
einem  $lafee  ber  ©tabt  bcrbrannt.  Dies  gefcfyafy  xur  felben  3C«^  a^  bw  Suben  felbft 
burc^  bte  Domimfaner  unb  ^ran^iStaner  bie  ©Triften  beS  SJtaimonibeS  berurteilen  unb 
berbrennen  liefen.  Subfrig  ber  heilige  führte  aud^  1269  für  äße  franjöftfd^en  Quben  baS 
gelbe  3ubenabjeid^en  ein,  baS  fte  auf  ©ruft  unb  SRüdEcn  tragen  mußten  bis  ju  i^rer  40 
gänjfi^en  Vertreibung  aus  g-nmfrctcfy.  ©^limmer  berfu^r  ber  gcfoalttfyätige  ^ifilipp  IV., 
ber  Sd^öne.  1306  erlief*  er  fyeimlicfy  ben  Vefefyl,  alle  gwben  gefangen  ju  nehmen  unb 
auS  granfreid)  ju  bertreiben.  2Ran  lie^  ben  3uben  nichts  als  bie  fileiber  auf  bemfieibe; 
©olb,  ©Über  unb  Äleinobe  befam  ber  Bönig.  100000  Seelen  f ollen  beS  SanbcS  ber= 
toiefen  toorben  fein.  SKand^e  gingen  jum  G^riftentum  über,  fo  bie  game  ©emeinbe  $u  45 
loulcufe.  Allein  im  ©ebiet  bon  Orleans  ertrug  ber  Verlauf  bcr  jübifajen  ©üter  bem 
JBntge  337  000  granfen.  Doc^  erreichte  ber  Huge  ^ube  Waneffier  be  Vefou,  bafe  fe  1360 
{urüdKej^ren  burften  unter  fe^r  günftigen  Scbingungen.  (Sin  ?ßrinj  auS  föniglic^em  ©eblüt 
tourbe  'ifyc  eigener  Dberric^ter,  fonft  Rotten  fte  eigene  ©eric^tsbarfeit.  Der  ©efralt  beS  SlbelS 
unb  ÄleruS  tourben  fte  entzogen,  ©ie  burften  ©clb  mit  80  o;0  auelei^en  unb  befafjen  anbere  so 
$rttrilegten.  Unter  Rar!  VI.  frurben  fte  naety  bielen  Slnflagen  fregen  übertriebenem  Söudber 
yam  legten  ÜJlal  auS  gfranfreid^  1394  bertrieben;  bod^  burften  fte  babei  freber  an  ©ut 
no$  2«b  gefc^äbigt  toerben.  9ln  einigen  Orten  aber,  frie  j.  95.  Xouloufe  unb  SMarfeille, 
tourben  taubem  jübifd^e  ©emeinben  gebulbet.  Slud^  fcfyüfcte  fie  ber  ^Japft  im  ©ebiet  bon 
Xbtgnon.  66 

3n  ©nalanb  famen  nac^  ber@roberung  burd^  bic  Normannen  unter  SBil^elm  bem 
(Eroberer  audp  3*»^  bauemb  ins  Sanb.  ©cfyon  SBtl^elm  bcr  Slote,  ber  ©ofyn  beS 
(Eroberers,  lte|  ein  SeligionSgeferäcfy  jfrifd^en  3«bcn  unb  Stiften  abgalten.  Die  %vbtn 
befanben  füf  in  (Snglanb  in  fe^r  guter  Sage,  unb  manche  gelangten  bamalS  fcfyon  in 
Sonbon  ju  großem  iRei^tum,  fo  ba^  i^re  Käufer  ft$  frie  !5nigli(pe  $aläfte  ausnahmen,  eo 

32* 


500  3*rael,  @cfd)id)tcf  nadjbibltf^e 

3lm  Ärönungätage  Slid^arb^  1189  tourbe  bie  Sufye  jum  erftenmal  geftört  311^  au$  bie 
Stuben  beä  SanbeS  ifyre  #ulbigung$gef<$enfe  überbringen  toollten,  überfiel  fte  ba$  SSott  in 
Sonbon  unb  bann  in  allen  ©täbten,  beraubte,  mij#anbelte  fte  unb  fölug  au$  manche 
tot;  biele  tourben  in  tyren  Käufern  Derbrannt;    eintge   töteten  fu$  felbfi,  um  ber  laufe 

5  ju  entgegen.  Äönig  Stic&arb  Sötoenfyerj  aber  tiefe  bie  ärgften  Sumultuanten  tyinriifcten 
unb  bie  Unberlefcli<$feit  ber  3>uben  bertünben.  Söctyrenb  feines  Äreu^ugeS  aber  erneuerten 
fic§  bie  ÄratoaUe  toegen  be$  SBud&erS  ber  3ubcn.  %n  tyoxt  berföanjten  fte  fi<$  in  ber 
33urg,  unb  aU  fte  feine  SRettung  ^offen  burften,  jünbeten  fte  bie  S3urg  an  unb  töteten  ftc$ 
felbft   na$   einer  2lnfpra$e  ityreS  SRabbi  Qom  lob    atö  Soignty.    Sofyann   o^ne  Sanb 

10  erprefete  ©elb  Don  ben  ^wben.  1216—1272  unter  §cinric$  III.  tourben  tynen  in  fteben 
^afyren  10  -iKillionen  grranten  abgeprefet.  Sluetoanberung  tourbe  tynen  berboten;  au$ 
burften  fte  toeber  in  ifyren  Stynaaogen  taut  beten,  nocfy  neue  erbauen,  dagegen  ^ob  ber 
Äönig  ba$  ©efefc  auf,  bafe  getaufte  $ubcn  ifyreS  Vermögend  berluftig  gingen.  gn  Sonbon 
errichtete  er  ein  6onbert=#oufe  ju  aufnähme  bon  ^Srofefyten  (f.  b.  2l. :  -Dtiffton  unter  ben 

16  ^uben).  DaS  engltfcfye  Parlament  erliefe  1275  ein  ©tatut,  baä  ben  Suben  ben  SBud&er 
unterfagte ;  unb  bei  ©ctyulbforberungen  foOte  nur  bie  §älfte  ber  ©cfculb  burd)  ©jefution 
eingetrieben  toerben  tonnen ;  auc§  ba$  3ubenab$eic§en  tourbe  eingeführt  unb  eine  befonbere 
Subenfteuer.  Doc§  blieben  bie  ^uben  ©igentum  beä  ÄönigS  unb  burften  Käufer  unb 
§öfe  laufen,  Sänber  in  $a$t  nehmen  unb  ßanbel  treiben.    ^m  Sflfa*  1278  gtrtulierten 

20  biele  falfctye  s3JJünjen;  man  gab  ben  3>uben  fecfyulb.  3>n  b**  Wafy  be$  17.  Ottober  liefe 
ber  Äönig  alle  3uben  beruften  unb  293  Suben  tourben  ber  galf^münjeret  überführt 
Sie  tourben  gefyenft.  3?un  tarnen  auc§  bie  Slntlagen  auf  ©rmorbung  bon  ©Triften* 
tinbern,  Säfterungen  ber  ©otte&nutter  unb  beä  ÄreujeS.  1290  erliefe  ©warb  ein  ©bilt, 
tooburc^  alle  IJuben  aus  ©nglanb  berbannt  tourben.    äße  Sßfänber   mußten  fte   $urüct 

26  geben  unb  ifyre  §abe  bertaufen.  16000  Subcn  berliefeen  baS  Sanb.  ©eitbem  blieb  6ng- 
lanb  ben  3>uben  berfälofjen,  bis  Gromtoell  eine  neue  Orbnung  ber  Dinge  in  ©nglanb 
einführte.  @r  unb  feine  „^eiligen"  ertoarteten  ben  balbigen  ©tntritt  be$  taufenbjäljrigen 
SteicfyeS,  in  toeld^em  ben  $uben  eine  grofee  Soße  jufalle.  fttoax  tonnte  er  trofc  aütter  än= 
ftrengungen  beim  Parlamente  bie  SRüdberufung  berauben  nad)  ©nglanb  ni$t  bur$fefcen, 

30  aber  er  gemattete  einzelnen  ftcfy  in  ©nglanb  nieberjulaffen;  e$  toaren  ^au^tfäc^lic^  fpantftye 
unb  portugiftfeije  SWarranen,  benen  in  Sonbon  ein  eigener  Segräbnteplafe  eingeräumt 
tourbc.  S3ei  biefen  SSer^anblungen  ftriclte  ber  Slmfterbamer  9tabbi  SKanaffe  ben  $$tad 
eine  grofee  SRofle.  3"  f«n«  ©c^rift  „3)te  Hoffnung  g^raelS"  fe|te  er  bie  gbec  be«  tünf^ 
tigen  mefftanifctyen  iKeic^eS  au^einanber,  betonte  bann  aber  audj,  toelc^e  SBorteüe  eS  ©nglanb 

35  bringe,  toenn  eS  bie  $juben  gulaffe,  toeld^e  bie  gefäiefteften  Vertreter  bed  ©rofe^anbeU  in 
ber  ganjen  SBJelt  feien.  3n  1>vc  „Sc^u^fc^rift"  toiberlegte  er  bann  alle  SSortoürfe,  bie 
man  gegen  bie  guben  borbrad^tc,  befonberd  aber  ben,  bafe  fte  ©^riftentinber  an  Cftern 
{c^lac^teten.  ©r  proteftiert  nic^t  blofe  gegen  biefe  Serleumbung,  fonbern  fityrt  Setfjjiele 
an,  bafe  bi^er  alle  Slngetlagten  Ratten  enttoeber  fofort  freigefpro$en  toerben  muffen  ober 

40  na$  i^rer  Einrichtung  als  unfc^ulbig  ertannt  toorben  feien. 

^n  Italien  erlitten  bie  ^uben  ntcfyt  biefelben  garten  ©d^icffale,  toie  in  ben  übrigen 
Sänbern  ber  ©^riften^eit ;  bon  ^ntereffe  ift  ba$  S5er^alten  ber  tyäpfe  tynen  gegenüber. 
1078  erliefe  ©regor  VII.  auf  ber  Äirc^enberfammlung  gu  SRorn  ein  tanonifc^ed  ©efe^, 
bafe  bie  §uben   teine  ben   ©giften   übergeorbnete  Stellung   einnehmen   burften.    Unter 

46  Sllejanber  III.,  ber  einen  jübifc^en  ginanjbcrtoalter  au«  ber  gamilie  bei  3Ranft  fpttt, 
toaren  bie  S^ben  abgabefrei.  Sluf  bem  Saterantonjil  1179  tourbe  ben  ^uben  nur  ber» 
boten,  $riftli$e  Dienftboten  )u  galten.  3lud^  ©Triften  burften  fortan  al$3cugen  gegen  guben 
bor  ©erid^t  auftreten.  Dagegen  tourben  alle  ©etoaltt^ätigteiten  unb  errungene  Saufen 
berboten.    Unter  ben  Normannen  in  9lea)>el  unb  Seilten  toaren  bie  3"ben  no<^  toeniger 

60  befc^räntt,  fonbern  Ratten  gleite  SHcc^te  toie  bie  ©^nften.  Die  grofeen  c^riftlicfyen  ^anbel^ 
ftöbte  9?orbitaIien3  Ratten  nur  toenig  ^uben;  mel)r  lebten  in  SKtttel»  unb  ©übitalten.  3n 
feenebig  lebten  im  3a^tc  1152  bodj  1300  %\x\>m\  in  9tom  bagwen  200  Mamillen;  in 
Neapel  500  unb  in  6aj>ua  300,  Salerno  600,  Sarent  300,  Ctranto  500  gamilien; 
Palermo  befafe  fogar  1500  gamilien.     Dod^   jeic^neten  ficty  bie  italienifc^en  %ut>en  nie 

66  toeber  burd^  jübifdpe  noc^  toeltlic^e  ©ele^rfamteit  unb  Silbung  atö.  ^nnocenj  III.  erliefe 
1199  eine  befonbere  Constitutio  Judaeorum,  toorin  er  bie  getooltfame  Saufe  bon 
^uben,  Beraubung  unb  Sötung  obne  Urteil,  6$änbung  i^rer  Segräbnt^lä^e  unb 
Seid^name,  2Jlij#anblung  an  i^ren  gefttagen  berbot.  Segrünbet  toaren  biefe  Verbote  bur^ 
bie  3tnft$t,  bafe  bie  ^uben  nidjt  burften  ausgerottet,  fonbern  müfeten  für  ibre  tünftige 

60  Sete^rung  erhalten  toerben.    ©regor  IX.  beftätigte  1235  in  einer  93uDe  bie  Konfütution 


3*r<tet,  ®cfd)irf)te,  narifjbttßfrifje  501 

be«  Sßapfte«  Snnocenj.  Stuf  bem  großen  Äonjtl  Don  Styon  1247  erliefe  ^nnocenj  IV. 
eine  SuDe  an  bie  beutfd^en  unb  franjöfifd^en  Ätrcfyenfürften,  toorin  ju  atlererft  offiziell  bie 
fallen  Slitföulbigungen  gegen  guben  toegen  9)torb«  bon  Gfyriftenfinbern  hnberlegt  unb  Ver- 
urteilt toerben:  „einige  @eiftlic|e  unb  dürften,  Sble  unb  Wältige  eurer  Sänber  erbenfen, 
um  ba«  Vermögen  ber  guben  ungerec&tertoeife  an  ftd&  $u  reiben  unb  ftcb  anzueignen,  6 
gegen  fte  gotttofe  Satfäläge  unb  erfinben  Slnläffe.  ©te  bieten  tynen  fälfcfylic^  an,  al« 
toeim  fte  tax  ?ßaffafoeit  ba«  ^>erj  eine«  ermorbeten  Änaben  unter  ftdj  teilten.  2)ie  Sänften 
glauben,  bafe  ba«  ©efe^  ber  guben  ifynen  fold^e«  borfc&reibe,  toäfyrenb  im  ©efefc  ba« 
©egentetl  offenliegt.  !ga  fie  toerfen  bo«fyafter  SBetfe  einen  irgenbtoo  gefunbenen  Seic&nam  ju. 
Unb  auf  ©runb  folc^er  unb  anberer  ßrbtc&tungen  toütcn  fte  gegen  biefelben,  berauben  fte  i0 
tyrer  ©üter,  otyne  förmliche  Slnflage,  otyne  ©eftänbni«,  ofyne  Ueberfüfyrung.  3m  SBtber* 
foruefc  mit  ben  i^nen  Dom  apoftolif<$en  ©tufyle  gnäbig  gehörten  ^ribilegien,  gegen  ©Ott 
unb  feine  ©ered&tigfeit,  bebrüdfen  fte  burc§  9tofyrung«entaiefyung,  Äerferfyaft,  an&ere  Quälereien 
unb  ©rangfale  bie  Suben,   legen  ifynen  ©trafen  auf  unb  berbammen  fte  aufteilen  fogar 

C^Cobe,  fo  bafe  bie  3uben,  obgleich  unter  d&riftlic^en  Surften  lebenb,  bod&  fölimmer  15 
n  fmb,  afe  tyre  SBorfafyren  in  $Äg$>ten  unter  ben  ^araonen.  33a  toir  fte  nid^t 
Sjuält  toiffen  tt>oDen,  fo  befehlen  toir,  bafe  ifyr  euefy  ifynen  freunblicty  unb  gtinftig  jetgt. 
o  tyr  ungere^te  Singriffe  gegen  fte  toatyrnefymet,  fo  ftetlet  fte  ab  unb  gebt  nic^t  ni, 
bog  fte  in  3ufunft  kurt^  foletye  unb  äfynlic^e  Sebrüdfungen  fyeimgefuc&t  toerben.  33ic  93e* 
brfider  ber  guben  fotten  mit  bem  Kirchenbann  belegt  toerben."  $n  e*nem  ©^reiben  an  20 
ben  Äarbutallegaten  Dbo  bon  $ari«  befahl  auety  3nnocenJ  ivv  baß  ber  Salmub  ju 
bulben  fei,  fotoeit  e«  otyne  93erlefcung  ber  d^riftlid^en  Religion  gefd&efyen  lönne,  unb  bafe 
bie  eingebogenen  (Sjemplare  ifyren  Eigentümern  iurücfyugeben  feien.  3ebo<$  betätigte  bie 
bon  Dbo  emgefefcte  Äommiffton,  ju  ber  au<$  Sllbert  b.  (Sr.  gehörte,  bie  93erbammung  unb 
berbot  bte  Stüdfgabe  ber  tonft^ierten  ©semplare.  —  Sil«  1348  ber  fd&toarje  £ob  feine  25 
Dtfer  forberte,  tourben  bie  3uben  ©übfranfreid^,  bann  bie  ©Manien«  unb  ©abotyen«, 
baim  bie  am  9tyetn  unb  in  ber  ©d^toeij  ber  93runnenbergtftung  befctyulbigt,  h>e«fyalb 
laufenbe  Don  gilben  gefoltert,  ermorbet  unb  berbrannt  tourben,  ba  erliefe  ^$aj)ft  6le^ 
mens?  VI.  eine  SJutte,  toorin  er  bei  Slnbrofyung  be«  Äirc^enbanne«  unterfagte,  fte  o^ne 
tid^terKAed  UrteU  ju  töten,  getoaltfam  ju  taufen  ober  ifyre  ©üter  m  rauben.  33oc§  ^atte  30 
bie  Surfe  nur  geringe  aBirlung.  SRortin  V.  erliefe  gleid^foB«  eine  Sutte  1419  ju  ©unften 
ber  Suben:  „®a  bte  ^itben  ©otte«  ©benbitb  tragen,  ifyr  Überreft  einft  feiig  toerben  fott, 
unb  fte  unfern  ©d^tife  angefleht  fyaben,  fo  beftimmen  toir  nac^  bem  93eift>iel  unferer  Sor^ 
aeatger,  bafe  fte  in  i$ren  ©^nagogen  nicfyt  beläftigt,  i^re  ©efe^e,  Sed^te  unb  ©etoofyn* 
pett  nic^t  angegriffen,  fte  nid;t  mit  ©en>alt  jur  'laufe  gelungen,  axuf)  nic^t  jur  geter  35 
ber  c^rtftlu^en  gefte  angehalten,  feine  neuen  Slbxeic^enju  tragen  genötigt  unb  ifyr  gefqäft^ 
lid^er  SSerte^r  mit  ß^riften  ni^t  ge^inbert  toerben  foUten."  25te  5KiIbe  biefe^  $a})fte$ 
mag  mit  beranlafet  toorben  fein  burety  ba«3Serfa^ren  feine«  ©egcnpaj)fte«  8encbift  XIII.  in 
6j>anien  (f.  ob.  ©.  496, 1 8).  (Sugen  IV.  beftättgte  guerft  bte  95ufle  feine«  Vorgänger«  Wartin  V., 
bann  aber  1442  erliefe  er  ein  fd&arfe«  ©^reiben  an  bte  Sifd^öfe  bon  Äaftilien  unb  Seon,  40 
toorin  er  alle  gnbulgenjen  feiner  SSorgänger  aufhob  unb  bie  alten  lanonifd^en  Sefd^rän« 
fungen  no$  berfc^ärfte.  ©ein  9?ad^foIger  9Jtfolau«  V.  fyob  bie  ^Iribilegien  ber  italieniföen 
3uben  auf  unb  be^nte  in  ber  SBuHe  bon  1447  bie  SJefc^ränfungen,  toelc^e  Sugen  IV. 
för  Äaftilten  feftgefe^t,  auc^  auf  Italien  au«.  2)er  granji«!aner  unb  eifrige  Sufeprebiger 
3o^.  be  6aj)ifirano  tourbe  mit  feinen  Drben«genoffen  jum  SBoHftrecfer  ber  95utte  ernannt.  45 
1451  belmte  er  bie95utte  Sugen«  IV.  auf  gang©banicn  au«.  ©einÄarbinaIIegat5JtfoIau« 
ßufamt«  fc^ärfte  auf  bem  ^Jrobinjialfonjil  bon  Bamberg  ben  33cutfd^en  bte  fanonifd^en 
©{jungen  gegen  bie  gilben  c{n  un^  Verbot  ben  Sänften,  bei  %vtom  ©elb  auf  $in«  gu 
leiten.  SU«  1475  ber  Änabe  ©imon  ju  Orient  ertrunfen  toar,  tourben  bte  3"ben  be« 
3Rorbe«  befd^ulbigt,  unb  man  forberte  bie  §eiligfore$ung  be«  fttnbe«.  5Jid^t  nur  ber  $oge  50 
bon  Senebtg  erflärte  ben  5Korb  al«  erlogen,  fonbern  au<$  $a^ft  Stjtu«  IV.  bertoeigerte 
ftanb^aft  bie  ^eilißfjjred^ung  unb  berbot,  ben  ftnaben  al«  ^eiligen  gu  bereden,  ^tic^t«* 
beftotüeniger  berbrettete  ftdj>  bie  SBerefyrung  bi«  nad^i  g^anffurt  a.  9ft.  95ei  Stnfü^rung  ber 
3nquifttion  in  Sbanien  gegen  bie  Warranen  emffa^l  er  juerft  SKilbe,  gab  aber  bann  bem 
drängen  ber  fatgoliföen  Könige  nad^  unb  beftättgte  inre  Stnfü^rung.  Wad)  ber  SSer-  55 
bannung  ber  3uben  au^  ©panien  unb  Portugal  fanben  fte  am  elften  3uPuc^t  ^n  *>m 
tftfüityn  Staaten  unb  in  ber  Xürlei.  SlUe  ^äpftc  jener  Betten,  SUejanber  VI,  3uliu«  II., 
2eo  X.,  (Semen«  VII.  Ratten  jübtfd^c  Seibärjte ;  Äarbmäte  unb  tttrd&enfürften  folgten  i^rem 
Setztet  1516  führte  man  in  SJenebi^  juerft  ba«  ©fyetto  ein,  ba«  befonbere  $uben* 
quartier,  ba«  in  ©eutf^lanb  längft  tibltc^  toar.     3m  ?5fefferIornfc^en  #anbel  begünftigte  eo 


502  3*rad,  ©efd)id)te,  uad)b'Mifo 

2eo  X.  bie  3)rudKegung  beS  2olmubS,  ni$t  feine  Verbrennung.  3lud&  ©ernenn  VII.  toar 
ben  3>uben  günftig  gefinni  Stoax  fe^ftätigte  er  1531  bie  Sinftfynmg  bet  Ignquifttum  m 
Portugal ;  aber  fd&on  1532  erlieft  er  ein  Srebe,  tooburdfr  er  bis  auf  toeitereS  \fyc  SBer« 
fahren  einftetten  tieft.    1533  erlieft  er  ein  jtoeiteS  33rebe  ju  ©unften  ber  portugieftfcfceu 

6  ÜRarranen :  „ba  fte  mit  ©etoalt  jur  laufe  gefd>le^pt  korben,  fo  tonnen  fte  nicpt  als  ©lieber 
ber  ßir$e  gelten,  unb  fte  toegen  Ackeret  unb  3CbfalI  beftrafen,  Riefte  bie  $rin)i)rien  ber 
©ered&tigfeit  unb  Sifligleit  erfcfyüttern."  SlnberS  fei  eS  aber  mit  tyren  ftinbern,  bie  frei* 
billig  bon  ben  ßltern  jur  Xaufc  gebraut  toorben,  fte  follten  als  toirHicfce  Sänften  gelten; 
toeil  aber  toenig  cfyriftltd?  erlogen,  follten  fte  mit  SHilbc  im  ©<$oft  ber  flird^e  erhalten 

10  toerben.  9Ro<$  auf  bem  Totenbette  1534  erlieft  SlemenS  ein  neues  Srebe,  um  bie  £te 
freiuna  unb  £oSft>re<$ung  ber  eingeferferten  SJlarranen  energifö  )u  forbern.  3foc$  ^Jaul  III. 
begünstigte  bie  Suben  fo  fefyr,  baft  man  fagte,  ©Triften  feten  nod&  Don  feinem  ?ßai>fie  mit 
fo  biel  ©nabenbejeugungen,  Privilegien  unb  3ugeftanbniffen  befcfcenft  toorben,  toie  bie 
3uben  bon  biefem  *ßapfte.    ©ie  feien  bon  tym  mit  Gtyrenred&ten  unb  SBo&lt^aien  ntyt 

15  bloft  auSgeftattet,  fonbern  fogar  bewaffnet  toorben.  3luc$  fein  Scibant  toar  ein  gube. 
SDur<$  einVrebe  bon  1535  erteilte  er  allen  ÜJlarranen  Slbfolution  unb  befreite  \fyctt  1800 
aus  ben  Äerfern  in  Portugal.  @nblic$  1536  erreichte  Äarl  V.  bon  ?ßaul  III.  bie  ©anttio* 
nierung  ber  3>nquifttion,  bod&  nur  mit  allerlei  Vefd&ränfungen.  2)ie  SfypeOatton  an  ben 
))ä))ftli^en  ©tutyl  fotlte  au<$  ben  Bananen  geftattet  fein.    &te  fe^r  günfüge  Sutte  bon 

20  1539  tourbe  ni<$t  ausgeführt.  2lu<$  bie  folgenben  Sßäpfte  fyaben  bie  Snauifttion  me^r 
nur  als  beftefyenbe  ^atfacpe,  benn  als  gef efelid&e  Snftitution  gebulbet,  unb  SlemenS  VIII. 
miftbiBigte  fte  öffentlich  unb  erlieft  eine  allgemeine  Slmneftie  für  bie  berurteilten  3Rarranen. 
SllS  unter  %ulm$  III.  ber  ftrenge  Äarbinal  ßaraffa  bie  ^nquifttion  für  bie  gange  fatyo* 
lifd&e  2Belt  eingeführt  fyatte  1542   unb  bie  Senf ur  f Dörfer  geübt  tourbe,   entbrannte  au$ 

26  in  Stolien  ber  Äampf  um  ben  $almub.  2Ser  Äonbertiten,  bon  benen  einer,  ©alomo 
Stomano,  bem  ^efuitenorben  beigetreten  toar,  benunjierten  ben  SLalmub  toegen  ©$tnä$ungen, 
unb  baft  burd)  feine  $errf$aft  bie  maffenfyafte  Belehrung  ber  3juben  ge^tnbert  toerbe. 
Obgleich  3u(iu^  III.,  ber  gtoei  jtibifäe  2trjte  fyatte,  ben  ^uben  günftig  toar,  muftte  er 
1553  bo$  baS  VerbammungSbefret  untertreiben.     2lm   jübifäen  9leuja^rStag   tourben 

80  alle  ^Almubegemplare  inStom  berbrannt;  beSgleid^en  bann  in  ganj  Italien  biele  ^Eaufenbe 
bon  @|cmplaren,  baju  unterfd&iebSloS  äße  fyebräifd&en  93üc$er,  bie  man  fanb,  fo  baft 
Julius  III.  bur<$  neues  2>efret  berbieten  muftte,  anbere  ^ebräifdbe  Sudler,  als  ben  2ä£ 
mub,  ju  bcrbrennen  ober  bie  3juben  $u  miftfyanbeln.  Unter  SfitarcettuS  II.  toären  bie 
^uben  in  ^olgc  falfc^er  2lnflage  toegen  ÄinbSmorbS  faft  aus  9tom  bertrieben   toorben, 

86  toenn  nid&t  ber  Äarbinal  Sllej.  garnefe  bie  c^riftlid^en  SKörber  entbcdEt  ^ätte.  SJJaul  IV., 
Garaffa,  ein  ^eftiger  ^ubenfeinb,  legte  ben  römifc^en  ©^nagogen  ben  Iribut  bon  je 
)e^n  Zutaten  iä^rlid^  auf  )um  Unterhalt  beS  Jtonbertiten^aufeS  unb  fc^ärfte  1555  bie 
alten  fanonifcpen  ©efe^e  gegen  bie  3«ben  ein.  @r  unterfagte,  bie  3******  *,§***"  ju 
nennen,  liegenbe  ©üter  ju  be^en,  Slr^te  ber  Gfyriften  )u  fein  u.  f.  to.   @r  jtoang  auc^  bte 

40  ^uken  gu  JJro^nbienften  beim  Söau  ber  ©tabtmauer  gegen  bie  ©tHtnier,  bie  er  „berborbenen 
©amen  bon  3uben  unb  5JRauren"  nannte.  1555  überanttoortetc  er  fämtlic^e  Warranen 
ju  2lnlona,  toelc^e  bon  feinen  Vorgängern  gnbulgengen  erhalten  Ratten,  ber  ^nquifttion 
unb  fonfiSgiertc  t^re  ©üter.  1556  tourben  beren  24  berbrannt,  bie  übrigen  flogen.  2)er 
©ultan  ©uleiman  aber  forberte  bie  greilaffung   ber  türlifd^en  3Rarranen  in  änlona  unb 

46  ber  $aj)ft  muftte  nachgeben.  35ieS  ift  auc^  bie  *$t,  too  biele  STOarranen,  um  ftc^  bor  ba 
2;nquifttion  }u  ftc^em,  in  3)iönc^Sorben  eintraten,  toobei  fte  ben  gfranjiSlanerorben  unb 
befonberS  ben  3^fwitenorben  beborjugten,  fo  baft  Sßaul  IV.  bur^  3)eftet  bie  aufnähme 
bon  folgen  berbot,  bte  bis  im  bierten  ©lieb  bon  ^uben  abftammten.  Unter  $aul  IV. 
tourbe  aud)  jum  erftenmal  bie  ßau^tfc^rift  ber  Kabbala,  ber  ©o^ar  mit  SetoiOiguna  ber 

60  ^nquifition  gebrucft,  toeil  feit  9kucf)(tn  unb  $ico  b.  SJtiranbola  ber  allgemeine  ©laube 
berrfc^te,  bie  Äabbala  unb  befonberS  ber  Bobax  enthalte  bie  SJtyfterien  beS  (S^riftentumS. 
S)ie  ^uben  bagegen  tooDten  ben  Sann  auSfpre<$en  über  bie,  toelc^e  i^n  Veröffentlichten, 
toeil  ber  ©o^ar  jur  Äe^erei  fü^re.  $au!S  9lac^folger  5ßiuS  IV.  milberte  bie  garten  S3e^ 
ftimmungen  feines  Vorgängers  einigermaften,  }.  33.  burften  bie  S^ben  aufter^alb  ber  ©tobt 

66  baS  gelbe  33arett  ablegen.  @r  gemattete  auc^  1564  ben  2)rucf  beS  jenfurierten  lalmub,  ber 
juerft  in  Safel  erfd^ien,  1578—80.  SRed^t  fc^limm  erging  eS  tfyten  aber  unter  bem 
2)omtniIaner  5ßiuS  V.  1566  berfd^ärfte  er  bie  Seftimmunpen  $aulS  1VV  &ob  bie  SRilbenmgen 
^iuSIV.  auf:  3n  9lom  burften  bie^uben  nur  no<$  etne  einzige  Synagoge  bepien.  1569 
bertrieb  er  fte  aus  ben  päpftltd&en  Staaten  mit  ausnähme  ber  ©täbte  9tom  ux&  Xnbna. 

go  ©regor  XIII.  1572—85  unterteilte  fämtlic^e  ^uben  ber  2fnqutfttum,  berbot  benZalmub 


3*r<tel,  ©efd)trf)tef  nad)btbUfrifje  503 

unb  orbnete  an,  bafj  c^riftltd^c  ©eletyrte  in  tyebräifcfyer  ©pra<$e  an  ben  geiertagen  in  ben 
Synagogen  SefefaungSprebigten  galten  foUten.  Den  ©efyalt  biefer  $rebiger  mußten  bie 
§uben  felber  aufbringen,  dagegen  erfyob  ©regor  Äonbertiten  in  ben  Slbelftanb.  ©ein  9lacfc 
folget  ©i#u$  V.  tyob  bie  Sefäränfungen  feiner  Vorgänger  1586  auf,  gemattete  tynen 
*ReKaion$frei$eit,  berbot,  fte  ju  ©flauen  ju  machen.  9tur  bie  3^ng^rebigten  liefe  er  6 
befielen.  Siemens  VIII.  toieberfyolte  baS  SBerbannungSbefret  unb  bie  -äRaferegeln  feiner 
jubeitfembli$en  Vorgänger  1593.  ©eitbem  tyaben  ft$  bie  ^äpfte  nietyt  metyr  offiziell  mit 
ben  3uben  befaßt,  nur  bafi  $iu$  IX.,  1870  bei  Gelegenheit  ber  (Sinlabung  gum  batifa* 
ntf$at  ftonjil  auf  Anregung  #oeier  franjöftfäer  Äonberttten,  ber  Srüber  Seemann,  aud& 
an  bie  Suben,  toie  an  bie  Sßroteftanten,  bie  Slufforberung  richtete,  ftc$  jur  Iattyolif<$en  10 
Stinte  )u  belehren.  %m  Äönigreic§  Italien  aber  ftrielen  Suben  eine  tyerborragenbe  Stolle. 
S)er  Äommanbant  bon  9tom,  ®eneral@raf  Dttolengtyi,  ift  igube,  feine  Voreltern  fmb  1540 
aitd  Ettlingen  nac$  SRailanb  eingetoanbert. 

3n  Deutfc^lanb   erlitten  bie  ^uben  bauemb  bie  elenbeften  ©c^idffale.    3m  ®e* 
fofoe  ber  römif<$en  Segionen  mögen  fte  guerft  in  bie  Kolonien  am  Styein  gefommen  fein,  iö 
©d?on  im  4.  %afyfy.  toaren  fte  nad&toeislicty  in  Äöln.    Die  meiften  aber  toanberten  unter 
ben  fränfiföen  Äönigen  ein.    Unter  Äarl  b.  ©r.  finben   toir  fte  in  SKagbeburg,  -Werfe* 
&u*B,  SRegenSburg.    9la$  germanifäem  Siebte  galt  für  bie  3"ben  tyr  eigene«  9te<$t,  toie 
tyre  eigene  Sieligion;   fte  toaren  gremblinge  ofyne  Bürgerrecht,  ftanben  unter   beä  ÄaiferS 
©<$u$  unb  mußten  toie  alle  gremben  für  baS  Stecht  bauernber  9iieberlaffung  bem  Äaifer,  20 
toie  ben  dürften  unb  ©täbten  befonbere  ©teuer  jaulen.    3>nbem   M*  Äaifcr  fie  aß  iljre 
Äammerfnettyte  erHärten,   famen  fte   unter  befonberen  faiferlid&en  ©<$u$.    Die  beutfd&en 
3uben  toaren,  toie  äufierli<$  in  niebriger  Stellung,  fo  auc§   geiftig  ofyne  Silbung  •   tyre 
Xalntuble^rer  erhielten  fte  bom  Sfoälanb.     ftaifer  §cinric§II.   Vertrieb   fie   au«  3Raing, 
bo<$  burften  fte  fd^on  im  folgenben  %a\)tc  jurücffe^ren.  Sn.Speier  betoofynten  fte  bamalä  25 
einen  befonberen  ©tabtteü,  befafjen  ©arten,  ÜBeinberge,  2lcfer  unb  toiber  ba$  $riftlic§e 
Stecht  aud)  cfriftlic^e  ©Haben.     3#r  Quartier,  mit  SJlauern  gefctyüfct,  burften   fie  gegen 
angriffe  berteibigen.  £einricty  IV.  berbot  bei  ©träfe  bon  12  $fb.  ©olbeS,  ^uben  j}toang$* 
toetfe  &u  taufen.    (Sin  ©etaufter  berlor  baS  SrbföaftSred&t.    3n  $ro&efjen  jtoiföen  !guben 
unb  ©Triften  galt  jübif<$e$  9ied^t.     Kein  !gube   burfte   jur  geuer*  ober  Sßaffefyrobe  ge* » 
itoungen  toerben.    Sil«  ber  erfte  Äreu^ug  1094  ge^rebigt  tourbe,  trat  aud)  bie  erfte  33er= 
Tilgung   gegen  fte  ein,  bie  jjjeinbe  be«  Äreuje«  G^rtftt;   fte  tourben  i^rer  §abc  unb  be« 
SeoeitS  beraubt.    3n  3^«  ^  fo$  barum  bie  gange  ©emeinbe  taufen;   bo<$   blieb  nur 
i^r  Stabbt  SKic^a  bem  ß^riftentum  treu;   bie  übrigen  lehrten  balb  jum  ^wbentum  jurüi. 
3n  ©jmer  lamen  140  gamilien  um  mit  800  ^erfonen,  Don  benen   ein  Seil  ftc§  felbft  86 
ben  aib  gab.    3n  3R«inj  fonnte  ber  ©rjbifd^of  bon   1300  ©eelcn   nur  60,   im  Dom 
Verborgen,  retten.    Der  Sranb  ber  ©^nagoge  legte  au<$  bie  ©tabt  in  Slfc^e.    SBor  bem 
©fftnbel  ber  Äreujbrüber  fugten  unb   fanben  bie  3iwben  überall  ©$u$  bei  ber  ©eiftlic^- 
fett    Seim  jtoeiten  Kreujjuge  aber  fanben  fie  nid^t  me^r  benfelben  ©$u$  bei  ben  ruhigen 
Bürgern  unb  ©etftli$en,  tote  im  erften,  toeil   ber  Wönd)  Slubolf  toon  ©tabt   $u  ©tabt  40 
ben  Äreu^ug  gegen  bie  3uben  ^rebigte.   Äonrab  III.  aber  räumte  i^nen  bie  95urg  Nixen: 
berg    unb   anbere  Surgen   gum  ©c^ufee   ein;   beägleic^en  ber  ©rjbifd^of  bon  Köln  bie 
Singen  SBolfenburg  unb  ©ta^lccfe.    Der  Srjbifc^of  bon  ?Kainj  na^m  fie  in  ben  eigenen 
Zoloft  auf.     Sern^arb  b.  Slairbau;  aber  tarn  felbft  nad)  Deutfc^lanb   unb  betoog  ben 
Wtod),  feine  iKorbjJrebigten  einstellen.    Die jjürften  unb  bie  ©eiftlic^Ieit  aber  liefen  ftc^  45 
ben  ©c^ufe  ber  ^uben  gut  be^a^len.    3ln  SBei^nac^t  mu^te  bem  Äaifer  ein   gülbener 
Pfennig  5cot)ffteuer  bon  jeber  $erfon  be^a^lt  toerben;   aufeerbem   bejog  ber  Äaifer  bie 
Aälfte  ber  $ubenfteuer,  toelc^e  bie  ^\x\>m  an  ben  SanbeSfyerrn   ju  jaulen  Ratten ;   beim 
9cegierung«antritt  be«  ÄaiferS  bejog  er  aber  bie  ÄrönungSfteuer,  toeld^e  ein  Drittel  i^re« 
gefamten  Sermögen«  au^mad^te.    Dafür  aber  toaren   fte  bie  ^immä&eamten  ber  dürften  60 
unb   ^oben  ©eipüii^en.    gn  ©Rieften  bei  Sre«lau  befafeen  guben  ganje  Dörfer  unb  bie 
ba)u  gehörigen  Seibeigenen,    ©e^r  ^äufig  toaren  feit  bem  12.  ^afyrbunbert  bie  Slnflagen 
to^en  (S^riftenmorb,  toa«  allemal  Sföiftyanblungen  unb  Seraubung  aÖer  guben  be^  Sanbeö 

S:  golge  fcatte.  ©0  liefe  Mj.8.  ber  ßrjbifc^of  bon  Äöln  42000  5K.  ©ilber  unb 
ifer  ÄrtAric^  Sarbaroffa  500  9M.  Su|e  be^a^lcn.  äte  Sarbaroffa  feinen  Äreujj\ug  66 
unternahm,  fälofi  er  bie  3lwbcn  au^brücflid^  in  ben  Sanbfrieben  ein.  Unter  §einricfy  VI. 
toteber^oben  ftc^  bie  gräfclid;en  ©cenen  in  ben  St^einlanben,  toobet  immer  Srmorbung  bon 
Sänften  bie  änllage  bilbete.  3n  einigen  fällen  tourbe  ben  ^wben  ©d^abenerfafe  geleiftet 
unb  kourben  bie  berleumberifc^en  änfläger  beftraft.  Iro^  allen  SBerfolaungen  gab  e$  aber 
auif  xn  Deutfölanb  umd  ^a^r  1200  ^uben,  toel$e  an  beutf^er  Kultur  regen  Anteil  eo 


504  3§rad,  ©efdtfdfjte,  nadjbtblif^e 

nahmen,  ftnb  bod&  bie  beutföen  -Dtinnelieber  be«  3;uben  ©üfjfinb  Don  Irimbac^  in  bic 
Sieberfammlung  bcr  Wmnefänger  aufgenommen  toorben :  fed&«  lieber,  barunter  ein  betttf<$er 
<|}falm,  ftnb  Don  ifym  erhalten.  Unter  Äaifer  griebricg  II.  tourbe  ba«  lanonifc&e  ®efe$ 
burcfygefüfyrt,  bafe  %ubtn  feine  öffentlid&en  SÄmter  befleiben  burften ;    au#   föärfte  er  ba« 

6  jübiföe  3lb$ei(£en,  ben  gelben  §ut,  ein.  $erjog  griebri^  I.  von  DefterreUfc  bageaen  erlieg 
ein  Statut  mit  großen  Privilegien  für  bie  ^uben.  anflogen  gegen  3uben  büiften  nicfct 
angenommen  toerben,  h>enn  nic^t  au<$  ein  jübiföer  3«wge  beigebracht  tverbe.  Suben  foDten 
nur  Don  !guben  gerietet  toerben;  aucfy  fottten  fie  allerorts  freien  #anbel  unb  Shtrcfyug 
tyaben.     211«  gu  gulba   fünf  junge  ßfyriften  ermorbet   tourben,   f«$te  gfriebric^  II.   eine 

10  Unterfu$ung«fommiffton  ein  von  ©elefyrten,  um  ju  entfcfyeiben,  ob  bie  Suben  tovdlid} 
Sfyriftenblut  m  tyrem  $afjafy  brausten.  5Die  Stifter  entfc^ieben  untwrteifcfc,  fie  fönnten 
nie^td  ©etoijfe«  barüber  entfctyetben.  ©o  beruhigte  ft#  ber  gorn  be«  Äaifer«.  äuc$ 
SRubolf  toon  §ab«burg  erlieft  bie  (Srflärung,  bajj  e«  ntd^t  toa^r  fei,  baft  bie  jjuben  vom 
%mm  eine«   toten  Sfyriftenfinbe«  am  $afjafy  je&rten.     Irofcbem  toiebertyolte  ba«  SSoß 

15  aud?  unter  feiner  Regierung  $u  SMaina,  Stünden,  Dbertvefel  biefelben  anflogen  tum  Qtixi 
ber  Beraubung  unb  @rmorbung  ber  !guben.  $arum  toanberten  bamal«  toiele  §uben  caü 
Wlami,  9Borm«,  ©pcier,  Oppenheim  au$,  um  nacb  3;erufalem  Ju  8$*n,  h>o,  toie  bie  ©age 
ging,  ber  -Bieffia«  erfcfyienen  fei.  1298  fam  in  Sftötthtgen  in  gfranfen  bie  neue  8ef<$ut 
bigung  auf,   bafe  bie  !guben  eine  #oftie  im  SKörfer  jerftofeen  Ratten,   toorau«  bann  33lut 

20  gefloffen  fei.  Unter  Slnfüfyrung  be«  SRitter«  SRinbfleifö  tourbe  bie  ganje  3ubengemetnbe 
bafelbft  bem  geuertob  überliefert.  6r  jerftörte  fo  auc§  bie  großen  ©ememben  in  9iünt* 
berg  unb  SBüriburg.  gn  9iegen«burg  unb  2lug«burg  fc^ü^ten  fte  Sfirger  unb  JRat  ber 
©täbte.  3Me  Verfolgung  erftrecfte  ftd^  bi«  nad)  Öfterretc^  unb  raffte  140  ©ememben  mit 
100  000  ©eelcn  ba&in.    älbrecfyt  I.  legte  bafür  ben  ©täbten  fcofye  ©trafgelber  auf  unb 

26  nafym  bie  $uben  xn  fanen  ©$u$.  33ie  jtvang«toeije  ©etauften  burften  toieber  jum 
gubentum  gurücffc^ren.  !Jm  Vierzehnten  Iga^unbert  fam  eine  neue  öeföulbigung  auf, 
tvelctye  ben  3>uben  bie  fd^retflidpften  $obe«qualen  eintrug.  SBon  Slften  $er  verbreitete 
bcr  fötoarje  4ob  feine  ©d^recfcn  über  ganj  Europa.  3m  ^eftlid^en  ßurojxi  aber  öer* 
breitete   ft^   ber   Verbaut   unb  bie  Sefd^ulbigung,   bag  bie  ^uben   bie  Srunnen  unb 

30  Quellen  vergiftet  Ratten.  35ie  mächtigen  ^uben  ju  Solebo  fottten  burd&  ganj  Quxvpa 
©enbboten  mit  ©ift  getieft  ^aben.  $)a«  ©ift  befiele  au$  Safiliöfenfleif^,  ©ptnnen, 
gröjd^en,  ßibed^fen  Vermifd^t  mit  ß^riften^erien  unb  §oftienteig.  35ie  ©eri(^tötnbunale 
befc^äfttgten  ftep  ernftlid^  mit  biefem  3öa^n,  oer  Saufenben  toon  ^ubm  bie  entfe^lu^ften 
Folterqualen  eintrug,   jumal  ba  bie  3>wben,  toeld^e  überall  abgefonbert  too^nten,  toon  ber 

35  ©euc^e  Viel  mefyr  toei^d^ont  toaren.  35er  $er^og  SlmabeuS  toon  ©atootjen  er^refete  bun^  bie 
golter  alle  ©cftänbnifje,  bie  man  toünföte.  33ie  ßnt^üllungen  tourben  jrcotoloDiert  unb 
bie  ©d^lad^toj)fer  toerbrannt.  $n  Sern  erpreßte  man  biefelben  ©eftänbniffe  tinb  toet* 
brannte  bie  3uben.  2)ie  ©eftänbniffe  tourben  toom  9tat  ber  ©tabt  nad^  greiburg,  Safd, 
Strasburg,  Äöln  getieft.  3n3üric^,  ©t.  ©allen,  Sinbau,  ©c^aPaufen,  Äonftanju.  a.C. 

40  tourben  bie  Sieben  teils  toerbrannt,  teils  gefoltert,  teitö  toertrieben.  3)er  SBJa^n  unb 
^uben^a^  toar  ftärfer,  ate  ba^  bie  beiben  Süllen  Giemen«  VI.  Ratten  toe&ren  fönnen.  6in 
G^roniff^reibcr  aber  berietet :  ,,^a«  bare  ©elb,  toeldjjeS  bie  ^uben  Ratten,  toar  ba«  ©tft,  ba« 
fte  tötete/'  %n  Strasburg  tourbe  bie  ganje  3>ubengemeinbe  auf  bem  Äir^^of  toerbrannt.  3n 
SBorm«  unb  granffurt  toerbrannten  bie  3>uben  ftc^  felber.    3n  @*fu*t,  ©ifenac^,   ©ot^a, 

45  8re«lau,  2lug«burg,  SBür^burg,  SKünc^en  tourben  alle  3*»ben  toertilgt.  Slud^  in  SEBtcn 
tötete  fiefy  bie  ganje  ©emeinbe  felber.  6«  ift  unmöglich  alle  Orte  unb  alle  gretoel  auf* 
Julien,  benen  bie  ^uben  erlagen.  Mein  tro^bem  an  Vielen  Orten  SRagiftrate  unb  Sürger 
befc^tvoren,  in  tyunbert  ^al)tm  feine  ^uben  me^r  jujulaffen,  fonnte  man  fte  nirgenb  ent* 
beeren  unb  berief  fie  f$on  nad^  Wenigen  %a\)Ttn  jurüd.    !gn  ^  golbenen  Sufie  touibe 

60  1355  allen  Äurfürften  für  alle  3eiten  ba«  SRed^t  erteilt,  Suben  aufeune^men.  1368 
tourben  fte  toieber  naö)  Strasburg,  1352  nad)  Nürnberg,  1353  nac^  Sien,  1354  na$ 
@rfurt,  1365  nad)  Safel,  ebenfo  nad)  ^ürief)  unb  öeilbronn  jurüdf gerufen.  ®(eic^U>o^ 
tvurben  fte  immer  mefyr  burc^  Slbgaben  bebrüdtt;  au^  bie  Slnflagen  auf  Äinb«morb  unb 
^oftienfe^änbung  hörten  nic^t  auf,  unb  balb  tvurben  fie  aud^  toieber  tvegen  2Buc^er  toer> 

66  jagt,  ßaifer  SBen^el  erflärte  burd;  @bift  alle  ©Bulben  an  jübifc^e  ©laubiger  für  er* 
lof$en.  2)tc  &rieg«jüge  gegen  bie  $ufftten  begannen  and)  immer  mit  Verfolgungen  ba 
3uben,  toelc^e  benfelben  ©elb  unb  ©äffen  fouten  geliefert  ^aben.  SKartin  V.  unb  Äötfer 
©igi«munb  fugten  fie  Vergeblich  in  ©c^u^  ju  nehmen.  Überall  bro^te  i^nen  bie  9ht«* 
rottung,  unb  überall  beteten  fte  barum  um  ben  ©ieg  ber  $ufftten.    3)a«  Softer  SUmfjä 

60  befc^äftigte  fi<±>  in  ber  19.  ©i$ung  mit  ben  ^uben;   e«  fc^ärfte  bie  fanonifc^en  Scfrhn* 


3*rael,  ©cfdjtdjtc,  nadjbtbltfdje  505 

mutigen  ein,  nötigte  fte  gum  Slnfyören  Don  SefefyrungSprebigten  unb  toerorbnete,  ba|  an 
ben  Umtoerfttöten  $ebräif<$  unb  *  c^albäifct)  gelehrt  toerbe,  um  beffer  an  ifynen  miffionteren 
m  föttnen;  flontoertiten  foDten  begünftigt  toerben,  aber  fte  foHten  übertoad&t  toerben,  bafe 
fte  nic^t  unter  einanber  heiraten  unb  bafj  fein  sJJtarranentum  entfiele.  Sitte  btefe  Sc- 
fthrammgen  toeranlafcten  bie  ©ö^ne  beS  Äontoertiten  *ßaul  to.  93urgoS,  toel<$e  als  ab?  6 
gefanbte  beS  ÄönigS  Don  Spanien  am  Äonjtl  teilnahmen.  —  ^nbtreft  unb  unabft<$tlic& 
ftnb  bie  Suben  au<$  am  (Sntftefyen  ber  Sieformation  beteiligt,  benn  ber  *ßfefferforn^anbel 
tyütt  unter  ben  ©ebilbeten  DeutfölanbS  föon  eine  mächtige,  antillerifale  Partei  m* 
fammengebraetyt.  3htf  ©runb  einer  Denunziation  bcS  Äontoertiten  *Pfefferforn  Ratten  bie 
Dommifaner  ju  Äöln  einen  tJelbjug  gegen  ben  Stalmub  begonnen.  Sin  X  9teu<$Iimo 
fanben  fte  einen  energifd&en  ©egner.  Denn  biefer  glaubte,  in  Salmub  unb  Äabbala  fei 
bte  göttliche  Sßtyilofo^ie,  bie  SßeiSfyeit  ber  $atriar<$en  m  finben.  „Keine  SßeiSljeit,  meinte 
er,  mac^t  uns  getoiffer  über  bie  ©öttlid&feit  Sfyrifti,  als  Äabbala  unb  natürliche  Sföagie." 
3n  jtoei  ©driften  „35om  tounbertfyätigen  SBort"  unb  über  „bie  fabbaliftiföe  Äunft"  fefcte 
er  ferne  $alb  jübiföe,  tyalb  <$riftlic&e  S^eofopfyte  auSeinanber.  SR.  meinte  fogar,  bafc  in  ben  15 
Sorten  unb  Suc^ftaben  ber  fyebräifd&en  Stbel  eine  magif<$e  ©etoalt  tootyne,  toelctye  tiber= 
ixbtfc^e  ©etoalt  biete,  ©egen  3t.  trat  ber  ^rofefjor  unb  ©laubenSinqutfttor  %al  #ocfc 
fbraten  in  ber  ©cfcrift  auf  „ßerftöruna  ber  Äabbala".  3U  btefem  Sampf  um  bie  Äabbala 
gefeilte  fu$  ber  um  ben  lalmub.  $fefferforn  fyatte  §egen  bie  3iuben  atoei  Schriften  ge* 
förieben  „Subenbeicfyt"  unb  „^ubenfetnb"  unb  toon  ftatfer  3KajtmiIian  1509  einüRanbat» 
an  aDe  jjuben  beS  9tei<$eS  erlangt,  bafj  fte  tyre  d&riftenfeinblid&en  33ü$er  „unfrem  Diener 
unb  be8  Stet^eS  ©etreuen"  $fefferforn  ausliefern  jollten.  3n  e^ncm  floatm  SManbat 
tmtrben  ^o<^ftraten,  SReuc^lin  unb  ber  Äontoertit  SSiftor  to.  Äarben  unb  einige  Unitoer- 
fttaten  m  einem  ©utac^ten  aufgeforbert.  Steud&lin  gab  feine  Meinung  batyin  ab,  ßfyriftuS 
fabe  fe&ft  ben  Xalmub  ju  betoatyren  geboten,  toeil  aus  fym  aud)  äeuguiffe  für  bie  25 
cfcifHicbe  SBa^rfyett  tonnten  gewonnen  toerben.  SBegen  ber  feltfamen  Dinge  barin  bürfe 
matt  tyn  nic^t  toerni<$ten,  benn  mit  ber  menf$li<$en  Vernunft  muffe  Aberglauben  unb 
3rrtum  toerfnüpft  fein,  bamit  bie  Sted^tgläubtgen  baran  erftarlen  formten.  ©$Iiefjli<$ 
toutbe  bie  ©ac^e  auf  ben  Slei^tag  toertoiefen.  Sleuc^lm  aber  fd^alt  ^ßfefferforn  einen 
„Süffel  unb  6fel"  unb  afe  ißfefferlorn  gegen  SReu^lin  einen  „^anbfpiegel"  beröffents  so 
Gifte,  entgegnete  SReud^lin  mit  einem  „3lugenftriegel".  Site  gar  Sleud^lin  beim  ©rgbif^of 
bim  SRainj  „irriger  unb  un!ir$li$er  Seiten"  angeflagt  tt?urbe,  erhoben  ftd^  fämtlic^e 
ßumaniften  Deutfc^IanbS  für  tfyn  unb  gegen  bie  Aölner  unb  erregten  einen  ©türm  ber 
dntrüftung  ntd)t  blo^  gegen  bie  Dominitaner  ^u  Köln,  fonbern  gegen  bie  gange  ©eift* 
lifftett  unb  Jtirc$e.  ©0  fanb  Sut^er  einen  günftigen  Soben.  Den  ^[uben  aber  l/at  bie  35 
Deformation  ttriber  i^re  Hoffnungen  feine  SSerbefferung  ityrer  Sage  gebraut.  Sut^er  felbft 
jtoär  fptadf  ftc^  anfangt  gu  ©unften  ber  ^uben  au$  in  fetner  SluSlcgung  be«  22. 5|JfaIm« 
1619:  „3$  bitte  oiö)  barum,  fagt  mir,  toer  toirb  ju  unferer  Religion  übertreten,  h>enn 
ö  au$  ber  atterfanftmütigfte  unb  gebulbigfte  3Jtenf<$  toäre,  toenn  er  fte^t,  toie  fte  fo 
groufam  unb  feinbfelig  unb  nic^t  aQein  nid^t  $riftlt<$,  fonbern  me^r  als  t>kt)\\d)  toon  un$  40 
tralttert  toerben?  Die  meiften SßafftonSprebiger  t^un  nichts  anbereä,  als  bafe  fte  berauben 
SRuttoitten,  ben  fte  an  ß^rifto  toerübet,  fe^r  fd^toer  unb  gro^  machen  unb  bte  §erjen  ber 
©laubigen  toiber  fte  erbittern."  9lo<fy  berber  fj>rac^  er  ftc^  gegen  ben  Jliibenfyajj  aus  in  ber 
€tyrift:  „Da^  gefuS  ein  gebomer  ^ube  getoefen"  1523;  er  empfahl  an\tatt  ber  ^ctyfte 
©«f^  8^^  P*  bet  d^riftlic^en  Siebe  ©cjc§  jpi  üben,  fte  freunbli^  annehmen,  mitlaffen  45 
n>erben  unb  arbeiten,  bamit  fte  Urfa$e  unb  9taum  gewinnen,  bei  uns  unb  um  uns  ju 
fem.  3n  fpäteren  %atyctn  bagegen  fd^rieb  er,  toie  aud&  fein  ffliberfad^er  Dr.  ®cf,  eine 
pefttge  Schrift  gegen  bie  guben :  „9Son  ben  Qjwben  unb  tfyren  Sügen",  toa^rfc^einItd(>  toeil 
<aid)  m  Deutfd^lanb,  tüte  in  (Snglanb,  unter  toielen  ßtoangelif tyn  feine  ßlarbcit  über  i^re 
©tdlung  gum  311  ^errfd^te  unb  eS  toiele  „3"^^^"  (judaizantes)  gab.  6r  fagt  im  so 
Eingang,  toeil  bie  elenben  unb  ^eillofen  Seute  ftcfy  unterfingen,  G^riften  an  ftc^  $u  locfen, 
trotte  er  fte  toarnen,  ftd^  nic^t  toon  t^nen  narren  gu  laffen.  Die  3iuben  ftnb  untoerbeffer* 
Itc^,  ber  leufel  tyat  fte  ins  Sanb  gebraut ;  fie  ftnb  uns  eine  fd^toere  Saft,  h>tc  eine  ^Jlage, 
5RefKIena  unb  eitel  Unalücf.  (Sr  lobt,  ba^  fte  px  feinen  Sebjeiten  auS  ber  ganzen  böfymifdjen 
Jcnnie,  ÄegenÄburg,  5)tagbeburg  u.  a.  D.,  toie  aud^  aus  granfreiety  unb  ©ganten  feien  65 
Vertrieben  toorben.  3llle  alten  ©efd^ulbigungen  bringt  er  aufs  neue  toor.  dürften  unb 
©tobten  unb  ©eiftlic^en  rät  er  bie  fyärteften  N3Jta6regeln  gegen  fte  an.  SBenn  er  ©etoalt 
über  bie  guben  ^ätte,  toürbe  er  i^re  ©cle^rten  unb  Seften  toerfammeln  unb  i^nen  mit 
ber  Snbro^ung,  „i^re  3un8en  hinten  am  ^alfe  ^erauS^ufc^netben,  ben  SetoeiS  auf* 
legen,   bafi   baS  ß^riftentum   nic^t   einen    einigen   ©Ott,   fonbern  brei  ©ötter  le^re."  eo 


i 


506  3*rtel,  ®efd>tyte,  nadjbtbltf«* 

Äarl  V.  aber  beftättgte  1544  bie  ^Privilegien  ber  3uben  unb  fprad&  fte  Don  ber  ©cfytlb 
be«  Styriftenfinbermorbe«  frei.  §oc§berbient  um  bie  Äemttni«  be«  $ebräif$en  unter 
ben  Ctyriften  fyat  ft<$  SRabbi  Slia  fiebita,  bon  beffen  beiben  $rijtlic$  geworbenen 
Söhnen  einer  in  ben  ^efuitenorben  trat,  gemalt;    Äattyolifen  unb  $rotefbanten  lernten 

5  bon  tym  unb  ©ebaftian  fünfter  überfefcte  feine  ©rammati!  in  Sateiniföe. 

Unter  ben  fteten  Sef<$ulbigungen  unb  Verfolgungen,  Seraubungen  unb  Schlächtereien, 
benen  feit  bem  14.  3afy#.  We  3u^m  in  gang  Europa  au«gefefct  toaren,  fonnte  geifäge« 
fieben  nur  fj>ärltc§  gebeten,  gumal  i^re  Rabbiner  felbft  $&tlojoJ>$te  unb  freie  2Biffen* 
f$aft  al«  gu  Äe^erei  unb  ßfyriftentum  fityrenb,  in  ben  Sann  getgan  Ratten.  9R<$t  einmal 

10  ba«  Salmubftubtum  gebieb  in  2)eutf$lanb,  unb  in  ganj  ©uropa  berfanfen  bie  3ubat  je 
länger  je  mefyr  in  Aberglauben,  SR^ftif  unb  SRagie ;  etngig  ba«  ©tubium  ber  Äabbala 
blühte  unb  begünftigte  ©<$toärmerei  unb  ganati«mu«  aller  Slrt,  befonber«  feit  ^faalSurja, 
geft.  1572,  fte  nun  tyerrföenben  ©eift  im  Subentum  gemalt  tyatte.  Stagu  erging  ft^  bie 
$I?antafte  be«  Solfe«  immer  metyr  in  ben  fe&nfüd&tigften  2Refjta«$offnungen.    ge  mefr 

15  Glcnb  unb  9?ot  be«  ,,©olu«",  ber  ©efangenfc&aft,  ftieg,  um  fo  nätyer  tarnte  man  ba« 
Äommen  ber  ßrlöfung.  aber  toctyrenb  feit  Sar*Äo<$ba  mefr  al«  30  falfcfc  SRefftaflc, 
befonber«  im  Orient,  mit  bewaffneter  §anb  bie  Befreiung  Ratten  bringen  ioollen  unb 
aucfc  in  ©uropa  fcfyr  oft  bie  ^uben  ftc^  auf«  tapferfte  gegen  tyre  geinbe  toerteibigt  Ratten, 
fo  toar  feit  bem  14.  3<*fy$unbert  unter  ben  forttoäfyrenben   graujamen  Verfolgungen  bei 

ao  ben  europäiföen  ^uben  fo  f  efyr  aOe  3$at!raft  unb  alle«  ©elbftoertrauen  gefötounben,  bafr 
fte  tyre  ßrlöfung  nur  no<$  bur$  göttliche  SBunber  erwarteten.  3)ie«  geigt  gang  befon- 
ber«  \\)x  Verhalten  beim  Auftreten  be«  fallen  SReffta«  ©abbatai  3etoi,  1626  in  ©ntyrna 
geboren,  Oon  faanifdjer  äbfunft.  @r  ftubierte  lalmub,  me^r  nod&  Äabbala,  unb  lebte  aä 
Sielet  unb  galt  afe  junger  ^eiliger,    ©ein  Sater  War  Agent  ^oHänbiföer  unb  engltfcfcr 

25  Äaufleute.  2>ort  fyörte  fein  Sater  oft  bom  lOOOjätyrigen  !Rei<$  reben;  e«  ertoarteten  näm* 
li$  bamal«  biele  tyoDänbiföe  unb  englif$e  ©giften  beffen  Äommen  auf«  Satyr  1666, 
loa«  aucty  ben  ^uben  neue  $errli<$Ieit  bringe  unb  fte  na$  Serufalem  gurüdfü^re.  Stfefe 
fctyftärmerifctyen  Setyren  fafjte  ber  junge  Babbatax  begierig  auf,  unb  fo  erfragte  in  tym 
ber  SBatyn,  bie  SRotte  be«  5Reffia«  falle  itym  gu.  1651  toarb  er  in  ben  Sann  getyan  unb 

so  au«  ©mtyrna  berjagt.  9ladb  15  %afycm  trat  er  auf«  neue  auf  unb  toarb  mit  Den  retten 
■Diitteln  feine«  S8ater«  ficty  Anhänger.  Salb  fabrigierte  er  ^ßro^egeiungen.  3n  ©alonu^t 
trat  er  lütyn  al«  3Reffta«  auf,  toarb  aber  ebenfaD«  berbannt.  3)a  ba«  5fc$r  1666  natye 
rüctte,  begab  er  ft$  nacty  ^erufalem ;  ein  anberer  ^ube  übernahm  bie  Solle  be«  SBa«. 
6r  fanb  bei  feinem    abergläubifctyen  unb   untoiffenben  Solle  überall   ©lauben.    Surc^ 

85  Äafteiungen  bereiteten  bie  %ubtn  ftcty  in  allen  ßänbem  bor,  um  be«  ÜReffta«  toürbig  ju 
fein.  1665  liefe  er  ficty  in  ©mtyrna  t>om  Solle  tyulbigen.  2Ran  feierte  bie  au«gelaf|enJKn 
jVreubenfefte  unb  ber  Taumel  ergriff  bie  gange  3ubenf$aft  @urot>a«.  Salb  gefeilten  ft^ 
Sergüdungen  bagu,  unb  oifionäre  3uftänbe.  3U  Hamburg  tangten  felbft  alte  Stabbina 
mit  ber  Xtyorarolle  im  9lrm  in  ber  Synagoge,    mit  ^uben  rüfteten  ftcty  gum  Slu&ug 

40  nacf?  3eru[alem.  ©efanbtfctyaften  überhäuften  ©abbatai  mit  ben  reictyften  ©efctyeraen. 
§ättt  er  Äraft,  5B3iUen,  SKut  unb  Serftanb  befeffen,  er  ^&ttc  grofec  Sertoimm^  anrieten 
fcnnen,  aber  er  begnügte  ft<$,  3lnbetung  gu  »erlangen  unb  gu  fagen:  „®ott  glet^eS^^ 
er  fei  ©otte«  eingeborner  ©otyn.  Slber  ber  ttirfiwe  Rabi  in  ©ntyrna  fc^iate  i^n  1666 
nad)  jtonftantinopel  gum  ©ultan,   ber  itym  ben  freien  Sturban  auffegte  unb  ein  grüne* 

45  Äleib  bagu  gab.  Sil«  2Jletyemeb  ßffenbi  tourbe  er  aRatymub*  IV.  3^ür^üter.  ©ie  (Snt* 
täufctyung  uub  Sefctyämung  ber  3>uben  überall  toar  fur^tbar;  bon  ba  an  fear  et  um 
ityre  Hoffnungen  gef<|etyenunb  ber  3Reffia«glaube  berlor  feine  SBurgeln  aOmä$li$,  toenigfteitf 
bei  ben  ©ebilbeten.  aber  bei  ber  fanatijc^en  SRaffe  be«  Dften«  bemächtigten  M  anbete 
Setrüger  ber  Setoegung.    1720  trat  in  ©aligien  ßantiu«  Seibotoiq,  genannt  gronf,  auf 

so  mit  ber  Setyau))tung,  er  fei  bie  friebergeborne  ©eele  ©abbatai«.  ©eine  ^tntyanger  festen 
ben  ©otyar  an  bie  Stelle  be«  Xalmub.  35ie  Rabbiner  fpra$en  ben  Sann  Ober  bie  Seftt 
Dem  Sifctyof  bon  Äamienice  erflärten  fie,  bafe  fte  an  bie  S>reieinigfeit  glaubten,  toe«^alb 
er  futy  ityrer  annabm.  gn  einer  3)i«putation  mit  ben  Jalmubiften  lonnten  biefe  tarnen 
leine  ©eletyrten  entgegenftellen ;  batyer  tourben  fte  al«  beftwt  erHärt;  fte  mußten  5000  fL 

55  ©träfe  jablen  unb  an  1000  ialmubeEempIare  mürben  oerbrannt.  9htr  bie  Stbel  unb  ber 
©ol^ar  jfottte  ben  Iguben  geftattet  fein.  Unter  Äönig  «uguft  III.  t>on  ^Solen  ließen  fte 
[xd)  auf  $rant«  diät  ade  taufen.  Der  Mönig  felbft  fear  %xar\U  laugte.  Salb  aber 
tourbe  %xani  al«  Setrüger  entlarvt.  Ülaty  13 jähriger  ^aft  bur^  bie  Stuffen  befreit,  fe(te 
er  nod)  20  Jahre  feine  religiöfen  Betrügereien  in  Öfterretc^  fort    9loc^  fcute  foH  e«  unter 

60  ben  ftatyoliten  Siebenbürgen«  3latyommm  bief er  ^ranüften  geben,  toetifc  jübtfc^e  ©ttten 


3*rael,  ©efdjidjte,  nadjbiblifdje  507 

pflegen  unb  $eimltd&  ben  ©abbatty  galten.  2lu«  ben  ©abbatfyanern  entftanb  au<$  bie  in 
unferer  3*i*  unter  ben  guben  Sßolen«  unb  SRufjlanb«  fo  mächtig  geworbene  ©efte  ber 
(Sfcffibtm.  3fa  Stifter  ift  guba  ßtyafftb  (ber  fromme)  au«  2)ubno.  35on  ben  ortfyo* 
bojen  SRabbinern  Verfolgt,  toanberte  er  mit  1500$erfonen  um  1700  na<$  Sßaläfttna  au«. 
Sie  tarnen  aber  um  ober  mußten  jum  3«lam  unb  ßbriftentum  übertreten.  2)ie  ©efte  6 
aber  lebte  in  Stufclanb  unb  Sßolen  toeiter.  §icr  h)urbe  ifyr  9leuftifter  3«rael,  genannt 
Saal  ©$em,  au«  Sttbauen,  ber  al«  SBunbert^äter  unb  Sßropfyet  galt.  3)urcb  2)ob  93eer 
aud  Sonnten  toarb  bann  bie  fünftlicfy,  au<$  burcf)  SBrannttoein  ftimulierte  (Stftafe  unter 
fyten  fyetmifö  gemalt,  fo  bafj  ityre  3ufammen{ünfte  aucty  in  Orgien  ausarteten.  2)ie 
SBunberrabbt  ftnelen  eine  grofee  Stolle  bei  tynen  noc§  tyeute.  33er  ©ofyar  gilt  tynen  am  10 
fytyften  unb  bun£  9l«!efe,  ©ebete  unb  ©efefcesftrenge  fuc&en  fie  ba«  Äommen  be«  SKefftaö 
ju  beförbern.  ©ie  ftnb  fyeute  bie  mächtigen  £üter  altjübifc^en  9Befen«  mit  allem  Slber* 
glauben  unb  3fanatt«mu«,  bie  ben  inneren  SSerfaK  unb  bie  geiftige  9lrmut  be«  jefcigen 
3ubentum«  lennjetc^nen. 

SBafrenb  fo  bie  p$antaftifd&fte  ©d^toärmerei  unb  ber  fraffefte  Aberglaube  ifyre  Orgien  15 
feierten  in  ©abbatai  gttoto  9Jteffta«traum,  lebte  gletdfoeitig  in  2lmfterbam  Sarucfy  ©Jrinoja 
(Gäpinofa)  1632—1677.  @r  ift  berSetoei«,  bafe  bei  aller  geiftigen  Zerrüttung  unb  allem 
inneren  Serfall  ba«  jübtföe  SSoIf  immer  no<$  ©eifter  toon  bober  ^ntetltgenj  fyerfcorjubringen 
tKnmxfye,  freiließ  im  ©egenfafe  ju  ben  fyerrfd^enben  ©eroalten,  bie  einen  folgen  ©eift  in 
ifaer  SWttte  niefct  ertragen  fonnten.  Sticht  blofj  bur<$  ben  Sann,  fonbern  aud&  bur<$  ge-  20 
meinen  -DtorbDerfud?  fuc^te  ba«  bamaltge  ^ubentum  ftc§  eine«  folgen  Center«  ju  ent* 
lebigen,  benn  felbft  bie  foanifdben  Suben,  benen  ©jrinoja  entftammte,  toaren  gang  unb 
gar  bom  engherzigen  ©eift  fepmufeiger  polnifd^er  Rabbiner  betyerrföt.  3m  17.  unb 
18.  3atyr$unbert  nämli<$  toar  $olen  ©<$frerjmnft  unb  Sentrum  be«  jübtfcben  Solle« 
getoorben.  25 

$olen  tourbe  nämlt<$  fett  bem  14.  Jtafyrfyunbert  bie  3uflu<$tftätte  aller  Verfolgten 
toefHufcn,  befonber«  ber  beutf<$en  guben.  Stauer  forec&en  aud&  bi«  fyeute  alle  polniföen 
unb  rufftf$en  3uben  bie  beutfd^e  ©praetye  in  einem  mit  fyebräifc&en  unb  au<$  Wenigen 
pobtitöen  unb  rufjtfd&en  2Börtern  genügten  Jargon,  bw  fogar  für  profane  ©egenftänbe 
aud}  £ttteraturfpra$e  getoorben  ift.  ©ett  bie  polniföen  3uben  aud)  ba«  geiftige  rote  ba«  ao 
ranneriföe  Übergetönt  unter  bem  jübif$en  Soll  erlangten,  teilen  ft$  bie  ^uben  in  3l$* 
lenaftm,  beutfd^olnifc^e,  unb  ©ep^arbim,  fpanif($e  ^uben  (©^antolen).  ©d^on  frü^  {amen 
ma  bem  bt>j<mtimfc^en  Sleic^  ftuben  in  bie  ungarifd^en  unb  polmföen  Sänber.  ©regor  IX. 
nötigte  ben  JKhtig  Slnbrea«,  ^uben  unb  Wufyammebaner  t»on  allen  Ämtern  au«)ufcplie^en. 
1235  mu|te  ba«  93erf)>red^en  erneuert  toerben  unb  1279  auf  bem  Äon$il  toon  Ofen  festen  86 
bie  unaarif$en  unb  jüb^olnifc^en  ^ird^enfürften  ba«  3ubenab)ei$en,  ein  rote«  Stab  an 
ber  finfen  Sruft,  burc^  unb  @ntlaf[ung  aüer  jübifd^en  $äc^ter  unb  9lngefteQten.  .Honig 
SuMoia  bon  Ungarn  bertrieb  fie  bann  ganj  au«  feinem  Sanbe ;  fie  toanberten  nac^  Sö^rten 
unb  ßjterreic^.  3n  9Men  bagegen  begünftigte  fie  6aftmir  ber  ©rofje;  er  beftätigte  1334 
bie  (Befcfee,  toelc^e  93ole«lato  $iu«,  §er&oa  Don  Äalifcb,  100  Sa^rc  früher  ju  i^ren  ©unften  40 
edaffen  patte,  unb  be^nte  fte  auf  gang  ^polen  au«.  3)ie«  ©efe^  beftimmte  auc^,  bafe  5?ers 
urteüun^  toegen  ß^riftenlinbermorb«  nur  ftatt  ^aben  bürfe,  roenn  aufeer  brei  <$riftlicfyen  auc^ 
taei  jübtjc^e  $eu$m  toor^anben  feien.  Slud^  tourben  bie  G&rtften  bcrpflic^tet,  3u^cn  ^m 
ÄaB  be«  SWorbanfaH«  ju  ^ilfe  gu  fommen.  JVreilid^  mufetc  er  13  3a^rc  foäta:  i^ren 
Sturer  burc^  ©efe^  beföränten.  Sßä^renb  ber  $eft  fielen  in  ftalifö,  5lratau  unb  ©logau  46 
Subenme^eleien  toor.  SDie  ^ubm  burften  bie  8anbe«trac^t#  golbene  Äetten  unb  $>egen,  in 
$ol«n  tragen.  3)a  e«  in  ^8olen  nur  abelige  unb  Seibeigene  aab,  bilbeten  bie  %vfr>m 
\tym  bomol«  allein  ben  ©eroerbe-  unb  §anbel«ftanb  unb  hmren  oem  Sanbe  unentbe^rlid^. 
1447  betätigte  6apmir  IV.  i^nen  nid^t  nur  gleicbfaü«  alle  i^re  SRed^te,  fonbern  erweiterte  fte 
no^,  inbem  bie  lanonifetyen  ©efe^e  unb  bie  be«'  Safcler  Monjil«  aufgehoben  tourben.  §ür  w 
6^riftenttnbermorb  mußten  oier  jübiföc  3*\i$m  bor^anben  fein ;  auf  falfcfye  änflage  gegen 
Auben  jhinb  Iobe«ftrafe.  liefen  Segünftigungen  gegenüber  liefe  ber  Äarbinal  ^bigneto 
Dle«nicf  toon  Ärafau  ben  ^önc^  Sa^tftrano,  bie  ©eifeel  ber  Qubcn  in  ganj  Suro^a, 
toie  feine  Sobrebner  tyn  nannten,  fommen,  ber  jugleic^  gegen  bie  ßufftten  prebigen  follte. 
1464  mußte  ßaftmir  alle  ^Privilegien  ber  ^uben  jurüdtne^men.  3luc|  tourbc  eine  befonbere  » 
^ubentrac^t  eingeführt.  3m  16.  Satyrfy.  bagegen  befafeen  fte  toieber  oiele  SRec^te,  ftoUlpaty 
unbörannttoembrennereien  toaren  ganj  in  i^ren  ^änben,  tote  auc^  faft  ber  ganje  §anbel 
tmb  bie  J^anbtoerte,  benn  ba«  ©tatut  (Saftmir«  IV.  toar  einige  %ai)Tt  fpäter  toieber  ein« 
«fü^rt  toorben.  ©eine  ©ö^ne  3<>^ann  3llbert  unb  3llejanber  toaren  iJ^nen  jtoar  feinb« 
U^,  aber  ©ifltemunb  L,   1506—1548,   fd^ü^te  fte  träftig.    ^^re  Sertreter  beim  Äönig  w 


508  3*roel,  @efd)td)tc,  nadjMMrWe 

toaren  bie  är^irabbiner.  @rft  emgehxmberte  beutfd&c  Rubelt  ty&m  aber  bamal«  ba«  "Xalmub* 
ftubium  in  Sßolen  gut  Slüte  gebraut,  toie  fte  auc$  bamal«  bie  beutfefce  Spraye  für  bie 
Suben  $olen«  gur  &errf<$enben  matten;  nur  bie  guben  Sityauen«  unb  Dftyolen«  be* 
hielten  bie   littyautfäe  unb  rufftfc&e  ©fcrac^e.  Um  biefe  $ät  fcat   aud)  ^ofepb  Äaro  im 

6  ^aläftinenftjdjen  ©afet  ba«  ©efe£e«toerf  toerfafet,  ba«  im  praltiföen  geben  ade  anbeten 
Salmubtoerfe  fcerbrängte  unb  bi«  tyeute  bie  9torm  alle«  ©efefce«leben«  geblieben  iß:  ber 
Schulchan  Aruch ;  bie  #errf$aft  biefe«  33u($e«  rorrb  ^eute  nod&  bur$  bie  SRabbmer  Solen* 
aufredet  erhalten,  benn  feit  bem  16.  Satyrfyunbert  ftnb  bie  polnifdjen  $almubf#ulcn  bie 
berüfymteften  6urot>a«  geworben,  t>on  Denen  fogar  bie  beutfe^en  guben  $re  Rabbiner  be* 

io  gegen,  obtootyl  fte  fem  einzige«  bebeutenbe«  Jalmubtoerf  ^erborbrac&ten;  um  fo  größer 
fear  aber  ihr  ßifer,  überall  lalmubföulen  gu  errieten  unb  bie  flenntni«  be«  Xalmub 
unb  Schulchan  Aruch  gu  Verbreiten,  dagegen  Sibelftubien  unb  Sibelfenntni*  towrbe 
gang  bernad&läfftgt.  sJlur  ein  ^ertoorragenbe«  SBerf  entftanb  in  $olen.  3faa!  %xoTx  (bei 
Sßilna),  berÄaräer,  toerfafcte  1593  bie  Schrift  Chisuk  Emuna  Sefeftigung  be«  ©tauben*. 

15  Siefe«  2Ber!,  hervorgegangen  au«  9teligion«gefin;ä<$cn  mit  (S&riften  berföiebener  SBeterate 
niffe,  gilt  bis  tyeute  al«  Slrfenal  fotoofyl  jur  Serteibigung  al«  gum  Angriff  be«  ^uben* 
tum«  gegen  ba«  ßfyriftentum.  3n  getiefter  SBeifc  fu^t  e«  befonber«  3Biberfrrü$e 
in  ben  ßtoangelien  gu  entberfen.  6«  tourbe  au«  bem  #ebräifctyen  in  bie  ftxmifcfce,  fotctnifcfa 
beutf<$e  unb  frangöftfc&e  ©J>ra<$e  überfefct.    Sin  £crgog  toon  Drlean«  färieb  eine  SBiber* 

20  legung.  2)er  lefcte  Äönig  au$  bem  ©tamme  ber  gagcllonen,  2Blabi«lato  IV.,  toar  ben 
^uben  befonber«  getrogen  1632—1648,  unb  ber  fyofye  Slbel  blieb  in  feiner  2U>fyängigfett 
toon  ben  ^uben  and)  im  17.  ^a^rty.,  ja  bie  guben  bilbeten  red&t  eigentlich  einen  Staat 
im  Staate  burefy  bie  ©tynobe,  toelc^c  alle  3>uben  be«  gangen  Steige«  einte  unb  jtoeimal 
im  $atyre  in  Sublin  unb  3>aro«lah>  tagte.    Sie  Sabbiner  b^errföten  SDenfen  unb  Seben 

26  ber  3uben  gang  unb  gar.  %l)x  lalmubftubium  tourbe  aber  immer  r>erf<$robener  unb  ber* 
breiter  unb  ertlügelter :  Gfyarafter  unb  fxttlid>eö  Setou&tfein  ber  po(nif$en  3uben  ttmrbe 
babur<$  grünb(i$  fcerborben ;  Serfdbmtytljeit,  ©pifcfmbigfeit,  9%e$t$aberei  unb  Steigung  ;u 
gcifllofen  9Bi$eleien,  Sift  unb  S3etrugf  ^anati«mu«  unb  ^euc^elei,  Aberglauben  unb  gri^ 
toolität  tpurben  ^erborragenbe  ß^arartereigenfebaften   ber  polniföen  gwben  unb  brüdten  je 

so  länger  je  mefyr  bem  gangen  jübifcfyen  Solle  ben  ©tem^el  ber  SBert ommen^eit  unb  Säimner- 
lid&fett  auf.  35enn  bei  ber  überau«  ftarfen  93erme^rung  ber  polnifc^en  3"ben  fanb  immer 
lieber  eine  ftarte  SRücfhJanberung  nac^  bem  tt>e[tltcr)en  Suroßa  ftatt,  fo  ba^  mit  ausnähme 
ber  ©^aniolen  fämtlid^e  euro))äif(^e  ^uben  ben  polnifc^en  G^arafter  annahmen,  toobur^ 
fte  ben  anberen  Söllern  um  fo  ber^a^ter  tvurben.    9ln  bie  ©teile  ber  eblen  SBürbe  M 

85  orientaltfd^en  Gl^aralter«  trat  bie  tyinterliftige  Ärie^erei  bc«  flatoif^en.  —  90«  im  17.3<*W- 
bie  3iwben  ftc^  mit  bem  2lbel  unb  ben  ^efuiten  fcerbünbeten  jur  ÄnecJ^tung  ber  f($tömas 
tif<$en  Äofalen  in  ber  Ufränc  uub  biefe  unter  3lnfü^rung  ß^mielnidi«  bie  $olenbeere 
fd^lugen,  Würben  Diele  Xaufenbe  toon  %vben  niebergeme^elt.  Wuti)  ber  rufftföe  unb  \iftot- 
bifc^e  Ärieg   unter  Äarl  X.   begimierte  bie  Iguben.    3n  1>™  %cfyTm  1648—1658  Jollen 

40  600  000  jübiföe  gamilien  umgefommen  fein.  33amit  toar  Slei^tum  unb  SRac^t  auti)  ber 
polnifc^en  ^uben  gebrochen.  2)cr  Untergang  unb  bie  Teilung  $olen«  )erf$Iug  cwt)  bie 
ßin^eit  be«  ^olnif^en  3wbentum«. 

III.  SDic  92eugeit.  9lm  @nbe  be«  18.  ^a^.  ^atte  ba«  jübifc^e  Soll  unb  ba* 
^ubentum   ftd^  überall  in  ber  2Belt  aufgelebt,  unb  ^atte  eine  aUgemeine  getfH^e  Ser» 

45  fumpfung  unb  religiö(e  Sertoilberung  $la|  gegriffen,  ©ottte  ba«  Soll  nxd)t  gängig  bem 
Untergange  getoet^t  fein,  fo  beburfte  e«  einer  geiftigen  SBiebergeburt  unb  einer  totalen 
inneren  unb  äußeren  Umgeftaltung.  Sie  innere  begann  in  &eutf$lanb  burt^  Stoje« 
ÜJtenbetefofyn,  bie  äußere  burd^  bie  ßmangtyation  ber  $v!t>en  m  granfrtic^.  Darum  be* 
ginnt  mit  bem  19.  3afyrfy.  für  ba«  jübtfdje  Soll  eine  bur^au«  neue  (Spoty  feine«  geben« 

60  unb  feiner  ©eföid&te. 

2)er  große  Äurfürft  griebrid^  SBil^elm  Ijatte  au«  eigner  ^ntttattoc  ftc^  entföfoffen, 
50  jübiferpe  Familien  au«  2Bien  tommen  gu  laffen  unb  in  Sranbenbura  aufgun^mm. 
©o  beftanb  aud)  in  Serlin  eine  fleine  ©emetnbe  bon  ©^u^juben.  ßter|er  fam  SRofc* 
3Kenbel«fo^n,  geb.  1729  gu  2)effau,  ber,  mit  Seffing  befreunoet,  ftd&  ©ilbung  unb  p^ilo» 

65  fo^lnfdjc  Menntniffe  ertoarb.  ^sn  ber  sJ^etbe  ber  ^ßo^ularp^ilofo^en  toarb  er  ein  gern  ge* 
lejener  ©d^riftfteller,  ber  befonber«  burc^  feine  ©(^rift  über  btc  Unfterblt$fett  ba  Sede 
aueb  bie  bantbare  älnerfennung  bieler  S^riften  gewann,  ©ein  Seiflptel  h>erfte  bie  %a<fc 
a^mung  anberer  junger  ^uben,  unb  balb  em>ad^te  ein  Surft  na$  Silbung  unb  ©iffen= 
fc^aft.    ß«  bilbeten  ftd^  ba  unb  bort  Mreife  fold^er,   tvel^e  ft$  am  lalmubftubium  rn^t 

60  mefyr  genügen  ließm.    Xiefgc^enb  fear  bann  bie  SBirfung,  n>eb^e  feine  Überfefcung  ber 


3*rnel,  ©efdtfdjte,  nadjbiMifdje  509 

fünf  Siu^er  3Rofe3  in  bcutföe  Spraye  auf  fein  SBolf  ^attc.  Sie  toar  mit  fyebräiföen 
Settern  aebrucft,  toeil  bie  !guben  nocfy  nirgenb  in  Deutfölanb  beutf<$e  Schrift  lefen  lonntcn. 
Die  Slabbmer  aber  verboten  bei  Strafe  beS  93anne«  ba«  Sefen  biefer  Überfefcung.  aber 
bad  Verbot  blieb  toirfungälo«.  Sin  biefem  Sucfy  aber  lernten  bie  beutf<$en  ^uben  bcibe«, 
bie  beutföe  Sprache  unb  bie  Urfunbe  tyrer  Religion.  Seitbem  entftanb  ein  ©efcfclec^t  6 
)übtf$er  ©c^riftfteller  unb  Agitatoren,  bie  fi$  bie  Slufgabe  ftettten,  tyr  93olf  au«  feiner 
äbgeföloffentyett  $erau«jufityrcn,  mit  mobemer  Silbung  unb  Söifjenfdjaft  belannt  ju 
machen,  bie  jübifd&e  Sieligion  toon  Aberglauben  unb  totem  Scremonienbienft  $u  befreien 
unb  mit  bem  mobernen  Denfen  unb  Seben  in  ßinflang  gu  bringen.  So  ift  e«  boc$  eigent* 
ltd}  bie  33ibel  getoefen,  toelc^e  ben  Slnftoß  gab,  ben  ©eift  ber  3iuben  Dom  %o$  be«  %ci- 10 
mub  ju  befreien  unb  tym  neue«  2ebm  eingu^aud;en.  SR.  felbft  aber  fyatte  biefe  S3e* 
toegung  fetnestoeg«  beabftc^ttgt.  SCBtc  fcfyon  auf  SR.  fo  Ratten  aber  Stouffean,  Voltaire, 
%*Rw&r  Jtant#  #erber  unb  fpätcr  ©oetfye  unb  Spider  ben  allergrößten  geiftigen  ßinfluß 
auf  ba*  junge  ©efc^Iec^t,  unb  alle  befeelte  bie  2tbftd;t,  ba«  Subentum  gu  reformieren,  tym 
emen  neuen  ©eift  einzuflößen.  $n  granfreic^  tourbe  nac$  langen  Verfyanblungen,  in  benen  16 
bie  Suben  burc$  ÜRirabeau  unb  ©rSgoire  gegen  bie  ^rotefte  ber  (Slfäffer  unterftüfct 
tourben,  am  28.  September  1791  ba«  ©efefc  angenommen,  burc$  toelctye«  bie  ^uben  für 
al€t$bere$tigte  öürger  granlreic^  erllärt  mürben.  3m  3a^c  !808  aber  mürbe  bie 
®Ie«$berectyttgung  für  bie  ^uben  be«  (Slfaß  aufgehoben.  $ur  Honftituierung  ber  ^uben 
berief  am  26.  3uli  1806  Slapoleon  100  jübiföe  Slotabeln  na$  <JJari«.  Der  Äaifer  leate  20 
tynen  12  ^fragen  Dor,  toon  beren  Seanttoortung  ityre  Stellung  im  BtaaU  abhängen  foute. 
3m  folgenben  gafyre  fefcte  bann  ba«  Stynebrion  für  bie  3>uben  bie  Äonfiftorialtoerfaffung 
feft,  bie  £eute  nod?  m^ranfreie^  gilt,  infolge  beffen  erflärten  auc§  alle  Styeinbunbftaaten 
bie^uben  für  gleichberechtigt  unb  alle  2änber  unter  framöfiföer  £errf$aft.  Selbft  Preußen 
getoetyrte  1812  tyre  Emanzipation,  otyne  fte  aber  au«jufül?ren,  unb  fogar  in  SRecflenburg  26 
erlangten  fte  einige  Siebte,  gn  granlfurt  erfauften  fie  fic$  um  400000  fl.  bie  ©leiefc 
berec^ttgung.  Allein  gleich  na<|  ben  93efreiung«friegen  trat  bie  9iea!tion  ein.  Die  freien 
©tobte,  felbft  grantfurt,  fyoben  bie  gemährten  Siedete  auf,  unb3lrtifel  101  ber  Sunbeäafte, 
toonaefc  fie  bie  erlangten  Siechte  behalten  foUten,  fonnte  fie  ni$t  fd^üfcen.  3n  Öfterreid) 
bageaen  fu$r  man  fort,  bie  reiben  S.uben  m  abeln  unb  bie  Slrmen  unter  bem  Drudf  |\u  30 
betonen.  3«  ^ranfreic^  bagegen  behielten  fte  tt^rc  Siebte  unb  in  Snglanb  erhielten  fte 
Slatun,  ft$  fol^e  }u  erfämpfen.  ^n  ben  meiften  Staaten  2)cutjd;lanbö  na^m  au$  ber 
Staat  bis  jübifc^e  Sieligionätoefen  unter  feine  Auffielt  unb  Seitung.  Unter  ben  !^uben 
aber  entftanb  eine  merttoürbige  Setoegung.  Stanc^e,  ftie  3J2enbel^fo^n^  Siac^tommen, 
aingen  fofort  jum  S^riftentum  über,  anbere,  toie  ^rieblänber,  unter^anbelten  mit  ©eift- 35 
uc^at,  tote  toentg  fte  bon  ben  Dogmen  annehmen  müßten,  um  ftc^  taufen  ju  (äffen.  2Bieber 
anbere,  tote  3<tfob$fo^n,  errichteten  in  Jtaffel  unb  Hamburg  Sleformf^nagogen  mit  beutfd^er 
$rebtgt  unb  ©ebeten,  Orgel  unb  proteftantifc^em  ^farrtalar.  Doc^  tonnte  bie^  SlUeö  fte 
nk^t  t>üt  bem  Sturm  be0  3ubenfytfte3  f^en,  ber  1819  juerft  in  SÖür^burg  loebrad^  unter 
bem  ©efc^rei  pfy  !  §ej) !  9)Tan  plünberte  unb  mißbanbelte  bie  ^uben,  btö  sDitlttär  bie  Stu^e  «o 
^er^eOte.  Diefe  SUtefd^reitungen  toieber^olten  ftcfy  in  ben  Stäbten  Süb»  unb  Wittel- 
beutfc^lanb^.  Die  neumobifc^en  Xempcl  aber  tourben  toon  ber  Stegierung  al^  „unjübifd^" 
aefc^lüfjen  unb  bie  beutfefce  ^rebigt  Verboten.  Die  ftolge  toar,  baß  immer  mc^r  !Juben 
M  taufen  ließen;  in  Berlin  bi^  über  200  im  $afyre.  3lnbcrerfettö  bilbete  [\d)  aud)  eine 
ortyoboce  gartet,  toelc^e  allen  Steuerungen  ab^olb,  fototet  aU  möglich  Dom  alten  3^ben-  46 
tum  unb  fvnagogalcn  Siitud  toa^ren  toollte.  Die  Sieformer  aber  bereinigten  fic$  1819  im 
„Scrcin  für  Äultur  unb  SBiffenfc^aft  be«  3ubentum«".  3^r  ttyätigfteS  unb  gelel^rteftc« 
©lieb  toar  Seopolb  3«nj.  Dod^  braute  biefe  Partei  nid^t^  Dauerhafte«  gu  ftanbe.  §eine 
*erft»ttete  bie  „gute,  reinliche  Sieligion,  biefen  SRofaifgotteebienft  mit  ben  ortljogra^ifcfyen 
beulen  ©ejängen  unb  gerührten  ^Jrebigten",  benn  i^m  toar,  toie  feitfyer  Saufenben,  so 
baÄ  ^wbentum  „gar  leine  Sieligion,  fonbern  ein  Unglücf".  (Sine  neue  SBenbung  trat  erft 
ein  burc^  SKartu«  ^oftö  ©ef<$ic£te  ber  brachten  1820—1829  in  9  Sänben ;  au« 
biefem  SBert  lernten  bie  mobern  gebilbeten  3>uben  erft  toieber  i^re  Vergangenheit  fennen, 
fo  bafe  fu^  in  tynen  toieber  iübif^e«  93etoußtfein  regte.  Die«  tourbe  nod^  gefräftigt  burc^ 
3un|end  ^St^nagogale  $oefie"  unb  „bie  gotteäbienftlic^en  SSorträge  ber  ^uben".  ^e^t  66 
mtftanben  grünbli^e  ^orfc^ungen  über  ba«  ^ubentum  unb  feine  ©efc^ic^te.  tfro$mal 
lehrte  ba«  3u^entum  ^  ^iftoriföe  (Srfc^einung  toürbigen.  Stapoport  unb  Suuatto  er- 
toarben  ft^  bur^  ibre  ^iftorifd^en  unb  grammatifc^en  ^orfd^ungen  große  £$erbienfte. 
Stierer  grünbete  auc^  ju  ^abua  bao  erfte  Siabbinerfeminar  1829.  Diefe  toiffenfc^aftlic^e 
Stiftung  geitigte  eine  gemäßigtere  unb  mefyr  ^iftorifc^e,  toeniger  rabüale  Sleformbetoegung,  60 


510  3*rael,  ®efd)id>tc,  natf>biblif$e 

an  bereu  (Stifte  ^Ibrabam  ©eiger  trat;  tyr^tcl  toar  3fortbilbung  be$  gubentumS.  Äufeer* 
orbentlicty  günfttg  mar  aber  für  ba$  auftreten  ber  ^juben  bie  SRebolutionäperiobe,  toefcfc 
tyren  Slnfang  1830  in  gran!reic§  nal?m,  too  £ouiä  ftyiliw  mit  $ilfe  be$  $aufe«  SRotfc 
fd&ilb  bte  Vourbonen  ftünte.    9la<$bem  fäon  1830  in  bcr  Deputiertenlammer  ber  Antrag 

6gefteQt  toar,  bie  jübifd&e  Religion  atö  öffentliche  anjuerfennen  unb  ihren  Äuliuä  au3  &taa& 
mittein  ju  beftreiten,  nafym  am  1.  Januar  1831  aud&  bie  $air$fammer  bie  bottftanbige 
©leicfyftetfung  ber  Sjuben  an.  3n  Deutfälanb  jtoar  tyatte  bie  Sulirebolution  borerfit  nur 
bte  $o!ge,  baß  neue  ©etoalttfyätigfeiten  gegen  bie  guben  berübt  Würben  unb  ber  Volte« 
fyaß  fiefy  fteigerte,  aber  je  metyr  ber  fiiberaltemuS  unter  ben  ©ebilbeten  SBurjel  faßte,  um 

10  fo  günftiger  h)urbe  bie  Stimmung  für  ©man^ipation,  unb  !guben,  toie  6eme,  Vörne, 
©abriel  Stifter  u.  a.  fugten  bur<$  tyre  litterartfc&e  2Birffam!eit  für  ben  SiberaliämuS  ju 
arbeiten.  Die  ^Regierungen  aber  behielten  fi$  no$  ganj  ablefyienb ;  berbot  boefc  griebru$ 
SBityelm  III.  bur$  ÄabinetSorbre  Dom  10.  Sluguft  1836,  baß  Suben  c^rtftlic^e  Vornamen 
führten,  unb  befahl,  baß  fie  amtlich  ntd^t  „mofaifäe  ©laubenägenoffen",    fonbern  fölttyU 

16  toeg  „^uben"  ju  nennen  feien.  Durc§  biefen  Drucf  bon  unten  unb  oben  tourben  btele 
^uben  jur  Saufe  getrieben,  toeil  fie  an  ber  3uftmf*  i^red  VolfeS  berjtoeifelten  unb  $re 
moberntfterte  Religion  ifynen  feinen  #alt  me^r  bot.  Da  trat  plö$li<$  ein  Sreignte  ein, 
toelctyeS  bie  ^ubenfrage  $u  einer  europäiföen  Angelegenheit  machte.  $$n  DamaStuS,  ba* 
5000  jübifctye  gamtlien  jäfylte  unter  20  000  ßintoo^nern,  berfd&toanb  am  5.  Februar  1840 
ber  Äaj)ujinerguarbtan  lomafo  mit  feinem  Diener.  Die  fieben  angefetyenften  unb  reiften 

ao^uben  tourben  be3  ÜJlorbe^  auä  religiöfen  ©rünben  befäulbigt,  (jefänglic§  eingebogen 
unb  gefoltert,  tyre  #äufer  mürben  geplünbert  unb  jerftört,  um  bie  £ei$e  beS  ^ßater*  aufs 
ntfinben.  Stuf  mit  ber  Wolter  erpreßte  Denunziation  tyin  tourben  bann  anbere  borne^me 
Jjuben  unb  Drei  Rabbiner  beruftet.  Da  unter  erfteren  ein  öfterreic^if^er  3ubc  toar,  ncfyn 

^  fic§  ber  öfterreid^tf^c  Äonful  ber  ©ad^e  an  unb  enthüllte  in  feinem  ftonfulatöbertyt  bie 
bom  franjöfiföen  Äonful  unb  franjöfiföen  Äapujinern  gegen  bie  Silben  geführten  3«* 
triguen.  Irofebem  tourben  bie  guben  jum  $obe  berurteilt.  Da  trat  ber  greife  9bolp$e 
Srömieuj  in  sJiari«  für  bie  3juben  ein  unb  toußte  eS  im  Vunbe  mit  9lot$f$ilb,  SRonteftore, 
©alomonS  unb  ©olbfömib   bei  £oui£  $^ilit>))    unb  £orb  $almerfton   unb  TOettemi^ 

so  ba^in  ju  bringen,  bag  ^ranfrei^,  (Snglanb  unb  £)fterrei$  ben  6^u^  ber  guben  gegen 
bie  Unmenfd;lic^feiten  in  bie  $anb  nahmen,  ©ie  erregten  e$,  ba|  ber  Stjelonig  bon 
sÜg$>ten,  SJle^emeb  äli,  einen  ©erid^t^of  au«  benÄonfuln  bon  Öfterreic^,  Sngtanb,  Stufe« 
lanb  unb  ^JJreufeen  einfette  jur  Unterfu^ung  ber  ©ac^e.    9lur  3rrantrei$  unter  2^iert 

3g  trat  jurüd  unb  unterftü^te  bie  Partei  ber  jubenfeinblid&en  Rlerilalen,  jumal  ba  ber  fron* 
ftöfifege  Jtonful  in  Dama&uä  aU  ber  eigentliche  Seiter  ber  Verfolgungen  ertaitnt  tourbe. 
^m  englifdjen  Parlament  aber  traten  Stöbert  $eel,  £orb  ^Jalmerfton  unb  Sorb  ÄfHdp 
für  bie  Unfc^ulb  ber  ^uben  ein,  unb  bie  Königin  SStttoria  fteHte  3Jlonteftore  ein  englifc^rt 
©taat^jdjtff  jur  Serfügung,  um  nad?  Slleianbrien  ju  reifen.  @r  unb  Sr6mteuc  lonnten 
enbli$  $toaT  nic^t  bie  Stebifton  be$  ^rojeffe^,   aber  bod>  bie  greilafjung  ber  Verurteilten 

40  erlangen,  benn  3Rel^emet  älli  beeilte  ftd^,  um  nid;t  bem  Drucf  ber  ©rofmäc^te  nachgeben 
tu  muffen,  fie  fc^leunigft  ju  begnabigen.  Durc^  biefe^  (Sreigni*  tourbe  aber  bad  iübiMe 
Setoufctfein  unb  ©olibarttät^gefü^l  ber  Suben  (SuropaS  bebeutenb  geh>ecft  unb  geftörn, 
ja  bie  lofe  SBcrbinbung  mit  ben  orientalijc^en  guben  tourbe  fefter  getnüpft,  mbem  Qxb 
mieuj  ben  Slnfang  machte,  im  Orient  moberne  ©c^ulen  für  bie^uben  }u  grünben.  Die* 

45  SSJerf  führte  bann  bie  bon  tym  gegrünbete  Alliance  Israelite  universelle  gu  ^ortö  mit 
reichen  Mitteln  im  gangen  Orient  au3.  Die  9tüdreife  3Rontefiored  unb  Grämteus'  mar  ein 
toa^rer  Srium^ug.  3um  erftenmale  füllten  fic^  bie  3uben  ganj  (£uroj>a^  ein^.  Sie 
äufcerltd?  aber  biefe  (Sin^eit  toar,  geigte  bie  erfte  Siabbinerfvnobe  )u  Sraunfötoeig  1844, 
Wo  unter  ber  Autorität  ^olb^ieim^  bie  rabifalften  9teformbef^lüffe  gefaßt  tourben,  toebtye 

60  ben  ^roteft  ber  übrigen  Rabbiner  hervorriefen ;  baä  ^a^r  1848  mit  feinen  Sebolutionen 
in  $artö,  2Bieu,  Verlin,  Italien  unb  anberen  £änbern  braute  überall  ben  bott^en  Äibera^ 
Itömu*  jurn  ©ieg,  auf  beffen  Programm  auc^  bie  (Smangipation  ber  ^uben  ftanb.  SieU 
nun  tourben  aud?  in  bie  Parlamente  getoö^lt  unb  erlangten  einflußreiche  Stellungen,  unb 
mit  bem  frg$fenben  SBo^lftanb  eigneten  fie  fi$  aud)  immer  me^r  beutfe^e  Vilbung  an.  fbA 

66  ber  neuen  sÜra  bon  1854  frieden  fie  in  ben  Parlamenten,  feit  1866  im  beutf$en  ^oD1 
Parlament  eine  große  Stolle,  £a3fer  unb  Vamberger  beeinflußten  bie  ©efe^gebung.  SRit 
bem  3a^re  1870  aber  trat  eine  Sleaftion  ein.  3Kan  füllte  i^r  Übergehm^t,  emjjfanb  ben 
9laffenunterf$ieb,  ihr  Vorbröngen  empörte.  3ltö  and)  jübif$e  Sitteraten  bor  ber  cprifUtftyen 
Religion  nid^t  $alt  matten,  erfyob  ^ofprebiger  ©töcfer  1879  ^Sroteft    (Sd  bilbete  fiA  in 

co  Deutf$(anb  ber  Slntifemittömud,   ber  ftd)  balb  über  anbere  Sänber  berbreitete.    $n  %tß> 


3*wef,  @efdji4te,  nad)btbttfc^e  Italien,  fird)Ucf)=ftattfttfd)  511 

lanb,  tt>o  fie  auf  3—4  3Mionen  ft<$  bermefyrt  Ratten,  hmrbe  ba«  ©efefc  ftreng  ausgeführt, 
bafe  fie  mqt  hn  ^nnern,  fonbern  nur  in  ben  früher  polnifc&en  sjjrobinjen  tootynen  burften. 
3n  biefen  aber  berbrannte  oft  ba«  SBolf  bie  ^ubenquartiere,  fo  bafe  Jaufenbe  auätoanberten. 
9u$  tmrb  in  Stufjlanb  nur  ein  geftriffer  *Pro$entfa$  Don  $uben  an  ben  ©d&ulen  unb  Uni* 
berftiaien  jugelaffen.  3n  Rumänien  fmb  fie  ganj  auSgeföloffen  unb  bürfen  auc§  feine  6 
eigenen  Spulen  errieten,  3>n  SBien,  too  fie  allmächtig  toaren,  tarn  e$  &u  einer  totalen 
Umgeftalhmg  be$  ©tabtrate«  in  antifemitifetyer  Stiftung.  3n  Sfanfreic^  tveefte  ber  35reifufc 
banbd  ben  Sfotifemittemu«.  3>m  ©efü^I  ber  gän^Iic^en  Unftd&erfyeit  ifyrer  Sage  grünbete 
Dr.  $erjl  in  SBien  1897  bie  Partei  ber  .ßioniften,  toeld&e  bie  Errichtung  eine«  jübifcfyen 
Staates  in  Sßaläftina  anftreben,  ber  allen  verfolgten  3>uben  eine  recfytli<$  gefiederte  §eim*  10 
fiatte  bieten  foQ.  $eman. 

dfttla  f.  Sb  III  6.  26,i8. 

Stalten,  fird&li#sftatiftif$.  —  Sttteratuv:  Annali  di  Statistica,  Serie  2*  Vol. 4 
unb  15;  Relazione  del  Direttore  Generale  del  fondo  per  il  eulto  (Antonio  Tami)  sulle 
attratä  e  pasaivita  delle  parrocchie  e  delle  mense  vescovili  del  regno  d'Italia,  Dicembre  1896 ;  15 
ReUzione  (29*)  della  commissione  centrale  di  sindacato  sulla  amministrazionc  dell'  asse 
eccleoastico  dal  l.Laglio  1897  al  30  Giugno  1898 :  Carta  delle  circoscrizioni  ecclesiastiche ; 
Annnario  Statistico  Italiano  1886:  Culti.  «ßfipftlidjer  #offalenber  1899.  3)ie  neueften 
3o^reSberid)te  ber  üerfdjiebenen  coangelifdjen  $tivd)engcmeinfd)aften  uon  1898  unb  1899; 
ff.  ffiönnefe :  UcbcrfidjtSfartc  über  bie  eoangelifeften  ©emeinben  in  Stalten,  2.  %uf(.  Annuario  20 
Evanzelico  1899. 

Kaum  in  einem  anberen  fianbe  l)at  bie  le$te  §älfte  bc«  ^a^r^unbertö  fo  getoaltige 
po(tttf$e  SBeranberungen   mit  fi<$   gebraut  hrie   in  bem  fianbe,   ,,ba«  9Jteer  unb  Silben 
fäuinen".    8eareiflic§erh>eife  mujjte  ba«   für  bie  fir<$li$en  33erfyältniffe  bon  ben  tief  ein« 
fc^neibenbften  folgen  (ein.    2Bcnn   ^ä^ftttc^e  Schmeichler  ben  Styllabu«  $iu«'  IX.  bom  26 
8.  Staember  1864   einen  „9Jtarfftein   in  ber  geitgefd&ic&te"   unb   einen  „SBenbetmnft  ju 
einer  Sßelfyeriobe  mit  no<$   ungeahnten  (Snttoicflungen"   nannten,  fo   gilt  ba«   in  biel 
treffenberem  Sinne  Don  ber  „99reccia  bei  $orta  $ia",  bur$  toel<$e  am  20.  September  1870 
banf  ber  beutje^en  Siege  auf  granlreic^  ©efilben  bie  italienifdjen  Xrupben  m  ber  „etoigen" 
Stoma  tyren  (Knjug  gelten   unb   ber  toeltltc^en  £errfcfyaft  ber  $äj>fte  ein  unrühmliche«  ao 
Snbe  bereiteten.    ®ie  römifcfye  Äircfye,  toelc^e  fo  gern  ftc§  al«  feftefte  Stüfce  ber  Staaten 
anprttß,  fonnte  tyren  eigenen  „Äir<$enftaat"  ni<$t  galten.    35enn  nur  1507  Stimmen  bon 
ben  167  OCM)  berechtigten  Stimmen  ber  fattyolifcfyen  SRömer  im  Äirctyenftaate  ftimmten  beim 
$lcbf*}tt  am  2.  Oftober  1870  bagegen,  bafe  ber  flirc^enftaat  bem  Königreich  Italien  eins 
Dcrieibt  unb  SRom  bie  #au}>tftabt  be«  ©efamtfönigreic^e«  mit  bamal^  runb  27  Millionen  86 
(Smtoobnem   unter  ber  nationalen  Irifolore  unb  bem   milben   ©cepter  be«  fabo^jo^en 
Ronig^aufe^  tourbe.    93on  ben  jejt  32  3RiHionen  Setoo^nem  be^  Sanbe^  finb  alle  bte 
auf   einen    Reinen  93ru$teil  römifcfcfattyolifctyen   ©lauben^.     3m   3a^re   l"6   toaren 
31290061  Äat^olilen  ermittelt.     3)ie  SSoIföjä^lung   bon   1871  ergab:   26  662  580  Äa^ 
t^oßbn,  58651  ©bangelifd^e,   35356  3iuben  unb  44567  anbere  Selenntnifje ;   biejenigeio 
bon  1881:   28359  628  Äat^olifen,    62  000  ebangelijd^e,   38  000  $ubcn.    Ü^on  le^teren 
befanben   fic$  6543  in  5ßiemont,   573   in  Si^uricn,  3000   in  ber  Sombarbei,   5500   im 
Senctiantfi^en,  5400  in  bergmilia  unb  SRomagna,  103  in  Umbrien,  2500  in  ben  SKarfen, 
7500  in  ioäcana,  6500  in  SRom,  300  im  Stcapolitanifäen,  9  in  Simulien;  toie  man  alfo 
fie^t,  giebt  ed  in  ber  füblid^en  ^älfte  ^talien^  faft  gar  feine.    35ic  ^ubw  in  SRom  befugen  46 
bort  hn  früheren  ©^etto  5  Synagogen,  3  mit  italienifd^em,  2  mit  fpantjcfyem  SRttu^. 

3m  nac^folgenben  befc^äftigen  toir  un^  bom  firc^Ii^sflatiftifd^en  ©tanbj)unfte  au« 
nur  etngeljenber  mit  ber  römiJc^  =  fat^o(if(^en  unb  ebangelifd^cn  .Hirc^c  Italien«, 
ba  bie  Sln^nger  ber  grie^ifc^'fat^olifc^en  ftird^e  nur  in  dkapd,  3Heffina  unb 
»arletta  fdrmltc^e  ©entetnben  nebft  Kirnen  ^aben;  fte  fmb  uniert.  60 

Si«  1848  na^m  in  allen  Btaatm  ber  apenninifd?en  §albinfel,  ©arbinien  mitein* 
beariffen,  ber  Äleru«  ber  römifc^en  Äird^c  famt  ben  religiöfcn  Drben  eine  äu^na^me« 
ftdDUmg  ein.  Sie  toaren  frei  bon  ber  h>elt(ic$en  ©erid^töbarfeit,  bon  &taat&  unb  ©runb» 
fteuem,  aenoffen  ja^lreio^e  anbere  3^mwnitäten  unb  Ratten  bie  öffentlichen  Unterrichte 
tskt  SBofJU^&tigfeitdanftalten  ganj  in  ifyrer  §anb.  3)a«  Äönigreic^  ©arbinien  jjing  in  ber  66 
Seuorbnung  ber  3)mge  boran  unb  ^>at  me^r  ober  toeniger  ©eift  unb  ^n^alt  fetner  öefeft« 
gebung  fttfter  auf  ba«  ganje  Stöniareic^  Italien  übertragen.  Wit  Öefc^  bom  25. 2luguft  1848 
tourben  nebft  ben  ^efuiten  auep  bie  tarnen  bom  |l.  ^erjen  §tfu  au«  bem  farbinifdben 
Staatsgebiete  audgefc^loffen.    Da«  @efe$  bom  1.  SKärj  1850  unterteilte  aQe  firc^lt^en 


512  Stalten,  ttrdjU<H«t$if4 

2Bo&lt&ätigfeit«anftalten  ber  auffielt  ber  ©taat«be^örben.  3)ie  gfretyeit  bon  toeltlufcr 
@eri$t«barfeit  unb  öffentlichen  Saften  unb  abgaben  tourbe  für  ?ßriefter  unb  Klofterbrüber 
(2Belt«  unb  Drbcnögciftlic^feit)  burc&  ©efefe  bom  9.  äpril  1850  befeitigt.  @m  anbete« 
©efefc  bom  4.  ^uni  1850  betbot  ben  geiftlic^en  ^nftitutionen,  ©eföenfe  ober  $ennä$t« 

6  nifje  otyne  föniglidje  ©ene&migung  anjunefymen,  toätyrenb  ba«  ©efefc  bom  23.  3Rai  1851 
auf  bte  ©infünfte  ber  „toten  §anb"  eine  jätyrlictye  Steuer  legte.  92atürli$  na^m  ber 
Aleru«  biefe  einfäneibenben  ©efefce  nid^t  fo  ru&ta  tytn  unb  toeJ^rte  ftc$  in  ber  treffe  tote 
im  Parlament,  auf  ber  Kangel  tüte  im  33ei$tftu^l  au«  Kräften  bagegen,  fo  bafe  am 
5.  3ult  1854  ein  neue«  ©efefc  erfd&ien,  toelc^e«  tyarte  ©trafen  für  alle  biejemgen  feftfefcte, 

10  toelctye  barauf  ausgingen,  ©qefce  unb  (Sinrw^tungen  be«  Staate«  berä$tli$  ju  machen. 
■Dian  rnufe  ftaunen,  too&er  ein  ßabour  ben  9Jiut  najjm,  angefügt«  granfeeiety«  unb  ßfter« 
reiety«,  mit  benen  ber  SSatilan  im  Sunbe  toar,  biefen  „Kulturfantyf"  $u  beginnen  unb 
burcfyjufüfyren.  2lllein  bie  Politiken  3Scrfyältnif[e  GuroJ>a«  unterftüfcten  tyn  in  befonber« 
günfttger  SBeife.    ©o  braute  benn  1855,   ba«  ^a^r  be«  Krimfriege«,  in  Sarbinien  ba« 

16  ©efefc  bom  29.  2Rai,  fraft  bejfen  innerhalb  ©arbimen«  alle  religidfen  Orben  unb  SSereme, 
fotoeit  fte  ftc$  nic^t  mit  $rebigt  unb  ©eelforge  ober  mit  Unterricht  unb  Kranfenpflege 
beföäftigten,  aufgehoben  unb  ityre  ©üter  unb  Sertürner  bom  Staate  eingebogen  tourben, 
um  au«  beren  ßrlö«  eine  befonbere,  bon  ben  ftaatlic^en  ginanjen  unabhängige  Kir$enfaffe 
für  Kultu«jtoecfe  (cassa  ecclesiastica)  )u  bilben.    Sin  3luffic$t«rat,  befte&enb  au«  3  ©ena« 

20  toren,  3  deputierten  unb  3  anbern  bom  König  ju  ernennenben  SHitgliebem  toar  ber« 
bflictytet,  mittel«  jätyrlidjen  93eric£te«  an  ben  König  über  bie  SBertoaltung  biefer  Kir$en!affe 
?Re$enfc$aft  ju  geben,  toelcfye  anbererfeit«  bie  jafylreic^en  unb  lebenslänglichen  $enfionen 
für  bie  borgef unbenen  3Rön$e  unb  Tonnen,  toeldje  i&r  gemeinfd&aftlic^e«  Sebcn,  bie  Settek 
orben  felbft  ba«  Setteln,  fortfefcen  burften,  fotoie  bie  ©e^älter  ber  ©eiftlic^en  bon  auf« 

26  gehobenen  ©tift«ftrc$en  unb  ^frünben  ju  beftreiten  fyattt,  auefc  bie  Soften  für  bie  fort« 
bauemben  ©otte«bienfte  in  ben  aufgehobenen  ©tift«fird&en  unb  Klaftern  nebfi  $farr« 
befolbungen  unb  anberen  auf  tynen  bon  früher  tyer  rutyenben  Saften  (*.  9.  bte  3efytten« 
entfctyäbigung  an  bie  ©eiftlidjjfett  ber  ^nfel  Sarbinien)  übernahm.  $ugleic$  tyatte  bie 
„Kirdjenfajfe"  bie  SSetyflic^tung,  bie  geringeren  $fanbefolbungen  bi«  auf  lOOOSire  jätyrluty 

80  gu  bringen.  Sluf  ©runb  biefe«  ©ejefce«  bom  29.  ÜRai  1855  tourben  im  Königreich  Sar- 
binien aufgehoben:  274  3Könc$flöfter  mit  3733  Orben«*  unb  Saienbrübern,  fotoie  61 
9tonnenflöfter  mit  1756  ^nfajfen,  im  gangen  alfo  335  Klöfter  mit  5489  Setoolpnent. 
SSon  ©tift«fir$en  tourben  2722  ^frünben  eingebogen.  2)ie  bamit  aufgehobenen  Kirnen« 
guter  betrugen  ettoa  ]U  ber  borfyanbenen,  bodj  mußten  bie  anberen  '/,  borläufig  befielen 

36  bleiben,  toeit  für  ben  8ereic$  be«  Unterrichte«  unb  ber  Kranfenpflege  bie  laienhafte  boD« 
ftänbig  fehlten.  $em  juckte  ba«  ©efefe  bom  22.  ^uni  1857  über  „Drbnun^  unb  8er* 
toaltung  be«  Unterrichte«''  fomie  ba«  ©efe£  bom  20.  ^uni  1858  über  ^(Smc^tung  bon 
Se^rerfeminarien"  abhelfen. 

2)er  ©ang  ber  politifc^en  greianijfc   geftattete  e«,  ba«  ©efe^  bom  29.  3Rai  1855 

40  burc$  betrete  ber  löniglic^en  ^ommtftarien  auf  bie  einverleibten  ianbe«teile  Italien«  au«« 
uibe^nen.  ©o  tourben  1861  aufgehoben:  1.  3n  Umbrien  197  3Rönd^Köfter  mit  1809 
Orben««  unb  Saienbrübern,  fotoie  102  92onnen!löfter  mit  2393  3nf äffen,  im  gangen  alfo 
299  Älöfter  mit  4202  Setoo^nern,  bagu  836  ^frünben  bon  ©tift«Krc^en ;  2.  m  ben 
SKarfen  419  Älöfter  mit  5678  »etoo^nern  (292  Klöfter  mit  2950  ÜRönc^en  unb  127 

46  mit  2728  Tonnen)*  3.  im  92eapolitanifc^en  1022  ftlöfter  mit  16  280  Setoo^nern  (747 
Klöfter  mit  8787  9Jtönc§en  unb  275  mit  7493  Tonnen).  2)arau«  Pojfen  in  bie  ^ir^oi« 
fajfe"  Kirc^engüter  im  SEBerte  bon  runb  300  Willionen  mit  einem  jä^rli$en  ertrag  bon 
runb  15  SWiflionen. 

&a«  im  3Jiärj  1861  gebilbete  Hönigreic^  Italien,  mit  einer  fefyr  bebenflic^en  ginanj« 

(o  läge  au«  Stnla^  ber  großen  für  bie  nationale  (Sin^eit  gebrauten  Opfer,  orbnete  bur$ 
©efe^  bom  21.  Stuguft  1862  an,  baft  bie  eingebogenen  Kir$engüter  au«  bem  9eft(  ba 
„Hirqenlaffa"  in  ben  be«  BtaaU^  übergingen,  toel$er  biefelben  beräu|ern  unb  eine  ent« 
fbrec^enbe  sJtcntc  mit  5°/0  beregnet  ju  ©unften  ber  „Kir$enfajfe"  übernehmen  foDte. 
(Sin  Seric^t  bom  $a^re  1877   giebt  ben  2öert  ber  bom  Staate  übernommenen  Kir^en^ 

66  guter  auf  380589517  Sireital.  an,  bon  benen  für  87900000  no$  ni$t  berfauft  toaren. 
Srtoä^nt  fei  fyter  and)  ba«  ©efe$  bom  10.  Sluguft  1862,  toelc^e«  beftimmte,  bag  fämtlic^e 
ben  1436  Ürc^lic^en  Qnftituten  in  Sizilien  gehörigen  Sänbereien  in  planen  bon 
10—100  Äeftaren  in  bauernbem  Qxbpaty  an  $ribate  gegeben  toerben  mußten.  G« 
^anbelle  [ity  um  nic^t   toeniaer  al«  um  192000  $ettare!    Wod)  e$e  bie«  ©efe^  burdj^ 

go  geführt  toarf   orbneten  bie  ©efe^e  bom  7.  ^uli  1866  unb  bom  15.  äuguft  1867  „über 


Italien,  Itr^Ii^.ftattftif^  513 

bie  SReuorbmmg  be$  lird&lid&en  Vermögen«"  bie  2luföebung  ber  Älöfter  unb  Äird&engüter 
för  ba8  flome  Äönigretty  (bis  auf  ben  Äirc^enftaat,  bie  Stabt  3lom  unb  bie'^u  biefem 
JtB$enfprengel  gehörigen  SBorftäbte  [sedi  suburbicarie],  für  toelc^e  erft  ba3  ©efefc  bom 
19.  3ufw  1873  biejelben  Slnorbnungen,  aber  toegen  ber  befonberen  Umftänbe  in  ettoaS 
milberer  gönn  braute)  an,  inbem  e$  jugleic^  aflen  ^nfaffen  ber  aufgehobenen  geiftlic^en  6 
unb  toeltltdpen  Orben  unb  Vereine  (Sruberfcfyaften)  bie  Ausübung  alfer  bürgerlichen  unb 
politiföen  Siebte  jufpraety  unb  eine  jäfyrlid^e  einnähme  je  nafy  bem  Sllter  ber  berechtigten 
bmi  360—600  Sire  (bie  2Rttglieber  ber  Settelorben  erhielten  250  Sire)  jufu$erte.  2)a& 
fette  ©efefc  bertoanbelte  bie  bisherige  „Ätrc^enfaffe"  in  einen  „ÄultuSfonbS"  (Fondo  per 
il  eulto),  beffen  einnahmen  im  toefentltd&en  au3  ber  5°/0  9tente  beftanb,  toeldje  ber  Staat  10 
ffir  bie  eingebogenen  unb  beräufjerten  $ird&engüter  ju  leiften  §atte,  toätyrenb  er  bafür  alle 
Sbtägaben  für  nrcpc&e  sjtoecfe  Oßenftonen,  ©e&älter,  Saften,  Unterhaltung  ber  ©ebäube) 
beffatt.  SSon  ber  @injtebung  auägeföloffen  blieben  {amtliche  ßird&en  unb  Kapellen  ju 
gotteäbienftlic^em  ©ebraudj  mit  3ubefyör  unb  ©c^muef,  ferner  bie  bifööflicfyen  Slefibenjen 
nebft  bamit  berbunbenen  amtlichen  ©ebäuben  toie  ^riefterfeminarien  unb  biejenigen  Älöfter,  iö 
todty  ben  ?ßrobinjen  ober  Kommunen  für  öffentliche  jjtoecfe  (Schulen,  Slfole,  ßofjntäler) 
fibertpiefen  toorben  toaren.  Serüfymte  Slbteien  toie  bie  bon  3Montecaffino,  Sa  6aba, 
€.  SWartino  beüa  ©cala,  2Ronreale,  ßertofa  bei  $abia  Waren  ebenfalte  bon  ber  (Sin* 
jie^ung  aufgenommen  unb  tyre  Unterhaltung  toegen  ber  monumentalen  93ebeutung  biefer 
Stiftungen  bom  Staate  au«  bem  ÄultuSfonbS  übernommen,  6nblic§  belegte  baä  ©efefc  20 
bom  15.  Shiguft  1867  fämtlic^eS  Äirctyenbermögen,  fotootyl  ba$  eingebogene  toie  beftefyenbe, 
mit  einer  ©taatSfteuer  bon  30°/o.  Äeine  ftrage,  bafc  bie«  ©efefc  in  erfter  Stme  ber  Stuf* 
befferung  ber  ©taatSfinanjen  biente,  toeldpen  ein  ertrag  bon  ettoa  400  Millionen  avß 
ben  eingebogenen  Äircgengütern  juflofe,  toäbrenb  fte  bem  „ÄultuSfonbS"  eine  jäfyrlic^e  Stente 
bon  8252  533  Sire  (naefr  Slbgug  ber  ©teuer  nur  7  942  609  Sire)  ju  leiften  Ratten.  3jm  25 
übrigen  lam  ber  „ÄuItuSfonbS"  burety  bie  30projentigeStaat«fteuer  um  ein  bollee  drittel 
fetner  einnähme  unb  bamit  in  ein  arge«  ©ebränge,  toeld&em  föliefclic^  fo  abgeholfen  tourbe, 
baf  ber  Staat  ba$  ftänbige  3)epjit  be$  „ÄultuSfonbS"  (bon  1868—1884)  au«  feinen 
atmein  beefte. 

SBie  fc&on  ertojtynt,   tyat  ber  burc^S  ©efefc  bom  15.  2tuguft  1867  gefd&affene  28er*  so 
toaltungärai   beä   fird&lic&en    Vermögen«  (commissione  centrale  di  sindicato   sulla 
amministrazione    dell*   asse  ecclesiastico)    laut  §  8   beä  genannten  ©efefceS  ber 
5Bt|>uiiertenfammer  jjä^rlid^  einen  Serictyt  über  feine  3#ätigfeit  borjulegen.    $)er  neuefte, 
am  14.  gebruar  1899  borgelegte  unb   bis  jum  30.  Sunt  reicfyenbe  (29.)  Sericfyt  bringt 
folgenbe  ßrgebniffe:  a)  %n  Sefifc  genommen  bom  Staate  finb  44376  Jtirc^engüter  mit  35 
einer  ©efamtrente  bon  32885023  Sire,   nämlic^   2184  filöfter   mit   11671931  Sire 
unb  42192  geiftlid^e  ^nftitute  mit  18213092  Sire;  b)  tyrer  »eftimmung  erhalten  blieben 
18944  fttre^engebäube,  Seminarien,  Sifc^of^e,  ßanonifate   unb  Stat)lan^frünben   mit 
einer  ©efamtrente  bon  25485377  Sire.    2ln   bie  ^robinjen  unb  ©emeinben  bed  König« 
«eufcd   toaren   1959  ftloftergebäube   im  SBerte   bon  31587  871  Sire  abgetreten  toorben  40 
fbarunter  für  25989227  unentgeltich !)    2)er  Staatefteuer  bon  30°/0  unterlagen  297  @r^ 
bätümer  unb  Stötümer,  319  ^riefterfeminarien,    401  2)omfaVitcl,  2590  ftanonüate  unb 
20703  Pfarreien;  bagu  bon  ben  aufgehobenen  Äird^engütern  1737  Älöfter,  1492  Stifte 
finden  fotoie  21474  geiftlic^e  ^nftitute,   im   gangen  49  013  9le^tgfubie!te  (enti  morali) 
ober  nmftifd^e  «PerJonen,   bon   toelc&en  auf   ©runb  be«  ©teuerfa^eS  (30°/o)  ber  Staat  46 
jtyrftty  10274207  Sire  begießt.    %ixx  3toecfe  bc«  Staate«  (Äafernen,  »erloaltungggebäube) 
toaren  217  Äirtfcngüter  (meift  Älöfter)  imSKerte  bon  11 571 836  Sire  btö  30.;vsuni  1898 
benüfct.    Sta  liegenben  ©rünben  toaren  noc$  nic^t  berfauft  1 1044  Slnteile  (lotti)  im  SSerte 
bim  13472852,  baju  nod^  nid^t  aufgeteilte  ©runbftüie  im  SBerte  bon  4  607512,  m& 
gefamt  alfo  ©runbftücfe  im  2öerte  bon  18  080364  Sire.    2)a  laut  ©efe^  ber  5lau^rei^5o 
ber  Äirc^engüter  auf  bem  SBege  ber  3lmortifation  getilgt  toerben  tann,   fo   ift  ber  Btaat 
bä  1915/16  no^  bei  Ääufern  bon  Kird&engut  ©laubiger  bon  22  765565  Sire  (30.  ^uni  1898). 
SBtr  ttfiefjen  mit  ber  amtlichen  3«iömmenfteHung  ber  bte  gum  30.  3uni  1898  ber* 
uttfterten  Jttrtbengüter  • 
$robtnj:    «iemont        Anteile:    15141        33crf  auftrete :    64  689  653.68S.it.     66 

„         Sigurien 

„         Sombarbei  , 

„         3Senetien  , 

„         ßmilia  , 

SatuS:    Slnteile:    57  352        «ertaufebrei«:    217  361627.69S.it.     co 

tttMictnopAMc  fflr  Zoologie  unb  fttreftc. 


15141 

6  038 

13  417 

15  828 

6  928 

SSerfauffyteiä : 

n 

11 

64  689  653.68  S. 
11068  989.12    „ 
52  092  907.77    „ 
37  686  383.20   „ 
51823  694.02    „ 

it. 
11 
11 
11 
11 

57  352 
;<*c.    8.  «.  ix 

S}ertaufej>rete: 

217  361627.69  S. 
33 

it. 

514 


StaUen,  fir^H^.ffarifHfd) 


10 


Übertrag : 

Sinterte: 

57  352 

SBerfaufäprete: 

217  361  627.69  2.  it 

binj:    Umbrien 

tf 

3  378 

// 

15  956  395.93    „    „ 

SKarfen 

ff 

3  017 

// 

22  879  217.91    „    „ 

„         Joäcana 

tf 

5  354 

// 

48  586  278.64   „    „ 

„         Satium 

tf 

9  858 

// 

26  296  068.14   „    „ 

„         »brüten 

tf 

12  203 

ff 

19  462  094.18    „    „ 

„          ßamponien 

ff 

21596 

ff 

71083  882.08    „    „ 

„         pulten 

ff 

24  627 

ff 

79  818  89150   „    „ 

„         SaftKcata 

ff 

6  378 

ft 

20143  402.77    „    „ 

„         ßalabrien 

ff 

8  668 

ff 

33  911153.38    „    „ 

„          Seilten 

ff 

11571 

ff 

51304  742.52    „    „ 

„         ©arbmien 

ff 
Sinterte: 

6  575 

ft 

14507  722.83    „    „ 

Sufammen : 

170  577 

SSerfaufStorete: 

621  311  477.37   2.  it 

17  302  350.80  2. 

6  658  047.80    „ 

260  000—    „ 

306  729—    „ 

:    24  527  127.60  2. 

99  896  608.40  2. 

27  310  512.40    „ 

24  715  321.60    „ 

695  91650    „ 

7  580  000—   „ 

1988  047.20   „ 

t         133  394.07    „ 

57  976  78350    „ 

24  527  127.60 

220296  583.07  2. 

220  296  583.07 

3m  ganjen:    2. 

244  823  710.67 

3)o$  batf  nun  nid&t  überfe^en  toerben,  toeld&e  Seiftungen  auf  ber  antern  Seite  bem 
15  „ÄultuSfonbS"  oblagen.    2)iefetben  betrugen  am  30.  Sunt  1897 : 

a)  93leibenbe  Saften: 
gür  1.  Sßenftonen,  Renten  u.  f.to. 

2.  fromme  Stiftungen 

3.  Segate 
20         4.  Öffentlicher  Unterricht 

3m  ganjen: 

b)  2aufenbe  2aften: 
%üx  5.  Unterhalt  ber  SKönd^e  unb  Tonnen  ber  auf« 

gehobenen  Älöfter 
25         6.  %a$x&xenten  an  ©teHenintyaber  bei  ben  auf 
gehobenen  ©tiftäfiretyen 

7.  ^Pfarrge^ätter  unb  «Rufdbüffe 

8.  3uföüjfe  ju  StföofSgetyältern 

9.  Seiträge  für  Öffentlichen  Unterricht 
so       10.  Unterhalt  ber  Äirc^engebäube 

11.  Ryrüderftattung  fcon  2tuSfteuern  ber  3?onnen 

12.  SJeitere  3ufcfyüffe  $u  ^farrbefolbungen 

3m  ganjen: 


85  ©elbftberftänblicty  toerben  biefe  2luägaben  burd&  Xob  ber  (Empfangsberechtigten  fron 
3a^r  ju  3a^r  geringer.  Slber  man  fietyt  bo$,  bafj  bie  ©injie&ung  ber  ßtre^engüter  md/t 
blofi  in  „tflaub"  fcon  feiten  beä  Staate«  beftanben  fyat.  ©o  mu|  aud)  erträ^nt  toerben, 
bafj  ber  „ÄultuSfonbS"  mit  Unterftüfcung  ber  ttalienifd&en  Kammer  ftetä  beftrebt  toar,  bie 
*ßfarrbefolbungen  beä  nieberen  ÄleruS,   toelc^e  j.  33.  im  früheren  Ämtyenftaate  (!)  nur 

40  jttnföen  266  unb  532  Sire  jäfyrlic^  ftc$  betoegten  —  audj>  ein  c&arafteriftifc$e$  Setzen 
päpftlicber  SRegierungätoeiefyett  —  attmctylic^  bur^gängig  t>on  500  auf  800  2ire  )u  bringen, 
toä&renb  eine  toeitere  ©rfttyung  bis  auf  1000  2ire  (©efefc  Dom  30. 3«ni  1892)  in 
3tu$ftc$t  genommen  ift.  %üx  biegen  3toecf  allein  fyat  ftety  bie  SKuSgabe  be3  „ftuttufr 
fonbS"    Don   jä&rlic$  300000  Sire  (1887)  auf    3200000  Sire  (1897),    alfo  um   ba« 

45&efynfac&e  gefteigert.  1896  fcertoaltete  ber  „5tultu3fonb3"  bei  einer  Setöutrung  txm 
31290061  flat&olifen  20183  Pfarreien  (bur$f$nittli$  fommen  alfo  1551  Seelen 
auf  jebe  $aro$ie),  benen  er  ju  tyren  einnahmen  Don  25331187.90  fitre  an  3$itt* 
entföäbigungen  242  484.20  Sire  unb  SefolbungSauföüffen  1  567  741.51  2ttc,  im  jmqcn 
1810235.71  Sire  noefr  leiftete,  toelc&e  ©umme  mit  ben  ©runbrenten  |u  Saften  be«Äultu& 

eofonbS  (1730888.51)  unb  ben  ausgaben  für  gotteSbienftlicfre  3toe&  (254105.43)  auf 
runb  3  700000  fteigt. 

©elbft  ju  ben  258  ßrjbtetümern  unb  Stetümern  beS  Äönigtetc&eS  (aufgenommen 
begto.  nic^t  mitge^lt  ftnb  ^ier  nur  baS  Saturn  9)om  mit  feinen  6  ©uburbicariaten), 
toelc^e  eine  ©efamteinna^me  toon  5133  769.37  Sire  fyaben,  fyat  ber  5lultu«fonH  überall  ba, 

55  too  ba$  @in!ommen  infolge  ber  neueren  ©efeggebung  (3e^ntabl5fung,  ©taatdeinlommen« 
[teuer  u.  f.  fr.)  unter  6000  Sire  jctyrlty  gejunlen  ift,  entf^rec^enbe  3ujc^üffe  im  ®cfamt« 


Stalten,  KtdjHdj.ftaHfKfdj  515 

betrage  bon  iäfyrlicty  112  431.58  fitre  ju  leiften.  2)iefe3afylen  ergab  ber  breijäfyrige  2)urcfc 
fänttt  ber  „Steuer  ber  toten  £anb"  für  bie  Satyre  1895—1897.  2luS  ber  ©cfamtetn= 
natyne  ber  258  »iStümer  (5246200.95)  ergiebtftcfy  jür  jebeS  einzelne  93iStum  eine  2)urcfc 
f<$mttSeinna£me  bon  ja^rlicty  20334.11  Sire.  2)ie  größte  3«^einna^me  fyat  berSifd&of 
toon@irgentt  (©ijilien)  mit  157596.59  Sire.  2)ie  fleinfte  gafaeSeinna^me  W  berSiföof  5 
bon  $orto  SRaurijio  mit  6160.21  Sire. 

Stoi  81.  2)ejember  1881  jaulte  baS  Königreich  stalten  (3lom  unb  bie  ©uburbteariate 
einbegriffen)  274  2)iöcefen  mit  einer  Sebölferung  Don  28  359  453  Äat^oiiten  in  20464$a* 
rotten  mit  55263  Ährd&en  unb  Jfapetten  fotote  76  560  angepeilten  Pfarrern.  2)abon 
entfielen  auf  Sßiemont:  18  2)iöcefen  mit  2347  *ßarod&ien,  7149  flirren  unb  ÄapeHen  10 
fotoie  6838  «Pfarrern;  Sigurien:  5  2).  mit  707  $.,  1712  Ä.  fotoie  2245  SJSf.;  Sombarbei: 
11  2).,  2506  $.,  5291 Ä.  u.  6315 $f.;  SSenetien:  112).,  1691$.,  3609 Ä.  u.  5107 $f.; 
@mttta:  20  2).,  2393  $.,  3475  St.  u.  5280  $f.;  Umbrien:  17  SD.,  1381  $.,  2831  «. 
unb  2251  $f.;  Worten:  20  2).,  1243  $.,  3558  Ä.  u.  3579  $f.;  SCoScana:  23  2)., 
2879  %,  6416  Ä.  u.  6232  $f.;  Satium:  24  2).,  523  $.,  1950  Ä.  u.  3327  $f.;is 
8bru»en:  12  2).,  804$.,  2729  Ä.  u.  2770  $f.;  ßampanien:  34  2).,  1545  $.,  5518  «. 
u.  12197  $f.;  Julien:  25  2).,  381  $.,  2034  ft.  u.  5341  $f.;  Saftlicata:  8  2)., 
163  $.,  785  Ä.  u.  1575  $f.;  Galabrien;  16  2).,  846  $.,  2099  Ä.  u.  3977  $f.; 
©ijilicn:  19  2).,  658  $.,  4700  Ä.  u.  8378  $f.;  ©arbinien:  11  2).,  379  $.,  1407  Ä. 
u.  1148  $f.  20 

3m  Sfafölufc  hieran  fei  ertoä^nt,  bafi  baS  SKinifterium  ber  auStoärttgen  angelegen- 
betten  1871  bie  ftety  ber  im  2luSlanb  lebenben  ^Italiener  m^  ca-  477000  ermittelte, 
barunter  1361  römifd&e  ©eiftlic^e.  2)a  bie  aufgehobenen  Drben  als  „freie  SSereine" 
(libere  associazioni)  fortbestehen  tonnen,  fo  ift  eS  ni$t  )u  bertounbern,  toenn  eS  gegen- 
wärtig immer  no$  ca.  40000  3Rönc$e  unb  Tonnen  giebt.  26 

SJebor  tohr  nun  auf  bie  befonbere  ©tatifti!  ber  römifd&en  Jfircfye  in  Italien,  tote  fte 
^ierarc&ifö  georbnet  ift,  eingeben,  fei  ertoäfynt,  bafj  baS  ©taatSgrunbgefefc  beS  Königreiches 
Italien  in  §  1  feftfejt:  „35ie  ©taatSreligton  ift  bie  römif$=fatfyolif$e,  bie  anberen  Äulte 
finb  gebulbet".  Snfolgebeffen  geniefjen  alle  nicfytfatfyolifcfyen  Untertanen  freie  öffentliche 
SeligionSübung  unb  ftefyen  im  ©enufj  ber  bürgerlichen  unb  politiföen  SRed^te  hinter  ben  so 
Äatyoliten  nidpt  jurtief.  2)urc$  ein  bezügliches  ©efefc  tourbe  1873  bie  2luffyebung  fämt* 
lieber  ttyeologifäer  ^atultäten  an  ben  17  fianbeSuniberfitäten  berfügt.  5Da  bie  ftanbeS* 
amtliche  ©efefcgebung  bon  1866  namentlich  ^inftc^tlic^  ber  (Sfycfd&liefjungen  ©d&toierigfeiten 
begegnete,  infofern  ein  grofjer  $eil  ber  (Seeleute  teils  auS  UnfenntniS,  teils  biederest  bom 
$riefter  beeinflußt,  fidp  nur  mit  ber  Trauung  begnügte  (bon  1866—1877  tourbenss 
2387212  Trauungen,  aber  nur  2248947  bürgerliche  (Schließungen  gejault,  fobafc 
138265  (S^en  gefe^lic^  ungültig  toaren!),  fo  hmrben  1879  ©trafbeftimmungen  eingeführt, 
Me  aber  bem  Übel  nic^t  fteuerten.  Seim  Seginn  beS  ^a^reS  1899  fotten  an  500000 
ungefeflic^e  @^en  in  Stalten  bor^anben  getoefen  fein,  fobag  an  t>erfc^ärfte  ©trafbeftimmungen 
getagt  toirb,  namentlich  für  jeben  $riefter,  ber  eine  Trauung  bornimmt,  efye  bie  bereits  40 
»ottjoflene  bürgerliche  ©^efc^liefeung  nac^getoiefen  ift.  Dbtoo^l  bie  SanbeSbertretung  bafür 
anraten  toürbe,  fyat  boc^  bie  Regierung  nic^t  rec^t  ben  3Jlut,  bur^ugreifen.  SemertenS« 
loert  ifi  auc^,  bafe  tro$  beS  neuen  ©trafgefe^eS  bon  1888  (eine  aßeiterfü&rung  beS  \>i& 
mimteftf^en  ©efejjeS  bom  5.  %ul\  1854),  toel<$eS  ftrenge  ©trafen  für  äße  Agitation  gegen 
bie  Unbme^lic^feit  beS  ©taateS  au$  bon  feiten  ber  ©etftlictyfeit  enthielt,  bennoc^  1898  45 
$ier  unb  ba  Heinere  Slufftänbe  unter  Beteiligung  ber  ©eiftlic^en  borlamen. 

9li<$t  minber  toie^tig  für  bie  Sejietyungen  beS  italienijc^en  ©taateS  jur  römifc^en 
SBsdft  ip  baS  ©efe^  bom  13.  9Rai  1871  „über  bie  ©arantien  betreffs  ber  Unabhängig* 
feit  be*  ^<H)|ieö  unb  beS  fyL  ©tu^leS".  2)ieS  ©eje$  tourbe,  loie  einer  ber  bcbeutenbften 
©taatSmänner  Italiens,  2Karco  3Wing^etti,  in  feinem  Suc^e  „©taat  unb  Äird^e"  (bei  §öt>li,  so 
SRailanb  1878  erfd^ienen)  auSeinanberfefct,  nottoenbig,  um  bie  burd^  bie  1870  erfolgte  Seftfc* 
na^me  9tom3  bon  feiten  ber  Stöliener  betreffs  ber  Unabfyängigfeit  beS  5{5aVfteS  beun* 
ru^toe  tuxvp&tyty  Diplomatie  ju  befriebigen.  2)erfelben  galt  ja  bie  toeltlicfye  Äerrfd^aft 
beS  Oberhauptes  ber  römif$en  Kirche  als  ein  unbestrittener  ©laubenSfa$  unb  mit  Sef orgniS 
ertwg  fte  We  SRödic^leit,  bafe  SRom  jur  §auj>tftabt  ^talienS  bur4>  ben  unauffyaltfamen  66 
0aii0  ber  Sretgniffe  getoorben,  bem  $aj)fte  feine  §eimat  me^r  bieten,  fonbern  i^n  jur 
SudhHmberung  beranlaffen  tonnte  ober  bafj  gar  bie  italienifc^e  Regierung  baS  bon  ben 
Silomaten  ^oc^gef^te  „§aupt  bon  200  Millionen  fat^olifc^cr  ©etoiffen"  feinen  ©onber* 
intereffen  bienftbar  machte.  Dber^of^rebiger  beS  ÄönigS  bon  Italien  lonnte  ber  angebliche 
Sac^folger  $etri  fc^toerlic^  toerben.    2)aran  lag  au$  ber  italienifc^en  Regierung  ntd^t  eo 

33* 


516  Stalten,  Hr*lty-{ttti|Kf4 

baS  gertngfte,  freierer  ber  $ai>ft  unbebingt  ber  unbequemfte  unb  unangenctymfte  Untertban 
War.  ©o  War  fte  gern  bereit,  tfym  unb  feinen  ^reunben  in  ber  SBelt  t>oQe  93ürgfc£aften 
für  feine  gretyeit  unb  Unabfcängigfeit  in  allen  ftrc$lic&en  Angelegenheiten  ju  gemimt 
2)emnae$  beftimmte  benn  baS  „©arantiegefefc"  bom  13.  5Rai  1871:  ,,3)te  Sßerfon 
6  beS  ^Sapfte^  ift  fyeiltg  unb  unberle$lt<$ ;  Singriffe  auf  ben  Sßapft  fotoie  Slufreinmgen  baju 
toerben  ebenfo  beftraft  tote  folcfye  auf  ben  Jfönig;  Seföimpfungen  unb  öffentliche  8e* 
leibigungen  beS  $at>fteS  mittele  Sieben,  Späten  unb  treffe  toerben  mit  ben  in  9.  19  beS* 
felben  ©efe^eS  beftimmten  ©trafen  belegt;  bie  Srörterung  religiöfer  2)inge  tji  öolU 
fommen   frei;    bie  italienifctye  Regierung    ertoeift   bem  ^Ja^fte   im    ©ebtete   beS  Äönig* 

loreid&eS  bie  einem  Souverän  juftefcenben  Gtyrenbejeugungen  unb  betoafct  tym  ben  Don 
ben  lat^olifd^en  Souveränen  guerfannten  S^renborrang ;  ber  Sßapft  ift  frei,  bte  fcr- 
fömmlicbe  2lnja§l  bon  2eib=  unb  ^alafttoactyen  ju  galten,  obne  bafc  baburc$  bie 
Verpflichtungen  berührt  Serben,  toelcfye  biefe  ben  ©efefcen  beS  Äönigreic&eS  gegenüber 
fyaben;   ju  ©unften   beS  1)1  Stuhle«   toirb   eine  jctyrlicfce  Rente  bon  3225000  2tre  als 

15  Dotation  auSgetoorfen.  2Rit  biefer  ©umme,  toelcfye  ber  im  römifc&en  Subget  (beS  früheren 
JttrcfyenftaateS)  unter  bem  Xitel:  „ä.  2lJ>oft.  Sßaläfte,  $.  .Kollegium,  firdjltctye  Kongregationen, 
©taatSfefretariat  unb  btylomatifcpe  Vertretung  im  SluSlanbe"  entftme^t,  ift  beabftc^tigt, 
ben  Unterhalt  beS  5J3at>fteS  tote  bie  begebenen  fir$lic$en  Vebürfniffe  beS  tyL  ©tu$leS, 
bie  Saufoften  ber  apoftolifd&en  $aläfte  nebft  3u&$ör,  bie  Sefolbungen,  Ruhegehälter  unb 

ao  ^enftonen  ber  2)ienerfdj>aft  unb  ber  aum  päpftlic^en  $ofe  gehörigen  Sßerfonen,  fotoie  bie 
(Spaltung  ber  bamit  berbunbenen  SKufeen  unb  Vibltotljef  (©etyälter  unb  $enftonen  ber 
bei  ifynen  angefteHten  Seamten  eingefroren)  ju  beftreiten.  3)ie  genannte  Dotation  toirb 
in  bem  großen  ©$ulbbu$e  beS  ©taateS  in  gorm  einer  immertoä^renben  unb  unberäufter* 
liefen  Rente  auf  ben  Ramen  beS  $1.  ©tufyleS  eingetrieben  unb  toirb  auc$  toätyrenb  ber 

25  ©rlebtgung  beS  fyl.  ©tufylcS  gur  Vefrtebigung  aller  nottoenbigen  Sebürfniffe  ber  römtfefcen 
Äirc^e  fortbegabt,  ©ie  ift  bon  jeber  ärt  ftaatlictyer,  j>robht$ielIer  ober  fommunaler 
©teuer  ober  Saft  frei  unb  fann  audj  in  bem  gatte  ntd&t  bermutbert  toerben,  bafc  bie 
ttalteniföe  Regierung  foäter  ft$  entföliefjen  foute,  bie  2Kufeen  unb  bie  Stbltotyet  für 
eigene  Segnung    ju   bertoalten.    2lufjerbem   Verbleibt   bem   Zapfte  ber  Rteftbrauc$  ber 

so  apoftoüföen  Sßcuäfte  beS  Vatifan  unb  Sateran  mit  allen  baju  gehörigen  ©ebäuben,  ©arten 
unb  ©runbftücfen  fotoie  ber  SSilla  Gaftel  ©anbolfo  mit  all  tyrem  $ubd)&T.  2)iefe  ißalafte 
ftnb  nebft  3Jlufeen,  Sibliot^ef,  Äunft*  unb  2lltertum$fammlungen  untoeräufeerli^,  abgabefrei, 
unb  tonnen  gu  öffentlichen  3^^»  nic^t  egjropriiert  toerben.  SBä^renb  ber  ©rlebigung 
be$  t>äpftlic^en  ©tu^le^  barf  feine  ritterliche  ober  }>olitif^e  Se^örbe  au«  iraenb   tpelc^em 

86  ©runbe  bie  perf online  grei^eit  ber  Karbinäle  ^inbern  ober  bde^ränten.  ©ie  Siegterung 
trägt  ©orge,  bafj  bie  Serfammlungen  be£  Äonllabe  unb  ber  aujemeinen  Äird&en&erfamm* 
lungen  burc^  feine  äußere  ©etoalt  geftört  toerben.  D^ne  bie  @rmä$ttgung  be^  ^ßapfte^, 
be«  Äonflabe  ober  Äongil«  barf  fein  <&>taat&  ober  $olijeibeamter  jur  9u«übung  feiner 
SMenftobliegen^eiten  ben  $alaft  ober  bie  £)rtli$feit  betreten,  ioo  ber  $at>ft  bauernb  ober 

40  geittoeilig  ftc^  aufhält.  6«  ift  Verboten,  §au«fud^ungen  ober  Sefd^lagna^men  Don  papieren, 
Urfunben,  Supern  unb  SRegiftern  in  ben  rein  fird&liqjen  3)ienpräumen  unb  ^xi^füic^en  Äon* 
gregationen  bonune^meu.  3)er  5J5aj)ft  ift  tooHfommen  frei,  alle  feine  getjUic^en  ämtÄs 
gef^äfte  au^uüben  unb  alle  amtlichen  Verfügungen  an  ben  ßtrd^üren  Storni  anklagen 
3U  laffen.     Sie  ©eiftlid^en,   todfye  bienftlic^  mit  ben  geiftli$en  Slmtö^anblungen  tö 

45  |l.  ©tu^le«  ju  t^un  ^aben,  ftnb  be&oegen  fetner  Veläftigung,  Unterfuc^ung  ober  Seauf* 
ftc^tigung  burc^  bie  öffentlichen  ©taatöbe^örben  unterworfen,  ^eber  mit  einem  geiftltcfcn 
Slmte  in  9lom  betraute  äludlänber  geniest  alle  perfönlic^en  ©utyerfyetten,  tute  fte  ben 
italienifc^en  Staatsbürgern  traft  ber  ©efe^e  be«  Königreiche«  jufie^en.  2)ie  bei  ©r.  $eiltg' 
feit  beglaubigten  ©efanbtcn  auäänbifc^er  Regierungen  genießen  im  Jtöntgreu^e  alle  $or> 

50  rechte  unb  ^rei^eiten,  bie  nac$  bem  ^Bölferrec^te  biplomatifc^en  Vertretern  jutommen. 
Seleibigungen  gegen  fte  ioerben  mit  benfclben  ©trafen  gea^nbet  tote  bte  gegen  ©efanbte 
auswärtiger  Wächte  bei  ber  italienifc^en  iRcgierung.  3)er  tyäp\t  Derte^rt  o^ne  jebe  (Sht- 
mifc^ung  ber  italienifc^en  Regierung  mit  ben  33if$öfen  au«  ber  ganjen  fat^olifcfycn  Sielt 
3u  biefem  3^ecfe  fte^t  c«  i^m  frei,  im  SSatifan  ober  fonft  einer  femer  Sleftbengen  $ojl* 

55  unb  Xelegrap^enbureauä  einzurichten,  Welche  Beamte  nac^  feiner  äBa^l  bebtenen.  5Da« 
t>ät>ftlic^e  *ßoftamt  fann  bireft  burc^  gefc^loffenen  $oftbeute(  mit  ben  ^oftämtern  be« 
Stuelanbe«  berfe^ren  ober  auc^  feine  93rieff$aften  ber  italtenifc^en  $ofl  übergeben.  3n 
beiben  fällen  ftnb  bie  mit  Stempel  beä  päpftlic^cn  ^oftamte«  berfe^enen  3)e^efc^en  ober  $oft= 
fachen  im  italieniföen  Staatsgebiete  öon  abgaben  ober  floften  befreit    3)te  im  -Kamen  beö 

60$a))fteS  abgefanbten  ftouriere  ftnb  ben  .ViabinetStourieren  ber  auswärtigen  Regierungen 


Stalten,  firdjUdHtaHftifd)  517 

glekfaeßeflt.  DaS  päpftlic^e  Telegrafenamt  h>irb  auf  ©taatSf  often  mit  bem  $elegrat>fyennefc 
beS  Königreiches  fcerbunben.  Die  bom  päpftlic^en  Telegrafenamt  als  Telegramme  p&pfc 
Bifcen  DienßeS  getenmeid&neten  Depefc&en  toerben  tote  ©taatstelegramme  bej?anbelt,  tnbem 
fie  bie  Vorteile  berfelben  genießen  unb  frei  fcon  jeber  ftaatlid&en  abgäbe  ftnb.  Diefetben 
Vorteile  genießen  bie  Depefc&en  beS  $Pai>fteS  ober  bie  auf  feinen  Vefe^l  ausgefertigten,  6 
toenn  fte  mit  bem  ämtsftegel  beS  fyl.  ©tufyleS  berfefyen  bei  irgenb  einem  Telegrafenamt 
beS  Königreiches  aufgegeben  toerben.  Die  an  bem  ^ßa^ft  genuteten  Telegramme  ftnb  frei 
bon  jeber  %a&,  toelc&e  ber  6mJ>fänger  *u  jaulen  tyätte.  Die  ©eminarien,  2tfabemien, 
Auflegten  unb  anbere  *ur  6niej)ung  uno  SluSbilbung  ber  ©eiftlid&en  gegrünbeten  fat&o* 
liföai  änftalten  in  ber  ©tabt  SHom  unb  in  ben  fec^S  juburbicariföen  ViSttimern  unterftetyen  10 
<md)  in  3ulunft  auSföließlic^  bem  i}l  Stuhle  ofyne  jebe  ßinmiföung  ber  ftaatlic^en  ©$ufc 
beworben.  äbgeföafft  ift  jebe  bef onbere  Vefd&ränfung  ber  freien  Ausübung  beS  VerfammlungS* 
rechtes  ber  3Ritglieber  ber  fatfyolifc&en  ©eiftlicfyfeit.  Die  Regierung  berjid&tet  auf  baS  Siecht 
ber  at>oftoliföen  Delegationen  in  ©ijtlien,  unb  im  ganzen  Königreiche  auf  baS  ßrnennungS* 
ober  VorfölagSrec^t  bei  Verletzung  ber  työfyeren  Kircfcenämter.  Die  Vifctyöfe  fyaben  bem  15 
Könige  leinen  @ib  *u  (elften,  ßöfyere  unb  niebere  Kirc^enämter  fönnen,  mit  SluSnatyme 
ber  ©tabt  9tom  uno  ber  ©uburbicariate,  nur  an  Staatsbürger  beS  Königreiches  fcerliefyen 
traben.  §tnfie$tlic&  ber  ©teilen  fömglictyen  $atronateS  ift  nichts  geänbert.  DaS  fönig* 
li<$e  „Sjrequatur"  unb  „$lacet"  toie  jebe  anbere  gorm  ftaailiqer  ©ene^migung  jur  33er« 
öffentlidjung  unb  Ausführung  ber  Verfügungen  ber  firc&lic^en  Vefyörben  ftnb  abgefd&afft.  20 
3ebo$  unterliegen,  folange  baS  ©onbergefefc  über  Reuorbnung  unb  Vertoaltung  beS 
Jctn^enbermdaenS  im  Königreid&e  no<$  nicfyt  erfäienen  ift,  bem  föniglictyen  ßjequatur  unb 
*ßlacet  alle  Verfügungen  ber  fird&licfyen  Vetyörben,  freiere  ft$  auf  Vertoenbung  ber  Kirchen* 
guter  unb  Vefefcung  ber  fyötyeren  unb  nieberen  Sßfrünben  bejiefyen,  ausgenommen  bie  ber 
©tobt  9tom  unb  Ber  ©uburbicariate.  Vefte^en  bleiben  bie  Veftimmungen  ber  &taat&  25 
gefe|e  über  Stiftung  unb  Veftanb  ber  geiftlicfyen  ^jnftitute  fotoie  über  Veräußerung  tfyrer 
©üter.  gn  geiftlictyen  unb  in  DiS*tyltnar*2lngeIegen&eiten  ift  tflage  ober  Berufung  totber 
bie  6ntfc$eibungen  ber  fir$lic$en  Ve&örben  nid^t  geftattet,  boc$  fielet  (enteren  auety  feine 
itoangStoeife  Durchführung  i&rer  Verfügungen  ju.  DaS  ©rfenntniS  ber  rechtlichen  folgen 
fotootyl  biefer  als  anberer  Verfügungen  ber  firctylicfyen  Vefyörben  unterftefyt  ber  9tec$t-  90 
fpre$ung  beS  ©taateS.  3lu<$  ftnb  berartige  Verfügungen  toirfungSloS,  toenn  fte  ben 
©taatSgefajen  ober  ber  öffentlichen  Drbnung  toiberftreiten  ober  $rtoatrec$tefcerle£en ;  enthalten 
fte  ein  Vergeben,  fo  unterliegen  fte  ber  gefeilteren  ©träfe.  3n  aü™  Angelegenheiten, 
todty  (Segenftanb  beS  gegenwärtigen  ©efe^eS  ftnb,  berlieren  bie  noc^  geltenben  Se= 
fthnmungen  t^re  9lec^tStraft,  infotoeit  fte  mit  biefem  ©efe^e  in  2Biberfpru<$  [te^en.y/  86 

Z^atfac^e  ift,  baß  fotoo^l  $iuS  IX.  toie  fein  9ia$folger  im  Vatitan  bieS  ©arantie- 
aefe^  ber  „fubal^tnen"  ^Regierung  nic^t  anertannt  l)at,  baß  alfo  bie  Jturie  grunbfä^lic^ 
fcute  noc^  als  fernbliebe  9JJac^t  bem  italienischen  ©taate  gegenüberfte^t,  toaS  fte  jebo4 
triebt  ^inbert,  alle  i^r  toillfommenen  Vorteile  beS  ,,©arantiegefe$eS"  auSjunü^en.  Die 
jä^rBdpe  SRente  t)on  3'  4  Millionen  £ire  ift  bisher  freilieb  nic^t  angenommen  toorben.  40 
Dte  Ualtenifd^e  Regierung  ^at  barum  befttmmt,  baß  biefe  ©umme  5  3a^e  ^ng  jur 
Verfügung  beS  $aj)fieS  fte^t,  nac$  3lblauf  berfelben  aber  an  ben  ©taatsföafc  gurücffällt. 
Dagegen  mac^t  ber  $<tyft  bon  ber  i^m  ^gefiederten  ©ouberänität,  Unabbängigfeit  unb 
Unierie^lic^Iett  ben  auSgebe^nteften  ©ebraud^.  Vetont  muß  toerben,  baß  baS  „©arantie* 
nur  bte  ttalienifqe  Slegierung  binbet  unb  außerhalb  beS  italienifc^en  Staatsgebietes  46 
ffftänbtt$  leine  ©iltigleit  fyal  Völlerrec^tlic^  lann  ber  $apft  o^ne  toeltlic^e  §err= 
gar  nic^t  anberS  angefe^en  unb  be^anbelt  toerben  toie  fonftige  bejjoffebierte  dürften, 
b.  ^.  er  $at  toeber  ©ouberänität  noc^  ©efanbtfc^aftSrec^t.  3m  übrigen  jeigt  ftc^  bie 
ttaltentföe  Regierung  in  biefem  „©arantiegefe^"  (nad^  ^JJrofeffor  Dr.  t)on  §ol^enborffS 
Urteil  „ein  in  ber  gornt  beS  ©efe^eS  gemachtes  VertragS^ängebofO  jiemlid^  freigebig  in  so 
ber  Verletzung  t)on  Vorreiten  an  Ürd^lic^e  ^nftitute  (^ßapft  unb  ©uburbicariate)  fotoie 
in  ber  Serjtd&ttetftung  auf  SRed^te,  bie  ber  ©taatSregierung  unbebingt  juftanben  (bie  oberfte 
Oktoalt  nac^  lanonifd^em  Siecht  in  ©Milien,  toie  fte  laut  Vutle  UrbanS  II.  bem  Äönige 
biete  2anbeS  jufte^t)  bejto.  Don  Regierungen  anberer  lat^olifc^er  Sänber  unbeftritten  be* 
anfcmfy  unb  ausgeübt  toerben.  Wad)  beinahe  einem  ^Rentenalter  fann  man  fagen,  baß  66 
bie  europäif$en  3Jcäd^te  ben  burcr;  bie  Vefe$ung  SRomS  unb  baS  ©arantiegefe^  gesoffenen 
Ruftanb  t^atfä^lid^  anertannt  ^aben,  baß  aber  auc^  ber  Vetoeis  erbracht  ift,  baß  ber 
$a|jft  jur  (Erfüllung  feines  geiftlid^en  älmteS  eine  toeltlic^e  ©errfd^aft  nicf)t  brauet.  Da 
ffat  fyabxt  (Surci  ein  beffereS  Urteil  als  bie  manniafac^en  bifc|öflictyen  Hirtenbriefe  unb  bie 
9efc|flüffe  ber  Aatyolitenberfammlungen  (bgl.  beffen  ©Triften  La  nuova   Italia  cd  i  co 


518  Stalte»,  ftrd>Hef)>ftarifhfef) 

vecchi  zelanti,  1881  unb  II  Vaticano  Regio,  tarlo  superstite  della  chiesa 
cattolica,  1883). 

35er  gegentoärtige  sßapft  Seo  XIII.,  toeld&er  bie  offiziellen  $itel  fü&rt  „©teltoertreter 
gefu  Gtyrifti,  SRad&folger  beä  Styoftelfürften,  Dbetyriefter  oer  allgemeinen  Ätri&e,  $atriarc$ 

5  be$  2lbenblanbe3,  $rima£  t>on  Italien,  (grjbifc&of  unb  2Wetroj>olitan  ber  römifcfcen  Sßro* 
binj,  Sifd&of  fcon  3lom,  Souverän  be$  toeltlid&en  33eft$e$  ber  ^eiligen  römifc^en  &ir$e", 
ftanb  2)ejember  1898  an  ber  ©fetoe  eine«  ÄottegtumS  bon  75  Äarbinälen  (6  Äarbinat 
bifööfe,  53  Äarbinatyfarrer,  16  ftarbinalbiafonen,  nadf  Dr.  #üföfamt>  bie  „päpftltd^cn 
*ßrinjen",  toeil  au$  tynen  ber  künftige  SPapftfönig  fyerborge^t),  14  Patriarchen  btiber  Sitten 

10  (8  lat.,  G  morgenlänbifd&e),  192  eqbifc&öfen  (174  lat.,  18  morgen!.),  776  »if^öfen 
(723  lat.,  53  morgenl.)  mit  SDiöcefen,  17  Sifööfen  o&ne  3)iöcefen.  SBirflty  bor&anben 
toaren  am  16.  2)ejember  1898:  57  Äarbinäle,  13  Patriarchen  (bafcon  3  Äarbinäle),  862 
lat.  ©r^Bifd^öfe  unb  Sifd&öfe  (babon  31  Äarbinäle),  54  morgenl.  @r$bif<$öfe  unb  Sifc&öfe 
(bafcon  4  Patriarchen),    14  Sifctyöfe  ofyne  3)iöcefen  (2  babon  Äarbinäle   unb  4  Xüular* 

16  bifd&öfe),  im  ganzen  alfo  1329  SBürbenträger.  Unter  bem  gegentoärtigen  ^ßapfte  (Don 
1878  bis  1898)  tourben  begrünbet:  2  Patriarchate,  30  grjbfetümer,  100  «tetümer, 
2  Slbte  o^ne  SDiöceje,  2  aj>ofr  $elegaturen,  68  apoft.  SSifariate  unb  30  apofl  träfet 
turen !  daneben  beftefyen  40  SWönd^orben,  18  Settelorben,  8  ©emeinfd&aften  »on  Orben& 
geiftlid&en,   35  ftrd^Itcf>e  Kongregationen  unb  6  geiftlic^e   ^f^^*    ®m  #offtaat  be$ 

2o*ßapfte$  bilbeten  am  16.  SDeg.  1898:  4  ^alaftfarbmäle  (ber  SßrobatariuS,  ber  Staate 
fefretär,  ber  ©efretär  ber  Sreben  unb  ber  ber  SDtemorialien),  4  Sßalajtyrälaten  (9Rajor= 
bomuS,  Äammerfyerr,  Slubitor,  Sßalaftoertoalter),  9  toirfl.  ©etyetme  Äammertyerren,  1  ©afriftan 
(Lüfter  beS  $apfte$  bei  feinen  amtlichen  Munitionen  unb  Pfarrer  ber  apoftolifc^en  $aläfte, 
2Xtularbif$of   bon  $orj)^reon),    1  ßeremonienfefretär.    Staui   lommen   bie   gü$tret$en 

36  „§au^rälaten  ©r.  £eiligfeit":  11  Patriarchen,  53  grjbif^öfe  unb  93  »tfd&öfe  als  8ffU 
ftenten  beim  päpftlic^en  2#ron,  1  SBijefammer^err  ber  römifdfren  Äirdfc  2  fürftl.  3$rim* 
afftftenten,  ber  ©eneralaubitor,  ber  ©eneralfd&ajmeifter,  ber  ÜRajorbomuS,  ba$  ÄoHegium 
ber  apoftoKfctyen  ^ronotare  (291),  ber  Äommanbatore  bon  ©.  ©Jnrito,  ber  Dtreftor  ber 
Äanjlei,    18  SSlbtc  ohne  2)iöcefen,  22  DrbenSgenerale,  berSReifter  bom  f).  £otoij,  8  Sßrä* 

so  loten  ber  römiföen  mota,  1  SEReifter  be$  33atifan$,  10  ÄamleijNrälaten,  81  Sßrälaten  bed 
J>äj>ftl.  ©eric^t^ofed,  19  Prälaten  Slbbrebiatoren,  12  toäpfttictye  (Seremonienmeifter,  293 
toirfl.  ©etyeime  Äammer&erren,  735  überfällige  ©ety.  Äammertyerren  (©brenfammer^men 
in  abito  pavonazzo),  6  Slbbofaten  be^  ^.  ÄonftftoriumS,  178  ©e^eimw^läne,  1  $ca& 
^ofmeifter,   1  Irud^fefe,  1  Seibarjt,  33  Suffolanti  b.  i.  Sänftenträger,  8  Sßrohiratoren, 

86  l  ^rebiger,  1  33eityt>ater,  je  1  2)om^err  bom  Sateran,  SSatifan  unb  SRaria  Staggtore, 
bie  toäj)ftK4e  Äaj)eDe  (2  KapeCmeifter,  8  ©oj>rane,  6  Stlte,  9  Senöre,  8  »äffe),  18  Wefc 
^riefter,  10  Dbert^ürfc^Hefeer,  18  ©tabträaer,  7  oj>o[t.  »oten.  —  S)ie  ^ftL  »ala^ 
bertoaltung  begreift  au$  Sie  Datifanifd^en  uJlufeen  unb  ©alerten,  tote  Stbliot^ef,  md^o, 
©terntoarte  unb  2)rucferei  in  ftc^.  —   3)ie  ^eil.  Kongregationen  fuib  folgenbe:  gnqui* 

40  fttion  (mit  bem  Sßatft  al^  SSorft$enben,  10  Äarbinälen,  28  Äonfultoren.  6  Dualtfilatoren 
unb  9  Dfftjialen);  Konftftoriale  (mit  bem  $ty>ft  ate  S3orft$enben,  11  Äarbmälcn,  4Dffi* 
jialen);  5päj)ftli(^e  Kommiffton  jur  Bereinigung  ber  getrennten  Äird^en  (^aj)|i  Sorfifcaiber, 
10  Äarb.,  2  ©efr.,  8  Konfultoren) ;  Visita  apostolica  Oßotft  Sorftienber,  5  Äarb., 
2  Äonfult.,   5  Dffij.) ;   »ifc^öfe  unb  DrbenSgeiftlicfre  (Äarb.  aSannuteOt  8orfv   29  Äarb., 

46  2  ©efr.,  35  Äonf.,  9  Dffn.);  Äonjil  (Äarb.  ängelo  bi  $ietro  Sorf.,  29  Äarb.,  2  Sek., 
8  Dffh.,  11  Prälaten)  nebft  SRebifion  ber  ^rotrimiattonjile  (Äarb.  bi  $ietro  S3orf.,  8Äto*., 

1  $rof efretär,  30  Äonfultoren) ;  Sifd^öfl.  $aläfte  (Äarb.  «ßaroed^i  SBorf.,  1  »rof efretär) ; 
Drben^riefter  (^a^ft  SSorf.,  1  ©efr.) ;  Äir$L  Immunitäten  (Äarb.  bi  $ietro  feorf^enba, 

2  Äarb.,  l^rofefr.  unb  lÄonf.);  Propaganda  fide  (Äarb.  Sebo<$oh>3fi  SSorf.,  27  Äarb., 
60  2  ©efr.,  35  Äonf.  7  Dffij.);  Camera  degli  Spogli  (Äarb.  SannuteDi,  SSorf.,  1  Äanjlet* 

d^ef  unb  1  ^rofurator);  Snbej  (Äarb.  ©tein^uber  SSorf.,  27  Äarb.,  34  Äonf.,  5  Stete 
toren,  2  Dffij).;  Sacri  riti  (Äarb.  3Kajjetta  SSorf.,  31  Äarb.,  8  «ßrälatofpjiale,  20  Äonf., 
6  -äKitgUeber  ber  Siturgifc^en  Äommiffton,  10  Dfm.) ;  (Seremoniale  (Äarb.  Orqjlia  SJorf., 
15  Äarb.,  1  ©efr.);   Älofterjuty  (Äarb.  BannuteUi  Sorf.,  12  Äarb.,  1  Sek,  1  Off.); 

»  Snbulaengen  unb  Reliquien  (Äarb.  ©otti  3Sorf.,  33  Äarb.,  1  ©efr.,  16  Äonf.,  3  Off.); 
8ifc$oF$t>rüfung  (2  Äarb.  für  Geologie,  2  für  Äird&enred&t)  •  SBertoaltung  ber  ?JcterSfin$e 
(Äarb.  SRamj)oUa  SSorf.,  5  Äarbinäle,  1  ©efr.,  26  Off.);  aRofaiftoerlßätte  (l  »orf.  unb 
1  3)ireftor);  Sauretana  (Äarb.  Slam^otta  Sorf.,  13  Äarb.,  1  ©elr.,  3  Off .) ;  3bi|erorbent* 
Uc$e  firc^I.  3lngelegen^eiten  (Äarb.  Dreglia  Sorf.,   14  Äarb.,  2  ©elr.,  11  Äonf..  5 Off.); 

eo  ©tubien  (Äarb.  ©atoHi  Sorf.  31  Äarb.,  1  ©efr.,   13  Äonf.,  6  Off.);  Äarbinattommtffion 


Stalten,  ftr^(i(^  ftattfHfd)  519 

für  bie»efefeung  ber  ital.  »ifd^of^fi^e  (Äarb.  Varocd&i  SSorf.,  5£arb.,  1  ©cfr.) ;  Äarbinal* 
lommiffton  für  gefd&u&tltd&e  ©tubten  (Äarb.  5ßaroc*t  SSorf.,  4  ßarb.,  1  ©efr.,  9  Äonf.). 
»poftoliföe  Spömientiarie  (Äarb.  SBerga  SSorf.,  16  SRitglteber);  Sl^oftolifc^e  Äanjlet  (Äarb. 
Wettet  SSotf.,  8  ©eir.,  18  äbbretoiatoren,  6  ©telfoertreter) ;  2fyoftoliföe  2)atarie  (ßarb.  6 
SKafeOa  «Probatariu«  mit  28  SBertoaltungäbeamten  unb  28  g#ebienten) ;  SRömifd^e  9tota 
(8  Xubitoren);  Sfyoftoliföe  dämmeret  (Äarb.  Dreglia  Ramerlengo,  baju  1  fteHt>er= 
tretenbet  Jtamerlengo,  1  ©eneralaubitor,  1  ©eneralfd&afcmetfter,  10  ©cifuid^e)  •  !ßä)>ftl. 
®eru&t3$of  (1  ßarbmafyräfeft,  5  Seifiger,  66  Sleferenbare) ;  $alaftian*lei  (ßarb.  StampoHa 
Staa&fefr.,  fem  ©tettoettreter  unb  8  Dfftj.);  Äanjlet  ber  Srefcen  (Äarb.  3Racd&i  SSorf.,  io 
fein  SteBtoertt.  unb  12  Seamte,  baju  2  ©efr.  für  Sretoen  an  gürften,  2  ©efr.  für  lat. 
»tiefe,  5  ©efr.  für  2Wemorialien) ;  Äanjlei  beS  üRonf.  Slubitor  mit  11  »eamten;  Väpfll; 
ffio&ltyätigfeit  mit  7  Beamten. 

SEfyfÖidfre  Nuntien  unterhielt  am  16.  2)ejember  1898  ber  $.  ©tu&l  in  2Bien, 
SRütupen,  Srüffel,  Sßetrojwlte,  Sogota,  Sima,  Var&,  Sujemburg,  $aag,  Siffabon,  Sara« 
cad,  3Rabrib.  16 

SSon  auStofatigen  Staaten  Ratten  am  16.  3)e*ember  1898  Vertreter  beim  päpftlid&en 
Stuhle:  Öflertei(fcUngarn,  Sofern,  Selgien,  93oltoia,  Sraftlien,  ßfyili,  Kolumbien, 
%nn!rei$,  SRonaco,  Nicaragua,  V**u,  Portugal,  Sßreufjen,  SRujjlanb,  ©.  Domingo  unb 
Manien. 

S)a$  SBifariat  ber  ©tabt  9tom  mit  Äarbtnal  V<*rocc$i  atö  ©enerafoifar  be$  tyatftö  ao 
y$lt  40  Seamte  unb  beauflagt  49  ftäbtifd&e  unb  9  borftäbtifäe  Pfarreien. 

3)er  päpfUicfre  ©tu&l  unterhält  in  9tom  1  Untoerfität  (Styeol.  gafultät  mit  12  $rof., 
3urifftfctye  mit  18  Vr°f-,  ^ilofo^^ifc^e  mit  8  $rof.   für  morgenlänbifäe  Sprayen  unb 

10  anbeten  $rof.),  1  @tymnajium(2i;ceum)  mit  9  Se^rern  unb  $rog^mnaftum  mit  12  Sehern, 
eine  9iealf$ule  (9  Sebrer),  ein  ^nftitut  für  fac$toiffenf$aftlic&e  Sttteratur  (5  Setyrer)  unb  35 

11  SOabemien  (2#eotogifc&e,  Siturgiföe,  2lrc$äologtfc$e  u.  f.  to.).  gerner:  bie  Pontificia 
Accademia  dei  Nobili  Ecclesiastici  (SSölterrectyt,  ©taatSöfonomte,  fircfylidje  Diplomatie, 
frembe  ©proben)  imb  6  ©eminarien  (Pontificio-Romano,  Pontificio-Provinciaie, 
Vaticano,  tytiwfyaid,  grancefe,  2lmbrogio=6arlo).  Äirc^licfye  Kollegien  finb :  ba$  Ur- 
bano  de  Propaganda  fide  (fyat  ba$  Siecht,  ben  35oftorgrab  ui  fccrletyen),  Almo  Capra-  ao 
nicense,  35eutf^*Ungarifc^e«,  ©riectyiföeS,  9tottyenifc$e$,  ©djottifcfyeS,  3#änbiföe3,  @n8s 
fif$e&,  XmerilanifdjeS,  SelgifctyeS,  Pio-Latino-Americano,  $eutomfc$e$,  SDL^rifc^e^ 
Pio-Inglese,  SßolniföeS,  3lrmemfc$e$,  SöfymtföeS,  ©pamfd&eS,  ßanabifcbeS,  SDtaromtiföeS. 
Dajtt  tommen  nod)  8  Kollegien,  freiere  bie  Verriebenen  Drben  unterhalten,  hrie  Collegio 
Romano  (^ejuiten),  3$oma8  bon  älqutn  (35omtnitaner),  3lnfelm  (Senebütiner),  gran«  86 
c«8co  (gtanjtdlaner  füt  §eibenmiffionare)  u.  f.  h>.  (Snblicty  no(^  3  §ofpije  (2  für  Äon* 
wrtietenbe,  1  füt  SBaifen). 

95an  ben  823  Kitten  in  ber  ©tabt  9tom  gelten  7  ate §auptf treten,  nämlic^ :  ©.©io* 
tarati  m  gatetano  C^aupt  unb  üföutter  aller  Kirnen",  bie  Äatyebrale  Slom^),  ©.  5JJietro 
in  Saticano,  ©.  SRaria  ÜRaggiore,  ©.  $aolo  fuori  le  mura,  ©.  Sorenjo  fuori  le  40 
mura9  ©.  ßtoce  in  ©erufalemme  unb  ©.  ©ebafttano  fuori  le  mura.  Die  erften  toter 
finb  jugleidb  bie  3w6iläum^Krd^en.  3)aju  fommen  53  SXtularfmtyen  bejto.  Äarbinal^ 
Hotteten  unb  16  jcarbinaläbiafomen. 

^ietatc^ifd^  teilt  ftd^  bie  römifcfcfatljoliföe  Rirt^e  Stalien^  ein:  I.  a)  Diöcefe  SRom 
mit  77  Parteien;   b)  6  ©uburbilariate  b.  b-  öorftäbtif^e  Karbinalbtötümer :   1.  Sllbano« 
mit  11  ^fatteien,  2.  fttafteatt  (8  Wf>%t  3.  C(Ha*»ettetri  (14  $f.),  4.  ^aleftrina  (24  $f.), 
5.*otto  (7  Sßf.),  6.  ©abina  (32  ^f.). 

IL  ®em  f).  ©tu^le  bireft  unterteilt  fmb  folgenbe  ßrjbi^tümer  unb  Siätümer:  3n 
»giitien:  S3fet.  guni^arjami  (102^f.);  inSJenetien:  (grjb.UbinefU^^f.);  im  früheren 
JRt^cnßaate:  ffit|b.  ßamerinö  (180  #1  ^etrara  (89  $f.),  ^eruflia  (199  5{5f.),  Spoleto  so 
(170  $f.),  8Utftpiat»enbentc(12¥f.)t  SBatri  (16^5f.),  Slmelta  (20  K),  Slnagni  (21$f.), 
«newia  (875JJf.),  »«coli  (105  ^f.l,  »fprt  (36  W,  Sagnorea  (24  Vf.),  6«tta  bi  GafteOo 
(166  $f.),  6itta  beOa  $iebe  (35  ^f),  Gimta  6aftettana(31  $<%  Gwneto  (17  Vf-)/J«s 
wumo  (41  Vf)/  S«no  (46  VfO,  ^«cntinD  (19 Vf.),  goligno  (57  ffii,  ©ubbio  (67  Vf.), 
ftefi  (23 Vf-X  9Rontefia«com  (18  VfO,  sJ^tni  (40 Vf.),  ^Wocera  (85 Vf.),  3?orcia  (103  Vf.),» 
Oiieto  (57  Vf.),  Dftmo  (37  Vf ),  V^ßgio  SWirteto  (37  Vf.),  ^ecanati  (19  Vf.),  SRieti 
(161  Vf.),  ®egro  (15  Vf).  ©uttWIevi  (35  Vf),  2*rni  (16  Vf),  Serracina  (26  Vf.), 
2tooR  (41  Vf.),  lobi  (101  Vf),  ^reja  (10  Vf.),  SSeroli  (37  VfO,  ^terbo  (34  Vf.); 
in  Zotoam :  ®nb.  Succa  (234  Vf),  23i$t.  ärewo  (326  Vf.),  Gortona  (49  Vf),  2R<mtal* 
dno  (34  Vf.).  Sfamtetmlciano  (18  Vf);  »n  ber®milia:  33tet.  SSorgo  ©.2)omino  (52  Vf.),  eo 


520  Stalte«,  Krdjlty*fUitijKf$ 

SJJarma  (316  §L%  Vtacenyt  (359  SJ5f.);  im  9M>0Rtttmf<fat :  @rjb.  »malft  (54  $f.), 
«quila  (138  wS9  Gojai&a  (100  $f.),  ©aeta  (39  $f.),  Stoffano  (39  $f.),  »tet  «quino 
(69  $f.),  Sfoerfa  (53  H),  Ga&a*©arno  (30  SJ5f.),  goggia  (8  $f.),  ©ratrina  (9  $f.), 
6.  3Barco  (64  H&  Warft  (76  $f.),  3Mfi  (13  $f.),  2Rileto  (132  $f.),  SMfetta  (8$f.), 
6  SKonotooK  (8  ^f,),  SlörW  (15  $f.),  $enne*2ltri  (97  *Bf.),  leramo  (124  $f.),  Irtoento 
(59$.),  Irota  (10qji)f  aSafea=©ulmona(58?JJf.);  auf©ijUim:  @rjb.  Gatania  (49?J5f.), 
Stet.  ätcUSReaCe  (27  *f}f.). 

III.  3Jlctroj)oUtanfiAe  mit  ben  baju  gehörigen  ©uffraganaten  fmb:  Xcereny^SRatera 
mit  114  Pfarreien  (©uffr.  2lnglona*$urft,  $otema,  Iricarico,  SSenofa):  SaruGanofa  mit 

10  35  $f.  (Gonberfano,  3tut>o*93itonto);  Senetoent  mit  410  $f.  (SKtfe,  »rtano,  3t«coß*Gerig* 
nola,  2foeflino,  Sojano,  33ot>ino,  Sarino,  Sucera,  ©.  ©ebero,  ©.  Slgata  bei  ©oti,  3#efe, 
Sermoli);  Bologna  mit  634  $f.  (gaenja,  Smola),  »rinbifi  mit  18  *ßf.  (Offamt):  Gag* 
Kari  mit  155  $f.  (©alteUt^uotoo,  Sglefta«,  Dgliaftra);  Ga^ma  mit  307  $f.  (&a\aw>t 
Galdeano,  Gaferta,  3fernia*aSenafro,  ©effa);  Gbieti  mit  115  $f.  (3Saffa>);  Gonja*Gam: 

15  J>agna  mit  67  $f.  (Sacebonia,  3Ruro,  ©.  2lngeu>  bei  Sombarbi);  gfernto  mit  247  $f. 
(ÜWacerata^olentino,  2Rontalto,  3li)>atranfone,  ©.©eberhto);  gloreng  mit  1343  $f.  (ftorao 
©.  ©epolcro,  Gotte,jföefole,  SRobigliana,  ^iftoia^rato,  ©.  SKiniato) ;  ©enua  mit  913  $f. 
(SUbenga,  33obbio,  93rugnato,  ©afcona*9?oli,  $ortona,  SSentimialia) ;  Sanciano  mit  19  $f. 
(Drtona);  SKanfrebonia  mit  13$f.(93iefti);  SKeffina  mit  229  ^Jf.  (St^xiri,  !Rtcofta,  $atti); 

ao  SKailanb  mit  2376  $f.  (Sergamo,  33re«cta,  Gomo,  Grema,  Gremona,  2obi,  SRantua,  *J$atria); 
SRobena  mit  640  $f.  (Garpi,  ©uaftaHa,  Wlafta  bi  Garrara,  SReggio  gmilia);  Stmtreale 
mit  111  $f.  (Gattanifetta,  ©trgenti):  9?eai>ei  mit  202  $f.  (Slcera,  3«#ia,  SRola,  $o»uoli) ; 
Driftano  mit  116  $f.  (2tle«*2;erralba) ;  Dtranto  mit  124  *ßf.  (©aHipoU/  Secce,  Uaento); 
Palermo  mit  104  $f.  (Gefalu,  SRajjara,  Xratoani);  Sßifa  mit  464  $f.  (Siborno,  *|Je«cia, 

25  sßontremoli,  93olterra);  Stabenna  mit  429  $f.  (Sertinoro,  Gertria,  Gefena,  Gomac^to, 
gorli,  9tunini,  ©arftna):  SReggto  Galabria  utit  466  $f.  (33oba,  Gaffano,  Gatanjaro,  Go* 
trotte,  ©erace,  SRtcaftro,  Scicotera^ropea,  Dwribo,  ©quillace);  ©alento-Xcerno  mit  376$f. 
(Gat>accio*a3attor  35iano,  5Karftco;  SRocera  bei  SJJagani,  Slugco,  ?JJolicaftro);  ©.  ©eberina 
mit  45  $f.  (Gariati) ;  ©affari  mit  126  $f.  (3Iabero,  am^uria«,  8ifat^io,  Sofa) ;  ©tena 

somit  255  $f.  (G^iufu^ienja,  ©roffeto,  SKaffa  Maritima,  ©atxma^itigliano);  ©traeufa 
mit  111  $f.  (Gattagirone,  Sloto,  $iajja);  ©orrent  mit  61  5ßf.  (GafteOamate) ;  laraitto 
m.  41  $f.  (Gaftellarteta,  Dria);  lurin  mit  1247  $f.  (Slqui,  »Iba  $om»>eaf  Sofia,  3p, 
Guneo,  goffano,  Sörea,  3Wonbot)i,  ^inerolo,  ©alujjo,  ©ufa);  Iratti  mit  24  $f.  (Siice^Iie, 
Slnbria);   Urbino  mit  447  $f.  (Gaali^ergola,  goffombcone,   5WontefeItro,  $efaro,  Sntts 

86  gaglia,  Urbania-S.  Slngelo  bt  S3abo) ;  Senebtg  mit  1497  $f.  (Äbria,  8etttmo*g«Itre, 
Geneba,  G^ioggia,  Goncorbia,  5ßabua,  Irebifo,  SSerona,  SBicettja);  SSerceSi  mit  892  $f. 
(Slleffanbria  bclla  $aglta,  SieDa,  Gafale,  9lot>ata,  Sigeöano). 

IV.  3lbtcien  unb  ^rälaturcn   o^tte  2)iöcefe  fhtben  fid^  11  in  Italien:   3Utamura= 
Äquatotoa,  3)tonte  Gafftno,  SKonte  SSetgine,  Slonatttola,  ©.  SRartino  al  3Ronte  Guntno, 

40  ©.  $aoIo  fuori  le  mura  (bei  9tom),  ©.  ©afoatore  (bei  5Kefftna),  ©.  2ucia  bei  SRda, 
©.  irinitä  beffa  Gafca,  ©©.  aSincenio  eb  3lna[tafto  alle  tre  gontatte  (bei  9tom),  ©ubiaco, 
toelc^e  im  ganjen  172  Pfarreien  jaulen. 

SmSlnfd^lufe  hieran  ertoä^nen  ttrir,  bafi  aud^  in  Italien  eine  Keine  aItlat^oltf$e 
©emeinfe^aft  befte^t,  toelc^e  bur^  ben  früheren  ©omlerrn  bon  ©t.  $eter  in  9lom,  ben 

45  ©rafen  §einrtc^  t)on  (Sampeßo  in  ben  a$t£tger  gabren  in«  Seben  gerufen  tmtrbe.  3n 
9lom  fetbft  arbeiteten  Gam^eDo  unb  ©abarefa  junädftt  bergeben«.  Se^terer  teerte  reu= 
mutig  mr  römifd^en  ^Ja^ftlirc^e  jurücf,  aber  erfterem  gelang  ed  bi«  ^eute,  in  berföiebenen 
Orten  oe«  Sanbe«  feften  gu|  ju  faffen.  Gam^eHo  tft  erteilter  8ifc^of  ber  Ualiemf^en 
SUtfatyotifen  („Chiesa  Cattolica  Italiana"),  t)on  Siföof  Dr.  ^erjop  in  ber  S^toetj  0t* 

so  biniert.  %t)xn  jur  ©ette  fielen  ber  bifiöflic^e  S8ifor  $rof.  Gicd^tttUSuriom  unb  ein 
©^nobalrat.  Btdfö  altlatpoltfd^e  ©eiftlic^e  unb  ein  Gbangelift  betiorgen  neun  größere 
unb  fletnere  ©emeinben  mit  eth)a  1000  Stn^ängern.  Sie  nam^aftemn  ftnb:  Itmme 
Oßroö.  Perugia,  93ej.  SCerni),  SDofcabola  (^Jroö.  glorenj,  9ej.  3locca  ©.  GaSctano),  ©.  Situ 
gelo  bei  Sombarbi  (^Jrob.  3löeIIino,   5princij>ato  ulteriore),   ©.  9temo  (Stitriera  Pimente). 

56  Kleinere  ©emeinben  in :  Gaftelbilago,  GaftigRone,  5{k4>igno,  ©.  Sernarbino,  ^ailombare, 
6.  SSito,  3Sentimtglia  unb  Gamporofjo.  3?euerbing«  tft  aud^  San  SRiraglta  in  ^iacenja 
bieferS3eh>egung  beigetreten  unb  fonnte  im  Sejember  1899  in  eigner  Sttipdlt  burt^  $rof. 
©iamporcari  toieberum  altfat^olifd^er  ©otteöbtcnft  in  SRom  begonnen  toerben. 

Sie  ebangelifd^eÄirc^e  in  Italien  fefct  ftc^  gur^dt  )ufammen  au«  ber  Mannten 

eo  „28albenferfirc$e",  ber  Weniger  belannten  „Göangelif^en  italienif$en  Äir^e"  unb  einigen 


Stalten,  KrdjlidHtatifKfd&  521 

anberen  fir$lic$en  ©emeinfcfcaften  (2Be$lefyaner,    amcrifaniföe  SHetfyobiften,    Saptiften), 
todäft  üft  Sofern  auälänbitöen  SWiffionen  banlen. 

a)  3)ie  SBalbenferfirctye.    3)tefe  aus  ©übfranfrei<$  im  beginn  be$   13.  %ai}xf). 
nacb  ben  3$älern  ber  cottifd&en  Silben  gefommene  im  ©egenfafc  $ur  römifcfyen  Ätrcfce  ftetyenbe 
Seite  („lo  pöble  de  li  paures"  b.  i.  SSolf  ber  2Irmen)  erflärte  ftc$  auf  ber  Stynobe  5 
m  ßianforan  1532  gu  ben  ©runbfäfcen  ber  fötoeherifcfyen,  namentlich  ©enfer  Sieformation. 
feurd?  fd&toere  SSerfolgungen  $inburd&  (Dftermefceleien  am  24.  2tyril  1655,  Vertreibung 
au$  ben  2$älern  1686,   „la  glorieuse  renträe  1689)  erhielten   fte  ftc§,   bis  ba$  grie* 
ben«ebtft  tyreägürften  SBiftor  SlmabeuS  (23.  SM  1694)  äußere  Slutye  unb  bie  SSerfaffung 
beä  Äömgroc$e8  Sarbinien  (17.  gebruar  1848)  ^Religionsfreiheit,   ja  im  Staatshaushalt  10 
foaar  eine  UnterftüfcungSfumme  t>on  jäfyrlicfy  6462  2tre  braute.  Sie  gä^Ite  bamalS  18  (Seift* 
Kdpe  m  15  ©emeinben  ber  ju  Sßiemont  gehörigen  S^äler  bon  Sufema,  3lngrogna,  ^Jerofa 
unb   S.  SJtartino,   nämlic^:    ängrogna,  Sobbio^ettice,  SKafeHo,   ^errero,  ^omaretto, 
$rali,  Sßramotto,  Sßraroftino,  Sloboretto,  Slorä,  S.  ©ermano,  S.  ©tobanni,  $orre  ^ettice 
$UIar*?ße&tce   unb  SSiQa  Secca.    §ierju  ftnb  naefy  1848  bie  ©emeinben  in  ber  Ärete* 15 
ftabt  $mero(o  unb  ber  $$rot>injiatyauJ>tftabt  Xurin  gefommen.   2)iefe  17  ©emeinben  „ber 
2$&Ier"  fcerben  gegenwärtig  fcon  22  ©eiftlid&en  toerforgt  unb  jäfylen  ca.  13  000  Seelen 
(no$  berSo^Iung  1881:  11641  S.)  mit  4571  glementarföüiern  unb  3520  Sonntag** 
föülent    Sa*  1835  in  $orre  $eQice  gegrünbete,    1898  ben  ftaatlid&en  Slnftalten  gleich 
geßeOte  ©tynnaftum  fyd  8  Se^rfräfte  unb  ca.  70  Schüler,   baju   eine  Sibliotfyef  fcon  ao 
20000  Sänben  im  „2BalbenferI?aufe".  (Sin  *Progtomnaftum  mit  5  Sehern  unb  32  S($ü* 
lern  beftnbet  ftd&  in  Sßomaretto,   eine  työfyere  Söcpterfäule  mit  10  Sehern  unb  32  S#ü* 
lermnen  in  iorre  $etttce.  Slufjerbem  beftefyen  je  1  2BatfenI?au3  in  $orre  ^Jettice,  $oma* 
retto  unb  2torin,   1  SiecfyentyauS  in  S.  ©ermano.    Sie  1855   in  £orre  sjkttice  gegrün* 
bete  „S^eologifd&e  Sd&ule"   (jur  2lu3bilbung  ber  ©etftlid&en,  toelcfye  früher  in  ©enf  unb  26 
Saufanne  tyre  tyeol.  Stubien  betrieben)  tourbe  ber  italtemföen  S^ad^e  toegen  1860 
tta$  gioreng  toerlegt.     Sieben  SBalbenfem  (©etymonat,  ä.  Sletoel,  ©.  $.  Stebcl)  unter* 
rUteten  an   tyr  au$  ÄuSlänber  (Sfyni,  Stönnefe).    ©egentoärtig  i)Ot  bie  Schule  3  5ßro* 
fefforen  unb  10  Stubierenbe.    Sieben  ben  alten  ©emeinben   in  ben  Styälern  finb   burety 
ba*  fett   50  %dfytm  betriebene  (SfcangelifationStoert  burd?  ganj  Italien   tyin  neue  äöal*  90 
benfergemetnben  entftanben.    2)tefe,    48  an   ber  ftatyl,   mit   47  Stationen  ©ilialgemein* 
ben)    umfaffen   5600  ertoac&fene  ©lieber  (comunicanti),  bie  Don  44  ©eiftlic^en   unb 
18  (Sbongeliften  öerforgt  toerben.  3)ie  mit  biefen  ©emeinben  fcerbunbenen  ßlementarfd^ulen 
baben  2771  Spület  mit  66  Sehern  unb  Seherinnen.  3n  ben  Sonntag^ulen  ftnb  3561 
S$ükr.    2)ie  ^efamte  3Balbenferfird^e  toirb   t>on  ber  Vertoaltung*'  unb  3luffu$t3be^örbe  35 
htt  „lafel"  geleitet,  bie  avß  5  öon  ber  jäfyrüc^  im  September  ju  Sone  $eDice  tagenben 
SJ^tobe  gehalten  SMitgliebern  unter  bem  SBoftrfc  be*  „SRoberatore"  befte^t.    Seit  1861 
toirb  bad  @tttngelifation3gebiet  mit  feinen  neuen  ©emeinben  tton  einem  ebenfalls  burd^ 
bie  S^nobe  jja^rCtd^  getoä^lten  „ßt)angeKfation*fomit6"  (8  SMitgiieber)  öertoaltet.  2)ie©e* 
metnben,   tpeld^e  feit  1875  eine  eigene  &ir$enorbnung  fyabert,   ftnb  in  5  Sejirfe  geteilt :  40 
1.  ^iemont^Siaurien-TO^a  mit  15  ©emeinben  unb  12  Stationen :    Goa^e,  Sufa,  Sour* 
tmfyeur,   2a  Satte,  3lofta,  ßbam^  be  $raj,  fyxta,  SSal  bi  Sroffo,  Gourgnö,  3:orrajja, 
Sidla,  Pebicabatto,  lurin,  SRarentino,  Gafale,  ?5iatramara^i,  Guneo,  2)emonte,  lenba, 
9K)ja,  SJattecrojta,  S.Slemo,  Samj)ierbarena,  ©enua,  (SJ^iaoari,  %atoak  (1748  ßommuni* 
fönten,  526  Schüler  in  ben  ßlementarföulen  unb  882  in  ben  SonntagSfd&uIen).  2.  2om*  46 
tabet»$eneüen;(£milia  mit  10  ©emeinben  unb  13  Stationen:  SMailanb,  6omo,  S.  Rebele, 
£ugano,  Ärogno,  S3re«cta,   gbolo,  6aftigIione--©uibinolo,  SDtantua,  Steuere,  Sorgofranco, 
Ouaftatta,  SSerona,   SBenejia,   3:rebifo,  $eberobba,    ijioffabro,  2lnbrei*,  Ubine  (1074  Ä., 
20  &*©(&.  unb  336  S.*Sd^.).    3.  2:o3cana=Sarbinien  mit  6  ©em.  unb  6  Stat. :  ?cIo* 
renj,  2ucca,  Sarga,  s^ifa,  Siöorno,  ^Jiombino,  %\ola  SKabbalena,  Saffari,  39Wa^#  ™o  60 
SRarina,   ^ortoferrajo   (1028  ft.,  721  ei.^S^.,  708  S.--Sc^.).    4.  Slom^eaije^SJlarfen* 
Ämt»en*5^uKen*6aIabrien   mit   9  ©em.  unb  2  St. ;    Stom,   SJeapel,  ^Joggio  SJlirteto, 
Äncona,   Sd&iabt,  Gorato,  Srinbift,  2eccc,  Stocca  SntyttWe,  Saranto,  Sari,  SRottoIa, 
©ioia  bei  Sötte  (872 St.,  8iei.*S4,  470S.*S4).  5.  Sizilien  mit  8©em.  unb  14 Stat.: 
WefftnaJ@aIIico,  Sarcettona,'  ^li(aj)o,  Gatania,  ©iaue,  S.'SRaria  bi  Stcobia,  S^ralud,  ^(oribia,  66 
Stoto,  SRobica,  Slaaufa,  SSittoria,  Slieft,  (Saltanifetta,  (Saftrogioüanni,  s^ietraj>ei^ia,  ©rotte, 
©trgenti,  »abia,  Palermo,  Zxctipam  (874  Ä.,  1423  öUSc^.,  1165  S.--S*.).  35ie  SBal 
benferftrAe  unterhalt  18  Äofyorteure  jum  Serfauf  öon  Sibeln  unb  ebangelifc^en  Schriften. 

b)2)ie  @DangeIifc^e  3talienif$e  ^irc^e.    ü)iefe  Itir^engemeinfc^aft,  h>eld^e 
laum  fo  mele  ^a^rje^nte,  tote  bie  2Balbenfertir$e  ^^unberte  jä^It,  entftanb  burc$  ben  er 


522  Stalte«,  KrdjHdKtatifHW 

im  %af)xt  1870  gu  9Hailanb  fcollgogenen  organifd&en  ßufammenfd&lufc  fcon  23  ebangdiföen 
ffiingelgemeinben,  toeld&e  fi$  meift  burcty  Stbellefen  unabhängig  t>on  ber  9Batbenfer*@t>an* 
gelifation  fyier  unb  ba  im  Sanbe  gebtlbet  Ratten  unb  il?r  Sebürfnte  na$  fefter  tircfclic&er 
Drbnung  beliebigen  tooHten.    2)ie  1870  in  ÜJtailanb  gebilbete  Äirt^e  nannte  ftcty :  „greie 

5  italieniföe  ßirctye",  nic^t,  ioie  getoiffe  ©egner  bitetoiHig  auSftreuten,  aus  ratumalifttj$en 
2lntoanblungen  in  ber  Sefyre,  fonbern  lebiglicb,  um  ihre  Trennung  Don  $a))fttum  unb  rö* 
miföer  §ierar$ie  Kar  gu  fenngeidjnen.  §atte  fcfyon  bie  ©enerafoerfammlung  1870  ein 
SefenntniS  in  8  ©runbartifeln  aufgeteilt,  fo  nafym  bie  näcfyfte  ©enerafoerfammluna  1871 
in  ^orenH  ^ne  SSetfaffung  in  21  ©runbartifeln  an.    SluS  jeber  Mk  biefer  ©runbartüd 

10  fyriqt  gefunbeS,  bibliföeS  unb  praftifc^e^  (S&riftentum  unb  bem  entft>rec$enbe$  et>angdifd*3 
©emrinbeleben.  2)urd&  fönigl.  3)e!ret  Dom  2.  %\xl\  1891  hmrbe  biefe  Äircfce  unter  bem 
tarnen  „Chiesa  Evangelica  Italiana",  toie  fie  feitbem  Reifet,  bon  ber  italientf^en  SRe* 
gierung  alä  guriftifcfye  Sjlerfon  anerlannt.  35ie  Seitung  biefer  Äircbe  liegt  tn  ben  #anben 
rineS  au«  5  (toon  ber  jäfyrlic^  im  Dftober  gu  glorenj  tagenben  „©enerafoerfammlung  ge* 

16  toasten)  ÜRitgltebern  beftetyenben  „gtxmgelifationSlomttee,"  todd&eä  brei  beutle  dfycmm'iU 
glieber  (Sup.  Sic.  SRönnefe=©ommern  feit  1877;  Suj>.  a.  3).  &fd&er*5Reutoarp  feit  1891; 
£ofyrebiger  D.  SRogge  feit  1898)  gätylt.  2)ie  Äird&e  felbft  befte&t  gegentoartig  au$  36  ®e* 
meinben  unb  45  Stationen  mit  1831  ertoac^fenen  ©liebern  (comunicanti),  bie  tnm 
14  ©eiftlic^en  unb    17  @toangeliften  berforgt  toerben.    3)ie  ßlementarföulen  biefer  Äir^e 

ao  jaulten  944  Schüler  unb  38  Sefyrer  unb  Seherinnen.  3«  ^m  Somttagäföulen  finb 
1276  Schüler,  (Sine  „2:tyeologifd&e  Schule"  gur  SluSbilbung  ber  ©eiftlicfcn  beftanb  fcon 
1877—1891  in  SRom,  feitbem  ift  fte  nacty  gloreng  öerlejjt.  (1$  unterrichteten  an  berfdben 
in  9tom :  ©abaggi,  $enberjon,  JRönnefe ;  in  gloreng :  gtfd^er,  Stobio,  Sefftng.  3)ie  gange 
(Sfcangdiföe  Stalienifcfye  jtird^e  gerfäflt  in  10  Segirfe :  1.  Sßiemont  mit  9  ©emeinben  unb 

26  3  Stationen :  Saffignana,  Suff  oleno,  gara  9?ot>aref  e,  Stonco  ßanafcefe,  lurin,  Salmuccia, 
Gtoiaäco,  Jfrafjo  bi  ScopeHo,  Drmegiano,  Stoccajrietra,  SRoffa,  Sarallo;  2.  Sigurien  mit 
2  ©em.:  ©enua  unb  Sabona;  3)  Sombarbei  mit  4  ©em. :  Sergamo,  Gtytafcenna,  SJtai* 
lanb,  Sonbrio ;  4.  Senetien  mit  3  ©em. :  $refcifo,  Ubine,  Senebig ;  6.  @mtlia  mit 
1  ©em. :  Sologna;   6.  ^o^cana  mit  7  ©em.  unb  5  Stat.:   3lrena,  ßarrara,  (Stfane&o, 

so  glorenj,  Stborno,  $tfa,  5JJiftoja,  ^ontaffer^io,  S.  SKarco  alle  6aj>t>eHe,  S.  SRaria 
bei  ©iubice,  Lorano,  Ulibeto,  3am6ta;  7.  9tom  mit  2  ©em.  in  &om;  8.  Wtotyd 
mit  1  ©emeinbe  in  Neapel;  9.  Simulien  mit  4  ©emeinben  unb  2  Stat:  Sari, 
SWarg^erita  bi  Sabota,  2Rottola,  ^alagiano,  ^Earanto,  Irani;  10.  Sijttien  mit  2 
©emeinben  unb  1  Stat. :  Palermo,  S.  Stefano   bi  Gamaftra,  Scidt    3)ie  @t>anaeltf$* 

86  Stalientfc^e  $\'\xd)c  unterhält  85loIporteurc  jum  Serlauf  bon  Stbeln  unb  efcangdif$en  Sänften. 

c)  3m 2lnfd)lufi  hieran  ift  ;/bie  greie  #riftlid)e5tird&e"  ju  ertoä^nen,  bereu 9Rit« 

glieber  pfymou$iftifc$en  Stanb))unft  einnehmen  unb  in  etlichen  20  ©emeinben  gefammdt 

ftnb.    3)o$  lä|t  [xd)  eine  Statifti!  ni$t  geben,  ba  ed  nid^t  möglich  ift,  nähere  Angaben 

ju  erlangen. 

40  d)  3)ie  (englif^en)  2Be£letyaner  ebangelifteren  feit  1861  in  %tal\m  unb  jaulen 
gegenwärtig  1616  ^ommunitanten  in  52  ©emeinben  unb  Stationen,  toel$e  eingeteilt  ftnb 
in  a)  9lorbbe}irt  mit  12  ©eiftlic^en  unb  10  (Sfrmgeliften  unb  27  ©emeinben  unb  Stationen 
in:  93ologna,  Safalmaggiore,  ßremona,  3)omoboffola,  Rerentino,  gontebibo,  ©enua, 
©rabeHona^oce,  %ntxa,  Pfeile,  Suino,  SKmano  ^ttferiore,  50iailanb,  TOontorfano,  Omegna, 

46$abua,  5JJarma,  $iacemaf  5|Sonteterra,  9lom,  SjJegia,  33arefe,  Sicenja,  33icobeöignano; 
b)  Sübbejirf  mit  11  ©eiftlic^en  unb  9  Gtoangeliften  in  25  ©emeinben  unb  Stationen 
in :  Slquila,  (Saferta,  GafteQamare  Stabia,  Satania,  Gatanjaro,  (Sofenga,  3Rarfala,  Stefjtna, 
9tea))el,  3loto,  Palermo,  $oten^a,  ^ojjuoli,  Salerno,  6apua,  StyrafuS.  gm  gangen  toerben 
892  eiementarfd^ülcr  unb  1180  Sonntag^üler  bon  ben  SBeSlelpanem  gejä^U.    3n3ntra 

60  ^aben  fte  ein  3Baifen^au^. 

e)  2)ie  (amerifanifc^e  ß^f^MO^W^^obiftenÜrc^e  ebangdiftert  in  Italien  feit 
bem  ga^re  1873.  Sie  jätylt  1482  Äommunitanten  in  12  ©emeinben  unb  40  Stationen, 
toelc^e  25  ©eiftlic^e  unb  6  ßbangeliften  berforgen.  32  Se^rer  unterrichten  in  Sagefe  unb 
äbenbfc^ulen  795  Schüler.    3)ie  Sonntagdf^ulen  befugen   1063  S^üler.    5Dte  ,,2^eo« 

66  logifc^e  Schule"  biefer  Äircbe  mit  9  Se^rfräften  befinbet  jt$  in  9tom,  h>o  au$  bie  Seitung 
in  dnem  ftattlidben  S3au  i^ren  3entra^ft  ^at-  ßird&en  begto.  Stationen  ftnb  in:  Äbria, 
Slleffanbria,  Slteffa,  Sari,  Sologna,  2)ot)abola,  $loreng,  %0Q&a>  födh  ©enua,  Statlanb, 
9teat>el,  Palermo,  $at)ia,  Perugia,  ^Jifa,  ^ontebera,  Sleggio  ffimtlia,  9lom,  S.  Wanano 
DUbeto,  Seftri,  S^inaggola,  lernt,  £urin,  Senebig,  Senofa  (bagu  in  ber  Sctypeig:  ©enf 

60  unb  Saufanne,  in  Üfterreicfc:  SErieft). 


Italien,  ftre^id)  ^ttftife^  523 

f)  2)ie  bereinigten  33aj>ttften  (amerifanifäe  unb  englifd&e),  toelcfye  fett  1870  unb 
1871  in  Statt*«  ebangelifteren,  jaulen  1430  ©Reber  in  31  ftavtyU  unb  50  SWebenftationen 
mit  37  Sbangeliften  unb  ©eiftlid&en.  5  Kolporteure  fmb  für  93ibel*  unb  Sc&riften* 
berbrettung  t$ätig.  Stationen  ftnb  in :  Sari,  33o3coreale,  ßagliari,  @alitri,  Sarpi,  Qaferta, 
ftbrenj,  ©enua,  ©rabtna,  SgleftaS,  Siborno,  -Diacomer,  2Reana,  SKtglianico,  SWatlanb,  6 
fReatod,  Palermo,  Sßorttci,  Stom,  Sampierbarena,  S.  Stemo,  Saffari,  Sufa,  $urin,  Sorre 
$cUtce,  Senebig. 

g)  Unrnögli^  tönnen  totr  eine  ber  blüfyenbften  ebangeltfctyen  ©emeinben  Italiens 
übergeben,  bie  feit  1873  beftefyenbe  „Sbangelifäe  3Jtilitärgemeinbe  in  Stom",  beren  3R\U 
glieber  ben  berfd&iebenen  ^Regimentern  ber  ftarten  römtjfyen  ©amifon  angehören  unb  10 
beren  rühriger  «egrünber,  ber  leiber  1898  beworbene  2.  ßapelluti,  im  Slnfölufj  an  ftel883 
einen  Unteroffijierberein  unter  bem  Partim  „3Jtartin  Suttyerberein"  grünbete.  6tne  Unters 
offijierföule  unterhält  biefe  ©emeinbe  föon  lange,  äufjerbem  pflegt  fie  burety  tyren  ©eift* 
liefen  (ßapettinte  SRacftolger  ift  Garlo  2Jhtft  getoorben)  für  tyre  ©lieber  toäfyrenb  be$ 
Sommer«  in  ben  großen  ^elblagern  ebangeltföe  ©otteäbienfte  abgalten  $u  laffen.  (Sine  16 
unabhängige  ebangeliföe  ttalienifcfye  ©emeinbe,  1874  begrünbet  afö  Filiale  ber  beuttöen 
©emeinbe  in  »JJorenj  bon  bem  bamaligen  Pfarrer  berfelben  ß.  SRönnefe,  befinbet  ftd$  in 
Siena  unter  ber  jefcigen  Seitung  beä  Dr.  ßomanbt  in  ^lorenj  mit  Äircfye  unb  einer 
(Sfanentarföule  mit  80  Schülern.    3)ie  SonntagSfcfyule  fyat  90  Schüler  unb  Schülerinnen. 

tafenmifpon  totrb  getrieben  in:  Satania,  ©enua,  Siborno,  Neapel  unb  -Diefftna.        ao 
in  felbftftmtbigeS  ÜRifftonStoerf  unterhält  ber  ßnglänber  Slarfe  in  ©Jjejia,  ärcola, 
SeOtmo,  Sebanto,  ÜRarola,  Sßorbenone,   Seren.    3m  öfteren  Drte  toie  in  ßampiglia, 
Sebocco  unb  SKarola  ftnb  Spulen  mit  980  Schülern. 

3Son  anberen  Unterrictytöanftalten  unter  ebangelifcfyer  Seitung  ftnb  ju  nennen:  §öfyere 
3fr$terj$ulen  in  ftlorenj  (ftaiferStoertyer  35iafonifjen=3lnftalt  mit  2llumnat,  12  Se^rträfte,  26 
80  Schülerinnen),  SReapel  (grl.  ©.  unb  §.  »e#  mit  202  Sc&.),  3lom  (Sftttuto  änglo* 
Smericano  mit  12  S.  unb  73  S#.).     ferner   bie  ßlementarfd&ulen  ber  3Kif$  GarrufyerS 
in  $ifa,  S.  Wickele  begli  Scalji  unb  SifaneDo  bi  ©^ejjano. 

SBon  tootylfyätigen  ttaftalten  ertoätynen  hrir:  1.  2)a3  SBaifenfyauS  unb  SlettungSanftalt 
für  Änaben  unter  Dr.  Somanbi  mit  tttoa  60  internen  unb  45  (Jjternen  in  glorenj.  30 
2.  S)a3  SBaifen&auS  gerretti  für  SWäbctyen  in  gflorem  mit  40  internen.  3.  Sftituto  ©oulb, 
Crjie&ungSanftolt  für  Knaben  unb  ÜRabc^en  in  $om.  4.  Slrbeitöfd^ule  für  grauen  in 
Zurm.  5.  33otyce  SKemorial  ßome,  SBatfenfyauS  für  Änaben  unb  9Räb$en  in  SßaHecrofta. 
6.  (Sbangeliföe  SRettungSanftalt  ber  2Rr$.  §ammonb  in  SSenebig. 

Jtoibtmniffum  hrirb  in  SRom  getrieben.  86 

^üngling^eretne,  bie  als  „Federazione  Nazionale  della  Associazioni  della 
Gioventu  Cristiana11  berbunben  unb  organiftert  ftnb,  befte^cn  in  ^iemont  (3lngrogna, 
«obKo  5ßellice,  3Kaffetto,  ^inerolo,  5|Somaretto,  $rali,  ^ramotto,  ^Jraroftino,  Slorä, 
S.  ©ermano,  S.  ©iobanni  Sujema,  lurin,  Jorre  ^iettice,  SSillar  $eHtce,  SSillafecca),  in 
ber  Sombarbei  (Sreftia,  ?Kailanb),  in  2>enetien  (Senebig),  in  ögurien  (Sabona),  in  40 
Zoäcana  (glorenj,  Siborno,  5ßifa,  S^ejia),  in  Umbrien  ($ettorano  ful  ©ijio,  ^oggio 
5Kirteto),  in  Satium  (Slom),  im  -Heapolitamfcfyen  (sJZeaj)eO,  auf  Sizilien  (Palermo,  SRieft). 
3m  ganzen:  50. 

SDane^enSfaffen  (societä  di  mutuo  soecorso)  ftnben  ftc^  in  ben  ebangelifd^en  ®e* 
memben  bon  gloren),  ©enua,  sJJlaUanb,  92eat>el,  9tij^a,  9lom,  Spe^ia,  SStcobeQignano.      46 

(Rne  italienifd^e  Sibelgefettf^aft  tourbe  1871  in  Slom  gegrünbet.  Sonft  bienen  ber 
CiWtoerbreitung  nod^  bie  englifd&e  unb  fc^ottifc^e  »tbelgefeujc^aft.  (Srftere  unterhält 
33  Poljjorteure  unb  Slieberlagen  in  glorenj,  ©enua,  Siborno,  SRailanb,  SRea^el,  SRom. 
SedaufMteDen  beftnben  jfä  aufeer  an  ben  ebengenannten  Drten  noc^  in:  ß^ieti,  ßerignola, 
Gimeo,  $ineroIo,  San  Slemo,  Seftri  ^onente,  2urin  unb  3!orre  ^ellice.  SBä&renb  1882  so 
berfauft  tourben  6990  Sibetn,  17  631  3?eue  Icftamentc  unb  33  651  Scfriftteile,  toaren 
cd  10  §afae  ft>äter  (1892):  7132  33.,  15322  91. 1.,  140183  Sc^riftteile  unb  nac^  ber 
le^en  8ufammenfteHung  bon  1898:  6163  93.,  18538  31.  Z.  unb  104176  Sc^riftteile. 
Seit  18^0  ffdt  bie  englifd&e  a3ibelgefellf^aft  in  Stalten  Verbreitet :  ca.  3  000000  Sibeln 
bejto.  Steue  ieftamente  ober  einzelne  Seile  ber  £1.  Schrift.  2)ie  fc^ottMe  93ibclgefetlj($aft  66 
unterhält  15  itolj)orteure  unb  §at  bon  1888  bte  1894  (alfo  in  7  ^ttyra*'  morüber  un« 
ein  «a^toei«  borltegt)  berfauft:  6708  93.,  15337  %X.  unb  73572  Scfctftteile.  —  3)ie 
1855  in  gforenj  gegrünbete  „Stalieni^e  Iraftatgefedfc&aft"  beft^t  in  Jylorem  eine 
2>rucfoei  (Tipografia  Claudiana)  nebft  reichhaltigem  Verlag,  unb  offene  S^erfaufdläben 
in  gfrren),  ©enua,  Siborno,  SDlailanb,  9iea^elr  Palermo,  ^inerolo,  3^om,  Surin  unb  *> 


524      Stalten,  firdj(idj*ftattfttfdj  Italien,  reformatorifdje  ©etoegmtgen 

%om  $cBice.  #ier  erfd&etnen  an  regelmäßigen  ebangelifd&en  ß^^riften:  1.  L'Italia 
Evangelica  (toöc$entlic$e$  gamilienblott  mit  Sßuftrationen) ;  2.  L'Amico  dei  fanciulli 
(Sttuftrierte  2Ronat$förift  fürÄinber);  3.  L'Amico  di  casa  (SSolfötolenber,  35000  jä&rl. 
2lufl.) ;  4.  La  Strenna  dei  fanciulli  (Äinberfalenber) ;  5.  93iblifc$er  Slbreifjfalenber.    5Dtejer 

6  italteniföen  SraftatgefeDföaft  banft  bie  getarnte  iialienifd&e  ebangeliföe  Äir^e  faft  au& 
nafymSloä  tyre  aafylreictye  polemifctye,  erbauliche  unb  hriffenföaftlidje  Sttteratur.  2>aneben 
fommen  bie  Seiftungen  ber  in  lurin  befte^enben  Jraftatgefettföaft  bei  Sapttften  gar  mc$t 
in  93etrad^t. 

9?on  ber  periobifö  erfd&einenben  ebangefifctyen  italtenifctyen  treffe  jmb  not$  &u  nennen : 

10  1.  La  Rivista  Cristiana  (totffenfctyaftlicfye  3Ronat3förift ,  aui)  mit  Settrögen  bon 
beulten  Ideologen,  toie  Senratlj,  eije,  Stönnefe,  2Bitte);  2.  Le  T&noin  (ämtylufc* 
2Boc$enblatt  ber  franjöftfc^  rebenben  alten  SBalbenfergemeinben  in  ben  X^älern);  3.  II 
Bolletino  (Kirchliches  2Ronateblatt  für  bie  SBaibenfergemeinben  auf  bem  ©iangeltfationS* 
gebiete);   4.  II  Cristiano  (Ätrcfylid&eS  5Ronai$bfatt  ber  freien  d^rtftltc^en  fttrdpe);  5.  11 

16  Piccolo  Messaggiere  (ßir<$li$e$  2Ronat3blatt  ber  eöangelifctyen  italtenifcfcen  Ätr^e); 
6.  La  Civiltä  Evangelica  (£irc$lic$e$  3Konat3bIatt  ber  SBeSletyaner);  7.  L'Evangelista 
(£irc$lic$e$  SBoc^enblatt  ber  2Ret$obiften);  8.  L'Aurora  (3Huftrierte  SBoc^enf^rtft  för 
Äinber);  9.  II  Testimonio  (ßtrc$lu$e$  SRonatäblatt  ber  ©aptiften);  10.  L'ape  biblica 
jur  Vertretung  be$  ÄonbijionaliSmuS.  —  3m  änfölufj  hieran  ift  *u  nennen :  II  Labaro 

20  (Äir<$li<$e  aftonatSförift  ber  altlatyoliföen  Äircfce  in  Italien).  Sfofeerbem  fceröffentlu&t 
ber  JBunb  ber  italtenifcfyen  ^ünölingSbereine  ein  2Ronat$blatt. 

Slbgefefyen  bon  ben  italienifd&en  ©emeinben  bürften  tyier  nocfc  ertoä^nenätoert  {ein  bie 
cbangeltfcfyen  ©emeinben  beutfcfyer  $unge  *n  3^en-  2B*r  ftnben  fte  in:  Sari,  Set* 
gamo,  $loren$,  ©arbone,  ©enua,  Stoorno,  üRefftna,  üföailanb,  9leal>el,   Palermo,   SRom, 

25  6. SRemo,  SSencbig.  Sie  jmb  $um  Steil  ber  preuftiföen  Sanbeäfircfce  angeföloffen.  ©eutfcfc 
©oiteäbienfte  finben  jeittoeilig  ftatt  im  hinter  in:  Slncona,  Settaggio,  Sologna,  ßa}m, 
Gatania,  SRertri,  Depebaletti,  ^attanja,  $egli,  3ty>affo,  Saormtna.  2Jon  Neapel  au$ 
toerben  nocty  2  Filialen  in  Salerno  unb  Scafati  fcerforgt.  3)ie  beuttoen  ©eiftlid&en  Italien* 
fcerfammeln  ft$  jäfyrltcty  in  einer  Äonferenj  (feit  1880).    6in   Krcglic^eS  5Ronat$Matt  für 

80  bie  ©emeinben  beutföer  $unge  ht  Italien,  namens  „SJJauluS"  (1889 — 1892),  ging  leiber 
toieber  ein,  als  fein  Segrünber  unb  Herausgeber  (SRönnele)  in  bim  3)ienft  ber  $etmat&r$e 
aurücf!el)rte.  Spulen  unterhalten  bie  beutf^en  ©emeinben  in  Floren),  ©enua,  SRefftna, 
3)tailanb,  Neapel,  Palermo,  9tom.  Kranfen^äufer  ^aben  fte  in  glorenj  (SSiüa  Setania), 
©enua,  3Wailanb,  sJlea}>el,  Sflom  (6afa  ^tar^ea).    35er  ebangelifd^e  gfrauenberetn  in  Äom 

86  unterhält  feit  1885  2,  je^t  4  ÄaiferStoertfyer  ©ialoniffen  für  Slrmen«,  Äranlem  unb  ®e* 
meinbe^flege ;  SKäbc^en^eime  ftnb  in  5'orenJ  (3Karien^eim),  ©enua,  ^Railanb,  Neapel, 
SRom  (2)iafoniffen^eim) ;  ein  See^of^ij  in  San  SRemo  unb  ein  Seemännern  in  ©enua. 

Ä.  Wimtefe. 

Italien,  reformatorif4>e  Setoegungen  im  XVI.  3a^r^un^ert.    —    5)ie 

40  ©djriften  ber  4)auptträger  ber  Deformation  unb  bie  SJearbeltunaen  i^rer  ficbenÄgefcftt^tc  finb 
in  ben  betr.  9Crtt.  (©aracciolo,  ©urione,  Ol.  9J?orata,  Otftino,  Sßaleario,  Renata  »on  gerrara, 
©pieva,  33alb63,  ^ergerio,  ^ermigli)  uerjet£ftnct.  ^on  bem  „Trattato  utikssimo  dd  bene- 
fizio  di  Gesü  Cristo  croeifisso  verso  i  Christiani",  beffen  Serf affer  3)on  tBenebetto  aud 
^antua  fonft  unbefannt  ift,    finb   nad)  unb  nad)  mehrere  Aufgaben  au9  bem  XVI.  Safer* 

46  feunbert  aufgetaucht ;  bie  befanntefte:  „Vcnetiis  apud  Bernardinum  de  Bindonis,  Anno  Do. 
MDXXXXIII",  tum  melier  (Sfiur^iU  Sabington,  ßonbon  unb  Gambribge  1855,  einen  gae* 
fimile;$ruct  gegeben  f)at  (baju  ein  foldjer  uon  ber  fran^önfefeen  tludgabe  bei  3-  1551  unb 
ber  ?lbbrucf  einer  l)anbfcbriftl.  cngltfcfjcn  Ueberfe^ung  Don  1548,  nebft  oibliograpfeifefeen  S9ad)* 
roeifungen);   t)gl.  boju  ^Keufd),   3nbej  I  [1883]  6.  383  f.  unb   bie  9cad)tueifung   einer  Vu<M. 

60  üon  1546  in  53bömer«  9lrt.  $alb<53  in  ber  2.  9luff.  ber  SReal-dnc^H.  ©b  XVI.  6.  288. 
Auf  mehrere  Schriften  au§  unferm  Sereicfee  öat  erft  ba%  $orfommen  iferen  Xitel  in  ben 
gleichzeitigen  Indices  librorum  prohibitorum  (bcf.  bcS^nbej  oon  ßucca  1545;  be«  3nbejüon 
©iou.  beHa  (Safa  1549;  ber  3nbice3  uon  ^ailanb  unb  Senebig  1554;  $aul*  IV.  Don  1559 
u.  f.  id.,    alle  bei  SReufd),    $ie  Iodices  libr.  proh.,    $tbl.  be*  litter.  herein»  in  Stuttgart, 

66  1886)  aufniertfam  gemalt;  anberc  fehlen  aua^  in  biefen,  j.  93.  bie  Parafrasi  beÄ  Strginio 
unb  ber  Dialogo  be^  SRiccamati,  f.  u.  3m  allgemeinen  giebt  föeufd),  Snbcj  1,  bef.  S.  373  ff. 
inftruftlue  3Binfc.  Egl.  au*  be8  5Rcf.  ^lieber  bie  Duellen  ber  ital.  ffief.-akfa."  ©onn  187& 
6eit  bie  bortige  ftufftetlung  erfcfjien,  hat  defonberd  bie  Rivista  Criatiana  (^loreiu  1873  bi« 
1887;  zweite  Serie  ah  1899)  fid)  bie  görberung  unfereS  ®eaenftanbe«  angelegen  fein  Iaffen. 

60  &ür  bie3a^re  bi*  1875,  bann  wieber  1876-79  iftr  u>a8  in  t^r  unb  aujer  t&r  erfc^ien,  bar* 
ben  SRef.  in  S$t®  (I,  S.  613-626;  IV,  ©.  394-413)  bejubelt  worben;  für  ben  tteft  »gl. 


Stalten,  reformatorifdje  Bewegungen  525 

£b38  btö  1887  unb  weiter.  23id)tigere  neuere  ©rfdjeinungcn:  3)e  &eua,  Storia  docuni.  di 
Carlo  V.  in  correlazione  dall'  Italia  vol.  III  (Venezia  18G7) ;  IV  (Padova  1881);  V  ($o- 
iogna  1894)  reidjt  bis  1552:  bcrf.,  Degli  Eretici  di  Cittadella  (Atti  dell'  Istituto  Veneto  II, 
IV,  1873);  berf.,  Giulio  di  Milano  (Arch.  Ven  T.  VIII,  p.  1);  3.  könnet,  R&its  du 
XVI«  siecle;  Derniere  Re*cits  d.  s.  e.  (<ßari3  1876).  S3on  ifjm  nod)  uerfd)tebene  ©injcl-  6 
beitrage  im  BulL ...  du  Prot  francais  (^SariS) ;  (£.  SUtafi,  I  Burlamacchi  e  di  alcuni  documenti 
intorno  a  Renata  d'Este,  duchessa  di  Ferrara  (Bologna  1876) ;  (5.  fWicotti,  La  Kivoluzione 
Protestant»  (Xurin  1874);  <£antü,  GL*  Eretici  d'Italia  3  ®be  ($urin  1864—66),  rei$  an 
jufammengewürfeltem  Stoff,  aber  ungeorbnet  nad)  gorm  unb  Urteil.  @inige8  bei:  o.  SReu« 
mont,  Sittoria  ©olonna  (greiburg  1881)  II,  1:  JReformat.  Xenbenjen  in  3talten,  6.117  bi8  10 
132;  ugl.  Carteggio  di  Vitt  Colonna  edd.  SRüüer  unb  gerrero,  Torino  1889.  $a3  in  lang- 
famem  gfortfdjreiten  ber  $ublifation  begriffene  SBert  be3  9Jt.  ©onuto  (Diarij),  weldjeS  im 
Saftr  1899  bis  $um  3at)re  1530  gelangt  ift,  bietet  Wotijen.  föei*ii$ere8  Cluellenmaterial  enU 
galten  gontana«  Docc.  vatic.  (Arch.  d.  Soc.  Rom.  1892)  u.  Ren.  di  Ferrara  (1892-  93).  «u3 
ben  gleichzeitigen  SnquifitionSaften  ift  mancherlei  veröffentlicht  roorben :  uon  SRanjoni  ber  16 
Estratto  del  processo  Carnesecchi;  uon  (£omba  in  ber  Riv.  Crist.  bitten  beS  S.  Uffizio  in 
$enebtg;  uon  ©erti  beSgl.  unter  bem  Xitel  „Di  Gio.  Vaktes  e  di  taluni  suoi  discepoli" 
(Reale  accad.  dei  Lincei,  anno  CCLXXV  [9tom  1878];  uon  bem  9ref.  bie  Sentenzen  be8 
$rotofonbucbe3  ber  römifdjen  3nquifition  uon  1564—67  (Riv.  Crist.  1879—80,  foruie  einige 
in  ©earbcitung:  Beilage  $ur  2111g.  #tg.  17.  SWärj  bi«  15.  9Hai  1877);  uon  ^afferini  ein  ao 
glorenttner  Urteil  uon  1531  (Arch.  stör.  ital.  1879,  I,  ©.  337  ff.),  «ud)  bie  neue  (Serie 
ber  Riv.  Crist.  1899  unb  1900  bietet  einiget:  über  $ero  ©elibo  uon  Salla,  »riefe  Dd)ino8 
unb  einen  uom  Sarb.  ©I)i3lieri,  ueröffentitdjt  burd)  ben  9?cf..  einen  S3vief  be§  93alb63  mit* 
geteilt  uon  ©öfcmer;  ßomba  gicbt  eine  „conferenza"  über  3ulia  ©on^aaa  im  9lnfd)luf$  an 
bie  Sonographie  bc«  Wef.  (#alle  1900).  $urd)  alle  biefe  Arbeiten  unb  Erweiterungen  beS  26 
Wateriald  finb  bie  älteren  $)arfteüungen  antiquiert,  inSbef.  SJTSrie,  „History  of  the  Refor- 
mation in  Italy"  (@binburgb  1827;  3.  Aufl.  1856;  beutfd)  uon  griebricb,  1828;  au*  in  fran* 
^ofifc^er  unb  italienifdjer  Ueberfefcung)  unb  9ttr3.  $oung,  The  lue  and  times  of  Aonio  Pa- 
leario  (ugl.  b.  Art.  $aleario)  unb  bie  bauon  abhängigen  $arfteHungen.  Aber  eine  befriebigenbe 
neuere  Gtefaintbarfteüung,  meiere  übrigens  mit  SRufeen  einige  ältere  Arbeiten  unb  $ublita*  80 
tionen  uon  Xotumenten  wie©erbe$,  Specialen  Italiae  reformatae  unb  6cbel&orn$  uerfcfyiebene 
©eittfige  in  ben  „<£rgöfclid)ieiten"  (1762-64,  III)  fowie  ben  „Amoenitates  histEccl.  et  lit." 
(1737)  unb  ber  größeren  Sammlung  ber  „Amoenitates"  (1725ff.)  uerwerten  fann,  fet)ltnod). 
SBa$  bi$  in  bie  legten  3al?™  über  bie  Anhänger  ber  SHeformation  im  SSenetianifdjen  ge* 
fammelt  unb  jur  S)arftellung  gebradjt  warben  mar,  ift  burd)  (Somba  in  bem  reichhaltigen  85 
2.  ©be  be$  SBerfeS  „I  nostri  Protestantin  (girenftc  1897)  nieberge  legt  worben;  ugl.  baju 
ttfiS  1898,  ®p.  19-23.  $er  jüngfte,  febr  fd)ä&enS»uerte  ©eitrag "  ift  AgoftiniS  „Pietro 
Carnesecchi  e  il  movimento  Valdesiano"  (Firenze  1899).  $Benu  italicnifc^e  ©eletjrte  in  ber 
Art  toie  bie  beiben  lefcgenannten,  weiter  auf  itnferem  ©ebiete  arbeiten,  fo  toirb  ber  Vorwurf 
uerftummen,  bafe  bie  Rremben  allein  e8  feien,  meiere  bie  Erinnerungen  ber  reformatorifdjen  40 
Bewegung  be8  XVI.  3<rf)rijnnbcrtä  fammeln,  uon  tueldjer  S)e  ßeua  mit  8*ecöt  fagt,  baj*  fie 
3talien  nidjt  weniger  jur  (£^re  gereiche,  wie  bie  gleichen  ige  S31üte  ber  $3i  ff  cnf  haften  unb 
ftünftc. 

SBte  erfolgreich  auef^  bie  ©efcf/ictyiSforjcfyunö  ftdr>  auf  bie  Älarftettung  §  be«  ^olttijc^en, 
gefeflfc^ftltc^en  unb  lünftlertfc^en  Sebend  in  Italien  in  ber  $eriobe  bed  Übergangen  t)om  46 
tRtttelaltet  jur  SReucn  Rtit  gerietet  unb  tote  3utoerISfft9ed  unb  UmfaffenbcS  fte  ba  auc^ 
au»  ben  reufyi$  flic^enben  DueQen  gcfcf;öpft  fmt,  fo  fann  man  bod;  ntcr)t  fagen,  ba|  be= 
Mty  ber  allgemeinen  religiöfen  3uftänbc  ber  nämlichen  Qcit  aui)  nur  annä^emb  ba^ 
©feio>e  gelciftet  fei.  3toör  fm*>  ftx  ^ag  auftreten  unb  bie  ©nthncfelung  ber  reforma* 
torifc^en  SJetoegung  felbft  nac^  unb  nac^  fefte  Sttd&ttmnfie  gewonnen  toorben,  unb  bie  bo 
ßaii^tl)erfonen,  toelc^e  Präger  ber  Setoegung  toaren,  fyat  man  in  fymreic&enb  Haren  Sic^t 
fSeDcn  lönnen;  and)  finb  bie  meiften  ütterarifd^en  SKcberfc^läge,  toelc^e  bieSetoegung  ^er« 
totgebracfyt,  ber  allgemeinen  Äenntntena^me  toieber  unterbreitet  toorben.  3lber  eine  ber 
toufyiflften,  ja  bie  lapitale  SSorfrage,  toclc^e  gefteßt  toerben  mu|,  fc^eint  mir  gar  $u  fe^r 
auficr  ac$t  geblieben  ju  fein.  3n^em  man  nämlid^  immer  nur  bie  ergreifenbe  ®efc^ic^te  66 
ber  antirömtfe^en  refortnatorifd&en  Setoegung  »erfolgte,  toie  fte,  getragen  Don  ^ertoorragens 
ben  SRännern  unb  grauen  in  Keinen,  auSertoctylten  unb  geiftig  ^oc^ftebenben  Äreifen  ftd^ 
boflpg,  unb  baneben  tt)ma  nod^  einige  in  borfic^tiaer  SUeife  ind  3Bert  gefegte  burc^aud 
im  frr^lic^en  Sahnen  bleibenbe  5?erbefferungnberfuc|e  jur  i)arfteDuna  braute,  lie^  man 
aetoölmli^  aufeer  ac$t,  toie  benn  bie  grofee  ÜRaffe  ben  Wolfen  fieb  ju  ber  grage  ber  go 
Äir^em)crbefierung  gefteßt  l)at  unb  ibrem  religiöfcn  ©tantymnfte  gemäfe  ftc^  ftefien 
mufüte.  5)er  treffliche  italicnifc^e  §iftortrer  3)e  2eba  lommt  bei  ber  ©rörterung  ber  JJrafle, 
toarutn  bie  Sieformation  trofc  vieler  günftigen  2Komente  bod^  in  Italien  leinen  ©oben  ge« 
fnnben  ^abe  (Storia  di  Carlo  V  etc.,  III,  5,  1,  Padova  1875),   ju  bem  otterbingS 


526  Stalten,  reformatorifdje  Setoeguugen 

richtigen  Schiffe,  bafj  im  ©runbe  „ber  5Rangcl  an  ©tauben"  baran  ©d&ulb  getoefen 
fei.  Slber  tnbem  er  im  ©lief  auf  bie  religiöfe  Sage  ber  geh  ju  biefer  Sfottoort  ge* 
langt,  fafct  er  Diel  ju  fetyr  lebtgltcfy  bie  Streife  ber  ©ebtlbeten,  bei  benen  fiumani$mu3  unb 
©fep tijiämuS  im  toeiteften  Umfange  tyr  2Berf  getfyan  fyatten,  in«  äuge  unb  lägt  bie  Unter- 
6  fuc^ung  ber  $rage,  tote  e$  mit  bem  religiöfen  SSebürfniffe  unb  bem  religiöfen  Seben  ber 

Srofjen  9Maffe  befteHt  fear,  bis  auf  2tnbeutungen  ganj  au$  bem  Stiele.  Äucfc  ber  ein* 
eimiföe  proteftantifdjje  ©efd^td^töfd^reiber  ber  Sieformation  in  Stoßen,  ?ßrofeffor  (Samba 
in  ^lorenj,  totbmet  in  ben  fefyr  beac^tenätoerten  Ausführungen  feiner  „Einleitung"  jum 
jtoeiten  Sanbe  (I  nostri  Protestant^  II,    Firenze  1897)  biefer  grage  nid&t   bie  ge* 

10  büfyrenbe  eingetyenbere  Unterfud&ung.  Unb  in  ber  eben  erfetytenenen  ©djrift  Don  Slgoftmi 
über  ^ietro  ßarnefecc^i,  toeld&e  im  übrigen  auSgejeic^net  ift  burdfc  umfaffenbeS  unb  förbernbeä 
«DueHenftubium  fotoie  bur$  ein  DerftänbigeS  Urteil  bei  f effelnber  35arfteüung,  toirb  biefejtage 
bannt  abgetan,  baj*  als  t^rifc^e  Vertreter  beffen,  loa«  bem  bamaligen  Solle  SReligion 
getoefen,  jVoei  abergläubtfcfye  unb  trofc   ibrer  irreligiöfen  ©runbric&tung  bo$   ber  Ärn^e 

15  gegenüber  äufcerft  bebote  Figuren  in  9Jcac$iaDelI$  „Mandragora"  ^ingefteQt  toerben. 
2)arin  liegt  ja  allerbingS  ein  Rom  Söafyrfyeit.  Slber  fo  leicht  tote  bei  Ägoftim  lagt  fty 
bie  $rage  bo$  nicfyt  erlebigen,  fttrin  e$  foreetyen  anbererfeitS  fetyr  ftarle  Momente  für 
eine  religiöfe  Unterftrömung  in  ben  breiten  ©c$ictyten  beä  italtenifäen  Solle«  *ur  3«*  ber 
SRenatffance,  bie,  toenn  fte  ri<$tig  unb  erfolgreich  geleitet  toorben  toäre,   ein  (gelingen  re* 

20  formatoriföer  SBerfud^e  beS  &ir<$entoefen3  nicfyt  afe  unmöglich  erfd&einen  laffen. 

3Jtoc$te  bei  ber  äußeren  Äird&lic&feit  ber  großen  2Raffe  nod&  fo  Diel  gebantenlofe  @e* 
toö^mmg  an  bie  hergebrachten  formen  mittoirten,  fo  beruht  bie  bauernbe  unb  im  alt 
gemeinen  toiberft>ru$3lofe  Eingabe  an  bie  ^orberungen  ber  Äirc^e,  ba$  ^eft^alten  an  bem 
regelmäßigen  ©ebrauc^e  ber  ©nabenmittel,  inäbefonbere  aber  bie  burdfcreifenbe  Überzeugung 

25  bon  ber  Unentbefyrlicfyteit  ber  ©aframente  jur  §eiteerlangung  bo$  jtoetfeteo^ne  auf  einem 
religiös  beftimmten  Untergrunbe.  3)ie  9ln|önglic^!eit  an  bad  Äirc&entum  unb  feine  2)ar* 
bietungen  toürbe  ju  einer  böllig  leeren  ©<$ale,  bie  bann  §ätte  abfallen  muffen,  tymab* 
gefunfen  fein,  toenn  nic^t  bie  üftenge  in  Jenen  formen  ttyatfäd&licfc  bie  S3efriebigung  eines 
religiöfen  SebürfniffeS  gefunben  fyättt.    9Jlan  fann  fagen,   baß  ber  2Beg,  ben   bie  Än$e 

so  $u  beffen  Sefriebigung  eingebogen  fyatte,  toett  abführte  bon  ber  einfachen  geraben  SSnie 
c^riftltcfyer  Stta^ett,  bafe  j.  93.  bie  Irangjubftantiation^re  ein  fe^r  materialtfterteS  reli« 
giöfeö  2)enfen  öorauögefe^t  unb  förbert  —  aber  man  toirb  gefte^en  muffen,  baft  ein  refi* 
giöfe^  SBebürfni^  l?ier  ju  ©runbe  liegt,  unb  bafe  ein  fol$e3,  toenn  ed  fu^  baö  ©mgefcn 
göttlicher  unb  bamit  erlöfcnber  Gräfte  in  ba«  ^nbibibuum  (ebiglid^  als  t'toftfc^  t>ermtttelt 

35  borftetten  fann,  fyier  in  ber  %fyat  bie  faft  fyanbgreiflicfyen  ©arantien  für  bie  SHealität  folgen 
eingeben«  finben  toirb.  3Bennba^erSurcf^arbt(Äultur  ber  SRenaiff.  [2. 3lufl.  1869]  ©.  373) 
^erbor^ebt,  bafe  „bie  3lb^ängigfeit  Don  Segnungen  unb  ©aframenten  ftc$  bei  bem  gläubigen 
SEeile  beä  93olfeg  Don  felbft  Derfte^t",  fo  ift  babei  ju  tonftatieren,  bafc  biefer  „gläubige" 
leil  t^atjäd^üc^  bie  übergroße  3Jle^eit  in  ftd^  befaßte. 

40  3luf  bem  ©oben  berjelben  SReligiofttät  toirb  allein  bie  eminente  SBtrfung  großer  $res 
biger  ber  $t\t  erllärlid^.  Sie  regen  ba£  bor^anbene  religiöfe  ©efü^l  nic^t  feiten  btd  )u 
ben  äu^erften  @£trabaganjen  auf  unb  toeifen  \tyn  ben  freiließ  unferer  geläuterten  ©mft^t 
als  bebent(i$,  oft  als  gefä^rlic^  erfc^einenben  28eg.  S)a  ift  fogar  in  ben  Florentinern 
fobiel  Don  religiöfem  Untergrunbe  nod^  Dor^anben,  bafe  fte  einem  ©abonarola  gegenüber 

45  totllenloä  toerben  unb  nun  anbeten  toaä  fte  berfolgt,  anjünben  toaS  fte  bis  bafym  für  baS 
303ertDollfte  gehalten  ^aben.  Unb  ftärfer  noefy  ate  in  biefem  ,,©J>ötterbol!e"  ift  in  ben 
übrigen  Stämmen  Italiens  baS  religiöfe  Sebürfntö  in  jenen  3^«*  getoefen. 

^aftor  ^at  in  ber  Stnleitung  feiner  „©efd^ic^te  ber  $äpfte  feit  bem  SluSgange  be* 
2KittclalterS"  (93b  III)  noc^  eine  lange  Steige  Don  3eugniffen  für  ben  „religiöfen  Sinn1' 

60  be$  SolfcS  (freiließ  aud)  für  ben  abergläubifc^en,  in  ^rreligiofttät  umfc^laaenben  ty&  er 
bie  nämliche  93e^eid^nung)  beigebracht.  (Sr  giebt  SluSjüge,  bie  Med  erhärten  foDen,  aud  ben 
S)iarien  unb  Snefen  eined  Sanbucci,  SRuceUai,  2Koreui  unb  S3elcari  (©.  12  ff.),  au$  bie 
©rjie^ungdle^re  bed  SSegio  Don  1491  (S.  21)  unb  ßaftiglioned  „Cortigiano"  mufe  ebenf o 
baju  btenen,   toie  baS  SSorbanbenfein   ja^llofer  Seic^tbüd^lein  (©.  26).    3Jor  aBem  aber 

55  toirb  auf  bie  Äirc^lic^feit  ber  Swn^ß^offenfc^aften,  ber  SSrüberfd^aften,  bie  toetie  Jkrbret* 
tung  bed  „britten  DrbenS"  ^ingetoiefen.  Sefonbere  arten  Don  „®ebotionen",  SSorfü^rung 
geiftlic^er  Sc^aufpielc,  inebefonbere  Don  ^afftonäftrielen,  bann  bte  großartigen  Stiftungen, 
bie  Schöpfungen  ber  religiöfen  Äunft  (S.  50  ff .)  beteiligen*  unb  Steliquienrult  (©.63  ff.), 
bie  SluSgeftaltung  Kreier  gefte  unb  aßaDfa^rten  (S.  66  ff.).    3We«  ba«  ifl  ja  in  ba 

go  Xfyat  ein  Seleg  für  baS  3!or^anbenfein  religiöfen  Sinnet  in  ben  breiteten  ©c^k^ten  beS 


Stalten,  reformatorifdje  Setocgnngen  527 

Sollet.  Aber  gerabe  biefe  legieren  gormen,  in  benen  man  folgern  ©inne  S3efriebigung 
bot*  geigen  burc$  tyre  unerhörten  2lu«toüc^fe  unb  ben  grengenlofen  Aberglauben,  ber  babei 
mitgebt  unb  nur  ju  oft  abft$tli$  gehegt  totrb,  toel$  eine  33eranttoortung  auf  ber  römi* 
j$en  Rvtfy  ba  laftet,  too  bie  Pflege,  Säuterung  unb  Äräftigung  be«  religiöfen  ©inne« 
in  gfrage  lommt  2)a«  „d&riftlid&e  Stauen"  in  biefer  $orm  birgt  ebenfoviel  £etbnif$e«,  6 
tote  ba«  „und&riftlidje  Italien",  toie  bie  „föranlenlofe  ßnttoicfelung  be«  SnbiVibuum«" 
e«  nad>  Sßaftor  (III,  ©.  72  f.)  hervorgerufen  tyaben  foll.  2lu«  bem  Vorftetyenb  »u«* 
geführten  gefyt  jebenfall«  foviel  mit  ©id&ertyeit  fyerVor,  bafe  eine  Unterfuc^ung  barüber,  toe«« 
falb  bie  Sieformatton  in  bem  Italien  be«  16.  3;al?rfyunbert«  nid^t  burd&gebrungen  ift,  nic^t 
baVon  ausgeben  barf,  bafj  religiöfe«  Sebürfni«  nid&t  in  genügenbem  2Raj$e  im  nieberen  10 
Soße  toor$mben  getoefen  fei.  Unb  toenn  toir  ettoa«  f?ö^er  in  ber  ©fala  ber  Silbung 
greifen,  fo  ift  audp  ba  beffen  SSorfyanbenfein  getoifc  nicfyt  ju  leugnen  —  Vielleicht  ift  aber 
boc$  aucp  in  biefen  bie  „religiöfe  Äonfufton",  Von  toelcfyer  jum  %al)xt  1513  ber  Äultur* 
^iftorifer  ber  SRenaiffance  (©.  442  f.)  ein  bejeic^nenbe«  S3cif^>ieC  anführt,  fyinberlictyer  für 
bie  ShtSbrettung  ber  ^Reformation  getoefen,  al«  ber  einzige  birefte  Singriff,  toelctyen  ein  15 
j^UofoVtycrenber  #umani«mu«  gegen  eine  ber  religiöfen  ©runbletyren  gerietet  fyat  — 
näntltc?  bie  Seugnung  ber  Unfterblicfyfeit  ber  ©eele.  dagegen  toaren  bie  ©d&toierig« 
leiten  toeaen  ber  äußeren  SBertyältniffe  ber  Kirche  unb  ityrer  Vertreter,  in«befonbere  toegen 
ba  jwlitifoen  Sebeutung  be«  $Paj>fttum«  für  Italien  fo  grofj,  bafe  bie  erforberlid&e  un- 
geheure Summe  Von  (Sntfagung  e«  Von  vornherein  jtoeifelfyaft  machte,  ob  bie  Nation  al«ao 
fak^c  je  für  bie  Sieformation  ju  fyaben  fein  toürbe,  fo  lange  jene  SBertyältniffe  beftänben. 
Irofc  oBebem  ift  an  Verfd&iebenen  ©teilen  ber  SBerfucfy  gemalt  toorben.  SReforma* 
torifc^e  »ejteebungen  (Vgl.  be«  SRef.  gulia  ©onjaga,  §aCe  1900,  ©.  63  f. )  ftnb  jenfeit«  ber  Sltyen 
feit  ben  jtoamiger  Sauren  be«  16.  Safyrtyunbert«  hervorgetreten,  nad^bem  ber  SRuf  nad& 
Skfferung  be«Ämbentoefen«  in  früheren  Reiten  bort  lauter  noc$  al«  anber«too  erfüllen  toar.  25 
Da  in  Statten  bie  ÜRifjftänbe  im  Äirc&entoefen  minbeften«  ebenfo  fömerjlic^  entyfunben  tourben 
tote  bei  und,  {0  brauet  nid&t  bie  SBorfteßung  gu  entfielen,  al«  ob  man  bie  in  2)eutfd&* 
lanb  erhobenen  Söefd&toerben  erft  borten  übertragen  tyabe.  2lHerbing«  ftnb  jene  erftenSBe* 
ftrebungen  SReflege  ber  Setoegung  in  ®eutfölanb,  bie  bort  unten  künftigen  ©oben  finben. 
2)am  ba  in  Italien  bie  totffenfd&aftlicfye  Äritif  viel  älter  unb  mel  Verbreiteter  toar  ald  so 
norblic^  von  ben  äl})en,  fo  h>ar  auc^  in  biefer  §inftd^t  ber  Soben  beffer  Vorbereitet  atö 
unter  une.  Son  ber  reformatorijc^en  33etoegung  in  3)eutfc^lanb  aber  unterf^eibet  fi$  bie 
faft  gleid^geitig  jenfeit«  ber  Sllpen  gu  Sage  tretenbe  trofc  Vieler  Berührungen  in  jtoei  toefent* 
fielen  fünften.  3unäc^P  *P  &  m  %tal\m  feine  folc^e,  bie  mit  unmiberftefylictyer  ©etoalt 
bad  Sott  ergreift  unb  fo  getoiffermafcen  Von  unten  naefy  oben,  freilidb^unter  ber  Seitung .% 
geifäga  ^ü^rer  ber  Station,  ifyren  JBeg  nimmt.  üDie  ^erVorragenben  Männer,  toelc^e  atö 
bie  (Srften  bort  hervortraten,  um  bem  Sebürfniffe  nad^  Sefferung  SRaum  ju  Raffen,  fte^en 
jun&^ft  Vereingelt  ba  —  bie  üRenge  verfte^t  fte  ni$t  unb  bleibt  i^rem  $ornefymen  gegen- 
über teilna^mdlo«.  3n  le^ter  golge  muffen  fte  ja  getoiffe  Slnfprüd^e,  toelc^e  ba«  5ßaj)fttum 
motzte,  Verneinen,  alfo  beffen  fälfd^lic^  gewonnene  Slutorität  befämjjfen  —  bamit  aber  40 
lommen  fie  in  Äonflift  nid^t  allein  mit  taufenb  gntereffen,  bie  von  SRom  au^ge^enb  alle 
&taa!km  unb  alle  ©cfyidjjten  3*alkn$  umfpannen,  fonbern  fte  ge^en  audj  vor  gegen  eine 
Stmk^tung,  toel$e  ber  italienifc^en  Nation  tro(  ad  ihrer  Mängel  von  iBert  ift,  toeil  fte 
i^r  ein  eingtgartigeS  ©etoid^t  unter  ben  SSölfern  be3  Slbenblanbe«  juft^ert.  3)a«  ^ßapfttum 
toar  bamalä  längft  au«  einer  über  ben  Nationen  fte^enben  ürc^licpen  Einrichtung  gu  einer  45 
nattonatüalienifd^en  Politiken  3«ftitutioT\  getoorben  —  h>er  tooßte  e«  ba  auf  fi^  nehmen, 
bie  Sorteile  abjufd^neiben,  Vuelc^e  fo  von  9tom  au«  in  taufenb  Bächen  unböäc^lein  burd^ 
bie  ganje  £albmfel  abjufliefeen  pflegten  ?  Offenherzig,  jebo$  nic^t  jur  eigenen  6^re,  ge* 
fte^t  ba«  ber  ^iftortfer  ©uicäarbini  in  ben  erft  in  neuerer  3eit  belannt  gemalten  Ri- 
cordi  politici  e  civili  (ed.  Canestrini,  Firenze  1857,  I,  p.  96):  „3$  glaube  !aum,  50 
bafj  rrgenb  jjemanb  größere«  üRigfaden  ^aben  fann  al«  ic^  an  bem  Gtyrgeij,  ber  §ab|ud?t 
unb  bem  unfittlid&en  fieben  toie  bie^ßriefter  e«  führen;  an  ftc^  fc^on  ift  jeber  biefer  geiler 
ju  Raffen,  aber  noeb  toeniger  bürften  fte  Vorfommen  bei  ©old^en,  bie  fo  t^un,  al«  ob  i^r 
Üeben  in  birefter  S3ejie^ung  ju  ©Ott  ftänbe;  auc^  [\tti>  biefe  geiler  einanber  toiberftrebenb 
unb  Verraten  bei  ben  Irägern  ein  ganj  abfonberlic^e«  35Jefen.  Srofc  attebem  fyat  meine  se 
anrtlk&e  ©teBung  ju  mehreren  $ä))ften  mid^  in  bie  9?otn>enbigfeit  Verfemt,  um  be«  eigenen 
^ntereffe«  toiOen  an  beren  ©röge  ju  Rängen:  toäre  biefe  Südficf)!  ntc^t  Vor^anben  ge* 
toefen,  fo  ffitot  \d}  Sutyer  mer;r  al«  mic^  felber  geliebt,  nicfyt  um  mic^  Von  ben  SSor« 
fünften  ber  d^rtftlic^en  Religion,  toie  fie  nun  einmal  in«gemein  erflärt  unb  Verftanben 
totrb,  Io*)uina$en  —  fonbern  um  jene  SBanbe  von  Söfetoic^tern  )u  bem  gebraut  ju  fe^en,  00 


528  Italien,  reformatorifdje  ©etuegmtge« 

toa«  tyr  gebührt:  nämlicty  enttoeber  ben  Saftern  ober  bem  Smfluffe  tyrer  Stellung  gu  ent* 
fagen."  2)enfelben  ©ebanfen  brüdft  ©utcciarbini  aud&  im  346.  SRicorbo  (ebb.  ©.  203) 
au«:  „3$  tyabe,  fotoett  meine  näd&ftliegenben  2Bünfc$e  in  Betraft  fernen,  immer  bat 
Untergang  be«  ittrcfyenftaate«  tyerbeigetoünfd&t  —  unb  ba  fyat  ba«  ©d&idEfal   jtoei  $äpfte 

s  gebraut,  für  beren  ©röfje  ic$  alle«  Streben  unb  alle  Straft  &abe  auftoenben  muffen ;  toäre 
\d)  nicfyt  fo  gebunben  getoefen,  fo  fyätte  id)  SKartin  2ut£er  mefyr  al«  mi<$  felber  geliebt  in 
ber  Hoffnung,  bafj  fein  äfatyang  biefer  frevelhaften  SPrieftertyrannei  toenigften«  bie  gCügcI 
befcfyneiben  fönnte." 

®ur$  folcfye  (Srtoägungen  fonnten   freiließ  ernfte  ©emüter  ntdjt  abgehalten  feerben 

10  bon  jebem  93erfuc$e  ber  Sefferung  bon  SReligion  unb  Äird^e.  Aber  ber  ©ebanfe  felbffc 
ftänbtgen  SJorgefyen«,  toenn  bie  berufenen  Vertreter  tyre  2Rittoirtung  Verjagten,  mufcte 
naturgemäß  Leiter  jurücfftefyen  al«  anber«too.  !gn  ®eutfc$lanb  unb  ber  ©d&toetg  ift  bie 
93eh>egung,  toeil  bie  berufenen  fircfylicfyen  Organe  jegliche  3Rittoirhmg  ablehnten,  fefyr  balb 
au$  einer  innerftr$lic$en  $u   einer  gegenfircfylid&en  geworben,  bie,    o$ne  fid&   bun$  b<ö 

16  Sefte^enbe  beengen  ju  laffen,  fiety  nun  nad&  et>angelif$sbiblif$en  ©runbfä$en  au«* 
geftaltete  —  in  Stalten  §at  fiety  biefer  $ro$ef$  in  einem  bie  Station  umfaffenben  Umbetfe 
nietyt  vollzogen,  jebenfatt«  ift  bie  S3etoegung  bort  biel  länger  al«  in  JDeutfölanb  in  bem 
©tabium  innerftrctylicfyer  SReformberfuc^e  geblieben. 

SDie  folgenbe  2)arftcßung  gilt  ber  Deformation  in  Italien  in  tyrer  ©efamterfdjKtmmg. 

20  ©te  toirb  bejüglt^  tyerborragenber  Vertreter  tote  Saracciolo,  ßurione,  Dlimpta  SRorata, 
Dctyino,  Sßaleario,  Renata  von  gerrara,  ©piera,  33alb6«,  SSergerio,  SSermigli  auf  bie  ©tmel= 
arttfel  bertoeifen,  bagegen  fyier  eine  2lnjafyl  bon  Weniger  befamtten  ober  bebeutenben  Jßer* 
fönlid&leiten  namhaft  machen.  @«  toirb  fic$  auc£  an  biefer  ©teile  änlajj  bieten,  aber 
einige  litterarifcfye  9lieberf<$läge  ber  S3etoegung   ju  tyanbeln,  toeld&e  bort  mc$t  einge^enber 

25  beforocfyen  toerben.  — 

3jn  Valien  fällt,  ganj  abtoeid&enb  bon  $)eutfc$lanb,  too  betbed  beifammen  liegt,  bie 
©tätte,  an  toel$er  bie  erften  Regungen  ber  Deformation  bemerlbar  toerben,  toeit  ab  Don 
berjenigen,  bie  fctyliefeltcty  boc$  ben  inneren  tfyeologtfc$en  ®intyeit«i>un!t  ber  Setoegung  bar* 
ftellten.    $ener  Kc9*  im  Sorben  —  S3enebig;  biefer  im  ©üben  ber  $albinfel  —  9ceaj>d. 

so  Sei  ber  3)arfteHung  toirb  e«  ftcfy  jebo$  empfehlen,  im  allgemeinen  bie  $ronologif$e  golge 
inne  ju  galten  unb  fo  mit  bem  -Korben  ju  beginnen.  3)enn  ^ier  reflehierten  guerft  bie 
in  2)eutfc^lanb  feit  Sut^etö  X^efenanfc^lag  in  ben  toeiteften  Streifen  lebenbia  geworbenen 
gbeen.  SDie  beutf^en  Äaufleute  pflegten  in  SSenebig  }>erfönli($  i^re  Smlaufe  gu  machen 
—  fte  ftnb  e«  getoefen,  meiere  bie  erften  5lac^ri(^ten,  bie  Setoegung  betreffenb,  über  bie 

85  2ltyen  brauten  (t>gl.  m.  SReform.  in  SSenebig,  §atte  1887,  passim).  ®ie  benetianifc^e  3le= 
gierung  geftattete  im  ^ntereffe  be«  §anbete  ben  gremben  in  i^rem  ©ereile  eine  größere 
grctyeit  fclbft  bejüglid^  religiöfer  Slnft^ten.  grü^e  fc^on  fernen  ©Triften  Sut^er«  m  bie 
©tabt.  Jrcilicfy  blieb  bie  ©egenh)irfung  nic^t  lange  au«.  Unter  bem  31.  9Rar)  1521 
fud^te  ber  ^äpftlic^e  &gat  beim  ©enat  um  bie  Erlaubnis  nad^,  bie  Sutle  gegen  2u$er  im 

40  ©ebiet  ber  9te}>ubltf  ju  beröffentlic^en  —  ba«  hmrbe  geftattet,  t^at  aber  be^reiflic^ertDetfe 
bem  fyetmlic^en  £efen  ber  ©Triften  beä  Reformator«  feinen  gin^alt  ©o  gmg  ber  fiegat 
benn  immer  toieber  gegen  biefe  bor  —  für  1524  unb  1527  laffen  ju$  öffentUAe  35er* 
brennungen  bon  SleformationSfctyriften  metft  beutfe^er  §erfunft  nat^toeifen  (®lje,  ©efc^.  b. 
prot.  Semegung  :c.  in  SSenebig  [1883]   ©.  3  f.  gtebt  bie  Sitel  na*   Mscr.  Lat.  XIV, 

45  cod.  201  ber  -KarcuSbibl.).  3«  Wittenberg  toar  man  über  bie  Vorgänge  in  Sendig 
ntd^t  o^ne  9la$x\ty  OPlamfc  an  ben  SEurfürften  22. 5Wärg  1524,  bei  görpemann  US  168; 
Sutyer  an  3n>ifling,  7.  5Wärj  1528,  bei  be  2Bette  V,  289  unb  SnberS  VI,  n.  1296). 
SSon  SSenebig  auö  ertönte  auefy  toarnenber  3uruf#  a^  3Relanc^t^on  [\d)  in  äug^burg  1530 
aHju  geneigt  geigte,  auö  politifc^en  9lücffi$ten  bie  ^roteftantifd^e  ^rei^eit  )u  opfern  (bat 

uobeS  Ref.  „Sucio  $aolo  SHofctti"  %\>xty  1882,  ©.  179  ff.).  SBenn  fo  toon  bort  au«  an 
greunb  ber  ebangelifc^en  Setoegung  feine  ©timme  er^ob,  fo  fmb  toir  auc^  im  Sefife 
einer  gleichzeitigen  ^)arfteQung  über  jene  au«  ber  $eber  eine«  ber  erßärteften  geitibe  ba> 
felben,  nämlid?  be«  bamaltgen  SSifc^of«  unb  fpäteren  Zapfte«  Saraffa  ($aul  IV.).  Steffen 
inftruftiber  S3eric^t  an  Slemen«  VII.  führt  au«,  baf;  bie  Verbreitung  te(erif$er  Slnfu^ten 

66  unb  ba«  £efen  Verbotener  ©Triften  in  ÜBenebig  bebenf(ic$  über^anb  genommen  ^abe.  %6U 
feien  e«  „Slpoftaten^,  b.  \).  um^erfötoeifenbe,  teil«  noc^  in  ben  ftlöftent  lebenbe  3Ron^e. 
(Sinen  mac^t  er  namhaft,  ^rä  ©alateo,  „beffen  Angelegenheit  ©e.  ßeiligleit  im  legten 
^afyrc  mir  übertoiefen  bat'',  ben  auc^  ba«  !^nquifttion«geri(^t  al«  rüdfälltgen  Jtetyer  (ynn 
Xobe)  verurteilt  ^abe,  an  bem  jebo$  ber  ©enat  bie  ©träfe  )u  boO)ie^m  ftd^  toeigere  (bgL 

eo  Riv.  Crist.  1878,  ©.  281  ff.,  too  bie  Information  abgebruclt  ift). 


Stalten,  reformatorifdje  ©ctocguugen  529 

©irolamo  ©alateo  toar  fomit  ber  erftc SScrtreter  ber  ^Reformation,  bcn  bie@egner 
auf«  Äorn  nahmen.  1490  in  SSenebig  geboren,  erlangte  er,  frity  in  ben  granjiSfaner* 
orben  getreten,  bie  Stellung  eine«  Sefyrer«  ber  Geologie,  gn  *ßabua  berfünbigte  er  mit 
<SrfoIg  bie  reine  bibUjcfye  2etyre,  tourbe  benumiert,  aber  freigefproc^en  unb  prebigte  toeiter, 
bi«  ßaraffa  tym  bie  ßanjel  verbieten  liefe  uno  im  2Rai  1530  ben  jtoeiten  mit  2obe«ftrafc  6 
abföltefeenben  Sßrojefe  gegen  tyn  einleitete.  $)er  Senat  §at  fiety  bauernb  getoeigert,  biefe 
boUjjietyen  ju  laffen:  naefy  ftebenjätyrigem  hartem  Werfer  lieg  man  ©alateo  in  ba«  fiau« 
eine«  @belmann«  hinüber  jiefyen  unb  innerhalb  ber  bort  jugebrad&ten  brei  %a!()rt  berfafete 
er  eine  „Sfyologie",  toel^e  erhalten  ift  (@#>l.  in  ber  Unib.^Bibl.  in  ÜRünd&en,  2lbföriften 
im  Museo  Correr  in  SBenebig  unb  in  ber  Guicciardiniana  in  fjtorenj),  toäfyrenb  feine  10 
anberen  ©Triften  berloren  ftnb.  ®er  fromme  ÜRärttyrer  ift  boc^  toieber  in  ben  Rerfer 
gebraut  toorben  unb  bort  1541  gottergeben  unb  freubtg  geftorben.  gn  ber  „Styologie", 
toet$e  Sufebio  Salarino  mit  biograpfyifcfyer  (Einleitung  fyerau«gab  (Sologna  1541),  tritt 
un«  auf  ber  einen  Seite  ber  (Sinflufe  beutfd^reformatorifctyer  Sefyren,  auf  ber  anbern  ba« 
Seftreben  entgegen,  bie  alte  Terminologie  ju  betoafyren  unb  bie  neugewonnene  3tn=  15 
töauung  al«  ben  richtigen  Sinn  jener  erft  erföliefeenb  barjufteHen.  So  fuetyte  er  bei  ber 
2efcre  toon  ben  „guten  Söerlen",  bei  ber  bom  fjegfeuer  u.  a.  immerhin  einen  reltgiöfen 
Äern  ut  retten  —  aUerbing«  bon  2Renföenberbienft  toiß  er  nietyt«  toijfen  —  unb  fo  ftefyt 
er  aud)  betreff«  ber  SBorfyerbeftimmung,  be«  freien  2Bitten«,  ber  Saframente,  ber  ^eiligen« 
unb  Silberberefyrung  fotoie  be«  SIblaffe«  im  ©runbe  ganj  auf  rcformatorifcfyem  93oben.      20 

3n  ßaraffa«  obigem S3eri$te  toerben  noc^  jtoei  al«  Äefcer  mit  Flamen  genannt:  $rä 
©ortolomeo  unb  %tä  äleffanbro.  2)er  erftere  ift  anbertoeitig  toofyl  befannt.  (Sr  fyiefe 
SBartolomeo  gonjio,  ftammte  au«  SSenebig,  toar  ^riefter  im  grami«fanerorben  unb 
taucht  jum  erftenmale  1529  auf,  too  er  in  ber  Stir^e  S.  ©eremia  in  Ssenebig  eine  $re* 
bigt  in  ber  ^aften^eit  fyielt,  bie  ifym  Su«penfion  bom  Sßrebigtamte  ju^og.  ®a  enth>id^  er  25 
unb  ging  nac^  9lug«bura;  borten  liefe  il?m  1531  ber  benetianiföe  ©efanbte  beim  Staifer 
iux£  einen  geheimen  Stuftrag  be«  Raffte«  jugefyen,  bem  er  offenbar  auc^  entfprod^en  fyat. 
Stit  gü^rern  ber  $roteftanten  fucfyte  er  Serbinbungen:  fo  förieb  er  an  Sufcer,  ber  and) 
„bem  au«gqei$neten  unb  frommen  Geologen"  im3)ejember  1531  antwortete  (bieSriefe: 
Biblioth.  Marciana,  lat.  class.  XIV,  cod.  201,  fol.  188  f.).  ®er  al«  päpftlid&er  Segat  so 
1534  3)eutf$lanb  burd&reifenbe  Sifcfyof  $ier  $aolo  33ergerio  (f.  b.  2t.)  föreibt  unter  bem 
27.  Suguft  b.  3-  bon  einem  in  9lug«burg  ftcfy  auffyaltenben  benetianifcfyen  9Jtön(§e,  ben 
man  ein  Süd^lein  „Correttion  del  Stato  Cristiano"  ^abc  „far  componer  nella 
lingua  nostra"  —  ba«  Süc^lein  ift  2ut^er«  Schrift  „Sn  benSlbel";  ber  Wond)  fd^eint 
fein  anberer  al«  gonjio  ju  fein  (t>gl.  3^©  IV,  467  ff.).  —  gretltc^  ^at  $onjio  feine  35 
Shitorfc^aft  ber  ttberfefcung  entfe^ieben  in  Slbrebe  gefteHt  (bgl.  m.  ©efc^i^te  ber#  SRef.  in 
Senebtg  S.  116)  unb  einen  anbern  9Kinoriten,  grä  lommafo  bi  6a|ale,  al«  Überjefeer 
bejeic^net  — ,  tooju  ber  9luntiu«  bemertt,  bafe  er  ber  2lbleugnung  feinen  ©lauben  beimeffe. 
3)amal«  alfo  ta>ar  gonjio  nad^  SSenebig  jurücfgef el;rt,  Don  Wo  er  nad^  ^)almatien,  bann 
im  auftrage  be«  State«  ber  fttyn  na$  ilonftanttnopel  ging  unb  enblid^,  al«  Sßaul  III.  40 
ben  ^afrfüicben  Stu^l  beftieg,  mit  einem  Safoofonbuft  in  SRom  erfc^eint  (1536),  um  fieb 
»nm  jebem  SSerbac^te  ju  reinigen.  3?oc^  ^ielt  man  tbn  jahrelang  ^in,  liefe  i^m  jeboep 
äufeerltc^  grei^eit.  So  tourbe  er  toieber  an  berfc^iebenen  Stellen  im  fird^lid^en  ®ienfte 
bertoenbet,  u.  a.  1546  unb  1547  in  $arfa,  aud^  in  9lom  bei  S.  Spirito  in  Saffia.  ®r 
berfafete  in  biefer  3e^  e^ncn  Seitfaben  für  ben  Unterricht  ber  3iugenb  in  ber  Religion  45 
(Catechismo  interlocutorio,  in  2)ialogform;  liegt  bei  ben  älften  im  3Jenet.  2lrcfyib, 
groben  giebt  ßomba,  II,  S.  106  f.)  unb  toirfte  jahrelang  al«  ^e^rer,  au(^  in  ^ßabua, 
bon  too  i^n  neue  angriffe  ber  ^n^uifttion  bertrieben,  enbli(^  in  6ittabeHa  unter  falfc^em 
3?amen.  2)ort  tourbe  er  im  -Blau  1558  in  ber  Sd;ule  felbft  behaftet  unb  tro$  aller  9e^ 
mü^ungen  ber  i^n  tyoctyfcfyäfcenben  Sürgcrfc^aft  bem  Tribunale  jur  Aburteilung  übergeben.  50 
6me  3wfammenftettung  toon  44  „3^^^^""  «u«  bem  Äated^i«mu«  unb  einer  1556  ber^ 
fafeten  3Jerteibigung«fc^rift  be«  g.  biente  al«  Unterlage  für  bie  Slnflage  —  fein  ©eringerer 
ffat  jene  beforgt,  al«  ber  bamalige  ^nquifttor  bon  aSicenja,  %dkt  3Kontalto,  f^>ätcr  $aj)ft 
al«  ©ijtu«  V.  So  finb  brei  ^Jä^ftc  babei  beteiligt,  toenn  ^on^°  Jum  3Kärtvrer  tourbe 
—  aufeer  bem  ebengenannten  ber  ^Sapft  ^ßaul  IV.,  jein  alter  $emb,  ber  ben  ^ro^efe  toieber  65 
eröffnen  liefe  unb  $iu«  IV.,  unter  beffen  birefter  5Ölittoirfung  (bgl.  bie  sJtoc£toeifungen  be« 
9tef.  in  Riv.  Crist.  1899  S.  178)  ber  tötlicfye  Slbjd^lufe  erreicht  tourbe.  Über  bie  er* 
gretfenben  Sinjetyeiten  ber  legten  35Jod^en  f.  m.  Reform,  in  3}enebig,  S.  64 ff.,  ßomba« 
Protestant!  II,  S.  99  ff.  unb  $e  Seba,  Gli  Eretici  di  Cittadella  (Atti  dell'  Istituto 
Veneto  1873,   p.  679—772).    gonjio«  3lj)^ell   an   ben  Senat   teilt  Somba,  a.  a.  D.  eo 

KccHNc^aopAbic  ffir  Geologie  unb  Sttrty.  3.  «.  IX.  34. 


530  Italien,  reformatorifdjc  ©etoegimge* 

©.  102—105   mit,  bon  feiner  „Fidei  et  doctrinae   ratio"  giebt  er  ©.  108  ff.   eine 
Überfielt. 

Snjftriföen  Ratten,  feit  ßaraffa  1532  jenen  93eri$t  erftattet,  bie  ßerfer  ber  %nquu 
füion  fieg  für  mannen  Stnfyänger  ber  reformatorifetyen  8etoegun$  geöffnet.    Qtoax  tfi  gu 

sbiefen  ber  in  SBenebig  lebenbe  Florentiner  SIntonio  Sruccxofi  wum  ju  jaulen  — 
toenigftenS  toetyrt  er  ben  SSerbad^t  ein  folcfyer  gu  fem,  ftetS  toeit  toon  fu$  ab  — ;  gber 
trofcbem  I?at  er  burefy  feine  bei  ©iunti  erfcfyienene  Überfefeung  beS  9EES,  ber  1532  au$ 
bie  beS  312  ,,nac§  bem  fyebräifcfyen  ©runbtejte"  folgte  (Konig  graml.  getoibmet),  ber 
Setoegung   nietyt  untoefentli^c  SDienfte   getyan.    SBruccioli  lebte  in  ißenebia   als  ägent, 

10  b.  fy.  fibermittler  Politiker  9?euigfeiten,  beS  §enogS  ßoftmo  (bgl.  m.  Ausführungen  in 
Riv.  Crist.  1879,  2  u.  3,  fotoie  bie  Weitere  Öitter.  bei  Gomba  a.  a.  O.  ©.  117  f.). 
dreimal  fyat  man  tym  ben^rojefj  gemalt;-  toenn  eS  emft  tourbe,  toiberrief  er.  am  10.35e* 
jember  1566  ftarb  Sruccioli  toermutlicty  boeb  im  ßerfer  ber  Snquifttum  —  er  toar  ntc^t 
au«  bem  $ol$e,   aus   bem  2Jtärtyrer  emportoactyfen   (togl.  ©.  $.  $onS  in   Riv.  Crist. 

16  1875,  fasc.  5,  7). 

©anj  anberS  Verliefen  bie  Sßrojeffe  gegen  %xä  Salbo  (Ubalbo)  Supetino  aus 
9llbona  in  ^ftrien,  toelc^er  im  Df  tober  1541  bor  bem  Tribunale  erföien,  bemmgiert,  im 
3)ome  ju  ßfyerfo  Äe^ereien  geprebigt  ni  ^aben.  Sr  toar  1502  ober  1503  geboren,  einer 
Vornehmen  gamilie   entftammt   unb  $rotoinjial  im  ftranjiSfanerorben.    auf   feinen  9lat 

aoänberte  fein  SReffc  9KattbiaS  SBlacicfc  ©laciuS,  f.  b.  31.  »b  VI  ©.82,89)  ben  gntfölufi, 
auc^  in  benDrben  ju  treten  unb  ging  1539  na$93afel,  bann  nadj  Tübingen  unbSBitten* 
berg,  bereits  bur$  längeren  Slufent^alt  in  SBenebig  für  bie  reformatorijc&e  Setoegung  m= 
tereffiert.  SupetinoS  „Äefcereien"  ftettten  fiety  in  ben  3Ser^ören  toor  ber  ^nquifttion  (SCuS* 
jüge  giebt  Somba,  auc$  aus  ben  2lften  ber  foäteren  SProjeffe,  Riv.  Crist  1875,  ©.6  ff.) 

25  als  tbeologifd^e  anfielen  fyerauS,  bie  mit  ben  e&angelifdfcbtbliföen  übereinftimmten.  £er 
$ro$efj  machte  grofceS  Auffegen ;  fogar  toon  $eutf$(anb  aus,  too  JJlaciuS  ftd&  für  ben 
Ctyetm  bemühte,  Dertoanbten  fieb  b°b*  §erren,  barunter  felbft  ber  Äurfürft  toon  ©ac^fen 
(26.  3>uni  1543)  für  tyn  unb  erbaten  feom  2)ogen  $ietro  &mbo  feine  fceifaffung. 
ftlactuS  felbft  fyattt  ben  ©rief  übertraft  unb  ben  Dfyeim  nebft  einem  anbern  fec$jigjä$rigen 

so  ©efangenen  ber  ^nquifttion  in  beren  Äerter  aufgefpürt  (3Ä©  1877,  ©.  152).  5Da  aber 
Supetino  fi$  toeigerte  )u  toiberrufen,  blieb  bie  ÜBerftenbung  o^ne  Srfolg:  er  fturbe  ;u 
(ebenSlönglid^em  ©efängntö  unb  )ur  3aWun0  üon  ^unbert  ^ufaten  Verurteilt  ©ein  le^ted 
3Bort  toar  eine  Berufung  auf  ein  !ünftigeS  freies  ßongil  —  bie  2lnttport  bilben  gtoei 
fernere  5Projeffe  gegen  ben  ©efangenen;  1547  toirb  er  jutn  lobe  t>erurteilt,  aber,  ba  ber 

85  ©enat  bie  ßintoiKigung  $ur  2luSfü^rung  nic^t  geben  tooöte,  Vorläufig  hn  Jterfa  belaffen, 
„bis  er  feinen  ©inn  änbere"  —  erft  beim  britten  $rojefe  1555/6  !am  bie  3«t#  too  ber 
Senat  bereit  toar,  ber  Sturie  au$  jene  Äonjeffton  ju  machen.  —  ©leic^jeitig  mit  Su^etino 
im  3>afyre  1541  finben  toir  in  bem  Äerfer  ber  benetianifd^en  ^nquifition  ben  beKebten 
$rebiger  ©iulio  bella  Stöbere  aus  SWailanb  (t>gl.  3)e  Sctoa,  Q.  da  Milano,  Arcb. 

4oVen.  VII,  1;  6omba,  I  nostri  Prot.  II,  ©.  151  ff.),  bem  9luguftmer*®remitensDrben 
ange^örig.  SDie  Sitten  feines  ^rojeffeS  ftnb  bie  älteften,  freiere  baS  Slr^h)  ber  grari  auf' 
betoafcrt  ©iulio  batk  bei  ßurione  (beffen  Suf enthalt  inSBenebig  f.SJb  IV,  ©.  351,4»)  ge* 
too^nt;  baS  unb  getoiffe  9tu|erungen  in  feinen  ^aftenprebigten  madbten  i^n  tKrbäc^tig, 
aber  er  reinigte  fu$  burc^  eine  „abjura",  o^ne  boc^  loSgufommen.    ©a  trat  1542D$ino 

45  für  i^n  ein  (f.  b.  31.)  —  ob  man  itym  barauföin  ©elcgen^eit  gab  ju  enttoeid^en,  bleibt 
ba^ingefteüt ;  toir  finben  tyn  nod^  im  nämlichen  ga^re  in  Seltlin,  too  er  erfl  mehrere 
3afce  als  Se^rer,  bann  feit  1547  in  ^ofdjiafco  als  ebangelifc^er  Sßrebiger  bis  1571  toirfte 
(be  5ßorta,  Hist  Eccl.  Rhaet.  II,  p.  40  f.).  Seiber  fc^einen  bie  unter  bem  9tamen 
Girolamo  Savonese  herausgegebenen   ^rebigten  ®.S  (ogl.  SReuft^,  3****  h  ®-  377) 

60  verloren  ju  fein ;  einige  ^Briefe  aber  t>on  i^m  an  ©ir.  9lUegretti  (ögL  m.  SBiebertäufer  hn 
SSenet  3:^©tÄ  1885,  ©.  32)  unb  brei  Straf  täte  fotoie  einiges  anbere  ift  afydUn  (©tobt* 
Sibl.  in  3ürid)  D,  351 ;  bgl.  Somba  a.  a.  0.  ©.  167).  Ob  bie  „Pie  et  Christiane 
Epistole  de  gratia  Dei  da  Monte  Santo"  (9leuf$  a.  a.  O.)  i^m  jugetyteen,  ift  )toetfel< 
^aft  (bgl.  6omba,  Prot,  II,  180  ff.). 

65  3ln  ben  3lamtn  SupetinoS  fnüpft  ftcfy,  toie  toir  fa^en,  ein  Vergeblicher,  m  fetner  9rt 
einiger,  ©$ritt  bon  Witgliebern  beS  ©cbmalfalbifc^en  SunbeS  )u  ©unften  eines  ©laubenS= 
genoffen  jenfeit  ber  Sllpen  unternommen.  2)urc^  3ln^änger  ber  Deformation  m  Italien 
toar  berfelbe  herbeigeführt  toorben.  „Srüber"  auS  SSenebig,  S3icenyi  unb  Xrcbtfo,  traten 
1542  mit  Sut^er  in  brieflichen  2?erfel?r  unb  toeifen  uns  fo  auf  einen  gehnffen  3Jerbanb 

«so  ^in,  ber  bamalS  unter  ben  (Sttmgelif^gefinnten  innerhalb  beS  benetiam{$en  3)ommtumS 


Italien,  rcformatorifdje  Setocguttgett  531 

befianb.  SSicr  ©d&reiben  bcrort  au«  ben  Iga^ren  1542  bi«  1544  fmb  erhalten,  jtoei  au« 
Senebta  unb  jtoei  Slnttoorten  Sutyer«  (f.  m.  SRef.  in  25en.  ©.  21  ff.).  3n  bem  93erfaffer 
ber  ©abreiben  jener  „Srüber"  lernen  hrir  einen  ber  bemerfen«toerteren  SBertreter  ber  eban* 
geltföen  Betoegung  lernten:  Salbaffare  Slltieri  au«  2lquila  im  9?ectyolitamf<$en,  feit 
1540  ©elretär  be«  englifctyen  ©efanbten  (Sbmonb  fiarbel.  Da«  jtoeite  Schreiben  an  6 
fiut^er,  bom  30.  Sluguft  1543,  ifi  für  ben  ÜRann  felbft  ctyaraftcriftifö:  loa«  er  erbeten 
unb  erreicht  tyat,  ift  bocfy  fefylgefcfylagen  —  Doge  unb  ©enat  fyaben  bie  gürfprac^e  ber 
©$mattalbener  abgelehnt.  ältieri  bemüht  fiep  nun,  bie  SEetlnafyme  Sutfyer«  unb  ber 
Deutf<$en  an  ber  Setoegung  in  Italien  unb  tyre  Hoffnung,  bafj  dtoaS  au$  jener  Serben 
tfotnt,  aufregt  )u  erhalten  —  er  tfyut  ba«  aucty  in  feinem  perfönlictyen  Sntereffe,  ba  er  10 
fieser  fd&on  bamal«  ben  äBunfcty  fycgte,  bie  Vertretung  be«  ©d&malfalbiföen  S3unbe«  beim 
Senat  )u  übernehmen.  3m  3ö^re  154C  $  ^m  ^aS  lefetere  gelungen  —  nur  für  fur^e 
3eit,  ba  ber  jätye  ©tur  j  be«  93unbe«  fcfyon  nafye  beborftano,  ber  feine  Sfaftettung  hinfällig 
machte.  Dann  finben  toir  ityn  noc^  in  SBerbinbung  mit  Sußinger  (bgl.  2Jietyer,  Die  eb. 
®em.  in  2ocarno,  I  [1836]  ©.  465 ff.);  in  ber  ©d&toeij  berf Raffte  er  fi<$  perfönli<$  15 
(Smj>fe$Iung«f<$reiben  an  ben  ©enat  —  aber  bie  $z\Un  fraren  auc^  in  SJenebig  jefct 
anbcrS  getoorben :  man  tooHte  tym  nur  unter  ber  für  ifyn  unannehmbaren  Sebingung  bat 
ferneren  Aufenthalt  geftatten,  toenn  er  fu$  offen  jur  fatfyolifctyen  flirre  befenne.  ©0  jog 
er  im  ©ommer  1549  ab,  mit  2Beib  unb  ßinb,  gang  mittello«.  (Sine  3«t  lang  getoäfyrte 
tynen  ein  greunb,  Ugoni  in  ßalginato  bei  Sergamo,  llnterfunft.  Den  legten  SSrief  richtete  20 
er  an  SuHinger  unter  bem  10.  2Rai  1550.  Dann  fetylt  jebe  9toctyric§t  bi«  auf  bie  lefcte 
Änjeige  bon  greunbe«&anb  an  ben  äüricfyer  Reformator:  „Salbaffare  ift  im  #errn  tnU 
fölafen  im  bertoic&enen  SKonat  äluguft."  (2lltiere  ift  jum  ©egenftanbe  einer  ©tubie  gemalt 
toorben  bon  6.  211fr.  §afe  SprSty  III,  ©.  468-517,  ju  ber  in  3Ä@  IV,  ©.  401  ff. 
me$rfa$e  Äorrefturen.)  25 

Der  jä^e  ©turj  ber  proteftantiföen  Partei  in  Deutfölanb  bttre^  ben  ©c$malfalbif$en 
Ärieg  machte  ftety  al«balb  au$  jenfeit«  ber  2llpen  fühlbar,  ^unädtft  in  Senebig«  93er« 
galten  gegenüber  ber  römifcfyen  Äurie,  bie  ja  im  Sünbniffe  mit  bem  Äaifer  geftanben  unb 
jefct  eine  fo  bebeutenbe  ©teile  in  Stalten  getoonnen  fyatte,  toie  feit  3;uliu«  II.  nicfyt  metyr. 
(Sm  @rla&  be«  Dogen  5^ance«co  I)onato  bom  22.  2tyril  1547  Wärfte  ben  brei  „Savij  30 
suireresia"  (bgl.  barüber  b.  ä.  ^nquifition  oben  ©.  159, 11)  fleißige  sJRittoirfung  bei  bem 
Vorgeben  ber  Snquifition  ein  (meljrfacty  gebrueft,  u.  a.  bei  ßantü  a.  a.  0.  III,  ©.  134). 
greuu?  tlagte  man  bo$  bonSlom  au«  unaufhörlich:  ^uliu«  III.  behauptete  einmal  1550 
bem  benetianifc^en  Drator  gegenüber,  fein  §au«fyofmeifter  fei  im  ftanbe,  unter  ben  93e* 
too^nern  Senebig«  taufenb  namhaft  ju  machen,  tbeld^e  ber  anabaptiftiföen  ©ette  ange-  35 
hörten.  Db  ^ier  nid^t  ettoa  —  bie  3^^lenangabe  felbft  mag  ba^ingeftettt  bleiben  —  alle 
9(nttrömif$en  gufammengefa^t  fmb,  fann  nic^t  tooi)l  entfd^ieben  toerben.  ^ebenfaK«  gab 
ba  Doge  bem  Drängen  bon  Rom  au«  auf  f$ärfere«  Vorgehen  nacb  unb  jtoar  mit  fo 
gutem  (bfolge,  ba£  man  im  Oft.  1551  meiern  tonnte:  bie  le^erifcpen  ^erfammlungen 
in  ber  ©tobt  ^aben  aufgehört  unb  biele  ^aben  öffentlich  abgefd^tooren.  Unb  ebenfo  ener-  40 
gifc^  toar  man  im  Dominium  borgegangen.  (Sin  93efölujj  be«  Säte«  ber  .fte^n  bom 
21.  Ohober  1548  (bei  Gantü  a.  a.  0.  III,  ©.  134  ff.)  föärfte  ben  SReftoren  berStäbte 
$abua,  Irebifo,  Ubine,  3#tre,  ßibibale,  Gapobtftria,  Slbria,  ß^toggia,  SSicenja,  Sergamo 
unb  9re«cia  xeilna^me  an  bem  9tocfyforfd?en  nac^  Äe^em  unb  ber  Seftrafung  berfelben 
ein.  9leue  Verhaftungen  toaren  bie  ^olge;  barunter  in  ßittabella  bie  bon  $ietro46 
S^egtali  unb  grance«co  ©piera.  3ener  toar  Won  1542  eingeferfert  unb  gu 
lebenllänglic^em  ©efängni«  verurteilt  loorben;  ad^t  ga^re  blieb  er  in  §aft  —  bann 
leitete  ber  tobmübe  ©rei«  Stbfc^toörung,  nämlic^  berjenigen  ^feberifd^en"  ©c^rift,  in  meiner 
er  ftym  bor  Sut^er«  Stuftreten  bie  Rechtfertigung  au«  bem  ©fauben  gelehrt  ^atte  (fic  be- 
finbet  füfi  auf  ber  5Karcu«bibliot^ef;  bgl.  SSalentineHi,  Bibl.  manuscr.  I,  2,  p.  110,  bo 
unb  De  Seba,  Gli  Eretici  di  Cittadella,  Atü  dell'  Ist.  Ven.  II,  ser.  IV).  2Beit 
größere«  Auffegen  machte  ber  %aü  be«  ©piera  (f.  b.  21.).  211«  ein  toarnenbe«  33eift>iel 
pat  Sergerio,  ber  ebenfo  toie  ber  oben  angebeutete  „^ßiemontefe"  (nämlic^  ber  2lrjt  5Blatteo 
©ribalbi  [bgl.  **it  21.  93b  VII  ©.  159])  an  feinem  Totenbette  in  s#abua  ftanb,  biefen 
gaU  ber  t)ea$tung  aller  unterbreitet  (La  historia  di  M.  Fr.  Spiera  .  .  .  s.  1.  1551,  65 
berfafct  am  7.Dej.  1548,  abgebrueft  in:  Bibl.della  Rif.lt.  II,  gloreng  1883).  2luc^  bon 
einem  anbern  äugenjeugen,  bem  ©Rotten  ©cringer  (Enrico  Scoto),  tourbe  ber  %a& 
f$riftlic$  niebergelegt  unb  bann  mit  ßinleitung  Galbtn«  bin«u«gegeben  (Exemplum  me- 
morabile  desperationis  in  Fr.  Spiera  .  .  .  ©enf  1550).  —  Da«  untoeit  bon  6üta* 
bcOa  gelegene  vaffano  tyd  ebenfaQ«  einen  bea$ten«fterten  Vertreter  ber  Deformation  auf*  eo 

34* 


532  Italien,  reforwatorifdje  ©etoegmtgett 

jutoeifen.  grance«co  SRegri  au$  Vaffano  (DgL  m.  @efd&.  b.  SRcf.  in  Venebig  ©.  49 ff.; 
Gomba,  Protestanti  II,  297  ff.),  ber  fu$  auf  bem  ©ebiete  bcr  Sitteratur  Vorteilhaft  $& 
borgettyan  fyat,  tritt  unter  fefyr  romantifdjen  Umftänben  in  unfer  ©efic^töfelb.  ©eboren 
um  1500  aü«  angef  ebenem  @efc$lec$te,  toarb  er  bur$  ungltidflit&e  Siebe  jum  ©tntritt  in 

5  ba«  93enebiftinertlofter  in  $abua  beranlaßt.  2)ie  Umftänbe,  unter  benen  er  e«  flüchtig 
toieber  Verlanen  fyaben  füll,  fd&ilbert  Verci,  Memorie  stör.  crit.  (Raccolta  Caloger.  1, 
XXIV  [Venebig  1773]).  3uberläffige«  über  tyn  työren  toir  erft  im  «uguft  1530.  92egrt 
fcfyreibt  nämlicfy  bon  Strasburg  au«  an  SRofeUi  in  Venebig,  bcr  foeben  bie  ernfte  3Jla$mutg 
an  ÜRelanctytyon  toegen  feiner  ©eneigttyeit  gu  aHjugroßen  Äonjeffionen  $atte  ergeben  laffen 

io(bgl.  m.  Darlegung  in  %pT?ty  1881,  6.  179 ff.):  (Sr  tyabe  tym  toegen  ber  Unfid&erfcit 
ber  briefli<$en  Verbinbung  ni<$t  geantwortet;  übrigen«  tyabe  er  betreff«  feiner  ©cfcicffale  bei 
einer  berftofylenen  Steife  naefy  Dberitalien  in  ber  legten  gaftengeit  berföiebenen  „Vrfibern" 
münblicfye  Mitteilungen  gemacht  —  lauter  Angehörigen  be«  geiftli$en  bqto.  3Rön<$«ftanbe«, 
atö  $abua,  au«  Vaffano,   au«  Vicenja   (ber  Vrief  in  Riv.  Crist.  1874,  ©.  122  ff.). 

15  3n  ben  folgenben  gafcrjetynten  befinbet  ft<$  bann  9iegri  in  S^iabenna,  al«  2e^rer;  er  ift 
verheiratet  unb  in  Verlegungen  mit  2Rainarbo,  bem  ebangeliföen  Sßräbifanten  —  Ve* 
«etyungen,  bie  freiließ  getrübt  hmrben,  al^  9legri  ftd^  einer  Stiftung  jutoanbte,  gegen  toelcfc 
ber  ortfyoboje  SKeinarbo  anfämpfte.  ®a  un«  tyter  jum  erftenmal  eine  bebeutfame  tjjeologifcfc 
SMbergena  bei   einem  Vertreter  ber  reformatorifcfyen  Vetoegung  in  Stoßen  begegnet,  tote 

20  fie  balb  um  fiefy  greifen  unb  auc§  für  bie  Vetoegung  felber  bertyängni«boH  toerben  foDte, 
fo  mag  fyier  ba«  auftreten  ber  rabilalen  Stiftung  beleuchtet  toerben,  toenn  au$  SRegri 
feine«toeg«  ber  Slnfänger  ober  ber  fyerborragenbfte  Vertreter  berfelben  getoefen  ift. 

3u  3lnfang  ber  bierjiger  Iga&re  fanben  rabifale  ttyeologifäe  Stiftungen  einen  energifc^en 
Vertreter  in  bem  ©kutaner  Gamillo  Stenato  (bgl.  m.  9tef.  in  Venebig  ©.  76  unb 

2oXrec^fel,  3lntitrin.  II,  ©.85 ff.):  bie ^ßräbeftination  bilbet  ben  3Rittelj>unh  feine« ©tftem«; 
toer  „ertoä^lt"  ift,  $at  ben  „@eift",  toer  tyn  nic&t  fyd,  ftirbt;  bie  Ämber  be«  ©eifte« 
fd&lummern  nur  im  lobe,  um  fobann  in  eine  neue  gorm  be«  S)afein«  ju  treten.  2Ber 
ben  „Seift"  fyat,  bebarf  be«  ©efe^e«  nietyt;  bie  ©aframente  bilben  nur  ©mnbilber  bon 
SBerten,  toeld^e  ben  ßrben  be«  Stetere«  föon  berliefyen  finb  —  fo  ift  ba«  Äbenbma^l  ein 

so  ©ebäcfytni«mafyl,  ein  3ei$en,  *>aß  W*  gläubige  ©eele  ßfyriftt  Seib  unb  Vlut  geniest  — 
bie  Saufe  nic^t«  al«  bie  Ve^eugung  ber  Ifyatfacfye,  baß  ber  äBiebergeborene  ben  alten 
2Jienfcfyen  abgelegt  fyat.  ©aß  biefe  Sluffaffung  jur  SJertoerfung  ber  Äinbertaufe  führen 
mu£,  ift  flar,  unb  fo  fyat  man  ben  Vertretern  ber  gefamten  Stiftung  aud^  in  Italien  ben 
toon  Sinem,  unb  nid^t  bem   ^auptfä$li$ften,  üRomente  herüber  genommenen  Siamen  ber 

36  %  ä  u  f  e  r  angeheftet.  3)ie  obigen  unb  ä^nlic^e  fielen  brangen  im  Sauf  ber  toiergiger 
$afyre  in  Italien  ein ;  unfere  Äenntni«  i^rer  Verbreitung  beruht  faft  au«f<$liefeli<$  auf 
©eftänbniffen,  h>eld^e  bor  ber  römtf$en  ober  benetianifc^en  ^nquifition  gemalt  toorben 
fmb.  ©o  erfd&ien  bor  biefer  am  30.  ®ejembcr  1553  Senebetto  ^orio  (alias  3)on  2o^ 
renjo  Sigani),  um  folgenbc«  ju  gefte^en:   er  ^abe  bor  18  ober  20  Sauren  fein  Älofter 

40  (SKonte  Dlibeto)  berlaffen,  an  berf^iebenen  fiir^en  al«  Kaplan  fungiert,  fei  bann  9  3a$re 
lang  $au«fa)>lan  be«  dürften  bon  SBiftgnano  geh>efen,  fyabt  ftd^  enbli$  nad^  Venebig 
unb  be^uf«  mebijinif^er  ©tubien  nac^  $abua  begeben  unb  aujjer  „lut^erifd^en",  bie  i^m 
fcfyon  in  9ltaptl  eingeflößt  n>orben,  auefy  „anaba^tiftifc^e"  unb  „teuflifc^e"  9Reinungen  in 
ftcfy  aufgenommen.    ®ie  „anabaptiftifd^en",  toelcfye  ftc^  im  toefenöic^en  auf  bie  G^riftologie 

45  unb  ©aframent«le^re  begießen  unb  ben  focinianifd^en  fe^r  naty  fommen,  ^abe  er  burd^  einen 
9lbt  ^ieronimo  Sumle  (VujjaQa)  unb  anbere  in  Neapel  nad^  bem  lobe  be«  Valb6« 
(f.  b.  91.),  bie  „teufliföen"  —  baß  ber  toafyre  5Keffia«  erft  fommen  toerbe,  baß  mit  bem 
Seibe  auc^  bie  ©eele  fterbe,  ©ott  aber  feine  ßrtoetylten  toieber  auffteefe  —  burc^  einen 
granjofen  grä  SKatteo  unb  einen  6js3luguftiner,  grance«co  SRenato,  in  fre^  aufgenommen. 

60  2Bte  bie  „anaba^tiftifc^en"  fielen  in  ba«  9Zeaj)olitanifc^e  gefommen  feien,  tyfren  toir  au« 
einem  anbern,  fcfyon  1551  bor  bem  ^nquifitor  ju  Vologna  abgelten  ©eftanbniffe,  in 
toelctyem  2)on  ^ietro  SKanelfi  au«  ©.  Vito  folgenbe«  mitteilt:  „Von  $abua  atä"  — 
ÜJtanelfi  frrid^t  bon  bem  Vorfyanbcnfein  einer  „chiesa  d'Anabattisti"  bort,  alfo  eine« 
3)JittellpunIte«  ber  täuferijcfyen  Vetoegnng  —  „^atte  man   einige,  um  fie  bem  brofcnben 

to  Vorgehen  be«  Segaten  $u  entreißen,  nac^  9?ca^ct  gefc^idft,  barunter  jenen  Vujale,  ber  bie 
„chiesa"  leitete  unb  ber  auf  eine  $frünbe  bon  1000  ©cubi  beraten  mußte,  al«  er  in 
bie  ©emeinbe  eintrat.  (Wanelfi«  „Deposizione"  in  Arch.  di  Stato,  Venezia,  Inqui- 
sizione,  busta  9.) 

Vetreff«  ber  c^riftologifc^en  unb  anberer  fragen  loaren  bod^  in  biefen  Äreifen  fiarfe 

6>  aHeinung«berföiebenfyeiten  ^errfc^enb.    ©o  bejd^loß  man,  ben  Verfug  ber  ©migung  ju 


Stalten,  rcformntortfdje  ©ctocgmtgcu  533 

machen  unb  &toar  burcfy  gemeinfame  Vefpredfmng :  ein  förmliches  ßonail  ber  Käufer 
berfammelte  ftcfy  im  ©eptember  1550  in  Venebtg  (f.  b.  SRätyere  in  m.  ©efety.  ber  SReform. 
in  Venebig,  ©.  78  ff.),  hieben  Vertretern  ber  (Semeinben  au«  ber  ©c$h>eij,  befonber« 
©raubünben,  finben  h)ir  fold&e  au«  Vicenja,  Srebifo,  *ßabua,  Verona  unb  anberen 
©täbten;  aud&  granceäco  9iegri  unb  Gelio  ©econbo  Gurione  (f.  b.  A.  Vb  IV  ©.  353)  6 
fehlten  nid^t  —  im  ganzen  toaren  e«  gegen  fedjföig,  bie  unter  forgfältigfter  ©etyeimtyaltung 
berieten.  3n  b«  %*%*  *&$  ber  Sßerfon  Gtyriftt  entfäieb  man  ft$  gegen  bie  Jungfrau* 
lu$e©eburt;  bie  oben  beaegnenbe  Seljre  bom  ©eelenfcfylaf  nafym  man  ntigt  an:  ftatt  tyrer 
hrirb  gelebrt,  bafj  bie  Aufertoedfung  nicfyt  ben  ©ottlofen,  fonbern  nur  ben  frommen  (@x- 
toasten)  ju  teil  toirb.  Äurj,  in  aßen  fragen  ftegte  bie  rabifale  Stiftung,  unb  bem  Ve*  10 
föluffe  entforec^enb,  bafj,  toer  ben  Artifeln  nicfyt  juftimme,  au«  bem  Verbanbe  au«gefctyloffen 
toerben  foü,  trennte  ft$  tfyatfäd&licty  ber  Vertreter  bon  Sittabeßa  bon  bem  Verbanbe.  ©o 
laufen  nun  in  Italien  brei  antirömifcfye  Sichtungen  unb  fird^lic^e  Vilbungen  nebeneinanber 
&er:  bie  ort$oboj*reformatorifc$e  („luttyerifcfye"),  bie  täufertfcfcrabifale  unb  bie  täuferifefc 
gemäßigte,  toelc^e  blofc  in  ber  Sauflebre  unb  =$ßraji«  bon  ber  orthogen  abtoeid&t.  Sem  15 
3toifte  biefer  brei  Stiftungen,  bie  fiep  gegenfeitig  ben  otynefyin  fötoer  ju  bearbeitenben 
©oben  ftreitig  matten,  berbanft  ber  $roteftantt«mu«  bießeicfyt  md)t  nodp  al«  ber  rofyen 
©etoalt,  bafc  er  in  Italien  bie  ©türme  feit  ber  9Jlitte  be«  3a$rjpmbert&  nid^t  fyat  über* 
bauern  fönnen. 

greilicty  na^m  au$  bie  Verfolgung,  feit  SßaulIV.  (1555—1559),  befonber«  aber  feit  20 
$tuS  V.  (1565—72)  ben  päpftfic^en  ©tul?l  innehatte,  auf  aßen  ©eiten  $u.  $)ie  ®nt* 
Füllungen  eine«  SDtanelft  unb  Sijjani  Ratten  fcfyon  unter  ^uliu«  III.  ganje  Siften  bon 
„Stitfdpulbigen''  ergeben,  unb  ba«  9ie$  toar  unter  Vetyilfe  be«  toeltlidjen  Arme«  über 
(Smjelperfonen  unb  ganje  ©emeinfc&aften  gejogen  Sorben  (bgl.  m.  ©efety.  b.  SRef.  in  Ve* 
nebig  ©.  84 ff.);  nur  ein  Vructytetl  fonnte  fu§  burety  bie  ftluc^t  retten.  SBenn  auf  bem  26 
„Äonjtt"  offenbar  bie  5Ble^eit,  ja  bi«  auf  einen  Vertreter  äße  ber  rabifalen  Stiftung 
angehört  fyatttn,  fo  richtete  ftd;  infolge  ber  ®enun$iation  2Ranelfi«,  ber  natürlich  über 
biefe  am  beften  Vefcfyeib  ju  geben  toujjte,  bie  öaupttfyättgfcit  ber  ^nquifttion  junäc^ft  gegen 
bertn  Angefyöriae,  unb  fo  fommt  eS,  bafj  im  Sauf  ber  näctyften  S^^te  ba«  3a&lenöei$ältni« 
ber  beiben  Sichtungen  fid^  gerabe  umgefefyrt  gestaltet  f)at  ®af$  aber  bie  ©emäfjigten  90 
Verbreitung  unb  £alt  gewannen,  berbanften  |te  ber  Verbinbung,  toelcfye  jtoifcfyen  i^nen 
unb  bem  SRittel^unfte  be«  gemäßigten  Säufertum«  in  3Kä^ren,  ben  fyutertfcfyen  Vrübern 
^ergefieDt  tourbe.  darüber  giebt  um  ba«  %aty  1559  ein  Angehöriger,  ©iulio  ©l^er» 
lanbi  (fälfd&Ucty  ©uirlanba  im  ©rofeen  9)tärtyrerbuc^  genannt),  geboren  1520  in©})refiano 
bei  $rebifo  unb  1549  burc^>  Siccola  au«  2lleffanbria  toiebergetauft,  äu«funft,  fofern  er,  35 
atö  3R<$ren  nad^  Italien  jurücffebrenb,  ein  un«  erhaltene«  Ver jeic^ni«  ber  Slnbänger  ber 
gemäßigten  Sichtung  mitbrachte,  toeld^e«  burd^  Angaben  in  feinem  ^rojeffe  no4  erweitert 
tourbe.  SBir  lernen  ^ier  lieber  biele  Anhänger  in  Venebig,  $abua,  Vicenja  unb  in  me^r 
aö  60  Drtfc&aften  be«  dominium«  auf  ber  einen  ©eite  bi«  Vergamo,  auf  ber  anbern 
bte  Ubine,  ©örj  unb  trieft  fennen.  2)a«  Urteil  gegen  ©^erlanbi  lautete  auf  $)egra*  40 
bation  unb  @rtränfung.  9to$  e^e  btefe«  Urteil  au«gefü^rt  frurbe,  braute  man  in  ba« 
n&mli$e  ©efängni«  ben  5Rann,  toelc^er  bor  @I)erlanbi  bie  SRefte  ber  gemäfctgfctäuferifd&en 
Stiftung  gefammelt  unb  jum  Sfafd&lufc  an  bie  „©emain"  in  9Wctyren  ^ingefü^rt  fyattt, 
nämlic^  grance«co  bella  ©ega,  einen  ber  frömmften  unb  geiftig  tjöctyftftetyenben 
laufer.  45 

tiefer  befanb  ftd^  unter  ben  bier  3tnabaj)tiften,  beren  (Sinlieferung  ber  Suntiu«  Sa))U 
lujn  am  12.  September  1562  an  ben  Setter  be«  gefamttn  ^nquifttiondtoefen«  in  9lom, 
ben  Äarbhtal  ®^i«lieri,  fpäteren  $apft  $iu«  V.  melbete  (2lrd^tb  ßafilupi  in  9Jtantua, 
Copialettere,  registro,  LXXXI,  ungebrueft);  über  feinen  lange  Eingebogenen  ^ßrojef;, 
ber  mit  Srtränlen  enbigte,  bgl.  m.  „Söiebertäufer  im  Venettantf^en",  2b©tÄ  1885,  1. 50 
9Rit  tym  hmrbe  noc^  ein  jn>eiter  t>on  ben  bieren  ju  gleichem  lobe  gebraut,  Antonio 
9li)etti,  am  9.  Februar  1565. 

3m  dominium  ber  SRepubltf  n>ar  bie  Vetetligung  an  ber  Sieformation  eine  ungleiche, 
aber  man  tarnt  faaen,  bafe  feine  ber  größeren  ©täbte  gan^  au«gefc^loffen  blieb.  Au« 
Verona  flammte  $aolo  Sajife,  meiner  bon  Succa  au«  1542  fein  Vaterlanb  berliefe,  se 
um  We«fett«  ber  Alpen  feine«  ©lauben«  ju  leben  unb  ben  toir  bann  al«  ^Profcfjor  ber 
grie^ifc^en  ©prad^e  in  Strasburg  finben.  3n  W«  3a*?re  1550—1559  fielen  teil«  5ßro* 
jeffe  gegen  „Sut^eraner"  in  Verona,  teil«  finben  toir  fold^e  al«  Flüchtlinge  in  ©enf  (bgl. 
©aliffe,  Refuge  s.  v.  Verona).  Unb  bie  legten  ^Jrojeffe  toegen  ,,Sut^erani«mu«"  bort 
ongeftrengt,  fernen  in  bie  3aF)re  1567  bi«  1585.    Ve)üglic^  Vre«cia«  ^atte  \d)on  GIe=  so 


534  Stalten,  reformatortfdje  ©etoegmtge« 

mens  VII.  1528  Älage  erhoben  unb  energifd&e  #anbfyabung  berSnquifttion  bedangt  (bgl. 
m.  ©efö.  ber  3lef.  in  SJenebig  ©.  103f.);  bon  bort  ftammte  ber  ©raf  Gelfo  SWarti* 
nengtyi,  ber  ctynlicty  tote  Sajife  bunfc  SermtgliS  (f.  b.  31.)  ©nflufi  in  Succa  auf  bie 
Seite  ber  ^Reformation   geführt  nun  feine  tyotye  Segabung  m  tyren  2)tenft   ftettte   (bgl. 

6,>Jan$iS  Urteil  über  ttyn:  m.  @ef$.  b.  3tef.  in  SBenebig  ©.  104  f.)  als  Sßrebiger  ber  ita* 
Itenifd&en  glüctytlingSgemetnbe  in  ©enf  bon  1552  bis  ju  feinem  iobe  1557.  §ter  fanben 
fief?  auety  anbere  um  beS  ©laubenS  toillen  ftlüctytige  auS  BreScia  ein,  ttnfyrenb  bie  3n* 
quifition  atoitöen  1543  unb  1567  eifrig  unb  erfolgreich  bort  toirfte.  3n  öergamo  ergriff 
ber  Sifd&of  Stypomano  f$on  1527  unb  1533  SWafjregeln  gegen  bie  Äefcer  (bgL  3Ä®  I, 

io©.  624 f.);  1537  tourbe  ein  #auj)tbertreter  ber  lutyerifcfcen  2e$re,  ©iorgi  be'  SSabaffori 
eingeferfert,  enttoiefc  aber.  ®er  1547  ernannte  S3ifc$of  ©orango  !am  felber  in  93erba#t 
unb  fam  in  heftigem  äufammenftofj  mit  bem  „Frä  Michele  delT  Inquisizione",  nam* 
liety  ©fytSlieri,  foäter  Sßa^ft  $iuS  V.  9foS  ber  SRctye  bon  Sergamo  ftammt  aua)  ©iro* 
lamo  >$ar\d)i  (geb.  1516  in  Stljano),  feit  1552  $rofeffor  ber  Geologie  in  Strasburg, 

16  einer  ber  fyerborragenbften  Geologen  beS  16.  Sa^unbertt,  toelcper  1590  in  9taiftabt 
a.  b.  fiaarbt  ftarb  (f.  b.  91.).  SJreijeljn  93ergamaSfen  finben  toir  $hrifc$en  1551  unb  1587  als 
3Rttgueber  ber  ©enfer  glüc^tlingSgemeinbe.  „Sutyeraner"  auSStcenja  begegnen  mc$t  feiten 
in  ben  IgnquifttionSaften ;  baS  eble  @ef$le$t  ber  3$ene  [teilte  beren  gtoei,  bie  ©tafen 
©iulio  unb  Dboarbo;    um  1550  toaren  jtoei  Sßriefter   als  Äe^er  in  Unterfu$ung  —  in 

ao  ©enf  fugten  jtoif$en  1554  unb  1589  me&r  als  bierjtg  SBicentmer,  too^l  meiji  auS  xtlu 
ligiöfen  ©rünben,  eine  3^"^*-  dagegen  fmb  bie  fog.  „Sicentinijtöen  ßollegia",  b.  $. 
angebliche  Sefprecfyungen  fojinianifcfy  unb  antttrinttarifcy  gerichteter  Italiener,  toel$e  1546 
bort  ftattgefunben  baben  fouen,  fetyon  bon^rec^fel  (äntitrinitarier  I,  391  ff.)  als  berÄritif 
nicfyt  ftanbljaltenb  ertannt  toorben  (bgl.  baju  m.  „2Biebertäufer  im  Senetiantfd^en"  Zb@tö 

25  1885).  3)ie  ©tabt  mit  ber  $o$f$ule,  nämlicfc  <ßabua,  &aben  totr  bereits  als  fruchtbaren 
Soben  für  bie  S3etoegung  fennen  gelernt  <Saracciolo  nennt  fte  im  „Compendium  In- 
quisitorum"  baS  „Äefcerneft") ;  19  $erfonen  bon  bort  ftnb  in  bie  ©enfer  ^lüd&tiingS* 
gemeinbe  eingetreten.  3)aS  größte  2luffetyen  machte  baS  ©ctyicffal  beS  in  fßabua  [tubieren= 
ben  $omponto  Sllgert  aus  -Kola,  ber  übrigens  nac$  $antaleon  (t>g(.  Hist.  Rerum 

so  in  Eccl.  gestarum  II,  f.  329  sq.)  bie  ebangelifd&en  3lnf$auungen,  toelc^e  t^n  fc^Iie^Iic^ 
auf  ben  ©Weiterlaufen  führen  foQten,  bereits  aus  ber  §etmat  mitgebracht.  ^Jmttaleon 
brudft  ben  i^m  burd^  ßunone  übermittelten  ©rief  beS  Stlgeri  öom  21.  3ufi  1555,  ber 
fein  ©laubenSbelenntniS  enthält,  ab.  Über  bie  beutfd^en  ©tubenten  in  $abua  unb  baS 
SSer^alten  ber  Sn^wif^on  gu  tynen  §at  $rof.  S5rugi  in  ben  Atti  del  R  Instituto  Ven. 

86  LH  ser.  VII  ßuni  1894)  gefyanbelt.  9Jatürlic^  loaren  um  bie  ÜRttte  beS  3<i^$unbert3, 
too  juerft  bie  ßonfeffton  berfelben  ©egenftanb  amtliAer  Beobachtung  ift,  rtele  ^Sroteftanten 
unter  i^nen ;  man  tonnte  baS  ni$t  fyinbern  unb  h>ollte  junöd^ft  nic$t  barüber  ^utauSge^en, 
ba|  fte  toenigftenS  „fatfyolifcfy  leben"  fodten  unb  bafe  bei  ettoaiger  Promotion  ein  Se^ 
lenntniS  ber  3«g^örigfeit  jum  fat^olifd&en  ©lauben  abgelegt  toer*e.    Igugenblic^er  Über* 

4omut  machte  [\<fy  injtoifd^en  aueb  gegen  fa$o!if$eS  äBefen  geltenb;  meift  blieb  eS  bei  ge» 
legentlic^er  SScrma^nuna  ober  SRepreffion  bon  feiten  beSSifcbofS.  Stber  awä)  emfteregäue 
famen  bor:  am  23.  War}  1571  liefe  bie  ^nquifttion  ben  SRagifter  Saltbafar  SEBe^bacfer 
aus  ©teiermarf  toer^aften ;  Deputationen  ber  ©tubentenfe^aft  bis  an  ben  SDogen  unb  SJcr- 
toenbung  beS  ß^erjogS  Äarl  bon  Öfterreicb  Ralfen  nic^t  —  an  £ilfe  berjtoetfdnb  fd^toor 

46  SBe^bacfer  feinen  ©lauben  ab,  erhielt  aber  tue  ^rei^eit  nic^t  toieber,  e^e  ein  auSbrücflid^r 
®rla^  $iuS  V.  bieS  gemattete. 

93on  $abua  in  nörblicfyer  bejto.  norboftlic^er  Stiftung  toeiter  baS  dominium  über« 
bltcfenb,  haftet  baS  ®ebä$tniS  reformatorifc^er  S3etoegungen  nod^  an  mehreren  Statten : 
junäc^ft  an  3:rebifof  too  fc^on  „Srüber"  ftc^  mitailtieri  bereinigen;  ou$  anbere  Orte  ber 

60  Irebifaner  ÜRarf  tote  ©preftano,  ßrefpiano,  ßonegliano  unb  ©errabatte  begegnen  in  ben 
benejianifd^en  5ßrojeffen,  toie  fte  unb  biele  auety  anbere  auf  ber  2ifie  ©^erlanbiS  figurierten. 
S)ann  bon  ben  ©täbten:  Settuno,  toelc^eS  einen  SHärtyrer  auftoeip  mit  tarnen  ©iulio 
SRarefto,  ber  in  $abua  ftubiert  unb  promoviert  fyatti  unb  in  Seiluno  als  ©uarbian  beS 
grangiSfanerflofterS  lebte.    3^n  benunjterte  ein  DrbenSgenojfe  unb  früherer  greunb,  Do* 

66  menico  ^ortunato.  Der  ^rojefe  tourbe  in  Bologna  geführt,  unb  auf  eine  Sietraftatton  bin 
fer/iefte  man  ^Rarefto  na^  $okn,  too  er  in  93erür/nmg  mit  SiSmantn,  bem  reformfreunb^ 
liefen  Seic^tbater  ber  Königin  Sona  ©forja  fam.  ®tn  bon  biefetn  angeratener  Xufentbalt 
in  ber  ©c$toei&  ftürjte  9J?arefto  in  neue  Ungetoijfteiten  —  aber  1560  noc$  fd^cribt  er, 
naa)  firafau  ins  fflofter  jurücfgefe^rt,  an  einen  feiner  Oberen:  „3$  $abe  mic^  tarieber  ju 

go  ©ott  getoanbt  unb  lebe  fatyolifö"   (bgl.  6antü,  Eretici  III,  168).    SBtr  toerben  tbn 


Italien,  reformatorifdje  ©etoegnuge«  535 

nad&  befmitiber  äbtoenbung  bom  fatfyolifd^en  2ßefen  bor  bem  römifctyen  ©erid&te  toieber* 
finben.  —  8ud&  in  bie  alte  SWarfgraffcpaft  griaul  toaren  bie  neuen  fiefyren  gebrungen. 
Antonio  SattifteHa  fyat  in  „II  Sant'  Offizio  e  la  riforma  religiosa  nel  Friuli" 
(Ubtne  1895)  Rötere«  gegeben  auf  ©runb  eine«  nic^t  Weniger  al«  eintauf  enb  SProjeffe 
jtotfcfcen  1551  unb  1647  umfaffenben  Regeftenbanbe«  ber  Stabtbibliotfje!  in  Ubine  (No-  6 
vu8  über  caasarum  S.  officii  Aquilej).  33et  ber  ftrengen  ®urc§füfyrung  ber  !gnqui* 
jition  burd&  ben  SBtfor  2Raracco,  „ber  feinen  Untergebenen  2lrgu«augen  toünfd&te,  tourbe 
iene  grofee  3^1  erreicht:  ^riefter,  Strjte,  3urtßen,  Notare,  ©Treiber,  Sefyrer,  §anbtoerfer, 
Krämer,  ganbleute,  grauen  ber  unteren  ©tänbe  —  bon  aßen  ©eiten  toerben  fte  fyeran* 
geholt,  toofyin  irgenb  SSerbac^t  ober  Denunziation  toeift.  Gibibale,  ©enora,  ©pilimbergo,  10 
$orbenone  liefern  bie  Ignfufyaten.  äuefy  ein  2lu«länber,  2lmbrogio  Gaftenario  au«  Gurebta, 
tourbe  gegen  Gnbe  ber  60er  ga^re  jum  SKärtyrer.  Unb  noefy  toeiter  gegen  Dften,  auf 
ber  anberen  Seite  be«  Rorbjtyfel«  be«  abriatifd?en  2Jteere«,  ber  §albinfel  Sftrien,  bie  ba* 
mal«  jum  Dominium  ber  Republif  gehörte  unb  in  lebhaftstem  33er!etyr  mit  3Senebig  ftanb, 
toar  bie  reformatorifcfye  Scbrc  Verbreitet.  3)er  Sifcfyof  Sßier  5ßaolo  3Sergerio  bleibt  ba  ftet«  16 
bie  ^auptyerfon,  aber  audp  fein  Sruber  2lurelio,  ebenfall«  8t[cfy>f,  unb  mehrere  anbere 
Stttglieber  feiner  ^amilie  traten  über;  ein  Stoffe  namen«  Slurelio  ift  ergriffen  toorben  unb 
tyd  abgefc&tooren  m  Gapobiftria,  ber  einftigen  Refiben$  be«  D^eim«  am  16.  ÜRai  1559. 
Son  Gapobiftria  berbreitete  ftd^  bie  Setoegung  naety  Sßirano  unb  $o!a,  über  bie  ^nfeln 
be«  Duamero  unb  tiefer  nad)  ©üben  an  ber  balmatinifcfyen  Äüfte  entlang,  ja  bie  bene«  ao 
tianif<$en  $errf$aften  auf  Gorfü,  Greta  unb  Gtypern  blieben  nicfyt  frei,  ©inen  glänjenben 
Renner  unb  2e$rer  ber  grie$if$en  Spraye  unb  Sitteratur,  toelctyer  auf  Greta  geboren 
toar,  granceSco  5ßorto,  bielfacfy  in  Den  3>nquifttion«aften  ber  3«*  begegnenb,  fmben  toir 
1559  im  fixeren  #afen  in  ©enf,  ba«  fo  bielen  föliefjltc^  eine  3uf^9*  geboten  &at.  — 

2to$  ber  relatiben  ©elbftftänbigleit  ber  Setoegung  im  SSenetianifdpen  fyaben  toir  eine  36 
anbere  ©tobt  ber  Jpalbinfel,  unb  ^toar  Reapel,  al«  ben  eigentlichen  inneren  2Rittet  unb 
(EuityeitSjmnft  ber  Reformation«berfu$e  in  Italien  bejetcfynet.  Damit  ftimmen  bie  toenigen 
unter  ben  jeitgenöfftfd&en  ©egnern  ber  Sieformation,  toelcfye  ifyren  ©efefciefen  auf.ber^alb* 
tnfel  im  3ufammen^ange  nac^gefyen,  ).  93.  ber  S3iograj>ty  Sßaul«  IV.,  Garaeäolo  (Vita  di 
Paolo  IV.,  9D?ffr.  im  British  Museum  unb  anberStoo)  überein,   tnbem  fie  gan*  richtig  so 
fcftm$eben,  bafe  bo$  feine  anbere  ©tätte  al«  Reapel  ba«   eigentliche  „Reft  ber  flefeerei" 
getoefen  fei,  bon  too  au«  fte  fiety  burety  bie  ©d^üler  eine«  fe^eriföen  Se^rer«  im  ganxen  Sanbe 
Verbreitet  ^abe.    2Benn  toir  nun  al«  begeifterte   unb   überjeugung«treue  ©d^üler  biefe« 
TOeifler«,  be«  Suan  be  3Salb6«  (f.  b.  31.)  einen  $ietro  3Kartire  aSermigli  (f.  b.  St.),  einen 
Sentarbino  D$tno  (f.  b.  21.),  einen  $tetro  Garnefecc^i,  SJtarcantonio  glaminio  unb  Sene^  85 
betto  bon  9Rantua,  ben  Serfaffer  be«  „Benefizio  die  Gesü  Cristo  croeifisso",  nennen,  an 
bie  fic^  noc$  eine  Sln^l  ^erborragenber  aber  nid^t  toett^in  toirffamer  5Blänner  —  barunter 
ein  Storno  ©aleota,   ©iob.  grance«co  b'Sllbi«  bon  Gaferta,  Sernarbino  ©argano   bon 
SCberfa,  ber  SWarc^efe  bon  SStuafranca,  bann  ©iobanni  Sujio  (irrtümlich  9Roßto  genannt), 
$mn)>eo  be*  SWonti,  ®onato  SRuIlo,  ©aleajjo  Garacciolo  unb  biele  anbere  —  anföliefien,  fo  40 
Globen  toir  bamit  biejenigen  bejeic^net,  toeld^e  bie  eigentlichen  Iräger  ber  SReformatton  in 
ßan)  ^tollen,  jum  ieil  and)  in  bem  Serctc^c  SSenebig«,  getoefen   ftnb.    SDafe  ber  bon 
i^nen  bertretene  t^eologifd^e  9lu«gang«puntt  ein  einheitlicher  toar,  berbanlen  biefe  SRänner 
bem  gmpulfe,  toeld&en  93alb^«  auf  fte  geübt  fyat.    Unb  bie  Gin^eitlic^feit  feiner  toie  auc^ 
i^rer  reformatorifd^en  Slnfc^auungen  liegt  toteberum  in  ber  centralen  ©tettung   befc^loffen,  45 
toelc^e   bie  Se^re  bon  Rechtfertigung  burd^  ben  ©lauben  auein  burety  i^n   erhalten   pat. 
5Demt  bon  ^ier  au«  getoann  bie  gan^e  praltifc^e  Setbätigung   i^ren  Unterbau,   ^ier  liegt 
ber  Regulator  be«  neuen  religiöfen  £tbzn$  bor.    $aoei  mochte  e«  fc^einen,  baf)  bon  ^ier 
au«  eine  in  ben  ©renjen  be«  tat^olifc^en  Jttrc^entum«  fic^  ^altenbe  Reform  möglich  toäre 
—  Salb^«  felbfi  ^>at  bie  fielen  unb  Ginrid^tungen  ber  latfyolifcfyen  Ätrd^e  btreft  nic|t  an«  so 
gegriffen,  $at  auc^  nie  33eläftigung  burc^>  ürc^lic^e  9luffic^t«organe  erfahren. 

©o  toirb  man  benn  ben  Slicf  auf  feine  im  praftijcben  firctylictyen  SBirlen  fte^enben 
©c^üler  rieten  muffen,  toenn  man  erfahren  möchte,  toa«  bie  Vertreter  ber  Reformation 
in  Italien  tooQen  unb  auf  toeld^em  ffiege  fte  borge^en.  ^ebenfaQ«  gehören  )u  ben  left^ 
teren  biejenigen  frommen  ftleriter  unb  Säten  ni$t,  toelc^e  bon  manchen  frü^er^in  too$I  65 
an  We  ©J)i^e  aller  SBerfuctyc  ftrd^lid^er  Serbefferung  gefteÜt  tourben:  bie  Heine  ©c^ar  berer, 
toeMfc  )u  2eo«  X.  3eit  in  Rom  ba«  „Oratorium  ber  göttlichen  Siebe"  grünbeten.  2)a« 
fwto  natürlich  teine  Schüler  be«  SSalb^«,  ftnb  auc§  leine  Reformatoren,  bie  eine  neue  re* 
ligiöfe  ©runblage  legen  toollen,  fonbern  fte  tooQen  in  betouftter  älble^r  bon  ber  unfir$* 
liqen  Strömung  jener  3eit  bie  befte^enben  formen  burc^  i^r  eigene«  Seiftriel  toieber  ju  go 


536  Stalten,  reforraatorifäe  ©etoegttitge« 

ßfyren  bringen  unb  benfen  ntd&t  baran,  Äritif  an  jenen  ju  üben  ober  gar  Säuberungen 
fyerbeintfütyren.  Grft  ein  ^a^elpit  ettoa  nacfy  bem  furd&tbaren  @eri$te,  toelttye«  1527 
über  $tom  erging,  treten  an  berfdjiebenen  ©teilen  in  $tai\tn  9teformberfu$e  gu  Üage. 
ÜBenn  aud&  9SaIb4«  felbft  bie  Äonfequenjen   bejüplid^  be«  Ätrd&entum«  fetner  $eit  nu$t 

6  jie^t,  toenn  er  „bie  2Jienf$en  reformieren  toitt,  mc$t  bie  Äird&e"  —  toer  toitt  eine  not* 
toenbige,  in  ber  ©ac^e  felbft  begrünbete  Folgerung  unterbinben?  lommt  fte  nid&t  bei  tym 
jur  2lu«toirfung,  fo  bei  feinen  @eftnnung«genoffen,  feinen  Schülern.  Unb  Vertreter  ber 
3ntereffen  ber  römtföen  Sirene  in  SReapel,  3#eatiner,  tyaben  fd&on  in  bem  erften  §afyct 
ber  2Birffamfett  be«  35alb6«  eine  förmliche  pribate  Überwachung  eingerichtet.    Star!  V., 

10  bon  SEuni«  ftegretcfc  aurüdffefyrenb,  toar  bamal«  gerabe  in  Siegel:  unter  bem  4.  gebruar 
1536  erlief  er  ein  Gbift,  baft  niemanb  mit  Äefcern  ober  93erbac$tigen  umgeben  bürfe 
unter  ©träfe  an  @ut  unb  33utt,  unb  bei  ber  äbretfe  empfahl  er  bem  aSijdönig  befonbere 
äufmerffamleit  naefc  biefer  ©eite  fytn.  ÜRacfcbem  ber  Äaifer  Neapel  toerlaffen,  lief  eine  $e* 
numtatton  bei  bem  SSijelönig  ein  gegen  ben  beliebtesten  gaftenprebiger,  ben   toom  ftaifer 

15  felbft  mit  Setfatt  gehörten  33ernarbinoD$tno  (f.  b.  31.).  ®iefer  bilbete,  fo  lange 
ifym  fein  2lmt  ben  Aufenthalt  in  9teaj>el  geftattete,  eine«  ber  tyertoorragenbften  ©lieber  be« 
um  Salbä«  fid^  öerfammelnben  Äreife«;  1536,  1539,  julefct  1541  jutben  hrir  \fyx  bort, 
h>o  tym  im  (enteren  %atyct  au$  bie  ÜBtirbe  be«  ©eneralate«  im  Orben  )u  teil  tourbe. 
2Bie   großen  Gmflufc  kalbte  auf  feine   t^eologifc^en  änfcfcauungen  gehabt,  geigen  feine 

20  ©Triften,  ftreilicfy  fyat  er  fu$,  bor  bie  entfd&etbenbe  $rage  gefteÜt,  ob  man  äufterli$  bem 
fatfyolifctyen  ßird&entoefen  no$  angehören  bürfe,  beffen  toefenÖid&e  Selpn  unb  Gtnrittytungen 
man  negiert,  balb  anber«  gefteßt  al«  berSMeifter,  bem  biefe  grage  in  ibrer  3toeifc^neibig* 
feit  faum  entgegengetreten  ift:  er  F?at  SBaterlanb,  ^reunbe,  Gfyren,  alle«  toerlaffen,  um 
feinem  ©lauben  leben  ju  fönnen.    SReben  Dd&tno  bitbete  $ietro  SRartire  SBertnigli 

25  (f.  b.  21.)  ba«  tyeologtfd&  unb  fird&li$  fyertoorragenbfte  ©Heb  be«  Äreife«.  Gin  gfloren* 
tiner  au«  eblem  ©efcfylecjjte,  1500  geboren,  fett  1516  im  Drben  ber  ätuguftiner^or^erren, 
betrieb  er  afabemtfcfye  ©tubten  in  SJJabua,  tourbe  mit  !aum  30  Sauren  „^Reformator"  be« 
Drben«,  in  bem  er  burety  umfaffenbe  tfyeologiföe  S3ilbung  fyertoorragte,  unb  toirfte  in  5Reaj>eI 
al«  ^Jrior  be«  großen  Älofter«  ©an  $tetro  ab  2lram.    Slucfc  auf  tyn    getoann  £alb& 

so  entfd^eibenben  Gtnflufe.  3)te  2Btrffam!ett  SSermiglte  in  Succa,  toeld^e  ftety  unmittelbar  an 
bie  in  Neapel  anfc^Iog,  !ann  al«  eine  reformatoriföe  im  proteftantifd^en  ©inne  begegnet 
toerben;  ba|  er  bort  Gelfo  SRar^inengfyi  au«  Sre^cia  für  gleite  9lnf$auungen  getoamt, 
lourbe  ertoäbnt.  Über  ben  ©eift,  in  toelc^em  SBermigli  toirfte,  aiebt  feine  „Semplice 
dichiarazione  sopra  i  dodici  articoli   della  Fede  cristiana  ,   äu^funft,   toelcfye  er 

36  für  feine  Schüler  unb  ©laubenägenoffen  in  Succa  nieberfc^eb,  furj  nat^bem  er,  um  ber 

^nqutfttton  }u  entgegen,  1542  glei^etttg  mit  Dd^ino  fein  SSaterlanb  fytitt  berlaffen  muffen. 

Slud^  anbere  SRänner,  toeld^e  tn  ber  ®eföt$te  ber  Sieformation   in  Stalten  eine 

©teile  einnehmen,  fanben  fxd)  m  bem  Greife  um  SSalb^  gufammen.    3Rarcantonio 

g (am  i n  i o  au« %mola  (togl.  ©c^el^orn,  Amoenit.  hist.  eccl.  II ;  M'Crie,  History . .  1856, 

40  ©.  103  ff.),  ein  toeid&e«,  fromme«,  poetifc^e«  ©emüt,  lebte  in  SReapel  bon  1538—1541.  90« 
feiner  ©tiltft  anerfannt,  gab  er  bem  bie  ©ebanfen  be«  SBalbä«  au«fpred^enben,  bem 
Ärctfe  be«felben  im  Weiteren  ©inne  entfrroffenen  Süd^Ieht  „S8on  ber  SBo^It^at  ßbrifki" 
feine  flafftfd^e  ^orm  (bg(.  ü.  ba«f.  unten),  glaminio  ift  ber  Vertreter  einer  ganzen  Klaffe, 
ja  ber  gro|en  5Ke^rja|l   fetner  gebilbeten,  religio«  intereffierten  Sanb«leute,   toelc^e  bie 

45  -ftottoenbigfeit  grünbltc^er  Reformen  be«  ßird&entoefen«  loo^I  einfe^en,  aber  burc^  taufenb 
^äben  aud^  jperfönltd^er  Sejie^ungen  ftd^  afyalttn  laffen,  öffenüi^  eine  Hare  unb  ent= 
fc^iebene  ©teuung  ju  nehmen  (über  f.  Srief  betr.  bie  2ran«fubftantiation  f.  m.  3ulta  ®on* 
jaga  [§aße  1900]  ©.  121, 21. 25).  SWefaerc  3KttgIieber  be«  5Rea^eler  Äreife«  [vrib  f»)äter  bur$ 
bie  ^nqutfttton  baju  gebrängt  toorben  unb  ^aben  mit  bem  $obe  i^re  eban^elifd^en  lieber» 

60 Beugungen  gebüßt,  ©o  ber  ^äpftltd^e  ^ßrotonotar  Sßietro  ßarnefecc^t  au«  ^brenj. 
2lm  ©ei^nacbt«borabenb  1508  geboren  al«  ©o^n  eine«  angefe&enen  Kaufmann«,  ftanb  er 
in  freunbf$aftli$en  Seiic^ungcn  jur  ^amilie  ber  3Rebici,  bon  benen  ©iobanni  al«  fßapß 
Giemen«  VII.  i^n  ju  jjober  ©teile  erhoben  j^at.  3n  *>tm  ^aufe  feine«  Obeim«  mütter= 
lic^erfett«,  be«  Aarbtnal«  Sernarbo  2)otn^i  in  SRom  erlogen,  eignete  ber   begabte  3üng* 

56  ling  ftc^  bie  bumantftifd^e  Stlbung  ber  3*\t  an.  3>n  bem  unglüdlic^en  %afyct  be«  ©aeco 
bi  Stoma,  1527,  flüchtete  ßarnefecc^i  in  bie  Saterftabt,  teerte  aber  batb  na^  Slom  gurittf 
unb  erftteg  nun  auffattenb  frütye  bie  Stufenleiter  firdj>Iic^er  Ämter.  @rfl  Siotar,  baim 
s^rotonotar  bei  ber  Äurie,  lourbe  er  1533  fogar  erfter  ©efretär  be«  ^Ja^fke«  unb  reiefr 
au«geftattet  mit  ^frünben,  barunter  bie  Slbtei  bon  ©.  SWaria  in  ©abetto  in  ber  ©iöcefe 

co  Slbria  unb  bie  bon  ©.  $iero  in  @bo!i.    Xaö  9lmt  be«  ©efretär«  toar  eine«  ber  f^toierigßen 


Italien,  reformntorifdjc  Sctocflungcn  537 

in  bcr  jKtyftlid&cn  Sertoaltung ;:  in  ben  ga^ren  1533  unb  34  l;at  ßarnefccd^i  bic  Stör« 
rcfoonbenj  mit  ben  SRuntien  führen  muffen,  j.  S.  mit  bem  naefy  ®eutfcfylanb  gefanbten 
$ier  $aoIo  Sergerio  (bgl.  9luntiaturberic$te  tyer.  b.  $rieben«burg  I,  1,  ©otya  1892). 
Unb  barüber  ^inau«  lag  no$  bie  Seranttoortung  für  bie  $orm  alle«  beffen,  toa«  bie 
Ranglet  berliefi,  auf  tym  unb  bamal«  ein  großer  Seil  jener  labierenben  *ßolittf,  toclctye  6 
bei  mangelnben  Machtmitteln  bem  ^apfttum  be«  16.  3>a^r^unfeCTtö  aß^n  übrig  geblieben 
toar.  Sei  ber  3ufammenfunft  m^  %wnh  !•  in  ÜRarfeiße,  bic  toieber  eine  antifaiferlidje 
©d&toenfung  be«  Sßapftc«  bebeutete,  toar  Garnefeccfyi  jugegen  —  fyier  getoann  er  auc§  bie 
©unft  ßaterina«  be  SWebici  unb  einflufereid&cr  ^erfönlicfyfeiten  bom  franaöftfcfyen  §ofc, 
bcr  tym  ftKtterbin,  afe  bie  2Bogen  religtöfer  Verfolgung  jenfeit«  bcr  Silben  fyöfyer  gingen,  10 
Iänacre  3uPU(yt  fi«toätyrt  M-  Garnefeccfyi  fannte  Salbä«  fäon  feit  beffen  erftem  9tuf* 
entgalt  in  9tom  —  „aber  al«  Ideologen",  fagt  er  in  einem  ber  Serfyöre,  benen  bie  3jn* 

Snifttton  tyn  unterwarf,  „\)cbt  i$  ifyn  erft  in  Neapel  fennen  gelernt.  2lu«  unferer 
eif$K$en  ftreunbföaft  tourbe  ba  eine  getftlic^c,  fofern  fein  ganje«  Dichten  unb  Sractyten 
in  bem  ctyrifMid&en  Seben  unb  bem  ©tubium  ber  ffl  ©cfyrift  aufging.  28a«  mic^  aber  iö 
m  tym  ^injog  unb  ifym  mein  game«  Vertrauen  getoann,  toar  ber  Umftanb,  bajj  Sernarbino 
D$mo,  todetyer  bamal«  unter  allgemeiner  Setounberung  in  9teapcl  prebigte,  tyn  in  fo 
fafjcm  ©rabe  fctyiftte"  (bgl.  m.  Senarb.  Dc^ino,  2.  2lufl.  1892,  ©.  62).  ©afe  Garnefeccfci 
in  ^önß^e  Schiebungen  ju  Salbä«  trat,  berbanfte  er  ber  fc$on  genannten  3 ulia  @on* 
jaga,  mit  ber  toir  Salbä«  feit  ©epiember  1535,  too  er  fie  in  gonbi  befugte  (bgl.  m.  20 
gulia  ©onjaga,  ©.41  unb  ©.113,31.6—7)  unb  befonber«  feit  ;Julia«  Überftebelung  nai) 
5Rea}>el#  toeld&e  im  ®ejember  1535  erfolgte,  in  engen  Sejietyungen  fefyen.  ^nlia,  eine 
©onjaga  au«  ber  2Jiantuaner  Nebenlinie,  bon  feiten  tyrer  Urgroßmutter  Sarbara  §ofyen= 
joHernfctyem  ©efc$lec$te  entfproffen,  toar  1513  geboren  unb  no$  al«  fyalbc«  Äinb  bem 
Sefjxiftano  Golonna  berlobt  unb  angetraut;  bann  -im  15.  2eben«ja^re  fetyon  bertoittoet  25 
lebte  fie  mit  tyrer  gleichaltrigen  Stieftochter  gfabeßa  (Solonna  auf  ben  colonnefiföcn 
Seftyungen  in  $attiano,  bann  ftonbi  bejto.  gtri,  fafy  ftety  aber  naety  einem  in  ba«  %ai)t 
1534  fattenben  Slaubberfuc^e  be«  ßorfaren  ß^airebbin  Sarbar  off  a,  ber  auc^  tyrer  5ßerfon 
galt,  jur  Überftebelung  nac$  9lecn>el  öeranlafet,  too  fte,  feit  1537  im  Älofter  ©an  grance&o 
too^npaft,  fid^  ber  @r)ie^ung  tyreä  Steffen  Sefpafiano  toibmete.  Süenn  ^ulia  fu^  gänjlid^  so 
ber  ©eelenfü^rung  be^  Salb^  Eingab,  fo  bafe  nac^  beffen  1541  eingetretenem  lobe  eine 
Stttoria  ßolonna  i^r  bon  Siterbo  au«  ben  SÖunfc^  auäbrüdfte :  . .  „toenn  i$  ©elegen^eit 
fäH,  J>erfönlic^  ^fyxm  na^e  m  fein  unb  erft  im  toatyren  ©inne  ba«  ju  lernen,  toaä  ©Ott 
burc|f  au^gneic^nete  2Jtittel"  (b.  9.  burc^  ben  Umgang  mit  S3alb63  unb  beffen  ©efinnung^ 
aenoffen)  „w/nm  mitgeteilt  ^at"  (bgl.  m.  3julta  ©onjaga,  ©.116,  91.23)  —  fo  ^atss 
yulia  ba3  SBermäc^tntö  be«  üReifter«  treu  betoal)rt,  unb  ^at  für  bie  späteren  %at)rt  i^re« 
Seben«  toieber  in  bem  Planne,  ben  einjigen  Sertrauten,  auf  gleichem  religiöfen  Soben 
jkfcnb,  gefunben,  ben  fte  feinerjeit  in  bie  perfönlic^en  Sejie^ungen  gu  Salbää  eingeführt 
^atte  —  in  Sßietro  ßarnefeed^i. 

9u|er  ^ulia  ©onjaga  finb  auc$  anbere  eble  grauen  bur$  Salbö«  beeinflußt  toorben :  40 
bem  Äreife  tn  Slea^el  gehörte  %ul\a$  ©c^toägerin  (Eoftanja  b'äbalo«  an,  fotoie  ^fabella 
KanrUjuesSrifegna,  bie  ftiäter  über  bie  3llpen  xog,   um  bort  tyrem  ©lauben   ju  leben. 
3£r  toibmete  Gurione  bie   erfte  2lu«gabe  t>on  Dlimpia  5Blorata«  ©Triften,  Ddpino  fein 
fflert  über  bie  ©egentoart  g^rifti  im  2lbenbma^le  (f.  m.  Dc^ino,  2.  Slufl.  ©.  322,  n.41). 
fRcfer  no<^  aö  fie  ragt  ^erbor  Sittoria  ßolonna,  toeld^e  auc^  bon  ber  Salb&fcfyen  Se^re  45 
fiar!  berührt  toar,  aber  in  bem  älugcnblicf  jurücf  trat,    afe  fte  getoa^r  tourbe,   bafe   bie 
idmtf^e  Ätrd^e  jene  unb  ifyre  Äonfequenjen  t>on  ft<$  ftiefe  (t>gl.  ben  91.  Dc^ino).    9lid^t  in 
birefter  Sqte^ung  gu  Salb^,   aber  in  engen  Schiebungen  ju  Dc^ino  unb  be^alb  feätcr 
berte^ert  futben  toir  ßatarina  Gibö,  bie^er^ogin  bon  Gamerino,  ber  jener  fcfyon  1539  in 
ben  „Seite  dialoghi"  (1,  2,  4  u.  7  im  Testamen to)  ganj  ebangelifc^c  ©ebanlen  Ici^t.  eo 
3Me  biefe  grauen  aber  tourben  an  illar^cit   unb  ©ic^erbeit   ebangelifd^en  ©lauben«  Don 
ba  an  ber  ßerjogin  SRenata  *>on  gerrara«  (f.  b.  21.)  §ofc  lebenben  Dlimpia  gulma  3)iorata 
(f.  b.  ».)  übertroffen. 

3)te  erften  ©daläge  ber  SReaftion  nac^>  bcr  ©rünbung  bc«  ©ant'  Uffijio  in  9tom 
1542  Ratten  nur  einzelne  getroffen,  freiließ  bie  gü^rer.  ßinc  umfaffenbe  SQ3irfjam!eit  ^at  56 
erp  3ultu«  III.,  bann  befonber«  $aul  IV.,  bon  1555-1559  «ßaj)ft,  feinem  2iebling& 
inftttute  eröffnet  %&t  tourbe  auefy  Gamcfccd^i  borgelabcn.  Gr  fyattc,  toie  crtoäbnt,  ftc^ 
jahrelang  allen  9?ad$eHungm  burc^  einen  9lufcnt^alt  am  franjöftfc^cn  $ofe  entjogen. 
Seit  1562  finben  toir  i^n  toieber  in  Scncbig  al«  geheimen  ^iroteftanten,  ber  mit  folgen 
allerorten  in  Serbinbung  ftc^t.   Der  burd)  ©iacomo  SRanjoni  veröffentlichte  9lu«)ug  au«  w 


538  Italien,  reformatortfdje  ©etoegungett 

feinem  Iefeten  Sßrojeffe  (Miscellanea  di  Storia  Ital.  T.  X,,  £urin  1870)  jeigt  ifyn  feit 
1555  toieoer  mit  $ulia  ©on^aga  in  SBerbinbung,  imb  bie  bort  mitgeteilten  jtoif<$en  biefen 
beiben  getoecfyfelten  ©riefe  bilben  befonber«  in  ben  Qafyxtn  1557—1560  eine  faft  ununter* 
brod^ene  Äette  (bgl.  m.  %\A\a  ©onaaga  ©.  88).    SBenn  @arnefecd&i  jtd&  junäc&ft  nod)  fu$er 

6  glaubte  im  ©ebiet  ber  Kepublit  SSenebig,  ja  toenn  er,  1557  fd&on  jum  jtoeitemnale  bor 
ba«  Tribunal  naefy  9tom  citiert,  fiefy  toeigerte  ju  erfd&einen,  unb  barauf  in  contumaciam 
unter  bem  6.  Slpril  1558  verurteilt  tourbe  —  fo  fyat  er  bod&  nad&  bem  im  Sunt  1559 
erfolgten  $obe  be«  ftrengen  Sßaul«  IV.,  lt>o  bei  einem  Slufrufyr  gegen  bie  gjnquifttion 
auä)  bie  t^n  belaftenben  SDotumente  bernietytet   toorben   toaren,   bie  günfttge  (Gelegenheit 

10  benufct,  um  fic^  öon  bem  SSerbilte  be«  ©ant'  Ufftjto  frei  gu  machen  bejto.  ba«felbe  auf* 
fyeben  $u  laffen.  3U  *>cm  3*°^  *e&te  cr  fc**  Sf*™0*  1560  m  S^om;  nod)  1563  ftnb 
©riefe  bon  tym  an  gulia  bon  bort  au«  gefd&rieben.  gretli<$,  toenn  Sarnefec^i  auf  bie 
Äunbe  bon  jenem  3lufrul?r  befriebigt  fd&rieb:  „bie  3nflui^°«  if*  be«jenigen  Stobe«  ge* 
ftorben,  ben  fte  fo  oft  anbern  zugefügt  fyat,  nämlicfy   be«  gfeuertobe«"  (Estr.  del  Proc 

16  di  P.  Carn.)  —  fo  follte  fi$  bafb  jeigen,  bafj  ber  neue  5ßapft,  Sßiu«  IV.,  in  biefer  grage 
nid&t  geneigt  toar,  milbere  ©aiten  aufzugießen,  ba  er  ben  erbarmung«lofeften  Äefeerfeinb 
3Kid^aele  @fyi«lieri  an  bie  ©pifte  ber  Sittton  [teilte  unb  mit  unbefd&ränfter  SBoBmac^t  berfaß. 
Unb  al«  nun  Sßiu«  IV.  im  iejember  1565  ftarb,  ba  richtete  |icß  bie  2Ba$l  auf  eben 
jenen,  ber  fofort  bie  SRefcifton  bieler  Sßrojeffe,   auc$  be«  gegen  Garnefecc&i  einp  geführten, 

ao  anorbnete.  3*$*  tourbe  and)  befohlen,  einen  folgen  gegen  3ulia  ©onjaga  einzuleiten  — 
nur  ber  2ob  (im  2lpril  1566)  \)at  fte  bor  beffen  Qualen  gerettet  81$  $tu«  V.  fu$ 
6infi(ßt  in  tyrem  Srieftoec^fel  mit  Garnefecd&i  berföafft  tyatte,  nef  er  au« :  „$ätte  xd)  rec^t* 
aeitig  ©inblicf  in  benfelben  befommen,  fo  toürbe  xd)  fte  tyaben  lebenbig  berbrennen  laffen  \u 
Üöa«  mit  ißr  nicfyt  mefyr  gefcfye^en  tonnte,  ba«  blieb  tyrem  f^reunbe  aufbetoafyrt    S)iefer 

25  toar,  nacfybem  er  and)  nod)  einmal  3julia  bei  einem  Sefud&e  feiner  SCbtei  Sbnli  ge* 
feßen  fyatte,  nad)  33enebig  $urücfgetetyrt.  $ort  erreichte  tyn  bie  5Rac$ri<$t  bon  bem  lobe 
*ßiu«'  IV.  unb  bon  ber  2Baßl  be«  unberfötynlic^en  @fyi«lieri  jum  Sßapft  Garnefeccfci  be* 
gab  [xd)  nad)  glorenj.  SBenn  er  glaubte,  bort  fieser  ju  fein,  fo  follte  er  bitter  enttäufät 
toerben  —  §erjog  ßoftmo  lieferte  ißn  au§;   ber  ©efangene  tourbe  am  3.  3uli  1566  — 

so  einen  lag,  efye  ber  eble  Neapolitaner  ^Jompeo  be  SRonti  ate  Äe^er  bei  ber  ©ngetebrücfe 
enthauptet  tourbe  —  naeß  SRom  gebraut.  ®er  §erjog  berfud&te  bergebliA,  bur^  feinen 
Vertreter  beim  5ßapfte  günftigen  ßinflu^  auf  ben  $rojefi  ^u  üben,  beffen  3tften  ben  Sm 
getlagten  allerbing^  als  einen  Wann  zeigten,  ber  bie  3)tnge  abfc^toäd^en  ober  )u  feinem 
Vorteil  beuten  mö^te,  ber  bann  aber  fctyliejjlicß  boeß  ertlärt,  bafi  er  in  bem  ßau^tartitel, 

36  nämlicfy  bem  bon  ber  ^Rechtfertigung,  bie  Slnföauung  be«  3Salb4«  fefißalte.  8lm  21.  ©ep» 
tember  1567  tourbe  ißm  unb  16  anbern  in  Santa  Maria  sopra  Minerva  ba«  Urteil 
bertünbigt :  er  foll  begrabiert  unb  bem  toeltlic^en  9lrm  (bem  ©obematore  bon  9lom)  über» 
geben  b.  f).  burd^  biefen  Eingerichtet  toerben.  SSJä^renb  in  ber  ©afriftei  ber  fiirc^e  bun^ 
ben  Sifd^of  bon  3Ktranbola  bie  fc&redttictye  ^ßrojebur  ber  ®egrabation  bor  ft#  ging,  toarf 

40  ber  Florentiner  ©ejanbte  ftc^  bem  ?ßapfte  ju  ^6^^  um  $n  iux  SRilberung  ber  ©entenj 
ju  betoegen  —  bergeben«:  am  1.  Df tober  tourbe  Garnefecd&i  jugleic^  mit  bem  un«  fd^on 
betannten  ©iulio  SKarefto  au«  SeHuno  auf  ben  3lic^tpla$  an  ber  ßngetebrüdfe  geführt, 
bort  enthauptet  unb  auf  bem  bereitfte^enben  ©Weiterlaufen  toerbrannt. 

33on  ben  fec^je^n  ^ßerfonen,  toelc^e  jugleid^  mit  ßarnefeed^i  tyr  Urteil  empfingen,  toar 

46  ein  £etl  bon  Üteapel  au«  in  bie  ©etoalt  be«  römif^en  Tribunal«  geliefert  toorben.  Da« 
mag  un«  abföliefeenb  auf  bie  Verbreitung  ber  $Balb6«fd&en  2e^ren  im  ©üben  ber  Äalb* 
infcl  gurücffü^ren.  2)er  erfte  3?erf uefy  energifd^er  Unterbrüctung  fällt  in  ba«  nämliche  3abr 
1547,  in  toeld^em  c«  ber  Äurie  gelang,  für  ben  33ereic$  ber  Slepublil  3?enebtg  f^ärfere 
ÜRaferegeln  bur^jufefeen.    3toifd^en  SKom   unb  bem  SBijetönig  öon  Sleapel,   Don  $ebn> 

w  be  iolebo,  toar  bie  3?erabrebung  getroffen  toorben,  bafe  ba«  3nquifttion«mftüut  organtftert 
unb  bem  ©ant'  Uffaio  in  9tom  angegliebert  toerben  follte.  S)a  nun  ba«  untere  m 
toid^tigen  fünften  bem  fpaniföen  nad^gebilbet  toorben  toar,  fo  entfianb  We  Sefür^tung, 
bafe  e«  fi^  babei  t^atfäd^lid^  um  eine  ßinfübrung  ber  fpanif^en  ^nquifttion  (f.  b.  C 
oben  ©.  152)  tyanble  —  unb  ba  erinnerte  fity  bie  Sebölterung,  ba^  fd^on  einmal,  1510, 

65  folc^  ein  38erfud&  gemalt  unb  bom  33olte  vereitelt  toorben  toar  (bgl.  baut  m.  §vüa 
©on^aga  ©.80  ff.  unb  Slmabile,  Inquis.  di  Napoli  I,  196 f.).  ©o  er^oo  man  fty 
and)  bie«mal  unb  mehrte  ba«  ©$recfgefpenft  ab.  Sber  toa«  erreichte  man?  3e^t 
tourbe  ber  Steorganifator  be«  römif^en  ^nftitute«,  ©iob.  Sßietro  Garaffa,  jum  (Srjbiwof 
bon  Neapel  ernannt,  unb  fein  3Sitar  toar  ein  ©ijilianer,  ©cipione  Sebtba,   ber  ft©  aö 

oo  einen  ber  ^eftigften  ^erfeinbe  ertoie«  unb  ber  1553   al«  „xommiffar  ber  3nquifttton" 


Stalten,  reformntortfdjc  ©ctocgnngen  539 

mit  ber  Sefugni«  befteHt  tourbe,  bic  im  33ereicfyc  be«  ftönigreicfy«  SJerbäd^tigcn  nac$ 
Som  jur  Aburteilung  gu  fcfyicfen !  So  faty  man  benn,  toie  2lntonio  ßaracciolo  in  ber 
fanbfcgriftlicty  bor^anbenen  2eben«beföreibung  Sßaul«'  IV.  mitteilt,  fefyr  fyäufig  bie  3>n* 
quifitü>n«bar!e  mit  ©efangenen  ben  §afcn  bcrlaffen,  um  biefe  naefy  Dorn  gu  bringen,  unb 
barunter  toaren  biele  (Sbelleute,  ja  SBertoanbte  be«  Sßapfte«  felbft,  bie  er  nic^t  fronte.  6 
2K*  &<)$  ber  9fofyänger  be«  9Salb€^  in  Neapel  begiffert  Garacciolo  auf  3000,  „barunter 
biele  Sd&ulmeifter"  —  ntd^t  3000  Sd^ulmeifter  (!)  toie  SRanle  irrtümlich  gelefen  tyat. 
Xufcer  ben  fefcon  ©enannten  mögen  für  bie  erfte  3^  al«  ßauptbertreter  no$  genannt 
traben:  Sormgo  SRomano,  ben  man  1549  lieber  in  -Kea^ef  finbet,  2tyoßonio  3Kerenba, 
9Don  ©ermano  uRinaboi«,  SDonantonio  Stltomari  (bgl.  m.  gulia  ©ongaga  S.  125)  unb  ber  mit  10 
$aul  IV.  bertoanbte  ©aleaggo  ßaracciolo  (f.  b.  31.  S3b  III,  S.  723).  2U«2olebo  1553  ftarb, 
boffte  man  auf  SRilberung  be«  Sorgefyen«  ber  ^nquifition  —  bergeben«,  ba  bem  Äarbinal 
$a$eco  ba«  Sigefönigtum  gu  teil  tourbe,  ber  mit  gleicher  ©d^ärfe  fortfuhr.  ®a&  e«  unter 
bem  ghmten  feit  1556  amtierenben  9iac$f  olger  ^ßacfyeco«  nic^t  beffer  tourbe,  betoäfyrt 
fefan  beffen  SRame :  e«  ift  ber  berüchtigte  £ergog  bon  Sllba.  Unter  tym  Verliefe  im  15 
Oftober  1557  ber  SWarqui«  b'Dria,  §err  bon  ^rancabitta,  ba«  Sanb,  um  in  2)eutfalanb 
feinem  ©tauben  gemäfc  leben  gu  fönnen.  6rft  tn  Nürnberg,  bann  nac§  langen  S^T^rten 
felbß  btö  Äonftantinopel  unb  äBilna  finben  toir  ifyn  in  SDamig,  too  er  1597  ftarb,  bie 
Gtabt  gum  (Srben  eine«  £cile«  feiner  Sibliot^e!  beftellenb.  Site  ber  SRarqui«  fein  93ater* 
lanb  toerliefi,  fjattt  $aul  IV.  foeben  mit  ben  Spaniern  ^rieben  gefcfyloffen ;  bon  nun  ab  20 
toibmete  er  all  feine  3*ü  unb  Äraft  feiner  2iebling«fööl>fung,  ber  3jnquifttion.  @in 
mrofeer  Schlag  foQte  toieberum  erfolgen,  um  allen  Dichtungen,  bie  nidjjt  in  feine  reaftionären 
Sahnen  einmünbeten,  ein  6nbe  gu  machen:  ben  Neapolitaner  3lbt  SBittamarina,  ben  §au«* 
tyofmeifter  be«  ßarbinal«  SKorone,  natym  er  guerft  gefangen,  bann  machte  er  bem  Sifc^of 
San  gelice  bon  2a  6aba  unb  bem  Starbinal  SKorone  (f.  b.  2t.)  felber  ben  $rogefe,  unb  25 
au$  gegen  ben  Äarbinal  Sßole  (f.  b.  31.)  tourbe  ba«  ÜBerfafyren  eröffnet  —  freiließ  gu 
fyät,  ba  biefer  ingtoifd&en  geftorben  toar.  2)er  Sturm  toütete  auc$  im  Süben  ber  §alb* 
iirfel  —  bie  S3arle  ging  toieber  tyin  unb  ^er;  tarnen  bon  bamal«  Verurteilten  (jtoei  jum 

r ertobe,  bgl.  ämabile,  Inquis.  di  Napoli  I,  230)  beneic^net  ba«  3Kemorial  bon 
Giovanni  decollato  in  $om  in  größerer  9lnjal;l.  ®afe  bie  Srleicfyterung  nac^  30 
?JöuI«  IV.  %ctot  nur  eine  getttoeife  toar,  tourbe  f^on  bemerft:  genaue  9ta<$ricfyten  über 
ba«  Vorgehen  in  ben  beiben  lefeten  3lmt«ja^ren  ^iu«'  IV.  unb  ben  erften  $iu«'  V.  an  ber 
entftf&etbenben  Stelle  in  SRom  gtebt  uni  für  1564—1567  ba«  SßrotofoIIbuc^  ber  bortigen 
gnqutfition  (Rivista  Cristiana  1879—80). 

3n  bie  Stotfd^engeit,  unb  jtoar  in  1560  unb  61,   fiel  eine  furchtbare  ©reuelt^at  in  36 
9Roffe  gegen  ebangelifety  ©eri^tete  im  Äönigrei^  Neapel  —  bie  3lbfd^lac^tung  ber  2Balbenfer 
in  ben  feit  bem   13.  ober  ber   1.  §älfte  be«   14.  ^r^unbert«  befte^enben  Kolonien  in 
6.  ©tfto  unb  8a  ©uarbia  (f.  b.  ä.  SEBalbenfer).    SDort  toar  ber  geheime  Äult  na$  2lrt 
b«  S3oter  ftet«  bur$  geiftlic^e  gü^rer,  toelc^e  au«  ben  2^älern  ^iemont«  gef^ieft  tourben, 
aufregt  erbalten  toorben.    !ge|>t  erftrebte  man,  fc^lec^t  orientiert  über  bie  allgemeine  Sage,  40 
toefa^e  folgern  Streben  ungünftiger  toar  al«  je,    unter  grüfyrung  be«   feurigen  Subobico 
Saftpiali  bon  Suneo,  öffentlichen  ®otte«bienft  unb  gab  baburd?  ben  ^einben  Slnlag  jum 
dtnfcj^reiten.    $a«quali  tourbe  gefangen  naeg  Sofenga,   bann   nac^  Neapel,   enblic^  nad^ 
Stom  gebraut  unb  ba«  ©eri<$t  erging  über  bie  ganje  ©emeinfe^aft  (bgl.  Slmabile,  Inquis. 
di  Napoli  I,  235  ff.,  too  eine  ejaftc  jum  2eil  auf  neue«  ÜRaterial  geftü^te  2)arftellung).  46 
Xm  16.  €*}>tember  ift  $a«quali  auf  bem  un«  fcfyon  be!annten  ^piaft  an  ber  @ngel«brücfe 
lebenbig  berbrannt  toorben.    ßtoei  anbere  „ministri"   ber  Söalbenfer  braute  man  auc^ 

tlooe:  Stefano  9legrini  unb  ©iacomo  SoreHi.  Unb  ba«  toar  nur  ber  2lnfang  ju 
i  f^redtli^en  Slutbabe,  toclcfye«  im  einzelnen  gu  befc^reiben  bie  ft-eber  ftd^  fträubt.  2)a^ 
emgeute  aud^  ba«  2anb  berliefeen,  um  in  ©enf  eine  3uffo$t  gu  finben,  bejeugt  ©aliffe  so 
(Le  ref.  it  de  Genöve  p.  160,  165),  ber  bor  unb  nac^  bem  Slutbabe  ettoa«  über 
JtoöttMJ  ^erfonen  namhaft  mad^t,  bie  au«  Mabrien  gefommen  toaren.  Sebeutfam  ift, 
oa|  bamal«  bei  bem  SHacfyfoüren  ber  ^nquifttoren  nad^  „9Kitfc$ulbigen"  auc^  bier  Ort= 
\qqim  in  Simulien,  barunter  3Konteacuto  unb  SMturara,  al«  angefteeft  befunben  tourben 
—  au$  bon  ^ter  flüchteten  1563  unb  1564  einzelne  nad^  ©enf,  toäl)renb  ber  mit  ber  66 
Unterfuc^ung  betraute  Sifc^of  bon  Sobino,  toie  e«  fc^eint,  milbe  borging  unb  bie  33etoofyner 
nur  mit  lanonitöen  Strafen  belegte. 

über  ber  ©efctyicfyte  ber  Deformation  in  Sigil  ien  fcfytoebt  noc^  ein  faum  an  einzelnen 
fünften  gelittete«  3)unfel.  ß«  giebt  immerhin  gu  benfen,  bafe  bie  ^o^ulärftc  atter 
itaßemfd^reformatorifd^fn  Schriften,  nämlid^  ber  „Trattato  utilissimo  del  Benefizio  di  eo 


540  Stalten.,  reformatortfdje  Setoegmtgeis 

Gesü  Cristo  crocifisso"  in  bem  Scnebiftinerflofter  in  ßatania  („presso  il  monte 
Etna"  Reifet  eS  in  Garnefecd&iS  2luSfage  im  SSer&ör  Vom  21.  äuguft  1566,  f.  Est.  del 
Processo  ©.202)  getrieben  tourbe  —  aber  bic  9totuen  über  SBertreter  ber  Setoegung 
fmb   fc^r  bürftig.    2luS    einer  Slb^anblung   Von   Sa  9Jcantia,  Origine  e  vicende  delT 

5  Inquisizione  in  Sicilia  (Riv.  stör.  ital.  1886,  ©.  481  ff.)  ergiebt  fi$,  bo|  Äarl  V., 
als  er  1535  fiegreiefy  Von  XuniS  jurücffefyrenb,  Palermo  berührte,  auf  bie  Klagen  ber 
^nfclbetoofyner  fyin  bie  Privilegien  ber  Sjnquifttion  auf  fünf  3a£re  fuSpenbierte.  3nbem 
fie  bann  feit  1541  toieber  in  ber  alten  2Beife  einfette,  toaren  eS  ju  ben  früher  faft  au& 
f$liej$lic&  belangten  „neofiti  giudaizzanti"  auefy  anbere,  „luterani",    toelc&e  fie  ergriff: 

10  als  man  am  30.  3Jtai  1541  in  2Reffina  einen  „Auto  de  fe"  Veranfialtete,  toaren  unter 
ben  22  Verurteilten  brei  folcfye,  babei  ein  $rä  ^ßerrued^io  au«  bem  britten  Drben  beS 
fyl.  $ran*.  9la$  ber  1546  erfolgenben  (Srneuerung  i^rer  ^Privilegien  &at  fie  bann  no<$ 
eine  Steige  Von  SlutoS  veranftaltet,  bei  benen  „Sutfyeraner",  einmal  aud)  ein  äfatitrinitarier, 
begegnen,    ©o  1551,  too  ber  ^riefter  2)on  ^5ietro  bi  ©iangroffo,  ferner  grä  gtanceSco 

16  *ßagliarino  unb  $rä  Slntonio  ßarufo,  1553,  too  ber  (ut^erifd^c  ,,§ärefiard&''  @.  33.  3ms 
peKigari  u.a.,  1555,  too  Slguccio  ©iufto  auS SReggio,  1586,  too  ber  Sßrieftcr  @.  @.  ^etrone 
au«  ©tyrafuS  jum  2obe  verurteilt  toerben.  (Snblicfy  tourben  1563  jtoei  „Sutyeraner",  ein 
granjofe  namens  Saubon  unb  fJfranceSco  ©(^ittace  (©quiHace),  auS  SWefftna  hingerietet 
unb  Verbrannt.    Qn  bie  3toif$*näeü   fW  M«  gluckt  ni<£t  toeniger  Shilianer  na$  ©enf 

20  unb  jtoar:  auS  s))iefftna  gftanceSco  StobeSco  1551,  ©iulio  Gefare  $aScali  („nobile") 
1555,  -Jtarbo  bi  3Ka^io  u.  a.  1558,  benen  noc§  bis  1573  mehrere  folgten;  auety  auS 
Palermo,  9?oto  u.  a.  0.  finben  fic§  Flüchtlinge  ein,  unb  ber  obige  9tame  ©cfciDace  als 
ber  eines  folgen  begegnet  bei  ©aliffe  ©.  167  ettoaS  Veränbert  jum  3afr*  1584. 

SEBenben  h)ir  unferen  93lidf  toieber  naefc  91  om  unb  SWittelttalien,  fo  giebt  eSauS 

26  bem  gafyre  1565  ein  juVerläffigeS  $eugniS  baVon,  toie  eS  in  bem  fterfer  ber  S^ifto011 
in  SRom  juging:  "bie  Relatio  vera  et  solida  de  captivitate  Romana  Philippi 
Camerarii  et  Petri  Rieter,  toelcfye  in  ©cfyelfyornS  „De  vita,  fatis  et  meritis  Phil. 
Camerarii,  Norimbergae  1749  abgebrudt  ift.  3)iefe  beiben  2)eutfc$en,  Von  benen  ber 
eine  baS  Dpfer  einer  SSertoecfyfelung  getoorben  toar,    fyaben.  jtoei  SDtonate  im  fterfer  $u* 

so  gebraut,  bis  bie  energiföc  gürfprac^e  SWajimilianS  II.  fie  befreite,  unb  fyaben  ftify  bort 
ber  freunbltcfycn  §ilfe  beS  gleichfalls  eingeferferten  ber  Einrichtung  entgegenge$enben 
^ompeo  be  sDionti  erfreut.  ßamerariuS  fdjUbert  bie  föauerlic^e  ßofalität :  er  felber  ift  im 
oberen  ©efängniS,  too  man  „toie  im  93acfofen"  ftfet;  anbere  fmb  im  untern,  einem  fo 
feuchten  Socfy,  bafc   er  nic^t  Verfielt,   toie  9Jfenf<$en   in  bem  ©rabe  emittieren   fönnen. 

86  9iun  fommen  3Rön$e  jum  „Sefe^ren",  einmal  $etruS  EanifiuS,  meift  aber  ©omimfaner ; 
unter  ben  ©efangenen  finb  auefy  ©pione  („mosche",  fliegen,  genannt)  u.  f.  to.  SamerariuS 
fonnte  fi$  ©lüdf  toünfd^en,  baj  ^iuS  V.  noc^  nid^t  am  Sluber  toar  —  ber  lieg  feinen 
me^r  loS.  2lm  23.  3uni  1566  toar  „öffentliche  Slbfc^tvörung"  meift  von  ©übitaTtenern 
mit  Verurteilung  ju  eitrigem  Werfer  ober  ©aleerenftrafe ;  barauf  SSertünbigung  beS  Urteils 

40  gegen  ^ßompeo  be  5Konti.  SSon  ben  15  Verurteilten  toar  einer  abtoefenb  —  fem  8iD) 
tourbe  Verbrannt,  ßinen  jtoeiten  großen  „©laubenSaft"  unter  $ßiu«  V.  —  nämltc^  vom 
21.  ©eptember  1567,  too  Garnefecc^i  nebft  16  anbern  Verurteilt  tourbe  —  ^aben  toir 
bereits  ertoä^nt.  3DaS  fmb  freiließ  nur  Vereinzelte  S)aten  auS  ber  umfangreichen  3^atig» 
feit  eines  ^nfütuteS,  ^ejjen  gQSirlfamfeit  nur  fe$r  teiltoeife  unferer  ÄenntntS  unterliegt  unb 

46  Von  beffen  Urteilen  nur  biejenigen  in  gefc^loffener  ^olge  Vorliegen,  toelc^e  baS  nac^  ^Dublin 
Verfd^lagenc  5ßrotofoöbud^  Von  1564—1567  enthält,  toä^renb  bic  in  ben  iräpftlic^en 
Sammlungen  aufbetoa^rten  auc^  ^eute  noc^  geheim  gehalten  toerben.  38on  ber  Ämrufc 
hing  breier  „Smarterer"  unter  Julius  III.  in  SRom  melbet  ber  „toafyfyiftige  öeriew"  beS 
jjfranjiSfuS  ©c^toarfe  (auf  ber  Sremer  ©tabtbibl.)   —   jene  toaren  ^antno  auS  gaeitia, 

60  SDomentco  auS  Saffano  unb  ein  äluguftiner  ^ulianuS ;  unter  baS  nämliche  ^ontifiEat 
fiel  baS  Martyrium  beS  ©tovanni  93u&io  (WoQio)  auS  9Jlontalcino  unb  eineS  SBebecS 
auS  Perugia  (1553),  Vgl.  Riv.  Crist.  1873,  ©.  252.  3)er  TOärt^rertob  be«  Alen  unb 
ftanbfyaften  Jünglings  ^omponio  Sllgcri  (f.  oben)  toar  baS  erfte  Sranbopfer,  toddp* 
$aul  IV.  als  5ßaj)ft  ber  Uniformität  feiner  Äird^e  barbracfctc  (Vgl.  $eter,  Pomp,  de  Algerio, 

es  ©enf  1896).  SBieviel  Material  übrigens  9lom  unb  ber  Äird&enftaat  felbft  für  bie  2^igWt 
beS  ©ant'  Uffijio  geliefert  ^at,  läfet  fic^  nic^t  me^r  feftfteCen.  aber  bie  $fatfac&e,  ba| 
bei  bem  Xobe  tyauU  IV.,  1559,  als  bie  äöut  beS  3SolfeS  bie  öftren  beS  ©efängniffeS 
ber  3^<|wiption  erbradfc,  nid&t  toeniger  als  70  fiefter  befreit  tourben,  laftt  auf  ben  Um* 
fang  ber  Slftion  fcfyliejjen,  bie  fic^  freiließ  bort  an  ber  GentralfteHe  aud^  auf  anbere  2anb* 

60  fc^aften  Italiens  erftreefte,  fofern  beren  Cbrigfeiten  bem  3Bunf$e  ber  Auslieferung  Von 


Italien,  refortnatorifdje  ©ctoegmtgen  541 

„Äckern"  naety  Stom  golge  leifteten.  $)a«  ftönigreiety  SReapel  toar  in  biefer  Sejtc^ima, 
toie  toir  fa^en,  am  toißfctyrigften;  an  ben  9tat  ber  3^n  *n  Stoebig  ergingen  äfynlidpe 
äufforberungen  meift  bergeben«;  bie  Heineren  Staaten  beugten  ftcfy  etyer,  tote  un«  6ar* 
nefec$i«  Seiftriel  geigt. 

3ufcerläfftge,  toenn  aud&  nicfyt  bollftänbige  31u«fünfte  über  bie  Ifyätigleit  be«  römiföen  6 
ßentralmftitute«  geben  bie  ©^reiben,  toelcfye  jtoifcfyen  ber  Sturie  unb  ben  Nuntien  in  ben 
itaUcmföen  Staaten  getoccfyfelt  toorben  fmb.  $ür  bie  ©efcfyicfyte  ber  Sieformation  in 
Senebig  ifl  batoon  burfy  ben  SRcf.  bereit«  ©ebrauefy  gemalt  toorben  (togl.  a.  a.  D.  ©.  116). 
Seiber  giebt  c«  no$  feine  SSeröffentlic^ungen  biefeö  -Btaterial«,  ba«  allerbing«  für  unfere 
$eriobe  fetyr  lüdfenfyaft  toorfyanben  ift,  jum  Seil  auefy  fc^r  fpät  einfe^t.  10 

Über  bie  Verbreitung  ber  etoang.  iöetoegung  in  Solana  togl.  b.  21.  Dc^ino,  Sßaleario 
unb  SSermigli;  über  gerrara  bie  31.  Slenata  toon  gerrara  unb  DUmpia  SRorata,  über  9)to« 
bena  ben  8.  -Ötorone;  über  ba«  5)iailänbif(§e  ben  91.  Sorromeo  53b  III,  334  f. ;  ju  Gremona, 
Grema  unb  Somo  togl.  Riv.  Crist.  1876,  ©.  130  f.  Sine  einzigartige  ßrfegeinung  — 
ÄuStoanberung  eine«  beträchtlichen  fompalten  Seilet  ber  Setoofyner  einer  Drtfcfyaft  um  15 
be«  etoangelifd^en  ©lauben«  toißen  —  bietet  bie  Socarner  ©emeinbe  im  Sjafyre  155b- 
Dbtoofcl  ber  Stoben,  auf  bem  biefer  ßjobu«  ftety  abhielt,  bamal«  h)ie  auety  fyeute  noc$  jur 
Scfctoeij  gehört,  fo  fyat  fiefy  bo<$  bie  bortige  Setoegung  im  Slnfd&lujj  an  bie  italienifdfc 
reformatoriföe  enttoicfelt  (togl.  b.  31.  33ullinger,  III,  542,  r> ;  aufcer  ber  bort  angegebenen 
2ttteratur:  Riv.  Crist.  1873,  115ff.;  156ff.;  2ty3$  II,  ©.204;  IX,  ©.  220).  SDen  20 
etften  au«  $iemont  hervorgegangenen  Vertreter  lernten  mir  in  ßurione  (f.  b.  91.  93b  IV, 
6.  353)  tennen.  ©ein  ftreunb  unb  ©efinnung«genoffe  Slgofiino  2Jiainarbo  tourbe  1538 
in  Sfti  eingeferfert,  entfam  aber  unb  verbreitete  1539  etoangelifcfye  fielen  unter  ben 
Stubenten  in$atoia;  1542  bertrieben,  totrfte  er  toeitcrfyin  al«$rebiger  in  ßfyiatoenna,  too 
er  au$  ben  rabifalen  lenbenjen  italieniföer  ^Jroteftanten  SBiberfianb  leiftete  (f.o.).  ßinige  25 
toalbenftfd&e  SPrebtger  finb,  abgefe^en  Don  ben  Cpfern  ber  Verfolgung  in  Äalabrien,  au$ 
in  $iemont  ju  SDtärttyrern  getoorben,  barunter  ©obofrebo  SSaraglia,  toelcfyer  1558  in  Surin 
ungerichtet  tourbe.  Um  biefe  3«t  begann  bie  3lu«toanberung  Stoangelifd&er  au$  ©atootyen 
unb  SJJiemont,  jum  Seil  nadp  gr^anfrei^  unb  Snglanb,  meift  aber  naety  ©enf  (togl.  ©aliffe, 
Äefuge,  ©.  111 — 126)  auj$erorbentli$  ja^lreicty  ju  toerben.  %üx  bie  burc^  $iuä  V.  aud^ao 
in  btefen  ©trieben  neu  angefaßte  Verfolgung  bietet  ber  Srtcftoed^el  biefe^  ^apfte«  mit 
bem  ^er^og  Smanuel  ^ilibert,  foh)ie  bie  Nunziatura  di  Savoia  (SSatif.  3lr$to,  un^ 
gArudt),  toelc^e  jebod^  erft  mit  1568  einfeftt,  3Katerial.  &  ergiebt  ft^  barau^,  baj  ba- 
mafö  bie  alte  ©räfin  toon  2enba  eine  §auptftüfte  ber  „Hugenotten"  bilbete  (t)gl.  „Gli 
Eretici  di  Tenda  in:  Riv.  Crist.  1884,  ©.256—274),  toie  benn  über^au^t  t ber  36 
ißiütcftanttemuS  bort  feine  §au})tbertreter  auö  $rantrei(§  erhalten  m  ^aben  fc^eint.  Über 
We  SSalbenfer  im  allgemeinen,  unter  benen  ber  Sejuit  Slntonio  ^Soffetnno  (f.  b.  31.)  bad 
9dfc&rong$toerf  betrieb,  bgl.  man  ben  betr.  Slrtifel.  9luf  rcligiöje  S3etoegungen  in  ber 
foäter  mit  ©abo^en  bereinigten  Skpublif  ©enua  läfet  bie  meljr  ate  60  3?amen  au« 
(Sfatua,  ©abona,  ©an  SRemo  u.  f.  h>.  umfaffenbe  Sifte  bon  Galanten  bei  ©aliffe  (SRefuge,  40 
S.  149—151)  fdfrliejjen. 

©te  S)arftettungen  ber  $rofan=  unb  flird^engefc^tc^te  ber  SRepublif  berfagen  freiließ 
bofltg,  toenn  man  fie  um  ©enauere«  befragt.  JieuerbingS  aber  ^at  3K.  SRofi  au«  bem 
6taat3ar$to  in  ©enua,  toeld^eS  Slften  über  bie  Snqutfttion  unb  bie  ßorrefponbenj  ber 
Se^mblif  mit  köpften  unb  ^arbinälen  enthält,  einige«  beigebracht  (bgl.  La  Riforma  46 
rd.  in  Liguria  .  . .  fin  all'  a.  1567  in:  Atti  della  Soc.  Ligure  di  Storia  patria, 
XXIV,  ©.  555—726).  2)tc  älteften  9Jad^rid^ten  über  SWe^rejfion  ber  „peste",nämlic^  ber 
Jteftem,  ge^en  auf  1540  jurücf,  unb  jtoar  ift  einer  ber  ßrften,  toelc^c  belangt  toerben,  ein 
®raf  ®iacomo  gie^i,  ber  fid&  gegen  Slblafe,  Silber^  unb  9teliquientoereljrung  u.  f.  to. 
au«gef)?ro<^en  $at.  Sieben  i^m  jtoei  anbre,  barunter  ein  3ty ot^eter,  toeid^er  in  feinem  60 
£ab«i  ein  Äontoentifel  bon  „fiut^eranern"  öcrfammelt  ^at,  beffen  Rafftcrer  er  felbcr  toar. 
Skibe  unterwarfen  ft(^.  ein  3?otar,  ©iob.  Satt.  $onte,  l)at  ftc^j  ätynlicty  toie  %töfy  au«- 
gef^mx^en  unb  Sutfyer  unb  9Keland^t^on  gelobt  —  man  jtoingt  i^n,  ju  retraftieren. 
Unb  fo  ae^t  bie  Snqutfition  toeiter  t>or:  gegen  Üiiccolo  Gafcro,  gegen  einen  3)ominiIaner 
©iacomeÖo  u.  a.,  Verbietet  1543  bie  ©driften  Dcbino«  unb  überhaupt  alle  „fefceriföen  56 
©Triften".  3m  Sa^re  1553  forbert  bie  Regierung'  felbcr  ^cfuitenfcfyulen ;  1560  berfpric^t 
fic  bem  Äarbinal  ®^i«Iieri  au«gtebigfte  Unteqtü^ung,  unb  bie  Morrfoonben^  mit  Som 
Itigt,  ba^  biefer  mit  ber  SRepubltf  jufrieben  toar.  1565  toirb  auf  Denunziation  gegen 
einen  ©omintfaneqjrebiger  au«  £et>anto  ^in  ein  ^5roje|  eingeleitet,  über  beffen  3lu«gang 
n%rcd  fe&lt.    dagegen  fmb  toir  über  bie  Iefcte  bon  iHofi  berührte  ©ac$e  (©.  620  ff.)  go 


542  Stalte»,  reforraatortfdje  öehiegmtgett 

burd&  tyn  genau  unterid&tet.  am  11.  Dftober  1567  toaren  burdfc  SRom  m  ber  Sticfc 
tung  auf  ©enua  einige  ^Eefeer  pafftert,  auf  beren  (Ergreifung  bie  Äurie  grofce«  ©etoUfct 
legte,  unter  ifynen  Sartol.  Sartoccio  au«  Sittä  bi  Saftello,  ein  fett  12  3a$ren  in  ©enf 
anfäjftger  febr  gearteter  ©eibenfyänbler.    $rofe  energifd&er  9teflamatton  bon  ©enfer  ©eite 

6  fyer  hmrbe  Sartoccio  im  Januar  1568  an  &om  ausgeliefert.  Unb  toä&renb  biefem  ber 
^ro^ef*  gemalt  iourbe,  ber  im  9Rai  1569  bamit  enbigte,  bafc  er  nebft  brei  ober  toter  anbern 
bem  toeltlicfyen  3lrm  (jur  SSolIftrecfung  ber  £obe«ftrafe)  überliefert  unb  felbft  lebenb  ber* 
brannt  hmrbe,  na&m  aud&  bie  Stfyätigfett  ber  ^nquifttion  im  ©enueftfe^en  neuen  3&tf* 
fa^ioung  unb  erftidtte  bie  legten  Steguugen  ber  reformatorifa)en  Setoegung. 

io  Über  bie   bebeutfameren  litterarifetyen    ©rjeugniffe    ber    Deformation    m 

Stalten  ftnb  bie  ©^egialartilel  über  bie  betr.  Tutoren  $u  Dergleichen.  Sine  Stejnrobuftion 
fleinerer  reformatorif^er  Schriften  fette  ft$  bie  Biblioteca  della  Riforma  Italiana 
jum  #iel,  bon  ioeld&er  6  ©anbeten  (glorenj  1881—86)  erjc&ienen  ftnb:  fte  bietet  Sänften 
bon  SBalbö«,  SSergerio,  Dd&ino,  SBermigli  u.a.    2)a«  ßrjeugni«,  n>eld^ed  am  meiften  atof* 

ir,  fetyen  gemalt  l)at,  ift  ba«  treffliche  33ü$lein  „93on  ber  3Bo&ltyat  6&rifti".  Sern  litet 
begegnet  faft  in  allen  Sßrojeffen:  ioer  e«  beftfct  ober  gelefen  fyat,  ift  in  tyo^em  ©rabe 
ber  ßefceret  berbäd&tig.  Sänge  Reit  fyat  man  (juerft  ©c^el^orn,  Amoenit.  Hist.  Eceles. 
et  Lit.  1737,  p.  156)  ba«felbe  bem  Sßaleario  jugeförieben  (fo  auc&  ©erbe«,  Spec. 
It.  Ref.,  p.  315;  9Jt.  'Grie  unb  Xtrabofd&i,  Sonnet,  3ttr«.  §)oung  unb  G&.  @$mibt  in 

20  ber  1.  Slufl.  ber  316).  aber  Stanfe  OPätfte  I,  S.  92,  6.  ÄufL)  tyd  Wcdft,  toenn  er 
nad&  bem  Compendium  Inquisitorum  be$  91.  Garacctolo  btelme^r  „un  monaco  di 
San  Severino"  in  Neapel  al«  ben  SBerfaffer  bejeicfcnet;  toie  bied  au$  Garnefecctyt  im 
$roje&  (Estratto  p.  102)  t&ut  unter  Nennung  be«  Siamen«  feine«  93erfaffer«  (Don  Be- 
nedetto  de  Mantova)  unb  n>te  bie«  ber  SKärtyrer  ©iob.  grance«co  b'Slloi«  au«  Gaferta 

2r>  bezeugt  (bgl.  beffen  2lu«fage  in  Arch.  della  Soc.  patria  III  [Stom  1880J  ©.  469 
n.  8).  3)iefe  ©egrift  giebt  bie  religtöfen  3lnfo)auuugen,  tote  fte  in  bem  Äreife  be«  33alb& 
tyerrfd&ten,  beutli*  toieber.  3U  Anfang  ber  &ter$iger  3atyre  be«  16.  3a$r&unbert«  gebrudti, 
im  Sauf  ber  näcpften  Qa^re  in  40000  Gejentylaren  (x\a<fy  SJergerio)  in  Stalten  Derbreitet, 
befämpft  j.  33.  bur$  SKmbrofto  Gaterino  (f.  b.  21.  Äatfyarinu«)  unb  faft  bemühtet,   fyd 

ao  fte  neuerbtng«,   feit   ifyrer  Slufftnbung    in  Gambribge  unb   3Bieberberöffentlic£ung  bunb 

Sabington    (Gambribge   1855)    toeite    Verbreitung   in    bcrfc&iebenen    Sprachen    erlangt 

gaft  ebenfo  oft  U)te  ba«  „Senefi^io"  begegnet  in  Snquifttion^rojeffen  ba«  „Sommario 

della  Sacra  Scrittura"  —  auo)  fein  S3ejt$  ober  feine  Seitüre  gilt  als  fötoertotegenber 

SBerbaa^tSgrunb.    SBieber  gebrueft   tourbe  ba«  93üa)lein  in  ber  Riv.  Crist.    1877  bun$ 

:t->  (Somba  unb  fe^arat  —  bann  ift  ber  9tef.  i^m  nachgegangen  unb  ^at  entbeeft,  bafe  toir  e« 
^ter  nur  mit  einer  Überfettung,  nid^t  einer  urft>rüngltc$  italienifc^en  Schrift  ju  t^un  ^aben, 
ba^  ötelme^r  bie  Crigtnalfd&rift,  au«  toela^er  auc^  eine  franjöftföe  unb  englifefce  gww 
erfloffen  ftnb,  in  mittelnieberbeutfa^er  (^oHänbifa)er)  Sprache  abgefaßt  toar  (DgL  Senraü), 
SDte  Summa  ber  #.  Schrift,  %px?fy  VII,  127—159;   VIII,  681—705;  IX,  328  tos 

4i)345;  ferner  beff.  2lu«gabe  ber  „Summa"  in  ^beutfa)  (Seifyig  1880);  tKtn  Formens 
bergen,  Mon.  Ref.  Belg.  [Oeconomica  christiana  etc.],  Setben  1882;  über  eine  S5e= 
ftrettung  ber  ©o)rift  burc^  Slmbrofto  Gaterino  bgl.  b.  91.  Äatyarinu«).  —  33on  ©iot>. 
granc.  iürginio,  ber  fonft  in  ber  SReformatton«ge|(tyic$te  S^lien«  feine  Slolle  \p\dt,  er* 
erfd&ien  1565  in  S^on  eine  „Parafrasi  sopra  le  Epistole  di  S.  Paolo  ai  Romani, 

4r,  Galati  e  agli  Ebrei.  2)iefe,  ber  §er^ogin  SRenata  bon  gerrara  getoibmete  Schrift  ijt 
neu  gebrueft  in  ber  Bibl.  d.  Rif.  It.  33b  VI  (glorenj  1886)  6.  43—156.  —  ®n 
„Dialogo"  öon  ©iac.  9ticcamati  Dffanefe  ift  burety  D.  ßoeorba  in  ber  ^eitfe^rtft  WD 
Seminatore",  9tom  1877  I— IV,  neu  gebrueft  toorben.  3)iefe«  SEBerl  eine«  fonp  un» 
befannten  Serfaffer«,  1558  gef abrieben,  btlbet  eine  rec$t  gefältelte  }>rotefiantifc^e  Jtontrober«* 

r>ofd&rift;  über  eine  fürjeregorm  be«  „Dialogo"  auf  ber  SBiener  ^ofbibliot^d  unb  über  ben 
iserf.  bgl.  Riv.  Crist.  1882,  6.  275—277,  too  Mitteilungen  bon  ®b.  »d^mer  tmÄer* 
gegeben  Serben. 

Über  bie  Sitteratur   ber  Sieformatton    in  Italien  toäre  eine  3uiammwf^"ng   "* 
»oünfe^t,  toie  fte  6b.  SBötymer  $x  bie  fpantje^e  in  ber  Bibl.  Wüfeniana  (II  8ber  1876—83) 

r,5  gegeben  fyat.  Material  baju  bietet  bie  Riv.  Crist.  passim  unb  befonber«  ber  Catalogo 
della  Biblioteca  Giucciardiniana  mit  feinen  9ta(£trägen  (Firenze  1877).  3n  bt^er 
Sammlung  ift  bereinigt,  loa«  ©raf  $tero  ©uicciarbini  in  langjährigen  Semü^unaen  an 
fi$  bringen  fonntc  unb  loa«  er  bann  ber  SRationalbibliotfyef  in  ^orenj  toerma^t  ^at 
gorfd^ungen   über  ba«  ©ebiet  ber  ©efa^ia)te  ber  Steformation  in  Stalten  toerben  in  tyr 

ci>  ftet«  bie  reia)^altigfte  litterarifc^e  Sei^tlfe  pnben  (bgl.  3Ä@  IV,  ©.  412).       0e«fi^ 


3taUemftf).fötI)oHftf)e  fiirdje  3?titrÄa  543 

SMitmfä'Ufyol  Sirdje  f.  oben  ©.  520, 43. 

3taliemfd>e  »ibelfiberfefcung  f.  93b  III,  ©.  140,  32  ff. 

3tnräö.  —  ßitteratur:  Gunter,  De  rebus  Ituraeorum  1824;  ß.  SRitter,  (Srbfuube 
XVII.  i,  6.  14-16;  <S.  ©c&iirer,  ©efd)id)te  be«  jübifäcn  «olfe«  im  Scitaltcr  3efu  <£t)dfü 
I  (1890),  593-608;  ÜB.  ffrenfel,  3°fepl)u8  unb  fiuta«  (1894),  ©.  90—95.  5 

3te  9tame  be«  SBolIe«,  3turäer,  ift  älter  al«  ber  9tame  be«  Sanbe«  3.  2)cnn 
3turäer  ift  ibentifö  mit  3etur  ©en  25,  15  (1  6&r  1,31),  einem  ©o^ne  3«mael«,  b.  ty. 
einem  Stamm  ber  forifd^arabtfd&en  SOBüfte.  2)ie  ©egenb,  in  ber  er  feine  gerben  toeibete, 
lägt  fic£  einigermaßen  banaety  beftimmen,  baß  er  ©en  25, 15  neben  Styema  genannt  toirb. 
Diefer  Sebuinenftamm  fyängt  toofyl  ofyne  fttotfyl  mit  bem  Orte  Teimä  gufammen,  ber  10 
am  iueftlicfcen  SRanb  be«  3ßebfc$b  tttoa  in  ber  SWitte  jhnfd&en  5Kebina  unb  ber  Cafe 
Dschöf  liegt  unb  neuerbmg«  burd&  bie  bort  gefunbenen  3nWrif*en  a^  ^n  ©i£  alter 
Rultur  befannt  getoorben  ift.  gerner  toirb  1  Gfyr  5, 18— 22  erjagt,  baß  bie  oft* 
jorbanif$en  Stämme  3^rae^  xn  ^vc  Dorqrilifdjen  3cü  e'nen  ftegrei$en  Äricg  gegen 
3<tur  unb  anbere  SBtiftenftämme  geführt  Ratten.  Diefe  muffen  bafyer  fc^on  bamal«  mit  15 
tyren  gerben  bi«  an  bie  Dftgrenje  be«  i«raelitif$cn  ©ebiet«  Dorgebrungen  fein  unb  ifyr 
Seibegebiet  toeftltcfc  unb  norbh>eftlic§  Don  ber  Dafe  Dschöf  bi«  an  ba«  ©ebiet  be«  3a&s 
bof  (^eute  Nähr  ez-Zerkä)  gehabt  tyaben.  3Rtt  biefer  ©egenb  tyat  bie  2anbf$aft  unb 
ba«  5Reic&  3.  £c  3, 1  nichts  ju  tyun.  5Hämli$  am  @nbe  be«  2.  3al>rl>unbert«  Dor  6l?r. 
fämpft  ber  tyaSmonäifc^e  König  äriftobul  I.  (105—104)  gegen  bie  3*uräer  unb  eroberte 
Zeile  tyre«  ©ebtet«,  toie  3°f^^u^  u*ito  Berufung  auf  ©trabo  unb  SSmagene«  erjagt 
Antiq.  XIII 11,  3,  unb  ©trabo  läßt  e«  nid&t  im  3toeifel,  baß  bie  2Botynftfce  ber3turäer 
utr  3rit,  öÖ  bie  9tömer  nac§  ©fyrien  famen,  unb  auefy  Won  Dorfyer  im  Libanon  unb  2lntt* 
Ubano«  toaren.  6r  bejeicfcnet  fie  al«  Setoo^ner  be«  ©ebirge«  an  ber  ßbene  9Waffoa«,  bie 
bei  Saobicea  ab  Sibanum  (=  XeH  ÜRebt  -Biinbu  am  ©ee  Don  Hömp)  beginnt  unb  Gtyalci«  25 
(toaW*«nIW  'Andschar  ftiblic^  Don  Ba'albek)  einfließt.'  3Sgl.  ©trabo  XVI  2,  10. 
18;  $otyb.  V  45  f.  2)ie  ebene  ÜRaffea«  (ÜRarfea«)  ift  bemnad^  bie  Sttcberung  jtoijd&en 
Libanon  unb  2lntiltbano«,  unb  biefe  @ebtrg«$üge  fmb  e«,  bie  al«  üßotynftfce  ber  3^uräer 
nac^  ©trabo  unb  s#otybiu$  ju  betrauten  ftnb.  SDaS  ©leid^e  ergiebt  ein  ©a$  ber  be^ 
lannten,  getoö^nlic^  auf  ben  Statthalter  Duiriniu^  belogenen  3nf<vrift,  in  bem  ein  Untere  so 
felbfcrr  be^  Duiriniu^,  D.  3lemiliuö  ©ecunbu^,  öon  fid^  fagt,  baß  er  auf  einem  5?rieg& 
juge  gegen  bie  S^wer  auf  bem  fiibanon  eine  ^ftung  erobert  fyabe  (5Rommfen  in  Ephe- 
meris  epigraphica  IV,  1881,  ©.  538).  Diefe  beftimmten  angaben  fließen  anbere 
$crfu$e,  bie  So^nft^e  ber  3l"r«er  für  bit  3C^  G^rifti  ju  beftimmen,  au^ ;  fo  j.  83.  bie 
Annahme  be«  ßufebiu«  Dnomafticon  (ed  .be  2agarbe)  268.  298,  baß  fid^  3-  mit  2rac$oniti$  30 
beder  ober  bie  SwfammenfteHung  mit  bem  SRamen  ber  ebenen  Sanbfc^aft  Dschedür  füb= 
toefUü^  bon  Damaöfu^  ober  ben  i^orfc^lag  2Se$ftem3,  baß  bie  Jetrarc^ie  3-  *>**  §b^e 
unb  bem  öftlic^en  3lbfyang  be«  Drufengebirge«  (Dsohebel  Haurän)  entfpred^e. 

9Won  ^at  baran  feftju^alten,  baß  3*tur  unb  3tur^er  benfelben  ©tamm   ober  bie^ 
fette  SSölferfc^aft  meinen,  unb  ben  SBecfyfel  ber  fcon   i^nen  behaupteten  ©egenb  mit  bem  40 
Sorbringen  ber  Araber  nac$  Sorben   in  SSerbinbung  ju  bringen.    Söaren  fte  bi«  an  bie 
(Brenje  bed  f^rifc^en  fiulturlanbe«  gelommen,    fo   fugten  fte  bann  auc$  in  biefe«  hinein« 
zubringen  unb  bort  Heinere  ober  größere  felbftftänbige  ©errfcfyaften  ju  grünben.    S)a«  be- 
beutete für  bie  sJiomaben  ben  Übergang  jum   feften  s33o^nen,   )ugleic$   aud)   eine  '^er- 
mifc^ung  mit  ben  Don  tynen  Dorgefunbenen  33ett>ol?nern  be«  Sanbe«,  bie  bamal«  aramäifö  45 
brauen.  3)arau«  erllärt  e«  fW,  baß  Slamen,  Sprache  ober  ©ebrift  in  folgen  Don  Arabern 
frirt  Werten  ©ebicten  nic^t  fofort  einen  rein  arabifd^en  G^aralter  tragen,  fonbern  noc^ 
aramäifcb  erfc^einen,  toenn  auc^  in  Derfc^iebenem  ©rabe.    ©0   ift   e«  bei  bem  arabifäen 
Stamm  ber  Jlabatäer,    bie  fiefy  auf  bem  ©oben   be«   alten  @bom  feftfe^ten,  fo  auc^  bei 
ben  Skiern,  bie  in  bie  ©ebirge  äntilibano«  uub  Sibanon  einbrangen.    2öir  pnben  bei  so 
ben  3turäern  Diele  aramäifc^e  5ianten ;  bennoc^  toirb  ber  ©runbftocf  biefe«  SBolfe«  arabiW 
getpefen  fein. 

3./  ber  ÜRame  be«  Sanbe«,  fyängt  mit  biefen  JBobnftfeen  ber  3to*cier  jufammen. 
S)er  «fte  ^errfc^er  ber  gturäer,  ^cn  to'lx  fennen  lernen,  ift  ^tolemäu«,  ©o^n  be«  SKen- 
nau«.  ©r  regierte  ettoa  Don  85—40  Dor  (S^r.  6r  fd^eint  burd^  (Eroberungen  bie©renjen  55 
feine«  Steige«  ixtmlid)  toeit  au«gebe^nt  &u  ^aben.  einige  ©täbte  an  ber  9Keere«ftifte  ge« 
hörten  ibm,  uno  imDften  bebro|te  er  Dama«fu«  (Josephus  Antiq.  XIII  16,3).  9tac$ 
©üben  9m  gehörte  i^m  bie  ©egenb  an  ben  3<>rbanqueUen.    3ur  3eit  ^  ^monäifc^cn 


544  Sturäa  3fuatt  b'JWl« 

Königs  Slrtftobul  I.  toaren  bic  3*uräer  ©rcnjnad&baren  bcr  guben,  in  bem  fäon  oben 
ertoälmten  Äam}>fe  biefeS  Königs  gegen  fte  toirb  e3  ftc$  toafyrföeinlicfc  um  ©afilaa  ge* 
fyanbelt  fyaben.  an  ^ßotnpejuä  jaulte  biefer  ^ßtolemäuS  taufenb  Talente,  um  [ein  ©ebiet 
bor  ben  SHömem  ju  fiebern  (Jos.  Antiq.    XIV   3,  2).    2)ie   legten  $a$monäer  fanben 

5  bei  ifym  3uffu$t  uno  Unterftüfcung.  ©ein  Sofyn  Scania«  toirb  bon  2)io  ßafftuä  (49,  32) 
gerabe^u  „König  ber  3|toräer"  genannt.  6r  tourbe  auf  33efel?l  beä  ätatoniuä  36  bor  Gfyr. 
hingerietet  (Jos.  Antiq.  XV  4,  1).  3>n  ber  jäteten  $t\t  finben  fiety  nur  noefc  einzelne 
SRefte  beä  großen  3tu*ättreid&3  mit  ber  #au£tftabt  Gfyalcte.  6o  bie  #errfcfcaft  Sbtfene 
(f.  b.  21.  93b  I,  ©.  99  f.),   über  bie  nac$   2c  3, 1  ber  Sierffirft  Scania*  gefcrrföi  tyd. 

10  gerner  ba$  ©ebiet  beä  Soemus  38—49  nad&  Gfyr.  toofyl  nörblicfc  öon  ^eliopoliä,  ba$ 
©ebtet  bon  SfyalciS,  ba$  ber  Kaifer  GlaubiuS  41  naefc  Ctyr.  einem  §erobe3,  bem  @nfel 
§erobe3  b.  @r.,  fcfyenfte,  unb  ba3  ©ebtet  be$  3cnoooru3,  bon  bem  Josephus  Antiq. 
XV  10, 1  unb  Bell.  jud.  I  20,4  fagt,  bafj  er  bie  ehemaligen  Sefifcungen  be$  Styfaniaä 
(bon  Älcopatra)  gepachtet  fyabe.     3lad)  bem  lobe  ber  SUeopatra   ift  er   tributpflichtiger 

15  Sefyerrfcfyer  biefeS  ©ebieteS  geblieben,  unb  als  er  felbft  ftarb  (20  bor  G&r.),  tarn  (ein 
Sanb  an  £erobe$  b.  ©r.  (Jos.  Antiq.  XV  10,3;  Bell.  jud.  I  20,4).  »ei  biefer 
©elegenfyeit  nennt  ^ofepM  a^  fein  ©ebiet  Ulat^a  unb  $aniaS,  b.  i.  bie  ©egenb  an 
ben  Duellen  unb  bem  oberen  Sauf  beS  3oroan3  (&fll-  ©aulanitte  VI,  380,«).  $abur$ 
tuirb  eine  anbere  3lad)x\d)t  be$  3>ofe}>fyu3  berftänblicfy,   bafc  nämlicfy  biefer  ^ob**11*  We 

20  SRäuberbanben  in  ber  £rad&oniti$  unterftüfct  fyabe  (Antiq.  XV 10, 1  f.) ;  fein  ©ebiet  grengte 
an  bie  £racfyontti$.  9la$  bem  2;obe$  §erobc$  b.  ©r.  fähig  Sluguftuä  einen  Seil  beä 
bon  3en^boru^  befyerrfctyten  ©ebtete  (jebenfalte  $ania$)  ju  bem  9leic$  be$  SSierfürften 
$ßfyiliWu$,  baä  fyauptfäcfylicfy  33atanäa,  Xractyonitte  unb  3luraniti$  umfaßte  (Antiq.  XVII 
11,  4;  Bell.  jud.  II  6,3).    ^fyUippu*   fpA  ba^er   über  einen  Seil  be3  alten  gturäer* 

25  ret^  gefycrrfcfyt.  Danach  toäre  e$  eine  freiließ  ungenaue,  aber  ntd&t  gam  unrichtige  3to* 
aabe,  toenn  ber  (Sbangeltft  2c  3,  1  für  ba$  ga^r  28/29  nac§  G&r.  $Pw>u3  ate  9Sier= 
fürften  über  $.  unb  Irad&onitiS  bejeid&net.  §erobe$  fß^tltppud  regierte  bon  4  bor  Gfpc. 
—34  nad&  G^r.  $«t|e. 


Suan  be  »öila,  a^fetifd^er  ©d^riftfteller,  geft.  1569.  —  Sitteratur:  (Sine 
30  üoUftftnbige  ^u^go^e  feiner  ©djriften  evfdjien  in  9  Duartbänbcn  1757  in  Wabrib,  na^bem 
eine  minber  üoUftftnbige  ebenb.  iljr  uorau^gegangen  war.  SSon  bem  3)ialog  De  los  malos 
lcnguages  del  Mundo,  Demonio  y  Carne,  war  1556  ein  nieftt  autorifterter  S)ru(f  erfeftienen; 
ba§  neranlaftte  3.  felbft  $u  einer  neuen  «uögabe,  ber  balb  (1577,  1579,  1581,  1604  u.  f.w.) 
anbere  folgten,  aud)  in  italienifdjen  (1610,  Moni),  englifc^en  (1620,  fionbon)  unb  franjöfifc^en 
85  Ueberfe^ungen  (unter  bem  Xitel :  Christiana  Institutio).  Sein  ^auptwerl.  ebenfaQd  in  jatjU 
reiben  6epavatau§gabcn  unb  Ucberfe^un^en  crfdjienen,  finb  neben  ber  a$!etifd)en  6d)rift 
audi  filia  („$)öre,  Xodjter",  ^ßf  44)  bie  Cartas  espirituales  (Epißtolario  espiritual),  juleft 
im  XIII.  Söb  ber  Biblioteca  de  Autores  Espauoles  (^Kabrib,  8fiioabeneira  1850)  gebrudt. 
@ine  beutfdje  Ucberfejung  \?on  3.3  ©erfen  gibt  gr.  3.  Scftcrmer  (I— V,  9Jcgen«b.  1«56  bi* 
40  1877).  fiui§  be  ©ranaba  ftat  i^m  banfbar  ein  6iograpf)ifd)e8  $)enlmal  gefef t  (Obras  del 
V.  P.  M.  Luis  de  Granada,  «äflabrib  1849,  T.  III,  p.  451-486);  bann  |at  9*ic.  Antonio 
(Bibliotbeca  Hisp.  Nova,  I,  639—642)  if)n  einge()enber  be^anbelt  unb  litterartfdje  ^ad^wei* 
fungen  gegeben,  aud  benen  bie  93ebeutung  beö  uRanneS  für  bie  religiöfe  ©ewegung  ber  3e*l 
nod)  flarer  ^crüorge^t. 

45  3uan  be  Slüila,  ben  bie  fpätere  3^^  ^cn  Slpoftel  3lnbaluften$  genannt  fyd,  ftammte 
au^  einer  angefefyenen  gamilie  be«  ©täbte^en«  ällmoböbar  bei  Gam^o  im  ßrjbUtum  Solebo. 
1516  be^og  er  bie  Untoerfttät  Salamanca,  um  nad^  bem  Söunfäe  ferne«  SSatei«  bie 
SRed^te  ju  ftubieren.  3lber  er  glaubte  balb,  ©otteä  9luf  in  eine  anbere  Saufba^n  )u  txr* 
nehmen,  fefyrte  nac^  §aufe  jurücf  unb  führte  brei  3a^   ^ng,  getrennt  tum   allem  Um« 

00  gang,  ein  aefetifcfcbef<$auli$e$  Seben.  6in  burc^reifenber  gframiStaner,  ber  erftaunt  Don 
i^m  l?örte,  gab  ben  eitern  ben  9tot,  t^n  jum  ©tubium  ber  Geologie  nadb  SUcaM  ju 
fenben.  2)ort  führte  Domingo  be  6oto  ben  feinfinnigen,  bur$  ein  mufterpafted  2e6en 
ftd^  au^jeid^nenben  Jüngling  in  bie  2Btffenf$aft  ein  unb  gehxinn  an  tym  nic^t  nur  einen 
ber  begabteften,  fonbern  auc^   ben   liebenbftcn  ©c^üler.     Site  3uan   *n   f^ner  33aterflabt 

66  nac^  bem  iobe  feiner  ßltern  bie  erfte  ÜReffe  la^,  jeigte  er  feine  Stiftung  barin,  ba^  er, 
ftatt  naefy  ber  Sitte  bcr  3eit  ein  geftmafyl  ju  beranftalten,  mx  geier  bed  ^£age«  jtoölf 
2lrme  Heibete  unb  betotrtete.  3n  ba^  2lmt  eingetreten,  toarf  er  fid^  mit  (gifer  auf  bie 
Sßrebigt,  für  bie  er  fo  begabt  toar,  bafi  er  balb  ate  ba$  3Jhi[ter  eine«  ^rebigerd  galt 
2)en  ©ebanlen,  nadji  Cftinbien  au^ulwanbern,   gab   er  auf  bte  SBorftettungcn  be3  6rj* 

go  btfe^of«  bon  Sevilla,  Sllfonfo  SRanrique,  ^in  auf,  unb  unter  ftet^  )une^menbem  SrifaDe 


ftttatt  b'tfotla  3?itbeljal>r  645 

betrat  er  nun  in  t>erf<$iebenen  Stäbten  Spanien«  bie  Äangel.  Wt  29  Sauren  juerft  in 
SetriHa  aufgetreten,  toirfte  er  neun  ^afyxt  in  biefer  2)iöcefe,  bann  in  Sörboba,  ©ranaba  unb 
anberen  Orten.  6r  l?atte  bic  ®abt,  bun$  ein  einziges  Söort,  bura)  einen  Slicf  baä 
geuer  in  ben  £erjen  feiner  §örer  ju  entjünben ;  er,  ber  felbft  bei  93eginn  feiner  2auf= 
ba$n  fein  ganjeä  6rbe  ben  Slrmen  gegeben  batte,  mochte  mit  befonberem  SJac^brudf  5 
gegen  ben  2up3  unb  bie  Überfa^äfcung  unb  ©efafyren  bes  SReio^tumS  prebigen.  2)aS 
ältere  gab  SfJeibern  2lnlaf$,  tyn  bur$  bie  ^nquifition  belangen  $u  laffen.  Sefragt,  öer= 
tetbigie  er  fta)  nic^t  —  ba  fyracfy  man  tyn  frei  mit  SHücf ftc^t  auf  fein  eEentylarifd&eS  £eben. 
3Rit  fünfjig  Sauren  toar  fein  2eib  gebrochen  bur$  bie  unabläfftgen  änftrengungen  beä 
StyoftolateS,  bie  nid&t  feiten  jtoeiftünbigen  $rebigten  unb  ba«  übertrieben  aätetifa^e  Seben.  10 
3e$t  toirfte  er  bur<$  ©rma^nung  unb  Selefyrung  engerer  Äreife,  inäbefonbere  ber  -Btönd&e 
in  \fycm  Älöftern  ringsum,  fotoie  bur$  tfycologifa^e  äbfyanblungen  unb  ©riefe.  Sitte  3lm 
erbietungen  fyöfyerer  fira^lia^er  Stellen  fd&Iug  er  au«,  fo  biejenige  beä  @nbifc$of$  2toalo3, 
$n  gum  Äanonifuä  in  ©ranaba  ju  machen,  unb  fogar  bie  be£  König«  ^S^iltpp  II.,  ber 
Üpi  auf  ben  bif$öflic$en  ©tubl  Don  ©egoöia,  bann  auf  ben  erjbifd&öflia^en  Don  ©ranaba  15 
ergeben  wollte.  3lm  10.  ÜRai  1569  ftarb  3uan  in  9föontUla  in  bem  §aufe  feine« 
SSeretyrer«,  be«  3)tarqui«  be  Sßriego.  3»uan  be  2)io«,  Stifter  bc«  Drben«  ber  barmherzigen 
Srüber,  ber  $1.  Stanj  33orgia,  Sui«  be  ©ranaba  unb  fromme  grauen,  bie  fu$  an  feinem 
geben  unb  Sterben  erbaut  Ratten,  festen  i^m  in  ber  3;efuitenfir#e  kort  einen  ©ebent* 
ftein :  Magistro  Johanni  Avilae  —  Patri  optimo,  Viro  integerrimo  —  Deique  20 
amantis8imo  —  Filii  eius  in  Christo  —  Pos(uerunt).  ©ettrail). 

3nan  be  £orquemaba,  Äarbinal,  aeft.  1468.  — -  ßitteratur:  lieber  feine  $al)l» 
reiben  Schriften  giebt  Wie.  Antonio,  Bibliotheca  Hispana  Vetus,  T.  II,  ©.  288—293  genaue 
ftuätunft.  2)ie  n>id)tia,ften  finb :  In  Gratiani  Decretum  Commentarii,  5  2le.  (4  ©be, 
8enebig  1578);  Expositio  brevis  et  utilis  super  Psalmos  (9Rom  1476;  iHain&  bei  § djöffer  25 
1478,  u.  ö);  Quaestiones  spirituales  super  Evangelia  totius  anni  (9Srircn  1498,  ßljon 
1509  u.  b);  Summa  Ecclesiastica :  I.  De  uni versa  Ecclcsia;  II.  De  ecclesia  Romana  et 
Pontificis  Primatu;  III.  De  universalibus  Conciliis;  IV.  De  Schismaticis  et  Haereticis 
(Salamanca  1550,  beliebig  1561);  Revelationes  Sanctae  Birgittae  ex  commjssione  Sedis 
Apost  recognovit  et  Apologiam  apposuit  (f.  Biblioth.  Hisp.  II,  ®.  290).  Slufjerbem  30 
oerfafjte  er  ©treitfdjriften  ge^cn  bie  Wntifurialiften  in  SBafel,  Xraftate  über  ©cüjiuaffer, 
XranSfubftantiation  u.  f.  n>.,  üon  betten  einige  banbfdmftiid)  auf  ber  Sibliottjef  üon  S.  Maria 
sopra  Minerva  in  9tom  oovfyanben  finb.  (Sr  felbft  ift  in  ber  anftofjenben  $ird)e  beigelegt.  Sein 
Seben  ift  befdjrieben  Don:  Xouron.  Histoife  des  hommes  illustres  de  l'Ordre  de  St.  Domi- 
nique, $ari3  1743;  GiaconiuS,  Vitae  etc.  Pontiff.  et  Cardinalium  (T.  II,  p.  91(5  sqq.).  86 
6tcpb-  fiebererS  w5)er  fpan.  ^arbinal  30I5.  Sorquemaba  unb  feine  ©djriften,  Tübingen  1879" 
ift  eine  fompilatorifc^e  Arbeit  eineö  im  Äuriali§mu8  befangenen  Geologen. 

3o^anned  be  lurrecremata,  einer  ber  fyerfeorragenbften  Prälaten  ber  fat^olifa^en  Äircfce 
im  16.  Sa^r^unbert,  ben  man  nid&t  mit  bem  ^nquifitor  2tyomaS  be  lorquemaba  Der« 
Dertoec^eln  barf,  toar  1388  in  SSatlabolib  geboren,  trat  in  ben  Dominifanerorben  unb  40 
begleitete,  öor  atten  bunfy  feine  3)eüotion  unb  ©ele^rfamfeit  ftd&  au^jeid^nenb,  ben  Drben^ 
obem  $.  2ui«  jum  Äonftan^er  Äon^il.  3Son  bort  nao^  $ari«  jur  i*ollenbung  feiner 
Stubten  geje^idt,  erroarb  er  ben  3)of torgrab  1423,  unb  foll  bamate  auo^  eine  jeitlang  an 
ber  ?Barifer  Sa^ule  gelehrt  l^abcn,  btö  U)ir  tyn  als  $rior  feinet  Älofterö  erft  in  Waüa* 
bolib,  bann  in  lolebo  toieberfinben.  1431  lie^  ßugen  IV.  ifyn  nac^  SHom  fommen,  er-  46 
nannte  i^n  gum  Magister  sacri  palatii  unb  jum  Ideologen  auf  bem  Äonjil  ju  33afcl. 
2)ort  trat  1.  auf  ate  unermüblia^cr  SSorfämpfer  ber  Äurialiften  für  bie  toeiteft  ge^enben 
Änfl>rüa)e  be«  römifcfyen  Stuhle«,  ßr  ftanb  mit  an  ber  ©ptfce  berer,  toclcfye  Safel  öer^ 
liefen,  um  ein  neues  gefügigeres  Äon$il  in  gerrara  ju  galten,  toie  er  benn  überhaupt 
feine  gan^e  ^raftifa^e  unb  einen  Seil  feiner  fa^riftftellerifdjen  2tyätigfeit  in  ben  2)ienft  ber  60 
abfolutiftifo^en  römifa^en  ^bee  geftellt  fyat.  1439  erfolgte  feine  Ernennung  jumftarbinal, 
1468  ftarb  er  in  SKom.  s))l\t  ben  ^erüorragenbften  ©elej^rten  feiner  3eit,  bem  Äarbinal 
Seffarion,  glabio  93ionbo  u.  a.  ftanb  er  in  freunbfa^aftlia^en  Schiebungen.       ©enrat^. 

^ttbeljafyr,  Jubiläum.  —  n.  Nagelmaker,  De  Jubilaeo  sive  indulgentiis  et  plenaria 
remittione  dialogus  Antv.  1576;  g.  6.üöfflcr,  doppelte  ^adjvidjt  Don  ben  römifdjen  Sl'irdjen»  66 
3ubel*3al)rcn  je.,  i?cipjig  172C>  (öafclbft  ©.  33f)  eine  ßufammrnftcüung  ber  älteren  üittera» 
tur);  Eus.  Amort,  De  originc,  progressu,  valore  aefruetu  Indulgentiarura.  Aug.  Vind.  1735; 
Maoni,  Domenico  Maria,  Istorin  degli  Anni  Santi  del  loro  prineipio  fino  al  presente  del 
MDOCL  di  Firenze  1750;  ©regoroüiu«,  (Öefd)id)te  ber  Stobt  s.Kom  im  Mittelalter  83b  5ff.; 
^enr^  (S^arled  £ea,  A  History  of  Auricular  Confession  and  Indulgences  in  the  Latin  oo 
Hul»9nt)tlop&bit  für  Geologie  unb  ftirge.    3.  «.  IX.  35 


546  3ubeljoljr 

Church  vol.  III,  fionbon  1896;  $uftor,  ©cfdndjte  ber  «ßäpfte  im  3eitaltcr  bcr  ftenaiffancc, 
grciburg  1886 ff.;  ».  bc  ©aal,  $aS  tjciligc  3af)r  in  ftom.  ©efdiidjtlidie  9tad)rid>ten  über  bic 
3ubitäen,  mit  befonbcrcr  SKüdf|id)t  auf  bcutfdjc  (Srinnevungen.  Unter  $3enu$ung  ungebruefter 
Oueüen  2.  Muft.,  fünfter  1900;  $.  £.  SirauS,  3)a§  Anno  santo.  ©eil.  j.  «flgem.  3eitung 
6  1900.  Er.  26.  50.  76.  99.  125.  148;  5r.  Geringer,  $ie  Slbläffe,  ifjr  SBefen,  unb  (Bebrand) 
11.  5IufI.  Sßaberborn  1895;  Ritus  servaudi  in  aperitione  et  clausuni  portae  sanetae.  Ro- 
mae  1775. 

Unter  ^ubeljaljr,  römifd&em  Jubiläum,  fcerfte^t  man  eine  (Sinricfctung  ber  romifdfren 
Äird&e,  beren  ßntfte^ung  im  engften  3«fammen^ang  ftetyt  mit  ber  im  Verläufe  beS  9Rütefc 

10  altera  immer  mefyr  roacfyfenben  Neigung  ber  ©laubigen,  nad)  9tom  $u  ben  ©rabern  ber 
Styoftel  px  pilgern,  bie  teils  infolge  ber  bafür  toon  ben  Zapften  toertyroc^enen  Slbläfje  teil« 
infolge  ber  9iot  ber  3*ü  unb  btx  baburefy  beförberten  fird&licfyen  2)ebotion  gegen  @nbe  beS 
13.  3&W"nbertS  eine  bis  bafyin  nie  beobachtete  §öfye  erreichte.  9lamentli^  in  ben  legten 
Xagen  beS  fcfyeibenben  Sa^r^unbertS  brängte  ftc$  eine  immer  größer  toerbenbe  SRengc  $u 

15  ber  2fyoftelfird&e  unb  jur  SJere^rung  beS  8c$h>eif$tuctyeS  ber  fyl.  93eronifa,  toelctyes  für  bie 
frommen  auSgeftellt  rourbc.  2)cr  3u*auf  fcwgröfcerte  fic^  fcon  3:ag  $u  %a$  bureb  baS 
immer  weiter  bringenbe  ©erüctyt,  bafc  am  erften  läge  beS  !Ja^reS  ein  fcoUfommener  äblafc, 
an  ben  fpäteren  ein  folcfyer  bon  bunbert  ^afyren  ju  ertoarten  fei  (primo  centesimi  die 
omnium  eulparum  sordes  deleri,  caeteris  annorum  centum  indulgentiam  fore. 

ao  ©o  nad&  bem  33erid&te  beS  gleichzeitigen  ÄarbinalS  ^alobuS  Stcpfyaföi  SajetanuS  de  Jubi- 
laeo  BM  XXV.  936).  Söoljer  baS  ©erüdjt  fam,  läjjt  fid&  niefct  fagen;  fid&er  ift  bagegen,  bafc 
eS  auf  leinerlei  Irabition  beruhte  unb  bic  Don  $apft  33onifatiuS  VIII.  fceranlafeten  blaty 
forjcfyungcn  im  SSatifanifc^en  Slrcfyto  nichts  barauf  33ejüglicfyeS  aufliefen,  aber  ein  alter 
SWann,  ein  Sauer,   ber  me^r  als  fyunbert  ^a^re  jaulte,  bezeugte,  bafe  fein  Sater  fcor  $un= 

25  bert  3>atyren,  um  9*ofien  2lblafj  ju  geroinnen,  na<$  9tom  gefommen  fei  unb  ityn  ermahnt 
fyabe,  falls  er  eS  erlebe,  boefy  ja  beim  näcfyften  3j^r^un^ertanfang  ben  fraglichen  Stbla^ 
ju  erroerben.  -Kun  fanben  fic$  aud&  anbere,  bie  baion  ettoaS  toiffen  tooUten.  Daraufhin 
beftättgte  ber  Sßapft,  allcrbingS  erft  naefy  itoei  ÜRonaten  burefy  bie  93uHe  Antiquorum 
habet  fideji  fcom  22.  gebruar  1300  auf  ©runb   glaubroürbtger  6r$ätylung    alter  2eutc 

so  bie  früher  ben  pilgern  gemährten  2lbläffe  unb  getoäfyrte  ju  größerer  SSerefyrung  ber  Sfpoftel 
$etruS  unb  *ßauIuS  für  baS  feit  SBcitmacfyten  begonnene  ^afyx  1300  unb  für  jebeS  fom= 
menbe  ^afyrfyunbcrtjaljr  vere  poenitentibus  et  confessis,  vel  qui  vere  poenitebunt 
et  confitebuntur  non  solum  plenam  sed  largiorem  immo  plenissimam  omnium 
suorum  veniam  peccatorum,   unb   |\roar  ben  Stömcm,   toenn  fte  brei^ig  läge  lang, 

85  ben  gremben,  roenn  fte  fünfeefyn  läge  lang  bie  33ajtli!en  ber  Slpoftelfürften  $etruS  unb 
unb  ^auluS  bejud^en  roürben  (Extravagantes  communes  lib.  V.  T.  9  c.  1  bei  Sommer 
Corp.  juris,  canon.  II,  1193;  StatmalbuS,  Annales  eccl.  ad  annum  1300  §  4). 
Da  bis  bafyin  trofc  ber  gmwljim  beS  älblafetoefenS  im  13.  Safyrfyunbert  bie  $ö^e  beS  ge= 
roäfyrten  älblaffeS  für  ben  Scfud^  ber  römifcfyen  Kirnen,  toie  neuerbingS  hrieber  fonftatiert 

4orourbe  (ögl.  Sea  a.  a.  D.  III,  197  f.),  fi$  im  lüften  gaHe  auf  7  3a$re  erftreefte,  be- 
greift eS  \xd),  bafe  bie  ungcroö^nlic^e  3"bulgen$  SonifatiuS1  VIII.  aumal  in  tyrer  fe^r 
mi^crftänblid^cn  Raffung,  bie  beim  3Solfe  bamalS  roie  fpäter  bie  3?orftellung  ^etüorrufen 
mu^te,  bafe  eS  fiefy  um  roirlltc^c  Vergebung  bcr  ©ünben  l^anble,  febr  großes  3luffeben 
mad^te.   (Über  baS  Söefen  beS  ^ubtläumSablaffeS,  fpe^iell  bie  5ormel  a  poena  et  culpa 

46  pgl.  b.  81.  „^nbulgen^en"  oben  8.  83  ff.),  iölan  i)at  bafyer  immer  nac^  ben  befonberen 
•Btottoen  gefragt.  916er  roenn  eS  nicfyt  lebiglic^  6igennu§  mar,  roaS  getoifc  bem  Gbarafter 
beS  $a))fteS  nidjt  U)iberjprec^en  roürbe,  roirb  man  (gegen  ÄrauS,  ä.  3^-  Seil.  9tr.  76 
8.  3)  fc^rocrlic^  ein  anbereS  SWotto  annehmen  bürfen,  als  roaS  bie  römifc^e  Äir^e  bis  in 
bie  neuefte  $t\t  toeranlafjt  ^at,  jebe  auc^  no^  fo  ungeheuerliche,  in  ber  ^olfSreltgton  auf« 

so  gefommene  neue  älnbac^t  $u  fanftionieren,  nämlic^,  baburd^  bie  3)eöotion jiu  förbern.  Uiu"» 
ber  ßrfolg  toar  nad;  bem  Urteile  bcr  ^citgenoffen  ein  fe^r  großer.  Sie  SRenge  ber  $ilger, 
bie  in  5Rom  jufammenftrömten,  um  bie  ©naben  beS  Anno  santo  ju  ertoerben  (ögL  ouc^ 
bie  Sefc^reibung  bei  ©rcgorofciuS  V,  547  ff.),  unb  ber  3^0  jur  Su^e,  ber  ftc$  barin  jeigte, 
machte  auf   rocite  Ärcife  großen  ßinbruef,   ber   ftc$   au^   in  2)anteS    göttlicher  Äomöbie 

65  roicbcrjpicgelt.  2)er  florentmifdje  G^ronift  ©ioöanni  SSiUani ,  ber  burc$  ben  Sefu^ 
SWomS  in  ber  ^ubiläumS^eit  ju  feiner  florcntinifcfyen  ©efc^id^te  angeregt  tourbe,  ^atte  bie 
(Simpfinbung,  ba^  bamit  für  &om  eine  neue  ©lanjjeit  beginne.  Unb  bie  päpftft$e  ©nabe 
erhielt  ifyrc  Krönung,  als  SonifatiuS  am  legten  Xage  beS  Jubiläums  burc^  einen  Jtarbtnal 
ben  fraglichen  2lbla|  auc§  ben  auf  bem  SBege  ju  feiner  ßrlangung  ©eftorbenen  ^utpenbetc 

60  (Item  placet  ipsi  Domino  nostro  Summo  Pontifici  et  vult  quod  omnes  Uli  qui 


3ttfieljal)r  547 

venerunt  ad  indulgentiam  concessam  per  eum  et  mortui  sunt  in  via  vel  Urbe 
numero  dierum  taxato  in  ipsa  indulgentia  nondum  decurso,  plenam  indulgen- 
tiam consequantur.  33ei  3>afobu«  ßajetonu«  in  BM  XXV,  p.  944),  beim  bafe  bicfc 
päpftfic^e  äu«laffung  entgegen  bei  gelungenen  Don  Sea  (III,  338)  unb  Don  31.  $aulu« 
($er  »blafe  für  bie  Serftorbencn  im  Mittelalter,  $ffl)  1899,  ©.  19  f.)  berteibigten  2tuf*  6 
faffung,  ba|  ber  ^ßa^ft  nur  bie  ©rllärung  abgebe,  bafj  jene  ben  Stblafe  gewonnen  Ratten, 
trielme|r  im  ©inne  einer  SBerleifyung  $u  öerftetyen  ift,  fdjeint  mir  au«  bem  äßortlaut  mit 
SJefümmtfyeit  ^erborguge^en.  9iatürli$  toaren,  tote  äße  Quellen  bezeugen,  burcfy  bie  Opfer 
ber  gfremben  bem  ^>ä]pft(td^en  ©cfyafce  fetyr  bebeutenbe  ©ummen  jugefloffen  unb  aucfy  ber  Söo^l- 
ftonb  ber  SSürger,  bie  nac$  bem  Urteil  93itlani«  ade  reicty  getoorben  toaren,  fyatte  fxdf  merflicty  10 
gehoben.  3Ran  begreift  ba^er,  bafj  bie  ©rinnerung  an  bicfc  golbenen  &t\tm  in  bem  öon 
ben  köpften  berlaffenen,  bertoafyrloften  unb  fceröbeten  9tom  ben  2öunj$  erregte,  fie  balb 
toieberfe&ren  &u  fefyen.  6r  öeranlafete  bie  SRömer  eine  ©efanbtfcfyaft  im  IJafyre  1342  an 
Semen«  VI.  nac$  älbignon  ju  fcfyidfen,  um  ifyn  ju  betoegen,  bie  ^eier  be«  Jubeljahres 
auf  ba«  je  fünfeigfte  %al)T  fcftjufc^en  unb  e«  alfo  fd&on  1350  toieber  feiern  ju  laffen.  16 
Sie  fteBte  tym  öor,  fyunbert  $ai)tt  fei  eine  lange  $t\t,  bie  nur  toenige  in  ifyrem  Seben 
erreichten,  bafe  alfo  gar  ötele  bafyin  ftürben,  ofyne  ber  fcollfommenen  SSenetyung  aller  ifyrer 
©ünben  teilhaftig  gu  tocrben.  Unb  bieje  Don  ber  fyl.  Sirgitta  öon  ©cptoeben  unb  aucfy 
fron  Petrarca  unterftüfcte  Sitte  fanb  ©efyör.  3n  ^et  93uUe  Unigenitus  Dei  filius  Dom 
27.  Januar  1343  —  e«  ift  biefelbe,  toeld&e  1518  ber  Rarbinal  Sajetan  gegen  Sut^er  in  ao 
äug«burg  fyeranjog,  um  bie  SEfyeorie,  bafe  ber  3lblafefctya$  au«  bem  Ißerbienfte  ßfyrifti,  ber 
SRutter  ©otte«  u.  f.  to.  befte^e,  al«  ftird&enlefyre  ju  betoeifen  (Rainaldus  ad  annum 
1343  n.  11),  fefcte  er  in  Stücfftfy  auf  ba«  altteftamentlid&e  Jubeljahr  (f.  b.  3t.  ©abbat^a^r)  ba« 
Ja^r  1350  unb  jebe«  folgenbe  fünfjigfte  %atyc  al«  Jubiläum«ia^r  feft,  inbem  er  ben  ju 
befuc^enben  Äircfyen  no<$  bie  Sateranfirc^e  beifügte  unb  bie  fcfyon  befannte  Seftimmung,  26 
bafe  ber  äblafe  au$  benen  $u  gute  fommen  toürbe,  bie  bor  (Erfüllung  ber  38orau«fe$ungen 
fierben  toürben,  bafyin  ertoeiterte,  bafe  er  aucfy  benen  jutommen  follte,  qui  post  iter  ar- 
reptum  impediti  legitime  quo  minus  ad  urbem  illo  anno  valeant  pervenire. 
Wogegen  toirb,  obtoo^l  in  jener  3*it  entftanben  unb  toeil  für  ec$t  gehalten  Don  großem 
Selang  für  bie  Setoegung,  bie  bei  Baluzius  vitae  paparum  p.  312  ff.  unb  Muratori  80 
SS  IV,  2,  584  fic$  pnbenbe  Sülle  Ad  memoriam  reducendo  bom  27.  3uni  1346, 
bie  jc^on  äntoninu«  fcon  glorenj  Tit.  10  c.  3  §  6  für  untergefd&oben  erflärt,  toorin  ber 
Stopft  u.  a.  ben  (Sngeln  befiehlt,  bafe  fte  bie  ©eelen  ber  auf  ber  ^ßilgerreife  ©terbenben 
bom  gegefeuer  ganj  rein  in  bie  §errlic§feit  be«  ^arabiefed  führen  foHten  (bgl.  barüber 
bieöemerfungen  bei  Sealll,  303),  für  unecht  ^u  galten  {ein.  %n  ber  Sülle  Unigenitus  86 
fmbet  fic^  nun,  fo  toeit  icf>  fe!?e,  ^ucrft,  alfo  fe^r  nachträglich,  bie  Segie^ung  auf  ba« 
jubiföe  &abbaU  ober  ^jubclja^r,  toeld^e  fettbem  jur  ©egrünbung  übli^  getoorben  ift,  fo 
bafc  man  fe^r  mit  Unrecht,  toie  nod^  2)e  Söaal  ©.  2  unb  Geringer  ©.  460  tfyun,  fd^on 
bie  ©tnfüfyrung  be«  ^»ubelja^  aU  „eine  Übertragung  jener  mojaifc^en  Slnorbnungen  auf 
ba3  ©eiftige"  auffaßt.  3:ro^bem  bafe  ber  fd&toaqe  2ob  einen  großen  Seil  (SuropaS  beci-  40 
miert  fratte,  tyfylipp  t>on  SBaloiö,  im  Kriege  mit  (Snglanb,  jcbe  SBaUfa^rt  nac§  9tom  ober 
ScmtoofteHa  unterfagte,  allenthalben,  namentlich  je  nä^er  man  ber  etoigen  ©tabt  fam, 
Ääuocrbanben  bie  SÖege  unfic^er  matten,  fo  toar  boc^  bei  biefem  jtoeiten,  1350  gefeierten 
Jubiläum  ber  3U5U9  ^^r  Wq&  nod^  größer  al«  ba«  erfte  5Kal,  unb  ber  Florentiner 
Watteo  35iUani,  ber  93ruber  ©iofcanni«  fann  nid^t  genug  bie  Slnbactyt,  Demut  unb  46 
©elbftoerleugnung  ber  §unberttaufenbe  t>on  SBallfa^rern  fd^tlbern  (Muratori  Scriptores 
XV,  p.  56).  SllerbingS  mufjten  bie  ^uSRom  gebotenen  ©nabengaben  um  fo  erftreben«- 
toerter  erföeinen,  al«  bei  biefem  Jubiläum  jutn  erftenmale,  toa«  feitbem  fte^enb  getoorben 
ifi,  für  bie  3«t  beä  Anno  Santo  äße  anbem  ^Mött^a*  fufpenbiert  tourben.  älu^ers 
bem  fonnte,  toaS  feine  geringe  Sodterung  ber  tircfylicfyen  Di^iplin  bebeutete,  im  ^ubelja^r  60 
jeber  auet  o^ne  Erlaubnis  feine«  25orgefe^tcn  bie  Pilgerfahrt  antreten :  ber  SBifc^of  brauste 
tiUty  bie  ßrlaubni«  be«  ^cipfte«,  ber  itlerifer  nic^t  bie  feine«  Jöiföof«,  b«  ÜJlönc^  nic^t 
bie  feine«  %bt&  ober  $rior«,  unb  fogar  bie  Gfyefrau  fonnte,  toenn  fte  gegen  ben  SBillen 
t^re«  SKanne«  bie  SBaUfa^rt  unternahm,  obtoo^l  fie  bamit  fünbigte,  bie  öerfprocfyenen  Sit* 
bulgenien  getoinnen.  ^erfonen  t)on  ©tanbe  burften  j\u  $ferbe  reifen,  unb  foletye,  bie  66 
einen  legalen  38cr^inberung«grunb  Ratten,  lonnten  auc^  burefy  einen  Vertreter  ben  SSblafe 
ertoerben  (8ea  III,  203  nac$  9iotti,  opus  remissionis  fol.  11).  (Sine  anbere  9leue« 
nmg,  bie  tyäter  größere  3lu«be^nung  getoann,  bahnte  fi$  bamal«  an,  inbem  ber  Sßapfi, 
hHi^rfc^tmli^  gegen  nic^t  geringe  3<u)hm9*K/  im^a^re  1351  auf  i^re33itten  benÄönigen 
^ugo  t>on  Gbpern  unb  ßbtoarb  t)on  ©nglanb,  bem  $erjog  .§einri$  Sancafter,  ben  Königin^  »;o 

35* 


548  dubeijaljr 

wen  3fobella  bon  granfreicty,  P^tltpt)tne  bon  ßnglanb  unb  (Slijabcty  bon  Ungarn  bie  3ubi= 
läumdinbulgemen  aud&  otync  Pilgerfahrt  getoäfyrte,  ebenfo  ben  auf  bem  Äapitel  $u  8afd 
fcerfammelten  äluguftincreremiten  unb  bau  ßrabifd&of  fcon  Srinbift  afö  9hmtiud  bon  Si* 
äilien  für  30  $erfonen,  (enteren  gegen  3a^un9  bcf[cnr  toa«  bie  Pilgerfahrt  gefoftet  fcaben 

5  toürbc  (2ea  III,  205). 

3Ud  ©regor  IX.  im  3afyre  1377  na$  SBom  &urücffe$rte,  fod  er  auf  ben  SBunfö  ber 
SKömer  ben  SjJlan  gefaxt  Ijaben,  bad  3u^c4a^r  a«f  *>a$  ie  breiunbbreifeigfte  §af)r  feftjufefren, 
aber  erft  Urban  VI.,  ber  in  feiner  ©clbnot  guten  ©runb  fyatte,  auf  neue  ^üfdqueBen 
&u  benfen,    unb   bamit  feine  Dbcbien$   befeftigen   toollte,   föritt  ba$u,    inbem    er   in  ber 

10  SöuDe  Salvator  noster  auf  bie  Äür$c  bed  mcnfcfylidjcn  fiebend  unb  ben  ©rlöfungdtob 
Gtyrifti  im  33.  Sebendjafyr  öertoied.  3U9^^  toutte  *x*d  näd&fte  3ubeljafyr  für  bad  3?$* 
1390  angefünbigt  (Eus.  Amort,  de  Indulgentiis  P.  1.  p.  84).  äuefc  biefed  britte 
Subelja^r  braute  trofc  bed  Scfytdmad  bem  päpftlic^en  Stuhle  fe^r  biel  ©elb  ein,  aber 
bamit  nid&t  aufrieben  (bgl.  Sfyeobor  b.  9iiem,  De  schismate  I,  c.  68),  fanbte  Sonifatiud 

15  feine  (Smiffäre  fd&on  toäfyrenb  bed  3ubiläumd  unb  bann  nod)  Qa^re  nac^er  in  afle 
$robinjen  feiner  Dbebicn^,  um  feine  Slbläffe  für  ©elb  an  ben  Wann  $u  bringen,  toorüber, 
toeil  bie  Äommiffare  um  bed  ©efcfyäftd  toitlen  tyre  firc^li^en  unb  fittlicfccn  Stnforbc* 
rungen  an  bie  ©laubigen  möglic^ft  fyerabftimmten,  fc^on  bamald  Diele  klagen  laut  tourben, 
fobafj  ber  Sßapft  $u  ftrenger   unb  graufamer  93eftrafung   einiger   feiner  Slgcnten  fdnreiten 

2omufete  (£ea  III,  65  ff.). 

9lad>  ber  Vorförift  Urband  VI.  liefe  SDtartin  V.  für  bad  3a$r  1423  ein  (IV.)  3u* 
biläum  anfünbigen.  älber  bie  Stimmung  fear  eine  anberc  getoorben,  unb  cd  entforac^ 
ber  nietyt  am  toenigften  fic$  gegen  bie  finanzielle  Sluebeutung  ber  Hölfer  bunty  bie  Äurie 
ricfytenben  Ojtyofition,  tote  fte  &u  sJ5ifa  unb  ßonftan^  laut  getoorben,  toenn   man   fc$on 

25  ^tcr  unb  ba  babor  toarnte,  burc$  93efuc$  bed  3u^Äumd  bad  ©elb  aud  bem  Sanbc  ya 
tragen,  unb  Vorfrage  machte,  toie  man  burefy  Übernahme  cntfprecfyenbcr  (Entbehrungen 
bad  3ut>tfäum  spiritualiter  perficere  unb  bie  gleiten  ©naben  ertoerben  tonnte  (»gl. 
©erfon,  Opp.  ed.  SDu^in,  Slntto.  1706  II,  523).  SBcnn  ed  überfallt  offiziell  gefeiert 
tourbe,   toad  mefyrfacty   be^tueifelt  toorben  ift,   fo    folgten  boety  längft  nietyt   fo   Diele  ber 

so  Ginlabung,  ald  bied  früher  ber  %aü  getoefen  toar.  dagegen  toarb  bad  V.  t>on  Stifte 
laud  V.  gefeierte  Jubiläum,  ber  toieber  ^ur  alten  Drbnung  bon  fündig  S^1^11  gurücfe 
febren  toollte,  unb  ed  barum  für  ba$  %a\)x  1450  anfagte,  toie  cd  fein  follte,  ju  einer 
älrt  üon  ©iegedfeft  für  bad  ^a^fttum,  bad  ^um  erftenmalc  ftcfy  bei  biefer  ©elegcn^eit 
feiner  s3J{ad&t  über  bie  gange  ß^riften^eit  behmfjt  toerben   fonnte.     3lad)  ber  ©c^ilbcnmg 

35  ber  3e^9en°Rm  toaren  trofcbcm,  bafe  toie  faft  jebcdmal  mit  ben  pilgern  auc^  bie  Sßeft  in 
Stom  einbog  unb  am  19.  Dejember  beim@ebränge  auf  ber  ©ngclbrücfe  gegen  jtoetyunbert 
3)knfc^cn  umtamen,  bie  Sparen,  bie  fi<f>  nad^  diom  brängten,  um  ben  älblafe  }u  gewinnen 
unb  bem  Raupte  ber  toieber  geeinten  ß^riften^eit  i^rc  Serc^rung  bargubringen,  fester 
unermeßlich  unb  ber  3uf*ujj  an  ©elb  ein  nie  bagetoefener  (togl.  ^aftor,  ©efc^.  ber  $äpfle 

40  I,  322  ff.).  Unb  bie  ißerldngerung  bed  ^ubclablaff^  auf  bie  näcfyften  %abxt  unb  feine 
SBerlünbigung  in  ben  einzelnen  Sänbcrn  burc^  mit  reiben  3SoDmad?ten  berfefyene  Legaten 
—  in  3)eutfd^lanb  crfcfyien  5Rifolaud  ü.  6ufa  —  toar  bon  ber  größten  Scbeutung  bafür, 
bafe  bie  Sanbe  gtpifc^ien  ben  SSölfem  unb  bem  ^)iaj)fttum  fi(fy  enger  Inü^ften  ald  je.  grcüüty 
begann  bamale  auc^,  allerbingd  mc^r  aud  nationalöfonomifc^en  ald  aud  rcligiöfen  ©rünben, 

45  ber  litterarifd^c  ^Jrotcft  gegen  ba^  2(blafeh)cfcn  fid;  gu  ergeben,  ber  feitbem  nic^t  toieber  üer* 
ftummen  follte. 

^iaul  II.  toar  cd  bann,  ber  am  19.  2tyril  1470  buix^  bie  33uOe  Ineffabilis  (bei 
Amort.  I,  p.  91)  in  Stütfftd^t  auf  bie  ftürge  bed  Sebend,  bie  häufigen  Seuchen,  Stürlen^ 
friege  :c.  ben  3h>^cnraum  für  bie  geier  ber  Jubiläen  auf  25  3a&tc  feftfe^tc.  trad  feit» 

60  bem  firdjlidjc  Drbnung  blieb.  So  tourbe  unter  Si^tud  IV.  im  3a^re  I475  ^^  VI.  3«* 
biläum  gefeiert,  boefy  fanben  fic^,  obtoofyl  ber  ^ia^ft  grofee  Vorbereitungen  traf,  um  ben 
3lufcntfyalt  in  9lom  angie^enber  gu  machen  (^}aftor  II,  459  ff.)  unb  nicfyt  gerinac  Grleicfc 
terungen  getoä^rte  unb  ben  pilgern  gelehrt  tourbe,  toer  burc^  bie  golbene  Pforte  (,,\nt 
tfyat  man  nur  in  ben  gnabcnrcicfycn  vxsa^ren  auf")  ge^t  mit  Slcue  unb  anbaut,  ber  ift  l^ig 

66  t)on  feinen  Sünbcn  \vk  ein  -Dtcnfcfy,  ber  erft  getauft  ift,  unb  man  audj  für  bie  Seelen  ber 
Jöcrftorbcncn  burd;  bie  Pforte  geben  fönnc  (aud  bem  SHombütfylein  bei  ^aulud  3^  189** 
S.  174),  bcröcfud?  üerbältnidmäfeig  gering.  Von  größerer  Sebeutung  toar  bad  VIl/3ubd* 
\a\}x  im  ^abre  1500  unter  SUc^anber  VI.,  ber  auefy  in  2lnfnü^fung  an  bie  IrabitionP) 
bad  bä  Eröffnung  unb  Sc^liefeung  bcdfclbcn  ^u  beadjtenbe  Ritual  feftgefteHt  fyat,  toel^ed 

*>  bid  je^t   im   großen  unb   ganjen    beibehalten  toorben    ift  (bie   betreffenben  SuQen  bei 


3fubelj<tf)r  549 

Burchardi  diarium  ed.  Iljouafnc,  $ari«  1884  II,  584  ff.    @benbafelbft  ©.596  ff.  bie 
genaue  Sefcfyreibung  bei  (Zeremonien). 

am  ÜBorabenb  be«  2Betynac£t«fefte«  voßjiefyt  bcr  $al>ft  bic  feierliche  Eröffnung  ber 
^eiligen  Pforte.  6in  Vorgang,  ber  toal?rfc$einlic$  $uerft  Don  Sllejanber  VI.  Vorgenommen 
toorben  ift  ßßaulu«  a.  a.D.  ©.  175 ff.).  $u  biefem  gtoeef  läfjt  er  ftc$  in  Vollem  Ornat,  6 
btc  breifad&e  Ärone  auf  bem  Raupte,  eine  vcrgolbcte  Äerje  in  ber  #anb  Vor  bie  feit  bem 
legten  Jubiläum  Vermauerte  $forte  in  ber  33orbaße  ber  $eter«firdje  tragen.  33on  Ijier 
entfenbet  er  &unäc$ft  brei  Sarbinälc  al«  feine  Segaten,  um  bei  ben  brei  anbern  §au£tfirc§en 
St.  Sßaul,  ©t.  3jofyanne«  Vom  Sateran  unb  ©t.  9Raria  ÜRaggiore  bie  gleiten  6ere* 
monien  Vorzunehmen.  -Kacfybem  bic  ©änger  ber  Vctyftlicfcen  ßapefie  ben  ^Sfalm  Jubilate  10 
Deo  omnis  terra  (naefy  ^Bf  66)  gefungen  fyaben,  fd&lägt  ber  $ßapft  mit  einem  (urforüng* 
li<$  gan$  gehenließen,  jefct  reidj  vergoldeten)  Jammer  an  ba«  Von  innen  jum  3u* 
jammcnbrec&en  Vorbereitete  9Jtauertoerf,  unb  tritt  naefcbem  von  innen  burety  §anbtoerfer  bie 
Ißfire  Völlig  eingeriffen  ift,  al«  erfter  burefy  bie  ©nabentfyür,  bie  bann  ba«  ganje  %afyx 
&mburc$,  bi«  fie  unter  entforeetyenben  Seremonien  toieber  gefetyloffen  toirb  (Vgl.  SRötfyen  is 
S.  77),  lag  unb  9la$t  Von  $rieftern  betoacfyt,  offen  ftefyt.  5Da  ber  3U3U9  ^tx  $itger 
toegen  bcr  Ungunft  ber  ^Atm  ein  verfyältni«mä|ig  geringer  toar,  ermäfjigte  ber  $aj>ft 
bur$  eine  33utte  Vom  4.  9Rärj  bie  2ßatlfafyrt«$eit  für  $rembe  auf  5,  für  (Sinfycimifcße 
auf  7  Xage  für  ben  %aÜ,  bafe  fie  ba«  baburdp  erfparte  ©elb  *um  Vierten  bejto.  achten 
leile  opferten  unb  gab  ben  Seictytigern  fefyr  toeitgeßenbc  garultäten  (Amort.  I,  94),  20 
beßnte  fogar  ba«  Jubiläum  bi«  (Spipbanien  au«,  ofyne  jebocfy  grofje  Grfolge  ju  erzielen. 
Unb  ba«  ©elb,  toa«  frühere  Sßäpfte  jur  iscrfcfyönerung  9iom«  Vertoanbt  Ratten,  flofj  größten- 
teil«  in  bie  Äaffen  ßefar  Sorgia«.  2ßie  bei  früheren  ©elegenljeiten  hwrbe  aueß  bamal« 
in  bem  folgenben  ga^re  ber  3ubiläum«ablafe  in  anberen  Sänbern  Vcrfünbet. 

©ine«  ber  glan$lofeften  toar  ba«  von  Giemen«  VII.   unter  ben  18.  3)eäcmber  1524  25 
angefünbigte  VIII.  Jubiläum  vom  3>al?re  1525>    bemerfenetoert  nur  burefy  bie  feßarfen 
8u«laffungen,  mit  benen  Sut^er  (621  29,  297  ff.)  bie  pätftlicfyen  ^nbiftionebuDen  paropfyra* 
ftertc    3)a«  IX.,  toelcfyc«  noc$  $aul  III.  1549  Iura  vor  feinem  lobe  proflamiert  fyatte, 
tonnte,  ba   fein  9ta$folger  3"Ku$   «ft  am   22.  gebruar  1550  gefrönt   Ivurbe,  erft  am 
24.  gebruar  eröffnet  toerben.    ®a«  ja^lreicty  befugte  X.  Jubiläum  vom  3^*  1575  unter  so 
®regor  XIII.  brachte  bic  fpäter  ftatutarifc^  geworbene  Neuerung,  ba^  bie  ^nbiftion«buHe 
in  bcr  33or^aHc  ber  $eter«firc^e  am  §immclfafyrt$feftc  unb  bann  tvieber  am  4.  3lbvent& 
fomitagc  öffentlich   Verlefen  unb  fobann   in  Slbfd&riften  an  ben  Spüren  ber  Vier  QavtyU 
finden  angeheftet  tvurbe.     Unb  al«  Ginflufc  ber  reformatorifd^en  Setvegung   mufe   e$  be* 
jcic^net  toerben,  ba^  bei  biefem  Jubiläum,  tvä^renb  beffen  Dauer  bie  römifäen  ©obalitäten  35 
eine  fe^r  bemerten«tverte  ©aftfreunbfe^aft  gegenüber  ben  gtemben  übten,  unb  ba^  ba«  %atyc 
über  ßuropa  au«gebe^nt  tourbe,  tro^  tüefentlic^er  6rlcid^terung  Von  ©clbja^lungcn  nic^t« 
ju  lefen  toar  (Amort.  I,  104).    3n  regelrechter  Crbnung  fanben  bann   in  ben  %afycm 
1600  (XI),    1625  (XII),   1650  (XIII),   1675  (XIV),   1700  (XV),    1725  (XVI),  1750 
(XVII),  1775  (XVIII)  bie  ftrcfylicfyen  3u&iläen  ftatt,  ofync  bafj  fie  eine  befonbere  93ebeu*  40 
tung  für  bie  römifäc  Äirc^c  $ti)abt  Ratten.    Dagegen  gematteten  bie  3^wmftänbe  nic^t, 
im  $a&re  1800  ein  Jubiläum  ju  galten,  unb  ba«  XIX.  Vom  ^a^re  1825,  toelc^c«  $aj)ft 
2eo  XII.  proflamierte,  fanb  aufecr^alb  SRom«   unb  Italien«  ]tfyc  toenig  leilna^me,   unb 
erfl  nac^  75  jähriger  ^Saufe  I?attc  ^eo  XIII.  ben  ÜRut,  burefy  bie  SuDe  Properante  ad 
exitum   Vom    11.  ÜRai  1899   (Vgl.  Analecta  ecclesiastica.    Revue  Romaine  1900  46 
p.  185.    ©eitere  barauf  be^üglic^e   päj3ftlic^en  ®rlaffc  p.  336.  368.  446.  497.  501)  ein 
neue« Jubiläum  anjufünbigen,  ba«  benn  auefy  amSSorabenb  be«  2Beifynac§t«fefte«.mit  bem 
üblichen  ^Sompc  eröffnet  tourbc. 

SJon  biefen  eben  bcfcfyriebenen  3u^^äcn  unterfc^eibet  man  noc^  aufcerorbentlicfye  3«s 
Klacn  ober  richtiger  aufjerorbentlicfye,  nic^t  mit  einem  3u1^^äum^ia^r  jufammen^ängenbe  50 
3ubiläum«abläfje,  indulgentiae  ad  instar  Jubilaei,  indulgentiae  plenariae  in 
forma  Jubilaei,  bic  bie  $ctyftc  au«  irgenb  toclc^cm  3lnlafe  ober  befonber«  toie^tigen 
®rünben  „bie  aber  immer  ba«  allgemeine  SSJobl  bcr  $ird>e  betreffen  foDen",  jur  3lbtoen« 
bung  von  ©efa^ren,  bei  ©clcgen^eiten  befonberer  fircblic^er  slsorfommniffe,  in  neuerer  $t\t 
aueb  ^äupg  na<^  ber  Ifyronbcfteigung  au«fd?rcibcn.  2Bann  biefc  Übung  angefangen  fyat  66 
(3Öt^Kn,  ©.  83,  ber  bi«  *um  v;abrc  1870  68  aufeerorbentltcbc  Jubiläen  jä^lt,  lä&t  pe 
mit  bem  Von  £eo  X.  1518  für  ^olcn  au«gcfd>riebcncn  3ubiläum«ablaf$  beginnen,  anbere 
erfk  mit  bem  3>al?re  1585),  ift  unfid^cr.  2>ie  legten  8ei|>ielc  bavon  fmb  ba«  Jubi- 
läum, toelc^e«  £eo  XIII.  am  12.  sütär^  1881  au«jcbricb,  „um  von  ber  Sarm^erjigleit 
be«  allmächtigen  Wotte«  §ilfe  unb  Sciftanb  in  ben  fd^toeren  sJJöten  unb  Iroft  unb  ©teirfe  w 


550  3ubcljaf>r  3ub 

im  ßampfe  gegen  bic  jafylreid&en  unb  mächtigen  Feinbe  ber  Äircfye  gu  erlangen",  unb 
enblicty  ba$  aujjerorbentlicfye  3^^um  *>om  3aW  1886>  "um  ^ur4  jS^1*****  &CT  ßöniöin 
beä  fyl.  SRofenfranjeS  befonbere  #ilfe  in  ben  2)rangfalen  ber  Äircfce  ju  erhalten." 
äßäfyrenb  bei  ben  orbentüdjen  Jubiläen  bie  ©etoinnung  bed  SblaffeS  an  Seilte,  Äom* 
5  munion  unb  93efuc$  ber  Atrien  gefmtyft  ift,  fommt;  bei  ben  aufjerorbentlictyen  m  ber 
Siegel  aU  bejonbere  Sebingung  Mafien  unb  „2Hmofen"  bm^u,  toorin  tyre  f^egielle  33e* 
beutung  liegt.  S^eobor  Stofbe. 

3ubeljat|r  bei  beu  Hebräern  f.  b.  91.  6abbatfyjatyr. 

3itbU8en,  »udj  ber  f.  b.  21.  *Pfeuboj>igra^en. 

10  3«*f  2eo,    geft.  1542.   —    üuellen:   $er  fjanbfäriftlidje  $ad)la&  unb  ber  »rief* 

toedjfel  finb  nur  jum  fleinften  Seil  erhalten.  SUte  Vita  tum  bem  ©obne  3ofjanneS  3ubt 
De  vita  et  obitu  .  .  .  L.  J.  .  .  .  farrago  1574  (unfertige,  mit  93orfid)t  ju  benufcenbe  ctoff« 
fammluna),  gebrueft  Miscell.  Tig.  3  (1724),  1-82,  8ufä|e  83/138.  §r(ei&iae  ©iogra^ie 
üon  C.  ^eftalojjt,  in  SSätern  unb  Eegrünbern  b.  ref.  &.IX  (Slberfelb  1860);  banadj  in  ber 

15  ^auptfadje  ber  folg.  &rt.  3Me  Schriften  2.  3.  öer^eidjnet  in  ©efjnerS  ©ibl.  3)te  wettere 
fiitteratur  bei  ^eftalo^i,  in  ben  9?adjroetfen  im  $tnf)ang. 

2eo  %vä),  ber  fyerborragenbfte  -Blitarbeiter  3toingli$  unb  tyäter  SBuUingerS,  hmrbe 
1482  ju  ©emar  im  (Slfafc  geboren,  ©ein  SSater  toar  ein  toürbiger  ^Jrieftcr  unb  toenn 
auc$  mc$t  legitim,  eines  SßeibeS  Wann.     Den  Familiennamen  3U*>  mieb  2eo   beä  ®e* 

20  foötteS  toegen  in  feiner  3ugenb.  2luc$  tourbe  er  öom  Raffte  berechtigt,  fu$  2eo  Äefler 
$u  nennen,  gab  jeboety  biefen  tarnen,  tootyl  eben  bem  Raffte  jum  Sroft,  ft>äier  toieber 
auf  unb  fd&rieb  futy  im  $)eutfc§en  3iib,  \m  2atemifctyen  3ubä.  2)ie  3ürictyer  freiließ 
biegen  i^n  nietyt  fo,  fonbern  „9Keifter  2eu",  unb  btefe  SBerbeutföung  feines  Xaufnamend 
blieb  bann  feinen  -Kac^fommen  als  Familienname. 

26  3n  ber  ©c^ule  $u  ©c^Iettftabt  genofc  2eo  bei  Grato  trefflichen  fyumaniftiföen  Unter- 
richt. 3n  S3afel,  too  er  1499  immatrifuliert  tourbe,  fcfceint  er  ftc§  junäd^ft  ber  §eilhinbe 
gugetoanbt  $u  fyaben;  er  braute  bie  gtoei  erften  3afae  feine«  bortigen  Aufenthalts  bei 
einem  2tyotyefer  ju.  2)te  2uft  jur  Geologie  tourbc  namentlich  burefc  bie  SBorlefungen 
be$  %\)oma$  Sßtottenbac^  über  ben  Stömerbrief  in   i^m  getoeeft.    3U  ^m   Füfeen  biefe« 

so  gelehrten  unb  reformatorijd^  gefmnten  ÜRanneS  traf  er  mit  3^^9li  gufammen  unb  jcftloB 
mit  biefem  einen  innigen  greunbföaftSbunb.  Seibe  magiftrierten  (^toinßK  1506,  für  3ub 
ift  bie  3^8^  ungetoi^),  unb  tote  3to*n9^  n*en  feinen  Stubten  ein  ©c^ulamt  bei 
6t.  3Kartin  öcrfa^,  fo  %vb  ein  2)iafonat  bei  6t.  2$eobor.  3m  j^eiten  3^je^nt  be* 
16.  3a^unbert«  finben   toir  tyn  aö  Pfarrer    ju  6t.  $ilt  im  6lfa|,   bei  §oc^  unb 

86  fiebrig  „lieb  unb  toerrüfymt  feiner  2efyr  unb  Äunft  ^alb".  ©ort  erreichte  i^n  hn  S)es 
jember  1518  ein  ©rief  be«  eben  naefy  3Ü^  berufenen  3to^n9^  m^  ^er  Bitte,  fetnSRac^ 
folger  in  ©nfiebeln  gu  toerben.  Für  ba$  an  bi^em  toie^tigen  $unlt  angefangene  SBcrf 
^ätte  ^toinoli  leinen  geeigneteren  3)tann  finben  lönnen.  2eo  h>ar  al«  2anb«mann  bed 
Slbmintftrator«  2)ietbolb   bon  ©erolb^ecf  bei  biefem    bon    öorn^erein   persona  grata. 

40  Unb  toie  fe^r  er  mit  3^0^  einig  ging,  erhellt  barau«,  bafj  er  feinen  erfien  ^Jrebigten 
in  einfiebeln  bie  3lu«legung  2ut^er«  über  baä  Unjer  SSater  ju  ©runbe  legte.  Sieben  ben 
i^m  obliegenben  9lmtögefd^äften,  ju  benen  auc^  bie  6eelforge  in  einem  na^en  F*auenflofter 
gehörte,  la«  er,  öom  äbminiftrator  aufgeforbert,  mit  ©eiftlic^en  patriftifc^e  Schriften  unb 
überfe^te  eifrig  lateinifd^e  $raftate,  beren  ^nfyalt  ber  ^Reformation  9Sorj$ub   leiftete,   in 

46  befonber«  toirfungätooder  SBeife  be^  ©ra^mu^  expostulatio  Jesu  ad  hominem  suapte 
culpa  pereuntem  unb  2ut^erö  de  votis  monasticis.  Äein  SQäunber,  bafe  3to^nÖ^  ^e 
erfte  ©elegen^eit,  ben  tüchtigen  ÜRitarbeiter  für  3"^^  gu  gewinnen,  mit  gruben  ergriff. 
2lte  bie  ^Pfarrftetle  ju  &t  $eter  frei  tourbe,  lub  er,  be«  ßrfolge«  getoife,  2eo  ju  einer 
©aft}>rebigt  ein,   unb  biefer  n>urbe  benn  auc§  am  6onntag   bor  ^fmgften  1522  Don 

60  ber  ©emeinbe  getoä^lt. 

9Joc^  e^e  er,  auf  2i$tme&  1523,  fein  3lmt  antrat,  leiftete  er  ber  Deformation  in 
^ürid^  faft  unbetou^t  einen  großen  3)ienft.  Site  nämlic^  ber  bortige  Sluguftmeiqmor  bie 
aSerf^eiligfeit  toerteibigte,  fiel  itym  2eo  in«  SBort,  unb  biefer  SBorfoH  gab  ben  legten  8n« 
ftofj  ju  ber  bon  3toingli  getoünfd^ten  2)tej)utation.     Sei  bcrfelben  forac^  fic^  3ub  unum« 

66  hnmben  ba^in  au«,  ba^  auc^  er  nid&tS  ate  ,,ba«  ^eitere  unb  lautere  ßtoangelium"  pr^igen 
unb  allem  toiberftreiten  toerbe,  toa«  nic^t  „mit  göttlicher  6c^rift  toa^r^ftig  bargebra^t" 
toerben  fönne.    Unb  biefem  entfd^iebenen  Sluf treten  entfpracfyen  feine  ^rtbigten;  fie  froren 


3ub  551 

noc$  feinet  ©ol?ne«  2lu«brucf  „gefallen  unb  gefctymaljen".  $m  übrigen  aber  tootlte  er 
bie  ^Reformation  niefct  ungeftüm  burctygefüfyrt  toiffen.  ©o  gab  er  1523  eine  beutle 
laufformel  tyerau«,  toelctye,  „um  bie  ©cfctoad&cn  nicfyt  $u  bertoilben",  ben  alten  an* 
fefauungen  in  ebenfo  föonenber  äöeife  Segnung  trug,  toie  ba«  gleichzeitige  erfte  Sauf* 
büc&lein  Butler«,  gjmmertyin  föuf  <*  and)  ba  Slaum  ju  Weiterer  reformatortföcr  QnU  5 
toiefdung,  inbem  er  au«brücflid?  erllärte:  „too  man  aber  fann,  ba  gebraute  man  biefe« 
8üd&lein  gar  nic$t  unb  bleibe  bei  ber  %oxm,  bie  ßfyriftu«  jum  laufen  gegeben  fyat,  ba  er 
ftnradj:  taufet  fte  auf  ben  -Kamen  be«  Sater«,  be«  ©ofyne«  unb  be«  fyl.  ©eifte«!"  Diefem 
laufformular  fügte  er  noety  anbere  ©tücfe  für  ben  firctylicfyen  ©ebrauefy  bei,  eine  furje 
(Ermahnung  an  ba«  Soll  bei  lobeäfätten,  ein  ©ebet  für  ben  fonntäglicfyen  @otte«bienft  10 
unb  einen  ©egen  bei  ßtyefd&liefjungen ;  ba«  ©anje  ift  ber  2lnfang  jur  3ürc$er  Siturgie. 
Unfcerbroffen  arbeitete  Seo  barauf  I?in,  ,,bafc  oon  ber  alten  Sefyre  unb  äßeife  täglich  ein 
Seif  abftmnge  unb  ba«  ganje  SPapfttum  in  fic§  felbft  verfalle".  Sei  ber  feiten  2)i«pu- 
tation,  Oftober  1523,  ftano  er  3^9^  m^  ©efd^ic!  jur  ©eite,  ebenfo  im  Äantyf  gegen 
bie  SBiebertäufer  unb  im  2lbenbmafyl«ftreit.  3n  ^em  Intern  nafym  Seo  infofern  eine  15 
eigentümliche  Stellung  ein,  al«  er  in  atoet  ©Triften,  juerft  anonym,  bann  mit  Nennung 
{eine«  Flamen«,  folefce  3lu«brücfe  bon  @ra«mu«  unb  Suttyer  über  ba«  2lbenbmafyl  beleuchtete, 
an  beren  §anb  eine  Serftänbigung  J>ätte  angebahnt  toerben  tonnen.  Sei  biefer  ©elegen* 
fcit  äußerte  er  ftefc  jum  größten  SÄrger  bon  6ra«mu«  bafyin,  Cutter  fyabe  boefy  eigentlich 
nur  ba«  in  berbem  SDeutfcfc  toirflicty  geleiftet,  toa«  jener  bortyer  in  elegantem  Satein  otyne  ao 
ßrfolg  berfueft. 

.Stoingli  mochte  Don  reformatorifcfyen  Söerlen  unternehmen  toa«  er  toollte,  ftet«  lonnte 
er  auf  bie  treue  unb  felbftlofe  sDii$ttfe  Seo«  jäfylen.  211«  er  an  ben  Sifcfyof  bon  Äonftanj 
unb  an  bie  Xagfafcung  über  bie  ^ßriefterefye  fcfyrieb,  unterjeicfynete  Seo  nicfyt  nur  mit,  fonbern 
tyat  im  §erbft  1523  ofyne  Zubern  ben  füfynen  ©cfyritt,  fid}  mit  einer  9?onne  au«  ber  2lu  25 
bei  @inftebeln  öffentlich  trauen  ju  laffen.  311«  3^^n9^  1525  ^c  fogenannte  „$ro^e^i" 
einrichtete,  trat  Seo  mit  feinen  reiben  ©pracfyfenntmffen  toitlig  auc$  in  biefe  älrbeit  ein; 
er  übernahm  bie  Seftion  be«  fyebräifdjen  iejte«,  unb  $eßifan  berichtet:  is  primus  fuit, 
quem  hebraea  legere  audissem.  211«  $ru<$t  biefer  collegia  biblica  entftanb  bie 
3ürd&er  Sibelüberfefcung,  unb  ber  @efcfyicfyt«fd&reiber  berfelben  (5Ke^ger,  ©efety.  b.  beutfetyen  so 
Bibelüberfefcungen  in  ber  fätoei^reformierten  fiirc^e,  1876,  ©.  68)  fte^t  nid&t  an,  Seo 
3ub  al«  bie  ©eele  biefer  großen  2lrbeit  $u  be$ei$nen.  SBenn  3^^^  abtoefenb  ober  mit 
®efc$äften  überhäuft  toar,  fo  fyalf  ifym  Seo  mit  Sßrebigen  unb  Schreiben  au«,  ©benfo 
btente  er  bem  greunbe  litterarifcfy,  inbem  er  einerfeit«  beffen  ©c^riftau«legungen  ^erau«= 
$ab,  anbererfeit«  beffen  fd?on  gebruefte  ©Triften  für  ba«  Solf  in«  2)eutjc^e,  bcjlo.  für  86 
anbere  Nationen  in«  Sateinifd^e,  überfefcte.  9lic^t  o^ne  SRed^t  ift  barum  fein  Ser^ältni« 
ju  Ä^inQli  mit  bem  toon  3Kelanc^t^on  m  Sutfycr  in  parallele  gefegt  toorben.  2Bie  biefe 
m  aBittenberg,  fo  fielen  jene  in  3ürid(>  bor  ben  2lugen  ber  s)Jlit-  unb  9iac$toelt  unjer« 
trennlic^  beifammen.  ^^re  ©egner  fangen  be«^alb  auc^  ein  ©d&mäfylieb:  „ber  3^in0^ 
unb  ber  Seu  —  bie  ^anb  eine  gmeine  Sulfd&aft  —  bie  iffet  $aber  unb  §eu" ;  auein  bie  40 
Änttoort  blieb  nic^t  au«:  „3)er  3^in9^  un^  ^uc  Seu  —  bie  prebigenb'«  ©bangelium  — 
bafc'«  mannen  ß^riften  freu". 

Qc&tt  Seo  toä^renb  neun  ga^ren  al«  3^01^  treuefter  ©e^ilfe  getoirft,  fo  fafy  er 
fic^  nac^  ber  ©etylaetyt  bei  fia^el,  loenigften«  auf  einige  Mt,  allein  an  bie  ©pi$e  ber 
^bc^erÄirc^egeftellt.  2)ieSage  toar  fritifefy.  3)ie  fc^on  längjt  im  ©tiHen  auf  ben  günftigen  46 
3tttyunft  ^arrenbe  D^poption  tourbe  nad^  3to^n9^^  2ob  toad},  unb  ber  boHe  ftovn  ber 
„fymfvbtivc''  unb  ber  geheimen  2ln^änger  SWom«  entlub  ftety  auf  bie  noc^  lebenben  §äupter 
ber  Sieformation,  in  erfter  Sinie  auf  %ub,  ber  fo  energifefc  toie  3^n9^  Jum  Stiege  ge« 
raten  ^atte.  2)er  3ür$er  §aiH)tmann  bro^te,  fobalb  er  fyeimfomme,  ben  Pfaffen  Seu  ju 
erftec^en.  Seo  ^ielt  ftd^  be«^alb  auf  2lnbrängen  feiner  fjreunbe  über  bie  ftürmifcbften  60 
läge  berborgen;  bann  aber  trat  er  na$  $ellifan«  2lu«brucf  „an  ba«  ©teuer  ber  Äirc^e 
unb  ^telt  bafelbft  mit  um  fo  größerer  2:reue,  Sapferfeit,  geftigfeit  unb  SBac^famteit 
Stanb,  je  gefahrvoller  ber  3uftan^  btx  Äircfye  ju  jener  3e^  toax".  211«  jeboety  ber  SRat 
mit  ber  Sitte  an  tyn  gelangte,  bie  ©teile  3toingli«  ,^u  übernehmen,  ba  erflärte  er  (toie 
auc^  fjKiter  auf  einen  Suf  nac^  Ulm) ,  ba|  er  ftcl>  toofyl  ju  ^Srebigt  unb  fc^riftfteHerifc^er  66 
Slrfceit,  ntc^t  aber  jur  ßird&enleitung,  tüchtig  fü^le.  6r  empfahl  in  erfter  Sinie  Defolam* 
jKib,  unb  al«  biefer  ablehnte,  fteinri^  Suflinger,  toeld^er  bann  auc^y  getoä^lt  tourbe.  Unb 
nun  ftanb  Seo  bem  22  ^afyxt  jüngeren  Suttinger  bei  bem  2lu«bau  ber  Äirc^e  in  gleich 
felbftlofer  unb  erfolgreicher  Seife  $ur  ©eite,  toie  Dorbem  feinem  vvsugenbfreunbe  3^ingli 
bei  beren  Segrünbung.  m 


552  3ub 

3unäc$ft  toar  e«  Seo«  eifrigfte«  Bemühen,  bic  Seiten,  toelc^e  tym  au«  ben  erlittenen 
■Kieberlagen  entgegentraten,  ju  Dertoerten.  3n  einer  Steige  Don  ©utacfyten  an  Buümger 
ftettte  er  nac$  biefer  Stiftung  folgenbe  ©runbfäfee  auf:  bie  Sieformation  foHe  Don  J>oli* 
tifc^cn  ©inflüffen  möglictyft  befreit  toerben;   bie  Äir^e  muffe  freien  9taum   befommen  zur 

5  SrfüUung  ifyrer  fetbftftänbigen  aufgaben,  namentlich  ber  Äirt^enjuc^t,  auf  toelcfc  er,  ä$nli# 
tote  Sabin,  großen  SBert  legte;  obrigfeitlictye  Äird&engefefce,  toelcfye  Don  ber  ©emeiiibe 
nid&t  faftifdj,  fonbern  blofj  fttllfcfytoeigenb  anerfannt  feien,  bürfen  bon  ben  Sßrebigern  nie* 
mala  fanftioniert,  fonbern  lüften«  als  nottoenbige«  Übel  gebulbig  getragen  toerben.  3)iefe 
gorberung   gegenfeitiger  Unabfjängigfeit  Don  Strebe  unb  Staat  ift   fetyr  bemerfettötoert. 

10  2tu$  }>erjönltcfy  trat  er  für  fie  ein.  Site  er  im  Sommer  1532  infolge  einer  ber  Dbrigfeit 
fd^arf  ins  ©ehriffen  rebenben  $rebigt  be«  2lufrufyr«  angeflagt  tourbe,  begrünbete  er  bor 
bem  SRat  fein  gute«  Stecht  mit  gro|er  Unerförodfenljeit,  inbem  er  zugleich  erflärte,  bie 
#unbe  müßten  toofyl  bellen,  toenn  bie  §irten  eingefc^lafen  feien,  unb  bie  SBa&rbeit,  toie 
er  fte  gefagt,    maefce  feinen  2lufrufyr,  fte  fud^e  im  ©egenteil  ©elbftfytlfe   Don   feiten  beS 

15  gemeinen  Planne«  ju  Derfyinbern.  Die  golge  toar,  bafc  ber  9tat  nachgab  unb  toenige 
2ßo$en  nad)^er  bie  Don  Seo  unb  BuHinger  gemeinfam  aufgearbeitete  neue  Ährd&enorbramg 
otyne  weitere«  genehmigte  (3lbbrucf  bei  @gli,  Slctenfammlung  Str.  1899). 

^nbeffen  begnügte  ftdj  Seo  nidjt  mit  einem  folgen  praftiföen  SRefultat;  er  tooöte 
allen  3toan9  *n  ®touben«fa$en  aufgehoben  toiffen.    ©o  geriet  er,  ^um  Xeil  unter  bem 

ao  beftriefenben  ©influfc  bon  ©ctytoendffelbt,  in  einen  freifird&lid&en  2)oftrtnari«mu«  unb  toäre 
eine  3^*  'an9  m  ©efa^r  geftanben,  ber  ©eftiererei  anheimzufallen,  toenn  nic^t  SuDinger, 
au«  guretyt,  biefe  feine  §aubtftüfce  ju  verlieren,  teite  felbft  ifym  BorfteUungen  gemalt, 
teil«  bie  ©trafjburger  greunbe  um  tyre  toirffame  ^nterbention  angerufen  l^ätte.  3toar 
tonnten  Gapito  unb  Bufcer  fo  toenig  ate  Bußmger  bie  primipielle  Berechtigung  ber  Don 

26  Seo  $ub  aufgehellten  ^oftulate  leugnen,  jjeboc^  Dermocfcten  fte  ifyn  bon  ber  Unfruchtbar? 
feit  unb  3no$>ortunität  ber  praftiföen  Äonfequenjen  ju  überzeugen,  fobafe  er  ben  Ber* 
fefyr  mit  ©ctytoencffelbt  gänjlic^  abbraety.  Um  fo  reger  ftmrbe  nun  bie  Äorrefponbenj 
jhrifcfyen  Seo  unb  Bufcer.  Unb  jtoar  tarn  jefct  bie  Steige  be«  SBarnen«  an  ^ub,  ber, 
entfefct  über  Sutfyer«  erneute«  ©^reiben  gegen  3*^9^  un*>  Defolampab,   fic£  um  beren 

so  Ste^tfertigung  eifrig  bemühte  (f.  b.  31.  BuHinger,  93b  III,  ©.  544)  unb  bie  S3ertrauen& 
feligfeit  ber  ©trafcburger  gegen  ben  gum  „neuen  $ßapft"  toerbenben  ^Reformator  niebt 
begreifen  fonnte.  3n  f^nen  Briefen  an  Bufcer  u.  a.  proteftierte  Seo  f orttoälfcenb  cnergifö 
gegen  äße  falfd^en  Vermittlungen  unb  jloeibeutigen  gormein.  3tn  ben  95er^anblimgen  über 
bic  geftfteHung  ber  erften  ^elbetifd^en  iionfeffton  na^m   er  in  äarau  unb  Safel   f)ett>ou 

86  ragenben  2lnteil.  6r  toar  e«  auc^,  #  ber  ba«  urfarünglicty  lateinifd^  abgefaßte  Sefenntni« 
in«2)eutfd^e  übertrug,  toorauf  biefe  Überfefcung  jum  aut^entifc^en  iejt  ertlärt  tourbe;  togl. 
SRieme^er,  Collectio  confessionum,  p.  XXXIII  sqq.  unb  105  ff. 

Überhaupt  leiftete  Seo  ^ub  al«  Überfefcer  9lu|erorbentlic^e«.  $eBifan  fagt  richtig: 
utilissima  transtulit  admodum  feliciter.     Stb^efe^en  Don  einer  beulen  Bearbeitung 

40  ber  „inritatio  Christi",  ber  auguftinifd^en  ©d&rtft  „de  spiritu  et  littera"  unb  Don 
Übergebungen  gleichzeitiger  älutoren,  bon  freieren  er  fagt,  er  fei  ftcfc  unb  allen  ©laubigen 
ju  92u$  gleich  einer  Biene  Don  Blume  zu  Blume  geflogen  unb  fyabt  au$  jeber  ettoa« 
$onig  geholt,  ift  ^ier  normal«  auf  bie  3^er  Bibelüberfe^ung  aufmerffam  zu  machen 
(f.  oben  u.  Bb  III,  ©.  77),  an  toelcfyer  Seo  bon  2lnfang  an  bie  Hauptarbeit  beforgt  ^atte, 

45  unb  toeld&e  er  bon  1538  an  unter  Beihilfe  be«  bef ehrten  %\\\>m  5Kic^ael  Slbam  normal« 
SBort  für  SBort  mit  bem  ©runbtqrt  Derglid^.  Slu^er  biefer  beutfe^en  Bibelüberfefcung  fyd 
ftd^  Seo  ^ub  aber  namentlich  burc^  eine  mit  Stecht  Diel  gerühmte,  forgfältig  gearbeitete 
toi.  Überfe^ung  be«  212«  Derbicnt  gemalt.  3)iefelbe  ift  al«  ba«  $au£ih>erf  feine«  8*en« 
Zu  betrauten  (Dgl.  Bb  111,  ©.  52,  47). 

60  3n  ber  3"^^  Äird^e  gelten  fein  Slnbenfen  befonber«  au^  feine  Satec^temen 
lebenbig,  z^ei  beutfetye,  ein  größerer  (^ßriDatarbeit  bon  Slnfang  1534)  unb  ein  fleinerer 
(im  Sluftrag  ber  ©^nobe  Dorn  #erbft  1534  bearbeitet  unb  furz  &ernac£  erfebienen,  DgL 
©oofeen,  de  heidelb.  Catech.  1890,  ©.  40  f.),  unb  ein  lateinifefcer  für  ba«  ©tymnaftum 
(1538).    SKand^e  ber  prägnanteften  2lu«brücfe  berfclben  finb  auc^  in   neuere  Äate$i«men 

55  übergegangen,  nid^t  aber  bie  eigentümliche  Ginric^tung,  bie  Seo  getroffen  $atte,  ba|  nämlid^ 
ber  ©etiler  („jünger")  fragt  unb  ber  „Sefyrmeifter  Beriet  unb  Änttoort"  giebt.  8uf 
©runb  Don  Seo  3«^  fleinerem  beutfrf)cn  Äatec^i«mu«  tourben  in  Süxii)  1541  regel* 
mäfeige  öffentliche  Äatecfiifationen  in  ber  Äirc^e  eingeführt.  Bon  i^m  flammt  auc^  ein 
2Banbfated&t«mu«  au«  bem  .^a^re  1525   (©efffen,  Bilberfatec^i«mu«  ©.203;   franjöftfc^e 

60  3lu«gabe  publiziert  Don  91.  ^luri,  in  Zwingliana  ©.21,  bazu  DgL  ebenba  ©.  56  u.  124). 


3ub  3ttba,  Sotjn  3a!obö  553 

3n  feinen  legten  SebenSjotyren  erhielt  2eo  mehrere  Berufungen  in«  SluSlanb.  SWetyr 
ate  jur  Steorganijation  ber  Uniberfität  Tübingen,  für  bie  ifyn  Slaurer  getoinnen  tooHte, 
fcätie  er  ftcfc  &ur  2)ur$fütyrung  ber  Steformation  in  ben  el|äfeifc$en  Seftfcungen  SBürttem« 
bcrgä  ^mgejogen  gefüllt;  allein  ber  9lat  Don  3üric$  tooHte  ihn  nicfyt  miffen.  :öian 
f^aihe  Vjm  ba$  Bürgerrecht  unb  berbeffcrte  feine  bislang  tümmerlicfye  Befolbung,  bei  6 
toeldfar  er  otyne  bie  SKnftrengungen  feiner  bortrefflictyen,  in  $imd)  nur  „2Rutter  Seuin" 
genannten  grau  nicfyt  einmal  ärmlicty  fyätte  leben,  gefcfctoeige  benn  3lrme  unterftüfcen  unb 
faltige  ©laubenägenoffen  beherbergen  fönnen.  2)afj  man  aud&  an  ßrleicfyterung  feiner 
Ämtebürbe  ^ätte  benlen  f  ollen,  tourbe  man  erft  getoatyr,  als  am  19.  3wni  1542  fein 
fcfctoadjcr  Äötyer  ber  Überanftrengung  erlag.  SSier  läge  bor  feinem  #infc$ieb  berief  er  10 
aDe  feine  ämtsbrüber  ju  fu$;  in  großer  3)emut  unb  boll  Steint  gegen  ®ott  rebete  er  m 
tynen  bon  feiner  ganzen  Saufbatyn,  empfahl  tynen  bie©orge  für  bie  ßirctye  unb  bieSJoifc 
enbung  feiner  lateinifd&en  Bibel,  ^n  beren  Borrebe  tyat  tym  BuHinger  bann  au$  ein 
fööneS  2)enfmal  gefegt.  2)er  9tod?folger  im  Pfarramt  tourbe  Stubolf  ©ualityer  (f.  b. 
».  Sb  VII,  ©.  222).  »entfärb  ffliMenbad)  t  (©.  <5flU).     16 

3uba,  ©o^n  3;alobS  unb  iSraelitifcfyer  ©tamm.  —  fiitteratur:  3.  $. 
fiurfc,  ©efeft  beS  SUten  93unbeS,  I,  3.  9luft-,  Berlin  1864;  £.  ©toafb,  ©efd).  beS  SolfeS 
3$rael*,  ©öttingen  1864  ff. ;  3.  SBeübaufen,  De  gentibus  et  famiiiis  Judaeorum,  ©öttingen  1870 ; 
«.  toller,  fieljrbu«  ber  bibt.  ©ejd).  913:,  I,  Erlangen  1875 :  $3.  Stabe,  ©efd).  beS  SSolfeS 
3*roel.  I  (Berlin  1887),  @.  157 ff.;  SR.  ftittel,  ©efd).  ber  Hebräer,  I,  ©ot&a  1888;  £.  SBincfler,  20 
©efd).  33TaelS,  I  (Seidig  1895),  @.  24  ff. ;  ©utfje,  ©ef*.  beS  SSolfeS  3$raef,  $reiburgl899; 
8.  6tfirf,  ©tubien  jur  Religion«*  unb  ©pracägefd).  beS  Sl£,  »erlin  1899,  I,  6.  89 ff.; 
ferner  bie  Kommentare  $ur  ©eneftS  unb  bie  &rtifel  S^ba  in  ben  ©ib(ifd)en  .fmnbtoörter« 
büdjern. 

$er  SRame  ^"^r,  ein  Dom  impf.  hoph.  abgeleitetes  dornen,  bebeutet  £obj>reifung  26 
unb  jtoar  ©otte^  (@en  29,  35)  unb  toar  bielleictyt  urfprünglid&  mit  einem  ©otteSnamen 
jufammengefefct ;  boefc  toirb  ©en  49,  8  ber  SJJreiS  auf  ben  Präger  beS  SRamenS  jurücf* 
getoenbet  Unter  ben  fpäteren  3>uben,  namentlich  ben  Sebiten  ber  nac^eplifd^en,  maffabäifc^en 
unb  neuteftamentlicven  $eit,  toar  ber  Warne  fe^r  getoöfynlicty;  feine  arägifierte  §orm  ift 
$uba$.  ©er  Stammvater  ^juba  toar  nad&  ©en  29,35;  35,23  ber  merte  ©o^n  ^afoböao 
wtb  ber  Sea.  $0$  geniest  er  frü^e  ein  mafcgebenbeS  älnfe^en  unter  feinen  33rübern  unb 
rürft  aDmä^Iic^  in  bie  ©teile  be$  ©rftgeborenen  ein.  2)afe  Stuben  unb  ^uba  in  ber  ©e» 
fc^te  Sofef«  abtoec^felnb  als  Söortfüfyrer  ber  93rüber  erfc^einen,  erllärt  bie  QueHenanal^fe 
aitö  ber  ftreujung  eines  norbiSraelitifc^en  (E)  unb  eines  jubäifc^en  (J)  Seric^tS.  95gl. 
®en.  37,  22  (E)  26  (J);  42,  37  (E);  43,  3 ;  44, 16;  46,  28  (J).  $abei  jeic^net  ftc^  86 
3uba  bor  feinen  Srübern  burefy  einen  gtoar  nic^t  flecfenlofen,  aber  ebeln  unb  juberläfftgen 
fotoie  tfyatfräftigen  6^>arafter  auS.  3n  Weniger  günftigem  ^ic^t  erfc^eint  er  R.  38.  2)oc$ 
läfet  au$  biefe  ©efcfyictyte  bei  bunfeln  ©c^attenfeiten  toenigftenS  IJiibaS  ©cred^tigleitSgefü^l 
uiä  ©elbftübertoinbung  erfennen.  ÜRancfye  Äritüer  fe^en  in  it.  38  eine  Unberlic^e  Maris 
fierung  be3  jubäifd^en  ©tammbaterS  burc^  ej)^raimitifd^e  lenbenjbid^tung.  2lllein  eS  ift  40 
bo(^  äu^erft  untoafyrföeinlicty,  bafe  biefer  ©tamm,  ber  in  ber  golgejeit  ber  eigentliche  #üter 
ber  ^l.  Überlieferung  tourbe,  feinen  eigenen  ©tammbaum  ftdj  bon  feinen  ©egnern  foHte 
^aben  jurec^tmac^en  laffen,  unb  ^toar  gerabe  ben  ©tammbaum,  beffen  großer  ©proffe 
Dabib  toar!  Ober  follte  man  gar  eine  birefte  ©d^mä^-  unb  ©4mu^rift  toiber  5Dabib 
m  bie  ©ammlung  ^eiliger  @efc^id[>te  aufgenommen  l^aben,  loie  ©eineae  (®ef^.  beS  3SolfeS  46 
3*rael  I,  54  ff.)  toiU?  slsielme^r  ift  an  biefe«  ©tue!  bei  ber  Beurteilung  ber  5Kafeftab 
anjulegen,  ben  feine  altertümlichen  ©itten  an  bie  §anb  geben.  2)abei  fd^toinbet  mancher 
Änftofe,  toie  Slie^m  im  Siblifcfyen  §anbtoörterbuc^  gejeigt  l)at.  SBenn  aber  noc&  genug 
mcnfi^lic^e  ©ünbe  unb  Unreinigfeit  gurücf bleibt,  fo  ift  ba$  ein  SeloeiS  baf ür,  ba|  toir  ^ier 
feine  ibealifterenbe  Dichtung,  auety  nic^t  „eine  im  3ntereffe  ^ubaS  gef^riebene  ©tamm^  60 
gefc^ic^te",  fonbern  ed^te,  ungefd^minfte  Überlieferung  bor  un3  ^aben.  (Sine  anbere  ^age 
ift,  ob  unb  toie  toeit  man  biefe  Ucberltcferungen  als  Jamiliengefc^id^te  anfefyen  lann.  ©ab 
eS  über^auj>t  eine  $erfönlicf>feit  beS  9lamenS  3uba,  ober  ift  bieS  nur  ein  2typu3  beS  fo 
benannten  ©tammeS?  SHäfyrcnb  man  früher  biefe  ßrjä^lungen  rein  perfönltd^  berftanb, 
ift  man  in  neuerer  $cit  geneigt,  auc^  bie  pcrfönlid&ften  Rix$t  berfelben  auf  ©tamm-  66 
ber&ältmffe  ju  beuten:  Ter  Slbuüamiter  ß^ira,  bei  toclc^em  yuba  mo^nte  (©en  38, 1)  ift 
ebenfogut  ein  fanaanitifc^er  6Ian  toie  feine  ©#toiegcrtod>ter  I^amar.  9luS  ber  SSerfc^meljung 
mit  biefen  lanaanitifdben  Stämmen  gingen  5  jubäifcfye  GlanS  fyerbor:  in  älterer  $at  (ix 
unb  Dnan,  foäter  ©cbela,  noc^  fyäter  $ereS  unb  ©erac^  (©tabe  I,  158).  ®S  gehörte 
immerhin  eine  eigenartige  ^tyantafie  ba^u,  biefen  ©actybertyalt  in  jene  §iftorie  umjubic^ten.  go 


554  3ttba,  Soljtt  ftafob* 

3utreffenber  toirb  e«  fein,  bie  gefctyicfytlicfye  $erfönlic$feit  be«  ©tamm^aupte«  nicbi  anju- 
taften,  toeld&e  fo  d&arafteriftifd&e  §üge  bietet.  2)ie  ©r^ä^lung  Ä.  38,  toelc^e  nebenbei  jeigt, 
bafc  ba«  Seöiratredjt  in  biefer  früfyeften  3«*  noc§  ftrengere  ©eltung  fyatte  ate  fpäter  hn 
©efefc  ($)t  25,  5  ff.),  betoeift  aber  aueb,  bafc  in  ber  britten  ©eneration  ber  in  Äanaan  ein= 

5  getoanberten  gamilie  eine  ftarfe  SWifcfyung  mit  tanaanitiföem  93lute  ftattgefunben  tyd,  unb 
jtoar  gerabe  bei  bem  leile,  ber  in  ber  foäteren  ©efctyicfcte  am  jätyeften  3«rael«  ©igenart 
behauptete,  ©eine  Energie  unb  ein  getotffe«  treue«  gehalten  am  Siecht  fyat  ber  ©tamra 
Don  feinem  ätynfyerrn  geerbt.  Seibe«  ift,  toie  einft  ben  Srübern  bleiben,  fo  fijäter 
fd&toäd^eren  ©tämmen,   toie  ©imeon   unb  befonber«  Senjamm  $u  gute  gefommen.    $er 

io©egen  3;atob«  überträgt  (®en  49,  8—12)  feierlich  bie  6rftgeburt«toürbe  fcon  Stuben 
auf  ^wba  mit  motivierter  Übergebung  öon  ©imeon  unb  fietoi.  ©r  föilbert  ben  lötoen* 
mutigen  lünftigen  #errfcberftamm  in  feinem  an  Söein  unb  3Wilc&  reiben  Sanbe.  SSgL 
1.  ©fr.  5,2,  too  ba«  ©rftgeburt«red&t  fo  berteilt  ift,  ba&  $ofe^  jtoar  ba«  bem  ©rfc 
geborenen  jufommenbe  bojtyelte  ©rbteil,  3uba,taber  ben  Primat  erhielt. 

15  2)er  ©tamm  %vti>a  entfaltete  fid)  in  älgtypten  rafefy  jum  boltreid&ften  m  3«rael. 
Dorthin  toaren  3  ©öfjne  $uba«  gebogen:  ©cfyela,  $ere«  unb  ©eraefy,  fotoie  2  ©nfel: 
Gtye«ron  unb  Sfyamul,  ©öfyne  be«  $ere$  (®en  46,  12).  ©o  bilbeten  ftc$  3  §au$U 
gefriedeter  be«  ©tamme«  unb  2  Nebenlinien  (9?u  26, 20  f.).  3lu$  1  ©fyr  4,  1  nennt  5©e* 
fctylecfyter,  aber  ftatt  ©erad&  eine  ©eitenlinie  bon  tym,  $armi  (ftof  7, 1)  unb  baneben  Gbur 

20  unb  ©c^obat,  toclcfyc  beibe  ftcfy  bon  SI?e«ron  unb  beffen  ©pröfefing  Äaleb  abjtoeigten.  2>ie 
3lngaben  über  lederen  jeigen  ein  toeitere«  3ufammcntoac§fen  3«^^  mit  einem  ra^fe 
i«raelitifd&en  ©tamme  (ßeniffiter,  f.  b.  Sl.ßaleb).  $er  Stammbaum  1  6^r  2,  3  ff.  $at  befonber« 
ba«  §au«  2)abib«  im  Sluge,  toelcfye«  Don  Gfye«ron,  näfyer  -Kac^fctyon  (bem  ©tammfürften 
beim  3lu«jug  9?u  1,  7;  7,  12)  abftammte.    93gl.   übrigen«  ©toalb,  @efd&.  I,  523  ff.    8ei 

36  ber  erften  33olfö^lung  nad?  bem  2lu«jug  ftnb  74  600  3Ränner  (9tol,  27),  bei  berjtoeiten 
76500  (9tu  26, 22)  für  3uba  angegeben.  3)afe  ber  ©tamm  bie  erftc  Stellung  unter  ben 
3lu«$ie^enbcn  einnahm,  ergiebt  bie  Sagcrorbnung  SRu  2,  3.  $m  Weiteren  Verlauf  ber 
Sßanberung  unb  bei  ber  Eroberung  Kanaans  trat  ber  tfyatträftige  Raleb  an  bie  ©jrifce 
feine«  ©tamme«  (9tu  13,  6;  34,  19).    3lad)  ^jofua«  £ob  foHte  auf  göttliche«  @e$ei£3uba 

ao  bie  gfüfyrung  übernehmen  im  Stampfe  toiber  bie  gtoar  mebrfac^  gcf^lagenen,  aiber  bo<$ 
gro^enteil«  nod^  im  Seft^  be«  £anbe«  befinblid^enÄanaaniter,  SKic^ter  Ä.  1 ;  t>gl.  ebenfo  20, 18. 
6«  ^anbelte  ftc^  aber  babei  nietyt  fo  faft  um  eigentliche  älnfü^rung  bei  gemeinfamem  Äampf 
al«  trielmebr  um  bie  (Sröffnung  ber  geinbfeligfeiten,  inbem  nac^  altertümlichem  ©lauben 
e«  öon  toi^tiger  Sorbebeutung  toar,   toie  unb   t>on  toem   biefelben  au«gingen.    Cbtoo^l 

36  manche  eine  umfaffenbere,  länger  anbauernbe  friegerif^e  Styätigfeit  be«  ©tamme«  ^^ba 
p  SBobl  ber  übrigen  anjune^men  geneigt  finb  ((Stoalb  a.  a.  D.  II,  400 ff.),  fcfceint  er 
ftd^  boefy  toefentlic^  auf  fein  eigene«  ©ebiet  unb  ba«  be«  angrenjenben  ©imeon,  mit  bem 
er  [\<f)  nätyer  t>erbünbete,  fotoie  ba«  ebenfatl«  in  näctyfter  SJad^barjc^aft  liegenbe  Territorium 
Benjamin«  befc^ränft  ju  ^aben,  b.  Ij.  auf  ben  ©üben  be«  Sanbe«.    liefen  aber  na^m  er 

4oäuj$erft  energifd^  in  Singriff,  toie  SKi  1,4—20  jeigt;  nur  in  ber  -Kieberung  tonnten  bie 
geinbe,  bant  ben  eifernen  SBagen,  fic^  galten. 

2)a«  eigentli^e  ©tammgebiet  %uba$  ift  3°f  15, 1  ff.  umförieben  unb  befc^rieben. 
2ßie  getoö^nlic^  toirb  e«  ^ier  nac^  4  §au£tteilen  benannt.  I)en  ©runbftocf  feine«  Seftfce« 
bUbet  1.  ba«  ©ebirge  3juba  15,  48 ff.;  Dgl.  fc^on  11,21  rrrm  nn,  bie  öon  3iorb  na* 

4ö  ©üb  fxd)  erftredf enbe  Verlängerung  be«  ©ebirge«  ©p^raim  (bgl.  b.  ä.  ?5aläftina) ;  im 
mitten  biefc«  §ügcl^uge«  lagen  3u^a^  toie^tigfte  ©täbte:  Rirjat^  3ear'm#  S^fa*111 
(f.  barüber  unten),  Set^le^em  (fetjlt  im  ^ebr.  Icrt,  bagegen  ftetyt  e«  33.  59  in  LXX, 
toelc^e  überbauet  48  ©täbte  ftatt  ber  38  nennt),  Hebron  (Raleb«  ®rbe),  3)ebir  (Dt^niete 
©roberung).    2.   2)ie  SBüfte  ("-"*:)  ^uba  (3of  15, 61  f.)  nannte   man  bie  öftlic^e  felftge 

so  §albe  be«  ©ebirge«  bi«  &um  toten  3Jieer  hinunter,  eine  öbe,  toenig  bebötterte,  abaefc^en 
t>on  einzelnen  fünften  toie  ©n  ©ebi  nur  für  33ie^ud^t  geeignete  ©egenb.  3.  3)er  tltittag 
(3*:)  guba«  (15, 21  ff.)  bic&  bie  füblid)c  Slbfenfung  be«  ©ebirge«,  ba«  [\$  allmä^li^  in« 
toüfte  ©bomiterlanb  verliert,  gleicbfall«  unbebeutenbe«,  toenn  aud^  «einlief  au«gebe^nte« 
£anb.    ^ier  tourbe  ber  ©tamm  ©imeon  naefy  3°f  19, 1  ff.  in  ba«  (Srbteil  ber  Jlmbcr^uba 

66  aufgenommen.  SSiel  toie^tiger  unb  fruchtbarer  toar  4.  bie  SJieberung  (nbeti)  15, 33  ff., 
bie  prächtige,  triften^  unb  ftäbtereic^e  ebene  nac$  bem  ffieftmeer  ^in.  SlQein  gerabe  biefe« 
befte  (Gebiet  blieb  jum  größeren  Seil  in  ben  £änben  ber  $^ilifter,  toelc^e  ^ier  i^re  Streit* 
maetyt  entfalten  unb  i^re  feften  ©täbte  ©fron,  3l«bob,  ©a^a  u.  f.  to.  bel^au^ten  tonnten.  — 
2)ie  ©renje  be«  ©efamtgebiete«   toirb  15,  1—12  gebogen.    Öftlic^  follte  fte   bur^  ba« 

60  tote  9Jteer  bi«  jur  3o^fln»nünbung,   toeftlic^  burety  ba«  ÜJlittelmeer  gebilbet  toerben.    3Me 


3fnb<t,  Sofjti  %aUb»  555 

©übgrenge,  gugleicfy  SReid?«grenge,  fotttc  Don  ber  ©übfoifce  be«  toten  ÜRcere«  in  fübtoeft* 
lieber  Stiftung  bi«  fübtoärt«  Don  Stabe«  33arnea  ftc$  fyingieljen,  um  bann  in  bat  ,,8a$ 
äglflrten«"  (SS3.  et  2lrifd^)  au«gulauf  en.  2)ie  SRorbgrenge,  meiere  ben  ©tamm  bon  Benjamin 
trennte  (bgl.  18, 15—19),  jrieg  Don  ber  ÜRünbung  be«  ^orban«  in  forgfältig  beftimmter 
Stnte  toefttoärt«  6tö  gum  Stogelbrunnen,  ber  in  unmittelbarer  -Käfye  3«nifölem«  füblic^  bor  5 
bcr  ©tobt  gelegen  ift,  lieft  alfo  biefe  felbft  bem  ©tamme  ^Benjamin.  @«  ift  jeboet)  begreiflich, 
bafe  bte^ubäer,  ber  bortämpfenbe  ©tamm,  auc$  an  biefer  in  unmittelbarer  5Rä^e  liegenben 
©tobt  ftcfc  berfucfyten.  SBäfyrenb  aber  SRi  1, 8  melbet,  fte  Ratten  biefelbe  berbrannt,  ftnbet 
ft$  3of  15, 63  bie  üRottg,  fte  Ratten  fte  nid^t  einnehmen  lönnen,  fonbern  bort  mit  ben 
Sebujttern  gufammen  getoofynt.  2)a«felbe  fagt  SRi  1,  21  bon  ben  Senjaminiten.  $)rei  10 
berfd&tebenc  Seri^te  amunefymen,  ift  jebocfy  nid&t  nötig,  ba  bie  fd&on  bon  Sofa'M 
(Ant.  5, 2, 2)  getollte  Vereinbarung  ftc|  in  jeber  #inftdjt  empfiehlt:  Die  ^ubäer  ber* 
brannten  einen  leichter  gu  nefymenben  ©tabtteil;  aber  bie  äufcerft  fefte  g^n^burg  blieb  in 
ben  £änben  ber  3*&uftter.  2)enn  auefy  ba«  3ufammento0^nen  &«  3ubäcr  unb  ber  nadfc 
rüdtenben  Senjaminiten  mit  ben  igebufttern  fefct  borau«,  bafe  e«  berfcfyiebene  ©tabtteile  16 
gab.  —  Safe  gum  ©tamm  %vtoa  nod)  eine  ßnflabe  oftlid^  bom  IJorban  *m  ©tamm 
SKanaffe  geregnet  toorben  fei,  fyat  man  au«  5°f 19,  34  /,3u*>a  am  3ort>an"  öcfc^Ioffen 
unb  bie«  bom  93egirf  ber  3«ir«börfer  berftanben,  ba  naety  1  Styr  2,  21  ff.  %a\x  eigentlidb 
ein  ©pröfeling  biefe«  ©tamme«  toar.  älllein  ein  politiföer  3ufammentyang  beftanb  fötoerlicp 
gtotföen  3>uba  unb  btefen  „©ileabiten,"  bie  allerbing«  im  ©tamm  SWanaffe  eine  gctoiffeao 
Sonberftettung  freuten  eingenommen  gu  fyabm.  Hgl.  auefy  91.  Äöfyler,  ©efefy.  I,  490  ff. 
gute  aM>elIatibe  ©eutung  jene«  murr  berfu^t  SBefcftein  im  (Srjfur«  gu  Deltofö,  &\a\a, 
3.  SufL,  ©.  692  ff.  2)a«felbe  fe^lt  übrigen«  in  LXX  unb  beruht  toofyl  auf  $er> 
betberbni«  (Dublette  bon  ywi). 

SSiel  toeniger  grünblicfy  räumten  bie  übrigen  ©tämme,  bie  ftcfc  um  ba«  §au«  Sofep^«  » 
fdjarten,  mit  ber  tyeibnifcfyen  93ebölferung  auf  (SRi  1,  22  ff.),  toe«ljalb  fte  auefy  in  ber  SRic^ter« 
gett  metyr  bon  ben  allmäfylid&  erftarfenben  geinben  gu  leiben  Ratten.  3uba  bertyarrte  ba* 
gegen  in  biefer  ^ßeriobe  im  allgemeinen  in  feiner  geftd^erten  ©tellung  unb  mifd^te  ftcfy 
toentg  in  bie  toed&felboüen  ßämpfe  be«  Sorben«.  9Jur  ber  Stifter  Daniel  (3,  9)  unb 
3bjan,  ber  Settyletyemite  (12,  8  ff.),  gehören  tym  ftc&er  an  (bgl.  auc$  Gtoalb  a.  a.  D.,  ao 
II,  447  ff.).  2)afe  er  immerhin  an  ben  Seiben  unb  Ääntyfen,  bef onber«  am  ©^luffe  jener 
3ett,  aud^  beteiligt  toar  unb  feine  befonberen  fiäm^fe  )u  befielen  fyatie,  betoeift  g.  93.  aud^ 
10,  9;  15,  9  ff.  ©in  nic^t  anjufe^tenbe«  3^9«^  fto  3uba«  folibarifd^e  SBerbinbung  mit 
ben  übriaen  ©tämmen  in  ber  früheren  SRic^terjeit  ift  ba«  20.  Aap.  (©ie^e  gegen  bie 
fnttfcfc  Sertoerfung  bon  9ti  19—21,  öttli  Äom.  ©.  302).  dagegen  na^m  er  ni^t  teil  86 
am  Ärieg  gegen  ©ifera,  unb  e«  n>irb  i^m  ba«  aueb  nod^  im  Sieb  ber  2)ebora  (9li  5)  nic^t 
berargt,  ebenfotoenig  an  ©ibeon«  Kampf  toiber  SRtbian.  9Jamentlic^  ber  Umftanb,  ba^ 
Debora  fein  fernbleiben  bei  erfterem  Slnlafj  nid^t  rügt  tute  ba«  anberer  ©tämme,  geigt, 
bog  Suba  politifö  bon  ben  um  ba«  $au«  3ofep^  gefebarten  ober  bon  tym  abhängigen 
©tämmen  ifoliert  War.  Ob  jtoifdjen  feinen  Seft^ungen  unb  benen  ber  ß^raimiten  ba-  40 
mal«  no<$  fanaanitifc^e  bon  S3elang  lagen  (©labe),  ift  bagegen  fragtoürbig.  ©i^erlic^ 
lä^t  ft^  nid^t  mit  äßincfler  au«  jener  ©onberftellung  fc^liefeen,  bafs  %uba  bi«  auf  2)abib 
gar  fein  i«raelitifc$er  ©tamm  getoefen  fei.  Slber  biefer  ©tamm  trat  auc$  unter  bem 
Königtum  be«  33enjaminiten  ©aul  nod^  toenig  in  ben  itorbergrunb  unb  ift  1  ©a  11,8; 
15,  4  in  bcrfyältntemä&ig  geringer  ©tärfe  beim  §eer  bertreten,  bod&  h>urbe  bie«  gang  45 
anber«,  feit  ©abib,  ber  93etl^le^emite,  gur  itönig«h)ürbe  gelangt  toar.  2)erfelbe  fyatte  ft($ 
anfänglich  bor  ©aul«  9ta^fteQungen  in  bie  einöben  ©triebe  ^uba«  geflüchtet  unb  bort 
o^ne  Ätoeifel  manche  Regierungen  angefnüpft.  9lac^  ©aul«  lob  mar  er  bann  in  bie 
^auptftabt  §\ä>a$,  §ebron,  eingebogen  unb  bort  guerft  au«brüdtlid^  nur  gum  Äönig  „über 
ba«  fyutö  3u^a"  öon  ^^n  3Rännern  3ttba  gcfalbt  Sorben  (2  ©a  2,  4.  7.  10),  toä^renb  so 
bie  anberen  ©tämme  nod^  gu  $fd&baal,  bem  ©ol?ne  ©aul«,  gelten,  fo  ba^  .Hrieg  gmifc^en 
ben  Seilen  be«  ÜBolfe«  au«brad^.  Srft  nac^  unb  nad>  ging  gang  3«rael  auf  2)abib  über 
(2  ©a  3—5).  @po(^emac^enb  toar  fobann  bie  Eroberung  ^erufalem«,  toobur^  2)abib« 
Königtum  einen  fefteren  3JJittclpunft  bon  größerer  ^ragtoette  erhielt,  toobei  e«  ftc$  auf 
ba«  ^au«  §uba  bome^mltd^  fluten  fonnte.  ison  ba  an  ift  ^erufalem  bie  öauptftabt  66 
jpegim  auc^  für  guba  geworben.  3^ar  ^erfuc^te  nod^  3lbfalom  eine  SReaftion  ber  füb= 
jubätföen  ©lemente  bon  Hebron  au«  in«  Söerf  gu  fe^en  (2  ©a  15,  7 ff.;  bgl.  19, 11  ff.); 
aber  gefährlicher  toar  für  ba«  £au«  Dabtb«  ba«  garere  aBiberftreben  ber  ftoljen 
ej>^raimitifc^en  Stämme,  bie  ftcfy  nur  bureb  bie  erftaunlid^en  (Srfolge  S)abib«  unb  ferne 
}>olittfc^e  ttlug^eit  beftimmen   liefen,   einem  '^ubäer  gu   ge^or$en.    3luc^  ©alomo«  ©eift  ou 


556  3?nba,  @of)ts  3*fob$  3nb*a 

mar  allju  überlegen,  feine  Regierung  ju  großartig,  ate  bafe  ein  ©ebanfe  an  90>fall  $ätte 
auffommen  fönnen.  2)oc$  glimmte  ba$  geuer  unter  ber  3lfc$e,  unb  bie  brücfenben  Saften, 
toeld&e  feine  $rac^t(iebe  bem  Sanbe  auflegte,  toaren  baju  geeignet,  ben  3Bibertt>iHen  gu 
nähren,    ©letcfy  nac$  ©alomoä  Sob  !am  e£  jum  berfyängntebouen  2tu3bruc§,   mbem  aOe 

5  Stämme  aufeer  !guba  unb  einem  Seil  t>on  Benjamin  bem  übermütig  auf  fem  @rbre$t  )xx$enben 
©ofyn  unb  SRactyfolger  ©alomoS,  9tetyabeam,  ben  Oeljorfam  fcertoeigerten  unb  ftc$  einen 
©onberfönig  tollten,  nic^t  ofyne  •pro^etiföe  ©anttion.  33ottftänbig  unb  gefäloffen  tft 
nur  ber  ©tamm  guba  bem  #aufe  35at>ib3  treu  geblieben,  bafyer  bie  SBBetefagung 
1  Äg  11,  31.  36  tym  nur  einen  ©tamm  läfet,  bagegen  bem  3erobeam  jeljn  gtebt,  fo  baj& 

10  ber  äuäbrucf  „3efynftämmeretd&''  berechtigt  tft.  Benjamin,  toe&$eS  1  Äg  12,  21.  23  neben 
3uba  erföeint,  tourbe  geteilt ;  boc§  tyatte  e$  mit  guba  gu  fefyr  einen  gemeinfamen  3?iitet- 
jjunft  in  gerufalcm,  um  ntd&t,  trofc  feiner  früher  gegenfä^lic^en  Stellung  gu  biefem  Stamme, 
in  ber  #au£tfac$e  bei  tym  gu  verbleiben.  Unb  abgefefyen  batoon,  bafc  ba8  urfprungli^e 
©ebiet   bon  2)an  unb  ©imeon,   toelcty   lefcterer  in  3uba  teiltoetfe  aufgegangen  toar,  gu 

16  3uba  gefälagen  tourbe,  tyaben  fu$  auc$  bie  Sebtten  gum  größten  ieil  bem  füblic^en  Steige 
gugetoanbt.  2)ie  toettere  ©efc^ic^te  be3  „£aufe$  3uba,"  toeld&eä  fortan  ein  Jtömgreufc 
toar,  fte^e  im  Slrttfel  „3«rael"  unb  unter  ben  SRamen  ber  eingelnen  Äönige.  2)er  ©tamm 
3uba  prägte  biefem  füb(t$en  SReic^  im  allgemeinen  feinen  (Sfyarafter  auf.  ®S  btlbete  eine 
fefter  gefc^loffene  (Sinfyeit  um  baä  §au$  *33abib$  unb  ben  iempcl  ©alomoS.    3)em  Um« 

ao  ftanbe,  ba&  eine  legitime  Safte  unb  größere  ftttlic^e  ßnergie  borfanben  toar,  toeldj>e  ber 
SBerberbnte  länger  toiberftanb,  berbcmfte  e$  trofc  feiner  Älein^eit  einen  längeren  Seftanb. 
3luc&  getoaltige  *Pro:ptyeien  ftanben  nocfy  in  ber  golgegeit  au«  biefem  Stamme  auf,  fo  jeben* 
falte  2lmo3,  Sefaja,  2Rictya;  bieDeid&t  aud&  Dbabja,  $oel,  ÜRa^um,  Sefanja,  §abaHutu.a. 
2)ie  gä^e  2xeue  beS  Stamme«  ^uba  betoieS  ftc§  auc§   bei  ber  SRticffetyr  au«  bem  ®pl, 

26  toobei  er  toeitau«  ben  größten  Seil  ber  tyetmte&renben  ©planten  fkellte.  $tt>ax  toerben 
auc§  bon  ben  epfyratmitifdjen  Verbannten  manche  bem  neu  errichteten  ©otteäftaat  toteber 
gugetoanbert  fein.  Docty  toaren  ba«  metyr  2lu«na^men.  SBenigften«  berfk&ert  gofe^uS 
Ant.  11,  5,  2,  bie  10  Stämme  befänben  ftd&  bi«  gu  feiner  3eit  unjäpg  an  3Renge  jen- 
feit«  be«  @uj)^rat,   toobei   immerhin   gu   bebenfen,   bafe   ein  großer  leil  ber  Sebölferung 

so  über^au^t  nid^t  in«  @jil  gefc^le^pt  tourbe.  SBegen  3>uba«  Sor^errfc^en  bei  ber  neuen  %t= 
ftebelung  um  3^«f«^m  ^urbe  fortan  ber  9lame  „Suben"  für  Hebräer  ober  3«raeliten 
über^au^t  gebräuchlich.  Sgl.  übrigen«  föon  %tx  34, 9.  §äufig  finbet  fic^  biefe  Senennung 
in  ben  nac^ejtlifd^en  Supern,  aucfy  im  9leuen  leftament,  befonber«  im  3ofyanne«etKmgelium. 
3)ie  ^öd^fte  S^re  aber,  toeld&e  bem  Stamm  3uba  gu  teil  tourbe,  tft  bie,  bafc  er  ben  9Reffta« 

86  ber  Söclt  fd^enlen  burfte,  ber  al«  „Sötoe  au«  bem  Stamme  3uba"  O^t  5,  5)  bie  SBelt 
übertounben  unb  eine  etoige  §errföaft  eingenommen  ^at.  ».  Crelt. 

3fnbSa.  —  fiitteratur:  33.  6tabe,  ©efäicftte  be«  SSolfe«  3«rael  II  (1888),  139 ff.; 
2B-  ©,  Softer«,  Het  heretel  van  Israel  in  het  perzische  tijdvak,  Selben  1893.  $)eutfd)  oon 
Sl.©Qfeboro:  Die  SBiebertjerfteaunQ  3«voel«  in  ber  perftf^en  fßeriobe,  ©eibelberg  1895;  ebuorb 

40  SWeljer,  Die  GntfteQung  be«  gubentum«,  1896;  g.  3Beat)aufen,  3*racütifc6e  unb  jübifdje  ®e» 
Widjte1  (1897),  222  ff ;  #.  «Biürid),  3uben  unb  ©rieben  oor  ber  matfabfitfeften  (Srbebung, 
©öttingen  1895;  6.  ©4ürer,  ©efd)i«te  be«  jubif«en  »olle«  im  3eitalter  3efu  ö^rifti  l\ 
1890;  il",  1898;  £  9Manb,  Palästina  ex  monumentis  veteribus  illustrata  1714;  ®.  ®u£rin, 
Description  de   la  Palestine   I.  Jud£e  1-3,    $ari«  1868,69,    II.  Samarie  1-2,    1874/75; 

45  2f)omfon,  The  Land  and  the  Book.  Southern  Palestine  and  Jerusalem,  Sonbon  1881; 
Central  Palestine  and  Phoenicia,  Bonbon  1883 ;  The  survey  of  Western  Palestine,  Memoire 
of  the  topography,  orography,  archaeology.  By  C.  R.  Conder  and  H.  H.  Kitchener,  VoL  III : 
Judaea,  ionbon  1883,  Vol.  II,  Saraaria,  1882;  ba^u  Map  of  Western  Palestine  in  26  Sheete, 
fionbon  1880;  ferner  The  Redueed  Map  in  12  Sheets,    Sonbonl884;  Old  and  New  TesU- 

60  ment  Map  of  Palestine  in  20  sheets  1890;  in  12  sheets  1890;  ©öarle«  (I(ermont«®anneQUf 
Archaeological  Researches  in  Palestine  during  the  years  1873—1874,  Vol  I,  fionbon  1899, 
Vol.  II,  ifonbon  1896;  Onomastica  sacra  Pauli  de  Lagarde  studio  et  sumptibus  alterum 
edita,  Gottingae  1887;  9lb.  Neubauer,  La  Geographie  du  Talmud,  ^ari«  1868;  £b.  Wo« 
binf on,^Qlöftina  ( 184 1 ),  II,  314  ff. ;  III,  188  ff. ;  berfelbe, teuere  biblifdje  arorfdjungen ( l&>7),  179 ff., 

66  345 ff.;  X.  iobler,  Xopograpbie  üon  ^erufalem  II:  $)te  Umgebungen,  ©erlin  1854;  berfelbe. 
dritte  ©anberung  nad)  ^aläftina  im  3a^rc  1857,  ©otfta  1859;  uan  be  Selbe,  SReife  burd» 
@t)rten  unb  s$alnftina,  1851  unb  185*2,  2  $be,  i'eipsig  1855;  3ame«  ginn,  Bayways  in 
Palestine,  fionbon  1868;  Ä.  Rurrer,  ©anberungen  burd)  ba«  ^eilige  Öanb1,  8u"d)  1891; 
©ibellejtfon,  tjerau«geg    uou  ®.  ©dicnfel,  5  S3be  1869—1875;  ^anbiwörterbu*  be*  bibftfc&en 

60  Altertum^,  berau«geg.  oon  6b.  föiebm,  jiüettc  Auflage  üon  ©aetbgen  1893  94;  O.dberd  unb 
§.  ®utt)e,  <Pöl«ft»na   in  ©ilb  unb  »ort  I  u.  II,  1883,84;    JJ.  $uf)l,  ©eograöbie   be«  «Iten 


3«bäa  557 

$aläfiina  1896;  £.  gifdjer  unb  $.  ©ntlje,  .fcanbfarte  Don  $aläftina,  ßeipaig,  SBagner  unb 
$ebe$;  bicfelben,  SBanbfarte  uon  Sßaläftina,  ebenbafelbft;  £.  Dort,  Atlas  voor  bijbeische  en 
kerkelijke  geschiedenis  1884;  SR.  oon  SHicfe,  ©ibelatlaä8,  1895.  —  3^r  Sage  tion  ÄbuIIom: 
£&.  6lermont.@anneau  in  Revue  archeologique,  Nouv.  Serie  XXX  (1875),  231  ff.—  8" 
Hebron :  SW.  bc  SSogüe*  unb  6.  SRenan,  Macpela  ou  tombeau  des  patriarches  a  Hebron,  fiau*  6 
fanne  1869;  (£rm.  Sßieroiti,  Macpcla  ou  tombeau  des  patriarches  ä  Hebron,  ßaufanne 
1869 ;  ©.  9?ofen,  $ie  Sßatriardjengruft  $u  Hebron  in  berliner  3eitfd)rift  für  allgemeine 
fcrbfunbe  XIV  (1863),  369—429,  XV  (1864),  160-162;  berfefbe.  lieber  baS  £&al  unb  bie 
näcbfre  Umgebung  ©ebrond  in  3bm©  XII  (1858),  477—513;  Histoire  de  Jerusalem  et 
d'Hlbron  depuis  Abraham  jusqu'ä  la  fin  du  XV.  siecle  de  J.  Chr.,  fragments  de  la  chro-  10 
nique  de  Moudjir-ed-dyn,  traduits  sur  le  texte  arabe  par  Henry  Sauvaire,  ^artS  1876; 
Comte  Riant  in  Comptes  Rendus  des  S^ances  de  TAcadömie  des  inscriptions  et  belles 
lettre«  1886,  57—63;  ©ullje,  bie  Untcrfudjung  be«  <)kiriar  djengrabc«  in  Hebron  im  %atixt 
1119  in  3b^9S  XVII  (1894),  238 ff.—  3u  «tafaba:  $.  be  ©aulen,  Les  ruines  de  Masada, 
beutfö  im  SRaflajin  für  fiitteratur  be3  SluSlanbeS  XLI  (1852),  $r.  35;  «.  $uc  be  guttneS,  16 
Voyage  d'exploration  ä  la  Mer  Morte  etc.,  3  SBbe.  «ßari«  1871—1876.  —  3um  Gretnuft: 
fclpljonfe  ßouret,  La  Palestine  sous  les  empereurs  Grecs  (©renoble  1869),  appendice:  Liste 
des  monasteres  fondds  en  Palestine  depuis  Constantin  jusqu'ä  Tinvasion  des  Arabes; 
3L  t>on  SRic&;  93tbclatla$3,  $ejt  32 f.;  berfelbe  in  3b*®  XII,  19-23;  XV,  212-233;  gur 
fogenannten  #öt)le  üon  ttbuUam  »gl.  Jobler,  Xopograptyie  »on  Serufalem  II,  509  ff.  —  Qu  20 
©ilgal:  ^ermann  3fd)öffef  ^Beiträge  jur  Topographie  ber  weftlidjen  gorbanöau,  Serufalem 
1866.—  3u  Stetfjptmge:  Sfermont  ©anneau  in  Revue  archeol.  Decb.  1877,  366—388.— 
3u  emmouö:  3.  9?.  6cpp,  3erufalem  unb  ba%  ^eilige üanb*  I,  54-  73;  g.  ^>i^tg#  ©efd)id)te 
3$racl$  II,  628;  $erm.  3fd)offe.  Sa«  neuteftamentl.^mmauS,  ©cfiafffjouien  1865;  JK.JBufeOi, 
Illustrazione  del  Santuario  d'Emmaus,  JJioorno  1888;  9tt.  3-  ©duffer8,  Amwas,  ba«  25 
fcmmau«  bed  tjl.Suca«,  greiburg  1890;  »gl.  ba$u  JRücfert  in  %t>tcl  Guar  talfdn*.  1892,  558  ff. 
unb  ©utfcc  in  3b*®  XVI  (1893),  298  ff.  —  3ur  Sage  »on  ©efer:  <EQ.  (Slermont  ©anneau 
in  Bulletin  de  la  Soctete*  de  Geographie  Se*r.  VI,  T.  5  Ovaria  1873),  123 ff.,  ferner  in  Aca- 
demie  des  Inscriptions  et  Beiles  lettres.  Comptes  rendus  des  sdances  de  l'annee  1874, 
Ser.  IV,  T.  2,  201.  213,  $ule&t  in  Archaeological  Researches  in  Palestine  1873/74,  II  so 
(fionbon  1896),  224—275.  —  Uebcr  bie  £age  ber  »erfdiiebcnen  9Kijpe  in  $aläftina  frtt  ge- 
bonbelt  ß'abbtf  ffiaboiffon,  Les  Maspeh.  Etüde  de  Geographie  ex£g£tique  touchant  les 
difflrentes  localit^s  de  ce  nom,  $ari8  1897. 

$er  folgenbe  toifel  bebanbclt  I.  ©efdn'cfite  unb  ©renjen  Subä'aö  ©.  557-561,  II.  ba8 
©ebiet  3ubn*  ©.  561—573,  inäbefonbere  Hebron  6.  564—659,   III.  ba§  ©ebiet  ©enjaminS  »r, 
6.  573—580,     IV.    bei«    ©ebiet    Sana    ©.  580—582,    V.    Xeilc    beS    ©ebieteö   ep^raim 
6.  582-584  unb  VI.  bie  Xopard)icn  3ubaaä  noeft  3ofep()Ug  unb  $Uniu3  ©.  584  f. 

I.  ^vfoäa  ift  bie  bei  ©rieben  unb  Satemern  übliche  Se^cio^nung  be^  Don  3"ben  betpobnten 
2anbc^  (jj  'Iovdaia  x<oga  3Jk  1,  5  ober  r)  'lovdaia  yfj  3o  3,  22  ;  2  Wlat  1, 1  ij  yÄQa 
TYjg  'Iavdaiag).  2)a  ber  9?amc  unter  ©rieben  entftanben  ift,  fo  ^at  er  bie  na($erjlifcfyen  40 
2Öo^nfi§e  ber  gilben  in  ^aläftina  ettpa  Don  300  bor  G&r.  an  im  2luge.  Söelc^e  vkufr 
be^nung  biefe  bamalä  gehabt  ^dben,  tptffcn  h)tr  au£  bireften  3«U0niflen  nid^t ;  toir  fönnen 
nur  av&  älteren  unb  jüngeren  9ta$ricr/ten  ben  Umfang  be$  im  3.  3a^r^unbert  etwa 
t»n  bei  jübifa^en  ©emeinbc  um  3;enifalem  betpo^nten  ©ebieteö  erfdr)Ite^en.  2)ie  älteren 
9?a<$nc$ten  finben  toir  im  33u$c  9Je(>emia,  bie  jüngeren  in  1  unb  2  3Raf.  3m  SBua)e  45 
sJleb  ift  für  biefen  $m$  nia)t  ya  Derlüerten  11,  25—36,  ba  biejeS  Stürf  Dom  (S^roniften 
bau^tfäa^lia^  naa^  30f-  15  unb  18  gearbeitet  unb  an  bie  9iacfyrtd?ten  au3  naa^cjUifa^er  3«t 
angehängt  toorben  ift.  3Bta^tig  finb  bagegen  bie  Slngaben  in  9te^  3  unb  7  (=  @3r  2); 
fie  frimmen  nic^t  untereinanber  überetn,  gerabc  babura)  fmb  fie  le^rreia^.  9ier/  3  jetgt 
vm&  ba^  ©ebict,  ba$  ganj  ober  übertpiegenb  bon  3«bcn  beroobnt  unb  b^alb  bem  50 
au^erorbentiid^en  Statthalter  sJJebemia  unterfteHt  h?ar;  9Je^  7  hingegen  jätylt  nur  bie^ 
jenigen  Orte  auf,  beren  Setpo^ncr  fia^  jur  Haltung  be^  ©ejeje^  unb  ber,  übrigen  3Jor= 
fünften,  bie  bei  ber  ©rünbung  ber  naa^ejilifa^en  ©emeinbe  vereinbart  tpürben,  feierlich 
öet^flic^teten.  3n  9M  7  finb  bura^au^  nta)t  alle  bie  vxsuben  genannt,  bie  in  bem  ©ebiet 
tom  9teb  3  fcorf/anben  U)aren;  benn  c«  fa^loffen  fid^  anfangt  nic^t  alle  um  ^entfafon  66 
too^nenben  3uben  ber  neugebilbeten  Äultu^gcmeinbe  an.  @ö  finb  in  9lefy  7  aber  auc^ 
Orte  genannt,  bie  ju  bem  ©ebiet  Don  9Jer;  3  rt>ar;rfc^cmlic^  nia^t  gehört  f^aben,  j.  S.  Sob, 
$abib  unb  Cno  33. 37  ;  auefy  ba^  ift  h?or;l  berftänblia),  ftxil  fia^  an  bie  neue  Äultuägemeinbe 
au^>  folc^e  3"ben  anfa^loffen,  bie  aufcerfyalb,  aber  boa^  in  ber  sJiäfye  be«  gefcr;loffenen  jjü» 
btf^en  ©ebiet«  too^nten.  tiefer  Untcrfcr)ieb  aroifer/en  ber  3w0^örigfeit  gum  jübifc^en  eo 
Stamm  unb  ber  3u0«^rigfctt  jur  Äultu^gemeinbe  hielt  fic^  in  ber  Umgebung  Don  3er«8 
(alem  nic^t  lange.  ®ie  Silbung  ber  Hultuägemeinbc  l^atte  Srfolg  tpie  i^re  balbige  9ta(^ 
a^mung  in  ©ic^em  auf«  beutlictyfte  ^eigt,  unb  tpieberum  fear  cie  93ilbung  ber  famaritifc^en  ©e- 


558  Sttbfta 

mctnbc  für  bie  iübifcfye  ein  Slnlaft,  auf  bte  Benneljrung  tyrer  eigenen  9Jlitgtieber  bebaut 
ju  fem.  Satyer  eroberte  bie  $?ultu«gemeinbe  bon  Serafalem  in  bem  1.  3ja$r$unbert  na$ 
i&rer  ©rünbung  tootyl  ba«  getarnte  ©ebiet,  ba«  eine  gang  ober  bo<$  na&eju  geföloffene 
Sebößerung  bon  jübifäer  äbfunft  fyattt.  2RU  anberen  Sorten :  bei  Unterföieb  toon  9ld)  7 

6  gegen  9?ety  3  glicfy  ficfy  bafyin  au«,  bafe  ba«  ©ebiet  be«  jübifcfyen  Stamme«  9lety  3  $u* 
gleich  ba«  ©  ebiet  ber  jübifäen  5?ultu«gemeinbe  tourbe;  fyier  unb  ba  toirb  burdj  bte  am 
äietyung«ftaft  ber  (enteren  ba«  jübiföe  ©ebiet  um  ^erufalem  nodjj  erweitert  toorbcn  fein. 
Siefe  Sage  ber  Singe  totrb  und  bunty  1  unb  2  üRaf  bezeugt.  Sie  ©renken  be«  jübtfc^cn 
©ebiet«  becfen  ftcfy  jiemli($  genau   mit   ben  sJiefy  3   bezeichneten  ©egenben.    3m  ©üben 

loift  bie  ©renje  »et&jur  (Setyfura)  1  3Wa!  4,  29.  61;  6,  31 :  2  2Wa!  11,  5;  tri.  9feb. 
3,  16.  3»"  Sorben  lag  Set^oron  an  ber  ©ren^e  1  ÜÄaf  3,  16,  im  Sßeften  dmmau« 
(ba«  heutige  eamwäs)  1  3Kaf  3,  40,  ba«  25.  42  föon  al«  jübifö  be$ei<$net  toirb ;  bgL 
SRefy  3, 15  ;  17  f.  9. 12.  Srgänjt  toerben  biefe  angaben  burcty  ba«  33eraei($ni«  ber  gelungen,  bie 
»ac$ibe«  um  160  b.  G&r.   „in  ^ubäa"  ^erfteDen  lägt  1  9Ra!  9,  50ff.,  Sericfco  hn  Dften 

16  (5Wety  3, 2),  @mmau«  unb  ©ajara  (©efer)  im  3Beften,  Set^oron  unb  Setzei  im  Sterben, 
Set^ur  im  ©üben.  Sie  übrigen  $toei  ober  brei  Drte  fmb  au«  berföiebenen  ©rünben  nw^t 
mit  ©ic^erfyeit  gu  beftimmen.  3n  Setreff  ber  erften  -Kamen  fcfytoanft  bie  Sedart  jtoiföen 
xal  ttjv  Oa/uvadä  <Paga{>d)v  unb  x.  t.  0.  xal  &aQa&a>v.  2Benn  auc$  Joseph. 
Antiq.  XIII  1,  3   ber  jtoeiten  folgt,   fo  ift  für  1  3Raf  otyne  3toeifel  bie  erfte  beffer  be* 

20  jeugt.  üJtan  fann  nicfyt  anber«  überfein  al«  Styamna  (3$imna)  bei  Sßtyaratyon  unb  tyü 
ba«  bon  bem  Styamna  berftanben,  ba«  ettoa  15  km  nörbli$  bon  Set^oron  unb  rämallah, 
hingegen  mefyr  al«  20  km  füblicfy  Don  fer'ata  bei  näbulus  (©utyem)  =  ^S^orat^on 
gelegen  ift  (©.  583,is).  6«  faßt  fc^on  auf,  bafe  man  ben  unterfcfyeibenben  3ufafc  ftr  Wef  c*  2$amna 
Don  einem  fo  toeit  entfernt  liegenben  Drte  hergenommen   tyaben  follte ;   ba«  SebenHicft'tc 

26  aber  ift,  bafe  biefe«  Ifyamna  bamal«  nad)  1  3Raf  11,  34  nicfyt  ju  $ubäa,  fonbern  gu 
©amaria  gehört  fyat  SBSeber  biefe«  If^amna  nocfy  ba«  fei'ata  bei  ©ic&em  gaffen  in  ben 
3ufammenfyang  bon  1  5Ka!  9,  50  ff.  6«  giebt  nun  jtoei  Drte  SRamen«  i^imna  in  bem 
jubäifd&en  ©ebiet,  ba«  eine  bei  95et^  ©eme«  unb  ba«  anbere  jtoif^en  bet  nettif  unb 
Set^le^em;    ob   ein«   bon    biefen   gemeint    ift,    mufe  unentfe^ieben   bleiben,    ebenfo  bie 

80  Seutung  bon  ^f^arat^on.  äufeerbem  hrirb  noc^  ber  Ort  Teqxov  genannt  (Josephus  a.  a.  C. 
Toxdav),  ben  man  toof^l  auf  ein  fyebräifctyc«  n^^n  ^at  jurücffü^rcn  toollen.  ©ic^erlic^  toäre 
bann  nur  an  ba«  3of.  15, 34(©.  564,  u)  genannte  gu  beuten.  3Bie  e«  fic^  mit  biefen  jtoei- 
felfyaften  Drten  and)  ber^alten  mag,  bie  §auptfacfye  fte^t  feft:  nodj>  um  160  toor  6^r.  ifl 
ba«  jübijctye  ©ebiet  im  toefentlic^en  ba«  Don  9iefy  3,   nur  im  Sorben  unb  ffleften  ^aben 

86  ©rtoeiterungen  ftattgefunben. 

Siefe«  ©ebiet  teilte  unter  bem  ^erferreic^e  toie  unter  ber  §errf<$aft  ber  ©rieben  bte 
©efd&idfe  be«  füblic^en  Serien«.  Waty  bem  lobe  Sllejanber«  be«  ©rofeen  legten  ^uerp 
bie  ^Jtolemäer  bon  Stg^ten  au«  i^re  §anb  barauf.  ©ie  behaupteten  e«  mit  tunen  Unter= 
brec^ungen  bi«  198 ;    ber  ©ieg  Slntio^u«'  III.  bei  $anea«  braute   ba«  füblicpe  ©tyrien 

40  unb  bamit  auc^  ^ubäa  enbgiltig  in  bie  #anb  ber  ©eleuciben.  6«  bilbete  einen  Seil  ber 
$robinj  ßoclef^rien  1  3Rai  10,  69  ober  Goeleforien  unb  ^työnijien  2üRa!  3,  5;  4,  4; 
8,  8;  10,  11—13.  93ermutlid>  Ratten  bie  Äönige  ben  ^uben  au«  SRücfftc^t  auf  i^re  Sie* 
ligion  bi«  $u  bem  raupen  ©ingriff  Slntioc^u«'  IV.  (Spip^ane«  168  bor  S^r.  toettgebenbe 
33orrec^te  ber  ©elbftbermaltung  geftattet.    Sie  3ri$en  ber  Slbf^ängigfeit  beföränften   fieb 

45  auf  regelmäßige  3ö^ut19  bon  3lbgaben,  bie  ber  33efefyl«fyaber  ber  öurg  in  ^«nifölcm  nacb 

2  Wat  4,  28  einrieben  pflegte,  auf  eine   frembe  Sefa^ung  in  ber  93urg  Don  ^orufal«" 

unb  auf  bie  .^)eere«folge.   Sie  (Sr^ebung  ber  $a«monöer  machte  aflmäfylicfy  biefer  Stellung 

3ubäa«  ein  6nbe  (t>gl.  ba^u  bie  Slngaben  1  3Kaf  10, 6. 25—45 ;  11, 28—36  ;  13, 36—40). 

Ser  griedjifcfye  9?ame   'lovdata    ift   ebenjo    toie    ba«  SlbjeftiD   'Iovdaiog   niefrt  auf 

60  f^ebräifc^e«  ^~rt  unb  "l^"!,  fonbern  auf  aramäifc^e«  ","^f  stat.  emph.  plur.  ^tttt 
@«r  4,  12  ;  Sa  3,  8  ^urüdjufü^ren.  Sie  älteften  fixeren  3euÖm  *>**  griec^ifc^n 
9tamen«  treten  gegen  6nbe  be«  bierten  borc^riftlic^en  Sß^^wnbert«,  gleidfoeitig  mit  bem 
93eginn  ber  griec^iföcn  ^errfc^aft  über  ben  Orient,  auf.  Sa«  graament  be«  JUeax^o«  Don 
©oli  (um  320)  ftefyt  bei  Josephus  contra  Ap.  I  22  oHerbing«  neoen  mehreren  betbä^ttgen 

65  3eu9en>  tpirb  aber  bennoef)  al«  juberläffig  gelten  bürfen.  SBöHig  jtoeifeUo«  ifl  e«  aber, 
ba^  fic^  l^eoj)^raft  unb^elatäu«  bon  Slbbera  in  ifyren  ©Triften  mit  ben3uben  tyrer3«t 
befc^äftigt  (>aben  (bgl.  §.  SBillric^,  ^uben  unb  ©rieben  43  ff.).  93ea#ten«n>ert  ift  ber  &ptafy 
gebrauch  in  lSJlat.  ^n  biefemSuc^e  finbet  fi($  neben  ber  grie^ifc^Äorm'/tw'Axia  autb 
bie  ^ebraifterenbe  Iovda,    unb    jtoar  biefe  lefetere  häufiger  al«  bie  erftere  (22  mal  gegen 

60  17  mal).    %n  2  üRal  finbet  fiety  bagegen  au«fc^liefeli(^  bie  griec^ifc^e  %vtm. 


3«bäa  559 

SS  gehörte  ju  ben  folgen  ber  fyaämonäifctyen  (Srfyebung,  bafc  3.  über  feine  urforüng* 
liefen  ©renken  toeit  tyinau3touc$$  unb  fiety  im  Saufe  ber  |$eit  an  engerer  unb  toeiterer 
Sprachgebrauch  be£  SBorteS  bilbete.  3)ie  ßreigniffe  laffen  ba$  als  ganj  begreiflich  er» 
fdjfinen.  URit  bem  §a$monäer  Jonathan  beginnen  bie  jübifctyen  ©ebietäertoerbungen. 
SUejanber  33ala$  überdies  tym  147  bor  ßfyr.  bie  ©tabt  ßfton  mit  tyrer  Umgebung,  5 
S)emetriu8  II.  145  brei  im  Sorben  unbSBeften  an  baä  jübifcfye  ©ebiet  angrenjenbe,  bisher 
m  ©amarien  gefyörenbe  Sejirfe  (vo/äoi  lSKafll,  28.  34),  fo  bafc  ba$  bon  ^onat^an  be* 
parföte  ©ebiet  nun  als  bier  33egirfe  gerechnet  toirb  1  9Ka!  11,  57.  SMefe  Öejirfe  tyiejjen 
nad)  bem  9lamen  ifyrer  §auptorte  2tyfyerema,  Stybba  unb  -Hamatyaim.  Stytyerema  (9A<pal- 
Qfjuä)  faßt  tpa^rfc^einlic^  ^ufammen  mit  bem  großen  $orfe  9Eq>Qaei[i,  Efraea,  bo$  bon  10 
gufebiuS  unb  §ierontymu£  im  Onomasticon  254.  118;  257.  121  auf  20  römifcfye 
Steilen  nörbltd)  fcon  ^jerufalem,  b.  i}.  in  ber  ©egenb  ber  heutigen  Orte  sindschil  unb 
lubban,  ongefe^t  toirb  (tpo^I  berfetyieben  bon  bemßfrem,  ba3  nad)  Onomasticon  94  fünf 
römifd&e  3Reilen  öftlicty  bon  Setzei  gelegen  tyaben  foQ).  Stybba  entforicfyt  bem  Sob  be$  3133 
(gär  2, 33),  bem  heutigen  ludd  (©.584, 7),  unb  3tamau)aim,  baä  Slrimatyia  be8  31%,  ift  nad&  ben  15 
angaben  beä  (SufebiuS  unb  §ierontymuä  imOnom.  225.96;  288. 146  (Pejmpig,  Remph- 
this)  tt>a^rf$einli$  ba$  heutige  rentls,  14  km  norböftlicty  bonßtybba  unb  9  km  toeftücty 
bon  tibne  (=  Ifyamna  fcgl.  ©.  583 ,  15).  2)er  2öunf d)  nad)  6im>erleibung  bief er  brei  Sejirfe  grün» 
bete  fvd)  fcermutlicfy  barauf,  bafe  ifyre  Setoofyner  ber  9Ke^a^l  nad)  §vtom  toaren  unb 
toegen  tyrer  religiöfen  3u0*fyörigfeit  &u  3jerufalem  auefy  ben  politifcfyen  2lnfc$lu|  toünfäten.  ao 
Halb  barauf  tourbe  Set^ur  an  ber  ©übgreme  ben  ©eleuciben  entriffen  1  9Kaf  11,  66, 
um  142  3owe  (3afa)  befefct  unb  bann  jubaifiert  1  3tta!  12,  33;  13,  11.  2)a$felbe  ge* 
\dpi)  mit  ©ajera  (©efer)  1  5Kaf  13,  43  ff.  (bgl.  14,  33  ff. ;  15,  28).  Cannes  $y* 
canuS  (135—105)  eroberte  9Kebaba  unb  ©amega  im  Oftjorbanlanbe,  untertoarf  bie  ©a* 
maritaner  um  Sichern,  fpäter  auety  bie  ©tobte  ©amaria  unb  ©ctyttyopoliä,  im  ©üben  bie  35 
Jbumäer  unb  fctoang  fie,  bie  93efcfyneibung  unb  baä  jübifctye  ©efefc  anjunefymen  (Jos.  Antiq. 
XIII 9,  1 ;  10,  2  f.).  äriftobui  I  fämpfte  gegen  bie  gturäer  (f.  oben  ©.  543)  unb  nafym 
tonen  ein  ©tüdE  tyreä  ©ebieteä  ab,  beffen  Setootyner  er  jubaifierte  Antiq.  XIII  11,  3; 
toaljrfcfyeinlic&  ift  bamit  ©aliläa  gemeint.  3llejanber  3>annäu3  machte  namentlich  im  Oft* 
jorbanlanbe  bebeutenbe  (Eroberungen  bte  in  ben  Dschölän  hinein  nörblicty  bom  Jarmük,  ao 
ober  auc§  am  -Kittelmeere  untertoarf  er  9taj)l?ia,  ant^ebon  unb  ®a^a  Antiq.  XIII 
12—15,  bef.  15,  4.  $ie  Slnorbnungen  be^  ^ompejuä  63  bor  ß^r.  löften  biefeS  jübifc^e 
Steid^  auf.  2)te  ni$tjübifd?en  ©täbte  an  ber  Jtüfte  unb  im  Oftjorbanlanbe  tourben  mit 
ber  gftetyeit  befc^enft,  ber  §o^epriefter  £tyrcan  behielt  nur  ba^J  toirßid^  jübifctye  ©ebiet 
(ni(^t  5. 93.  ©amarien)  Josephus  Antiq.  XIV  4,  4 ;  Bell.  jud.  I  7, 6.  SBelctye  ©egenben  86 
biefeä  umfaßte,  geigt  bie  Stufjä^lung  ber  fünf  Sejirle,  in  bie  ©abiniuä  57  bor  6^r.  ba« 
bfcfcr  bon  §^rcan  bertoaltetc  Sanb  für  toenige  Sa^re  teilte :  ^^ufalem,  S^ric^o,  ©ajara, 
ämat^,  ©epp^oriö.  3)ic  erften  brei  entfprec^en  bem  eigentlichen  ^\ü)äa,  abgefe^en  bon 
3bumäa,  baä  bon  Sintipater  bertoaltet  tourbe ;  Slmatfyuä  ift  ber  bamalige  §auptort  be^ 
®ebtetö  $eräa  (f.  biefen  Slrfifel),  ©epp^oriö  bie  ^auptftabt  bon  ©aliläa  (Antiq.  XIV  40 
5,  4;  Bell.  jud.  I  8,  5).  §erobc$  al$  Äönig  ber  ^uben  (37—4  tiox  ß^r.)  betyerrfcfyte 
auc^  tpieber  ©amarien,  erhielt  23  bor  (Sfyr.  bie  X^anbfc^aften  93atanöa,  2luraniti^  unb 
Irac^oniti^,  femer  20  bor  Gfyr.  bie  ©ebiete  Ulatfya  unb  ^aneaö  an  ben  ^orbanqueDen 
Josephus  Bell.  jud.  I  20,  4;  Antiq.  XV  10,  1.  3.  s)lad)  feinem  Job  famen  ©aliläa 
unb  tyezäa  an  $erobc^  Slntipae,  Satanäa,  Irad>oniti^  unb  äluraniti«  an  ^ilipbuä,  toiä)--  45 
rtnb  SlrctyelauS  mit  bem  2itcl  iktynaxd)  ^jbumäa,  vx\ubäa  unb  ©amaria  erhielt,  vlad)  feiner 
Äbfe^ung  (6  nac^  ßfyr.)  tourbe  biefcö  ©ebiet  ber  ^romn^  Serien  hinzugefügt,  ]eboc$  unter 
bie  befonbere  SSertoaltung  eine^  ^?rofuratorö  (tmxQOJios,  Sanbpflcger)  auö  bem  SRitter* 
ftanbe  geftellt,  ber  feinen  ©ij  in  ßäfarca  am  üfficer  l^atte.  $iefe  ©teHung  im  römifc^en 
Seiche  tourbe,  naetybem  2lgrij)pa  I  41—44  naefy  CS^r.  ba^  ©ebiet  feince  ©rojjbaterS  §erobe^  so 
beö  ©ro^en  toieber  al^  Aönig  be^errfc^t  hatte,  au$  auf  bie  übrigen  Steile  beä  jübifc^en 
Sei^  au^gebe^nt.  Sei  beginn  beö  jübifd)en  Slufftanbe^  jeboc^  tourbe  baä  ©ebiet  bed 
ftrieged  bon  ber  s^robin^  Serien  üoQig  getrennt  unb  s~8e$pafian  aU  befonbere  $robinj 
übertoiefen,  bie  ben  tarnen  Ax\ubäa  erhielt  (lacitu^,  Hist.  II,  5;  Corpus  Inscr.  Lat.  III, 
S.857,  Dipl.  XIV  unb  5Rr.  2830).  3)er  »efep^aber  ber  10.  Segion  toar  $uglei$  ©tatt»  66 
kalter  ber^Jrobing;  er  refibierte  in  ßäfarea  amÜJJeer.  Diefc  Orbnung  blieb  auefc  na^  ber 
Öeenbigung  be«  Äriege^.  $m  2.  §i)x\).  (bgl.  Ptol.  V,  16, 1)  fam  neben  $u\>äa  ber  5Rame 
Syria  Palaestina  in  ©ebrauc^,  unb  feit  bem  1.  vxsabr^.  tourbe  $aläftina  allein  üblid;. 

®ie  ©a)riften  be^  ^ofep^u^  liefern  un^  bie  ^Belege   für  ben   engeren   unb  toeiteren 
S)}raa)gebraud;,    ber   ftc^  auf  ©runb  ber  foeben  angeführten  gef$i$tli$en  Vorgänge  ge=  00 


660  3ttbäa 

bilbet  &at.  ®r  unterföeibet  3ubäa  Don  ©amarien  Antiq.XII  4,  1;  XIII  2,  3;  XVII 
11,4;  unb  befonber«  fd^arf  Bell.  jud.  III 3, 5.  ®r  fefct  3.  für  ba«  SReicfc  ber£a«monäer 
unter  3otyanne«  $tyrcanu«  Ant.  XIII  11,  3,  ober  unter  Sllejanber  3annäu«  XIV  5,  2. 
®r  be^eic^net   bamit  ba«  ©ebiet  be«  £o^en})riefter«  §tyrcanu«  (II)  Antiq.  XIV  11,  2; 

5  13,3  ober  ba«  9teid>  be«  §erobe«  XVI  2,  1 ;  10,  4  ff.  ober  ben  Seil  ber  *{Jrot>m$  ©Drien, 
ber  jeit  6  naefy  Gfyr.  burc$  Sßrofuratoren  Dertoaltet  tourbe  Antiq.  XVIII  1,1;  2,  2 ; 
XV  11,  4,  ober  enblicfy  ba«  bem  3Se«j>aftan  übergebene  ©ebiet  Bell.  jud.  III  7,  3;  9,1, 
bie  römiföe  <ßroDin$  3.  Bell.  jud.  VII  6,  1 ;  8,  1.  üReint  er  3.  im  toeiteften  ©inne, 
jo  föreibt  er  toofyl   „ganj  3ubäa"  Antiq.  XV  1,  1 ;  XIX  8,  2.  ®iefer  toeitere  ©pra(fc 

10  gebraut  maetyt  auefy  Derftänblicty,  toa«  auf  ben  erften  Sinbrudf  tyin  befrembet,  nämlid?  bog 
3ofe})tyu«  3-  auefy  einige  2Me  gerabeju  für  Jtanaan  fefct  Antiq.  1 6,  2 ;  7,  2;  IX  14, 1. 
Sei  cfyriftlictyen  ©d^riftfteQern  ber  erften  3a^r&unberte  finbet  jt$  ba«  ©leiere,  beiDrigene«, 
SertuHian,  ßufebiu«  (Onom.  ed.  be  Sagarbe  207.  249.  284),  $ierentymu«  u.  a.  (DgL 
SRelanb  35  ff.),  ©eograpfyen  unb  §iftorif  er  brücfen  fi($  in  berfelben  SBeife  au«,  j.  93.  ?ßtolem. 

16  V,  16,  1;  Dgl.  15,  6—8;  ©trabo  16,  749  ff.;  SD.  6aff.  37,  16;  47,  28. 

Über  3-  im  Weiteren  ©inn  ift  fyier  nic$t  gu  reben.  S«  tyanbelt  jicb  in  biefem  Slrtifel 
um  3-  im  engeren  ©inne,  toie  e«  Don  ©amaria,  ©aliläa  unb  $eräa  untergeben  gu 
toerben  pflegt  (Dgl.  bie  betr.  2lrtifel).  $ür  feine  Abgrenzung  fommen  teil«  bie  angaben 
be«  3ofep^u3,  te*l«  W*  angaben  im  2älmub  in  Setracfyt.  3ofeptyu«  bejeid&net  Antiq.  XIV 

ao  3,  4  Äoreä  al«  bie  nörblicfyfte  ©tabt  3 -ä.  2)iefer  Crt  entftme^t  bem  heutigen  karfiwfi 
im  unteren  wädi  färca,  ettoa  bem  nähr  ez-zerkä  ober  3^°'  gegenüber  (3Wß93  IV, 
245  f.).  ferner  ergiebt  ftety  au«  ber  Slufjctylung  ber  einzelnen  Sejitfe,  bie  bei  9eghm 
be«  großen  Kriege«  gegen  bie  SRömer  befonberen  8efefyl«tyabern  unterteilt  tourben  (Bell, 
jud.  II  20,  4),  bafe  ber  Sejirf  Ifyamna  unb  ba«  ©ebiet  Don  ©op&na  unb  äfrabattenc 

20  noefy  ju  3.  geregnet  tourben  (f.  auefy  III  3,  5).  2)er  ©renjort  gegen  ©amaria,  ber  Don 
Josephus  Bell.  jud.  III  3, 5  angegeben  toirb,  Slnuatfy  Sorfaio«,  lägt  ft<$  DieQei$t  mit 
ber  heutigen  chirbet  berklt  3  km  norböftlidj  Don  el-lubbän  jufammenjufteBen.  Xuf 
bie  $tynlicfyfeit  be«  Tanten«  ift  nicfyt  Diel  2Bert  £u  legen,  toeil  bie  bei  ^ofep^u«  überlieferte 
fjorm  Sebenfen  erregt.    Slber  ber  tylafy  empfiehlt  ftcfy  jebenfaü«  infofern,    al«   er  an  ber 

90  alten  ©trafje  Don  3enifalem  naty  ©idjem  unb  ©amaria  liegt  unb  nacb  ben  Serfcältntffen 
ber  Dberfläcfyengeftaltung  toofyl  bie  9?orbgren^e  ber  Sejirfe  Sltrabba  unb  ©opfcna  bejek^nen 
fann.  3Kit  3ofepfyu«  ftimmt  ©ujebiu«  überein,  toenn  er  Onom.  214  fagt,  bafe  *Axgaß- 
ßeiv  bie  3?orbgrenje  3«  ^ilbe.  3)er  lalmub  nennt  ein  3)otf  "•k:  nir  ober  ^t?  al« 
©ren^unft  gtpifc^en  3.  unb  ©amaria;  Neubauer  (©.  57)  meint  baju,  bafc  man  e«  toegen 

86  ber  älefynlictyteit  in  ben  Sauten  mit  2lnuatty  be«  Sofe^u«  ibentifi^ieren  bürfe.  3la$  9Beften  nu 
toirb  ferner  Dom  Salmub  (9leubauer  86)  Slnttyatri«  al«  ©renjftabt  3-^  genannt.  SDiefer 
Ort  lag,  toie  ©.  584, 30  nä^er  au«gefü^rt  ift,  h)a^rf(^einli(^  an  ber  ©teile  be«  feurigen 
kal'at  ras  el-fain  norbtoeftlic^  Don^öfa,  nörblicty  Don  fit^bba.  ©udj>t  man  nun  eme$$er= 
binbung  gtoifc^en  ben  bi«f^er  genannten  fünften  ber  9lorbgren^e   fcrjuftellen,    fo  ergiebt 

40  p(^,  bafc  biefe  Don  Slfrabba,  bem  heutigen  fakrabe,  an  bi«  na(^  Slntipatri«  fu^  an  bem 
I^ale  entlang  gebogen  ^aben  toirb,  ba«  unter  bem  SJamen  wfidi  der  ballüt  m  bie 
Äüftenebene  ^inau«tritt.  Ob  3-  ^m  engeren  ©inn  um  ben  3lnfang  unfercr  3eitred^nung 
auefy  ein  ©tüd  ber  Äüfte  cingcjcfyloffen  ^at,  ift  jtoeifel^aft.  2)er  §a«monäcr  Simon  ^at 
too^l  3°We  unterworfen  unb  jubaifiert  1  3Waf  12,  33;    13,  11.  ^ompeju«  fyd  fie  ben 

46  3wben  genommen  Jos.  Antiq.  XIV  4,  4 ;  Bell.  jud.  I  7,  7,  Gäfar  jurürfgegeben  Ant 
XIV  10,  6.  3lu«  bem  Sefifc  be«  2lr$elau«  (Bell.  jud.  II  6,  3)  fam  fie  unter  romtf$e 
^Jrofuratoren ;  fie  mufj  bamal«  in  ber  Wefyrjafyl  jübtfc^e  (Sintoo^ner  gehabt  fcaben,  ba  ^e 
toä^renb  be«  jübifc^en  älufftanbe«  guerft  Don  Seftiu«  ©adu«  unb  banad^  Don  3?e«pafian 
erobert  toirb  Bell.  jud.  II  18,  10 ;  III  9,  2  ff.   Seit  ber  3eit  hrirb  too#  bie  ^eibntfe^e 

50  SeDölferung  in  3We  überwogen  ^aben.  3lud?  in  3^w«w  toirb  ber  jübifcfc  S5ruc^teil 
ber  SeDölferung  ber  ftärfere  getoejen  fein ;  3Se«j)afian  mufe  fie  ebenfaD«  glDCtmal  unter» 
toerfen  (Bell.  jud.  IV  3,  2;  8,  1),  unb  nac^  ber  ßerftörung  3erufalem«  burd^  ütu« 
toirb  3amnia  ber  geiftige  5Wittelpunft  bc«  3ubentum«.  Slber  bie  Slrt  unb  SBeife,  toi« 
Josephus  Bell.  jud.  III  3,  5   biefe  beiben  ©tobte  neben  ben  altjübiföen  SEojxir^ien 

55  nennt,  jeigt  boc^  beutlicfy,  ba|  fie  ju  bem  eigentlichen  3-  n^  gehören  (Dgl.  81©  12,  19; 
21,  10),  toenn  auefy  bie  ScDölferung  bort  ber  SKe^rga^l  naä)  au«  3uben  beftanb.  3Ran 
barf  bagegen  nic^t  bie  cbenbort  befinblic^en  beiben  ©ä^e  anführen,  nämlic^  ba^  3-  W 
in  bie  ©reite  Dom  3°*ban  bi«  3°W>e  «u«bc^nc,  unb  ba^  bie  2Rcere«füfte  bi«  ^Jtolema» 
ju  3-  ö^öre.    3)er  le^tere  ©a$  pafct  auf  VA\.  im  engeren  ©inn  gar  ni^t;   er  la^t  ji* 

60  nur  Derfte^en,  toenn  man  3-  <***  ^  ü°n  tömiföen  fianbpflegem  Dertoaltete  ©ebiet  auf- 


3tt»8a  561 

fafrt,  toie  toenn  ^ofepfyuS  ßäfarea  am  9Reer  bic  bebeutenbfte  ©tabt  in  3.  nennt  (Bell. 
jud.  III  9,  1).  3n  berfelben  SBScife  ift  auefy  ber  erfie  biefer  beiben  ©ä$e  ju  Derftetyen. 
Die  ©renjDerfyältniffe  toeftlicfy  Don  ber  Sinie  2lnti^atri^2^bba  toaren  fcptoanfenb:  bic 
jübiföe  SeDölferung  übertoog,  aber  ba$  2anb  toar  nicfyt  altjübifcfy.  —  Die  SBeftgreme  be$ 
eigentlichen  3>ubäa  beftimmt  fi$  einerfeite  nad)  ben  Stoparctyien,  bie  3°fä$u$  auftaut:  6 
Sfybba,  3lmmau3,  93etylettyepba  unb  Sburnäa  (93etfyletye^a  ift  toafyrfd&einlid?  Bell.  jud. 
III  3,  5  in  $fcHa  Derberbt  Sorben ;  Dgl.  IV  8,  1  unb  Saurer  II s  181  ff.).  Slnberer* 
feitö  ift  baran  tu  erinnern,  bafj  Don  ben  pfyiliftäifd&en  ©täbten  nur  einige  im  Sefifc  ber  3>uben 
toaren.  (Sfron  fam  fc$on  unter  bem  §a$monäer  Igonatyan  an  3>ubäa  lSKaf  10,  89,  SUbob 
gehörte  unter  SUejanber  ^annäuS  unb  unter  §erobe$  jum  iübifd^en  Stocke  Jos.  Antiq.  10 
XIII  15,  4;  XVII  8,  1  unb  mufetc  Don  3Se$pafian  unterworfen  toerben  Bell.  jud.  IV 
3,  2,  Stefalon  ift  niemals  Don  ben  ^uben  bedungen  toorben,  2lnt^ebon  tourbe  t>on 
Äuguftuä  an  §erobe$  geföenft,  ebenfo  ®a^a  Antiq.  XV  7,  3;  nadj  beffen  lobe  tourbe 
®(%a,  Dielleicfyt  auety  Slntfyebon  %ux  $roDin$  Serien  gefcfylagen  Antiq.  XVII  11,4  (©c^ürer 
II*  87.  91).  —  Den  {üblichen  Seil  %.$  bilbeten  bie  lopar^ien  ^bumäa  unb  (Sngebi  16 
Jos.  Bell.  jud.  III  3,  5.  $ofe^u$  nennt  als  ©renjborf  gegen  Arabien  ijarban,  beffen 
Sage  unbefannt  ift.  33ermutlic$  &at  man  e$  auf  ber  ©renjlinie  ju  fudben,  bie  $of  15 
unb  5Ru  34  für  ba$  ©ebiet  Don  $uba  im  ©üben  gebogen  toirb  (f.  b.  S.  3?egeb).  Die 
©renje  toirb  naefy  biefer  ©eite  fyin  ftets  gefetytoanft  tyaben,  toeil  fyier  jum  5EeiI  3Jomaben= 
flamme  Rauften.  —  Die  Dftgren^e  ift  eine  natürliche :  baS  lote  Sffteer  unb  ber  $orban.  20 
SCuf  biefe  ©eite  fallen  bie  ioparcfyien  (Sngebi,  §erobeion  unb  3*nc$o. 

II.  Die  Sobenbefcfyaffenfyeit  be$  fo  umfdjriebenen  ©ebietö  toirb  im  #ufammen&ang  in 
bem  Slrtifel  ^aläftina  bargefteüt  toerben.  2ßir  fennen  eine  grofce  Slnjagl  feiner  alten 
Drtfc^aften,  ba  gerabe  über  bie$  {übliche  ©ebiet  ^JaläftinaS  bie  Duellen  nid^t  faärlicfy 
fliefeen.  9tacfy  bem  211  tourbe  e$  betoofynt  Don  ben  ©tämmen  $uba,  Benjamin,  Dan  25 
unb  einem  2etl  6p&raim$.  beginnen  toirmit  bem  9Jamen  $  u  b  a.  3n3°f  15,1— 12  toerben 
bie  ©renken  biefeä  ©tammeä  im  Sorben  unb  ©üben  genau  angegeben.  Irofcbem  finb  toir  nicf)t 
im  ftonbe,  biefe  Sinien  auf  ben  guten  Karten,  bie  unä  jefct  $u@ebote  ftefyen,  genau  naty 
|U)ie^en,  ba  ju  Diele  fünfte  un$  unbefannt  fmb.  2Jtan  barf  bie  Angaben  auefy  nid^t  fo 
auffaffen,  als  ob  fte  eine  jtoifdjen  ben  ©tämmen  unDerrüdfbar  feftftefyenbe  ©renjlinie  be=  so 
jteic^neten,  bie  in  ber  Söirfltctyfeit  Don  fyüben  unb  brüben  unantaftbar  getoefen  toäre.  Die 
©renjangaben  fmb  Dielmefyr  eine  gelehrte  Slrbeit,  bie  aus  älteren  Duellen,  Dielleic^t  auefy 
ax&  ber  ©egentoart  jufammengefteUt  fyat,  toaS  urfprünglic^  gan&  Derfc^iebenen  &\tm 
jufam.  @S  ift  *.  93.  fcf^toer  nac^jutoeifen,  toann  bie  ©üb=  unb  bie  92orbgrenje  3ubaS  gleid^- 
leitig  ben  in  ^of  15  angegebenen  Sauf  gehabt  f^aben  foHten.  ©tamm  $uba  unb  9lei^  35 
3uba  finb  nic^t  auSeinanber  gehalten;  toätyrenb  fonft  Seerfeba  ate  ©übgrenje  3ßK*el$ 
B^/  ßwft  ^w  bie  ©übgren^e  tief  in  bie  {übliche  SBüfte  hinein.  9ln  einer  ©teHe  tritt 
au$  beutlid)  ein  t^eoretifc^er,  lefyrfyafter  3"g  ^«Dor:  ber  Serfaffer  toiH  nief^t  barfteDen, 
toie  e^  toirÜicfy  getoejen  ift,  fonbern  tote  e$  fein  f ott.  9lämlicf)  ate  Söeftgrenje  beö  ©tamme« 
3uba  giebt  er  ba$  3Wittelmeer  an  93.  12.  3öir  ^aben  aber  oben  gefeiten,  bafe  nur  unter  40 
Xleganber  Jannäu^  unb  unter  Aerobe^  beqt  ©ro^en  ein  Heiner  SEeil  ber  Äüfte  ju  bem 
jübifc^en  Steige  gehört  fyat.  Da«  toar  für  ben  SSerfaffer  no^  nic^t  Dortyanben.  ®r 
benft  DieBeic^t  baran,  bafj  bie  ^J^Iifter  mehreren  baDibif^en  Äönigen  in  ^j^wfölem  ^aben 
Tribut  aatylen  muffen,  unb  gte^t  ba^cr  bie  ©renglinie  bte  an  ba^  9Jleer,  b.  ^.  er  forbert 
bie«  ©ebiet  für  3uba  (Dgl.  au<$  Dt  34,  2 ;  11,  24).  6«  beruht  ba^er  auf  einer  fallen  45 
©infe^ung  biefer  3lngaben,  toenn  man  ibnen  einen  ^ofyen  gefc^ic^tlic^en  SSJert  beilegt.  9lur 
ungefähr  fbnnen  toir  ber  DarfteHung  be«  93erfaffer«  folgen.  Die  v3Jorbgrenje  beginnt  SB.  5 
bei  ber  9Künbung  be$  ^jorban«  in  ba«  lote  -Dieer,  läuft  toefttoärt«  über  33ct^  §ogla 
(=  ka^r  hadschla)  bem  ©ebirgf  ju  unb  erreicht  über  ben  Slnftieg  Don  äbummim 
(=  taTat  ed-damm)  bie  SRogelqueHe  (==  blr  eijüb)  fübltcfy  Don  ^erufalem;  burefy  ba«60 
^hmomt^al  fteigt  fie  jur  SBafferfc^eibe  empor,  ^te^t  ftc^  über  Äirjatty  ^earim  nadj>  6be= 
falon  (=  kesla),  93et^  ©eme«  ('ain  schems)  unb  Ibimma  (=  tibne)  unb  toeiter  über 
(Elron  (=  e&kir)  unb  Jabneel  (^=  jabne)  an  bie  sJKeere$füfte  Ü.  11.  3Ran  beachte 
ben  9(bftanb  biefer  9?orbgren$e  ^uba«  Don  ber  oben  gezogenen  3Rorbgrenje  Sw^^a« !  3ur 
Sfibgrenje  3of  15,  1—4  DgL  b.  31.  9Jegcb.  66 

3n  bem  altteftamentlidfjen  ©ebiet  3"ba,  fotoie  e$  bie  Dorejilifc^e  $t\t  fennt,  tootynten 
burc^au«  nic^t  allein  3"bäer.  Diefe  galten  i^re  ffio^nfi^e  ^auptfäc^lic^  in  ber  ©reite 
t»n  »etyleljem,  befonber«  Don  biefem  Drtc  abtoärt«  naety  Üüeften  ju  (Dgl.  bie  33ertoanbten 
DaDib«).  ©ie  toaren  nic^t  SMblutiäraeliten,  fonbern  hatten  fic^  im  Sanbe  felbft  mit 
fremben  SJeftanbteilen  Dermifcfyt.    Die   brei  großen  ©cfc^lcc^ter  3uba$,  ©ela,  $erej  unb  m 

fteaUCnctriopfibte  für  Geologie  unb  Rixd)t.    3.  H.  IX.  $Q 


562  dttbfta 

©era^  (@en  46,  12),  toerben  ©en  38  au«  ber  33erbinbung  3uba«  teil«  mit  ber  flanaa* 
niterin  ©ua,  teil«  mit  ber  2$amar  abgeleitet,  bie  bieüeicfyt  auf  bie  an  ber  ©renje  be« 
SRegeb  gelegene  ©tabt  (unb©egenb)3tyamar(5a47,9  }u  beuten  ift  unb  auf  femfttifctye  ober 
jeratymeelittföe  SBeftanbteile  tyintoeift,  bie  bem  aurüdfgetyenben  Stamme  3uba  neue«  fceben 
6  jugefütyrt  fyaben.  Sin  $eil  ber  Daniten,  bie  im  ©üben  ftfcen  geblieben  froren,  ging  all* 
mätylic$  in  bem  ©tamme  3uba  auf  3of  15,  33  unb  19, 41.  Seiter  fübli<$,  um  Hebron 
unb  Debir,  tootynten  bie  aafylreictyen  ©efcplec&ter  ber  Äalebiter  unb  fienijtter  (f.  b.  St.  flalcb),  xwdf 
f üblicher  bie  Äeniter  (f.  Rain)  unblgeratymeeliter.  9lamentli$  Äaleb  ^ätte  nac^  feinem  SSefft  too# 
2lnft>rucfy  barauf  gehabt,  al«  felbftftänbiger  ©tamm  in  3«rael  gejault  ju  toerben.  Slber  bie 

lo  einbrudföboKe  Sßerfönlic^feit  Dabib«  unb  fein  rafcfye«  ©lue!  naety  bem  Xobe  ©aul«  be* 
toirften,  bafc  bie  jubäifctyen  ©efcfylecfyter  bie  gityrung  im  ©üben  Äanaan«  übernahmen, 
^nfolgebefjen  tourbe  für  ba«  gefamte  f übliche  ©ebiet  ber  5Wame  3uba  üblich  $of  15.  9lt$& 
beftotoeniger  erhielten  ftc§  namentlich  bie  Jtalebiter  in  boller  ©elbftftänbigteit  bi«  über  ba« 
Sjil  tyinau«.    %n  biefer  3«*  treten  fte  un«  toieber  bei  einer  33erföiebung  ber  93etoo^ner 

16  be«  ©ebiet«  ^wba  entgegen.  Die  Sbomiter  (f.  V,  169  f.)  brangen  Don  ©üboften  fcr  im 
SBeftjorbanlanbe  bor  unb  nötigten  bie  Äalebiter,  bor  tynen  naä)  9lorben  tyin  ^u  freieren. 
Die  (Sntbölferung,  bie  bie  ©egenb  um  3>erufalem  burefy  bie  üRafcregeln  92ebucabneyn« 
erlitten  fyattt,  ermöglichte  e«  Ujnen,  bort  neue  Sßotynfifee  $u  finben.  Sie  liefen  fi$  tyxifyU 
fäc$lic$  in  35etyletyem  ober  überhaupt  in  ber  fianbföaft  ß^ratty  nieber  1  Gtyr  2,  42  ff.  50  ff. 

20  Später  berfctymolaen  fte  böHig  mit  ber  jübifcfyen  Äultu«gemeinbe.  Da«  bon  tynen  ber* 
laffene  ©ebiet  erhielt  in  ber  ^olgejeit  feinen  tarnen  bon  ben  neuen  ebomitifd^en  35etoofc 
nem,  in  griectyifcfyer  $orm  $bumäa.  3n  ber  3e^  b*r  maffabäifd&en  ©r^ebung  lief  bie 
©renge  jtoiföen  ben  Swben  unb  ben  (Sbomitern  bei  33etfour  (f.  oben  S.  558,  io). 

Die  Überfielt  ber  Drtfctyaften  3uba«  $of.  15  ^erlegt  ba«  garne  ©ebiet  in  bier  %üt, 

26  in  ben  9?egeb,  in  bie  ©eptyela,  in  ba«  Berglanb  unb  in  bie  SEBüfte.  Über  ben  natura 
liefen  Unterfctyieb  biefer  Seile  f.  Sßaläftina,  über  bie  Orte  be«  9legeb  f.  9iegeb.  3n  ber 
©eptyela  toerben  nad)  bem  urfiirünglictyen  %qct  brei  ®ru$>en,  nad)  bem  erweiterten  Ixgt 
33.  45—47  bier  ©rupfen  bon  Drtfctyaften  aufgeführt  Dabei  toirb  untergeben  jtoifcfyen 
^?  unb  "^n ;  biefe«  ift  ber  offene  Ort,  jene«  ber  burefy  eine  üRauer  gefctyüfcte  Ort,  ber  für 

so  bie  offenen  Orte  ben  URittelpuntt  bilbet ;  bafyer  toerben  bie  offenen  Orte  überhaupt  ni$t 
genannt.  Die  übliche  SBiebergabe  im  Deutfctyen,  ©täbte  unb  Dörfer,  trifft  ben  Unterlieft 
nic^t  red^t.  Die  erfte  ©ruppe  umfafet  nad)  33.  36  bierje^n  ©täbte,  in  33.  33—36  fmb 
aber  fünfge^n  ©täbte  aufgellt;  ber  g^ler  ftedt  enttoeber  in  Slbit^atm,  ba«  bie  LXX 
nietyt  lennt,  ober  in  ©eberot^aim  33.  36,  toofür  bie  LXX  „tyre®e$öfte"  fe^t.    Die  Orte 

86  lagen  am  9lb^ang  be«  33erglanbe«  unb  im  ^ügellanbe  toeftlic^  bon  ^erufalem  unb  Set^ 
ledern  im  ©ebiet  be«  wadi  e^-sar&r  unb  be«  wädi  es-sant.  ^olgenbe  bon  tynen  ftnb 
belannt.  (Sft^aol  unb  3area  (richtiger  3orea),  bie  3of  19,  41  al«  ©täbte  Dan«  ber- 
geic^net  finb,  liegen  nörblic^  bom  wadi  es-  sarar  unb  entfpred^en  ben  heutigen  Beinen 
Orten  aschuwa'  unb   ^ar  a.    ©u^rin  fyai   aschuwa'  mit  ßft^aol  be«^alb   jufammen= 

40  gefteQt,  toeil  er  in  bem  benachbarten  bet  ralab  bon  einigen  alten  ßintoo^nern  erfuhr,  bog 
aschuwa'  früher  ben  9lamen  Aschuf al  ober  Äschtu'al  getragen  ^ätte  (Iud§e  II,  137. 382). 
33eibeDrte  Joerben  SRi  13,25:  16,13  mit  beröef^te  be«  ©tamme«  Dan  in  33erbmbung 
gebraut;  3or«ö  toirb  SRi  13,  2  al«  Die  £eimat  ©imfon«  genannt  unb  2  6^r  11,  10  al« 
eine  ^eftung  SRe^abeam«  ertoäfynt.  ©ie  entfpric^t  tool  ber  ©tabt  Sarha  ber  'Amarna- 

46  lafeln.  ©anoa^  3J.  34  barf  mit  chirbet  zänüca  jtoifc^en  wadi  ep-sarar  unb  wadi 
es-sant  ^ufammengeftellt  toerben.  ©übtoeftlicty  liegt  chirbet  jarmük,  ba«  nad^  bem 
Onomasticon  be«  (Sufebiu«  266  mit  ber  ©tabt  garmuty  33.  35;  10,  3.  5  23;  12, 11 
mi  berglcictycn  ift.  Die  ©tabt  SlbuDam,  bie  fclbftberftänblicty  nic^t  bon  ber  Sergfefte 
2tbuHam    (1  ©a  22,  1 ;   2  ©a  23,  13  k.    ju  trennep  ift,    mufe  nac^  ber  Shtfja^lung 

6o3°f-  15  am  wädi  es-sant  gelegen  ^aben  (bgl.  9iel>  11,  30).  (Slermont  ©anneau  ^at 
mit  großem  ©c^arffinn  i^re  Sage  an  bem  §ügel  schech  madkür  toeftlic^  tooij!  wödi  ep- 
sür  unb  eine  Umbilbung  i(^re«  tarnen«  in  chirbet  e\d  el-mije  na$)Utt>eifen  berfuc^t 
dlod)  Sufebiu«  fennt  ben  Ort  10  römtjck  teilen  öftlic^  bon  ßleut^eropoli«.  ©o^o  ift 
ofync  3^e^c^  m^  chirbet  schuweke  am  ©übab^ang   be«  wädi  es-sant   ibentifö  (bgl 

66  1  Sa  17,  1 ;  2  Gfcr  11,  7 ;  28,  18).  Die  $toeite  ©ru^e  3J.  37-41  jäfrtt  16  ©täbte; 
nac^  ben  toenigen  Orten,  bie  toir  nac^toeifen  tonnen,  ift  ju  fd^liefeen,  ba^  fte  toefttty 
unb  fübtoeftlic^  bon  ber  erften  nac^  &a^a  ^u  gelegen  tyaben.  SUliipe  38.  38,  „bie  SBarte", 
barf  nac^  bem  Onomasticon  279.  139  in  bem  fyoetyragenben  «alffelfen  tdl  es-safije 
am  gufte  be«  33erglanbe«  neben  bem  wadi  es-sant,    toeftlid^   bon  chirbet   schuweke 

6ü  angenommen  toerben.    £a$i«  1>.  39  fud>t  man  neuerbing«  in  teil  el-hesl,    ba«  bur^ 


3ttbfta  663 

bic  9tu3grabungen  Don  glinberS  Metrie  1890  als  alte  DrtSlage  unb  ^eftung  ertoiefen  ifi. 
Sackte  toirb  fetyon  in  ben  'Amärna-Iafeln  als  ©ifc  eine«  fanaanitifäen  $errfcfyer$  er« 
toalptt.  SRetyabeam  befeftigte  bie  ©tabt  2  6fyrll,  9;  ber  jubäifäe  Äönig  Slmajja  tourbe  $ier 
getötet  2  6$r  25,  27.  3)ie  Belagerung  ber  ©tabt  burd^  ©anwerft  2  Äg  18,  14;  19,8 
ifk  auf  ben  afforiföen  3)enfmälern  bargeftettt.  Slucfy  9?ebucabne$ar  eroberte  fte  3er  34,  7.  5 
©glon  33.  39  beat  fid^  mit  ber  untoeit  nörblicfy  gelegenen  Stätte  chirbet  cadschlan. 
2a$ma3  (ober  fialjmam*)  33.  40  I^at  man  mit  chirbet  lahm  füblic$  Don  bet  dschibrln 
gufammengeftellt.  2)ie  britte  ©ruttye  SS.  42—44  jätylt  neun  ©täbte,  nai)  LXX  %tt}n,  ba 
jte  33.  44  ftatt  2Jlarefa  bie  beiben  Drte  Ba^rjgdg  unb  Alkcbp  aufführt,  ©ie  fetyemt  in 
ber  ©egenb  Don  bet  dschibrln  angefefct  toerben  ju  muffen.  Sibna  35.  42  toar  6uje*  10 
6tu$  noc&  befannt;  fte  lag  naefy  Onom.  274.  135  in  ber  ©  egenb  Don  (SleutfyeropoiiS 
unb  §iefi  bamatö  A6ßova,  Sobna.  £eute  ift  fte  DerföoHen.  Alegila  35.  44,  auefy  in  ber  ®e* 
föxdflt  S5aDibS  ertoäbnt  1  ©a  23,  1—13,  hrirb  Dom  Onom.  270.  120  unter  bem  Tanten 
Krjia,  Echela  fteben  römifcfye  Sföeilen  öftlicfy  Don  ©leutfyeropolte  angebt  unb  toürbe  bem* 
na$  ber  chirbet  kilä  am  oberen  wadi  e?-sür  entforeytyen.  2Iber  biefer  Ort  liegt  nid&t  15 
in  ber  ©epfyela,  toie  bo$  3jof  15,  33  forbert,  Jonbern  im  35erglanbe.  3)ie  £age  ÄegilaS 
mufc  bafcer  minbeftenS  ^toeifetyaft  bleiben,  ©benfo  ftefyt  e$  mit  9lejtb  33.  43,  ba$  Dom 
Onom.  283.  142  in  bie  gleite  ©egenb  beä  35erglanbe$  Dertoiefen  unb  bafyer  ^äuftg  mit 
bet  napib  gleicfygefefct  toirb.  2lc§ftb  (ober  (Sfyeftb  ©en  38,  5  untoeit  Ifyimnat)  toirb  im 
Onom.  301.  112  auf  bie  Stuine  Xaaßi  im  ©ebiet  Don  Sleutfyeropoliä  bei  äbullam  be*  ao 
jogen ;  fcielleidjt  entfprid^t  ifyr  ber  heutige  9tome  eain  el-kezbe  nörblkty  Don  wadi  es- 
sant.  3)ann  toürbe  ber  Drt  aber  nic$t  in  bie  britte,  fonbern  in  bie  erfte  ©rujtye  ge* 
^ören!  -Karefa  toirb  Dom  Onom.  279.  139  auf  tfotx  römifcfye  9Reilen  Don  Sleutyeropolte 
angefefct;  man  Dergleicfyt  bafyerbie  füblid^  Don  bet  dschibrln  liegenbe  chirbet  merasch. 
6$  tourbe  Don  Ste^abeam  befeftigt  2  6^r  11,  8  unb  toar  14,  9  ber  Drt,  too  ber  ju«  25 
bätfe^e  Äönig  äffa  gegen  bie  ßufctyiten  fämpfte.  sJiacfy  Josephus  Antiq.  XII  8,  6 
(Dal  1  3Raf  5,  66)  jog  IJubaS  Don  Hebron  nad)  2tebob  über  biefe  ©tabt.  ftanai)  läfrt 
ftep  Dermuten,  bafj  fte  bie  ©teile  be£  Röteren  35etogabra  (Sleutyeropoliä,   bet  dschibrln 

5.  573,4)  Dertreten  fyat.    ©ie  toirb  Don  3ofej)^u«  toieberfyolt  ate  eine  ©tabt  in  ^bumäa 
genannt  Antiq.  XIII  9,  1;    XIV  4,  4;    13,  9.    SDie  Dierte  ©ru^e  38.45—47  nennt  so 
dfron,  ääbob  unb  ®a%a;  über  fie  Dgl.  ben  21.  ^J^ilifter. 

2)te  Drtfc^aften  bc^  ©ebirge^  Don  3uba  finben  fi(^  38. 48—60  in  fünf  ©rupjpen,  ju 
benen  aber  nati)  LXX  eine  fec^fte  ^ingu^ufügen  ift.  3*°^^^  35^  59  un^  60  jä^It  bie 
grie^tfe^e  Überfefcung  elf  ©täbte  auf,  bie  ofyne  3toe'M  urf}>rüngli(^  im  ^ebräij^en  lerte 
geftanben  ^aben  (f.  u.).  2)ie  erfte  ©ruppe  3S.  48—51  gä^lt  elf  ©täbte  unb  ift  fübluty  ss 
Don  Hebron,  jübtoeftlid^  Don  bet  dschibrln  $u  fu(^en.  ©amir  33.  48  fyat  ©u^rin  mit 
schirbet   sömara    fübtoeftlic^  Don  Hebron   jufammengefteDt.  ^a^'r  (au(^  3at^a  *  Gfa 

6,  42)  lag  na<$  Onom.  266.  133  unb  255.  119  in  ber  füblic^en  Sanbföaft  2)aroma 
(j.  ^aläftina),  20  römtf^e  Weilen  Don  @leut^eroj)oli^,  ein  grofjeS  ß^riftenborf.  ^dfu 
pafct  bie  Stuine  fattlr  füblic^  Don  §ebron  infofem,  ate  fic^  bort  Überrefte  einer  fttr<$e  40 
finben;  bie  Entfernung  beeft  fic^  nic^t  ganj.  ©ie  toirb  auc^  1  ©a30,  27  unter  benDrten 
genannt,  benen  ®aDib  Anteile  Don  ber  Seutc  ber  2lmaleliter  jufanbte.  ©oc^o  beeft  ftc^  mit 
chirbet  schuweke  nörblic^  Don  fattlr.  3)ebir  3S.  49,  ba«  au$  Äirjat^  ©anna  unb  Äir- 
jat$  e^er  genannt  toirb  9jof  15,  15;  9tt  1,  12,  toar  eine  lanaanifc^e  Äönigöftabt  Don 
einiger  Sebeutung,  bie  nac^3°15  u"b  SRi  1  Don  bem  Äenijtter  Daniel  (f.  Äaleb),  na($30f  46 
10,  38  f.  Don  3ofua  erobert  jein  joD.  3)a  ba«  Onomasticon  nid&te  über  bie  Sage  be« 
Orted  jagt,  fo  ftnb  toir  lebigltd?  auf  3Sermutunaen  angetoiefen.  33on  biefen  empfiehlt  jtc^ 
am  meijtenbie,  toelcfye  25ebir  in  bem3)orfe  ed-aahanje  fucfyt,  einem  h)i(^tigen  Hreu^ung^ 
purdt  ber  333ege  fübh>eftli($  Don  Hebron  unb  einer  atocifelloS  alten  Drt«lage.  Slnab  3S.  50 
ift  fcute f anäb,  5  km  jübtoeftlic^  Don  ed-dahanje;  fo  ^ci^en^toei  SRuinenftätten  in  geringer  w 
©nifernung  Don  einanber.  3Me  ©taDt  f oK  einft,  tote  auefy  3)ebir  unb  §ebron,  in  ben  ftänben 
ber  fagen^aften  Slnafiter  getoefen  fein,  beren  Sefiegung  Don  3°fua  erjäfylt  toirb  30  11,21. 
(Eft^ento,  aud^  1  ©a  30, 28  ertoä^nt,  entfprictyt  bem  3)orfe  es-semtfa  öftlic^  Don  chirbet 
schuweke,  too  ftc^  Derjcfyiebene  alte  33aurefte  finben;  nac^  bem  Onomasticon  254.119 
log  e$  tote  %ati)\x  (f.  oben)  in  ber  Sanbf d>aft  3)aroma.  3lnim  Derftefyt  ba^  Onomasticon  55 
221.  93  Don  bem  J)opj)elort  3lnca  in  SDaroma  9  römifc^e  ÜKcilen  füblicty  Don  Hebron, 
unb  biefer  entftnricfyt  ben  ^toei  benachbarten  JRuinenftätten  el-ghuwen  el-gharbije  unb 
esch-scherkrje  (ober  el-ghuwen  el-föka  unb  et-tahta)  füMicf;  Don  es-semü'a. 

2)te  gtoeite  ©ru))j)e  %  52—51  umfaßte  9  ©täbte";  fte  liegen  nörblicfy  Don  ber  erften 
Qfaifyptr  ftWfefc"  06er  auc^  Hebron  in  if^re  §al)l  ein.    3lrab  (-^«)  Reifet  ht  ber  LXX  60 

36* 


564  3itbfa 

Aiqefi  ;  e«  toirb  Don  @ufebiu«  im  Onomasticon  al«  9Egetuiv&a  aufgeführt  unb  afe  em 
Dorf  im  Daroma  (f.  oben)  beaeietynet,  toäfyrenb  $ierontymu«  afe  ©ttctytoort  nad?  bem 
fyebräifd&en  @reb  fefct  unb  ben  Ort,  im  3lnf<$lufj  an  (Sufebiu«,  mit  #eromit£  nifammem 
ftettt.   @iner  ber  gelben  DaDib«  totrb   2  ©a  23,  35  al«  Arbiter  (b.  i.  au«  »rab)  auf* 

b  geführt;  boefy  fyat  bie  LXX  fotoie  1  6^r  11,  37  ben  92amen  anber«  gelefen.  @nglif$e 
$orfcfyer  Dergleichen  bie  unbebeutenben  krümmer  er-rablje  öftlicfc  Don  bem  gleich  ju  er» 
toetynenben  ed-döme.  Duma  entfpricfyt  bem  heutigen  ed-döme  nörblt<$  Don  ed-daharlje 
(f.  oben),  einer  bebeutenben  SRuinenftätte,  too  noefy  alte  ©runbmauern,  f^fengräber,  6U 
fternen  unb  §öfylen  Don  ben   einfügen  Setootynern  erjagten,    ©ufebiu«  unb  §ierontymu« 

10  nennen  Duma  Onom.  250.  116  ein  fefyr  grofje«  Dorf  im  Daroma  17  römiföe  3Reilen 
(ober  25  km)  Don  @(eutyeropoli$ ;  btefeö  SDtafi  trifft  ungefähr  auf  bie  (Entfernung  be« 
heutigen,  ed-döme  Don  bet  dschibnn  (j.  S.  573, 10)  &u.  Die  SeSart  Stoma  (trö*),  bie 
fidj  m  einigen  fyebräiföcn  §anbfcfyriften  unb  in  ber  LXX  finbet,  tyd  toenig  SBa^rf^ein- 
lidjfeit   für  ftcfy.    Setl?  %t)a$pücfy  ift  ba«  hochgelegene  Dorf  taffüh  6  km  toeftlic^  Don 

16  ßebron  an  ber  alten  Strafje  burety  ben  wädi  el-afrandsch  naefy  "bet  dschibrln.  ©« 
ift  Don  2Beinbergen  umgeben  unb  beftfct  gute  Quellen  naefc  SBeften  ju.  3Ute  SKauerrefte, 
(Sifternen  nnb  §öfylen  betoeifen,  bafe  ber  Ort  föon  in  alten  QtxUn  betoo^nt  toar.  1  Gfyr 
2,  43  toirb  33aM>u<$  al«  ©otyn  Äaleb«  aufgeführt,  b.  fy  ber  Ort  toar,  e^e  fiefc  bie  @bo* 
miter  tyier  feftfefcten,   Dom  Stamme  Äaleb  befc^t.    Seine   Don  SRatur  toictyige  Sage  toirb 

20  baburety  bezeugt,  bafc  tyn  ber  tyrifdje  $elbfyerr  )Baf($tbe«  utm  ©cfyufce  ber  in  ba«  Scrglanb 
fityrenben  ©trafen  befeftigen  läßt  1  Sföaf  9, 50  (Se^on  in  ijubäa  Dgl.  .©.  558).  ®t  toirb  im 
Onom.  235.  260.  104  al«  ein  ©renjort  jtoifd^en  $atäftina  unb  Ägypten  bejeic&net  unb 
14  römifcfye  ÜKeilen  (ettoa  21  km)  Don  ber  ebene  SRepfyaim  (naefy  ©üben  ju)  angefefct, 
toa«  ungefähr  au  ber  Sage  Don  taffüh  ftimmt.  2ln  le£t  er  ©teile  unter  ben  neun  ©tobten 

25  biefer  ©nippe  fte^t  ba«  tootylbefannte  Hebron  ober  Ätrjatfy  Slrba;  im  ganjen  fönnen  totr 
Don  biefen  neun  ©teibten  bemnaety  nur  brei  mit  ©idjertyeit  nacfytoeifen;  unter  tynen  ift 
§ebron  Don  größerer  SJcbeutung. 

Hebron  nafym  benSRu^m  eine«  fyotyen  älter«  für  ftc^  in^nft>ru#;  toir  lefen  fRu  13, 22, 
bafj  biefe  ©tabt  fieben  Satyre  früher  al«  30önf  *>•  i.  2iani«,   in  Slg^ten   erbaut  toorben 

so  fei.  Diefe  merftoürbige  9tacfyri<$t  fönnen  toir  bisher  nur  Don  ben  äg$>tifc£en  Denhnälern 
a\x$  ein  toenig  beleuchten.  2luf  ifynen  toirb  $ani«  fetyon  für  bie  $ät*n  ^  Q^m  SRei<£« 
Dor  bem  einbringen  ber  §tytfo«  bezeugt,  man  ^at  ben  Jlamen  be«  Äönig«  ?($c$ri,$  I.  au« 
ber  feebften  Dtynaftie  auf  einem  ©tein  in  lani«  ^efunben.  2lber  eine  toirttic^e  93ertoer* 
tung  jener  dlatyxify  ift  un«  bi«   ^eute  nic^t  möghd?.    Dem  fyofyen  SQter  ber  ©tabt  ent- 

86  \pxxa)t  e«,  toenn  un«  Hebron  a(«  bie  §etmat  mancher  ©agen  entgegentritt  38a«  un« 
im  312:  baDon  aufbetoa^rt  ift,  betrifft  teil«  bie  ©eftalt  Abraham«,  ber  in  3Kamre  (f.  ©.  568, 1 7) 
fein3*lt  gehabt  fyaben  unb  in  ber^ö^Ie  DonSWac^pela  (f.  ©.566, 17)  begraben  toorben  fein 
foD,  teil«  bie  äöeften  Setoo^ner  ber  ©tabt.  äl«  folc^e  toerben  3lu  13,  23  unb  Sit  1,  10 
brei  @nafitergef$led&ter  bejei^net,  Sl^iman,  ©efai  unb  Sfyalmai ;  fte  ftnb  Don  bem  Stamme 

40  Äafeb  (f.  b.  3(.)  befiegt  unb  tyre«93efi$e«  beraubt  toorben  SRi  1,  20;  3of  15,  14  (14,  6  ff.). 
Diefe  @nafiter,  ein  s^oIt«ftamm  unbefannter  §erfunft,  toerben  Don  ber  ©age  aU  ge^ 
toaltige  SRiefen  betrautet  SRu  13,  32 f.;  Dt  2,  11  ;  al«  i^r  3Jater  gilt  2rba  3of  15,  13; 
21f  11,  ber  getoaltigfte  Don  allen  14,  15.  Diefe  lefctere  angäbe  fi^eint  ein  junger  3"9 
ber  ©age  $u  fein,    ba  fte  ben  älteren  92amen   ber  ©tabt,   jtirjat^  Slrba,   in   bem  ©hme 

45  „©ta&t  be«  älrba"  erllären  toiB.  Die  SRu^tigfeit  biefer  ©rflärung  ift  fe^r  jtoeifetyaft;  fte 
Derträgt  fic^  jebenfaD«  nicfyt  mit  ber  anberen  gorm  be«  tarnen«,  in  ber  -?"?»  ben  ärtiW 
fat,  -s-wxn  n^p.  @en  35,  27 ;  9ie^  11,  25.  %ixx  biefe  3?amen«form  fann  Dteileicfrt  b« 
Deutung  „sJSierftabt",  „©tabt  ber  SBierjafyl"  in  Öetrad^t  lommen.  ©ie  ift  Don  Gtoalb 
(©efc^ic^te  3«rael« 8  1, 494)  geäußert  unb   Don  gurrer  (Sibellejiton  II,  628)  ba^in  ai* 

60  geführt  toorben,  bafj  bie  ©tabt  urf^rünglic^  Dier  Familien  umfaßt  ^abe,  bie  in  Dier  ab= 
gefonberten  Quartieren  too^nten,  tote  man  noc^  ^eute  Dier  Stabtteile  unterfc^etben  loratc 
^ter^u  ift  jeboety  ju  bemerfen,  ba^  ba«  211  Don  brei  (Snafitergefd&tet&tent  in  $cfcron  r^ct 
(f.  oben),  fotoie  bafe  bie  jeftige  ©tabt  in  fieben  Quartiere  eingeteilt  tohrb.  »ei  $ieroify* 
mu«,  Peregrinatio  S.  Paulae,  ftnben  toir  bie  too^l  auf  jübifc^e  ©ele^rte  gurüdge^enbe 

56  2lngabe,  bafe  Äirjat^  Slrba  bie  ©tabt  ber  Dier  -Diänner  bebeute,  nämlicfy  Slbra^am«,  gfaafc, 
^afob«  unb  2lbam«  (ober  Äaleb«).  3Jle^rerc  bem  $riefterfobej  ange^drige  ©teilen,  nämlt^ 
(8en  23,  2  ff. ;  25,  10 ;  49,  32  (Dgl.  9Ju  13,  29),  nennen  bie  alten  »etoo^ner  Hebron« 
§ettt^er;  mit  toelcfyem  Sec^t  ba«  gefc^te^t,  unb  toelc^e  Sluffaffung  ber  ^eti%r  bem 
&u  ©runbe  liegt,    ift  jtoeifel^aft   (f.  Äanaaniter).    3ur  3^   *>&  SM^M   «johlten   bie 

üo  ibumäifc^en  Öctoo^ner  Hebron«  fogar,  bag  i^rc  ©tabt  älter  fei  al«3Rem^t«  in  äig^ten; 


3«bäa  565 

man  beregnete  tyr  älter  bamal«  auf  2300  ^aljrc  (Bell.  jud.  IV  9,  7).  §ebron  barf 
ba^er  ate  eine  fefyr  alte,  Wenn  nietyt  gerabegu  al«  bie  ältefte  ©tabt  be«  füblictyen  ©ebirge« 
gelten.  S)ie  natürliche  Sage  be«  Orte«  läfjt  ba«  Wofyl  berftetyen;  er  liegt  in  ben  oberen, 
luxfc  ntd^t  fetyr  tief  eingefetynittenen  anfangen  eine«  Ityale«,  beffen  §auptrid&tung  nad? 
©üben  gc^t,  parallel  mit  ber  Söafferfctyeibe.  3)ie  Umgebung  ift  eine  befonber«  naety  Sterben,  5 
<md)  nad)  Dften  I)m  anfteigenbe  fruchtbare  Jpocfyebene  mit  einer  burcfyfc$nittlid&en  $öfye  bon 
950—1000  m.  3m  Often  unb  Sorben  Wirb  fte  bon  bem  93ergrü<fen,  ber  bie  SBaffer* 
fc^eibe  bilbet,  überragt;  naety  ©üben  ift  fie  burefy  mehrere  §ötyenjüge  unb  tiefe  S^äler 
geföüfct;  nad&  SBeften  eröffnen  mehrere  2^äler  einen  nietyt  fctywierigen  Slbftteg  jur  Äüfte 
#n.  2)iefe  $ocfyebene  bot  ben  geeigneten  Ort  gur  Bereinigung  unb  ßremung  ber  2Begc  10 
tum  toier  ©eiten  fyer :  bon  SRorben  führte  bie  an  ber  Sßafferfctyeibe  entlang  laufenbe  ©trafte 
auf  fte  )u,  bon  heften  fyer  münbete  bie  ©trafte  au«  ®a%a,  bon  ©üboften  eine  äa$)tifc§e 
Strafte  über  Seerfeba,  bon  ©übWeften  ber  alte  §anbel«Weg  bom  SRoten  ÜKeere.  Sstelleictyt 
fyd  biefer  Umftanb,  baft  fcier  alte  ©trafen  fyier  jufammenlaufen,  ben  Slnlaft  $u  ber  83e* 
nemumg  Äirjaty  „Slrba"  gegeben.  Hebron  mit  feiner  §oc$ebene  War  jugleid)  bie  ©tätte,  16 
too  man  naefy  ben  ©efafyren  einer  SßüftenWanberung  juerft  toöüig  fixere  unb  bequeme 
Soft  nehmen,  bor  einer  folgen  bie  erforberlictyen  Vorbereitungen  treffen  fonnte.  3)ie  alten 
^anbete*  unb  33erfe^r«Wege  fyaben  ba«  Sntftefyen  ber  ©tabt  auf  ber  fruchtbaren  $ocfyebene 
herbeigeführt.  Über  ben  Steffel  berSRamen  ftirjatfy  Slrba  unb  Hebron  fyat  §ommel  eine 
SSermutung  au«geft>roctyen,  bie  fyier  ermahnt  Serben  mag.  @r  meint  nämlic§,  baft  bie  au«  20 
ben  Slmarnabriefen  belannt  geworbenen  Gtyabiri  ber  ©tabt  ben  neuen  SRamen  Hebron 
(urft>rüngli$  Sfyabiran,  b.  i.  ßbabiriftabt)  gegeben  Ratten,  unb  ftettt  ßirjatfy  ärba  mit 
bem  in  ben  Slmarnabriefen  fcorfommenben  Ortsnamen  SRubütt  uifammen  (3llti«raelitifc$e 
Überlieferung  232  f.).  §.  Sßincfler  hingegen  nimmt  an,  baft  ftirjaty  Slrba  „©tabt  be« 
(®otte*)  8Crbar//  bebeutet  unb  urfprünglidb  mit  §ebron  gar  nichts  ju  tfyun  fyattt,  fonbern  26 
in  ®aliläa  lag,  ber  eigentlichen  §eimat  Abraham«,  ber  ©naliter  unb  §etyiter  (©efefy.  3«r. 
II,  38  f.).    3lnbere  fyabtn  §ebron  mit  ^n,  ^?n  jufammengeflellt. 

Da«  93uc$  3ofua  ftellt  bie  (Sroberung  Hebron«  burc$  bie  $«raeliten  fo  bar,  baft  3ofua 
an  ber  ©pi$e  be«  ganjen  33olf«  nacb  ber  Seftegung  ber  fünf  berbtinbeten  Äönige  fcon 
3erufalem,  Hebron  (Äönig  £ofyam),  3armut$,  Sactyi«  unb  ©glon  bie  ©tabt  erobert  unb  so 
bie  Sebölferung  bem  Sänne  übergeben  fyabe  10,  36  f.  SRi  1,  10  bagegen  fetyreibt  biefen 
<£rfolg  bem  ©tamme  $uba  Bu-  33eibe«  totrb  ni^t  ba«  SRic^tige  fein.  3)a  fj)äter 
ber  Stamm  üaleb  in  unb  um  §ebron  too^nt,  fo  tohrb  ftcfy  biefer  felbft  too^l  bon  ©üben 
^r  m  ben  Seftfc  be«  ©ebiete«  gefefct  fyabtn,  ein  Sorgang,  ber  auc$  in  ber  je^igen  ©eftalt 
ber  Äunbfctyaftergeföicfcte  (5Ru  13  f. ;  3)t  1,  20—46)  noc^  burd&föeint.  3m  3ufammem  85 
^ang  mit  ber  fpäteren  ©efd^id^t«auffaffung  nafym  man  freiließ  an,  bafe  3°fua  bau  ©ebiet 
um  Hebron  bem  ©tamm  Äaleb  jugetoiefen  ^abe  3<>f.  15,  13—19;  14,  6—14;  togl  SRi 
1#  10—15.  35ie  Weitere  ©efcfyicfyte  §ebron«  ift  nur  toenig  befannt.  9?ac§  bem  Sobe 
©oute  erlangte  35atoib  in  §ebron  unb  ben  zugehörigen  ©täbten  SBo^nfi^e  für  fkfy  unb 
feine  Seute,  ba  er  mit  ben  Äalebitern  Derfd^toägert  unb  befreunbet  toar.  §ier  Junten  bie  40 
3ubaer  i^n  auf,  um  i^n  »um  ©tamme«!önig  gu  falben  2  ©a  2,  1 — 4.  Slbner,  ber 
SSetter  ©aul«,  ber^anbelte  ^ier  mitSDatoib  2  ©a  3, 20  ff.  unb  fanb  burdj>  $oab(f.  o.©.218) 
feinen  lob  im  2^ore  ber  ©tabt ;  Dabib  toeranftaltete  i^m  ein  e^rentooHe«  Segräbni«  unb 
liefe  au#  ba«  $auft  3«bofety«  (f.  b.  31.  oben  ©.  442, 47)  fpäter  in  2lbner«  ©rabe  bei= 
fe^en.  an  ben  üRörbem  ^«bofet^«  Dott^og  SDat?ib  fyier  bie  ^Jflic^t  ber  Slutrac^e  für  bie  45 
Familie  ©aul«  unb  lieft  ifyre  Derftümmelten  Seiber  an  bem  %t\ti)  in  $ebron  auffangen 
2  ©a  4,  8—12.  @«  giebt  gegenwärtig  ^toei  grofte  alte^eic^e  in  ber  3tyalfofyle,  bie  t>on 
ben  toerföiebenen  ©tabtteilen  umgeben  toirb,  einen  oberen  unb  einen  unteren.  2Babrfc$ein* 
li$  ge^t  einer  bon  i^nen  bereit«  auf  bie  Reiten  3)aDib«  aurücf;  toelc^er?  ba«  h)iD  man 
in  Hebron  nod^  genau  h>iffen,  nämlicfy  ber  untere,  ber  ber  größere  Don  ben  beiben  ift.  50 
AI«  ®abib  nadj>  einem  fiebenjäbrigen  Slufent^alt  in  Hebron  Scrufalem  jum  ©i^  feine« 
SJoB«tönigtum«  machte,  ging  bie  Sebeutung  ber  ©tabt  für  bie  ©eföid&te  S^^el«  gurüd. 
3)er  Slufftanb  Slbfalom«  begann  in  §ebron,  aber  ^u  beffen  (Sntfc^eibung  l)at  e«  nic^t« 
betgetraaen(2©al5,  7  ff.),  me^abeam  befeftigte  Hebron  2  (S^r  11,  10,  ofyne  3^fel  Wegen 
ber  SBiqjttgfeit  feiner  Sage.  3Son  ben  toorejtlijcben  Setoof^nern  Hebron«  unb  feiner  Umgebung  66 
banbelt  1  6^r  2,  42—49 ;  bie  .^auptjtpeige  ber  Äalebiter  Werben  bort  aufgejagt,  barunter 
ßebron  unb  anbere  Orte  (f.  Jtalcb).  3n  ^  3e^  ^&  ©jil«  ober  balb  nadj  i^m  bemä^ 
tigten  fu^  bie  ßbomiter  (f.  b.  31.  Söb  V  ©.  169,ßoff.)  ber  ©tabt  unb  tyre«  ©ebiet«.  ®in 
Üil  ber  Äalebiter  Wid^  nac^  s)iorben  fyn  au«;  benn  Wir  finben  in  ber  nactyqrilifcfyen  $<it 
bad  lalebüiföe  ©efc^lec^t  §ur    in  ber  Sanbfc^aft  (Spbrat^,   bie  fid^   etwa  bon  Äirjaty  eo 


566  3ubaa 

3eartm  bis  na$  »etyle&em  (f.  b.  31.  8b  II  ©.  667,27  ff.)  auSbefynte  (bgl.  1  6$r  2,  19. 
50—55 ;  4,  4  unb  ben  21.  Raleb),  unb  einen  feiner  3^0*  *n  3«wMem  f^bf*#  nämlufc 
SRe^aja  SRefy  3,  9.  Hebron  toar  ebomitifä  getoorben  unb  blieb  e$,  bte  3uba3  9Raffa: 
bäuS  um  164  bor  Gtyr.  bie  ©tabt  unb  tyre  Umgebung  borüberge^enb  unterwarf  unb  3o= 

5  fyanneä  §tyrcanu$  naq  128  bie  (Sbomiter  überhaupt  mit  bem  jtibifäen  SRcic^  bereinigte 
lüJiaf  5,65  u.  6.  559,26.  gfreilicty  tourbe  ber  SBeftfc  Hebron«  in  ber  2#eorie  Don  benSuben 
nid^t  aufgegeben.  3m  *ßrieffcerf  obej  toirb  e$  $of.  20,  7  als  eine  3ufluc$t$ftabt,  21, 11. 13 
afe  $riefterftabt  aufaefü&rt  (-=  1  S&r  6,  40.  42)  unb  Dom  6&roniften  5Re$.  11,  25  (m 
Slbfyängigfeit  bom  $riefterfobej)  felbft  jur  Reit  ©erubabelä  aU  jübifö  ausgegeben. 

10  ©er  alte  92ame  beä  DrtS  ift  tyeute  verloren  gegangen.  ©ie  ©tabt,  bie  jefct  ben  $la£ 
beä  alten  Hebron  einnimmt,  Reifet  el-challl  ober  üoftftänbig  challl  er-rahmän,  b.  i 
greunb  be$  Sarm^erjigen  [©otteä].  ©emeint  ift  bamit  Slbrafyam,  ber  bereit«  3Ö  2>  23 
mit  biefem  SBeinamen  ausgezeichnet  toirb.  2Benn  fcfyon  biefer  SRame  ben  jefcigen  Ort  mit 
bem  2ßofynfi$e  Slbra^amS  nad^  bem  312,  nämlicty  §ebron,  in  Serbinbung  brmgt,  jo  toirb 

15  bie  ©leid^eit  ber  beiben  Stätten  nocfy  metyr  baburd&  gefiebert,  bafc  ba£  merftoürbige 
Sßatriarcfyengrab  ©en  23  Don  ber  Überlieferung  o&ne  jebeS  ©d&toanlen  bis  ^eute  in  el- 
chalil  aufgetoiefen  toirb.  9laä)  ©en  23,9.  11.  17  toar  biefeä  ©rab  eine  fiö^le;  fte  ge* 
fyörte  ju  einem  <&tüi  £anb,  ba$  in  ber  makpelä  Dor  SKamre,  b.  i.  toatyrf<$einlid&  dftlid^ 
Don  SJtamre  lag.    Makpela  fcfceint  bemna^  ber  9lame  einer  ©egenb  getoefen  ju  fem; 

»feine  SBebeutung  ift  unffar  (bgl.  ©.  567,23).  SDtamre  toirb  ©en  23,19  burefc  Hebron  er* 
Hart,  unb  ebenfo  mufe  tootyl  ©en  35,  29  berftanben  toerben.  ©emnacfc  fyätte  bie  ©rab* 
tyityle  ber  ©tabt  §ebron  gegenüber  gelegen,  Hebron  ober  Sföamre  im  SBeften,  bie  £öble 
im  Dften.  ©a3  entforid&t  ben  gegentoärtigen  33ertyältniffen  nid^t:  ber  größte  Zeil  ber 
©tabt  liegt  auf  ber  öftlicfyen  ©eite  be£3#afe$  unb  ba$  mu$limifd&e  Heiligtum,  el-haram, 

26  an  bem  Dftranbe  biefcä  ©tabtteilS.  2Ba^rf($einlic&  ftanb  im  Slltertum  bie  ©tabt  ober 
toenigftenS  ber  größere  leil  ber  ©tabt  auf  ber  SBeftfeite  beä  Ü&ate  bem  heutigen  haram 
gegenüber.  ©ort  ergebt  fU$  ein  breiter  §ügel,  ber  ben  Flamen  er-rumeiett  trägt  ©ein 
©oben  ift  rei$  an  §öf)len  unb  Sifternen,  man  finbet  bort  bie  Stefte  Don  fe^r  alten 
dauern  unb  Don  jüngeren  ©ebäuben;    er  ift  bemna<$  in  früheren  >{e\Un  betoo^nt  ge* 

so  toefen.  Senjamin  Don  Subela  (12.  ^ß^unbert)  unb  SBrocarbuS  (14. 3[a^r^unbert)  reben 
auc^  no$  t?on  ben  Spuren  einer  alten  ©tabt  „§ocfc§ebron",  bie  auf  biefer  §ö^e  gelegen 
^abe.    Dort  toäre  nad^  ©en  23  üRamre  anjufe^n.    Um   auf  bie  §ö^le   in  ber  mak- 

Selft  jurüc{}utommen,  fo  fotten  naä)  bem  21X  bort  beigelegt  fein:  ©ara  ©en  23,  9; 
tora^am  25,  19  ;    3faaf,  SRebeHa,  2ea  49,  31   unb  3a!ob,  beffen  Seic^nam   nac$  ©en 

35  50,  1  ff.  funftgereetyt  einbalfamiert  tourbe.  3)ie  nädjfte  9Jac^ric^t  barüber  liefert  un«  302 
fe^^u«  Bell.  jud.  IV  9,  7 :  „bie  ©rabmäler  (ber  gamilie  2lbra^am«)  toerben  rux$  l^eute 
in  biefem  ©täbtcfcen  (Hebron  nämlic^)  gezeigt,  au$  fetyr  f^önem  SJlarmor  unb  ^räc^tig 
gearbeitet".  3)er  t>on  i^m  gebrauchte  Sluöbrucf  /ivrjjLieTa  nötigt  burd^aud  nic^t,  an  fünft; 
fcoQe  Sauten  (SDenfmäler)  ju  benfen;    er  toirb  in   ben  pfeifen  attynxtrit  ®xablammcm 

40  bejei($nen,  tttoa  mit  einer  berjierten  &ront,  toie  bie  fogenannten  Gräber  ber  Jtönige  ober 
bie  ber  Sudler  im  Sorben  t>on  3erwfakm-  ®tö  Kp*  W  m^  ^er  w(W*"  toon  Ate»  23 
noc^  Dereinigen.  SQBenn  aber  ber  $ilger  bon  Sorbeauj  333  n.  <§fyc.  melbet,  in  ^ebron 
fei  memoria  per  quadrum  ex  lapidibus  mire  pulchritudinis,  in  ber  bie  @r)bäter 
beigebt  feien,  fo  ift  baS  bie  erfte  gtoeifellofe  Bpxxx  bon  Sauten  an  biejer  ©tätte.    Son 

45  toem  fte  ^errü^ren,  fügt  ber  $ilger  nic^t  bin^u.  Stntoninud  Wärter  ertocfytt  570  n.  ßbt. 
bort  eine  tnerfyallige  Saplifa  unb  einen  in  ber  -Kitte  offenen  #of,  ber  burefc  eine  ©Ironie 
in  jtoei,  für  Stiften  unb  ^uben  bestimmte  SRäume  geteilt  jei;  biefe«  Sautoerf  mu|  bem* 
naq  unter  ber  £errj($aft  ber  bi;jantinifc^en  Äaifer,  biellei^t  bon  einem  berfelben,  errietet 
toorben  fein.    6«  ift  im  fiebenten  3<*  W^unbert  in  ben  Seft|ber  SDtuSlimen  übergegangen, 

60  barauf  an  bie  Äreujfafyrer  unb  bon  biefen  toieber  an  bie  STOuäimen  gefommen ;  e£  ^at 
auf  biefe  SBeife  toieber^olt  ben  SBed^fel  ^mifeben  &ir$e  unb  Wofd^ee  bur^gemad^t.  Suc^ 
finb  anbere  Seränberungen  mit  ber  einricfytung  be^  $la^  boraenommen,  bie  jebo<$  nur 
ium  Xeil  befannt  finb  unb  fi$  f?ter  ntc^t  ber  Steige  nad^  namhaft  machen  laffen.  So  fott 
i^ier  nur  noc^  eine  furje  ©c^ilberung  ber  jefcigen  Sefc^affen^eit  be«  haram  gegeben,  unb 

ob  biefe  mit  einigen  gefcfyid&tlicfyen  33emerfungen  t?erbunben  toerben.  ©er  ^eilige  ?Plo|,  ein 
oblonger  SRaum  Don  60:34  m,  ift  fcon  einer  ftattlid^en  3Rauer  umföloffen,  bie  etoa  18m 
fyo$  ift.  3^r  oberer  %t\l  ift  ein  2Berf  ber  Wudltmen.  ©ie  Ratten  aut^  auf  bie  trier  ßdfen 
Dier  3Kinaret^  aufgefegt;  bo$  fte^en  je^t  nur  noi)  jtoei  t?on  i^nen.  ©er  untere  Zeil  ber 
SJlauer  bi«  gu  einer  burdrfd&nittlic^en  §ö^e  Don  12  m  ift  alt  unb  fefyr  forgfältig  ^qgefteBt 

60  ©ie  ©teine  ftnb  fc^ön  behauen  unb  jum  Xeil  fe^r  grofe;   einer  ift  über  lim  lang  unb 


Sfnbfta  567 

mtfyc  at«  Im  fyoty.  Die  innere  %läty  be«  haram  liegt  ettoa  4,50m  tytyer  al«  bie 
toeftlu$  benachbarte  ©trafee  ber  ©tabt.  35er  3u9an9  Ju  $r  befinbet  jtcfy  gegentoarttg  an 
ber  Dftfeite.  SJlan  fyat  nämlid^  in  neuerer  fyttt  an  ber  füblid&en,  öftlic^en  unb  nörbltd&en 
Seite  m  einigem  äbftanbe  Dom  Heiligtum  eine  jtoeite  üRauer  aufgeführt  unb  ben  Staunt 
$tmf$en  beiben  SDtauern  al«  bequemen  3ugang  ju  ber  fyö^er  gelegenen  $Iäd)e  be«  haram  6 
eingerichtet  Sluf  jtoei  Freitreppen  im  SRorben  unb  ©üben  ber  alten  JRingmauer  fann 
man  ben  öfüic^en  3u8an8  jum  ^eiligen  Sejirf  erreichen ;  bod&  pflegt  nur  bie  füblidje  treppe 
ben  33efud&ern  offen  ju  fielen.  Da«  öftlic^e  %f)ox  füfyrt  burety  bie  Ringmauer,  bie  tyier 
2,60  m  ftarf  ift,  in  eine  hoppelte,  Don  ©pifcbogen  übertoölbte  £aHe;  in  ibrer  füblic^en 
§älfte  beftnben  fid^  jtoei  ac^tedfige  ÄapeDen,  in  benen  bie  Äenotap&e  be«  Slbratyam  unb  10 
ber  ©ara  fte&en.  35er  erftere,  ettoa  2,60  m  lang  unb  1,20  m  breit,  befielt  avtö  üRauer* 
toerf,  ba«  mit  SDtarmorplatten  bef leibet  ift;  fcfytoere,  f  eibene  Decf  en  füllen  tyn  ein.  3jpifc^en 
biefen  beiben  ©d&augräbern  öffnet  [\$  fübtoärt«  ber  Eingang  in  bie  eigentliche  SRoföee. 
©ie  nimmt  ben  gefamten  füblid&en  SRaum  be«  geheiligten  Sejirfe«  ein.  Sjfyct  2lu«beljnung 
beträgt  Don  Dften  nad&  SBeften  28  m,  Don  SRorben  nad&  ©üben  21m.  ©ie  ift  burd&  bier  15 
parte  Pfeiler  mit  Dortretenben  ©äulen  in  brei  Don  ©pifcbogen  übertoölbte  fallen  ober 
©c^iffe  (alfo  neun  ©etoölbe)  eingeteilt.  Diefe  ©cfyiffe  fmb  Don  ungleicher  norbfüblid&er 
Srette,  ba«  filblid^fte  !?at  bie  geringfte  Sreite.  &m  mittleren  ©$iff  fte&en  bie  ©rab* 
gebäube  für  3faaf  unb  SRebeßa,  an  bie  füblicfyen  Pfeiler  angelehnt.  Unter  biefer  3Rofd&ee 
fofl  ftc$  bie  $ityle  mit  ben  ^atriarebengräbern  beftnben.  3Ran  bejeie^net  in  bem  {üblichen  20 
unb  in  bem  mittleren  ©d&iff  je  eine  ©teile  als  Zugänge  }u  tyr.  Der  eine  foQ  in  bie 
toeftßc$e,  ber  anbere  in  bie  öftti$e  fefyh  führen ;  man  fprictyt  nämlicty  fdbon  feit  ber  grie* 
$if$en  unb   lateiniföen  Überfefcung  be«  2EE  Don   einer  'Doppelte  (fiut^er:   jtoiefad&e 

tö^le;  lat  spelunca  duplex)  auf  ©runb  einer  jtoeifel^aften  Deutung  be«  fyebräifd&en 
Jorte«  makpeld.    Diefe  beiben  3ugänge  fmb  burefc  Steinplatten  in  ber  ^flafterung  be«  26 
Soben«  berfd&loffen.  (Sine  britte  Öffnung  befinbet  jtdj  in  bem  nörblicfyen  ©<$iff,  fte  gleist 
bem  3Runblod&  einer  ßifterne  unb  ift  toie  biefe«  mit  einem  ©teine  jugebedft.    Durdp  ba« 
2od)  biefe«  ©tein«  fyat  man  bei  ber  legten  genaueren  Unterfud&ung  1882  (f.  unten)  mit 
§ülfe  einer  Sampe  feftgeftettt,  bafj  ftc§  Darunter  ein  leere«  ©emaety  befinbet,  beffen  SBänbe 
unb  Dedfe  jum  &etf  Reifen   ju  fein  föienen,  unb  an  beffen  füböftlic^er  2Banb  ein  2$or  so 
btmtdt  tourbe,  baä  grofee  9t^nlic^feit  ^atte  mit  einem  ©ingang  in  altegelfengräber,  Joie  fte 
ftc^  häufig   in  ^aläftina  finben.    Serläfet  man  bie  9Roföee  in  nörbliqer  Stiftung  unb 
fc^reitet  burc^  bie  oben  ertoätynte  33or^aDe,  fo  gelangt  man  auf  ben  offenen  £of  be$  ha- 
ram.   ®r  umfaßt  nur  einen  Meinen  SCeil  ber  nörblicfyen  ^älfte  be«  Sejirf«.    Da«  nörb- 
Kc^e  @nbe   ift  burd^  mehrere  ©ebäube  au«  ber  neueren  £eit  bebeeft.    @in«  Don  i^nense 
enthält  bie  Äenotap^e  ^afob«  unb   ber  £ea.    Da«  ©rab  Sofepb«  —   felbftDerftänblid^ 
toieber  ein  ©d^augrab  —  befinbet  ftc$   in  einem  9lnbau,   ber   erft  nad^   ben  &reu))ügen 
(1393)  an  bie  äußere  SRorbtoeftcdfe  ber  frönen  SRingmauer  be«  Heiligtum«  angefügt  toorben 
ifL    Diefe  Äenntni«  be«  je^igen  Heiligtum«  Derbanfen  toir  ben  Beobachtungen,  bie  feit 
1862  bei  Sefud^en  Don   feiten  fyoc|geftelIter  ?Perfonen  au«gefü^rt  Joerben  fonnten.    Denn  40 
bie  fanatifefy  gefinnten  3Ru«limen  Hebron«  Dertw^ren  jebem  „Ungläubigen"  ben  ©intritt 
in  bieSRofd^ee;  e«  toirb  nur  geftattet,  bie  füblid^e  Freitreppe  ^inan^ufteigen.  Durd^  befon^ 
bere  @rlaubni«  be«  ©ultan«   erhielten  Rutritt   1862   ber  <ßrin)  Don  Sale«f    1866   ber 
TOarqui«   Don  Sute,   1869   ber  Äronpnn$  Don  ^reufeen  unb  1882  bie  ^rinjen  albert 
SSictor  unb  ©eorge  Don  SBale«.    Über  ben  S3efudj>   be«  ^rinjen  Don  SBale«   ^at  ber  45 
preufcitoe  Äonful  Dr.  ©.  SRofen,  über  ben  Sefud^  ber  englifc^en  ^Jrinjen  1882  ber  eng* 
Itfc^e  Offijier  unb  $aläftinaforfc^er  6.  SR.  Gonber  berietet  (f.  bie  Sitteratur).    2lud&  ^at 
im  Sa^re  1119  eine  Untersuchung  be«  $atriarc^engrabe«  burc^   (ateinifd^e  üRönd^e   ftatt= 
gefunben,  über  bie  toir  Öeric^te  fennen.    ©ie  beftätigt,  bafe  e«  unter  ber  9Jtofcfyee  (Äird^e) 
unterirbifc^e  ©emäc^er  unb  ©rabfammern  giebt ;  aber  leiber  ift  fte  nic$t  genau  genug  ge*  50 
fü^rt  toorben  unb  unDoDenbet  geblieben,  fo  baft  fte  w«  fein  beutlic^e«  S5ilb  liefert. 

%ki&  Ältefte  an  bem  je^igen  haram  ift  ofyne  3toeifel  bie  ftattlic^e  SRingmauer.  ©raf 
3R.  be  SSogtiä  ^at  in  feinem  ^Jrac^ttoerfe  Le  temple  de  Jerusalem  ($ari«  1864), 
©.  4  ff.  bereit«  Darauf  aufmerffam  gemalt,  bafe  bie  93e^anblung  ber  ©teine  jefyr  ber« 
jenigen  gleist,  bie  an  ber  jüblicben  3Kauer  be«  haram  in  ^erufalem  toafyrjuneljmen  ift,  66 
genauer  gejagt  an  ben©tücfen,  bie  bort  unmittelbar  über  ber©^t  liegen,  biebeSogüö 
too^I  mit  Siecht  Don  §erobe«  bem  ©rofeen  herleitet.  9?ac$  biefem  SKernnal  toürbe  man 
bie  Stauer  efyer  ber  Reit  nac$  $erobe«  al«  ettoa  biefem  felbft  auftreiben.  3uö'^  fäOft 
m«  ©etoity,  ba^  ^ofepl;u«  Don  einem  Sautoerf  an  biefer  ©tätte  nodj>  nicfyt«  ju  toiffen 
fc^eint,  aber  ber  ^ßtlger  Don  Sorbcauj  bereit«  Don  einem  folgen  rebet ;  bielleic$t  entfprid^t  go 


568  3ttboa 

ba«  Sierecf  (quadrum),  Don  bem  er  rebct,  föon  bem  Umfange  be«  iefcigen  Segirf«. 
2)ie  Don  Slntoninu«  SRartyr  ertoätynte  Safilifa  fönnte  auf  bie  fyiten  3uftinian«  gurücf- 
gefyen.  3)a  bie  jefcigen  ©äulenfapitäle  an  ben  Pfeilern  gum  Seil  nod&  btjgantmtfcfce  3«$s 
nung  fyaben,  fo  ift  man  geneigt,  ficfy  bie  Safilifa  bereit«  an  ber  ©teile  ber  2Kof$ec  iu  benfen, 

6  al«  bie  ältefte  Vorgängerin  be«  jefcigen  Saue«,  ber  bemnac§  getoiffe  ©tücfe  be«  älteren  @e* 
bäube«  in  jtcfy  aufgenommen  fyätte.  9Jtit  biefer  annähme  ftimmt  bie  Angabe  be«  ©amuel 
Sar  ©imfon  um  1210  gut  überein,  bafe  nämlicfc  „ba«  ^eilige  $au«"  m  Hebron  Dor 
600  Qafyren  erbaut  toorben  fei.  Sie  unterirbifcfyen  (Sänge,  ©emäctyer  unb  ©ctt>öDbc,  Don 
benen  bie  Sendete  über  bie  Unterfuctyung  be«3a!?re«  1119  reben,  toürben  bem(jemäj$  eben= 

10  fall«  btygantiniföe  Slrbeit  fein.  Sin  eine  Veränderung  be«  Umfang«  be«  ^eiligen  Segirf« 
in  fpäterer  3*it  fann  faum  gebaut  toerben;  benn  bie  eigentümliche  Slnlage  unb©nteilung 
ber  einfügen  Äircfye  (jefcigen  9Dtofd&ee)  —  ba«  Jetylen  einer  Styjt«,  bie  Stiftung  ber  Steife 
Don  ©üboft  naefc  SRorbtoeft,  bie  Teilung  in  neun  Sieredfe,  Don  benen  bie  mittleren  brei 
faft  quabratifety  finb  —  legt  ben  ©(tylufc  nafye,  bafj  fu$  ber  Saumeifter  be«  erften  d&riffe 

16  liefen  ®otte«^aufe«  über  bem  ^atriarc^engrabe  bereit«  an  fefte  ©c$ranten  gebunben  fafy, 
nämlit^  an  bie  Ringmauer  be«  haram. 

©<$on  oben  ift  Don  ber  Sage  SDtamre«  bie  Siebe  getoefen  (f.  ©.  566, 20).  9Rit  tyr 
Rängen  bie  (Sieben  (ober  Serebint^en)  3Ramre«  gufammen,  neben  benen  Abraham  nac$ 
bem  ^e^obiften  fein  3elt  auffd&lug  ©en  13,  18;  18,  1.    3ft  SRamre  nad&  ©en  23, 19; 

20  35,  27  ein  Ort  gegenüber  bem  $atriarcfyengrabe,  fo  tyanbelt  e«  "fiety  um  ^eilige  Säume, 
b.  ff.  um  eine  Äultu«ftätte  neben  biefem  Orte,  Slnber«  fteDt  ©en  14, 13  bie  Qadjt  bar: 
9Ramre,  fotoie  Slner  unb  @«fol  finb  3lmoriter  in  $ebron,  gu  benen  Abraham  in 
einer  Slrt  Don  ©d&ufcDei&ältni«  ftefyt.  @«foI  fällt  toofyl  gufammen  mit  bem  Orte  <S«fol, 
nad&  bem  ba«  %i}d  genannt  ift,  bi«  gu  bem  bie  Äunbfäafter  Dorbrangen  9lu  13,  23; 

25  32,  9;  ©t  1,  24.  t)iefer  Ort  beeft  fub  toa$rföeinlid&  mit  bem  heutigen  bet  iskfthel 
6  km  norbtoeftlicfy  Don  Hebron ;  §ierontymu«  ertoäljnt  ®«f ol  in  ber  Peregrinatio  S.  Pau- 
lae  am  SBege  jtoifd&en  Setfygur  unb  Hebron.  $)afc  nun  SJtamre  unb  (S«fol  Dttönamen 
fmb,  foricfyt  n\d)t  gu  ©unften  ber  Darfteilung  in  ©en  14.  3)a«  Äapitel  nimmt  aud> 
fonft  eine  ©onberfteuung  unter  ben  Duellen  ber  ©eneft«  ein,  e«  toirb  neuerbing«  meiften« 

so  al«  jung  angefetyen ;  batyer  Derbient  bie  anbere  Darftettung  ben  Sorgug.  9Jlan  fyd  ferner 
Slner  mit  ber  §ö^e  ne'ir  im  Söeften  Hebron«,  3Ramre  mit  chirbet  unb  eain  nimre  im 
Sorben  ber  ©tabt  Derglid&en ;  aber  biefe  ©leietyungen  finb  an  fu$  unftc^er,  unb  bie  leitete 
toürbe  gu  ben  Slngaben  be«  Sl^E  über  bie  Sage  Don  üRamre  gar  nic^t  paffen.  5Benn  h)ir 
ba^er  bei  biefen  fielen  bleiben  (t>gl.  ©.  566, 20),  fo  erübrigt  bie  %xa$t,   ob  fid^  fonft  eine 

86  juberläfftge  9iad^ri^t  über  bie  ®i$en  5Kamre«  finbet.  3)ie  LXX  feftt  ftatt  be«  Plural«  ben 
©ingular  Ögvg  (giebe  ober  ^eiliger  Saum  überhaupt),  unb  aud)  ^ofep^u«  läfit  Slbra^am 
Tiegl  rrjv  'Öyvyrjv  xaXovuJvrjv  dgvv  bei  Hebron  too^nen  Antiq.  I  10,  4.  ©tefe  feit- 
fame  Benennung  geigt,  ba^  toir  e«  mit  einer  Don  ÜDttytyu«  unb  ©age  umtoobenen  ©tätte 
gu  tfyun  ^aben.    Ogtygifö   bei^t  bei   ben  ©rieben  überhaupt  „uralt,  nefengro^';   aber 

*o  ^ofep^u«  feftt  ni(^t  ba«  Slbjeftto.  3)ie  Übertragung  be«  dornen«  'Qyyyrj  auf  einen  Saum 
bleibt  rätfel^aft.  6«  fyanbelt  jt(^  boti)  too^l  um  bcnfelben  ^eiligen  ©aum,  toemt  3<>fe>)^u« 
Bell.  jud.  IV  9,  7  ergäbt,  ettoa  fec^«  ©tabien  Don  Hebron  geige  man  eine  fe$r  grofte 
Serebint^e,  bie  fo  alt  toie  bie  SBelt  fei.  35er  Sßecfyfef  Don  @ic^e  unb  Xerebmt&e  fättt 
nid^t  in«  ©etoictyt  gegenüber  bem  anberen  Umftanbe,  ba|  in  beiben  ©teilen  ein   uralter 

46  unb  fagenbentymter  Saum  gemeint  ift;  e«  toirb  rid^tig  fein,  an  einen  unb  benfelben  Saum, 
nicfyt  an  Derfc^iebene  Säume  gu  benlen.  5Kan  ^ielt  an  biefer  ©teile  Dielbefu^te  "BJärlte 
ab.  ©0  lieg  $abrian  nac^  bem  Stufftanbe  Sar  Koc^ba«  eine  fo  groge  3a^  öon  3uben  an 
ber  Serebintye  bei  §ebron  Derfaufen,  bafe  ein  jübif^er  ©IlaDe  ntc$t  me^r  galt  al«  ein  SJJferb 
(Chronicon  paschale  ed.  2)inborf  I,  474;  $ierontymu«  gu  ©acb  11,  5;  3er  31,  15). 

60  sJJeben  tyr  toar  eine  berühmte  fyeibnif^e  D^ferftätte,  bie  ber  Äaifer  Äonftantin  jerftören 
unb  burc^  eine  d&riftlictye  Kirche  erfe^en  lieg  (gufebiu«,  Vita  Const.  3,  57).  SSSaw^Kin5 
li$  ift  biefer  Wagregel  aud^  ber  alte  Saum  gum  ODfer  gefallen;  benn  ^ierontymu«  fagt 
im  Onomasticon  (ed.  be  Sagarbe  114),  baft  ber  Saum  bi«  gur  3*tt  feiner  ^ugenb  mib 
ber  §errfc^aft  be«  Äonftantin  noefy  gegeigt  toorben   fei,   unb  rebet   in  ber  Peregrinatio 

66  S.  Paulae  nur  Don  ben  ©puren  biefe«  Saume«,  bie  not$  gu  fej^en  feien,  tiefer  Saum 
toar  bie  le^te  ©tation  amSBege  Don^emjalem  nati)  Hebron,  gtoei  römiföe  3Retlen  (3  km) 
Don  §ebron  entfernt  CPilger  Don  Sorbeauj  333).  2)iefe«  9Rag  pa|t  DoKommen  auf  bie 
©tätte,  bie  freute  rämet  el-chalil  Reifet  (b.  t).  Rama  Slbrotyam«).  ©ie  liegt  3  km  nörb* 
lid^  Don  Hebron,   f^oc^  unb   frei  auf  ber  3L*afferf treibe  (1020  m),  öftlic^  t>om  SBege  naefr 

60  Jerufalem,    3Wan  fte^t  au^  bem  Soben  noefy  gtoei  bi«  brei  Sagen  Don  f$önen,  forgfältig 


3ubSa  569 

gefd&id&teten  (Steinen  fyerborragen,  bie  bielleidjt  einft  ju  ber  SRingmauer  beS  ^eiligen  SejirfS 
gehört  fcaben.  SBeiter  öftlicty  fmb  bie  SRefte  einer  großen  Äircfye  bemertbar,  toatyrföemlicfc 
ber  Sajtlifa,  bie  Äonftantin  fyier  §at  erbauen  laffen.  Dr.  ©.  SRofen  fyörte  1856  eine  9Jie- 
benmg  öftli<$  bon  ben  merftoürbigen  ©teinfcfyicfyten  challet  butmet  er-räme  nennen,  b.  i. 
9ßeberung  bei  ber  lerebint^e  bon  9tama  —  offenbar  noety  eine  Erinnerung  an  ben  längft  6 
berfdjtounbenen  Saum.  Die  englif$e  Karte  (bon  1874/81)  jeigt  bagegen  eine  challet  el- 
butme  toeftlicfc  bon  rame.  Seit  ben  Äreu^ügen  fanb  eine  anbere  annähme  Seifall. 
9R<m  beginnt  nämlic^  mit  bem  brennten  ga^unbert  einen  {üblicher  ftetyenben  Saum 
als  bie  SKbra^amSeic&e  ju  bejeid^nen  (too&l  juerft  bei  bem  üJWncfye  Surc^arb  1283).  DaS 
ijt  bie  fceute  nod&  nicfyt  ganj  abgeworbene  ballutat  sibtft  neben  chirbet  sibta  im  Söeften  10 
beS  wftdi  et-tuffah.  Die  Örtlicfyfcit  gehört  jefct  ben  Stufjen,  bie  neben  ber  im  SBinter 
1888/89  bom  ©türm  gebrochenen  @i$e  ein  &ofoig  unb  einen  2luSfic$tSturm  gebaut  fyaben. 
0$ne  QtottfA  M  r&met  el-chalil  bie  toirllic^e  Überlieferung  für  fi$;  3of^u^  j.  S. 
er^lt  bo<$,  toaS  man  in  jübiföen  Greifen  bamalS  barüber  teuft*.  Dafe  jene  Slngaben 
bem  SEE  gut  entforäcfcen,  !ann  man  nicfyt  fagen.  2luS  ben  Sieben  ift  ein  ^eiliger Saum  15 
geworben;  bie  LXX  änberte  toafyrföeinlicfy  bie  Benennung  beS  DrtS  mit  Stüdfftctyt  auf 
bie  bamalige  Sefcfyaffentyeit.  Slucfy  ift  bie  Sntfemung  ber  foäteren  lerebintfye  bon  Hebron 
reU$Iic$  grofc  bafür,  bafc  fte  naety  biejem  Ort  benannt  fein  foHte.  SieQeic^t  erflärt  ju$  ber 
ttnterföieb  bur#  bie  nafyeliegenbe  annähme,  bafe  in  alter  $eit  ja^lreic^e  gießen  ober  lere* 
binden,  ein  Heiner  SBalb  („§ain  9Jtomre"),  bidjt  nörblicty  bon  Hebron  borfjanben  toaren,  20 
bofc  aber  in  Röteren  ^a^unberten  nur  no$  ein  gewaltiger  alter  Saum,  bie  dgvg  ber 
LXX  k.,  übriggeblieben  unb  ber  einzige  Iräger  ber  alten  ©agen  getoorben  toar. 

DaS  jefcige  Hebron,  el-chalil  genannt  (f.  ©.  566, 11),  verfällt  in  fieben  Quartiere  unb 
jätyt  18—19000  ©intoo^ner.  Darunter  befmben  fic^  ettoa  1500  Suben,  bie  brei  ©tyna* 
gogen  beftfcen;  alle  übrigen  ftnb  -äDtuSlimen,  bie  fidj  gegen  frembe  ßinflüfje  fanatifdj  ah  26 
föliefcen.  3>n  ber  fruchtbaren  Umgebung  bemerft  man  gatylreictye  SBeinberge.  abgeben 
bon  2Wer*  unb  ©artenbau  befcfyäftigen  flc^  bie  ©ntootyner  mit  ber  3ubereitung  bon 
SBafjerfctyläuc^en,  mit  ©laSbläferei  unb  mit  §anbel£gef$äften  in  ber  2Büfte  fübli<$  unb 
fübdfttid^  bon  ber  ©tobt.  Diefe  fieute  gießen  alfo  jum  Seil  noety  biefelben  ^anbelspfabe, 
bie  emfi  ©alomo  unb  Ufia  befyerrfctyten.  so 

ßefren  toir  nun  &u  bem  SSer^eid^niö  ber  ©täbte  in  Iguba  jmrücf,  baS  toir  oben 
©.  564  berlafjen  tyaben.  Die  britte  ©ru})})e  bec  Orte  auf  bem  GJebirge  3uba  umfafct 
ic^n  Stäbte  (nad)  LXX  neun  f.  unten),  bon  benen  toir  bie  erften  bier  fieser  nattyoeifen 
föimen.  3^re  2a0e  Je*0^  *>afe  ^iefe  ®üfipt  ungefähr  öftlic^  bon  ber  jtoeiten  unb  nörblic^ 
bim  ber  erften  gefugt  toerben  mufe.  3Kaon  toirb  1  ©a  25,  2  als  bte  §eimat  be$  Aale-  86 
biten  Slabal  genannt  (bgl.  1  Gtyr  2,  45),  ^eute  chirbet  unb  teil  ma'ln,  ein  an  ber 
ffiofferft^eibe  gelegener  ©tyfel  880  m  mit  alten  ©runbmauern,  §ö^len  unb  ßifternen. 
Die  „SBüjie  (bon)  SJlaon"  1  ©a  23,  24  f.  bejeid&net  toa^einlid^  ba«  füböftlic^  angren^ 
jenbe  ®ebiet  Äarmel  (ßarmel)  toar  ebenfatt«  Scfi^  3Rabate  1  ©a  25,  2.  5  unb  na$ 
1  Sa  15, 12  ber  Ort,  too  ©amuel  bem  Könige  ©aul  entgegentrat,  als  er  bie  3lmalefiter  40 
beftegt  &atte.  Die  ©tätte  fyat  ibren  alten  3?amen  behalten,  el-karmal,  11km  fübli<$ 
bon  Hebron,  819  m  ^o(^  an  ber  SQBafferfc^eibe  gelegen  mit  bebeutenben  SRuinen,  barunter 
bon  jtoei  Äirctyen.  3?ac^  bem  Onomasticon  272.  302  (bgl.  Notitia  dignit.  I,  78  f.) 
log  fcter  dne  römifc^e  Sefafcung;  fie  foHte  offenbar  bie  fyier  ftc^  freujenben  ©trafen  be= 
toac^en.  ©i))^  gleichfalls  !alebitif(^  1  Gfyr  2,  42,  toirb  in  ben  ßnäfylungen  über  bie  3}er=  45 
folflung  DabibS  burc|  ©aul  ertoä^nt  1  ©a  23,  19 f.;  26,  lf.  SRetyabeam  befeftigte  bie 
©tobt  2  6^r  11,  6.  (SS  entforiebt  ber  gütige  teil  zlf  füböftlicty  bon  §ebron  an  ber 
SBaffcrfcfceibe  878  m  mit  einigen  geljengräbern.  Die  „§eibe"  (fofiut^er)  in  ber  SBüfte 
bon  ©i))^  toirb  toofyl  richtiger  als  DrtSname  betrachtet,  fyebr.  "?7n,  bem  bielleid^t  bie 
heutige  chirbet  choresä  entfpric^t,  eine  Irümmerftätte  3  km  füblic^  bon  teil  zlf.  3°fw 
15f  23  toirb  ein  anbereS  &ty\),  baS  fübli^er  lag,  im  -Kegeb,  gemeint  fein.  3uta,  eine 
^rieperfiabt  3of  21,  16,  Reifet  ^eute  jutta;  baS  ift  ein  grofeeS  Dorf  (837m)  füblic^  bon 
Hebron  mit  fteinernen  #äujem,  alten  (Sifternen,  Äeltern  unb  gdfengräbern.  Die  ßin^ 
too^ner  bef^en  grofee  gerben  (17000  ©cbafe).  Über  ^efreel  bgl.  Sb  VIII,  733,  n  ff. 
©anoaty  toirb  too^l  mit  ber  auSgebe^nten  SRumenftättc  chirbet  zanüta  12  km  füblid^  66 
bon  jutta  gufammengefteKt ;  bod?  foKte  man  bann  biefen  Ort  feiner  Sage  naefy  in  ber 
erften  ®ruty>e  S.  48—51  ertoarten.  3u  Äain,  baS  man  in  chirbet  jakin  jüböftlic^ 
bon  Hebron  fud&t,  bgl.  ben  Slrt.  Main.  Seibe  SRamen,  ©anoa^  unb  Äain,  fmb  in  ber 
LXX  *u  einem  SRamen  Zaxaväe.t/u  berbunben;  ba^er  toerben  bort  nur  neun  ©täbte  in 
biefer  Q&vuppt  gejault.    süon  einem  ©ibea  in  biefer  ®egenb  (1  Gtyr  2,  49),  „in  bem  oft*  w 


570  Sttbäa 

liefen  Seile  $)aroma$"  (beS  ©üblanbeS),  toeife  nod&  baS  Onomasticon  246.  128;  fceute 
ift  bic  ©pur  bobon  noc$  nid&t  toiebergefunben.  8u($  ein  Styimna  in  biefem  Seil  beS  @e* 
birgeS  tft  unbefannt. 

S)ie  vierte  ©ru^e  33.  58  f.   jctyli  fe$S  ©täbte;   fte   ftnb  nörbli<$  bon  ber  ahmten 

6  unb  britten,  b.  f).  nörblic$  Don  $ebron,  $u  fixeren,  fiotyul  futbet  fu$  unter  bem  alten 
Flamen  halhül  9  km  nörblid^  bon  Hebron,  ein  ftattlicpeS  Dorf  mit  einet  Duelle,  gelfen- 
gräbern  unb  alten  Sföauerreften,  997  m.  Setty  3ur  (8et^  3uraX  bon  SRefcabeam  befefHgt 
2  6$rll,  7,  toirb  lS&r2,45  als  falebitifä  aufgeführt  unb  9fc$  3,  16  ate  jübiföer 
Doppelbe^rf  genannt,    ^n  ben  SKaffabäertriegen  foielte   eS  eine  mistige  Stolle  als  be* 

lofeftigter  ©renjort  1  üttaf  4,  29.  61;  6,31.  50;  9,  52,  bis  eS  bon  Simon  140  b.  G$r. 
mit  bem  jübifd&en  ©ebiet  enbgültig  bereinig^  mürbe  1  ÜRaf  11,  65;  14,  7.  33.  $er 
9tame  &at  ft($  bis  fyeute  erhalten:  bet  pur  liegt  25—30  km  fübfi<$  bon  ^erufatem 
nafye  toeftli($  am  SBege  nad&  Hebron,  966  m,  burq  SKauerrefte,  ^Ifengräber  imb  einen 
Storm  aus  bem  Mittelalter  als  alte  DrtSlage  fenntltcfc.    3ln  ber  anberen  Seite  beS  SBkgeS 

16  liegt  bie  reic$lic$e  Duelle  cain  ed-dirwe,  an  ber  na<$  bem  Dnomafticon  235  ^iliplmS 
ben  ©unud&en  aus  üRofyrenlanb  getauft  fyaben  fott.  ©ebor  toirb  ate  bie  ^eimat  einiger 
Ärieger  S)abibS  genannt  1  6§r.  12,  7  unb  toar  naefy  bem  @jil  bon  Äalebitern  betoo&nt 
4,  4.  18  (1  Gfyr  4,  39  toirb  richtiger  ©erar  gelefen).  ®S  toirb  mit  bem  heutigen  chirbet 
dschedür  911m,  einer  alten  DrtSlage  nörblicty  bon  bet  pur,  jufammenfatten.    SJefy  Xnot$, 

20  baS  toa^einlic^  „Heiligtum  ber  (©öttin)  änaty"  bebeutet  (bgl.  Sety  Stnafy  £of  19, 38)  iji 
mit  chirbet  bet  'ainün  berglu^en  toorben,  einer  alten  DrtSlage  mit  SRauerreftat,  mit 
ber  SRuine  einer  Äafcette,  mit  einer  Duette  unb  einem  $ei<$ ;  fte  liegt  fübößli<$  bon  halhül 
an  ber  Söafferföeibe.    üRaaratfy  unb  Sltfyefon  fmb  unbefannt. 

3)ie  fünfte  ©ru^e  ift  nur  bur<$  ben  griecfyifcfyen  lejt  (LXX)  uns  erhalten  toorben ; 

25  bafe  fte  ate  ein  echter  Seftanbteil  beS  UrtejteS  amufc^en  ift,  teuftet  auS  ben  befamtten 
Ortsnamen,  bie  fte  enthält,  jur  ©enüge  ein.  93on  ben  elf  ©täbten  laffen  fu$  ac£t  be* 
ftimmen :  barauS  ergiebt  ftc$,  bafe  baS  ©ebiet  biefer  @ru$)c  nörbli<$  bon  ber  borigen,  um 
Settern  unb  bis  in  ben  SBeften  ^erufalemS,  anheften  ift.  S^cfoa  toar  bie  §eimat 
beS  sproßten  SlmoS  2lm  1,  l,  beS  bon  $oab  $u  Dabib  gefanbten  SBeibeS  2  ©a  14,2ff. 

30  unb  eines  gelben  2)abibS  2  ©a  23, 26.  $etyabeam  befeftigte  bie  ©tabt  2G$r.  11,  6,  bic 
füblidb  bon  ^erufalem  3er  6, 1  unb  am  Staube  ber  2Büfte  lag  2  Gfyc  20,  20.  26 ;  1  2Raf  9, 33. 
3)ie  ßintoofyner  toaren  nad)  bem  6pl  Äalebiten  1  Sbr  2,  24;  4,  5  unb  beteiligten  fty 
mit  SluSna^me  tyrer  Dber^äufter  an  bem  üRauerbau  9ietyemiaS  in  3wuföl«w  9le^  3, 5. 27. 
3e$t  fmb  no(^>  Stuinen  beS  DrteS  bor^anben,  SRcfie  einer  cfcriftlid&en  Äird^e,  6tftemen  unb 

86  ©räber;  er  Reifet  tekü'a  unb  liegt  16  km  fübli($  bon  Serufalem  (bgl.  Dnomafticon  261. 156; 
254.  119).  3)aS  ©rab  beS  2lmoS  tourbe  bort  bis  ins  Mittelalter  gejeigt.  ep^rat^a 
toirb  im  grie($iföen  lejt  mit  Set^le^em  gleic^gefe^t,  ä^nlit^  toie  m  ben  ©loffen 
®en  35,  19 ;  48,  7 ;  boc^  läfet  ftd^  jtoeifeln,  ob  ^^rat^a,  fonft  9?ame  einer  Sanbf<^aft, 
aud^  3Jame  einer  ©tabt  getoefen  ift  (bgl.  II,  667, 27).  Sßeor  (grie^.  $ayd>Q,  bgl.  ®en  36, 39) 

40  lag  na<$  bem  Dnomafticon  300.  123  in  ber  9Wtye  bon  SSefylefyem  unb  bedt  ftc^  mit  ber 
alten  DrtSlage  fäghür  915  m  an  ber  ÜBafferfcfyeibe.  ®tam  (grie<$.  Ahdv,Ahdu;  ^ebr. 
2t:^)  tourbe  bon  Stetyabeam  befeftigt  2  6^rll,6  unb  toar  nai)  bem  ®jil  bon  Äalebitem 
betoo^nt  1  6^r  4, 3.  3^r  5?amc  'l*  *n  r**n  Catön  füblidj>  bon  ben  falomonif^en  Zeilen 
(VIII,  682,  w)  erhalten ;   ba^er  ift  toafyrföeinli<$  auf  biefen  Ort  bie  Angabe  beS  3«>f<»>^ 

46  Antiq.  VIII  7, 3  ju  beilegen,  ber  ein  ©tarn  50  ©tabien  bon  ^erufalem  bei  ben  ©arten 
©alomoS  ertocüjmt.  Rulon  (griec^.  KovXdv)  entfpricfct  biellei^t  bem  heutigen  kalönije, 
einem  norbtoeftli^  bon  ^erufalem  an  ber  je^igen  ©trafee  naety  $a$a  gelegenen  3)orfe ;  boc^ 
toollen  anbere  ben  heutigen  tarnen  auf  baS  lateiniföe  colonia  jurüd^ren  (©.  580, 11)  unb 
betrauten  i^n  ba^er  ni^t  als  alt.    ©oreS  (grie<$.  'Ecoßrjs,  2(oqtis)  ift  toofyl  ba*  gütige 

60  särls,  ein  3)orf  im  ©üben  ber  ©trafee  bon  %a\a  nac^  3erufalem,  15  km  toeftiic^  bon 
biefer  ©tabt.  Äarem  (Kagejut  c-2)  fd^eint  baS  anfe^nlid^e  35orf  eain  karim  7  km 
toeftlic^  bon  ^jerufalem  ju  fein.  @S  toirb  bon  lateinif<$en  unb  griej^ifc^en  (rufftf<^en) 
pilgern  biel  befugt  unb  trägt  auc§  ben  9?amen  ©t.  ^o^ann,  toeil  ^ier  bie  @ltern  3|t>^nnei 
beS  Käufers,  3a^öriaS  unb  Slifabet^,  gctoofynt  ^aben  unb  So^anneS  ^ier  aeboren  fem  foD. 

66  ©eit  ber  3eit  ber  Äreu^üge  i)at  man  nämlicfc  ^ier  bie  „©tabt  !guba"  Sc  1,  39  gefugt, 
bie  anbere  jebocfy  mit  bem  oben  (©.  569,  m)  genannten  3"^  gufammenjiellen  toollen. 
Setter  {OeWjg,  Bai&rjo)  ift  nadj  1  @Sr  5,  17  axxi)  ®Sr  2,  20  für  -*3  unb  9Je^  7,25 
für  *i-n;.  einjuje^en,  toar  alfo  naefy  bem  Gjil  toieber  ein  jübiföer  Ort.  9lad)  Eusebius 
hist.  ecd.  IV,  2   unb  nac^   bem  lalmub   tourben   bie  gü^ifer  beS  jübifd^en  XuffianbeS 

60  unter  #abrian  135  in  Setter  beftegt.    2)er  sJJame  bittir  ^aftet  ^eute  an  einem  auf  peilen 


fttbäa  571 

geteterraffen  gelegenen  35orfe  10  km  fübh>eftli($  Don  Serufalem;  dfte  ^Bauern  unb  93rud&* 
ftüdfe  Don  ^nföriften  ftetten  feine  militärifd&e  Sebeutung  aufcer  Ätoeifel  (bgl.  Clermont 
Ganneau,  Archaeological  Researches  I,  463—470).  -äRanodpo  tyängt  h>a^rföemli<$ 
mit  bem  jjtibifd&en  ©efölecfyt  ber  Wlanafytbxta:  1  (Sfyr  2,  52.  54  jufammen,  aber  bie  Sage 
be$  DrteS  ift  unbefannt.  6 

3>ie  fed^te  ®rufl>e  33.  60  umfafct  nur  jtoei  ©täbte,  Äirjatfy  Saal  ober  R\x\ati)  Searim 
unb  #arabba.  SBenn  ftd&  auefy  nur  bie  erfte  ann&^ernb  beftimmen  läfct,  fo  ftefyt  bo$  bie 
2age  biefer  ©nippe  im  SBeften  Don  ^erufalem  aufcer  grage.  Der  9teme  be$  Ort«  toed&felt. 
Sieben  ben  oben  genannten  finbet  fi$  Saala  gof  15,  9—11;  1  Gtyr  13,  6  unb  »aale 
§e^uba  2Sa  6,2;  $.  Dort  fyat  barauS  ben  ©d^Iufe  gebogen,  bafc  ber  Dottftänbige  9tame  10 
tftrjatij  »aal  (Saale)  ^e&uba  gelautet  $abe,  b.  i.  ©tabt  beS  ßerrn  (©otteS)  Don  $uba. 
ftirjatfy  ^earim  gehörte  nad£3of9, 17  ju  bem  ©täbtebunb  ber  ©ibeoniter,  ber  Don^Örael 
einen  SSertraa  *u  erringen  toufete.  Sängere  3e^  toar  ^ort  bie  ^eilige  Sabe,  bte  fte  &abib 
nad?  feiner  SRcftbcnj  falte  1  ©a  6,  21  j  7,  lf.;  2  Sa  6;  $f  132,  6.  3er  26,  21  hrirb 
Jt  3.  als  bie  Heimat  beä  $roj)^eten  Urta  genannt.  @3  gehörte  $u  ber  Sanbföaft  $tf)xati)  16 
(Dgl  I,  667),  bie  na$  bem  ©jil  Don  üalebitem  befeftt  toar  1  <§fyc  2, 50.  52  f.,  unb  hrirb 
(SSr  2,  25;  SRefy  7,  29  ju  ben  Orten  ber  jüDifcfcen  ©emeinbe  geregnet,  ©eine  Sage  ift 
nk&t  pd^er  ju  beftimmen.  ©3  lag  an  ber  ©renje  jhriföen  3uba  unb  Benjamin,  toeftlicty 
Donftej^toa^  (liftÄ?)r  öftlty  Don  G&efalon  (=  kesla),  füblid^  Don  Set^oron^of  15,9; 
18,  14 f.;  nac$  1  ©a  6,  21  oberhalb  Don  Sety  ©emeS  (Dgl.  9K18, 12  öftli$  Don JJarea» 
unb  gftyaol);  ™$  bem  Dnomafticon  271.  109;  234.  103  9  ober  10  römiföe  9Reilen 
(ettoa  15  km)  naefc  ber  (alten)  ©trafce  Don  ^erufalem  nad&  2)io$£oli$  (Stybba).  9Jad&  bem 
9Sorf<$lage  Don  @b.  SRobinfon  hrirb  häufig  ba3  grofce  Dorf  karjet  el-'ineb  ober  abu 
ghösch  (fo  genannt  nad)  einem  mächtigen  35orfföe($  im  anfange  beS  19.  3afa&unbert3) 
12  km  Don  3«ufalem  an  ber  heutigen  ©trafee  nad)  3afa  für  bie  ©tätte  be$  alten  Äirjatb  25 
Searim  angefe^en.  6.  SR.  ßonber  hingegen  glaubt  ben  Ort  in  chirbet  earma  füblug 
toom  heutigen  w5di  es-^arar  hrieber  gefunben  ju  fyaben ;  bod^  hriirbe  naefy  biefer  2lnnatyme 
bie  ©reme  ^hriföen  ljuba  unb  Senjamin  ju  toeit  ftiblic^  faDen.  3°f  18,  58  hrirb  ber 
Ort  )u  »eniamin  geregnet. 

3ß«  lefeter  Seil  be$  ©ebiet«  Don  3uba  toirb  enblicfc  3of  15, 61  f.  bieffiüfte  genannt,» 
b.  ff.  ber  öftlicfce  Slb^ang  be$  ©ebirge«  nac^  bem  Soten  9Keere  ju  (Dgl.  ben  21.  ^aläftina). 
3n  biefer  ©egenb   nennt  ber  tyebrmföe  Sejt   fed^,  bie  LXX  mit  ftarfen  äbtoeic^ungen 
aud^   in  ben  einjelnen  tarnen  fteben  ©täbte.    S3on   i^nen   lafjen    ftd^   jtoei   na^toeifen. 
3He  „©aljftabt,"   ^ebr.  riytsrr^^9  lag  toa^rfc^einlt^  im  ©algtbal,  baä  bur^  toieber^olte 
Äampfe   gegen  bie  (Sbomiter  befannt  ift  2  ©a  8,  13;   2  5?g  14,  7.    ©ie  ift  bafyer  im  86 
©Oben  na$  ber  ebomitifd^n  ©ren^e  Ijm  ju  fud^en  unb  entfrri^t  bem  heutigen  teil  unb 
chirbet  el-milh  im  wSdi  el-milli  25  km  öftlicfy  Don  Seerfeba  (f.  ben  21.  SRegeb).    ©ngebi, 
b.  i.  bie  SodfgqueHe,    lag    am  'loten   üReere   6g  47,  10    unb   toar   nad^  bem   Dno« 
mafücon  259.  122;  254.  119  ein  fefyr  grofee^  Dorf.    ®er  Sterne  ift  an  ber  Duette  be$ 
Ort«  bis  tyeute  haften  geblieben,  cain  dschidl.    ©ie  entringt  nörblicty  Don  ber  5)iünbung  40 
be*  wädi  el-caredsche  auf  einer  120  m  über  bem  ©piegel  be^  loten  üReereS  gelegenen 
Zmaffe.    hieben  i^r  finben  jtd^  noc^  einige  9)toucrrefte,  ©j)uren  ber  alten  Drt«lage.    Sin 
fWfar  3Wjai>)fab  fü^rt  am  inneren  Stanbe  ber  Äli^pe   abh)ärtö  unb   ift  noti)   ^eute  ber 

r*tetoeg  jtoifd^en  Serufalem  unb  Äera!  in  TOoab  toie  f(^on  im  2Utertum  2  6^r  20, 2. 16. 
ältere  9lame  be«  Orte«  fott  nad^  ©en  14,  7  unb  2  6fyr  20,  2  §ajejon  2$amar  ge*  46 
ttxfen  fem;   er  bezeugt  ba«  SSorfommen  Don  Jahnen  (Dgl.  Josephus  Antiq.  IX  1,  2) 
an  biefer  ©teile.    3)ie  Sßemberge  ©ngcbi«  toerben  $8  1,  2  gerühmt.    3)aDib  fuc^te  in 
ben  gelfen  ber  Umgebung  ©$ufc  Dor  ben  9Serfolgungen  bur(^  ©aul  1  ©a  24,  1  f. 

2)er  ^ier  befpro^ene  Seil  ber  Ort^lifte  ^uba«  umfafet  —  abgefe^en  Don  bem  ©äblanbe, 
bem  9?egeb  —  94  „©täbte."  ©cfyon  nacb  biefem  2(u«bru(!  ber  Sifte  barf  man  nic^t  baran  so 
beiden,  bafc  fie  alle  Orte  $uba3  enthält.  2lber  felbft  h>enn  man  nur  bie  bur(^  Surm 
unb  Steuer  gefegten  Ortf^aften  ^uba«  in  ber  Sifte  fudjt,  fo  toirb  man  auf  einige  Südfen 
aufmerlfam.  ©0  hrirb  bie  Don  SRe^abeam  angelegte  geftung  2lboraim  2  Qfyx  11,  9  niebt 
genannt,  toä^renb  bie  übrigen  2  Gfyr  11,  5—12  aufgezählten  3tfhm0at  ertoä^nt  fmb. 
SHcfc  ©tabt  hrirb  autty  bei  bem  .Hrteg^uge  Irtypfyonä  gegen  ben  §a«monäer  ©imon  ge*  66 
naratt  l  9Ka!  13,  20  fohrie  öfter  bei  ^ofe^uä  in  ben  fürjeren  formen  2lbora  unb 
3)ora  Aütiq.  XIII  9,  1;  15,  1;  XIV  5,  3.  ©ie  ift  ba$  gütige  dura,  ein  grofee«, 
<|ueffcnreid^e«  Dorf  mit  ftelfeitgräbern  unb  alten  Saureften  10  km  fübtoeftlicfy  Don^ebron. 
Unter  ben  ^lrei(^en  Drtenamcn  in  1  6l^r  2  unb  4,  bie  hrir  nid^t  alle  erlennen,  ge^ 
f^toeige  benn  beftimmen  fönnen,  mag  tei^t  auc$  noc^  eine  „©tabt"  (4,  12)  fteefen,  bie  eo 


572  3fstba<t 

in  3of  15  ntd)t  aufgellt  ift.    SDa«  1  <5&r4,22  ertoä&nte  Äofeba  becft  fic$  h>afcf$eiitli$ 
mit  chirbet  kuweziba  norböftlicfy  bon  üalhül. 

3Jn  fpäterer  3eit  erlangen  nocty   einige  Orte  2Bi<$tigfett,  bie  früher  nid^t  genannt 
toerben  ober  erft  jüngeren  Urforung«  ftnb.    3)a«  lefctere  trifft  auf  eine  ©rünbung  #erobe« 

5  be«  ©rofeen  ju.  Sttoa  60  ©tabien  füblicfy  bon  3jemfalem  legte  biefer  eine  ©tabt  £erobia 
unb  auf  bem  natyen  §ügel  eine  93urg  ((pgovgiov)  an,  bie  er  mit  prächtigen  ©ebäuben 
unb  türmen  fcfymüdfte  unb  §erobium  nanntt  (3ofep&u«,  Antiq.  XIV  13,  9;  XV  9,  4; 
Bell.  jud.  1 13,8;  21,10).  SDie  krümmer  biefer  Sauten  finben  ftcfc  auf  bem  dschebel 
el-furedls  ober  bem  granfenberg  fübtoeftlicfy    bon  Settern.    ©<$i<f  $at  biefe  ©tatte 

10  3b$33  III,  88—99  betrieben  unb  fte  foo^l  mit  SRecfct  al«  ben  Ort  be$ei<$net,  an  bem 
§erobe«  nacfc  Antiq.  XVII  8,  3;  Bell.  jud.  I  33,  9  beigefefct  tourbe.  Unmittelbar 
über  bem  SBeftufer  be«  loten  SDteere«,  16  km  füblicty  bon  (Sngebi  (f.  oben),  liegt  bie 
Sergfefte  SDtafaba  $ebr.  "*"-),  bie  erft  burefy  bie  ©eföic&te  be«  Aerobe«  befannt  toirb, 
aber  föon  bon  bem  $a«monäer  ^onattyan  angelegt  toar.    §erobe«  braute  auf  biefer  enfc 

15  Iegenen  unb  fd&toer  zugänglichen  ©tätte  feine  gamilie  bor  ben  Sßart^ern  unb  bor  Slntigonu« 
40  b.  G&r.  in   ©id&ertyeit  ßofe^u«,  Antiq.  XIV  13,  8 f.;   Bell.  jud.  I  13,  7 f.).    3u 
beginn  be«  jübifcfyen  Slufftanbe«  bemächtigten  ftcfy  bie  fogenannten  ©ifarier  unter  ftüfcung  * 
be«  ©aliläer«  ßleafar  ber  J^eftung.    9toc|bem   ^erufalem  gefallen  toar,  tourbe  fte  nad) 
fyelbenmütiger  SBerteibigung  burd)  2.  glabiu«   ©ilba  am  15.  Styril  73  erobert.    Die  ge? 

20  naue  Beitreibung,  bie  Sofej^u«,  Bell.  jud.  VII  8,  3  f.  bon  biefem  Orte  liefert,  tft  nac$ 
ben  erften  @ntbe<fern,  @.  ©mitlj  unb  @b.  SRobinfon,  bon  ben  33efucfcern  toieberfcolt  al« 
juberläfjig  beftätigt  toorben.  §eute  Reifet  ber  böllig  berlaffene  ©tyfel  es-sebbe;  bie 
krümmer  auf  bem  ©tyfel  rubren  teil«  au«  ber  3eit  be«  §erobe«,  teil«  au«  ber  fixte 
römifcfyen  3eit,  teil«  bon  ben  Äreujfa^rern  tyer.    3jn  *>cm  nörblid^en  Seil  ber  SBüfte  3uba 

25  ^albtoeg«  jtoifd&en  ^enifalem  unb  bem  loten  9Reere  finben  jt$  einige  Stutnen,  bie  ben 
Flamen  bet  ober  chirbet  hudedün  tragen.  3)iefer  sJlame  erinnert  an  ba«  irrm  rrn  be« 
Xalmub,  tootytn  am  grofcen  ©ütynfefte  ber  gwben  Se  16  ber  ©ünbenboef  geführt  tourbe,  um 
bort  in  ben  3lbgrunb  geftürjt  ju  foerben  (3b$  III,  214—219). 

2)er  nörblictye  Seil  ber  Söüfte  3Juba  bi«  in  ba«  alte  ©ebiet  be«©tamme«  Benjamin 

so  (f.  unten)  hinein,  ettoa  bon  3$etoa  im  ©üben  bi«  Setzei  im  Sterben,  toar  bom  bierten 
bi«  jum  jiebenten  ^a^unbert  burdj  Xaufenbe  bon  Sinfteblern  unb  9Jiöncfyen  beöölfert, 
bie  teil«  einzeln  in  böttiger  Slbgefd^ieben^eit  bon  anbern,  %il«  unter  gemeinf^aftlic^er 
Oberleitung  in  fogenannten  Sauren,  teil«  in  abgefd&loffenen  ©ebäuben  (Gönobien  ober 
5ölonafterien)   ftd)  bem  ©ebet,  ber  Betrachtung   unb  ber  arbeit  toibmeten.    3Son  aOen 

35  biefen  Einlagen  ift  freute  nur  nod)  eine  erhalten,  nämli$  mar  saba,  ein  bon  etfta 
50  griec^ifc^en  SRönc^en  betbo^nte«  Jtlofter.  @«  liegt  unmittelbar  am  [teilen  abrang  ber 
©d^luc^t  be«  üibron  (wadi  en-n5r)  in  tbilber  ©infamleit  brei  ©tunben  bon  ^etufalem. 
@«  tburbe  bon  bem  ^l.  ®aba^  um  478  nad)  (tyx.  gegrünbet.  ^ie  ÜJtönd^e  führen  ein 
fefyr  ent^altfame«  Seben  unb  fte^en  unter  einem  im  Älofter  too^nenben  re^s  (ettoa  ^Jrior), 

40  ber  feinerjeit«  bon  bem  gried^ijc^en  Patriarchen  in  3jetufalem  abfängt.  3Bir  fennen  bie 
■Kamen  bon  eth>a  50—60  Sauren  unb  ßönobien,  bie  fi<^  bamal«  in  bem  angegebenen 
©ebiet  jtüifd^en  bem  ^orban  unb  bem  loten  SDteere  im  Dften  unb  ber  9Q3afferfc^etbe  im 
Sßeften  befunben  fyaben.  SDie  älteften  ©rünbungen  ge^en  auf  Gljariton  jurücf,  nämlic^ 
bie  Saura  $^ara  im  wadi  fara  12  km  norböftlid^  bon  ^erufalem  (um  320),  bie  Saura 

46  ®uta  ober  Saura  (Sfyibii  in  ben  §ötylen  be«  Serge«  3)ufa  (je|t  dschebel  karantal)  bei 
3jerid^o  (um  335)  unb  bie  Saura  ©utta  ober  Saura  be«Styariton  bei  S^efoa  (340—350), 
je^t  mugharat  charetün.  S)iefe«  großartige  ^ö^lenlab^rint^  frurbe  irrtümlich  in  früherer 
3eit  al«  bie  „$öble"  SlbuQam  angefe^en,  toätyrenb  e«  ftd^  im  %%  ftet«  um  eine  Serg- 
fefte  biefe«  9lamen«  ^anbelt  (bgl.  ©.  562,  48).    Sefonber«  berühmt  toaren  bie  Saura  be« 

60  Sbt^miu«,  um  429  gegrünbet  unb  482  ober  484  in  ein  ßönobhim  umgehxmbdt,  jefct 
chän  es-sahl  ober  chan  el-ahmar  öftlid^  bon  3erufolem;  ferner  bie  Saura  unb  ba« 
Gönobium  be«  Sfyeottiftu«,  bon  (Sut^miu«  unb  feinem  ©enofien  2^eottijhi«  um  410  ge* 
grünbet,  je^t  der  mukellik  öftlid^  bom  borigen;  enblid^  ba«  Gönobium  be«  Z^eobofnk, 
bon  3^eobofiu«  Gönobiarc^a  475  gegrünbet,  je^t  der  dösi  ober  der  ibn  robed  öfttiefy  bon 

56  Set^le^em.  S)a«  gan^e  ©ebiet  tburbe  ber  eg^ixog,  lat.  Eremus  ber  fyl.  ©tabt  unb  M 
^orban«  genannt  (Solitudo  sanetae  civitatis  et  Jordanis);  ber  öbefte,  ^oc^liegenbc 
leil  nafyt  über  bem  Xoten  5Weer  ^ic^  ber  jiavegrjjuog  (Paneremus).  infolge  ber  6r* 
oberung  be«  Sanbe«  burc^  bie  Slraber  h>urbe  ben  ^tönd^en  ber  Aufenthalt  in  biefer  ©egenb 
unmöglich 

60         9luf  bem  tbeftlid^en  Slb^ange  be«  93erglanbe«,  faft  fd^on  an  feinem  gfug,  ift  in  ben 


3nbäa  573 

crfken  3afy#unberten  unferer  3«tred&nung  eine  ©tabt  entftanben,  bie  jur  $üt  be«  Sufebiu« 
unb  $ienmtymu3  grofje  33ebeutung  für  ba«  füblidje  ^aläftina  gehabt  tyaben  mufj,  ba  fte 
im  Onomaftiton  na$  tyr  bic  Sage  bteler  Orte  beftimmen.  ©ie  führen  fte  unter  bem  griec^. 
SRamm  ©leuttyeropoli«  auf ;  biefer  finbet  ftcfy  juerft  auf  ©tabimmnen  au«  ber  3eit  be«  Äaifer« 
©epthmu«  ©eberu«  202/203.  2)a  fi$  bie  ©tabt  auf  ber  SRüdfjeite  biefer  Zürnen  Lucia  6 
Septimia  Severiana  nennt,  fo  ift  anjunefymen,  bafe  biefer  Äaifer  bei  feiner  Slntoefenfyeit 
im  Orient  um  200  nadjj  Qfyx.  tyre  -Weugrünbung  unter  bem  9lamen  ßleutyeropoli«  be* 
fohlen  tyd.  2)er  Ort  fyiefi  früher  bet  gubrln,  "p-oii  mn  in  ber  Doctrina  Addaei 
(3tfß2$  I,  225)  unb  im  Salmub  (5tteubauer  122),  bei  Sßtolemäu«  IV,  16  BanoyaßQa; 
biefer  alte  9Jame  tyd  ftd&  bi«  fyeute  im  3Kunbe  be«  SSolfe«  erhalten:  bet  dschibrin,  io 
toäifcenb  ber  gried&ifd&e  mit  bem  @nbe  ber  griec&ifcfyen  £errföaft  fcerfd&tounben  ift.  ®p\* 
ptyaAv&  flammte  avß  bem  ©ebiete  biejer  ©tabt,  uno  au«  ber  fttit  fcom  4.  bis  6.  Satyr* 
tyunbert  lernten  totr  mehrere  Sifctyöfe  t>on  Gleuttyeropoli«.  ©ie  lag  an  bem  Äreujung«» 
punft  bteler  ©trafen  jh>ifc^en  ®a%a  unb  Igerufalem  toeftlicty  Don  Hebron  unb  bertrat  bie 
©teile  be«  alten  Wlaxtfa  (©.  563, 23)  ober  3Rariffa,  ba«  fcon  ben  ^artyern  40  bor  6tyr.  15 
jerftört  tourbe  (S^fep^u«,  Bell.  jud.  I  13,  9).  9tacty  ber  (Eroberung  ber  Araber  ging  feine 
Sebeutung  ^urüd.  6«  tourbe  797  burdj  räuberifetye  ©arajenen  fcertoüftet.  S)ie  Äreu^ 
fairer  befeftigten  ben  $unft  1134  toieber  unb  pflegten  ityn  ©ibelin  m  nennen.  3)er 
Sultan  SBibar«  eroberte  ifyn  1244  enbgiltig  gurücf.  -Kocty  jeftt  finb  SRefte  einer  93urg  er» 
galten,  über  beren  §aupttfyor  eine  arabifetye  Snfcfyrift  Oom  §atyre  1551  ftetyt;  bemnattyao 
toirb  bamal«  eine  (Erneuerung  alter  2öerfe  burety  bie  Surfen  ftattgefunben  Reiben.  sDJerf= 
toürbig  ftnb  bie  au«gebefynten  §ö^lcn,  bie  ftcfc  in  ber  Umgebung  be«  heutigen  3)orfe« 
finben.  -Wic^t  toeit  öftlicfy  bon  bet  dschibrln  liegt  chirbet  el-biss;  biefer  9lame  er« 
amert  an  kefar  bisch  be«  lalmub  unb  an  ben  befeftigten  Ort  Katpagaßig  ober  Xa- 
paßte  (fo  bei  SRiefe)  Igofe^u«,  Bell.  jud.  IV  9,  9,  ber  fcon  Gereali«  belagert  tourbe.  26 
Storbtocftlicfc  t>on  bet  dschibrln  fte&t  auf  einem  §ügel  ba«  3)orf  dikrln,  unb  tfym 
gegenüber  liegt  chirbet  dikrln  mit  Oielen  Gifternen,  Srunnen  unb  unterirbif$en  (Sängen ; 
ed  ift  ibentifdj  mit  kefar  dikrln,  ba«  im  ialmub  al«  ein  ftarf  befcölferter  jübiföer  Ort 
genannt  toirb. 

III.  3>ubäa  umfaßte  in  ben  ©.  560  f.  angegebenen  ©renjen  nidjt  nur  ba«  ©tammgebiet  80 
§uba«,  fonbern  au$  bie  ©ebiete  öon  Senjamin  unb  $an  fotoie  Seile  be«  ©ebiet«  fcon 
Sp^raim.  SSon  biefen  ift  junäcfyft  ba«  ©ebiet  Benjamin«  ju  befarec^en  §of  18, 11  ff. 
©tute  ©übgrenje  fällt  fcom  3>or^an  im  Dften  bi«  ftirjat^  fyaxim  (©.  571,  k)  im  9Beften 
mit  ber  fRorbgrenje  3^«  jufammen,  %o\  18,  15—19 ;  15,  5—9,  bie  SBeftgrenje  läuft 
tom  Äiriat^  Searim  norbtoärt«  bi«  j\um  unteren  33etfy  .^oron  %o]  18, 14,  bie  5Jorbgrenje  86 
g^t  bon  bort  über  Setzei  unb  !geric^o  bi«  jum  3Jorban  ^inab  12  f.,  bieOftgrenje  ift  ber 
Jjorban  20.  2)ie  3lu«be^nung  biefe«  ©ebiet«  beträgt  bon  Sorben  nad^  ©üben  ettoa 
40  km,  öon  Often  nac^  3Beften  eth>a  50  km,  feine  ©röfte  toar  bemnad^  gering.  2)ie 
Umgebung  fcon  ^erid^o  toar  fe^r  fruchtbar,  ber  öftlic^e  älbfall  be«  ©ebirge«  untoirtlid^  mit 
Sudna^me  be«  toafferreic^en  wadi  fara,  ba«  §od)Ianb  toafferarm  unb  toenig  ergiebig,  40 
abgefe^en  öon  bem  Sanbftric^  jtoifd^en  Setzei  unb  33et^  §oron.  Son  SBeften  unb 
Sterben  ^er  ift  ba«  ©ebiet  fdjtoer  jugänglid^ ;  e«  ift  ba^er  begreiflich,  toenn  Die  93enja* 
miniten  al«  triegeriWe  unb  raubgierige  Seute  gefd^ilbert  toerben  ©en  49, 27 ;  9ft  20, 16. 
SBknn  aud^  bie  SDarfteDung  3o{  18, 11—28  bem  Sßriefterfober.  angehört,  fo  fott  fxe  boefc 
o^ne  3toe*fc'  füt  bie  &orer,ilifc$e  3«it  gelten.  2)ie  3)arfteHung  ^at  ftd^erlid^  ältere  Quellen  46 
bemiftt  SJergleic^t  man  fte  mit  ben  p oliti{c^en  SSer^ältniffen,  fo  ftb&t  man  auf  ja^lreid^e 
©c^toierigfeiten.  3)ie  ©renje  jtoifd^en  ben  Steigen  ^uba  unb  J«rael  f)<d  me^rfad^  ge* 
f^toanft.  ©ie  fte  juerft  beftimmt  toar,  läfet  ftdf>  ungefähr  barau«  erfctyliejjen,  bafe  3tjalon, 
fübtoeftli^  öon  9et^  §oron,  eine  ^eftung  9te^abeam«  toar.  3l^ia,  ber  ©o^n  9te^abeam«, 
fott  freiltd^  nad^  2  Gtyr  13, 19,  Setzei,  gjejana  unb  täpfyxon  mit  feinem  Steige  bereinigt  60 
baben.  ©ein  9lac^folger  3lfa  bagegen  fonnte  ba«  Sanb  nur  bi«  3Ki^a  unb  ©ibea  S5en- 
jamin«,  alfo  ettoa  bi«  jum  wadi  es-suwenit,  belauften,  obtool;l  er  ben  Slngriffber  Slramäer 
w>n  2)ama«fu«  gegen  3&ael  herbeigeführt  i^atte.  %ixx  bie  ältere  3^  *>e«  Sleid^e«  guba 
trifft  e«  ba^er  nic^t  &u,  toenn  1  Äg  12,  21  9le^abeam  al«  ßönig  über  Suba  unb  Sen* 
iamin  bejeid^net  toirb;  ba«  ge|^tlic^  Süchtige  fte^t  12,  17.  20  unb  11,32.  36:  9te  66 
^abeam  Jjerrföte  nur  über  ben  ©tamm  3uba.  916er  nac^  bem  @nbe  be«  nörblid^en 
9teic^  fc^eint  ftc^  bie  Siorbgrenjc  3juba«  bi«  nac^  Setzei  au«gebe^nt  ju  ^aben  gef  10, 28 ; 
2  Äg  23,  15.  19 f.;  2  6^r  34,  29—32.  Mx  biefe  3eit  toirb  e*  ungefähr  jutreffen,  bafe 
bie  batoibifc^en  Äönige  3"ba  unb  Senjamm  be^errfebt  l^aben.  sl«ellei4t  ift  bie  SRorb* 
grenjc  Senjamin«  vVf  18  mit  SHücfficfyt  auf  biefe  $eit  beftimmt  toorben.    3u  benfen  giebt  oo 


574  dfuMia 

ferner  bie  6inf$ließung  ^erufalemä  in  ba«  ©ebiet  Seniamin«;  benn  bie  ©renje  hrirb 
3of  18, 16  bur<$  ba«  Ztyd  $innom  (VIII,  669)  unb  über  ben  Srunnen  Siogel  (VIII, 
671)  gebogen.  2lu«  ber  Sßolitit  3)abtb«  läßt  fid&  too^I  begreifen,  baß  er  3*n*falem  nic&t 
ju  3uba  fd&lug,  obtoofyl  er  e«  mit  feinen  Seilten   erobert  tyatte  (VIII,  676);   aber  e« 

5  toürbe  ben  3ntereffen  be«  Königtum«  bo<$  $utoiber  getoefen  fein,  toenn  bie  JRejtbenjfiabt 
bem  ©ebiet  irgenb  eine«  anberen  Stamme«  einverleibt  toorben  toäre.  3)ie  SSer^aUniffe 
nacfc  ber  Teilung  be«  SReicty«  lagen  erft  rec^t  ni$t  fo,  baß  bie  £auj>tftabt  3uba«  al« 
benjaminitifä  fyätte  bejetd^net  toerben  tonnen.  SDenn  bie  Seile  Benjamin«,  bie  bauernb 
*u3uba  gehörten,  toaren  fo  unbebeutenb,  baß  fie  unmöglich  ben  Stamm  vertreten  tonnten; 

10  felbft  ba«  fruchtbare  ©ebiet  von  3eri$o  gilt  1  Äg  16,  34  al«  i«raelitifd&.  3)aß  3erufalem 
nic&t  afe  jubäifcty  geregnet  tourbe,  tyielt  man  feit  ber  3«*  2)abib«  fefi  3)a|  man  e« 
al«  ein  Stüdf  Senjamm«  bezeichnete,  erflärt  ficf>  toa$rfcfyeinlid&  atö  ber  $<&,  tn  ber  ba« 
benjamimtifäe  ©ebiet  im  großen  unb  ganzen  toirflicty  ju  bem  Steige  3uba  gehörte,  b.  $. 
au«  ber  3*i*  nac£  bem  Untergange  be«  Steige«  ^«rael,  al«  man  mit  Stecht  babon  fpre$en 

15  tonnte,  baß  ba«  $Rei$  ^uba  ba«  ©ebiet  jtoeier  Stämme  umfaßte.  2>arau«  toürbe  ft$ 
ergeben,  baß  für  bie  ©renjangaben  in  %o\  18  ber  Stamm  jtoar  bie  ©runblage  bilbet, 
baß  aber  auf  Politiken  SSer^ältniffen  beru^enbe  Styeorien  bie  Slbgrenjung  be«  ©ebiet« 
beeinflußt  fyaben.  9Da«  ©leiere  läßt  fic£  an  ben  ©renjbeftimmungen  für^uba  beobachten: 
ber  Stamm  bilbet  bie  ©runblage,  aber  bie  Slbgrenjung  namentlich  im  Süben  unb  SBeftcn 

aoift  mit  SRücfftc^t  auf  bie  polttifd^en  aßac^tber^ältniffe  be«  Steige«  3uba  erfolgt  (©.  561,32  ff.). 

$te  3°f  18,  21—28  aufgemalten  Stäbte  Senjamtn«  jerfatten  in  jtoei  ©nippen,  in 

eine  öftlicfye  Don  jtoölf  Stäbten  SB.  21—24   unb   in   eine  toeftUd&e  bon  bier&etyn  ©tobten 

SS.  25—28.    3tn  ber  Stifte  ber  öftlictyen  ©ru^e  ftefyt  3eri$o.    ©er  SRame  biefer  Stobt 

toirb  im  31$   teil«  '■w  (^entateud^   unb   £agiogra^en),   teil«  th^  ober  'ts?:  (3of), 

»aud^nrp1:^  1  Äg  16,  34  getrieben.  LXX  fe|t  bafür  'legtzco,  Strabo  'legixovg; 
bei  ben  Arabern  Reifet  fie  erlha  ober  rilia  Sin  einigen  Stellen  be«  3EE  toirb  fte 
au#  bie  ^almenftabt  genannt  2)t  34,3 ;  9ti*  1,  16;  3,  13;  2%  28, 15;  tyren  3tei<fc 
tum  an  Jahnen  rühmen  auefy  *piinhi«  (Nat.  hist.  5, 14)  unb  lacitu«  (Hist.  5,  6). 
3ur  3e*t  boc  ßintoanberung  3«rael«  foll    fie  unter   einem  Äönig  gefianben   ^aben  3of 

ao  2,  27;  6,2;  12,9.  3m  SSudfre  $oj  (6  u.  7)  totrb  außer  tyrer  tounberbaren  (Sroberung 
auety  tyre  böttige  3wftörung  burd^  3°fua  ajä&lt.  ©«ß  3°jua  «»«*  %lud)  auf  ben  Neubau 
ber  (?tabt  gelegt  tyaben  foll,  ftimmtju  ben  fonftigen  gefdyic^tlic^en  9lac^ric^ten  nic^t  rec^t 
Quin  Sit  3, 13  tüirb  fte  bon  ben  5Koabitern  toieber  erobert,  unb  jur  3^  2)atoib«  ift  fie 
betoo^nt  2  Sa  10,  5.    2)o$  tüirb  1  Äg  16,  34  in  »erfüllter  ffieife,  toie  e«  fc&etnt,  barauf 

35  angef))ielt,  baß  bie  neue  SBefeftigung  ber  Stabt  bur$  diel  au«  Setzei  nid^t  ofyne  Sc^eu 
bor  bem  3orn  ^tx  ©ott^eit  ober  o^ne  folc^e  Unglüd«fälle,  bie  man  auf  ben  göttlichen 
3orn  jurücffü^rte,  bor  ftd^  gegangen  ift.  3ur  8*  ®'ia^  un*>  ©lifo«  ^atte  in  $znd)o 
ein  SSerein  bon  5ßroj)^eten  feinen  Si$  2  %  4, 5  ff.  Sei  ber  Belagerung  bon  Saufafon 
587  tourbe  ber  jubäi^e  Äönig  3ebctia,  ber  fid^  jenfeit«  be«  ^orban«  in  Sit^er^dt  bringen 

40  toollte,  bon  ben  Sab^loniern  bei  ^ericfyo  eingeholt  unb  gefangen  genommen  2  £g  25,  5; 
3er  39,  5.  Stocty  bem  @jil  beteiligten  \id)  bie  ßintootyner  ber  Stabt  an  bem  3Rauerbau 
5Re^emia«  9Je^3,  2  unb  faloffen  ftc^  ber  jübif^en  ©emeinbe  an  9te$7,  36;  (S«r2,  34 
(bgl.  9}efy  12, 28).  vv>n  ben  Kriegen  ber  §a«monäer  befeftigte  Satc^ibe«  bie  ©tabt  gegat 
3onat^an  1  9Raf  9, 10.    Simon  tourbe  bei  einem  Sefucfye  bon  3eric^o  auf  ber  Burg  3)o! 

45  (f.  S.  579, 7)  bon  feinem  Sc^toiegerfo^n  ^tolemäu«  ermorbet  1  3Wt  16, 11  ff.  ?Point>eiu« 
berührte  auf  feinem  9Karfdje  bon  3)ama«tu«  über  SSet^fean  unb  Stlejanbrium  (S.  582,  in) 
nad&  3erufalem  63  bor  6^r.  bie  Stabt  Jos.  Antiq.  XIV  4, 1 ;  Bell.  jud.  I  6, 6. 
©abtniu«  machte  57  bor  (Sfyr.  &x\d)o  jur  $auptftabt  eine«  felbftftänbigen  Sejirt«,  jeboeb 
nur  für  toenige  3a^re  Antiq.  XIV  5,  4;  6,  4;  Bell.  Jud.  I  8,  5.  7.   3Wii$erobe*  b.  ©r. 

60  begann  eine  neue  $eriobe  ber  Stabt.  3lntoniu«  fyaüt  ber  äg^tift^en  jtteopatra  3^4° 
jamt  feiner  fruchtbaren  Umgebung  übertoiefen;  bod^  §erobe«  toollte  ben  toertboHen  2anb« 
ftric^  nic^t  au«  feiner  §anb  geben  unb  fid^erte  fiety  burc^  eine  ?Pad^t  bon  200  Talenten 
jä^rlid^  bie  eintünfte  biefer  ©egenb  Antiq.  XV  4,  2 ;  Bell.  jud.  I  18,  5.  @r  ber* 
jcfyönerte  bie  Stabt  burefy  anfe^nlic^e  Sauten,   burd^  ein  Ityeater,  ein   Xmpbtt^eater  unb 

66  einen  §ty}>obrom  Antiq.  XVII  6,3.  5;  8,2.  3lud&  muß  er  ein  SBo^npau«  bort  be« 
feffen  ^aben,  ba  toieber^olt  bon  feinem  3lufent^alt  in  3^°  We  Siebe  ifi  2ttefe  ©tabt 
be«  §erobe«  fd^etnt  ettoa«  füblid^er  al«  ba«  alte  ^erid^o  gelegen  }u  ^aben.  3)iefe«  lag 
nämlicfc  nad)  Bell.  jud.  IV  8, 3  in  ber  9iätye  ber  burefy  (Slifa  gefunb  gemalten  Ouelle, 
bie  o^ne  3toeifcl  mit  bem  heutigen  fain  es-sultan  unmittelbar  am  guß  be«  Serglanbe« 

eo  (2  km  norbtoeftlid^  bom  je^igen  Orte)  tbentifc^  ift.     Nun  finb  gegenmärtig  auc^  an  ber 


3fittfta  575 

füblicfcn  ©eite  be«  wadi  el-kelt  jatylreic&e  ©puren  alter  SDtauern  unb  SBafferlettungen, 
fotoie  bic  SRejic  eine«,  großen  &etd&«  (birket  müsa,  172  m  :  143  m)  bemerfbar;  barin 
ftnb  toa$rf<$emlic$  bie  Überbleibsel  ber  tyerobiamfcfyen  ©tabt  gu  erblidfen.  ©ie  lag  nad) 
Jos.  Bell.  jud.  IV  8, 2  f.  60  ©labten  (b.  i.  jtoei  ©tunben;  11  km)  bom  ^orban  unb 
150  ©tabien  (b.  t.  fünf  ©tunben ;  28  km)  bon  3erufalem  entfernt,  ©ie  toar  bamal«  5 
hn  heftigen  aufblühen  begriffen ;  biete  SBafferleitungen  au«  bem  wadi  el-kel  bon  cain 
es-sultan  unb  ou«  bem  wädi  en-nawai'me  befruchteten  bie  ©egenb,  bie  tote  ein  ©orten 
©ottc«  reiche  (Srträge  an  Satteln,  Salfam  unb  §enna  (Styperblume)  abtoarf  Jos.  Bell, 
jud.  IV  8,  2  f.  ©tr  24, 18  (14)  rebet  bon  9tofen  in  3erid&o.  @«  ift  ftrettig,  toelc&e 
$fbnje  bamit  gemeint  ift.  Der  griec^ifd^e  2lu«brucf  (pvxä  gödov  lä|t  junäcfyft  an  10 
totrBic^e  JRofen  benfen,  bie  toofyl  erft  in  perftfdjer  ober  gried&tfdjer  3^t  in  Sßaläftina 
eingeführt  toorben  fmb.  Die  forifd&e  Überfefcung  (*n~i  ra^r)  fyat  jebo$  an  ben  Oleanber 
gebadet,  ber  an  allen  Säcken  *{Saläftina«  häufig  toäc^ft.  2luc£  fommt  in  9etra$t,  bafi 
c«  in  Serien  manche  Slrten  bon  toilben  $ecfenrofen  giebt.  2Ba«  man  ^eute  irrtümlicher* 
toetfe  „^erietyorofen"  nennt,  f?at  mit  all  biefen  ^ßflanjen  nic^tö  ju  tfyun.  sJRan  berfte^t  16 
barunter  in  ber  Segel  eine  ßruetfere,  bie  Anastatica  hierochuntica,  bie  bie  auffallenbe 
Cigentümlic&feit  beftfct,  bafj  ftc$  bte  3to^0e  &«  tJrud&tfrone  öffnen,  fobalb  man  ben 
Stengel  in«  SBaffer  taucht,  bafc  fte  in  troefenem  3"ftanbe  bagegen  fid&  toieber  fd^liefeen. 
5Reuerbing«  fyat  man  jeboety  eine  anbete  in  ber  Umgebung  bon  Igericfyo  unb  am  loten 
5Keere  borfommenbe  Sßflanje,  ben  Asteriscus  pygmaeus,  al«.  bie  toatyre  ^erid&orofe  ber  ao 
mittelalterlichen  Sßilger  be^eic^net,  ba  gerabe  fte  in  ben  SBappen  mehrerer  franjöftfd&er 
8bel«gefc$le$ter  al«  bie  SKofe  bon  ^jeriebo  bargefteQt  fei.  Slucty  fte  fyat  bie  eigentümlich 
feit,  bafr  ftc^  ifyre  Mätterartige  grudjtfyülle  na$  Befeuchtung  mit  SBaffer  in  funer  3*ü 
öffnet  —  Die  ©tabt  be«  £erobe«  ift  e«,  bie  ftefu«  auf  feiner  legten  Steife  nadp  $ttu* 
falem  berührt  $at  9Rt  20,  29 ;  2Jtc  10,  46  ;  £c  18,  35.  einige  ©Komoren  an  ber  26 
alten  JRömerftrajje  erinnern  noety  tytutt  an  bie  ©efdjid^te  bon  3<K&äu«  Sc  19,  1.  Der 
35kg  bon  ^erufalem  nad)  ^erid&o  ift  au$  jefet  leicht  unftcfyer,  ba  er  buref)  böQig  un= 
betoo^nte  ©egenben  fityrt  (bgl.  Sc  10,  30).  9cac$  bem  Dnomaftifon  be«  ßufebiu«  unb 
§ieronlpnu«  (265;  131)  ift  ba«  tyerobianiföe  %mi)o  bei  ber  Belagerung  Serufalem« 
—  gemeint  ift  toofyl  bie  bom  3ö!&re  70  —  jerftört  toorben.  Sieben  ben  ©puren  ber  so 
älteren  ©tobte  ftanb  bamal«  eine  neue  ©tabt,  in  ber  fpäter  aud&  ber  Äatfer  ^uftinian 
eine  Äirc^e  unb  eine  Verberge  baute.  !gm  ftebenten  Safr^nbert  tourbe  3^°  toieberum 
jerftört,  enttoeber  burc^  bie  Werfer  ober  burefy  bie  Slraber.  3)iefe  le^teren  pflanzten  ^ier 
3u<ferro^r  an.  2)ie  Äreujfafyrer  grünbeten  einen  neuen  Ort  unb  übertoiefen  bie  dm 
fünfte  ber  Umgebung  an  bte  &ir$e  be£  M.  ©rabe^.  Son  biefen  mittelalterlichen  Sauten  86 
ift  nod)  ber  untere  5teil  eine«  Surme«  erhalten,  ben  bie  abenblänbifc^en  ^ilger  feit  bem 
fünfzehnten  ^a^r^unbert  §au«  be$  3ac^äu«  ju  nennen  pflegen.  Sieben  tym  befinbet  ftc^ 
ba«  heutige  Dorf  eriha  ober  rfhä,  elenbe,  fc^mu^ige  ^ütten,  bie  bon  einer  benommenen 
Sebölferung  betbo^nt  toerben.  Sieuerbing«  ^ebt  ft^  bie  fiultur  beö  ©oben«  ettoo«.  Die 
%if[en  $aben  eine  Heine  Äird^e  unb  ein  £oft>ij  gebaut  unb  einen  too^lbetbäfferten  40 
©arten  angelegt,  in  bem  SBeinftöde  unb  ^almen  herangezogen  toorben.  Der  türfifc^c 
Sultan,  bem  ba«  game  S^^nt^al  bom  ©ec  Liberia«  bi«  utm  3;oten  SJleere  gehört,  ^at 
in  Seri^o  eine  ber  SÜefyörben  eingefe^t,  bic  biefen  feinen  sBefifc  beauffic^tigen.  3n  ^CT 
Umgegenb  bon  3erid^o  toad^fen  ja^lreic^e  Dornfträud^er  (Rhamnus),  beren  apfelartige 
grüßte  (arabifö  döm)  gern  gegeffen  Serben.  Die  Segenbe  h>eife  gu  erjä^len,  ba&  au«  46 
ben  furd^tbaren  ©tad^eljtocigen  btefer  ©trauter  einft  bte  Dornenfrone  3cfu  geflochten 
tourbe  (Zizyphus  Spina  Christi),  ©e&r  ^äufig  toerben  bie  3h>eMJc  ^efa  3)orn- 
fträueber  gur  §erftellung  bon  3«unen  bertoenbet,  bie  für  gelber  unb  ©arten  in  ber  %\)at 
eine  unburc^bringlic^e  ©djufctoanb  bilben.  3lu«  ben  hjallnu^artigen  grüßten  be«  zak- 
küm-Soume«  (Balanites  aegyptiaca)  bereiten  bie  älraber  ba«  fogenannte  $a<l)äu$'öl  &o 
unb  belaufen  e«  an  bie  ^ilger  al«  „Salfam  bon  3^*0".  Der  Saum  hnrb  ba^er 
aiu^  ber  falfc^e  SBalfambaum  genannt,  ^n  ben  $eden  toäcfyft  eine  2lrt  9iac^tfd^atten 
(Solanum  sanetum,  arabifc^  Ladak);  bte  grüßte  gleichen  einem  älpfel  unb  ftnb  oft 
fdlföltcty  ol«  @obom«äpfel  bezeichnet  Sorben.  Der  ed)te  ©obom«opfelftraudb  (Asclepias 
gigantea,  arobifc^  foschr),  beffen  prächtig  au«fefyenbe  grüßte  bei  leifem  Drudt  planen  66 
unb  burc^  i^re  böHige  Seerc  übenafc^en,  fommt  noc^  an  ben  Ufern  be«  lote«  9Jteere«, 
ä-  93.  bei  gngebi,  bor;  fc^on  ^ofeplju«  erjäblt  bon  i^m  Bell,  jud,  IV  8,  4. 

$er  gtoeite  Ort  in  ber  öftlid^en  ©ruppe  bon  ©täbten  Senjamin«  3<>f  18,  21—24 
tfk  8et^  §agla,  richtiger  Setl^  .^ogla  (nran  r^z).  (9r  lag  an  ber  ©renje  3>uba«  unb 
Senjamin«  3of  15,6;  18,  19,  nad;    bem  Onomasticon  S5  brei   römifd^c  Weilen    bon  w 


576  3fsttfta 

Swtcfyo,  ^toci  bom  gorban  entfernt.  $er  9lame  fyat  ftcfc  bort  m  'ain  hadschla,  einer 
Duelle  mit  SRauerreften,  nnb  in  kanr  hadschla  erhalten.  Severe«  ift  bie  SRuine  eine« 
Älofter«  (trielleid&t  Penthucla?).  "  Setfaraba,  fyebr.  ^???\i  iraf  lag  in  ber  'araba,  in 
ber  ^orbanebene,  unb  ift  beäfyalb  fcon  bem  gleichnamigen  Orte  in  ber  SBBüfte  $uba«  %tf 

5  15,  61  berfd&ieben;  feine  Sage  ift  unbefannt.  .ßemaraim  berftanb  ©b.  JRobinfon  bon  ber 
Do^elrume  chirbet  es-ßamra  10  km  nörblicfy  Don  cain  hadschla:  boc$  toirb  man 
e«  nad)  2  G&r  13,  4  richtiger  auf  bem  ©ebirge  fübltd)  bon  Setzei  fud&en.  Setzei  ift  ba« 
jefcige  hochgelegene  3)orf  betin  881m,  ba«  im  ©üben  unb  Often  bon  SC^älern,  tm  8lorben 
unb  SBeften  bon  ben  ©tyfeln  unb  ber  §ocfyebene  ber  2Bafferfd&eibe  umgeben   ift    $er 

10  »erg  bon  Setzei  1  ©a  13,  2  (3of  16,  1?)  ift  ber  nörblic^  nad&  bem  teU  'a$ür  (1011  m) 
fidj  erftreefenbe  SRüdfen,  ber  bie  Uebergänge  nad)  ©icfyem  (nabulus)  befyerrfd&t.  3m  ©üben 
be«  3)orfe«  befinben  fiety  bie  SRefte  eine«  großen  leiefy«  unb  einer  Äreujfafcerfirc&e,  norte 
öftlicty  bei  burdsch  betin  bie  Sluinen  eine«  Älofter«  mit  einer  Äirctye,  bie  too^I  au«  ber 
b^aniimfd&en  3«*  fyerrütyrt.    3)a  bon  burdsch  betin  au«  ba«  ^orbantyal   fi^tbar  iftr 

15  fo  fctyeint  biefer  Sßunft  ber  Äultu«ftätte  $u  entfored&en,  too  Abraham  nad&  ©en  12,8; 
13,3—10  bie  !gafybeberetyrung  in  Äanaan  begrünbete  unb  auety  Safob  einen  halftern 
unb  Slltar  errichtete  ©en  28, 18.  22;  31, 13 ;  35, 17.  14f.  tiefer  Äultu«ort  (E'T?  ®<n 
28, 11  ff.)  trug  urforünglid^  ben  tarnen  Setzei  (b.  i.  irjau«  ©otte«),  toeü  ©Ott  bort 
tootynte  28, 17  ober  —  nad)  jüngerem  2lu«btucf  —  toeil  ©ott  bort  !gatob  erfdnenen  toar 

20  (35,  7. 15).  6r  lag  aufiertyalb  be«  bon3Kenfc$en  behauten  Ort«;  benn  bie  ©ottyeil  tootynt 
für  ftd).  Später  tourbe  aber  ber  -Warne  ber  Äultu«ftätte  auf  bie  neben  tyr  liegenbe  ©tabt 
übertragen,  bie  früher  £u«  gereiften  tyaben  foQ  SRI  1,  23.  Setzei  ttmrbe  Dom  Stamme 
3Jofe^  burety  Serrat  erobert  9ti  1,  22—25,  to%enb  nad&  3jof  8,  17  bie  ©nna&me  ber 
©tabt,  bie  al«©i$  eine«  fanaanitiföen  Äönig«  beaeid&net  toirb  12, 16,  mit  bem^afl  SR'« 

26  in  33erbinbung  ju  fielen  fd&eint.  @«  totrb  al«  ©renjftabt  jtoifd&en  bem  ©ebiet  3<>fa>&* 
unb  Benjamin«  genannt  16, 1  f. ;  18, 13  unb  1  G&r  7,  28  —  anber«  al«  $of  18,  22  — 
ju  Qpfyxaim  geregnet.  3n  ber  -Wabe  ftanb  bie  Älageetctye,  unter  ber  ba«  ©rab  ber  $ebora 
gezeigt  tourbe  ©en  35,  8.  SBatyrf<$einlid&  mar  e«  ein«  ber  älteften  Sa&befyeiligtfimer  auf 
bem  ©ebirge,  toenn  auc$  bie  Slngabe  3ti  20,  27 b  unb  28»,  bafj  bie  33unbe«labe  bort  ge* 

so  ftanben  fyabe,  im  ©inne  be«  $riefterfobej  eingefügt,  feinen  ©lauben  berbient  3er05 
beam  I.  bertoanbelte  e«  in  ein  töniglicfye«  Heiligtum  mit  einem  %tmpd  unb  einem  ©tier* 
bilbe  1  Äg  12,  26 ff.;  3lm  7, 13.  3)ic  ©itte  be«  3e^nten  fear  ^ier  ft^on  bot  ben  3eiten 
be«  ®euteronomium«  üblicfy  3lm  4,  4 ;  ©en  28,  22.  SBon  bem  ^ro^^etenöerein,  ber  in  ober 
bei  SBettyel  feinen  ©i$  ^atte,  ift  2  Äg  2, 3  ff.  bie  Siebe.    2>ie  $ro^eten  2hno«  unb  ßofea 

85  beaei^neten  ba«  bortige  fultifäe  treiben  ^drael«  al«  Abfall  (31m  4,  4  f.)  ober  al«  »aal' 
bienft  ($of  6, 10;  10,  5.  8.  15;  13,2),  h>eil  für  ba«  Soli  bie  Religion  SafaeS  in  bie 
fanaanitifd^en  Äultu«fttten  aufging.  sSlan  hemmtet  h)o^(,  ba|  ba«  Heiligtum  bun^  bie 
äff^rer  722  jerftört  tourbe.  6«  fc^cint  aber  boc§  balb  toieber  befugt  unb  fcergeftellt  h>orben 
ju  fein,  freiließ  nid)t  al«  löniglic^e«  Heiligtum.  Denn  ber  bon  ben  afferent  jurücfgefanbte 

40  ^a^be^riefter,  ber  bie  fremben  Jtolontften  in  ber  3a^bebere^rung  untertoeifen  foUte,  nabm 
feinen  ©i|  in  Setzei  2  Äg  17,  24  ff.  2)a«  gefc^a|  toatyrföeinl$  unter  «ffurbani<)al  na<^ 
647  (@«r  4,  8—10).  SKie  2  Äg  23, 15  erjagt,  t)at  ^ofta  bei  feiner  Äultu«reform  auc^ 
bie  ^eilige  Btättt  in  Setzei  jerftört.  $a«  ift  ni^t  untoa^rfd^emlid^,  toeil  biefer  Äönig 
bamal«  bei  bem  SRücfgang  ber  aff^rifd^en  SDiad^t  bie  ©rengen   feine«  ©ebiet«   bi«  ba#n 

45  au«gebe^nt  ^aben  h>irb(©.  573,.%  f.).  3?ad^  bem  gjil  fc^lofjen  fic$  bie  Setoo^ner  Setzei« 
an  bie  jübifd(>e  ©emeinbe  an  9le^  7,  32 :  ß«r  2,  28.  gn  ben  Äriegen  ber  9RaHabäer  tourbe 
e«  bon  Safc^ibe«  befeftigt  1  9Jtaf  9,50;  Jos.  Antiq.  XIII  1,3.  ©J>äter  ift  e«  al« 
Heine  ©tabt  befannt  Jos.  Bell.  jud.  IV  9,  9 ;  Onom.  230.  100.  3)ie  Umgebung  ift 
fetyr  fteinig.    9Jörblt^  bom  Orte  befinbet  ftc^  eine  eigentümliche  gelfengruW)^  in  ber  man 

60  einen  alten  ©teinfcei«  (Gilgal)  erfennen  möd^te.  Steint  SS.  23,  ^ebr.  c^nyrj,  LXX  Akb, 
toirb  ^äupg  al«  ibentifd)  mit  Sit  (f.  ©.579, 21)  angefe^en;  aber  bie  ©leic^fe^ung  mufe  um 
geiotfe  bleiben.  §a^fara  ^ei|t  in  LXX  <PaQä,  toä^renb  Sut^er  ben  tyebräi$en  SlrtiW 
("^-^)  beibehalten  l>at.  Die  griec^i{c^c  ^orm  be«  SBort«  erinnert  fofort  an  chirbet 
fära  im  h?aff erreichen  wadi  färä  15  km   toeftlicfc  bon  3^°»   to0  ©w»«m  Sor  ®iow 

56  69  naefy  6^r.  feine  Vorräte  in  ben  aafylreicfyen  §ö^len  unterbrachte  Jos.  Bell.  jud.  IV 
9, 4.  2)o$  giebt  bie  füblic^e  Sage  biefe«  3$ale«  3lnlafe  ju  Sebenlen  aegen  biefe  3«s 
fammenfteHung.  £)p^xa  hrirb  im  Onomasticon  222.  94  mit  bem  $orfe  'AwgJjk  ober 
(Syrern  fünf  römtfe^e  teilen  (=  7—8  km)  öftlicty  bon  Setzei  gleufoefefet  3)o«  toürbe 
ungefähr  auf  ba«  heutige  grofee  3)orf  et-taijibe  (869  m)  norböftlid)  »on  ©etbel  $u treffen; 

60  bo^  liegt  c«  h>o^l  fdjon   jenfett«  ber  Slorbgrcnje  Senjamin«,   tute  fte  3°f  lftr  12  f.  an* 


3toMa  577 

gegeben  ift.  Diefe«  Cpfyra,  ba«  au$  1  Sa  13, 17  crtoätyni  hrirb,  ift  iuafyrfd&einlid& 
ibentifö  mit  g^ton  2  Gfyr  13, 19  fototc  mit  ©bfyraim  2  @a  13, 23.  Diefe«  e$>$raim 
ift  tooljl  aud)  3°  H/  54  gemeint  fotoie  Jos.  Bell.  Jud.  IV  9,  9.  Dagegen  ift  ber  Ort 
'AqxdQejua,  beffcn  Sejirf  nebft  benen  bon  Stybba  unb  9tamat$em  an  ben  §a«monäer  Sonat^an 
abgetreten  tourbe  1  SÖlat  ll,20ff.,  nac$  Onom.254.  118  toofyl  nörblicfcer  ju  futyen  (bgl.  5 
6.  569).  33on  ben  SS.  24  genannten  Orten  ber  öftlid&en  ©nippe  ift  nod&  befannt  ©aba  ober 
©eba,  b.  i.  ©ibea  Benjamin«,  ba«  nadj>  1  6a  13,  16;  14, 2  ff.  SMid^ma«  (6.  579,  ie)  ge^en* 
über  lag  unb  bon  ifym  burety  einen  tiefe  6$lud)t  getrennt  toar.  Sieben  ber  gorm  ©tbea 
bmmt  1 6a  14, 6. 2 ;  13,  16  bie  gorm  ©eba  Benjamin«  bor.  ©«  entfi>ric£t  ba«  heutige 
Dorf  dscheba'  (677  m)  mit  §ö&len,  Gtfternen  unb  alten  SWauerreften  füb(i$  bom  wftdi  10 
ee-  suwenlt,  einer  fteiltoanbigen  6<$ludjt  mit  Alicen  bon  120  m  $ötye.  SSon  biefem 
©eba  ober  ©ibea  Benjamin«  rft  berfdjieben  ©ibea(tty)  6aul«,  ba«  in  ber  toeftltc&en  ©nippe 
8.28  ertoäfcnt  ift  (bgl.  6.578,34). 

Die  toeftlic&e  ©nippe  ber  6täbte  Benjamin«  gof  18,  25—28  umfajjt  im  fcebräiföen 
Xejte  biene^n  Stäbte,  nai)  LXX,  bie  in  SB.  27  unb  28  me^rfaefc  ftart  abtoeid&t,  breije^n  15 
6täbte.  Der  erfte  Ort  33.  25,  ©ibeon,  toirb  in  ber  ©efcbicfcte  3«rael«  nic^t  feiten  er* 
toä^nl  Die  (Sintoofynerjctyaft  ftanb  jur  $eit  ber  teraelttifqen  ßintoanberunfj  m$t  unter 
einem  Könige,  Jonbern  bilbete  mit  Äapljira,  Beerotty  unb  Äirjaty  gearim  einen  6täbte* 
bunb,  ber  jic&  nad&  3°f  9  f.  burety  eine  Sift  ben  grieben  bon  3«rael  ju  erlaufen  toufjte. 
Die  Betoofyier  toerben  auc£  2  6a  21,  2  al«  ;Wic|ti«raelitcn  bqetdmet,  fte  toerben  ^of  20 
9,7;  11,19  §etoiter  (f.  Äanaaniter)  genannt,  ©ibeon  galt  al«  eine  mächtige  6tabt  3of 
10,  2.  6«  ift  batyer  begreiflich,  $ugleid&  aber  aud)  letyrreic^  für  bie  ftreng  i«raelttifd&e 
Haltung  6aul«,  toenn  er  bie  Vernichtung  biefer  ^remblinge  inmitten  be$  6tam- 
med  Benjamin  geplant  f)at  2  6a  21,  2  f.  Sei  ©ibeon  entsann  ft$  ber  erfte  Mampf 
jtoiföcn  ben  Äriegern  ftoab«  unb  ben  beuten  Slbner«,  bon  bem  mir  erfahren  2  6a  2, 12  ff.  25 
Datrib  berfolgte  bie  Sßtyilifter  bon  ©ibeon  bi«  in  bie  Qibtnz  bei  ©efer  ^inab  2  6a  5,  25 
(mo  nacb  1  tyx  14,  16  unb  ^of  28,  21  ©ibeon  ftatt  ©ibea  }u  lefen  ift).  Sei  bem 
großen  6tein  bon  ©ibeon  tourbe  Slmafa  burety  3foab  (f.  ben  31.  oben  6.  2 18  ff.)  er« 
morbet  2  6a  20,  8,  unb  auf  bem  Serge  3afyh>e«  bei  ©ibeon  lieg  Dabib  jteben  9lacfc 
tbmmen  6aul«  jur  6ü&ne  be«  bon  biefem  gegen  bie  ©ibeoniter  begangenen  Unrecht«  so 
töten  2  6a  21,  3  ff.  ($um  £q:t  bgl.  bie  Kommentare).  6alomo  braute  bort  fein  erfte« 
Opfer  bar,  toeil  ft$  bie  Dpf erftätte  burefc  tyre  ©röfee  au«$eid&nete  1  Mg  3,  4  ff. ;  2  Gtyr 
1,  3.  13.  3la$  ber  fpäteren,  burefy  ben  ^riefterfobej  beeinflußten  äuffaffung  foD  bort 
bie  6ttftS$tttte  geftanben  ^aben  1  g^r  16,  39;  21,  29.  §ananja,  ber  ©eaner  ^ere^ 
miad,  toar  au«  ©ibeon   gebürtig   3er  28, 1.    Die  (Sintoo^ner   beteiligten  fteg   an  bem  35 


IRauerbau  pernio«  91$  3,  7.    Ru  31$  1,  25  bgl.  6.  570, 57.     Der  Ort,  nad&  ^of 

"    "     '"    ~        ?eft "' * 

in   ber  Stiftung  auf  Set^  §oron  ju  y;o| 
na4f  Jos.  Antiq.  VII    11,   7;    Bell.  jud.  II    19,    1   biergig   ober  fünfzig    6tabien 


21, 17  eine  ^riefterftabt,   lag   toeftlicfc   bon  ^eric^o  unb  Stti  3jof  9,  3,  einen  9tacfytmarfd& 
*va  ©ilgal   am  ^orban  entfernt   in   ber  Stiftung  auf  Set§  §oron  ju  3of  10,  9  ff., 


(b.  L  anbert^alb  bi«  gtoei  6tunben)  nörblicb  bon  ^^uf^lem  unb  na$  bem  Onomaftifon  40 
243  bier  römifd^e  teilen  toeftli^  bon  Setzei  bei  9tama.  Danach  ift  ba$  heutige 
Dorf  ed-dschib  8—9  km  nörblicfc  bon  !gerufalem  bie  6tätte  be«  alten  ©ibeon.  6« 
Hegt  auf  ber  nörbli$en  $ö^e  eine«  Do^el^ügel«,  ber  ring«  bon  f$malen  (Sbenen  um- 
geben tft,  fya  ad)t  Duellen  unb  jablreic^e  $tl\ engräber.  Unter  ben  alten  s})iauerreften  ftnb 
bie  einer  ftreu)fa^rerfir$e  bemerten«n)ert.  Der  Xeid^  bon  ©ibeon  2  6a  2,  13  (3er  4 1,12)  46 
ift  bermutlicty  ba«  in  ben  geljen  gehauene  Seden  an  ber  füDtoeftlic^en  Seite  be«  Dorf«. 
SRama  $ebr.  ?????,  b.  i.  bie  £öfye)  lag  nörblid^  bon  3«wf«lcw  unb  ©ibea  (6aul«)  9li 
19,  13 ;  3*f  l°/  29#  an  te  norbtoärt«  fü^renben  6tra|e.  6«  toar  jur  &\t  ber  Könige 
Saefa  unb  Slffa  ein©ren)ort  $toif$en  %$xad  unb  ^uba,  bon  jenem  befeftigt  unb  banac^ 
bon  biefem  geföleift  1  .Hg  15,  17ff.;  2  6^r  16,  1—6.  9tod>  ger  31,  15  mufe  ftd&  ba«  so 
©rab  fflaSfüi  (f.  unten)  in  ber  9iä^e  befunben  haben.  Waty  ber  Eroberung  bon  ^eru« 
falem  586  tourben  bie  jum  @£tl  verurteilten  ^ubäer  bort  gefammelt.  Später  föloffen 
fk^  bie  SJetoo^ner  ber  jübij^en  ©emeinbe  an  (£«r  2,  26;  31$  7,  30.  Da«  Onomasti- 
con  287.  146  beftimmt  feine  Sage  auf  fet$«  römifcfyc  SKeilen  nörblic^  bon  gerufalem 
Setzei  gegenüber.  6«  ift  ba«  heutige  Dorf  er-rAm  9  km  nörblicfy  bon  ^erufalem,  in  65 
bem  man  beutli<$e  Spuren  einer  alten  Ort«lage  ma^rnimmt.  Seerot^  (b.  i.  Srunnen) 
gehörte  nac^  3°f  9,  17  ju  ben  6täbten,  bie  ftc^  bon  3«rael  Vertrag  unb  Seben  ju  er* 
ringen  tou^ten  (bgl.  oben  unter  ©ibeon),  tourbe  aber  nad)  2  6a  4,  3  bon  feinen  Setoo&nem 
bor  ben  Senjaminiten  geräumt.  6«  mar  bie  £cimat  ber  üDtörbcr  3*ofet^«  (f.  b.  91.  oben 
6.  442)  2  6a  4,  2   fotoie   eine«  babibifcfyen  gelben  2  Sa  23,  37  ;    1  G^r  11,  39.    Die  eo 

||«S»«HC9nopftbie  für  Geologie  unb  fttrge.    3.  91.  IX.  37 


578  3ubäa 

Schöner  fd^loffen  ft$  nacfy  bcm  @jil  ber  jübifcfyen  ©emcinbc  an  @Sr  2,  25 ;  9le$  7,  29. 
@S  lag  nad)  bem  Onomasticon  233  unterhalb  ©ibeonS  fteben  römifd&e  ÜJteilen  Don  3** 
rufalem  entfernt  am  2Bege  na$  SRicopoliS  (b.  i.  'am was  ©. 581, 41).  ©emetnt  ifk  bamit  bte  alte 
©trafee,  bie  bon  3erufakm  über  ©ibeon  unb  Setfy  £oron  in  bte  toeftlt^e  ebene  führte. 
5  2)anac§  mufe  Seeroty  eine  römifcfye  SBteile  tuefttic^  ober  norbtoeftlicfc  bon  ed-dschib  (f.  o.) 
gefudjt  toerben.  @ine  folcfye  Sage  yafy  beffer  ju  ber  Stetyenfolge,  in  ber  biefer  Ort  3of 
9,17;  18,25  genannt  toirb,  als  btefiage  bon  el-blre,  baS  ftdj  ettoa  elf  römifd&e  SRetlen 
nörbltd)  bon  Sewfalem  in  ber  9läfye  bon  Setzei  befinbet.  $lad)  bem  SBorfölage  bon  6b. 
Sttobinfon,  Sßaläftina  II,  347  fyat  man  in  biefem  Drte,  ber  an  ben  SRuinen  einer  Äreu^ 

10  fa^rertird^e  fenntlicty  ift,  fyäufig  baS  alte  33eerotfy  angenommen.  9Ri#c  tourbe  bunfc  9fja 
als  @ren#unft  gegen  3Srael  befeftigt  1  %  15,  22  (3er  41,  9)  unb  fear  nad)  586  ber 
©ifc  beS  bon  9iebutabnejar  eingelegten  Statthalters  ©ebalja  2  Äg  25,  23.  25;  3er  40  f. 
@S  foirb  1  ©a  7, 16  als  eine  9tid>tftätte  Samuels  unb  9N  20, 1.  3;  21, 1.  5;  1  6a  7, 
5 ff.;  10,  17  als  Ort   größerer  SBerfammlungen  3graelS   genannt.    SKety  3,  15   trägt  ein 

16  jübifcfyer  Sejirf  bon  ifym  ben  -Kamen ;  in  ben  Slnfängen  beS  maflabäifc^en  ÄufftanbeS 
btlbete  eS  ben  9Kittetyunft  ber  Setoegung  1  3Kaf  3,  46.  (SS  lag  nafyt  an  ber  Strafe 
jtoifcfyen  ©icfyem  unb  3*™?^*™  1%  15,  17.  22;  3er41*  öffv  bem  lefcteren  Drte  gegen* 
über  1  9Mat  3,  46  unb  nad)  bem  Onomasticon  278.  138  bei  Äirjaty  3earim  (©.  571). 
$lad)  bem  3Sorf daläge  6b.  SRobinfonS,  Sßal.  II,  361  pflegt  man  in  bem  hochgelegenen  nebi 

20  samwil  baS  alte  W\$c  ^Benjamins  anjufefcen.  $iefe  bon  3^nt{Alem  auS  fu&tbare  #öfc 
(895  m)  liegt  3  km  füblid)  bon  ©tbeon,  trögt  einige  Käufer  unb  eine  muSlimtfäe  IDlofcbee, 
bie  baS  ©rab  beS  $ropl?eten  ©amuel  enthalten  foQ.  9Wan  fud^te  nämli$  tyier  föon  in 
ber  b^antinifc^en  Seit  §auS  unb  ©rab  Samuels,  baS  Stoma  ober  Stomatyaim  beS  SßS 
(bgl.  ©.  583,23).  ®aS  Gönobium  beS  <ßro^eten  ©amuel  tourbe  bereits  bon  bem  Äatfer  3ufti* 

25  nian  erneuert,  unb  bie  Äremfafyrer  erbauten  an  ber  (Stätte  eine  Ätrd^e  ©t.  ©amuel,  bie  bim 
ben  Muslimen  in  eine  5Kofq>ee  bertoanbelt  mürbe.  Äa^ira  (bgl.  unter  ©ibeon)  toirb  nur 
nod)  @Sr  2,  25;  5Re^  7,  29  als  ©lieb  ber  nacfyeplifd&en  jübifd^en  ©emeinbe  ertoä^nt;  jefct 
Reifet  ber  Ort  kefire,  nörblid)  bon  ßirjatty  3Cör^m-  3K°Ja  to"*  m  Salwiub  (Radxaux 
152  f.)  auf  kulönja,  baS  heutige  kalönije  (©.570,46),  gebeutet,  unb  bieaWifc&na  Succ 

ao  4,  2  ergäbt,  baft  man  aus  einem  Drte  SWoja  unterhalb  S^uMe™*  Sacfctoeibenjtoeige 
}um  Saub^üttenfeft  ju  fyolen  ^ftegtc.  $te  ©enealogien  1  Gfyr  2,  46;  8,  36  f.  leimen 
ebenfalls  ein  ©efdjledfjt  (ober  einen  DrtSberbanb)  9Dto$a.  3)aS  heutige  bet  mizze  bei  kg* 
lönije  fyängt  fc^toerlic^  bamit  gufammen.  3ela  33.  28  h)irb  2  ©a  21,  14  als  ©rabjiätte 
©aulS  genannt,  ift  aber  nic^t  befannt.    Über  3erufalem  bgl.  VIII,  666  ff.    ©ibeaty  ifl 

86  im  Unterjd&iebe  bon  ©cba  SS.  24  ©ibea  ©aulS.  2)iefeS  lag  nad&  3ef  10,  29  bei  bem 
oben  beferoctyenen  SRama.  3luc^  bie  ßrjä^lung  9li  19  f.  forbert  ein  ©ibea  ober  ©eba  in 
Benjamin  an  ber  ©trafee  auf  ber  ffiafferfd^eibe  jtoifc^en  3«rufölcnt  unb  9tama  (20, 4. 10); 
bort  muf*  aud)  baS  bon  Slffa  befeftigte  ©eba  1  %  15,  22  gefugt  toerben.  (SS  lafet  jtd? 
ba^er  bie  Slnna^me,  bafe   eS  jtoei  Orte  mit  sJiamen  ©ibea  ober  ©eba  in  Benjamin  ge- 

40  geben  j^at  (1  ©a  14,  16;  5Ri  19, 14),  nid^t  umgeben,  unb  jtoar  tourbe  baS  {üblichere,  in 
ber  9Jä^e  bon  3*™falcm  gelegene  jur  genaueren  Untertreibung  ©ibea(tl^)  SaEulS  genannt 
3ofe^uS  beftimmt  beffcn  Sage  Antiq.  V  2,  8  auf  20  ©tobten,  Bell.  jud.  V  2,  1  auf 
30  ©tabicn  (b.  i.  eine  ©tunbe)  nörblidj  bon  3cnifalem.  3)öS  trifft  }u  auf  tulel  el-föJ, 
einen  fünftltc^en  §ügcl  ettoa   in  ber  5DJitte  gtoifc^en  3^1^«"  wnb  er-ram  (3bm®  XII, 

46  161  ff.).  3)ie  (Snglänber  ^aben  in  bem  ^ügel  graben  laffen,  bod)  nichts  bon  Sebeutung 
gefunben.  2)er  le^te  92ame  9.1 28  Mirjat^  ift  bielleid^t  betftümmelt  auS  bem  boflftänbigm 
tarnen  Sirjatfy  %tax\m  ;  ber  fd^on©.570,6ff.  befaroc^ene  Ort  toäre  bann  ^ier  jum  ®Äd 
SenjaminS  geregnet  toorben. 

Slucfy  biefeS  SJerjetc^niS  ber  „©täbte"  Benjamins  fd^eint   ebenfotoenig  tote   bie  Säfte 

60  ber  „©täbte"  3ubaS  boUftänbig  )u  fein  (bgl.  ©.  571,™  ff.).  3)ie  folgenben  Ergänzungen  bt* 
treffen  teils  bie  biblifcbe,  teils  bie  faätere  $t\t  3n  ber  3orbanebene  lag  baS  bctaraite 
unb  bielgenannte  Heiligtum  ©tlgal.  2)a  eS  im  |>ebräif$en  meift  mit  bem  ärtitd  ge^ 
bxaudjt  h>irb  (-^"X  f°  *f*  ^aS  2ö°rt  urfprünglic^  nic^t  ein  Sigenname;  eS  bleutet 
toafyrfcfyeinlicfy  ©teinfreiS.    SDte  Erzählungen,  bie  toir  über  biefeS  §eUigtum  beft^en,  toetfen 

66  [elbft  auf  biefe  SBebeutung  ^in :  nac^  3of  4,  3.  20  liefe  3ofua  in  ©ilgal,  ber  Stätte  M 
iSraelittfdjen  SagerS  im  SBeftjorbanlanbe  4,  19;  5,  10,  jtoölf  aus  bem  Sorbanbctt  wit« 
genommene  ©teine  aufrichten  —  bermutlicb  bie  iSraelitif^e  Deutung  ber  ben  ©ilgal  Kl* 
benben  heiligen  ©teine.  §ier  foll  auefy  3°fua  bie  Sefd^neibung  %$xad$  boUjogen  ^aben 
3of  5,  2—9.    £>er  Ort  toirb  als  ÄultuSftätte  oft  ertoä^nt,   er  ift  auc^  m  bem  8u\a$ 

oo^Dt  11,  30  gemeint;    ob  aud)  2  Äg  2,  1;    4,  38,  läfet  ftd^  be}toeifeln.    ®r  lag  Jtotf^en 


>  3fttMa  579 

3eri$o  unb  bem  3orban,  nad)  Jos.  Antiq.  V  1,  4  icfyn  ©tobten  (ettoa  2  km),  na<$ 
Onom.  233.  102  jtoei  römiföe  9Men  (3  km)  bon  ^eric^o  entfernt.  £.  3fd&offe  &at 
1865;  66  amSBege  bon  bergfurtty  bei  hadschla  nai)  cain  es-sultän,  7  km  bomlgorban 
unb  2  km  öon  3^^°»  *>m  9tam*n  teil  dscheldschül  gefunben,  eine  unbebeutenbe  6r* 
Ijebung  be«33oben«  mit  geringen  Saureften;  ßonber  fanb  1873/75  einen  verfallenen  %Äd)  5 
mit  bem  -Kamen  birket  dschildschülije,  toätyrenb  gegenwärtig  jebe  ©für  be«  alten 
Samen«  berfd&tounben  ^u  fein  föeint.  SBon  ber  geftung  3)of ,  too  ber  $a«monäer  ©imon 
btrc$  feinen  ©d&toiegerfotyn  ^tolemäu«  ermorbet  h>urbe  1  9Haf  16,  15  (Jos.  Ant.  XIII 
8, 1 ;  Bell.  jud.  I  2,  3  Aaywv),  &at  ft<$  ber  9Jame  erhalten  in  cain  dük  am  norb* 
öftficpen  gfufi  be«  dschebel  karantal.  tiefer  Steg  trägt  in  ben  angaben  über  bie  alten  10 
$riftli$en  Älöfter  bieferOegenb  ben  tarnen  2)ufa  (©.572,45);  aucfy  bie  Sempier  befafcen 
eine  Heine  fjcftung  3)uf  auf  bem  ©tyfel  be«  Sergej  too  no$  ©runbmauern  bon  tyr  fo* 
toie  Don  einer  fleinen  JtapeKe  borfyanben  {tnb.  33ielleicfyt  fyat  bie  alte  ^eftung  ebenfalls 
bort  geftanben.  SCuf  bem  öftlictyen  abrang  be«  Serglanbe«  am  9torbranbe  be«  tiefen 
wadi  es-suwenit  ftanb  ber  au«  ber  ©efd&id&te  3jonatyan«  1  ©a  13  f.  belannte  Ort  15 
3Ru$ma3.  ©eine  Setootyner  fd&loffen  fi<$  ber  nac&ejilifd&en  jübifd^en  ©emeinbe  an  @«r 
2,  27;  9le$  7,  31.  ©päter  (156—152  b.  S^r.)  too&nte  ^ier  ber  §a«monäer  gjonatyam 
1  SWaf  9,  73;  Jos.  Antiq.  XIII  1,  6.  @«  entforkfct  ba«  heutige  Heine  3)orf  mach- 
mas.  3ßörbli<$  babon  liegen  bie  9tuinen  bon  makrön,  bie  an  ben  Ort  9Wigron  3>*f 
10,  28  erinnern.  3n  to  Wäty  be«  großen  3)orfe«  der  diwan  fyat  bie  bon  Igofua  er*  20 
obecte  toiaanitifd^e  Äönig«ftabt  3li  gelegen  (3of  7  f.)-  Dbtootyl  fte  ju  einem  „etoigen  ©tein* 
fcmfen"  3of  8,  28  f.  jerftört  tourbe,  erföeint  fie  bod&  3ef  10,  28;  @«r  2,  28;  3te&  7,  32 
hrieber  unter  bem  tarnen  Ajath  ober  Aja.  ©ie  lag  öftlt$  bon  Setzei  ©en  12,  8;  13,3. 
gtnn  unb  bon  be  Selbe  fähigen  1852  ben  teil  el-hadschar  (abgelürjt  et-tell)  2— 3  km 
öfBi*  bon  betin  bor,  ebenfo  ©ellin  1899  (3Jlt  unb  9lacbr.  b.  $33.  1900,  3),  toätyrenb  26 
6b.  Stobinfon  unb  ßonber  in  chirbet  hei j an  füblicty  bon  der  diwän  ba«  alte  Sit  fu$en. 
$a$  Sellin  bagegen  toäre  an  biefer  ©tätte,  bie  er  chirbet  ed-dschir  nennen  fyörte,  ba« 
alte  Bet&atoen  an$ufefcen.  2)ie«  toirb  3of  7,  2;  18,  12  f.  au«brücHid&  neben  Setbel  ge* 
namxt  unb  au$  1  ©a  13,  5;  14,  23  als  ein  Ort  im  sJtorbtoeften  ober  üBeften  bon  SHicfc 
ma«  ertoctynt.  SBenn  aud)  §ofea  biefen  Siamcn  tyottenb  für  Setzei  gu  gebrauten  fcfyemt  so 
ficj  10,  5;  4,  15;  5,  8  (bgl.  3lm  5,  5),  fo  ift  bo<$  an  ber  Gjiftenj  eine«  alten  Orte« 
$e$ah>en  nic^t  &u  jtoeif ein ;  freiließ  lägt  er  fi<f>  nic^t  fieser  nad^toetfen.  9lorböftlid^  bon 
der  diwan  trägt  eine  felftge  $itye  ben  Flamen  rammön;  er  erinnert  an  ben  Reifen 
SKminon,  loo^in  einft  bie  Senjaminiter  geflogen  fein  follen  9tt  20,  45  f.  ©üblic^  bon 
bem  ©.  577  befangenen  dscheba'  liegt  ba«  SDorf  hizma ;  e$  entfarid^t  bermutlic^  bem  86 
fcfrüföen  Orte  a^mabet^  ®«r  2,  24,  ber  nad&  5Re^»  *12,  29  bon  lempelfängern  betoo^nt 
tourbe.  ©er  bollere  sJlame  lautet  Beth  Asmaveth,  9leb  7, 28  al«  jübiföer  Ort  nac^  bem 
@jil  genannt  @ttoa$  füblid^er  liegt  chirbet  calmit,  in  ber  man  bie  Sßriefterftabt  Sllemet^ 
1  Qfyc  6,  45  ober  Sllmon  3°l  21,  18  tbieber  erlennen  barf.  Slnat^ot^,  ebenfalls  eine 
$riefta#abt  ^of  21, 18;  1  (S^r  6,  45,  aud)  nad)  bem  6nl  jübifd),  bie  ^eimat  be«  ^ro^  40 
treten  geremia  3er  1,  1  (bgl.  1  ftg  2,  26),  entftmc&t  bem  Ileinen  ®orfe  'anata  !aum 
eine  ©tiuibe  norböftlic^  bon  ^ttttfalem.  2ai[a  %z\  10,  30  bermutet  ban  Mafteren  in  bem 
je|igtn  3)orfe  el-fis5wTje  (^b^SJ  XIII,  101).  »aburim  lag  nac^  2  ©a  16,  5;  17,18; 
19, 17  an  bem  alten  2Öege  bon  ^crujalem  nadf>  ^eric^o,  ber  an  ber  9lorbfeite  ber  Stvtypt 
be*  Clbergeä  borbeifü^rte;  über  feine  bermutlic^e  Sage  fyat  ebenfalls  ban  ftafteren  forg»  45 
fältige  Unterfud^ungen  angeftettt  (3b^  XIII,  101  ff.)  5Woc^  fmb  jtoei  Drtf^aften  am 
Delberge  gu  ertoäbnen,  bie  in  ber  ©efd)td)te  ^eju  borlommen.  Set^anien  lag  an  ber 
römiMKn  ©trafee  bon  ^erufalem  nac^  ^erid^o  (sJWc  11,  1 ;  10,  46;  Sc  19,  29;  18,  35; 
19,  1),  bie  fty,  äbnlicfc  toie  ber  heutige  2öeg,  am  ©übab^ange  be«  Clberge«  tyinjog,  unb 
öoar  15  ©tabien  (ettoa  4  km)  bon  ^"faton  30  11, 18,  alfo  fd^on  an  ber  Oftfeite  be«  50 
Saged.  2)er  Ort  ift  ftet«  befannt  geblieben  unb  fd&on  frü^  (Onom.  108)  burefy  Den!« 
m&Ier,  Stinten  unb  ttlöfter  au^gc^et^net  toorben.  @r  fyeiftt  beute  el-razanje,  b.  i.  Sa- 
ysium,  Ort  be«  Sa^aru«.  ©egentoärtig  toirb  ba«  unterirbifc^e  ©rab  be«  Saiaru«,  ba« 
Göjtob  be«  Sajaru«  (au«  ben  .Hreu^^ügen?)  unb  ba«  $au«  ber  "Diana  unb  9Kartfya  ae= 
}ci0t.  3)a«  fmtnblic^  gelegene  2)orf  toirb  bon  Wu«limen  betoobnt.  9?id^t  toeit  bon  S3e=  66 
tfrmien  lag  »et^^age  (b.  i.  geigenort)  ebenfaU«  auf  bem  Ölberg  sJJit  21,  1 ;  3Wc  11,  1 ; 
Sc  19, 29,  bieDeid^t  fc^on  a\i\  ber  Dftfeite  i'c  19,  37.  3ur  3^  ber  Mreujfabrer  jeigte  man 
feilte  ©tätte  in  ber  Witte  $totfd)en  Bethanien  unb  bem  ©ipfcl  be«  Ülberg«,  toie  au«  einem  1877 
bort  entbedtten,  mit  ^flwren  unb  ^nf^ritten  berjierten  ©tein  berborgel?t.  ßlermont  Oanneau 
bie  alte  Sage  in   bem  je^igen  Dorf  kefr  et-tür  auf  bem  Oi^fel  be«  Ölberg«.  go 


580  Subita 

3>m  ätteften  ober  9iorbroeften  SerufalemS  foö  nac^  einftimmiger  annähme  bar  Über* 
lieferung  baS  Dorf  (SmmauS,  roo  ft<$  gefuä  nacfc  feiner  Sluferfite^ung  )toeien  fetner  jünger 
ju  erlennen  gab  Sc  24,  13  ff.  Die  geroö^nlid&e  Sedart  Sc  24, 13  läfet  eS  60  ©tobten 
Don  IJerufalem  entfernt  fein;    fie  ift  fo  gut  bezeugt,  bofc  bie  Sedart  beS  Codex  Sinaiti- 

6  cus  160  ©tabten  als  eine  abftd&tlicfye  jtorreltur  betrautet  roerben  barf,  bte  ben  Ort  auf 
bte  ©tabt  @mmau&9iitot>olte  (©.581)  bejte^en  roill.  gür  ba3@mntau3  beS  ©bangdiumS 
fommen  jroei  Orte  in  Setrad^t  3°fa>M  erroä&nt  Bell.  jud.  VII  6,6  ein  30  ©tobten 
bon  ^erufalem  entferntes  @mmau8,  ba$  SBeSpaftan  72  na$  G^r.  800  auägebienten  römi* 
feiert  ©olbaten  jugeroiefen  &abe.    Da  nun  ber  lalmub  ein   kölönja  (lot  colonia)  bei 

10  ^erufalem  nennt,  ba3  früher  möpa  getieften  tyobe  (bgl.©.  578, 28  ff.),  fo  grünbeten  borauf 
giftig  unb  ©e$)  bie  SBermutung,  bafc  ba$  Dorf  kalönije,  34  V«  ©tobten  bon  ^entfalem 
enlfernt,  ba$  Don  SufaS  ermähnte  (gmmauS  fei.  SlnbererfeitS  fte^t  fejit,  bafe  bte  ttreu^ 
fairer  1099  an  ber  alten,  bon  $afa  nad&  Serufalem  fütyrenben  ©trajje  fite  ben  heutigen 
Ort  el-kubebe  ben  Tanten  castellum  Emmaus  borfanben.  Diefer  tft  minbefken*  62»lf, 

15  työdjftenS  64*/5  ©tobten  bon  ^erufolem  entfernt.  Dort  ftnb  nod&  Ruinen  einer  Arot)* 
fa^rerfircfye  borfanben,  beren  ©runblmien  bie  ^unbamente  eine*  älteren  Saud,  trieKetyt 
einer  Äircfye  aus  b|föantimfd&er  3*ü,  burc&fctynetben.  SDiefer  jtoette  Ort  f$eint  bemnoi^ 
eine  roirtltcfye  Überlieferung  für  ficf>  nt  Ijaben,  roätyrenb  bte  annahmen,  bie  für  kalönije 
geltenb  gemalt  roerben,  unftetyerer  2lrt  ftnb;  nämlid)  bafc  ber  alte  SRame  möpä  in  6m- 

90  maus  roieberllmge  (ber  Xalmub  färeibt  ciar:«  !),  unb  bo£  ber  Ort  roegen  ber  bort  oitge* 
ftebelten  römiföen  Veteranen  colonia  genannt  roorben  fet.  Sonber  tyat  toegen  angeblicher 
2letynli$fett  beS  9lamen8  bie  Stuinenftätte  el-chamasa  roeftli$  bon  9e$W^em  gerbet? 
gebogen.  Snbltd)  mufi  im  änfölufj  an  bo$  ©ebiet  SJenjaminS  no$  bie  ©tätte  be£©rabe* 
ber  ftabel  beforodp  roerben.    9tad)  ©en  35, 16  unb  21  ftfarbt  Stapel  jtoifd&en  Setzei  unb 

26  SMigbal  @ber  (b.  i.  ^erufalem  W\  4,  8),  alfo  nörbli<$  bon  ^erufalem  an  ber  bonSetyd 
tyerfommenben  ©trage.  Daju  paty  ^eT  31, 14  (15)  infofern,  ote  bteJtloge  ber  Stammet 
mutier  bei  Stoma  (©.577,47)  erfcballt,  foroie  bie  Angaben  1  ©o  10,  2,  beren  genaue  De» 
tung  freilief?  nid^t  möglich  ift.  Ttan  erwartet  aud)  bon  bornberetn,  bog  baä  ©rab  Stapels 
in  bem  ©ebiet   ifyrer  ©ö&ne,  3Sofä$  un^  Benjamin,  liegt.    Dem  roiberftoric^t  nun  bie 

so  ©loffe  ©en  35, 19;  48,  7,  bie  ben  SRamen  (S^raty  (bgl.  II,  ©.667,85)  auf  Settye^em  in 
3uba  beutet  unb  baä  ©rab  bemnaety  in  bie  nörbltc^e  Umgebung  biefedOrted  berlegt  Die 
gleite  Slnna^me  liegt  3Rt  2,  18  bor,  unb  noc^  ^eute  roirb  9lo^eld  ©rab  (kubbet  r&hfl) 
am  9Bege  bon  ^erufalem  nad)  Settern  gegeigt.  @3  ift  ein  quabrattfc^  Ausgebaute 
au^  bem  jmölften  ^a^.  mit  einem  mobernen  .Henotap^  im  ^nnern  unb  einigen  Xnbauten 

86  im  Dften,  bie  au£  bem  neunzehnten  ^a^rbunbert  ftammen.  Dtefe  Stätte  tfl  alfo  ber^altmfc 
mägig  alt,  aber  [\t  fann  ntc^t  bie  urfprünglicfy  im  31%  gemeinte  fein.  Dr.  ©<^üf  tyd 
3b$Ui  IV,  248  f.  borauf  aufmerffam  gemalt,  bog  ba$  muäimif^e  Heiligtum  kubbet 
rabd  eKaztz  norbtoeftlic^  bon  ^erufolem  gtoifc^en  bet  sürlk  unb  cd-ka^tal  btdtoetkn 
aud?  kubbet  rahil  genannt  toirb.    Diefe  Örtlic^feh  entfpric^t  beffer  ben  älteren  Xngaben 

40  im  91X,  liegt  aber  jtcmddj)  toeit  naty  3Beften  bon  ber  ^auptftrafee  neben  ber  SBafftrf^eüx, 
bie  boc^  ©en  35,  16  ff.  gemeint  ift. 

IV.  Der  gufr  btö©ebirge^  unb  bie  9lieberung  imSBeften  be^@ebietd  Don  ©enjamin 
roirb  3°f  19#  40—46  bem  Stamme  Dan  jugeft^rieben.  Die  ©rengen  feine«  ©ebtetf 
roerben  nid^t  angegeben,  (onbern  nur  feine  ©tobte  aufgellt    SEBtr   tonnen  jene  jebixj 

46  bana$  beftimmen,  bag  feine  Dftgrenge  mit  ber  SBeftgren^e  bon  Benjamin  (©.  573),  feine 
©übgrenje  mit  bem  roeftlic^en  Seil  ber  9?orbgrenge  ^ubad  (©.  561)  unb  feine  Storbgrenje 
mit  bem  roeftlid^en  Seil  ber  ©übgrenje  G^braim^  jufammenfädt.  Diefe  leitete  läji  W 
freiließ  nad)  ^of  16,  3  (bgl.  SS.  5 f.)  nur  ganj  allgemein  beftimmen:  bon  9e$  fyxw 
foO  fte  über  ©efer  (f.  unten)  and  3Reer  ge^en.    ©efer  liegt  füblt$er  ab  bie  ftüftmflabt 

60  3afa,  bod^  roirb  bad  ©ebiet  bor  biefer  3of  19,  46  *u  Dan  geregnet.  Diefe  le^tm 
ätngabe  ift  gugleic^  bie  eimige,  bie  über  bie  ^ieftgrenje  Dond  einen  beutltyen  SBtnf  gtebt 
iüetftebcn  laffen  ftd^  biefe  betben  Slngaben  entroeber  mit  §ilfe  ber  annähme,  bafe  bie  Ott» 
fdmften  Dand  fein  gefc^loffened  ©ebiet  btlbeten,  fonbem  in  mehrere  bonetnanber  getremttt 
©ebiete  gerfielen,  ober  ed  liegt  bie  ©ac^e  fo,  bog  bie  Sufjäblung  ber  ©täbte  $of  19, 41 

66  bid  46  anberen,  biedeid^t  t^eoretifc^en  ©eftc^tö})unften  folgt  3n  biefe  ©c^toierigfetten  Iä|t 
fid)  (aum  genügenbed  Stc^t  bringen,  ba  ber  Stamm  Dan  in  biefer  ©egenb  ^öc^ftend  nur  haf 
^eit  feine  ©elbftftänbigfeit  behauptet  bat.  3tu3  3fti  1,  34  f.  ift  näntlic^  |u  entnehmen, 
bag  bie  Daniter,  bie  dii  5, 17  am  3Reere3ftranbe  roo^nen,  bon  ben  Slmorttern  gegen  ba* 
öerglanb  gebrängt  rourben;   ferner  erzählt  9ii  18,  ba^  600  9Rann   bon  i^nen  an  ben 

oo  ^orbanqueüen  eine  neue  ^eimat  finben,  unb  enblic^  roerben  mehrere  bon  ben  gu  Dan  gc» 


3ttboa  581 

regneten  Crtfc&aften  an  anbeten  ©teilen  teils  als  jubäifö,  teils  als  epfyraimitifd?  ange* 
fefcen.  Sei  ber  Bilbung  ber  jWei  Steige  ^Srael  unb  3uba  fd^etnt  baS  bamtifctye  ©ebiet 
tcib  bem  einen,  teils  bem  anbeten  ^gefallen  ju  fein.  $ie  beiben  guerft  genannten  Orte 
3«ea  fte&r.  por'A)  unb  gftyaol  Serben  3>of  15, 33  als  jubäiföe  beieic&net  (bgl.  ©.  562), 
toäfrtnb  bo<$  9ti  13,  20  unb  18,  12  jeigen,  ba£  gerabe  fte  mit  ber  ©efd&ic&te  ber3)aniter  5 
eng  jufammen^ängen.  %x  ©emeS  Wirb  mit  33etfy  ©emeS,  einem  Ort  an  ber  5Rorbgreme 
3ubaS  3o  15, 10,  ibenttfö  fein.  fciefeS  Wirb  in  ber  ©efötd&te  ber  ^abe  1  ©a  6, 12  ff. 
erwähnt,  ebenfalls  in  bem  Kriege  jWtfd&en  3oaS  Don  3>Srael  unb  Slmajja  bon  3>uba  2  Mg 
14,  11.  13.  8tyaS  foQ  eS  an  bie  <P#lifter  berloren  fcaben  2  G&r  28, 18.  9tac&  Onom. 
237.  106  lag  eS  öftlid?  Dom  Junten  SJieilenftein  ber  ©trage  @leutyeropoliS*9iitol>oliS;  baS  10 
trifft  )u  auf  rain  schems  am  ©übranbe  beS  wädi  ep-sarär,  ^eute  ein  unbewohnter  Ort 
mit  toenig  Stumen.  @S  liegt  nur  Wenige  Kilometer  füblicfcer  als  sai'a,  baS  ftaxta  ber 
SibcL  ©aalabin  ober  ©aalbim,  and)  ©aalbon  (bgl.  SRi  1,  35;  1  Äg  4,  9)  bat  man 
hriebertyolt  bon  bem  heutigen  selbit  fübWeftlicfc  bon  39etty§oron  (©.  583,32  ff.)  jufammen* 
gepellt ;  toxfc  ^at  ber  Ort  wo&l  ni$t  fo  Weit  nörblid^  gelegen.  Sljalon  war  naq  SRi  1, 35  bon  i5 
§tf*P$  unterworfen;  eS  Würbe  bon  SRefyabeam  teils  gegen  bie  $fyilifter,  teils  gegen IgSrael 
befeftigt  2  6$r  11,  10,  aber  unter  9tyaS  bon  ben  $tyilifiem  erobert  2  6^r  28, 18.  @S 
gilt  balb  als  Sebitenftabt  in  ®an  3of  21,24,  balb  als  3ufluc&tS=  unb  Sebitenftabt  in 
(q^raim  1 6tyr  6, 54,  balb  als  benjamimtifö  1  Gfr  8, 13.  9ta$ bem  Onom.  89;  bgl.  225. 95 
lag  eS  jWei  rdmiföe  teilen  öftlic^  bon  @mmauSs9tttopoliS,  na<$  Qof  10,  10  ff.  in  ber  20 
98&&C  bon  Sety  £oron.  ©atyer  entftmc&t  baS  heutige  £>orf  jalö  3  km  öftlicty  Don  fam- 
v&s.  S)ie  ebene  (2uü)er:  %tyd)  Don  2ljalon  liegt  nörblid^  bon  bem  Orte  unb  fyetfet 
feilte  merdsch  ibn  *omer.  I^imnat^a  (türjer  I^imna)  ift  Watyrfc&etnli<$  mit  bem 
3o  15, 10  genannten  ©renjorle  3ubaS  ibentifc^  unb  lag  bemna^  Weftlicfy  Don  Setfy  ©emeS. 
SS  entftmdpt  bie  jefctge  SHuinenftätte  tibne  Weftlicty  Don  (ain  schems  im  ©üben  beS25 
wadi  ep-sarar.  2)er  Ort  föeint  Don  ben  Stiftern  (9ti  14,  lff.;  15,6)  unb  ben 
3ubäem  (2  Gfyc  28, 18)  Wieberfyolt  umftritten  geWefen  ju  fein.  93on  ©anwerft  Würbe 
er  na$  ben  afferiföen  Angaben  701  erobert,  ©fron  ift  bie  bekannte  SJtytlifterftabt, 
bie  3°f  **>>  4Ö  öuc&  ^em  ©tamme  ^uba  jugeeignet  wirb,  aber  Weber  biefem  noety  ben 
SDanitcn  gehörte  (Dgl.  ©.  563,ni  unb  *Jtyilifter).  (SUl&efe,  eine  Sebitenftabt  3of21,23,  enfcao 
fyrity  bem  Orte  altafcu,  Wo  ©an^erib  701  ein  feinblid&eS  §eer  jurücffölug.  @S  mufj 
nk^t  weit  Don  ©fron  gelegen  ^aben,  aber  feine  Bpnx  ift  Derloren.  ©tbbetfyon,  ebenfalls 
SeDttenftabt  ^of  21,38,  Würbe  Wieber^olt  Don  ben  Königen  beS  5Rorbreid&S  belagert  (1% 
15r  27;  16,  15.  17),  um  eS  ben  ^iliftern  ju  entreißen;  feine  Sage  ift  noety  nic^t  Wieber 
gefunben  Worben.  tyfyub  93.  45  ^at  man  mit  bem  heutigen  ®orfe  el-jehudije  nörblu^  86 
Mm  g^bba  unb  öftlic^  Don  %afa  Derglid^en,  Sne  Sara!  mit  ibn  ibrak  bei  3afa.  Diefe 
beiben  le^teren  Orte  Würben  fc^on  norbWeftlid^  Don  ber  3°f  16, 3  bezeichneten  ©übgrenje 
C^roimS  liegen;  eS  ift  bafyer  febr  zweifelhaft,  ob  i^re  ^elbmarfen  mit  bem  ©ebiet  ber 
SB.  41 — 43  genannten  ©täbte  Dans  jufammenge^angen  ^aben. 

Stu^erbem  ftnb  nod^  }Wei  Orte  innerhalb  beS  eben  befpro$enen  ©ebieteS  m  erwähnen.  40 
ffieftlic^  Don  jalö,  bem  alten  Sljalon,  liegt  baS  Heine  Dorf  famw&s,  beffen92ame  einem 
«mmauS  (aälmub:  c-w:»,  ciwy?ir)  entffric^t.  6S  Rubelt  ftc^  ^ier  um  baS  in  ben 
Kaflabäerfriegen  nic^t  feiten  erwähnte  (SmmauS  ober  SlmmauS,  baS  ^ofep^uS  Bell.  jud.  II 
20,  4  füblicfc  Don  I^amna  ober  S^irnna  (f.  ©.  583, 13)  anfe^t,  Antiq.  XIII  1,  3  eine 
©tobt  nennt  unb  Bell.  jud.  III  3,  5  als  $auptort  eines  Se^irfS  begännet.  Wad)  45 
1  9Raf  3,  40  ff.  lag  eS  am  2Beftranbe  beS  SerglanbeS  (Jos.  Antiq.  XII  7,  4).  ®or* 
giaS  würbe  ^ier  166/5  Dor  6^r.  Don  3JubaS  üJlaRabäuS  gefd^lagen  1  3Raf  3,  40  ff., 
bon  SatytbeS  Würbe  ber  Ort  160  befeftigt  1  3Jiaf  9,  50.  3u  Slnfang  beS  britten  3<u> 
(wibertS  nac^  @^r.  erhielt  biefeS  (SmmauS  ben  s3iamen  9tito})oliS,  ben  (SufebiuS  unb  $iero- 
ntomitS  im  Onomaftifon  häufig  gebrauten  (Dgl.  ©d^ürer,  ©efc^i.  b.  jüb.  SSolteS  *  I,  537  f.).  so 
Son  ber  einfügen  Slüte  beS  Orts  jeugen  bie  Ruinen  einer  .Uircfo  aus  alter  Seit.  2)er 
jtoeite  Ort  ijl  ©efer  ober  ©afer  (auc^  ©a^ara).  3^r  Äönig  §oram  foll  gegen  3<>fua  ge« 
ffanpft  ^aben  ^of  10,  33.  $ie  5lanaanitet  behaupteten  [\d)  in  ibr  9li  1,  29,  bis  ber 
tyaxao  Äg^tenS  jur  Mt  ©alomoS  fte  eroberte  unb  als  SMitgift  feiner  $od&ter,  bie 
©almno  gratete,  Wenfte  1  5tg  9,  15—17.  2)ie  ©tobt  wirb  gof.  16,  3  als  füblid&ew 
©rtnaftabt  StofepbS  genannt  unb  and)  fonft  ju  ®)>bxa'\m  geregnet  9ti  1,  29 ;  1  tyx  7,28. 
»0  Säritenftabt  ber  Äe^atiter  gilt  fte  ^of  21,  21;  1  G^r  6,  52.  ©ie  Wirb  oft  erwähnt, 
Wenn  eS  ft^  um  Singriffe  auf  baS  ©ebirge  Don  SBeften  tyer  ^anbelt:  in  ben  Sß^ilifter« 
Wegen  StaDibS  2©a5,25  —  I6^r  11,  16;  1  G&r  20,  4  (anberS  2  ©a  21,  18),  foWie 
in  ben  3Ka«abäerfriegen  1  9ttaf  7,  45;    9,  52 ;    13,  43 ff.;    14,  7.  34  ;    15,  28.  35;  eo 


582 


Jubfin 


i 

m 

•4 


10!  1.  19.21.  Clcnnont  Ükttlrtcftu  bat  etina  tj  km  meftlid?  von  ramwas  bic  ^utnmjtattc 
teil  ed-dschezer  entberft  unb  baburd?  bie  Sage  be^  alten  Crle3  feftgeficllt  G3  fmfccn 
fict?  bort  Spinal  alter  ©efeftigungen  unb  SJnfdjriften  im  anftei>enben  Seifen,  bie  ""  -"". 
b.  i.  ©ren^e  toon  ©efer,   gebeutet  toerben  unfe    ttjabrfcbeiiilia*!  ber   maifabatfäen  $tit  m 

h  Quoten.  Sei  ben  Srcunfa^tern  bi*6  ber  Crt  HBiim$  ©ifart 

V.  T5et  nörbüdjfte  Xcil  QubäaS  na$  ben  ©>  560  f.  befproaSeneu  ©tenjen  umfaßte  enr 
lieb  einige  leile  bef  ©ebteteö tS p§  r a i m,  faäbrenb  bic  übrigen  £u  Samaria    (f.  b.  1 
rennet   nmrben.     Über   fclefe  ©egenben  fehlen  im  911   bie  Crt^Iiftcn   (ügl    ^ef  18) 
tonnen  batyer  nur  bie  Orte  genannt  loerben,   bie  gelegentlich  im  %%  unb    anbeten   altm 

10  ©driften  genannt  toerben.    %m  ^orbantbal  ermahnt  Jofepbu^  bie  ©tabt  ^ihafaefit,  toc 
^exobeä  *u  Uf?ren  (ein«  ttaftal  ^hafael  erbaute  Antiq.  XVI  5,  2;  Bell,  jud  I  i 
©päter    Jtbenfte    er    fte    feiner  ©efm>eftcr    ©alome  Antiq,  XVII  8,  1»    unb    i>on  biijtf 
laut  (ic  in  ben  Sefn)  ber  flaiferin  \\ulia  £ima  Antiq.  XVIII  8,  2j  Bell.  jud.  II  9,1 
lie  Stutneuftätte  chirbet  faea'il  bat  ben  alten  Wanten  betoabrt.     ©ic  liegt  füblid)  bein 

i&  kam  gai-tabe,  ber  fid?  bod?  über  ba£  ^orbant^at  erbebt  (379  m).   SMjen  ©tpfcl  frenic 
bie   ^eftunß  SUqranbrium,   bie    ^ofe^uS  f^n    für   bie    ^eti   ber  Königin    tUer 
(75 — f>7  bor  tSbr.)  ermähnt  Antiq,  XIII  16,  4,     ©ie  ftielte  in  ben  ÄämVfm  bei 
pejus  unb@abiniu#  eine  rotd>ttge  SHotte  Antiq.  XIV  3,  4;  Bell.  jud.  I  8.  5,   ?. 
Koren    ber  Antiq.  XIV  3,  4  alä  ©ren^ort  JubaaS  genannt  hürb,  eutforiefrt  bem  beaticjüi 

20  karawa  am    unteren  wadi  far^a  (3b$S  IV,  245  f.).    Stuf  ber  ööbe  brö  ®ebirgc&  fc 
yAbnft  ba£  ®orf  'akrabe  (023  m)  bie  Sage  be3  Don  ^ojcpfyus  Bell,  jud.  III  S,  5  $ 
toxu)nten    Slfrabaita,   baä  (Jufebiuä    unb   §icrotn>mu&   im  Gnom.  214.  87   *JbtQoßfli 
unb  Slcrabbi  nennen.    £a£  nörblüfc  babon  gelegene  jfnüii  entf|>rid^t  bem  x\p! 
nannten  ^anoab,    pa£   ebenbert   genannte  Ihaenath  Silo   barf  melfeu+t  t>m\   Um  w 

2&  närbtiajeren  tarna  toftanben  toerben  (bgl,  Gnom.  261.  166),  £icfe  beiben  Drte  i 
3of  16,  t>  bereite  aU  fünfte  ber  9iorbgren^e  (Sv^raimö  be^eic^net  jti  fein,  *Ea  ber  na* 
^Ifrabfttta  genannte  öejirf  Sifrabattene  no$  mtt  ^u  Qitbaa  geborte  (S+  584),  fo  n>an 
^ier  an  ber  Dftfeite  ba£  gefamte  ©ebiet  G^^raim6  fpäter  an  3ubäa  gefallen,  3tuf  ber  SSrit- 
leite  be^  ©ebirge^  mar  bal  rtic^t  ber  gaÜ.    2)er  toon  3^l^ug  Bel'*  JUfi*  Irr  % 

so  nannte  ©renprt  pi^enSamaria  unb  ^ubäa,  Borkaios,  entf)jna;t  melleicbt  bei  beulen 
SRumenftätie  berKit,   bie  an  ber  Sübjeite   be^  bon  'akrabe   ^etöMommenbcn  widJ 
buBcharat  ober  witdi  isclfar   gelegen  ift,     tiefem  ä^ale  folgte,   toie   eö    j6eintr 
^Rorbgreme  3lt^aa^   *n  hjeftlidier  9lie|tung  auf  2inti^atri^  {©.  584,  »•)  ju,    iüdbtcnb  , 
16,  8   aii  5fürbgrenje  öpl)raim£  baö  'Xtjat  (ber  $Üqo))  Rana  be^cic^net  tvirb,    ben 

36  bon  btm  heutigen  wadi  k  na,  ettoa  10  km  nörbliajer,  ju  bcrftcfyen  pflegt,    ©iibtoeftl 
ton  chirbet  berklt  liegt  baö  T^orf  el-lubban    mit  einigen  ^elfengräbern ;    e&  cntfvn«!1: 
bem  altai  Sebona  9ti  21,  10.    *Ro(^   tveiter  fubfid;   am  2Sege  na*  Jcrufafein 
anfebnlia^e  I)orf  sindschil.    2)cr  sJtame  liefert    ein  üBeiftrid  für    bie  nicht  häufv, 
fommenbe  ßrfebetnung,  ba|  Benennungen  au^  ber  Mmijfa^rerjeit  arabiftert  u>orbcn 

iobenn  sindschil  gebt  prücf  auf  ben  ©rafen  Slaimunb  bem  ©aint  0ille#f  nae^  bem  hoi 
23orf  ^Clafale  ©t.  ©illes"  genannt  hnirbe,  öftli^  fcon  bem  genannten  JBfflc  liegt  seilim, 
ba«  ©ilo  brö  UZ&  Slafb  nae^  ber  S3efe$ung  beä  i'anbet^  fteffti  ,V>rael  biet  fem  w: 
nebnifte^  ^eitigtttm,  bie  £abe,  auf,  baute  für  fie  einen  £enn>cl  unb  übertrug  bejien  Ste 
bietmng    ber    prtefterlidjen  Jamilic  (Site  ^of  18,  8—10;    1  ©a  1—3.    liefet  %m\^ 

Ab  an  bem  Samuel  für  ben  ^nefterlta)en  ^ienfi  erlogen  h>urbe#  (cbeint  in  ben  ^Ubilifterfriwoi 
fa)on  bor  ber  .geit  ©aul§  ^erftört  (Jet  7,  12,  14)  morbeti  $a  fein,   1>enn  bie 
an  bie  SJtyiltfter   berloren   1  6a  4,  3  ff.  unb    fam  ni*t  naa?  Silo   inrild    1  Sa 
bie  9f2a(^Iommen  üli^  ftnb  unter  Sau!  an  bem  Heiligtum  in  9tob  tbatig  1   Ba  21, 
^h)ingenbe  ©rünbe  hjerben  fte  Silo  nid^t  berlaffat"  tjühm,  5)er  $ro£f>et  mia  tuat  in  8ile 

60  tu  öaufe  1  Äg  11,  21»;  12,  15.  $m  bic  Slnfcbauungen  beä  ^Jriefwriobq  gilt  ©ilo  aU 
ber  Ort,  n)o  bic  ©tif tetjütte  ftanb  unb  bie  Serteilung  be#  £anbe£  burd&  ^ofua  unb  &ta\u 
Donogen  tüurbe^of  18,1;  19,51  (baL20f.),  fco  audj  bic  liolfsgcmrinbc  f«fc  t?erfamnitlt« 
^of22,12;  9H21,12.  ©ilo  lag  na^9ii  21, 19  norbOa)  üon  Setzei,  öftlidb  feon  bfrStraje 
jtüifa^en  ©tc^em  unb  ^erufalcm  unb  füblid^  üon  i'e&ona,  nad)  bem  Önom.  293,  i 

6">  Sfrabattcne,    10  römifa^e  IDieilcn  (15  km)  üon  s3ieapoli^  entfernt;  biete  eingaben   |*al 
gan^  $\it  |U  ber  Sage  be#  berfaüenm    unb    üerfteeft  gelegenen  '^orfee  seilün,    ba*3 
lia^e  ©puren  bcS  2Uterium3  aufmeift,    aber  eine   beftiimnte  3u$funft  über   tu 
alten  J&eiligtume  nic^t  bietet.   3)Ian  halt  n>o^t  eine  gtoftc  ^erraffe  im  Worten  : 
für  ben  ©tanbort  be^   igraclitifcbm   Semvete.    ^m  3lkften   ber  ©trafec    t>on    nabu) 

eo  nach  ^erufalem,    fübtoeftlic^    uon  eMubban  (f.    oben)    liegt   ba£  ^orf  dschild^lnlja 


i«|ni 


Mal 


3uboa  583 

2hm^  alte  (Stfternen  al«  Ort  be«  älltertum«  fenntlicty,  erinnert  e«  burefy  feinen  9tamen 
cot  ein  tyebräifcfce«  ©ilgal.  §äufig  §at  man  babei  an  ben  Ort  biefe«  9lamen«  gebaut, 
ber  2  Äg  2,  1  al«  Sofort  @lia«  unb  Glifa«  unt>  4,  38  al«  ©ifc  eine«  $ro$eten* 
beretn«  genannt  ift,  tootyl  nur  toeil  man  nad)  einem  ©ilgal  in  ber  SRätye  Setj&el«  fud&te. 
$u  bem  „§inabfteigen"  nad&  Setzei  2  Äg  2,  2  pafy  bie  Sage  be«  Orte«  m$t,  ba  er  6 
tiefer  Regt  al«  Setzei  (774  m  gegen  881  m).  ^Aocfc  ^at  bie  LXX  „fte  lamm",  beutet 
alfo  einen  ßöljemmterfcfyteb  beiber  Orte  nic^t  an.  ©übliefy  babon  liegt  rain  sin  ja,  ein 
fleine«  3)wf,  in  bem  ®[ermont=®anneau  (Journ.  asiat.  1877,  490  ff.)  Sefana  be«  31$« 
tokber  erfannt  fyd.  3)er  Äönig  Slbia  bon  3u*>a  getoann  biefe  ©tabt  bon  Igerobeam  I. 
bon  3$rae!  2  6l?r  13,  19 ;  15,  8.  3jn  ker  SRä^e  liegt  dschifna,  ein  Heiner  3)orf  mit  10 
Äuinen  einer  alten  @eorg«Kn§e  unb  einer  33urg;  e«  entfernet  ber  bon  3>ofel>fyu«  öfter 
ertönten  ©tabt  ©op^na  Bell.  jud.  I  11,  2 ;  III  3,  3;  V  2, 1.  2Beftnorbfoeftlic&  bon 
biefen  Orten  liegt  eine  Stuinenftätte  tibne,  bie  einem  fyebräifcfyen  S^imna  entfprtd^t.  1 2Jtaf 
9,50  unb  bei  3ofepMAntiq.  XIII  1,3;  XIV  11,2;  Bell.  jud.  III 3,  5;  IV  8,1  toirb 
ein  a^amna  ertoätynt,  ba«  bon  Safcfyibe«  160  bor  Gtyr.  befeftigt  tourbe  unb  ^auptort  iö 
einer  jübifd&en  Zopaxfyt  h>ar,  bie  neben  ©ob&na,  ßtybba  unb  6mmau«  genannt  toirb. 
S)aS  füfat  in  biefe  ©egenb.  $a«  Onom.  260  f.  156  f.  fennt  ein  grojje«  3)orf  2$amna 
(2$amnatMara)  im@ebiet  bon  $io«}>olt«  (Stybba)  mit  bem  ©rabe  !gofua«.  $a«  ift^hn^ 
na$  ©eralj  3of  24,  30;  19,  50  ober  Xfymnati)  §ere«  9ti  2,  9,  3jofua«  Srbbefifc  unb 
©rabftättc.  Unter  ben  gfelfengräbern  be«  gütigen  tibne  jetc^net  jicty  eine«  burdj  feine  20 
©rufte  unb  ßerftellung«toeife  au«;  200  Heine  9Jiföen  für  Samten  an  feiner  2lujjenfeite 
betoetfen,  ba|  e«  in  £ofyer  SSere^rung  ftanb.  2Batyrfäetnlid&  ift  ba«  bie  ©rabftätte,  bon 
ber  im  Onom.  bieSRcbe  ift.  Untoett  nörblid^  liegt  bot  rlma;  ber  Ort  toirb  unter  biefem 
tarnen  im  $almub  (9teubauer  82)  ertoätynt  unb  toegen  feine«  SBeine«  gerühmt,  gurrer 
fuebte  #er  ba«  9tama  ©amuel«  1  ©a  16,  13;  19,  18  ff.,  ba«  1  ©a  1,  1  Stomatyaim,  26 
1  Stat  11,  34  9tama$em  unb  3Rc  15,  43  SIrimatyia  genannt  h)irb.  $a«Onom.  226.  96 
berfefct  e«  in  bie  5Rä^e  bon  2)io«poli«  (in  regionem  thamniticam,  f.  oben),  288.  146  nad& 
FefJplg,  SRem^tfyi«.  2)a«  märe  ber  heutige  Ort  rentis,  10  km  bon  tibne  in  toeftlidjer  SRicfytung 
entfernt,  offenbar  eine  alte  Ort«Iage  mit  Giftemen  unb  gelfengräbern.  Slnbere  ©ele&rte, 
toie  ©raf  in  ©tÄr  1854,  858  ff.  unb  9Jtü$lau  in  JRie&m«  £anbtoörterbud&,  galten  ba«ao 
Stoma  ©aul«  für  ibentifefy  mit  bem  oben  ©.  577,  47  ertoäfynten  Slama  nörblicty  bon  ^vcu* 
falem.  ©ttoa  15  km  f üblicher  liegen  §art  am  Slanbe  be«  Serglanbe«  bie  beiben  Orte 
bet  cür  el-fökn  (617  m)  unb  bet  'ür  et-tahta  (299  m),  ba«  obere  unb  untere  93et& 
Äoron  be«  2l$«,  bie  al«  ©renjorte  3>ofepf>«  gegen  Benjamin  3of  16,  3.  5;  18,  13  im 
Stoßen  ber  SBafferfc&eibe  genannt  toerben.  ©ie  liegen  40  SKinuten  bon  einanbersö 
entfernt  unb  ftnb  burefy  bie  noc^  erfennbare  alte  ©trafee  berbunben,  bie  bon  3<nifAl^n 
nad)  9ntipatri«  unb  (Säfarca  (Jos.  Bell.  jud.  II  19,  8)  ober  fübh>eftli$  naö)  9l\topoli$ 
führte  (Onom.  233.  102).  9tamentlid&  ba«  obere  93et&  §oron  be^errfd^t  biefe  ©trafee 
unb  toat  ba^er  ein  biel  umftrittener  s?unft:  im  .Uriege  gofua«  gegen  bie  Äanaaniter  3<>f 
10,  10  ff.,  ber  SJtyiüfter  gegen  ©aul  1  ©a  13,  18,  be«  §a«monäer«  !guba«  gegen  bie  40 
©eleucibcn  1  3Ka!  3,  61  ff. ;  7,  39  ff.,  ber  3juben  gegen  bie  SRömer  unter  Geftiu«  Jos. 
Bdl.  jud.  II  19,  8.  95eibe  Orte  tourben  ba^er  tüieber^olt  befeftigt  bon  ©alomo  1  Äg 
9,  17 ;  2  Gtyr  8,  5 ;  bon  ben  ß^raimiten  ©eera  1  6^r  7,  24,  bon  bem  §a«monäer 
gmwt^an  1  9Kat  9,  50;  bgl.  3Jub  4,  4.  33ety  $oron  tüirb  3of  21,  22;  1  tyr  6,  53 
al«  le^atitifc^e  Sebitenftabt  in  Gp^raim  be^eid^net.  @«  toar  bie  $eimat  ©anebaQat«  5Rc^  46 
2, 10.19;  13,  28.  s]Rorbfoeftlid&  Don  33etf>$oron,  faft  fd^on  in  ber  ebene,  liegt  ba«  Heine 
S5orf  el-midje  mit  SReften  bon  alten  ©rabbauten.  §ier  fuc^t  man  je^t  getoöfynlid&  nad^ 
©u^rin  unb  ßonber  bie  §eimat  ber  gamilie  ber  §a«monäer  1  9Ka!  2, 1,  für  bie  ©imon 
bort  ein®rabmal  bon  fteben  ^ramiben  errichtete  13,  25  ff.,  ba«  no$  im  Onom.  281. 140 
befannt  ift;  bgl.  Jos.  Antiq.  XIII  6,  5.  2)od)  Tmb  neuerbing«  bon  £e  6amu«  in  berw 
Revue  biblique  I,  109  ff.  ßintoänbe  bagegen  erhoben  Sorben. 

3ted)  fxnb  einige  in  ber  (gbene  toeftlicfy  t>om  Serglanbe  gelegenen  Orte  ju  nennen, 
ba  fie  in  ber  fpäteren  ßeit  ^u  ^wbäa  geregnet  tourben.  3)ie  Ort«liften  3°f  15  ff-  nennen 
lernen  Don  biefen  Orten.  3)arau«  folgt  jebocfy  nic^t  unbcbtngt,  bafe  fte  in  älterer  3eit  bon 
3«raeliten  nic^t  befe|t  getoefen  finb.  93emerten«h>ert  ift  t)ielme^r,  teil«  bafe  bie  Drt«lifte  66 
)ii  3)an  3of  19,  40—46  boefy  Orte  al«  i«raclitifd^  aufführt,  bie  in  ber  Sfttye  bon  %afa, 
tote  e«  f(^eint,  ju  Jucken  finb  (S.  581),  teil«  bafe  bie  Drt«lifte  ju  Gtpfyaxm  fefylt.  9la$  ben 
3©f  16  für  ßppraim  gegebenen  ©renken  hjürben  aber  bie  Orte,  um  bie  e«  ftcfy  ^ier  ju= 
n&bft  ^anbelt,  innerhalb  be«  cb^raimitifc^en  ©ebiet«  gelegen  fyaben.  3Jermutlidf>  ift  um  ben 
Skfifc  biefer  Orte  jtoifd^en  %$xaci  unb  ben  ^tyiltftern  ^äufig  gefämj)ft  h>orben.    ©0  j.  33. 60 


584  3ftt*8a 

um  ©imfo,  ba$  na$  2  Gl?r  28,  18  unter  StyaS  Don  ben  ?ß$tliftern  erobert  tourbe; 
e3  lag  an  ber  ©teile  be3  jefcigen  3)orfeS  dschimzfi  nörblicfc  Don  bem  alten  ©ejer 
(©.  581,52).  $abib  toirb  @3r  2,  23;  5Re^  7,  37  neben  bem  gleich  ju  ertoäfytenben  2ob 
ju  ber  nad&ejiltfc&en  jübifäen  ©emeinbe  geregnet.   6$  betft  ftd)  toa$rf<$emlu&  mit  9bi$a 

5  be$  Onom.  220. 92  öftlid)  bon  DioSpolte  unb  bem  heutigen  &orf  el-kadithe,  in  bem  bie 
SRuinen  einer  alten  ©tabt  toatyrjunetymen  ftnb.  23te(Iei$t  ift  auc$  Don  biefer  Statte  baS 
Slbtba  1  ÜRaf  12,  38;  13,  13  ju  bergen.  Sob  mürbe  naefc  1  6&r  8,  12  Don  bem 
Senjaminiten  ©amer  gebaut  (toann?);  e3  ftnrb  @3r2, 33;  9le$  7,  37  )u  ber  na<$cgtttföen 
©emeinbe  geregnet  unb  9le$  11,  35  ebenfo  tote  £abib  unb  Dno  als  benjamtnitifö  be= 

10  $etc$net.  Srft  145  Dor  6br.  tourbe  Sob,  griec^ifö  Avdda,  nebft  feinem  Bejirf  an  ben  £a& 
monäer  gonat^an  Don  ©emetriuS  IL  abgetreten  1  SJtaf  11,  34.  $n  ben  Streitigsten 
mit  ben  ^Römern  l)atte  Stybba  Diel  )u  leiben ;  Gäfar  gab  48  Dor  <5frr.  ben  ^ttben  tyre 
Steckte  für  Stjbba  aurücf  Jos.  Antiq.  XIV  10,6,  6affm8  aber  berfaufte  44  bie  »etooftier  afe 
©Haben  XIV 11,  2,  äntoniu«  orbnete  42  tyre  greilafjung  an  XIV  12,2  ff.,<5efKuä®ailu« 

15  jcrftörte  ben  Drt  Bell.  jud.  II  19,  1,  bem  33e$J>afian  tourbe  er  freforiDig  übergeben  IV 
8,  1.  3)er  Sfyoftel  ^etruS  feilte  in  Stybba  ben  2toea8  31©  9, 32  ff.  9la$  ber  3erftörung 
SerufalemS  70  nad&  6^r.  tourbe  Stybba  ein  ©ift  jübifd&er  ©ele&rter,  j.  53.  be3  dt  gRefer. 
3m  3.  3;atyrljunbert  erhielt  e$  ben  9tamen  ©ioSpoliä ;  toir  fennen  eine  Slnja^C  JHfäflfe 
ber  ©tabt.  Ueber  bie  Se^re  be3  5Pelagiu$  tourbe  $ier  415  toej entließ  )u  beff en  ©unftot  Der* 

20  tyanbelt.  ©d&on  frttty  tourbe  in  Stybba  bie  Segenbe  Dom  ^eiligen  ©eorg  (VI,  538  f.)  lolali* 
fiert,  bie  ©tabt  tourbe  ate  feine  ©eburt&  unb  ©rabftätte  bejeic&net  unb  tymgu@$ren  eine 
Sttrc&e  errietet,  bie,  toenn  and)  in  me^rfac^er  Erneuerung,  bi£  ^eute  erhalten  geblieben 
ift.  £er  alte  -Warne  beä  DrteS  ift  no$  fyeute  gebräu#li<$,  ludd  ift  eine  Heine,  Don  9Ru& 
Urnen  unb  ©rieben  betootynte  ©tabt  mit  frönen  ©arten  untoeit  ber  jefcigen  ©trafce  Don 

25  3^  nft$  3eru^em-  8(tt  bie  üWuSlimen  716  bie  neue  ©tabt  er-ramle  m  ber  9Mb« 
grünbeten,  na^m  bie  Sebeutung  StybbaS  ab.  Sieben  gtybba  ift  ®3r  2,  33;  9te&  7,  37; 
11,  35  ber  Drt  Dno  genannt,  ben  ber  Senjaminit  ©amer  na<$  1  <5frr  8,  12  befeftigt 
faben  fott.  2Jtan  Dergleid&t  ba$  heutige  kefr  'ana,  ein  Heine«  Dorf  9  km  norbtoeftlidj 
Don  ludd.    Sin  ber  9torbgrenje   beä  Röteren  Subäa  lag  eine  Don  $erobe$  b.  ©r.  ge* 

30  grünbete  ©tabt,  bie  er  ju  (Sfyren  feinet  93ater$  2lnttyatrte  nannte  Jos.  Antiq.  XVI  5,2; 
Bell.  jud.  I  21,  9.  ©ie  toirb  31©  23,  23—32  als  ©tation  beS  Don  Serufalem  na# 
Gäfarea  geleiteten  Slpoftcte  SßauluS  genannt.  9fa$  bem  $ilger  Don  Sorbeaus  lag  ftc 
10  römifqe  teilen  nörbltd)  Don  Stybba,  nad&  bem  Onomasticon  6  römiföe  SRetten  füb= 
lief)  Don  ©algultö,  bem   heutigen  $orfe  dschildschülije  in  ber  (Sbmt  norböfttt$  Don 

36  3öfa.  3)a  Igofe^uS  ben  großen  SBaffmeid^tum  ber  ©tabt  ^erDorbebt,  fo  ift  e^  laum 
jtoeifel^aft,  bafe  fte  an  ber©tätte  Don  kalcat  ras  el-ain  gelegen  $ot,  ba  too  ber  nähr 
el-raudsche  jein  SBaffer  fammelt.  ®em  fte^t  freiließ  entgegen,  bafe  nac^  Jos.  Antiq. 
XIII  15,  1  bie  SRamen  Xaßegaaßä  (ober  KacpaQoaßS)  unb  äntipatrte  gleic^gefe^t 
toerben.    ^ener  Drt  ift  noef)  fyeute  ate  kefr  saba  befannt;  er  lie^t  10  km  nörblicb  Don 

40  kal'at  ras  el-'ain  in  einer  toafferarmen  ©egenb.  ^Bielleic^t  erlebtgt  ft$  bie  ©^toierig- 
feit  bur<^  bie  annähme,  bafe  30ffl>^w^  ext  biefer  ©teDe  ba«  ©ebiet  ber  betben  Drte 
im  Sluge  fyat 

VI.  3um  ©d^lug  mögen  bie  elf  %o)p arc^ien  oberSejirfe  aufgellt  toerben,  bte^ubäa 
nad)  ^ofe^M  Bell.  Jud.  III  3,5  umfafet  bat:  1.  ^erujalem  afö  ^au^tftabt  bed  gan)en 

45  ©ebiet«  unb  als  erfter  Segirf ,  2.@o^na@.582,i2,  3.  3lfrabatta  (©.  582,22),  4.  2b««na 
(©.583,16),  5.  itybba  (f.  o.),  6.  SlmmauS  (©.  581,41),  7.  ^etta  (f.  unten),  8.  Sbumäa 
(©.  562,  iöff.),  9.  (gngabbai (@ngebi  ©.  571, 37  ff.),  10.  ßerobium  (©. 572, 7 )  unb  1 1.  Seri^o 
(©.  574,28).  ^ßliniu«  nennt  Hist.  nat.  V  14,  70  jeb"  Styord&ien.  ©eine  Äuf^lunö 
ftimmt  ntd^t  ganj  mit  ber    bei  9jofet)^ug  überein.     Sr  nennt  2—6  unb  10—11,  fügt 

50  aber  aufjerbem  Fnn^u  %opka  (Se^trf  Don  3°^c  ober  ^afa),  93et^oIet^)^ene  unb  Drtne. 
3)iefe  (entere,  gried^ifc^  fj  dgeivt}  (ba«  93erglanb),  ^at  bei  t^m  bie  ^auptftobt  ^«rufalem, 
fällt  alfo  mit  ber  erften  Sofarc^ie  be«  SofepfyuS  jufammen.  Set^oletto^a  toirb  <m$ 
Bell.  jud.  IV  8,  1  al«  jubätftf>e  Sto^ard)ie  genannt.  ^Bermutlic^  enttymept  ber  ^au^torl 
33et^oletej)^a  ober  93ettyletepi?a  bem  heutigen  bet  nettrf  nörblic^  Don  ber©.  562,  m  ertotyitten 

55  chirbet  schuweke  (©oc^o),  toeftlid)  Don  8etblel;em  am  Sianbe  be«  ©ebirge«.  9Rit 
biefem  Drte  tyat  man  too^l  mit  SRecbt  baä  biblifd^e  Wttopfya  jufammengeftettt,  baö  @& 
2,  22 ;  s^eb.  7,  26  £u  ber  nac^e|ilifc^en  ©emeinbe  gegä^It  unb  au(^  atö  $etmat  enqebter 
«Jänner  (5.  8.  2  ©a  23,  28  f. ;  2  Äg  25,  23  k.)  genannt  toirb.  3ßafrf*«nltt$  N 
man  biefen  Sejirf  an  ©teDe  be$  unter  (7.)  bei^ofep^u«  genannten  $ella  etngufe|cn;  beim 

60  ^JcHa   im  Cftjorbanlanbe  (f.  $eräa)  gehörte  nitbt  ju  fyvbäa  im    engeren  ©time.   2)a 


3fsttfta  3fitba*  ©oltlättS  585 

öejirf  Don  3ope  bei  Piniu«  toirb  irrig  ju  ^ubäa  gegäfclt  fem,  ba  biefe  ©tabt  jelbft* 
ftönbig  toar  (togl.  au<$  o.  ©.  560,42  ff.).  Dte  Sejirfe  be«  <ßliniu«  betätigen  batyer  bie  2luf= 
utylung  bei  Sofe^u«,  *>«*  aufeerbem  3ftumäa  (8.)  unb  ©ngabbai  (9.)  fu&erli<$  mit 
Steigt  gcnaiuit  fcat.  9lad)  biefen  33ejirfen  ift  bie  Slbgrenjung  Subäa«  in  biefem  &rtifel 
erfolgt.    Über   bie  an  ^ub&a  grenjenbe  Äüfte  f.  bie  ärtifel  SJtyilifter  unb  ^^önuier.        5 

3ubaS,  ber  GI?ronograj)$,  um  202.  —  Sgl.  Ä.£arnacf,  ©efd)td>te  her  alttfcriftl. 
Bitteratur  1.  fietpfttg  1893,  327.  765 f.;  «.  <3$(atter,  %tx  (£&ronograpt)  au«  bem  geinten 
Safae  «ntontn«,  in  £U  12,  1,  fipj.  1894  (baju  St.  <£rbe«  in  2^88  1895,  9h.  16,  415  bi* 
418);    ©.  Artiger,  ©efd).  b.  altdjriftl.  Sitteratur,  &rb.  1894,  138.  io 

!Rac$  @ufebiu«  (Hist.  Eccl.  6,  7 ;  $ierontomu«  Vir.  111.  52  föreibt  @ufeb  au«)  fcat 
ein  ni<$t  toeiter  befannter  !guba«  in  einer  ©cgrift  eis  rag  naga  reo  AaviffX  tß&oM- 
xovza  ißdouddag  auf  ©runb  ber  banieltfc&en  ^ro^^eiungen  <$ronologtföe  Serag* 
nungen  angeftettt,  bie  bi«  jum  10.  3a^re  be«  ©eberu«  (202)  reiften,  unb  bie  SQieber^ 
fünft  be«  $errn  für  bie  näc&fte  äutunjt  getoei«fagt.  ©glatter  ibentifijierte,  inbem  er  ein  16 
Serfe^en  Sufeb«  annahm,  biefen  3iuba«  mit  bem  fcon  Giemen«  ö.  SHejanbrien  (Strom.  1, 
21,  147)  ertoabnten  unb  für  feine  Berechnungen  benufcten  (S&ronograpljen  au«  bem 
10.  3a$re  be«  Sfotoninu«  OPiu«),  b.  i.  148,  unb  glaubte,  biefen  Sfyronogra^en  auety  bei 
2$eot>$ilu«  (ad  Autol.  3,  24—28),  lertullian  (adv.  Jud.  8),  Drigene«  (var.  loc.)  unb 
gpipfaniu«  (Haer.  29,  4)  nac&toeifen  ju  fönnen.  2lu(§  mutmaßte  er,  ber  bergeftalt  er*  ao 
fcbloffene  ßtyronogra^  möchte  mit  bem  legten  ber  jerufalemifäen  Sifd&öfe  au«  ber  93e* 
fqneibung  gleiten  SRamen«,  angeblich  einem  Sertoanbten  ^jefu,  ibentifd^  fem.  äße  biefe 
$tyot$efen  ftnb  ^infößig,  fd&on  toeil  man  burd&au«  ni$t  beredet  ift,  ein  SSerfe^en  ©ufeb« 
anjunefrnen  unb  ju  bergeffen,  bafc  ber  fyiftorifcfye  3uba«  in  einer  Reit  ber  Verfolgung 
f$rteb,  alfo  l)öd&ft  toa^rf$einli$  gerabe  in  bem  Satyre,  gu  bem  Sufebiu«  feine  Stiften)  36 
angemerft  fyat  ©.  Ärfiger. 

3nba*  ©aliMn«,  im  5RSC  ertoetyni  ä@  5,  37  (in  ber  Siebe  be«  ©amaliel),  bei  So* 
fatyä  antiqu.  18,  1,  1—6;  bell.  jud.  2,8,1;  togl.  antiqu.  20,  5,  2;  b.  j.  2,17,8. 
—  9Q«  bie  Don  Sluguftu«  angeorbnete,  jur  3"*  *>**  forifd&en  ©tatt^alterfc&aft  be«  DuU 
riniu«  in  Sßaläfitina  burcfygefüJjrte  ©c&afeung  Dom  jübtfd&en  SSoife  jjtoar  mit  ftarlem  SOSibcr*  so 
{beben,  aber  ofyne  offenen  Sßiberftanb  Eingenommen  fear,  orgamjterte  in  ©aliläa,  fo  be« 
richtet  ^of^u«,  ein  getoiffer  !guba«,  gebürtig  au«  ©amala  tn  ©aulaniti«,  aber  allgemein 
„ber  ©aliläer"  genannt,  in  SBerbinbung  mit  einem  Sßfyarifäer  ©abo!  einen  S8ol!«aufftanb, 
toekber  au«  tieferem  religtöfen  3RotiDe  entf^rana.  $ie  in  ber  ©d^a(ung  ju  fcoHem  9(u«« 
bnuf  getommene  Untert^änigteit  be«  jübifdjen  Soße«  unter  römifc^er  ^errfc^aft  tourbe  al«  85 
eine  Jtne$tfc$aft  enü)funben,  n>eld)e  mit  ber  Seftimmung  be«  SSoIte«  jur  ©elbft^enlic^feit 
unter  ©otte«  ^errfqaft  in  fc^Ied^t^in  unverträglichem  ©egenfa^  fte^e.  3n  ^tx  äBürbigung 
biefer  Setoegung  al«  einer  religtöfen  treffen  bie  beiben  DueQen  jufammen.  3m  übrigen 
jeiat  fu^  bei  ber  SSergleid^ung  eine  d^raf terifttfcfye  3Serfc^ieben^eit  ber  3luffaffung.  ©amaliel, 
tod^er  öon  ^uba«  fagt  „er  tarn  um",  öon  feinen  Sln^ängem  „jte  tourben  alle  jerftreut",  40 
fteOt  biefe  Setoegung  auf  gleite  Sinie  mit  einer  früheren  ebenfall«  tragifd^  enbenben  SSlufftanb«« 
Unternehmung  religiöfer  älrt  unb  bertoenbet  fte  al«  ®efc$id^t«£eugni«  bafür,  bag  e«  gefa^r- 
bringenb  ift,  ftd^  bem  SBillen  ©ottc«  ju  toiberfe^en  (f .  ba«  9tctyere  in  bem  ä.  ,,3^euba«"). 
Sofe^^u«  bagegen,  toeld^er  t>on  bem  @nbe  be«  $uha$  unb  feine«  Sluffianbe«  nic^t«  mit^ 
teilt,  betrautet  biefe  Gegebenheit  al«  älnfang  unb  erfte  £eben«äu^erung  be«  bon  ba  an  46 
bauernb  im  SSoHe  gärenben  unb  fpäter  unter  ©efftu«  gloru«  offen  au«brec^enben  3^°5 
tiftmi«.  ©iefe  feine  Sluffaffung  entffrid^t  feinem  ©tanbp unlt  gefd^ic^tli^er  Setrad^tung 
unb  ftüftt  fu^  mabrfc^ctnltcf)  mit  auf  bie  3^atfa$e,  bafe  in  ben  Röteren  93en>egungen 
gegen  bie  Sldmertyerrfcfyaft  zbm  biefe«  3uba«  ©ö^ne  eine  fyerfcorragenbe  SRolIe  fpielten. 
Saaegen  entftmd&t  bie  in  ber  Sebe  be«  ©amaliel  borltegenbe  Sluffaffung  eben  bem  ©taub*  so 
antrat  be«  ©.,  ju  beffen  &\t  t>on  einer  92ac^n>irfung  jene«  Slufftanbe«  äu^erlic^  m$t« 
bemerfbar  toar.  2lud)  an  biefem  fünfte  jeigt  ftc^,  ba^  ber^Berf.  ber  91©,  bon  3^fe))^u« 
unabhängig,  feine  Äenntni«  jübtfd^er  ©efd^id^te  am  eigenen  Duellen  feböpft.  —  3)ie  tyco* 
nologifc^e  5fc£ierung  be«  in  Siebe  ftefyenben  ©retgniffe«  l^ängt  Don  berjenigen  ber  Duirinis 
fc^en  ©ifcafcung  ab,  toelc^e  nad)  ben  neueren  bebeutfamen  Ermittelungen  Don  3a^n  (^3  w 
1893,  ©.  633—654;  bgl.  (ginl.  in  ba«  31%  II,  ©.  395  ff.)  nic&t  in  ba«  «a|r  6  7  na$ 
5^r.,  fonbern  in  ba«  ^a^r  4/3  b.  6^r.  ^u  fe^en  fein  toirb.  D.  ft.  e^wibt. 


586  3fitta*  3frf)ariotfj 

$ubaS  ^fdjariotf),  bcr  Serräter  $efu  au«  bcr  $(^1  bcr  $toölf  unb  atö  folctye*  «nc 
befonber«  rätfeltyafte  ©rfd&einung  ber  eb.  ©efcfytd&te. 

3)ie  auf  tyn  bwüglic&en  neuteftamentltd&en  ©teilen  ftnb  folgenbe:  1.  @rtoä$mmg  im 
9tyoffclberzeid&ni«:  2Rt  10,  4;  3Rc  3,  19;  Sc  6,  16.  2.  ©elegentlic&e  Bezugnahmen  im 
5  @b.  So  6,64.  70f.;  12,  4 ff.;  14,  22;  17,  12.  3.  ©efd&ic&te  be«  Serrate«:  3Rt  26, 
14—16.  21—25.  46-50;  2Rc  14,  10—11.  18—21.  42—46;  Sc  22,  3-6.  21—23. 
47—48;  3o  13,  2.  10—11.  18—19.  21—30;  18,2—9.  4.  Scripte  unb  9tefle£umen 
über  fein  @nbe:  üJit  27,  3—10;  »@  1,  16—26.  Über  ba«  lefctere  finbet  fu$  nod> 
eine  anbertoeitige  Srzäfylung  in  einem  Fragment  au«  bem   vierten  Su$  be«  $apia«  er* 

io  galten  u.  a.  in  ber  Catena  ad  Acta  S.  Apostolorum  (ed.  Cramer»  Oxon.  1838, 
p.  12  sq.)  unb  bei  Ityeo^Iaft  ju  21©  1, 18  f.,  abgebnull  u.  a.  in  Patram  apostolic. 
opera  rec.  ©ebfyarbt,  §arnadf,  3afyn.  Fase.  I,  part.  II  appendix:  Papiae  frag- 
menta  III.  3n  .eincrn  oberen  gfragment  be«  Sßapia«  (ibid.  fragm.  I)  toirb  bon  §• 
eine  gelegentliche  Sufcerung  ber  3^rifrffu<^t  nebft  ber  Slnttoort  l^efu  mitgeteilt. 

16  9tur  ber  aJtitapoftel  So&anne«  fd^reibt  einigemal  (6,  71 ;  13,  2.  26)  ben  bollen 
Flamen  'Iovdag  Zl/Movog  'IoxagicoTtig  (ober  toie  toenigften«  an  2  ©teDen  bie  urforfing* 
lid&e  SSI.  fein  toirb  'Ioxgiqkdtov),  beffen  pattyetifd&e  Sänge  bem  tiefernften  ^Eenor  jener 
©teilen  entftmd&t.  2)er  getoötynltcty  gebrauste  Seiname  ift  'IoxaQicoTrjg,  toofür  ftc$  bei 
3Wc  (3,  19;  14,  10   unb   barnad?  and)  Sc  6,  16)  nad)  toa$rfd&einltd&  urforünglic&er  Sä. 

30  bie  nid&t  gräeifterte  gorm  9IoxaQid>&  finbet,  gu  toeld&er  ftd&  jene  behält,  tote  lotcoßos 
Jos.  Ant.  VII,  6, 1  ju  n-  tra  (LXX  'Ioxcüß)  2  ©alO,  6.  j?terna<$  ift  nic&t  jtoetfefc 
fcaft,  bafi,  toie  fetyon  ba«  in  alten  §anbföriften  ft$  finbenbe  ©lofjem  änd  Kagvcorov 
borau«fe|t,  ber  5Rame  „üJtann  (Sürger)  bon  Stariotty"  bebeutet,  toomit  ftc$  au$  erflärt, 
bafc  er  bei  $o  balb  auf  ben  ©otyn  unb  balb  auf  ben  Sater  bezogen  toirb.    änbertoettige 

26  Deutungen  be«  2Borte«,  toelc&e  SBmer,  912BS  s.  v.  I,  633  aufführt,  ftnb  antiquiert 
$em  Kaoubft  nun  entforicfyt  unter  ben  belannten  SRamen  £aläfl  Drtföaften  riv*yp:  Qof 
15,  25),  SRame  einer  ©tabt  im  ©t.  %vha,  toelcfye  in  ber  jefcigen  SRuinenftätte  el-Karje- 
ten  füblicty  bon  §ebron  toiebergefunben  ift,  aufierbem  nur  no$  ba«  heutige  Äurijut  ober 
Äariut  im  nörblidjften  3>ubäa.    2Bar  fomit  $.  ein  ^ubäer,  alfo  ber  einzige  IJubäer  in  b«n 

so  fonft  gang  galiläifctyen  (31©  2,  7)  Süngerfreife  $e\\i,  fo  erßärt  ft$,  bafi  tym  gerabe  biefer 
Setname  blieb,  au«  feiner  2lu«nafym«ftetfung  ^inftd^tltd^  ber  §erhmft. 

3)ie  fonoptifd&e  Überlieferung  über  %.,  fotoeit  fte  ben  brei  @bb.  gemeinfam  ift,  be* 
fd&ränft  ft<$  auf  toenige  §au£tmomente.  ©ie  bietet  leine  2)ata  au«  ber  früheren  Rät, 
toeld^e  auf  ben  Serrat  borbereiten  Knuten,  fonbern  fefct  o^ne  toeitere«  mit  ber  ®rjä$lung 

86  ein,  toie  hirg  bor  bem  Sßaffafyfefte,  al«  bie  jeruf.  Solfö^äu^ter  entfd^loffen  toaren,  fu^  ber 
^erfon  %tfu  mit  Sift  ju  bemächtigen,  um  i^n  au«  bem  SBege  gu  räumen,  3-  *fc*n  ä^s 
jtdjten  entgegentam,  inbem  er  f\<fy  freitoiOiig  erbot,  gegen  eine  ©etbfumme  i^nen  3^fum 
tn  bie  §änbe  ju  liefern.  ®abet  geben  toenigften«  Sc  unb  namentlich  3Rt  beutlid^  ju  er= 
lennen,  bafe  e«  ©elbgter  toar,  toeld^e  ben  3-  trieb,   alfo  nid&t  ettoa  betoufete  ©egnerfc^aft 

*o  g^gen  3j*fum,  nid^t  bie  äbjtd^t,  i^n  ber  ©etoalt  ber  ^einbe  freizugeben.  3m  ^inblic! 
alfo  auf  ben  3lu«gang  erfc^eint  %  bon  borne^erein  al«  SBerfjeug  tn  ^ö^erer  §anb,  toie 
benn  Suta«  mit  ben  einfityrenben  ffiorten  elorjX&ev  6  Zaravag  elg  Iovdav  gerabqu 
ber  Überzeugung  Sluäbrud  giebt,  ba^  3-  ^ncr  einzigartigen  (Sintoirlung  be«  toibergött= 
liefen  ©eifte«  unterftanb,   bermöge  beren  er  in  Serblenbung  herbeiführen  mufete,  toa«  er 

46  ntd^t  beabft^tigte.  3m  heiteren  ift  ba«  3ntereRe  ^^  fonopt.  Snä^lung  auf  3«fu  ©teBung 
Zu  biefer  J^atfac^e  gerietet,  ©ie  ift  ibm  nid^»t  unertoartet  gefommen,  fonbern  er  $at, 
toä^renb  guba«  noefy  erft  einen  jjajfenben  3^4>unft  abtoaxttt^,  unter  ber  ^affa^mabl^it 
mit  boüfter  ©ic^er^eit  borau«gcjagt,  einer  ber  3toö'f  roer*>e  ^n  «uÄwfcni;  ate  fte  alle 
jeber  für  feine  $erfon  in  z^cifdnbcr  ^ragc  ber  Überzeugung  SluSbrucf   gaben,  bafe  un- 

60  möalid)  einer  au«  i^rer  Witte  ^tcju  fä^ig  fein  lönne,  Ij>at  er  bennod^  nac^brücflic^  ba« 
Unfaßbare  aufredet  erbalten,  baf;  einer  biefer  feiner  9Jä4ftbertrauten,  ein  3Ttfc^enoffe,  e« 
t^un  toerbe.  ©omit  ift  bie«  fc^einbar  unberftänblic^e  @reigm«  bod^  Qefu  al«  etn  fd^Iec^ 
^in  nottoenbige«  im  borau«  getoig  getoefen;  er  fyat  ftc^er  getou^t,  ba|  e«  mit  ber  in  ber 
©c^rift  bezeugten  göttlichen  Seftimmung  über  ifm  im  @inflang  fte^e:  ber  burd^  fatanif^c 

66  Sintoirfung  herbeigeführte  Serrat  be«  3-  ^ar  f^r  3^  Setoufetfem  lebiglic^  nottoenbige« 
SKittel  zur  Scrtoirflidiung  be«  göttlid^»en  SRatfc^luffe«.  ©o  ift  beim  aud>  bie  äuSfityrung 
nic^t  o^ne  S^fu  3Kittoirtung  erfolgt.  2Bäfyrenb  bie  Solf«^äm)ter  au«  <$ur$t  bor  einer 
Solföer^ebung  ba«  g-eft  borübergeben  laffen  toollten,  ift  unmittelbar  nad&  ber  ^Jaffa^mabl» 
Zeit,  bei  toeldjer  ^cju«  bie  3lu«lieferung  borau«fagte,   gerabe  in  ber  9la^t  auf  ba«  »ep, 

eo  3*  "n  ^  ©^t^e  einer  bon  ben  Solf«bäuptern  mitgegebenen  ©^ar  erfebienen.    3)en  Trau- 


Sfitba*  3fd>ari0tf}  587 

falen  äufammen^ang  beutet  3Kt  nod&  beftimmter  an  burefc  bie  9iotig,  baß  %tfu$,  al«  3- 
m  Vcrftetlung  fragte:  „boc§  nid^t  etwa  id&  bin«?",  itym  mit  au«brücflid&em  3a  antwortete. 
3nbem  er  tym  fo  bie  gurd^t  einflößte,  baß  fein  Vorhaben  3*fu  befannt  geworben  fein 
unb  vereitelt  Werben  möchte,  Würbe 3-  ^ur öefd^Ieuntgung  gebrangt;  and)  begab  ftd^ ^efuö 
in  ber  Stacht  Am  an  benjenigen  Ort,  Wo  er  erwarten  mußte,  toon  3-  gefugt  gu  Werben  6 
(2c :  xatä  to  £&og).  6«  ift  3*fu  93***  geWefen,  baß  er  no$  gum  jjfefte  feinen  geinben 
überliefert  Würbe.  3n  ^taug  <*uf  ba«  Verhalten  be«  3.  berietet  bie  ©rgäfylung  nod&,  baß 
er,  ben  ßäfdjern  ba«  toerabrebete  3e^m  ge&wb,  3efum  K|te.  3)ie  auffoBenbe  -JRilbe, 
mit  toelcper^efud  tym  ba«  §eu$lerifc$e  btefcö  ©ebafyren«  toorfyielt  (Sc)  ober  toerwie«  (9Rt), 
läßt  fd&ließen,  baß  ba«felbe  nidjt  avß  fd&amlofer  gredj^eit  entfiirang,  fonbern  wofyl  au«  ber  10 
naefc  ben  Vorgängen  bei  ber  <ßaffatymafylgeit  begreiflichen  gurd&t  t>or  einem  2lu«brucfy  ber 
ßmpörung  feiner  SDtitjünger  gegen  feine  Sßerfon,  Wenn  er  nicfyt  beim  §inantreten  feine 
feinblicfye  äbficfyt  bewußte.  2Xud)  hierbei  erfd^eint  er  nid&t  al«  entfd&iebener  VöfeWtdjt, 
fonbern  als  einer,  ber,  ofyne  e«  eigentlich  gu  Wollen,  infolge  unfeRger  ©cfywäd&e  batyin 
gerät,  bie  empörenbfte  ©cfyanbttyat  gu  begeben.  ®em  entforetfyenb  ift  ba«  SBetye  be«fterrn  16 
über  ityi  niefct  foWotyl  eine  ftrenge  Verurteilung  feine«  2^un«,  al«  bielmetyr  eine  Älage 
über  fein  unfelige«  ©efcfyicf,  SBerfgeug  be«  Senate«  *u  fein. 

Vergleicht  man  mit  biefer  ftynopt.  3)arfteIIung  oie  jofyanneifd&e,  fo  fcfyeint  fid&  gu  er* 
geben,  baß  3°  i*ne  dte  befannt  borau«fefct  unb  nid^t  foWotyl  eine  eigne  Darflettung  be« 
gangen  Hergang«  geben,  als  bielmefyr  jene  teil«  in  (Singeltyetten  erläutern  begW.  richtig*  20 
pellen,  teil«  burd^  anberWeitige,  tym  au«  allgemeinen  ober  perfönlicfyen  ©efufytepunften 
Wichtige  3ü0e  ergangen  WiQ.  2)aß  unb  Wie  3-  bagu  !am,  ftd)  ben  fteinben  3*fu  gur 
Verfügung  gu  ftetten,  berietet  $0  nid&t;  aber  mit  5Rücfjtd&t  auf  bie  ftynopt.  (Srgätylung 
gefd&ie^t  e«  wo^l,  baß  er  in  ber  Srgätylung  toon  ber  ©albung  3efu  (12,  lff.),  otyne  baß 
ein  anberer  Slnlaß  erficfytlid&  Wäre,  bie  @inft>rac$e  be«  3.  mit  ber  Vemerfung  begleitet,  25 
Wefelbe  tyabe  ifyren  Wahren  ©runb  barin  gehabt,  baß  3-  biebifd^  War  unb  au«  ber  unter 
feiner  Verwaltung  ftetyenben  Äaffe  ©eiber  gu  entwenben  pflegte;  ^iemac^  erfd^eint  e« 
leichter  erflärlid^,  ba^  3-  au^  ©clbgier  jum  Verräter  3^fu  Würbe.  (Sine  au«brüdflidS[e,  ae* 
totffermafeen  berid^tigenbe  Vejugnatyme  auf  ba«  Iufan.  etorjtöev  oaraväg  bürfte  in  3° 
13,  27  borliegen,  Wo  ber  gleite  2lu3brucf  gebraucht  ift  (ba«  jo^.  ®o.  ^at  fonft  ntc|t  so 
oaiaväg,  fonbern  diäßoAos,  unb  ber  gange  3tu«brudf  finbet  ftd^  im  9KE  nur  hier  bon 
nic^tleiblid^er  fatanifd&er  SinWirfung  gebraust).  SBä^renb  2c  ben  Verrat  überhaupt  einer 
^ftgefteigerten  fatanifd^en  ©inwirfung  jufd^reibt,  Will  3°  n%f  batyin  unterfd^ieben  Wtffen, 
ba^  bie  teuflifdje  SinWirfung  jWar  bon  Vorneherein  ftattfanb  (13,  2),  aber  erft  nad&  bem 
8if[en  ibren  ©i^fel  erreichte :  erft  nad^bem  %  biefe«  3^^  öHemäd^ften  Vertrauen«^  86 
ber^Utniffe«  un^erü^rt  Eingenommen  ^atte,  War  er  jener  äufjerften  ©inwirfung  jugänglidb. 
3o  faßt  ^iermtt  gegen  mögliche«  9Rif$l>erftänbni«  feft,  ba|  3-  Wefer  (SinWirfung  nic^t 
unterlag,  o^ne  felbft  fic$  bafür  t>räbi«j)oniert  gu  ^aben.  Vei  ber  ©efangenna^me  erwähnt 
3o  niefct«  baöon,  bafe  3-  ^^  ©äfd^ern  boran  auf  3^fum  gutrat,  um  mit  bem  Äufe  ba« 
3et$en  gu  geben,  aber  er  nimmt  m.  6.  barauf  orientierenb  Stücfftdjt,  inbem  er  18,5  bie  40 
fonft  unberanlafcte  Vemerfung  mad^t,  bafe,  al«3efu«  ber©<Ear  entgegentrat,  3-  6«  M*f« 
ftonb;  er  fe|t  al«  befannt  öorau«,  bafe  3-  gunä^ft  berfelben  öoraufgegangen  War,  unb 
Witt  beamtet  Wiffen,  ba^  er  bann  boefy  mit  ber  ©d^ar  gufammen  toon  bem  nieberfc^metterns 
ben  ffiorte  be«  §erm  getroffen  Würbe. 

Die  Wichtigeren  ßrgängungen  ber  tynopt.  ©rgä^lung  bur$  3°  fmfe  folgenbe.  3"*>em  46 
|o  bie  Vorau«fagung  3^fu  b«  b*x  legten  WaMgeit  mit ,  benfelben  SQSorten  Wie  3Rt  unb 
Rc  toiber  aufnimmt  (13,21),  ftifyrt  er  biefe«  ÜJloment  nod^  Weiter  au«,  ©cfyon  bor  biefer 
bireftefken  2tu«fage  ^at  3efu«  in  ben  Sieben  jene«  2tbenb«  Wieber^olt  (13,  10  f.  18  f.)  gu 
erlernten  gegeben,  bafe  er  ben  Verrat  be«  3.  fcorau«Wuftte,  ja  bafe  er  fcfyon  bei  ber  äu«* 
Wa^l  ber  3toölf  ben  3-  burd^fc^aute  unb  feinen  Verrat  &orau«fafy  (bgl.  aud&  6,  70);60 
gegenüber  bem  Vebenfen,  Wie  er  bann  ben  3-  fa&*  erwählen  fönnen,  fyak  er  auf  bie 
©egrift  öerwiefen,  al«  Welche  gerabe  fo  gur  örfüDung  fommen  fottte;  unb  gefagt  fyat  er 
bie«  ben  3üngern  naefy  eigner  ©rflärung  gu  bem  @nbe,  um  fte  gegen  ben  Ktorifel  an 
femer  ^Jerfon  gu  fiebern,  ben  t^nen  ber  ©intritt  be«  Unfaßbaren  enegen  mö^te.  Sluc^ 
für  fein  eigne«  VeWufitfetn  ^at  er  gegen  bie  Ibatfacfye,  baß  einer  toon  benen,  bie  i^m  ber  66 
Vater  gegeben,  berloren  ging,  einer  ©lauben«ftärfung  beburft  unb  fte  barin  gefunben, 
ba|  bie«  bie  in  ber  ©egrift  begeugte  göttliche  Veftimmung  War  (17,  12).  3)tefe  3Jlit* 
tetlungen  fmb  bon  bem  gleiten  ^ntereffc  getragen  Wie  bie  ftynopt.  3Kitteilungen  t>om 
legten  ÜRa^l,  unb  Wollen  möglid»ft  flar  unb  ftd&cr  fteHen,  baß  ber  Verrat  be«  3-  für  ba« 
Vewußtfein  3«fu  nieftt  übenafc^enb  fam,  fonbern  Wiber  ben  2tnfc^ein  al«  bem  Statfd&luß  fio 


588  3itba*  dffdpriotl) 

©otte«  entft>re$enb  borau«  erfdnnt  h>ar.  —  SBtynlicfc  ber&ält  e«  ft$  mit  ber  jofc.  (Srgängung 
be«  fono^t.  Sericfyt«  bon  ber  (gefangennähme.  2Bie  bie  ©tynoptifer  HarfteHen,  bafe  bie 
2lu«fü&rung  be«  $lane«  m$t  o^ne  3efu  eigne  pofttibe  ©nttrirfung  gefc^a^,  unb  bamit 
p  Setoufetfein  bringen,  bafj  er  ba«  Serfyängni«  mit  freiem  2Bifien  $at  über  ftd^  lammen 

6  laffen,  fo  toill  3o  bte«  Moment  ber  gretyeit  ber  ©elbftyingabe  no<$  ftärfer  ^erborfcben 
(18,  4 ff.):  nicfct  ofyne  Weitere«  ift  auf  ba«  3etc^cn  be«  3-  bie  ©efangennafyne  erfolgt, 
fonbern  3efu«  fyat  felbft,  ber  <5d>ar  entgegenlommenb,  fic^  angezeigt,  unb  biefe  ©dbjfe 
anzeige  tyat  wnäd&ft  bielmefr  bie  SBirfung  gehabt,  fte  gur  (Gefangennahme  auger  ftanbe 
gu  fefcen,  fooaft  3efu«  mit  toiebertyolter  ängeige  iljnen  tyre  Dtynmacfct  p  Setoufetfein 

10  bringen  tonnte.  3°  fügt  einen  SRebengug  bei,  kodier  bie  ©elbftyingabe  yeju  al«  ©runb 
ber  ©rrettung  ber  Seinen  erföeinen  lägt.  —  ähtfeerbem  ertoeitert  er  bie  ©efdjtdjte  bom 
Sertauf  be«  testen  ÜRatyte«  burefc  einige  teben«bolle  aber  minber  tok&tige  Rüge,  tote  er  al« 
nä^er  beteiligter  fte  einzufügen  in  ber  Sage  unb  interefftert  toar,  nämlicp  tote  er  felbft, 
bon  Spetru«  aüfjjeforbert,  3efum  bat,  bie  $erfon  be«  Serräter«  gu  begebenen,  unb  ein 

16  SDfcerfgeid&en  erstell,  unb  tote  bie  Slufforberung  ^efu  an  3-  bon  ben  übrigen  Jüngern 
nic^t  berftanben  unb  berfd&ieben  gebeutet  tourbe;  au«  lebenbiger  perfönlid&er  (grimterung 
enblid^  bergegentoärtigt  er  ben  entföeibenben,  fdSKtuerlid&en  9Roment,  ba  3.  bad  3to*mer 
berliefe,  um  fem  2Ber!  gu  fyun  (18,  30). 

SBätyrenb  nun  bie  übrigen  ®bb.  bie  ©eföicfcte  be«  Serrate«  mit  ber  ©efangemta^me 

30  abfd&liefjen,  ift  ÜRt  burety  fein  befonbere«  ^ntereffe  an  ber  alttefiamentlt<$en  3Bei«fagung 
unb  an  bem  ©eföid  be«  jttbiföen  Soße«  veranlagt,  no<$  toeiter  gu  berfolgen,  toa«  au« 
bem  Serräter  jmb  au«  bem  Serräterlotyne  getoorben  ift.  $o$  totrb  babei  be«  Senate*« 
eigner  9lu«gang  me^r  nur  beiläufig  ertoäljnt.  3m  (SinHang  mit  ber  Sorau«fefeung,  bog 
3-  nid^t  au«  geinbfd&aft  gegen  3efum  Serräter  tourbe,  berietet  2Rt,  bafc  er  naep  erfolgter 

25  Verurteilung  mit  reuigem  Selenntni«  ber  ©d&ulb  ba«  ©elb  ben  SoEte&äuptern  gurüdgeben 
toollte,  aber  al«  biefe  bie  gurüdnatyme  bertoeigerten,  in  Sergtoeiflung  ba«fetbe  toegtoerfenb, 
ftc$  gurüdgog  unb  bann  mit  bem  ©trid  ftcfc  felbft  entleibte.  3)ie  $arfteäung«ta>etfe  biefe« 
Su«gang«  toeift  gurüd  auf  bie  altteftam.  (Srgätylung  bon  Styitoptyel,  bem  Verräter  Ztabtb« 
(2  ©a  17),  unb  toill  auf  ba«  gtoiftpen  beiben  befte^enbe  Sertyältm«  toonXfym«  unbSntU 

so  tV))u«  aufmerlfam  machen.  2)te  §auj)tfacbe  aber  ift  für  ben  @nä^ler  bie  Strt  ber  $er* 
toenbung  be«  ®elbe«,  in  toel$er  er  eine  bem  jübtfdjen  3Sol!e  %lwfy  bebeutenbe  Erfüllung 
toei«fagenber  altteftamentlid^er  Vorgänge  erlennt,  nämli^  barin,  bog  ba«  fcon  3-  "" 
lerntet  ^ingetoorfene  ©elb  im  Setrage  bon  30  ©elel  bon  ben  Äjojjenjnriefiern  al«  un^eilig 
baju  bertoenbet  tourbe,  ben  inf olgebeffen  „Slutadter"  genannten  2äj>ferader  gum  Segräbnt«« 

86  p IcA  für  bie  gremben  anjufaufen.  gür  biefen  $un!t,  einen  ber  fötoierigften  auf  bem 
(Gebiete  ber  Regierungen  gtoifd^en  altteftamentlid^er  9Bei«fagung  unb  neuteftamentlid^er  @r» 
füllung,  ift  borne^mlid^  gu  bertoeifen  auf  bie  ^Darlegung  bon  ^ofmann,  9Bei«f.  unb  (Sr* 
füüung  II,  121  ff. 

2tnber3  lautenbe  eingaben  über  ben  9lu«gang  be«  3*  f^^cn  f^   m  ber  Sebe  be« 

40  $etru«  91©  1  (33. 18  f.),  nämli$  bafe  3.  [t*  für  ben  Serräterlo^n  ein  ©runbftüd  taitfte, 
bafi  i^m  bei  einem  %aü  ber  Saud)  platte,  fobafi  feine  Singetoeibe  berfd^üttet  tourben, 
unb  ba^  um  be«toillen  jene«  ©runbftüd  bei  ber  jerufalenufcfcen  SeböRerung  ben  Flamen 
,,Slutader"  führte.  3)a«  Ser^ältni«  gtoifd^en  ben  beiberfeitigen  angaben  gu  beftimmen, 
ift  ein  ntd)t  untoie^tige«,   nid^t  leiste«,   bielber^anbelte«  Problem  ber  neuteftamentli^en 

45  Jtriti!.  ©ie  3Rög[ic^Ieit,  fte  gu  bereinigen,  fyängt  bornebmli^  baran,  ob  ©runb  tfi  ju 
glauben,  bafe  betjentae,  toeld^er  bie  petnnifc^e  9^ä>e  reprobugiert  fyit,  bie  gefc^ic^tltt^e  6t= 
tuation  berfelben  rieptig  erfaßt  fyat.  Unter  biefer  Sorau«fe|ung  ift  gu  beaqten,  bog 
$etru«  md)t  in  ber  Vage  toar,  ben  Serfammelten  unbelannte  X^atfac^en  gu  ergäben,  fon* 
bern  an  befannte  3)inge  erinnernb  fte  in  ein  folc^e^  £t$t  gu  fteDen,  ba|  fte  gur  Unter= 

60  läge  für  ben  Sorfd^lag,  in  toelc^en  feine  Siebe  au«gebt,  nämli^  gur  Segrünbung  ber 
Slottoenbtgfett,  bafe  an  be«  3-  &*&*  «n  anberer  al«  äpoftel  trete,  btenlic^  toaren.  Dornt  ifl 
gunäc^ft  in  Sejug  auf  ben  ftauf  be«  Slder«  gu  urteilen,  bafe  ber  bei  TOatt^äu«  berichtete 
t^atfäc^ttd^e  Hergang  bon  $etru«  eine  bem  £toed  ber  Siebe  entfpre$enbe  unb  nic^t  tat« 
begreifliche  Umbeutung  erfahren  fyat.    ferner  ift  man  in  Segug   auf  ba«  (Sttbgcfötd  be« 

55  3.  gu  ber  jptypotyefe  genötigt,  baj$  burcp  irgenb  einen  3toifd^enfall  ber  Seib  be«  ©r^ängten 
^erabgeftürgt  ift. 

2)ie  papianifc^e  2)arfteDung  bom  6nbe  be«  3-  $  bon  3^n  genauer  tmterfwfct 
toorben  (SC^StÄ  1866,  ©.  680—689,  in  ber  3lbfyanblung  ,,?Ja})ia«  bon  ^ierapoli«").  (fr 

Sjelangt  babei  gu  bem  für  bie  ©eföic^te  be«  Äanon«  toi^ti^en  ®rgebni«,  ba^  biefe  JJar* 
ieQung  au«  bem  ^ntereffe  entf)>rungen  ift,  bie  fd^einbare  Qtffereng  gtoifc^en  ben  Angaben 


$nba*  dffdpriofy  3fttbad6rtef  589 

bei  3Rot$äu«  unb  bei  2ufa«  au«pgleic$en,  toonacty  alfo  ^apia«  bie  ätyoflelgeföid&te  ge* 
lannt  ty&m  müßte.  3)em  ift  toiberft>ro<$en  Sorben  bon  Dberbed  in  ber  3to3$  1867, 
©.  39  ff. 

£ad  Siötfel^afte  be«  «erratet  be«  3j.  M  eine  Steige  betriebener  |>foc$ologifd&er  gr* 
flarungäberfud&e  beranlaßt,  toelcfce  bei  äöiner  919B93  s.v.  1,  635 f.  nätyer  erörtert  toerben.  5 
Sgl.  £aub,  3uba«  3f$ariot  (brei  £efte,  1816—1818),  £eft  1,  ©.  20  ff.  3n  ber  fcauk 
f<$en  @$rift  bilbet  bie  SBürbigung  be«  ©errate«  be«  3-  nur  *>i*  &"}*  ©nlettung  ju  9e* 
tra$tungen  „über  ba«  33öfe  im  ©ertyältni«  nun  ©Uten''.  3)ie  populäre  ©orfteDung  frm 
bem  ©erräter  3*  äÖ  eincm  2lu«bunb  aller  Soweit  unb  ©errud&tyeit  finbet  tyren  3lu«brucf 
in  bem  2Berle  be«  Abraham  a  ©ta.  Glara.  gjuba«  ber  6rfc45ctyelm  für  efyrlid&e  Seufy  10 
ober :  eigentlicher  @nttourff  unb  £eben«»©efd&reibung  be«  ;>fcariotif  $en  93d^n>t<^t,  4  ©be, 
©aljburg  1686ff.,  4°.  D.  ft,  6d|mibt. 

Sfeba*  SRattaba««  f.  ©b  VII  ©.  465,aoff. 

SnbaSbricf.  —  fittteratur:  ©tele«  uon  ber  jum  Art.  „Salobu«  im  9*£"  ©b  VIII 
6.  571  angeführten  ßitteratur  be&iefet  fid)  auf  bie  ©rüber  be«  #errn  überhaupt  unb  audj  auf  16 
ben  3©.    »ußerbem  finb    r^ier  ju  nennen  bie  Kommentare  gu  bemfelben    uon  Stier  1850, 
«rnaub  185t  9tampfl854,  JJronmü  Der  1871,  ftetl  1853.  Schott  1863,  «übl  1887,  o.@oben* 
1899  unb  bie  Sdjrift  uon  ®j>itta,  <Der  2.  ©rief  be«  $etru«  unb  ber  ©rief  be«  Suba«  1885. 

2)tefer  ©rief,  einer  ber  &um  neuteft.  Kanon  gehörigen  fteben   fatyoliföen  ©riefe,   ift 
na$  ber  Slbrejfe  (25.  1)  bon  3uba«,  einem  Anette  be«  3(efu«  6fc,  einem  ©ruber  be*  20 
3atobu«,  gefd&rieben.    3)er  ©erfaffer  nennt  fid^  alfo  tyier  m$t  Styoftel  unb   er  giebt  fty 
aucb  im  toeiteren  Verlaufe  be«  ©riefet  nirgenb«  al«  folgen  ju  erfennen.    ©ielme&r  be* 
toeift  er,  baß  er  e«  ntd^t  ift,  toenn  er  feine  Sefer  an  bie  SBorte  errinnert,  toelcfce  bon  „ben 
Sfyofteln  unfere«  £errn  $efu«  &W  öortyergefagt  feien  (SS.  17),  unb  toenn  er  ftd^  ald 
einen  ©ruber  be«  3jafobu«  einführt,  inbem  er  fo  feine  *>ertyältm«mäßig  geringe  Autorität  26 
bunfc  bie  työ&ere  feinet  ©rubere  ju  ftüfcen  fuc^t.    $ft  e«  f$on  banad^  me^r  al«  toafyr* 
f$emli$,  baß  ber  3}crf.  bon  bem  2lj>.  !guba*  ßebbäu«  berfcbieben  ift,  fo  toirb  bie«  boüenbS 
umtoeifetyaft  bur$  ba«,  toa«  über  feinen  ©ruber  feftyufteQen  ift    Senn  ber  3afobu£, 
beflen  ©ruber  fic^  !guba*  nennt,  tonn   lein  anberer  fem  al«  ber   einzige  ÜRann  biefed 
92amen£,  ber  in  ber  apoftot.  Äircfye  bebeutfam  hervortritt,  berjjenige  3afobu^  ber  ald  eine  so 
ber  btei  ©äulen  ber  jubenc^riftl.  Äird^e,  ate  aSorftetyer  ber  ©emeinbe  t>on  3*nifafem  unb 
ate  ©ruber  bed  $errn  belannt  ift.    3)afe  aber  bie  ©elbftbejeicfytung  ©ruber  bed  %al  tum 
einem  unbefannten  SSerf.  (^ülic^.)  9iamen3  $uba$  in  bilbli^em  Sinne  als  @rfa(  für  ben 
©rfc^ofdtitel  gebraust  fei,  ift  gan)  untoa^rfc^einlic^.    $er  in  ber  Slbreffe  unfere^  ©riefe« 
gemeinte  ©ruber  beöfelben  ift  alfo  ber  3uba$,  ben  bie  @m>.  (3Rt  13,  55 ;  3Rc  6,  3)  tote  86 
$*gcft>pu3  (bei  Sufeb.  Jt®  3,  20)  al3  ©ruber  b.  §.  nennen;   er  gehört  mithin  ntd^t  ju 
ben  9)>)>.,  fonbem  )u  ben  leiblichen  Söhnen  berSRaria,  ber  9Rutter  be^  $erm,  au«  i^rer 
<tyt  mit  M^f  ü*  todty  bereit«  93b  VIII,  574  ff.    bie  ©rüber  be*  $.  über^au^t  er* 
toiefen  finb.    2)em  ällter  nad?  fd?eint  unter  biejen  ©rübern  b.  $.,  beren  Stellung   ju 
3efu*  ft^  too^l  toef entließ  gleichmäßig  enttoidelte  (t>gl.  Sb  VIII  ©.  578,  *  ff.,  579  ff.),  na#  ber  40 
Stellung  ber  tarnen  3Rt  13,  55;    3Jtc  6,  3  gu  fd?liefecn  ^ubae  jünger  al«  ^afobu«  ge^ 
toefen  m  fein.    —   3)aß  aber  %  toie  fein  Sruber  3^fobu«  fiety   in  ber  Slbreffe  nur  als 
3efu(Hjr.  Knecht,  nic^t  al«  beffen  «tuber  bejeic^net,  ertlärt  \\%  ^iertoie  bort  (bgl.  Sb  VIII 
©.  578,64)  bollfommen  au«  ber  begreiflichen  ©c^eu,  ben  Sefern  gegenüber  eine  leibli^e 
(Sleic^fteüung  mit  bemjenigen  geltenb  ju  machen,  bem  er  fi$  nic^t  toeniger  al«  fte  geiftlicb  46 
unterorbnete.  Safür  nennt  er  ftcb  be«  ^al  ©ruber  um  f 0  lieber,  ba  er  bamit  äuglet^  auc^ 
an  beffen  ©enbfc^reiben  erinnert.    3)enn  an  jenen  ©rief  be«  ©ruber«  f oQte  fl$  fein  eigener 
in  mancher  Sejie^ung  anfd?ließen.    fflie   jener  ift  audj  ber  3©  aller  t)erf5nlid^en  ©ruße 
unb  9lott)en  etUbe^renb  ntd?t  an   einen   lofal   begrenzen  Seferhei«  gerichtet  unb   barum 
md)t  ein  ©rief  im  eigentlichen  ©inne,  f onbern  ein  für  toeite  Areife  ber  &ir$e  beftimmte«  so 
^aftorale«  Stunbfc^reiben.    Slber  feine  ©eftimmung  ift  nod?  toeiter  al«  bie  be«  3^°^^ 
briefe«,  er  ift  nic^t  toie  biefer  nur  an   bie   außerpaläftinenftfc^e  $riftgläubige  ^ubenfdbaft 
gerietet,  fonbern  an  äße  „in  ©Ott  bem  ©ater  ©eliebten  unb  in  ;Vf.  6^t-  betoatyrten  ©e» 
rufenen",  alfo  an  bie  au«  Reiben  unb  ^uben  berufene  Gfyriftentyeit  innerhalb  unb  außer* 
balb  ^aläftina«.    Unb  ber  ©rief  enthält  nic^t«,  toa«  ju  einer  ©eföränfung  biefer  toeiten  66 
Slbreffe  berechtigte.    9lm  toenigften  ift  eine  fol$e  in  nationaler  ©egie^ung  juläffig.    Sber 
auc^  bie  Sefer  nur  in  einem  befonberen  l'anbe  toie  in  Sßaläftina  (©d^mib,  ßrebner,  Äugufti, 
Ärnaub,  ffliefinger)  ober  in  Äleinafien  (fo  bie  meiften)  ju  fuc^en,  ift  toiUfürlicty.  äuc^  bie 


590  3nba*trief 

93erüdffid&tigung  lofoler  aScr^ältniffe,  bie  freiließ  ben  ganzen  $93  burefaie^t,  nötigt  baju 
nietyt.  Denn  äfynlid&  tote  im  3afobu«brief  ftnb  fie  Von  bet  Slrt,  bafe  fte  für  bie  ganje 
$ro$e  ^ntereffe  tyaben,  unb  toerben  bem  entforecfyenb  betyanbelt.  £ö<$ften«  bte  33eran= 
laffung  be«  $93  toäre  au«  jenem  ©runbe  al«  eine  lofale  gu  be^eid^nen,  aber  Vollfommen 

6  jutreffenb  ift  auety  bie«  nid^t.  Denn  ber  93erfaffer  tyatte  bereit«,  e^e  ein  befonberer  Slnlafj 
tfyn  baju  aufforberte,  tootyl  nur  burefy  ben  93organg  feine«  93ruber«  betoogen,  ernfttty  ben 
$lan  gehabt,  in  bie  Gtyriftentyeit  eine  ©etyrift  au«gefyen  gu  laffen,  bie  unter  folgen  Um- 
ftönben  einen  feljr  allgemeinen  $ntyalt  erhalten  mußte,  nämlicty  „über  ba«  ^eil"  tyatte 
fyanbeln  foHen  (93.  3).    Unb  er  toar  bann  nur  $u  einer  ©pejialifterung  biefe«  Spalte«, 

10  nid^t  ju  bem  Vorläufigen  (5rfa$  einer  beabftctytigten  au«füfyrlictyeren  Schrift  bur$  biefen 
furjen  93rief  (ßatyn  I,  76),  genötigt  toorben,  al«  befonbere  lofale  6rfc£einungen  in  ber 
Äirctye  hervortraten,  bie  93erücffu§tigung  verlangten.  2lucty  biefe  @rfd&einungen  erinnerten 
an  bie  3?erfyältniffe,  toelcfye  ben  3afobu«brief  veranlaßt  Ratten.  Denn  biefer  toar  gegen 
eine  i*ertoeltlictyung  gerietet,   toelcfye  tootyl   au«  ben  £eibencfyriften  unb  ben  3uben$riften 

15  gemeinjamen  ©efa^ren  einer  auf  ben  erften  2luffctytoung  be«  cfyriftl.  £eben«  folgenben  @r= 
fd^Iaffung  hervorging,  aber  ftd?  teiltoeife  burd?  Berufung  auf  bie  paulinifetyc  Setyre  gu  berfen 
ju$te,  alfo  bie  erften  Seime  eine«  2lntinomi«mu«  enthielt.  93on  eben  biefem  aber  ftnben 
toir  eine  befonber«  aufy  tfyeoretifd^  enttoicfeltere  gorm  im  393  berücfft$tigt.  3unäcfyft  ift 
e«  auefy  ^ter  ^rattifc^  ftttticfyc  93erberbni«,  bie  $.  tonen  vortoirft,  vor  beren  treiben  fem 

20  93rief  toarnen  toitt.  ©te  leben  in  fleifd&lidfjer  Unreinheit  (93.  8),  Vielleicht  fogar  in  toiber* 
natürlichen  Saftern  (Safyn),  rieten  ftety  felbft  burefy  ftnnlicfce  ©enüffe  ju  ©runbe  (93.  10), 
fdjunaufen  fd&amlo«  bei  ben  ctyriftlid^en  #iebe«malen  (93.  12)  unb  toanbeln  nad&  i$ren  8e* 
gierben  (93.  16).  3lber  man  barf  fte  nietyt  bloß  al«  rein  praftiföe  Sibertiner  betrauten 
(be  SBctte),  fonbern  e«  ift  beutlicfy,   bajj   fid?   mit  ben  praftifetyen  Irrtümern  bogmattf^e 

25  verbanben  (toa«  begrenjt  auefy  93leef,  Steufc,  93rüdfner,  .§ofmann,  §ut^er  jugeben).  3a  man 
toirb  jene  Seute  aud&  al«  Se^rer  (3a^n),  im  ©inne  be«  ^93  alfo  (toa«  §utyer,  £ofmann, 
u.  a.  beftreiten)  al«  Srrle^rer  be^eid^nen  muffen  (Dorner,  (Sntto.  b.  fie^re  V.  b.  $erf.  G$r. 
I,  104).  Denn  e«  ift  bie  2Rafynung  an  bem  itynen  ein  für  allemal  überlieferten  ©tauben«; 
in^alt  feftjutyalten,  toa«  3uba«  burdjj  ben  §intoet«  auf  ba«  auftreten  jener  Seute  begrünbet 

so  (93.  3.  4).  9ßenn  fie  alfo  in  biefem  3ufammentyange  ^  j0i^e  bejeic^net  toerben,  toelctye 
bie  ©nabe  ©otte«  in  2lu«gelaffenl?eit  verleben  unb  unferen  einigen  dürften  unb  ^errn 
§efu«  ß^riftu«  verleugnen,  fo  mu^  beibe«  al«  offen  au«gef)>roc^ene  ^rrle^re  gebaut  fem. 
©ie  Ratten  bemna^  ben  ©runbfa^,  ba^  bie  göttliche  ©nabe  unb  ber  baburtfc  ^ervor= 
gerufene  SBcfi^  be«  göttlichen  ©eifte«  (Vgl.  93.  19)  bie  Vottfte,  auefc  jur  Unftttlic^fcit  be= 

86  red&tigenbe,  grei^eit  getoä^re,  unb  fie  behielten  benfclben  nic^t  für  ftd^  (9tüf<$l),  fonbern 
maebten  i^n  offen  geltenb.  Die  93erleugnung  §tfu  (S^r.  (93. 4)  aber  fönnen  fie  ni<$t  mit 
bireiten  SBorten  au«gefj>roc^cn  tyaben.  Denn  toenn  auc^  i^r  Sluftreten  ben  Reim  von 
©Haltungen  in  ftd?  trägt  (93.  19)  unb  too^l  auti)  „auffäfftge«  93er^alten  gegenüber  ben 
©emeinbevorfte^em"  bamit  ftc^  Verbanb  (vgl.  ftafyn),  fo  gehören  fie  boety  nod^  äu^erlid^  ber 

40  $r.  ©emeinfd^aft  an  aud^  burc^  93eteiligung  an  i^ren  Siebe^malen,  alfo  überhaupt  intern 
Äultu«  (93.  12).  9Kotyl  aber  führte  i^re  Se^re  $u  einer  93eeinträc^tigung  ber  einjigartigen 
äBürbe  oiefu.  28enn  bann  ba«  (entere  i^nen  nod^  einmal  Vorgetoorfen  unb  bamit  bie 
Sefdjulbigung  verbunben  toirb,  bafe  fte  ba«  gleifc^  Verunreinigen,  fotoie  ba^  fte  ^errlicb^ 
feiten  läftem,  unb  ba^  fte  ba«  alle«  „träumenb"  t^un  (93.  8),  fo  finb  ^ier  offenbar  trau* 

46  merifd^e  ©pefulationen  gebaut,  au«  benen  fotoo^l  i^r  unftttli^er  SBanbel  toie  i^re  93eein= 
träd^tigung  ber  £errf$erftcllung  3cfu  un^  e'ne  93eföimj>fung  ber  Sngel  hervorging.  Unb 
tote  auf  bie  (SngeJ  ©otte«  fcfyeinen  fte  aud^  auf  biefen  felbft  jur  93egrünbung  i^rre«  Siba* 
tini«mu«  burd^  bualiftifc^e  X^eorien  einen  ©Ratten  getoorfen  ju  ^aben,  ba  J.  gum  ©bluffe 
bie  ©in^eit  ©otte«  fo  ftarf  betont.    —    Diefc  @rf($einung   ift  nun  fielet  nid^t  eine«  ber 

50  gnoftifc^en  ©tyfteme  be«  ^toeiten  ^^^^nbert«,  auc^  ni$t  ba«  ^arpotratianif^e,  toelc^c« 
fc^on  Giemen«  311.  j>roVtyetifc§,  neuere,  toie©c^enfel,  s]Jtongolb  unb  §rl^mann  erfa^rung^ 
mä^ig  tyier  gefd^ilbert  fanben.  Denn  ju  biefem  gehören  toie  ju  ben  anberen  fj>öteren®es 
ftaltungen  be«  ®noftici«mu«  fo  au«gebilbete  Se^ren  bualiftifd^er  Slrt,  ©e^eimtrabitionen 
unb  magifc^e  .Uultu«gcbräuc^e,  bafe  bte  Sorfteüung  al«  ungerechtfertigt  erfc^eint,  ba  393 

53  fyätte  jur  93cjeic^nung  bcrfelben  nur  um  bie  gorm  ^ö^eren  Altertum«  gu  toaü^en  (£ol$nt) 
ftc^  mit  feinem  ganj  leifen  unb  allgemeinen  2lu«brücfen  begnügt.  Dafe  bie  vom  39  be« 
fämpften  ©egner  burc^  bie  ßinteilung  ber  SKenfcfyen  in  5Pneumatifer  unb  Sßfodjifer  (93. 19), 
al«  ©noftifer  ber  nac&c&riftl.  $t\X  ertoiefen  toerben  (3ülid^er)  ift  unbegrünbet.  Denn  biefe 
Untertreibung  auc^  in  93erbinbung  mit  einer  $riftlic|en  grei^eit«le^re  ift  bereit«  von  bem 

60  9lp.  s)iaulu«  (1  Ao2, 14  f.)  aufgeftellt  unb  mufttc  nottoenbig  famt  feiner  Öntgegenje^ungtwn 


3< 

lel 


3fnbaSbrief  591 

©torfen  unb  ©<$toacfyen  fofort  übertrieben  toerben,  fobalb,  toie  e«  bereit«  jur  3ett  be«  Styoftel« 
gefc^aty,  bie  }>aulimföe  gfreifyeitöletyre  einer  mifebräucfylid&en  Übertreibung  anheimfiel.  33iet 
me^r  fte^t  bte  nod&  borfyanbene  Äultu«gemcinfctyaft  gtoij^en  ber  §rrlefyre  be«  §33  unb  ben 
c&r.  ©emeinben  (3?.  12)  einer  ^bentifijterung  berfelben  mit  ben  ©noftifern  ber  nacfyapoft. 
,eit  entgegen.  2lber  in  Die  erfte  6ntftefyung«gefctyicfyte  be«  @noftici«mu«  gehört  bie  l^rr*  ß 
!e&re  be«  3®  aüerbing«  hinein  unb  jene  ift,  nad&  bem  fpäteren  SRefultate  ju  urteilen,  al« 
eine  jo  reiche  unb  bunte  &u  benfen,  bafe  toir  gar  nic&t  ertoarten  tonnen,  au«  ben  im  3*er« 
Ijältm«  baju  jetyr  foärlicfyen  Duellen  jene  ^äretiföe  Stiftung  genau  in  berfelben  ©eftalt 
nod)  einmal  rennen  ju  lernen.  9?ur  nad)  bertoanbten  (Srfcfyeinungen  toerben  mir  ju  fud&en 
faben.  Die  toefentlid&ften  ^aftoren  jur  Silbung  be«  jäteten  ©noftici«mu«  fyat  nun  ge?  10 
toife  ba«  gubend&riftentum  geliefert,  bem  bon  ber  alejanbrinifctyen  9leligion«l>fyilofol>fyie  unb 
bom  @ffäi«mu«  tyer  Äeime  bualiftifc&er  unb  felbft  antinomiftifd&er  lenbenjen  jugefütyrt 
tourben.  ©etoife  nic&t  otyne  ©runb  berietet  $egeftw  (bei  (Sufeb.  H©  4,  22),  bafi  in  ben 
€tyriftengemeinben  ^ßaläftina^  nac§  bem  lobe  be«  ^afobu«  ftd)  SBirrniffe  btlbeten,  bie  er 
mit  bem  fpäteren  @noftici«mu«  in  birefte  35erbinbung  bringt.  Unb  in  ben  ^rrletyren  *&  16 
Äolofjerbrief e«,  benen  ber  Sßaftoralbrief  e  unb  bem  Äerint^  fetyen  toir  eine  $ufammentyängenbc 
(Snttoicfelung  eine«  in  ben  erften  beiben  (Srfd^einungen  and)  libertmijd?  gefärbten  bualiftifcfc 
foiritualiftifäcn  3(ubencfyriftentum«,  ba«  in  mancher  SJqiefyung  an  bie  Sjrrletyre  be3  $8 
erinnert.  Stber  boefy  barf  man  bie  (entere  nietyt  al«  rein  lubenc&riftlictye  benfen  (tote  ©etymib, 
Srebner,  Sluguftt,  Strnaub,  2Biefinger,  ©rau  tfyun).  3$on  jubend&riftl.  ©runblage,  bie  bort  20 
überall  hervortritt,  ift  fyier  nicfyt«  $u  fpüren.  3$iclmefyr  loeift  bie  Berufung  auf  bie  gött* 
lic^e  ©nabe  gur  Rechtfertigung  ber  ßügclloftgteit  auf  eine  bedeute  Übertreibung  ber  pau* 
liniföen  fjrei|eit«lefyre.  Unb  auf  paulinifcty  Ijeibencfyriftl.  Urfprung  fütyrt  auety  bie  Sinologie 
&toeier  anberer  ftrirfliety  bertoanbter  (Srfctyeimmgen.  2)ie  eine  ftnb  bie  forinttyiföen  Stber* 
tiniften,  meiere  bon  bem  pauliniföen  ©runbfafce  „alle«  ift  erlaubt"  au«gebenb,  im  ©egen*  26 
fafc  gegen  jübifcfye  ©efefclictyfeit  unb  @lauben«enge  in  tyeibnifd^e  Sitte  unb  3)enfart 
jurädtpelen,  inbem  fte  ftcfy  bor  bem  ©enufe  bon  Dpferfleifcfy  unb  ber  leilna^mc  an  Opfer* 
ma^etten  ni$t  freuten,  bie  £iebe«ma^le  burc^  Stynaufereien  nad^  9trt  ber  ^eibnifc^en 
fiultbereine  enttoei^ten  unb  bie  c^riftlic^e  9tuferfte^ung«le^re  fptritualiftifd?  berflüc^teten 
(bgl.  auc^  3^n)-  ®'c  anbere  ©rfc^einung  fmb  bie  3?ifolaiten  ber  Sl^oiEal^fe,  bie  gleicfc  so 
fall«  be«  ©enuffe«  bon  Dpferfleifd^  unb  ber  Unjuc^t,  aufeerbem  aber  ber  Anmaßung  be* 
fcfytlbigt  toerben,  bie  liefen  be«  ©atan«  erfannt  ju  ^aben,  alfo  toofyl  i^r  gügelloje«  ^eib* 
n\\^m  ©etoofynljeiten  ergebene«  Seben  burc^  bualiftifc^e  Styeorien  ju  rechtfertigen  fugten. 
Die  festeren  gleiten  ben  ^rrle^rem  be«  9(S  in  ber  %fyat  fo  jetyr,  bafe  man  biefe  mit 
jenen  in  3ufammen^ang  bringen  (I^ierfc^,  £utyer,  ©malb,  $ai}n)f  nämlid^  für  eine  Weitere  86 
®nttoicIelung«form  jener  Richtung  erflären  mufe.  Übrigen«  tonnte  ftd?  biefer  §^er^ault- 
ni«mu«  mit  jenem  f))iritualiftifc^en  ^ubai«mu«  nad?  9lrt  aller  @£treme  berühren  unb  mit 
tym  jur  Silbung  be«  ©noftici«mu«  mittoirfen.  Unb  möglic^ertoetfe  tonnen  fic^  bereit«  in 
bem  burefc  ben  $$9  re))räfentierten  @ntn)ictelung«ftabium  t^atfäc^lic^e  SKifc^ungen  boDjogen 
^aben.  ^ebenfaU«  mu^tc^.,  rnenn  auc^  gunä^ft  eine  beftimmte  ^äretifc^e  ©eftaltung,  bie  40 
toir  bann  in  Äleinaften  gu  fucfyen  ^aben,  feine  äufmerfjamfeit  auf  fid&  gebogen  fyattt,  e« 
bo<^  toiffen,  baft  überall  in  ber  Äircfye,  in  ^aläftina  unb  au^er^alb,  unter  ^ubenetyriften 
unb  ^eibenc^riften,  bie  Reime  äfynlicfyer  (Sntmictelungen  bor^anben  maren.  Unb  eben  barum 
ging  ber  3^ecf  be«  ^33  ba^in,  in  bie  gejamte  .Htrc^c  eine  ffiarnung  bor  ben  bezeichneten 
Srrlebren  unb  eine  ÜJtefynung  jum  treuen  geft^alten  an  ber  apoftol.  Irabition  au«ge^en  ts 
in  laflen  (3S.  3.  4).  Dem  emforiebt  ber  ^n^alt  ber  furjen  ©d^rift.  sJladd  bem  ©rufe 
(3$.  1.  2)  unb  (Singang  01$.  3.  4)  folgt  bte  Öegrünbung  be«  Sa^e«,  bafe  bie  ^rrlefyrer 
fc^on  im  borau«  berurteilt  ftnb  (3?.  5—19).  3un^P  toerben  au«  ber  ©efc^td^te  brei 
grofce  S3eifpielc ,  fernerer  SJerge^en  unb  entfered^enber  fittlic^cr  Seftrafung  entnommen 
(S.  5—7),  bie  Sitynlictyfeit  be«  ^:ebel«  bei  ben  grrtefyrcrn  bemerlt  (93. 8),  unb  tyrer  Über«  60 
fcbung  au«  ber  ©ejc^ic^te  ein  Seifpiel  größter  Sefc^eiben^eit  gegenüberftellt  ($.  9),  toorauf 
tyr  SBefen  unb  treiben  nä^er  gejdjilbert  h)irb  (35. 10—13).  ^ann  hrirb  baran  erinnert, 
bafe  ba«  auftreten  folget  gottlofen  üdeute  fomo^l  bereit«  bon  $eno$  al«  bon  ben  9fyofteln 
»>orau«ge|agt  fei,  toomit  neue  (Sljaratteriftif  ber  ^nle^rer  berfloc^ten  ift  (3J.  14—19).  9luf 
einige  nähere  SBeifungen,  mie  bie  gläubigen  Gfyriftcn  ftc^  ben  s^erfü^rern  unb  'Herführten  66 
gegenüber  ^u  bereiten  tyaben  (is.  20—23),  folgt  al«  ©d&lufe  eine  bolltönenbe  Dojologic 
(^.  24.  25).  —  $ür  bte  3lbfaffung«$eit  biefe«  93ricfe«  läfet  ftc^  au«  feinem  «er^ältni«  ju 
anberen  ©Triften,  bie  teil«  in  fym  benu$t  ftnb,  teil«  i^n  benubt  fyaben,  faum  etta>a«  ent- 
nehmen.  3)enn  ba«  93uc^  §enoc^  (bgl.  b.  21.  ^Pfeube^igr.  b.  211),  bem  nic&t  uur  bie 
3J.  6  angebeutete  ©eföicfyte,  fonbern  auc^  i>.  14.  15  eine  gan&e  ©teile  faft  toörtlicfc  miteo 


592  3nbadbrief  $uU,  ber  etotge 

au$brüctU$er  ßitation  entnommen  toirb,  ift  m<$t  auf  ©rub  be«  3*  Don  einem  ßfrijttn 
oerfafjt  (£ofm.,  9tyilit>l>i;  bgl.  bagegen  3a^n  I,  106),  fonbern  feinem  älteren  ©cflanbteile 
na$,  bem  bie  #er  gemeinten  Steifen  angehören,  mit  bolllommener  ©i$er$ett  in  bie  3«i 
ber  erften  ^Waffabäerfürften  (Sücfe,  (Stoalb,  3)ittmann,  Jtöfüin,  $ilgenfelb,  Sangen,  ©<$&.) 

5  toa^rfegeinlicfc  in  bie  Regierung  be«  >natyan  &u  beilegen  (©iejfert,  De  apocryphi 
libri  Henochi  origine  et  argumento  1867).  Die  „Assumptio  Mosis",  bie  toofjl 
©.  9  benufct  ift  (obföon  e«  fyier  aud&  möglich  toäre,  bafc  beibe  Schriften  unabhängig  fem 
einanber  auf  bie  jttbifd&e  Srabitton  aurüdfgetyen),  ift  bermutlid?  44  n.  S&r.  berfafct  Unb 
bie  ©elanntfd&aft  be«  3-  mit  ©tiefen  be«  SPaulu«,  bie  atö  ber  häufig  gang  paulimfö  gc 

10  färbten  äitfbrudtetoeife  be*  ©riefe«  fyerborge&t  (bgl.  ©.  24f.  mit  Stö  16,  25.  27)  Moetjl 
nur  beffen  na<fy>aulinifd&e  Sntftefcung.  ©on  bem  2.  $etru«brief  aber,  beffen  äb^ängigfett 
bom  3©  g*g*n  bie  entgegcngef efctc  Slnföauung  ber  älteren  unb  toeniger  teueren  fd>on  t»n 
Berber,  $ug,  (Sid^orn,  Srebner  mit  uniotberleglic&en  ©rünben  betuiefen  unb  bon  (Suerkfc, 
©lee!,  Slrnaub,  Sleuft,  SBiefinger,  ©rüdfner,  SBeife  u.  a.  anerlannt  ift,  läfct  ft$  bie  SDfc 

15  faffung«jeit  fo  toenig  ftd&er  angeben,  bafj  man  fte  für  bie  3^ef^mmun0  *>**  3$  ^ 
benufcen  tonn,  ©benfotoenig  fyat  man  ein  Steigt,  mit  ©ueridfe,  Stier,  Xrnaub,  ©teet, 
barau«,  bafc  unter  ben  Seiffielen  fd&toerer  ©otteägerid&te  ©.  5  ff.  bie  äerftörung  ^erufa* 
lern«  nitbt  genannt  ift,  nt  föliefeen,  bafj  ber  ©rief  nocfy  oor  biefette  fällt.  SDcnn  e*  toar 
(h>tc  au4  ©rüchter,  $utg,  £ofm.,  SBief.  anerlennen)  nid&t  bie  minbefte  ©eranlaffung,  fte  bo 

ao  ju  ertoätynen,  too  brei  beliebige  ©eiftriele  für  ©eftrafung  beftimmter  grebel  genannt  traben, 
©ielmetyr  toeift  mehrere«  in  bem  ©riefe  über  bie  ^erftörung  ^erufalemö  fyütau«  in  bie  fpätae 
geit  be«  aj>.  Reitalter«,  namentlich  bie  (Srflärung,  jur  ©efämpfung  ber  ^rrle^rer  genötigt 
ju  fein,  toonag  ber  angefe^enere  ©ruber  3^obu«  (geft.  c.  66  na$  6br.  fcgl  8b  VIII 
6.  581,a)  tootyl  nic$t  meijr  am  Seben  toar,  bie  (Sritmerung   an  bie  2öorte   ber  ätyofld 

26  al«  gröjjtenteil«  offenbar  fd&on  3)atymgefd&iebener  unb  bie  enthriefeßere  ©eftalt  ber  Stäche 
im  ©er|ältni«  ju  ben  SRifolaiten  ber  (68  ober  69  na$  S$r.  getriebenen)  Styoialty^ 
Ungefähr  toirb  man  banad^  ben  3©  in  bie  3eit  t)on  70—80  berlegen.  911«  enbtenmn 
feiner  Sbfaffung  ift  nämlidj  bie  3e^  2)omitian«  )u  betrauten,  unter  bem  3*  na<^  $$* 
\ty  (Sufeb.  H©  3,  20)  ni$t  me^r  lebte,    ©o  tuemgften*  unter  ©orau«fe^ung  ber  öd^ 

so  I?eit  be«  ©riefe«.  3)iefe  aber  mit  Sutfyer,  ©rotiu«,  ©emier,  ber  ganjen  ©aurfd^en  S^ule, 
aud^  ©djenfel,  3)langolb,  ^ol^m.,  ^ül.  u.  a.  entft^ieben  m  beftreiten,  ift  man  ntyt  genötigt 
(bgl.  b.  ©oben).  Sie  3eugniffe  be«  tirc^l.  SUtertum«  finb  freiließ  fc^toantenb,  h>a«  au$  Sut^a 
gegen  bie  S^t^eit  anführt.  3m  Kurator.  Jtanon  toirb  er  genannt,  aber  al«  nic^t  bon 
3.  felbft  gefeprieben.    XertuQian  unb  Giemen«  t>.  Sil.  ertennen   tyn   an,  Oriamed  citiett 

86  t$n,  aber  ertoä^nt  ©ebenlen  gegen  feine  ©t^eit,  ebenjo  toie  3)ib^mu«  b.  SU.  ffiie  fk* 
fd^itt^a  in  ij^rer  urfprünglid^en  ©eftalt  fyat  i^n  nid?t  aufgenommen,  Sufebtu«  rechnet  i^n 
ju  ben  Slntilegomena.  9lo^  $ierontymu«,  ber  feine  Slnertennung  herbeiführt,  fagt,  baj  er 
toegen  be«  tipotfypfyfäm  ßttat«  bon  ben  meiften  bertoorfen  toirb.  ^nbeffen  bie«  Sd^toanlen 
erflärt  ftc^  auc^,  menn  ber  ©rief  ufyt  ift,  barau«,  bafe  ber  i^erfaffer  tein  Styoftel  iji,  unb 

40  bie  apoh^p^ifd^en  ditate  anftö|ig  toaren.  ©ad^lic^  berechtigt  ift  le^terer  Stnftofe  nu^t 
3)enn  bie  Meinung,  ba^  bie  eifrige  ©enu$ung  tyotfypt)<x  ©d^riften  nic^t  urapoftoltften 
©efe^maef  berrate  (^üli^er),  ift  gef$i$tli$  garniert  }u  begrünben.  Sie  Unterföiebung 
aber  be«  ©riefe«  unter  bem  9iamen  eine«  fo  h>enig  tyerborragenben  9Ranne«,  tpie  cd  ber 
©ruber  be«  §errn,  ^.  toar,  ift  fc^toer  erflärlid).    Überhaupt  ift  eine  gälfc^ung  Wtoer  an* 

tfjune^men,  ba  ber  ©erf.  „fic^  nic^t  bie  geringste  üJlü^e  giebt,  al«  apoftoliföer  ÜRann  )u 
erfd^einen"  (Sülic^.).  ©ieffert 

3nbe,  ber  etoige.  —  9lu$  ber  ungemein  reiben üitteratur  über  ben  „eitrigen 3uben* 
tann  tjier  nur  ba«  Sictjtigfte  erroä^nt  roerben;  für  roeitere«  ift  auf  bie  g(etd)  ju  nennenbe  6<ftrift 
oon  SReubaur,  ®.  103  ff.  ju  oerroeifen.    3"  ben  großen  enenfiopfibien  erfdjeint  er  feit  TOoreri, 

60  ber  einen  ?lrtttel  Juif  errant  t)at  unb  ftd)  auf  Galmet,  Dictionnaire  de  la  bible,  beruft; 
dalmet  erjötjlt  root)l  juerft,  baß  ber  erotge  3ube  in  Hamburg  geprebigt  babe.  9icd)t  braudp 
bar  finb  bie  Angaben  in  %ot).  3af.  8(i)ubt,  3übijd)e  ^ertroürbigtetten,  «b  1,  gfrff.  u.  £^|. 
1715,  6.  488 ff.  unb  «b  3,  6.  308  ff. ;  bter  ift  aud)  f(^on  ber  »eri^t  be*  9Kattf)äu«  *ari# 
über  ©artap^ilu«   abgebrueft.  —    3.  ©.  Xt).  ©rä&e,    $er  Xann^fiufer  unb    ber  eroige  gube. 

66  2.  Aufl.,  5)re«ben  1861,  muß  oorfid)ttg  benu^t  werben,  ba  utele  Ungenaui gleiten  unterlaufen. 
SJerbinonb  33ä§ler,  Über  bie  ©oge  oom  ewigen  3uben,  ©erltn  1870,  giebt  eine  fe$r  an- 
fpredjenbe  Deutung  ber  „®agc";  griebr.  ^elbig,  3)ie  6oge  oom  eroigen  Suben,  tljre  poetifete 
©anblung  unb  $ortbilbung  (in  93ir^otu  unb  £>ol jjenborff ,  Sammlung  oon  SortrAgeit, 
Serie  IX),  ©erlin  1874,  giebt   oon  6eite  8  an   eine   cingetjenbe  Ueberfid)t  über  bie  neueren 

60  poetifcfyen  Bearbeitungen   ber  „Sage"  feit  ©d)ubart.    —    (£t)arle«  ©d)öbelr  La  Legende  du 


3nbe,  ber  ewige 


593 


Jtiif-erraiit.    ivni*    t8?75  Nation  $ovt§fl   tri  juif  emurt  in  5it  Eocyelop&lk  de*  Scia&oet 

religieunefl    unb    bcmiuä    a($  Viiuicibvurf   $art?  1880;    i,'.  ^tciitnuir,    3)ie  Sage  imm  ewigen 
3uben,  Seidig  IK#4;  oa^u   inm    beniielbeu    Sfteite  *Dii  Heilungen    über    bic  Sage  vom  ewigen 
3 üben,  ebrnba  1893;  unb  fobaun  beibcä  gufmmuen  «I»   V.  $1 uägabc  bes  erften  SSerfed,    i'vj. 
1893   ijerauägegeben ;   ©oebefe,    ÜJrmibrife  ber  &efd)idite  ber  beuf(rf)en  Eutitiuig,  2*  Httft.,  U,   & 
S,  MÖf, 

Über  ben  Urftmmg  ber  (*5efdnd>te  Vom  eitrigen  3ubc«,  urie  biefclbe  ftd;  in  bem  nadt 
bem  breifjigjäfyngen  Stiege  in  L3)eutfd?faub  in  einer  überaus  großen  Stnaafjt  Von  meift 
red?t  fd^ledjten  Druden  Verbreiteten  i^olföbudje  („gebrudt  tn  biefem  3a£r")  üorfinbet,  ifi 
bie  ^forfefuing  noch  uid?t  abgesoffen.  ߀  barf  jebodi  aB  ausgemalt  gelten,  baft  oteft  ra 
©efefyiebte  in  biefer  ©cjtalt  flum  erftenmal  in  einer  (leinen  Schrift  auftritt,  bie  in  rvenigftenä 
fünf  uafebiebenen  Druden,  loeübe  olle  mit  ber  3at)rcö^al>l  1602  bc^idmet  fütb,  Vorf/anben 
ift.  Der  ^itcl  beginnt  hier  mit  ben  ©orten:  Äurjje  3)efdjreibiiitg  nnb  ©rjä&Lung  von 
einem  Rubelt  mit  vJtamen  älbasVeruä  u,  f,  f. ;  bie  (Srjäbhing  füllt  mit  beut  ^itel  unb 
einem  anfange,  ber  in  bem  einen  biefer  3)rude  fehlt,  ad^t  Seiten  Hein  Quart,  alfo  gerabe  ifi 
einen  mn.  (Sine  biefer  Sluägaben  ift  angeblich  #i  Serben  bei  Ghriftoph  iireute  gc* 
brudt;  aber  biefc  Singabc  ift  eine  fingierte;  ein  ®rutfer  ober  Sudj>r)änb[er  biefeS  Samenä 
ift  in  Etilen  niebt  nacfyneisbar  unb  ber  $}rud  ift  fein  ^oHänbifdjer ;  bic  Samen  roeifen 
alle  brei  auf  bas  Sciben  Sfefii  r)in.  1>ie  vier  anbern  SluSgaben  tragen  bic  $escitr/nung 
„gebrueft  }u  Sauden  bei  &>elfgang  Sua)naay ;  baft  bas  aud?  eine  fingierte  angäbe  iftF^ 
fann  nict/t  bcvaurifelt  werben;  aud)  Unmut  ber  Same  Saujjctt  für  SJubiffm  um  jene  #eit 
auf  $rudtoerfen  uoerj  nic^t  Vor,  !jtt  btefen  Druden,  bie  fü  gut  Irrie  toörtlicfy  übereilt* 
ftimmen,  hrirb  nun  erja^U,  bafj  ^aultrö  Von  @i^en/  3Jifcr/of  Von  Sdriesnrig,  bem  5Beri<$t= 
etftarter  unb  Dielen  anberen  mitgeteilt  habt,  er,  ^auluä  von  (£i$en,  fnabe  beit  erpigen 
^üben  im  ^afyre  1512  in  Hamburg  gcfcr)en  unb  gefrrecr/en*  Ter  ,\ube,  ben  bwi  (fü)en  25 
juerft  in  einer  Uirdie  fa^  fagte  ton  fict)f  er  rmfie  äba^Derus,  fei  jur  3C^  ^V(u  ©ä)ufter 
tn  .Jerufalem  getoefen,  habe,  hjeil  er  e^  nuftt  beffer  gewußt,  mit  ba^  crueifige  über 
'^efum  gerufen  unb  bann,  al3  3efti«  unter  feinem  Hreuje  vor  fetner  A\au^ür  üarbei- 
ntgen  fei  unb  fta)  ctnjaö  an  fein  {Saud  anleimte,  i^tt  mit  garten  ©e^eltmarten  fort= 
getüiefen,  vorauf  Je(u^  ibn  feft  angefe|en  unb  ihn  ungefähr  fo  angerebet  habe:  „$&  roill  30 
fielen  unb  ruhen,  bu  aber  (oltft  geben."  Scitbem  Ijabc  er  feine  Stube,  fembern  manberc 
in  ber  SBJett  herum,  ißaulu*  Von  di^en  habe  it?n  bann  itoa)  mit  bem  iRcftür  ber  Schule 
;u  Hamburg  (—  rKeftor  3ü^auitci  ^ax  bamalö  Watt^äu^  Dcltu#,  beffen  Same  aber 
md>t  genannt  roirb  — )  namentlich  über  Daten  au^  ber  Orientalin en  ©efcfttdjte  befragt 
unb  ein  crftaunlid^e^  Süifjen  bei  üjm  gcfuuben,  ®et  !Jube  roirb  fobann  feiner  ©eftalt  B 
unb  feinem  benuitigen  Sinne  nach  tueiter  befdirieben;  Dem  feinen  (frlebniffen  mirb  nur 
erjagt,  ba&  er  ^unbert^^re  nun)  vVfu  Äreu^igung  mieber  in  ^aläftina  geivefen  fei  unb 
3erufal«m  jerftöirt  gefunben  habe,  unb  ferner  in  bem  ja>n  ermahnten  Sln^ange,  ha%  er  im 
3abrc  1575  ober  furg  vorher  in  Spanien  gefehen  jei,  2)er  Üeria?t  ift  unterfebriebert : 
„Saturn  <3djleflh%  ben  1*.  3U"»  1594"f  wofür  in  bem  angcblia)  aus  l'euben  ftammen=  iß 
ben  Trurf,  tr>abrfä>einlia)  irrtümlich,  ba  fonft  bie  vorher  genannte  ^afjreSjahl  i:>7ö  un= 
begreiflidi  tote,  1564  fte^t,  —  (Sine  jmeitc  Mei^e  Von  35rurf|d;riften  über  ben  cu>igeu 
,\ueen  t>at  ben  IM:  „2öunbnbarlidicr  Script  von  einem  Quben  aul  3erulalcm  bünig 
unb  Sl^a^veru*  genannt,  ruddici  Vorgiebt,  aU  fei  er  u.  f.  f.";  in  biefen  enthalt  ber$crid»t 
n?efentlt<^  biefelhen  eingaben,  mic  in  ben  erftgenannten  3?rudcn,  nur  baft  nod?  einige  *s 
fVatere  Srftheimtngcn  be^  ctDigen^uben/bte  naa)  1594  ftattgefunben  haben  follen,  gauj  furj 
ettoä^nt  rverben;  ber  Seritrtt  ift  l;ier  unterjeia^net:  Dan^g,  ben  9.  v\uH  16JD&,  SD.  3B-  ^  , 
(ibriifoftomu^ö  Uubulaeu^  9iSefäri?aluä.  ^tujugefügt  ift  bann  eine  „(Erinnerung  an  ben 
^riftlia)cn  iefer  Von  biefem  3uben'J,  bie  eine  erbaulid?e  ^Beurteilung  ber  ©efc^iajte,  teilrueife 
eine  Apologie  ihrer  ©laubtuürbigfeit  enthalt.  I>ie  meiften  ^Drude  biefer  Älaffe  (>ahen  auf  00 
bem  Titelblatt  eine  älbbilbung  be^  emigen  ^uben,  auf  nxldjc  fie^  slWrfe  auf  ber  Sfüdffeite 
beS  Titelblatts  begießen;  vvrn  ober  hinten  ift  meiften^  hinzugefügt:  „Srftlic^  gebrudt  p. 
l'et;ben  bei  (Sfjriftoff  Greufeer,  9(nno  1602",  6tite  9lngabc  über  ben  eigenen  2)rudort 
unb  fcnö  eigene  SDrudja^r  enthalten  fie  anfänglich  nic|t ;  bie  von  ©rnjjc  in  feiner  Biblio- 
theca  magica,  l'eipjig  1 843,  ©,  93  ermahnte,  „Vcipjig  1(J02"  batierte  ^u^abe,  bie  65 
uac$  i^rem  ^itet  ^u  urteilen  Inerter  gehören  iüürbe,  fo;>eint  nid^t  ju  eriftieren  (ß)rä^e 
t>at  toa^rfc^einltd?  fid;  bureb  eine  hanbjd;riftlia)e  angäbe  (Sbcrtä  ine  leiten  (äffen, 
boc^  Vgl.  aua?  ßbert  im  Sepbn  unter  Sr.  10982).  —  3luf  bic  fpäteren  3Iu^gaben 
unb  3>rudc  beä  „eroigen  ^uben"  lann  ^ier  nidjt  tveitcr  eingegangen  merben ;  60  ge- 
nüge gu  fagen,   baft   c^    n^aS   Vier   ober   fünf  verfdüebene  Slrtcn   Von   fvätcren  Druden  * 

KfOhtfnct?flüt?aMe  für  ^cobflU  unb  ttlräe.  3.  H.  ix.  :;S 


594  3fttbe,  ber  emtge 

giebt,  bie  am  einfachsten  fid&  na*  bem  Saturn,  bad  unter  bcm  Senate  fte^t,  unter* 
Reiben  (äffen,  aber  au*  im  Xitel,  ber  gulefct  meiftenS:  „©rttnblt^e  unb  toaföafttge 
Delation"  beginnt,  unb  burcty  bie  3utbaten  bon  einanber  abmeieren.  ©er  9eri$t  fettp, 
ber  im  toefentlictyen  ftcfj  immer  böHig  gleich  bleibt  unb  nur  burd&  eine  Sufgä^lung  neuerer 
r>  ©rfcfyeinungen  bed  etoigen  Suben,  ber  feit  1602  forttoäljrenb  balb  fyier,  balb  bort  gefefcen 
toirb,  erweitert  tft,  toirb  ft>äter  ni$t  me^r  aud  ©cfyledtoig  ober  Sangig,  fonbern  meiftend 
aud  9tefel,  b.  i.  SRebal,  batiert,  übrigend  gang  ebenfo  unterjd&rieben  tote  bei  ben  3>ru<fen 
ber  gtoeiten  Steige,  nur  bafc  ber  9lame  bed  Dubul&ud  manchmal  ein  toenig  beränbert  tft, 
fraä  jebod)  nur  auf  3)rucffefyler  gurücfgufütyren  fd&eint.  —  Sud  biefen  ft>ateren  Sudgaben, 

10  bor  aüm  benen,  in  toeld&en  ber  Seric&t  „Stefel,  ben  11.  SRärg  1634"  batiert  tft,  bon 
toelcfcen  ed  nun  aud&  guerft  ©ruefe  in  Dttab  giebt,  ift  bann  bad  fd&on  ertotynte  „SoDfe 
bud&"  abgebrueft,  beffen  einzelne  Sudgaben  fi$  jeher  JtontroHe  entgie^en;  bie  Staaten 
toerben  tyier  attmctylicty  fo  entfteüt,  bafe  g.  33.  aud  „bon  ®i$en"  „£i$"  getoorben  ift  u.  f.  f. 
—  2)afe  biefer  etoig  toanbernbe  3ube  furgtoeg  ber  „etoige  3ube"  genannt  toirb,  tote  jefct 

15  unter  und  allgemein  übliefy,  gefäietyt  unfered  28iffend  guerft  in  einem  3)rucfe  ovA  bem 
3(a&r  1694  (angeführt  bei  SReubaur  ©.  90  unter  9&.  31).  —  3)te  Verbreitung  ber  <8e= 
fcfyicfyte  bom  etoigen  3>uben  bon  Deutfcfylanb  aud  na$  ^rantrei$,  too  g.  93.  hn  3c$re 
1609  in  Sorbeauj  eine  Überfefcung  erfdjien,  unb  nic^t  biel  fpäter  auc$  na$  fioltanb,  fann 
hier  nttf)t  toeiter  berfolgt  toerben;   ebenfotoenig  tann   tyier  auf  bie  btelen  bic$terifc$en  8e= 

20  arbeitungen,  toelcfye  fie  in  SSerfen  unb  in  Sßrofa  feit  ettoa  100  $afyctn  gefunben  ty&,  ein- 
gegangen toerben.  9?ur  bad  möge  no#  gefagt  toerben,  baft  ©imroef  in  feinen  95ofe 
büc&ern,  93b  6,  ftranffurt  a.  3JI.,  1847,  S.  417  ff.,  unb  au<$  in  einem  ©imelbrucf  0,9* 
brueft  in  biejem  3>afjr")  baraud,  bie  ©efd^ic^te  naety  bem  oben  ertoäbnten,  fog.  Seltener 
3)rucf  mitgeteilt  §at,  unb  bafj  unter  ben  anberen  neueren  ©ruefen  ft$  bie  hn  52.  #efte 

26  ber  Otto  SBtganbjcfyen  Sudgabe  beutfdjer  33olfdbüctyer  burefc  engen  Snfd&Iufc  an  bie  erfün 
Drude  bon  1602  audgeicfynet. 

Unfere  Snfid^t  bon  bem  erften  93etannitoerben  ber  @efd?ic^te  Dorn  etoigen  $ubm  im 
^abre  1602  bebarf  aber  no*  toeiterer  Segrünbung.  3)afj  bor  1602  in  $)eutjd?lanb  fi^ 
feine  Bpnx  bon  einer  8efanntfd?aft  mit   i^m  finbet,   bafe  äut^er  unb  $<m$  &adfi,  bon 

so  anberen  gu  fc^toeigen,  tfyn  nic^t  fannten,  barf  ald  gugegeben  betrautet  toerben.  Dagegen 
toirb  mebrfacfy  be^au)itet,  ed  fei  fc^on  im  13.  3<w^wi*^  in  granfrei^  ober  (Snglcmb 
bon  i^m  bie  Siebe.  @d  ergäbt  nämlic^  SRoger  bonSBenbotoer  (bgl.  §öd)<x  III,  ©}>.  2185; 
geft.  1237)  in  feinen  Flores  historiarum  unb  naefy  i^m  audfü^rlu^er  Watt^äud  $arid, 
ein  ßnglänber,  ber  tote  Sloger  3Wönc^  gu  ©t.  SIban  toar  unb  im  3a^re  1259  ftarb  (DgL 

36  ^öc^er  III,  Sj>.  1261),  in  feiner  historia  maior  (in  ber  Sudgabe  Londini  1640,  fol., 
©.351  f.;  bgl.  auc^  Sieubaur  ©.  108 f.)  beim  Sa^re  1228  bon  einem  2$ürffe$er  bed 
^ontiud  ^ilatud  namend  6art^i(ud,  berfelbe  §(&*  ^efum,  naebbem  bad  Urteil  über  $n 
gef^roc^en,  mit  ber  gauft  gur  6ile  angetrieben  unb  gefagt:  Vade,  Jesu,  citius  vade, 
quid  moraris?  toorauf  ^efud  fid^  ernft  nac^  i^m  umgefe^en  unb  gef proben  tyibe :  Ego 

40  vado,  et  exspeetabis  donec  veniam.  ©eitbem  toarte  (Sarta^ilud  auf  bie  SBieb^:^ 
fünft  bed  §errn.  @r  habe  [\d)  bon  Snaniad  taufen  Iaffen,  ^e  ,  f eitbem  3°fä?ty  unb 
lebe  nod&  in  Srmenien.  ffienn  nun  auc^  biefe  ©efäid&te  größere  S^nli(^!eit  mit  ber 
bom  ctoigen  IJubcn  ^at,  ald  bie  ©age  bom  etoigen  So^anned,  bom  (Sliad,  ber  noc^  lebe, 
bom  3jofanne$  Suttabeud  unb  bie  bom  3*rib  Öar  @lia  (über  festeren,  ben  f(^on  SRoreri 

46  im  3)ittionnaire  unb  ©räfee  im  @rf$  unb  ©ruber  gur  Sergleiqung  ^erangie^en,  bgl 
^erbelot,  orientaüjc^e  öibliotyef)  unb  biele  anbere  (Srgä^lungen,  über  bie  -Keubaur  in  bem 
genannten  SBerfe  berietet,  fo  ift  boety  ßartap^ilud  erftend  fem  3ube,  fonbern  ein  Gfyrtft 
unb  bor^er  toabrfcfyemlicty  ein  ^eibe  getoefen,  toed^alb  Seffing  i^n  einen  „etoigen  Reiben" 
nennt  (bgl.  Seffing,   Sebcn   bon   feinem  S3ruber,   93b  3,  ©.  337,   unb  äBerte,    Sudgabe 

60  $empel,  Ob  19,  ©.  553),  unb  gtoeitend  toanbert  er  ntd?t  etoig  in  ber  Sßelt  ^erum,  fonbern 
bleibt  ru^ig  in  Srmenien;  beibed  aber,  bafe  er  ein  3ub«  ift  unb  ba^  er  etoig  toanber» 
mufe,  ift  gu  c^araftenftifd),  ald  bafe  ber  „etoige  $ube"  einfad?  für  ßarta^^Uud  Qäfl&ton 
toerben  fönnte.  Über  biefen  Scrid)t  bed  *ßarid  fübrt  auc^  nic^t  fyeraud,  toad  $b^W 
TOoudfed,  Sifd^of  gu  lourna^,  geft.  1283  (bgl.  3jöd&er  1.  1.  ©}).  720),   ht  feiner  chro- 

66  nique  rimäe,  v.  25485  ff.,  in  ber  Sudgabe  bed  Sarond  bon  Seiffenberg,  Tome  II, 
Bruxelles  1838,  4",  ©.  491  ff.  (abgebrueft  bei  SReubaur  ©.  109  f.)  anführt,  obfe^on  ber 
eben  genannte  §eraudgcber  in  ber  (Stnleitung  gum  2.  S5be,  ©.  LXXXV  ff.,  bie  Angaben 
sHJoudfed'  o^ne  toeitered  la  vieille  lägende  populaire  du  Juif #  errant  nennt  &  ip 
boebft  untoabrfc$einli$,  ba|  bie  historia  maior  bed  ?ßarid,  toelc^e  guerft  1571  in  fionbon 

6o  gebnieft  unb   fobann   1589   in  ftüxxd)  nac^gebrueft   ift,   ober   nun  gar,  ba|  bie  SJehn* 


$nbe,  ber  ewige  3tobfon  595 

$nmif  ÜRou«fe«,  bem  93erf affer  jener  im  3^re  1602  gebrueften  „furgen  S3efc$rei* 
bung  u.  f.  f."  befannt  toaren;  er  mürbe,  imgalle  er  Vonbiefen  älteren (Srgctylungen  ettaxtö 
getoufet  tyätte,  toenigften«  einen  #intoei«  auf  fte  ftd&  ftd&er  nid&t  tyaben  entgegen  laffen; 
namentlich  toäre  ein  fold&er  bann  auefy  in  ber  „(Erinnerung  an  ben  ^riftlid&en  Sefer"  gar 
fe^r  an  feinem  $la$e  getoefen.  Dafc  trofcbem  eine  auffaüenbe  SBtynlidjfeit  jn>ifc^en  biefen  6 
©rgä^lungen  unb  ber  vom  etoigen  guben  befielt,  ift  beutlicfy ;  ber  SSerfaffer  ber  ©rgä^lung 
Vom  etoigen  ^uben  mag  auefy  gang  allgemeine  Erinnerungen  an  jene  älteren  @nä|lung& 
ftoffe  Vernommen  tyaben;  bie  gang  eigentümliche  ©eftalt  aber,  in  ber  bie  (Srgäblung  bei 
tym  auftritt,  verletzt  tyx  einen  felbftftänbigen  bebeutenben  SBert.  Denn  bafe  tun:  e«  $ier 
au$  nic^t  mit  einer  aHmäfyltd?  im  33oIfe  vorgenommenen  Umgeftaltung  einer  altern  ©age  10 
ober  einer  fird&licfyen  SSolföbic^tung  (fo  ©oebefe  a.  a.  £>.),  fonbern  mit  ber  ©rfinbung  eine« 
einzelnen  gu  tyun  fyaben,  fd&ctnt  u.  a.  au«  bem  plö$li$en  auftreten  ber  @rgä#ung  fyer* 
vorgugefyen  ;  SReubaur  (©.  11)  nennt  ben  SSerfaffer  einen  SRoveHiftcn.  Die  Srgäfclung  $ebt 
ft$  au«  einer  großem  Slngatyl  in  ben  %ofyxm  furg  vor  unb  furg  nad&  1600  erschienenen 
Heineren  ©rgäfclungen  unb  Betrachtungen  Vorteilhaft  fyerau« ;  teilt  fte  au$  mit  iljnen  bie  15 
apologettfcfye  lenbeng,  auf  bie  aud&  namentlich  bie  verfd&iebenen  Anfänge  fyintoeifen,  fo 
übertrefft  fte  fte  boc§  an  SBert  unb  Sebeutung. 

Darf  bemna$  behauptet  toerben,   bafe   ber  etoige  3u&e  3tya«Veru«,  fotoeit  bi«tyer  er« 
mittelt  toerben  tonnte,  erft  im  $afyre  1602   unb   gtoar  in   ben   oben  genannten  Drudf* 
fd&rtften  in  ber  Sitteratur  erföeint  unb  vorder  tootyl  überhaupt  nirgenb«  befannt  toar,  fo  ao 
befommen  bie  fragen,  toer  ber  i*erfaffer  ber  (Srgätylung  fei  unb  toorauf  bie  gang  i>ojttive 
Se^aubtung,  baft  $aulu«  von  (Sifeen  ben  8tya«Veru«  im  $atyr  1542  in  Hamburg  gefefyen 
$abe,  fu^  grünbe,  ein  befonbere«  ^ntcreffe.     Der  SRame  be«  feit  ber  gtoeiten  Steige  Von 
Druden   al«  SSerfajfer  (ober  Herausgeber?)   genannten  Gtyrtyfoftomu«  Dubuläu«  2Beft* 
ptydvß  ift  bod&  tootyl  al«  $feubontym  aufgufaffen ;   aber  toer  ift  hinter  biefem  Sßfeubontym  35 
verjtetft?    2Bir  tonnen  tyier  nur  fagen,  bafe  eine  äfattoort  auf  biefe  fragen  nod?  nid&t  ge* 
funben  ift,  fo  toeit  un«  befannt  getoorben;  nod?  gang  unftetyere  Vermutungen,  bie  bo$ 
bid^er  fein  ft<$ere«  SRefultat  ergeben,  fyier  mitzuteilen,  verbietet  u.  a.  föon  bie  nottoenbige 
Stenge,  bie  biefer  3lrtifel  einhalten  mufj.  ®enug,  ber  Urf^rung  biefer  ©efc^ic^te,  bie  o^ne 
^frage  je^t  eine  ber  populärften  unter  un«  ift,    unb  bie   gu  Vielen   tiefen  Deutungen  unb  so 
gefäi<tyt«i>l?Uojot)^ifd?en  ßonftruttionen  ben  ätnla^  gegeben  §at,  aud?  ben  größten  Dichtern 
al«  ©toff,  ber  einer  f oetifc^en  Bearbeitung  tvert  fei,  erfc^ienen  ift,  liegt  noq>  im  Dunfei. 

Über  $aulu«  von  @i$en,  ber  im  Ja^re  1555  ©u^erintenbent  unb  Lector  Pri- 
marius am  Dom  gu  Hamburg  toarb  unb  1598  al«  Sifc^of  gu  ©c^ledtoig  ftarb,  ber 
auc^  tohrflW&  gang  gut  1542  (nid^t  1547,  toa«  f^äterer  Drudffe^ler  ift)  als  ©tubent  von  86 
Wittenberg  au«  feine  ßltern  in  Hamburg  befugt  ^aben  fann,  —  ber  aber  auety,  fo  Viel 
un«  befannt,  in  feinen  ga^lreic^en  ©Triften  be«  ctoigen  3u^«n  n^e  gcbenlt,  —  Vgl.  bie 
8b8,  »b  6,  ©.  481  ff.,  tvo  au$  ©.  484  f.  feiner  SSegie^ung  gum  etoigen  ^uben  gebaut 
trnrb.  duxi  »ernenn. 

3rte«^ripen  f.  93b  V  ©.  125  ff.  40 

9nbtntntffton  f.  3Kiffion  unter  ben  3u*>*n- 

Indicimn  »eo.  Petram  f.  33b  I  ©.  73 1,54  ff. 

3**itl>  f.  ©b  I  ©.  644,  ™. 

Sfitbfon,  3lboniram,  geft.  1850.  —   fiitteratur:    ^Biographien   uon   3.  ©(entent, 
Vu6um  1851;   grranci«  s©at)lanb,    SBofton  1853;    sJJ?r«.  £>.  (5.  Souant,  «ofton  1856     ®on  46 
feinem  6o&ne  abwarb  3.,  i»enj^orr  1883-  SB.  6.  SRidjarbS,  ©ofton  1890  u.  a.    89L  ®a*ler 
TOff.sWagajin,  1858  6.  305  ff.  u.  18G4  @.  22  ff. 

Stbon.  3.,  ©otyn  eine«  inbepenbentifd^en  ^aftor«  gu  ^tymoutty  in  3Raffad^ufett«, 
tourbe  geboren  1788.  Unter  puritanifd^en  formen  auftoad^fenb,  jeigte  er  fd^on  frü^  eine 
auj&erorbentlt<$e  Seaabung,  aber  and}  Viel  e^rgeig.  ©eit  1804  ftubierte  er  gu  SlnboVer  so 
mit  glängenbem  @rfolg,  bü^te  aber  feinen  Sibelglauben  ein.  ©ein  3^  ^ar,  ein  grofeer 
Wann  gu  toerben:  er  fötoanftc,  ob  al«  5Politifer  ober  al«  Dieter.  Durc^  tounberbare 
gfi^nutgen,  namentlich  ba«  gang  unerwartete  3ufömmentreffen  mit  einem  fterbenben  J^reunbe 

r^er  ©efinnung,  fam  er  gu  einem  völligen  Sbructyc  mit  feiner  bi«tyerigen  Seben«nd^tung. 
bem  erftarrten  gormali«mu«,   ber  fd^on   lange   bie  Äirctye   3leu--6nglanb«  be^errfd^te,  66 

38* 


596  dtobfon  3üngling#t>eTriue 

begann  bamal«  ein  neuer  ©eiftc«früfylung  fid^  $u  regen,  in  bem  bolb  ber  2Riffu>n«gebanfe 
fräftig  fyerbortrat.  $.  m^  1>™  anbern  jungen  -Dtännern,  gab  1810  Veranlagung  &ur 
©rünbung  ber  großen,  fongregationalifttfc&cn  „Amerifanifcfyen  SMiffton«gefelIfc&aft"  Ameri- 
can Board  of  Commissioners  for  Foreign  Missions).  3)a  bte  ÜDtittel  fehlten,  um 
5  fe<fy«  3Hänner,  bic  fic§  für  ben  9JKffion«bienft  angeboten  Rotten,  au«$ufenben,  tourbe  3- 
nad?  ©nglanb  gefcfyidt,  um  bie  SKithnrhmg  ber  Sonbon  M.  S.  gur  ©rünbung  einer  neuen 
SJRijfion  in  Afien  ju  gewinnen.  <8«  gelang  bie«  nic^t.  Unberrk&teter  ©a$e  mufete  er 
Fjeimfetyren,  tourbe  aber  nun  toom  Voarb  felber  al«  3Jlif(ionar  nad?  ^nbien  ober  Varma 
gefanbt,  nad^bem  er  jubor  ftcr;  »erheiratet  fyatte.     Untertoeg«  tarn  er  ju  ba^ttftifc^en  Sin* 

io  fcfyauungen  unb  al«  er  in  Äalfutta  (anbete  (1812),  löfte  er  feine  Regierungen  jum  Voarb, 
inbem  er  famt  feiner  grau  in  ©irampur  bei  ben  englifetyen  Vaptiften  fiefc  taufen  liefe. 
Vom  ©ebiete  ber  britifd&en  oftinbifetyen  Kompagnie  au«getoiefen,  tarnen  fte  1813  naefr 
TOauritiu«,  too  fte  unter  ben  ©eeleuten  unb  ber  Vefafcung  arbeiteten.  Von  ba  gingen 
fte  bier  9Konate  fpäter  naefy  Stongun   in  Varma,   too   bereite  fcfyon  $ubor  bon  englifdjen 

16  Vaptiften  ein  Anfang  gemalt  toar,  ben  $.  toieber  aufnahm.  Salb  barauf  hnirbe  in 
Amerifa  bie  American  Baptist  Missionary  Union  gegrünbet,  in  beren  3>ienft  er 
eintrat.  3)ie  ©prac^fd^mierigfeiten  tourben  übertounben.  3lad)  fedj^  Sauren  gelang  e« 
ben  (Srftling  ber  Varmanen  ju  taufen.  Von  1824—26  hmrben  bic  arbeiten  burety  ben 
erften  Krieg  ßnglanb«   mit  Varma  unterbrochen.    3.  toar  gefangen  unb  ^atte  unglaufe 

20  licfye  Seiben  $u  erbulben.  2)iefe«  sJJiarttyrium,  in  bem  tym  feine  tyelben^afte  grau,  ob= 
gleidj»  nicfyt  eingeferfert,  jur  ©eite  ftanb,  §at  biel  beigetragen,  feinen  SRamen  bei  ben 
ebangelijctyen  s3Jüffion«freunben  in  allen  ©rbteilen  berühmt  gu  machen.  (Srft  na$  $n>ei 
3afyren  tourbe  er  befreit  unb  mufete  fogleicty  al«  SDolmetfdjjer  bei  ben  gtiebenetoer^anb* 
hingen  bienen.    2)amal«  ftarb  feine  grau.    $)ie  SHiffion  tourbe  in  ba«  britifdj  getoorbene 

36  ©ebiet  berlegt.  A\  toirite  in  SKoulmein  mit  Voarbman  gufammen.  Von  bort  machte  er 
auf  bielen  Steifen  Verfuge  Anfnüpfungen  im  Innern  Varma«  ju  gewinnen.  Um  jene 
3eit  fanb  man  Eingang  bei  bem  unterbrüdften  Volfe  ber  ftarenen,  unter  bem  bie  SRiffion 
balb  überrafcfyenbe  ©rfolge  erjielte.  3.  aber  blieb  bei  ber  arbeit  unter  ben  Sarmanen, 
in  beren  Spraye  er  1834  nad&  17jäfyrtger  Arbeit  bie  Vibelüberfefcung  boüenbete.  Spater 

so  arbeitete  er  toieber  in  SRangun,  too  er  im  auftrage  ber  3Hiffion«gefellfc£aft  bie  Äu«arbei* 
tung  eine«  barmanifcfyen  5H$örterbucfy«  begann,  bie  er  auf  einer  @r^olung«reife  na$  ben 
Ver.  ©taaten  begleitet  bon  jtoei  eingeborenen  ©etyilfen  fortfefcte,  ©eine  ätoeite  grau 
mufcte  er  auf  ©t.  §elena  begraben.  6r  felbft  toar  feljr  elenb ;  aber  befugte  grofce  Volfe 
berfammlungen,  ju  benen  er  flüfternb  rebete,  inbem  ein  greunb  bie  2Borte  laut  toettergab. 

35  ©eftärft  teerte  er  1846  auf  fein  Arbeitsgebiet  gurüd  mit  feiner  britten  grau,  fyaupu 
fäcfyltd?  galt  feine  Arbeit  bem  2Börterbu$e,  ba«  er  jebod^  nic^t  metyr  boDenben  foütc 
©c^toer  franf  fuc^te  er  Vefferung  burc^  eine  ©eereife,  ftarb  aber  auf  ^o^er  ©ee  12. 2tyril 
1850.  ^.«  birefte  3J{iffion«erfolge  toaren  nid^t  eben  bebeutenb;  boi^  ^at  er  einige  bar- 
manifd^e  ©e^ilfen  ^erangebilbet  unb   einige   |unbert  Varmanen    in  d?riftlic^e  ©emeinben 

40  gefammelt.  Slber  ba«  bubbj^iftifd^e  Volf  bilbet  für  bie  3Riffion«arbeit  einen  fe^r  garten 
Voben.  9?a$  me^r  al«  80  jähriger  Arbeit  fmb  boc^  erft  einige  über  4000  au«  bemfelben 
gefammelt,  toä^renb  bic  VaJ)tiften  au«  ben  Äarenen  34  600  Ährctyenglieber  gä^len.  ®od) 
befte^t  nun  in  ber  alten  £auj>tftabt  be«  je^t  britifd^en  SMeic^e«,  3Kanbale^  eine  barmantfäe 
(i^riftengemeinbc  mit  einer  ©cbäc^tntelir^e,  bie  3.«  -Jiamen  trägt       9i.  ©runbemtitu. 

45         Jüngling« »,    ©efeUen*   nnb   Arbeitervereine r    ebangeltfc^e    unb    tatyoHfdje.  — 

1.  3ünglinö«oerein.  a)  allgemeine«.  %t).  <5d)äfer,  Üeitfaben  ber  inneren  Wifrion*, 
Hamburg  1893  3.  91  ff  ;  ^föurfter,  $te  fieljre  uon  ber  3nn.  Wiffion,  ©erlin  1895;  ^«"«»9 
(Sdjäfer,  (Suanac(ifd)e3  9So!l«leiifon  6.  353  ff.);  4)efefiel,  ^)ie  «Wiffion  an  ben  Sünglingcn  ?c, 
Berlin  1864;  Stedme^cr,  5)ie  ^raji«  be«  3üngling«üerein«*,  ©remen  1896;  Ä.  Shrummadjer, 

60  2)ie  ei).  3ünglin(\«oereine  in  ben  üerfdjiebenen  fiönbem  ber  @rbe,  ©Iberfelb  1881 ;  Ä.  Skrum* 
macfjer,  Seben«bilber  oon  greunben  unb  görberern  ec.  3üngling«oereine,  Slberfelb  1882; 
Ä.  ^rummad)er,  3)ie  eü.  SünglingSoereinc  (©ftriftl.  Vereine  junger  3Rönner)  (llberfelb  1894; 
(^efd)id)te  ber  djriftl.  3üngling«ocreine  (3)q«  golbene  ©udj)  uom  Internat.  (Sentraltomttee  ber 
cbriftl.  3üngüna«uereine  in  <&enf;    Seifert,  (ä)rü&e  au«  ber  $>eimat,  ^rjä^lungcn,  Briefe  2Cr 

66  iöerlin  1868;  ftörner,  5)ie  eu.  3üngling«uereine,  ©erlin  1874;  ginbetfen,  5)ic  e».  3üng» 
lingeucreine,  et.  Petersburg  1884;  3).  u.  Cerfen,  5)te  Süngling«oereinc  in  3)eutfd)lanb, 
.^ctlbronn  1886;  Seitfcftrift : Berlin  unb  Xfttele,  3)er  3üngling«üerein,  ©erlin  1894 ff. ;  Sie* 
metjer,  "©ecfftinimen  unb  Sbeale,  ©ortväge  für  3ünglingeüeretne  jc,  ©remen  1896;  3««fl* 
ling«feftprebigtcn  uon  3)üvfelen  2c,  ®üter«(ob,  ©ertel«mann  1880;  ©erlin  unb  £()iele,  €eib 

w  männlt^  unb  feib  ftarf!  geftprebtgten  unb  9lnfprad)en,  ©erlin  1896;  6(ftäfer,  JHeben  unb 
^rebigten   vom  ©ebiet   ber  3)tatonic   unb  Snnercn  ^Wiffion*,  fieipjig  1890,  III,  8.  215ff.; 


3üngItng*oeretne  597 

3<Wfer,  Die  3nn.  Wiffion  auf  ber  flanjel,  9Wünd)en  1897  @.  157 ff.;  Sebmann,  gfeftreben 
Dorn  Gebiet  Der  3un.  SRiffion,  üp$.  1875  ©.  210ff.,  317  ff. ;  ©c&loffer,  Sieben  im  gfreien  ic, 
Jranffurt  a.  9R.  1881  ©.  177 ff.;  €f)h),  (Bei  toacferic.,  Seipjig  1886  passim;  Wittenberg,  #abt 
bie  ©ruber  lieb!  ©erlin  1898  @.  250 ff.,  488 ff.;  Katalog  ber  3üngling8*©ereinS-Sitteratur, 
©erlin.  ©udfcbanblung  be$  Oftbeutfdjen  3ünpUng3bunbe3;  Mennig,  Ein  (öang  burd)  bie  5 
3üngltng3oerein8lftteratur  (^farvboie  1898  9ir.  2  u.  3).  b)  einzelne  ©ereine,  ©er* 
ein  «gebiete  unb  8fr  age  n.  3  £•  3-,  ©rudtftürfe  qua  ber  3ub.«$eier  be8  eo.  SünglingS* 
oerein$  in  ©afel,  ©afel  1875 ;  50.  3abre3berid)t  be§  eo.  £anbtoerferoerein8  in  Sftündjen  für 
1897/98,  Wunden  1898;  &ux  Erinnerung  an  ba3  50  jährige  gubiläum  beS  meftbeutfdjen 
3üngüng«bunbe$  (3ünglingSbote  oon  Suptbt.  ßrummafler,  Elberfelb  1898  9h\  35) ;  Sarorenj,  io 
Denffdjrift  &ur  gfeier  be«  50 jätjrigen  ©eftebenS  beS  alt.  eo.  SünglingS*  unb  9Ränneroerein3 
in  Stettin,  Stettin  1893;  Seibel,  Die  eo.  Männer;  unb  3üngling3oereine  Sadjfenä,  DreSben 
1885;  St.  Ärumntadjer,  ©ebeutung  unb  Aufgabe  ber  eo.  SünglingSoereine  in  ber  ©egemoart, 
Nürnberg  1883;  Sßebinger,  3n  toeldjer  SBeife  tönneu  bie  ^Kitglieber  unferer  günglingäoereine 
ffir  baS  9iei<4  ©otteS  t&ätig  fein?  Elberfelb  1882;  Euno,  Die  Erbauung  in  ben  günglmg«-  15 
Dereinen,  ©erlin  1885;   SBeibauer.   Da3  firdjl.  Slmt  unb  bie  eo.  SünglingSoeretne,  Hamburg 

8894] ;    $afcfd)fe,  Sociale  9Bo!)lfabrt3einriaVungen  für  eo.  Männer«  unb  3üngling3oereine, 
reSlau  1898;    3Rid)aeli3,    Die  Pflege   ber  3ugenbabteilungen ,   ©erlin  1891;    Xbiermann. 
JunglingSoereine    auf  bem  Sanbe  (Sdjäfer,  ©tonatäfaVtft  für  Snnere  SRiffion  XVIII,  1898 

5.  353) ;  3üngling3oereine  auf  bem  fianbe  (TOittcil.  beä  ©ranbenb.   <ßroo.-9lu8fdmffe3  1894  20 

6.  353;  1897  ©.  598);  Seippel,  Die  «ßueftt  in  ben  ©ereinen;  Solbatenmiffion  OünglingS- 
oerein  1895  @.  161);  Dröner,  Der  f leine  föatgeber  für  ©rünbung,  fieitung  unb  Pflege  oon 
eo.  3ujjenboer.  in  Deutfdjlanb;  oiele  Auf  ff.  im  „3üngling3oerein",  in  ben  ©er  tjanb  hingen 
ber  SunglingSoereinSfonferenjen. 

II.  ©erroanbte  ©eftrebungen.  a)  3"8enboereine  ogl.  bie  aflgem.  Sdjriften ;  25 
Äopp.  Der  Sugenbgeiftlicbe  (Sdtffer,  3Ron.  für  Diaf.  u.  3nn.  TOtffion  II,  1878  6.  319 ff.); 
ScMfer,  Seitfaben  ber  3nn.  SRiffion8,  @.  91  ff.  b)  Ebriftl.  ©erein  junger  tfauf* 
leutc.  Sauled  (Sdtffer,  9Ron.  f.  Diaf.  u.  3nn.  SHiffion  IV,  1880  <5.  56  ff);  Sdtffer, 
Öeitfaben  ber  3nn.  TOiffton *,  6.  103.  c)  EbrfftL  ©erein  junger  Gönner.  0.  9&otr> 
fir<6  (fjlicg.  ©Ifitter  au3  bem  Rauben  £aufe  1884);  0.  öaffell,  Die  (fcriftl.  ©er.  junger  80 
Gönner  in  Deutffllanb,  Stuttgart  1898.  d)  Enbeaoor*©er.  Mennig,  Die  Enbeaoor* 
oereine  unb  bie  beutfdKO.  ßirfle,  ©erlin  1894. 

III.  Die  fatbol.  ©efellenoereine.  Sdjäffer,  Bbolpb  ftolping,  fünfter  1880; 
6<Wfcr  über  Äolping  (Scoäfer,  Eo.  ©olfälerrton  S.  399) ;  #ennig  über  @ef.-©er.  (Sdjftfer, 
fco.  ©oltölerrton  S.  264);  <ßaul  Debn,  Die  fatfjol  ©efettenoereine  in  Deutjcfclanb,  ©erlin  35 
1882;  9iiebmüller,  Ebronif  be3  fatljol.  «rbeiteroerein«  9lugöburg  1874—99,  BugSburg  1900; 
^reÄberitöt  be«  tat^ol.  ©efeflenoer.  in  ^öln  oon  1899;  $anbroörterbuc&  ber  Staat^toiffen- 
feftaften  oon  Elfter  k.  m,  S.  837  ff. 

IV.  Arbeiter  oereine.      fflablenbert   (S^äfcr,   Eo.    ©olfSlej.  S.  37);   ©eber,   3ur 
(iefeftieftte  ber  «rbeiteroereine  (Äu«  ber  Arbeit  ber  freien  tira^l.  foi.  Äonf.  I,  1898  6.  86  ff. ;  40 
a)®oangelifdie  Arbeite ro ereine.    Deutelmofer,    Die    eo.  ?lrb.-©er.    in   SBefrpbalen*, 
Woabeburg  1890;    3Beber,   Die   eo.  9lrb.*©er.,   tbre  ©ebeutung   unb  BuSgeftaltung.   ©erlin 
1890;    »eber,  ?ratt.  Mmoeifung  für  ©egr.  unb  Seit.  eo.  ttrb.»©er.,   Seipjig  1890;   3Beber, 
©erid)t    über   bie  eo.  9lrb.-©ereinSfa(be  1897/98,    Hattingen  1898;    «rnbt,   ©eri*t  über  k. 
1898/99,  Hattingen  1899;    ©a«  motten   bie   eo.  ?lrb.»©er.?  (Wr.  175  ber  &lugbl.  be§  ©er.  4o 
für  eftrifil.  ©olf«bilbung,  9Küncöen=©labbacb) ;  Weber,  Wnfpradien  für  eo.  Arbeiter*,  ©ürger-, 
Bol!d>  unb  ^Äänneroereine,  ©üterdlob  1891;    Sorenj,   $)a«bbud)   für  eo.  $rb.-©er.,  ßeipjig 
1892;  Statifti!  ber  eo.  Slrb.-©er.  (©«äfer,  3Äon.  f.  3nn.  9Kifrion  1896  6. 185 ff.);  ©urfter, 
2eftre  oon   ber   3nn.  9ttiffion,  ©erlin  1895,    S.  113,  163,  247;    ©öttinger  «rbeiterbibliotbef 
1893 ff. ;  9M)einif<^eftp^ifd)e  ^rbeiterbibliot^et,  Hattingen  1893ff.  -  b)  Äatbof.  «rb.»  60 
Bercinc.     ©ongar$,    Da§    fatbol.-foj.    ©ereinStoefen   in    Deutf^lanb ,    ©ürjburg   1879; 

Si(e,  «rbeitertoobl,  Organ  k.,  Äöln  1881  ff.;  bafelbft  ©tatiftif  1897  S.  97 ff.;  ©ruber,  [Äat^.] 
taatdlejifon  I,  41 6  f. 

I.  ©er^ttnaUngStoerein.  2)erXrieb  ber ;^ugenb  jum  3^mTnenWwfe  mitSIeid^« 
aefteDten  unb  (Sleidpalterigen,  bie  ©orge  oon  Eltern  unb  ©eelforgem  namentlich  für  bie  aflein=  56 
fte^cnbe,  in  ber  fjrembe  befmblicfye,  ber  SSerfü^rung  au«gefe|te  ^Jugenb,  ber  äBunfcfy  d^riftlic^er 
©oltefreunbe,  bie  $ugenb  Dor  ben  ©cfabren  bc^  28elt=  unb  gettgeifte«  ettt>a  in  ber  befonberen 
®eftalt  ber  Slebolution^gebanfen,  ber  Soxialbetnofratie,  ber  Äird^enflud^t  ju  föüfcen :  bie« 
unb  ä^nlic^  ift  ber  ÜJlutterboben,  au«  oem  bie  3üngUng$toereme  ungefähr  im  Sritraum 
ber  legten  ^unbert  3^^e  entftanben  fmb,  toobei  ba«  erftc  drittel  beä  ^a^r^unbert«  nur  eo 
ben  (Sebanfen  unb  gam  bereinjeltc  Äetme  ertoac^jen,  ba«  jtoeite  3)rtttcl  bie  Vereine 
m  ben  ber  ©ad^e  gtinftigeren  ©egenben  reichlicher  emporfommen  läfet  unb  ben  erften 
3ufammenfd^lu^  in  Sünbniffcn  unb  mit  bem  allen  bie  Sertoertbarfeit  unb  Sebcutfamfeit 
be«  ©ebanfenS  für  toeitere  Äreifc  ^u  erfennen  giebt,  ba«  britte  drittel  ben  foftematifctyen 
©etneb,  bie  Durcharbeitung  ber  einzelnen  fragen,    bie  internationale  33erbinbung  bringt  r« 


598  äftngluigdfcertute 

unb  bamit  ben  3üngling«t>erein  al«  einen  t>tclfac^  ntd&t  unfertigen  %attox  be«  d&rifttufc 
fojialen  geben«  erfeeift. 

Die  erflen  Keinen  Vereine  Ratten  im  toefentlid&en  ein  jrietiftiföe«  ©epräge,  feie  e« 
ben  Kreifcn  ber  ©titten  im  Sanbe,   avß  fcenen  fte  ftc§  remitierten,   entforadjj,   fo  ber  bon 

5  Pfarrer  -JRetyenrod  in  Safet  1758  begrünbete,  ber  gefeö^nlicfc  al«  ber  erfle  genannt  feirb. 
@ine  Reine  3atyl  bereinigte  jtcfc  auf  folgenbe  ©afcungen :  1.  genau  bei  ber  Setyre  be« 
Söorte«  ©otte«  unb  bem  apoftoliföen  @lauben«be!enntni«  }u  bleiben,  2.  alle  ©etttereret 
unb  fea$  baju  bertciten  tonnte,  gu  meiben,  3.  ein  jeglicher  foHtc  e3  reblic^  mit  ®ottr  mit 
ft$  felbft  unb  allen  -JRenfd&en  meinen,   4.  jeber  foute  bie  ftretyeit  l^aben,   ja  betyfTtcfttet 

10  fein,  ben  anberen  gu  ftrafen  unb  ju  erinnern,  5.  jeber  foute  fid&  infonber$eit  ber  Ser* 
f$feiegen$eit  befleißigen,  bamit  ba«  gute  Auftauen  gu  einanber  fead&fe.  Der  betannte 
K.  $.  ©Mittler  fear  fyäter  ein  ©lieb  Dief e«  Kreif e«,  ber  jtcfc  mbe«  na<$  ettoa  50j%igem 
Seftetyen  auflöfte.  Salb  aber  trieb  ba«  Sebürfni«  einen  neuen  Serein  fcertoor.  Stnen  äfcn* 
liefen  Styaratter  trug  ein  1817  begrünbeter,  bi«  gu  50  9KitgKcbern  anfeacfcfenber  Seretn  nn 

15  faauß  be«  §of!ammerlüfer«  (Sngelmann  in  Stuttgart.  @r  fear  &aut>tf&c$li($  eine  @ebet«gemetn= 
fcfcaft.  Son  reifem  ©egen  fear  ber  1816  in  (Slberfelb  bon  $aftor  Döring  (1783—1844, 
and)  al«  Dieter  geiftl.  Sieber  befannt,  bergl.  0.  Krau«,  ©eiftlic&e  Sieber  im  19.  3afc 
bunbert,  Darmftabt  1863  unb  K.  Söl«,  Döring«  Seben  unb  Sieber,  Saroten  1861) 
begrünbete  herein.   @r  pflegte  ^uptfätyli$  bie  Siebe  gurSRiffton.—  ffi«9kjior  Stallet  ben 

20  Safeler  Serein  lernten  gelernt  $atte,  richtete  er  1834  einen  ctynltd&en  Serein  tnSremen  ein, 
beffen  Statuten  bie  ©runblage  berjenigen  ber  feeftbeuttöen  Sereine  gefeorben  ftnb. 

Son  Sremen  au«  befam  bie  ©a$e  im  Sßu^pertBal  einen  neuen  fcäfttgen  Smpul« 
gum  $hteintreten  in  (vettere  Kreife  unb  gu  ftrafferer  Serfajfung.  Der  Kaufmann  6.  %. 
Klein  tyat  in  btefem  ©inne  bem  Serein  über  50  Satyre  gebient.   Die  beghtnenbe  Arbeit 

25  2Btc$ern«,  fpäter  fein  Stuf  gur  inneren  SBiffton,  beren  organifterte  unb  organifierenbe 
3lrbeit,  bie  -JJKtfeirfung  bon  SReifeagenten  ber  inneren  -JRiffton  feie  $efefiel  (fcgL  €x&äfer, 
(Söangel.  Solfölejfton  ©.  322)  gaben  ber  ©aepe  einen  ftarlen  Erieb  ber  Serbrettung  unb 
fteHten  fte  in  ba«  Su$t  ber  Öffentlid&feit.  5Dlan  ftellte  tyeologiföe  unb  anbere  Seruf* 
arbeiter  foegieü  für  bie  3üngling«facfye  an  (1857),  unter  beren  erfken  geittoeiltg  au$  ijefe= 

so  fiel  fear.  Die  3üngling«bünbnifie  (»Jufammenfcfytuß  ber  eingehen  naety  Sänbern  unb  fjro* 
bingen  aufeinanber  angefeiefenen  Seretne)  entftanben :  1848  ber  r$rinifcfctoeftfälif($e  3fing= 
Img«bunb,  1856  ber  oftbeutfd^e ;  ebenfo  erfolgte  1853  bie  Silbung  Don  Krei«t>erb&nben 
benachbarter  Sereine. 

Die  Rz\t  be«  foftematifd&en  Setrieb«  unb  ber  metfyobiföen  Durd&btlbung  fd^uf  junä^ft 

35  bie  SerDollftänbigung  be«  Sünbni«ne(e«  (1869  entftanb  ba«  fübbeutfd^e  Sünbnt«,  1878 
ba«  fä#f(^e,  1880  ba«  norbbeutfd^e,  1884  ba«  elfa^lot^rfatgtf^e,  1887  ba«  füboft^beutf^e 
ober  fc^leftfd^e,  1890  ba«  t^üringifc^e)  unb  enblic^  al«  ©pi^e  be«  ©angen  feit  1896  eine 
©efamfeertretung  aller  beutfd?en  ebangeliföen  ^üngling«^ereine  unter  bem  Sorftf  be«  um 
bie  ©ad&e   ^oc^berbienten    ©utoerintenbenten    Ärummac^er  in  ®lberfelb  ([1830—1899] 

40  t>ergl.  ©c^äfer,  Sbangel.  Solföle^ifon  ©.  425).  ©elbft  eine,  feenn  au$  lofere,  internatto« 
nale  Organifation  ift  erfead^fen:  feit  1855  |ält  man  etfea  alle  3  Sa^re  internationale 
Konferenzen;  1878  fe^te  man  in  ©enf  ein  internationale«  Komitee  ein,  feelcfeem  jtoei 
Slgenten  bienen  (Gl)arle3  ^ermaub  unb  6^r.  $^ilbiu«).  Son  feiten  be«  fremblfinbtf^en, 
namentlich  engliföen  unb  amerilanifd^en  ^üngling«k>erem«feefen«,  ba«  ft$  fräfttg  entfeideb 

45  ^atte,  fyat  manche  f^orabifc^e,  oft  einflußreiche,  teil«  günftige,  teil«  ungünfttge  3öirhing 
auf  bie  beulten  Sereine  ftattgef unben ;  jene«  Komitee  ift  em  jfear  ni$t  fd^r  fetrffame«, 
aber  boc^  legitime«  Sanb,  ba«  alle  umfd^lie|t.  Der  §au)>tunterf$ieb  ba  au«lanbif^en 
unb  ber  beulten  Sereine  befte^t  barin,  baß  man  bei  jenen  ein  entföeibenbe*  ©efei^t 
auf  eine  mifftonierenbe  X^ätigfeit  ber  ätitglieber  nac^  außen  legt,  bei  biefen  nic^t,  Dtd> 

50  me^r  bie  ©teQung  baju  ben  eingehen  überläßt ;  baß  jene  Sereine  alle  Denominationen 
gleichberechtigt  fem  laffen,  bie  beutfe^en  unb  mit  tynen  bie  ßanbinabifc^en  Seretne  aber 
fi$  i^ren  jefeetligen  £anbe«!ird^en  berbunben  erachten.  —  3Kit  bem  großen  9EBad^dtum 
unb  ber  äußeren  Draanif ation  ging  bie  Durcharbeitung  ber  inneren  fragen  unb  bie  Dtffc 
renjierung   ber  t>erf(|iebenen  Strömungen  im  Serein«leben   gleiten  ©djriti   fragen  be« 

55  Sercin«leben«  feurben  an  ber  £anb  ber  ©rfa^rung  auf  berfd&iebenen  Konferenzen  Um 
gefteQt  unb  bie  ^ugenbabteilungen,  Sereine  für  junge  Kaufleute,  $riftli$e  Seretne  junger 
sJKänner,  ©nbeabortoereine  löften  ftc^  früher  ober  foäter  al«  befonbere  3^0e  öom  $«upk 
ftamm  ab,  bie  ^Jü^lung  me^r  ober  feentger  befea^renb  ober  löfenb. 

„©egenfeärtig  gehören  bon  ca.  1800  beutfetyen  3üngling«bereinen  ca.  1400  ben  neun 

60  obengenannten  Sünbnijfen  an.    3^nen  bienen  14  ^tungen,  40  eigene  ©ebäube,  25  Sc 


3$itglt!tgd*emne  599 

betöre  unb  Stgenten.  ©emcinfameS  nationale«  äBatyrjeicben  ift  fc$h>arj*h>eifcrote$  ©c$ilb 
mit  golbenem  Streuj  unb  bem  Söatylfprucb  $f  119»  9"  Sta*  internationale  Äomitee  „ber* 
tritt  ca.  5500  Vereine  mit  etloa  '/*  SRiHion  9Jtitgliebern"  ($ennig  im  Bolfölqrifon 
S.  354). 

Art  unb  ^iele  beä  beutfcfyen  SünglingäfcereinSlebenS  foric^t  bie  @tfenac$er  flirren*  6 
tonfereng  1896  in  folgenben  SBorten  avß :  „2)ie  fräftige  Pflege  unb  gefunbe  SUtägeftal* 
tung  ber  Sünglmgätoereine  ift  für  We  ^ulunft  ber  Äird^e  bon  befonberer  Bebeutung.  ©inb 
biefelben  aud&  an  fty  feine  fir$li$e  @mric£tung,  fo  ftnb  fte  borf)  nt  einer  folgen  in  tyrem 
eigenen  Sntereffe  au&ubilben  burd&  Smorbnung  in  ben  <ßaroq>ialberbanb,  bur$  treue 
Pflege  fettend  be$  geiftlic^en  2lmt$  unb  Beteiligung  ber  lird&lic&en  ©emeinbetoertretung  an  10 
berfe&en.  iDringenb  ju  toünfd^en  ift,  bafj  bie  ^üngling&ereine  fw§  auc§  m  ben  Sanfc 
gemeinben  einbürgern." 

3)ad  BereinSleben  entfaltet  jt$  nad)  Ernten  bureb  (Srbauung,  Belehrung,  Untermal« 
tung.  ©otteS  ©ort  ift  na$  bem  2Bablft>ruc$  $f  119,  9  ©runblage,  9ffitte$utrit,  Siegel 
ber  Berehte.  ®3  toirb  bon  ben  SRitgliebern  ertoartet,  bafe  fte  fleißig  $ur  Äirctye  getyen.  iö 
3m  Beretnälolal  toirb  ifynen  ©otteä  SBort  in  befonberen  Bibelftunben  unb  Bibelbeforecfc 
ftunben,  in  anbauten  an  ben  au$  burc$  anbereS  aufgefüllten  BereinSabenben,  bei  Berein& 
feften  in  ^rebigten  unb  Slnfprac^en  nafye  gebraut,  hierin  fyat  ba$  BereinSleben  feinen 
tou^tigften  (S&arafter,  tote  bie  ©rfa^rung  geigt,  ba|  mit  ber  Bernacfyläffigung  biefed  Sie* 
menteS  ber  (Srnft  unb  bie  Äraft  fätoinbet.  gnbejfen  fott  baä  SReligiöfe  nid^t  ber  einige  *> 
intydt,  fonbem  nur  ber  alle«  burc^bringenbe  ©eift  beä  BereinStebenS  fem.  —  211«  jtoetteä 
Clement  tritt  ba$  belefyrenbe  unb  bilbenbe  fyimu.  Dafür  forgen  bie  BereinSbtbliottye!, 
mancherlei  Surfe:  SRad^ilfeunterrid&t  in  ben  Bolföfc|ulbi$cit>linen,  Buchführung,  fttiä/Mn, 
granjöftfö,  (gnalite  unb  jablrei^e  Borträge  potmlärstoiffenföaftlid&er  2lrt  au«  ben  @e* 
Meten  ber  ©efepupte,  SRaturfunbe ;  enblttf)  ber  ^ragefaften,  35t$fuffton&  unb  Dcflamier*  36 
Übungen.  Der  eigentliche  Unterriebt  pflegt  bie  (rf)toäd>fte  Seite  be$  BereinSlebenS  nt  fein, 
inbem  man  nur  feiten  mit  ben  anbertoeit  bortyanbenen  Se^rfräften  unb  Se^rmitteln  ton- 
tarieren  tonn.  —  Beffer  pffcgt'3  bagegen  mit  ber  Unterhaltung  befteHt  gu  fein,  toenn  man 
ben  SRafiftab  ber  t^atfäcbUc^  am  herein  ft$  beteiligenben  ßreife  anlegt.  6«  fyanbclt  ft<$ 
babei  um  SDtuftf  (fotootyl  ©efang  als  Spielen  namentlich  bon  BlaSinftrumenten)  in  $aftor  so 
Bolfathtg«  Berein  begonnen  unb  ^auptfäc^ltd?  burdj  bie  beiben  $aftoren  Äutylo,  Bater 
unb  ©olpt  geförbert  (bgt. ©d&äfer,  »genbe  ber  inneren  3Kiffton,  Berlin  1898  I,  ©.8 ff.; 
38  ff.  unb  141  ff.),  Junten,  ©piel  (toobei  jebeS  ©piel  um  ©elb  au^gefc^loffen),  maneberlei 
Äefte  ©amilienabenbe,  SRuftiabenbe,  t>atriotifd^e  unb  Berein^fefte,  Borfü^rung  öon  Sid^t- 
btlbern  u.  f.  to.).  86 

©ang  o^ne  3Birtung  nad)  äugen  toirb  toofy  fein  enttoideltertö  Berein^leben  fein. 
SBo  üic^t  ift,  ba  leuchtet  e^;  too  geuer  ift,  ba  toärmt  e«.  Diefe  SBirfung  lann  eine  birefte 
unb  beabft$tigte  ober  unbetvu^te  unb  inbtrefte  fein.  3Ran  fyat  t>om  beutf^-ebangelifc^en 
©tanbputtit  Diel  einjutoenben  gehabt  unb  no<f>  eingutoenben  gegen  eine  SBirtfamreit  ber 
erfteren  ärt  —  namentlich  für  $ünßKn0**  ^  no$  toerbenbe  SRänner  unb  toerbenbe  G^riften  *o 
ftnb,  manche  noc^  fe^r  unreif.  2)a$  englifd^samerifanifd^e  drängen  auf  Betätigung  toirb 
cbenfo  t^erfe^rt  fein,  afö  bie  öngftli$e  beutfd^e  Blöbigfeit.  $Ran  muft  nur  affe^  bergleic^en 
nüchtern,  befebeiben  unb  treu  betreiben,  bann  rutyt  ein©egen  barauf.  ©erabe  in  unb  mit 
anaemeffener  Slrbeit  erftarft  bie  Äraft,  n)%enb  forcierte,  met^obiftifd^e  SBirferei  ben  6^a* 
raner  unb  ba3  d^riftlic^e  Seben  fc^äbigt  (bie  3Jtithrirtung  am  inneren  Berein^leben  je  46 
no4  Äräften  ift  fetbftoerftänbüc^).  3te  Bcifoiele  be«  SBirlen«,  ba«,  gefunb  geleitet,  ^eilfam 
ift,  möchte  ju  nennen  fein :  Sßrebigt*  unb  ©d)riftentoerteilung,  §elferbienft  in  ber  ©onn* 
tagäfäule,  namentlich  auc^  §ilfe  bei  ber  ^ürforge  für  eimelne  ©ruppen  junger  Seute. 
9Wan  toeife  ja,  hrie  toirffam  auf  bie  3ußen^  garobe  ber  (Sinflug  ber  3uÖm^  *ft-  //$ic^n 
gehört  ft>egidl  a)  ber  ©ienft  in  ber  ©d^rippenfirc^e  [leiblicher  unb  geiftli^er  ^Üf^bienft  an  w 
Arbeits  unb  Dbbacblofen  Berlin«,  bgl.  ^ennig  in  ©c^äfer«  Boßdle^iton  656  f. J.  b)  $ie 
ftftrforge  für  bie  eintoanbembe  männlid^e  3>ugenb  in  Berlin  (feit  1897)  unb  anbem©rofc 
ttabten.  ÜRitglieber  ber  ^üngling«bereine  fucfycn  alle  na<ty  Berlin  gugejogenen  auf,  um 
jk  jur  Beteiligung  am  djriftli<$en  Beretn«leben  einjulaben.  c)  Die  ©olbatenmiffton  feit 
1891.  SÜle  Bereine  fenben  bie  3lbreffen  i^rer  jum  §eer  eintretenben  9Kitglieber  an  bie  65 
(SentralfteHe  ein.  3>tefe  fteQt  bie  ©olbatenlifte  jujammen.  ©ie  ermöglicht  Aufenbung  ber 
Bunbedorgane  an  bie  jum  §eerc  eingebogenen  TOitglteber  unb  3ufammenWufe  berfdben. 
3n  3Re^,  ©ieben^ofen,  .Höln,  Soblenj  ftnb  ©olbaten^eime  eröffnet  unb  Pfleger  angeftellt. 
d)  3)ie  ÄeDnermiffton,  ^ie  unb  ba  namentlich  burc^  ©c^riftenmiffion,  aber  auc^  burety  Ber- 
anftaltung  befonberer  fieQnert)erfammlungen.    e)  $te  Pflege  ber  Bäder,  bie  nur  an  einem  so 


600  3ffiitgHttfj8toerettie 

2Bod&entag  3rreijeit  Robert"  (ßennig  in  ©dfräfcrä  SSoltelejtfon  354).  @S  toerben  fidj  >u 
fold&er  immerhin  nur  afö  £ilfgbienft  ficfy  barftellenben  Slrbeit  bie  bereifteren  geneigt  unb 
geeignet  &eigen,  namentlich  audj  fold&e,  meiere  greubigteit  Ijaben,  foäter  afö  SJerufSarbeiter 
in  ber  äußeren  ober  inneren  SRiffion  ttyätig  ju  fein.  üDtan  jä^lt  bergleid&en  93erem$mitgUeber 

6  tttoa  1700  im  Saufe  ber  3ja$re. 

2lucfy  auf  bem  ©ebiet  ber  Sßo^IfabrtSeinricfytungen  unb  ber  fogialen  Mfe  $aben  bie 
S3ereine  für  ifyre  SKitglieber  fcfyon  mandpeä  §eilfame  gefd^affen,  ba$  bielletqt  in  unferem 
fojialen  geitatter  berftärfte  Pflege  bebarf  unb  erfährt.  $a$f$fe  (bgl.  in  ber  2itt.)  rennet 
batyin  :   ©pargelegen^eit,  SlrbeitSbermittelung,  SBotynungSnac&toeiS,  3Rit$tlfe  bei  £e£rling& 

10  unb  ©efellentyeimen,  93au   bon  ^amtlienfyäufern,   6rtyolung$tyeimen,  Unterftüfeung&  unb 

©terbefaffen.    Seifjiiele :   bie  ^Berliner  Äranlen*  unb  ©terbefaffe  für  ebang.  Männer-  unb 

SünglingSbereine   ga^lte  in    5  gafyren  ca.  60000  3RI.   an  Äranfen*  unb  ©terbegelbern, 

ber  UnterftüfcungSberein  Sruberliebe  in  ßlberfelb  in  6  Sauren  ca.  90000  3Rt.  aus. 

II.    21Ö   bem    IJünglingSberein   bertoanbte   SSereinSbeftrebungen,    ja  afö 

16  ©eitenfd^ößlinge  avß  bemfelben  ©tamm  finb  bie  Sug^bereinc  (8e$rling3toereine),  bie 
cfyriftlicfyen  SSereine  junger  Äaufleute,  bie  cfyriftlicfyen  Vereine  junger  SDlänner,  bie  <SnbeaDor= 
bereine  angufe^en. 

3>ic  ^ugenbbereine  tyaben  ft$  naturgemäß  bon  ben  3jünglingSbereinen  abgejtoeigt 
3uerft  nafym  man  junge  Seute  nic^t  bor  bem    17.  Sebenäjafyre  auf.    Sann   natym   man 

20  fte  auf,  toeil  man  e$  nid&t  beranttoorten  lonnte,  fie  fiefy  felbft  ju  überlaffen  in  jenen  3a^ren 
unmittelbar  nadfj  ber  Konfirmation.  3"^^  We  Änaben  pafytn  nietyt  &u  ben  übrigen 
3Kitgliebern  be$  SSereinS,  fd^on  beä  berfd&iebenen  2Uter$,  aber  aud&  beS  Untermiete  toegen, 
toelctyer  jtoifcfyen  Setyrlingen  unb©efetten  fonft  ftreng  aufregt  erhalten  toirb.  9tamcntlic&  in 
größeren  Vereinen  ertoudjifen  au$  ber  -JRtfd&ung  biefer  bteparatenßlemente  mancherlei  ©^toierig^ 

26  feiten,  ©o  ftfmf  man  befonbere  3ugenbabteilungen,3ugenbbereine,  in  toeld^en  fu$  ba$  33erein& 
leben  na$  bem  alter  ber  -Dtitglieber  mobtfi$iert.  @ine  befonbere  Ausprägung  $at  bie  Pflege 
be£  ^ugenbbereind  in  Stuttgart  gefunben.  DaS  bortige  SugenbtoereinätyauS,  feit  1867,  m 
feinem  jefcigen  Sieubau  feit  1876  beftefyenb,  ift  eine  intereffante  ©tätte  bielfeitiger  ^ugenb; 
Pflege,  beren  §auj)taugenmer!  bie  Setyrlinge  (incl.  gabritarbeiter,  ^au^burfc^en,  Ausläufer) 

so  bilben.  63  ift  2Bo^nftätte,  ßoft^aud,  SSereinälofal  für  mehrere  fyunbert  junge  Seute.  Slucb 
©d^üler  työfyerer  Sefyranftalten  fammeln  ftd^  fyier  ju  SSorträgen  unb  SDtuftt.  daneben  be* 
ftc^t  eine  ja^lreic^  befugte  Äleinfinberfd^ule.  2lußer  §au3eltern  ift  ber  „gugenbgeijUid^e" 
(feit  1863  angeftettt  namentlich  auf  Anregung  be$  ^rälat  Äapff,  bgl.  ©c^äfer,  ©iangel. 
3Joltelejifon  S.  364)  ber  j>erf online  2RitteIpunft  ber  2^ätig!eit,  bie  ftc$  aber  nu^t  auf 

85  ba$  Serein^^au^  befc^ränft,  f onbern  auf  bie  gef amte  Sug^tö  erftrerft,  toelctye  o^ne  gamilien- 
anfc^luß  in  Stuttgart  toeilt  (bgl.  ©d^äfer,  2)ie  3jnn.  SRiffion  in  ber  ©d^ule  *,  ®üter^lo^ 
1900  ©.  28  f.). 

Die  djrtftlicfyen  SSereine  für  junge  Jtaufleute  berbanlen  i^re  (Sntfte^ung  ben  fyöfyeren 
Silbungds  unb  ben  eigentümlichen  ©tanbe^intereffen  ber  betreffenben  jungen  Seute.    2)öc& 

40  tperben  bie  erfteren  metyr  aU  bie  le^teren  berücffic^tigt,  benn  man  nhnmt  auc^  3Rit* 
glieber  au^  anberen  alö  ben  faufmänniföen  Ärcifen  auf :  bie  Segrünbung  erfolgte  hn 
3;a^rc  1848.  3tör.e  Sntmicfelung  toax  nid^t  fe^r  fräftig.  SKan  ^atte  eine  getoifle  ©#eu 
bor  ber  größeren  ÖffentKc^feit  unb  überließ  baä  ^elb  ben  toeltlid^en  „faufmännifc^en  S5er= 
einen"  (bgl.  ©d&äfer,  ®b.  9JolföIejifon  ©.368  f.).  ©^  giebt  ettoa  10  bergl.  SSereine,  toelc^e 

46  ftcfy  ju  einem  93unb  jufammengefc^loffen  ^aben. 

„Die  d^riftlid^en  Screine  junger  -Dtänner  fmb  ^^^gling^bereine  nac^  amerifamf($em 
3)fufter"  (Ärummac^er,  Die  eb.  3>ünglmg$bereine  1894  ©.  196).  Der  Deutfc^amerilaner 
^ri^  ©d&lümbad^  (erft  Slt^eift,  bann  TOetfyobift,  bann  ©eneralfefeetär  ber  beutföen  3üng« 
lingöbereine  3lmerifa^,  bann  Sföitglieb  ber  unierten  ©^nobe  be^  SBeftenS  k.)  tyit  fie  1883 

60  in  Berlin  eingeführt.  Unter  ariftotratifc^er  ©önnerfc^aft  unb  mit  reichen  ©elbmttteln  aufr 
geftattet,  Reiben  fie  in  einer  Slei^e  beutfe^er  ©täbte  (Singang  gefunben  unb  große  Sü^rigfeü 
entfaltet.  Die  ftattlid&en  Solale  Reifen  toerben.  3?ac^  englifc^=ameri!anifc^er  SKrt  legt  man 
einen  großen  sJiad^brudf  auf  baä  SBirfen  ber  SSerein^mitglieber.  Der  !tr$ßd>e  ß^araftet 
biefer  Vereine  ift  ber  ber  (Sbangel.  Slllianj.    Um  jebe  Äraft  am  geeignetem  ^Ua^  m  be* 

65  benufeen,  teilt  fiefy  ber  SSerein  in  berfc^iebene  Äommifftonen :  6m}>fang«!ommifponr  unter- 
rid^tötommiffion,  gremben^  unb  Äranfenbefud^efommiffion  u.  f.  to.  man  treibt  bie  c^riP* 
liety  anregenbe  Arbeit  unter  ben  ©ädern,  ©olbaten,  Äcttnem,  ©ärtneraejiilfai,  ©tr<ißen= 
bafynangcficllten.  Um  ben  loirfenben,  engeren  ÄreiS  ber  eigentlichen  3KitgliAer  betoegt 
fi$  ein  Weiterer,    ber  \id)  ju  ben  Darbietungen  be^  Seretn«  im  toefentlic^en  em^fangenb 

«30  ber^ält.  —  Der  erftc  berartige  SBerein  cntftanb  burc^  ©eorge  aBilliamd  1844  in  Sonbon. 


3nttglut<i$toerettte  601 

3n  Ämerifa  fyat  biefe  33eretn«form  feit  1851  eine  grofic  SJebeutung  gedornten.  Die  ^5rä= 
(tbenten  ftnb  2aien,  nicfyt  ©eiftlictye. 

Die  @nbeabor=   (in   fd&lhnmem  Deutfö)  auety  „93eftrebung«bereine"  genannt  (genau : 
Young  People's  Societies  of  Christian  Endeavor,  hirj  G.E.)  ftnb  1881  bon^aftor 
Glarf  in  $ortlanb  (Maine)  begonnen  toorben.    1892  unternahm  ßlarf  im  ^ntereffe  ber  6 
Sac&e   eine  SReife  um  bie  Sßelt  mit  großem  (Srfolg.    Die  aufgäbe  ber  Vereine  ift  eine 
lebigltdfr  reßgiöfe.    Unter  ber  Sßarole  „gür  Styriftu«  unb  bie  Äiraje"  toiD  ber  SSerein  unter 
feinen  Mitgltebern  ein  ernfte«  $riftli$e£  2eben  förbern,  fte  in  $rift(i$er  ©emeinfctyaft  er= 
galten  unb  jur  Slrbeit  im  äBeinberg  be«  öerrn  anleiten.  Man  läfct  jeben  Mitglieb  feiner 
Denomination  fein,   ftettt  aber  bie  Unterfcf  tebe  jurücf.    Man  untertreibet  afttoe,  freunb*  10 
fc^aftltc^e  unb  ßtyrenmitglicber.  Seibe  ©efcfylecfyter  ftnb  bertreten,  boety  ift  bie«  ntc^t  toefent* 
licfc.    Da«  Sßefentlictye  ift  bie  Übernahme  unb  monatliche  Erneuerung  eine«  ©cltibbe«,  ba« 
)u  ernftcfcriftlid&em  Seben  &erj>flic§tet.    Slucty   fyier  beftefyt   eine  Arbeitsteilung  „in  ben  Ko* 
miteen"  (Mitgliebfctyaft«*,  @ebet«berfammlung«*,  Unterhaltung«*,  (S^ehitte*,  ©onntag«fd&uk, 
©nlabung«*,  Miffton«*,  Muftfc,  2itteratur=,  Unterftüfeung«*,  33Iumen!omitee).  Dem  @an$en  16 
haftet  eine  bielgefd&äfttge,  beräufeerlic&enbe,  unferen  lird&lid&en  SSerfyältniffe  ftc^  fd^Ied^t  ein* 
fügenbe  Strt  an. 

III.  Die  fattyolifcfcen  ©efellenbereine,  ba«  Sßenbant  ber  eto.  Jüngling«* 
bereine,  ftnb  eine  ©c&öpfung  be«  trefflichen  „©efellenbater«"  Kotying  (1813 — 1865).  @r  toar 
felbft  äanbtoerfer  getoejen  unb  fyatte  jtd?  mit  mel  Mütye  jum  $riefter  burd&gearbeitet.  @r  toerftanb  20 
feine  früheren  ©tanbe«genoffen,  enannte  tyre  9lot,  toufete  einbringt  münblidj  unb  förift* 
lid&  ju  $n*n  V*  x&tn,  fyatte  bie  ©abe  ju  organifteren  unb  toermocfyte  eine  gefcfcloffene  §eere«* 
ma$t  9tom«  au«  ben  §anbtoerf«genoffen  &u  machen.  Der  ©efeHen&eretn  ift  eine  ber 
toenigen  praftif$s$riftli$en  Organifationen  ber  ©egentoart,  auf  toeld&e  bie  römtfe^e  Kird&e, 
berat  Seiftungen  auf  biefem  ©ebiet  fyäupg  überf$ä$t  toerben,  ftolj  fein  !ann.  Die  2tn-  25 
fange  (me^rfad^  unter  anberen  tarnen)  getyen  auf«  gatyr  1845  resp.  1849  ^urücf.  „Der 
>($räfe«  mufe  immer  ein  *ßriefter  fein.  @r  hrirb  toont  Diöcefanpräfe«  im  gtnberftänbni« 
mit  bem  ©efamtborftanbe  be«  Sofalberein«  bem  Diöcefanbifcfyof  borgefölagen  unb  bon 
biefem  beftätigt.  Um  tüchtige  $räftbe«  borgubitben,  toollte  Kolj>mg  auety  eine  befonbere 
$riefterfongregation  für  bie  ©.  begrünben.  Da«  gelang  tfym  nid&t ;  bagegen  fyat  er  ben  so 
©efeBcn  im  „Styeiniföen  SBolföfreunb"  ein  Organ,  ben  Spräftbe«  in  ben  „Mitteilungen 
für  SPräftbe«"  ein  Mittel  jur  gegenfeitigen  görberung  in  ber  Arbeit  geföaffen.  9lm  beften 
aelana  bie  fird^lic^e  (Singlieberung  ber  ©.  Die  ©a$e  mürbe  al«  Diöcejanangelegen^eit 
betrautet,  ©amtliche  ©injetoereine  ftnb  ben  Diöcefantyauptbereinen,  biefe  ben  Sentral* 
vereinen  (Äöln,  9Künd^cn,  SBien)  untergeorbnet  unb  re$enfc$aft«t>fUcfytig.  Der  $räfe«  be«  86 
Kölner  herein«  ift  ftuglei$  ©eneralpräfe«  aüer  ©.  ,Hirc^lid)er  Patron  ift  ber  ^eilige 
9lä^rt>ater  3°f^^  SSereine^eiligtum  bie  3Jlinoritenfirc^e  in  Äöln,  ßofying«  ©rabftätte." 
Shi  ben  ©efeHen^oft) ijen  (ä^nli(|  tote  bie  ebangelifd&en  SSereine  an  ben  Verbergen  jur 
ßehnat  unb  ben  ebangelifd^en  93erein«^äufern)  ^aben  bie  ©.  i^ren  lolalen  3Rittelpun!t. 
gtnen  ©inblidf  in  bie  fonfreten  SJer^ältniffe  be«  toie^tigften  SSeretn«,  be«  5lölner,  getoä^rt  40 
ber  3ubeiberid&t  pro  1899.  „Da«  §auptgetoicfyt  legte  ber  SSercin,  ben  3>TUentionen 
feine«  feiigen  Stifter«  entfj)rec^enb,  auf  SBedtung  unb  Pflege  be«  religiöfen  ©inne« 
feiner  9Kitglieber.  SBenn  au«  bem  ©efeDenberein  ein  glauben«ftarfer  9Kittelftanb  er« 
ftmefeen  foQ,  bann  fann  ba«  ja  nur  auf  bem  93oben  ber  Religion  unb  bur$  )>rattifc^e 
®lauben«bet^ätigung  gefc^e^en :  fämtlid&e  SSeranftaltungen  be«  ©efeüenöerein«,  h>eld^er  Art  45 
fte  aud?  immer  fein  mögen,  foDen  biefem  ^toede  bienen.  ©emeinfc^aftlic^e  ^l.  Kommunionen 
an  ben  Montagen  be«  ganzen  Qja^re«,  geiftlic^c  (Sjercitien,  ba«  ftnb  bor  allem  bie  Mittel, 
burefc  toelc^e  ber  Äölner  herein  feine  Mitglieber  gu  braben,  latfyolifcfyen  Männern  ^eran« 
gubilben  ftet«  gefugt  ^at,  unb  ba^  fein  ©treben  nic^t  o^ne  Erfolg  geblieben,  ba«  betoeift 
We  gro^e  3aW  *$t  fattyolifcfyer  §anbtoerI«meifter,  bie  au«  feinen  Steigen  ^erboraegangen  w 
ftnb.  Die  leilna^me  an  ben  gemeinfc^aftlic^en  ^l.  Kommunionen,  toeld&e  viermal  iä^rlic^ 
^attfinben,  toar  im  33orja^re  eine  burd^au«  jufriebenfteüenbe ;  bei  ber  legten,  am 
10.  Dezember,  fanben  ftd^  860  Mitglieber  am  %\\$  be« §errn  ein;  bie  geiftlicfyen  Übungen, 
toeb^e  gur  SSorberettung  auf  bie  ^eil.  Ofterfommunion  burc^  einen  Drben^riefter  gehalten 
tmirben,  toaren  überau«  ftarf  bejud^t.  2lu$  bie  Beteiligung  am  fonntäglid^en  SSeretn«*  65 
gotte«btenfte,  fotoie  an  ber  jeben  gleiten  ©onntag  im  Monat  ftattfinbenben  feierlichen  an* 
bac^t  in  ber  Minoritenfirc^c  gab  ju  Klagen  feinen  Slnlafc.  Sine  nic^t  geringe  ftabl  bon 
3Jerem«mitgliebern  fd^lo^  fic^  gur  „etoigen  Slnbetung"  jufammen,  toeld^e  ebenfall«  jeben 
Sonntag  in  Minoriten  ftattfanb ;  fte  ertoie«  fid^  al«  ein  bortrefflicfye«  Mittel,  bie  monat= 
li$e  ober  ^toeimonatlic^e  Kommunion  ju  beförbern.    3ln   allen  größeren   religiöfen  §*ier=  eo 


602  3ftttglhtg*fceretne  3Wfo»  G*f«*htt 

Itdjfetten  in  bcr  9ßtnorüettfirc$e,  j.  33.  beim  etoigen  unb  40ftünbigen  (gebete,  no$m  ber 
SSerein  in  corpore  teil,  ber  aSereinSctyor  bertyerrlid&te  btefeüben  bur$  ©efangbortrdge. 
Sei  ben  SReligionSborträgen  ertmeS  ficfc  ber  SSereinSfaal  —  er  faßt  800  $erfonen  —  fefa 
fcäufig  al$  ftu  Rein".  9(n  ben  Slbenben  ber  ©onn*  unb  Vertage  tourben  bon  ®äfttttfcn 
6  unb  Säten  Vorträge  beleljrenber  unb  untertyaltenber  2lrt  gehalten  unb  bann  ben  SRitgfies 
bern  eine  angemeffene  (Erholung  geboten.  „Saufdjenbe  gfefte  feiern  ift  ntt&t  ber  $&*& 
beä  ©efellenberetnS ;  er  fott  bielmetyr  mit  barem  arbeiten,  baß  ber  übergroßen  SSergnügungä* 
fud^t,  toeld&e  bie  Signatur  unferer  3«*  getoorben,  unb  bon  ber  befonberS  bie  3*10"^  «* 
griffen  ift,  gefteuert  toerbe."    9tatürli$  tourbe  baS  50jä$rige  ^ubelfeft  be*  ^auptbereinä 

io  „großartig"  gefeiert.  „3m  übrigen  betoeaten  fu$  bie  gefte  beS  SSereinä  in  btefem  $afyct, 
tote  ßetä,  in  einigermaßen  befd&ränltem  Stammen.  Sin  9lacbmittag3auSfIug  ber  3Ritglieber 
im  ©ommer,  eine  Sluffütyrung  religiöfen  ^n^altä  m  b*n  SBetynad&tStagen,  einige  9benb* 
Unterhaltungen  in  engerem  Äreife  —  ba£  toaren  bie  SBeranftoltungen  toeltlic&en  S^aratter* 
feitenä  be3  Kölner  ©efeQenbereinS."    Um  fo  größeren  SBert  legte  ber  üßerein  auf  bie  ge* 

16  toerblid&e  gortbilbung  feiner  9Jtitglieber.  ®S  beftanben  unb  arbeiteten  eine  gange  Shiga^I 
gac&abteilungen  in  bief er  Stiftung ;  f  o  bie  @t.  SlntoniuSsSäcf erabteilung,  fo  bie  Abteilungen 
ber  ©d&neiber,  ©c&reiner,  9Jtetallarbeiter,  ber  ©attler  unb  Saferer,  ber  3Mer  unb  Sin* 
ftrektyer,  ber  ©$u^ma$er,  ber  gra^ifc^en  ©etoerbe.  Sei  ber  Jubiläumsfeier  fanb  eine 
tootylgehmgene  SluSfteBung  \tatt.    3m  StrbettSnac&toeiS  tourben  1611  OefeDen  ©teilen  ber* 

2of#afft,  bie  ©t.  ©ebaftianu&Äranfenfaffe  jä&lte  1100  9Jtitgltebcr  unb  e$  tourben  über 
10000  3KI.  als  flranfenunterftüfcung  berauSlagt.  £>ie  Spar*  unb  Ärebtttoffe  (®.m.  b.  $.) 
fydtt  einen  Seftanb  tum  240000$!.  unb  800002R!.  Sinlage  im3a&r.  2>ie  SBofaung* 
genoffenfc&aft  (@.  m.  b.  $.)  befifct  2  Käufer  mit  23  ^amifientoo^nungen.  3>ie  beiben 
(Sefettentyoftritien  beherbergten  350   ftänbige  ÜRitglieber   unb  2400  burtyeifenbe  ©efcöen. 

36  3n  beiben  Slnftalten  tourben  täglich  ftufammen  7002Ra#jeiten  Verabreicht  S)ie  ©t  ©tante 
lauäfongregation  für  Sprünge  gä^Ite  80  ÜJlitoKebcr. 

IV.  3)ie  ebangel.  unb  lattyol.  ärbeiterbereine  gehören  mit  i&ren  8eftre= 
bungen  eigentlich  metyr  bem  fojialen  Seben  an  (im  Unterföieb  bon  bem  $aut>tfa$(t$ 
religiö&firdjlic&en    Sereicfc),    fobaß  in   biefer  räumlich   überaus  befc&ränlten  Mitteilung 

so  barüber  nic&t  einge^enber  ge^anbelt  toerben  lann.  3*0(&  $  °^en  ^ne  Sttteraturfiber* 
ftd&t  gegeben,  toelc^e  ettoaigen  3ntere^enten  ju  toeiterer  Äunbe  ju  Reifen  k>ermaa. 

Julian  SSfarini  ober  (Sefarini,  geft.  1444.  —  ©Triften  finb  uon  (S.  nid)t  uor- 
^anben.    Ueber  d.  tjanbeln  9tegibiu$  (JtjarleriuS,  De  morte  J.  Caesarini,  in  Baluzius  Mise. 

86  T.  III. ;  diacontu«,  Vitae  pontificum  et  cardinalium  Tom.  II,  coL  861  sqq. ;  g.  o.  Skjolb, 
Äönig  ©igmunb  unb  bie  ffleidj«friege  flegen  bie  ^uftten,  3  %bt.,  3Jlündjen  1872—1877; 
©efele,  <£onciltenaeft&.  ©b  VII  an  mehreren  6t.;  6arof  ©e|*.  $olen«,  IV.  ©bf  6.348; 
«.  fcefarini,  Sultan,  in  ©e^er  u.  ©ehe«  Ätrtftcntejifon.  2.  «ufl.  III.  ob,  Sp.26— 28  (oon 
$efele),    bafetbft  toirb  audj  cttiert   eine  ^Biograp^ie  (S.ö,    oerfaßt  \>on   bem  Florentiner  SBed-- 

40  pafiano,  9iom  1763. 

6.  ftammte  aud  einem  borne^men  ®efd^Ied^te  Stoma.  2)ur$  feine  erfolgreiche  2e^r- 
t^ätigleit,  loeld^e  er  al$  ^umantft  unb  3urift  an  ber  Unberfttät  tßabua  entfaltete,  lenitte 
er  bie  Slufmertfamfeit  ber  römifc^en  Jturie  auf  ft$,  fo  baß  er  an  biefer  )u  ben  ^öc^ften 
ürd^Iic^en  SSBürben  emjjorftieg:    ben  nod^  jungen  2Rann   er^ob   1426  V(H>ft  SKartin  V. 

45  nun  Äarbinal ;  unb  felbft  im  Äollegium  ber  Sßutyurträger  erftieg  er  bie  ^fte  ©tufe,  aü 
$apft  @ugen  IV.  t^n  jum  jtarbinalbtfc^of  t>on  gra^catt  (bem  alten  Zuäftilum)  machte. 
defarini  fear  eine  ni$t  bloß  juriftifd^,  fonbern  and)  bi))lomatifc^  befähigte  3latoxt;  \*8fyJb 
bertoanbte  i^n  bie  Äurie  bei  ben  tyeifelften  5Kiffu>ncn.  9loc^  bon  3Wartin  V.  }uin  ^cä* 
fibenten  bed  Safeler  ^omitö  ernannt  unb  bon  äugen  IV.  in  biefer  @igentöaft  betätigt, 

r>o  na^m  er  an  bem  {$impfli$en  Äreu^uge  gegen  bie  »Söhnten  1431  teil,  auf  bem  er  aber 
als  3ftt$Itng  jogar  feine  JtreujbuKe  unb  ben  ftarbinal^ut  an  bie  Söhnen  berlor.  Seil 
©eptbr.  1431  befanb  er  ft$  inSafel,  Wo  er  burc$  fluge  5Rac^giebigfeit  bie  ©u)>erumtätdgeiüfie 
ber  ftonfttläbäter  burc^  feine  2reue  gegen  *Rom  ju  paral^fteren  berftanb,  bt£  bie  liberale 
Partei  burc^  tyre  Oppofition  gegen  bie  Aurte  if?n  fo  berftimmte,  baß  er  1438  m  (Eugen  IV. 

05  nadj  gerrara  ging.  SBä^renb  er  burc^  btefen  ©d^ritt  baö  ©c^idrfül  ber  Sajela  ©^nobe 
beftegelt  tyatu,  hrirfte  er  auf  bem  Uniondfon^tl  ju  ^errara  1438  unb  bann  1439  in 
Floren;  mit  mächtiger  SBerebfamfeit  ^u  gtmften  ber  römifd^en  ftirefc.  9Kc^t  lange  nac^ 
^eenbtgung  biefer  ©tynobe  fd^tdte  ibn  ber  $apft  ah  Legaten  nac^  Ungarn  an  ben  Äorng 
SBlabtelato,  ben  er  ju  einem  großen  3w0«  0«0e«  M<  dürfen  beranlaffen  foHte.    3«  ^ 

60  %l)at  braute  Gefartni  im  3a^rc  ^  l-°>  cincn  &XKQ  9e9en  ben  Srjfeinb  ber  S^rtften^eit  ^u 


Julian  (Sofort«!  Julian  ton  (gtfomtm  603 

ftanbe;  aber  er  teilte  babei  bad  ©efd^ief  be$  unglücflid&en  Äönigä.  Site  nämlicfc  SBlabtelato 
am  10.  SRobember  1444  bei  SBarna  gefallen  toar,  unb  bie  tiefte  ferne*  Jtreu$eere3  ^eim« 
toartS  flogen,  mufete  auefc  ber  päpflltd^e  Segat  fein  £etl  in  ber  gluckt  fliegen.  Slbcr  ^ier* 
bei  fanb  er  an  ber  unteren  Donau  feinen  Stob  bur$  9Jteud&ler$anb.  Die  angaben  über 
fem  SebenSenbe  lauten  berf Rieben;  am  gangbarften  ift  bie  SKnna^me,  bafj  er  bei  bem  5 
Üeberfefcen    über   bie  Donau   bon  bem  gä^nnann  au£  £abfucfct  erfragen  toorben  fei. 

$.  Sfdjatfttt. 

3ttiton  Hott  ©flanum,  um  420.  —  Quellen  fmb  uotnebmlid)  ÄuguftinS  SBerfe. 
9b  X  (MSL  44.  45  IM  er  auefc  6p.  1736  ff.  weitere  üueflenauSaiige  über  Sultan])  unb  II 
(MSL  33)  ber  SRaurinerauSgabe,  unb  bie  ©ebriften  be8  SRariuS  SRercator  (MSL  48),  ber  10 
nmt)rfd)etnltd)  aud)  ber  Ueberfefcer  ber  ©riefe  beS  SRefioriuS  an  (Söleftin  bon  SHont  ift  (ebb. 
6p.  174  ff.).  $aju  fommen  nod)  Angaben  bei  SSincenj  üon  Serinunt,  ?ro8per  unb  ®enna* 
biuS  (De  vir.  ill.  45) ;  einzelne*  anbere  f.  u.  —  fjür  bie  Sitteratur  &gf.  b.  Ä.  „SlitgufNnuS" 
(8b  II,  257  ff.)  über  Siflemont,  £.  g.  SBigaerS,  ©inbemann,  ©oefcinger,  £.  Deuter  u.  a., 
unb  „^elagiuS"  über  ©amter  (abgebrueft  MSL  48  6. 255 ff.),  3.  ©.  $o&,  Wort«.  $3ol$,  16 
tüftle.  SBörter.  Olafen  u.  a.  Quki^i  2i.  ©rudner,  Julian  t>on  ©flanum,  fein  fieben  unb 
feine  ßefcre.     (Sin  Beitrag  jur  ©efd)i*te  be£  ^elagianiSmu«.  £U  15,  3a,  fieipftig  1897. 

Julian  ift  ber  begabtefte  unb  fonfequentefte  SSorfämpfer,  „ber  ©tyfitematiler",  be$ 
^elagtamSmuS  getoefen.  Slud^  über  fein  perfönlid&e$  Seben  ftnb  hrir,  namentlich  burdfr 
Shtguftm,  unterrichtet,  ©eine  $eimat  toar  äpulien  (MSL  45,  1542  te  Apulia  genuit),  20 
too  er  au$  bornetymem  ©efd&led&t  tootyl480— 490  geboren  fein  bürfte  (Sruaner  ©.  14 f.); 
feine  #oc$jeit  mit  2fata  (?),  berlodbter  h>al?rf$einli$  be$  SiföofS  SIemiliuS  bon  Senebent 
(um  403),  fyat  SßauIinuS  bon  9lola  (GSEL  30,  238)  befungen,  äuguftin,  feinen  @Item 
tofreunbet,  fufc  frity  für  tyn  interrefrtert  (0.  Jul.  1, 12.  MSL  44,  647.  ep.  101,  4. 33, 369). 
8u$  in  ber  flafftfd&en  Sitteratur  gut  gebitbet,  fyat  er  bei  ÄriftoteleS  jene  Dialeftif  gelernt,  25 
bie  er  jpäter  fo  gefd&idft  unb  fo  gern  übt.  SRoA  jugenblicg  h>arb  er  Sifd&of  bon  @ffa* 
man  bei  »enebent  unb  fc^eint  grofceS  Slnfeljen  genoffen  )U  tyaben.  Srucfner  fett  nod?  in 
bie  3eit  f*w*  St>iffopat3  jene  feine  9KiIbt$ätigfeit  bei  einer  Neuerung,  burd&  bie  er  ftc& 
bide  an^änger  ertoarb ;  biefleic&t  gehört  fte  bodp  in  eine  fpätere  3***  (©ennab.  45).  2Bie 
fyt  ber  SßeiagiantemuS  getoann,  toiffen  toir  nid&t ;  berf elbe  entfpradj  feiner  ganjen,  nic^t  ao 
relioiöfen,  fonbern  berftänbigen  9?aturanlage.  5Kit  17  anberen  S3ifc|öfen  ^jtaltend  toarb 
3uuan  418  burd^  ein  (Sbift  be^  ^aiferd  ^onoriud  unb  bie  epistola  traetatoria  bed 
römifd^en  Sifc^ofd  3pftmu^  atö  feiner  bifcpöflid^en  Stellung  gebrängt  unb  avß  feiner 
^etmat  bertrieben.  )Bon  feinen  ©enoffen  mit  tyrer  3lnh>altfc^aft  betraut  (Aug.  Op.  impf. 
1,51  MSL  45, 1073),  tyat  er  nunmehr  biegü^rung  be^Äampfe«  gegen  ben  SutguftmiSmuS  86 
auf  ftd^  genommen.  ©0  ^unäc^ft  in  feinem  ©rief  an  Sifd^of  SRufu^  bon  S^effalonic^, 
refonfiruiert  bon  ©arnier  (MSL  48,  534) :  bem  tyäretifd&en  9Kanid^ätemu«  feiner  ©egner 
ftellt  er  ^ier  feine  Setyre  über  bie  göttliche  ©d^öpfung  jebe«  einzelnen  3JlenWen,  über  @$e, 
©efeft,  aSBitten^frei^eit,  Saufe  gegenüber.  3m  9lnfd&Iufj  baran,  aber  too^I  nid&t  bon  Julian 
felbft  (Aug.  Op.  impf.  I,  18.  45,  1057),  ift  ba$  Stunbföreiben  an  bie  SM&änger  be«  40 
%daQiv&  in  Italien  berfa^t.  S)agegen  toarb  ein  fd&on  früherer  33rief  3wKa«^  an  k*n 
Cornea  38aleriu«  äuguftin  änlafe  ju  feiner  ©d^rift  De  nuptiis  et  coneupiscentia  I, 
gegen  bie  toieberum  nod^  im  ©ommer  419  Julian  bie  bier  Sudler  feine«  SBerfeS  Ad 
Turbantium  richtete  (jum  leil  aufgenommen  in  äuguftin«  ©d&rtften  C.  Julianum  11. 
VI  unb  De  nupt.  et  conc.  II,  bgl.  auc^  ba«  Op.  impf.),  tyr  §aupgebanle  bie  natür* « 
Itc^e  ©tite  be«  SKenfd^en,  berbürgt  burd^  feine  (grfd^affung  bon  ©Ott;  Stuguftinä  Se^re 
fc^Ite^e  bie  äkrtoerfung  ber  @^e  in  ftd^.  ©egen  9(uguftin«  jtveite  9lb^anblung  De  nupt. 
et  conc.  tyd  bann  Julian,  bon  I^eobor  bon  ^Jiopfbeftia  aufgenommen,  a$t  Sudler  an 
^bmtd  genutet  (6  babon  bodftänbig  erhalten  bei  Aug.  Opus  imperfectum,  MSL  45 ; 
med  Op.  impf,  ift  fortan  citiert,  h>o  ber  9lame  ber  bertoerteten  ©d^rift  Slug.  nid^t  ge«  60 
nannt  tfi).  (S$  ift  Julian«  bebeutenbfte  ©d^rift,  bott  perfönlic^er  leibenfd^aftlic^er,  ja  ge« 
b&fftger  $oIemi!  gegen  äuguftin,  aber  aud&  au«gcjeicbnet  burd^  bialeftifd^c  ©c^ärfe  unb 
Äonfequenj  ber  ©ebanfen;  fic  bilbet  bie  eigentliche  SQueDc  jur  ÄenntniS  ber  Ideologie 
gttliand.  ©eine  unb  feiner  ©enoffen  ©emüijungen  am  §ofe  be«  Äaifexd  S^eoboftu«  II. 
um  SJe&abttitierung  toaren  o^ne  Srfolg,  unb  namentlich  SRariu«  9Kercator  beranlafete  66 
feine  Vertreibung  au«  Äonftantinopcl.  ^n  (Spfyefuä  ift  3ulian  au«brüdtlid^  berbammt  toorben. 
Unter  ©ijtu«  bon  9lom  fott  er  fein  Si^tum  bergeblid^  hrieber  ^u  erlangen  gefugt  ^aben 
0Pro3J>er,  Chron.  I,  402).  5Jad^  nidjt  me^r  ju  fontroHierenben  unb  berbäd&tigen  an* 
gaben  be«  aSigneriu«  (bgl.  MSL  48,  296  f.)  fott  Julian  bann  bei  gauftuS  freunblid^e 
aufnähme  gefunben  unb   bi«   ^ur  $eit  be«  g«^^^^  (•)  0e][e^t   fakn*  in  ©ijilien  att  eo 


604  Julian  taott  (Sflamtm 

©<$ulle&rer  geftorben  fein,  ©ennabiu«  feftt  bagegen  feinen  lob  unter  jtatfer  Stalen* 
tinian  III.  an.  —  @ine«  Äommentar«  Julian«  Jum  £o$enlieb  gebenlt  Seba  hxmtenb 
im  (Singang  ju  feinem  eigenen  Äommentar  (aud&  MSL  45,  1740  ff.  48,  624  ff.).  $>a« 
erfte  93ud&,  De  amore  unb  ebenfo  ba«  ^toeite,  toelc^e«  bie  ©rflärung  be«  £otyenlieb«  um* 

6  fafet  *u  Ijaben  fd&eint  (93rucfner  ©.  72  f.),  enthielten  cfyarafteriftifd^e  äu«füfyrungen  gegen 
bie  ©nabe,  über  bie  93eba  berietet.  2)erfelbe  referiert  auc&  (Praef.  5  ©.  1745)  über 
bie  gleichen  ©ebanfen  in  einem  ÜBerf  Julian«  (bem  er  freiließ  ebb.  6  ©.1745  f.  ou$ 
ben  Srief  an  bie  ®emetria«  jufäretbt)  De  bono  constantiae.  Sine«  Liber  alter- 
cationis  ambarum  (SKuguft.  unb  ^uliand)  partium  defendentium  (Opus  imperf.?) 

10  gebenft  and)  ©ennabiu«. 

%üx  Julian  ift  bie  @runbborau«fe$ung,  bafe  bie  ©ünbe  ©ac&e  be«  SBillen«  unb  mdjt 
ber  SRatur  ift.  S)er  SBille  fefct  toieberum  bie  Sßafylfretyeit  borau«  unb  biefe  befielt  in 
admittendi  peccati  et  abstinendi  a  peccato  possibilitate  (1,  78.82  ©.  1102  f.  6,1) 
©.  1515).    35urd&   bie   in   feiner  geiftigen  9Jatur  befc^Ioffene  ©obe  ber  3Bitten«fretyeit 

16  trögt  ber  9Kenfd&  ©otte«  8ilb  an  ftd^  (3,  109  ©.  1293)  unb  ift  ebenfo  ©Ott  bertoanbt, 
hrie  er  femer  ftnnlid&en  SHatur  nad&  bem  SCier  bertoanbt  ift  (4,  39  ©.  1359,  bgl.  8eba 
4  ©.  1741).  3m  faien  SBitten  aber  fyat  er  fo  fefyr  bie  ftete  3Röglid&feit  ju  tooden  unb 
ntd&t  ^u  toollen  (3,  110  ©.1294),  bafc  felbft  ein  eigentliche«  9Rotibiertfein  feine«  2Bollen« 
$u  bernetnen  ift  (1,47  ©.  1067),   ba   e«  fid^   babei  bielmefyr  um   einen  motus  animi 

20  cogente  nullo  (5,  40  ©.  1476)  fanbelt.  35ie  felbftftänbige  fittlic&e  ^erfönlic^feit  be« 
ÜJlenfd^en  (al«  capax  virtutis  et  vitii  1, 79)  foU  burd&  biefe  gä^igfeit  (possibilitas) 
ftet«  fo  ober  anber«  $u  fanbeln,  biefe  „fd&toebenbe  2BtHen«fretyeit"  (Älafen  ©.  230), 
garantiert  fein  (libertas  arbitrii  qua  a  Deo  emaneipatus  est  homo  1,78  ©.  1102) 
obföon  fie  allerbing«  tfyatfäd&Iicfc  burd&  biefe  Unabfyängigmt  be«  einzelnen  ffiüfen«entfc&luffe« 

26  bonemerftttIic^cnSefttmmt^eitbe«2Biaen«(r)#45ff.  ©.  1481  ff.  6, 11  ©.  1519)  unmöglich 
gemacht  totrb.  2lu«  jener  Sluffaffung  ber  SBüIen^frei^eit  folgt,  bafj  fte  ein  unverlierbare«  ©ut 
tft,  ba«  au$  bur$  bie  ©ünbe  {einerlei  93efc$ränf ung  erfährt ;  Vielmehr  lib.  arbitrium  et 
post  peccata  tarn  plenum  quam  fuit  ante  peccata  1,  91  ©.  1108,  bgl.  1, 106 
©.  1120).    9ii$t  naturae  status,  fonbern  nur  meriti  qualitas  toirb  burd&  bie  ©ünbe 

30  geänbert ;  bafyer  fann  ber  üffiiüe  ftet«  ebenfo  bon  ber  ©ünbe  ablaffen  unb  toieber  ba«  ©ute 
tfyun,  toie  er  bon  ber  ©ered&tigfeit  toeid&en  fonnte  (1,96  ff.  ©.11 12  ff.).  6«  liegt  im 
Segriff  ber  ©ünbe  als  eine«  303erf eS  be«  SBiden«,  bafj  fte  nur  bei  böüig  freier  SBa^l  gefc^en 
Iann(2, 17.  28  ©.  1148.  1153):  imitatione  trahitur,  voluntate  committitur,  ratione 
arguitur,  lege  ostenditur,  aequitate  punitur  (2,  74  ©.  1173).    2Bie  bie  naturalia 

36  necessaria,  fo  fmb  bie  voluntaria  ftet«  possibilia  (5, 63  ©.  1500).  —  3U  äugufttn«  6rb- 
fünbenlefyre  h>eife  fi$  bafyer  Julian  in  bölligem  ©egenj a$.  ©te  ift  ein  2&berfpru$  in  ftcfc 
felbft,  ba  nur  bei  gretyeit  ber  (Sntföeibung  e«  eine  ©ünbe  unb  SBerfd&ulbung  geben  fann  (4, 76 
©.1382.  90  ©.1391).  35ie®rbfünbe  aber  ift  ein  peccatum  naturale  (1,24  ©.  1060), 
batyer  unmöglich  (4, 93  ©.  1393  si  est  naturale  peccatum,  non  est  voluntarium,  si  est 

40  voluntarium  non  est  ingenitum.  istae  duae  definitiones  tarn  contrariae  sibi 
sunt,  quam  contrarium  est  necessitas  et  voluntas;  bgl.  1,72  ©.  1096.  3,67 
©.  1278.  159  ©.  1312.  4, 103  ©.  1397.  6,  21  ©.  1548).  Voluntaria  tonnen  mental« 
m  naturalia  toerben  (2,  105  ©.1185),  unb  Äinber  toeil  nod&  o^ne  SBitten  gar  nid^t  fünbig 
fein  (4,  120  ©.  1413.  1,  47  f.  ©.  1067  ff.  4, 103  ©.  1397.    116  ©.  1410).     ®«  ift  bolt 

46  fommener  Unfinn,  bie  lugenben  ber  Reiben  $u  leugnen  (C.  Jul.  4, 26  ff.  ©.  751  ff.).  Xuguftin« 
Setyre  ift  ganj  manic^äif^,  ba  nur  ber  leufel  ber  ©djöpfer  unb  §err  einer  böfen  9iatur 
fein  fann  (2,32  ©.  1155.  3,67  ©.  1278  unb  oft,  befonber«  5,25ff.  ©.1462 ff.;  aba 
bgl.  aud&  ^.35.  3,154.  6,14)  fud&t  Julian  ben  9Jacbh>ei«  für  ben  9Jtamd&äi«mu«  «ugufHn« 
ju  geben.    3a  n°$  fd^limmer  al«  Manrt  mad)t  SKuguftin  ©ott  felbft  jum  Urheber  unb 

öoTOe^rer  ber  ©ünbe  (1, 116  f.  ©.  1125.  3, 161  ©.  1314  u.  a.).  3lber  ©ott  ifi  noc^  \t$ 
ber  ©c&öpfer  ber  3?atur  eine«  jeben  SJtenföen,  biefe  ba^er  gut  (3, 154  ©.  1309.  162 
©.1315.  4,21  ©.1348).  3Benn  bon  9?atur  bö«,  toäre  biefer  gar  nid^t  erlöfungSfä&ig' 
(3, 188  ©.  1329.  208  ©.  1335);  bie  ©c^mä^ung  ber  9tatur  toirb  bal^er  auc^  jur  2eug* 
nung  ber©nabe(3, 189.  196).  —  ®ie  trabucianifd^e  ©rbfünbenle^re  totberftreitet  and)  ba 

66  ©erecfjtigfeit  ©otte«,  ba  fte  tyn  belohnen  unb  ftrafen  lä^t,  toa«  nic^t  Qaty  ber  jfrreibett 
unb  eigener  ^erfc^ulbung  ift  (5. 8.  1,  57  ©.  1079).  ©te  ift  ba^er  eine  gegen  Sfceligion 
unb  3Koral  berbred^erifc^e  Se^re  (3, 67  ff.  ©.1278  ff.).  2>ie  ©ered^tigfeit  ©otte«  ifi  aber 
ber  oberfte,  allgemein  anerfannte  ©runbfa^  (iustitia,  sine  qua  deitas  non  est ;  quae 
si  non  esset  Deus  non  esset  1,38  S.  1061;  1,57  S.  1079.  3,2  ©.  1249),  unb  ber 

«o  2Biberft>rud&  mit  ibr  genügt  föon  jur  SBiberlegung  ber  ©rbfünbenle^re  (1,27  f.  ©.  1061. 


Julian  non  ©flanmtt  605 

1,50  ©.  1072).  SBornetymlid;  im  3.$}u$  an  %loxu$  ffat  Julian  ben  9tac£h>ei«  hierfür 
unternommen  (3, 2  ff.  ©.  1249  ff.).  S)t24, 14ff.  2%  14, 5  f.  30  f.  gj  18  finb  ibm 
fonnenflare  3eu0niffe  ***  S^rift  bafür,  bafe  Vol^n  unb  ©träfe  burefc  ba«  eigene  SSer* 
galten  eine«  jeben  bebingt  ift;  aber  aud&  an  SRö  5,  12  ff.  fud&t  Julian  ba«  ©letd&c  &u 
geigen  (2, 44  ff.  ©.  1160  ff.).  2Benn  ©Ott  tyut  toa«  er  toiH,  fo  tyut  er  loa«  er  foll  (133  6 
6.1132).    SRur   bur$   ben   eigenen  SBillen   toirb   man    ein  Äne^t  ber  ©ünbe  (2,229 

5.  1244).    2Ba«  <5aty  be«  äUiQen«  ift,   fann   nie  ©aetye  be«  ©amen«  toerben  (2, 194 

6.  1225,  togl.  6,9  ©.  1515).    Unb  toie  fottte  ein  gute«  ©efd&öpf  feine  bona  naturalia 
einbüßen,   ba«  burefc   eine  freie  3BiQen«t^at   herbeigeführte  Übel  aber   unverlierbar  fein 
(6,18  ©.1541),  bie  anerfctyaffene  gute  93eföaffenfyeit  be«9Wenf$en  beränberlidj,  bie  fpätere  10 
glimme  unberänberlicfc  fein  (6,19),  unb  $toar  jufolge  loeniger  SBorte  be«  Teufel«  (6,20)! 
3)ie  ©ünbe  «bam«  toar  eine  fc^r  Heine  (6,23  ©.  1554,   ögl.  6,  41  ©.  1604).    @«  ift 
työrid&t  ba«Übel  in  ber  SBelt,  loie  bie  ©eburt«fc^mer^en  be«2Beibe«,  auf  ben  %aü  aurücfe 
zuführen  (6,  25  f.  29  ©.  1559  ff.  1577).    2>er  Stob  ift   niefct«  ©glimme«  unb  mit  ber 
Jtreatürlid&fett  be«  2Renfd&en  gegeben  (6,27  ©.  1568),  unb  fein  ©etyorfam   fyättz  Slbam  is 
nic&t  unfterblidfr  gemalt  (6, 30  ©.  1579);  bielmetyr  si  mors  esset  universo  poenalis, 
esset  quoque  universa  resurrectio  praemialis  (6,  36  ©.  1591).  —  ®ie  2etyre  bon 
ber  Srbfünbe  bernid&tet  aber  and)  bie  #etligfett  ber  @tyc  (1,61  ©.  1081.  2,  24  ©.  1151). 
3m  Unterfd&ieb  toon  ber  affetifd&en  Haltung  be«  $elagiu«  (§arnacf,  2)©  III,  175  f.)  $at 
Julian  bie  ©ottgefälligfeit  ber  @fye  febr  energifd^  vertreten,  toenn  föon  and)   er  bie  ge*  ao 
föle$tlid>e  (Sntyaltung   al«  ba«  §ötyere   beurteilt  (C.  Jul.  3,42  ©.  723;   ögl.  33eba  5 
©.  1741).    Durcfy   bie  (Sfye  ift  aber   auety   bie   bereit«  im  ^jkrabie«  borfyanbene  (1,  71 
©.  1094)  ®ef$Ie$t«Iuft  al«  ein  ffierf  ©otte«   $ur  üReljrung  be«  menfölid&en  ©efd&led&t« 
gerechtfertigt  (De   nupt.  et  conc.  2, 15   ©.  154.   Op.  i.  3,  167    ©.   1317.  4,  7—44 
S.  1343—64).  äuc$  bie  ©d&am  ift  fein  ßeid&en  ber  ©ünb^afrötat  (*,  30  ff.  ©.  1353  ff.).  26 
3luc&  Gtyriftu«  fyatte,  toeil  ein  hnrflicfyer  SRenfcfy,  Äonfupi«cenj  (4, 57  ©.  1373  non  minus 
homo  quam  verus  Deus  nihil  de  naturalibus  minus  habuit  80  ©.  1385).    9Bar 
aber  in  ßbriftu«  {ein  naturale  peccatum,   fo  toofynt   e«   and)  unferer  Natur  nidjt  ein 
(6,  35  ©.  1589);  galten  für  ityn  md)t  bie  gleiten  ftttlid&en  Sebingungen  toie  für  un«,  fo 
faim  er  un^  lein  SJorbilb   fein  (4,  87  ©.  1387).     35un$  2lbam   fann  ber  3eugung«aft  ^ 
nid&t  Derberbt  fein,  ba  6^>riftu«  an  ben  officia  genitalium   nid&t«  geönbert   tyat  (2,  137 
©.  1198). 

33ie  »ebeutung  ber  ©nabe  ©otte«  (ögl.  Älafen  ©.  254  ff.  269  ff.)  toiU  Sulian  be«* 
falb  nid&t  bernetnen.  35ie  leibliche  unb  in«befonbere  bie  geiftige  3u«ftattung  be«  SIRenfc&en 
ift  ein  SBerf  ber  ©nabe  (1,  94  ©.1111  gratiam  ergo  Christi  multiplicem  confi-  86 
temur.  primum  munus  eius  est,  quod  facti  ex  nihilosumus;  seeundum  quod 
ut  viventibus  sensu  ita  sentientibus  ratione  praestamus,  buxd)  ba«  93ilb  ©otte«, 
ju  bem  ber  freie  SBiUe  gehört).  2lud&  ben  SSerluft  be«  angeborenen  meritum  inno- 
centiae  toiH  er  ntdjt  leugnen  (6,  19  ©.  1543).  35ofyer  accej>tiert  er  toa«  bie  ältere  2$eo* 
legte  über  einen  gortfcfyrttt  ber  göttlichen  $eil«h)irffamfeit  gelehrt  ^atte.  ©c^on  burc^  40 
ba«  ©efefc  (bgl.  2,  70  ff.  ©.  11 72  f.),  in  toottfornmener  ffieife  aber  burefc  ß^riftu«  ift  eine 
9Re^rung  ber  ©nabe  erfolgt  (1,94  ©.  1111  ipsi  etiam  gratiae  benefioiorum  quae 
nobis  praestare  non  desinit  augmenta  reputamus.  ipsa  gratia  legem  in  adiutorium 
misit  .  .,  ut  rationis  lumen  quod  pravitatis  exempla  hebetabant  et  consuetudo 
vitiorum  multimodis  eruditionibus  excitaret  atque  invitatu  suo  foveret.  ad  . .  46 
gratiae  .  .  plenitudinem  speetavit,  ut  verbum  caro  fieret,  um  burc^  feine  Siebe 
(Segenliebe  $u  ertoeefen  unb  ben  ©efyorfam  ba«  eh)ige  6rbe  ju  toer^ei^en).  3efet  fönnen 
ntc^t  nur  legis,  sed  etiam  evangelica  praeeepta  erfüllt  toerben  (^eba  7  ©.  1743). 
3n  ber  ^laufe  aber  hrirb  Vergebung  ber  ©ünben  unb  älnreijung  jum  ©uten  gefd^enft. 
SUfo  fe^It  e«  bem  guten  9Biflen  nic^t  an  mittoirfenben  göttlichen  §ilf«ertt>eifungen  (1, 95  60 
S.  Hilf.  111  ©.1123);  auf  unjä^lige  SBeife  toirb  er  öon  ©Ott  unterftüfct:  prae- 
cipiendo,  benedicendo,  sanetificando,  coercendo,  provocando,  illuminando  (3,  106 
S.  1291).  älucfy  bie  Äinber  —  obtoofyl  unfc^ulbig,  toeil  noc^  ofyne  SBiUen  (1,47  f. 
©.  1067  f.  2, 18  ff.  ©.  1148  f.)  —  bebürfen  toegen  tyrer  ©ebred^ltd^feit  ber  göttlichen  §ilfe 
(3, 146  f.  ©.  1306  f.).  Unb  auety  bie  Äinbertaufe  ift  burc^au«  nottoenbig  (3, 149  ©.1308),  66 
ba  fte  bie  gut  geföaffenen  Äinber  burc^  6rneuerung  unb  2lboption  ju  befferen  mad^t  (3,151). 
Aber  behaupten,  bafe  bie  Äinber  ber  Vergebung  bebürfen,  Reifet  bie  ©ered^tigfeit  ©otte« 
befubeln  (1,54  ©.  1077).  2>ie  „sJKe^rungen  ber  göttlichen  SBo^aten  pnb  nü^lic^  unb 
nottoenbig,  obtoobl  lugenb  unb  ©ünbe  ftet«  ©ad^c  be«  freien  SMiHen«  bleibt"  (3, 163 
S.  1316),    bem  bie  adiutoria   gratiae  ©tüfcen  barreic^en  (3,  111   ©.  1296   admini-  oo 


606  Julian  Hott  QRtitttm  Julian  bon  $alifar»*ft 

cula  quamdiu  eis  voluerit  inniti).  3)aS  adiutorium  beS  ©etfieS  toirb  praece- 
dentibus  nostris  studiis  et  meritis  baju  gegeben,  ut  genus  humanuni  (ntcj^t  blofi 
bie  no^e  ©te^enben)  arctius  diligamus  (Scba  6  ©.  1742).  Sine  burdj  9lbam  berberbte 
9tatur  fycdtt  aber  burcfc  SfaiftuS  Teilung   finben  muffen  (2,90  ©.  11 77  f.),  benn  fonft 

5  übertrifft  bte  ©c&ulb  bie  ©nabe  (2,96  ©.  1179).  $eboc$  nid&t  bie  Statur,  fonbern  bie 
2Ber!e  beS  gfleifdjeS  §cd  GfyriftuS  geänbert,  um  bur$  fein  Seiftriel  uns  geregt  &u  machen 
(8eba  7  ©.  1744). 

Julian  bertritt  ein  einheitliches  moraliftif#eS  ©bftem,  nur  mit  unbermeibli$en  3n* 
fonfequenjen  auS  Slnpaffung   an  bie  fird&lic&e  Überlieferung.    @r  ift  babei  beftrebt,  feine 

10  änfcfynuungen  auS  ber  ©d&rift  ju  belegen  unb  ger)t  namentlich  auf  bie  Don  Shtguftin  tyer* 
angebogenen  Slbfönitte  beS  StömerbriefeS  (5.  7. 9)  aucfc  feinerfettS  ein.  3#m  ftefct  fcffc,  bafe 
bie  ©c^rift  red&t  ausgelegt  (er  betont  bte  proprietas  verborum,  2,70  ©.1172)  fym  in 
jeber  $infu$t  Stecht  giebt.  aber  ollerbingS  ift  ifym  boc$  nid&t  bie  ©cfcift  bie  le|te  unb 
|ö#e  autorität,  fonbern   fttyer  als  ©$rift  unb  Srabition  fte$t  bie  Vernunft  (bgl  C. 

15  Jul.  1,29  ©.  661  primo  loco  ratio,  deinde  scripturarum  munivit  auctoritas, 
et  .  .  sanctorum  virorum  semper  celebravit  eruditio.  35ie  ©cfyrift  taxm  btel* 
metyr  niemals  bem  toiberftreiten,  toaS  bie  Vernunft  lefyrt  (2,  16  ©.  1148  quod  ratio 
arguit  non  potest  autoritas  vindicare).  Die  ratio  fteKt  Julian  in  ben  Sorbet; 
grunb   feiner  SetoeiSfityrung.   (Sr  bermifjt  fte  bei  feinen  ©egnern  (3.8.  2, 123  ©.  1194. 

ao  14  ©.  1147.  37  ©.  1157),  berfteft  ober  felbft  bie  SMeftif  birtuoS  ju  fanb&oben. 
f^retlid^  meint  er  nun  aucfc  mit  logifö  jutreffenben  ©d&Iüffen  alle  fragen  cnbgilttg 
entföeiben  ju  formen;  bie  richtige  Folgerung  auS  Ober*  unb  Unterfafc  (Setftnelc  bei 
Srurfner  ©.  97  f.)  erlebigt  bie  ©ac&e.  35aS  ©ebäube  ber  Vernunft  fann  niemanb  um« 
ftofcen  (4, 116  ©.  1410).    Die  religiöfe  Senffreife  äuguftinS  ift  tym  böHig  unberftanb« 

25  licfc ;  tym  genügt  Älartyeit  unb  golgeri^tigfeit  beS  35enfenS  unb  trofc  mannigfacher  griffe 
lieber  Verbrämung  ftoifd&e  9Jtoral.  ©0  ift  feine  ©tärte  jugleic^  feine  ©$trä$e,  unb 
§arnacf  fyat  (3)©s  III,  188)  richtig  geurteilt,  bafc  bie  ganje  änföauungStDetfe  Julian* 
„bon  einem  oben  Formalismus  (ÜBegriffSntytfyologie)  be^errf$t"  unb  tyrem  iimerften 
SBefen  na$  „gottlos"  ift ;   er  erblich  ba&er  (©.  186  3t.  2)  ben  eigentlichen  ©cfclüffd  $u 

so  tyrem  SSerftänbniS  in  jenem  oben  ©.  604, 23  citierten  ©a$  —  er  le^rt  aflerbingS  fonft 
nid&t  toieber  —  roonacfc  „ber  freigefctyaffene  5Renfd&"  „mit  feiner  ganjen  ©p^äre  ©ott 
felbftftänbig  gegenüber"  fte&t.  &*«»etfd). 

Julian  bon  $altfantaft,  geft.  nad&  518.  —  Sgl.  <5&r.  SB.  8f.  SBal*«  Entwurf  einer  »oll* 
ftänbigen  fctftorte  ber  fte&ereien  u.  f.  m.  8,  ßpjg.  1778.  55U  ff.  886  ff. ;  3.  (E.  ß.  ©tef  eler,  Commen- 
36  tatio,  qua  Monophysitarum  veterum  variae  de  Christi  persona  opinionee  .  .  illustrmntur, 
2  Sie.  ©öttingen  1835.  38;  $.  Ufener,  3.  u.  &.,  in  $.  ßief  mann,  datenen.  ^retburg  i.  S3r. 
1897,  28-34;  berfv  Hu3  3.  ü.  $.,  im  »tyein.  3Ruf.  55,  1900,  321—340;  t>gl.  aufeerbetn  bie 
3)ogmengefdji«ten  (4)arnacl  23,  386  ff.). 

1.  Über  £tbtn  unb   $erfönli$teit  Julians  ftnb   totr  nur  bur$  bürftige  9btijen 

40  unterrichtet.  9lS  ©tfc^of  bon  ^alüarnaffuS  in  ftarten  beteiligte  er  ftc^  mit  bem  fpäteren 
^atriar^en  bon  9lntio$ten  ©eberuS  an  ber  ^ntrigue,  bie  511  ftum  ©turje  beS  $atri« 
arc^en  5KaceboniuS  bon  Äonftantino^el  führte  (Theod.  Lect.  2,  26  M8G  86,  1,  197). 
Sei  ber  großen  antimonop^r;fitifc$en  JReaftion  ju  ^Beginn  ber  Regierung  ^ufttnS  I.  toobl 
noc^  518  bon  feinem  ©i^e  bertrieben,  begab  er  ftd^  na$  9lle|anbrien,  n>o  er  in  bem  bor 

46  ben  2^oren  ber  ©tabt  gelegenen  ftlofter  fönaton  feinen  SKufent^alt  na^m  (Leont.  Byz. 
Sect.  5,  3  MSG  86, 1,  1239 ;  *u  @naton  bgl.  Zach.  Rhet.  Vit.  Sev.  ed.  <S>pan\iti), 
überfeftt  bon  3lau  in  Rev.  de  TOrient  chr6t.  4,  1899,  348).  $n  3Uej<mbrien  traf 
er  ben  feit  ©ej>tember  518  gleichfalls  bertriebenen  ©eberuS,  unb  eS  entfjKtnn  ftc^  )tmfc^en 
beiben    eine   Äontroberfe,   beren  98eranlaffung    bei    Liberat.    Breviar.  19    (MSL  68, 

60  1033  f.),  Leont.  1.  c.  unb  Sever.  Aschmon.  (SRenaubot,  Hist.  Patr.  Alex.  132) 
ni$t  gan^  gleicf/lautenb  er^It  h>irb,  über  bie  $rage,  ob  ber  Seib  G^riftt  träfcotb 
feines  SBanbelS  auf  6rben  ä<p&aQtov  ober  <p&ciqt6v  (f.  unten)  getoefen  fei.  SBa^renb 
©eberuS  für  bie  jtoeitc  Slltematibc  eintrat,  fe^te  ftd&  3uKan  für  bie  erfte  cm  unb 
geh>ann    für    feine   3luffaffung   in   9lle|anbrien    unb    barüber    fyinauS    ^Ireic^e   Sln= 

60  ganger.  3n  älle^anbrien  führte  ber  ©treit  fogar  leittoetfe  ju  einer  Airc^entratnung : 
bie  ^ulianiften  tou^ten  es  na$  bem  Xobe  beS  Patriarchen  ümottyeuS  IV.  bur^ 
jufe^en,  ba§  ftatt  beS  orbnungSmä^tg  geh>ä^(ten  X^eoboftuS  tyr  Äanbibat  ®aj|anuS 
ben  ^atriard^enftu^l  beftieg,  ben  er  freilief;  f$on  naef;  toenigen  ÜKonaten  ruieber  beriafien 
mu^te  (Liber.  20;  Leont.  I.e.;  Theoph.  Chron.  ed.  de  Boor  222,   13 ff.  241, 6 ff.; 


Julian  tjott  $alttantaft  607 

Vict.  Tonnens.  Chron.  ed.  MG  199  [fälfd&lid&  jum  $a$re  539]).  SJeibe  «Parteien, 
I^eoboftaner  unb  ©ajaniten,  befetybeten  ftcfy  tyeftig.  3lod)  im  7.  ^o^unbert  gab  eS  in 
£gty>ten  ©ajaniten  (Sophron.  Encom.  Cyr.  et  Johann,  bei  ÜRai,  Spicil.  Roman.  3, 
174  f.  179.  386).  9la$  g^ann  bon  (S^efuS  (bgl.  affemani,  Biblioth.  Orient.  3,2, 
455 — 459)  brauten  äntyänger  Julians  beflen  Sefyre  naety  (S^efuS,  orbinierten  bort  einen  5 
e$mm  Siföof,  Sßrofop,  unbtoufcten  auety  noefc  na4  bejfen  $obe  für  Verbreitung  tyrerfie^re 
bis  na$  Arabien  (£imjartten)  unb  Armenien  Sorge  31t  tragen.  Juliane  foätere  ©d&idtfale 
ftnb  unbefannt,  ftd&er  nur,  bafj  er  ntd&t  na$  #alifarnafj  jurüdtfe^rte.  2tyeo^aneS(217,6 
de  B.)  gebeult  ferne«  Ramend  nod&  einmal  in  gufammenfyang  mit  ber  fonftanthtopolita* 
mfc^en  ©tynobe  bon  536,  Wo  man  baS  3htau)ema  gegen  tyn  hrieberfyolte ;  ob  er  bamalS  10 
iuh$  lebte,  lägt  ftcfy  au«  ber  Stelle  nic^t  erföliefeen. 

2.  S3on  Julian«  tfyeologifctyer  ©d&riftftellerei  ift  nur  ein  Seil  erhalten  geblieben. 
Da«  umfangreiche  Sucfy,  in  bem  er  feine  anficht  gegenüber  ©eberuS  ausführlich  begrünbete 
(f.  bie  fogen.  Äird&engefd&ic^te  beS  Zach.  Rhet.  9, 13,  überfefct  bon  ätyrenS  unb  Ärüger, 
2eipjig  1899,  6.  182, 2  ff.),  fd&cint  berloren  ju  fein.  5Rur  bie  »riefe,  bie  erbamolS  mit  15 
bem  ©egner  toed&felte,  blieben  in  ber  feriföen  Überjefcung  beS  SiföofS  ^JkuluS  bon  Satti* 
nicuS  auS  bem  ^a&re  528  erhalten  (Cod.  Vatic.  140;  Cod.  Mus.  Britt.  Addit.  17200 
[SBrig&t,  Catalogue  554 ff.];  bie  beiben  erften ©riefe 3 A  mit  ben  antworten  beS©eberuS 
ou$  bei  Zaeh.  Rhet.  9,  10—13  ©.  178,  16—187,  25);  aufcerbem  in  Cod.  Vatic.  140 
ge$n  3htott)ematiSmen,  bie  in  äffemaniS  Bibliothecae  Apostel.  Vatic.  Codd.  MSS  ao 
Catalogus  1,3,  Rom.  1759,  223 ff.  mitgeteilt  unb  Don  93ert^eau  bei  ©iefeler  2,5f. 
m$  Soteiniföe  überfefct  ftnb  (bgl.  baS  SRefumc  bei  2Bald&  575  ff.).  SReuerbingS  tyat  Ufener 
(bgL  aud&  <£.  Sratfe  in  StySöl  1893  9Jr.  22)  nad&gehrief  en ,  bafc  ber  bem  DrigeneS  ju« 
getriebene  unb  unter  beffen  SBerfen  (ed.  ©enebrarb,  *PariS  1574)  in  ber  lateinifäen 
Ueberf^ung  beS  Soad&im  SßerioniuS  aebruefte  Kommentar  ftum  §iob  ein  2Ber!  Julians  25 
ift  33te  in  minbeftenS  jtoei  §anbfd&riften  (Cod.  Paris.  454  unb  feiner  äbfd&rift  Cod. 
Berol.  PhiU.  1406 ;  über  bie  ffiobrföeinlid&feit,  bafj  eine  [toelcfce?]  römiföe  £anbfc$rift, 
in  ber  ber  Äommentar  otyne  einen  SSerfaffernamen  erhalten  ift  [bgl.  3Jlai,  Nova  Biblioth. 

1, 112  91.  2J,  bie  Duette  biefer  beiben  MSS  fei,  f.  Ujener340)  erhaltene  Slrbeit  ift  nad& 
Ufener  im  ganzen  jdjlic^t  unb  einfach,  in  ber  (Sjegefe  anttoc&eniföer  (Sinflufe  unberfenn*  so 
bar.    SSon  ^ntereffe  ift  bie  in  ben  Kommentar  Verflochtene,  an  §i  38, 7  angefnüpfte  @r= 
örtertmg  über  ben  ©lauben  ber  2lftrologen  unb  bie  menfc&Ud&e  S&iHenSfretyeit,  beren  %t# 
Ufener  326—335  herausgegeben  $at. 

3.  lieber  bie  Sebeutung  ber  bon^;.  aufgeworfenen  Streitfrage  als  einer^tyafe 
beS  SWonopfyfttiSmuS  im  allgemeinen  ift  in  bem  biefer  93eh>egung  befhmmten  Slrtttel  ju  85 
banbeln.  §ier  muf;  eS  genügen,  bie  grage  in  Julians  @inne  gu  fteQen  unb  $u  erörtern. 
Leiber  beft^en  toir  eine  aut^entifd^e  Interpretation  aus  feiner  geber  ntc^t:  bie  Slnat^cma- 
tiSmen  ftnb  fioax  eine  toerttootte  Duelle  für  baS,  toa$  Julian  als  i^m  fälfc^lic^  jugeföoben 
ablehnte,  tragen  aber  jur  pofititoen  @rläuterung  feiner  X^efe  fo  gut  tote  nichts  avß,  unb 
au$  ber  ^iobfommentar  fd^eint  in  biefer  Sejietiung  taum  StuSbeute  ju  getoä^ren ;  toodenbS  40 
bie  ©riefe  belegen  ftd^  nur  in  SlUgemein^eiten,  ba  fie  überall  bie  Kenntnis  beS  Sucres, 
baS  fte  Begleiten,  fcorauejefcen.  ©omit  finb  hJtr  jumeift  auf  gegnerifd^e  Beriete  an- 
getoiefen,  bie  mit  SBorfid^t  ju  benu^en  angeftc^tS  ber  in  ben  tfyeologifd&en  ©treitigfeiten 
ber  alten  Äirc^e  beliebten  Honfcqucnjmac^erei  geboten  ift.  3lm  h>ertt>oBften  finb  unter 
biefen  bie  Semerlungen  beS  ÜeontiuS  t>on  93^an^  (bejonberS  de  sectis  10  MSG  86,  1,  46 
1260 ff.;  j.  auety  bie  (Srörterungen  beS  feiten  Sucres  ber  ©c$rift  ctr.  Nestor,  et 
Eutych.  MSG  1346  ff.),  mit  benen  fic^  bie  übrigen  Duellen  (Fulg.  Ferr.  Ep.  18  MSL 
65,  493 ff.;  Timoth.  Presb.  de  reeept.  haeret.  MSG  86,1,  44.  57;  Anastas. 
Sin.  Hodeg.  23  MSG  89,  296-305;  Joh.  Damasc.  haeres.  84  MSG  94,  753  unb 
fid.  orthod.  3,20.  28  MSG  1081.  1097 sqq.;  Niceph.  Call.  Hist.  Ecd.  17, 29  w 
MSG  147,  293  ff.,  bem  Leont.  Sect.  vorgelegen  ^at)  toofyl  bereinigen  laffen.  äud^ 
bie  ©egenbemerfungen  beS  ©etoeruS  (f.  ©iefelerS  erfteS  Programm)  unb  bie  bon  äffemani, 
B.  O.  2, 168  gebrueften  Sä^e  beS  bem  Julian  nafyeftetycnben  5ß^ilojenuS  (tenaja)  bon 
JpterapoltS  (9Jlabug)  ftnb  ^eranjujie^en. 

3unäd^ft  ift  jtd&er,  bafe  unjere  beutjd^en  SluSbrüdc  unbertoeSlic^  —  t>ertt>eSlid^  ober  66 
mtocrgänglid^  —  öergänglid^  bie  jtoif^cn  Julian  unb  ©etoeruS  jur  ©rörterung  fte^enbe 
Sebeutung  bon  äcp&agxog  <p&aQx6g  nicfyt  nur  unboBfommen,  fonbern  unrichtig  unb 
fmnbemnrrenb  toiebergeben ;  freiließ  fanb  fd^on  SBalc^  (©.  620  3lnm.  2)  lein  Sffiort,  baS 
„boHtommen  baju  gefc^idt^  fei.  (S6en  SBald^  ^at  aud^  barauf  aufmertfam  gemacht 
(S.  624  3lnm.  2) ,  bafj   bie  ©treitenben   faza&rjs  unb   äq^agioq   gleic^bebeutenb    ge^  eo 


608  Julian  ton  $alifartsaft 

brausen,  enbltdj  and}  barauf  (630  21.3),  bafc  man  bcn  ©inn  ber  griectyföen  Wörter 
richtiger  mit  incorruptus  unb  corruptus  (fo  Vict.  Tonnon.)  atö  mit  inoorrupti- 
bilis  unb  corruptibilis  (fo  Liber.  unb  Fulgent.)  Wiebergiebt.  ©3  ^anbelle  futy,  tote 
SeontiuS  (bgl.  audj  Joh.  Damasc.  unb  Niceph.)  barlegt,  bei  bem  ©treite  ntc^t  um  bic 

5  <pdogd,  Welc&e  in  ber  gänjlictyen  äuflöfung  beS  ÄörperS  in  feine  ätome  befielt  (^  7iavreiijg 
didXvoig  xov  oojfxaxog  eig  xd  oxoi%ela,  It;  cov  ovvex&h]  Sect.  10,  p.  1261).  Stafj 
in  biefem  ©tnne  ov%  imejuetve  qpdogdv  xo  ocojua  xov  Xgiaxov,  gaben  ja  alle  Zoll  ju. 
@S  tyanbelte  fi$  bielmefyr  um  bie  <p&ogd,  Welche  in  ben  äv&giomva  jzdih),  ben  un- 
fünbltctyen  ©djwac&feiten  be$   menfeplidjen  ÄötyerS,  b.  fy.,  Jüngern,  dürften,   3Rübefein, 

10  ©#Weife,  3#ränen,  SJlutbergiefjen  u.  f.  W.  beftetyt.  Diefer  „SJerberbttyeit",  bie  ein  be* 
fonbereä  G^arafteriftifum  ber  menfd&lic&en  SRatur  naefc  bem  ©ünbenfatte  bilbet,  fei  (S&rifiti 
Seib  nic^t  unterworfen  geWefen.  S)er  ©ajanite,  mit  bem  Sbiaftafiuä  L  c.  301  feinen 
Drttyobojen  bteputieren  läfjt,  fagt:  ei  xal  iddxgvaev  6  Xgioxdg  xov  Ad£aoov,  cLU9 
oga,  8xi    <bg   äq^&agxov   xo    ddxgvov  avxov  xal    üelov   xov   vexgov   ijyeigev   xtx. 

15  $war  fyat  an^  er  gehungert  unb  gebürftet,  aber  er  tfyat  e3  weil  er  Wollte,  niefct  frei!  er 
mufete  (dvdyxfi  (pvoeoig  Leont.  ctr.  Nest,  et  Eut.  p.  1329),  unb  er  Wollte,  tarn!  er  nur 
fo  unä  bon  ber  „93erberbtljeit"  befreien  tonnte  (Myco  oixovojbuag  xov  Xdyov  hptevxog 
xdjiadelv  I.e.).  ®afj  er  eben  um  unä  ju  erlöfen,  einen  „berberbten" Äörper  $ätte  beftoen 
muffen,  tote  feine  mono^fitifd&en  unb  orttyobojen  ©egner  toon  im  allgemeinen  tbentifepen 

20  SBorauSf jungen  über  ben  (SrlöfungSgebanfen  au$  behaupteten,  gab  Julian  nic^t  ju.  3N 
festen  e$  unmöglich  ju  glauben,  bafc  ein  unb  berfelbe  <p9agx6g  unb  ä<p&agxog  geWefen 
fei  (bei  Zach.  Rhet.  9, 12  p.  180,  26  f.),  unb  im  £iobfommentar  ^at  er  in  einer  inter* 
effanten  SluSfü^rung  ben  ©a$  gebilbet:  äydagxog  6  yewr\aag  cbg  dMvaxog,  ä<p&ag- 
xog  de  xal  6  yewrjfteig  xaxd  xrjv  oixeiav   d£iav   cbg  ^ovoyevrjg  deog  (Ufener  322, 

26  1—6).  Srofcbem  fafy  er  fufc  nietyt  genötigt,  bie  Setyre  bon  ber  $Befen$glei<$$eit  be$ 
Selbem  gtyrifti  mit  bem  unferigen  $u  leugnen:  baä  ©egenteil  tyat  er  in  feinem  6.  9na* 
t|emati$mu$  na$brücf(i$  berWorfen,  unb  ber  gulianift,  ber  bei  SeontiuS  bon  bem  Drtyo* 
bojen  einem  SSer^ör  unterworfen  Wirb,  antwortet  auf  bie  grage  be$  ©egnerS,  ob  ßfyriftuS 
ben  ganzen  SRenfd^en  (8Xov  xov  äv&gajjzov,  xov  ix  owfiaxog  keyco  xal  ywzfte  ^°/'* 

soxrjg  xe  xal  voegäg  ovyxeijbievov)  angenommen  tyabe,  Weil  er  boefc  ben  ganjen  SKenf^en 
erlöfen  Wollte,  xcß  6/uolco  xo  8/ioiov  dvaxa&aigtov,  bon  ganjem  §er^en  mit  3^.  ^ie 
julianiftifd^e  Argumentation  ge^t  befonberä  beutlta)  aud  bem  ©rud?ftücf  be£  ^P^ilofcn^ 
^erbor  (1.  c.):  Gfyriftuä  Würbe  b^alb  5lRenfc^enfo^n  genannt,  Weil  er  ein  ©o^n  jene« 
neuen  Ulienfc^en  War,  ber  bor  bem  ©ünbenfaQ  War,  inbem  er  einen  folgen  Seib  unb  eine 

86  folcfye  ©eele  bei  ber  Vlenfc^werbung  annahm,  wie  2lbam  bor  bem  gaJDle  ^atte.  ^t  in 
bem  Wenden  nad)  bem  gaUe  breierlei  gu  unterfd^eiben :  3Jatur,  ©ünbe  unb  ©träfe,  fo 
bat  jWar  ß^riftu«  mit  ber  ©ünbe  ni$t3  gemein  unb  ©träfe,  Seiben  unb  Sob  tyü  a 
freiwillig  übernommen;  aber  an  unferer  SRatur  fyat  ba«  SBort  ©otted  änteü  genommen, 
ba  er  ftc$  mit  Seib  unb  ©eele  bereinigte.    35arau$  folge,   baft  ß^riftuS   be«  Wlcnfätn, 

40  Wie  er  bor  bem  gafle  War,  ©ofyn  fei,  nic^t  unterworfen  ben  Reiben  unb  nic^t  ben  8e* 
bürfniffen  (f.  o.),  bafc  er  biefe  bielme^r  beftimmungSgemä^  (dispensative  überfe^t  äffe» 
mani,  alfo  xaxd  oixovojuuav),  aber  freiwillig  unb  nic£t  gezwungen  übernommen  ^abe, 
Wä^renb  bie  übrigen  SRenfc^en  auc^  Slbam^f ö^ne,  bo$  einem  folgen  Seib  unb  einer  folgen 
©eele  unterworfen  feien,  wie  fie  nac^  Slbam^  %aÜ  ba  Waren. 

45  liefen  unb  äfynlic^en  Argumentationen  gegenüber  Ratten  bie  ©eberiancr  tnfofem 
feinen  leisten  ©tanb,  als  fie  mit  tyrer  Se^auptung,  bafc  auc^  G^riftu«  einen  ben  Statur* 
gefe$en  unterworfenen  Seib  gehabt  fyabt  unb  fein  Seib  nad^  ber  2luferftefyung  auet  in 
biefer  Sejic^ung  ätp&agxov  geWefen  fei,  i^re  monop^fütfe^e  ©runbjpofüion,  bie  Se^re 
bon  ber  einen  gottmenf<$li«$en  9?atur  in  (S^rifto,  gefä^rbeten  unb   ben  gultaniften  Sbitafc 

60  ju  bem  Vorwurfe  gaben,  bafc  fie  „^ß^t^artolatren"  feien.  ®$  barf  freiließ  ni^t  ffiunba 
nehmen,  bafe  fie  i^rerfeit«  gegen  Julian  unb  feine«  ©leiten  ben  9Sortourf  be«  ®ofcti«* 
mu«  erhoben,  ber  feit  ber  alten  ©nofttfer  3«*^  gegen  berartige  c^riftolcflific  Suf» 
faffungen  gang  unb  gebe  War  unb  tnäbefonbere  gegen  Vorläufer  3uUand,  Wie  Sutydp*, 
®io«fur  unb  limot^eu«  9lcluru$  üblich  geWefen   War.     3>ie  Segnungen  „ftpifäaxto' 

66  bofeten"  unb  „^tyantafiaften"  finb  an  ben  Suliamften  Rängen  geblieben.  91iu^  ^aben 
gewiffe  ©rubren  ber  ^ulianiften  Äonfcquen^en  bertreten,  bie  bem  Urheber  ber  Streitfrage 
fern  lagen  (über  bie  Slftifteten  u.  a.  f.  b.  31.  sJJtono}>tfyftten).  3)ie  ^Jolemif  ber  ©eDerkmar 
ift  babei  bon  ber  ber  Drttyobojen  faum  toerfd^ieben  gewefen:  Wenn  e8  galt,  einen  gemein- 
famen   rabilalen  ©egner  ju  be!ämj)fen,    famen   fi(£   bie  Parteien,  Wie   berfc^t^en   ifrt 

oo  ©runbftimmung  fein  mochte,  fefyr  na^e.    älnbererfeitö  gab  e^  auc^  unter  ben  Drt^obojtn, 


Julian  Hott  $aUf<mtafs  Julian,  ftatftr  609 

b.  &.  unter  ben  Sty^ftten,  ,^^t$artobofeten".  35a«  atoeite93uc&  ber  ©d&rtft  beSSeontiuS 
ctr.  Nest,  et  Eutych.  ift  gerietet  ngog  xovg  ix  xä>v  fj/ueregeov  nQoa&efxevovg  xf\ 
xat&p&OQfiivfi  tcov  ä(p^aqxodoxr}X(bv  (seil.  yvcbfXYJ),  unb  Äatfer  3ufttman  fa*  gegen 
Snbe  feine«  SebenS  bem  äpfctfyartobofettemuS  jugeneigt,  ofyne  bafj  man  beSfyalb  an  feiner 
Drtyobope  ju  jtoeifeln  ein  Stecht  fyättc  (f.  b.  31.  Suftiman).  ©ctoifc  fonnte  e$  aud?  auf  5 
einen  Drtyobojen  (Sinbrucf  machen,  ba&  bie  unfünblid^en  <S(fytoad$eitcn,  bie  eben  bo$ 
eine  golge  be3  ©tinbenfalleS  toaren,  Gfyrifto  beizulegen  „fDtber  bie  tbm  föulbige  @^r« 
erbietung  laufen  toürbe"  (2Batd>  633),  unb  roenn  ^uftinian,  tote  Ev'agr.  H.  E.  4,  39 
f<$reibt,  äcp&agxov  xo  oebua  xov  xvqiov  xexirjxe  xal  xöjv  (pvoixcov  xal  ädiaßXt)- 
x(ov  (tabelfreien)  na&cbv  avemdexxov,  jo  foar  ba$  ni$t  nottoenbtg  unort^oboj.  3luc&  10 
„f)obm  btefelben  Seute,  feelc^e  fi$  über  ben  2fyf/tfyartobofettemu$  ereiferten,  bo$  nie  8e= 
beulen  getragen,  bon  bem  S3Iute  ©otteS  $u  forec^en  unb  fic§  ba$  Slut  real  als  göttlich 
;u  benlen"  (#arnacf  387  31.).  35enno(fy  hnrb  man,  angefid&tö  ber  bauernben  unb  er« 
folgreic^en  Dppofition  ber  Äird&e,  nur  bebingt  im  3lp^artobofcti3mu3  mit  ^amaef  bie 
lonfequente  äuSgeftaltung  ber  griec^ifd^en  (Srlöfungälefyre  erlernten  h>oDen.  15 

@.  Artiger* 

Julian  („äp  oft  ata"),  ber  Äaifcr,  geft.363.  —  Juliani  Imp.  quae  supersunt 
praeter  reliquias  apud  Cyrilluin  omnia,  rec.  $>ertlein,  2  Voll.,  Lips.  1875.  Juliani  Imp. 
ubrorum  c.  Christianos  quac  supersunt,  coli.  ß.  3»  Weumamt,  Lips  1880  [beif.,  3)eutfct)c 
Ueberfefeung  1880;  bajuDuerbetf  in  ber  Xt)ß8  1 881  9?r.  11;  ftlimet,  Coniectanea  in  Julianum  20 
et  Cyrilli  Alex.  c.  ilium  libros,  S3re3lau  1883;  ©oflroifcer,  Observ.  crit.  in  Juliani  Imp. 
c.  Christ,  libros.  (Srlangen  1886].  (SinigeS  9?eue  ift  feitbem  rnnaugeiommen,  f.  j.  ©.  benörief 
an  ben  Dberpriefter  £&eoboru§  i.  Styein.  *Huf.  $5  42  6.  24  ff.  unb  bie  uon  ^apabopuluS 
entbeeften  ©riefe,  oor  aCern  aber  Bidez  et  Cumont,  Recherches  sur  la  tradition  ms.  des 
lettres  de  l'emp.  Julien.  Extr.  du  T.  LVII.  des  Mdmoires  couronn£s  .  .  .  publies  par  o-, 
l'Academie  Royale  de  Belgique,  Bruxelles  1898  [baju  Weumann  i.  b.  £&»£  1899  Er.  10). 
Sie  filtere  Sitteratur  finbet  fidj  in  bem  u>eitfd)id)tigen  unb  bod)  nid)t  fritifd)  5uoerläffiaen 
SBerte  üon  «.  SRücfe  (gl.  (El.  SufianuS.  Wad)  ben  Cuellen.  2  93be,  ©otfca  1867.  1869) 
t>er$etd)net.  9iod)  immer  finb  Xiüemontö  M^m.  pour  servi?  ä  l'hist.  eccl.  des  (5  preni. 
si^cles  (^art^  1693)  unb  Hist.  des  Emper.  Rom.  T.  VI,  fetjr  braud)bar,  forote  gabriciu«,  :«> 
Biblioth.  Gr.  T.  VI,  p.  719 sq.  6eit  Weanberd  Sonographie  (Äaifer  3ulian  unb  fein  Seit* 
alter,  SJeriin  1812;  f.  aud)  Ä©  ©b  II.  1  [1846],  6.  67  f.)  finb  befonber*  *u  nennen :  SBiflgerS, 
3ulian  ber  «btriinnige  (ffitf)  1837,  ©.  1,  6.115-158);  leuffel.  De  J.  imp.  relig.  christ. 
contemtore  et  osore,  Tubing.  1844 ;  berf.,  §lrti!el  M3u(ianM  in  ^aulnä  Üieal'lSnctjflopäbie, 
IV.  ©b  [1846],  S.  401  f.;  berf.,  Sur  ©cfdjicftte  beö  flaiferä  Sulian  (©djmibt*  Stfd)r.  für  :jr, 
<»efd).  ©iff.  1845);  berf.,  Äaifer  3ulian  u.  f.  Beurteiler  im  IV.  3al)rg.  u.  ^ru^'  «itteratur* 
tjiftor.  Xaf d)f nbud) ;  f.  aud)  (gef.  ^(br)anbl  ;  Straufe,  2)er  9iomantiter  auf  bem  X^von  bor 
©fifaren  ober  3«Iian  ber  abtrünnige,  1847;  G.  u.  fiafaulj,  Unterg.  b.  $)eacni^muS  6.  59 f.; 
^oljroart^  3"liön  ber  $T6trünnige,  greiburg  i.  S3r.  1874;  forgfättig  unb  5um  Xc\\  gegen 
teuffei  unb  SRütfe:  SRobe,  ©cfrf).  ber  sJJcaftion  ^aifer  Sulianö  gegen  bie  ftirdie,  3ena  1877;  10 
fteOerbauer,  @fme  ber  ©orgef^idjte  3utian«  ßaljrbb.  f.  flaff.  $t)üof.  u.  ^äbagogif  1877, 
XI,  1,  6.81—121)  cf.  berf.,  Jtaifer  SulianS  Regierung,  fienipten  1876;  Jorquati,  Studii 
storico-critici  sulla  vita  et  sullc  gesta  di  Fl.  Cl.  Giuliano  sopraunominato  TApostata, 
Roma  1878;  «Ifionom,  2)er  ilaifer  3.  u.  f.  BertjältnU  j.  (Jbriftentum  [ruffifdj],  Stafan  1877; 
ÄenbaQ,  The  emperor  J. :  paganism  and  Christianity,  With  genealogieal,  chronological  4ö 
and  bibliographical  appendices,  Bonbon  1879;  Heinere  9(uffci$e  uon  sJJ2angolb  (Stuttgart 
1862),  6cmifd)  (1862),  {Jribler  (1869)  u.  in  b.  8«jXö  1861.  Sit  ogl.  aud)  C>.  SRid)tcr,  3)a3 
roefrrömifebe  töeicty  u.  f.  tu ,  SSertin  1865;  6ieüer§,  3ur  röm.  Äaifergefd).  1870,  6.  225 f.; 
Seben  beS  fiibaniu«  6.  85  f.  Äatbolifdj:  91.  be  ^roglie,  L'dglisc  et  l'empire  Romain  au 
IV«  siede,  4°  6dit.,  ?nri«  1868,  T.  III  u.  IV;  91ucr,  3.  ber  abtrünnige  im  Äampfe  mit  »> 
ben  «ir^enofitern  f.  3t..  Sien  1855;  ©irfcll,  S^^  H.  %  1878  6.  835  ff.  (bie  ©ebidjte 
(fcpfjracmS  gegen  Su^an).  6pejiell  über  3-ö  pt)ilofopt)ifdie  unb  tlieologifa^e  Slnfdwuungen : 
ßen(e,  De  theolog.  Jul.,  Heimst.  1777;  sÄücfe,  De  Jul.  imp  scholis  Christianorum  infesto, 
Schleusing.  1811 ;  ($.  u.  ^erroerben,  De  Jul  rel.  christ.  hoste  codemque  vindiec,  Lugd. 
Bat  1827;  ©.  6d)U^e.  De  Jul.  Ap.  philos.  et  moribus,  6tralf.  1840;  ^aüilie,  J.  l'Apost  r» 
et  sa  philosophie  du  polyth&sme,  ^ariö  1877.  Unter  ben  arbeiten  ber  legten  3a*)rc  finb  bte 
oben  genannten  üon  Weumann  unb  uon  ^Bibej-CSumont  bie  bebeutenbften,  f.  ferner  bie  sUlono» 
grapbie  üon  Alice  ©arbner,  fionbon1895  unb  bie  (©tbbon  u.  8d)Ioffer  tjorau^fepenben)  großen 
feerfe  jur  ©ef(6irf)te  be*  4.  3at)rl)$.  oon  ))?anfe,  6d)i0er,  ^öoifficr  u.  SBiftor  6d)ut6e.  9lu§  ber 
(jro&en  8aM  ^cr  SpeiialunterfuaSungen  feien  mit  Uebergebung  ber  quellenfritifdjcn.  erege«  w 
tifdjin,  frieg*gefdjid)tltd)en  u.  f.  xo.  genannt:  38.  6d)iüarj,  De  vita  et  scriptis  Juliani  Imp., 
»onn  1888.  rtbcflcr:  „©eiüci^  be§  ©tauben^"  1888  3.  41  ff.  101  ff.;  fiargajoni  u.  ^arifio  i. 
b.  Rivista  di  Filologia  XVII,  1889  p.  289  ff. ;  .^afcncleuer  in  bem  SBerf  J[\\$  ©efeft.  u.  Äunft 
be«  (S&rtftentumä"  I,  1890;  53artcnftein,  Sur  Beurteilung  beö  Äatfer*  3ul.,  öavjreutl)  1891; 
ÜMl«9iic4nopAM(  für  Geologie  unb  Rtrdje.  3.  «.  IX.  39 


«10 


3'iiliniTf  Sfliicr 


«Mer,  Itw  Enm.  Julian  and  th^  Jtsw*  in  3Ü*R  1893  3u!l>  n>  f>!)1  ff  ;  OCi 1 1  itcr-9Öobfh  ■»« 
Eofc  btS  ffaffers  Sultan  im  ¥tfloLoau«  14,  ©.561  ff.:  Kaum*,  3fr  bie  tfeutojuft.  CohorUti» 
ad  Gr,  eine  gtrdifdjrfft  gegen  Julian  V  l,  h.  $\täU  ©b  38  3.  HÖjf.  9lröm5,'£inf  feie* 

ettliand  unb  ifjre  «otlfiufcr,   L  b.  gJtO  ©b  16  8.  45ff,;   »röitt&i,   Stutncn    ftti   b,  Werfen 
liHünS,  <iidifiaii  1897,  -  tfm  3d}rifijtcllciei  Julian*  iibeibaupt  »gl.  liljrift  &cjd)  b.  Orte* 
BflüU  2.*nfL  L8Ö0.  0.6781. 

Alaniu*  Slaubiuö  ^ulianuä  (fo  auf  tOtüngen)  bar  geboren  ju  Sonftarttintfpel  m 
^Jabre  SSI  nad?  beut  20.  h\uui  (©eburtgtaa;  ifi  nicfcl  fhfet), Sofa  M  Juüue  ftonftantiu* 
eines  jüngeren  Stiefbruberä  be3  Äaiferi  ttonftantin  b,  ©r.,  unb  ber  SafUina,  befiel 
.jlueiterSemafylin.  Xu  Duellen  übet  bic  Äcgicrungsjcit,  ^olitif  unb  EDenfad  Julians  finrnnen 

10  in  Betraft  1.  Jene  eigenen  SBcrfc.  Tic  Überlieferung  (aufgefaßt  burASibcjtmbGumonu  iß 
nanüddt  unb  imgcnügeitb,  biederte  lücfenbaft    Über  bie  CbnutolDgie  f.  Teuffei  in  i- 
Wealcucfcflopäbie,  Ob  IV,   S.  415f.    SRnm.  2,  bic  llioiiograpfyic  ton  3J?ütfc  unb    cnqdnt 
Spejialunterfudmngcn.     Überliefert  ftnb  aa?t  Sieben  (jtoei  fiübreben  auf  Äenftanthi*, 
auf  mi  ttaiferin  Gufebia,  je  dm  auf  bic  ©on«e  unb  bic  Magna  Mater,  jtoei  über  ben 

15  üjafjren  gtmiämui,  eine  Twftrebe  für  fid>  felbft  beim  3ibjd?cibcn  bc§  SaöuftiuS),  ein 
längeres  Schreiben  an  X^cmifttu«  unb  ein  foltbcS  an  bie  Sit^ener,  baS  Sbmfcüfion 
{KahaQet),  eine  Sdjrift,  in  lpdä)cr  Julian  bie  biifbrbenen  Maifcr  bei  einem  ©ajimabk 
im  Otymp  jufammentommen  läfjt,  ifcte  Jveljler  unb  Saftet  geißelt  unb  bie  uerbieuteftcti 
unter  üSnen  fennjeiriSnet.    <Die  Schrift  gipfelt   in  einer  3JerherrliäSung  be3  pbüofop^iftbcn 

20  Haifcrä  State  Slurel;    ber  tpeibifaV  Mcnftantin   mu|   ßlf  Trt/pbe   unb  Slfotia,    in  ton 
®cjettfcr)aft   ftd?    aua)   ber  Sünbcnl;cilanb  befinbet    ferner   ein   faiprifa^cr  Traftat  unter 
bem  Titel  „SKifopogon"   (ber  SSartljaffer),   getrieben   im   Anfang   be*   Jahres  36) 
Slntbdjien,  eine  nnfcige,   jum  Teil    fcjjr   rrcfjcnbe,   aber   audj   felbftgcfäflige  G^arattcriftil 
feiner  eigenen  ^erfon,  namentlich   feinem   p!nlofi>pbtfd)en  JöabituS   gegenüber   fpottfüe^ttgcn 

3&  Angriffen  entbalknb  unb  omn  Stanbpunft  bcS  OberpricfterS  auS  bie  ebrtfüteben  9M 
gungen  bet  MnttDc^ener  gei|elnb  unb  bebrauenb,  SBon  (einen  Briefen  finb  je|t  über 
acfr/t$ig  betannt;  einige  brn  biefen  finb  uneebt  übet  boa)  frttijcb  üerbaebtig;  fte  frnb  faft 
jäintlia)  h)ätjrenb  feiner  Stegierung^sett  gcfa)nebcn  unb  bilben  bic  ^auptguefle  für  bic 
rtenntni*  feiner  ^JJoUtit  unb  ^ilDfDp^ie  (für  fein  lierftältniS  }u  ßl;riftentutn  unb  ftitfy  fommen 

ao  namentlich  bie  Srief*  0—12,  25—27,  31,  36,  37,   J,\  43,  45,  49,  51,  52,  54,  - 
[75],  78,  79  inSBetraa)t;  ba^u  baä  febv  intereffante  'Fragment  [^ertlein  1§  ©.  371 — SM]). 
Unbebcutenb  fmb  bic  fünf  ßpigrainme ;   baä  Örieffragmcnt  be^  ©aßu^,  n)dd>«    bei   ben 
Sßttfen  3ulian§  abgebrueft  imrb,  in  torf^em  ber  ©ruber  bor  älbfalt  tn>n  bem  (Jbriftentnn 
toarnt,  ift  fcjnucrti^  eebt.   8on  Stiidjtigfcit  finb  bic  im  Codex  Theodasianus  jufönnnc 

85  geftellteu  (Srlaffc  3u^fll1^#   VDele^c   Den    feiner  raftbfen  5tl;iitig!cit   auf  beut  ©ebicte 
öefe|jgebung  jeugen,    fieiber   bereit   toir  bie  <£ct)rift  ^ulian^  xarn   fäHarmäb»  t»oU 
ftänbig  nid/t  mehr,  bereit  Sluöarbeittmg  ben  Statte  in  ben  legten  'Bionatcn  jciueo  Bcfcfrt 
tuellcia^t  fegar  no4  auf  bem  ^erfer  gelbsuge  bcfä)äftigt  l)at.    2)tc  umfangreict?ni  ^ra 
mente  (tStiriQ^   ^c^n  93üd?ct  gegen  Julian  finb   faft  bie  ein jige  Dudle)  hat  v)tcumann 

*o  oben)  gefatnmelt,  recenfiert,  überf<$t  unb  fommentiert  2.  bie  betbnifdxu  2itrifiuelle: 
Unter  ben  .§iftorifcnt  fümmen  namentlid)  in  ^etratbt  Smmiauu«  1DlarccDmu*P  t^utropiu 
unb  ^ofimuö.  2)ie  Öericbte  bc^  elfteren  bürfen  aH  bic  AjaupttiueUe  fitr  bie  Henntnts 
äußeren  SJcrlaufe^  ber  @efcfyiä)te  bcö  Haifer^  gelten.  31mmianu#  ift  gcu>i&  cm  Sc^rif: 
fteüer  r>on  fyiAet  Unparteilia)feit  unb  er  ift  Reitgenoffef    gum  xcil  lugcnjcugc,   tuie 

46  tSutropiue^.    ©s  f^ei^t  aber  fein  Snfel^cn  mi&brauctcn,    tuenn   man  feinen   Angaben  ^ab 
reiche  argumenta  e  eilen  tio  gegenüber  glaubirjürbigen  91aä)  nagten   auö  an  bereu  Scbrifi 
ftellern  entnimmt    30Pmu*  T^rcibt  mit  untjcr^o^leuer  3nmpatbte  für  ben  ^teftaurator  I 
$dfcnißmu&    SKeniges  nur  bietet  Jlureliuö  iBittor.    Unter  ben  iRebnern  unb  Sit t erat en 
öpr  allem  Sibaniue  ju  nennen.    Sieben   üdu    feinen  Sieben   be  vi  eben   ftd>   bire!t  auf  bei 

6o  Sfaifer  unb  enthalten  febr  fä)ä£bare3  ^£ateriaL    vibaniud    bat   fic^    im  ganzen  bei  fet» 
SSerd^nma  für  ben  Äaifer  boa?  bPn  Übertreibungen  unb  Schönfärberei  fenigebaltcu. 
3>crfia)t  finb  bie  ^adiriditcn  be^  (Sunapius   (in  beffen  St>pbiftengefd>iducn,   l  nameniltd 
bic  Vitae  Maximi,  Oribasii,  Prohaeresii)  unb  b<?r  ^oncg^riler  (Wamertinuä)  %u 
uu|$cn-    3+  Tic  c^riftlicben  Sdiriftfteüer,    IIa  Ia|t  fia?  nic^t  leugnen,  bafe  btefe  faft  fäw 

&5  tid?  burdi  ibren  ö«(i  unb  2(bfdjcu  gegenüber  bem  Äaifcr  |u  tertben»idfen  (rntfkUunaei 
unb  bb^lniHigen  Vügen  gefubrt  morben  finb;  minbefteu^  babcu  fte  jeber  5%erleumMnt 
nüllig  unb  leichtgläubig  i^r  Dl?r  geliehen,  $lui  auf  fe^r  luric  $t\t  ^at  btc  JHüdberufuJu 
bet  ortbüboEen  ÜÖifa^öfe  ein  güuftigeö  Urteil  für  Julian  bei  biefen  (3,  ^  $i(ariu4)  emnrft 
Tic  fittlid)e  Stufe,  auf  melcber  t^ie  SJäter  ber  ftirdw  im  feierten  Ja^rbunbert  mit  u 

Od  üluSiMljmen  ttü^  ober  tnelinebr  bei  aller  SBeltfltid;!  ftebcu,  offenbart  fid>  (r)arnfteriftn"di 


3itKatt,  fiatftr  611 

bem  2Kangel  an  bem  ©inn  für  ©ered&tigfeit,  an  bem  fic  äße  leiben.  sJ)ltt  bem  Regulator 
ber  antifen  Äultur,  bem  berftänbigen  3Jiaf#alten,  fyabcn  fte  audj  jenen  Sinn  eingebüßt. 
2)iefer  SSerluft  toax  um  fo  bertyängniSboller,  als  baS  prafttfcfye  üeben  im  ©emeinberfepr, 
in  bem  cwfy  fte  fi$  betoegten,  no$  immer  allein  bon  bort^er  ftttlicfy  unb  d&arafterboll 
gestaltet  toerben  tonnte;  eS  fyatte  ftcfy  in  feinen  ©runbjügen  für  niemanben  geänbert,  nur  6 
toar  eä  auSgetoac^fen  unb  bertoilbert ;  baS  (Styriftentum  aber,  h>ie  fic  eS  auffaßten,  gab  nur 
toeüflüctytige  l^mpulfe  unb  fyatti  bisher  nidjt  bermoc^t,  irgenbhrie  burcfygreifenb  ben  fttt* 
liefen  ©ememberfefyr  im  ©rofcen  neu  ju  regeln  unb  $u  centralifieren.  2luf  bem  ©ebiete 
ber  firc^ltctyen  ©efd&id&tfcfyreibung  bilben  bie  jtoci  berüchtigten  Sieben  ©regorS  bon  Stajtanj 
auf  Sultan,  ftwfl*  Beitgenoffen  un*>  Sefannten,  baS  ©egen=  unb  ©eitenftüdt  $u  ber  Vita  10 
Constantini  beS  (SufebiuS.  35en  ©regor  i}at  bielleicfct  niemanb  übertroffen;  aber  ade 
fabat  tym  nachgeeifert.  Unter  ben  #iftorifern,  bie  iunä$ft  inSetrac^t  fommen,  fyat  felbft 
©ofrateä  $ier  bie  ©erec&tigfeit  beifeite  gefegt.  Stufin  gebührt  als  ßeitgenoffen  für  feine 
Angaben  ber  erfte  Slang;  bann  folgen  ©olrateS,  ©ojomenuS,  SE^eoboret.  Slucfy  bie 
gragmente  auS  ber  $ird&engefcfytc$te  beS  ^tyiloftorgiuS  fmb  bead&tenStoert.  (Sinjelne  9lafy  15 
rieten  finben  ft$  bei  SltfyanaftuS,  ben  ÄaWabojiem,  ßjri^aniuS,  DptatuS  (II,  16.  17), 
SlfieriuS,  ©3>rtyfoftomuS,  I^eobor  Don  SRopfuefte,  ßtyrtll,  3joty.  bon  2)amaScenuS,  2$eo* 
tfianeS,  Sß^ottuS,  ©uibaS,  bei  £ilariuS,  2lmbroftuS,  SluguftinuS,  §terontymuS,  DroftuS, 
gacunbuS  u.  a.  35ie  biet  ©ebiete  SptyraemS  gegen  Julian,  freite  no<$  im  ^atyre  363 
berfafct  fmb  unb  toertbolle  9lott&en  enthalten,  f)at  DberbedE  (Ojforb  1865)  forifety,  »idtell  20 
($12$  II,  2  [1878]  ©.  335-356)  beutfö  ebiert.  5Der  (entere  &at  ©.  335  auf  legenba* 
nföe  Scripte  bei  ben  ©tyrern  tyingetoiefen  (bgl.  Slölbefe  in  b.  ßbm©  XXVIII,  ©.  263. 
660).  £egenbarif$er  ©toff  finbet  fidj  audj  in  ben  griec^ifd&en,  lateinifd&en,  topttfd^en  u.  f.  to. 
£eUiflenfalenbern.  #u  bergleicfyen  fmb  enblicty  auc§  $onaraS,  SebrenuS,  bie  fpäteren 
btyjantimfc^en  ßfjronogra^en  unb  bie  bon  2anb  (Anecdota  Syriaca  I)  herausgegebene  26 
fortfefc  ^ortfe^ung  ber  eufebianifcfyen  Gfyronif.  35ie  angaben  ber  fircfylic^en  ®tftyd}t& 
f$retber  ftnb  nadp  bem  ©efagten  mit  SSorftcfyt  ju  benufcen;  aber  fte  fmb  auep  nid&t 
)u  unterfertigen.  allgemeine  Siegeln  über  bie  rid&tige  3lrt  ifyrer  33erh>enbung  laffen  \id) 
ntc^t  auffteHen.  ©ie  ergangen  ofyne3toeifel  bie  fyeibniföen  Scripte  an  fe^r  Dielen  ©teilen, 
tote  fte  benn  auc^  gu  einem  ntcf)t  geringen  Seile  nachweisbar  auf  urtunblic^em  SKaterialc  30 
berufen. 

©ine  unt>artettf^e  Äritil  ber  StegierungSjeit  3"^an^  un^  fe»nc^  SSer^ältniffeS  jur 
Ätn^e  ^at  für  bie  Äirctyengefd^tSfdjreibung   merft  ©.  2lrnolb   eröffnet  (Äircfyens   unb 
Ke^er^iftorie  Sb  I  [1700]  ©.  138  f.).    ©eine  Stuffaffung  ^at  aud&   l^ier   toie  fo   oft  bis 
ju  Sleanber   unb   beffen  3^0*™   fortgetoirft.    Slber  bie  uniüerfal^iftorifc^e  ^Betrachtung,  96 
ju  toelc^er  Slrnolb  bon   ber  flerifalen   unb   fonfefftonetten   fortgefd&rittcn    ift,    toirb   bo^ 
tmeberum  bon  i^m  felbft  burd^  feine   pietiftifcfyen    unb  fpie^bürgerlic^en  ©ebanfen  einge^ 
färänft  unb  berfümmert.    3)ic  ©^mpat^ie,  mit  toelc^er  ^ultan^  ^Jerfönlid^feit   bon  ben 
meiften  ©efd^ic^tSfc^reibem  feit  bem  borigen  ^afyrtyunbert   mit  Siecht   be^anbelt  toirb,  bie 
Setounberung,  toeld^e  feinen  lugenben  tote  feiner  Silbung  gesollt  n>irb,  fyabcn  eS  oft  ber-  40 
geffen  laffen,  bafe  bie  ^Joliti!  biefeS  2Be(tbel)errfd^erS  in  tbren  ftkkn  p^antaftifc^ ,   ja  bon 
iebem  ©eftc^tS^unfte  auS  gcmeinf(^äbli(^  geh>efen  ift,   ferner,   bafc  bie  3Kittcl,   bie  er  an* 
toanbte,  gtoar  feiten  unerlaubte,  aber  meiftenS  un))rattifc^e,  tt;n  unb  feine  ©a$e  bei  ^reunb 
unb  ^eatb  —  bie  ^B^ilofop^en  ausgenommen  —  biSfrebitierenbe  toaren.    3Son  ben  älteren 
#tftonfern  ^at  ©ibbon  in  feiner  geiftboden,  aber  fd&itlemben  Earftdlung  biefc  Seite  n®$  x> 
am  meiften  getoürbigt  (f.   bie  Überfe^ung   feines  SBerfcS   bon  epurfdnl   [ieipjig   W*2\ 
•8b  III,  ©.  180 f.,  93b  IV,  ©.  116 f.,"  Sb  V,  ©.  1  f.);  in  ber  neueren  ©cttt^t«Wwibung 
ift   fte  in   fteigenbem    3Jlafee    gu    tyrem    Sichte   gefommen.     aber    auc    Dteditfertigung 
julianS:  bie  ^o^en  SJorjüge  feines  S^aralterS  fmb  fein  Eigentum  getuefen;  für  [eine  nidjt 
gerinaen  unb  offenfunbigen  ^etyler  unb  Mängel  ift  bor  ädern  feine  (Jrjiefyung,  feine  $nt  60 
unb  Umgebung  beranttoortlid^  ju  machen. 

©Itye  beS  Gebens  3"I^nS.  3)ie  ©ö^ne  ÄonftantinS  traten  im  %af)rt  337 
bie  Slegierung  an  unb  toei^ten  fte  ein  burd^  eine  -Miebermefcclung  i^rer  männlichen  35er« 
toanbten.  ^w'^nS  3Sater  unb  ältefter  Sruber  fielen  i^nen  jum  O^fer.  Ü>erfc^ont  blieb, 
auf  SBunfc^  beS  ßonftantiuS,  Julian  um  feiner  garten  ^uaenb,  fein  älterer  ^albbruber  66 
©alluS  um  feiner  Jtränflic^feit  Tillen,  tiefer  tburbe  beroannt,  3.  blieb  fyöcftft  toafc 
fc^etnlid^  in  Äonftantinopel.  3)ie  Cberaufftd^t  über  ifyn  führte  fein  Weitläufiger  Ser- 
toanbter,  ber  bem  ÄonftantiuS  ergebene  SJifc(>of  6ufcb  bon  Slifomcbien  (Äonftantino})el). 
3n  bem  (Sunuc^en  3)iarboniuS  erhielt  ber  Stnabc  einen  ^Jäbagogen,  beffen  er  felbft  fpäter 
fotbic  SibaniuS  mit  Hob  gebaut  haben.    3)JarboniuS  toax  gh)ar  äuf*erli$  ein  ß^rift;  aber«» 

39* 


612  Julian,  Äotfct 

feine  Sbeale  feinen  bie  ^eUernftifd^cn  gcloefen  ju  fein.  SRacty  allem,  loa«  hrir  Don  tym 
loiffen,  fyat  et,  bielleid&t  ohne  e«  ju  tootlen,  ben  ©runb  gelegt  für  bte  Sfofcbawmgen, 
benen  ftd&  3*  nacfymal«  jugetoenbet  tyat.  aber  et  $at  in  bem  Änaben  auc?  bte  eble 
Segeifterung   für  ba«  ©roße  unb  ©ute   erloecft,    toelc^c  ben  3Wann  audgegetd^net  fyat 

6  ^.  ift  ni$i  für  ben  %bxon  erlogen  toorben:  ba«  loar  fein  ©lücf  unb  fein  3Rißgef$icL 
3m  ga^re  342ftarb(Sufebiu«;  ber  mißtrauifäe  &ufer  t>ertt>ied  bte  Srüber  in  ba«  ©cfrloß 
SiaceUum  in  Äaltyabojien ;  fte  foUten  ber  ^auptftabt  fern  bleiben.  ©eety«  ^afyct  fcben 
fte  bort  jugebracfyt;  ifyrem  £eben  fehlte  äußerlich  nid&t«:  aber  ftetoaren  boety  berbamtt  unb 
fern  bon  ifyren  gfreunben,  bor  allem  abgefcfynitten  bon   jebem  genußreichen  SSerfe^r  unb 

10  bon  ben  ©tubien,  bie  3.  lie&  gewonnen  fyatte.  3$ren  Umgang  bilbeten  bie  greunbe  üjrre« 
Setter«,  cfyriftlic^e  Älerifer.  2)er  pfyantaftebolle  Jüngling  la«  bie  Sibel,  fdjrieb  religiöjc 
Sudler  ab,  baute  unter  anberem  bem  ^1.  2Rama«  eine  Stafette  unb  foH  felbft  al«  8or* 
lefer  beim  ©otteSbienft  mitgetoirft  fyaben.  S)ie  SBa^eii  biefe«  Senate«  borau«gefe|t, 
ift  e«  toafyrfc$emIic&,   baß  $•  W*  laufe  erhalten   tyat,   loa«  Gtyrill  fojjar  beftimmt  ttriffen 

15  loiU ;  —  benn  naefy  einer  ©teile  bei  ©ofrate«  (V,  22)  fam  e«  nur  m  älejanbrien  bor, 
baß  Äated&umenen  Seftoren  tourben.  3>nbeffcn  bte  üRöglicfyfeit  einer  Slu«na$me  totrb  aud) 
fyter  offen  gelaffen  loerben  muffen.  3-  foh>^e  f«ne  ßeitgenoffen  reben  bon  feiner  laufe 
niemals  6«  fmb  ja  in  jener  Übergang«ej>ocfye  manche  ©eltfamfeiten  borge!  ommen ;  bte, 
baß  ein  faiferlid&er  $ring  bor  feiner  Saufe  junt  Settor  gefreut  toorben,   märe  noc$  ni$t 

20  bte  größte ;  bie  Sered&ttgung  $ur  öffentlichen  ©cfyriftberlefung  fonnte  tym  ja  auc$  otyne  bie 
2Bei|e  }um  2lmte  eine«  fieftor  gugeftanben  toorben  fein,  3ebenfaC«  aber  ift  fein  ©runb 
$ur  2lnna^me  borfyanben,  baß  3.  bamal«  in  feinen  religiöfen  Slnfc^uungen  bereit«  finden* 
feinblicty  geftimmt  loar.  Um  ba«  $afyr  350  burften  bie  ©ruber  3RaceHum  berlafien,  ja 
©allu«  tourbe  fogar  im  üRär$  351  jum  Gäfar  ernannt.    3-  btQab  ft$  nad&  Äonftantmopel 

26  unb  fonnte  toieber  feiner  -Neigung  nadj  ftubieren.  ®r  lj>örte  ben  ©rammattier  SRifofle* 
unb  bie  ÜBorlefungen  be«  d&riftlid&en  ©opfytften  ßfeboliu«  über  Jtyetorif.  £>er  lefctere,  bem 
ÜBinbe  be«  #ofe«  jugänglid^,  fyat  ben  3ünöling  jur  Serac^tung  be«  ^eSentömu«  anleiten 
tooden,  nad^mal«  ift  er  felbft  $eibe  geworben.  3ule(t,  nad^  bem  lobe  Julian«,  erflärte 
er  ftcb  für  bumm  geworbene«  ©alg  unb  teerte  in  bie  5fttd?e  ^urücf.    2)em  Äaifcr  erfd^ien 

so  ber  Slufent^alt  be«  $rinjen  in  ber  ^au^tftabt  balb  gefä^rlic^ ;  er  tourbe  angen>iefen,  ft$ 
nac^  3lilomebien  ju  begeben.  35ort  hjirfte  Sibaniu«;  allerbing«  ^atte  3-  terfrttt^en 
muffen  —  bielleic^t  bem  Äaifer  felbft  —  beffen  Vorträge  ntc^t  ju  ^ören;  er  fytt  fte  ge^ 
lefen.  3Jlit  9te$t  ^at  man  3«  SReifc  nadj  9tifomebien  bie  ber^ängntebollfte  Ja^rt  feine« 
fieben«  genannt.  §ier  in  9Jifomebien,  bann  in  ^Jergamum,  enblid^  in  (Spfyefu«  ift  er  bon  ben 

85  bebeutenbften  ^elleniftifc^en  2e^rem  ber  3«t  in  bie  neu^latonifd^e  Sßtyilofo^ie  unb  3Jlanti! 
eingehjei^t  toorben.  3W  SKajimu«  beftimmt,  ift  er  noc&  im  %a!fyct  351  förmlich,  aber 
in  ber  ©tiUe,  ^um  §eibentum  übergetreten.  I)er  Äaifer,  loeld^er  bie  lemjjel  gefd^loffen, 
bie  Dpfer  berboten,  ben  alten  ©ötterbienft  faft  f$on  bemic^tet  ^atte,  toar  auc^  ber 
SKörber   feiner  SJertoanbten,   ber  geinb   feine«  £eben«.    9Jun  loaren  bem  S^ngling  bie 

4o3lugen  geöffnet:  er  ]av)  bie  alten  ©ötter  auf=  unb  nieberfteigen.  Sie  Iräumc  ber£i$tcr 
unb  bte  ©Refutationen  ber  ^tyilofoptyen  tourben  i^m  jur  lebenbigften  2Bafyrfyeit.  3n  ^>an 
3Jeu})latont«mu«  offenbarte  fid^  i^m  ber  gange  Steic^tum  ber  fyöcMten  %btak  be«  3ütcr* 
tum«;  in  tfym  allein  fanb  er  bie  fyelleniftifcfye  ßibilifation  ftd^ergefteut.  för  ^at  e«  ntd^t 
anber«  getoußt,  unb  niemanb  fonnte  e«  tfym  fagen,  toa«  au«  ber  SReligion,  ber  }>raftifc^ai 

45  ^ilofo^te  ber  SSäter  im  9ieu^latoni«mu«  in  Sßa^ctt  geworben  toar:  ein  t^eologifc^c« 
©Vftem,  in  feinem  ©runbriß,  3^ec^  un*>  2lufbau  h>enig  bon  bem  ber  alejanbrinifcjKn 
unb  bvjantinifc^en  „©aliläer"  berfäieben.  3)te  SDic^ter  unb  ^P^ilofop^en,  für  bie  er 
fc^toärmte,  ^aben  e«  U)eber  gefannt  noeb  beburft,  unb  bie  Kultur,  bie  e«  angeblic^  fc^ü^en 
unb  hjeiterfu^ren  foHte,    ift  bon  tym  berh)irrt  unb  aufgefogen  toorben.    Slber  bie  ©tun= 

50  mungen,  3^e  uni?  ^Rct^imen  Julian«  entfprac^en  felbft  nic^t  benen  feiner  gelben,  fonbem 
toaren  mobern.  @r  v)ätu  fte  faft  fämtlid^  aud?  au^  bem  S^riftentume,  lote  e«  bamal«  loar, 
legitimieren  fönnen.  g«  loar  —  t^eoretifc^  betrachtet  —  lebiglicfc  bie  gried^tfe^e  TOyt^ologic 
unb  2ötffenfc^aft,  bie  c«  i^m  angetfyan  ^atte  unb  bie  er  nun  gegen  bie  d^riftltc^e  etm 
taufcfytc.    5Die  ©c^icffale  be«  Seben«,  ^^antafte  unb®rjie^ung  tyaben  i^n  ju  jener  geführt; 

55  un(^lige  anbere  gleic^geftimmte  fyabtn  fte  bamal«  unb  früher  gu  Gtyriften  gemacht  ®ie 
^lu«etnanberfe^ung  mit  ber  Sßergangen^ett,  mit  ber  ©efc^ic^te,  loar  auf  beiben  ©etten 
faft  gleich  fc^loiertg  unb  gleich  leicht;  unb  loar  audj  ba«  3Raß  ber  t^eoretifc^en  Selb^« 
täufc^ung  im  neufclatonifäen  Säger  ein  geringere«,  fofern  ein  feftere«  33anb  griec^MK 
s3.>h;t^olo0ie  unb  Kultur  mit  neuplatonifd^er  ©pefulation  berbanb :  einfacher  unb  gefd^loffena 

Co  loar  bte  2tteltanf$auung  ber  fircfylicfyen  2 Geologie  unb  ber  ^eQenifc^en  Überlieferung  eben« 


3ttUatt,  Äaifer  613 

faß«  ange^ßt.  ®ie  große  Slufgabe,  ben  #elleni«mu«  ju  reformieren  unb  ba«  ©tyftem 
feine«  Vorgänger«  abjuttyun,  fd&eint  bem  Sßrinjen  fd&on  in  SRifomebten  unb  Spfyefuä  bon 
feinen  greunben  borgeftellt  Sorben  $u  (ein.  ©ie  tonnten  um  jum  Sßtyilofo^en  unb  jum 
Hüftgeug  tyrer  Sßläne,  nid&t  aber  jum  ©taat«mamt  er^ie^en.  3.  tf*  seitlebend  in  ber 
äb&ängtgfeü  bon  Urnen,  i^rer  greunbfd&aft  toie  ifyrem  Seifall  geblieben,  jufrieben  unb  6 
beglücft  in  bem  SJetoußtfein  $m  3uftimmung.  Ob  er  fd&on  in  TOfomebten  naefc  bem 
I^rone  begehrt  fyit,  hriffen  toir  nidpt  beftimmt,  bürfen  e«  aber  bermuten.  3Mc  tyn  für 
immer  gefangen  unb  ertoorben  Ratten,  feinen  ifym  a\x<f)  bereite  33erft>red&ungen  für  ben 
gafl  ferner  3#ronbefteigung  abgenommen  }u  tyaben.  gm  3^*354  Itc^  Äonftantiu«  bcn 
®attu«  $inrid&ten ;  auefy  3j.  tourbe  gefangen  gefegt  unb  naety  3Railanb  jum  §ofe  gebraut,  to 
ßrft  natfc  einem  falben  Safyre,  unb  nadjbem  bie  Äaiferin  ftc§  für  ifyn  bertoenbet  fyatte, 
tourbe  er  entaffen  unb  erhielt  bie  Erlaubnis,  naefy  Sitttynien  jurüdtjufetyren.  Salb  faßte 
ber  Äaifer  erneuten  Verbaut  hriber  tyn;  aber  er  beruhigte  fidp  toieberum.  !g.  erhält  bie 
grlaubni«  (©ommer  355)  naefc  Sitten  gu  getyen;  lein  tyalbe«  3jafyr  ift  er  bort  getoefen 
(bie  Slnna^mc  eine«  jtoeimaligen  Aufenthalte«  bafelbft  ift  fetyr  unftd^er).  Über  fein  Seben  15 
unb  feine  ©tubien  in  Sittyen  fmb  toir  einigermaßen  unterrichtet.  5Die  ©ebanfen  unb 
$läne,  bie  er  in  Älemafien  gefaßt  tyatte,  mußten  tyier  reifen ;  aber  er  mußte  auety  bie 
Sötte  fortfbielen,  gu  fd&einen,  toa«  er  nietyt  fear,  unb  ba«  Igntereffe  feine«  Seben«  gu  ber« 
bergen.  3lu$  in  ätfyen  tyat  er  mit  ben  bebeutenbften  tyelleniftifctyen  Setyrern  pdrfönüd^ 
angeknüpft  unb  tyat  ftety  in  bie  eleufiniföen  3Jtyfterien  einfreityen  (äffen.  Sereit«  im  Oftober  20 
356  finben  toir  ityn  hrieber  in  Dberitalien.  ®er  Äaifer  brauste  einen  Säfar  unb  gelb* 
tyatn  gegen  bie  (SmfäUe  ber  ©ermanen  in  ©aflien  unb  3-  geigte  fi$  itym  auf  ben  9tat 
femer  ®ötter  bon  nun  an  gefügig.  3n  W*  nun  folgenbe  3eit  fallen  feine  Sobreben  auf 
Äonftantiu«,  ein  traurige«  3eugni«  &**  berfommenen  $t\t,  in  ber  felbft  ein  ebler  9Jiann 
folc^ed  übernommen  tyat.  Julian  erhielt  im  9iobember  355  bie  Gäfarentoürbe  unb  ging  25 
iuxfy  im  SBinter  naety  ©aflien  ab.  Ungenügenb  au«gerüftet,  fort  unb  fort  beargtootynt 
bon  feinem  SBetter,  gehemmt  burefy  biele  2Biberh>ärtigfetten  tyat  3>-  Hi  einer  metyr  al« 
bierjäfyrigen  angeftrengten  unb  rutymbotten  Iriegerifctyen  3^ätigfeit  feine  aufgäbe  gelöft: 
er  tyd  ©attien  gefäubert,  bie  SUemannen  burety  loiebertyolte  (SinfäHe  in  ityr  ßanb  gegüctytiat, 
im  #eere  ftety  2lnerfennung  unb  SSertrauen  ertoorben.  5Den  SOBinter  359  auf  360  brachte  90 
er  in  SßariS  ju.  S)ort  empfing  er  ben  33efefyl,  feine  beften  Irut)J)en  in  ben  Orient  gu 
Äonftantiu«  abgufenben.  ©eine  ©olbaten  antworteten,  inbem  fte  ityn  felbft  jum  Sluguftu« 
ausriefen.  @3  fctyeint  toiber  ben  SBiQen  ^.«  gefctyetyen  }u  fein;  er  felbft  fyat  in  biefer 
©attye  biel  SKäßigung  ober  Älugtyeit  an  ben  %a$  gelegt.  6r  Weigerte  ficty  guerft,  ließ 
futy  aber  bann  bo$  frönen;  gugleicty  fe^te  er  ben  Äaifer  öon  bem  ©ef$etyenen  inÄenntni«86 
unb  erbat  beffen  Sintoilligung,  otyne  ftety  noety  felbft  ben  litel  2luguftu«  beizulegen. 
ÄonftantiuS  bertoeigerte  bie  ©anftion  unb  glaubte  ben  (Smpörer  mit  bem  ©d&toerte  ant^ 
tDorten  ju  muffen.  3jefct  ertyob  ftd^  auety  3.  3u  SSienna  360361  rüftete  er  ben  Ärieg ; 
ba«  6))i>)tyanicnfeft  361  tyat  er  nodj  in  ber  Äirctye  gefeiert,  bann  toarf  er  bie  üülaSfe  ab. 
2)er  Ärieggug  fodte  unter  bem  offentunbigen  ©etyu^  ber  ©ötter  ftetyen.  ^n  Silmärfctyen  40 
brac$  er  auf;  bie  SBeifungen  feiner  ©ötter  begleiteten  ityn  unb  fcertyießen  ©ieg.  2Bo  er 
bun^jog,  ließ  er  bie  gefetyloffenen  2:emj>el  öffnen.  $n  fürjefter  3eit  ftanb  er  in  Qltyrien 
an  ber  ©renje  Ityracien«.  3)er  Äaifer  gog  itym  öon  ©^rien  au«  entgegen;  aber  feine 
läge  toaren  gegätylt.  2lm  3.  9lot)ember  361  ftarb  er  in  ßilicien.  ®«  tyieß,  er  fyabt 
Sultan,  ber  nad^  fctynellem  3uge  gule^t  boety  gezögert  tyatte,  ftd^  ber  $au^tftabt  ju  nätycrn,  45 
no^  jum  Slactyf olger  ernannt.  Sm  11.  2)egember  361  30g  3.  in  Äonftantinoj)el  ein;  er 
toar  SJttemtyerrfdfjer  unb  niemanb  ertyob  fiety  toiber  ityn.  3)en  SQSinter  über  blieb  er  in  ber 
^auptftabt,  bamit  befd^äftigt,  bie  ©runblagen  für  toeitgefyenbe  Reformen  im  Steige  ju 
legen,  ©d^on  aber  betrieb  er  gleichzeitig  in  unnötiger  6ile  bie  Vorbereitungen  für  einen 
8^JUÖ  fl^en  bie  Werfer.  3m  ©ommer  be«  %afytö  362  begab  ftety  3.  über  Äleinafien,  w 
Ido  er  toenig  erfreuliche  ßinbrücfc  t)on  bem  Grfolge  fetner  bisherigen  5Religion«politif 
empfing,  naep  Slntioctyicn,  um  bie  Lüftungen  fort^ufe^en.  8alb  geigte  e«  ftety,  baß  ber 
Wilofopty  auf  bem  ityrone  nirgenbhjo  Weniger  ©^mpattyien  ftety  ju  getoinnen  öermoctyte 
al«  bei  ber  aufgeregten,  leichtfertigen  unb  fpottfüctytigen  Sebölferung  2lntioctyien«.  ©ein 
Auftreten  erfdjpen  abenteuerlich  unb  feltfam,  feine  Srlaffe  fleinlicty  unb  läftig.  S)a«  Volt  66 
ra^te  ftd^  an  bem  Äaifer  burdj  ©pott  unb  burc§  oftenfible«  SSer^ö^nen  beffen,  toa«  i^m 
heilig  toar.  5Der  d&rtftlic^e  Teil  ber  33eöölferung  fing  bereit«  an,  fefyr  bebenflic^  ju 
bemonftrieren ;  3.  ergriff  SHepreffalien.  Wan  beleibigte  ftety  toon  beiben  ©eiten.  35aß  ein 
Äaifer  toie  ein  (Stynifer  lebte,  al«  ein  s^^ilofop^  regieren  Wollte  unb  al«  felbftgefä&iger 
^ournalift  auf  ben  SRartt   ^inabftieg,  um  ©pott  mit  ©pott  ju    begegnen,  ba«  mußte  00 


614  3ttltmt,  Äaifer 

feinem  Slnfetyen  gefährlicher  toerben  als  ade  ernften  Züchtigungen,  bie  er  berfyänaen  tonnte. 
9lm  4.  3Rärj  363  berliefe  3.  bie  ©tabt,  um  ben  Krieg  au  beginnen.  „Sei  feinem  3Ü>* 
guge  führte  er  feine  ©öfter  unb  bie  ©ötttn  (Sirene)  mit  \\<fy,  bte  er  gegoffen  unb  in  Srj 
gelleibet  fyatte,  bagu  $auberer  unb  üBafyrfagegeifter,  unb  alle  ©ötyne  beS  !grrtumS  geleiteten 

5  ü}r\  mit  ifyren  ©ebeten."  3taf$  unb  füfyn,  tote  eS  feine  Slrt  toar,  rüate  er  bor,  ade 
©trafen  eine«  gfelbjugeS  felbft  teilenb  unb  babei  nod&  Doli  lebhaftem  igntereffe  für  feine 
©tubien  unb  großen  stteformpläne.  3lad)  einigen  glüdflic&en  ©efed&ten  traf  ibn  in  ber 
©cfylactyt  am  26.  $\m\  363  ein  ©peer  in  ben  Seib  unb  toenige  ©tunben  barauf  t>erfc^ieb 
er,  fanft  unb  ftill;   eine  2lnorbnung  toegen  ber  I^ronfolge  ^at   er  nic^t  erlaffen.    2)aS 

10  SSerfyängniS  feine«  XobeS  ift  bielfacty  berfd&ieben  ausgebeutet  toorben.  Qtptycacm  StyruS,  ber 
nod)  im  3jal>re  363  feine  ©ebic^te  gegen  3.  geförieben  tyd,  toill  toiffen,  bafc  ^.  an  feinem 
ÄriegSglücf  unb  an  feinen  ©öttern  ber^toeifelnb  abft$tli$  feine  Lüftung  ausgesogen  $abe, 
„um  löblich  getroffen  ju  toerben  unb  ju  fterben,  ofyne  bafj  bie  ©aliläer  feine  ©<$mac$ 
fefyen  möchten."    2)er  ©peer  traf;   „ba  toanb  er  fiefc  ftötynenb   unb  gebadete  beffen,  toeß 

16  er  ben  Äird&en  bei  feinem  2lbjug  brieflich  angebro^t  tyatte"(Carm.  III;  f.  SSidfetta.  a.  C. 
©.  349  f.).  3Mefe  ältefte  gorm  ber  Segenbe  toar  bisher  nic^t  befannt.  3la%  ^iloftorgiuS 
ift  3.  unter  Säfterungen  feiner  ©ötter  geftorben  (VII,  15).  3$eoboretS  toeltbefaraiter 
Seric^t  (III,  25),  na$  toelc^em  ber  Äaifer  fterbenb  gerufen  tyaben  foH :  „3)u  tyrfk  geftegt, 
©aliläer",  ift  eine  gortbilbung  ber  bur$  ©pfyraem  überlieferten  Segenbe.     3Bicfytiger  tft, 

20  bafc  Werfer,  tote  2lmmtan  berichtet,  bereits  am  läge  na$  bem  lobe  beS  ÄaiferS  bie  SRömer 
als  Verräter  an  tyrem  eigenen  Äaifer  gefd&mäfyt  Ratten;  benn  eine  römifc&e  Sanje  hätte 
ben  Äaifer  burd&bofct  (XXV,  6,  6).  SDiefeS  ©erüd&t  fefcte  ftcfc  im  Steige  feft,  unb  balb 
tourben  bie  G^riften  im  #eere  beranttoortlicfc  gemalt.  SibaniuS  fyat  in  feiner  ®ebä$tm$* 
rebe  biefem  SSerbac^te  SBorte   geliehen.    Keiner  ber  Ätrc^en&iftorifer   tyiX  bagegen  Skr« 

26  toa^rung  eingelegt,  ©regor  bon  SRajianj,  SRufin,  ©ofrateS  laffen  eS  baftngeftettt,  ob  ein 
römiföer  ober  perftfd&er  ©olbat  baS  töblid&e  ©efdjofc  gefenbet.  ©o^omenuS  aber,  ber  be* 
Rauptet,  Julian  fei  unter  SSertoünfcfyungen  gtyrifti  geftorben,  fud&t  auSbrücHicJj  ben  38er* 
bacfyt  beS  SibaniuS  ju  begrünben  unb  fyat  bie  ©tirne,  ben  <$riftlic$en  9JJeud?elmörber  ju 
greifen.    Segenben  toie  bie,  bafe  ber  fyl.  9JterfuriuS  bom  $immel   tyerab   ben  TOorb  bou* 

80  bracht  unb  ätynlicfye,  fyaben  in  ber  fbäteren  $z\t  getouc&ert.  2)ie  Beurteilung  beS  ©ojo* 
menuS  lefyrt,  bafe  Triften  ber  %l)at  fäfyig  getoefen  fmb.  9lber  me$r  lä^t  ftd^  nic^t  fagen. 
5Die  unber^o^Iene  g^eube  ber  ß^riften  über  ben  2ob  i^reS  geinbeS  gabjebem  böfen  ®e= 
rüc^t  Sla^rung.  ^nbeffen  ber  5Korb  felbft  ift  fe^r  jtoeifel^aft;  benn  1.  Si^nlic^e  ©erüc^te 
entfielen  angeftd^tS  eines  furchtbaren,  unertoarteten  ©d^lageS  fe^r  ^äufig.    3)aS  Soll  toiB 

86  nic^t  glauben,  bafc  in  folgen  gällen  ettoaS  ©emeineS  bie  Urfacfce  getoefen  fei.  2.  Julian 
toar  ein  fü^ner  ©olbat,  ber  ftc^  felbft  ni^t  feiten  in  ©efatyr  begab.  3.  Julian  — 
unb  baS  ift  baS  SBic^tigfte  —  ^>at  felbft  leinen  33erbad&t  in  biefer  ^inftd^t  au3geft>ro$en ; 
nad)  Slmmian  fyat  er  ber  ©ottfycit  nod)  gebanlt,  ba^  er  nid^t  clandestinis  insidiis 
fterbe.    4.  @utro))tuS  fagt  beftimmt,  ber  Jtaifer  fei  burd^  ein  feinbli$eS  ©efc^og  getroffen 

iotoorben;  @))^raem  toeifi  eS  ebenfalls  nid^t  anberS.  5.  Strofc  ausgefegter  Selo^nung  fanb 
ftc^  unter  ben  5ßerfern  alterbingS  ber  Später  nic^t;  bielleid^t  lebte  er  felbft  nufct  mebr  — 
bieS  tourbe  bon  ben  Werfern  ju  bem  fcfymäfylic^en  Sortourfe  auSgenu^t,  tourbe  befannt 
unb  l)at  ben  Slnlafe  jur  Silbung  ber  Segenbe  gegeben  (Am.  XXV,  6,  6.  Lib.,  tuqi  t. 
njuüjQtag  II,  32.  34.  46  sq.).     aber    felbft   bie  9Köglid&feit   beS  2Reud&elmorbeS    juge« 

46  ftanben,  fo  ift  baS  toeitere  Iebigli$  na^e  liegenbe  Äonjeftur.  SibaniuS  bringt  au$  nvtyt 
ben  geringften  93etoeiS  bafür,  ba§  gerabe  ein  Gfyrtft  baS  ©efd^o^  gefenbet  (f.  auc^  leuffel 
in  ber  Slealenctyflopäbie  ©.  406  f.  unb  »üttner^SQäobft  a.  a.  D.).  Seftattet  tourbe  Julian 
in  Iarfui>,  tief  betrauert  bon  feinen  greunben,  beren  Hoffnungen  mit  tym  erlogen;  ben 
ß^riften  fd^ien  nun  toieber  bie  ©onnc  faiferlid^er  ©unfi  3.  ^at  feinen  ©o$n  ^mterlaffen. 

60  ©eine  ©ema^lin  §elena,  bie  ©d^toefter  beS  ÄonftantiuS,  toar  föon  hn  Sffimter  360/361 
ju  ^Bienne  aeftorben. 

Die  SReftaurationS^olitif  Julians  unb  bie  Steaftion  gegen  bie  <$rifl* 
lic^eJtirc^e.  2)ie  SReftauration  beS  ^elleniSmuS  toar  bie  erfte  ©orge  beSßaiferS  bei  feinem 
Regierungsantritt,  unb  fte  blieb  eS  btS  ju  feinem  2obe;  in  i^r  fa^  er  bie  eigentliche  Aufgabe 

55  feines  SebenS.  9iac^bem  er  bie  $auptftabt  betreten,  fäuberte  er  juerft  ben  ^kilaft  bon  bem 
§ectc  ber  Höflinge  unb  ©c^maro^er.  Stele  unb  manche  ber  $5qiftgefteIIten  Ratten  fi$  93er» 
brechen  ^u  fd^ulben  Common  laffen.  §icr  berfu^r  er  fcfyarf  bis  gur  §ärte.  3luc^  berer  gebaute 
er,  bie  jum  lobe  feines  95ruberS  ©aHuS  mitgetoirft,  unter  beren  Stänten  unb  ^ntriguen 
er  felbft  $u  leiben  gehabt  fyatte.    ^n  toenig  ffiod^en   fyattz  ber  §of   ein   böQig  anbereS 

60  2Juö|efyen.     Die   neu^Iatonifcben   $^i(ofo^ben   eilten  nac^  ber  ^au^tftabt,   unter  ibnen 


3»lüm,  Satfer  615 

SÄasimuS,  tyr  geiftiger  güfyrer.  ®er  Kaifer  toar  aucfy  afe  Äaifer  gang  bcr  3ßre.  3te 
©ötterbienft  foute  tmeber  bcr  pribtlegierte  ÄultuS  derben,  unb  gtoar  bcr  ©ötterbienft  in 
jeher  überlieferten  gorm.  3unäcfyft  tourbe  bic  Öffnung  aller  gefc^Ioffencn  Tempel  geboten, 
bagu  ber  SBieberaufbau  aller  zertrümmerten  ober  fyalb  gerftörten  ©otte^äufer.  35ie  fonftegierten 
lempelgüter  unb  «©ctyäfce  foflten  toiebererftattet  toerben.  „2Ber  i)at  je  fo  biele  ©öfcen*  6 
altäre  errietet?  toer  fyat  je  alle  35ämonen  fo  I?od&  geehrt?  toer  fyat  je  fo  fe^r  alle  leufei 
gu  befänftigen  gefugt"?  ruft  ber  $1.  (Sptyraem  (Carmen  IV).  35or  allem  lag  e3  bem 
Raifei*  am  #crgen,  ben  gangen  Dpferbienft  lieber  in  ©ang  gu  bringen.  Unermüblicfc  ift 
er  in  Srlafien  unb  2lnorbnungen  getoefen.  2öie  er  felbft  in  jeinem  <ßribatleben  in  p ünn* 
fünfter  ©ehriffen^afttgfeit  ein  beftimmteS  Ritual  befolgte,  in  ^eiliger  ©cbeu  Opfer  unb  10 
Spenben  boBgie^enb,  fo  foflten  aud)  afler  Orten  bie  alten  Äulte  toieber  aufleben  unb 
Reuige  @fyrfur<$t  bor  ben  ©öttern  aller  ßenen  erfüllen,  bie  2lrt  aber,  tote  3-  föx  ^e 
geicrli$!eit  unb  ben  ßrnft  be$  gangen  ÄultuStoefenä  fyat  geforgt  hriffen  tooHen,  geigt 
fofort,  bafc  tym  tyteit  borfd&toebten ,  bie  bem  antilen  öffentlichen  ÄultuS  fremb 
toaren.  Wan  fann  e$  mit  einem  SBorte  fagen :  bie  angebliche  Steftitution  bc$  iö 
antilen  ©ötterbienfteS  gefdjjaty  naefc  bem  SBorbilbe  getoiffer  TOtyfterienfulte  unb  in  ber 
äU>ft$t,  ade  alten  Äulte  in  einer  3lrt  bon  Jjeibniföen  9lei$3ftrc$e  gu  bereinigen.  2ltte 
SÄid&tlinicn  unb  SBertfd&äfcungen,  bie  baä  SteftaurationStoert  beä  flaiferä  bestimmen, 
finb  ben  SJtyfterien  entnommen,  ^n  tynen  aber,  toeld&e  im  Slltertum  bie  3lu& 
Übung  beä  öffentlichen,  ftaatlid&en  Kultur  begleitet  fyaben,  finb  ftetä  religiöfe  Snter«  20 
cjfcn  unb  3iele  berfolgt  korben,  bie  gu  benen,  freiere  in  btefem  gepflegt  tourben,  bi$* 
parat  toaren.  ©ottte  nun  baä  gefamte  öffentliche  Seben  burd&  bie  gftömmigfett,  tüte  fte 
bie  3Jtyfterienfulte  befyerrfäte,  btegipliniert  toerben,  fo  bwetd&net  biefer  Sßlan  nicfyt  eine  9te* 
aftion,  fonbern  eine  Reform  im  eminenteften  Sinne.  SHeaftionär  ift  nur  bie  Stüdffefyr  gu 
ben  alten  ©öttern;  aber  bie  aSfetifd^pietifttfd&e  unb  mtyftifdfcfytoarc&ifd&e  ®iSgiplinierung  20 
unb  Drbnung  be$  Äultuä,  ber  ÄultuSgemeinbe  unb  ber  Sßriefterfd&aft  toäre  einer  Umgeftal* 
tung  aller  9SerI?ältniffe  gleicfygefommen  —  eine  unerhörte  Steuerung,  bie  im  Slltertum  lein 
Sorbilb  gehabt  tyat  —  2lnfä$e  unter  3Ka£iminu$  S)aga  aufgenommen  —  biel  fpäter  aber 
im  $riftlt$en  Mittelalter  ftd&  teilh>eife  realisiert  fyat  3Ran  mufc  bis  gu  ben  Reiten  ber 
cluniacenftfc^en  Sßäpfte  unb  dürften  unb  toeiter  m  bie  ©eföic&te  beS  3R3td  fyinabftetgen,  so 
um  auf  einem  anberen  ©oben  erft  tmrflid)  fölagcnbe  parallelen  gu  finben.  3Jlan  fann 
eintoenben,  bafe,  h>a3  am  ©ötterbienft  um  bie  9Jcitte  bed  4.  ^a^rfymbertft  nod^  lebend 
Iraftig  toar,  f^  bereite  in  bie  formen  ber  3Jtyfterienfulte  unb  s^römmigfeit  gelleibet  fyatte, 
unb  bafe  mithin  Julian  natürlictyertocif e  auc^  feine  SReaftion  in  biefe  Sapncn  lenfen  mufete ; 
mbeffen  ift  entgegengu^alten,  ba|  in  bem  üKafee,  ate  ber  ©ötterbienft  im  9Jtyfterientoefen  86 
fk^  berflärte  unb  berfümmerte,  er  ftd^  aud&  ben  ÜKaffen  unb  bem  öffentlichen  Seben  ent= 
frembet  ^atte.  Siefeä  in  ben  öffentli^en  ©taatöfultu«  umgutoanbeln  unb  bamit  ba^gan^e 
Ser^ältnid  bon  ©taat  unb  Religion,  h>ie  eö  in  ber  antiten  &it  ge^errfd^t  ^atte,  gu  mobt= 
figteren,  toar  fafttfc^  eine  SReformation,  bie  nur  aufgezwungen  Serben  lonnte.  35a«  fyat  aud^ 
Julian  reid^lic^  erfahren.  2)a$  ^eibniWe  SSolf  beredt  [xty  feinen  Sßlänen  gegenüber,  bie  40 
er  in  einer  Steige  laiferlid^^o^epriefterlid^er  Srlaffe  barlegte,  faft  burd^ge^enb«  fü^l  unb 
tnbifferent,  ja  fe^te  i^nen  gerabegu  SBiberftanb  entgegen.  ®3  offenbaren  fufy  aber  bie  re= 
formatorifd^en  lenbengen  be«  Äaifer«  namentlich  in  feinen  Slnorbnungen  über  bie  Sluf« 
na^me  in  ba«  ^eibentum  unb  über  bie  35tegiplinierung  be«  5ßriefterftanbe«.  §ier  gielt  3- 
barauf  ab,  eine  eigentümliche  Äultaemeinbe  unb  einen  bejonberen  Sleriferftanb  gu  fd^affen,  46 
beibe  o^ne  birefte  Regierungen  auf  ben  ©taat  (bie  Seftimmungen :  1.  ber  SBieberaufnafjme 
in  ba«  ^eibentum  jotten  geh)iffc  Geremonien  borange^en;  nur  bie  geiftig  unb  förperlid^ 
©eteinigten  foHen  ben  ©öttern  ftd&  nafyen  bürfen.  2.  2)ie  ^ßriefterfd^aft  foll  ate  abgeftufte 
unb  ftreng  fontroHierte  §ierarc^ie  organifiert  toerben :  bcr  Äaifer  afe  ^Jontifcj  3Kajimu«,  in 
ben  SProbingen  Dberpriefter  (^eibnifc^e  3Ketropoliten) ;  i^nen  untergeorbnet  bie  ^ßriefter  60 
ber  S)iöcefe.  2)ie  felbftftänbige  SBürbe  bcr  5[}ricfterfc^aft  gegenüber  ben  Staatsbeamten 
toirb  audbrücflid^  fonftatiert;  felbft  nic^t  bem  Aaifer  gebührt  im  Xempel  gegenüber  bem 
fungierenben  ^ßrieftcr,  bem  Mittler  gtoifc^en  ©öttern  unb  3Jtenfd&en,  bie  @^re.  3.  35er 
Äleruä  foQ  fu^  burc^  eine  befonbere  ©ittlid^feit  au^geic^nen,  unb  be^utfam  foH  man  bei 
feiner  SBa^l  berfa^ren.  2)ie  ^5riefter  fotten  ben  beften  ©täuben  angehören,  nid^t  gu  reiefc,  66 
aber  aud^  nic&t  gu  arm  bürfen  fie  fein.  3$eater,  ©c^aufteHungen,  SBirtö^äufer  foHen  fte 
bermeiben;  ^erborleuc^tenb  burc^  ©otte^furebt  unb  SKenfd^cnfrcunblic^Icit  foBen  fte  ein 
Sorbilb  aller  fein.  8luf  i^re  %xad)t,  i^ren  SBanbel  unb  Umgang  fyabm  fte  gu  achten; 
fromme  aSfetifc^e  S5etrad)tungen,  p^ilofop^ifc^c  Schüre,  religiöfe  ^mnen  toerben  i^nen 
anempfohlen ;  ty?  pribate«  £eben  f oB  burd)  beftimmte  Setftunben  geregelt  fein.  UnU)ürbige  60 


616  Julian,  Satfer 

SPriefter  foHen  abgefegt  Serben.  4.  ®ie  Sßricftcrfd&aft  foU  fid^  ber  ©emeinbearmenpflcgc 
Wibmen.  3)er  ßaifer  ift  felbft  bereit,  berfelben  einen  #eil  ber  ©taatSeinftuifte  311  biefem 
äWecfe  gu  überladen.  —  2)ie  9?a$a$muna  ber  fird&lic&en  SMSjiplin  liegt  auf  ber  £anb; 
3.  tyat  au$  betreiben,  5.  93.  in  Vejug  auf  bie  Armenpflege,  bie  er  bei  ber  ßtr$e  unwillig 

6  beWunberte,  fein  #e^I  gemalt;  anbere  Übereinstimmungen  ftnb  mittelbare,  fofern  bie 
3Jtyfterien  früher  fq>on  au$  auf  bie  !irc&lid?en  3>nftitutionen  emgeWirft  Ratten),  ©efcr  richtig 
fyat  ©ojomenoS  bie  SteligionSpolitif  be$  JfaiferS  d&arafteriftert,  Wenn  er  fc^retbt  (V,  16): 
„®a  Julian  aber  annahm,  bafc  baä  Gtyriftentum  feinen  Veftanb  auf  bie  SebenSfüfrung 
unb  bie  bürgerliche  Orbnung  (einer  Sln^änger  grünbe,  ^atte  er  bor,  überall  bie  ^eHemföen 

10  Stempel  mit  ber  bem  Gtyriftentum  eigentümlichen  ©nrid&tung  unb  Orbnung  au£$uftatten. 
(Sr  Wollte  ftanjeln  unb  S^renfifte  errieten,  Sefyrer  unb  Vorlefer  tyellenifc&er  ®lauben£fä$e 
unb  ©ebote  anftellen  unb  feftgefefcte  ©ebete  für  beftimmte  ©tunben  unb  $age  anorbnen. 
6r  beabftd&tigte,  Älöfter  für  9Ränner  unb  grauen,  bie  ft$  ber  5{tyilofop$ie  gugetoanbt 
Ratten,  ju  grünben  unb  ben  ^eQenifc^en  ©lauben  bur$  (Sinrid&tung  \>on  Unterfunffeftatten 

löfürgrembe  unb  Settier  unb  burd&  anberWeitige  menf$enfreunbli$e  grürforge  für  bie  armen 

Su  Dertyerrltcfyen.  gür  freiwillige  unb  unfreiwillige  Vergebungen  Wollte  er  naety  ber  Se^re 
»er  Gfyriften  eine  gorm  entfpred&enber  äurecfytwetfung  auf  ®nmb  DorauSgegangencr  9teue 
feftfefcen.  9ii$t  jum  minbeften  aber  fou  er  bie  Empfehlungen  in  ben  bifööflic^en  ©riefen 
nadfoeafymt  fyaben  u.  f.  W." 

20  SOBte  aber  behielt  fufc  ber  Äaifer  uir  Äird&e?  Wü  Stecht  i)at  man  gu  untertreiben 
begonnen  jtuifc^en  bem,  Wa3  3-  getoout  unb  bem,  Waä  er  get^an  tyat,  refp.  toa£  unter 
feiner  Slegterung  gefd&efyen  ift.  ßbenfo  ftnb  bie  einzelnen  $^afen  feiner  Stegierungäjeit  ju 
untertreiben,  fttoax  fyat  fufy  feine  ^ßolitif  im  Sßrinjipe  bis  $u  feinem  3u0e  9*8«*  bie 
Werfer  nicfyt  geänbert;   aber  in  feiner  ©timmung  Würbe  ber  Äaifer  immer  geretjter,  unb 

25  ba$  Wirlte  aud)  auf  feine  (Srlaffe.  SBiber  ifyren  SBiUen  bezeugen  au$  bie  Äinfcenbäter 
felbft,  ba&  Don  einer  Wirflid^en  Verfolgung  ber  Äird&e  unter  3-  nid&t  We  Siebe  fein  tonn. 
%Son  einer  „blanda  persecutio  inlicens  magis  quam  impellens  ad  sacrificandum" 
fprid&t  #ierontymu$;  ätynlicty  aud)  ßptyraem,  äfteriuS  u.  a.  ®.  ärnolb  fyat  ba^er  ganj 
rec^t,  Wenn  er  fagt:   „3$  finbe  jum  Wenigften  fo  Diel  unc&riftlictye  unb   ärgerliche  Sc* 

30  jeugungen  ber  Triften  gegen  biefen  Äaifer,  bie  ifyn  nietyt  anberä  ate  aur  Verfömä^ung 
unb  Verfolgung  aller  guten  3)inge  bringen  lönnen  .  .  .  3)ie  3^ten  ^  ß^nften  unter 
gultano  ftnb  nic^t  fotoo^l  ju  ben  Verfolgungen  al«  ju  einiger  Unterbrüdfung  }u  rennen; 
angefe^en  jener  me&r  toon  ibnen  an  Verachtung,  Übeln  SRad^reben,  Vefc^ulbigungen  u.  bgL, 
aU  fte  toon  i^m  gelitten  ^aben". 

36  3.  tooDte  leinen  Rfrang  jur  Vele^rung  ausüben;  benn  Überzeugungen  follten  nic^t 
aufgebrängt  frerben.  wapi  ftanb  i^m  fein  eigener  ©laube,  ber  fxcp  i^m  ja  ni$t  nur  ak 
ßultu^  barftedte,  Diel  ju  fyod).  Slber  bie  SRenföen,  mit  benen  er  e3  ju  ^un  batte,  flan-- 
ben  biel  ju  tief,  um  feine  ^tak  unb  feine  6Jetoiffen^aftigfeit  ju  berfie^en.  ?Rur  einem 
2)e«poten  tonnte  bamal«  tttoa*  gelingen.    ®a^  ß^riftentum,  toeld^eö  3.  al«  ©ottloftgfeit 

40  fcerabfd&eute,  al^  eine  Religion  ber  Seic^tf ertigen  fyafyt,  für  ^or^eit,  2ßa^nftnn  unb 
toieberum  für  bemitleiben^toerten  ^^tunt  ausgab  unb  ate  einen  entarteten  ÄultuS  gefc^iebt^ 
lofer  Varbaren  berfpottete,  biefe^  ß^riftentum,  jerfpalten  in  fi$,  nur  jufammenge^alten 
burc^  einen  fyerrfdjfüdjtigen  Sleru«,  follte  an  feiner  eigenen  Slrmfeligleit  erfterben.  8We 
9Jia^rcgeln  3 •*  in  ber  erften  ©poc^e  fetner  ^Regierung  [äffen  ftd^  ööllig  aud  bem  Sefheben 

46  erflären,  ben  ^eSentömu^  lieber  aU  bie  privilegierte  Religion  m  reftituieren  unb  ber 
ßircfye  bie  i^r  geworbenen  Vorreite  ^u  nehmen,  darüber  ift  §.  niept  ^inau^egangen, 
unb  bei  ber  3)urc^fü^rung  biefeö  ^Jlane«  ftanb  bem  Äaifer  lein  berbürgte«  Stecht  hn  SBege. 
©inb  babei  in  einzelnen  gälten  Ungerec^tigfciten  unb  Überfd&reitungen  öorgelommen,  ^aben 
Verlocfungen  jum  Übertritt  burety  ©c^meic^elei,  Überrebung  unb  Prämien  nid^t  gefehlt,  fo 

60  fann  ber  Äaifer  fcfytoerlicfy  bafür  t>eranttvort(ic^  gemalt  toerben,  Wäre  feine  Xolertfnj  auc^ 
nod)  tabellofer  geWefen,  al3  fie  ed  faftifd^  War.  üDtan  fann  ftd^  Vielmehr  nur  tmtnbern, 
ba&  3-  in  einer  3^t  lolerang  bewährte,  Welche  biefclbe  überhaupt  nic^t  tonnte  unb  ernty 
nicfyt  ertrug  (Veftimmungen :  1.  im  §eere:  2lbfd^affung  ber  ilreujedfc^nen.  @utfü^rung 
Don  fyeibniföen  ©mblemen.    Säuberung  ber  ^ßrätorianergarbe  [nid^t  be8  gamen  §eerö] 

66  Don  ©Triften.  2.  Slm  §ofe  unb  in  ber  ©taat^DerWaltung :  äbfefcung  unb  Entfernung  ber 
c^riftlic^en  Veamten.  I)er  itatfer  läfet  fein  Stanbbilb,  bem  öffentltd&e  Verehrung  $u  be» 
^eugen  War,  mit  beibnifcfyen  3lb^eic^cn  Derfe^en.  3.  35ie  ^JriDilegien  Werben  bem  Älent^ 
unb  ber  Äird&e  entjogen,  fo  Dor  allem  bie  Unterftüfeungen  aud  ©taatdmitteln,  bie  fogar 
teilweife  jurücf bejaht  Werben  mußten:   Weiter  bie  5ted^te  ber  ©erid^tdbarleit,  foWie  eine 

60  fold^e  bieder  eingeräumt  War,  ber  leftamentdaudfertigungen  u.  f.  W.    2)ie  Stirnen  bfirfen 


Sultan,  Saifer  617 

feine  (grbfcfcaften  mefa  annehmen.  2)er  ÄleruS  toirb  toieberum  fteuer*  unb  befurionen* 
tfficfctig.  3)aju  ber  Sefetyl,  bafe  bie  jerftörten  Semmel  auf  Äoften  ber  3**ftörer,  alfo  ber 
c&riftlidpen  ©emeinben  ober  (Sinjelner  in  tynm,  toieber  aufzubauen  feien.  Sffle  ctyriftlictyen 
^arteten  [aud&  bie  3)onatiften]  toollte  ber  Äaifer  gleid^  befyanbelt  toijfen.  ©o  tyat  er  gleicfc 
bei  feinem  Regierungsantritte  bie  verbannten  ortfyobojen  SHfcfyöfe  jurtiefgerufen  unb  i|nen  6 
$r  (Eigentum  lieber  erftattet.  3n  baS  3Imt  fonnte  er  fte  natürlich  m$t  toieber  einfefcen, 
ofjmt  felbft  Sßartei  ju  ergreifen.  SDiefe  ÜJiafjregel  entforad^  ben  ©runbfäfcen  beS  Äaifer« ; 
man  $at  aber  Don  alterSfyer  gemeint,  er  tyabe  bie  ©leid&bered&tigung  ber  33efenntnif|e  pro* 
Hantiert,  um  ben  inneren  ^toift  unter  ben  Sfyriften  $u  föüren ;  beS&alb  Ijabe  er  au$ 
gnofttföe  Selten  unb  ©ctyiSmattfer  gefcfyüfct.  @S  ift  bieS  nid&t  unmöglich,  bei  ber  Äun«  10 
fu&ttgfeit  ber  faiferlid&en  $olitif,  aber  bocg  nicfyt  toal?rfcfyeinlid&.  2)ie  ÜRaferegel  ertoieS  fiep 
übrigens  als  fetyr  günftig  für  bie  Äirctye;  benn  bie  fünftlid^e  ^arteibilbung,  in  toelcfye  baS 
SReligionStoerf  beS  ÄonftantiuS  fcbliepcty  ausgelaufen  toar,  Derfcfytoanb  unb  bie  fernblieben 
Sefermtniffe  ftanben  fi<$  mit  einem  ©daläge  tn  ifyrer  toatyren  ©tärfe  gegenüber). 

Slm  17.  3wni  erlief  3-  *>a$  berühmte  ©cfyulgefefc,  naefy  toelcfyem  Äanbibaten  beSfietyr*  15 
amteS  erft  bie  ©enefymigung  ber  ©emeinbebefyörben,  ref}>.  bie  Seftätigung  beSÄaiferS  ein* 
^olen  foBen.  2)aS  ©efefc  erfcfyien  religiös  neutral,  fcfylofe  aber  fafttfcfc  bie  ßfyriften  Dom 
2etyramt,  ben  fyofyen  ©d&ulen  unb  ber  Söiffenfd^aft  aus.  3)em  Äaifer  toar  bie  9JtytIjologie 
in  p$Uofopl?if$er  SBefyanblung  ©laubenSfacfye,  unb  eS  toiberforaety  feinem  frommen  ©efityl, 
bafc  Ungläubige  ben  religiöfen  ©toff  als  gabeln  traftierten.  3u9'e^  fd^äbiate  er  freiließ  20 
bie  Äirqje  fo  auf  baS  empfinblid&fte,  inbem  er  ben  tyerfömmlicfyen  ^ilofo^ifctyen  unb  pfyu 
lologitten  ©toff  tyrer  SBetyanblung  entzog.  ÜJlan  fyat  nachmals  behauptet,  3.  $°bt  ben 
Sefuc?  ber  ©<bulen  ben  (Stiften  Verboten;  aber  baS  ift  toafyrf$einlic$  ein  5föifjberftänbniS. 
3u  ben  ÄampfeSmittcln  beS  ÄaiferS  gehört  aud&  feine  ©d&rift  „©egen  bie  ©Triften"  (baS 
erfte  33u<$  bejtfcen  toir  faft  bottftänbig,  Don  bem  jtoeiten  einige  Fragmente,  bon  bem  britten  25 
fo  gut  tote  nichts),  bie  er  nicfyt  lange  bor  feinem  @nbe  fyat  erfctyeinen  laffen.  2ln  ©aefc 
hmbe  unb  ©cfyarfftnn  fann  jte  ftd?  mit  benen  beS  6elfuS  unb  *ßor^riuS  nid&t  meffen 
(baS  Verhältnis  &u  Sßorp^riuS  bietet  ein  noefy  ungelöfteS  SRätfel;  ob  Julian  ben  GelfuS 
gelefen  $at,  ift  minbeftenS  jtoeifelfyaft).  2)aS3^ema  ber©cfyrift  ift  „8n  reav  FakXaicov 
fi  oxevcogia  jzXdo/na  lorlv  ärftgamcov  vno  xaxovQytag  avvre&iv'  i^ovoa  uev  ov-  80 
okv  #«bvf  äjioxQtJoa/uivrj  dk  to5  qjdopv&q)  xai  Ttaidagicodei  xal  Avotjro)  rrjg 
tpvxfis  /hoqUo  ttjv  xeQaraXoyiav  eis  nitrnv  rjyayev  AXrj&eias".  3n  95e5wg  auf  ben 
religiöfen  ©tanbpunft  Julians  unb  feiner  greunbe  fotoie  t^re  ©efd^iqtS))^ilofo^^te  lernt 
man  aus  berSd^rift  Diel,  inSe^ug  auf  bießircfye  fe^r  toenig.  ffit  toirflictyen  ©d^toäc^en 
toerben  nur  feiten  getroffen.    SBo^l  begreiflich  ift  Julians  ^ilofemitiSmuS.  86 

an  Slntioc^ien  unb  Don  äntiod^ien  aus  ^at  ber  Äaifer  eine  Steige  bon  Slnorbnungen 
ntfd&eibungen  erlajfen,  toelc^e  ben  Slnfc^ein  ertoedfen  fönnen,  als  loollte  er  bie  bisher 
verfolgte  $olitif  berlaffen;  er  fyat  ^ubem  Vorgänge  auSbrücflid^  ober  ftillfötoeigenb  ge^ 
billigt,  toelc^e  fein  geregter  ©inn  nid^t  gut^eifeen  burfte.  3n^effen  ^c9*  b°$  Sur  3m8 
na^me,  ber  Äaifer  fyabt  baS  ^ßrimip  feines  bisherigen  Verfahrens  gegenüber  ber  Äird&e  40 
änbern  toollen,  !ein  ^inreid^enber  ©runb  Dor.  Sluf  ©c^ritt  unb  ^ritt  gelränft  unb  Der* 
le$t,  nidbt  o^ne  feine  ©cfyulb  DerJ^ottet,  in  feinen  legten  fielen  unberftanben,  ungebulbig 
unb  unHug  ^at  er  forttoä^renb  jtoijc^en  Uityartetlicfyfeit  unb  änfä^en  ju  Quälereien  ge* 
f^toanlt.  Slu«^  ©d^meic^eleien  tyat  er  nicfyt  gejebeut,  toenn  er  fte  Vorteilhaft  fanb.  §n 
unruhiger  ©efd^äftigfeit  blieb  er  faltig  t^atenloS  unb  erftiefte  in  Dellamationen  unb  iro*  46 
nifc^en  Steflejionen  bie  @ntjc$loffenfyeit  gum  §anbeln.  ©elbft  ÜJlittel  ber  Unterbrüchmg, 
bie  ©rfolg  Derf}>red^en  tonnten,  tourben  in  feinen  §änben  ju  ftumpfen  3Baffen.  ©ein  §o^n 
gegen  bie  „©aliläer"  fteigerte  beren  ©elbftgefüfyl,  feine  SSerfucbe,  baS  c^riftlid^c  Soll  bon 
bem  ÄleruS  ju  entfernen  (©rlaffe  nac^  SSoftra  unb  ailejranbrien),  toaren  ju  vereinzelte  unb 
Ratten  jebenfaBS  im  ganzen  feine  2öirfung.  3-  tollte  feine  TOärt^rer  machen;  aber  er  60 
t^at  gerabe  fo  Diel,  bafe  man  ftrc^li^erfeits  mit  ber  „Verfolgung"  prallen  fonnte.  (Sfyljraem 
toenbete  baS  fo,  ba^  er  fagt  (Carm.  3),  „als  ber  Äaifer  ben  9Rut  ber  Ctyriften  erprobt 
^<rtte,  ^örte  er  fdfjlauertoeife  auf,  um  nid^t  i^ren  IriumM  nod^  ^enlic^er  ju  ma^en". 
Die  ©eföictyte  mit  ben  ©ebeinen  beS  fyl.  Sab^IaS  unb  bem  Sranbe  beS  SJap^netemfelS 
fd^lug  gan)  &u  Ungunften  beS  ÄaifcrS  aus.  $ier,  h>o  Julian  mit  aller  ©trenge  gegen  55 
bie  ^npertinenj  beS  cfyriftlictyen  Volles  ^ättc  einje^rciten  muffen,  geigte  eS  pd^,  ba^  Äraft 
unb  (Sntfd^loffen^eit  i^m  mangelte.  2Benn  er  anbererfeitS  ©täbten,  bie  feine  $ilfe  gegen 
äußere  5«nbe  begehrten,  bieje  nur  unter  ber  Vebmgung  ber  Sieftitution  beS  §eibentumS 
uifagte,  unb  babei  mit  ber  ent^ie^ung  jcben  3Bol;ltoolIenS  bro^te,  fo  lann  eine  Derfefyrtere 
^Jolitif  fc^toer  gebadet  toerben.    3}afe  in  9tiftbiS  jeittoeilig  baS  ^eibentum  toieber  öffentlich  üo 


618  Sultan,  Äatfer 

eingeführt  tourbe  (@t>^r.  Carm.  2),  änbert  baran  nickte.  Slud^  gegen  einzelne  G^riften 
jeigte  er  ftcty  mefyr  unb  metyr  ungerecht;  aber  e3  mochte  tym  Srnft  fem,  toenn  er  bie 
Sfyriften  bor  ©ericfyt  mit  ifyren  eigenen  Söaffen  fölug ;  fte  burften  ja  lein  ©d^toert  tragen, 
alfo  mußten  fte  bon  Stifter*  unb  93ertoaltung3feoften  auägeföloffen  fein;  fte  mußten  afle$ 

6  Unrecht  fötoetgenb  erbulben,  alfo  feien  fte  al3  Kläger  abjutoeifen ;  fte  mußten  arm  bleiben, 
alfo  Ratten  fte  ju  jaulen  u.  f.  to.  3Iu8  ben  Sruqftüdfen  ber  ©treitförift  Julians  gegen 
bie  Soften  erfetyen  toir,  bafe  er  baä  Styriftentum  feiner  $eit  bur$  ben  £intoei$  auf  ba$ 
urforünglicfye,  biefeä  burcfc  ba$  ^ubentum,  biefeS  burcfc  ben  ©btterfultuS  befämpft  f)at  — 
e$  ift  nid^t  untoatyrf($einlid&,  bafj  er  biefer  litterariföen  SBefämpfung  and)  in   feinem  Ser* 

10  galten  in  einzelnen  praftifcfyen  gälten  golge  gab.  ©eficfcert  ift  in  biefer  £inftc&t  bie9iacfc 
rid^t,  bafc  er  bie  Sage  ber  %vfotn  —  ifyre  Religion  toar  ifym,  toie  anberen  bor  tym,  nur 
im  ©egenfafce  jur  dpriftlicfyen  toertboll  —  erleichtert  tyd.  @r  tyob  bie  brüdfenben  Steuern 
auf,  refoeitierte  bie  jübifctyen  (Sitten  (fo  föeint  er  befonbere  SWünjen  mit  einem  ©tier* 
bilbe   für   bie  Iguben  fyabzn   prägen  ju    laffen:    Gtptyatm,  Carm.  1);    ja  er  gab  fogar 

15  furj  bor  feinem  SluSjug  jum  Sßerfcrfrieg  ben  Sefetyl,  bafc  ber  Tempel  auf  ©taatsloften 
toieber  erbaut  toerbe,  jubem  berfyeifeenb,  er  toerbe  felbft  nacb  Igerufalem  fommen  unb  ben 
©ott  bort  bereden.  Sin  ber  Überlieferung,  bafe  ber  fd&on  begonnene  95au  burcfc  ein  @rb* 
beben  jerftört  Sorben  fei,  toirb  ftcfj  fcfytoerlid&  $toeifeln  laffen.  SBaS  er  fonft  nocfc  in  biefem 
Zeitraum  getrau  fyat,  baS  beftätigt  alles  ben  ©inbrudf,  bafe  biefer  fc&toärmerifcfce  Siegent 

20  nur  bort  entföloffen,  ja  fogar  rüdfftcbteloS  unb  tyart  fein  ober  bielmefa  feinen  lonnte, 
too  er  $ugleid&  paffto  bleiben  burfte.  vSlan  toirb  batyer  jtoar  nie  leugnen  lömten,  bafe  Ujn 
toirflic^  ein  9Rafj  bon  ©erecfytigfeit  auszeichnete,  toeld&eä  man  bei  ben  S^^offa11  ***= 
geblid&  fuc&t;  aber  baö,  toaS  an  itym  als  Stogenb  erföehtt,  iß  $u  einem  Steil  ©$ta>a$e 
beS  ©c&toärmerS  unb  Unmännlicfyteit  beS  toerbilbeten  3^Ö^n^  buc  ?{tyilofob&en.    Sajfrer 

25  aud&  baS  june^menbe  ©d&toänfen.  ÜJlan  lann  eS  nur  mit  SWitleib  lefen,  ba£  ber  Äatfer 
anfing,  tumultuarifd^e  Sluftritte  gegen  bie  (Sfyriften  in  ben  ^robtngen  fttllfötoeigenb  ober 
auSbrüdflicty  ju  billigen,  bafe  er  untoerfyofylen  ^reube  baran  fyattt,  toenn  beibnifcpe  Seamte 
if^re  ^nftrulttonen  überfd^ritten,  ^u  ©etoaltmafjregeln  griffen,  ober  toenn  Ritdpn  unbSRär* 
t^reraräber  gefc^änbet  tourben.    Sie   traurigfte  Urlunbe   in  biefer  $inftc^t  ift   baä  Sbitt 

ao  be«  Äaifer«  an  Die  Sllejanbriner  nad^  bem  sIJtorb  an  ©eorgiu«.  2)er  oberflächliche  label, 
ba«  Derftecfte  2ob,  baS  baran  gefnüpfte  Verlangen,  i^m  bie  Sibliot^e!  be«  ©rmorbeten  m 
überfenben:  3CEc^  ift  gleich  unfaiferlid?  unb  toirft  gleich  p einlief.  Sie  9ta$ri$t,  toelo^e 
©olrate«  bringt,  ber  ßaifer  ^abe  angeorbnet,  bafe  jeber,  ber  nid^t  opfern  toolle,  eine  ©teuer 
an  ben  giäfuS  mr  Seftrcitung  bed  Äricgc^  gegen  bie  $erfer  ;u  be^a^len  tyabt,  totrb  i^t 

35  t?on  fielen  ftritifern  bec^toeife(t.  ©ie  erf^eint  nid;t  fo  unglaubtoürbig,  toenn  man  bebenn, 
bafe  ber  bigotte  $Jtonaxä)  ben  ©ieg  burefy  bie  ßjiftenj  ber  ©ottlofen  im  Steige  ernftli^ 
gef%bet  fefyen  mu^te.  Da§  bie  Serorbnung  auäjgefüfyrt  toorben  ift,  barüber  ifl  freiließ 
nic^tö  belannt.  ©^lie^lid^  |ängt  ba$  Urteil  über  biefe  9lac^ric^t  Don  ber  ©ntfc^etbtmg 
barüber  ab,  ob  man  ben  Senaten  ber  Hirc&enbäter  ©lauben  fc^enfen   totll,  bafe  $.  mit 

40  energifd^eren  SRa^regeln  gegen  bie  ßir$e  gebro^t  Ifabt,  toenn  er  au3  bem  Dften  jurücRe^ren 
toürbe.  3Ran  be^anbelt  biefe  Slngabe  btö  ©regor,  9lufin,  Optatud  unb  ^ierottymu*  je^t 
meiftenö  ate  eine  ßrfinbung.  %n  ber  I^at  lag  fte  nabe  genug,  aber  anbererfeit»  ifk  ju 
ertoägen,  ba^  auefy  ©p^raem  fie  bezeugt.  6r  fa$t  Carm.  2  au^brüdHic^:  „Sei  feinem 
äbjuge  ^atte  3-  b«n  äBai^en  gebro^t,   er  toerbe  t^n  bei  feiner  SRücffe^r  mit  bem  Sorn* 

45  geftrüpp  feine«  Jpeibentum«  bebedfen",  unb  Carm.  3  fpric^t  er  Don  Briefen,  in  benen  3- 
bei  feinem  älb^uge  ben  &ir$en  gebro^t  fyabt.  Sie  9la^ric^t  totrb  alfo  toobl  irgenb  toeb^en 
©runb  baben,  aber  toir  toiffen  nid^t,  toelc^e  Srobungen  unb  in  toel$em  Umfange  ber 
.Haifer  fte  erlaffen  f?at.  Sie  @d)tbett  bed  33riefe3  an  Saftliud  bleibt  fe^r  Mcbä^üg. 
©o  mufe  bie  ftiaat,  ob  ber  Maifer  entfd^loffen  getoefen,  feine  Sßolitii  gegen  bie  Stirere  na$ 

so  Seenbigung  be«  $erferlriegc«  &u  änbem,  offen  bleiben,  könnten  toir  fle  beanttoorten,  fo 
toärc  toiel  jur  Beurteilung  Julian«  getoonnen.  Slber  allgemeine  ßrtoägun^cn  erfe^en  bie 
l'ücfe  ntd^t.  Ser  s3)ionard^,  auf  bem  Sfyrone  fo  unglüdtli«^,  ift  ben  toürbtgflcn  lob  ge» 
ftorben:  er  ift  babor  betoa^rt  geblieben,  fid?  felbft  untreu  ju  toerben,  in  feinen  ©c^toa^en 
au^jutoac^fen  unb  ft$  in  bie  ©rbärmlic^feiten  unb  Safter  feiner  3eü  J«  berftridten.    Unb 

55  fo  fyat  er  aui)  ein  Stecht  barauf,  bafe  tyn  bie  ©efc^iid^te  aU  ben  getäuföten,  dein  $$* 
gonen  einer  fcerfunfenen  großen  @po<|c  ber  9Renf^eit  im  2lnbenfen  erhalte,  bafe  pe  i^n 
ebre  aU  einen  3)iann,  ber  Derfud&t  ^at  ©erec^tigJeit  ju  übm  unter  äeitaenofjen,  bei  benen 
biefe  lugenb  öerfebtounben  toar.  Ser^ic^ten  totrb  fte  barauf,  tyn  afe  Vorläufer  einer 
neuen  &e\t  ^u   feiern,   ober  i^m  gar  bie  ©efinnung  unb  ben  2Rut  be«  SUiftlärerS  anju* 

eo  bieten ;  auety  nic^t  neben  einem  ÜKarc  Slurel  toirb  fte  i^n  fteQen. 


Sttliais,  Saifer  Julius  I.,  $a*ft  619 

„2Bte  eine  Söolfe  ift  er  Dorübergegangen".    3)ie  Äird&e  tyat  au$  biefer  (Spifobe  ibrer 
®ef$i$te  nichts  gelernt,  bielleic^t  au$  nichts  lernen  lönnen.  8b*lf  $arnacf. 

dnlittd  I.,  $apft,  337—352.  —  Guelien:  Catalogus  Liberianus  ed.  SWommfen 
MG  Auct  antiqu.  IX,  p.76;  Liber  pontificalis  ed.  9ftommfen  I,  p.  75  f.;  ed.  Duchesne  I, 
p.  205;  $ie  ©riefe  MSL  VIII,  p.  858  ss.;  3affe*  P,  p.  30  ss.  SBeitereä  f.  b.  91.  Briantömuä,  6 
«tbanafiuS  ©b  2,  ©.  6 ff.,  194 ff.  —  ßitteratur:  gangen,  ©ef*.  ber  römifrfjen  ffirdje  MS 
Sllfht«  III.,  6.  424-459;  ©rifar,  ©efcf>id)te  9iom8  unb  ber  köpfte  im  9JW  I,  ©.  253 f.; 
DchrB  III,  p.  526-532;  Jungmano,  Dissert.  selectae  in  hist.  ecclesiast.  II,  p.  7—31; 
Rivington,  the  primitive  church  and  the  see  of  St.  Peter  p.  173 ff.,  467 ff.;  Brieght,  The 
Boman  see  in  the  early  church  p.  81  ff. ;  grie briet),  3ur  ölteften  ©efd).  beö  ^rtmateS  in  ber  10 
Äir*e,  ©.  160-180. 

3uliu3,  ber  $rabition  naefy  ber  ©otyn  eines  SRömerS  9tamen$  StufticuS,  beftieg  nad& 
auffäuta  langer  ©ebtebafanj  am  6.  gebr.  337  ben  römifd&en  ©tutyl.  £)te  $Racfyri<$ten  über 
feinen  $ontiftf at  finb  fetyr  ft>ärlid&.  -Kur  atoeierlei  tritt  flar  in  ber  Überlieferung  fyerDor: 
bie  Bemühungen  be£  SßapfteS  um  bie  geiftlicfye  SSerf  orgung  ber  ftarf  toad&fenben  römifd&en  15 
©emeinbe  —  er  baute  nic&t  toeniger  als  5  neue  Äird^en  —  unb  fein  Steinalten  im 
arianifc&en  ©treite.  9tom  toar  bisher  Don  biefem  Streite  nid&t  berührt  toorben.  3luc& 
Julius  fyit  fi$  nid&t  auä  eigenem  antriebe  eingemiföt;  er  entfd^lofe  fiety  baju  erft,  als 
beibe  Parteien  ifyn  aufforberten,  ftd&  über  bie  ftrittigen  ^fragen  ju  äußern.  3uerft  **<** 
eine  fol^e  Slufforberung  an  tyn  fyeran  Don  feiten  ber  (Sufebianer.  ©ie  fd&idften  im  $afytt  20 
338  brei  orientaltfd&e  Älerifer  naety  SRorn  unb  erfuc^ten  ifyn  um  feine  Stimmung  ju  ber 
äbfefcung  be$  SltyanaftuS  unb  ju  ber  ©rfyebung  beä  ^Siftuö  auf  ben  ©tutyl  Don  2llejan- 
brien.  SJber  tun  banaefy  ersten  in  9tom  aud)  eine  ©efanbtfäaft  beä  SttyanafiuS.  Stuf 
bie  Äunbe  Don  iprer  äfofunft  Derliefc  ber  fjütyrer  ber  eufebianiföen  ©efanbten  aföbalb  bie 
©iabt.  ®ie  beiben  übrigen  fonfrontierte  ber  Sßctyft  mit  ben  SBoten  be$  SltfyanafmS.  Diefe  26 
aber  trieben  tyre  ©egner,  hrie  er  behauptet,  fo  in  bie  @nge,  bafj  biefelben  ben  9lntrag 
ftefiten,  bie  ©ac&e  auf  einer  neuen  ©tynobe  noefy  einmal  boraunefymen.  Julius  ging  bereit* 
toittig  auf  biefen  9Sorfc$lag  ein.  9loi)  bor  SDtärg  339  fe$te  er  3lt^anaftu5  ^ierüon  in 
ÄenntniS  unb  erfud^te  i^n  ^ugleic^,  ben  Ort  ber  neuen  ©^nobe  $u  beftimmen.  Slber  in^ 
2ta)if(^en  tnaren  bie  Sufebianer  im  Sunbe  mit  ftaifer  Jtonftantiud  ju  ©etoaltt^aten  über«  90 
gegangen:  berette  um  Dftem  339  langte  Slt^anafiud  als  glücfytltng  in  9lom  an.  einige 
3«t  barauf  trafen  bort  aud^  anbere  berbannte  9licäner  ein,  barunter  -KarceH  bon  änc^ra. 
®ie  freunblid^e  aufnähme,  bie  alle  biefe  5Känner  in  9tom  fanben,  mac^t  e«  begreiflich 
ba^  bie  ©ufebianer  in  tränlenber  gorm  bie  ßinlabung  be«  Julius  ju  ber  beabftd^tigten 
©^nobe  ablehnten.  9lte  bann  biefelbe  enblic^  im  §erbfte  340  in  ber  Äird&e  be^  5ßre«=  86 
b^terd  SSito  ju  3lom  jufammentrat,  fprad^  fie,  toie  ju  erh>arten  ftanb,  2ltbanaftuS  unb 
3RarceD  bon  allen  toiber  fie  erhobenen  SBefd^ulbigungen  frei,  ^uliuä  felbft  teilte  baö  im 
luftrage  ber  ©tynobe  in  bem  berühmten  ©^reiben  an  glaciHu«  unb  ©enoffen  ben  Orientalen 
mit  3)ie«  ©^reiben  ift  mit  Stecht  alg  „ein  TOciftertoerf  bifd^öflid^er  ^i^lomatie"  be^ 
)et$net  toorben.  Db\voi)l  ber  ^ßa^ft  ben  Orientalen  feinen  33ortourf  erft>artt  tnirb  er  bod^  40 
nie  t>erle$enb  unb  un^öflid^.  ©ac^lic^,  ba«  ift  cfyarafteriftifd&  für  bie^rajte  be«  römifd&en 
©tu^led,  beurteilt  er  bie  Streitfrage  burd&auä  öom  ©tanbj)unfte  be^  fird&licfyen  Sed^te«. 
3)aburc^  fa^  er  fid&  aber  aud^  genötigt,  fein  eigene«  SSorge^en  red^tlic^  ju  begrünben.  ©0 
behauptet  er,  um  bie  äBieberaufnafyme  be«  SSerfa^ren«  gegen  Stt^anaftu«  unb  ÜJlarceH  ju 
wd^tfertigen:  fc^on  bie  grofje  ©^nobe  Don  SRicäa  fyabe  bie  9let)ifton  ber  Slften  einer  45 
©tynobe  burc^  eine  anbere  ©tynobe  geftattet.  2lHein  unter  ben  .HanoneS  Don  SRicäa  ftitbct 
fty  leine  berartige  Seftimmung.  Diefe  Sefyauptung  ift  alfo  toa^rfc^einlid^  auö  ber  Suft 
«griffen,  ©ie  entfj)ri(^t  ferner  aud&  nic^t  bem  bamaligen  ftrcfylic&en  ©etoo^n^eitöred^te. 
5Dnm  biefed  lannte,  foDiel  h)ir  toiffen,  nod^  {einerlei  Sted&tSmittel  gegen  f^nobale  ßnt* 
(Reibungen.  Söeiter  be^auj)tet  3U^U^/  um  üu  rechtfertigen,  bafe  gerabe  er  bie  2Bieber=  50 
aufnähme  be«  SJerfa^ren«  in  ber  ©ad>e  be«  Slt^anaftu«  eingeleitet  f^atte:  e$  fei  ©itte,  ba^ 
bei  Anflogen  gegen  Sifcfyöfc  ober  bei  Slnflagen  gegen  ben  Sifc^of  Don  2llejanbrien  — 
ber  Suf^ww^^nfl  erlaubt  beibe  Schiebungen  —  bem  Sifd^of  Don  9tom  Serid^t  erftattet 
toerbe,  unb  bafe  bann  Don  ^Hom  au«  (evßev)  Derfügt  toerbe,  h)a«  Siedeten«  fei  (rd  dixaia 
ögßeo&ai).  @r  tt>iU  bamit  anfd^eincnb  rxod)  ntcfyt  für  ben  römijc^en  SBifcpof  in  causaese 
maiores  ober  in  Sßrojefien  gegen  ben  Sifd^of  Don  Sllcranbrien  ba«  Stecht  ber  oberften 
gntföcibung  beanf^rud^en.  (£r  forbert  nur,  ba§  ber  römifc^e  SSifc^of  Dor  ber  (Sntfc^eibung 
um  ein  9ie$t3gutad)ten  angegangen  h>crbe.  älber  aud)  in  biefer  Sefc^ränfung  entftm$t 
feine  8e^aui)tung  nid^t  ber  anerfannten  firc^ltc^en  ©etoo^n^eit.    9lur  fotoeit  SKlejanbrien 


620  3«tt«3  I-r  $«W 

in  grage  fam,  fonnte  ein  Sßräjubig  für  ben  ©a$  angeführt  toerben:  bie  6ntfc£eibung  beS 
Qioityfui*  Don  9tom  in  Sachen  beS  ©tontyftuS  Don  älejanbrien.  2)a$  ©erfahren  be$  $apfte3 
toar  alfo  rec&tlic$  gtoeifelloS  anfechtbar.  2)aS  betoeifen  gerabe  bie  ©rünbe,  bie  er  gu  feiner 
^Rechtfertigung  anführt.  —  35er  ©rief  beS  Julius  ift  benftoürbtg   als  eine  überaus  Hare 

5  Darlegung  ber  SRec^töfrage  unb  ber  römtfcfyen  Slnfprüctye,  aber  ben  3toe*>  ^OT  SujiuS  mit 
tym  Detfolgte,  bie  Steftitution  beS  atijanaftuS  unb  -KarceH,  erreichte  er  ni#t  bamit.  9$iek 
mefyr  Derfcbärfte  er  bie  Spannung  gtoifdjen  Orient  unb  Dccibent,  SRom  unb  Äonßantinopel, 
too  ingtoifctyen  @ufeb  Don  9lifomebten  93if$of  getoorben  toar.  3)aS  geigen  bie  SBerfcanb* 
lungen  ber  Äird&toetyfynobe  in  2tntioc£ten  im  %afyxt  341.    gm  folgenben  ^ar/re  befoog 

10  bann  nid&t  Julius,  fonbern  in  erfter  fiinie  tootyl  #oftuS  Don  (SorboDa  ben  Äatfer  ßonftanS, 
gur  ^Beilegung  beS  ©treiteS  bie  ^Berufung  einer  neuen  allgemeinen  ©tynobe  gu  betreiben.  3m 
£erbfte  343  trat  biefelbe  ui  ©arbifa  gufammen.  Julius  toar  nid&t  antoefenb.  3tter  bie 
©tynobe  ftanb  bocr)  unter  Dem  ©inbruae  ber  S^atfadfo  bafe  ber  ^ßa)>ft  ber  mä^tigfte  3fa* 
toalt  ber  5Ricäner  fei.    2)aS   geigen   bie  berühmten  canones  3,  4,  5  (7).    ©ie   pnb  er* 

15  (äffen,  um  ben  Derfolgten  9fieänern  gegen  bie  Urteile  antinicänif^er  ?ßroDingialfoiu>ben  einen 
ftcr)eren  5iecr)tSfctyu$  gu  Derfc&affen,  unb  gugleicfc  um  einige,  in  ber  entgegengefefcten  Stbfw^t 
erlaffene,  Verfügungen  ber  Ätrd&toetyfonobe  Don  3lntio$ien,  beren  ©influfj  au$  fonft  in  ben 
canones  Don  ©arbifa  gu  bemerten  ift  (Dgl.  c.  1.  2  mit  Slntioctyia  21,  c.  8—12  mit 
9lntio$ia  11.  12),  gu  parieren.    IjSatU  man  gu  3lntto$ia  ftrift  unterfagt,   baS  »erfahren 

20  gegen  einen  abgefefeten  SBifc&of  auf  einer  anberen  ©tynobe  toieber  aufgunebmen  (c.  4.  15), 
fo  Derorbneten  bie  aSäter  Don  ©arbifa  im  ©egenfafc  tyiergu:  1.  2)er  SMföof  Don  SRom  ift 
befugt,  auf  Stntrag  ber  Parteien  bei  ®epoftttonSfIagen  gegen  SBifctyöfe  bie  SOten  gu  begufc 
achten  unb  na$  bem  SluSfaH  beS  ®utaifyttn$  bie  Klage  gu  erneuter  SSer^anblung  Dor  bie 
©tynobe    ber  benachbarten  $roDing  ju  Dertoeifen;    2.  eS  ift   ü)m   freigefteOt,   gu  biefer 

26  erneuten  SSer^anblung  römifctye  ftlertfer  abguorbnen,  toclc^e  als  ftimmberec^ttgte  Stifter 
angufe^en  finb.  2)er  $apft  fann  alfo  nid&t  ettoa  toie  bie  canones  fpater  interpretiert 
toorben  finb  unb  nocfy  ^eute  interpretiert  toerben,  motu  proprio  einen  $roge&  Dor  fem 
^orum  gießen,  er  fann  3.  aucr)  nictyt  motu  proprio  bie  SßroDingialfonobe  gur  &e$enf$aft 
gießen,  unb  4.  er  fann  nicfyt  na$  feinem  SBelieben  baS  neue  ©ericfyt  fonfKtuieren.  6r  barf 

so  lebiglicty  auf  Antrag  ber  Parteien  ein  SRec^tSgutac^ten  abgeben  unb  römif$e  Slerifer  als 
Stifter  gu  bem  neuen  ©erkr/t  belegteren,  ^araud  ergiebt  ftc^ :  bie  ©eroalt,  bie  ba*  Äongü 
bem  Zapfte,  nic&t  guliu«  aDein,  toie  noc^  35öHinger  meint,  einräumt,  ift  toeit  befdfränfter, 
aU  bie  ©eit)a(t,  meiere  ba3  ^ongil  Don  ß^alcebon  für  cü)nli$e  ^afle  ben  @£an^en  unb 
bem  Patriarchen  Don  Äonftanttnopel  iufprid^t  (Dgl.  c.  9  Gfyalcebon).    9tber  bie  Sebeutung 

86  ber  Manone^  beruht  auc^  garniert  au)  i^rem  tyatfä$li$en  ^n^alt,  fonbern  auf  bem  ®e* 
brause,  ben  bie  römifc^en  iöifd&öfe  toiberred^tlic^  baDon  gemalt  ^aben,  inbem  fte  1.  biefelben 
bem  Äongil  Don  9iicäa  unterfd^oben,  unb  2.  eine  oberftri^terlid^e  ©etoalt  über  bie  @e 
famtfird^e  barau^  folgerten.  —  @3  fc^eint  nic^t,  ba^  ^uliuä  in  bie  Sage  fam,  Don  ben  neuen 
SBefugniffen,  bie  auc$  in  ber  oben  angegebenen  Sefd&ränfuna  eine  er^eblic^e  33erftofung 

40  ber  rechtlichen  Stutorttät  be«  römifc^en  ©tufyleä  bebeuteten,  ©ebrauc^  gu  machen.  $eim 
fc^on  im©ommer  344  trat  in  ber  Äirc^enpolitif  bc«  Äonftantiug  eineSBenbung  gu©unflen 
ber  SRicäner  ein.  2)ie  5ßerfon  be^  SßapfteS,  auf  bie  fic^  btö^er  aDe  SBlidEe  gerietet  Ratten, 
fte^t  bar/er  Don  nun  an  nic^t  me^r  im  SJtittelpunfte  be^  fortbauernben  *ßarteifampfe$. 
SBir  ^ören,  t>a$  er  346  SltyanaftuS  auf  ber^eimreife  nac^  bem  Orient  in  3tom  begrüßte 

46  —  er  gab  i^m  beim  9lbf$teb  ein  febr  ^erglic|e^  ©^reiben  an  ben  &leruö  unb  bad  $oD 
Don  Sllejanbrien  mit,  toeld^e«  barum  fe^r  bemafen^loert  ift,  toeil  e$  gang  Don  ©d^mä^ungen 
unb  italäfterungen  ber  ©egner  frei  ift  —  SBir  fyören  toeiter,  bafe  er  einige  Reit  barauf 
auf  Slntrag  einer  3Wailänber  ©pnobe  bie  Stecfytgläubigteit  be^  Urfacurö  unb  Solenn  prüfte 
unb  biefe  beiben  geiftlic^en  ©treber  toieber  in  bie  Äirc^engemeinfd^aft  aufnahm:   Dad  i^ 

50  aDe^.  3Der  Der^ängni^Dollen  2Benbung,  toclc^c  ber  ©ieg  be3  Jlonftantiud  über  3Ragnentiud 
in  ber  Krcfylicfyen  Sage  nad^  ftc^  gog,  h>arb  er  gur  redeten  ^eit  burc^  ben  %ot>  eiüriuft, 
12.  2lpril  352.  —  35ie  eingigen  ©Triften,  bie  toir  Don  Sulutf  beft^en,  ftnb  We  beiben 
oben  ertoäljnten  Sriefe  an  ^lacilluS  unb  bie  älejanbriner.  gtoei  anbere  S3riefe  an  bie 
Orientalen  in  ©adjen  be«  Slt^anaftu^  [\nb  gälföungen  ^ßfeubo^fibor«  (^aff^  195.  196X 

6r>  ebenfalls  gefälföt  [xnb  bie  Saffe  189—194  ertoä^nten  »riefe:  fie  fmb  Don  SpoDi* 
nariften  fabrigiert.  Slnbere  Don©ennabiu«  unb  Don%2eontiu^  Don  Stygang  genannte  ffi* 
Jc^ungen  berfelben  §erfunft  fmb  nicfyt  auf  unö  gefommen.  SDagegen  bqu)en  toir  nod^  10, 
ebenfalls  Don  fpätercr  ^anb  ^errü^renbe,  decreta,  ^affö  197—206,  unb  eine  ebenfalls 
Julius'  9lamen  mit  Unrecht  tragenbe  Siturgie,  toel^e  bie  f^rifc^en  3<*>biten  benu^t  ^faben. 

60  $)ie  ÜDtenge  biefer  Jälfd^ungcn  unb  ^jeubepigrap^en  geigt,  toel$en  @inbrud  bte  ebenfo 


3ultit$  L,  $<tyft  3uliuö  n.,  $<tyft  621 

fefte,  tote  fluge  Sßolitif  be«  ^atfte«  auf  NiKit=  unb  9tad&toelt  gemalt,  unb  toeld&e  SJerftär* 
hing  ber  tJäpfttid&en  Autorität  fic  $ur  goige  gehabt  ^at.  ©$on  frütye  hmrbe  barum 
^uitu«  in  Stom  al«  ^eiliger  Derart  (lag:  12.  2tyril,  fetyon  im  Martyrologium  Ro- 
manum).  #.  »B^wen 

3ttImS  IL,  $aj>ft  toon  1503—1513.  —    Oucllcn:  $ie  93uOen  Suliu«  IL  finben  5 
fid)  bei  Cherubini,  Magnum  Bullarium  Romanum,  Lugd.  1655,    tom.  I,  p.  477  88.;    baju: 
SBrofdi.  S)epefd)en  uom  römifdjen  £ofe  $ur  Seit  flleranber«  VI.  unb  3uliu«IL,  in  4)31877, 
©.  293  ff. ;  berf.,  $apft  Suliu«  II.  f.  u.,  93etlagen  (Sichtige  Slftenftütfe  au«  b.  gelt  3ul.IL); 
ftatubon  ©roron,  Calendar  of  State  papers,   Venice  t.  I  unb  II,    fionb.  1864  88. ;    $e«jar« 
bind,  Negociations  de  la  France  avec  la  Toscane,  t.  II,  $ari«  1861 ;    3Racd)iaoeQt,  Lega- 10 
aone  alle  Corte  di  Koma  24.  Oct.  —  16.  Dez.  1503,  legazione  seconda,  25.  Aug.  —  26.  Dez. 
1506,  in  9Racd)iat>efli,    Opere,   Firenze  1813,    t.  VI,    p.  36488.;    SSettori,  Sommario  deüa 
storia  d'Italia  dal  1511  al  1527  (Arch.  Stör.  Ital.  Append.  VI,  p.  261  ss);    ©uicciarbini, 
Historia.  d'Italia,  1.  Visa.;    Diarium  Johannis  Burchardi  ed.  Tnuasne,  $ari«1883f.;  Dia- 
rium Paridis  de  Crassis,   p.  I  —  IV  ab  anno  1506-1513,    ift   toertooü,   nur   l)anbfd)riftlid>  16 
Borfcanben,  bod)  uielfad)  von  ben  gorfdjern  bennfet;    6t.  ©elai«,    Histoire   de  Louys  XII., 
mise  en  lumiere  par  Godefroy,    $ari«  1622;    Pauli  Jovii  Historia   sui  temporis,  Basileae 
1517,  passim;    <ä)eront)mo  (Jurita,  Historia  del  Key  Don  Hernando  el  Catolico,    Saragoca 
1585.  ($)te  ©laubroürbigteit  ber  genannten  ©ebriftftefler  unterfud)t  Staute :  3ur  Srritif  neuerer 
©efd)id)tfd)reiber,   2.  Muff.,   ßeip$ig  1874).    93iel  Material   finbet   fid)   aud)    bei  föaünalbu«,  20 
Annales  ecclesiastici  ad  ann.  1503 — 13. 

Sitteratur:  ©palatin.  fieben  3ulü,  abgebrutft  bei  $en$el,  93erid)t  uon  ber  SReformat., 
8b  II,  ©.  1 1  ff. ;  Historia  Platinae  de  vitis  pontiff .  Rom.,  bearb.  uon  Onupljrio  $anoinio, 
Coloniae  Agrippinae  1626,   p.  343 ss.;    Vitae  et  res   gestae  Pontiff.  Rom.  .  .  .    Alphonsi 
Ciaconii   opera    descriptae,    ab   Augustino  Oldoino   recognitae ,    tom.  III,    Romae    1627, 25 
p.  21988.;    ©br.  S.  $r.  Said),   ©ntnmrf  einer  uoUftänblgen  fciftorie  ber  römifdjen  $äpfte, 
(ftottingen  1758,  ©.  370ff.;    »rcbibalb  93on?er,  Unparttjeiifcbe  fciftorie  ber  römlfaen  $äpfte, 
X,  lf  ausgearbeitet  uon  SRambad),  SRagbeb.  unb  £eip$.  1779,    6.  3 ff.;    töo«coe,  fieben  unb 
»egierung  fieo  X.  93b  I,  ßeipj.  1806,  ©.  390 ff.;    3fr.  ö.  SRaunter,  <&efdj.  Europa«  feit  bem 
dnoc  be«  15.  3a(r(.f    1.  93b.,  fieipj.  1832,  ©.  50 ff.;     Säger,    Ueber  ftaifer  äRajimilian«  I.  »> 
«erbfiltnt«  jum  ^apfttum   (©S91  12,  Sien  1854,  ©.  195 ff.,   409  ff.);    ©ngentjeim,  ©efd). 
ber  fcntftefjung  unb  Hu«bilbung  be«  flirebenftaate«,   2etp*ig  1854,  ©.  388 ff.;    £an$,   «ften» 
ffcücfc  unb  «riefe  jur  ©efeb.  Äaifer  tarl«  V.,  $b  I,  Einleitung,  Sien  1857,  ©.73 ff.:   Neu» 
mont,  (Bef*.  ber  ©tobt  SRom.    III,  93erl.  1870,   ©.  10ff.;    S.  93öf)m,    £at  flaifer  SKarimU 
lian  L  im  Sab«  1511  Sßapft  werben  wollen?   in  bem  8.  SabreSberidjt  über  bie  fiutfenftäbt.  35 
öemerbefc^uie  in  93erlin,  93erlin  1873;  fi.  u.  Dtante,  3)eutfdje  ©eieb.  im  3citalter  b.  SReforntat., 

5.  Hufl.,  1.  93b,  fieipj.  1873,  ©.  117ff.;  berf.,  $ie  römifd)en  köpfte  in  ben  legten  4  Sa^r* 
^unberten,  93b  I,  6.  $lufl..  ßeipjig  1874,  @.  35 ff.;  berf.,  ©efcbidjte  ber  romanifdjen  unb 
germanifdjen  Wolter  Don  i494  bis  1514,  2.  «ufi.,  fieip^ig  1874,  ©.  21 3 ff.;  ©regoroüiuä, 
öef*.  ber  ©tobt  9tom,  VIII,  3.  Hufl.,  ©tuttg.  1881 ;  Sattenba«,  ©efd).  be«  röm.  ^apft»  40 
tum«,  53eri.  1876,  ©.  297 f. ;  ©c&önberr,  3)er  ^rieg  Äaifer  ^ajimilian«  I.  mit  93enebig  1509, 
Sien  1876;  ©urtf&arbt,  $ie  Kultur  ber  SRenaiffance  in  Stauen,  3.  Aufl.,  1.93b,  fieipj.  1877, 

6.  112 ff.,  231  jc;  93urctf)arbt,  ©efd).  ber  SRenaiffance  in  Stauen,  ©tuttg.  1878,  ©.  11  ff.; 
*a*quaie  «iliari.  iRic.  9Rac*taüeai  unb  feine  3eit,  überf.  üon  Wangolb,  1.©b,  fieipj.  1877, 
©.  388 ff.;  93rofd),  $apft  Suliu«  IL  unb  bie  ©rünbung  be«  ^ird)enftaate«,  ©otba  1878;  45 
3>aü.  grr^br.  ©traufe,  Ulr.  oon  fcutten,  4.  Aufl.,  93onn  1878,  ©.  68ff.;  e.  oon  $>bfler,  5)ie 
Tomanifcbe  Seit  unb  ibr  «erliöltni«  ju  ben  ^Heformibeen  be«  Mittelalter«  (©SW  91,  1878, 
©.  493 ff.);  93rofcb.  ©efdj.  be«  Äirdjenftaate«,  1.  93b,  ©otlja  1880,  ©.  23 ff.;  (Sreigbton, 
History  of  the  Papacy,  vol.  IV,  p.  54—176,  Sonbon  1887;  s^aftor,  ©ef«.  ber  $äpfte,  III 
(1484—1513),  greiburg  1895.  60 

®tultano  beHa  SRoöere  tourbe  in  Sllbi^ola  bei  ©aöona  im  3<*fyre  1443  al«  ©o^n 
unangefe^ener  Seute,  be«  SRafael  SRoöere  unb  ber  2:^eobora  5Kanerola,  einer  ©riea^in,  ge« 
boren.  35a^  ba«  ©efd&lea^t  biefer  ein  mit  ber  gleichnamigen  ^oc^abligen  gamilie  öertnanbte« 
getoefen,  ift  eine  33ei}auptung,  bie  nur  bem  Umftanbe  i^re  Gntfte^ung  öerbantt,  bafe  ©iu* 
liano  toie  früher  fein  Dnfel  ^rance«co  (Sijtu«  IV.)  ben  ©tufyl  $ctri  beftieg.  ©iuliano  55 
f$eint  guedft  feinen  S3eruf  im  Maufmann«ftanbe  gcfua)t  ju  f^aben,  bi«  fein  JJfyeim  ^ran* 
ce«co  Äarbinal  rourbe  unb  fomit  bie  geiftlta^e  ^aufbat^n  beffere  3(u«ftc^ten  bot,  al«  bie 
laufmännifcfye;  1471  rourbe  er  Äarbinal  Don  ©.  ^Jietro  ab  Sincula,  )eboa^  nia^t  in  ba« 
btfonbere  Vertrauen  ©i|tu«  IV.  aufgenommen,  roeld^e«  bamal«  ©irolamo  SRtario,  eben* 
fall«  ein  na&er  aSerroanbter,  ungeteilt  befafc.  SBobl  rourbe  ©iuliano  freigebig  mit  ^ßfrtinben  eo 
bebaut,  aber  im  I)ienfie  ber  .Uurie  nur  feiten  gebraust ;  Dtelleia^t  eraaStete  man  i^n,  ba  er 
bietym  imS<^re  1474  gefteHtc  Aufgabe,  al«  Jpeerfü^rcr  ßtttä  bißaftello  ju  erobern,  nia)t 


622  Salin*  IL,  fm 

jur  3wfricben^cit  be«  $apfte«  gelöft,  für  unfähig,  bie  bertoidfelten  ©efd&äfte  ber  ftir$e  ju 
führen;  erft  im  Igaljre  1480  toarb  tym  toieber  eine  Negation  anbertraut,  bie  tyn  auf  jtoei 
3atyre  naty  ^ranfrei^  an  ben  §of  fiubtoig«  XI.  braute.  3Rxt  bem  rucfclofen  ©unfähig 
be«  $a£fte«,  ©irolamo  SRiario,  lieft  er  fid>  mfotoeit  ein,  aß  er  ftd>  anbeijcfytg  machte,  ba« 

5  äbel«gefcfyla$t  ber  Golonna,  ju  benen  er  in  einem  natyen  3$erfyältni«  ftanb,  bem  Äönige 
Don  Neapel  abtoenbtg  unb  in  ba«  fiager  biefe«  3lfy oten  StEtu«'  IV.  ^inüberjujte^en.  3U« 
aber  bie  Golonna.  toetl  fte  bie  bäpftlicpen  2lnerbietungen  jurüdfgetoiefen  unb  fiq  in  eine 
blutige  gfe^be  mit  bem  ©efcfylecgte  ber  Drftni,  ba«  auf  ber  ©eite  ©tjtu«'  IV.  ftanb,  ein- 
geladen Ratten,   ber  toa^rtyaft  entfestigen  Städte  be«  ©irolamo  Sltario  au«gefe$t  toaren, 

10  ba  na^m  ftcfy  ©iuliano  unerfdbrodf  en  unb  nad^brücflic^  ber  #artbebrängten  an.  (Sine  lettenbe 
Stolle  fpielte  ber  Äarbinal  Don  ©.  Sßietro  ab  SSincula  unter  3ro*ocenj  VIII.,  ju  befien 
©rtyebung  er  ba«  meifte  beigetragen  fyatte ;  feinem  (Sinflufc  toar  e«  jujufcgreibcn,  tafr  biefer 
$aj)ft  in  bem  Mampfe  ber  neapolitamföen  Sarone  gegen  tyren  ßönig  gmante  fite  jene 
Partei  ergriff  (f.  b.  31.  Snnocenj  VIII.  oben  ©.  138, 2).    (£«   e&rt   aber  ben  Äarbtnal 

16  SRobere,  bafc  er  ftcfc  nicfyt  billig  fmben  liefe,  nacty  bem  lobe  gsnnocenj'  VIII.  SUeganber  VI. 
mit  ber  ftiara  ni  fömücf  en.  @r  toiberftanb  ber  Seftec^ung  be«  fd&amlofen  Sorgia ;  unb 
toenn  auclj  ber  $apft  1493  ©iuliano  alle  feine  ©infünfte  garantierte  unb  ©utyer^ett  jujagte, 
bie  3lu«föfynung  toar  nur  eine  fcfyeinbarc,  fd^on  1494  flo|  StoDere  ^eimlicty  nacfc  granrreu$, 
fein  Seben  Dor  bem  ©ift  unb  bem  35ol$e  Sllejanber«  VI.  in  ©tctyerljeit  ju  bringen.  #ier 

30  am  Jpofe  Äarl«  VIII.  fefcte  er  alle«  in  93etoegung,  um   ben  Jtönig  für   einen  gug   na<$ 

Italien  jum  ßtoecf  ^vc  ©rtoerbung  Steapel«  unb   ber  Slbfefcung  SUejanber«  VI.   ju  ge* 

hrinnen.    JBofyl   unternahm  .ftarl  VIII.   ba«  SBagftüdf,   bie  (Eroberung   Neapel«  gelang, 

.  aber  ber  fefynlic&fte  SBunfö  ©uiltano«,   ber  $ro$efj  gegen   ben  ftmoniftifc&en  Sßapft,  ging 

nic&t  in  ©rfüttung;  e«  gelang  3llejanber  VI.,  ben  Äönig  Don  gfranlreic^  burc£  grofce  Qa* 

26  geftänbniffe  taub  ju  machen  für  bie  Statfd^läge  be«  erbittertften  ©egner«  ber  SJorgta,  be« 
«arbinal«  Stöbere.  3n  *>em  9fo«gleicty  mit  bem  Zapfte  fyatte  Äarl  VIII.  Don  SUejanber  VI. 
für  ©iuliano  folgenbc«  au«bebungen:  fernere«  Serbleiben  in  feiner  amtlichen  Stellung, 
ungefyinberte  Stornierung  aller  feiner  *ßfrünben,  ungeftörten  unb  fixeren  Aufenthalt  in  9tom. 
Slber  felbft  auf  biefer ©runblage  toollte  berÄarbinal  feinen  ^rieben  mit  äUeganber  VI.— 

aobeffen  offene  ^einbfd^aft  ifym  Weniger  gefä^rlic^  bünfte  al«  bie  in  einem  SreDe  jugefic^erte 
fjreunbfd^aft  —  bo$  noc^  nic^t  machen.  »JJolittfcfye  Älug^eit,  nid^t  ettoa  äbjc^eu  Dor  bem 
nic^tötoürbigen  SSerbrec^er  auf  bem  ©tufyle  $etri,  liefe  i^n  bie  2luSfitynung  ^inau«f Rieben : 
fte  erfolgte  erft  im  ^afyre  1498,  al«  bie  toactyfenbe  Slad^t  be«  $apfte«,  mit  bem  ficfc  au<^ 
ber  -Nachfolger  Äarl«  VIII.,  Subtoig  XII.  Don  granfreidj,  au«einanbergefe|t,  tf^n  felbft  in 

36  ^ranfreid^  ju  erreichen  brofyte.  @r  übernahm  je|t  bie  für  tyn  h>enig  e^renDoBe  Stoße 
eine«  §eirat«agenten  für  6äfar  S3orgia,  ben  ©ofyn  Sllejanber«  VI.,  \a  noc$  me^r,  er  liep 
ftd^  bereit  finben,  ein  Sünbni«  jtoif(|en  bem  Sßapft  unb  bem  Äönige  Don  granfreid^  auf^ 

Juristen,  h>eld^e«  über  Italien  neue«  Ärieg«Derberben  braute.  3*^  Sllejanber  VI.  traute 
>em  Äarbinal  nicfyt,   er  fud^te  fc^on   im  ^a^re  1502  jtDeimal  fic^  mit  äift  feiner  ju  be» 

40  mächtigen;  ber  ben  gadftrtcfen  be«  Sorgia  gUicflic^  entronnene  ©iuliano  fa^  |t(^  genötigt, 
em  33erftecf  ^u  mahlen,  ba«  er  fo  geheim  ju  galten  hmfete,  bafe  alle  Slnftraigungen  be« 
Sßapfte«,  feinen  äufent^alt«ort  ju  ermitteln,  otyne  ©rfolg  blieben.  @rft  ber  lob  alegan* 
ber«  (1503)  geftattete  iljm,  unb  bie  beDorfte^enbe  $apfth>a^l  erforberte  bringenb  bie  3Wid* 
le^r  nacfy  SRom.    Slu«  bem  ÄonflaDe  ging  al«  Sßapft  5ßiu«  III.  ^erDor,  ber  aber  nur  26 

46  Sage  pontifi&ierte.  %t%t  befanb  ficfy  ber  Äarbinal  Don  ©t.  Sßietro  ab  SSincula  am  3^ 
feiner  SBünfqe:  am  Äbenb  be«  31.  Dftober«  Dereinigten  ftd^  bie  Stimmen  ber  Äarbinälc 
auf  ben  jje^t  60  jährigen  ©iuliano  Stöbere,  ber,  um  bie  au«  ©panien  gebürtigen  ©lieber 
be«  fyeil.  Äollcgium«  ju  gewinnen,  ftcfy  ju  bem  crniebrigenben  Serf^ret^en  Jatte  Derfteben 
muffen,  6äfar  Sorgia  ben  ferneren  93eft$  ber  Don  i^m  bur$  Serrat  unb  9Rorb  getoonne« 

60  nen  Stomagna  nid^t  ftrettig  ju  machen :  unb  ba«  Seugni^  glaubtoürbiger  ßeitgenoffen  lagt 
h)o^l  leinen  3^eifel  übrig,  bafe  Derfc^tDenberifc^  aufgeteilte  ©elbfummen  bem  ©iuliano 
StoDere  bie  2Bege  jum  ©tu^le  $etri  geebnet,  gür  bie  ^o^e  SBürbe  mo<^te  tyn  too^l  au^ 
emffo^len  ^aben  feine  Ityatlraft,  bie  ^efttgfett  feine«  Styarafter«  unb  feine  oft  erprobtt 
ftaat«männif$e  Begabung,  mi)t  aber  ettoa  glängenbe  Sugenben,  an  benen  fein  bisherige* 

66  Seben  fc^r  arm  getoefen  —  ben  fmnlic^en  äu«fd^n)etfungen  Ijatte  er  bi«  ju  bem  ©rabe 
gefrö^nt,  ba&  fein  Körper  ber  burd^  fte  berurfaebten  Äranf^eit  gu  erliegen  bro^te.  Der 
3)ienfte,  bie  ßäfar  93orgia  i^m  bei  feiner  SBa^l  geleiftet,  eingeben!,  überhäufte  ^uTni«  II. 
—  fo  nannte  fiefy  ber  StoDere^apft  —  feinen  früheren  ©egner  in  ben  erften  Zagen  feine« 
^iontifilat«  mit  Setoeifen  ber  greunbfe^aft,   bie  aber   nur   bi«  jum   22.  9fo>ember  150:3 

60  toäf^rte,  bi«  $u  bem  2lugenblidf,  ba  bie  tfircfye  bie  äu«lieferung  feiner  feften  ©<^ldffer  in 


3toKitS  TI ,  $<tyft  623 

ber  Stomagna  bon  bcm  fyartbebrängten  Sobne  Sllejanber«  VI.  verlangte ;  bie  Serc(£tigung 
)u  biefer  gorberung  leitete  ^uliu«  II.  au«  feiner  $flid&t  ab,  jene  Surgen  ber  Äird&e  ju 
«galten  unb  ben  Übergang  berfelben  in  ben  Seftfc  ber  Senetianer,  toelc^e  fie  bem  Rannen 
ber  SRomagna,  &ugleic$  aber  ber  §errfdjaft  be«  ^Ja^ftc^,  entreißen  toollten,  ju  bereuten. 

2)en  bie  £erau«gabe  feiner  Sctylöffer  bertoeigernben  Sorgia  liefe  3U"U3  (29.  -Jtob.  6 
1503)  gefangen  nehmen,  nadj  SRorn  führen,  unb  gab  ifym  bie  gftetyeit  erft  bann  toieber, 
al«  er  ben  ttaftellanen  feiner  Surgen  bie  Übergabe  berfelben  an  bie  Sebollmäctytigten  ber 
tfurie  befohlen.  911«  nun  bie  Senetianer  fortfuhren,  auf  Äoften  ber  ftircfye  fi$  in  ber 
SRomagna  au«$ubefynen,  unb  bie  päpftlidjen  ßrmatynungen,  bie  in  ber  SRomagna  bereit« 
ertoorbenen  Drtfcfyaften  bem  Studie  $etri  jurücfjuerftatten,  unbeachtet  Helen,  fud^te  10 
3uliu«  II.  ein  Sünbni«  jtoifcfyen  ben  fyerborragcnbfien  Staaten  gegen  bie  beneatanifd&e 
9tq>ublit  &u  ftiften.  am  22.  September  1504  föloffen  bie  Setyerrföer  2)eutfd&lanb«  unb 
§ranfrei<$«,  3Jla£imilian  unb  Subtoig  XII.,  auf  Slnftiften  be«  Zapfte«  einen  Vertrag,  beffen 
©pifcc  gegen  Senebig  gerietet  toar;  biefe  .Koalition  fyatte  jur  golge,  bafe  bie  Signorie 
aOe  in  ber  Slomagna  gewonnenen  Seftfcungen  —  mit  2tu«nafyme  bon  Stimini  unb  $aenja  ib 
—  3ulhi8  II.  gurtidfgab;  ntcfyt  für  fein  ©efölecfyt  unb  für  feine  5Repoten  beanfpruegte  fte 
ber  Sßapft,  fte  mit  anbertoeitigen  (Srtoerbungen  ju  einem  ber  ßirctye  unb  tyrem  Raupte 
untertoorfenen  Staate  )u  bereinigen,  War  ba«  giel,  toeld&e«  tym  bei  feinen  ©roberung«* 
planen  öorfdjtoebte.  Um  ben  Sßlan  ber  Segrünbung  eine«  Äircfyenftaate«  jur  3lu«fütyrung  $u 
bringen,  berfd&mäfyte  er  e«  nic^t  al«  gelbfyerr  an  ber  Spifce  eine«  $eere«  gegen  bie  Scannen  20 
tom  Sßerugia  unb  Sologna  ju  jiefyen;  betbeStäbte  ergaben  ft$  tym  im  3.  1506.  Um  nun 
au$  bie  legten  Senebig  berbltebenen  Stäbte  in  ber  SRomagna  ber  Stepublif  ju  entreißen 
unb  fte  bafür,  bafe  fte  bafante  Sifd&of«ftüfyle  befefct  unb  ben  Äleru«  befteuert  tyatte,  ju  be* 
{trafen,  toar  er  beftrebt,  Italien  bon  neuem  &um  lummelplafc  beutfcfyer,  franjöftföer  unb 
fpanifc^er  Sölbnerföaren  ju  machen.  Sei  ber  2öat>I  ber  9Rittel  nidjt«  al«  fernen  Vorteil  26 
)u  State  jie^enb,  gelang  e«  §uliu«  II.  burd&  3^^^^%^  un*>  2^9  dfe*  ***#  We  bi«fyer 
toerfehtbeten  Äönige  Don  £)eutfcfylanb,  gfranfeeicfy  unb  Spanien  au«$uföfynen  unb  fte  am 
10. 2)ej.  1508  in  ber  tiga  bon  ßambrafy  ju  einem  &ampf  gegen  Senebig  &u  bereinigen. 
Auf  bie  bon  tym  bem  Untergang  getoetyte  Stepublil  fd&leuberte  ber$apft  am  27. 2lpril  1509 
ben  Sann ;  etne  gegen  bie  granjofen  verlorene  Scplac^t  jtoang  biefelbe  balb,  3iuliu«  II.  90 
bie  bon  tym  beanfprud^ten  (gebiete  in  ber  SRomagna  ^erau«jugeben  unb  um  Slbfolution 
gu  bitten;  biefe  tourbe  gewährt;  ber  $apft  aber  trennte  fiefy  nun  bon  beräiga  bonßam^ 
taal^  unb  fc^lug  fi$  auf  Seite  ber  Senetianer  gegen  ben  König  bon  grantreic^,  ben  er 
bo<$  felbft  nac^  Italien  berufen.  Se^r  teuer  ^at  bie  Signorte  bie  greunbföaf t  be«  ^apfte« 
erlauft;  )u  ber Überlaffung  ifyrer  romagnolifc^en  ©ebiete  mufete  fie  ba«  Serfprec^en  eine« 86 
Ser}ic^te«  auf  bie  Sefefcung  erlebigter  bifd^öflid^er  Si^e  unb  auf  bie  Sefteuerung  be« 
Kteru«  ^in^ufügen.  3)ie  gleite  Erbitterung,  bie  3uliu«  II.  bi«^er  gegen  bie  Senejianer 
erfüllt,  befeelte  i^n  jefct  gegen  SubWig  XII.,  bem  er  einen  gefährlichen  SBiberfac^er  in 
$emri$  VIII.  bon  ©nglanb  unb  frieg«geübtc  ©egner  in  ben  Sc^toeijern  ju  fd^affen  [\$ 
angelegen  fein  liefe.  3)er  Serfuc^,  gnglanb  mit  granfreid^  ju  berfeinben,  mißlang  unb  40 
ber  bon  ben  S^ftei^ern  unternommene  ,Urieg«aug  blieb  refultatlo«;  auc^  ba«  Unternehmen, 
bw  ©^°9  8lfon«  bon  ©fte,  ben  Scberrfc^er  gerrara«,  für  feine  Sunbe«genoffenf$aft  mit 
granfreic^  3U  ftrafen  unb  ^^ara  bem  Äirc^enftaate  cinjuberleiben,  ^atte  nur  ben  6rfolg, 
bafj  3uKug  'n  Sologna  —  toofytn  er  ftc^  begeben,  um  ben  Mampf  gegen  gfa^ara  mit 
größerer  ©nergie  gu  führen  —  beinahe  in  bie  ©efangenfc^iaft  ber  granjofen  geraten  toäre.  45 
um  ben  Sßapft  in  Sc^ac^  ju  galten,  berfammelte  £ubh)ig  XII.  im  Sept.  1510  in  lour« 
eine  ©ipnobe  ber  fran^öftfe^en  Sifc^öfe,  h>ofelbft  man  befdjlofe,  3"^^  U-  fernerhin  ben 
ftr$li<$en  ©e^orfam  ju  berhjeigern  unb  fi$  mit  bem  Maifer  -Dlajimilian  in«  ©inberne^men 
tu  fe^en  in  betreff  eine«  ju  berufenben  allgemeinen  Äonjil«,  h)eld^e«  atöbann  über  ben 
$apft  bie  Stbfe^ung  au«jufprec^en  babc.  Sluc^  in  Italien,  felbft  im  Äarbinaltollegium,  go 
füllte  man  enblicfc  bie  Sc^anbe,  bie  bem  Stuhle  ^5ctri  baburc^  angetan  tourbe,  ba|  ftd^ 
ber  SteDbertreter  be«  Slpoftclfürften  in  einen  nur  auf  ßroberung«lriege  unb  auf  Slutber« 
gießen  bebauten  gelbf^auptmann  getoanbelt  l;atte;  fünf  Marbinäle  bcrliefeen  ben  5ßapft, 
gingen  na$  3Wailanb,  bem  Hauptquartier  ber  granjofen,  ein  Sd^i«ma  ftanb  bebor.  Db 
yuliu«  II.  aud^  bie  ©efa^r  geJannt,  bie  feinem  2:l>rone  bon  feiten  ÜJlajimilian«  I.  bro^te,  66 
toiffen  toir  nic^t.  6«  finb  un«  brei  Schreiben  be«  Äaifer«  erhalten,  in  benen  er  ben  toun« 
berfam  flingenben  $lan  enttoicfelt,  ft^  felbft  al«  $apft  in  ben  Seftfc  ber  liara  $u  fe^en, 
alfo  Äaifertum  unb  ^apfttum  in  einer  §anb  ju  bereinigen.  $er  $a|,  ben  gwliu«  II. 
ht  Stauen,  fjrantreicfy  unb  £)cutfd>lanb  auf  fic^  gelaben  unb  bie  bamaligen  Sertoidflungen 
unb  Ärieg«toirren  Heften  üDtactmiltan  bie  2lu«fübning  biefer  pl^antaftifc^en  3bee  möglid^  er^  00 


624  3ultis*  IL,  $a*ft 

fcbemen.  9li$t3  toar  im  ftanbe,  Julius  II.  in  feinem  Sor&aben,  grerrara  bem  £crj|og 
Sllfonfo  gu  entreißen,  ju  beirren;  bie  (Sroberung  ber  Stobt  toar  aber  ein  laum  bur$)u- 
füfyrenbeS  SöagniS  o^ne  vorhergegangene  ßrftürmung  9Riranbola$.  9Ba$r$aft  fcfcouber* 
erregenb  ift  ba$  Silb,  toie  biefer  $aj>ft,  mitten  im  SEBinter  in  ben  Seiten  ber  Von  feinb* 

slu^en  Somben  bebro^ten  Sölbner  ftetyenb,  bie  ermübenben  Sparen  jum  &amj)f e  anfeuert, 
bie  entfe$li$ften  Drohungen  gegen  bie  belagerten  auSftößt  unb  fdj>ließli($,  tpeil  er  e$  nic^t 
abtoarten  tarnt,  baß  bie  X^ore  ft$  öffnen,  burcty  eine  Heine  Srefc^e  in  einem  bölgernen 
Mafien  ftcfy  fyinauftoinben  läßt.  (Snblicfc  ereilte  bie  9lemeftä  ben  nur  nac$  Vergrößerung 
be$  Äirc&enftaateS  ftrebenben  Julius  II.    Sologna  fiel  in  bie  Jpänbe  ber  gframofen,  ber 

10  $erjog  Von  Urbino,  ein  92effe  beä  ^a^fteö,  ermorbete  auf  offener  Straße  einen  Julius  II. 
befonberS  vertrauten  Äarbinal ;  bie  fünf  föi3matif$en  Äarbinäle  beriefen  im  SinVerfiänbmS 
mit  SRajimilian  unb  Subtoig  XII.  ein  Äomil  nacty^ifa,  toelcfyeä  aud&  im  SRoVember  1511 
fyier  jufammentrat.  Um  baS  Slnfeben  beSfelben  ju  untergraben,  fagte  ber  $apft  für  ben 
19.  2tyril  1512  eine  ßird^enverfammlung  in  SRorn  an,  unb  um  enbluty  biegramofen  aus 

15  Italien  iu  Vertreiben,  bringt  er  1511  bie  „^eilige  2iga"  juftanbe,  an  ber  ftc$  tferbinanb 
von  Spanien  unb  bie  Senetianer  beteiligten.  2)a$@lüct  berSc$lac$t  entföieb  )u©unftai 
grantrei<$$,  bie  ganje  Stomagna,   an  beren  Srtoerbung  3uliuS  II.  feine  3ett  unb  Mraft 

äe£t,  ging  verloren,    ©rft  als  (Snglanb  unb   ber  Äaifer  tyren  Seitritt  ju  ber  ^l.  2iga 
lärt  Ratten,  gelang  e3  biefer  Vom  Zapfte  geftifteten  Koalition,  bie  gxanjofen  ju  einem 

2o3Jüdfjug  über  bie  ätlpen  ju  fingen;  fte  fefcte  benn  aud&  $ul\vi$  II.  in  ben  Stanb,  bie 
türjlicfy  verlorenen  Steile  ber  SKomagna  jurüctjugetoimten  unb  bem  Von  tym  gegrünbeten 
Mircfyenftaate  Sßarma  unb  *ßiacen$a  binjujufügen.  Site  tyn  am  20.  grebruar  1513  ber 
beVorfteljenbe  lob  eine  Überfd^au  über  ba$,  toaS  er  toäfyrenb  feine«  $ontififat$  geleiftet, 
galten  ließ,  foH  ifyn  tiefe  Steue  über  feine  9Rißregierung  ber  Äirctye  erfaßt  unb  er  fein  ®e* 

25  föicf,  baä  tyn  auf  ben  päpftlictyen  Stufyl  gerufen,  betlagt  fyaben. 

$at  aud)  biefer  bie  35ölfem>elt  mit  $aß  unb  Mrieg  erfüdenbe  $aj>ft  ni<$t  einen 
einigen  3U9  aufeutoeifen,  ber  \xn$  an  ben  erinnert,  beffen  Stellvertreter  ju  fein  er  ft$ 
rühmte,  an  feinen  tarnen  ftnb  bod&  etoig  bauernbe  Schöpfungen  getnüpft,  bie  tym  in  ber 
©efcfyic^te  ber  Äunft  Unfterblic^teit  fiebern.    Sramante,  SRic^el  ängelo,  iKafael  £aben   in 

so  feinem  Dicnfte  tyre  9JJeiftertoerte  gefcfyaffen,  an  ifyren  arbeiten  beteiligte  er  ft<$  mit  jener 
inneren  ©lut,  bie  tyn  trieb,  alle  ipinberniffe  —  motten  fte  in  bem  feften  ©eftein  ber  be* 
lagerten  Surgen  feinem  §cere  ober  in  ber  $ärte  be$  ÜWarmor«  feinem  Äünftler  ent= 
gegentreten  —  im  Sturm  &u  überhnnben;  inbem  er  ben  Sleubau  ber  $eter$fad?e 
unternahm  —  er  übertrug   i^n  SBramante    —   unb   burety  reid^lid^   erteilten   Sblaß  bie 

36  Summen  für  benfclben  flüfftg  ju  machen  fuc^te,  ^at  er  ben  äußern  ätolaß  ju  bem  an  bie 
SSoDenbung  Von  S.  Sßeter  fid^  fnüffenben  Slblaßftreit  gegeben;  mit  bem  bie  Sieformation 
Sutyerä  ifyren  Stnfang  nimmt,  ^uliu«  II.  fycd  fid>  um  bie  .Hunft  auefy  burc^  bieSegrüm 
bung  be«  Vatilanifd^en  5Jiufeum«  bie  größten  33erbienfte  ertoorben;  auf  feinen  Sefe^l  fanben 
jene  Ausgrabungen  in  9lom  ftatt,  bie  unter  anberem  bie  ©ruppe  be^  Saofoon  bem  S^utt 

40  ber  Spermen  be«  ütu«  entriffen.  Iro$  ber  gewaltigen  Slueigaben,  bie  tym  feine  unauf* 
^örlic^en  ,Hricge,  feine  vielfachen  Sauten,  bie  ben  fyerVorragenbften  Äünftlern  get^rte  Se^ 
fc^äftigung  verurfac^ten,  hinterließ  er  bei  feinem  lobe  ber  Äirctye  in  ©elb,  toftbaren  ©eräten 
unb  ßbclfteinen  einen  Sd&a§  Von  ca.  400  000  2)ufaten.  Die  gurücf^oltung,  bie  er  feinen 
SRepoten  gegenüber  beobachtete,  bie  Sp arfamleit,  Welche  i^n  ben  5ßrunf  unb   bie  Völlerei 

46  feiner  Vorgänger  Verf^mä^en  ließ,  batten  tym  bie  Sluf^äufung  einer  fo  tyo^en  Summe 
ermöglicht.  Die  Urteile  ber  W\U  unb  yiafytodt  über  ^uliu«  II.  ftnb  toeit  auöeinanber 
gegangen.  2Bäl;renb  ein  anonyme«,  noc^  ju  Seb^eiten  be«  ^}a^fte«  verfaßte«  fatyrifc&e* 
®A^t  für  feine  Seele  tyn  einen  leufel  nennt,  ben  SfyriftuS  burd^  feine  ättmac^t  in  einen 
ßngel  be«  Sic^tö  verh>anbeln   möge,  toäfyrenb  §utten  i^n  be^eic^net  als  einen  $trten  in 

60  SöolfSgeftalt,  aU  einen  „Sanbiten,  ben  fämtlictye  fiafter  befletfen"  unb  atö  „bie  $eft  W 
?Kenfc^engefc^led^tg,  beffen  arbeit  lob,  beffen  (Sr^olung  bie  fäänblictyfte  älu«fc^tDeifungM 
ift,  toc^renb  Sut^cr,  ber  jur  3^it  Su'^  H.  Sftom  befugt  ^atte,  i^n  einen  „Slutfäufcr", 
ein  „gräulich  gewaltig  SBunbertier",  einen  „graufamen  SBüterid^"  fc^ilt,  fo  ^riefen  i^n 
italienifc^e  Dieter  als  ben   gewaltigen  Sänbiger  beS  Sötoen   \>on  S.  3Harco,   ab  einen 

65  Reiten  3Kar«,  ate  ben  Sertcibiger  Italien«  gegen  bie  Sorben  ber  Sarbaren,  ©ctoift  fpt 
Settori,  ber  3c^9cnoffe  Swiiu«  II.,  rec^t,  toenn  er  von  biefem  ^}a^fte  fagt,  „fu^erluptDar 
er  mcF)r  glüdflic^  als  flug,  mcF)r  fül?n  als  fräftig".  Stafael  ^at  ^uliu«  II.  gemalt  — 
eins  ber  pacfenbften  Sßorträtbilber,  bie  cS  giebt.  9Jterttoürbig,  baß  ba  ber  3Rann,  toelc^er 
nie  Mufyc  fanb,   bargcfteHt   ift,   toie   er  fern  Vom  Üärm  be$  Äriege«  im  ärmftu^l  ru^ötb 

co  fi£t  —  baS  §au})t  geneigt,  tief  in  ©ebanfen,   nur  baS  Sluge  mit  ben   brol^enben  bieten 


3ultit3  II.,  $a*j»  Sitliu«  III.,  $a*j»  625 

Stauen  barüber  ein  3eu9c  unbeugfamer  ßntfd&loffenfyett  unb  2$atlraft.  Slber  aud&  fyter 
—  e«  ift  bie  SRutye  bor  bem  fommenben  ©turnt,  ben  bie  breite  ©tirn  fäon  überbentt,  er 
f($aut  rücftoärt«  auf  ba«  roa«  ifym  gelungen  ift  unb  fcorroärt«  auf  neue  Mampfe. 

Süffel  f  (JBenrot*). 

3ttlut3  III,  $aj)ft  Don  1550—1555.    —     auelien:    $ie  »uüen   biefe«  Zapfte«  5 
finben  fid)  bei  Cherubini,  Magnura  ßullarium  Romanum,  Lugduni  1655,   t.  I,    p.  778 sq.; 
Rainerii  liber    de  creatione  Julii  III.,    Rom.  1550  (Vergcrio)  AI  Ser.mo  Re  d'lnghilterra' 
Eduardo  VI  della  creazione  del  nuovo  Papa  Giulio  III  e  cio  che  di  lui  sperare  si  possa, 
1550;    ba«f.  franj.,  Des  faitz  et  gestes  du  P.  Jules  III.  et  ce  qui  se  peut  esperer  de  ce 
Concile,  lequel  il  pretend  commencer  ä  Trente,  1551 ;     (Sergeriu«)    De    idolo   Lauretano,  io 
quod  Julium  III  Rom.  ep.  non  puduit  in  tanta  luce  Evangelii  undique  erumpente  veluti 
in  contemptum  Dei  atque  hominum  approbare,  1553;    (SSergcriiiw)    Consilium  quorundam 
Epi8Coporum  Bononiae  congregatorum,    quod    de  ratione  stabiliendae  Romanae  Ecclesiae 
Julio  HI  P.  M.  datum  est  1553;     bab  biefe  Schrift  nid)t  uon  ben  brei  93tfd)öfen  abgefafjt, 
uielmefjr  auf   ityren  tarnen   uon    einem  (Segner  ber  $urie  jur  Serljötynimg  be«  $apfte«  ge»  15 
fälfcfct  tft.ftat    fd)on  le  <ßlat  errannt  unb  ift  uon  ©iefeler,  Sebrb.  ber  Äirdjengefd).  III,  1, 
Bonn  1840,  @.  372,  9lnm.  38  uon  neuem  Ijeruorgeboben  roorben:    als   iljren  &erf  affer   fjat 
aber  erft  ©ijt  ben  SSergeriu«   ertuiefen   (ugl.  ©i£t,  SSergerinS,   2.'Hu«g.,   39raunfd)to.  1871, 

5.  295 ff.);  Vitalis,  Elogium  Julii  III  et  Cardinalium  ab  eo  creatorum,  Rom.  1553;  Paolo 
Sarpi,  Histoire  du  concile  de  Trente,  par  Pierre-Francois  le  Courayer,  t.  I,  Slmftcrbam  20 
1736,  p.  554 sq.,  t.  II,  p.  5 sq. ;  ^allauicini,  Vera  concilii  Tridentini  historia,  pars  II,  Ant- 
verpiae  1670,  p.  207 sq.;  ftibier,  Lettres  et  M6moires  d'estat,  $ari«  1666,  t.  II,  p. 252 sq.; 
bie  ücnettanifdjen  ©erid)te  uon  3)anbolo  in  9llb6ri,  Relazioni  degli  ambasciatori  Veneti  al 
aenato,  Serie  II,  53b  3,  p.  347 sq.;  bie  3)etoefc&en  be«  florentintfdjen  ©efanbten  ©erriftori 
bei  (£aneftrini,  Legazioni  di  Averardo  Serristori,  Flor.  1853,  p.  207  ss.;  3RaffareUi,  25 
Diarium  sacri  concilii  Tridentini,  bei  $>öflinger.  Sammlung  u.  llrfunben  jur  ©cfd).  b.  Äon* 
jil«  uon  Orient.  1.  ©b.  Wörbüngen  1876,  1.  2lbt.,  ©.  66ff.;  'ättaffarelli,  De  Pontificatu 
Julii  HI.  diarium,    ibid.    ©.  259  ff. ;    ©leiban«  SRcformation«gefd)id)te,   überf.   uou  ©emier, 

3.  93b,  fcalle  1772,  ©.  363 ff.:  ßan$,  $orrefi>onben$  beä  Äaifer«  tfnrl  V.,  3.55b,  fieiuj.  1846, 

6.  1;  fiämmer,  Meletematum  Romanonim  mantissa,  Ratisbonae  1875,  p.  156 ff.;  u.  SDruffel,  30 
©ettrfiv\e  $ur  SReic&Sgefd).,  1546-  1551,  s3Kiindjen  1873  unb  1875;  Slbriani,  Istoria  de  suoi 
tempi,  Venet.  1637,  p.  494 ss.;  Historia  Platinae  de  vitis  Pontiff.  Rom.  .  .  ed.  Onuphrius 
Panvinius,  Colon.  Agrippinae  anno  1626,  p.  385 ss.;  ©iaconiu«,  Vitae  et  res  gestae  Pon- 
tiff. Rom.  et  S.  R.  E.  cardinalium  ed.  ab  Aug.  Oldoino,  t.  III,  Rom.  1677,  p.  741  ss.; 
9tatynalbu«.  Annales  eccles.  ad  a.  1550—1555 ;  v4$alatiue,  Gesta  Pont.  Rom.,  t.  IV,  Venet  36 
1688,  p.  16188.;  etc. 

Sitteratur:  ©fir.  SB.  gr.  SBalcb,  ©nüuurf  einer  uoüft.  #iftorie  ber  rb'm.  Raufte, 
2.  «u«g.,  ©öttingen  1758,  ©.  387 ff.;  5lrt&ibalb  $o»uer,  Unpartf).  fciftorie  ber  ttöm.  köpfte, 
10.  tl..  1.  Hbfän.,  aufgearbeitet  uon  SRanibacb,;  Sttagbeburg  unb  ^eipjig  1779,  @.  1 83  ff . ; 
©udtöolfr,  ©efdji*te  ber  Regierung  frerbinanb  I.,  VI,  Sien  1835,  ©.  451  ff.;  ©olban,  ©efdj.  40 
be*  $roteftanti«mu3  in  Sranfreicb,  I,  fieipj.  1855,  ©.226  ff ;  Pctrucelli  della  Gattina,  Hi8t. 
diplom.  des  conclaves,  t.  II,  *|3ari«  1864,  p.  23 ss.;  3ftaurenbred)er,  $arl  V.  u.  bie  beutfdjen 
$roteftanten  1545-1555,  Eüffelborf  1865,  ©.  216  ff.;  ffieumont,  ©efd>.  ber  ©tobt  fflom, 
ni,  2,  ©erl.  1870,  ©.  503 ff.;  9?anfe.  (Snglifdje  ©efdjidjte,  uorneftmlid)  im  17.  3a&rf)unbert, 
1.  »b,  3.  «ufl.,  ßeipj.  1870,  ©.  194ff.;  Tarife,  2)cutfd>e  ©cf*id)te  im  Zeitalter  ber  föefor-  46 
mation,  5.  33b,  5  ?(nfl..  fieipj.  1873,  ©.  79 ff.;  föanfe,  SDie  römijcDen  ^äpfte,  1.93b,  6.  9luf(., 
Seipiig  1874,  ©.  177 ff.;  9Ral)nicr,  Etüde  historique  sur  le  concile  de  Trente,  <j$ari3  1874, 
p. 586 ss.;  ^aftor,  3)ie  fird)ücf)en  SReunionöbeftrebungen  luäfyrenb  ber  Regierung  Äarl  V., 
fjreib.  im  ©reiSgau  1879,  ©.  418ff. ;  W.  93roid),  ©efd).  beö  Äirdjcnftaatd,  1.  «b,  ©otba 
1880,    ©.   1 89  ff. ;     3)e  fieua,    La  guerra   di  Papa  Giulio  III    contra  Ottavio  Farnese,    in  go 


Rivistastor.  Itai.   1884,  p.  632 sq.;     berf.,   La  elezione    di    Papa  Giulio  III,    ibid.    1884, 

S.  22 sq.;     berf.,    Storia  doc.  di  Carlo  V  etc.    (5.  <8b,  1890).     *  ' 
rt.  Xribentiner  Äonjil  angegebenen  CueDen  unb  Bearbeitungen. 


©tobanni  3Maria  bei  s)Jtontc  roar  im  3«^re  1487  in  SRom  al«  ©o^n  eine«  ange* 
fernen  Sec^t^gele^rten  geboren ;  bafe  er  bie  geiftlic^e  2aufbal;n  etnjd^lug,  bie  i^n  rafd^  55 
txm  ©taffei  ^u  ©taffei  auf  ber  bterardnfcfycn  Seiter  hinaufführte,  roar  mit  burefc  bie  fyoty 
angefefyene  Stellung  feine«  Cnfel«  Antonio  bei  3Ronte  bebingt,  be«  (Srgbifd^of«  Don  ©U 
ponto  unb  fiteren  ÄarbinalpreöbtyterS  Dom  litel  ©.  ^rajebi«.  35en  jüngeren  bei  9Ronte 
er^ob  3uKu3  II.  auf  ben  (Sr^ftu^l  Don  ©iponto,  al«  berfelbe  burc^  Äreierung  be«  oben« 
genannten  Slntonio  jum  ffarbinalpre«b^ter  frei  rourbe.  911«  SIemen«  VII.  mit  bem  faifer«  eo 
liefen  Äeere,  ba«  1527  9tom  gebranbfd^a^t  fyattc,  enblic^  ein  Mbfommen  traf,  roar  ber 
(Sqbtfcpof  toon  ©i^onto  eine  ber  ©eifeeln,  bie  mit  tyrer  s^erfon  für  bie  Erfüllung  ber 
paMÜu^en  Verpflichtungen  hafteten.  3n  2obe«gcfal;r  fc^roebte  er,  al«  bie  £anb«fnec$te, 
erbittert,  bafe  ba«  Dom  ^Ja^ftc  au«bebungcne  Söfegelb  nicfyt  au«beja^It  roarb,  ©algen  auf 

ftcftUfeKtfbp&bic  für  Geologie  unb  flirre.   3.  «.  IX.  ^q 


626  3isltis3  III.,  $<tyft 

Gampo  bi  gfiori  aufrichteten,  um  bie  ©eifteln  bie  SSerfäumm«  Giemen«  VII.  büften  $u 
laffen.  *ßaul  III.  freierte  ben  ©rabiföof,  bem  er  bereit«  fötoierige  aufgaben  unb  Ämter 
gugetoiefen  —  eine  Negation  in  Bologna,  bie  Stellung  eine«  Slubitor«  ber  apofloliföen 
Äammcr,  eine  ©efanbtfcfyaft  an  Karl  V.  —  im  %ai}xt  1536  jum  Äarbinalpre«btyter ;  tyn 
5  ernannte  ber  Sßapft  neben  Gerbini  unb  $ole  ju  feinem  Segaten  auf  bem  1545  eröffneten 
Äonjil  bon  Sribent;  al«  folcfyer  fyat  er  auf  ber  Ätrcfyenberfammlung  aHe?ßläne  be«  Äaifer« 
ju  burc^freujen  gefugt  unb  ftcfy  ben  #aft  Äarl«  V.  in  bem  ÜJtafte  gugegogen,  baft  biefer 
ben  Äarbinal  9Ronte  in  einer  Slntoeifung  an  ÜJtenboja  für  bie  nad^  bem  am  10.  IRobember 

1549  erfolgten  lobe  Sßaut  III.  beborftefyenbe  Sßctyfttoafyl  au«  ber  Qaffl  ber  Äanbibaien 
10  für  ben  ©tutyl  Sßetri  ftrid&.    SDennod)  ging  ber  bom  Äaifer  2tu«gefc&loffene  burd?  ein  Rom- 

jjromift  ber  farneftf^en  Partei  mit  ber  franjöfiföen  am  7.  Februar  1550  al«  3julhi«  HL 
au«  bem  Äonflabe  fyerbor.  ©ofort  nac$  feiner  (Srtyebung  gab  er  bem  Äaifer  beutlid^  pi 
berfte^en,  baft  er  feine  Dppofition  gegen  ifyn  aufgeben,  fi$  tym  auf«  engfte  anfcfclieften 
tooÜte;  f)atU  ber  Äarbinal  bei  9föonte  bon  ber  bon  Äarl  V.  geforberten  gortfefcung  be« 
lsÄonjil«  in  Orient  nicfyt«  toiffen  Motten  —  ber  SJJapft  3[uliu«  III.  lieft  bem  Äaifer  bie 
Sßieberaufnafyme  ber  Äonjil«berfyanblungen  anbieten.  8(1«  au<$  ba«  Äarbinaltottegium  fü$ 
mit  biefem  Sßlane  einberftanben  erflärt  fyatte,  fefcte  ber^apft  in  einer  Sufle  bom  13. 9?ot>. 

1550  bie  Söiebereröffnung  ber  Äirc^enberfammlung  auf  ben  l.üKai  be«  folgenben  §abt& 
feft.    £)iefe«  (Singetyen  auf  bie  fatferlicfyen  SBünfcfye  Ijatte  eine  fi$  immer  ertoeiternbe  6nfc 

20  frembung  %\dm&  III.  bon  £einrid&  II.  bon  granfreicty  jur  golge.  911«  roterer  ein 
33ünbni«  mit  ben  gfarnefe  gegen  ben  Äaifer  einging,  fteHte  ft$  ber  $apft  auf  bie  ©eite 
Äarl«  V.  SRögen  aucfc  bie  Drohungen  ^uliu«'  HI.,  £einri$  II.  bie  Äönig«frone  fraft 
feiner  p ctyftlicfyen  3Kadjtbottfommenfyeit  &u  nehmen,  nur  au«  ber  SluftoaUung  entftmmgene 
Drohungen  getoefen  fein,  fte  bezeugen  bocfy,  toie  feft  ficfy  ber^ßctyft  an  ben  Äaifer  anfc&loft; 

25  bem  fatferlic^en  ©efanbten  tonnte  er  mit  aller  ©ntfcfyiebenfycit  erflären,  e«  fei  fein  9Bifle, 
ba«  nämliche  ©c^iff  mit  ©r.  SRajeftät  $u  bcfteigen,  unb  ft$  bemfelben  ©lüde  anjuber* 
trauen.  3)oc$  al«  ber  am  15.  3<*nuar  1552  ju  Styamborb  gefc&loffene  SSertrag  $nrifc$en 
bem  Könige  oon  3franfreic$  unb  bem  beutfcfyen  gürftenbunbe  unter  bergü^rung  be«  treu* 
lofen  SHorifc  bon  ©ac^fen,  Äarl  V.  ju  einem  gleichzeitigen  Äampfe  am  9tyem,   in  %yctA 

80  unb  in  Italien  nötigte,  al«  bollenb«  ber  Äurfürft  bon  ©ac&fen  ben  Äaifer  am  19.  SRai 
1552  jur  gluckt  axx^  !$nn«brudf  jtoang,  ba  muftte  ft$  aucfy  3U"^  m»  t™  9tyml  1552 
$u  einem  Slblommen  bequemen,  toelc^e«  ben  garnefe  i^re  SBefifcungen,  bie  fte  Dom  Raffte 
ju  fielen  Ratten,  garantierte,  unb  bem  Äriege  mit  gfamlreicp  burd^  ben  äbfölufj  emd 
ih)eijä^rigen  SBaffenftillftanbe«  ein  borläufige«  3iel  fe^te;  um  biefelbe  Seit,  am  15.  2fyrü, 

35  fpra$  ber  $a^ft  bie  9luf Hebung  be«  Äon$i(«  a\x^,  bie  i^m  übrigen«  ni$t  fe^r  ungelegen 
fam,  ba  bie  Sieformfrage  einer  (Sntföeibuttg  —  infolge  be«  faiferlid&en  Übergetoicpt«  — 
entgegenfa^,  bie  ^uliu«  III.  ni$t«  Weniger  al«  genehm  kuar.  SDer  unglücflic^e  süu«gang, 
ben  ber  im  ffiaffenbünbni«  mit  bem  Äaifer  geführte  Ärieg  genommen,  lieft  3ußu«  III. 
auf  jebe«  entf^iebene  Eingreifen  in   bie  italienifc^en  Söirren   h)ä^renb  ber   legten  3^ 

40  feine«  Sßontifitat«  berjic^ten.  ÜJlac^te  er  auc^  noefy  einzelne  Serfuc^e,  bie  Äirc^e  auf  bem 
2Bege  bon  Äommiffion«beratungen  ber  Äarbinäle  ju  reformieren,  ba«  SRefultat  biefer  ©er* 
^anblungen  h>ar  boefy  fein  er^eblic^e«.  SBä^renb  be«  $onttfifat«  ^uliu«1  III.  ereignete 
ficb  in  dnglanb  bie  SRücRe^r  ber  Äird&e  jur  römifc^en  Dbebienj.  2)er  Sßapft  fanbte  ben 
Äarbinal  SReginalb  Sßolc,  eine  treffliche  unb  für  ben  in«  Sluge  gefaftten  3to<^  f^  Ö^5 

45  nete  ^erfönlic^feit,  an  ben  englifc^en  §of.  Da«  Parlament  toar  nur  unter  einer  8k 
bingung  bereit,  ben  ^3a^ft  an^uerfennen,  in  bie  ftc^  bann  auc$  %ulivß  III.  fügte:  bem 
englifcfyen  2lbel  bie  burd^  Äauf  unb  ©c^enfung  in  feinen  S3efi^  übergegangenen  &ix$en> 
guter  auc^  für  alle  3u^nf^  5U  belaffcn.  Um  biefen  $rei«  traten  bie  englifAen  2orb$ 
bem  $a})fte  ben  ©efallcn  ber  (Srneuerung  ber  Äe^ergefe^e.    ^ulxui  III.  toar  reine  tj^ 

so  fräfttge,  groften  ftidtn  nad^jagenbe  SRatur ;  er  lieft  ftcfy  eine  fyerrlictye  98itta  mit  brackigen 
©arten  erbauen,  um  fyier  ganj  feinen  Steigungen  ju  leben.  2)aft  fein  ftttU$e$  ^eben  tw 
unb  nac^  feiner  (Srljebung  auf  ben  ©tu^l  $etri  feine  ftrenge  Beurteilung  toertragt,  fte^t 
burc^  bie  3lu«fagen  bieler  3cü0woffen  fcfr  D&  w  unnatürlichen  Saflern,  beren  uyn  ni^t 
bloft  33ergeriu«  bejic^tigt,  ergeben  getDefen,  läftt  ftcfc  nid^t  mit  ©ic^erl^eit  feftfteOen.    ©ein 

56  3Serfyältni«  ju  bem  Jüngling  3nnocen^  einem  ©affenbuben  au«  SJJarma,  ben  er  mit  9e» 
toeifen  fetner  ©unft  überhäufte,  balb  nac$  antritt  feine«  5ßontifi!at«  jum  Äarbinal  tn$ 
be«  ©inffruc^«  be«  ^eiligen  Äottegium«  er^ob  unb  ben  er  ungeachtet  feiner  ©ittenlofiglcit 
au«  bem  Ärcife  feiner  Vertrauten  au«jufc^lieften  nicfyt  bie  feelifc^e  Äraft  befaft,  biefe*  SBer* 
^ältni«  t)at  ben  älnlaft  ju  ben  unfauberften  ©erüc^ten  über  bie  Safter^aftigteit  be«  $i#ed 

oo  gegeben.    SDiefcr  etllärtc  £iebling  ift  ntcfyt  ber  einige  Unkuürbige,  an  ben  h>ä^renb  biefe^ 


3tt!iit0  ni.,  $o*fit  dfttltud  «frilairoS  (Scght*  627 

$ontifi!at$  Kr$lic$e  SBürben  unb  ©üter  Derfd&enlt  toorben  ftnb.  ©eine  SUertoanbten  fiattett 
ber  Sßapft  mit  93i«tümern  auS,  Derliety  tynen  Ehrenämter  in  SRom,  treterte  fte  ju  Äarbi* 
itälen.  Julius  III.  ftarb  am  23.  ÜJiärj  1555,  nad&bem  er  nod)  furft  Dörfer  ben  Äarbmal 
Worone  afc  feinen  fiegaten  naefy  Deutfd^lanb  gefanbt,  bamit  er  auf  bem  9tei$3tage  ftu 
Augsburg  bem  SReligionSfrteben  eine  SBenbung  gebe,  bie  Deutfctylanb  naefc  bem  SSorbilbe  6 
gnglanbS  in  ben  ©$ofe  ber  römifd&en  flirre  utrücffüfyre.  Die  Deutfc&lanb  am  nac^al* 
tigften,  aber  au$  am  naebteiligften  beeinflujfenbe  ämt^anblung  %\il\u&  III.  toar  bie 
1552  ausgeflogene  Seftätigung  beä  Don  3gna&  Sotyola  gegrünbeten  ColJegium  ger- 
manicum  in  3tom;  ben  ©pott  feiner  ^eitgenoffen,  inSbefonbere  beS  SSergeriuS,  rief  er 
berDor,  ote  er  ba$  heilige  öauS  m  Soretto  mit  einem  $rtotlegium  auSftattete.  10 

(8**ffei  t)  »eitroi*. 

Snlin»  gfritamtö  @egtud,  geft.nad&140.  —  Ausgaben:  ©allanbiT.  II;9toutf),Reliq. 
88*T.1I;  Migne  T.  X.  baftii  $ttra,  Anal.  SS  II,  p.  291  f..  IV  p.  71.337.  —  Sitteratur: 
Xtflemont,  Mem.  T.  III  p.  254 sq.;  S)u  ?in,  Nouv.  Bibl.  T.  I,p.  115;  (£aüe,  Hist.  litt,  p.68; 
3abriciu3*£>arle&,  Bibl.  Gr.  T  IV  p.240sq.;  ^ö^er,  ^atrologie.  ©.  577 f.;  ©elfter,  (SejtuS  16 
3uIiuS  «frtfanu*  unb  bie  bt)jantinif*e  e^ronoflrapljie,  2  *8be,  fieip^ifl  1880—1898;  töic&arbfon, 
Bibliogr.  Syn.,  6.  68  f.;  fcarnaef,  «Itflriftl.  2itt.*©efd).  I  <S.  507 ff.,  II  6.  70 ff.  2>ie  Ar. 
beiten  jur  Gnjronograpf)ie  fie&e  bei  ©elfter,  baftu  6d)ürer  in  ber  $$(&,  33b  II,  ©.  3 19 ff; 
©Jutta,  3)er  ©rief  beS  3.  «."an  Ariftibe«,  $allt  1877.  lieber  ba$  SerljältniS  ftu  ^ippolt^t 
fiefce  SRoinmfen,  (Sljronograpf)  ü.  354,  @.  595  unb  JJrlcf,  Chronica  minora,  p.  XXX Vqs.  20 
3u  ber  avayQarprj  'OXvfvr.  f.  bie  Sitteratur  bei  Nicolai,  ©riedj.  fiitt  »©efdj.  II,  6.  584  unb 
9iutger$,  Africaui  VXv/ijt.  avay$a<ft)  etc.,  Seiben  1882.  @d)nmr&,  $ie  tfönig&liftcn  bed 
«ratoft^ene*  u.  f.  to.  in  ben  Ab&.  ber  ff.  ©efeUf«.  ber  SBiffenfd).  ftu  ©ötttngen  XI,  2,  1894. 
3u  ben  Ktoroi  f.SBincent,  Extr.  des  mss.  relatife  &  la  geometrie  pratique  des  Grecs.,  $avi$  1858 ; 
(lemott,  Unterf.  über  bie  Duellen,  ben  $erf.  unb  bie  AbfaffungSfteit  ber  Geoponica  (berliner  26 
Stubten  f.  claff.  $6ilo(.,  33b  I,  1883  f.,  6.  Iff.);  ©ecfl),  Ueoponicorum  codd.  mes.  Acta 
semin.  philol.  Erlang.  4  (1886)  p.  261  sq.;  Srieber,  Äritifdje  beitrage  ftu  AfrifanuS  (Auf* 
ffife.  SurtiuS  geroibmet  1884,  S.67ff.);  Mufti  in  b.  Neuen  3a(>rbb.  f.  qtyüol.,  $b  155,  1897, 
6.  288.  (©eitere  fiitteratur  über  bie  AWo*  f.  bei  Artiger.  ®c|dj.  b.  alttebriftl.  ßitteratur 
SU  156,  cf.  Ärumbacfcr.  ©ef*.  ber  bljftont.  fiitt.  2.  ttufl.  6.  261  ff.)  —  <Hacf>ri*ten  über  80 
3.».  bei  Crigeneö,  (SufebiuS  (h.  e.  VI,  31,  cf  1,6,2;  1,7),  $ieromjmu3,  ^otiu«  (cod.  34), 
Sutbad  iL  {.  w. 

3Srm  bem  Seben  be«.  3-  21-   x$  tvtni^  befannt  unb  toon  feinen  SBerfen  toentg  er» 

een;  benno«^  läfjt  fi^i  feftftetten,  ba^  er  „ein  sJJtonn  toon  nüd^temem  33erftanbf  felbft* 
bigem  SBtffen  unb  nic^t  unbebeutenber  SDarfteQung^gabe"  gelvefen  ift;  man  barf  nod)  86 
me^r  fagen :  er  h>ar  einer  ber  auSgcfteicfynetften  ©ele^rten  unter  ben  3Sätern.  ©ein  $auj>t* 
toerf,  bie  ßbronograf^ie,  ift  in  ben  SBerlen  ber  9lu3f$reiber,  namentlich  @ufebd,  untere 
gegangen;  aber  e3  lä|t  ftc^  noc^  erlernten,  ba^  e«  nid^t  nur  bie  Söunel  ber  gefamten 
c^rifÜid^en  G^ronograj^ie  getwefen  ift,  fonbern  auc^  bezüglicher  ate  aDe  SBerfe  ber  3laty 
folger.  40 

9L\ß  SCfrtla  (Sibtyen?)  gebürtig  unb  öielleic^t  urf^rtinglk^  Dffiftier,  na^m  er  nac^  ber 
oft#o§nif#en  @ö>ebition  be«  ©eöerud  (195)  feinen  2luf enthalt  in  (SmmauS  (=  9ttfopoliä); 
ca.  215  ^ing  er  naety  älejanbrien,  um  bei  $eraflaö  ftu  ftubieren.  5Rac^  6mmau«  fturü* 
geteert,  ging  er  im  Auftrag  feiner  Mitbürger  nad^  Slom  in  Angelegenheiten  feiner  $eimats 
fr^*  Ö-  3-  tö  ©lagabal  ober  2llejanber).  3m  4-  3a^r  ©lagabate  veröffentlichte  er  feine  46 
G^tonograj^ie,  unter  SHejanbcr,  bem  fte  geh)ibmet  ftnb,  feine  KeoroL  3)er  Srief  an 
Drigeneä,  ber  iut^  erhalten  ift,  ift  öon  21.  in  ^o^em  Älter  öerf afet :  er  nennt  ben  DrigeneS 
in  U>m  ,,©o^n".  Db  er  je  ftlerifer  gemefen  ift,  barüber  lägt  ftd^  (tro^  ber  93efyauj)tung 
fbäter  3euflcn)  J^eifeln.  sJlicfyt  nur  ftu  bem  Äaifer  ällejanber,  fonbern  noc^  me^r  ftu  bem 
KdnigSfyaufe  Don  ©beffa  (2lbgar  VIII)  ftanb  er  in  freunblic^en  Seftie^ungen.  ©eftorben  mag  eo 
er  balb  nad^  240  fein;  fein  ©eburtejabr  n>irb  um  b.  3-  160  liegen.  6r  ift  einer  ber 
toenigen  alten  gried^ifc^en  33äter,  ber,  toie  Drigene^  Sejie^ungen  ju  9lom  gehabt  ^at,  unb 
baS  tft  feiner  ß^ronograp^ie  ju  gut  getommen. 

3n  biefem  Söerl  (5  9393>  fyat  f\d)  bie  a^ologetifc^en  fttotdtn  bienenbe  Unterfud&ung 
ber  Daten  ber  SBeltgcföicfytc  ^ur  miffenfc^aftli^en  entloicfelt,  ohne  ftd&  toon  ber  urffrüng=  66 
liefen  Sttftc^t  ftu  entfernen.  §n  fünf  Supern  (Dom  britten  an  j'bnctyronijtifcfy)  ift  ber  ganje 
©toff  mit  guter  ÄenntniS  ber  profanen  unb  jübijdjen  (^uftug  Don  2iberia«)  Vorarbeiten 
be^anbelt.  ©afe  in  bem  fünften  Sucfy  bie  ©tfc^of^liften  für  9lom,  Sllexanbrien  unb 
Äntioc^ten  gegeben  toaren  unb  (Sufcbiu^  biefelben  Don  bort  entnommen  fyat,  fyabt  \d)  in 
meiner  Chronologie  gezeigt.  Die  gragmentc  be^  2öer!^  toerben  bemnäc^ft  Don  ©eljer  go 
herausgegeben  toerben;   bie  Sloutfyfcfye  ©ammlung   ift   unDoßftänbig.    ©elfter  tyat  gejeigt, 

40* 


628  ftutütd  SlfrtfairoS  ©egtuS  3fitltit$  Gdjter 

ba{*  bie  Rötere  btaantinifd&e  (S&ronograpbie  nictyt  nur  burcfy  SSermittelung  be«  ßufebiu«, 
f onbern  aud&  btreft  auf  31.  fu^t.  Seiber  ift  ba«  33ertyältni«  ju  §iJ>l>oltyt  noc$  nic$t  öar 
gefteHt. 

Über  bte  Keoxol  f)  Ilagdöo^a  (14?  24?  Sucher)  ftnb  toir  j.  £.  noety  fölecfcter  untere 
5  richtet  als  über  bie  Gtyronograbtyie ;  Mitteilungen  über  ba«,  toa«  erhalten  ift,  ju  machen, 
ift  otyne  regten  2Bert,  ba  bie  Unterfud&ungen  no$  in  ben  anfangen  fteden.  (®ine 
Ueberftd&t  fyat  SJJreufd&en  in  meiner  altd&riftl.  £itt.s@ef<$.  1, ©.  503  ff.  gegeben.)  $a«  SBerf 
föeint  eine  Slrt  bon  (Snctyflopäbie  ber  realiftifetyen  2Bif|enf$aften,  ber  angetoanbten  3Ratbe= 
matif  unb  ber  $ed)mf  getoefen  ju  fein,  j.  %.  angefüllt  mit  furiöfen,  läwiföen,  mtrafuföfen 

10  unb  anftöfcigen  fingen  (toef#alb  21.  als  33erfaffer  in  3^^  8eä°Öjn  $)•  SJäröffentluty 
ftnb  btetyer  Slbfcfynitte  $um  Sanbbau,  jur  9Refjfunbe,  &ur  laftif,  jur  3Keb^in  unb  25eterinär= 
SBlebijm,  $ur  ©efyeimmittelfunbe  u.  f.  to. 

2)ie  beiben  SBriefe  —  an  Slriftibe«  über  bie  ©enealogien  gefu  (nur  fragmentarifö 
erhalten)  unb  an  Drigene«  über  bie  ©ufannagefd&id&te  —  ftnb  Äleinobien  fritifdjer  ^iftorifdjer 

16  Slrbeit,  obtoofyl  31.  nur  im  jtoetten  ©rief  eine  richtige  2$efe  fcertritt.  2lu«  bem  erften 
Srief  ergiebt  fi$  u.  a.,  bafe  Slfrifanu«  (toie  #egefiM>)  noefc  9?a$forfcfyungen  über  bie  leib* 
liefen  SSertoanbten  3efu  angefteüt  ^at.  2)ie  2lnttoort  be«  DrigeneS  auf  ben  jjtoeiten  SJnef 
ftidfjt  unvorteilhaft  bon  biefem  ab. 

©inige«  foricfyt  bafür,  ba£  31.  ba«  Apologeticum  SertuHian«  in«  ©rieebifc^e  überfefct 

20  fyat  (f.  Sejte  unb  Unterf.  VIII,  4).  2Ba«  ifm  fonft  beigelegt  toorben  ift,  ift  alle«  un- 
fieser  be$to.  unglaubtoürbig  (f.  meine  ältcfriftl.  £itt.s@efö.  I,  ©.  513).        *.  $ar»a<f. 

Julius  @d)ter,93ifd&of,geft.  1617,  unb  bie  ©egenreformation  inffiürjburg.— 
SBudjinger,  3uliu«  (Steter  uon  sJttefpelbrunn ;  SBegele,  ©efd)id)te  ber  Uuiuerfität  t&ürjburg; 
berf.  in  b.  91b93;  Soffen,  $ie  angeblichen  prot.  Neigungen  beSSMfdjof«  3ultu«  Sdjter  oon  SBürj* 

26  bürg  Ob©  23);  bitter,  $eutfd)e  ©efd)td)te  im  tfa  *>er  ©cfjenrcformation  I,  6.  624 ff.;  2)üj 
bei fee^er  unb  Seite;  ©oe&,  ^Beiträge  pr  ©eftfycftte  ^er^og  &lbred)t«  V.  unb  be«  ßanb*berger 
33unbe«.  —  5J)ic  juüerläjfigften  SRadjridjten  über  3"liu«  ikdjterö  fird)Ud)e  ©altung  geben,  fo 
lange  feine  eigenen  Äorrefponbenjen  uod)  unueröffentlidjt  unb  unbenufct  ftnb,  bte  oom  Sßreufj. 
f)ift.  Snftitut    in   9?om   unb  Don   ber  ©örreÄgefeüf^aft  herausgegebenen    9?unttaturberid)te: 

3o£mnfen,  S)er  Äampf  um  tbln,  1576—1584;  berf,  $er  9?eid)«tag  ut  9*egen*burg  1576.  ber 
$acificationStag  ju  ftbln  1579,  ber  ^eid)dtag  ju  9lua§burg  1582;  fecfjentjafe,  3)ie  fübbeutfdK 
Nuntiatur  beö  ©rafen  s$ortta  1573/74;  Scftroarj,  3)te  Wuntiaturforrefponbenj  ftafpar  ©ropper« 
1573—1576;  (S^feS,  $ie  Äölner  Nuntiatur  1587—1590.  —  kleinere  Beiträge  jur  ©cf^te 
3uliu8  ©d)ter3  pnben  fief)  im  5lr«iü  b.  l)tft.  SS.  für  Unterfranfen,    bef.  in  «b  41.    Sgl.  o. 

36  Sb  II  @.  375  ben  ftrtitcl  93altt)afar  uon  5)ernbad)  unb  bit  ©egenreformation  in  gulba. 

SSielfac^c  Sejie^ungen  ^aben  t?on  Slnfang  an  jtoifc^en  ber  Deformation  unb  bem 
Stetum  SKürjburg  beftanben;  ber  neue  ©amen  fiel  audj  fyier  auf  fruchtbaren  ©oben  — 
Ulri$  Don  ^utten,  fiarlftabt  liefern  ben  33etoet£  bafür;  aber  eine  allgemeine  Xuftrettung 
ber  ^Reformation  gelang  infolge   ber   ablefynenben  ^^^"9  ^  Dbrigfeit  boc^  nic^t.    @ijl 

40  feit  1540,  naety  bem  lobe  be$  i^nen  h)enig  günftigen  SBifc^ofÖ  Äonrab  IL,  ift  für  bie 
Slnfyänger  ber  neuen  fielen  eine  gute  3^*  angebrochen;  fotoo^l  Sif«^of  Äonrab  IV.  fron 
Stbra  (1540—1544)  tute  no$  mc^r  »iWof  39Jelc^ior  3obel  (1544—1558)  liefen  ben 
froteftantifc^en  2lnfcfyauungen  freie  Sa^n.  Sürgertum  unb  2lbel  löften  fid^  jum  größten 
Xeite  bon  ber  alten  Äird^c   loö   unb   befe^ten   bie  t?on   tfynen   abhängigen  ^ßfaneien  mit 

45  lut^erifc^en  ^rebigern;  bie  ^nftitutionen  ber  fatfyolifcfyen  Stirere  tKrftelen,  Dor  allem  bie 
cHlöfter,  unb  bie  SBeltgeiftli^teit  bertoa^rlofte  unb  glitt  mit  fielen  tyrer  ©lieber  fachte  in 
baö  neue  ga^rtoaffer  hinein,  ßin^elne  Stäbte,  toie  ^arlftabt  unb  SWünnerftabt,  loaren 
faft  gan$  lut^erifc^ ;  anbere,  toie  bie  §auptftabt  SSünburg,  jaulten  in  ber  Sürgerfc^aft  unb 
im  State  me^r  ^5roteftantcn  aU  Äat^oliten.    Sifcfcof  griebri^  Don  SBJirdberg  (1558—1573) 

60  fyat,  obwohl  Don  ganj  anbern  Slnfc^auungen  erfüQt,  biefen  3?er^ältniffen  faft  o^nmä^ttg 
gegenüber  geftanben.  ©r  toar,  h)ie  fein  §ofmeiftcr  1562  bon  i^m  fagte,  in  ber  Religion 
„cttoaö  heftig/'  aber  er  toar  loeber  toiHen^ftarf  genug,  gegen  bie  Slbtrünniaen  mit  fenft 
cinjuje^reiten,  noefy  ^ättc  er  bie  redete  2Höglic$feit  baju  gehabt :  ba«  ©tift  befanb  {U(  nad^ 
ben  Seiben  be«  9Karfgrafenfrieg$(1553  54)  unb  nac^  bem  ©rumbac&fäen  Überfall  (1563) 

66  in  einem  fyilflofen  Derfd^ulbeten  ©tanbe  —  griebriefy  felber  toar  fein  guter  sBertoalter  — 
unb  bie  Äräfte  ber  fat^olifc^en  SReaJtion  begannen  ja  überhaupt  ftc^  eben  erft  ju  fdmmeln, 
getftig  unb  p olitif^.  ^mmerfyin  fyat  Sßifc^of  griebric^  get^an,  toaS  ftc^  einfttoetlen  t^un 
lie^:  er  fcfylofe  fid^  ^olitifc^  fo  eng  toie  möglich  an  söaiern  an  —  fcon  feinem  Äan^ler 
£>ellu  fonnte  man  jtoeifeln,    ob   er  in  baierifd^en  ober  in  toürjburgtf^en  I)ienften  fianb, 

üo  fo  totelfacfc  fyat  i^n  üv^oq  Sllbred^t  bei  ben  ÜBerfyanblungen  jur  ©rtoeiterung  be«  £anb& 


3isKis*  (gdjter  629 

berger  93unbe3,  bem  autfy  bcr  Sifcfyof  mit  ßifer  angehörte,  bertoenbet  —  unb  griebric^ 
tyd  farner  in  richtiger  ßrfenntniS  be$  ^auptübete  bie  crftcn  ©runblagen  jur  (Erneuerung 
bcr  ©eiftlic^feit  geföaffen.  ©r  fyat  föon  fetyr  früfy,  1559,  an  eine  Serufung  ber  ^efuiten 
gebaut,  1561  eine  ^ö^ere  ©cfyule  $u  grünben  berfucfyt,  bie  freiließ  nad&  gtoei  %af)xtn  fdjon 
ftrieber  einging,  unb  1567  bertoirflicfcte  er  trofc  beS  2Biberftanb3  feinet  2)omIaJntel$  bie  5 
©runbung  eine«  3jefuiten!olIeg$  in  ÜBürgburg  mit  jugefyörigem  ©fymnafium  unb  einem 
Äonbift  für  unbemittelte  3ö9^n0c-  ®a*  ^ax  bie  toicfytigfte  ©aat  für  bie  3ufanft.  Aud& 
bafe  gfriebricfc  folc^e  SRänner,  toie  eS  fein  Sanier  #ellu  fear  mit  feiner  Stüfyrigfett  im 
^ntereffe  ber  fattyolifcfyen  ©a$e,  mit  feinen  Serbinbungen  in  9Ründjen,  Irier  unb  93rüffel, 
um  ftdj  tyattt,  jeigt,  toaä  er  gern  getoollt  tyätte.  @r  lieft  1569  bie  2)efrete  be$  ÄonjilS  10 
bon  Orient  im  33tetum  Veröffentlichen  f  er  ftettte  eine  SBifttation  ber  Älöfter  an,  er 
befahl  ftrenge  SBeauffk^tigung  beä  93üc$erberfaufS  —  aber  fcfyliepcty  blieb  gegenüber  allem 
ffiiberftanb,  ben  er  niebt  ju  übertoinben  bermod&te,  bem  entmutigten  -Kanne  nur  ba$ 
©ebet,  bafc  ü)m  ein  ftärlerer  5Ractyfolger  gegeben  toerben  möchte.  9lod)  auf  feinem  legten 
Äranlenlagcr  regten  ftcfy  feine  Reiften  fierjenStotinföe :  er  toolle  bie  gange  35iöcefe  bon  16 
Äefcern  fäubern,  untoürbtge  *ßriefter  niegt  mefyr  bulben,  nur  fattyolifd&e  State  unb  ^Beamte 
bertoenben,  bie  Irienter  SDefrete  burcfyfüfyren,  für  ba$  ©d&ultoefen  nod&  beffer  forgen,  bamit 
niemanb  aufjer  2anbe$  gu  gelten  unb  ft$  fefceriföer  Anftecfung  auSgufefcen  brause. 

Slfö  er  am  12.  Dftober  1573  ftarb,  toar  ba$  ©tift  noefc  immer  im  übelften  3ufton^; 
toeber  bie  toeltlid^en  no$  bie  geiftltd&en  Angelegenheiten  toaren  bon  griebric^  bortoärtSao 
gebracht  toorben.  ©elbft  baä  ^efuitenfoHeg  entfaltete  bamafö  nod&  nid&t  bie  getoünfcfyte 
SBirfung :  bie  Abneigung  gegen  baä  felbftftänbige  unb  felbftbetouftte  Auftreten  ber  Sjefuiten 
toar  ntd^t  nur  beim  SDomfapitel  unb  bei  ber  Sebölterung,  fonbern  fogar  beim  Sifcgof  unb 
feinen  SRäten  gu  grofe,  afö  ba&  ein  ^lanbollc^  3ufammentoirfen  aller  reformfreunblid&en 
Äräfte  föon  ^ätte  ftattfinben  lönnen.  Die  gfrage,  toem  ba$  ©tift  in  3ufanft  gehören  25 
toerbe,  bem  SßroteftanttemuS  ober  ber  iatfyolifctyen  Äirctye,  fying  in  fyotyem  ÜJtafee  Don  ber 
$erfönlictyfeit  be$  m\x  gu  toetylenben  93ifd&ofS  ab  —  baä  toufcte  man  in  TOünctyen  unb  in 
SRom  unb  fud&te  be^f^alb,  feit  man  Don  griebrid&S  gefä^rli^er  Jtranfbeit  erfahren  fyatte, 
eine  gute  Sleutoa^l  borjubereiten.  9lber  no$  e^e  eine  (Sintoirtung  Don  9tom  f^er  erfolgen 
lonnte,  tourbc  am  1.  Dezember  1573  —  bieHeid^t  aDerbing«  mit  3u^un  e'ne^  antoefenben  30 
baierifc^en  ©efanbten  —  einftimmig  ber  jugenblic^e  Dombed^ant  ^uliu«  (Setter  bon  3Wef^el= 
bnmn  jum  Sif^of  getoä^It.  ©«  l^at  ft(^,  toie  toir  au$  3U^U^'  eigenem  SKunbe  toiffen, 
anfangt  ein  SBiberfbruc^  gegen  feine  ÜBabl  geregt,  aber  fte  erfolgte  bann  boety  einftimmig, 
obtootyl  er  umtoeifel^aft  ber  Äanbtbat  ber  ftrengen  SRid^tung  gen>efen  ift. 

3uliu$  @d^ter,  au«  altem  fränlifc^en,  in  mainjifd^en  3)ienften  fte^enbem  ©efd^lec^te,  ss 
toar  am  18. 5Kärg  1545  auf  bem  ©ebloffe  sBJef^elbrunn  im  ©peffart  geboren,  al«  jloeiter 
So^n  be$  mainjifd^en  ?Rat&  $eter  ©dpter.    SSater  unb  ÜJlutter  toaren  bem  alten  ©lauben 
läc  treu  geblieben;   fo   gefc^ab  aud^  bie  (Sr^ie^ung  ber  Äinber  im  ©eifte  ber  fattyolifcfyen 
Jtm^e.    Äanonüate,  bie  ^uliu^  1554  in  SBür^burg,  1559  in  ÜJlainj  erhielt,  ^aben  too^l 
bie  SKtttel  ju  einer  ungetoö^nlid^  auSgebetynten  Sluäbilbung  getoä^rt:  er  ^at  Don  1560— 1569  40 
in  SRainj,  fiötoen,  I)ouai,  SßariS,  Singer«,  $at)ia  unb  9lom  ftubiert  —  an  lauter  ^ßlä^en, 
too  We  alte  Äir^e   ^errfd^enb   geblieben    toar.    2118  Sigentiat  ber  Steckte  unb  mit  etner 
Silbung,  bie  fyäter  oft  an  ibm  gerühmt  tourbe,  ift  ^uliu«  1569  na$  SQBürjburg  getommen 
unb  al«  afttoeS  SKitglieb  in«  Domfaj)itel  aufgenommen  toorben.    ©otootyl  feine  Segabung 
toie  bie  ©eringtoertigfeit  ber  anbern  Ma^itulare  geigte   ftd^,   ate  er  —  ber  jtingfte  im  45  • 
Äajntel  —  fc^on  im  ^rü^ja^r  1570  p  £)omfcl>olafter,  im  Sluguft  bleiben  %ai)xtö  xum 
Sombe^anten   —   bem   toie^tigften  Slmte  be«  Äapitete   —  unb   bann   mit  28  ^arjren 
gum  93if$of  getoä^lt  tourbe.    @r   toar  nod?  ntd^t  einmal  $riefter;   auf  feine  Sitte  i}in 
toar  er  1571  jtoar  nic^t  förmlich,  aber  boefy  ftillfc^toeigenb  babon  btefenftert  toorben. 

Seicht  toar  bie  Aufgabe  nid^t,  bie  ifym  je^t  noc^  bor  bem  ÜJianneSalter  gitftel :  ein  so 
berföulbeteä,  fc^lec^t  bertoaltetc«  ©tift  mit  einer  gur  größeren  §älfte  proteftantifö  ge^ 
ftmtten  Sebößerung,  einer  unbrauchbaren,  toeil  ungebilbeten  unb  unftttlic^  lebenben  ©eift« 
li^feit,  mit  einem  jtoar  nic^t  froteftantifc^en,  aber  bod^  alle  fird&lid&en  SSerpflic^tungen 
beniad^läffigenben  unb  um  be$  ertoünfe^teren  toeltlic^en  Seben^  toißen  jeber  Sleform  ab- 
geneigten 3)omfaintel  toar  ba^  ßrbteil,  ba«  ber  -Keuertoätylte  antrat.  §atte  er  ein  fefteäw 
Programm,  ben  3Kifeftänben  abgubclfcn,  toar  er  mit  3kd^t  eine  Hoffnung  ber  ftrengeren 
Partei,  toar  baS  anfängliche  30^°^/  ^a^  an  ^m  bemerft  tourbe,  nur  bie  fluge  9Sor« 
bereitung  auf  ben  entfd&eibcnben  Schlag  * 

S)ie  tjtage  nac^  ber  fircfjlid^en  ©tellung  IguliuS  G^ter«  ift,   nac^bem   fie   eine  3eit 
lang  umftritten  toar,  jefct  ungtoeifelbaft  fo  ju  beanttoorten,  bafj  er  niemals  ^roteftantifd^e  go 


630  3iiIiitS  ©djier 

Steigungen  gehabt  fyat,  fonbern  bafe  er  ftetS  bcr  fatfyoliföen  Äirc&e  mit  6ifer  anfing.  2)a$ 
toenige,  toaS  man  als  ©puren  proteftantiföer  ©tympattyien  beuten  ju  tonnen  glaubte,  fytt 
einer  ftrengeren  Prüfung  nietyt  ftanb  gehalten;  bagegen  tyaben  ftety  bie  S^Ö^n*  terme^rt, 
bafe  Julius  fc^on  im  erften  ^a^rje^nt  feiner  Regierung  bie  (Srtoartungen   bä  tir$li$en 

5  Steformpartei  mit  Siecht  auf  fu$  lenlte,  toenn  er  ifynen  and)  no$  nk$t  in  bem  5Rafee  ftrie  ftnitcr 
entfpraef?.  ©djjon  bor  feiner  SBatyl  galt  er  bem  9hmtiu3  ©rojtyer  als  ber  eimige  geeignete 
Äanbibat;  aBe  Säuberungen,  bie  naety  feiner  SBatyl  Don  tfym  gemalt  toorben  ftnb,  ftimmen 
barin  überein,  bafe  er  ein  aufrichtiger  Statyolif  fei,  bon  bem  man  ba$  befte  ^offen  bürfe. 
©o  fam  e$,  bafe  man  in  9tom  feine  SBafyl  mit  tyotyer  SBefriebigung  aufnahm  —  bie  bei* 

10  natye  für  alle  beutfäen  Stetümer  befürd&tete  ©efa&r  ber  ©ähilarifierung  galt  hn  Äugen» 
blief  für  Söürjburg  als  befeitigt.  Urteilten  bo$  felbft  bie  ftrengflen  unb  mafegebenbften 
ber  Äritifer  günftig  über  3uliu3:  ber  SRehor  be3  SBürgburger  3*fuitenfoflege3  tonnte  ü>n 
im  #erbft  1572  empfe^ten;  an$  bem  ©ommer  1575  liegen  jtoei  anbere  ^g^tff*  bon 
Sßürjburger  ^efuiten  bor,   bie  feinen  ©ifer  für  SBieber^erfteQung  be$  morgen  Ämtern 

15  toefenS,  für  $eranbilbung  befferer  ©eiftltc^en  rühmen  —  fyatte  er  fiety  bo$  aud)  bor  feiner 
Sßrieftertoetye  unb  Äonfelration  jum  93ifqof  (^fingften  1575)  burdj  geiftlicfce  (Sfccrjitien  bei 
ben  ^efxtiten  borbereitet  unb  bann  neben  einem  SJranjiSlaner  and)  einen  3>efuiten  jum 
Seid^tbater  angenommen,  alle  an$  ben  folgenben  ^a^ren  ftammenben  Urteile  über  Julius 
betätigen  immer  toieber  ba$  gleite:  bafe  e$  tym  ernft  toar  mit  feiner  ta$olif$en  ©ejwnung 

ao  unb  baf$  er  fte  gern  betätigen  tooßte.  SBctyrenb  man  ifyn  beä^alb  auf  lattyolifefrer  ©eite 
überaus  tyod&  f$ä$te,  fprid&t  baä  Urteil  proteftantiföer  Äreife  au«  ben  ©orten  be$  Äur* 
fürften  bon  ber  Sßfalj  bon  1576 :  Julius  f«  «n  0*ofctt  S^to  w*  m^  biefem  2eufd& 
gefc&meife  ganj  unb  gar  umgeben. 

9tu$  feine  2#ätigleit   in   ber  9teic$$J>olitii  beftätigt,  toaS  man  fatyolifdfrerfeitS  bon 

26  tym  backte ;  er  tyat  ftety  eng  an  bie  tatyoliföen  ©tönbe  be$  SReid&S  angefaloffen  unb 
mit  tynen  bie  gemeinfamen  Igntereffen  bertreten:  fo  auf  bem  SRegenSburger  Seid&Staa  bon 
1576  gegenüber  ber  greifteHung  unb  ber  ©ellaration  Ä.  gfarbmanbS,  fo  auf  bem  StugS* 
burger  Sneic&Stag  bon  1582  im  SDlagbeburger  ©efftonäftreit  unb  in  allen  bie  Sieligion  be* 
rüfyrenben  fragen.    3luf8   engfte  fyat  f\d)  Julius  bor  allem  an  SSaiern   angelehnt;  bie 

so  $olittf  feine«  Vorgänger«  f ortfe^enb  tyat  er  bem  fianbäberger  SBunbe  bis  ju  beffen  8u& 
gang  (1598)  als  ba£  eifrigfie  SRttglieb  neben  SBaiern  angehört  unb  bie  äufrec^ter^altung 
unb  ©rtoeiterung  be«  Sunbe«  immer  toieber  befürtoortet,  —  nur  mit  Sebauern  fyit  et 
fc^lie^lid^  ber  Stuflöfung  jugeftimmt.  Saiem^  ^ßolitit  fcat  er  tm  Rölnifien  fttaie  botn 
erften  5Koment  an  unterftü^t;   feine  frühere  greunbf^aft  mit  Äurfürft  ©ebhiu    ^at  i^n 

86  nic^t  baran  getyinbert,  unb  e«  h>ar  ein  bollftcmbiger  S^11111/  Jucrni  einzelne  ^roteponten 
ftd^  bamal«  Hoffnung  auf  ifyn  matten,  —  d  wax  lebiglt^  btc  OTtfebeutung  einer  33er» 
ftimmung,  bie  i^n  1582  in  äugSburg  im  SlugenHid  aBerbing«  ergriffen  Ijattc,  ald  i^m 
ÜJlabrujjo  im  Sluftrag  ber  Äurie  be«  fulbiWcn  §anbcte  &«[ber  heftig  |ttfe^teP  wmtt/[  man 
i^m  gerabe  bamate  auf  bem  5ieid&3tag   toegen  feiner  energifc^en  Haltung  gegenüber  ben 

40  ^roteftanten  befonberä  bantbar  fyättt  fein  muffen.  SJKt  biefer  fulbif^cn  Slngctegcnbeit  ^angt 
aBe«  jufammen,  toa«  3lnla^  ju  ber  Vermutung  geheimer  ^roteftantif^er  52eigunflcn  gegebei 
^at,  mit  i^r  aud^  ber  einjige  offenbare  9Dlafd,  ber  auf  feinen  Gharafter  faßt  —  beim  um 
einen  geiler  nic^t  einjugefte^en,  ^at  er  bie  SBa^eit  in  bielfac^er  SBBeife  gebeugt. 

2)er  ©runb,  toarum  §vlm$  1576  auf  ba$  anerbieten  ber  fulbifcjlen  Stänbe,  bei  ber 

45  äbfe^ung  be«  SlbteS  Salt^afar  bon  Dernbac^  mitjutoirfen  unb  fem  Slac^folger  ju  toerben, 
einging,  fear  ftd^erlicfy  lein  religiöfer :  antilat^olifd^e  äbjtc^ten,  toie  Slitterfc^aft  unb  ©tobte 
ber  Sleid^abtei  gulba  fte  Regten,  ^at  3uliu«  niematö  gehabt;  hn  lat^olif^en  ^nterefft 
aber,  hrie  er  fräter  borgab,  lonnte  er  boefy  unmöglich  ^anbeln,  toenn  er  bei  ber  SSerbrängung 
be«  fird^lic^  eifrigen  unb  teineätoegS  fc^toä^ltc^en  Slbte«  mittbirtte.    ©er  trribenbe  ©runb 

60  h?ar  bod^  bielme^r  nur  ber,  ba^  Julius  bcr  fid^  ^äufig  h)ieber^olenbcn  ©treittg!etten  jtotf<^en 
feinem  SBi«tum  unb  ber  tym  jh?ar  unterftettten,  aber  bennoc^  al«  reic^dunmittelbar  felbffc 
ftänbigen  Slbtei  ein  für  allemal  ein  6nbe  machen  tooßte,  inbem  er  btefe  f^etnbar  fo 
günftige  ÜJlöglic^Jeit  einer  (Sinberleibung  ergriff :  ein  jugenblk^  borfc^neBer  (Sorget)  fyd  i^ 
babei  angereiht.    @r  ^at  im  :gimi  157g  \n  §ammelburg  )>evfdnltd^  mitgeholfen,  ben  ge» 

00  fangenen  Slbt  fax  3lbban!ung  ju  fingen ;  er  fyat  bie  äbminiftration  angetreten  unb  twi) 
allen  ©eiten  fnn  berfünbet,  bafe  ber  Slbt  freih)iüig  jurüdfgetreten  fei.  ©er  \vafyct  Sacfc 
bereit  blieb  nid^t  lange  berborgen,  unb  al^  Salt^afar  ftc^  befötoerbefübrenb  an  itatfer 
unb  ^ajjft  toanbte,  tft  bie  ©ntrüftung  über  Julius  \n  ^  fat^olifc^en  Steigen  eine  all* 
gemeine  getoorben.    35er  ftaifer  ^at  bie  ^ammelburger  Slbmac^ungen  für   nichtig  erflätt 

60  unb  feit  1577  bie  3lbtei  in  ©equeftration   genommen,   btö  ber  Streit  bor  bem  3to$e* 


3isltis*  gdjtcr  631 

fammcrgerictyt  entfa^ieben  fei.  2)afe  ein  9te$t«Derfafyren  eingeleitet  würbe  anftatt  ber  un* 
mittelbaren  SBiebereinfefcung  bc«  2lbte«,  barin  lag  noa)  immer  ein  (Srfolg  bc«  SBifc&of«  — 
er  banfte  e«  wo#  ber  ©unft,  bie  tym  Stubolf  II.  wibmete.  93i«  $um  %atyt  1602  ^at 
fu$  ba«  aeria)tüd?e  SJerfafyren  tyingejogen:  ba  erft  erhielt  ber  3lbt  fein  Doffe«  9te$t  gurüdf. 

Sucp  bie  Äurie  fyai  ftd&  natürlich  Dom  erften  Slugenblidf  an  bei  liefern  §anbel  fdfcoff  6 
gegen  3uliu«  geftettt;  man  liefe  fta)  burefy  ben  Don  ^uliu«  naefy  SRom  gefa)idften  ©efanbten 
niept  überzeugen,  bafe  nur  auf  biefe  Sßeife  bie  Slbtei  bor  bem  5ßroteftantt«mu«  ^abe  gerettet 
toerben  fönnen.  ÜJla^nungen  unb  3Drofyungen  ftnb  in  ben  nackten  3>afyren  unau«gefefct 
Don  9tom  au«  an  ^uliu«  gerichtet  worben,  bamit  er  ba«  ©efa^etyene  felber  rüa* 
gängig  ma$e.  10 

3uliu«  blieb  jebo$  tyartnäcfig  babet,  bafe  er  für  fein  gutes  9te$t  unb  für  feine  ßtyre 
einzutreten  tyabe:  ber  Slbt  fyabe  tyn  freiwillig  jum  9ta$folger  fyabtn  toollen  unb  ade 
ftxtteren  3lu«ftreuungen  feien  beleibigenbe  SSerbrefyungcn  ber  SÜBafyrfyeit!  3jm  Saufe  ber 
§afftt  fyai  3uliu«  feine  Meinung  in  Derfa^iebener  SEBcife  au«geft>roc&en :  1577  unb  1579 
faate  er  pä>ftli$en  SRuntien,  ber  Slbt  tyabe  tyn  felber  gerufen  unb  tyn  mit  £inwei«  auf  bie  16 
gefa^rbro^enbe  Sage  ber  2tbtei  um  Übernahme  ber  Slbminiftratton  gebeten,  unb  um  ben 
greunb  atö  SSerlegen^eit  au  befreien,  fyabe  er  fa^liefelia)  jugeftimmt;  1589  bagegen  fd&rieb 
er  naefc  SRom,  er  fei  Dom  ätbte  Untergängen  worben,  inbem  biefer  $m  nur  bie  Entwirrung 
einer  Derroidelten  ©acfye  Ijabe  jufd&ieben  toollen.  Unwahr  ift  beibe«!  9föan  toar  in  9tom 
erbittert  über  Julius :  feine  £artnäcf  tgf  eit  überfteige  alle  erlaubten  ©renken  unb  beriefe  ao 
bie  bem  ffl.  ©tutyle  fa)ulbige  Gtyrerbtetung,  fa)rieb  ber  Äarbinal  Somo  1579  an  ben 
beutfäen  5Runtiu«  Saftagna,  unb  ÜKabru^o  erhielt  1582  in  fetner  ^nffruftion  ben  Auftrag, 
ben  39ifc$of  auf  feine  wafyre  (Styre,  auf  bie  9täa)ftenliebe  unb  auf  ben  ©efyorfam  gegen 
ben  ©tellDertreter  Gtyrifti  fyinjuweifcn.  5Kit  ben  9tu«etnanberfefcungen  jhrifcfyen  SDtabnmo 
unb  3ultu«  in  3lug«burg  (Sommer  1582)  ^ängt  ba«  ©erüa^t  ^ufammen,  ba«  fur^  nac^per  26 
über  bie  abfluten  be«  SBiföof«  entftanb  unb  ba«  man  in  ben  Äreifen  be«  wetterauifa^en 
Abel«,  am  £ofe  be«  Äurfürften  ©ebfyarb  Don  Stöln  unb  be«  protejtantifa^en  @rjbifa)of« 
Don  Bremen  tyoffenb  aufnahm :  al«  SMabrujäo  ibm  einmal  alljubeutlia)  bie  SBatyrtyeit  gefagt 
unb  bie  äufKrorowa,  be«  Raffte«  jur  Se^au^tung  ber  3lbtet  ate  gän^lia^  au^gefa^loffen 
bejei«^net  ^atte,  mar  Julius  barüber  fo  auö  ber  gaffung,  bafe  er  erregte  äufeerungen  ge*  ao 
t^on  ^en  mag  —  SBebeutung  für  feine  fernere  Haltung  Ratten  fie  freiließ  nia^t.  3fad{> 
bie  ®ro^ungen3lom«  Derroirf listen  fta)  nia)t;  man  f^ielt  mit  ber©trenae,  bie  man  gerne 
gebraust  fyättz,  bennoa^i  ^urüd:  beS  Stf^ofS  ©eftnnung,  fein  Gif  er  für  bie  fat$oiifa)e 
©a^e  toar  im  übrigen  ju  mertDoQ,  al«  bafe  man  i^n  gam  bor  ben  Äopf  ftofeen  tooUte. 
©o  liefe  man  fa^liefelid^  bem  SRecfytSDerfafyren,  bem  fia)  ^mxui  aHein  unterwerfen  tooUte,  ss 
feinen  Sauf. 

@3  foflte  ber  5Raa^roeiö  erbraa)t  werben,  bafe  Don  ^roteftantifa^cn  Steigungen  bei 
^ufiuä  mit  Siedet  nic^t  geffroa)en  iüerben  !ann.  2öenn  trofcbem  ein  S^^J^^t  lan^  Don 
einer  hrir!Ii$en  ©egenreformation  in  3Bür^burg  nod)  nichts  ju  fpüren  toar,  fo  lag  eS  etnmal 
baran,  bafe  bie  $ilf$fräfte  für  ein  jolcfyeS  Unternehmen  noa^  fehlten  —  bie  Don  ben  ^efuiten  4o 
geleiteten  ©d&ulen  foHten  fte  erft  fyeranbilben  —  Dor  allem  aber,  bafe  Julius  felber  feine 
©eftnnung  no$  nityt  in  energifa^e  2fyat  urmufe$en  wagte.  6«  fyal  f\d)  in  ifym  in  biefem 
erfien  3a$rje^nt  eine  innere  ßntwidKung  Doujogen:  eine  Steige  Don  fe^r  Derfa^iebenartigen 
©rünben  ^aben  jufammenwirlenb  i^n  erft  ^um  wahren  ÄämDfer  für  bie  ©egenreformation 
aema$t  ©ein  ganjc«  ffiefen  mufete  fia)  offenbar  burc^  ©rfa^rungen  erft  feftigen  —  an*  45 
fangd  ifl  tro^  feiner  gutlira)lia)en  ©eftnnung  weber  eine  Hare  einftdjt  in  bie  fir^lia^e  Sage 
unb  bie  fta)  gegenüberfte^enben  Kräfte  no$  ein  aHju  grofeer  3Wut  jum  ßanbeln  ju  ff üren. 
®r  fd&eute  j.  S3.,  obU)o|^l  man  tfyn  Don  SRom  au«  me^rfac^  ba^u  ermahnte  (1575,  1577), 
bie  Spaltung  einer  Diöcefanf^nobe:  er  meinte,  nur  ein  gemeinfameS  SSorge^en  aller  SBifa^öfe 
fetner  5ßroDinj  lönne  etwa«  nü^en,  ber  einzelne  würbe  ftety  bei  folgern  33orge^en  ben  töblia^en  00 
£afe  ber  proteftantifa^en  gürften  jujie^en.  ©infa^reiten  gegen  bie  Derbäcfytigen  ober  offenbar 
fe^erifc^en  ©eiftlicfyen  be«  ©tift«  fd^ien  i^m  unmöglia):  gan^e  ©egenben  würben  baburd^ 
Don  ©eiftlic^en  entblöfet  werben,  ba  ein  (Srfafc  junäa^ft  nia^t  Dor^anben  fei.  Slucty  wagte 
er  nic^t,  Don  allen  Beamten  beS  ÄerjogtumS,  wie  ber  SiuntiuS  ^}ortta  1577  mahnte,  ben 
Sib  auf  ba«  fatfyolifc^e  ©lauben^befenntni«  ju  forbern:  ba«  gefyc  befonber«  au«  5Rücffta)t6ö 
auf  bie  qbeligen  ^amilien  nia)t,  Don  benen  feine  mebr  rein  tat^olifa^  fei  unb  benen  boa) 
getariffe  Sfotter  nia)t  Dorent^altcn  werben  fönnten.  3n  femer  näa)ften  Umgebung  blieben 
no<$  fo  eifrige  5ßroteftanten  Wie  ©eorg  ^ubwig  Don  ©ein«^cim.  SJüdfu^ten  auf  ben  Slbel 
unb  auf  bie  1573  befcfytoorene  SBJa^Hap itulation  gelten  ^uliu«  aua)  bemÄafitel  gegenüber 
jurüd.    5Ro$  1582  überfd;ä^te  er  ben  bei  gröfeeren  Sieformen  ^u  ertoartenben  SfiJiberftanb  eo 


632  3itliu$  gdjtcr 

fo  fetyr,  baß  er  ftd^  bei  SDtabrujjo,  bem  er  über  bie  -Dtängel  in  ;J0G  feiner  Pfarreien  bc* 
richtete,  ein  pä)>ft[tc^ed  93ret>e  au«bat,  ba«  ifyn  felber  toegen  be«  fetylimmen  .guftanb«  feiner 
3)iöcefc  tabeln,  Ujm  eine  SBifttation  unb  Prüfung  aller  an$ufteßmbm@eiftlic$en  auferlegen  foUte; 
einleite«  ätynlid&e«  93rebe  bat  er  an  ba«  Kapitel  $u  richten  —  er  tooQte  gegenüber  Kapitel, 

5  Klöftern  unb  SRittcrfd^aft  babureb  gebetft  fein,  toeil  man  itym  fonft  „Steuerungen"  bortoerfen 
totirbe.  3)ie  Kurie  l)at  biefe  Sreben  gang  nad&  bem  SBorfölage  be«  Siföof«  au«gefteUt 
3Ran  ftefyt,  toie  ängftlic^  3uHuö  noefc  1582  fear!  93i«  ju  getoiffem  ©rabe  Ipt  too#  auefc 
bie  fulbiföe  Angelegenheit  fyemmenb  getoirft:  bie  2Bür&burger  l^efuiten  meinten  1577, 
toenn  $juliu«  nur  erft  au«  biefem  #anbel  tyerau«  toäre,  fo  toürbe  er  bielleic^t  3)inge  für 

10  bie  Kirche  berrid&ten,  bie  ft$  anbere  in  2)eutf$lanb  nodfj  nietyt  gefragt  Ratten.  $ie  3Ser= 
toidflung  mit  $ulba  tyat  bie  ©ebanfen  be«  93ifc$of«  jahrelang  fo  ftarf  befääftigt,  bajj 
er  für  ein  anbere«  große«  Unternehmen  nic&t  frei  genug  fear;  fte  ift  aber  anbrerfeit«  toobl 
au$  einer  ber  Antriebe  getoefen,  bie  $juliu«  1585  &um  ©jerutor  ber  ©egenreformation 
Serben  liefen:   er  tonnte,   fo  fyartnäcftg  er  ftety  auc$  toeigertc,   fein  Unrecht  einjugeftefyen, 

15  ftd&  bod&  nidjt  ber^lcn,  baß  er  ftcfy  bei  ben  ftreng  ©efinnten  unb  bor  allem  in  9tom 
fd&toer  gefd&äbigt  tyabe,  unb  er  mag  berate  einen  beutlidjen  33etoei«  feiner  guten  Abfuften 
für  ertoünfd&t  angefefyen  fyaben.  2)ant  fommen  nun  freiließ  noety  anbere,  bießetc^t  ebenfo 
fertige  Erfahrungen :  bie  ©cfytoäd&e  oer  proteftantifd^en  dürften  fear  auf  ben  beiben  5Reu$& 
tagen  bon  1576  unb  1582  unb  bor  allem  bei  bem  mißglücften  SBerfuctye  Kurfütft  ©eb^arbS 

20  bon  Köln  fo  flar  tyerborgetreten,  baß  3>uliu«  tootyl  leine  ©orge  metyr  bor  ifyrer  (stnmiföung 
empfand.  Aud&  ba«  ift  ni$t  '  ju  unterfd&äften,  baß  feit  bem  ^Regierungsantritt  ©regor«  XIII. 
(1573)  bon  feinen  Sluntien  eine  unermüblid&e  Arbeit  ber  ©rmatynung  unb  Anfpornung 
berri<$tet  toorben  ift,  bie  ben  Kleinmütigen  ÜBut  machte,  auf  bie  erprobten  SBege 
fyintoie«  unb  ba«  ©efütyl  be«  feften  Stüdtyalt«  an  ber  bortyanbenen  lat^oliföen  Partei 

25  ftärfte. 

©o  ftnb  e«  gleichmäßig  politiföe  Erfahrungen,  Anmaßungen  bon  außen,  bie  2ebre 
eine«  Mißerfolge«  unb  ba«  Reifen  feiner  $erf  önlic&Iett  jur  boHen  Entfaltung,  bie  3uliu«  oft 
mit  ber  !ßeit  an  bie  entf$eibenbe  Aufgabe  feine«  Seben«  herantreten  (äffen.  greilid^  toai 
in  ben  $afyxtn  bortyer  bo<g  mancherlei   fd^on  gefdfjefyen:    1574  toar  bie  Senebiftinerabtei 

so  Sang  reformirt  toorben,  1575  mußten  alle  Konfubinen,  felbft  bie  ber  Äanomfer,  bie  Stobt 
SBürgburg  berlaffen,  1577  Würben  14  ^räbifanten  au^  bem  ©tifte  berjagt,  obtootyl  3wlu^ 
babei  ©orge  bor  bem  Abel  fyatkt;  1581  toar  ein  SSorftoß  ber  Slitterfc^aft,  bei  bem  e«  ftcfy 
neben  ber  Klage  über  lanbe«$errli$e  Übergriffe  in  abelige  Steckte  aud)  um  fird^lic^e  9e* 
fd^tberben  ^anbelte,   erfolgreich  abgeh)iefen  tborben:   bie  9titterfd^aft  {tagte  über  Verlegung 

35  be«  9leligion«frieben«,  berlangte  SBiebereinfefcung  ber  bertriebenen  5Prebiger,  Abfc^affung  ber 
Sjefuiten,  ©eftattung  ber  6^e  für  äße  Sanbgeiftlid^en ;  aber  !guliu«  k^nte  biefe  ©inmif^ung 
in  bie  9teligion«angelegentyeiten,  fc^roff  ab  unb  bie  Stitterfdjaft  toagte  leinen  Weiteren  SBiber- 
fpruc^  —  gugleic^  ein  3c^m/  to'c  toeniö  Suliu«  auf  bie  ©tänbe  be«  §od&ftift«  Slücfftc^t 


ju   nehmen   gelüillt  tvaxl    S3er^anblungen  über  eine  Steform  ber  ©eiftlic^Ieit  ftnb  fd^on 

40  feit  1582  mit  bem  Kapitel  gepflogen  toorben,  aber  an  beffen  SBBiberftanb  gefc^eitert:  jebe 
Reform,  meinte  ba«  Kapitel,  toerbe  bie  ©eiftlic^en  nur  bem  $roteftanti«mu«  boDenb«  in 
bie  Arme  treiben.  3)a«  SBid^tigfte  aber  ft>ax,  fta«  ^uliu«  bi«  gegen  Wxttz  ber  adliger 
Sa^re  auf  bem  ©ebiete  be«  Untenic^t«it)efen«  gefd^affen  ^atte.  6«  fcfytoebte  i^m  bon 
Anfang  an  bie  SBicberrid^tung  ber  Uniberfität,  bie  emftmal«  gu  SBürjburg  beftanben  ^jatte, 

45  bor;  aber  ber  Sßapft,  ber  feine  3wfö^^wng  bam  geben  foHte,  tt>ottte  1575  tro^  prinzipieller 
©ene^migung  nid^t  biel  babonlüiffen:  erft  muffe  3jefuitenfolIeg  unb  ©bmnaftum  unb  Spriefter- 
feminar  boQpnbig  feft  ftefyen  unb  ausgebaut  Serben.  Au$  ba«  ^omtapitel  tüar  gegen 
ben  tylan,  toeil  e«  bie  ^efuiten  ntcfyt  al«  Se^rer  unb  Seiter  an  ber  Uniberfität  ^aben 
toottte.    9ta$bem  ^uK«^  ben  päpftlid^en  SBünfc^en  nac^gefommen  h>ar,   unb   feit  1578 

60  ba«  Sßriefterfeminar  neu  organiftert  fyatte,  ^at  er  bie  SSertbirflic^ung  feine«  SiebltngSplane« 
1581  feft  in«  Auge  gefaßt  unb  bem  Kapitel  jum  Jrofce  —  er  ignonerte  e«  ganj  —  am 
2.  Januar  1582  bie  neue  Uniberfität  mit  einer  tyeologif$en  unb  p^ilofop^ifcpen  ^fultät 
eröffnet;  ba«  t^eologifd^e  ©eminar  h)urbc  je^t  mit  ber  Uniberfttät  bereinigt  8i«  alle 
^afultäten  eingerichtet  unb  ein  eigene«  Uniberfttät«gebäube  errietet  fear,   ftnb   no$  bei« 

66  nafye  8  3>a^re  bergangen ;  bie  SSorlefungcn  ftnb  injtoifd^en  im  Kolleg  ber  3*fuiten,  benen 
ber  ftärffte  (Sinfluß  auf  bie  Uniberfttät  $ufiel,  gehalten  toorben.  ®a«  ©omfapitel  fügte 
ftcfy  feit  1585.  ßine  3Rufteranftalt  ber  ©egenreformation  h>ar  Wer  errietet  toorben; 
fat^olifc^  mußte  alle«  fein:  Seljrer,  ©d^üler  unb  SBiffenfd^aft.  An  ©tubentenja^l  rafc^ 
aufblü^enb  ^at  fte  bem  S3i«tum  bor  allem  bie  ©eiftlidjen  unb  Beamten  geliefert,  bie  man 

60  jum  ßrfa$  einer  glauben«f$toac$en  ©cneration  brauste. 


3itUtt*  @d)tcr  633 

SKit  biefer  ©eneration  ein  für  allemal  aufzuräumen,  ift  ber  3iüc*  ^  AtorgetyenS, 
ba$  ^5uliud  1584  begann  unb  ba$  ber  energifd&fte  äluebrudt  ber  ©egenreformation  im 
£od&ftift  SBürjburg  tourbe.  2)er  (Srlafc  einer  neuen  Äircfyenorbnung  (1584  lateinifcfy,  1589 
in  ettoaS  beränberter  ftorm  beutfefy  gebrutft)  fyat  ber  ©eiftlid&feit  juerft  ityre  Sßflicfyten  im 
Seifte  beä  Xribentiner  Äonjifä  einbringt  vorgehalten  unb  bie  lircfyhcfye  Drganifation  ttrieber  6 
ftraffer  angezogen.  3Dann  Würben  alle  lutfyerifcfyen  $rebiger  aus  bem  Sanbe  entfernt  — 
an  170  fouen  e$  getoefen  fein  —  unb  auefy  bie  übrigen  ben  firdjlicfyen  SSorf Triften  nid&t 
entfrrettyenben  ©eiftlid&en  tyrer  Stmter  beraubt  unb  burefc  $uberläffigere  (Slemcnte  erfefct. 
35ie  trcoteftantitöen  ^Beamten  Würben  cntlaffen ;  beä  93ifc$of3  näd&fte  Umgebung  befam  jfl&t 
ben  ftreng  fatboliföen  ßfyarafter,  toie  ityn  bie  £oforbnung  bon  1614  foäter  in  SBorten  10 
toiebergegeben  j)at  —  ^roteftantijd?c  ©efinnung  machte  jefct  auc$  ben  SKbel  unbrauchbar 
$tm  §of=  ober  ©taatäbienft.  (Sine  33ifitation  ber  gefamten  SDiöcefe  richtete  fiety  gegen  alle 
jproteftantiföen  ©lieber  ber  Sebölferung :  ^uliuä  pat  fie  felber  jum  größten  Seile  au& 
geführt  unb  begleitet  bon  einigen  Seiten  bie  eigene  Autorität  nur  33efefyrung  ber  3lb* 
gefallenen  eingefefct.  SRit  ben  Heineren  ©täbten  tourbe  begonnen  (1585)  unb  mit  ber  16 
#aul>tftabt  (1587)  baä  SBerf  beföloffen.  Überall  matten  gütliche  2lufforberungen  ben 
Anfang,  bann  folgten  Seletyrung,  3toang  Jum  Sefud^  ber  SJteffe  unb  älnbro^ung  bon 
Strafen;  1587  mufete  auätoanbern,  toer  fiep  niefct  fügen  toollte.  3ure^m  un*>  brotyen 
fcatte  natürlich  biel  grfolg:  im  Saufe  bon  3  %at)xm  fmb  tttoa  100000  belehrt  toorben. 
Aber  ein  paar  fyunbert  finb  boety  ityrer  Überzeugung  treu  geblieben  unb  tyaben  bie  2lu&  ao 
toanberung  borge^ogen,  obtoofyl  fte  babei  au$  nod^  ein  drittel  tyreä  S3ermögen3  bem 
Sifd&of  tyinterlaffen  mufeten!  (Sä  tourbe  geforgt,  bafe  alle  SHagiftrate  in  ben  ©täbten,  alle 
2e$rcr  an  ben  Spulen  fyinfort  fat^oltfc^  toaren,  bafe  überall  ber  Äirctyenbefucty  ber  Unter« 
tauten  genau  überfragt  tourbe. 

3uliu$  tyat  ben  ©türm  ber  (Sntrüftung,  ben  er  burefy  fein  üBorgetyen  auf  proteftantifetyer  26 
Seite   tyerborrief,  rutyig   Eingenommen,    glugfdjriften  erföienen  gegen  tyn;   bie  fränfifäc 
Stitterföaft  proteftierte,  aber  otyne  ernfte  Stad$altigf  eit ;  bie  Äurfürften  bon  ©ad&fen,  ^jfalj 
unb  Sranbenburg,  ber  Sanbgraf  bon  Reffen,  bie  SRarfgrafen  bon  S3ranbenburg  unb  bon 
©oben,   ber  gürft  bon  2lnl?alt  fyaben  ifym  f$riftlid&  ober  fogar  burt§  ©efanbte  3Sor^aIte 
gemalt,  einige  tyaben  ftd&  auety  mit  tyren  S3ejdf)toerben  über  33erlefcung  beä  SteligionSfriebenä  ao 
an  ben  Äaifer  getoanbt  —  Julius  blieb  babei,  bafe  er  nur  tfyue,  toaä  itym  ber  3leligion& 
frieben  erlaube.    6r  t)at  bamatö  bie  93ebeutung  biefer  ^roteftantifc^en  (Srma^nungen  nic^t 
me^r  überföägt;   er  backte  h)o^l  ba^  gleite,   h)a^   er  1589  bem  &aifer  im  ©tra^burger 
^anbel  riet:   er   möge  nur  tfyatfräftig  mit  Sßoenalmanbaten  unb  ©equeftration  borge^en, 
bie  £roteftantifc$en  dürften  Würben  be^^alb  nic^t  ju  ben  SBaffen  greifen.    Slud^  füllte  er  86 
Pari  genug  ben  Stüdtyalt,  ben   er   befa^:   §er$og  SBil^elm   bon  Saiern  fotoo^l  toie  ber 
$aj>fi  ^aben  i^m  §ilfe  jugefagt,   toenn  er  ber  Sieligion  falber  angegriffen  Serben  follte; 
beS  Äat|erö  ©unft  toar  t^m  ficfyer. 

5Ktt  ber  Unterbrücfung  be«  ^}roteftanti$mu$  ging  §anb   in  §anb  bie  Sieform  beä 
alten  Äirc^enloefeng.    S)ie  neue  Äirc^enorbnung  gab  neben  bem,  toaä  ba^  ^erfönlic^e  Scben  40 
ber  ©eiftlic^en  betraf,  SJorfd^riften  über  ben  ©otteSbienft,  über  ben  93eft$  ber  Äirc^en,  über 
bie  (Smljaltung  ber  Äonzitebefd^lüffe ;  bagu   famen  neue  berbefferte  2lu«gaben  ber  gotte^ 
MenfUictyen  Sucher,  ber  Srebiarien,  ©rabualien,  2lnttyfjonare,  ^Pfalterien  unb  3Kiffalen  — 
3uliuS  felber  terieb  baju  einfd^ärfenbe  3Sorreben.    2)afe  ber  33ucb^anbel  nur  eintoanbfreie 
Sudler  bertreibe,   h)urbe  fontrolliert.    35ie  Älöfter  fpürten  ebenfalls  bie  energifefc  beffernbe  46 
^anb  bed  2anbe$fyerren :   baö  Vermögen  ber  unh)ieberbringlic^  berfallenen  h)urbe  befferen 
ßtpeefen  (Uniberfität,  #oft>ital)   gugetoanbt,   bie  lebensfähigen  bagegen  toieber  ^ergeftedt, 
mit  SSifitationen   fd^arf  übertoacfyt  unb  tüchtige  hjeltlic^e  Sertoalter   eingefefct.    ©elbft   an 
bad  Äapitel  toagte  fic^  Juliu«,   toenn   auc^  ofyne  ©c^roff^eit,  mit  Sieformen  ^eran :   bie 
3tejtben#>flic$t  lourbe  eingefc^ärft,  bie  2lufna^mebebingungen  ftrenger  gemalt  unb  ber  (Sinflufc  60 
be«  Sift^of«  auf  bie  S3efe^ung  erlebigter  ©teilen  erweitert. 

SBa«  baS  äufeerlic^  auffallcnbfte  Äenmeicfyen  beS  na^tribentinifc^en  JfatEoIi^iSmu« 
tourbe,  fanb  aud&  burc^  ^uliu«  je^t  bie  eifrigfte  Pflege :  ^rogeffionen  unb  9Jtorienanba$ten, 
(Sttoerbung  unb  ^om^^afte  Sercfyrung  bon  Sleltquien,  ©rünbung  unb  Segünftigung  bon 
getftltc^en  Sruberfd)aften.  66 

§inter  ben  fräftigen  unb  grellen  garben  beS  ötlbeS,  ba«  bie  2)iöcefe  feit  6nbe  ber 
a^tgiger  3öfa*  gch)ä^rte,  traten  bie  legten  bcfcfyeibenen  SebenSicic^en  beS  ^roteftanttemuö 
an  ber  ober  jener  ©teile  be$  ©ttfteä  ^urüdt;  einzelne  bom  Slbel  toiberfefcten  ftc^  nod^ 
längere  3^  un*>  9*ePc  buc  Sieformatton  fyabm  fiefy  in  bie  3C^  ^tx  furzen  ©^toeben^ 
^errfd^aft  (1631—1634)   unb   bon  ba   toieber  bis  311m  beginn  ber  Sleligionäfretyeit  am  eo 


634  Nullit*  (gdjttr  ^untltnd 

äfofang  be«  19.  3a^unbcrt«  fyinübergerettet.  3m  allgemeinen  aber  ging  e«  in  28firjburg 
tote  überaß,  too  bie  (Segenreformation  energtfä  burc&geffityrt  tourbe:  bie  Sefcölferung  toar 
föon  in  ber  näctyften  ©eneration  böllig  fcertoanbelt,  ber  Äirc^e  unb  ben  3efuiten  mit  $m* 
gebung  augefyan. 

5  Umtoeifeltyaft  ift  ba«  geifttge  unb  materielle  geben  be«  33i«tum«  SBttrjburg  burd&  bie 
©egenreformation  eingeengt  toorben:  toifjcnföaftlicty  fyerborragenbe«  ift  &.  8.  toon  ber 
Uniberfttät  nietyt  ausgegangen.  2lber  toa«  innerhalb  ber  engeren  ©ptyäre  geleiftet  toerben 
tonnte,  fyat  guliu«  —  mit  feiner  energifefcen  unb  ftttenreinen  Sßerfönlutyfeit  ba«  Softem 
belebenb  —  jebenfall«  geleiftet.    35er  toirtföaftli^  jerrüttete  guftanb,  in  bem  erbadStetum 

10  übernommen  tyatte,  ift  in  einer  3*ü  langen  gerieben«  bur#  fem  ©eföicf  befeitigt  toorben: 
bie  Sertoaltung  tourbe  georbnet,  bie  ©ctyulbenlaft  ertyebltd&  toerminbert,  öerpfänbete  ©fiter 
eingelöft,  bie  StectytSpflege  öerbeffert ;  ba«  Unterricfctetoefen  tourbe  burd&  Anlegung  fcon  $olfe 
faulen  auf  bem  Sanbe  au«gebel?nt.  ©ott  gebe  und  ^ranfen  toieber  einen  folgen  SSater 
unb  §au«tyalter,  fyat  ein  fd&lictyter  ffiürjburger  Sürger  bei  3uliu«  gefcter«  lob  (13.  ©ept.  1617) 

iö  in  feinen  §au«falenber  gefcfyrieben.  —  &a«  fegen«retdjfte  unb  bauernbfte  Denfmal  bleibt 
neben  ber  Untoerfttät,  bie  freiließ  f^äter  i^ren  urft>rfingli<$en  fir#lid&en  (S&arafter  $u  i^rem 
©lücf  boüftänbtg  berlor,  ba«  3uliu«fj)ital,  ba«  1576  au«  bem  Vermögen  be«  Verfallenen 
Älofter«  £eiligenü)al  gegrünbet  unb  bon  3uliu«  mit  gröfeter  ©orge  geförbert  tourbe.  2>ie 
2iebling«ftofungen  be«  33if<$of«  (Spital  mit  flirre,  Untoerfttät  mit  ftird^e)  fotoie  bie 

ao  SBieber^erfteuung  ober  9leugrünbung  bon  tttoa  300  Äird&en  im  33i«tum,  bie  (Erneuerung 
be«  SBttrjburger  35om«  unb  be«  burd>.  Sranb  jtoeimal  beföäbigten  ©d&loffe«  3Rarienberg 
^aben  auety  ju  einer  reichen  33autfyätigleit  unter  feiner  Regierung  geführt. 

©o  ift  ba«  §od&ftift  bur$  3ultu«  in  jeber  SBeife  gehoben  unb  bur$  ihn  )u  einem 
anfefynltd&en  %aitox  innerhalb  be«  Steige«  unb  feiner  Parteien  gemalt  toorben.    Die  von 

26  Anfang  an  eingenommene  Stellung  in  ber  9leidj«j)olitiI  tyat  3uliu«  auety  in  feiner  ft>ätern 
3eit  f  eftgebalten :  er  ift  bei  allen  (gelegensten  eine  ©tü£e,  oft  auc§  ein  %ütym  ber  fa* 
tyoltfd&en  Partei  getoefen.  35er  enge  3"fammen^ang  mtt  ber  baieriföen  Sßoliti!  blieb 
befielen;  mit  §er^og  3KajimiIian  toar  er  1609  ber  ©rünber  ber  £iga  unb  bann  mit  feiner 
©nergie  unb  mit  ben  toermefyrten  Gräften  feine«  93i«tum«  eine«   ityrer  toertoollften  HJtit* 

so  glieber.  ©alter  Ölte«. 

Stornier«  tourben  früher  fpotttoeife  bie  cafoiniftifd&en  -Dtettyobiften  in  5Bale«  genannt, 
toeil  jte  tfyre  innere  (Srregung  nid&t  blofe  in  2lu«rufen,  toie  fi*  in  mettyobiftifc&en  SJerfamm* 
lungen  getoöfynlid&  finb,  äußerten,  fonbern  auety  „bor  greuben  tyüpften  unb  prangen". 
Solche  efftatifd&e  ©rf Meinungen  traten  juerft  ettoa  1760  in  ben  toelföen  TOetyobiftenfreifen 

86  *u  Sage  unb  verbreiteten  ftd&  rafö  mit  anfteefenber  ©etoalt,  fo  baft  fte  too^I  eine  3«* 
lang  al«  c^arafteriftifc^  für  biefelben  gelten  fonnten.  3Ran  berief  fu§  jur  9led^tfertigung 
auf  Sc  6,  23;  31©  3,  8,  unb  2  ©a  6,  16.  %n  neuerer  Reit  ift  aber  mefr  5Rfi<&tern&eit 
^errf^enb  getoorben,  unb  ber  3Kettyobt3mu«,  bem  bie  3Ke^rja^l  ber  @intoo$ncrfc$aft  toon 
SBale«   juge^ört,   nimmt   bort   eine   toid&tigere  ©teDung  ein  afö   felbft  bie  ©taatöthd^e, 

40  bie«  auc$  barum,  toeil  er  ber  2anbe«ft)rad9e  alle«  dltqt  toieberfaJ&ren  läfet.  33gl.  Hi- 
story  and  Constitution  of  the  Calvinistic  Methodists  Drawn  up  by  their  own 
Association  Ministers,  1827.  C  ©$•€!  f. 

3uniüuö,  um  550.  —  ^udgaben:  3.  ®aft,  Saf.  1545;  $arid  1644.  biefe  3u3* 
flabe  abgebrueft  in  MSL  68,  15—42;   $.  Äifm,  Jun.  Afr.  instituta  regularia  divinae  legis, 

46  Frib.  Br.  1880.  2$q1.  ©.  Äitjn,  X^eobor  uon  9Wop|ueftia  unb  3un.  «fric.  als  (Sjegeten,  greib. 
1880  (im?lnbaiig  465-528  ift  au*  bie  ©4rift  abgebrueft);  ©.  6almon  in  DchrB  3,  1882. 
534  f. ;  Sl.  SRaW«,  fie^rcr  unb  ©etiler  bei  Sunil.  «frtc,  in  ^Radjr.  b.  ®ött.  ®ef.  b.  ©iff., 
1890,  242—246  (©eitrag  jur  Jejtfritif).  —  $ie  bem  3.  ^uweilen  jugef^riebene  Meine  ejf 
getifc^e  ^Jb^anblung:    commentaria  in  tria  priora  capita  Geneseoe   bilbet  ben  Anfang   bed 

60  Ülenefiätommcntar«  in  93ebaö  Werfen,  too  bie  uorange[d)icfte  3uf4nft  an  einen  9bt  %cca  ge* 
richtet  ift  (ugl.  3.  «.  grabriciuö,  Bibl.  Lat.  ed.  3Kanfi  4,  Patav.  1754,  205). 

^untliu«  (Junillus,  '/otWos),  au«  2lfrifa  gebürtig,  beffen  8ui$  instituta  regu- 
laria divinae  legis  (bt«f?er  fcil(d)lid)  nad)  ber  Überförift  be«  1.  Äa^itei«:  de  partibus 
divinae  legis  genannt)  nad)  einem  letle  feine«  ^n^alä  getoö^nltd^  ju  ben  erpen  8n» 
66  fangen  einer  btblifcfycn  6inleitung«toiffenfc^aft  geregnet  toirb,  gehört  in  ba«  6.  ^a^um 
bert  al«  3^9^offe  6affiobor«,  toelc^er  i^n  (institutt.  div.  Ject*  1, 10)  unter  ben  intro- 
duetores  sacrae  scripturae  an  le^ter  ©teile  aufführt,  ältere  bejeid^nen  i^n  unnötig 
al«  Sif^of;  er  ift  bielmetyr  al«  ^o^er  ©taat«beamter  (vir  illustris  f.  Fulgent.  Ferrand. 


dttitütitd  635 

Bei  ä.  3teifferfd&eib,  Anecdota  Cassinensia  im  93re$lauer  SeftionSinbej,  SBinter  1871/72, 
©.  7)  in  ftonftontinopel  unter  ^uftmian,  nämlicfy  als  ber  bon  fyxotop  in  bet  Historia 
arcana  20  ertoctynte  quaestor  sacri  palatii  an^ufe^en  (f.  Ätyn  222  ff.).  £ie  ertoätynte, 
©cfcrift  ^at  er  toatyrfcgeinlidj  551  bem  S3iföof  $runaftu8  bon  #abrumetum  getoibmet, 
ber  in  ben  ©irren  beS  SDreifapitelftreiteS  (fietye  b.  ärt.  8b  V  6.  21  ff.)  nad&  ßonftan*  6 
tinopel  gefommen  unb  bort  in  SBeaietyung  $u  feinem  bornefymen  SanbSmanne  getreten  toar, 
unb  beffen  5Rame  ftcfc  aucfy  unter  Dem  Constitutum  be$  SBigiliuS  (553)  pnbet.  $n  bem 
borauSgefd&idtten  Sriefe  an  biefen  fagt  SuniliuS,  bafc  er  baä  folgenbe  einem  Sßerfer  namens 
$aulu£  berbanfe,  ber  in  ber  berühmten  ©ctyule  ju  9liftbte  feine  33ilbung  empfangen 
fyabt.  3Rxt  größter  SBafyrfd&einlicfyfeit  tyaben  totr  in  biefem  ben  Sßauluä  au$  33afra  (Saffora)  10 
am  ügrte,  ©ctyüler  beä  -Kar  2lba3,  nad^er  (naefytoetelic^  fd&on  553)  SKetrop olit  bon 
9liftbi3  (3.  6.  äffemani,  Bibl.  Orient.  III,  I,  87.  435.  632;  III,  11,928)  ui  fe&en, 
ber  ate  Untertan  be$  perfifd&en  SReic^eö  Sßerfa  genannt  toirb,  nid&t  ben  als  33erfaffer  ber 
£ogit  befanntm  $aulu$  $erfa  (9tffem.  1.  1.  11,414;  III,  I,  439;  Sanb,  Anecd.  Syr.4, 
Lugd.  Bat.  1875,  1—30.  99—113),  ber  aud&  nidjt  (nad&  *Reftle3  SSermutuno,  f.  2ty£8  16 
1876,  9k.  26)  mit  jenem  ibentifoiert  toerben  barf.  $aulu3,  ber  ©c&üler  be«  2Rar  2tba$, 
tft  bon  ^wftinian  ju  einem  ©eft>rä$  über  bie  ©runbletyren  be8  ©laubenä  tyerangejogen 
toorben  («ffem.  III,  I,  632,  bgl.  88) ;  bamalä  toirb  ^uniliuS  tym  belannt  getoorben  fein. 
SPrhnafhtS  felbft  tyat  bon  Suntliuä  berlangt,  ba|  er  baä  bon  SßauIuS  empfangene  &om* 
penbium  jur  Einleitung  in  baä  tiefere  ©d&riftftubium  au$  anberen  mitteilte,  unb  ju  biefem  20 
3toeif  fyd  3uniüu3  e3  (junäcfyft  auä  griedjifd&er  SSorlage  beä  urfartinglid^  fyrifd&en  2Berfe$ 
fiberfefcenb)  jufammengeftedt  unb  in  bie  gönn  bon  grage  unb  älnttoort  gebraut.  Z)ie 
©dfrtft  enthält  nun  in  ben  beiben  Supern,  beren  Abteilung  übrigeng  feinen  inneren  ©runb 
tyd,  SRegeln,  eine  metj?obifc$e  (Sinleitung  in  bie  $1.  ©Triften  naefc  #orm,  Umfang  unb  Snljalt, 
alfo  ifagogifd&en  unb  bibl.  ttyeologifd&en,  reft>.  bogmatiföen©toff.  ©0  tyanbelt  ber  erfteleil,  33u<$  36 
1, 1 — 10  bon  bem,  toaä  na$  feinem  Sluäbrucf  *ur  superficies  dictionis  gehört :  bon  bem 
Untcrfd&ieb  ber  Siebegattungen,  toonaefy  er  bie  fyiftorifctyen,  \> roptyetifdfjien,  ft)ri$toörtli<$en  unb 
einfach  Ie^renben  Sucher  unterfc^eibet  unb  aufjätylt,  bon  ber  berfd&iebenen  Autorität  biefer 
Schriften  (bie  tyier  in  Setradbt  fommenben  ©Triften  ftnb  teils  bon  bottfommener,  teil« 
bon  mittlerer,  teils  bon  gar  feiner  Autorität),  bon  ben  Serfaffern,  bom  Unterfd&ieb  poe* » 
ttfd^er  unb  profaifc^er  ©Triften,  bon  ber  älufeinanberfolge  beiber  leftamente.  93efonber$ 
bemerfenStoert  ift,  ba^  unter  ben  fanonifäen  ©Triften  ^iftorifc^en  gn^altö  im  312  bie 
9393  1.  unb  2.  $aral.,  !gob,  ®*f«  (wit  9iefyemia),  öftrer  nid^t  aufgejagt,  fonbern  mit 
Subita,  1  unb  2  9Jlaf  (nad^  Äi^nS  2:eEtrejenfton  au^  SobiaS)  als  Slntilegomena  (ad- 
jungunt  plures)  ober  libri  mediae  auetoritatis  (c.  7)  begegnet  finb,  unter  unriefc  86 
tiger  Berufung  auf  bie  bon  §ierontymuä  bejeugte  Meinung  ber  Hebräer,  toelc^er  nur  eine 
Stemmte«™  an  bie  Stellung  ber  ^agiograjtya  ju  ©runbe  liegt.  @S  ift  aber  nactytoeiS* 
l\d)  bie  Sfopd&t  I^eoborS  bon  3Kopfueftia,  bie  hierin,  toie  in  ber  SSertoeifung  be3  (mit 
bem  8ud^  ber  2Bei$I?ett  gufammenaeftellten)  §o^enliebeS,  be«  SriefeS  %atob\  mit  2  ^Jtr, 
3ubaS,  2.  unb  3.  %o,  unb  ber  Offenbarung  (de  Johannis  Apocalypsi  apud  orien-  40 
tales  admodum  dubitatur)  unter  bie  Slntilcgomena,  auSgefprod^en  toirb.  35ie$  ^at 
feit  Sraftc^eHe,  Expurgatio  biblioth.  s.  patrum,  Rom.  1607,  66,  unferem  äutor 
manchen  Sortourf  jugejogen.  3)iefelbe  unbeftrittene  Autorität  in  ber  forifd&en  Äirc^e  läfet 
m  aber  burc^toeg  erfennen  auc^  in  Dem  itoeiten  Xeil,  33uc^  1,  11—2,  27,  ber  einen 
UeberblidE  über  ben  Sefyrinfyalt  ber  fy.  ©d^rift  giebt,  unb  jtoar  unter  ben  Stubrifen:  1.  de  45 
deo :  SBefen,  ^Jerfonen,  Siäirfung^toeifen,  SSer^ältni^  ju  ben  ©efc^öpfen,  nämlid^  begriff- 
ßc$e$  al«  ?5rinji^  ber  ©igenfd^aftöbeftimmungen,  ber  ©a$e  na4  gufammcnfallenb  mit 
ber  via  eminentiae  unb  negationis ;  2.  de  praesenti  saeculo :  ©c^ö^fung,  Slegie* 
rung  (^icr  auefy  bon  ben  berf^iebenen  Slrtcn  göttlicher  ©efe^e),  bon  ben  natürlichen  Dingen 
unb  tyren  3uftänben,  .bom  freien  SBtllcn ;  3.  de  futuro  saeculo :  b.  ^.  bon  ber  offen-  so 
banmgSgefcyid&tltc&en  Öfonomic  ®ottä,  bon  ©rtoä^lung  ober  Berufung  (aeeeptio  s.  vo- 
catio),  bie  in  10  ©tufen,  aU  Slnna^me  2lbra^am«,  ber  brei  Patriarchen,  be3  ©tammed 
3uba,  be«  aSolfe«  in  Ägtyrten,  2)abib«,  be«  öaufcö  Dabib«,  ber  SRücffe^r  au^  bem  @jil, 
ber  Ännabme  ^efu  ß^rifti  na$  bem  ^leifc^/  enblid^  ber  Berufung  ber  Reiben  berläuft ; 
auSfttyrlicg  toirb  bann  bon  ben  2fyt>cn*  bon  ben  ^}rop^e;eiungen  (befonberö  cingefyenb),  65 
enbiid^  ben  ©rfolgen  biefer  2vtyen  unb  ^ßrop^e^etungen  teife  in  ber  ßeit,  unter  ©efe§  unb 
©nabe,  teite  in  ber  ©toigfeit  gefproc^cn.  2ln  biefen  intereffanten  2lbrife  fc^liefeen  fic^  no<^ 
|um  ©d&Iufc  einige  l)ermeneuttfc^e  Regeln  (c.  28),  ©rünbc  für  bie  :^nfj)iration  ber  ©c^rift, 
eijentli<^  für  i^re  ©laubtoürbtgfeit  überhaupt  (c.  29),  enblic^  eine  jicmlic^  äu^erlic^e  8e^ 
fhmmung  be$  aSer^ältniffeö  bon  ratio  unb  fides.  28.  9Möüer  f  (©.  ärftger).     u» 


636  3ut"tt* 

3nnm«,  granj,  gcft.  bcn  13.  Dftober  1602  a.  ©t.  —  Vita  nobil.  et  crad.  viri 
Franc.  Junii  ab  ipso  conscripta,  in  lue.  ed.  a  Paulo  Merula,  Lugd.  Batav.  1595)  Etsaling. 
1769.  9lud)  in  bcn  üerfdjiebenen  ©bttionen  ber  Opera  Junii,  foroie  in  Gerdeaü  Bcrinium 
antiq.  Tom.  I,  ps.  II,  Gron.  et  Brem.  1749.   Wild)  in  beutfdjer  unb  engfifdjer  Ueberfeftung. 

ß  Levensbeschrijving  van  beroemde  en  geleerde  Mannen,  VI,  Amsteld.  1733.  La  France 
protestante;  Söatjle,  Dictionnaire  hißt,  et  crit;  ©laftu«,  Godgeleerd  Nederland  ;  93.  b.  fia, 
Biogr.  Woordenboek  d.  Nederl  ;  ©epp,  Godgel.  Onderwijs  in  Nederl.  I,  Leid.  1873 ;  3-  % 
Stficeron,  Memoires,  Tom  16;  3-  ©.  be  (Srane,  Oratio  de  Vossiorum  Juniorumque  familia, 
Gron  1821 ;    g.  ©omari,  Oratio   in   obitum  Fr.  Junii,  Lugd.  Bat.  1602 ;    Siegenbeef,  Ge- 

10  schied,  der  Leidsche  Hoogeschool;  3ofj.  9icit«ma,  gr.  Snniuö.  ©ron.  1864;  ^BClfr.  Staüaine, 
Fr.  du  Jon.,  <ßari«  1882;  gr.  28.  <£uno,  «Blätter  ber  ©rinn,  an  Dr.  Äafp.  Dleotanu«,  »armen 
1887;  berfelbe,  gr.  3uniu«  ber  ältere,  <ßrof.  b.  Stjeol.  unb  $aftor.  ©ein  Seben  u.  Wirten, 
feine  ©Triften  unb  ©riefe.  sEMt  bem  93ilbui«  unb  einem  gafftmüe  be«  Suniuö,  fcmfter* 
bam  1891. 

tf  gfranj  3un'u^/  eigentlich  bu  30n>  ®^n  be«  35ionty«  bu  !gon,  Neffen  SSater  2BU* 
Hm  *>u  %on,  §err  bon  2a  Soffarbinfere  bei  3ffoubun,  unter  Subroig  XII.  in  ben  äbel«= 
ftanb  erhoben  mürbe,  tft  geboren  ben  1.  UM  1545  a.  ©t.  gu  93ourge«  im  3)et>artement 
Sfyer,  granfreia^.  93i«  jum  12.  £eben«jatyre  rourbe  er  roegen  feiner  ©cfyroäctyßc^feit  im 
§aufe  feine«  93ater«,   ber  föniglid&er  SRat   unb  Ärieg«fommif|är  roar,   burety  Spribatunter* 

20  toeifung  tyerangebilbet.  3n  ^vc  öffentlichen  ©$ule,  ber  er  nunmehr  übergeben  tourbe, 
roarb  tym  eine  unmenfa^lic^e  93el?anblung  Don  fetten  eine«  rotyen  24rer«  ju  teil.  ®o<$ 
ertrug  er  biefelbe  mit  aQer  ©ebulb,  um  nicfyt  feinen  Don  tym  heftig  geliebten  Sater  mit 
Slagen  ju  betrüben.  $n  feinem  13.  %afyxt  begann  er  ba«  ©tubium  ber  3tea)te  bei  £ugo 
2)oneHu«,  ftedtte  aber  baSfclbe  balb  roieber  auf,  um  auf  bem  ©tymnaftum  gu  fityon  bie  Süden 

26  feiner  fyumanifttfa^en  SSorbilbung  au«gufüQen.  §ierfelbft  fanb  er  ftc&  umgeben  Don  3ier* 
fütyrungen  jur  Unftttlictyfeit  foroie  jur  2ltbeifterei.  35en  erfteren  begegnete  er  ftegreic^, 
roätyrenb  er  ben  leiteten  unterlag.  Sin  33oIf«aufrutyr  führte  $n  au«  ber  ©tabt  auf« 
2anb,  roo  ein  frommer  Sanbmann  tyn  auf  feine  Serrirungen  aufmerffam  machte.  S)er 
93efucr)  eine«  ref.  ©otte«bienfte«  unb  bie  Unterrebungen  feine«  33ater«  beranlafcten  tyn,  ein 

so  9leue«  Seftament  auf  juf ablagen,  ©ein  äuge  fiel  auf  ba«  1.  Äapitel  be«  So&anneSetxtn* 
gelium«,  ba«  ityn  erfa^ütterte  unb  gum  lebenbigen  ©lauben  braute.  6r  30g  nun  nad&  ©enf, 
roo  er  na$  bem  2obe  feine«  33ater«,  ber  bon  bem  fanatifd&en  ^apiftifa^en  Santyagel  $u 
Sffoubun  bei  einer  Unterfud&ung  ifyrer  ©reAiclttyaten  erfdjlagen  würbe,  fi<$  bem  ©tubium 
ber  Ideologie  tpibmete.  Unter  unfäglta^en  Sntbe^rungen  lebte  er  ^ier  bi«  jum  9lpril  1565,  ba 

36  tyn  bie  hjaDonifd^e  ©emeinbe  bon  Slnttoerpen  ju  i^rem  ^rebiger  berief.  SUttt  feinen  2lmt«* 
brübern  tourbe  er  in  biefer  ©tellung  oft  berfolgt.  Öfter«  frrebigte  er  beim  ©drehte  ber 
flammen,  in  benen  bie  -Biärttyrer  be«  reformierten  ©lauben«  ü)ren  2ob  fanben.  5Rad^^er 
ftnben  hrir  i^n  unter  ben  ^e^ptebigern  jener  Xage.  6in  ©lauben«befenntni«,  ba«  er  im 
Sluguft  1566  für  feine  ©lauben«genoffen  auffteDte,  geugt  bon  bem  Stnfetyen,    ba«  er  ge= 

40  nofj.  2lua^  rourbe  er  gur  Slebifton  ber  Äonfeffion«fc^rift  be«  ©uibo  be  93raty  (ber  Belgica) 
au«erfe^cn.  ©egen  bie  Silberftürmerei  trat  er  mit  aller  ©ntföiebentyeit  auf.  Iro|bem 
gelten  i^n  bie  ©egner  für  einen  Slnftifter  berfelben,  ba^er  er  ftd&  täglich  bor  3Rac^ftettungen 
^üten  mu|te.  hierauf  tüirfte  er  einige  3eü  int  Simburgifa^en.  Slömifa^e  unb  Änaba^ 
tiften  bereiteten  i^m  aber  biele  §inbemiffe.    Um  Cftem  1567  begab  er  ftcfc  auf  bie  gluckt 

45  @r  rourbe  $aftor  bei  ber  roaDonifd;en  ©emeinbe  ju  ©c^önau  in  ber  Äurpfah,  h>o  er, 
naa^bem  er  ungern  ben  ftefoaug  be«  ^rin^en  SBil^elm  bon  Dranien  naa^  ber  6^amj)agne 
mitgemad&t,  mehrere  Sapre  litterarifa^en  SÜrbeiten  fic&  toibmen  unb  mit  3)at^enu«  unb 
ßoloniu«  für  bie  ^fäljifa^en  grembengemeinben  unb  beren  Autonomie  t^ätig  fem  burfte, 
3m  Qa^re  1573  berief  ber  Äurfürft  griebria^  III.  3uniu«  nad^  §eibelberg#  um  ben  5J$ro* 

50  feffor  ber  altteftamentltd^en  Gjegefe  Immanuel  3:rcmelliu«  bei  feiner  lateinifcben  Ueber* 
fefeung  be«  213^«  m  unterftü^en.  3)iefe  feine  Mitarbeit  gab  ü)m  in  ber  5°*8e  3Seran* 
laffung  ^ur  93eröffcntlid^ung  be«  1.  Sriefe«  ©t.  3°^nne«,  ber  3tyoftdgef($i<vte  unb  ber 
beiben  Äorint^erbrtefe  na$  bem  arabtfe^en  Äobej  be«  9KE«,  foroie  ju  einer  ^ebräifd^ai 
©rammatif.    9to$  bem  Xobe  be«  genannten  Äurfürften  mu^te  er  ber  lutyerifd&en  3le= 

.75  aftion  Subrotg«  VI.  roeia^en  unb  rourbe  bon  bem  SPfaljgrafen  3<>^ann  Äaftmir  cai  ba« 
bon  bcmfelben  neugegrünbete  reformierte  Casimirianum  ju  9?euftobt  a.  b.  #aarbt  berufen. 
33alb  barauf  aber  übernahm  er  bie  ^Srebigerftelle  ber  SBauonen  in  Dtterberg,  roo  er  fem 
fpäter  für  ba«  ©^nobal^  unb  $re«bi;terialroefen  ej)oa^emad^enbe«  SBerl:  Ecclesiastici 
sive  de  natura  et  administratione  ecclesiae  Dei  libri  tres  fetyrieb.  3m  3un^  1582 

60  te^rt  er  m  feiner  ^rofeffur  nad^  9leuftabt  jurüa*  unb  jie^t  1584,  nac^  bem  lobe  Subroig«  VI., 
mit  Ineftger  §oa^fc^ule  na#  ^eibelberg.    'Jm  3^^re  1588   giebt   er  in  lateimföer  Über* 


3umttd  ^urteil  637 

fefcung  be$  fturopafoten  ©eorg  GobinuS  SBerf  de  officialibus  palatii  Constantino- 
politani,  ober  nadj  einem  toerftümmelten  Äobej,  toie  er  311  fernem  ßummer  ju  fpät  betnerfte, 
heraus,  toorüber  Um  ber  gjngolftabter  3*fuü  3afob  ©retfer  öerfoottct.  2lud&  fonnte  3- 
burd^  eine  Vermeintliche  ^toeite  SluSgabe  biefeä  SBerfeS  nacfy  einer  Slbfäfoft  be3  beften 
Äobes,  bie  er  auf  ber  £etbelberger  Untoerfttätöbibliottyef,  beren  fieiter  er' eine  £eit  lang  5 
toar,  gefunben,  burcfy  ©d^ulb  be3  33er(eger3,  ficty  nia^t  retablieren.  3m  $atyre  1592 
folgte  er  einem  Stufe  an  bie  Untoerfüät  Seiben,  an  ber  er  bis  ju  feinem  (Snbe  unter  großem 
3ulaufe  lehrte.    (Sr  ftarb   am  13.  Dftober  1602  a.  ©t.  an  ber  $eft. 

guniuä  l)at  ftcfy  in  ber  tfyeologifcfyen  SBifjenfcfyaft  einen  nia^t  unbebeutenben  Flamen 
ertoorben.    ©eine  ja^lreid^en  ©Triften,    toorunter  aua^  mehrere  j)fyüo[ogif$en  unb  ^ifto=  10 
rifd&en  gn^alteS  fiw  befinben,   finb  fämtlia^  in  unfcrer  obengenannten  SRonograptyie  aufs 
geführt.    Seine  ftommentare  311  einigen  Supern  be3  2133  fyaben  grofjc  2lner!ennung  bei 
feinen  3eitgenoffen  gefunben.    2)ie  Parallela  sacra  finb  fogar  bajmbreäjenb  auf  biefem 
©ebiete  getoefen.    %üx  bie  ©ad^e  beä  *Proteftanti$mu3  ift  er  mit  grofjem  @efa*>ia*e  gegen 
bie  ftir$e  Stoma  aufgetreten,  toie  feine  ©Triften  bezeugen,  bon  benen  Admonition  Chre- 15 
stienne  unb  fcor  aÜztt  feine  Animadversiones   £u  ben  ÄontroöerSfd&riften  be$  Igefuiten 
Seilarmin  am  befannteften  getoorben  ftnb.   2113  2tyoIogct  ber  cfyriftücfyen  Söa^eit  fyat  er 
futy  in  Defensio   catholicae  doctrinae  gegen    bie  Slntitrinitarier  tyertoorgetfyan.    9lu$ 
gegen  3lrmtniu3,  ben  3nbepenbenttemu$  unb  anbere  lircpa^e  Abnormitäten   ift  er,   trofc 
feiner   großen  griebenäliebe,   energifa)  Vorgegangen.    Le   paisible  Chrestien  ou  de  la  20 
Paix  de  TEglise  Catholique,  einige  Monate  Vor  bem  SibfaD  §einricfy3  IV.  (Von  $ranf* 
reuty)  toom  ^SroteftantiSmuS  gefcfyrieben,  befyanbelt  bie  $bee  einer  vom^Papfte  unabhängigen 
gatttfamfcfcfat^olifa^en  ftircfye.    %üx  SDeutjdjlanb  erfcfyien  biefe  ©d^rift  (ateinifcfy  unter  bem 
SXtel  Eirenicum  mit  einigen  ÜKobiftfationcn ;  bie  Sutfyeraner  toerben  barin  gegen  bie  9te* 
formierten  ju  brüberlid^cr  ©eftnnung   aufgeforbert.    2)aä  2lnfefyen   unfereä  ©elefyrtcn  toar  25 
unter  feinen  ©laubenägcnoffen  f  efyr  grofe,  toic  bie  3Kenge  Von  ©utactyten  bezeugt,  um  toelctye 
er  von  firc^lic^cn  Korporationen  unb  ©tynoben   Verriebener  Sänber  gebeten  tourbe.    Obs 
gleich  in  feinen  jüngeren  gafyren  «in  gtönb  beä  toeiblidjen  ©efctylecfyte,  fyatte  er  ftcfy  Viermal 
bo$  Verehelicht,   ©ein  ganje^Seben  fyinburxfy  fyatte  er  mit  einer  grofeen  ©cfyüa^ternjpeit  gu 
lampfen.    Sachen  toar  i|m  jutoiber.    Sein  Urteil  fear  bei  aller  SWilbe  unb  Sefcfycibenfyett  90 
ftetä  prämiert  unb  nie  fcfytoanfenb.   Dabei  befofe  er  bie  (Slafttjität  be$  ©eifteä,  auety  mit 
SfaberSgefumten  freunblicfy  verfemen  ju  fönnen,  toaä  folc^e  öftere  ju  bem  unrichtigen  ©#Iufe 
Verleitete,    fte  fönnten  ftc^   auf  i^n  aU  i^ren  ©etoä^römann  berufen.    3n  f^ner  tfyeolo* 
giften  Überzeugung  ift  er  ftete  ein  genuiner  Schüler  be^  großen  6alVin  gemefen.  Sein 
gleichnamiger  Sofyn,  geft.  1677  ju  Sffiinbfor,  fyat  eine  c^oc^emac^enbe  S3ebeutung  für  bie  86 
(gntttnctelung  ber  germanifd^en  Spractyftubien  ftd^  erioorben.  Smto. 

Furien,  5ßierre,  geb.  1637,  geft.  1713.  —  fittteratur:  De  Chaufepi^,  Nouveau 
dictionnaire  historique  et  critique  pour  servir  de  Supplement  ä  celui  de  Bayle,  ^Imfterbam 
1750;  ©ebiniber  #aag,  La  France  protestante,  s^orid  1816;  (St).  fBeife,  Histoire  des  r£fu- 
eies  protestants  de  France,  ^ßartö  1853,  2  SBbe  in  12°;  6.  (L  ^^gnin,  Pierre  Jurieu,  40 
Strasbourg  1854;  VI.  6ai)oue,  Littörature  francaise  ä  l'^tranger,  <|5anS  1853;  Scan  SRou, 
M^raoireö  ine^dits  etopuscules,  <pari§  1857.  2  5Bbc  in  8°;  6.  pan  Corbt,  P.  Jurieu,  Historien 
et  apologete  de  la  Reformation,  Geneve  1879;  91.  Sdjroeifcer,  ©efrfjic^tc  ber  reformierlen 
dentralbogmen ;  ©aiget).  9lrt.  über  3"ricu'ö  Streit  mit  ^ajon  in  Revue  de  theologie  de 
Strasbourg  XIV,  p.  335;  Jvanf  ^unuy,  Les  prfcurscurs  franyais  de  la  tol^rance,  Döle  45 
1880;  unb  ?lrt.  in  fiidjtenbergerä  ©nci)flopäbie;  Art.  J.  Bonnet,  Bulletin  d'Histoire  du  Pro- 
test, francaiß,  t.  XXXIV,  p.  404;  3.  2)eni3,  Bayle  et  Jurieu  in  ben  M&noires  de  l'Aca- 
demie  de  Caen,  1886 ;  ?Ufreb  SHebeQiau,  Bossuet  historien  du  Protcstantisme,  $ari§  1891 ; 
3-  ©.  Äon,  Bayle  et  Jurieu,  dans  le  IV  vol.  du  Bulletin  de  la  Commission  de  rHistoire 
des  Eglises  Wallonnes  1890;    ^ic^elet,  Histoire  de  France,  33b.  XIV  6.  407.  50 

5J$ierre  3-  fear,  nu*  Satyle,  ber  bebeutcnbfte  Ifycolog  unb  häftigfte  Äontroberftft 
unter  ben  franjöfifa)en  Reformierten  am  6nbc  be$  17.  3a^un^crtö-  ©einS3ater,  eban« 
geltfcfcer  Pfarrer  gu  9Ker  bei  33loiä,  ^atte  fta)  jc^on  ate  Montroberfift  au^gc^eic^net.  3)urd^ 
ferne  ÜKutter  toar  er  6nfel  be^  berühmten  Ideologen  %  Du  3Koulin.  (Ir  ftubierte  5ß^i* 
lof^te  unter  S)rouet  auf  ber  Slfabemie  bon  ©aumur  unb  Ideologie  gu  ©eban,  too  er  öö 
ben  Sorlefungen  bon  3)u3Koulin  unb  Vcblanc  be  Seaulieu  betoo^nte  (1656—58),  bann 
bereifte  er  bie  Jlieberlanbe  unb  ßnglanb.  3m  toteren  ^anbc  fefcte  er  feine  t^eologifd^en 
©tubien  unter  Seitung  feinet  C^cim^  SHiüet  fort  unb  empfing  bie  anglttanifcfye  Drbinatüm. 
—  3la$  granftetc^  in  bie  uäterlicfye  ^ifarrftcUe  |\urüa*gerufen  (1659;  60),  liefe  er  ftc§  bie 
heimatliche  Drbination  erteilen  unb  blieb  in  biefem  älmte  bi^  1674,  mit  Sluänatyme  eined  60 


638  3tt"fis 

gatyreS,  Wctyrenb  beffen  er  bie  ©emeinbe  bon  9$\tfy'-k%tanqa\$  auS^ilfSioeife  bebieitte, 
Wo  et  ftc$  bie  2ln$änglic$feit  bon  allen  erwarb.  3m  3öfae  l674  iwfa1  CT  ein*1*  Sftuf 
bon  ber  Uniberfttät  ©eban  ate  $5rofeffor  ber  tyebräiföen  ©prad&e  an  unb  tourbe  bafelbft 
au$  balb  ate  ^ßrebiger  angebellt.    9(13  35o$ent  tote  ate  $rebiger  entft>ra$  3-  ^«n  ©** 

6  Wartungen  fo  fefyr,  bafe  93atyle,  Welcher  bur<$  feine  SBermittelung  eine  p^Uofop^iftye  Ütfyc- 
[teile  in  ©eban  erhalten  fyattt  (1675),  tyn  ate  „un  despremiers  hommes  decesiecle, 
le  premier  de  notre  commuuion"  bejeid&net  fyat.  Sföäfyrenb  ber  je^n  %atyct,  bie  er 
in  ©eban  berbrad&te,  liefe  er  feinen  ber  angriffe  bon  Slrnaulb,  Soffuet,  9Raimbourg,  Sticole 
u.  f.  W.  gegen  ben  SßroteftanttemuS  borübergefyen,  ofyne  fte  ju  Wiberlegen.    3m  g.  1677 

10  reifte  er  na<$  $ßari$,  um  an  ber  Äonferenj  über  ben  SßajontemuS  teiljune^men.  3m  Safytt 
1680  fd&lug  er  einen  bringenben  Stuf  ber  2Battonifd&en  ©emeinbe  gu  SRotterbam  aus,  um 
auf  feinem  Soften  ju  bleiben.  (Srft  im  3uli  1681,  ate  bie  Slabemie  ju  ©eban  auf* 
gehoben  Würbe  unb  gerabe  für  Um  ber  Slufenttyalt  in  granfrei^  gefätyrlid^  geworben  War, 
begab   er  fiety  naety  SRotterbam,  Wo  man  für  tyn,  neben  einer  Sßfarrerftelle,  no#  eine  5J$ro* 

16  feffur  an  ber  „Ecole  illustre"  grünbete.  SSon  l;ier  au$  arbeitete  3.  mit  unberbroffenem 
Sifer  an  ber  Rettung  ber  reformierten  Äirc^e  gfranfreictyä,  burd&  feine  ©Triften,  Wie  bur$ 
feine  gürforge  für  bie  Verbannten  $refei$er.  —  Site  im  Dftober  1685  baS  @btft  bon 
SRanteS  aufgehoben  Warb  unb  eine  SRenge  bon  SftefugteS  in  ben  -Jiieberlanben  3^^ 
fugten,  Würbe  3-  ^wc  erfte  Reifer  für  biäe  unb   er  bertoaibete  feinen  (Smflufe  bei   ben 

ao  £äuj)tern  ber  SRtyublif,  befonberä  bei  bem  $rinjen  bon  Dranien,  fotoie  bei  ber  #erjogin 
Don  SraunfcfyWeig,  h>elc^e  burefy  3-  re^c  ©penben  an  bie  bebrängten  ^ffle^ünge  gelangen 
lieft.  —  2Bie  anbete  Ideologen  (bgl.  SomeniuS),  tourbe  er  bur$  bie  traurige  fcfa^rung, 
berbunben  mit  eifriger  Jöoffnung  auf  bie  3^"^  ^  ebangelifc^en  ©laubenS,  beranket, 
in  ber  apofal^ptifc^cn  ^ro^etie  baS,  Waä  er  Wünfcfyte,  ju  fu$en,  tote  er  au$  ftcfc  ettoaS 

25  fpäter  bagu  tyinreifeen  liefe,  föwärmerifcfye  Sßroptyeten  beä  3)aupbin6  ate  Beiden  balbtger 
fierfteüung  ber  reformierten  ftircfce  &u  überfd&äfcen.  —  ©0  lebhaft  ftcfc  3-  *>**  framöftföen 
©eiftltd&en  annahm  unb  bie  2lu$fitynung  mit  ben  Sutfyeranern  betrieb,  ebenfo  eifrig  be= 
föränfte  er  bie  Stoleranj  auf  biejenigen,  treibe  bie  ©runbbogmen  bea  reform,  ©(aubett& 
betenntniffeS  feftfyielten.  ^olglid^  fcfylofe  er  aus  ber  c^riftlic^en  ©emeinfd^aft  au3  bie  Slrminianer, 

ao  ©oänianer  unb  ^ßajoniften.  2>a  bie  lederen  i^re  2lnftd?ten  in  Snglanb  unb  ^oüanb  ju 
berbreiten  fugten,  tt>urbe  eine  SBaHonifc^e  ©^nobe  (1686)  inSRotterbam  jufammenberufen, 
too  auf  3-S  anraten  bie  ftrengften  SKaferegeln  gegen  fte  getroffen  ipurben:  ber  Umformt 
tätöaft  follte  bon  jebem  tüadonifc^en  ©eiftlic^en  unterzeichnet  tt>erben.  —  gur  3^t  be« 
SR^to^fer  grieben«  (1697)  bot  3.  alte«  auf,   bie  proteftaniiföen  SWäc^te  für   bie  9*efor= 

86  mierten  in  gtanfreic^  &u  intereffiren,  |ebod^  o^ne  ©rfolg.  3**^™  mahnten  i^n  bie  ©e* 
brechen  be«  altera  ein  SBBerf  $u  befc^leunigen,  an  bem  er  lange  gearbeitet  tytitt,  feine 
©efddic^tc  ber  Dogmen  (1704—5).  3Son  ba  an  tyielt  feine  gefd^toäc^te  ©efunb^eit  $n 
bon  ber  2lrbeit  ^urücf;  er  ftarb  11.  3<muar  1713  im  Sllter  bon  75  3^wn#  m  Motten 
95efi^  be^  ©lauben^,  melden  er  fein  ßeben  lang  befannt  unb  berteibigt  tyittt. 

40  2Bir  trollen  nun  §.$  Meinungen  über  einige  §auj3t^untte  ber  Dogmatil  erörtern, 
nämli$:  bie  ^eitele^re,  bie  flircfye  unb  bie  loleran^.  3*  berteibigte  gegen  Slrnaulb  unb 
SRicole  bie  jüngfte  501^e^  h>clc^c  bie  2)ortre$ter  ©^nobe  ber  fie^re  bon  ber  ^Rechtfertigung 
burc^  ben©(auben  gegebenste.  1.  3)afe  ber  ©laubige,  nac^bem  er  gerechtfertigt  toorben, 
bie  ©erec^tigEeit  mtyt  mefyr  berlieren  fönne.    2.  ^)afe  jeber  Srtoä^lte  }ur  ©etoife^ett  feinet 

46  ^eileä  ju  gelangen  bermöge.  3)ie  genannten  römifd^en  Geologen  behaupteten,  bafe  folc^e  Dog- 
men ber  Sittenlehre  berberblic^  feien,  bagegen  bereift  3*  (Apologie  pour  la  morale  des 
R6form6s),  bafe  biefe  Se^re  mit  bem  etilen  ©efe^e  übereinlomme;  ja  felbft,  bafe  fte 
bie  ^röfeten  Sugenben  erzeugt  tyabt.  2lnbererfeitö  ^atte  6l.$ajon,  5ßrofeffor  an  ber  füa- 
bemte  ju  ©aumur,  bie  SDortrectyter  Se^re  ju  milbern  gefugt,   inbem   er  lehrte,  bafe  bie 

50  göttlid&e  ©nabe,  obgleich  untoiberfte^lidj»,  ben  ©ünber  o^ne  feinen  fflißen  mcfct  ^eüen 
fann.  @r  jc^rieb  ber  ^rebigt  be^  ©otttötoorte^  beftimmenben  Shtflufe  ju,  ba  ed  nü^t 
nur  in  ben  Seelen  toeilen,  fonbern  au$  in  biefelben  ben  ^eiligen  ©etft  emflöfeen  tömte. 
—  3-  antwortete,  bafe  er  bamit  nic^t  erflären  fönnte,  toarum  ©Ott  jtoifd^en  bat  ©malten 
unb  ben  Ükrbammten  einen  Unterfc^teb  mac^t,  unb  ^ielt  ©otted  unWbingted  2)etret  unb 

66  unbefiegbare  ©nabe  feft  (Beautä  de  la  nature  et  de  la  grftee  1687).  —  3n  Scfreff 
ber  Äirc^e  ^ält  3-  bie  „via  media"  atoifcfyen  ben  ßjtremen.  ©r  bertoirft  ebenfo  benSBe« 
griff  ber  3«be}>enbenten,  ben  fog.  ÄongregationaltemuS  (De  la  puissance  de  TEglise) 
toie  ben  ©runbfofe  ber  römijcfcfatfyolifcfcen  Äirc^e  (Du  vrai  systöme  de  l'Eglise).  3n 
feinen,  toie  in  6albin$  äugen,  ift  bie  toafyre  M.  an  biefen  gipei  3*$*"  erfennbar:  ber 

90  ^rebigt  be£  reinen  ©otte^toorte^  unb  ber  redeten  Verwaltung  ber  ©atramente.    ©ie  barf 


ftnriett  639 

jtcfc  felbft  burc§  Vertreter  be3  d^riftlid^cn  Sollet  regieren  unb  fyat  ba8  Siedet,  atte  bie* 
jenigen  auSjuföliefeen,  toelcfce  baä  ©laubenSbefenntniS  ni#t  annehmen.  ©}>äter  aber 
tourbe  3-  genötigt,  um  Soffuetä  ©intoürfe  &u  toiberlegen  unb  neue  Sebürfniffe  ju  be* 
friebigen,  feinen  Segriff  ber  St.  $u  erweitern  (f.  Lettres  pastorales).  SSon  nun  an  ift 
tym  bie  Ä.  nic^t  mefyr  auf  eine  einjige  Äommunion  befcfyränft,  fonbem  fte  fc&liefct  in  fu$  6 
aJDie  getrennten  Ä.*@emeinben  ein,  toelctye  bie  ©runbtoafyrfyeiten  be$  ßtyriftentumä  feftyalten 
(f.  De  pace  inter  Protestantes  ineunda  consultatio,  1688). 

3n  S3ejug  auf  bie  loleram  bat  3-  no<$  metyr  in  feinen  -JWeinungen  gefötoanft. 
3n  feinen  Schriften  gegen  SV^uiffeauä  „Räunion  du  Christianisme"  unb  SatyleS  Com- 
mentaire  philosophique,  fyat  er  ityre  gremenlofe  Xoleranj  aß  toeber  efyrlicty  noefy  ber  10 
<&rtftttd&en  Setyre  gemäfe  toertoorfen.  2)enno(p  fyat  3.  in  feiner  Politique  du  Clergä  de 
France  behauptet,  bafc,  h>eit  entfernt  bafc  bie  Solerang  Unruhen  be$  Siotteä  in  einem  Sanb 
erzeugen  lönne,  im  ©egenteil  biefelben  baber  fämen,  bafj  ber  §errföer  bie  SBerfctyieben* 
$ett  ber  ©laubenämeinungen  ntcfct  bulben  tpollte.  „SDer  SRömifcfcfatfjoliföe  in  3franfreic$, 
fo  fcfcrieb  er,  ber  ^Reformierte  in  ben  9lieberlanben  follten  fcon  i^ren  fianbäleuten  jagen:  „@ure  16 
Äeligion  ift  ein  unbefiegbareä  §mbernte  $u  (Surer  Seförberung".  ©d&Iiejjlic§  in  feiner 
„Histoire  du  Calvinisme  et  du  Papisme"  machte  %  einen  Unterfäicb  jtoifd^en  ber 
toeltli^en  unb  ber  geiftlicfyen  9Hacfyt.  3m  9tatnen  ber  jtoeiten  forbert  er  bie  boDe  @e* 
toifienäfretyeit.  2öa3  aber  ben  öffentlichen  ©otteäbienft  betrifft,  fo  foll  bie  ÜRe^eit  beä 
SJotteS  entföeiben,  benn  ber  #errfd&er  ift  nur  ein  2lbgeorbneter  ber  9Jolföfouberänität.  —  20 
2)amit  fommen  toir  ju  3.3  politifttye  Slnftd^ten.  ©eit  Sa  StocfyeHeS  %aü  toar  ber  repu« 
blifaniföe  ©ärungSftoff  unter  ben  frangöftfe^cn  ßatoiniften  erlofd&en,  ßubtoig  XIII.  unb 
fiubtmg  XIV.  Ratten  feine  treueren  Untertanen  als  bie  Sieformierten.  Slber  bie  93er* 
lefcung  be«  ÜRanter  ©bifteä  —  eines  ©runbgefefceS  beä  ÄönigreicfyS  —  burd&  ben  ftönig  felbft, 
brachte  mehrere  Sßroteftantcn,  toie  $.  33.  !gurteu,  bafyin,  an  bem  göttlichen  Siecht  ber  Äönige  25 
ju  gtoeifeln  unb  ben  ©runbfafc  ber  SBoltefoutoeränität  toieber  aufzunehmen.  „@3  mufc",  fo 
farieb  er,  „in  ber  ©efeüfdjaft  eine  ©etoalt  geben,  für  toelc^e  e$  nietyt  nötig  fei  Siecht  ju 
baben,  um  ifyre  Saaten  giltig  gu  machen".  9?un  befielt  biefe  ©etoalt  nur  in  bem  Solle. 
Xa$  33oH  allein  macfyt  bie  #errföer,  inbem  e$  itynen  bie  Obergewalt  mitteilt"  (f.  R6fle- 
xions  sur  la  cruelle  pers^cution).  Wad)  biefen  Zitaten  ftnb  toir  berechtigt  ju  fc^lie|en,  30 
ba^  3-  ^n  Vorläufer  ber  mobernen  2)emofratie  geioefen  ift.  ©lei(^tt)ie  biele  ©ebanfen 
SJoltaire«  fc^on  in  35a^le«  ©Triften  borlommen,  fo  finbet  man  in  3.  ben  Äeim  Don  9touf|eau8 
Contrat  social. 

SBBerle.  35a  biele  Streitf Triften  jener  3C^  ol^ne  SSerfaffernamen  erfd^ienen,  ift  e$  gu* 
toeilen  fc^toer  einige  berfelben  3.  mit  ©eioi^eit  juguje^reiben.    g^  ift  bie^  ber  gaü  mitss 
ben  „Soupirs  de  la  France  esclave  qui  aspire  aprfcs  la  liberte"  (1689—90).  6ine 
genaue  3}erglei$ung  mit  ben  „I^ettres  pastorales",   toeld?e  %.$   ec^te  3BerIe   ftnb,   ^ot 
mid^  übeneugt  bafe  beibe  Sucher  bon  bemfelben  Serfafjer  fein  tonnen. 

A)  SÜBerfe  über  bie  Dogmatil  unb  bie  ^olemü.  1.  ©egen  bie  SRömif^ 
Äat^oWen:  Apologie  pour  la  morale  des  R6form6s.  Quävilly  1675  in  8°;  Pr6-  40 
servatif  contre  le  changement  de  religion,  iHouen  1680  in  12°;  La  politique  du 
Clerg6  de  France,  Slmfterbam  1680;  Examen  de  TEucharistie  del'Eglise  ro- 
maine,  Slotterbam  1682 ;  LeJansöniste  convaineu  de  vaine  sophistiquerie,  älmftb. 
1683;  L'esprit  de  M.  Arnauld,  2)cbenter  (Slotterbam)  1684  (2  vol.  in  12  );  Re- 
flexions  sur  la  cruelle  pers^cution  que  souffre  TEglise  röformöe  en  France,  45 
1685;  Pr6jug6s  legitimes  contre  le  papisme,  Slmfterbam  1685;  Le  vrai  Systeme  de 
l'Eglise  et  la  v^ritable  analyse  de  la  foi,  3)orbtr.  1686 ;  Lettres  pastorales  adressäes 
aux  fideles  de  France,  5Rotterbam  1686— 89;  Traites  sur  la  thöologie  mystique, 
le  qui&tisme  6tc.,  SWotterbam  1699.  2.  Sieformierte  ober  Sutfyeraner  betreffenb :  Examen 
du  livre  de  la  r&inion  du  Christianisme,  Orleans  1671  in  12°;  Lettre  sur  le  go 
baptöme,  ©eban  1675;  Trait^  de  la  puissance  de  l'Eglise,  Qu6villy  1677;  Traite 
de  la  nature  et  de  la  gräce,  Utred^t  1688;  Des  droits  des  deux  Souverains  en 
mattere  de  religion,  SRotterb.  1687;  De  pace  inter  Protestantes  ineunda  consulta- 
tio, Utrecht  1688;  Tableau  du  Socinianisme,  ilaftctyt  1691 ;  Defense  de  la  doctrine 
universelle  de  TEglise,  Sotterbam  1695  in  8°.  B)  ©efcfcicfyte  unb  ^olitil:  öö 
Abr^g^  de  T Histoire  du  Con eile  de  Trente,  Genfcve  1682,  2  vol.  in  8°;  Histoire 
du  calvinisme  et  du  papisme,  mis  en  parallele,  Stotterbam  1683,  2  vol.  in  4°; 
Relation  de  ce  qui  s'est  fait  dans  les  affaires  de  la  religion  Reform6e,  1898; 
Histoire  critique  des  dogmes  et  des  eultes  bons  et  mauvais,  2lmfterbam  1704, 
in  4°.    C)  ßrbauung  unb  äpotal^tif:    Traite   de  la  d£votion,  Stouen  1674;  00 


640  gurten  3nfKn  ber  ©nofttfer 

L'accomplissement  des  proph£ties  ou  la  delivrance  prochaine  de  l'Eglise,  5Rotter* 
bam  1686,  2  vol.  in  12°;  Lapratique  de  la  dßvotion  ou  traite*  de  l'amour  divin, 
Stotterb.  1700;  Pensees  sur  la  mort,  SRotterbam  1713;  Sermons,  Genfeve  1720. 

Sottet-äRa«**. 

6  ^ttfiitt,  ber  ©noftüer.  —    Duellen:  £tppolt)tu3,  Philosophumena  5,  5.  23—28. 

10,  15fin.  ($unrter=©d)neiberoin  6.  130,  33-35.  214,  98—232,  7.  516,  6—518,  43).  Sgl. 
9fr.  H.  ßipfiu«,  «rt.  ©nofticiSimiä  in  ©rfd)  u.  ©ruber«  «flg.  (Sncljflopäbte  L^eft.,  71.  Seil, 
fietps.  1860,  253—256  (SonberauSgabe  S.  74 ff.);  2B.  Völler,  (Öefcb.  b.  ffoSmologie  in  ber 
grie#.  ßird)e  bi*  auf  OrigeneS,  ,&QUe  1860,  241—248;  91.  §ilgenfelb,  $er  ©nofticiStnu«  u. 

10  bie  ^ßf)tlofopf)umena,  in  3ro$&  5.  1862,  446—452;  berf.,  3)te  ßefcergefd).  b.  Urdjriftentutn«. 
ßpj.  1884,  64.  67.  270—277;  ©.  ©alnton  in  DchrB  3,  1882,  587-89;  berf.,  The  Cros«- 
References  in  the  Philosophumena,  in  Hermathena  11,  1885,  389—402;  ö.  ©täfyelin,  3)ic 
gnoftifefcen  üueflen  $ippo(gt3  in  feiner  £)auptfdjrift  gegen  bie  ©öretifer  (£11  6,  3.  #.),  Spj. 
1890,  1-108  pass.;    Ä.  fwrnad,    ©efd).  b.  altdjr.  ßitteratur  1,   Spj.  1893,    169.    ©et  beut 

ib  Ueberblicf  über  baä  Softem  ift  fteflenioeife  ber  ©ortlaut  be3  Art.  oon  3.  Sacobi  in  ber 
2.  Vuß.  biefer  ©nctjflopäbie,  93b  V,  S.  241  f..  benufrt  roorben.  »gl.  aujjerbem  ben  Slrtttel 
Opf)iten. 

2)er  ©noftüer  3>uftm  ift  un«  nur  au«  ber  2)arfteHung  §i$>otyt«  bdannt,  bie  u>n 
im  allgemeinen  atö  )u  ben  Otiten  (f.  ben  2t.)  gehörig  erfennen  lägt.    3lu$  fein  Softem 

20  fefct  ein  mit  brei  ^rin^ien,  gtoei  männlichen,  bem  „©uten"  unb  bem  „93ater  atteä  @e* 
toorbenen"  (au$  (Slofyim),  unb  einem  toeibltd&en,  ber  „(Sben"  (©bem,  au$  $«rad  genannt), 
bie  bis  jum  ©ürtel  Jungfrau,  unten  ©erlange  toar,  entft>re$enb  bem  üJl^t^uö  bei  §erobot 
4,  8—10.  Offenbar  ift  babei  ba«  erfte  Sßrinaty  al«  ba«  übergreifenbe  gebaut,  ber  etgent* 
lid&e  Urgrunb,  in  bem  bie  gbee  unb  ba«  Sorljertoiffen  aller  2)inge  bcfdjloffen  liegt,  toäfc 

25  renb  (Slofyim  al«  ber  jufünftigen  2)inge  unfunbig,  (Sben  gar  al«  ben  Seibenföaften  untere 
toorfen  unb  „boppelfinnig"  gefa^ilbert  toar.  Slofyim  unb  ©ben  Vertreten  bie  3^  *& 
Urmenfcfyen  al«  bie  allgemeinen  ^rin^ipien  ber  fufybaren  ©cfyöpfung.  2lu«  i^rer  Siebet 
gemeinfcfyaft  entfielen  $toölf  „Väterliche"  unb  jtoölf  „mütterliche"  (Sngel,  bie  in  ibrer  ®e* 
famtyeit  ba«  *Parabie«  (®en  2,  8)  barfteüen.    $ur$  SSermittelung   biefer  @ngel   toerben 

so  nun  au$  ben  ebleren  teilen  ber  (Sben  bie  -SJlcnfdjen,  au«  ben  uneblen  bie  Xiere  gebilbet. 
S)em  9Henf$en  giebt  oben  bie  ywxrj,  (Slofyim  ba«  7zvevua.  3lDe  9Kenf  djjen  befifcen  e« 
unb  unterfd&eiben  jidj  bafycr  nur  je  naetybem  fie  ftd^  bem  SSater  ober  ber  xriotg  (b.  i.  6ben) 
jumenben.  3)er  ©eift  ftrebt  nac^  oben,  auc^  ©lo^im,  ber,  tote  er  au«  ©ort  hervorgegangen  ift, 
gur  Steckten  be«  SSater«  aufgenommen  toirb,   nac^bem   er  einen  @ib  gefroren  1)(d,  feine 

35  @rfcnntni$  ©otte«  geheim  ju  galten  unb  nic^t  gur  „©d^öpfuna"  abjutoei^en.  Sben,  toon 
eio^tm  berlaffen,  erfüllt  bie  SBelt  mit  ©ünbe,  §vxtum  unb  Übel,  unb  !ämj)ft  mit  Slo^im, 
i^r  jur  ©eite  bie  mütterlichen  6ngel.  SBäbrenb  bie  Väterlichen  (pneumatifc^en)  Sngel 
altteftamcntlid^e  S3ejeid^nungcn  (9Kicfyael,  3lmen,  93aruc^,  ©abrid  u.  f.  tt>.)  ^aben,  tragen  bie 
mütterlichen  ^eibnifc^e  tarnen  (S3abel,  3lc^amot,  9ka«,  ©atan,  ^barao  u.  ä.).   Unter  ben 

40  fcäterlicfyen  Engeln  ftnelt  Saruc^,  beffen  SBiberf jjiel  unter  ben  toeiblid^en  (Sngeln  bie  Solange 
ift,  eine  befonbere  SHolle.  ^^n  fenbet  6lol;im  bem  von  ber  ©erlange  verfolgten  ^Jneuma  im 
5Wenfd^en  jur  §ilfc.  2)urc^  i^n  offenbart  er  fid>  3Kofe«  unb  ben  $ro}$etcn,  bie  aber 
fämtlid^  burc^  Oben  Verlocft  unb  betört  toerben.  ©etäufcfyt,  toenbet  fxd)  Sarud^  an  ba$ 
§eibentum  unb   finbet   in  §erafle£   einen  $ropr;cten,  ber  nun  gegen   bie   nieberen  6ngel 

4ö  feine  jtoölf  l^aten  Verrid^tet.  3lber  felbft  er  erliegt  ber  (Sben  (8abel-2fytyrobite  afö  Cm* 
pfyak).  ©q  erfcfyeinen  ^ubentum  unb  ^ctbentum  nur  al$  bie  unreinen  i^orftufen,  bie 
unter  bem  Übergetoic^t  bc«  ftnnlidden,  pfyctyifcfyen  Seben«  fte^en.  ®nblid^  toirb  9arud}  w 
Sjefu«,  bem  ©o^ne  ^ofep^ö  unb  ber  3Karia,  gefanbt,  ber  ber  ©erlange  totberfte^t.  ®c 
belehrt  bie  3Kenfc^en  über  i^r  93erfyältniä  ju  ©lo^im  unb  ©ben  unb  über  bae,  toa«  fem 

50  toirb.  3Me  ©erlange  betoirft  feine  Äreu^igung,  toeldde  bie  <3tiii gäbe  be«  ©eifte«  an  ßlobim, 
be$  8eibe«  unb  ber  ©eele  an  (Sben  $ur  golge  ^at.  ©o  toirb  SrbifdbeS  unb  ^immlifc^e« 
gefonbert.  2)ie  aber,  bie  in  bie  3Jtyfterien  ftd^  eintoei^en  laffen,  muffen  ben  @ib  Slo^im« 
fc^toören,  nietyt  umgufebren  Vom  „©uten"  ^ur  „Äreatur",  bie  SD^fterien  ju  betoa^ren  unb 
fie  niemanben  gu  venaten.    2)ann   ge^cn   fie   ein   jum  ©uten  unb  trinfen  vom  gebend 

65  toaffer,  bie  ©eifte^taufe  tritt  an  bie  ©teile  ber  SBaffertaufe.  „Sluf  Vtde  Äefeereien  bin  ic^ 
geftofeen,  leine  toar  fd^limmer  ate  biefe",  fc^liefet  §tppol^t ;  i^m  fehlte  ba«  iürgan,  in  ben 
tiefen  ©inn  folcfyer  tounberlia^  geftalteten  ffieltanfd^auung  etnjubringen. 

3)iefc  ©ebanfen  toaren   in   einem   naefy   ber  §auptftgur   „Saructy"   betitdten  Suc^e 
Vorgetragen,   ba«  bem  ^typofyt  belannt  toar  unb  au«  bem  er  einen  SCuäjug  giebt    9et 

60  ber  Beurteilung  ift  nun  nid&t  au^er  Slc^t  gu  laffen,  bafj  §^}>ol^t«  Sentit  gu  benjentgen 


3«fHn  ber  ©uofHIcr  SufHtt  ber  ÜRärttjrcr  641 

äbfönitten  ber  ^^tlofo^umena  gehört,  bie  bon  Salmon  unb  ©täbclin  mit  guten  ©rünben 
ate  friiifö  fcerbäc^tig  in  2lnftmic$  genommen  toorben  fmb.  2)odp  fommt  felbft  ©tä^elin 
(<S.  97)  ju  bem  ©d&luffe,  bafc  ber  Sendet,  trofc  beä  öollftänbigen  ^langete  an  onberen 
angaben,  glaubtoürbiger  fei  atö  anbere,  j.  8.  ate  ber  über  ben  2lrabcr  SRonoimoä  (Phi- 
los.  8,12—15),  mit  bem  er  triele  93erül?rung$j)unfte  tyat.  3ft  <*&**  *><*  Sericfct  im  toefent*  ß 
K$en  glaubtoürbig,  fo  ift  jebenfattS  mit  §ilgenfelb  unb  ©almon  bie  2lnft#t  toon  Styftuä 
abjuhmfen,  ber  in  bem  Styftem  3uftin3  dnc  *>er  älteften  formen  ber  ©noft^  inäbefonberc 
in  bem  juftmifd&en  ©lofyim  bie  ältefte  gorm  beä  gnoftifdjen  35emiurgen  ertennen  mottle. 
2)ie  öon  &.  tyerfcorgefyobenen  Berührungen  ahrifctyen  ber  juftiniföen  ©nofte  unb  ber  Sefyre 
ber  pfeuboclementimfdjen  §omilien  finb  nidjt  fo  ju  öertoerten,  aß  fei  auefy  für  %u\t\n  ba$  io 
(S^riftentum  noety  baä  toafyre  gubentum.  SSielmefyr  erfcfyeint  bei  tym  ba$  ^ubentum  a^ 
eine  Sorftufe  bef  SlpftentumS,  bie  noc$  unöoDfommener  ift  als  bog  £eibentum.  Unber* 
Icnnbar  ift  bie  $tynüc$feü  mit  ben  ©ebanfen  ber  „©noftifer"  beä  3jrenäu3  (adv-  haer- 

1,  30,  1—31,  2).    2)em  2lrtifct  über  bie  „Otiten"  mufe   e$  überlaffen  bleiben,  bie  ge* 
f<$i4>tli<$e  Stellung  ber  juftiniföen  ©nofte  genau  ju  beftimmen.    35afe   fie  nietyt  ju  ben  15 
frühen,  etyer  ju  ben  fräteften  formen  ber  ©nofte  überhaupt  gehört,  bürfte  fieser  fein. 

©.  ftrüger. 

3fufHu  ber  9Rfctyrcr<  —  Ueber  bie  Sluägaben   oon   Robert  8tepfjanu3  ($ar.  1551), 
@qlburg  (fcetbelb.  1593),  WoreHuS  (<ßar.  1615  [1636])f  ©rabe  (Ojforb  1700)  unb  bie  flu«, 
gaben  einzelner  SBerfe,  ogl.  ©.  6.  SRidjarbfon,  Bibliographical  Synopsis  in  The  Antenicene  20 
Fathere  (©uff.  1887)  8.  21.     $ie   Benebifttner=2luagabe   bat   unter  Beifügung   roertooüer 
Unterf Übungen  $rubentiu3   Sttaranuä   beforgt  (s£ar.  1742,  Slbbrutf  Beneb.  1747).    $ie   MS 
jefrt  befte  ift  bie  öon  3.(5.^.  Otto  (3Bbe,  3ena  1842-48;  3.  51.1876—81  in  5  Eben).    Sei 
TOgne  99b  6  (<ßar.  1857).    gu  ©runbe   liegt    für   bie  Apologien  unb  ben  Dialog  nur  Cod. 
Par.  gr.  450  a.  b.  3.  1364  (baju  bei  Otto  für  «pol.  I  c.  65—67  Cod.  Ottob.  gr.  274  saec.  15),  25 
melier   ein  Corpus  opp.  Iustini   repräfentiert,   freilieb  jumetft  unedjter  Schriften,   tote  bie$ 
bei  bem  ettoa  gleichzeitigen  nunmehr  oerbrannten  Argen tor.  9  burdjtoeg  ber  gaÜ  roar.    3)a$ 
gragment  au$  De  resurrectione  ift  juerft  oon  $.  £aUoij  in  feiner  Sita  3uftin8  (5)ouai  1622) 
beTauSgegeben  loorben,  oon  £equien  in  ben  SBerfen  be$  SobanneS  0.  3)ama3fu$  ($ar.  1712) 
II,  756  ff.,  xulefct   oon   $.  $oü    in  „gragmente  oornicänifdjer  Äirdjenoäter  au«  ben  Sacra  90 
Panülela"  (fipj.  1899.  2U  9*&  33b  V,  2)  ©.  36  ff.    Son  ben  8onberau«gaben  ber  Apologie 
ift   bie   lefcte  oon  ©.  Ärüger  in  ber  ,,©animlung  firdjen«  unb   bogmengeic^ic^tlicber  Ouetten= 
feftriften.*    greiburg  1896.    Ueber   bie    Ueberfefungen    inS  fiateinifa^e,   3)änifcbe,    ©nglifdjc, 
3franäörtf4e,  3)eutfd)e,  Stalienifdje  unb  SRufftfcbc  ogl.  SRobertfon  a.  a.  0.  ©.  21  f.    (Sbenbort 
(foroie   bei  ^ßotttjaft,    Bibl.  hist.4  1411,  Krüger  unb  SBarbenfyetoer)   aueft   über   bie  ßitteratur  33 
(UebeTgangen  Spring,  ^beologie  3nftin3  in  ber  fiinjer  X^eol.  pra!t.  Ouartalfdjr.  1884—86; 
mir  unbefannt).    34  madje  batjer  nur  namhaft:  Xiflemont,  M&noires  etc.  II,  344 ff.;  ©.  ©. 
Sänge,  «uSfü&rl.  ©efd)id)te  b.  Dogmen.  1796;  ©emiW,  3uftin  b.  3K.,  2  53be,  Breslau  1840—42; 
Otto  bei  (Srfdj  unb  ©ruber  II,  30    ©.  39  ff. ;   Höfling,  2)ie  Se^re   ber   alt.  Äirc^e  0.  Opfer, 
<£rl  1851,   8.  43 ff.;    föitfd)l,  (Sntftebung  ber  alt!atf)olif4en  Äird^e2,  53onn  1857,  8.  298 ff. ;  40 
C.  »etjfäder,  3b2t)  83b  12,  1867;    befonberä  ^W.  o.  engel^arbt,    S)a§   ß^riftentum  Suftin« 
b.  SR.,  Unterfu^ung  über  bie  Anfänge  ber  fatbolifdjen  ©lauben^letjre,  6rl.  1878,  unb  in  ber 

2.  «.  biefer  ©ncoflopäbie  (5)agg.  %.  8täblin,  Suftin  b.  3K.  unb  fein  neuefter  Beurteiler, 
gpj.  1880);  %f).  3a()n,  3^Xb  1875,  3^©  8,  1885,  1-84;  ©efa.  b.  neutcftatnentl.  Äanon«  I,  2, 
(&rt.  11.  Spj.  1889,  8.  463 ff.;  3)iecfboff,  3"ftin,  «luguftin,  ©ern^arb  unb  fiut^er.  @nt*  45 
»icflung^gang  c^riftlic^er  ©air^eiiöerfaffung,  Üpj.  188*2;  ©ornemann,  3)a«  Jauff^mbol  3- b. 
9R.,  8JI©  1879,  8.  1  ff. ;  ^arnnef,  5)ie  Uebcrlieferung  ber  grietbifefcen  Apologeten  be«  2.  3a^b. 
in  ber  alten  Äir^e  unb  im  Mittelalter,  üeipjig  1882  (XU  I,  1)  8.  130 ff.;  $ogmengefa.s I, 
464ff.  482ff. ;  ©ef*.  b.  altdjriftl.  fiitleratur  I,  99ff.  II,  274ff.  508ff.;  3)ie  pfeubojuftinifdje 
SRebe  an  bie  ©rieeben  (ber  jt)rijd)e  lejt  ift  Ucberie|jung  einer  freien  Bearbeitung).  853^1  1896,  50 
S.627ff.;  Ueber  3)räfefe«  ?luffäfe  f.  b.  21.  SlpoMnariö  oon  fiaobicea  I,  671  ff.,  ^.  8.  £oOanb, 
DcbxB  III,  560ff.;  gr.goofS,  5)ogmcngeid).8,  ©aOe  1893,  8. 75 ff. ;  (5.  (Sleineu,  3)ic  religion«= 
p^üofopt)if(fte  ©ebeutung  be^  ftoifcb«c^riftli(t)en  Giibfimoni«mu«  in  3-  Apologie,  Seipjig  1890; 
»offe,  $er  prÄejtftente  ©briftuö  beö  3.,  ©rcifäio.  1891 ;  5S.  glemming,  3ur  Beurteilung  be8 
«^riftentum«  3.  b.  9R.,  Üeipjig  1893 ;  &  Beil,  3-  b.  W.  u.  $bilof.  Rechtfertigung  be*  w 
C^iftenfum^  oerbeutfefet,  8trafeburg  1893;  (Slter,  De  I.  monarchia  et  Aristobulo  Iudaeo, 
Bonner  Programme  1893  u.  94;  C.  Barben^etoer,  ^atrologie.  greiburg  1894,  8.  87 ff.; 
©.  Ärüger,  ©efc^ic^te  ber  altcöriftltcften  üitteratur  in  ben  erften  brei  Saljrtjunberten,  grei» 
bürg  unb  Seipjtg  1895,  8.  63 ff.,  unb  Wacfcträge  1897,  8.  18 f.;  9t.  8eebera,  fie^rbu* 
ber  3)ogmengefc^icöte,  (Sri.  u.  £pj.  1895,  8.  69  ff •;  2l&berger,  ©efeb.  b.  cbriftl.  6§djatologie  ^ 
innerbalb  ber  oornicänifdjcn  3eit,  greib.  1896,  8.  116 ff.;  G.  be  gone,  De  Tinfluence  du 
Timee  de  Piaton  sur  la  theol.  de  J.,  ^Sar.  1896;  g.  Gmmcricb,  De  I.  phil.  et  mart.  apol. 
altera,  fünfter  1896;  B.  Batiffol,  L'auteur  v^ritable  de  Tep.  ad  Zenara  et  Serenum  (ber 
nooatianifdje  Bifdjof  8ifinniuö  in  Äonftantinopel  um  400,  Rcv.  bibl.  internat.  V,  114;  %i). 

tcÄl^ndjrioMbie  für  Zoologie  unb  Äircfte.    3.  «.IX.  41 


642  3ufHu  ber  2Rärtyrer 

Sctjofer,  $ic  Slpologic  3uft.  b  $ljii.  u  ^-  in  littcrar^iftorifdjer  «ejiebung  (als  Ziehe),  SNQS 
©uppletnentljeft  1897;  bagegen  (£.  SRaufdjen,  2)ie  formale  (Seite  ber  Sinologien  3uftinä, 
21)0©  1899,  ©.  188- -206;  W.  «al,  $er  ßogoS  IL  ©eftfc.  ber  ßogoSibee  in  ber  dmftlicfcn 
Sittcratur,  fieipjig  1899,  6.  242  ff. ;  &.  Stattenbufd) ,  $a8  apoftolifdje  6t)mbol  II  (1900), 
6  279-298.  348ff.  unb  oftmal«  508—984.  —  SB.  ©ouffet,  $ie  (Suangeliencitate  3uft.  b. 
W.,  ©btt.  1890 ;  91.  ©albus,  $a3  ©erljöltniS  3-  b.  9tt.  ju  unferen  fönoptifdjen  Süangelten, 
fünfter  1895;  3.  flutte,  ©laubenSregel,  Ifl.  ©djrift  unb  SaufbetenntmS,  Spj.  1899,  6.419ff. 

I.  Die  ©cf)riften.  ^uftin  toirb  juerft,  unb  jtoar  al$  d  dav/iaoiwrarog  'Iovorivog, 
bon  $atian  ertoäfynt  (Orat.  18.  19),  ber  ein  jonft  unbefannte«  SBort  3uftin3  (loocivm 

10  xovg  dal/uovag  Xyoxaig)  citiert  unb  berichtet,  bafc  ber  6r/nifer  6re$cen&  ir)m  SRactyfteEungen 
bereitet  fcabe.  3renäu$  rebet  Adv.  haer.  1,  28,  1  (bgl.  guf.  St®  4,  29)  tum  feinem 
■Dtortr/rium  unb  fcon  Laitan  afä  feinem  ©cfyüler;  er  beruft  ftet)  jtoeimal  auf  ifyx  (xaxw 
\6]  'lovoxZvog  4,  6,  2.  5,  26,  2)  unb  ertoeift  fid^  toon^uftin  abhängig,  befonberS  3,2,3 
unb  ftragm.  43   fcon  2tyol.  1,  12  gnbe  (bgl.  §arnadf,  £itt.=@efcr).  I,  100).    ^ertuflian 

16  nennt  Adv.  Val.  5  ben  Iustinus  philosophus  et  martyr  aU  ben  älteften  ber  ftefeer* 
beftreiter.  ^typolr/t  fttyrt  ifa  Philos.  8,  16  afä  ben  „9Härti?rer"  an,  bgl.  *ßfeubotett  26. 
93ermutlicfy  nennt  auefy  er  im  fog.  „Keinen  itabr/rintfy"  (®uf.  Ä©  5,  28)  ben  tytftm  Dorne 
an  unter  ben  früheren  Sefennern  ber  ©ottfyeit  ßbrifti.  3Retfyobiu3  \pt  in  feiner  ©cfyrift 
De  resurr.  II,  18;    I,  ©.  232   ed.  93onn>.  fiep  auf  3uftin  berufen:  'lovoxivog  ii  6 

20  NeajioXixrjg  ävrjg  ovxe  xeo  XQ°V(P  nÜQQO)  <&v  to>v  äjioox6Xa>v  ovre  rfj  Agerij. 
Datyer  fonnte  ßufebiu«  (£@*4,  18,  9)  mit  Stetr/t  fagen,  3uftin3  ©d&riften  feien  ajiovdfjg 
fi£ioi  xal  xolg  naXaidig  getoefen.  3uerf*  Scannt  h)irb  Don  3renäu$  beä  Srftxa  ©$nft 
gegen  SKarcion  (4,  6,  2);  3RetfyobiuS  citiert  eine  bie  JJfrage  naety  ber  Sluferfte^ung  be* 
treffenbe  Stelle.    ©ufebiuä  fyat  bann  fcr)r  ausführlich  über  igufttn  getyanbelt  (fcgl.  au$  bie 

26  gfyron.  ad  ann.  2156  Abr.  unb  ad  a.  2168  Abr.,  freiere  Stellen  $arnacf,  SDie  ÜberL 
u.  @.  b.  gr.  3tyol.,  %VL  I,  1,  ©.  142  f.  ä.  auf  3uliu$  äfrilanu«  jurücrfityrt).  $n  ber 
Ä@  nennt  ©uf.  4,  18, 1  bie  2fyologic  an  2lntoninuä  $iu$,  beffen  ©ötyne  unb  ben  ©enat, 
eine  2.  Styologie  an  3Rarf  Slurel  unb  93eru3,  3.  einen  Adyog  ngdg  'EMrjvag,  eine  Äufc 
einanberfefeung  mit  ben  griecfyifcf/en  $^iIof optyn  über  bie  9tatur  ber  35ämonen  ent^altenb ; 

30  4.  einen  "EUy%og  nqog  "EMrjvag,  5.  IIeqI  &eov  jbiovagxlag,  in  toeld&er  auc^  S^fi11^ 
auä  tyeibnifcfyen  ©c^rtftftellern  bertüertet  toaren  (togl.  lert.,  De  test.  an.  1);  6.  eine  ©<fyrift 
Ydkrrjg;  7.  Ilegl  yvxfjg  in  fc^ulmä^iger  gorm,  toorin  bie  Meinungen  ber  grie^ifd^en  SJtyüo* 
foppen  mitgeteilt  tourben,  beren  2BiberIegung  nebft  ber  Darlegung  ber  eigenen  Änfc^auung 
in  einer  anberen  ©djrift  folgen  follte;    8.  ben  Dialog  mit  Irt/$on.    3lod)   biete   anbete 

36  2Berfe  S^ftin«  feien  im  Umlauf;  au«  ^wwuS  fennt  er  bie  ©djrift  Tlgög  Afagxicora, 
au«  2tyot.  I,  26  3uf«n«  ©^ntagma  toiber  atte  §äreften  (Ä©  4,  11,  10).  8Ü#majtu*, 
C.  gent.  9  ift  Don  2tyol.  I;  29  abhängig.  ®i)ipr;aniu«  gebenft  haer.  46,  1 
3uftin3.  ftieron^mu«  De  vir.  ill.  9  ^at  6ufeb«  Sericpt  nur  burdd  ben  S^ftum,  3M*?1 
tyabe  bie  Slpofal^  kommentiert,  r>ermcfyrt;  auc^  feine  93emerfung  ep.  70,  4,  bafj  Sufrin 

40  gefd^rieben  ^abe  defendens  ignominiam  crucis  et  resurrectionem  Christi  ift  too^l 
nur  $^rafe.  9tuftnu«  fyat  ba«  latetmjcfye  Original  bed  ©riefet  ^abrianö  ber  9^>o(ogie 
3uftin«  entnommen.  Roxtan  fennt  fein  2lbcnblänber  me^r  bie  ©Triften  3>uftin$,  aber 
auch  bie  ©rieeben  fcrjöpften  il)rc  jtenntni«  ^umeift  au«  ^renäu^,  @ufebiud  ober  aud  unters 
gehobenen  fflerfen.    I^eoboret  nennt  3"ftin  neben  30n<tt%3>  ^JoIr;tart),  3renättö  «^ 

46  $tW>otyt  (bgl.  ob.  Sb  8, 127,  r.o).  Da«  Chron.  pasch,  ad  ann.  165  p.  482f.  ift  tneflei($i 
in  ber  Datierung  be$  ^tart^rtum«  auf  165  felbftftänbig  ($amacf,  2itt.*©ef<^.  1, 105)  Über 
^rofop  bon  ®a%a  f.  u.  2lnaftafm$  ©in.  (MSG  89, 962)  nennt  ^uftin  unter  ben  33äiern,  bie  b<tf 
5ßarabie«  auf  bie  Äir<$e  beuten  (neben  $^)ilo,  5(kn>ia$,  S^näu«);  er  unb  Ämbropu^  Ratten  in 
i^ren  ©Triften  Elg  rb  if-aYifiegov  bie  2ßorte  au«  ©jedne!  über  ba«  ^immlif^e  ^arabie«  an* 

60  geführt,  unb  er  \)abt  bie  Vernünftige  ©eele  be«  2Henf$en  unb  feine  fünf  ©inne  bie  fe<$$ 
äöerte  be«  6.  läge«  genannt.  Seontiuö,  Adv.  Eut.  et.  Nest.  2  bringt  (bei  Otto»  III,  256) 
ein  Fragment  ix  xov  Kaxä  'EUrjvwv,  9Harnnu$  6onf.  (bei  Otto*  V,  372)  jtoet  fol^e 
ex  xov  flgbg  Evqpgdoiov  oocpioxtjv  jieqI  ngovoiag  xal  moxexog  lovov.  8u«  De 
resurrectione  teilen  bie  Sacra  Parallela  mehrere  ^fttgmente  mit;    ebenfo  feiere  (^oB, 

65©.  4i)  ff.)  au$  einer  ©cfyrift  gegen  bie  3^cn/  öu^  angeblich  ber  1.,  2.  unb  5.  Apologie  u.a. 
Da  ber  Serictyt  be$  $l?otiu$,  Bibl.  cod.  125,  im  2.  Seil  gufebiuS  entlehnt  ift,  föeiitt  ti 
ftcb  hier  burcfytoeg  um  anbere  ©Triften  ^u  fyanbcln  atö  bie  $^otiu3  felbft  befannt  getoorbenen 
bc^  1.  leil^  (fo  ^arnaef  SIU  I,  1  ©.  150 f.;  anber«  §ilgenfelb,  3h>2^  1883,  ©.  35 ff.), 
unb   e^   ift   nicfyt   unmöglich,   bafe  unter  ber  'Anokoyia   vtieq  Xgumavüv   xal  xarn 

«50  rhUi'jvcov  xal  xaxä  'Iovdaia)v  ^uftinS  Sinologie  unb  Dialog  &u  Derfle^en  fmb.    ^agW 


3ufHn  ber  9Rftrtyrer  _  643 

untergeföoben  ftnb  bic  afä  juftinifcfy  toeiter  citiertcn  2Berfe,  nämli#  baä  hriber  bie  beibcn 
erflen  Sucher  „ber  p^fttatifd^en  93orlefung"  (rfjg  (pvoixfjg  äxgodoewg)  ober  gegen  gorm, 
Stoff  unb  aSereintgung  (xaxä  eiöovg  xal  vSLrjg  xai  oregfjoeayg),  naefc  SßpotiuS  auc§ 
gegen  ben  „fünften  Äörper"  unb  bie  „etoige  33etoegung"  (xarä  rov  jitjumov  oco/narog 
Sjuoiwg  xal  xarä  rfjg  dxöiov  xivrjoewg)  be$  SlriftoteleS  gerichtete,  unb  bie  „fummariföen  6 
2öfungen  ber  toiber  bie  Sieligion  borgebraefcten  QtottfttfxaQtn"  (KecpaXaiojöeig  bidvoeig 
djzogiwv  xarä  rfjg  evoeßeiag).  —  3n  ber  Sammlung  altc^riftlicfcer  apologetifc^er  ©Triften, 
bie  ber  93iföof  2lret&a$  (bgl.  33b  2, 1  ff.)  beranftaltete  (erhalten  im  Par.  gr.  451),  finben 
jt$  au$  jtoei  ©Triften  unter  ^uftinS  tarnen,  bie  eine  beginnenb  'Iovorivog  Zriva  xal 
Zegrjvco  roig  ädekqxng  xaigeivt  bie  anbere  ber  Aöyog  nagaiverixog  jzgdg  e'hlXr\vag.  10 
3n  Mutin.  3.  D.  7  saec.  11,  einer  2lbf$rift  be3  Par.  451,  unb  fommt  no$  tyinju  bie 
jEx&eotg  7uoiso)g  tjroi  negl  rgiddog,  bie  föon  burefy  ben  Cod.  Coisl.  120 
saec.  10,  in  ber  ftyrijcfyen  Bearbeitung,  in  ber  Patrum  doctrina  au$  bem  7.  3afyr* 
frmbert  unb  in  allen  griet&iföen  §anbfcfyriften  Suftin  gugefc^rieben  toirb.  Die  Samm« 
hing  Juftinifc^er  Söerte  im  Par.  450  enthält  naefy  Ad  Zenam  et  Serenum,  ber  16 
Cohortatio,  ben  Styologien  unb  bem  Dialog  no#  tpeiter  De  monarchia,  bie  Ex- 
positio  reetae  fidei,  eine  'Avargojztj  doyjudrojv  nvcov  'Agiororefoxcov ,  bann 
'Eganrjoeig  %giariavvxal  ngog  rovg  "Etänvag,  9A7toxgloeig  ngbg  rovg  ög&odö£ovg 
tuqI  nvww  dvayxalojv  Crjrrj/Mzrcov  unb  'Egcorfjoeig  ngog  rovg  Xgionavovg  negl  rov 
äoüifidrov  xai  negl  dvaordoecog  vexgebv  mit  2lnttoorten,  toorin  ftcfy  noc§  ol;ne  Slufs  ao 
f<^rift  beS  SltyenagoraS  Ilegl  ävaordoewg  vexgebv  anliefet,  $n  ber  ©trafcburger 
fianbfcfyrift  Gr.  9  tt>ar  mit  "De  monarchia,  Cohort.,  Expositio  nod)  eine  ©c^rift 
tlgog  TSIXrjvag  unb  ber  93rief  an  Diognet  mit  rov  avrov  als  juftmifö  berbunben ;  bie 
erftere  toirb  burefy  Cod.  Nitr.  Mus.  Brit.  Add.  14658,  auä  bem  7.  ^a^unbert,  einem 
9mbrofht£  jugetoiefen;  §amatf,  ©3321  1896,  ©.  640  ff.  fyat  toafcföeinlicty  gemalt,  baj$26 
ein  SlmbroftuS  ber  grtecfyiföe  Bearbeiter  ber  urforünglidjen  ©cfyrift  ift.  (Über  Fragmente 
unter  SuftinS  Slamen  bgl.  §arnacf,  £itt.*©efö.  I,  109  ff.,  £oß  49  ff.) 

Die  Unec^t^eit  ber  metften  biefer  ©Triften  fiefyt  aujjer  3^?**-  3Me  ^Ex&eaig  negl 
rrjs  dg&od6£ov  morecog  fj  negl  rgiddog  fyat  Dräjcfe  in  tyrer  förderen  gaffung  als  Söerf 
bed  SpoDinariö  bon  Saobtcea  herausgegeben  unb  gu  ertt>eifen  gefugt  (2U  VII,  :j.  4,  so 
©.  158  ff.  353  ff.,  bgl.3tf@  VI,  ©.  lff.,  503  ff.,  ^co%ij  26  ©.  481).  3lber  nic^t  einmal 
bem  StyoDinarte  fann  fie  angehören,  bgl.  ©pafffij,  S^oll.  b.2.  ©.,  1895  (rufftfö©.  282  ff.); 
auc^  ift  bie  längere  SHecenfton  bie  urforünglidje  (gunt,  I^SD©  78, 1896,  ©.  116  ff.  224  ff.). 
Die  gormel  ©.  360,  30  f.  qwoeig  de  dvo,  t)  jukv  vneg  {mag,  f}  de  fjjLierega  fc^eint 
in  bie  3*ü  n*$  *>ei"  (Styalcebonenfe  ju  ioetjen ;  im  6.  ^aMwnbert  h)irb  bie  Schrift  ent*  85 
jianben  fein.  SKuc^  ber  Aöyog  nagaivexixog  ngog  "EMrjvag  ift  jtc^er  nic^t  juftinijc^, 
f6on  toeil  er  bie  ßbronif  be^  Julius  2lfri!anu«  bertoertet  ^at  (2l^ton«  SluSgabe  ber 
9poU>^\t  ©.  294,  ©djürer  3«©  II,  3 19  ff.);  freilid^  fat  i^n  fc^on  ©te^^anu«  ©obaru« 
(bei  ^tyotiuS,  Bibl.  cod.  232)  im  6.  ^al^unbert  ^uftin  getrieben,  unb  baä  ©leid^e 
t^un  aEe  §anbföriften  unb  bie  Sacra  Parallela.  Die  Cohortatio  fuefct  bie  Söiber*  io 
\pxüd)e  bei  ben  ^eibnijc^en  Dichtern  unb  ^^ilofo^en  na^utoeifen ;  tyren  Sefi^  an  SBa^r» 
^Kttdertenntnte  berbanfen  fie  aber  bem  212.  Den  nnrflicfyen  2lutor  erblicft  auc^  ^ier 
Drafele  in  ä^oainart«  bon  Saobtcea  (3R@  VII,  1885,  ©.  257  ff.,  3fyoU.  t>.  S.  83  ff.), 
SSoIter  (3tt>3;^  26,  1883,  ©.  180  ff.)  in  aipoBinarte  bon  ^terapoli^  anbere  in  anberen. 
Diel«,  Doxographi  graeci,  1879,  ©.  17  (66)  läfet  bie  Cohortatio  burc$  ben  ^feubo^  45 
riutard&iföen  Slu^ug  au^  ben  Placita  be«  Sletiu^  hervorgerufen  fein;  anbere  fe^en  be« 
fonberö  Cap.  11  ^orjjfytyriuS  berürfftc^ttgt  (Dräfcfe,  ©pafffij).  Den  SJrief  an  3wa^  unb 
©erenuä  (eine  Ermahnung  ju  c^riftlid;em  i'eben)  glaubt  Satiffol  (a.  a.  C.)  bem  notoatianifäen 
Stfc^of  ©ifinniu«  um  400  gutoeifen  ^u  fönnen;  über  bie  äbfyängigfeit  biefe«  S3riefe«  bon 
SemenS  3Uej.  ^äbagog.  2,  2  f.  §arnacf,  %itU®tfify.  I,  113  f.  3n  De  monarchia  ftnb  w 
im  ©iberfpruc^  mit  (SufebS  älngabc  IV,  18  (i)v  ov  /tovov  ix  rcov  nag'  fj/uv  ygawtov,  (LUd 
xai  ix  rebv  'EXkrjvixajv  owionjoi  ßißA(a)v)  nur  3cu9n*flc  fyeibnifdjer  ©(^riftfteller  ber* 
teertet,  meift  gefaxte  Dic^tcrftellcn,  jum  (Srioci«  ber  (Sinfyeit,  ©erec^tigfeit  unb  äebürfntö« 
lofWeit  ©otte*  unb  ber  5Rtd^tigfcit  ber  ©ötter.  öarnaef,  2itt.5©ei^.  II,  512  tyält  bie 
Sbfaffung  burc^  3uf"n  ™fy  für  au^gcfc^loffcn  unb  ba«  2.  ^^r^unbert  als  (Sntfte^ungSs  66 
10t  für  hmbrfd&einlidj.  2ln  eine  gälfcfyung  unter  3iuftinS  tarnen  (fo  Slter)  ift  nic^t  gu  benfen. 
Der  SSerfaffer  ber  Heineren  ©cf>rift  Ilgdg  "EMrjvag  fann,  fc^on  ioeil  bon  ber  Oratio 
lotionS  abhängig,  nicfyt  h>o^l  ^ufttn  fein;  §arnacf  a.  a.  D.  ©.  51 6 f.  toeift  jte  ben 
3<^ren  180—240  &u.  Über  ben  »rief  an  Dtognct  ögl.  93b  IV,  675  ff.  Die  (Scheit 
ber  fog.  beiben  Apologien  unb  bc«  Dialog«  toirb  bagegen  aUfeitig  anerfannt.    ©ie  ftnb  nur  00 

41* 


644  3uftitt  bcr  2Rärtyrcr 

burd^  Par.  450  überliefert.  2tber  bic  Styologie  fennt  als  2Berf  gufttn^  rnd&t  nur  ßufeb 
(Dgl.  §arnacf,  SitUSefö.1, 102f.),  fonbern  toaf>rföeinlid&  föon  3Ketyobiu$  De  res.  2,  18,9 
(f.  o.)  unb  fd^on  Zatian  fommt  auf  bie  Don  %\x\t\n  Ap.  II,  3  ertoä^nten  Stnfeinbungen 
ju  f^rec^en.    Die  Seeinfluffung  be$  2ltfyenagora$,  3$eot>$üu£,  ^feubomelito  (for.  Styologte) 

5  unb  befonberä  SertullianS  im  2fyologetifum  burefy  %\x\t\n  fyat  £arnacf  (£itt.s©efd&.  1, 100) 
betont,  unb  in  aMittö  äfyologie  tyat  föon  baä  Chron.  paschale  (ed.  Bonn.  ©.  483) 
©puren  Don  ^uftin  Dorgenommen.  (SufebiuS  rebet  Don  jtoei  Sinologien,  aber  bie  beiben 
erhaltenen  Sinologien  fyat  er  als  eine  einige  gelejen  unb  benufct  (§arnacf,  311 1, 1  ©.  143  f.), 
tüte  benn  tfyatfäcfylicfy  bie  jtoeite  nur  ein  9lacfytrag  jur  erften  ift  unb  mit  btefec  eine  6im 

10  $eti  bilbet  (3a^n,  £arnacf  gegen  .«rüger  %px%l)  1890,  ©.  579  ff.,  2ty23  1892,  ©to.297ff.; 
ju  @mmerid}$  §typotfyefe  einer  §injufügung  bei  einer 2. 2lu3gabe  Dgl.  §arnacf,  2itt.s©ef<». 11,275) 
$u  betrauten  ift.  Die  ^bentität  beä  9Serfaffer3  Don  Sinologie  unb  Dialog  tft  fepon  bunfc 
bie  Se^ugna^mc  auf  bie  erftere  Dial.  c.  120,  aber  auefy  burc§  bie  toeitgefyenbe  Übcrcin- 
ftimmung   gefiebert.    Slucfy   jeigen   fi$  ^renäuS  unb  lertuHian,   Adv.  Marc.  III  Dom 

15  Dialog  abhängig  (§arnacf,  2itt.--@efö.  I,  100).  3atyn,  3Ä@  1886,  ©.  37  ff.  tyd  nafy 
getoiejen,  bafc  ber  Dialog  urjprünglidj  in  $toei  Sucher  jerfiel  (Dgl.  au$  baä  Semma  im 
Cod.  Rupef.  bei  §oü  3lx.  102  ix  xov  ngög  Tgvqxova  ß  koyov),  bafe  ba^er  (ebeitjo 
toie  ber  (Singang)  in  Cap.  74  ein  gröfjereS  ©tücf  Verloren  gegangen  ift;  ferner,  bafc  ber 
Dialog  toofyl  auf  einen  gefdncfytlicfyen  Vorgang  in  gp^efuä  (Suf.  tt@  4, 18, 6)  jurüdgretft 

20  unb  bie  $erfönltcfyfeit  bc$  Sftabbi  larpfyon  Dertocnbct  ift,  aber  in  burc§au$  fjellenifterter 
©eftalt,  toie  benn  auety  bie  2lu3cinanberfe^ung  toefentlidj  mit  fyeibnifd&en  Siebenten  ftott 
fyat.  —  Ungleich  metyr  als  Sinologie  unb  Dtalog  ift  liegt  ävaoxdoecog  angeatoetfelt  Stur 
in  ben  Sacra  Parallela  finb  relatiD  umfangreiche  Fragmente  erhalten  (bei  §oH  9ir.  107—  1 10), 
bie  aber  feinen  ©c$luf*  auf  ben  Umfang  ber  ©$rift  jelbft  ermöglichen,    ©d^on  Dor  jenem 

26  tJforilegium  aber  toirb  Don  $5rofop  Don  Oia^a  (ettoa  465—528)  unter  ben  ©egnem  ber 
Deutung  Don  Gen.  3,  21  auf  ben  £eib  namhaft  gemalt  „Suftin  ber  *Jtyilofo$  unb 
Märtyrer  in  bem  33ud)  liegt  avaoxäoeayg"  (Dgl.  3atyn,  ©.  20).  3ttet$obiu$  beruft  fty 
De  resurr.  II,  18,  9  ff.  für  bie  (Srflärung  Don  1  Äo  15,  50  auf  3uftin,  unb  c$ 
ift  ba3  9fäd?ftliegcnbe   an  eine  ©cfyrift  über  bie  Sluferftefyung  gu  benten,  jumal  baä  ßitai 

so  bei  9Hetfyobiu3  fidj  aud)  im  SluSbrucf  (nahyyeveoia  für  bie  Sluferfte^ung  tote  Dial.  8.*> 
unb^enäu^  nurV,  2 — 13,5)  mit  ben  Fragmenten  berührt  föafyn,  ©.  30 f.);  auc^  fot^tige, 
jebo(^  feine  fprac^ltc^en,  Regierungen  befte^en  jtotfe^en  2Ret^obiu^  De  resurr,  unb  ben 
Fragmenten  ber  Sacra  Parallela  au$  Suftin  (Dgl.  3Ket^.,  De  res.  II,  20  mit  $ott 
3ir.l07,  148 ff.  ;  1,43  mit  107,195ff.;  1,  30,  3  mit  107,  270:  1,41,1  mit  107,273; 

35  I,  50,  3  mit  107,  288;  I,  53,  3.  III,  5,  7  mit  109,  1  ff.).  Die  gleiche  @rflärung  Don 
1  Äo  15,  50  begegnet  auefy  bei  3jttnäu3  v/  r>>  9*  4,  unb  biefe  toie  anbere  33erü$rungen 
in  bem  gleiten  3u^mwen^an9  (v,  2—13,  5)  machen  eine  litterariföe  äb^ängigleit  be^ 
felben  Don  l^uftin  De  resurr,  fc^r  toa^rfc^einlic^  (3afyn,  ©.  13.  31).  Der  unDerfetmbait 
litterarifc^c  3ujammen^ang  gtoifc^en  JertuBian  unb  ben  Fragmenten  Don  De  resurrectione 

40  tann  nur  auf  einer  Ikrtocrtunö  be^  ©rieben  bur^i  ben  Lateiner  berufen  (gegen  Soufjet 
©.  124  ff.,  bgl.  £amacf,  2itt.=©e^.  II,  509),  ber  ctynli$,  nur  noc$  ftärfer,  tote  bie 
Sinologie  De  resurrectione  benu^t  ^at;  bei  ij)m  fe^rt  au^  (De  res.  7)  bie  Don  fyafap 
bei  5>uftin  Dorgefunbene  erflärung  Don  ©en  3,  21  toieber  (Souffet,  ©.  124).  8Bte 
guftin  ift  er  ©d;üler  be$  ^Jt;t^agora^  unb  $lato  (§amacf  a.  a.  D.,  ber  aber  juglei<$  no^ 

46  Öebenfcn  gegen  3uf^n  äufeert).  6ine  genaue  Unterfuddung  über  baä  sJSer^ältn»  Don  De 
resurrectione  ju  3lpologte  unb  Dialog  ftefyt  noc^  au^;  aber  jc^on  jefct  barf  bie  3Ui 
ge^örigfeit  Don  De  resurrectione  an  ^uftin  als  begrünbet  beurteilt  toerben.  —  Do* 
Zvvxayixa  xaxä  Magxiwvog  (^ren.  IV,  6,  2,  Dgl.  @uf.  IV,  17.  26)  tft  Derloren. 
6benfo  baö  Zvvxay^ia  xaxä  naoebv  rc5r  yeyevtjjbtevcDv  atgeoeojv,  auf  bad  3uftm  felbP 

60  Dcrtoeift  (2lp.  I,  26) ;  ^egefi^pu«  fc^eint  e$  benu^t  gu  ^aben  (§arnacf,  gur  Uudienhitif 
beS  ©nofticiSmuö,  üeip^iQ  1873,  ©.  6 ff.),  DieDeic^t  auc^  SjrotäuS  unb  Xertußian 
(§arnacf  a.  a.  D.,  ©.  41  ff.,  57  ff.  unb  3^  1874,  ©.  160.  223);  über  ben  mutmafc 
liefen  3n^a^  I^t  bic  Sinologie  nur  toentg  erfc^lie^en. 

Der  Dialog  ift  fpäter  afe  bie  2lpologic  gefddrieben;  Dgl.  bie  Berufung  auf  bie  Itifim 

65  Dial.  120.  SBenn  in  ben  Ser^anblungcn  be«  Dialog«  ber  jübtfdje  Jtrieg  ate  rvr 
yevoptevog  bezeichnet  toirb,  jo  ergiebt  fic^  barauä  noc^  ni(^tö  für  bie  Slbfaffung^eit  beÄ 
Dialog«  felbft  (3'a^n,  ©.  49 f.).  —  Die  SlbfaffungSieit  ber  Sinologie  lägt  ft^  mit  relattDer 
©cnauigfeit  feftfteücn  (3aK  Formungen  VI  ©.  8  ff .  364 ;  §arnact,  £itt.s©ef$.  II,  276  ff.). 
Die  Slbrcfjc  bcr  2tyologte  an  äntoninu«  ^}iuo,  sJ)tart  Slurel  unb  Suciuö  SSerud  ergiebt  bie 

(»  3a^rc  147— Kil.    eine  nodj  beftimmtere  Dattenmg  ermöglid^t  bie  Sejugna^me  ApoL  1, 29 


3ufHn  ber  SRartyrer  645 

auf  bcn  Statthalter  Slgfypten«  %qI\%.  Die«  mufc  Suciu«  fllunatiu«  $cli£  fein,  bcr  nac§ 
ber  Urtunbe  9?r.  237  in  The  Oxyrhynchus  Papyri  II  ed.  Grenfell  and  Hunt 
©.  141  ff.  am  13.  September  151  $räfeft  tgtypten«  toar.  Offenbar  aber  ^anbelt  e«  ft$ 
bei  Sbfaffung  ber  Sinologie  um  ein  ßreigni«  ber  neueften  3«t ;  ßufeb«  ßfyronif  f  efct  bic 
Angriffe  be«  ßre«cen«  in  ba«  $a^r  152/53  (£arnadf,  ©.  278).  Die  fog.  2.  Slpologie  6 
ifk  al«  ansang  beigegeben  toorben,  beranlafet  burc$  Vorgänge,  bie  inaftrifdjen  in  9tom  bor 
D.  2oHiu«  Urbicu«  ate  ©tabtpräfeften  (er  fear  e«  früfyeften«  feit  150)  ftattgetyabt  Ratten 
(II,  1  f.).  81«  ©tabtpräfeften  jeigt  biefen  auc§  bie  Sinologie  be«  Stpuleju«,  toafyrföeinlid^ 
bor  bem  Sa^r  157  (Mn,  ©.  11  f.). 

Die  Sinologie  tottt  bor  ben  ate  fromm  unb  ?tyilofoptyen  gefeierten  Äaifern  ben  9Jacfc  io 
toete  liefern,  bafe  bie  ßfyriften  ju  Unrecht  Verfolgt  Serben,  ba  fte  bielmefjr  Vertreter  e^t 
$tfofoptyifc§er  fiefyre  unb  Seben«  finb.  —  Über  bie  ©lieberung  biefer  äpologie  ift   biel 
gefcanbelt  toorben.    SBefyofer«  3Serfuc$,  fie  burdfj  §eranjie^ung  ber  für  bie  9tyetorif  geltenben 
©runbfä^e  feftjuftellen,   rnufe  fo  biete  Slbfötocifungen  borau«fe$en,  bafe   er  fd&on  baburd& 
unburdpfütyrbar  toirb.    33ielmefyr  fyat  $uftin  offenbar  nur  im  allgemeinen  einen  beftimmten  15 
(Sebanfengang  in  8u«ftcfyt  genommen.    Aap.  1—12  giebt  ben  Setoei«  mefyr  borläufig  unb 
negatib :  Die  8nHagen  gegen  bie  ßfyriften  fmb  in  religiöfer  unb  ftttlid&er  Äinftd&t  ungerecht. 
Diefer,  im  ©runbe  fc^on  genügenben  (12, 11)  SRed^tfertigung  ber  ßfyriften  folgt  bon  Jtap.  13 
an  no<$  eine  au«fütyrli#e  Darlegung  beffen,  toa«  e«  um  ba«  ßfyriftentum  ift.    Die  ßfyriften 
finb  bie  toatyren  33eretyrer  ©otteö,  be«  ©djöpfer«  be«  Sitte,  mit  ben  feiner  allein  toürbigen  ao 
Cpfern  be«  ©ebetö  unb  be«  Dante  unb  fte  beftfcen  ate  Setyrer  feinen  ©ofyn,  bem  fie  bie 
Streite  ©teile  neben  ©ott  geben.    Durdj   biefen  ^aben  fte  bie  Anleitung  gu  bofffommener 
©tttlid&feit  empfangen,   toie  bie«  bie  SBorte  ßfyrifti  unb  ba«  Seben  ber  ßtyriften  bezeugen, 
öcarünbet  aber  ift  bie  ©ittlid&feit  ber  ß&riften  auf  ifyrer  ©etoiffteit  ber  Sluferftefyung,   bie 
mc9t  hmnberbarer  ift  al«  ba«  SBerben  be«  9Jtenfd>en.    S3on  befonberer  Sebcutung  aber  ift  26 
für  ^uftin  ber  ©laube  an  ben  üRenfcfy  getoorbenen  Sogo«,  Aap.  21  f.    2Ba«  baran   irre 
§u  mad&en  broljt,   beruht  auf  Setrug  ber  Dämonen  (23—26);   im  ©egenfafc  baju  ttrirb 
iux$  toeiter  bie  ©ereefctigfeit  ber  ßfyriften  gefäilbert  (27—29).    Dann  aber  bringt  Suftin 
ben  Setoei«  für  ßljriftu«  ate  ©otte«  ©ofyn  au«  ber  alttcftamentlictyen  2Bei«fagung,  bie  an 
tyn  ju  glauben  jtoinge,  ba  fie  in  allem  einzelnen  feine«  Seben«  erfüllt  toorben  (30—50);  ao 
ber  Xrug  ber  Dämonen  fann  baran  nicfyt  beirren  (54—57);   aud&  ^Slato  fyat  bon  3Hofe« 
gelernt  (58—60).     $n   ba«  gotte«bienftlid>e  Seben  ber  ßtyriften   (2aufe,    abenbma^l, 
6onntag«gotte«bienft)  getoäfyrt  61—67  einen  ßinblicf.    DerSlnl^ang  in  ber  fog.  2.  Slpologie 
aber   jeigt  in  Slnle^nung  an  neuerliche  SSorlommniffe  ba«  Ser^alten  ber  ß^riften  in  ben 
Serfolgungen  unb  bie  Dämonen  al«  bie  Urheber  ber  Verfolgungen  ber  ß^riften.   —  Der  35 
Dialog  fuetyt  nadf>  ber  ßinleitung  Aap.  1—9,  junäc^ft  gu  aeigen,  bafe  ba«  ß^riftentum  ba« 
neue  ©efefe  für  aDe  5Kenfc^en  ift  (10—30),  fobann  bcn  ©lauben  an  3efu«  al«  ben  ßtyrift 
au«  ber  ©d&rift  ju  begrünben  (31—108);   ber  ©d&lufe  109—142  geigt,   bafc  bie  ß^riften 
ba«  toa^re  3Sol!  ©otte«  finb.  —  Die  Fragmente  au«  De  resurrectione  beginnen  bamit, 
ba^  bie  ®a^r^eit,  ©ott  ber  3Sater  be«  2tll«  unb  fein  ©ofjn  3jefu«  ß^riftu«,  ber  i^nfunb  40 
aet^an,  [\d)  felbft  33etoei«  ift,  bafe  e«  aber  toegen  ber  ©c^ioaqcn  nötig  ift,  in  eine  Über* 
jü^rung  ber  ©egner  einzutreten  (§oD,  5Jr.  107,  1—40).    Dafjer   ioirb  nun  gunäc^ft  jur 
SBiberlegung  ber  gegnerifd^en  ßintoürfe  (bgl.  107,  63  ff.)  nad)  2lblefynuna  berfe^rter  Äonfe^ 
quenien  gegeigt,  bafe  bie  2luferfte^ung  be«  gleifd^e«  toeber  unmöglich  noq  ©otte«  untoürbig 
tji  (5fe.  107,  41—264),    unb    bafc    au^  ba«  MeiW   ber   Ser^ei&ung   nid^t   entbehrt  45 
(107,265—324).    Die«  Fragment  bietet  fxc^er  niqt  ben  Anfang  bon  De  resurrectione 
(tyafyn,  3^®  1885,  ©.  25 f.),  aber  gehört  offenbar  bem  einleitcnben  Seil  an;   bagegen 
bient  ^Tagment  3lx.  108   (über  bie  Sude  gtoifd&en  beiben  $at)n  ©.  26  ff.)  bem  pofitiben 
Sac^toei«,  ba|  ba«  gleifd^  ba«  §eil  ^u  ^offen  ^at  (bal.  107, 65).    3efu  SCotenaufertoedungen 
unb  feine  leibliche  äuferfte^ung  toerben  hier  angeführt  (sJ{r.  108).    Die  2luferfte^ung  ift  w 
notloenbig  eine  foletye  be«  ©efadenen,   alfo  be«  ^eibe«;   ba«  SBifjen  um  fie  ift  ba«  9teue 
gegenüber  ber  p^ilofoptyifcfyen  (Srfenntni«;   fie  folgt   auc^   au«  ber  2lufgabe  fittlic^er  35e* 
toaifcung  be«  Seibe«  (9lr.  109). 

2.  Die  Ideologie.  s)iad^bem  fc^on  ftlaciu«  „gledten"  in  golge  p^ilofop^ifc^er  ßinflüffe 
an  3nfKn  loa^rgenommen  ^atte,  haben  ©emier  unb  ©.  ©.  Sänge  —  biefer  in  Setreff  66 
ber  Slpologie  —  guftin  gan^  gum  Hellenen  gemalt,  ©emife^  unb  Otto  ifyn  bagegen  im 
toefentfidjen  bertetbigt.  ©egenüber  ber  93aurfc^en  ©c^ule,  ber  ^u\im  al«  3ubenc^ri|t  galt, 
ty&  8.  Slitfc^l  betont,  bafc  3uftin  al«  .öeibenc^rift  bic  altteftamentlic^en  religiöfen  SSorau«* 
feteingen  ber  paulinifd&en  Sc^re  nic^t  berftanben  ^abe;  barau«  crfläre  ftd^  fein  „ab« 
gef$to&$ter"  $aulini«mu«   unb  feine  gef^lic^e   Denftoeife.    3R.  b.  Sngel^arbt  ^at  bie«  60 


646  ditfHit  bcr  SRftrtyrcr 

(unter  ÜBiberfprucfy  befonber«  ©tetylin«)  an  bcr  gangen  3lnf($auung«tocife  3ufün$  m  *&'- 
feinen  naefoutorifen  berfud&t.  @r  zeigte  an  bcr  Styologie  unb  bem  Dialog,  bafi  ^uftin« 
,,©otte«[efyre,  feine  gretyeit«*  unb  ©erecfctigfeit«le{}re,  feine  SBorftellungen  Don  ber  ©nöfung, 
bon  ©nabe  unb  33erbienft"  bie  2lbtyängigleit   befunbe    „bon  ber  religütefittUc^en  Dent= 

5  toeife"  ber  „burd&  platonifcfye  unb  ftoifd&e  Sßbilofopfyie  beeinflußten  grted^tfd^  gebilbeten 
Jpeibentoelt  be«  2.  ^r^unbectö".  Dennocty  aber  fei  3ufün  S^rifl  bur#  „rücfyalttofcn 
2lnfdjlu|  an  bie  Kirche  unb  an  ben  ©emeinbeglauben,  unbebingte  Slnertenttung  ber 
Autorität  be«  2llten  leftament«,  .  .  bor  aQem"  bur$  ben  „©tauben  an  Gtyriftu«  afe  an 
ben  im  $leif$   erfd&ienenen  ©ofyn  ©otteö  be«  SBeltfööpfer«  unb  bie  Anbetung   be*  ge* 

10  treusten  unb  auferftanbenen  ©rlöfer«" ;  baburefy  tyabe  er  „ben  $eibnifd&en,  au$  in  ber 
©nofi«  feftgefyaltenen  Duali«mu«  prnqitneO  übertounben". 

3W.  b.  ©ngelfyarbt«  Unterfud&ung  ift  al«  ber  toertboDfte  Seitrag  jum  Scrftänbnte 
Suftin«  $u  beaeic^nen,  toenn  au<$  feine  ßrgebniffe  einer  getoiffen  ©rgän&ung  bejto.  sBlobis 
ftlation  bebürfen.    Der  apologetiföc  fttotd  Suftmd  ift  työ^er  emaufd&äfcen ;  aber  au$  ftym 

15  b.  (Sngetyarbt  fyat  ben  größeren  2lnfc$lu&  ^uftin«  an  ben  c^riftlic&en  ©emeinglauben  im 
Dialog  tyerborgefyoben.  3n  De  resurr,  fpric^t  e«  $uftin  birelt  au«,  bafe  e«  nur  toegen 
ber  brausen  ©tetyenben  einer  hriffenföaftlic^en  33etoei«füfyrung  bebürfe;  £oH,  9tr.  107, 159f. 
et  ydg  Jigbg  moxovg,  avxagxeg  fjv  Ajzoxgiveodat  xb  bxi  jzemoxevxausv.  Da^er  ftnb 
bie  letber  nur  furgen  Fragmente  au$  mcfctapologetif^en  ©Triften  nac$brüali<$  )u  bertoerten. 

20  SBirb  bemnad^  ba«  „ßtyriftentum"  ^uftin«  au«  ben  Steften  feiner  litterarifcfcen  3#ätigfcit 
noefy  niefct  unmittelbar  beutti#,  fo  geigen  fte  bod&,  toie  feine  tyeologifd&e  SReflejion  burefc 
feine  f^ilofop^ifc^en  33orau«fefcungen  beftimmt  ift. 

3>n  bem  ©ingang  be«  Dialogs  erjätylt  ^uftin,  toie  er  in  ben  begebenen  Sߣilofo|>&ens 
fluten  ber  ©teuer,  tßeripatetifer  unb  Sßtyttyagoräer  bergebtic^  bie  $ur  ©lüdffeligteii  füfyrenbe 

25  @otte«erfenntni«  gefugt  fyabe  (bgl.  aud?  bie  älften  feine«  ;Dtartyrtum«  1 :  omnium  dis- 
ciplinarum  genus  discere  conatus  sum,  omnemque  eruditionem  expertus). 
Die  33eföäftigung  mit  ben  gbeen  $Iato«  aber  fyabt  feinem  ©eifte  glügel  gegeben,  bunfc 
fte  fyabe  er  gehofft  gum  ©djauen  ©otte«  gu  gelangen,  ©in  itym  am  9Keeredftranb  be= 
gegnenber  ©rei«  aber  fyabe  ij^n  belehrt,  bafj  nid^t  burc^  menfd^Iic^e«  goifc^en,  fonbern  nur 

so  burc^  Offenbarung  ber  hnrttidje  ©Ott  erfannt  loerben  fönne.  ©ott  ^aibe  ftc^  aber  bun$ 
bie^rop^eten  offenbart,  unb  i^re  SBorte  feien  burc^  bießrfüDung  i^rer  ÜBetefagungen  be« 
glaubigt.  $uftin  fanb  bie«  burd;  eigene  Prüfung  beftätigt.  ÜRacfc-ber  Sinologie  (II,  12) 
^aben  tyn  bcr  SBanbel  ber  G^riften  unb  ber  9Kut  ber  3Kärt^rer  bon  ber  Ungercc^tiglcit 
ber  aSortoürfe  gegen  fte  überführt.    Den  bon  itym  ertoä^lten  Seruf  eine«  ffianbertorebigcö 

36  fyd  er  im  ^^Uofop^enmantel  au«geric^tet.  ©o  fuc^t  er  auc^  in  feinen  Schriften  ba« 
(S^riftentum  al«  bie  toa^re  ^tlofoj)^ie  (b.  \).  als  bie  redete  £e^re  bon  ©ott  unb  göttlichem 
Seben)  bar^ut^un.  Darin  liegt  itoar,  ba^  fein  2ob  ber  ^Uofo^te  bem  (S^riftentum  gilt, 
aber  .bod&  aud^  fc^on  eine  Slnenennung  ber  5P^ilofop^ie.  2luc^  3uftm  ^at  bie  SReimmg 
überfommen,  ba^  bie  ^eDcnifc^en  $^ilofoj)^en  i^re  toefentlid&ften  ffia^r^eitömomente  ben 

40  ©d&riften  be«  Stlten  Seftament«  entlehnt,  ja  au«  biefem  enth>enbct  Ratten  (Ap.  I,  44. 59  f.). 
SKber  gugleic^  fyat  er  bie  ftoifd^e  £e^re  bom  Xöyog  oneQfjLotixdg  ftc^  ju  eigen  gemalt; 
barau«  ergiebt  ftc^  i^m  bie  $^ilofojp^ic  al«  eine  SBirfung  be«  2ogo«  (j.  8.  Ap.  II,  8), 
ja  bei  feiner  ©leic^fefcung  bon  GfyriftuS  unb  2ogo«  (f.  u.)  cht  unmittelbarer  äufammen* 
^ang  ber  5p^ilofop^ie  mit  ßfyriftu«.    %ü\tin   trägt  ba^er  feine  S3ebenfen,   ©orrate«  unb 

45  ^eraflit  für  ßfyriften  ju  erflären  (Ap.  I,  46  xal  ol  juezä  Xöyov  ßtcoaavxeg  Xgumaroi 
eiot  xäv  ä&eoi  kvojiuoßrjoav,  olov  h  e'EXXrjoi  juev  Zoyxgaxrjq  xal  'Hgdxlettos  xai 
ol  o/ÄOioi  aireoig,  h  ßagßaQOig  de  'Aßgadju  etc.  II,  10  Xgi<n(p  de  rq5  xai  \mb 
Zo)xgdtovg  &n6  jbiegog  yvcoodevn).  3uf^n^  i3}?c*  ^  ^a^^  frriliep,  bie  abfolute  8e» 
beutung  S^rifti  barju^un,  fobag  ade«,  h)a«  bon  SBa^eit  unb  Xugenb  je  bor^anben  ge> 

6o  toefen,  auf  i^n  jurücfgefü^rt  toirb  (©ngel^).  ©.  113,  anber«  3laQ  II,  261 ;  bgl.  au$  Ap.II,  13 
ooa  ovv  Jiaga  näoi  xakcbg  eXgrjxai,  fjjucöv  td>v  Xgioriavärv  lozi).  Da^er  ^aben 
$fytlofot^en  unb  ©efe^geber  nur  über  leile  be«  fiogo«  berfügt,  toä^renb  in  Gl?nftu«  ba 
gange  2ogo«  erfd^ienen  ift  (Ap.  II,  10  /leyaXeiörega  /ukv  ow  Jidarjg  äv&qamtiov 
diöaaxakiag  cpaivexai  xä  yjuexega    diu.  xb  Xoyixbv   xb  olov  xbv  qxxvevxa  m    tjjtidc 

66  Xgioxbv  yeyovevai,  bgl.  II,  8  unb  I,  46  Xoiaxbv  xbv  jigcoxoxoxov  xov  &eov  . .  ioyor, 
ov  Jiäv  yevog  ävögamtov  /uexioxe).  "Die  UnboDtommenfyeit  ber  aufeer^riftltc^en 
^S^ilofo^ie,  ihre  Sefcfyränfung  auf  einen  flcincn  Ärei«  unb  ber  SBiberf^mw^  ber  ^Meinungen 
in  i^r  ift  barin  begrünbet  (Ap.  II,  10  inetdij  de  ov  ndvxa  xä  xov  köyov  tyy(og<oar. 
og  eoxt  Xgioxbg  xal  ivdvxia  iavxoig  nokXdxtg  ebiov.    II,  13  ov%  Sxi  äiXdtgui  Am 

60  ra  IIkdxo)vog  diddy/xaxa  xov  Xgioxov,  äi£  oxi  ovx  loxi  Tidvzt]  ö/uoia  . .  Bcactog  ydg 


3uftttt  ber  Märtyrer  647 

tig  and  fiegovg  rov  OTiegfxanxov  detov  koyov  16  ovyyevkg  ogcbv  xaXcög  tq^My^aio). 
Sic  fcermocfyte  jtoar  ben  rechten  93egriff  fcon  ©Ott  ju  finben,  aber  nicfyt  ben  toirflictyen 
®ott  $1  erlennen  (Dial.  3).  35iefe  @rfenntni«  fann  bielmefyr  nur  burcfy  Offenbarung  ge* 
nommen  toerben,  jumal  ba  bie  35ämonen  ftet«  bemüht  fmb  gum  Irrtum,  in«befonbere 
bem  ©öftenbienft  ftu  berfüfyren.  SBctyrenb  bie  Reiben  um  biefe«  ©öfcenbienfte«  toiHen  bon  5 
bem  toabren  ©Ott  berlaffen  toaren,  befafeen  Suben  unb  ©amariter  ba«  tynen  burety  bie 
Sßrop&eten  gegebene  ©ort  unb  erwarteten  Gbriftu«  (Ap.  I,  53).  SSoHfommen  toar  freiließ 
awfy  bie  ben  ^uben  burefc  ba«  ©efefc  gefcfyenrte  ©rfenntni«  noety  nietyt.  ®a«  ©efefc  enthielt 
neben  ben  auf  toafyre  @otte«fur<$t  abjtoecfenben  unb  bem  etoigen  2BiHen  ©otte«  tau 
fored&enben  ©eboten  unb  neben  bem  auf  ßfyriftu«  2Bet«fagenben  au$  burd&  bie  ^er^enS*  io 
^artigleit  ber  !guben  bebingte  SBorfcfyriften  (Dial.  44  rlg  jukv  hzokrj  elg  deooeßeiav  xal 
dtxaioJiga£iav  öiexezaxxo,  xlg  dk  ivxoXi]  xal  ngä^ig  6fioia>g  eigrjxo  fj  elg  fivaxrigiov 
xov  Xgiorov  fj  öiä  xb  oxkrjgoxdgdiov  xov  Xaov  vjluov.  (Sbenfo  Dial.  45.  67).  3)iefe 
fcören,  toeil  pöbogogifd?  bebingt,  mit  ßtyrifti  (Srfc&einen  auf  (Dial.  27.  43.  46).  3)ie  33e= 
ftyietbung  foHte  3;«rael  für  fein  ©ericfyt  tenn^eic^nen  (Dial.  16.  19).  ©cfyon  bie  frommen  16 
bor  abrogant«  Sefcfyneibung  unb  ben  mofaifc&en  ©abbatgefefcen  betoetfen,  bafe  oiefe  mit 
toafcer  ©ereetytigfeit  ni$t«  ju  tfyun  fyaben  (Dial.  92);  fyat  boefc  ©Ott  ftet«  bie  gleiche 
©erec^tigleit  getooHt  (Dial.  30  6  öebg  .  .  xd  avxd  öixaia  .  .  Ttdvxag  del  didd£ag, 
bgl.  28  xd  aloyvia  öixaia  unb  45  01  xd  xa&oXov  xal  <pvoei  xal  alcovia  xaXd 
bioiovv  eidgeoxoi  eloi  xeo  #cg5).  3)ie  Opfer  foHten  %$xatl  bor  @ö$enbienft  betoafyren  20 
(Dial.  19.  22),  Babbat  iinb  ©peifegefefce  e«  an  ©ott  erinnern  (Dial.  20  f.  92).  35ie 
Nomonen  faben  ba«  jübtfcfye  „fleifc|lidje"  (Dial.  14)  SBerftänbni«  be«  911  berurfaetyt; 
$atfä$lid?  gehört  ba«  212  ben  G^riften  (Dial.  29  h  xolg  vuexigoig  .  .  ygdfifjiaoi, 
päXXov  dk  ov%  v/nexigoig,  dXX'  fjfurigoig).  $)urd&  bie  Sßro^eten  ^at  ber  iJogo^  unö 
gelehrt  (Ap.  I,  59  Jtagd  %<bv  fj/ueiegtov  dtdaoxdAcov,  Xiyojxev  xov  Xdyov  öia  rcov  26 
nooqmxoyv).  Xrägt  {c^on  ba^  burc^  bi^  $ropl?eten  ^Uerfünbigte  ungemifd^t  etoigen 
6|arafter  (Dial.  30),  fo  ift  e$  boefy  (S^riftu^  ber  neue  ©efe^geber  (Dial.  14),  ber  in 
feiner  SRenfötoerbung  bie  boQfommene,  getoiffe  unb  ollen  zugängliche  (Srfenntntö  ©otted 
imb  ber  fea^ren  ©ere^tigfeit  gebracht  fyat.  $)urd>  t^n  ift  ba^  neue  ©efefe  mit  ©otted 
etoigen  unb  allen  giltigen  Drbnungen  in  bottfommener  SBeife  funb  getrau  (Dial.  93  rd  du 
.  .  del  xal  di  SXov  öixaia  xat  näoav  dixaioovvrjv  nageyei  h  navxl  yivei  dvdgd)7za)vr 
09L  Dial.  67).  ffiefentlicfc  ate  ber  „Sc^rer"  (Ap.I,  4.  6."l2f.  15.  19.  21.  32.  II,  8) 
unb  neue  „©efefcgeber"  (Dial.  12.  14.  18,  togl.  11.  24.  67.  122)  ift  G&riftuS  ber  ©riöfer. 
Xb  fofatyer  $at  er  ba^  geiftige  2ßefen  ©otte^  unb  bie  redete  SQBeife  feiner  SSere^rung  offene 
bartf  bie  5Jtöglic&feit  ber  Sefe^rung  unb  in  ber  Saufe  Vergebung  ber  bergangenen  ©ünben  36 
2U  empfangen  bargereicfyt  unb  bie  fortan  fünblo«  fiebenben  be^  So^nö  im  unbergänglic^en 
Sein  bei  ©ott  berftc&ert  (Ap.  I,  13—19).  ^uftin  jagt,  bafe  toir  „im  ©lauben  burc^ 
ba^  Slut  unb  ben  iob  ß^rifti"  gereinigt  toerben  (Dial.  13,togl.  alfia  ocotrjgiov  Diäl^ ,24). 
9t  tyd  aud?  (Dial.  100)  ber  @ba  sSiaria  gegenübergefteUt,  burc^  beren  @o^n  bie  Über? 
toinbung  ber  Nomonen  unb  bie  @rrettung  ben  ©laubigen  gebracht  ift.  3n  ^em  bon  40 
Srcnäuä  erhaltenen  Fragment  (adv.  haer.  IV,  6,  2,  bei  Guf.  Ä©  IV,  18)  betont  ^uftin, 
bafe  ber  eingeborene  ©oi^n  beä  Schöpfer«  ber  SBelt  unb  beä  3Kenfc^en  ^efommen  ift,  suum 
plasma  in  semetipsum  recapitulans,  unb  baft  eben  bie«  bem  c^nftlic^en  ©lauben  ben 
feßen  ©runb  barreic^t.  $5er  ©cbanfe  einer  ^eitööf onomie ,  einer  SBieberfyerfteHung  ber 
burc^  bie  ©ünbe  gerftörten  ©otte^gemetnfe^aft  ift  alfo  %\i$m  nid&t  fremb  geloefen,  unb  45 
föon  er  ^at  bemnad^  ben  ,,©ang  ber  ©efcbid>te  be^  menfe^aetoorbenen  2ogo$  afö  eine 
Äette  ^eildgefc^ic^tlic^er  bie  ©ünbengeföidf^te  be«  Wenfc^engefcflec^tö  paral^fterenber  unb 
Me  9Kenf(^^eit  neugrünbenber^eitoeranftaltungen  aufgefaßt"  (.§amacf,3)ogmengefcfy.s  1,500). 
2>a^tng^fteIIt  mufe  babei  bleiben,  ob  er  tnfofern  „ber  erfte .  .  noc^  unftd^er  taftenbe  firc^iie^e 
J)ogmatiIer"  ift  (§arnacf  a.  a.  0.),  ober  ob  er  fi<$  toielme^r  ^ier  ©ebanfen  angeeignet  fyat,  50 
bie  bereit«  in  ber  fleinaftatifctycn  Mirc^e  loirffam  toaren.  3ft  e«  fc^on  c^arafteriftifc^,  bafj 
guftin  im  3)ialog  barauf  tjergtd^tet  bat,  toon  einem  oTieo^a  Xöyav  in  jebem  9Jtenf$en 
m  reben,  fo  ^>at  ^juftin  offenbar  in  ben  nic^tapologetif(|en  (Schriften  an  bie  ©teile  beä 
$laä)tot\fö  ber  3Sernünftigfeit  unb  be«  moralifd^en  SBerte«  be«  G^riftentum«  eine  Setonung 
ber  ertöfenben  ^atfad^en  be«  Scbcn«  (Sbrifti  treten  laffen,  nur  Riffen  toir  nicfyt,  in  toel^em  55 
Umfange  bie«  gefd&e^en  unb  in  tote  toett  bie  Srlöfung«le^re  be«  grenäu«  bon  tym  ab« 
bangig  ift.  (3)a«  ^ragm.  5 1  Otto  III]  bei  fieontiu«  ob.  ©.  642,  »1  mit  feiner  enttoidelten 
®rtöfung«le^re  ift  toof)l  fieser  md)t  juftinifd^,  öngel^.  ©.  432 f.;  gegen  £ilgenf.  3to^  1883, 
S.  28).  3f*  für  Csuftin  bie  toefentltcfyc  ®ab^  ber  (Srlöfung  neben  ber  ©nenntni«  bcr 
ßin^eit  unb  be«  geiftigen  Siicfen^  ©otte«  ba«  unvergängliche  ©ein  bei  ©ott,  fo  betunbet  üo 


648  SufHn  bcr  »Wrtyrcr 

bcr  Sfyrift  bocfy  a\xä)  föon  jefct  feinen  §ett«befi$  bur<$  Übertombung  ber  Dämonen 
(§arn.  1, 502).  Ap.  I,  32  rebet  ^uftm  öon  einer  @mtoo&ung  be«  gogo«  in  ben  ©laubigen. 
3lbcr  bennoefy  befyerrfcfyt  bie  Ideologie  ^uftin«  ein  moraltftiföer  ©runbjug.  5Det  ©taub* 
ift  ifym  nur  bie  Uebeneugung  t>on  ber  ©ottcöfo^nfc^aft  S^rifti  unb  t>on  ber  2Ba^$eti  femer 
6  gefyre  (fcgl.  to.  (Sngety.  ©.  188).  @r  „macfyt  nietyt  geregt,  fonbern  ift  nur  bie  SorauSfcfcung 
ber  ©erecfytigleit,  bie  burd&  geiftungen,  burefy  SReue,  ©inneSänberung  unb  ftinblofen  ©anbei 
nad&  ben  ©eboten  ©otte«  unb  ßfyrifti  au  ftanbe  fommt.  SRur  fofern  ber  ©laube  fclbft 
f$on  freie  ©ntfcfyeibung  für  ©ott  ift,  §at  er  ben  SBert  einer  rettenben  %fyai  unb  jtoar 
Don  folcfyer  Sebeutung,  bafe  man  fagen  fann,  abrogant  fei  burd&  ben  ©lauben  geredet  ge^ 

10  toorben.  3n  SBirflic^Ieit  gefcfyafy  e«  aber  burety  uecdvoia.  Diefe  Stuffaffung  be«  ©lauben« 
fyängt  gufammen  mit  bem  ©ebanlen,  bafe  bie  gefyre  3*fu  (Stoangelium  ift  (bgl.  fcier^u  au<$ 
ßngelfy.  194),  fofern  fte  jur  93ufee  ruft  unb  Sofyn  fcerfyeifet,  ober  toeit  fte  Slntoeifungen 
mr  SBere^rung  be«  toafyren  ©otte«  unb  jur  93efferung  be«  geben«  enthält  unb  für  Stcue 
Vergebung,  für  ^eilige«  geben  Unfterblicfyfeit  in  äu«ft$t  ftellt".    Suftin  fctoeifelt  niefct,  bafc 

15  bie  Äenntni«  tyiertoon  „au«reid&t,  um  ben  2Rcnföen  jur  Um!e$r  gu  betoeaen".  ,,2)a« 
göttliche  ©efefc  ift  au«reid&enb  &ur  ©rlöfung,  toeil  bem  ©ünber  in  feinem  freien  SSJiBen 
ba«  Vermögen  ber  ©ef^erfüttung  innefoo&nt"  (toon  (Sngelij.,  91®*  VII,  323  f.).  35a$cr 
bejtefyt  ftd&  auefy  bie  Vergebung  in  ber  $aufe  nur  auf  bie  öor  berfelben  begangenen 
©ünben,  toäfyrenb  ber  2Renfd&  fortan  burety  fünbtofe«  geben  ftc&  be«©ein«  bei  ©otttoürbig 

20  machen  foH.  ©benfo  betätigt  ber  (S&rift  in  ber  ©ud&ariftie  feine  ^römmigteit  burefc  ©ebet 
unb  Erbringung  fcon  93rot  unb  jffiein.  @r  empfängt  bafttr  „bie  burd&  ein  öon  ßfcrifto 
gelehrte«  @ebet«toort  gefegnete  9tafyrung,  toelcfye  gletfc^  unb  33lut  be«  fleifägetoorbencn 
3;efu«  ift,  unb  öon  toeld&er  unfer  33lut  unb  ftleifcfy  umtoanbelung«toeife  (xatä  fieraßolrjv) 
genährt  toirb"  (Ap.  I,  66).    3n   f^ner  &$**  toe*fe  f^  3>uftm  *n  Überemfttmmung  mit 

26  ber  ganjen  Äircfye.  5Rur  in  Sejug  auf  ba«  3Mennium  fennt  er  einen  ©egenfafc  in  ber 
rechtgläubigen  Sirene  unb  in  ber  Seurteilung'be«  milberen  3uben<$riftentum«.  @r  feiner* 
fette  ift  bereit  bie  ^ubend&riften  anjuerfennen,  loeld^e  bie  ©efe^eöfrei^eit  ber  ßeibenc^riflen 
nid^t  antaften,  aud^  loenn  fte  in  Sfyriftuä  nur  ben  SDteffiaS,  nod^  nid^t  ben  ©o^n  ©otte* 
erblicf en.  3)ie  anberen  Igubend&riften  gelten  aud^  i^m  nid^t  für  G^riften.    ©einem  ©^Uiaömud 

so  fehlt  bie  93e)ie^ung  auf  baö  jübtjd?e  Soll,  aber  er  hält  feft  am  3RiIennium  unb  überhaupt 
an  ber  altd&riftlid&en  ß^atologie  (äl^berger  140  ff.).  Irägt  bie«  ebenfo  gur  SBatyrung  be« 
d^riftlic^en  6^ara!ter«  feiner  Geologie  bei,  loie  fein  Semü^en  ein  93erftänbnte  ber  Sr« 
löfung^tbatfa^en  mit  feinen  ^ilofop^ifd^  beftimmten  Slnfc^auungen  *.u  t>erbinben  (bgl. 
Dial.  3Öf.  olxovojuia  rov  nddwg),  fo   erfc^einen   boefy  in  ben  erhaltenen  ©Triften  bie 

sölefeteren  afö  bie  ma^gebenben.  §ier  ift  „Sater  bcr  SQScIt"  bie  ftetyenbeSejei^nungQotteS; 
beffen  SBeltbejie^ung  vermittelt  ber  gogoä,  SWenfd^  geloorben  ift  biefer  toefentlic^  ber  Sekret 
unb  ©efefcgeber,  unb  bie  annähme  feiner  gefyre,  SReue  unb  lugenbübung  ftnb  ber  3B«g 
jur  UnDergänglid^!eit. 

Suftin«  ÜBertoertung  be«  gogo^begriff«  ^at  ftet«   bie  äufmerffamfeit  auf  fi^  gelenß. 

40  (Sine  birefte  Slb^ängigteit  öon  ^tytlo  läfet  fi4>  m.  @.  nicfyt  erloeifen  (gegen  Stoß  I,  281  f.), 
benn  unmittelbare  Sejie^ungen  ftnb  nicfyt  toor^anben.  3)er  gogo«geban!e  toar  offenbar 
in  ber  gebilbeten  2Belt  Verbreitet,  unb  auc^  bie  Sejeic&nung  be«  ©o|ne«©otte«  al^gogo« 
fc^on  gubor  in  ber  Mirche  übltc^.  aber  bcnno$  bleibt  bebeutfam  bie  ©lei$fe$ung  be^ 
gefd^td^tlic^en  S^riftu«  mit  ber  in  ber  gangen  SBelt  toir{famen  SSernunfthaft,  tooburc^  m 

45  felbft  alle  Söäa^r^eit  unb  lugenb  für  bie  ßfyriften  rellamiert  unb  bie  Sfoftofc  erregenbe 
SBere^rung  ß^rifti  ate  ba$  loa^r^aft  Vernünftige  ^ingefteHt  tourbe.  ©erabe  für  biefen 
ßrtoei«  be$  SRed^te«  ber  2lnbetung  (S^rifti  bebient  ftd^>  ^im  b&  gogo^gebanlen«.  Gtyrifhtf 
ift  ber  5)Jenfd^,  loeld^er  ber  gogoS  ift,  toon  ©ott  als  $ringij>  ber  SBJdtfc^öpfung  erjeugt, 
bcr  anbere  ©ott  neben  ©ott  (Ap.  II,  6),  nid&t  eloig  aber  toorgeitlic^  (6ngel^.,  ©.  119  f., 

5o£atyn,  9RarceC  t).  2lnc,  ©.  229  f.).    2Bo  ^uftin  aber  bie  ©ott&eit  be«  Srlöfer«  unb  fein 

1.55  ff.),  * 


Ser^ältni«  jum  Vater  be^anbelt  (Dial.  55  ff.),  ba  gefd^ie^t  bie«  ni<$t  mit  $ilfe  bergoao* 
ibee  (boefy  ögl.  Dial.  61  yeyewrjxe  dvvafilv  xtva  l£  iavrov  loyixrjv,  au<£  62  rd  dato 
rov  Tiaroög  TTQoßkrjfrh  yevvriua),  fonbern  an  ber  §anb  beä  91%;  einen  mefentfic^en 
»eftanDteil  ber  ge^re  bon  ß^rtftu«   btlbet  fie   für  tyn   ba^er  nic^t  (ö.  ©ngel^.  283f.). 

ööUngcflärt  bleibt  ba«  Vcr^ältni«  toon  gogo«  unb©eift;  bie  Offenbarung  an  bie  ^Jro^^eten, 

fonft  als  aBert  be«  pro^etifcfyen  ©eifte«   bejeic^net,  erfolgt  Ap.  I,  32.  33.  36.  II,  10. 

Dial.  61  u.  a.  bur$  ben  gogo«.    $ie  Einfügung  ber  (Sngel  in  bie  trmitarittc  gormel  (Ap.Ir6) 

totll  nur  bie  ©efamt^eit  beffen  namhaft  machen,  n>a«  ©egenftanb  ber  Verehrung  ber  G^nften  ifl 

35tc  ctyologetifcfye  Orientierung  ber  ©ebanfen  ^uftin«  tritt  audj  in  ben  nod^  erhaltenen, 

60  fid^  burd^  i^ren  ^nl/ait  al«  ec^t  legitimierenben  äften  feine«  SWartyrium«  (AS  Apr.  IIf  108  ff. 


3itftitt  ber  9Rartyrcr  649 

Ruinart,  Acta  mart,  Stegcn«burg  1859,  ©.  105  ff.)  m  2age.  2lu$  ^icr  fielen  bie 
getßtge  93ere$rung  ©otte«,  gfyriftu«  ber  Sefyrer  bcr  ©eredptigfeit  unb  ba«  utfünftige  #eil 
tm  SWittetyuntt  feine«  d&riftlid&en  Sefoußtfein«  (cap.  1.  2.  4).  Der  2Rann#aftigfeit  feine« 
auftreten«  m  Styologie  unb  Dialog  (j.  93.  I,  2.  8.  II,  3.  Dial.  80)  entforid&t  bie  um 
erf$rodene  Rvtoetfvtyt  (4  non  opinor  . .  sed  scio,  et  hoc  tarn  certum  habeo,  ut  nihil  5 
dubitem)  feiner  Seranttoortung  unb  bie  greubigfeit  feine«  2Rartyrium«.  Da«felbe  tyit 
ttym  bie  au«geid&nenbe  Benennung  be«  2Rärtyrer«  eingetragen.  6«  fanb  ftatt  unter  bem 
©tabtyräfetten  SRufticu«.  Da  biefer  bie  ?ßräfcftur  nid&t  früher  al«  162  angetreten  unb 
Dar  168  geenbet  tyat  (3afyn,  gorf  jungen  VI,  14),  fo  muß  3uftin  in  bief er  3eit  Märtyrer 
getoorben  fein.  3;uftin  fear  je$t  jum  jh>etten  2Ral  in  SRorn  (Acta  mart.  2) ;  feiner  erften  io 
Äntoefentyeit  bafelbft  gehört  feine  2tyologie  unb  tootyl  au$  ber  Dialog  unb  Adv.  Marc.  an. 
Die  Stellung  be«  2Bei«fagung«betoeife«  in  3uftin«  2tyologetif  läßt  fd&on  feine  SBerfc 
legung  auf  bie  ©cfyrift  be«  212;  ertennen.  Sie  ift  ba«  burdfc  ben  fyL  ©eift  red&t  eigentlich 
für  bie  Triften  gerebete  2Bort  ©otte«,  al«  folc&e«  burefy  bie  (SrfüHung  ber  2Bei«fagung 
unjtoetfeltyaft  bargetfyan.  SReben  ba«  propfyetifdje  2Bort  tritt  aber  al«  ein  ntcfyt  minber  16 
göttlid&e«  ba«  ber  2fyoftel  (Dial.  119  xfj  (pcovfj  xov  öeov  xfj  did  xe  xcbv  cbioax6Xa)v 
xov  Xgtaxov  kaXrf&eiori  .  .  xal  xfj  diä  xcbv  Tigocprjxcbv  xrjgvx&eiofl  fj/uv).  älud^  bie 
Jlufjeicpnungen  ber  ai^o^tel  toerben  im  öffentlichen  ©onntag«gotte«bienft  beriefen  (Ap.  1, 67 
xä  äjiojbivn/biovevfiaxa  xdry  äjrooxdktov  T]  xd  ovyyQ&fiuaxa  xcbv  ngocprixcov  äva- 
yivcooxexai).  'Ajiopvrj/biovevjLiaxa  ift  bie  regelmäßige,  offenbar  au«  SRücfftdpt  auf  feine  20 
ni<$tc$riftli$en  Sefer  t>on  3wftin  getoäfylte  35ejetd^nung  für  bie  Gtoangelien  (Ap.  I,  66  ol. . 
äjzooxoÄoi  h  xoig  yevojuivoig  vri  avxcbv  chtofivrjfiovevfjiaotvt  ä  xakeixai  evayySAia). 
3uftm  giebt  aber  beutlicfy  ju  ertennen,  baß  biefe  im  cfyrtftltcfyen  Sprachgebrauch  anber«, 
nämli$  xd  zvayyihov  (xä  evayyiha  nur  Ap.  I,  66)  genannt  toerben.  211«  äutorität 
!amt  Suftin  fte  aud)  im  Dialog  nid&t  in  gleicher  SBeife  toertoerten  toie  ba«  213:.  Stur  26 
bie«  ift  für  ifyn  im  eigentlichen  ©inne  „bie  ©d^rift,"  obfd&on  toenigften«  Dial.  49  9Rt  17, 13 
einfach  mit  yiygamai  cttiert  toirb,  ofyne  ba«  Don  3uftin  fonft  hinzugefügte  h  xöig 
äjw/LivTjpovevuaoi  xeov  cbioaxoXcov  (Dial.  100 — 106 ;  bgl.  bef.  3a^n,  ©efeg.  b.  Äan.  I, 
469  ».  2).  2lber  be«falb  ftefjt  bod&  bie  2lutorität  ber  2fyof™  «*  tdqt»  hinter  ber  ber 
SJroj^eten  jurücf  (@ngefy.  333  f.,  Äunje  422).  Denn  „bie  2fyoftel  ftnb  bie  fcfyon  im  21$  so 
angefttnbigten  unb  bon  3efu$  au«gefanbten  SBertünbiger  ber  juerft  toon  3efug  flw«- 
gefiprod^enen  neuen  Offenbarung"  (3«^n,  ©.  520).  3^re  Autorität  beruht  alfo  aunäc^ft 
barauf,  baß  ifyr  SBort  „bie  2e^re  be«  göttlichen  Sogo«  ift  unb  bie  2lu«fj>rü$e  Gprifti  in 
aut^entifc^er  2Beife  loiebergtebt"  (6ngel^.,  Sl@ 2  VII,  322).  ßu  folgern  ßeugni«  ftnb  fte 
aber  au<$  bur^  eineÄraft  be«  ersten  G^riftu«  au«gerüftet  toorben  (Ap.  I,  50.  Dial.  42),  86 
unb  botyer  geben  fte  jugleicfy  ba«  grunblegenbe  SSerftänbni«  ber  ©rfepeinung  G^rifti  uiü) 
feiner  Saaten  (Ap.  1, 40. 49).  3^re  2lugenjeugenfc^aft  loie  biefe  eigentümliche  Sefäbigung 
öerlei^en  ibnen  i$re  2lutorität«fteHung  unb  machen  fte  ju  Sebrcrn  ber  ßbriftenfyeit.  „Durcp 
fte  ift  Gtyriftu«  ber  SBelt  gegenwärtig,  o^ne  tyre  Se^re  giebt  e«  leinen  ß^riftu«"  (@ngel^., 
ß^rift.  Suft.  334).  ©olc&c  Se^rer  ftnb  fte  toorne^mlid^  burefy  bie  ©bangelien.  3ft  S^uftin«  *o 
Sht«brud«h}eife  Dial.  103  eine  genaue,  fo  bezeichnet  er  biefe  bort  al«  bon  2l)>ofteln  unb 
©$ülern  ber  2l^oftel  berfaßt.  2luc^  fd&on  ba«  Diateffaron  ^atian«  fließt  e«  fo  gut  loie 
au«,  baß  3"ftin  an  anbere  ßöangelien  al«  bie  bier  befannten  gebadet  fyaben  follte.  SBa« 
er  vorträgt,  entftammt  h>ef entließ  5)it  unb  2c,  aber  Dial.  106  toirb  beutlic^  ÜKc  3,  17 
Dertoertet,  unb  nur  mit  Unrecht  ^at  man  ^ier  bielmefyr  einen  §inh>ei«  auf  ba«  Sßetru«-  45 
ebangeltum  erblidft.  3Rit  großer  gmfyeit  öerfä^rt  aber  ^uftin  bei  ber  Söiebergabe  ber 
©orte  ber  ©bangeliften,  beren  lejte  er  unbefangen  toermifcfyt  ober  ungefc^eut  umgeftaltet. 
Die  Segugnatymen  auf  ba«  3«>banne«ebangelium  ftnb  unberfennbar  (ögl.  Ap.  I,  61  mit 
3o  3,  3  ff.,  I,  6  mit  >  4,  24,  Ap.  II,  6  mit  30  1,  1  ff.,  Dial.  63  mit  30  1,  13, 
105  mit  So  1,  1.  18,  88  mit  >  1,  2t».  23,  94  mit  30  3,  14f.;  baju  3abn  a.  a.  D.  I,  60 
522  ff.).  Daß  er  bennoefy  bie  $ermh>orte  nur  ben  ©tynoptifern  entnimmt,  beruht  auf  bem 
anber«artigen  G^arafter  bcr  jofyanncifd&en  Sieben.  —  211«  inf^iriertc,  toeil  ^rop^ettfe^e 
Sdjnftft  ätiert  3uftin  unter  9tomennennung  i^rc«  3Scrfaffer«  bie  2lt)otal^fe  Dial.  81. 
Stockt  fc^on  bie  93eftreitung  be«  9Karcion  eine  Stellungnahme  ju  ben  ^aulinifc^en  ©Triften, 
bie  ber  ft>äteren  fir<^lid^cn  entfprad),  burc^au«  n>a^rfc^einlic^,  fo  fyat  3uftin  aud)  na<fy  66 
Wet^obiu«,  De  resurr.  II,  18,  9  au«  1  Äo  15,50  feine  2luferftefyung«letyre  ju  begrünben 
gefugt  Auf  3tö,  1  Äo,  ©a,  Qpb,  ,Uol,  2  Zf)  finben  fid?  bei  3uftin  gefiederte  93ejug* 
nahmen,  bieUeic^t  auf  W\,  lit,  1  Xt,  bagegen  feine  auf  2  ,tto,  1  %f),  $^i,  2  2i.  2lu« 
ä®  l,  9.  11  fc&öpft  3ufttn  De  resurr.  9  9Jr.  108,  24  f.  Den  ^ebräerbrief  muß  3uftin 
gelannt  ^aben  (3a^n  I,  576  ff.).    2luf   1  30  3,  1.  2,  3  toeift  Dial.  123.    Über  mc^reo 


650  3uftitt  bcr  äRärtyrer  ^ufttutou  I. 

ober  minber  toafyrfd&einticfye  93ejietyungen  gu  1  $o,  1  *ßt,  $a  bgl.  Rafyn  I,  576.  ^"ftm 
tyat  auefc  unbebenflicfy  apofa^e  Überlieferung  t>crtt>ertct.  2Bie  e$  fc$eint,  benufcte  er  fd^on 
baS  ^rotebangeltum  ^afobi,  bieHeid&t  ein  Stfyomaäetoangelium  (3al?n  I,  539  ff.)  unb  bie 
Acta  Pilati  (Ap.  I,  35).    Slucfc  bie  Dibad&e  fd&eint  er   ate  apoftoltfäe  ©cfcrift   $u   ge* 

5  brausen  (Ap.  I,  togl.  £afyn  M®  8,  66  ff.).  —  6«  ift  nid&t  me&r  gu  entfcfctbcn,  toann 
SDtarcion  jur  ©Übung  feine«  ftanonä  gefetyritten  ift,  aber  irgenbttrie  mufe  boc$  bie  3lu& 
einanberfefcung  mit  tym  3uftin  genötigt  fyabtn,  über  ben  Seftanb,  bie  äbgrengung  unb  bie 
33ebeutung  ber  neuteftamentKd&en  ©driften  ju  remitieren.  Sei  ber  Sefdjaffen^ett  ber  n- 
^altenen  Schriften  ^uftinä  (äfet  ftd&  jeboety  nid&t  feftfteDen,  in   tote  toett  ^uftm  ein  bog* 

10  matifd&ee  Igntcreffe  an  ber  Sammlung  neuteftamentlid&er  ©Triften  gehabt  fyat  unb  t^m 
bie  SBebeutung  eine«  neuteftamentlid&en  ÄanonS  gum  Setoufetfem  gefommen  ift    ©o«*etfd>. 

^ufthnan  I.,  ojlrömifd&er  Äaifer,  527— 565.  —  ßttteratur:  SaL  Gbw. 
(Gibbon,  The  Decline  and  Fall  of  the  Boman  Empire,  Vol.  4,  fionb.  1788,  neue  Uudgabe 
von  3.  $.  «uty  Vol.  4,  fionbon  1898;  (£br.  SB.  gr*.  SBald),  @ntnmrf  einer  DoOft.  fcntorie 

lob.  Äegere^en  u.  f.  id.,  6.-8.  93b,  Seidig  1773—78  (beibe  SBcrfe  noeb  beute  unentbehrlich); 
fiebeau,  Histoire  du  Bas-Empire,  eU  Saint-Martin,  Vol.  8  unb  9,  $ari3  1827.  28;  6.  3- 
n.  ©efele,  Gonctliengefd)id)te,  2*,  fjreib.  1875;  3.  »rljce,  Justinianus  I.,  in  DchrB  3,  1882. 
538-559;  fi.  u.  föanfc,  2Beltgefd)tcbte,  4.  Xeil.  2.  9lbt.,  £eip*ifl  1883;  $.  ©.  Äleton,  Keizer 
Justioianus  I  en  de  christelijke  kerk,  in  Theol.  Studien  4,  1886,  383—396;  $.<Sd)ulfce,  Gk* 

20  fetytite  b.  Untergang«  b.  gried)ifd)*römifd)en  #eibentum3  1,  3ena  1887,  434-459;  2.  1892, 
vv.  11.;  g.  fioofS,  fieontiuS  u.  S3ngang.  in  %U  3,  1.  2.  fceft,  fieipj.  1888;  3.  ©.  $uri),  A 
History  of  the  Later  Boman  Empire,  2  Voll.,  Lond.  1889;  fr.  flattenbufefc.  Sebrb.  ber  »er- 
gleicöenben  ftonfeffionSfunbe,  ^reib.  1892,  199 f.  262 f.;  #.  SRütter,  Äir*engefdn*te,  frretb. 
1892,  274—278  (ugl.  aueft  bie  93emerhingen  in  be§f.  Äb^anblung:  Die  ©renje  jroifdien  Älter- 

25  tum  unb  Mittelalter  in  ber  $ird)e  in  ben  $3  60,  1887,  264  ff.) ;  $.  3oer§,  ®ie  9*ci*«politit 
ßaifer  3uftinian$,  ©ie&en  1893;  St.  £arnacf,  fiebrb.  b.  $ogmengef*tcöte  2»,  Sfreiburg  1894, 
389  ff.:  «.  Äned)t,  Die  SReligton^poIitif  Äaifer  Sufttnian«  L,  3Bür jburg  1896 ;  ©.^.©utton, 
The  Church  of  the  Sixth  Century,  Lond.  1897 ;  .^.  ©cljier,  2lbri6  b.  b^^antinifeften  Äaifer« 
gefd)id)te,  in  St.  $rutnbad)er$  ©cfd)id)tc  ber  bn^antinifdjen  fiitteratur,  2.  Aufl.,  HRün^en  1897, 

so  928  ff. ;  g.  Dtefamp,  Die  origeniftifdjen  ©treitigfeiten  u.  ba$  5.  öfumenific  Äonj^il,  fünfter 
1899.  —  Der  ftobej  (C)  ift  nacb  bcr  Slu^gabe  uon  %  Krüger,  Berol.  1877,  bie  9*oocacn(N) 
naef)  ber  uon  C.  E.  Zachariae  a  Lingenthal  (Imp.  Justiniani  PP.  A.  Novellae  quae  vocan- 
tur  sive  Constitutiones  quae  extra  codicem  supersunt  ordine  chronologica  digestae),  2  Tom. 
Lips.  1881,  zitiert;  bie  bei  ben  N.  in  eefigen  klammern  fteljenben  8iffcrn  finb  bie CfrbnungÄ» 

85  nummern  uon  3acf)artae.  SSgl.  aud)  bie  ju  ben  9lrt.  Dreifapitelftreit  (8b  V  6.  21),  SRono- 
p^l)ftten,  ^eopajdjiten  u.  a.  angegebene  Citteratur. 

Ueberficftt:  1.  ungemeine«.  2.  föeligionSpofittf :  ^er^alten  gegenüber  bem ^eibentum, 
bem  Subentum,  ben  6amaritanern  unb  ben  SWanic^äern.  3.  ftirdjcnregiment.  4.  Äircftcnpolitil. 
5.  X^eotogie. 

40  1.  gfatnuS  3lnictuö  3u^anu^  3  u  Pi n  x  an  u  *  (f°  btx  offizielle  UteO  ftammte  au«  laure* 
ftum  (je^t  %aox),  einem  an  ber  tf>racifd&en  ©renge  unfern  ber  gfcfhwfl  Seberiana  (35aber), 
füblic^  uon  Slupi  (Ue^füb)  gelegenen  Rieden  in  ^fltym«  (Proc.  Aedif.  4,  1  ed.  Bonn. 
266,  15;  Malal.  Chronogr.  ed.  Bonn.  425,  9;  togl.  §.  Äiepert,  Formae  Orbis  An- 
tiqui,   Berol.  1894,  Tab.  XVII,  33uty  a.  a.  D.   8b  2,    ©.  7,    «nm.  1 ;    bei  btefem 

46^cc^en  [^«^'  <*fab  xo  x<i>Qt'ov  Proc.  1.  c]  erbaute  3-  äÖ  Äaifer  bieStabt  Justiniana 
prima  unb  machte  fte  ^um6i^  eine^  ©rjbijd^of«  [f.  unten  ©.  655, 37 J).  Die  Sc^auptung 
flatoifd&er  2lbfunft,  bie  ftc^  bi^  tn  neuere  3>arfteflungen  ^ineinjie^t,  ru^t  lebiglicty  auf  ber 
angeblich  uon  bem  ^ßrcäbtyter  Sogomil  (I^eop^ilu^),  einem  angeblichen  3^9^noff^n  unb 
ÜJe^rer  be«  Äaifer«,  oerfafcten  8iograp^ie.    teuere  gorfd&ungen  (3-  Sr^ce,  Life  of  Jasti- 

go  nian  by  Theophilus,  in  The  English  Historical  Review  2,  1887,  657—686  unb 
im  Archivio  della  Societä  Romana  1887,  137—171 ;  tneitere  Sitteratur  bei  Ä.  Ärum^ 
badjer,  ©efc^.  b.  b^ant.  Sitt.,  2. 3lufl.,  3Rünc^en  1897,  237)  faben  biefe  2eben*cf<^reibung 
al«  eine  im  flafcopfyilen  Sinne  unternommene  gäljcfyung,  too^I  erft  be«  17.  gafyr^unbcrtS, 
erliefen.    Damit  ift  auc^  3ufti™an$  angeblicher  eigentlicher  9lame  U})rauba  mitfamt  ben 

56  baran  gefnüpften  Folgerungen  hinfällig  geworben.  21K  ©eburtgja^r  toirb  auf  ©runb 
einer  5ioti^  be$  3onara^  (Epit.  Hist.  14,  5  ed.  Bonn.  3,  151),  toonac^  3.  bei  femer 
I^ronbefteigung  45  3aF)rc  alt  getoefen  fei,  482  (483)  erfc&loffen.  2Bo^I  in  früher  3ugenb 
nach  ber  Stctcfyebau^tftabt  gef ommen,  fcfyeint  er  bort  ben  getoö^nlic^en  SJUbungägang,  Ipaipt* 
fäd^lid)  mit  juriftifc^en  unb  pbilojopfnfd^en  Stubien  befc^äftigt,  burc^Iaufen  ju  ^aben.  Da| 

wer  ba«  ©riccfyifc^c  lebenslang  mit  frembem  2lccente  f>>rac^,  bezeugt  ^Jrofoj)  (Hist.  Are.  14 
p.  88,  3).  2tl$  ©c^tüefterfo^n  (Theophan.  Chron.  ed.  de  Boor  173,  16)  be$  in 
^o^em  3lnfel/en  ftefyenben  ©enerafe  i^uftin  ^at  er  rafä,  auc^  mtlitärifc^,  .Vtarriexc  gemalt 


Suftinitut  I.  651 

SKü  bem  9legierung«antritt  be«  fyöfyerer  Silbung  baren  unb  jetner  fcfytoierigen  Stellung 
nic^t  getoad&fenen  Dfyeim«,  im  !gabre  518,  eröffnet  ftdj  bem  Steffen  eine  grofee  ßuhmft. 
SBon  Anfang  an  &at  er,  toon  ©tufe  ju  ©tufe  fteigenb,  bei  hrid&tigeren  Slltionen  bie  §anb 
im  Stiele  gehabt.  521  Konful,  ftKtter  Äommanbeur  ber  Dftarmee,  toar  er  lange  ber  fa!* 
tiföe  Siegent,  betoor  Suftin  tyn  am  1.  äpril  527  jum  SWitfaifer  annahm.  sJiadp  toter  9Ro*  6 
naten,  am  1.  Sluguft,  toarb  er  Sllleinfyerrfcfyer.  $)ie  38  3>afyre  fetner  ^Regierung  —  er 
ftarb  am  14.  SRotoember  565  —  fyaben  in  ber  ©efäid&te  be«  b^jantinifd^en  SRcid^eö  unb 
jetner  Stirere  (Spod&e  gemalt  unb  fmb  toon  unitoerfaler  Sebeutung  geworben,  ©in  ÜKann 
toon  ungetoöfynlic&er  2lrbeit«fraft,  in  fyoEjem  Sölafee  entfyaltfam,  in  ber  SBafyl  fetner  3RttteI 
ffntyelto«,  leutfelig  unb  beh>eglid(j>,  fetylau  unb  un$utoerläfftg  —  beim  Slufftanbe  ber  TOIa  10 
fcmrbe  bie  Stnflage  auf  SDteineib  tym  in«  ©eftcfyt  gefd&leubert.  3jn  feine  fyäu«tid&en  93er* 
Jjältniffe  unb  in  ba«  ©etriebe  am  £ofe  fyat  ber  Klatfd?  in  ©eftalt  ber  älnefbota  be«  Der* 
ärgerten  *ProIoj>  bie  SRacfytoelt  unerfreuliche  ©lief e  ttyun  laffen:  aber  Ifyeobora,  bieÄaiferin, 
toar  trofc  ifyre«,  toenigften«  bor  ber  6fye,  mefyr  al«  atoeifetyaften  2eben«toanbel«  unb  tro£= 
bem  fte  an  ©ftupelloftgfeit  ben  ©atten  toielleictyt  no<|  übertraf,  eine  aufeergetoöfynlicfy  h>eft*  16 
bltdtenbe  grau,  beren  flugem  9tat  in  ben  fingen  ber  äußeren  h)ie  ber  inneren  Sßotitif  ju 
folgen  bem  Äaifer  nic^t  ntr  Unehre  gereifte.  93or  ber  SBelt  erfd&einen  nur  feine  großen 
Seftrebungen.  3ftn  «füllte  ber  ©cbante,  ba«  römifcfye  SReicfy  in  alter  $errli$feit  unb  im 
alten  Umfange  toieber  ^erjufteHen.  ^xiftintcxn  ift  ber  lefcte  ber  ^nty^atoren,  ber  e«  Der* 
fu<$t  fyat,  biefem  3iele  mit  Äonfequenj  nadfougefyen  unb  ber  e«,  freiließ  mit  ungeheuren  20 
Dpfent  unb  ofyne  bafe  ber  (Srfolg  ein  bauernber  getoefen  toäre,  toenigften«  für  eine  furje 
3«t  erreicht  tyat.  liefern  $iele  galten  feine  großen  Kriege,  toornefymlicfy  im  SBeften,  too 
ber  ®mflu|  be«  oftrömifd&en  Äaifer«  mefyr  unb  mefyr  bafyin  gefcfytounben  toar.  3)arum  fyat 
er  bie  germanifd&en  33ölferf$aften,  bie  ftdj  in  ^Ifrifa  unb  Stalten  anfäfftg  gemalt  Ratten, 
niefct  im  ruhigen  33eft§e  be«  bur$  (Sroberung  Grtoorbenen  laffen  mögen,  f onbern  SSanbalen  25 
unb  ©oten  burdfc  Seltfar  unb  SRarfe«  ben  Untergang  bereitet.  3)er  ftd&  immermefyr  er- 
bebenben  2Ra$t  be«  römifcfyen  ©tufyle«  ift  er  nod&  einmal  #err  geworben.  6r  fyat  ba« 
&ei<$  gegen  äußere  ftetnbe  nad)  Kräften  gefcfyüfct  burdj  Einlage  toon  fteftungen  an  ben 
©remen,  burefy  §eerftrafeen  unb  Srücfen.  ©ine  getoaltige  Saut^ätigleit  auc^  im  3nnern 
läfct  feine  ^Regierung  in  befonberem  ©lanje  erfd^einen :  ©täbte  entftanben,  Äird&e  auf  Äird^e,  so 
Älofter  auf  Älofter.  Unb  toenn  Kriege  unb  Sauten  Unfummen  berfd^langen  unb  bie 
Steuerzahler  über  bie  Unerfättlid^feit  beä  %\$t\i$  murrten,  fo  toiffen  bie  Quellen  boc£  aud^ 
baöon  3U  reben,  ba^  bie  faiferli^en  ?£onb3  bei  öffentlichen  Äataftrof l^en,  an  benen  bie 
3«t  reti^  toar,  oft  genug  in  toaljrfyaft  großartiger  SBeife  jur  3Serh?enbung  famen.  3Son 
bem  ©runbfafc  getragen,  baß  ba«  Seftefyen  eine«  ©emeinto^en«  auf  SEBaffen  unb  ©efefcen  86 
beruhe  (f.  baä  ^Sromulgation^ebift  be«  ßobej  de  Justiniano  Codice  confirmando, 
Ärüger  2, 18  ff.),  tyat  er  ber  ©efe^gebung  ein  er^te«  Slugenmer!  ntgetoenbet  unb  ftd^  mit 
ber  Äobififation  be«  römifc^en  ^Ke^te«  ein  bleibendes  3)en!mal  gefd^affen:  ntd^t  eine  freie 
gefeftgebertfd&e  ©c^ö^fung,  fonbern  ©id^tung  unb  ©ammlung  ber  alten  unb  neuen 
SKecptäqueHen  fyat  er  babei  bcabftctyttgt  unb  burc^gefü^rt  (%$x$  22).  6«  ttmrDe  bie  40 
biefem  ärtifel  gefegten  ©c^ranfen  toeit  überfc^rciten,  toollten  h)ir  öerfuc^en,  3uf*in^an^ 
X^ätigteit  auf  atten  biefen  toeitüerjtoeigten  ©ebieten  im  einzelnen  banuftetten  unb  einer  Krittf 
^u  unterbieten.  Sebigltd^  feinem  Eingreifen  in  bie  religiöfen  unb  firc&licfyen  Setoegungen, 
mit  ben  3Kitteln  ber  ©efefcgebung  ober  ber  ^Jolitif,  fyaben  h)ir  nachuge^en.  9lber  felbft 
eine  umfaffenbe  3)arfteDung  ber  Ätrd^en^olitif  be3  Äaifer«  liegt  aufeerpalb  unferer  Aufgabe,  46 
ba  fortgefe^te  Äottiftonen  mit  anberen  2lrtifeln,  in  benen  biefe  ^Jolittf  be^anbelt  toerben 
mu|(35reifa^itelftreit,  -JRono^tyften,  St^eopafd^iten  u.  a.),  fonft  unt>ermeiblid&  toären.  3m 
Sorbergrunbe  foll  bie  ©efe^gebung  unb  bie  Erörterung  ber  perfönlicfyen  ©teHung  be« 
Äaifer«  inäbefonbere  gu  ben  l^eologtfd^cn  g^agen  fielen.  Juftinian«  religiöfe  unb  fird^= 
ltt$e  ©efe^gebung  ift  enthalten  1.  im  Codex  Justinianus  (C),  b.  \).  ber  im  %afyxt  529  60 
erftmolig,  534  in  öerbefferter  Auflage  berau«gegcbenen  ©ammlung  ber  .Haifergefe^e,  näfyer 
m  einigen  Titeln  be«  erften  Sud;e«  biefe«  Mobec,  «"b  2.  in  ben  Novellae  Constitu- 
tiones,  b.  \).  ben  5lad^trag«gefe^cn  j^um  Kobej,  bie  ber  Kaifer  toon  535—565  fyat  au«s 
ge^en  laffen.  2luf  bie  ^Joltttf  unb  auf  bie  perfönltd&e  ©tcHung  bc«  Äaifer«  fällt  toeitere« 
«id^t  au«  einer  2ln$afyl  üon  ©riefen,  Grlaffen  unb  2lbfyanblungen  firc^enregimentli^en  65 
unb  tfjeologifcfcen  3n^a^^^  ^^e/  tl,enu  auc^  *m  «njelnen  %aüt  fein  fc^riftftcllerifc^er  2lnteil 
fu^  nic^t  genau  toitb  feftftellen  laffen,  in  jebem  fiaüs  auf  feine  ^tuttati&e  ^urücfge^en 
vaib  eigene«  Ur.teil  aud^  in  tf>cologifc^en  fragen  toorau«fe|en  (f.  unten). 

2.  ^uftmumS  gfleligion«j)oliti!    ift    toon  ber   intyeratorifd&cn   Überzeugung   ge- 
tragen, ba|  bie  Sin^eit  bc«  ^Kcic^e«  btc  ©in^eit  be«  ©lauben«  jur  unbebingten  33orau«fe$ung  en 


652  3itftii!t<ttt  I. 

fyabe.  ®afc  biefer  ©taube  nur  ber  ber  äyla  (äyicordrrj)  xov  &eov  xaftokxij  xat  (IttootoXix*] 
ixxXrjaia  (1.  5  C.  de  s.  tr.  1,  1;  N.  132  [147]  2,  244;  üb.  adv.  Orig.  MSG86,  1, 
947  A  u.  ö.)  fein  lonnte,  ift  felbftoerftönbltcfy.  ©o  toirb  benn  and)  ber  Äobqr  mit  betn  iitd 
de  summa  trinitate  et  de  fide  catholica  et  ut  nemo  de  ea  publice   contendere 

5  audeat  eröffnet,  unb  tmeberum  fte^t  an  ber  ©pifce  be3  STttelö  jener  Srlafc  ber  Aaifer 
©ratian  (f.  b.  21. 93b  VII,  65,  i  ff.),  Valentinian  unb  l&eoboftuä,  bafe  alle  tyre  Untertanen  ber 
tattyolifd&en  SReliaion  ju  folgen  fyaben  (1. 1  C.  de  s.  tr.  1, 1).  2lnber3gläubige  $aben  e$  an  Seib 
unb  Seben  füllen  muffen,  bafi  ber  5J5rojefe,  ber  mit  ber  faiferlicfcen  ©efefcgebung  feit 
ÄonftantiuS  eingeleitet  toorben   toar,  nunmehr  energifefc  $u  @nbe  geführt  toerben   fottte. 

10  3)er  Äobej  enthält  gtoei  (Srlaffe,  toelcfye  bie  ttöHige  (Sntred&tung  be$  £elleni$mu$ 
and)  im  bürgerlichen  Seben  bewerfen:  1.  9  C.  de  pag.  1,  11  toeift  ade  Se&örben  an, 
bafür  ©orge  $u  tragen,  ben  ©ottloftgleiten  ber  tyellenifdjen  Sieligion  (rd  xfjg  'EXitjvixrjg 
&Qrjoxeiag  äoeß^/mra)  mit  allen  SRed&tSmitteln  nad&jufoüren,  auf  bafj  fie  nicfyt  me^r  ge* 
fcfyegen  ober,  toenn  gefcfyefyen,  beftraft  toerben  fönnen.    Von  bef  onberer  Vebeutung  erf^emt 

15  babei  bie  Veftimmung,  bafe  e$  fünftig  toeber  burefy  le$ttoiHige  Verfügung  noc$  bur$  ®e* 
fcfyenf  geftattet  fein  fofl,  ^Jerfonen  ober  Orten  ettoaS  gur  Unterhaltung  ber  ©ottläfterlicfyfeti 
beä  §elleni$mu$  gutommen  ju  laffen.  3lod)  fcfyärfer  bringt  ba3  folgenbe  ©efeA  (1.  10  C. 
de  pag.  1,  11)  bie  anfielen  unb  2tbftcfcten  ber  Regierung  jum  2lu3brutf.  63  fefct  bie 
XobeSftrafe  für  ©etaufte  feft,  bie  im  fyellenifcfyen  Saturn  nodj  befangen  ftnb;    e3  fcerfugt 

20  bie  ©elbftan^eige  für  noefy  Ungetauftc,  fcerfünbigt  ben  Äated&temu&  unb  Xattf^toang 
bei  ©träfe  ber  Entrechtung  unb  ber  (Sinjiefyung  beä  Vermögens;  e$  unterfagt  ben  ©c$ul* 
befudfc  bei  fyeHenifdjen  fiebern,  bie  geheimen  Opfer  unb  anberen  ©öfcenbienft,  foftrie  bie 
3ugefyörigfeit  $um  9Jtanicfyäi$mu$  unb  belegt  biejenigen  mit  ben  tyärteften  ©trafen,  bie 
„unter  bem  Vortoanbe,   militärifc&e  unb   bürgerliche  ©fyrenfteDen  ober  Vermögen   gu   er= 

36  langen",  ftcfc  felbft  fyaben  taufen,  grau  unb  Äinber  aber  im  §eHeni$mu$  tyaben  bebarren 
laffen.  2)lanc$e  biefer  Veftimmungen,  bie  negativen  gumal,  toaren  niefct  neu.  aber  man 
l)at  richtig  gefagt:  Suftiman  untertreibet  fiety  toon  feinen  Vorgängern  nicfyt  fo  fe^r  burd> 
feine  Verbote  ate  bnxd)  feine  ©ebote  unb  burefc  bie  3)urc&füfyrung  feiner  ©efefce  (Änecfct  30). 
3)afj  bie  ©bitte  ni$t  auf  bem  Rapier  geftanben  fyaben,   ergiebt  fid§>  beutlidp  au$  mehreren 

so  Zotigen  unferer  Quellen.  SMalaS  (p.  449, 3 ff.;  bana<$,  bod&  mit  einigen  3ufä$en,  «j^ 
pfyancS  p.  180, 11  ff.)  toeife  fcon  einer  Verfolgung  jju  berieten,  bie  er  inö  3<^r  529  fe^t 
unb  mit  ber  er  bie  Verfügung  be$  Äaiferä,  ba|  fem  §eDenift  fürber^in  ein  öffcntlicbe* 
2lmt  beileiben  bürfe  —  gemeint  ftnb  toofyl  Veftimmungen  ber  oben  genannten  (Maffe  — , 
in  Verbinbung  bringt.    3)iefer  Verfolgung  feien  fyocfygeftettte  SRänner  jum  Opfer  gefallen. 

86  2Botyl  biefelbe  Slffaire  f)at  ViWof  So^anne«  bon  gp^efu«  (f.  %.  9iau,  l'histoire  ecelS- 
siastique  de  Jean  d'Asie,  in  Rev.  de  TOrient  Chr^tien  2,  1897,  481  f.)  im  äuge, 
toenn  er  bon  ben  in  Äonftantinopel  Verfolgten  Reiben  berietet,  ©rammatilern,  ©op^iften, 
©d^olaftifern  unb  3tnten,  bie  man  gefoltert  unb  eingefperrt  fyabt,  um  fte  bann  ber  Äm$« 
jur  ^nftrultion  $u  übergeben.    @r  gebentt  be^  ©elbftmorbeä  be^  (auc^  von  Dialala^  unb 

40  Hjeopfyaneä  genannten)  ^atrijier«  $I?ofa$,  ben  ber  „geregte"  3wftt«ian  toie  einen  6fel 
tyabt  öerfd^arren  laffen.  ©id&  felbft  be^eic^net  er  mit  ©enugtfyuung  atö  ben  Urheber  biefer  Vor* 
gänge,  ben  §eibentoorftefyer  unb  ©öfcenftürmer  (ögl.  ^o^.  Gtyl).  Äird&engefcty.,  überf.  t>.  ©c^ön^ 
felber  2,  4).  3Rit  ber  gleiten  natoen  ^eube  toeife  er  fobann  (p.  482)  ju  berichten,  bai 
tym  bie  Vefe^rung  öon  70000  Reiben  in  Äleinaften  (2lfien,  Äarien,   Stybien,   ^J^t^gien) 

46  ju  banlen  fei:  ber  faiferlicfye  ^töfu^  trug  bie  Soften  unb  ftellte  bie  laufgetoäiäer; 
55  Äircfyen  lourben  ben  9teubef ehrten  erbaut,  41  errichteten  fie  ftc^  felber.  ©olc^e  9)taffen* 
Belehrungen,  toie  immer  e^  ftc^  mit  ben  3a^en  ^er^alten  mag,  laffen  auf  nic$t  geringe 
Verbreitung  ^eHenifd&cn  §eibentum^  unb  auf  rücffictytSlofe  UnterbrüdEung  fd^liefeen,  toenn 
auc^  biefe  begreiflic^ertoeife   nic^t  völlig   gelang    (bgl.  ben  5J5roje6   unter  Xiberiud  II.  in 

60  Serien  579  bei  Evagr.  h.  e.  5,  18  unb  ^oty.  @pt>.  ü©  3,  27—34  u.  ä.).  3)emfelben 
.ßiele  biente  auc^  bie  Verfügung,  burefy  loel^e  ber  Äaifer  im  3-  529  (Mal.  p.  451, 16  ff.) 
ben  p ^ilofof l^ifc^en  unb  juriftifc^en  Unterricht  an  ber  Untoerfität  ^u  Sitten  aufhob  unb 
biefer  ©tätte  beä  §eHeniömu^  ein  6nbc  bereitete  (f.  #.  gum^t,  Über  ben  Sefianb  bet 
)3^ilofo^ifc^en  ©c^ulen  in  ätfyen  u.  f.  n>.  in  ben  21V21  1842,  27—119;  bafe  glei^jettifl 

6ö  ba^  ©tiftung^ermögen  ber  platonifc^en  ©d^ule  eingebogen  h>urbe,  ift  jtoar  fe^r  toa^rs 
fcbcinlic^,  fann  aber  au3  Proc.  Hist.  Are.  26  p.  74  unb  3°"awg  Ann.  14,  6  ed. 
Bonn.  3,  152  nid&t  mit  ©id^er^eit  gefcfyloffcn  toerben).  Seiber  fehlen  über  biefe«  in  ber 
©efcfyicbte  ber  ^Sfyilof o^^ie  fo  berühmt  aetoorbene  (Sreignte  nähere  Slngaben ;  nur  Slgat^ia» 
(Hist.  2,  30.  31  ed.  Bonn.  p.  131  ff.)   berietet,   bafe   einige  Se^rer  nad^  Werften  au* 

60  toanberten,  bort  bei  Gf;o3roe3  (ß^rau)  aufnähme  fanben,  aber  üon  ^eimtoe^  ergriffen 


3itfKm<tit  I.  653 

nacfy  bem  griebenäfcfylufe  ^tüifd^en  Dftrom  unb  Werften  533  (11.  3>nbiftion;  ©ommer  nacfy 
Zach.  Rhet.  9,  7  ed.  2tyren&£rüger  ©.  176,  11.  27),  bet  tynen  ©ic&erfyeit  gegen 
@Iauben^h>ang  gemährte,  jurücffefyrten. 

Unb  ni$t  nur  ber  Unterbrücfung  be$  §eibentum£  innerhalb  ber  ©renken  be3  eigenen 
Keines,  auefc  ber  cbriftlicfyen  Sßropaganba   an   biefen  ©remen  unb   bei  barbarifefcen  5 
Sölferfd^aften  fyat  ftcfy  ber  Äaifer  mit  (Srfolg  getoibmet.    ©0  nahmen  bie  Rentier,  benen 
bereite  SlnaftaftuS  2öofynfi$e  füblicfy  be$  gftcr  angetoiefen  fyatte,  unter  ^uftinian  ba$  (^riften* 
tum  an  (Proc.  Bell.  Goth.  2, 14  p.  203  sq. ;  banaety  Evagr.  H.  E.  4,  20).    (Sin  ©leicfceS 
totrb  Don  ben  fyunnifd&en  Slntoofynern  beä  lanate  (Proc.  4, 4  p.  474 ;  Evagr.  4, 23 ;  t>gl.  au$ 
Mal.  p.  432)  unb  bon  einigen  ftaufafuStoölfern,  ben  Slbalgern  (Proc.  1.  c.  14,  3  p.  472 ;  10 
Evagr.  4, 22)  unb  ben  2#men  (©annen,  Proc.  Bell.  Per  s.  1, 15  p.  77  sq.)  berietet ;  ob  ber 
(Srfolg  anbauerte,  mufe  freiließ  atoeifelfyaft  bleiben.  2)em  Slmmonfult,  ber  in  2lugila,  bem  auf 
einer  Dafe  im  inneren  ber  libtjfcfyen  SSSüfte  gelegenen  ©täbtd&en,  noefc  ein  fcerftecfteä  3)afein 
führte,  tourbe  ein  Gnbe  gemacht  unb  ba$  Heiligtum  be£  ©otteS  burdfc  einen  lemtoel  ber 
©ottesgebärerin   erfefct  (Proc.  Aedif.  6,  2  p.  333 f.);    gleidjeä  ©cfcuffal   toiberfufyr  ben  ib 
SReften  be$  3föfulie3,  ber  auf  ber  ^«fel  Sßfyilae  am  erften  SRißataraft  unter  bem  ©d^ufce 
ber  Slemmtyer  no$  in  33Iüte  ftanb :  9?arfe3  eroberte  ben  lempel  unb  Riefte  bie  ©ötter* 
bilber  naefy  Äonftantinopel  (Proc.  B.  P.  1,  19   p.  104;    ogl.  Setronne,   Observations 
sur  Töpoque  oü  le  paganisme  a  6t6  döfinitivement  aboli  ä  Philes  dans  la  haute 
figypte  etc.  in  Oeuvres  Choisies  1,  Par.  1881,  55ff. ;    au$   ben   fyier  citierten  Sin*  20 
fünften  ergiebt  ftcb,  bafe  bamalS   ober  balb  nacbfyer  ber  Sftötempel   in   eine  Äircfye   t>er* 
toanbelt  unb  ein  2lbt  S^eobor  aU  Sifctyof  eingefefct  tourbe,  f.  ©$ul$e  2,  229  f.).    Unter 
ben  SRabatäern  begann  ein  alesanbrinifcfyer  ^JreSbtyter  auä  bem^leruS  beä  monopfytyfitifcfyen 
Patriarchen  3tyeobofiu$  I.,   Julian  (*>flL  DchrB  3,  482),  bie  ÜKiffion,  bie  na<$  #m  ber 
Siföof  SonginuS  Weiterführte  ($oty.  (S^.  ft@  4, 5  ff.).    'Der  c$riftli$e  Äönig  ber  sÜtyioj>en  26 
beftegte  ben  jübifcfyen  Äönig  ber  §omeriten   im  Sanbc  fernen,  unb  ^uftinian  forgte   für 
bie  Sefeftigung  be$  SljriftentumS  in   jener  ©cgenb   burefy  (Sntfenbung   etneS   äg$>tifd&en 
ÄleriferS  (Proc.  B.  P.  1,  20  pag.  104 sq.;  Mal.  p.  433 sq.). 

®en  3  üben  gegenüber  l)at  fiety  ^uftinian  fcon  Slnfang  an  unfreunblicfy  gefteHt.  3n 
einem  noefy  in  @cmeinf$aft  mit  Suftin  527  erlaffenen  gbifte  ftellt  er  fte  mit  ben  §ellenen  30 
unb  ©amaritanent  in  bie  gleite  Steige  unb  orbnet  eine  SBerfcfyärfung  ber  bisher  giltigen  ge* 
fcfcltcfcen  Seftimmungen   an;   $ugleid&  toerben   fie  in  ben  bürgerlichen  Siebten  befcfyränft 
unb  mit  ©elbftrafen  bebro^t  (1.  12  §  4.  9.  13  C.  de  Haer.  et  Manich.  1,  5).  ^rofop 
erjetylt  (Hist.  Are.  28  p.  156),  bafc  ber  ßaifer  Verfügte,  bie  geier  be$  jübifcfyen  *Paffabä 
fei  ftetö  naefc  ber   cfyriftlicfyen  Dfterfeier   abgalten;  3uto^cr^an^>e^e  —  fie  ^ren  be=85 
greifltc^ertoeife   fcfyr   ga^lreic^  —  Würben   mit    fcfytoerer  ©elbbufee  belegt.    3)ie  ^wben  in 
ftarium,  einem  unfern  ber  großen  ©^rte  gelegenen  Orte,  mußten   jur  ©träfe   für   i^ren 
bem  Selifar  bei  feinem  Sanbalenjuge  geleifteten  SBiberftanb  jum  6^riftentum  übertreten; 
au$  bem  für  ^oc^eilig  gehaltenen,  angeblich   Don  ©alomo   erbauten  Stempel  tourbe   eine 
Ätrcfce  gemalt  (Proc.  Hist.  Are.  6,  2  p.  334).    Hon   befonberem  ^ntereffc   «P   enblic^  40 
bie  ÄabinetSorbre,  burc^  bie  ber  Maijer   im  3al>re  553   in   bie    inneren  93erfyältniffe   ber 
Synagoge  auf    c^arafterifttfe^c  2öeife   eingriff  (N.  146  [162J  2,  346—349,   batiert   bom 
8.  Jebruar;    beutfeb   bei  ftnecfyt  42—45).    2luf   eine  an  tyn  ergangene  Slppetlation  über 
einen  in  ber  ftubengemeinbe,  too^l  oon  Äonftantinopel,  entftanbenen  ©treit  entfe^ieb  ^uftis 
nian,  bafe  tünftig  bei  gottcebienftlic^cn  Horlcfungen  au«  ber  ©cfyrift  nid^t  an  ber  ^ebräifc^en  45 
Spraye  feftgebalten  toerben,  fonbern  ber  ©ebrauc^  ber  griecfytfd?en  ober  auc^  jeber  anberen 
©j>rac$e,  toelc^e  nad^  bem  jetoeiligen  Orte  angemeffener  unb  ben  3w^örern  fcerftänblicber 
fei,  geftattet  fein  follc.  $5tefe  ©ntfe^eibung,  bie  im©inne  einer  liberalen  SWinorität  gegeben 
tourbe,  ift  toeniger  an  fiefy  al^  tocgen  ber  9)totimerung  Oon  Sebeutung,  in  ber  bie  ^uben 
barauf  Dertoiefen  toerben,  bafe  fie,  toenn  fie  am  nadten,  b.  I}.  ^ebräifc^en,  Suc^ftaben  Rängen  w 
bleiben,  bie  SBeiefagungen  nidjt  berücffid()tigen  fönnen,   bie   in   ber  ©cfyrift  enthalten  fmb 
unb  in  benen   ber  grofje  ©Ott  unb  ßrlöfcr  be«  aKenfc^engefd^lec^te^,  %c\u$  Gfyriftuä,  an^ 
gefünbigt  ift.    Sluö  biefem  ©runbe  totrb  aueb   ber  ©ebraudj   ber  ©eptuaginta   befonberd 
eml>fo^len,  bie  „fogenannte  2)euterofi^"  (f.  Hnec^t  46  unb  bie  bort  genannte  Sitteratur) 
aber  »erboten,  toeil  fie  nicfyt  in  ber  Schrift  enthalten,  fonbern  eine  ßrfinbung  toon  SKenfc^en  66 
W.    5Diefe   unb   anbere  Verfügungen  toerben   bei  ©träfe  förperli^er  3ü4^9un9f  fobann 
Sabannung  unb  Sermögeneoerluft  etngefcfyärft. 

3n  bem  ©bitte  Oon  527  (f.  oben)  toar  auefy  ber  ©amaritaner  gebaut  toorben. 
Sie  £aben  bem  .Haifer  bt^  jule^t  $u  fc^affen  gemalt,  ^m  ^^ling  be$  ^a^re«  529 
benu^ten  fie  bie  pcrftfcfyen  9Serlegenl;citen  ju  einer  Meoolte,  ber  bie  Triften  toon  SReapoliä,  60 


654  3ufitnun  I. 

famt  tyrem  Sifcfyof,  gum  Opfer  fielen  (bgl.  Cyrill.  Scythop.  Vit.  Sab.  cp.  70  sqq.  ed. 
ßoteleriu«  Eccl.  Graec.  Monum.  3,  339  ff. ;  Theod.  Lect.  in  Anecd.  Graec.  ed.  gramer 
2,  110;  Mal.  p.  445  ff.  [banoefc  Theoph.  p.  178J;  Zach.  Rhet.  9,  8  ed.  3tyrcn«4trüger 
6. 176 ff.;  Proc.  Hist.  Are.  11  p.  75;  Nie.  Call.  I7r  24).    $er  äufftanb  tourbe  mit 

5  größter  (Strenge,  boefy  erft  nad)  gtoei  Sauren  (531),  unterbrach.  Sie  Seftimmungen  hn 
Äobej  (1-  18  unb  19  G.  de  haeret.  1,5),  burefy  toelcfye  ba«6rbrec$t  ber  ©.  etngefctyränft 
unb  ifynen  ba«  Aeugniärety  fcor  ©eridjt  genommen  toirb.  fielen  bamit  in  3ufammen= 
bang,  ©trenge  Verfügungen  trifft  toeiter  ba«  (Sbilt  fcom  18.  «uguft  537  (N.  45  [62] 
1,  396—399).    Slfö  foäter  ber  Siföof  ©ergiu«  bon  (Safarea  ftc^  für  bie  ©.  beim  ftaifer 

10  bertoenbete,  hmrben  bie  3ügel  ettoa«  locfer  gelaffen  (N.  129  L159]  2,  337—341  Dom 
15.  3uni  551).  änfcfyeinenb  fytitt  toäbrenb  ber  gtoei  Safyrge^nte  ba«  Gfyriftentum  gort* 
föritte  gemacht,  toa«  freiließ  nicfyt  au«fcgloJ3,  bafc  eine  nochmalige  ©mpörung  ber  ©amori? 
taner  mit  erneuter  ßfynftentyefce  ben  Äaifer  noefc  einmal  gu  fcfyärfften  3Raftregeln  gtoang. 
aber  noefc  unter  ^uftin  II.  fyatte  ©tymeon  ©tyltte«,  ber  jüngere,  über  Übergriffe  ber  ©a* 

15  maritaner  Älage  gu  führen  (ögl.  Sym.  Styl.  Jun.  Epist.  ad  Justinum  Jun.  in  MSG 
86,  2,  3216—20).  3U  93orftetyenbem  bgl.  ben  21.  ©amaritaner  unb  bie  bort  angegebene 
Sitteratur. 

(Snblicfy  ift  no$  ein  SBort  über  ba«  SSerfafyren  gegen  bie  3Rani$äer  gu  fagen,  bie 
übrigen«  ^uftinian,  unb  bei  ber  eigentümlichen  ©eftaltung  biefer  3leIigion«gefettfc$aft  niefct 

20  ofyne  ©runb,  gu  ben  d&riftlic&en  ©eften  regnete  (togl.  1.  12  §  2  C.  de  haeret.  et  Ma- 
nich.  1,  5:  aigetixobg  de  xakov/iev  xal  rovg  äXkovg,  <bg  rovg  ye  xaragatovg 
Mavixaiovg  xal  rovg  rovroig  jiagajTkrjaiovg).  2)ic  SBeftimmungen  be«  ftobeg  (11. 12. 
15  unb  16  1.  c.)  fmb  bon  ber  größten  §örte :  ^anbe«bertoeifung,  änbro^ung  ber  lob* 
ftrafe  für  jeben  s3)ianicfyäer,  too   immer   er  getroffen  toirb,  Sefefyl   an  bie  Beworben,  bie 

25  ©eftierer  aufgufucfyen  unb  bei  fdjtoerer  ©träfe  gur  ängeige  gu  bringen,  Sodomie«  Don 
®t>&efu«  (9tou  [f.o.  652,33]  481)  ergäbt,  bafe  gu  Honftantinopel  fciele  9Wani$äer,  ÜRanner  unb 
grauen,  barunter  äblige  unb  ©enatoren,  naefy  ftrengem  SSerfyör  bor  JJuftinian  auf  tyr  eigene« 
Verlangen  fyin  teil«  toerbrannt,  teil«  erfäuft  Sorben  feien :  „mit  teuflifc&er  3ä$igfcit  rebeten 
fte  furcfctlo«  bor  bem  Äaifer   unb   entarten  ftc^   bereit,   für  bie  Sefyre   be«  3Rane«  ben 

ao  ©Weiterlaufen  gu  befteigen  unb  alle  ©trafen  unb  Dualen  gu  erleiben".  3)er  3Rani$ä& 
mu«  al«  folc^er  fcfyeint  feit  ^uftinian  jebe  Sebeutung  berloren  gu  tydxn;  aber  unter 
mannigfachen  formen  toerfappt  tyielt  er,  toie  befannt,  boefc  (Singug  in  ba«  ^Mittelalter. 

3.  Der  3)e«l>oti«mu«,  ber  bie  allgemeine  SReligionfyoliti!  be«  ftaifer«  au«geic$net,  ift 
and)  ba«  cfyarafteriftif  <$e  Äenngeicfyen  feine«  Äircfyenregimente«.    Die  Regierung 3ufii* 

35  nian«  bebeutet  ben  (5äfaropapi«mu«  in  feiner  au«gebilbetften  grorm.  2Ba«  feine  SBorgänßer 
angeftrebt  Ratten,  toa«  fd&on  in  ben  SBorten  be«  Äonftantiu« :  omg  iyoj  ßovkouat,  tovto 
xaveov  (togl.  Äthan.  Hist.  Arian.  cp.  33  MSG  26,  732)  gu  beutltd&em  3lu«brucr  getommen 
toar,  erje^eint  unter  i^m  tooDenbet.  (Sr  normiert  alle«,  ben  ©lauben  unb  ba«  Ste^t. 
©leiW  gu  2lnfang  feiner  Regierung   ^at   er  e«  „für  angemeffen  erachtet,   feinen  ©lauten 

40  an  Xrinität  unb  ^Jtenfc^toerbung  burc^  ©efe^  befannt  gu  geben  unb  allen  Äefcern  bie  ge- 
bü^renben  ©trafen  angubro^en"  (l.  5  C.  de  summa  trinit.  I,  1 ;  ögl.  11.  6  unb  7). 
3n  ber  Conf.  rect.  fid.  (MSG  86,  1,993  f.u.)  fpric^t  er  e«  au«,  bafe  er  allen  ©törem 
ber  SRecfytgläubigfeit  (oxavdakl£ovoi  rijv  rrjg  ÄQfrfjg  moxewg  öfioXoyiav)  bie  ©elegen- 
fyeit  gu  folgern  Slrgernt«  burc^  ©efefc  (pia  rou  nagovrog  ridlxrov)  gu   nehmen  gebaxfc. 

46  2Ba«  er  im  ^ntereffe  „be«  gemeinen  ^rieben«  ber  ^eiligen  Kirchen"  befugt,  bient  ja  au^ 
bem  ©taat«intereffe :  ovneg  (seil,  rov  teQnnxov)  iv  dQijvfl  wvhnxofiivov  xal  to 
Xouxöv  rjjuiv  evOvvrfOEi  TroXiTev/bia  (N.  42  [56]  1,  373).  @r  pat  öerorbnet,  bafe  tä 
nicäno4onftantino))o(itantfc^e  ©^mbol  tünftig  al«  ba«  ©^mbol  ber  ftir$e  \u  gelten  ty&t 
(1.  7  §  13  C.  de  s.  tr.  1,  1).    (Sr  fyat  ben  .ttanone«  ber  toter   öhtmemfoen  5longUien 

so  ©efe^e«fraft  gegeben  (N.  131  L151J  2,267)  unb  fogar  Derfügt,  bafe  ©Itern  folc^e  Äinber, 
bie  fic$  bartnäefig  toeigern,  ben  ©lauben  ber  genannten  Äongilien  gu  betennen,  enterben  bürfen 
(N.  115L136J  §  14.  2,  189).  3)er  ßärefte  toerfattenen  grauen  toerben  bie  burc^  ©eMf 
getoäbrleiftcten  Sterte  begüglid^  i^rer  TOitgift  entgegen  (N.  109  [153]  2,  153—156).  $i< 
Sifcböfe  auf  ber  fonftantmopolitanifcfyen  ©^nobe  bon  536  erfannten  an,  ba|  nic^t«  in  ber 

66  ftirc^e  gegen  2Biüen  unb  S3efe^l  be«  Ratfer«  gefdjefyen  bürfe  (Mansi  8,  970  B),  unb  toie 
berum  ber  Äaifer  bollgog  in  befonberem,  unter  bie  5?oöeHen  aufgenommenen  ©efe^e  Qi.  42 
[56]  1,  367—74)  bie  2lc^t  über  ben  üon  ber  ©tynobe  gebannten  Patriarchen  Sbit^imu^ 
unb  feine  @efmnung«genof[en.  2)en  3orn  be«  Styrannen  ^aben  ungegarte  Sifc^öfe  toüren 
muffen,    aber  er  bat  auefy  feine  ©elegenfyeit  Vorübergehen  laffen,  bie  9ie$te  Don  Äeru^ 

90  unb  ftir$e  gu  ftänen,  ba«  3Jlönc^tum  gu  f$ü$en  unb  au«gubreiten.    Xrfite  m$t  ber  b^ 


duftttttatt  I.  655 

footiföe  (S&arafter  feiner  SRafenatymen  ju  bcutlicfy  &u  Sage,  fo  fönnte  man  berfucfyt  fem, 
tyn  einen  33ater  ber  Äircfye  ju  nennen,  ©eine  Verfügungen  finb  fefyr  mannigfaltia,  unb 
bie  firc^lic^e  ©efefcgebung  be«  Äaifer«  toürbe  e$  toofyl  berbienen,  einmal  fo  emgefyenb  ana« 
I^ftert  }u  toerben,  toie  e«  mit  feiner  SleligionSpolitif  unb  feiner  Stellung  &ur  Ideologie 
toieber^olt  geföefyen  tft.  ©elbft  einen  ttberblicf  über  ba«  SRaterial  biefer  ©efefcgebung  6 
bermiftt  man  in  ben  Starftellungen  (boefy  f.  SBrtyce  in  DchrB  556  ff.,  bem  icfy  in  3laty 
fte^enbem  mebrfacfy  folge).  35ie  litel,  unter  benen  im  Äobej  bie  auf  bie  rechtlichen  Ver* 
^altniffe  ber  Strien  bezüglichen  Serfügungen  beä  .Kaifer«  ftefyen  unb  benen  fiefy  bie  ßrlaffe 
in  ben  SRobeHen  anreihen  Iaffen  —  bei  ber  3)efynbarf eit  ber  litel  allerbing«  nur  mit  Sleferbe 
—  ftnb  bie  folgenben:  1.  C.  1,  2:  De  sacrosanetis  ecclesiis  et  de  rebus  et  privi- 10 
legiis  earum.  Von  ben  fyier  aufgenommenen  ©efefcen  ftnb  8  (7)  t>on  guftinian  (11.  19 
btä  26  [25]).  Sie  be^ie^en  ftcfy  auf  ©d&enfungen,  Stiftungen  unb  auf  bie  Verwaltung 
fird&Iicfcen  ©igentum«  überhaupt.  3U  ^ncn  gefeöcn  fiefy  folgenbe  SRobeHen:  N.  7  [15]  1, 
75—93;  9  [171  1,  126—28;  46  [63]  399—402;  55  [72]  433—35;  56  [74]  438 f.; 
65  L85]  481—83;  120  [148]  2,  245—59.  2.  C.  1,3:  De  episcopis  et  clericis  et  15 
orphanotrophis  et  brephotrophis  et  xenodochis  et  asceteriis  et  monachis  et 
privilegio  eorum  et  castrensi  peculio  et  de  redimendis  captivis  et  de  nuptiis 
clericorum  vetitis  seu  permissis.  Von  3-  ftammen  15  @rlaffe  (11.  41  [42]— 55  [57]), 
bie  bie  SBafyl  unb  bie  ©igenfcfyaften  bon  Vifäöfen  unb  *ßrieftern,  bie  SBa^l  bon  Äbten,  ba« 
ftöfterficfye  geben,  bie  Verwaltung  beä  fird^It^en  Vermögen«  burdfc  Vifcfyof  unb  Öfonom,  ao 
bie  5Reftben$flid&t  be«  ftleru«,  bie  regelmäßige  SIbfyaltung  be«  ®otte«bienfte«,  enblicfy  auefy 
Stiftungen  betreffen.  §iertyer  gehören  etwa:  N.  6  [12 1  1,  44—58;  5  [13]  59—67;  16 
136]  219— 21;  57  [73]  436-38;  76  [95]  526— 28;  133 [100]  2,18—29;  123  Li 55] 
294 — 326  (jieqi  ixxXrjataonxöjv  öiacpdgwv  xeq?akaicov)'t  131  [151]  266 — 76  (negi 
twv  ixxkrjoiaarixcov  xavövajv  xal  Jigorofiicov  tcov  efe  rag  äyicordrag  ixxkijalag  26 
dgwvrcov);  137  [174]  406—14.  3.  C.  1,4:  De  episcopali  audientia  et  de  diver- 
sis  capitulis  quae  ad  ius  curamque  et  reverentiam  pontificalem  pertinent. 
15  ©efefce  bon  fr  (11.  20—34).  3)agu  folgenbe  Lobelien :  N.58  L75]  1,  439— 41  (35er* 
bot  be«  ©otte«bienfte«  in  *ßribatl>äu|ern),  67  [87 1  488—91  (Verbot  ber  (Srbauung  eine« 
»etyaufe«  otyne  Erlaubnis  be«  Viföof«);  79  [981  2,  8—11  (Unterteilung  ber  Witacfceso 
unter  ba«  bifc^öflid^e  ©erietyt);  81  [101]  29—32  (@jemption  be«8iföof3  bon  ber  patria 
potestas);  83  [104]  46—48  (bifööfltdjeS  ©eriefy);  86  [103|  42-46  ((Sinföränfung 
ber  bürgerlichen  ju  ©unften  ber  btfcfyöflicfyen  ©erid&t«barfeit).  3)ie  übrigen,  jufy  mit  fird^- 
lu$en  3ted&t«fragen  beföäftigenben  litel  (1,  6—10.  12.  13)  enthalten  feine  ©efefceSufti* 
nian«.  dagegen  tommen,  freiließ  nur  für  bie  lofale  ©efefcgebung,  nod&  folgenbe  Lobelien  35 
m  »etrac^t:  N.  3  [14]  1,  67—74  (3a^l  ber  Älerifer  an  ber  ©o^ientirc&e);  11  [19] 
130—133  Oßribilegien  be«  erjbifd^öflic^en  ©tufcle«  bon  Justiniana  prima  f.  0.  ©.88); 
37  [34]  207—211  (deAfricana  ecclesia;  auf  biefe  begießen  fiefy  audj  bie  bon3^ariä 
afe  3lr.  132  unb  140  aufgenommenen,  nid^t  unter  ben  N.  befinblictyen  ßrlaffe);  40  [51] 
349—53  (bie  2Iuferftefyung«fir$e  in  ^erujalem  betreffenb).  40 

4.  35er  Ä treten politif  ber  oftrömifcfyen  Maifer  toaren  feit  bersJJfttte  be«  ö.^a^rb. 
toac^fenb  falbere  Säufgaben  geftellt.  Tie  ©laubcn^formcl  bet  S^nobe  bon  ßtyalcebon  (451), 
ber  flaifer  SDtarcian  feine  ^uftimmung  gab,  ^atte  alö©runblagc  ber  Vermittlung  jtoif^en 
ben  Parteien  bienen  follen.  3n  2Birtlic^feit  füllten  fic^  bie  SKabifalen  unb  ^olgerid^tigen 
bon  re$t3  unb  lint^  babon  abgeflogen,  unb  bie  formet  fyat  rnc^r  al$  alle«  anbere  ba^u  46 
beigetragen,  ^um  minbeften  im  Often  be$  Steige«  ben  ©lauben^ftreit  mit  befonberer  $eftigs 
feit  5U  entfadj^en.  ®ie  bogmatifc^e  2lbl?anblung  bc«  ^Japfte«  &o  I.,  au«  ber  ba«  ©tymbol 
berau«geh>ac^fen  h>ar,  galt  toeiten  Greifen  al«  ein  teuflifc^e«  3)ofument,  ber  Sßapft  felbft 
unb  mit  ifyn  bie  römifd^e  Äird^e  al«  ge^eid^net.  2ln  einer  bop^elten  Aufgabe  Ratten  fxd) 
nunmehr  bie  fiaifer  abzumühen:  einmal  bie  (Sin^eit  ^pifc^en  Dften  unb  SBeften,  gtbifd^en  50 
Strang  unb  9lom  ^u  toafyxcn,  loa«  nur  möglich  toax,  toenn  man  bon  ber  burefy  S^alcebon 
borgejeic^neten  Sinie  nid^t  abrieb,  fobann  bie  ebm  toegen  (S^alcebon  aufgebrachten  unb 
unjuftiebenen  Parteien  im  Dften  ju  jügeln,  ^u  beliebigen,  n>omöglic^  mit  ber  Vergangen* 
^eit  audjufö^nen.  $)icje  Aufgabe  mar  um  fo  fcfytoieriger,  al«  bie  biffentierenben  ©ru^en 
im  Dften  ber  bort  für  ßfyalccbon  etntretenben  Partei  nic^t  nur  numerifö,  fonbem  auä)  66 
an  geiftiger  ^otenj  überlegen  maren,  unb  in  ber  Ifyat  ^at  ber  ©ang  ber  ©reigniff e  ge* 
jeigt,  ba|  jene  beiben  $kk  unbercinbar  toaren :  toer  9lom  unb  ben  Dccibent  tyaben  tooute, 
mufete  auf  ben  Crient  beraten  unb  umgefe^rt.  3mo  (474—491;  bgl.  ÜB.  33art$, 
«aifer  3.,  Safel  1894)  unb  3lnaftafiu«  I.  (491—518;  bgl.  ©.  sXSRofe,  bie  b^antinifd^e 
Ärrc&enpolitit  be«  Maifer«  31.1.,  2öofylau  1888)  toaren  in  erfter  Sinie  für  bie  §erfteüung  cm 


666  3ttfK«tts  I. 

beS  ßmberftänbniffeS  &toif$en  ben  Parteien  im  Cften  intereffiert.  ^jencr  gab  im  §eiu>: 
tifon  bon  482  (bgl.  bterju  unb  $um  golgenben  ben  31.  3Kono^tyjtten)  bie  ßtn^ett  mit 
9tom  preis,  unb  baS  erfte,  35  Sa^re  bauernbe  ©ctyiSma  ahrifcfcen  9lom  unb  2hföan$  toar 
bie  golgc.    216er   audj  bie   ertrem    gerichteten  SDtonopfybftten  (Slfap^aler)  toerfagten  feinet 

5  Untonepolitif.  JlnaftafiuS  fuetyte  toäfyrenb  beS  größeren  Teiles  fetner  Regierung  biefeffie 
*ßolitif  in  ber  2Beife  $u  befolgen,  bafe  er  fid)  auf  bie  gemäßigten  Parteien  ftüfcte,  b.  b. 
auf  biejenigen  Geologen  unb  ifyre  änfyanger,  benen  tfvax  „bie©tynobe",  toie  fie  als  ber 
eigentliche  3antapfel  allgemein  genannt  tourbe,  ein  Stein  beS  SlnftofceS  fror,  bie  aber  „im 
Sinne  beS  §enotifonS  über  bie  alles  fpaltenbe  ^rage  ber  einen   ober  ber  $toei  Staturen 

io  eine  fe^r  r>erftänblic&e  3uri«tyafoing  beobachteten  (f.  £.  (Selber,  ^ofua  ©toliteS  unb  bie 
bamaligen  fm^lic^en  Parteien  beS  DftenS,  in  ber  ©r/jant  3«tför.  1,  1892,  34—49). 
ßrft  gegen  Gnbe  feiner  Regierung  toanbte  2t.  ft$  mit  6ntf$ieben&eit  ber  ausgebrochen 
monoj>fyr;fitifcr)en  $artei  $u  (f.  b.  21.  ©eberuS).  StnbererfeitS  begann  fd^on  er  toieber  Se* 
jungen  jum  römifd&en  ©tutyle  anjuhutyfen,  bie  an  ber  unberfö$nlic$en  Haltung   beS 

16  Zapfte«  föeiterten  (f.  b.  31.  £ormiSbaS  9b  VIII  ©.  357,  n).  3uftimanS  erfte  fir$em 
politifcfce  äftion,  gleich  nad)  bem  Regierungsantritt  feines  DfyeimS  (f.  o.  ©.  651,  i  ff.)  toar  bie 
Seilegung  beS  ©d)iSmaS  (ögl.  bielöriefe  an^ormiSbaS  bom  7.  September  518,  22.9)ml 
519,  9.  3uli  unb  31.2lug.  520  bei  2tyel,  Epp.  Rom.  Pontif.,  Brunsb.  1868,  9fr.  44 
p.  833,  68  p.  864,  120  p.  920,  127  p.939)  freiließ  unter  »ebmgungen,  bie  einen  leü 

20  ber  Orientalen  ftar!  berfcfynupften.  Die  Stnerfennung  beS  römiföen  ©tubleS  als  ber  Ifity 
ften  firctylicfyen  Autorität  (bgl.befonberS  N.  131  [151]  2,  267:  &eajiiCofiev  .  .  .  ror 
ayicorarov  Tfjg  ngsoßviegag  'Pojurjg  naziav  jiqcotov  dvai  Jidvrcov  twv  iegewr)  ift 
burdfc  feine  gange  Regierung  ber  ©elftem  feiner  occibentaIifd)en  *ßolitit  geblieben,  toaS  felbft* 
berftänblicfc  nicr)t  auSfcr)lofe,   bafc  er  ben  einzelnen  ^apft,  eS  mochte  nun  ©UöeriuS  ober 

26  93igiliuS  fein,  bie  befpotifcfye  33oHgctoaIt  feines  faiferlictyen  SBiUenS  füllen  liefe.  Die  oriem 
talifcfyen  Streitigkeiten  fyabm  ^uftinian  lebenslang  in  altem  gehalten,  unb  er  Ijat  tynen 
unb  ben  fer/toeren  Problemen,  bie  fie  feiner  ^ßolitif  fteHten,  offenbar  ein  toeit  größeres 
perfönlicfyeS  ^ntereffe  gugetoenbet  als  ben  äußeren  Angelegenheiten  beS  JtetcfycS,  aud)  ben 
friegerifefcen  SJertoicfelungen.    Dafe  er  ftd^  perfönlicty  um  bie  (Srfaffung   ber   t&eologifcfcen 

so  Streitfragen  bemühte,  toirb  noefy  gur  ©J>racr)e  lommen ;  boefy  ^at  aud)  in  biefen  Dingen 
bie  ^olitif  baS  ^paupttoort  gcft>rod)en.  Unb  man  !ann  niefct  berfennen,  bafe  biefe  ^Jolitif 
grofee  3ü0e  $a*  un^  ^afe  fte  bw  teligiöfen  Snftinften  ber  orientalifc^en  grommen  mit 
großem  SSerftänbuiS  entgegen^ufommen  bemüht  mar.  DaS  geigte  gleict;  anfangs  beätfaifer* 
©altung   im   fog.  t^eofafd^itifc^en  ©treit  (f.  b.  a.  2:^eo}>afc9iten  unb  Änet&t,   71—91). 

86  Die  fcfyon  unter  2lnaftaftuS  burd^  bie  2lntyänger  beS  ©a^eS  „(Sott  ift  gefreujigt"  ^erbor-- 
gerufenen  Unruhen  loaren  ir)m  natürlich  gutoiber.  Slud^  jeigt  ber  erfte  «rief,  ben  er  na^ 
bem  auftreten  ber  ffytfyifcfyen  2Rönc$e  an  ,§ormi$baS  richtete  (ep.  78  bom  29.  ^uni  510, 
Ir)iel  p.  875)  unb  in  bem  er  ben  $aj>ft  erführe,  biefen  Seuten  mit  ben  „tt>a^ntt>i$igen 
SReben"  bie  Sebiten   ju   lefen,   toie  ungünftig  er  über  bie  Setoegung   urteilte.    9lo<&  im 

4oDftober  beS  ^a^reS  (ep.  99  bom  15.  Dftober,  Styel  p.  897)  äußerte  er  bem^fi  feine 
Meinung,  bafe  eS  fi<$  um  einen  bloßen  SBortftreit  tyanbele.  9lber  allmär)lid&  gen>ann  er 
ein  SSerftänbniS  bafür,  nic^t  nur,  bafj  bie  gormel  fic^  mit  ber  Secr)tgläubigleit  fdj^r  too^l 
bertrage,  fonbern  bafe  gerabe  fie  fe^r  geeignet  fei,  als  Seru^igungSmittel  gegenüber  ben 
monopfyr/fitifcfycn  Parteien  ^u  bienen.    ällS  folc^eS  lourbe  fie  533  (toofyl  nic^t  531  f.Ärüger 

46  &u  Zach.  Rhet.  9,  15  p.  189,  30)  bei  ber  3ierfyanblung  mit  ben  ©eberianern  (Mansi 
8,  817)  bertoenbet,  freili^  o^nc  (Srfolg.  äöelc^en  SBert  berÄaifer  felbft  jefct  auf  ftc  legte, 
beloeift  bie  Ifyatfactye,  ba|  er  fie  in  feinem  bem  Äobej  einberleibten  ©laubendebifte  bom 
15.  maxi  533  (1.  6  C.  de  s.  tr.  1,  1 ;  aud&  MSL  66,  14-17  unb  Mansi  8,  795 
bis  797)  auftimmenb  berücfficfytigte ;  unb  ebenfo  tommt  bie  ©enugt^uung  borüber,  ba^  bei 

60  römifcfye  ©tu^l  bie  ^Hcc^tgläubtgfett  beS  fatferltd?en  SefenntniffeS  anerfannte,  barin  jum 
3luSbrucfe,  ba^  er  bem  betreffenben  ©riefe  beS  ^iaffteS  ^o^anncS  II.  bom  25.  ÜRäij  534 
gleichfalls  eine  ©teile  im  ©efe^buc^  einräumte  (1.  8  ibid.;  MSL  66,  17—20;  Mansi  8, 
797—99).  2BaS  er  in  biefem  ©treit  gelernt  tyaüt,  tarn  feiner  ganzen  ^ioliti!  ^u  ®utt 
^nSbefonberc  in  feinem  Stallten  gegenüber  ben  5DJono^^fiten  —  bie  92eftorianer  lamen, 

66  tro^bem  3-  *n  ©^fc^en  unb  3lnatl)ematiSmen  ir/rer  gelegentlich  gebenft,  taum  ernfi^aft  für 
ifyn  in  Sctrac^t  —  geigen  fic^  bie  grüßte.  @r  ^atte  gleich  na^  SuftinS  I^ronbefieigung 
im  ©egenfc&lag  gegen  SlnaftafiuS'  Ie^te  sJKaferegeIn  (f.  oben)  ben  fötoeren  geiler  gemaefy, 
bie  monop^fitif^en  Sifc^öfe  unb  Stände  in  Mleinafien  unb  im  eigentlichen  Orient  ^wrte« 
fter  Verfolgung  ju  unterwerfen  (bgl.  bie  anfc^aulic^en  Senate  im  fog.  Zach.  Rhet.  8, 4, 5 

90  ed.  9l^renS=Ärüger  156  ff.  mit  ben  sJ2oten).    Xiefge^enbe  Verbitterung  fear  bie  $o(ge  $o 


3isfttm<ut  I.  657 

toefen,  um  fo  bebenfli#er,  als  Vie  SBevölferung  burcfytoeg  auf  ©eite  ber  ©emaßregelten 
ftanb.  SSottenbS  in  $g$>ten,  baS  übrigens  von  jener  Verfolgung  nid^t  berührt  toorben 
toar,  Ratten  bie  „Slfepfyaler"  unbeftritten  bie  Dberfyanb.  SSon  feiner  SerfolgungSVoliti! 
ift  nun  ber  Staifer  balb  jurücf  gel  ommen ;  nur  in  2lg$)ten  fat  er  (537)  noefy  einmal  rütf* 
fufctSloS  burd&gegriffen  unb  unter  namenlofen  ©etoalttfyaten  ber  ©taatSfirctye  ju  einer  6 
freiließ  nur  äußerlichen  2tnerfennung  vertyolfen  (©eher  938).  Vor  allem  lernte  er  ju 
unterfd&etben.  ©ein  Hauptanliegen  blieb,  bie  -Dtonopfoftten,  fotoeit  fte  überhaupt  vernünf* 
tigen  ©rtpägungen  gugänglidj  toaren,  $u  getoinnen,  otme  ßfyalcebon  unb  fein  Symbol  preis* 
jugeben.  3Jtanc$em  am£ofe,  jumal  ber  Äaiferin,  ging  er  nid&t  toeit  genug:  einmal,  536, 
fa$  fi<$  I^eobora  faft  am  3fete  ty***  2Bünf#e,  fte  burfte  auf  93ertoerfung  beS  S^alce*  io 
bonenfe  hoffen.  216er  bie  unabfefybaren  SSertoicf elungen  mit  bem  2lbenVlanb,  bie  ein  folcfyeS 
rabifaleS  3)urcfyfc$neiben  ber  SBanbe  mit  ftd&  geführt  fyaben  toürbe,  gelten  Suftinian  gurücf : 
Änt^imu^  unterlag,  Slgapet  behielt  ben  Sieg  (vgl.  baS  9?äfyerc  im  2.  3)tonop^ftten). 
28ie  fötoer  eS  bennoefy  fyielt,  folgen  SBertoicfclungen  aus  bem  2Bege  ja  gelten,  M  3-  im 
fog.  ©reifapitelftreit  (Vgl.  b.  31.  SbV©.21ff.)  erfahren  muffen.  3Kan  toirb  bie  SBerur*  15 
teUung  ber  brei  Äapitel  an  unb  für  ftd>  mit  ©efyer  a.  a.  D.  als  eine  außerorbentlicty 
fem  erfonnene  fird^enpolitifd^e  9Raßregel  bejeid&nen  bürfen:  benn  inbem  fte  bie  ftormel  ber 
Sfynobe  nicfyt  antaftete,  tourbe  fte  bo$  ber  frommen  (Stimmung  aller  berer  geregt,  für  bie 
bie  Geologie  2^eoborS  von  SDtopfueftia,  3#eoboretS  von  StyruS  unb  anberer  antiot^em* 
fc&er  ftortyp^äen  noefy  immer  ber  jft&egriff  ötter  SlaSp^emie  toar.  @S  ift  auety  ^olitifc^  ao 
Von  großer  SBebeutung  getoefen,  baß  ber  Äaifer,  bem  State  Huger  Ideologen  fieser  nietyt 
o&ne  eigene  Überlegung  folgenb,  bem  Symbol  ber  ©tynobe  unter  3u^i(fena$me  cVriQifc^er 
Ideologie  (f.  u.)  eine  Ausbeutung  gab,  bie  eS  jum  minbeften  einem  Steil  ber  monoplfos 
füifc^en  Geologen  annehmbar  erfd&einen  laffen  tonnte,  aber  eS  ging  guftinian  toie  eS 
3<no  mit  bem  $enotifon  gegangen  toar.  3)aS  2lbenblanb  Gitterte  in  feinen  gegen  baS26 
»nbenfen  ber  Stntiocfyener  gerichteten  Verfügungen  ju  beutltd^  ben  anticfyalcebonenfifctyen  ©eift, 
unb  bie  9Ronop^ftten  ließen  ftd&  nicfyt  getoinnen.  35ie  große  ©tynobe,  bie  vom  5.  9Kai 
US  2.  3uni  553  ju  Äonftantinopel  tagte,  bie  fünfte  öfumenifdje,  in  beren  93efd&lüffen 
^uftinian  bie  Krönung  feines  fircfyenvolitifc&en  SebenStoerfeS  erblicfen  mochte,  braute  bo<$ 
nur  einen  SlugenblicfSerf olg :  Sßapft  VigiliuS  bebeutete  nicfyt  baS  2lbenblanb,  unb  bie  unters  ao 
toürftgen  3urufe  ^  ©^nobalen  änberte  nichts  an  ber  ©timmung  toeitefter  Äreife  im 
Orient,  aber  baS  ^ätte  toafyrfcfyeinlicfy  fe^e  ^Jolitif  öermoc^t,  ftd^er  audb  nic^t  ein  öers 
ftärfteS  Sntgegentommen,  tote  es  ber  Äaifer  in  ben  legten  S^en  feiner  Regierung  gezeigt 
^at.  6S  fragt  ftd^  aber  überhaupt,  ob  nid^t  in  biefer  3e^  ber  })olitifc^e  3nftintt  hinter 
ben  t^eologifc^en  ^ntereffen  unb  Siebfyabereien  fo  toeit  ^urücfgetreten  ift,  baß  beS  ÄaiferS  ss 
le^te  üWaßna^men  unter  anberem  ©efic^tS^unit  ju  beurteilen  ftnb  als  feine  früheren. 
SebenfattS  ftnb  fte  nid^t  toerftänblid^,  ofyne  baß  man  einen  ©nblicf  in  feine  tfyeologtfcfyen 
®ebantengönge  getoonnen  F?at.    Unb  babon  ift  jum  ©c^luffe  no$  ein  SSort  ju  jagen. 

5.  ätögefe^en  öon  ©riefen  an  bie  ^ctyfte  §ormiSbaS,  3°^anne^  nv  Slgapet  I.  unb 
BigiliuS  unb  einigen  anberen  Schreiben  (f.  Hnec^t  13  ff.)  ge^en  unter  QuftinianS  Slamen  40 
folgenbe  ©driften  t^eologif d^en  ^nfyalteS  (äluf^ä^lung  nad)  ber  in  MSG  eingehaltenen 
Setfyenf olge) :  1.  Xoyog  .  .  xaxä  'ÜQiyevovs  xov  dvooeßovg  xai  twv  dvoalcov  avxov 
doy/idtcov  (MSG  86,  1,  945—989;  MSL  69,  177—225:  Mansi  9,488-533),  ein 
toafyrföetnlicty  im  ^emuar  543  ($iefamj>  ©.  46)  an  ben  Patriarchen  9KenaS  toon  Äon« 
flanttnoj)el  erlaffeneS  6bift,  in  bem  bie  §eterobojien  beS  D.  als  bie  Ärone  aller  Äefcereien  45 
ertoiefen  toerben,  mit  ge^n  3lnat^ematiSmen  abfd^ließenb,  reid?  an  3^taten  au^  ben 
Äird^enDätem ;  2.  ygä/x/ua  .  .  tiqös  tj]v  ayiav  oüvodov  jicqI  'Ügiyevovg  MSG  989 — 
993;  Mansi  533— 537 ;  SMefomp  90—97),  eine  an  bie  ntr  3eit  ber  5.  öfumenifc^en 
©ntobe  553  (f.  bie  Semerfungen  3)iefampS  83  ff.)  in  JqJ.  öerfammelten  SMfcfyöfe  ge= 
richtete  8ufforberung,  über  bie  unter  ben  origeniftifaen  ©lönc^en  $u  3j^nifölcw  verbreiteten  so 
3rrtümer  gu  ©erid^t  ju  fi^en;  3.  ofiokoyia  morecog  .  .  xaxä  xcbv  xqi&v  x&pakaloyv 
(MSG  993—1035;  MSL  226— 267;  Mansi  537—581),  ein  $toiföen  551  unb  553, 
too^rf^nK^  Ö51  (§efele  ©.  836)  verfaßtes,  an  bie  ganje  fatljoliföe  unb  apoftolifcfye  Äird&e 
genutetes  (Sbift  gegen  bie  brei  Kapitel;  4.  xvnog  . .  Ttgog  rr/v  äylav  ovvodov  negl 
Seodcogov  xov  MoyoveojLag  xai  xeov  kouicbv  (MSG  1035—41;  MSL  267—273;» 
Mansi  581—588;  f.  £efele  866  91.  1);  5.  loov  Imoxokrjg  dvxiyQaqpeiarjg  .  .  ngög 
urae  yqdipavxag  xai  ixdixtjoavxag  Öeödcogov  xov  dvooeßij  xxL  (1041 — 95 ;  273 — 
327;  589—645),  ein  toal?rfcbcinlicfy  Vor  550  (anberS  §efele  912  f.,  f.  bagegen  SoofS 
311  f.  unb  tönest  19  f.)  an  nic^t  genannte,  vielleicht  in  ©f^t^ien  (Änec^t)  gu  fucfyenbe 
Sifc^öfe,  energifd^c   SJerteibiger   ber  brei  Äapitel,  gerichtetes  ©^reiben;    6.  diaxdSig  .  . 

ntaUtnOitlQpMt  für  Geologie  unb  mr*e.    3.  «.  IX.  42 


658  3ttfti«ttu  I. 

xaxa^Avdifxov,  Sevrjgov,  Flexgov  xal  Zioagä  (1095 — 1103;  =  N.  42  [56J  1,  367— 
374) ;  7.  X6yog  doy/xaxixdg  .  .  ngog  xovg  h  tcß  ivdxco  (f.  0.  ©.  606, 4f»)  xrjg  !4JUfar- 
dgicov  /wvaxovg  (1103 — 46,  nad)  ber  ed.  princ.  Don  3t.  3Ra\,  Script.  Vet.  Nov. 
Coli.  7,  1,  292—313),  ein  $ur  £eit  be$  Patriarchen  3oilu$  bon  SKejanbrien  (542 
5  [543]  —  550  [551]),  anfdjeinenb  noä)  bor  bem  2)retlaj>itelftreit  entftanbeneä  bogmatif$e3 
©^reiben  an  $ur  Crtyobope  gurtiefgefetyrte  äg$>tif$e  SWöncfo  ber  SBiberlegung  mono* 
p^fitifefrer  Srrtümer  getoibmet  (batyer  traetatus  adv.  Monophysitas) ;  8.  . .  ix  xijg 
jzgög  Zcoikov  ..  doyfxaxixfjg  emoxokrjg  (1145—49;  naety  9Rai,  Spicil.  Rom.  4, 
468  ff.),  SBruc&ftücf   au$   einem  in  9ir.  7  (p.  1137)    ertoäfynten   ©^reiben   an   ben  $a* 

10  triarc^en.  D6  biefe  ©Triften,  h>ie  fie  un$  borliegen,  bireft  au$  IguftimanS  Seber  ae* 
floffen  fmb,  totrb  fi<$  bei  ber  tyoben  Stellung  be3  Autor«  fätoerlic^  feftfkeOen  laflen.  Wit 
ben  DueHenfteHen,  bie  man  getoötynlicty  anführt,  um  bie  ^Berechtigung,  Suftinian  unter  ben 
tfyeologifcfyen  ©djriftfteHcrn  auf^ä^len  (fo  fc&on  ^^^anne«  bon  Irittentyeim),  $u.  erfeetfen, 
läfct  fufc  für  biefen  Qtotd  niefct  biel  anfangen,    ©eine  eigene  (Srflärung  (N.  132  [147 1  2, 

iö  244),  bafj  fein  ^ntereffe  für  ben  regten  ©lauten  ix  xcbv  nag}  fj/uebv  dtaqrögox;  yga- 
(pevxwv  koycov  xe  xal  idlxxcov  $u  erfefyen  fei,  ift  &u  allgemein  gehalten,  bie  öemerhmg 
be3  (SuftratiuS  (Vit.  Eutych.  33  MSG  86,2,  2313),  ba&  ber  Äaifer  Sag  unb  9la$t 
barüber  gefeffen  tyabt,  burefc  ©ort  unb  ©ebrift  bie  £äretifer  $u  tbiberiegen,  fagt  gu  bid, 
unb  bie  angaben  be$  SiberatuS  (Breviar.  24  MSL  68,  1049)  befagen,  toenn  man  fie 

20  tyrer  gloSfeln  enttleibet,  nid&t  mefyr,  als  bafe  l^ufttnian  an  ber  Slbfaffung  ber  bon  tym 
erlaffenen  (Sbitte  unb  ^Ibtyanblungen  perfönlidjen  Anteil  genommen  tyat,  toaä  o^nebin 
feftfte&t. 

3nbeffen  ift  biefe  grage  minber  toicfytig,  bebeutenber  fdjon  bie  anbere,  toer  unter  ben 
aeitgenöfftfcfyen  Ideologen  auf  ben  ftaifer  (Sinflufe  befeffen  tyaben  mag.    SoofS  ift  in  forg* 

26  fältiger  Unterfucfyung  biefer  Sfrage  nachgegangen,  inbem  er  bie  laiferlic^en  Sftfyanblungen 
tyauptfäctylidj  auf  ettoaige  Seeinfluffung  burd?  Seontiuä  bon  93tyjana  unterfuc^te.  @r  ift 
%a  bem  (Srgebniä  gelangt,  bafe  e$  fiefy  mit  unferem  ÜRaterial  nic^t  betoeifen  läfct,  ob  ettoa 
3uftinian  ftcfc  bon  SeontiuS  fyat  beraten  laffen.  2Bteberbolte  Nachprüfung  fyd  ba$  au$ 
mir  beftötigt  (f.  and)  bie  Semerfung  bon  5tne$t  23,  ber  barauf  ipntoeift,  bog   ftc^  ber 

ao  für  2.  befonberS  begeid^nenbe  2lu«brucf  hvndaxaxog  bei  3-  niefct  finbet).  38on  großer 
Sebeutung  ift  aber  bie  böllige  fad^lid^e  Überetnftimmung.  9(uc^  ^uftinian  bertritt  bie= 
jenige  Geologie,  toelcfye  in  ber  c^rtdifc^en  Interpretation  be^  d^alcebonenftfd^en  ©^mbotö 
be«  SRätfete  leiste  Söfung  fie^t  (f.  auc^  ben  31.  6tyrifl  bon  Sllejanbrien  8b  IV,  381,  uff.). 
„2)ie  Ideologie,  bie  Seonttuä  bertritt  (unb  manche  anbere  neben  i$m),  ifk  bie  Drtyobogie 

36  ber  3e^  Suf^nian«*  ^k  Ideologie,  bie  ber  Äaifer  felbft  billigte,  beren  ©ieg  er  553  burtfc 
fe|te"  (Soof«  315).  £a$  auggufü^ren,  ift  ©ad^e  be«  2lrtifel$  über  Seontiirö,  ben  eigene 
licfc  originalen  Ideologen,  toenn  bei  biefen  mit  fc^olaftifc^en  2)iftinftionen  fo  ftart  ber^ 
festen  ©ebanfengängen  bon  befonberer  Originalität  überhaupt  gerebet  h>erben  barf.  9Rü 
Squg  auf  $.$  älb^anblungen  mag  aber  noc^  jh>eierlei  ^erborge^oben  toerben:  einmal  bie 

40  getiefte  ärt,  mit  ber  ber  Äaifer  ober  Irer  i^m  bie  geber  fü^rt  ba«  Stnbenten  unb  bie 
Geologie  ß^riH^  bon  Sllejanbrien  ^u  berteibigen  unb  fo^ufagen  munbgerec^t  £u  ma^en 
berftanben  \)at.  ©obann  feine  93cfämpfung  be^  Crigentömu^.  6^  ift  m.  ©.  niety  bt- 
redjtigt,  in  bem  Gbiftc  3 £  9^9««  Crigene«  bon  543  eineä  ber  toid^tigften  2)o!umente  ber 
Stcligionevolittf  beö  Äaiferö  ^u  crblicfen  (fo  Diefamp  46);  bielme^r  erfc^einen  gerabe  im 

45  SJa^men  feiner  ^iolitif  bie  Sia^na^men  3-^  beftenfato  ate  jufällig  (fo  richtig  Soof«, 
2>ogmengefcfyid&te 8  176).  3lber  für  baä  ^ntereffe,  toelc^ed  ber  Äaifer  an  t^eologifc^en 
fragen  unb  ©pefulationen  nafym,  ift  fein  (Sbift  unb  fmb  bie  bem  Sbifte  angehängten 
änatyematiämen,  inbem  fie  \xd)  bielfad^  ah  3ufammenfteHung  bon  ^itaten  aud  beschriebenen 
Tätern  geben,  bejeid^nenb.    9toc^  be^eic^nenber    ift   bie  Verurteilung   be«  2lnbenlen$  bö 

60  großen  alqanbrinifc^en  X^eologen  für  bie  allen  freien  Regungen  felbftftänbigen  Denlen^ 
über^au^t  abgeneigte  ©timmung  bcr  3^it/  h>enigftenö  in  ben  mafcgebenben  ^$erfdnlu^tcttcn 
(bgl.  ba^  s3Jäbere  im  21.  Drigeniftifc^e  ©treitigfeiten). 

3>n  ber  ÜJle^rjaj^l  ber  ^arfteCiungen  lieft  man  bie  Semerfung,  bafe   ber  Äaifer  auf 
feine  alten  Xage  „^äretifd^"  geworben  fei,    inbem  er  in  ba$  Sager  ber  fogen.  3(p^t^arto» 

66  bolcten  (f.  b.  3131.  9Jtonopltyfiten  unb  Julian  bon  Jparlifarnafe  oben  ©.  606  ff.)  überging. 
2öa$  ift  babon  $u  galten':'  (Sbagriu«  (Hist.  Eccl.  4,  38)  berietet,  ba|  ^uftinian  —  e$  muj 
um  bie  3fltyreSU>enbc  564  auf  565  getoefen  fein  (f.  b.  21.  ©utycfciuS  bon  ftonftantino)>e{9bV, 
648,  «2  f.)  —  einßbilt  ^abe  ausgeben  laffen,  in  n>elc^em  er  ben  Seib  beä^errn  Sw&agxat 
unb  gegen  natürliche  unb  tabelfreie  Seiben  unempfänglich  {xcbv  (pvooccljy  xal  adiaßh}- 

60  xiov  7ia&d)v  iveniöexxov)  genannt  ^abc.    (Sr  fyabc  bie  ^ifc^öfe  aßer  Orten  gelungen, 


SfttfHuian  I.  3ut>eutl  bon  3ferttfalettt  659 

biefe  Sefyre  ju  genehmigen,  inSbefonbere  fyabt  er  gegen  ben  Sifd&of  SlnaftafiuS  bon  2lntiod&ien 
(f.  b.  9.  93b  I,  49i,i<iff.)  borge^en  roollen,  fei  aber,  toäfyrenb  et  tym  ba$  Urteil  butterte, 
geftorben.  Nie.  Call.  Eccl.  Hist.  17,  29,  ber  im  roefentlid&en  (SbagriuS  aufreibt,  fefct 
beutlicfyer  als  biefer  auefc  ben  goß  beä  Patriarchen  6utr$iu$  mit  ber  legten  üBenbung  ber 
fatferlic^en  Sßolittf  in  SSerbinbung  (bgl.  aud)  bie  SRoti^  ex  libello  synodico  bei  Mansi  6 
9,765).  ®er  *ßre$br/ter  (SuftratiuS  (@uftatr/iu$)  beftätigt  in  fetner  Siogra^ie  beä 
^atnorc^en  (Vit.  Eut.  33.  42  MSG  86,  2,  2313.  2324)  biefe  Slottjen.  (Sbenfo  Styeo* 
ptyrnti  (ed,  de  Boor  p.  240  f.)  unb  S^anneä  bon  9litiu  (überfefct  bon  gotenberg  im 
Journ.  Asiat.,  7.  s6r.,  12.  tom.,  1878,  343 ff.;  f.  and)  Button  305—308).  @nbtic$ 
tyd  Sifäof  SRicetiuS  bon  Irier  in  einem  (bei  Mansi  9,  767—9  abgebrudten)  fonfufen  10 
unb  für  bie  eigentliche  ftrage  gar  fein  SBerftänbniS  berratenben  ©^reiben  an  ^uftinian 
bem  Äaifer  feinen  3**^  vorgehalten.  ®a$  in  SRebe  ftefyenbe  (Sbift  ift  fomit  niefct  er« 
galten,  an  ber  2tyatfa$e  lann  aber  niefct  ge^eifelt  h>erben,  aud)  nidjt  baran,  bafc  bie 
genannten  Quellen  in  3-3  93orger)en  einen  bebauerlicfyen  SlbfaH  toom  redeten  (Stauben  er* 
bltcfen.  3n  red^t  ungefc&icfter  SBeife  f/at  julefct  nod&  Button  (205  ff.  303  ff.)  tyre  9n*  u 
gaben  gu  entwerten  gefugt.  Äned&t  (140—44)  ift  bem  richtigen  ©actyberfyalt  nätyer  ge* 
tommen ;  bo$  tyat  audj  er  ftety  bie  ^rage  nufyt  fcfyarf  gefteüt.  2Boty(  aberfyat  ber  aIte2Balc$ 
(8,  578  ff.)  fc^on  boHfommen  richtig  gefetyen.  35afc  nämlicfc  ^uftinian,  gehnfe  auf  ©runb 
eigener  Überlegung,  fiefy  „apfytfyartobofetijcr;"  geäufeert  bat,  ift  nid&t  )u  beftreiten;  ebenfo 
fieser  bürfte  aoer  fein,  bafc  er  bamit  bon  ber  Drtfyobojic  niefct  abjuroeictyen  überzeugt  roar.  20 
$te  bem  fogen.  ä^ttyartobofettemuS  &u  ©runbe  liegenbe  35orftdttungött>ctfe  ift  (f.  b.  9. 
Julian  b.  $alifarnajj  39b  VIII,  ©.  609, 1  ff.)  feincStoeg«  nottoenbig  unort^oboj,  benn  fie  ftefyt 
mit  ber  Annahme  ber  £omoufie  ber  Wenfctyennatur  Gtyrifti  nietyt  nottoenbig  in  2Biberft>ru<$. 
sBtan  brauet  nic&t  einmal,  toiel'oofS  ©.316  e$  tfyut,  3uftinian$  lefcte  tfyeologifcfye  ©c^toen* 
lung  ate  ©nfaü*  eine«  ©reifen  anjufetyen,  naefc  bem  man  bie  3*e^e  f^ner  9W&nne$jar)re  26 
niefct  beurteilen  bürfe.  6tn  flc^cre^  Urteil  ift  fyier  freiließ  übertyaityt  nid^t  möglkfy,  e$  fei 
benn  bartiber,  bafc  ber  Äatfer  e*  ftcfy  niefct  tyat  berfagen  tonnen,  aud&  biefer  ttyeologifcfyen 
Sonberibee  burc§  tircfyenregimentlic^e  -Dtafcregeln  sJta$brucf  $u  geben.  ©.  ftrfigcr. 

3nbenal,    erfter  ^atriarcr)  bon  3erufa"em/    ß«fr  458.  —     Uitteratur:  «ften  oer 
Äonjilien  uon  fep^efuö  431  u.  (Sfmlcebon  451  passim  (Labbelll  u.  IV,  Mansi  IV— VII);  ©riefe  ao 
2eo«  b.©r.  (opp.  edd.  53a fl er.  1. 1);  (Stjria  u.  8!Qtt)opolid,  Vita  S.  Euthymii  (f.  biefelbe  doü* 
ftönbig  bei  Sotdeiiu3r  Monum.  eccl.   gr.  IV,  1  ff.,    in  ber  ^Bearbeitung  beä  ©imeon  3Weta» 
pftraftc^,    bie  für  3.  au3reid)t,  ib.  II,  au*  MSG  CXIV;    @ut&.  l)at  bie  gan$e  $RegierungS« 
jett  be«  3.  unter  bemfelben  oertebt,  geft.  473;  Gttrtü  lebte  in  ber  erften  ftfitfte  be«  6.  3al5r= 
§unbert3  al3  SJlöncb  in  $aläftina,  er  ift  ein  relatiu  nüchterner,  forgfa'ltiger  $>iftorifer.  bcjunber§  36 
in  (fcronologifdjen  Angaben  genau,  f.  über  tf)n  ährumbadjer,  ©efd)t(5te  ber  bttj.  fiitt  *,  ©.185  f., 
aueö  Soof«,  fieontiu«  u.  ©njauj,  2U  III,  274 ff.);    eoagrtu«  6djolaft.f  Hist.  eccl.  II  (MSG 
LXXXVI,  2) ;    $te   fog.   itirienqefd)id)te    be«  3ad)ariaö  ffl^etor,    in  beutfdjer    Ueberje^ung 
berau^geg.  oon  Ä.  ?lbrcn§  u.  ©.  Krüger  (Script,  sacri  et  profani  edid.  semin.  phil.  Jenens. 
Bodales,   fasc.  III,  1899);    ße  Ouien,    Oriens   christ.  III,  HO  ff.  u.  164  ff. ;  Xiüemont,  M6-  40 
moires,    XIV- XVI   (1732),    vgl.    bie   Indiccs-,   Speatalabfcanblung:  XV    196—207,   ugl. 
867  ff. ;  ^efete  tonailiengefdjtcöte   II 2,  passim  ;   Venables,  Art.  Juvenalis  (2),   DChrB  III, 
595  ff. ;  Vailhe\  L^rection  du  patriarcat  de  Jerusalem  451,  Revue   de  TOrient  IV  (1899), 
44 ff.—  Sgl.  W.  „Serufaletn,  $atriard)at",  ^3b  VIII,  697 ff.  Ueber  bie  (Snt rot rfc lung  ber  fir*- 
lidpn  Titulaturen  in   ber  orientalifdjen  ftiraV,    infonberbeit    ba&  ^luffornmen    bed  „$itel$"  45 
xaiQtdoztj*  (ber  451  nod)  feineöroeg«  übltdj  roar  unb  im  6.  3&t)rt).  für  3erufalem  juerft  auf^ 
tritt),  f.  Äattenbuf^,  ftonfeffionSfunbe  I,  113  ff. 

3)aö  Iobe«iar;r  be$3u&enalt  ^  5^ar  nic^t  abfolut,  aber  mit  fetyr  ^o^er  3Bar;rf^ein- 
lu^Wt  feft^ufteüen.  3Q3ie  alt  3-  getoorben,  roei^  man  jebod^  nid^t,  ebenfotoenig,  h>o  er 
geboren,  tmä)&  feine  gamilientoerfyältniffe  toaren  u.  bgl.  äuefy  ba^  ift  nur  unbeftimmt,  60 
m  fagen,  toann  er  Sifcfyof  toon  3^wfalem  gercorben.  @r  folgte  bem  $rar/lio$,  ber  feiner* 
feit*  bem  auä  ben  otigeniftifc^en  unb  pelagianifc&en  ©treitigleiten  befannten  3°^nne« 
416/417  folgte,  aber  nur  fuq  (unbeftimmt  roie  lang)  regierte.  Sei  „3a<fyaria3  Sl^etor" 
II,  4  Reifet  e$,  bafe  3utoena^  36  3a^re  *>en  ©tur;I  toon  ^«nifölem  inne  ^atte,  unb  baS 
mag  rw^tig  fein.  6r  roäre  bann  421  422  Sifcr;of  getoorben.  5?idJ)t  ftimmen  fann,  loa«  55 
man  in  ber  vita  Euthymii  (c.  96,  MSG  ©.  676),  boer;  roafyrfcr/etnlicfy  nur  afö  Schreib* 
fehler  lieft,  bafe  fein  (Spiäfopat  44  3^r;re  gebauert  r;abe. 

3.  f<$emt  bon  vorneherein  entfc^Ioffen   getoefen  xu   fein,   feiner  ©tabt   enbficty   eine 
Stellung  3U  Raffen,   bie   ber  ir/r    in  9Jicäa  augefproqjenen  äxokovftia  xfjg  ri/tifjg  einen 
beutlictyen  ^ierar^ifa^en  51uöbnicf  gäbe.    3^  fe^e  m^  ©enugt^uung,   ba|  aud)  Xidemont  <x> 
(XV,  200)  baran  benft,   ba^   bie  Seftimmung  beS  Can.  7   bon  sJlicäa  33qug  tyabe  auf 

42* 


660  3it»eital  bon  ^erufalem 

bie  ötumenifcfyen  Äomilien  unb  bem  33if#of  bon  3er.  ty&  ^ncn  befonberen  Sang  unb 
©i$  fiebern  tooflte.  2lber  td&  fyabe  33b  VIII,  699  f.  fcfyon  gegeigt,  ba|  biefe  Seftimiramg 
mit  9tottoenbigfeit  Sßirren  naety  ft$  30g.  ©ie  gab  fefyr  fyofyem  ß^rgeig  ber  Sifööfe  ber 
tyeü.©tabt  einen  SRecfytSanfyalt  unb  fte  gehörte  tynen  für  getoö&nlufc  ntcfyt  einmal  3Retro* 

b  politenrang,  fonbern  unterteilte  fte  in  SBejug  auf  „fyeimifcfce  SBerpältnijfe"  bem  3Retn>= 
politen  bon  Säfarea.  3Jlöglid&,  bafe  Subwal  M*  rf}*  $tobe  feiner  felbftyerrlid&en  Ab* 
fixten  bei  einer  Gelegenheit  gegeben  |at,  bie  fanoniftifety  nicfyt  gang  einfach  lag.  Sie 
©acfye  ift  bon  93aity6  n%r  bargelegt  toorben.  SJurq  @u%miu«  toar  ein  farra$enif<$er 
(Stamm    jum  gfyriftentum   belehrt  toorben  unb  3«benal  &at   bemfelben   auf  @utft?miu$ 

10  2Bunfd&  einen  eigenen  Stfd&of  beftellt,  ber  ftcfy  al«  Ilhgog  biioxonog  IlaQE/ußotöv  in 
@j>&efu$  431  unterzeichnet,  betrug  toar  ber  ©d&eif  jene«  ©arrajenentrul)^f  ber  nad) 
feiner  Sefefyrung  fein  Sager  (nageußokal)  in  ber  9tötye  fcon  3er-  auffcfylug  unb  ftc$  #er 
bauernb  anfiebelte.  3-  ^attc  gtoeifello«  fein  9le$t,  toeber  ein  Saturn  }u  grünben,  no$ 
einen  SBtfd^of  ju  toetycn.    2lber  er  lonnte  bie  ©arrajenenfolonie  innerhalb  feine«  ©tobt* 

15  gebiete«  für  einen  heterogenen,  tootyl  fd&on  toegen  ber  ©pracfye  ifym  perfönlicfc  ungugäng* 
liefen  Seftanbteil  erflären  unb  für  nottoenbig  ausgeben,  ftdj  für  bie  bortigen  bifäöflicfcn 
gunftionen  einen  „Äoabjutor"  ju  befteüen.  33ermutlid&  fyat  er  bie  nage/jißokai  JSoqqcl- 
xrjvcov  gar  nicfyt  t>on  3er.  gelöft.  ©.  SBail^S  Le  monastöre  de  Saint  Thäoctiste 
et  l'6v§ch6  de  Paremboles  (Revue   de  l'Or.  ehr.  III,   ©.  58 ff.;   ba«  Stötum  ift 

20  im  6.  Sa^unbert  toieber  berfcfyhmnben).  S«  ift  gu  toermuten,  ba&  bie  SBeitye  be$  Sßetntf 
um  425  gefdjaty;  jebenfafl«  lag  fie  ber  Äircfyentoetye  boran,  bie  in  vita  Euth.  c.  42 
berietet  toirb  unter  ber  angäbe,  bafe  fte  oon  3-  ün  52.  SebenSjafyre  be«  ©utfy.  (=  428 
ober  429)  bottjogen  fei. 

2luf  bem  Äonjil  t>on  S^efu«  431   fyat  3-   einen  energiföen  93erfuc&   gemalt,  fi4 

25  über  feinen  5Ketroj>oliten  fyinau«  gu  fcfytoingen  unb  eine  „3)ü>cefe"  ju  erlangen.  3«  to*fw 
3ett  Ijat  er  überfyattyt  bie  fyöd&ften  Slfptrattonen  gehabt,  3$  ftnbe,  baf$  ba«  bieder  nvfyt 
genügenb  getoürbigt  ift,  nur  33enable$  ftretft  ba«  bermutlidp  Süchtige.  $at  %Abl  bie  bret 
^aläftinae  al«  2)iöcefe  befommen,  fo  ift  fidler  unb  auc^  ftetä  bemerft,  ba|  er  jebenfaM 
noefy  2lbftc^ten  gehabt   auf  bie  beiben  Sftyönicae  unb  2lrabia.    allein    e$  ift  toa^rf^eim 

so  lid^,  bafe  er  ftd^  mit  bem  Sßlan  getragen  ^at  —  fei  e$  auc^  nur  für  einen  SRoment  — 
fid$  aud^>  über  ben  SBtfd^of  bon  Slntiod^ia  ju  ergeben  unb  Serufalcm  ftatt  Slntiod^ta  jur 
$au^)tftabt  ber  3)iöcefe  Orien«  ju  mad^cn.  3)ie  Duellen  fmb  äuj&erft  fragmentarifc^,  aber 
toa«  erfennbar  ift,  läfjt  SEBctterc^  bermuten.  —  3"  benätten  be^Äonjite  öon  431  ftnbat 
toir  ein   an  Äaifer  IfyeobofiuS  gerichtete«  ©^reiben  mehrerer  ber  ju  30^wne«  Don  Sn^ 

86  tiodua  ^altenben  Sifc^öfe,  toorau«  er^eQt,  ba|  biefe  Stfc^öfc  t)on  Qubenal  getoetyt  tiHtrm. 
©te  ^egen  offenbar  getoifle  S^^M/  °b  i^teSBei^e  juSRed^t  befiele;  toarum  fie  überhaupt 
ertüä^nen,  bafe  fte  „a  pientissimo  Juvenali  olim  ordinati"  feien,  ift  nic^t  gan$  Hör; 
fte  reben  aud^  bon  „studia  et  praestigiae  tales  illius",  bie  immer  nod^  in  $bö- 
nice  II  unb   Särabia   ftattfänben.    äöir  muffen  un«  ^ier  mit  bem  begnügen,  toc&  b<ö 

4o(m$t  me^r  mit  Unterfc^riften  toerfe^ene)  ©^reiben  einfach  an  I^atfa^en  bejüglU 
be«  3ut)enal  erfennen  lägt  (ögl.  2abbt  III,  7ß8,  Mansi  IV,  1402).  »iföof  ©otbo^ 
bon  ^S^aino  in  Palaestina  Salutaris  (Pal.  III)  giebt  einmal  in  6j>tyefu«  fein  85otum 
mit  einer  SBenbung  ab,  in  ber  er  3ubenal  al«  6  imoxonog  Jjficöv  bejeicfrtct  (Act  I, 
f.  Sabbc  482,  Mansi  1160);  SUail^,  L^rection,  ©.  52,  tyat  bie  ©teDe  mifet>erftanbcn, 

4ö  toenn  er  meint,  bafe  ©.  toon  3"benal  afö  son  archev^que  rebe :  „6  ägxienioxoTios 
fj/üicov"  ift  bem  ©.bort  ß^rill  bon  Sllqanbria  —  ba«  mad^t  mic^  jtoeifel^aft,  ob  bieSBen* 
bung  be«  ©.  überhaupt  „fird^eitred^tltd^"  gemeint  ift  unb  nicfyt  öieDeic^t  blofe  bem  Mo- 
ment in  ©pfyefu«  entf^rid^t,  h>o  GtyriH  unb  3wb^nal  ^  leitenben  $erfonen,  „unfer^ 
(Srgbifd^of  unb  Sifd^of,  toaren.  ffienn  e«  ftc^er  ju  fein  föeint,  bafe  3-  P^  6crcitö  bor  431 

60  in  mehreren  dp axfym  ba«  Drbination«rec^t  juförieb,  ftc^  alfo  h>ie  ein  2)ükefanm$abcr 
(im  fpäteren  Sinn  „^Patrtarc^")  gerierte,  fo  mirb  man  glauben  muffen,  bafe  Äaifer  l^eo« 
boftu«  II.  (408—450)  ifym  baju  eine  Sefugni«  öerlie^en  fyabt,  toie  immer  ba3  nüp 
^ufammen^änge.  ©o  ^at  f$on  Se  Duien  ©.113  geurteilt.  Äurjtoeg  ju  einer  2^at' 
fad^e  mad&t   c«  §efele  S.  477,   bem   gegenüber  bo$  gu  betonen   ift,  baf$  ein  83eleg  nur 

56  tttoa  infofern  ejifttert,  al«  SC^cob.  in  einem  ©riefe  an  $)io«cur  449  bon  3-  m  ^mt 
fclben  ©tnn  h?te  Don  ^^alafftu«  Don  Caesarea  Cappadociae  (n>elc^ed  bomal«  noc^  eine 
felbftftänbige  2)iöcefe  toar),  al«  „äQxieniöxojzos"  rebet  (f.  act.  I  be«  Äonjil«  bon  (S&olct* 
bon    Sabbe  IV,   109,    Mansi  VI,  600). 

3«@^efu«  ^atte  e«  3.  toerfyältntemäfeig  leidet,  eine  grofeeStotte  gu  firielen.  2)er6tuil 

60  bon  Äonftantino>>eI  (ÜHeftoriuS)  ftanb  unter  Slnllage,  G^riH  bon  SUe^anbria  toar  jeittoeilig  wr* 


dfttbenal  bon  dfentfalem  661 

haftet.  Sofyatm  bon  2lntiod&ia  fyielt  ein  gefonberte«  Äongil,  ber  römifcfye  ©tufyl  toar  nur 
burc$  geraten  bertreten.  ©o  fonnte  e«  tommen,  bafc  3>ub.  enttoeber  (h>enn  Gtyrill  ans 
toefenb  toar)  an  gtoeiter,  ober  gar  an  erfter  ©teile  gu  unterzeichnen  ein  Siedet  getoann.  6r 
fyd  nun,  tote  eS  fcfyeint,  bie  Situation  auf«  füfynfte  gu  [einen  ©unften  gu  benufcen  ber« 
fud^t.  3Ran  ertoäge,  toa«  eS  gu  bebeuten  ^at,  toenn  er  in  act.  IV  (Sabbe  641,  Mansi  6 
1312)  erttärt,  eS  fei  bie  *PfIid&t  be«  Igo&anneS  bon  2lntiod&ia  getoefen  (irQijv),  aläbalb 
dg  faiokoyiav  rä>v  btayousveov  fiety  in  ber  öfumenifcfyen  ©tynobe  einguftnben  unb  bem 
apojiotifctyen  dpövog  bon  $tom  „unb  'IeQoookvfMov  äyi'ag  rov  fteov  ixxXrjoiag'4  ®& 
^orfam  unb  Ehrerbietung  gu  begeugen  (imaxovoai  *al  xififjoai)t  benn  e$  fei  judhena 
S&og,  bajj  o  rd>r  Mvikwojv  ftgdvog  £f  äjzootofaxrjg  äxokov&iag  xai  Jtagadooeajg  10 
bon  bem  gu  Sjerufalem  „forrigiert  unb  gerietet"  toerbe  (l&vveo&ai  xai  dixdteo&ai),  aber 
„i}j[  ovvrfoei  vTiegoy/ia  xQ(i>t*evog"  fcfyliefee  ber  Sfatiocfyener  fiefy  bon  ber  ©tynobe  au«, 
©etnen  eigenen  dgovog  begeid?net  3fub.  als  einen  „apoftoüfd&en",  bem  antiocfcenifcfyen  be* 
toUKgt  er  nicfyt  bieje«  ^Sräbilat.  Unb  er  rangiert  jenen  fyier  unmittelbar  bem  bon  9tom 
iur  ©eite !  @r  mufe  toirttiefy  biel  toeitergefyenbe  Sbjid^ten  gehabt  fyabtn,  ate  man  gemein*  15 
»in  annimmt.    2)ie  Rtitm  toaren  toirr  genug,  um  gügellofen  (Styrgeig  toad&gurufen. 

3>n  ber  bierten  ©ifcung  toar  ßtyrifl  bon  SHejanbria   antoefenb.    äuc$  für  tyn  bürfte 
bemertbar  getoorben  fein,   toie  fyocfy  bie  *ßläne  be«  $ub.  reiften.    $)enfelben  SSorfcfyub  gu 
leijien,   &ätte  ifyn  nur  SBerbtenbung  beranlaffen  fönnen.    Serufalem  über  äntiod&ia  begto. 
an  ber  ©teile  bon  2lntio$ia  toar  ein  SRibale  für  äle^anbria,  beffen  Sebeutung  er  ermeffen  ao 
fcben  toirb.   @in  ftarfer  SBiföof  bon  3>erufalem,  ber  „^eiligen  ©tabt  ©otte«  unb  ßfyrifti", 
ber  „5Rutter  aller  ©emeinben",   fonnte  ben  Sifcfyof  bon  SUejanbria  leidet  ebenfo  in  ben 
©Ratten  fteHen,  toie  ben  bon  änttocfyia !  Styrill  fyat  aud&  nicfyt  gegögert,  bem  $.  entgegen* 
gutreten.    3n  ben  Slften  felbft  ift  bon  ber  gangen  Slffäre  nid&t«  fijiert.    Slber  au«  einem 
biel  fpäteren  3)ofumente,  einem  SBriefe  Seo«  b.  ©r.  an  SDtajimu«  bon  äntiod&ia  (9Jr.  119,  25 
opp.  I,  1212  ff.,  f.  c.  4)   erfahren  toir,  bafi  3.  „per   commentitia  scripta"   berfucfyt 
fabe,    feine  „insolentes  ausus"  aU  berechtigt  bargut^un  (firmare).    ßtyriff  fyabt  i^n, 
ben  Seo,  benachrichtigt,  quid  praedicti  cupiditas  unternommen  fyabt,  unb  fyabt  i^n  gu« 
gleich  gebeten,    ut   nulla   illicitis  conatibus  praeberetur  assensio.    9lu$  bem  ßu= 
fommen^ang  ergiebt  ft^  unmittelbar  nid^t  mel/r,  al«  ba^3-  f^on  in  ßjj^efu«  berfud^t  ^abe,  so 
Palaestinae  provinciae  prineipatum  gu   erlangen.    SlHein  ber  ©rief  ift  gefdjrieben  ju 
einer  3^*/   to°  bereit«  nic^t«  toeiter  me^r  für  %  in  äu«fid&t  ftanb   al«  biefer  joeben  m 
C^alcebon  eneic^te  ^ringtyat  über  5Paläftina,  ein  ©rfolg,  ber  bem  Seo  fcfyon  gu  biet  toar. 
Änjubeuten,   bafe  S-  urforünglicfc  nod^>  gang  anbere«  für  jicfy  in  äu«ftd^t  genommen  fyabt, 
toar  fein  äfalafc  geboten ;  eine  2lnft>ielung  barauf  ^ätte  toie  eine  Sefd&toicfytigung  für  3Kasis  86 
maä  erflehten  fönnen,  toorauf  e«  2eo  nid^t  anfam. 

^at  3-  ikk$  @))^efu«  feine  2lbfid^ten  toieber  auf  befc^eibenere  ©rengen  gurüdgeftedt, 
fo  ift  tym  6^riH  auc^  barin  in  feiner  SBeife  entgegengef ommen.  2lu«  einem  SBrief,  ben  er  an 
einen  „SßreSbtyter  unb  Slrc^tmanbriten"  ©ennabiu«  gerietet  ^at  unb  beffen  2lnfpielungen 
triebt  me^r  genau  gu  prüfen  ftnb  (9fr.  56,  MSG  LXXVII,  320),  erfeben  toir,  bafe  er  40 
bauernb  alle  ^ö^eren  SRec^te  als  bie  bem  Stuhle  bon  ^erufalem  in  Slicäa  fongebiert 
toaren,  bem  3-  beftritten  l^at.  Umgefe^rt  fyat  3-  borber^anb  nid^t  aufgehört,  minbeften« 
eine  Slrt  bon  ©ro^aläftina  für  ftd^  al«  2)iöcefe  in  2lnft>rucfy  gu  nehmen.  3n  ^  ▼*** 
Euth.  c.  57  toirb  ertoä^nt,  bafe  er  (in  ber  3eit  nac^  431)  rov  ix  Mehrrjvijg  Ixkya- 
vov  gum  Sifc^of  bon  S^mnia  getoei^t  ^abe.  2)ie  5lotig  ift  gufälliger  2lrt.  sJKd^t  toa«  3.  45 
get^an,  fonbern  toa«  bem  ©tep^.  gefdgie^en,  trägt  ben  Ion.  Offenbar  pflegte  3.  in  einem 
umfreiS,  ber  Ijier  nur  nid&t  nä^er  begeid^net  ift,  bie  Sifcfyöfe  gu  toei^en.  SBon  bem  2Retro* 
politen  bon  ßäfarea  työren  toir  (gufättig?)  in  ber  gangen  geh  nic^t«.  3n  ßp^eju«  431 
toar  er  nicfyt  antoefenb. 

3luf  bem  Äongil  bon  ß^alcebon  451  einigte  %  fic^  mit  3Jlajimu«  bon  äntiodbia  so 
„fierä  TtolXhv  ydoveixiav1'  ba^in,  ba^  er  auf  gang  $fyönice  unb  ärabia  SBenicfyt  leifte, 
baaegen  bie  brei  Sßaläftinae  fortab  unbeftritten  befi^en  foDe.  3)em  9Kaj.  tourbe  oiefe  Ron* 
geffum  balb  toieber  leib,  toie  fein  Srteftoectyfel  mit  Seo  b.  ©r.  ergiebt.  3)a«Äongil  na^m 
einfach  bon  bem  Äontyromijj  9?otig  unb  beftätigte  ba«  2lbf ommen  in  fürgefter  $orm;  t>gl. 
act.  VII.    @«  fyat  and)  fein  ©etoenben  babei  gehabt.  66 

3.  ifi  in  ber  ©efcfyicfyte  eine  cttoaö  anrüd^ige  *Perfönlicfyfeit  geblieben.  3n  ^m  Katalog 
ber  ^eiligen  ift  er  nic^t  einmal  in  ^^ufa^m  gefommen.  3)a«  toirb  ^auptfäcfylidb  bamit 
gufammen^ängen,  bafe  er  bogmatifefy  ntd^t  taftfeft  getoefen  ift.  auf  ber  ej^efinifc^en  ©t;= 
nobe  bon  449,  ber  3täuberft;nobc,  fyat  er  gu  3)io«cur  gehalten  unb  fid&  al«  Sef4>ü$er  be« 
(Suä$e3  begeugt  begto.    in  erfter   Sinie   mitgeholfen,  ben  ^toian  abgufe^en.    ©a«   ift  eo 


662  3itbeita!  Hott  3erofalettt  dfttoeucu* 

nie  flang  toerflefjen  toorben,  toietootyl  bcr  Sinn,  in  bem  befonberS  @utyd&e3  bort  anerfanni 
imirbe,  ein  beftimmt  begrenzter  toar  unb  leine  SiKifluna  be$  eigentlichen  SRontyfyrftt&iraid 
intoofoierte.  3n  ß^alc^on  toar  3*  aunäc^ft  ein  angenagter.  Aber  er  toofljog,  hin  enfe 
fcfyloffen,  feinen  Übergang  ju  ben  Drtyoborm,  inbem  er  ben  ©rief  beä  2eo  an  gwtoian 

6  acceptierte.  @r  tourbe  mit  3>ubel  bon  ber  Majorität  begrüßt  unb  f^äter  fogar  mitberufen, 
ben  bogmatiföen  $omu$  beS  Äonjtfe  &u  rebigieren.  9Bie  tuett  er  tyeologifö  gebilbet, 
toottenbä,  tute  toeit  er  religio«  intereffiert  toar,  ift  faum  $u  erlennen.  Seine  toeltlic^e  Sil? 
bung  fd&eint  nicfyt  gering  getoefen  ^u  fein.  SttHemont  (XV,  196)  meint,  bajj  tym  bie  lotet* 
nifc&e  ©prad&e  geläufig  getoefen  fei.    ©ein  gronttoed&fel  in  S&alcebon  brachte  tfyn  bie  un* 

10  berfd^nltc^e  geinbfd&aft  ber  mono^fttiföen  2Rönd&e  in  Sßaläftma  ein.  S)urc$  biefe  tourbe 
tym  ein  ©egenbifdjof  in  ber  $erfon  eine«  3$eoboftuS  entgegengefteQt.  3lu3  ben  meto* 
d&ifd&en  Äreifen  ftnb  au$  einige  2lneIboten  überliefert,  toeMjje  bie  Aufregung,  bie  fem  „8b* 
fall"  tyertoorrief,  d^arafteriftifd^  belegen  (f.  Les  Pterophories  de  Jean  ev§que  de  Ma- 
jouma  [gefd^r..  um  515],  bon  %.  9tou,    Rev.  de  P  Orient  ehr.  III,  1898,  ©.  232ff., 

16  j.  93.  239,  femer  beim  fog.  3a^aria«  Styetor  bie  Sqä^lung  III,  8  u.  a.).  3.  toar  &u* 
näcfyft  nid&t  im  ©tanbe,  fic|  in 3|er.  ju  behaupten.  SWur  mit SJMtye  entrann  ergebungenen 
Berbern  unb  flofy  na$  ftonftantinopel.  2)od&  gelang  e$  453  bem  laiferlid&en  SRttüar,  ben 
2$eob.  )u  bertreiben.  9la$  ^eruf.  ^urüdtgcfe^rt,  ^ielt  3*  ""  Äomil  feiner  brei  ^ßrotomjen 
mx  Sehäftigung  ber  SBefd&tttffe  bon  (S&alcebon.  3)aburtb  lam  er  bei  Seo  (ber  449  feinen 

20  Tanten  tote  ben  be$  2)io3cur  :c.  au&  ben  2)tyti$en  gatte  ftreic^en  laffen,  f.  ben  Srief 
an  SlnatoliuS,  Sir.  80,  3)  jur  Slnertennung.  ©galten  ftnb  noc^  jtoei  ©riefe  be3  Seo  an 
tyn,  einer  toom  4.  September  454  (5Rr.  139)  unb  einer  (an  tyn  unb  anbere  jufammen) 
bom  1.  September  457  (Sir.  150).  9iid&t  lange  nadföer,  toa$rfd&einlid&  anfangs  458,  ifl 
3.  geftorben. 

26  $n  f«Äer  legten  3«*  fa*  3-  «U&t  me&r  in  bemfelben  SWafce  fu$  faiferlicfcer  ©unfl 
erfreut,  tote  unter  3$eoboftu3  II.  ®r  tyatte  fid&  biefen  (enteren  unb  feine  ©ema^lin  gu= 
bofia  befonberS  bur$  Überlaffung  toertboQer  Reliquien  betyfli$tet  (SttHemont,  XV,  197). 
gub.  toar  438/39  felbft  bei  tym  in  3er.  als  fte  foäter,  toafcföetnlicfc  afc  »erbamtte, 
in  <ßaläftina  lebte,  toar  fte  freiließ  eine  $auptftü$e  ber  3JWnd&e,  tourbe  jebocfc  burd?  ®u* 

so  tytymius  betoogen,  fi$  mit  3-  auäjufitynen.  3)te  9ia$giebigieit  beö  3.  gegen  sJ)iajimu^ 
bon  3lntio$ia  in  S^alcebon  ertlärt  ft$  baraud,  bafe  ber  neue  ftaifer  ÜRarcian  unb  bie 
5taiferin  *ßul$eria  ii)n  gunäd^ft  nid^t  ftü^ten. 

sJtod&  ift  ju  ertoä^nen,   ba|  3-  &  getoefen  ift,  ber  in  3*r-   ein  befonbered  geft  ber 
©eburt  ^efu  am  25.  SDe^ember,  neben  bem  G^t^^anienfeft,  nad^  römifd^em  Siovbilb  ein^ 

36  führte.  3eu0e  ^af^r  ift  i^n  3e^0en°fie  un^  ^^ttnb  Saftltu^  bon  ©eleucia  in  ^faurien, 
Or.  42  (MSG  LXXXV,  469).  S3gl.  übrigen«  SCiUemont  XV,  206  unb  Ufener,  SleligiottögeW. 
Unterfuc^ungen  I,  1889,  ©.  321  ff.  %.  ft«tie«i«f*. 

dfttbencttd  (4.  S^W-  —    Sitteratur:   lieber  fieben  unb  @d>riften  bed  guüen- 

cuö  f.  bie  betannten  firdjen*  u.  Ittteratur^ef^i^tltctjen  SBerfe,  befonberd  aber  9i.  Antonio,  BibL 
40  Hispana  Vetus,  SRabrib  1785,  T.  I,  p.  164 sq.;    «.  JR.  ®ebfer,  Diss.  de  C.  V.  A.  Juvenci 

Vita  et  scriptis,  3cno  1827,  8°;  3)ontel  in  ber  @nc.  öon  ©rf*  unb  ©ruber,  @.  II,  ©b  30. 

6.  235 ff. ;  Wäfjr,  in  ^aul^S  $.*<£.  IV,  687  unb  röm.  ßitt.5@ef4.  IV.  2.  9l.r  1872,  @.36ff.; 

leuffel,  ©ef«.  ber  röm.  fiitt.  1870,  6.  836  ff.;   @bert,  ©ef*.  ber  «r.-.lat.  filtt.  I,  6.  109(f., 

2.«ufl.  1889,  6. 114ff.;  3Ji.  2ttanitiu8,  ©ef«.  b.  (briftl.-lat.  ?oef.,  Stuttg.  1891,  8.42-44; 
46  ©arben^emer,  ^atrologie  1894,  S.  390. 

ausgaben   ber   Hist  evang.:    Deventer  (s.  1.  e.  a.)   c.    1490,  4°,    $ari8  1449  (ed. 

gaber  Stapuf.),  Eenebig  1501  (AJdina),    fieipjig  1502,  SRouen  1509,  »afcl  1541.  1551;   in 

Fabricii  Collectio  Vet.  Poet,  eccl.,  53afel  1564  unb  in  üerfcfctebenen  BibL  Patr.,  §.©.  $ortö 

t.  VIII,    Lugdun.  t.  IV,  ed.    (5.  föeufdj,   granffurt    unb   fieipjig  1710,  ad  vatic.  alioeque 
50  codd.  rec.  Faustus  Arevalus,  9toml792,  4°  (abgebrueft  im  MSL  t.XIX).  Lib.  I,  ed.  ©ebfer 

1827,  8°;  Garol.  9Äaroib,  Ceipjig  1886,  8°;  3.£ucmcr,  Sien  1891  (CSEL  Vol.  XXRO. 
Sin^elfragen:    €.  ßorn,    5)ie  ^anbfebriften   ber  hist   evang.    be8    3uu.  in  3)aniig, 

SHom  unb  SBolfcnbüttel   ($rogr.)   1870,  4°;   3.  X.  ©Qtfielb,    A  study   of  Juvencus  (A  dias. 

inaug.),   Sonn  1890,  8°;    6.  Warolb,    Ueber   ba&  (goangelienbu*   be8  SuoencuS  in  feinem 
65  »erbältni«  ^um  SBibeltejt:  8m^  S3b  XXXIII  (1890),  6.  329-341;  SRid).  ?etf*entg,  Rvx 

fiatinität  beö  3.  (9lr^.  f.  lat.  fiej.  VI,  6. 267 ff.);  W.  ^onitiu«,  8"  3-  u.  ?rubentiu*  (flf^em.iRuf. 

XLV  3,  p.  485—491;    #uemer,  Shrit.  ©eitr.  jur  Hist.  ev.  bc*  3.  I  (©tener  6tub.  ©b  II); 

TOaroIb,   9Tltbo«b.  ©loffen   au3  3uöencu^4>anbf«r.   (Germ.  XXXn,  1887,   @.  351—355). 

•iWorolb,  Dtfriebd  Sejie^ungen  ju  ben  bibl.  S)id)tungen  be«  3ubencu3  ©ebuiiuS  Ärator  (ebb. 
(50  6.  385-411);    Otto  ÄeUer,  gur  lat.  ©praefaefebiebte,  n.  ©ramm.  «uff.r  ßeipjiQ  1895}  8*. 

S.  41  ;  $.  Dmont,  Un  manuscrit  de  Corbie.    lieber  bie  3uüenc»^  irrtümlich  $uge{d}r.  ©u$cr 


3itbettcttft  663 

^anbellt  ©arol.  SSecfer,  De  metris  in  Heptateuchum,  S3onn  1889  (3)iff.  p.  41—43)  u.  #erm. 
8efi,  De  Cypriani  quae  feruntur  metris  in  Heptateuchum,  Harburg  1892  (S)ijf.  p.  10—18); 
28.  ©ranbe«,  lieber  ba3  frütjdjrlfüidje  ©ebid)t  Laudes  Domini  (Programm  ©raunfdjweig 
1887r  4°.) 

3ubencuS,    ßajuä  93ettiu3  SlquilinuS    (al.   SlquiliuS.     Über  bie  SSornamen   bgl.  6 
ÜRarolb,  ÄuSg.  p.  V,  $uemer,  Proleg.  p.  V)  toar  na$  $ieronr/mu3  (de  vir.  111.  c.  84) 
ein  ftHmif<$er  Did&ter  unb  $ßre$br/ter  aus  fetyr  bornefymem  ©efd&led&te,  ber  jur  3eü  be$ 
ÄatfetS  Äonftantin  lebte  unb  bie  bier  ßbangelien  in   ^eroifd&e  38erfe  möglid&ft  treu   um* 
gegoffen  $at  ($ieron.  fagt:  paene  ad  verbum  transferens).  Der  Dichter  föliefjt  felbft 
fein  ©ebid&t  mit  bem  $inft>ete  auf  Äonftantin  (1.  IV,  807  ff.).    Daä  @bangelienbud&  jer*  io 
fäOt  in  bie  Sorrebe  (27  93erfe)  unb  bie  bier  Sucher  (770,  829,  773,  811  =  3210  Serfe). 
äc&t  3*ifen,  toeld&e  in  bielen  $anbfcfyriften  al«  befonbere  93orrebe  bor  ber  eigentlichen  Prae- 
fatio  be$  Did&terS  fyergefyen  unb  in  je  jtoei  Reiten  ba$  Sob  ber  toter  Sbangeliften  fingen, 
ftnb,  toie  fc^lagenb  SRaroIb  prol.  VII  sq.  nadjgehriefen  ^at,  uned&t.    §n  biefen  a$t3etlen 
toerben  bie  Sbangeliften  mit  ben  ©r/mbolen  (Sjed^ietö  aufgeführt,   aber  2Rarfu3  mit  bem  16 
Äbler,  3;otyanne$  mit  bem  Sötoen  berglid&en.  ©onft  ift  bie  Speisenfolge  bie  jefct  (feit  #ie« 
roitymuS)  hergebrachte  3Jtattr)äud,  9Warru3,  SucaS,  ^o^anne^,  toäfyrenb  IgubencuS  felbft  fieser 
bie  Reihenfolge  in  ber  3ta(a  (SÜtattyäuä,  go^anneä,  EucaS  unb  3JtarcuS)  und  borgefityrt 
tyükt,  ba  er  fonft  nur  auf  bie  $tala  jtd&  ftü^t.    @$  fcr)emt  gerabeju  ein  9iamen3tauf$ 
beä  ^otyrnntZ  unb  be$  SDtarcuS  bon  einem  3Ranne  borgenommen  ju  fein,  ber  bie  Steigen*  ao 
folge  ber  gtala  unb  bie   altfir*)lic&e  Irabition   nid&t  lannte.    Sine  $anbf*)rift  bejeid&net 
fogar  DamafuS  (ben  sßapft  [366—384]  unb  ^eiligen)  al«  Serfaffer,  beffen  Vorliebe  für 
<Spigramme  ebenfo  befannt  ift,  toie  bie  Sntorreftyeit  feiner  SSerfe. 

Die  eigentliche  SSorrebe  toeift  junäc^ft  auf  bie  bebeutenbften  formalen  Sorbilber  beä 
Dic&tetS  I?m,  auf  $omer  unb  SSirail,  greift  i^ren  faft  unfterblidjjen  tarnen,  obgleich  fte  26 
mit  ben  3$aten  ber  üKänner  ber  Sßorjcit  Sügen  berfnüpfen,  fteflt  aber  bo<$  toeit  l)ör;er 
bie  2^aten  ß^rifti,  in  beffen  SDtunbe  fein  SBetrug  erfunben  ift,  unb  ^offt  unter  bem  33ei- 
jtenb  beä  ^eiligen  ©eifteä  ein  SBcrt  $u  fd&affen,  toelc&eä  ß^rifti  unb  feiner  Saaten  toür* 
biger  §erolb  fein  unb  barum  auety  ben  Söeltbranb  überbauem  unb  ben  Serfaffer  felbft 
bor  bem  geuer  erretten  toerbe.  ao 

Da*  erfte  93ud&  beginnt  mit  ber  ©ef$i$te  be$  3ad&aria3  unb  ber  @lifabe$  (alfo 
mit  Sc  1),  fd&liefet  bie  gngetebotfd&aft  an  9Jtaria,  bie  Steife  ber  SRaria  ju  Slifabet^, 
i^re  ^eimle^r  an.  Darauf  aber  wirb  auä  3Wt  1  bie  bem  Sofepty  1P  &1  fletoorbene  Offene 
barung  angehrüj)ft,  bie  ©eburt  ß^rifti  aber  nac^  Sc  2  erjä^lt  unb  ber  gefamte  3^ölt 
biefcd  Äat)itete  au^gef^ft  bis  mr  SlücHe^r  ber  ^eiligen  ftamitie  au«  ^^wf^em  (SS.  39).  86 
Die  Anbetung  ber  9Jiagier  in  S3etr)Ie^em,  bie  prägnanten  93Borte  (tum  munera  trina 
tus,  aurum,  myrrham  regique  hominique  Deoque  dona  ferunt  95. 249  ff.  fielen  täton 
§ieronr/tnu$  auf),  bie  ^lud^t  nadj  ©g^ten,  ber  bet^leSemttif^e  Äinbermorb  unb  bie  Steife 
bon  #gr#ten  nacr)  9lajarctl)  toerben  nac|»  SWatt^äud  erjagt;  no$  toirb  aud  Sc  2,  40—52 
na$ge$olt.  Dann  aber  fe^rt  ber  Dieter  ju  3Jtatt^äu^  jurücf  unb  bleibt  tym  treu  40 
(c.  3  ff.)-  9Rit  ber  Teilung  ber  ©c^roiegermutter  be«  $etru«  fdjliefjt  ba^  erfte  33ud^  (bgl. 
SDti  8,  15). 

Da^  jtoeite  Sucr;  beginnt  mit  5Kt8,  16  unb  folgt  bem  erften  ßbangeliften  bi«  jur 
»erufung  be«  SDtatt^äu«  (c.  9,  9).  §ier  fd^liefet  ber  Didier  unter  Übergebung  bon  9jo 
1,  1 — 44  bie  Berufung  be$  9?atr)anael  burc^  5ß^ili^u^  unbß^riftuä  an,  Iä|t  ben  Script  46 
über  bie  £ocfoeit  ju  (Sana,  bie  Steinigung  beä  lem^ete,  alfo  30  2,  45—3,  21,  folgen, 
übergebt  aber  r)ier  30  3,  22—36,  fd^reitet  jur  Begegnung  mit  ber  Samariterin  fort  (3o  4) 
unb  bleibt  in  go^anni«  Spuren  (alfo  bem  ^netten  ßbangeliften)  btö  $0  4,  54. 

(Sbenfo   auffallenb    ift  bie   StücHe^r   be«   Dieter«    ju   3Rt  9,  10  ff.,    bem    er   bis 
c.  11,  15  folgt.  60 

Unter  äuSIaffung    bon  9JJt  11,  16—24    er&är;It    er  nac^   biefem  gbangeliften   bi« 
jum  9S.  33  be8  13.  Äa^itete  unb  enbet  ba  fein  groeite«  83ud^. 

Da«  britte  föliefjt  ftd^  an  Am  biefe  ©tette  be«  SKatt^äu«  an  (c.  13,  22)   unb 
folgt  tym  ununterbrochen  bi«  jum  c.  22,  14. 

Da*  bierte  8ud&  beginnt  mit  bem  3in«grofd^en  (9Jtt  22,  15  ff.)  unb  folgt  SKatfy  66 
bid  jum  ©d^lu^  be$  25.  Äa^itefö.  Darauf  fcr)rt  ^ubeneu«  &u  %o  11  gurüc!  unb  erjagt  bie 
aufertoedfung  be^Sajaru^  unb  bie©albung,  alfo  bte  3>o  12, 8.  eigentlich  ift  bie  Salbung 
nac^  3Wt  26,  1  ff.  erjagt ;  hier  folgt  3>uba$  Serratöanerbieten,  bie  Bereitung  be«  Öfters 
lamm«,  bie  Serrateanfünbigung,  ba^  3lbenbma^I,  ber  ©ang  naefy  ©et^femane,  ber  Seelen- 
latra;f,  ber  Senat  unb  bie  ©cfangenncu)me,  Spetri  Verleugnung,  ß^rifti  SSer^ör  bor  Stau  oo 


664  3tt»cttcit8  3bo 

l>t)a«  unb  flatus  (bi«  2Rt  27,  26).  (Da«  @nbc  be«  ^uba«  toirb  au«  bcm  Anfang  bon 
9Ht  27  t)ier  nact)gel;olt).  2luct)  für  6t)rifti  33erurtetlung,  £reu&igung,  Xob  unb  Segräbm«, 
für  bie  2Bad;e  am  ©rabe  bleibt  2Jlattt)äu«  Duelle,  tute  enblict)  für  bie  Stuferfte^ung  unb 
bie  Srfd)einungen  be«  Sluferftanbenen. 
6  Stuf  £uca«  fommt  er  nict)t  toieber  jurücf,  ÜRarcu«  l)at  er  gar  nicr)t  benu$t  gür 
biefe  (Einteilung  in  toter  Sudler  fehlen  alle  inneren  ©rünbe.  Der  Dieter  fct)lie&t  femSucfc 
unb  beginnt  ba«  folgenbe  ofyne  jebe«  3eict)en  ^ner  2öieberaufnat)me  be«  gaben«,  ot)ne 
jebe  2lnbeutung  feine«  planes.  ®«  fct)eint  bie  (Sinteilung  in  bier  Sudler  erft  nact)trägli<$ 
bom  Dieter  borgenommen  tu  fein,    bamit  biefe  poetifcfye  Darfteilung   be«  Seben«  G$rifti 

10  ben  bier  Sbangeliften  äufjerlict)  angenähert  roerbe.    3n   biefem  %aüt  toar  h>ot)l  bie  (Sin* 

teilung  bon  bem  33ebürfni«  beranlajjt,  bie  Sucher  an  Umfang  möglict)ft  gleich  ju  machen. 

£reu  bleibt  3;.  ber  Überlieferung ;    fte  ju  ertoeitern  verbietet  ir)m   bie  ^eilige  ©dfreu 

bor  ber  Offenbarung.  Die  ©brache  ijt  ebel,  bie  33erfe  fmb  fliefcenb  unb  auffoflenb  foneft 

Der  Dieter  ift  in  ber  laffifcpen  Sitteratur  ju  §aufe,   unb  feine  Dichtung  ni($t  nur  reu$ 

16  an  9temini«cenjen  an  bie  flaffifct)en  5ßoeten,  fonbern  geroiffermafjen  33ergilfcr)e  ©l>ra<$e 
(Aeneis  unb  Georgica)  mit  c^riftlic^em  3nl)alte. 

Die«  erfte  d^riftlid^e  @j)o«,  eine  J>oetifct)e  Darfteilung  be«  fiebert«  Gt)rifti,  bie  nicbt 
nact)  33ollftänbigfeit  ftrebt,  noct)  toeniger  eine  l)armonifierenbe  $enbenj  t)at,  t)at,  obgleich 
fte  fonft  für  Segtfritif  (bie  %tala  lag  ot)ne  3toctfel  ju  ©runbe),  für  ©jegefe  unb  Dogmen- 

so  gefcgidpte  (einige  intereffante  Übergänge  abgeregnet)  nid^t  biel  ausbeute  giebt,  bod)  in  ber 
alten  itirdje  großen  Slnflang  gefunben  unb  ift  auci)  im  Mittelalter  l)od)gef($ä$t  unb  biel 
gelefen  toorben.  Da«  bezeugt  bie  ftafy  ^tx  §anbfci)riften,  barauf  beuten  aud)  6itate  fpa* 
terer  ©d)riftfteller  unb  altt)od)beutfci)e  ©loffen  t)in.  3a  e«  fd)eint  biefe«  Sud)  oft  im 
d)riftlici)en  ©d)ulunterri<$t  bertoanbt   toorben   ju  fein.    3n  neuerer  $tit  ift   be«  Dieter« 

26  Formenlehre,  ©rjntas,  5ßrofobie,  SUlitteration,  ber  2Bortfd)afc  unb  ba«  £el)ngut  au«  Hafltfc^en 
Dichtern  burd)forfd)t  toorben  (bon  $atfielb);  feltenere  Söörter,  SBortformen,  SBortberbht* 
bungen  unb  Söortf^iele,  ja  älffonanjen  t)at  SDtanittu«  jufammengefteHt.  SWarolb  tyd  nad}* 
getoiefen,  bafe  3;.  *m  toertboller  3*^0*  *>**  S^to  $ ;  fön  S^Iatejt  fte^e  bem  VeroeUen- 
sis,  Corbeianus  unb  Claromontanus  am  nä$ften. 

so  Die  Sbangeliengeföictyte  ift  in  ^Ireic^en  §anbföriften  bor^anben ;  bie  ältefte  unb 
toertbollfte  au«  bem  7.  Iga^unbert  tft  in  5)laj|u«feln  geschrieben  (Cod.  Collegii  corpo- 
ris Christi  Cantabrigiensis)  [C1],  ber  jtoeite  au^  bem  brit.  3Rufeum  (8.  3?^^wnbert 
=  R  =  in  3Jlinu«feln),  ber  britte  (M.)  Cod.  Monacensis  (bgl.  äretin:  SeitrögeVII, 
p.  243  8.,  ©ieber«  unb  Steinme^er :  Die  alttyod&beutföen  ©loffen)  ift  auä)  in  3Rmu«fe{n  . 

36  gefArieben.  33om  9.  bi«  16.  Sa^unbert  i|i  eine  grojje  3a^l  bon  ^anbfc^riften  erhalten 
(bgl.  SWarolb  unb  §uemer  Prolegg.). 

Da«  jtoeite,  bon  ^ieron^mu«  ertoäfmte  9Berf  (Über  bie  ©acramente)  ift  nic^t  auf 
un«  gelommen. 

3n  einzelnen  f^äteren  §anbfd^riften  fanben  ficty   aud^  unter  bem  tarnen  be«  guben* 

40  cu«  anbere  poetifcfye  ©tücfe,  de  laudibus  Domini  (148  3S33.)  unb  Triumphus  Christi 
(108  3393.)  [bei  2lrebolo  abgebrudt].  Da«  erftere  SBerf  fc^eint  noc^  älter  al«  3.  unb 
bon  einem  SRfyetor  au«  äuguftobunum  (3lutun)  berfafet  ju  fein  (bgl.  Sranbe«).  Die  bon 
Äarbinal  5ßitra  aufgefunbenen,  beröffentlid&ten,  bem  3.  jugefd^riebenen  poetifd^en  Söerfe  m 
$ejametern  unb  §enbefaf^Haben  (6000  33erfe  über  altteftamentlid^e  ©toffe)  rühren  ebenfo 

46  toenig  bon  3ubencu«  ^er,  loie  ber  fc^on  1723  bon  3Jlartene  au«  einem  Cod.  Corbeien- 
sis  herausgegebene  Liber  in  Genesin  (1441  geganteter),  ben  ©aQanbu«,  Xrebolo, 
©ebfer,  Sä^r,  leuffel  u.  a.  bem  3-  iufrrad^en.  Die  $itrafd&en  33erfe  umfd^reiben  balb 
©tüde  au^  ber  ©enep«  (54  33).,  balb  au«  @jobu«  (1388  33.),  au«  £eb.,  9lum.,  Deut 
(1204  33.),  Sofua  (586  33erfe).    $itra«  unb  5ß.  $iu«  ®am&  33etoei«grünbe  fbib  bon 

60  33edter  unb  93eft  enbgiltig  loiberlegt  toorben.  Übrigen«  toerben  biefe  metra  in  Penta- 
teuchum  ober  Heptateuchum  in  anberen  ^anbfc^rtften  nid^t  nur  Xertudian,  fonbern 
Gt#>rian  unb  bem  angelfad^fen  älb^elm  au«  bem  7.  S^^unbert  ntgeföriebcn.  $eutt 
benft  man  jumeift  an  Gttfman,  aber  nic^t  an  ben  berühmten  lartbagijqen  Sifd^of,  fonbern 
an  einen  ßiflman  au«  ©aßien  au«  bcm  5.  3^r^un^^-    ©^ne  Darfieflung  ift  übrigenl 

66  trotfen  unb  nüchtern,  feine  33erfe  fter)en  benen  be«  ^wbencu«  toeit  nad^  (bgl.  fiucum 
gjlüaer  im  9«)ein.  3Wufeum  31%  XXI,  ©.  124  ff.  unb  gbert  a.  a.  D.,  fotote  SSarbem 
r)etoer  ©.  390).  Sei»***. 

3bof  93if(t)of  bon  Gfyartre«  (3bo  ober  Yvo  Carnotensis),  geft  1116.  - 
(^ine  ^cfamtauögabe  feiner  SBcrfe  (o^ne  bie  Pannormia)    ersten  ju   $ari«  1647r  &oL  von 


3*o  665 

«bte  ©oudjet;  Hbbrucf  bei  M8L  tom.  161.  162.  fittteralur:  L'&prit  dlve  de  Chartres 
dans  la  conduite  de  son  dioecese  et  dans  la  cour  de  France  et  de  Borne,  *ßari«  1701; 
3-  Srronto,  Jvonis  Carnotensis  ep.  vita :  J.  Frontoms  Epistolae  et  dissertationes  ecclesiasticae 
cum  praefatione  J.  A.  Fabricii.  Hamburg  1720,  ©.  490—510;  W.  2lbrt),  Yves  de  Chartres, 
sa  vie  et  ses  ouvrages,  These,  ©trafeburg  184  i ;  gr.  SRiJfe  De  Ivone  Carnotensi,  ©re«lau  6 
1863;  3.  $ombrott)8fi,  300  to.  Sartre«,  fieben  unb  SBirfen,  2)iff..  ©reSlau  1881;  ©cftum, 
$>ie  $oliti!  $apft  ^afäali«  II.  gegen  STaifer  £einridj  V.  i.  3.  1112,  Safjrbüdjer  b.  Sttabemte 
geineimiü&iger  SSiffcnf*aften  ju  Erfurt  (1877),  6. 23 ff.;  <L  ©ermahn,  8ur  ©ef<fcid)te  be« 
feormfer  (Soncorbat«,  ©öttiitgen  1878;  ST.  groucault,  Essai  sur  Ives  de  Chartres  d'apres  sa 
correspondence,  These,  (S^artre«  1883;  ftreufctualb,  5trt.  „3öo":  tfirc&cnlerifon  VI,  1889,  10 
@.  1144—1146;  Smbart  be  Iq  £our,  Les  elections  episcopales  dans  l'eglise  de  France  du 
IX«  au  XII*  siecle,  $ari«  1891 ;  91.  ©ieber,  39if*of  300  x>.  Sartre«,  $iff.,  Königsberg 
1885;  @$mein,  La  question  de  Tinvestiture  dans  les  lettres  d'Yves  de  Chartres:  Biblio- 
theque  de  Pecole  des  hautes  6tudes,  Sciences  religieuses,  $ari«  1889;  SB.  ü.  ©iefebredjt, 
©efo)i*te  ber  beutfdien  Äailerjeit  3. 93b,  5.  «uff.,  fiei^ig  1890,  ©.  666.  832;  <L  Wirbt,  16 
3>ie  $ub«aiftit  im  Scitaltcr  Tregor«  VII.,  Seipjig  1894,  @.  70.  77;  5T.  £aucf ,  Äirdjen* 
gefäieftte  $eutfcftlanb«  III,  Seidig  1895,  ©.899.  907;  U.  Gfaoalier,  Repertoire  des  sources 
historiques  du  moyen-fige,  $ari«  1877—1886  ®.  1130  f.,  Supplement  1888  ©.2662. 

Son  !gbo«  2**n  ift  wenig  me^r  befannt,  al«  toa«  man  au«  feinen  Sriefen  erfetyen 
fomt.  ©eboren  ca.  1040  im  ©ebiet  bon  Seaubat«,  bon  abeliger  $erfunft  unb  nid^t » 
ofcne  ÜRittel,  ftubiertc  et  in  $ari«  bie  frönen  Söiffenfcfyaften  unb  ${tytlofop§ie,  bann  (bor 
1062)  Geologie  im  Softer  See,  too  Sanfranc  fein  Ütfym,  2lnfelm  fein  9Ritfa>üler  toar, 
tourbe  Äanonilu«  ju  5Re^Ie  in  ber  5ßi!arbie,  hierauf  ca.  1078  $ßropft  be«  ßljortyerrnftift« 
©t  Duentin  in  Seaubai«,  ba«  er  bura^  Herstellung  guter  3u$t  unb  bur<$  ben  Stuf 
feiner  ©eletyrfamfett  berühmt  unb  ju  einer  3HufteranftaIt  ber  fogenannten  regulierten  26 
Äanonifer  machte.  3m  3a^re  1081  na$m  w  *e^  an  ^ner  ©tynobe  äu  3R0U^un  un*> 
galt  bamal«  fa)on  al«  einer  ber  berütymteften  Sefyrer  grranfreia^«.  1090  tourbe  er  auf 
Smpfe&lung  $apft  Urban«  II.  jum  Sifd&of  bon  ßfyartre«  geroä^It  unb  empfing  bon  Äönig 
Sß^ilipp  I.  bie  3nbeftitur.  Seine  9Ba^l  blieb  aber  nia^t  o^ne  2lnfe<$tung,  ba  fein  Sor* 
gemaer  ©ottfrieb  I.  bom  ^ßa^ft  toegen  Simonie  abgefegt  toar,  aber  in  granfreia)  fiarfen  30 
imWfyalt  l&atte.  60  !am  e«,  bafe  3bo  feine  Sifd&of«toeü)e  nid&t  bon  feinem  üKetropoliten, 
bem  Srjbifc^of  Slia^er  bon  6en3,  fonbem  unmittelbar  bon  ^Sapft  Urban  II.  am  24.  9?o* 
bember  1090  in  Gxfyua  empfing  (3aff6,  Regesta  pontif.  Rom.  Ed.  IIf  3ix.  5438, 
5439).  2Ui$  fpäter  toar  e^  ber  $at>ft,  ber  ü)n  gegen  bie  Anfechtungen  feine«  ßrjbifc^of« 
m  S^uft  na^m.  85 

(öefä^rlia^er  nod^  tourbe  ber  Äampf,  in  loderen  ^t>o  mit  Äönig  tyfyltyp  I.  bon 
granfreic^  bertoidelt  tourbe,  afö  biefer  1092  feine  re^tmäjjige  ©ema^Iin  Sert^a  berftiejj 
unb  mit  ber  ©räfin  33ertrabe  bon  änjou  eine  el^ebrec^erifc^e  Serbinbung  einging.  SBcu^renb 
ber  übrige  franjöftfd&e  Äleru«  fd^toieg  ober  juftimmte,  toiberfefcte  ftd^  &o,  inbem  er  bem 
Äöntg  erflärte,  lieber  tooße  er  fic^  mit  einem  3Hü^Iftein  am  §ate  in«  3Weer  berfenlen  40 
laffen,  al«  ba|  er  an  bem  fönigltcfyen  ärgerni«  fra)  beteilige.  2Beber  burc^  Drohungen 
m>d^  bur#  Serfprec^ungen  liefe  er  ftd^  jur  StDigung  be«  föniglid^en  ©dritte«  betoegen. 
3U«  ber  Äöntg  u)n  be«|alb  gefanaen  fe^en  liefe,  tooQte  ba«  33olf  bon  S^artre«  i^n  mit 
©ettxüt  befreien,  tourbe  aber  bureg  3b0  ^aran  ber^inbert.  2)a«  @inf$reiten  be«  $apfte« 
Urban  II.  (3aff6  5469)  betoirfte  feine  greilaffung.  —  @in  Äonjil  ju  SR^eim«  citierte  46 
1094  3bo  bor  feinen  SRtcfyterftufyl  unter  ber  3lnitlage  be«  §od&berrat«  unb  ber  berlejten 
Untert^anentreue  gegen  ben  Äönig.  3^°  °hvc  proteftierte  gegen  bie  Äompetenj  be«  ©erid&t« 
unb  appellierte  an  $apft  Urban  IL,  ber  barauf  1094  unb  toieberfyolt  1095  ju  Glermont 
ben  Sann  über  ^ß^ilipj)  beringte,  ©päter  bertoanbte  er  fw^  aber  felbft  hneber  Jbei 
$apft  Sßafd&ali«  II.  für  ben  Äönig  toegen  Aufhebung  be«  Sänne«  1103,  toie  er  überhaupt» 
bemüht  toar,  in  feinem  3Ser^alten  $um  fran^öfifc^en  Äönigtum  toie  jum  päpftlidjjen  ©tu^l 
Rrtng  bie  ©renken  be«  SRecfyt«  unb  ber  SiUtgfeit  &u  toa^ren,  unb  friebfertige  3Rilbe  mit 
ß^afterfeftigleit  ju  berbinben. 

93ei  aller  Ergebenheit  gegen  ben  römifd^en  ©tufyl  unb  perfönlia^er  ^eunbfe^aft  mit 
$apft  ^afd^ali«  IL,  ber  i^m  1 100  ein  ^rtoilegium  in  Setreff  be«  (Spolienrecht«  berlie^  66 
(3aff6  5818),  rügte  ^bo  boc^  offen  bie  ©ebrec^en  ber  päpftlic^en  itetoaltung,  bie  ©elb* 
gier  römifc^er  Segaten,  bie  ©imonie  bei  ber  Äurie,  bie  Ungerea^tigleit  päpftlicger  ^^fu^en 
unb  mabnte  ju  fc^onenber  Serücfftc^ttgung  probin$ieUer  Siechte  unb  (Sigentümlta^leiten. 
®a^er  ift  3to0  5U  ^^  ^ertetbtgem  ber  gadifanifttyen  ftird^enfrei^eit  geregnet  toorben 
unb  ^laciu«  ift  geneigt,  i^n  in  feinem  Catalogus  testium  fogar  &u  ben  mittelalterlichen  60 
SSa^r^eitöjeugen  ju  ^ä^len. 


666  3»o 

3n  bem  grofeen,  jene  gett  betoegenben  Snbeftiturftrcit  fud&t  $bo  eine  friebfiefo 
jtoiföen  ben  Siebten  berftircfye  unb  be$©taate$  flug  unb  billig  bermittelnbe  ©teflung  enu 
5une$men,  ätynlic^  tote  ber  ifym  natye  befreunbete  ßugo  b.gleurty  (MG  SS  IX.  337  sq.  bgl. 
b.  31.  33b  VIII,  ©.  433).    ©eine  änfid&ten  über  bte  ^nbeftiturfrage  unb  ba$  2$er#ütnte  Don 

s  Äird&e  unb  ©taat  (9Kirbt,  ^ubliufttf  ©.  512—514),  enttoidelt  3jbo  befonberS  in  einem  «rief 
an  ben  päpftlictyen  Segaten  ßrjbtfc^of  $ugo  ton  fityon  im  ?ja$re  1099  (Ep.  ad  Hugonem 
archiepiscopum  Lugdunensem  ed.  6.  ©adfur,  MG  Libelli  de  lite  imperatorum 
ac  pontificum  saec.  XI  et  XII  conscripti,  tom.  II,  1893  p.  642 — 649),  fotoie  in 
einem  ©^reiben   an  *ßaj>ft  ^ßafc^altö  II.  bom  %.  1106  (epist.  189,  MSL  162,  i«j).  aber 

10  aud&  foäter,  afö  $afd&ali3  II.  toegen  feine«  Sene^menS  gegenüber  bem  Äaifer  §emric$  V. 
im  3afce  HU  biele  Singriffe  ju  erbulben  ^atte  unb  bon  ben  §ierarc£tf(§en  6iferern 
gerabeju  ber  Äefcerei  befd&ulbigt  tourbe,  toar  e$  3jbo,  ber  ftd&  feiner  annahm,  tyn  ber* 
teibigte  (epp.  232  unb  236),  unb  ber  inSbefonbere  ben  23erfud&  bcS  gnbifäof*  3ofce* 
rannuä  bon  Styon,  burefy  ein  grofceä  gaDtfaniföeS  9Jationalfon$il  bie  päpftltcfycn  fiomef- 

16  ftonen  als  ^aretifdji  feierlich  ju  lonbemnieren,  baburefy  hintertrieb,  bajj  er  mit  fämtlic&en 
93ifd?öfen  beS  ®r$bi3tum3  ©en3  gegen  ba3  eigenmächtige  SSorge^en  ber  fübfrangöftfc^en 
Sifööfe  proteftierte  (ep.  ad  Ioscerannum  unb  beffen  änttoort  ed.  6.  ©adfur,  libelli  II, 
649—657).  2lud&  fonft  aeigen  3bo3  Sriefe  neben  ftttlid^er  ©ntfd&iebenfyeit  unb  ^ierarc&ifdfc 
firctylictyem  ©elbftgefü^I   ood?  jugleid^   cfyriftlicfye  &emut,   Rumäne  ©efinnung,   nüchterne 

20  93efonnentyeit  unb  eble  greimütigleit  gegenüber  geiftlic^er  toie  tueltltd^er  3Jta$t,  geben 
aber  aud&  3eugniS  bon  bem  großen  2lnfe^en,  ba$  !gbo  „als  Sic^t  unb  Drafel  ber  Äm£e" 
im  9|"s  unb  2lu$lanb  genofc.  9tetye  befreunbet  toar  er,  too^I  f$on  bon  See  ^er,  mit  änfelm 
bon  Ganterburty,  ber  tyn  mehrmals  in(5&artre$  befugte;  aber  aud&  mit  beffen  ©egner  SRo& 
ceDin  ftanb  er  in  33rieftoed&fel  unb  föeint  i|)n  ^um  SBiberruf  beftimmt  gu^aben  (ep.  7). 

25  35en  2lu3gang  beä  ^"beftiturftreite«  unter  ßalijt  II.  f)at  3bo  nic^t  mei&r  erlebt,  biet 
mebr  ftarb  er  noefy  unter  $Paj>ft  Sßafd&aliS  am  23.  2)ejember  1116.  Db  unb  toann  er 
fyeiliggeforod&en  toerben,  ift  ungetoife;  $iu3  V.  berlegte  1570  feinen  (Sebäd&tniStag  auf  ben 
20.  SKai,  AA  SS  Boll.  Mai  V,  248  sq. 

S3on  feinen  ©Triften  ftnb  bie  betonnteften  unb  toie^tigften   bie    tan ontftifc^en 

80©ammeltoerfe,  bur$  bie  er  einer  ber  bebeutenbften  Vorläufer  ©rattanS  aetoorben  ifl 
(f.  ben  Ä.  „Äanonen*  unb  ^efretalensgammlungen" ;  31.  d.  ©euerer,  $anbbuc$  b.  Ämfcen* 
red^tö  I,  ©raj  1886  §  53  p.  241 ;  %.  gournier,  Les  collections  canoniques  attri- 
bu^es  ä  Yves  de  Chartres:  Bibliothöque  de  Tficole  des  chartes  LVII,  1896, 
©.  645 ff.;    LVIII,    1897,  ©.  293 ff.  410 ff.  624 ff.;   berf.,  Yves  de  Chartres  et  la 

86  droit  canonique:  Revue  des  questions  historiques  32.  Jj^rgang.,  63. 8b  1898, 
©.  51  ff.).  1.  Collectio  Tripartita  (trium  partium);  2.  $a3  fogen.  E>ecretum  ober 
Decretorum  opus  (c.  1095),  eine  atö  Surctyarb  bon  Söormö  (1012—1022),  aber  au<$ 
au«  anberen  unbefannten  Quellen  gefcfyityfte  gro^e  Sled^töfammlung  in  ftebje^n  Supern, 
tüa^rfc^einKc^  ein  erfter  ©nttburf,  unb  3.  bie  Panormia  ober  Pannomia  in  8  Sfi^ern, 

wgef^ft  au«  bem  Decretum;  9131  XXIII,  1898,  ©.  634;  beibe  gebrudt  bei  Migne 
t.  161  nadd  ben  früheren  ausgaben  bon  gronto  unb  3W.  a  33o«mebiano. 

SQBid^tig  für  bie  &htn&  toie  für  bie  ßeitgefd^ic^te  3b0^  pnb  feine  8 riefe,  Ivonis 
Carnotensis  Epistolae  (285)  ed.  $.  ^it^oeu«,  $ari«  1585;  MSL  tom.  162;  Lettres 
d'Yves  de  Chartres  et  d'autres  personnages   de  son  temps,    1087 — 1130,  ed. 

46  2.  aRerlet:  Bibl.  de  l'Scole  des  chartes.,  IV.  Serie,  tom.  I,  $orte  1855,  ©.443- 
471;  Lettres  de  saint  Ives,  6v£que  de  Chartres,  traduites  et  annot^es  par 
Lucien  Merlet,  ß^artre«  1885;  31.  ^ottfyaft,  Bibliotheca  historica  medii  aevi, 
2«ufl.  I,  1896,  ©.  693;  5H91  XXII,  1897,  ©.672;  981 XXIII,  1898,  ©.264 
9k.  11,  ib.  ©.  655.  664.    2)a$u   lommen   aß  SJenfmal  feiner  eifrigen  $Prebtgtt#üiflfcit 

so  24  Sermones,  an  ^efttagen,  auf  ©^noben  unb  bei  anberen  ©elegen^eiten  yt> 
galten,  barunter  eine  grofee  über  bie  Sebeutung  ber  ^riefterlid^en  ©etoänber,  eine  jiemfafr 
magere  über  ba^  ©ebet  be$  §erm.  9Rc^rere  biefer  fogen.  Sermones  bilben  aud^rfu^ 
Xraftate  über  berftyebene  bogmattfe^e  unb  (tturgifd^e  ^agen,  ).  33.  de  sacramentis 
neophytorum,  de  excellentia    s.  ordinum,  de  significationibus  indumentorum 

66  sacerdotalium,  de  sacramentis  dedicationis,  de  convenientia  veteris  et  novi 
sacerdotii,  Quare  Deus  natus  et  passus  sit  (bertoanbt  mit  9lnfe(m :  9?erbinbung  ber 
©attefaftionS*  mit  ber  2:eufetet^eorie).  De  cathedra  s.  Petri;  De  symbolo  aposto- 
lorum;  De  annuntiatione  b.  Mariae. 

3)ogmatifd^en  3^altö  ift  ein  Straftat  de  corpore  Domini  ad v.  Berengarium; 

60@£cgctif$en  ^n^ato  ein  (ungebrudtter)  ^ßfalmen-Äommentar. 


3»o  ftabafilaS  667 

iDagegen  ftammt  nid&t  auä  feiner  $eber  baä  Breve  chronicon  de  rebus  Fran- 
corum  (and)  u.  \>.  %.:  brevissima  historia  Francorum)  bon  Äönig  Sß^oramunb 
bi*  auf  Äönig  $&ttiw,  fonbern  bon  feinem  grreunb  $ugo  bon  gleurty  ebenfo  bie 
Historia  ecclesiastica  (bgl.  ben  ä.  £.  b.  gl.  oben  33b  VIII,  6.  433).  3ebenfoH3 
aber  gehört  !gbo  fd&on  nacfy  bem  3Jtajj  beffen,  toaä  toir  bon  feinen  ©Triften  fielet 
ju  ben  frud&tbarften  unb  gelehrtsten  fird&Uc^en  ©ctyriftfteHern  beä  11. 12.  $a$r* 


SBerfd&ieben  bon  u;m  (aber  bielfad^  mit  tym  bertoed&felt)  ift  ber  ^furifterüpittron 
3>bo  $elori  (ober  Ivo  de  Ker  Martin,  Saint- Yves)  geboren  1263  ju  Äer  uRartin 
in  ber  Bretagne,  *ßriefier  unb  Offijial  ju  StenneS,  foäter  ju  $reguier,  berbient  als  33e*  10 
föüfcer  ber  Slrmen  unb  SBittoen  bor  ©ericfyt,  fotoie  als  ©rünber  eine«  $ofj>iiafe  in  feiner 
Pfarrei  Sofymnec,  too  er  ben  19. 9Rat  1303  geftorben  fein  foO.  ^apft  (Siemens  VI. 
lononifterte  ü)n  1347,  AA  SS  19.  Mai;  gab6,  Hist.  de  St.  Yves,  StenneS  1851; 
Nouvelle  Biographie  g£n£rale,  t.  46,  p.  916  sq.  SQberbingf  Styjm,  $er  ffl.  3bo, 
Ära$enlqrilon  VI,  6.  1143  f.  W*%tum*uu  t  (Gar!  Wirbt).     16 


&. 


Stab  f.  3Rajjc  u.  ©etoid&te. 

SabafilaS,  9iilo$  unb  9ii!olao3,  14.  Sja^unbert.  —  Sitter atur:  SabriciuS- 
fcarlefe,  Bibliotheca  Giaeca  10,  20—30;  ©afi,  $ie  SJtyftif  be«  WfolaoS  Äabaftla«  1849, 
fteue  (Xitel*)  ÄuSgabc,  mit  (Stnfüljrung  üon  3JI.  ©etnje,  fieipjtg  1899;  Demetrakopulos, 
Graecia  orthodoxa,  Lipsiae  1872,  ®.  76 ff.  u.  83 ff.;  ftrumbac&er,  ©efd)ic&te  ber  ö^an*  20 
tinifcfen  fiitteratur  1897,  namentütf  6.  109  f.  unb  158  f.  ßeftte  Sammlung  feiner  SBerfe  bei 
MSG  »bl50 

Unter  ben  Metropoliten  bon  3#effalonicfy  führen    im   14.  ^a^r^unbert  gtoei  ben 
tarnen  ÄabaftlaS.    ©er  ältere,  9tilu3,  um  1340  unter  SoljanneS  Äantafujenuä  lebenb, 
gehörte  jur  ftrengften  antirömiföen  Partei,  toeS^alb  feine  Sänften  (befonberS  de  primatu  20 
Papae  ed.  M.  Flacius  Illyricus,  Francof.  1555)  erft  bei  ben  5ßrotefionten  93ea$tung 
fonben.    Ungleich  bebeutenber  ift  ber  jüngere,  SRüolauS  ÄabaftlaS,  ber  ©d&toefterfo^n  beS 
Vorigen,  bon  toeld&em  toir  fyier  fyanbeln.    Über  baä  Seben  biefeä  3Jtanne$  toiffen  toir  nur, 
bafe   er  anfangt  ©accDariuä  ju  Äonftantiopel  fear,  bafe  er  toäfcenb   ber   bürgerlichen 
Unruhen  juerft  auf  feiten  ber  $aläologen  ftanb,  bann  aber  mit  bem  SReid&Sbertoalter  ftan*  30 
talujenu*  ftd&  befreunbete  unb  bon  biefem  gu  poltttfdjen  (Beübungen  benufct   tourbe.    Sin 
bem  ßefocfcaftenftreit  (f.  83b  VIII  ©.  14  ff.)   na^m  er  unbjtoar  im  Sntereffe  ber  2ltyo& 
möncpe  unb  afö  ©egner  be$  Sarlaam   unb   be$  SRicepty.  (Sregoraä  teil.    2Batyrföeinlid& 
toar  er  felbft  3R'dnd)  unb  gelangte  bom  Saienftanbe  rafd&  jur  bifdjjöflid&en  Söürbe,   bie  er 
ald  3Retrot>olit  bon  Ityeffalonicty  unb  9iac^foIger  feine«  eben  genannten  CtyeimS  9l\ltö  be«  85 
Oetbete.    (Sr  ftarb  im  !gaf>re  1371.    9lifoIao«  Äabaftla«  ift  nid&t  allein  auf  bem  ©ebiete 
ber  Geologie  aU  S^riftfteBer  ^erborgetreten.     6«  gefyen   aud^  ^^ilofo^ifd^e  ©Triften 
unter  feinem  SRamen.    3Son   feinen   tfyeologifcfyen  ©Triften  berbienen   namentlich  jtoei  be= 
fonberd  ^erborge^oben  5U  toerben,   juerft  feine  fteben  köyoi  negl  xrjg  h  Xqiot(P  Ccoijg. 
Sie  fidleren  i^m  neben  S^meon  bem  neuen  Geologen  einen  |erborragenben  5ßla^  unter  40 
ben  grie#ifd(>en  3Jl^ftiIern.    (Sine  lateinifcfye  Überfe^ung  biefe«  Sßerte«  lieferte  juerft^afob 
^ontanu^  (Ingoist.  1604  cum  Philippi  Solitarii  dioptra,  toieber  obgebrueft  in  ber 
BibUoth.  PP.  Lugdun.   T.  XXVI,  p.  136)   mit  SBeglaffung   feine«  ftebenten  Suc^c«. 
6inige  äuS^üge  lieferten  3lrfubio«   in   feinem  Söerte  De  conc.  eccl.  or.  et  occ.  1626 
S.  180  unb  189  unb  3llbert  %al)n  in  ben  „£efcfrüd&ten  b^ant.  Ideologie"  (JE^Sm  1843,  46 
S.  724).     SoDftänbtg   ift  baä   genannte  SBerf   bon  öafe  a.  a.  D.  griec^ifd^   nac^  brei 
^anbfe^riften  unb  mit  einer  auefübrlicfym  Einleitung  herausgegeben  toorben. 

3)iefe  fteben  Sucher  ober  Sieben  ;/bom  Scben  in  G^rifto"   bürfen  ate  merftoürbigeä 
ättenftücf  einer  no$  toenig  beamteten  b^antinifd^en  sDh)(ti(  gelten  unb  berbienen  beäbalb, 


668  ftnbnfiln« 

bajj  toir  bercn  3n$alt  unb  ©ang  furj  cfyarafterifieren.  (Srfyebung  über  ba«  Sinnliche, 
©infüfyrung  in  ba«  unvergängliche  2eben,  feie  e«  in  ßfyrtftu«  aufgegangen  ift,  £0*17  unb 
äqp&ctQoia  ftnb  ein  ^auptgebanfe  ber  altgrtectyifd&en  Geologie,  Welcher  anfänglich  burcfcau« 
ibealiftifä  gefafet  unb  mit  bem  ^rin^ib  ber  2öillen«fretyeit  berbunben   tourbe.     Stocher 

b  aber  empfing  biefe  2lnfid&t  burcfy  mehrere  ©d&riftfteHer  eine  realiftifd&e  unb  teiltoeife 
mtyftiföe  Söenbung,  toeld&e  burc$  bie  ©tymboltf  be«  Äultu«  begttnftigt  tourbe.  2Ba«  bie 
^eiligen  §anblungen  barftellen,  foCC  aucfy  btynamifd?  in  bie  geiftleiblid&e  SDtenföennatur  ein- 
bringen,  ©c$on  bie  mtyftagogifcfyen  Äated&efen  be«  ©jrill  bon  Igerufalem  faütfen  burc$ 
Deutung  ber  rituellen  -Dtomente  bie  innere  Umbilbung  be«  9Wenf$en  an  bie  ^Reihenfolge 

10  ber  faframentifäen  Verrichtungen.  $jeubobiontyfiu«  gelangt  in  ber  ©rfenntni«  be«  ©ött= 
liefen  nu  feinem  pofitiben  SRef ultat ;  inbem  aber  ba«  göttliche  SBefen  im  ungetotffen  #eH* 
bunfel  bleibt,  foD  e«  boefy  burd^  bie  Slnftalten  ber  Itrd^Itd^en  $ierar#ie,  toelc^e  bie  ^hnm* 
lifcfye  abbilbet,  un«  nahegebracht  unb  bon  un«  angeeignet  toerben.  Der  fpätere  S^ymfc 
ni«mu«  folgt  biefem  fym6olifterenben  triebe  fo  toeit,   bajj  er  am  liebften  bie  ganje  ©eft 

15  unb  ebenfo  bie  Äird&e  mit  ifyren  formen  unb  $anblungen  burd&  ibeeQe  2lnftriehtngen 
erflären  toill,  toobei  er  in  ©efa^r  fommt,  ba«  ttberfinnlicfye  böDig  mit  bem  ©umliefen 
au«$utauf$en,  alfo  eine  unmittelbare  (Srfafyrung  unb  Berührung  &u  ftatuieren,  toelefc 
bie  Ijöd&ften  geiftlicfyen  ^Realitäten  in  bem  ©laubigen  jur  SBirffamfeit  bringt.  6tne  anbere 
ebenfalls  mtyftifcfye  Stiftung,  bonSKacariu«  unb  anberen  au«gefyenb,  fyat  einen  me$r  prafc 

20  tifcfca«Ietifcfyen  unb  fontentylatiben  Gfyaralter.  Diefe  beiberfeitigen  ©lemente  ftnben  jtc& 
bei  Ä.  geeinigt,  aber  fo,  bafe  er,  otyne  ben  mtyftifäen  3ug  feiner  Denfart  ju  berfeugnen, 
in  allen  6rf lärungen  eine  lebhafte  unb  in  jener  3*it  ungetoö^nlid&e  ßmpfänglid&leit  für  bie 
ftttlic^e  Aufgabe  be«  Gtyriftentum«  berrät.  an  bie  ©l%  ftellt  &'bie  Untertreibung  ber 
jefcigen  unb  ber  lünftigen  Söelt,  toeld&e  bergeftalt  ineinanbergreifen,  bafe  ba«  in  ber  einen 

25  ©e^eugte  bon  ber  anbern  aufgenommen  unb  boQenbet  torrb.  Der  ÜRenfd^  fott  au«  bem 
bunfeln  3uftanbe  eine«  ßmbrtyo  tyienieben  emporfommen,  um  jenfeit«  ber  botten  Setoegung 
im  Sichte  fä^ig  ju  fein.  Die  je^ige  2Belt  gebiert  ben  mtoenbigen  9Renfd&en  unb  ergießt 
ibn  für  eine  anbere,  nie  alternbe,  tooju  fte  au«  biefer  lefcteren  bie  93ilbung«mittel  unb 
Strafte  entnimmt.    Die  cfyriftlid&e  Offenbarung  bient  biefem  3toecfe  baburdfc,  bafi  fte  bie 

so  ÜRäc^te  be«  $5enfett^  in  ber  gorm  eine«  Beben«  in  Gfyrifto  auf  ben  gegentoärtigen  Soben 
ber^Panjt.  S^riftu«  felbft  ift  ber  Übertrag  auä  ber  überirbifd^en  9Belt  in  bte  irbifc^e, 
unb  ÄabaftlaS  Gilbert  ben  §eilanb  mit  begeifterten  SBorten  ate  ben  9lu^ej)unft  be* 
menfd^lic^en  Serlangen^  unb  bie  ^öcfyfte  fiuft  ber  ©ebanlen  (rgvqf^  rcov  Xoyiofjubv),  aö 
93erförperung  be^  unenblidjen  ©ute^  unb  aU  bon  Anfang  ibeeQ  gegenwärtigen  unb  bann 

35  toirtlid^  erf^ienenen  5ßrotot^  be«  3Jtenfd&engefd&le(tyte$.  Söeld^er  3Kittel  bebarf  e«  nun 
aber,  bamit  biefe  neue  £eben$ric$tung  in  und  einbringe?  Der  ©$riftfteQer  nennt  ein 
bobj>elted;  juerft  mufe  ber  mit  ber  menfd^Iid^en  ©ünbe  gegebene  ftejiftfd&e  ©egenfa^  unb 
Slbftanb  bon  ©ott  ^intoeggeräumt  unb  ein  3uffofs  bimmlifd^er  Äräfte  eröffnet  tansben, 
bann  aber  aud^  bie  ^ä^igfeit  Einzutreten,   jened  aufgenommene   t^ätig   ju   ergreifen  unb 

40  feftju^alten.  3Kit  anbern  SBorten :  bad  Seben  in  6|rifto  bottjie^t  ft$  m  un«  burc^  bie 
beiben  2öerfyeuge  bed  ©ahramentö  ober  3Rvfteriumd  unb  bed  menfd^lid^en  SBiöend.  3"; 
bem  baä  ©aframent  bie  9Jaturfeite  be$  SWenfc^en  übernimmt  unb  bie  3u0Änfle  öffnet, 
toelc^e  bem  ^öd^ften  ©ut  aufnähme  berfc^affen,  ber  SßJiDe  aber  an  bie  ©pi$e  ber  ®e* 
fmnung   unb  be«  §anbeln«   tritt,  toirb  burc^  ba«  3ufammento^en   Leiber  3Käc^te  ber 

45  ^rojefe  ber  SBergöttlid^ung  (dtwoig)  ober  ber  93erä^nli<$ung  mit  ß^riftü«  bottenbet  ^ie 
Snttoicfelung  be^  erften  fatramentltc^en  Jaftor^  toetft  auf  Slnftc^ten  bed  bierten  unb  fünften 
^a^unbertS  ^urücf,  bie  beä  anbern  §at  SSertoanbtfd^aft  mit  ber  oben  ertoätynten  praÖiW« 
Mic^tung  be$  STOacariu«.  sJJä^er  auf  bie  ©aframentäletyre  ber  ©rieben  einjugefyen,  if* 
nicfyt  btefcö  Orte«,    ©ie  fc^toanfen  in  ber  3aW&eftimmung,  J«id^nen  aber  neben  Xbenb* 

50  ma^l  unb  Xaufe  befonber«  bie  ©albung  mit  bem  3Jtyron  au$.  Unb  i^re  Äuffaffima 
unterfd^eibet  ftc^  bon  ber  lateiniföen  baburd^,  bafe  jene  fic^  mefyr  in  ba«  ©e^eimnt^ofle 
ber  mit  ben  ©aframenten  berbunbenen  unb  innerhalb  be«  3Renfd^en  borge^enben  götfc 
liefen  SBirfungen  bertieft,  biefe  bagegen  ba$  ürd^lic^  ^raftitte  SKoment  ftärler  berüchtigt 
Sead^tet  man   bie«,   fo   i^aben  bie  2lu«fül;rungen   be«  Äaoafila«   in  ben  erften  löüd&ern 

65  toenig  ©c^h)ierig!eit.  Die  Staufe  ^unäd^ft,  toie  fte  auc^  übrigen«  al«  ßrleuÄtung,  Siegel 
unb  ©nabengabe  betrieben  Werben  mag,  bebeutet  tyrem  93Befen  na<$  ben  Anfang  etntf 
neuen  ©ein«  (ägyi]  rod  elvai).  Der  3Renfc$  j^atte  nid^t  me^r  ben  urft>rüngti($  ij^m 
arter  .-..-«. 


berliefyenen  (Sbarafter  unb   toar  gleic^fam   in   eine  Ungeftalt  be«  SSergänglid^en  jurärf* 

gefunfen.    Die  Saufe  aber  giebt  ifym  bie  berlorenen  ©runbjüge   mrüdf  unb  übt  einen 

eo  toieberjeugenben  unb  geftaltenben  Silt,  Welcher   natty  bem  SRufter  be«  Sbealbilbe«  fehmn 


Sobaftla«  669 

Seben  bic  unfenntli$  geworbene  gönn  unb  93ilbung  abermal«  einträgt  unb  au«  bcm  33er- 
borgenen  an«  2id&t  bringt.  Sitte«  eigentümlich  c$riftltd&e  @eiftc«bermögen,  jebe  ßrtyebung  über 
bie  menfd&ltc^en  SRaturgremen  ftammt  au«  biefer  Duelle.  Die«  alle«  bebeutet  bie  laufe 
nicfyt  allein,  fonbern  bewirft  e«  jugleicfy  bermöge  einer  geheimen,  faft  magifd&en  93erüfyrung 
bon  SBaffer  unb  ©eift,  otyne  bafe  ber  ©d&riftfteller  fonberlicfy  bemüht  Wäre,  ©tymbol  unb  6 
©ad&e  &u  fcfyeiben.  Da«  {Weite  ©aframent,  ba«  be«  2Jtyron,  früher  mit  ber  laufe  ber* 
bunben,.  erhält  f<$on  bei  Diontyftu«  einen  felbftftänbigen  2Bert.  9tac£  Äabaftla«  iftßtyriftu« 
toie  bur<$  feinen  lob  ber  ©runb  ber  laufe,  fo  burd&  feine  irbifd&e  ©rfcfyeinung  ber  Slu«* 
gang«t>unft  be«  3Jtyron.  Die  9JtenföWerbung  Gfyrifti  al«  be«  ©efalbten  liefe  bie  gülle 
be«  ©eifte«  au«  ber  $öfce  in  ba«  enge  irbiföe  ©efäfe  einftrömen,  bamit  bon  i|m  au«  ber  10 
®eijl  in  ta«  93ett  ber  Äirctye  fyinübergeleitet  Werbe.  Die  ©eifte«falbung  bewirft  alfo  @in* 
füfyrung  in  ben  bcfonberen  ß^riftenberuf.  Die  in  ber  l^ufe  SWeugeftalteten  Werben  burd& 
ba«  2Rvron  £*  tätigen  Organen  be«  ©eifte«  unb  mit  beffen  &ab^n  au«$eftattet.  Da- 
bei erinnert  ftabaftla«  an  bie  alte  ^riefter*  unb  Äönig«Wetye  unb  an  bie  apoftolifd&en 
S^artemen.  15 

Den  britten  ©rab  ber  SBolIenbung  fügt  enblic^  ba«  Slbenbma^l  tyinm.  Der 
©<$riftftetter  berfätyrt  burcfyau«  im  ©eifte  ber  faäteren  griectyifd&en  Geologie,  wenn  er 
bem  Slbenbma^l  eine  Äraft  ber  Umfcfjmeljung  betlegt,  aber  nid^t  allein  ber  ftdjtbaren 
(Elemente,  bie  in  ben  £intergrunb  treten,  fonbern  ber  menfölic^en  ©ubjefte;  Die  gorm 
ber  6u<$ariftie  ift  bie  be«  ©enuffe« ;  folglich  mufe,  loa«  fte  in  un«  tyerborbringt,  einer  20 
bottlotnmenen  inneren  UmWanblung,  einer  innigen  ©nberleibung  unb  93ermäfylung  (ydjuog) 
mit  ©frrifto  gleiten.  Äabafila«  ge^t  fo  Weit,  au«  biefer  fxexaßolri  eine  mtyftifd&e  Slut«? 
bertoanbtfcfcajt  mit  bem  §eilanbe  ju  folgern,  Welche  fogar  bie  leibliche  Slbftammung  an 
Unmittelbarteit  übertrifft,  Sfyriftu«  Wirb  in  ben  ©eniefeenben  ^ineinberfefct  unb  )u  beffen 
anberem  ©elbft  (äkXog  avtog)  erhoben,  unb  biefe  ©emeinfe^aft  ift  um  fo  unbergleicfc  26 
lieber,  bd  SWatur  unb  greift  be«  3Renfd&en  in  fte  eingeben.  Die  glieblic^e  Slnge^örigleit 
chte«  9laturorgani«mu«  berbinbet  ftcfy  mit  bem  freien  ©efyorfam  ber  Äinbfd^aft.  Da« 
fünfte  33u<$  föeint  biefen  gufammenfyang  m  unterbrechen,  bod&  gehört  e«  al«  Slntyang 
jum  borigen,  inbem  e«  in  ber  „2tltarWetl)e"  ben  ^eiligen  33oben  betreibt,  auf  weld&em 
unter  bebeutung«bollen  liturgiföen  Vorgängen  ba«  -Bfyfterium  zubereitet  toirb.  Dod&  über-  so 
gefycn  Wir  biefe,  obgleich  työd&ft  eigentümliche  -Dtyftagogie  unb  bemerten  nur  ba«  9tötigfte 
über  bie  legten  äbfdfjnitte.  Der  p^ftologifd&en  s3Jtyfttf,  Weld&e  einen  Gtytlu«  bon  Statur* 
beränberungen  be«  menfölicfyen  Söefen«  betreibt,  tritt  mlefct  eine  @t$if  nur  ©eite.  Dem 
fcöcfcften  ©ut  mufe  nad&  bem  {Weiten  ^rm^fy  bie  fyöc^fte  Xugenb  entforedjen.  Die  Xugenb 
aber  Wirb,  unb  ba«  gereift  bem  ^abaftla«  ju  großer  Gfyre,  leine«toeg«  in  mönd^ifd^e  86 
©dj^ranlen  gebannt.  9?ic^t  auf  a«!etifd^en  93ef$ft>erben  nod^  auf  SBBageftütfen  ber  (Snt- 
^altfamfeit,  fonbern  auf  ber  regten  ©emüt«befc^affen^eit,  alfo  auf  ber  entfd&iebenen  §in= 
gebung  be«  SBBillen«  beruht  alle  ©efunb^eit  ber  ©eele,  unb  biefer  $üd&tigleit  ^at  ber 
ÜJiettfa?  um  fo  eifriger  nad^jutrad^ten,  ba  fein  äBiffen  unb  ©rfennen  jeberjeit  ©tüdtoerf 
bleibt.  Der  2BtHe  fyat  ^unäd^ft  ben  faframentlic^en  (Sinflüffen  ftc^  Wiberftanb«lo«  anju-  40 
jc^Hefeen.  Dann  toerben  tym  eine  Steige  frommer  (Srtoägungen  (Xoyio/uot)  jugefü^rt, 
Welche  einen  Vorrat  guter  ©ebanlen  im  inneren  anhäufen  unb  ben  Slnbrang  f$le$ter 
unb  bämontfd^er  Seije  jurüdtweifen.  Der  Weitere  ^rojefe  fc^t  benSöitten  ben  Slffeftionen 
ber  Jfeeube  unb  Iraurigfcit  au«,  bamit  er  burd^  bie  Setrübnt«  gereinigt,  burc^  bie  gfreube 
am  ®uten  unb  an  ©ott  aber  ben  ©$ranien  eine«  felbfttfd^en  Wohlgefallen«  entrücft  46 
Werbe.  Suft  unb  Unluft  btlben  bic  vneQßokii  rfc  defoioecog,  unb  ber  $rüfftein  ber  fttt« 
Bi^en  Suft  befielt  in  ber  ^ä^igleit  o^ne  $$erminberung  i^rer  inneren  ©tärle  ftc^  au«* 
jubetynen  unb  mm  lebenbigen  3lnteil  an  bem  ^öc^ften  SlUerfreuIid^en  ju  ergeben.  Gnblic^ 
Wirb  ber  ©i))fel  ber  Siebe  erreicht  unb  bamit  ber  bölligfte  ©egenfa^  be«  @goi«mu«. 
ftabafila«  ergebt  ftd^  in  f^WungbolIen  2lu«fbrüd^en,  Wenn  er  bie  2iebe«geWalt  (q?iXrgov)  öo 
f^itbert,  Welche,  Wie  fie  einft  ©ott  ju  ben  sj)tenfc$en  ^erabjog,  fo  biefe  jefct  ben  gemein 
i^wer  felbftifc^en  Sfolierung  entreifet  unb  nötigt,  für  ifyn,  nic^t  für  ftd^  ju  leben.  Da« 
$^iltron  ergebt  aur  bollfommenen  ©elbftentäufeerung  unb  ©elbftbergeffen^eit,  unb  ba« 
ift  ber  S^ftanb  beffen  in  welkem  ©atrament  unb  SBille  in  työcfyfter  SÖBeife  jufammenWirten. 

Da«  {Weite  bebeutenbfte  t^eologifc^e  2UerI  be«  Äabaftla«  ift  feine  'EQ/mrjveia  Tfjg  66 
#eiag  kevzovQyeiag,  juerft  ^erau«gegeben  in  ber  Bibl.  vet.  Patr.  graecolat.  2  ($ori« 
1624)  200 ff.,  Wieberabgebrudt  bei  3)tigne  a.  a.D.  ©ie  ift  mit  ber  3lu«legung  be« 
©tyneon  bon  I^effalonic^  bon  gröfetem  (Sinflufe  geWefen  auf  bie  3lu«geftaltung  ber  f^m* 
bolif^en  Sluffaffung  be«  Äultu«.  Mod)  ^o^anne«  Stat^anael  beruft  ftc^  in  ber  ßinleitung 
)u  femer  £iturgieau«leguug  bon  1574   auf   unferen  9lilolao«  (Legrand.  Bibliographie  eo 


670  ftaboftfn*  Sabbala 

Heltenique   aux   XVC  et  XVIC  siecles  II,   1885,  ©.  202),  be$gleid&en   bic   frätcren 
3Jtyftagogen. 

3Son   feinen  Sieben  ftnb  gebrudft,  bie  auf  bie  ^eilige  Sl^eobora   unb   ba$  Snfomion 
auf  ben   ^eiligen  2)emerriu3,  erftete  bei  9Rigne,    leitete«  in  ben  Mrrj/uela  ävioioytxä, 
5  93enebig   1884.     Den   loyog    xaxä    toxiCovtojv  gab    nierft  fyerauS   Dafctb  £oef<M, 
Augustae  Vindelicorum  1595,  berfcoDftänbigt  finbet  er  ft$  bei  SKigne  a.  a.  D. 

9?on  feinen  j>tyilofol>bif($en  ©Triften  mag   ertoätynt   Serben  bie  Schrift   gegen  bie 
toieberauflebenbe  antife  ©repftä,  bie  611er   unb  9iaberma$er  in  ben  Analecta  graeca, 
Sonner  Uniberntät^rogtamm,  ©eorgi  1899,  herausgegeben  ^aben. 
10         Über  bie  ©riefe  be$  ÄabaftlaS  unb   bie  ^anbföriftlicfye  Überlieferung   fetner  ffierfe 
fte^e  Ärumbad&er  a.  a.  0.  ©.  159.  $a§  t  (W.  Weiter). 

&nbbnln.  —  Sitteratur:  2)ie  ältere  Literatur  finbet  fid)  ftufammengetragen  bei 
©iulio  Jöartolocci,  ßibliotheca  magna  rabbinica  unb  bei  3°§-  @P&«  *Bolf,  Bibliotbeca  he- 
braea,  Tom.  II  unb  IV.    $uf  eine  ooflftänbige  Sluffüljrung  ber  älteren  SBerfe  oerfticftten  wir, 

15  ba  biefelben  für  ba«  SBerftänbniS  ber  Äabbala  nur  oon  geringem  SSerte  fmb.  3)ie  JBerfaffer 
nmren  nidjt  im  ftanbe,  ba*  fabbaliftifdje  Softem  feinem  ©eifte  nad)  ju  erfaffen,  fonbern  galten 
fidj  bei  ©injelljeiten  auf,  wobei  fie  oon  ber  Stofffüüe  erbrücft  werben,  SBir  erroä&nen  nur 
3.  ©•  SBadjter,  3)er  SpinojiSmuS  im  ^ubentum,  ober  bie  oon  bem  heutigen  Subcntum  unb 
beffen  geheimer  Äabbala  vergötterte  Seit,  «mfterbam  1699,   12°   (eine  an  9Rofc3  ©ermann« 

20  =  $eter  Speetb  oon  ftugSburg  gerichtete  polemifc&e  €djrift) ;  berf.,  Elucidarius  cabbalisticus 
s.  reconditae  Ebraeorum  philosophiae  brevis  recensio,  flftom  1706,  8°;  3-  S*  ©ubbeuS,  In- 
troduetio  ad  historiam  philosophiae  Hebraeorum,  §atle  1702  unb  1721,  8°;  3*  ©aSnage, 
Histoire  de  la  reügion  des  Juifs  depuis  J.  Chr.  jusqu'ä  present.  Tom.  III.  SR  otterb.  1707 
big  1711,  8°.  Nouv.Edit.  in  15  Vole.  £aag  1716,  12°;  Sac.örucfer,  jhirfce  Strogen  au3  ber 

25  pfjilofopfu'fcben  fciftorle,  4.  33b,  Ulm  1733,  fl.  8°;  3ac.  3fr.  SReimann,  Einleitung  jur$ifrorie 
ber  Geologie  insgemein  u.  ber  jübifc&en  inSbefonbere,  Sftagbebura  1717,  8Q;  3  JJ«  ftleuter, 
Ueber  bie  SRatur  unb  ben  Urfprung  ber  ©manation3lej)re  bei  ben  Jcabbaliften,  Stfga  1786,  &; 
(£1.  ©aflina,  ^  "WO,  <£fjiromantie;  WSTgri  maünt  «ß^ftognomif ;  mit  jüb.  beutffler 
Ueberf.,  grantf.  a/D.  1799;  %\)o\ud,  De  ortu  Cabbalae,  fcamb.  1837,  4°;    ©.  Ä.  Suttcrbed, 

30  S)ie  neuteftamentl.  fiefcrbegriffe,  1.  ®b  1853;  &r.  3of.  2Rolttor,  $&tlof.  b.  ®ef*.  ober  über  bic 
Srabition,  4  $be,  fünfter  1827-1853,  2.  «ufl.  1857,  8°  (9Rebr  eigene  pljtlof.  ©cfd)td)td. 
betradjtung  als  objeftioe  ^arftedung  be3  fabbal.  ©uftemä);  3ul.  #amberger,  3)ie  tpbe  $e- 
beutung  ber  altjübtfdjen  £rabitton  ober  ber  fogeuannten  Äabbalab,  ©uljbad)  1844,  12°  (üb' 
bruef   ber  SRecenfion   in  SRündjner  ©ei.  feigen   oon  2Ko(itor$  ijtyUofop&ie   ber  Öcfdjt(t)tf). 

35  ©rünblidjere  83eleljrung  über  bie  tfabbala  oerbanfen  mir  3K.  ©.  gre^ftabt,  Philosophia  cab- 
balistica.  Ex  fontibus  primariis  adumbravit  atque  inter  se  comparavit,  Königsberg  1832, 
4°,  Ziffer!.;  berf.,  ^abbaliörnuä  unb  $ant^eidmu3,  1832,  8°;  $eter  »eer,  ©efdjtdjte  unb 
Meinungen  aOer  beftanbenen  unb  nod)  beftefjenber  Setten  ber  Quben  unb  ber  (Stebeimlebre 
ober  ÄabbalQft,   2  93be,    »rünn    1823    (bie  Äobbola   mirb   im  2.  ö.  be^anbelt);    3*.  60I. 

40  S3or*ar6t,  9(uSlrgung  ober  apobittifdje  Sa^v^ett  eined  tabbal.  SlmuletS,  al§  3nbegriff  ber 
ttjeoret.  unb  praftifdjen  ßabbala^  Berlin  1831 ;  91.  Srancf,  Systeme  de  la  Kabbale,  ou  la 
Philosophie  religieuse  des  H(3breux,  $ariö  1843,  8°:  2.  ed.  $ari3  1892  (Ueberfefrt,  oer- 
beffert  unb  oerme^rt  oon  2lb.  ©elinef  [SeOincf],  ßei^ig  1844,  8°).  (@ine  febr  eingeftenbe 
XarfteQung  bed  tabbaliftifc^en  S^ftemd,   bie   nur    baburef)  an  Objefttuität   verliert,    ba&  ber 

4öSBerfaffer  für  baö  ^obe  «her  be^felben  eintritt);  3R.  $.  ßanbauer,  fiitteraturblatt  beÄ  Orient«, 
30^1845,  S.  178 ff.  unb  1846,  Wr.  12  ff.  (SBidjtigc  «uffäpe  über  Urfprung,  Gntwicfeluitg 
unb  feürbigung  ber  Ä.);  5).  #.  3oei,  5)ie  JHeligi onSpbilof ophie  be*  ©o^ar  unb  it>r  Serftfitt» 
ni8  jur  aügemeinen  jübifdjen  ä^cologie,  fieip^.  4849,  8°  (Sine  fritifdje  Beleuchtung  ber  granrf' 
f*en  Äabbala);  3tt.  ©teinfdjneiber  in(£rfd)  unb  ©ruber«  5R.©.  27.  Ob  §§  5  u.  13;  «.  Setttiiff, 

50  Seiträge  jur  ©efd)id)te  ber  ^abbala,  2  $>eftef  £eipj.  1852,  8°  (<5e£r  mertoolle  Stubien);  berj.. 
nbnpn  n?2Dn  v:zt  9lu«»a^l  fobboliftifcbcr  3Kt)ftifr  nad)  ßonbfcfir.  §erau8gegeben,  1  ©eft, 
tjebräifd)  unb  beutfeb,  ^eip^ig  1853;  berf.,  $büofop^ie  unb  ^abbala,  1  $eft.  entbaltenb  Abu* 
lafta«  Senbfcbreiben  über  $f)ilofopf)ie  unb  ^abbala  unb  SlquinoS  Vb^anblung:  de  animae 
facultatibus,    fieip^ig  1854;    3.  Wl.  Soft,   «bolf   Seüinef    unb   bie  Äabbala,    ßeipjig  1862; 

55  Wl.  ®§.  fiuaatto,  ^P.';i  "lp.^  $^itofop^  u.  flabbalift,  mit  lat.,  beutf*er  unb  bebr.  (tinleitg. 
oon  gre^ftabt,  ÄöniflSb.  1840;  S.  ^.fiujatto,  ^^1 ,  Dialogues  sur  la  Kabbale  et  le  Sohar 
(^ebr.),  ©oerj  1852 ;  3S.  sJWiffe8,  Zaphnath  Paneach,  S)orftelIung  unb  fritifefte  ©eleu<fttuag 
ber  jub.  ©et)eimfef)re,  2  ^efte,  tfrafau  1862—63;  3.  ß.  SRoSner,  -pr:n  T\  «bbanbl.  über 
5ßf)ilofop^ie  unb  flabbala,  ^ebräifdj  unb  fur^er  beutfdjer  äu«jucj,  tBien  1882;     »erf<ftiebene 

«0  »iebtige  Jejte  alter  fobbaliftifc^er  SRibrafcbim  mit  furzen  Einleitungen  ^at  3«Dinef  in 
feinem  Bet  ha-Mid rasch  6  33 be  üeröffent(id)t.  gerner  be^anbelte  bie  ftabbala  fL.  9bler, 
2)ie  ^abbalat)  ober  bie  fteügiondpfjüofoptyie  ber  Hebräer.  3at)rbüdjer  ber  ?t)ilofop^ie  oon 
^oaef,  1846-47;  3.  3K.  Soft,  ®efdji«te  ber  SSraeliten,  9.  »b,  »erlin  1820-1828;  ben. 
allgemeine  QJefcljic^te  bed  töraelitifd^en  ^Bolfed,  fomo^l  feinet  ^weiten  Staatdieben«  ald  aud) 

cö  ber  jerftreuten  ©emeinben  unb  @eften  bi«    in   bie  neuefte  3eit,   2.  ©b,   ©crlin  1831-32; 


ftabbala  671 

©Tfifr  in  ftranfeiS  aRonatSfärtft,  3at)rg.  1858,  8.  115  ff.  unb  3ai)rg.  1859,  6.  67  ff.  (Sine 
objettitoe  SBürbigung  ber  £.  giebt  ©räfr  in  feiner  ©efd)id)te  ber  Suben  im  7.  8be,  ogl.  bt* 
fonberS  Sßote  3,  6.  442.  $erDor$uljebcn  finb  nod)  bie  $arftellungen  oon  gunj,  S)ie  gotteS« 
bicnftlicfcen  SSorträge  ber  3uben,  8.  165  ff.  (ber  1.  91ufL  unb  8.  415ff.  ber  2.  &ufl.),  unb 
Sitteraturgefdjidjte  ber  funagogalen  Sßoefie,  ftote  7,  8.  606;  $aü.  Gaffel,  £ef>rbud)  ber  jübU  6 
f$en  ©efd)i*te  unb  fiitteratur,  Seidig  1879,  8.  228 f.  292 ff.  435 ff.  490 ff.;  8.  BW,  $ie 
©efd)i<$te  be«  jübif*en  »olfeS  unb  feine  fiitteratur,  grantf.  a/9R.  1894,  2.  «uff.  6.  260 ff.; 
9.  StaxptM,  ©ef*id)te  ber  jübifeften  fiitteratur,  Berlin  1886,  8.  667  ffx;  fi.  8tein,  S>ie 
6d>rtft  beS  fiebenS,  8tra&b.  1877,  2.  8b,  8.  285 ff.;  S^nef,  8efer  ha-Ot  (ttpofatypfe  beS 
$feubopropbeten  unb  $feubomeffia8  Bbrafrnn  Hbulafia)  in:  Subelfcftrift  jum  70.  Geburtstage  10 
be3  $rof.  Dr.  $.  ©rä&,  8re8lau  1887,  2.  «btlg.  8.  86  ff.  (ftebräifdjer  £ert  mit  furjer  @in- 
leitung);  $f).  ©(od),  2>ie  jübifefte  9Ruftit  unbßabbala,  in:  Sinter  unb  Sänfte,  $ie  jübiftfte 
fiitteratur,  3.  ob  8.217—286  (2iuc&  feparat  erfdjienen  unter  bem  Xitel:  ©ef($id)te  ber  @nt- 
uricfehing  ber  Äabbala)  Xricr  1894  (3n  bie  XarfteQung  finb  jatylrcidje  Ueberfeftungaproben 
eingeflößten.)  Ueber  bie  (Sinflüffe  f)eibnifd)er  Elemente  auf  bie  tfabbala  f.  8.  SRuben,  Reiben;  16 
tum  unb  äabbala.  23ien  1893.  3n  (Snctiffopäbien  unb  SBerfen  über  bie  ©efdndjte  ber  $&üo« 
fopbie  ftnbet  ftcf)  ber  Äabbali§mu8  be&anbeit  bei  $rug,  (Snct)HopäbifaVpf)ilofopt)ifd)e3  gertton, 
2.  8b,  fieipaig  1827,  8.  494—496,  ugl.  nod)  bie  «rtifel  «fibtjQ,  Wec&oria  unb  8imeon,  1.8b 
8.  73,  3.  8b  8.  37,  8.  675 f.;  Sennemann,  @efd)id)te  ber  <ßf)ilofopbie  9.8b,  fieipjig  1814, 
8.  167—185;  ogl  ©runbrife  ber  ©efdtfdjte  ber  <ßtnlofopbie  5. 9luff.  (bearbeitet  oon  Ämabeu«  20 
öenbt),  Scipjigl829,  8. 206 f.,  306—310);  Eoad,  $bilofop&ie=gefd)id)tlid)e3  fierifon,  fieipjig 
1879,  8.  462-466;  Uebenoeg.  ©runbrijj  ber  ©efd)id)te  ber  <|il)Uofopbie  ber  patriftiftften  unb 
fd)olafttfd)en  3eit,  8.  Wufl.  (beforgt  oon  Dr.  Wai ;  £einje),  8eriin  1898,  8.237—245;  Filter, 
©efä.  ber  $$tlofop$ie  9.  Xeü,  ©ef$.  bei   cftriftl.  $f)ilofop&te,    5.  Jett,  1850,    8.  315-335. 

I.  Segriff,  9?ame,  ßntftc^ung,  Gljarafter  unb  3toecf  ber  Äabbala.  26 
5Die  Äabbala,  bie  3#cofop^ie  ober  ©efyeimtoiffenfcfyaft  be$  3ubentum3,  Mbet  «nen  Seil 
ber  imentalifdjjen  *ߧilofopljic  unb  ift  als  fold&er  ber  @e|$ic$te  ber  ^ilofop^ie  einjuglie* 
bem.    Dbtoofyl  fte  ben  9lnfprud&  erbebt,   bte   in$  ßeitalter  ber  Sannaiten  binauhureid&en 
unb  ^erborragenoe  äutoritäten,  toie  33mael  ben  ßlifa,  Stmeon  Un  $od&ai  unb  9Red&unja 
ben  fydana,  ju  tyren  Urhebern  macfyt,  fo  fyat  bie  neuere  gorfebung  boc^  erhriefen,  ba^  fte  so 
ein  rein  mtttelaIierKd&e$  ^robuft  ift.    Sc^on  ber  SJjtame  Ä.  (™ap.  bon  ^V.f  empfangen, 
entgegennehmen),  obtoo^I  berfelbe  auf  trabttioneße  Überlieferung  ^mtDetft,  !ommt,in  feiner 
jnrägnanten  Sebeutung  erft  im  13.  3^r^unbert  auf.    3m  lalmub  bejeid^net  nbsp_  btö« 
toeilen  ba«  tyagtogra^iföe  unb  prop^etifc^e  Schrifttum  im  ©egenfa^c  jum  ^Pentateud^  ober 
ber  2$ora.    ^ßgl.  SRofdr;   ^afc^.  7*  unb  19*.    2U$   miffenf^aftli^e«  Btfttm  fü^rt  bie  Ä.  86 
balb  ben  SWamen   ™?pn  r-:^r;  XrabittondtDtffenfc^afx,    ober    ~F??  ^t1?,  abbrebürt 
V71,  geheime  SBBiffenfc^aft,   unb   i^re  Vertreter   unb  Slnfyänger   liebten  e^,    ft^  s^rr?;, 
Serftäibige,   emftd^töbolle,   ober  mit   einem  93Bortfpiel :  V'n  **?*,  Äenner   ber  geheimen 
fflrjfenfc^ft  gu  nennen. 

$te  ßntfte^ung  ber  S.  fällt  in  jene  3c*t/  \vo  im  3«o«nr"w  etnerfeits  eine  grobfmn«  40 
ix^t  ant^ro))omort)^ifttfc^e  ©otte^betrac^tung  r;crrfc^te,   too   anbererfett«  ber  5ßlatoni^mu« 
mit  bem  9riftoteli$muä  in  feiner  3(nh)enbung    auf  bie  ©eftaltung   ber  ©runble^ren   be$ 
jubtf^en  ©laubend  jufammenpraUte.    W\t  Waxmum  (s3Jiaimonibe^)   ^atte  bie   rationaIt= 
jtifäK  2)en!h>eife  i^ren  §5^e))unft  erreicht.    2)te   biblif^en  ^orfc^riften   tourben   bor  ba$ 
gforum  ber  SJemunft  unb  beä  4?erftanbe^  gebogen  unb  auf  tfyre  3^^cfbienlic^teit  ^in  unter=  46 
fu#t    9lur  ber  2itteral=  ober  SBortftnn  (^ßefcbät)  lourbe  für  juläfftg  erachtet,   bie  bereite 
m  ber  Sgaba  bor^anbene  aUegortfc^c  ed^piftbeutung  (2)erüfc^)  galt  enttoeber  für  rabbtnifd^e 
^J^antafterei,  ober  man  fab   in   tr;r   nur  poettfcfye  ßintletbung.    äuc^   ba^  ©tubium   beS 
ialmub^  ^atte  einen  rein  juriftifcfyen  G^arafter,  inbem  feine  Sefyren  al«  ©efeje^)aragra|)^en 
m  bie  gehörigen  SRubrifen   fobifiyert   mürben.    Sogar  ber  ©otteäbienft  mit   feinen  ba^60 
geben  judSjtenben  Dbferbanjen  unb  Gcrcmonien  fear  mefyr  ober  minber  gu  einem  gebarten* 
lofen  Übungdtoerf  ^erabgefunten.    $af*  eine  folc^e  ©etfte^ric^tung   ftc^   toie   ein  (Si^aud^ 
auf  aQe  nad&  lebenbiger  ©ottc^erlenntni^  unb  nad^  3Sermnerltcfnmg   be«  religiöfen  fieben^ 
le^^enben  ©emüter  legen  mupte,  bebarf  feinet  SctoetfeS.    3n  ocr  ^-  nun  W^0D  P^  m* 
fo^rrn  eine  SReaftion  gegen  ben  buref^  bie  artftotelifcfye  ^J^ilofop^ie  entftanbenen  Derfnöc^erten  66 
t$0rmali3mu3,  al«  ftc^  in  i^r  ba$8e[trcben  funbgab,  ben  ©eift  tpieber  in   bie  liefen  ber 
göttlichen  Cffenbarung^ge^eimniffe  ^u  Uerfen!en,  bie  biblifd^en  fielen   ju   Dergeiftigen  unb 
m^  Überftnnlt(^e  umjufe^en.    2)urd^  ©etüinnung  eine^   gefyeimntöboDen  ©d^riftftnneö,   fo* 
toie  burd^   fd&toungooUe  2)arfteUung,   farbenreiche  @rjär;lungen  unb   bramatifä   toirffame 
33ergleic^e  tarn  fte  biefem  ©ebürfni^  entgegen  unb  bot  ber  Seele  bie  getoünfcfyte  Sla^rung.  go 
Seiber  aber  geriet  fte  in  ifyrcm  Streben  narf)  Spefulation  fefyr   balb   in  einen  9lebelbunft, 
ber  leine  2fa$fic$t  me^r  ßeftattete.    2)a$u  !am  noc^,  bafe  fte  mit  ifyrer  ©e^eimnteftämerei 


672  ftaWafo 

be$ügli<$  ber  @otte«namen  bie  finfteren  ©etoalten  eine«  Aberglauben«  tyeraufbef$ft>or,  ber 
für  bie  religiö«sftttlic^e  £eben«})ra|i«  bon  ben  fd&limmften  folgen  begleitet  h>ar.  ©o  ifk 
bie  Ä.  ebenf  o  tote  ber  ©ufi«mu«  im  3«lam  unb  bie  3Jtyftif  im  ß^riftentum  einem  tieferen 
©emütäbebürfniffe  entftmmgen.    33on  ber  $ßrotoence  bra<$  ber  ©türm  gegen  bie  rationa* 

5  liftifd&e  Slnfd^auung  lo«,  bon  ba  ab  trieb  er  nad)  Spanien  tyin.  3>icfcö  Sanb  ift  al«  bie 
eigentliche  fieimat  ber  Ä.  ju  betrauten.  Dur$  bie  Vertreibung  ber  3uben  bon  #er 
tourbe  ber  flabbali«mu«  fobann  nad&  ^ßaläftina  unb  bon  ba  hrieberum  jurüdf  in  bie  toer- 
föiebenften  Sönber  ©uropa«  berpflanjt.  SDic  eigentlichen  ©runbibeen  ber  Ä.  flammen  ox& 
bem  2ue£anbrini«mu«,   bem  9ieuj)latoni«mu«  unb  9leul>tyt$agorei«mu« ;    btetoetlen   aeigen 

10  ft$  fogar  bie  ©nflüffe  gnoftifd&er  ©latente.    Durcfy  bie  innige  SSertoebung  mit  bibüfqjen 

3lu«ft)rü$en,  infonberfyeit  bur$  bie  mibrafd^artige  Darftellung«form  fyaben  alle  biefe  frem* 

ben  Elemente  aber  ein  berartige«  jübifäe«  ©epräge  erhalten,  bajj   e«  bei   oberflächlicher 

Betrachtung  ben  2lnföem  tyat,  al«  ob  fte  ein  2lu«flufj  be«  jübifd&en  ©eifteälebenS  toaren. 

IL  Die  toid&tigften  fielen  ber  Äabbala.    1.  ©Ott    9iad&  ber  St  tji  ®ott 

15  ba«  unenblid&e,  unbegrenzte  geiftige  Uqmnjty  unb  fyeiftt  al«  fold^ed  En  söf  (qte  y K). 
@«  fönnen  tym  nur  ganj  allgemeine  Attribute  beigelegt  toerben,  bie  (ein  SBefen  einiger* 
mafcen  beftimmen.  vlad)  ber  poftttoen  ©eite  fommt  tfym  abfolute  93olKommen&eit  $u, 
nichts  2Rangetyafte«  finbet  ftc&  an  tym  ("P^n  r»  rraib»  «in  qio  TW).  @bcnfo  ift 
tym  abfolute  ©intyeit  unb  ftet«  ftd&  gleicfybleibenbe  Unberänberlid&feit  eigen,  (nfijniprrn  wrr 

20  *ß»  na  -pfiwpf  n?2bp  nmn$a  n^wa).  Da  ni$t«  aufcer  i&m  ift,  fo  giebt  e«  au$  leine 
@ren$e  für  tyn  (wgz  pn  ^  bin;,  -ba»  »in  dni).  aßir  fönnen  toeber  but#  unfere 
2öet«tyett  C1-™?"?),  noc$  bur<$  unfern  SSerftanb  (wtoica)  in  bie  unenblid&e  glitte  feiner 
SBefenfyeit  einbringen;  bafyer  läfjt  fii$  leine  Definition  bon  itym  geben,  feine  grage  über 
tyn  ergeben  unb  feine  93etrad&tmt(j  über  ifyn  aufteilen;  au$  ftnb  toir  nic^t  imftanbe,  un« 

26  ein  83ilb  ober  ein  ©leid&ni«  bon  t^m  $u  machen,  ©elbft  bie  (Sngel  bermögcn  ®ott  in 
feiner  äbfoluttyeit  unb  Unenblicfyfeit  nicgt  ju  begreifen.  @r  ift  für  alle  SBefen  ba^  Sa- 
faloffene  alle«  »erfd^loffenen  O^n?  ^1  «TOP),  ba«  Serborgenfte  alle«  Serbargenen 
Cprw  5ri  «*;r:c)#  ber  Sllte  ber  alten  (?P>"^1  «p;^),  ba«  ®rfte  atte«  @rften  pqr 
N^.b^);  ba«  oberfte  5Prinjij)  (n«b-r  Nü-n).    «gl.©o^ar  I,  21»;  III,  288*  u.288b. 

30  ©d^on  ä«riel,  ber  Schüler  $\aaU  be«  Slinben,  fprac^  bie  Unerfennbarfett  unb  Un* 
faParfeit  ©otte«  al«  En  söf  au«.  3Kan  bürfe  ifym  feine  Attribute  unb  ebenfo  feine 
I^ätigfeit,  toie  ettoa  35enfen,  ©j>red^en,  2lbft$t,  SBitte  gufd^reiben,  toeil  jebe«  biefer  Sterin 
male  auf  eine  Scgrenjung  unb  @infd^ränfung  ^inau«laufe.  Die  einjige  juläffige  äudfage 
fei  nur,  baf)  alle«  ©ein  in  i^m  bef$loffen  liege,  aud^  alle«  @nblid^e  unb  Un&oQfommene. 

3öSfaa^  3^n  Satif  fptfcte  biefe  2lu«fage  gerabeju  in  bie  }>anenttyeiftif<fye  Xbefe  ju:  ©ott  i(t 
in  2lllem  unb  ba«  all  ift  in  ©Ott.  6«  unterliegt  feinem  3toeiK  ba&  auf  biefe  Segriff«* 
beftimmung  ©otte«  feiten«  ber  Äabbaliften  bor  allem  neuplatonifd&e  SSorfteHungen  ein- 
getoirft  ^aben. 

2.  ©$ö}>fung.    Da«  $aut)tt^ema  ber  A.  bilbet  bie  ©d^öpfung  au«  9itd^t«.    Sie 

40  fonnte  ba«  gan^e  93erei$  be«  enblid^en,  ftd^tbaren  ©ein«  mit  feinen  UntootHommentyetten 
unb  mit  feiner  SSergänglic^feit  bon  ©ott  al«  bem  unenblic^en,  rein  geiftigen,  unftc^tbaren 
unb  unfaßbaren  Ur^rinji^  ^eröorge^en,  unb  in  toelc&em  Ser^ältniffe  fielen  beibe  }u  einan* 
ber?  Da«  toaren  bie  grofjen  5^0^/  toeld^e  bie  tfabbaliften  auf«  leb^aftefte  befc^aftigten 
unb  über  bie  fte  ftd^  in  tounberlid&en  ©ebanfen   ergingen.    3ur  ©tflärung   beä  9*ä^eÖ 

46  griffen  fte  ju  einer  Sei^e  t>on  felbftftänbigen,  geißigen  Ur})otenjen,  inteßigiblen  ©ubftanjat 
ober  SRitteltoefen,  bie  ©ott  au«  fidj;  tyerau«fefcte,  ober  bie  bon  i^m  auiftrömten.  San) 
beutlid?  finbet  fic^  bie  Seigre  bon  ben  göttlichen  Utyotenjen  bereit«  im  Suc^e  3qira  au^ 
gef^rod^en.  „3«^n  ©e^^irot^  giebt  e«",  ^ei^t  e«  bafelbft  I,  4,  „je^n  unb  nt^t  neun, 
jetyn  unb  nid^t  elf;  Derfte^e  fte  mit  2Bei«fyeit,  unb  fei  toeife  mit  Serftanb ;  Jjrüfe  an  i^ien 

so  unb  forföe  au«  i^nen ;  fteDe  jebe«  Ding  auf  feine  Steinzeit  unb  bringe  ben  @$öpfer  an 
feinen  $la^'.  Die  erfte  3lu«ftral^lung  nac^  I,  9  u.  10  ift  ber  ©eift  be«  lebenbigen  ®oM, 
au«  bem  bte  ganje  @rf$einung«toelt  mit  allen  tyren  formen  in  t>erfc^iebenen  Xbffatfuitgen 
bertoortritt.  Diefer  ©eift  be«  lebenbigen  ©otte«  behrirtt  bann,  ba^  in  toetteren  äbftufungen 
bie  ©runbelemente :  bie  Suft,  ba«  SBaffer  unb  ba«geuer  emanieren,  immer  ein«  au«  bau 

66  anbern.  9lu«  ber  Suft  entfielt  bie  intelligible,  av^  bem  äBaffer  bie  materielle  (fublunart, 
ba«  tohu  wa-bohu  be«  biblifc^en  ©d^öpfung«berid^te«)  unb  aui  bem  geuer  bte  0ctßtge 
Söelt  (bie  ßngel  unb  ber  @ptte«tI?ron).  3luf  biefe  t>ier  ©ejj^irot^  folgen  na#  Ir  11  bie 
fec^«  Baumgrenzen  (™"i?p.  «"»«).  Da  ber  ©d^öpfer  empor,  hinunter,  naä)  bom,  nad^  ftntcn, 
nad^red^t«  unb  linf«  bliefte,  fo  entftanb  §ö^e,  liefe,  Dften,  SBeften,  ©üben  uttbJtorbin.- 

co  9Jad^  i^rer  inneren  SBefenfyeit  ^ei^en  biefe  geiftigen  Urjjotenjen,  toelc^e  ungefähr  ben  A'- 


Sabbala  673 

vd^uig  Bei  Sßljilo  unb  ben  5Reut>latonifern  entft>red&en,  in  ber  Röteren  Ä.  balb  Sechalim 
(C7?P),  inteßigible  fträfte,  balb  ©et>^irot^  (r^cc).  SKetyr  auf  i^re  äußere  SrfcfcehtungSs 
form  toetfen  bie  Sejeid&nungen  Nehörin  OT'"^,  Siebter),  Bozlnln  (IT*™,  geuzten), 
Anptn  (V?^)  unb  Parzüphlm  (cwor^,  npoownoi,  ©eftolten).  SiStoeilen  toerben 
fxe  ou$  SBerfyeuge  genannt,  beren  ft$  ©ott  bei  ber  SQSeltfd^ö^fung  bebiente.  Dbtootyl  6 
biefe  UrinteDigenjen  an  ber  SBoDfommenljeit  beS  unenblictyen  göttlichen  SBefenS  partijilrieren, 
fo  fcrrföt  boc$  über  ihr  28efen  feine  ©nigfeit.  Salb  toerben  fte  als  felbftftänbige  SBefen 
$totf<$en  ©Ott  als  bem  unenblid&en  Söefen  unb  ber  fid&tbaren  SBelt  betrautet,  balb  für  bie 
m  bie  ©rfd&emung  getretenen  göttlichen  Äräfte  unb  (Sigenfd&aften.  Sbenfo  befielt  eine  grofje 
SlehmngSberföieben^eit  tyinfu|tlic&  tyreS  §erbortretenS,  ob  fte  nämlicfc  als  toinli$e  10 
©cfcotfungSafte,  als  geföaffene  äBefen,  bie  geftriffermajjen  bie  Urfubftanj  &u  ber  Röteren 
Sctytyfung  btlben,  ober  als  ßmanationen,  SluSflüfJe  ober  ©rgüffe  ©otte^  anjuje^en  feien, 
burdfr  bie  er  aus  fetner  SSerfc&loffentyeit  unb  Verborgenheit  herausgetreten  (ei  unb  ©eftalt 
getoonnen  tyabe.  SDiefe  Unllar^eit  in  ber  Seftimmung  ber  Ur^otenjen,  auf  freiere  bie  ©egner 
ber  Ä.  immer  unb  immer  toieber  fyintoeifen,  tritt  fd&on  in  ber  borfofyarifd&en  $eit  beutlidb  15 
}u  läge  unb  bauert  fort  bis  ins  17.  ^a^r^unbert.  3luc^  ber  3SermittelungStoerfud&,  naeg 
freierem  ©ott  als  baS  unenblid^e  Sein  in  ben  inteüigiblen  ©ubftanjen  jtoar  gegenwärtig 
fei,  aber  nid&t  in  i^nen  beharre,  fobafe  mithin  feine  (fjtftenj  über  unb  aufeer  tynen  liege, 
hrie  ettoa  bie  ©onne,  bie  tyre  Strahlen  auSfenbe,  o^ne  bafe  biefe  bie  Sonne  felbft  fmb, 
fcermoc&te  bie  Unttarl;eit  nic^t  ju  befettigen,  ^m  ©ofyar  Riegelt  fid)  fotootyl  bie  @$öpfung&,  20 
toie  bie  ©manationStfyeorie  bon  ben  inteüigiblen  ©ubftanjen.  SSgl.  1, 31b  unb  32a,  42b  unb  43ft ; 
III,  29»,  189 b,  287b  unb  288».  9la$  9Jiofe  bensJlac&man  liefe  ©Ott  als  baS  unenblic&e 
3Befen  junäd&ft  einen  Urpunft  p"*?^)  entfteljen,  auS  meinem  ber  Urftoff  in  gtoeifadber 
©eftalt  emanierte,  einmal  in  fyimmlif$er,  baS  anbere  3M  in  irbifd^er  $orm  (als  $tyle). 
3üif  baS  le^tere  foDte  baS  tohu  wa-bohu  1  3Wof  1,  2  Anbeuten,  2Bel$er  SCrt  berUr*25 
punft  felbft  aber  ift,  ob  man  ifyn  ft$  als  ©<$öpfungSaft  ober  als  Emanation  ju  benlen 
tyd,  barüber  fud&t  man  fcergeblicfy  bei  biefem  Denifer  nad&  einer  SluSfunft.  SBSie  Urforung 
unb  SBefen  ber  Urpoten^en,  fo  befd&äftigte  bie  ftabbaliften  aud&  baS  £erbortreten  berfelben 
auS  ©ott.  @S  brängte  fi<$  ifynen  bie  Überzeugung  auf,  bajj  baburd?  einesteils  bie  Un* 
t>eränberli$teit,  anbernteilS  bie  Unenblictyfeit  ©otteS  aufgehoben  toürbe.  $inft$tlid&  berao 
Unfceränberlicfcfeit  ©utteS  argumentierten  fie  alfo:  3ft  ®ott  «n  unberänberlid&eS  SBefen, 
toie  fear  eS  bann  möglich,  bajj  er  ben  ©ntfcblujj  faffen  fonnte,  fid?  in  ben  inteüigiblen 
©ubftanjen  ju  manifeftieren,  baS  fe^e  bod^  &eränber(i$teit  beS  SSiüenS  borauS.  2)iefe 
Scfymcrigfeit  tourbe  in  ber  alten  ©d&ule  baburc^  gehoben,  bafe  fte  lehrte,  ber  SQäille  ©otteS, 
in  bie  ©rfd^einung  iu  treten,  fei  fein  plöftlic^er  geloefen,  fonbern  ^abe  Don  ßmigleit  in  36 
tym  gelegen.  Die  unenblid^leit  ©otteS  loieberum  fa^  man  infofern  gefätyrbet,  als  fein 
9taum  gur  Slufna^me  ber  Urpoten^en  bor^anben  toar,  toeil  ©ott  als  baS  unenbli$e  äBefen 
baS  ganje  Untoerfum  erfüllte.  DtefeS  ledere  33ebenfen  tourbe  erft  burd^  9Jlofe  ben^afob 
Äorbobero  (1522— 1570)  unb  3faaf  Surja  (1533—1572)  bur$  bie  SluffteHung  ber^oltrin 
Don  ben  jtoet  Aonjentrationen  (3ufammenbrängungen,  ©elbftb^ränfungen)  ©otteS  einiger-  40 
maften  befeitigt,  toon  benen  bie  eine  mc^r  im  ©inne  einer  Ru^nt^^^ung,  bie  anbere 


meljr  im  ©inne  einer  gurütf^te^ung  gefafjt  lourbe.  Rur  9>«önf^aulic^ung  biefeS  33or« 
gangeS  in  ber  ©ott^ett  bebiente  fi<$  Surja  jtoeier  Silber.  3)aS  eine  93ilb  betrifft  ein 
©efäfe  mit  einem  SRife  ober  ©palt  (*»T?2),  loeld^eS  ben  3n^,a^  burcbföeinen  laffe,  obne 
bafe  berfelbe  baburd^  eine  Seränberung  erteibe,  baS  anbere  einen  SBeifen,  ber  jur  3Wit=  45 
teilung  feiner  $t>tm  an  SRinberbegabte  gu  finnltd^en  ©infleibungen  greift,  bie  $h>ar  bie 
3been  ntyt  felbft  barfteQen,  burd;  meiere  fie  aber  ^inbur$f$immern.  2)oc^  nid^t  alle 
ftabbaliften  toaren  mit  bem  ©efyeimniS  ber  Konzentration  (C^ttÄn  "ic);  baS  ftd^  übrigens 
mit  ben  gnofttföen  9lnfc^auungen  beS  Salentinian  unb  SafUibeS  berührt,  einberftanben, 
fie  brangen  bielme^r  barauf,  bafe  man  ftc^  baS  jnerauStreten  ©otteS  auS  feiner  SSerfd^offen«  go 
^ect  ntc^t  räumlich,  fonbern  nur  begrifflich  borjufteüen  \}dbz,  manche  toollten  eS  über^au)>t 
nur  als  Silbrebe  betrachtet  loiffen.  3ßtr  laffen  nun  bie  Urpotenjen  fo  folgen,  toie  fte  nad& 
ber  9fatjt$t  ber  ftabbaliften  aus  ©ott  berborgegangen  ftnb.  Die  erfte  Urj)otenj  ift  Kether 
("T!?.,  ftrone),  aud^  Kether  eljon  (V^}\  "P?)  unb  im  ©tyfteme  äSrielS  Rum  maalah 
(rfc^s  VT)  genannt,  ©ie  ift  bie  Urquelle  alles  ©eienben.  S)ie  jtoeite  Urj)otenj  ift  66 
Chochma  (^f^  SBeiS^eit),  obgleich  felbft  toerborgen  unb  bertyüßt  in  ber  ©ott^eit,  gilt 
fte  boefc  als  bie  ßrjeugertn  ber  yt>wn.  2)te  brttte  Utyoteng  ift  Bina  p.72,  (Sinftd^t, 
Scrftanb),  toeld^e  bie  ewigen  2öeiSl;eitStbeen  J>raftifd&  ausführt.  2)ie  toierte  Ur^otenj  ift 
Ch&ed  pcnf  ©nabe,  Üiebc),  biStoeilen  aud^  Gedula  ("V1^  ©röfee)  genannt,  bie  fünfte 
UriHrtenj  Dln  ("H,  ©ertd^t,  baS  ftrenge  Siecht),   aud&  Gebura  ("T'1-;/  SKac^t,   ©tärfe)  go 

KeaMinctHopAbte  für  Ideologie  unb  fttrc&e.    3.  «.  IX.  ^3 


674 


Snbbaln 


ober  Pachad  ("in?,  jjurcfyt)  genannt,  toelcfce  bie  göttliche  ©trafgerec&tigfeit  barjieHt.  Die 
jed^fte  Urpoteng  ift  Tiphereth  (r,-Ncr)/  ©d&önljett,  jutoeilen  auc$  Rachamim  (ETT) 
SBarm^erjigfeit  genannt.  Die  ftebente  Urpotenj  ift  Nezach  ("£?,  ©ieg),  bic  atyt  tit* 
potenj  H6d  pin,  £o^eit,  ©lorie),  bte  neunte  UrpotemJesöd  pre:,  Softe,  gunbament). 

6  Die  jetynte  Urpotenj  enblid&  ift  Malchuth  (ro?^  &*«&  ober  £errfcfaft),  todty  ben 
Durdpgang&  unb  93ermtttelung$punlt  für  bie  nieberen  SöefenSretyen  bilbet.  ©ie  fctfct  ju- 
toetlcn  auefy  ©d&ed&ina,  .Königin  unb  £errin.  911$  folc^e  bereinigt  fte  ftd&  mit  bem  tont* 
orbnenben  ©Ott  afe  ityrem  König  unb  beibe  fteQen  jufammen  eine  6^e  bar.  ©olange 
Äönig  unb  Äönigin  in  etyelic^er  ©emeinfd&aft  bereinigt  ftnb,  blttyt  unb  gebeizt  bie  SBelt, 

10  trennen  fte  ftety  jebodjj,  fo  gerät  bie  Söelt  in  grofee  9Jot.  Die  Annahme  bon  aerobe  jefyt 
©c^^trot^  fyat  tyren  ©runb  ofyne  3toeif  el  barin,  bafe  bie  bamalige  Slftronomie  je$n  Sphären 
unterfd&ieb.  SBiefleictyt  ift  aber  auä)  bie  §eiligfeit  ber  #e$nja$l  ein  beftimmenber  SRitgrunb 
getoefen. 

Die  2lnorbnung  ber  jefyn  Urpotenjen  geföie^t  im  ©tyfteme  ber  Äabbala  naety  folgern 

16  bem  ©d&ema. 

L 
nro 


©d&on  ber  ©aon  $at  (998—1038)  glieberte  bie  jetyn  Urpotenjen  nad)  bem  ©rabe 
ober  ber  äbftufung  in  gtoet  ©nippen,  ju  ber  erfteren  gctylte  er  brei,  toel^e  *?cr:  -xtf 
tounberbareä  Sicfyt,  nyn*:  ©rfenntniS  unb  bre  SSerftanb  Reifem  unb  bie  (Srjeuger  ber 
©eifteStoelt  ftnb;  flu  ber  lefcteren  regnete  er  fteben,  toeld&e  toieber  nac$   tyrer  äufammtfr 

20  geljörigteit  $toei  Iriaben  btlben  unb  bie  ftebente  $u  tyrem  93inbe*  unb  BennitteutngSgliebe 
fyaben.  2tuä  biefen  fteben  ift  bte  materielle  Söelt  hervorgegangen.  Die  (Einteilung  ift  hn 
ganzen  bon  ben  fpäteren  Äabbaliften  beibehalten  toorben.  9tad&  äSriel  ftufen  fiety  bte 
Urpoten^en,  je  toetter  fte  ft$  bon  ber  göttlichen  Urquelle  entfernen,  immer  mc^r  ab,  tyre 
ItoWommenfyeit  toirb  immer  geringer.    Überbieä  finb  alle  übrigen  Urpotenjen   bereit«  in 

25  ber  erften  enthalten.  SlSriel  unterschieb  brei  ©ruppen, ,  1.  ©epfyiroty  ber  metap^ftyfcn 
2Uelt  ober  ber  SSerftanbeätoelt,  (^sct:  cbir  ober  b?cn  nbir),  2.  ©ep&iroty  ber  toa^rnefat* 
baren  Söelt  (®5T-  *v)  ober  ber  ©eelentoelt  (Pfsn  cbir)  unb  3.  Sep&trotfc  ber  tffr 
ftfd^en  2öelt  ober  ber  Slaiuttoelt  (äetc  djv  ober  *5*n  ddtt).  @$  unterliegt  lerne« 
3toeifel,  bafe  biefer  ©lieberung  beä  äfertel  bie  neuplatonif<$e  Styeorie  bon  ber  ©manation 

so  ber  brei  2Beltfpfyären,  beä  vovg,  ber  y.>i>xrj  unb  ber  qwoig  au«  bem  einen  Xbfoluten 
(®ott)  $u  ©runbe  liegt.  3**  ©nippe  biloet  eine  $ria$,  beren  ©li^er  ju  ehtanber  in 
bem  Serfyältniä  t)on  X^efi«,  3lntit^eft«  unb  ©^nt^eft«  fteben.  3Jtan  tarnt  au$  lagen, 
ba|  bie  betben  erften  ©lieber  toie  polare  ©egenfäfce  ju  einanber  fteben,  bie  in  bem  brittat 
©liebe  i^ren  Bereinigung^  ober  gnbifferenjpunlt   Reiben.    Die  SSermittelung  felbft  ^e$t 

86  in  ber  Sprache  ber  Ä. :  Machria  (^T^).  3n  ber  erften  IrioS,  gu  ber  Ärone,  SBetf 
beit  unb  SSerftanb  gehören,  ift  ber  Serftanb  ba«  Sinbeglieb.    Slnbere  Sabbaliften  toieber 


Stabiala  675 

betrauten  bie  2Bei«fyeit  unb  ben  93erftanb  afe  bie  polaren  ©ecjenfäfce  unb  fefyen  in  ber 
ärone  ober  in  einer  ityr  fubftitutcrten  ©eptyira  Däath  ((grfenntnt«)  ben  Sntöffaenjpunft. 
§tn  unb  toieber  begegnen  toir  aud&  ber  ©lieberung  ber  Urpotenjen  in  Sephiroth  schel 
olam,(t£p?  biß  p^-ec,  ©ep^iroty  ber  äBelt)  unb  Sephiroth  schel  binjan  (ni^pc 
^sa  b^S,  ©epfyirotl)  be«  33aue«),  ju  jenen  gehören  bie  erften  brei,  ju  biefen  bie  legten  5 
fle&en.  Die  2öei«tyeit  toirb  afe  ba«  aftibe,  männliche,  jpenbenbe,  ber  Jterftanb  bagegen 
afe  ba«  pafftoe,  toeiblid&e,  empfangenbe  ^Jrinjip  betrachtet,  jene«  Reifet  abba  (**?$),  biefe« 
imma  (N^n).  3n  *><*  Reiten  £ria«,  ju  ber  bie  ©nabe,  ba«  ftrenge  Stecht  unb  bie 
©cfcön^eit  gehören,  jtnb  bie  ©nabe  unb  ba«  ftrenge  SRecfyt  bie  polaren  ©egenfäfce,  toeldfje  burety 
bie  ©d&ön^eit  ©ber  SSarmtyerjigfeit  (Rachamtm)  in«  ©leicfygetoicfyt  gebraut  toerben.  3n  10 
ber  britten  Iria«,  bie  au«  ©ieg,  ^o^eit  unb  Safi«  befielt,  gelten  ©ieg  unb  §o§eit  als 
bie  polaren  ©egenfä^e,  unb  bie  Safte  tritt  toermittelnb  jtoifdfjen  beibe.  Sllle  brei  ©nippen 
toteber  ftefyen  unter  oer  §errfc$aft  ber  je^nten  ©eptyira  be«  Seiche«  unb  toerben  toon  ifyr 
als  ifcrem  93inbeglieb  ju  fyarmonifcfyer  Ifyätigfeit  jufammengefyalten.  Da«  93erfyältni«  ber 
brei  ©nippen  ju  ©Ott  als  bem  unenblicfyen  *|3rinjipe  toirb  au$  fo  präjiftert,  bajj  biefer  15 
m  ber  erften  ©nippe  afe  „Urheber  be«  2öeltplane«",  in  ber  jtoeiten  ©ruppe  afe  „Orbner 
ber  SBelt"  unb  in  ber  britten  afe  „©d&öpfer"  fyertoortritt.  —  ©0  bilben  bie  jetynUrpoten* 
jen  trofc  tyrer  SSerfcfyiebentyeit  ein  einheitlich  gefc^loffene«  (organiföe«)  ©Aftern.  2luf  tyrem 
gneinanbergreifen  unb  .ßufammentoirfen  beruht  ber  Seftanb  ber  Söelt.  3)ie  Äabbaliften 
toeranfd&aulicfyen  biefe  ©infyeitlid&feit  in  ber  9JtonnigfaItigfeit  burefy  ba«  33eifpicl  t>on  ber  20 
flamme,  bie  bem  93eobacfyter  jtoeierlei  fiid^t  jeigt,  ein  naefy  oben  auffteigenbe«,  ^elle«  unb 
toeifce«  unb  ein  naety  unten  fyerbortretenbe«,  an  bie  brennenbe  SKaterie  gefnüpfte«  bunlle« 
ober  bläulid&e«,  toeld&e«  getoifjermajjen  ben  ©tutyl  be«  erfteren  bilbet.  3n  *«  93ilberfprad&e 
ber  51.  toerben  bie  Urpotenjen  afe  ba«  fiicfytgetoanb  bejeid&net,  in  toeldfje«  fiety  ©ott  bei  ber 
Schöpfung  füllte,  ober  afe  ba«  Urlicfyt,  toelcfye«  überall  \}in  2id&t  au«ftral?lt,  ober  afe  ber  $ep*  26 
pid&  (K?*?)f  auf  bem  ©ott  äße  2typen  unb  giguren  ber  ©d&öpfung  einjeid&nete.  ©otyar  III, 
128*  unb  135*  bgl.  II,  31 b  unb  32*.  Stuf  feinen  %dH  aber  bürfen  bie  Urpotenjen 
mit  ©ott  afe  bem  unenblic^en  Süöefen  gleid&geftellt  toerben,  er  fyat  ft$  in  tynen  toeber  er« 
fäöpft  unb  aufgejeljrt,  no$  tyat  er  neben  tynen  feine  ©elbftftänbigfeit  Derloren.  Die  ein* 
jige  3t^n[t<f>feit  jtoifcfyen  i^nen  unb  ©ott  befte^t  nur  barin,  bafj  fte  an  feiner  Unenbli$teit  so 
teilhaben,  feine  ©egenäftröme  empfangen  unb  biefe  ben  berfc&iebenen  SBelten  bermitteln. 
Solange  i^nen  biefe  ju  teil  toerben,  fte^t  tyre  ßjiftenj  aufeer  grage  unb  tyre  ^ätigleit  er= 
leibet  ifeine  §emmung,  entjie^en  ftc$  i^nen  aber  biefelben,  fo  ift  i^rc  ßjiftenj  bebrotyt  unb 
i^re  It^itigteit  ^ört  auf.  Damit  bie  Urpotenjen  bie  göttlichen  ©egen^ftröme  aufnehmen 
unb  ben  Söelten  Aufü^ren  f önnen,  fielen  fie  mit  ©ott  afe  bem  unenblid^en  2Befen  burd^  85 
unfid^tbare  ftanäie  (p^"^^,  3innorotW  ^n  5$erbinbung,  toelcfye  öom  S^rone  ber  göttlichen 
£errlic£teit  0 -?"  «??)  ausgeben.  Slfe  Vermittler  ber  Äräfte  ©otte«  für  bie  ©paaren 
birö  ©ein«  toerben  bie  Urpotenjen  jugleic^  ni  Irägem  ber  göttlichen  SBeltregierung  unb 
SBeltleitung,  burefy  fte  bringt  ©ott  feinen  3BiQen  jur  3lu«fü^rung.  Über  ba«  Ver^ältnfe 
b«  Urpotenjen  fotoo^l  untereinanber,  afe  audb  toie  fte  burc^  bie  Äanäle  bon  oben  nad^  40 
unten  unb  bon  unten  toieber  naefy  oben  toirfen,  fpric^t  ftet)  fc^on  ba«  Se^irabud^  I,  7 
ba^in  au«:  „Sejie^e  i^r  (ber  ©epfyirotfy)  6nbe  gu  i^rem  2lnfang,  toie  eine  flamme  an 
bte  Äo^le  gefnüpft  ift."  3lber  audj  untereinanber  fielen  bie  Urpotenjen  in  enger  33e- 
jie^ung,  inbem  jebe  in  iljrer  Slftualität  bie  folgenben  üerurfac^t,  toie  fte  in  tyrer  SBirfung 
toieber  burc^  bie  fror^ergefyenbe  bebingt  loirb.  46 

Übrigen«  liebten  e«  bie  ftabbaliften,  bie  je^n  Urpotenjen  unter  berfc^iebenen  Silbern 
barjufteöen.  am  ^äufigften  toirb  ber  3)tenfd^  afe  Silb  Dertoenbet.  Die  erfte  Sria«  t)er= 
fbmbilblid^t  bann  bie  Organe  be«  Denten^,  inbem  Rüther  ba«  §aupt,  Chochma  ba« 
©e^tm  unb  Bina  ba«  §erj  barftellt.  Die  jtoeite  2:ria«  Derftnnbilblic^t  bie  Organe  ber 
Zfötateit,  inbem  Chäsfed  auf  ben  regten,  Din  auf  ben  Knien  2lrm  unb  Tiphereth  auf  so 
ben  Stumpf  ober  bie  Sruft  fyintoeift.  Die  britte  2:ria«  enblid^  berfmnbilblic^t  ben  Unter* 
leib  mit  ben  Organen  ber  3eu9un9/  inbem  Nezach  ben  rechten,  H6d  ben  linlen  ©d^enlel 
unb  Jesöd  ba«  ßcußunß^organ  anbeutet.  Malchuth  ruht  unter  ben  güfeen  bon  aütn, 
unb  ©Ott  afe  ba«  unenblid^e  fflefen  ftcF>t  afe  caput  omnium  über  Rüther.  (Sin  anbere« 
gebräuchliche«  33ilb  für  bie  Urpotenjen  ift  ber  mit  ben  Söurjeln  nad&  oben  gerichtete  33aum.  66 
gn  mannen  tabbal.  Sterten  toerben  bie  Urpotenjen  auefy  in  ber  2Beife  angeorbnet,  bafi  fte 
btet  ©äulen  bilben,  eine  redete  (»r?-;  wS^-^c,  ober  '"'  *T-?,  ©äule  ber  ©nabe),  eine 
Rille  (»>»r?1  ^7^  ober  »:^n  »7-^  ©äule  be«  ©eric^t«)  unb  eine  mittlere  (K7'2? 
^T^?7??!)-  3n  ^  redeten  Säule,  ju  ber  Chochma,  Ch6sed  unb  Nezach  gehören, 
rubt  bo«  Seben,  in  ber  linten,   ju  ber  Bina,  Din  unb  H6d   gehören,   ^errfd^t  ber  lob  eo 

43* 


676  fttlhdt 

(Dal.  ©o^ar  I,  22 a).  $ie  mittlere  ©äule  toirb  bon  K&her,  Tiphereth  unb  Jesöd 
geoilbet.  2lm  gufee  befinbet  ftd),  gleid&fam  ate  gunbament  für  alle  bret  Säulen,  tarieber 
Malchuth.    9ta<$fte$enbe$  Schema  beranfd&aulidjt  biefe  ©lieberung. 

Rüther 
6  Bina  Chochma 

Tiphereth 
Dtn  Ch&ed 

Jesöd 
Höd  Nezach 

10  Malchuth 

Snfofern  bie  Urbotenfcen  bie  erfte  9)tanifeftation  ©otted  bilben,  fmb  fte  eine  SBelt 
für  fiep,  eine  ibeale  SBelt,  bie  mit  ber  realen,  ftofflid&en  3BeIt  nid^tö  ju  t&un  tyd.  8fö 
fold&e  tyeifjt  fte  balb  ber  bortoeltlid&e  9Jtenfd&,  ber  Urmenfö  (1^72  27»),  balb  ber  obere 
3Renfö  0«^?  D7*?).    Über  ben  Slbam  Äabmon  &errfd&t  in  ben  tabbaliftif#en  Schriften 

16  teine  böHige  Älarfyeit.  Salb  toirb  er  als  bie  ©efamtyeit  ber  ©e^trotfy  gefaxt,  balb 
erföeint  er  ate  eine  bor  ben  ©ep^iroty  unb  über  benfelben  erhabene  erfte  ©trafylung, 
bur$  bie  ©Ott  ate  baä  unenblid&e  SBefen  au$  feiner  Verborgenheit  unb  9Serf<$loffen$eit 
fyerauä  in  bie  ©rfdbeinung  trat  unb  als  äBeltenfc&ityfer  unb  9Beltenlenfer,  geftnffermafcen 
ate  $rotot$)  (3Jtarrofo3mo3)  ber  ganjen  ©d&öpfung  fiefy  funbgab.    $n  biefem  Jfalle  $at 

20  e$  ben  3fofd&ein,  ate  toenn  ber  Slbam  Äabmon  eine  gtoiföen  ©Ott  unb  bie  SBelt  ein- 
gefd&obene  erfte  Offenbarung,  fojufagen  ein  jtoeiter  ©Ott  (dewegog  &e6g)  ober  ba3  gott* 
lid&e  2Bort  (Xdyog)  toäre. 

3la$  einem  fpäteren  Jfyeorem  gelten  burdf)  Sfoäftraljlung  in  berfd&iebenen  Xbfhtfungen 
bier  SBelten  tyerbor,  in  benen  fi$  baä  ©eiftige,  je  toeiter  e$  fic$  bon  feinem  Urquell  ent= 

25  fernt,  immer  mefyr  berbid&tet  unb  bergröbert,  bte  e$  f<$liefjlid&  jur  treatürlicfan  SBelt,  pxm 
fmnlid&  toatyrnetymbaren  ©ein  toirb.  Um  biefe  fojufagen  immer  ^anbgreiflic^er  toerbenbe 
©elbftoffenbarung  ©otteS  in  ben  berfäiebenen  Söelten  )u  beranfd&aulid&en,  griff  j.  &  3bn 
äatif  ju  folgenbem  aflerbingS  nid&t  jutreffenben  mattyematifd&en  Vergleiche.  @r  fagte:  Sie 
fid)  ber  Sßunft  jur  Sinie  unb  bie  Sinie  jur  gläc^e  unb  bie  gläcfye  tum  Äörper   ertoeitert 

so  unb  berbic^tet,  fo  boQ^t  fi$  ©otteä  ©elbftentfaltung  in  ben  betriebenen  SBelten.  6r 
liefe  ftd&  babei  otyne  ßtoeifel  bon  bem  ©ebanfen  leiten,  bajj  bie  2Birfung  in  tyrer  3nten* 
fität  ftete  tttoaS  hinter  ber  Urfad&e  jurürffte^en  müjfe.  3n  1***  *>**  bier  SBelten  trieber* 
tyolen  fid&  bie  jetyn  ©e^^irot^.  Storcp  bie  erfte  2tu3ftra^lung  entftanb  ber  Olam  aztla 
(nVaMjn  cbv,  ober  n*^¥»n  *r,  bie  SBelt  ber  ©troblung),  toelc&e  bie  9)iä*te  be«  gott« 

85  liefen  3Beltenf)lan^  enthält.  %fyxz  ffiejen  fyabtn  biefelbe  9tatur,  meiere  ber  2Belt  ber  5<pfo 
xotfy  ober  bem  älbam  Äabmon  eigen  ift.  9lad)  bem  ©o^ar,  Wo  bie  erfte  SBelt  auc^  Olam 
ha-sephiroth,  bie  2BeIt  ber  Beptyroti)  Reifet,  thront  ^ier  bie  ©d^ed^ina  unb  in  tyr  ift 
ba^  £td)tgetoanb  ©ptteä.  9lu^  bem  Olam  azila  ging  in  toeiterer  Sbftufung  ber  Olam 
beria  (™Tr"  ö^/  bie  SBelt  ber  ©c^öpfung)   ^erbor,  in  toeld&em   fid^  bie   orbnenben 

40  3Jlä$te  unb  Äräfte  befinben.  $ier  finb  bie  ©d)a$iammern  bed  ©egend  unb  be*  fiebert, 
^ter  fte^t  ber  göttliche  §errlid^feit«t^ron  unb  J^ier  finb  bie  fallen  auer  geifiigen  unb  jttt* 
liefen  VoUlommen^eit.  3)a^er  Ijaben  aud^  ^ier  bie  ©eelen  ber  ©erec&ten  i^ren  äufent« 
^altöort.  35er  Olam  beria  ftra^lte  toeiter  ben  Olam  jezira  (*T*V  *%*,  bie  ©elt 
ber  S3ilbung)   au^.    @r   birgt   bie   glangum^üKten  @ngeltoefen,   freiere   unter  Betatron 

46  (p-^^*:,  juerdrog)  ate  i^rem  oberften  dürften  ftetyen.  3Ketatron  ift  bad  erfte  ©ef<$opf 
&om  f.  ©o^ar  I,  126 b,  bie  mittelfte  ©äule  (im  SBefen  ©otteS),  ober  ba^  aSeretntgenbe 
in  ber  3Jtitter  toelc^ee  alle  ©tufen  bon  oben  nac^  unten  unb  bon  unten  na$  oben  um* 
fafet,  baf.  III,  127a,  bie  fitybar  offenbarte  ©ott^eit  baj.  III,  231».  Sftm  gehören  aber 
au#,  bie  böfen  ©eifter  (Dämonen)  an,   bie  toegen  i^rer  grobftnnlic^en  9tatur  Keliphoth 

50  (^^-^P:),  §ülfen  ober  ©dualen  ^eifeen  unb  i^re  SBptynftätte  in  ber  SRaumtoelt  ber  $Umeten 
unb  anberer  $immelölör})er,  ober  im  Steige  be«,  3lt^erö  baben.  Site  bierte  (Smanation^ 
abftufung  entftanb  ber  Olam  assija  ("?^v  *&&,  bie  SBJelt  ber  3Berbung  unb  Setfo* 
tigung),  bie  gegentoärtige  materielle  2öelt,  bie  ftnnlid^e  (Srfc^einung^toeli  ©eine  Sßefen 
finb  in  einem  etoigen  SBec^fel  begriffen,  b.  f).  fte  liegen  in  einer  forttoä^renben  Umformung 

65  unb  Umgeftaltung.  2)a^er  ift  er  bie  2ßelt  be«  ©d^ein^  unb  »etrugS.  Set  ©o^ar 
III,  61  nb  unb  292 b  bertritt  bie  föon  imlalmub  unb3RibraW  borgetragene  o)>timt{K^e 
anfielt,  bafe  bie  gegentoärtige  3Q3elt  bie  befte  ift.  3)enn  e^e  biefe  SBJelt  toirHid^  tnd  Ü 
fein  trat,  fyatte  ©Ott  bereit«  berfd&tebene  anbere  93Belten  erfc^affen,  bie  er  aber  immer 
toieber,  toetl  fie  unboüfommen  unb  mangelhaft  toaren,  jerftörte,  btö  enblic^  biefe  entftanb, 

60  an  ber  er  SEBo^lgefaflen  fanb.    2)a^  biefe  SBelt  ein  ©egen  fei,  barauf  beute   föon  M 


ftattala  677 

erfte  SBort  be«  ©d&öl>fung«berid&te«  P'iW??  ^in,  ba«  mit  bem  Sud&ffoben  Beth  p)  an* 
fängt  unb  ^97?,  ©egen  bebeutet.  $fyilo,  bie  ©nofttfer  unb  begebene  Äirc^enbäter  be* 
trotteten  bagegen  bie  gegenwärtige  23elt,  ba  fte  ein  (Srgeugni«  be«  Demiurgen  toar,  al« 
einen  «bfall  bon  ©Ott  unb  al«  bie  Stätte  ber  ©ünbe  unb  alle«  ©Öfen.  2öie  bie  Ur= 
potengen  fo  fielen  au<$  bie  biet  SBelten  mit  ©ort  al«  bem  Urjmngty  m  93erbmbung,  in*  6 
bem  forttoätyrenb  göttlid&e  ©egen«häfte  auf  fte  fyerabftrömen.  2öa«  bie  -Kamen  ber  bier 
ffielten  anlangt,  fo  ge&t  ba«  2Bort  Aztla  o&ne  3toeifel  auf  4  9Kof  11,  17,  25  (b$«yi 
("•rftattn,  gurücf,  toäjjrenb  Berfa,  Jezlra  unb  Assija  in  ben  2lu«brücfen  be«  biblifcfyen 
©d&öj>fung«beric$te«  ifyre  (Srtlärung  fmben.  2Bie  biele  fielen  ber  it.  fo  fufct  auefy  ba« 
3$eorem  bon  ben  bter  SBelten  auf  ber  betannten  2tyeol>fyanie  be«  ^rop^eten  (Sgectyiel  c.  1. 10 
3)a«  ÜRenfc&enbilb  (tn«  n$*%)  entfbrid&t  ber  SBelt  ber  ©tra^Iung,  ber  göttliche  2$ron* 
toagen  (*?379)  ber  23elt  ber  ©<$ötfung,  bie  bier  Sierbilber  (nw)  ber  ffielt  ber  Sil* 
bung  unb  ba«  SRäbertoerf  (ö^**)  ber  fabrigierten  2Belt.  Übrigen«  begegnen  ftrir  ber 
fielet  bon  ben  bier  Söelten  gum  erftenmale  in  bem  toafyrfAeinlicty  au«  ber  erften  #älfte 
be«  13.  Sa^rbunbert«  ftammenben  Keinen  Sraftate  3Raffedjety  Aziluth  (rvfc«***   tose).  iB 

3)a  bie  Äabbaliften  alle  SSer^ältnifJe  gern  unter  bem  antfyropologifctyen  @eft<$t«l>unfte 
ut  betrauten  pflegten,  fo  tyaben  fte  audp  ben  Segriff  be«  @efdjled&t«unterfctyiebe«  auf  bie 
ÜBelt  ber  ©q)fyirotfy  übertragen.  Da«  männliche  $rtngij>,  2lbba  (»?»)  genannt  unb  toetfj 
bon  garbe,  ift  aftiber  SRatur  unb  erfctyeint  borgug«toeife  in  ber  ©ej^ira  Styöfeb,  liegt  aber 
allen  brei  Bfyfyvcotf)  ber  redeten  ©eite  gu  ©runbe ;  ba«  toeiblictye  $ßringi]p  bagegen,  ba«  20 
feinen  Urfprung  erft  bem  männlichen  ^ringtye  berbanft,  rote  garbe  fyat  unb  regeptiber 
9totur  ifx,  erfctyeint  borgug«toetfe  in  ber  ©ep^ira  Din,  liegt  aber  allen  brei  ©e^r)irotr)  ber 
linlen  Seite  gu  ©runbe.  9Bätyrenb  ba«  3e^w  *&  männlichen  $ringtye«  ba«  gjob  O, 
ift  ba«  3^m  *>**  toetblictyen  *Pringtye«  ba«  He  (p)  im  ©otte«namen  %f)1o1).  $\d)m 
toir  au«  borfte^enber  Betrachtung  ba«  %ai\t,  fo  ift  mit  ber  Sefyre  bon  ben  Urpotengen  fo*  25 
toofyl  bie  Unbergänglid&feit  toie  bie  ©ottebenbtlblid&feit  alle«  ©eienben  au«gefyroctyen.  2Bie 
in  ber  SBelt  ni<$t«  berloren  aetyt,  ober  ber  böUigen  Vernichtung  anheimfällt,  fo  ift  au<$ 
allen  SBefen  ber  Stempel  unb  ba«  ©iegel  ber  ©öttlictyteit  aufgeprägt.  ©Ott  al«  ber  Un* 
fühlbare  unb  Unfaßbare  (En  söf)  ift  burd?  bie  Urpotengen  ftctytbar  unb  fafjbar  getoorben; 
ber  menfc&lid&e  ©eift  !ann  gu  tym  fyinanbringen,  er  fann  tyn  erfennen  unb  begreifen.        so 

3.  Da«  SReicty  be«  8  Öfen.  SReben  bem  tyimmlifc&en  SReid&e  ber  ©epfyiroty  be« 
iSc^t«  ober  be«  ©uten  giebt  e«  aber  auety  ein  9lei$  ber  ©ep^irot^  ber  ^infterni«  ober 
be«  SBöfen.  ©c^on  ber  oberften  fiid^temanation,  bem  3lbam  Äabmon  CP?-7P.  v?$)  fte^t 
fem  ©egner,  ber  äbam  Selial  &?$*  ö-j*})  gegenüber.  (Sbenfo  ber^ält  e«  fiety  mit  jeber 
2ic^rfej>^tra,  i^r  gegenüber  bepnbet  fid^  eine  ^nftenti«fep^ira.  ©0  behalten  ftc^  beibe  86 
9tet$e  gu  einanber  toie  bie  rechte  unb  lin!e  ©eite,  bie  Sic^tfoljirotfy  bilben  bie  redete,  bie 
Ämftemi«fej)^irot^  bie  linte  (anbere)  ©eite  (Sitra  achra).  Silblic^  h>rrb  ba«  SReidfr  ber 
gtnfkrni«  aud^  ba«  SRei<$  ber  Urfc^lange  ober  ba«  9lei<$  Jtain«,  @fau«  unb  ^haraa^  ge= 
nannt  38gl.  ©o^ar  I,  55*.  3m  91«^^  ber  ginfterni«  giebt  e«  ebenfo  toie  im  Steige 
be«  Sic^t«  ge^n  Slbftufungen.  9Bie  im  SRetd)  be«  Sic^t«  bie  guten,  fo  toofynen  im  Steige  40 
ber  ginfterni«  bie  böfen  ©eifter  (Dämonen,  Äelip^ot^,  $ülfen  ober  ©etyalen).  3^r  Ober- 
^aupt  ip  ©amael,  bem  jur  ©eite  bie  grofje  Sudlerin  fte^t.  93eibe  toerben  ebenfo  in  e^e* 
lieber  @ememf<$afr  gebaut  toie  im  SReid^e  be«  £id^t«  ©Ott  al«  Honig  mit  3R<dd)\xti}  al« 
Jldnigtn.  Shtrd^  ben  (Sinflufc  ber  böfen  93fäd^te  toirb  bie  Schöpfung  forttoä^renb  geftört. 
Die  $Renf<$en  toerben  gum  SlbfaQe  bon  ©ott  berfü^rt  unb  baburc^  frä$ft  ba«  SM$  be«  45 
©dfen,  bie  Äelip^ot  nehmen  immer  me^r  über^anb.  3n  ^CT  Silberfprac^e  be«  ©ofyar 
toirb  biefe  Störung  ber  ©djöpfung  in  ber  SBeife  betrieben,  ba^  Äönig  unb  Königin  in 
intern  d^elid^en  Umgange  ftd^  bon  einanber  fernhalten  unb  nic^t  gum  9Bo^lftanbe  ber  SBelt 
mfammentoirten  tonnen.  SBeil  ba«  5Keid)  ber  ^infterni«fep^irot^  ebenfo  tüte  ba«  SRetc^  ber 
Si^tf^irot^  al«  Strahlung  gefaxt  tourbe,  lag  e«  fel)r  nafjt,  ba«  unenblid&e  2Befen  felbft  60 
uim  Urheber  be«  Söfen  gu  machen.  Um  biefe  Jöi^e  gu  umgeben,  griffen  bie  älteren 
Äabbaliften  nt  ber  äu«flud^t,  ba^  ber  ©runb  für  ba«  93öfe  in  ber  (Entfernung  ber  emas 
nierten  ©ubftangen  bon  ©ott  al«  intern  Urquell  gu  fud^en  fei.  3e  toeiter  nämlid^  fic^ 
biefelben  bon  ©ott  fortbewegten  unb  in  ba«  finnlidje  93ereic^  ber  3)taterie  ^inabftiegen, 
befto  berberbter  tourben  fte.  Die  jüngeren  Äabbaliften,  toie  ^urja,  bagegen  fugten  ben  Ur«  66 

Sitng  be«  Söfen  baburc^  gu  erflären,  bafj  bie  ©efä^e  ber  Bfyfyxoti}  bie  göttliche  ©egen«* 
e  al«  2eitung«organe  niept  gu  faffen  bermoc^ten  unb  barum  barften.  Diefe«  ©ef^eimni« 
totrb  mit  bem  tec^nifd^en  3lu«brude:  =^=  mmz$  ^2,  ba«  93erften  ber  ©efäfee  begännet. 
Sufee,  ©elbftfafteiung,  ©ebet  unb  ftrenge  Beobachtung  ber  borgefcfyriebenen  ßeremonien 
bringen  aber  ben  ©egenfa$  be«  oberen  unb   unteren  ?Heic$e«  gum  aDmä^lic^en  2lu«gleic^  eo 


678  ftabbala 

unb  [teilen  bie  urforünglic^e  Harmonie  ber  £)inge  hrieber  fyer.  Semerft  fei  nod},  bafj  bie 
Setyre  bon  ben  ©egenfäfcen  ber  beiben  SReic^e  ntd^t  ju  ben  urforünglic&en,  fonbern  ju  ben 
foäteren  £efyren  ber  R.  gehört;  fte  erfcfceint  in  ifyrer  2lu«bilbung  erji  im  13. 3a^$unberte. 

4.  3m  en9en  3ufammen^an9e  m^  &er  Se^re  bom  Söfen  ße§t  bie  Sefyre  bom  sJRefs 
6  f  t  a  S.    -Kenn  burcfy  fromme«  unb  tugenbfyafte«  Verhalten  ber  SBtenfctyen   £ier  auf  ©rben 

ba«  SRetc^  ber  ÄeliJ^otty  immer  mefyr  m  ätbnatyme  fommt,  fo  erf<$eint  ber  3Refjta«  unb 
bewirft  bie  Söiebertyerftellung  be«  urftmmglicfyen  £uftanbe«  *>**  SMnge  ("PP?).  &a  aQe« 
unter  feiner  $errf$aft  ficty  bem  göttlichen  fitste  jutoenbet,  fo  tyört  aller  ©öfcenbtenft  auf, 
benn  bie  fteity^oty  reijen  bie  ÜRenfd&en  nid&t   mefyr  jum  äbfall.    3)te  11.  yat  bann  al« 

10  §errin  ben  ©ieg  über  bie  ©flabin,  bie  ^tyilofopfyie  babongetragen.  3fo$  in  ber  oberen 
Söelt  be«  ©eiftcö  gefyen  bei  ber  Slnfunft  be«  -Bteffia«  hric&tige  SJeränberungen  bor.  $er 
Mönig  nähert  jtcfy  lieber  ber  Königin  unb  unterhält  mit  tJ^r  bie  efyelic^c  ©emetnf$aft 
3)ur<$  tyre  Paarung  erlangt  bie  ©ottyeit  bie  geftörte  (Sin^eit  hrieber.  3)a«  fabbal.  ©cfyrift* 
tum,  borjug«toeife  ber  ©ofyar,  feiert  ba«  SufMnmcftfcbtti  **>&  Äönig«  unb  ber  Jtömgin  oft 

15  in  2lu«brü<fen,  bie  an«  ©d^amlofe  grenzen  unb  Slnftanb  unb  ©itte  auf«  tieffte  beriefen. 
3n  »ejug  auf  ba«  SBefen,  bie  Aufgabe  unb  ba«  2öer!  be«  ÜReffta«  bietet  ber  Jtabbalte 
mu«  toentg  neue«,  fonbern  fctyltefjt  ftcfy  eng  an  bie  im  lalmub  unb  3Jiibraf$  Vorgetragenen 
2lnft$ten  an. 

5.  3) er  ÜRenfcty.    2lu<$  f>inft$tlid&   be«  3Jtenfc(>en  fufjt  bie  Ä.  hn  allgemeinen  auf 
ao  ben  Setyreu  ber  talmubiföen  unb  gaonäifcfyen  2Jtyftit,  bie  neuen  Slnfcfyauungen  laffen  fty 

in  Äürje  bafyin  jufammenfaffen.  3)er  untere  ÜRenfcfy  ift  ein  3ty|>u«  be«  l?immlijdjcn  Ür* 
menfd&en  (Slbam  Jtabmon).  211«  folctyer  bereinigt  er  mit  allen  {einen  ©liebmafcen  unbSe* 
ftanbteilen  ade«,  toa«  bie  ibeale  ©$öpfung  enthält,  tote  aucty  fein  Seftanb  bur#  fte  allein 

Seftd&ert  ift.  6r  ift  fomit  ein  3Jtifrofo«mo«,  eine  SBelt  im  Äleinen  ("^PT  e?*~).  dlctyx 
etrad)tet  letyrt  bie  k.  bie  3)ic$otomie  be«  2Jienfctyen.  Sr  befielt  au«  ßetb  unb  ©eele. 
Obgleich  ber  Seib  nur  ba«  ©etoanb,  ba«  Äleib  ober  bie  $üüe  ber  ©eele  ift,  fo  ftcfll  er 
bocg  bie  ÜRerfaba  (ben  tymmlifctyen  Xtyrontoagen)  bar.  alle  ©lieber  fcaben  tyre  fombo* 
Iifctye  93ebeutung.  3)er  Äopf  berftnnbilblictyt  bie  2öet«^eit,  ba«  ©efyirn  mit  feinem  ben 
ganjen  Äörper  burctyjietyenben  9iert>enfvftem   bie  burc^   bie  ©e^irotty  ftc^   mantfeftierenbe 

30  ©ott^eit,  bie  ©tirn  bie  göttliche  ©nabe  unb  ba«  göttliche  SBo^ltootten,  bie  $aare  beuten 
auf  bie  Derfd^iebenen  göttlichen  2Bet«^eit«h>ege  ^in.  (Sbenfo  toirb  für  äugen,  Clären,  ©ort 
u.  f.  h>.  bie  fbmbolifd?e  Sebeutung  nac^getoiefen.  Siel  ^öf^er  al«  ber  Seib  aber  fte^t  bie 
©eele,  benn  fte  ftammt  au^  bem  göttlichen  SlUgeifte  unb  beft^t  bie  ^ä^igfeit,  burc^  bie 
Kanäle  (3innorot^)  auf  bie  inteQigible  2öclt  einjuh)irfen  unb  ifyre  ©egen«f)>enben  auf  bie 

36  untere  3Belt  berabgugie^en.  ©ie  Reifet  mit  biblifcty  talmubifc^en  3lu«brü(fen  balb  Vltpfäd) 
Ose:),  balb  mad)  (rm),  balb  5Ref$ämä  (-?'?:).  %n  i^rer  niebrigften  $afein«form  ate 
9lq>ty\$  originiert  fte  bon  bem  ^immlifc^en  ©etier  (n^n)  gj  5,  27 ;  10,  17  (ögl.  So^ar 
III,  46b)  unb  bergegentoärtigt  ba«  ftnnlid^e  £eben«prinji^.  3luf  biefer  ©tufe  ermangelt 
fte  alle«  fiicfyte«,  fte  ift  nur  bie  ^riebfraft,   toelc^e  bie  ©lieber  anfoornt,  bamit   m  ber 

40  keib  ernährt.  3n  ^rer  J^eiten  ®afein«form  al«  SRuac^  ift  fie  ber  ©ifc  foioo^l  ber  guten 
toie  ber  böfen  triebe.  3n  $***  böc^ften  3)afein«form  al«  SKejc^ämä  fyat  fte  bte  Äraft, 
mit  ©ott  unb  bem  Stctytreid&e  in  S3erbinbung  ju  treten.  311«  inbtoibuelle«  Sßrinjtj)  tob* 
bie  ©eele  bi«toeilen  aucty  Jechida  FT^i),  ©injige  unb  al«  2eben«prinj^>  über^amjt 
Chaja  (p\ty   genannt.    3Kofe  bm  Olafyman  fre^ieD  fafy  in  ber  ©eele   emen  £eil  ber 

4ö  ©ott^ett,  fte  originiert  nac§  i^m  au^  ber  ©epfyira  ber  Vernunft  (^r^)-  2Bw  tylato, 
Drigene«,  ^efftng  unb  Äarl  6fyr.  ^riebr.  Äraufe  le^rt  bie  Ä.  auc^  bie  ^JJräejtftenj  ber  ©ede. 
aide  ©eelen,  meiere  beftimmt  ftnb,  in  menf$li$e  Seiber  einzutreten,  ftnb  bon  Uranfang 
an  in  beftimmter  $al)l  bagetoefen.  ©ie  teilen,  mit  einem  geiftigen  ©etoanb  angetan, 
an  tyrem  ^immlijc^en  93eftimmung«orte    unb    laben   ftcfy   am  Slnjc^auen   be«    göttlichen 

00  ©lanje«  ber  ©c^ec^ina.  3)er  ©tntritt  ber  ©eele  in  einen  Äörper  bebeutet  für  fte  fein 
©lücf,  Jonbern  ein  Unglücf,  batyer  trägt  fie  auc^  lein  Verlangen  nac^  ber  ^ntoi^orierung, 
im  ©egenteil  fte  beflagt  ftcfy  bei  ©ott,  bafj  fie  i^ren  ^immlifc^en  Aufenthaltsort  berlafjen 
unb  in  einen  Äerfer  ^erabfteigen  fott.  35gl.  ©o^ar  II,  96b.  SBir  f4en  auc^  in  biefem 
fünfte  lieber  ben  ßinflufj  j)Iatonifc^er  unb   p^ilonijc^er  Se^ren.    ©e$r  beftimmt  toixb 

66  bie  3»bifferenjierung  ber  ©eele  au«gefj)rod&en.  2lHe  ©eelen  tyaben  bor  i^rem  eingeben 
in  ben  3)Jenfd^en  3)cannh)eibgeftalt,  bie  ©Reibung  tritt  erft  nac^  bemjdben  ein.  Set  ber 
Verheiratung  bereinigen  ftcfy  bie  getrennten  §älften  ju  einer  (Sin^eit  unb  bilben  toiebet 
eine  ©eele.  Vgl.  ©of^ar  I,  1)1 b.  unb  ©ota  2  *.  Sluc^  biefe  ®oftrin  erinnert  an  $lato 
unb  ^J^ilo.    5Kic^t  minber  toeift  auf  ^Jlato  unb  ^fyilo  bie  SKrtftc^t,  bafe  alle«  Semen  auf 

60  (Jrben  toeiter  nic^t«  al«  ein  ©ic^toiebererinnern   (ävdjup^atg)  beffen   jet,  h>a«  bie  Seele 


Stabbala  679 

bereit«  in  ifcem  Dorjettlid&en  3uftanbc  inne  gehabt  fyat.  Sigl.  ©otyar  III,  61 b.  SBon 
großem  gntereffe  tft  *>k  SRetcmpfocM«  (n^rr:f  ^*?*)  ber  5i  2Bie  biefe  fctyon  Don  ben 
Stegtyrtern  unb  batm  bon  bcn  $tytyagoreern  ul*  Pat<>  vertretene  Setyre  in  bie  jübifd^e 
©^eimhriffenfe^aft  gebrungen,  ift  no$  nic^t  böllig  aufgeflärt.  SJieHeictyt  griff  man  ju 
biefer  2c&re  au«  bem  ©runbe,  um  bie  ©eele  attmäljlicty  ben  für  ben  (Eintritt  in  ben  ?JJa»  6 
laft  i$re«  ^immliföen  ßönig«  erforberlictyen  3?erbolIiommnung«}>roäefj  erreichen  ju  Iaffen. 
Sgl.  ©o^ar  II,  94  *  ®amit  fommen  mir  jugleic^  m  ber  Slnftqjt  ber  Äabbaltften  über 
ben  3*°**  unb  bie  Slufgabe  be«  3Jtenföen  toäfcenb  feinet  irbifcfyen  3)afetn«.  3ebe  mit 
einem  Selbe  berbunbene  Seele  fyat  in  biefer  SBelt  eine  3«t  ber  Prüfung  burdfoumactyen. 
©elingt  e«  tyr  toäfaenb  biefer  3eit,  ftd^  in  ifyrem  urforünglicty  reinen  3uftanbe  ju  erhalten,  10 
fo  fe^rt  fte  beim  £obe,  toenn  fte  ftety  bom  Seibe  trennt,  fofort  an  bie  ©tätte  tyrer  ^imm* 
ßfcfcen  #erfunft  jurüdf;  gerät  fte  bagegen  in  ©ctyulb  unb  ©ünbe,  fo  mufe  fte  jtety  einer 
Sanierung  unterwerfen  unb  fo  lange  in  niebere  3)afein«formen,  fogar  in  $ierleiber,  fiolj, 
Steine,  glüffe  u.  f.  to.  eingeben,  bis  fte  bie  jur  SRüdffetyr  an  tyren  fyimmliföen  Seftim* 
mung«ort  nottoenbige  Steinzeit  erhalten  t)at,  unb  bie  frühere  ©djulb  boüftänbig  geführt  15 
tfL  ^Mitunter  irrt  bie  mit  ©ünbe  unb  ©djulb  behaftete  ©eele  mit  anberen  fünbtyaften 
©eiftern  naeft  unb  fctyambebedft  in  ber  2Belt  untrer,  bi«  fte  fd&Iiefclicty  in  ber  §öfle  tyre 
Sanierung  enü>fän$t.  Selten  erfreuten  bei  ©eburten  neue  Seelen,  in  ber  Siegel  finb  e« 
alte,  meiere  fepon  m  anberen  Äörpern  toaren.  ©0  fott  naety  3t«riel  bie  ©eele  ©et$«  erft 
in  SMofe  ibre  tugenbfyafte  SBoHenbung  erhalten  fjabtn.  Saß  fo  toenig  neue  ©eelen  auf  20 
@rben  erfreuten,  $ängt  mit  ber  allgemeinen  93erberbtljeit  be«  menfctylutyen  ©ef$le$t$  $1? 
fommen.  aber  au$  bonüglicfye  ©eifter  fommen  jutoeilen  ntm  2Bo^le  ber  Wenden  hrieber 
ffttab  auf  Erben  unb  nehmen  bie  menf$li<$e  #üue  an.  SBeil  bi«  jefct  noety  nid&t  aDe 
bor  ber  ffieltfd&öbfung  erfd&affenen  ©eelen  au«  tyrem  fyimmlifc&en  Aufenthaltsorte  toegen 
ber  allgemeinen  jßerberbtyett  be«  ÜRenföengefctylecfyt«  in  bie  SBelt  tyaben  eintreten  fönnen,  35 
ift  aud?  ber  SReffta«  noefy  nic^t  erfcfyienen.  —  üöäfyrenb  be«  ©c^lafe«  Iöft  ftety  bi«toeilen 
bie  ©wie  frommer  SKenfcfyen  bom  fieibe  unb  fcfybebtjM  ben  listen  Staunten  ber  oberen 
Seit  empor,  too  fte  in  SRa})j)ort  mit  ben  geiftigen  SBefen  berfelben  tritt  unb  bie  ®nt* 
^üttung  gufünftiger  ©e^eimniffe  empfängt  ©d^ulbbelabene  ©eelen  geraten  bagegen  auf 
tyren  näd^tlic^en  Söanberungen  in  bie  2BeIt  ber  ^infterntö  unb  Unreinheit,  \vo  fte  mit  30 
Dämonen  unb  ader^anb  böfen  ©eiftern  jufammentreffen,  bie  t^nen  ^alfc^ed  unb  Sügen* 
^afte«  mitteilen.  Um  nun  bie  ©eele  beä  3JJenfc^en  f<$on  h)%enb  feine«  ©rbenleben«  in 
SSBcc^fetoerle^r  mit  bem  Sic^treic^e  unb  feinen  guten  ©eiftern  ju  bringen,  forberten  bie 
Äabbaliften  t>on  i^ren  äln^ängern  bie  getotffen^afte  Beobachtung  be^  ©efekeä  mit  feinen 
Sorfc^riften.  Sor  allen  fingen  galt  ba«  ©ebet  al3  ba«  Mittel,  burc^  toelc^e«  bie  ©eele  86 
fü$  )tt  ben  ©ej^irofy  unb  burc^  biefe  ju  ©Ott  afe  bem  unenblic^en  Söefen  auffd^toingt 
3«  noc^  me^r,  fte  ift  fogar  im  ftanbe,  auf  ©ott  einen  (Sinflufi  auszuüben,  tyn  umgu« 
ßhnmen,  für  i^re  3^e*e  un^  ?JKne  geneigt  ju  machen  unb  jur  Slu^fü^rung  berfelben 
ftd&  feine«  Seiftanbe«  ju  Derfic^ern.  3faaf  ^bn  Satif  lehrte,  bafe  ber  SKenfc^  ftcfc  im  ©e^ 
bete  )u  ber  fc^affenben  Vernunft  (^sn  bpp)  ergeben  lönne,  unb  ber  ©ctyityfer  fid^  40 
mit  t^m  in  einem  Äuffe  bereinige.  3)er  ©ofyar  ftellt  bie  ^Bereinigung  ber  ©eele  mit  bem 
SReutye  be«  Sic^tö  unb  bem  Steige  ber  ^infterniä  unter  bem  gefc^maalofen  unb  unfeinen 
Silbe  e^elic^er  Begattung  Dor.  2öie  er  in  ber  ©ott^eit  felbft  ein  männliche«  unb  toeib- 
Iic&e*  $rmgi})  unterfd^eibet  unb  ben  etoigen  Äönig  mit  ber  $errin  ftety  paaren  läfet  (togl. 
©o^ar  III,  7 b),  fo  begattet  ftety  auc^  bie  ©eele  mit  bem  Slllgeifte.  Sil«  anbere  9KitteI,  45 
bua$  toeldjie  bie  ©eele  mit  bem  Üidjtreicfye  in  SBed^felberte^r  treten  fann,  toerben  ä«!efe, 
©eifeelung,  3urüctye^ung  bon  ber  2i3clt,  Sluffuc^en  Don  einfamen  ©egenben  unb  £o& 
rei&tmß  bon  niebrigen  ©orgen,  Slu^übung   t>on  allerlei  guten  SBerfen,  in^befonbere  ©in* 

,  ^üOung  in  toeifee  ©etoänber,  ba«  Slnlegen  ber  ©ebetriemen  unb  bie  Umhüllung  in  ben 
©ebetdmantel  betraebtet.  3Son  befonberem  3niercffe  ift  bie  $fb(^ologie  Surja«.  6r  be*  00 
trottete  bie  ©eele  als  ein  3lbbilb  Don  ber  Serbinbung  be«  Unenblic^en  mit  bem  @nb(i<$en. 
9Rit  Slbam  fmb  jugleic^  alle  ©eelen  gefcfyaffen  toorben.  6«  giebt  aber  berföiebene  Älaffen 
t>on  ©eelen:  ©efyirn*,  2lugen=,  D^ren=,  §anb=  unb  Jufjfeelen,  je  nac^  bem  Organe  beä 
^rototolaften,  an  bem  fte  tfyren  @i^  fyabm.  Um  bie  Befc^leunigung  be«  Säuterung^ 
Jjrojeffed  ber  ©eelen  ju  erflären,  griff  Surja  ju  bem  ©el^eimni«  ber  ©eelenfc^toängerung  66 
P^2«ot  n^c).  kommen  nämlid)  bei  ber  Verheiratung  jtoei  ©eelen  bon  ungleicher  5Ratur 
jufammen,  Don  benen  bie  eine  bie  ifyr  obliegenben  religiöfen  55flic^ten  nic^t  erfüllen  fann, 
fo  toirb  i$r  jur  Unterftüfeung  bie  ©eele  eine«  S3erftorbenen,  bie  mit  i^r  Don  bemfelben 
Organe  abftammt,  jugefeut.    33et  ber  s43crefyelic(mng  l^at  man  ba^er  barauf  ju  a^ten,  bafe 

"  nur  gleichartige  ©eelen   miteinanber  Derbunben  toerben.    ^ür  bte  @rfenntnt«  ber  ©leiefc  60 


680  ftobfctla 

artigfeit  ber  Seelen  giebt  e«  {teuere  Sr!eraumg«$eictyen  in  ben  ©epd&tS^ügen  unb  in  ben 
Sinien  ber  inneren  £anbflä$e,  bie  aber  nur  ben  in  bie  Ä.  eingeteerten  befannt  ftnb. 
6«  Hegt  auf  ber  #anb,  bafe  bie  Setyre  bom  ^bbur  gu  tollem  Aberglauben  unb  betrüge^ 
rijd&er  SBunbertyäteret  führen  mufete.    Surja  gab  felbft  bor,  bie  ©eele  be«  3Refpa«  ben 

5  3<>fa^  äu  bepfcen.  3ur  Offenbarung  göttlicher  ©etyetmnifle  lann  eine  abgeriebene  ©ede 
bei  tbrer  ftuxüiUfyx  in  einen  anberen  Körper  burdj  33efctytoörung«formeln  beranlafet  teerben. 
Sin  Surja  fnüpft  pc$  auc$  bie  Se^re  bon  ber  Eawftnft  ("fl?),  toorunter  bie  bei  Serricfc 
tung  ber  Zeremonien,  bem  93eten,  ber  ©elbftfafteiung,  be«  2tu«fl>red&en«  be«  göttlichen 
Ramend,  be«  fiefen«  be«  ©otyar  auf  ©Ott  gerichtete  unb  in  tyn  pc$  bertiefenbe  unb  ber« 

10  fenfenbe  2Billen«ric&tung  ber  ©eele  ju  berfte^en  ift,  freiere  bie  ©Uranien  bur$bri$t 
unb  bie  ©egenSfüDe  ber  oberen  SBelt  auf  bie  untere  SBelt  fyerab*ie$t. 

6.  Sie  ©etyrtft.  3)urd)  ba«  Über^anbne^men  ber  ariftoteujdjm  ©c^olapif  fror  fan 
Subentum  eine  @$riftau$legung  entftanben,  meiere  ntctyt  jur  33ergeiftigung  be«  ®efe$e« 
beitrug,    ^nfolgebefien  machte  pcfy  eine  getoifie  ©leid&gtltigfeit  unb  fiau^eit  in  ber  8u& 

15  Übung  ber  religiöfen  ^flid^ten  geltenb.  DJcan  betrachtete  bie  Religion  toeniger  für  eine 
©a$e  be«  $enen«,  al«  bielme^r  für  eine  ©ad&e  ber  $erftanbe«tbättgfett.  @«  fehlte  ber 
erfrärmenbe  £eben«obem,  bie  befeligenbe  SBerinnerlic&ung.  ©ie  logifd&e  33egriff«atftmcte 
Iung  unb  93egriff«jerglieberung  liefe  bie  ©emüter  lalt  unb  froftig.  ätber  aerobe  )u  biefer 
3eit    beburfte    ba«  igubentum   fregen    ber   fortfretyrenb  über   baSfelbe   taembre$enben 

20  fctyfreren  Verfolgungen  unb  Srangfale  ber  inneren  Slufrictytung ,  ©tärrung  unb  ©e= 
lebung.  liefern  feelifäen  Sebürfnifie  entforaetyen  bie  Äabbaliften  baburefc,  bafe  pe  gegen 
bie  rein  berftanbeämäfjige  ©d&riftbetra$tung  ^ront  matten  unb  eine  neue  an  tyre 
©teile  fefeten,  bie  in  bie  liefen  be«  göttlichen  SEBorte«  ftc&  berfenfte  unb  babei  ba« 
religiöfe  Seinen  befriebigte.    ©d&on  Sp^tlo   bon  aUejanbrien  $atte   eine  ©c&riftbeutung 

25  ^erborgerufen,  bie  mit  bem  natürlichen  Sitteral«  ober  SBortpnne  in  fc^arfem  Äontrafte 
ftanb.  Sludb  berfebiebene  9J}ifrfma=  unb  lalmubletyrer  froren  ber  Meinung,  bafc  neben 
bem  Sitteralfmn  (nJefc^fit)  noety  ein  anberer,  ber  allegorifctye  (©erüfety)  ein^ergefc  ber- 
mittelft  beften  pe  au«  bem  ©efefce  neue  Sefthnmungen  unb  Siegeln  jur  SSeobadfc 
tung  unb  Befolgung  im  Seben  ableiteten.     S)ie  ÄabbaKften  gingen  no<$   einen  Stritt 

so  freiter.  2)ie  Suctyftaben,  SBorte  unb  tarnen  ber  ©etyrift  toaren  für  pe  Xräger  tief 
berborgener  göttlicher  ©ebeimnifje  (frnnn  nrno),  frunberbarer,  ntyfttfc$er  ©ebanfen 
unb  tyttn,  bebeutung^bouer  ©innbilber  unb  Stätfel,  bon  benen  ber  33eftanb  ber  SBelt 
abfängt.  Sgl.  ©o^ar  II,  99*  ju  SRif^atim.  3n  gleicher  SBJeife  berfolgen  auc^  bie 
biblif$en  @nä|^lungen  bon  $agar,  @fau,  Saban  unb  $alob,  bon  ber  Sfelin  bed  Sileam, 

86  bon  Salaf,  ©imri  u.  f.  h).  nid&t  blofe  ben  Qtoti,  eine  ©eföid&te  mitguteilen,  fonbem  pe 
enthalten  freit  mefyr,  al$  tyx  ffiortfmn  angtebt.  „@ie  pnb  nur  ba«  ©efranb  ber  Z^ora 
(NrpnN-1  w^iab  Nn^v*n  ^^o  \sri).  ffier  ba  benft:  ba«  ©efranb  ber  S^ora  fei  bie 
$auptfa$e  unb  nic^t  ein  tieferer  ©inn,  beffen  ©eift  möge  fc^frinben  tutb  er  fyd  leinen  Seil 
an  ber  gufünftigen  2BeIt".  ®af.  111,152*.  Sef onber«  bejeidjnenb  für  bie»npc^t,  bc%  unter 

40  ber  fmnlid&en  Sßort^ülle  ber  ©etyrift  tiefe  ©e^eimniffe  unb  unenblic^e  ©c$ä$e  göttTit^er 
aBefe^eit  berborgen  liegen,  ift  bie  ©teile  baf.:  „®$  giebt  Igoren,  bie,  toenn  pe  einen 
fro^Iaetleibeten  ÜJtenfd^en  fe^en,  ba«  Aleib  für  alle«  galten,  unb  bo$  befielt  ber  SSoqug 
be«  bleibe«  in  bemSeibe  unb  ber  be$£eibe«  in  ber  ©eele.  Sluc^  bieX^ora  fyat  einen  Seib, 
ba«  pnb  tt)xt  ©efe^e,  ber  ©efrönber  anlegt,  ba«  pnb  bie  @rja^lungen.  2)od^  bie  3$oren  fe^en 

46  nur  auf!  ba«  ftleib,  bie  ßnä^lungen,  o^ne  auf  ba«  $ö^ere  barunter  ju  achten."  ©o  legten  bam 
bie  ÄabbaKften  auf  ben  Sitteralfmn  ber  ©Arift  nur  geringen  2öert,  mit  i^m  befestigten 
pe  pc^  nic^t;  bon  ifym  (oute  aber  auc^  niept«  ^infreggenommenunbnic^t«  hinzugefügt  toer* 
ben,  nid^t  einmal  ein  93uc$ftabe  (^z**  ??*&>  *&?  NED\sb  «b-r  in^n  rrcD  öopn  rr^s? 
TJJ  ^"»  bgl.  ©o^ar  II,  99 b).    Um   ber  ©$rift  nun  bie  ©d^eimnifte  )u   entlocfen,  be« . 

60  biente  man  p$  berfc^iebener  ejegetifc^er  $ilf«mittel.  9ln  i^rer  ©t>i|e  fte^t  bie  ©ratmnateia 
(N-'Tj?:.-),  b.  i.  bie  93uc()ftabenbetra^tung.  ©d^on  im  ^ejirabuc^  II,  2  toerben  bie  22  8wfr 
\tabm  teil«  nad^  i^rem  Sautge^alt  (©$aU)  für  bie  münblic^e  ÜKitteilung  T1®^  **& 
nai)  i^rer  ©cfyriftform  (©eftalt,  ^?P),  teil«  nad^  tyrem  Rafylmtotttt  für  bie  Serei^ramö 
("?*£)  betrautet.    ®abei  frirb  ba«  Sltyfyabet  in  brei  Abteilungen  gefc^ieben.    $ja  ber 

66  erften  Abteilung  gehören  bie  brei  ©runbbud^ftaben  (^'"?:n),  freite  SRütter  feigen,  jur 
gfreiten  bie  peben  Döbelten  (nftics  rati),  nämlicfc  n"ncs  nsa)  Unb  jur  britten  bie 
gfrölf  ijolierten  (einfachen)  93uc$ftaben  (r-KTCE  r-»).  3)ie  brei  ©runbbudfttaben  fhBen 
bie  brei  ©runbelemente  ober  Urbeftanbtetle  bar,  au^  benen  ©Ott  glei$fam  feine  SBo^ming  ge> 
grünbet  ffat,  unb  jfrar  toeift  ba«  «  auf  bie  Suft  p^«)#  ba«  «  auf  ba«  SBaffer  (pr*)  unb  tot 

eo  »  auf  ba«  %tuuc  («J»)  ^in.  ®ie  peben  3)o^eIten,  freiere  ftari  au«geft>rod^en  frerben,  toenn 


ftafcfcala  681 

fie  in  ber  SJZttte  einen  $unft  \)dbm,  bagegen  fd&toacty,  toenn  ber  $unft  in  berSRitte  fefylt, 
toetfen  auf  bie  fieben  Planeten,  bie  peben  £immel«ft>fyären,  bie  peben  2Bo$entage,  bie 
fteben  SBoctyen  (gtoifäen  Dftern  unb  $pngften),  bie  fteben  Pforten  ber  Seele,  bie  fieben 
SReere,  bie  fieben  SfBtiften  u.  f.  to.  tyin.  Slufeerbem  pnb  pe  Silber  für  bie  fteben  @egenfä£e 
ober  ©runbbertyältniffe  be«  menfctylicfcen  fieben«:  Seben  unb  Xob,  2Bei«bett  unb  3$orbett,  5 
9tei$tum  unb  ärmut,  triebe  unb  Krieg,  Sd&öntyeit  (Stnmut)  unb  fiäfclid&fett,  gfa^toar* 
fett  unb  Sertoüftung,  §errfc^aft  unb  Suaberei;  bie  gtoölf  ifoßertm  33u$ftaben  beuten  bie 
gtoölf  S^ätigtetten  be«  ÜRenföen  an:  Se^en,  £ören,  Stiegen,  Sieben,  (Sffen,  Seifölaf, 
Arbeit,  ©etyen,  Junten,  S^en,  9to<$benfen,  ©Olafen.  Sieben  ber  Suctyftabenbeutung 
lefyrt  ba«  Stalrabud)  fobann  aud&  bie  Suc^ftabenbertaufctyung.  ©0  tyeifct  e«  bafelbft  II,  10 
2  u.  4:  „Sie  22  33u$ftaben  tyieb  ©ott  ein,  toog  pe  unb  bertauföte  jie,  toectyfelte,  ber« 
fömoh  fie  unb  bur#  jie  bie  Seele  alle«  ©ebilbeten  unb  bie  ©eele  alle«  beffen,  toa« 
beremp  gebilbet  toerben  fottte.  SBie  fo?  ®r  toog  pe  unb  toet&felte  fte,  ba«  **  mit  allen 
9u$ftaBen  ber  Steige  nad&  unb  fte  alle  mit  k,  ba«  3  mit  ifynen  aßen  unb  fte  äße  mit  2, 
unb  fo  toieber  rüdftoärt«."  2luf  biefe  2B3eife  entfielt  burefc  bie  Kombination  ber  93u$*  15 
ftaben  eine  ungeheure  3Jienge  bon  SBörtern,  toelc^e  bie  Urbilber  alle«  Safeienben  ftnb. 
Xu«  bem  Satfentotttt  refultiert  föiiefilid&   na$  bem  3>ejirabuc(>e  <"*$  M*  $eiligfeit  ber 

tollen.  Sie  Sin«,  al«  Sud&ftabe  n,  ber  einfache  2tftnration«laut,  bebeutet  ba«  erfte 
erauätreten  be«  Unenblictyen  in  ba«  (Snblicfye,  be«  ©eftaltlofen  in  ba«  ©eftaltete.  Sie 
3h>ei  bUbet  ben  ©egenfafc  gur  6in«  unb  $at  ityre  Sermittelung  in  ber  Srei.  Sie  Srei  20 
$  bie  ba£  gange  ©ein  begerrfcfyenbe  ©runbga^l,  pe  regiert  in  ber  SBelt  be«  Säumet 
ebenfo  tote  in  ber  £eit  unb  auf  bem  ©ebiete  ber  ©eele  (©eifte«).  ?jn  ber  Sieben  tyaben 
toir  bie  ^öfyere  3lu«gleictyung  unb  93ermittelung  bon  gtoeimal  bret.  Sie  >tänf  ba  pe  fu$ 
au«  Sret  unb  Sieben  gufammenfefct,  toeift  auf  bie  getyn  @otte«namen  unb  auf  bie  ge$n 
©e^^irotb  tyin.  Sie  ätoölf  fteflt  bie  gtoölf  Stämme,  bie  gtoölf  SRonate  unb  bie  gtoölf  26 
Iterrretebtlber  bar.  Sie  3toeiunbgtoangig  enbüd&,  toeil  pe  au«  3toölf  un&  3^n  jufam* 
mengefefct  ift,  ge^t  auf  bie  22  »utyftaben  be«  SU^abet«,  burefc  bie  pi$  ©ott  geoffenbart 
ffat  —  gn  ber  ^olgejeit  tourbe  eine  bereite  ©rammateia  unterf^ieben,  eine  arit^metiWe 
unb  eine  pguratibe.  Sie  erftere  betrachtete  bie  Sud&ftaben  nac^  i|rem  Scfyltntovctz.  »ei 
ber  leÄteren  !am  bor  aDem  bie  Sc^reibtoeife  ber  Suc^ftaben  in  Setractyt.  (Sin  jtoeite«  so 
ejegettfdM  $ilf«mittel  toar  ba«  9lotari!on  (VPTv^),  b.  i.  bie  atroftic^itee  93ertoenbung 
ber  Sud^ftaben  in  ber  2Betfe,  ba|  jeber  Sud>ftabe  eine«  98orte«  ben  9lnfang«buc^ftaben 
eine«  neuen  SBorte«  biibet.  ai«  ein  britte«  Mittel  galt  ber  ßiruf  (nw""«?  =1^?),  bie 
8u6pabenberbinbung.  Sa«  bierte  unb  lefet*  Mittel  toar  bie  Ventura  (nT'17:ir)/  We 
Sucpftabenberje^ung  (?ßermutation)  unb  bie  SBucfcftabenbertaufctyung,  fobafe  baburd^  ntm  86 
SBörter  entftepen.  SBenn  au$  alle  bie  aufgeführten  3nterj>retation«mittel  bereit«  im  %aU 
mub  unb  2Ribraf$  jur  älntoenbung  fommen,  fo  maegten  bie  Jlabbaliften  boc^  einen  um 
btele«  ergiebigeren  ©ebraud^  bon  ifynen.  Sefonber«  toaren  e«  bie  ©otte«namen,  mit  benen 
bie  Äabbala  ein  finbifebe«  Bphl  trieb.  Sie  toaren  nic^t  nur  bie  3)littel,  bur<$  toelc^e 
®oü  av&  feiner  berfd&lofjenen  SBefen^eit  ^erau«tritt  unb  pd^  bem  3Serftanbe  gu  erfennen  *o 
aiebt,  fonbern  pe  bienten  auA  bagu,  auf  bie  inteQigiblen  JSotengen  ehtgutoirten  unb  i^re 
pnmnlifd^en  Äräfte  ben  3Jlenfcben  jugänglic^  gu  machen.  3Jtan  glaubte  fogar,  mit  i^nen 
aüer^anb  SBJunber  toirfen  ju  fönnen,  toie  Äranfe  gu  feilen,  brol^enbe  Sergängmfje  abgu« 
toenben,  geuer«brünfte  gu  |emmen  u.  f.  h).  Um  nur  einige  Seiftnele  amufü^ren,  tourbe 
ber  ®otte«name  (glof^im  ,(=^rb»)  mit  93e$ugauf  bie  SBorte  ^ef  40,  26:  „2Ber  fc^uf  biefe?"  « 
in  Mi  ("^)  unb  eleh  (nb«)  gerlegt  unb  bafyin  gebeutet,  ba|  ba«  Mi  (toer)  ©ott  in  feiner 
Serborgenbeit  (©ott  al«  En  söf)  unb  ba«  eleh  ©ott  in  feinem  £erbortreten  in  ber  Schöpfung 
begegne.  Siefe Seutung  trägt  im.So^ar  I,  2 a  ber  ^ro^et  (Sita  al«  göttliche«  ©e^etmnt« 
bem  ©imeon  ben  ^od^ai  por.  Ä^nltd?  berfu^r  man  mit  ber  Stelle  2  ÜRof  3, 14 :  Ehjeh 
ascher  ehjeh  0"r™  ^cn  rmxy  ^n  bem  erften  ehjeh  fanb  man  einen  §intoei«  auf  w 
®ott  in  feiner  tinenbltcfyfeit  unb  in  ascher  ehjeh  einen  $intoei«  auf  ©ott  in  jeiner 
SWantfePation  in  ber  2öelt.  Subita  ^iefe  ba«  erfte  ehjeh  au$  bie  3Kutter  (*&*),  toelcfce 
bie  ©eburt  noc^  in  ifyrem  Sc^o^e  trägt,  in  ascher  erblidfte  man  bie  s3)futter,  toeldjje  im 
Begriffe  fte^t,  ben  Sltt  be«  ©ebären«  gu  boQue^en  unb  in  bem  legten  ehjeh  bie  ©eburt 
feBbft,  bur(^  toelc^e  ©ott  au«  fetner  aSerfc^Ioffen^eit  in  bie  (Srfctyeimmg  getreten  fei.  Sie » 
tmmberfräftigften  SBirlungen  fc^rteb  man  bem  bierbuc^ftabigen  ©otte«namen  %t)tDt),  bem 
fogenannten  ietragrammaton  (p-ts«  "?■;»  -^  M)  gu  (bgl.  fc^on  $bilo  Vit.  Mos.  3). 
SBer  im  Sefi^e  ber  richtigen  3(u«fbrad^e  biefe«  9Jamen«  fei,  fönne  in  3la))bort  mit  ber 
oberen  SBelt  treten  unb  empfange  Offenbarungen  bom  SlUgetfte,  bie  für  bie  SBelt  bon  ber 
größten  SBebeutung  finb.    ^eber  Sud^ftabe  be«  ^eiligen  ^famen«   iourbe  al«  ätoai  ©e^  eo 


682  Stabbnia 

tyeimniSboffeS  betrachtet.  £)aS  3ob  (*)  beutete  auf  ben  SJater  als  ©d^öpfer  («?**)  unb  baS 
§c  (")  auf  bie  HKuttet  (**T$)  ^n.  Unb  toeil  baSfelbe  boppelt  borfyanben  ift,  fo  unter« 
fdjieb  man  eine  obere  (nab-r  wp»)  Unb  eine  untere  ÜRutter  ("Nnr)  **"?■**).  3n  bem 
äiafc  (i)  enbli$  erblidfte  man  baS  S5ilb  ber  ©c^ö^fung  felbft.    $ie  3Serfe$ung  ber  »uefc 

r>  ftaben  beS  $etragrammatonS  betoirfte  aber  auefy  eine  gfüffe  neuer  ©otteSnamen,  bte  ge^ 
jprocfyen  ober  gefdpeben  auf  ben  Sauf  ber  9iatur  fcon  hmnbert^ätigem  unb  jauberfräftigem 
(Sinflujfe  fein,  bie  9iaturgefefte  bur<$bre$en  unb  bie  fyöfyere  2Belt  in  ben  Dienfit  ber 
nieberen  fefcen  foHten.  Die  Jt.  bejeid&net  oaS  angebeutete  93erfa^ren  mit  bem  9tamen: 
baS  ©e^euumS  ber  93erbinbung   ber  9iamen  (r™?  qi""^  *rio).     gn  ber  praftifc^en  &. 

10  (r^r?:  ^r")  fielen  bie  aus  bem  ftetragrammaton  gebilbeten  Slamen  eine  grofce  Söffe. 
9Ran  brachte  fie  in  abgefd&madfte  gormein,  bebiente  [\df  tyrer  als  Amulette  unb  operierte 
mit  itynen.  2Bie  ber  Verlegung  unb  93erfe$ung  ber  33ud)ftaben  beS  $etragratnmatonS, 
tourbe  ebenfo  ifyrer  StuSfpractye  enttoeber  für  fi<$  allein  ober  affer  jufammen  eine  grojje 
Scbeutung  jugefprod&en.    ©o  empfahl  2lbrafyam  Samuel  Slbulafia,  toenn  ber  3Rettf$  mit 

16  bem  2lffgeifte  unb  ber  au«  tym  fyerborgegangenen  ©eiftertoelt  in  SSerbinbung  treten  unb 
göttliche  Offenbarung  empfangen  toolle,  fo  muffe  er  ben  bierbu$ftabigen  ©otteänamen 
nid&t  nur  mit  getoijfen  SJtobulationen  ber  Stimme  in  längeren  ober  fürjeren  Raufen, 
fonbern  and)  unter  anftrengenben  93etoegungen  unb  Serbeugungen  beS  ÄörperS  aussprechen. 
@r  gerate  babei  in  (Siftafe  unb  berftnfe  barauf  erfctyöpft  in  einen  Schlaf,  toobei  tyn  baS 

20  ©efüfyl  überfomme,  als  toenn  fiety  bie  ©eele  Dom  Seibe  trenne,  ©er  äffgeift  bereinige  ftc$ 
bann  mit  ber  $u  tym  ftc§  auffcfytoingenben  ©eele  in  einem  Äuffe  unb  ftröme  in  fie  über.  $n 
biefem  Slugenblicfe  Serben  bem  9)tenfd&en  bie  fyöcfyften  Offenbarungen  ju  teil  unb  eS  er« 
fd&liefcen  fidj  ifym  alle  ©efyeimnifje.  2Bie  mit  bem  trierbuctyftabigen  ©otteSnamen  berfufa 
man  mit  bem  gtoölf-,  gtoeiunb^anjiig^,  jtoeiunbbieraig*  unb  jtoeiunbftebjigbuc^ftabtgen.  ©ie 

2B  toaren  alle  Iräger  grofjer  ©efyeimniffe,  toirften  auf  baS  työc^fte  SBefen  em  unb  gelten 
fc&toebenbe  33erfyängniffe  auf.  2fynli<fce  ^Manipulationen  machte  man  mit  ben  tarnen  ber 
@ngel ;  biefelben  (tnb  aber  fo  abftruS,  bafj  eS  fiefy  nietyt  lotynt,  nä^er  auf  fte  einiuge^en.  — 
©o  trieben  bie  Äabbaliften  mit  bem  21$,  inSbefonbere  mit  ber  2$ora  argen  aRifebrau^. 
Daburdfr,  bafc  baS  ©d&rifttoort  nid&t   mefyr   für  ftdj   felbft  betrautet  tourbe,   fonbern  aur 

so  6ruierung  tieferer  $bttn  biente,  trat  ber  blü^enbfte  Unjtnn  unb  SBMberfmn  ^u  3^age.  ®ie 
mit  bem  fogenannten  fyötyeren  ©inn  enthüllten  göttlichen  SBaf^r^eiten,  bie  verborgenen  ®& 
fycunniffe  unb  Offenbarungen  toaren  toeiter  nichts,  ate  bie  in  ben  Äöpfen  ber  ÄabbaKften 
ioirbelnben  §imgefpinnfte.  3)ie  ejegetifc^e  Sitteratur  ber  Äabbala  liefert  ben  beutlufccn 
S8en>ei«,  bafe  tyre  Vertreter  ba§  ©efüf^I  für  eine  facfygemäfce  @rfajfung  be«  ©^rifttoorted 

86  böflig  verloren  Ratten. 

III.  ßnttoidfelungSgefcljictyte  ber  Äabbala  mit  93erürffic^tigung  ber 
berborragenbften  örjeugniffe  i^rer  Sitteratur.  ®ie  ©efebic^te  ber  Ä.  um» 
fafet  einen  3«^"»"  bon  beinahe  taufenb  3jafyren.  3^re  anfange  fauen  bereits  in  ba$ 
7.  ga^r^unbert,  toäfyrenb  i^re  legten  2lu^Iäufer   bem   18.  S^^unbert   angehören.    3)er 

40  größeren  Überftc^tltd^feit  toegen  unterWeiben  toir  am  beften  jtoei  ^erioben,  bon  benen  bie 
erftc  bom  7.  bis  inä  13.  unb  bie  jtoeite  Dom  14.  bte  in«  18.  Sa^unbert  fic^  erftredt 
5öegeid^net  bie  erfte  ^ßeriobe  bie  3^^  t>&  allmählichen  Slufblü^end,  ber  ©ntfaltung  unb 
SBortoärtebetoegung,  fo  bie  ^n>eite  bie  3«*  beS  2lbblü^enS,  ber  9Rü<ftoärtSbeh>egung,  bed 
SBerfallS.    ®er  §öf^epunft  gehört  bem  13.  ^a^r^unberte  an,  too  ber  ©o^ar  entftanb  unb 

46  bie  ©eifter  um  ftcfy  fcfyarte.  2Jom  7.  bis  9.  ^«^unberte  begegnen  toir  ben  SJerteetern 
ber  Merfabamtyftif ,  n>elc^e  in  ben  großen  unb  fleinen  fallen  (T*?*-  r^T* 
^zv  nibp-n)  \{d)  in  ©cfyilberungen  Don  greller  garbengebunj  über  bie  ^immlij^en 
fallen  unb  beren  ©inric^tung  ergeben.  ©otteS  2^ron  unb  fem  au$  @ngelfc^aren  be« 
ftebenber  §offtaat  Serben  ganj  nac^  bi^antinijc^em  3Kufter  betrieben.    ©Ott  als  En  sof, 

60  bie  ©cp^irot^Ie^rc  unb  bie  Sefyre  Don  ber  ©eelentoanberung  ftnb  nod^  unbelannte  SÄige. 
3)ie  Autorität,  n>eld^er  alle  ©ebanfen  in  ben  9Runb  gelegt  toorben,  ifk  ber  Xatmaite  $ß* 
mael  ben  @Iifa  im  1.  u.  2.  ^a^unbert.  ®er  %t&  ber  großen  unb  Keinen  fallen, 
melden  ^effinel  in  Bet  ha-Midrasch  3.  %.  ©.  83  ff.  bringt,  jeigt  ^rofte  3uf<*™mötJ 
^angSloftgfeit  unb  ^ntorrelt^eit.    Überfe^ungSproben   giebt  tyl}.  Wloa)   m:   9Binter  unb 

66  äöfinfcfo  bie  jübifc^e  Sitteratur  3.  Sb  ©.  237  ff.  Die  Sud&ftabenmtofti!  erfd^eint  in  febr 
ausgeprägter  ©eftalt  in  bem  Sllp^abct  beS  SRabbi  2lfiba,  audp  Othioth  de  R 
Akiba  («s^r  '^  rrn«,  «2"pr  '~~  2"X)  genannt,  ©er  Iücfen&afte,  auS l>erfc^eben<n 
©d^rifttoerfen  fomponierte  lejt  (Dgl.  ^jellinef  a.  a.  0.  3.  33b  ©.  12—49)  be^anbelt  bk 
Suc^ftaben  naö)  Warnen  unb  ©eftalt  unb  fnüpft  baran  allerlei   religiöfe   unb   morafiWe 

so  Setyren.    Übcrje^ungSproben   f.   bei   tyt).  S3loc^  a.  a.  0.   ©.  226—232.     heftige  ©egna 


ftahbala  683 

bicfer  nfyftiföen  Stiftung  toaren  Stgobarb  bon  fityon  (geft.  840)  in  feiner  ©d&rtft:  De 
judaicis  superstitionibus  unb  ©alomon  ben  ^entc&am  (10.  Safyrfy.).  Sfit  bem  ®r* 
flehten  be«  ©ej^er  ^ejira  ("7^  s  bog  93ud&  ber  ©c&öpfung)  im  8.  gaf^unbert  ge^t 
bie  SWertabambftif  ("»'TS  ntera)  bereit«  in  bie  »ereföit&mVftif  (rnÄna  rrä?B)  über. 
3>ie  Keine  ©cfcrift  Derbreitet  ftc$  über  ©ott,  ©ctyöpfung,  SBelt  unb  ÜRenfc^en  in  präg*  6 
nanten  laptbarfttlartigen,  bi«toeilen  bunllen  unb  orafetyaft  berfetyleierten  ©äfcen.  6«  toirb 
ein  neue«  Element,  ba«  fo«mogonijc§e,  eingeführt,  toelctye«  in  ber  $o!ge}eit  immer  tiefer 
unb  umfangreicher  au«geftaltet  hrirb.  ®a«  ^ejirabuc^  beftefyt  au«  einer  Einleitung  unb 
6  3lbfc&mttcn,  toelc^e  Iefetere  in  ©umma  33  SKifd&na«  enthalten,  $n  bicfer  äußeren 
gform  liegt  ftc&er  ber  ©runb  bafür,  bafe  ba«  93ucf?  bie  -JJlifcfyna  ber  Ä.  Reifet.  ®em  10 
Sn^alte  na$  laffen  fid^  beutlicfc  brei  2eile  unterfc&eibeu.  £)er  erfte  Seil,  bie  (Einleitung, 
aeigt  bie  @manation«letyre,  toie  biefelbe  im  2llesanbrini«mu«  ifyren  Stnfang  genommen, 
feie  22  33u$ftaben  toerben  in  93erbinbung  mit  ben  je$n  göttlichen  3lu«ftrafylungen  ge* 
bracht  unb  al«  bie  32  Sahnen  ber  geheimen  2Bei«^eit  ("5?"  r-n-n?)  bejeicfcnet,  ft>el<$e 
ben  ®runb  aller  ®inge  bilben.  S3gl.  I,  1.  ©Ott  erföetnt  nid&t  nur  als  2öeltfööpfer,  16 
fonbern  auefc  al«  SBdterfyalter  unb  SBeltleiter.  3m  jtoetten  Seile  toerben  bie  ©egenfäfce 
unb  beren  3lu«gleic$  erörtert,  tooburefy  alle«  Seftefyenbe  erhalten  toirb.  3)iefer  leü  !ann 
als  eine  ärt  göttliche  a3orfefyung«lefyre  betrautet  Serben.  SDie  93u$ftaben  be«  ätyfyabet« 
ftnb  „reale  SÄtä^te"  unb  „geftaltenbe  Strafte  alle«  Dafein«  unb  SBerben«",  toelcfce  ben 
6rf(^einungen  ju  ©runbe  liegen  unb  tyr  $ßrm)i|>  bilben.  Rux  öue^ftabenbeutung  fommt  20 
mxty  $inju  bie  Suc^ftabenbertauföung  unb  Suctyftabenberedjnung.  ®er  britte  Seil  be* 
f^äftigt  ftety  mit  bem  Söfen,  feinem  Urftmmge  unb  ausgleite.  211«  Stlb  jur  33er* 
anföauiic&ung  bient  bie  SBage;  bie  eine  Schale  ftedt  bie  ©ctyulb,  bie  anbere  ba«  Sier= 
bienft  unb  bie  3un0c  *><*$  entfcfyeibenbe  ©efefc  jtoifctyen  beiben,  ba«  bermittelnbe  ^rinftip 
bar.  3Ran  toirb  biefen  Seil  al«  eine  9lrt  33ergeltung«lefyre  betrauten  bürfen.  3)a«  &i\xa*  25 
bu$  fc&lieftt  mit  einem  ^odjfliegenben,  bem  abrogant  in  ben  ÜJtunb  gelegten  ©a$e: 
„Site  unfer  Sater  Abraham  geflaut,  betrautet,  gefetyen,  eingegraben,  eingezeichnet  unb  e« 
erreicht  tyatte,  offenbarte  ftcfy  tym  fofort  ber  §err  be«  SBeltaU«,  nannte  i$n  feinen  greunb 
unb  fölofj  mit  tym  unb  feinem  ©amen  einen  93unb;  unb  er  glaubte  an  ben  6h)igen, 
unb  bicfer  regnete  e«  tym  jur  ©erecfytigfeit.  Unb  er  fetylofj  mit  tym  einen  S5unb  jtoif^en  30 
ben  je^n  3e^m  f^ner  Sü6ef  un^  ^a^  W  ^  Sefc^neibung,  unb  jtoifc^en  ben  tfbn  Ringern 
fetner  ^änbe  unb  baä  ift  bie  3un8ei  un^  w  fnü^fte  bie  22  93u$ftaben  an  feine  3un0e/ 
inbem  er  fein  ©efyeimnte  i^m  offenbarte.  @r  ^og  fie  im  SBaffer,  jünbete  ftc  an  mit 
Jeuer,  in  ber  2uft,  Verbrannte  ftc  mit  ©ieben  (b.  f.  bie  7  üöanbelfterne)  unb  go|  fie  fyin 
in  bie  12  Xierlretebilber."  Da«  ^trabu^  ift  bie  erfte  ©c^rift,  toelc^e  bie  ^ilo<86 
f^ifc^e  ©pehtlation  ju  einem  fvftematifc^en  ©anjen  jufammenfafjt.  ®ie  toid^tigften 
fielen  fmb  in  Kür  je  folgenbe:  1.  63  giebt  bier  Uq)rinji^ien,  bon  benen  immer  ein«  au« 
bem  anbern  emaniert.  2>a«  erfte  ift  ber  §aud&  (pi"")  be«  lebenbigen  ©otte«  o^ne  Anfang 
unb  6nbe,  ba«  xtoeite  ber  §auc^  bom  §auc^e  (r^n'1"),  eine  3Serbtd^tung  be«  erften  §auc^e«, 
baö  britte  ba«  urtoaffer,  au«  bem  §auc^e  bom  öauc^e  entftanben,  ba«  bterte  ba«  Urs  40 
feuer,  au«  bem  Urtoaffer  ^erborgegangen.  35iefe  leftte  ßmanation  f^at  nad)  ©abbat^ai 
S)onnolo  barin  ityren  ©runb,  toetl  ba«  SBaffer  ftd^  in  ben  burc^  ein  lonbeje«  ©la«  ^in= 
burc^ge^enben  ©onnenftrafylen  ju  geuer  entjünbet.  2lDe  bier  Ur^rinji^ien  toerben  burc^ 
bie  brei  Slaumbimenftonen  mit  if^ren  entgegengefe^ten  Stiftungen  »ur  3e^ci^  (S)efabe) 
berboÜftänbigt.  2.  äße«  in  ber  üBelt  ift  in  einem  etoigen  Rrei«laufe  begriffen.  3)ie  6les  45 
mente  ge&en  SSerbinbungen  ein  unb  löfen  ftety  lieber,  um  toieber  in  neue  SBerbirtbungen 
ju  treten.  3.  3n  att^  6rfd^einungen  haltet  ba«  ©efefc  be«  ©egenfa^e«.  3h)ifc^en  ben 
©egenfäfeen  liegt  ber  ^nbifferen^unlt,  ber  ftc  bereinigt.  2Jian  erfennt  beutli^  au«  biefen 
Sepren  ben  ©influfe  be«  9fcu^t^agorei«mu« ;  toal^rf^einlic^  laffen  futy  aud^  bie  ©j>uren 
ber  arabifetyen  ^J^ilofo^^ic  nic^t  n>cgleugnen ;  entftanb  boc^  bie  ©c^rift  ju  einer  3*i*r  *bo  eo 
bie  Araber  über  Sabtylon  unb  ^aläftina  bie  Dberfyerrföaft  Ratten.  s})tit  Unrecht  fjat 
man  bie  Sntfte^ung  be«  3e3ftabucfye$  in  eine  bor  bem  8.  ^fl^wnbert  liegenbe  3^  gc^ 
fe|t  2)a«  Suc|  f^at  toeber  mit  ben  <5anfy  65 b  unb  3eruf$.  baf.  VII  g.  6.  ertoetynten 
Segeln  ber  ©4>öj)fung  ("7T  r- ?")/  nod^,  tote  ©rä^  in  feinem  ©noftici«mu«  annimmt 
mit  bem  im  2.  3aW>unbert  lebenben  2Ifiba  etn>a«  ju  t^un.  ©rofe  toar  ba«  Slnfe^en  be«  55 
9u$e*.  Sharon  bm  Slfc^er  benu^te  e«  bereit«  in  feinem  grammattfd^en  SMerfe:  Dik- 
duke  ha-Teamim  (CT^sn  *~*™),  berau«gcgeben  bon  S5är  unb  ©traef,  Sei^jig  1879), 
unb  ©aabja  (geft.  942)  n>ar  ber  erfte,  toelcfyer  c«  fommentierte.  s43gl.  s))l  Sambert, 
Commentaire  sur  le  S^fer  Yesira  ou  livre  de  la  eräation  par  le  Gaon  Saadya, 
M    "1891.   3^m  folgten  ber  s2lr^t  ^faal  benSalomon  %ßtatli  au«  Mairuan,  ©abbat^ai  eo 


684  Stabtala 

2)onnolo  au«  Dria  in  %tal\tn  (um  946;  nacfy  einem  märchenhaften  Sendete  foQ  ein 
getriftet  Sharon  au$  Sabtylonien  bie  9Jtyftif  um  870  nac$  Italien  verpflanzt  fciben,  vgl. 
3t.  Neubauer,  Abou  Aharon  le  Babylonien  in  ber  Revue  des  fitudes  Juives, 
Tom.  23,  1891  ©.  236  ff.)/  3e$uba  $alevi  im  Kufari  (um  1140),  »bulafta  unb  Korbo= 

5  Dero.  ®er  ausführliche  unb  verftänbni«Vollfte  Kommentar  flammt  von  3>e^uba  bar  8ar= 
ftlai  au«  Barcelona  (12.  3a^0-  ©ebrucft  erföien  ber  ©c^^cr  Sejlra  &uerft  ju  SRaniua 
1562  mit  boty>eltem  $e#e  unb  fünf  Kommentaren,  auf  biefem  ®rudfe  berufen  alle 
anbeten  3lu«gaben.  Unter  ben  ctyriftlicfyen  (gelehrten  übertrug  juerft  SB.  fßoßel  ba« 
3jejirabuc(>,  $art«  1552,  fobann  Stittangel  nad&  bem  erften  ®rudfe  in  Verfürjter  ©efiaü 

10  in«  Satetniföe  (Stmfterbam  1642)  unb  $.  $.  ÜReVer  in«  $eutfd&e  (fieiftig  1830,  4°).  3n 
forretter  beutfd&er  Überfe^ung  lejen  h>tr  ba«  1.  Kapitel  mit  Senufcung  be«  Kommentar« 
be«  »arftlai  bei  W  $lo$  a.  a.  D.  ©.  245  ff.  Über  ba«  9u$  felbfi  vgL  Hamburger, 
SR®,  für  Sibel  unb  lalmub,  3.  ©uWlementb.  ©.98  ff.  unb  »lo$  a.a.O.  ©.  240ff. 
(Sin  mer!totirbige«23er!  au«  berfelben  $At  ift  ber  ©fyfyer  SRaftel,  toelc^er  in  ber  9hnßer* 

löbamer  2(u«gabe  bon  1601  ben  Eitel  fityrt :  ^snb«^  %  -|Pjp  rvfz'yi  nnen  arscrrr, 
„ba«  ift  ba«  33uc&  be«  erften  ÜRenföen,  toelctye«  tym  ber  (Sngel  Stajtel  gegeben  tyd."  3n 
ifym  erfährt  ba«  fo«mogonif$e  Element  infofern  eine  bebeutfame  SBeiterbtlbung,  al«  be* 
reit«  ber  (Sinflufc  ber  $laneten  unb  ber  Xierhei«biß>er  auf  bie  fublunare  2Bdt  gelehrt 
toirb.    3)er  (Sngel  Staftel,  ber  in  bie  Stolle  3Jletatron«  getreten,  erfctyeint  $ier  al«  ber  ftn* 

ao  fyaber  unb  Sermittler  bon  aftrologifctyen  unb  aftronomifd&en  ©etyeimniffen.  S3loc^  giebt 
a.  a.  O.  ©.  250  al«  Überfe$ung«probe  ba«  6ingang«gebet  Stbam«  na$  femer  Serfiofsung 
au«  bem  ^arabiefe.  ©egenftänbe  ber  fo«mogonifctyen  unb  mtyfKföen  ©eograp&te  tommen 
aucty  in  bem  Keinen  fragmentarifctyen  2Kibraf<$  Konen  (l?.13  ^T^2)  ^or,  Vgl.  geübte!,  Bet 
ha-Midrasch  2.9b   ©.23.    ftm  13.  Sa^unbert  beginnt  bie  KrtftaUifatton  ber  K. 

25  3faai  berSlinbe,  ber  ©ofyn  be«2lbra$am  benSDabib  au«  $o«qutere«,  tarnt  getoifferma|en 
ber  9Sater  ber  K.  genannt  toerben.  2luf  feine  begeifterten  ©ctyüler  @«ra  unb  2l«riel,  ©avib 
ben  Slbrafyam  unb  Stfd^er  ben  ®abib  gefyt  bie  toettere  2lu«geftaltung  ber  im  ^ejirabucfc 
borgetragenen  ©e^irotfyletyre  jurücf.  £)ie  ©ej^irotfy  toerben  al«  fcfttyfertfd&e  Urjpotengen 
unb  intelligible  ÜRäctytc  gefaxt,  toeld&e   alle  ©tufen  be«  ©ein«  hervorbringen.    SBä^renb 

ao  3l«riel  bie  ©e^irotfyletyre  m  gfrage  unb  Stntoort  erörterte  073  b?  p'rrrc  '*  ort 
nantiPi  nVsnp,  vgl.  SjeUinef,  Beiträge  jur  @efd&ic$te  ber  K.  II,  ©.32  u.  »lodfr  a.  a.D. 
©.  261  f.,  ber  eine  Überfefcung  giebt),  fachte  2tf$er  ben  2)abib  vor  ollem  bie  gegen  bie 
©e^^trot^  erhobenen  @intoänbe  ju  enttröften.  Sßa^rfd^einlid^  fällt  in  biefe  3e^  a"^  ^e 
Slbfajfung  be«  merfloürbigen  ©ej)f^er  ha-Bahir  0"^T?r:  ^)#  ober  be«  3Ribraf(^ 

söfc^el  9ted^unja  ben  §alana  (^n  ^  n;rn:  bp  v*?y;),  toeif^er  borauf  angeleat  ju 
fein  f^eint,  in  mibrafd&artiger  ®arfteDung  eimelne  ©c^ö})fung«toorte  unter  ^eranjie^una 
ja^lreic^er,  freiließ  oft  fel)r  un;utreffenber  ©leic^niffe  unb  Silber  ju  beleuchten.  9lai) 
biefer  ©c^rift,  bie  tyren  9lamtn  übrigen«  bat>on  herleitet,  bafe  fte  mit  einem  2(uSftmu$e 
be«  befannten  Xalmuble^rer«  9kc^unja  ben  £afana  anhebt,  lie^  ©Ott  lange  Vor  ber  2Belt- 

40  fc^ö^fung  einen  metap^ftf$en  ©toff  Verborgenen,  ber  für  alle  &afem«formen  )u  einer 
g-ülle  (w^b?:)  bon  §eil  unb  ©egen  tourbe.  ®ie  je^n  göttlichen  3tu«ftra$lungen,  toel^e 
nodf  nxdjit  ben  Flamen  ©e^^irot^  führen,  fonbern  Maamartm  (D^:^)  Reifem  unb  al« 
mit  ©cfyöpferfraft  au«geftattete  Kategorien  erfc^einen,  toerben  fotoo^l  mit  ben  ©igenfe^aften 
(pit:)  ©otte«,*  toie  mit   feinen  Ringern   unb  anberen  ©liebern  m  Serbinbung  gebraut 

46  Uebrigen«  toirb  ^ier  bereit«  bie  ©eelentoanberung  in  i^ren  toie^tigften  ©runbjügen  gelehrt 
Obtoo^l  bie  Vorgetragenen  £ef?ren  talmubifc^en  Autoritäten  in  ben  3Hunb  gelegt  toerben, 
fo  toeifen  bod^  verfc^iebene  innere  3)ler!male  ber  ©c^rift,  toie  beif})iel«toeife  bie  Kemttni« 
ber  ^ebräifd&en  SSofale  unb  Slccentjeic^en  auf  toeit  jüngeren  Urfjjrung  fyin.  ©ebrueft  er« 
festen  ber  SBatyir  jum   erftenmale  1651   gu  Slmfterbam,  fobann   1706   gu  SSerlin.    3)ie 

so  3)rucfe  enthalten  aber  nur  einen  5Eeil  be«  2Berfe«,  ba«  Übrige  befinbet  ftc^  no<^  al« 
2Hanuffrtyt  in  ben  Sibliot^efen  ju  ^ßari«  unb  Serben.  Über  ben  Sa^ir  vgl.  Sai^auer 
im  Orient,  ^itteraturblatt  6.  Sa^rgang  (1845)  ©.  182  u.  214;  Seiline!,  »eiträge  jur 
©ef^teberMabbala  I,  ©.  72;  @rä$,  ©ef^te  ber  ^uben  7.33b  ©.458,  9tote3  (Snbt 
Überfe^ung«j>roben   f.   bei  $$.  Sloc^  a.  a.  0.  ©.  258f.     93on  großer  »ebeutung  für  ba« 

66  Slnfc^en  unb  bie  Verbreitung  ber  K.  toar  e«,  ba^  3Kofe  ben  5Rac$man  (5Ra<^manibe«  um 
1250)  fid?  ben  fabbal.  fielen  jutoanbte  unb  fte  in  feinem  Spentateuctyfommentare  niebei* 
legte.  Da«  ©e^räge  einer  propfyetifcfy  viftonären  Stiftung  tourbe  ber  K.  Von  bem  oben* 
teuernben  Slbrafyam  (ben  ©amuel)  Slbulafia  (geft.  um  1304)  aufgebrücft.  6r  legte  aflen 
5lad?brudE  auf  bie  ßrlenntnt«  ber  ©otte«namen,   toie  fte  burd^  bie  ejegetifd^en  ^ÜfÄmttd 

60  ber  ©rammateia,  be«  5Kotarifon,  be«  ßintf  unb  ber  Ventura   hervorgehen.     Qn  femer 


ftoUala  685 

Überfpanntfyeit  Wollte  Slbulafia  fogar  ben  bamaligen  $apft  SDtartin  IV.  jum  ^ubentum 
Wehren,  ein  Unterfangen,  ba«  er  beinabe  in  ©uriano  unweit  Von  Stom  fyätte  mit  bem 
lobe  auf  bem  ©Weiterlaufen  büfjen  muffen,  Wenn  ntd^t  ber  $apft  plöfelicty  am  ©cblag* 
ffofie  geftorben  wäre.  3>n  ben  Sahnen  ber  Suctyftabenmtyftu  Wanbelte  fein  ©filier 
^otob  ben  abrogant  ©ifatitta,  nur  bafe  er  biefe(be  in  enge  Serbmbung  mit  ber  ©ep^i*  5 
rotere  braute.  @r  legte  feine  ©ebanfen  in  jWei  ©Triften :  Ginnath  egos  (^£  naa, 
SRufjgorten)  unb  Scha'are  öra  OTT**  Vt$,  Sictyttfyore)  nieber,  bie  in  ber  golgejeit  fiep 
eine«  großen  2lnfe$en«  erfreuten.  ©ine  Üeberfefcung«probe  au&  ber  Einleitung  be«  erften 
SBerfe«  f.  bei  Slocfc  a.  a.  D.  ©.  267  f.  3n  meinem  ©tabium  ber  (SntWicfelung  bie  Ä. 
in  ber  jtoeiten  §älfte  be«  13.  Satyrfyunbert«  ftanb,  erhellt  am  beften  a\&  bem  äBerfe  10 
Ma'arecheth  haelohuth  (riri fr«n  n*y?*),  ba«  einem  geWiffen  Sperej  jugcfctyrieben  wirb. 
3Kit  ÜKofe  ben  ©c^emtob  be  Seon  (geb.  um  1250,  geft.  in  SlreValo  1305),  bem  nad}  bem 
gegenwärtigen  ©tanbe  ber  gorfcfyung  Wafyrfcfyeinlid&en  ^Berfaffcr  be«  ©oljar,  meiste  bie 
Von  Sfaaf  bem  Slinben  ausgegangene  fabbal.  ©pefulation  ihren  $o$punft.  3)er  ©otyar 
Crn  'c,  Su#  be«  ©lanje«,  au$  fifceron  -nirn  'c,  ba«  Su$  be«  Wunberbaren  ©lanje«  u> 
unb  Vrifn  -rrwp  '2,  ba«  Sud&  be«  grofeen  ©lanje«,  genannt;  ber5Rame  gefyt  auf  Dan. 
12,  3  jurüdf,  mit  Welker  ©teile  ba«  2Ber!  al«  $roömium  beginnt)  fte^t  infofern  im 
SKtttelpunfte  ber  jübifc^en  STbeofo^bie,  al«  er  nictyt  nur  bie  bi«$erige  ©ebanfenbeWegung 
nifammenfaffenb  verarbeitete,  fonbern  auc&  für  ityre  gortentwidfelung  mafcgebenb  unb  be* 
fttmmenb  blieb.  Söirb  ba«  Sejtrabucfy  bie  -Ötifctyna  ber  &  genannt,  fo  ber  ©otyar  ber  30 
Salmub.  3ntyaltlicty  fteQt  fi$  ba«  2Berf  al«  ein  mibrafctyartiger  Kommentar  ju  ben  $Pe* 
rifopen  be«  Sßentateucfy«  bar,  bem  aber  ganj  unb  gar  ber  einheitliche  ß^aralter  abgebt 
Salb  freitet  bie  3)arfteflung  von  Ser«  ju  Ser«  fort,  balb  Wirb  fie  burcfc  breitfpurig 
Vorgetragene  fabbal.  Sefyren,  ober  bur$  pfyantaftifcty  erbaulid&e  Betrachtungen  unterbrochen. 
SDie  altteftamentlic^en  Gegebenheiten  unb  Tanten  Werben  nic^t  naety  tyrem  SBortlaute  Der*  25 
ftanben,  fonbem  e«  Serben  ifynen  bunile  unb  nebelhaft  Verfeuerte  mtyftifc&e  ©ebanlen 
unterlegt.  Sefonber«  fmbifcfy  ift  ba«  Wichtig  tfyuenbe,  getyetmni«främerifc$e  ©piel  mit  ben 
®otte«namen,  mit  ben  Sofal*  unb  Slccentjeidjen,  hinter  bem  Weiter  nic^tö  al«  eine  üppige 
Wucfcrnbe,  ungefunbe  @inbilbung«fraft  fteeft  Um  nur  ein  Seifpiel  anjufütyren,  Werben 
Seil  III,  129*  unb  189  b,  288 b  £aupt,  $aare,  äugen,  D&ren,  5Rafe  unb  Sart  ©otteSso 
in  einer  SEBeife  gebeutet,  baft  ba«  Erhabene  gerabeju  in  baä  lomifc^  Säc^erlid^e  berfäQt 
3n  ungezügelten  ^^antaftereien  ergeben  ftc^  ferner  bie  ©c^ilberungen  über  ba«  Steic^  be$ 
Sojen  (©itra  ac^ra)  mit  feinen  Dämonen  unb  böfen  ©eiftern,  toclc^e  bem  Steige  be« 
©uten  entgegentoirten,  bie  ÜKcnfc^cn  »erführen  unb  jum  SlbfaB  reijen.  3m  gamen  ber* 
birgt  ft$  unter  bem  boQtonigen  ^Sortfc^ioall,  ben  fc^ioulftigen  ©leicpniffen  unb  SlUegorien  86 
unb  ben  groteSfen  Silbern  grofee  ©ebanlenarmut.  2)q«  gegenwärtige  aramäifc^e  ©pra4f* 
tolorit  ^at  ber  ©ofyar  toa^rj c^einlic^  erft  burc^  fpätere  Überarbeitung  erhalten ;  eine  troffen« 
fc^aftlic^e  Unterfuc^ung  be«  totrflicfyen  Seite«  (ä^t  fic^  tro^  ber  ja^lreid^en  (Smenbationen 
öon  3faa!  Surja  u.  a.  nur  auf  ©runb  be«  auf  Sibliot^elen  liegenben  tyanbfctyriftlictyen  3Ra- 
terial«  gewinnen.  SBie  ba«  ^ejirabuety  f 0  legt  auä}  ber  ©o^ar  bie  oon  i^m  vorgetragenen  40 
Beeren  einer  berühmten  talmubifcfyen  Autorität,  bem  im  2.  3a^tmberte  lebenben  San* 
naiten  ©imeon  ben  3o$ai,  in  ben  3J2unb,  einem  3Ranne,  ber,  Wie  ber  Salmub  berietet, 
im  Serte^re  mit  bem  @ngel  9J2etatron  geftanben  unb  bur$  i^n  Don  ©Ott  ge^eimni«DoQe 
Offenbarungen  erhalten  ^aben  foD.  ffiä^renb  feine«  brei^njä^rigen  Aufenthalte«  in 
einer  £ö#e,  fo  Wirb  glaubhaft  ju  machen  Derfud^t,  f oD  er  ba«  SBerf  auf  ©runb  ^ö^erer  46 
Hingebung  gefc&rieben  unb  vor  einem  grofcen  ©d^ülerlreife  Vorgetragen  baben.  fybod) 
^on  beim  (Srfd&einen  be«  ©o^ar  er^ob  fiefy  gegen  bieSlnna^me  eine«  folgen  ^o^en  älter« 
heftiger  äBiberfpruc^.  ®er  ©o^ar  fennt  nt^t  aQein  bie  sJJ2ifc^na  unb  bie  ©emara,  ba 
Verriebene  Sannaiten  unb  3lmorärer  mit  Warnen  aufgeführt  werben,  fonbern  auc^  bie 
Sotals  unb  Slccentjek^en ;  au^erbem  finben  fic^  ©ebet«ftüc{e  m^ftifc^en  3n^alt«  in  tym,  w 
Welche  ben  au«  bem  9.  u.  10.  3<* Waberte  ftammenben  3Ribrafc^im  angehören.  SBenn 
auefy  ber  ©o^ar  im  allgemetnen  al«  ein  fortlaufenber  Äommentar  gu  ben  ^erifopen  be« 
^Jentateuc^«  erfc^eint,  fo  ift  er  boefy,  wie  bereit«  bemerft,  fein  einheitliche«  SBer!,  fonbern 
e«  ftnb  in  i^n  ältere  unb  jüngere  fabbal.  ©Triften  ganj  ober  ftütfweife  übergegangen, 
Welche  in  ben  Verriebenen  ^)ruc!au«gaben  nid^t  einmal  immer  an  berfelben  ©teile  fielen.  55 
3u  ben  au«  alter  3^i^  ftammenben  ©infc^iebfeln  gehört  1.  Sifra  Dizniutha  (^^P? 
tKnxrpri,  ba«  Sud?  be«  ©e^eimniffe«,  vgl.  II,  176b);  ein  au«  fünf  Äapiteln  be* 
fk^enbe«  unb  in  föwer  verftänblid^er  ©prac^e  gefc^riebene«  ©tüdf,  beffen  Se^ren  fjoi)* 
gepriefen  unb  mit  äBei^en  verglichen  Werben,  au«  bem  ber  Äunbige  bie  beften  ©peifen 
bereiten  lann.    3m  2.  unb  3.  Äapitel  teilt  ber  ^ropljet  6lia  ba«  von  i^m  in  ber  $itmm  co 


686  Sabbala 

Itfc^en  gerade  (-Dtetibtfya)  vernommene  ©efyeimni«  mit,  bafj  ©ott  vor  ber  2Beltfc$öl>fung 
ben  s3Renfcfyen  unbefannt  toar,  nacfy  ber  SBeltfctyöpfung  aber  ifynen  fem^äöefen  erfc&lofien 
fyabt.  Die  ©$öpfung«gef$idjte  toirb  unter  bem  93ilbe  einer  2Bage  (fifcp:TO)  Vorgestellt, 
toelctye  bie  ©egenfäfce  jtoifcfyen  ©ott  bor  unb  nacty  ber  ©ctyövfung  jum  3lu«gleu$e  bringt. 
6  2.  Idra  rabba  Kadischa  (t*pV?.  «a1:  «77»  —  »77$  ift  ba«  grie<$tf<$e  *Edga, 
©ifc"n8)/  *>**  g^ofee  ^eilige  Verfammlung,  Vgl.  III,  127  b),  ein  ©tücf,  toddpi 
getoijfermafjen  al«  ein  Softem  ber  fabbal.  ©pefulation  im  JÖeinen  genannt  toerben  famt 
®«  erörtert  ebenfall«  ben  Unterschieb  jtoiföen  ©ott  al«  En  söf  unb  ©ott  in  feinem  £er* 
bortreten  in  ber  ©cfyöpfung,  toobei  von  einem  langen  (y%r&  T"^)  unb    einem   {leinen 

10  ©efity  fps:«  t?t)  bie  Webe  ift.  Der  9Henf4r  erföeint  al«  2ty>u«  aller  ©ej^irotb. 
@r  partijijriert  nidjt  nur  an  tynen,  fonbern  burcty  feine  ©etyirngänge  finbet  auc^  bie  Äom- 
munifation  jUnfd&en  ber  oberen  2icfyt=  unb  ber  unteren  ©innentoelt  jtott  Von  befonberem 
3>ntereffe  finb  bie  2lbh>etfungen  ber  3lntfyropomor^i«men  unb  Stnfyropopatyten  im  SEE, 
toeld&e  nictyt  al«  Realitäten,  fonbern  nur  al«  Vilbreben  gelten  gelaffen  toerben.    3.  Raaja 

lsmehemna  (Kpf™?  »£7,  ber  treue  £irt).  3jn  ben  mit  biefem  Sitel  bezeichneten 
©tücfen  erfäeint  3Rofe  al«  ber  treue  §irt  unb  erörtert  ba«  SEBefen  ber  göttlichen  Ur* 
jmnjijrien.  3U  &m  entf  Rieben  jüngeren  (Sinfctyiebfeln  fmb  ju  rechnen:  1.  Idra  suta 
Kadischa  («»*ip_  weit  «77»,  bie  Heine  tjetltge  Verfammlung,  DgL  III, 
287 b  ff.),  ein  ©tue!,  toeld&e«  faft  biefelben  Serien  befyanbelt,  tüte  Idra  rabba  Kadischa, 

20  nur  in  biel  lichtvollerer  Darftellung.  ©etyon  au«  biefem  ©runbe  fällt  bie  äbfaffung  be« 
©tüdfe«  in  eine  foätere  Seit  2.  Sifra  rasa  derasin  (7T7!  «H  #o  85 u<$  be«  ©e* 
beimniffe«  ber  ©efyeimniffe  vgl.  II,  70a  u.  67»),  ein©tüdf,  toelc&e«  fic$  über  bie 
^tytyftognomif  unb  Chiromantie  verbreitet  3.  Sepher  Hechaloth  (rrte^T  'c,  ba« 
Vucfc  ber  fallen,  bgl.  I,  38*  u.  II,  245  a).    ©arm  toirb  ber  Slufentyalt  ber  Seelen 

25  im  ©an  (Sben  unb  in  ber  §öDe  beschrieben.  4.  Midrasch  ha-neölam  (C^??~  '^7??, 
ber  verborgene  3Jtibraf$).  3)ie  unter  biefem  ütel  an  verriebenen  Orten  fty 
pnbenben  älbfc^nitte  fötlbern  bie  3"™*^*  *>**  ©eele  in  ben  neuen  vollfommenen 
2Jtenfc§enleib  naefc  ber  Sluferftefyung  unb  ba«  für  ben  ©ereetyten  aufbewahrte  3u&nf& 
mafyl.    5.  $n  bem  ©tücf e  Saba  (&*39,  ber  211  tc)  ergebt  ftety  ein  ällter  an  ber  Jpanb  be« 

30  Slbfctynitte«  2  3Rof21  über  ©eelentoanberung  unb  £öllenftrafen.  6.  3n  bem  ©tücfe 
Jenuka  (&?}•*!,  ber  3un0e)  ^9*  t™  Üvuigpc  Verriebene  fobbol.  2e^ren  bor.  7.  2>ie 
unter  bem  Sitel  Mathnithin  unb  Tosephtha  (»™^P]  TW*?*)  ^anbeln  borgugdtoeifc 
bon  ber  ÜJtyftit  ber  ©otte^namen.  Obgleich  bie  lalmubiften  unb  ^J^ilofop^en  gegen  ben 
©ofyar  einen  heftigen  $roteft  erhoben,  fo  fammelte  fid^  boety  um  i^n  fe^r  balb  eine  grofee 

36  3ln^änger|c^aft.  man  betrachtete  i^n  ate  ein  bom  §immel  gefanbte^  @rjeugntö  unb  ver* 
fetylang  e^  tro^  feiner  gormloftgleit  unb  be$  toüften  ®urd^einanber  mit  einem  taxieren 
§eife^unger,  foba^  3Rofe  be  iJeon  nid^t  genug  Slbfc^riften  liefern  fonnte.  ©Jxmien  tourbe 
bur^  ben  ©o^ar  bie  eigentliche  §eimat  ber  &  92o$  heutigen  2agö  geniest  bad  Sßerf 
bei  einem  geh>if|en  Xeile  ber  ^ubenfd^aft  ein  autoritatives  Slnfefyen.    ©ebrueft  tourbe  ber 

40©o^ar  ;um  erftenmal  1558  in  ßremona  in  ^olio,  faft  }u  gleicher  3^t  erfc^ien  aber  auc^ 
eine  2lu$gabe  ju  ?D?antua  in  Duart  (1558—1560),  bie  tejtgeftaltlic^  ganj  toefentlic^  Von 
ber  elfteren  abtoeic^t.  3)er  amfterbamer  2lu«gabe  liegt  ber  SDrucf  von  Stantua  gu  ©runbe, 
toobei  aud^  bie  ©eitenja^Ien  beibehalten  fmb.  Über  ben  ©ofyar  Vgl.  3t.  Sellinef,  9)tofe« 
ben  ©c^em-Zob  be  Scon  unb  fein  Ser^ältnä  jum  ©otyar,  Seipgig  1851, 8°;  3l6r.  ©eiger, 

45  2eon  ba  sJ3foVena  unb  feine  ©tellung  jur  Äabbalal^,  jum  i^almub  unb  jum  (S^riften= 
t^ume,  S5re«Iau  1856;  21.  #af>n,  35ie  ©otteöbegriffe  be«  Salmub  unb  be^@o^ar,  fotoie  ba 
Vonüglidjften  t^eofoj)f^.  ©^fteme,  Sei^jig  0.  3. ;  Hamburger  SWS.  ju  Sibel  unb  Zalmub, 
1.  (Supplementb.  ©.  137 ff.;  ©ommer,  Specimen  Theologiae  Soharicae,  ©ot^a  1834; 
2lu«güge  au«  bem  23u$e©ofyar  (v.  I^oluc!,  foäter  revibiert  bon  öiefent^al),  8erlinl858; 

no  5Ratl;anael,  ^rg.  1885  ©.  120  u.  3af^rg.  1897  ©.  84 ff.;  93toc^  a.  a.  D.  ®.270jf., 
too  ftc^  auc^  lonelte  Überfefcungfyroben  finben.  3U  ^em  ^re'fc  ^tx  ©o^arlitteratur  ^ 
frören  nod?  Xiffune  ©o^ar  ("n^  m?ipn)  mit  (Srflärungen  unb  9?ac^trägen  gumSo^r, 
unb  ©o^ar  chadasch  (p??  nrs-T).  yiaö)  bem  @rjdj>einen  be«  ©o^or  begann  eine 
3eit  ber  Verarbeitung  be«  in  itym  nicbergelegten  getoaltigen  ©toffe«.    %r(t>tm   man  aber 

66  in  bie  verfd&iebenen  Probleme  tiefer  einzubringen  Verfugte,  tourbe  ber  labbal.  SZebelbunft 
noc^  gröfjer.  3U  ^m  ^erborragenbften  Vertretern  ber  Ä.  im  14.  3>a^r^unbert  gehören 
©d^emtob  (ben  Slbra^am),  %bn  ©aon  au«  ©egovia,  3faa!  ben  3ofq>^  6^do  (6^olo)  aitf 
Sarefe,  ^ofej)^  3bn  SBafar,  2lbra^am  bar  3i$af  au^  ©ranaba  unb  sJKofe«  »otaral 
(SSotarelo).    ^m  15.  ^a^unbert  erhielt  bie  ft.  in  eifana  (ben  3>eruc$am  ben  SCbigbor) 

00  a\\^  ber  Jamilie  SHomm  (?m)  einen  leibenföaftlid&en  Vertreter,  toelc^er  ftd^  befonber«  gegen 


Stabbala  687 

bic  ^Eolmubiften  in  heftigen  ©cfymctyungen  erging.  9)tit  bcr  Vertreibung  ber  3uben  auä 
Spanten  Vetyflan jte  ftcfy  ber  ftabbaltemuS  nacb  allen  fiänbern,  befonberS  tourbe  ©afetin^a* 
laftina  ein  neuer  3lu$gang$l>unlt  fabbal.  3jbeen.  3m  16.  Safyrbunbert  verarbeiteten  3JJofc 
ben  galob  ÄorboDero,  ein  Schüler  Von  ©alomo  SUfabij,  unb  Sfaaf  Surja  aucty  Ha-Ari 
0?$,  eine  Slbfünung  Don  1*+ '<?'$  ?nv:  *T3)  bie  Se^ren  ber  ©efyeimtoiffenföaft  ju  einem  6 
©Vfiem,  ba$  jugleicfy  Diele  Süifen  be$  ©o^ar  burdj  2luffteUung  neuer  2$earien  befeitigte. 
3cner  betonte  metyr  bie  metapb#fö  fpefulative,  biefer  metyr  bie  aSfetifd)  ettyifctye  (Seite. 
SJurja  verfammelte  um  ftcfy  einen  großen  ©c^ülerfrete,  ber  ©ure  Slri  (TS  ""— )  bieß  unb  ber 
jtjb  in  SRoViaen  unb  ©ingetoetyte  glieberte.  Xwcd)  ifyn  tourbe  fiurja  eine  ntyt^enumbUbete 
ißerfönlutyfeit,  unb  {eine  3^eorien  mürben  na$  allen  SHkltgegenben  getragen.  Set  ©ofyar  10 
erlangte  bur$  fte  faft  eine  abgöttifctye  Verebrung.  Der  bebeutenbfte  au«  biefem  ©#üler= 
{reife  ift  Gtyajim  Vital  (ben  3ofa$  Galabrefe),  toelcfyer  nictyt  allein  baä  ganje  ©Aftern  beä 
SRetfterä,  fonbern  aucty  beffen  Vefätoörunggformeln  fannte.  Von  tbm  rityrt  baä  SBerf 
Ez  Chajim  (2*:n  yr#  SebenSbaum)  ^er.  9)tefyrere  ßabbaliften  im  17.  Safy^unbert,  tote 
©abbatbai  au«  ©mtyrna  (geft.  1676)  unb  granf,  gelten  ftcty  für  ^ro^eten,  ober  gaben  is 
Dar,  baß  jtc$  bie  ©cfyecfyina  ober  bie  ©eele  be$  SKeffia^  in  ifynen  bertörpert  $abe.  Um  bie 
SKefjtanität  ©.  $tbü  $u  prüfen,  tooDte  ber  Sultan  brei  vergiftete  Pfeile  auf  tyn  ab« 
f6ie|en  laffen,  er  toußte  jtcty  aber  biefer  ©efatyr  baburcfy  gu  entjiefyen,  baß  er  jum  3$Iam 
überging.  9lun  tourbe  fem  2lnfefyen  erft  recfyt  groß;  feine  ©$ü(er  glaubten,  baß  er  bie 
3Rtpm  babe,  bie  brei  ^Religionen :  3$Iam,  Subentum  unb  G^riftentum  ju  einer  großen  20 
Sfficfaeligion  umjugeftalten.  granf  lebte  ju  Offenbar,  too  er  Vorlefungen  über  ben  ©o|ar 
#elt,  toie  ein  gürft  unb  unterhielt,  Don  Slußlanb  unb  $o!en  reictylicty  burc£  ©elbmittel 
untcrftüfct,  einen  glänjenben  #offtaat.  Von  ben  anberen  Vertretern  ber  Ä.  toäfcenb  be$ 
17.  Sa^untatö  frien  nur  nocfy  hervorgehoben  9faq#tfyali  (ben  Safob),  (Slctyanan  mit 
feinem  Vtelumftrittenen  2Berfe:  Emek  hammelech  (lV?n  7'1??.,  ßöntgStbol)  unb  3jefaia  2B 
#ortoifc  mit  bem  Söerle:  Sch'ne  luchoth  haberith  (rVT?~  rrrvb  nxf  abbrcvitert: 
Schela),  bo£  eine  Slrt  SRealenc^Hopöbie  be«  ^ubentumä  auf  fabbal.  ©runblage  barfteQt 
uiib  toegen  feiner  et^ifcb-a^fetifc^en  lenbenj  bie  toeitefte  Verbreitung  fanb  unb  Viele  Slu& 
^ige  Veranlagte.  Die  ^abbaliften  be«  18.  §a$r^unbert3  Reiben,  au|er  ettoa  3Jiofe  Gbajim 
fimjatto,  nur  geringe  Vebeutung  erlangt,  toe«^alb  toir  Don  einer  Sluffü^rung  i^rer  tarnen  so 
abfegen.  ©0  $o^e  ffleden  aber  auc^  bie  Segeifterung  für  bie  j{.  fölug,  ht  allen  ^afyx- 
bunberten  gab  e$  ©egner,  toelc^e  i^re  fielen  aU  Verirrungen  be«  ©eifte«  energifd^  be- 
tämt)ften.  ©c^on  im  ©tyfteme  be«  3Jiaimonibe«  tyattt  fte  ein  ©egengetoid^t  erhalten,  gegen 
toelc^  fte  bei  ben  ©ele^rten  nie  re$t  auffommen  tonnte. 

IV.  SEBirlungen  ber  Äabbala  innerhalb  beä  Subentum«.  2Bennau(^36 
anertannt  toerben  muft,  baß  bie  5t.  auf  eine  Verinnerlic^ung  ber  Sieligton  binftrebte,  fo 
f^at  fie  bod)  burc^  §ereimie|ung  ^eibnijcber  ^been  bem  3«bentume  eine  2BeItanfc$auung 
aufgq>fro^)ft,  bic  tym  völlig  fremb  toar  unb  bie  föäblicfyften  folgen  nac^  ft(^  jog.  an 
©teile  be«  moniftifc^en  biblifeben  ©otteSbegriffS,  na(^  bem  ©Ott  ©c^öj)fer,  ©r^alter  unb 
Segierer  ber  2Belt  ift,  trat  bie  unflare,  pantfyeiftifcb  gefärbte  ^eibnifcfye  @manation«le^re.  40 
©ie  (gin^eit  beö  ©otte^glauben^  trat  burd^  bie  Slufftellung  ber  3^n^ett  ber  ©eptyiroty, 
bie  für  göttliche  Subftan^en  galten,  in  ben  §intergrunb.  ^nbem  man  bie  ©ebete  nic^t 
ine^r  bireft  an  ©ott,  fonDern  an  bie  ©cpbirotb  richtete,  entftanb  ein  toa^rer  ©e^^irotb- 
hdtud.  Sluf  ben  lalmubtemuä  mit  feinen '^alac^ifc^en  2)i^Iujfionen,  burc^  bie  ber  3^« 
um  ba^  ©efefc  fic^  immerme^r  vergrößerte,  blieften  bie  Slntyänger  ber  Ä.  mit  großer  @e=  45 
ringfe^äftung.  %a,  fte  gelten  i^n  gerabeju  für  einen  Mrcbäjcbaben  be«  3w^^ntwm^  ber 
audjufäneiben  jei,  toenn  e^  toieber  gefunben  toollc.  Dtacb  ©o^ar  III,  279b  vergl.  275a 
unb  1,  27b  gleist  bie  3Rifc^na  einer  Sflavin,  bie  Ä.  aber  einer  gebietenben  $errin.  ©benjo 
bad  ©tubium  beä  Xalmub^.  6^  gleist  einem  garten,  unfruchtbaren  Reifen,  ber,  toemt 
er  gefc^lagen  toirb,  nur  f^ärlicbe  Kröpfen  Von  fid^  giebt,  um  bie  fiefy  f4fließlic^  noc^  ©tret-  w 
tigfeiten  entsinnen,  ba^  ©tubium  ber  Ä.  bagegen  gleist  einer  frifefy  f^rubelnben  Duelle, 
bie  nur  angerebet  ju  toerben  brauet,  um  feinen  erfrijc^enben  %xtf)alt  ju  ergießen.  Vgl. 
Sanbauer  im  Orient,  3a^r9an0  1845,  ©.571—574,  too  fidj  alle  ben  Skilmub  febmä^enben 
©teilen  jufammengetragen  finben.  sJitdjt  beffer  aU  bem  lalmubiämuä  erging  e^  ber  tyfyu 
lofty^ie,  toeld(>e  bie  religiöjen  Vegriffe  in  nüchterne  Definitionen  faßte  unb  bie  religiöfen  66 
8«»f^riften  vor  bem  gorum  be^  Verftanb»  rechtfertigte.  2)ie  meiften  Habbaliften  fc^leuberten 
flogen  fte  ben  getybefyanbfäub.  ©te  toar  bie  ^agar,  bie  au«  bem  §aufe  Slbrabamd  ver^ 
trieben  toerben  muffe,  toäljrenb  bie  St.  bie  ©ara,  bie  eigentliche  §errin  unb  ©ebieterin 
tixtr.  3ur  3e^  *&  ÜJieffiaö  toerbc  bie  §errin  über  bic  ©flavin  gebieten.  Slber  auc^  ba$ 
SibelftuSium  tourbe  vcrnad;läffigt.  Wlan  forfetyte  in  bcr  ©c^rift  niebt  mefyr  um  i^rer  jelbft  co 


688  »abbala 

toillen,   fonbern  fuc^te  überall  mit  £ilfe  ber   mtyftifc&en  3tu«legung«regeln    nac$  bem  fo* 
genannten  tytyeren  Sinne. 

Sogar  bie  Stitualien  erfuhren  btelfactye  2lbänberungen  unb  Umgefialtungen.  $aö  An* 
legen  ber  Se^tllin  (@ebet«riemen)  unb   bte  Umhüllung   mit  bem  laDitty  (©ebet«mantd) 

6  gefaaty  unter  $erfagen  allerfyanb  fabbal.  Sprüc&e  unb  gformeln,  man  fbracfc  aud)  be* 
fonbere  an  bie  Sepgirot^  gerichtete  ©ebete.  3)a«  Sctylimmfte  aber  toar,  oajj  ein  toüfter, 
finnbet^örenber  Aberglaube  über^anb  na^m.  3)amtt  bie  Seele  ft$  mit  bem  Seiche  be« 
2tc$t«  unb  feinen  ©eiftern  in  SJerbinbung  fefec,  ober  nac$  bem  Stöbe  in  $re  tytmmltfcfc 
^etmat  bedangt  toerbe,  untergog  man  fiep   fcptoeren  Selbfttafteiungen ;   man  faftete  ober 

10  Hefe  ft$,  ©ruft  unb  9tü<fen  entblöfjenb,  mit  bierfacty  geboppelten  Stiemen  geißeln.  3Rit  ben 
gefyehnnteboHen  @otte«namen  glaubte  man  firante  gu  feilen,  Sefeffene  gu  erlöfen  unb 
geuer«brünfte  gu  löföen.  2Bie  auf  ba«  SRetcfc  be«  Sictyt«  foHte  ber  3Jienfe$  aber  aud^  auf 
ba«  SReic^  ber  ginfterni«  burcty  Slntoenbung  ber  regten  @ebet«formeln  9Jta$t  unb  (Knflufc 
gewinnen  fönnen.    SBenn  ber  Äabbalift  bete,   fo  fc&üttle  ®ott  mit  feinem  $aut)te,  er  an* 

15  bere  fofort  feine  (Sntfölüfje  unb  fyebe  fcfytoere  93erfyängmffe  auf.  Selbft  auf  bie  Ber* 
bammten  follten  gauberfräftige  @otte«namen  eintoirfen  unb  fte  Don  tyren  Dualen  an  intern 
©trafortc  befreien.  3>n  M*fa  §mftctyt  begegnen  tohr  fogar  ber  Setyre  bon  ber  fatyoliföen 
Seelenmeffe.  ^nfonber^eit  galt  ber  kalter  mit  feinen  ©efängen  unb  ©ebeten  al«  ba« 
SKtttel,  toelctye«  SBunber  unb  allerfyanb  jjaubertoerf  betoirle,  hrie  avß  bem  „Sep^er  Sc^um 

ao  mufö  a^e^iffim  (D-wrn  msq  ^0),  ober  ©ebrauefc  ber  <Pfalmen  gum  leiblichen  SEBo^Ce 
ber  3Jlcnfc^en"  (toörtlidj:  2)a«  93ud)  bon  ber  fabbaliftiföen  93ertoenbung  ber  Sßlalmen). 
Sin  Fragment  <m$  ber  praftifd&en  51.,  überfefct  bon  ©ottfr.  Selig,  Berlin  1788,  beutlty 
^erborgetyt. 

V.  3)te  Äabbala  in  ityrem  SSer^ältniffe  gum  ßtyriftentume.    9Son  d^rifU 

26  lieber  Seite  tourbe  ber  ft.  fetyon  gur  $tit  ber  Steformation  toegen  ber  angeblichen  $er* 
toanbtfd&aft  unb  Übereinftimmung  i^rer  fielen  mit  ben3)ogmen  ber  c^rifklic^en  Jttrcfre  bie 
größte  Slufmerffamfeit  gu  teil,  wlan  toar  ber  Überzeugung,  baft  fte  bie  93rücfe  fei,  auf 
freierer  ba«  Subentum  ""*  Seic^tigfeit  in«  Gfyriftentum  tyinübergefütyrt  toerben  tonne.  8e* 
fonber«  toaren  e«  bie  Dogmen  bon  ber  Sreieinigfett,  bon  SReffta«  al«  bem  Sofyne  ©otte* 

so  unb  feinem  3Serfö^neramte  (mors  vicaria),  bte  man  in  ber  R.  Ilar  au«aeftnroc$en  fanb. 
Sctyon  ber  im  3Jtiffton«eifer  für  bte  Sarazenen  ftd)  bergetyrenbe  geniale  SRaimunb  SuOud 
^atte  bon  ber  R.  eine  f o  ^o^e  Meinung,  bafe  er  fte  nic^t  nur  für  eine  göttliche  SBtffenfc^tft, 
fonbern  auefy  für  eine  Offenbarung  ^ielt,  beren  £ic^t  bie  Seele  erleuchte.  9lac^bem  ber 
getaufte  ^ube  $au(u3  be  ^erebia  (um  1480)  au3  2ltagonien  m  feiner  Epistola  secre- 

86  torum  (nTiiert  rn;»)r  gegeigt  tyatte,  bafe  alle  ßau^ttoa^eiten  beä  c^riftlic^cn  ©laubend 
in  ber  St.  enthalten  feien,  entftanb  ein  toatyrer  SBetteifer  unter  ben  c^riftlidbcn  ©debrten, 
ftc^  in  bte  jübifc^e  ©e^eimtoiffenfe^aft  ju  berttefen.  2)er  gürft  $ico  be  SKiranbola  ber- 
öffentlic^te  1486  juSRomLXXII  conclusiones  cabbalisticae  unb  lub  unter  Sigtu$  IV. 
alle  ©elefyrten,  um  ftc^  bon  ben  gioifc^en  (S^riftentum  unb  fiabbalt^mu^  befte^enben  ber* 

40  toanbtfc$aftli$en  Regierungen  gu  überzeugen,  gu  einer  Dt^utation  nac^  9lom.  Sgl.  ^otttn- 
ger,  Thes.  philol.  I,  cap.  3  Sect.  5.  3)er  erfte  beutfe^e  ©ele^rte,  toelc^er  ftd^  ein- 
ge^enb  mit  ber  &.  befd^äftigte,  toar  3°^  9ieu$ltn  (Sa^nio).  äluf  i^n  ^atte  bie  Schrift 
be«  ©ilatiUa  (ß^iqatilla)  „Schare  öra"  (^^  Tip,  ein  Äompenbium  ber  labbal. 
?P^ilofo})^te,  toelc^e«  ft$  borgug^toetfe  über  ©ott,    feine  tarnen  unb  Slttribute,   über  bie 

46  Se^troty  verbreitet,  einen  tiefen  ßinbruef  gemalt.  @r  fc^rieb  gtoei  Schriften:  De  verbo 
mirifico  1414  unb  De  arte  cabbalistica  1517  über  ben  ©egenftanb,  bon  benen  bie 
leitete  ein  Dialog  tft  gmifc^en  einem  ©riechen,  einem  sJJtarannen  unb  einem  guben  Simon, 
in  tüelebem  btefer  bie  SDogmen  ber  c^riftlic^en  jttre^e  au£  Xalmub  unb  R.  nac^toeift.  Der 
©eneral  be«  Sluguftinerorben«  ©gtbio  be  Siterbo  lie^  fid^   bon  bem  ^uben  ©aruc^  bon 

60  93enebent  nic^t  allein  berfc^tebene  Stüde  be«  Sofyar  in«  fiatemifc^e  überfe^en,  fonbern  auc^ 
ba«  Segitabuc^  unb  ben  Sepher  nephesch  hachochma  (^?Dnn  tica.  «c)#  eine  3tb^onb= 
lung  über  bie  Seele  unb  beren  3uf*anb  na$  ^em  ^°^er  ^uf^  ^m  bekannten  Sita«  gebtte 
abtreiben,  um  ftcb  noc^  tiefer  in  ben  ©eift  ber  fabbal.  Sitteratur  berfenten  gu  föraten. 
$aul  Sltccto,  ber  Seibargt  be«  ffaifer«  Wajimtlian  I.,  ein  getaufter  !gube,   übertrug  ber» 

65  fd^tebene  3lbfc^nitte  bon  Scha'are  öra  oe«  ©ifattHa  in«  £ateinif$e  unb  toibmete  fte  bem 
ßatfer,  aufeerbem  berfafete  er  einen  pfyilofo^tfd&en  Dialog  gtoifc^en  berfc^iebenen  ^fuben,  in 
toelc^em  er  bie  2e^ren  be«  3«bentum«  al«  irrtümlich  abtoeift  unb  burd&  tabbalifäfc^e  &* 
gumente  ba«  Gbrifientum  rechtfertigt.  SSte  bie  2Babrbeiten  be«  S^riftentum«  au*  bem 
lalmub  unb  au«  ber  R.  tlax  gu  Sage  treten,  fuc^te  ber  ^angi«tanermdnc$  $etnt«9ala< 

go  tinu«  in  feinem  ebenfall«  in  gorm  eine«  3)ialog«  gtoifc^en  Sleuc^Iin  (ßapnio),  $O0$Mtat 


ftabbala  Säblet  689 

unb  fu$  afe  Slutor  abgefaßten  umfänglichen  SBerfe:  De  arcanis  catholicae  veritatis 
contra  obstinatissimam  Judaeorum  nostrae  tempestatis  perfidiam  barautyun. 
2)af  SBerl  crföten  gum  erftemnale  im  Drucf  1518,  mürbe  aber  bis  inf  17.  ^a^unbert 
toiebertyolt  aufgelegt.  2)ie  aufgiebigfte  Quelle  labbal.  fielen  gum  (Srtoetfe  ctyriftlicber 
Starrheiten  ift  baf  auf  gtoei  Sänben  befte^enbe  SBerf :  Eabbala  denudata  Don  Gfyc.  6 
Jtnorr  t>on  Slofenroty  getoorben,  bon  bem  ber  erfte  93anb  gu  ©ulgbacty  1677 — 1678 
in  4°  unb  ber  gtoeite  gu  ^ranlfurt  am  SRain  1684  in  4°  erfctyien.  3n  tym  fmb 
größere  Stbfcfytitte  auf  bem  ©ofyar,  bem  ©e^er  Sföha  unb  anberen  fabbaliftiföen 
©djriften  in  oft  fcfyoerfäfliger  lateiniföer  Überfefcung  unb  biftoeilen  and)  mifcberftanben, 
gufammmgetragen.  2luf  tym  tyaben  alle  fpäteren  (Seletyrten  gefctyöpft,  aucty  Gtyr.  @$ött*  10 
gen,  ber  IReftor  bef  ©tymnaftumf  gum  ^eiligen  Äreug  in  ©refben.  3n  feinen  Horae 
hebraicae  et  talmudicae  (2)refben  1733)  fotootyl  toie  in  feiner  Theologia  Ju- 
daeorum de  Messia  (iDrefben  unb  Seidig  1742)  unb  in  berföiebenen  Heineren 
©Triften  finben  ftcfc  neben  talmubifctyen  unb  mibrafctyifctyen  ^Parallelen  au<$  Slufgüge  auf 
bem  (abbat  Schrifttum,  bor  allem  auf  bem  ©otyar,  bie  an  bie  cfyriftRctyen  Dogmen  an*  16 
Hingen.  §wtt  tyü  ftcty  ber  @ifer  um  bie  Äabbaliftif  getoaltig  abgefüllt.  3Ran  ift  gu  ber 
ßinpd&t  gelangt,  bafi  bie  Ä.  bo<£  eine  gang  anbete  Söeltanfcpauung  alf  baf  ßfyriftentum 
vertritt.  ©cbon  ber  ©ottefbegriff  nacty  ber  ^eiligen  Schrift  91  unb  9tä£  ift  ein  gang 
anbercr.  Sbenfo  bereit  ef  fu$  mit  bem  ©$tyfunafbegriffe.  SEBenn  bie  erfte  Striae  ber 
Bfyfymti)  XRxont,  SBetf  ^ett  unb  Vernunft)  auf  bie  Drei  ?ßerf  onen  in  ber  ©otttyeit  begogen  ao 
toerben,  fo  lommt  baburd)  noa>  nia>t  baf  innere  immanente  Sertyältnif  berfelben  gum 
Shtfbrucf,  toie  baf  E^riftentum  ef  lefcrt.  3Me  brei  ©e|$irotfy  fteHen  nur  brei  ©runbfräfte 
©ottef  ober  brei  gönnen  feinef  herauf tretenf  bar,  bie  übrigen  ©eptyiroty  fmb  ebenfol^e 
göttliche  Jträfte  unb  formen.  3Jcan  lann  batyer  mit  bollern  Siebte  fagen,  bie  ß.  letyre 
nfa^t  bie  $retemigfeit,  fonbern  bie  3e^neint0teit  ©ottef.  9tuc^  bie  anberen  ÜRertmale,  26 
toettn  betftrielftoeife  ber  ©ofar  ©ott  brei  Äöpfe  gufcfceibt,  ober  bon  einem  ©otfcSSater 
(Sbba),  Don  einer  ®ott*2Rutter  (Igmma)  unb  bon  einem  ©ott*©ofyne  rebet,  ober  tomn 
ef  enblicfc  baf.  III,  162*  t>gl.  67*  Reifet :  „3toet  fmb  ef  unb  ein«  bereinigt  ftd&  mit  tynen, 
ba  ftnb  e$  brei ;  obtoo^I  brei  getoorben,  ftnb  fte  boc(>  ein«"  betfen  ft<$  nictyt  im  ent* 
femteftcn  mit  ber  c&riftlictyen  Irinttätf  lefyre.  Unb  boflenbf  bie  ßefyre  bon  ßjjriftuf  bem  ©ott^  so 
menfc^en  —  fte  läfct  fic^  in  leine  parallele  gu  ber  bertoorrenen  Setyre  bom  2lbam  Äabmon, 
bem  t>ortoeltli$en,  geiftigen  Urmenfc^en  bringen.  Wad)  $riftli$et  Slnfc^auung  toirb  bie 
Serfö^nung  nur  burcg  S^riftu«,  ben  ©ottedfo^n,  betoirtt,  nad)  ber  5t.  lann  fi$  ber 
Wenfc^  felbft  erlöfen,  tnbem  er  burc^  ftrenge  Erfüllung  ber  gefefetic^en  Sorfd^riften,  burc^ 
SWkfe  unb  anbere  5DlitteI  auf  ©ott  unb  bie  ßi^ttoelt  in  m^ftifqer  SBeife  eintoirft.  86 

1).  «ngnft  föänfdje. 
Sab  f.  TOafee  unb  ©eh>i$te. 

Habe«  f.  9tegeb. 

Sirntrit,  Deformation  unb  Gegenreformation  f.  oben  ©.  101  ff. 

fttyler,  Subtoig  äuguft,  geft.  1855.  —  (Sine ©tograp&te  doh  i^m :  TOtteüungen  40 
über  fein  ßeben  unb  feine  6djrifien,  uerfafete  fein  <So^n,  ber  uerftorbene  Obertonftftorialrat 
©iegfrieb  Vuguft  St.  $er  eingebenbe  ©ertcfjt  über  Subro.  fluauftS  fcfjriftftellerifdje«  Wirten 
nnb  feine  fBerte  mad)t  eine  ^(ufjätjlung  in  unferer  Stijge  überflüffig.  —  (Srgfingt  unb  »er- 
OoDftftnbigt  toirb  bie  Öiograp^te  burcb  bie  alö  ^anbfdjrift  gebrucften  Beiträge  jur  d^ronif 
ber  gamiüe  Äflt)ier".  »g(.  bef.  III  $citr.  B.  ^aQe  a/@.  Ib71 ;  ebenfalls  oerf.  uon  bem  oben  46 
gen.  6o$n.  S^re  ©enuftung  bante  id)  bem  Snfel,  meinem  §errn  ^oQegen  unb  greunbe 
wartin  ft&ljler.  —  9[n  SBilbern  fonnte  idj  fe^en  ben  nad)  einer  Originalfretbejeidjnung,  aud 
bem  60.  Sebendjabr  bergefteaten  6cf)iuQrjbrnc(:  eingriffe  unb  geiftige«  fieben  audbrücfenbed 
•efidjt;  bi*  auf  bie  6pärlid)!eit  bed  $aaxt%  unb  ba$  8amntetfäppd)en  nod)  nid)t  oon  Spuren 
bef  nabenben  ?llter§  geieidjnet.  Unter  ber  gleidjmöfeig  geroblbten  breiten  Stirn  fprecben  60 
böcbft  lebhafte  9lugen.  5)ie  9?afe  fcfjavf  gefrümmt  unb  ge(a)nttten.  3n  ben  fiinten  bed  fein 
aeformten  ^Kunbeö  ift  nocf)  etroaö  erfennbar  oon  bem  Sprühen  ber  geiftrei^en  ©eban!enf  bie 
u)n  einft  umfpielten.  —  liefern  ooUen  fieben  gegenüber  geigt  ein  fünf  Safere  fpfiter  nad)  bem 
6d}laganfafl  gemotteö  Celbilb  ba§  iBefte  unb  6eiftigfte  gebämpft  unb  oeränbert,  namentlich 
baf  «uge  trübe,  faft  erlogen.  —  55>tc  Silber  ftnb  &amilienbeft&.  66 

3ur  Übertoinbung  ber  Slufflärung  in  ber.Ätrc^e  unb  Geologie  am  Anfang  bef 
19.  ?|a^bunbertf  ^at  mit  einer  33ertiefung  bef  geiftigen  fiebenf ,  in  ber  ©ctyleiermacber  bie 
tyeologifqe  ^ü^rerfc^aft  übernahm,  eine  ^erinnigung  bef  religiöfen  in  ber  2Beife,  bie  man 

*u&*9uciitlop&blt  für  ^eofogie  unb  strebe.  8.  «.  IX.  44 


690  Staffln 

als  SReujrietiSmuS  bejeid&nen  barf,  aufammengetoirft.  916er  burcty  bie  fo  entffe^enbe  8c= 
Regung,  bie  ben  alten  SlationaliSmuS  toie  ben  ©upranaturaliSmuS  als  überlebt  Verab= 
fc^iebet  unb  jum  ©rieben  ber  ©ottgemeinfd&aft  unb  jum  (Srfaffen  ber  Offenbarung  brängt, 
gefyt  nocfy  eine  ßnttoicfelungSreifye,  bie  an  §erber  unb  Hamann  anflingt,  von  ÄantS  fttfc 
6  liebem  (Srnft  gefafjt  ift,  jugleicty  mit  Verfeinerter  SBafyrnetymung  auf  bie  Sebürfntfje  beS 
£erjenS,  baS  Siedet  beS  ©emütS,  auf  ©inn  unb  Siebe  im  23efen  beS  ©eifteS  atytt,  toie 
eS  $r.  §einr.  ^afobi  getfyan,  unb  ftety  bann,  befruchtet  mit  ben  immer  reifer  guftrömenben 
SilbungSelementen  einer  neuen  3^  mit  to  ifatfacfye  unb  bem  23ort  ber  Offenbarung 
befreunbet,  ofyne  bod&  eS  au«  feinem  innerften  Kern   je  Voll  unb  befriebigenb  )u  erfafjen. 

10  Ru  biefen  ^ofitiviften  beS  Übergangs  unb  jtoar  ju  ben  geiftreid&ften  gehört  2ubtoig  Xuguft 
.nä^ler,  ein  S3ermittelungSttyeologe  lange  bor  bem  Sluf fommen  ber  fo  benannten  tyeologjfcfc 
firctylicfyen  ßrföeinung ;  benn  er  ftrebte,  baS  SReligiöfe  nicfyt  rationaliftifcb,  aber  in  feiner 
toefentlicfyen  (Sinfyeit  mit  bem  ^Rationalen,  bem^erj,  inneren  ©inn  unb  ©emüt  mit  inftefc 
fyegenben  ©eiftigen  ju  erfaffen,  baS  ©upranaturaliftiföe  aus  ber  ©pfyäre  bloßer  inerten* 

15  nung  tounberbarer  ©efd&efyniffe  jur  ibeengemäjjen  5Rottoenbigfeit  in  ber  SBerityrung  mit 
Sebürfniffen  jene«  ©eiftigen  &u  ergeben  unb  fo  in  einer  fotoofyl  Sbee  toie  3$atfa$e  in  fu$ 
fctyliefcenben  unb  barum  erft  toatyrfyaftigen  Offenbarung  für  ein  VoDbefriebigenbeS,  befreien* 
beS  Gfyriftentum  ©runb  ju  finben.  9lm  6.  ÜRärj  1775  tourbe  er  geboren,  ©ein  Sater, 
Sodann  ©iegfrieb  Stadler,  toirfte  als  ©tabtyfytyfifuS  in  ©ommerfelb  unb  toar   ein  bur$ 

20  Steinzeit  beS  SBanbelS  unb  lautere  gfrömmigfeit  ausgezeichneter  2Kaim  von  jener  fyumani; 
ftifcfyen  Silbung,  ber  gutes  Satein  noct»  leicht  aus  bergeber  flofe;  alSSrjiefyer  be$©o$ne$ 
Von  ber  gerben  ©trenge,  bie  tyier,  toie  oft,  burety  ber  SWutter  mubere  ©üte  ergänzt  toaib. 
3$r  liebreiches  SBefen  unb  ber  gefegte  ßrnft  beS  9?aterS  regelten  im  ©eift  einer  tn  9iM> 
toort  unb  ©ebet  gegrünbeten  ^römmigfeit  bie  ©rjiefyung  beS  begabten  Änabcn,  ber  no<$ 

26  ntc^t  11  gjatyre  alt  ben  GurtiuS  StufuS  las.  ^m  Verlauf  fönet  Stfbung  auf  ber  gürfien: 
fctyule  ju  3Jteifeen  unb  bem  ©tymnafium  in  ©orau  trat  feine  geiftige  Setoeglic&feit  unb 
ftaffungSlraft,  toie  fein  fd^neQeS,  fctyarfeS  Urteilsvermögen  unb  gutes  ©ebäc^tntS  fptom. 
Sttuf  ber  Univerfität  Srlangen,  bie  er  3WicfyaeliS  1793  bejog,  vermochten  eS  freiließ  3$e* 
logen,  toie  21mmon,  ©ailer,  $änlein,  nic^t,  frifetyen  Eifer  für  baS,  bem  femStubium  galt, 

so  in  feinem  $erjen  $u  entfachen,  unb  ©ebanfen  ÄantS,  auf  ben  bie  ^Jolemi!  beS  Sßpilfc 
fo^en  Slbtc^t  ifyn  erft  reetyt  fyinfüfyrte,  toeeften  in  tym  Stottfd  an  bem  überlieferten 
Gfyriftentum.  2luS  ber  Unft^er^eit,  ob  er  feinen  Seruf  nietyt  anberS  toä^len  foBe,  entf^ieb 
ein  ^rebigtberfuc^  ^Pfingften  1794.  (SigeneS  SBa^me^men  unb  ber  Seifatt  ber  greunfc 
matten  i^n   ba  toenigftenS  über  ben  SBefty  einer  feiner  bebeutenben  ©oben   unb  eine^ 

85  leilS  feiner  SluSrüftung  für  ben  Sßrebigerberuf  getoife.  9Jac()bem  er  21/,  3**$**  $auSle^wf 
baneben  au$  im  erften  falben  ga^r  ©c^lo^prebiger  getoefen  toar,  erhielt  er  im  Dftobcr 
1798  bie  Slbjunftur  ber  3)orft)fanei  ßanig  bei  ©üben  unb  Verheiratete  fub  mit  Güffyt 
©rbmutf^e  ©e^bel.  3n  ^er  einfamen  ©tille  biefeS  Von  toiffenfd^aftlid^em  2Ser!e^r  abge« 
fc^nittenen  SanbpfarrerbafeinS,  bem  burc^  ein  reines,   tiefes  ß^eglüdf  ib^Difc^e  3%^  «^ 

40  fehlten,  bod)  in  engen  33er^ältniffen,  fyatte  er  ftcb  burc^  innere  Einfettungen  burc^)uringen. 
©ein  regfamer  ©eift  fanb  jugletd^  in  einer  fruchtbaren  5Roman=  unb  92obellenfc^riftf)e&rrei 
Von  etfyif$=fo3iaIer  ^Eenbcnj  Sefc^äftigung.  ®er  §ang  fyierju  bei  Geologen  imb  $Ä^ 
gogen  gehört  }u  ben  5Kebenjügen  im  A?ulturbilb  jener  litterarifc^  überreif  angeregten  unb 
über  foaiaI=etfytfdjcn  Sieformen  finnenben  (Sjjoc^e.    Äurge  Referate  bietet  bie  Stogr.  ©.  6ff. 

45  ^n  i^rem  rl;etorifc^en  $at^oS  uns  fremb,  f^aben  fxe  bamalS  boc^  felbft  ©oet^e  ^nteceffe 
für  ben  SSerf.  abgetoonnen.  21IS  ©imfon,  ber  fpäterc  3leic^StagS=  unb  SRei4iSgen(^tSJ)räftbent, 
ben  Äätyler  getauft,  unterrichtet  unb  lonfirmicrt  tyat,  ben  3)ic^terfürpen  fe^en  burfte,  toar 
ber  SSerfaffer  bcS  „^ermann  Von  Söbenecf"  bie  einige  ÄönigSberger  $erfönli$leit,  naii 
ber  ©oetf^e  fxd^  erfunbigte  (6b.  v.  ©imfon,  (Erinnerungen  a.  f.  Seben  von  8.  b.  ©imfon, 

50  2ei^§.  1900  ©.  14).  föine  Heine  faft  übermütige  ©^eqnobeDe  in  ben  „S^^euranm" 
fyat  ^ßaul  §e^fe  ber  33ergcffen^eit  entriffen.  ^n  einem  ^olitifc^en  Sluffa^:  „SReiramgcn 
eines  SürgerS  über  ben  @rbabel"  vom  3.  1809  jeigt  ftep  fein  felbftftänbigeS,  ben  3» 
ftimmungen  überlegenes  Urteil. 

©cfyon  in  (Eanig  erhielt  Mäkler  einen  9iuf  in  bie  ©eneralfuperintenbentur  ber  91  &ntjfy 

55  aber  er  lehnte  tyn  in  befd^eibener  ©elbftbeurteilung,  auc^  toeil  er  ju  jung  fei,  ab.  w 
gegen  folgte  er  1809  einer  Berufung  in  baS  3)iafonat  Von  GottbuS.  $ier  burc^Iebte  ff 
bie  grofje  $t\t  beS  $retycitSfampfeS  mit  bem  innerlic^ften  Anteil  feines  l>atriotif(fcfnmuncii 
$er(^enS,  toovon  feine  ^Jrebigten  auS  jenen  ^afyxtn  3^8^  B*&*t  (^ne  Slnjabl  abgebt 
hinter  ber  ©efc^id^te  Von  6.).    9Kit  getoanbter  $anb  enttoarf  er  in  ber  „©efAu^te  von  & 

üo  toä^renb  ber  Sa^re  1813  unb  14"  ein  „3Jliniaturbilb"  ber  erfc^üttemben  SSorgänge  im 


Stadler  691 

Stammen  einer  Sofalgefd&ictyte,  baS  aucty  $eute  nocty  amiefyenb  imb  le^rreicty  ift.  2luc$  in  ben 
folgenben  §afyctn  raftete  feine  gebet  nidjrt:  paftoraltgeologifd&e  ßrtoägungen,  h>tc  bie,  ob 
eS  einem  Sßrebiger  jieme,  Freimaurer  ju  fein?,  ein  IttterarifctyeS  Senbfd&reiben  (1816)  über 
bte  (Erneuerung  beS  ÄultuS,  ein  Seitrag  jur  DiSfuffion  über  ben  SReformtoerfucty  griebricfy 
SBityelmS  III. ;  ein  polemifctyer  (Srgufj,  Glossa  perpetua  ju  §errn  §armS  Überf.  ber  6 
95  3Men  8fyS  (1818);  eine  fteftförift  jum  Subiläum  feinet  SaterS:  lieber  bie  3Ser* 
toanbtfcpaft  ber  SRebhin  unb  Geologie  (1818).  $ür  ben  $ortfc§ritt  feiner  ringenben  unb 
retfenben  religiöS*t§eologtfc$en  (SrfenntmS  am  bebeutfamften :  „SupranaturaliSmuS  unb  Sta* 
tionaliSmuS  ht  i^rem  gemeinfamen  Urfyrunge,  ifpr  3toietra$t  unb  työ^eren  (Sintyeit;  ein 
ffiort  jur  Seru^igung  für  2Ule,  toelctye  nic$t  toijfen,  ob  fte  glaubenb  erfennen  ober  er=  10 
famenb  glauben  foDen",  2j>$.  1818.  @r  felbft  fyat  no<$  15  3>a^re  fpäter  (in  ber  9?orrebe 
gur  „<$rijttic$en  Sittenlehre"  S.  X)  jenes  93u$  einen  SSerfucty  genannt,  baS  ßtyriftentum, 
baS  er  me$r  im  ©emüt  als  in  ftreng  bogmattfetyer  Raffung  getragen,  in  einer  Sluffajfung 
bargufteden,  toelctye  bon  ber  ftttlictyen  Seite  tyer  am  SBunber  nid&t  baS  2Bie?,  fonbem  ben 
im  ©eelentounber  beS  GtyriftentumS  einleuctytenben  toefentlictyen  fttotd  fyerfcorfyebe  unb  fo  16 
Sernunftglauben  unb  Äirctyenglauben  einanber  nähere,  gegenfeitig  erläutere,  bor  (Sinfeitig- 
fcit  betoa^ren  tootte.  @r  erntete  bamit  bei  ben  einen  SSeifaD ;  toon  anberen  tourbe  er  als 
Schüler  QjafobiS  ober  ©Dellings  rubriziert;  hrieber  anbere  nannten  tyn  einen  ÜJtyfttfer. 
Rem  Storftl,  ^a6  ^c  9an3c  pbilofo^ifctye  @ntttucfelung,  bie  er  miterlebt,  in  tyx  bielleictyt 
am  ftärfften  ^alobt,  ifyn  beeinflußt  tyatte,  aber  nicfyt  jur  ©ctyülcrfctyaft  tnec^tenb,  fonbern  20 
befreienb.  SSon  bem  Jntereffe  beS  ©laubenS  an  einen  lebenbigen  in  ben  3>nbtoibuen 
lebenben  SfyrifhiS  fam  er  bem  biblifety  ^oftttoen  beS  GtyriftentumS  nätyer  unb  näher,  ge* 
tixmn  bamit  bie  Safte  einer  tym  fiety  neu  bilbenben  Äirdjlicfyfeit  unb  fcfyieb  fi$  noefy  tiefer 
unb  grunbfäjjlictyer  bon  ben  ©röfeen  beS  getoöfynlid&en  Nationalismus,  toäfyrenb  eine  3H>* 
neigung  gegen  bogmatif$e  Formulierungen  h>ie  gegen  alles  $ietiftif$e  ifym  immer  ber*  25 
BKA,  unb  au$  feine  Sefreunbung  mit  biblifetyen  ©ebanfen  ifym  nicht  gum  bödigen  ©icfc 
einleben  in  bie  apoftolif$e  SSerfünbigung  fcertyalf. 

ge$t  fing  man  an,  auf  ben  bebeutenben  -Kann  aufmerffam  ju  toerben.  %.  §.  Jafobi 
toieS  ben  Staatsrat  9iifolo&iuS,  biefer  ben  3Rinifter  bon  Slltenftein  auf  fyn  fyin,  unb  beibe 
5Wänner  f^enlten  ibm  i^re  ©unft.  3)ie  ^Jrtn^cfftn  SBäilbelm  tyätte  i^n  toegen  feiner  Se=  30 
mifyungen  um  Stöc^terenie^ung  gern  als  $)ireftor  für  baS  Souifenftift  berufen  gefeiten, 
toa^renb  feine  eigenen  2Bünfc$e  um  feiner  ^ränflic^feit  Etilen  unb  bei  gefteigerten  Sebürf^ 
inffen  für  bie  Srjie^ung  unb  SSerforgung  feiner  ad&t  Minber  über  eine  Sanbpfarre  nid^t 
^mouöflingen.  ®a  tourbe  er,  nadjbem  er  einen  Stuf  nad)  ßrlangen  auSgefd^lagen,  als 
Ronftptorialrat,  orbentlicfyer  $rofeff or  ber  Ideologie,  Su^erintenbcnt  unb  Pfarrer  ber  2öbe«  36 
itic$t4Saro(tyie  in  Königsberg  berufen.  Der  hric^tigfte  3lbfc^nitt  feiner  SebenSarbeit  begann 
je$t  3JIU  glü^enbem  Sifer  h)arf  er  fi$  auf  bie  neuen,  namentlich  bie  atabemifc^en  3luf= 
ac&en:  in  einigen  3Ronaten  entftanb  ein  St/ftem  ber  TOoral.  älber  ju  ber  gefteigerten 
w*«it$Iaft  gefeilte  ftd&  balb  allerlei  toibriger,  einem  Wanne  bon  reijbarem  lemberament 
bereit  empfmblic^er  3)rucf.  ^einblic^e  Stimmungen  tourben  leicht  ertoeeft  gegen  ben  ain^  40 
Ömmling  mit  ter  aggreffiöen  3lber,  ber  aud^  fo  toenig  gu  faffen  n>ar,  bafe  i^n  bie  einen  einen 
Äationaliften,  unb  anbere  einen  9Ktyftifer  nannten,  n>äbrenb  er  felbft  mit  ©elajfen^eit  aud^  auf 
ben  93orttmrf  beS  Su^ranaturaliSmuS  gefaxt  toar,  ba  er  ja  ben  gefd&id()tlic$en  ©runb 
ber  J&eilStoa^r^eit  ^oc^^alte.  —  2lu$  in  feinem  amtlich  litterarifcfyen  Schaffen  gab  eS 
Xnfto|  burc^  baS  UniberfitätSJjrogramm  mit  bem  Ittel:  Quid  Christus  inter  latrones?  46 
unb  enblicb  ft>urbe  feiner  Se^rt|ätigfeit  bureb  unfodegialifc^e  Getanen  Hemmung  auf 
Hemmung  bereitet.  Das  alles  ferner  ne^menb  unb  cm]pfinbenb  gelangte  er  in  nagenber 
Scttftbeurteilung  ju  ferneren  3*oeifeln  an  fic^.  ^tvax  blieb  er,  toie  eS  einem  bebeutenben 
SRenfctyen  jjufte^t,  beffen  gemife,  ba^  feinem  originalen  Streben  nic^t  geringe  geiftige  ftätyQ* 
taten  jur  3Jerftigung  ftanben ;  audj  n>uftte  er  fiefy  erfüllt  bon  einem  brennenben  ßifer,  baS  w 
CbeCfte  unb  Sefte,  n>aS  er  üon  unauSlöfc^lic^em  Dürft  naefy  SBa^r^eh  getrieben  für  ftcfy 
gefunben,  Jünglingen  mitjuteilen.  Slber  in  feiner  SluSrüftung  für  ben  gelehrten  Seruf 
bermi^te  er  bie  Sefyerrfcfyung  ber  gelehrten  lel^nif  unb  baS  jureic^enbe  3Katerial  ber  ©e^ 
letyrfamteit;  ja  er  bohrte  mit  biefer  Selbftfritif  bis  auf  feine  SBiDenSbefcfyaffenfycit  burc^ 
unb  fc^te  ftc^  metyr  auf  ßinbrucfSfä^igfeit  als  auf  SluSbauer  ein.  So  l^ättc  er  ftety  auS  6r» 
ber  Überbürbung  bureb  baS  Dopbelamt,  baS  afabemifd^e  unb  fir^Ii$e,  gern  in  bie  StiQe 
einer  Sanbpfarre  geflüchtet.  Der  3Rinifter  bagegen,  ber  ibn  boc^fd^ä^te,  ermutigte  ben 
ßagenben  burc^  ^wfr111^  un^  3lnerfennung.  Unb  in  berl^at^  n>clc^  frifcfye  feurige  Äraft 
legte  eine  ©treitfebrift  Dom  ^abxz  1821  an  ben  $ag:  „Betrachtungen  über  bie  bo^elte 
SnfW&t,  ob  3«fu^  &^fe  «n  jübi'föer  Sanbrabbine,  ober  ©otteS  So^n  getoefen  fei?"  2litf=  00 


692  Sanier  fialjtii« 

geftacfyelt  burcfy  biegen  plumpen  33erglei$,  ben  er  „irgenbtoo"  gefunben,  unb  ber  in  bar 
Zbat  eine  unbehmßte  ©elbftd&arafterifti!  be«  Suto*9tationali«mu«  einfäloß,  ging  er  bem 
borniert  profanen  biefer  $feubotoei«fyeit  mit  ben  äöaffen  überlegener  S3iwung,  eine*  beißen* 
ben  ©arfa«mu«,  läctyelnber  ^ronie  unb  eine«  funfelnben  SSifce«,  )uglei$  aber  mit  großem 

5  unb  innerlichem  (Srnft  ju  Serbe.  @r  jog  alle  ßonfequengen  für  Sbriftentum  unb  Sirene 
unb  fyielt  ben  Venärtelten  Äinbern  einer  an  @efityl«fatttyeit,  fuperfluger  Verflanbe«über* 
mutiger  ^lautyeit  Iranlenben  3e^  ^en  ©Riegel  jur  Sefdbämung  bor.  3)a^  ©ange  eine 
©trettfcfyrtft,  bie  an  3üge  §amannföer  unb  ßerberfeber  $olemif  erinnert  unb  übet  ba$ 
bloß  tfyeologifcfye  ©ebiet  in«  bamaftge  @eifte«feben  übergreift. 

10  2lucfy  in  ben  folgenben  ga^ren  feierte  ber  Unermüblid&e,  bem  ©^reiben  Seben  ^iefc, 
nietyt;  immer  geigten  feine  ber  93erftänbigung  ober  ber  ßritil  bienenben  £erfu$e  jenen 
ftarfen  Seifafc  bon  ^Ijantafie  unb  2Bi$,  ber  fie  einem  für  bie  ©eföictyte  jener  «Reit  tiefer 
^ntereffierten  no$  fyeutc  toür&ig  macfyt,  tote  fein  in  ©efprä$3form  bie  religiöfen^Jrobleme 
ertoägenber  ,,<P£Uagatyo«"  b.  g.  1823  (93iogr.  ©.  52  ff.).    ®aß  er  au$  naefc   rec$t«  bie 

16  ©renje  fcfyarf  jie^en  unb  ben  9tationali«mu«  belämpfenb  für  bie  Vernunft  eintreten  fonnte, 
beftrie«  er  bur$  feine  ©treitföriften  gegen  Dr.  ftatyn  (Siogr.  ©.  57  f.). 

3lm  VöHigften  aber  tritt  ba«  33ilb  feiner  ausgereiften  t&eologifc^en  Sigenart 
unb  toiffenfcfyaftlicfyen  Kraft  \m$  entgegen  in  feinen  ftyftematif$en  SSerfucfcen;  guna^ft 
in  ber  „ßtyriftlicfyen  (Sittenlehre",  bie,  obföon  Fragment  geblieben  (nur  bie  1.  abt.  bd 

20  1.  Seite  ift  1833  erfahrnen),  ben  ©runbjgebanfcn  be«  triff  enfctyaftlictyen  Slufbau«  in  tyrem 
2lu«gang  vom  $ft$ologifd&en  tyer  ertennen  läßt  unb  bie  große  ©abe  ftiliftifd&er  Semetfte 
rung  fcfytüieriger,  überhriegenb  pfyilofoptyifcfyer  ©ebanfengänge  Verrät.  (Sin  glän^enbe«  Sei' 
foiel  §  29  ©.  62  über  bie  @inbilbung«fraft,  fjoc^ft  lennjeic&nenb  für  ben  fünfUeriföen 
$ug  feine«  barfteQenben  Genien«,  ba«  fidj>  mit  allen  ©tyftemen,  bie  bamate   bie  ©elfter 

26  befestigten,  mit  einem  bemerfen«toerten  SSoHmaß  felbftftänbigen  Urteil«  auSeinanberfot 
^u  Problemen,  bie  jefct  toieber  in  neuen  %lu%  gefommen  fmb,  bietet  er  SöfungSDerfuqc, 
bie  manchen  gütigen  überlegen  fein  bürften.  3mmer  W*  von  ber  c&riftlictyen  @rfa$nui(j 
orientierte  Sßürbigung  be«  Offenbarung«-  unb  guglei$  Vernunftgemäß  2$atfäc£Kc$en;  nir- 
genb«  eine  Spur  von  ber  Überfettung  bloßer  Unenbli$Ieit«ftimmungen,  nie  bie  Umbe* 

so  tung  be«  am  2tyatf äcfylicfyen  innerlich  ©rfebten  in  ben  täuföenben  SBieberfd^ein  ber  Setoußfc 
fein«faiegelungen.  3)enn  tym  ftanb  e«  nod^  feft,  baß  gleich  allen  ©Riegeln  auc$  ber  be* 
Setoußtfein«  nic^t  ftd^  felbft  abriegele,  fonbern  Objefte! 

§ier$u  f ommt  ergänjenb  ber  toiffenföaftlicfye  abriß  ber  cfyriftlic&en  Sittenlehre,  bie  im 
1.  35b  eine  theoretiföe  ©runblage,  im  2.  eine  $flicfytenletyre  unb  in  biefer  mit  ber  %>& 

36  fteQung  ber  formen  eine  gebrängte  ^üüe  fittlic^er  Beobachtungen  bietet  unb  au$  in  bei 
Inappen  Rufammenfaffung  bie  ftiliftifc^e  3Jieifterfd^aft  nic^t  Verleugnet. 

ÄäfylerS  ^rebigten  au«  ber  ÄönigSberger  geit,  einzeln  ober  in  fleinen  ©erien  gArudt, 
h>ie  bie  6  ^rebigten  über  ben  jeligmac^enben  ©lauben,  jeigen  ebenfall«  ben  geiftooOen 
unb  bciebtcn  2Rann.    9ln  ^ofitiv-biblifc^em  ^n^alt  ftcfyen  fte  jurüd  hinter  ben  9oroto«& 

40  fc^en,  finb  i^nen  aber  überlegen  an  ^ein^eit  eigentümlicher  ©ebanfenenttoicfelung.  äba 
gerabe  an  i^nen  tritt,  toenn  man  fie  an  ben  Üiaßftäben  biblifc^er  SSerfünbigung  mißt, 
ba«  Unzulängliche  feine«  rational^ofitibiftifc^en  3beali«mu«  tyeröor. 

3lud^»  feine«  3lnteil«  an  ber  Seitung  ber  ^robinjialfirc^e  ift  ju  gebenfen;  bor  allem 
ber  burdj  i^n  ^auptfäc^lic^  veranlaßten  unb  geleiteten  SRcform  ber  Itrc^lic^en   unb  6<$ttl* 

46  ver^ältniffe  be«  ßrmlanbe«  (Siogr.  ©.  81  f.  99).  $n  ber  älgenbenangelegenfceit  übte  et 
eine  maßvolle,  fiefy  auf  ba«  toirllic^  3;abeln«toerte  einfcfyränfenbc  Äritif  (33iogt.  ©.  54.  56. 
83  f.)  unb  machte  baburc^  ßinbruef  auf  ben  Jtönig  (Sreitfc^fe,  Deutle  ©efc^.  im  19.3«^- 
III,  4  ä.  ©.  402).  3u  8oroto«li  batte  er  Sa^re  ^inburd^  nur  ein  lüfcleS  aSer^ältm^ 
gewann  aber  ftulegt  fein  3utrauen/  f°  bafe  ^er  ®x^  bor  feinem  @nbe  fi$  ba«  ^L9benb> 

60  mabl  burefy  i^n  reiben  ließ  (Siogr.  ©.  88).  9la§  9.«  Heimgang  bertöaltete  er  4  3^ 
lang  bie  ©efdjäfte  eine«  ©eneralfuperintenbenten ;  aud^  tourbe  an  feine  Berufung  gebaut 
SU«  bann  ©artoriu«  ernannt  tourbe,  trug  er'«  otyne  ©erei^eit  unb  fd&entte  bem  t^logtf^ 
anber«  ©erid^teten  3wtrauen.  ©c^on  abgearbeitet  unb  nervo«  angegriffen,  mürbe  er  im 
©pätja^r  1841  von  einem  heftigen  ©c^laganfaH  getroffen  unb   falj  fu^  genötigt,  ferne 

65  Slmter  nieber^ulegen.  3)er  geierabenb  feine«  fieben«  bauerte  bi«  gum  7.  9tov.  1855  «ob 
ift  von  feinem  ©ofyne  mit  inniger  $ietät  gefc^ilbert:  8iogr.  ©.  110  ff.    Seitr.  ©.  675  ff. 

$er»«»n  $eri«|. 

fial>m«?  Äarl  griebric^  äluguft,  geft.  1888.  —  fiitteratur:  Eußer  feine» 
eigenen  £ct)rijtcn  (für  fein  &ben    vgl.  befonber«:    üe^rc  uom  ^eiligen  Reifte,  Sorrebe  unb 


ÄaljmS  693 

3eugntd  tjon  ben  ©runbtoaljr&eiten  je.  f.  u.)  unb  bcn  im  Art.  genannten :  (Sl).  6.  Sutfjarbt, 
in  «.  $t>.  fi.  Ä#tg  21  (1888),  6.  613— 615  2Borte  bev  Erinnerung  unb  bc3  SrofteS  am  ©arge 
be8...  D.  ftafjniS  1888;    fiut^arbt,    Erinnerungen  au«  »ergangenen  Xagen,  2.  Aufl.  1891 , 

5.  364  ff.    «De«  frühere  ift  verarbeitet  in  ber  treffltdjen  2)arftcUuna,  bie  Pfarrer  Lic.  fjr.  3. 
hinter  gegeben  f)at:    D.  $.  fjr.  Ä.  ÄafnttS,  (Sin   tljeologifcöeS  fiebenS*   unb  (Sbaratterbüb,   5 
1896.    (sine  fe&r  einfettige  (S&araftertfti!  gab  (£.  Sdjtoarj,  3ur  ©efdjidjte  ber  neueften  £ljeo* 
logie,  3.  Bitfl.  1864,  6.  311—317. 

St.  tourbe  am  22.  ©ejember  1814  $u  ©retj  als  ©ofyn  beä  ©cr)neiber$  $oty.  grriebr. 
ÄaneS  (fo  laut  Äird&enbucr})  geboren.  %n  engen  SScr^ältniffen  berlebte  ber  Änabe  eine  nid&t  eben 
leiste  3ugenb.    ©cr)on  frü^e  tourbe  e$  ibm  Aar,   bafj  er  bei  ben  Stirem  bleiben  muffe.  10 
Sein  SSater  lieft  tyn  bis  jum  17.  ^afyre  baä  @r)mnaftum  am  Crte  befugen,  ba$  freiließ 
m  f<£le$tem  Stanbe  toar.    9tacr)bem  er  bann  in   einem  §aufe,    too  ein  tieferer  ßinflujj 
ebler  grauen  auf  ben  aRutterlofen  fegenäreicr)  toirfte,   mehrere  %afyxt  §au$letyrer  getoefen 
toar,   beaog  er  im  ßerbfte  1835  bie  Untoerfttät  #atie,   um  2$eologie  ju  ftubieren.    3)er 
alten  $$ilofo^ie,   befonberS  Sßfato,   toibmete  er  ernfte  2lrbeit.   3u9^w  °btt  tourbe  er  16 
Don  ber  #egelfd&en  ^ilofo^ie,   bie  ßrbmann  getoanbt  unb  ma&tooll  bertrat,  mächtig  an« 
gejogen ;  bo<$  öermoctyte  fic  ifyn  nicr)t  feft^u^alten.  „%m  britten  ^a^re  meiner  Untoerfttät^ 
ftubien,  erjagt  er,  ging  mir  bie  flare  @rf enntnte  auf,  baft btef e  ©cr)ule  baä  SRe^t  be$  uns 
mittelbaren  SebenS,  ber  *Perfönltd&leit,  ber  gef<£icr}tli<$en  9Räd&te,  be$  cr)riftlid&en  ©IaubenS 
toerfümmere"  (3eugni$,  ©.  10).    $u  Wefer   inneren  SBanblung   toer&atfen  tym  auf  ber  20 
einen  Seite  #einri<$  £eo,  ben  er  aw  feinen  gfütyrer  in  bie  SBelt  ber  ©eföid&te  greift  (1.  c. 

6.  11),  auf  ber  anberen  ©eite  Ityolutf,  nicr}t  ju  bergeffen  beS  Streife«  gleicr)gefinnter 
greunbe,  m  bem  biefe  Anregungen  auSgetauföt  unb  bie  §erjen  an  einanber  entjünbet 
tourben  (barunter  befonberS  Seffer).  3)ie  neuen  ©rfenntniffe  veranlagten  ben  21iäfyrigen 
©tubenten  £u  feiner  ßrftlinggfc^rift  gegen  ben  jung^egelfd&en  3)ojenten  91.  Suge,  ber  in  35 
ben  £afleföen  Sdfc&üd&em  *«w  fe^r  abft>recr)enbe  Jtritil  „ber  Untoerfttät  #alle  in  tyrem 
aegentoärtiöen  3uftanbe"  gegeben  fyatte.  ©ie  trägt  ben  litel :  „Dr.  9tuge  unb  Äegel.  ©in 
Beitrag  jut  SBürbigung  ^egelfd^er  $enbengen"  1838.  3)ie  ©c^rift  ift  tote  fcpäumenber 
3Ro%  ber  einen  guten  SBem  öerfpric^t.  6rft  nac^  biefer©$rift  mufe  gemä^  ben  citierten 
Quellen  (gegen  3Binter)  ba^  ge^eimni^boQe  (Srlebniä  angefe^t  toerben,  mit  toelc^em  ba3  so 
neue  ®laubendleben  in  bem  Jünglinge  ^um  Surd^bruc^  !am  (baL  Sut^arbt  am  ©rabc). 
3)te  Überzeugung,  bafe  bie  Jled^tfertigung  cm$  bem  ©lauben  ber  3Jlittcl^unft  be«  Stiften* 
tum«  fei,  tyit  i^n  feitbem  nic^t  öerlaffen ;  er  be^eid^net  biefe  Srfenntni«  ate  bie  erftc 
toiflenf^aftlic^e  gruc^t  jener  ©nabenfü^rung  (3Me  ©ad^e  2c.  ©.  31).  sJ)iit  berfelben  ^ängt 
too^l  aud?  feine  @ntfc$eibung  für  ba«  t^eologtfcr)e  ©tubhtm  jufammen.  Won  ^eo  an  35 
ßengftenberg  empfohlen,  fiebelte  Ä.  1840  naety  Serlin  über,  too  neben  bem  ©enannten 
Seanber,  5war^eine!e,  SEtoeften  lehrten.  §ier  fc^lrieb  er  für  2^olu&  Iitterartfd^en  Slnjeiger 
1841  eine  Äritil  ber  ©traufefc^en  ©lauben^re,  bie  ertoeitert  1842  felbftftänbig  erfc^ien 
(Die  moberne  SBiffenfc^aft  be«  Dr.  ©traufe  unb  ber  ©laube  unferer  Stirere,  Serlin)  unb 
bai  (^rtftltd^en  ©eift  unb  ba«  c^riftlic^e  Sieben  bur$  t^>r  SJafein  gegen  ©traufe  3^9™*  <° 
ablegen  liefe.  1842  habilitierte  er  fid^  mit  einer  ©cfyrtft  über  bie  Snttotdelung  ber  grie* 
(^tf(r)fn  ^ß^ilofo^te  in  t^rem  SSer^ältni«  jum  ß^riftentum.  9Son  born^erein  fyatte  ftd^  Ä. 
für  We  tyiftorifdbe  Ideologie  entfcr)ieben,  boc^  la«  er  au$  über  neuteftamentlic^e  ©egen» 
ftänbe.    ^erfönlid^  ftanb  er  in  nahen  Beziehungen  m  bem  an  9latux  unb  S^aratter  i^m 

fo  ungleichartigen  §engftenberg ;  f onft  öene^rte  er  bei  9?eanber,  3;toeften,  mit  bem  Statur*  45 
p^tlofop^en  Steffen«  unb  in  bem  romantifcfyen  Äreife,  ber  um  Subto.  bon  ©erlact),  ben 
folteren  ^Jräftbenten,  ftd^  fammelte.  1844  erhielt  er  einen  9luf  al«  aufcerorbentltd&er  ^}ro= 
feffor  nac^  8re«lau,  um  innerhalb  ber  rationaltftifc^en  ^afultät  bie  ^ofttiöe  Stiftung  ju 
öertreten.  6r  toä^Itc  für  feine  Di^utation  einen  ©egenftanb,  ber  t^>n  btel  beföäftigt 
^atte:  de  spiritus  saneti  persona  capita  duo.  @tnleitenb  üertoa^rt  er  ftcf)  gegen  ba^  so 
bantate  befonber«  laute  Si^tfreunbtum,  fommt  aber  in  feiner  ©cfyrift  ju  betoufcter  3luf= 
Idfung  be«  fird^ltc^en  IrinitätSbegriffeS  (S.  21),  belauftet  öon  ber  jtoeiten  ^Perfon  ber 
Irinität,  bafj  fte  non  solum  seeundum,  sed  et  inferiorem  tenere  dignitatis  locum 
(©.  23),  unb  bafe  biefe  jtoei  göttlichen  ^Perfonen  bureb  ben  ^eiligen  ©eift  ate  ba«  nid^t 
perfdnlic^e  £eben«t>rinji^,  cui  tertius  debetur  locus,  toerbunben  feien  (©.  27).  gür  66 
ba«  Serflänbni«  feiner  tyäteren  gnttoidtclung  ift  biefe  feine  tfyeologtfd^e  erftling^leiftung 
^ft  toertooll.  Ä.  fa^  ftcb  in  SBrc^Iau  in  fetner  afabemifcr)en  Se^rtoirffamfett  burc^  bie 
iux$  ^errfd^enbe  Sltd^tung  ftar!  beeinträchtigt.  3)afür  vertiefte  er  ftc^  in  toiffenfcfyaftlid&e 
Sbbeiten  unb  gab  1847  als  erfteS  größere«  3ßer!  „Tie  Se^re  öom  ^eiligen  ©etfte"  1. 3TeiI 
^eraud  (nidjit  me^r  erfd^ienen).    ^n  einem  erften  53uc^e  giebt  er  bie  biblifdbe  Se^re  öom  00 


694  '  ftalptift 

^eiligen  ©etfte,  bocfy  mit  ^urücfftellung  a^  befonberen  fragen,  toi?  übet  ^erfönltyteit 
beweiben,  ©ünbe  toiber  ben  \/L  ©eift  u.  ä.,  im  feiten  bie  (Snttoicf  elung  ber  Sc^rc  in  ben  brti 
erften  ^abr^unberten.  Sie  tyeologifcfye  Haltung  jetgt  feine  toefentlictye  Seränberung.  SBiber 
ben   aufflärerifd&en  £iberali«mu«  toirb  allerbing«  no$  fd^ärfer  ^roteftiert ;   aber  baneben 

5  toieberfyolt  £.  trinitariföe  ©ebanfen  feinet  §abilitation«fc$rtft  (©.  355),  beutet  £inrei$enb 
an,  bafi  et  bie  ort^oboje  3nfoiration«letyre  ni$t  teile  (©.  324  f.),  forbert  bon  ber  Jtirdjmt* 
Iefyre,  ba&  fte  eine  Säerenblicgung  be«  £ogo«betoufjtfein«  annehme,  um  für  bie  menfölic^e 
■Jtatur  ein  menfölicfye«  Setoufctfein  ju  gewinnen  (©.  58),  unb  enttoicf  elt  bereite  im  tiefend 
liefen  feine  tyätere,  Don  ber  lutfj>erifd&en  abtoeid&enbe  2lbenbmatyl«le&re  (©.  84  9tom.  1). 

10  3n  b\t  9iu^e  toiffenfcfyaftlictyer  Arbeit  unb  tyäu«lid&en  ©lücfe^  brauen  1848  bie 
©d&reaen  ber  SRefcolution.  Sie-  eble,  mut*  unb  fraftbolle  üßännlid&Ieit,  burefc  toelcfce  Ä. 
fic$  augjeic^nete,  betoä^rte  er  §ier  nid&t  minber,  tote  feinen  Iönig«treuen,  fonferbaiiben  ©imt 
3n  einem  ebenfo  feurig  at«  ernft  getriebenen  Strtifel  ber  6b.  Äjtg  (9ir.  32. 33)  ftcOt  er  p 
erft  in  marfigen  3ügen  ben@ang  ber  revolutionären  Setoegung  bar  unb  giebt  bamt  eine 

15  Beurteilung  tyrer  -Dlottoe  unb  $kk.  %n  biefem  3ufammenfyange  treffen  toir  aud)  bie  erfte 
unb  tfvax  bereit«  fcfyarf  abletynenbe  ätufjerung  gegen  bie  ©taat«Itrctye  ber  Union,  toelcfa 
entgegen  ben  ©runbfäfcen  ber  luttyerifcfyen  Äircfye,  tyren  6in$eit«punft  nieft  im  Sefennfc 
niffe,  fonbern  in  ber  lanbe«Iircfylic$en  Drganifatian  fyabe  (1.  c.  ©.  306  f.).  Ä.  fem  balb 
in  bie  Sage,  au«  biefem  Urteile  bie  praftifd&en  Folgerungen  gu   aietyen.    3)ie  SRebolution 

20  betoirfte  allgemein  eine  ©tärfung  be«  lonfeffionellen  Slement«.  2lud&  bie  Sut^eraner  in 
ber  Union  ermannten  ft$.  ©ie  beriefen  3juni  ig48  eine  Äonferenj  nac£  ©nabenberg, 
um  auf  SJiittet  ju  fmnen,  toie  innerhalb  ber  Union  ba«  9te$t  be«  lutyerifc^en  SSefenitt- 
niffe«  ju  vertreten  fei.  #arlefj  fyielt  in  einem  fyerrlicfyen  ©d&reiben  ber  jfonfereng  bie^fti^t 
bor,  fieg  bor  allem  mit  ben  feparierten  Suttyeranern  gu  berftänbigen  (Uniottöbottnn  ©.  14). 

25  St,  natym  an  ber  Äonferenj  teil,  ft>ra$  für  ba«  Siedet  be«  93efemttniffe«  unb  enttoarf  in 
biefem  ©inne  eine  Slbreffe  an  ba«  Äonftftorium,  erflärte  aber  nad&tyer  felbft  im  SRamen 
ber  .Konferenz,  bafc  man  fiety  noefy  ni<$t  mit  ben  SreSlauern  berbinben  tonne  (Ämter 
©.  28).  SJiefe  gelten  am  21.©et>t.  eine  ©eneralfenobe  in  33re«Iau  ab,  ber  u.a.  fiarfefc 
unb  Sötye  beitootynten.    tyx  ©inbruef  tyalf  toerben.    3>m  9tobember  lief*   ftcfc  autb  w.  mit 

so  feiner  ©attin  in  bie  feparierte  Äirc^e  aufnehmen  (bie  ©acfye  ber  lut^enfc^en  Äircpe  ©.3). 
R.  tf)at  biefen  ©d^ritt  ©efriffenä  falber  (1.  c);  aber  je  unberlennbarer  e«  ift,  ba^fe  er  fyt 
gögemb  t^at,  um  fo  mefyr  muffen  toir  nac^  ben  entfe^eibenben  3RotU>en  fragen.  3n  ^ 
Ünie  toirb  man  barauf  ^intoeifen  muffen,  ba^  fc^on  bie  ©eneralfbnobe  öon  1846  mit 
ibrem  DrbinationSformular,  bor  allem  aber  bie  SRebolution  mit  au  i^ren  Segleiterf^i- 

85  nungen  ben  lonfeffionell  gerichteten  Streifen,  au$  ber  @b.  ^)tg,  e$  ^einlief?  fühlbar  §-- 
maqt  fyatU,  bafi  bem  Selenntniffe  in  ber  Union  ber  f lare  9ied&t$titel  fehlte  (bgl.  ß^rifteu 
tum  unb  Sut^ertum  9?ortt).  p.  X).  6^ejieH  für  5t.  mu|  biefe  @rtt)ägung  bon  ^öc^fter  unb 
tivax  perfönli^er  Sebeutung  getoefen  fem.  9luf  ber  einen  Seite  füllte  er  fw^  bau  bem 
feilten  Siberali^mu«  bc«  Sage«  angetoibert,  auf  ber  anberen  ©eite  fjjürte  er  in  ftc^  fettffc 

40  manche  neuen,  retooltierenben  ©ebanfen ;  gugleic^  *%&  ^ielt  er  bie  moberne  Zoologie  für 
unfähig,  ein  neue«  S3efenntni«  gu  erzeugen.  Unter  biefen  Umftönben  brauste  er  eint 
Jtirc^e  mit  feftem  Sefenntniffe,  um  an  i^m  ebenfo  einen  Ilaren  9ie$t3titel  ^ur  Seftrcttung 
ber  9luftlärer,  al«  einen  inneren  9iücfyalt  für  fic^  felbft  gu  fyaben  (bgl.  3^9"^  ©•  ^)- 
^)a«  ift  ein  ©eftc^tö^unlt,   ber  offenbar  für  &  geitleben«  mafegebenb  geblieben  ift    9ta$ 

45  1871  ftmcfyt  er  e«  avß:  „3n  ber  lutfyerifcfyen  Äirc^e  fmb  bie  Selenntntölofen  boc^  im  Um 
rec^t"  (ä62  HR  1871,  S.  400);  unb  bei  bem  greimut,  mit  bem  er  nac&mafc  feine 
beterobojen  SBtnftc^ten  vortrug,  toirb  man  ftd^  an  eine  frühere  SSufierung  erinnern  bürfen: 
„©te^t  ba«  Setenntni«  feft,  fo  berührt  eine  t^eologifc^e  ^ontroberfe  ntept  unmittelbar  ben 
©runb  ber  flirre"  (äbenbma^I  ©.  343,  bgl.  Dogmatil  III»,  ©.  120  ob.).  9te$men  toir 

so  ba^u  ben  burc^  unb  burefy  lut^erifd^en  ß^arafter  feine«  ©lauben«  unb  t^eologif^en  Denfem, 
feinen  lauteren,  männlichen  3beali«mu«,  enblic^  bie  mannigfaltigen  bebeutenben  (Sintaäde 
unb  (Sinflüffe  bon  $erfonen  toie  §arle^,  Seffer  u.  a.,  bie  er  gerabe  bamate  in  SSreÄau 
erfuhr,  fo  begreifen  toir  feinen  Übertritt  $u  ben  feparierten  fiut^eranern  al«  einen  Stritt, 
ben  auef)  ber  Spätere  nie  ©runb  fyattc  ju  Verleugnen,   ^ebe  entfe^eibenbe  Xbat  aber  übt 

55  eine  energifcfye  Snücftoirfung  auf  tyren  Urheber  au«,  unb  fo  tourbe  nun  Ä.  für  ettoa  ein 
3a^e^nt  ber  33or!äm^fer  ber  lutfyerifcfyen  Äird^e  gegenüber  ber  Union,  jeboety  o^ne  eine« 
befd^ränften  i>ut^erani«mu«  ni  verfallen. 

©eine  afabemifd^e  aBirrfamfeit    in  95re«lau  toar  aüerbing«  lahmgelegt,    obglekb  er 
äufeerlid^  unangefochten  blieb.    2lu«  ben  in  jeber  SBeife  brücfenben  Ser^ältntffen  befreiit 

gö  if)n  1850  ein  5Ruf  nac^  Sei^jig,  too  er  junäc^ft  al«  §arle^'  9toe$folger  2)ogmatif,  intert 


\ 


ftafttti*  695 

miftifö  aber  au$  für  bcn  in  ben  Slu^eftanb  getretenen  TOebner  Äir$engeföic$te  vertreten 
fottte,  bie  er  aucty  toeiter  beibehielt.  2)em  jungen  prof.  ord.  bertiety  (Srlangen  1851  bie 
tfcologiföe  3)oftortoürbe,  für  bte  er  mit  feiner  ÜHonograj^ie :  Sie  Seigre  bom  2lbenbmatyle 
1851,  banlte.  3n  ber  <Xfycd  gebührt  audfj  biefer  2lrbeit  ifyr  $la$  innerhalb  be«jenigen 
Suifynrtum«,  ba«  in  (Srlangen  feine  alabemifd^e  $flegeftätte  tyatte,  unb  mit  Siedet  bejeictynet  5 
fa  $.  ©c$ul$,  3ur  Se^re  bom  ^eiligen  Slbenbma^l  1886,  S.  35,  ,,al«  bie  bebeutenbfte 
9Blonograj)^ie  au«  biefen  Äreifen".  Offenbar  burcfc  bie  Union«frage  angeregt,  unternimmt 
e$  Ä.,  bie  luttyerifd&e  2lbenbma&l«Iefyre  ejegetifö,  l?iftortfc$  nnb  bogmatifc^  banulegen  unb 
m  rechtfertigen.  2Bir  lernen  fyier  in  Ä.  einen  £auptbertreter  ber  neulutl?erij$en,  ttyeo* 
M>#fcfcreali|tiföen  Deutung  ber  ©aframente,  fpe^ieQ  be«  Jlbenbma^le«,  lennen.  Über  bem  10 
®<myn  liegt  eine  getoiffe  ©d&toiUe.  2Bort,  ©laube  unb  ©ünbenbergebung  treten  gurücf 
hinter  ©ubftangmitteilung  unb  opus  operatum  (biefer  Segriff  in  ©$u$  genommen 
©.  275  änm.  1).  2)a  eine  anbere  al«  bie  orttyoboj4utyerifc&e  Gtyriftologie  im  hinter» 
grunbe  fte&t,  getoinnen  äße  bie  SSorfteHungen  bom  Seibe  ßtyrifti  ettoa«  2Ragiföe«.  35a* 
gegen  betont  Ä.  nactybrüdlicfy,  bafe  bie  sacramentalis  unio  burc^au«  erft  für  ben  SDtoment  iß 
be«  ©enuffe«  angefebt  toerben  bürfe:  „nie  nennt  ber  Sfyoftel  ba«,  toobon  toir  effen, 
Seib  unb  8lut  (S&rifti;  fonbern  nur  ba«,  toa«  toir  effen"  (©.460  f.). 

©ein  afabemifctye«  SBirfen  in  bem  bon  ihm  fd^toärmerifö  geliebten  Seimig  toar  balb 
öim  ßrfolg  gefrönt,  in«befonbere  jogen  feine  tyiftorifd&en  33orlefungen  an.  &odj  füllte  er 
fi$  m  ber  galultät  fceremfamt  (9Binter  ©.  36),  toäre  batyer  1856  beinabe  einem  Stufe  20 
na$  ©dangen  gefolgt,  lieft  ftcty  aber  bom  SDtinifterium  gegen  ba«  SBerforeqen,  bie  näcfyfte 
$rofef[ur  mit  einem  Geologen  feiner  Stiftung  )u  befeften,  galten.  9toi$  im  felben^ja^re 
tourbe  benn  aucty  Suttyarbt  bon  -Dtarburg  al«  Siebner«  9tocfyfolger  berufen.  2Rit  il?m  unb 
bem  1867  bon  Srlangen  berufenen  Deltfcfö  berbanb  tyn  Reitleben«  innigfte  (Seiftet 
gememf$aft  unbgreunbjc^aft;  unb  biefem  Trifolium  ift  e«  imlöerein  mit  anberen  Gräften  25 
gehingen,  ber  tfyeologifdjen  fjalultät  bon  Seityig  einen  in  biefem  ^jatyrtyunbert  unerreichten 
©lang  unb  (Srfolg  ju  erringen.  %n  tö*  gleite  3e^  fiel  *m  Umfd&toung  im  firctylid&en 
Seben  ber  ©tabt  Sctyjig,  ber  bor  ädern  an  ben  tarnen  2lfylfelb  gefnüpft  ift.  2Rit  tym 
fatte  bie  gabtltät  enge  güfylung.  $m  9Rittelt>unIte  biefe«  §reunbe«freife«  ftanb  in  ben 
erpen  Sauren  bie  eble  gürftin  ßlotilbe  9teu&.  2lu$  ft.  (teilte  feine  Äräfte  für  praftifcfc  90 
fa$lt$e  aufgaben  gern  jur  Verfügung.  1851—1857  gehörte  er  bem  2Riffion«follegium 
an;  in  bebeutfamer  2Beif e  na^m  er  an  Iutl?erifc$en  Konferenzen  in  unb  aufcerfyalb  ©ac^f en« 
teil;  1853—1857  übernahm  er  ftatt  $öteman«  bie  SRebaftion  be«  ©ä^ftfe^en  Äir4>en= 
unb  ©d^ulblatte«  unb  förieb  für  ba«felbe  jene  geiftboDen  9lrtifel,  bie  er  1854  $u  bem 
Suc^e:  ®er  innere  ©ang  be«  beutfd^en  5ßroteftanti«mu«  feit  3Kitte  be«  borigen  30^35 
^nutbert«  (2.  9lufl.  1860,  3.,  nad^  nuftoärt«  bi«  jur  Deformation  ertoeiterte,  batjer  nur: 
®er  innere  ®ang  b.  b.  ^roteftantiSmu«  betitelte  3lufl.  1874)  bereinigte.  SBieber^olt 
grebigte  er  in  ber  UniberfttätSlircfye  ober  bei  geften  ober  biente  er  ber  ÜRiffion  mit 
Vorträgen. 

3n  biefe  3*ü  fällt  eine  litterarifd^e  %dft>t  mit  9ii^fd^  über  bie  Union.  Ä.  ^atte  feit  40 
feinem  Übertritte  nichts  über  bie  fonfefftoneDe  $*age  getrieben,  ein  SSetoei«  bafür,  bafc 
er  nic^t  gu  ben  fanatifd&en  lage^f^riftfteDern  gehörte,  aber  bie  fd&arfen  Singriffe  auf  ben 
ftimfefftonalidmu«  in  ber  beutföen  3e^r-  f-  ^r-  2B-  wn*>  ^r-  Seben,  fotoie  bie  SSer» 
fuc^e  ber  „3)oftrinäre  ber  Union",  berfelben  im  consensus  be3  lut^erifc^en  unb  refor= 
mierten  Sefenntniffe«  eine  einheitliche  Se^rgrunblage  $u  geben,  beranla^ten  Ä.  1853  ;u  45 
einem  nac^^er  gebrueften  Vortrage  auf  ber  Seimiger  Äonferenj:  Die  moberne  Union«« 
boftrin,  in  bem  er  nac$  einer  gefc^ic^tlic^en  $arfterfnng  ber  Union  unb  i^rer  SBanblunaen 
an  9litfc$,  ÜRüller  u.  a.  $u  geigen  fud^t,  bafe  biefe  Ideologen  nic^t  einmal  in  toefentlic$en 
Seiten  ben  consensus  me^r  galten,  unb  barum  ben  dissensus  nid^t  toürbigen  lönnen 
(DgL  bte  ©ac^e  k.  ©.  51).  50 

3fR^fd?  anttoortete  ^iemlic^  gereift  in  feiner  ^eUfd&rift  mit  einer  „fflürbigung  ber  bon 
Dr.  Ä.  —  gegen  bie  ebangeliföc  Union  unb  beren  Vertreter  gerichtete  Singriffe".  5?.  ber* 
öffentliche  barauf  ein  ©enbfd^reiben  an  i^n :  „3)ie  ©ac^e  ber  lutberifd&en  Äird^e  gegen- 
über ber  Union"  1854.  ßr  fü^rt  in  biefer  affeltboDen  ©treitfe^rift  bie  ©ebanfen  be« 
Sortrag«  nä^er  au«.  s3ii^  liefe  bagegen  jene  Strtifel  mit  33emerfungen  al«  Schrift  er-  55 
föetnen;  Ä.  Wtoieg,  nic^t  überzeugt  (3cngni«  ©.31).  ©r  fyat  [\$  feitbem  in  ber  Äon« 
feffum«frage  bom  ßampftilafce  jurücfgegogen  (1.  c),  aber  fein  Urteil  über  bie  Union  tyat  er 
memal«  aeänbert  (bgl.  G^riftentum  unb  Sut^ertum). 

3ji  oer  gafultät  rütfte  er  allmä^lic^  bi«  jum  ©enior  auf;  1860  tourbe  er  Storniere 
bon  uRei^en,   1864/65  toar  er  JHeftor  ber  Umberfttät.    3Kittlertoeile  aber  toar  in  feinem  60 


696  Soljme 

Seben  ber  bebeutfame  SBenbebunft  eingetreten,  ben  baS  @rfc$einen  beS  erfien  SanbeS  feiner 
3)ogmattf  1861  bejeityiet  (2)te  tufyerijctye  2)ogmattf,  ^iftorifösgenettfö  bargefteöt).  Offen* 
bar  für  biefe  Slrbeit  toottte  fid&  St  3ett  Raffen,  als  er  1857  bon  mehreren  praltifcfci 
Ämtern  fic§  gurücf jog.   ©eine  gelegentlichen  Seiträge  jum  ©äcMtfd&en  Strien*  unb  6$ul* 

6  Matt  geigen  tyn  bereite  feit  früheren  Sauren  mit  bogmatiföen  fragen  beschäftigt ;  ebenfo 
einige  Programme  (symbolae  apologeticae  I.  II.  1857,  de  angelo  domini  1858). 
(Sin  93orbote  feiner  Dogmatil  fear  bie  2.  2lufl.  beS  „inneren  ©angeS".  Sfcattt  er  fcfym 
in  ber  @$luft>artie  ber  1.  Stuft,  ftc^  gegen  etne  SBieberaufnatyme  ber  alten  3nft>iratiottS= 
le^re  erflärt  (©.  253  f.  259),  bagegen  baS  relattbe  SSerbienft  rationalisier  (Sgegefe  anerfamtt 

10  (©.  254  f.),  (o  tyatte  er  biefen  äbfönitt  in  ber  neuen  Shift.  unter  gleiten  ©efu$t$>untten 
freitet  ausgeführt  (©.  234  ff.  befonberS  ©.  249  ff.).  3toar  fteUt  er  no<6  beftimmter  ben 
3ug  jur^irc^Iic^Ieit  als  ben$eicfyen  ber  3"*  Qemäfe  tym,  gugletc^  aber  erxlärt  er  fufc  aufs 
cntfctyiebenfte  gegen  jebe  Steprtftination,  berteibigt  ben  Nationalismus  unb  bie  Ideologie 
beS  19.  ^atyrgunbertS,  fefct  baS  SBefen  beS  ?5roteftanttSmu$  in  bie  ^Bereinigung   Don  9e* 

15  Darren  unb  S?ortfc$ritt,  toeift  auf  Mängel  ber  iir$li$en  Setyrbilbung  im  etmelnen  #n  unb 
rebet  einer  offeneren  Slnerfennung  natürlichen  SebenS  unb  natürlicher  ©ittlicpleii  baS  SBort 
bereits  na$  einem  %af)xt  fear  bie  Auflage  vergriffen;  i^re  SBirfung  in  ber  Öffenttic^feü 
berfctymolj  mit  ber  ber  Dogmatil  in  eins.  6ntforej$enb  feiner  tyiftorifcfcen  Stiftung  fyd  fyicr 
Ä.  ftatt  beS  gehenließen  lonftrufttben  ben  tyijlorifdfcgenettf eben  SBeg  eingefcplagen,   falbem 

20  feine  Sogmattf  „bie  Dogmen  auS  ißren  Elementen :  ber  allgemeinen  Sieitaion,  bem  SBorte 
©otteS  unb  bem  ftir$englauben  fo  entfielen  läfct,  bafc  fte  im  geföicfctlicpen  SBerben  ba* 
SBerben  ber  SBaßrtyeit  naajtoeift,  um  ben  alfo  gewonnenen  ©toff  ju  fyftemattf$em  8b* 
föluffe  ju  bringen"  (SJorto.  p.  IV).  3)arauS  ergaben  ftd?  tym  5  äbfcymtte :  ©efötyte  ber 
lutl?.  3)ogmati!,  Religion,  SBort  ©otteS,  Äird&englaube,  ©Aftern,  Deren  brei  erfte  9b  1 

25  enthält.    ©inleitenb  fteUt  er  ber  lut^er.  Dogmatil  bie  Aufgabe,   „bie  ©laubenSleßren  airi 
bem  üRaterialtmnjty  ber  ^Rechtfertigung  auS  bem  ©lauben  gu  enttoidf ein,  auS  bem  f 
prinjty  ber  alleinigen  3luftorität  ber  ©c^rift  )u  betoeifen"  (©.  12).   3m  jtoeiten  9 
banbelt  er  bon  SBefen  unb  SBaWieit  ber  Sieligion,  um  bon  ber  Slottoenbigleit  einer  j 
barung,  bie  ftdj  auS  ben  brei  SBefenSfeiten  ber  Sieligion,  nämli$  ©laube,  (Staneintf 

so  mit  ©Ott  unb  3leligionSgemeinfc$aft  ergiebt,  jur  Styologetit  überzugeben,  toelcße  ben  S_ 
toetS  für  tyre  SBirfficßleit  im  Styriftentum  liefern  toill.  3)iefe  aber  tonn  SBefen  unb  SBafc 
l>eit  beS  G^riftentumS  nur  mittelft  ber  biblif$en  Geologie  befthnmen.  2)aS  fü^rt  auf 
ben  britten  Slbfdjnitt,  toeld&er  bie  gefamte  btbliföe  ©efdbid^te,  Se^re  unb  Sitteratur  um» 
fa^t,   unb  in   einen  ©c^lu^abfc^nitt  tion  SBefen  unb  SBa$r$eit  beS  e^rijtentumS  auS> 

35  münbet.  ß.  beftimmt  fein  SBefen  als  $eilSgemeinf$aft  beS  TOenfc^en  mit  ©ott  burt^ 
3>ejum  Sbriftum  im  ^eiligen  ©eifte,  unb  lä^t  feine  SBa^eit  )>^ilofo))^ifc^,  ^iftorijc^  unb 
praftifö  betoiefen  loerben,  loobei  ber  tyiftoriföe  S3eh>eiS,  ber  auS  ber  inft>iriertcn  ©c^rift, 
offenbar  ben  ^au^tnac^brucf  fyat.  2)oc^  n\d)t  baS  ^et^obifc^e  toar  eS,  maS  befonbert 
SBiberfjjrud^  erregte,  fonbern  auf  ber  einen  ©eite  bie  freiere  ©tellung  beS  SBerfaffer*  jum 

40  fianon,  feine  ätnerlennung  ber  meiften  fritifc^en  Urteile  ber  SermittelunaStyeologU  M** 
©Triften  beS  31  unb  312.S,  fotoie  bie  bamit  jujammenbängenbe  SRobifitation  ber  3^ 
fahrationSlebre,  auf  ber  anbeten  ©eite  feine  SlbtDeicpungen  t)on  ber  tir^lic^en  XrimtätS*  unb 
äbenbmablslebre.  @S  h>ar  bor  allem  ^engftenberg,  ber  mit  bem  t^m  ^ffnt^n  ©etoic^t 
in  ber  9ieujal>r3betrac$tung  ber  @b.  A3tg  bon  1862   gegen  ben  früheren  Mitarbeiter  auf 

45  Slbfall  tlagte.  Slber  auc^  bon  anberen  tourbe  bie  bermemtli$e  SBenbung  bon  Ä.  tief  be* 
Ilagt  unb  fc^arf  berurteilt  (Diedboff,  granf  u.  a.  m.).  Ä.  anttoortete  mit  ber  ©trete 
fc^rift:  3eHS!t^  öon  ^cn  ©nmbtoabrbeiten  beS  ^roteftantiSmuS  gegen  Dr.  ^engjienberg 
1872,  ein  STOufter  biefer  ©attung  bon  ©Triften. 

SBie  ift  bie  SBenbung,  bie  toir  R.  hier  nebmen  feben,  )u  beurteilen  ^  9lad)  bem  früher 

so  ©efagten  ntcf)t  als  Stbfau,  toeber  im  ganzen  nocf)  im  einzelnen,  ©onbern  eS  tritt  nur 
eine  ©eite  hneber  mehr  bett>or,  bie  5t  fc^on  früher  gezeigt  fyat,  unb  er  bertritt  gömfr 
Slnftc^ten,  ju  benen  er  fc^on  in  feinen  erften  ©c^nften  gelangt  toar.  2)afc  er  je^t  gerab« 
biefe  ©eite  berauSfebrte,  toirb  man  jum  Seil  barauf  jurücffü^ren  muffen,  ba^  er  m  ber 
lutberifd^en  äiic^tung  allerlei  UngefunbeS,  ^rübfertigeS,   ©sHuftbität  unb  Mangel  an  na» 

55  türlid^em  SBabrbeitSfmn  ju  beobachten  meinte  (bgl.  $Jnn.  ©ana).  @S  ift  aber  nic^t  eine 
originelle  ©efamtanftc^t  bom  3)ogma  ober  bom  S^nftentum,  bie  feine  Steuerungen  unter 
fi$  berbinbet  unb  ertlärt:  fte  ergeben  [\d)  ibm  nur  auS  bemSinbrucf  einzelner  btfbrtff^er 
unb  e^egetifc^er  Siefultate,  benen  er  fic$  mit  feinem  ©inn  für  baS  @tnfa$e  unb  SJatürfe^ 
nicfyt  entheben  !ann.    3)abei  ift  er   bon  einer   ftarlen   ^ietät  gegen  bie  pia  et  eruditi 

60  antiquitas,  inSbefonbere  gegen  bie  altfatbolifcfye  Jtirc^e,  befeelt.    3n  bem  allen  jeigt  W 


ftnljtttß 


69? 


ein  kleinem  nüchterner  Setfiänbigfeit,  bas  bciu  ©efühlämafiigeu  in  ihm  bir  ffiafle  häEt. 
Älar^eü  ift  ber  ÜKatjftab  ber  äöabrfyeit,  biefec  ©runbfa£  ber  KufH&nmg,  Une  er  ihn 
gern  formulierte,  toar  audj  auf  ihn  felbfi  nic^t  olme  (Sinflufi  geblieben >  Überfyau^t  luirb 
man  neben  bem  ©efagten  (eine  eingebenbc  Sefd?aftigung   mit  ber  neueren  ©efdndue  imb 

fX Geologie  beä  s^rDteftanti#mu$  in  älnfcljlag  bringen  muffen.  5 

3n  bem  Setoufjtfein,  bm  ttonfcffionaliämu*  bar  bie  ^rage  geftettt  $u  ^Htbcu,  \>h  er 
mit  ber  SHücHelir  jum  SHten  ben  ftürtfdiritt  ju  immer  botferer  ©rfenntntö  berbinben  ibülle, 
beröffentücfjle  Äafmiä  bm  feiten  Bm  femer  Dogmatil :  J2)er  ftircfrenglau&e,  biftorifa> 
gM&jtt  bargeftettt  1804,  tborin  er  ben  bögmcntpfkmföcn  ©toff  im  gufamiucnbange  mit 
ber  ©efdjicjitc  ter  flirre  fi>  verarbeitet,  bafi  bic  lutberifdjen  ©laubenslttn-cn,  bereu  ©e-  te 
jdjidrte  er  bis  auf  bie  ©egenföart  berfdgt,  aB  Sflefultat  be3  ^kojeffeä  erfdjeinen.  tiefer 
©anb  tä|i  e3  berfteben,  bafs  bie  SDogmengefdjidrte  für  ÄabniS'  befiel  Holleg  galt  ler 
3.  Sanb,  2)a3  ©Aftern,  ber  1868  erfdiien,  mu|te  enttäufdjen.  M<$t  nur  bietet  er  juerft 
in  ben  ^jjrolegomenen  eine  ^Kefa^itulattDn  be#  ^nfyalteä  ton  Saub  1  unb  2,  foubern  audj 
in  ba3  bogmatifc^e  ©Aftern  fmb  toieber  bic  bibiifdjen  unb  bogmengefdjic^tlidsen  Belege  16 
^eritber genommen.  Unb  loäbrenb  Sk.  früher  ben  (Snmbfafc  aufft eilte,  bajj  bie  SDogmatif 
ihre  Üe^ren  au£  bem  9Jiateriatytin£i£e  ber  ^Rechtfertigung  enitbideln  muffe,  behieltet  er 
^ier  ftiÜWtöciflenb  batauf  (boc$  togt-  ßljriftentum  unbüut^mum  ©.  74  Ff.)  unb  legt  juerft 
in  ben  £e^ren  bom  SSatcr  unb  bom  ©olm  ba*  pbjeftitoe,  in  ben  Seiten  bom  ^eiligen 
©eifte  ba§  fubjefttfee  |>eil  bar  {©.  409),  eine  Uitterfa^cibung,  bie  boä)  auf  alle  SBeifc  axv-  20 
^utTCftcnb  ift,  inf ufern  unter  ber  fiebre  boin  Sater  aud)  bie  bon  ber  Irinität,  fobann  bie 
üonf  3Dknfcfccn  unb  ber  ©ünbe  abgebanbclt  mirb.  Iro§  gefälliger  jynrmufierungeu  M* 
mifei  man  ebenfo  ftraffe  öanbbabung  oogmatifdier  ^rinjipien  mie  flarenbe  gotf&ilbung 
btö  Dogmas  St.  Ijat  nadjmafä  feine  $)ogmatif  pm  itoeitenmale  in  jtociSänben  (1874 (76J 
in  ber  2Seife  herausgegeben,  ba&  er  ben  brüten  Sanb  L  Slufl.  au£  Sb  1  unb  2  er-  20 
toeiierte,  ba£  ©ange  auf  btefc  IBeife  fünenb.  ©tfyon  ^wbpr  aber  hatte  er  in  fdjliditerer 
bä  bie  duinteffen^  feiner  bpgrnatif^=biftorifa)en  9tnfc$auungen  in  bem  metfterbaft  ge= 
f^riebenen  Suc^e:  G(?riftentum  unb  Sut^ertum  1871  uiebergelegl,  neben  ba&  aU  fein  ge= 
fc^ia)tlid}es  ©eiienftücf  bie  3.  2lnflflge  beä  inneren  ©ange^  (f.  0.),  melteidji  fein  üürgüg= 
Ucbfies  Suo5,  ju  fteHen  ift.  3taa?  ^a|gabe  beel  erftgenannten  SBerfe^  ftellte  %  ©tätyiln  30 
bie  Ibeobgie  be§  IX  fiabniä  in  mehreren  StaiWn  ber  gfö$fl  Sb  34,  1873  bar. 

Über^am>t  tuanbte  ftd^i  ft  naä)  §erau#gabe  ber  ^Dogmatil  nod?  entjd>iebener  ba  ©e= 
fc^ia)te  ale  feinem  eigenften  ©ebiete  r^u.  3m  3^rc  1866  übernahm  er  mit  ber  Seitung 
ber  ^iftonfd^^eologifc^cn  ©efeDfa)aft  bie  ^ebaftion  ber  9liebnerf4)en  3«itf^1^if^  fa*  ^ftD' 
rifaje  I^eotogic,  bi^  1875  beibe  Jnftitute  eingingen,  de  ift  bejetc^nenb  für  Ä,,  ba^  er  35 
in  biefer  ganjen  $t\t  für  biefe  rein  tüiffenfc^aftlic^e  ^eiff^nft  nur  einen  Seitrag  getiefert 
fyat,  unb  ba€  bar  ein  Sortrag  über  bie  Zeitige  Stifabet^  9U3  Jortfettung  feines  „inneren 
©ange^''  nac^  rüdtoärfö  begann  er  1872  baS  3öcrf:  l!ie  beutle  ^ftcfünnatiprt,  \>m  ber 
aber  nur  ber  1 .  SBanb  erfreuen  ift,  nac^bem  für  bte  fe^tenbe  5^^tf^"ng  ein  genjiffer  drfa£ 
in  ber  3.  Auflage  be£  3nneren  Sänget  gege&en  n>ar.  9öie  q$  bei  aller  ©elbftftänbigfcit  4ü 
feiner  QueUenftnbtcn  Jtaf?nt^T  2lrt  nirf)t  tuar,  rein  ^iftorif^tDiffenfc^aftlidjen  Unterfuc^ungcn 
nac^|uge^en,  fo  bat  er  ba^  aurf)  in  feiner  JHefDrmatiün^gefd)tc^tc  nie^t  getrau,  ^ür  i^n 
tiegt  bie  ^amptfaifye  in  ber  gemütüolleii  SBerfenlung  in  ben  ©toff,  lic^ttjoller  3ufammcns 
faffung  unb  ^DarfteHung,  in^befonbere  in  ber  ßbarafteriftif  ber  ^erfönlic^feiten.  ^n  ber 
Äunft,  mit  fertig  Striaen,  mit  einem  padenben  ©c^tagmort,  einer  jugefvi^ten  Jormel  45 
ben  ®eba[t  einer  sl?criobe,  ba^  SBefen  einer  Stiftung,  ben  Äem  einer  ^Jerfönli^Ieit  ;u 
be^eic^nen,  mar  er  3Heifter*  3e  langer,  je  me^r  entäufeexte  er  ftd?  bei  gelegten  Saliafteel 
unb  b&t  feine  ©aben  in  f4ibner,  abgerunbeter  ^orm  einer  Weiteren  Dftentlid)feit  bar,  6ine 
größere  Sfnjabt  feiner  jum  Xeil  einjetn  erfc^ienenen  Vorträge  (ögl.  brei  Vorträge  1865) 
bereinigte  er  jtt  einem  gehaltüDHen  ©anjen :  ^Cer  ©ang  ber  ßirc^e  in  £e&eu#bilbem  50 
1887.  3)er®emeinbe  biente  er  regetmäfeig  mit  feinen  ^Srebigten,  ben  benen  breiSänbc^cn 
e^ienen  fmb  (1860.  1871,  1877).  ©te  bexbmben  ©t^idrtbeit,  Mraft  unb  ebk  SBürbe* 
,,@r  liebte  e^,  mit  Cunbetn  unb  gro|en  Sruc^fteinen  ju  bauen",  fagt  Sut^arbt  toou 
i^nen. 

©eine  afabemif^e  £e^rt^citig!ei(  n>ar  öon  fteHg  faad&fenbem  (Srfotge  begleitet,  Xagu  66 
trug  üor  allem  ein  ?D  Duette*  bei.  8uerft  feine  ^ierfdntic^fett.  3n  b«frc  ^aren  eine 
lautere,  ungefdtiminlteJSrÖmmigleit  mit  einem  reiben  ©eifte,  ^anne^mut  mit  Minbräbcmut, 
innere  94Jeltaufgefa)loffen^eit  mit  äufjerer  fyeltbergeffenbeit  munberbar  bereinigt,  Unb  fi. 
üerftanb  e^  aue^,  in  aileä,  ma^  er  bot,  feine  ^erfönlidtfeit  £?incinplegen,  %&&  SKort 
bon   i()m    bar  mit  feiner  ©ubjeftibität  bure^tranft.    ^Jlag   ba#  an  feinen  Supern   p^ '» 


698  SMjttt*  Saht 

toeiten  fiören,  fo  machte  es  feine  SBorlefungen  nod&  in  ben  legten  ^a^ren  einbrucfcboIL 
SnSbefonbere  erfuhr  biefen  perfönlicfyen  ©influfe  ber  t&eologifäe  ©tubentenberem,  ben  er 
35  %atyt  leitete.  Unb  Ä.  felbft  urteilte:  „Unfere  beften  Sucher  fmb  bie,  treibe  toir  in 
bie  Seelen  unferer  3u^örcr  Wreiben"  (3^9™*   ©•  67)-    2fo   Jtoeiter  ©teile  ift  feine 

5  eminente  Sefyrgabe  $u  nennen.  @r  toar  in  ber  tyat  ein  afabemifd&er  (glementarlebrer  par 
excellence  (SKitylau  bei  SBinter).  ©eine  Steigung  unb  ©abe,  gormein  gu  prägen  — 
bäufig  fo,  bafc  er  gtoiföen  gtoei  extremen  bie  2Kitte  fixierte  —  bat  St.  tter^altntemäfctg 
frtitye  ftereotyp  toerben  laffen.  Slber  ba«  tarn  feinen  SBorlefungen  ju  ftatten,  in  benen  er 
bie  alfo  geprägten  gormein  bur$  regelmäßige  93ertoenbung   auc$   einprägte.     3Ran  trug 

10  tttoaS  fefte«  tyeim.  3U  fdbftftänbigem  toiffenfd&aftlid&en  SBeiterarbeiten  anzuleiten,  toar 
bagegen  nicfyt  feine  ®abt. 

%n  ber  legten  3*ü  feine«  SBirfen«  gingen  feine  Äräfte  fid&tlidj  nirüd.  6tn  axä* 
bred&enbe«  ®e&irnleit£n  nötigte  tyn  1885,  fteg  gan$  gurüdfjugie^en.  SRadp  einigen  fötoeren 
Sauren  entf erlief  er  am  20.  Suni  1888.    @r  toar   ein  d&aralterboller  felbftftänbtger  Ser= 

15  treter  ber  auä  ber  @rtoeäung$£eit  fyerauSgetoad&jenen  lonfefftoneQen  Geologie,  ber  fromme 
3tmerlic$Ieit,  Selenntntetreue  unb  toiffenfäaftli^eS  ©treben  gu  bereinigen  fuc^te  unb  na<$ 
feinem  SieblingSfoructye  ®p\)  4,  13  im  Sutfyertum  je  länger,  je  metyr  nur  ba«  ötumenif$e 
(Styriftentum  toollte  unb  meinte,  batyer  and)  religio«  jtoar  an  Sutyer,  tyeologifö  aber  me^r 
an  ÜManctytyon  ft£  hielt.    3)ie  gefd&idjtlic&e  33ebeutung  bon  ß.  liegt,   gang  entft>re$enb 

ao  feiner  eigenen  2ttftcpt,  toefentlicfy  in  feiner  Sefyrttyätigfeit,  bie  Generationen  bon  Ideologen 
anleitete,  jene  brei  ©eiten,  bie  in  tym  bereinigt  toaren,  aud&  tyrerfeit«  gletd&mäfcig  ut  be* 
rücfftd&tigen.  Sturer  ettoa  bei  ber  2lbenbmaf>lSle^re  ift  fein  5lame  mit  einem  foejtftftyen 
portfe^ritte  in  ber  toiffenfc^aftli^en  Ideologie  nid&t  fcerfnüpft.  Shtcty  in  feinen  $iftorif<fc 
fritifäen  Slufftettungen  öer&ielt  er  [\d)  toefentlicty  reprobuftto.    2tber  fein  „^itnerer  ©ang" 

25  bleibt,  föon  bei  bem  2Rangel  äbnlic^et  Storfteüungen,  unb  als  felbft  ein  gef$i$tli$e3 
SDenfmal  toertüoQ.  2Bie  mit  biefem  SBerfe  in  feiner  fpäteren  ©eftalt,  fo  fyd  Ä.  über* 
fyaupt  ber  lonfefftoneHen  Süjeologie  ba«  ©etoiffen  gefctyärft,  ba«  Unrecht  unb  bie  lln^afc 
barfeit  jeber  blofcen  Stepriftination  xf)t  borgeljalten  unb  falfd&er,  fd&toäd&licfcer  Sfyologetif 
ein  frötytictyeS  Vertrauen  auf  bie  3Jiac$t  ber  göttlichen  ffia^eit  entgegengeftettt.     $aburc$ 

so  ift  er  für  feine  Stiftung  ein  ©afy  getoefen.  afpfjaime*  Shtnje. 

Äain.  —  fiitteratur:  Äußer  ben  Kommentaren  $&.  öuttmann,  W^ologud  I, 
(1828),  <5.  152—179;  3.  SBeU^aufen,  S)tc  Kompoption  be«  ©ejateu«*  unb  bie  Itfft.  »üdKT 
be«  «$  (1889),  @.  10ff.,  305;  &  ©ubbe,  2)ie  biblifcfte  Uröef4id)te  (1883),  ®.  117 ff.;  db. 
iReufe,  ba&  %%  III,  209 ff.;  ©.  ©tabe,  Seiträge  *ur  ^entateudjfritif,  1.  3)aö  Samtigen  in 
35  3at5S  XIV  (1894),  6.  250 ff,;  ©.  görfter,  $a«  mofaifAe  ©trafre^t  in  feiner  gefcbi*tlt*fn 
enttuicfelung  (ßeip^tg  1900),  <S.  19f.  29 f.  Deutungen  bed  jübifdjen  TObrafd)  f.  bei  Sänfte, 
©ereWitb  rabba  1881,  ©.  99ff.,  bei  eifenmenger,  (SntbecfteS  Subentum  I,  462.471.  832.  836 
unb  in  Othonii  Lexic.  rabbinicum  109  ff. 

Äain  ift  im  212  1.  ein  9iomabenftamm,  ber  in  SBerbinbung  mit  3Kibian,  älmolet  unb 

4o3$rael  auftritt,  mit  biefem  ©ammeltoort  (l?p.)  toirb  er  5Ri  1, 11  unb  9to  24f  22  ge^ 
nannt;  öietteic^t  ift  aud)  1  ©a  15,  6 b  fo  ni  lefen  (ftatt  ^y).  ^n  ber  Siegel  begegnet 
ba$  nomen  gentilicium  TP ,  Äeniter  ©en  15, 19;  9?u  24,  21 ;  9ti  4,  11.  17;  1  6a 
16,6;  27, 10;  30,29.  $o$  f)at  in  ben  beiben  legten  ©teilen  bie  LXX  T?P.,  Äenu 
fiter  (»gl.  ben  21.  Äaleb),  gelefen.    3ur  3«t  ber  SReligionSftiftung  ÜKofe^'  fd^eint  W  ^ 

45  ©tamm  an  bie  ÜRibianiter  angelehnt  m  ^aben ;  benn  iftobab,  ber  ©c^toiegertxxter  $Ro\t#, 
erfd&eint  SRi  1, 11  ate  9lame  eine^  fenitiföen  ©efd^Iec§tg,  toä^renb  er  5Ru  10,  29  ff.  afc 
TOibianiter  begeid^net  toirb,  toie  and)  ^et^ro  6^3, 1;  4, 18  f.,  18, 1  u.  Steguel  <Sj2,16. 
3)a  bie  Jteniter  niemals  ati  felbftftänbiger  ©tamm  auftreten,  ba^er  too^I  nu^t  feJ^  yDÜjb 
rei$  getoefen  fmb,  fo  ift  bie  Vermutung  erlaubt,   bafe   in  bem  obigen  %aÜ  Äentter  ber 

so  engere,  3Jtibianiter  ber  toeitere  93egriff  ift.  3)ie  Äeniter  fd^Ioffen  ftd^  ber  SBanbenma 
3draek  an  unb  tauten  teile  im  Sorben,  teils  im  ©üben  be$  töraelitif(^en  Sanbeä  auf. 
&a$  lenitifd^e  ©ef^Ied^t  §eber  befinbet  ftd^  mr  3C^  Sarai«  unb  ber  35ebora  in  ber 
3lai}z  ber  ebene  ^efreel  9ti  5,  24—27,  nad)  9ti  4, 11  in  ber  9läf>e  bon  Rebe«  in  @a& 
läa  (f.  VI,  339,u);  fcier  toirb  au^brüdlic^  gefagt,  bafe  e«  ftd^  bon  bem  übrigen  ©lamme 

55  getrennt  habe.  Siefer  toeibet  naify  1  ©a  15,  6  fein  Siel)  in  ©emeinfd^aft  mit  ben  8m* 
lefitern  unb  toirb  burd^  ©aul  gur  Trennung  bon  biefen  betoogen.  Ob  er  in  bie  (Segen* 
be«  SRegeb  toirtlid^  jufammen  mit  3uba  ober  nid^t  bielmefcr  birelt  bon  ©üben  ^er  to>£ 
gebrungen  ift,  mag  ^ier  unentfetyieben  bleiben  (ögl.  ben  21.  Meb).  Semerfen«n>ert  ip, 
bafe  bie  ßeniter  (Äiniter)  1  6^r  2,  55   mit  bem  ©tammbater  ber  Slec^abiten   in  9So*im 


Äain  699 

bung  gebraut  toerben,  bie  ba«  fefte  SBofjnen,  ben  3ldfer=  unb  (Gartenbau  fotoie  ben  2Betn= 
gemifc  berfdfrmätyten  3er35.  DieferUmftanb  bezeugt  nic^t  nur  xfyc  ftrenge«  gtfttyalten  am 
gtrtenleben  fogar  int  Sanbe  Kanaan,  fonbern  audj  an  ber  ^a^bereligion  in  i^rer  ur* 
ftnrünajid&en,  in  ber  Sßtifte  tyeimiföen  gorm.  2B%enb  bie  grofee  SRaffe  ber  3«raetiten 
ben  Übergang  jur  Kultur  bottjog  unb  babur#  mel  ^eibntfd^e^  SEBefen  in  Religion  unb  6 
Sitte  aufnahm,  blieben  biefe  ßirten  in  betounbern«toerter,  aber  ergebni«lofer  *Ereue  bei 
ber  anfänglichen  Jyorm  ber  ^bebere^rung  flehen.  2Satyrfd&einlic§  fcängt  biefe«  38er$alten 
mit  bem  neuerbing«  metyrfaety  betonten  Umftanbe  uifammen,  bafj  bie  33ereljrung  be« 
©otte«  3a$be  bei  ben  Äenitern  (unb  3Kibianitern)  fdjon  bor  ber  $e!igion«ftiftung  burity 
9Rofe«  gu  £aufe  toar,  ba  beffen  $rieftertum  bon  bem  3^o«  al«  abhängig  erfd&etnt  io 
(Stabe  a.  a.  D.  307 f.). 

liefen  9tomabenftamm  ilain,  nic^t  ben  So&n  äbam«,  meint  allem  Stafcfcein  naety  ur* 
ft>rünglid&  bie  Sage,  bie  ©en  4, 1—16  in  ben  Stammbaum  ber  Urbäter  ber  9Renfö$eit 
aufgenommen  frorben  ift.  Sluf  biefe  33ejietyung  fyat  juerft  SSeBtyaufen  aufmerffam  ge* 
maept,  83ubbe  fycd  fxa)  tym  angeföloffen,  unb  Stabe  fyat  barauf  biefe  Deutung  auf«  neue  15 
geprüft  unb  boDftänbiger  au«gefüfyrt.  Die@rünbe  bafür,  bafj  bie@rjä^Iung  @en4, 1— 16 
urft>rttnglid&  mit  bem  Stammbaum  ber  Äainiten  ni$t$  ;u  ti)\m  fyat,  ftnb  lun  folgenbe. 
Der  Sd&auplaft,  ben  ber  33erfaffer  bon  ©en  4, 17  ff.  im  Sluge  tyat,  ift  bie  @rbe  über* 
tyntipt,  fotoeit  fte  i$m  belannt  ift  (33.  17.  20—22).  ©en  4, 1—16  befafct  ftcfc  mit  bem 
Sanbe  3«rael«  unb  ber  angrenjenben  SBüfte.  Denn  ba«  Slngeftd&t  Safcbe«,  bor  bem  fi$  30 
Äam  berbergen  mufc  33.  14,  föaut  nur  berjenige,  toeld&er  hn  Sanbe  3«rael«  lebt,  nämlic^ 
toenn  er  bie  Stätten  be«  3Sa§befuttu«,  too  bie  ©ott^eit  gegenwärtig  ift,  auffuetyt.  2Ber 
ba«  teraelitifd&e  ©ebiet  i)at  berlaffen  muffen,  ber  ift  bon  3atybe«  Slntlifc  entfernt  (2  Äg 
17, 18.  23 ;  24,  3;  bgl.  1  Sa  26, 19 f.;  3on  1,  3;  3lm  7, 17).  Die  »bama  33. 14  ift 
ba^er  nid&t«  anbere«,  al«  ba«  bon  Israel  betoo^nte  Äulturlanb ;  biefe«  ift  ber  S$aupla$  36 
för  bie  G&rjätyhmg  ©en  4, 1—16.  ferner  toirb  bie  @ntfte^ung  be«  9tomabenleben«  in 
beiben  Siüdfen  anber«  bargeftettt.  $a$  ©en  4,  20  ift  Sabal  ber  33ater  aller  9lomaben; 
tyre  Seben«toeife  bilbet  ft$  im  Saufe  ber  natürlichen  (Sntttridfelung  ber  3Renfc^eit  ebenfo 
tote  ba«  ©etoerbe  ber  SJiufiler  unb  ber  Sc^miebe  33.  21  unb  22.  Da«  9?omabenleben 
Rain«  bagegen  ift  naefy  33. 14 — 16  bie  golge  eine«  göttlichen  $lu$e«,  ber  tyn  au«  bem  so 
Sanbe  be«  fefc&aften  SBo^nen«  ^intoeg  in  bie  SBüfte  treibt,  greilic^  ift  au$  äbel  nac^ 
©en  4,  2  ff.  ein  §irt,  aber  feine  §erben  befielen  au«ÄIeinbie^  ('$*,  Schafe  u.  3^^)^ 
unb  er  tootynt  mit  Rain  im  Sanbe  $al)beS;  er  ift  bemnaety  ein  §irt,  ber  bon  einer  feften 
Sßo^nftätte  an$  feine  gerben  h>eibet,  lote  ba«  im  Süben  ^aläftina«  ftet«  üblia)  mar 
(1  Sa  25,  2).  Diefe  ötrten  fte^en  nia?t  unter  bem  ftlu$e  be«  unftäten  Seben«,  ber  86 
Äain  getroffen  ^at;  ebenfotoenig  bie  9k$fommen  ^abal«  33.  20.  SUfo  toirb  ba«  9lo* 
mabenleben  in  beiben  Stüdfen  aud)  berfd^ieben  beurteilt.  @nblidb  ift  aua)  bie  Stbfic^t  ber 
beiben  @näJ^Iungen  eine  anbere.  ©en  4, 17  ff.  ^anbelt  bon  ben  anfangen  unb  gortfd^ritten 
ber  menfqlic^en  Äultur,  ©en  4, 1—16  toiD  bie  unftäte  Seben«toeife  Äam«  (unb  feiner 
9ia$tommen)  in  ber  SSSüfte  f otoie  feine  Stellung  ^ur  33Iutrac^e  erflären ;  fotoenig  tüte  bie  40 
@niroi<felung  ber  menfd^Kc^en  Äultur  in  bie  Söüfte  berlegt  toerben  !ann,  ebenfoh>enig  ^at 
ber  flüchtig  gefrorbene  33rubermörber  mit  bem  Stäbtebegrünber  Äain  ju  t^un.  9luf  ber 
anbern  Seite  führen  bie  33erfud^e,  ©en  4,  1—16  mit  ber  $arabie«erjä^Iung  in  engen 
3ufammen$ang  ^u  fe^en,  $u  leinem  befriebigenbem  grgebni«.  ©en  4  toirb  bie  S3Iutrad^e 
al«  fefte  Sitte  boraulgefefct  33.  9—15 ;  Opfer  oon  Vieren  unb  grüßten  fmb  ein  felbft^  46 
Derftänblic&er  ©ebrauc^  33.  3—5 ;  ja  33.  8  (bgl.  LXX)  totrb  offenbar  nur  bann  richtig 
berftanben,  toenn  man  barin  ben  S3erfucfy  Jtain«  erblidft,  feinen  35ruber  äbel  au«  bem 
®otte«frieben  ber  Äultu«ftätte,  bie  nad&  altem  33rauc^e  gugleid^  3lfblftätte  ift  (®j21,13f.), 
auf  ba«  ^Ib  fyinau^ulocfen,  um  bort  ben  9iorb  au«fü^ren  ju  tonnen.  SUIe  biefe  Um* 
^mbe  lehren  auf«  Deutltc^fte,  bafe  bie  Äainfage  ©en  4, 1—16  gar  nid&t  bon  ben  erften  öc 
Reiten  ber  üRenfc^^eit  berftanben  fein  toiD.  3n  bem  jefcigen  äejte  futb  freiließ  getoiffe 
Wammern  bor^anben,  nämltd^  3,20;  4, 1.16 b,  bie  für  ben  erften  flüchtigen  Slicf  ben 
ßufammen^ang  ju  berbürgen  fdjeinen.  Sie  geben  fic^  aber  bei  näherer  S3etrac^tung  un« 
fd^toer  al«  rebaftioneBe  3U|^^C  Su  wfennen;  man  mufc  ba^er  gerabe  bon  tynen  abfegen, 
toenn  man  ben  urfarünglictyen  33eftanb  unb  Sinn  ber  Äainfage  feftfteQen  toilL  %fox  66 
Sc&auplafe  ift,  toie  bereit«  nac^geroiefen  tourbe,  ba«  Sanb  ?l«rael«,  nä^er  gefagt  beffen  jüb- 
IM^e«  ©ebiet,  Wo  fic$  bie  Äenitcr  mit  ben  fef^aften  Jöraeliten  berührten,  unb  fte  erwärt 
ba«  unftete  Seben  be«  Stamme«  al«  bie  golge  eine«  göttlichen  ftludfi,  ber  ben  Stamm* 
bater  Äain  getroffen  fyat  33egreiflic^  ift  ba«  Urteil  nur  bom  Stanbbunlt  eine«  fe^aften 
33oße«  au«,  ba«  ben  Aufenthalt  in  ber  ffiüfte  al«  ein  üble«  ©eföidf  anfielt ;   unb  ba«  t 


700  Staut 

2oS  gerabc  biefcö  ©tammeS  festen  ben  Israeliten  einer  befonberen  ©rllärung  ju  bebürfen, 
toeil  er  biefelbe  ©ottfyeit  tote  fte  bereite.  @S  toirb  SS.  12—14  mit  bem  unfteten  unb 
flüchtigen  ("??  ~?)  geben  beS  9JtörberS  Verglichen,  ber  bem  33luträc$er  preisgegeben  ift,  ber 
abfoluten  gftebloftgfeit :  jeber,  ber  Äain  Begegnet,  fann  tyn  töten  (33.  14),  o^ne  feinerfeitS 

6  ber  33lutrad&e  ju  verfallen.  3)a^er  toirb  ber  $Iud&  auf  bie  ©$ulb,  einen  9Rann  ermorbet 
ut  ^aben,  jurücfgefüfjrt.  2)afj  biefer  SRorb  als  Srubermorb  bejeid&net  toirb,  tfi  burety  bie 
93ejtetyung  ber  Äeniter  ju  ^ßrael  gegeben.  ©tabe  f)at  a.  a.  0.  294  ff.  barauf  aufmerffam 
gemalt,  bafi  noety  tyeute  bie  2lbgabe,  bie  ein  3)orf  ober  ein  9tomabenftamm,  nämlt$  ber 
fctytoäcfcere,  an   einen   onberen,  ben  ftärleren,   ju  leiften  $at,  bie  chuwwe  (93rüberfc$aft) 

10  genannt  toirb,  unb  vergleid&t  baju  baS  33erfafyren,  baS  3)avib  gegen  9tabal  emfd&lägt 
1  ©a  25.  33eac$tenStoert  ift,  bajj  bie  in  33.  12—14  gefd&ilberte  abfolute  gricbloftgleit 
nietyt  feftgetyalten  toirb.  %<äfoi  gtebt  ber  93ef$toerbe,  bafj  bie  ©träfe  unerträglich  fötoer 
fei  33.  13,  Slaum  unb  beftimmt  ein  3ei$en  für  Äain,  fo  bafi  nid^t  jeber,  ber  tym  be* 
gegne,  tyn  töte  33.  16b  (33.  15 a  ift  Vermutlich  aus  33.  24  ^iertyergelommen ;  benn  ber  ©a$ 

15  pafy  nic|t  in  ben  3ufammen^an9f  *>**  Von  einem  für  Äain  felbft  toirffamen  ©c$u$  rebet). 
3)aS  $t\d)tn  fyat  bemnaefy  bie  2Bir!ung,  baft  bie  abfolute  ^rieblofigleit  in  bie  relativ 
Vertoanbelt  toirb,  b.  ff.  einerfeitS  barf  fid&  nur  ber  &ur  Stäche  93ere$tigte  an  bem  Her* 
bre^er  vergreifen,  unb  anbererfeitS  foD  bie  9fad&e  auf  ben  ©d&ulbigen  befqränft,  Don  fetner 
jjamilie  abgetoenbet  toerben.    @S  tyanbelt  ft$   um   ein  ©d&ufcjeid&en,  ni$t  aber,  toie  bie 

ao  fyerfömmlidje  Sluffaffung  totll,  um  ein  ben  itain  atö  -Dtörber  lennjeic&nenbeS  ©cfrmbmal 
(„ÄamSjeicfyen").  3DaS  $t\d)m  ^  Stammvaters,  Don  ber  ©ottyeit  beftimmt,  tfi  o^ne 
Atoeifel  Verbindlich  für  alle  9la$fommen;  man  tyat  ba^er  barin  baS  Stammes*  unb 
ÄultuSjeid&en  ber  Äeniter  ju  crlennen.  3)a  nun  bie  Äeniter  3^t>e  verehrten,  fo  toirb  eS, 
toie  ©tabe  richtig  Vermutet  fyat,  baS  ^a^ejeic^en  getoefen  fein,  baS  bie  3uge&örtgleit  ber 

25  betreffenben  Sßerfon  jum  3a&ve!ultuS  anzeigte  unb  fte  aü  feinen  Siebten  unb  $flic$ten 
unterteilte.  2Bir  ^aben  im  913:  nod&  einige  beutlid&e  §mtoeife  auf  bie  93ertoenbung  beS 
3ja^ejeid^enS  (@jl3,  9.  16;  3ef  44,  6;  1  Äg  20,  38.  41).  @S  tourbe  teils  auf  ber 
§anb,  teils  auf  ber  ©tirn  angebracht.  3)a  eS  in  bem  §falle  ÄainS  ftetS  ftc^tbar  fein 
mufc,  fo  toirb  eS  ftcfy  ©en  4, 15  um  ein  3ei$en  auf  ber  ©tirn  fyanbeln.    ©S  ftc^erte  ben 

so  Äeniten  biejenigen  6infd^ränlungen  ber  33lutracfye  ju,  bie  mit  bem  Iga&befultuS  t>erbunben 
toaren,  nämlic^  nic^t  nur  bie  2BobltI?at  ber  relativen  ^riebloftgleit  (f.  oben),  Jonbern  <mdf 
bie  33erbrängung  ber  SRac^e  burc^  93ufcen.  3)a  biefe  in  %$xad  ni$t  fämtltc^  ju  gleicher 
geit,  fonbern  allmä^lic^  nad^  einanber  eingetreten  ftnb,  fo  toirb  auc^  baS  !galjt>Q«<$en  ber 
Äeniter  für  bie  fragen  ber  33lutrac^e  je   nac^   ben  öerfcfyiebenen  3^^  ^ne  tjerfd^tebene 

86  Sebeutung  gehabt  f^aben.  3)arauf  gefyt  bie  ßrjä^lung  nid^t  toeiter  ein.  ©te  ^anbelt 
bemnad^  ni^t  nur  toon  bem  9lomabenleben  ber  Äeniter,  fonbern  auc^  t>on  bem  Slntetl,  ben 
fte  an  t>m  iSraelitifc^en  ©infd^ränlungen  ber  99lutrad^e  ^aben. 

2.  ftain  als  ein  Stammvater  ber  3)tenfd^eit  nac^   ber  ja^tftif^en  @rgä$lung  ©en 
4, 17  ff.  fte^t  an  ber  ©pifce  ber  fogenannten  Äainitentafel.    $iefe  umfaßt   in   ber   gegen« 

40  toartigen  ©eftalt  mit  Jtain  fteben  ©enerationen ;  bie  fiebente  ©eneratton  ift  jeboc^  bur^ 
Dier  ©lieber  Vertreten,  von  benen  bie  einen,  Sabal  unb  ^ubal,  als  ©ö$ne  ^amec^S  unb 
ber  3lba,  bie  anberen,  I^ubal  Äain  unb  feine  ©d&toefter  s)Ja§ma,  als  9lac^fommen  2a* 
mec^S  unb  ber  $\üa  bejeid^net  toerben.  Die  3lufgä^lung  ber  ©lieber  erfolgt  in  ber 
Siegel  o^ne  jebe   erläuternbe  35emer!ung  (33.  18  f.),  nur  33. 17  unb  33.  20—22   ftnb  8m 

45  gaben  hinzugefügt,  bie  bie  35ebeutung  einzelner  ©lieber  ber  Äainitentafel  für  bie  ®e* 
fd^ic^te  ber  TOenfc^^eit  hervorheben.  Äain  ift  ber  ©rünber  ber  erften  ©tabt,  bte  er  nac^ 
feinem  ©ofyne  ^enod^  benennt  (93ubbe  a.  a.  D.  ©.  120  ff.  toill  mit  einer  lejtänbenmg 
[yäz]  lieber  btefen  9tu^m  bem  ©o^n  §enod&  ^uerfennen);  ^abal  ift  ber  ä^n^err  ber 
sJ?omaben,  3ubal  ber  ber  SJlufifer,  S^ubal  Äain  ber  ber  ©c^miebe.   §ierauS  erje^ett  totr, 

sotoaS  bie  Sluftä^lung  biefer  ©lieber  bebeuten  foH:  bie  gortf^ritte  ber  SDtenfdteett  ht  ber 
Äultur  foDen  namhaft  gemalt  toerben.  Diefe  3lbftc^t  fe$t  bie  Äahtttentafel  in  na^e 
si?erbinbung  mit  ©en  9,  20—27,  too  9Joa^  als  ber  erfte  SEBeinbauer  unb  juglei^  al* 
ber  Stammvater  ber  35evölferung  ^JaläftinaS  (©em,  3^et^  Äönaan)  gilt  (f.  Äanaan). 
yioaf)   ift  jtoar  burc^  ©en  5,  28  f.  in  bie  ©efyitentafel  beS  5Priefterfobq:   aufgenommen ; 

55  bebenft  man  aber,  ba^  er  ein  ©o^n  Samens  ift,  fo  toirb  fein  früherer  •Sufammen^ang  mit 
ber  Äainitentafel  toafyrföeinlid&.  2lud&  bie  33ruc^ftücfe  ber  ©et^itentafel  beS  3^9*"  m 
©en  4,  25  f.  unb  5, 29  ftnb  ntd&t  ofme  ©^uren  einer  33ertoanbtfc$aft  mit  ber  jrtigen 
Äainitentafel ;  #  benn  ©en  1,  26  crjäfylt  Von  bem  2lnfang  beS  9;a^VefultuS  burc^  <knri, 
unb  in  einer  Überfielt  über  bie  ©nttoicfelung  ber  älteften  menfc^lid^en  Äultur  burfte  — 

so  fo  follte  man  meinen  —  eine  Slngabe  über  bie  anfange  ber  ^^bevere^rung  für  einen 


Stain  Saittiten  701 

Israeliten  nid&t  fehlen,  35aju  lommt  Leiter,  baft  bie  sJiamen  einzelner  ©lieber  in  beiben 
Stafeln  ©en  4  unb  5  gleu$  fmb  (ßanocfc  ober  §eno$  unb  iamab),  bie  -Kamen  anberer 
©lieber  äljnlkfc  lauten  (Äain  unb  Jtenan,  ÜRetyufael  unb  9Jtetyufalaty,  %xab  unb  3er*), 
fotoie  bafi  Sbam  unb  6noS  —  beibeä  bebeutet  9Henfö  —  Stojtyelgänger  ju  fein  fdjeinen. 
@&  ifk  batyer  fd&on  längft  (93uttmann  1, 1 70  ff.)  ber  ©ebanle  geäußert  Worben,  bafe  bie  &ainiten=  5 
tafel  unb  bie  ©etyitentafel  urforüngticty  auf  einen  einzigen  Stammbaum  ber  älteften  9Menfc£- 
beit  jurüdfge^en.  ©tabe  fyxt  a.  a.  D.  ©.265  ff.  277  feine  Vermutung  barüber  batyin 
formuliert,  bafe  bie  Äainitenlinie  ber  jatybiftifctyen  Duelle  urforünglidj  eine  ©etityenlinie 
geWefen  ift  unb  ©en  4, 25  f.   in  ifyrer  ursprünglichen  ©eftalt  bor  $.17  geftanben  ^aben. 

liefen  ^fragen  Leiter  nadfougetyen,  ift  tyier  nietyt  ber  Ort.  9iur  ber  gegenwärtigen  10 
©eftalt  beä  2ejte3  ©en  4  fei  noefy  einige  2lufmerffamfeit  geföenft.  ©ie  gebt  watyrföeinlicty 
auf  benjenigen  Bearbeiter  beä  ja^biftifcfyen  SBerfö  $urücf,  ber  bie  ©ünbflutfage  in  bie 
älteren  ©tücfe  ber  Urgef$i$te,  bie  belanntlicty  bon  tyr  nichts  Wiffen,  eingefügt  $at.  3)en 
Übergang  jur  ©ünbflut  pellte  er  bur$  eine  ©etyitentafel  $er,  bon  ber  jefct  nur  bie 
Snidjftüdte  4,  25  f.  unb  5,  29  erhalten  fmb,  Weil  fte  faäter  burd&  bie  ©e^itentafel  be«  16 
^riefterfobej  ©en  5  berbrängt  Würbe,  ßr  entnahm  ben  Stoff  baju  einer  älteren 
©etyitentafel,  beren  9tefte  er  burety  SSoranfteUung  ÄainS  ju  einer  Äainitentafel  geftaltete. 
SDiefe  erweiterte  er  burety  bie  Einfügung  ber  Äainfage  ©en  4, 1—16  unb  beä  Samecfc 
liebet,  ba$  mit  ber  ©rfinbung  ber  ©etymiebefunft  burefc  3^ubal  Äain  nichts  ui  t^un  fyat, 
toa$rf$einli$  aber  mit  ber  Äainfage  berWanbt  ift.  Dem  -Dtörber  tfamecfy  93.  23  ftellte  20 
er  ben  SWörber  Main  95.  8  gegenüber  unb  boflhog  babur#  beffen  3*>entifiIation  mit  bem 
©täbtegrünber  Äain.  DbWofyl  er  auf  biefe  SBeife  ben  urforünglictyen  ©inn  beä  ©tamm* 
baumä  (f.  oben)  ftarf  berbunfelte,  getoann  er  einen  ©egenfafc  jtoifc^en  ben  gottlofen 
Äainiten  unb  ben  frommen  ©etfyiten,  unb  baS  entfpraety  bem  Weiteren  3ufammen^nfl 
feiner  3)arfteDung,  bafj  nämlicty  bie  Äainiten  in  ber  gflut  untergeben,  bie  ©et^itat  aber  36 
in  %>ab  erhalten  bleiben  unb  burety  tyn  bie  93äter  ber  neuen  9&tenfc^eit  naety  ber  glut 
Werben.  3)tefer  SRebaltor  Wirb  burety  3,  20,  4,  lf.  unb  16 b  bie  93erbinbung  mit  ©en3 
bergefteüt  tyaben.  35urcfy  tyn  $at  bie  Äainitentafel  ben  ©inn  erhalten,  ber  in  ber  tir$li$en 
Ucberlieferung  berrfd&enb  geworben  ift,  nämtidj  bafc  in  ber  Sinie  ÄainS  bie  ßntfrembung 
tont  ©Ott  fortfdjreite,  Wätyrenb  in  ber  Sinie  ©etfyä  bie  grömmigleit  gepflegt  Worben  fei.     so 

Über  bie  in  ber  Äainitentafel  enthaltenen  -Kamen  Iäfit  fiefy  nur  Wenig  fagen.  *?P.  be* 
beutet  2  ©a  21,26  bie  Sanje;  man  pflegt  and)  baran  $u  erinnern,  ba&  Hain  im©^rifd^en 
unb  Srabifd^en  ben  ©c^mieb  begegne,  ober  man  benlt  an  bie  9Röglicb!eit,  ba^  ba^9Q3ort 
bie  Sebeutung  „©efd^öpf"  (bon  einer  bermuteten  933ur$el  *r?)  ^aben  fönne,  Worauf  tootyl 
aud)  bie  üollMmlic^e  @t^mologie  ©en  4, 1  fyinauätotD.  $mod)  fommt  abgelesen  bon  36 
©en  5, 18  ff.  als  9lame  eine«  rubenitiföen  (®en  46,  9)  unb  mibianitiföen  (®en  26,  4) 
©efölec&tS  bor ;  bon  einer  ©tabt  #enocfc  ift  nic^tö  befannt.  93uttmann  betonte  bie  ©leic^« 
fefeung  mit  bem  bon  ©tep^anuä  23^antinu^  erwähnten  Slnnafu«,  einem  Jtönig  bon 
3ionium  in  5ß^gien  (a.  a.  D.  175  ff.).  3lber  bie  bei  ^nobiuS  $roberb.  6,10  über« 
lieferte  9tamenöform  9lannalu«  mufe  alö  juberläffiger  betrachtet  werben;  bann  ift  e^  mit  40 
ber  $tynli$!eit  be«  tarnen©  nichts.  Unter  ^öbal  Will  man  ben  SBanbertyirten  (bgl.  ^'^) 
Derfte^en,  ju  ^ubal  ^at  man  -?""%  baS  äßibber^orn,  ^of  6,  5;  (Sj  19, 13  bergigen. 
2^ubal  ift  ber  femitifc^e  9tame  ber  fleinafiatifc^en  libarener  ©en  10,  2,  bie  burefy  i^re 
Crjarbeiten  berühmt  Waren  6^27, 13.  2)urc&  ben  3wf^Ä«^  —  ty**  Wofjl  =  ©djmieb 
—  Wirb  ber  SSolföname  auf  baä  ©eWerbe  belogen.  3U  ^a*  3^a  un^  5ßöewö  W  man  46 
bie  SRamen  bon  ©öttinnen  herbeigezogen  (3lba  bei  ben  93abtyloniern,  9ia6ma  bei  ben 
^oniciern).  93ei  entfernt  wo^nenben  Golfern,  Wie  bei  ben  Gfyinefen,  eine  9lnlei^e  ui 
ma^en,  um  bie  9lamen  ber  ßainitentafel  }u  erMären,  ift  fidler  berfe^lt.  Die  näq\U 
liegenbe  parallele  baju  bietet  ber  9tbfc^nitt  in  ben  Fragmenten  be^  ^tlo  S3t>bliu^  bei 
Cufebiu«,  Praepar.  evang.  I,  9  f.,  in  bem  eine  lur^e  &arftellung  ber  älteften  menf^  60 
lu^en  Srfinbungen  burc^  fäj^  93rüberpaare  gegeben  Wirb  (bgl.  93aubiffin,  ©tubien  1. 14  f.). 
J)te  9lamen  beaen  [\ty  freiließ  mit  ©en4  bur^au«  nid^t.   9[5gl.  b.  31.  ©et^. 

3.  (Sine  ©tabt  im  93erglanbe  fübltc^  bon  §ebron  Qof  15,  57,  bon  einigen  gorfäern 
mit  jakin  füböftlic^  bon  Hebron  Derglic^en.  @wt^e. 

ftaittiten.     S3gl.  bie  uor  bem  %.  CpljUen  angegebene  fiitteratur.   3)ie  nadjftefjenben  öe»  66 
merfungen  bef^ränfen  ftd),    um  jenem  ^.   nid)t  üorftugreifen,  auf  für  je  SBiebergabe  ber  auft 
ben  Ducflen  ju  entne^menben  2f)atfad)en. 

Äainiten  Werben  ^uerft  bon  jyWtcmä  (adv.  haer.  1,  31)  in  95erbinbung  mit  ben 
Otiten  erwähnt.    v^rc  93efonber^eit  beftanb  barin,  ba^  ftc  ben  Äain  (Wie  Sfau,  Äora, 


702  ftmttitett  Satylja« 

bie  Sobomiten  u.  a.)  al«  SBerfjeug  ber  ©oj>^ta  unb  barum  bom  3)emwrgen  angefembet 
bereiten.  3n  3u^ag  fafcn  fie  ben,  ber  metyr  al«  bie  übrigen  boit  ber  2Babrfyeit  er* 
lannt  tyatte,  feierten  ba«  9Jtyfterium  feinet  SSerrate«  unb  lafen  ein  fonft  nid&t  genannte« 
(Sfcangelium  be«  3>uba«  al«  ^eilige  ©(tyrift.    liefen  2lngaben  entforecfyen  bie  auf  $ityH>* 

6  fot«  Styntagma  gegen  alle  §äreften  jurücfyufütyrenben  2lngaben  bei  5Pfeubo*$ertulfian  haer.7, 
$$ilaftriu«  haer.  2  unb  (Sptotyamu«  haer.  38  (bei  biefem  jugleicty  Senufcung  be«  3re* 
nöu«).  Äain  ift  au«  fttyerer  Kraft  gejeugt  al«  2lbel,  3juba«  ber  2Bo^ltyäter  be«  3Renf<$en* 
gefcljlecfyte«,  fei  e«,  bafc  er  S&rifti  2lbft($t,  bie  SDJa^eit  ju  jerftören,  bur$  feinen  SSerrat 
vereitelte  ßßtyilaftriu«),   fei  e«,  bafj  er  bie  2lr$onten  friber  tyren  SBiQen  jtoang,  S^riftum 

10  gu  toten,  unb  und  fo  gum  ßeil  be«  Äreuje«  oertyalf  (ßfyi^amu«).  Unter  ber  bon  Icr- 
tuHian  praescr.  haer.  33  (bg(.  bapt.  1)  ertoctynten  unb  öon  i$m  mit  ben  SRilofaiten 
(2fof  2,  15)  in  parallele  gefegten  Gaiana  (Caiana,  Cainana)  haeresis  bürften  eben* 
fall«  bie  Äamiten  ju  berftetyen  fein.  $n  ben  ^itofo^umena  (8,  20)  gebmftjotyfcofot 
nur  be«  -Kamen«,   ebenfo  Giemen«  in  ben  ©tromata  (7,  17,  108).    33gl.  nocty  2$eoboret 

15  haer.  fab.  1,  15,  ber  bem  IJrenäu«  folgt.  ®.  Striger« 

»ai^aS,  richtiger  Sujalrfja«,  £o$epriefter.  —  ßitteratur:  $ie  Slrtttel  St.  in 
©iner«  ©ibi.  SReaiwbrterbud),  Don  §.  SB.  @$ul$  in  biefer  SR<£*  ©b  7  unb  Don  $au*rat§ 
in  @«en!el«  »ib..£ej.  III;  ©d)ürer  ©ef*.  be«  3üb.  Soife«8  II,  1898  @.  218.  ©pejiefl  jum 
Warnen :  Stalman, ©ramm.  b.  3.  <ß.  Slramätfd)  127;  Sagarbe,  Ueberftcftt  97;  fteftle,  8m£l)40,  149. 

20  ft.  ift  ber  jübiföe  §otyet>riefter,  toelc&er  jur  3eit  be«  öffentlichen  SBirfen«  unb  be« 
ftreuje«tobe«  gefu  biefe«  2lmt  öertoaltete.  3)er  iübifd^e  @ejtöic$t«f($reiber  Sofe^u«  be* 
»eignet  tyn  genauer  als  %o\tp§,  ocr  auc&  genannt  hrirb  Jtajaj^a«  (SUtert.  18,  2,  2). 
gm  bleuen  Seftamene  bagegen  hrirb  nur  ber  leitete  Seiname  gebraucht,  toeWfrer  im 
2lramäif($en    ntdjt   ßfyfya  =  $etru«    (öau«rat),   fonbern   Äajat$t    lautet   unb   toobl 

26  ntdjt  Unterbrüder  (©c^ulfc),  fonbern  na$  bem  Slrabiföen  (kä-ifun:  qui  novit 
vestigia  et  indicia  rerum)  2)euter  (Sagarbe:  ^^ftognom)  bejeictynet.  St.  toar  ber 
lefcte  ber  toter  §oI)e}mefter,  toelctye  ber  Dom  ßaifer  überiu«  nac^  %vbäa  gefd^tcfte  römif^e 
^Brofurator  SSaleriu«  @ratu«  nac^einanber  ^u  biefer  einflußreichen  2Bürbe  berief.  3)a 
berfetbe   in  ben  ^a^ren  15—26   n.  Gtyr.   bie   $ro!uratur  inne   f^atte,   fann   bie  ßm* 

so  fe$ung  be«  Ä.  burc|>  i^n  fräteften«  im  3.  26  n.  6^r.  erfolgt  fein.  3#atfäd&lic$  ift  fw 
aber  mit  großer  aBa^rfc^einlic^Ieit  piel  früher,  nic^t  25  n.  6^r.  (SBiner),  fonbern  fc^on 
ungefähr  18  n.  6f>r.  amufefeen,  ba  SSaleriu«  ©ratu«  ben  erften  jener  üier  §o^en)jrieper, 
ben  3$mael,  ©o^n  be«  $^abi,  toofyl  gleich  nac^  feinem  eigenen  9lmt«antritt  an  ©teile  be^ 

Sanna«  berufen  fyat,  unb  ebenfo  tote  ^«mael  auc^  feine  beiben  erften  9iac§folger  ©leafar, 
»o^n  be«  §anna«,  unb  ©imon,  ©o^n  be«  Äamit^,  ungefähr  nur  je  ein  Safyx  im  tyofc 
j)riefterli(^en  ämte  blieben.  3#r  ®ni>e  a^  fan*>  ^e  bofyet>riefterlid)e  Slmt«öertt>altung  beö 
St.  bamit,  bafc  er  balb,  nac^bem  ber  -Kad&folger  be«  S3aleriu«  ©ratu«  in  ber  ^rohaatur 
burc^  ben  £egaten  \>on  ©^rien  SSitelliu«  abgefegt  toax,  bur$  biefen  auc^  feine«  Smte«  enthoben 
tourbe  unb  in  einem  ©o^n  be«  §anna«  ^onat^an  feinen  9ta$f olger  fanb.  ©eine  ^iema^, 

40  ungefähr  bon  18—36  n.  Styr.  toä^renbe,  alfo  18  ^a^re  betragenbeämt«bauer  ift  im  35er^ältni« 
ju  berjenigen  ber  aüermeiften  anberen  §o^enj)riefter  au«  ber  römifetyen  3^  ^ne  ganj  un» 
geh>ö^nlic^  lange.  Unb  ba«  ift  um  fo  auffaQenber,  ba  in  biefe  3eit  ^e  erbttternben 
9lücffu^t«lofig!eiten  be«  ^ilatu«  gegen  bie  ßm^finbungen,  Sitten  unb  Siebte  ber  ^uben 
fallen,   toeld^e  biefe   fcfyliefclic^   gum  Slufftanbe  beranla^ten.    Slieb   aber   feine  ©telUing 

45  burc^  biefe  Vorgänge  unerfc^üttert,  fo  erfolgte  fein  ©tur)  erft  ba,  al«  auf  bie  Staffagen 
ber  3ub*n  Sßilatu«  abberufen  tourbe  unb  StteHiu«  burety  §erau«gabe  ber  lange  3^  m 
ber  sBurg  Stntonia  berfc^loffenen  ^obej>riefterlic$en  @eh>änber  ftd^  ben  ^uben  entgegen* 
fommenb  betoie«.  SJanac^  ift  e«  toirfliqi  fei^r  toa^rfc^einlic^,  bafe  Ä.  nic^t  fotoo^l  tjermoae 
feiner  lüd&tigleit  al«  Dielme^r  burc^  feine  SRacfoiebigfeit  gegen  bie  jubenfeinblic^e  römifc^c 

60  93ertoaltung«pra£i«  ftc^  fo  lange  in  feiner  Stellung  gehalten  f>at.  Unb  trenn  fty  fc^on 
hierauf  bie  Vermutung  grünben  lä^t,  baß  er  bie  Stiftung  ber  frembenfreunblic^en  fabbu* 
cäifd^en  $artei  teilte,  fo  erhält  btefelbe  t^re  Seftätigung  baburc^,  bafj  gleid^  ben  meiften 
bamaligen  SRitgliebern  ber  ^o^riefterltd^en  ©efc^led^ter  auc^  ber  ©$ttriegert>ater  M 
.«.,  ber  ^ofamefter  §anna«  oberänano«  (21©  4, 1.  6;  5,  15  f.  b.  Sl.  ftanntö  8b  VII, 

66©.  403,  öff.)  fotoie  beffen  ®of)n  3lnna«  ber  jüngere  (3of^.  altert.  20,9,1)  unb 
überhaupt  beffen  ganger  9ln^ang  (21©  6,  15)  ber  fabbucmfdjen  ^Partei  (f.  b.  21.  ^J^arifäer 
unb  ©abbueäer)  angehörte.  3n  Setreff  ber  ©tellung,  toelc^e  neben  St.  fein  ©d^toieger* 
oatcr  $anna«  nac^  ber  neuteftamentlic^en  3)arftellung  einnahm  »gl.  b.  21.  $anna«. 

eiejfert. 


«aifer  (»rtrfer),  %alob  «dattbe  703 

firifer  («atfer)  3alob  f.  Btoingli. 

Steifer,  2eon^arb,  geft.  1527.  —  $.H.©inter,  ©efd)i*te  bcr  64tdfale  ber  eoan- 
aeüfäcn  Betöre  in  unb  burcfcSBaiern  bewirft  ic,  9Ründ)en  I,  1809,  237 ff.;  «urelian  ©dimib, 
2.  ftäfer,  ein  »iutjeufle  ber  Deformation  in  Stfdjr.  f.  allgemeine  ©efä.IV,  1887  6. 308 ff.; 
$cb€Tle.  2eon$arb  Ääfer,  fein  anabaptiftifefter  ©lutjeuge,  in  3$ß,  ftg,  8b  XXXI,  goL  5 
1856.  8or  ottem  ift  ju  ugl.  fj.  SRotty,  ein  eoangelif^er  SWfirtyrer  au«  bem  gnnmertel,  $aHe 
1900  (@tfr.  b.  »er.  f.  <Ref  .©efd).  Er.  66). 

Seon^arb  Äaifer  ober  Ääfer  (über  bie  ©d&reibung  be«  9tamen«  bgl.  3  -SR^  a-  a-  0- 
©.  40)  totrb  ca.  1480  in  bem  ÜRarftfleden  Stab  bei©c$ärbing  in  bem  bamal«  juSatern 
gehörigen  ^nntriertel  geboren  fein,  ftubierte  1500  ju  2etyjig,  too  er  Saccalaureu«  tourbe.  io 
lieber  feine  Weitere  ©nttoicfelung  toiffen  toir  nid&t«.    3U«  SJilar  in  2Bau)enIitc&en,  too   er 
bie  $farrgefc&afte  für  ben  Snfaber  ber  ^frünbe,  ben  $affauer  3)om$errn  Sic.  93eraer  ju 
beforgen  tyatte,  eine  ©teile,  bie  er  um  1517  angetreten  ^aben  toirb,   tourbe  er  naejj  bem 
Sfcgenöburger  @bift  bon  1624  toegen  feiner  <ßrebigt  be«  ©bangelium«,  ba«  er  föon  ga^re 
lang  öerfünbet  au  fyaben  föeint,  oor  ba«  ftonfiftorium  in  ?ßaffau  getaben  unb  behaftet,  u 
burfte  aber,  naefcbem  er  gelobt,   „ber  tutyerifd^en  2etyre,  Sucher  unb  ©efeHen  müfeig   m 
ge§en",  in  feine  ©emeinbe  jurüctte^ren.    35ort  litt  e«  tfyn  aber  nid&t  lange  —  nad&  6a« 
8e$aul>tung  (SBinter  I,  237),   beren  SRityigfeit  aber  jtoetfelfcft  ift,  toäre  er  öon  feinem 
Pfarrer  entlaffen  toorben  — ,   unb   trofc  be«   ^ergogltc^en  Verbote«,  toeld^e«  na#  bem 
5Regen«burger  @bift  allen  2anbe«Iinbern  ben  93efu$  ber  SBittenberger  Untoerfttät  unter*  20 
fagte,  begab  er  ji$  naefy  SBittenberg,  too  er  am  7.  3uni  1525  immatrihiliert  tourbe  unb 
anbertyalb  Satyre   in    engem  SSerfe^r   mit  Sutyer   unb   ben   anbem   bortigen   2e$rern 
ftanb.    ®a  toagte  er  e«  trofc  ber  brofyenben  ©efa^r  Slnfang  1527   auf  bie  Äunbe  bon 
ber  fd&toeren  ertranfung  feine«  93ater«,  um  biefen  nod&  einmal  gu  fetyen,  in  bie  £eimat 
ya  reifen,    gtoei  ©tunben  na$  feiner  2lnfunft  ftarb  ber  SSater  unb  er  felbft  tourbe  bur$  25 
eine  me^rtoöc^entlid^e  itranttjeit  an   ber  beabsichtigten  Sßieberabreife  getyinbert.    Auf  eine 
©enunciation  be«  Pfarrer«   öon  Stob   liefe  tyn  ber  Slbminiftrator    bon  $affau,  £erjog 
©rnft  bon  Jöaiem  uer^aften  unb  am  11.2)tärg  1527  nac^  Dber^au«  über  $affau  bringen. 
5Die  SKeinung,  i^n  burd^  ben  Aufenthalt  in  einem  Wauberbaften  Äerfer  mürbe  machen  gu 
lönnen,  toar  ein  Irrtum.    9lte  man  enblic^  gu  feinem  Ser^ör  fd^ritt,  in  bem  man  i$n  «> 
auf  alle  ßefcereien,  bie  man  ben  äßittenbergem  bortoarf,  inquirierte,  berief  Äaifer  bielfacty 
in  ben  ©orten  Sut^er«  ftety  immer  auf  bie  Schrift.    2)a3  SJorge^en  gegen  i^n,  ber  avß 
einer  angefe^enen  gamilie  ftammte,  ma^te  grofee«  auffegen  toeit  über  bie  ©renjen  be« 
Sanbe«  ^inau«.  Sutyer  ^atte  fofort  auf  bie  Kunbe  baöon  i^m  (vineto  Christi  et  servo 
eras  fideli   et  charo)  am  20.  SRai  1527  einen  Sroftbrief  gefd^rieben  (ßnber«,  2ut^er«85 
8rieftoe$fel  VI,  54  f.).    »He  gürbitten  ber@rofeen  be«2anbe«,  an  toel^e  fi*  biegamilie 
toanbte,  bann  be«  ©rafen  öon  ©d&aumberg,  be«  ^errn  öon  ©c^toargenberg,  be$  ÜRart 

Cfen  Gafimir  bon  Sranbenbura,  ja  be«  Äurfürften  öon  ©ac^fen,  ber  bagu  riet,  ben  ©e* 
genen  freizugeben  unb  i^n  fofort  au«  bem  Sanbe  ju  entlaffen,  toaren  pergeben«,  am 
18.  3uli  fanb  ©erid^t  über  Äaifer  im  ^faffen^ofe  gu  ^Baffau  ftatt,  tooju  aufeer  einer  SKenge  *o 
geiftti^er  unb  toeltltc^er  Stifter  3jo^.  @i  oon  ^ngolftabt  unb  ßerjog  @rnft  felbft  er* 
dienen  toaren.  3)ie  9lnflage  ftü^te  ftc^  auf  bie  bcim&erfjör  öonÄaifer  att  gn^alt  feines 
©lauben«  anerkannten  Slrtifel  unb  fein  früher  abgelegte«  ©elbbni«,  \\d)  ber  lut^erifc^en 
2e$ren  ju  enthalten.  3um  aBiberruf  toar  er  ni$t  ^u  betoegen.  -ftun  urteilte  §eriog 
(gmft  felbft,  Äaifer  fei  ju  begrabieren  unb  bann  bem  toeltli^en  Stifter  ju  überlaffen.  ^5 
SRtt  aller  görmlid^feit  tourbe  bie  $egrabation  oolljogen  unb  ber  auftänbige  2anbe«^err 
J&enog  SBui^elm  berfügte  bie  Einrichtung  be«  Degrabierten.  ©ie  tourbe  am  16.  Sluguft 
m  ©^arbing  öoüjogen.  St«  ^um  legten  3lugenblicf  feinen  ©lauben  belemtenb  ftarb 
xaifet  ben  2reuertob.  SBelc^en  großen  ßinbruef  fein  glauben«ftarf e«  5Wart^rium  auf  greunbe 
toie  f^tnbe  machte,  ergaben  bie  balb  nad)  feinem  lobe  barüber  erfc^ienenen  ©Triften  unb  5° 
®eflenfc^riften,  toorüber  g.  9totf>,  ©.  31  ju  t>gl.  ift.  Über  ben  33erfud>,  Äaifer«  üRart^ 
rium  baburc^  ju  öerfleinem,  bafi  man  i^n  jum  SBiebertäufer  ftempelte,  ebenba©.38  unb 
51,  unb  ßeberle  a.  a.  D.  XI|eobor  »olbe, 

Äalanbe,  .9alanb«brüber.  —  2itteratur:  3.  Seiler,  Diss.  de  fratrib.  Kalend. 
Francof.  1692 ;  0.  fiebebur,  2)ie  Äolanb«üerbrüberungen  in  ben  2anben  be«  ffidjfifcften  Solf«s  55 
flamme«  mit  bef.  föücffidjt  auf  bie  Warf  ©ranbenburg  (Wärfifd>e  3forf4unaen  IV,  7  ff.  1850); 
Sterling.  Die  ftalanbäbruberfdmften,  in«bef.  biejenigen,  roel^e  in  ber  alten  $iöcefe  $aber« 
born  beftanben  fjaben (Stfdjr.  f.  «ltertum«fnnbe  unb  ©eftf).  in  fBeftfalen  III,  SfolgeX,  178 ff.; 
U^orn,  2iebe«t^«tigfeit  II,  426  ff. 


704  Äalanbe  Salb,  golbetteft 

Unter  bcm  Warnen  ftalanbe,  Äalanbäbrüber  (fratres  calendarii)  ober  ftalanbSberren 
finben  fia)  in  ber  gleiten  ßälfte  beä  -Mittelalters  namentlich  in  SRteberfad&fen,  toeniger 
jablreid?  im  übrigen  $mtfa>anb  unb  bereingelt  aurf)  in  ben  5Ra#barlänbent,  fcfimbetö 
geartete  Srüberfdpaften,  beren  (Sigentümlid&feit  barin  beftebt,  bafi  in  ihnen  bie  ®etjUt$en 

5  eine  berborragenbe  Stellung  einnehmen.  3Ran  fönnte  fte  3ünfa  b«  ®etftK$en  nennen, 
benn  toenn  au$  9lid&tgeiftli($e  aufnähme  finben,  tote  in  ben  §anbtoerferjünften  au$9iiä)t: 
banbtoerfer,  fo  nehmen  fte  boo^  eine  untergeorbnete  Stellung  ein,  tote  benn  bie  Statuten 
mancher  Jtalanbe  nur  bie  ©eiftticfyen  aU  „botte  Sriiber"  anfehen.  Die  getoö(nili$e  An* 
gäbe,  bafe  bereite  1226  ein  Äalanb  in  Ottbergen  beftanben   hatte,   tft  falf<$.    Sicher  tfl 

10  crfi  bie  @rjften*  eine«  ÄalanbS  in  Saer  (SBeftf  alen)  1279,  erft  im  14.  3ar;rbunbert  toerben 
fte  jahlrei^.  2Babrfc$einIid&  hängt  ihre  ©ntftebung  pfammen  mit  ben  amtlichen  Sa* 
famtnlungen,  toelcfye  bie  @etftti$en  ber  einzelnen  3lrt^ibiatonatf)>rengeI  )u  gegenfeirtaer 
görberung  an  ben  Äalenben  gelten.  3e  gebrüdfter  bie  Sage  ber  meberen  (getfUtdpett 
tourbe,  befto  me^r  machte  ftc$  baä  Sebürfnte  eine«  engeren  äufammenföluffeä  geltenb. 

16  Der  näctyfte  ^toecf  ift  aud?  hier  baä  Seelenheil,  ©emeinfame  C&otteSbtenfte,  bie  93etyfltä> 
hing  für  einanber  ©eelmejf en  ju  lefen  ober  lefen  ;u  laffen,  ©ebete  gu  forec&en,  btlbenben 
^Jlittefyunft  ber  ^Bereinigung,  fad^x  fommt  tote  bei  anberen  ©moffmföaften,  j.  9.  ben 
fünften,  ba$  ©treben  na$  SBahrung  ber  ©tanbeStnterejfen,  fiebung  ber  fatalen  ©teOuita 
unb  gegenseitige  Unterfttiftung.    @nbti$  bienen  fte  au$  ber  ©efelligleit.    SBte  im  9Rttte£ 

ao  alter  überall  üblich  fd&to&  jtc|  an  bie  SSerfammlungen  eine  üRabl$ett  an.  $ur$  ben  8n* 
fd&lufj  bon  bornehmen  Säten  getoannen  bie  ßalanbe  nodj  nter)r  $alt  unb  tourben  bur$ 
©c^enfungen  (felbft  Ätrd&en  tourben  ihnen  inf orporiert)  reid&.  Die  golge  roaren  eittretfsenbe 
tbtoigleit,  fo  ba&  bie  2Rablieiten  ber  ÄalanbSbrüber  in  biefer  ßinftc^t  fprüd^tDörtlic^  tourben 
„3Jcan  $ält  einen  großen  Äalanb"  unb  „er  falanbert  bie  ganje  Sßodfre"  ift  eine  oft  gehörte 

26  Siebenäart.  Sei  ber  (Sinfüfyrung  ber  Deformation  matten  bie  Ralanbe  befonbere  9fot,  ba 
fte  ftety  ber  Sertoenbung  ihrer  ©üter  ju  anberen  gtoedfen  entföieben  toiberfefctert  6ht)dn 
blieben  fte  felbft  in  ebangelijct/en  Sanben  noety  eine  3*ü  knfl  beftehen.  ©päter  ftnb  jte 
and)  in  latyotifctyen  ©egenben  befeitigt.  ®.  Q^om  D. 

Salb,  golbeneS.  Äälberbienft.  —     granciScuS  SRoncaeiu«,  Aaron  purgatus  ave 

so  de  vitulo  aureo  libri  duo,  Atrebati  1606  (ntd)t,   wie  3Btner  angiebt,  1605)  unb  Francofurti 

1675;  Selben,  De  dis  Syris  I,  4  (1.  «.  1617)  mit    ben  Additamenta  von  «nbr.  8eper  in 

ber  91.  tum  1680;  S.  Bocharti   Hierozoicon,   1.  «.   ßonbon  1663,    1.  II,   c.  XXXIV:    De 

aureis  Aaronis  et  Jeroboami   vitulis  (rec.  SRofenmüfler,  83b  I,    ßeipjtg  1793,    ©.339—375); 

9t.  ©.  Subtoig,  De  modo  quo  comminutus  est  a  Mose  vitulus  aureus,  Slltborf  1745, 4°  (bei  ©inet, 

35  mir  nidjt  jugänglic^) ;  ©ramberg,  Äritifd)e  ©e(d)ia^te  ber  SfleligionStbeen  be«  alten  ieftament«, 

®b  1, 1829,  @.  54-56.  442-445;  «atfe,  2)ie  Religion  be8  «Iten  Seftamente«,  3^11.1835, 

©.  398—403;    ^engftenberg,   $ie  9lut^cntie  be8  ^entateu^e«,  ©b  I,  1836,    ©.  150-180; 

Wooer«,  $ie  ^öönUier,  ©b  I,  1841,  @.  373—381;   ügl.  berfeibe,  «.  „¥&8m$ien"  in:  (&rf< 

unb  ©ruber,  Hag.  @ncrj«opäbte,  Sect.  III,  HI.  XXIV,  1848,  6.  404;  6d>n>en<«,  S)ie  Vtt>' 

40  tr^ologtc  ber  Semiten,  1849,  ©.  70 f.;    be  $3ette,  4)ebräi(d)-jübifd)e  Vr^fiologie,   4.  E.  von 

gfcaebtger  1864,  6.  267.  338  f. ;    ©roalb,  ©ef^i^te  be8  SSolfeS  38rael,  »b  1P,  1865,  6.  258 

flnmfg.  2 ;  93b  III8,     1866,  ©.  470—473 ;    Shienen,  The  religion  of  Israel,  8b  I,  fionbon 

1874,  @.  73-75.  235 f.    345-347  (fjoflänD.  OrtgutalauSg. :  Godsdienst  van  Israel,  8b  I, 

taarleml869);  S^.!?.  SBcfe,  The  idol  of  Horeb:  Evidence  that  the  Golden  Image  atMoont 
_.    inai  was  aCone,  and  not  a  Calf ,  üonbon  1871  (mir  nidjt  augängli<5);  Äefl,  ©iblifc^e  %xdfio> 
logie»,  1875,   ©.  457;  «f.  Äö^ler,  fieftrb.  ber  ©iblif^en  ©eWidjte  Alten  lefiamenteS,  «b  l 

1875,  @.  275-279 ;  S)uftm,  2)ie  Geologie  ber  ^rop^eten,  1875,  S.  47—54:  ^aul  ©cftoli, 
©ö^enbienft  unb  Sauberwefen  bei  ben  alten  Hebräern,  1877,  @.  105—120;  ÄoUfcfttlb,  toa* 
„golbene  Äalb"  ?,  in:  3)a«  Sübtfcfte  fiiteraturblatt,  3al>rg.  X,  1881,  5^r.  9,  @.  34;  oaL  bai« 

W  ebenb.  Wr.12,  8.  48  unb  9^r.  15.  16,  6.  61;  @b.  Äönig,  S)ie  Hauptprobleme  ber  altiftraellt 
Weliaioii&gefcbtgte,  1884.  ®.  53—72  („©ab  e3  im  3at)tt»i§mu§  eine  @nt»idelung  ftrnfkbttht 
ber  Äbbilbbarfeit  SabweS?");  ©tabe,  ©eföitye  be«  8otfe8  3frael,  8b  I,  1887,  S.  351  f. 
465 f. ;  8ae%en,  8eitröge  ^ur  femitifc&en  $Reliöton«get«i(bte,  1888,  6.  198f-;  8f.  8. 
fjarrar,  Was  there  a  golden  calf  at  Dan?  in:  The  Expositor  1893,  8b  VIII,  6.254—265; 

MÖenainger,  ©ebrötfebe  «Ir^äologie,  1894,  8.  381  f.;  berfeibe,  91. Calf,  golden  in  berEncydo» 
paedia  Biblica  uon  (S^t)ne  unb  81acf,  8b  I,  1899 ;  2)idmann,  ^anbbuc^  ber  altteftamentL 
Geologie,  1895,  @.  98  f.;  Same«  SRobertfon.  3)ie  9tlte  Religion  3«rael8,  beutf^e  Ueberfejung 
oon  ©.  o.  Crem  1896,  6.  150-162-,  Xiele,  ©efcbidjte  ber  Religion  im  Altertum,  beutf* 
9lu«gabe,  8b  I,  1896,  ®.  325  f. 

oo  8fl?.  bie  Hrtifei:  „ftalb,  golbene«"  in  SBinerS  91©  1847-,  oon  3-  ©.  9RüHer  in^enog« 
SR®1,  8b  VII,  1857;  mm  Werj  in  ©«enfel«  88  III,  1871;  oon  S)ieftel  in  Sttie^m«  fit1, 
Sicfer.  9,  1878  (2.  «.,  8b  I,  1893)  unb  ben  «.  CaH,  Golden  Calf  oon  «.  ?R.  e.ÄenneU 
in  beut  Dictionarv  of  the  Biblc  uon  ©afting§,  8b  I,  1898. 


Salb,  golbene*  705 

3um  ©tierbienft  bei  ben  ©emitcn:  9R.  Ofjnefalfdj=9lid)ter,  StyproS,  bic  ©ibcl  unb 
j>omer,  1893,  @.  250—255;  fRobertfon  @mit^  $ie  «Religion  ber  ©emiten,  beulte  Uebev. 
[efcung  Don  ©tübc  1899,  ©.  206  ff. 

$>ie  ©efd&id&te  tum  ber  SCbgötteret  mit  bem  golbenen  Äalb  auf  bem  SBüftenjug  toirb 
aja^It  ®j  c.  32  unb  5Dt  9,  7—21;    Dgl.  9le&  9,  18;    $f.  106,  19 f.;    31©  7,  39 ff.;  6 
ton  foaterm  Äälberbienft  ift  bic  Siebe  1  Äg  12,  28—33;  2  %  10,  29;   17,  16;   £o 
B,  5f.;    10,  5  f.;    13,  2;    2  Gfc  11,  15;    13,  8.  Sa*  mit  „Äalb"  überfeftte  SBort  ift 
-35  unb  j&o  10,  5  rfjjy.    2ln  legerer  ©teile  fott  ba*  Femininum  (im  Sßlural)  too^l  Der* 
ädbtltctye  35ejei($mmg  fein ;    fofort  v.  5b  unb  6   ift   ba*  Äalb   al*  männliche*  be^anbelt. 
66m  be*$alb  ift  toofct  ba?  ju  berbeffern  (SBett^aufen),  namentlich  auety  toeil  ber  borfiegenbe  10 
ißhtral  für  ben  Äultu*  93etel*,  Don  bem  allein  bie  Siebe  ift,  feine  Berechtigung  tyat.  ©o* 
too^I  bjy   al*  and)  nbre?  toerben  nic^t  nur  bon  bem  ganj  jungen  33ere  gebraust;    foD 
rai  jährige*  Äalb  bejeid&net  toerben,  fo  toirb    ^"V?  hinzugefügt  (2e  9,  3),   unb   nbfg 
toirb  gebraust  Don  ber  breijetyrigen  (@en  15,  9),  Don  ber  SJiilcp  gebenben  ($ef  7,  21  f.) 
unb  ber  an  ben  Sßflug  (9fö  14,  18)  ober  überhaupt  in  ba*  $od)  (§o  10,  11)  gef Rannten  15 
(tu£.    Darum  toirb,  ba   bei  anbern  femitifetyen  93ölfern  unb  bei  ben  Septem  tootyl  ber 
Stier,  nic^t  aber  ba*  ßalb  al*  @otte*bilb  borfommt,  auety  für  bie  Abgötterei  ber  3j*rae* 
Kien  an  einen  jungen  ©tier  §u  benlen  fein.    2)er  toeiblicfye  ©igenname  nb*r   (ein  SBeib 
SDatotb*)  ift  boep  toofyl   eben  ba*felbe  SBort;    jtoeifetfyafter   ift  bie*  für  ben  männlichen 
(Kgennamen  fto&  (ein  moabitifefcer  Äönig,   aud&  Drt*namc,   bgl.  @n*(5glajim).    !Jn  ben  20 
Sßerfonennamen  fönnen  jebenfaH*  nur  bie  SBebeutungen  „junge  Äufy,  junger  ©tier"ju  etfennen 
[ein,  nid&t  „Äalb".  —    ®afj  'egel  al*  Segnung  be*  ©otte*bilbe*  nic^t   „Stalb"    ober 
„junger  ©tier"   fonbern  bielmefyr  „tttotö  runbe*,  Äegel"  =  „^tyallu*"   bebeute  (9totfc 
föüb),  ift  ein  müfeiger  ßinfall,  ba  für  ba*  2Bort  -.??  biefe  anbere  Sebeutung  überhaupt 
nufct  nac$toei*bar  ift.    ©cfyon  Sßf  106,  19 f.  erflärt   r  unmifcberftänblid&  mit:   „ein  ©ra*26 
freffenber  D#fe". 

1.  SDer  Urfpruna  be*  ©tierbienfte*  bei  ben  3*raeliten.  2)a  bei  ben 
altern  ^eilige  ©tiere,  Styi*  unb  SOtnebi*,  bereit  tourben,  fo  öerftefyt  man  bietfaety  ba* 
golbene  Äalb  auf  bem  2Büften$ug  al*  eine  toon  ben  Ägyptern  entlehnte  Abgötterei  (Sie* 
tum,  Histoire  du  peuple  d'Israel,  93b  P,  1887,  ©.  146  f.,  naety  bem  Vorgang  fd&on  ao 
tom  alten  Äird&enletyrern  toie  Sactanttu*  unb  ßieron^mu*  [f.  bei  93oc^art  a.  a.  D.,  ©.  357], 
etatfo  8 oc^art;  an  äg^tifc^e  ^erfunft  be*  itälberbienfte*  benft  fc^on,  o^ne  fpejieQe  @r^ 
toä^mmg  be*  ä))i*  ober  ÜJtoebi*,  21©  7,  39  f.  unb  ebenfo  an  öerf^iebenen  ©teilen  5p^iIo 
Mk$.,  ber  ben  ©Her  für  ein  Silb  be*  äg^tifc^en  ©otte*  Tvwog,  b.  i.  I^^on,  ^iett  [bei 
öo^art  ©.  349]).  3)ie  SJorftettung  ber  ©ott^eit  at*  ©tier  finbet  f4  bei  ben  2lg$>tern  86 
ntd^t  nur  in  bem  Styi**  unb  3Rnetoi*=©tiere.  3)er  ©Ott  Slmen  toirb  mit  bem  gpit^eton 
„Stier"  bezeichnet,  ba*  au$  angetoanbt  toirb,  um  Äraft  unb  §ofyeit  eine*  menfc^lic^en 
^errfc^er*  au*)ubrüden  (G.  2B.  ©oobtoin,  Translation  of  an  Egyptian  hymn  to 
Amen,  in:  Transactions  of  the  Society  of  Biblical  Archaeology,  93b  II,  1873, 
S.  252).  3)ie  annähme  ber  äg^ptifc^en  ^erfunft  be*  golbenen  Salbe*  fc^eint  eine  ©tü^e  40 
tu  finben  (^ig,  ©ef^te  be*  SBolfe*  3*rael,  1869,  ©.169)  in  bem  Umftanb,  bafe^ero^ 
bcaml.,  ber  ben  ©tierbienft  im  9lorbreic^  jur  offiziellen  sJleIigion*form  machte  (1  Äg  12, 28  ff.), 
[u^  in  Sfg^ten  aufgehalten  ^atte  (1  Äg  11,  10).  Dennoch  ift  ber  ^ebräifc^e  ©tierbienft 
axityrfctyeinlicfy  nic^t  äg^tifc^er  fonbern  altfemitifd^cr  .Hullu*.  2)ie*  toirb  baburd^  an  bie 
fcaitb  gegeben,  ba^  fotoof^l  in  ber  er^Iung  öon  älaron*  ©tierbilb  (ßj  32,  4.  8)  al*  46 
ni$  in  ber  fcon  ^erobeam*  ©tierfultu*.(l  Äg  12,  28)  ber  ©tier  bargeftellt  toirb  al* 
BUb  ber  ©ott^eit,  toeld^e  3*rael  a\x^  2lgt)pten  ^erauffü^rte.  3)iefe  ©tiere  fmb  barnad^ 
BUber  be*  al$ebräif$en  ©otte*,  ^a^toebilber. 

©*  toirb  an  beiben  ©teilen  toluralifd^  gefagt:  „3)a*  finb  beine  ©ötter,  bie  bi$  au* 
Ig^ten  ^eraufgefü^rt  ^aben".  Siclleid^t  ift  nad)  9ltt)  9,  18  ber  ©ingular  ^erjufteHen  60 
©tabe).  Übrigen*  ^a^t  bic  jjluralifd^e  Se^eic^nung  auf  bie  beiben  ©tierbilber  3^obeam*. 
Huf  ba*  eine  ©tierbilb  3laron*  lä^t  ftc  fi$  nur  mittelft  einer  nicfyt  unge^toungenen  3)eus 
m\Q  antoenben.  6*  müfcte  in  jenen  ffiorten,  tomn  i^re  öorliegenbe  5anun9  urfjjrünglid^ 
%  eine  feftfteljenbe  gormel  oorltegen,  bie  berßr^ä^ler  be*  je^ooiftifd^en  93u^e*  al*  fold&e 
Ulf  fein  einige*  ©tierbilb  antoanbte.  Sitterarifd^c  2lb^ängig!eit  ber  6£obu*erjä^lung  66 
Mm  ber  be*  Jtönig*bud^e*  toäre  be*^alb  nod^  nic^t  gerabe  anzunehmen.  3Kit  ben  „©öttern" 
im  $lur&l  toürben  bie  beiben  ober  auety  bie  ja^lreic^ern  3>o^cbiIber  in  Stiergeftalt  ge« 
metittfein.    Slber  bie  $erftellung  be«  ©ingular*  bringt  eine  SSereinfad&ung. 

Sin  ber  Äorreft^eit  jene*  Referate*  in  6j  unb  Äg   übet   bie  Sluffafjung  be*  ©tier* 
Mibe*  bei  feinen  93ere^rern  toirb  nicfyt  ju  ^toeifeln  fein,  toeil  Spätere,  benen  bie*  93ilb  al*  co 

Rcüt'ditc^nopflbie  für  S^cologic  unb  ftträe.  3.  8.  IX.  45 


706  Salb,  golbene« 

ein  ©reuel  crfcfyien,  feine  Deutung  al«  Silb  be«  alt^cbräifd^cn  ©otte«  nid&t  eingetragen 
faben  toürben.  ÜRan  fönnte  työcfyften«  Vermuten,  bafi  bie  3^9.diten,  auc$  toenn  fie  tyren 
eigenen  ©Ott  in  bem  Silbe  barftetien  toollten,  bo$  bei  ben  SÄg$>tern  gerabe  biefe  ftorm 
eine«  ©otte«biIbe«  fennen  gelernt  Ratten  (©ramberg,  §engftenberg,  ÜRober«  |I,  ©.  376. 380), 
5  Söiner,  %  ©.  9MIer,  §t$ig,  Äeil,  ©4ol»,  Saetygen  u.  a.).  2luc&  ba«  ift  niefct  toafc 
fctyeinlicfy,  ba  ^erobeam  j<|ft>erlic$  gesagt  unb  Dermod&t  tyätte,  burc§  fremblänbtfcfce  Äultu& 
formen  feine  neue  unb  unsere  ^errfc^aftui  befeftigen  ($tuenen,35u|m).  Statu  tommt,  bafe 
bie  golbenen  Stierbitber  bem  2fyi«=  unb  ÜRnebi«bienft  nid&t  genau  entft>re$en.  9C)>tö  unb 
ÜRneDi«  toaren  lebenbe  Spiere,  jener  fd&toar*,  biefer  n>cife ;  beibe  toaren  bem  Cjtri«  geioetyt, 

10  galten  al«  IJnfarnationen  Mtf**  ©otte«  (SBilfinfon,  Manners  and  customs  of  the  an- 
cient  Egyptians,  new  edition,  Sonbon  1878,  93b  III,  ©.  86—95.  306  f.  mit  3tt* 
bilbung).  21llerbing«  giebt  e«  and)  Silber  be«  2tyi«  unb  2RneDi«  Don  Stein  unb  "DtetoD 
unb  \\vax  aud)  fofd&e  Don  erheblicher  ©röfee  (9Ra«pero  bei  Stenan,  Histoire  I,  ©.  147, 
2lnmig.t2);  hrir  toiffen  aber  nid^t,  bafe  biefen  Silbern  Anbetung  bargebrac^t  imirbc. 

16  $ttg$)tif$er  Urfprung  be«  ©tierbienfte«  ber  Hebräer  fann  auc§  nidjt  toa£rfc$emK($  ge* 

rnad^t  toerben  burefy  bie  neuerbing«  Dorgefcfylagene  Ableitung  be« -Kamen«  Igatytoe  Don  bem 
neuäg$)tiföen  SBorte  frwt  „Sieb"  (2Bity.  ©piegelberg,  ®ine  Sermutung  über  ben  Ur* 
frrung  be«  9lamen«  mrr,  ,3bm@  LIII,  1899,  ©.  633—643);  benn  einmal  bebeutet 
bie«  2Bort  nk$t  foejiell  „Stier"  fonbern  Dielmc^r  „üleinDie^"  (©piegelberg  ©.  639),  unb 

20  bann  ift  e«,  Don  anberm  abgefefyen,  unbenfbar,  bafe  eine  fo  generelle  Segnung  für  eine 
liergattung  jum  @otte«namen  getoorben  fein  follte.  $m  $g$)tif$en  lommt  fte  aß 
foletyer  nietyt  Dor,  unb  überall  hmrbe  ber  ©Ott,  ben  man  ftety  in  Stiergeftalt  borftettte,  als 
ein  beftimmte«  einzelne«  23er  gebaut. 

aÖLSttt  man  ben  2)ienft  be«  ©tierbilbe«  nicfyt  al«  alttyebräifä  (Satfe,  ©toalb,  Äuenen, 

26®u^m,  Äleinert,  21.  „Silberbienft",  Sb  III,  ©.  2 18  f.,  ffennebty;  Dgl.  meine  ©tubien 
*ur  femitifd&en  9leligion«gef($icfyte  I,  1876,  ©.  137  f.  unb  ßaufcfö,  21.  „gerobeam  I.", 
Sb  VIII,  ©.  664, 22  ff. ;  bie«  fcfyeint  and)  2)illmann«  2fafu$t  getoefen  ju  fein,  obgleich  er 
a.  a.  D.  ben  ©tierbienft  nur  al«  „altfemitifefy"  bejeu^net,  aber  im  Kommentar  gu6|32,4 
al«  „alttyebräifcfy")  anfeilen,  fo  bleibt  toofyl  nur  übrig,  barin  eine  ©ntle&nung  Don  einem  ber 

so  Dertoanbten  femitifd^en  Sölfer  &u  erfennen.  Obgleich  aber  ber  ©tier  als  ^eilige«  Ber 
ber  alten  Hebräer  ftd&  nid^t  untoiberfegbar  nad^loeifen  täfct,  ift  e«  boc^  fe^r  toa$rf<$einli#, 
bafe  er  bei  ben  Hebräern  ebenfo  tute  bei  if^ren  ©tammbertoanbten  feit  alten  ^titm 
ein  folc$e3  toar.  SBie  im  211  bie  ©ro&en  unb  Wältigen  ber  (Srbe  Dielfad^  unter  ban 
Silbe  Don  ©tieren   bargefteüt  toerben  unb  inSbefonbere   ba«  Stier^orn  Silb   ift  für  bie 

36  Äraft,  fo  toirb  ba«  Ie^tcre  Silb  ani)  $ur  SJarftellung  ber  göttlid^en  Jtraft  unb  be«  öon 
il>r  au«ge^enben  §eile«  nic^t  Derfc^mä^t.  6«  ift  ni($t  unmöglich,  bafe  bie  Senenram^ 
3af>toe«  at«  be«  „Starten  T^wN)  gjafob«"  eigentlich  „ber  ©tier  3ja!ob«"  bebeutete  (3B«k 
Raufen,  ©eWid^te  3«raei«  I  HProlegomena  l\,  1878,  S.  298;  bagegen  3)ittmann,  2^eoL 
S.  99   2lnmfg.),   ba   ^a«  ^äufig    &ur  6^ara!terifterung  ber  Stiere  bient  (Dgl.  ba«  auf 

40  Sa^ioe  angetoanbte  Silb  be«  SBilbod^fen  SRu  23,  22 ;  24,  8).  Sjer  46,  14  bebeutet  ^ 
für  fid^j  allein  toar)rfc^ein[ic^  „Stier"  unb  be$iefyt  ftd^  bann  auf  ben  Styi«,  fobaft  LXX 
richtig  überfein  n?ürbe  mit  if^rem  6  juooxog  (5  ixkexrog  oov,  bem  ein  ©loffator,  richtig 
erflärenb,  DoranfteUte :  6  rAmg  (fo  §i^ig  $u  b.  ©t.).  2luc^  mag  bie  2lu«jage  „3a^»c 
brüHt"  (2lm  1,  2  unb  fonft)   Don  ber  StierDorftellung  entlehnt  fein,   obgleich  aHerbbi^ 

46  „brüllen"  im  2U  toof^I  Dom  Sötoen,  nic^t  aber  Dom  Stiere  Dorfommt  3P  **&'- 
lid)  Saddaj  ein  alt^ebrmfd^er  @otte«name  unb  bangt  er  ftufammen  mit  ber  bab^Ionifc^ 
aftyriföen  Sejeic^nung  §edu  für  bämonifd^e  SBefen,  namentlich  biejenigen,  tvelc^e  in  ben 
©ticrfoloffen  bargefteUt  mürben  (f.  21.  „gelbgeifter"  Sb  VI,  ©.  4  f.),  fo  fönnte  au$  barin  eine 
#intoetfung  auf  bie  Stiernatur  be«  ©otte«  ber  alten  Hebräer  gefunben  n>erben.   Dagegen 

60  liegen  in  ben  SRinbem,  bie  ba«  eherne  Seien  mit  ^eiligem  ffiaffer  (<fym&  SWeer)  hn 
Salomonifc^en  Semmel  trugen  (1  Äg  7,  25)  unb  unter  ben  Serjierungen  ber  ehernen 
©eftüblc  um  bie«  Sedfen  fi$  befanben  (1 5tg  7,  29),  fra^rf$einli$  3Rac^a^mungen  p^op 
jifc^er  Äultu«geräte  Dor.  ©benfotoenig  !önnen  geltenb  gemalt  toerben  bie  (S^erubtm 
(Sjec^iel«,   bie  au^  Stier,  Sötoe,  21bler,  9Jtenfd&  jufammengefe^t  ftnb;    Denn  Sjec^id  mag 

66  bie  Seftanbteile  biefer  p^antaftifd^en  ©eftalten  Don  ben  ^eiligen  3;ierbilbern  ber  Sab^to« 
nier  entlehnt  baben.  Ob  bie  G^erube  be«  alten  Tempel«  gang  ober  tetltoeife  liergefbü 
unb  fpenell  bie  eine«  Stiere«  Ratten,  ioiffen  toir  nic^t.  S$toerlid&  ftnb  bie  Äömer  be^ 
2Utar«  für  alten  ©tierbienft  anjufü^ren  (fo  Äuenen,  3)u^m) ;  biefer  Sierrat  ip  Diellektt 
barau«  ju  erflären,  ba^  auf  bem  2lltar  gehörnte  liere  geopfert  tourben,   ober  bie  $&nff 

oo  haben  lebiglic^   ben  praftiföen  ^toedf,    eine  ^anb^abe   ju  bilben   für  ba«  Slnfaffen  bei 


»alb,  golbettc*  707 

3Utarö  burcty  bie  Scfyufcfleljenben.  $)er  äfynlictye  2lltarfdbmudf  bon  Stier-  unb  SBibber* 
topfen  ober  «©pöbeln  mit  ben  Römern  ftnbtf  fttfy  bei  ©rieben  unb  SRömern  in  Äulten, 
too  ©tier*  ober  Sßibberbienft  toenigften«  bireft  nicht  Vorliegt.  2)iefe  gehörnten  5EierIö^fe 
ftnb  bielleid&t  bon  änfang  an  nic|t«  anbere«  al«  ein  fünftlerifä  angemeffener  äbfc&lufe 
ber  SHtaretfen.  dagegen  mag  no<$  ber  altteftamentlic^e  SRitu«  ber  ^Bereitung  be«  ßnt*  6 
ffinbigung«toaffcr«  mit  ber  Slfctye  einer  roten  itub  (9iu  c.  19)  auf  alte  Jpeiligfeit  be« 
SRinbe«  bertoeifen. 

aber  alle  Sejiefyungen  be«  Stieret  ober  SRinbe«  jum  Äultu«  fönnten  ettoa  bon  ben 
Hebräern   erft  feit  ber  Sefefyaftigleit  in  Äanaan   au«  bort  borgefunbenen  Äulten  über* 
nommen  toorben  fein,  ©egen   altfyebräifd&en  ©tierbienft   glaubt  man   nämlicty   eintoenben  10 
m  muffen,    bafe  bie  Hebräer  jur  geit   ty™  ©intoanberung  in  Kanaan  als  Ritten   bon 
JRlehttriei^erben,  nictyt  al«  SRinberljirten  ju  benfen  feien  (©tabe,  Senjinger).    &ie  lefctere 
Sbma^me  ift  Joa^rfd&einlicfc   richtig.    $>ie  ©tammmutter   be«  §aufe«  3ofa>Ü[   fraß*  ben 
Warnen  SRabel  „2Rutterfd&af",   unb  bie  ©tammbertoanbten   ber  3«raeliten,  bie  2Roabiter, 
befafeen  boriug«toeife  ©c&aföerben  (2  Äg  3,  4;  bgl.  9t.  ©mify  ©.  238).  ^n  ben  alttefta*i6 
mentli$en  \ßatriarctyengefc$id&ten  ift  nur  beiläufig  bon  SRinbern  bie  SRebe ;    in  ben  au«* 
ffi^rlic^en  @nä^lungen  bon  3a!ob«  £irtenleben  fielen  allein  Schafe  unb  3**9*"  «ne 
»olle,   unb  bte  bon  SDtofe  gehütete  §erbe  $etro«  heftest   au«  Äleinbiefc  (gj  3,  1).    $ie 
toafferarmen  ©teufen  ^ßaläftinad  unb  ber  umliegenben  2änber  toaren  für  SRinberfyerben  nic^t 
geeignet.  SRur  ba«  an  betoäfferten  Söeiben  reiche  93afan,  beffen  fette  JUtye  unb  ftarfe  ©tiere  20 
hn  SEE  öfter«  ertoätynt  toerben,    fd&eint   ein  2anb  ber  5mnberfyerben   getoefen   ju  fein, 
©onft  ift  im  9fä  ba«  SRinb  ba«  lier  be«  3ldferbauer«,    nic^t  be«  $irten.    &ie  nomabU 
jterenben  Slraberftämme  auc$  ber  neuem  ßeit  beftfcen  nur  Äamele  unb  galten  bie  SRinber* 
nu$t  für  unter  tyrer  2Bürbe.    9lur  Stämme,  bie  am  SRanbe  ber  SBüfte  Raufen,  ernähren 
\id)  bon  SRinbern  (ßarften  SRiebutyr,  Seföreibung  bon  Arabien,  Kopenhagen  1772,  ©.389).  25 
®arna$   mufe  too^l   angenommen  toerben,   bafe  taur„©tier"  ate  menfc^lic^er@igenname 
auf  arabtf(£em  ©oben  (f.  unten  §  2)  aufgefommenift  bei  ©tämmen,  toelctyenictyt  nac§  ber 
alten  SRomabentoeife  lebten,  ober  bafe  fyier  eine  ©ntletymmg  borlicgt.   $)a«@ebiet  ber  Mim 
biten,  bei  benen  biefer  ^erfonname  fcorfommt,  erftreefte  ftc?  bt«  in  bie  alten  Äulturlänber 
am  @u^rat  unb  Sign«  (f.  bie  „.starte  jur  a3orgefd?ic&te  be«  3«lam"  in  31.  9MIer,  $er  30 
3$lam  im  ÜRorgen=  unb  Stbenblanb,  33b  I,  1885).  Wutf)  bie  Hebräer  aber  lönnen  J^on 
bor   tyrer  ßintoanberung   in  Äanaan   unter  bem  ßinflufe  ber  ^Religion    eine«  fefefyaften 
Solle«,  ettoa  ber  Sab^lonier,   ben  ©tier  al«  ^eilige«   lier   angenommen  fyabcn.    Siel« 
leicht  auc^  ftnb  in  ber  fultifeben  Sebeutung  be«  ©tiere«  bei   ben  33ab^loniern,  9työni= 
jiern,  Hebräern  felbftftänbige  SSer^toeigungen    einer   urfemitiföen  ^orfteQung  ju  erblicfen.  86 
Sie    toürbe  barauf  bertoeifen,  bafe  bie  Urfi£e  ber  ©emiten  nietyt  in  ber  2Büfte  gu  fuefcen 
feien. 

Ziele  fmbet  toegen  be«  lofalcn  G^aralter«  bc«  i«raelitifd^en  ©tierbienfte«  bie  i^er^ 
mutung  na^e  liegenb,  bafe  ba«  ©tierbtlb  erft  bann  auf  ^aljrtoe  angetoanbt  toorben  jei, 
al«  biefer  mit  bem  aramäifcfy-fanaanäifcfyen  ©etoitter?  unb  ©tiergott  §abab  bcrfc^moljen  40 
toorben  toar.  Stber  bann  toäre  ber  ßrfolg  be«  fcon  Jerobeam  eingeri^teten  ©tierbienfte« 
f^toer  gu  erllären.  2)ie  (Sntftebung  be«  ej^raimitifeben  ©tierbienfte«  ift  jebenfall«  am  ein* 
fai^jien  bann  berftänblid^,  toenn  fte  eine  Erneuerung  alt^ebräifc^en  ©rauche«  toar. 

2.  ©er  ©tierbienft  bei   anbern   femitifd^en  SSölfern.    ©inb  bie  ©füren 
für   alte  §eiligleit    be«  ©tiere«    bei   ben  Hebräern   nur   unftcfyer,    fo   finben   toir   guöers  46 
(affige  in  grofeer  $aty  bei  benjenigen  SSölfern,   mit   beren  ^Religion  einft  bie  ber  Hebräer 
im  toefentlic^en  ibentifd^  toar.   SLUe  ber  Sötoe  al«  heilige«  Her  ber  toeibli^en  §immel«s 
gott^ett    in    ber  babtylonifci^affyrifdjen    unb   in    ber   tyrophönijifctyen   Sieligion    (f.  oben 
8b II,  ©.176 f.),  fo  erfd^eint  ber  ©tier  al«  folcfye«  ber  männlichen.  911«  ein  üer  tourben 
auc^  bie  afftyrifc^en,  fbro^önijijc^en  unb  pbiliftäifc^en  2Baffergottl;eiten  bargefteQt,  nämlic^  50 
in  bem  2ier  i^re«  ©lemente«,    bem  Jifc^,    ober  bo$  in  falber  Jifc^geftalt  (f.  21.  „9ltar* 
gati«"  unb  „3)agon").  3)en  Stier  jum  ©otte«bilb  $u  toä^len,  lag  bei  bie^juc^ttreibenben 
wllem  na^e.  Slud^  bie  alten  Girier  erllärten  bie  §immel«erjc^einungen  burd^  Serglei$ung 
mit  bem  SÄen  i^rer  .fterben.   ©pätcre  ^Refte  fold^er  uralten  2lnfc$auungen  ftnb  ber  Urftier 
be«  3ei*aö^fa  unb  ber  Stier  be«  Witfyra«  toie  ber  be«  ©c^itoa.    $)er  ©tier  ift  Wtpxfe  66 
fentant  ber  Kraft  unb  ©tärfe  (—rN)  unb  fteDt  be«l?alb  bei  ben  ©emiten  bie  bermc^tenbe, 
juglei^  aber  aud?  jeugenbe  9l(lgetoalt  ber  ©ott^eit  bar. 

6me  „totemiftifd^e"  2luffafjung  al«  $u  ©runbe  liegenb  an|\une^men,  ftnb  toir  babei 
nid^t  genötigt,  obgleich  toir  un«  getoife  ooqufteüen  fyaben,  bafe  ber  ©tier  nid^t  nur  al« 
ein  äbbtlb  ber  ©ott^eit  erfd^ien,  Jonbern  bafe  bie  ©ottheit  toirflid^  al«  ein  Stier  gebaut  ec 

V>  * 


708  Salb,  golbette* 

tourbe.  2Benn  bei  ben  2lrabern  ein  Unterftamm  fcon  $ambän  unb  c3lbb  SKanäfc  ge-- 
nannt  toirb  taur  „Stier"  (SRobertfon  ©mitfy,  Animal  worship  and  animal  tribes 
among  the  Arabs  and  in  theOld  Testament,  in  bem  Journal  of  philology  IX, 
1880,  ©.  79),  fo  ift  bieg  feinenfalte  bafür  betoeifenb,  bafj  ber  Stamm  einen  ©tier  als 

6  feinen  göttlichen  Sinnen  unb  bie  ©tiere  als  feine  93ertoanbten  anfafy.  2)er  ©tarnm  tonnte 
ft$  fo  nennen,  toeil  er  in  bem  ©tier  irgenbtoelcfce  (Sigenfctyaften  als  abbilbKdj  ober  bor* 
bilblicfy  erlannte.  3n  ttefan  ©inne  ftnb  bei  begebenen  SSölfern  noety  in  fyättn  3etten, 
too  bon  lotemtemuS  leine  Siebe  fein  lann,  $iernamen  afö  ^erfonennamen  getoä^lt 
toorben.    2tnber3  brauet  au$  ber  9?ame  taur  für  ben  ollerbmgä  getoifj  nu;t&if<$cn  31^ 

10  $errn  ber  ®tynaftie  ber  Äinbiten  (©mitfy,  Animal  worship,  ©.  83)  nid^t  erfiärt  )u 
toerben. 

£>er  Sonnengott  läfet  ftety  in  bem  ©tiere  faum  erlernten,  toie  man  bielfa$  gemeint 
bat.  $)a$  ©olb  ber  tyebräifd^en  ©tierbilber  mufi  nietyt  gerabe  auf  ben  ©lang  ber  ©oiute 
bertoeifen,  benn  auc§  anberer  ©ötter  Silber  toaren  bon  ©olo.    9loi)  toeniger  ift  bie  39c 

16  fyauptung  überjeugenb,  bafj  bie  Äraft  be$  ©tiereS  fyejiell  bie  berfengenbe  ©onnenglut  r* 
präfentiere  (ituenen  ©.  236).  SlQerbingS  ift  bei  ben  Sabtyloniern  ba$  Sttb  be$  ©tiere« 
im  lierfrete  beä  §immefö  ba$  ßeicfyen  be$  3Karbu!  Qenfen,  ®ie  ÄoSmologie  ber  ©afy* 
lonier,  1890,  ©.  62—64.  88  ff.),  unb  SDtarbuf,  ba$  „©onnenmilc&falb"  (na$  brieflicher 
Mitteilung  bon  $.  $arfm,  bem  ic$  auety  §intoeifungen  auf  babtylonifcfcaffyrif4e  bilbßcfc 

ao  £>arftellungen  berbanfe),  ift  ber  ©ott  ber  grübfonne.  Slber  ber  ©tier  toar  bei  ben  33a- 
btyloniern  aucij  unb,  loie  e$  fäeint,  foejiell  bem  ©etoittergott  beilig.  $äufig  tohrb  auf  ben 
®enf  malern  ein  ©ott  bargeftellt,  ber  auf  einem  ©tiere  ftebt  unb  an  einem  Stocf  einen 
$toeiftra^ligcn  93ü^  (?)  fjält  (©.  $offmann,  3eitförift  für  äfforiologie  XI,  1896,  ©.  253). 
Sluf  bem  2lfar$abbom$)enlmal  bon  ©enbfötrli   ift  ein  ©ott  mit  bem  2)ret$acf  abgebüßt, 

26  ber  auf  einem  gehörnten  $iere  ftefyt,  toelctyeS  toofyl  nur  ein  ©tier  fein  fdnn.  2)iefer  Sttbil- 
bung  entftmctyt  naety  b.  Sufcfyan  annätyernb  bie  eines  ©otteS  mit  bem  2)reqa<f  auf  einem 
geflügelten  ©tier  in  bem,  fo  biel  mir  befannt,  auety  jefct  noety  nietyt  genau  reprobuiierten 
Relief  bon  9Mtaija  (f.  bie  Slbbilbungen  bei  b.  2ufdjan:  Äöniglid&e  3Kufeen  ju  SBerfin, 
3Kittyetlungen  aus  ben  orientalifd&en  Sammlungen,  £eft  XI,  1893,  ©.  18. 23).  £en  affon* 

so  Wen  ©etoittergott  fennen  toir  jefct  unter  bem  9tamen  Slbab  (f.  X.  „§ababs9timmon", 
33b  VII,  S.  291,  off.).  £>af$  ber  ©ott  mit  bem  »lt$,  alfo  auefc  ber  auf  bem  Stiere 
ftefyenbe,  in  ber  %\)at  3lbab  ift,  tüirb  neuerbingä  beftätigt  burd^  bie  Stbbilbung  auf  einer  bort 
Jtolbetoe^  im  $al?re  1900  in  93ab^lon  gefundenen  c^linberförmigen  Safurftanae  aud  bem 
Stempel  ejaffil.    bargeftellt  ift  ein  ©ott  mit  Sitten   in   beiben  §änben.    vlad)  ber  bei« 

86  fte^enben  3>nfc^rift  in  neubab^lonifd^en  Äeilfd^riftjeic^en  ift  bie  Stange  baS  „Siegel  bed 
©otteS  9lbab",  alfo  au$  ber  bargefteüte  ©ott  gtoeifelloS  Sbab.  ©inen  Stier  ^at  er  in 
biefer  Slbbilbung  nid^t  bei  ftc$.  3)ie  Slbbilbung  einer  gtoeiten,  am  felben  Orte  gefunbenen 
Safurftange  ftellt  na^  ber  in  neubabtylonifc^en  3e^en  beigegebenen  S^1^  ^  ®ott 
SKarbu!  bar  o^ne  ben  Slifc  (3Rt  ber  ®eutfd^en  Drient=©efellfc^aft  ju  »erlrn,  «Rotoember 

40  1900  9tr.  5,  S.  12  ff.),  ©amaefy  ift  alfo  ftc^er  Sbab,  ni$t,  toie  man  früher  gemeint 
f)at,  s3Jlarbuf  ber  mit  bem  93(i$  bargeftellte  ©ott.  S)er  bab^lonif^saff^rif^e  äbab  ift  ber< 
felbe  ©ott,  ber  bei  ben  355eftfemiten  unter  bem  9?amen  $abab  oii  ©etoittergott  unb  auf 
einem  Stiere  fte^enb  toorfommt.  SGBir  befi^en  Silber  be«  au«  Serien  nac^  3lom  Der* 
pflanzten  %vty\tuc  bon  ®oli(^e,  bie  tyn  auf  bem  Stiere  fte^enb  barftellen  (f.  gel.  ^ettner, 

46  De  Iove  Dolicheno  dissertatio  philologica,  Sonn  1877).  3)er  „$ttö"  bon  ^iero* 
)>oli«  in  Serien  tourbe  abgebilbet  auf  Stieren  fi^enb  (Sudan,  DeSyria  dea  §  31).  Jn 
bem  ©ott  Don  $oli$e  unb  in  bem  tyieropolitamföen  3m^  lft  tein  anberer  ©ott  aB  ber 
aramöifc^4anaanäif(^e  §abab  ju  erlennen  (f.  31.  $abab-9limmon,  S.  291  f.).  %)acnaSi 
toar,  toie  e$  fc^eint,  gerabe  bem  ©etoittergott  bie  Kombination  mit  bem  Stiere  c^arafte 

60  riftifc^.  3)Jan  bergleic^e,  ba^  bie  $ababsStatue  bon  Senbfctyirli  in  Slorbf^ricn  ben  ®ott 
abbilbet  mit  einer  Äoffbebechmg,  bie  je  jtoei  §örner  an  beiben  Seiten  tyat  (3Rt  cwß  ben 
orientalifd^en  Sammlungen  XI,  S.  84  unb  lafel  VI).  2)er  ^ettitifc^e  ©etoittergott  einer 
1899  auf  bem  ©oben  beä  alten  Säbel«  gefunbenen  Süoleritftele  (in  ber  Seiten  eine  brei* 
gqaefte  flamme,  in  ber  Surfen  einen  Jammer  ^altenb)   trägt  auf  bem  $aupt  eine  fpi^e 

65  2)tü£e,  an  ben  Gdten  mit  atoei  (gr^ebungen  berfe^en,  bie  an  Heine  ßörner  erinnern  Braien 
(f.  bie  Slbbilbung  in:  2öiftcnfdE>aftlic$e  Veröffentlichungen  ber  beutfe^en  Drient=©efenfc^, 
§cft  1 :  S)ic  l^ettitif^e  3>nW^ft  gefunben  in  ber  Äönig^burg  bon  Sabtylon  .  .  .  »etdffent' 
lic^t  bon  9t.  .Holbetoe^,  1900).  3)icfe  SleliefbarfteDung  bedt  ftdjf  faft  gang  „mit  einer  kr 
1888  in  Senbfd&irli  gefunbenen,  afö  SBanbberfleibung  eines  2:^oraeb&ibed  bienenben  #e 

eo  liefe"  (a.  a.  0.,  S.  4;  f.  bie  äbbilbung  S.3V  3n  ber  Steliefbarftettung  bon  SeiAf^Wi 


ftaib,  golbene«  709 

ftnb  bie  öden  an  bcr  SJtüfce  auc$  toorfyanben,  treten  aber  toeniger  $ert>or.  2tbgefe£en  Don 
btefen  jtoeifetyaften  „Römern''  be«  ©etoittergotte«  öabab,  ftefyt  feine  Kombination  mit 
bem  Stiere  fefi  —  -Kit  biefer  Seobad^tung  toürbe  übereinftimmen  bie  Starftellung  3a$toe« 
•al«  Stier,  ba  auefc  ber  alte  §ebräergott  offenbar  toor^ug«h>eife  ein  ©etoütergott  toar. 

Slber  toir  bürfen  ba«  Stierbilb  bei  ben  SBeftfetmten  !aum  auf  ben  ©ott  $abab  be*  5 
föränft  benfen.  3>ene  ©rjä^lung  ber  ©rieben  toon  ber  (Sntfüfyrung  berSuropa  bur$3eu«, 
ber  babei  in  Stiergepalt  auftritt,  ift  eine  ©rägifterung  ber  Kunbe  toon  ben  SBanberungen  be« 
in  Stiergeftalt  bereiten  pfyönijiföen  Saal  unb  feiner  Sßarebro«,  ber  Slftarte,  nac$  Kreta  (für 
bie  Sbentität  bex  äftarte  unb  (Suropa  f.  De  Syria  dea  §  4).    Suropa  mit  bem  Stier  ift 
abgebübet  auf  ftboniföen  9Jiünjen  unb   auf  folgen  ber  fcetifd^en  Stabt  ©orty«  (§ödf,  10 
Äreta,  8b  I,  1823,  ©.  98;    Dtoerbedf,   ©riet^iföe  Äunftntytyologie,  33b  II  [Sefonberer 
Ifreil,  8b  1,1  3eu$],  1871,  ©.461  f.;  togl.  Stünjtafel  VI, 9— 11  •  aufjerbem  Diele  anbere 
©arftettungen  biefer  ©rujtye  au«  Orten,  bie  ben  urft>rünglic$en  ßofalttäten  be«  2Jtyfyo« 
ferner  liegen).    3ld&iUe«  2iatiu«  (I,  1)  betreibt  ein  ©emälbe  im  Slftartetempel  ju  ©ibon, 
ba«  bie  dntfüfcung  barfteQt.    (Sin  fjeft  biefer  Entführung  tourbe  naefy  SRalala«  (Chron.  15 
ed.  2)inb.  S.  31)  noc§  ju  feiner  3«*  (6-  3S«W-  n.  ®fi)  bon  b*n  2tyriern  gefeiert.  2öie 
in  biefem  9Jtyt$o«  ber  8aal  al«  Stier  erföeint,   fo  rebet  Siliu«  Stalicu«  (Punica  III, 
104  f.)  Don  ber  cornigera  frons  be«  Jnmiföen  Milichus,  b.  i.  be«  SRelfart.    gerner  barf 
ber  äfterio&aRinotauro«  toon  Kreta,  fyalb  al«  2Jtenf4  tyalb  al«  Stier  bargefteut  (2tyoflos 
bar  III,   1,  4),  toielleid&t  angefefyen  toerben  al«  entftanben  au«  bem  ©ott  ber  alten  20 
tftfmittten  Kolonien  auf  Kreta.    9$m  hmrben  iDtenfcfyenopfer  gebraut  tote  bem  Saal  ber 
^ömjter  (Bretter,  ©rieche  ÜR^tbpIogie,  8b  II a,   1875,  ©.  124  f.).    $ie  bei  ©orty« 
toeibenbe  $erbe,  au«  toelctyer  ber  3Rinotauro«  tyertoorgefyt,  hrirb  toon  ßinigen  eine  ©onnen= 
fcrbe  genannt;  ba«  mag  barauf  toertoeifen,  bafi   fte  mit  einem  l$önbjif($en  ©onnengott 
jufammen^ängt.    3)er  toon  Sßofeibon  an^  bem  SReere  gefanbte,  bon  Sfcino«  biefer  fierbe  25 
einverleibte  Stier,   ber   ben  SKinotauro«   erzeugt,   entftmcfct  ettoa  bem  über  ba«  iKeer 
tommenben  Stiere  ber  (Suropa,  b.  i.  bem  Saal,  ber  feine  fööne  8eute  nacb©orty«  trägt 
CPreHer  II,  ©.  121.  200;  bgl.  ©.  117).    Son  £erafle«  gebänbigt,  Verläuft  ftcfc  ber  fce* 
tifd&e  Sßofeibonftier  nac$  -Dtarattyon  unb  hrirb  jum  Reiten  2M  übertounben  toon  3^>efeu« 
(greller  II,  ©.  292) ;  bei  SRaratyon  pnbet  fid^  noc§  eine  anbere  ©pur  toon  ^öni$ifd)em  30 
KultuS  (8aubiffm,  Stubien  II,  S  15G).    2ßie  .SRinotauro«  ben  8einamen  äfterio«  ober 
äfterion  fityrt,  fo  auc^  ber  auf  Kreta  toere^rte  3ew«,  unb  biefer  3*u$  äfterto«,  ber  ^err 
b««  gefunden  $immel«  unb  ber  Sonne,  toirb  in  bem  8ilb   eine«  fctyimmernb  loei^en 
Stiere«  bargeftettt  (Bretter  II,  S.  117  f.).  —  $n  bem  Semmel  be«  3eu«  ätab^rio«  auf  9tyo* 
bo«f  b.  i.  be«  Saal  t>om  Serge  Xabor,  beffen  Kultu«  ^öni^tfe^e  Koloniften  ausbreiteten,  so 
Panb  tin  eherner  Stier;  nac§  2tnbern  toaren  e«  mehrere  Stiere  (Stubien  II,  S.  248 f.). 
Huf  SRünjen  toon  35ama«!u«  unb  bem  ^önijifc&en  ärabo«  pnbet  fä  ber  Stier  bargefteut 
neben  anbern  ^eiligen  Silbern  (a.  a.  D.,  S.  194  f.).  —  Dbglei^  auf  bie  rabbinifd^en  ©r- 

S hingen  toom  SKoIoc^bilb  al«  einem  ^o^Ien  ©rjbilb  mit  Stierfoj>f,  auf  beffen  borgeftredte 
«e  bie  Äinberopfer  gelegt  toorben  fein  follen,  um  burc^  ein  im  ^imern  be«  Silbe«  ge=  40 
fcijte«  3«wer  gebraten  ju   toerben  (Sattut  Sc^imeoni  nad^  SRibrafc^  3el'am*>enu)f  fein 
©etoie^t  gelegt  toerben  barf,  fo  tonnte  barin   boc^  möglic^ertoeife  bie  richtige  Erinnerung 
<m  5DarfteHungen  be«  ^öniuföen  ©otte«  in  Stiergeftalt  ju  erlennen  fein.    6«   ift  aber 
bei  ber  f^äten  3«^  Mg«  2ln^abe  —  ba«  313;  W^eigt  böllig  bon  ben  SRoloc^bilbern,  unb 
in   ber   altern  Sefc^reibung   jene«  Silbe«  im  9Kibraf<$  6(^a  fe^lt  ber  Stier!oJ)f  —  nid^t  45 
mir  ebenfogut  möglich   fonbern  bod?  too^l  toa^rfdjeinli^er,  ba^  ^ier  feine  genuin-femitifc^e 
(Erinnerung  )u  ©runbe    liegt  unb  eine  Kunbe  Don  bem  ^Dlinotauro«  ber  ©rieben   i^ren 
(Stttfluf}  ausgeübt  fyat  (fo  ©.  7s-  3Roore,  The  Image  of  Moloch  in  bem  Journal  of 
Biblical  Literature  1898,  S.  161—165).  —  ^ebenfaü«  ift  bie  2>arfteHung  eine«  gra«* 
freffenben  Dd^fen  auf  einem  punifetyen  3)enfmal  (©efeniu«,  Phoeniciae  monumenta  1837,  so 
tab.  25)  nic^t  für  ein  ©otte«bilb   gu   galten   (fo  in  meinem  Jahve  et  Moloch,  1874, 
S.  45),  fonbern  tttoa  mit  ©efeniu«  (a.  a.  D.,  S.  448  f.)  für  ein  Symbol  ber  Sitte  um 
gfruc^tbarfett  be«  Sanbe«. 

3Benig  toa^rfd^einlic^  ift  e«,  baft,  toie  man  gemeint  fyat,  ber  9lame  be«  ^eiligen  Stiere« 
(*&)  ju  enennen  ift  in  bem  be«  einen  $au£tgotte«  toon  ^Salm^ra,  2lglibol  (f.  Sb  II,  55 
S.  334,  uff.);  er  tourbe  in  SKenfctyengeftalt  bargefteut.  SBofyl  aber  barf  barauf  toertoiefen 
toerben,  bafj  unter  ben  lieren,  bie  nac$  bem  Sud^e  De  Syria  dea  (§  41)  in  bem  f)tu 
Kjjen  Sejirt  bon  §ieroj)oli«  gepflegt  lourben,  ftc^  gro^e  Stiere  befanben.  2tuf  ^eiligleit 
ber  SRmber  bei  ben  (toenn  mlfyt  ju  ben  Semiten  ge^örenben,  fo  boc$  femitifterten)  $^i= 
ßflern  Ijertoeift  bie  örjä^lung  ber  Samueli«büc^er  Don  ber  ©ntfenbung  ber  ^eiligen  £abc 


710  Salb,  golbctte* 

aus  bem  ^tyilifterlanb  auf  einem  neuen  2Bagen,  begannt  mit  fäugenben  Äüfyen,  bie  noc$ 
lein  30C^  Betragen  Ratten  (1  Sa  6,  7 ff.;  bgl.  ben  vaog  tvyoqwQov/juvos  bei  SjJtytto 
SfybliuS,  Fragmenta  hist.  graec.  ed.  S.  3JlüUer,  93b  IIIr  S.  567,  §  10). 

Db  eS  in  ßufommen&ong  [tebt  mit  pbönijifd&en  flutten,  toemt  35iontyfoS  m  benSfy? 
5  fterien  in  Stiergeftalt  ober  boq  mit  Stierbörnern  aebac&t  unb  bargefteflt  irorb,  als  rav- 
Qo/uoQyog,  ravgoxeQcog,  ßovypmg  (Bretter  I,  4.31.  tum  SRobert  1894,  S.  695.  7 13  f.), 
rnufc  Ba^ingefteDt  bleiben,  ba  mit  tiefem  ©ott  noety  toiele  anbete  liere  jufammengefleflt 
toerben  unb  ba  toeiter  in  ber  gried&tföen  2Jtytfyologie  ber  Stier  m  Serbinbungen  bot* 
fommt,  toeld&e  (toie  bie  glüffe  als  Stiere,  ber  Stier  beS  Sßofetbon)  nic^t  auf  ^önijtfc^em 

10  ©influ|  berufen  fönnen.  (Styer  toertoeifen  auf  folgen  bie  Slinber^erben  beS  .§elio£  auf 
bem  feit  alten  3eiten  toon  ^önijiföen  Äoloniften  betoobnten  Sizilien  unb  bie  beS  ©efyo* 
neuS  in  ber  p^önigtfe^en  Äolonialftabt  ©abeS  (togl.  greller  II,  S.  208  f.). 

Sie  SSerbinbung  beS  Stieres  ober  ber  ßufy  mit  bem  Äult  ber  h>ciblidben  p^öniaifc&en 
©ottfyeiten  läftt  ftety  —  fo  toeit  \d)  fefye  —  nicfyt  mit  ber  gleiten  Sicfyertyeit  nac^ipeifen. 

16  Sßenn  einmal  ^tyilo  33tybliuS  bon  ^er  Slftarte  erjä^lt,  fte  fyabe  fi<$  einen  ©tterfotf  auf 
baS  §au}>t  gefegt  „afö  3ei$en  ber  ßerrföaft"  (6.  569,  §  24),  fo  beruht  biefe  angäbe 
nic^t  nottoenbig  auf  alt^^ötiijtfc^en  4)arfteDungen  ber  ©öttin.  $fyilo  mag  jüngere  316* 
bilbungen  gefejjen  fyaben,  bie  fte  in  ägtyptifdjer  3Beife  barftellten  mit  ben  Stetbuten  ber 
3ftS.    So  trägt  auf  ber  Söei^etafel  beS  ÄönigS  Set^atomele!  toon  ©ebal  bie  SJaalat  *>on 

ao  ©ebal  ben  Äopffctymudf  ber  3ftS,  beftefyenb  aus  jtoei  Römern,  bie  eine  Scheibe  umfaffen 
(Slbbilbungen  bei  be  3*ogü6,  Stele  de  Yehawmelek,  *PariS1875;  guting,  Rbm©  XXX, 
1876,  S.  132 ff.;  Corp.  Inscript.  Semit.,  S3b  I,  tab.  I,  fcgl.  baju  bie  MefonfiruÖion 
biefer  äbbilbung  „mit  $ülfe  ber  too&l  ettoaS  jüngeren  fertfd&en  Sronceftatuette  auS  ber 
(SoUection  Sfterette"    bei   Smttb*  Stube,  Sieligion,  S.  346).    2>er  alte  Ortsname  »fcfc 

25  terotsÄarnajim  „Slftarte  ber  jtoei  $örner"  toertoeift  fötoerltcfc  auf  Sttertyörner,  fonbem 
totrb  ju  toerftetyen  fein  Don  ber  Slftarte  beS  OrteS  Äarnajim,  b.  %  eigentlich  „ber  beiben 
33ergljörner"  (fo  ©.  fj.  3Koore,  Ashteroth  Karnaim,  Gen.  XIV,  5  in  bem  Journal 
of  Biblical  Literature  1898,  S.  155  ff.).  3lu$  bie  Äörner,  bie  man  auf  punifcfcftgili* 
föen  unb  sfarbiniföenSKünjen  hinter  bemDtyr  einer  toeiblicgenSottfceit  nac$  ariec^ifc^em  XypvA 

ao  mit  SÄfyrenfcanj  hervorragen  ftetyt  (3Hünter,  Sieligion  ber  Äartfyager*,  Ätyenfyigen  1821, 
$af.  I,  10.  11;  fcgl.  S.  68)  fönnen  burd&  3KiffrerftänbniS  ber  Spätem  aus  ber  SRonk 
ftc^el  entftanben  fein.  3Kan  benfe  baran,  hrie  in  ben  Süarfteüungen  ber  Äunft  aus  ben 
Strahlen  3KofeS  „§örner"  getoorben  fmb.  2)ie  Äu^  als  Slttribut  ber  SlrtemtS  ober  Se* 
lenemuft  nic^t  nottoenbig  bon  ben^ömjiern  J^erftammen.  ((Sd^el  unb2ajarb  fyxbm  o§ne 

36  SetoeiS  ben  Stier  als  93ilb  ber  f^rifd^en  ©öttin  angenommen,  f.  Stubien  g.  femit.  SRefc 
gionSgefd^ic^te  II,  S.  195).  —  &er  einem  §orn  ä|nli(^e  Slufbau,  ben  in  Serien  ^eut- 
jutage  ©rufinnen  unb  3Karonitinnen  auf  bem  Äopf  unter  bem  Soleier  tragen,  tft  fc^toerli^ 
mit  3KotoerS  (I,  S.  377  f.)  angufeben  als  ein  SReft  ^eibnifc^er  Sitte,  toelc^e  bie  SSerefre 
rinnen  ber  Dere^rten  ©öttin  ä^nlidj  machen  follte,  ift  toielme^r  bie  gefdbmadflofe  $5ergrö^ 

40  rung  eines  noc^  je^t  borlommenben  befäeibenern  2luffatjeS,  ber  bem  prattifd^en  Atoecfe  bient, 
bie  unmittelbare  Serü^rung  beS  Schleiers  mit  bem  ©efic^t  gu  fcerfyinbern  (SCB.  W.  SQiomfon, 
The  land  and  the  book,  Sonbon  1872,  S.  73  f.  mit  Slbbilbung).  Sucfc  auf  einem 
aff^rifd^en  G^linber  ift  ber  Äopffd&mudf  einer  \>ox  ber  ©öttin  (Silit?)  fte^enben  toeiblic^en 
©eftalt  (^riefterin?),  ber  aüerbingS  toie  jtoei^örner  auSfte^t  (3Rünter,  Sieligion  berS3ab^ 

4.-»  lonier,  Kopenhagen  1827,  ^taf.  I,  5),  noefy  ni^t  betoeifenb  für  bie  ©arfteüung  ber  ©öttin 
felbft  (Dal.  bie  gehörnte  ^igur  eines  „altbab^lonif^en"  S^linberS  bei  ©eo.  Smit^,  6^at 
bäifd^e  ©enefiS,  beutfd^e  äuSg.  1876,  S.  87).  —  Sollftänbig  irrig  ift  eS,  toenn  SWünter 
(SRelig.  b.  Äartfyager,  S.  68)  „baS  eine  golbene  Äalb  beS  ^erobeam"  für  ein  ®iß>  ber 
Slftarte  ^ält.     Über  bie  £>arftcllung  ber  pbönigifc^en  unb  afftyriföen  ©ötttnnen  als  Ru^ 

so  ober  mit  Römern  f.  S^olg  S.  284—288. 

9luf  einem  nabatäifd&en  Süenfmal  ift  ein  Stier  abgebilbet,  nad^  Sad^au  (©33Ä 1896, 
S.  1056  f.)  ein  »ilb  beS  ©otteS  Kusajjü  (ober  Kapiu,  i^).  @S  ift  ober  jtoeifel^ 
ob  ber  in  biefer  3nförif*  öorfommenbe  5lame  Kasiu  ^ier,  ober  too  er  fonft  nodfr  )m 
fommt,   ein  ©otteSname   ift,   unb  aud^  ob   bieS  Stierbtlb  über^au^t  ein  ©otieSbilb  fein 

66foD  (f.  S^abot  in  ber  Revue  S&nitique  1897,  S.  83 f.;  togl.  ».  „ßbom",  »b  V, 
S.  166  f.). 

3?on  bem  Stier  als  eigentlichem  ©otteSbilb  bei  ben  Sabtyloniern  ober  bei  ben  8ffa 
rern  ift  mir  nichts  befannt.  £>ocfy  toeifen  ber  Stier  unter  ber@eftalt  beS  ©etoittergotte«, 
ber  Stier  SJtorbufS  im  XierfreiS  (f.  oben)  unb  bie  geflügelten  Stierfoloffe  mit  SUM^at 

üo  föpfen  an  ben  Xempeltfyoren  auf  m^t^ologifd^e  Sebeutung  beS  StiereS.   Jn  bem  ©ilgam^ 


Salb,  golbettc*  711 

ßtooä  tft  bic  SRebe  toon  einem  £immel3ftier,  ben  ber  §immel3gott  3lnu  fenbet  ($.  $enfen, 
»fforifcfcbabtylonifc&e  3Jtyttyen  unb  @j>en,  in  ©$rab,er$  Äeilmföriftltctyer  33ibliotbef,  33b  VI, 
1900,  ©.  172  ff.),  auf  eine  ßrllänmg  btefeö  öimmeläftierS  toirb  man  einfttoeilen  ju 
toerjic^ten  tyaben.  9lac$  $ommel  (3)te  fübarabifcfyen  Altertümer  be$  3Biener  $ofmufeum$, 
1899,  ©.  32)  trägt  in  einer  9Jtonb^mne  toon  Ur  ber  3Konbgott  Sin  ba$  ©Jrityeton:  6 
„junger  2BUbftier".  93gl.  über  SabtyloniföeS  überhaupt  ©C&0I3  ©•  403—405  unb  ©atyce, 
Lectures  on  the  origin  and  growth  of  religion  as  illustrated  by  the  religion 
of  the  ancient  Babylonians  (The  Hibbert  Lectures  1887,  ßonbon  1887),©.  289—291. 

3.  ©efctyictyte  be3  $ebräifc$en  ©tierbienfteS.    $>aran,   bafc  ber  ©tierbienft 
bei  ben  Hebräern   fetyr  alt  toar,   ift  nac$  bem  oben   bargefteüten  ©ac^berfyalt  faum    ju  10 
jtoeifeln.    @3  ftänbe  barum  an  [\d)  nichts  im  SBege,  mit  ®jc  c.  32  eine  Ausübung  biefeö 
ftultuä  toetyrenb  be$  SBüftengugd  aiuune^men.    3lad)  jener  (Srjäfylung   errichtete  2laron 
bem  SSolIe,  hxtyrenb  9Bofe  auf  bem  Serge  ber$og,  ein  golbeneä  ©tierbilb  afö  2)arfteffung 
beS  ©otteä,  toelctyer  3>3rael  au3  3lgt#ten  geführt  fyatte.    3)ie  ßmjelfyeiten  biefeS  33eri<fyte$ 
machen  aber  mcfyt  ben  ©nbrudf  ber  ®ef$i$tltc$ieit.    2Bo$l   motten  bie  ^^raeßten   auf  15 
bem  SBüftenjug  eine  genügenbe  9Kenge  golbener  Ohrringe  bei  ftety  führen,  um  barauS  ein 
©tierbilb  ^erfteüen  ju  fönnen  (v.  2),  ba$  offenbar  nic^t  als  ein  Keines  33ilb  gebaut  ift, 
benn  Slaron  baut  emen  Slltar  bor  bemfelben  (v.  5),  ftellt  nic^t  ettoa  ba$  Silb  auf  ben 
Stttar.    ©d&toerlic$  aber  ift  benfbar,  bafe  man   auf  bem  SBüftetnug   im   ftanbe  toar,   ein 
grofceä  mafjto  golbeneS  S3ilb  (ein@ufjbilb  v.  4)  aufteilen;  bafe  ÜÄofe  bie$S3ilb  Verbrannte  20 
unb  ju  ©taub  ^ermahnte  (v.  20),  lönnte  jebenfaDte  nid^t  toörtlicfc  toerftanben  toerben.  dagegen 
tonnte  man  ein  befc$eibenere£  ©tierbilb  toofyf  in  ber  SBüfte  Ijergeftellt  ober  toielleicfyt  fcfyon 
au*  Ägypten  mitgebracht  tyaben.    3n  SBitHic^Ieit  ift  getoife  bie  ©rjctylung  nur   eine  9ßo* 
lemil  gegen  ben  bon  ^erobeam   offiziell   eingeführten  ©tierbienft.    3feierlic$   toirb  biefer 
fcfom  in  ber  SBüfte  toon  ga^loe  Verurteilt.    3n  *>er  2)arfteHung  Slaron«,   als  bei  biefer  25 
Abgötterei  beteiligt,  ift  eine  $intoeifung  auf  letoitifcfye  ^riefter  beS  SRorbreicfceS  $u  erfennen, 
bie  an  bem  ©tierbienft  ju  San  unb  SBetel  fiefy   beteiligten  (9tölbefe,   Unterfu^ungen   jur 
«ritt!  be«  SEES,  1869,   ©.  55;    togl.  (Stoalb  33b  III,  ©.  471).    3)ie  ©rjctylung  gehört 
unter  ben  SPentateudfauellen  nietyt  ber  fogenannten  priefterlid^en  ©cfcrift  an,  bie  überall  bie 
SBürbe  beS  Slaronibifcfyen  ^SrieftergefcfylectytS  fo  £oc§  ftellt,  fonbern  bem  jefyotoiftiföen  S3uc$e,  30 
einem  ©rjä^Ier,  ber  für  ben  auf  3Wofe  jurücfgefü^rten  bilblofen  3^h>*i«nft  eintritt  im 
©egenfafc  ju  ben  ^ermifc^ungen  be^  ^a^toebienfte«  mit  alt^ebräifc^^eibnifc^en  ober  frembs 
Unbtfd^en  Jtultudformen. 

6ine  fieser  geföic^tlic^e  3?ad^ric^t  über  ©tierbienft  beft^en  h?ir  erft  in  bem  über^ero- 
beam  I.  »eric^teteten  1  Äg  12,  28  ff.  (bgl.  2  %  11,  15).    @r  ftettt  gu  Setel  unb  ©an  35 
je  einen  golbenen  ©tier  auf  aU  ©üb  beä  ©otte«,  toeldber  ffiatl  au«  Sg^ten  ^eraufs 
geführt.    6r  errietet  (für   biefe  Silber)  §ö^en^äufer,  befteHt    iljnen   eine  nic^tlebitifc^e 
^nefterfc^aft  unb  fefet  einen  jä^rlid^en  f^fttag  auf  ben  15.  beä  8.  3Dflonate«.    3)er  SCejt 
ip  1  Äg  12,  30  niept  gan^  in  Drbnung;    e3  fd^eint  im  $ebräifc^en  ettoaSju  fehlen  (f. 
dagegen  Äittel  3.  b.  ©t.);  ber  lejt  berLXX  bietet  Inmbföriftlic^  bariierenbe  (Srgänjungen.  40 
3)cfe  Äalb   toon  35an  in  v.  29  f.  gu   ftreid^en  (Äloftermann,  garrar),   liegt   leine  SJeran* 
laffung  toor,  obgleich  ©tierbienft  ju  ©an  allerbing«  fonft  nic^t  bezeugt  ift  (abgefe^en  bon 
%oh  1,5m  fr  Aäv).    ©^  läfet  ft<$  aber  nid^t  berfte^en,  loed^alb ^erobeam  an  bem  einen 
Orte  33etel  jtoei  ©tierbilber  aufgeteilt  l^aben  follte;  an  einen  ©rfafc  ober  eine  5lac^a^mung 
ber  beiben  G^erube  in  ber  6eüa  beä  ©alomonifd^en  lemfefö  (Äloftermann,  ganar   na$  45 
bem  Vorgang  älterer,  fo  2Roncaeiu3  fc.  VII:   Cherubos  Mosaicos  vitulorum  Jero- 
boamicorum  argumento,  quos  Pseudocherubos  fuisse   asseritur,    forma   vitu- 
linft  exstitisse],  f.  ferner  bei  93od?art  ©.  373  f.)  ift  getoi^  nic^t  gu  benfen,  ba  S^erub^ 
Mlber  nic^t  ate  „Äälber"   bejei^net   toorben  fein  loürben   unb  überhaupt  ber  ®egenfa^, 
in  toelc^em  ber  Äultu^  bon  33etel  ju  bem  in  S^rufölem  ftanb,  auf  eine  fcon  ber  bortigen  ganj  50 
öerfc^iebene  2)arfteHung  bertoeift.    —    2lu3  toelc^em  Material  bie  ©tierbilber  Scrobeam^ 
^ergeftellt  loaren,  toirb  im  $önig$bu$  nid^t  berietet,  unb  bie  2)arfteHun0  be^  e^obu^  ift, 
obgleich  nur  toon  ©olb  aU  3KateriaI  gerebet  loirb,  in  bem,  toa^  über  bie  3**ftöntng  **>& 
ÖUbe^  gefagt  loirb,  nid^t  einheitlich,    ffienn   in  $0  8,  6,  too   toon  ber  Sernic^tung   be^ 
©tierbilbe«  „©amarienä"  bie  Siebe  ift,  enrd  „©^littcr"   bebeutet,   fo   müfete   an  einen  55 
^öUernen,    bon    ©olb    überzogenen   Äern   be^    Silben  gebadet    toerben,   toa^   bem   und 
fonft  au$  bem  21$  über  bie  ©ötterbilber  Selannten   entfpred^en  toürbe  (Söeü^aufen   ju 
©0  8,  6). 

gerobeam  fyat  o^ne  3*w^ifel  nur  ^ur  ©eltung  gebraut  \va$  bem  Solle  längft  befannt 
unb  too^l  niemafe  ganj  ungeh?ol;nt  loar.    !Jnbem   er  in  poütifcfyem  !Jntereffe  3JorbteracI  m 


712  Salb,  golbenc« 

enthalten  tooQte  Von  bem  jerufalerttiföen  Stempel  al«  bem  §auj)tyeiligtum  ber  Nation, 
!ant  er  alten  Steigungen  be«  3}ol!e«  entgegen  mit  ber  @rri$tung  t>ott«tümlic&er  Silber  an 
ben  toon  tym  ju  öaujrtfyeiligtümern  erhobenen  altfyeiligen  (f.  oben  33b  VIII,  ©.  186  ff.) 
Stätten.    ®er  ©runb  feine«  ©rfolg«  toar  toofyl  Weniger  bie  Slbneigung  be«  93olfe«  gegen 

5  ben  bilblofen  ßultu«  be«  Salomomfctyen  Tempel«  (dtoalb)  al«  ba«  SRißfaKen  an  ber 
Steuerung  ^öniaifdHremblänbiföer  2lu«ftattung  be«  lentyel«.  3fr  gegenüber  tonnte  ber 
alte  Stierbienft  al«  ein  eljrtoürbig  nationaler  erföeinen  (ßuenen,  35utym ;  fegt.  §.  Scfrity, 
2lltteftamentlic$e  Sbeologie5,  1896,  S.  106). 

3lu«  $o  8,  5  f.  gefjt  nietyt  fyertoor,  baß  auefy  ju  Samarien  ein  Stierbilb  ftanb;   ba$ 

10  „italb"  be«  §au£tfultu«orte«  in  ©pbraim,  33etel,  fann  ,,ba«  Äalb  Samarien«"  genannt 
toerben,  inbem  Samarien,  bie  $aufctftabt,  ba«  ganje  9teic$  repräfentiert  (bgl.  £o  10,  5). 
SDaß  bie  in  ber  SRicfyterjeit  toon  ©ibeon  $u  Dj)fra  (SRi  8,  24  ff.),  Don  3Ri<$a  auf  bem 
©ebirge  S^raim  (3«  17,  5;  togl.  c.  18,  30)  aufgeteilten  ©^^obbilber  Stierbilber  toaren 
(be  9&titt  S.  338;  SSatfe  S.  267 ff.;  Rumen  S.  236)  unb  baß  ebenfolc&e  mxfc  in  ber 

15  Äönig«jeit  ju  ©il(jal,  äkerfeba  unb  an  anbern  Orten  ftanben  (33atfe  S.  402),  ift  möglu$, 
aber  metyt  nac§toet«bar.  Stoß  eine«  ber  begebenen  ©otteSbilber  3Ri#a«  ein  Stierbilb 
toar,  tonnte  ettoa  ju  entnehmen  fein  au«  ber  93erpflan;ung  biefe«  Silbe«  nad>  ©an  (Si 
18,  18  ff.),  fobaß  alfo  ^erobeam«  Stierbienft  $u  SDan  eine  gortfefcung  be«  alten  Äufoi* 
toäre.    2lber  bie  33emerfung  SRi  18,  31,  bie  —  toafrfäeinlidp  mit  Stecht  —  ein  einziges 

20  ®otte«bi!b  9Kic$a«  annimmt,  läßt  bie«  93ilb  (^Q?)  nur  fo  lange  ju  3)an  aufgeteilt  fem, 
al«  ber  Tempel  ni  Silo  beftanb,  alfo  ettoa  bi«  gum9lu«gang  ber  Stkfyterjeit.  —  &ie3ben* 
tifijierung  be«  Stierbilbe«  mit  bem  S3aal  im  93.  $obia«  (c.  1,  5:  e&vov  rfj  BdaX  ifj 
dajuäfei)  beruht  auf  Unfoiffenfyeit  be«  fyäten  Slutor«. 

$)er  bon^erobeam  eingerichtete  Stierbienft  föeint  beftanben  ju  tyaben  bi«  jum  Unter* 

25  gang  be«  SRorbreicfr«  (2  Äg  17,  16).  (Sine  93efeitigung  biefe«  Äultu«  fanb,  al«  $e$u  ben 
Saalbienft  au«rottete,  niefr  ftatt  (2  Äg  10,  29),  ein  beutlic&e«  3eic$en  bafür,  baß  3$u 
ben  Stierbienft  al«  !gafytoebienft  anerlannte.  2luc§  toon  einer  SSertoerfung  be«  ©tierbienfteS 
burefy  ben  großen  ^Jro^eten  be«  9?orbreic$e«  6lia,  ben  ßiferer  gegen  ben  Saalbtenfl,  toirb 
nid&t  berietet.    35arau«   gefyt  aUerbing«   getoiß  nicfyt  fyeröor,  baß  @lia  ben  Stierbienft 

80  billigte  ober  auc§  nur  al«  bie  bi«  bafjin  berechtigte  9teligion«form  anfaty.  @lia  toenbet 
ftc§  gegen  ben  au«Iänbifc$en  ©otte«bienft  in  3«rael  al«  ba«  junäc^ft  ju  öertügenbe  UM 
(f.  baju  Stobertfon  a.  a.  D.).  303a«  tyn  felbft  betrifft,  fo  berietet  bie  ©r^lung  t>on  ber 
©otte«offenbarung  am  ^oreb,  bie  in  i^rer  c^arafterifttfe^cn  ^orm  getoife  eine  tym  toirfli^ 
ju  teil  getoorbene  ßrfenntni«  toiebergiebt,  ba|  ©ott  an   tfym  Vorübergegangen  fei  al«  ein 

85  „ftiHe«,  fanfte«  Saufen".  2)amit  ift  bie  Ssere^rung  ©otte«  im  Stierbilb  unt>ereinbar. 
&ie  ^Polemif  fc^on  be«  $roj)^eten  2U§iiJa  bon  Silo  gu  S^^^m«  3***  9^8^  ^e 
„anbern  ©ötter"  ^w&eam«  i  ^g  i^  9  mag  einem  fpätern  SSerfaffer  ber  jenem  $r* 
^eten  in  ben  3Kunb  gelegten  Stebe  angehören.  S^^f^  ß*fl*  m  nac^mal«  rebigierter 
gorm  bor  bie  (Srjä^lung  bon  einem  ungenannten  „®otte«mann//  au«  3«ba,  bie  tyn  gegen 

40  ben  älltar  $erobeam«  gu  93etel  auftretenb  barfteDt  (1  ftg  c.  13).  @«  ift  aber  toobl 
möglich,  ba^  bie  ^ro^eten  ^uba«  toon  Anfang  an  ben  Stierbienft  mißbilligten. 

©in  unanfechtbare«  3^wgn^  g^gen  ben  Äultu«  toon  33etel,  aUerbing«  niept  au^brüdlic^ 
gegen  ben  Stierbienft,  finben  toir  nierft  bei  bem  jubäifc^en  ^ro^eten  2lmo«  in  ber  9Ritte 
be«  achten  Sö^unbert«.    6r  berfünbet  bem  Orte,  bafj   er  ju   einem  ,,9Kc$t«"   toerben 

45  fotte  (c.  5,  5).  2öa«  er  gerabe  an  93etel  toor  anbern  Äultu«orten  auätoifeften  fanb,  ip 
too^l  bor  allem,  obgleich  man  e«  nic^t  immer  fo  berftanben  fyat  (f.  SBeü^aufen  ).  b.  @i), 
bie  ärt,  tote  f^exiell  bort  %afytot  bereit  tourbe,  nämli^  im  Stierbilb.  2)a§u  tommt, 
baß  2lmo«  an  anoerer  Stelle  (c.  8,14;  ber  %yct  ift  aUerbing«  nic^t  unangefo<^ten)  neben 
ber  „93erfc$ulbung  Samarien«",  toomit,  fo  toie  ber  borliegenbe  lejt  lautet,   getoifc  ba^ 

60  Äalb  bon  93etel  gemeint  ift  (ugl.  §o  8,  5),  ben  ©Ott  toon  $>an  nennt  unb  beffen  $«' 
efyrem  ben  Untergang  berfünbet.  Sn  berfelben  Stelle  ertoä^nt  er  auc^  ben  Äultu«  tnm 
93eerfeba,  o^ne  aber  gegen  ben  ©ott  bon  33eerfeba  gu  J)olemifieren.  ®ie«  toirb  barauf  be» 
ru^en,  baß  ju  93eerfeba  ein  Stierbilb  nic^t  ftanb. 

2lu«brücflic$  gegen  ben  Äälberbienft  toenbet  ftc^  unter  ben  Srop^eten,  t>on  benen  toir 

55  Schriften  befifeen,  guerft  unb  allein  be«  2lmo«  jüngerer  SÄtQmofy,  ber  toa$rf$emtt($  twn 
©eburt  bem  ^torbreic^  ange^örenbe  $ofea.  3#m  lft  ^Mw  Äultu«  al«  Sitberbtenfl  mit 
bem  ©ö^enbienft  glei^toertig,  ba«  ftalb  ein  „5Ric^tgott"  (c.  8, 5 f.;  13,2;  t>gl.c.  10, 5 f.). 
9lu«  $ol3,2  ift  faum  $u  entnehmen,  baß  im  Stierbienft  toie  im  2Moc$«bienft  3Renf$en* 
oj)f et  vorfamen  (fo  jiuenen ;  naefy  §t^ig  j.  b.  St.  toären  bie  ^ier  genannten  JU&etterebrtr 

60  jugleid^  3)toloc^«biener  getoefen  unb  Ratten  al«  folc^e  bie  üPienfc^enopfer  gebraut).    9Ran 


»alb,  golbetteS  ffalcb  713 

toirb  Dielme^r  ftatt :  „bie  SKenfctyen  Cpfernben,  «Halber  füffen  fte"  ju  überfein  fyaben  mit 
Ääl  u.  a.:  „Dpfernbe  unter  ben  9Jlenfc§en";  beim  bie  Derabfc$euen«toerten  3Renfc^enot>fer 
toßrbe  ber  $ro^et  „fötoerlicty  nur  fo  beiläufig"  ertoäbnt  fyaben  (SBeJtyaufen  j.  b.  St.). 
5Der  ?ßlural  trt»  biefer  Steife  „lann  ba«®enu«  bejeietynen"  (SffieDtyaufen),  futy  alfo  au«* 
f$fief*li$  auf  ben  Äultu«  Don  93etel  begießen. 

3n  Suba  tyat  offenbar  ber  Stierbienft  niemal«  eine  Stätte  gefunben,  ba  ftc$  nirgenb«  5 
eine  §intoeifung  auf  jubäifctyen  Äultu«  btefer  2lrt  finbet  unb  bie  au«fctyliefjlic$e  $olemil 
£ofea«  gegen  ba«  Kalb  Samarien«  ju  39etel  unDerftänblicfc  fröre,  toenn  er  in  3>uba  ben* 
fetten  Äultu«  gelannt  fyätte.    $)er  beuteronomiftiföe  SRebaftor  be«  5tönig«buc$e«  fte^t  ben 
Stierbienft  al«  bie  foejielle  Sünbe  IJerobeam«  an,  toomit   er  %$xad  fünbigen   machte 
(1  %  14,  16;   15,  26;    16,  27  u.  f.  to.).    Scfcon  be«$alb   ift  nt$t  anjune&men,  bafe  10 
ber  (»tierbienji  in  ber  Don  9Jlofe  begrünbeten  Sieligion   jemals  eine  Stelle  fyatte  (gegen 
btefe  annähme  befonber«  6.  König).    2tuc^  ba«  offenbar  auf  2Jiofe  jurücfgetyenbe  äetqen 
ber  göttlichen  ©egentoart,  bie   ^eilige   2abe,  neben   bem   ein    Stierbilb  nicfyt  al«  ein 
itoeite«,  überbie«  gam  anberäartigeä  3^cn  ber  ®otte«gegentoart  befielen  tonnte,  ft>ri$t 
bagegen,  bafe  ba«  Stierbilb  ein  Seftanbteil  ber  genuin  mofaiföen  Religion  toar.    2)er  15 
Stierbienft  fctyeint  ftc§  alfo  au«  ber  Dormofaifctyen  3eit  «eben  ben  Don  3Kofe  neubegrünbe* 
ten  formen  be«  ©ottedbienfted  erhalten  ju  fyaben.  föolf  »onbiffiti. 

ftaleb.  —  gitteratur:  3.  SBeflljaufen,  De  gentibus  et  familiis  judaeis  quae  1  Chr 
2.  4  enumerantur,  ©öttingen  1870;  #.  @räfc,  S)te  Äelubaiten  ober  Äalebiten  in  WonatS* 
feforift  für  @efä.  u.  SBiffenfä.  be«  Subentum«  XXV  (1876),  461  ff.;  «.  fiuenen,  De  üitzen-  20 
ding  der  Verepiedere  in  Theol.  Tijdschr.  XI  (1877),  545 ff.;  Jg.  SBeUfjaufen,  $ie  Äompo* 
fition  be«  fcejateud)«2  (1889),  336-338;  (Sb.  3Betoer,  $ie  dntfte&una  be«  Subentum«,  fcalle 
1896,  114  ff.  147  f. 

%üx  Die  ^erfömmlicfye  Meinung  gilt  St.  als  einer  ber  *toölf  Äunbföafter,  bie  3Wofe« 
t>on  ber  SBüfte  Sß^aran  au«f  anbte,  um  ba«  gelobte  £anb  Don  oer  3Bttfte  3*n  *m  ©üben  bi«  25 
an  bie  ©renken  Don  §amatfy  im  Sorben  au«&uft>ä$en ;  Äaleb  joll  in  btefer  ©igenfd&aft  ben 
Stamm  3uba  Dertreten  $aben,   a(fo  ^ubäer  getoefen  fein  (9cu  12,16;    13,1—17».  21. 
25).    Slber  ba«  ift  nid&t  bie   eigentliche,  urfrrünglictye  Sebeutung  Don  Ä.    Um  biefe   ju 
erlernten,  empfiehlt  e«  ftc$    ni$t,  Don  3l\x  13  f.  au^guge^en.     Snbere  Stellen  be«  313:^ 
geben  barüber  ^inreic^enb  gefiederten  äuffc^Iufe.  3ofl4,6. 14  ^at  ber  9tome  Ä.  ben  S^unne  30 
(Dgl.  1  tyt  7, 38)  ben  3ufa$   „ber  ßeniffiter"  (ober  Äeniftter).    ®amit  ftimmt    überein, 
ba|  ber  ÄentTüer  Daniel  (T:p-,3  bfirrn?)  al«  (jüngerer)  »ruber  5U  bejeic^net  toirb  3of 
16, 17 f.;  9«  1, 13;  3,  9.  11.    $ie  Äeniftterlirmb  nun  ein  Stamm,   ber  fonft  gu  ben 
ßbomitern  geregnet  toirb  ®en  36,  15.  42.  53;   itenaS,  ber  StammDater,  gilt  al«  ßnlel 
gfau^  ®en  36, 11  •  1  tyt  1,  36,  toie  j.  8.  SRanaffe  unb  ©^raim  ate  ßnfet  ^a!ob«  am  35 
gefefcen  toerben.     Äaleb  unb  Daniel  finb   nac^  biefen  Stellen  urfrrünglic^  ntc^t  3drae« 
fiten  (Dgl.  ©en  15, 19),  fonbern  ßbomiter,  bie  fiety   aber  Don  i^rem  9Soß  getrennt  unb 
Israel  angefc^Ioffen  fyaben.    SBie  biefer  9lnfc^Iuft  erfolgte,  jeigen  un^  bie  3?a^ric^ten  über 
t^re  3Bo$njfee.    ^4  3«>f  14,  6—15;    15, 13—19;    SRH,  12—15.  20  too^nt  Raleb  in 
ßebron,  Dt^niel  in  $>ebir  (f.  3ubäa  S.  563, 43).     Über"  bie  SBo^nft^e  be«  erfteren   er«  40 
fa^fren  toir  ©enauere«  au^  1  6^r  2,  42—49.    9lac^  biefen  SSerfen,   bie  ftcfc  o^ne  3toeifel 
auf  Dorejilifc^e  SSer^ältniffe  bejie^en,    fmb  bie  toofylbefannten  Orte  3Warefa  (fo  LXX;   f. 

rtäa  S.  563,  23),  S^  (ebenb.  S.  569, 45),  §ebron  (ebenb.  S.  564  ff .),  2:f>aM>ua&  (ebenb. 
564,  u),  3Dtaon  (ebenb.  S.  569,  &-,)  unb  Setbjur (S.  570, 7)  im  »efifce  Äaleb«.  gür  ^orfeam 
8.  44  ift  toofyl  S0^^1"  iu  ^««,  ber  9tame  einer  Stobt,  bie  in  ber  brüten  ©ru^fe  ber  45 
Stäbte  3uba«  neben  3Kaon  u.  f.  to.  3°f  lö,  56  ertoäbnt  toirb,  aber  beute  unbelannt  ift. 
Mabmanna  98.  49  ift  !gof  15,31  eine  Stabt  beS  5Regeb  (f.  b.  ä.),  3Kac$bena  ift  too^I 
ebenfalls  eine  Stabt,  unb  ©ibea  toirb  bem  ©ibea  9;of  15,  57  (S.  569,  w)  ent= 
ftwec^en.  3n  berfelben  ©egenb  fafeen  bie  Äalebiter  (l?ebr.  ^>.^  1  Sa  25, 3  na^  bem  Kre) 
jur  3^  Saute  unb  £>aDib$ ;  Don  ihnen  fennen  toir  ben  reiben  3?aba(  au^  l  Sa  25.'  ®r  50 
tootynt  in  3Waon,  betreibt  aber  feine  Siebet  (3000  Schafe,  1000  Siegen)  Don  ßarmel 
(f.  S.  569,39)  au«.  9lad)  1  Sa  30, 14  gehörte  ein  Seil  be$  3?egeb  ebenfalte  ben  Aale* 
bitern,  fte  geboten  alfo  Don  ihren  Stäbtcn  au«  über  einen  Seil  be$  füblid^en  ffieibelanbe«. 
<toaiu  mag  ertoäbnt  toerben,  bafc  bie  LXX  1  Sa  27,  10  u.  30,  29  ftatt  „SRegeb  (Stäbte) 
ber  fleniter"  lieft  „SRegeb  (Stäbte)  ber  Äcnifiter";  e«  toürben  bamit  ebenfafl«  bie  Stale*  55 
Kter  gemeint  fein.  3n  biefen  ©egenben  hat  fi^  2)aDib  eine  3eit  lang  ate  Freibeuter 
aufgehalten  l  Sa  25.  Seine  erften  grauen  2  Sa  2, 2  toaren  lalebirtfc^er  £erfunft, 
a^moam  au«  3»reel  (3of  15,56)  unb   3lbigail  au«  ^aomÄarmel   1  Sa  25,  40—43. 


714  Staltb 

äucfy  Von  ftillaQ  au$  Pflfdte  **  biefe  93erbinbungen,  inbem  et  von  ber  2Imaleftterbeutc 
©eföenfe  an  bie  bortigen  ©efc^tec^töbäu^ter  fanbte  1  Sa  30,  26—31.  3lad>  bem  lobe 
SaulS  nahmen  ©avib  unb  feine  Seute  ihren  2öobnft$  in  Hebron  unb  ben  umliegenben 
Stäbten,  b.  b.  in  bem  ©ebiet  ber  ftalebiter,   unb  hier  tourbe  ©avib  von  ben  93ertretern 

6  3jubaS  gum  König  gefalbt  2  Sa  2, 1—4.  ©aS  neue  SReicty  umfaßte  Äaleb  unb  Juba, 
erhielt  aber  ben  SRamen  Swba,  obtoobl  ber  Äönig  im  ©ebtete  Ä.S  toobnte.  So  Idm  e$, 
bafe  man  fagen  fonnte,  Ä.  erhielt  ©runbbefifc  unter  ben  3^*™  3°f  15#  13.  ©tefer 
äluSbrudf  geigt,  bafe  bie  ßalebiter  trofc  beS  förmlichen  2tnf$lujfeS,  ber  fte  mit  ^uba  Ver* 
banb,  bodp   ihre  Selbftftänbigfeit  nicfyt  aufgegeben  hatten,  unb   bie  ©rgäblung  3of  14, 

10  6 — 15  toitt  bie  eigentümliche  Xbatfacfye  erflären,  bafe  bie  nic$tiSraelitifc$en  Äalebiter  (Äenifitet) 
über  einen  fo  bebeutenben  ©runbbeftfc  in  bem  ©ebiete  Israels  frei  geboten,  ©tefer  Um* 
ftanb  Verbreitet  baS  rechte  Sictyt  über  ben  93crfucty  SlbfalomS,  gerabe  in  Hebron  bie  Jabne 
beS  SlufrubrS  gegen  ©avib  ju  entfalten. 

©ad  bisher  ©efagte  betoeift  gur  ©enüge,  bafc  Äaleb  ber  9lamt  eines  mächtigen  @e* 

15  fcfylectytS  ift;  man  fönnte  auefy  toobl  fagen,  ber9tame  eines  Stammes.  3Bie  bie  VolfStüm» 
lid)e  Sage  bei  anberen  ©efd^lec^tern  unb  Stämmen  Verfuhr,  fo  auefy  hier,  ©er  Stamm 
tourbe  perfonifigiert,  fein  -Jtame  tourbe  gugleicty  ber  9lame  beS  Stammvater*,  beS  heros 
eponymus  beS  Stammes.  93on  ihm  als  einer  ßingetyerfon  ergäblte  man  bie  ©eföide 
ber  ©efamtbeit  unb  ihrer  Seile,   ©abin  gehört  bie  ©epicfyte  Von  2lc§fa,  ber  Xoc^ter  Ä.$ 

20  9li  1, 12—15;  3°f  16,  15—19.  £öc$ter  be^eicfynen  in  bem  genealogifdjjen  Schema  be$ 
SEES  überhaupt  f$toä$ere  ©ef$lec$ter,  bie  thre  Selbftftänbigfeit  an  ein  ftärtereS  ®e* 
fd&lec§t  verloren  haben.  ©aS  falebitifd^e  ©efötec&t  3lc$fa  ift  in  gfolge  ber  ©roberung  ber 
Stabt  ©ebir  burd&  baS  feniftttfd&e  ©eföled&t  Dtbniel  in  biefeS  aufgegangen  unb  bat  ihm 
ben  toertboHen  93efto  ber  oberen   unb   unteren  Duetten  (ober  Singular?)  gugebraefct  — 

35  baS  toirb  ber  gefc$ic|tlic$e  93organg  fein,  ben  jene  (Stählung  in  bie  angtebenbe  Jfarm 
perfönlicfcer  ®rlebnif[e  getleibet  hat.  2öir  loerben  unten  nodj  einem  anberen  lehrreichen 
93eiftriel  folc^er  Stammes«  ober  ©efälectytsfagen  begegnen. 

3>n  ben  Vorhin  nä^er  begegneten  ©egenben  blieben  bie  Äalebiter  bis  in  bie  3«^ 
beS  @£tls  hinein  bie  Ferren.    ©amalS   aber  brangen  bie  ßbomiter  (f.  93b  V,  S.  169  f.) 

so  von  Süboften  fyer  in  biefeS  ©ebiet  Vor  unb  flehten  bie  Äalebiter  toenigftenS  ber  SRefy;- 
heit  nad^  vertrieben  gu  fyaben.  Sie  toic&en  naefy  Sorben  fyin  aus  unb  fanben  in  bem 
eigentlichen  ©ebiet  ber  3>ubäer,  baS  burd^  bie  SKafiregeln  sJiebufabnegarS  IL  598,  587  unb 
582  einen  Seil  feiner  93eVölferung  Verloren  tyatte,  neue  SBobnfifce.  3Son  biefen  ift  1  (Sfyt 
2,50—55   bie  Siebe,      ©ort   toerben  Äirjat^   3jearim    (f.    S.  571,  n),   »et^lei^em   (f. 

86  83b  II,  S.  666 f.),  33eth  ©aber  (unbelannt),  gorea  unb  @ftyaol  (f.  S.  562,  37— 45), 
9taoj^a  (f.  S.  584,  w),  Siteroth  Seth  3oab  (Vgl.  1  6^r  4,  14  unb  9tety  11,35)  unb 
%ab*i  (unbelannt)  als  bie  von  ft.  befe^ten  Drte  genannt;  fte  liegen,  fotoeit  toir  fte 
nac^loeifen  fönnen,  in  ber  füblid&en  unb  toeftlic^en  Slac^barfd^aft  SenifftlmS-  2Benn  bie 
3J.  52  u.  54  genannten  2Kanafyt&iter  mit  bem  in  LXX  )u  3«>f  15,  59  ertoä^nten  9Ras 

40  nod&o  (f.  S.  571,  a)  gufammen^ängen,  fo  hnirbe  biefer  Ort  uns  in  biefelbe  ©egenb 
loeifen.  ©ie  Setoohner  aller  biefer  Drte  loerben  hergeleitet  Von  bem  falebitifc^en  ©efdblec^t 
§ur  9S.  50,  baS  in  ber  nad^iliföen  3*ü  auc^  in  S^ifalem  felbft  Vertreten  tfl  ©enn 
Sephaja  ben  §ur  loirb  5?e^  3,  9  als  ber  SSorfte^er  beS  falben  SejirfS  Von  SwuM«1" 
bejeid^net.    ©iefer  SBed&fel  beS  SQ3o^nfi$eS  ift  I6^r2, 18  f.  in  ber  fünftlic&en  S^rad^eber 

4ö  ©enealogien  fo  auSgebrticft :  als  bie  2lfuba  (baS  erfte  3Beib  Ä.S)  geftorben  h>ar,  heiratete 
Ä.  bie  @t^ratb,  unb  bie  gebar  tym  ben  $ur  (Vgl.  33.  50).  gpbraty  ift  ber  Warnt  ber 
fianbföaft,  bie  fotoo^l  Settern  m  5,  1  (Vgl.  93b  II,  S.  667, 20  ff.)  als  auc^  ÄirjatJ 
^earim  $f  132,  6  umfaßt.  9lud^  3lS^ur,  ber  93ater  StyefoaS  1  6^r2,24;  4,5  ift  ein 
Rtoeig   beS  ©efc^led^tS  §ur;   benn  -irra?«  ift   verfügt  aus  "^\s.     9CIfD   \oax  au<^ 

50  sthefoa  bei  33ethlehem  in  f^äterer  3*ü  falebitifc^.  ©iefe  Äalebiten  gelten  nun  in  ber 
Gbronif  als  ^ubäer,  Ä.  toirb  burd^  .^ejron  1  (Sfyr  2,  5.  9.  18  auf  ^uba  jurücfgefübrt. 
ßhalubai  93.  9;  4,  1  (ftatt  Äarmi)  unb  Äalub  4,  11  finb  Siebenformen  gu  ttaleb.  3^t 
ift  ber  Unterföieb  jtoifd^en  Ä.  unb  %vfoa  verfd&tounben,  nad^  bem  @jil  ift  baS  falebittfcfr 
©efc^led^t  öur  als  jubmfcfy  anerfannt   toorben.     ©er  anfängliche  änfälufe  bat  gur  Skr» 

66  fd^melaung  geführt. 

©ie  Äunbfc^aftergefc^id^te  91u  13  f.  ttntt  cinerfeitS  hervorheben,  bafe  ber  Vierjtgjahrqje 
Slufent^alt  -^Sraele  in  ber  SBüfte  eine  göttliche  Strafe  toar  für  ben  Unge^orfam  tri 
$olfS ;  biefe  Seite  ber  (grgählung  liegt  aufeerf^alb  biefeS  3lrtiIelS.  SlnbererfeitS  behanbet 
fte  bie  SluSna^me,  bafe  ^ofua  unb  Maleb   9Ju  14,  6.  38    (Jtaleb  unb  $ofua  93.  30)  biefe 

00  Strafe  nietyt  ^aben  erleiben  muffen,    ^ierin  treten  nun  bebeutfame  Unterfc^iebe  jtoiftyn 


ftalcb  »alenber,  cf)rifHtcf)er  715 

bcn  älteren  unb  jüngeren  Scftanbteilen  biefer  Äajntel  berbor.  SDie  jefyotoifttfc$e  (Srjctylung 
rülpni  nur  bon  Ä.,  bafe  er  bon  einem  anbeten  (Seift  erfüllt  getoefen  unb  boQen  ©etyorfam 
gegen  $atybe  gejeigt  ^abe  1*.  24.  ßbenfo  lieft  man  e«  35t  1,  36  unb  ftnbet  erft  93.  38, 
ba&  3ofua  hn  ©egenfafc  ju  9Rofe«  ebenfalls  bon  bem  göttlichen  Strafurteil  aufgenommen 
totrb.  3lud&  in  $of  14, 6—15  ift  babon  bie  $Rebe,  bafe  Ä.  al«  Shmbfd&after  bon  SKofeS  5 
au«gefanbt  toorben  fei  unb  bollen  ©eborfam  gegen  3flbbe  gezeigt  jjabe  —  abgefeben 
freiltdj  bon  ben  legten  SBorten  in  SB.  6,  too  bie  öejiebung  auf  3>ofua  foäter  bin^u- 
gefommen  fem  hrirb.  §ierau«  läfet  ftcfc  auf  eine  ältere  ©eftalt  ber  j?unbf$aftergefc^i<$te 
föltefeen,  bie  bon  R.  unb  feinen  „©rübern"  föof  14,8)  allein  banbelte.  3n®t  1,19—46 
totrb  ftofua  al«  ßunbfd&after  nic^t  genannt ;  e«  ift  bafyer  Je^r  fraglich,  ob  bie  jefyotoiftiföe  10 
©arfieUung  ifyn  al«  folgen  gefannt  fyat.  ferner  ge&en  bie  itunbföafter  in  3®  9lul3f. 
nur  burefy  ba«  Serglanb  bon  Süben  tyer  bis  jum  3^al  bon  6«fol  bei  Hebron  (f. 
S.  568, 23),  b.  t}.  fte  burc^toanbern  nur  ba«  ©ebiet  Ä.«,  ba«  ifym  in  ber  älteren  3*ü  Ö*5 
fcötte  9lu  13,  22—24;  $t  1,  24  (bgl.  JDt  1,36;  3jof  14,  9),  toäfcenb  fte  naefc  ber  £>ar* 
fteöung  be$$riefteriobe£norbtoärt3  bi«  an  bie  ©renje  bon  $amatfy  gelangen  9lu  13,21.25. 15 
©tefer  3**g  betätigt  in  beutlictyer  SBeife,  bafe  bie  Äunbfctyaftergeföic^te  urfprünglic§  nur 
Ä.  unb  feine  älteren  SBofynftfce  im  Sluge  gehabt  fyat.  ©in  fyofye«  älter  toirb  ityr  über- 
$aul>t  nietyt  jujufd&reiben  fein,  ba  fte  Ä.  nid^t  mefyr  bon  3«rael  untcrföeibet,  fonbern  tyn 
iu  §«rael  rennet.  93ermutlic$  liegt  tyr  bie  3#atfac$e  ju  ©runbe,  bafe  Ä.  bon  Süben  ber 
in  bie  ©egenb  um  Hebron  borgebrungen  ift  unb  bie  SBanberung  um  ba«  $ote  3Keer  20 
nid^t  mitgemacht  fyat.  tiefer  Hergang  (bgl.  9lu  13,30;  14,  8  f.)  fyat  ftc$  allmä£lic$  in 
bie  ftunbf$aftergef$i$te  berflücgtigt,  toeil  e«  für  bie  fpätere  ©eftalt  ber  Überlieferung 
eine  aufgemachte  Sac$e  toar,  bafe  ba«  ganje  3«rael,  auc§  Ä.,  bon  Dften  fyer  über  ben 
Sorban  in  ba«  SBeftjorbanlanb  eingebrungen  ift  (bgl.  9ti  1  u.  Qof  1—12).  3Benn  nun 
b«r  ^priefterlobej  9lu  13,  6  &.  jum  Vertreter  be«  Stamme«  $uba  mac&t,  fo  ift  ba«  nur  2» 
berftänblicty  für  bie  nad^ejilifc^e  geit,  in  ber  ba«  falebitifcfye  ©efc^lec^t  £ur  ben  beften  unb 
arofcten  $eil  be«  jübifdjen  ©ebiete«  inne  tyatte.  £>ie  (grjäblung  5to  13  f.  ift  fomtt 
für  bie  gfrage  be«  Älter«  ber  DueHföriften  im  £e|ateuc$  fefyr  le$rrei$.  ©utlje. 

Salenber, c^rtftlt^er.  —  1.  allgemeine  Sittcratur  (betreffenb  fotoo^l  ba«  dpift« 
U(^e  »ie  ba«  oor«  unb  aufjerdjriftlidje  Äalenbermefen).    3)ie  ^anbbüdjer  ber  S^ronologie  uon  so 
8.  Sbeler  (2  93ber  Berlin  1825  f.),  3B.  Wlatfa  (5Bien  1844),  3.  ©rotefenb  (^annooer  1872,— 
ögl.  unten),  granj  SRü^l  {Berlin  1897),   ».  9)1.  Serf*  (einleitung  in  b.  e^ronol.,  2.  Wufl., 
XL  II,  greiburg  1899).      &ud)  ?l.  ^ilgram,   Calendarium  chronologium   medii  potissimum 
aevi  monumenti8   aecomodatum ,   2Bien  1781;    91.  3.  $Beibenbad),    Calendarium    historico- 
christianum  medii  et  novi  aevi,  SRegen«burg  1855;    ?lb.  3)re4«ler,  ^alenberbücftlein :   Äate*  36 
dji«mu«  ber  ß^ronol.   m.  93efd)reibung    uon   32  ßalenbern    üerfc^iebener  Wolter  unb  Seiten, 
3.  Aufl.,  ßei^ig  1881 ;  0«far  gleifc^^auer,  Äalenber-Äompenbium  ber  djriftl.  Seitrecftnung«- 
meife  auf  bie  3afcre  1— L>000  üor  u.  na«  (^riftt  ©eburt,  ©otba  1884;  3B.  S. ».  ©ool^oufe, 
Ä.  „Calendar"   in  b.  Encyclopaedia  Britannica,    9.  ed.,  t  IV,   664—682   (eine   befonber« 
tüdjtige  3)arfteüitng  b.  aftronom.  ©mnblagcn  b.  ^alenbermefen«,  aber  auef)  auf  ba«  ^iftorifc^e  40 
in  lebrret^er  SEBeife  einge^enb). 

2.  Urfprung  u.  frü^e  fte  ©nttoi  cfelung  b.  c^r  ift  liebe  n  Aalen  berwefen«.  Xljeob. 
SRommfen,  3)er  (5&ronograp^  Dom  3.  354:  9(8©  II,  547  ff.  (1850);  gerbin.  $iper,  $er  Ur- 
fprung ber  (ftriftl.  ^alenbarien   (im   fgl.  $reuf$.  @taat«falenber  f.  1855,  S.  6-25);  Aalten* 
brunner,  ?(.  ^Äalenber"  in  3.  3k\  ^rau«  9fteal.(£nc.  ber  rfjr.  Altertümer,  II,  86  f.  (greibg.  1886);  46 
@4rob,  «.  „Äalenbarium"  im  m&,  VIIf  51  ff.  «gl.  ©rotefenb,  SRüt)I,  Serfd)  u.  Soolboufe 

IL  cc.  —  Äunftflefcbicötl.  Erläuterung  ber  miebtigften  t)icrfter  qebörigen  alten  Urfunbe :  3-  ©trj^» 
gotoSK,  S)ie  Äalenberbilber  be«  ßbronograpben  oom  3.  354  berau«geg.,  ©erlin  1888  (35  Xafeln, 
m.  lehrreichen  einl.  unb  erläut.  Zep). 

3.  äalenberwef  en   be§   Mittelalter«.     3m   Allgemeinen:   ©altau«,  Calen-  50 
darium  medii  aevi,  fieipjicj  1729  (aueb  beutfd),  m.  33erid)ti flungen,  ©dangen  1797) ;  Sßilaram, 

1.  c;  ^ampfon,  CaJendaria  medii  aevi,  fionbon  1841  ;  g.  $iper,  Äircbenrccbnung,  Berlin 
1841  @.  VI  ff.);  berf.  in  f.  Monograpbie:  ^arl«  b.  ©.  Änlenbartum  u.  Oftertafel  (nebft  An- 
fang über   bie    lat  u.  grierf).  Cftercnflen  be«  MA.),    »erlin  1858.   —   Sttorgenlänbi  f  d)- 

(Qriftl.  Äalenbarien:    ©tepb-   3of-    ^RorceQi,     8.  J.,    Mt/ro/.oyiov    to,v    FrayyfXuov    rooraariaor,  60 

8.  Kalendarium  eccl.  Constantinopolitanae  2  voll.  4°,  ffiom  1788  (ber  filtefte,  toof)l  fdjon  bem 
8.  3a$rb-  entftammcnbe  Xejt  biefer  Art,  uon  SOiorceQt  auf  ©runb  einer  £>bf.  ber  ©ibliotbet 
llbani  in  SRom  üerbffentlid)t).  ferner  au^  bem  11.  Sabrbunbert:  Mqro?.oyiov  Haadfior 
rav  IIoQqvQoynn'tjTov,  Menologium  Graocorum  iussu  Baailii  Imi>eratoris  edituni,  Urbino 
1727,  3  voll,  (aud)  in  MSG  t.  117),  baä  im  Abenblanb  uerbreitetfte  unb  am  meiften  benu^tc  go 
ffterf  biefer  Art,  ebiert  uom  ^arbinal  Annibale  Albani  (geft.  1751).  —  gür  bie  Orientierung 
über  ba«  Äalenberroefcn    ber   urtljobojen  ©lauen  bietet  9?üf liebe«:   3-  ^-  ^Wartinou,    Annu» 


716  ftalwber,  djrifHtdjer 

ecclesiasticus  Graeco-slavicus,  in  ASB  t.  XI  Oct,  p.  1—385  (für  tueld)e$  SBerf  bic  reidj« 
faltigen  arbeiten  orientalifdjer  ©orgänger  wie  3)emetriu3  ©erfdnnSfi  (Menologium  eccl.  Orient 
orthodoxae,  Petropoli  1854),  $att$fi  (Menologia,  Kalendaria  et  Hagyopticha  russica,  11.  III, 
9Ro8fau  1856)  u.  Q.  in.   tierroertet   finb.      ferner  9Jif.  SRilleS,  S.  J.,  Kalendarium  manuale 

6  utriusque  ecclesiae,  orientalis  et  occidentalis,  4  tom:  800f  QnnSbrucf  1879—85  (33b  I  iL  II 
in  2.,  bereicherter  Wufl.  1897),  loertuoHe  OueHenfammlung  $ur  ©efdjicbte  be8  bto$antinif4» 
gried)tfcben,  f  oroie  aueb  be3  rutljenifdjen,  ftjrifcben,  ferbifdjen  je.  tfalenbertoefenS  —  vaf.  unten), 
feegen  be8  ScalenberS  ber  Muffen  f.  nod)  3»f-  ©im.  Slffemani,  Kalendaria  eccl.  Slavicae  s. 
Graeco-Moschae,  6  vol.  4°,  9ftom  1755  (unöollenbet  geblieben;   bie  tiier  erften  ©be  fmb  nur 

10  fird)engefd)tdjt(td)  einteitenben  Sn^alt«,  bie  beiben  legten  bringen  nur  ben  £ert  beS  großen 
ruffifeben  tfalenberS  ber  Tabulae  Capponicae  [b.  b-  eines  in  ber  gönn  eines  griedj.  ÄreuyS 
auf  #ol$tafeln  gemalten  9ttonat8falenber3,  benannt  nadj  feiner  einfügen  ©eft&erin,  ber 
Sttarcbefe  Sapponi]  nebft  auSfübrlicben  Kommentar);  ©.  %a$\6,  $ie  SRenfien  ber  ruff .  JKrdje, 
na«  ^anbfebriften   au8   ben  Sabren  1095—1097,  @t.  Petersburg  1886  (in   ruff.  ©prafle). 

15  Hu8  neuefier  tfeit  bef.  V.  r».  SRal&ero,   SRenologien    ber   ortbob.«fatb.  S^irdje    be$  borgen* 

lanbeS,  %l.  I:    (Sept.  btö  gebr.  $eutfd)  u.  flaüifdj  unter  ©erücfficbtigung  ber  grieeb.  Urtejte, 

©crlin  1900.  —  ©gl.  aueb  ©.  ©olotoü,  ©puren  ber  alten  ftireben,  Christ  stenye  1893  (ruff.). 

Säte  tni  f  ci)  -  mittelalterliche  Äalenbarien.    3^ren  Wu«gang$punft  bilbet  ©ebaS  b.  <£(p< 

nmrbigen   größerer   cbronol.  Xraftat  De  temporum  ratione    (eine   erweitembe   Umarbeitung 

20  feine«  ©ü<f)leiu3  De  temporibus,  b.  MSL  t.  94,  p.  479-600).  ©gl.  barüber  g.  $tp«r, 
SHrcbenrcdmung  a.  a.  ©.,  forole  „äarlS  b.  ©r.  Äaleubarien  k."  S.  91  f. ;  ft.  SBerner,  ©eba 
b.  <£brn>.  u.  f.  Seit,  SBien  1875,  ©.  122—149;  ©r.  Ärufcb,  3)ie  (Sinfübrung  be«  grie*.  $a- 
fcbalrituS  im  Slbenblanbe:  9W  IX,  169 ff.;  föübl,  (Sbronol.,  ©.  132 f.  ©on  ben  oerf (biebenen 
lat.  Äalenbarien  beS  9RV.*  fteHt  $ottbaft  (Biblioth.  *,  1, 695—697)  ein  ©erjeicbni«  jufammeiu 

25  gegen  40  Hummern  baltenb,  aber  feineSroegS  üoUftänbig;  e3  feblen  barin  mebrere,  über 
toelcbe  unten  ju  banbeln  fein  wirb.  Ueber  einen  Xeil  —  etwa  bie  £filfte  —  ber  bafelbft 
genannten  Äalenbarien  au3  beut f eben  Siöcefen  (©aljburg,  greifing,  $affau,  SRegenSburg, 
ftugSburg,  SBürjburg)  bändelt  in  genauerer  Unterfucbung  Hnt.  ßeebner,  Mittelalter!.  Jtinben« 
fefte  u.  flalenbarien  in  ©atiern  (greiburg  1891). 

30  Ueber  germantfdj*  unb  r  o  m  a  n  i  f  dj  *  mittelalterl.  Äalenber :  g.  Sßiper,  SDie  Äalenbarien 
u.  SRartbrologien  ber  Slngelfacbfen.  forote  ba3  3ftartrjrotogium  unb  ber  ÄomputuS  ber  ©errob 
D.  SanbSperg,  ©erlin  1862;  aueb  beSfelben  Wtttbologie  u.  ©timbolif  ber  cbr.  Äunft  (fBeimor 
1847),  I,  2.  23.  230  u.  ö.  gerner  fiilienfron  unb  "feeiganb  in  9R.  .&aupt«  gb«,  ©b  \l, 
349  ff.,    484  ff.   u.  f.  f.   (f.  u.),   fomie   über   baS   ju   erwäbnenbe    gotifeb^brafifebe   ftalenber« 

85  fragment  bef.  ^.  Bcbeliä,  3)cr  ältefte  beutfebe  Äalenber:  3tf*r.  f.  Wll  ©iffenfebaft  1900, 
©.  308—335.  —  Ueber  bie  Anfänge  ber  gebrueften  Äalenberlitteratur  in  fceutfdjlanb: 
galfenftein,  ®efcb.  ber  ©uebbrueferfunft,  Seipjig  1840,  6.  53  f.  3)e8gl.  inignglanb:  3.  ©wie, 
Analecta  liturgica,  Sonbon  1888 f.  Ueber  b.  fpätmittelalterl.  Äalenbernjefen  überbauet: 
Äaltenbrunner,    S)ie  ©orgefebtebte  ber  ®regorianifcben  ^alcnberreform,  5EBien  1876. 

40  4.  ©reg or«  XIII.  Äalenberreform  unb  bereu  golgen.  (Sb*vfropb  ©lamu*. 
Romani  Calendarii  a  Gregorio  XIII.  P.  M.  restituti  explicatio,  jussu  Clementis  VIII. 
edita,  SRom  1603  f ol. ;  5)elambre,  Hist.  de  rastronomie  moderne,  1. 1  ($ari«  1821),  p.  1—84; 
Mäbter,  ©efeb.  ber  ?lftronomie  (©raunfebmeig  1873)  I,  186 ff.  213  ff.;  Scaltenbrunner.  $i< 
$olemif  über   bie  ©regorianifebe  tfalenberreform,    3Bien  1877;   berf.,  ©eitrftge  jur  ©ef*.  b- 

46  ©reg.  Ä'al.^ef.,  ebb.  1880;  gelij  ©tieoe,  ©er  Äalenberftreit  beS  16.  Sabrbunbert«,  «Runden 
(«3R«)  18801;  ©cbmib,  8ur  ©efeb.  ber  gregor.  lro!..9fef.r  $3©  1882  unb  18Ä4.  «gl. 
«übt,  ©bronol.  ©.236 ff.;   Serfcb,  ©.78-128;    ©oolboufe,  1.  c.  p.  671  ff. 

5.  ©uangelifcbe   Äalenberuerbefferung.     g.  $iper«  ©epberien  unb  ©efferungd* 
tiorfebläge  in  bem  «uffafce ,  „$ie  ©erbefferung  be8  Äalenber»" :  (So.  Sri.  f.  1850,  ©.  1—11 

60  (aueb  an  b.  ©pifce  öon  ©b  I  ber  „Beugen  ber  SBabrbcit",  Seipjig  1874).  gerner  be*f.  be- 
fonbere  ©ebrift:  „$.  ©erbeff.  beS  etiang.  StaL",  ©erlin  1850,  fowie  bie  «bbbla.:  „S>.  Äon- 
ftruftion  be«  uerbefferten  eüang.  Äalenber«"  im  ©cblub-Sabrg.  f.  @o.  Äal.  (1870),  ©.  31  biö 
124.  3)aju  bie  fpäteren  Slrtifel  apologetifeben  3n^alt8  in  b.  Weuen  eu.  «3  1871,  9^.  24  f. 
unb  in  ber  Äreu^eitung  u.  22.  gebr.  1876  (f.  u.).  —  ©gl.  ferner  SS.Sö&eä  „Wartyrologmm. 

66  3-  ©rflärung  ber  berfömmlicben  Äalenbernamen,  Nürnberg  1868,  ©.  1—12;  ©erlad),  Ärit. 
Ueberficbt  b.  beutfeben  ©olf§falenber,  in  ©cböferS  SttonatSfcbrlft  f.  ©iafonic  u.  3nn.  SRiffton, 
1878,  @.  158  ff.;  @  ©cbarfe,  5)ie  cbriftl.  Seitrecbnung  unb  ber  beutfäVetiana.  ftalenber, 
©tuttgart  1893,  @.  18—28;  ^iefmann,  SDie  tarnen  ber  Jfrtlenbertage  in  ber  9Ronat«f<brift 
„©aufteine",  berauSgeg.   öom    fäcbf.  ^auptüerein  f.  3nn.  3Hiff.,   Sabrg.  1895;   »ofeber,  Di« 

60  9Ronat3bifber  jc,  ebenbaf.  1897. 

$er  d^riftltdt)c  Äalenber  befielt  aus  einem  SSerjetd^nte  aDer  %a§t  beS  jetoetfig  in 
in  ir;m  ber/anbe(ten  3abre^,  georbnet  nac^  SJlonaten  unb  2öoc$en,  nttt  angäbe  fottH# 
ber  geft*  unb  geiertagei  al^  ber  6rfc$einungen  an  Sonne,  SKonb  unb  Planeten:  tMju 
nod)  teitd  auf  ba£  bürgerliche  Seben  be^üglid;e,  teilä  auf  @retgmf[e  ber  ©efc^tdr>tc  $tn* 
65  toetjenbe  3lngabe  ju  fommen  pflegen.  2>iefe  Zugaben,  tote  audp  ber  rein  afrronümifc^ 
^n^alt,  bleiben  bon  ber  nac^folgenben  3)arfteQung  au3gefc$loffen.    ^(tö  t^eologifc^e  3n; 


fialettber,  djriftltdjer  717 

tereffe,  toeld&e«  fyter  allein  ju  berüdfftcfytigen  tft,  beliebt  fic$  toefentlicfy  nur  auf  ben  fircfc 
lid&en  Seftanbteil,  ba«  $eft*  unb  £eiTigentoeneicfyni«.  2BeiI  aber  bie  geftorbnung  mit 
bet  3«torbnung  jufammentyängt,  fo  ift  biefe  festere  mit  ju  berücfftd&tigen  —  jumal  ba 
ber  «alenber,  na$  biefen  toefentlictyen  33eftanbteilen,  bem  cfconologifctyen  unb  liturgiföen, 
au«  ber  Kirche  hervorgegangen  unb  ba«  ganje  Mittelalter  Hnburcp  in  beren  §änben  ge*  5 
blieben  ift 

Ursprung  be«  cfyriftlid^en  Äalenber«.  $)er  fialenber  ftammt  in  feiner  a& 
gemeineren  Raffung  (al«  für  jebe«  ?jafyr  giltige«  2age-  unb  geftoeneid&m«)  au«  bem 
c^riftlid^cn  Sßtertum.  $)a«  c$riftlic$e  Altertum  aber  f>at  bie  gorm  be«  Äalenber«  au«  bem 
Hafftfcfym  SHtertum  empfangen,  in«befonbere  toon  ben  SRömern.    3lu«  ber  römifd^en  $aifer*  10 

Sfmb  ja^lreictye  Äalenbarien  ober  93ruc$ftttcfe  berfelben  no$  erhalten,  toelctye  ju  öffent« 
,cm  ©ebrauety  gebient  tyaben,  fei  e«  bafe  fte  nur  lofale  ®eltung  Ratten,  ober  einen 
größeren  Sejirf,  eine  ©tabt,  eine  $robmj,  ein  gange«  Sanb  umfaßten,  ©ie  enthalten 
teil«  einige  aftronomitöe  angaben  (toomit  bie  ftalenber  ber  ©rieben  reichlicher  au«geftattet 
toaren),  teil«  ben  Slnfafc  religiofer  fjefte  unb  bürgerlicher  geftlicfyfeiten,  bie  enttoeber  eine  15 
religiöfe  Slnfnüpfung  fyaben,  toie  manche  öffentliche  ©piele,  ober  einen  gefc^icfytlic^en  2Ut* 
lafc,  tote  bie  gfeier  toon  ©iege«feften  u.  bgl.  (t>gl.  bie  über  ba«  anttte  Halenbertoefen  be= 
fonber«  reiche  Sluffctylüffe  bietenbe  Schrift  De  mensibus  [liegt  prjvaiv]  be«  3oty.  &**** 
rentiu«  Stybu«  ca.  550,  in  ber  toerttootlen  fritiföen  8lu«gabe  von  91.  ffiünfcty,  Seipjig 
1898).  —  93ebeutfamertoeife  finben  fiety  nun  in  jtoei  Stalenbern  au«  ber  5Witte  be«  4.  u.  20 
5.  3>aVi?unbert«,  toelcfye  im  ©anjen  noefy  ba«  alte  fyeibniföe  ©epräge  {eigen,  getoiffe  tyxxfc 
lid&e  Seftanbtetle,  burdj  toelcfye  ber  Übergang  ber  altertümlichen  6inri$tung  )u  d^riftlicfyem 
©ebraudfc  augenfctyeinlicfc  toirb.  35er  eine  ift  ein  Menber,  ber  gur  Reit  Äonftantm«  IL  in 
SRom  fcerfafjt,  t>on  bem  Äatligraptyen  guriu«  35iontyfiu«  gilofalu«  gefönt™  unb  i»  «1**™ 
Aronograp^ifctyen  ©ammeltoerf  toom  3.  354  auf  un«  gefommen  ift,  tyerau«gegeben  toon  26 
Wommfen,  CIL.  I,  p.  332. 334  sqq.  fotoie  in  ber  oben  cit.  Sb^blg.  ber  ä©@  Don  1850 
(auety  berfelbe  erfcfyeint,  abgefe^en  t>on  feinen  aftronomtfdjen  unb  aftrologiföen  Angaben, 
al«  eine  Überarbeitung  be«  alten  fyeibnifd?en  Äalenber«,  au«  toelcfyen  unter  Beibehaltung 
femer  übrigen  fteftangaben,  *>ie  eigentlichen  Opfer*  unb  lempelfefte  toeggelaffen  fmb,  o$ne 
bafc  fetyon  c^rtftlic^e  gefte  aufgenommen  toären.  $0$  enthält  er  eine  c§riftlic$e  ©pur  in  30 
ber  Aneignung  ber  cgriftlictyen  2Boc§e,  bie  neben  ber  fyeibnifcfcrömifctyen  aufgeführt  toirb. 
6«  toirb  nämlic^  ba«  3jafyr,  anfangenb  bom  1.  3^nuar,  eine«teil«  burc^  bie  33uc^ftaben 
A— H  in  fteter  Sffiieberfe^r  bon  8  ju  8  $agen,  anbemteil«  burc^  bie  33uc^ftaben  A— G 
ebenfo  t>on  7  gu  7  lagen  eingeteilt:  ba«  öftere  nac^  ber  tyeibnifäsrömifcfyen,  ba«  anbere 
nac^  ber  $riftlifyen  3Boc^enrec^nung.  9llfo  tyat  biefe  3tec$nung,  o^ne  fc^on  bie  röm.  9hmbinen  86 
twbrängen  gu  ßnnen,  fyier  Slufna^me  gefunben,  nac^bem  Äaifer  Äonftantm  im  3-  321 
mit  ber  ©onntag«feier  bie  d^riftlid^e  SBo^enred^nung  gefefclic^  fanfioniert  ^atte.  2)er 
anbere  ift  ein  unter  Äaifer  l^alentinian  III.  im  3<*br  448  burc^  $olemiu«  ©ilbiu«  ber= 
fafeter  Äalenber  (fyerau«geg.  jufammen  mit  jenem  be«  gilofalu«  in  ASB  fotoie  bei 
SKommfen  I.e.  p.  333.  335 sq.).  äuety  er  ift  no^  nac^  ^eibnif^römifdber  ärt  angelegt;  40 
enthält  aber  jum  erftenmal  c^riftlic^e  geft«  unb  Vertage,  obtoo^l  in  fe^r  geringer  Safyl, 
nämlid^  fünf  Mte  ß^rifti  unb  fe<$«  ©ebäc^tni«tage  toon  SWärt^rern.  —  hingegen  ber 
ältefte  rein  cfcriftlicfye,  nur  teiltoetfe  erhaltene  Äalenber  ift  ein  gotifcfyer,  entftanben  toabr» 
föeinti$  noc^  im  4.  Sa^^unbert  in  Sfjracien;  ba«  Sruc^ftücf  bon  38  $agen  (ber  9io- 
toember  unb  ba«  Gnbe  be«  üorl^erge^enben  3Jlonat«)  §at  fteben  Sage  mit  $eiligennamen  46 
befe^t,  jtoei  mit  9tamen  au«  bem  31%,  brei  au«  ber  allgemeinen  Äirctye,  jtoei  bon  ben 
®oten  (abgebru*  bei  3Wai,  Script,  vet.  nov.  Collect,  T.V.  P.  1.  p.  66—68;  togl. 
».  b.  ©abelen|  unb  2oebe  in  tyrer  2lu«gabe  be«  Ulfilas,  II,  1.  p.  XVII.  sq.,  unb  be* 
fonber«  bie  lefjrreid^e  SSergleid^ung  mit  bem  ^agiologiföen  %nf)<dt  ber  gried^.  SKenäen  bei 
Xc^eli«  a.  a.  D.  50 

©c^on  bebor  folc^e  Eintragungen  c&riftlid&er  geftnotijen  in  bie  gorm  be«  römifc^en 
Slalenber«  üblxdt)  tourben,  gab  e«  iftrd^lic^e  SSer^ei^niffe  t>on  ^eiligentagen,  bie  nad^  bem 
Saturn  ber  ^eier  georbnet  toaren,  o^ne  in  einen  boQftänbigen  Halenber  eingetragen  ju 
fein,  ©puren  toon  93orfyanbenfein  folc^er  l^erjeic^niffe  bon  c^riftl.  ©ebenftagen  finben  ftc^ 
Won  bei  $ertuflian  De  cor.  mil.  c.  13  (Habes  tuos  census,  tuos  fastos  etc.)  unb  66 
bei  Syriern  (Ep.  37, 1,  too  auf  9lufgeic^nungen  ber  $obe«tage  ber  9Märt^rer,  bebuf« 
commemoratio  berfelben  in  ben  ©ebeten  ber  fiirc^c  ^ingetoiefen  gu  fein  fd^eint).  2)o« 
ältefte  auf  un«  geiommene  Serjeic^ni«  biefer  9lrt  ift  ein  römiföe«  ani  ber  3Ktttc  be« 
4.  Sfl^untotö/  enthalten  in  bem  föon  gebauten  c^ronograp^ifc^en  ©ammeltoerl  Dom 
Safere  354.    @«  befte^t  au«  einer  älufjä^lung  römifc^er  93ifc^5fe   (depositio  episcopo-  eo 


718  Salettber,  djriftlidjer 

rum),  jtoölf  an  ber  fyaty,  unb  einer  Sifie  Don  SRärtyrern  für  24  Xage,  in  melier  aud> 
ein  gtft  (grifft,  nämltcty  ba3  feiner  ©eburt,  unb  ein  fjeft  beä  SßetruS,  feine  ©tutyfeier 
am  22.  gebr.,  aufgeführt  ftnb ;  alle  übrigen  jtnb  5Dtärttyrerfefte  unb  jtoar  faft  buretygängig 
ein^eimifc^en  UrforungS.    Ob  jenes  ©eburtSfeft  Gbrifti  auf  einer  erft  unmittelbar  (im  ' 

6  353)  bur<$  $aj)ft  SiberiuS  erlaffenen  Slnorbnung  beruht,  fobafe  e$  tyier  afö  eine  Gtuw 
Neuerung  aufträte  (fo  Ufener  unb  ifym  folgenb  SRüfyl,  ßtyronol.  ©.  92),  läfet  fid&  be)ta>etl 
bie  Slnlage  ber  depositio  episcoporum  fd&eint  bielmefyr  bafür  ju  forec&en,  bafc  biefe 
Natalitia  Christi  föon  feit  einiger  3eit,  alfo  feit  bem  ^ontifilat  Sulm*'  I.  (geft  350), 
in  SRom  gefeiert  toorben  toaren  (f.   %.  X.  ftun!,  2;&Q©  1899,   IV,  608  f.).     Ueber  ben 

10  Silberfömudf  be3  $ilolalu$falenber$  unb  feine  toertoanbtfc^ftlid&en  Schiebungen  $u  äbm 
liefen  alten  »ilbtoerfen  togl.  ©tr$goto$fi  a.  a.  D.  —  9113  n^ftaltefte*  falenbarifty* 
iDenfmal  ift  ein  ^eftoerjeidjnte  ber  Äirctye  Don  Äartfyago  auf  un$  gelomtnen,  ttyddfö 
S3ifc$öfe  unb  2Jtärttyrer  —  jumeift  eintyeimiföe  SRamen  —  umfafct  unb  tootyl  bem  6nbe 
be£  5.,  foäteftenS  bem  Anfang  be3  6.  ^a&rljunbertS  angehört;  f.  ben  Zt&  bei  9Wabitton, 

15  Vet.  Analecta  (18.62),  III,  398—401  unb  barauS  bei  ®gli,  SDtartlpen  unb  ÜJtorfyro* 
logien  altctyriftlic^er  3*ü  (3ü"$  1887),  too  Dörfer  auefy  bie  $epofttton  jenes  röm.  8a 
lenberS  fohrie  ba$  lurje  $eftoerjeic§ni3  ber  ßalenbertafel  be$  SPolemiuS  ©ihm»  abgebruefi 
ftnb  (©.  103—111;  togl.  and)  2.  $)uc$e$ne,  Les  sources  du  martyrologe  Hterony- 
mien,  in  b.  M&anges  d'Archiol.   et   d'Histoire,  t.  V,  1885,  p.  145  sq.).    —    9fo$ 

20  ben  leimartigen  anfangen,  toelcfce  in  biefen  brei  ©ebenfliften  ^on  354,  448  unb  +  500 
und  vorliegen,  fyat  [xd)  bie  balb  ju  reifer  ^n^altSfüDe  angetoacMene  Äalenbarienlitteratur 
be$  lateinitöen  äbenblanbS  enttotcfelt.  Sotootyl  beä  martyrologifdjen  tüte  beä  fonfttgen 
tyagiologifdpen  unb  ^eortologiföen  ©toffeä  brängt  jtc§  immer  meljr  inbieSifte  berSRonafc 
tage  ein.    infolge  be$  regen  3}ertetyr3  ber  Atrien  miteinanber,  inSbefonbere  ber  römifd&en 

26  mit  benjemgen  2lfrtfa$,  ©t>anien$,  ©oDienS,  (SnglanbS  k.,  finben  neben  ben  eintyets 
miföen  $eiligennamen  auc$  frembe  in  toac^fenber  3a$I  aufnähme  —  bis  bie  &affl  ge= 
meinfam  toeretyrter  ^eiligen  bie  ber  nur  ^rotoin^ieH  ober  lolal  gefeierten  übertotegt  unb 
fctyliefclic^  lein  Sag  beS  ga^re«  bfyne  einen  ober  mehrere  angetyörige  ^eilige  bleibt.  Übet 
biefen  @nttmdfelung$l>roäefi  tourbe,  unter  teiltoeife  anberem  Oeftc^t^unft,  fc^on  in  bem  8. 

so  Acta  Martyrium  (I,  143—145)  ge^anbelt;  bgl.  bagu  einerjeitö  bie  neueren  aufd  fogen. 
Martyrolog.  Hieronym.  bezüglichen  fritifc^en  Unterfuc^ungen  toon  .§.  Sichelte  (in  8@® 
9?&  III,  3,  1899),  anbererfeitö,  toaS  bie  ßntloicfelung  ber  Äalenberlitteratur  au$  na^ 
i^rer  nic^ts^agiologtjc^en  (^eortologifc^en  unb  fonftigen)  ©itte  angebt :  $tyer,  3>er  Urfjjrung 
ber  c^rtftl.  Menbarien  (^reufe.  ©taat^fal.  1855),  ©.  6;  auefc  Sert^eau,  X.  „gepe,  fir^ 

86  Kc$e",  in  33b  III  b.  @nc.,  ©.  55,4r,ff. 

3)ie  mittelalterlichen  ^alenbarien.  3)a  urfprünglic^  bad  ©ebä$tni3  ba 
3)Järt^rer  bome^mlid^  nur  an  bem  Drt,  too  fte  gelitten  Ratten,  gefeiert  tourbe,  fo  ^atte 
eigentlich  jebe  ©emeinbe  i^r  befonbereä  geftoer^eic^ni^,  alfo  auef^  i^ren  eigenen  Kalenber. 
Unb  fo  blieb  e3  auc^  f^äter,  afe  ein  mannigfacher  Slu^taufd^  ber  tarnen  bon  ftatten  ging 

40  unb  in^befonbere  im  Slbenblanbe  baö  römifd^e  geftDerjeid^ntö  unb  ßalenbarium  ein  )u- 
nebmenbe^  3ln(e^en  erlangte:  benn  neben  ben  allgemein  bere^rten  ^eiligen  fanben  R^  in 
ben  einzelnen  Sänbern  unb  3Möcefen  nic^t  toenige  ^eilige,  bie  nur  einen  lofalen  Äultue 
Ratten.  —  3ur  Sßermannigfaltigung  be«  Malenbertoefen^  trugen  aber,  abgefeiert  tn>n 
biefen  Sefonberbeiten  ber  bagiologifc^en  Irabition,  noc^  anbere  Umftänbe  bei.  ©o  bie  Der 

46  Wiebenen  Slrten  ber Seftimmung  be«  3a^r^^a"fan8^/  ^«wn  &  K*  in^  Rotere 3Riüel= 
alter  hinein,  ja^umlctl  nod^barüber^inau^  nic^t  toentger  al^  fed^d  gab:  1.  ber  Sirhtnt- 
äijtonäftU,  toeld^er  (übereinftimmenb  mit  bem  römifcty-juUamfd&en  Äalenber)  ba^  3^r  *m 
1.  Januar  ober  bem  ^eft  ber  Seföneibung  ßbrifti  an  regnete;  2.  ber  3RärjftU,  toeU^r 
ben  1.  3Rär£  aU  9Jeujabr^tag  bebanbelte  (fo   im   meroiring.  grantreic^,   bei   ben  £ongo* 

6obarben,  in  ber  9tet>ubli!  SSencbig,  eine  fttxt  lang  aud^  bei  ben  Stoffen);  3.  ber  Stamm? 
ciationSftil  ober  SWarienjabrftil,  nac^  toelc^em  ba^  %tft  9Jlariä  3Serfünbigung  am  25. 9Rfii$ 
ben  ga^re^anfang  bilbet  (eine  guerft  befonberö  in  gloreng  unb  $ifa  üblic^  geworbene  8e* 
red^nungdtoeife,  bie  t>on  ba  au$  in  granfreid^,  S)eutfc^lanb,  Snglanb  unb  ^rlanb  ein* 
brang  unb  in  ben  beiben  (erstgenannten  Sänbern  ftd?  {ogar  btö  in^  18.  3a^unbert  bin: 

66  ein  behauptete);  4.  ber  baö  Neujahr  auf  Oftern  anfe$enbe  ^ßafc^alftil,  beliebt  geworben 
^umeift  in  ^ranfreic$  (ba^er  stilus  Francicus  ober  mos  Gallicus),  ober  ouq  anber- 
toärtö  ^ie  unb  ba  angetoanbt,  |\.  33.  nod^  öon  üaifer  Äarl  V.  in  feinen  in  ben  Siteberianben 
au^gefteüten  Urtunben;  5.  ber  ©eptemberftil  ober  b^antinifc^e  Stil,  befte^enb  in  ber 
3ä^lung  ber  ^a^reätage  öom  1-  ©e})tember   an,   toie  biefelbe   im  oftrömift^en  Steige  feit 

eo  tönbe  be^  7. 3^r^unbert^  üblid^  tourbe  unb  fyier,  fotoie  bei  ben  Stuflen,  bis  in  bie  neuere 


Salcitber,  djriftfdjer  719 

3cit-  hinein  ftc§  behauptete ;  6.  ber  2Betynactyt&  ober  9lativität«ftil,  ber  ben  §a$re8anfana 
mit  Styrifti  ©eburt  jufammenfatten  läfct,  eine  im  farolingifäen  $ranfceic$,  bei  ben  Singet 
fachen  btö  zum  3a^re  106G,  in  ©lanbinaVien,  Ruften,  Ungarn,  teiltoeife  auefy  in  oen 
9Keberlanben,  ber  ©c^toeij  k.  beliebte  9tec$nung«toeije  (vgl.  überhaupt  bie  2etyrbüc$er  ber 
CtynmoL,  j.  35.  ©.  23—42;  Seift,  Urfunbenletyre,  ©.  224.  231—234  je).  6o  femer  bie  6 
Vergebene  SSJeife  ber  2age«berec§nung  ober  Datierung,  b.  t).  ber  Bezeichnung 
eine«  beftimmten  2Jtonat«tag«.  3luc$  betreff«  biefe«  Problem«  (äffen  fic$  fünf  ober  gar 
fec^d  Verfd&iebene  SRettyoben  al«  nebeneinanber  gebräuchlich  auftauen:  1.  Die  altrömiföe 
Datierung«toeife  naety  Äalenben,  tym  unb  %>nen;  2.  bie  grie#ifcfcc§riftlic$e  9Jtetyobe 
be«  Durdfoätylen«  ber  9Konat«tage,  toie  fte  je§t  allgemein  fyerrfd^t;  3.  bie  Consuetudo  10 
Bononiensis,  naety  toelc^er  in  jebem  STOonat  etne  erfte  §älfte  (mensis  intrans)  unb  eine 
atoeite  (mensis  exiens)  untergeben  unb  bie  Sage  bann  banaefy  gejault  tourben  (näm* 
li$  m.  intrans  Vortoärt«  Vom  1.  ab,  im  m.  exiens  rüdftoärt«  Dom  30.  ober  31.  ab); 
4.  bie  feltfam  gelünftelte  SKetfyobe  be«  Cisiojanus  ober  Cisianus  beftetyenb  in  ber 
Sertoenbung  ber  ©Üben  getoiffer  toiüfürli^  gebilbeter  SKemorialvcrfe  jur  Bezeichnung  ber  15 
2Ronat«toge  unb  trofc  ityrer  äufcerften  ©cfytoerfäQigfeit,  ja  ©innloftgfett,  längere  $eit  $in* 
burdjj  fotootyl  in  Sßolen  tote  in  5Rorbbeutfd&lanb  ficfy  großer  Beliebtheit  erfreuenb;  5.  bie 
Sejek^nung  be«  lag«  nac$  bem  auf  tyn  faüenben  gefte,  fei  e«  mit  fei  e«  o^ne  §inju= 
fü^ung  be«  SBocfyentagnamen«  (vgl.  and)  ljierüber  9?ä$ere«  bei  Stüfjl,  ©.  72—82 ;  bei 
Seift,  ©.  106  ff.),  eingreif enber  no<$  al«  biefe,  befonber«  am  Urlunbentoefen  be«  ÜJISC.  20 
tyre  Vertoirrenbe  unb  erfc^toerenbc  SBirfung  betfyätigenben  Differenzen  fyat  bie  Verfcfciebene 
Beregnung  be«  Dfterfefte«  ba«  Äalenbertoefen  berührt.  3Cuf  ber  burc$  fte  betoirlten 
Btlbung  eine«  ©Aftern«  betoeglic^er  gefte,  toelcfye«  neben  bem  ber  fijen  ©ebenftage  fyer* 
ge^t  unb  ba«felbe  vielfach  bur^freujt,  berufen  bie  eigentlichen  £auptfötoierig!eiten,  toorunter 
ba«  ©treben  nac^*  einheitlicher  Siegelung  be«  c$riftlicfy=tirc$licfyen  3al?re«lauf«  bi«fyer  gelitten  25 
fyat  unb  immer  no$  leibet. 

£eü«  infolge  biefe«  vielfältig  Vertoidfelten  Gfyarafter«  ber  falenbariföen  Probleme, 
teil«  toeil  man  bo$  gerabe  firc^lid^er  Äalenbarien  allenthalben  beburfte,  ift  bie  mittel* 
alterltctye  Äalenberlitteratur  zu  beträchtlicher  %üüt  angcfdjtoollen  unb  ju  einer  toid^tigen 
Duelle  für  bie  ®efc$i$te  be«  Äultu«  getoorben.  2ln  groben  felbftftänbig  überlieferter  so 
Äalenber  fe^It  e«  aUerbing«  in  ber  Sitteratur  be«  frühen  9R31.  (bi«  jum  8.  %atyc1).)  noety 
fe&r;  Voc§  läfct  fiefy  biefer  Mangel  auf  Verriebene  SEBeife  erfefcen,  namentlich  burd&  bie 
©ahamentarien,  au«  toelc^en  bie  betreffenben  ^eftoerjeid^niffe  ftc§  unmittelbar  ergeben. 
SSiele  ber  mittelalterlichen  Äalenbarien  ftnb  publiziert;  in  noc$  größerer  3afyl  jtnb  fte 
$anbfc$riftlic$  Vorfyanben,  ba  fefyr  häufig  ben  §anbfd^riften  liturgifc^er  S3ü^>er,  auc$  ben  86 
^anbfe^riften  ber  Sibel,  namentlich  be«  ^falter«,  ein  Äalenber  toorgefefet  ift.  3m  a^- 
gemeinen  ftnb  biefe  Äalenbarien  nid^t  al«  Calendaria  propria  für  ein  beftimmte«  einzelne« 
§a^r  gefteüt,  fonbern  im  ©inne  eine«  Cal.  perpetuum,  giltig  für  jebe«3atyr,  be^anbelt. 
©te  pflegen  jebod^  mit  bem  §ilf«mittel  toerfetyen  ju  fein,  um  für  jebe«  Qafyx  bie  betoeg* 
liefen  g$fte,  junäc^ft  ba«  Dfterbatum)  abzuleiten :  baburd^  unterfd^eiben  fte  ftc^  nämlicty  40 
toon  jenen  älteften  d&riftlicfyen  Äalenbem,  bafe  fic  nid^t  allein  bie  Suc^ftaben  A— G  ftet« 
toteberfe^renb  mit  bem  3lnfang  vom  1.  3fl"ucn:  für  bie  Serec^nung  ber  SBocfyentage  ent- 
galten,  fonbern  auc$  bie  ftctyltn  I-XIX  jur  Bezeichnung  aller  9?eumonbe,  bie  jebe«mal 
in  bem  fotoielten  3a^rc  be«  U)  jährigen  Gtyflu«  an  bemjenigen  3Konat«tage  eintreffen, 
toclctyem  biefe  $aty  beigefe^t  ift.  (Sinen  3Ronat«falenber  mit  einem  folcben  93u^ftaben*  46 
unb  Ra^lenberjetc^ni«  nennt  man  einen  unmertoäfyrenben  (julianifc^en)  Jtalcnber:  benn 
mittelft  be«felben  finbet  man  für  jebe«  beliebige  ^afyr,  fobalb  man  bejfen  ©onntag«bud^s 
ftaben  nebft  ber  ßiffa;  be«  19  jährigen  Gtyflu«  fennt,  ben  SBoc^entag  jebe«  Datum«  unb 
alle  SReumonbe  ba«  %ai>x  l^inburc^.  2lu«  bem  lederen  folgt  jogleic§  ba«  Datum  be« 
f$fritylmg«tooDmonb«,  unb  barau«,  nad^  Seftimmung  feine«  äBocbentag«  mittelft  be«  ©onn-  eo 
tag«buc^ftaben«,  ba«  Datum  be«  Dfterfefte«.  Anleitung  ju  folqer  Serec^nung  giebt  fc^on 
Seba«  De  ratione  temporum,  bie  für  viele  Somputiften  ber  Jolgemt  borbilbltA  ge^ 
toorbene  ctyronologifcfye  Hauptarbeit  be«  früheren  DJiittelalter«.  SRidjt  feiten  ift  auep  ben 
Äalenbern  eine  Cftertafel  für  eine  Steige  Von  $atym  beigefügt  (vgl.  Sßiper,  Äarl«  b.  ©r. 
Jlalenbarium  u.  Dftertafel  k.,  ©.  93  ff.,  fotoie  Serfd^  a.  a.  D.,  ©.  41  ff.). 

SBJegen  ber  gried^ifd^en  unb  fla Viferen  Äalenbarien  Vgl.  bie  oben  (Sitteratur, 
5Rr.  3)  angegebenen  toidjtigften  Duellen  unb  Drientierung«fc^riften.  ©emeinfam  ift  allen 
griecfcifcfc  unb  jlavifd^^ort^oboren  Äird^en  ba«  geft^alten  am  ©eptemberftil  (Vgl.  oben), 
0.  f).  bie  ©röffnung  i^re«  firc^ltd^en  3a^re«lauf«  mit  bem  1.  September.  3Son  i^ren  un* 
betoeglid^en  ^eften  (fomaT  Axinjroi)  bezieht    fic^   bie   größte  N3Jie^rza^l  auf  ^eilige  unb  w 


720  ftalcnber,  djrtfHtdjer 

auf  bie  ©otteSmutter  (bgl.  baS  33erjeic$niS  ber  triftigeren  biefer  äylcov  eograi  unb 
deoßirjTOQixal  iogxai  bei  9H$I,  Gfyronol.,  ©.  99—102).  3U  ^er  Steige  ber  betoeglufcen 
$efte  (f.  xivrjral)  gehört  ein  leil  ber  ßfyriftuSfefte  (deajtoxixal  iogrcu);    jte,   fotrie  bie 

6  Sonntage  beS  ÄwtyenjaljreS,  berteilen  ftc$  über  bie  brei  ©pochen  ober  g*ftgruW>en  1-  be$ 
Tquoöiov  (an^ebenb  mit  bem  10.  ©onntage  bor  Dftem);  2.  beS  IlevT^xoGtdgiov  (fi<$ 
erftrecfenb  bon  Dftern  bis  jum  ©t^lufj  ber  jtoetten  SBod^e  nacty  Sßfingften)  unb  3.  be* 
'OxTdriyos  ober  Dltoi^oS  (antyebenb  mit  bem  2.  ©onntag  nac$  $fmgften  unb  bis  in 
unfere  dpit^amenjeit  fyinem  reic^enb).  Sin  eigentümlich  ernfteS  ®ej>räge  getritmt  ber  griedfr. 
Äirc^enfalcnber  bur$  bie  aafylreic^en  ^aftenjeiten,  befte^enb  teils  tn  me^rtoö$ent(i$m  3«** 

10  räumen  teils  in  einzelnen  Safttagen,  freite  er  berjeicfynet.  9Son  feinen  bier  „groften  gajten" 
gehören  jtoei:  bie  fteben  Sffiocfyen  toäfyrenben  $afftonS*  ober  Dfterfaften,  unb  bie  4  bis 
5  toödjentlic^en  Styoftelfaften,  toelc^e  jtcfc  bom  SWermärtyrerfeft  (Sonntag  naify  SPfmgften) 
bis  jum  2äg  ber  Styoftelfürften  $etruS  unb  SßauluS  (29.  ^uni)  erftreefen,  )u  ben  betoeg* 
liefen  gleiten,  bie  beiben  anberen  —  SJlarienfaften  bom  1.— 15.  2luguft,  unb  ÄbbentS* 

16  faften  bom  24.  -Jtobember  bis  24.  ©ejember  ju  ben  unbeweglichen  (bgl.  hierüber  atufc  3^^ 
SlSf.  u.  3Hönc$tum,  ©.  302—305).  betreffs  einer  äma^l  ber  tätigeren  £errenfefte, 
3Jlarien=  unb  Sfyofteltage  befinbet  ber  Äalenber  ber  ©rieben  ftc^  in  Überetnftimmung  mit 
ben  $)aten  beS  abenblänbifdpen  ftalenberS.  50?c^r  ober  toeniger  ftarle  2tbtoei<$ungen  bom 
festeren  jeigt  er  in  feiner  Steuerung  ber  ^eiligen*  unb  2Jtärtyrerfefle  (f.  überhaupt  ben 

20  Kommentar  jum  griedp.  §eiligenlalenber  bei  9iiDeS  I,  ©.  111—374).  —  SBeaen  ber  3tt* 
Weisungen  ber  Äalenber  mehrerer  -Kationalfircfcen  beS  DftenS  bom  biföantinifdj*grie<$iföen 
Äirc^enjatyr  bgl.  üDtartinob  unb  5MeS  a.  a.  D.  93ci  legerem  ftnb  im  Sln^ang  ju  SJbl 
Äalenbarien  ber  fatfyolifcfcumerten  SRutyener,  ber  mel$itif$en  ©tyrer  unb  ber  niepkumerten 
Serben  abgebrudft,  beSgleic^en  im  äfofyang  au  93b  II  fird^l.  geftberjeic^niffe  ber  Armenier, 

25  Aorten,  Gtyalbäer  u.  f.  to.  (betreffs  beS  ßeiligenfalenberS  ber  Äobten  bgl.  aueb  baS  [im* 
botlenbet  gebliebene]  SBerf  bon  g.  SBüftenfelb,  Synaxarium,  b.  i.  ©eiligenwlenber  ber 
foptiföen  Triften,  ©otya  1879).  Über  bie  SJlenologien  unb  Äalenbarien  ber  Muffen 
tyanbeln  3-  ©•  Slffemanni  fotoie  SBerfcfyinSfi,  §abSfi,  SRartinob  2c.  a.  a.  D. 

93on  ben  Aalenbern  beS  StbenblanbeS  ftnb   gegen  baS  @nbe  beS  ßeüalterS  ber 

30  Jtreujgüge  toeitauS  bie  meiften  lateinifety  abgefaßt  (f.  baS  93er$etcfyniS  bon  ungefähr  40  ber* 
felben  bei  ^otttyaft2,  I,  G95— 697).  einige  ber  triftigeren,  toelctyen  bisher  etngefcnbere 
Sebeutung  $u  Seil  getoorben,  feien  fyier  tyerborgefyoben.  ©o  junäc^ft  baS  alte  ge& 
berjeic^niS  (o^ne  bollftänbigen  3KonatSfaIenber)  auSSRom,  toelc^eS  aus  ber  $ät  ber$äj)jlc 
©regor  II.  ober  ©regor  III.  ^errü^rt,  bemerfenStoert  toegen  feiner  Slngabe  ber  römifc^en 

86  Stationen  (f oloeit  barin  bie  fjefte  gefeiert  tourben)  unb  ber  ebangelifegen  fieftionen ;  ti 
tourbe  auS  einer  mit  ©olb  gefd^riebenen  ^anbfd^rift  beS  JtloftetS  ber  ©enobefa  )u  $arid 
herausgegeben  bon  gronto,  Par.  1652  (barauS  bann  in  beffen  Epistolae  et  Dieser- 
tationes  ecclesiasticae,  Veron.  1733,  8°,  p.  107 — 233).  ©obann  ber  flalenber, 
loeld^er  nebft  Oftertafel  am  ©c^lufe  ber  ©bangelien^anbfc^rift  ftd^  befinbet,  bie  auf  8efe$l 

40  ÄarlS  b.  ©r.  burc^  ©obeSfcalc  im  ^afyre  781  angefertigt  ift,  herausgegeben  auS  einer 
ßbf.  beS  2oubre  unb  erläutert  bon  %.  $tyer  a.  a.  D.  („ÄarlS  b.  ®r.  Äalenbarium  k", 
Serlin  1858);  beSgl.  ein  auS  Sujeuil  ftammenber  Äalenber  bom  6nbe  beS  7.  ^cäj/df.  er» 
galten  in  einer  Gorbetyer  ^bf.  unb  bon  $tyer  erläutert  ebenbaf.  ©.  60  ff.  (too  no<^  ber- 
W^iebene  anbere  Äalenbanen  auS  ber  3e^  ^ar^  *>•  ®r-  nad(fgeh)iefen  ftnb:   ©.  75 ff.). 

46  gerner  ein  marmorner  Menber  auS  3?eaJ>el,  ber  jtoifd^en  840  unb  850  bureb  StfdW 
^ofyanneS  IV.  angeorbnet  unb  in  ber  Äirc^e  ©t.  ©iobanni  maggiore  aufgeteilt  ift,  too  er 
im  3^re  1742  gefunben  tourbe;  herausgegeben  bon  2Ka^oc^i,  In  vetus  marmoreum 
S.  Neapolit.  ecclesiae  Kalendarium  Commentarius,  Neapoli  1744, 3Sbe,4°  unb  glefa^ 
jeitig  bon  b'älnfora,  II  vetusto  Calendario  Napoletano  con  varie  note  illustrato, 

so  Napoli  1744,  9  $eile  4°,  bon  benen  ber  erftere  nur  bie  fec^S  erften,  ber  anbere  bie  neun 
erften  SWonate  lommentiert  ^at  (ben  lejt  giebt  auc§  äng.  SJlai,  Script,  vet.  nov.  Cd- 
lect.  Vol.  p.  58 — 65,  fotoie  neuerbingS  33.  Gajjaffo  in  ben  Monum.  ad  Neapolit 
Ducatus  hist.  speetantia,  I,  1881,  p.  335—339).  SinS  ber  triftigeren  ftalenborien 
beS  11.3a^unbertS   ift  baS   beS  »iföofs  ©unbefar  IL   bon  ©efttätt  (1057— 1079), 

66  toorüber  jüngft  $irfc^mann  in  ben  Anal.  Boll.  1898,  p.  393  ff.  getyanbelt  ^at  fttendvi) 
^o^en  SllterS  unb  überhaupt  in  me^rfa^er  ^inftc^t  intereffant  ftnb  bie  bon  SL  Seiner 
nä^er  befc^riebenen  Jtalenbarien  auS  33aiern,  ©c^toaben  unb  ^ran!en;  fo  eins  auS  grei* 
fing  bom  ©nbe  beS  10.  ^a^unbertS;  ein  ©aljburger  auS  Saec.  11,  ein  9tegenSbusoer 
aus  bem  12.  ^a^unbert,  ein  ^affauer  unb  ein  SlugSburger,  beibe  auS  bem  13.  3«^ 

eo  tyunbert  (bgl.  Sta^ingerS  Sngeige  b.  2ec§nerfc$en  SBerlS   in  ÄriegS  Sitt.  9lunbf(^au  1892, 


ftalcttbtr,  djriftltdjer  721 

9lt.  1).  —  »Ricfyt  in  Söorten,  fonbern  in  3^™  abgefafet  ift  ba«  lalenbarifctye  3Dtartyro* 
togtum,  töetd^ed  18G2  toon  5JJi^er  au«  ber  (8  %af)Tt  fräter  beim  ©trafeburger  33ibIiot$ef«* 
branbe  untergegangenen)  §anbfcfyrift  be«  Hortus  deliciarum  ber  §errab  toon  2anb«= 
perg  Dom  Igagre  1175  herausgegeben  tourbe  (in:  „35ie  Äalenbarien  unb  9JlartyroQL  ber 
Slngelfad&fen  2c.  f.  o.).  5 

©egen  ben  2lu«gang  be«  Mittelalter«  begegnen  in  toadjfenber  Rafy  Übertragungen 
be«  Vß  ba^tn  faft  burctygängtg  lateinifcty  abgefaßten  Äalenber«  in  bie  Sanbe3fyra<$en.  9cur 
hn  Ängelfäc$ftfd&en  finbet  fug  föon  bor  3(6lauf  be«  10.  Sa^unbert«  ein  metrtföe«  fta= 
Icnbarium,  h>elc$e^  jum  Schluß  auf  bie  Autorität  be«  Äönig«  ber©adjfen  ftc$  beruft,  ber 
bie  9ea$tung  biefer  gefreiten  in  Britannien  gebietet  (mitgeteilt  au«  einer  cottoniamfcfyen  10 
§bf.  bon$idfefw«;  f otoie  neuerbing«  toon  ©rein,  and)  einzeln  bon  SBoutertoel,  Calendcwide 
i.  e.  Menologium  ecclesiae  anglosaxonicae  poeticum,  ©üterslo^  1857;  erläutert 
au$  bon$Ptyer  in  ber  gebauten  ©etyrift  über  bie  Jtalenbarien  ber  2tngelfa<bfen,  ©.  55  ff.). 
Xu«  bem  13.  3a$rfyunbert  befinbet  ftc$  ein  frangöftfe^er  Äalenber  in  ber  t.  Sibliot^e!  ju 
$ari«  (Anc.  cat.  194  f.  ^JJari«,  Les  mss.  franc,  de  la  bibl.  du  roi  T.  VI  p.  165  15 
n.  7190).  35eutfcfye  Jtalenber  fommen  nic^t  bor  bem  14.  Satyrfyunbert  bor,  au«  toelcfcem 
eine  gange  Slnga^l  erhalten  ift:  namentlich  einer  in  ber  f.  S3ibliottyef  ju  Berlin  (Libr. 
pictur.  A.  92),  brei  in  ber  f.  S3ibliotfyef  gu  SBien  (#offmann,  SSerjeid^n.  ber  altb.  $bf. 
ber  !.  £ofbibl.  au  SBien,  ©.  272.  353),  einer  in  ber  Unto.4Btbliofyef  m  (Sieben  (2Beiganb 
m  ^aupt«  3b3l,  33b  VI,  ©.  484),  einer  in  ber  f.  »ibliotyef  311  Srüffel  (ffiarjöe,  Rech.  20 
bibl.  sur  les  Almanachs  Beiges  p.  174  n.  5),  einer  in  ber  f.  39ibliotfyef  ju  Äopen« 
bagen  (ber  lefcte,  au«  ber  ©egenb  be«  SKittelrfyein«,  herausgegeben  toon  ßiliencron  in 
#ain>t«  3tfd&r.  a.  a.  D.  ©.  349—369).  —  3)ie  fyanbfc&riftlic^en  Äalenbarien  ftnb  tyäuftg 
mit  2RiniaturmaIereien  gefcfymüdft,  unb  gtoar  ftnb  gang  geh)öfynlic$  bie  entfbrecfyenben  $ier= 
fretebilber  ben  Monaten  beigefefct;  nicfyt  feiten  ftnb  beren  93ef$äftigungen  borgefteüt,  25 
(anblicke  unb  $äu«licbe  arbeiten  ober  3«ftänbe,  toie  fte  tebem  d&arafteriftifö  ftnb,  —  aber 
au$  ßreigniffe  ber  ebangeliföen  ©efd&id&te,  fohrie  bie  Stooftel  unb  anbere  ^eilige,  bie  in 
ben  jebe«maligen  3Ronat  fallen.  §auj)tbenfmäler  biefer  Slrt  au«  bem  ßnbe  be«  15.  ^a^x- 
fyunbert«  fmb  ba«  ©ebetbud^  ber  Snna  toon  Bretagne,  ©emafylin  Subtmg«  XII.,  in  ber 
Biblioth.  nat.  ju^ari«,  unb  ein  ©ebetbuefy  in  ber  93ibliotfyef  be«91rfenal«  bafelbft  Oßtyer,  ao 
Sfytyologie  u.  ©tymbol.  2c.  I,  2,  ©.  288 ;  23  f.  230.  383). 

Unter  ©intoirfung  ber  im  15.  3SGW)unbert  erfunbenen  93u$brucferfunft  erfuhr 
ba«  Äalenbertoefen  felbftoerftänblid^  hnd&tige  gortbilbungen.  £>o<&  traten  biefe  nic^t  mit 
einemmale  fonbern  nur  fe^r  aHmätylicfy   ju  Sage.    £>ie  erften  gebrudftcn  Äalenber  ^aben 

E(  bie  ßinric^tung  ber  ^anbfd^riftlid^en  unb  ftnb  gleich  biefen  nod^  allgemein,  für  jebe«  30 
r  }Hxf[enb,  au«gefteüt.  3)ie  frü^eften  ftnb  in  §olg  gefd^nitten  unb  inÄu^fer  geftoc^en. 
5talenber  be3  3°^anne^  be©amunbia,  too  nur  ber  5Wonbumfang  ^ingugefommen,  ift 
n«6fi  ber  monatlichen  läge«-  unb  5Jac^tlänge  (Dorn  3.  1439  an)  in  $oIg  gefc^nitten  um 
1458,  neuerbing«  mtttelft  be«felbcn  ^olgftoc!«,  ber  nod^  toorfyanben  ift,  toteber^olt  bei 
»ecler,  #oljfön.  alter  beutfd^er  3Jleifter,  ©ot^a  1810,  ßiefr.  II,  Rl  A,  »1.17  (bgl.  40 
gaKenftem,  ©efc^.  ber  Suc^brudfertunft,  ©.  53  f.).  £>er  Äalenber  be«  ©anbro  äJotttcelli 
bom  %atyct  1465  erfcfyien  in  Äufferftid^  mit  einer  golge  bon  $laneten=331ättern,  bie  boll- 
fldnbig  im  britifc^en  SRufeum  fid^  finbet  (ba«  erfte  SBIatt  mit  bem  Äalenber  aud^  im 
l  Äupferfticfylabinet  ju  Serltn).  —  darauf  erfolgt  ber  erfte  $)rucf  eine«  Äalenber«  für 
beftimmte  3a^re  nad)  ber  ^Bearbeitung  be«  3ol;anne«  Slegiomontanu«  ju  -Jlümberg  im  46 
3a^re  1475,  eine  beutfetye  unb  eine  lateinifd^e  3lu«gabe,  unb  oft  toieber^olt  (togl.  Äalten= 
brunner,  aSorgefc^id^te  :c.  ©.  86) :  ber  Äalenber  ift  nämlid^  unmittelbar  für  bie  %af}tt 
1475,  1494  unb  1513,  al«  bie  erften  3«^**  «ner  breimaligen  19jä$rigen  ^eriobe,  ge= 
fkettt,  boc$  fo,  baft  barau«  bie  Qata  für  bie  übrigen  3^re  berfelben  abgeleitet  toerben 
fönnen,  alfo  reicht  er  bon  1475—1531.  2tber  biefe  ©toejialijterung  bejie^t  ftc^  nur  auf  00 
ben  aftronomifd^en  Seftanbtetl,  auf  Seftimmungen  für  sJWonb  unb  ©onne;  ber  Äirctyen* 
lalenber  ift  noc^  in  feiner  Slllgemeinbeit  verblieben:  er  enthält  mithin  aufeer  ben  SBucfc 
paben  A— G  für  ben  2Boc§enfrei«  nur  bie  §eiligcnnamen  unb  jtoar  nad^  älterer  SBeife 
an  einer  befcfyränften  3a^  öon  2^g«n,  nidjt  aber  bie  Ginteilung  in  SBocfycn  unb  bie  be^ 
toeglicben  fjefte.  —  ©0  behalten  aud^  nod&  bie  erften  eigenltd^en  9SolI«falenber  bie  frühere  66 
Einrichtung  bei,  bie  jeboc^  faft  an  allen  2ägen  mit  ^eiligen  befe|t  ftnb ;  fo  in  ben 
Äalenbern  t>on  31ug«burg  1481,  1483,  1495,  @rfurt  1505  unb  3üric^  1508.  6rft 
nac^  SWitte  be«  16.  Safafyunbert«  fommen  fialenber  für  ein  befttmmte«  3^^r,  nämltd^  mit 
bemfelben  angepaßter  SÖoc^ens  unb  geftorbnung,  ju  allgemeinerem  ©ebraud^.  3n  *>ens 
fetten  toar  famt  ben  übrigen  beweglichen  geften,   tüte   fte  jä^rlic^   berfc^ieben   eintreffen,  (>o 

Real»«nc»)riopäble  für  ^Jjtologtc  unb  fllräc.   3.  W.  IX.  45 


722  fialenber,  tfjrifüitfjer 

aucty  ba«  Dfterfcft  aufgejeid&net.  Slber  bie  3Retfyobe,  nac§  ber  ba«felbe  beregnet  tourbe, 
fyatte  ftc§  längft  al«  unjureid&enb  ertoiefen  unb  bie  SBefeitigung  ber  infolge  babon  em= 
getretenen  3rrungen  toar  ju  einer  ber  bringenbften  Aufgaben  geworben,  toddjt  bie  mit  ber 
5teformation«et)oc§e  anfyebenbe  neuere  $eit  avß  bem  SKittelalter  überldm. 

6  %üx  bie  Beobachtung  be«  Dfterfefte«  toar  nämlicty  in  ber  alqranbriföen  fttrc$e  feit 
ber  fctoeiten  #älfte  be«  3.  Safyrljunbert«  bie  Siegel  angenommen,  unb  Don  bem  3ticänif($en 
Äonjil,  inbem  e«  biefer  ffhrctye  bie  Berechnung  be«  Dfterfefte«  übertrug,  ftittfötoeigenb  be* 
ftätigt  toorben:  bajj  ba«felbe  anheften  fei  am  (Sonntag  nac$  bem  3ftü£ling«bottmonb, 
b.  ty.  bemjenigen,  ber  am  Säge  ber  gritylingSnadfjtgleic^e  felbft  ober  junäc^ft   naä}  ber- 

lofelben  eintrifft;  unb  afö  Datum  biefer  SRac^tgleic^e  fei  ber  21.2Rär$  feftjufytften,  ber  Soll* 
monb  aber  nac§  einem  19  jährigen  ßtyflu«  ju  beregnen.  35iefe  Siegel  unb  9tecfcnung& 
metfyobe  fanb  in  ber  praftifdp  nü$lid&en  3lu«geftaltung,  toelc^e  $ßatriari#  Gtyrill  (gefl  444) 
ifyr  gegeben  fyatte,.  auf  Setrieb  be«  9lbt«  2)iontyftu«  ©jiguu«  feit  525  in  ber  römtfc^cn 
Äirdfje  aufnähme  (bgl.  £.  adelte  im  betr.  31,  93b  IV,  697, 21  ff.),  ging  bon  ba  bi«  gegen 

16  @nbe  be«  6.  ^afyrfyunbert«  in  ben  ©ebraud)  be«  übrigen  Italien«  unb  ©allienS  über, 
fanb  bemnäc&ft  burety  3ftboru«  §i«j)alenft«  —  otyne  änfnityfung  an  bie  $üm$tf$e 
Vorarbeit  (bgl.  ^beler,  #anbb.  :c.  II;  Ärufdfj,  Stubien  jur  c$riftl.=mittelalterl.  ß^ronoL, 
Seipjig  1880;  mitijl,  Chronologie  S.  131)  —  in  Spanien  (Singang  unb  tourbe  bur$ 
93eba  feit  729  ben  angelfädfjftfd&en  Ätrd&en  übermittelt  (Ä.  SBerner,  Seba  b.  (S^rtoürbige, 

20  S.  132  ff.). 

aber  bie  alejanbrinifd&e  SKet^obc  litt  an  jtoei  grellem,  bie  im  Saufe  ber  3«ten  nic^t 
berborgen  bleiben  fonnten.  Srften«  inbem  fte  bie  3ftil?ling«nac£tgleic&e  am  21.  Wy 
annahm,  fölofc  fte  ftety  an  bie  julianifcfye  ^a^rform  unb  Scfyaltorbnung  an,  toonaefc  bie 
Sänge  be«  3afre^  Ju  365' /4  Jagen  angenommen,  bemna^  alle  bier  3^e  ein  2äg  eim 

26  gehaltet  tourbe.  2)a«  %af)x  ift  aber  in  ber  SBirflicfyfeit  um  mefyr  al«  elf  ^Minuten 
Heiner,  toa«  alle  128  $$**  einen  lag  au«mad&t,  ber  alfo  ju  biel  eingefc^altet  tourbe. 
^toeiten«  natym  fte,  inbem  fie  ben  gr^ling«bollmonb  na$  bem  19  jährigen  Gtyflu«  bim 
235  SJtonaten  beregnete,  bie  Summe  biefer  ÜRonate  m  19x365\'4  —  6939»; 4  Sagen  an. 
2lber  biefer  Styflu«  bon  3Honaten  ift  in  ber  SBirflidftfeit  um  metyr  al«  eine  Stunbe  tür^er, 

so  toa«  ettoa  alle  210  3al?re  einen  Jag  ausmacht,  um  ben  alfo  ber  SSollmonb  ju  fpdt  an 
gefegt  tourbe.  So  toar  benn  eine  Slec^nung,  bie  im  c^riftlic^en  ältertum  mit  bem^immd, 
ba«  fyei|t  mit  bem  ©onnenjafyr  unb  ber  5Ölonb})^afe,  geftimmt  fyatte,  im  13.  3abr^unbert 
längft  nidfjt  me^r  richtig.  2lber  erft  in  biefem  tourbe  man  auf  bie  geiler  aufmerffam: 
ben  3Benbe})unft  bejeidjnen   afö   erfte  Vorläufer  ber  Äalenberreformation   ber  6omj)utul 

36  be^  SJtagifter  ß^onrab  toom  3a^re  l200  (nur  'n  ^ner  Überarbeitung  öom  %afyct  1396 
in  einer  Sötener  §bfc§r.  erhalten ;  nac^getoiefen  bon  Äaltenbrunner,  33orgef$ic$te  ic.  6. 7ff.)f 
unb  ber  (SomputuS  eine«  Ungenannten  bom  3a^re  1223,  ber  größtenteils  bei  SSincentutf 
Sellobacenft«  erhalten  ift;  toorauf  biefe^rage  im  Slbenblanbe  ein  fte^enber  Slrtifel  toutbe. 
Sotoo^l  3o^.  be  SacroSufto  (De  anni  ratione,  ca.  1250)  toie  SJoger  Saco  (in  einem 

40  an  ^Papft  ßlemen«  IV.  gefanbten  Jraftat  De  reformatione  Calendarii,  ber  in  9totn 
noc^  ^anbfd^riftlic^  toorfyanben  fein  foll  —  t>gl.  SSootyoufe,  Enc.  Brit.  1.  c,  p.  671)  — 
^aben  ftc^  mit  tyr  befebäftigt.  —  2luc^  bei  ben  ©rieben  fam  ba«  Problem  gur  ©pra^e: 
ber  9Könc^  Sfaa!  SlrgtyroS  fc^rieb  im  $atyz  1272  über  bie  Sonnen*  unb  SRonbc^ßen 
unb  toaä  bamit  jufammen^ängt,  toorin  er  einen  eigenen  2lbfcfynitt  bot  (c.  16):  xegi  n/s 

46  rov  Tido^a  dioQ&(t)oecog,  a^iwg,  negi  zrjg  rov  xavoviov  owalsgoxrjtoc:  (bei  Petav., 
Uranolog.  p.  204  sq.).  3m  15.  Sfl^unbert  fam  bie  33erbefferung  be«  Äalenber«  au* 
auf  ben  grofeen  Äonjilien  be«  2lbenblanbc«  in  Anregung.  Sin  ba«  Äoftni^er  ftonjil  (1414) 
richtete  $eter  VWäty  feine  Exhortatio  super  kalendarii  correctione;  unb  bem 
93a«ler  Äonjil  legte  3Jifolau«  bon  6ufa  im  3^^re  1436   feine  Tractatus   de   repara- 

60tione  calendarii  bor  (in  feinem  Opp.  Basil.  1565  fol.,  p.  1155—1167).  Setbe  b* 
ieiebnen  ben  3uPan^  ^  Ralenber«  al«  ein  fd^toere«  2irgemi«  ber  ßirctye,  bem  unberjäg* 
lic^  Slb^ilfe  gerafft  toerben  toerben  muffe.  I)er  leitete  fc^lug  bor,  im  5jOfyct  1439 
bie  33erbefferung  eintreten  ju  laffen  (f.  überhaupt  Äaltenbrunner  a.  a.  C.;  Serjd», 
S.78ff.). 

56  5Der  ©r egorianif^e  Äalenber.  @rft  burc^  ^atft  ©regor  XIII.  (1572  W 
85)  tourbe,  in  @emäj#eit  eine«  bom  3:ribcntinifc^en  Äongil  gefaxten  Sefc^luffe«  bie  boc^ 
nottoenbig  getoorbene  SReform  jur  3lu«fül>rung  gebraut.  35en  $lan  $u  berfelben,  to« 
\l)n  ber  falabrefifäe  3lftronom  Slloigi  Sigli  (Aloysius  Lilius)  in  feinem  Compendium 
novae  rationis  restituendi    calendarium   enttoorfen   ^atte,   liefe   ©regor   bur<$  eine 

«i  1577   ju  töom   niebergefe^te  Äommiffion   feftfteUen.     ffiorauf  er  burd^   bie  9uDe  wm 


ftalettber,  rijrtftltrijer  723 

24.  gcbruar  1582  biefen  berbefferten  Äalenber,   ben  nacfy  tym  benannten  ©regorianiföen, 
einführte. 

Der  gtotd  ber  SBerbefferung  ging  bafyin,  einesteils  bie  Siegulierung  beS  DfterfefteS 
in  Sejie^ung  auf  ben  Sonnen*  unb  -Ötonblauf,  alfo  bie  Sa^rform  unb  bcn  ÜRonbctytluS 
toieber  auf  ben  Stanb  jur  $6t  unb  nad?  ber  Slbflcfyt  beS  nicänifäen  ÄonjilS  aurücf jufütyren ;  5 
anbernteilS  burc^  Serbefferung  berfelben  aucfy  für  bie  3^"^  ^Ic  SSerfcfciebung  oer  gfrüfc 
(ing^na^tgletc^e  unb  beS  gftüfylingSbolImonbS  $u  bereuten,  gn  erfterer  Segie^ung,  um  bie 
grö#tngSnac$tgleic§e  auf  ben  21.  2Rärj  äurüdjufüfyren,  tourbe  beftimmt,  bafe  10  3äge 
ax&  bem  Äalenber  toegf allen  unb  jtoar  auf  ben  4.  Ottober  ber  15.  folgen  foQe;  ferner 
tmixben  jur  Berichtigung  beS  grüfylingSmonbS  in  bem  3RonbctyfluS  bie  Sieumonbe  um  10 
3  läge  $urücfgefe$t,  unb  jtoar  in  bem  erften  fo  berichtigten  Satyr  beS  GtyfluS  ber  erfte 
3Reumonb  bom  3.  Januar  auf  ben  bortyergetyenben  31.  ©ejember.  Sobann  tourbe,  um 
bieg  3SertyältniS  $u  feieren,  fioax  bie  julianifcfye  Sctyaltocbnung  unb  ber  19  jährige  3Ronb* 
cty&uä  jebeSmal  ein  ^atyrtyunbert  fyinburcfy  beibehalten;  aber  für  jebeS  Säfularjatyr  eine 
ßorreftton  angeorbnet  in  ber  3lrtf  bafe  ber  Schalttag  in  1  3atyrtyunberten  breimal  toeg*  is 
gelaffen,  unb  bafe  ber  Sieumonb  in  25  ^abrfyunberten  achtmal  (nämluty  ftebenmal  nacty  je 
300  Satyren  un*>  *>a$  actytemal  nacty  400  Siatyren)  um  einen  ^tag  jurüdfgefefct  toerbe.  3ur 
©untyfütyrung  biefer  Äorreftion  im  ÜRonbctyfluS  ttmrbe  bie  Sfyaftenrectynung,  b.  ty.  bie  *e- 
re$nung  nadp  bem  2Uter,  toelctyeS  ber  SRonb  am  erften  Januar  fyat,  gemäfe  bem  burcty  jenen 
2igli  aufgeteilten  StyfluS  (Cycl.  Lilianus)  eingeführt.  ausführliche  Stedjenfctyaft  unb  20 
Anleitung  tourbe  Don  einem  SRitgliebe  jener  Äommiffion,  bem  beutfctyen  3efuiten  Gtyriftopfy 
@$lüffel  (Clavius)  aus  Bamberg  (geft.  1612),  in  ber  obengenannten  auf  SBefetyl  Gie- 
men* VIII.  1603  veröffentlichten  Explicatio  gegeben. 

3jn  ben  lattyolifctyen  Staaten  fanb  biefe  päpftlictye  Äalenberberbefferung  teils  fofortigen 
@ütgang,  teils  tourbe  fte  nacty  Verlauf  einiger  ^atyre  anerfamtt  unb  eingeführt;  fo  Don  2:» 
«aifer  SKubolf  IL  unb  ben  fattyolifctyen  9leictySftänben  2)eutfölanbS  feit  1583,  bejto.  1584. 
Dagegen  erflärten  bie  ebangelifcfyen  Stänbe  ftcty  gegen  biefe  Sieformation;  einesteils  toeil 
fie  toon  SRorn  fam  unb  ber  $aj>ft  bei  ber  (Sinfütyrung  berfelben  bie  gormel  mandamus 
gebraust  tyatte,  toogegen  man  auf  ebangelifctyer  (Seite  baS  politifctye  unb  ttrctylictye  SRectyt  auf 
ben  Äalenber  toatyren  toollte ;  anbernteite  toeil  ber  neue  Äalenber  aud?  nictyt  genau  mit  so 
bera  §tmmel  übereinftimmte.  2)ie  getyler  *>**  ©regorianifctyen  93ere<$nung  (bgl.  Serfcfy 
a.  a.  D.  S.  158  f.)  erlannte  fctyon  fofort  nacty  bem  Sefannttoerben  im  §abre  1582  ber 
^immelSlunbige  Sanbgraf  SSityelm  IV.  »on  §effen^affcl.  2)er  $um  GatoiniSmuS  über= 
getretene  ^i^ilologe  ^ofe^  3;uftuS  Scaliger  loarnte  toieber^olt  feine  ©laubenägenoffen 
unb  bie  gelehrte  ÜÖclt  über^aut>t  öor  bem  mi^glüctten  päpftli$en  SSerbcff erungStoerf uc^e ;  fo  35 
Won  in  bem  für  bie  neuere  Chronologie  ^orföung  babnbred?enben  ffierfe  Deemenda- 
tione  temporum,  ^iariS  1582,  fpäter  in  f.  Elenchus  et  castigatio  anni  Gregoriani, 
1595,  unb  f.  Thesaurus  temporum,  1606).  (Gegenüber  fomofyl  biefem  gemaltigen 
^auptgegner  toie  anberen  Äritüern,  namentlich  aucfy  bem  lübinger  5Wat^emati!er  3JläfÖin 
(Äe^lerS  Se^rer,  geft.  1631),  mußten  bie  päpftlicfyen  9lftronomen  i^r  SBerf  in  ja^lreic^en  Streik  40 
fünften  berteibigen  (f.  bef.  bie  t>on  6la»iu$,  gejammelt  in  93b  V  feiner  Opera  mathe- 
matica,  5Kainj  1612).  —  Seit  bem  2lu$gang  be$  16.  3«^unbertS  beftanb  alfo  in 
2)eutfc§lanb  neben  bem  gregorianifd^en  Äalenbcr  ber  alte  julianifc^e,  bie  als  neuer  unb 
alter  Stil  untertrieben  tourbcn;  mc^alb  unter  ben  beiberfeitigen  StcligionSparteien  alle 
betoeglic^en  gefte  in  ber  Siegel  belieben  unb  in  ber  Datierung  ber  SRonatStage  bie  2ln=  46 
ganger  bcS  neuen  Stils  benen  beS  alten  (bis  ^um  2lblauf  beS  17.  3a^unb«tS)  um 
10  läge  DorauS  toaren.  Selbft&erftänblicfy  führte  biefer  d^ronologif^e  ä^^iP^*/  Sumal 
in  ben  Territorien  mit  gemixter  Sebölferung,  grofee  Übelftänbe  gerbet.  Um  benfelben 
pt  begegnen,  entfd^loffen  fiefy  bie  eüangclijc^en  Stänbe  Deutjd^lanbS  jur  feinfü^rung  eines 
britten,  fotoo^l  bom  gregorianifc^en  mie  bom  julianijd^en  betriebenen  ÄalenberS,  toelc^er  50 
als  „berbefferter  .Halenber"  (auf  ©runb  eines  reic^Sftänbigen  Sefc^lufjeS  bom  23.  Se^t. 
1699)  mit  bem  %al)xc  1700  in  ©eltung  trat.  2)arin  tarnen  fte  in  ber  3d*re$mmfl 
mit  bem  gregorianiföen  .Halenber  überein,  inbem  man,  um  bie  JrüfylingSnadjjtgleictye  eben- 
faflS  auf  ben  21.  sJWä^  jurüd^ubringen,  im  ^a^re  1700  elf  Xage  ausliefe,  unb  jtoar 
auf  ben  18.  gfebruar  ben  1.  üHära  folgen  liefe.  2)ie  >veftrec^nung  aber,  befd^loffen  fte,  56 
foüte  h>eber  nadj  bem  im  julianifc^en  Äalcnber  angenommenen  biontyftanifdjen,  biel  weniger 
nac^  bem  gregorianifdjen  (SbfluS,  fonbern  nac^  bem  aftronomifdjen  GalculuS  eingerichtet 
toerben.  Unb  ba  cS  fic^  nod;  fragte,  toelcfye  tafeln  unb  toelc^er  SKeribian  ber  aftrono- 
mifc^en  Serec^nung  $u  ©runbe  gelegt  toerben  follten,  fo  erging  unter  bem  20.  Januar 
1700  ber  SBefctylufe:   cS   follc  bie  $t\t  ber  ^rü^lingSnac^tgleic^c  fomie  ber  ma^re  Dfter=  m 

16* 


724  ftnlenber,  ^riftlidjer 

boHmonb  beregnet  toerben  na#  bem  2Reribian  bon  Uraniborg  (ber  berühmten  ©terntoartc 
X\)d)o  SBrafye«  auf  ber  l^nfel  §been)  unb  bi«  auf  tücitcred  naety  ben  bi«£er  faft  burtfc 
gebend  gebrausten  rubofyfyinifctyen  tafeln  Kepler«. 

2)ie  prinzipielle  93erf#iebenl?eit   atoifcfyen  biefer  neuen  33erec&nung«h>rife  unb  ber  gre* 

6  gorianifetyen  tourbe  für«  erfte  nic^t  bemerkbar,  ba  in  ber  Siegel  au«  ber  aftronomif($en 
Serecfynung  ba«felbe  Dfterbatum  fyerborging  tote  avß  ber  gregorianifcfcctyHiföen.  (Sin 
Unterfctyieb  im  Dfterbatum  ergab  ftcfy  juerft  im  Sa^re  1724,  in  toelctyem  ba«  gefi  na<$ 
ber  festeren  auf  ben  16.  2lpril,  naety  ber  erfteren  auf  ben  9.  2IpriI  traf.  Die  (Sbange^ 
Uferen  blieben  natürlich  bei  bem  ben  ©runbfäfcen  tyrer  geftrec^nung  entfpre^enben  Öfter- 

10  batum  fielen.  Die«  führte  aber  ju  gefährlichen  SSertoicfelungen,  ba  bie  Äattyolifd&en  teegen 
ber  Übereinftimmung  beiber  Äalenber  feit  1700  in  bem  2Rifjberftänbm«  befangen  toaren, 
al«  feien  bie  (Sbangeliföen  (im  3-  1699)  bem  gregorianifäen  Äalenber  beigetreten;  fo 
bafe  jenen  ba«  Sefyarrm  ber  ©bangdiföen  bei  ber  ifynen  eigenen  Dfterrecfcnung  al«  einseitige 
Neuerung  erfcfyien.    9lamentlicfy  tarn  e«  auf  bem  9teicfy«tammergeric§t  toegen  ber  boppelten 

16  gerien,  bie  infolge  biefer  Differenz  toieber  Ratten  eintreten  muffen,  Don  bem  fatyolif($en 
Seil  aber  nietyt  anerfannt  tourben,  ju  ben  ärgerlichen  Auftritten  unb  $u  fcfctoerer  Ste 
brofyung  ber  ebangelifctyen  Slffefforen ,  aud?  in  fatfyolifcfy  regierten  Territorien  ju  Sebrüchmg 
unb  Verfolgung  ber  ^roteftanten,  namentlich  in  ber  $falj,  too  ber  Äurfürft  feine  refor* 
mierten  Untertanen  notigte,  Dftern  gleichzeitig  mit  ben  Äaüjolifen  ju  feiern,  bem  gegen? 

20  über  ber  Äönig  bon  ^reufcen  mit  ^Hepreffalien  gegen  feine  fatfyolifcgen  Untertanen  ein* 
fdfjritt.  hingegen  ba«  näcfyftemal,  al«  eine  folctye  SDifferenj  ftc$  ereignete,  im  Safere  1744, 
fam  e«  auf  bem  3leicfy«tage  unter  Beobachtung  ber  Rarität  ju  einer  SSerftänbigung. 
©nblicty,  al«  im  %ctyxt  1788  bie  Differenz  auf«  neue  beborftanb,  befeitigte  ba«  Corpus 
Evangelicorum  biefelbe  burety  Verlegung  be«  Dfterfefte«,   tooju   al«  ©runb  biente,  um 

25  ba«  3ufamme"^cffen  mit  bem  jübifcfyen  ^Saffa^feft  ju  bermeiben,  —  ein  9Wotib,  toel<$e$ 
auf  einer  fallen  Sluffaffung  einer  SInorbnung  be«  Siicänifctyen  Äonjil«  beruht.  3uöM 
fam  bei  biefer  Gelegenheit  bie  §auptfalenberbifferenj  in  (Srtoägung.  S«  tourbe  berfetten, 
fyauptfäctylicfy  toeil  fte  für  §anbel  unb  SBanbel  unbequem  toar,  auf  Vorfd^lag  ^riebric^«  b.  ®r. 
bon  bem  Corpus  Evangelicorum  baburety  ein  ©nbe  gemacht,  bafe  biefe«  tm  %atjtt  1775 

so  ben  im  3al?re  1699  errichteten  berbefferten  Äalenber  toieber  aufhob  unb  ba«  Ofterfeft 
famt  ben  babon  abhängigen  beweglichen  gefttagen  gleichzeitig  mit  ben  fau)oIif$en  9tet<$& 
ftänben  (alfo  naefy  ber  gregorianifcfcctyflifcfyen  Söerectynung)  ju  feiern  befdjlofc.  9hir  öer- 
langte  man  für  ben  neuen  gemeinfamen  Äalenber  einen  entfprectyenben  9lamen.  2)a$a 
tourbe  im  folgenben  3a^r  ber  neue  Äalenber  unter  bem  tarnen  eine«  „allgemeinen  SRei^fc 

85  falenber«"  im  beutfetyen  Steicty  al«  allgemein  berbinblic^  eingeführt.  —  Übrigen«  tyd  bie* 
felbe  Differenz  bon  ac§t  Sagen  jtoiföen  bem  aftronomifefc  unb  bem  ctytlif$*bere$nettn 
Saturn  be«  Dfterfefte«  feitbem  ft$  toieber^olt  in  ben  ^ai^ren  1798,  1818,  1825,  1845: 
ba«  Internal  traf  Dftern  naefy  ber  Äird&enrecfynung  auf  ben  23.  ÜRärj,  toetyrenb  e«  notf 
ber  aftronomifetyen  SBatyrfyeit  am   30.  -Dlär^   fyätte  angefe|t  toerben  muffen,    ©iefe  8fc 

40  meid^ung  ^at  me^rfac^  in  ben  genannten  %afyxm  ju  Sebcnfen  unb  3*beifeln  über  We 
SRidfjtigfeit  be«  Dfterbatum«  geführt  (f.  barüber:  ^i^er,  ©efd^ic^te  be«  Dfterfefte«  feit  ba 
Äalenbcrreformation,  juv  Beurteilung  ber  toiber  ba«  bie«jä^rige  Dfterbatum  er^obawn 
^tocifel,  33crlinl845;  bgl.  auc^  Serfö,  ©•  H8f.)- 

6inc  rabifale  Slbfyilfe   toürbe  ber  auf  biefem  Umftanb  beru^enben  ©c^toierigteit,  fo^ 

4r,  tüte  no$  anberen  au«  ber  Setoeglic^teit  be«  Dfterbatum«  entfpringenben  9{otftanben  unb 
Serlegenbeiten  ^u  teil  toerben,  toenn  ein  neuerbing«  im  Ärei«  ber  &ir$enregierunaen  bö 
})roteftantifc^en  3)eutfd^lanb  mehrfach  in  6rh)ägung  genommene«  $rojeft,  ba«  auf  nu^ 
©eringere«  al«  puf  Umlranblung  ber  c^riftlic^en  Dfterfeier  au«  einem  betoeglic^en  in  «in 
unbewegliche«  geft  abhielt,  ^ur  Siertoirtlic^ung  gelangte.  Die  (£ifenac$er  @bang.  Äirc^enlon^ 

60  feren^  ^at  im  ^uni  b.  §.  1900  fic^  mtt  ber  grage  befc^äftigt,  freiließ  o^ne  biefelbe  über  b» 
Stabtum  bloßer  "^orberatungen  ^inau«^ufü^ren.  Senior  Se^rmann  au«  Hamburg,  al«9teffraU 
über  ben  ®egenftanb,  fpra^  ftc^  bafytn  au«,  bafe  bie  bielfac^  beränbertc  ©eftaltung  bee 
öffentlichen  Seben«  eine  folcfye  geftlegung  be«  Dfterfefte«  in  ber  %i)at  h)ünfc^en«toert  erf($eincn 
laffe,  loä^renb  prin^ielle  S3ebenfen  ebangclifc^erfeit«  nic^t  bagegen  beftünben(V).  Dieftw» 

66  ferenj  pflichtete  biefer  3luffaffung  bei.  Sic  fprac^  bafyer  einmütig  au«,  ba|  jte,  geleitet 
bon  bem  Söunfc^e,  bem  ebangelifcfyen  siJol!c  angeftd^t«  ber  beränberten  Ser^cUtmffe  be* 
öffentlichen  Seben«  bie  2Jlöglid?feit  einer  ungeftörten  Dfterfeier  m  erhalten,  bie  gepiegwig 
be«  Dfterfefte«  auf  einen  Sonntag  gegen  (Snbe  5Kärj  ober  anfang«  SprU  fc^on  je$i  fär 
5h?cc!mäfeig  erfläre.   9iorau«gefe^t  bie  Uebereinftimmung  mit  ben  übrigen  c^riftlic^en  Slaty* 

eo  fönnc  felbftberftönblic^  bie  Durchführung  nur  bann  erfolgen,  toenn  bie  barauf  abjidenbc 


Äalwber,  tfjriftlttfjfr  725 

SKaßregel  toon  ©eiten  bcr  ftaotlid^en  ^Regierungen  getroffen  toerbe  (fcgl.  bie  betr.  Senate  in 
ben  fird&l.  Organen,  j.  93.  SHESti?}.  1900,  ©.  684). 

Der  ebangelifcfye  §eiligenlalenber.  Die  fyiei*  bargefteHte  Sieform  be$ 
ÄalenberS  betraf  allein  ben  cfyronologiföen  Seftanbteil  bleiben ;  unberührt  bon  xf)x  blieb 
baä  feinen  fraktionellen  ctyriftlictyen  Snfyalt  bilbenbe  33er$eic§ni3  ber  9Jtärtyrer  unb  fonftigen  6 
fietligen.  95er  ©ebanfe  jm  eine  bem  e&angelifcfyen  ©tanbpunft  unb  ^ntereffe  entft>red)enbe 
ilceugeftaltung  auc§  biefeS  fyagiologiföen  3n&alt$  tonnte  unb  mußte  jtcfy  umfometyr  natye 
legen,  ba  unter  ben  „^eiligen"  ber  älteren  fattyolijcfyen  Überlieferung  nur  attju  öiele 
tnroblematifd&e  6jiftenjen  ftcfy  beftnben,  beren  ©efdfnctytlidjleit  ebenfotootyl  luic  tyr  edjt  etyrifk 
lieber  ß^arafter  mefyr  ober  toeniger  gewichtigen  Sebenfen  unterliegen.  Die  gelegentlich  10 
föon  im  SReformation^eitalter  (u.  a.  auc§  fettend  2Relanc^on$)  geäußerten  Sebenfen 
gegen  bie  unberänberte  Beibehaltung  biefer  fo  toieleä  Söertlofe  unb  frittfefy  Unhaltbare  um- 
föließenben  SKamenlifte  mußten  im  Sauf  ber  Igafyrfyunberte  ftcfy  noc§  befeftigen  unb  fteigern. 
Dieä  umfometyr,  ba  in  bie  flalenber  fatfyoliföer  $rot>enienj  allgemach  9lamen  au$  bon 
ßeroen  ber  Äontrareformation  (tote  3gn.  Sotyola  k.)  fotoie  überhaupt  toon  entfe^iebenen  15 
©egnern  beä  etoangelifcfyen  ©lauben&ftanbtounlteS  einbrangen,  toäfyrenb  anbererfeitS  toon  ben 
fürs  etnmgeliföe  Setoußtfein  wichtigen  ^ßerfonen  unb  3$atfa$en  einzelne  jur  aufnähme 
m  bie  für  ben  ©ebraueg  toon  ^Protestanten  beftimmten  ftalenber  gelangten. 

6$  erjctyeint  ebenfofefyr  als  ein  in  biefen  Untoollfommenfyetten  be$  fyerfömmlicfyen 
ÄalenberintyaltS  begrünbetcä  SebürfniS,  tote  audfj  naety  bem  SSorbilb  ber  alten  Äird&e  unb  20 
nad)  bem  SSorgang  ber  SReformation^jeit  gerechtfertigt,  auf  eine  Umbilbung  unb  ®r* 
neuerung  ber  tyagtologiföen  2lu$ftattung  beä  JtalenberS  im  etoangeliföen  ©inn  (b.  f).  ju= 
glet$  hn  ©inn  feinet  UrforungS  unb  ber  älteften  Äirc^e)  Einzuarbeiten.  DieS  natürlich 
mit  SUtcfftc^t  auf  ben  großen  gefdfu^tlic^en  ©ang,  Den  bie  Ährqfe  feitbem  gurücfgelegt  tyat ; 
fobaß  ber  $eilgentalenber  nicfyt  mefyr,  toie  urforünglicty,  ben  lotalen  -SKaßftab  ju  nehmen,  25 
fonbern  bie  Erinnerungen  ber  allgemeinen  cfyriftlic^en  Äircfye  aller  3^ten  gufammemufaffen 
fyd.  Sucty  bie  feit  ber  erften  fran$öfiföen  Sletoolution  mefyrfadfj  hervorgetretenen  Sßerfucfye 
jur  Umgeftaltung  beä  ÄalenbertoefenS  in  mefyr  ober  toeniger  entfd^ieben  anticfyriftlicfyem 
©hüte  rechtfertigen  e$,  baß  etoangelifcfctirc§lic§erfeit$  auf  eine  Ausfüllung  be$  ^a^redlauf^ 
mit  e$t  dpiftlidjem,  bon  unlauteren  (Elementen  tbunlid&ft  befreitem  SRameninfyalt  SBebacfyt  30 
genommen  toerbe.  2öenn  bie  ^arifer  ©c$recfen$männer  ber  90  er  3al?re  bie  cfyriftlic^e 
Zeiteinteilung  burety  ein  ©Aftern  toon  rein  naturalifttfö  motivierten  Bezeichnungen  ber 
iRmtate  (Vendemiaire,  Brumaire,  Frimaire,  Nivöse,  Pluviöse  etc.),  bur$  ©uk 
ftttutüm  toon  Defaben  für  bie  SBoc^en  u.  bgl.  m.  *u  berbrängen  fugten  (bgl.  SRü^l,  S^ronol., 
S.  247—251  unb  bie  bafelbft  benu^te  augfü^rlic^e  DarfteHung  Don  ©.  Sittain,  fitude  86 
sur  le  calendrier  röpublicain,  1884  85),  fo  ift  bie  bamit  herbeigeführte  Neuerung 
afferbingS  nur  bon  lurjem  Seftanb  getoefen;  fie  ^at  auc^  ~  äfynlic^  toie  ber  noep 
toittlürK^er  unb  abenteuerlicher  fonftruierte  Calendrier  positiviste  SomteS  (f.  b.  31. 
„^JofttibtemuS"  in  *P$R@  2.  21.,  XII,  141)  —  nur  in  einem  beföränften  Ärcife  neuerung^ 
füd^ttger  ©d^toärmer  SBeifaH  ^u  pnben  bermod^t.  3mmet^n  fin^  ^'e  ^urc^  berarttgeio 
Serfuc^e  gegebenen  33orbilber  nid^t  o^ne  (Sintoirlung  auf  bie  Seftrebungen  Bremens  unb 
gkuben3feinbli$er  Revolutionäre  fpäteren  Datums  geblieben,  ^n  bem  burc^  baS  jouma= 
liftifc^e  $au))torgan  ber  beulten  ©o^ialbemofratie  feit  ettoa  einem  ^a^e^nt  in  Umlauf 
aefefcien  „Äalenber  beS  SSortoärtS"  toirb,  in  freier  9lad^abmung  beS  ßomteföen  53ers 
fa^renS  unb  mit  betoußtem  3uni*9r^f^n  auf  Vit  antid^riftlic^e  2Beltanfic$t  jener  älteren  «6 
Jletoolution^männer,  baran  gearbeitet  ba$  moberne  Solföbetoußtfein  toon  c^riftlic^en  ©cfd^ic^t^ 
entmerungen  möglic^ft  loäjulöfen  unb  mit  Silbern  ju  erfüllen,  toeld^e  ben  materialiftifc^en 
unb  revolutionären  Doftrinen  ber  heutigen  Umfturjt)artei  entft)red^en.  ^ür  ben  Januar  ftnb 
ba  ©ebenftage  angemerft  toie:  l.^an.:  21.  Slanqui,  foj.  Sletoolutionär,  ge^.  in  $art« 
1881:  2.:  gieSloS  Serfc^toörung  in  ©enua;  12.:  ^olijeirat  Stumpf  erftod^en  1885;  so 
21.:  SouiSXVI.  guillotiniert  1793;  30.:  Honig  Äarl  I.  bon  (Snglanb  gelöst  1649; 
beögleic^en  für  ben  Februar:  5.:  D^namite^lofton  im  SBinterpalaft  gu  ^Peteröburg  1880; 
7.;  »nareftften  SRein«borf  unb  ftüd^Ier  gelöpft  1885;  8.:  ^Jaria  ©tuart  auf  ßlifabet^ 
Sefe^l  geföpft  1587 ;  24.:  Sebruar=5Rcbolution  in$ari$1848;  29:  2luguft  93ebel  getoä^lt 
1868,  u.  f.  f.  (f.  me^r  ber  groben  bei  6.  ©c^arfc,  D.  cfyriftl.  Zeitrechnung  2c.,  ©.  20  f.).  66 
©$on  attein  ber  $inblid  auf  bieje  unb  ä^nlic^e  ©laborate  aus  oer  ©cbamentoerfftatt  ber 
Umfturjmänner  muß  ba^u  bienen,  ba^  d^rtft!ic^=!onfert)atibe  Qntereffe  auf  bie  2Bid^tig!eit 
b«8  ^ier  in  SRebe  fte^enben  ^ßroblemg  einer  Sieform  be$  trabitionellen  Äalenberin^altö 
na$  gefunben  ebangelifd^en  $rin^ipien  ^injutoeifen.  2lber  auc^  au*  bem,  toa^  im  römifdf^ 
fat^oltfc^en  Sager  f^on  längft  für  bie  Pflege  unb  Verbreitung  einer  getoinnenb  unb  ge=  m» 


726  Äalettber,  tfjriftlttfjtr 

Wanbt  eingerichteten  SSolfölalenberlitteratur  gefc$el?en  ift  unb  noefy  gefc^te^t  (bgl.  ben 
feiner^ett  einflußreichen,  bur$  friföe  Originalität  ebenfoWofyl  toie  bur$  fräftigen  $ro- 
teftantenfyafe  au«gejeid&netm  „Äalenber  für  3***  un*>  ©h>tgfeit"  Don  Süban  ©tolj  in 
^reiburg   lerföienen   1843—1884],  be«gleic§en  bie  Jtalenber  ber   berföiebenen   Drben, 

5  SBruberföaften,  btfdfjöflic^en  ©iöcefen  u.  f.  f.)  gilt  e«  ebangeliföerfeit«  Anregungen  )u  ent= 
nehmen. 

gür  bie  Söfung  ber  fyier  berührten  Slufgabe  ift  feit  ben"  40  er  3a$ren  be«  legten 
gafyrfyunbert«  ber  3Scrfaffcr  be«  gegenwärtigen  2trtifel«  in  feiner  früheren  ©eftalt,  Sßrof. 
^erbinanb  Sßiper  (geb.  1811,  geft.  1889),  mit  befonberem  (Sifer  tfyatig  getoefen.    $er  bon  \fjm 

ioWctyrenb  ber  ^atyre  1850— 1870  herausgegebene  „ßbangeliföeflalenber"  fü&rt  benSSerfutfc 
einer  (äuternben  Umgeftaltung  be«  I?agiologifc£en  !$n|alt«  be«  abenblänbif$=c§riftli<$en 
Stalenber«  gemäfe  ebangelifcfcfird&licfcer  @efcfyicfyt«auffaffung  bur$  alle  12  9Ronate  be«  %atjt& 
burety.  SBc^ufö  Belebung  be«  ^ntaeffe«  au4  ^tx  Saienfreife  an  ber  bargebotenen  neuen 
SRamenlifte  Würben  bem  flalenbarium  felbft   tnapp  unb  bolf«tümlic§  gehaltene,   aber  auf 

15  foliber  DueUenbenu^ung  fufjenbe  2eben«bilber  ber  aufgenommenen  djriftücfyen  Seben«*  unb 
2Batyrfyett«jeugen  beigegeben,  Welche  fpäter  —  399  an  ber  3ÖW  —  au$  °l$  felbftftänWgc 
Siogra^ienfammlung  »erbreitet  Würben  (f.  o.  b.  £it.).  35iefer  neue  „berbefferte  Äalenber" 
ebangelifcfyen  SBefenntniffe«  ift  jtoar  nicfyt  ju  offizieller  (Sinfütyrung  ettoelc^er  2anbe«Rn$en 
be«  proteftantiföen  DeutfctylanbS  gelangt  —  bie  (Sifenacfyer  (Sbangeliföe  Jttrc^enlonferen) 

20  Dom  3a^re  1870  lehnte  einen  ju  feinen  ©unften  lautenben  Antrag  be«  Berliner  6t>. 
Dberfirc^enrat«  ab  (bgl.  bie  hierüber  tyanbelnben  Sluffäfee  $tyer«  in  ber  9KSÄ3  1871  unb 
ber  Äreujjeitung  1876;  f.  o.).  35odj  fyat  er  manche  ©rfolge  babongetragen,  auf  ©nmb 
beren  fd&on  jefct  mit  ©ictyerfyeit  geurteilt  Werben  !ann,  baß  tym  nicfyt  nur  in  ber  ©eföidjjte 
be«  ÄalenberWef en« ,   fonbern  tm   geben   au«gebefynter  ebangelifcfcdjriftlic^er  tf  reife  eine 

25  bleibenbe  Sebeutung  julommen  Wirb.  @o  Würbe  tbm  eine  Stelle  angeWiefen  in  ben 
„Unberänberlicfyen  tafeln"  be«  aftronomiföen  unb  c^ronologiföen  leite  be«  I.  preufjtfcfcn 
Siormalfalenber«,  Weld&e  (atö  ÜRaterialien  f.  b.  Äalenberberleger)  $rof .  görfter  3>treftor  ber 
Berliner  Sternwarte,  SRamen«  be«  fgl.  ftatiftifdfjen  Bureau«  1873  herausgab.  §m  3«- 
fammentyang  mit  feinem  ©rfäeinen  ftanb  femer  bie  burc^Sßtyer  beforgte  amtliche  §erau& 

so  gäbe  eine«  „Bergleicfyenben  Äalenber«"  1851—1880  (bi«1872  mit  ber  Bejeid&nung  „aai 
bem  Königlich  $reufeifcfyen  ©taat«*&alenber  |©taat«*  $anbbuc£]  befonber«  abgebrueft"), 
Welker  außer  ber  gewöhnlichen  tfalenberarbeit  bie  tarnen  avß  fämtlid&en  beutfetyen  Äa* 
lenbern,  fritifö  berichtigt  unb  georbnet,  mit  Untertreibung  ber  proteftantifefcn  unb  latfa 
liföen  Äalenber,  enthielt,  berbunben  mit   einem  @efd&ic&t«falenber  (ögl.  be«  $erauägeber$ 

86  Seric^t  über  ^5lan  unb  2tnlage  be«  Unternehmend  im  1.  3a$rg.  bleiben,  1851).  3Ui^ 
ben  fyier  borgenommenen  Äottationierungen  ging  bie  rebibierte  unb  auf  manchen  fünften 
berboHtommnete  9leugeftaltung  ber  ^i^erfc^en  SRamenreitye  ^erbor,  Welche  ber  Sb.  Ober= 
firc^enratl876  in  jenem  preuß.  SKormaßalenber  unter  bem  iitel  „9lamentalenber  für  ba« 
beutfe^e  ebang.  Soll"  beröffentlic^te.    leite   in  biefer  fortgebilbeten  Raffung,  teite  in  ba 

40  SPtyerfd&en  Driginalgeftalt  ^at  ber  „berbefferte  ebang.  ftalenber"  aufnähme  m  eine  Slnja^ 
weitberbreiteter  unb  angefe^ener  33olföfalenber  gefunben,  5.  S3.  in  ben  Da^eimsÄalenber  (ba 
i^n  fc^on  feit  1872  ben  .Holumncn  be«  „fattyol.  Äalenberö"  jur  ©eite  ftettte),  in  ben  „9lei# 
boten",  u.  f.  f.  2)afe  SPtyerS  arbeit  auc^  außerhalb  I)eutfc^lanb«  93eac§tung  gefunben  frt, 
jeigt  u.  a.   bie  Überfefeung  ber  i^ren  $nfyalt  bilbenben  Sebenöbilber  in«  Slngloamerüanif^e 

45  burefy  $.  5K.  3Raccraaen  (Lives  of  the  leaders  of  our  church  universal  from  the 
days  of  the  successores  of  the  apostles  to  the  present  time,  3  vols.,  Soften 
1879).  ß3  ift  alfo  nic^t  richtig,  bafe  ber  ^i^erfc^e  Seformberfud^  „nid^t  über  bie  alte* 
engften  .Hreife  fyinauägebrungen"  fei  (Slü^l,  ©.  84).  Unjutreffenber  aber  no<^  ate  biefe 
Sefyauptung  erfc^eint  bie  annähme:  ber  SBerfucfy  fei  unternommen  Worben,  „um  gettrifiai 

so  tat^olifierenben  ^oflreifen  entgegen  ^u  tommen"  (ebenbaf.).  ©tatt  einer  iaJtyolifierenben 
2:enbenj  ließe  ftc^  ber  <piperfc|en  9?amenlifte  biel  e^er  ein  3u^>eitge^en  in  ber  Slufna^wc 
bon  nur  fürs  ))roteftantijc^e  ©efc^id^töintereffe  bebeutfamen  35aten  unb  ^erfonen  bortperfw. 
3Bic  benn  ba,  Wo  bom  lut^erifc^=!irc^lid)en  ©tanbpunft  aud  an  ibr  Äriti!  geübt  Wirb,  in 
ber  Segel  bie  SSnllage  fyerbortritt,  baß  ^5.^  (Singriffe    in   ben   älteren  ÜRamenbeftahb  b« 

66  falenbarifc^en  Überlieferung  „ju  rabital"  geWefen  feien  (fo  5.  93.  im  SReufelföcn  ,,.Hh# 
§anblejifon",  III,  667),  ober  audfj,  baß  ber  bon  ifym  gebotenen  Sifte  ein  „teil«  ju  tabt- 
laier  teite  $u  gelehrter"  ß^arafter  eigne  (fo  in  2$.  ©d^äfer«  (Sb.  SJolfeleEifon,  2eipW 
1900,  ©.  363).  Som  3?orWurf  be«  Äatl^olifieren«  fann  aflerbingS  ba«  bon  £obe  Iw 
§erftellung   feine«  „TOartt^rologium"  (Nürnberg    1868)   einaefyaltene  33erfa^ren  getroffen 

in»  werben,  traft  beffen  au«  berMirc^e  ber  Deformation  lebiglicty  gut^er  unb  TOelan^on,  «ue 


Ädenber,  dMrtftlitfjer  Sallur,  <§fyc.  ä.  $.  727 

ber  neueren  römifcfyen  Äirdfje  aber  lerefia,  gran^  bon  Säle«,  SSinjenj  bon  $aul  jc. 
Stufna^me  fanben.  Unb  boefy  ftattet  felbft  biefer  ftrenglutyerifcfce  ßalenberrebifor  bem 
unüm«freunblic§en  berliner  Vorgänger  feinen  Carmen  3)anf  ab  (33ortoort,  S.  10);  au$ 
toermeibet  er  fetnerfett«  e«  mit  gutem  93ebac§t,  berartige  römifetye  §eilige  tote  ettoa  einen 
i'otyola  mit  aufzunehmen.  6 

2)afe  etnfttoeilen  jeber  auf  Stebifton  be«  fyagiologif $en  &alenbera$>arat«  im  proteftan* 
tifcfyen  Sjntereffe  abjielenbe  SSerfud^  mit  blofeen  Teilerfolgen  fiefc  toirb  begnügen  muffen, 
tft  felbftt>erftänbli(§.  3a  &  erföeint  fraglich,  ob  auf  ^erfteuung  einer  ©intyeitlic^feit  unb 
SHIgemeingtltigfeit  ber  betreffenben  Slufftellungen  überhaupt  fjinjuarbetten  ift.  SÖenn 
Sßiper  femerjeit  ber  Hoffnung  2lu«brucf  gab,  ber  burety  fein  reformatorifcfye«  93emütyen  10 
angeregte  93Ubung«pro$efi  möchte  bereinft  „fcon  einer  beutfe^en  e&angeliföen  ©eneralfonobe 

Sm  Äbfölufj  gebraut  toerben",  unb  toenn  auety  fonft  ba«  bi«fyerige  sJli<$terfülltfein  biefer 
ner  (Srtoartung  beflagt  toorben   ift  (fo  bon  6.  Scharfe,   in  ber   oben  [Sit.,  9ir.  5]  ge» 
nannten  Srofdjüre,  S.  25),  fo  toirb  bamit  über  ben  Sereic^  beffen,  toa«  gefc£idj|tlic§  möglich, 
ja  überhaupt  toünfc&en«toert  ift,  jebenfaH«  l)inau«gegriffen.     £)en  mannigfaltigen  33erbälfc  16 
niffen  unb  93ebürfniffen  ber  ^roteftantifc^cn  ßfyriftentyeit  be«  3ns  toi*  **>&  2lu«lanb«  rann 
nur  ein  ntc^t  ftarr  in  fic$  abgesoffener,  fonbern  naety  bem  Sßrinaty  freier  93etoeglic§teit 
angelegter  ^iftoriföer  Siamenapparat   entfprec^en.     £)er  altetyrtoürbigen   -äRärtyrer*  unb 
Aeiligenlifte  ber  Äirc^e  mögen   neuere  3ufamnxenfteHungen  bon  Daten  unb   tarnen  jur 
Seite  treten,  toorin  biefem  unb  jenem  93ebürfniffe  jctuid&er   ober   örtlicher  Slrt  —  j.  93.  20 
auc^  bem  ^oftulat  einer  eingefyenberen  93erücf  ftctytigung  ber  nationalen  ©ebenftage  (bgl.  bie 
ba^tn  lautenbe  gorberung  Scharfe«  a.  a.  D.)  —  jeweilig  Slec^nung  getragen  toirb.    2tber 
eine  einheitliche  Ration  ber  neu  gebilbeten  Sieben  fann  unb  barf  nicfyt  angeftrebt  toerben. 
®«  toerben  fyier  ä$nli$e  ©runbfäfce  gelten  muffen  toie  bie,  toelcfye  man  betreffe  ber  firefc 
KAen  $rebigtyerifol>en  fc^on  längft  ju  fyanbfyabcn  ftc§  getoöfynt  Ijat.    Dem  bon  altera  tyer  26 
Überlieferten  mag  SReue«  teil«  ergänjenb   teils  bericfytigenb  $ur  Seite  treten;   burt$  3urs 
bt«i>ofition«fteIlung  einer  ÜJle^r^eit  gefcfyid&tlidfjer  (Erinnerungen  für  je  einen  iag  mag  auf 
Sefriebigung  ber  balb  fo  bäte  anber«  geftalteten  Slnforüctye  ber  berföiebenen  Äreife  93eba$t 
genommen  toerben.  Slber  bie  3lu«übung  irgenbtoeld&en  3toan9^  auf  tiefem  ©ebiete  erfctyeint 
ebenf 0  unjuläfftg,  ja  noefy  unftattfyafter  unb  unmöglicher,  toie  in  ^omiletif$4iturgif$er  £in*  so 
fic&t  ba«  einfeitige  Stehenbleiben  beim  alten  ^ßerilopenjlrang.  (Wptx  f)  äoeflcr. 

»ttlenber,  jubiMer,  f.  93b  VII  ©.  17,37—19,2. 

Saltar,  ß^riftian  Slnbrea«  ^ermann,  bänifc^er Ideologe  unb 9Jliffum$freunb, 
geft.  1886. 

Äallar,  ein  Sofyn  be«  Stocf^olmer  Slabbiner«  Simon  Ä.,  iourbe  in  Stocf^olm  am  85 
27.  SRobember  1803  geboren;  ba  aber  fein  SSater,  ber  au«  Slltona  ftammte,  lurj  nac$ 
grric^tung  be«  Äönigrei^«  SBeftfalen  jutn  Äonftftorialrat  ber  jübifc^en  ©emeinbe  im  Äreife 
6fc|ftoege  ernannt  toorben  toar,  !am  er  nac^  Äaffel,  too  er  bi«  jum  2:obe  beä  33ater« 
(1812)  bie  Schule  befugte.  ®a  na^m  ein  S(^toager  in  Äopenfyagen  ftc^  be«  baterlofen 
Jtnaben  an;  1819  ioarb  er  au«  einer  Äopenfyagener  Schule  al«  Stubent  entlaffen.  6rft4<> 
toar  e«  feine  2lbfic^t,  3>ura  ju  ftubieren,  aber  burd)  ßinflüffe  bon  berfc^iebenen  Seiten 
fear  er  in  eine  religiöfe  ©ärung  berfe^t  toorben,  h9ä^renb  freierer  er  ^u  einem  fyaupU 
ftäbtiföen  ^aftor,  bem  fj>ätercn  93ifd^of  bon  Seelanb,  3-  %  2Jtynfter,  feine  3uffU($*  na^m, 
ber  i^n  am  7.  gebruar  1823  taufte.  @leicfy$eitig  gab  er  ba«  juriftifd^e  Stubium  auf  unb 
toanbte  [\d)  jur  Geologie.  «6 

1826  beftanb  er  ba«  tfyeologifcfye  2lmt«ejamen,  unb  im^^re  barauf  iourbe  erße^rer 
im  Sateiniföen,  §ebräifc^en  unb  in  Religion  an  ber  gelehrten  Schule  in  Dbenfe.  1834 
tourbe  er  jum  Oberlehrer  beförbert.  SBä^renb  feine«  äufent^alt«  in  Dbenfe  gab  er  aufeer 
einem  „Sjegetif^en  $anbbud^  jum  MT'  (1836—38),  ba«  bi«  $um  93uc^  ber  Slic&ter 
reifte,  „Sorlefungen  über  bie  biblifdje  ©efd^id^te"  (1— II,  1837—39 ;  beutfö  ,Hiel  1839)  unb  50 
„93orlef.  über  bie  a^oftolifd;e©efc^tc^te/'(1840)^erau«,  fc^rieb  mehrere  2lb^anblungen,  toar 
(1832 — 35)  SKitrebafteur  Don  „Kristelig  Kirketidende"  unb  fammelte  berfdfuebene  „2lftens 
fkfirfe"  jur  93eleud^tung  ber  bänifc^en  ©efc^id^te  fonberlicfy  in  ber  5Reformation«jeit.  1833 
ertoarb  er  ftc^  in  Äiel  ben  pfyilofopfyifdjen  2)oftorgrab  burd^  eine  3lb^anblung  über  ba« 
Deboralieb,  1836  in  Kopenhagen,  beim  Jubiläum  ber  bäniföen  Deformation,  ben  t^eo*  66 
lomteen  burc^  eine  äb^anblung  über  bie  Hlagelieber.  1841  erbielt  er  bie  golbene  ISR^ 
batue  ber  $aager  ©efellfc^aft  für  bie  93eanttoortung  einer  ^irei«aufgabe  über  bie  jübifd^e 
3#eohatie  (in«  ^ollänbif^e  übertragen  t>.  £>engel,  ie^ben  1842). 


728  ftoKar,  Chr.  91.  sx  ftattt 

$m  Iga^re  1842  unternahm  er  mit  töniglicfyer  Unterftüfcung  eine  Steife  nac££ottanb, 
Belgien,  (Snglanb,  ^franfreicfc,  Spanien  unb  Deutfölanb,  toefentlic^  um  Seiträge  jur  ©e= 
föi<$te  $)änemarfö  in  ber  SReformationSjeit  *u  fammeln.  3lad)  feiner  §etm!e$r  tourbe  er 
Drtägeiftlictyer  in  ©labfaje   auf  ©eelanb   uno  bamit   begann  ein  neuer  Slbfdputt  feine* 

6  SebenS.  ^n  ©emeinföaft  mit  bem  93iföof  läge  3Küffer  unb  bem  $aftor  2.  2).  SBefien* 
gaarb  gab  er  ein  $au$anbad&t3buc$  fyerauä;  in  SBerbinbung  mit  $rof.  G.  §ermanfen  unb 
einigen  anbern  ^aftoren  braute  er  bie  fog.  „5prac§tbibel"  ju  ftanbe,  eine  mit  (Umleitungen 
unb  Slnmerfungen  berfefyene  neue  fiberfegung  ber  ganjen  Sibel,  begleitet  bon  ©tariflichen, 
Sittyogra^ien  unb  Aorten  (1844—47).    6$  toar   feine  Slbftc^t,   ein  Corpus  Reforma- 

10  torum  Danicorum  fyerauSjugeben  unb  als  eine  (SrftlmgSgabe  feiner  SReifefrüd&te  lieferte 
er  einen  93anb  „Slftenftücfe  jur  ©eföid&te  2)änemarfö  in  ber  SReformationSjrit"  (1845). 
aber  1849  ging  fein  ^Paftorat  in  glammen  auf,  unb  alle  feine  Silber  unb  G%ytpU 
tourben  bernidjtet. 

3n  ber  folgenben  3e**  tourbe  er  na$  unb  naefy  bon   ber  &ir$engef$i$te  toeg  jur 

16  SKiffionSgeföic^te  geführt,  unb  1861—73  toar  er  ber  SBorfifcenbe  ber  bäniföen  2Riffton& 
gefellfd&aft.  Schlag  auf  ©$lag  folgten  bon  feiner  §anb  ©d&ilberungen  ber  ebangelifc&en 
unb  tat^oltfc^en  2Riffion  unb  ber  9Jtiffion  unter  ben  %ubm  unb  5Wu^ammebanern.  2)ie 
erfteren  tourben  1879  ju  einer  ausführlichen  9Jtiffion$gefcfuc£te  umgearbeitet  (beutfe^e  fiberf. 
b.  9Kic$elfen  in  2  93ben,  ©üterSloty  1879  unb  1880);    bie  (Srjctylungen  au«  ber  Subem 

20  miffion  tourben  ^u  einer  größeren  ©d&rift  „3$tael  unb  bie  Äirctye"  (beutföe  Überfefcuna 
bon  ÜRidfjelfen,  Hamburg  1869).  äte  SKiffton^iftorifer  &at&  eine  grofeeSKenge  bon  Stoff 
gefammelt;  aber  nic^t  feiten  fyat  man  ©runb,  eine  beffere  ©ic^tung  be$  ©toffeä,  mefc 
Jtritil  unb  eine  tiefer  gefyenbe  Unterfucfyung  au  toünfcfyen.  1868  fuc^te  er  um  feinen  Sft* 
föieb  au«  bem  Dienft  ber  Äirc^e  naefy  unb  lebte  bon  ba  an  bis  au  feinem  lobe  (2.  ge* 

26  bruar  1886)  in  ber  ^auptftabt,  mit  ©tubien  unb  litterartföen  arbeiten  befd&äftigt  3fo$ 
biefem  lefeten  2lbfönitt  feines  SebenS  ftammen  bie  Umarbeitungen  feiner  größeren  mifjton& 
gef$ic£tli<|en  ©Triften;  toätyrenb  beSfelben  nafym  er  teil  an  ber  SRebifton  ber  bänifeben 
Ueberfefcung  beS  312:  unb  gab  1871—80  „Theologisk  Tidskrift"  ^erauS. 

2tfe  Geologe  ift  Ä.  junä^ft  ein  ©etiler  Sanfter«  unb  SDtartenf enS,  aber  me$r  breit* 

so  firc$lic§  unb  bermittelnb  in  bem  23eologiföen,  mefyr  reformfreudig  in  bem  Äirc^enpolU 
tifäen.  ©o  fonnte  feine  „tfyeologifcge  3*itfcfyrift"  einen  flehten  SSerföfynungSbienfi  innerhalb 
ber  bäniföen  33oßSfirc§e  ausüben,  ©eine  breitfirc^lic^e  9lnfc§auung  machte  tyn  and)  ju 
einem  SKann  ber  ebangeliföen  SlQiang.  ©cfyon  1855  berichtete  er  auf  ber  9ffliamber; 
fammlung  in  $ari$  über  bie  firdfjlic^en  Ser^ältniffe  in  Dänemarf;  1879  toar  er  mS5afeI 

86  iugegen,  unb  1884  bot  er  ben  lonfefftoneHen  Sebenfcn  feiner  näc^ften  greunbe  Iro|  unb 
braute  eine  3lHian$berfammlung  in  Äot)en^agen  ju  ftanbe,  für  toeldfje  ber  80jä^rige  ©rrö 
felbft  $um  ^5räfibenten  getoä^lt  tourbe.  ©r  na^m  auc^  an  ben  franbmabifd&en  Äir^en- 
berfammlungen  teil,  unb  fein  gaftfreie«  §au«  toar  immer  offen  für  frembe  Geologen, 
SKifftonarc  unb  3Riffton«freunbe,  toelc^e  bie   bänifc^e  $auptftabt  befugten.    @r  betoa|rt( 

40  feine  ©eifteäfraft  unb  fein  lebhafte«  ^ntereffe  für  alle  geiftli^en  unb  fir$li$en  fragen  btö 
an«  gnbe  unb  berfefyrte  gerne,  tote   ein  $atriarc§,  im  Äreife  ber  jüngeren. 

%t.  fttelfe«. 
ÄaRarf  ^rittri^  t>on  f.  93b  VII  ©.  602  ff. 

Kam,  Sofepfy  (SKifftonar)  geft.  1833.  —    Sitter atur:  vanRhijn,  Reis  door  den 
45  Indischen  Archipel,  SRotterbam  1851,  6.  443  ff.    Sgl.  Kruijf,  Geschiednis  van  het  Neder- 
landsche  Zendelinggenootschap,  ©roningen  1894;  y.  SBurm  in  b.  Mg.  9Riff.»3eitfär.  1897, 
365  ff.;  ©aäler  TOff..3Kagaj.  1873,  447 ff. 

Ä.,  geboren  in  ^erjogenbufd^  1770,  toar  ber  ©o^n  eine^  Äaufmann«,  ber  in  Ser* 
binbung  mit  ber  SBrübergemeinbe  in  feinem  $aufe  ernfteä  c^riftli(^e«  Seben  pflegte.    6in 

60  älterer  SBruber  ftubierte  Ideologie  unb  ^at  alö  Pfarrer  ju  SBerfel  einige  3a^re  ber  3HfflN 
gebient,  inbem  er  fein  $au^  jum  ©eminar  für  bie  ©enbboten  ber  9tteberlänbif(fcn  SRif- 
fton«gefeIIf(^aft  machte.  3n  3°f^^  ertoac^te  f c^on  frü^  ber  2Bunfc§  5Dlifftonar  ju  toecben 
2)oc§  ber  S3ater  fyattt  tyn  für  ben  ÄaufmannSftanb  beftimmt.  äu$  nad&  bem  lobe  ber 
ßltern  gelten  $n  bie  Sitten  feiner  ©djjtoeftern  in  ber  §eimat.    6r  tourbe  ©erid&tfbote  iw 

56  §«ag,  ft>äter  in  Slmfterbam.  2lte  na$  3a*?ren  fe^ne  ©c^toeftern,  feine  %tau  unb  fiinb 
geftorben  toaren,  ^inberte  iljn  ni^tö  me^r  in  ben  erfetynten  93eruf  einzutreten.  S111®^^ 
ber  9?ieberl.  2K=®.  tourbe  er  gunäc^ft  bon  feinem  ©ruber  in  SBerfel  borbereitet.  Da  bie 
inbifc^en  Sefifeungen  ft$  bamafö  in  englifd^en  §änben  befanben,  foDte  feine  äu^fenbung 
burd^  bie  ^onboner  3Jl=®.  erfolgen,  in  beten  ©eminar  ju  ©o^^ort  er  ein  $a^r  bertoeilte. 


Stam  Samel  729 

ßnblt$  1813  reiße  er  na$3nbien  mit  ber  SBeftimmung,  ficfc  ber  bernacfcläffigten  Stiften 
auf  ben  SRolucfen  anjune^men.  —  2luf  biefem  auSgebetynten  ©ebiet  mit  feinen  Dielen  Weit= 
^erfreuten  3nfeln  Ratten  m  16-  Satyrfyunbert  bie  $ortugiefen  fattyolifäe  formen  jWangS* 
Weife  eingeführt.  2US  1605  §ottanb  bort  bie  §errfd&aft  gewann,  Würbe  ebenfo  äufjerli$ 
We  Setoöllerung  in  bie  reformierte  Äirc^e  &ejogen.  $)ie  bon  ber  fyottänb.*oftmbifc§en  §an*  6 
belSgefettfc^aft  angeftetlten  ^räbtianten  Waren  ber  gewaltigen  Aufgabe,  biefe  Stamenctyriften* 
gemetnben  ju  förbern,  nictyt  geWacfyfen.  SllS  1800  bie  SBeroungen  ber  fefyr  jurücfgelommes 
nen  ©efettfcfcaft  Dorn  ©taate  übernommen  Würben,  Waren  bie  firctylic^en  SBerfyältniffe  bort 
im  traurigen  33erfafl.  auf  einigen  3nfeln  War  feit  20  Sauren  ober  länger  lein  ®eift- 
Ed&er  getoefen.  Sei  ben  flüchtigen  Sefuctyen  Würben  bie  Äinber  föarenWetfe  getauft  unb  10 
bie  &ffyaaxt  getraut,  baS  fyl.  SKbwbmafyl  gefeiert  unb  bie  ©ctyule  btfitiert  — -  alles  fetyr 
aeföäftSmäfjig.  Die  angefteHten  eingebornen  Sebrer  Waren  bielfacty  bon  zweifelhaftem 
ffierte.  —  Unter  biefen  troftlofen  guftänben  foHte  Ä.  ©anbei  Raffen.  8uf  feiner  Steife 
berwetlte  er  einige  jßeit  in  Surabaja,  Wo  ber  beutf$e  Ufyrmacfyer  @mbe  burdj  tfyn  ju 
einer  bebeutungSboflen  SJtiffionSttyätigleit  angeregt  Würbe  (bgl.  SBallmann,  Seiben  unb  15 
jfreuben  Stfyeinifcfcer  9Jlifftonarc).  Seinen  ©ifc  nafym  er  )u  Slmboina,  bem  ^auptylafc  ber 
9loIucfen,  Wofelbft  er,  als  1817  bie  Kolonien  an^ollanb  jurücfgegeben  Würben,  baSämt 
eines  StegierungSprebigerS  übernahm.  S3on  §ier  aus  entfaltete  er  eine  beWunbernSWürbige 
2$ätigfett,  bie  erftorbenen  Gfyriftengemeinben  ju  beleben.  Die  ftofyl  ber  feiner  Pflege 
unterteilten  ©etauften  Würbe  auf  20000  ober  fyöfyer  geföäfet  in  80  ©emeinben,  beren2o 
toeitefte  300  SJteilen  entfernt  War.  6r  liefe  ftcty  für  feine  Steifen  ein  eigne«  ©cfyiff  bauen, 
baS  er  felber  als  Äaj)itän  führte.  3)urcfc  feine  tyingebenbe  Styätigfeit  machte  er  überall 
einen  tiefen  (Sinbrucf.  Sticht  minber  Wichtig  aber  Waren  feine  Hilferufe,  bie  er  in  bie 
$eimat  fanbte  mit  ber  Sitte  um  Weitere  ärbeiter.  33on  1819  big  1832  $at  bie  SRifftonS* 
gefettfd&aft  ibm  17  ©etyilfen  gefc^idft,  bie  er  ^unäc^ft  in  Stmboma  in  bie  befonberen  Sir*  26 
betten  einführte,  Wobei  auc$  feine  grrau,  eine  eingebome  ßfcriftin,  treulich  mitwirfte,  Wie 
ftc  benn  überhaupt  tyrem  ÜJtanne  eine  eifrige  SRiffionSgefyilfin  War.  Ä.  führte  bie  jungen 
SRifftonare  bann  auf  berfcfytebenen  gelbern  als  ftänbige  Arbeiter  ein,  Wo  fte  ft$  aud)  Weiter 
um  bie  ©ewinnung  beS  fyetbnifäen  Seils  ber  SBebölferung  bemühen  tonnten.  (Sinige  biefer 
feiner  ©e^ilfen  ftnb  SRiffionare  erften  Stange«  geworben,  Wie  j.  93.  Stiebel  unb  ©c^Wargso 
auf  (SelebeS.  Unermüblicty  arbeitete  er  in  feinem  Weiten  Sprengel  bis  an  fein  ©nbe  1833. 
3Ran  tyat  tym  ben  freiließ  nic^t  ganj  jutreffenben  (Styrenna^men  eine«  „2fyoftelS  ber  5Wo- 
luden"  beigelegt.  m.  (tarnte**««. 

Samel.  —    Tristram,    The    natural  history  of   the   Bible,    fioubon    1867,  6.  58 ff.; 
Bochart,  Hierozoicon  I,  3 ff.;  Stitter,  (Srbfunbe  XII,  609 ff.;    33rcfjm,  ^erleben  I,  550 ff. ;  35 
8en$,  3oologie,  21H  ff. ;  ©ocin,  $troan  auS  (Sentralarabicn  (MS®,  ^il.^ift.  ftl.  XIX,  286  ff. 
über  Äamel,  Äamclfattel  2c.   bei  ben  Arabern);    3afob,  ©tubien  in  arab.  5)td)tem  III,  61  ff. 

S8on  ben  jWei  §au})tarten  beS  ÄamelS  fyat  jebe  i^r  befonbereS  S3erbreitungSgebiet. 
3DaS  plumpe,  bunfler  gefärbte,  jWei^öcferige  ober  battrifetye  Äamel,  baS  f ogenannte  Irampel* 
tier  (camelus  bactrianus)  tyat  feine  |>eimat  im  mittleren  unb  öftltc^en  2lften.  ^)aS  40 
planiere,  hochbeinige,  meift  braunrote  ober  fanbfarbene  ein^kferige  Äamel,  baS  S)romebar 
(camelus  dromedarius)  ift  in  SBeftaften  unb  Slfrila  ju  §aufe.  Stur  biefeS  lefetere 
fommt  in  ^ßaläftina  unb  6l;rien  bor  unb  ift  in  ber  Sibel  erwähnt.  2)en  Sebuinen  Slra* 
MenS  lommt  eS  faft  unglaublich  »or,  ba^  eS  Kamele  mit  ^Wei  §öcfem  geben  foH  (Dougthy, 
Travels  II,  565).  ^er  femitifdje  Stame  beS  JiereS  (gamal)  ift  in  bie  europäiföen  45 
Sprachen  übergegangen.  3m  33crgleid^  mit  bem  2lrabifqen  (t>gl.  5.  93.  Socin  a.  a.  D. 
I,  286;  Safob  a.  a.  C.)  ift  baS  §cbräifd&e  arm  an  Stamm  unb  Segnungen  für  biefeS 
Tier;  eS  fennt  nur  noc^  baS  Söort  -sa  (3jef  60,  6),  ferner  -T??  Qer  2,  23)  für  baS 
junge,  in  boller  Äraft  ftefyenbe  lier,  unb  bie  Sejeic^nung  ^??"^  Qef  66,  20)  für  baS 
f^nellfüfsige  Sieit!amel  (f.  u.).  so 

©tefe  3trmut  an  Stamen  fyängt  bamit  jufammen,  ba^  bei  ben  Hebräern  baS  Äamel 
bei  Weitem  nic^t  bie  Stolle  fpielte  Wie  bei  ben  3lrabern.  Dort,  bei  ben  Stomaben  ber 
f^rif^arabifc^en  ©teppe,  ift  ^u  allen  3eiten  baS  ftamel  baS  gefd&ä^tefte  unb  Wic&tigfte 
aiDier  ^auStiere  geWefen.  6S  ift  ein  gan^  gutreffenber  3«9  te*  i^äterfage,  ba^  fie  ben 
Steic^tum  ber  nomabifterenben  Patriarchen  ^u  einem  guten  Seil  in  Äamelfyerben  beftefyen  66 
lä|t  (®en  12,  16;  24,  10;  30,43;  31,  17.  34;  32,  7.  15).  @benfo  Wirb  eS  bann 
aud?  t>on  £iob  ergä^lt;  unb  berfd^iebenfac^  wirb  baS  Äamel  im  SEE  als  im  93eft$  unb 
SMenft  ber  begebenen  2lraberftämme  genannt:  ber  SJtibianiter  (Sti  6,  5;  7,  12;  8,21. 
26),  ber  Slmalefiter  (1  ©a  15,  3;    27,  9;    30,  17),  ber  $Smaeliter  (®en  37,  25),   ber 


730  Äamel 

Äebarener  (3er  49,  29.  32),  ber  ©abäer  (1  Äg  10,  2),  ber  im  ©üben  ^ubaS  jeltenben 
©tämme  (1  ©a  27,  9;  2  Sfyr  14,  15).  2)em  Sebuinen  ift  baS  Äamel  ein  tm^ertrenm 
lieber  SSegleiter.  @S  mac^t  ifym  bie  SBüfte  erft  betoofynbar,  benn  eS  ift  baS  einige  *er= 
feljrSmütel  in  ber  SBüfte,  bem  gegenüber  baS  $ferb  faum  in  93etrac$t  fommi.    SDer  SBer- 

r>  gleicfc  mit  einem  ©cfyiff  finbet  fidj  bereite  bei  JwriSlamifctjen  arabiföen  ©intern,  unb  bie 
Segnung  beS  ÄamelS  als  „©d&iff  beS  geftlanbeS"  fommt  bei  ben  Arabern  meifcfad?  bor 
(3afob  a.  a.  D.  69  f.).  3n  einzigartigem  9Jtaße  bereinigt  baS  Äamel  alle  biejenigen 
©genfcfyaften,  toelc^e  eS  für  biefen  2)ienft  in  ber  SBüfte  geeignet  machen,  ©roße  Kör^ 
traft  unb  9luSbauer  bereinigen  ftc§   mit  einer  außerorbentlidfjen  ©enügfamfeit.    Sei  aller 

10  ©efräßigfeit  nimmt  baS  Äamel  mit  ber  ärmlidfjften  Siafyrung,  Den  bürrften  SSüftenpflanjen, 
faft  berborrten  Slfaaienjtoeigen,  Durraftrofy  u.  bgl.  berfteb.  ©ein  fnorpeligeS  3Raul  ge* 
ftattet  ifym,  folcfyeS  $utter  mit  allen  ^Dornen  unb  ©tadeln  ju  berfölingen.  @s  tonn  Zage 
lang  bei  außerorbentlicfy  geringer  ^uttermenge  Dienfte  leiften.  sJtur  baß  bei  folc^er  tärg* 
liefen  ©rnä^rung   ber  gett^ikfer  beS  ZierS,  beffen   ©etote^t   bei  faftiger   SBeibe   bis  *u 

15  30  $funb  betragen  lann,  außerorbentlidj  abnimmt  unb  aulefct  faum  mebr  fic^tbar  ift 
9lod)  toertboHer  für  bie  Slrbeit   in  ber  SBüftc  ift  bie  ©enügfamfeit  beS  ÄamelS   in  9e* 

äie^ung  auf  ÜBaffer.    3m  ^ft^M*  ßpügt  iljm  bie  geucfytigfeit  ber  frifd&en  taugetränften 
trauter,  fobaß   eS  toocfyenlang  gar  nidfjt  getränft  ju  toerben  brauet.    9luc§  m  ber  trode- 
nm  3>a^rcöjeit  bei  feinen  SBanberungen  in   ber  üöüfte   fann  eS  3—4  Zage  o^ne  SEBaffer 

20  aushalten.  Kommt  eS  aber  bann  jur  Zränfe,  fo  fd^Iürft  eS  ganj  ungeheure  Stengen 
SBaffer  hinunter.  3)arauS  ift  bie  gabel  entftanben,  baß  baS  Äamel  in  feinem  itoeiten 
9Jtagen  eine  2lrt  2Bafferreferboir  fyabe,  fo  baß  bie  SReifenben  in  großer  sJiot  fuv  behn 
©cfylacfyten  beS  ÄamelS  burefy  biefen  SBafferborrat  fotten  am  Seben  erhalten  fönnen.  - 
Der  breite,  fötoielige  gepolfterte  $uß  läßt  baS  Äamel   in  ben  SBüftenfanb  nicfyt  aOjutief 

25  berfmfen  unb  berietet  itym  einen  ruhigen  Zritt.  2)ie  Saft  bie  ein  Äamel  getoötynlicfc  trägt 
(bgl.  2  Äg  8,  9)  beträgt  3—4  ßentner;  **  *ann  &?*  gelegentlich  aud&  no$  jd&toerer  be= 
laben  toerben.  9Jlittelft  eines  einfachen,  gepolfterten  ©attete  toirb  biefe  2aft  mdglic^ft  glei^ 
fd^toer  au  beiben  ©eiten  beö  §öderS  aufgehängt  (^ef  30,  6),  toobei  baä  Äamel  nieber= 
Inieen  mufe,  bis  es  bclaben  ift.    5Kürrijd^  brummenb  ergebt  eS  ftc^  bann  mit  feiner  Saft 

eo  unb  fcfyreitet  langfam  unb  jcfytoerföDig,  aber  immer  gleichmäßig  unb  ru^ig  feines  2Beg$. 
3)aS  Saftlamel  ge^t  meift  langfamer  als  ein  guter  fju^öänger,  in  ber  ©tunbe  burttyfönitt* 
lic^  4  Am.;  aber  eS  läuft  in  biejem  ©dritte  12—14  ©tunben  unb  noety  länger  ununter= 
brocken  fort  unb  bringt  eS  fo  ^u  einer  feljr  refj)eftablen  lageSleiftung. 

3Som  plumpen  Saftlamel  unterfc^eibet  ftd^  baS  flinfe  SReitfamel  toie  ein  ebler  Slenner 

85  bom  fd^loeren  2lrbeitSj>ferb.  2)ic  Sebuinen  bebor^ugen  bie  toeiblid&en  Äamele  als  Steit^ 
tiere.  3)aS  ^ängt  bamit  jufammen,  baß  in  ber  2Büfte  bie  ioeiblic^en  Äamele  um  tyro 
9Jlilc^  loillen  überhaupt  bie  loertbolleren  finb,  unb  bie  männlichen  Äamele,  toeld^e  als  bie 
ftärferen  anberSlro  gerne  ^um  Safttragen  genommen  toerben,  jung  gefc^lac^tet  Serben.  ®n 
gutes  SReitfamel  übertrifft  auf  tocitere  (Entfernungen  bie  Seiftungen  beS  beften  ?5ferbeS;  eÄ 

40  ift  im  ftanbe,  bis  $u  20  -Dteilen  im  Zag  ^urücf^ulegen,  unb  baS  mehrere  Zage  ^tnter^ 
einanber.  Z)er  9leitfattel  (bgl.  bie  bor^üglid^e  Slbbilbung  unb  Sefdfjreibung  bei ©ocin a.  a. D) 
beftetyt  in  einem  aus  fe^r  feftem  §olj  gefertigten  mulbenförmigen  ©efteH,  baS  über  ben 
§öcfer  gelegt  toirb.  3?orn  unb  hinten  ergeben  fiefy  ^h)ci  langfc^aftige  fefte  Änäufe.  S^W01 
benfelben  ift  baS  mit  SaumtooHe  ober  ^ädffcl  gefüllte  §auptft|f iffen.    ©in  fleinereS  Äiffcn 

45  befinbet  ftdfj  bor  bem  borberen  Änauf.  3)cr  Leiter  fifct  nac^  grauenart  im  ©attel,  b<tf 
eine  Sein  um  ben  borberen  Mnauf  fd^lingenb,  tooburd?  bie  ©ic^er^eit  beSSi^eS  toefentli^ 
berftärft  toirb.  gür  grauen  unb  Äinber  merben  auc^  ?5alanfinc  mit  ©ifcen  unb  $or- 
Rängen  bertoenbet  (®en  24,  61;  31,  17),  enttoeber  ein  großer,  ber  quer  über  benÄamefe 
fattel  gelegt  unb  mit  ©triefen  feftgebunben  toirb,   ober   jtoei   Heinere  forbartige,   bie  auf 

60  beiben  ©eiten  beS  ©attelS  Rängen.  3n  einem  folgen  Zragforb  ^atte  SRa^el  ben  gefb^ 
nen  Zerap^im  tyreS  SSaterS  berftedtt  (®cn  31,  34).  Seim  2luf=  unb  abfteigen  läßt  man 
baS  Zier  nieberfnieen,  boefy  lann  man  auc^  bon  bem  ftefyenben  Zier  (titoa  mit  #Ufe  b<^ 
©todEeS  bee  ZreiberS)  ftcfy  einfa^  ^erabrutfd;en  laffen  (®en  24,  64). 

gür  ben  Scbuinen  ber  2Büfte  ift  aber  bamit  ber  2Sert  beS  ÄamelS  noc^  ieineShxg* 

56  erfc^öpft.  Jm  ©cgenteil  fann  man  fagen,  baß  für  ifyn  baS  Äamel  minbeftenS  ebenfofrtr 
für  feinen  ScbcnSunterfyalt  in  ^age  fommt,  toie  als  ZranS}>ortmittel.  35er  Sebuine  lebt 
oft  ganj  bon  feinen  Kamelen.  MamelSmild;  ift  fo  recfyt  eigentlich  baS  ©etränfe  ber  8*; 
buinen.  ©ie  ift  ettoaS  jäfy  unb  fett  unb  toirb  feljr  gefc^ä|t.  Seber  Zrunf  ^at  ja  für  ben 
SBüftcnbetoo^ner  bo^en  SKert.     3)amit  baS  ÄamelSfüllcn  nic^t  ju  biel  9Rild&  faugt,  toirb 

60  ^iufig  baS  Suter  ber  3Kutter  mit  einem  ©uterbanb  gefc^ü|t.    3e^cnft,e^c^  namentli^  in 


s 


Äamel  Satstmut  731 

ben  elften  3Ronaten  naefc  bem  2Burf  ber  3un8en/  k&en  ^  Sebumen  gan&  bon  ÜRtlcfc. 
9u$  i^re  $ferbe  toerben  toielfac§  mit  Äamel«mtl<$  getränft.  35a«  gleifö  be«  Kantete  fott 
jtoar  §art  unb  galje  fein,  mit  ausnähme  be«  gettfyöcfer«,  ber  al«  befonberer  Sedferbijfen 
gilt.  Aber  bem  Sebuinen  ift  e«  tro^bem  ein  geft,  Äamelfleifcfy  ju  effen,  unb  nur  toenn 
man  ft$  einen  guten  Sag  machen  toill,  fcfylacfytet  man  ein  iier  ber  ßerbe.  ©c§affleifc$  5 
^ält  berSebuine  lange  nietyt  für  (0  fömadtyaft,  unb  toollenb«  9itnbfleifcp  gilt  tfym  faft  für 
ungenießbar.  2Ran  fd&lacfytet,  tote  oben  ertoätynt,  bor  allem  bie  männlichen  Itere  ber  $erbc. 
~ur  3^  be*  Wot  jopfte  man  auc§  gelegentlich  bem  Kamel  ettoa«  33lut  ab.  3)en  3«rae* 
tten  toar  ba«  ÄamelfleifdEj  als  unrein  Verboten.  SBorauf  in  lefcter  Sinie  biefer  merf* 
tottrbige  SBibertoille  bei  ifynen  jurücfge^t,  toiffen  toir  leiber  nietyt.  3m  fpäteren  ©efefc  i0 
toirb  bie  Unreinheit  be«  $iere«  bamit  begrünbet,  baß  e«  tfoat  toieberfäut,  aber  leinen  gang 
burc^gefpaltenen  #uf  fyat.  —  9lu«  ben  §aaren  be«  Äamel«  toerben  bie  groben  äRäntel 
gefertigt,  bie  äb&jen,  in  bie  jt#  bie  Sebuinen  füllen  (bgl.  3Rt  3,4),  unb  bie  bicfenlej^ 
pidfo  bie  ba«  3e^  bebeden  unb  trefflidj  gegen  ben  Stegen  fcbüfcen.  35ie  £aut  be«  Äamel« 
toirb  ju  ©anbalen,  Sffiafferfctyläucfyen,  Stiemen  unb  bgl.  »erarbeitet.  Der  uRift  be«  üere«  i5 
toirb  getroefnet  unb  giebt  in  Ermangelung  be«  $ol&e«  ein  toertbolle«  unb  gute«  ©renn- 
material.  —  ©0  bilbet  ba«  Äamel  ben  £aut>treic$tum  ber  SRomabenftämme  unb  e«  !ann 
ntc^t  SBunber  nehmen,  baß  ber  Sobprei«  biefe«  Jiere«,  befonber«  be«  SReitfamel«,  bei  ben 
arabiföen  Diätem  breiten  Staunt  einnimmt.  2ln  bie  ©d&ilberung  ber  ©eliebten  fließt  [\$ 
^äuftg  bie  ber  3)romebarin  an.  Unb  über  bem  toten  ©atten  ruft  bie  ©attin  toebflagenb:  20 
„0  mein  Äamel"  (Snouck  Hurgronje,  3Reffa  II,  188).  Dem  entftmngt  bie  3ftrforge, 
mit  ber  man  folcfce  SRettfamele  pflegt  (@en  24,  14.  19  ff.  31  f.).  93on  ben  SJtibianitern 
^ören  toir,  baß  fte  (toie  noc$  jefct  getoöfynlicfy  bte  2lraber)  tyre  Äamele  mit  §al«bänbern 
fd&müdften;  bie  SSornetymen  behängen  fte  noefy  ba^u  mit  foftbaren,  monbförmigen  Saaten 
(3ti  8,  21.  26).  25 

9jn  Sßaläftina  beim  anfäßigen  9lcferbauern  ftnelt  naturgemäß  ba«  Äamel  bei  toeitem 
nic^t  biefe  Stolle.  #ter  fommt  e«  nur  in  99etra$t  al«  Transportmittel.  311«  foletye«  ift 
e$  freiließ  auefy  fyier  unentbehrlich.  2Bo  e«  ftc^  um  größere  -Stoffen  unb  toeite  ©ntfemungen 
^anbelt,  bolljie^t  ftc^  bt«  auf  ben  heutigen  3^8  ber  Transport  mittelft  Äamel;  bie  SSer* 
toenbung  Don  ^ferben  unb  Faultieren  ba^u  iüäre  toiel  ju  teuer.  ©0  ift  baä  Äamel  im  30 
alten  toie  im  heutigen  ^5aläftina  ^loar  feine«  ber  getoötynlictyen  ^au«tiere  ber  Sauern,  toie 
©<^af  unb  Slinb  unbßfel,  aber  e«  ift  boc^  ein  Diel  gebrauste«  lier.  Sür  bie  Israeliten 
gilt  außerbem  nod},  baß  fte  in  bem  9Jtoße,  al«  fte  fic^  me^r  unb  mein:  an  bem  großen 
$anbel«t>er!e^r  beteiligten,  auc^  ba«  Äamel  ba^u  brausten. 

3u  allebem  ftimmt,  baß  un«  im  212.  jtoar  bon  Äameljucfyt  im  ©roßen  nur  bei  ben  35 
Patriarchen  (f.  oben)  unb  außerbem  nur  toon  3)at)ib  (1  Sfyr  28,  30)  berietet  toirb,  baß 
aber  fonft  boc§  toon  häufiger  SSertoenbung  be«  Äamel«  bie  SRebe  ift  (»gl.  3.  33  2  Äg  8,  9 ; 
3ef  30,  6 ;  1  Qfyx  12,  40).  ®ie  au«  SSabtylonien  mrüdtfe^renben  ©julanten  brauten  eine 
ganj  anfe^nlic^e  3a^l  Äamele  mit  (®«r  2,  67 ;  SWeb  7, 69).  Daß  ber  alte  ^«raelite,  toie 
ber  heutige  Sauer  man$e«mal,  ba«  Äamel  aud^  gum  pflügen  gebrauste,  bürfen  toir  toobl  40 
borau«fe^en. 

3)em  Dichter  ift  ba«  Äamel  mit  feiner  toilben,  ungezügelten  Staferei  in  ber  Srunft^eit, 
too  e$  mit  fc^äumenbem  5Waul  unb  fyerau«fyängenber  3un9c  brüllenb  um^erremtt,  feinem 
eigenen  £errn  gefä^rlic^,  ein  S3ilb  be«  ^ügellofen,  in  bltnber  l'eibenjd^aftlic^feit  fremben 
©öttern  nac^rennenben  3Solfe«  (3er  2,  24).  Slucfj  in  jtoei  fpric^toörtlicben  9leben«arten,  45 
bie  un«  im  9KE  enthalten  finb,  ift  ba«  Äamel  bertoenbet:  „3Rücfen  feigen  unb  Äamele 
fccrfölucfen"  (9Kt  23,  24)   unb   „e3  ift  leichter,   baß   ein  Äamel   burc^«  9tobelö^r  getye", 

S'oei  9leben«arten,  bei  benen  bie  £>$>erbel  auf   ber  §anb  liegt,  fobaß  man  ftcfy  nic^t  mit 
mbeutung  be«  9?abelö^r«  in  einen  „engen  Durchgang"  ober  be«  Äamel«  in  ein  „$au" 
(xdfAekog)  abzuquälen  brauste.    Die  le^tcre  Slebetoenbung  finbet  ftc^  auc^   im  lalmub,  50 
nur  baß  bort  ftatt  be«  Äamel«  ber  ßlepfyant  (pfla')  genannt  ift  (f.  Stqrtorf,  Lex.  chald.); 
aud^  im  Äoran  (Sur.  7,  38)  ift  fte  toieberfyolt.  ©cttjtttgcr. 

Äammin,  S3i«tum.  —  ^affelba*,  Äofegarten  unb  ü.  9Kebem  Cod.  Pomcraniae  diplo- 
maticus  I,  @retf«n>.  1843;  itlempin  unb  $rümer#,  ^ommerfefte«  U».  Stettin  1868-91, 
3  »b«;  fi.  ©iefebretöt,  Senbifcöc  ©ef«i«lcn  3.  33b,  Berlin  1843.  65 

3u  ben  ©enoffen  Otto«  t>on  Bamberg  bei  ber  9JJiffton«arbeit  unter  ben  Sommern 
gehörte  ber  be«  Söcnbifc^cn  funbige  ^riefter  äbalbert  (bgl.  6bo,  vita  Ott.  II,  3  ©.  622 
ed.3aff6,  U.III,  12  ©.665).  211«  ber  toon  Ctto  in«  äuge  gefaßte  ^pian,  in  ^ulin,  bem 
jefcigen  SBollin  (bgl.  über  bie  ©tabt  (Jbo  II,  7  ©.  629)  ein  eigene«  93i«tum  für  ^Jom= 


732  ftatntntu  Sattaatttier 

mem  ju  grünben  (6bo  II,  16  ©.  640),  ausgeführt  tourbe,  erhielt  er  bie  Settung  be& 
felben.  ^nnocenj  II.  natym  auf  Slbalbertd  Sitte  baä  neue  SStetum  i.  $.  1140  unter 
päpftltctyen  ©$u$,  unb  befthnmte,  bajj  fein  Sifc  bei  ber,  toonDtto  bon  Bamberg  erbauten, 
2lbalbert$fird&e  in  SSoHin  fein  jode.    als  99eft$  be$  StetumS  Serben  genannt  bie  ©tabt 

5  SBottin  unb  bie  castra  Dernmin,  IribfeeS,  ©üfcfoto,  2Bolgaft,  Ufebom,  ©roftmn,  tyqxty, 
©targarb,  ßammin,  ^olberg;  aujjerbem  toerben  tym  jugefproctyen  bort  jebem  Sßflug  jtoei 
Sieben  (Betreibe  unb  fünf  ^Denare,  fotoie  ber  üKarftjefynt,  quod  diciti*r  Sithem  (3>aff£ 
8102).  Über  bie  Unterstellung  unter  ein  ©rjbtetum  tourbe  nichts  beftimmt.  2)o<$  fyd 
ber  faiferltd&e  $apft,  SSictor  IV.  im  3-  H60  baS  pommeriföe  Stetum  unter  SRagbeburg 

•logeftettt  (3aff6  14430).  ©ttoaS  fpäter  ging  SBoHin  in  ben  Äämpf en  jhriföen  Dänen  unb 
©ac^fen  um  ben  33eft$  SßommernS  ju  ©runbe;  bie  golge  toar  bie  Verlegung  beä  93& 
tum«  nai)  ftammin.  9hm  tyat  Giemen«  III.  bem  93if#of  ©igfrib  ein  neue«  ©c^utortoi* 
legium  auSgefteflt  (24.  gebruar  1188,  3aff6  16154).  $nbem  #er  eine  j%fic$e  Abgabe 
beä  SiföofS  «n  ben  *Papft  beftimmt  tourbe  (1  ferto  =  V*  Sötorf  ®o!b),   erföemt  fiam* 

16  min  toieber  ate  erjmierteS  SBtetum.  3)iefe$  SBer^ältnte  beftanb  jebocty  nur  einige  gaJfc 
jetynte;  benn  bur$  ^nnocen)  III.  tourbe  Äammin  bon  neuem  SRagbeburg  untertoorfen 
(3.  Februar  1216,  $ottfcft  5061,  beftätigt  burd&  §onoriuS  III.  8.  april  1223  $otfy 
6987,  ©regor  IX.  1.  «Juli  1228  $ott^.8248).  3)oc§  erlangte  ba$93iStum  m  bergige* 
jeit  feine  Unabfyängigfeit   jurücf;    ^nnocen^  IV.   bezeichnete  e$   24.  ©ejember  1244   ate 

2onullo  medio  ad  nos  pertinens  (Sßottfy.  11488);  ba$  tourbe  fpäter  öfter«  toiebertyott, 
f.  g.  93.  Sat.  äften,  ed.  Stiegler  ©.  197  9h.  417. 

93ijd&öfe:  2tbalbert  1140—1162;  Äonrab  I.  1163—1186;  ©igfrib  1186—1191; 
©igetoin  1191?— 1219;  Äonrab  II.  1219— 1233;  Äonrab  III.  1233— 1241 ;  2Bifyelml. 
1244—1251;    §ermann  1251—1288;    ^aromar  1289—?;  $eter  1297?—?;  geiraty 

26  1300—1317;  SbnrabIV.  1318—1322;  2lrnolb  c.  1324— 1329;  ^riebric^  1330— 1343; 
3o&annI.  1343—1370  (?);  ^ilipp  1370— 1385;  goftmn  IL  1385—?;  3o$anne*  III. 
1386—?;  SobanncS  IV.  1394—1398,  ©egenbiföof  Sogtelab  1394—1398;  SRifoIau* 
1398—1410;  3JtagnuS  1410—1424;  ©igfrib  II.  1424—1449;  $enning  1449—1469; 
Subtoig  1471—1479;   ÜWarin  1480—1486  (?);    »enebitt  1486—1498;    SRartin  1499 

30  bis  1521;  (SraSmuS  1522—1544.  #«wf. 

fiamoS  f.  Äemofd&. 

fianaantter.  —  fittteratur:  töofenmüller,  £anbb.  ber  bibl.  «ltertum*funbe  II,  1 
(1826),  75 ff.;  töebfclob,  HitteftamcntHäie  tarnen  ber  öeüölferung  beS  i«r.  (Staats  (1846), 
39  ff.;    SRoöerS,  $ie  ^öntcier  II.  1  (1850);    «ß.  Scfcröber,  S)ie  p&önidftie  6pra*e,  1869: 

86$.  33ubbe,  $ie  bibl.  Urgcfäii#te,  ©ie&en  1883;  berfelbe,  3)te  ©ücftcr  Siebter  unb  Samuel 
©te&en  1890;  @b.  iWctjer,  ^ritif  ber  S3evi*tc  über  bie  Eroberung  ^oläfttna«  in  3atS8  I 
(1881),  117ff.  m,  30G ff. ;  berfelbe,  ©ef«.  b.  SUtertumS  I,  Stuttg.  1884;  ©.  ?J.  ^Äoore,  The 
etyraology  of  the  name  Canaan  in  Journal  of  the  American  Oriental  Society  XV  (1893), 
Proceedings  LXVIIff.;     .$.  Sincfler,   3)ic  ^ontafeln  üon  Tell-el-Amarna.     Äcilf^riftüdK 

doöibüotftef  Vf  öerün  1896;  #.  3immcrn,  ^aläftina  um  ba3  3at)r  1400  0.  (5&r.  in  8&$* 
XIII  (1890),  133 ff.;  @b.  Wfytr,  ©loffcn  ju  ben  Sfjontafeln  uon  Teil  el-Amama  (au« 
Aegyptiaca,  geftfdjrift  für  ©eorg  ©ber«.  fieipjig  1897,  62-76);  SB.  9R05  «Rüttcr,  fcfien  u. 
(Suropa  nad)  altögl)ptifd)en  3)entmii{ern,  fieipaig  1893;  $3.  SRobertfon  6mitf>,  5)ic  Religion 
ber  Semiten.    $eutfd)  oon  Dr.  $R.  ©tübe,   greiburg  i.  33.  1899;    Ausgrabungen   in  6emV 

46  faiirli,  »erlin  1893.  —  3u  ben  9Jept)aint:  SB.  ©tabe.  ©ef«i«le  be«  «olfe«  3«raet  I  (1887), 
420;  gr.  6#roant),  3)q8  fieben  nad)  bem  Xobe,  ©iefeen  1892,  8. 64  ff.;  berfelbe,  lieber  einige 
palfiftiniftfie  S3olf§namen  in  3at3B  XVIII  (1898),  126  ff.  —  3u  ben  ^et^ttern:  3frbr.  3)e* 
lifrfd),  5Bo  lag  ba%  $arabie«?  Seipjig  1881,  269  ff.;  %  3enfen,  #itliter  unb  Armenier, 
6trafeburg  1898;  ügl.  baju  .J).  3immern  in  3bm©  48  (1899),  168  ff. 

60  3)er  3Soltename  Ä.,  ^ebr.  ^?^,  ift  abgeleitet  bon  bem  Sanbednamen  Äanaan,  ^ebr. 
"k=?.  3)er  ©prad&gebraud^  beS  2Ü  lä^t,  toenn  toir  toon  einigen  ^erfonifilattonen  ab« 
fe^en,  feinen  gtoeifel  barüber,  bafe  "i??s  SBejeid^nung  eine^  Sanbe^  ift;  bgl.  9ti  5,  19;  in 
JE  ©en  42,  5.  7.  13.  29.  32;  44,8;  45,  17.  25;  toolIenbS  in  P  ©en  11,31;  12,5; 
13,  12;  16,3;  17,8;  23,2.  19;  31,  18  k.    2)ie  gnbung  n,   an,    an,  ön  finben  toir 

66  nic^t  feiten  bei  9Jamen,  bie  eine  örtlicfyfeit  be^etd&nen,  j.  93.  "P-^  (affV^iW  labntou), 
*Tr,  W!m-t  "s^"»  "»*??.  ®«  lürjerc  ^orm  ?--,  o^ne  biefe  Snbung,  fommt  freiließ  im 
212  felbfit  nic^t  bor,  boefy  läfet  fie  fi(^  anbertoeitig  belegen.  3n  ^m  rAmarna-2afeln 
toirb  neben  ber  ^Drm  kinahni  (b.  i.  "k-^)  auc^  bie  gorm  kinahhi  =  *»  gebraust, 
unb  gried&ifäe  3Rad^ric^ten  reben  babon,  bafj  ba^  8anb  ^^önijien  ober  ber  ©tammbatcr 


fiattaattitcr  733 

ber  Sß&önijier  Xvä  ober  Xväg  genannt  toerbe.  ©o  bei  $erobian  tzeqI  jtiovrJQovg  U- 
tecos  I,  19  Xvä  als  früherer  SRame  beS  SanbeS,  ebenfo  bei  ©tepfyanuS  bon  93tyjanj 
(Xvä,  ovrwg  fj  ^otvixtj  ixaXeiro);  Sßfyilo  SfybliuS  (Sanchun.  ed.  Orelli40;  Euseb. 
praep.  ev.  1,  10)  fagt  bon  Xvä,  bafe  er  guerft  ben  SRamen  ^önfe  erhalten  tyabe,  unb 
ber  ©rammatiler  SfyöroboSfoS  ftiü^rt  unter  ben  93eifoielen  $ur  erften  3)eflination  an :  5 
6  Xväg,  xov  Xvä,  mit  ber  SBemerhmg:  8&ev  xal  f]  <Poivixt]  90%vä  keyetai  (Anec- 
dota  graeca  ed.  Bekker  III,  p.  1181).  3n  biefera  'Oyvä  erlennen  ©cfyroeber  ©.  6 
unb  ©.  3Maj  SRütter  207  f.  too&l  mit  Stecht  ben  Sternen  IbeS  SanbeS  mit  bem  Srtifel, 
b.  £.  6  x?<*9  toi*  ^mn  ^^  auf  **r\zt  ägtyrtifctyen  ^nförift  SfomfeS1  III,  too  baS  SEBort 
bereite  mit  ber@nbuna  n  borfommt,  ,rba^  Äanaan''  gur  Sejeictynung  beS  foriföen  Äüften*  10 
lanbeS  gefagt  hrirb.  SDarauS  toürbe  fkfc  ergeben,  ba|  Kanaan  urft>rüngli(§  ein  nomen 
appellativum,  fein  ©igenname  getoefen  ift.  2lber  nadfj  ber  93ebeutung  beS  SBortS  toirb 
bis  tyutt  vergebend  gefragt.  9tn  Vermutungen  unb  33orfölägen  fyat  eS  freiließ  nutyt  ge- 
fehlt. ©c$on  in  ben  Onomastica  sacra  beS  (SufebiuS  unb  §ierontymuS  toerben  ber* 
fd&tebene  Deutungen  berfucfyt.  Hm  betonnteften  ift  diejenige  geworben,  toelcfye  SRofenmüfler  16 
a.  a.  O.  1826  empfohlen  fyat,  nämlic§  bafj  Äanaan  im  ©egenfafc  ju  Slram,  baS  „ßoefc 
lanb"  bebeute,  ben  gegen  bie  SKeereSfüfte  fyin  ftc$  abfenfenben  Sanbftricfy,  baS  SKieberlanb, 
bejetd&ne.  2US  ®runb  führte  er  an,  bafe  baS  arabiföe  33erbum  knc  bie  Sebeutung  fyabe 
„ftd&  erniebrigen,  ft$  fenten".  ®S  läfet  ft$  faum  in  Slbrebe  ftellen,  bafj  einige  ©teilen 
beS  äl  fo  lauten,  als  ob  fte  in  Äanaan  ben  ©inn  bon  Sieflanb,  in  Äanaaniter  ben  20 
Sinn  bon  93etoofynern  beS  iieflanbS  ober  bon  erniebrigten,  niebergetoorfenen  Seuten  er* 
blidten.  3ef  23,  11  bejeic^net  Äanaan  bie  ^önigij^e  Äüfte  (unb  tyre  Kolonien),  3e2,  5 
(too  ÜBeflbaufen  unb  Siotoacf  baS  2öort  freiließ  [treiben  Collen)  baS  Xieflanb  ber  tyfo 
lifter;  3of  5,  1  nennt  bie  Ä.  am  s3Reer  neben  ben  Slmoritern,  3of  11,  3  foric^t  bon  Ä. 
im  Dften  unb  SBeften  toie  -Mu  13,  29  bon  Ä.  am  9föeer  unb  am  3orban;  3lü)  9,  24  ge=  35 
braud&t  bon  ber  Unterwerfung  ber  Ä.  baä  §i^)^il  r:-??.  2Sie  man  auc^  über  bad  Sllter 
unb  ben  3Bert  biefer  ©teilen  urteilen  mag  (»gl.  ©b.  SDtetyer  3atffl  I,  122 ff.;  »ubbe, 
Urgefd&icfye  348  ff.),  fte  jtnb  auf  leinen  gatt  fo  gemeint,  bafe  fic^  eine  toiffenföaftlictye 
@rflärung  bed  2ßorte^  Äanaan  au$  i^nen  ableiten  lie^e.  SDie  Meinung,  ba^  äram  $oc^= 
lanb  bebeute,  [c^toebt  bö&ig  in  ber  £uft,  unb  bie  Berufung  9tofenmüfler3  auf  bie  93ebeu-  30 
tung  be^  arabij^en  knr  ift  bon  ©.  %.  5)toore  (f.  Sitteratur)  ate  ein  9Jlifeberftänbni«  er= 
toiefen  toorben.  3ötr  muffen  ba^er  biefe  ^ra6e  öuf  f1^  berufen  (äffen  unb  lebigltcty  ben 
©tnrad^gebrauc^  banac$  befragen,  toelc^e^  ©ebiet  unter  bem  tarnen  Äanaan  berftanben 
tourbe. 

3n  ben  äg^tifc^en  5Rac^ric^ten  (togl.  SB.  2Jta£  3KüHer  205  ff.)  bejeic^net  Äanaan  b(rö  86 
Äf«^  äg^tifc^e  äften  mit  @infd^lufe  »on  5|}^önijien;  boc^  gebrauten  bie  IbtfflpUx  in  ber 
Siegel  biefen  tarnen  nic^t,  fonbern  für  ba$  füblic^e  Serien  Haru,  für  baS  nörblid^e  Ru- 
tennu.  3n  ben'Amärna-Iafeln  bedft  ftc^  Äanaan  faft  gerabeju  mit  bem,  toa^  toir  fyeute 
unter  ©^rien  im  allgemeinen  tocrftefyen  (6b.  3We^er,  ©loffen  67  f.).    3m  813;  finben  toir 
berfd^iebene  Abgrenzungen ;  fte  bestätigen,  bafe  man  ben  Umfang  Kanaan^  berfc^ieben  be--  40 
ftimmen  fonnte.    §n  ber  3Sölfertafel  ©cn  10,  19  JE  toerben  bie  SBo^nft^e  ber  Äana- 
anher,  bejeic^net  burc^  bie  fünfte  ©ibon   (b.  i.  ^^önigien)  im  Sorben  ber  Äüfte,  ©erar 
unb  ©aga   im  ©üben,  ©obom  unb  ©omorrfya   am  ©übenbe   be^  3^oten  5Keere^   unb 
Safa.    5Diefer    lefctere  Ort  ift  freiließ  nid^t    betannt  unb    berfetyieben   gebeutet   toorben 
(bgl.   fflett^aufen,   Äomj)ofttion   be«   $ejateuc^g   15;    3at2B    1896,    318  ff.),  aber   bieiö 
SKeinung  ift  boc^  Ilar:   ^^öni^ien  unb  baö  fj>äter  bon  3$*ael  befe^te  Sanb  ift  ba«  ®e= 
biet  ber  Äanaaniter,  b.  b.  Äanaan.    ©ine   Unftd^er^eit   bleibt  nur  naefy  ber  (Seite   ^in 
übrig,  toie  toeit  ba^  §tnterlanb   ber  ^P^öni^icr  cinjufd^lie^en   ift.    35.  15   toirb    neben 
©ibon  §et^  (f.  unten  §etfyiter)  genannt  unb  33.  18b  loirb   bemerft,  bafe  fic^   ftäter  bie 
©tämme  ber  Ä.  ausgebreitet  Ratten  (nac^   ©üben)    —    33.  16— 18a  geben  [1$,  ba   fte  50 
33. 18b  bortoeg  nebmen,  ate  eine  (Srioeiterung  beä  urfj)rünglic^en  le^te«  ju  erfennen  — ; 
bemnac^  gelten  ^ier  als  bie  urftorünglicfyen  sfflo^nfi|e  ber  Ä.  ^^önijten  unb  baS  öftlic^e 

iotoie  norböftlic^e  ^interlanb ;  Äanaan  toürbe  ba^er  nac^  Sorben  ^in  boefy  »eit  me^r  um* 
äffen,  als  baS  f^äter  bon  3^radit«n  betoofynte  Sanb.  2)euteronomiftifc^e  ©teilen  beftä« 
tigen  im  allgemeinen  biefe  9luffaffung  bon  ©en  10,  15—19,  fc^ioanfen  jebocfy  in  ^Betreff  55 
beS  UmfangS,  ben  fie  bem  2anbe  ber  2Serfyeifcung  geben.  2)t  11,24  Reifet  eS:  bon  ber 
fflüfie  (im  ©üben)  bis  $um  Libanon  (im  Sorben;  lies  vrabrt  -?ri)r  bom  ßup^rat^  (im 
Dften)  bis  jum  3Weer  im  SBeften  (^of  1,  4  ift  barnaety  ju  berbeffem  unb  ^u  berfte^en). 
3lamentli(^  bie  angäbe  „bom  6u}>fyratfy"  ^eigt,  bafc  ber  33erfaffcr  auc^  an  SJorbf^rien 
bentt,  alfo  über  ben  Sibanon  binauS  bie  ©renken  ber  iSraelitif$en  Eroberung  jie^t  (bgl.  go 


734  Sattaamtcr 

1  Äg  5,  4).  $tynlidf>  lauten  bie  Seftimmungen  ©cn  15,  18  unb  gj  23,  31:  für  ben 
Sorben  unb  9torboften  ift  ber  Gtitiffyxati)  genannt,  ßnger  ift  ber  Umfang  befcfyrieben  m 
3of  11,  17  unb  12,  7:  bom  glatten  ©ebhrge  (Serge)  bei  ©eir  bi«  na%  »aal  ©ab  (VII, 
760)  unterhalb  be«  §ermon«.  35t  1,7  nennt  ba«  Sanb  ber Äanaamter  unb  ben  Stbanon 

6  bi«  jum  ©uptyratfy,  jie^t  alfo  für  jene«  engere  ©renken,  für  bie  Eroberung  ^«rael«  im 
ganzen  aber  bie  gleiten  toie  Dt  11,24;  ©en  15,18  unb  Qi  23,31.  2tu«3of  13,2— 6, 
too  bie  toon  3ßrael  ntd^t  eroberten  ©ebiete  be«  gelobten  Sanbe«  aufgejagt  toerben,  ift  mit 
©icfyertyeit  ju  entnehmen,  bajj  aud&  ba«  ©ebiet  ber  $I?Uifter  &u  Äanaan  geregnet  h>urbe; 
im  übrigen  ift  aber  ber  lejt  biefer  ©teile  fo  ftarl  berlefct,  bafj  fiebere  Angaben  au«  tyr 

10  nietyt  gewonnen  toerben  föimen.    SKur  ber  lefcte  S.  5  genannte  Sßunft,   „bie  3u0änge  J" 

tamatfy",  finbet  fk§  metyrfaety  al«  SKorbgrenje  be«  3«rael  gebityrenben  ober  ge^örenben 
ebiet«  am  6,14;  9ti  3,  3;  1  Äg  8,65;  2  Äg  14,25;  ®&  47,20;  S»u  13,21;  34,8. 
2lm  forgfältigften  fyaben  fu$  ©gefiel  unb  bie  Serfaffer  be«  ^riefterfobej  bemüht,  bie 
©renken  be«  gelobten  Sanbe«  ju  umföreiben;  »gl.  (Sj  47,  15—20;    48,  lff.;    9iu34,  1 

15  bis  12;  13,  21.  2)ie  ©übgrenje  ift  Äabe«  Sarma,  bie  SBüfte  3in  unb  ber  Sad&  #gW= 
ten«,  bie  SSeftgrenje  ba«  2Rittelmeer,  bie  9?orbgrenge  berührt  in  einer  fc&toer  ju  beftim- 
menben  Stnie  bie  ©egenb  bon  §amatty  am  Dronte«,  bie  Oftgrenje  totrb  burc^  ben  IJorban 
unb  ba«  lote  3Reer  gebilbet  (f.  ba«  habere  in  bem  21.  $aläftina).  2HIe  biefe  ©<$toam 
hingen  begreifen  fid^  nur  au$  ber  X^atfac^e,  bafe  Jtanaan   ein   geogra^ifäer  Warnt  für 

20  ba«  toeftliitye  ©tyrien  ift  ofyne  fefte  ©renken,  nidfjt  ein  burc§  natürliche  ©renken  ober  bun$ 
bie  Slut«bertoanbtfc§aft  feiner  Setootyner  abgesoffene«  ©ebiet.  ©tet«  ^eiftt  e«  im  211: 
Äanaan  ift  ba«  bem  Solle  3«rael  gelobte  Sanb;  tooHte  man  aber  feftfteOen,  toelcfce 
©renken  biefe«  Sanb  fyabz,  fo  gingen  bie  -»Meinungen  au«einanber,  unb  jtoar  bedtyalb,  toeil 
Äanaan  überhaupt  fefte  ©renken   nicfyt  befafe.    5lur  in   einem  fünfte   fyerrfd&t  Überem* 

25  ftimmung,  nämlicfy  barin,  baft  Äanaan  auf  ba«  Oftjorbanlanb  nicfyt  angetoenbet  totrb.  3)ie 
älteren  Angaben  be«2l$  näpern  ftety  faft  gang  bem  ©prac^gebraud^,  ber  in  ben'Amärna- 
Safeln  (f.  oben)  beobachtet  toirb ;  bie  jüngeren,  bef onber«  ber  ^JricftcrfobcE  jtetyen  bie  9torb= 
grenje  füblictyer.  Sielleic^t  fyängt  ba«  mit  bem  Sorbringen  ber  Slramäer  unb  tyrer  ©Jnracfce 
gufammen.    Slujjerbem  ift  nidjt  $u  überfein,   bajj  toir  fotoofyl   in  ben  'Amftma-iafeln 

so  al«  auc§  im  21  %  ben  Sprachgebrauch  fold^er  Seute  »or  \m&  ^aben,  bie  im  füblic^en  ober 
mittleren  Serien  toofynen:  bon  bort  au«  gab  man  bem  9?amenÄanaan  einen  folgen  Um* 
fang.  2)er  ©j)rac^gebrauc^  ber  2lntoofyner  be«  (Sup^rat^  toar  ein  anberer;  e«  ift  bon 
Selang,  bafj  auf  ben  Äeilinfc^riften,  bie  au«  2lfftyrien  ober  Sab^Ionien  ftammen,  bteber 
ber  9Zame  Äanaan   nic^t  gefunben  toorben   ift  (bgl.  ben  21.  ^aläftina  unb  unten  unter 

86  §etfytter). 

yjlit  bem  Obigen  ift  bie  gfrage  nac^  bem  urfprüngli$en  ©inn  bon  Jtanaaniter  ent^ 
(Rieben.  §\t  Äanaan  ein  geograp^ifc^er  Segriff  mit  fcfytoanfenben  ©rengen  unb  o&ne  eine 
ertennbare  et^nogra^^ifc^e  ©runblage,  fo  bebeutet  Ä.  überhaupt  bie  Seute,  bie  biefe«  Sanb 
betoo&nen.    Die  s#böni$icr  (f.  b.  21.)  finb  .Hanaaniter  (Ob  20;    3ef  23,  11),   tote  anbere 

40  (Sintoo^ner  be«  oben  bef^rod^enen  ©ebiet«  au^,  aber  fie  finb  bur^au«  nic^t  bie  Ä.  (bgL 
Subbe  a.  a.  0.  343  ff.).  Diefer  allgemeine  ©inn  be«  9?amen«  ift,  toie  SBeH^aufen  u.  ä. 
bemerft  traben,  ben  ©rjäblungen  be«  ober  ber^abbiften  eigentümlich  ©en  12,  6;  18, 10  f.; 
24,3.37;  38,2;  50,  11;  sJhi  21,  1.  3.  2Kan  fyat  ba^er  auc^  metyrfacfc  angenommen, 
ba^  Sli  1,  abgefefycn  bon  S.  34—36,  ju  ber  jafybiftijd&en  ©c^rift   gehört,   toeil   &ier  bie 

45  bori«raelitijc^e  Sebölfcrung  be«  Sanbe«  burc^toeg  bom  ©üblanbe  S.  17  an  bi«  nal#  ®a^ 
liläa  S.  33  Ä.  genannt  toerben.  %n  S.  34—36  begegnet  ber  SKame  2lmoriter  (f.  ben  8. 
Sb  I  ©.  459),  ben  bie  elofyiftifcbc  ©cfyrift  für  bie  bori«raelitifctyen  Se^errfc^er  be«  i catei 
ju  gebrauchen  pflegt;  e«  finb  ba^er  3^e'fe^  ^au^  getoorben,  ob  biefe  Serfe  ebenfall«  ort 
ber  ja^biftiföen  QueHe   ftammen  (@b.  Kleber  3atSB  I,  126;   Subbe,  9ti$ter  unb  6o-- 

60  muel  15  ff.). 

6«  liegt  bie  grage  na^e,  ob  bie  Ä.  abgefefyen  bon  i^ren  aSSo^nft^en  in  bemfeften 
Sanbe  noc^  anbere  2)inge  gemeinfam  fyattm.  2)iefe  ^rage  fc^eint  bejaht  toerben  ^ 
muffen.  2)ie  ©praetye,  bie  toir  je^t  l^ebräifd^  nmnm,  Reifet  3«f  19,  18  „bie  ©pwd^ 
Äanaan«",  b.  \).  bie  in  biefem  Sanbe  übliche  unb  an  ifym  ^aftenbe  ©prac^e.  Sticht«  toe$ 

6T)  barauf  ^in,  flanaan  ^ier  bon  ^^önigien  ober  nur  bon  bem  Sanbe  Sjärael«  ya  berfte^cn; 
ber  9?ame  ^at  auefy  ^ier  bie  umfaffenbere  Sebeutung,  bie  oben  naefcgetoiefen  tourbe.  ®awu^ 
ift  ju  fc^liefeen,  ba|  im  Sanbe  Äanaan  im  allgemeinen  biefelbe  ©prac^e  gef^rod^en  touibe. 
©etoife  fmb  bialeltifäe  Unterfc^iebe  namentlich  jtoifc^en  ben  nörblid^en  unb  füblic^  leite 
be«  Sanbe«  borfyanben  getoef en ;  aber  fte  toaren  nic^t  fo  grofe,  bafj  bie  Sertreter  be«  einen 

üo  'Dialeft«  ben  anbern  nic^t  berftanben   Ratten.    2)ie   enge  Sertoanbtfc^aft   be«  Jpcbräifc^en 


Stanaanittt  736 

mit  betn  Sßtyönijtfcfcen  ift  befannt.  ©elbft  bie  ^nfd^rtft  beS  ßönigS  ^Janammu  bon  Sam'al- 
Sendschirli  jtoiföen  bem  ©olf  oon  Sllejanbrette  unb  bem  mittleren  ßuj^rat  bietet 
einen  altarammföen  2)ialeft  bar,  ber  bcr  tyebräifcfyen  ©pracfye  fefyr  natye  ftefyt.  3ltbm  ber 
Bptaty  flehten  au$  bie  religtöfen  Slnfcfyauungen  unb  bie  ©ebräucfye  beS  ÄultuS  bie 
gleichen  getoefen  ju  fein.  2)ie  ©Ortzeiten  toaren  urforünglicfy  befeelt  gebaute  SRaturfräftc,  6 
hrie  Äimmel,  ©onne,  2Ronb,  Bonner,  93li$  u.  a.  3m  Saufe  ber  3^  touctyfen  fte  mit 
ber  Äultur  beS  SanbeS  jufammen  unb  tourbcn  baburcty  bie  93eföü$er  ber  SebenStoeife,  ber 
gertigfeiten  unb  Äünfte  fotoie  ber  fokalen  33erbänbe,  bie  bei  ben  93etool)nern  borfyanben 
toaren.  3)ie  ©otteäberefyrung  toar  in  ga^llofe  Sofalfulte  gehalten.  9Jtan  pflegte  bie  ©ott- 
&eit  ni<$t  mit  tyrem  ©igennamen  ju  nennen,  toie  Slftarte  (f.  b.  31.  93b  II  ©.  147),  Slföera  10 
(f.  b.  %  93b  11  ©.  157),  Slnat,  SltargatiS,  (Sfömun,  fonbern  Bezeichnete  fte  als  ben 
„£eun"  ober  bie  „$errin"  beS  betreffenben  ÄultuSorteS,  j.  93.  93aal  beS  $ermon,  93aalat 
bon  ©ebal  (bgl.  b.  31.  93aal  93b  11  ©.  323).  2)ie  (Stätten  ber  Verehrung  toaren  bie 
£ö&en  beS  SanbeS  (bgl.  b.  31.  §ityenbienft  VIII  ©.  177).  SWeben  bem  Slltar  ftanb  ein  ffl  ©tein 
(rnsrc),  ein  ^L  93aum  ober  ber  tyn  bertretenbe  $L  $f a^l  ("'^).  2öar  ein  ©otteSbilb  bor«  is 
fanben,  fo  fehlte  nic^t  baS  §auS  bafür,  ber  Tempel  unb  ber  ober  bie  ^ricfter,  bie  eS  $u  bebienen 
Ratten.  Die  ©ebräuctyc  beS  ÄultuS  fingen  mit  ber  täglichen  3lrbeit  ber  SanbeSbetoofyner 
aufs  engfte  jufammen;  man  opferte  bon  ben  (Erträgen  beSSWer*,  ©arten*  unb  SBeinbaucS 
fotoie  ber  93ie^uc^t  (bgl.  b.  3t.  ©otteSbienftlicfcc  Seiten  93b  VII  ©.  19).  3n  ben©täbten, 
ben  ©i|en  ber  fortföreitenben  Äultur,  bilbeten  ft$  enttoicfeltere  formen  beS  ÄultuS  auS.  20 
3u  bem  feftfte^enben  9tituS  gefeilte  fiefy  ber  SJi^t^u^.  Urfprünglicfy  erjagte  er  tool^l  nur 
babon,  toie  ber  StituS  nad)  bem  93efe^l  ober  naefy  bem  eigenen  93eifpiel  ber  ©ottfyeit  jum 
erftenmal  boHjogen  toorben  fei.  ©päter  berbanben  ftety  mit  i^m  religiöS^ilofot>f)ifcfye  unb 
bid^tertfd^e  93etra#tungen,  in  benen  bie  gefyeimniSbotten  Vorgänge  auf  bem  ©ebiete  ber 
9latur,  baS  (Sntfte^en  unb  baS  Vergeben,  femer  bie  Slnfänge  menf$lic§er  ©itten  unb  @e*  25 
memfdjaften  ober  auefy  bie  ©rünbung  berühmter  Orte,  namentlich  ^eiliger  ©tätten,  be* 
tymbelt  tourben.  Ignbem  man  *>a*  3B*fcn  getoiffer  9Jaturgott^eiten  in  ben  ©ebräuetyen 
beS  ÄultuS  nadfouatymen  berfucfyte,  famen  bie  fcfyärfften  ©egenfäfce  neben  einanber  jum 
SiuSbrucf,  gügellofer  ©enufe  unb  toilber  ©dornen.  @S  fei  fyier  nur  an  einige  93eiftriele 
erinnert,  an  bie  ^ßroftttution  im  Heiligtum  ber  ©ott^eit  0^"^;»  ^'4^  unb  an  bie  im  30 
ÄultuS  üblichen  ©elbftberle^ungen  (bgl.  ben  31.  ^J^önijier).  ^n  ber  ©elbftberleugnung  unb 
©ntfagung  ber  ©ott^eit  gegenüber  ging  man  fo  toeit,  ba|  man,  um  ifyren  3^rn  ju  ber- 
fö^nen  ober  gu  bereuten,  bie  eigenen  Älinber  opferte  (bgl.  2)t  12,  31).  3Bo^l  allgemein 
toar  mit  ber©otte^bere^rung,  teiU  öffentlich,  tcilö  im  ©e^eimen,  eine  Un^l  abergläubifc^er 
©ebräuc^e  unb  Äünfte  berbunben  (2)t  18,10f.),  bie  mit  uraltem  ©eifterglauben  (3lnimi$mu$  86 
unb  Sotemtömud  ober  ^etifty&nuä)  ^ujammen^ingen.  @nblic^^at  auc^bie  ÄulturÄanaan^, 
als  beren  mic^tigftc  Vertreter  bie  ^ön^ier  (f.  b.  31.)  unb  bie  §et£iter  (f.  unten)  erf^einen, 
ein  gleichartiges  ©e})räge.  2)ie  älteften  ©nfltiffe  ^at  93ab^lonien  ausgeübt,  ©c^on  im 
3.  S0^011^  üor  6^r.  fyaben  §anbel  unb  Ärieg^üge  bon  bort  fyer  auf  baS  nörblic^e 
unb  mittlere  ©tyrien  eingeloirft.  3lg^pten  bat  erft  feit  ettoa  1500  in  bie  @nttmcfelung  40 
beS  SanbeS  eingegriffen.  3)ie  ©renjber^ältniffe  machen  ba$  begreiflich.  Denn  mä^renb  baS 
nörblic^e  ©^rien  ein  unmittelbare^  ©renjlanb  be$  Su^^rat^  ift,  be^nt  fid^  gtoifcben  bem 
füblic^en  Serien  unb  XÜgtypten  eine  2Büftc  aus,  bie  burdj  i^re  93reite  bon  mehreren  "läge* 
reifen  bemSerfe^r  ein  nidj>t  geringes  Hemmnis  bereitet.  3Bie  fe^r  jebocfy  um  1400  bor  S^r. 
bie  bab^lonif^aff^rtfd^e  93ilbung  fclbft  im  {üblichen  ©t^rien  bor^errfc^te,  .bezeugen  unS  bie  46 
feit  1887  befannt  getoorbenen  Xl^ontafeln  aus  Teil  eKAmärna  in  3tg^ten,  infofern 
biefe  ©c^riftftücfe,  meift  93riefe  aus  bem  mittleren  unb  füblicfyen  ©t^rien  an  bie  ^tyaraonen 
ägV^tenS,  in  babtylonifcfyer  Äeilfc^rift  unb  in  affbrifc^cr  ©prac^e  abgefaßt  morben  ftnb. 
Sttcr  bie  bo^elte  93efruc^tung,  teils  bon  Sabtylonien,  teils  bon  2lgVpten,  fyat  ber  Äultur 
beö  2anbeS  boc^  baS  ©elpräge  bcr  5Kijrf)ung  aufgebrücft.  3luf  bem  ©ebiete  ber  Sieligion  so 
unb  ber  ÜRbtfyologie  ^at  freiließ  bie  bab^lonifc^e  ©runblage  bie  itorberrfcfjaft  behalten  (bgl 
b.  ».  $P&öni&ier). 

SSerfc^iebene  Umftänbc  teils  gefcbirf^tlic^er,  teils  natürlicher  2lrt  f^aben  ba^u  beigetragen, 
ben  St.  aufjer  ben  bereits  crtoäfynten  93cfc^äftigungen,  Slder-  unb  ©artenbau  fotoie  33iefc 
md)t,  noc^  eine  anbere  na^c  ^u  legen,  nämlicfy  ben  §anbel.  DaS  fd^male  itonb,  baS  fte  66 
betoo^nten,  grenzt  im  Cftcn  an  bie  SBüfte,  im  2ßeften  an  bas  ÜKcer.  ©0  lange  biefeS 
noc^  nicfyt  mit  ©Riffen  befahren  tourbe,  ftanben  nur  bie  2ikge  nac^  9Zorboften  unb 
©tibtoeften,  nac^  93ab^lonien  unb  3(gty>tcn  offen  (bgl.  b.  31.  s^aläftina).  %üx  beibe  Sänber, 
bie  £erbe  einer  uralten  Äultur,  tourben  bie  Ä.  bie  Vermittler,  tyr  ianb  bie  93rüdfe,  auf 
ber  man  bie  ©üter  auStaufc^tc.    ©pätcr  famen  bie  ©eefa^rten  ber  ^työnijier  ^inju,  ferner  co 


736  Sattaattitcr 

btc  Verbmbungen  über  Qlati)  (f.  b.  31.  Vb  V  S.  285)  mit  Arabien  unb  bem  9toten 
■Keere.  9iamentlic§  bie  erfteren  berfdfjafften  bem  §anbel  ungeheuer  reiche  $ufu$ren  unb 
grofte  Slbfaftgebtetc.  Die  (Srträgnijfe,  bie  bie  Ä.  auö  ifyrem  eigenen  ßanbe  gelohnten 
fonnten  (f.  $aläftina),  fraren  im  Verhältnis  baju  gering  an  SDtenge  unbSöert.   ©o  lam 

6  e$,  bafc  ber  §anbel  bie  eigentliche  Duelle  be$  SteictytumS  ber  Ä.  tourbe,  jualety  ijfrre 
liebfte  Veföäftigung.  Daä  311  lennt  biefe  Styatfac^e  fe^r  toofyl,  inbem  Äanaamter 
an  mehreren  ©teilen  fobtel  ift,  frie  Äaufmann,  Ärämer  (§of  12, 8 ;  Sei,  11;  *ßr  31,24; 
bgl.  @j  16,  29 ;  17,  4). 

Von  größeren  Staatenbilbungen  ber  Ä.  läjjt  ftd?  nictyt  reben.    Da  Jt.,  frie  oben  ge* 

10  fagt,  bie  Vetoofyner  beS  SanbeS  Äanaan  überhaupt  begeic^net,  mithin  freber  ein  etn^efc 
lictyeS  Volf  nocfy  eine  gleichartige  ©ru^e  bon  Stämmen  umfaßt,  fo  müfcte  bie  ^frage  fo 
geftellt  frerben,  ob  bie  ju  ben  Äanaanitern  gerechneten  Völler  je  größere  Staatäfrefen  er= 
jeugt  fyafcen.  Da  3$rael  für  biefe  gfrage  ni$t  in  Vetrac^t  fommt,  fo  laffen  ftc$  nur  bie 
$etfyiter  atö  folc^e  nennen,  bie  in  früher  $t\t  über  ein  größere«  Stetcfc  im  SJorben  ÄanaanS 

iö  gefyerrfcfyt  fyabm  (f.  unten),  Sonft  fyören  frir  nur  bon  Ileinen  §errfc§aften  unb  bon 
Stäbtebünben.  Die  cAmärna-$afeln  nennen  eine  3ln$atyl  biefer  Ileinen  gftrften,  bie 
unter  ftcfy  im  Äampfe  liegen  unb  ftcfy  gegenfeitig  bei  bem  <jtyarao  bon  Ägypten,  Stmeno* 
pfö  HI.  unb  Slmeno^te  IV.,  ber  Untreue  beföulbigen.  Die  äg$>tifc$e  Dber&enfc$aft, 
bie  mit  mefyrfac^en  Sctytoanlungen  bon  1500—1250  borßfyr.  fräfyrte,  tourbe  burd&  ©tatt* 

30  kalter  unb  bur$  Vefafcungen,  bie  aus  Streitfragen  ihtb  gufebolf  beftanben,  aufrecht  er» 
galten.  Un^uberläfftge  dürften  ber  S.  mußten  ftc§  baju  berftefyen,  tyre  ©ö&ne  na$ 
!Äg$>ten  )u  fcfyidfen  unb  fte  am  bortigen  #of  erjie^en  ju  laffen ;  friberfoenftige  tourben 
öbö^^/  defügige  beftättgt  ober  mit  neuen  2Sürben  geehrt,  ©o  frirb  in  ben  'Am&rna- 
Vriefen  (37,  4—8)  enäfytt,   bajj  Iljutmofte  III.  ben  ©rojjbater   be$ ,  bamaligen  Ädntgä 

25  bon  Nuha§§i  in  ber  ©egenb  bon  Sllejtyo  jum  Äönig  eingefefct  unb  Öl  auf  .fein  fyajfpi 
gegoffen  fyabt.  Vielleicht  tyatte  auc$  cAbd-Chiba  bon  ^erufalem  burcty  bie  ägtyrter  eine 
über  bie  dürften  ber  SRactybarfc^aft  fyerborragenbe  Stellung  erhalten,  frie  föon  33b  VIII, 
674,34  ff.  bermutet  frorben  ift.  Slboni  Vefef  (3ebef)  bon  ^erufalem  rü^mt  fid^  9li  1,  7 
als  Sefieger  bon  70  Königen  (bgl.  ebenb.),  unb  Qof  24,  12  frerben  12,  ^of  12,  7—24 

so  gar  31  (29)  untertoorfene  Könige  ÄanaanS  gejault.  9?on  einem  ©täbtebunb  ift  bei  ber 
Eroberung  be^  Sanbe^  burc^  3pfua  bie  Siebe:  ©ibeon,  Äe^ira,  Seerot^  unb  Äirjaty 
^earim  fte^en  nac^  3°f  $t  17 ;  10,  2  nictyt  unter  Königen,  ^anbeln  aber  gemeinfam. 
SJerner  finb  bie  Serbinbungen,  bie  ftcfy  unter  ben  p^öni^if^en  ©täbten  frieber^olt  gcbilbet 
^aben,   al«  ©täbtebunb   &u  be^eic^nen   (f.   b.  31.  ^önijier).    2)ie  gorm   be^  politiföen 

85  Seben^,  bie  frir  bei  ben  St.  finben,  ift  bie  Äleinftaaterei.  3luc^  fpäter  ift  bie  Stlbung  größerer 
Steige,  frie  bie  ber  Säraeliten  unb  ber  Slramäer,  nic^t  auf  bie  3)auer  erfolgreich  gefrefen. 
@^  ift  bie  natürliche  Sefc^affen^eit  be«  Sanbe^,  bie  in  biefer  $inftc§t  bie  ©efc^ic^te  ber 
SBefrofyner  bebingt  ^at.  2)er  Jamale  Sanbftric^  jfrifd^en  ber  SBüfte  unb  bem  3Kittelmem 
ift  burc^  feine  ©ebirge,  Ileinen  (Sbenen  unb  tief  eingefd^nittenen  ^lu|t^äler  ber  SUbung 

40  großer  ©emeinföaften  nic^t  günftig ;  er  lägt  eö  feinen  Sefrobnern  immer  frieber  bequem 
erfc^einen,  ftcfy  ju  Heineren  ©ru^pen  gufammenjufd^liefeen. 

©$on  oben  ©.  733,48  ift  bie  3lngabe  be^  3a^biften©en  10,  18 b  ^erborge^oben 
frorben,  bag  ftc^  bie  Ä.  bon  bem  mittleren  leile  be«  Sanbe^  nac^  ©üben  &in  ausgebreitet 
l)ätttn.    @in  93efretö  bafür  ober  bagegen   ift   und   nicbt  möglich ;    ^ftend  lann  baran 

45  erinnert  frerben,  bag  ein  Vorbringen  ber  93ebölferung  avß  ben  ©egenben  bed  Sibanon 
nac^  ©üben  im  Saufe  ber  3>a^r^un^ertc  mefyrfac^  bezeugt  ift.  So  für  bie  3lmoriter 
im  14.  unb  13.  go^wnbert,  für  bie  ^turärer  jur  $t\t  bed  $a«monäerreic^  unb  für  We 
2)rufen  unter  Faahr  ed-Din  um  1600.  ©«  ift  fogar  mögli^,  bag  ba«  Vorbringen  ber 
Slmoriter  auf  jene  Slngabe  nictyt   o^ne  ßinflug  geblieben   ift,  frenn   man  ftd^  au^  fleö 

so  gegenfrärtig  galten  rnufe,  ba|  k.  nad^  bem  ©J)ra^gebrauc^  be«  Satybiften  nid^t  mit  Slnw* 
riter  ofyne  freitered  ibentifc^  ift,  fonbern  biefe  ebenfo  frie  anbere  SSölferfc^aften  einfc$lie|t 
gebenfalld  aber  mufe  in  biefem  3uf«mmen^ange  erfrä^nt  frerben,  ba|  baä  äl  noc^  einige 
bunfle  ßrinnerungen  über  UreinfrofynerÄanaanS,  b.^.  über  Vorgänger  berÄ.,  betoaftt 
^at.    Sie  gelten  afö  riefenfafte  Scute  (2  Sa  21,  16.  18.  20.  22;   Dt  2,  10 f.;   20f.; 

65  3,  11).  3$r9tame  o-w:-;  bebeutet  jfrar  an  fid^  nic^t  „Sliefe" ;  er  frirb  bielme^r  tbentiW 
fein  mit  ber  Vejeic^nung  für  bie  Vefrofyner  ber  Unterfreit  3ef  14,  9 ff.;  26,  14.  19,  bie, 
frenn  fte  aucty  als  „9Ratte,  S^laffe"  angefe^en  frurben,  bodj  ald  übermenfc^lic^e  ®# 
frefen  galten.  Der  9lame  fennjeic^nete  fie  batyer  ald  folc^e,  bie  bon  ber  Oberfläche  ber 
®rbe  berfc^frunben  unb  in  bie  Unterfreit  tyinabgefunf en  fraren.  §f)x  SRuf  ate  Stief en  ip  fagens 

60  fyaft;  er  ^ängt  mit  ber  freit  berbreiteten  boltetümlic^en  Neigung  jufammen,  übertounbenc 


Sanaamter  737 

Sollet  ald  liefen  &u  benten  (Ogl.  3lm  2,  9).  Son  i^nen  l;at  bie  @bene  9te^aim  toeft* 
lt$  oon  SttufaU™  ifyren  SRamen  erhalten  gof  15,  8;  18,  16.  2lld  tyr  Stammvater  totrb 
2  ©a  21,  16.  18.  20.  22;  1  G^r  20,  4.  6.  8  ^sr~  Benannt;  bad  ift  ntd;td  anbered 
ald  bie  Äollelttobeaeic&nung  ju  m®-:,  toie  ?2rn  gu  C7=5  5Ru  13/22.  28.  33;  3of  15,14. 
Über  $re  2Bo$nftfce,  §erfunft  u.  bgt.  toiffen  toir  nic&td;  bie  SBorte  mw-tti  T:sn  y?M  6 
3of  17,  15  ftnb  o^ne  3^^?  e*n  jüngerer  3ufa&  w*  ®en  H  5  tß  &on  3°f  *2,  4 
abhängig.  9lad)  ber  jüngeren  Überlieferung  toerben  gu  biefen  9te$>fyaim  geregnet  auefy  bie 
(5  na  titer;  (o  St 2, 11.  Sie  älteren  Stellen  ioenben  biefen ÜRatnen  ntdpt  auf  fie  an  unb 
rennen  fie  aud&  nic&t  jur  Oorfanaanitifctyen  UrbeOölferung.  fltoax  gelten  fie  audb  ald 
liefen  2)t  9,  2;  1,  28  (C*r?2  5RU  13,  33;  Ogl.  ©en  6,  4),  benen  gegenüber  ft$  Äaleb  10 
(f.  b.  81.)  unb  feine  Segletter  fo  Kein  toie  £eufctyrecfen  oorlamen,  unb  ©ctytoalfy  legt 
bem  SRamen  naefy  bem  Slrabifd^en  bie  Sebeutung  „bie  Sanaen,  bie  SRiefen"  bei;  aber  fte 
toerben  mit  Sefttmmtyeit  ald  ber  Stamm  bqeiqttet,  bem  Staleb  Hebron  unb  feine  Um» 
gebung  entriffen  $at  3of  14,  12,  unb  bafyer  SRi  1,  10  ff.  naclj  bem  Sprachgebrauch  bed 
ga^öiften  ald  Ä.  bejeid&net.  3&r*  brei  ©efd&led&ter  fmb  2tyiman,  Sefai  unb  3#almai  15 
3ht  13,  33  (Ogl.  9ti,  1,  10 ;  3of  15,  14).  3fc  §auJ>tort  ift  Äirjaty  Slrba  (pol.  §ebron 
6.  564,38),  beffen  ÜRatne  fo  erflärt  toirb,  baß  2lrba  ber  größte  unter  ben  Enantern  gof 
14,  15  unb  tyr  Stammvater  getoefen  fei  3°f  15,  13.  3töre  Slcpe  f ollen  ftd^  in  ©ayx, 
Ädbob  unb  ®ati)  gehalten  tyaben  3»f  11,  21  f.  SBa^rfd&einlicty  fteclt  ibr  9lame  aud)  in 
op»  3er  47,  5,  oielleid&t  auefc  ebenfo  in  3er  49,  4  (Ogl.  LXX)  unb  1  G&r  12,  15.     20 

3m  212;  finbet  ftd&  jebod&  nid^t  nur  ber  bidtyer  betyanbelte  Sprachgebrauch,  nacb  bem  bie 
St.  im  aQgemeinen  ald  bie  Seltener  ßanaand  gelten,  gleid&Oiel  melier  Sölterfd&aft  fte 
eigentlich  angeboren,  fonbern  Jt.  ift  baneben  au$  in  ettynogra$>ifd&em  Sinne  gebraust,  «d 
fotte  barunter  ein  befonbered  Soll  neben  anbeten  oerftanben  toerben.  6d  ift  naö)  bem 
oben  ©efagten  fetyr  baran  ju  jitoeifeln,  bafe  biefe  2luffaffung  bie  urforünglicfye  ift,  unbbafjra 
xfyc  ioirfliep  et^nograp^ifd^er  SBert  beigelegt  toerben  barf.  gür  bie  Beurteilung  biefed 
©ebraud^d  ift  Oon  Selang,  bafe  bie  Ä.  neben  anberen  Söllern  Äanaand  genannt  toerben, 
toenn  bie  Serfaffer  eine  größere  2lnja^l  Oon  Söllern,  bie  Sßrael  fid^  untertoorfen  ^at, 
cmfgä^Ien  tooKen.  Jür  fold^e  gäüc  ift  ein  getoiffed  Schema  ablief  getoefen,  für  bad  ftd? 
bte  ^auptform  unb  einige  Siebenformen  leidet  feftftellen  lajfen.  ®ie  §auj)tform  jä^lt  ao 
fed^d  Sölfer,  nämlid^: 

Äanaaniter,  §et^iter,  Slmoriter,  ^J^ereftter,  §etoiter,  3ebufiter. 

©ie    finbet  ftd&  mit  geringen  2lbtoeid^ungen  in  Betreff  ber  ^Reihenfolge  ber  SBölfcr 
®S  3,  8.  17;  23,  23;  33,2;   34,  11;  ®t  20,  17;   3of  9,  1;  11,  3;  12,  8;  9R3,  5; 
31$  9,8,  aljo  11  mal.     3U  bcafytn  ift,  bafe  bie    erften  brei   10  mal  Ooranfte^en,   bie  86 
Unteren  brei  9  mal  ben  ©d&lufe  bilben.    5Rur  6j  23,23   oerftöfjt  gegen  biefe  Orbnung, 
unb  5Re§  9,  8  ^at  ftatt  §etoiter  bie  ©irgafiter  unb  jtoar  am  ©d^luffe.    3^r  ®^nn  ip  Har: 
bie  großen  3Söl!er  ooran,  bie  fleinen  am  6nbe.    %)cß  Schema  toiQ  alle  ^Tarnen  ber  Söller, 
bte  bie  3&aeliter  t>erbrängt  ober  untertoorfen  fyaben  tooKen,  fammeln.  6d  ift  felbftoerftänblid^, 
bafe  bie  Ä.  unter  itynen  nid^t  fehlen  burften.    9lber  ed  toäre  Oerle^rt,  toenn   man  Oon  40 
einer  folgen  3ufammenftettung,  bieboc^  nidbtju  toiffenfc^aftlid^en3toe(len  gemalt  toorben  ift, 
audge^en  tooOte,  um  bie  Sebeutung  bed  Ramend  ^.  ;u  erflären.    Die  dltefte  Überlieferung 
tft  in  i^r  burcfyaud  nic^i  enthalten;  benn  biefe  §au^tform  bedSc^emad  finbet  ftc^  enttoeber 
an  folgen  ©teilen  ber  je^otoiftifc^en  OucÜfd^rift^   bie  ofyne  §rage  überarbeitet  finb,   ober 
in   beuteronomiftifcfyem  3ufammcn^an9e-     &x*   Nebenformen   finb   folgenbe:    ßnttoeber« 
toerben  burc$  Einfügung  ber  ©irgafiter  in  bie  £au)>tform  fteben  Sölfer  gejault  3»f  3, 10; 
24,  11;  5Dt  7,  1: 

Slmoriter,  ^P^erefttcr,  ßanaamter,  ^et^itcr,  ©irgafiter,  $etoiter,  3*uftter  (3of  24, 1 1) 
ober  man  erreicht  burc^  ^in^ufügung  ber  Äeniter,  Äeniftter  unb  Äabmoniter  bie  3^nS^l 
®en  15,  19—21,  ober  man  begnügt  fty  mit  fünf  Söllern  (£e    13,5   (o^ne  ^ereftter) ;  so 
1  Äg  9, 20 ;  2  S^r  8,  7  (o^ne  Kanaaniter),  mit  oier  Söllern  (Sj  9,  1  (ofyne  §etoiter  unb 
Sünoriter;   am  Seeluft  l.  ßbomiter)  ober   aud)   mit   brei   Söllern   6j  23,  8  (§etoiter, 
Äanaaniter,  §etfyiter) ;   ber  Sinn  ift  ftetd  ber  gleite,    ßinige  oon  biefen  Söllern  ftnb  in 
befonberen  2lrtifeln  be|j)rocf»en,  fo  Slmoriter  Sb  I,  459  f.,  3ebuftter  VIII,   637  f.,  .Heniter 
unter  Äain  ob.S.  698Äenifiter  unter  Äaleb  ob.  S.  713.  Über  bie  übrigen  foll  fyier  ge^anbelt  u 
toerben. 

3)ie  §et^iter  ftnb  und  burefy  bte  Gnt^ifferung  ber  äg$)tifd&en  3)enlmäler  unb  ber 
ftetlmfdS>riften  befanntcr  getoorben  ald  aui  bem  213;.  3)ie  äeg^ter  famen  unter  Ityuts 
mojtd  III.  um  1500  Oor  6l;r.  juerft  mit  i^nen  in  Serityrung;  fte  fanben  fte  in  ben 
Sergen  ber  foäteren  i'anbfcfyaft  Äommagene,    alfo  an  ber   äufeerften  N)Jorbgrenje  S^riend.  go 

*eaI«<Jncptlx)päbl<  für  Ideologie  unb  flirre.    3.  fl.  IX.  4^7 


738  Äonoanitcr 

@tfra  fyunbert  3^rc  fpäter  ftnb  ftc  feon  ifyren  Sergen  fübfrärtö  öorgebrungen  unb  gebieten 
über  ein  mäd&tigeä  Seid),  ba3  ft$  feom  guptyratty  bis  gum  mittleren  DronteS,  einjc^lte^Iicb 
ber  ©tobt  §amati),  auSbe&nt.  StamfeS  II.  (titoa  1300—1230)  lag  längere  ^eit  im  Ariele 
mit  tynen,  bis  er  im  21.  3a§re  f^ner  Regierung  einen  feierlichen  Vertrag  mtt  bemÄömg 

5  6l)etaftr  fctyloft,  in  bem  fi$  beibe  3Käd&te  gur  Slnerfennung  fefter  ©renken  fcerpflüfcteten. 
Qttoa  1200  fcor  Gfyr.  jcrftel  biefeä  9tetc$  in  mehrere  einzelne  Staaten.  !gm  neunten  unb 
achten  3^^un^^  nennen  bie  2ljtyrer  bei  i^ren  Ärieg&ügen  jegen  baä  nörblid^c  Serien 
noety  ein  tleinereä  SReid^  ber  §etf)iter,  nämlicfc  baä  fcon  ßarfemtfdj  (f.  b.  91.)  am  Quptycati). 
3ebod&  gebrauten  fte  ben  2luäbrucf  „£anb  ber  $etfyiter"   in  einem   triel   Weiteren  ©iraie. 

10  ©ie  meinen  bamit  nid&t  nur  bie  ©egenben  fcom  Qvtyfyxati)  unb  Xauruä  füblid?  bid  jum 
DronteS,  fonbern  bis  naety  $^5ni}ien  unb  ^aläftina.  Offenbar  ift  baä  eine  nac^lafftge 
(Srfreiterung  be3  urfprünglid&en  ©inneS;  e3  tonn  au$  biefem  Sprachgebrauch  ni$t  ge* 
fetyloffen  Serben,  bafj  bie  $e$iter  bamalä  toirfliety  fo  freit  na$  ©üben  |m  gefrotynt  ^aben. 
3$re  SRefte  frerben  fid^  unter  ber  übrigen  33eböl!erung  be$  nörblicfyen  unb  mittleren  ©torienS, 

16  j.  33.  ben  2lmoritern,  atlmätylicty  fcerloren  fyaben.  Sie  tyaben  und  eigentümliche  ^nfepriften 
fyinterlaffen,  bie  man  anfangs,  naefy  tyrem  erften  gunbort  $amati)  am  DronteS,  $amat$emf4* 
£jnf  Triften  nannte.  Um  $re  (Sntjifferung  f)at  ftety  neuerbingä  namentlich  $.  Renten  bmüfy; 
er  glaubt  in  ben  §etfyitern  bie  SBorfafyren  ber  Armenier  ju  erlennen.  $ie  ägW)tet 
nennen  ba3  SBolf  Gtyeta,  bie  Slfferer  Hatti.    Sctyon  bie  gönn  ber  9tamen  füfrt  barauf, 

20  fte  ben  £etyitern  beS  212  m,  spiur.  £%"?n,  LXX  gefrö$nlid&  Xeucuoi;  Sj  9, 1  eE&&) 
gleidfoufefcen.  (Einige  ©teilen  be3  213£  (äffen  auety  htntivd)  erlennen,  bafj  man  ft$  bie 
2öotynfi$e  ber  §ettyiter  in  ben  nörblicfyen  ©egenben  StyrienS  badete.  1  Jtg  10,  29  frerben 
fte  neben  ben  SÜramäern  genannt  afä  fol$e,  bie  mit  ©alomo  in  §anbeföberbmbungen 
ftefyen,  unb  2  Äg  7,  6  befürchten  bie  Slramäer,  bie  ©amaria  belagern,  einen  Sinfatt  ber 

26§et^iter  (unb  äegtypter;  nad&  £.  SBmcfler,  @efd&.  3&.  I,  150—153  ift  barunter  ba* 
norbforifcfye  SReicty  -Kusri  ju  berftetyen)  in  il)r  ©ebiet.  Unb  frenn  ber  Satybift  in  ber 
Sölfertafel  (f.  b.  3lrt.)  ©en  10, 15  $et&  afe  näd&ften  So^n  ÄanaanS  nadfr  ©ibon 
(=  ^^önijier)  auftaut  unb  erft  barauf  38.  18b  bie  33emerfung  folgen  läfet,  bafe  ft(^ 
bana4>  bie  Ä.  nad)  ©üben  3?.  19  ausgebreitet   fyätttn,   fo  unterliegt   e^  feinem  3toeifd, 

sobafe  auc^  er  bie  §eimat  ber  ^et^iter  in  ber  nörblictyen  §älfte  ©^rien^  anfe^t  ($u  S.  16  ff. 
bgl.  ©.  733, 49).  Dti  1,  26  jeigt  ebenfalls  nad^  Sorben.  5Dlan  tyat  bie  §et^tter  auc^  in  bem 
fcerberbten  %qt  öon  2  Sa  24, 6  ((^rrn  n*rnr)  finben  frotten.  Slber  na<^  33.  2  liegt 
gar  lein  änlafi  bor,  bie  §et^iter  ^ier  ju  erfrarten;  e^  em^fie^lt  ftc^  ba^r,  mit  Jöofter= 
mann  gu   lefen    ,,naö)   bem  2anbe  9lfyf)ti)d\$,  nad)  ÄebeS".    Die  im   Dienfte  35a»ib« 

Böftetyenben  ^et^iter  Sl^imeled^  1  Sa  26,6  unb  Uria  2  Sa  11, 3  ff.  ftnb  nadj^  i$rer$ehnat 
nic^t  nä^er  begeic^net;  fte  frerben  al£  fa^renbe  Jtrieger  Dom  Starben  Kanaand  nac^  bem 
Süben  gelommen  fein,  einige  ©ele^rte,  frte  SBell^aufen,  @b.  fDlc^cr  unb  Subbe,  ^aben 
bie  §et^iter  SRi  3,3  unb^of  11,3  für^efriter  (f.  u.)  emfefcen  frollen  fTfln  für  ~rrr), 
fyauptfäfyid)  fro^l  burc^  bie  Srfrägung  geleitet,  bafe  beibe  Stellen  bem  betreffenben  SSolte 

40  ben  3Bo^nft|  nörbli$  ober  norbfreftlic^  t>om  $ermon  anfreifen,  frad  gerabe  für  bie  fo 
tfytter  jutreffe.  9lber  biefe  fyaben  niemafö  jfriwen  bem  $ermon  unb  ben  gegangen  nad? 
§amat^  9li  3, 3  gefront,  fonbern  öon  §amat^>  an  nöxiWd)  btö  jutn  3^iuru^  unb  ^manu^ 
gebirge.  Derlei  ber  LXX  fd^toanft  in  gof.  11,3  fo  ftarf,  bafj  er  laum gur Serbefferung 
be«  maforetifc^en  lejte^  fcerfrenbet  frerben  barf.    3luc^  ift  bie  lefctere  ©teUe  offenbar  eine 

46  jüngere  ßrfreiterung  be^  urft)rünglid^en  2e£teä,  unb  SRi  3, 3  nietyt  öon  ^o^em  älter.  3Rit 
ben  9la$ric^ten,  bie  fid^  aud  ben  ägty>ttf$en  unb  aff^rifc^en  ^nfc^riften  ergeben,  fttmtnl 
nun  gar  nid^t  überein,  fra^  in  ©teßen  be«  ^Jrieftertobej  über  bie  §et^iter  }u  lefen  iji 
aibrabam  lebt  in  §ebron  unter $etyitern ©en  23, 3 ff.;  25, 9 f.;  49, 29 f.  32,  ebcnfo3faaf 
26, 34 ;  27, 49.    ®$  fc^eint  fo,  als  ob  für  biefe  ©c&riftfteller  §et#ter  fobiel  bebeutet  frieÄ.; 

ßobenn  bie  ^et^itifd^en  grauen  Sfau^  26,  34;  27,  46  Reifem  28,1.8  Äanaaniterinnen.  Swi 
bieferSluffaffung  au^  frerben  and)  bie  3o{  1,  4  eingefc^obenen  SBorte  „bad  ganjeSanb  ber 
§et^iter"  berftänblicfy,  gemeint  ift  nic^t  änbere^  als  ba3  2anb  flanaan.  SBie  bie  See 
fajfer  beS  ^Jrieftercobej  $u  biefer  änfe^auung  gelommen  ftnb,  ift  nkfct  rec^t  Har.  3^* 
ältefte  ©pur  liegt  fro^l  6j  16,3.  4.5  bor,    fro  3^raefe  SJtutter  eine  Äe^iterin  genannt 

55  frirb,  ^Sraetö  SSater  ein  9lmoriter,  eine  älnfpielung  barauf,  bafe3^raet  feen  tfanaanitern  atytiti) 
gefrorben  ift.  ©dfion  Subbe  ^at  barauf  ^ingefriefen,  bafe  biefer  Sprachgebrauch  fä* 
parallele  tyat  in  ber  fpäteren  äludbructSfreife  ber  afftyrif$en  ^eilinfd^riften,  bie  unter  bem 
Stanbe  ber  Hatti  auc^  baö  fübltd&e  ^aläftina  berfte^en  (f.  grb.  $elifcfd&  a.  a.  D.  270  f.) 
3>n  friefreit  bie  §etl^tter   an  ber  Spraye  unb  Kultur  be«  Sanbeä  Äanaan   t^eilna^mm, 

60  lä^t  ftety  jur  $t\t  n\d)t  ftc^er  entfcfyeiben. 


Äonooniter  739 

Die  $etoiter  toerben  in  bem  burcfy  bic  LXX  erhaltenen  urferünglid&en  leite  gef 
17,  9  ol  'Ajuoqqcuoi  xal  ol  Evaioi  mit  ben  ämoritern  jufammen  genannt  als  bie 
bon  3«rael  beftegten  §erren  beä  SanbeS  Sanaan.  ©ie  toerben  abgeben  bon  ben  2luf* 
ja^Iungen  (f.  o.)  nur  no$  feiten  im  2EE  ertoäfynt.  2  ©a  24,  7  begegnen  fte  ntb^n  ben 
Ä.  bte  »etoo&ner  beä  SBeftjorbanlanbe*  füblidfc  bon  StyruS.  9to#  9«  3, 3  (bgl.  3of  13, 5)  6 
betootytten  fte  benfiibanon  (f.  b.3L)  bon33aal@ab  am^ufee  be$£ermon  (f.  b.  91.33b  VII 
©.  758)  bis  nad&  ben  3ugängen  jU§amat$.  Dieje  2lngabe,  bie  fi<$  äfynlicty  au$3°f  H>3 
fmbet,  ftimmt  mit  2  ©a  24,  7  nictyt  übereht..  Dafe  man  Hethiter  für  §etoiter  einfefct, 
fcfcafft  nur  eine  anbere  ©ctytoierigfeit  (f.  o.).  hingegen  laffen  ft$  ©en  34,2  unb  3of  9,7 
(11,19)  toofyl  mit  2  ©a  24,7  bereinigen;  bort  toerben  bie  (Sintoofyner  bon  ©idbem,  tyier  10 
bie  Seute  ber  mit  ©ibea  berbünbeten  Drtfd&aften  §etotter  genannt  (bie  SeSart  ber  LXX 
Xoqqcuoo  =  ^n  in  beiben  ©teilen  ift  freiließ  auffallenb).  2öte  ämoriter  unb  Berniter 
3of  17,9  mit  einanber  berbunben  ftnb,  fo  toectyfeln  fte  auefy  für©id&em  ©en  48,22  mit 
34,  2  unb  für  ©ibeon  2  ©a  21,  2  mit  Igof  9,  7.  tiefer  Umftanb  forid&t  nid^t  ju 
©unftat  ber  LXX*2e3art  unb  legt  ben  ©ebanlen  eine«  engeren  ^ufammenfyangS  jtoifd&en  15 
beiben  33ötterfd&aften  naty.  Da  nun  bie  früheren  ©ifce  ber  Slmortter  nad&  ben  äg$>tifc$en 
Snföriften  am  Libanon  toaren,  im  $interlanbe  ber  ^työnijier,  fo  fällt  bon  fyter  au«  auf 
bte  Sngaben  W  3,3  unb  $of  11,3  ein  günftigeS  £id&t.  SMeid&t  tyat  ft$  bort  eine 
(Erinnerung  an  bie  eigentlichen  SBobnffoe  neben  ben  2lmoritern  im  Sorben  erhalten.  Etoalb 
toottte  ben  SRamen  burefy  ^y?  in  ber  Sebeutung  „ba$  3>nnere"  °^w  bie  „©emeinbe"  er«  20 
Haren  (@efd&.  3$r.  I»,  341),  ©tabe  tyn  ateSetootyner  ber  ßtyatotoot  ober  3eltbörf er  beuten 
(®efa.  3*r.  I,  110). 

Die  §oriter  hinten  naety  ©en36,  30  im  Sanbe  ©eir,  b.  i).  im  SBeften  unb 
Dften  ber  breiten  ©enfung  im  ©üben  beä  loten  9Jteere$,  be$  wadi  'araba.  ©ie  follen 
bon  ben  Sbomitern  berbrängt  unb  bernid&tet  fein  Dt  2,  12.  22.  Docfy  toerben  ©en  36,  25 
20—30  (1  Gtyr  1,  38  ff.)  nod&  fteben  §aut>tftämme  ber  $oriter  aufgellt,  ©en  14,6 
trnrb  tynen  ba$  ©ebirge  ©eir  im  Dften  ber  3lraba  jugetoiefen.  3Ran  f)at  ben  ÜRatnen 
fcouftg  burety  ba$  fyebräifd&e  Söort  für  §ötyle  prt)  im  ©inne  bon  §öljlenbetootyner  erflärt. 
Da$  toäre  ein  eigentümlicher  33olfäname!  SReuerbingS  mehren  fiefo  bie  Stimmen,  bie  bie 
§ariter  mit  bem  alten  äg$>ttfd&en  Flamen  für  baä  füblictye  ^Jaläftina,  nämlicfc  Haru,  so 
jufammenftetten  (f.  oben  ©.733,37).  SBgl.  ben  a.  (Sbomüer  »b  V,  164,  v,. 

2)te  ^J^ere fiter  lommen,  abgefe^en  t>on  ben  formelhaften  Slufeäljlungen,  nur  feiten 
bor;  an  brei  ©teDen,  bie  )a^biftifdS>  ftnb  ©en  13,  7;  34,  30;  Sit  1,  5  (4),  in  SBerbinbung 
mit  ben  Ä. ;  an  einer  ©teile  3jof  17, 15,  too  bie  betreffenben  SBorte  offenbar  (bgl.  LXX) 
f pätet  hinzugefügt  ftnb,  in  Serbinbung  mit  ben  Semiten  (f.  oben),  ©ie  um  biefer  ss 
©teile  hnuen  gur  borfanaanitifcfyen  Urbebölferung  j,u  rennen,  ift  borcilig.  ^ie  ja^biftifc^en 
©teilen  geben  nid&t  ben  geringften  änlafe  baju.  £te  ^^ereftter  loerben  bort  in  3wfa»nnten= 
fangen  genannt,  bie  ftd^  auf  bie  Drte  Setzei,  ©ic^em  unb  Sefef  (bgl.  ibzik  itoifd^en 
©U$em  unb  Set^fean)  bejie^en.  35anac^  toären  i^re  aBo^nft^e  innerhalb  be«  ©ebteteS 
3of^  getoefen.  (Stoalb,  ©efd^.  3ßr.  I3,  339  unb  ©tabe,  ©efö.  3«r.  I,  110,  ^aben  ben  40 
3iamen  mit  n^r,  ",H£  jufantmengeftettt  unb  bie  ^^ereftter  als  33etoofyner  ber  offenen 
Dörfer  gebeutet  (bgl.  $t  3, 5).  3Ran  ^ätte  bemnad^  nid^t  eine  befonbere  Söller- 
fc^aft  neben  ben  Äanaanitern  in  il;nen  ^u  erfennen,  fonbern  nur  einen  leil  biefer. 
3)aä  fc^eint  aber  bie  Meinung  in  ben  oben  au$  J  angeführten  ©teilen  nid^t  ju  fein, 
fte  feften  neben  bem  allgemeinen  Flamen  Ä.  einen  befonberen.  9Wan  ^at  ba^er  in  $^e-  46 
reftter,  fo  nab^  bie  bon  gtoalb  unb  ©tabe  borgefc^lagene  Deutung  hegt,  einen  9Solf& 
namen  ju  errennen. 

©ie  ©effuriter(©efc^uriter)  ftnb  Dt 3, 14;  gof  12,5;  13,11.  13  bie  (gmfoo^ter 
ber  aramäifd^en  Sanbfc^aft  ©effur,  bie  bem  nörblicfyen  Steil  bed  heutigen  Diolan  öftlid> 
bwn  Sorban  entftricfyt  (bgl.  II,  422,  m),  3jof  13,  2  unb  1  ©a  27, 8  aber  ein  ©tamm  w 
an  ber  ©übgrenje  be$  ©ebiet^  ber  ^^iltfter.  Seit  SSeltyaufen,  Se^t  ber  893.  ©a  139, 
pflegt  man  freiließ  über  bie  lefctere  ©teile  ju  urteilen,  bafi  ber  5lame  ber  ©effuriter  bort 
f$le$t  bqeuat  fei,  n>eil  ber  lejt  ber  LXX  ndvza  rov  I  eoeigl  ba^  ^ebräifd^e  "T-sn  ber- 
trete  unb  biefe«  beffer  mit  bem  Kre  al^  "-wn,  ber  ©ifriter,  b.  i.  ßintoo^ner  bon  ©efer 
1  Äg  9, 16,  berftanben  loerbe.  6«  ift  aber  ftcfyer,  bafe  Dabib  bon  ^AtoS  auö  JRaubjüge  66 
gegen  We  lanaanitifc^e  3ef^n9  ®^w  (*°$-  °bm  ©.581, 62)  nid^t  unternommen  §at,  unb 
toad  ben  Xegt  ber  LXX  anlangt,  fo  ift  gu  beachten,  ba^  fte  3of  13,  2  für  ba^  bebräif$e 
Tflös  ebenfall«  reoeigei  gefegt  fyaben.  6^  ift  bemnac^  1  ©a  27,  8  gerabe  "•""^  burc^ 
He  LXX  bezeugt  unb  b^alb  ^-am  alz  eine  irrtümliche  Doublette  ju  ftreic^en.  Setbe 
Stellen,  3°f  13f2   un^    1  ©a  27^  8/    \füHjm  ftcb  gegenfeitig   unb   laffen   feinen  «S^eifel  go 

47* 


740  Äonoontter 

baran  nx,  bafj  e«  aucty  ©effuriicr  im  ©üben  ^ßaläftina«  nacty  Sägtyrten   ju   gegeben  fyA. 
Unter  33ergleictyung  fcon  1  ©a  27,  9  mufe  man  fte  al«  SRomaben  anfetyen. 

Übrig  ftnb  nocfy  brei  33ölfernamen,   ©irgafiter,   Sttoiter   unb  Äabmontter. 
3jene  toerben  nur  in  ben  Slufeätylungen  ©en  10, 16 ;  15,  21 ;  ®t  7, 1 ;  3of  3,  10-  24, 11 ; 

6^9,8  ertt)äbnt;  über  tyre  2Bofynfi$e  läfet  ftcfy  barau«  nid&t«  entnehmen.  SSertoanbt 
ftnb  offenbar  bie  ))^önijifd^en  Eigennamen  ^ina  unb  DD:.4-*  (bgl.  93lod&,  Sß&önqtfcfceS 
©loffar  25).  3)te  Sltoiter  foerben  $t  2,23  unb  $of  13,  3  genannt;  fte  follen  m  §öfen, 
alfo  Slcferbau  treibenb,  fübtoärt«  bt«  ©aja  getootynt  tyaben  unb  bon  ben  ^iltftern  ber* 
brängt  toprben  fein,     gfoalb  (@efö.  3«r.  I8,  332)  freit  fte  auf  ©runb  bon  3of  13,2 

10  unb  3  für  ibenttfd&  mit  ben  ©effuritern.  3Me  Äabmontter  toerben  nur  ©en  15,  19*  neben 
ben  Renitent  unb  Äentfttern  ertoctynt.  93ielleid&t  Rängen  fte  mit  bem  iämaelittfcfyen  Stamme 
flebnta  ©en  25, 15  jufammen. 

3Me  Unterwerfung  ber  Ä.  tourbe  ben  Israeliten  burd&   einige  Umftänbe   toefentli^ 
erleichtert.    3)ie  Dber^errföaft  ber  $äg$>ter  über  ba«  füblid&e  ©tyrien  toar  feit  1250  b.  G£r. 

16  immer  lofer  getoorben ;  fte  beftanb  fdjliefjlicty  nur  bem  Flamen  nad&  unb  ^tnberte  bie  ein* 
tyeimifdjjen  dürften  burd&au«  nic&t  baran,  burcty  Staub-  unb  5trieg«jüge  im  eigenen  Sanbe 
tyre  2Biberftanb«fraft  nacfy  aufcen  ju  fc^toäd^en.  gerner  toaren  feit  1400  ettoa  axß  ber 
Söüfte  bie  G^abtri  ber  cAmärna-93riefe,  bie  toa^rfcfyemltcty  ben  Hebräern  entftnrec^en,  m 
ba«  SBeftjorbanlanb  gefommen,  teil«  toeil  bie  bortigen  dürften  fte  al«@olbaten  gebrausten, 

20  tcilö  n>etl  fte  auf  eigene  ©efafyr  im  Äulturlanbe  ein  beffere«  So«  fugten,  al«  t^nen  bie 
SBüfte  barbot.  2)iefe  ben  ^«raeliten  bertoanbten  @ef$led&ter  toaren  nid&t  nur  tyre  $or* 
ganger  auf  bemfelben  SBege,  fonbern  burdfc  fy  SSerbleiben  im  SBeftjorbanlanbe  loderten 
fte  aud&  ben  ßufammenfyang  ber  bortigen  33ebölferung.  3)enno$  hatten  bie  leic^tbe* 
toaffneten  Sparen  3^^el^,  namentlich  toenn  fte  in  bie  offeneren  leite  be«  Sanbe«  fror* 

25  brangen,  nid&t  feiten  einen  fd&toeren  ©tanb  gegen  bie  Ä.,  ba  biefe  über  eiferne,  b.  ff.  mit 
©fen  befölagene  ©treittoagen  verfügten  (SRI  1, 19;  3of  11,  4;  17,  8).  SStele  ©tobte  im 
©ebirge  toaren  befeftigt  9lu  13,  28;  3)t  6, 10,  fte  boten  ben&  aud&  nad&  einer&erlorenen 
©ctylacfyt  fidlere  3uflud&t  3°f  10,20.  $)ie  S^ö^^en  griffen  nictyt  mit  Vereinten  Äräften 
unb  ju  gleidber  3*ü  an,   toie  e«  ba«  33uc$  Igofua  barftellt.    SBerfd&iebene  angaben  be« 

so  3EE,  j.  33.  9ti  1, 1—3.  22 ;  ©en  34,  nötigen  ju  ber  annähme,  bafe  jtoei,  bur^  längere 
3eit  t>on  etnanber  getrennte  angriffe  auf  ba«  2Beftjorbanlanb  ftattgefunben  ^aben.  2)en 
erften  fctyeinen  ©imeon,  2ebi  unb  3u^af  ^en  J^^iten  ba«  §au«  Sofe})^  unter  gü^rung 
^ofua«  unternommen  ju  fyabm.  Der  erfte  märe  tooty,  ofyne  bauernbe  ©puren  }u  ^tnter^ 
laffen,  borübergegangen,  toenn  nic^t.  ber  jtoeüe   gefolgt  toäre  unb   burd^   einige   hräftige 

85  ©daläge  eine  borläufige  ©ntfd&eibung  herbeigeführt  f^ättt.  3)ie  Eroberung  bon  3eru^of 
2li  unb  33etyel  Qof  2— 8;  9li  1,22—26),  bie  Unterwerfung  be«  ©täbtebunbc«  ©ibeon, 
Äep^ira,  33eeroty  unb  Äirjat^  ^zatim  gof  9,  enbücty  ber  glängenbe  ©ieg  bei  Setb  $oron 
3of  10  ermöglichten  e«  bem  ©tamme  30f^^/  ft#  xn  **>**  ®^9^nb  bon  S3et^el  bi«  pa 
(Sbene  ^efreel  tyn  feftjufe^en.    @«  fc^eint  fo,  als  ob  ber  Stamm  3°fa$  benÄrieg  gegen 

40  bie  $t.  mit  großer  ©raufamleit  geführt  fyabt ;  ba«  93u$  ^ofua  erjäl^lt,  bafi  %$xad  bie  & 
al«  3afyt>e  öerfatten  betrautet  unb  be«^alb  ben  Sann  (0?n)  an  tbnen  bofigogen,  b.  \).  fte 
öernic^tet  fyabt.  2lber  ja^lretc^e  anbere  9lac^rid^ten  be«  äl  (}.  S5.  SRI  1)  totberft>re<$en 
bem,  bie  R.  fyaben  ben  g^öcliten  auc^  in  ber  3*it  nac^  3ofua  genug  ju  f^affen  gemalt 
®er  Sann  3>afyt>e«  M  mo^l  in  mannen  fällen  bie^etnbe  getroffen,  bie  mit  bcnSBaffen 

4ö  in  ber  §anb  3;^wel  entgegentraten ;  aber  in  ber  2lu«befynung,  bie  ba«  Sud^  3°fua  ^^ 
gicbt,  ift  biefe  SJtajjregel  ge^ife  nid^t  angen>enbet  morben.  3)a«  (Srgebni«  ber  anfteblung 
3«rael«  toar,  ba&  bie  Ä.  attmä^  jurüdtgebrängt  lourben  6j  23,  29 f.;  Sit  2,20—3,6. 
Der  Vorgang  Votrb  ftc^  teil«  burdE?  ©emalt,  teil«  auf  frieblid^em  Sßege  bolhogen  oaben; 
im  erften  gaEe  lourben  bie  51.  bie  Anette  ber  neuen  Ferren,  im   anberen  §aSe  btm  ^ 

öo  ju  Verträgen,  burd?  bie  i«raelitif$e  ©efc^led^ter  in  lanaanitifc^e  Orte  ober  &  in  töcae^ 
litifc^e  ©eföled&ter  aufgenommen  mürben  9ti  1,  27 ff.;  3,  5 f.;  9,1.29.  3)er  ©ieg  bei 
Xfyaenacty  unter  Debora«  unb  Sarai«  gütyrung  SRi  5  fieberte  ben  3^ftd^en  bie  ^ertWaf1 
über  bie  ebene  $*freel.  3)te  nörblid^en  ©ebiete,  SRa^ttyali  unb  2lffer,  behielten  tfyre  ö«^ 
toiegenb   ^eibnif^e  8et>ölferung  (f.  ©altläa  Sb  VI,   337).    2lu$  ber  füblic^e  Stamm 

o:>  2iwba  öerbanb  ftc^  im  Üaufe  ber  3*i*  m^  ^e^en  fremben  @efd&le<$tern  (bgl.  ©en  38  unb 
b.  91.  fialeb  oben  ©.  713).  3Me  »e^anblung  ber  ^ebuftter  (f.  b.  31.  93b  VIII,  637) 
burefy  3)at>ib  ift  le^rrei<^  für  ba«  ©efcfyicf,  ba«  gemife  in  Dielen  fällen  ben  Ä.  ju  teil 
h>urbe :  fte  blieben  frei  unb  gingen  allmäfylid&  in  3«rael  auf.  daneben  lami  bie  3J# 
rid^t,  ba&  ©alomo   bie  legten   Mefte  ber   nic$ti«raelitif$en  33eböllerung   jum  Bntgltt^n 

dl  gro^nbienft  gelungen  ^abe  1  Äg  9,  20  f.,  tyr  3ied^t  behalten.    3)ie  3Dla^regel  traf  \ofy 


Äonaantter  Sanon  bed  HSS  741 

©eföled&ter,  bie  bte  bafnn  ben  Stnfälufj  an  3$rael  nid&t  gefunben  Ratten.   2Bo  hrir  folctye 
ju  fu<$en  &aben,  jeigt  bic  Überfielt  in  9K  1,  27—33;  bgl.  $oj  17,  12  f. 

©o  berfd&tebenartig  ftd&  auefy  bie  Unterwerfung  ber  Ä.  unter  3$rael  ßeftaltctc,  feit 
Salomo  tonnte  im  allgemeinen  ber  ©afc  gelten :  ßanaan  ift  ein  Äned^t  getoorben.  tiefer 
SBedjjfel  für  bie  Senölf  erung  beä  Sanbeä  ift  ber  ©egenftanb  ber  befennten  ©rgäblung  ©en  6 
9,  20—27,  bie  fcon  3locty  unb  feinen  brei  Söhnen  Sern,  Sapfyet  unb  Äanaan  fyanbelt. 
3)er  Sn^alt  ber  3393. 23— 27  lägt  feinen  Stoeifel  barüber,  bajjin  33.22  bie  2Borte  en  ■*« 
toon  einem  Stebaftor  hinzugefügt  toorben  fmb,  ber  bie  ©leid&artigfeit  biefeS  Slbfd&nittS  mit 
feiner  Umgebung  herbeiführen  toottte  (fo  guerft  SBettyaufen).  3n  33.  20—27  ift  3loaf)  ber 
©tammbater  ber 33etoof/ner  beä  SanbeS  Kanaan,  &ugleicf;  ber  Segrünber  beä  (Slcfers  unb)  10 
9Bernbaue3.  3Son  feinen  Böfymn,  ben  brei  33rübern,  toirb  ber  jüngfte,  Äanaan,  foegen  feinet 
fdjänblid&en  SenetymenS  Dom  33ater  fcerflucfyt,  er  fcerliert  bie  ©tellung  eines  SruberS  unb 
toirb  junt  Äne^t.  ©o  lonnten  3Sraeliten  —  fcon  i^nen  rü^rt  bo$  bie  (Srjätylung  $er  — 
nur  über  bie  tynen  unterbau  geworbenen  Ä.  reben,  bic  früheren  §erren  beä  SanbeS,  bie 
boefc  nad)  93lut  unb  ©prac^e  tynen  nicfyt  fern  ftanben.  Sern  unb  3at>f/et  fmb  §erren- 16 
böller.  Sern  bejeicfynet  nad&  33.  26  ofyne  grage  S&rael,  Safcfyet  toatyrföeinlicty  bie  SJtyö* 
nijier,  toieSubbe,  Urgefd&icfyte  330  ff.  ausgeführt  fyxt.  2)ie  SJtyüifter,  auf  bie  fcon  anberen 
Stauet  gebeutet  tourbe,  toaren  niemals  2j^rac^  ftreunbe.  ÄanaanS  ©tellung  in  ber 
Sölfertafel  ©en  10  ift  freiließ  eine  anbere  als  in  ©en  9,  20—27.  33gl.  barüber  b.  31. 
Söllertafel.  ©tttlje.     20 

Station  beS  ülten  £eftamtttt$.  3nl)alt8überfi(H  Sitteratur  (6.741).  $a3  SBort 
Äanon  (8.742).  I,  (Sntftebung  ber  Sammlung  b.  altteft.  ©Triften  (@.  743).  II.  3eugniffe  für  ben 
Äanon  (@.  749).  III,  «ngeblidjc  SBtberjprücfte gegen  benßanon  (@.752).  IV,  ©efcftidjte  beS  altteft. 
Äanon*  bei  ben  Suben  (®.  754).  V,  3)er  altteft.  Äanon  in  ber  Äirdje  (@.  759).  VI,  $ie  Warnen  be3 
altteft. ÄanonS  u.  feiner  £aiuptteile  (<S. 767).  —  fiitteratur:  1649 fcotttnger  Thesaurus  philo-  25 
logicus  seu  clavis  scripturae.  ed.  2,  Tiguri  1659.  ||  1705  Humfredi  Hodii  De  Bibliorum 
toxtibus  originalibus  libri  IV,  Oxonii,  6.  644—664  toirb  in  135  Äolumnen  geweißt,  in 
tote  t>erfrf)tebener  SBeifc  bie  bibl.  ©üd)er  Don  3uben  unb  (S&riften  in  #anbfd)riften  unb  Druden 
georbnet  unb  gejault  toorben  finb.  1|  1721  3.6&r.  3Bolf,  Bibliotheca  Hebraea,  Hamburg  II, 
1—62  (@.  50—60  bie  erften  51  Kolumnen  au8  §obrj  roieber&olt) ;  IV  (1733),  1—13.  ||  30 
1743  3«  #•  Seibenfroft,  Dissertatio  qua  nomina,  numerus,  divisio  et  ordo  librorum  sacro- 
rum  V.T.  sistuntur,  praeside  Chr.  B.  Michaelis,  §alle  (47  @.).  ||  1771-1775  3olj.  @al. 
Semler,  ^Ibbanblung  oon  freier  Unterfud)ung  be§  ^anon,  ^alle.  4  Seile  (Seil  1  in  2.  &uf(., 
1776,  benufrt).  ||  1774  3ob.  $etr.  ?lnbr.  Mütter.  SBelefjruna,  00m  Äanon  be8  31X«,  fietpjig 
OCXVI,  714).  |j  1775  Christ.  Frid.  Schmidii,  Historia  antiqua  et  vindicatio  canonis  sacri  35 
Vcteri8  Novique  Test,  libris  II  comprehensa,  fieipjig  (736  6.  —  Jebr  flet&ige  Stofffamm- 
Jung,  einfettige  @a^«6ung  be*  3ofept)uS).  ||  1792  [^einrieb  ©orvobi],  SSerfu*  einer  Seleucb- 
tung  ber  ©efdjicbte  be§  Sübtfdjen  unb  (Sfjrtftlicben  ©ibelfanon«,  ^aUe,  2  «änbdjen.  ||  1842 
Franc  Car.  Movere,  Loci  quidam  historiae  V^T1  illustrati.  Commcntatio  critica,  ©re^lau 
(32).  ||  1855  ©elte,  ©emerfungen  über  bie  (Sntftetnwg  beö  altteft.  Äanon«,  2^06,  Tübingen,  40 
58—95.  ||  1857  fi.  ^erjfelb,  QJefd).  beS  S3olfeS  Störael  oon  3erftörung  be«  erften  Sempelä, 
©b  3  [=  ©efeft.  b.  93.  3.  oon  93oUcnbung  beä  jtuetten  Tempels,  ©b  2],  ftorbbaufen,  bef. 
48—57.  92—105  ftaltlofe  £i)potfjefen,  aberÄcnntniö  ber  t^almub.  Sitteratur).  ||  1857  Oe^ler, 
ftanon  be8  *£8  (l.«ufl.  biefer  enctifl.  VII,  243-270).  ||  1858  9luß.  3)ittmann,  Ueber  bie 
»ilbung  ber  ©ammiung  ^eiliger  Schriften  «28,  3b$ö,  III,  419—491.  ||  1859  $.  (Sroalb,  45 
<&efäi*te  ber  «uSgänge  be8  SBolfeS  3§rael,  2.  «u8g.  [©efeb.  b.  33.  3.,  3.  9lu3g„  ©b  VTI], 
©öttingenl868,  448—495.  ||  1868  Sul.ftürft,  3)er  Äanon  beö  «$8  nacb  ben  Ueberlieferungen 
in  $almub  u.  3Wibrafa^,  fietpjig  150  @.  (tote  alle  arbeiten  beSfelben  SBerf.8  nur  mit  großer 
»orftc^t  ju  benu^en).  ||  1869  «.  2)ieftel,  ©efd).  be8  91^8  in  ber  djriftl.  ßira^e,  3ena.  ||  1871 
Steiner,  ffanon  be8  TO§,  6a^enfeI8  Eibellerjfon,  III,  481-489.  ||  1872  %br.  ©eiger  in  w 
feiner  wdinlettung  in  bie  bibltfa^en  ©djriften",  ^adjgelaffene  ©djriften,  IV  (SBerlin  1876), 
6  —  17.  ||  1880  @am.  2)aütbfon,  The  canon  of  the  Bible,  its  formation,  history  and 
fluetuations  3.  Slufl.,  fionbon  (379).  ||  1886  $.  ©rä^,  3)er  «bf^lufe  be«  flanonä  be»  «28 
unb  bie  2)iffcrenj  oon  fanontfd)en  unb  ejetrafanontfeben  93üd)ern  nad)  3ofepbud  unb  2almub, 
in:  9Ronat8fcbrtft  f.©efd).  u.  SBiffenf*.  bc3  3ubent^um«  281— 298.  ||  1890  «.fiotfn,  Histoire  M 
du  canon  de  TAncien  Testament,  $ari$  (263).  ||  1891  grantS  »nft,  Äanon  unb  2ejt  be8 
«2e«,  fieipjig  (262).  ||  (5).  SBilbebocr,  Het  ontstaan  van  den  Kanon  des  Ouden  Verbunds, 
2.  «ufl.,  ©roningen.  5)eutfd)  oon  &.  föifaV.  2)ie  Gntftcbung  be§  altteft.  flanonä,  ©otöa 
1891  (164).  ||  1892  S.  9?.  6mitb,  The  Old  Testament  in  the  Jewish  Church,  2.  9luflv 
Cbinburg^.  3)eutf4  x>o\\  3.  58.  Wotfcftein:  2)a«  «Ite  Xeftament,  feine  ©ntfte^ung  unb  Ueber«  ,X) 
Heferung,  Sreiburg  i.  33.  1894  (447).  ||  Stagnier,  Essai  sur  la  canonicite*  de  TAncien  Test, 
?ari«  (396).  ||  $.  @.  JRljle,  The  canon  of  the  Old  Test,,  fionbon  (308).  ||  1893  $.  Butten, 
The  canon  of  the  O.  T.,  $ero*?)ort  (664).  ||    SB.  ^örtner,   2)ie  «utorität   ber  beuterocano. 


742  Sonon  be«  AM 

nif^en  93üdjer  be«  TOe«,  nadjgetmefen  au«  ben  9lnfä)auungen  be«  palöft.  u.  fycUenift.  3uben; 
tum«,  fünfter  (67).  ||  1894  A\  Äoenig,  Essai  sur  la  formation  du  canon  de  l'Ancien 
Test,  $ari«  (74).  ||  1895  3.  %  üan  #afteren,  De  Joodsche  Canon,  in:  Studien  op  gods- 
dienst.,  wetensch.  en  letterkund.  gebied  XXVIII,  415— 484;  berf.:  Le  canon  juif  vera  le 
5  commencement  de  notre  ere,  in:  Revue  biblique  1896  (3uti),  408— 415 ;  (Oft.)»  575  —  594.  | 
1896  gegen  Ujn  ©.  SBilbeboer,  De  v6ör-Thalmudische  Joodsche  Kanon,  in:  Theologische 
Studien  XV,  159—177.  ||  1896  3B.  3.  ©eett^er,  The  alleged  triple  canon  of  the  OldTesi, 
in:  Journal  of  Biblical  Laterature  XV,  118— 128.  ||  1900  £.  $ubbe,  ber  Äanon  be«  %%$, 
©ie&en  (80). 

io  8.  8«na.  S)ie  gotteSbienftticfcen  »orträae  ber  Suben;  ©erlin  1832.  ||  g.  SBeber,  Softem 
ber  Hltfonagogaten  ^aläftinenf.  Geologie,  Öeipjig  1880  (2.8ufl.:  Sübifcfce  Geologie.  1897).  || 
<£&.  £.  £.  »riajt,  The  book  of  Koheleth,  ßonbon  1883,  451  ff.  ||  ©.  «.  TOatj  [= 
Xalman],  Traditio  rabbinorum  veterrima  de  librorum  V*8!?  ordine  atque  origine,  fietyjig 
1884  (60); 

16  %>$>  8af)n,  ©efdjtd)te  be«  fteuteftamentlidjen  Äanon«  I.  II,  erlangen  unb  Seidig 
1888—1892. 

Bußerbem  bie  Befannten  (SinleitungSwerfe,  befonber«  :  3ot).  3abn,  2.  «uff.,  SBien  1802  3 
(11,968-979:  in  tüeldjen  $er$eid)niffen  fanonifeber  ©üc&er  $06,  Subita  SBei«&,  ©ir,  ©antd), 
SRaf,   (Sffter  angeführt   »erben;  980—991:  tum  melden  alten  Autoren  ©arudj.   jjufäfre  iu 

20  $a,  3ufäfre  $u  ©ftfjer,  $ob,  Subita  Sir,  $Bei«f),  9ttaf  anerfannt,  be*ro.  benufrt  fmb) ;  3-  ©. 
(Sicbfjorn,  4.  Sluft.,  ©öttingen  1823/25;  be  SBettcSdjraber,  8.  Aufl.,  »erlin  1869:  S.  %x. 
fleil,  3.  «uff.,  granff.  a.  SR.  1873. 

3)a«2BortÄanon.  Semler  2lbM  (2.3fofL),14;  II,  Sorrebe,  brachte  bteüRei* 
nung  auf,  xaveov  bebeute  eigentlich :   äSerjeia^ntö,  bann  ba«  93erjei#ni«  ber  in  ben  98er* 

26  fammlunaen  ber  Triften  öffentlich  borgelefenen  Sucher ;  fanonifäe  Sucher  feien  ba$er  bie 
in  ba«  SBerjeia^ni«  eingetragenen,  jum  33orlefen  in  einer  Äirä?e  beftimmten  Sücfyer.  — 
Sagegen  in  grünblia^er  Unterfua^ung  Ä.  91.  Srebner,  3ur  ©efdr)idt)te  be«  &anon«,  §aHe 
1847  (bgl.  aud&  bleiben  ©efd&ic&te  be«  neuteftamentl.  Äanon,  Serlin  1860,  103—105. 
SfaberS  33aur,  3to£lj  I,  141  f.  ßena  1858]),  bem  totr  tyier  folgen.   Kaviar  beöeutet  in 

so  ber  (laffifc^en  ©räcität  ben  geraben  Stab,  bann,  inbem  auf  bem  Segriff  be«  ©eraben 
ber  SRad&brucf  liegt,  ben  5Raj$ftab  unb  ben  SBagebalfen.  2luf  ba«  ©eifitge  übertragen  (fo 
befonber«  bei  ben  ßjnfuräem),  ift  xaveov  alle«,  toa«  al«  fünftlerifd&,  hriffenfd&aftücg  ober 
et$tfd&  Ieitenb  ober  normierenb  erfd&eint,  SRid&tfd&nur,  SRorm,  ©efefc,  j.  93.  äefdjjme«,  In 
Ctesiph.  p.  451  :  Ov  yäg  dogioxöv  ioxi   xd  dixaiov,    &XK  (bgio/uevov   xolg  vö/uots, 

86  ovxoo  xal  h  xaig  ygatpalg  xaig  nagavofxcov  nagaxtvtai  xaveov  xov  dixaiov  xxX.  S)ie 
ale£anbrimf$en  ©rammatifer  nannten  xaveov  bie  ©efamjtyeit  (bie«  SSort  in  abftraftem 
Sinne,  nid&t  in  bem  einer  eigentlia^en  Sammlung)  berjenigen  griedjiifc^en  ©^«riftftetter, 
toeld&e  toegen  i^re«  reinen  ©riec^tfer)  als  bie  ÜRorm  uir  Öeftimmung  ber  eckten  ©räettat 
aalten.    %\xx  bie  auf  ben  erften  Slitf  naty  liegenbe  a3ermutung,   bie  (Sänften  Ratten  ben 

40  9lu«brucf  xaveov  jur  Sejeia^nung  ber  Sammlung  i^rer  ^eiligen  Schriften,  h>ela^e  in 
©lauben«fad)en  normierenbe  ©eltung  für  fte  Ratten,  bon  biefem  alesanbrimfa^en  Spra^f^ 
gebraut  einfach  ^erüberaenommen,  bietet  bie  ©efa^ic^te  „ganj  unb  gar  feinen  3bu)a& 
punft".  SSielme^r  bleibt  ber  guerft  cfyarafterijterte  (Sprachgebrauch  auc^  für  ben  ber  c^rift- 
ticken  3e^  forttuä^renb  bie   eigentliche  ©runblage.    3un^f^  ^qeic^net  xaveov   ben  & 

46  tenben  ©ebanfen,  ba«  normierenbe  ^ßringip,  ®a  6,  16;  Slemen«  5Rom.  I.  ad  Corinth. 
1.  7.  41.  Über  bie  f^non^men  9lu«brütfe  xavwv  rfjg  äArj&eiag  unb  x.  T^fc  nioitw 
regula  fidei  (fad^lid^ :  ba«  laufbelenntni«),  fotoie  x.  ixxlrjoiaanxög  unb  x.  xrjg  btxk\- 
oiag  (ba«  in  ber  ßird&e  ©eltenbe)  bgl.  ben  21.  „©laubenäregel"  ^M »  VI,  682  ff.  - 
Seit  bem  ^ofyxz  300  ettoa  tnirb   ber  Plural  xavoveg  bon  Rra^litt^en  Seftimmungen  ge* 

60  brauet,  erft  in  ber  SWitte  be«  4.  3a^unbert3  fittbet  bie  Übertragung  be«  SluSbruftt 
xavoveg  auf  bie  95efa)lüffe  ber  Äonjifien  \tatt. 

2)ie  3lnh>cnbung  be«  ©orte«  xavwv  auf  bie  $1.  Schrift  (Sr.  58—68)  toar  babun} 
fe^r  nai)t  gelegt,  baf  für  bie  ßfyriften  bie  Schriften  be«  313:«  bon  je^er,  bie  im  öffentlichen 
©otte«bienft  borgelefenen  Schriften  apoftolifcfyen  Urfprung«  fd^on  fe^r  friu)  al«  9corm  für 

66  ©lauben  unb  §anbeln  galten.  2)a^er  fonnte  ba«  Sa^riftenganje  al«  ygaa^  xavovog 
bqeia^net  toerben  unb  bie  einzelnen  Schriften  al«  ygarpal  xavovixai.  3)ennoa^  läftt  ft^ 
bie  2lntt>enbung  erft  um  ba«  §afyx  360  nad^tr»eifen,  nämlia)  im  59.  Äanon  be«  Äonjil« 
bon  Saobicea  (3Ranfi  II,  574):  6t*  ov  öeX  Idicoxixovg  ipaAjuovg  Myeodai  h  rjj 
IxxÄrjolq  ovdk  äxavövioxa  ßißXia,    dlld  juöva  xd  xavovixd    xrjg    xaivrjg   xal   na- 

60  Imäg  diadyxrig,  unb  faft  gletqijeitig,  367,  im  Dfterfeftbriefe  be«  2lt^anajtu«  (ed.  Bened. 
I,  961,  Spart«  1698) :  eöo^e  xdjuol  .  .  .  et-rjg  ex&eoftai  xd  xavovi^djueva  xal  naga- 
doftivxn  moxev&evxa  re  ihia  elvai  ßißh'a   xxL).     3n    h)enig   fräterer   3^*   P1*  ^ 


ftanott  bed  »23  I  743 

ifcwflmff*  für  biefen  Sprachgebrauch   fd&on  fefyr  ga^Iretc^,   bgl.  *>c  2öettcs©4>rabcr  §  31, 
Äeil  654—656. 

3)ie  gebrucften  fyebräifd&en  8ibeln  enthalten,  meiftenä  in  ber  #er  anjugebenben  Stetyen* 
folge,  bie  nad&fte&enb  bezeichneten  39  8ücfcer:  I)  bie  mn  i_5;  n»)  bic  6  m«: 
D^rwi  6—11:  3ofua,  Stifter,  2  893  ©amueliS,  2  833  ber  Röntge;  IIb)  bie  15  5 
2*m™  wra:  12—26 :  Sefaia,  Seremia,  @jetyiel,  bie  12  Keinen  SBro^eten ;  III)  bie 
18  trmro  27—39:  <Pfalmen,  ©J>rüd&e,  §iob;  §o&e$lieb,  Stoty,  Älaglieber,  Äofjelety, 
(gjtyer;  Saniel,  (Sera,  SWetyemia,  2  88  ber  Gtyronit. 

2Bte  ift  bie  Sammlung  entftanben?  2BeId&e  ©eftyicfe  tyatte  jte  bei  ben  Suben  unb  in 
ber  tyriftlityen  ftir$e?  10 

I.  ©ntftetyung    ber   Sammlung   ber    altteftamentlityen    Schriften. 

a)  Sie  alttirtylitye  unb  bie  trabitionelle2lnfityt.  $te  metyr  afe  anbete 
falb  3a$rtaufenbe  faft  ol&ne  SBiberftmity  gebliebene  anficht,  bafe  bie  $erftellung  beä  altteft. 
Äanonä  bon  (5$ra  fyerrityre,  finbet  ftty  juerft  am  @nbe  beö  erften  d&riftl.  ^a^r^unbertö 
4  63r  14  ((Sronbforatye  ^ebräifd)).  (Sära  fragt  bor  feinem  $obe  ben  Jperrn :  „qui  15 
aatem  iterum  nati  fuerint,  quis  commonebit  ?  .  .  .  nemo  seit,  quae  a  te  facta 
sunt .  .  .  Immitte  in  me  spiritum  sanetum,  et  scribam  omne  quod  factum  est 
in  saeculo  ab  initio,  quae  erant  in  lege  tua  scripta,  ut  possint  homines  in- 
venire  semitam  et  qui  voluerint  vivere  in  novissimis  vivant.  ©Ott  erfüllt  biefe 
Sitte  unb  tränß  @.  mit  tyimmlifc&em  %iuuc,  v.  40 — 47:  et  aeeepi  et  bibi,  et  in  eo  20 
com  bibissem,  cor  meum  eruetuabatur  intellectum,  et  in  pectus  meum  in- 
crescebat  sapientia,  nam  Spiritus  meus  conservabat  memoriam.  et  apertum 
est  os  meum  et  non  est  clausum  amplius.  Altissimus  autem  dedit  intellectum 
quinque  viris,  et  scripserunt  quae  dicebantur  ex  successione  notis,  quas  non 
sciebant,  et  sederunt  XL  diebus,  ipsi  autem  per  diem  scribebant,  nocte  au-  25 
tem  manducabant  panem.  ego  autem  per  diem  loquebar  et  per  noctem  non 
tacebam.  scripti  sunt  autem  per  XL  dies  libri  LXXXXIIII  [fo  richtig  tilgen* 
ftQ>]  et  factum  est,  cum  completi  essent  XL  dies,  locutus  est  Altissimus  di- 
cens:  „Priora  quae  scripsisti  in  palam  pone,  et  legant  digni  et  indigni;  no- 
vissimos  autem  LXX  conservabis,  ut  tradas  eos  sapientibus  de  populo  tuo.  so 
in  his  enim  est  vena  intellectus  et  sapientiae  fons  et  scientiae  flumen".  et 
feci  sie.  3)ie  24  8ütyer  (94—70),  toelc&e  @.  beröffentlidfren  foU,  fmb  bie  24  8ü$er 
bc£  alttefi  fianonS ;  über  bie  70  ©efyeimfd&riften  bgl.  3.  6.  2$ilo,  Codex  apoeryphus 
Nl  T*  I  (2üpi.  1832),  793.  791  (juEvang.  Nicodemi  28,  bgl.  Ratyi,  ©efä.  II,  325). 
(gpfy^oniu*  fennt  bie  Rafyl  94,  teilt  fte  ober  in  22  unb  72 :  bie  ^uoen  gälten,  um  Über-  35 
fenbung  tyrer  tyeil.  ©dfriften  gebeten,  bem  Äönige  $tolemäu$  bie  22  fanoniftyen  unb  bie 
72  etyohypl).  geftyieft,  de  mensuris  et  pond.  10  (Sagarbe,  Stymmicta  II,  163).  3n 
Setreff  ber  Sertoenbung  ber  3a$len  70—73  als  runber  $at  SR.  ©teinfd&neiber  au«  ja* 
btf$en  unb  mutyammebanifcfcarabiftyen  Duellen  Material  gefammelt  in  3^m®  1850, 
146—170.  40 

Auf  bem  in  4  @3r  14  enthaltenen  Xrabitionärefte  berufen  bie  meift  gleichfalls  fabel- 
haften Sluäfagen  gastfreierer  griectyifctyer  toie  lateinifetyer  Ätrctyenbäter  über  bte  Steprobuftion 
ber  lanoniföen  8ttd&er  burd&ßära:  beSS^ä^  adv.  haer.111,21,2  (grieety.  beiSufebiuS 
Jt®  V,  8);  be$  Giemen«  Sllej.  Strom.  I,  §  124,  p.  392  $otter  unb  1,  §  149,  p.  410 
(er  citiert  4@$r  auSbrücf lict» ;  be3  DrigeneS,  In  Psalmos,  ed.  Melanie  II,  524  (bgl.  46 
3a$n,  ©efö.  I,  118  Slnm.);  beä  8aftliu3  SJtagnuä,  Epistola  ad  Chilonem  diseipu- 
lum  suum,  Opp.  ed.  Bened.  (©amier)  III,  129,  $ari$  1730 ;  beSOptatuS,  ed.  2)iq)in, 
$ari3  1700,  114;  be^  ^Pri^cillian,  Priscilliani  quae  supersunt,  ed.  &d)äfo$,  2Bien 
1889,  6.  52 ;  be$  G^foftomu«,  8.  §omilie  jum  §ebräerbrief,  Opp.  ed.  SRontfaucon 
XII,  89 f.,  Sßarte  1735;  be«  I^eoboret,  Sorrebe  be3  Kommentar«  gum  $o^enliebe,  Opp.  50 
ed.  3.  2.  ©dfrulge  II,  3  f.,  §alle  1770,  unb  be«  SPfalmenlommentar« ;  be*  fieontiu« 
9l^)antinud,  De  sectis  II  (Snbe  (im  anfange  ju  ber  bon  Seunclabiud  herausgegebenen 
Legatio  Imp.  Caesaris  Manuelis  Comneni  Aug.  ad  Armenios,  8afel  1578,  baf. 
©.  428) ;  be*  f^Jfeubo>3lt^anarw«  in  ber  Synopsis  Script.  Sacr.,  ed.  Bened.  II,  150, 
$ari$  1698;  be3  XertuOtan,  de  eultu  femin.  I,  3;  beä  §ieront)mu^  ©egen  §etoibiu3,  66 
II,  212  ed.  Vallars.,  beS  SluguftinuS,  de  mirabilibus  Script.  Sacrae  II,  33;  beS 
gfläumiS,  Etymolog.  V,  39,  20;  VI,  3,  2,  ed.  äreöolIII,  236.  249 f.—  35er  2Bort= 
Unit  ber  meijten  biefer  ©teilen  ift  angeführt  bei  ^.8ujtorf,  Tiberias,  8afel  1665, 97 f.; 
3-  ä.  gabriciuS,  Codex  pseudepigraphus  ViB  T1,  Hamburg  1713,  1158—1160; 
6<^mibt,  Hist.  235—238.  go 


744  ftaiton  be«  »S*  I 

®ie  2lnfd&auung  ber  (reformierten  toie  lutfyerifcfyen)  Drtyobojie  ergiebt  ftcb  au«  ben 
folgenben  Urteilen  breier  tyrer  Vertreter.  $.  $•  §ottinger,  Thesaurus  philologicus, 
I,  2,  1  (2.  2lufl.,  3^^  1659^  Hl)  treibt:  Inconcussum  enim  hactenus  et  tarn 
apud  Christianos  quam  Judaeos  dvajbupioßrjxov  fuit  principium,  simul  et  semel 

o  Canonem  V.  T.  authoritate  prorsus  divina  constitutum  esse  ab  Esdra  et 
ribi-wn  no»  -»«ek  viris  Synagogae  magnae.  3>n  3M-  SeuSbenS  philologus  he- 
braeus  3)iffert.  IX,  §  20  (2.  XufL,  Utrecht  1672)  Reifet  e«  bon  ben  3Rännern  ber 
großen  Synagoge:  Hoc  collegium  libros  V^T1  in  unum  volumen  redegit,  sacram 
Scripturam  a  Pseudo-prophetarum  falsis  libris  segregavit  et  multa  alia  circa 

10  Ecclesiae  Reformationem  atque  circa  sacros  Libros,  eos  ab  adnatis  erroribus 
emuscando,  praestitit.  $.  @.  ßarpjob  enbficfy  äußert  fi($  in  feiner  introductio  in 
libros  canonicos  Bibliorum  V.  T.  omnes  I,  2,  §  1  (Setyjig  1757,  22)  alfo:  qui 
[Esdrasj  primam  sibi  et  ultimam  sacrorum  voluminum  curam  ratus.  .  .  cum 
collegis  caeteris,  viris  Synagogae  magnae,  quos  inter  Haggaeum,  Zachariam, 

15  Malachiam  et  Nehemiam  numerant  Hebraei,  Codices  Biblicos  undique  collegit, 
ordinavit,  ab  heterogeneis,  quae  irrepserant,  scriptis  segregavit  et  in  unum 
corpus  ac  Systema,  quod  Vetus  Testamentum  vocamus,  primus  omnium 
redegit,  a  quo  tempore  nullus  amplius  liber  in  canonem  Veteris  Test,  est 
relatus. 

20  2lucty  bie  meiften  neueren  Vertreter  ber  apologetifd&en  Stiftung,  ^Protestanten  toie 
Äatfyolilen,  laffen  „bie  Sammlung  be«  2EE«  tm  Zeitalter  ß«ra«,  SRe^emia«  unb  be« 
gleichzeitigen  lekten  ^ro^^eten  9Jtalead&i"  &u  ftanbe  gelommen  fein  (j.  95.  Äetl  §  155). 

b)  $)ie  Sin f t d? t  ber  ©tynagoge.  #ottinger,  2eu«ben,  ßarpjob  u.  a.  berufen 
ftcfy  für  bie  3ufammenfteQung  ber  ben  altteft.  Kanon  bilbenben  Sudler  burefc  ®«ra  unb 

26  bie  SMänner  oer  grofeen  Synagoge  barauf,  bafe  btefe  Slnft^t  bei  ben  guben  bie  ^errfd&enbe 
fei.  gfür  biefe  Sepauptung  fd^einen  jte  (abgeben  bon33aba  batfyra  14  f.,  f.  ©.745)  feine 
anbere  ©tü$e  gehabt  ju  fyaben,  al«  ben  6lia«  Sebita,  toelctyer  in  ber  brüten  SSorrebe  $u 
feinem  (1538  berfafcten)  bielgelefenen  93ud^e  SRafjoretfy  tya*maftoret$  fagt:  @«ra  unb  bie 
Männer  ber  großen  ©tynagoge  Ratten  ftcfy  bejügliq  ber  scriptio  plena,  bejto.  defectiva, 

so  in  ben  fjl.  Suchern  naefy  ben  äutograpfyen,  fotoeit  biefe  no$  borljanben  getoefen  toären, 
fonft  na$  ber  3We^a^l  ber  ßobice«  gerietet,  meiere  fie  bon  begebenen  ©eiten  tyer  ge* 
fammelt  fyätttn ;  „benn  bie  24  93ü$er  toaren  bamal«  noety  nid&t  bereinigt,  fonbern  S«ra 
unb  ©enojfen  bereinigten  fte,  teilten  fte  in  brei  Seile  (©efefc,  ^roj^.,  §agiogr.)  unb  orb- 
neten  Sßrojpfyeten  unb  §agiograpfyen,   aber  nid&t   in  ber  Drbnung,  toeldjje  unfere  SBeifen 

36  tynen  in  33aba  battya  gaben".  (9lad>  bem  3ufömmen^ange  ber  ganjen  ©teile  behauptet 
6lia«  toenigften«  infofern  leine  35otlenbung  be«  Äanon«  burtty  6«ra  unb  ©enoffen,  al«  er 
bie  Reihenfolge  ber  33üctyer  in  ben  beiben  legten  Seilen  fpäter  geänbert  toerben  läfjt) 
$afyer  nennt  be  2Bette=©d}raber  §  13  biefe  äfofid&t  eine  „nierft  im  16.  Sa^unbert  auf* 
taud&enbe".  SUlerbing«  ift  in  ber  jübifd&en  SBfofctyauung  bie  Semüfyung  um  ben  Äanon  triebt 

40  gerabe  ba«  Söefentlidje  an  ber  Sljätigteit  ber  großen  ©tynagoge  getoefen ;  benn  2lbra$am 
©afuto,  gucfyafein,  Sonbon  1857,  10  b,  unb  $)abib  &an^  (f  1618),  3ema<$  fcabib  pim 
3>a^re  3413,  gebenlen  (nad&  b.  8era!l;ot^  33a)  nur  ber  ©orge  ber  großen  ©^n.  für  bie 

tjftftettung  ber  ©ebete.  2lber  6lia«  ift  auc^  nid^t  ber  erfte,  toelc^er  [xq  in  bem  ertoä^nten 
inne  au«gef^rod^en ;  benn  fcfyon  3)abib  Äimd^t  fd^retbt  in  ber  3Sorrebe  be«  Äommentar« 
46  jur  (S^roni! :  „6«ra  bereinigte  bie«  93ucfy  mit  ben  ^l.  ©driften  burc^  §aggai,  ©a(^aria 
unb  SKaleacfyi,  bie  legten  ^ProtJ^eten,  toeld^e  e«  mit  ben  $agiograf^en  unb  nic&t  mit  ben 
$roj)^eten  berbanben,  toeil  e«  eine  ß^ronif  ift,  obgleich  e«  aud^  eimge  $ro))^«eiungen  ent- 
hält" unb  für  bie  bon  bemfelben  (9?orrebe  be«  Kommentar«  ju  §ofua)  behauptete  UxU 
fritifd^e  S^ätigfett  ber  3Känner  ber  grofeen  ©tynagoge  (in  93egug  auf  ^P^  ^tc  u,  f.  to.) 
60  ift  ba«  33orfyanbenfetn  ber  abgefc^loffenen  ©ammlung  ^eiliger  ©d^riften  nottoenbige 
3Sorau«fe^ung. 

$)ie  t^almubifc^en  ©teilen,  h)elrf)e  in  2ßer!en  namentlich  c^riftlid^er  ©ele^rter  an- 
geführt derben,  um  eine  X^ätigfett  S«ra«  unb  ber  großen  ©l^n.  in  ber  bon  @l.  Setnta, 
tottinger  u.  f.  h).  angenommenen  2lrt  ju  erloetfen,  ^anbeln  bon  ber  ©orge  nid&t  f&:  ben 
anon,  fonbern  für  ba«  ©efefe,  unb  jtoar  bie  meiften  bon  ber  ©orge  für  ba«  „münblicfr 
©efe^",  einige  auefy  bon  ber  UJeränberung  ber  fyebräifd^en  ©c^rift  burc^  S«ra.  (3Sgl.  j.8. 
Joma  69b,  s3«egiaa  10b,  Slbot^  1,  1.  —  ©uffa  20»  derben  (£«ra  unb  #iHel  ^injt^ 
Hd^  t^rer  Sbätigfeit  für  ba«  ©efe$,  ba«  in  3Sergef[en$eit  geraten  getoefen  fei,  gleich 
geftcllt.  —  3Koeb  c\atan  18b  ift  ntdjt  bon  einem  6«ra*fiober  bie  SRebe,  toie  gürft  117 
eo  meint,  fonbern  bon  einem  in  ber  Sentyetyatlc  aufbewahrten  5Kanuf!ript.)  9tur  im  Sraftal 


Station  beS  ȣ$  I  745 

93  a  b  a  b  a  t  ty  r  a  14b  f.  toirb  bon  einer  auf  bic  f/L  Sd&riften  bezüglichen  litterarifcfyen  3#ätig= 
leit  SSraS  unb  ber  großen  Synagoge  geforoctyen.  (2)er  ju  ©runbe  liegenbe  fyebräifd&e 
%<&  ber  Saraitlja  ift  in  Antiqua  gebrudft):  „Die  Reihenfolge  der  Propheten  ist 
Josua,  Richter,  Samuel,  Könige;  Jeremia,  Ezechiel,  Jesaia  und  die  Zwölf, 
groge :  ®a  £ofea  ber  (Srfte  ift,  tote  e$  Reifet  w^z  'n  -n  nbnn  (l,  2)  —  f)ai  benn  6 
©ott  mit  $o[ea  juerft  gerebet,  unb  ftnb  benn  nid&t  toon  9Jtofe3  bis  auf  #ofea  manche 
$ro}$eten  getoefen?  SR.  3oc^anan  bar  Ntippaäja  (f  279  n.  6^r.)  erflärt  bte«  fo,  bafe  er 
ber  erfte  toar  feon  ben  fcier  *($ro}>fyeten,  toeld&e  in  jener  3*ü  toetefagten:  §ofea,  Sefaia, 
atnoä,  9Ri<$a  —  fo  foßte  bocty  .ßofea  am  anfange  [ber  eigentlid&en  tyxoptyttn,  alfo  bor 
gercmia]  ftetyen  ?  [Slnttoort  :J  SBeil  aber  feine  $ro^ejeiung  neben  benen  be$  §aggat,  10 
öa^aria  unb  SWaleac&i  ftebt  unb  biefe  bie  legten  9$rot$eten  toaren,  toirb  er  mit  biefen 
gerechnet,  [©egenfrage  :j  So  hätte  man  ttyn  für  ficty  befonberS  fd&reiben  unb  öoran  [bor 
3er.]  ftetten  fotten?  [anttoort:]  3)a  er  fo  Hein  ift,  fo  toürbe  er  [bann  leicht]  Verloren 
ge$cn.  [grage :]  3)a  %tfa\a  bor  Seremia  unb  ©jed&iel  lebte,  tyätte  man  %tfa\a  bor  fte 
ftetten  fouen?  [äntto.:J  2Beil  ba$  ÄönigSbucfy  mit  3erftörung  föliefct,  jeremia  ganj  fcon  16 
3*rftörung  banbelt,  Sjed^iel  mit  Störung  beginnt  unb  mit  iröftung  fdjltefct,  gang  Igefaia 
enbücfc  Irößung  enthält,  fo  berbinben  tofar  3^ftörung  mit  3**ftörung  unb  Iröftung  mit 
Xröftung.—  Die  Reihenfolge  der  Hagiographen  traireist:  Ruth,  Psalmen,  Hiob, 
Sprüche,  Koheleth,  Hoheslied,  Klaglieder,  Daniel,  Estherrolle,  Esra,  Chronik, 
[groge :]  9laä)  bem,  ber  fagt,  §iob  fyabe  gur  3«t  3Rofiä  gelebt,  fotlte  $tob  an  ben  Anfang  ge*  30 
ffcUt  fein,  [äfotto.l :  9Wit  Unglüc!  machen  tohr  nid&t  ben  Anfang,  [©egenfr.] :  9tut$  enthält 
bod&  aud&  Unglüdf.  [antto.:]  aber  Unglücf  mit  glücflid&em  auSgange,  toie  SR.  3od(>anan 
fagte  [bgl.  93erafyotl?  7b]:  „Söarum  fcetfjt  tbr  SRame  9tut$?  SBeil  3)abib  bon  tyr  ab* 
flammte,  toelctyer  ben  ^eiligen,  benebeiet  fei  @r,  mit  fiiebern  unb  Sobpreifungen  gelabt 
fat  C^T^)".  —  Und  wer  hat  sie  geschrieben  ?  Mose  schrieb  sein  Buch  und  den  26 
Abschnitt  Bileam  [btefer  ift  nacfy  SRafd^i  befonberä  genannt,  toeil  ju  ben  Stotäm  ber 
3$ora  in  leiner  näheren  Sejietyung  ftefyenb]  und  Hiob.  Josua  schrieb  sein  Buch 
und  acht  Verse  in  der  Thora  [£)t  34,  5  ff.  3la$  anberer  SDteinung  §at  ÜRofc  aucfc 
biefe  Serfe  geförieben,  unb  $toar  nac§  bem  3)iftat  ©otte«,  S.batyra  15*,  9Jtenad&oty  30*]. 
Samuel  schrieb  sein  Buch  und  Richter  und  Ruth.  David  schrieb  das  Psalmen-  so 
buch  für  zehn  Alte,  nämlich  Adam,  Melchisedek,  Abraham,  Mose,  Heman, 
Jeduthun,  Asaph  [15*]  und  drei  Söhne  Korahs  [bie  bon  biefen  SWännern  gebidfc 
teten,  münblid&  überlieferten  $falmen  fyabt  3)abib  feinem  2Berfe  einverleibt,  bgl.  SKarj 
44  ff.].  Jeremia  schrieb  sein  Buch  und  das  Königsbuch  und  die  Klaglieder. 
Hiskia  und  seine  Genossenschaft  schrieben  das  Jesaiabuch,  die  Sprüche,  das  86 
Hohelied  und  Koheleth.  Die  Männer  der  grossen  Synagoge  schrieben  Eze- 
chiel, die  Zwölf,  Daniel  und  die  Estherrolle.  Esra  schrieb  sein  Buch  und 
die  Oenealogieen  in  der  Chronik  bis  auf  seine  Zeit  [1  G$r  9).  2)a8  ift  eine  Stüfce 
für  ben  au3ft>rud&  SRabS  [in  ©ura  am  ©u^rat,  geft.  247],  in  beffen  Warnen  SRab  ffivba 
bar  3ed&e3fel  fagte :  „@Sra  ging  nid&t  etyer  au$  33abel  hinauf  nad^  3ubäa,  al«  bi«  er  40 
fem  eiaeneä  ©efd^led^töregifter  gefd&rieben  ^atte.  SBer  ^at  e«  [ba3  S3ud^  ber  Gfyx]  be« 
enbigt?  5Re^emia,  ber  So^n  6^af$alia«". 

3)a3  a3erftänbnt«  biefer  Stette  ift  abtyängia  t>on  ber  auffaffung  be«  9Borte3  ar=. 
5Diefe«  ^aben  toir  nid&t  nad^  irgenbtoeld^en  tritifcben  anfc^auungen  ber  ©eaentoart  ju  er* 
Kdren,  fonbern  fo,  tote  e«  nac^  bem  3ufammen^ange  ber  Stelle  unb  ber  Sluffaffung  ber  46 
alten  gemeint  fein  mufe.  3unäc^ft  ift  abjulefynen,  toa«  §erjfelb  III,  94  beljauptet,  ba| 
nn^  ^ter  „einen  bielfad&en  Sinn"  ^abe  unb  balb  „ein  münblid^  Überlieferte«  nieber^ 
fd^reiben  (3^ora),  balb  „ein  Sammeln  au«  münbltd&em  ober  fd^riftlic^em  Umlaufe"  (<5px, 
$2,  fto&,  3ef  burd^  §i«Ka  unb  ©enoffen),  balb  „ein  toirflid^e«  abfaffen"  Qof,  3er),  balb 
enbRcf)  „ein  eintragen  in  ben  ßanon"  ((£j,  Keine  ^ropfj,  35a,  6ft^  burc|  bie  gr.  Styn.)  «> 
bebeute,  —  toenn  auc^  bejüglid^  ber  brei  crften  „fc^riftftellerifd^en  2:^ätig!eiten",  nid^t  bej. 
ber  öierten,  juutgeben  ift,  bajj  bic  alten  fie  „nid^t  fdfarf  Rieben".  3toeiten«  ift  bon  ber  §er* 
fteBung  eine^Äanon«  in  unfrer  Stelle  nirgend  bie  SRebe;  britten«  frrid^t  ba«Sl.  15*  me^r» 
fa<$  öorlommenbe  ""7?:«  (^at  e«  boHenbet)  gegen  bie  Deutung  be«  2rc  ate  „eintragen  in  ben 
Äanon".—  SRafc^t  fyat  bie  Meinung  ber Sarajttya  getroffen,  toenn  er  erflärt:  „3)a$£i$fia-  66 
ÄoHegium  fd^rieb  ba«  93u$  ^cfaia,  benn  '^efaia  tourbe  Don  SKanaffe  getötet,  bie  ^Jro})^eten 
aber  ftfcrieben  t^re  Sudler  erft  t>or  i^rem  [ertoartetcn]  Sobe  .  .  .  $)ie3Wänner  ber  großen 
©Vn.  (§aggai,  Sad^aria,  3Kalead^i,  ©erubbabcl,  SRorbed^ai  unb  ©enoffen)  fc^rieben  bad 
8u<$  Sje^iel ;  id^  toeife  leinen  anbern  ©runb,  toe^alb  e^iel  ntd&t  felbft  gefd^rieben,  ate 
ben,   bafc  feine  SBetefagung   ntd^t   beftimmt  toar,   aufjer^alb  [5ßaläftina«|  gefc^eben  ju  &> 


746  ftanott  be£  HS$  I 

toerben.  9Jtan  fdbrieb  feine  3lu3ft>rüd&e  alfo  nadf  ber  SKicHefyr  auä  bem  @£il  nieber.  $a& 
felbe  toar  ber  galt  mit  2)aniS,  toeld&er  im  @jU  lebte,  unb  mit  ber  ©ftyerroQe.  Die  jtoölf 
Sßrot^eten  aber  Ratten  tyre  2Bei3fagungen,  toeil  fte  !urg  toaren,  ni($t  felbft  niebergeftfcrieben. 
2lfö  nun  §ag,  Sacty  unb  2Ral  aufgetreten  toaren  unb  gefeben  Ratten,   bafc  ber  $L  ©eifi 

5  toiety  unb  ba§  fte  bie  legten  *Prot>fyeten  toaren,  fcfyrieben  fte  igre  [jener]  SBetefagungen  auf, 
fcerbanben  mit  ifynen  Herne  [eigene]  ^ro^ejeiungen  unb  matten  fte  [fo]  ;u  einem  großen 
33u$e,  bamit  fte  nietyt  toegen  tyreä  geringen  Umfanget  verloren  gingen". 

3$on  einem  Slbfd&lufc  be3  ÄanonS  ift  alfo  in  83.  batfrra  14bf.  mit  feinem  SBorte  bie 
Siebe,   fonbern  nur  tton  ber  Slbfaffung  ber  ^eiligen  Schriften.    8Ulerbing$  aber  tonnte 

10  auf  ©runb  biefer  Stelle  leidet  bie  Stuftet  fti$  bilben  unb  tyd  ftd&  and)  totrötd?  ge* 
bilbet,  ber  Äanon  fei  in  ber  3*ü@ftrc3  unb  ber  grofjenS^n.  abgefd&loffen  toorben;  beim 
ber  geiftige  3lbftanb  ber  fpäteren  3^ten  bon  ber  ber  £eimfe$r  aus  bem  @jU  folgenben 
Sluffd^toungSperiobe  toar  allgemein  Har.  Sc^toerlicfy  ttrirb  nacfyjutoeifen  fein,  bafe  bie  jfc 
bifeben  ©elefyrten  beä  3)191  über  biefe  $rage  anber«  als  Satrib  Äimd&i  unb  dl.  Seirita 

15  bauten. 

Über   2  3Rat  2  unb  Sof^u«  gegen  Styion  I,  8  f.  unten  S.  749.  751. 
c.  ftritif  biefer  Sin  fixten.   ©egen  beibe  Anfielen  entföetben  föon  folgenbc 
ätoeiörünbe.  (Srftlicfc  bie  fixeren  (Srgebniffe  ber  gforföung  über  bie  Slbf äff ung^eit  monier 
altteft.  Sucher,    ©in  Seiftriel :  ba$  93ud&  Daniel.  Sein  erfter  Steil  fann  in  ber  borliegenben 

20  ©eftalt  toegen  ber  in  tym  toorlommenben  griectyifctyen  SBörter  erft  in  einer  3^  Riebet* 
getrieben  toorben  fein,  als  man  fd&on  gried&ifä  berftanb ;  ber  atoeite^etl  ftammt,  namette 
lidfc  toegen  beä  11.  aap.,  beffen  ^n^alt  über  alle  analogia  visionis  propheüeae 
fyhtauSaefyt,  erft  auS  ber  SRaffabäerjeit.  —  3toeiten$  ift  bie  Stellung  be3  ©efötiptSbuc^e* 
@3ra*9cetyemia   unb   beä  ^$ro}>$etenbu<$$  Saniel  unter   ben  $agiograp$en  fc&lec^terbing* 

25  nid&t  ju  begreifen,  toenn  biefer  Seil  be$  ÄanonS  aletd^jeitig  mit  bem  jtoetten  (ben  n-sra) 
tyergeftettt  tourbe.  3Wofe3  BJtaimonibeS  (3Jtore$  9lebufytm  II,  45),  S).  Äimc&i  (SSorrebe 
be3  Äomm.  ju  ben  $f),  Slbarbanel  (93orr.  beä  Äomm.  ju  %o\ua,  lat.  in  Joh.  Buxtorfi 
fil.  dissertationes  philologico-theologicae,  33afel  1657,  496-— 499)  fuc$en  ben  ©hu 
teilungägrunb  in  ber  33erfd?ieben^ett  ber  3nfi>iration,  gegen  bie  Sluffaffung  be3  SUtertum*, 

30  toeld&eS  nid&t  jtotfd^en  einem  propfyetifcfyen  unb  einem  ^eiligen  ©elfte  unterfc^teb  (f.  (kx? 
felb  III,  19).  2Ba3  §.  2Bitfiuö  (Miscellanea  sacra  I,  15)  jur  (SrQärung  ber  SteUung 
be^  93u^  I)a  borbringt,  „distingui  in  prophetis  donum,  quod  et  privatis  con- 
tigit  et  in  revelatione  rerum  arcanarum  consistit,  et  munus,  quod  extraor- 
dinaria  in  ecclesia  funetio  erat  certarum  quarundam  personarum  speciali  yo- 

35  catione  divina  eo  destinatarum",  ift  eine  für  ben  öorliegenbenÄtoedE nid&t  betoeiÄwfs 
tige  8e^aui)tung :  3).  toirb  öon  G^rifto  felbft  7igo<prJTT)s  genannt,  9Jct  24, 15;  3Rc  13, 14. 
Unb  anbere  SSerfud&e,  meldte  man,  öon  ber  SBorauSfejjung  au^ge^enb,  bafe  ber  3«^* 
beö  Äanon^  famt  feiner  Dreiteilung  auf  einem  einheitlichen  $lane  beruhe,  gemalt  fpt, 
um  ju  beuten,    toeätyalb  Da   unb   bie  ^iftor.  jpagiograp^en  nid^t  im   jtoeiten  Xetle  btf 

40  jtanond  tl?re  Stelle  gefunben  ^aben,  machen  ben  6inbrucf,  alä  toürbe  ber  auf  bie  2öftmg 
biefed  ^roblemd  bertoenbete  ©d^arfftnn  aud^  bei  anberer  ©ru^pterung  ber  einzelnen  Sü^er 
feine  Dienfte  nid^t  berfagt  ^aben. 

d)  ^ofitiöe  Stufftellung.    a.  3)er  ^entateud^  (ber  fog.   „erfte  Äanon").    $* 
Uon  anberen  SSölfern  be^  2lttertum«  au^brücflid^  überliefert  ift,  bafj  fte  i^re  i^nen  toictyiflc 

45  unb  ba^er  meift  fyeilig  gehaltene  Sitteratur,  befonber^  bie  alte  (gefd^id^tlid^e  Erinnerungen, 
religiöfe  ^oefteen  u.  bgl.)  an  getoei^ter  Stätte  aufbewahrten  (t>gl.  ^äöemid,  ©tnlett1 1, 
1,  18  ff.),  fönnte  biefelbe  Sitte  aud&  o^ne  auöbrücflic^e  3^9^^  ^  ****  $«bräern  an- 
genommen loerben.  aber  e$  fe^lt  nid^t  an  folgen  3^9«iffen.  —  3)t  31,  9.  26,  »gl 
17,  18,  fe$t  fcorauS,    bafe  ba^  burc^  3RofeS  bem  38olfe  Vermittelte  ©efej  in  fd&riftfofa 

60  gorm  feit  ^RoftS  3e^tm  öon  ^^  ^Prieftern  an  ber  Seite  (nid^t :  in)  ber  SunbeSlabe  bc 
toa^rt  toorben  fei.  $aSfelbe  93uc^  ift  gemeint  mit  bem  „93uc^  be«  ©efefce*  ©otte«"  Qof 
24,  26),  in  toeld&eä  S°fua  ^^e  SSerbanbtung  über  bie  33unbe3erneuerung  in  SiAem  ein* 
trug.  9tod&  1  Sa  10,  25  fd&rieb  Samuel  „ba^  SRed&t  be«  Äönigtum«"  in  ein  8udj  0^, 
2lrtif.  =-  ba«  ba&u  beftimmte)  unb  legte  biefe^  „öor  3jal?l>e"  nieber.    3m  18.  3a$re  be« 

55  ^ofia  (ca.  623  t>.  (S^r.)  fanb  ber  ftobepriefter  S^tlfija^u  gelegentlich  im  vIenH>d  Wt 
genommener  Reparaturen  bafelbft  ,,ba«  ©efeibuc^"  2  Äg  22,  8.  9tec&  attebem  fmb  m 
berechtigt  anjuneljmen,  ba^  feit  3Roft^  3e^  Q**m  Slational^eiligtum  Urtunben  tutb  %& 
richten  über  bie  mofaifd^e  ©efe^gebung  betoafyrt  tourben ;  junäd^ft  aufeer  ben  93unbe3taftln 
baö,    toa«  !DJofe§  felbft  an  ©efefclicfyem  unb  ©efd^ic^tlid^em  niebergefc^rieben  (togl.  6j  24, 

W4—7;  34,  27;  17,  14;   5Ku  33,  2). 


Station  be*  «£«  I  747 

Sfafjerbem  erhielt  ftcfy  im  Greife  ber  aaronitifetyen  ^riefterfcfyaft  münbli($,  teiltoeife 
>iellet$t  auety  fc^riftltd^  bic  Äenhtni«  triefet  Von  3Rofe  fyerrüfyrenber  ober  boc$  auf  xfyn  ju- 
lüdfgefttyrter  änorbnungen  unb  (Sinrid&tungen,  Vgl.  ba«  „§eiligfeü«gefeft'#  unb  ben 
,$riefterfobe£".  $)a«  Borfyanbenfein  autoritativen  ©efe^ed  folgt  namentlich  erften«  au« 
>cr  Blenufcung  be«  ,,Bunbe«bucfye«"  im  Deuteronomium,  jtoeiten«  au«  ber  be«  $eilig*  6 
WtSgefefce«  im  *priefterfobej,  brüten«  au$  §of  8, 12  (gefd&riebene«,  al«  göttlich  anerfonnte« 
Sefejj  erheblichen  Umfange«),  Vierten«  au«  2Äg  22.  2Ba«  mit  rmrrj  2  Äg  11,  12,  bie 
>em  jungen  fyljotö  bei  feiner  3lu«rufung  $um  Könige  übergeben  tourbe,  gemeint  ift,  läfct 
t$  leiber  ebenfotoenig  mit  ©ictyerfyeit  angeben,  toie  ber  §iifydt  ber  „Buctyrolle"  Sßf  40,  8. 
Saecfciel  lebt  unb  toebt  ganj  im  ©efefce,  aud^  in  bem  be«  $riefter!obq:.  3)a«  im  @feil  10 
ibgefaloffene  £önig«bud&  nennt  au«brücf(ic$  ,,ba«  Bucfc  be«  ©efefce«  SKoft«",  toomit  freilief? 
tur  ba«  Deuter onomium  gemeint  gu  fein  brauet,  f.  2  Jtg  14, 6  unb  $t  24,  16  (Sfatajia 
unb  bie  SWörber  feine«  Bater«);  Vgl.  aud&  1  Äg  2,  3;  2  Äg  23,  25.  S)ie  SRermungen 
)e«  ,,@efefcbu($e«  9Jioft«"  3of  1,  7 f.;  8,  31.  34;  23,6  bürfen  nid&t  o&ne  ©nfd&ränlung 
jertoenbet  toerben,  toeil  fte  erft  Von  bem  beuteronomiftiföen  Bearbeiter  be«  3ofuabuc$e«  16 
fcrrüfaen.  3lu«  ben  jafylreicfyen  Stellen  ber  nac^ejilifc^en  ^ropfyeten  fei  $ag  2,  11—13 
hervorgehoben,  too  von  ben  ^rieftern  jtoei  fragen  entfprectyenb  ben  ©afeungen  be«  ^Jriefter- 
tobej  Se  6,  20 ;  5Ku  19,  20  beanttoortet  toerben.  SDie  Von  3-  SöeHIjaufen  unb  mannen 
fror  tym,  vielen  nad&  ifym  mit  großer  3ut>erftd^tltd^teit  aufgehellte  Behauptung,  ber  Spriefter* 
tobej  fei  @«ra«  Sßrivatbeftfc  getoefen,  bi«  @«ra  im  Satyre  445  „mit  bem  @efe$e  tyerau«*  20 
cüdte,  ba«  er  felber  mitgebracht  $atte",  unb  bafj  9tc$  8—10  „bie  ßinfü^rung  be«  Sßenta* 
teu$«"  erjagt  toerbe,  ftefyt,  bamit  fyier  nur  Sin«  angeführt  toerbe,  in  unvereinbarem  SBtber* 
\pnxd)  gerabe  mit  91$  8—10.  311«  bie  untere  ©renge  für  ba«  äbgetrenntfem  be«  Buc$e« 
Jofua  unb  ba«  Slnerfanntfein  be«  $ent.  ift  bie  3^*  SRetyemia«  ju  bejei($nen,  in  ber  ber 
atbgtltige  Bruc$  mit  ben  ©amaritanern  erfolgte.  (3um  Borftefyenben  Vgl.  meine  (ShtleU  26 
hing  in  ba«  Sil»,  2Jtünd&en  1898,  §  12—15.) 

ß.  35ie  ^iftorifcfct>rovfyetifc&en  unb  bie  eigentlich  pro^etifc^en  ©Triften  (ber  foaenannte 
jtocite  Ranon).  9tad&bem  burd&  bie  mofaifetye  ©efejjgebung  ber  von  %<&im  9la$Iommen 
tn  Slgtyrten  feftgetyaltene  2Ronottyei«mu«  vie  ©eftalt  einer  au«gebilbeten,  für  bie  3Us 
[ammen^altung  ber  ^«raeliten  unb  ibre  9lbfonberung  von  ben  $eibenvölfern  geeigneten  so 
Religion  erhalten  tyatte,  unb  nad^bem  ferner  ba«  Boß  3«rael  unter  gü^rung  3ofua«  unb 
bcr$u$ter  in  benSeft^  be«  verheißenen  Sanbe«  geiommen  toar,  galt  e«,  ben@intotrlungen 
ber  Berührungen  mit  ben  Manaanitern  unb  ben  ^eibniföen  9iac^barV5Ifern  entgegenju- 
abeiten  unb  ^ugleic^  bie  @r!enntni«  ©otte«  unb  be«  göttlichen  $eil«})lane«  bei  ben  ©läu= 
Mgenju  ertoettern  unb  311  vertiefen.  Die«  toar  bie  Aufgabe  ber  Xrop^eten.  2)a  biefe  mit  86 
bem  älnfpruc^  auftraten,  ©otte«  Söort  unb  SSiQen  in  ©otte«  auftrage  ju  verfünben, 
tonnte  e«  nid^t  fehlen,  baft  bie  33üc^er  berjenigen  unter  i^nen,  toelc^e  ben  3jntyalt  i^rer 
Sertünbigungen  nieberfd^rieben,  al«balb  bei  ben  ©laubigen  in  fyofyem  Slnfe^en  ftanben. 
8«  ift  baber  an  ftd)  toa^rfc^einlid^,  bafe  fdbon  frü^  ©ammlungen  pvop^elifd)er  ©Triften, 
toerat  auep  nur  ju  privatem  3toecfe,  veranftaltet  tourben.  @in  vollauf  jureid^enber  9e«  40 
toei«  ftnb  bie  im  SBer^ältni«  jum  Umfange  ber  un«  erhaltenen  ^ro^etenfe^riften  fe^r 
ja^lreic^en  ober  boc^  genügenb  beutlid^en  Bezugnahmen  fiterer  ^rop^eten  auf  bie  SBorte 
innrer  Borgänger.  9iamentlid^  toerben  toir  un«  3^^^^  unb  Sjed^iel  im  Befty  von  ©amm- 
hmgen  t>rot$etiföer  Schriften  ju  benlen  b^ben.  Qüx  3«-  ögf-  2lug.  Äü^er,  Jeremias 
librorum  sacrorum  interpres  atque  vindex,  Berlin  1837.)  46 

9tad&  ber  StücRefyr  au«  bem  bab^lonifc^en  @sil  mufete  ba«  Berlangen,  eine  ©amm* 
ung  ber  alten  ^ßro^^etieen  ut  beft$en,  um  fo  lebhafter  unb  allgemeiner  toerben,  al«  emer= 
eil«  gelegentlich  ber  Bertoüftung  ^erufalem«  bureb  bie  Sbalbäer  unb  toä^renb  be«  auf 
te  folgenben  fieb^tgiä^rigen  @^il«  getoig  ja^lreicpe  Schriften  verloren  gegangen  toaren, 
anbererfeit«  bie  fräteren  Propheten  mit  befonberem  9lad^brucf  auf  bie  früheren  jurüdt«  60 
toiefen  unb  fi$  an  fte  anlehnten. 

3n  bie  Sntfte^ung  ber  un«  erhaltenen  ©ammlung  Von  $ro))^etenf(^riften  geftattet 
un«  bie  Befd^affen^eit  be«  ©ad^ariabud^e«  einen  (Sinblicf.  Die  Anfügung  ber  beiben 
namenlofen  ©Triften  c.  9—11  unb  12—14  an  gerabe  bie«  erMärt  ftd&  am  leid^teften, 
toenn  man  annimmt,  bajj  bic  vor^erge^enben  Seile  be«  3toölft>ro}>$eteitbud&«  bereit«  au=  66 
fcimmengefiellt  toaren,  nur  ba«  foätere  SWaleac^ibuc^  noc^  ntd^t  angefügt  toar.  —  gfür  Die 
9WaBabäerjeit  ergiebt  ftc^  au«  ®a  9,  2  s^e^s  ba«  Bor^anbenfein  einer  aufjer  anberen 
ba«  Seremiabud^  ent^altenben  ©ammlung  ^eiliger  ©Triften. 

£ie  Sinbu^e,   toel$e  ^«rael   an  alter  Sitteratur  in   ber  Gfyalbäeraeit  erlitten   ^atte, 
mufete  fc^on  barum  jum  ©ammeln  aud;  anbercr  ©c^rifttoerte  9nla^  geben,  toeil  ber  an=  üo 


748  Station  bed  »Sd  I 

fangd  in  fümmerlictyen  SSer^ältniffen  lebenben  nacfyeplifd&en  ©emeinbe  bie  Qtit  DabibS 
unb  Salomod,  bie  ^eit  ber  großen  $ro^eten  @lia  unb  ßlifa,  bie  3«*  bed  £idfta,  fiber= 
baupt  bie  ganje  3C^  &**  (toenn  aud&  mitunter  fc^r  gefcfytoäcfcten)  poltrigen  ©dbftftanbig= 
feit  unb  bed  prächtigen  ©ottedbienfted  am  fdomonifcfym  Tempel  in  gellem  Sichte  erföien, 

6  unb  toeil  bie  Erinnerung  an  bie  in  bieten  33ejietyungen  glorreiche  unb  letyrreid&e  Vergangen* 
fycit  Iroft  für  bie  9töte  ber  ©egentoart  getoctyrte  unb  —  falld  man  nur  nic^t  toieber  in 
bie  Sünben  fiele,  toelctye  attein  feit  alten  Reiten  alle«  Seib  über  bad  SBolf  gebraut  tysttai  — 
Unterpfanb  einer  befjeren  3u^n^  toar-  ®a$  3uPan^c^ommen  ^ncr  Sammlung  #fto= 
rifctyer  ©Triften  tourbe  no$  baburclj  geförbert,  bafe  bad  8ud&  3ofua  bie  unmittelbare  gort* 

10  fefcung  bed  $entateuc$3  bitbete,  mit  bem  ed  urfprüngti$  jufammenge^angen  tytktt.  Da 
bad  Äönigdbud&,  toelctyed  bie  DarfteHung  bed  Samuelbuc&ed  f ortfefct,  in  ber  jtoeiten  Jpälfte 
bed  babfylonifctyen  6|ild  aud  älteren  Duetten  jufammengearbeitet  mürbe,  toerben  toir  am 
nehmen  bürfen,  bafi  bie  bier  fräter  mit  bem  Flamen  „erfte  $ßro}$eten"  benannten  fyifto* 
rifd&en  SBerle  (nictyt  SRutfy)  fd&on  bei   ber  SRüdffe^r  aud  bem  ©jil  ober  boc$  balb  nacfcbcr 

16  ald  ein  jjufammengetyöriged  ©an^ed  angefetyen  tourben  unb  toegen  ber  i&nen  ald  einer 
überTtd&tlid&en,  in  propfyetifcfyem  ©eifte  berfaftten  Darftellung  ber  ganjen  na$mofaif<$cn 
@efd)i<$te  eignenben  SBorgüge  nad&  turjer  3«*  in  fyotyer  2Bertfctyäfcung  ftanben  unb  bie 
nocfy  borbanbenen  älteren  Quettentoerfe  ju  berbrängen  anfingen. 

y.  Die  ^agiograp^en  (ber  britte  Äanon).  —  Seit  Dabib  unb  ©alomo  bie  Drbnung 

ao  bed  gottedbienftlictyen  ©efanged  begrünbet  Ratten,  mufj  ed  eine  Sammlung  bon  ^falrnen 
gegeben  fyabzn.  3U  $r  fab  fpäter  anbere  Sammlungen  unb  einzelne  Stcber  tynju* 
gefommen.  gn  ber  jjeit  5Wetyemiad  tourben  julefct  ^Jfalmen  in  größerer  3aW  gebietet 
Die  einteilung  bed  $falterd  in  fünf  Sudler  ift  älter  ald  bie  Arbeit  bed  ß^roniflen  (bgL 
meine  (Stnleit.  §  53).—  Die  erfte  Sammlung  falomonifd&er  Sprühe  (bgl.  10, 1—22,16) 

26  ftanb  bereitd  jur  3*i*  §idüad  in  folgern  Slnfefyen,  baft  biefer  Äönig  eine  jtoeite,  ergän* 
fcenbe  Sammlung  (bgl.  c.  25—29)  beranftalten  lieft.  —  Die  Sieber  ber  Klage  über  ben 
gall  3erufalemd  faracfyen  fo  unmittelbar  jum  §erjen  ber  auf  ben  Krümmern  biefer  Stabt 
neu  ficb  einrid^tenben  ©emeinbe,  bafc  fie,  glei<|biel  toer  ber  SSerfaffer  ober  bie  SJerfaffer, 
bon    allen  frommen    ald  entft>re$enber  Sludbrucf   ityrer  ©efü^le  toert   gehalten    toerben 

ao  mußten.  —  Unb  ju  ©unften  bed  33üd&leind  SRut^  fprad^,  abgefe^en  bon  feinem  Sttter,  ber 
Snt^alt,  ber  ein  Stücf  aud  ber  38orgefd^id^te  bed  ^aufed  3)abibd  erjä^lte  unb  fomit,  gumal 
bie  ©enealogie  am  Scfyluffe  bid  auf  biefen  föniglic^en  $falmenbid>ter,  nad^  ber  berrf^en^ 
ben  SReinung  ben  ^ßfalmenbid^ter  xai  Qoynv,  fortgeführt  toar,  eine  paffenbe  Sinlcitunö 
jum  ^ßfalter  bilbete.  —  3)urd{>  Inhalt  w"b  Sllter  toar  ben  3järaeliten  toert  bad  S3ud^  §iob, 

36  burdfc  ben  sJlamen  Salomo  bad  §ofyelieb. 

aufeer  biefen  fed^d  Schriften  (SRut^,  ^Jf,  §i,  St>r,  §£,  ÄlagO  erlangten  im  Saufe 
ber  sjeit  nod^  manche  fpäter  entftanbene  aud  befonberen  ©rünben  ^o^e  2Bertfc$ä$img. 
Ruerft  toa^rfc^eintic^  bad  33uc^  Gdr^efy,  bad  bie  ©efd^id^tdbarftettung  Der  älteren  Sanum 
lung   in  ertoünfd^ter  2öeife  fortführte ;    erft  lange  nac^  ifym  bie  urfj>rünglic^  mit  i^m  ju= 

40  fammen^angenbe  ß^ronif.  3)em  9}ua)t  Äo^elet^  bürfte  jumeift  bad  am  Anfange  fte^enbe, 
auf  Salomo  gebeutete  „Soljm  3)abibd"  ©ingang  berfd^afft  ^aben.  Die  Sft^erroHe  toar 
jurSrflärung  bed  bon  ben  in  ^Jerften  lebenben  ^w^en  nac^  ^aläftina  gebrachten  ^Jurtm* 
fefted  too^l  in  ber  älteren  gried&ifcfyen  $t\t  gef4;rieben.  Snblic^,  in  ber  SKattabäerjeit,  bad 
33ud^  Daniel. 

46  -Hacf;  ben  SDJaffabäerfäm^fen  fonnte,  ba  bad  33olt  teild  burety  ben  ©influfe  gn^ 
c^ifd&en  5Befend,  teild  burd^  ben  ©egenfa^  $toifcf;en  5pr;arifäem  unb  Sabbucäern  bid  $ur 
Rerftörung  S^ifatemd  buret;  2itud  gehalten  toar,  fein  SBerf  me^r  allgemeine  Sfoer* 
fennung  erlangen  (fanonifd^,  fyeilig  toerben).  3a  Won  ^  allgemeine  Slnertennung  bed 
Dantelbuc^ed,   toä^renb  bad  noefc  bor  ber  TOalfabäerjeit  abgefaßte  Sud^  bed  Siraciben, 

60  obtootjl  l^ebräifc^  gefd^rieben  unb  tro^  feinen  Stnfprücfyen,  f.  24,  32  f.,  nic^t  me^r  in  gleicher 
SBctfe  reeipiert  tourbe,  fd^etnt  mir  nur  bann  berftänblicty,  toenn  ein  33uc$  mit  Dani* 
gefeitesten  (bie  ©runbtage  ber  aramäifd^en  Stücf e  c.  2— 6;  auc^  7?)  fd&on  er^eblid^  früher 
bor^anben  unb  infolge  beffen  bcr  fcr;on  bon  S$  14,  14.  20;  28,  3  gerühmte  %me 
Danteld  alten  toieber  geläufig  getoorben  toar. 

66  2)tefe  te^te  Sammlung  tonnen  toir  atd  feit  bcr  SDJaffabäergeit  (über  2  9Kaf  2,  fiebe 
S.  749  f.)  in  bem  fyier  angegebenen  Umfange  borr;anbcn  betraebten.  Der  Termin,  feit  toet 
ct;em  fie  fanonifct)e  ©ettung  erlangte  unb  fomit  ber  ©efamtumfang  ber  jefcigen  ^ebr.®ibtt 
ald  fettig  angefc^cn  tourbe,  totrb  angefiebtd  ber  glcicr;  barjulegcnben  3^9«^«  »w$t  biel  fjwter 
gefegt  toerben  bürfen.  Die  eben  bargelcgte  Unmögttcbfeit  bed§injufommend  neuer  Schriften 

an  mu^te  auf  bad  9Bad;dtum  bed  Slnfe^end  bed  bieder  ©efammeltcn  förberlu$  eintoirfen. 


Simon  bed  »23  I.  II  749 

Site  bie  3^1  Mcfa  ©Triften  fid&  fcerme^rte,  entftanb  ba3  Sebürfnte,  bie  älteren  ge* 
f$id(>tli($en  bejto.  ^>ro^^ettfd^en  ©Triften,  toelctye  fd&on  feit  geraumer  3*it  als  Sammlungen 
tanontfd?  toaren,  burcfc  eine  gemeinfame  Segnung  fcon  ber  no#  unfcollenbeten  legten 
Sammlung  &u  unterfd&eiben.  ©efyr  paffenb  toarb  &u  biefem  33e^ufe  baä  2Bort  „^$ro}>tyeten" 
a-*rn:  getoä$lt;  benn  bie  fcier  gefd&id?tüdjen  33ü$er  $of,  9li,  ©a,  Äg  fyabtn,  abgefetyen  6 
bafeon,  bafj  fte  triele  SBetefagungen  unb  Mitteilungen  über  <ßrop^eten  enthalten,  mit  ben 
Sßropfyeten  (im  engeren  ©inne  be$  SBorteS)  ettoaä  fetyr  toid&tigeä  gemeinfam:  bie  propre* 
ttfcfc  Sluffaffung,  bie  ertoedflicfy  beletyrenbe  Betrachtung  ber  ©efctyicfcte.  35iefe  33erbinbung 
ber  ^tftorifc^-.pro^etifc^en  unb  ber  eigentlich  Prothetiken  ©Triften  ju  ßiner  Slbteilung  ift 
eine  fo  fefte  getoorben,  bafi  in  ber  gefamten  paläftinifcfc  unb  babtylomfd^jjübifcfcen  Zrabi- 10 
tum  feit  bem  Sßrolog  jur  Überfefcung  beä  ©iracibenbuctye«  ber  ßanon  ftetö  als  ein  brei* 
teiliger  erfc&eint  (au$  2  9Jtat  2,  13  f.  ift  feine  toirflic^e  SluSna^me). 

Die  aSoranftettung  ber  bier  fyiftorifctyen  ©Triften  erflärt  ftcfc  genügenb   barauS,  bafe 
ber  Anfang  be$  33u$e$  3°fua  f«$  unmittelbar  an  ba3  (Snbe  be$  35t  anfcfyßefct. 

SSalentin  Soefd&er,   De  causis  linguae  Ebraeae  1706,  71    fagt  richtig:   Canon  iö 
non  uno,  quod  dicunt,    actu  ab  hominibus,   sed   paulatim  a  Deo,    animorum 
temporumque  rectore,  productus  est. 

IL  3eu0nMfe  für  b*n  Äanon,  infonberfyeit  ben  jtoeiten  unb  ben  brüten $a\fyU 
teil,  a)  ^efuä  ben  ©ira.  SluS  bem  93ud^e  felbft  ergiebt  futy  beutlicty  Sefanntfctyaft 
au$  mit  bem  Reiten  ^auptteil,  f.  c.  46 — 49 :  jum  ^efaiabuc^e  gehören  fd&on  bie  27  Äa»  20 
l>itel  be$  fog.  3)euterojefaia  48, 24  f.,  unb  ber  jtoölf  Keinen  $ropfyeten  tohrb  49,  10  gebaut. 
3)er  Prolog  feor  ber  grie$.  Überfefcung  fagt  nicfct  nur:  noXkwv  xal  /tisydiojv  hiüv  duä 
xov  vöuov  xal  xoy»  TtQoqrqxcov  xal  xcov  äXXcov  xcov  xax'  avxovg  fjxoXovih]x6xa)v 
dedofuvcov,  fonbern  aucty,  bafe  fctyon  ber  Sßerfaffer  felbft  @ifer  bertoenbet  tyabe  auf  xr\v 
xov  vouov  xal  x<bv  Jiooqnjxcbv  xal  xöjv  äXXojv  naxpicov  ßißXlcov  dvdyvojoiv.  Unb  26 
toeiter  fagt  er:  6  vojbiog  xal  al  nQocprjTeiai  xal  xd  koutä  xcov  ßißUcov.  $afj  ber 
Übcrfeger  bei  xcov  äkkcov  naxpiojv  ßißkicov  unb  xd  Xouia  rcov  ßtßkUov  an  alle  faäter 
ate  ^agtogra)>^en  bezeichnete  ©Triften  gebaut  fyabt,  lä|t  ftc^  freiließ  nic^t  ertoeifen,  ebenfo 
toenig  aber,  bafe  er  eine  t>on  i^nen  niept  anerfannte  ober  nod^  anbere  ©Triften  für  gleich 
toertig  ^ielt.  so 

b)  2)a$  jtoeite  3Jlaf!abäerbudS>  ift  125/124  ö.  6j^r.  üerfafet,  f.  8. TOefe,  Äritif 
ber  beiben  5Ka!fabäerbüd^er,  33erlin  .1900.  3n  ^em  a^  ©inleitung  bienenben  ©(^reiben 
ber  t>aläftintfc^en  !^uben  an  bie  in  ätgtypten  tvixb  angegeben,  ba&  in  ben  ©Triften,  unb 
jtoar  in  ben  3)en!toürbigfeiten  SRebemiaS,  bie  3Serbergung  ber  S3unbeölabe  burd&  JJeremia 
unb  mand^ed  anbete  geftanben  fyaot ;  au^erbem  fei  barin  ergäbt  toorben,  bafe  SRe^emia  86 
2,  13  xaxaßaiAo/Aevos  ßißho&rjxrjv  imovvrjyaye  xd  Jiegl  xwv  ßaodicov  xal  jiqo- 
atqxärv  xal  xä  xov  Aavlö  xal  biiotoXas  ßaodicov  tzbqI  äva&ejudxcov.  (14)  d>oav- 
xa>Q  de  xal  'lovdag  xd  biamizxtoxoxa  did  xov  noke/uov  xov  yeyovöxa  fj/MV  irnovv- 
riyaye  ndvxa,  xal  £0x1  7iagy  fj/uiv.  (15)  ujv  ovv  idv  xgeiav  £xVT€*  T0^  änoxo- 
utovvxag  v/mv  dnooxeXkexe.  3)iefe  ©teile  ift  toielfacty  febr  abfällig  beurteilt  toorben:40 
81.  ©eiger  (IV,  16)  3.  33.  nennt  fie  „t>on  gar  feinem  33elang";  aber  mit  Unrecht  (ögl. 
SDUlmann  446 ff.;  @h>alb 466 ff .),  benn  in  bem  xd  mql  x(bv  ßaodewv  xal  noo<pr\x{&v 
aeigt  [xd)  no$  bie  f^äter  öerloren  gegangene  @rfenntntö,  bafe  bie  »toeite  Slbteilung  bed 
Äanon^  au«  jtoei  ©ammlungen  &ufammengefe$t  ift.  3)ie  bnoxolal  ß.  n.  d.  !önnen 
nic^t  ba«  33u$  ß^ra  bejeic^nen,  fonbern  nur  eine  ©ammlung  t>on  Urtunben,  in  benen  46 
au«länbifdS>e,  gunäc^ft  ^erfifd^e  Äöntge  [16)  ju  ©unften  ber  fyetmgefeljrten  ^^aeliten  unb 
i^red  %wipA$  au£gefpro$en  unb  bem  lem^el  SBei^gefc^enfe  gemacht  Ratten,  Urfunben, 
bie  in  bem  fpäteren  ß^rabud^e  benu^t  mürben.  $er  SBefi^  folc^er  Urtunben  War  für 
einen  Staatsmann  ft>ic$Refyemia  öon  großem  SBerte;  bafe  ber  SSerfaffer  be«  citierten  ©enb« 
fd&reibenS  an  bie  äg^t.  %vbtn  bie  ß^iftenj  einer  berartigen  ©ammlung  erfunben  ^abe,  ift  so 
an  ftc$  unb  befonber«  nac^  bem  Sufarotnat^ange  ber  ©teile  untoa^rfd^einlid^.  slRan  ift 
ba^er  nit^t  berechtigt,  ben  übrigen  Snfyalt  tiefer  beiben  3ierfe  (Srfinbung  ju  nennen;  toir 
betrauten  i^n  üielme^r  afe  ein  toertDoUe«  3eu9n^  Wr  baö  oben  auf  anberem  SBege  ©e» 
funbene,  bafür  nämlic^,  baft  man  fid^  gur  ^eit  be«  9le^emia  mit  bem  ©ammeln  ber  alten 
gtationallitteratur  befc^äftigte,  unb  baft  ba«  bamafö  ©efammelte  bie  jtoeitc  Slbteilung  bed66 
RanonS  (toefentlic^  fo  h)ie  fie  je$t  ift),  bie  ^falmen  unb  toie^tige,  ba«  neue  S^nifal«« 
betreffenbe  Urtunben  umfajjte  (möglic^ermeife  noc^  anberc«;  benn  ber  93erf.  t>on  2  ÜRal 
tytitt  nid^t  bie  abfielt,  eine  bollftänbige  Überfielt  über  bie  fcon  i^m  angenommene  littera* 
rifc^e  I^ätigfeit  9ltl).$  ju  geben).  Cb  9lefy  felbft  fammelte  ober  nur  bie  Anregung  gab, 
ttti>a  bem  Sd&riftgeletyrten  (g^ra  (6«r  7,  6  ff. ;  t>gl.  and)  4  6er  14),  ift  untoefenüid^.  —  eo 


750  Äono«  bcft  9S*  ü 

9tod&  toeniger  bürfcn  toir  ben  14.  33er«  unbeachtet  laffen,  ber  auf  eine  bem  SSerfaffer  t>tel 
nctyer  liegenbe  Seit  ^intoeift.  3n  tym  ift  bon  Supern  bie  Siebe,  toel^e  ber  börmaRa* 
bäifd&en  3**  entflammten,  für  alle  frommen  3«raeliten  bon  SBert  toaren,  im  Kriege  jer* 
ftreut  unb  teiltoeife  bernid&tet  (1  3Jiaf  1,  21  ff.;    3,  48;    Sofe^uS  ärcfcäoL  XII,  5,  4 

5  rj<pavitero  dk  et  nov  ßißkog  eigeüelrj  kgä  xal  vöfiog),  aber  bon  $v!t)Q&  gefammelt 
mürben  unb  jur  &it  oeä  ©Treiber«  emittierten.  Sitte  biefe  Sßräbifote  jufammen  )xtf|en 
nur  auf  bie  im  gegmtoärttgen  Manon  bereinigten  93ü$er,  aud&  —  toorauf  e«  l?ier  befon- 
ber«  anfommt  —  auf  bie  Sudler  ber  3.  Abteilung,  aber  auf  feine  anberen.  2>enn  ba« 
39ud&  be«  ©iraciben  toar  bamal«  nod)  nid^t  alt,  au$  ift  e«  erft  in  foäterer  3eit  ju  Äh* 

10  fetyen  gelangt.  2)er  atoeitc  Steil  be«  3)anielbucty«  aber  bejog  jt!#  in  untrennbarer  SBetfe 
auf  bie  benftoürbige  erfte  2Raffabäer$eit  unb  trug  beutli$  ba«  ©epräge  be«  göttlufcn 
©elfte«;  aud&  tourbe  feine  (Sinfütyrung  bur$  ba«  $orfyanbenfem  be«  älteren,  aramäijdjen 
Seile«  geförbert,  ofyne  ben  er,  toenn  überhaupt,  nur  ganj  finge  3«*  *n  Umlauf  getoefen 
fein  fann.    @«  ift  burd&au«  glaublich,  bafj  „ber  jubäifd&e  Äanon"  in  ber3«t  be«  !guba« 

i6ÜRaffabäu«  feine  lefcte  SSerme^rung  erfahren  fytt  (fo  aucty  (Stoalb  475  ff.).  3)ie  metften 
93ü<fyer  ber  britten  Hauptabteilung  toaren  toofyl  fd&on  borl>er  im  2*m}>elard&ib. 

c)  ^Jfyilo.  —  Dafür,  bafi  ^tyilo  bie  Dreiteilung  be«  Äanon«  gefannt  &abe,  beruft 
man  ficfc  gefoö^nlid&  (©ic^orn  I,  116:  Dealer  255;  Dillm.  424;  Seil  643)  auf  De 
vita  contemplativa   §  3,  nacfy   toeldjer  ©cfyrift"  bie  3$era}>euten   vojiuwg   xal   i&yta 

20  &eoma&ivta  dtä  nQoqnjrcbv  xal  vuvovg  xal  rd  äAXa,  olg  biioximr\  xal  evoeßeta 
ovvav£ovrai  xal  tekeiovvxat.  Diefe  ©$rift  ift  inbe«,  h)ie  $.  6.  Suciu«  (Die  2$era* 
Reuten  unb  tyre  Stellung  in  ber  Sfefefe,  Strasburg  i.  @.  1880;  bgl.  au<$  @.  Sparer, 
2^23  1895,  9lx.  15)  über^eugenb  nacfcgeftriefen  fyat,  ni<$t  bon  $fyUo,  fonbern  erft  im 
3.  na$$riftli$en  Safyrfy.  bcrfaftt.  Da,  bon  biefer  nun  au^ufd^eibenben  Stelle  abgefefcn, 

36  irgenb  beftimmte  2lu«fagen  über  ben  tfanon  bei  $tyilo  ficty  nicfyt  finben,  ift  man  genötigt, 
bie  bei  5Jtyilo  borfommenben  (Zitierungen  unb  8enu|ungen  bon  S3ibelfteBen  )u  fammeln. 
9lad^  61.  gr.  §ornemann  1773—78  (f.6i^orn  1,122—135)  fat  bie«  mit  grofeem  gleite 
§.  ®.  Sl^le  1895  get^an:  Philo  and  Holy  Scripture,  Sonbon  (XLVIII,  312),  leiber 
mit  SBenufeung  nur  ber  3Ronge^fd^en  ausgäbe.    $^ilo   citiert,  bei  ben  meiften  Sägern 

so  au^brücflicl  ben  göttlichen  Urf jjrung  ertoä^nenb :  $t,  3fof,  $&,  &&,  Äg^  3^^  3er*  ^  Kernen 
^rojj^eten,  $ff,  @tor,  §i,  @ör  x  (de  confusione  linguarum  §  28) :  er  citiert  nio^t  6j, 
3)a  unb  bie  fünf  SRegidoty  (Sbr?).  Mu$  biefem  @o^h>eigen  folgt  ober  ni^t,  bafe  $^ilo 
biefe  Sd^riften  nid^t  für  tanonifc^  gehalten  ^abe,  fonbern  man  ttrirb  bie  9lic^tert9ä^nung 
biefer  meift  fleinen  Sd^riften  für  zufällig  ju  galten  fyabm ;  ber  $ßt  nimmt  in  $^Uod  8e^ 

86  fpre$ung  biblifc^er  Stellen  eine  ganj  bef onbere  Stellung  ein :  bie  Gitate  aud  t^m  füllen 
bei  Style  ©.  1—282,  (bie  au3  ber  ©en  1—139),  bie  au«  allen  anberen  Suchern  be«82: 
nur  S.  283—302.  2lnber$  bereit  fid^  ^tyilo  gu  ben  in  ben  griedfc.  $anbf(^riften  bö 
91X  fte^enben  apofrty^.  Supern  unb  93ud^)teilen.  SBä^renb  er  au«  $lato,  ^^ilolau«, 
©olon,  §ity>ofrate«,  ^eraflit  unb  anberen  gried^if^en  äBeifen   nic^t  feiten  @ä^e  anführt, 

40  citiert  ober  benufet  er  fein  3fyofrt^on,  mit  alleiniger  unb  au$  nur  einmaliger  3lu«na^me 
be«  SuctyeS  be«  Sfaraciben;  in  einem  bon  3>.  33.  Sßitra  Analecta  sacra  II,  312  beröffenfc 
listen  Fragment  Reifet  e« :  ö&ev  xal  Xöyiov  fjfxäg  diddoxei  (irj  moreveiv  £%&Q<d  © 
12,  10.  Sin  abfd&liejjenbe«  Urteil  ift,  jumal  bor  ber  bollftänbigen  §erau«gabe  berffierfe 
$^ilo«  burd^  6o^n  unb  Söenblanb  nid^t  möglich.    2)er  ^erborragenbe  ^ßfyilof enner  6.  ©ieg« 

46  frteb  $fyilo,  3ena  1875,  61)  fagt  bon  ^tyilo:  „Sein  Äanon  ift  toefentlid^  fc^on  ber 
unfrige". 

d)  3)a«  5Keuc  3:eftament.  3)a«  31%  fennt  benftanon  al«  breiteiligen.  2c 24, 44 
|agt  ß^riftu«:  ikdXtjaa  ngög  vjuäg  en  cov  ovv  vfuv  bxt  Sei  7iXt}Qay&fjvai  Jidvra  rd 
yeyQafijueya  h  rcp  v6/mo  Mcovoecog  xal  JigocprJTaig  xal  ipaAjuolg  7ugl  l/uov.    Da« 

60  SOSort  yjaXuol  be^eid^net  aber  nid^t  bie  gange  britte  Hauptabteilung,  fonbern  ^ebt  au«  i^r 
ba«  an  fid?  unb  fpejteü  au*  für  ben  borliegenben  fttocd  tbid^tigfte  Suc^  ^erau«.  Sud 
bemfelben  ©runbe  bereifen  ©teilen  toie  5Kt  5,  17;  »@  28,  23,  too  nur  „®efefc  unb 
^Sro^eten"  genannt  toerben,  nidbt«  für  SSor^anbenfein  einer  3toe^lun9  *n  i^w  3*- 
(3)er  9lu«brucf  „©efefc   unb  5Pro^eten"   auc^   bei  ben  ©tyrern   gleidj^bebeutenb   mit  %% 

so  f.  3a^n,  ©efd^.  I,  377).  2lngefic^t«  ber  gan^  beftimmten  3^^/  todty  bie  neutA 
©o^riftfteller  berfolgen,  fann  e«  nic^t  befremben,  bafe  nur  $t,  ^Jro^eten  unb  Sßff  ^aufifl 
citiert  toerben.  2)a^er  ift  au^  bem  grellen  bon  Schiebungen  auf  einige  für  biefe  3*** 
toenig  ober  gar  nic^t  au«giebige  Sudler  fein  ©d^lu|  auf  beren  bamalige  5Ri(^tfanonicitdl 
ju  machen :  §£,  ^ßrb,  6ft^,  e«r=5Re^.    ©ür  Da  fommt   aufter  ben  @bangg.  1  Äor  6, 2 

eo  in  Setrad^t,  f.  2)a  7,  22.    Q.  33ö^I,  Die  altteft.  6itate  im  91%  Sffiien  1878,  162  meint, 


Sattott  be«  H2S  II  751 

ba&  ^Jrb  7,  20  Von  *ßaulu«  SRö  3,  10  angeführt  toerbe.)  —  ^m  W%  toirb  fein  emsiges 
8tt>ohtfl>$on  ober  ^$feubet>igroj>ljün  namentlich,  gefcfytueigc  benn  mit  einer  Slnerfennung«* 
formel  citiert.  2)ie  befonber«  für  ben  39rief  an  bie  Hebräer  unb  ben  be«  3atobu«  be* 
fyauptete  Senufeung  einiger  3tyofr$)fya  fotoie  bie  Sßertoenbung  )h>eier  $ßfeube$>igraj)fyen 
($ciu>$  unb  äffumptio  $toft«)  im  3>uba«brief  betoeift  nietyt«  für  fanonifd&e  ©eltung  biefer  5 
©Triften.  3Sgl.  noc$  frr.  Sleef,  „Über  bie  Stellung  ber  3fyofcw$en  be«  SEE«  im  d&riftl. 
Äanon"  in  IfyStÄ  1853,  267—354  unb  oben  8b  I,  625.  3u  3Jit  27,  9  Vgl.  3er  19 
unb  ©ad&  11.  %n  2c  11,  49  ift  ff  owpia  fteov  bie  ftet«  alle«,  infonberfyeit  ba«  %f)\xn 
unb  @rge$n  ber  SJlenfd&en  regierenbe  ©otte«toei«tyeit.  3u  So  7,  38  Vgl.  3jef  58,  11  unb 
anbere  Sßroj^etenfteHen.  1  Äor  2,  9  (xadcog  yeygajtxai)  ift  nac§  Drigene«  au$  ber  10 
Slia&ätyotafypfe;  ®t$  5,  14  naety  ©eorgio«  ©tynfello«  au«  einer  pfeubepigra^^tfcfjen  ge* 
remiaförift.  an  ben  legten  gtoei  ©teilen  (b.  f).  toenn  Uyei  @$  5  richtig  ift)  ttrirb  man 
einen  ®ebäcfytni«f etyler  bei  $aulu«  annehmen  bürfen :  $aulu«  toar  mit  bem  Segenbenfc^afce 
feine«  Solle«  fetyr  Vertraut  (vgl.  nur  ©al  4, 29  Idiojxev !,  2$i3,8  3anne«  u.3jambre«!); 
er  fonnte  leicht  meinen,  ettoa«  in  Sßirtlid&feit  bort^er  ©tammenbe«  im  211  gelefen  $u  16 
$aben  (ebenfo  ging  e«  2tyalmublefyrern  mit  bem  33ucty  be«  93en  ©ira).  —  2lu«  Sc  11, 51 
=  3Rt  23,  35  tonn  man  fd&lieften,  bafi  bie  Gljr  bamal«  ba«  lefcte  39ucty  in  ber  britten 
Hauptabteilung  toar. 

e)3ofe^u«.  Sgl.  3MüBer  (1774),    108—130;    6&r.   %t.  ©c$mib,   Enarratio 
sententiae  Flavii  Josephi  de  libris  Vi8  T1,  Wittenberg  1777  (2  Programme);  @id&-20 
frmt  I,  141—163.   ||   ftlaviu«  3ofet>f)u«  toill  in  ber  ©treitförift  gegen  Styion  (ca.  100 
n.  Gfyr.)  bie  SEBo^r^eit  ber  ^ebräifc^en  ©efd^id^tfe^reibung  bartyun,  namentlich  im  ©egenfafc 
)ur  ^eOenifd^en.    @r  fagt,  bie  Hellenen  Ratten  nid&t,  toie  bie  3uben,  öffentliche  äufoeicfc 
nungen  drjfiooiag  dvaygatpdg  I,  4,  gehabt,  auc$,  toie  3.  8.  bie  erheblichen  äbtoeicfyungen 
bei  ben  Verfd&iebenen  Slutoren  ertoiefen,    bei  ifyren  jäufeeicfynungen  nid&t  genügenbe  Sorgfalt  25 
angetoenbet,  toeniger  g.  93.  al«  bie  Sabtylonier  unbägtypter.     33ei    ben  Hebräern   fei  bie 
©orge  #efür  ben  ^rieftern  unb  $ro)$eten  übertragen  getoefen.    38on  ben  ^prieftern,  toeld&e 
tyre  äBürbe  immer  in  (gutem  ©ef Alerte  fortpflanzten,  feien  bie  i^nen  anvertrauten  ©Triften 
fargfälttg  betoafct  toorben.  ®ie  Slbfaffung,  xd  imoygdyetv  I,  7,  aber  tyabe  nietyt  in  ber 
SBtQtür  eine«  jeben  gelegen,   dild   judvov  xorv  ngo<pr\xG)v   xd  /nh  dvojxdxoj  xal  na-  so 
kaidrata  xazd  xr\v  bzbtvoiav   rrjv    dnb  rov  ftsov  jua&6vr(ovt   rd  dk  xa&'   avzovg 
d>g  lydvero  ocupcbg  ovyyqatpdvxoyv,    Qann  fyeijjt  e«  I,  8 :  ov  fivgiddeg  ßißkicov  elol 
tioq'  ftfuv  dovfjupiovcav  xal  ua%oti£v(ovt  ovo  de  fiova  jiQÖg  rölg  etxooi  fiißtta,  rov 
Ttartög  ixovra  y&dvov  xr\v  avaygaqmv,   xd  dixaieog  {fiela  add.  Euseb.]  jujiioxett- 
p&va.     xal  xovxcov  nhxi  fib>  iaxt  Mo)i;oecogf   (i  xovg  xe  vdjuovg  mQd%Ei  xal  xijv  85 
dny  &v#QQ>noyovLag  Tiagddooiv  H^XQ1  TfJS  a^T0^  xelevxfjg.  .   .    djiö  dt  xfjg  Moji)- 
oiaxg  xelevxtjg  ne%Qi  xfjg  'Agragiggov  xov  fiexd  Seg^rjv  flegocbv  ßaodiojg  dl  juerd 
Maworfv  ngotpYJxai   xd    xax"   amovg  ngaffihrxa    owiygayav   h   xgtal  xal    dexa 
ßtßkiotg.  al  de  Xomal  xeooageg  vuvovg  elg  xov  debv  xal  xolg  dvdgomoig  VTioftf}- 
xaq  xov  ßiov  negdypvoiv.   djtd  de  'Agxa££g£ov  fi£%gi  xov    xa&}  fj/uäg  %gdvov  y£-  40 
ygamai  /nev  k'xaoxa,  moxe(og  de  ov%  6/ioiag  i^iuixai  xoig  ngo  avxaw  did  xd  fxi] 
yevioöai  xtjv  xöjv  ngo<pr\x<bv   dxgißij  diado%i\v.    dfjXov   d'loxlv   $gy(p  niög  fffielg 
ngdoiuev    xolg    Idioig  ygdjujuaoi*    xooovxov    ydg    aUbvog   ijdrj  nagfpyrix&tog  oüxe 

rvvelvai  xig  ovdev  orxe  dqpeXelv  avxchv  ovxe  juexafteivai  xexdX/Arjxtv.  Ttäai 
avfixpvxdv  ioxiv  ev&rg  ix  xfjg  Ttgcbxrjg  yeveoeojg  'Iovdaioig  xd  vofuteiv  avxd  46 
fteov  doyfiaxa  xal  xomoig  ijuueveiv  xdi  vneg  avxolv,  el  dloi,  {Mjoxeiv  fjdeojg- 
5Die  Von  3°WU^  ertoä^nte  ©ammlung  oon  ©d^riften  ^atte  für  bie  ^uben  nidj^t 
btofe  eine  litterar^iftorifc^e  Sebeutung,  tttoa  al«  bie  ©umme  ber  alten  SRationat 
UttOKttur,  fonbern  fie  umfaßte  nur  bie  dixatwg  [foTa]  Tujztorev/neva  unb  baj^er 
al«  deov  ddyfxaxa  betrachteten  ßißXia,  biefe  aber  auc^  alle,  ferner:  ^ofep^u«  fpnd^tso 
^ter  ntc^t  feine  ^rioatmetnung  au«,  fonbern  bie  Überzeugung  feine«  ganjen  93olfe«.  ©egen 
biefe  Suffaffung  barf  man  nid)t  eintoenben,  bafi  bie  3eitan0a^e  ^er  ben  9lbfc$lufi  be« 
ftanim«  nur  barau«  gefolgert  fei,  bafe  ^of.  (f.  älrc^äol.  XI,  6,  13)  ba«  93u$  öftrer  für 
ba«  jüngfte  Sud?,  3Jtorbe$ai  für  ben  ^erfaffer  unb  ben  9tya«uero«  für  «rta^er^e«  Sang* 
banb  ftatt  für  Xer^e«  angefe^en  fyabt ;  benn  biefe  9lnfi$t  be«  3;of.  (bie  übrigen«,  toemg=  66 
Pen«  toa«  bie  ^ßerfon  be«  s^erferfönig«  betrifft,  (d)on  bie  ber  LXX  ift)  bat  mit  bem 
äauptyunlfe  feiner  9lu«{age  gar  ni$t«  gu  tbun,  bamtt  nämli$,  bafe  feit  einer  langen 
SRet^e  bon  ©enerationen  toeber  eine  SSermebrung  noc^  eine  35erringerung  ber  fyäjl  ber 
beil.  Suchet  ftattgefunben  ^abc.  föab  bie  Steige  biefer  ©enerationen  in  ber  <*&&  eine 
lange  toar,  ergiebt  ftc^  barau«,  bafi  über  bie  von  un«  in  bie  N])iaRabäer)eit  Verfemte  le^te  eo 


752  tau»  be*  JU*  II.  III 

SBermetyrung  be3  Äanon«  eine  fixere  Überlieferung  nic^t  mefyr  belarmt  mar.  3ht£  biefem 
geilen  einer  fixeren  Überlieferung  erflärt  e3  ftc^,  bafe  man  allgemein  ben  Slbfölufc  ber 
Sammlung  mit  ber  Slbfaffung  be$  legten  Sucres  für  jufammenfallenb  fytelt.  (gbenfobid 
aber  trug  *um  entfielen  biefer  Stnftd^t  ein  anberer  Umftanb  bei,  bie  33orftettuna  namlty, 

6  bafc  feit  9Jcalead&i,  bem  legten  Sßro^eten,  ber  ©eift  ber  Offenbarung  Don  3$rael  getöteten 
fei  unb  bur#  ba«  aufhören  ber  ©ucceffion  be$  Sßro^etentum«  bie  2Jtöglic$!eit  be$  @nt* 
fte^en«  ioeiterer  ^eiliger,  bie  älteren  fortfefcenber  j>ro^etifdfcgefctyidjtlid&er  Sucher  aufgehört 
fcabe.  19M  9,  27;  b.  ©an^ebrin  lla  (Sarajt^a):  rp^oi -»an  D-rnrwn  s-anaa  ttoto 
b« we  «npn  rrn  npbno:  'onhzi ;  6.  SSitringa,  Observationes  sacrae  VI,  6  ®ro* 

lonefer  1711;  II,  345  ff.).  —  3ofa>$u$  jctylt  22  Sudler,  ber  breiteilige  flanon  fcatte  bei 
feinem  Slbfcplujfe  nad)  unferer  obigen  Darlegung  24  (5,  8,  11).  23Ä$e  Sucher  ty&  nun 
3of.  unter  ben  22  toerftanben?  ©.  S.  Oeber  (ftretye  Unterfud&ungen  über  einige  Sücfrer 
be«  »3»,  £alle  1771,  64)  behauptete,  igof.  fabe  Gfty,  &*3ld}  unb  6$r  rnc&t  für  lono-- 
ntfcf)  gehalten  (f.  bie  Sßiberlegung  bei  Füller  a.  a.  £).):  tbenfo  neuere  romif(fctai$oUf<$e 

i6@ele$rte,  toie  35.8.  £aneberg  (@inl.  in« SEE»,  StegenSbura  1852,  709)  unb  £einr.  Ätyn 
(Styeobor  bon  3Ro»>fueftta,  greiburg  i.9. 1880,  §  72  f.).  Stber  e$  ift  faer,  bafe  3of.  alle 
in  unferen  tyebräiföen  93ibeln  ftetyenben  Sucher  als  fanonifö  anfa^  unb  ba|  er  fie  in 
berfelben  SBeife  jaulte  toie  foäter  j.  93.  Drigeneä,  fte  aber  eigentümlich  anorbnete,  namlic$ 
fo,  bafi  er  unter  bie  13 nQOfpfjxai  regnete:  3of,  2  9H  u.  9tut$,  a  ©a,  4  ßg,  (Sfyc,  <$8r=9fc&, 

20  @ftk  3ef,  •  ^er  u.  ßlagl,  10  @a,  Da,  ba«  »u<$  ber  12  Beinen  «Proben,  ls  £i;  alfo 
SRuty  unb  Älagl.  nid&t  jä&lte.  Die  brüte  Abteilung  umfaßte  $f,  ©pr,  $rb,  £2.  »uf 
biefe  feine  DarfteHung  toar  einmal  bie  Slnorbnung  in  ber  LXX  Don  ©tnflufc  (bie  9b« 
fyängigfeit  be«  3°f-  bon  ber  LXX  ergiebt  ft<$  auc$  barau«,  bafi  er  Slr^äoL  XI,  1—6 
au<$  ©tücfe  au«  bem  grie$.  G&rabuc^e  unb  ben  grie$.  3uf^m  Su  Sfty  öertoenbet  Sgl 

25  ferner:  ©pittler,  De  usu  versionis Alexandrinae  apud  Josephum,  ©öttingen  1799; 
©cfyarfenberg,  De  Josephi  et  versionis  Alexandrinae  consensu,  Seidig  1780);  no$ 
me|r  aber  ift  bie  Slbtoeid&ung  bon  ber  alten  (im  Sfyalmub,  f.  ©.  745,  erhaltenen  unb 
buxd)  bie  6ntftetyung3geji§ii§te  be3  Äanon«  flar  geworbenen)  Reihenfolge  barauS  )u  er- 
Hären,  bafi  eS  3>°f-  nad)  bem  gufammentyange  ^  gtene  bejonber«  um  £ert>or$ebung  ber 

so  ^iftorifd^en  ©Triften  be^  312:  ju  t^un  toar.  —  3)ur$au3  berle^rt  bezeichnete  ©$mib  (hist 
222)  bie  Slnorbnung  be$  3°f-  ^  bie  alte  unb  richtige,  bie  im  3^almub  alä  bie  \pätm: 
Caussam  mutati  ordinis  antiqui  equidem  nullam  aliam  perspicere  potui,  quam 
arrogantiam  legis  doctorum,  qui  novis  inventiuneulis  famam  de  se  excitare 
cuperent;  ä^nli^  meinte  ©.  G.  ©torr  ($aulu^,  5Reue3  Slepertorium  f.Sibl.  u.9RorgenL 

86  Sitteratur,  II,  227,  %tna  1790),  e$  fei  i^m  ,,toaWd^einlid^,  bafe  biefe  (Einteilung  [b<^ 
^of.]  auf  bie  bamalä  übliche  älnorbnung  ber  einzelnen  ©üc^er  in  ben  ßanbfd^riften  ge? 
grünbet  toar  unb  alfo  bie  93erme^rung  ber  britten  klaffe  ober  bie  Serfegung  meh- 
rerer ©c^riften  au$  ber  jtoeiten  Älaffe  unter  bie  §agiograpfya  erft  f^Kiter  eingeführt 
toorben  ift". 

40  III.  Slngebltd^e  ffltber j^rüc^e  gegen  ben  Jtanon.  (Srnft  gemeinte  9Biber^ 
fprüc^e  gegen  biefen  Kanon  ber  24  ^l.  33üd)er  ftnb  im  alten  ^ubentum  niemals  erhoben 
toorben:  toeber  finb  einmal  aufgenommene  Sucher  ernftlic^  beftritten  toorben,  noc^  tyü 
man  irgenb  ein  anbereä  Suc^)  \p äter  aufgenommen  ober  aufzunehmen  SSerfuc^e  gemalt 
aSier  ©rünbe  fd^einen  gegen  biefe  Slnjufyt  gu  J^red^en: 

46  a)  3)ie  t^almubifd^en  Seftreitungen.  —  Sei  i^nen  tyanbelt  eö  Jtc^  nic^tum 
bie  2lufnatyme  neuer  Sucher,  nic^t  um  bie  @rtoeiterung  be^  Jlanon^,  auc^  m$t  um  bie 
Slu^fd^lie^ung  eine^  $3u$eö  au$  Slnlag  irgenbtoeld^er  fritifd^en  3toeife'  (?onf*  ^e  man 
über  baö  Vöud)  Da  bebattiert),  fonbern  barum,  ba^  einzelne  ©ele^rte  für  bie  StuSfcfreibung 
eine^  ober  be^  anberen  fd[>on  längft  aufgenommenen  9ßui)&  ©rünbe,  h>el#e  bom  Sn^altf 

so  hergenommen  toaren,  anführten,  inbe^  o^ne  bafi  in  irgenb  einem  §aSe  biefen  (Erörterungen 
^raftifd^e  ^olge  gegeben  tourbe.  3Ke^rfad^  machen  bie  Debatten  ben  (Sinbrucf,  ba^  bie 
93ebenfen  nur  erhoben  tourben,  um  toiberlegt  gu  toerben,  mit  anberen  SBorten,  van  einer* 
feit«  ben  ©cfyarffinn  ju  üben,  anbererfeit«  bie  Slutorität  ber  fyi.  Sü^er  ate  bötttg  gejufcrt 
ju   ertoei|en.    ^u«    !einer  ©teile  folgt,   bafj   im   religiöfen  3Solföbetou|tfein  jemals  ein 

66  ©d^h>anfen  über  bie  ßanonicität  irgenb  eine«  ber  24  Sudler  ftattgefunben  ^abe,  unb  9e* 
^auftungen,  toie  bie  dürfte  (©.  95),  ba^  erft  Gfyananja  ben  G^telia  ben  ®orion,  ein 
älterer  3^tgenoffe  be«  §iHel  unb  ©d&ammat,  „bie  aufnähme  be«  2>ed>e3fel  iiftJtoion  et* 
möglid^t  ^at",  geugen  bon  völligem  3Kiyennen  be«  ©eifteä  unb  De«  Wiorifc^en  SBerte^ 
ber  bejügl.  t^almubifd^en  Slngaben.    (©leid^toertig  ift  a.  S.  bie  2lu«faae  SRabbiS,  baj  bte 

60  I^ora  au«  fieben  Sudlern  befte^e,  inbem  bie  beiben  2ierfe  5Wu  10, 35  f.  ein  33u<$  für  M 


Saturn  be*  »2«  III  753 

bilbcten,  in  toeld&er  3lu«fage  no$  niemanb  eine  ernftlid&e  33eftreitung  ber  gunfteilung  ber 
2$ora  gefunben.  SSßl.  meine  Stnleit.  in  ba«  313:  §  5,  3.)  gfür  bie  Slnenennung  gerabe 
be«  93uäe«  (Sfty,  bei  freierem  bie  33eftreitungen  *>erfyältni«mäfitg  ben  meiften  ©runb  gu 
faben  fqemen,  liegen  bei  ben  Suben  fefyr  pofittoe  3eu9^fle  box,  unb  gioar  nicfyt  nur  au« 
anbeten  Quellen,  fonbern  auety  au«  bem  ityalmub.  3*ruf.  Regula  I,  7  (70d  ber  Ära-  6 
lauer  Ausgabe)  Reifet  e«:  nun  -nec  n«?:m  ban^b  -pT»ny  raircm  swnm  t:«  pm  ,tai 

SRefö  Saftfa  [teilt  alfo  bie  (SftyerroHe  ber  %f)oxa  gleich  unb   $öber  al«  $roj>fyeten  unb 
äagiograwen.    3jofel>$u«  rennet  (Sftyer  o$ne  3toeife'  unter  &ie   Mo  noög  xoTg  eTxoai 
ßißkia,  toel$e  dixaicog  [öela]  nemarevpha   ftnb;    unb  ©pi^aniu«  fc^reibt  haeres.  io 
XXIX,  7  (I,  122  f.  ed.  Petav.):   Xgajvxai  de  ovxoi  [61  Na^cogaioi]  ov  /wivov  vea 
dia&rjxfl,  äXXd  xai  nakaiq  dia&rjxfl,  xa&aneg  xal  ol  'Iovdaioi.  ov  ydg  äjirjyöqeV' 
xai  nag  avxolg  vojw&fola  xal  ngoqprjxai  xal  ygaq?eia  xä   xaXov/ieva  nagä  ylov- 
daUng  ßißUa  .  .  .  'EßgäCxfj  dh  dtaXexxqj  äxgtßalg  eloiv  ivtjoxrj/uivoL  nag  avxolg 
ydg  nag  6  v6/xog  xal  61  ngotprjxai  xal  xd  ygatpela  Xeydfieva,  (prjjul  de  xd  axixVQ^  15 
xal   al  Baodäat   xal  üagahmo^va    xal  ^Jcmjg   xal    xälila    ndvxa  'EßgäixoJg 
dvayivcboxexai,  &oneg  äßiikei  xal  nagd  'lovdaloig.  —  Sine  Erörterung  ber  tjjalmub. 
©teilen,  toel$e  fid^  gegen  bie  Slnerfennung  einzelner  ber  24  Sudler  anführen  laffen,  mu| 
be«  Staunte«  falber   ^ier  unterbleiben  (bgl.  SJrang  2)elifcfd&   in  AlStyft   1854,   280  ff. ; 
%.  2Beber,  3üb.  Geologie2  Setyg.  1897,  §  20,  8;  gürft«  33ud&  ift  gur  Orientierung  um  20 
geeignet,    ©gefiel:  ©abbaty  13 b  =  9Menac$ofy  45»  =  <ä&agiga  13»,  ftürft  24;  $ona: 
SRumeri  3tab.  18  bgl.  $feubo-4Rafd&i  gu  3#acanit$  15»;   ©prüd&e:  ©abbaty  30  b,  Slbotfc 
be  ».  SRatyan  1;  $o$e«lieb:  Sabajim  3,  5,   Slbotfc  31.  31.  1,  ftürft  57.  83;   Äo^elety: 
ebujot^  5,  3,  3abajim  3,  5,  ©abbaty  30  b,  2lbot^  SR.  %  1,  fttoit  3lab.  28,  3Hibrafö 
fto^elet^  ju  1,  3,  $ürft  58.  90;  ©ft^er:  aHegiUa  7»,  ©an^ebrm  100%  gürft  57.  110,26 
2ewj  in  ber  ^ebr.  Stf^r.  Djar  ne^mab  III,  175  ff. 

b)  2)a3  S3u$  beg  83en  ©ira.  —  3Re$rfai§  toerbe,  fagt  man,  ba$  ben  I^als 
mubiften  im  Original  toofylbefannte  Sud^  be«  93en  ©ira  t>on  i^nen  mit  SlnfityrungS* 
formein  citiert,  h)el(^e  fonft  nur  in  SSegug  auf  bie  ^eiligen  24  SBüc^er  borlommen:  93era« 
ttoty  48»  ©djiinfon  ben  ©c^eta*  a-rei;  '©rubin  65»  S«ab  (u.  SR.  ß^anina)  ^2«»;ao 
»aba  qamma  92 b  83aba  bar  3Rari  o^ninDn  rabrer:.  daraus  barf  man  aber  ni$t 
f^lte^en,  baj  baö  genannte  ©uefy  t>on  ben  ^uben  afö  fanontfd^  angefe^en  mürbe.  9ln  ber 
elften  ©teile  nämlicty  fte^t  jtoar  im  babtyl.  X^almub  nur  ^nsn^  aber  in  ben  $araHel* 
jteBen  jer.  »erai^ot^  VII  (11 b,  3.  16  t>.  u.),  jer.  9lafir  V  (331.  54 b,  3.  14),  ©en 
«abba  91,  SWibrafd^  Äo^elet^  ju  7,  12,  ift,  getoife  richtig,  nad^  biefem  SBorte  ba«  33ud&  86 
be«  Sen  ©ira  mit  Flamen  genannt:  auA  toirb  bie  2lnna$me  lanonifd^er  ©eltung  für  ba« 
9uA  ni$t  burc^  ben  3"fammen^ang  geforbert  (bafyer  barf  aud)  atö  anberen  ©teilen,  tt>ie 
b.  94ibba  16 b,  S3aba  batfyra  98 b,  leine  Folgerung  ju  ©unften  fanonifd^en  Slnfe^en«  be« 
Suc^e«  ©.  gebogen  tüerben).  2ln  ben  betben  anberen  ©teilen  ^aben  bie  gleich  $u  nennen- 
ben  Autoritäten  aQerbing«  bie  9lbfi$t  gehabt,  einen  Ser«  ber  1)1  ©c^rift  gu  eitleren.  40 
r6rubin  65  »  fü^rt  ßtyija  bar  äfd^i  atö  2lu«ft>ruc^  9tab$  an :  „SBer  rtid^t  ruhiger  Stimmung 
ift#  foO  nid^t  beten"  nrr  bx  -iss  *ytm  trmzf  unb  l)at  SRab  ^ier  na#  getoö^nli^er  Sin« 
na^me  ©i  7,  10  (in  ber  griec^.  Überfe^ung  pyj  öXiyoyrv%rjofl$  fa  tfj  ngooevxfj  oov) 
im  ©inne  gehabt.  93aba  qamma  92 b  toiH  Saba  bar  3Kan  (tt>ie  man  oft  t^at,  toenn 
man  ettoa«  gang  gtoeifello«  bartfyun  Sollte)  mit  bergormel:  -:c  n-ira  mrs  rrr  *^m  « 
trainrn  cbiü?2i  c^N^n:n  einen  ©a$  al«  in  allen  brei  Seilen  be«  SEE  begrünbet  nac^toeifen 
unb  gtebt  al«  Selegftellen  ©en  28,  9;  9«  11,  3;  ©i  13,  15.  Um  biefe  beiben  Gitie* 
rungen  richtig  gu  beurteilen,  t)at  man  ^u  bebenfen,  bafe,  toeil  ba«  33u$  be«  Sen  ©ira 
fcbräifä  gefd^rieben  mar,  bie  Xbalmubtften,  bie  ebenfo  tote  g.  93.  ber  Sfyoftel  $aulu« 
metft  au«  bem  ®ebä$tniffe  citierten,  fe^r  leidet  einen  ©a$  au«  biefem  bon  i^nen  tnel  50 
benu^ten  unb  gef$ä$ten  Öuc^e  in  berfelben  SBeife  tote  eine  SBibelfteQe  anfügen  fonnten, 
in  ber  3Retnung,  er  fte^e  totrllid^  irgenbtoo  in  einem  ber  ^eiligen  24  Sucher.  93on  feiner 

S>ifc$en  Slutontät  toirb  ba«  Sud^  ©iraefy  al«  gum  Äanon  gehörig  begegnet;  bielme^r 
liefern  alte  3eu0en  &  au«brütflid^  t>on  i^>m  au^.  3n  ber  I^ofee^^t^a  ^abajim  c.  2 
(3udrermanbel  683)  Reifet  e« :  c*rn  r«  y&z'Ez  mp&  i^r-:r;  "-cci  (ßbanaelien)  errbifr  66 
nrn  n«  7«?:^::  -,rN  *p-«-  -,&*::■:  izrsss  z^zz  bsi  er- c  p  ""ec  »u(^  jer.  Bern? 
b^rin  X,  (28»;  t>gl.  5K.  ^oel,  33lttfe  in  bte  $Rel.*@efd&id&te  gu  Slnfang  be«  2.  c^rifÜ. 
S^unbert«,  Seipgig  1880,  I,  71—75)  unb  ber  2lu«foruc$  be«  SR.  3ofe}>&  (f  ca.  333; 
er  toor  alfo  faum  eine  ©eneration  älter  al«  53aba  bar  üJtari)  in  bab.  ©an^ebrtn  100b 
geigen  beutlk^,  bafe  ©i  nic^t  gum  Manon  geregnet  mürbe.    Spip^aniu«,   De  mensuris  eo 

üfaMK0iaoi»abic  ffiT  g$cologtc  unb  SHt^c    3.  0.  IX.  43 


754  Sattott  be*  «£*  III.  IV 

et  pond.  4  (Sagarbe,  ©tymmicta  II,  157)  bezeugt  bon  ©i  unb  2Bei:  ek  ägi&juov  rcov 
$rjt(bv  ovx  ävacpigovrac  dt  o  ovde  h  reo  ägcbv  ivertfhjoav,  xovt  latlv  cv  rfj  t*)s 
diafrrjxrjg  xißcorcp. 

c)  %ixx  ein  fyol;e3  2lnfefyen  ober  gar  Äanonicität  be«33u$e«  9arud&  (2)ittmaim  480) 

6  läfet  fi$  au«  ber  gefamten  Sitteratur  be«  l>aläftinifc§en  unb  babblonifaen  3ubentutn«  lern 
Setoei«  borbringen,  dagegen,  bafe  bie  genannte  Sd&rift  ein  folege«  Stoffen  gehabt  fcbe, 
\pud)t  aud?  tbre  foäte  @ntftefyung«jeit :  jte  ift  bon  Daniel  c.  9  abhängig  unb  in  tyren 
begebenen  teilen  erft  nac§  ber  3^Pörung  Igerufalem«  burd&  %üu&  berfafet  3)ie  Sit* 
gäbe  ber  ätyoftol.  Äonftitutionen  V,  20   xal   yag  vvv   dexdtfj   xov  finvog  Foqtwuov 

io  ovva'&Qot£6jU€voi  xovg  &prjvovs  'Iege/bUov  ävayivcboxovoiv  .  .  xal  xov  Bagovr  ber* 
bient  feinen  ©lauben.  3)ie  2lngabe  be«  9Ronat«  unb  be«  $age«  beruht  too^l  auf  $er* 
toed&felung  be«  9.  Stb  (3erftörung  ^erufalem«)  unb  be«  10.  2$tföri  (33erfö$nung«tag), 
unb  be«  33ucfye«  Sarudfc  gefd&iefyt  in  ber  f^rtfd^en  ©runblage  ber  8fy.  Äonft  feine  (fr* 
toäfynung.    Sbij^aniu«,  De  mensuris   et  pond.  5   (Sagarbe,  ©tymmieta  II,  157)  be* 

16  jeugt  au«brücflid&,  bafe  93aru$  für  bie  :guben  nicfyt  gu  ben  fanon.  ©driften  gehöre:  ba« 
213:  $abt  27,  beafo.  22  93üd&er  mit  (Sinfd&Iufj  be«*Pfalter«  [al«  1  93ud&]  xal  xeov  Svxcov 
h  xoJ  'Iegefuq  (unb  be«  im  %<x.$S\xd)t  Enthaltenen),  <prjjul  de  xal  xcbv  öonvcov  xal 
xeov  emoxokcov  Baoov%  xal  'legejuiov,  ei  xal  ov  xeivxai  al  ImoroXal  nag  jEfigaiov;, 
äXK  fj  fiovov  ?]  tcov  $Qr}vtöv  xeo  eIeQejula  ovvaqr&eiaa. 

20  d)  3)er  fogenannte  alejanbrinifcbe  Äanon.  %n  &t  Überlegung  berLXX, 
b.  i.  in  ben  grie^ifd^en  Sibeln  ber  fyeüeniftifdpen  !guben  ftefyen  aufeer  ben  24  Suchern  be« 
bebr.  Sibelfanon«  mehrere  ganj  neue  ©driften  fotote  3ufäfte  gu  einigen  jener  Stößer. 
9Kan  barf  fyterau«  nid^t  fd^liefeen,  bafc  e«  einen  bom  paläftmifdpen  (fyebräifd&en)  berföiebenen 
alejanbrinifd^en  Sibelfanon  gegeben  t)abt.    3)enn  erften«  fyat  ftd^   auf  bem  SBoben   ber 

26  aleEanbrimjdHübif$en  Ideologie  bie  3ftee  eine«  Äanon«  im  ©inne  ber  palafttn.  ©cfyrifr 
gelehrten  gar  nid&t  gebilbet.  S)ie  2lbgrenjung  be$  ^ebr.  Äanon«  nämli(^  ^ing  jufammen 
mit  ber  Slnftd^t,  ba«  SBalten  be«  Dffenbarungggeifte«  in  ffiad  ^abe  nac^  bem  Auftreten 
ber  legten  $ro^eten  (Sfalead^i)  aufgehört;  biefe  Stnjtd^t  ab&  ift  im  SBiberfpruc^  mit  bem 
jübifd^en  SUejanbrini^mu«,   ber  ba«  Dffenbarung^rin^,  bie  äBei^^ett,  ben  Sogo«  nietyt 

so  nur  in  ben  früheren  ©otte^männem,  fonbern  in  jebem  Söeifen  unb  kommen  toirffam 
fein  läfct.  $^i!o  legt  fic^  felbft  göttliche  ßingebung  bei  unb  bie  Sefäfyigung,  tuqi  <br 
ovx  olde  uavreveG&ai  (de  Cherubim  §  9).  5Wur  3Rofed,  ber  äQYtJZQoqrfTTjs,  yat  f& 
i^n  eine  3lutorität  befonberer  2lrt  (bgl.  oben  ©.  750,36).  2lu3  biefer  2lnf(^auung«toetfe 
ertlärt  e«  ftc^,  bafe  man  in  3Uejanbrien  fem  Sebenfen  trug,  bie   gried^.  Überf^ung  be$ 

36  311«  burd^  3uf^e  Ju  einzelnen  Sudlern,  ja  burd^  ^ingufügung  ganj  neuer  93üc^er  ju 
bermebren.  3)a«  3lnfe^en,  meldte«  ber  LXX  in  um  fo  ^ö^erem  ©rabe  gu  teil  tourbe, 
je  mepr  bie  Äenntni«  ber  ^ebr.  ©pracfye  fd^toanb  unb  bamit  bie  üRögltdjfeit  aufhörte, 
au«  ben  Originalen  bie  ©efäid&te  ber  Offenbarungen  ber  göttlichen  3Bei«^eit  fennen 
ju  lernen,  ging  auefy  auf  bie3ufä^e  unb  bie  Sucher  über,  toelc^e  fte  me^r  al«  ber®runbs 

40  tejt  enthielt.  SMefc«  3lnfe^en  aber  ift  bon  eigentlicher  Äanonicität  noc^  fe^r  berfc^tAen. 
£a«  92id^tbor^anbenjein  eine«  bejonberen  ale^anbr.  Kanon«  ergiebt  ftc^  auc^  barau«,  bafe, 
toie  fotoo^I  au^  bem  geilen  jebe«  3euÖn^ffeS  «Ö  a«^  m*  k*™  ©d^toaiuen  ber  $anb« 
febriften  (f.  meine  @inl.  in  ba«  Sil  §  78,  4)  fyerborgefyt,  toeber  bie  Reihenfolge  no^ 
bie  3a^  ^uc  neuen  Sucher  jemal«  bon   ben  alejanbr.  %vbm  al«  eine  filterte  angefe^en 

46  loorben  ift. 

IV.  ©efd^ic^te  be«  altteft.  Äanon«  bei  ben  ^uben.  a)  3)ie  ©reitei^ 
lung  be«  Äanon«.  Prolog  be«  S3uc^e«  S3en  Sira  f.  ©.749;  £c  24,  44  f.  ©.  750; 
%aba  Sat^ra  14b  f.  ©.  745.  %ab.  ©abbaty  88 a  toirb  ©ott  gepriefen,  toeil  er  bem 
breiteiligen  5So(fe  [^ßriefter,  Sebiten,  ^^raelitenj  -«n^br  -jar^N  gegeben  fyabt;   bem  SSor* 

60  tyanbenfein  bon  c^mrs":  c«^:  rrnr  entjpred^enb  finbet  fRab  SSjfi  (9RegiHa  21b),  ba| 
5Dtontag«,  J)onner«tag«  unb  ©onnabenb«  nur  brei  au«  bem  Söod&enabfönitte  ber  itp** 
rolle  beriefen,  unb  (baf.  25*  2lnf.)  bajj  ber  au«  bem  ©efe^e  Sßorlefenbe  nic^t  toeniger  ate 
brei  SSerfe  lefe;  ^e^iqt^a,  3lu«g.  bon  23uber  105a:  c^mrn  c^firs:  rmn  rabic?:  mm; 
jer.  6^>agiga  II,  1  (77 b  SWitte)  fagen  ^of ua  ben  (S^ananja  unb  SKefer  ben  ^Aro0*  ju 

55  3lbuja :  r^irrb  s^N-srn  y:i  c-fi^arb  i-r*rr>  y:  mr\  ^r:  -f-rni  inn  yacr ;  wc 
häufige  gormel  (j.  8.  2tboba  Zara  19 b):  c-airra  micrzi  c«^a:5  *naB  rnra  stc 
3Ke^r  bei  «ubto.  »lau,  ^ur  ®inl.  in  bie  ^l.  ©d&rift,  Strasburg  1894,  22  f.  —  3n  ben 
,Öanbf$riften  ber  LXX  ift  biefe  Dreiteilung  gu  ©unften  einer  ©ac^orbnung  aufgegeben: 
an  ber©]pt^e  fielen  bie  ^iftorifc^en  Sucher,  bann  folgen  bie  poetifd&en,  ben  ©d^lu|  ma^en 

60  bie   prop^ctifd^en   (bie  a^ofrbp^ifd^en  finb  an  geeignet  erfc^einenben  ©teilen   emgeftyoben). 


ftattott  be«  H2«  IV  755 

b)  Sie  ^Reihenfolge  ber  Sudler.  3$orab  faben  toir  bie  $rage  tu  erörtern, 
toeldbe  Sudler  ben  %m)cdt  jebe«  leite«  au«ma$ten.  «Streitig  ift  nur  bie  ©tellung  jtoeier 
Sücper.  SKeift  behauptet  man,  Stutb  unb  Älagl  Ratten  urforünglicfy  in  ben  9tebi'im  ge^ 
ftanben  unb  feien  erft  fpäter  ben  ^agiograpfyen  eingefügt  toorben  (and)  3.  -KJettyaufen, 
Sompofttion  be«  §erateu$«2,  93erlin  1889,  357).  3^0-  ©cü  &  ^ne  ©ammlung  Don  6 
§agiogra}$en  gab,  fyaben  'Sinti)  unb  Älagl  ui  biefer  gehört.  $ür  biefe  2lnftd>t  frricfyt 
erften«:  bie  litterarifcfye  SSefd^affen^eit  beiber  Sucher  unb  ber^n^alt  berftlagl.  3roe*ten^: 
Jonathan  ben  Uftel,  ein  Sd&üler  §illel«  (©utta  28a),  Derfafete  einen  Stbätöum  ju  ben 
z*arn: ;  aud&  bie  c^irc  gu  übertragen  tourbe  er,  na$  ber  SErabition,  burety  eine  ©otte«* 
ftimme  Derfjinbert  (3RegiIla  3a).  2Benn  nun  and)  ber  erhaltene  2#argum  m  ben  pro- 10 
phetae  priores  et  posteriores  nid&t  ober  boefy  nid^t  fo,  toie  er  erhalten  ift,  Don  3jona* 
tfym  tyertüfyrt,  tonnte  bo<$  $on.«  9tome  auf  bie«  2Berf  nur  bann  übertragen  toerben, 
toemt  e«  ^bm  bie  Sudler  umfaßte,  auf  toeld^e  ft$  bie  toirflid&e  Slrbeit  ^onatban«  erftredfte. 
Unter  ben  auf  un«  gekommenen  ifyargumen  nun  fennjeietynet  ftd&  bie  ben  Flamen  %on£ 
tragenbe  $ara}$rafe  ber  ad)t  ^ropbetenbüc^er  al«  ein  einheitliches  alte«  2Berf,  toäfjrenb  15 
bie  ber  fünf  3Regillo$  ganj  anberer  ärt  unb  toeit  jünger  ift  (Dgl.  3wnj  65),  —  mithin 
bilbeten  Sinti)  unb  Älagl  jur  &it  Igonattyan«  leinen  Seftanbteil  be«  fog.  jtoeiten  Äanon«. 
dritten«:  in  ber  be^üglic^  biefe«  fünfte«  DoHfommen  einhelligen  Xrabition  ber  paläftini* 
fd^en  unb  babtylonifäen  3>uben  beutet  nietyt  bie  geringfte  ©pur  barauf  fyin,  bafj  einftSiutb 
neben  Sit  unb  bie  Älagl  nebenher  geftanben  fyabzn.  2lu&er33aba  bat^ra  14b  fei  ^ternurao 
citiert  öerafyoty  57  b  (Sarajtba),  too  $f,  ©pr,  §i  al«  e^-na  c-n-re  rraVc  unb  £i'#rb, 
flfoglal«  we-s-nre  '*  be^net  toerben.  33gl.  aud&  IV,  c  überbie3ä$lung24$l.33ü#er. 

Sie  &aba  batyra  14b  angegebene  SReibenfolge  ber  einzelnen  93ücfyer  innerhalb  be«  2. 
unb  be«  3.  Seile«  ftimmt  mit  bem  über  ba«  SEBerben  be«  .Kanon«  (Erörterten  fo  genau 
überon,  ba|  fte,  in  ber  £auptfa$e  toenigften«,  fi^er  bie  urtyrünglid&e  ift.  —  Sie  Steigen;  25 
folge  ber  Dier  j>ro^etifcfcgefc§id&tlid&en  Sudler  toar  bureb  bie  9Jatur  ber  ©aetye  geboten. 
$m[\d)Ü\d)  ber  Stnorbnung  ber  eigentlichen  ^Jro^b^ten  fei  folgenbe«  bemerft.  9Öie  bie 
Imitate  ber  3Jtifctyna  innerhalb  ber  einzelnen  Drbnungen  naety  ifyrem  Umfang  (Äajjiteljabl) 
auf  einanber  folgten,  fönnte  man  auety  bie  Dier  Sudler  ber  eigentlichen  $ro^eten  nad^ 
bem  Umfange  georbnet  glauben,  ba  ^er  länger  al«  6$,  6j  länger  afe  3fef  ift,  ba« 3^lf -  s> 
}>ro^etenbud^  enblidj>  ben  geringften  Umfang  bat  (80:7ÖVa:64:56Vs  3)rucffeiten  ber  Steile- 
fc^en  äu«gabe).  2tber,  erften«  liegen  jtoifd^en  ber  ©ammlung  ber  Sßro^eten  unb  ber 
SRebaftion  ber  3Rifc^na  burc^  SRabbi  me^r  al«  fed^«  ^öb^w^berte  unb  barf  au«  einem  fo 
Diel  fpäteren  gaftum  nid^t  o^ne  fteitere«  ein  ©c^lug  gemalt  merben,  unb  jfteiten«  fyat 
bei  ber  Drbnung  ber  H.  $rof l^eten  bie  Stücfficbt  auf  ben  Umfang,  toenn  überhaupt,  nur  85 
in  ganj  bef^ränftem  3Kafee  eingetoirlt  (anber«  in  ber  LXX).  G«  toirb  bal^er  rieb* 
tiger  fem,  bie  Drbnung  ber  toier  ^rop^etenbücber  in  f olgenber  SKeife  ju  erflären :  9Sor* 
angefteQt  |tnb  bie  beiben  Sudler,  toelcfye  ganj  (^er  faft  gan^)  toon  ben  ^rop^eten  ^errü^ren, 
bmn  9Jamen  fie  tragen:  juerft  ber  ältere  ^er,  bann  ber  jüngere  6$.  35arin,  ba^  3^ 
hinter  biefen  beiben  fte^t,  bürfen  toir  toobl  einen  Sleft  ber  ©rfenntni«  fetyen,  bafe  ba«  %&  *> 
fatabuc^  in  feiner  Dorliegenben  ©eftalt  foäter  fei  al«  &x  unb  ® j,  bafi  namentlich  ber  W): 
fcfyutt  c.  40—66  erft  au«  ber  3cft  be«  6^ru«  ftamme.  Sie  Reihenfolge  ber  12  Keinen 
SProj^eten  ift  burd^  Derfd^iebene  ©rünbe  (älter,  angenommene  unb  toirflicfye  Schiebungen 
be«  einen  auf  ben  anbern  u.  f.  ix>.),  beren  Erörterung  fyier  ju  toeit  führen  mürbe,  &eran* 
lafet  toorben.  —  Sie  Drbnung  ber  Rettyubim  erflärt  ftcb  faft  ganj  an^  ber  2lrt  ber  aD*  45 
mä^lic^en  Silbung  biefer  Abteilung  be«  Äanon«.  Sie  $f,  ba«  toid^tigfte  Öud^,  Don  9tut^j 
eingeleitet,  bilben  ben  älnfang.  Sann  folgt  §i,  toeil  bie  brei  großen  $agiogra})bcn  bei 
einanber  ftefyen  foDten  unb  man  bie  ©p rüc^e  ntd^t  Don  bem  .§£  trennen  tooUte,  ba«  gleich* 
faO«  mit  ©alomo«  9lamen  Derbunben  toar.  Äobelet^  tourbe  gtoifcben  bie  älteren  Sücfyer 
gefc^oben,  toeil  ©alomo  al«  Serfaffer  galt;  bie  Dier  anberen  f^ät  entftanbenen  SBüc^erw 
^e^en  am  Scfylufc:  juerft  ba«  ^ur  öälfte  ^ro^betifd?=apo!ah;^tifd>e  Sanielbud^,  bann  bie 
brei  ^iftorifd^en  ©d^riften  6ft^,  (S«r=5ic^  unb  Gbr,  toeil  man  glaubte,  fte  feien  foätcr  al« 
ba«  Saniel«  SRamen  tragenbe  Vänd)  berfafet. 

Sie  im  SBorftefyenben  befprod^cne  Stei^enfolge  ber  Sudler  toirb  jtoar  noc^>  Don  3HaU 
monibe«,  ©ej)^er3^ora  7,  15  Dorgefcfyricben,  finbet  ftd^  aber  burd^gefübrt  nur  in  toenigen  66 
8ibel^anbfd^riften,  j.  8.  in  bem  jtoeiten  ber  Don  Ib-  ty*>  i'ilientbal  befdjjriebenen  Gobice« 
(Commentatio  critica  sistens  duorum  eodicum  mstorum  jfoj  Biblia  Hebraica 
continentium,  qui  Regiomonti  Borussorum  asservantur,  Äönig«berg  1770,  49.95), 
in  ber  ttaffeler  ^anbfebrift  (vx>.  ®.  Schiebe,  Observationum  sacrarum  biga,  öremen 
1748,  31),  60b.  be  Moffi  3lx.  1252.    '  oo 


756  Äanoit  be«  »2«  IV 

3atylreid)e  Stbtoeictyungen  finben  ficfy  bei  ben  toier  eigentlichen  $rop$eten  unb  bat 
$agtogra^en. 

a.  3)ie  eigentlichen  $rol>$eteu.  3)ie  tyalmubifd&e  Drbmmg  (3er,  Sj,  3*fr 
XII)  ift  nad)  @lia«  Sebita,  3Raji.  ^mafe.  120  ed.  @in«burg,  in  ben  beulen  unb  frorn 

6  aöftfc&en  £anbfd&riften  beibehalten  n-woßm  D^rac«n  -nw».  ©ie  ftnbet  ftc$  j.  8.  in 
Gobb.  be  Sloffi  2.  20.  226.  380.  440.  663.  737.  1257,  bgl.  aud&  SBoIf,  B.  H.  JI,  47. 
IV,  80.  83;  aufcerbem  ftet«  in  ben  Slufectylungen  be«  33uc#e«  Ddjlafc  SB^Ia^  fteraufc 
geg.  bon  ©.  gren«borff,  £annober  1864).  —  3)ie  aJla&oretfyen  [teilten  gefoio  boran; 
itynen  folgen  nad)  Gl.  Sebita  unb  2).  Atmest  ju  3er  1/  1  bic  fpanifc^en  #anbf<&riften 

io  (anneo).  3)iejelbe  Reihenfolge  au<$  in  anberen  fefyr  alten  3Ranuffrtt>ten,  j.  8.  Gobei 
Sabtylonicu«  Sßetropolitanu«  (bon  mir  Seidig  1876  ebiert),  Gob.  5ßeter«burg  B  19*  bom 
Safcre  1010,  Gob.  ßennicott  89  (angeblich  bom  $.  856,  in  Gambribge,  3h.  12  beSÄata* 
log«  bon  ©^iDer^Sgineff^);  ferner  in  e*rm  my  (f.  a.  33). 

ß.  3)ie  #agiograj>fyen.    Die  tfyalmubifd&e  3tet$enfolge  (Stuty  boran)   finbet  fid^, 

16  aufjer  in  ben  fd&on  ermähnten  brei  aJtanuffrtyten,  toelc^e  3er  an  erfter  ©teile  tyaben,  in 
ben  Gob.  be  SRofft  31.  32.  33  (ft>anifd&,  SColebo  1290),  304  (franifö,  Barcelona  1278), 
518  (ft>an.),  789 ;  ferner  (bo#  $r  bor  $i)  in  35.  942 ;  in  9tr.  4  (boefc  $S  bor  Äo&eL, 
©fty  bor  2)a).  —  9tut§  fte&t  am  änfang  bor  ben  $f,  bo#  fonft  ift  bie  Drbmmg  ni#t 
bie  tyalmubtfd&e  in  677  unb  824.    2Iucb  in  einigen  giften  be«  Sud&e«  D$lab  2B'o^la^ 

ao(9ir.  111.  112.  127)  ftc^t  3tuty  an  ber  ©pifce  ber  §aaiogr^en.  —  2)ie  3Rafcore$en, 
toeld&en  naefy  @(.  Sebita  bie  fe^arbifetyen  Gobice«  folgen,  orbneten:  (Sfyc,  $f,  $i,  ®px, 
SRuty,  §£,  Hol),  Älagl,  Gfty,  2)a,  G«r.  SDiefelbe  9lei^enfolge  in  Gob.  $etb.B  19»;  Gam; 
bribge  13  unb  16;  be  SRoffi  3.  667.  782.  1261  (beutfefc),  1289  (beutfö);  toa&rfäeinU* 
biefelbe  (bie  gebrückten  Sefctyreibungen  ni$t  immer  genau)  ober  bo$  toenigften«  G$r  am 

26  Slnfang  in  Gobb.  be  SRofft  1.  187.  319.  509.  596  (beutfö).  —  2>ie  $anbfd&riften  ber 
enrao»  (2)eutf#en)  faben  na$  61.  Sebita  biefe  Drbnung:  „*Pf,  ©tor,  §i,  5  SRegiUoty, 
3)a,  G«r,  G$r.  2)ie  5  3JtegiHoty  pflegen  fie  in  berfdben  SRetyenfolge  ju  föreiben,  m 
toeld^er  man  fte  in  ber  ©ijnagoge  lieft:  §S  RJaffaW,  SRutl?  [SBoc^enfeftJ,  Älagl  [9.  Stt, 
3erftörung  Serufalem«],   Stof)    [Saub^üttenfeft],   6ft^  Pßurim]".    2)ie  $anbfci?rr.  bürfen 

80nid)t  obne  toeitere«  nac^  ben  Angaben  be«  @lia«  Ilafftfijiert  toerben;  ben  f$on  ertoa^nten 
3lu«na^men  füge  id^  noeb  ^inju,  ba|  ber  f^anifc^e  6ob.  be  Slofft  275  bie  Qfyc  am  @nbe 
ber  ^agiograp^en  fyat  —  gntereffant  ift  bie  Slngabe  be«  grammatifd^sma^oretbifc^en  ©ammel^ 
toerl«  cmm  m?  (ma^or.  §bfc^r.  Ifd^ufutfale  5Wr.  13,  »l.33b,  f.  3)ilbu!e  ©.XXXII): 
nbrrp  D^^n  n*»o  m^  ■"Väts  m^N  mbnn  d^-«  *nr  .D^pbn  &r  pbn*»  D-nnnsn  rorn 

86  ^"£N  n«  CIN  cb  cnxp::.  yipnti  nr  ic^bnt-i  ny:is  y^«  "nör-Ki  .k-t3>  bNTi  onn-nsn«  r-r-p 
nbx  v2  T>wo  ^ro  ^^  •  ^&tt  n-nn»a  nno«  nbaa  to  Dni:p72i  *?£on  n-nnw  (G^r) 
.n7:xn  n^  -on  c-'Tinrr  Nin  -o  Ci^7:  .bN^"0"1  y*«  "|ipn  br  ,crr  -^nn  ^bo  Nim  c^sen 
nnbiTn  ^^3  y-'N  -,72  cnpii  -»nnD  ^snc  br  im^"1  -nbai.  —  gn  ben  ^anbft^riften 
finben  ft$  nod^  ja^lreic^ie  ^ier  nid^t  ertoä^nte  Sartationen  in  ber  2lnorbnung  be«  britten 

io  Xeite  bc«  Äanon« ;  bo^  ftnb  fte  für  unfern  ßtoec!  o^ne  er^eblid&e«  3"*^«-  —  2)« 
neueren  3)rucfe  galten  ftd^,  loo^l  au«nabm«Io«,  an  bie  Slnorbnung  ber  Xfc^Ienaftm. 

c)  2>te  3abl  ber  fanontfd^en  93ü#er.  a.  3)ie  @ntfte^ung«gef^te  be« 
ftanon«  giebt  änlafe,  bie  $($1  ber  fanoniföen  Sudler  auf  24  m  beregnen.  2)iefelbc 
3a^l  ergiebt   ftety  a\x^  %aba  bat^ra  14b  (5  Sudler  ber  S^ora,  8  5Rebi'im,  11  Äet^ubim). 

*ß  3)tefe  3a^l  to^  wd)  *on  ber  gefamten  jüb.  ^rabition,  fotoeit  fie  nietyt  burc^  bie  SDeians 
brtner  beeinflußt  ift,  feftge^alten.  4  g«r  14  f.  oben  ©.  743.  2$a'anity  8Ä:  „Sab  äba 
bar  Slfyaba  orbnete  bie  §alaf^ot^  24mal,  entforecfyenb  I^ora,  5Webi*im  unb  itet^ubim". 
@£  SRabba  41  (auc^>  sJRibrafd^  ££  ju  4,  11):  „SRabbi  ©imeon  ben  2aqifö  fagte:  Sic 
bie  Sraut  ftd^  mit  24  3ieraten  fd^mücft,  mufe  ber  ©ele^rte  mit  fienntni«  ber  24  »ö^er 

öo  au«gerüftet  fein".  3?u  SHabba  13:  „130©efel  i^r©eh)i^t.  Äomm  unb  re^ne:  249ü^er 
u.  f.  to."  9lu  SH.  14  (auc^>  $efeiqt^a  SRabbat^i  c.  3):  „31.  »erelfoa  ber  ?Jriejler  fagte 
mit  Seaugnatyme  auf  $rb  12,11  rrrras» :  ;/2Bie  e«  24  ^riefter*  unb  Sö>itenabteilun0«n 
gab,  fo  giebt  e«  aucf>  24  Sucher".  Dafelbft  ju  $rb  12,  12:  „©Ott  foraefc:  24  »ü^er 
ijabe  xi)  bir  gegeben;  ^üte  bid^  m  i^nen  ^in^u^ufügen.    SBBenn   jemanb   einen  3Ser«  fiefl, 

66  ber  nicfyt  au«  ben  24  Sücfyern  tft,  fo  ift  e«,  al«  läfe  er  in  ben  brausen  fte^enben  [ni(^ 
fanonifc^en]  Supern".  $afelbft  ^u  5»u  7,  88:  „2UIe  SRinber  xum  3riebma^U*f« 
24  Darren,  entfprec^enb  ben  24  Supern".  2lud&  3l\x  SR.  18  (ju  9iu  16,  35)  gef^ 
ber  24  Sucher  ©rtoä^nung.  5Kibrafd^  Äo^elet^  $u  12,  11.  12.  älud^  ber  I^argum  ju 
%V  5,  10  $äijlt  24  »üd^er  «n^n«n  -p-ieo  nra^n  r*w.   3)ofa   ben  ©leafar  f.  3)* 

eo  bufc  ^teamim  (ed.  Saer  unb  ©tratf)  Seipjig  1879,  56.    ffibenfo  bie  ft>äteren  iübifc^cn 


Sanoit  M  »2*  IV  757 

©elefcten,  j.  93.  aRaimonibe«  (©eptyer  2$ora  8),  3faaf  Slbarbanel  (3SorrebebeS  ÄommentarS  ju 
ben  Keinen  ^ro^eien),  ©alomo  ben  2Mefy  (2Rifylal  30t^i>  SSorrebe  unb  (Spitome).  — 
24  9ü$er  be8  8$  nimmt  93ictorinu3  Don  <ßettau  (in  Sßannonien)  an,  )u  Dffb  4,  6 ff.: 
Quatuor  animalia  quatuor  sunt  evaügelia  .  .  .  Sedentes  viginti  quatuor  se- 
niores  habentes  tribunalia  viginti  quatuor  libri  sunt  prophetarum  et  legis  6 
referentes  testimonia  judicii  .  .  .  Alae  senae  sunt  testimonia  Vu  T*  libro- 
rum;  ideoque  viginti  quatuor  faciunt  tot  numeros,  quot  et  seniores  super 
tribunalia  .  .  .  Sunt  autem  libri  Vi§  TJ  qui  accipiuntur  viginti  quatuor,  quos 
in  epitomis  Theodori  invenies  ($afynt  ©ef<$.  II,  338  Vermutet,  bie  epist.  Th.  feien 
ein  ©tücf  ou3  bem  leüten  93udbe  ber  ©tromatei*  beä  GlemenS,  ba$  einft  mcfyr  enthalten  10 
Ifrabe).  Diefelbe  3^1  feint  aud)  $ierontymu$,  Prologus  galeatus  (f.  berna$)  unb  Praef . 
in  Dan.  Sin  leitetet  ©teile  fj>rtc$t  er,  otyne  einer  obtoeid&enben  Stnftdpt  ju  gebenfen,  fcon 
elf  ^agiograpfyen :  In  tres  siquidem  partes  omnis  ab  eis  [Hebraeis]  Scriptura 
dividitur:  in  Legem,  in  Prophetas,  in  c Ayi6yqacpa%  id  est  in  quinque  et  in 
octo  et  in  undecim  libros,  de  quo  non  est  hujus  temporis  disserere.  2luf  15 
#ierontymu3  beruft  ftcty  ber  alte  SSulgatafobej  ©angermanenfte  15  (bei  3^/  ©efctyictyte 
II,  242). 

3fo($  Canon  Mommsenianus  (f. unten©.  760, 20)  jätylt  24:  ®en,  Sg,  5Ru,  2e,  Dt, 
3of,  3ti  =  7;  9tutf>  unb  1—4  Äg  =  5-  1.  2  Sfo  1.  2  9Kal,  $i,  %o,  gfty,  3ub, 
151  $ff,  ©alomon,  grofee  Sßroj^eten,  jtoölf  tyxopl).  =  12.  Diefe  tounberlic^e  9led&nung&20 
<***  (3^  3**>  ®a>  ßj  =  1 ! ;  Salomonis  =  1,  obtoofyl,  hrie  bie  ftidjjometriföe  angäbe 
jeigt,  bte  fünf  ©driften  ©J>r,  $2,  $rb,  äBei  unb  ©i  aemeint  ftnb!)  toirb  begreiflich  nur, 
toeim  bießa^l  24  bur$  alte  Überlieferung  feftftanb.  &uc£  fyier  ton*  Dffb  4  angeführt: 
Sed  ut  in  Apocalypsi  Johannis  dictum  est  „vidi  XXIV  seniores  mittentes 
Coronas  suas  ante  thronum"  maiores  nostri  probänt  hos  libros  esse  canonicos  25 
et  hoc  dixisse  seniores. 

Die  3o^l  24  ift  nid&t  „auf  bie  24  Sud&ftaben  be3  gried&.  SU^abetS  jurüdfjufityren" 
(gegen  be  2Bette* ©grober  §  10,  ©.  15);  erft  ganj  ft>ät  fyd  man  bie  3a$l  24  mit  bem 
$ebr.  SHp^abet  baburcty  in  ßinflang  gebraut,  ba|  lefctereS  ju  obren  ber  Abbreviatur  ^ 
bcd  3a^benamen«  um  jtoei  3**  toermefyrt  tourbe.  ao 

ß.  93ereimelt  ftefyt  bie  nic^t  ernft  gemeinte  3o^lung  35  in  bem  flöten  9Ribrafd&  92u 
81  18  Clfymtfuma  Doradfc):  „Dberfier  über  fünhig  (3ef  3,  3).  24  8ü#er.  ftüge  11 
ou£  bem  Dobeloproj^eton  tyinju,  aufter  bem  Süc^lcin  3ona,  ba$  für  ft$  fte^t,  unb  bie 
6  Drbnungen  ber  9Rifd&na  unb  9  äbfd&nitte  be«  ÜJlibraf^  I^orat^  ßo&anim  [2e]".  — 
Die  ©onberftellung  be$93u$e3  3ona  ifl  to0W  barauS  ju  erflären,  bafj  in  tym  auf  $3raels6 
nic^t  Sejug  genommen  ift. 

y.  Iro^bem  crflärt  man  getoöbnlid^  (toxi)  3a^n,  ©cfd^.  II,  324—338)  bie  3ctylung 
„22"  für  bie  ältere  unb  urfarünglid^ere.  2Ulerbing«  ift  bie  SReifye  ber  3^^  für  M*f* 
Sere^nungdtneife  gro^ ;  aber  ©timmen  mu|  man  nid^t  nur  üblen,  fonbern  bor  allen 
2)ingen  trägen.  Sitte,  reelle  „22"  jaulen,  folgen  ber  LXX  (bie  3ä^iung  22  finbex  ftc^  40 
nk^t  im  dt^io})ifd^en  Hxpz  bed  S3ud^ed  ber  Jubiläen).  Die  SUe^anbriner  aber  fönnen 
^inftd^tlic^  bed  Äanonö  nic^t  aU  Rubrer  anerlannt  toerben;  benn  fte  fyabm,  nur  intern 
®utbün!en  folgenb,  erftenä  Reihenfolge  unb  Einteilung  ber  btblif$en  Sücber  geänbert, 
itoeitenö  gang  neue  33üd)er  ber  ©ammlung  ber  überfe^ten  ©Triften  be^  ^ebr.  Stanonä 
|i«juaefügt.  45 

SBie  fam  man  nun  in  3llejanbrien  auf  bie3äfyh»ng  „22"?  —  2Bennglei$  biefjuben 
in  2.  ftd^  meift  ber  LXX  bebienten,  fo  fonnte  i^nen  bod^,  ba  nid^t  toenige  ^ebräifc^  t>ers 
fkmben,  ber  Unterfctyieb  jtoifd^en  bem  ^n^abe  ber  fyebr.  unb  ber  griec^.  93ibel  nutyt  ent^ 
ge^en,  unb  fte  f$ä$ten,  toie  ba^  Scifpiel  $^tlo^  le^rt,  toenigften^  in  ber  älteren  3"*  ^ie 
Sucher  bed  ^ebr.  ftanonä  bober  alö  bie,  um  freiere  bie  grie^.  fiberfe^ung  berme^rt  fror.  &o 
Da  fte  nun  aber  tro^  biefer  @rfenntntö,  toeil  ba$  ©rie^ifc^e  bie  bei  i^nen  gebräuchliche 
&pxad)t  toax,  Dortoiegenb  bie  griec§.  Überfe^ung  benu^ten,  geloö^nten  fie  fid&  an  bie  an* 
orbniuig  ber  LXX.  Qäblte  man  nun  bie  Sucher  btö  ^ebr.  Kanons  naefy  biefer  2lnorb= 
nung,  fo  tonnte  ed  leidet  gejebeben,  bafe  man  sJtutb  nur  al^  Sln^ang  ^u  9ti  betrachtete 
unb  bie  Älaglieber,  bie  man  Don  %tt  ableitete,  mit  bem  3^=33uc^e  jufammenfa^te.  auf  55 
btefe  SEBeife  ergab  fi$,  toenn  man  bte  in  ber  LXX  hinzugefügten  S3ücber  beifeite  liefe,  bie 
Safcl  „22".  ©obalb  biefe  30^  einmal  gefunben  toar,  lag  eä  na^e,  fie  bebeutfam  ju 
fmben,  e«  für  nic^t  jufäUig  ju  galten,  bafe  bie  3a^  1>uc  M.  SBüd^cr  gerabe  fo  grofe  toar, 
toie  bie  3a#  ber  Su#abcn  brö  3llj)^abetö  ber  bl.  ©jjra^e.    2Röglid^  ift  c3  audf,  bafe 


758  ftanott  be*  «Sd  IV 

ber  SBJunfcfy,  „22"  als  Summe  ju  erzielen,  ber  burcty  bie  Stellung  nafp  gelegten  3«= 
fammenfaffung  ber  ertoätynten  Sudler  förberfiefy  toar.  2Bie  bem  au$  fei,  jebenfaltö  ftimmten 
bic  griecfyifify  rebenben  %vbtn  balb  barin  überein,  bafi  22  fanomfcfye  $ü$er  gu  jaulen 
feien,   unb  Don  itynen   ging  biefe  ftafyl  ate  eine   feftftetyenbe  auf   bie  Äm&enDäter  über, 

5  toelc^e  toegen  mangelnber  ober  ungenügenber  Kenntnis  be$  $ebräifc£en  m  eigner  Prüfung 
faft  burd&toeg  nicfyt  befähigt  toaren.  S)er  einzige,  beä  §ebräiföen  hrirfliqi  tunbige  §ieronD= 
mu$  finbet  Die  anficht,  bafe  bie  $ahl  ber  $1.  $ü(fyer  ber  ^uben  ftety  auf  22  belaufe,  buu$ 
eine  folcfye  Steige  Don  Äird&enbätern  bejeugt,  bafi  er  fie,  obtootyl  bie  3<tyfong  „24"  fennenb, 
metyrfa$  für  bie  übliche  fyält. 

10  guerft  finbet  ftd&  bie  Ää^lung  „22"  bei  3of4$ud,  *<*  bon  ber  LXX  abhängig  ift 
(f.  oben  ©.  751  f.).  —  SJiefelbe  Rafyi  geben  ferner :  DrigeneS  (Selecta  in  Psalmos,  Opp.  ed. 
Deläruell,  528,  unb  mit  äuftctylung  ber  Sudler  bei@ufeb.,  Ä@  VI,  25):  Ovx  Ayi>or)- 
xeov  6*  elrai  rag  evdiaftrjxovg  ßlßkovg,  cbg  eEßgaioi  nagadidoaoiv,  ovo  xai  ebcooi, 
ooog  ägi&udg  xa>v  nag  avxoig  oxoixelwv  loxlv.  2)afi  DrigeneS,  otyne  ben  tyebr.  ©runbtert 

15  ju  Dergleichen,  ber  LXX  gefolgt  ift,  ergiebt  ftcfy  erftenS  au«  ber  änretyung  Don  <§fyc  unb 
Qfc9ltf)  an  ©a  unb  Äg,  jtoeitenS  au«  ben  SBorten  'legejuia  ovv  Ogrjvotg  xai  xfj  bu~ 
oxokfj  iv  evl  (benn  ber  S3rief  tyat  ftd^er  nie  jum  tyebr.  Äanon  be$  3CE  gehört),  @ufebiu$, 
eclog.  proph.,  ed.  Gafeford  106,  fagt  Dom  #£:  61  jbtkv  ovv  ix  negvzofAtjg  jiunr 
jzemoTevjbievcüv  nag'  avxoXg  ovo  xai  eixooi  fteonvevoxojv  ygaq>wv  neneio/uevoi  xai 

2oravxr]v  ri]v  ygawfjv.  SlttyanaftuS  im  Ofterfeftbrief  D.  3-  367  (I,  691  ed.  Bened.): 
xfjg  nakaiäg  diavrjxrjg  ßißkla  xcf>  ägv&fjup  xd  ndvxa  elxooidvo'  xooavxa  ydo,  ib; 
nxovoa,  xai  xd  oxoixeia  xd  nag' 'Eßgaloig  ehai  nagaöiöoxai.  (StyriB  Don  gerufalem, 
ftatetfyef.  IV,  33:  rag  eixooi  dvo  ßlßkovg  xrjg  nakaiäg  dia&rjxrjg,  Tag  vnö  x<bv  eß~ 
boiir\xovxa  ovo  igfitjvevxcbv  egfirjvevftetoag.    ©regor  Don  -Kajianj,  ©ebtdjt  33 :  ovm 

25  xai  eixooi  ßlßkovg,  xoig  xcbv'Eßgalojv  ygdu/iaoiv  ävxi&etovg.  2)er  fpäi  hinzugefügte 
ttanon  60  be«  Äon^il«  Don  Saobicea  ($af)ti  II,  302).  Seontiu«  Don  Wtoani  (unter  Suffc 
nian),  De  Sectis  II,  1.  3m  3.  Suc^e  be«  SBerte«  gegen  bie  SRefhmaner  unb  eut^* 
d^ianer  nennt  er  bie  ^ai)l  ber  biblifd^en  Sudler  „gottbeftimmt"  deoxgtrog  MSG  86, 
1365—1368.    2>ie  fog.  ©^nopfe  be«  SlttyanafiuS,   eine  atö  bem  6.  3afr&.  ober  nod; 

sof^äterer  3«t  ftammenbe  Kompilation  (3afyn  II,  302 ff.):  xavoviCo/ueva  .  .  eTxooi  dvo 
lodgi&jua  rotg  ygdfifiaoi  tojv  'Eßgalwv.  3°^anne^  ®ama«cenu«  (geft.  754)  De  fide 
orthodoxa  IV,  17  yfylt  bie  22  Sudler  in  engem  Slnfd&lufe  an  ©p^^aniu«  auf.  — 
33on  Sateinem  feien  genannt:  §ilariu«,  Prolog  jum  Äommentar  über  bie  SPfalmen 
(Opera,  ed.  Paris.  1693,9):  Et  ea  causa  est,  ut  in  viginti  duos  libros  lexTesta- 

36  menti  Veteris  deputetur,  ut  cum  literarum  numero  convenirent.  Stufmud,  &u& 
legung  be^  3.  ©lauben^artüete,  letynt  ftd^  an  6^riII  an  (3<^n  II,  240  f.).  §ieronDmu^ 
teiltoeife  Don  GfytyfyaniuS  abhängig.  Gaffioboriuö,  Institutio  divinarum  litterarum  12 : 
auetoritas  divina  seeundum  sanetum  Hieronymum  ...  ad  viginti  duarum 
litterarum  modum. 

40  6.  ©anj  eigentümlich  jö^It  ßpip^aniu^  fotoo^l  22  ald  aud^,  nac^  ber  $abl  bei 
^ebräifc^en  ginalbuc^ftaben,  27  Sucher.  De  mensuris  et  ponder.  22  f.  (Sagarbe, 
©^mmieta  II,  179 f.):  SSon  äbam  bi«  ^afob  feien  jufammen  22  ©efd^Ied^ter.  A'  o 
xai  eixooi  dvo  eloi  nagä  rolg  eEßgaloig  ygdfiuaxa  .  .  öta  xovxo  xai  rag  ßlßiovs 
avröjv  xß'  ^gl'&jurjoav  eixooi  emä  ovoag'  äkk'  ijteidi]  duikovvrai  nivxe  nag*  av- 

45  rolg  OTOi%e7a,  eixooi  enxd  xai  amä  övra,  xai  elg  xß'  änoTekovvrat,  rovrov  jagw 
xai  rag  ßlßkovg  x£'  ovoag  xß'  nenoujxaoiv.  2)ie  3^unß  27  ift  offenbar  fe^r  gfc 
fünftel!  unb  möglid^  nur  bei  93enu$ung  ber  LXX,  in  ber  Dier  (nic^t  fünf!)  Sucher  be& 
bebr.  %*&&  in  je  atoei  gerlegt  fmb  (©a,  %,  Gbr,  @«r-5We^) ;  JRut^  toirb  Don  @J>.  ale 
befonbere^  93ud^  gejault,  bie  äkk?]  jtuxgd  ßlßkog,  Älagl,  ift  tym  negiooh  xov  ägtffiovl 

öo  2)a$felbe  baggabifc^e  ?fünb[ein  in  Setreff  ber  ftcüfltn  22  unb  27  bringt  (&p.  noc^  jtoeimal 
Dor:  Haeres.  VIII,  6  (I,  19  ed.  Petev.)  unb  LXXVI  (I,  941  Pet.);  olfo  fyd  er 
toofyl  auc^  „baö  getftige  dtgentumäred&t".  35ie  3lb^ängig!eit  be«  Qp.  Don  ber  LXX  gebt 
aud}  au£  Haer.  VIII  berDor,  loo  an  22.  ©teDe  genannt  toirb  'Iegejuiag  6  ngoqij- 
T7]g  uerd  tojv  @g?'jvo)v  xai  imorokchy  avrov  re  xai  xov  Bagovx-     —      ®em    S?J. 

55  ju  folgen  i)at  ^ieron^mu^  fid^  Derleiten  (äffen  in  ber  SSonebe  gur  Überfe^ung  Don  ©a--fig 
(Prologus  galeatus.  SBerfe,  ed.  Vallarsi  IX,  453  ff.),  nur  ba^  er$rc  unbÄlaglal^  jtoei 
Sucher  gegäblt  fyabm  toiD,  3ii-9tut^  al$  6in^  (librum  Judicum,  et  in  eumdem  com- 
pingunt  Ruth):  Viginti  et  duas  literas  esse  apud  Hebraeos  Syrorum  quoque 
et  Chaldaeorum  lingua  testatur,  quae  Hebraeae  magna  ex  parte  confinis  est 

üo  .  .  .  Porro  quinque  literae  duplices  apud  Hebraeos   sunt  .  .  .  Unde  et  quin- 


Sattott  bc«  m*  IV.  V  759 

queaplerisque[!j  libri  duplices  aestimantur :  Samuel,  Malachim,  Dabre-Jamim, 
Ezras,  Jeremias  cum  Ginoth,  id  est  Lamentationibus  .  .  .  Atque  ita  fiunt 
veteris  legis  libri  viginti  duo,  id  est  Mosi  quinque,  Prophetarum  octo,  Hagio- 
graphorum  novem  \$\,  *gf,  ©pr,  Rot).,  §2,  Da,  (tfa  6«r*9lek  6fu)J.  Quamquam 
nonnulli  [!]  Ruth  et  Ginoth  inter  'Ayioygaqa  scriptitent  et  libros  hos  in  suo  5 
putent  numero  supputandos  ac  per  hoc  essepriscae  legis  libros  viginti  quat- 
tuor;  quos  sub  numero  viginti  quattuor  seniorum  Apocalypsis  Joannis  [1,  8] 
inducit  adorantes  agnum  (Diefe  Deutung  i)at  £.  toofyl  au$  bem  Kommentar  be« 
SBtctorinu«  bon  ^ettau).  22  Sudler  jcü)lt  §.  aucfy  in  ber  Bibliotheca  divina,  imSJor* 
toort  utr  Überfefcung  ber  ^Jfalmen  unb  im  53.  ©riefe  (ad  Paulinum,  Vall.  I).  Über  10 
feine  93orrebe  jum  Daniel  (5  -t  8  +  11,  alfo  24  Sudler)  f.  oben  ©.  757, 12. 

V.  Der  altteftamentlictye  Äanon  in  berÄird&e.  a)  Die  ölte  Äird&e 
unb  ba«  SWtttcIaltcr  (t>gl.  Äeil  §  216;  be  2öette*©cbraber  §  29—33;  „Styo* 
fc^^en"  in  biefer  (gndjfl.3  I,  624—629).  ||  Die  Autorität  be«  311  £aben  bie  Atrien* 
Däter  nie  angejtoeifelt :  ber  d&riftlicfye  ©laube  tyatte  ja  im  21$  eine  toicfytige  ©runblage;  10 
ßtyriftu«  felbft  unb  bie  erfien  33erfünber  be«  burcty  ü)n  gebrauten  £eile«  Ratten  beftänbig 
^mgetoiefen  auf  bie  ben  %\\bm  ^eiligen  Schriften,  in  benen  ba«  nun  Erfüllte  ober  jur 
©rfüttung  Äommenbe  borljer  fcerfünbet  fei!  9Selcfye  aber  toaren  btefe  $1.  ©ctyriften?  3n 
ber  I^eorie  getoifj  ber  in  Sßaläftina  geltenbe  93eftanb.  2lber  bie  gejd&riebene,  teiltoeife 
au$  bie  münblid&e  apoftolifä)e  i>erfünbtgung  tytelt  ficty  um  ber  Sefer,  bejto.  §örer  toillen  20 
im  toefentlicfyen  an  bie  LXX.  6«  liegt  bcü)er  nafye,  ju  folgern,  bafe  nur  bie  be«  ÄebräU 
fcfcen  tunbigen  ^ubend&riften  ben  tyebr.  Kanon  bon  nur  24  tyL  Sudlern  Ratten  (bgl.  ©.  753 
6j>i$>$aniu«  über  bie  9?ajarener),  bie  übrigen  ßfyriften  aber  bon  Slnfang  an  unbefangen 
ber  LXX  ftd?  bebienten  unb  btefe  ttberfefcung  ü)rem  gamen  Umfange  nad)  als  ^eilige 
Schrift  anerfannten.  6«  befielt  ein  Unterfc^ieb  jtoifd&en  x^eorie  unb  $rartö :  man  toill  25 
ßfyrifto  in  ber  Slnerfennung  ber  ben  3>ub,en  ^eiligen  ©Triften  (unb  biefe  ©Triften  toaren 
bodfr  „bie  24  93ü#er")  folgen,  unb  fefyr  biele  gebrauten  tfjatfäc$lid&  bie  griec§if<$en  Stollen 
unb  ßobice«  (3<u)*V  ©*W-  I#  118)-  Origene«,  ber  nur  bie  Sudler  be«  tyebr.  Äanon« 
aufteilen  toill,  bei  Sufeb.  Ä©  VI,  25,  fagt  boc$:  'Iegeuia  avv  Ogt)voig  xal  xfj  9Em- 
azoXfi  h  evi,  unb  er  geigt  ftcfy  gegenüber  Suliu«  Slfrifanu«  unflar  unb  unentfd&tebcn  in  30 
Sejug  auf  bie  ©ufannagefd&id&te.  GtyriQu«  bon  geruf.,  ber  ba«felbe  toill,  fagt  gar :  Iegejuiov 
[ßJa\  jtiezä  xal  Bagovx  xal  &grjva)v xaVEmoroXfjs,  unb  er  citiert  toenigften«  biermal 
bie  apoft$>tyen  ©tüde  $u  Da  (Dgl.  ftcfyn  II,  175  f.).  ßbenfo  nennt  nocty  ber  foät  binju* 
gefügte  60.  Äanon  be«  Äonjil«  Don  Saobicea  al«  20.  ber  22  lanonifd&en  Sucher  'lege- 
ßuag  xal  Baqovx*  ftgwoi  xal  Imorokai.  —  3n  b^  ©Triften  ber  apoftoUfd&en  SJäter  a> 
ftnben  ftc^  einige  älnfpielungen,  aber  leine  au«brü^(id^en  Gitate,  au«  benen  ftc^  bie  ®Ieid^- 
{Heilung  ber  S^o^^en  mit  ben  Supern  be«  ^ebr.  Äanon«  ergäbe,  „ßbenfotoenia  ift 
3uftin  ber  Märtyrer  ein  3cu9e  f"r  *>**  Äanonicität  jener  SBüd^er.  Slu«  3l>>oI.  I,  46  folgt 
nur,  bafe  berfelbe  bei  Daniel  bie  a})oh^^ifd^en  3ufafce  benu^te.  SBenn  berfelbe  aber, 
tocu)renb  er  faft  aDe  ©d^riften  be«  fyebr.  Manon«  citiert  unb  ungeachtet  feiner  ^o^en  2?er*  *> 
e^rung  für  bie  LXX  (bie  er  fogar  im  Dialoge  mit  Xrtyp^on  berteibigt  unb  beren  er  fi$ 
in  ben  meffianifd^en  ©teilen,  jeboety  mit  S3erid^tigungen  nac^  bem  §ebräifd^en,  bebient), 
ferner  ungeachtet  er  Dial.  cum  Tryph.  120  bie  ascensio  Jesaiae  ertoä^nt,  bod^  nid^t 
ein  em$ige«mal  eine«  jener  angeblid^  bem  alejranbrin.  Äanon  beigefügten  Sudler  anführt, 
fo  ift  biefe«  ©tittfd^toeigen  fogar  ein  ftarfe«  3^9^  0eÖm  ^e  Slnerfennung  berfelben"  45 
(Dealer  257).  5Wur  toenig  fpäter  toerben  (Don  3r*wm«,  JertuDian,  Giemen«  Sllej.,  6ty* 
pxxan  u.  a.)  ©teilen  au^  ben  2tyofa#fyen  mit  benfelben  Formeln  toie  ©teilen  au«  ben 
fanonifd^en  (im  ^roteftantifd^en  ©inne  be«  2Borte«)  Sudlern  citiert.  2)od^  treten  bie  Sfyo* 
tfypf)m  bei  ben  griecfyifcfyen  Äird^enbätern  balb  jurüd,  toä^renb  ü)r  änfe^en  in  ber  lateu 
niföen  Äird^e  burd^  Äonjilienbefd^lüffe  geftärlt  tourbe  unb  nur  ^teron^mu«  entfd^ieben  üo 
für  bie  Sefd^ränlung  ber  Äanonicität  auf  bie  hebraica  veritas  eintrat.  —  2Bätyrenb 
be«  Mittelalter«  toerben  bie  Sfyofa^en  Don  ben  meiften  gried^.  Äird^enle^rern  nic^t 
anerfannt;  in  ber  latein.  Äird&e  toar  bie  ^ßraji«  für  bie  2l})ofr^j)^en,  bod&  folgten  gar 
manche  Se^rer  ber  2lnftc^t  be«  ^ieron^mu«. 

ßinjelne«.  a.  äli)oIrt)^en.  Slu«  ber  gried^if d^en,  bejto.  orientalifd^en  Äirc^e.  50 
Der  ßatalogu«  Glaromontanu«  in  60b.  D  ber  paulin.  ©riefe,  nad^  3a^n  ^  157—172 
in^altlid^  bem  3. 3a^r^.  ober  bem  Slnfang  be«  4.  angefyörig,  au^  bem  93ereic$e  ber  alejanbr. 
Äirc^e,  nennt:  «ßt,  3of,  SRt,  SRutb,  ©a,  Mg,  6^>r;  W,  ©pr,  ^Jrb,  öS,  Wei,  Si,  i2$rotf>., 
Scf,  3er,  Sj,  Da,  1—4  Mak,  Jud,  C«r,  (Sfu);  $\,  To.  Slu«  ben  ©tid^en^len  ift  nid^t 
erlennbar,  ob  aufecr  .Hlagl  nod[>   ettoa«  ju  ^cr  geregnet  ift.    -   Slt^anafm«,  Dfterfeftbrief  60 


760  ftattott  be*  «2*  V 

b.  3.367  jctylt  22  Sudler:  9ti,  9iuty  ...  'hoe/uag  xal  ovv  avxcp  Bagovr,  egijvoi 
xal  'Enioiokfi,  (@ft^  f.  3.  58).  —  G^amuS,  f.  ©.  762,24,  jctylt  nur  bie  toumif^en 
9393.  aSon  2Bei  unb  ©i  fagt  er  De  mensuris  et  pond.  4,  bafc  fie  ßfe  doiö^or  xdw 
gtjxcov  ovx   ävatpigovxai  unb  Haeres.  VIII,  6   fte  feien   h  ä/uydexrco  .  .  ra>ek 

5  rivcov  ßißXkov  änoxqvtpwv.  ttber93oru$  unb93rief  3er  f-  ©•  754,18.  Haeres.  LäXVI 
nennt  „biefer  üWeiftcr  in  ber  Äunft  ber  Äonfufton"  (Qafyn  II,  222)  gletcfcfam  al«93ei(age 
mm  9EE  bie  2Bei«Ijeiten  Sakouäwxds  xi  (ptjfu  xal  vlov  2igdv-  Über  5Raf,  $ub,  lo, 
fehlen  beutlid&e  3lu«f agen.  ||  Gobej  93aticanu«  \}0X  1  [3]  Esr,  Wei,  Si,  Jud,  To,  Bar.f 
Brief  Jer.  ||  ßobej  Sllejanbrinu«  $at  aufeerbem  Gebet  Manasses  unb  1—4  Mak,  fo* 

10  toie  *ßf  151 ;  bie  Sßfalmen  ©alomo«  ftonben  erft  am  6nbe  be«  91%.  ||  Äetn  Styofafttym 
in  ben  93eneid&niffen  3.  93.be«  (Sregor  toon  Sfautanj  unb  be«  3fo$I?iIo$iu$.  ||  ftanon  85 
ber  Sfyofioltfd&en  «anone«  (5.  3aJ^.,  Orient:  Ratyn,  ©efd&.  II,  191  f.):  1—3  Mak;  bie 
beigaben  gu  3**  P^b  nietyt  ertoetynt  (au$  Älagl  nietyt).  *E!f cd  di  vjmv  ngooiatogeia&co 
juav&dveiv  vficbv  xovg  viovg  xhv  aexplav  xov  jioXv/ua&ovg  Ztga%.  2)ie  beiben  f^rtfe^at 

15  fiberfefcungen  nennen  nad)  @ffy  no$  Jud,  bie  eine  audfr  To.  n  ©a«  h>c$rfc$eiitli$  feit 
bem  6. 3&l^-  to  ber  griedj.  Äird^e  uemltcty  Verbreitete  „SSerjeid&ni«  ber  60  [34  +  26]  lano* 
niföen  Sudler"  SEE«  unb  StS«  (3a$n  H,  289—293)  ertoä^nt  bie  Sln^mgfel  ju  Semity 
au«brücflic$,  jätytt  afe  bie  9  e£to  xeov  £'  fte^enben:  Wei,  Si,  1—4  Mak,  @$,  Jud, 
To  unb  25  cbtoxgvwa  (14  jum  312::  äbarn,  £eno$  ac.;  11  jum  9130. 

20  9lbenblänbif$e  Äird&e.  Canon  Mommsenianus,  ein  im  3-  365  in  äfrifa  entftanbe* 
ne«  Indiculum  V1»  T1  (f.  bie3tfd&r.  ßerme«  1886  unb  1890;  3afcnII,  143 ff.  1007 ff.): 
1.  2  Mak,  To,  Jud,  Wei,  Si,  151  $ff.  ||  #ifariu«  bon  Sßoitier«,  Prolog,  in  Psalmos, 
gcU^It  bie  22  93ü$er  im  Slnfd&lufi  an  Origene«  auf  unb  fügt  bann  ^tnju:  Quibusdam 
autem    visum    est    additis   Tobia   et  Judith   viginti   quattuor   libros    seeun- 

25  dum  numerum  Graecarum  litterarum  connumerare.  ||  2)o«  ©eneroUongtt  ber 
afrilan.  $ir$en  ju  fytypo  393  fteQte  ein  ÜBeneid&ni«  ber  fanonifc^en  ©Triften  auf,  baä 
in  ber  gu  Karthago  im  3-  397  genehmigten  gaffung  erhalten  ift,  Äanon  36:  $t,  3&f> 
9li,  9tuty,  1—4  %  1.  2  6^r;  #i,  $f,  Salomonis  libri  quinque  [b.^.  auc^  Wei  unb 
Si];  Heine  $ro^.,  3ef,  3er,  S)a,  @j,  To,  Jud,  gfty,  2  »üc^er  ®«ra  [@3ru.9le&],  Ma- 

80  chabaeorum  libri  duo  [bie  legten  3  SDBorte  nid^t  in  oDen  $tuQtnf  ober  na$  S^n  ^# 
251  f.  boc^  urforünglid?].  ||  Stuguftin  in  bem  toaJ^rfd&einKcty  bor  397  grfc^riebenen  Seile 
be«  2Berfe3  de  doctrina  christiana  II,  8  forbert,  bag  man  bem  ©ebrauefy  ber  ange^ 
fe^enften  unb  meiften  Äird^en  folge.  35anad^  gehören  ifym  gumÄanon:  To,  Jud,  1.2  Mak, 
Wei,  Si  (fiuti)  toirb  gejault,  bie  Slnbängfel  be« 3^=S5uc^e«  bleiben  unertuä^nt)  ||  ^tmo^ 

35cenj  I.  toon  SHom,  405,  nennt  biefelben  6  95üd^er;  benn  ju  Solomonis  libri  quinque 
gehören  Wei  unb  Si,  bie  3lug.  (Salomonis  tres)  befonber«  nennt.  ||  3)a«  Decretum 
Gelasii  (®.  ^ßafft  492—496)  enthält  ein  Seneid^ni«  ber  biblifd^en  93üd&er,  ba«  ba 
römifd^en  ©^nobe  unter  3)amafu«  382  jujufc^reiben  ift ;  2lbbrucf  bei  ß.  3)u(|e«ne,  Iiber 
pontificalis  I,  255  ff.  (^Jari«  1886).  S3gl.  ga^n  II,  259—267.  ||   5W.aureIiu«  (Saffto* 

40  bortu«  in  ber  um  544  im  Älofter  93toarium  berfa^ten  Institutio  divinarum  litterarum 
14  rechnet  gum  3n^a^  ^  Scriptura  saneta  seeundum  antiquam  translationem 
auc^:  Wei,  Si,  To,  Jud,  1.  2  Mak. 

ß.  guriitfjefcung  oi)er  g5e[treitung  erfahren  ^at  bon  bem  Seftanb  be«  jübifd^en  Sibet 
lanon«  in  berÄird^e  nur  ba«33ud&  ©ft^er,  beffen  %rif)alt  atterbing«  in  c^riftlkben  Sefcm 

4öSeben!en  hervorrufen  fonnte;  aber  ju  Ungunfien  felbft  biefe«  Suctye«  lönnen  faft  nur  au« 
ber  gried&tfcfyen  Äirc^e  ©timmen  angeführt  Serben.  Slu«  bem  g^len  be«  9lamen«  bei 
5KeIito,  bem  älteften  Äird^enbater,  ber  fyter  in  93etrac^t  gejogen  toerben  lann,  aDerbing« 
läfet  ftd^  ein  fixerer  ©d^Iuft  ntd^t  «e^en,  ba  3Relito  (bei  gufeb.  R®  IV,  26)  feine  3a# 
angiebt,  unb  'Eo&rjg  jtotfqen  "Eoogag  unb  ££  cov  [xal  tag  ixkoyäg  bioirjodfAtiv]  fe$r 

so  leidet  au«gefaQen  fein  fann,  gerabe  an  biefer  ©teile  aber  ben  3(u«faJQ[  gu  Vermuten  babur$ 
na^e  gelegt  toirb,  bafc  auc^  in  anberen  33erjetd^niffcn  S«r,  6ft^  am  ©(^lufe  unb  neben« 
einanber  fielen  (j.  95.  Spilan,  de  mens,  et  pond.  4.  23,  Catalogus  Glaromonta- 
nus,  ftanon  36  be«  «Romtt«  bon  $ijtyo  (oben  3.  29).  Sltl>anaftu«  fagt  im  Dfterfejfc 
brief,  nac^bem  er  bie  22  tanonifd&en  Sudler  (o^ne  @ft^;  9lut^  befonber«  geregnet)  unb  bie 

55  be«  9fX  aufgejagt  fyat :  iorl  xal  frega  ßißkia  rovra)v  ££a)&ev,  ov  xavoviCöfieva  fih\ 
TETVTKJOjnha  de  jragd  rcov  jraregwv  ärayivcoaxeoftai  roig  ägri  ngooegxofxivoig  xal 
ßovkoßievoig  xarrjxeio^ai  tov  xfjg  evoeßelag  kdyov'  ocxpla  2okofjubvxog  xal  oo<pia 
2igd%  xal  'Eoftijg  xal  'lovdlft  xal  Tcoßiag  xai  dida%i]  xaXovju&rj  xtibv  äjzooxoJLmv 
xal  6  jToijLajv.     Kai  ojucog,  äyajirjxoi,  xaxuvtov  xavovi^ofievayv  xal  xovxwv  am- 

60  yiv(ooxof,dvwv  ovdajuov    xeov  (bioxgvqxov  /uii'/jut],   aXXd  aigexixätv  loxiv  Ijtivwa, 


ftattott  beS  «$*  V  761 

vgaq)6vT(ov  juev,  ön  düovoiv  avrd,  xrk.  2)iefem  Dfterfeftbrief  folgt  bie  fog.  ©tynopfe 
be3  Stt^.  (6.  Sa^v  bielleicfyt  noc$  flötet;  bei  SRontfaucon  unter  ben  Spuria,  tom.  II, 
126  ff.),  inbem  ftc  Wei,  Si,  (Sftfy,  Jud,  To  afö  ävayiv<oox6/n€va  judvov  xdk  xarrjxov- 
fiivoig  bejeid&net.  ©regor  bon  SRajiana,  ©ebid&t  33,  unb  2eontiu3  bon  Sfyjanj  (f- 
©.  758, 2o)  nennen  Stutty  afö  ad&teS  ber  22  !an.  Sudler,  laffen  aberSfty  toeg;  ebenfoSlm*  6 
^UocfciuS  bon  g^nium  (Jambi  ad  Seleucum),  biefer  mit  bem  3ufa$ :  vovroig  jiqoo- 
byxqIvovoi  xrjv  'Eo&yiq  nveg.  3)a£  „93erjet$nte  ber  60  tonomfctyen  Sudler"  (f. 
©. 760,  ig)  ertoä$nt@ftfy  aU  ftebenteS  ber  9  aufeerfalb,  ££a>,  ftefcnben.  3lud&  ba«  um  850 
bearbeitete,  bem  Sßatriarctyen  9ttce^oru3  bon  ßonftantinopel  (806—815)  jugefd&riebene, 
gtöometrifcfye  SSerjeictynte  tyat  (gftfy  md&t  in  ber  Sifte  ber  22  &eiai  yqacpai  be3  31$,  jätylt  10 
SRuty  mit  9ti  jujammen  unb  ertoctynt  Älagl  nid&t,  fyat  bafür  Saruq  an  19.  ©teile  (3ef, 
3er,  Bar,  @j,  3)a,  Heine  $ro^.).  Ä"a2  5oa«  ävzMyovrai  xal  ovx  ixxknaid^ovrai 
ttjq  naXaiäg  avxai  eioiv:  1 — 3  Mak,  Wei,  Si,  Pss  u.  Lieder  Salomos,  @fty,  Jud, 
Susanna,  To.  9tod&  3afa  H>  311  ift  ^cje  ©tid&ometrie  paläftin.  §erfunft  unb  ^otyen 
SHterS,  au«  ber3«t  bon  320—600.  ||  hingegen  toirb  @ft^  angeführt  in  ben  93erjeic$nijfen  16 
be3  OrigeneS,  be3  GtyriUuS  bon  3erufalem,  be$  Gfyi^aniuS,  ber  ätyoftol.  ßanoneS,  be3 
(Röteren)  60.  ßanonä  be$  ßonjite  bon  Saobicea,  beä  ©allifd^en  9Jle£bu$3  unb  Seftionard 
hn  ßobej  Sobbienfte  be$  7.  3a^.  (f.  unten  3.  49  f.). 

y.  Sßeiter  ge^enbe  ßritif.  SSgl.  §. Ättyn,  3$eobor  bon  SRotofueftia  unb  ftuniliuS 
äfricanuS  als  Sjegeten,  greiburg  i.  93.  1880.  l|3#eobor  betrachtete  afe  nictyttononifcty:  £i,  20 
$2,  Gfo  <S$r(*9fy),  <£fty  unb  bie  ^falmenüberfd&riften  (ßtyn  §  51—73),  atö  fa* 
nonifö:  Si  (§  369)  unb  Baruch  (§  54).  ®ie  6$r  unb  (SSr^e^)  galten  tym  afö 
mediae  auctoritatis,  aU  eine  2lrt  jtoeiten  ftanonä  bilbenb  (§  68).  ©0  crfläre  eS  fic&, 
baft  ba3  2.  Äonjil  bon  Äonftantinopel  553  nur  3^.3  fcfyarfe  Äußerungen  über  $t  unb 
§2  mit  ber  3enft»r  belegte  (§  70.  57).  ||  3uniliu3  SlfricanuS,  unter  guftinian  quaestor  25 
sacri  palatii  in  Äonftantinopel,  berfafcte  551  auf  ©runb  ber  Se^ren  be3  SßerferS  5ßaulu3, 
ber  in  5Rijtbte  feine  Slu^bilbung  erhalten  ^atte,  bie  Instituta  regularia  divinae  legis 
(^eraudgeg.  bon  .Ht^n  im  Slnbange  m:  ib.  t>.  391.).  ©eine  älb^ängigleit  bon  %$.  ift 
bejonber*  bei  ber  Se^re  bom  Kanon  beutlid^.  Äu  ben  ©Triften  perfectae  auctoritatis 
rennet  er:  Si  (Baruch  ift  too^l  aU  SeftanbteiT  be3  3^=bu^  unertoä^nt  gelaffen);  juao 
ben  ©driften  mediae  auctoritatis  gehören  i^m  einerfeitö:  6^r,  $i,  @$r(*9te$),  6ft|, 
§2,  anbererfeitö:  Jud,  1.  2  Mak,  Wei  unb  (na$  Ätyn)  To  (Äi^n  ^at  3nft.  l,3To- 
biae  in  ben  %t&  eingefe^t,  toeil  %\m.  2,  9  biefeS  Sud^  für  bie  2e$re  bon  ben  ßngeln 
bemt^t). 

6.  3)  ie  alten  or  i  en  t  a  lif  $en  Üb  er  Je  jungen.  $iealte  f^rifc^e  Jtird^e  fc^eint  bie  86 
3^>ofc^})^en  nidbt  anerfannt  m  $aben.  ©rüiwe.  ßrftenS:  bie  Ueberfe^ung  ber  ä^ofe. 
unterfdffetbet  ft(p  bon  ber  $efcpitta ;  fte  finbet  pd^  jloar  fd&on  in  alten  §anbfd^riften,  aber 
nictyt  in  ben  älteften.  3toeiteng :  6>>^raim  fennt  jh>ar  bie  Sfyofr.,  bod^  gelten  pe  i^m  nid&t 
ald  lanonifd^  (^äbernidf1  I,  1,  408).  dritten«:  ber  im  jtoeiten  Sßiertel  be^  4.  3a^4. 
lebenbe  Sifd^of  Sl^^raate^  ber  eine  ganj  jübifc^e  ©Übung  \attt,  citiert,  begto.  benu^t  in  40 
feinen,  bon  2B.  SBrig^t  1869  ebierten  Äomilieen  alle  fanonifc^en  Sudler  (nad^  SB.«  $nbe| 
fehlen,  offenbar  jufäuig,  nur  $2  unb  Ob),  mac^t  aber  bon  2fyofrt#I)en  nur  feiten  ©cbrauc^ 
unb  nid^t  fo,  bag  barauä  lanonifd^e  ©eltung  gefolgert  toerben  müfete  (©.  66  ®ebet  ber 
brei  SKänner  im  Äeuerofen,  ©.  252  erjctylung  nad^  1  3KaI  2,  38—41 ;  ©.  498  @nbe 
axß  %o  4,  15).  &o<$  finben  ftd^  typotfypfym  fd^on  in  ben  mafeor.  ^anbfc^riften  (fo  45 
bilben  §vb  unb  ©ufanna  nifammen  mit  6ft^  unb  9lut^  baä  J^auenbu^  ber  jafobit 
ßobiceö;  ©i  ftetyt  jloifc^en  ©fr  unb  $rb  im  jtoeiten  §auj)tteil  ber  ftor.  Öibelmff.)  unb 
im  Äobej  ämbrofianuS  (3ub,  SBei,  ©i,  ©a,  2tyof.  S3a,  »rief  3er,  4  ß$r,  1—5  sBJaf).|| 
©brifc^er  Sinflu^  ift  anjune^men  für  ba^  ©er^eic^ntö  in  einem  gadif$en  s})ie^bud^  unb 
2eftionar  be«  6.  3a^unbert«  (Robej  »obbicnft«  be«  7.  3a^. ;  3al>n  II,  284—288) :  w 
5ßt,  3of,  SRi;  libri  mulierum:  Ruth,  Sterh  et  Judith;  1.  2  3Raf,  £i,  SCo,  1—4  Kg, 
16$ro^,  Daviticum  V  [ber  fünfteilige  ^falter],  Salomonis  III  [©fr,  $rb,  Ä8],  ®3r. 
Fiunt  libri  veteris  numero  XLIIII.  3Jur  bei  ben  ©^rern  toirb  fonft  ein  Sucp  (Sü^er) 
ber  SBeiber  ertoä^nt;  bie  2lu«Iaffung  Don  2Bei  unb  ©i  loäre  in  einem  abenblänbifcfyen 
Äanon  befonber^  befrembenb.  SDafyer  benlt  3a^n  an  ^*e  jafylreic^en  ©^rer  in  ©allien.  66 
3Me  ©umme  „44"  ift  eine  auefy  fonft  borfommenbe  3a^  (f-  wrta*  ©.  762,  :m»).  Stlfo  ift 
ein  9lame  aufgefallen  (3^bn  meint:  6fyr;  bod^  |.  gleid^).  —  ||3)ie  6tyr  gehörte  in  älterer 
'3«it  nicfyt  ^um  Äanon  ber  jtorifd^en  flirren,  U)ie  aixdf  barauö  fic^  ergiebt,  ba^  bie  Über* 
fefeuna  biefeä  Sud^e^  Don  ber  ber  anberen  Süd^cr  ber  ^ebr.  SSibel  auffaHenb  abtoeid^t. 
6W  WO  in  ben  neftorianifd&en  §anbfd^riften,  @$x*9ltf)  in  ben  mafcoretyifd&en.  eo 


762  ftattott  be*  «2*  V 

35ie  ätbiopifctyeÜberfefcung,  attmctylidfr  entftanben  unb  bon  berfiiebenen  SSertenten 
fjemtyrenb,  folgt  burctyauS  ber  LXX.  Sie  enthält  m$t  nur  bie  lanonifcfcen  »üc^er, 
fonbern  (mit  ausnähme  ber  s}Ra!.*büd&er,  toeld&e  burd&  jtoei  erbid&tete  Sudler  glei<$e$ 
SRamenS  erfefct  fmb)  au$  ade  3fyofa#tyen  ber  lutyeriföen  93ibel  unb  no$  einige  $feub* 

5  eingraben  (aud)  folctye,  bon  benen  ein  je$t  nictyt  me^r  borfymbener  griec^tfcfyer  lejt 
ejiftierte);  benn  bie  ät^iofMe  Äirc^e  §at  no<$  toeniger  afö  bie  alejanbrintfd&e  jhrif<$en 
Äanonifd^em  unb  Sllanonifdjem  einen  Untertrieb  gemalt. 

e.  3)ie  ^Reihenfolge  ber  Sudler,  ©otoeit  man  nid&t  au$brüdtli$  bem  fcebr. 
213:  folgen  toottte,    tyielt  man  fi$  in  ber  ^auptfad&e  an   bie  LXX.    SemerfenStoerte 

io2tbtoeic$ungen:  9iu,  2e.  SMito  um  170  (bei  (SufebtuS  Ä®  IV,  26  nac&  ftarf  über* 
ttriegenber  SBejeugung);  Ganon  9Kommfenianu3  (©.  757,  i  8);  £eontiu$  bon  Sfyjanj 
(©.758,27).  3a£n,II,  152 f.  bemerft  richtig:  folange  bie  5Süd&er  be$  <)Jt  in  ebenfobicl 
einzelnen  StoDen  ober  dobiceS  fortgepflamt  toorben  feien,  fei  biefe  Slnorbnuna  burd&  nichts 
$ufeerfi$e3  bertoetyrt getoefen.  ||  Sßoranfteuung ber  grofeen Sßrofefyeten bor  bie  Keinen:  ßanon 

15 -üftommfenianu*;  bie  antiqua  translatio,  beren  Gafjtobor  Inst.  div.  litt.  14  gebeult 
(©.  760,4i)  u.  a.||9Soranfteaung  bon  35a  bor  @j  (@$  14, 14.20;  28,3  toirb  ©aniel 
genannt):  SJMito  (bei  @ufeb.  R®  IV,  26);  DrigeneS  (bei  ßufeb.  ft©  VI,  25),  Ganon 
9Kommfenianu3;  ÄongU  ju  §ityo  393  im  36.  Äanon  (oben  ©.  760, 2*);  äuguftin,  De 
doctr.  Christ.  II,  8. 

ao         Einteilung   in  $entateuc&e.     Gtyrill    bon   ^erufakm,   Rattd).   IV,   35   (um  348): 

a.  12  Wtoriföe  93üd&er:   $t;  >f,  SRi  mU  9tuty,  ©a,  Äg,  ©frr,  @$r(*9te$),   @fu;.  - 

b.  onxrjgd  jievze :  £i,  $f,  ©fr,  $rb,  §2.  —  c.  nQwptjTixa  nevze :  2)obcfcq>rol>lj.,  3*1 
3er  (mit  Sa,  ßtagt,  »rief  3er),  @$,  3)a.  —  nftaft  ebenfo  läfct  @t>i^aniu$  ba3  SEE  au* 
bier  ^Jentateud^en  unb  jtoei  überfctyttjftgen  Sudlern  befielen  (De  mensuris  et  pond.  4) : 

25  a.  35er  eigentliche  $entateud&  ober  baS  ©efefcbucty ;  b.  fünf  p oetifd&e  Sudler  (an%IJQete) 
§i,  $f,  ©fr,  $rb,  §£;  c.  id  xakovjueva  ygaupeZa,  bon  etlichen  äyi6ypaq>a  genannt 
3of,  9«  mit  9iuu),  ßfo  2  Sudler  ber  ßg  [©a  u.  Äg] ;  d.  ber  p rof^etifcfe  $t :  3toölf 
pro^etenbucfy,  $ef,  3er,  gj,  $a ;  au&erbem  g$r  unb  @fu?,  mit  toeld&en  bie  &ai)l  22,  bii 
3a^l  ber  fyebräifcfyen  33u$ftaben,  bott  toirb. 

so         £.  gelungen   berSücfyer.    3'em^  ^äuftg  ift  bie  $a$l  44;    SCuguftin,  De 
doct.  Christ.  II,  8;  ba$  ©.  761, 40  ff.  ertoäbnte  gaDifäe  SRefebucty  unb  Seftionar.  2$at* 
fäd^lic^,  bod^  o^ne  Nennung  ber  ©umme:  Sonjil  )u  §iffo  393  (©.  760,  26 ff.);   3nnös 
ceng  I.  (oben  ©.  760,  r,);    bie  antiqua  translatio  bei  ßaffiobor  Inst.  div.  litt.  14.  S 
45:  3ftbor,  ber  Alfagl    neben  3er  befonberS  jä^lt  unb  fo  45+27  (SRI)  =  72  für  bie 

86  ganje  $1.  ©d&rift  herausbringt  (3a^n  II,  340). 

b)  35ie  römifd^e  Sir^e  ^at  bie  $rajt£  ber  übertoiegenben  SDte^rja^I  ber  abenb= 
länbifc^en  SSäter  in  ber  4.  ©effion  beS  Xribentiner  Äonjite  (8.  SC^ril  1546)  jum  firc&Kc&en 
©efe$  gemalt.  2)aS  decretum  de  canonicis  scripturis  (Canones  et  decreta  con- 
cilii  Trid.,  ed.  Stifter,  1853,  11  f.)    fagt:    Sacrosancta  oecumenica   et  generalis 

40  Tridentina  synodus  .  .  .  omnes  libros  tarn  veteris  quam  novi  testamenti,  quum 
utriusque  unus  Deus  sit  auctor,  nee  non  traditiones  ipsas  .  . .  pari  pietatis 
affectu  ac  reverentia  suseipit  et  veneratur  .  . .  Sunt  vero  infra  scripta.  Testa- 
menti veteris:  quinque  Moysis,  id  est:  Genesis,  Exodus,  Leviticus,  Numeri, 
Deuteronomium ;    Josuae,  Judicum,  Ruth,  quatuor  Regum  [©a,  Äg]f   duo  Pa- 

46  ralipomenon,  Esdrae  primus  et  seeundus,  qui  dicitur  Nehemias,  Tobias,  Judith, 
Esther,  Job,  Psalterium  Davidicum  centum  quinquaginta  psalmorum,  Para- 
bolae,  Ecclesiastes,  Canticum  Canticorum,  Sapientia,  Ecclesiasticus,  Isaias, 
Jeremias  cum  Baruch,  Ezechiel,  Daniel,  duodeeim  Prophetae  minores,  id  est 
Osea,   Joel,   Arnos,    Abdias,  Jonas,  Michaeas,    Nahum,  Habacuc,   Sophonias, 

60  Aggaeus,  Zacharias,  Malachias ;  duo  Machabaeorum,  primus  et  seeundus. 
Testamenti  novi  .  .  .  Si  quis  autem  libros  ipsos  integros  cum  omnibus  suis 
partibus,  prout  in  ecclesia  catholica  legi  consueverunt  et  in  veteri  vulgata 
latina  editione  habentur,  pro  sacris  et  canonicis  non  suseeperit  et  traditiones 
praedietas  sciens  et  prudens   contempserit,    anathema  sit.    3)a$  decretum  de 

65  editione  et  usu  sacrorum  librorum  fcon  bemfelben  läge  beginnt:  Insuper  eadem 
sacrosancta  synodus  considerans,  non  parum  utilitatis  accedere  posse  ecclesiae 
Dei,  si  ex  omnibus  latinis  editionibus,  quae  circumferuntur,  sacrorum  libro- 
rum, quaenam  pro  authentica  habenda  sit,  innotescat:  statuit  et  declarat,  ut 
haec  ipsa  vetus  et  vulgata   editio,   quae  longo    tot    saeculorum    usu   in   ipsa 

00  ecclesia  probata  est,  in  publicis  lectionibus,   disputationibus,  praedicationibus 


Station  beS  Ät«  V  763 

et  expositionibns  pro  authentica  habeatur.  Qttocß  tociter  Reifet  e$,  bafe  bie©tynobe, 
um  ber  SBiMür  bcr  3)rudfer  unb  Herausgeber  ein  &\A  ju  fefcen,  decernit  et  statuit,  ut 
posthac  sacra  scriptura,  potissimum  vero  haec  ipsa  vetus  et  vulgata  editio, 
quam  emendatissime  imprimatur.  $te  fyier  angefünbigte  SRormalauägabe  erfd&ten  im 
Igatyre  1592  unter  bem  $itel  Biblia  S.  Vulgatae  editionis  Sixti  V.  P.  M.  jussu  6 
recognita  et  edita  (9tom,  batilanifcfye  3)rucferet)  unb  enthält  bie  im  erften  Sperret  ge* 
nannten  Sucher  in  berfelben  ^Reihenfolge  (glei$  nai)  3er:  Älagl,  93a,  33rtef  3er  afe 
6.  Rtip.  beä  SBa;  bie  93emer!ungen  be$  §ierontymu$,  toeufce  bie  3ufäfce  ?u  ®W  un*>  ®a 
ate  nid&t  im  tyebr.  leri  ftefyenb  be^nen,  ftnb  beibehalten),  hinter  bem  SEE  folgen,  in 
Heinerem  3)rucf  unb  mit  befonberer  ©eitenjctylung  (fo  toenigftenä  in  Dem  Slbbrudf  9tom  w 
1598;  ber  erfte  ®rudf  mar  mir  nid&t  jugänglic|),  alfo  nur  anfymgätoeife,  baä  ©ebet 
slKanaffe3  unb  3. 4.  93u<$  6$r,  eingeleitet  burd&  bie  93emerfung :  Oratio  Manassae,  nec- 
non  libri  duo,  qui  sub  libri  Tertii  et  Quarti  Esdrae  nomine  circumferuntur, 
hoc  in  loco,  extra  scilicet  seriem  Canonicorum  Librorum,  quos  saneta  Tri- 
dentina  Synodus  suseepit  et  pro  canonicis  suseipiendos  decrevit,  sepositi  15 
sunt,  ne  prorsus  interirent,  quippe  qui  a  nonnullis  sanetis  Patribus  interdum 
citantur  et  in  aliquibus  Bibliis  Latinis  tarn  manuscriptis  quam  impressis 
reperiuntur  [ofyne  jurttcrfefcenbe  93emerfung  j.  93.  in  ben  93ibelbrucfen,  5Rtirnb.  1475  $ol., 
Mn  1479  gol.,  93afel  1491,  8™,  granff.  a.  3Jt.  1585,  8™,  Senebig  1483  ftol.  (3.4®3r 
afc  2.  3  gejctylt,  toeil  2  @Sr  ate  9ie&  bejeid&net  ift,  Ulm  (3ainer)  1480  ftol.  (Dor  4  ®Sr  20 
bie  Äußerung  be$  TOfolauS  be  Styra,  bajj  bie«  93ud&  nid&t  fcon  @3r  fei,  toeil  berfelbe 
äutor  ntcfyt  fobiel  jtoeimal  gefcfyrieben  tyaben  toerbe).  2)ie  beiben  legten  GSrabüctyer  (ni$t 
ba3  ©ebet  2R.3)  toerben  auSbrücflicfy  als  apofrt#>tyif(fye  bejetc^net  }.  93.  in  $ari$  (S^iel* 
manÄetter)  1526,  8vo,  unb  Sugbun.  (3a!ob  be5MiS)  1561,  8".  5Rur  ba$  @ebet3R.S 
fte^t  ji.  93.  in  Sugbun.  (3o&.  SHarefc&al)  1531,  8™].  26 

2.  6. 2)u^m;  Dissertation  preliminaire  ou  prolegomenes  sur  la  Bible  ($ori$ 
I,  1),  93.  2amty  (Apparatus  biblicus,  Lugdun.  1723;  II,  5,  ©.  333)  unb  unter  ben 
Geologen  ber  neueren  3eit  befonberS  %o\).  ^n  (@inl.  I,  119.  132.140—143)  toollten 
proto*  unb  beuterofononifcfye  ©Triften  untertreiben ;  lefctere  feien  bon  geringerer  Autorität 
(Samty  beftritt  fogar  ben  gefd&id&tl.  2Bert  ber  93tid&er  %o  unb  2jub)  unb  bürften  nid&t  jur  so 
bogmatitöen  93etoei$fityrung,  fonbern  nur  jur  religiöfen  ßrbauung  toertoenbet  toerben. 
SDicje  älnftc^t  toiberfarietyt  jtoar  bem  3ufammenfymge  unb  ©inne  ber  tribent.  ©a^ungen, 
lann  ftcfy  aber  auf  £ierontymuä  berufen,  ber  im  93ortoort  ju  ©J>r  bon  23ei  unb  ©t  jagt : 
Sicut  ergo  Judith  et  Tobi  et  Machabaeorum  libros  legit  quidem  ecclesia,  sed 
intra  canonicas  scripturas  non  reeipit,  sie  et  haec  duo  volumina  legat  ad  85 
aedificationem  plebis,  non  ad  auetoritatem  ecclesiasticorum  dogmatum  confir- 
mandam,  togl.  auefy  SRufin,  Expositio  in  svmb.  apost.  §  38. 

c)  $)ie  gried^ifc^e  Mird^e.  3m  Stltertum  unb  im  SKittelalter  unterf Reiben 
mandbe  Äirc^enle^rer  ä^nlid^  h)ie  ^ieron^mu«  brei  Slrten  t>on  93üc^ern.  3)er  Dfterfeftbrief 
bed  aU^anafm« :  22  xavovitdueva,  (5)  ävayivcooxo/bieva,  nämli<$  3S3ei,  ©i,  @ft^  (f.  40 
©.  760, 1.  w>),  31*/  ^°r  u-  äjToxQvqxi,  bie  aber  nidj^t  genannt  toerben.  ©benfo  bie  jogen. 
©tyutyfe  be^  ät^anafw«,  bie  jebod^  bie  Aji6xgyq?a  genau  toie  in  bem  bem  ^Patriarchen 
9lic^oru^  jugefd^riebenen  ftid&ometrif<£en  SScrgeid^ni«  (f.  ©.  761, 8 ff.)  aufjagt:  ßenod^, 
^atriard^en  je.    Ueber  ba$  „Serjeid^ni«  ber  60  fanonifc^en  93üc$er"  f.  ©.  760,  ir»  ff. 

GtyriBuS  Sufari«,  ^Jatriarc^  Don  ,Üonftantinoj)eI,  fyatte  1629  für  bie,  toel(^e  ben  45 
©iauben  ber  gried^ifc^en  Äird^e  fennen  lernen  Sollten,  eine  'AvaroXixri  'OfioJLoyla  trjg 
XQioriavixfjs  moxEcog  aufgearbeitet  unb  in  biefer  bie  3frage,  toeld^e  93ü(^er  hgd 
ygayti)  feien,  alfo  beantwortet  (Libri  symbolici  ecclesiae  orientalis  . .  .  collegit  . .  . 
E.  J.  Kimmel,  %ma  1843,  42):  eIfodv  yocupijv  Tiavxa  rd  xavovtxä  ßißMa  le- 
yo/tuv  .  . .  Taxrta  ök  ra  xavovtxä  ßißkt'a  roonvra  röv  ägidjudv  elvm  morevojbiev,  so 
80a  f\  h  Aaodixeiq  (f.  ©.  759,  m)  ovvodog  amqytjvaro,  xal  fj  xov  Xqioxov  xafto- 
Xixi]  xal  dgft6do£o<;  ixxXtjoia  vnb  xov  Tiavayiov  7ivev[iaioq  yamofteloa  jtiexQ1 
xov  nagovxos  vxayooevet.  "Atifq  Öf  djroxovfpa  keyojiiev,  did  xovxo  xö  bitovv- 
jiov  ovxwg  fyovaiv,  öxi  xo  xvqoz  na(m  xov  navaylov  nvex^iaxog  ovx  fyovoiv  cbg 
xä  xvgtax;  xal  äva^iqißohng  xavovtxä  ßißkt'a,  h  oh  t)  xov  Mcoi'oeax;  TiFvxd-  66 
xevrog  xal  xä  äyioygawa  xal  6i  7xgoqi]xat.  DiefeS  ©lauben^befenntni^,  bem  aber 
bie  graste  bed  i'ufari«  nic^t  ganj  entftmfyt  (benn  er  reebnet  in  einer  §omilie  %o  |\ur  yga<ptj, 
unb  er  citiert  2Bei  1,  13  mit  ytygamai,  ogl.  Himmel  373  ff.),  erhielt  inbc«  gletdj  bem 
bcS  SWetro^ane^  Äritofulo^  Dom  3-  1625  (f.  Appendix  librorum  symb.  ecclesiae 
orientalis.    Ex    schedis   posthumis  E.  J.  Kimmel .  .  ed.    H.  J.  Chr.  Weissen-  00 


764  ftattott  beft  «2*  V 

born,  %ma  1850,  104 ff.)  nie  offizielle  ©eltung;  btelme&r  tourbe  eS  auf  ben  ©tynoben 
*u  Äonftantmopel  1638,  3affe  1642,  ^erufalem  1672  auSbrüdltcfc  bertoorfen.  2)te  beiben 
Umgenannten  SBerfammlungen  äußerten  fidfr  au$  über  bie  3fyofr$>$en.  2)ie  3af^ 
©tynobe   tabelt  (Äimmel  416),   ba§  EtyriH  xtvd  xrjg  ixeivrjg  [xtjg  rgaarfg]   d&ezä  ßi~ 

5  ßiicov,  ibieg  al  äyiai  xal  olxovuevixal  avvodoi  a>g  xavovtxd  £o££avxo.  2)te  ©tynobe 
m  gerufalem,  meldte  burety  bie  SStelfeitigteit  ber  xfyc  ju  teil  geworbenen  Xnerfennung  alle 
folaenben  ©tynoben  ber  grtec^tfd^en  Äird&e  übertrifft  (f.  biefer  @nctyH.s  VIII,  704)  unb 
bafer  für  baS  (Srlennen  ber  gried&ifcfcort^obosen  ©laubenSlefcen  Don  entfcfcjbenber  9e= 
beutung  ift,  erneuerte  ni$t  nur  bie  in  3affa  gefa&ten  Sefölüjfe,  fonbern  gab  in  ber  Aon- 

10  feffton  beS  35ofit^eu^  eine  bestimmte  äfattoort  auf  bie  fjrage,  toeld&e  »üc&er  man  iegdv 
yqaqyqv  ju  nennen  fyabt  (Äimmel  467 f.):  Hxotxovvxeg  xtp  xavövt  rijg  xa&oiocrjg 
ixxXrjolag  legdv  ygawrjv  xaÄovjuev  ixelva  ndvxa,  (bieg  6  KvgMog  vno  trjg  iv 
AaoöLxelq  owddov  eqaviodfievog  ägi^jueT  xal  ngbg  xovxoig  äkeg  dowixcog  xal 
dfiaftcbg  eix'  ovv  i&eXoxaxovgycog  djzöxgvtpa   xaxayvojüuzoe'    xijv  Zcxpiav  dtjXadrj 

15  xov  HoXoficovrog,  xr\v  'Iovdrjv,  xov  TcoBlav,  xrjv  'Ioxogtav  xov  dgäxovxog,  xrjv 
'loxogiav  rfjg  2oyodwr\g^  xovg  Maxxaßaiovg  xal  xrjv  2o<piav  xov  J£eigd%.  HfieTg 
ydg  juexd  xeov  öilojv  xfjg  deiag  yga<prjg  yvrjaUov  ßißilojv  xal  xavxa  yvrjota  xijg 
yqawfjg  fiigtj  xglvopiev.  35ie  außer  „ben  22  Supern"  jum  Äanon  gu  re$nenben 
Sudler  toerben  fyier  nietyt  fämtlicty  aufgellt;    man   !ann  bafyer  über  bie  grage,  todty 

so  Sucher  gemeint  feien,  nur  na$  ber  tn  ber  gried&ifd&en  flirre  befolgten  $rajU,  b.  L 
namentlich  naety  ben  SibelauSgaben,  urteilen.  2)a  nun  eine  Originalausgabe  ber  griec£if$en 
Säbel  in  Serlin  toeber  auf  ber  föniglic^en  noefy  auf  ber  UniberfUätSbtbliotyef  borfyanben 
ift,  teile  id&  bie  Slngabe  Don  @b.  &eufc  (2)ie  ©efd&id&te  ber  fy.  ©driften  9EES5,  §338, 
aSraunfd^toeig  1874)  mit :  „Die  offizielle  SHoStauer  Ausgabe  ber  fota  ygaanj  (1821, 4°) 

26  f)ai  bie  8fyo!r$>ljen  alle,  @Sr  in  beiben  Stecenftonen  nebft  9ie$  unb  4  Supern  ber  TOaf 
am  ©d&luji  ber  tyiftoriföen  Sucher,  bie  Keinen  unb  großen  ^ro^eten  Dor  ben  7  poetiföen 
ober  SBeiSbeitSbüctyern".  3)ieg  ftimmt  nid&t  ganj  überein  mit  bem  %ntydt  ber  offigalen 
ruffifc^en  Sibel  (Petersburg  1876,  S)rudferei  ber  %l  ©tynobe),  in  ber  g.  9.  nur  3  9Mak 
büd^er  fte^en.    3$  laffe  ba^er  genaue  Inhaltsangabe  be$  212   in  btefem  5)rucfe  folgen: 

so  $t,  3of,  SRi,  SWuty,  4  Sudler  %  2  »üd&er  6^r  (am  gnbe  ©ebet  SKanaffeS),  1  ®Sr 
[lanon.],  5Re^,  2  @Sr  [gried^.  <$&a],  Zo,  Sjub,  ©ft^,  §i,  $f  [151],  ®px,  Äo^.,  §2,  SBei, 


©i:  3ef,  3er,  Älagl,  ©rief  Qer,  93a,  ©3,  3)a,  12  fl.  5ßroJ)^  [in  ber  ^ebr.  Drbnung], 
3  SBücber  ber  5Kaf,  3  Sär  [4  mxa  nac|  geh).  3ä^Iung].  ©amtlichen  ^otxyptyn  (au^ 
bem  ©ebet  ÜJU  unb  bem  151.  ^Jf)   ift   bie  3lnmertung  untergefefet:   „au$  bem   ©rie^. 

86  übertragen",  nic^t  toenigen  au^erbem  nod^  bie  9lotij:  „nic^t  im  ^ebr.  Sqrte".  3U  4  6«ra 
(16$alty.)  ift  bemerlt:  ,,3)iefe«  S3ud^  toeber  im  ^ebr.  noc^  hn  grie#.  lejt.  S)ie  floh), 
unb  bie  ruff.  Überfe^ung  jtnb  aus  ber  SSulgata  gemalt",  ©onft  ftnb  bie  tyolcyptyn 
in  leiner  38eife,  namentlich  ri\d)t  burd^  anbete  Settern,  als  minbertoertig  lenntlic^  gemalt. 
3luffättig  ift  batyer,  bafe  beS  1868  berftorbenen  Metropoliten  ^tyilaret  „ausführlicher  d&rijb 

40  lieber  Äated^iSmuS  ber  ort^oboj-fat^olifc^en  orientalifd^en  Äir$e,  in  ber  DriginalfJ)ra(^e  ge* 
}>rüft  unb  genehmigt  öon  ber  tyeiligften  birigirenben  ©^nobe,  unb  herausgegeben  jum 
Unterricht  in  ben  ©c^ulen  tote  aud)  jum  ©ebraud^  aller  ortyobogen  Sänften  auf  äfler= 
^öd^ften  Sefe^l  ©r.  flaijerlid^en  üMajjeftät",  Petersburg  1850  (Eitel  ber  offiziellen  beutf^en 
Ueberfefcung),  ben  2t^>onr.  flar  eine  untergeorbnete  ©teHung   jutoeift :    „tJrage :  2Bie  t)id 

46^1.  »üc^er  beSSlES  $ä^It  man?  Slntto.:  S)er  ^l.  GtyriH  Don  3er.,  ber  ^l.  äfymaftuS  b. ©r. 
unb  ber  1)1  ^o^anne^  Don  S)amaSf  jäblen  beten  ^toeiunb^toanjig,  toobei  fte  bie  fyebrätfcfc 
3ä^lung  berfelben  in  ber  urfprünglicpen  ©prad^e  berücfftd^tigen. . .  —  grage:  SBarum  Der* 
bient  bie  3ö^un9  ^  Hebräer  berüdfftc^tigt  ju  toerben?  2lntto.:  2Beil,  toie  ber  Stooftd 
^JauluS  fagt,  i^nen  bie  SluSf^rüd^e  ©otteS  anvertrauet  toaren,  unb  toeil  bie  neuteft  apSj&. 

60  Hird^e  bie  Sucher  beS  312   Don   ber  altteft.   ^ebr.  Äirc^e  übertommen  fyat,  9to  3,  2.  — 

5^rage:  2Bte  ^ä^len  benn  ber  ^>l.  6^riHuS   unb  ber  ^l.  Slt^anaftuS  bie  9üc&er  beS  »SS? 

Intto.:    [folgt   bie   befannte  3ctyhmg:    79timitSRut^,   ,0  6fo   u  gSr  (*  9fe$),   ™  Qfy, 

3  §tob,  u  $f,  lu  3iet  (Älagl  nicfyt  namentlich  ettoä^nt)].  —  ^rage :  ÜBarum  g«Wi^t  in 

biefer  Stufeäfylung   ber  Suchet  beS  31IS  feine  ©ttoäfymmg  Don   bem  Suc^e  ber  SBeiS^eit 

66  beS  ©o^neS  ©irad&S  unb  Don  einigen  anberen  ¥  Slntto. :  SBeil  fte  im  #ebräifc£en  nic^t 
Dor^anben  finb.  —  grage :  SißaS  ift  Don  biefen  latent  Sudlern  ju  galten  ?  Slntto. :  Xt^f 
nafiuS  b.  ©t.  fagt:  fte  ftnb  Don  ben  33ätem  benjenigen  jum  Sefen  beftimmt,  bie  erft  in 
bie  fttrd&e  eintreten.  —  Jrage:  SBte  läfet  [xd)  ber  ^n^alt  ber  Sucher  beS  als  beutlid&er 
befttmmen?    3lntto.:  SJlan   fann  fte   in  folgenbe  Dter  Slbteilungen   bringen:    1.  ©efefc* 

60  büc^er  . .,  2.  ©efd&id&tsbücfyer  . .,    3.  £e§rbü#er  . .,   4.  $ro^etifd^e  Sü^er . .".    3n  ber 


13 


Sattott  beS  »2*  V  765 

bann  folgenben  Slngabe,  toelc^e  Sudler  ju  ben  einzelnen  Abteilungen  gehören,  toirb  fein 
emjigeä  Styofirt^on  genannt,  unb  in  bem  gamen  Katechismus  toirb  nur  ©ine  ©teile  au$ 
ben  3tyofrfl>fcn  angeführt  ©.  90.  134:  2  mal  12,  43  f.  als  Selegftelle  für  bie  ©itte  be$ 
33eten3  für  SBerftorbene,  aber  nid^t  toenige  auä  ben  SBätern,  bef.  Cannes  toon  ®am.,  bem 
ortyobojen  ©laubenSbefenntnte  u.  f.  to.  5 

d)  S)ie  proteftantifctyen  Atrien.  —  3)ie  lutfyerif<$en  93efenntni3f$riften 
enthalten  leine  auäbrücflid&e  ©rflärung  gegen  bie  nid&t  im  fyebräijcben  Station  ftelfenben 
©Triften  (aucfy  nic^t  in  ber  flonforbienformel  ©.  543  u.  587  2Bal#;  inbeS  betrauten  fte 
t^atfäc^Uc^  bie  fanon.  Sudler  als  bogmatifö  adein  giltig:  benn  bie  toenigen  in  ber  Apo- 
logia  Confessionis  ouS  ben  ätyofa^en  angeführten  ©teilen  Serben  nur  barum  citiert,  10 
toetl  bie  ©egner  fu&  auf  fte  berufen  Ratten  (So  4, 11;  2  3Raf  15,14  bei  2Bald&  128. 
218).  Sutfyer  fyat  über  bie  Don  tym  überfefcten  2tyofr$^en  ni$t  in  Saufö  unb  Sogen 
geurteilt,  fonbern  üjre  berfd&iebene  93eftfyaffenfyeit  berüchtigt:  am  günftigften  äußerte 
er  ftd&  über  2Bei  unb@i;  ba$  juerft  überfeine  unb  1519  ber  htrjen  Slntoeifung,  hrie  man 
beizten  Jott,  angehängte  ©ebet  SRanaffeS  bezeichnete  er  al$  „ju  ber  Seicht  fe$r  bienli$"  iö 
(©»  2B3B  XXI,  252 ;  in  Setreff  ber  anberen  Sudler  bgl.  bie  SBorreben  ju  ben  3fyofc. 
LXIII,  91  ff.  unb  bie  Slufjerungen  in  ben  Streben  LXII,  130  ff.).  ©e$r  ungünftig 
tyxad)  er  ftd&  über  9a  unb  2  mal  au$.  2)a3  3.  unb  ba«  4.  9u$  ©Sr  i^at  er  nidjt  ber« 
beutfefy,  „tt>eil  fo  gar  nid&tä  barinnen  ift,  baä  man  ni$t  Diel  beffer  im  Aesopo  ober 
no<$  geringeren  Sudlern  fann  finben,  otyne  bafi  im  4.  93ud)  baju  eitel  Xräume  ftnb"  (9Sor*  ao 
rebe  )u  93a).  —  3>n  ber  erften  Don  Sutyer  felbft  beforgten  fcoHftänbigen  SluSgabe  feiner 
8ibelüberfefcung(1534)  ftefcen  unter  ber  Überförift,  ,,9fyobty>fo  ba$  ftnb  ©üc&er,  fo  nid&t 
ber  $L  ©d^rift  gleicfygefyalten,  unb  bo<$  nüfclicfy  unb  gut  &u  lefen  fmb",  %ub,  2Bei,  %o, 
©i,  S3a,  (Srief  3er  als  Sttip.ß),  1.  2  3J?af,  bie  3ufä$e  ju  ©fty  unbS)a,  ba3  ©ebet 
9Ranaffe3.  Jtein  33ud?  beä  ijebr.  ÄanonS  tyat  ßutyer  in  feiner  Überfefcung  auägelaffen ;  26 
toofyl  aber  tyat  er  als  Reformator  mit  ebangelifd&er  gfretyeit  über  einzelne  tanomföe 
©Triften  fi$  auSgeforod&en.  3n  De  servo  arbitrio  fagt  er :  „liber  Esther,  quamvis 
hunc  habent  in  canone,  dignior  omnibus  me  iudice,  qui  extra  canonem  ha- 
beretur",  unb  in  ben  SXfd&reben  lefen  toir:  „Unb  ba  ber  3)o!tor  baä  anbere  8u<$  ber 
HJtatfabäer  forrigierte,  ft>ra#  er:  3$  bin  bem  93ud^e  unb  ©ftyer  fo  feinb,  ba|  id&  toollte,  so 
fte  toären  gar  nic^t  Dor^anben;  benn  fte  jubenjen  ju  fe^r  unb  fyaben  Diel  ^eibnifd^e  Un« 
art"  (DgL  2.«  äufeerungen  über  ben  93rief  be«  Salobuö).  3m  ©efü^l  berfelben  grei^eit 
^anbelte  Sut^er  aud&,  ate  er  bie  Reihenfolge  ber  93üd&er  be«  212  toie  be3  31%  änberte. 
2)ie  Slnorbnung  beä  9L%  bei  2ut^er  gleist  ber  in  ber  SSulgata;  nur  f)at  Sut^er  bie  2lJ)0- 
htipfym  mit  ben  äufäfeen  gu  @ft^,  £a  unb  tyx  (©ebet  9{anaf[e^)  an$  ©nbe  geftellt,  alfo :  85 
5»b.2Kof,  3of,  Ri,  Rut^,  1.  2©a,  1.2%  1.2  Gfo  ©«r,  5We^,  ©ft^;  §i,  $falter,  @^r, 
^tb,  ^£ ;  3ef,  3er,  Älagl,  §efeliel,  2>a,  12  Heine  ^ro^^eten ;  3H>ofrty>fyen. 

gRlr  bie  lutberifd^en  35ogmatifer  blieb  Stellung  unb  Sejeic^nung  ber  3fyolr$>$en  be« 
äl  in  fiut^erö  SMbelüberfefcung  mafegebenb ;  fte  toaren  baljer  genötigt,  jtoei  Älaffen  Don 
äfyotrty>$en  angune^men.  ©o  fagt  9R.  Gfyemnty,  Examen  concilii  Trident.,  grontf.  «o 
1609,  54:  „libros  illos  non  proprie  vocari  Canonicos,  qui  leguntur  quidem 
in  ecclesiis,  sed  non  ad  confirmandam  ex  his  fidei  auetoritatem,  et  quorum 
auetoritas  non  idonea  iudicatur  ad  roboranda  ea  quae  in  contentionem  ve- 
niunt.  Gonvenit  enim  appellatio  [lanonifc^]  proprie  ad  illos  libros,  qui  sunt 
Canon  dogmatum  et  fidei ;  äjiöxgvyoi  proprie  vocantur  Uli  libri,  quorum  oc-  46 
eulta  origo  non  claruit  illis,  quorum  testificatione  auetoritas  verarum  Scri- 
pturarum  ad  nos  pervenit,  sicut  inquit  Augustinus,  de  civitate  1.  XV,  c.  23, 
et  contra  Faustum  1.  II,  c.  2  dicit :  vocari  apoeryphos,  qui  nulla  testificationis 
luce  declarati  et  prolati  sunt.  Haec  explicatio  appellationis  recte  convenit  ad 
illos  libros,  qui  in  vulgatis  editionibus  habentur  quidem  sed  non  sunt  in  so 
Canone  ...  Ad  tertium  genus  scriptorum,  quae  adulterina  et  falsa  sunt,  sive 
haec  sive  alia  appellatio  aecommodetur,  non  pugno  . . ."  §oÜag  formuliert  ben 
Unterfd^ieb  fo:  libri  apoeryphi  sunt  1.  qui  in  codice  quidem,  sed  non  in  ca- 
none biblico  exstant,  neque  immediato  Dei  afflatu  scripti  sunt;  2.  qui  con- 
tinent  fabulas,  errores  ac  mendacia  ac  proinde  non  sunt  in  ecclesia  legendi ;  66 
unb  ^ofyann  ©erwarb  fd^retbt:  prioris  generis  libri  dieuntur  apoeryphi,  qui  sunt 
absconditi  i.  e.  originis  absconditae  et  oecultae;  posterioris  generis  libri 
dieuntur  apoeryphi  sensu  eo ,  quod  sint  abscondendi  nee  in  ecclesia 
legendi. 

3Rit  biefer  Beurteilung  ber  2tyofa#fym  bed  %%  ift  bod  «erfahren  ber  älteren  Sie«  eo 


766  Station  be0  82$  V 

formierten  fcottfommen  im  Sintlang.  3)a  bie  93oIlenbung  ber  ftberfefcung  be$2EE 
bur$  Sutyer  )u  lange  auf  ft$  toarten  liefe,  fertigte  £eo  $ubä  eine  eigene  Übertragung 
ber  2tyofr^>$en,  meldte  1529  in  3ürid&  aß  5.  Seil  be$  211  erfd&ien  mit  ber  8e$ei<fc 
nung:  „btjj  ftnb  bie  bü$er  bie  bty  ben  alten  bnber  Biblische  gefd^rifft  nit  gejelt  ftnb, 
6  ou$  bty  ben  ßbreern  nit  gefunben".  $u  *>m  aufgenommenen  Suchern  gehörten  au$ 
3.4  63ra  unb  3  9Raf;  erft  in  Röteren  ausgaben  tarnen  fyinju  bog  ©ebet  Stfariä,  ber 
©efang  ber  brei  3Ränner  im  geuerofen,  ba$  ©ebet  üJtanaffeS  unb  bie  ©tfidfe  in  Sfu)er. 
3n  ber  erften  ©efamtauSgabe  ber  Stbel  (3üri$  1530,  4*°)  ftetyen  bie  Xpoltypfpn  am 
©$lufi  ber  ganzen  33ibel.  —  3)ie  Confessio  Gallicana  (1559)  nennt   in   ärt  3  bie 

io  Sudler  be£  fyebr.  Kanons  unb  fügt  bann  in  21.  4  fyinju :  hos  libros  agnoseimus  esse 
Canonicos,  id  est  fidei  nostrae  normam  et  regulam  habemus;  ber  fyL  ©etft 
le^re  illos  ab  aliis  libris  ecclesiasticis  [ben  2fyofafl>f>en]  discernere,  qui,  ut  sint 
utiles,  non  sunt  tarnen  eiusmodi,  ut  ex  iis  constitui  possit  aliquis  fidei  arti- 
culus  (§.  21.  9liemetyer,    Collectio   confessionum  in  ecclesiis  reformatis  publica- 

16  tarum,  Seidig  1840,  330).  —  $tynlidj  bie  Confessio  Belgica  (1562)  in  2lrt.  4  f.  mit 
ber  Seftimmung  'in  2lrt.  6 :  Differentiam  porro  constituimus  inter  libros  hosce 
Sacros  et  eos,  quos  Apocryphos  vocant:  utpote  quod  Apocryphos  legere  qui- 
dem  ecclesia  possit  et  documenta  ex  iis  desumere  in  rebus,  quae  consentiunt 
cum  libris  Canonicis:   at  nequaquam  ea  est  ipsorum   auetoritas  et  firmitudo, 

20  ut  ex  illorum  testimonio  aliquod  dogma  de  fide  et  religione  christiana  certo 
constitui  possit  (SRiemtyer  362).  —  3m  6.  2trt.  be3  engltfd&en  SefenntniffeS  (1562) 
Reifet  e8  nai)  äufeäblung  ber  fanonifd&en  Sudler:  Alios  autem  libros  (ut  ait  Hiero- 
nymus)  legit  quidem  Ecclesia  ad  exempla  vitae  et  firmandos  mores,  illos 
tarnen  ad  dogmata  confirmanda  non  adhibet,  „eine  Seftimmung,  toeld&e  noeb  fpäter 

26  ber  Drjorber  Ideologe  ^Jribeaur.  (Opp.  theol.,  ^üric^  1672,  ©.  539)  bur<$  bie  S3e^ou))= 
tung,  bafe  bie  alte  Äircbe  einen  Canon  morum  unb  einen  Canon  fidei  untertrieben 
tyabe,  fotoie  burd&  bie  &erglei$ung  mit  ber  SBorlefung  ber  §omilieen  u.  f.  h>.  ju  xtd)U 
fertigen  fuetyt"  (Dealer  267).  3)ie  in  bem  common  prayer  book  abgebrudfte  table  of 
lessons  (Dom  '^abre  1662)  fd&reibt  Sefung  ber  altteft.  2tyofr$>f>en  fcor  für  bie  3ri*  toom 

so  27.  September  abenbä  biä  jum  23.  SRofcember  morgend,  aufjerbem  erflärt  fte  beftimmte 
2lbfd&nitte  aus  2Bei  unb  St  für  geeignet  jur  Seftüre  an  gegriffen  geiertagen.  —  3)ie  Der* 
toanbten  2lu$fagen  ber  Confessio  Helvetica  posterior  c.  1  (1564)  unb  ber  Corner 
©eflaration  (1645)  f.  bei  TOemetyer  468.  670.  —  Seb^afte  Dppofitton  gegen  bie  Sfyo; 
fa^en  erfyob  ftcfy  juerft   auf  ber  Dorbrecfyter  ©tynobe,   too  ©omaruS  u.  a.   ben  Stntrag 

35  fteÜten,  bie  2fyoft$>tyen,  namentlich  4  @3r,  £o,  ^ub  unb  bie  (Srjctylung  Dom  Sei,  ganj 
au$  ber  Sibel  ju  entfernen,  tiefer  2lntrag  ftwrbe  jtoar  abgelehnt,  ber  in  ber  10.  ©effion 
toon  ber  ©tynobe  gefaxte  33ef$lufj  (1618)  foraefy  fiefy  aber  boc§  jiemlicty  ftarf  ju  Ungunfien 
ber  2tyofrt^en  au£,  Acta  Synodi  nationalis  .  .  .  Dordrechti  habitae,  §annotoer 
1620,  30f. :   a  corpore  voluminis  Biblici  non  esse  segregandos  .  .  .,    adhibitis 

40  tarnen  hisce  cautionibus:  ut  a  libris  Canonicis  iusto  aliquo  interstitio  et  peculiari 
titulo  discernantur,  in  quo  diserte  moneatur,  hos  libros  scripta  esse  humana 
ideoque  Apocryphos ;  ut  iis  exaeta  praefigatur  praefatio,  in  qua  lectores  tum  de 
auetoritate  horum  librorum,  tum  de  erroribus  quae  illis  continentur,  aecurate 
erudiantur;    ut  aliis  minoribus  typis  exeudantur;    ut  in  margine  annotentur 

45  loca  omnia  et  refutentur,  quae  cum  veritate librorum Canonicorum  pugnant...; 
ut  praeterea  peculiari  paginarum  numero  eos  typographi  distinguant  itaf  ut 
seorsim  quoque  possin t  compingi.  —  ©benfottö  gegen  bie  2tyofrl#>tyen  eingenommen 
toar  bie  preäbtyterianifd&e  SBeftminfterfonobe  (1643),  beren  Honf effion  c.  I,  §  3  (9liem. 
appendix  ©.  2)  beftimmt :  Libri  Apocryphi  vulgo  dicti,  quum  non  hierin t  di- 
so vinitus  inspirati,  Canonem  Scripturae  nullatenus  constituunt ;  proindeque 
nullam  aliam  authoritatem  obtinere  debent  in  ecclesia  Dei,  nee  aliter  quam 
alia  humana  scripta  sunt  aut  approbandi  aut  adhibendi.  3)ic  befonberä  feit  ber 
3)orbred^ter  ©tynobe  bei  ben  Steformierten  fid^  jeigenbe  größere  Strenge  in  Se^anblung 
ber  2tyofa#fyen   ift  o^ne  3toc^fe'  junäd^ft   bureb  ben  ©egenfa^  gegen  bie  römif^e  Rir^e 

55  Deranla^t  toorben. 

3)ie  2lrminianer  (Confessio  ..  Pastorum,  qui  ..  Remonstrantes  vocan- 
tur  I,  3.  6),  bie  ©ocinianer  (Dftorobt,  Unterrid^tung  toon  ben  borne^mften  QauyU 
fünften  ber  d&riftl.  Sieligion,  Slafau  1604,  1)  unb  bie  SKennoniten  (^o^.  9tte,  Prae- 
cipuorum  christianae  fidei  articulorum  brevis  confessio,  c.  29)  ftimmen  ^tnju^ts 

go  Ixö)  ber  2lt>ofr$)fyen  mit  ben  ^ßroteftanten  überein. 


Sattott  fceS  312«  V.  VI  767 

Über  bcn  1811.  1813.  1819.  1825—1827  in  ©rojjbritannien  geführten  Styofrt^en* 
ftreit,  ber  mit  bem  Seföluffe  ber  Sritiföen  unb  2lu3länbif#en  Sibelgefellföaft,  Sibeln 
mit  Sfyofrtfl^en  nic^t  ju  berbreiten,  enbete,  f.  Sroton,  History  of  the  British  and 
Foreign  Bible  Society,  Sonbon  1859  unb  2lufl.*  biefer  (Snctyfl.  II,  373—375. 
Slnbere  Sitteratur  über  bie  ben  2tyofr$>fyen  an&utoeifenbe  Stellung  f.  9lufl.s  biefer  ©netyfl.  s 
I,  628. 

VI.  Die  SRamen  be$  altteft.  ÄanonS  unb  feiner  ^auptteile.  a.  $e* 
bräifc&e  (togl.  fiubto.  »lau,  3ur  Anleitung  in  bie  §eilige  ©c&rift,  »ubo^eft  1894, 
1—47).  anp,?:  baö  Sorlefen,  fonfret :  ba3  ©elefene.  %n  3lzt}  8,  8  «?p??3  wz*i  ift 
'"-  felbftberftänbltc^  bie  X^ora.  "-  ,,©#rift"  oft  im  ©egenfafc  gu3Kifd^na  unb  Styalmub  10 
j. 33.  2Riföna  Dibbufc^in  1,  10,  Slbotl)  5,  21,  c2lboba  zara  19  b  Slnf.,  Cibbufd&in  30*,  »aba 
me$ica33a.  Oft  bejetcfynet  '  •- auety  eine  einzelne  ©ctyriftftelle,  einen  ©d^rtftt>crö ;  ^ßlur.  bann 
rnfir^a.  ||  c^s^3)a9,2.  d-h?c  otyne  Slrtifcl  „^eilige  Schriften"  fe^r  oft  inbenS&al* 
muben  unb  SKibrafcfyen.  "es?  Zabim  5,  12  gefyt  toofyl  junä^ft  nur  auf  bie  23wa.ll 
vrrpri  -nnz  (f0  bie  fraktionelle  äu$ft>rac$e,  nid&t  Kthäbß)  ^abajim  3,  5,  ©abbaty  16,  1;  15 
bei  ben  Slmoräem  and)  fpejieD  bie  §agiogra^m.l  P*rcn  bebeutet  fotoofyl  bie  einzelne 
©cfcriftfteDe  toie  bie  gange  tyl.©c$rift;  Untere«  j.  33.  bei  Sßro^iatDuran:  b»v«ar:  ab 
-TTsn.nJjaÄ  Silier  ber  Sejei^nung  rrjsnp;;  ift  unbefannt.  2lu$  bem  SSortoort  beS 
$nty$iat  Duran  (gnbe  beS  14.  3a$r&.)  $u  9Jtocafe  @l>tyob  (SBien  1865)  erftetyt  man,  bafe 
ber  sJtame  älter  als  biefer  Slutor:  Der  tyat  gut  gettyan,  ber  bie$  93u$  7I  genannt  fyat;  20 
benn  e$  ift  in  SBa^eit  ein  Heiligtum  ^a^beS.  eine  im  lebety  247  (@nbe  1486)  m 
$aragona  fcoDenbete  33ibefyanbf$rift  tyat  ein  (Spigra)^,  in  bem  bie  Sorte  fcorfommen 
rrcnp:  anprn  ~zcn  nT  (&gi#  2ib.  Neubauer  in:  Archives  des  missions  seien ti- 
fiques  et  litteraires,  2.  ©erie,  93b  V  (1868),  424;  granj  Delifcfö,  Gomplutenftföe  33a* 
rianten  gum  altteft.  SEejte,  Seif  jig  1878,  5).  äuefy  ^Setru^  ©alatinuS  fennt  ben  tarnen,  25 
De  arcanis  catholicae  veritatis,  Orthonae  maris  1518,  p.  XI:  Hucusque  [bte 
auf  @3ra]  praeter  Bibliam,  quam  rrc-i;r:  Macdesciya  hoc  est  rem  sanetam  Dei 
vocant,    scripturam  aliam  Judaeos   habuisse   non   legimus.    ©ebaftian  -Dtünfter 

feftte  feinen  beiben  93ibelau3gaben  in  golio  fcon  1534/35  u.  1546  ^  '^p?  bor.  ©d&on 
9Kof(^e^  ben  Slfc^er  fcergleic^t  bie  brei  leile  ber  93ibcl  mit  brei  teilen  be$  XempelS:  snp  ao 
-cm  bna*  ^xn-  -£-j?rr  D^"ipnf  f.  beffen  fcon  mir  jufammen  mit  ©.  33aer  ^erau& 
gegebene  Difbufe  ^ateamim,  Seidig  1879,  §3.  II  Über  bie  ber  ßafyl  ber  33ücfyer  ent* 
nommene  Se^eic^nung  c^zc  i'in  bgl.  oben  ©.  756  unb  ben  ©a$  be«  @lia$  Seüita 
oben  ©.  744.  ©efyr  ^äuftg  iff  ber  atö  ber  Dreiteilung  beä  Äanon«  hervorgegangene 
giame  c^-ire-  c-«-2:  r\~rrt  in  ber  3Hafeora  abgelürjt  ^-p.  ||3Ke^rfac^  Reifet  ba«  ©anje  86 
nad)  bem  §au)>tteite  ^"s"1:  ©an^ebrin  91 b  toerben  mmm  y:  für  c-n-:n  r^nn  aufeer 
@S  15,1  angeführt  3of  8,30;  >J$f  84,5;  3ef  52,  8  (bie  33etpei«fcaft  liegt  in  ben 
/fguturi«");  Web  qatan  5a  ^nbet  ©4>im'on  ben  ^tyaft  in  @j  39,  15  Trab  tt:-! 
rr-nn  72  rT2p;  ©an^ebrin  37R  Reifet  e«  bon  §2  7,  3  w  rn-rn  n-irn;  'äboba 
zara  17»  ~irn  ainsc  mitSegug  auf  ©J)r5,8;  Wel^U^a  511  6j  15, 1  (griebmann34b):  40 
alle  3)anlfagungen,  riTn^  in  ber  Ityora  lauten  *"^~  =b-rb  *z  ^r^  *z  --^  -nin;  nur 
^ier(2  6^r20,  21)  beifet  ed  "n~  c«b  -r  -"-b  rm,  3)afclbft  ju  15,9  (griebm.  40b) 
toirb  ber  ©a$,  cä  gebe  in  ber  Ibora  fein  -n-«-:-  znp~2  (lein  ^rü^ersunb=©J)äter, 
feine  (fyronologiföe  äufeinanberfolge),  burc^  ©teilen  au«  ^roptyeten  unb  §agiograp^en 
belegt.  Sßejjiqt^a  zutart^a  331.  1,  c.  1  [bei  ©urenfyuä  ßißiog  xamkXayYjs  p.  43]  toirb  46 
©J>r8,  19  al*  rr*r  angeführt;  ^efeiqt^a  ed.  »über  105"  f.  oben  ©.  754;  üKibrafö 
I^anc^uma(3lnf.ber  ^arafd^e  n»-,  ^u^g.  sJRantua  1563, 81. 96 b):  ^"b  b-nrn  qc«  fi^n-cr 
c  "»ri  qcsb  bx-c  ■—:«.  'w  *rr?  si^  n-b  ^2  — :«  n-:bc  -p'f  T7^  r;r  nrTNn 
cnb  •::«  .-rc  ^rr:  m:bnp  *ar  ?Tr r  ^rr  nrTNn  -" :^n  nrjrc  r^n«  nr-r 
«b-5  '«rs  enz  vr-:ar:  er«:  n— ir  -fr«  c-»a:rrn:  cs-arms  s-—::«  b«-i c-  ^rcic  so 
mmn  ,c-«-2:rr  :^er  -t-a  :r:eb  ',r:  —5«  -t-ts  rrbb  :rnb»  tt  b:pe  :r:c 
■m-r  "»  nrTjcr  — «:  -pb,  cn  ttt  =^:r=:  =*«-s:to  (ögl.  $f  78, 1 ;  6|»4,2; 
3)a  9, 10);  ber  Wibrafd^  3lu  SRabba  13  be^eic^net  «Pf  19,8—10  ate  „brei  SSerfe  ber 
I^ora".  3c$uba  ^abafft  fagt  im  ßfd^fol  fctopbvc  äl^abet  173  *:  =-«-a:-  rr~n 
rr:r  :wS-p:  rrcre  =-n:r=-  unb  citiert  ba^u  Da  9,  10  unb  ©pr  22,  20.  66 

Jtomen  ber  §au)>tteile.  a.  Der  erfte  leil,  rr**T>  ("?.y),  fyeifct,  toenn  in  Sud^form 
gefebrieben,  and):  "-:r  ^-::n  nc-:n  ©an^ebrin44*  änf.  —  ß.  gn  ber  3Rafeora  be« 
geic^net  c^rpe«-  s*«-»2:  prophetae  priores  bie  4  j)roj)^etifc^igefc^ic^tli(^en,  irrrn«  a-«-n: 
prophetae  posteriores  bie  öier  eigentlich  pro^betifc^en  Sucher;   im  Qtyolmub  ^aben  bie 


768  ftanoit  be*  »$«  VI  ftanoit  be«  «2» 

genannten  beiben  2lu3brücfe  biefe  ied&nifd&e  S3ebeutung  nod&  nW&t,  ögl.  Sota  48*  8nf.: 
rroböi  Vätwi  ttj  rii  «nn  rr,  -ie«  sromm  B-waa  ikw  unb  emtge3eilentoetier: 
otir:  Dwntn  ^Mfem  rr-DT  *wto  *piß*b  trrnDWti  «ras  iwa  pna^  nn  -jere  n-  r^i 
©in  anberer  mafjoreifyiföer  SRame  für  ben  atoetten  5EeiI  be«  Äanon«  ift  «robc«.    J)tn 

6  ©inn  biefer  Sejeictynung  lennt  fd&on  @lia«  Setrita  nic^t  me^r  (üRafcor.  itamafc.,  ed.  ©m& 
bürg  261);  na<$bem  aber  ©.2).  Sunatto  1836  (bnTO  n-ro«,  ed.  ©räber  I,  347)  unb 
befonber«aJt.6traföun  (SSorrebe  ju  ©.gttitn,  ro*»5  rnipf  2Bifaa  1860,  XVI  ff.)  bann 
and)  £.  3un5  (fiitteraturgefö.  ber  fenagogalen  Sßoefte,  Serlin  1865,  641  f.)  gegeigt  haben, 
bafc  trton  oft  „überliefern"   bebeutet,  fann  lein  gtoeifel  barüber  fem,  bafc  '«  bie* 

10  felbe  Sebeutung  $at  toie  ba«  gleich  ju  ertoctynenbe  ffeap ,  nämlicfc  „Ucberiieferuna". 
(fcgl.  noc^  grengborff,  SKafforet.  SBörterb.  1876,  2).  ®aju  fttmmt  aucfc  ber  ©a$  be«  9Btycfcb 
ben  Äföer  (3)ilbule  §  3):  fmrm  tot»  rrinn  b*«J.  wovitt  rraDRn  Dran  -nc 
2)ie  erfte  geföidf>tli|e  §älfte  Reifet:  x^m?  '«,  bie  jtoeite,  ^ro)>^etifc^e  «top  k  ober 
arrnra  '»•  —    y.  Der  britte  Seil  Reifet  o^ms;    bei   ben   ämoräern  jutoeilenaucfc 

ifiCipn  -on?  j.  ©abbat^  16,1  (15>  unten),  j.  WegiUa  3,5  (74 b).  rra?n  gattut  $f 
§  702  (=  @j  §  358  Slnf.;  an  ben  *ßarallelftetlen  j.  9RaHoib  2,6,  331. 31 d  unten,  unb 
$($efciqtya,  ed.  Suber  158 b  tft  ber  %qt  fcerftümmelt)  ift  nicgt  ©efamtname  ber  gagio« 
graben,  fonbern  33ejeic§nung  ber  in  tynen  enthaltenen  2Bei«$ett«leljren,  bef.  be«  ©pruc^ 
budpe«.  —  Der  jtoeite  unb  britte  Seil  toerben  nictyt  feiten  bur($  ben  gemeinsamen  Samten 

20 rrbap.  bejeid&net,  f.  3unj44;  §erjfelb  III,  18 f.;  Sfc.  2xtylor,  Sayings  of  the  Jewish 
Fathers,  Gambribge  1877, 120f.  3n  Stofc^  batyana  4,6  was*  spbotfi  rrnra  3wc 
fte^t  s-asn  =  ©teilen  au«  $ro^eten  unb  $agiograj>I?en  (t>gl.  unten  £.40  ff.). 

b.  2lramäifc$e.  «•;]?,  «T?P  föon  im  jer.  Z^almub  fotoo&I  »ibelöer«,  ©t&rifc 
ftelle  al«  and)  Sibel ;  lefctere  SSebeutung  oft  in  ber  SRafjora :  «^P  Vs.  ||  woi  was  nt^\n 

2öQibbuf(^in  49 a  @nbe  unb,  ol«  ©d&tourformel,  '(Srubin  17 a  Anfang;  in  ber  ÜRafcoraab* 
gefiiqt  ^.|p«n*n  -js^«  ©abbatfc  88 *  f.  oben  ©.754.  2#argum  ju  $2  5,10 
»n^mfin  ynco  nraiÄi  y^mr* 

c.  ©ried^ifc^e.  Der  überfe^er  be«  SBud^e«  Sen  ©ira  brauet  nac^  leinen  ©e= 
famtnamen;   man  barf  too^l  au«  tcc  äMa,  xä  Xomd  fc^liefeen,   bajj  in   fetner  3e^ 

aof^on  xä  ßtßlia  gefagt  tourbe.  3m  31%:  al  ygcupai  Sit  22, 29;  Sc  24, 27.  32.  45; 
So  5, 39;  a©17,2.  11;  18,24  k,  feltener  ber  ©ing.  fj  ygaqnj  So 2,22;  10,35 
(7,  38;  20, 9;  ©a  3,  22).  yQacpai  äyim  9tö  1,  2;  iegä  ygä/Lijuata  2  %x  3, 15;  6  vo- 
fiog  3o  10, 34  ößf  82,  6) ;  12, 34;  15, 25  fljf) ;  1  Äo  14,  21  (3ef).  9lur  auf  ben  «ßent 
bejie^t  ftd^  2Äo3, 14   bil   rfj   ävayveoosi  Trjq  naXcuäg   dia&tjxrjg.   II   SSenennungen 

85  bet  ben  Äirc^enüätern :  xä  xfjg  nakaiäg  diafrjxrjs  ßißlia  3Relito  üon  ©arbe«  bei  @ufe* 
biu«  R®  IV,  26  (ba  nod^  nid^t  eigentl.  Sitet);  al  legal  ygawal  xrjg  nakauäg  dia- 
Wjxrjg,  ©ufebiu«  St®  VI,  25;  nakatä  dia&^xtj  Qptyamvß  Haer.  XXIX,  7  (oben 
©.  753);  ras  &elag  ygaqpdg,  xdg  eixoai  ovo  ßißXovg  xfjg  n.  6.  £U  lefen  ermahnt 
ß^rittu«  Äatec^.  IV,  33;  al  Ivdidvhjxoi  ßißXoi  Drigene«  bei  ©ufebiu«  Ä©  VI,  25;  td 

40  ßißlia  ß^foftomu«  (f.  ©uicer,  Thesaur.  eccl.*,  I.  687);  vöfiog  xal  nQotprjxai  ol« 
©efamtbejei^nung,  ügl.  oben  ©.  750,  r>2  ff.  u.  757,5;  femer  bei  Swnciu«,  Giemen«  to.SUej., 
§iJ)}3ol^tu«,  X^eop^ilu«,  Xertußian,  fcgl.  ^a^n,  ©efc^.  I,  99. 

d.  Sateinifdje.  Vetus  testamentum  (t.  ift  bie  Überfefcung  üon  ri^Trunb  dta- 
vhjxt])  feit  lertuuian.     De  pudicitia  1:  ex  utroque  testamento ;  adv.  Praxean  15: 

46  scriptura  veteris  testamenti.  Diefer  fagt  häufiger:  instrumentum  (eigentlich :  9e^ 
h?ei«ftüdf,  Do!umentf  Urfunbe,  f.  3abn,  ©efc^.  I,  106—111),  adv.  Marcionem  IV,  1: 
alterum  alterius  instrumenti  vel,  quod  magis  usui  est  dicere,  testamenti; 
adv.  Praxean  20 :  totum  instrumentum  utriusque  testamenti ;  Apolog.  47 :  vetus 
instr.    Seibe  2lu«brücfe  au$  bei  SRufin,   Expositio  in  symbolum  apostolorum.  — 

bo  Vetus  scriptura:  lertußian,  adv.  Prax. ;  vetus  lex:  §ilariu«,  Prolog  jur  ^folmen- 
au«legung;  veteris  legis  libri  unb  priscae  legis  libri:  ^ieron^mu«,  Prologus  ga- 
leatus  (oben  759,  e).  $erm.  £.  Gtt*&. 

Sanon  bc«  SReuen  Xcpamcnt«.  -  2)ie  Cuettcn  feiner  ©efäidjte  faflen  jufammen  mit 
ber  gefamtcn  c^riftlic^cn  üitteratur  au§  bev  3eit  feiner  ©ntftc^ung  unb  grortbilbung.    Sf 

66  arbeitunqen  (außer  ben  SBerfen  über  ßinleitung  in  ba«  $1%.  ©b  V,  261—270):  §.  ©a$» 
nage,  Hist.  de  l'^glise  1699,  1.  8  hist.  de  l'^criturc  s.  et  de  son  canon  tom.  I,  419  ff.  cf.  1.9; 
3.  müt  ProU.  in  NT,  1707,  pars  I:  de  libris  N.Ti.  et  canonia  constitutione;  9?.  ßarbner, 
The  credibility  of  the  gospel-history  1727  ff.,  teilroeife  beutfeft  üon  ©ru&n  unb  ©eilmann, 
1750f.;  3.  S.  Semler,  Slb^anblung  uon  freier  Unterfudnwg  be«  Äanon,  4Xeile  1771  -1775; 

60  (L  91.  (Jrebner,    ^Beiträge  ^ur  Einleitung   in  bie  bibltfdjen  ©Triften,  2  ©be,    1832.   1838; 


Station  be$  9tt£  769 

berfelbe  3nr  ©efd).  be8  Äcmonä,  1847;  ©efdjid)te  bcS  neuteft.  Marion,  herausgegeben  bon 
OH.  Stoltmar,  1860;  3-  SHrdjfjofer,  Ouellenfainmluttg  $ur  ©ef<6.  be8  neuteft.  ftanonS  big 
auf  $ierontomu«,  1844;  #.  SB.  3.  $f)terfä,  Eerfucft  jur  #erftellung  beS  tyftorifdien  ©tattb* 
punttcd  für  bie  Äritit  ber  neuteft.  ©djriften,  eine  @treitfd)rift  gegen  bie  Äritüer  unferer  Soge, 
1845:  ©.  2r.  SBefteott,  A  general  survey  of  the  history  of  the  canon  of  the  NT.,  1855,  6 
6.  ed.  1889;  <£.  föcuft,  Hist  du  canon  des  ecritures  s.  dans  Teglise,  1863;  «.  #tlgenfelb, 
ber  Äanon  imb  bie  äritit  be$  WZ,  1863;  $$.  Qobn,  ©efdj.  beö  neuteft.  ÄanonS,  2  $be, 
1888—1892  (im  folgenben  als  ©Ä  jjitiert);  DeSfelben  Sorfdjungen  jur  ©efd).  be$  neuteft. 
ÄononS  unb  ber  altfird)!.  ßiteratur,  6  Seile  1881—1900;  ßotfto,  Hist,  du  canon  du  NT,  1891. 

I.  begriffliches.  Unter  bem  93ibel!onon  berfte^en  totr  bie  33ibel  felbft  als  bie  10 
Sammlung  ber  ^eiligen  Schriften  ber  $riftlictyen  flirre  unb  brücfen  burety  biefe  33eaeic§mmg 
ber  33ibel  im  Unterföieb  bon  anberen  tarnen  berfelben  ben  ©ebanlen  au$,  baft  bie  in 
ber  33ibel  bereinigten  Schriften  in  ber  Äircfye  atö  eine  abgesoffene,  alle  anberen  ©Triften 
auäfölieftenbe  ©ammlung  bon  Urfunben  ber  göttlichen  Offenbarung  anertannt  fmb,  toclcfye 
als  folc^e  rüdffid&tlicty  ifyreä  UrforungS  unb  3n^alt8  an  ber  fieiligfeit  ber  Offenbarung  15 
felbft  teilnehmen  unb  bafyer  and)  für  Se^re  unb  Seben  ber  flirre  ein  xavu>v,  eine  SRic^t« 
fc$nur  ober  Siegel  fmb.  gür  baä  gefcbidjtlictye  93erfiänbm$  ift  toefentlid^,  baft  bie  ©adje, 
bie  toir  fo  nennen,  b.  fy.  eine  in  ber  Jtir$e  anerlannte  Sammlung  tyl.  Schriften,  mehrere 
3a^unberte  älter  ift,  afö  SRame  unb  Segriff,  toomit  toir  fte  111  bejeic^nen  Pflegen.  2)a3 
9Bort  xavdfv  in  feiner  Slntoenbung  auf  bie  Sibel  beiber  leftamente  tauept  naety  bem  20 
Zeugnis  ber  borfyanbenen  Siteratur  erft  um  bie  2Ritte  beS  4.  3atyrtyunbert3  auf.  Slt^a* 
nafiuä  (de  decr.  syn.  Nie.  18  Montfaucon  I,  223,  balb  naty  350  getrieben) 
fagt  bom  §irten  beS  §erma$:  prj  öv  ix  xov  xavovog.  3n  feinem  Dfterbrief  bon 
367  bejeic^net  er  bie  bon  ben  Styofteln  ben  SSorfafyren  übergebenen  unb  in  ber  Äinfce  als 
göttlich  geglaubten  ©Triften  breimal  afe  xavoviCöfieva  im  ©egenfaft  ni  ben  djiöxQv<pa  25 
unb  im  Unterfctyieb  bon  einer  brüten  Älaffe  ber  dvayivcooxdfieva  (©K  II,  210  ff.  #.  17. 
60.  65).  3n  bem  balb  naety  bem  $obe  beS  2lttyanafiu$  berfaftten  SSorberictyt  $u  feinen 
geftbriefen  Reifet  e$  na$  ber  ftyriföen  3Serfion  jum  3.  367:  „in  biefem  3>afae  förieb  er, 
einen  flanon  betreffs  ber  $1.  Schriften  mac^enb"  (Cureton,  Festal  letters  of  Ath.,  2.  Seil 
©.1)  unb  in  ber  ttberfd^rift  eine«  forifetyen  @r.jerpt$  aus  biefem  SSrief  (ebenba  S.52)toirb8«j 
beffen  Ignfyalt  m^  benSBorten  angegeben:  „in  toelctyem  er  in  fanonifd^er  SBeife  (xavovixd>g) 
beftimmt,  baft  biefeS  bie  göttlichen  ©Triften  ftnb,  toeld^e  bie  Äirc^e  recu;irt."  Der  $<\t 
um  360  gehört,  abgefefyen  bon  bem  \pättt  hinzugefügten  ©ä^riftenberjeiä^nte  ber  Can. 
59  Laod.  an,  in  toelctyem  rä  xavovixä  rrjg  xaivrjg  xai  nakaiäg  dia&rjxrjg  (sc. 
ßißkia)  im  ©egenfafe  ju  rä  äxavovioxa  ßißUa  fte^en  (®Ä  II,  202).  am}>fyiloa>iu$  86 
befc^lieftt  feinen  ffatalog  ber  ^l.  ©ä^riften:  outoc  d^^v^araro^  xavtbv  av  ebj  rcov 
&eo7ivevoT(Dv  yQaywv  (®Ä  II,  219.)  9tt$t  fo  häufig,  afe  man  ju  meinen  fä^eint,  ift 
biefe  ©ru}>t>e  bon  SBörtcm  bon  ben  ©rieben  fo  auf  bie  Sibel  angetoanbt  toorben.  3Kan 
bebonugte  bie  bor  350  üblichen  Slu^brud^toeifen  ober  lieft  fte  bod?  mit  jenen  abtoed^feln. 
ßin  3«tgenoffe  be^  ©&tyfoftomu$  (Chrys.  ed.  Montf.  VI,  430)  fagt  bon  ben  jo&.  10 
©riefen:  rebv  de  ixxktjaiaCo/nivcov,  ov  td>v  (bioxgvqHDV  ßjiv  r\  nquyir\  ImoroXt),  xhv 
ydg  devr&Qav  xal  TQizrjv  oi  Tiazegeg  äjioxavovitovoiv.  EeontiuS  um  530  (de  sectis 
act.  II,  1,  4)  gebraucht  rd  ixxXtjaiaarixä  ßißkia  =  rd  xavov^dfieva  ßißkia  iv  tfj 
ixxkrjaiq.  Die  ©tietyometrie  bei  Dttc^oru«  (®.H  II,  297.  299  f.)  Mai  ygawal  ht: 
xkrjoiato/tievai  xai  xexavoviauevai  mit  bem  bereiten  ©egenfa^  öoai  dvruiyovTai  45 
xai  ovx  ixxkrjoidCovrai  unb  anöxQVipa.  —  ©er  ©inn  bon  xavwv  unb  feinen  3)erU 
baten  ift  fdfjon  naety  biefen  Seifrieten  nidjt  ^toeifel^aft.  SBenn  am^^iloc^iu«  im  Stücfblicf 
auf  feine  Sifte  fagt:  „2>ieS  möite  too^l  ein  böllig  ober  möglidjjft  trugtofer  ilanon  ber 
moirierten  ©Triften  fein",  fo  tann  er  bamit  nid^t  bie  ty.  ©Triften  felbft  meinen,  toeld^en 
otä  inftnrierten  natürltd?  eine  feinet  Steigerung  fähige  Xrugloftgfeit  julommt,  fonbern  nur  w 
ba^  bon  i^m  mit  möglid^fter  Ireue  unb  ©orgfalt  aufgeftellte  SSerjeictymS.  Kavtov  ift 
ganj  glei^bebeutenb  mit  xardkoyog  cf.  Eus.  h.  e.  III,  25,  6;  IV,  26,  12;  VI,  25,1 
(bon  Stufin  jtoeimal  burefy  canon  erfefct) ;  Chrysost.  de  sacerd.  IV,  4  tov  xatakoyov 
rcov  &ei(ov  ixßdkkeiv  yQacpcöv,  Hieron.  praef.  in  Tob.  Vall.  X,  1.  Demnach  fyeiftt 
xavoviteiv  ein  33uc^  in  ba$  Ser|\eiaSntö  ber  ^l.  ©Triften  aufnehmen  (Theodoret.  prol.  66 
in  cant.  opp.  ed.  ©o^ul^e  II,  3)  ober  auety  ein  Serjeic^ntö  berfelben  auffteDen  (Kosmas, 
Montf.  coli.  n.  II,  292  Tidvieq  61  xavoviaavreg  rag  hdia&rzovg  ßißkovg),  djio- 
xavovi&iv  bon  biefem  SSer^eic^ni^  au^lieften.  2öa«  barin  feine  ©teile  aefunben  ^at, 
ifl  ein  xavovixov  ober  xavovi£6/nevov,  opp.  dxavimorov.  ®er  ©ebraudj  bon  xavtov 
=  „SSerjei(^ni^,  Tabelle,  Katalog,  3jitbentar"   »oar  nid^t  neu.    2)ie  xavoveg  tiqoxhqoi  üo 

tKcaUdncvriopAbic  für  Xftcoloflic  unb  Stirbt.    3.  «.  ix.  49 


770  Stanon  bcS  WZ» 

be£  *ßtolemäu$  toaren  aftronomifd&e  „§anbtafeln"  (Sbeler,  §anbb.  bcr  Gtyronol.  I,  109) 
unb  ber  baju  gehörige  xaveov  ßaodEi&v  (ed.  Halma  II,  3  ff.)  toar  nichts  anbereS  ate 
eine  gifte  nacfter  ÄönigSnamen.  6$  toar  eine  feit  lange  fyerfömmlictye  Sejeid&nung  d&rono= 
logifd&er  Tabellen  (Sßlutarcty,  ©olon  27),  toel$e  @ufebiu$  antoanbte,  inbem  er  ben  jtoeiten 

6  £eil  feiner  ß^ronil  eine  %qovvxoiv  xavövog  ovvra£ig  ober  auefy  XQ0***01  x<**6veg 
nannte  (ed.  Schoene  II,  4;  ecl.  proph.  ed.  Qaisford  p.  1;  Hieron.  v.  ill.  81). 
Die  10  xavoveg,  toelcfye  ©ufebiuS  feiner  SluSgabe  ber  ©W.  fcoranftetlte,  toaren  feine 
Segeln,  fonbern  foftematifcfy  georbnete  ©teDenregifter;  bie  3Kettyobe,  nac$  ber  fte  au& 
gearbeitet,  unb  bie  Siegeln,  toonadE>  fte  ut  benufcen  toaren,   i)at  ©ufebiuä  nid^t  in   biefen 

10  xavoveg,  fonbern  in  ber  Sorrebe  an  iftart>ianu$  enttoicfelt.  Sgl.  auety  bie  ©ad&regifter 
&u  ben  $Paulu$briefen  (j.  S.  Priscillianus  ed.  Schepss  p.  107—147)  unb  zu  anberen 
©Triften  (cf.  Hilar.  Pict.  ed.  Bened.  p.  602;  Aug.  de  civit.  ed.  §offmotm  p. 
XI.  XLI),  toeld^e  bie  Sateiner  canones  nannten.  Slucb  ber  @ebrau<$  tum  xavdw 
—  xtijgog  gefyt  auf  bie  Sebeutung  „SRegifter"  gurücf.     Ol  h  reo  xavdvi  ober  au$  b> 

15  tw  xlr\Q(o  itjezaCdfievoi  (C.  Nicaen.  16.  17.  19)  finb  bie  $erfonen,  toelc^e  burc$  ben 
Kirchlichen 'ßenfuS  (grieefy.  Itjhaoig)  in  eine  gifte,  nämlicty  in  bie  Sifte  ber  Rird&enbiener 
eingetragen  finb  unb  in  beweiben  geführt  toerben,  im  ©egenfafc  ju  ber  unterfcfciebSlofen 
■Dlaffe  ber  Saien  (C.  Nie.  19  ev  rolg  kaixoTg  Igerd&o&ai  cf .  Conc.  Quinisext.  can.  5 
h  legarixo)  xaxaloyco  =  h  xavövi).    3U    ^w    xovovixoi   in    biefem  ©hin  (Cyrill. 

20  procat.  4)  gehören  aud)  bie  als  befonberer  ©tanb  anerlannten  Släteten,  bie  SBMttoen  ufto.; 
ebenfo  bie  lirttylicty  angefteflten,  gejctyulten  unb  nad)  Stoten  fingenben  ©änger  (c.  Laod. 
15  yalxai  xavovixoi).  2)er  Stame  ber  Sifte,  in  toelctye  alle  folc^e  Sßerfonen  eingetragen 
toaren,  tourbe  fefyr  balb,  tüte  baS  bei  äfynlictyen  Söorten  fo  oft  gefd&e^en  ift,  auf  bie  barm 
aufgeführten  $erfonen,  auf  ben  betreffenben  ©tanb  im  fonfreten  ©inn  übertragen  (c.  Ant- 

26ioch.  1.  2.  6.  11).  —  Sertoirrenb  tyat  namentlich  ber  jiemli$  mtyfyiföe  „fianon  ber 
ber  10  attifcfyen  Siebner"  getoirft.  3)ie  auf  uns  gelommenen  SBerjeic^niffc  biefeö  unb 
fcertoanbten  ^nfyaltS,  ^ule^t  fyerauägeg.  öon  Äröfynert  (Canonesne  poetarum,  scriptorum, 
artificum  per  äntiquitatem  fuerint?  ÜönigSberg  1897),  enthalten  baä  2öort  xavmv 
gar  nicfyt,    fonbern   ftatt  beffen  ettoa   mva£  (©.  8.  11.  15f.).     SBenn   bei  Quintilian 

so  (inst.  I,  4,  3 ;  X,  1,54)  ordo  Überfefcung  fcon  xaveov  fein  follte,  toie  in  ber  lat  Ämtern 
fpracfye  fo  häufig,  fo  bod&  nic^t  im  ©inne  toon  „5Jtafcftab,  Siegel",  fonbern  toie  aad)  ba$ 
baneben  gebrauste  numerus  jeigt,  im  ©inne  fcon  SRetye,  Sifte.  2)er  bei  ben  Biologen 
übliche  Slu^brucf-  canon  X  oratorum  ift  eine  mobeme  S^itation  beä  t^eologifd^en  ©^>ra<^ 
gebraut,  h>elc^e  SRufynfen  (Opusc.  v.  arg.,  ed.  2,  I,  386)  burefy  feine  fcorftcfytigenSBorte: 

35  Itaque  ex  magna  oratorum  copia  tamquam  in  canonem  decem  duntaxat 
retulerunt  Deranlafet,  aber  nic^t  Derfc^ulbet  ^at.  35afe  bie  griec&ifcfyen  SSäter  bei  Slntoenbung 
üon  xaveov  auf  bie  fyl.  ©Triften  an  bie  ©runbbebeutung  „3)tafeftab,  SRid^tfc^nur/'  gar 
ni$t  me^r  gebadet  ^aben,  ergiebt  ftd^  unmittelbar  barau^,  baft  fte  bie  ^l.  ©Triften,  toeu^e 
afö  fold^e  bod^  nid^t  an  einem  aufter  i^nen  liegenben  3Ra^ftab  gemeffen,  bama(^  eingerichtet, 

40  forrigirt  ober  irgenbtoie  gema^regät  toerben  lönnen  unb  bürfen,  toai  aüeö  xavovitw 
Reifet,  bod^  jum  Dbjett  be«  xavovt£eiv  matten.  9lur  in  ganj  anberer  Stiftung  finbet 
man  bei  ©rieben  unb  ©^rern  eine  Serfd^iebung  be$  Begriffe.  9)a  bie  me^r  ober  toeniger 
amtli^e  2luffteDung  einc^  fiatalogä  ber  ^l.  ©Triften  eo  ipso  au<£  äufftellung  eine^ 
xaveov  im  ©inne  einer  fird&lictyen  ©a^ung  unb  Siegel  ift,  fo  ntifäte  fidf>  biefer  Segriff  ein. 

M  2)ie3  geigte  fid^  in  ber  ffyrifc^en  Überfe^ung  be^  93orberi^  gu  ben  geftbriefen  bed  ät^. 
(oben  ©.  769,3i);  ferner  barin,  bafc  bie  ©päteren  ben  Segriff  ber  Äanonigität  burd^ 
xsxavoviojbieva  au^brücfen  (Stichom.  Niceph.  im  Xitel;  Synops.  Pseudoath.  ©Ä  II, 
297.  315.  316  med. ;  Leont.  de  sectis  act.  III,  1  friwi  yäg  tcov  7iQa£€a>v  nw 
ajiooTokov  xExavoviorai  de%eo&ai  fj/xäg),  toaä  bie  ein  für  allemal   erfolgte  aufnähme 

60  ber  ©d^riften  in  bie  ©ammlung  ber  ^l.  ©d&riften,  i^re  „Äanonifterung"  im  mobernen  ©inne 
bebeutet,  toäbrenb  2lt^anafiu«  unb  auefy  bie  ©^äteren  manchmal  neben  ber  jüngeren  8fo& 
brudf^toeif e  bafür  xavoviCojueva  gebrauten,  toaö  nur  befagt,  bafi  bie  Sucher  im  ?jnt)entar  auf* 
geführt,  in  ba^  SHegifter  eingetragen  toerben  unb  einzutragen  finb,  fo  oft  man  ein  folcbe* 
aufftellt  ober  abfd^reibt.    ©e^r  bejeic^nenb  ift,  bafj  30nara^  ^m  Kommentar  jum  39.  gefi* 

56  brief  be$  2lt^.  ben  mobernen  Slu^brudE  gerabe^u  bem  urf^rünglic^en  fubftituiert  (Migne 
SG.  138,  564).  Sei  ben  Sateinem,  toelctye  biefen  Unterfd^ieb  nid^t  beutlicfc  burd^  $ar* 
tippten  auebrüdten  fönnen,  tritt  er  boc^  gumeilen  fyerfcor,  t>gl.  einerfeitö  Ambros.  (^)  ex- 
plan, symboli  bei  (Safpari,  jQuell.  gur  ®efd^.  bc^  Xauff.  II,  56  apocalypsis  Johannis, 
qui  liber  non  canonizatur,   anbererjeit^  Pseudochrys.   op.   imperf.    in    Mt.  2^3 

go  (Montf.  VI  p.  XXXIV)  alios  prophetas,  qui  non  sunt  nobis  canonizati.  —  ttö 


Sanon  be£  9l%&  771 

griecty.  2Bort  fyat  fofort  aud&  bei  ben  Sateinern  ©ingang  gefunben,  in  2Kommfen'3  Äanon 
um  359—365  (@Ä  II,  1008  3.  1.  38  libri  canonici),  fe^r  tyäuftg  bei  *ßrföcillian 
(f.  3nbej  bon  Sc$ej)ß),  ^tyilafter  haer.  88,  SRufinuS  expos.  symb.  38,  ber  ba$  Söort 
afö  fiberfefcer  be$  DrigeneS  unb  be3  6ufebiu3  fefyr  oft  einträgt;  bei  3luguftin,  ber  nod& 
ein  Seftmßtfem  babon  fyat,  baß  bieö  ein  moberner  Sprachgebrauch  fei  (epist.  82,3  solis  5 
eis  scripturarum  libris,  qui  jam  canonici  appellantur)  u.  f.  to.  Sofort  aber 
bemerft  man  ben  großen  Unterfd&ieb,  baß  bie  Sateiner  bie  33ibel  felbft  canon  nennen }.  33. 
«ßrföctllian  p.  46,  1;  48,7;  50,2.  11;  52,  14—17;  53,5;  55,19;  56,  20  in  canone 
—  p.  50, 18  in  libris  canonis  =  p.  55, 13  in  libris  canonicis  =  46, 2  inter  profetas 
dispositi  canonis;  cf.p.  44,11  extra  canonem  =  51,22  extra  canonicorum  lib-  10 
rorum  numerum.  60  au$  bei  £ierontymu$,  ft>eldE>er  bo$  baneben  aud&  no$  Vertrautheit 
mit  bem  urfprünglid&en  Sinn  befunbet,  epist.  71,5  canonem  hebraicae  veritatis  .  . . 
dedi  describendum.  ©efyr  bejeicfynenb  ift  für  bie  Seränberung  beä  SegriffS  bie  ge= 
legentlicty  borfommenbe  Überfefcung  regularis  (Orig.  lat.  in  Mt.  §117  =  canonizatus 

L28  =  canonicus  §  46).    3n*>em  W*   urforünglic^e  Sebeutung  bon  xavebv  bei  ben  15 
teinern  toieber  lebenbig  tourbe,  berfnityfte  ftcfc  mit  bem  bon  ben  ©rieben  in  fe^r  anberem 
unb  äußerlichem  Sinne  auf  bie  Sibetoerjek^nijfe  angetoanbten  2Sort  ber  ©ebanle,  baß  bie 
&L  ©cfcift  bie  oberfte,  in  Sachen  be$  ©laubenS  maßgebenbe  Autorität  fei.   Diefer  ©ebanle 
$at  ber  Ätrcfce  niemals  gan&  gefehlt.    Dfyne  jebe  SRüdffic^t  auf  eine  abgesoffene  Sammlung 
unb    o^ne   ben  ©egenfafc  ju  anberen,  bon  biefer  Sammlung  auägeföloffenen   Schriften  20 
tyA  lertuttian  c.  Marc.  III,  17  bon  scripturarum  regula,  Clemens  ström  VI.  15 
bon   xavajv   xov  evayyeUov   gerebet.    9iocfy  am  Slnfang  be$  5.  3a&r$unbertS    frricfct 
3Ratariu3  bon  2Kagnejta  (apoerit.  IV,  10)   in  gleichem  Sinn  bon  xavfov  Ttjg  xaivtjg 
dia&tjxrjg,  unb  föreibt  gftbor  bon  ^ßelufuim    (epist.  IV,  114)   rov  xavova   rijg  äkrj- 
üeiag,  Tag  deiag  wtj/Lu  ygacpäg.  9leu  aber  toar  e$,  baß  bon  ben  Sateinern  ber  eben  erft  bei  25 
ben  ©rieben  aufgenommene  ylame  für  bie  Sifte  ber   bibliföen  Sudler,   xavebv,   afö   ein 
regelmäßiger  Jiame  auf  bie  Sibel  felbft  afö  eine  abgesoffene  Sammlung  unb  bie  maß* 
gebenbe  Autorität  übertragen  tourbe.    2)aburcfy  erft  ift  ber  uns  geläufige  begriff  gefd^affen 
toorben,  toelc^er  ber  gried?.  Äirctye  ftefö  fremb  geblieben  ift. 

®ie  SSorftellung  einer  abgesoffenen  Sammlung  bon  DffenbarungSurfunben  ift  früher  30 
bur$  (naXaid  unb  xaivrj)  diafrrjxr]  auägebrücft  toorben,  unb  bie  ^ugdjörigfeit  &u  biefer 
feit  DrigeneS  burdj  ivdidihjxog  (de  orat.  14,4;  sei.  in  Psalm.  Delarue  II,  528), 
häufig  bei  (SufebiuS  (h.  e.  III,  3,  1.  3;  9,  5;  25,  6;  V,  8,  1;  VI,  14,  1)  toofür 
GtytybamuS  (de  mens.  3.  4.  10)  unb  manche  Späteren  (©Ä  II,  971)  ivdid&rrog 
gebrauten.  3)ie  Übertragung  be$  33egriff$  diaß/jx)]  bon  ber  göttlichen  Offenbarung  unb  ss 
Stiftung  auf  ba$  Sucty  ober  bie  33ü$er,  toorin  fte  ben  nadjgeborenen  ©efcfyled&tern  borliegt, 
fc$on  im  2KE  borgebilbet  (6j  24,7;  3)t  9,9),  bon  sßautuS  boOjogen  (2  .Hr  3,14),  ift  bo$ 
erft  jiemlid^  ftoät  in  ber  Rtrcfye  übliA  getoorben,  jumal  inbe&ug  auf  ba«  31%.  Sie 
fmbet  ftc^  nodp  nid^t  bei  3*enäu3,  auep  noc^  nic^t  beutlid^  bei  bem  2lntimontaniften  bon 
194  (bei  Eus.  h.  e.  V,  16,3  reo  rtjg  rov  evayyeUov  xaivfjg  dia&rjxrjg  Myco),  ba$  40 
gegen  mehrmals  bei  ©lernend  unb  in  ber  bereiten  Überfe^ung  testamentum  unb  in- 
strumentum  bei  lertußian,  aber  felbft  bei  DrigeneS  noc^  gelegentlich  mit  einem  3lu«brucf 
ber  @ntfdf?ulbigung  toegen  ber  Ungenauigleit  biefe^  tir$li$en  Sprachgebrauch  (©.HI, 
103 — 113).  3Kan  begnügte  ftd^  früher  unb  bielf ad^  auety  noc^  in  ber  fpäteren  3C^  m^ 
unbeftimmten  Sluäbrücfen,  toie  at  ygcxfal  (feltener  r)  ygaqt]  für  ba^  ®anp)  mit  unb  o&ne  45 
bie  3ufäfce  äyiai,  ieoai,  §elai,  xvQiaxai,  ober  mit  boltetümlicty  ungenaueren  S3ejeid^nungen 
ber  ßauptteile,  toie  ,,©efe$  unb  (Sbangelium",  „^rop^eten  unb  2lpoftel".  3m  iterfe&r 
mit  Änber^gläubigen  nannte  man  biejelben  Schriften  aud^  „unfere  Schriften",  „unfere 
Sitteratur"  (©Ä  I,  86).  3lfe  folc^e  galt  aber  natürlich  nid&t  2ltte«,  toa«  (Stiften  gef^rieben 
Ratten  ober  gar  toa^  ß^riften  lafen,  fonbern  bie  ber  c^riftlid^en  ©emeinbe  afö  fol^erw 
gehörige  unb  tyr  im  Untertrieb  bon  anberen  Streifen  eigentümliche  Sitteratur.  So  meinte 
eS  ber  ©nojn'fer  Valentin  (Clem.  ström.  VI,  52),  toenn  er  rä  yFygajLiuivaiv  xf\  Ixxbjofa 
xov  &eov  in  ©egenfa^  ju  tu  yeyQa^ieva  fa  Talg  dtjpoolaig  ßißAoig  [teilte  (@Ä  II, 
953  ff.).  So  bie  Slloger,  toenn  fte  ertlärten,  bie  Schriften  be^  30^an"e«  feien  „ni#t  toert, 
m  ber  Ährd&e  au  fein"  (oben  8b  I,  387,9).  So  CrigeneS,  toenn  er  bie  in  ber  Äird&e  &•» 
d%  ^eilige  Schriften  geltenben  Sucher  oft  Tfi  <peg6jtieva  h  Talg  IxxXrjoiaig  ober  h 
Ttdon  btxXrjoia  3U  nennen  pflegt  (epist.  ad.  Arist.  1.  2.  4.  11;  in  Matth.  tom. 
XIV,  21  [falfcfce  221  h  Wjf  txxk) ;  c.  Cels.  V,  54).  Sie  SorauSfefcung  ber  »etracfctung 
getoiffer  Schriften  afö  einer  befonberen  Älaffe  fotoo^l  ^eiliger  toie  ber  d^riftlic^en  .Hircbe 
gehöriger  Schriften  bitbet  ber  firc^lictye,  genauer  ber  gotteSbienftlictyc  ©ebraud^.    2)ie  Äircpe  od 

40* 


772  Station  bed  WZ* 

ate  folcfye  fyat,  unb  in  ber  Äirc^e  in  fcollem  ©inne  befinben  ft#  nur  biejenigen  ©d&riften, 
toelc^e  im  ©otteäbienft  gelefen  unb  bcr  Erbauung  unb  Seletyrung  ber  ©cmeinben  jugrunbe 
gelegt  toerben.  Cf.  Can.  Mur.  1.  66  bon  gefällten  ©riefen  be3  SßauluS  quae  in 
ecclesiam  catholicam  reeipi  non  potest,  1.  68  f.  epistola  Judae  et ...  in  catholica 

6  (sc.  ecclesia)  habentur,  1.  72  Don  einer  ©etyrift  be$  SJJetruS,  quam  quidam  ex  nostris 
legi  in  ecclesia  nolunt,  1.  77  f.  bom  §irten  se  publicare  ...  in  ecclesia  populo 
neque  inter  prophetas  completos  numero  neque  inter  apostolos  in  finem 
temporum  potest.  ®ie  regelmäßige  gotteSbienftlid?e  Sefung,  toelcfye  bei  OrigeneS, 
©ujebiuä  u.  a.  fyäuftg  drj/biooieveo&ai  (feltener  drjiisveoftai)  h  focxXtjoiaig  ^eifei  (®Ä  I, 

10  128.  131;  II,  111—114)  toar  ba3  toefentlid&e  ÜRerlmal  ber  afe  ^eilige  ©Triften  $u 
betracfytenben  Sudler.  35ie  SRcjeption  eines  S3u<$3  in  bie  flirre  iji  allemal  eine  Slejeption 
in  ben  Ärete  ber  gotteSbienftlicfyen  Sefebücfyer  unb  bamit  ber  fyl.  ©Triften  (Orig.  proL 
in  cant.  Delar.  III.  30  legenda  suseipere).  $ie£  beftätigt  ber  ursprüngliche  ©ebrouety 
Don  <bi6xQv<pog  im  ©egenfafc  ju  hdid^rjxog  unb  feinen  älteren  unb  jüngeren  äquivalenten 

15  SDiefer  Von  ben  3juben  übernommene  Segriff  (fyebr.  to-J,  grieety.  jutoeilen  au#  äji6$$r)Tos 
Orig.  ad.  Afr.  12,  opp.  (faros  j.  33.  Epiph.  de  mens.  3,  4 ;  lat.  libri  secreti,  opp. 
manifesti,  vulgati,  publici)  bejeid&net  urfyrüngltd?  nur  ben  SluSfcfylujj  eines  93ud^  Don 
ber  gotte$bienftli$en  Sefung,  ofyne  bafc  bamit  ein  abfctyäfctgeS  Urteil  über  ben  Urftmmg 
ober  ben   religiöfen  Gfyarafter  beä  93udf>3  ausgebrochen  toäre   (Qan.   12,  4.  9;  4  6fra 

20  12,  36—38;  14,  18—48  cf.  ©AI,  123—142;  II,  325).  liefen  namentlich  bei 
DrigeneS  noc$  ganj  rein  erhaltenen  Segriff  barf  man  ftd>  baburefy  niefct  toerbunfeln  laffen, 
bafj  fcfyon  vor  DrigeneS  ein  SrenäuS  ober  Jertullian  über  einzelne  apotfytyt  ©Triften, 
tyauj>tfäc$lic§  toegen  beS  mit  bemfelben  getriebenen  3Rif$brauc$3  ungünftig  geurteilt  ^aben. 
ßinem  £ertullian  ift  ber  §irt  eben  bamit  aj)ofr$$,  bafe  er  bon  faü)olifc|en   toie  mon- 

25  taniftifd&en  SSerfammlungen  untoert  geachtet  Sorben  ift,  „in  bie  göttliche  Urfunbe  eingetragen 
ju  Serben"  (pud.  10.  20).  Der  bur$  ben  ©egenfafe  beä  2tyofr^en  auSgebrücfteSegrijf 
entbehrt  freiltdj  ber  fcoßen  Seftimmt^eit;  benn  erftenS  toären  bie  Sudler,  toelc^e  gur  Sefung  im 
©otteäbienft  jugelaffen  tourben,  nid&t  in  ber  ganjen  Gfyriftenfyeit,  bie  feit  bem  Slnfang  be$ 
2.  ^afyrfyunbertS  fid?  „bie   fatfyoliföe  flirre"   nannte   (Ign.  Smyrn.   8,2;   Mart.  Pol. 

so  inscr.),  fc&lecfyttyinbiefelben.  2>n^befonbereinbcgug  auf  baS  9KE  beftanben  btd  über  ba$4.3afc5 
tyunbert  fyinauS  bebeutenbe  Unterfd&iebe  jtoifcfyenben  berföiebenen  Säubern.  gtotitttö  fötoanfte 
innerhalb  ber  einzelnen  Drt&  unb  Sßrotrinjialfird&en  &eittoeilig  unb  bis  in  foaterc 
3eiten  baS  Urteil  über  aufnähme  oberSluSfcfylufj  mefyr  als  einer  ©djrift.  Drittens  ermangelte 
ber  Segriff  ber  regelmäßigen  gotteSbienftlictyen  Sefung  felbft  ber  völligen  S3eftimmt^eit   GS 

86  hmrben  hrcfylictye  ©enbjdjreiben,  toie  ber  erfte  SlemenSbrief  unb  ber  33rief  beS  römifefcn 
93ifd^ofö  ©oter  in  itorintty  metyr  als  einmal  am  ©onntag  ber  fcerfammelten  ©emembe 
öorgelefen  (Dionys.  Corinth.  bei  Eus.  s.  e.  IV,  23,  11) ;  bie  Senate  über  bie  Seiben 
unb  ©iege  ber  -Diärtyrer  an  i^ren  lobeätagen  u.  bgl.  m.  Slud^  unter  ben  au$  ber 
Sljjofteheit  Vererbten  ©Triften  muffen   je   nad^   tyrer  3h>ecfmäptg!eit   für    bie   Srbauung 

40  Unterfcpiebe  inbejug  auf  bie  §äufigfeit  ober  SRegelmäßigfeit  i^re«  gotteöbienftlit^en 
©ebraucfyS  beftanben  ^aben.  D^ne  biefe  2lnläffe  jur  Unjtc^er^eit  ber  ©renjen  ber 
SBibel  gäbe  e^  feine  ©efäidjte  be«  Äanon^.  aber  tro$  aller  Unbefthnmtyeit  ber 
begriffe  unb  aller  baburefy  bebingten  ©d^toanfungen  unb  ©nttoidlungen  fyat  man 
toährenb  aller  ber  3[<ty$wibertc,  in  melden  ber  Ration  eine  ©nttoicflung^gefd^ic^te  Qfyabt 

45  fyat,  an  ber  gbentität  be^  ÄreijeS  ber  fanonifc^en  unb  be«  Äreifeä  ber  gotteöbienfUi^en 
Sefebüc^er  feftgebalten.  äöenn  2luguftin  bie  Äanonijität  ber  SBeiSfyeit  ©alomo«  üerteibigt 
(de  praed.  sanet.  27.  29  ©Ä  II,  257),  unb  toenn  2tyeobor  3Ro\>\.  bie  flanonijität 
be^  ^o^enliebe^  beftreitet  (Mansi,  Coli.  conc.  IX,  227),  fo  gilt  beiben  al«  entfe^eibenbe« 
Slrgument  bie  nac^toeißlic^e  lectio  publica  ober  beren  ©egenteil.    Die  SJerfuc^e,  jtoifc^en 

60  fanonijd^en  ©Triften  unb  fircfylicfyen  Sefebüd^ern  ju  unterfc^eiben,  blieben  otyne  nad^^attige 
fflirfung  unb  Huberten  nidjt,  bafe  na^  toie  box  lxxkr)oia£öfMevos  (in  ber  SSerfammlung 
öorgelefen),  ixxkrjoiaoKxog  bis  in^  3)fittelalter  hinein  böUig  gleic^bebeutenb  mit  xavorueos 
gebraust  hmrbe  (f.  unten).  3)er  §aitptunterfc^ieb  jtoifcfyen  ber  3^  bor  unb  ber  3* 
naefy  330—350  befte^t  barin,   bafe   öor  btefer  ß^od^e   bie  fjrage,  toelc^e  ©Triften  ate 

r,5  1)1  ©Triften  gu  betrauten  ober  mx  diafhjxr]  ju  rennen  feien,  im  toefentlic^en  barnac^ 
beantwortet  tourbe,  toeld^e  ©Triften  toon  alter^^er  im  ©otteäbienft  gelefen  tpurben,  unb 
bafe  hingegen  nac^  biefer  ©pod^e,  feit  man  anfing,  amtliche  Siften  ber  fyl.  ©Triften  auf- 
guftellen,  um  allen  ©cfytoanlungen  unb  Ungleichheiten  ein  @nbe  ju  machen,  gleic^jeitig 
toerorbnet  tourbe,  bafe  nur  biefe  ©Triften  jur  gotte^bienftlic^en  Sefung  ^ugelaffen  unb  afö 

gü  Scioetemittel  in  bogmatifetyen  Erörterungen  öertüenbet  toerben  foHen.    gragt  man  abtx, 


Sattott  be*  WZ»  773 

toorauf  bic  Äird&e  fotootyl  bor  ben  fircfyenamtlicfyen  ©a^ungen  au*  bcr  $eit  bon  350 
an,  al*  bei  Slufftellung  biefer  ©a^ungen  ben  gotte*bienftlt$en  ©ebrau$  ber  betreffenben 
Sänften,  auf  toeld&em  ityre  ©d&ä|ung  al*  fyl.  Schrift  beruht,  jurüdffüfyrte,  fo  begegnet 
uns  überall  bie  Slnttoort:  biefc  unb  nur  biefe  ©Triften  feien  ber  Äircfye  ju  folgern  ©e* 
brauch  übergeben  toorben  j.  99.  bei  Giemen*  (ström.  III,  93  h  xdig  nagadedofievoig  5 
jjuv  rhragatv  evayyeXioig  im  ©egenfa|  jum  Slgtyptereb.),  ©erajMon  fcon  Slnttod&ien 
(Eus.  h.  e.  VI,  12,  3  bon  $feubepigrat>fyen  roiama  ov  nagetößojuev),  Origene* 
(hom.  in  Luc.  @Ä  II,  625 ;  über  ben  §ebr.  al*  lanomfefy  unb  paulinifefy  bei  Eus.  VI, 
25,  13),  @ufebiu$  (h.  e.  III,  3,  2 ;  37,  2),  ©piU  (catech.  IV,  35),  Sltyanafiu* 
(39.  geftbr.  @H  II,  210),  SRufin  (expos.  symb.  36  f.  mefyrmal*  ecclesiis  traditi).  10 
@me  gefd&id&tli<$e  Stunbe  barüber,  toer  biefe  Sucher  ben  ©emeinben  al*  fyl.  ©Triften  über« 
aeben  unb  fie  in  ben  gotte*bienftlicfyen  ©ebrauc^  eingeführt  fyabe,  befafe  bie  altfatfyolifcfye 
Kirche,  fotoeit  unfere  Äenntni*  ifyrer  Sitteratur  reid&t,  nid&t.  SBenn  toirflic^  im  Äanon  be* 
3Ruratori  (f.  b.  31.)  bie  Stanonifierung  ber  Sßrtoatbriefe  be*  $aulu*  bur$  sanetificatae 
sunt  au*gebrücft  ift,  fo  ift  ber  s3)Jangel  jeber  Slnbeutung  über  ba*  ©ubjeft  unb  bie  näheren  15 
Umftänbe  biefer  §anblung  ein  berebte*  3^9"^  baftir,  bafe  um  200  eine  gef$ic&tltd&e 
ßrinnerung  babon  md&t  mefyr  fcorfyanben  toar.  Sjnbem  !^renäu*  borau*fefct,  bafc  bie@ban* 
geliften  i$re  Sucher  getrieben  ^aben,  um  ber  ©emeinbe  bamit  $u  bienen,  gUt  ifym  bie 
Slbfaffung  ber  ©tob.  jetbft  al*  ein  tradere  be*  6b.  an  bie  flirre  feiten*  ber  Styoftel 
(I,  27,  2;  III,  1,  1  befonber*  bon  9Karcu*  cf.  Eus.  h.  e.  II,  15,  2;  Iren.  III,  20 
11,  9;  IV,  34,  1).  311*  ebenfo  felbftoerftänblidf>  galt,  bafc  bie  »riefe  ber  3l})oftel  unb 
bie  3tyofal$>fe  jum  3toedf  wfy  nux  einmaliger  ßefung  unb  nicfyt  nur  für  bie  in  ben 
Überfcfyriften  genannten  ßinjelgememben  gefd&rieben  toorben  feien.  93on  ben  ©driften  be* 
SU*  toar  ofynetyin  faum  ettoa*  anbere*  ju  benfen,  al*  bafe  fte  bon  ben  Styoftcln  ben  bon 
tyxun  geftifteten  ©emeinben  fofort  „übergeben"  unb  jum  fleißigen  ©ebrauefy  entyfofylen  25 
toorben  feien  (cf.  Just.  apol.  I,  49).  6*  toar  bafyer  ntcfyt*  neue*,  toenn  Slt^anaftu*  bie 
gange  gfeftftellung  bc*  Äanon*  ber  beiben  leftamente  al*  ein  SBerf  ber  „Stotopten  unb 
Wiener  be*  2öort*  fcon  SInfang"  (2c  1,  2),  alfo  ber  Sfyoftel  betrachtete,  toelc&e  biefe 
Schriften  „ben  3Sätem  übergeben  faben"  (©St  II,  210).  S3orfid&tiger  fyittt  Drigene* 
öon  ben  SKännern  ber  Urjeit  geforocfyen  (bei  Eus.  VI,  25,  12  ol  dgxaioi  ävdgeg,  toa*  90 
©eberianu*  burefy  ol  nakaiol  id>v  Imoxonoiv  toiebergiebt  Gramer,  Cat.  VII,  115), 
ober  bon  ben  Tätern,  toclcfye  bie  ©renken  ber  I?l.  ©Triften  für  eloige  fttittn  gebogen 
^aben  (ad.  Airic.  c.  5) ;  6t;rillu*  öon  ben  Sfyofteln  unb  ben  Sifd^öfen  ber  anfanget, 
h>elc^e  biefe  unb  nur  biefe  ©d&riften  (ben  ©emeinben)  übergeben  fyaben  (catech.  IV,  35) 
unb  ^tyilafter  bon  ben  ä^ofteln  unb  ifyren  Nachfolgern,  toel^e  fogar  ba*  SJerbot  erlaffen  85 
^aben  foßen,  anbere  al*  bie  lanonifd^en  ©Triften  in  ber  fatyolifd&en  Äir^e  gu  lefen 
(haer.  88). 

II.  S5a*  31.  leftament  um  170—220.    Da  un*   leine  Nachrichten  über  bie 
ßntfte^ung  be*  5R3:*  ju  ©ebote  ftefyen,    fo  finb  toir  barauf  angetoiefen,   bon  einem   in 
beDerem  Sicfyt  fte^enben  $unft  ber  ©nttoicfelung  au*  rüdto>ärt*  fd^reitenb,  unter  forgfältiger  40 
59erüdfftdj)tigung  ber  einfc^lagenben  ^^atfad^en,    toeld&e  un*   auf  biefem  SBege  aufftofjen, 
bem  Urfj)rung  nä^er   %\x  fommen.     ßinen    folgen  3lu*gang*funft  bietet   un*   bie  am 
gegebene  ^eriobe.    ©egon   ju  Slnfang  berfelben   toar  ber  Kampf   mit  ben   fyäretifc&en 
Äid^tungen  fotoeit  entfe^ieben,   bafe  bie  ©efte  3Karcion*  unb  bie  ©d^ulen  ber  ©noftiler,    , 
unter    toeld^en   bie   be*  Salentinu*  bie  bebeutenbfte  toar,    Don   ber  tötrcfye  au*gefd^ieben  45 
toaren.    3)ie  156  begonnene   montaniftifdfje  33etoegung   toar  nod^   in  bollern  ©ang   unb 
toirfte  toä^renb  biefer  ^eriobe  anregenb  nid^t  fotoo^l  auf  ben  Seftanb  be*  9KE*,  al*  auf 
bie  SBürbigung  feine*  fpejififcfcen  SÖerte*.    3)ie  Mirc^e  fyattt   ein  9iX,    toenn   aud^  biefe 
93egei$nung  erft  im  Serlauf  ber^eriobe  allgemein  üblich  tourbe  (oben  ©.  171, 35  ff.),  ©e» 
rabe  gegenüber  ber  Sebauptung  ber  3Kontaniften,  ba§  mit  bem  auftreten  ber  p^gifeben  go 
^Jro^eten   eine  neue    epod^e  ber  Tffenbarung    eingetreten    fei,   toelc^e   mit   ber   burefc 
G^riftu*  unb  bie  Sfyoftel  erfolgten  Offenbarung  ebenbürtig  fei,    ja  über  biefe  fyinau*füfyre 
unb  toert  fei,    gleich  biefer  in  fcfyriftlid&er  ^orm   ber  ©emeinbe   al*  2id&t   unb  Siedet  auf 
bem  2Bege  i^rer  toeiteren  ßnttoicfelung  bargeboten  unb  erhalten  ju  toerben,  fteigerte  fid&  in 
ber  Äircge  ba*  Sktoufetfein,  bafe  bie  3^t  ber  enbgiltigen  Offenbarung  mit  bem  lobe  be*  » 
legten  Slpoftel*  ihr  @nbe  eneic^t  ^abe  unb  fomit  auefc  ber  Ärei*  ber  Dffenbarung*urtunben 
mit  ben  legten  au*  Der  2tyoftelj\eit  ererbten  unb  im  ©cmeinbegotte*bienft  gelefenen  ©d^riften 
abgesoffen  fei  (®Ä  II,  4  -22.  111—117;  II,  75;   gorfefc.  V,  16 f.).    3m  ©egenfafc 
»um  ü)tontani*mu*  toie  j\u  ben  ^äretilern  betrachtete  man  31^22, 18  f.  al*  ben  unüberfc^reits 
baren  ©renjftein    ber  firc^lic^en  Sibel   (ber  Slntimontanift  bei  Eus.  V,  16,  3 ;    Iren. «« 


774  ftanoit  be«  Wt» 

IV,  33,  8 ;  V,  30, 1 ;  Tert.  Hermog.  22 ;  @Ä 1, 113,  ».  2 ;  115  ».  1).  Unb  bodfc  fehlte  bid 
baran,  bafe  bie  SBibel,  in«befonbere  ba«  SR5Ef  bamal«  eine  feftbegrenzte  ©röfce  getoefcn 
toäre.  35er  C.  Mur.  6.  79  f.  fagt  beutlic^  genug,  bafj  „bie  2tyofkr  ni$t  ebenfo  toie  „bic 
spro^eten"  in  S3e^ug  auf  bie  Acfyl  abgefcfyloffen  feien ;  er  berietet  bon  SRetmmgSöerföiebcm 

5  Reiten,  toeld&e  unter  ben  Äatyolilen  über  eine  ©d&rift  unter  bem  SRamen  be«  ?Petru«  be* 
ftanben,  unb  toeift  auf  SSerfyanblungen  über  ben  §irten  $m,  toobei  e«  ficty  fragte,  ob 
er  gleich  ben  Sßroptyeten  unb  äfyofteln  zur  Sefung  im  ©otte«bienft  zugelaffen  toerben  foOte. 
Sßouenb«  eine  93ergleid&ung  be«  Seftanbe«  in  ben  begebenen  leiten  ber  Äirt^c  tofirbe 
nod)  anbere  beträchtliche  93erfc£iebcn$eiten   and  Sicfyt  gebogen  fyaben.    SBbcr  tro|  be«  leb* 

10  haften  93erfe$r«  unter  ben  Stirnen  fyat  man  ftcty  bamal«  auf  berartige  $ergieu$ungen 
faum  eingelaffen.  3jm  ©egenfa^  ju  SKardon  unb  aJtontanu«  übertoog  ba«  ©efitfil  be« 
gemeinfamen,  unantaftbaren  93eftfte«  ber  fatyoliföen  Äircfce  an  ffl.  ©cpriften,  unb  fdbfl 
ber  SMontanift  bezeichnete  bie  fircfylictye  93ibcl  beiber  leftamente  hn  Unterfcfcieb  bon  ben 
Offenbarungen  ber  neuen  Sßroptyeten  al«  communia  instrumenta  scripturarum  pri- 

15  stinarum  (Tert.  monog.  4).  6«  gab  in  ber  2tyat  einen  überall  m  finbenben  eifernen 
Seftanb,  in  93erglei$  mit  tocld&em  bie  me^r  ober  toeniger  fraglichen  Seftanbtcile  ber 
©ammlung  toenig  in«  ©ehn$t  fielen.  S5ei  bem  folgenben  9tod&toei«  im  einzelnen  toirb 
Zunäcfyft  abgefe^en  bon  ber  farifäen  ßird&e  bon  (Sbeffa,  fotoie  bon  ber  bereit«  jur  ©elte 
geworbenen  jubend&riftlictyen  Jtircfye  unb  ben  übrigen  ©elten. 

20  1.  Die  4.  6  b  b.  3m  ©egenfafc  zu  bem  felbftgefctyaffenen  @b.,  toekfceS  SKarcion 
feiner  ©emeinbe  gegeben  fyatte,  ju  bem  evangelium  veritatis,  toeld&e«  bie  33olentmiancr 
neben  ben  4  @t>b.  ber  Äird^e  gebrausten,  &u  ber  SJertoerfung  be«  jofy.  6b.  feiten«  ber 
Slloger,  zu  bem  au«fc§liepc$en  ©ebraucty  be«  3Rt  ober  be«  9Rr  bei  anberen  Parteien  be= 
tont  3>renäu«,    baft  ber  Sogo«,   ber  bie  SBelt  gebilbet,   ber  Kirche  ba«  @b.  in  einer  bier* 

25  fachen  ©eftalt  gegeben  fyabe  (III,  11,  8  gdcoxev  fifuv  Tetgdfxogwov  xo  evayyihoy), 
toelc^e  ju  beriefen  eine  ©ünbc  gegen  ©otte«  Offenbarung  unb  ©eift  fei.  Sie  (Sin^eit 
unb  bie  au«fd&lief$li$e  ©eltung  ber  ©bb.  be«  9Kt,  9Rr,  Sc,  3ob  f^nb  fäon  bamal«  i^ren 
3lu«brucf  barin,  bafj  biefe  4  Sudler  al«  ba«  eine  unb  einige  @b.  (to  eö.)  bezeichnet  unb, 
too  ba«  Sebürfni«  obtoaltete,  für  einzelne«  ben  3^9^  namhaft  ju  machen,  bie  38erf affer 

so  ber  4  leile  be«  Krd^lid^en  @b.3  in  ber  fjorm  xaza  Mar&aiov,  Mägxov  xxX.  angeführt  m 
toerben  pflegten  (^renäu^,  C.  Mur.,  Glemenä,  nid^t  ^EertuDian  unb  niemal«  bie  ©tyrer). 
3Bie  toenig  anbere  6bb.  für  ben  fird^liSen  ©otte^bienft  jener  fytit  in  S3etrac^t  fommen, 
betoeift  ba«  böQige  ©Sh)eigen  über  fol$c  bei  SertuHian  unb  im  0.  Mur.,  toel$er  e^ 
bod)  gleichzeitig  nötig  fanb,  gtoei  unechte  ©riefe  beä  $aulu«  abzulehnen  unb  bie  3Remungö* 

36  berfc^ieben^eiten  in  Se}ug  auf  anbere  ©Triften  ju  ertoäfynen.  SSud^  ©lernen«,  hjel^er  fu^ 
gegen  bie  berfd&iebenarttgen  au^erbiblifd^en  unb  au|erfir$lictyen  ©Triften  unb  Überlieferungen 
äu|erft  toeitfyerzig  jeigt,  unterfc^eibet  bod^,  h)o  e3  auf  bie  einer  ©c^rift  zufommenbe  9e^ 
h>ei«fraft  anlommt,  fd^arf  „bie  unä  (b.  fy  ber  5tirc§e)  übergebenen  4  6t>b/'  bon  folgen 
Sudlern  toie  ba«  ®b.  ber  SÜg^ter  (ström.  III,  93    oben  ©.  773,  ö).    2Bo  er  t>on  ber 

40  (Sntftefyung  ber  @bt>.  ^anbelt,  berücffid^tigt  er  nur  bic  bier  (bei  Eus.  h.  e.  VI,  14,  4), 
unb  er  füfyrt  eb.  Iqrte,  toeld^e  toon  bem  f ird^lic^en  abtoeic^en,  auf  Seute  jurücf ,  toelc^e  „bie 
6öt).  umfeijjen"  (ström.  IV,  41).  Um  biefe  ßeit  unb  fd^on  zu  berjemgen  be«  3renöuä 
fehlte  jebe  ßrinnerung  baran,  ba^  jemate  in  ber  Äirdjje  b.  ^.  im  ©otteäbienft  berfelben 
ein  anbere«  6b.  aufjer  ben  bieren  gebraust  toorben  fei,  unb   bajj  eine«  biefer  (Stob,  eine 

46  ^eit  lang  um  feinen  ^ßla$  unt^r  ben  fircfylid&en  Sefebüd^ern  zu  lämpfen  gehabt  fcabe.  Som 
jo^.  Sbangelium  leugneten  auefy  feine  entjc^loffenen  ©egner,  bie  Slloger  um  170,  nic^t, 
bafe  e«  zu  Sebz^ten  be«  2lpoftel«  3<>fy.  entftanben  unb  feitbem  „in  ber  Äirc^e"  fei  (Sbl, 
387,i»).  211«  latian  um  170—180  für  feine  forifd&en  2anb«leute  ba«  2)iateffaron  ber* 
fafcte,    fprad^   er  fd^on  burefy  biefen  Xitel   au«,    ba§  für   bie  §erfteDung  eine«  lirc^lic^en 

60  ßtoangelienbudje«  felbfttoerftänblic^  !eine  anberen  Duellen  al«  biefe  4  6bb.  in  Setrad&t  $a 
Zicken  feien.  2)ie  Siegel  toirb  nur  beftätigt  burdj  bie  fd^einbare  äu«na^me,  toelc^e  ©ero= 
>)ion  Don  Slntiod^ien  um  200  machte,  inbem  er  geh>iffen  fieuten  in  ber  ju  feinem  Strenget 
gehörigen  ©emeinbe  bon  Sl^ofu«  geftattetc,  ein  naefc  $etru«  genannte«  ®b.  zu  lefen  (Eus. 
h.  e.  VI,  12,  2—6;    ©S  I,  177 f.;   II,  742—751;   3a#t,  ba«  $etru«eb.   ©.2—5). 

66  gr  t^at  bie«,  toie  er  felbft  fagt,  o^ne  ba«  93ud^  burd^gelefen  zu  fyaben,  unb  im  SSertraum 
auf  bie  Siecfytgläubigfeit  ber  Seute,  toeld^e  toegen  i^rer  SSenufeung  biefe«  ©b.  25erbrieftlicfc 
feiten  in  ber  ©emeinbe  gehabt  unb  an  ba«  Urteil  be«  33ifdE>of«  ^eHiert  Ratten.  3?ac9bcm 
©era))ion  aber  erfahren  l^atte,  ba^  jene  Seute  fyeimlicfyc  §aretifer  feien,  toufete  er  fi$  Don 
einer  ©ehe  in  Slntiocfyicn  ba«  S3uc^  zu  fcerfcfyaffen,  ftubierte  ba«felbe  unb  f^rieb,  nactyfcem 

eo  er  beffen  ^eterobojen  Ctyarafter  erfannt  fyaitz,  in  biefem  ©inne  an  bie  ©emeinbe  zu  9tyofu$, 


Station  be*  »<E3  775 

feine  frühere  -Nactyfictyt  entföulbigenb  unb  feinen  erneuten  ©efu$  anfünbigenb.  ©elbft  toenn 
mit  bem  SBortlaut  feinet  ©rief«  bie  Auffaffung  berträglic^  toäre,  toonaefc  ©erajrion  borüber* 
gefcnb  Sefung  beä  3ßetruäett.  im  ©emeinbegotteSbienft  $u  Styofuä  geftattet  ^ätte,  toürbe 
Dar  fein,  ba&  bieä  eine  Abtoeid&ung  bon  ber  allgemeinen  ©etoo&nfyeit  getoefen  toäre.  Der 
©iföof  ber  Metropole  fannte  ba3  ©ud&  gar  nid&t ;  nur  bei  einer  $firctif$en  Seite  tonnte  6 
er  ein  ßjemplar  auftreiben,  unb  fofort  toiberrief  er  fein  anfänglid&eS  Urteil.  3n  ber  2$at 
^atte  er  aber  nur  ben  ©runbfaft  angetoanbt,  ben  aud&  Element,  Drigeneä,  ber  ©erfaffer 
ber  DibaSlalia  u.  a.,  ja  felbft  §renäu3  (in  ©e$ug  auf  münblic^e  ©rjäfylungen  ber  Apoftek 
fd&filer  unb  ba$  2Berf  beS  ^ßa^tad)  befolgt  $aben  unb  ben  man  foäter  förmlich  auSforacty 
ßtyilafter  haer.  88),  bafj  aud)  apofrifl^e,  pfeubepigrajj^e  unb  fogar  fyäretifd&e  ©Triften,  io 
toelctye  ben  Anfang  ergeben,  bon  ^ßropfyeten  unb  Styofteln  $er$urüfyren,  bon  ben  „3M- 
lommenen"  otyne  ©$aben,  ja  fogar  mit  SWufcen,  gelefen  toerben  fönnen.  Die  Äirctye 
getyen  fte  nichts  an;  bon  beren  ©otteSbtenft  bleiben  fie  auSgefd&loffen.  Sotoeit  baä  ©e* 
ba<$tni$  ber  fie^rer  um  170—220  jurüdfreid&te,  toar  bon  jetyer  toafyr  getoefen,  toaä 
DrigeneS  fagte:  „Die  Äirc^e  ©otteä  btuigt  nur  bie  4  6bb."  (hom.  1  in  Luc,  gried&ifö  15 
@Ä  II,  627). 

2.  Die  ©riefe   beä  $aulu$.    Überall  regiert  toaren   13  berfelben.   SBenn  in 
C.  Murat.  1.  60—63  bie  Stejeption  ber  4  Sßribotbriefe  auSbrüdflicfy  gerechtfertigt  toirb,  fo 
jc^eint  baä  toeniger  bur$  (Erinnerung  an  eine  foätere  (Einführung  berfelben  in  ben  @otte& 
bienft  beranlafet  ju  fein,  als  bur$  ben  eigenen  ©ebanlengang  beä  ©erfafferS,  toona$  bie  20 
an  7  ©emeinben  gerichteten  ©riefe  beä  $aulu$  ebenfo  toie  bie  7  ©riefe   in  Styf  1—3 
bon  born^erein   für  bie  buref)  bie  fombolifd&e  gafyl  repräfentierte  ©efamtfird&e  berechnet 
toaren.    Die  in  biefeä  ©d^ema  nic^t  paffenben  ^ßribatbriefe  beburften  eben  barum  einer 
.befonberen  Sted&tfertigung.    Db  für  bie  bort  abgetoiefeÄen  ©riefe   an  bie  Saobicener  unb 
Alejanbriner  (1.  63—68)  bamafö  bon  irgenb  jemanb   ernftlic^  ber  Anjprud&   ber  SRe^  25 
tion   erhoben   tourbe,   toiffen   toir  nic^t.    ©gl.  jebocfy  ©b  VII,  493  f.    Dagegen  beftanb 
jtoiföen  großen  Abteilungen  ber  fatyolifäen  Äirc&e  eine  ©erfd&iebentyeit  in  ©e^ug  auf  ben 
Aebräerbrief.    Die  Äirdjje  bon  Alejanbrien  tyat   tyn  bon  jefyer  als    ein   cc^ted  JBerf  beä 
$aulu$  in  ©erbinbung  mit  ben   übrigen  ©riefen  beSfelben  gelefen  unb  bie  ©eobad&tung 
feiner  ftiliftifd&en  ©erfcfyiebenfyeit  fyat  bort  nur  §$>otfyefen  über  einen  ettoaigen  tiberfefcerso 
beS  angeblich  fyebräifcty   gefc&riebenen  ©rief*   ^erborgerufen.    9ta$bem  aber  Drigene^  mit 

tilfe  ber  Annahme,  ba|  $aulu^  bie  Aufarbeitung  einem  ©c^üler  überlaffen  fyabz,  bie 
xabition  feiner  §eimatfird^e  berteibigt  tyatte,  blieb  biefe  bort  unangefod^ten  unb  berbreU 
tete  ft^  bon  älcjanbrien  au^  im  ganzen  Orient.  Dagegen  gehörte  er  bte  über  bie  9Ritte 
be«  4.  3ö^unbertg  tyinauS  nid^t  jum  9ü  ber  fatyolifcpen  Äird^e  be^  äbenblanbe«.  Da^  36 
böDtge  ©c^toeigen  be«  C.  Murat.  unb  ber  3lfrifaner  bon  6$>rian  btö  ^u  Optatu«  unb 
gum  3Rommfenfc^en  Äanon  toirb  burc^  ba$  3^9"^  *>&  Caju^  bon  9tom  (Eus.  VI,  20), 
be«  ßufebiuS  (h.  e.  III,  3,  5)  u.  a.  beftätigt.  ©d^on  barum  fönnen  3r*mw$  unb  ftippo* 
ltytu£,  bie  i^n  mit  ^od^ad^tung  gelefen,  aber  bem  $aulu3  abgefpro^en  tyaben,  ntept  aU 
3eugen  bafür  gelten,  bafe  er  jum  WX  ber  Sirenen  bon  fi^on  unb  JRom  gehört  ^abe  40 
(8b  VII,  505,  11—35).  Dafe  er  auety  in  Äart^ago  um  220  toeber  afe  lanonifd^  no(^ 
ate  paulinifd^  galt,  bezeugt  iertußian  gerabe  burety  bie  Art,  toie  er  feine  ©erufung  auf 
bemfelben  an  bie  borange^enben  ©d^riftbetoeife  anf ^liefet  (pud.  20).  SBenn  er  i^n  aber 
otyne  jebe  Anbeutung  bon  Unftd^er^eit  al^  Barnabae  titulus  ad  Hebraeos  eitiert  unb 
toeiter  im  ©ergleic^  mit  bem  §irten  über  i^n  föreibt :  reeeptior  apud  ecclesias  epi-  45 
stola  Barnabae,  fo  giebt  er  eine  Xrabition  toieber,  freiere  toeber  bie  ate^anbrinifd^e, 
noc^  biejenige  ber  lat^olifd^en  Äird^e  bon  Afrila  unb  Slom  toar.  3Kan  toufjte  längft,  bafe 
biefelbe  ©teile  §br  6,  4—8,  auf  toeld^e  ber  9)tontanift  lertuDian  ftd^  bort  beruft,  bon 
ben  SRobatianern  in  gleichem  5«^^  ftort  bertoertet  toorben  ift  (Epiph.  haer.  59,  2; 
Philaster  haer.  89;  Ambros.  de  poenit.  II,  2).  ©rft  neuerbing«  aber  ift  ber  3Us«> 
fammen^ang  llar  getoorben.  %n  ben  für^lid^  an«  Sic^t  gefommenen  Tractatus  Origenis 
(ed.  Batiffol,  1900  p.  108),  beren  Abfaffung  burc^  ^cobatian  faum  me^r  ju  bejtoeifeln 
ift  (bgl.  SR.  firc^l.  3tfcf>r.  1900,  ©.  348—360),  toirb  §br  13,  15  o^ne  Um$toeife  ate 
ein  ffiort  bed  sanetissimus  Barnabas  mitten  unter  Sprühen  au«  $aulu£  eitiert  yixfy 
in  ber  fattyoliföen  Äirdbe  9tom«  ober  ÄartfyagoS,  fonbem  in  ben  montaniftifc^en  unb  fo*  66 
bann  in  ben  nobatianifefcen  ©emeinben  toar  ber  §br  unb  $toar  ate  ein  2öerf  be«  ©ar= 
naba$  reeipiert.  Db  and)  in  lat^olifd^en  ©emeinben  ber  §eimat  be«  3Jlontani«mu«,  bleibt 
ungetoi^. 

3.  ©on  ber  Apoftelgefd^ic^te   (®Ä  I,    192—197)   ift  nur   &u  fagen,   ba|  fte 
überall  unter  bem  Xitel  jiQä$eis  (acta,  fpäter  meift  actus)  xayv  dnooxoXajv  ol«  ein&ert  w 


776  Saturn  bei  9iZ* 

be«  ©bangeliften  SucaS  anerfannt  toar,  unb  bafe  ifyre  gugetyörigteit  jum  9fö  nid&t  nur 
burcty  reic^lictye  ©enufcung  gum  ©d^riftbcloeiö  bei  ^rcnäuö,  XeriuDtan  u.  a.,  fotoie  bur$ 
tyre  Stellung  $toifd&en  (fbb.  unb  *ßaulu3briefen  im  C.  Murat.  bezeugt  tft,  fonbern  ou4 
burcty  bie  auSbrüdf  li<$e  Stüge  gegen  SRarcton,  bafc  er  fte  bertoorf en,  b.  B.  ni$t  in  f ein  912 
6  aufgenommen  ^abe  (Tert.  Marc.  V,  2;  praescr.  22;  Pseudotert.  haer.  16;  inbirrft 
au#  fraft  be$  ^ufammen&angS  Iren.  III,  12,  12;  H,  1;  15,  1). 

4.  £ie  Slpofaltypfe  $at  au$  aßen  teilen  ber  flirre  bie  ftärtften  ©etoeifc  tyrer 
Slnerfennung  für  ft#  aufoutoeifen.  Xfyeo^tluä  fcon  äfotiod&ien  (geft.  balb  nad&  180)  unb 
bie  ©emeinbe  bon  Styon  im  Sa^re  177   citieren  fte  afö  ^eilige  ©d&rift  (Eus.  h.  e.  VI, 

iü  24,  1 ;  V,  1,  58).  $rcnäu8,  melier  bie  Slnfecbtung  beä  4.  @b.  burd&  bie  Slloger  fc^arf 
berurteilt  (III,  11,  9),  unb  ber  C.  Mur.,  toelcper  beren  Sßolemit  gegen  biefeS  unb  bie 
©riefe  beä  3jol?.  ju  berücfftc&tigen  fd&eint  (1. 16—34),  galten  bie  Styl  einer  ^Rechtfertigung 
nad&  biefer  ©eite  &tn  nid&t  für  bebürftig.  ^renäuS  (V,  30,  2),  lertuBian  (fuga  1.  7; 
pud.  20)  unb  ©lernen«  (paed.  II,  108)  cttieren   fte  gelegentlich   afö   „bie  Styofalwfe" 

16  fcfylec^tbin,  obtoofyl  e$  mehrere  anbere  ©Triften  biefeä  $itefö  gab,  bon  toeld^en  Giemen^  eine 
fogar  rommentiert  fyat  (Eus.  VI,  14, 1).  3nt  ©egenfa^  ju  ber  befonberen  §oc$fc$ä$ung  ber 
2fyl  bei  ben  9Kontaniften  fyaben  bie  Slloger  unter  ben  jofy.  ©d&rtften,  bie  fte  fämtlidj  für 
Söerfe  Äerint^  ertlärten,  bie  Styl  in  beräc^tlid&ftem  SEone  feitiftert  (95b  I,  387).  SluS 
bem  gleiten  ©egenfafc  ift  e$  ju  erflören,  bafe  ber  Stömer  6aju3  (bor  217)  nur  biefen 

20  leil  ber  Äritil  ber  Slloger  ftcty  aneignete  (Eus.  V,  28).  $ta)oltyt,  ber  föon  früher  gegen 
bie  Slloger  eine  Sfyologie  für  baä  ©b.  unb  bie  Sfol  berfafet  gatte,  fuctye  nun  in  einer  be* 
fonberen  ©c&rift  gegen  SajuS  beffen  ßritif  ber  Sfyf  ni  toiberlegen  (©£  I,  220—262, 
II,  973—991).  Äeme  Slbteilung  ber  fatyoltfd&en  Stirdpe  fyat  ftd&  bamafö  in  tyrer  §o<fc 
fcfyäfcung  ber  Styt  irre  mad&en  laffen.    3)er  2tnft>ru#  be$  ©uc$3,  auf  unmittelbarer  Offen* 

25  barung  berutyenb  unb  für  alle  ©emeinben  beftimmt  ju  fein,  fotoie  bie  alte  Überlieferung, 
bafi  e$  erft  um  95  getrieben  fei,  begtinftigte  bie  ©etractytung  biefeä  ©u$$  afö  be$  ©ctytofr 
fteinS  be$  9EE3  (oben  ©.  773,  eo). 

5.  Die  „latfyolifctyen  93 riefe".  2)ie  Stellung  ber  7  »riefe,  toeld&e  totr  feit 8m 
fang  beö  4.  IgatyrfyunbertS  unter  biefem  9lamen  atö  integrierenben  Seftanbteil  be«  912S  gc* 

sonannt  (Eus.  h.  e.  II,  23,  25;  IV,  14,  1 ;  G^rill.,  cat.  IV,  36.;  ber  ed&te  eu^oliu« 
ed.  Zacagni  p.  405.  409)  unb  föliefelicfy  mit  Slu^fc^lu^  onberer  ©Triften  t>erh>anbter 
2lrt  überaß  anerfannt  finben,  toar  um  200  eine  fe^r  berfd^iebenartige.  3)em  erflen  93r icf 
be^  3°Mnnc^»  to  überall  rejiziert  toar,  muffen  bon  bornfyeretn  bie  beiben  Heineren 
Briefe  gleiten  %\tdi  angehängt  getoefen  fein,   toenn   i^re  ©efd^id^te  in  ber  Äm&e  unb 

35  felbft  tyre  (Ir^altuug  begreiflich  fein  foD.  ©leid&e  93e^anblung  mit  bem  erften  erfährt  ber 
jtoeite  bireft  unb  inbireft  bei  ^renäu^  (1, 16,3;  111,15,8)  unb  ©lernen«  (ström.  II,  66 ; 
hypot.  ^orfd^.  III,  92).  2)a§  un$  bon  ber  Slu^legung  be«  3.93rief«  in  ben  $ty>ottyu>fen 
be«  (Slemenö  nid^tö  erhalten  ift,  lann  ba«  bo^elte  3*u0iu3  be«@ufebiu«  (h.  c.VI,  14,1) 
unb  beS  ^J^otiuö  (cod.  109),   baft   er  fämtlicfye  fat^olif^e  ©riefe  barin  be^anbelt  ^abe, 

40  nic^t  entlräften.  3)ie  B^^M^  toelc^e  ber  unbebingten  Slnerfennung  bon  2.  unb  3.  3°^ 
in  mannen  Seilen  ber  Äirdjje  rne^r  ober  toeniger  lange  im  SBege  ftanben,  betrafen  na<^ 
DrigeneS  (bei  Eus.  VI,  25,  10)  unb  bem  2Kommfenfc$en  Äanon  (©St  II,  14),  fotoie 
nad^  bem  Seftanb  ber  ^efd^itt^a  unb  be$  griec^ifd^en  31%%  bon  Slntioc^ien  im  4.  3a$r* 
bunbert  überall  unb  ftetä  biefe  beiben  ©riefe  in  gleichem  ÜJla^e.  ©^  ift  auc$  übertoiegenb 

45  toa^rfc^einlid^,  ba§  ber  C.  Mur.  1.  69  (f.  b.  21.)  bie  beiben  Heineren  ©riefe  afö  meiert 
bweic^net,  bieS  jebocfj  nid^t,  o^ne  anjubeuten,  ba|  i^re  äbfaffung  burd^  ben  Styoftel  3^6 
auerbing^  nur  burd^  bie  in  ber  Äircfye  übliche  äufjere  Sitelüberfd^rift  berbürgt  fei.  3Bo 
man  nid^t  toufetc,  ba^  ber  Sfyofiel  %ol)  im  Greife  feiner  ©c&üler  6  jiQeoßvxsgog  genannt 
toorben  toar,  tonnten  ©ebenlen  gegen  feine  2lutorf<$aft  bie  Stellung  ber  ©riefe  be3  $re^ 

so  b^ter^  im  31%  um  fo  leidster  erfd^üttern,  afö  fte  fetyon  toegen  i^reö  geringen  Umfang* 
nur  feiten  an  ber  öffentlichen  Sefung  teilnehmen  lonnten,  unb  aud&  feiten  ©elegen^ert 
toar,  fte  ju  citieren.  3l^nlid^  bereit  e3  ftd^  mit  bem  ©rief  be$  3u^a^-  SEBä^enb  er 
bon  Glemcnä  afö  ein  „fat^olifd^er  ©rief"  lommentiert  (gorfd&.III,  83,  10),  t>on  C.Mur. 
1.  68  afö  in  ber  fat^olifcfyen  Äirdfje   rejiziert   bejeid^net,  bon  S^rtullian  (de  eultu  fem. 

55  I,  3)  afö  betoeföfräfttge  ©c^rift  eines  Slpoftefö  citiert  toorben  ift,  beutet  DrigeneS,  ber  ibn 
fonft  unbebenfltdEj  citiert,  einmal  an,  bafe  er  m$t  allgemein  anerlannt  toerbe  (tom.  XVII, 
30  inMatth.).  @r  toar  im  4.  gjabrlnmbcrt  ein  Slntilcgomenon  (Eus.  III,  25,  3),  tourbe 
unter  anberem  auc^  toegen  feiner  ©enu^ung  jübifdjcr  Sljjofr^^en  bon  manchen  für  uneit 
erflärt  unb  bertoorfen  (Hieron.  v.  ill.  I  cf.  Eus.  II,  23,  25)  unb  nid^t  nur  bon  ben 

eo  Slntiocfyenern  unb  ©tyrern,   fonbern  aud^  bon  3lfrilanem  um  360  (C.  Momms.  ©Ä  II, 


Station  be«  91J«  777 

144  f.)  ftittfötoeigenb  au«gcfd&loffen.  @r  fyatte  alfo  feine  anfängliche  Äanoniutät  fpäter 
in  toetten  Rreif  en  toieber  eingebüßt.—  Der  ©rief  be«3afobu«,  toelctyer  fe^r  frity  im 
Slbenblanbe  gelefen  toorben  ift  unb  toafcrföeinlic^  bem  $renäu«,  bielleictyt  au<$  bem  $tW>o- 
fytu«  befannt  toar  (®inl.  P,  92.  97  ff. ;  ©S  I,  323—325.  962 ;  Sontoetfö,  ©tub.  j.  b. 
Äomm.  £iH>ofyt*  6.  26),  tyat  bi«  jur  SKitte  be«  4.  ga^unbert«  in  feiner  abenbläm  ö 
biföen  Äircfce  jum  9EE  gehört.  3)a«  üöüige  Steigen  be«  C.  Murat.  unb  be«  C.  Momms. 
über  tyn  toirb  burdfc  ba«  negatibe  3^9"^  &**  lateintfd^en  ©dfpiftfteller  berfelben  fttxt  be* 
ftatiflt.  Dagegen  fd&eint  er  bei  ben  ©rieben  be«  Dften«  ju  ben  am  aßgemeinften  am 
erlamiten  ©driften  gehört  ya  tyaben.  3)aß  Giemen«  tyn  tommentiert  fyax,  ergiebt  fu§ 
ni<$t  nur  au«  bem  allgemein  lautenben  ßeugni«  be«  ©ufebiu«  unb  be«  Sßfyotiu«  (f.  bor^in  10 
©.776,3«),  fonbem  au$  burcfy  Kombination  ber  borfyanbenen  Fragmente  ber  §Woä;foofen 
(fforfö.  III,  150 f.;  VI,  257.  271;  ©Ä  I,  322.  349).  Dbtoo&l  Drigene«  einmal  tyn 
al«  Slntilegomenon  cfyaralteriftert  (f.  unten  V),  fte&t  er  im  C.  Ciarom.  1.  65  nocfc  bor  bem 
1. 3o^.,  unb  er  toürbe  in  ber  foäter  abgesoffenen  #ebboma«  ber  fatfy.  ©riefe  (Eus. 
h.  e.  II,  23,  25 ;  GtyriH,  @u$aliu«,  ättyanaftu«,  @)>i^amu«,  ©regor  9taj.)#  fotote  bei  15 
benjenigen  ©rieben  unb  ©tyrern,  toeld&e  nur  3  fatty.  »riefe  anerfannten,  nic^t  regelmäßig  bie 
erfle  ©teile  einnehmen,  toenn  fein  Slnfe^en  nicfyt  im  gric^ifd^en  Orient  ein  befonber«  gefiederte« 
getoefen  toäre.  »ead&ten«toert  ftnb  bie  ßitate  bei  3Reu)obiu«  (ed.  »ontoetfö  ©.291,26), 
too  er  fälfölicfc  bem  Sßaulu«  jugefc^rieben  toirb,  unb  S.  249,  14).  2öenn  er  noc|  um 
325  bon  mannen  für  unecht  erflärt  toürbe  (Eus.  II,  23,  25)  unb  batyer  bon  Sufebiu«  20 
unter  bie  Slntitegomena  geregnet  toürbe  (III,  25,  3),  fo  lann  ftd&  bie«  ebenfo  toie  bie 
gleid&bebeutenbe  »emerfung  be«  Drigene«  nur  auf  bie  bamal«  nodb  anbauernbe  Slblefynung 
feiten«  berßateiner  unb  ber  ©tyrer  bejiefyen.  —  Die  allgemeine änerfennung  be«  l.^etru«« 
brief e«  um  200  ift  burdfc  Srenäu«,  bie  Epist.  Lugd.  bon  177,  ©Jemen«,  beffen  2lu«* 
legung  toir  nodf^  befifcen,  Xertuttian,  £>ifyu>fytu«  u.  a.  (@Ä  I,  303—306),  fotoie  burd&  25 
ben  ©ebrauefc  im  3.  Satyr^unbert  (Styman  unb  feine  ^^^^öffen;  Drigene«  bei  Eus. 
VI,  25,  8  fkav  bitoxokr)v  ofiokoyovfihriv)  berbürgt.  @«  toürbe  C.  Mur.  eine  uner* 
flärlic^e  9(u«na^me  machen,  toenn  er  tyn  gar  nid&t  ertoäfynt  fyäüt.  @«  ift  ba^er  toa^r« 
f$einli$  an  ber  ©teile,  too  bon  einer  ©$rift  be«  $etru«  ober  mehreren  folgen  bie  Siebe 
ift,  urforünglicty  bom  1.  *ßetru«brief  gefagt  getoefen,  baß  er  ebenfo  toie  bie  joty.  2fyofal$>fe  80 
reagiert  fei,  toä^renb  gegen  bie  fircfylidpe  2efung  be«  2.  5ßetru«brief«  bon  mannen 
Äati^oKIen  proteftiert  toerbe  (f.  b.  31.).  2>ie«  toürbe  borau«fö&en,  baß  er  im  Umfrei«  bon 
9tom  ni$t  ganj  unbetannt,  aber  ni$t  gleid^  bem  1.  $t  regiert  toar.  Ob  ^renäu«  i^n 
gelaunt,  bleibt  jtoeifelfyaft ;  bon  Äiwotytu«  bagegen  ift  bie«  mit  ©iAertyeit  ju  be^au)>ten 
(®Ä  I,  316 f.;  in  ben  feiger  befannt  getoorbenen  ©driften,  33erl.  Siu«g.  I,  1,  164, 19;  36 
210,  8;  240,  2  ;  I,  2,  120,  22).  Slnbererfeit«  fe^It  jebe«  geugni«  bafür,  baß  ber  2.  *ßt 
im  2ttenblanb  bor  350  gum  3tX  gehört  ^abc.  3m  C.  Momms.  toirb  gerabegu  gegen 
ben  95erfu$  feiner  Äanonifierung  ^roteftiert.  Slnber«  im  Orient.  3fk  nic^t  ju  beanftanben, 
baß(Hemen«  i^n  fommentiert  fyabe  (bor^in©.776,38),  fo  toar  er  bo$,  toie  ba«  große  Iat. 
gragment  ber§^ot^ofen  betoeift,  m  ber  S3ibel  be«  Giemen«  nic^t  bem  l.^ßt  angefc^loffen  40 
(3forfd&.  III,  154).  Drigene«  fd&eint  i^n  jtoar  felbft  für  e#t  unb  für  eine  ^1.  ©c&rift 
ju  galten  (hom.  13,  6  in  Num. ;  hom.  4,  4  in  Lev.;  comm.  in  Rom.  lib.  IV,  9; 
VIII,  7),  befennt  aber  bod&,  baß  bie  Meinungen  über  tyn  geteilt  feien  (Eus.  IV,  25,8). 
6r  muß  bon  alter  3^t  ^er  im  Orient  eine  anbere  ©tellung  jum  911  gehabt  ^aben,  al« 
ber  1.  $t,  toenn  man  ertoägt,  baß  Sufebiu«  (h.  e.  III,  3,  1)  e«  gerabeju  al«  bie  tym  45 
jugefommene  Überlieferung  bejeid^net,  baß  er  nid&t  ivdtd&rjxog  fei;  ferner  baß  noety  2)U 
b^mu«  um  380  tyn  für  une^t  unb  nic^t  lanonifd^  erflärt,  obtoo^l  er  tyn  felbft  fommen« 
tiert,  fyäufig  genug  citiert  unb  o^ne  Sßroteft  anerfennt,  baß  er  öffentlich  gelefen  toerbe 
(9Rigne  S.  gr.  39,  1774) ;  enblidfc  baß  er  bon  ben  Slntuxtyencrn  unb  ben  ©tyrern  um 
biefelbe  $Ät  betyarrlicfy  abgelehnt  toürbe,  obtoo^l  e«  tym  an  3^0"^«"  «u«  ber  3*it  bor  so 
Sufebiu«  aud^  in  Slfien  feine«toeg«  fehlte  (®Jt  I,  312  f.).  —  @ine  ä^nlic^e  ©tellung 
na^m  um  200  unb  aud&  fräter^in  ber  fogenannteSrief  be«S3arnaba«  in ällejranbrien, 
aber  unfere«  ffiiffen«  nur  bort,  ein.  Giemen«  fjat  ifyn  in  feinem  S3ibel!ommentar  au«« 
gelegt  unb  jtoar,  toie  e«  fdjeint,  im  änfd^luß  an  bie  faäter  au«fc^ließlid^  fo  genannten  !at^. 
»riefe  (Eus.  VI,  14,  1).  Crigene«  giebt  i£m  ba«  Attribut  „lat^olifd^"  (c.  Cels.  I,  63),  55 
toetye«  er  fonft  bem  l.«pt  (Eus.  VI,  25,  5),  bem  1  v>  (de  orat.  22;  tom.  17,  19  in 
Matth.)  unb,  toie  fd&on  Giemen«  (gorfc^.  111,  83,  10),  bem  $ub.  giebt  (1.  VI  in  Rom.). 
;$n  bem  toafyrföeinlidj  bon  Drigene«  berfaßten  biblifd&en  Onomaftilon  toar  auc^  ber  95ar- 
naba«brief  berüdfftc^tigt  unb  jtoar  al«  einer  ber  fafyol.  »riefe  (@Ä  II,  948—953).  ^m 
C.  Ciarom.  1.  70  fte^t  er  hinter  ben  7  fat^.  »riefen  unb  bor  3tyofan#fe  unb  31®.  (Srft  oo 


778  Sanon  beS  «2» 

Rötere  Sntfd&eibungen  fyabtn  ifyn  aud&  in  2Hq:anbrien  au«  biefer  ©erbtnbung  unb  bamit 
überhaupt  au«  bem  ©erbanb  be«  Jfä«  entfernt.  Sgl.  jeboc§  ba«  ©erjetd&ni«  ber  60  Sucher, 
bie  ©ti<$ometrie  bei  9iicet>&oru«  (®Ä  II,  292.  299)  unb  ein  armenifc&e«  ©erjek&ni« 
(ftorfö.  V,  116.  117.  121  ff.  136).  —     2ln$ang«toeife  futb  $ier  ber  »rief  be«  Sie* 

6  m  e  n  «  fcon  9tom  ober  fcielmetyr  ber  römifd&en  ©emeinbe  an  bie  torintfyifd&e  unb  bie  irr* 
tümlic^ertoeife  unter  bem  Jiamen  eine«  jtoeiten  Äorint^erbrief«  be«  Slenten« 
bemfelben  angehängte  $rebigt  ju  ertoetynen  (®Ä  I,  351—360 ;  II,  193.  289.  301). 
Obgleich  fie  toegen  ibrer  eine  Drt«gemeinbe  nennenben  Slbreffe  nid&t  ju  ben  fat^olifcfcn 
©riefen  ju  gaffen  feinen,  jtnb  fte  bo#  im  Canon,  apost.  85  gerabe  an  biefe  al«  ^eilige 

10  ©Triften  angefd&loffen  unb  in  ber  §anbfdjrtft  be«  11.  Sjjatyr&unbert«,  toek&e  uni  ben 
2.  6lem.  boQftänbig  erhalten  fyat,  jtoifd&en  ben  ©arnaba«brtef,  ber  ein  fat^oltfc^er  toar, 
unb  bie  Sefyre  ber  12  Sfyoftel  geftcKt.  3toifdE>en  ben  latfyol.  ©riefen  unb  ben  ?ßaulinen 
fte^en  fie  in  einer  a.  1170  gefd&riebenen  ffyrifd&en  §f.,  unb  e«  ift  bort  toenigften«  ber  l.ßlem. 
al«  ein  fotfyoltfcfyer  begeid^net.    2Ba^rf<#einlic&  fyat  aud)  ©pi^aniu«   (haer.  30,  15)  nur 

16  vermöge  einer  ©ertoecfyfelung  ftatt  biefer  6lemen«briefe  tfozi  anbere  ©riefe  unter  bem 
ÜRamen  be«  Giemen«  (de  virginitate)  ol«  biioxokal  iyxvxkioi  (b.^.  fat$olifd&)  dt  h  ratg 
äyiaig  ixxAtjotaig  ävayivcooxö/bLsvai  bejetd&net.  gfür  eine  ehemalige  ©erbinbung  beiber 
©riefe  mit  bem  31%  jeugt  ferner  ber  alejanbrinifd&e  ©ibellobes,  in  beffen  3^3*  Ul*  ^qrt 
fie  hinter  ber  2tyf,  im  S1^  <*&**  bor  ber  äfagabe  ber  ©umma  aller  biblifc^en  8ü$er 

20  fielen  (®Ä  II,  289),  ferner  ein  armenifdf>e«  ©eneic&ni«  (gorfö.  V,116. 123  f.),  bor  allem 
aber  bie  ©erftetyerung  be«  ©ufebiu«  (III,  16),  bafe  ber  1.  6lem.  bon  älterer  unb  au($ 
noefy  ju  feiner  $eit  in  fe^r  trielcn  Atrien  öffentlich  gelefen  tourbe.  2)af$  bie«  toenigften« 
früher  audE>  mit  bem  2.  6lem.  geföe&en  fei,  toelcfyer  in  ber  Überlieferung  untrennbar  mit 
jenem  fcerbunben  erföeint,  beutet  er  III,  38,  4  an.    ©on  Äorinty  au«,  too  ber  1.  ßlem. 

25  um  170  autoeilen  im  ®otte«bicnft  gelefen  tourbe  (oben  ©.  772,  bö),  tyat  fty  biefer  8rau$ 
mit  bem  ©rief  felbft  Verbreitet,  unb  gtoar  toatyrfäeinlicty  guerft  nad?  Sßejanbrien,  ffäter  $u 
ben  ©fyrern.  Giemen«  Sllej.  citiert  ifyn  fyäufig  (Sigfytfoot,  S.  Clement  f,  158  f.),  einmal 
ström.  IV,  105  al«  ©etyrift  be«  2tyoftel«  Giemen«,  Drigene«  at«  ©c&rift  eine«  Styoffcl: 
fauler«,  bem  $aulu«  *ßfyil  4,  3  ein  gute«  Reugni«   au«gefteBt   (tom.  6,  30  in  Joh.; 

so  princ.  II,  3,  6).  Gitate  unb  Sfaftnelungen  ftnben  ft$  bei  ben  2ltejanbrinern  <Biontyftu« 
(c.  260),  $etru«  (c.  305),  $ibi?mu«  (c.  380),  Stimofyeu«  (c.  460),  unb  toafaföeinli<$ 
be&iefyet  fic^  auf  biefe  ©riefe,  toa«  Don  firdEjlic^er  9leget)tion  jtoeier  Glemen«briefe  bei  ben 
Äojrtn  überliefert  ift  (Assemani  Bibl.  or.  III,  14).  3^rc  ©erbinbung  mit  bem  912 
ift  jebocfy  eine  lofere,  al«  bie  be«  ©arnaba«.   Giemen«  211.  $at  fte  nic^t  tote  biefen  in  ben 

35  §$)on#ojen  be^anbelt ;  fte  fehlen  im  Cat.  Ciarom.  Gufebiu«  ertoä^nt  fte  nid^t  unter 
ben  Slntilegomena  (111,25,  ögl.  jebod^  $orfc£.  V,  123).  %m  Slbenblanb  ^aben  fte  nie  ein 
©erfyältni«  gum  31%  gehabt.  3ren^ug  c^^ert  ^cn  *•  ®lem.  nur  ebenfo  toie  ben  ^ilipper' 
brief  ^ol^farp«  al«  ein  getoicfytige«  3^9"^  f"r  ^m  Sortbeftanb  ber  a^oftolifd^en  2ra- 
bition  in  nad^tyoftolifd&er  geit  (III,  3,  3—4). 

40  6.  ©  o  n  ft  i  g  e  ©  d)  r  i  f  t  e  n  bon  öorüberge^enber  Äanonijität.  Obenan  ift  ^ier  ber 
§irt  be«  Äerma«  ju  nennen  (®Ä  I,  327—347).  ^renäu«  (IV,  20,  2),  Xertuflian 
Dor  feiner  (fntf Reibung  für  ben  uKontani«mm«  (orat.  16)  unb  Giemen«  (passim  togl. 
®Ä  I,  329)  l^aben  ifyn  burc^au«  al«  ^eilige  ©d^rift  betyanbelt.  G«  fe^lt  au(^  nit^t  an 
©^uren  babon,  ba^  er  bamal«  in  3lntioc^ien   gleite«  2lnfe^en  genofj  (1.  1.  232).    3U 

45  änfang  be«  3.  S^^^unbert«  aber  fmb,  toie  man  au«  C.  Mur.  1.  73—80  unb  Tert.  pud. 
10.  20  fielet,  in  fatfyolifd^en  unb  montaniftifc^en  ®emeinben  ju  Äart^ago  unb  SRom  ©er- 
fyanblungen  über  ben  §irten  geführt  toorben,  beren  Grgebni«  jebenfaB«  eine  £o<ferung 
be«  ©anbe«  jtoifd^cn  bem  §irten  unb  ber  ©ibel  toar.  2)er  3Rontanift  XertuBian  in  feiner 
fd&arfen  ^ßolemif  gegen  bie  unter  anberem  auf  ben  §irten  ftc^  ftüfcenbe  la^e  ®i«^ijjlin  be« 

so  römijdjen  ©ifd^of«  brücfte  bie«  fd^roff  fo  au«,  bafe  ber  ^irt  nic^t  toert  gefunben  toorben 
fei,  in  bie  göttliche  Urtunbe  eingetragen  ju  toerben,  fonbern  üon  allen  fir^lic^en  ©er* 
fammlungen  beiber  ^arteten  für  apofrt^,  ja  für  eine  gälfd&ung  erflärt  toorben  fei.  Stegen 
bie  9Montaniften  fo  geurtcilt  l^aben,  fo  boc$  nid^t  bie  Rau)oliten.  3lad)  bem  C.  Mur. 
(f.  b.  31.)  ift  ber  £irt  jtoar   öon  ber  öffentlichen  unb  regelmäßigen  fiefung,   toelc^e  ba« 

65  ©orredjt  ber  ^rov^etifd^en  unb  apoftolifd^en  ©Triften  ift,  au«gef(^loffen,  anbererfeit«  jeboc^ 
feine  Sefung  nid^t  nur  erlaubt,  fonbern  auefy  anbefoblen  toorben.  tiefem  milben  Urteil, 
bem  erften  ©erfud^»,  eine  klaffe  beuterofanontfd^er  ©d^rtften  ju  bilben,  entfprutyt  ber  Grfolg. 
©ifd^ofÄaHiftu«  unb  fein  Allem«  um  220  ftüfeten  ft$  mitSBort  unbS^atauf  benähten 
(Tert.  pud.  20) ;   auefy  beren  ®egner  $ip})ol^t   verleugnete  nid^t  feine  ©ertrauttyeit  mit 

60  bemfelben.    G«  entftanben  jtoci  lat.  Überfe^urtgen  be«  ©u$«.    6in  unbefannter  römif^er 


ftattoit  bc£  WS«  77» 

8if$of  (Pseudocypr.  de  aleat.  2,  3)  cittert  e«  al«  divina  scriptura.  9JoDatian 
(trin.  2,  früher  al«  bie  jüngft  gefunbenen  ^ßrebigten  unb  Dielleictyt  Dor  feiner  ©e}>aration 
geförieben)  toeift  mit  legimus  auf  ben  gurten  al«  ein  anerfannte«  £efyrbu$  tyin.  ßommobian 
pat  eS  eifrig  gelefen.  Die  tat.  Siturgien  geugen  Don  bem  fortbauernben  6influf$  be«  93u$3  (®& 
I,  346  cf.  Mai,  scr.  vet.  n.  coli.  III,  2,  247  a.  6.).  $ro$bem  toar  bur$  jene  tirefc  5 
liefen  Sefd&lüffe  um  200—210  baS  fölußlicfc  ©d&icffat  be«  Wirten  im  Dccibent  (Hier, 
v.  111.  10)  im  Dorau«  entföieben.  Dafe  im  Orient  berartige  dntföeibungen  bamal«  ntd&t 
gäroffen  toorben  ftnb,  betoeift  bie  toeitere  ®efdjid?te  be«  §irten  (f.  u.  ©.  791,  eo ;  793, 25 ff.).— 
SBäfcrenb  Element  ben  §irten,  biellei$t  toegen  feinet  großen  Umfangt  in  feinem  furg* 
gefaxten  Sibelfommentar  nid&t  befyanbelt  fyat,  tyat  er  bie  9(pofaltypfe  b«S  $etru«,  10 
ein  flehte«  Süctylein  Don   laum  300  feilen  (C.  Ciarom.  1.  75:  270;    Stich.  Niceph. 

I,  46:   300),  beffen  toert  geartet  (Eus.  VI,  14,  1 ;   gorfdfc.  III,  65.  127.  154,  ®ÄI, 
308—310;  II,  810—820).     3m  C.  Ciarom.   bilbet  fte   ben  ©c&lufe  ber  gangen  fiifte 
(Stornaba«,  2fyf  3o,  ä®,  *ßaulu«aftcn,  2l^>f  $etri),   im   25ergei$ni«  ber  60  Sucher  unb 
in  einer  armenifd&en  Sifte  ftety  fie  unter  ben  2fyofa^en  (®&  II,  292;  ^orfd&.  V,  116. 15 
121.  136),  bei  SRicep&oru«  gtoiföen  3tyf  $o  unb  Sarnaba«  unter  ben  änttlegomena  (®Ä 

II,  299),   fo  aud&  bei  ©ufebiu«,  tyier  aber  in  ber  Reiten  Abteilung  berfelben,  toeld&e  er 
für  tutest   erflärt   (III,  25,  4   Dgl.  III,  3,  2).    Söctyrenb  bei  Drigene«  nid&t   einmal 
Äenntni«  biefer  3tyf  ftc^er  nad^gutoeifen   ift  (gorfd^.  V,  112?)    unb  überhaupt   ein  gort* 
leben  berfelben  in  SUejanbrien  nicfyt  begeugt  tft,  finden  toir  fte  bei  bem  ^eibnifcfyen  Slutor,  20 
toeld^en  3Rafariu«  Don  SWagnefta  beftreitet  (^ßor^fyriu«?),  al«   ein  ^albbeilige«  93ud&  ber 
©fciften  citiert,  o^ne  bafj  ber  #riftli<#e  *ßolemifer  biefe  33orau«fe$ung  beftreitet  (Apocrit 
IV,  6.  7.  16).    3lad)  ©ogomemt«  (h.    e.  VII,  19;   ®ß  II,  813)  la«   man   nod)   um 
430  in  einigen  Stird&en  *ßaläftina«  biefe  2tyf  aÜjäfyrlid&  bei  ber  Sorfeier   be«  Dfterfefte«. 
33on  Sefanntfcfyaft   be«  2lbenblanb«  mit   berfelben  fe#t  jebe   glaubhafte  Äunbe.    Ueber  35 
£iW>otyt  unb  C.  Mur.  f.  lefcteren  ärtifel.  2lud&  toa«  Sontoetfdfc,  ©tub.  gu  Qtyp.  ©.  27, 
beibringt,    ift  nid&t  betoeifenb  unb  beruht  auf  ber  3iorau«fe$ung,  bafj  ba«  Don  SBouriant 
gugleidj  mit  einem  Fragment  be«  ®D.  be«*ßetru«  herausgegebene  apolaltyptifc^e  ©tücf  au« 
ber  Styf  be«  Sßetru«  fyerrü^re.  Die«  ift  aber  eine  blofee  §$)otfyefe  unb  gtoar  eine  untoatyr* 
f<£einli$e.    3>n  Wefem  ©tücf  ift  lein  einige«  ber  fixeren  ßitate  au«  ber  3tyf  be«  $etru«,  so 
bie  boc£  ein  gang  Heine«  33uq  toar,  genau  toieberjufinben.    3)ie  fd^riftfteBerif^e  gorm  ift 
gam  biejenige  be«  $etru«eb.    §ier  loie  bort  rebet  ber  Styoftel  $etru«  (in  ber  angeblichen 
%$(  c.  4,  12—5,  15-  10,25;  11,  26)  jugleid^  im  tarnen  ber  12  3lpofteI  (c.  2,5-3,8; 
4,  11—5,  20).    2lu^  &ier  toirb  3^fu«  nie  mit  SBamen,  fonbem  6  xvgiog  genannt.  Die 
jüngere,    erft  nad^  9Ru^ammeb  entftan&ene    arabifd^e  2l|p!  be«  ^Jetru«  geigt  Serüfyrunaen  86 
mit   einem  ßitat   bei  Giemen«    unb  mit  bem  2.  $t,   bagegen  feine  mit  ber  angeblichen 
$etru«a^ofal^fe   (bgl.  Sratfe,  3to2^   ®b  36,  II   [1893],   ©.  454—493).    Diefe   ift 
nur  ein  toeitere«  Fragment  be«  $etru«eDangelium«  (Dgl.  Dieterid^,  9Jef^ia  ©.  16),  toelcfye« 
unter  anberem  aud^  au«  ber  ficfyerlicfy  altem  2lpl  be«  $etru«  gefd^öpft  ^at,  toie  bie  33er. 
gleictyung   be«  (Sitat«  bei  Clem.   ecl.  11  mit  ber  falfcfyen  9lpf  c.  11,  26  geigt.  —  2)ie40 
„fie^re  ber  12  Slpoftel"  toirb  Don  Giemen«  (ström.  I,  100)    unb  Drigene«  (princ. 

III,  2,  7)  al«  f)l  ©d^rift  citiert  unb  fleißig  benu^t.  2luc^  toä^renb  ber  folgenben  3^^5 
bunberte  ift  nur  für  Sgflpten  gotte«bienftlid^e  Sertoenbung  be«  33u$«  ftd^er  gu  betoeifen 
(gorfc^.  III,  278—287;  ®tt  I,  360-368;  #<mtacf,  Die  Sl^oftclle^re  2.  «ufl.1896). 
Die«  genügt,  um  gu  erllären,  bafj  Sufebiu«  (h.  e.  III,  25,  4)  e«  unter  ben  2lntilego*  15 
mena  gtoeiten  9tang«,  bie  Stich.  Niceph.  1.  68  unter  ben  3tyofr$>tya,  JRufm  (expos. 
symb.  38)  mit  Dcränbertem  litel  unter  ben  libri  ecclesiastici  nennt,  äefannt  ge* 
toorben  ift  e«  auc$  in  ber  Umgegenb  Don  Slntiod&ien,  too  ber  Uerfafler  ber  Diba«talia 
unb  f^äter  ber  ^Bcrfaffer  ber  Const.  apost.  e«  benu^t  fyaben,  unb  im  äbenblanb,  too 
eine  tat.  Überfefcung  entftanb.  Da«  Dereingeite  (Sitat  bei  ^Pfeuboc^rian  de  aleat  4,  5  (in  w 
doctrinis  apostolorum)  mitten  unter  burd^toeg  fefyr  freien  fanonifd^en  unb  aj)o!rVp^en 
Sitaten  ftimmt  gu  toenig  mit  ber  griecfyifctyen  Dibac^e,  um©d^lüffe  gu  geftatten.  —  9l£Os 
!r^j)^.ä>)oftclgefc^ic^ten  ftnb  in  ber  alten  Jtircfye  Dielfad^  o^neÄritit  gelefen  toorben. 
lertuDian«  ®runbfa^  in  Scgug  auf  bie  im  31%  nid&t  me^r  ergä^lten  3Karn;ricn  ber  Slpoftel 
(Scorp.  15  haec  ubicumque  jam  legero,  pati  disco)  tourbe  auf  bie  fabelfyafteften  w 
unb  bie  ^eterobojeften  Dichtungen  au«gcbel;nt.  @in  nähere«  Ser^ältni«  gum  9tX  ^aben 
bod&  nur  bie  im  ©innc  be«  tttrc&englaubcn«  gefc^riebenen  Slften  be«$aulu«  ge* 
toonnen  (®M  II,  685—891 ;  9«3  1897,  ©.  933—910).  Der  9luffü^rung  berfelben 
gtoifd^en  bem  Wirten  unb  ber  $etru«apofal^fe  im  C.  Ciarom.  1.  74,  an  ber  ©pifce 
ber  Slntilegomcna   gtoeiten  Stang«   bei  Gufebiu«    (III,  25,  l  cf.  111,  5)    unb  an   ber**) 


780  Station  be*  912$ 

©pifce  bcr  2tyofr$)fya  in  ber  Stichom.  Niceph.  1.  63  entforic^t  ber  a$tung«boHe  Ion, 
in  h>eld^em  Drigene«  (princ.  I,  2,  3 ;  tom.  20,  12  in  Jo),  h)a^rfc^einli^  aber  aua) 
Giemen«  (ström.  VI,  43 ;  @Ä  II,  827.  879)  fic  citicrt  tyat.  ©eitbem  toir  toiffen,  toa« 
früher  nur  Vermutet  tourbe,  baß  ber  fügen.  3.  ßorintfyerbrief,  toeld&er  bei  ben  Syrern  be« 

6  4.  3atyrtyunbert«  fcoDe  Äanonijität  befaß,  ben  $aulu«aften  entnommen  toorben  ift,  fcaben 
toir  eben  baran  einen  Setoei«  für  ba«  fyofye  Rrd&lid&e  Slnfeljen  biefer  Sitten.  Slucfc  ön 
Slbenblanb  tourben  fte  gläubig  gelefen  $.  8.  bon  £iJtyofyt  (Comm.  in  Dan.  III,  29,  4 
^=.  Niceph.  Call.  h.  e.  II,  25,  @Ä  II,  880),  ofyne  jebocg  bort  in  33erbinbung  mit  ber 
33ibel  gefegt  ju  toerben.    SSielleicfyt   fyat  bie  bur$  XertuQian  bapt.  12  mitgeteilte,  bon 

10  §ieronfymu«  v.  ill.  7  fortgepflanzte  ßunbe,  baß  ber  Sßre«btyter  in  Soften,  toeld&er  bie  Slften 
ber  %f)*Ua,  bie  nur  ein  £eil  ber  $aulu«aften  ftnb,  fcerfaßt  &at,  infolge  feines  ©eftänfe 
niffe«  genötigt  tourbe,  fein  Slmt  nieberjulegen,  baju  gebient,  ba«  Slnfe$en  be«  fe^r  au«* 
fityrlicfyen  unb  toofylgemeinten  33ucfy«  im  Slbenblanb  ju  untergraben,  cf.  Pseudocypr. 
de  rebapt.  17  (gefd&rieben  um  380):  in  quo  libro  contra  omnes  scripturas  etc. 

15  Da«  31%  ber  gried^ifc^en  unb  lateiniföen  Äircfyen  um  170—220  umfaßte  al«  unber- 
äußerlichen  Seftanb :  bie  4  @bb.,  13  »riefe  be«  *ßaulu«,  ä®,  Styf,  1  $t,  1  3o  (bem 
aber  regelmäßig  aud&  2  unb  3  $o  angehängt  toaren),  toafyrfd&einlicty  auefc  %u\>a&.  ©ie^t 
man  bon  ben  erft  um  200—210  geführten  SBerfyanblungen  über  ben  Wirten  ab,  fo  toare 
auety  biefer  tyier  ju  nennen.    Dagegen  beftanben  Serfd&iebenfyeiten  unb  ©d&toanfungen  in 

20  93e$ug  auf  3a,  £br,  2  $t,  Sfyt  be«  Spetru«,  Sfyoftdlefyrc,  Sarnaba«,  1.  unb  2.  Oem., 
Slften  be«  $auiu«  unb,  toie  bemerft,  ben  ßirten.  Die  Slrt,  toie  bie  Rird&enlefaer  über 
bie  fird>ltd)e  ©eltung  ber  ©eftanbteile  be«  ©runbftocf«,  befonber«  auefc  in  tyrer  ^olemif 
gegen  9Rarcion,  bie  ©noftifer  unb  bie  Slloger  ftd&  äußern,  föließt  bie  SKöglid^teit  au«,  baß 
erft  ju  Sebjeiten   eine«  3**™^  (8*-   c-  Hß   f-  °^en  ©.  409)  ober  ber  Seigrer  be« 

26  ©lernen«  biefe  ©ammlung  gotte«bienftlicfyer  Sefebüd^er  entftanben  fei  unb  erft  um  150 
ober  170  einem  früheren  d^aotifd^en  guftanb  einßnbe  bereitet  ^abe.  6«  fehlten  ber  flirre 
um  biefe  3^  ^U(^  bie  Organe  unb  9?erfaffung«formen,  um  in  ben  autonomen  Ort«* 
unb  Sßrobinjialtird&en  mit  fo  gleichmäßiger  SBirfung  SBüd^er,  h?elrf>e  ft$  im  ©otte«bienf) 
ber  einen  ober  anberen  Äirc^e  eingebürgert  Ratten,  ju  fcerbrängen  unb  burd&  eine  in  ber 

30  £auj>tfacfye  ibentifcfye  ©ammlung  $u  erfefcen.  3ebcr  SBerfudjj  eine«  ©taat«ftreic$e«  mit 
foldjjer  Slbfic^t  tourbe,  felbft  toenn  bie  33ifdE>öfe  aller  £auj>tfircfyen  an  ber  ^erfd^toörung 
beteiligt  getoefen  toären,  an  bem  jä^en  3Biberftanb  j)rotrin$ialer  ©igenart  gefc^eitert  fein, 
beffen  ©tärfe  man  an  ben  Dfterftreitigfeiten  unb  ber  montaniftifcfyen  Setoegung  beobachten 
lann;  jebenfaH«  toürbe  er  aber  einen  Äampf  um   ba«  912  entjünbet  ^aben,  ber  länger 

35  getoä^rt  unb  ftärfere  ©puren  in  ber  ©efd^ic^te  ^urücfgelaffen  ^>ätte,  al«  jene  Äämpfe  um 
ba«  $affal?  unb  bie  neue  ^Prop^etie.  Slm  allerunbegreipiic^ften  aber  toäre  unter  biefer 
9Sorau«fe$ung,  baß  na^  amtlichen  S3ertyanblungen,  an  toeld^en  alle  §au)>tfirc^en  Ratten 
beteiligt  fein  muffen,  bie  einzelnen  Jtird^en,  o^ne  nac^einanber  ju  fragen,  unb  boneinanber 
ju  toiffen,  ben  %a  ober  ben  §br  teil«  al«  ty.  ©d^rift  gelefen,  teil«  völlig  ignoriert  baben. 

40  Daß  ba«  31%  um  200  nic^t  ba«  ßrgebni«  einer  um  150  ober  170  ftattge^abten  Seüo= 
lutton,  fonbem  einer  toeiter  jurütfliegenben  ßnttoicfelung  ift,  betoeift  aud&  ber  «ßuftonk  *** 
%^ctt  um  200.  ©ie  geigen  eine  SWannigfaltigfeit,  toelc^e  nur  beim  2Rangef  jeber  bie 
©efamtfird^e  umfaffenben  Äontrotte  fid^  bilben  fonnte.  ftumal  feitbem  3Karcion  feiner 
©emeinbe  ein  feftumgremte«  31%  mit   einem   bi«   auf«  Sota  feftgeftetlten  lejt  gegeben 

46  tyatte,  fonnte  in  ber  Äirdje  nid^t  mel>r  ein  31%  gefcfyaffen  ober  rebigiert  toerben,  toelc^e« 
nic^t  nur  in  Se^ug  auf  bie  bagu  gehörigen  33üdf>er  fließenbe  ©renken  jeigt,  fonbern  au<$ 
in  33ejug  auf  toid^tigfte  ©tücfe  be«  lejte«,  toie  ba«  Sfyoftelbefret  unb  ben  2Rarcu«fd^luß, 
ben  einzelnen  Äirc^en  bie  SBa^l  ober  trielmefyr  i^re  befonbere  ©etoo^n^eit  freigab. 

111.  Da«  31%  um  140  —  170.    Valentin  fyatte  feine  ©d^ule  gegrünbet,  toeld&e  in 

60  uerfd^iebene  öon  einanber  abtociebenbe  $tot\a,t  gehalten  unb  fcon  ber  SR^one  bi«  uxm 
ligri«  berbreitet,  eine  reiche  litterartfc^e  i^ätigfeit  entfaltete,  o^ne  fo  entfe^ieben  toie  8a* 
ftlibe«  u.  a.  fidj  Don  ber  Äir^e  getrennt  ju  galten.  3Karcion  grünbete  ju  3lom,  nac^* 
bem  er  fic^  toal)rfd>einlicf)  im  ga^rc  147  toon  ber  fat^olifd^en  Äir^e  lo«gefagt  batte,  feine 
eigene  Äirdfje.    9Jebcn  bem  Äampfe  gegen  biefe  Stiftungen  toaren  bie  litterariföen  Ser= 

66  tretcr  ber  ftircfyc  ^auptfäc^lic^  mit  SJerteibigung  be«  Gtyriftcntum«  öor  ben  ^eibnifd^en 
Cbrtgfeiten  unb  Scfcölferungen  befc^äftigt,  unb  gerabe  biefe  apologetifcfye  2itteratur,  toelc^e 
toenig  ©elegenheit  bot,  über  bie  ^1.  ©djriften  bcr  G^riften  gu  ^anbeln,  ift  un«  in  bielen 
©tücfen  erhalten,  toä^renb  bie  gleid^eitigen  ©treitfe^riften  gegen  bie  §äretifer  bi«  auf 
toenige  Svu^ftürfe  unb  2itel  ju  ©runbc  gegangen  finb.  Die«  erfdjtoert  bie  Unterfud^ung, 

60  ofync  fie  bod^  unmöglich  ju  machen. 


Satton  beS  9tZ$  781 

1.  SHarcionS  S3 tbcl  (@Ä  1,585—716;  11,409—529,  too  aud&  bie  ältere  Sitte* 
ratur  berjeid^net  ift).  Über  biefe  fmb  toir  fyaitytfäcfylicfy  bur#  XertuBian,  toelctyer  ben 
ftefcer  burd&  fein  eigenes  912:  befänden  toottte  unb  $u  biefem  Stoecf  baSfelbe  bon  Slnfang 
bis  jum  Scfylufe  bürdet  (c.  Marc.  IV—  V),  bemnäcfyft  bur#  ßjeerpte  auS  bemfelben  bei 
Epiph.  haer.  42,  aber  auefy  burefy  biele  jerftreute  9lac$ric$ten  bei  ©rieben  unb  Syrern  6 
bis  ins  5.  ^afyrfyunbert  hinein  fo  gut  unterrichtet,  bafc  bie  SBerfucfye,  eS  $u  refonftruieren, 
nid&t  bergebltcfy  geblieben  fmb.  SWarcion  fyatte  neben  feinem  91%  eine  jur  ^Rechtfertigung 
feines  bogmatifetyen  StantyrnnfteS  unb  feiner  fritifcfyen  StuSgabe  beS  9EES  beftimmte  Schrift 
„bie  aintit^efen"  ausgeben  laffen,  toelcfye  baS  fombolifäe  33ucfc  feiner  Äir^e  tourbe  unb 
bon  $ertuDtan,  (S^raim  u.  a.  ftubiert  toorben  ift.  3ni)em  SW^cion  bie  im  211  beur- 10 
lunbete  Offenbarung  bertoarf,  lieft  er  feine  ganjje  S3ibel  nur  aus  jtoei  Supern  beftefyen, 
einem  svayyüiov  unb  einem  dnoaiofaxöv,  beibe  ofyne  ben  tarnen  eines  SBerfafferS  im 
litel.  9)a  tym  *ßauluS  als  ber  eimige  $rebiger  beS  unberfälfcfyten  @b.S  unter  ben 
Skopein  galt,umfaf$te  baS  Slpoftolifum  nur  10  93riefe  beS  SßauluS  in  folgenber  Drb* 
nung:  ©a,  1.  2  Jto,  SRö,  1.  2  %\),  fiaobic.  (=  @1>W,  Äol,  *{tyil,  Wlem..  2)afe  biefe  15 
Sammlung  eine  toon  iljm  in  ber  Äird&e  borgefunbene,  anberS  geftaltete  Sammlung  ber  $auluS= 
briefe  borauSfefct,  liegt  auf  ber  §anb.  fturcfy  e^egetifd^e  SetoeiSfütyrung  fyat  er  ju  geigen 
aefuefct,  bafe  ber  S3rief,  ben  bie  Äircfye  unter  bem  $itel  ngog  'Etpeoiovg  fortpflanzte,  ber 
ßol  4,  16  ertoäfynte  Srief  fei  unb  barum  bietmefyr  ngog  Aaodixelg  ju  überjdjretben  fei 

S^ert.  c.  Marc.  V,  17  cf.  V,  11).  2)ie  in  ber  Äird&e  nid&t  übliche  SSoranfteDung  beS20 
a  fyatte  er  bamit  gerechtfertigt,  baft  ^ßauluS  in  biefem  Örief  toie  in  feinem  anbern  feinen 
Sianbpunft  gegenüber  bem  ^ubaiSmuS  flargcftellt  tyabe  (c.Marc.  V,  2  cf.  IV,  3).  @r  £ai 
na<$  einer  3lnbeutung  IcrtuIIianS  (V,  21)  bie  SSriefe  an  %\  unb  %xt  als  ^ribatbriefe 
abgelehnt,  toäfyrenb  er  ben  an  ^ilemon,  aber  äugleidj  an  beffen  $auSgemeinbe  gerichteten 
Srief  aufnahm,  unb  $toar  biejen  allein  unberlürjt.  ade  übrigen  fyat  er  burc§  bebeutenbe  25 
Streichungen,  Heine  Iqrtänberungen  unb  fitfyne  Umgeftaltungen  grünblic^  umgearbeitet. 
SorauSfefeung  toar,  ba|  bie  gälfcfyung  ber  ebangeliföen  Setyre,  beren  fd&on  bie  Urapoftel 
ftety  föuloig  gemalt  fyabtn,  bon  ihnen  unb  tyren  Nachfolgern  in  ber  Sirene  (Tert. 
V,  19  pseudapostoli  nostri  et  judaici  evangelizatores)  aud&  auf  bie  S3riefe  beS 
SßauluS  ausgebest  toorben  fei.  Söeber  auf  gefcfyictytlicfye  Überlieferungen,  nod)  auf  alte  ao 
Urhmben,  bie  baS  Ursprüngliche  betoafyrt  Ratten,  fyat  Wareton  ft$  berufen,  fonbern  fyat 
lebiglid?  auf  ©runb  feiner  änfe^auung  bom  toa^ren  ß^riftentum  unb  bom  @b.  beS  $auluS 
ben  fird^lic^en  %qct  ber  ©riefe  fritifiert  unb  mit  bibinatorifcfyer  Äritif  ben  feinigen  &er* 
gefteQt.  So  auä)  in  Se^ug  auf  baS  @t>angelium.  @r  baute  fein  @b.  auf  bie  itritit 
ber  in  ber  flirre  gebrauchten  @bb.  Ad  destruendum  statum  eorum  evangeliorum,  35 
quae  propria  et  sub  apostolornm  nomine  eduntur  vel  etiam  apostolicorum 
^ot  er  nac$  Tert.  IV,  3,  geftü^t  auf  ©a  2,1—14,  bie  Urapoftel  ker  Übertretung  unb 
§euc$elei  bis  jur  depravatio  evangelii  berbäc^tig  erflärt  unb  ber  interpolatio  scrip- 
turae  bef^ulbigt  (Tert.  V,  3),  toenn  er  au^  ein  getoiffeS  3)unlel  barüber  toalten  liefe, 
toaS  bie  im  S^baiSmuS  befangenen  2$erfaffer  ber  6bb.  unb  toaS  bie  fbäteren  ^filf^er  40 
fcerföulbet  ^aben  (®Ä  I,  591  f.  651—66).  2>aj$  er  baS  @b.  beS  fiufaS,  toelc^eS  er 
feinem  neuen  6b.  $u  ©runbe  legte,  als  ein  5Berf  beS  ^auluSfd^ülerS  SutaS  fannte,  be- 
lunbet  er  fcfyon  baburd^,  bafe  er  Mol  4, 14  biefen  judaicus  evangelizator  (bei  ^EertuUian 
=  evangelista)  beS  efyrenben  ^BräbifatS  „ber  liebe  Slrjt"  beraubt  ^at.  ©egen  S^rüd^e, 
toelc^e  bem3Kt  eigentümlich  finb,  toieüKt  1,23;  5,  17;  19,  12,  fyat  2Karcion  auSbrücflid^  45 
polemifiert  (©RI,  663—671).  @S  ift  auc^  faum  ^u  bereif  ein,  bafe  er  einzelne  Heinere 
Stürfe  auS  5Kt  unb  %o  in  fcfyr  gefc^iefter  SluStoa^if  feinem  @b.  einberleibt  §at,  fo  3Kt 
20,23  (ober  3Kc  10,  40);  30  13,3—17.  34;  15,  19  (@ft  I,  671—680).  Sor  attem 
aber  bezeugt  fein  ßb.,  fotoeit  toir  feinen  Wortlaut  toieber^erfteHen  tonnen,  bajj  i^m  ein 
%t&  beS  &  bortag,  toelcfyer  infolge  langjähriger  SBerbinbung  mit  ben  6bb.  beS  3Rt  unb  50 
9Kc  mit  ben  legten  biefer  bielfac^  gemif^t  h>ar.  dagegen  ift  bis  ^eute  feine  Spur  bom 
Sinflufj  eines  aufjerfanomfcfyen  6d.  bei  SRarcion  nac^getoiefen  toorben.  §ierauS  folgt,  bafe 
baS  @b.  ber  römifc^en  ©emeinbe,  bon  toelc^er  9Rarcion iftd^  trennte,  um  140  ebenfo  toie 
um  200  auS  unferen  1  6bb.  beftanb.  2ludjj  Sie  bon  3Jcarcion  borgefunbene  Sammlung 
ber  ^JauluSbriefe  unterfc^ieb  [\6)  in  nichts  bon  berjenigen  im  C.  Mur.  3Bir  ^ören  nid^t  55 
einmal  bon  ^olernil  5DJarcionS  gegen  Sä$e  unb  fie^ren  beS  £br.  ®afe  er  Sriefe  ber 
SPfeubapoftel  ^etruS  unb  So^anneS  ober  beS  burc$  ©a  2,  9.  12  in  fo  fc^limmeS  fiie^t 
gefteßten  JjolobuS,  n>enn  er  fie  in  firdjlid&em  ©ebrauc^  fanb,  ebenfotoenig  toie  bie  Schriften 
beS  Sw^^Ö^ttS  in  feiner  ©emeinbe  bulben  lonnte,  liegt  auf  ber  §anb.  Die  3fyl  unb 
bie  21©  fepeint  er  auSbrücfticty  bertoorfen   ju   ^aben  (Tert.  c.  Marc.  III,  14;  IV,  5;eo 


782  Stauen  fce*  9tZ* 

V,  1.  2;  praescr.  22;  Pseudotert.  haer.  16,  f.  audfr  oben  6.776,4).  $m  3Serglei<$ 
$u  bem  ttrc^lictyen  9fö  nictyt  nur  (einer  3«t,  fonbern  aud)  ber  jtoet  folgenben  ga^untet* 
mit  feinen  berfd&toommenen  ©renken  unb  feinem  toilb  toad&fenben  £qrt  ift  baäjenige  9Rar= 
cion«  ein  fauber  abgegrenjte«,  in«  Äleinfte  berechnetet  ftunfttoerf,  aber  auä)  ba«  233er!  eme« 

5  befpotifd^en  ©efefcgeber«,  ber  in  feiner  Umgeftaltung  bon  Sc  16,  17  im  §tnWicf  auf  ba« 
bon  tym  neugejcpaffene  6bangeltenbud&  3>efu  ba«  ftnnlofe  SBort  in  ben  iRuttb  legte,  bon 
feinen  SB  orten  fo&e  „lein  §äfd&en"  batytnf allen. 

2.  $ie  Sibel  bei  ben  Salentinianern  (@Ä  II,  718—763.  784—788;   II, 
848—855.  953-964).    33a«  SRarcion  „mit  SRejfer  unb  ©c^toamm"   be«  ÄritifetS  in« 

io33erf  fefcte,  glaubte  SSalenttn  unb  feine  ©<$ule  burd&  Auflegung  ju  erreichen.  9Bie  fte 
felbft  niqt  freitt>UIig  au«  ber  Ätrctye  au«fc$ieben,  fonbern  ftcfc  nur  bon  ben  communes  eccle- 
siastici  untergeben,  fo  Ratten  fte  aucty  ntctyt«  gegen  bie  übliche  Sefung  Don  „^rop^eten 
unb  popeln"  eimutoenben.  ©ie  beburften  feiner  eigenen  Stbel,  fonbern  berftanben  e«, 
in  bie  Stbel  ber  Sirene  tyre  ©onbergebanfen  einzutragen  unb,  toa«  ifynen  nic^t  baran  $u* 

15  fagte,  fid^  aured&tjutegen.  3)ie  (Stob,  ber  Äirc^e  tyaben  fte  ausgiebig  benufct,  befonber«  bas 
vierte,  (Iren.  III,  11,  7).  Dfyne  3Jorau«fefcung  be«  jo^.  Prolog«  ift  ber  fünftlt^e  äufbau 
ber  SKonenreifye  Valentin«  nietyt  ju  begreifen.  $erafleon  f)at  ba«  ganje  Sb.  fommentiert 
3>n  ben  Fragmenten  ber  begebenen  3toe'0e  ber©c$ule  finben  toir  bon  ben  Sriefen  be« 
$autu«  mit  Vorliebe  <g$,  M  unb  1  5b,  aber  au$  9tö,  2  Äo,  <ßtyil,  ©a,   toelcfcn  ber 

20  SBalentinianer  SUejanber  kommentiert  tyat,  gebraust.  3ln  bem  Sntyalt  ber  ®bb.  übten  fte 
bielfac^  Äritif  unb  beriefen  ftd&  für  tl;re  barüber  fyinau«greifenbe  @rfenntni«  auf  bie  @e= 
tyeimtrabition.  @ben  biefe  toerben  fte  in  bem  evangelium  veritatis  niebergelegt  fyaben, 
beffen  Slbfajfung  unb  ©ebrauety  neben  ben  4  @bb.  Igrenäu«  tynen  fcfyulb  giebt  (III,  11,9; 
Pseudotert.  haer.  12  cf.  Orig.  c.  Cels.  II,  27),  unb  e«  ift  möglich,   bafe  alle«,   ober 

26  bod&  ba«  SKeifte,  toa«  bon  üpohtyptyn  eb.  2xabitionen  bei  tynen  borfommt,  in  biefem 
5.  6b.  Sßlafc  gefunben  fyat  §ier  ift  auety  ba«  Sßeiru«eb.  ju  ertoätynen.  9tad&  ©erapion 
(oben  ©.  774,  r,i)  ift  bie«  nidpt  bon  ben  35ofeten,  bon  benen  er  ein  @r.em}>lar  bleiben 
borgte,  fonbern  bon  SSorgängern  biefer  ©efte  berfafct  unb  eingeführt  Sorben.  Äl« 
(Stifter   ber  Stofetenfefte   galt    aber  ßafftanu«,    ein    ehemaliger  SSalenthuaner    (Giemen« 

so  ström.  III,  91).  35arnacf>  toäre  ba«  $etru«ebangelium  in  bem  Orientalen  3*^ 
ber  balentinianifc^en  ©c^ule,  beffen  §auj)tft^  3tntio^ien  toar,  entftanben,  h)ie  ba^  evan- 
gelium veritatis  bei  ben  SMentinianern  be^  DcctbentS,  beibe  frü^ftenö  um  150.  s3ia^ 
ber  erften  Slufrcgung  über  bie  ©ntbedtung  eine^  beträchtlichen  Sruc^teite  be£  $etru^ 
cbangeliumd  ift  jiemltd)  allgemein  anerlannt  toorben,  bag  e^  ganj  unb  gar  auf  ben  ta- 
rn nonijc^en  6bb.  beruht  (bgl.  b.  ©Hubert,  Äompofttion  be^  pfeubopetrinifc&en  ©üangelien- 
fragment«  1893;  3a^n,  ®a$  ^etruöeb.  1893).  ©c^on  ber  Sitel  xaxä  flhgov,  toelc^en 
c^  nad)  ©erapton  (Eus.  VI,  12)  unb  Drigene«  (tom.  X,  17  in  Matth.)  trug,  ift  Waty 
bilbung  jener  firctylicfyen  SKebetoetfe,  toelc^e  eine  au$  mehreren,  bon  berfd^iebenen  SSerfaffem 
fyerrüfyrenben  6bb.  befte^enbe  ©ammtung  borau^fe^t  (oben©.  774,3 j).    einem  3toe^ö  ^ 

40  balenttniamfctyen  ©d^ule  tnRleinaften  gehört,  toie  toir  noc^  nid^t  feit  langem  toiffen  (9W3 
1899  ©.  211  ff.),  a\\$  Seuciu«,  ber  SSerf.  ber  3otyanne&  unb  $etru«aften,  an.  Die 
Styoftel  biefer  Segenben  taften  ba^  6bangelienbu$,  toelc^e^  im  ©emeinbegotte^bienjt  ge= 
lefen  hjtrb,  nid^t  an;  fte  befennen  fid^  felbft  nac^  1  3o  1,  1—4  als  an  feiner  älbfaffung 
beteiligt.    35a  fie  aber  nac^  ^o  21,  25  in  biefem  ®t>.  nur  fobiel  ^aben  fc^reiben  fönnen, 

46  afe  bie  5Waffc  ju  begreifen  im  ftanbc  toar,  fo  ge^en  fie  in  i^rer  münbltc^en  ^Srebigt  bor 
ben  ©ereifteren  barüber  fytnauS  nic^t  nur  mit  Deutungen  be^  bereit«  ©efd^riebenen,  fom 
bern  aud^  mit  reic^lid^en  Mitteilungen  au«  tyrer  unerfc^öpflic^en  Erinnerung  an  3efu 
X^aten  unb  ©orte,  f.  befonberä  Acta  ap.  apoer.  ed.  Lipsius  et  Bonnet  I,  66 f.; 
II,  1,  194;     Isid.    Peius,   epist.  II,  99;     ©K  II,   848—853;    gorfö.  VI,  195 f., 

w  über  bie  ©ntfte^ung  be$  4.  @b.  nac^  Seuciu«  ^orfc^.  VI,  201  f.  35aburd&  gewinnt  ber 
Dichter  freien  ©Kielraum  ju  eigener  ©rfmbung,  o^ne  fo  toie  bie  SScrf.  be«  ev.  veritatis 
unb  beS  evayy.  x.  Tlhgov  förmlich  als  ßbangelift  aufjutreten.  3n  ^et  einen  ober 
anberen  ^orm  ^>aben  biefe  Seutc  um  140—170  an  bie  4  6bb.  ber  Äirc^e  anfmtyfenb 
toeiter  gebietet.    ©ebraud(i  eine«  anberen  nac$©toff  unbgorm  mit  ben  4  6bb.  bergleic^ 

66  baren  Su$S,  n>eld^e«  bann  älter  al«  itolentmu«  fein  müftef  lä^t  ftc^  in  biefer  gefamten 
fiitteratur  nic^t  entbedten.  SBenn  e«  toa^rfc^einlic^  ift,  bafj  ber  95erf.  be«  ?Petru«eb.  bie 
bem  3iuftin  befannten  ^ilatu«aftcn,  unb  bajj  bie  3Karfofter  unb  Seuciu«  ein  fogen.  Äinb^ 
l^ctt«eDangelium,  toie  ba«  be*i  J^oma«  (Iren.  I,  20,  1;  GMt  I,  745 f.;  II,  854)  benufci 
^aben,  fo  finb  bie«  eben  feine  @M.,  feine  Sudler,  ioelc^e  jemal«  im  ©ottcöbtcnft  mit  ben 

go  1  Gbb.  Ratten  fonfuricren  fönnen  ober  aud^  nur  tooUen.  —  Seuciu«  fyat  ftc§  in  ber  Sin- 


Station  beS  9t2£  783 

läge  ber  „SBanbcrungen  beS  3°^"  an  Mc  5°'9C  ^  7  ©emeinben  in  3lpf  1,  11  ange= 
föloffen  (?jro*W-  VI,  197  ff.).  2)er  gleichfalls  auS  Valentins  ©ctyute  hervorgegangene 
SRarfuS,  tote  anbere  SSalentinianer  beS  DftenS  fyaben  manches  auS  ber  2lpf  geköpft.  2tud& 
bon  ber  21®,  bem  1.  unb  2.$t,  bem  §br  finben  fu§  beutlic^e  ©puren  (@Ä  1,754—773. 
787;  II,  853—855).  Rur$,  baS  91%,  toelc^eS  bie  bebeutenbfte  gnoftiföe  ©d&ute  um  6 
140—170  in  allen  tyren  Serjtoeigungen  unb  titterarifetyen  Erjeugniffen  als  ©emeinbefifc 
ber  Sirene  erfennen  läfet,  ift  ibenttfd^  mit  bem  9fö  um  200 ;  nur  bafj  biefe  „©eiftmenjcfyen" 
mit  bem  für  bie  9Kenge  beftimmten  getriebenen  2öort  ber  Slpoftel  auStegenb,  fritifterenb, 
eintragenb  freier  umgingen  als  bie  Äirctyenlefyrer,  unb  bafe  fte  unter  bem  ©cfyilb  ber  @e= 
^eimtrabition  teils  eigene  Erftnbungen,  teils  ältere  Überlieferungen  unb  SMcfytungen,  toeld&e  io 
metyt  „in  ber  Äirctye  ©otteS  getrieben  gefunben  toerben"  (SSalentinuS  in  ber  §omilie 
tuqI  (piXcov  bei  ElemenS  ström.  VI,  52)  als  ebenbürtige  3eu9niffe  *><*  SBafyrfyeit  gel* 
tenb  matten. 

3.  $ie  ©Triften  ber  äpoftel  bei  SuftinuS  (@Ä  I,  457—459.  463—585; 
Souffet,  3)ie  Ebangeliencitatc  3;uftinS  *n  ^rem  ^B^  ftr  Me  Ebangelienfritil,  1891  ;  15 
»albus,  2)aS  Herfc.  ^uftinS  gu  ben  fonopt.  @t>t>.  1895;  über  bie  äbfaffungSjeit  ber 
£auptfd?riften  balb  nad&  150,  gorfö.  Vi,  8—14.  364).  3n  feiner  furjen  Sefareibung 
beS  fonntägltcfyen  ©otteSbienfteS,  tote  ifyn  bie  Efyriften  überall  in  ©tabt  unb  Sanb  feiern, 
nennt  Suftin  als  erfteS  (apol.  I,  67):  rd  (biojuvrjjuovei'juaTa  tcöv  d7ioar6Xa>v  f)  rä 
ovyyQdfifiara  td>v  nQoqrrjTcöv  dvayivwoxezai.  ©cfyon  1, 66  toar  ju  lefen :  01  äjioaro-  20 
loi  iv  Toig  yevojuh'oig  im  avrcbv  äjiofxvriixovevfiaaiVt  ö  xaksTrai  evayyifoa.  2ty 
tereS  ift  ber  in  ber  Ährctye  übliche  sJtame  jener  s3Jte^eit  Don  ©Triften,  toelctyc  ber  !gube 
Irtypljo  (dial.  10  iv  t(Ö  fayo/uevo)  evayyeXUo)  unb  ^uftin  felbft  (dial.  100)  avuf) 
fingularifety  als  „baS  Eb."  bejeicfynen.  3Bie  in  Sejug  auf  anbere,  ben  Triften  eigentüm* 
licfye  ©egenftänbe  unb  Segrtffc  tyat  ^uftin  ben  in  ber  Äirc&e  üblichen  SRamen  im  Snterejfe  25 
feiner  ni$t$riftlic$en  Sefer  regelmäßig  burety  einen  biefen  geläufigen  äuSbrucf  erfefct. 
yAnojLivf]juov£v/naiaf  nic^t  „3)enftoürbigfeitcn",  fonbern  „Erinnerungen,  Aufzeichnungen 
auS  ber  Erinnerung",  bezeichnete  eine  Viel  gepflegte  ©attung  ber  Sttteratur,  beren  ältefteS 
unb  berütjmtefteS  Seifpiel  XcnoptyonS  ÜRemorabilien  toaren.  9Wan  nannte  fotcfye  in  ber 
SReael  nad>  ben  SSerfaffern,  feiten  naefy  ber  ^erfon,  beren  Söorte  ober  §anblungen  ein  so 
©tpriftfteHcr  auS  feiner  Erinnerung  aufgezeichnet  fyatte  (Epist.  Socrat.  18  bei  §ercfyer 
p.  623;  Diog.  Laert.  VII,  1,  4;  ©Ä  I,  475).  ^uftin  aber  brücft  bie  Sc^ung  ber 
SKpomnemoneumata  auf  EfyriftuS  beutlicfyer  auS  apol.  I,  33  ol  (biouvrjjnovrvaavTF^  ndvxa 
rd  TiEQi  rov  ofjorfjgog  fjfjubv  L  Xg.  95ie  »e^eid^nung  ber  6t)ö.  ift  jebocfy  ebenfo  ungenau 
toie  bie  Slngabe  über  bie  gotteSbienftlid^en  fiefebücfyer  ber  G^riften  überhaupt.  SBie  unter  35 
ben  „©d&riften  ber  $ropfyeten"  baS  ganje  2li  gemeint  ift,  fo  finb  burc^  bie  Nennung 
nur  ber  änoftv.  t.  an.  nic^t  anbere  c^riftlic^e  ©Triften  auSgefd^lojfen.  aber  auc^  als 
5Rame  ber  @M>.  ift  ber  SluSbruc!  ungenau,  ba  ^ufan  einmal  auSbrüdlic^  behauptet,  ba^ 
bie  äpomn.  „tion  ben  2lpofteln  unb  ben  ©c^ülern  berfelben  öerfafet  feien"  (dial.  103). 
Über  bie  $tage,  toelc^e  Ebb.  barunter  ju  öerfte^en  feien,  totirbe  längft  allgemeine  Über=  40 
einftimmung  befielen,  toenn  man  ftc^  gegentoärtig  gehalten  ^ätte,  bafe  eS  ftd?  ntd?t  um 
irgenb  toeld^e,  nad^  bem  Urteil  eines  einzelnen  glaubtoürbige  Serid^te  über  3^fuS  ^anbelt, 
fonbern  um  biejenigen,  toclc^e  um  150  überall  in  ber  Efyriftenbeit,  in  GpfyefuS,  too  $\x\tin 
befe^rt  tourbe,  toie  in  9Jom,  too  er  jcfyrieb,  im  ©otteSbienft  gelefen  tourben  unb  als  ©Triften 
Don  Stpofteln  unb  Slpoftelfcfyülern  galten,  in  toelc^en  aüe  E^riften  bie  Stimme  ©otteS45 
bernetymen,  ber  fte  unbebingten  ©lauben  fetyenfen  (dial.  119;  apol.  I,  33).  ©elbft  ber 
3ube  fpric^t  t>on  „bem  fogen.  Eb."  (dial.  10)  als  einer  ganj  beftimmten  ©röfee,  unb 
3uftin  jtoetfelt  feinen  2lugenblidt,  ba^  er  bamtt  biefelben  Sucher  be^eic^ne,  toel^e  er  felbft 
mit  ber  gejamten  E^riftenj^cit  „baS  6b."  ober  „bie  Ebb."  ju  nennen  pflegt.  ES  fönnen 
leine  anberen  fein,  als  bie,  toelc^e  ÜKarcion  fritiftert  unb  toelc^e  bie  Salentinianer  fo  go 
retd^lic^  gebraust,  fommentiert  unb  ergänzt  ^>aben.  3"ftin  unterfd&eibet  nur  einmal  Slpoftel 
unb  Slpoftclfcfyüler  unter  ben  Ebangeliftcn ;  cS  fann  aber  boety  nid^t  3ufaÖ  fe*n/  ^>afe  «  & 
eben  ba  tfyut,  too  er  eine  niebt  in  einem  ber  nacb  2lpofteln  genannten  Ebb.,  fonbern  nur 
Sc  22,  44  &u  ftnbenbe  Xfatjac^c  anführt  (dial.  103).  Er  tiat  alfo  mit  betoufeter  JRücf* 
fic^t  barauf,  bap  er  ^ier  ben  Script  nic^t  eines  SlpoftclS,  fonbern  beS  Slpoftelfc^ülerS  SufaS  65 
citterc,  gegen  feine  jonftige  ©etoo^n^jeit  bieSlpomn.  fo  genau  bexeic^net;  auS  bem  gleichen 
©runbe  benneibet  er  aueb  anbertoärtS,  too  er  enttoeber  auS  £c  allein  (dial.  105  n.  13) 
ober  unter  ftarfer  Scnufcung  beS  Sc  citiert  (apol.  I,  33),  ben  getoöfynlid^en  äuSbrucf, 
toeld^er  bie  Slpomn.  obne  Untcrföieb  als  2öerfe  bon  äpofteln  erföeinen  liefe.  3Son  %t}aU 
fachen,  toclctyc  toir  nur  buxd)  9Kc  3,  16  f.  fennen,  fagt  er  dial.  106,  bafj  fte  „in  feinen  «o 


784  Station  be*  %£0 

(b.  ty.  nai)  bem  .ftufammen&ang,  *Petri,  unb  ntd^t  ettoa  G&rifti)  2fyomn.  gefctyrieben  feien". 
Der  Einfall,  bafe  Damit  ba«  $etru«eb.  gemeint  fei,  unb  formt  btefe«  bamal«  ju  ben  gotte«* 
bienftlid&en  Sefebüctyern  ber  fatyolifd?en  ß^riften^eit  gehört  babe,  ift  föon  auö  ctyronologi* 
fc&en  ©rünben  unannehmbar  (oben  ©.  782,32)  unb  tourbe  auety  bann  ntd&t  glaublich  fein, 

5  toenn  im  betrüget),  btefe  toie  anbere  ©teilen  au«  3Hc  aufnähme  gefunben  ^tte,  toobon 
toir  nid^tö  toiffen.  3ufü«  »«wt  btelmebr  ba«  3Jlcct>.  „Erinnerungen  be«  Sßetru*"  na$ 
ber  alten  Überlieferung  über  ben  3ufammenfyang  bleiben  mit  Erklungen  be«  $etru« 
Oßapia«,  3^^äu«,  Giemen«,  SertuHian  c.  Marc.  IV,  2  Marcus  quod  edidit,  Petri 
affirmatur;    Hieron.  v.  ill.  1  Petri  esse  dicitur).    D^ne  bie  S&ftd&t,  ben  Xttel  be« 

10  93ud&«  ju  änbern,  lag  e«  einem  ^uftin  tyter  barum  naty,  e«  fo  ju  nennen,  toeil  eS  fty 
um  ein  Erlebnt«  be«  Sßetru«  tyanbelte,  2Rc  aber  in  ber  Xi)at  ttid^t  eigene  Erinnerungen, 
fonbern  bie  feine«  Setyrer«  aufgejeid&net  tyat.  ®ani  ätynltd^  no$  Eufebtu«  dem.  ev.  III, 
5,  89—95.  S«  ift  ^ter  ni$t  ber  Drt,  ben  93etoei«  für  bie  Vertrautheit  ^uftm*  mit 
unjeren  Ebb.  ju  führen.    33a«  bie  SKeinung   erzeugt   fyai,  bafc  feine  3fyomn.  enttoeber 

16  tetltoeife  ober  böHig  bon  ben  4  Ebb.  ber  ftird^e  berfc|teben  feien,  ift  erften«  bie  gretyeit 
unb  SRacbläjfigfett  feiner  Eitate,  unb  Reiten«  bie  beträchtliche  Sfojatyl  bon  Einführungen 
ebangcltfd&er  Xbatfatyn  unb  3tu«forüc$e,  belebe  in  ben  lanoniföen  Ebb.  ntd&t  nac^jutoetfen 
ftnb.  3n  öfterer  $inftd&t  ift  ju  erinnern,  bafe  bie«  nur  barum  bei  Iguftin  metyr  al*  g.  8. 
bei  Element  auffällt,  tt>eil  man  feine  Sitate  genauer  ju  unterfud&en   beranlafct  toar,  al* 

20  biejenigen  be«  ßlemen« ;  ferner  bafc  un$  btele«  al«  ctyotfypf)  erfäeint,  toa*  im  2.  3^. 
nad&toei*Ii<fy  in  ben  fanoniföen  Ebb.  ju  lefen  toar.  !gn  93*JUÖ  <wf  bie  totrtlid&  apo- 
fa^en  Elemente  aber  ift  gu  bemerfen,  bafc  Sufttn  deinen  einzigen  einigermaßen  felbjfc 
ftänbigen,  neben  ber  fanoniföen  Überlieferung  ftetyenben  3«0  *>urd&  We  $m  gelaufigen 
gormein  yeyqamai  mit  unb  ofyne  binAutretenbe«  £v  t.  (mofiv.,  iygaxpav  61  djiöotoioi 

25  u.  bgl.  auf  bie  Sfyomn.  aurüctgefttyrt  bat.  SSon  ber  geuererfd^etnung  bei  ber  Xaufe  gefu 
\)at  er  e«  gerabe&u  ängftftcb  bermteben,  bie«  ebenfo  tote  bie  fanonifetyen  Elemente  ber®a^ 
ftellung  al«  einen  93erid&t  ber  9l^oftel  au«gugeben  (dial.  88).  Eine  Epifobe  ber^Soffion^ 
gefc^id^te  (apol.  I,  35),  toorin  er  ft$  naty  mit  bem  5ßetru«eto.  (c.  3,  6  f.)  berührt,  toirb 
um  fo  fixerer  auf  eine  gemeinfame  Duelle  ber  ettoa  gleichzeitigen  ©d^riftfteDer   jurüefju= 

so  führen  fein,  al«  einerfeit«  Suftin  fic^  unmittelbar  barnad^  auf  bie  Acta  Pilati  beruft, 
anbererfeit«  aber  ba«  5ßetru«eö.  feine  lenbenj,  ben  ^Jilatu«  fo  föulblo«  tote  möglich  bar* 
aufteilen,  toafyrföemlicfy  einer  eigen«  biefem  3h>ecf  getoibmeten  95ic^tung  entlehnt  bat.  äufeer= 
bem  ift  fo  gut  tote  ft$er,  bajj  guftin  ba«  ^}etru«et).  be«  ^afobu«  unb  ba«  Äinb^eit«et). 
be«  2^oma«  gelefen  bat.    3lnbere«  mag  er  toie  noc^   biel  frätere  Äirc^enle^rer   aui  ber 

36  nod^>  ntd&t  böllig  berfiegten  münbltc^en  Überliefung  ober  axx^  Supern,  toeld^e  toie  ba«  be« 
^aflpia«  allerlei  au^  berfelben  gefammelt  bitten,  geköpft  baben.  35ie  in  ben  ©ptte«bienften 
ber  ganzen  ß^riftenbeit  gelefenen  Slpomn.  toaren  bie  4  Sm>.  —  911«  ein  2Berf  be«  äpojiel« 
^o^anne«  unb  ein  ec^te«  Ergeugni«  d^riftlic^er  $ropb*tie  fannte  ^uftin  bie  31})!  (dial.  81). 
SDafe  fie  in  ben  Äreifen,  in  toel^en  ftc  fo  angeben  tourbe,  au$  je  unb   barni,  toie  jte 

40  fclbft  c«  forberte,  bor  berfammclter  ©emeinbe  gelefen  tourbe,  ift  felbftoerftänblid^.  Über 
anbere  a^oftoltjc^e  ©Triften  ^atte  ^uftin  al«  Slpologet  feinen  2lnlafe  ftd^  äbnlid^  ju  äu|ent 
2öir  finben  aber,  ba^  feine  religiöfen  Slnfc^auungen  unb  2lu«bru(i«toeifen  burefc  flet|ige 
Sefung  folgenber  ©giften  bebingt  ftnb:  9tö,  1  Ko,  ©a,  dpi}  (WO,  «ol,  2  2$ejf  (lit 
1  2t?),  §br,   1  $t   (3a?),  21©  unb  —   bie  £ebre  ber   12  Styoftel.    ®er   fircblic^e 

45  Einfluß  be«  Umgenannten  Suc^«  um  biefe  Rtit  toirb  auc^  baburc^  beftätigt,  bafc  bie 
fpäter  toeit  Verbreitete  Interpolation  be«  S^oftelbeftet«  31©  15,  29  au«  3)ibac^e  1,  2 
tpa^rfc^etnlid^  fc^on  bem  Slpologcten  2lriftibe«  um  145  Vorlag,  bgl.  3a^n>  Sinl.  IP, 
346.  355... 

IV.  Slltefte   ©puren  unb  Entftetyung   bon  Sammlungen  apoftolifc^er 

w  ©Triften  (®Ä  I,  797—968).  3lu«  ben  unter  III  jufammengeftellten  3^atfad^en,  ju 
toelc^en  eine  üotlftänbige  Unterfucbung  ber  für  bie  gleiche  ^eriobe  jeugenben  Sitteratur 
noc^  manche  Seftättgung  bingujufügen  bat,  ergtebt  ft#,  bafe  fc^on  geraume  3«t  bor  140  im 
gamen  Umlrei«  ber  fatJ^oliföen  Äirc^e  bie  ©ammlung  ber  4  Ebb.  unb  biejenige  ber  13  Sßaulu* 
briefe  mbm  ben  ©Triften  be«  213;«  gelefen  tourben,  unb  bafe  noc^  mehrere  anbere  ©Triften, 

65  tote  2lpf,  21®,  in  einigen  Seilen  ber  .Hircfye  toobl  auc^  §br,  1  ^Jt,  3a  wü>  33riefe  be« 
3>o  unb  bielleid^t  fogar  bie  2tyo[tcllefyrc  ber  gleiten  Ebre  getoürbigt  tourben.  —  1.  5)ie 
©ammlung  ber  $aulu«bricfe  läfet  ftd^  an  ber  £anb  be«  1.  6lemen«brief«  (a.  97) 
unb  ber  ©riefe  be«  ^gnatiu«  unb  Sßotyforpu«  (um  110)  bi«  in  bie  lefcte3*it  be«1.3^ 
bunbert«  gurücf  berfolgen.    JBenn  bei  Giemen«  (c.  5)  no$  eine  felbftftänbtge  Überlieferung 

60  bom  £cbcn«gang  bc«  $aulu«  ju  entbedfen  ift,  fo  ift  ba«  Silb  be«  3l)>oftel«  in  ber  35or= 


ftattott  be«  m&  785 

jiellung  bcr  ©ifööfe  bon  Smtyrna  unb  2tnttoc$ien  burd&au«  nacfy  beffen  ©riefen  geftaltet, 
unb  bie  ärt,  tote  fte  fid^  auf  biefelben  berufen  ober  ©ebanfen  berfelben  nad&fltngen  laffen, 
fe|t  bei  ben  ©emeinben  in  ben  ^robin^en  äften  unb  SDtacebonien  unb  in  9lom,  an  toeld&e 
Sgnatiu«  unb  $ofyfart>  fetyrieben,  Vertrautheit  mit  benfelben  $aulu«briefen  borau«,  toelctye 
bie  ©rieffd&reiber  in  §änben  Ratten.  $otyfar)>  (3,  2)  öertoeift  bie  ©emeinbc  öon  SßfyU  5 
lippi  gerabeau  auf  Sefung  ber  ©riefe  be«  <)}aulu«  jum  fttoti  bcr  (Srbauung.  ^gnatiu« 
Icnnt  ben  ß^eferbrief  bereit«  unter  biefem  irrigen  Sttet,  toeld&en  er  fcfyon  fcor  3Barcton 
(oben©. 781,18),  aber  boety  nur  al«  ©eftanbteil  einer  fircfylicfyen  Sammlung  getragen  fyat. 
fyobjlatp  faf^  ^tyt  unb  X^cff  unterfc$ieb«Io«  al«  eine  an  bie  SDtacebonier  gerichtete  ©nippe 
bon  ©riefen  jufammen  (1,2;  3,2;  11,3—4),  toie  ba«  auefy  Element  90.  protr.  87  10 
unb  nod&  ©tetormu«  bon  tytttau  (§aufcleiter,  2#8©l.  1895,  S.  196)  auf  ©runb  ber 
tonen  borliegenben  Slnorbnung  ber  ©riefe  tfyun,  toona$  Sßfyi  —  2tyeff  eine  uhgetrennte 
©nippe  bilbeten.  ©ben  bie«  ift  bie  Drbnung,  toelctyc  bem  IcrtuÜian  öorlag  (©&  II, 
344  f.),  toorau«  fid^  bann  um  fo  leichter  eine  gelegentliche  ©ertoed&felung  bon  Sßtyi  unb 
2#eff  erßärt  (Scorpiace  13),  unb  toel<$e  ol«  ein  Steft  au«  alter  3«t  im  Jcjt  be«  Cod.  15 
Ciarom.  (im  Äatalog  bleiben  jmb  biefc  »riefe  au«gefaüen,  @ß  II,  159.  164.  171.  354), 
bei  ämbroftafter,  Slugufttn,  ßafftobor,  in  alten  ©ulgataljff.  it>ie  Fuld.,  aud&  in  einigen 
grieefc.  3Jtinu«feln,  in  einem  uralten  fortfd&en  Äanon  (Stud.  Sinaitica  I,  14  f.  unten) 
borliegt  unb  mit  ber  UmfteHung  2£eff  —  Sßfyt  toa^rfc^einlicty  auefy  bem  Drigene«  vorlag. 
3fk  Slem.  Cor.  47, 1  mit  ben  gried&ifdjen  §ff  unb  bem  Styrer  gegen  ben  fiateiner,  ber  riva  20 
rgöjiov  borau«fe$t,  in  ©ejug  auf  ben  1.  Äo  ju  lefen  x(  tiqwkov  vjluv  h  ägxfj  rov 
ebayyeXiov  eygayev,  jo  ift  bie«  auety  faum  anber«  $u  berftefyen,  al«  bafe  Giemen«  biejen 
©rief  für  ben  juerft  gefd&riebenen  ©rief  be«  ^Jaulu«  tyiett,  toa«  ftc$  bei  ifym  nietyt  anber«, 
al«  beim  gfrogmentiften  SWuratori«  barau«  erflärt,  bafe  biefer  an  ber  Sptfce  ber  Samm* 
lung  ftanb.  Sine  mit  1  Äo  beginnenbe,  mit  9tö  föltefeenbe  Sammlung  feigen  ber  C.  Mur.,  25 
lertuflian,  toatyrfd&einlicb  au$  ßtyprian  unb  Drigene«  borau«  (@Ä  II,  59  f.  344—354). 
5Diefe  ©ammlung,  toelctye  jugletcfy  bie  golge  $tyi —  Styeff  unb  ben  falföem  Xitel  ngog 
'Eweoiovg  enthielt,  fyat  allen  2lnfpru<fy  barauf,  bie  urfprünglictye  ju  fein  unb  öor  a."97 
fkp  berbreitet  ju  fyaben.  ©etoife  toerben  fäon  öor  ßntftefyung  biefer  ©ammlung  einzelne 
©riefe  be«  $aulu«  über  bie  ©emeinbe,  an  toetetyc  fte  gerietet  toaren,  ^inau«ge!ommen  an 
fem.  @in  SSeifpicl  baüon  bietet  un«  fd^on  Mol  4,  16.  $ie  Verbreitung  unb  Senkung 
mancher  ©riefe  be«  5ßaulu«,  toeld^c  2  ^t  3,  15  f.  öorau«fe§t,  ift  faum  anber«  ju  benlen, 
al«  bafe  mehrere  fold^e  in  §ff.  bereinigt  toaren.  Vgl.  bie  erfte  ©ammlung  ber  Sriefe 
be«  SöiwttoS  na#  Polyc  ad.  Phil.  13,  2.  3>ie«  toaren  aber  ^Jrtoatfammlungen,  toeld^e 
toeber  unter  ftd?  noc^  mit  ber  (päter  in  ber  Mird^e  überall  ju  finbenben  ©ammlung  Döllig  35 
gleid^  getoefen  fein  lönnen.  9lac^  2  $t  3,  15  befanb  fic^  barunter  ein  Srief  be«  5ßaulu« 
an  jübifc^e  Stiften,  toelc^er  nid^t  in  bie  fird&licfye  ©ammlung  aufgenommen  tourbe  unb 
ba^er  öerloren  gegangen  ift,  ögl.  @inl.  II*,  45  f.  97  f.  6«  mufj  alfo  in  irgenb  einer  be* 
beutenben  Drt«gemeinbe  burefy  betoufete«  Verfahren  eine  2lu«toa^l  unter  ben  nod&  öor^an^ 
benen  ©riefen  getroffen  unb  eine  georbnete  ©ammlung  tyergefteHt  toorben  fein,  toeld^e  40 
toegen  i^rer  3h>c^ä^0^^  für  ^  gotte«bienftlic^e  iefung  bie  bi«  batyin  öor^anbenen 
6jemj)lare  einzelner  Sriefe  ober  auefy  bereit«  entftanbener,  ftc^erlic^  meift  unöollftänbiger, 
in  einzelnen  %äütn  bielleic^t  aber  no$  anbere  ©tücfe  umfajfenber  Sammlungen  in  furjer 
3eit  überall  an^  bem  tir$li$en  ©ebrauc^  berbrängt  fyat.  liefen  @rfolg  aber  tonnte  bie 
Sammlung  nur  ^aben,  toenn  fte  fefyr  frü^,  giemlid^  balb  naety  bem  2obe  be«  5ßaulu«,  45 
e^e  nod^  anbere  Sammlungen  ftety  feftgefe^t  Ratten,  beranftaltet  unb  in  Umlauf  gefefet 
toorben  ift.  Um  fo  fixerer  ift,  bafe  man  nid^t  alle«,  toa«  öon  ©riefen  be«  Sßaulu«  auf* 
jutreiben  toar,  in  bie  Sammlung  aufnahm.  Stufcer  bem  2  ^Jt  3,  15  ertoä^nten  Srief 
^aben  auc^  biejenigen,  beren  Slbfaffung  burd^  ^aulu«  un«  burc|  1  Äo  5,  9  unb  5ß^il  3, 1 
berbürgt  ift,  feine  Aufnahme  gefunben.  Gine  f^toierige  Swge  ift,  ob  ber  §br.  bejfen  überall  50 
berbreiteter  litel  noo*  'Efigaiorg  ben  frühzeitigen  änfd^lu^  an  eine  Sammlung  öorau«- 
fe^t,  gleich  bamal«  al«  eine  jtoar  nic^t  fcon  ^Jaulu«  ^errü^renbe,  aber  bo(^  beffen  ©riefen 
bertoanbte  Schrift  angefc^loffen  tourbe,  ober  ob  bie«  erft  fipäter  unb  an  einem  anbernDrt 
gefctyetyen  ift.  Übrigen«  laffen  ftc^  über  ben  6ntftetyung«ort  ber  Sammlung  nur  Ver* 
mutungen  auffteUcn.  2)ie  ©oranfteHung  öon  1.  2.  Äo  fprid^t  für  Äorintfy;  boc^  fönnte  55 
man  au(^  an  Atom  benfen  unb  in  biefem  gaU  bie  Stellung  be«  3lö  am  Sd^lufe  ber  Samm« 
hing  aUcnfaü«  begreifen. 

2.  25a«  Sttort  to  evayyehov,  toelc^e«  um  150  toie  um  200  bie  Sammlung  ber 
4  6bö.  bezeichnete  (oben  S.  774,783),  finben  toir  aud^  in  ber  noefy  älteren  fiitteratur  nid^t 
ganj  feiten  fo  gebraust,  bafe  barunter  jtoeifello«  eine  im  ©efifc  ber  ©emeinbe  befinblic$e,  i»i 

«eal^ncjjflopäbic  für  Z\}toloQit  unb  ftlrty.  8.  «.  IX.  50 


786  fianon  be*  «23 

tbrem  Ign^alt  nad)  allgemein  befannte,  fd^rtftlid^e  DarfteHung  bon  3efu  3$aten  unb 
SBorten  ju  berfte^en  tft  (@Ä  1, 840— 950).  ©oDibad&e  8,2;  11,3;  15,3.  4;  IlClem. 
8,  5,  bei  Iggnatiu«  itoax  nid;t  an  allen  ©teilen,  bie  man  barauf  belogen  £at,  aber  bo$ 
Smyrn.  5, 1 ;  7,  2  (cf.  Philad.  5,  1.  2;  9, 1—2)  unb  fror  ollem  an  ber  bielumflrittenen 

6  SteUe  Philad.  8,  2,  bgl.  @Ä  II,  945—949,  ou«  toelc^er  &erborge$t,  bafc  gerabe  au$  fc 
teroboje  Sänften  für  bie  bon  ber  Äirc&e  behaupteten  @lauben«fäfee  ur!unblic§en  Setoefe 
au«  bem  getriebenen  6b  forberten.  Diefe«  6b.  ift  bereit«  bie  allgemein  anerlannte  Ur* 
funbe.  Da  überall  Äenntni«  berfelben  borau«gefe$t  toirb,  |o  berftejjt  ftd&  bon  felbft,  bafc 
e«  bur$  regelmäßige  Sefung  im  ©otte^bienft  ben  ©emeinben  }um  ©e^ör  gebracht  tourbt 

10  Die«  tt)irb  beftätigt  burq  bie  präfentifd&en  6itation«formeln  Xiyei  6  xvgtog  mit  unb  ofyte 
iv  reo  ev.  II  Clem.  8,  5 ;  3,  2.  4 ;  4,  2 ;  5,  2 ;  6,  1 ;  13,  4,  toeld&e  bancben  ebenfo  auf 
ba«  kleben  ©otte«  im  212:  angetoanbt  toerben,  fotoie  burcty  bie  erften  Seiftnele  bon  ye- 
ygajnai  in  Se^ug  auf  ba«  6b.:  Barn.  4, 14;  Ign.  Phil.  8,  2;  II  Clem.  2,  4  (xai 
higa  dk  ygacpt]  Xiyet  =  9Ht  9,  13);    19,  1  (rd  yeygafifiiva,  SReuteftamentlidfc«  mit* 

16  umfaffenb  als  ba«,  beffcn  SBorlefung  ber  $rebigt  borangetyt,  cf.  Iust.  apoL  I,  67).  Über 
II  Clem.  14,  2  f.  ©Ä  II,  942—945.  2Beld&e«  aber  toar  biefe«  6b.»  3toif*en  bem  I* 
tyoliföen  Siföof  unb  ben  mit  $m  bteputierenben  Äefcern  (Ign.  Philad.  8, 2),  fotoie 
jtoifdjen  bem  Sifctyof  bon  3lnttoc^ten  unb  ben  fleinaftatifd&en  ©emeinben,  überhaupt  jtoiftfcn 
ben  SSerfaffern  ber  un«  erhaltenen  Sitteratur  au«  ber  3eit  um  90—140  unb  tyrenfiefern 

20  fd&eint  eine  ftillfctytoeigenbe«  6mberftänbni«  barüber  ju  befte^en,  toa«  ba«  6b.  fei,  toorin 
fic  bie  Saaten  unb  Sßorte  !gefu  beftfcen  (Did.  15,  1.  2  atoeimal  d>s  exexe  h  rcß  evaye- 
Xico).  Durcfy  ^kpia«  toiffen  toir,  bafc  ju  Seb$eiten  be«  Sotyanne«  in  beffen  Umgebung  )u 
6l>tyefu«  ein  6b.  be«  SRarcu«  gelefen  unb  befproctyen  tourbe.    2lu«  Iren.  III,  11,  7  bgl. 

I,  26,  1  ergicbt  ft$,  bafj  Äerintty,  ber  3ettgenoffe  *>**  Spanne«,  biefe«  6b.  bor   anbem 
25  beborjugte.    2lu«  ber  9la$xity  be«  *ßalna«  über  SRattfyäu«  ift  &u  entnehmen,  bafe  ba* 

^ebräifc^e  6b.  be«  3Jtom)äu«  in  ber  Sßrobma  Slften  eine  $t\t  lang  nur  bur$  ba«  SJlittd 
münblidjer  Dolmetfctyung  ben  ©emeinben  jugänglicfy  gemalt  tourbe,  bi«  bie«  burd&  eine 
griec^tfctye  SBerfton  überflüffig  tourbe,  offenbar  burcjj  biejenige,  toeld^e  bon  Sarnaba«  ate 
bl.  Schrift  citiert  toirb,  unb  beren  SBortlaut  an  bielen  ©teilen,  befonber«  bei  ggnatiu^ 
so  unb  in  ber  35iba$e  toieberjuerfennen  ift.  35a«  4.  6b.  fe$t  nic^t  nur  einen  2^u«  ber 
eb.  Irabition  bei  feinen  Sefem  al«  befannt  borau«,  toie  er  un«  in  ben  ©tymtytfo*11  bor^ 
liegt,  fonbern  berüdtftc^tigt  auc^  ben  SBortlaut  be«  9Rc  unb  be«  2c  (6inl.  11%  505  f. 
520).    Der  unechte  3uja^  3Kc  16,  9—20  ift  au«  Sc,  $o  unb  au«  $a>)ia«  gefd^öj)ft  (©« 

II,  910—938;  6ml.  II2,  227  ff.).    Die  älteften  ftinb^eit«ebb.,  ba«  be«3afobu«  unb  ba« 
35  bc«  Sboma«  (©&  II,  768—780),  fufeen  ebenfo  toie  ba«   erft  um    150   entftanbene  6b. 

be«  $etru«  unb  baejenige  3)2arcion«  fotoie  ba«  toa^rfd^einlid^  nocfy  zttoai  jüngere  ©bioni- 
tencb.  nac^toci«lic^  auf  ben  fanonifd^cn  6bb.  Da«  bor  150  entftanbene  aramäifc^e 
§ebräereb.,  an  toelc^em  ftc^  bie  -ftajaräer  3<^^l>wnberte  lang  genügen  liefen,  ift,  loa« 
feinen  ^n^alt  anlangt,  toeber  bie  ©runblage  be«  3Wt.,  no$  eine  felbftftänbige  ©d^dpfung 

40  au^  bem  Quell  ber  münblic^en  Irabition  (®Ä  II,  652—723).  Dafe  abgefe^en  bon 
Diatcffaron  ber  S^rer  (f.  unten  S.  789,«)  jemal«  in  einem  Seil  ber  fat^olifc^en  Äirc^e 
ein  anbere«  6b.  aufeer  unferen  4  6bb.  regelmäßig  im  ©otte«bienft  gelefen  toorben  fei,  ift 
ntrf^t  toafyrfcfyctnlic^  ju  machen,  gefd^toeige  benn  ju  betoeifen.  3n  ber  Sitteratur  bon  95 
bt«  140   finben   ficb  neben  einer  Ulienge  bon  Seftätigungen  für  ben  firc^lic^en  ©ebrauefc 

45  ber  4  6bb.  nur  bicr  eb.  ßttate,  toclc^e  axx^  biefen  ntd^t  abgeleitet  toerben  fönnen: 
II  Clem.  5,  2—4;  8,  5;  12,  2—6;  Ign.  Smyrn.  3,  2  (@Ä  I,  920—924.  934—941; 
II,  631—642).  ©emetnjam  ift  biefen  Sitaten  unberfyältni«mäfeige  2lu«fü^rlid^feit,  toel^e 
barauf  ^tntoetft,  baß  fie  ntcfyt  allgemein  Selannte«  in  örinnerung  bringen,  fonbern  me^r 
ober  toentger  9teuc«  mitteilen  follten.    Slm  toenigften  gilt  bie«  bon  bem  jtoeiten,  toelcfce« 

60  allein  auf  ba«  6b.  ^urüdtgefübrt  toirb,  bafür  aber  auefy  am  toenigften  apotfypfyen  6$a^ 
rafter  geigt,  inbem  e«  au^  bem  fanomföcn  ©pruety  Sc  16, 10  (bgl.  16, 12;  3Kt  25,  21) 
unb  einem  bon  Iren.  II,  34,  3 ;  Hippol.  refut.  X,  33  unbebenilicfc  citierten  2tyofrW$on 
jufammengefefct  ift.  Die  berbreitete  Meinung,  ba^  ber  alte  ^rebiger  (II  Clem.)  ba^ 
Sleg^tercb.  benufct  unb  al«   ,,ba«  6b."   citiert  fyabt,  toürbe  gu  ber  $ö$ft  untoa^rfc^eim 

66  liefen  Slnna^me  gtoingen,  ba^  bie  s^rebigt  in  3lgi#)ten  gehalten  toorben  fei;  benn  borau«» 
gefegt,  ba^  biefe«  6b.  älter  al«  bie  ^Jrebigt  ift,  toäre  bodj)  nic^t  benlbar,  ba^  ba«  na<$ 
bcmSanb  feine«  Urfprung«  unb  feiner  Verbreitung  benannte  6b.  in  fo  früher  3*tt  jumßb. 
au«toärtiger  ©emeinben  getoorben  fei.  Da«  (Sitat  II  Clem.  12,2—6,  toeldje«  biefe  Vermutung 
l^crborgerufen   l;at,  ift   bertoanbt,   aber,  toeber   ml)altlidj  nod^  formell  ibentifc^  mit  einem 

go  3lf  ofrb>)l;on,  toclc^c«  Giemen«  Sil.  im  2igtyptcrcb.  unb  toieber  in  anbercr  gaffung  unb  9Ser* 


Station  be«  »2*  787 

toenbung  bei  ßaffianu«  gefunbcn  fyat.  ß«  lebten  folget  nic^tfanoniföer  §errntoorte  nic^t 
toenige  in  münbtictyer  toie  in  föriftlicfyer  Überlieferung  fort;  Sßalria«  um  125  fyat  bielc 
aefammelt;  bie  Slebaftoren  neuer  @bb.  fyaben  jw  mit  Vorliebe  ft$  angeeignet  unb  Verar- 
beitet. !ggnatiu«  un^  ^CT  obiger  im  2.  6lem.  fonnten  burety  Mitteilung  folcfyer  ©tücfe 
mit  noä)  größerer  Unbefangenheit,  al«  e«  3ren^u^/  Giemen«  XL,  Drigene«  u.  a.  getyan  6 
^aben,"  bie  au«  bem  getriebenen  unb  gotte«btenftIid&  gebrausten  @b.  ber  Äircge  gu 
fööpfenbe  Äunbe  bon  !gefu  3^«ten  unb  Sßorten  bereichern.  —  Über  bie  ©ntftefyung  ber 
Sammlung  fyabm  toir  feinen  glaubtoürbigen  Vericfyt.  Slber  bie  Segenben,  toonaefy  ber 
Styoftel  3°fanne3  M*  fonoptiföen  @bb.  geprüft,  gebilligt  unb  bur$  ^in^uftigung  be« 
frimgen  ergänzt  fyabe  (bgl.  bie  Velege  ©Ä  I,  943 ;  II,  36  ff.),  enthalten  einen  Äern,  10 
toelcper  burefy  bie  9la$x\i)t  be«  ^Japia«  bom  Urteil  be«  3°^an"^  übet  9Jtarcu«,  burefy 
ba«  ttyatfäctyltcfye  Verfyältni«  be«  4.  ©bangcliften  ju  ben  ©tynoptifern  unb  burd&  bie  offene 
bare  Veftimmung  be«  4.  6b.  für  bie  Sefung  in  ber  ©emeinbeberfammlung  (So  19,35; 
20,  31 ;  bgl.  1  So  1,  4)  al«  geföic$tlic$  verbürgt  ift.  Db  bie  Sc  1, 1  ertoetynten  Ver* 
fu$e  ebangelifctyer  ©efcfyictytfcfyreibung  toeitere  Verbreitung  gefunben  fyaben,  unb  ob  e«  in- 15 
folgebeffen  um  100  in  ßjpfyefu«  ober  in  anberen  ©emeinben  einer  förmlichen  3lu«toafyl 
unter  ben  borfyanbenen  @bb.  beburft  fyat,  um  berßirctye  „ba«  6b."  ju  geben,  toelcfye«  fte 
fehler  befifct,  toiffen  toir  nid&t. 

3.  ©onftige  ©Triften,  toelcfyc  toir  fpäter  jum  9fö  gerechnet  finben,  fmb  jeben- 
falls  nicfyt  fo  toie  bie  @bb.  unb  bie  $aulu«briefe  föon  bamal«  $u  einer  Sammlung  ber«  20 
einigt  toorben ;  erfd&einen  fte  boefy  erft  bann  al«  unberäufeerücfye  ober  umftrittene  Seile 
einer  folgen,  al«  bie  Vorftellung  eine«  91%$  fiefy  tyerau«gebilbet  tyatte.  2)ie  Urfunben 
reichen  aud&  nietyt  au«,  um  iu  beftimmen,  ob  ber  fpürbare  ßinflufe  einer  apoftoliföen 
Schrift  auf  eine  nactyapoftolifcfye  bon  pribater  Vefctyäftigung  be«  foäteren  Sctyriftfteßer«  mit 
einer  älteren  Schrift  ober  bon  öffentlicher  Sefung  ber  lefcteren  tyerrüfyrt.  2Bir  finb  auf  25 
Schlußfolgerungen  au«  ben  fßäteren  3uf*änben  unb  au«  ber  urfyrünglid^en  Ve[timmung 
ber  fraglichen  ©Triften  angetoiefen.  2)arnac$  ift  frühzeitige  öffentliche  Sefung  in  toeiten 
Äreifen  anjunefymen  für  bie  nicfyt  an  eine  ßin^elgemeinbe  gerichteten  Vriefe:  1  5ßt,  1  %o, 
ferner  für  bie  2fyf  (1,  3.  4;  2,  7.  23;  22, 16—19)  unb  für  ben  Wirten  (vis.  II,  4,  3). 
änbere«  bleibt  ungetoifc.  90 

V.  Origene«  unb  feine  Schute,  ©ine  toefentlid^e  Veränberung  fyat  ba«  9KI 
im  Verlauf  be«  3.  3>afyrfyunbert«  nicfyt  erfahren.  3)a«  9ieue,  h>a«  Drigene«  braebte,  toar 
bie  umfaffenbe  Vergleid^ung  be«  überlieferten  Sefifcftanbe«  ber  berfc^tebenen  Äirc^en.  ©ein 
toec^felreic^c«  Seben  bot  i^m  ©elegen^eit,  bie  befte^enben  93erfc^ieben^eiten  burc^  ©rfatyrung 
fennen  ju  lernen;  feine  pfyilologtfctye  Vorbilbung  unb  fein  au«gejproc^ener  Seruf  für  bie 35 
gelehrte  Slrbeit  im  Dienfte  ber  ftird^e  befähigte  ifyn,  fte  mit  95efonnen^eit  ^u  beurteilen. 
©<$on  bor  217  ^>at  er  bon  Sllejanbrien  au«  9lom  befugt  unb  ift  bon  bem  erften  ©e« 
lehrten,  ben  bie  bortige  Äirc^e  gehabt  \)at,  in  ber  Sßrebigt  al«  ein  auffteigenber  Stern  be* 
grü&t  toorben  (Eus.  VI,  14,  10;  Hieron.  v.  111.  61).  Gr  fyat  aud^  fbäter  Verbinbung 
mit  3lom  gehabt  (Eus.  VI,  36,  4).  93erfc^iebene  änläffe  führten  i^n  me^rmal«  nac|  40 
Sitten,  too  er  fogar  ju  litterarifc^cr  arbeit  üRufee  fanb,  nadj  SSntioc^ien  unb  nac^  Softra, 
nad>  Gäfarea  in  Äappabocien.  3Die  legten  3a^f(?nte  berlebte  er  in  ^aläftina.  Schüler 
au«  allen  Säubern  ftrömten  if>m  fc^on  in  Sllejanbrien,  bann  im  paläftinifc^en  Gäfarea  ju 
unb  blieben  mit  tym  in  SSerbinbung.  ßinem  öibelforfc^er,  h)ie  er  fear,  machte  nid^t  blof; 
bie  Versilberung  be«  Sibeltejtc«  beiber  Teftamcnte  ©orge,  fonbem  auc^  bie  bi«  bafyin  45 
toenig  empfunbene  Uneinigfeit  in  Sejug  auf  ben  Veftanb  unb  bie  ©renken-  be«  Äanon«. 
Drigene«  toar  fein  burc^greifenber  Äntifer.  „Verrücfe  nic^t  bie  etoigen  ©renjfteinc,  toelcfye 
beine  Väter  gefegt  f}abm"  Oßrob.  22,  28),  fagt  er  in  Vejug  auf  Den  Äanon  (ad  Afric.  5 ; 
Prol.  in  cant.,  vol.  I,  16;  III,  36).  2öa«  „bie  3Känner  ber  änfang«aeit"  ber  Äirc^e 
befthnmt  ^aben,  ift  nietyt  leid^t^in  ^u  bertt>erfen  (bei  Eus.  VI,  25,  13).  33a«  entföeibenbe  so 
2Bort  ^>at  bei  Orig.  bie  fird^lid^e  Irabition,  meiere  ebenfo  h)ie  bie  ©ntfte^ung  ber  fyeil. 
©Triften  unter  ber  Seitung  ber  göttlichen  Vorfe^ung  fte^t  (ep.  ad  Afric.  4.  9).  2)ie 
Jrabition  ift  aber  nic^t  naefy  ber  bermaliaen  Sitte  einer  einjelgemeinbe  ju  bemcRen,  fon* 
bern  burefy  Sln^örung  unb  Prüfung  ber  urteile  aller  ©emeinben  ju  ermitteln.  £arau« 
ergiebt  \xd)  innerhalb  be«  Streife«  ber  libri  ecclesiastici  (de  princ.  praef .  8)  b.  i}.  ber  55 
in  ber  ßfyriftenfyeit  mit  mefyr  ober  weniger  Übereinftimmung  al«  i)l  ©Triften  angefe^enen 
Sucher  (oben  ©  .771,^,),  bie  Unterfc^eibung  jtotfd^en  folgen,  toclc^e  allgemein  al«  fyl. 
Schriften  anerfannt  finb  (ofiokoyovjLieva  mit  ober  ofyne  3uiäfte  *°i*  &  ndaatg  Ixxkt]- 
aiaic»  naoä  näaiv,  xaga  rolg  7iemoTfvx6öiv  bei  Eus.  VI,  25,  8  unb  12;  tom.  14, 
12;    17,  35  in  Matth.;  tom.  1,  4  in  Jo,    au$  dvavnQQfjrog  Eus.  VI,  25,  4)  unb  co 

50* 


788  ftatton  bcS  »2« 

folgen,  beren  Slnerfennung  al«  fyl.  ©Triften  in  einem  Xeil  ber  ©ememben  auf  SBiber* 
\pxud)  ftöfet.  %wc  legiere  klaffe  ift  ba«  foäter  gebräuchlich  ävrdeyöueva  no<£  metyt  fcffc 
geprägt;  bgl.  iebod^  de  orat.  14,  4  bon  ben  guben  in  SJejUß  auf  xobia«  drrtJUyovow, 
bei  Eus.  VI,  25,  8  äjuwißdJÜietai.    fiöngft  toaren  biefe  3lu«brüdEe  in  berßritif  ber  tlaffc 

6  föen  Sitteratur  gebräuchlich,  h>o  e«  fiety  um  bie  Gtytyeit  ober  Unecfcu)eit  bon  Schriften 
unter  berühmten  tarnen  fyanbelte  (Joseph,  c.  Ap.  I,  2,  5 ;  22,  3 ;  Plut.  vit.  X  orat 
p.  839).  @ben  bie«  tt>ar  aber  auefc  bei  ber  ffritif  be«  btblifctyen  Äanon«  in  ben  tneiften 
fallen  eine  unumgängliche  Vorfrage,  beren  Seanttoortung  in  fteigenbem  ÜRafc  au$  für 
bie  Sfrage  na$  ber  Äanontcttät  entfcfyeibenb  mürbe.    3la$  Drig.  gehörten  jur  Älaffe  ber 

io$omofogumena  be«  9EE«:  bie  4  @bb.,  13  »riefe  be«  $aulu«,  1  $t,  1  3o,  81©  unb 
Sfyf.  filtere  gilt  auc$  tym  al^ Slbf d^lu|  be«$R$«  (tom.  10, 15  inMatth.);  er  beabffefc 
tigte,  fie  ju  f ommentieren  (ser.  in  Matth.  49).  ^lirgenbtoo  beutet  er  an,  bafe  fte  m  einem 
leil  ber  Äirdje  beanftanbet  toerbe.  3U  ben  Sinti  feg  omena  gehören  folgenbeSd&riften: 
1.  §br.    Drig.  felbft  citiert  tyn  fefyr  fyäufig  ganj  unbeben!lt$  al«  paulinifd^  unb  fano* 

16  nifcfy,  befonber«  in  feinen  früheren  ©Triften.  @r  berteibigt  bie,  ttrie  e«  fd&emt,  noc$  toenig 
jatylreicfyen  Äirctyen,  tocld&e  tyn  auf  ©runb  alter  Xrabition  fo  gebrauchen,  gegen  bie  3Sor= 
toürfe  anberer  Äird^en,  unb  er  berteibigt  biefe  Irabition  felbft  mit  ber  ©.  775,  &>  ertoä^nten 
SRobiftfaiion  (Eus.  VI,  25,  11—14).  Slnbererfeit«  berüdffid&tigt  er  nid&t  feiten,  o^ne 
jemanb   einen  SSortourf  barau«  ju   machen,   bie  3tö$tanerfennung  be«  £br  in  anberen 

20  Greifen  (ser.  in  Matth.  28  p.  848  D.  849  B ;  ad  Afric.  9).  2.  2  $t  toirb  Don 
Drigene«  naefy  ben  nur  lateimfä  erhaltenen  Kommentaren  fyäufig  al«  e<#t  unb  al$ 
^eilige  ©etyrift  citiert  (hom.  4,  4  in  Lev.;  hom.  13,  7  in  Num.;  lib.  IV,  9; 
VIII,  7  in  Rom.  bgl.  bie  Slufjätytung  aller  ajwft.  S3b.  hom.  7, 1  in  Jos.),  aud)  bon 
feinem  ©ctyüler  girmilian  (Cypr.  ep.  75,  6)    al«   fold&e   berücffid^tigt.     Drig.   felbft  fyA 

36  ni$t$  gegen  ifyn  einjutoenben,  leugnet  aber  nietyt,  baft  er  beanftanbet  toirb  (Eus.  VI, 
25,  8).  3.  ßbenfo  äußert  er  fi$  ebenbort,  §  10  über  2.  3  §o,  nur  bafc  er  #er  au& 
brüdfltc^  3toctfel  gä  ber  ©c^t^ett  als  ©runb  ber  Slnfed&tung  angiebt,  toa«  mit  ber  an- 
beutung  im  C.  Mur.  1.  72  übereinftimmt  (ob.  ©.  776, 4g).  4. 3  a  toirb  häufig  citiert,  in  ben 
lat.  ©djriften  aud&  al«  scriptura  divina  unb  apostolus  Jacobus  (hom.  2,  4  in  Lev. ; 

so  lib.  IV,  1  in  Rom. ;  befonber«  auSbrücflicfy  hom.  4,  2  in  Psalmos  vol.  II,  671), 
au<$  ol«  ©cfyrift  be«  ©ruber«  Sefu  (Lib.  IV,  8  in  Rom.).  35er  SRangel  an  aUge* 
meiner  Slnerfennung  toirb  aber  berüchtigt  tom.  20,  10  in  Jo.  cf.  tom*  19,  6. 
5.  Slu$  in  Sejug  auf  3 üb.  gefd&ietyt  bie«  ein  einjigeämal  tom.  17,  30  inMt.,  twüjrenb 
er  übrigen«  nid^t  nur  häufig  al«  \)l  ©cfyrift  citiert,  fonbern  auety  ^oc^ge^riefen  toirb  tom. 

86  10,  7  in  Mt.  6.  93a rn ab a«  toirb  bon  Drig.  nietyt  nur  c.  Cels.  I,  63  al«  xa&o* 
hxij  htioTohf}  d^aralterijtert,  fonbern  auefy  im  Dnomaftilon  mit  ben  übrigen  fau;oüfc&en 
Sriefm  gleic^geftellt  (oben  ©.777,58).  7.  3)en  §irten  be«  §erma«  ^ält  Drig.  für 
ein  inf girierte«  unb  fe^r  nü^lid^e«  93u$  1.  X,  31  in  Rom.,jeid^net  ü)n  beutlid^  bor  ben 
3tyohfyi)l)en  au*  hom.  35  in  Luc,  je§t  Sefanntfc^aft  ber  Gkmeinbe  mit  bemfelben  bor« 

40  au«  hom.  13,  3  in  Ezech.,  bertoenbet  ü)n  reid^lic^  jutn  ©d^riftbetoei«  unb  bermutet,  befy 
er  bon  bem  Rm.  16, 14  ertoäfynten  §erma«  berf a|t  fei,  berüdEftc^tigt  aber  aud^  ^iemlic^ 
häufig  ben  bi«  jur  Ikrac^tung  gefteigerten  3Biberfpru4  gegen  beflen  fanonifc^e  Slner- 
fennung  princ.  IV,  11;  hom.  8  in  Num.;  hom.  1  in  Psalm.;  tom.  44,21  in  Mt; 
ser.  in  Mt.  53.    8.  Sil«  i)l  ©d&rift  ^at  Drig.,  toie  e«  fd^eint,  bie  Slpoftelle^re  princ. 

45  III,  2,  7  citiert  (©£  I,  363).  ©ie  toar  eine  fold^e  in  Sllejanbrien,  aber  !eine«toeg« 
überall  (oben  ©.  779),  alfo  fic^erlic^  aud^  für  Drig.  ein  Slntilegomenon.  9.  SnbKcfc  ift 
^ier  ba«  §cbräereb.  gu  nennen.  Drig.  ertoä^nt  e«  nic^t  in  feiner  Sifte  ctyotitqpf}. 
6bb.  (hom.  1  in  Luc.  ©Ä  II,  625),  citiert  e«  bagegen  me^rmal«  mit  ben  für  bie  Sinti« 
legomenen  i^m  geläufigen  gormein  tom.  2,  6   in   Jo.;   hom.  15,  4  in  Jerem.;  tom. 

50  15,  14  in  Mt.  lat.  cf.  Hieron.  v.  ill.  2.  3)ie  jubend^riftltc&en  ©emeinben,  beren 
einige«  @b.  biefe«  toar,  fyat  Drig.  jtoar  al«  jurücfgeblieben  betrautet,  aber  fc^arf  bon  ben 
fyäretifcfyen  ©bioniten  unterfc^ieben  unb  anerfannt,  ba^  fie  auf  ber  fird^licben  ©lauben«* 
regel  fte^en  (@Ä  II,  664f.  671).  95a^er  mufete  er  aud^  i^r  6b.  al«  ein  Slntilegomenon 
in  ber  ftircfye  gelten  laffen.  —  Son  anberen  ©Triften,  toie  ber^rebigt  be«^ßetru«  (tom. 

56  13,17  in  Jo.),  ben  Stften  be«  ^ßaulu«  (tom.  20, 12  in  Jos.;  princ.  I,  2,3),  bem 
jicmlicfy  oft  citierten  l.Clem.  läfet  fic^  bie«  nic^t  belauften,  ©ine  „Se^re  be«  $etru«" 
fc^Iie^t  Drig.  princ.  praef  8  au«brücflid>  bon  ben  libri  ecclesiastici  au«;  bon  ber 
Slpf  be«  Sßetru«  jeigt  fid^  bei  ifym  feine  beutlic^e  ©pur. 

Sllle«  ertoägenb  unb  nid^t«,  toa«  noc^  ber  (Sntfd?eibung  ^arrte,  entfe^eibenb,  bat  Drig. 

eo  burd^  feine  ©Triften  unb  feine  ©c^üler  auf  bie  gortbilbung  be«  Sanon«  in  toeiten  Äreifen 


ftanott  be*  »£ö  789 

anregenb  gehrirft.  3)ie  aflegorifd&e  2lu«legung,  bur$  toeld&e  Drigene«  bcn  toiberftrebenbften 
Stoff  ft$  ^uredteulegen  unb  ben  berfd&iebenartigften  ©Triften  ben  ©ngang  in  ba«  #eilig* 
tum  ber  Stbel  offen  ju  galten  berftanb,  fanb  au$  2Biberft>ru$.  $te  Schrift  be«  95ifd^of^ 
3ltpo%  bon  2lrfmoe  „gegen  bte  2lttegoriften"  bertrat  unb  Verbreitete  einen  6fyüia«mu«, 
toeld&er  bem  93tf<fyof  35iontyftu«  bon  älejanbrien  um  260  unerträglich  festen  unb  tyn  ber-  5 
anlafcte,  in  einer  Schrift  „über  bie  33ertyetfeungen"  biefem  Styilia«mu«  burd&  Sritif  ber 
3ty!  ben  »oben  $u  entjiefym  (Eus.  VII,  24—25;  @£  If  227—231.  II,  990).  am 
Itutyfenb  an  bie  föroffe  Ärittf  ber  2tyf  burefy  6aju«  (oben  S.  776, 10),  fuetyt  er  bie  femige 
alä  pietät«bott  unb  befcfyetben  einzuführen.  @r  toiQ  bie  Wpt  nidjt  au&er  ©eltung  fe$en, 
aefd&toeige  benn  berfootten,  auety  nicfyt  beftreiten,  baft  fte  bon  einem  moirierten  SRann  10 
Flamen«  Igofyanne«  gefd&rieben  fei.  2lber  fein  fyauptfäd&Kcfy  auf  bie  93erfcfyiebcnbeit  be« 
Stil«  unb  ber  2fof<$auungen  jtotfd&en  @t>.  unb  1  3>o  einerfeit«  unb  ber  2tyf  anbererfeit« 
gegrünbeter  Setoei«,  bafe  nid&t  ber  2tyoftel  30  bie  2tyf  getorieben  fyabe,  bie  fyämiföen 
jpmtoetfe  auf  bie  geforehte  Slrt  ber  Selbftbejeugung  be«  SfyofafojniferS  unb  ba«  Scfenntni«, 
bafc  ber  SBortfinn  be«  Sucfy«  Unftnn,  ber  borau«$ufe$enbe  tiefere  Sinn  aber  für  tfyn  un*  15 
ftnbbar  fei:  bie«  ade«  fyat  bo$  nur  ben  ßrafttföen  3toedf,  *>a*  33U($  fyerabjufeijjen.  2)afe 
bie«  in  2lg$)ten  für  einige  3^t  einigermaßen  gelungen  ift,  bezeugt  ba«  unftd&ere  38er* 
^ältnt«  ber  2fyf  ju  ber  fafyibifdpen  unb  ber  botyeiriföen  Sibel  (Scribener,  Introduction  II4, 
123. 137).  35ie  Äritif  be«  SMontyfm«  tyat  auefc  auf  bie  Schule  be«  Origene«  in  ^aläftina, 
m«befonbere  auf  Sufebiu«  Ginbrudt  gemalt.  S3ei  biefem  toirfen  aber  no$  anbere  ii)aU  20 
fachen  mit,  otjne  beren  Äenntni«  feine  93emütyungen  um  geftfteflung  be«  Äanon«  nietyt  ju 
berftetyen  ftnb. 

VI.  3Da«  anfängltd&eSRI  ber  Styrer  unb  feine  f^o rtbilbung.  Über  bie 
anfange  be«  ß^riftentum«  in  (Sbeffa  beftfcen  toir  einen  legenbarifetyen  93ertd^t  in  foriföer 
Sprache  (The  doctrine  of  Addai  ed.  Phillips,  1876),  toelctyer  bebeutfame  Angaben  25 
über  bie  bort  eingeführten  gotte«bienftlic$en  Sefebüc^er  enthält.  3)ie  93erf<$iebenfyeit  ber 
Urteile  barüber,  intoietoeit  biefe  Schrift  mit  berjenigen,  au«  toetd&er  Eus.  I,  13  geköpft 
tyd,  ibentifety  fei,  fann  tyter  auf  ft$  berufen,  3)ie  eintägigen  angaben  [teilen  jebenfall« 
einen  Stanb  ber  3)inge  bar,  toelctyer  burd&  bie  ßtnfütyrung  ober  bod&  bie  allgemeine  Ver- 
breitung ber  ftrifd&en  ißulgata,  ber  fogen.  $efcfyitttya  befeitigt  toorben  ift.  ®a«felbe  gilt  bon  30 
ben  Schriften  be«  2fyfyraate«  um  340  unb  jum  %Al  noö)  bon  bem  Äommentaren  ßptyraim« 
jum  9KE,  fotoie  bon  einem  forifcfyen  SSer^eic^ni«  ber  biblifcfyen  Sudler  im  Cod.  Syr.  10 
auf  bem  Sinai  (Studia  Sinait.  1,11—14;  3»3  1900  S.  793  ff.),  abbat,  ber  Stifter 
ber  Äircfye  bon  ©beffa,  foß  au«brücfli(*^  angeorbnet  ^aben,  baft  ntbtn  bem  211  feine  anberen 
Schriften  al«  ba«  6b.,  bie  Sriefe  be«  ^Jaulu«  unb  bie  21©.,  al«  in  toelctyen  bie 35 
göttliche  SBa^r^eit  befc^Ioffen  fei,  in  ben  Äirctyen  aelefen  toerben  foflen  (D.  Add.  p.  46). 
@«  ftnb  alfo  aQe  lat^olifd^en  Sriefe  unb  bie  2tbf  au«gefc^loffen.  ®em  entfyricfyt  genau 
jener  f^rifc^c  Äanon,  ber  auf  SSoUftänbigfeit  2lnfpru*  mad^t;  ebenfo  ber  gefamte 
ßttatenfd^aft  be«  2fyl>raate«  (®Ä  I,  374f.).  ®in  unbeutltcbe«  Beugni«  bafür  enthält  auc^ 
bie  jüngere  forifcfye  Se^re  ber  2fyoftel  (Cureton,  Ancient  documents  p.  27.  32  cf.  40 
gorfefy.  If  72  f.).  5Weben  anberen  mi^berftänblit^  ungenauen  Umfd^retbungen  beiber  lefta- 
mente  finben  toir  auc^  eine,  toonac^  ba«  9U  mit  bem  2)iateffaron  gleicbgefe|t  erfd^eint 
(D.  Addai  p.36;  ©Ä  I,  388 f.).  6«  ift  bie«  ber  9tome  ber  nad&  oDer  Irabition  bon 
latian  berfa^ten  f^rifc^en  Gbangelien^armonie  (f.  8b  V,  S.  654  ff.),  ift  alfo  gleid&bebeutenb 
mit  bem,  loa«  biefelbe  Segenbe  fonft  ,,ba«  Sb."  nennt.  Da«  3)iateffaron  ift  alfo  in  ber  46 
Umgebung  be«  2egenbenf$reiber«  ba«  93ud&  getoefen,  burc^  loelc^e«  toenigften«  regelmäßig 
bie  eb.  ©efctyicfyte  ber  ©emeinbe  befannt  gegeben  tourbe.  2lu(^  bie«  betätigen  bie  2lb- 
^anblungen  be«  St^raate«  (gorfd^.  I,  72—76 ;  ©Ä  I,  396—404)  unb  ber  .«ommentar 
iSptycaimü  über  ba«  Diateffaron.  (Sp^raim  lennt  aber  auc^  fe^r  tool)l  bie  bier  @bb.,  unb 
ber  erh)ä^nte  f^rifc^e  Äanon  enthält  nicfyt  ba«  3)iateffaron ,  f onbern  bie  bier  (5bb.  in  so 
unferer  Drbnung.  3ene«  nannten  bie  Styrer  fj)äteften«  350,  ioie  bie  um  biefe  $eit 
entftanbene  Überfe^ung  bon  Eus.  IV,  29,  6  betoeift,  nic^t  nur  3)iateffaron,  fonbem  auefy 
,,ba«  6o.  ber  ©emifc^ten",  biefe«  ba«  „ßb.  ber  ©etrennten".  95eibe  ©eftalten  be«  6b. 
^aben  längere  $eit  neben  einanber  beftanben ;  e«  fragt  ftc^  nod^  immer,  toelctye  bon  beiben 
bie  urforünglicfye  fei.  6inc  neue  erf(^öj)fenbe  Unterfud&ung  biefer  §rage  bon  berufener  55 
ßanb  h)irb  ba«  3a^r  1901  bringen.  35a«  „6b.  ber  ©etrennten"  fyai,  fc^on  e^e  bie 
$ef$.  ftc^  burd^fe^tc,  bebeutenbe  3Banblungen  burd&gemactyt.  Syr.  Curetonianus  unb 
Syr.  Sinaiticus  fteHen  jtoei  JRecenftonen  einer  im  SSergleicfy  j^ur  ^efc^.  älteren  ttber- 
fe^una  be«  6b.  ber  ©etrennten  bar.  SBenn  jugeftanben  toirb,  bafe  Syr.  Cur.  bielfad^ 
ba«  $iateffaron   borau«fe$t,  unb  baß  e«   au$  in  Syr.  Sin.  nieft   an  lejtmtf jungen  eo 


790  Station  be«  KJ;* 

unb  Umftellungen  fetylt,  toeld&e  burcfy  bie  gleiche  Borau«fe$ung  tyre  natürlid&fte  ßrflärung 
finben,  fo  fd^etnt  in  Uebereinftimmung  mit  bat  Sfobeutungen  bcr  äbbailegenbe  unb  bcm 
Jfyatbeftanb  bei  3fyfyraate«  ba«  2)iateffaron  atö  bie  urfjminglid&e  gorm  be«  @b.  bei  ben 
Syrern  gelten  ju  muffen,    2lu«gefd&loffen  ift  aber  au$  nic&t  bie  2Rögß6!ett,  bafc  ba«  ©>. 

6  ber  ©etrennten  älter  al«  ba«  2)iateffaron  ift  unb  erft  nachträglich  burdp  ben  (Sinffofe  be$ 
2)tateffaron«  al«  be«  im  @otte«bienft  gebräuchlichen  6bangelienbudj>«  in  mannigfacher 
23eife  feine  urftminglic^e  Xejtgeftalt  beränbert  unb  bem  SMateffaron  afftmtliert  fjaL  — 
2)ie  fertige  Sammlung  ber  *ßaulu«briefe  umfaßte,  tote  man  au$  äty&raatc«  unb  OpfpaimS 
armenifdp  erhaltenem  Äommentar  fiefyt,  um  330—370   ab  gleichwertige  ©tüde  ben  £br 

10  unb  ben  apofrv^en  3  fto,  bagegen  nic&t  ben^ilem.  (@Ä  I,  378—387.  422—429;  II, 
556—564.  592—611.  1016).  fiefeterer  $efeft  ift  baburd&  freier  bejeugt,  ba&  (Strähn  tyn 
in  feinem  übrigen«  bollftänbigen  Kommentar  unberührt  unb  unertoä^nt  lägt.  3)ie  hn 
4.  IJafyrfyunbert  aufgebrochene  Äontroberfe  über  bie  Äanonijjität  be«  allein,  entftanb  bun$ 
bie  Steibung   jtmföen  bem  grieefy.  unb  bem  älteren  fer.  ßanon  (©Ä  I,  267—270;   II, 

15  997—1006).  Sßcnn  ba«  fer.  Beraetc^ni«  bom©inai  ben  ^tyilem.  am  ©d&Iufc  enthält,  fo 
mufc  ba«  eine  tyätere  Säuberung  fein.  2)iefe«  SSergeid^ntö  fyat  aud&  ben  3  Äo  nietyt,  ba- 
gegen einen  jtoeiten  ^iltyperbrief  neben  bem  erften.  6«  ift  jebocfy  h>a$rfc§einltc$  gemalt 
toorben,  bafc  unter  biefem  unerhörten  Sitel  ber  ctyofa^e  3Äo  berftedft  ift  (9W3  1900, 
©.  795—801).    2Bir  toiffen  jefct,   bafe  biefe«  äpohfl^on  (Setter,  $er  apofrW^e  3  So 

20  1894),  toeldjje«  bon  ben  Syrern  ju  ben  Slrmeniern  unb  au$  ju  einigen  Sateinern  gelangte, 
ein  3tu«fd&nitt  au«  bcn  frühen«  um  170  berfa&tcn  <ßaulu«aften  ifL  2)a£er  ift  unbent 
bar,  bafe  e«  urft>rüngli#  bem  ferifcfyen  Äanon  angehörte,  loa«  aud&  baburety  beftätigt  toirb, 
bafc  bie  Barbefaniten  e«  bertoarfen  (©£  II,  598 ;  Setter  ©.  72).  £at  aber  an  biefem 
Sßunft  bie  for.  ©ammlung  ber  Sßaulu«briefe  in  ber  3toiföenjeit  jtoifd&en  ber  ©ntfte^ung  ber 

25  Ueberfeftung  unb  ber  geit  be«  Styfyraate«  eine  Bermefyrung  erfahren,  fo  toirb  baäfelbe  aut) 
bom  §br  gelten;  benn  e«  ift  untoafyrfctyeinlicfy,  bafe  bie  bi«  Drigene«,  fobiel  toir  toifien, 
auf  älejanbrien  beföränfte  ^rabition  bon  ber  J>aulimfc$en  Slbfaffung  unb  fanoniföen 
©eltung  be«  §br  fcfyon  bem  erften  fer.  Überfe^er  feftgeftanben  fyaben  foEte.  3)ie«  ift  um 
fo  unglaublicher,   al«  alle«  auf  bie  §erfunft  De«  älteften  neuteft.  lejte«   ber  ©^rer  bon 

30  9lom  ^tntbeift,  h>o  ber  §br  nic^t  al«  paulinifd^  unb  fanonifety  galt,  gn  SRom  toar  ber 
®t;rer  3^atian,  ber  SBerf affer  be«  95iateffaron«,  G^rift  geworben,  e^e  er  in  feine  $eimai 
jurürffc^rte.  3Son  3lom  ^>at  na$  ber  Segenbe  (D.  Add.  p.  46)  bie  Äird^e  bon  (Sbeffa 
bie  Sriefe  be«  5ßaulu«  erhalten.  38on  einer  Bearbeitung  ber  ^JauluSbriefe  burc^  Station 
hatte  @uf.  IV,  29,  6  eine  bunlleÄunbe  (®ÄI,  423 ;  II,  563).   $er  äUefte  f^r.  le^t  fo^ 

35  tooM  ber  Briefe  al«  be«  @b.  ift  bem  abenblänbifd^en  bertoanbt.  92eue«  Sic^t  brachte  bitö 
for.  3Serjeid^ni«  bon  ©inai.  3)ie  Crbnung  ber  Briefe  ift  bort:  ©a,  1.  2  Äo,  SRö,  §br  2C. 
(Sben  bie«t  ift  bie  Drbnung,  in  melier  6j)^raim  bie  Briefe  fommentiert  $at;  erft  ber 
armcmfd&e  Überfe^er  ^at  fie  burd^  bie  getoöfynlictye  berbrängt.  3)ie  erften  4  Briefe  ©pfyraimä 
unb  ber  fyr.  Stfte  ^at  aber  3Warcion   in  9tom.  um  147   in  biefe  Drbnung  gebraut  (®Ä 

40  I,  622 f.  836;  II,  346 f.;  9»3  1900  ©.  801ff.).  gn  feine  gufetatfen  ift  ber  erfte  fer. 
Übcrfej^er  ber  Briefe  getreten.  Bon  niemanb  ift  ba«  letzter  gu  glauben  al«  bon  latian. 
§at  biefer  nad^  öteron^mu«  (praef.  comm.  in  Tit.  Vallarsi  VII,  686;  (SRI,  426  f.)  tote 
■Siarcion  einige  Briefe  be«  Sßaulu«,  aber  leidet  ben  an  Situ«  bertoorfen,  fo  fd^eint  fic^  bie$ 
nac^  bcm  Sufammen^ang  auf   1.  2  %\  unb  §br  ^u  bejiefyen,    !ann  ftep    aber   auc^  auf 

45  ^J^tlemon  begießen,  ^öd^ft  merftoürbig  ift,  bafe  tm  f^r.  Bergeid^ni«  ber  2  %x  jtoar  ate 
fold^er  bejetc^net  ift,  aber  fein  1  %\  borange^t.  (£«  bleibt  borläuftg  einige«  ungetoife; 
ioa^rfd^einlid^  aber  beftanb  bie  erfte  f^r.  ©ammlung  au«  folgenben  ©tüdfen,  toel^e  \d) 
nad)  ber  fmattifd^en  Sifte  unter  2lu«ftofiung  ber  fbäteren  6mfc$iebfel  unb  mit  Sejekfynung 
i^rer  ©tefle  burefc  f   orbne:  ©a,    1.  2  Mo,   f/  3tö,  t  Äol,  ^,  f,  Wü,    1.  2  3^,  j, 

öo  2  %\,  %\t,  f-  ©^)äter  fcf>ob  man  §br  ^intcr  9lö  ein  (ß^raim  u.  ftn.  Sifte),  1  2i  bor 
2  %i  ((ipfyaxm),  ?tytlemon  am  ©d^lufe  (fin.  Stfte).  35er  3  Äo  fanb  feine  ©teile  teil* 
hinter  2  Äo,  teil«  bor  5JJ&U. 

3)tc   fi;r.  Äirc^e  fonnte  t^re  anfängliche  Befonber^ett  mcfyt  auf  bie  35auer  belauften. 
äÜic  fte  urfiprünglic^,   aber  fc^on  bnr  3l))l>raate0,  alfo  im  3.  J3<ty$unbert,  §br  unb  3  Ro, 

55  btclleic^t  aud)  bama(«  erft  1  %\  rezipiert  bat,  fo  fonnte  fie  ft$  auc^  nid^t  gegen  alle 
fatfyoltfcfyen  Briefe  bcrfc^liefecn.  3)ic  f^r.  Überfe^ung  ber  Äird^engefc^ic^te  be«  6ufebiu«, 
toclc^e  f4>on  ßp^ratm  fletjjtg  gelcfen  ^at,  machte  bie  ©tyrer  mit  ber  älteren  ©efc^id^te  be$ 
9J3:«  befannt.  (£«  gab  im  4.  ^a^.  Berfcfyr  genug  itbifd^en  griee^ifetyen  unb  fbrifc^en 
ß^riften  unb  Atrien ;  e«  gab  aud;  ©rieben  unb  griec^ifd^e  Bibeln  in  (Sbefja.    3)a^er  tjl 

eo  nid^t  ju  bertounbern,  ba^  ßp^raim,  auc^  abgefefyen  bon  ben  meift  ^toeifel^aften   unb  nur 


Station  beft  «2*  791 

gried&ifö  borüegenben  ©Triften,  mit  allen  latfyolifcfyen  ©riefen  unb  au$  mit  ber  Sfyf  fu$ 
vertraut  jeigt  f.  ben  3>nber,  in  ^aml^n'«  Dissert.  on  tbe  gospel  comm.  of  Ephraem, 
1896  p.  168  f.  93ei  geftftellung  ber  $efc$.  tourbe  bann  boc|  eine  2lu«toafyl  getroffen,  nur 
3a,  1  <pt,  1 3o  regiert.  9lu«gefc|loffen  blieben  2  $t,  2.  3  3jo,  3u  unb  3fyf,  tooran  aud^  bie 
foäteren  Überfeftungen,  toelctye  biefe  93ücfcer  einfd&loffen,  bie  ^tyiloreniana  bon  508  unb  bie  6 
SRebtfton  be«  3$oma«  bon  §era!lea  bon  616  prattifö  laum  ettoa«  geänbert  fyaben.  35ie 
Srief e  be«  $aulu«,  ju  melden  nun  auety  ber  Sßfyilemon  jäfylte,  mürben  in  bie  bei  ben  ©rieben 
übliche  Drbnung  gefteHt;  au$  bie  6bb.  nur  noefy  in  ber  Drbnung  9Dtt,  5Rc,  2c,  3°  fort* 
gepflanjt.  2Bie  biefe  Slbgrenjung  unb  Sfoorbnung  be«  913;«,  fo  ift  aud)  ber  $e£t  ber 
$efd^.  nur  burefy  eine  mächtige  ßintoirfung  ber  antiod&eniföen  Äirc^e  auf  bie  ftyriföe  10 
•Battonalfird&e  ju  ertlären,  aber  auefc  umgefej^rt  ba«  9EE  ber  antuxtyeniföen  fttrctye  be« 
4.  3aWunbert«  nur  au«  einer  ftarfen  (Sintotrfung  bon  Serien  ber  nt  begreifen. 

VII.  Sudan  unb  @uf  ebiu«.   Sßätyrenb  ba«9fö  ber  alteniRird&e  bon  Slntiodnen 
leine  93efonbertyett  $eigt,  m«bef  onbere  ber  Styl  unb,  toie  e«  föeint,  auefy  be«  2  Sßt  nietyt  er- 
mangelte (Eus.  IV,  24, 1 ;  @ft  I,  312  ff.),  ift  ber  Äanon  eine«  Gtyrtyfoftomu«  genau  ber*  16 
jenige  ber  $ef$ittfya,   unb   eine  biefem  jugefetyriebene  ^rebigt  fü^rt  gelegentlich  ben  3lu& 
föluß  be«  2.  u.  3$o   auf  bie  (Sntföeibung   ber  SSäter  jurücf  (Montfaucon  VI,  430; 
©Ä  II,  229  f.).    2)ie«  fann   nidjt   eine  golge  ber  Senkungen  be«  ßufebtu«  fein,  benn 
biefer  toollte  jtoar  bie  9fyf  befeitigt,   aber  bie   7  fatty.  SSriefe  anerfannt   fyaben.     2Bir 
muffen,  um  ben  Umfätoung  in  Slntioctyien  m  berftetyen,  auf  bie   Anfänge  ber   bortigen  20 
6jc!getenfc§ule,  auf  Sudan,   jurücfgefyen.    s)iaö)  feiner  hierin  unberbäctytigen  Vita  (3Kigne 
114,  397  ff.)   fear  fiueian  in  ©amofata  geboren  unb   in  (Sbeffa  %um  Sjegeten  gebilbet, 
e^e  er  in  Slntio^ien  ^rieftet  unb  ©rünber  einer  ©<$ule  tourbe.  3lai)  #ierontymu«  (praef . 
in  evv.  ad  Damasum  cf.  v.  ill.  77  exemplaria  scripturarum  Luciania;  Decret. 
Gelas.)  ift  nid&t  gu  bejtoeifeln,  baß  Sudan  feine  terlfritiföe  2lrbeit   auf  ba«  9EE  au«*  25 
aebe^nt  fyat,  unb  baß  feine  Stecenfion  be«  911«  ebenfo  toie  biejenige  ber  LXX  ftd&  bon 
»ntiocfyien  bi«  Honftantinopel  berbreitet  fyat  (Hier,  praef.  in  Paralip.).    ©etyt  bemnac^ 
ba«  913;,  toelctye«  bie  $rebiger  unb  ßregeten  2lntiod>ien«  um  380—450  in  £änben  Ratten, 
nad&  %qct  unb  ^ufammenfefcung  toa^djeinluty   auf  Sudan  unb   feine  Schule  jurücf,   fo 
ift  e«  al«  ein  Äom^romife   jtoif^en  ben  Irabitionen   bon  ßbejja  unb  Slntiot^ien  ju  ber«  so 
fte^en.    2Jftt  ben  ©^rern  fc^Iofe  man  bie  Styf  au«;   bon   ben  fatty.  ©riefen  aber,  toelc^e 
bamal«  ben  Syrern  gänglid^  fehlten,  fc^ieb  man  nur  bie  4  Heineren  au«,  toeld&e  otynetyn 
auc^  bei  ben  ©rieben  angefochten  toaren,  behielt  aber  %a,  1  5ßt,  1  %o.    SBaJ^rfc^einli^ 
fmb  bamal«  auc^  anbere  ©Triften,  bie  früher   ein  metyr  ober  toeniger  ftarte«  Sanb  mit 
bem  s)Kt  berbunben  f)attt,  nad^  bem  Vorgang  ber  ©Vrer  bon  ben  „SBätern"  in  2tntioc^ien  86 
befeitigt  morben.    2)iefe«  antiod^enif^e  9E£  mufe  bann  toieber  auf  bie  foriföe  Äirc^e  eine 
Slticftoirfung  geübt  fyaben,  beren  @rgebni«  bie  $ejcfrittfya  ift 

3n  ^ßaläftina  tourben  bie  Sibelftubien  be«  Drigene«  burd^  Sßam^ilu«  unb  ©ufebiu« 
fortgefe^t.  Gufebiu«  aber  ift  nid^t  nur  bon  biefer  (Seite  beeinflußt.  9la$  h.  e.  VII, 
32,  2—3  f)at  er,  offenbar  in  Sntioc^ien,  bie  Vorträge  be«  gelehrten,  auc^  be«  #ebräifd5>en  40 
funbigen  bortigen  5($re«b^ter«  ®orotfyeu«  gehört.  9Kit  ben  ©d^ülern  fiueian«  toar  er  im 
Äampf  um  bie  Irinität«lel>re  berbünbet.  ^m  3-  330  toar  er  für  ben  93iföof«ftu$I  bon 
Sntioc^ien  au«erfe^en.  211«  ein  ^ögling  ber  S^ule  be«  Drigene«  ertoeift  er  fi(^  baburd&, 
baß  er  in  ^fagen  be«  Äanon«  bte  ©timmen  aller  Äircfyen  unb  ber  tyrer  bamaligen  ©ittc 
ju  ©runbe  Uegenben  Irabition  angehört  toiffen  toottte.  ^n  M^  SSerfyör  f)at  er  aber  45 
auc^  bie  flirre  bon  3lntiod?tcn  in  i^rer  jünaften  (Snttüicfelung  unb  bie  hinter  biefer 
fte^enbe  f^rifc^e  Äirc^e  einbezogen.  3n  ^er  Äircpengefc^ic^te  ^at  er  feinem  SSerfpred&en  gemäß 
(111,3, 3)  fleißig  bie  Urteile  ber  älteren  ©d&riftfteUer  über  bie  2lntiIegomena  be«  SJM«  unb 
beren  intereffantere  ^Mitteilungen  über  bie  anerlannten  toie  bie  atoeifelfyaften  ©Triften  be« 
KJM«  ejeerpiert.  9?ac^bem  er  über  bie  ©Triften  unter  bem  9Jamen  be«  ^Jetru«  unb  be«  öo 
5ßaulu«  III,  3  unb  über  bie  jotjanneiföen  III,  24, 17—18  im  einzelnen  berichtet  ^at, 
giebt  er  III,  25  eine  umfajfenbe  Ueberftd^t  über  (amtliche  für  ba«  9KE  in  Setracfct  fommen= 
ben  ©Triften,  ^m  Slnfc^luß  an  ben  ©prac^gebrauc^  be«  Drigene«  untertreibet  er  ^ier 
h>ie  fonft  jtoet  .f)au^tflaffcn :  6/ioXoyovjueva  (äva/bKjikexra,  AvavriQQma ,  Avojuo- 
loyrjßuva)  unb  ävrifoyo/uwa.  3)ie  jmeite  Älajfe  aber  teilt  er  toieber  m  $h>ei  äbteis  65 
Iungen.  (Sr  untertreibet  biejenigen  Slntilegomena,  beren  aufnähme  er  toünfd&t,  bon  ben^ 
jenigen,  bie  er  für  ^äljc^unaen  (vo&a)  ertlärt  unb  be«^alb  au«gefd^lojfen  toiffen  toiH. 
S«  ergiebt  ftc^  folgenbe  labettc:  I.  .^omologumena:  4  6bb.,  31©,  (14) ©riefe  be« 
^kiulu«,  1  s15t,  1  30,  cbentuett  aud^  äl^f.  11.  Äntilegomena  a)  bejfere  ©orte:  %a, 
3u,  2.  3  >;    b)  friedjtere  Sorte:   ^5oulu«aften,  ber  $irt,  S^f  be«  $etru«,  Sarnoba«,  60 


792  Station  beft  9120 

2fyofteHefyren  (=  Dibad&e),  ebent.  aud&  2fyf  beä  ^anneS.  Sln&angStorife  toirb  #er 
al$  Slntilegomenon  nod)  ba3  $ebräereb.  genannt  (@Ä  II,  645).  SDiefe^  Serjeidjfnte  fclbft, 
boHenbS  bergigen  mit  ben  fonftigen  Sufeerungen  beä  6uf.,  jeigt  UnHarfyeiten.  5Da  bor 
$br  tyer  ni<$t  bejonberS  aufgeführt  ift,  fo  ift  erftd&tltd&,  bafe  duf.  tyn  afö  14.  »rief  be$ 

6  $aulu$  (bgl.  III,  3,  5)  unter  bie  §omologumena  pellt,  obtoo^I  er  anbertoärt«  n'ic&t  ber* 
fötoeigt,  bafc  er  ein  «ntilegomenon  fei  (III,  3,  5;  VI,  13,  6;  14,  lf.;  20,  3,  25,  11- 
14).  2)er  §ier  unb  ba  ftc^  no$  regenbe  9ßtbeifyruc$  erfd&eint  betn  ®uf.  ntc&t  tnefyr  be* 
ac&tenStoert.  Sßenn  er  Ivdid&mcog  fonontym  mit  öfwkoyoifievoQ  gebraucht  (III,  3, 3), 
fo  f$eint   er  bamit  auety  bte  freieren  Slntilegomena  Dorn  vfä,  auäjufd&Uefjen   unb  äußert 

ioftc$  gelegentlich  au$  fo  (III,  3, 1;  25,6).  Sr  meint  bo$  nur,  bafj  bte  £omoI.  fty 
bereite  enbgiltig  im  9KE.  beftnben,  toomit  nic^t  gefagt  fein  foll,  bafe  ntc$t  au#  getotffe 
Slntil.  allgemein  reagiert  toerben  foDten.  35gl.  ben  lageren  ©ebrauety  bon  hdiAfhwoq 
V,  8, 1;  VI,  14,  1.  Snbem  CT  fem«  bte  fd&led&tere  ©orte  ber  3htttL  für  une$t  erftart, 
fcfyeint  er  bon  ber  ©c^t^eit  ber  befferen  Sorte  überzeugt  *u  fein.    6r  berfetytoeigt  jebod? 

15  nicfyt,  bafe  ber  ga,  toeld&en  er  im  Sßjalmenlommentar  als  $)L  ©dfcift  eines  jtyofiefö  cittert 
CJKontfaucon,  Coli,  noval,  247.  648),  (bontoem?)  für  unecht  erflärt  toerbe  (11,23,25); 
er  fetbft  erflärt  ben  2  $t  inbirelt  für  unecht  (III,  3,  4)  unb  lägt  bte  grage  offen,  ob 
2.  3  go  bom  2fyoftel  ober  einem  :ftamen$genojfen  gejd&rieben  feien  (III,  25,  3).  2tter  er 
fennt  bie  7  fatty.  Sriefe  afö   eine  abgesoffene  ©ammlung  mit  %a  an  ber  ©pü^e  (II, 

ao  23,  25)  unb  jeigt  burety  bie  ©rujtyierurig  in  III,  25,  bafi  er  biefe  7  Sriefe  jum  vet  ge* 
rennet  fyaben  toiO.  ©etytoterig  toar  für  Guf.  eine  (Sntfd&eibung  über  bie  2tyf.  @r  fytt 
fte  manchmal  otyne  Slnbeutung  eines  Sebenfenä  cittert  (demonst.  VIII,  2,31;  eclog. 
proph.  IV,  30)  unb  §at  treulich  bie  ftarfen  3eugnijfe  fto  ^w  ftrc^Iid^e  ©eltung  angefügt 
(h.  e.  IV,  18,  8;  24,  1;   26,  2;   V,  8,  5;  18,  14;  VI,  25,  9).    2Benn  er  III,  24, 18 

25  fagt,  bafc  bei  ben  Weiften  noefy  immer  bie  Weinung  über  fte  fyin  unb  ^er  fetytoanfe,  fo 
toirb  baäbon  feiner  näheren  Umgebung  gelten,  ift  aber  nurbarauä  ju  erßären,  bog  man  in 
^aläfttna  unb  unter  ben  in  aller  Sßelt  jerftreuten  ©Gütern  SuctanS  ber  ÜBertoerfung  ber  Sty! 
bur$  bie  ©tyrer  unb  fiueian  gro|e«  ©etoie^t  beilegte.  SBotyin  @uf.  neigte,  ift  beutfidfr.  911$ 
„fogenannte  2fyf  be$  ^otyamteS"  fütyrt  er  fte  ein  III,  18,  2  bgl.  39,  6;  furj  ertoäfcnt  er 

ao  bie  ©cfymäfyungen  be$  6aju3  III,  28,  mit  um  fo  breiterem  Sefyagen  bie  be^utfamere 
Äriti!  beä  95ion^fiu«  VII,  24—25.  3)effen  Vermutung,  bafe  ein  anberer  go^anne«  bie 
2tyf  gefd^rieben  ^abe,  berfolgt  er  mit  Sifer,  unb  in  bem  3rrt^reRe  Wefer  ßJj>ot^efe  fud^t 
er  bie  ßfiftenj  eine^  bom  Sipoftel  berfd^iebenen  ^re^b^tetö  ^o^anne^  au^  Ißapiaä  m  b& 
toeifen  III,  39,  6  togl.  VII,  25,  16.    Die  2tyf  foH   i^rer  ajjoftoliföen  SBürbe  entHeibet 

85  unb  aus  bem  91%  entfernt  toerben.  Slber  offen  unb  gebieterifc^  mag  @uf.  bte«  Urteil 
noc^  nic^t  auäfprectyen.  Unter  bie  befferen  älnttl.,  bie  er  aufgenommen  fyaben  toiC,  fann  er 
fte  eben  barum  ni$t  [teilen,  obtoo^l  fte  unbergleic^Iid^  beffer  bezeugt  ift,  afö  irgenb  eineä 
biefer  3lntil.  ©o  läfet  er  bie  SBafjl,  ob  fte  angeftc^tö  i^rer  faft  allgemeinen  ftrd^Ii^en 
Slncrfennung  ju  ben  §omol.   ober  ju   ber  jtoeiten  3DbteUung  ber  2lntü.,  beren   enbli^e 

40  Sefeitigung  $u  toünfc^en  ift,  ju  rennen  fei.  2)a$  31%  nac^  bem  ©mn  be«  6uf.  ift  afc 
gefefyen  \>on  ber  91))!  ba«  unfrige;  e$  unterfd^eibet  ftc^  bon  bem  ber  äfotioctyener  unb  ber 
^efd^ittfya  nur  bur^  bie  SSottja^l  ber  tati).  ©riefe.  6§  ftimmt  mit  biefem  unb  bem 
unfrigen  überein  im  SluSfcfylujj  ber  gtoeiten  ©ru$>e  bon  Slntilegomena.  35tefeg  912 
be$  6uf.    finben   toir  bei  Stritt   bon   S^A^r   ©tegor  3la^.f  im  ansang  be«  C. 

45  Laod.  59 ;  im  C.  apost.  85 ,  toafyrfcfyetnltd)  in  Const.  apost. ,  unb  toirb  bom 
2lmp^iIoc^iuS  neben  bem  antiod^enifc^en  Äanon  berücfftctytigt  (®R  II,  179.  181  ff.  192  f. 
202.  217.  219).  25ic  toeite  Verbreitung  erflärt  ftd^  nid&t  au«  bem  ^o^en  Slnfe^en  ber 
flirc^engefc^id^te  be«  ßuf.  allein.  (Sin  toirffameä  uRittel  jur  Verbreitung  feiner  2Bünfc$e 
bot  i^>m  ber  Sluftrag  Äonftantin«,   50  bottftänbige  Sjemplare  ber  gangen  Sibel  auf  $er- 

so  gament,  junäd^ft  für  bie  Äird&en  ^onftantinopcl«  ^erguftellen  (v.  Const.  IV,  34.  36—37 
um  335  f.  auc^  ©Ä.  I,  73).  Dabei  toar  bie  Slu^toa^l  ber  aufgunefjmenben  ©Triften 
au^brücfltc^  feiner  ©ntfd^eibung  überlaffen.  6«  fann  nic^t  jtoeifel^aft  fein,  toie  biefe  au^ 
fiel.  Slbgefefyen  bon  ben  Slufftellungen  ber  Äir#engefcj)i(|te  betoeift  ber  Srfolg,  ba^  6uf. 
fid^  bei  biefem  beranttoortunggboHen  ©efcfyäft,   toa«  bie  Suföww^^f^wttÖf  a^CT  <**"$  ^^ 

55  ben  Xejt  anlangt,  ntcfyt  an  Drigene«,  fonbern  an  Sucian  angefc^loffen  §al  3)ie  ÜBerbreU 
tung  bon  beffen  5Recenfton  bis  Äonftantinopel  (oben  ©.  791,27)  unb  bie  eigene  SReiguna 
be«  6uf.  empfahlen  biefe«  SSerfa^ren.  Den  Äird^en,  toelc^e  fiueian«  91%  in  ©ebrauq; 
Ratten,  tourbe  baburc^  nid^t«  toeiter  jugemutet,  al$  bie  aufnähme  ber  trier  fleineren  !at^. 
©riefe,    ^m  9lu^fd^lu§  ber  nie  untoiberfprod^en  gebliebenen  Slntilegomena,  aber  and)  ber 

60  2fyf  loar  man  bon  bomfyerein  einig.    %üx  immer  blieben  jene,   für  länger  als  ein  §qI)T'- 


Station  beS  »IS  793 

^unbert  bte  8tyf  bom  Äanon  faft  aller  gried&ifd&en  ftirctyen  SlftenS,  tote  fd&on  längft  ber 
f^rifc^en,  auSgeföloffen.  3n  «nigen  pfyöniciföen  ©emeinben  behauptete  ft$  bte  2fyf 
(Hieron.  tract.  in  ps.  1,  Anecd.  Maredsol.  III,  2,  5  cf.  p.  314).  ßpipfyaniuS,  ber 
ftet^  an  ttyr  feftgefyalten,  jagt  im  Site!  auf  bte  ©efamtftrc&e,  fte  toerbe  „bei  ben  SReijlen 
unb  bei  ben  glommen  geglaubt"  (haer.  77,  36),  Slm^iloctyiuS  ad  Seleuc.  316ff.  be*  5 
rüdfft<$tigt  bie  Seretyrer  ber  2fyf  aü  eine  ^Minorität. 

VIII.  X t^anaf tu*  (®&  H,  203—212;  6.  S^mibt,  ber  Ojtafefibrief  beS  X$. 
bom  §.  367  m  9la$x.  b.  @ef.  b.  SBtff.  \.  ©ött.  1898  ©.  167—203;  3<\$n,  8$.  unb 
ber  Stbeßanon  1901).  9to$  bem  Dfterbrief  bon  367,  toelc&en  toir  neuerbtngä  burd& 
eine  f o)>ttfc^e  Überfeftung  boUftänbiger  afe  buri$  bie  fanonifttföen  Sammlungen  fennen,  ift  10 . 
e$  nietyt  ein  ©ettenblicf  auf  anbere  Äircfyengebtete,  auf  (Sufebtuä  ober  Sudan,  fonbern  ber 
in  ber  eigenen  Ätrd&enprobinj  be$  8tfy.  anbauembe  unterföiebälofe  ©ebrauefy  bon  allerlei 
äpofr$)&en  afe  tyl.  Schriften,  tt>a$  tyn  beranlafcte,  einen  genau  abgegrenzten  unb  bte 
auf  bie  Reihenfolge  ber  ©Triften  unb  ©c$riftengru$)en  georbneten  Kanon  beiber  2efta* 
mente  auhufteßen.  ftn  ber  gorm  einer  Darlegung  beffen,  toaS  fd^on  burdjj  bte  8poftel  is 
in  biefer  Sejie^ung  feftgefteDt  toorben  unb  feiger  üblufc  ift,  tritt  8ty.  bodj  atö  ©efefc* 
geber  auf.  @r  ift  ber  arfte,  toel^er  bie  27  Sucher  unfereä  9J2S  als  bie  allein  fanonifd^en 
jjinftellt.  Die  (Erinnerung  an  ben  Sßtberforuc^,  toeld&en  mehrere  berfelben  folange  erfahren 
Ratten  unb  j.  33.  ber  2  5ßt  nod>  nad&  bemJobe  beS  8ty.  beiDibtymuS  (9JKgne  39,  1774) 
erfuhr,  toirb  ignoriert.  Um  aber  bo<$  mit  ber  Irabition  bon  Sllejanbrien  nid&t  bößig  &u  20 
brechen,  fteüt  er  neben  bie  xavovtC6/*eva  unb  in  ebenfo  fcfyarfer  Unterfc&eibung  bon 
biefen,  tote  bon  ben  böllig  bertoerflic&en  änöxQvwa,  eine  Älaffe  bon  ävayivayoxoueva. 
Die  SJäter  fyaben  biefe  baju  beftimmt,  ben  Äatecpumenen  borgelefen  gu  toerben.  m  ge* 
työren  baju  bon  bordjjrift  liefen  ©Triften:  bie  2Bete^eit  ©al.,  ©ira$,  @ftyer,  ^ubity  unb 
iobiaö,  bon  c^rtftlid&en:  bte  „fogen.  Se^re  (dtdarn)  ber  2fyofteI"  unb  berührt.  63  tt)irb  25 
bamit  getoifc  eine  bamalige  SßrasiS  ber  alej.  Sirene  toiebergegeben.  Die  Dtbactye  übte 
auf  bie  Siturgte  in  $g$>ten  einen  anfyaltenben  (Sinfluf*  bgl.  bie  Siturgie  be$  ©erapion 
bon  Statute  ed.  Sßobbermin,  $U,  9^11,  3 b  ©.  5,  25  ff.;  8t$an.  (?)  de  virg.  13.  14, 
unb  ttmrbe  aud&  na$  8ty.  gu  erbaulichen  «Rtoedfen  bei  ben  Äojpten  bertoertet  bgl.  3fclmr 
311  XIII,  1  Sln^ang.  Dem  $irten  ^at  9lt^.  aud^  fonft  feine  #odM$äfcung  baeuat.  so 
Dagegen  überragt  un^  ba^  ööuige  ©d^toeigen  über  anbere  ©Triften,  toeld^e  im  3.gja£r* 
^unbert  in  Sllejanbrien  minbeften«  ebensogut  toie  bie  Dibad^e  unb  ber  §irt  jum  9KE  ge« 
rennet  tt>urben.  Den  Sarnaba^brief,  tuelc^er  bamalä  ben  !at^.  ©riefen  beigejä^lt  tourbe 
(ob.  ©.  777, 02),  fyat  noc^  ©eraj)ion,  ber  ^eunb  beS  2lt^.  mit  6  njuKOTazog  Bagvdßag 
6  äjidoToJLog  neben  bem  SRö  be«  $aulu«  (6  kgös  foiöorolog)  cttiert  (SBobbermin  86 
1.  1.  p.  21),  unb  im  Cod.  Sin.  fte^t  er  jtoiföen  ber  3fyf  unb  bem  §irten.  SßoHte  ät$. 
i^n  ju  ben  Slpoh^p^en  geregnet  baben,  n>eld^e  er  burd^toeg  alä  ^äretifebe  ^ilfc^ungen 
öerbammt?  3^^^^  $**  w  1&&  S5anb,  tuelc^e^  biefe  unb  anbere  ©Triften  mit  ber 
Sibel  folange  öerfnü^ft  fyattt,  ftiHjd&toeigenb,  aber  bebingung^lo^  burc^fd^nitten.  Da«  9fö 
ber  27  Stirer  erfc^etnt  noefy  fefter  begrenzt,  ate  ba^jenige  ber  26  Sudler,  toeld^e«  gujebiu«  10 
in  Umlauf  gefefct  fyattt.  SBätyrenb  biejer  fein  SSerfa^ren  burd^  umftänblid^e  (Srtoägungen 
vorbereitet  l^atte,  gab  e$  für  ät^.  feine  Sebcnfen  unb  feine  Slntileaomena  me^r.  ©ein 
$}erfud&,  ber  Äirc^e  einige  nic^tfanonifc^e  Süd&er  al$  fiebr^  u.  ^efebücper  ju  erhalten,  o^nc 
fte  ju  fanonifieren  ober  fte  unter  bem  unflaren,  Diel  fpäter  aufgefommenen  Segriff  beä 
Deuterofanonifc^en  iufammenjufaffen,  fnüpfte  an  ältere  33erfucfye  (ob.  ©.  778, 57)  unb  an  bie  46 
Sßrajte  bon  Sllejanbrien  an ;  er  tmrb  auc^  in  silgvpten  eine  3*ü  lang  jenen  Sudlern  ein 
©<tyu$  bor  böHiger  Sergeffen^eit  getoefen  fein.  Äür  bie  Äird^e  im  ganjen  unb  auf  bie 
Dauer  toar  er  öergcblid^,  toeil  unburdjfü^rbar.  Die  ^efung  beim  Unterricht  ber  ttatecfyu* 
menen  tt>ar  bon  ber  l'efung  im  ©emetnbegotteöbienft  bon  2lnfang  an  nid^t  fd^arf  getrennt, 
ba  bte  Äatecfycjen  bon  ben  getauften  ©emetnbeglicbern  unb  ber  ©onntag«gotte«bienft,  ab«  w 
aefe^en  bon  ber  eucfyariftifcfyen  geier,  bon  ben  Äatec^umenen  fleißig  befugt  tourben  (f. 
at^.  unb  ber  Stbelfanon  ©.27  f.).  Slt^.  felbft  lä&t  biefen  Unterf^ieb  fallen,  toenn  er 
jene  Sudler  ate  ävayivwoxöfAeva  obne  3"^  ^m  xavovitöfieva  gegenüberftellt. 
Siufinu«,  ber  nac^  alqanbrintfd^em  Sorbtlb  fo  jiemlid^  biefelben  Sudler  ate  libri  eccle- 
siastici  bon  ben  canonici  unterfetyieb,  beutet  oic  Seftimmung  jener  Sucher  ba^in,  ba^  66 
bie  3Säter  i^nen  ba«  legi  in  ecclesiis  juerfannt  ^aben  (expos.  symb. 38).  216er 
bie  gotte^bienftltc^e  Scfung  galt  ben  SWeiften  noc^  immer  als  #aui>tmerfmal  be«  Äanonifd^en. 
Ecclesiasticus ,  ^xxXrjoiaCo/iievog  toax  i^nen  =  canonicus  cf.  Hieron.  epist. 
129,3  ad  Dard. ;  tract.  in  ps.  149,  auefy  tract.  in  ps.  1,  Anecd.  Maredsol.  III, 
2,314  cf.  p.  5;    Pseudochrys.    Montf.  VI,  430;    Pseudoath.    dial.   de   trin.  c.  «j 


794  Saturn  beS  9t£* 

Ar.  I,  5;  Leontius  de  sect.  II,  1.  4;  Stichom.  Nie.  @Ä  II,  297.  299.  3)aS  in 
btefem  $unft  rabifalere  Verfahren  be$  (SufebiuS  ftegte  über  baä  fonferbatibere  be$  ätya* 
nafiuS.  äfobererfeitö  ftegte  ätyanaftuä  mit  feinem  31%  ber  27  Sttd^er  fd&Iiefelu$  in  aßen 
Seilen  ber  Jtird&e. 

5  IX.  3Me  (Snttotdfelung  im  Orient  bis  jur  3***  SuftinianS.  ®CT 
burefy  Sudan  unb  (SufebiuS  begrünbete  ©tanb  ber  ©inpe  im  Orient  tourbe  burety  bie 
eigenartige  Äritif  S^eoborä  bon  3Roj)fueftia  nid&t  toefentltdfr  beranbert.  Sgl.  Safyn,  35a« 
3V%  SttyeoborS  unb  ber  urforüngltd&e  Äanon  ber  ©tyrer,  9H3  1900  6. 788—806.  9toc$  bem 
übereinftimmenben  3*^8™$  beö  ©egnerS  SeontiuS  unb  beä  Verehrer*  ^cfubab  tyü  2#eobor 

10  mcfyt  nur  ben  3af.,  fonbern  alle  7  tati).  ©riefe  bertoorfen.  3)a  er  ate  Stnttot&ener  felbfi» 
berftänblicfy  auefy  bie  3lf>t  nid&t  in  feinem  3ü%  fyatte,  fo  ift  fein  9fö,  abgefe^en  bon  ber 
für  ifyn  ntd&t  in  93etra$t  tommenben  ßrfefcung  ber  4@bb.  bur$  ba3  2)iateffaron,  ibentifö 
mit  bem  ber  ©tyrer  um  340  (oben  ©.  789  f.).  63  unterliegt  batyer  auefy  feiner  grage, 
bafe  er  feine  inbtbibueße  Äritil  burety  betoufeten  2tnfc^Iufe  an  eine  um  400  no$  nid&t  au& 

15  geftorbene  foriföe  Srabition  &u  ftüfcen  gefugt  tyat  Sttud^  in  feiner  2tnorbnung  ber  $au- 
linen  (3*ö,  1.  2  Äo,  §br,  @t4  @a,  ©ft  II,  360)  fd&tofe  er  ftd&  in  »ejug  auf  ben  £br 
an  biefe  irabttion  an,  forrigierte  fte  aber  naety  bem  gried&ifctyen  Sraucty  in  Sejug  auf  SRö 
u.  ©a  (ob.  ©.  790,49  u.  9«3  1900  ©.806).  ©egen  biefelbe  berteibigte  er  bteÄanoni* 
cität  beä  ^ilem.  (ob.  ©.  790, 13)  unb  lehnte  ben  brüten  Äorintyerbrtef  ab.  Sei  bem  tyo&en 

20  älnfefyen,  toelcfyeä  3$eobor  bei  ben  ftyrtfd&en  SReftortanern  genofe,  toäre  nid&t  ju  bertounbern, 
toenn  biefe  bem  „SluSleger",  tote  fte  $n  nannten,  au$  in  ©ac^en  be8  ÄanonS  gefolgt 
toären.  $n  *><*  33^at  erfcfyeinen  noefy  bei  bem  9Jeftorianer  3*fubab  im  9.  3<u>rfyunbert 
bie  brei  großen  fatty.  93riefe  als  eine  3lrt  bon  äntilegomena.  äu$  ÄofmaS  um  540,  ber 
tont  fyriföen  SWeftortanern  fiefy   M  belehren  laffen,  rennt  Seute,   toeld&e  äße  tati).  Sriefe 

26  bertoerfen  (®5?  II,  233).  2Btr  toürben  genauer  unterrichtet  fein,  toenn  bie  SBorträge, 
toeld&e  $aulu3  bon  SRiftbte  um  545  in  ftonftantinopel  fytelt,  uns  in  aut^entifd^er  $orm 
unb  md?t  nur  in  ber  lateinifd&en  Bearbeitung  beä  bort  lebenben  SlfrilanerS  ^uniliuS  er- 
halten toären  (bgl.  Ätyn,  I^eobor  unb  ^uniliuS,  1880.  ebenbort  im  ansang  ©.  465— 
528  Junilii    instituta  regülaria  divinae  legis).    3""^^    M   a^  ™$t  nur  m 

ao  Titeln  toie  divina  lex  für  bie  ganje  Sibel,  Petri  ad  gentes,  epistolae  canonicae 
ftatt  catholicae  u.  bgl.  ba«  Original  nac^  abenblänbifd&em,  teiltoeife  f})ejiftfc^  afrilanifc^em 
Sraud^,  fonbern  auefy  fa^lidSi  geänbert,  namentlich  in  Sejug  auf  bie  ätpf  p.  475,  10; 
480,  8,  toetetye  für  ^JauluS  tote  für  SEtyeobor  gar  nic^t  in  Setrac^t  fam.  3ftögKc&  ift 
jeboc^,  ba^  $aulu$  in  Sonftanttnoj)el  e«  angezeigt  fanb,  auSbrücflicty  gu  erBären,  baft  bie 

86  2tyf  nulb'us  auetoritatis  ober  omnino  cassata  fei,  toogegen  3unttiu$  fte  feinen  Sonb^ 
Ieuten  erhalten  toiK.  dagegen  ge^t  e«  ftc^er  auf  ^jjaulu«  unb  le^lic^  auf  bie  befonber* 
f^netbige  Ärittf,  beren  i^eobor  ben  3a  getoürbigt  fyatte,  ^urücf,  bafe  3un^^  ^Mw 
neben  2  5ßt,  2.  3  %o  unb  3ub  ate  eine  ber  ©Triften  nennt,  meiere  jtoar  bon  ben 
SKetften,  aber  nic^t  bon  3ltten  mit  1 5ßt  1  30  al«  gleic^tüertig  jufammengefafjt  Serben  unb 

40  ba^cr  ntcfyt  perfeetae,  fonbern  mediae  auetoritatis  feien  p.  479,  2 ;  480,  1—4. 
^raftifd&e  Sebeutung  Ijattt  ba$  bamal^  faum  me^r,  fo  toenig  toie  bie  gort^flanjung  älterer 
©d&rtftber$etc$mffe,  in  melden  bie  2lpf  gänjltc^  fehlte  (Serü.  ber  60  8b.  ©fi  II,  290  f.) 
ober  unter  ber  Slntilegomena  aufgeführt  toax  (Stich.  Niceph.).  3)te  toid^ttgften  ber- 
felben  gef^en   auf   eine  h>a^rfd^cinltd^   um   400—450   in  $aläfthta   entftanbene  Urliffc 

46  jurücf,  toelc^e  unfer  31%  ofjne  3lpf  barbot  (gorfc^.  V,  125—148).  ®afe  ber  ffiiberft)^ 
gegen  bie  2tyf  jä^cr  n>ar,  ate  ber  gegen  bie  4  fleinen  !at^.  Söriefe,  betoeifen  bie  oben 
©.792, 44  ff.  gegebenen  Sclege  für  bie  rafd^e  Verbreitung  be$  eufebianifctyen  Äanond  in  ben 
©ebieten,  in  toeldjen  bor^er  Sudans  31%  gegolten  ^atte.  Slber  auefy  bie  Slpf.  ^at  bor  bem 
6.  3<tf}rf?unk*rt  auf  ber  gangen  l'tnte  bon  ^^wf^^1  K*  Äonftantino}>eI  ben  aBiberfjmi^ 

so  übertounben.  SBenn  5ß^tIo£enu^  bon  SJiabug  um  508  bie  Styf  unb  bie  Heineren  fafy 
Sriefe  jum  erftenmal  inä  ©t;rtfc^e  überfefecn  lie^,  fo  fe|t  bieö  borau^,  bafe  in  bem 
angrenjenben  grtecfyifcfyen  Äirc^engebiet,  im  ^Satrtar^at  bon  2lntioc$ien  bie  typt  niAt  me^r 
toie  um  400  fttUfc^toetgenb  ignoriert,  fonbern  toteber  reci^iert  toar.  3SieIIeic^t  nodj  ettixtf 
früher,  jebenfattö  ntc^t  fyäier  aU  um  500   f}at  Slnbreaä  im  fa))j3abocifc^en  ßäfarea  feinen 

66  grofeen  Kommentar  über  bie  2fyf  gefd^rieben,  tüortn  er  noc^  mit  einer  getoiffen  ©efliffenl^ 
lid^fett  burefy  Berufung  auf  bie  alten  Sefyrcr  bon  tyapxtö  bi^  ß^riH  bie  StyeopneuPie  M 
93u^  bertetbtgt  unb  im  2lnf$lu&  an  2lpf  22, 18  f.  bie  Krittler  berfelben  ftraft  (ed.  6^' 
bürg  p.  2.  112).  Um  530  l?at  Sconttu^  in  Vorträgen,  bie  er  in  einem  Älofter  bei  geni- 
talem fyielt,  bie  typt  be^  ^1.  QofyanneS  al^  baö  le^te  ber  in  ber  Ätrcbe  lanonifterten  Süd^r 

60  bejetd^net  (de  sectis  act.  II,  4  ©Ä  II,  294).     @r  ift  hierin  einig  mit  feinen  ©egnem 


Station  fced  »2*  795 

tote  %of).  ^tyiloponu«  (opif.  mundi  IV,  6).  ©telleid&t  ift  au«  bem  9ta($bru(f,  toomit 
©uftratiu«  um  580  bie  2tyt  al«  ein  2Berf  be«  ßtoangeliften  unb  2$eologen  I^ofyanne« 
c&arafteriftert  unb  jur  bogmatiföen  ©etoei«fütyrung  fyeranjietyt  (bei  Seo  Sfllattu«,  de 
utriusque  loci  perpetua  consensione,  Romae  1655  p.  290 f.  394.  408),  au  föliefjen, 
bafj  bamal«  bei  ben  ©elefyrten  in  Äonftantmopel  ber  ehemalige  2lu«fc$Iu§  ber  9Cpf  6 
bom  Äanon  noefy  nid^t  öergeffen  toar.  6«  bebarf  no$  grünbltcfyer  Untersuchung  ntr 
^eftftellung  ber  Urfadjen,  toeld&e  um  500  bie  allgemeine  Slnerfennung  be«  9Et«  oer 
27  Sudler  anftatt  be«  eufebianifd&en  Sanon«  ber  26  ©ücfyer  im  ganjen  btyjantimföen 
SReic^  herbeigeführt  fyaben.  Sil«  3uftiman  ba«  römifd&e  Stecht  lobifi^terte,  toar  au$  ber 
navdexxrjg  xrjg  äyiag  yQaq>fjgf  tote  man  bte  ©ibel  nun  nannte  (Xitel  ber  ©cfyrift  be«  10 
Wdndfö  3tntio$u«  SRigne  84,  1428 ;  Cassiod.  inst.  div.  lit.  12.  14),  für  alle  Reiten 
fertig,  im  Dccibent  tote  im  Orient. 

X.  35 ic  3lngletd&ung  be«  Dccibent«.  ©on  ben  ©c^toanfungen  unb  gfrft* 
fteHungen,  toelcfye  ber  ftanon  im  Orient  erfuhr  (f.  unter  V— IX),  ift  bie  lateintföe 
Kirche  unmittelbar  nid&t  berührt  toorben.  ©i«  in«  4.  ^al^unbert  hinein  fyatk  fte  tyr  15 
9fä  ofyne  £br,  mit  einer  fefyr  unöollftänbigen  Sfojatyl  fatfyoltfctyer  ©riefe  unb  mit  ber  feit 
Gaju«  nid^t  toieber  angefod&tenen  Sfyf.  3)ie  (Sreigniffe  unb  ©ertyaltniffe  be«  4.  3aJfc* 
tyunbert«  matten  eine  f old&e  Slbfoerrung  unmöglich  ©c$on  bie  SRieberlaffung  be«  $ieriu«, 
be«  „jüngeren  Drigene«"  in  3tom  (Hier.  v.  ill.  76)  ift  ein  bebeutfame«  ©orftnel.  6« 
folgen  bie  Äird&enberfammlungen,  bießjile  eine«  ät&anaftu«  in  Irier  (336— 337),  in  9lom  30 
(340—343)  unb  an  anberen  Orten  be«  Cccibent«  (bi«  346),  be«  §ilariu«  öon  ^oitier« 
in  Äleinaften  (356—360),  be«  Sucifer  fcon  Sagliari,  be«  ßufebiu«  öon  ©ercelli  u.  a., 
bie  bieljägrigen  Aufenthalte  eine«  §ierontymu«  unb  Stufinu«  in  Sßaläftina,  Sgtypten  unb 
©tyrien  unb  ber  enge  Slnfölufe  ber  lat.  Äirc^enlitteratur  biefer  fyit,  befonber«  ber  ejege* 
tifd&en  an  bie  (jriedp.  9Kufter.  3)ie«  alle«  unb  befonber«  bie  über  alle  ©renken  ber  Sanbe«*  26 
firmen  übergretfenben  Sßartetungen  ftärtten  ben  öfumenifctyen  ©inn  unb  toirften  au& 
glei^enb  auf  bie  bi«  batyin  noefy  toeniger  empfunbenen  ©erfcfyiebenfyeiten  be«  Äultu«  unb 
jomit  aud&  be«  ftanon«.  ©or  allem  ift  bie  (Sintotrtung  be«  Slttyanafiu«  auf  ben  Dccibent 
tn  biefer  ©ejiefyung  nid?t  ju  unterf$ä$en.  ®er  Auftrag  be«  Äaifer«  Äonjtan«,  ein  (Sjemplar 
ber  ©ibel  ober  mehrere  fotd&e  ^aufteilen,  toelc&en  Styanaftu*  340—343  in  9tom  au«=  so 
führte  (apol.  ad  Constantium  4  bgl.  „2lty.  u.  ber  ©ibeltanon"  ©.  31.  33),  gab  tym 
Slnlajj,  feinen  ©runbfäfcen  ftcfytbaren  2lu«bru(f  ju  geben.  ©ielleictyt  ift  ber  Cod.  Vati- 
canus,  toeld&er,  fotoeit  er  erholten  ift,  genau  biefen  ©runbfäfcen  entftme^t,  eine  gruc^t 
biefe«  faiferlictyen  Auftrag«. 

I)ct  $br,   toelc^en  bie  3loüatianer  al«  eine  ©$rift  be«  93arnaba«  in  ß^ren  gelten,  35 
beginnt  feit  ^ilariu«  (j.  93.  in  ps.  14  nr.  6;   53, 13;   118  litt.  Heth.  16)  unb  fcueifer 
(de  non  conv.  c.  haer.  10)  mit  fteigenber  ^äuftgteit  al«  paulinifd^  unb  fomit  fanonifefy 
t>on  Sateinern  cittert  gu  toerben  t>gl.  Sied,  $br  I,  183  ff.     95er  fogen.  ämbroftafter  um 
370—380  tyat  jtoar  ben  $ebr  ni^t  in  feinem  faft  öollftänbigen  Äommentar  ju  ben^Jau« 
linen  be^anbelt,  i^n  aber  bod^  toieber^olt  citiert,  unb  gtoar  auc^  al«  ©d&rift  ,,be«  ätooftel«"  *> 
OJKorin,  Revue  d'hist.  et  de  litt.  rel.  1899,  2  §eft  ©.  4).     9Wit  toelc^en  ©d^toieria* 
feiten  bi«  jum  (Snbe  be«  3ö^unbert«  feine  Slnerfennung  unb  befonber«  fein  gotte«bienffc 
lieber  ©ebraud^  ju  fämjjfen  ^atte,  fkfyt  man  au«  Phil.  haer.  89;  Hier.  v.  ill.  5;  epist. 
53,  8;    129,  3;   in  Mtth.  26,  8.    $ie  (Sinbürgerung  be«  $a  öoHjiebt  fic^  faft  ganj^  im 
©unfein ;  ebenfo  bie  enbgiltige  Slnerfennung  ber  öon  je^er  im  Dccibent  ntctyt  ööllig  unbe-  46 
fannt  gebliebenen  fleineren  fat^ol.  ©riefe. 

3Son  ben  förmlid&en  unb  mefyr  ober  toeniger  amtlichen  äufftellungen  be«  Äanon« 
jetgt  ber  juerft  fcon  s)Jiommjcn  herausgegebene  afrifanifc^e  Kanon  au«  ber  fyit  ^utje^en 
354  u.  365  (©«  II,  143—156.  1007—1011)  no$  feinen  (ginflufe  ber  ©rieben,  (g« 
fe^lt  jebe  Slnbeutung  bon  ,^br,  3a,  unb,  toa«  fefyr  auffällig  ift,  t>on  3ub.  Dagegen  00 
tyit  ber,  toeld^cr  bie  Sifte  enttoarf,  2  ©riefe  be«  s^t  unb  3  ©riefe  be«  %o  öerieid^net.  3Der 
Äorreftor,  toelcfyer  burc^  ben  jtoeimaligen  3ufa^  una  so,a  Su  ^^efen  legten  Hummern  ber 
Sifte  gegen  ben  2  ^$t  unb  ben  2  u.  3  30  Sßroteft  erfyob,  ^atte  gegen  ben  9lu«f($lu&  bon 
$n,  3g,  3"  noc^  nic^t«  einjutoenben.  (Sin  flobqr  ber  antiqua  translatio,  toelctyen 
feafftobor  in  §änben  ^atte,  enthielt  §br  unb  3a/  ermangelte  aber  noefy  be«  3U  (inst.  66 
div.  litt.  14  ©R  II,  272.  275).  ©on  cntfcfycibenbcr  ©ebeutung  toar  eine  römifetyc 
©^nobe  unter  Dantaju«,  toa^rf^einlic^  im  3-  -J82,  au«  beren  ©eratungen  eine  Steige  Don 
©efd&lüffen,  barunter  ein  ©ibelfanon  l>ert>orging,  toelc^er  balb  bem  Damafu«,  balb  bem 
©elaftu«  (Decretum  Gelasii  de  reeipiendis  et  non  reeipiendis  libris),  balb  bem 
#ormi«ba«  jugefc^rieben  toorben  tft(@Ä  II,  259  ff.).    Sin  biefer  ©tynobe  nahmen  äluttori*  mi 


796  ftanott  feeft  »JS  ftatton  9Ruratort 

täten  be3  Oriente  tote  (Spi^aniuS  unb  SßaulmuS  *>on  Slntiod&ien  teil ;  bie  ©ede  aber  bcr 
S3ertyanblungen  toar  ^ierontymuS.  ©einen  (Sinflufj  erfennt  man  baran,  bafe  2  u.  3  §o 
jtt>ar  regiert,  aber  ni$t  bem  2tyofteI,  fonbern  bem  „$re3btoter"  go  (cf.  v.  ill.  9),  aue 
anberen  fatty.  SBriefe  aber  Sfyofteln  jugeförieben  toerben  (cf .  ftorfö.  VI>  324  31.  4),  toobfi 

egubaä  irrtümlich  baä  ©piti)eton  bed  Simon  3elote$  erhält.  &er$brift  atel4.?ßautu& 
brief  ben  übrigen  angefölojfen.  SSctyrenb  ber  gefamte  Äanon  ate  berjenige  ber  fat§.  Sirene 
eingeführt  toirb,  h>irb  ber  beä  9fö£  nur  als  berjenige  ber  römif$en  Ätrd&e  bqetc^nct 
Sßätyrenb  anbere  Äirctyen  beiber  JReid^älften  j.  93.  &ntio$ten  auf  ber  einen,  Äarttyago  auf 
ber  anberen  ©eite  noc|  jurüdgeblieben  toaren,  fyatte  3tom  feit  382  fein  912:  bcr  27  Stirer. 

10  ^nnocenj  I.  in  feinem  Srief  an  ©jfuperiu«  t>on  Souloufe  fcom  g.  405  hrieber^olt  biefen 
Hanon  unter  gortlaffung  ber  gelehrten  Spielereien  be3  #ierontymu$.  3Smtoif($en  ta**  au<& 
bie  afrifanifcfye  Äirctye  unter  bem  mafegebenben  ©mflujj  Stugufttnä  auf  ben  ©tynoben  ju  £i$>o 
(383)  unb  Äart&ago  (397)  gefolgt.  3lu«  ben  unbollftänbigen  Sßten  (®Ä  II,  246—253) 
ift  boety  noety  )u  eiferen,  bafe   e3  jögernb  unb  ni$t  ofyne  Sßiberforucty  geföe^en  ift    Die 

16  Qafy  ber  Sßauluäbriefe  ift  noety  immer  13,  aber  mit  eiusdem  ad  Hebraeos  una  toirb 
biefer  grembling  angefügt.  6$  toar  bud&ftäbli<$  toafyr,  tr>a$  £ierontomu$  (ep.  53,  8)  fagte, 
extra  numerum  ponitur.  3ftre  Unftd&erfyeit  bezeugten  bie  2lfruoner  auc§  burc^  ben 
93ef$lufi,  bie  überfeeifd&en  Kirchen  t>.  t).  bor  allem  bie  römifetye  no$  einmal  über  ben 
Äanon  $u  befragen.  3)ie  Slntfoort  toar  ntd?t  metyr  atoeifel^aft.   3)te  ®ef$t$te  beSÄanonS 

20  beS  91%$  ift  im  Dccibent  ju  Slnfang  be3  5.  Sa^unbert«  toefentlid?  abgesoffen,  100  3<*^e 
früher  als  im  Orient.  2)er  uneingeföränfte  ©ebrauety,  ben  ^riftUßan  bon  ben  Styo* 
frr/^en  gemalt  fyatte,  roar  jugleicty  mit  tym  berurteilt.  @S  toar  bon  geringer  Sebeu* 
tung,  bafc  ein  Victor  bon  tfapua  ftatt  ber  4  6bb.  eine  latemifd^e  Bearbeitung  be$ 
$)iatef[aron$  in  fein  31%  aufnahm;   bafe   ein  ©regor  b.  ©r.   mit  9tü(fju$t  auf  ben  2ao- 

26  bicenerbrief  bon  15  $aulu3briefen  fbracfy,  bon  benen  bie  Ätrctye  bod&  nur  14  m  tyrem 
Äanon  fyabe ;  bafc  biefer  Srief  im  ^Mittelalter  fefr  häufig,  ber  3  Äorintyerbrief  unb  bcr 
£trt  beä  §erma3  fetyr  feiten  in  Iat.  93ibeln  gefdfjrieben  ftanb.  63  toaren  ba$  Überbleibfel 
au3  alter  geit,  gegen  toeld;c  man  um  fo  leidster  Stolcranj  übte,  je  toeniger  man  ed 
mit  bem  sJl%  ate  Äanon,   al3  ber  mafegebenben  9ti(^tfd^nur  für  Seben  unb  Se^re  ber 

so  Äird^e,  emft  na^m.  X|#  3a^n. 

Sanon  SRuratori.  —  Ou eilen:  Cod.  ,J  101  Sup."  in  ber  Bibliotheca  Am- 
brosiana  ju  3Äaiianb,  au8  ber  93ibliotljef  üon  83obbio,  saec.  VIII.  ©rfter 3lbbrucf  bei  S.A. 
sJJhtraton,  Antiqu.  Ital.  medii  aevi  vol.  III  (Mediol.  1740)  p.  851—854.  Äoflationen  »on 
Kott  für  Routh,  reliqu.  sacrae  I1,  389—434;    üon  gr.  ©iefeler   für  6.  Söiefeler,    XfcStS 

86  1847,  6.  818—829;  bon  9R.  ^erfe  für  S3unfen,  Anal.  Antonie.  I,  137—141;  oon  €.  % 
Xregeaeä  in  beffen  Canon  Muratorianus  (1867  mit  gafftmilc);  Don  Ä.  Sfteifferfcfteib.  &WL, 
ftift.*rtü.  ftloffe  33b  67  (1871),  6.  496 ff.;  uon  «.  (Jeriani  für  B.  F.  Westcott,  A  genenü 
survey  of  the  hist.  of  the  canon,  6.  edit.  (1889)  p.  521-538;  oon  «.  ^arnaef,  8Ä©  III, 
©.595—599;  üon  Xft.  8at)n,  ©efd).b.  neuteft.  flanonSU,  1007;  Don$.9C4eliS  u.  5B.  (Bduller 

40  für  e.  ^reuWen.  Analecta  (1893)  6.  129—137  cf.  p.  IX.  —  Sitteratur:  «ii&er  ben 
angeführten  ©Triften  unb  ^Ib^anblungen,  tvelc^e  $um  Xeil  oon  Erörterungen  über  Xeyt  unb 
3n^alt  begleitet  ftnb  ügl.  ©rebner,  ©ef(fi.  b.  neuteft.  Äanon  f)erau3geg.  oon  Solfmar  (1860) 
©.  141—170;  SBolfmar  ebenbort  im  Stntjang  6.  341— 363;  ^olte,  £ub.  ^OS  1860,  S.  193 
m  243;  Saurent,  ^euteftam.  ©tubien  (1866)  @.  195—209;  ^effe,  ^a«  aRuratorifdje  grag« 

46ment,  1873;  ©tlgenfclb,  SroXti  1872  ©.  560—582;  1874  ©.  214—231;  1880  ©.  114-121; 
1881  ©.  129-170;  ©arnaef,  3l$f)ß  1874  @.  274—288;  445-464;  berf.f  3Ä©  in  (1879) 
©.  358—408;  ©terff)o\)cn,  Het  Fragment  van  Muratori,  1877;  Ooerbedf,  3ur  ©eW4te  bc« 
tanon«,  1880  ©.  71  ff.;  ©almon,  Dict.  of  Christ.  biogr.III  (1882),  @.  1000—1003;  3at)nf 
©ef*.  beS  neuteft.  tanon«  II,  1  (1890)  @.  1—156;  Äuljn,  S)aS  mur.  grogm.,  1892;   Äoff* 

60  mane,  3)a«  toa^re  SUter  unb  bie  ©erfunft  be«  mural.  £.  W%b%f)  1893,  ©.  163—223. 

I.  £egt  unb  Drtgnalfprad^e.  2)ic  §f.,  auf  welcher  unfere  ÄenniniS  biefer  für 
bie  ©efc^ic^te  beä  Äanon^  rote^tigen  Urfunbe  bt«  öor  lurjem  au^liepc^  unb  aud)  tyeute 
nod^  beinah  gän^Ucr;  beruht,  ift  eine  nacfyläffig  georbnete  unb  getriebene  üRtöccDan^f., 
beginnenb  mit  etnem  ©tüd  au^  be«  ßue^eriuö  über  form.  spir.  intell.  2Ba«  ber  Slfc 

66  ^anblung  über  ben  Äanon  (KM  =  Äanon  be^  -Diuratori)  unmittelbar  boranging,  ift  nit^t 
mefyr  ju  fagen,  ba  7  Quaterntonen  bor  bem  abrupten  änfang  berfelben  (fol.  10*)  ab- 
l^anbcn  gefommen  p"b.  hinter  bem  KM  beginnt  auf  berfelben  ©eite  (fol.  11*  na#  ber 
SKitte)  ein  ©tücf  au*  be«  3lmbroftu«  33ud^  über  2lbrar;am  (lib.  1,3, 15— 16),  an  toelc&e$ 
aber  fofort  (fol.  llb  3-27)  eine  nochmalige  Slbfdjrift  be«  gleiten  ©tücf«  ftd^  anfc^Iie^t. 

60  25iefer  Umftanb  ift  bon  entfct)eibenber  Sebeutung  für  bie  SBürbigung  be^  Sesteö  t>on  KM. 
SBenn  fc^on  an  fid^  bie  5}erglei#ung  ber  §f.  mit  ber  fonftigen  Überlieferung  ber  gleiten, 


Saison  aWurotori  797 

fcon  grammatifcfy  unb  fttltftifcty  gebtlbeten  Sd&riftfteHern  fyerrübrenben  Stütfe  betoeift,  bajj 
bie  Skrftöfce  gegen  ©rammatif  unb  Orthographie,  bon  toelc^en  biefe  §f.  toimmelt,  jumal 
biejeniaen,  toeld&e  in  ben  t>erfc$iebenartigften  Stüdfen  ber  $f.  gleichmäßig  ober  äljmücfy 
Unebeneren,  nic&t  ben  Slutoren,  fonbern  bem  Schreiber  ober  einem  feiner  Vorgänger  ju= 
auftreiben  finb,  fo  c^arafterifiert  ben  Schreiber  tooUenbS  bie  gebanfenlofe  Sßteberfyolung  6 
beS  eben  erft  bon  tym  aeförtebenen  StücfS  au«  SlmbrofiuS  unb  bie  ftorfe  2lbtoet$ung 
gtoiföen  biefen  beiben  Kopien  (fcgl.  ben  ^araUelbrucf  bei  ^reuföen,  Anal.  p.  135  bis 
137).  3n  ber  jtoetten  fmb  nicfyt  bloß  einzelne  2Borte,  fonbern  gleicfc  ju  Slnfang 
ein  ©a$  bon  14  SBörtern  aufgefallen,  ^ßartifeln  fcertaufdjt,  bie  gleiten  SBorte  anberS  gc* 
förieben  u.  bgl.  2)ie  toorliegenbe  ©eftalt  aller  legte  biefer  §f.  rütyrt  t>on  einem  fctyr  io 
nacfcläfftg  arbeitenben,  für  ben  lateiniföen  SSofaliSmuS  unb  bie  93ebeutung  ber  glerionS* 
enbimgen,  toenigftenS  in  ber  2)eflinatton  bereits  toöHig  empfmbungSlofen  3Rön$  fyer.  2)teS 
tfi  neuerbingS  toomögltcty  noi)  beutlictyer  geworben  burcty  93efannttoerben  einiger  anbertoeitig 
überlieferten  Säfce  beS  KM.  6S  fanben  fi<$  nämlicb  in  4  lat.  §ff.  ber  SßauluSbrtefe  gu 
SDtonte  ßaffino  (nr.  235.  349.  535.  552 ;  saec.  XI— XII)  mehrere  Stücfe  beS  KM  is 
(1.  42—50.  63—68  in.  81—85.  54—57  med.  in  biefer  Reihenfolge)  unb  fmb  barnad& 
in  Miscellanea  Cassinese  (1897  P.  II,  2lbteil.  4  p.  1—5)  ni$t  eben  muftergiltig 
herausgegeben.  93gl.  aucfc  Äamacf,  2^23  1898  9fc.  5.  2)er  Prolog  gu  ben  ^auluS* 
briefen,  m  toeld&en  bie  angeführten  Sä$e  hineingearbeitet  fmb,  ift  eine  elenbe  Kompilation 
aud  mehreren  Prologen  unb  Argumenten  fcerfc&tebenften  UrfprungS,  übrigen«  in  ben  $ff.  20 
Don  3Ronte  ßaffino  berfctyieben  georbnet,  f.  bie  9loten  ber  Herausgeber  ju  p.  1  unb  3  über 
cod.  235,  bgl.  Bibl.  Casin.  IV,  273.  3Jlan  finbet  alle  biefe  Materien  toieber  anberS 
georbnet,  jebo<$  ofyne  bie  Stücfe  auS  KM  in  J.  M.  Thomasii  Cardin,  opp.  ed.  Vez- 
zosi  I,  382  f.  auS  einem  Cod.  Orat.  B  7  abgebrudt.  (Sine  gar  nid&t  ba&ingetymge  9e* 
mertung  über  bie  ^ebräifc^e  Spraye  p.  5,  16—22  erinnert,  fotoeit  fie  vernünftig  ift,  an  25 
Semerntngen  beS  2lmbrofiafter  (ed.  Bened.  p.  157.  259).  2)er  Äompilator,  beffen  Slrbeit 
bie  £ff.  Don  SDtonte  Gaffino  toiebergeben,  lann  toeber  unmittelbar  no<$  mittelbar  auS  ber 
mailänber  #f.  gefd&öpft  fyaben.  feäfyrenb  er  burc^toeg  ftatt  ber  tounberlicfyen  Ortfyo* 
grapste  unb  ber  feltenen  2Bortformen  jener  bie  regelmäßigen  unb  gehenließen  formen 
bietet  (prolixius,  singulis,  disputare,  Septem,  diffusa,  dignoscitur  für  prolexius,  ao 
sinoolis,  desputari,  semptem,  deffusa,  denoscitur),  toaS  als  betoufcte  SSerbefferung 
eines  fehlerhaften  lejteS  feitenS  eines  föulmäfeig  gebilbeten  2lbf<$reiberS  angefeßen  toerben 
tonnte,  ßat  berfelbe  anbererfeitS  felbft  geiler  gemalt,  toelctye  ihm  biefen  Stu^m  ftreitig 
machen:  uteretur  ft.  iteretur  1.  55,  miscui  ft.  misceri  1.  67,  Arsinofa  (al.  Ars- 
mofa)  ft.  Arsinoi  1.  81.  Qx  bietet  ferner  bead&tenStoerte  SJarianten,  beren  @ntftefyung35 
auS  bem  mailänber  %qct  nießt  $u  erflären  ift.  2Bo  biefer  bie  fmnlofen  2Borte  bietet  una 
com  Basilide  Assianom  Catafrycum  constitutorem,  fyat  eine  ber  $ff.  hinter  Basi- 
lide  ein  sive,  toorauS  ^tuet  anbere  ein  ftnnlofeS  cive  gemalt  fyaben,  ioäßrenb  bie  Vierte 
baS  SBort  toieber  auSgeftofeen  ßat.  Sive  ift  aber  bie  längft  geforberte  SJJartifel,  toelcße 
ben  Stifter  beS  3JlontaniSmuS  als  eine  bon  SSaftlibeS  fcerföiebene  ^erfon  erfebeinen  läßt,  40 
ift  alfo  urfprünglicß.  SBäßrenb  man  jtDeifeln  fann,  ob  ein  ju  ecclesia  1. 56  Einzutreten- 
beS  catholica,  toelcßeS  ßier  jebenfaUS  feßr  am  Pa^e  ift  (ögl.  1.  62.  66.  69),  urfprünglicß 
fei,  totrb  bieS  ju  behaupten  fein  toon  ber  fieSart  1.  44 f.:  Romanis  autem  ordinem 
seripturarum,  sed  et  praeeipuum  (\tatt  prineipium)  earum  esse  Christum 
intimans  prolixius  scripsit.  ^aS  bisher  allein  befannte  prineipium  in  folc^er  ßoe*  45 
binbung  tyat  leinen  firc^lic^en  Sprachgebrauch  für  fid) ;  bagegen  ift  praeeipuum  Über« 
fefeung  öon  x6  i!;aiQfxov,  toelc^eS  nietyt  feiten  ben  i^orjug  (S^rifti  unb  ber  neuteftament* 
lioftn  Offenbarung  bei  gleichzeitiger  Slnerfennung  ber  altteftamentlic^en  Offenbarung  ober 
ber  ^änrnnu*  (äxoüo vftla  =  ordo)  aller  DffenbarungSurfunben  auSbrtidtt;  Dgl.  Ign. 
Philad.  9,  2;  Clem.  quis  dives  $  10.  12.  $at  bemna^  ber  .Uompilator  jener  $ro=  a» 
löge  auS  einer  t>on  ber  mailänber  £f.  unabhängigen  Duelle  gefc^öpft,  fo  beftätigen  feine 
C^erpte  erftenS  ioieberum,  bafe  bie  barbarifc^e  gorm  beS  mailänber  lejteS  nic^t  auf 
Sie^nung  beS  Sc^riftfteHerS  ^u  fe^en  ift,  fie  ftärfen  aber  jtoeitenS  auc^  baS  3uttau*n  ju 
ber  Xreue  ber  lejtüberliefcrung  in  ben  ßauptfac^en.    Slber  auc^  nac^  ber  burd^  bie  3lna= 

Sloaie  beS  ambrofianifc^en  StüdS  unb  t>ic  G^crptc  t)on  2Honte  (Safftno  gerechtfertigten  unb  55 
Norberten  Steinigung  beS  IcjteS  bleiben  Stätfel  barin,  meiere  o^ne  Monjeltur  nietyt  m 
fen  finb.  3)ie  toi^tigfte,  für  bie  §erfteUung  eines  glaubtoürbigen  lejtcS  fruc^tbarfte 
Vermutung  fc^eint  bie  &u  fein,  bafe  baS  Fragment  Übcrfe^ung  eines  griec^ifc^en  Originals 
Jei.  9la(^bem  fc^on  3)luratori  unb  S.  bc  uRagiftriS  bieS  ftillfc^toeigenb  öorauSgefe^t  batten, 
mbem  fte  als  ^erfaffer  einen  grtecfyifcfy  fc^reibenben  Sc^riftftcBer,  jener  ben  Gajue  t>on  ^Hom,  eo 


798  Simon  2»«rotort 

i 
biefer  ben$at>ia$  bejcictyneten,  tourbe  bteö  fcon^ug,  @tnl.  Ia,  124;  3$ierfc$,  3$erfu<$  *ur 
Öerft.  be$  tyift.  ©tanbp.  ©.  385  u.  a.  nad&brüdtliq  behauptet  Auf  ©runb  biefcr  Annahme 
£aben  Sagarbe  (3l$f;Ä  1854  ©.  127  unb  tn  93unfen$  Anal.  Antonie.  I,  142  ff.),  9ioite, 
$ilgenfelb,  3a&n  flried^ifc^e  SRücfüberfefcungen   berfuetyt;  Sigtytfoot  (Academy  1889  Dom 

6  21.  ©eptember)  fogor  eine  Übertragung  größerer  ©tütfe  in  griet$ifd&e  SJerfe.  ffiä^renb 
2Biefeler,  §effe,  ©tedfyofcen  u.  a.  an  ber  Slnnafyme  be8  2ateinifd&en  afe  Drtginalft>ra($e  feft* 
gelten,  barf  bie  gegenteilige  Meinung,  ber  auq  #ofmann,  StogelleS,  SBeftcott,  ©almon, 
Äufyn  beipflichteten,  toofyl  afe  bie  ^eute  fcortoiegenbe  bejeic^net  toerben. 

IL  Ort,  3d*  unb  SSerfaf fer.    2)ie  Senennung  9tom$  nid&t  nur  burdjf  urbs 

10  Roma  1.76,  fonbent  auety  burety  urbs  allein  1.38  ift  nur  bei  einem  SbenMänber  benfbar, 
unb  e$  toäre  f<$toer  ju  fagenf  toie  ein  im  Orient  fd^reibenber  ©rieche,  ber  Don  feiner  Um* 
gebung  fcerftanben  fein  tooUte,  bie«  auSgebrüdft  tyaben  foHte.  2)ie  feierliche  Umftänblid&feit, 
mit  toeld&er  t>on  $tu$  als  bem  jur  Mt  ber  Slbfaffung  be$  £irten  „auf  ber  Äatfyebra  ber 
Äird&e  ber  ©tobt  SRorn  fifcenben  93if$of"  gerebet  ift,   erföeint  nur  bann  natürlich,   toerm 

16  ber  25erf .  atoar  nietyt  in  9tom  für  Körner,  aber  bod&  in  einer  mit  9lom  berbunbenen,  irgend 
toie  fcon  9tom  abhängigen  abenblänbifd^en  Äird^e  ober  fcon  9tom  au«  für  eine  foletye  fcfrrieb. 
2)afe,  bie  toefentlid&e  Stidfenlofigleit  be3  lejteä  fcorauägefefct,  ber  S3rief  beä  S0*0^  uni> 
ber  #ebräerbrief  nietyt  einmal  unter  ben  bie  aufnähme  in  ben  Ärete  ber  fjl.  ©Triften 
beanforud^enben  ©Triften  genannt  toerben,  ift  nur  unter  SorauSfefeung  ber  ©ntfte^ung  hn 

20  Stbenblanb  begreiflich  2)er  ©ebanfe  an  eine  Slbfajfung  in  ber  $rot>inj  2lften  (fo  Äu^n 
©.  31.  33)  ift  fd&on  burd&  bie  im  -Dhmbe  eine«  bortigen  ©c^riftftetterS  ganj  unmöglufce 
33e$eictynung  beä  3Jtontanu$,  beä  „©tifterS  ber  Äatat>&rtyger",  als  Asianus  (1.  84)  ou& 
geffyloffen.  —  %üx  bie  3eübeftimmung  ift  grunblegenb  ber  ©ofc  (1.  73 ff.):  Pastorem 
vero  nuperrime  temporibus  nostris  in   urbe  Roma  Herma(s)    conscripsit   se- 

26  dente  (in)  cathedra  urbis  Romae  ecclesiae  Pio  episcopo  fratre  ejus.  £a$  ouS 
bem  ©egenfaft  ju  ber  3*it  ber  Sßro^eten  unb  Styoftel  $u  *>erfte|enbe  nuperrime  (veaxni) 
toürbe  an  fxty  geftatten,  einen  Slbftanb  t>on  mehreren  3ajjrljunberten  jtotföen  ber  31b* 
faffung  beä  Wirten  ober  ber  bifd^öflid^en  Regierung  be«  $Siu3  unb  ber  3e^  b*$  §ragmem 
tiften  anjunc|men  (t>gl.  Safyn,  ©efdfj.  b.  Äanon«  II,  134  31.  1).    Um  fo  atomgenber  be* 

80  toeift  baS  gum  3^^  gwiÄuwer  Seftimmung  ^ingutretenbe  temporibus  nostris,  bajj  ber 
3Serf.  toor  bem  xobe  be«  Sifc^of«  $iu«  (geft.  öor  Dftern  154)  geboren  toar.  2)er9Serfu^ 
t)on  Äoffmane,  toeld&er  ben  KM  juerft  bem  4.  Qa^unbert  (©.  174),  fobann  ber  3«* 
um  450—490  (©.  216  ff.)  jutoeifen  toottte,  biefe«  ©elbft^eugni«  be«  SSerf.  511  entfräften 
(©.  176  f.),  ift  nid^t  einmal  öerftänblic^.    Sbenfo  unannehmbar  ift   bie    im  §intergrunb 

36  bereit  gehaltene  3luöflud^t,  bafe  ber  gragmentift  eine  für  tyn  nid^t  ))affenbe  3«tangabe  au^ 
einer  älteren  Duelle  gebanfenloS  ^erübergenommen  tyabe;  benn  er  ift  lein  gebantenlofer 
.Hom^ilator,  fonbern  ein  3Jlann  t>on  eigenem  Urteil,  unb  gerabe  in  bem  öorltegenben  3Us 
fammen^ang  jeigt  er  leb^aftefte  perfönlic^e  Seilna^me  an  ber  gfrage  über  bie  ©tellung  be« 
Wirten  im  nrd^lid^en  ©otteSbienft.    Die«  ioar  aber  nid^t   im  4.  unb  hn  5.  3a$r§unbert, 

40  fonbern  um  200  eine  im  Slbenblanb  lebhaft  öer^anbelte  g*age.  ®i«  angeblichen  ängei^cn 
einer  triel  f^äteren  Slbfaffung  galten  einer  ernfttyaften  Äritif,  toeld^e  aüerbing«  ^ier  mc$t 
vorgetragen  toerben  fann,  an  feinem  fünfte  ©tanb.  SBa«  Senkung  noety  älterer  2itte= 
ratur  anlangt,  fo  läfct  fid^  nur  ba«  @inc  gu  einem  ^ö^eren  ©rabe  toon  SßJaW^rinR^1 
bringen,  bafe  ber  Üerf.  bie  gnoftifd^en  3lpoftelgefc^ic^ten  be«  SeuäuS  gelefen  ^at  unb  ben 

46  3>0fannc&ifcen  in  ber  (Srjä^lung  t>on  ber  (Sntfte^ung  be«  4.  GtoangeliumS  (1.  9—16), 
ben  ^etru^aften  in  1.  37—39  gefolgt  ift,  fcgl.  3a^n,  ©efc^.  be«  Ä.  II,  36—38.  844; 
gorfö.  VI,  201—204.  ©elbft  toenn  er,  h)ie  Koffmane  (©.  167)  unb  ^ame«  (Apocr. 
aneed.,  II  ser.  p.  XI)  angenommen  fyaben,  ben  Sufa«  ftatt  be«  fieuciu«  für  ben  SSerf. 
jener  Segenben  gehalten  fyabtn  follte,  toürbe  barau«  nid^t  folgen,  bafe   er  f^äter  al«  um 

60  200  getrieben  fyat,  benn  um  eben  biefe  3e^  W  Giemen«  bie  ^o^anneöaften  be«  Seuciu« 
citiert.  6ine  nod^  frühere  Slbfaffung,  tote  manche  annahmen,  um  170  ober  180,  ift  atter- 
bing«  unioa^rfc^einlic^,  nietyt  nur  ioegen  ber  Senkung  ber  leucianifd^cn  Segenben.  ^er 
^erf.  fc^reibt  ak  ©lieb  ber  fat^olifd^en  ftirdfje,  ioel^e  nic^t  nur  bie  Parteien  be«  3Salen* 
tinu«,  be«  SaftlibeS  unb  be«  SDtarcion,  fonbern  auebben  9Wontani«mu«  enbgiltig  t>on  jtc^ 

66  ausgegeben  ^at  (1.  65.  81—85).  SefctereS  ift  iniRom  erft  um  195,  in  Äarti^ago  erft 
naefy  203  gefc^e^en.  (SS  ift  ferner  nicfyt  ^u  berfennen,  bafe  ba$  @t>.  unb  bie  Sriefe  beä 
^o^anneö  hier  in  a^ologetifd^em  Xon  befproc^en  toerben  (f.  unten).  2)ieä  fefet  üorau^, 
bafe  ber  SBerf.  bereits  öon  bem  Slngriff  ber  „2Uoger"  auf  bie  fämtli4»en  jo|anneifcben 
©^riften  em))finblic^  berührt  ioar,  toäbrenb  er  öon  bem  auSfc^liefelid^  gegen  bie  Styolafypfe 

60  gerichteten  angriff  beS  (EajuS  no4  nichts   ju  toiffen  fdjjeint.    SluS  1.  73—80  ergiebt  w, 


ftattott  a»«ratori  799 

bafe  SSerfyanblungcn  über  ben  §irten  beS  §ermaS  geführt  toorben  toaren,  beren  ©rgebmS 
ber  33erf.  fe^r  beftimmt  formulieren  ju  Tonnen  glaubt*.  3n  Äart^ago  tyaben  folc^e  SSer* 
fyanblungen  erft  nad)  ber  SluSföeibung  ber  montanifttfetyen  ©emeinbe,  alfo  fd^toerlid^  bor 
205,  bei  2Hontaniften  unb  äatyolilen  ftattgefunben.  9tom  mag  bamit  vorangegangen  fein. 
Slbcr  aud)  bort  toirb  man  erft  nad)  ber  ßntfcfceibung  beS  Sifc^ofg  SSictor  in  ©ad&en  beS  6 
9RontaniSmuS  aud&  über  baS  SBer^ältniS  beS  #irten  $ur  9ibel  ein  enbgtltigeS  Urteil  ge* 
toonnen  fyaben,  bgl.  @efd&.  beS  ÄanonS  I,  333—347.  9Ran  mufj  fiety  nur  ber  9tomen: 
2lloger,  SDertuflian,  SßrocluS,  GajuS,  §iWotytuS  erinnern,  um  ju  erlernten,  bafe  biegragen 
inS3egug  auf  bie  &nerf  ennung  ber  jotyanneifd&en  Schriften  unb  beS#hrten  als  $(.  ©Triften 
im  engften  3ufammen^K*nÖ  m^  &**  montaniftifetyen  93etoegung  unb  mit  ben  babur$  ange»  io 
regten  fragen  in  33e$ug  auf  bie  Disziplin  unb  bie  $rop$etie  in  ber  Äircfye  erörtert  toorben 
fmb.  §ft  KM  im  UmfreiS  Don  SRom  gefirieben,  fo  !ann  bieS  faum  früber  als  um  200 
bis  210  gefcfyefcen  fein.  2)abur$  finb  auq  fefcon  mehrere  inSorfc^lag  gebraute  Herfaffer* 
namen  toie  $aj>iaS  unb  #egeftyj>uS  auSgeföloffen.  sBlit  s3Jturatort  an  GajuS  &u  benten, 
ift  unerlaubt,  feitbem  jebcr3toeifel  baran  gefötounben  ift,  bafc  btefer  ein  erbitterter  ©egner  i6 
ber  2tyofal$>fe  toar,  toetyrenb  biefe  im  KM  als  2Berf  beS  2lj>oftelS  3joN™*3  fyoctygefdjäfct 
ift.  Gtyer  möglich  toäre  üigfytfootS  Vermutung,  bajj  §ij>j>otytuS  ber  SBerf.  toäre,  toenn 
man  aud&  bie  bamit  fcerfnüpfte  Stnnaljme,  bafe  toir  I?ier  eine  ttberfefcung  einer  ber  cddal 
eis  ndoag  rag  ygaydg  bor  unS  £aben,  toelctye  auf  ber  Äat^ebra  #ittyofytS  als  b'effen 
2Berf  bezeugt  finb,  als  gar  ju  untoa^rfd&einlid^  ablehnen  mujj.  Sin  ©egengrunb  bleibt  20 
baS  völlige  ©d&toeigen  über  ben  #ebräerbrief,  für  toelctyen  $i$>otyt  fiety  interefftert  $at 
(oben  VII,  505,  13),  ferner  bie  fonberbare  SKeinung,  bafe  bie  3fyolal$>fe  bor  ben  Briefen 
beS  $auluS  getrieben  fei  (KM  1.  48—59),  toeld&e  bem  in  feiner  Sluffaffung  ber  9lqpo- 
faltypfe  enge  an  3**näuS  ftcfc  anfd&liejjenben  #ty>ofytuS  triebt  jugutrauen  ift.  9lad)  Dionty* 
fiuS  Sarfalibi  fyat  er  vielmehr  toie  3*atäuS  M«  Slbfaffung  ber  9fyolaI$>fe  unter  Storni*  25 
tian  behauptet,  bgl.  ©totynn,  Hermathena  VII  (1889)  p.  146.  3tu$  ber  SilbungSgrob 
beS  ^agmentiften  reicht  nic^t  an  benjemgen  ^typoltytS.  Sin  Styobon  badete  $arnadf  im 
3ufammen^ang  mit  ber  Äonjeftur,  ba^  unter  Mitiadis  1.  81  ein  Tatiani  als  @<$rift 
erfter  §anb  verborgen  unb  beffen  ©iateRaron  gemeint  fei,  toelc^e  buxd)  genauere  Unter* 
fuc&ung  be«  »efunbeS  burdjf  3a^n  (®efdb.  b.  ft.  II,  1007),  »ekelte  unb  ©<^üler  ($reu*  90 
fd^enS  Anal.  p.  134  f.)  toiberlegt  ift.  3Bir  muffen  uns  borläu^g  bamit  begnügen,  ba^ 
ein  ©lieb  ber  römiföen  ober  einer  ni$t  toeit  bon  diom  ju  fud^enben  tat^olifc^en  ©emeinbe 
um  200—210  in  gried&ifc&er  S^rac^e  biefe  Überfielt  über  bie  in  feinem  firc^lic^en  ÄreiS 
anerfannten  ^l.  Schriften  beS  9tlS  gefd^rieben  ^at.  3)a  toir  bon  bem  @Qer»t,  toeld^eS 
ber  ©Treiber  ber  mailänber  ^f.  gemalt  ^at,  nur  ben  ©d^lufe,  nic&t  aber  ben  Anfang  be*  35 
fifcen,  fo  toiffen  toir  nic&t,  ob  baS,  toaS  ber  6jjerptor  in  feinen  ©ammelbanb  aufgenommen 
bat,  eine  felbftftänbige  Slbfyanblung  ober  S^iftel,  ober  S3eftanbteit  eines  größeren  SBerfS 
toar,  auc^  ntd^t,  ob  eine  (tynli$e  Überfielt  über  bie  altteftamentti$en  ©Triften  voranging 
ober  nid)t  Sie  lateinif$e  Überfefcung  ift,  nad)  tfyrem  Sprad^c^aratter  gu  urteilen,  fc^toer- 
iid)  bor  350,  bielleid^t  erft  im  5.  gatyrtyunbert  entftanben.  5Rur  ein  Seifpiel  möge,  toeil  40 
eS  mefyrfacty  ungenau  angeführt  toorben  ift,  genannt  fein.  2)er  5Rame  ot  xard  <Pgyyag 
für  bie  Wontaniften,  toeld^er  fonft  guerft  bei  ^feubotertuQian  de  haer.  21  (qui  dieun- 
tur  seeundum  Phrygas)  unb  in  bem  auS  bem  ©riec^ifc^en  überfe$ten  JÖrief  girmU 
UanS  an  Gtftman  (Cypr.  epist.  75,  7  qui  Cataphrygas  [1.  cata  Phrygas]  appel- 
lantur)  t)or!ommt,  ift  ^ier  bereits  üöflig  latinifiert  unb  lateinifc^  befliniert:  Catafrygesis 
(©enet.  Catafrygum),  toaS  fonft  boefc  erft  bei  ^Jaäan  (epist.  I,  1)  unb  s}tyilafter 
(haer.  49),  alfo  gegen  @nbe  beS  4.  3afr&untert3  $u  lefen  ift. 

III.  35er  ^n^alt.  Der  KM  ift  nic^t  ein  Manon  im  urforünglid&en  Sinn  beS 
SBortS,  ein  auS  nadten  Süc^ertiteln  befte^enber  Äatalog,  toie  tyn  f^on  SKelito  t>on  ben 
Sudlern  beS  W&>  gegeben  fyattt,  fonbern  eine  mit  gef$i$tti$en  3J2itteilunaen  unb  tF)eo-  w 
logifcfyen  (Ertoägungen  auSgeftattete  Überfielt  über  bie  fämtlid^en  ^1.  ©Triften  beS  91IS, 
toie  folc^e  DrigeneS  bruc^ftüdttoeife  in  ber  SSonebe  ju  ben  #omilien  über  iJutaS,  im  6in= 
gang  £u  bem  Kommentar  über  SRattyäuS,  im  5.  XomuS  jum  6t).  beS  ^o^anneS  unb 
anbertoärtS  gegeben  fyattt,  alfo  nad^  Röterem  ©J>ractygebraud&  eine  ©^no^ftS.  1.  Die 
4  Gbangelien  1.  1—34.  Dbtootyl  nur  bie  Setyredjung  beS  3.  unb  4.  ßöangeliumS  66 
tjollftänbig  unb  bon  ber  julefct  vorangegangenen  grörterung  nur  eine  3«Ie  erhalten  ift, 
totrb  boc^  allgemein  anerfannt,  bafe  toorfyer  t)on  3Kt  unb  3Wc  bie  Stebe  getoefen,  alfo  bieS 
iftergefpann  ber  lanonifc^en  6bb.  in  ber  $ule$t  aüein^errfd^enb  getoorbenen  Drbnung  fcor* 
geführt  toorben  ift.  s]$on  niefct  lanonifc^  getoorbenen  ®t)t).,  über  toeld&e  ^tenäuS  unb  Dri^ 
gcneS  in  (umliefen  3ufammen^ängen  ju  frre^en  fi<$  veranlagt  fa^en,  berlautet  ^ter  nichts,  eo 


800  ftfttton  äRtttfttort 

unb  and)  Wo  fpäter  auf  tyäretifd&e  Sßerle  bie  Siebe  fommt,  toelctye  bie  Strebe  nic&t  rejU 
gieren  fann  (1.  63—68.  81—85),  toeift  lein  2Bort  auf  @M>.  folget  3lrt  (f.  o.  ©.  799, 28 
über  angebliche  ©rtoäfynung  be«  ®iateffaron).  Sie  au«fd&lteßlid&e  ©eltung  ber  4  @m>. 
fteljt  bem  SSerf.  unb  bem  firc^lic^en  Jtrei«,  für  ben  er  fd&reibt,  unbebingt  feft.    ©agegen 

s  ftmd&t  er  in  ctyologetiföem  $on  bon  ber  Harmonie  ber  4  ßbb.  in  allen  für  ben  ©lauten 
toefcntlictyen  6tticfen  unb  bon  ber  ©leic^gtltigfeü  ber  äußerlichen,  f$on  in  ben  berjc&iebenen 
Anfängen  ber  einzelnen  ©bb.  fi<$  jeigenben  Differenzen  für  ben  ©lauben.  6cf>on  baß  bieö 
im  9lnfd&Iuß  an  bie  (Srjätylung  bon  ber  ©ntfte^ung  be«  4.  @b.  gefd&ietyt,  me^r  nod),  baß 
bon  ba  fofort  baju  übergegangen  ftrirb,  ba«  ftarfe  ©elbftjeugni«  be«  ©bangeliften  So^arate« 

10  in  1  So  1,  1—4  &u  rechtfertigen,  läßt  erlernten,  baß  bie  ganje  Sinologie  1.  16—34  ber* 
anlaßt  ift  burd&  einen  Singriff  auf  ba«  4.  @b.,  au«ae$enb  Don  Seuten,  toel<$e  bie  Unber* 
einbarfeit  bleiben  mit  ben  übrigen  ®bb.  unb  bie  SKufbringtic^Ieit  ber  ©elbftbejeugung  m 
bem  bon  bemfelben  SSerf.  fyerrütyrenben,  alfo  gleid&faH«  bertoerf  ticken  1.  3jo&anne«brief  al« 
©rünbe  gegen  bte  ©cfctfyett  ober  ba«  firc^lic^e  9lnfe$n  biefer  Schriften  geltenb   matten, 

15  b.  i).  bon  ben  9llogern.  2Bie  fyter,  fo  ift  au$  in  ben  3lu«fagen  über  SBarfu«  unb  Sufa« 
ba«  SBerfyältni«  ber  Seric^terftatter  ju  ben  S^atfactyen  betont  @rgän$t  man  unter  ber 
33orau«fefcung,  baß  fcter  toie  1.  14.  15. 19.  20.  21.  25.  26  k.  bie  neue  ßeile  mitten  im 
2Bort  beginnt,  1.  1  [aliquijbus  tarnen  interfuit  et  ita  posuit,  fo  ift  bamtt  behauptet, 
baß  2Jtarfu«  fttoar  im  allgemeinen  lein  9lutoj>t,  fonbern  ein  nad)  ben  @rjä^lungen  eine* 

20  folgen  ober  mehrerer  fold&er  berietytenber  ©d&riftfteHer  fei  (bgl.  ^Sapia«  bei  Eus.  III,  39, 
15;  ^renäu«  III,  1,  1;  10,  6;  Drigene«  bei  Eus.  VI,  25,  5;  Jpierontymu«  comm.  in 
Matth.  praef.  Vallarsi  VII,  3),  baß  er  aber  bo<$  einiget,  toa«  er  erjä^lt,  felbft  mit? 
erlebt  unb  bem  entfprecfyenb  bargeftellt  fyabt.  93on  Sufa«  totrb  o^ne  (Sinfd&ränfung  gefagt, 
baß  er  fein  2lutoj>t  getoefen  unb  auc£  erft  nac$  ber  Himmelfahrt  bon  $aulu«  al«  ©e^ilfe 

26  angenommen  toorben  fei  unb  bafyer  in  feinem  6b.  auc§  nid&t  an  ba«  3Kaß  feiner  eigenen 
©rlebniffe,  fonbern  tote  irgenb  ein  beliebiger  ©efd&ic^tfdpreiber  nur  an  ben  Umfang  feiner 

torf$ungen  gebunben  getoefen  fei.  9lußer  ber  au«  Äol  4, 14  geköpften  93e$eic&mmg  al« 
rjt  fcfyeint  alle«,  toa«  fyter  über  Sufa«  gefagt  toirb,  bem  Prolog  feinet  6b.  entnommen 
nt  fein.    SSon  ber  6ntftefyung  be«  4.  6b.  bagegen  toirb  1. 9—16  ht  aller  Jtürje  boc§  eine 

so  leben«boHe  ©rjä^lung  gegeben,  toelcfye  nur  al«  9lu«$ug  au«  einer  ausführlicheren  35ar* 
fteHung  berftänblicfy  ift  unb  toafyrföeinlid&  auf  Seuciu«  jurücfae^t,  t>on  ioelc^em  birelt 
ober  inbirelt  auety  bie  ä^nlic^en  3lngaben  bei  Giemen«  911.,  Sirtortnu«  toon  $ettau  unb 
bielen  fpäteren  ©cfyriftfteHern  abhängen.  —  2.  SSon  ben  6w>.,  beren  apologettfc^e  6rörtc» 
rung  Slnlaß  gegeben  fyattt,  and)  fc^on  bte  93ricfe  be«  ^o^anne«  }u  ertoä^nen  unb  1  3o 

36  1,  1—4  in  jefyr  freier,  bem  3^«*  einer  SSerteibigung  be«  3°&<mne3  ate  (£t>angelift  ent« 
fpred^enben  2Betfe  gu  citieren  (1.  26—34),  toenbet  fu^  ber  gragmenttft  jur  Stt^oftel* 
gefc^ic^te  (1.  34—39).  ©rft  bei  biefem  jtoeiten  93uc^  be«  Sufaä  toirb  bie  93eftimmung 
für  Ifyeopln'lua  ertoä^nt,  loa«  um  fo  auffälliger  ift,  als  bie  gorm  beä  9lu«brucf«  für  bieje 
S3e^iel;ung  nic^t  au«  91©  1,  1,  fonbern  au$  2c  1,  3   genommen   ift.    2Batyrfc£einti(£   ift 

40  bie  Meinung  bie,  baß  Sc  in  ber  31©  in  einer  junäd&ft  auf  2^eo^ilu«  beregneten  unb 
biefem  fofort  toerftänblic^cn  SBeife  feine  ^erfönlid^e  9lnh>efen^eit  bei  ben  einzelnen  Sreig« 
niffen  gum  9lu«brudE  bringe.  SBerben  h)ir  baburety  auf  bie  fogenannten  SBirftücfe  &in* 
getoiefen,  fo  ift  ju  bebenfen,  baß  in  ber  im  Slbenblanb  bi«  auf  §ieron^mu«  aüein^ert* 
fcfyenben  SRecenfton  ber  91©  nic^t  erft  fcon  16, 10  an,  fonbern  fc^on  11,27  ein  bie  9lntoefenfyeit 

46  be«  @rjä^ler«  bejeugenbe«  SBir  gu  lefen  toar.  dben  babur^  iourbe  bie  übertriebene  93or* 
fteHung  begünftigt,  toelcfye  un$  ^ier  toie  bei  ^renäu«  unb  jonft  begegnet,  baß  2ula«  in  ber 
31®,  rec^t  im  ©egenfafc  m  feinem  6b.  toefentlic^  nur  Selbfterlebte«  ajä^le.  9lad^  ber 
meiften«  angenommenen  Sefung  t)on  1.  37—38  (sicuti  et  semota  passione  Petri  evi- 
denter  declarat,    sed   et  profectione  Pauli  ab  urbe  ad  Spaniam  proficiscentis) 

50  fod  Sc  bieje«  fein  perfönltc^e«  SSer^ältni«  gum  (Stoff  feine«  93uc§«  auc^  babur$  beutlic^ 
ju  erfennen  geben,  baß  er  fotoofyl  ba«  3Jlart^rium  be«$etru«,  al«  auety  bie  f|jantfd^e  Steife 
be«  $aulu«,  jioei  bebeutfame  ßreigniffc,  bie  boety  nad^  9lnftc^t  be«  KM  ber  Slbfaffung  ber 
91©  vorangegangen  finb,  t>on  feiner  (Srgä^lung  au«fd^ließt.  Sufa«  tooHte  nur  folc^c«  er^ 
jaulen,  toa«  er  miterlebt  ^atte  unb  braeg  ba^er  furg  bor  jenen  ßreigniffen  mit  feiner  ©r^ 

55  gä^lung  ab.  3)en  überlieferten  %qct  (semote  passionem  .  .  .  profectionem)  tooHte 
man  unb  müßte  man  bafnn  öerfte^en,  baß  Sufa«  an  einem  abgejonberten  Ort,  in  einem 
anberen  Suc^,  ober  auety  in  einer  ntd^t  für  bie  ©emeinbe  beftimmten  ^Prtoatfc^rift  t>om 
•Diarttyrium  be«  $etru«  unb  ber  fpanifcfyen  Seife  be«  ^Jaulu«  berietet  $abc.  2Cbcr  abge* 
fc^en  babon,  baß  man  semotim   (bgl.  Theodor.  Mops.  ed.  Swete  II,  96)    ertoarten 

co  foHte  ftatt  semote,  toeldje«  c^er  =  secrete  ift  unb  mit  evidenter  declarat   fiety  mdj>t 


fiatton  SRttratort  801 

berträgt,  unb  bafe  KM  gerabe  bie  fanomföe  3©  als  SWemoiren  auffaßt,  bie  für  eine 
$ribatj>erfon  aufgezeichnet  ftnb,  jo  ift  boc$  beibeS  gleich  unbenfbar,  bafe  um  200  noc§  ein 
britteS  Bud&  beS  SufaS  ejiftiert  tyaben  foÜte,  toelqeS  jene  ßreigniffe  barftellte,  ober  bafe 
KM  bie  $etruSaften  beS  SeuctuS,  toel<$e  aüerbingS  aud&  Don  ber  franiföen  Steife  beS 
$au!uS  fagen  (ed.  StyftuS  p.  45 f.),  trrtgertt>etfe  für  ein  2Berf  beS  SufaS  gehalten  §aben  6 
tollte.  —  3.  S)ieBriefebeS$auIuS  1.  39—68.  25ie  ©emeinbebriefe  liegen  bem 
SSerf.  in  einer  beftimmten  Orbnung  bor  unb  jtoar  in  folgenber:  (1.  2)  Äo,  ®p§,  SJtyil, 
Äol,  @a,  (1.  2)  2$,  SRö  (1.  50—54).  S)iefe  Drbnung  berührt  ftd&  bor  allem  in  tyrem 
Stnfang  unb  ©ctylufe  natye  mit  berienigen  StetuHianS ;  Einbeulungen  berfelben  finben  ftc$ 
bielleicgt  f$on  bei  ßlemenS  bon  9tom,  aber  auefy  im  Orient  (©efety.  b.  ÄanonS  II,  344  10 
big  354).  35er  SSerf.  aber  finbet  in  biefer  äujjeren  Drbnung  ber  Briefe  bie3*itfolge  tyrer 
2lbfaffung  auSgcbrücft,  toie  fd&on  auS  biefer  Slufgätylung  felbft  unb  no$  beutlid^er  auS 
1.  42  (primum  omnium  Corinthiis  .  .  scripsit)  fyerborgefyt.  Born  Sfofang  ber  6r* 
örterung  an  jeigt  fic$  ber  SSerf.  beftrebt,  entbehrliche  2Beitläuftgteiten  ju  bermeiben.  2BeI<$eS 
bie  Beftanbtetle  ber  Sammlung  feien,  Don  too  unb  auS  melden  Stnläffen  bie  einzelnen  iß 
Briefe  gefd&rieben  feien,  tonn  jeber  2Bifcbegierige  tarnen  felbft  entnehmen  (1-  39—41).  6r 
fyebt  bann  bie  Briefe  an  bie  Äo,  ©a  unb  SRö  als  bie  ausführlicheren  unb  bebeutenberen 
tyerbor,  um  ben  #au£tgegenftanb  eines  jeben  anzugeben,  jtoar  in  ber  Reihenfolge  ber  boll* 
ftänbigen  Slufjä^lung,  aber  boety  mit  2luSftoj$ung  bon  ®p^,  $$il,  Äol.  9Wit  biefem  33er* 
fahren  ftimmt  eS  aber  nid&t,  bafc  er  1.  46  fortfährt:  de  quibus  singulis  necesse  est» 
a  nobis  disputari  (codd.  Casin.  necesse  est  nobis  disputare),  unb  J?ier^u  ftimmt 
auety  nid&t  bie  folgenbe  Begrünbung  für  bieS  angeblich  nottoenbige  disputare  de  singulis. 
©S  toirb  nämlic^  1.  47—59  ausgeführt,  ba|  $auluS  feine  Briefe  jtoar  ebenfo  tote  3o* 
fyanneS  in  ber  3tyoial$>fe  nur  an  7  ©emeinben  gerietet  $abe,  bafc  biefelben  aber  bo<$ 
ebenfo  tote  bie  7  ©enbföreiben  ber  Sfyofafypfe  für  bie  ganje,  burd^  jene  7  ©emeinben  35 
typif$:ftymbolif$  bargefteQte  ßird&e  beS  (SrbfreifeS  befümmt  feien.  2)arauS  folgt  aber,  bafc 
bie  Erörterung  ber  befonberen  Beranlaffungen  unb  gef$i$tlt$en  Bebingungen  ber  einzelnen 
©emeinbebriefe  für  bie  Äirctye  unb  ben  Ideologen  fefyr  toenig  %n  bebeuten  tyaben.  SS 
toirb  aljo,  toie  mefyrfacfy  borgefd^lagen  toorben  ift,  ein  non  bor  necesse  ausgefallen  fein, 
ein  überaus  fyäufig  borfommenber  getyler.  ©0  erft  tommt  (Smljeit  ber  Betrachtung  unb  ao 
©timmung  in  ben  ganjen  2lbfcfcnitt.  Stucfc  bie  bollftänbige  äufeä^lung  ber  7  ©emeinben 
unb  9  ©emeinbebriefe,  bie  man  naety  1.  39 — 41  nid&t  ertoarten  foHte,  ift  nur  baburefc 
beranlafjt,  bafe  bie  ©ieben^l  bebeutfam  bertoertet  toerben  foH,  tote  fte  aud&  gegenüber  ber 
t^atfäc^lid^en  9leunga^l  ber  Briefe  auSbrüdlic^  aufrechterhalten  toirb.  3)er  Berf.  ^atte 
1.  39  ni$t  bon  ©emeinbebriefen,  fonbern  ganj  allgemein  bon  ben  Briefen  beS  ^ßauluS  jus5 
reben  angefangen.  911S  folty  lennt  er  unb  ftnb  in  (einer  Jtirc^e  anerlannt  auc^  bie  Briefe 
an  $$ilemon,  ütuS  unb  2Xmot&eu3.  3)a  er  aber  bie  Bebeutung  ber  ©emeinbebriefe  für 
bie  gefamte  ftirdjfe  burc^  bie  bebeutfame  ©ieben^abl  ber  ©emeinben  begrünbet  ^atte,  toar 
eS  ein  BebürfniS,  bie  tir$li$e  2lnerfennung  ber  ^ribatbriefe  anberS  $u  begrünben  unb 
biefe  ©rörterung  aud^  ber  %citm  nad)  gegen|ä^lid^  einzuführen  (l.  59—63).  3)ie  %fyiU  40 
facfye  felbft,  ba^  aud^  biefe  Briefe  in  ber  lat^olifc^en  Ähx^e  regiert  fmb,  toirb  gar  nid&t 
eigens  ausgeflogen,  ergiebt  ft4>  aber  als  felbftberftänblic^e  BorauSfe^ung  auS  ben  alle 
eckten  Briefe  beS  5ßauluS  umfaffenben  epistulae  Pauli  1.  39  unb  auS  ber  gegenfä^lid^en 
9luSfage  über  bie  uned^ten  Briefe  1.  66.  @S  fragt  ftc^  nur  um  einen  nachträglichen  53e- 
toeiS  für  bie  Nationalität  biefer  boQenbeten  X^atfad^e.  3)iefe  Briefe  ftnb  aQerbingS  p=  45 
näd^ft  9luSbrucI  perfönlid^er  greunbfd^aft  beS  Softeis  ju  einzelnen  ^erfonen,  fyabm  aber 
boc^  eine  allgemeine  Bebeutung  für  bie  Äirc^e  toegen  ber  barin  enthaltenen  äntoeifungen 
für  bie  Drbnung  beS  ©emeinbelebenS.  SBenn  man,  toie  meift  geföe^en  ift,  ben  erften 
biefer  beiben  ©ebanlen  nur  burd^  ßrgänjung  eines  scriptae  sunt  ju  berftänblic^em  äuS* 
brurf  bringt,  unb  ftd^  bei  bem  in  Äbbrebiatur  überlieferten  ^räbilat  beS  itoeiten  ©afeeS  50 
sanetificatae  sunt  beruhigt,  fo  ergiebt  fi$  bie  BorfteÜung,  bafe  $auluS  felbft  bei  9lb* 
fafiung  ber  ^ribatbriefe  nur  fein  j)erfönlid^eS  Ber^ältniS  ut  ben  äbreffaten  im  Äuge  ge^ 
babt  ^abe,  unb  bafe  erft  nachträglich  bie  Äird^e  in  SRücffwpt  auf  bie  Brauc^barfeit  biefer 
Briefe  für  bie  Regelung  beS  ©emeinbelebenS  biefelben  für  heilig  erflärt  unb  bamit  tyat* 
fäc^lic^  gu  ^eiligen  ©Triften  gemalt,  b.  ^.  fte  lanoniftert  ^abe.  35ie  Uner^ört^cit  biefer  55 
BorftellungS*  unb  5luSbrucfStoei|e  in  ber  alten  Äird&e  unb  bie  ©eltfamfeit  beS  ©ebantenS, 
ba^  $auluS  felbft  bei  Briefen  toie  1  3:i  unb  %xt  noc^  nid&t  an  baS  gemeine  Befte  ber 
flirre  gebadet  ^aben  follte,  le$t  bie  Bermutung  na^e,  bafe  nietyt  ein  ganj  neues  ^$räbilat 
$u  ergänzen,  fonbern  baS  einjtae  überlieferte  ^räbifat  ju  emenbicren  unb  als  ungeföidtc 
Ucberfe^ung  ^u  erflären  fei.    Bgl.  3a^n  ©.81.  142,  toogegen  Mu^n  ©.  78.  80   es  er,  eo 

WtaU9ntt)tlop&bU  fflt  X^cologtc  unb  ftir^c  8.  Ä.  IX.  51 


802  Üanon  äfenroiori 

laubt  finbet,  aDeS  für  bie  gefrötynlid&e  2luffaffung  ©rforberlid&e  teil«  „^mjujubenfen",  teite 
in  ben  Segt  einjufd^ieben.  ©3  ergäbe  jt$  bei  Einfügung  be$  #m^jubentenben  in  fcfyräger 
©d^rift  unb  ber  frimtd&en  ©rgänjung  m  Älammern  folgenber  ©a$:  Verum  ad  Phile- 
monem  una  et  ad  Titum  una  et  ad  Timotheum  duae  pro  affectu  et  dilectione 
6  scriptae,  in  honore  tarnen  ecclesiae  catholicae  sunt,  [qu]in  ordinatione  eccle- 
siasticae  diseiplinae  sanetificatae  sunt.  —  9toc$  (Srlebigung  ber  13  eckten  unb  in 
ber  5ttr$e  anerkannten  93riefe  be$  *ßaulu3  toerben  jtoei  „nod&  ber  £ärefie  3RarcumS  unter 
bem  Tanten  be8  $aulu$  erbic^tetc  Briefe  an  bie  Saobicener  unb  an  bie  Snqtanbrmer" 
ermähnt,  hieran  aber  fofort  mehrere  anbere  Schriften  ongefd&loffen  unb  Don  biefen  allen 

10  geurteilt,  bafe  fie  ni<$t  in  bie  fat^olifd^e  $ir$e  aufgenommen  toerben  fitanen,  toeil  e$  un* 
paffenb  fei,  ®aDe  mit  #onig  ju  mifd&cn  (L  63—68).  25ie3  fe$t  Voraus,  bafc  Von  irgenb 
(Deiner  Seite  bie  ftumutung  gcfteHt  frurbe,  bie  genannten  pfeubepigrapljen  <ßaulu3briefe 
unb  fonftige  ätynlicpe  Schriften  in  bie  Kirche,  b.  ty.  in  bieÄlaffe  ber  für  ben  fird&fic^en  ©ottefc 
bienft  beftimmten  Sänften  aufzunehmen.    35er  in  vielen  Iatemifd^en  Sibel^anbfd&riften  er* 

15  tyaltene  S3rief  an  bie  Saobicener  (Vgl.  ©eföi^te  b.  ÄanonS  II,  $66— 585)  ift  fonft  juerjl 
bur$  $ri$cittian  (ed.  ©d&etfs  p.  55),  ^tyilafter  (haer.  89),  ^ierontymuS  (vir.  111.  5), 
burd&  einen  fälf$li$  bem  Sluguftin  jugefd&riebenen,  ober  nod)  bem  4.  ^a^.  ange^örigen 
über  de  divinis  scripturis  (August,  specul.  ed.  2Betyrid&  p.  516)  unb  bur$  alte 
Prologe  gu  ben  Sßauluebriefen  beutlic^  bezeugt,  unb  jfrar  Von  biefen  Prologen  unb  Sßfeubo* 

20  auguftin  als  Seftanbteil  ber  33ibel.  @r  ift  aber  auefy  im  gried&ifd&en  Orient  in  ber  3«i 
Von  370—800  nad&fretebar.  ©afe  er  nic^t  erft  in  ber  $eit  entftanben  $,  in  toeld&er  ab* 
gefe^en  vom  KM  feine  Bezeugung  in  ber  Sitteratur  anhebt,  ergiebt  ftc^  au£  ber  einfachen 
©rfrägung,  bafc  um  380,  naepbem  bie  auf  enbgiltigen  3lbf$luf$  beä  ßanonS  abjielenben 
firdfjlictyen  93erfyanblungen  im  Orient  fetyon  fefyr  freit  gebieten,  im  Occibent  aber  m  guten 

25  ©ang  gebraut  froren,  ein  neuerbingä  entftanbener  $aulu$brief  unmöglich  nod&  in  bie 
Sibel  einbringen  fonntc,  um  biefelbe  3^  *n  toeld^er  #ierontymu3,  Vielleid&t  in  übertriebe« 
nem  SluSbrucf,  Von  bemfelben  fagen  Tonnte:  ab  omnibus  exploditur.  Snfotoeit  h>or 
bieö  richtig,  aU  bei  allen  geftfteüungcn  beä  ßanonS  unb  Erörterungen  über  benfelben  t»on 
@ufebiu$  an  nietyt   ein  einziges  3M  ber  Saobicenerbrief  aud&  nur   erfrätynt  toirb.    Sie 

30  JJerbinbung  be$  ©rief«  mit  ben  eckten  Briefen  beä  ^auluS  in  einzelnen  tat^olifd^en  Sibeln 
be$  2lbenblanb$  vom  ©nbe  beä  4.  ^a^rbunbertö  an  (f.  $feuboauguft.  ©peculum  unb  bie 
alten  Prologe)  fann  nur  ein  ftefyengebliebener  SReft  au$  einer  freit  jurücffiegenben  33er* 
gangenfyeit  fein.  6ben  biefer  Vergangenheit  gehört  ber  5ßroteft  beä  KM  an.  ®p<üm 
3)id^tungen,  tote  ber  93rieffre$fel  be^  ^auluö  mit  ©eneca,   ^aben  gar  nic^t   mebr  ben 

85  SSerfud^  gemalt,  in  bie  S3ibel  einjubringen,  toeil  baä  jur  Atit  i^rer  Sntjie^ung  fd&let$ü)in 
unmöglich  frar.  6^  »erhält  fic£  mit  bem  Saobicenerbrief  ganj  einlieft  toie  mit  bem 
3.  ßorintfyerbrief.  SBä^renb  bie  S3ejeugung  be«  legieren  in  ber  öor^anbenen  Sitteratur  etfi 
um  360  bei  bem  ©tyrer  ßfyfyraim  beginnt,  friffen  frir  bod^  jefct,  ba^  er  im  2.  3afy#. 
alö  SSeftanbteil  ber  $au(u^aften   erbietet  unb  lange  bor  @))^raim  unter  bem  $roteft  ber 

40  @$ule  S3arbcfaned  in  bie  ^irc^enbibel  bon  @bef[a  aufgenommen  tourbe.  @d  barf  ^eute 
aud)  afö  befriefen  gelten,  bafj  ein  juerft  bon  DptatuS  tun  370  citierter  apoh^^erSrief  bed 
3tj)oftefe  3°fanne$  ^n  ^^n  um  160—170  getriebenen  S0^"11^0^  ^^  Seuciuö  ge« 
ftanben  $at  (ßa^n,  gorfd^.  VI,  196  &.  1).  ®ie  annähme,  ba&  e«  ^frei  5PauIudbriefe 
an  bie  Saobicener  gegeben  ^abe,  einen  älteren,  jefct  Verlorenen,  ber  in  KM  gemeint  fröre, 

45  unb  einen  jüngeren,  noety  toorfyanbenen,  ber  erft  tm  4.  ga^t^unbert  entftanben  fröre  unb  fo* 
fort  in  ben  toerfcfyiebenften  Sönbern  be^  Dccibentö  fidj}  in  ber  lateimfd^en  Sibel  eingeniftet 
hätt^,  bebarf  fro^I  feiner  freiteren  SBiberlegung.  Sielleid^t  frar  ber  einjige  Saobicener« 
Brief  unb  ber  Verlorene  3llejanbrinerbrief  ebenfo  frie  ber  3.  Äorintfyerbrief  unb  jener  4.30* 
|anne«brief  93eftanbteil  einer  viel  gelefenen  3lJ)ofteIIegenbe  be8  2.  g^^wnbert«.    S)a|  ber 

60  Saobicenerbrief  ad  haeresim  Marcionis  erbietet  fem  hü,  befrembet  freiließ,  bo  ber  bor* 
^anbene  SBrief  ein  gaiu  rechtgläubige^  SKac^frerf  ift.  Qfo  ift  barauf  aber  dfcenfotoenig  pi 
geben,  aU  auf  bie  SBetyauptung  $^ilafterd,  freiere  fid^  jfreifello^  auf  ben  no$  vod^an- 
benen  Saobicenerbrief  begießt,  ba^  er  von  ftefcern  interpoliert  fei.  9UIe  Ittterartfc^en  gäfc 
fc^ungen  frar  man  geneigt,  Äefcern  aufjubürben.    3ln  bie  ©d^ule  SKarcionS,  ber  toiMürii4 

55  genug  mit  ben  avoftoltfcfyen  ©Triften  umgegangen  frar,  frenn  er  aud^  feine  neuen  Briefe 
gefcfyaffen  ^atte,  fonnte  ein  nietyt  genau  über  TOarcion«  3i%  unterrichteter  3Wonn  bobirn^ 
5u  benfen  Veranlagt  fein,  bafe  5l)Jarcion  ben  ©pfyeferbrief  ate  Saobicenerbrief  m  feine 
©ammlung  aufgenommen  ^atte.  §at  boefc  fogar  (Spi^aniu«,  freierer,  ftc^  felbft  ©gopte 
au^  bem  9J3;  9Jtorcion$  gemalt  ^at,  ben  Von  -Blarcion  nur  burd^  änberung  bed  XiteU 

60  geje^affenen  Saobicenerbrief   mit  bem  frirflicfy  ejiftierenben  Slpofr^^on  biefe«  Sitete  txr* 


ftatton  SHmratori  803 

toed&felt  (@efö.  b.  Stamm*  II,  416  f.)    —    $a  1.  65  an   bic  oetben  unechten  «riefe  be« 
$aulu«  m$t  aliae  plures,  Jonbern  alia  plura   angefcfyloffen  Serben,  fo   finb   barunter 
nid^t  Vettere  ©riefe  be«  $aulu«  ober  auefc  nur  ©riefe,  fonbern   anbere  gleichfalls  pfeub* 
tyigrap&e  Schriften  gu  Derftetyen.    2JDe«  ^ßfeube^igra^^c   unb,  toa«   bem  ©erf.  bamit  ge* 
geben  ju  fein  föemt,  alle«  öon  ßefcern  (Srbic&tete  foH  toon  ber  latyolifcfcen  Äird&e  avß*  5 
gefd&loffen  bleiben.    2)tefe  umfaffenbe  ©rHärung  toäre  am  ©cfylujj  ber  Slbfyanblung,  too 
in  ber  2tyat  eine  Stbtoetfung   aller  tyäretifd&en  3Rad&toerfe  toieberfe^rt,  beffer  am  <ßla$  ge« 
toefen  al«  fyier,  too  e«  fu$  aunäcfcft  nur  um  bie  ©riefe  be«  $aulu«  fymbelt.  —  4.  ©on* 
ftige    in    ber  tattyolifepen  Äird&e  anerlannte  ©Triften  (1.  68—73).    2)ur$ 
ben  Vorgriff  in  1.  65—68  ift  e«  toeranlafet,  bafe  bie  nun  bod&  noefy  anjufügenben  ©tücfe  10 
ber  fird&fid&en  Sammlung  1)1.  ©Triften  mit  einem  „allerbing«"  (sane)  eingeführt  Serben. 
6«  toirb  junäcfcft  Dom  ©rief  be«  $uba«  unb  jtoci  ©riefen  be«  3°fanne$  gefagt :  in  ca- 
tholica  habentur.    2)a«  Reifet  fc$toerlid&:  fte  toerben  für  fatyoliföe  ©riefe  gehalten, 
fonbern:    man  fyat  fte  in  ber  fatyolifc&en  Stird&e  b.  ty.  Jie  finb   in  biefer  regiert,   ögl. 
1.  61.  66.    Über  catholica  sc.  ecclesia    fcgl.  befonber«  Stottmanner,    Revue   B€n6d.  15 
1900  p.  1—9.    ©trittig  ift,  ob  unter  ben  2  ©riefen  be«  Spanne«  ber  1.  unb  2.,  ober 
ber  2.  unb  3.  gemeint  feien.    %üx  erftere«  fönnte  $u  forecfyen   febeinen,   bafj  1.  26—34 
$toar   eine  ©teile  be«  1.  3°  citiert,  biefer  aber  nietyt  fcon  ben  Heineren  ©riefen  unter« 
Rieben  unb  bie  ©riefe  be«  3°^anne^  b°rt   überhaupt  nietyt  um   tyrer  felbft  toiHen,   al« 
Seile  be«  9Efö,  fonbern  nur  gelegentlich,  jum  fttoti  ber  ©erteibtgung  be«  4.  (Söangelium«  20 
ertoäbnt  ftnb.    dagegen  aber  fällt  ftarf  in*  ©etoictyt,  bafe  überall,  too  fonft  unter  ben 
joty.  ©riefen   ein  Unterfd&ieb  gemalt  toirb,  bei  Drigene«,  ßufebiu«,  #terontymu«,   in  ber 
ftyrifd&en  ftird&e,  im  2Rommfenjd&en  ßanon,  in  ber  ursprünglichen  gorm  be«  gelafianifcfyen 
$)etret«,  immer  nur  jtoifd&en  bem  einen  größeren  ©rief  unb   ben   beiben  Heineren    eine 
©d&eibelinie  gejogen  toirb,  bie  lefeteren  ftet«  al«  ein  untrennbare«  $aar  betyanbelt  toerben.  20 
2)a$u  tommt,  bajj  bie  faum  noep  atoeifelfyafte  £erftellung  be«  lejte«  superscriptae  Jo- 
hannis  duae  (epistulae)  =  al  imyeyoaju/ifvai  'Icodwov   dvo   ben  ©ebanfen    au& 
brtidft,  bafj  bie  fraglichen   jtoei  ©riefe  eben   nur  burefc   tyre  tyerlömmlicfye  ütelüberfd^rift 
bem  Spanne«  jugefd&rieben  ftnb,  tooburety  ber  gragmentift  e«  ablehnt,  bie  Slbfaffung  burd& 
ben  Styoftel  ^o^anneg  als  $h>eifello$  ju  bejeic^nen.    ^u  einer  folgen  ©e^anblung  tonnten  ao 
aber  nur  ber  2.  unb  3.  3o&cmne$brief,  beren  ©erf.  ftc^  als  6  TtQEoßvxeoog  ofyneüRamen 
einführt,  änlafe  geben.    2)er  1.  ©rief  bagegen,  beffen  ©erf.   ftc^  überhaupt  nid&t   burc^ 
eine  ©rufeüberfc^rift  einführt,  fonnte  in  biefer  ©ejietyung  nic^t  mit  einem   ber  Heineren 
©riefe  jufammengefteHt  toerben.    3)er  gwgmentift  fanb  nac$  1.  26—34  in  1  30  1,1—4 
ein  unjtoeibeutigeä  ©elbftjeugniä  bed  @t)angeliften  Joannes  aU  be«  ©erfafferd  auc^  biefe«  as 
©rief«.  SQBic  ein  ©egleitföreiben  be«  4.  ®t).  ^atte  er  ifyn  bort,  jtoar  gelegentlich,  aber  boc$ 
fe^r  nac^brücHic^  berührt  unb  fonnte  fid^  ba^er  ^ier  auf  bie   Heineren  ©riefe  befd&ränfen. 
Ueberrafc^enb  \mxtt  bie  hierauf  folgenbe  (Srtoä^nung  ber  Sapientia   ab   amicis  Salo- 
monis  in  honorem  ipsius  scripta.  ^Begreiflicher  tt>irb  bie«  burc^  bie  ©ermutung  bon 
Iregelle«,  bafe  tyier  ein  3Ki^t)erftänbni«  be«  Überfe^er«  Vorliege,  toelc^er  ettoa  2<xpia  2a-  40 
lofMcbvTog   vjid    4>lX(ovog   dg   rt/iijv   ainov    ovyyQaqmoa    t)or  pc^   fyatte   unb  o^ne 
Äenntni«  ber  im  äbenblanb  verbreiteten  Srabition,   h>elc^c  ben  $^ilo  al«  ©erfaffer  be« 
2Bei«^eit«buc^e«  bezeichnete,  au^  bem  ©igennamen   ein   fwö  <pihov  machte.    2)a«  ©uefc 
fc^lo^   ftcb   barin  paffenb   an  bie   Heineren  3°^nne«briefe  an,  toeil  e«   toie  biefe  tro^ 
ber  Unricptigfeit  ober  3toeifel^aftigfeit  feine«  üblichen  litel«  in  ber  Äirc^e  gelefen  toirb. « 
©iel  umftritten  fmb  au$  bie  ben  ©c^lufe  biefe«  äbfe^mtte«  bilbenben  SBorte  (1.  71—73) 
apocalypse  etiam  Johanis  et  Petri  tantum  reeipimus,  quam  quidam  ex  nostris 
legi  in  ecclesia  nolunt.    2)ie  ^erfömmlic^e  äuffaffung :  „8uc$  von  3tj)ofal^fen  nehmen 
toir  nur  biejenige  be«  ^o^anne«  unb  bie  be«  $etru«  an,  toeld^e  leitete  ßinige  t)on  unferen 
Seuten  ntc^t  in  ber  Äirc^e  gelefen  fyaben  toollen",  ift  bi«^er  toeber  ftiliftifety  noc^  gefd^ic^t=  50 
lieb  gerechtfertigt  toorben.    ©or^er  toaren  3  ©riefe  mit  ber  2Bei«fyeit  ©alomo«  jufammen« 
gefteUt  unb  t>on  biefen  einfach  gefagt,  ba|  man  fte  in  ber  ßircfye  ^abe;  e«  toar  alfo  nid^t 
öon  einer  beftimmten  ©attung  öon  ©d^nften,  feien  e^  ©riefe  ober  ©efc^icbt«büc^er,  gefagt, 
bajj  man  nur  einige  berfelben,   nidjt  alle  regiere,   fo  ba^  nun  bie  gleite  eHeftifc^e  ©c* 
fyanblung  ber  Sl^ofal^fen  burd^  ein  etiam   angefcfyloffen  toerben  tonnte,    gerner  toürbe  65 
un«  bie  Il^atfac^e,   bajj  in  SHom   um  200  bie  3fyofahfl>fe  be«  $etru«   tro^  be«  2Biber* 
fpruc^«  einiger  gegen   tfyre  ©orlefung    im  ©otte«bienft   ebenfo   Krd^lid)   reagiert    getoefen 
tüäre   toie  bie  ätyolalflpfe  be«  3«>^anne«,   ein   unlö«bare«  Slätfel   ftellen.     ^(ic^t  einmal 
©elanntföaft  mit  ber  äj)I  be«  $etru«,   gefc^toeige  benn  lanonifd^e  ©eltung  berfelben,  ift 
bi«^er  bei  einem  älteren  abenblänbifd^en  ©c^riftfteller  nac^getoiefen.   ©an)  unft$er  ift,  toa«  eo 

51* 


804  ftattott  SHnratori 

§ilgenfelb  (N.  Test,  extra  can.  IV2,  74)  bei  §ity>ofytu«  al«  (State  au«  biefer  StyofalWfc 
anfafy  (ögl.  Robinson  and  James,  The  gospel  and  the  revelation  of  Peter, 
1892  S.  79 f.;  §arnadf,  XU  IX,  2,  82;  3a$n,  ©efdfr.  b.  Ä.  II,  804.  817).  2Ba« 
$arnadf  (XU  XIII,  lr  72)  au$  $fwboc$man  de  laude  mart.  c.  20  f.  beibringt,  tofirbe 

5  fetbft  bann  nid&t«  betoeifen,  toenn  bie  9Sorau«fefcung  fieser  toäre,  bafe  bie  auglei<$  mit  bem 
$etru«et>.  an$  2td)t  gezogenen  ap0falty>tif$en  ©tücfe  ber  $etru«apofau;l)fe  angehören,  n>a« 
nid?t  ofyne  ©rünbe  beftritten  toirb.  SBätyrenb  fd&on  bie  ©rtoctymmg  unb  üoHenb*  bie 
Slnerlenmmg  einer  ^etruäapofafytfe  in  KM  unbegreiflich  bleibt,  folange  feftfte^t,  bafe 
KM  im  äbenblanb  getrieben  ifi,  ift  bie  9Kc$tertocu)nung  toenigften«  be«  1. Sßetruäbriefe« 

10  in  einer  Slbtyanblung  biefe«  3nM^  auf  ade  gälle  $ö$ft  befremblidj.  ©S  bleibt  bafcer 
toatyrfd&einticfy,  bafe  biefe  beiben  fcfytoer  $u  erflärenben  Umftänbe  fotoie  bie  ftUifttfc^e  SHmfet 
fyeit  med^amfö  entftanben  ift  burefy  2lu«faff  einiger  2Borte,  ettoa   einer  3*^  toorin  ber 

1.  $etru«brief  mit    ber  3tyoIal$>fe    be«  ^o^anneS    ^   regiert    jufammengefteHt,  ber 

2.  Sßetru«brief  aber  fo  ertoäfynt  toar,  bafe  hieran  bie  3lu«fage  ft$  anfepefeen  tonnte,  bafe 
16  manche  Äatfyolifen  gegen  eine  gotte«bienftlt$e  SSorlefung  2Btberfpruc$  erhoben.    2lu«faff 

eine«  ganzen  ©a$e«  in  ber  einen  ber  beiben  ftopien  be«  ©tüdf«  au«  3tmbrofw«  (oben 
©.  797, 8)  unb  ba«  häufige  33orfommen  biefe«  geiler«  gerabe  and)  in  SSerjeid&niffen  biblifc&er 
Sücfcer  (@efö.  b.fl.  II,  164.  171.  219,  63.  252  31.8.  275)  rechtfertigen  biefe  »nnafrne. 
5.  lieber  ben  §irten   be«  §erma«  1.  73—80.     25iefer  Schrift   toirb   eine  ganj 

20  eigentümliche  Stellung  angetoiefen,  unb  bie«  gefc^iebt  in  einem  fo  erregten  Xon,  bafe  man 
bie  jüngft  ftattgefyabten  SSertyanblungen  über  biefelbe  nad&fiingen  $ört  (oben  ©.  798, 3»). 
einerfeit«  foll  ber  #irt  bi«  an^  @nbc  affer  fttitm  niemal«  im  @otte«bienft  ber  ©emeinbe 
fo  toie  bie  Schriften  ber  $roj>fyeten  unb  beräpoftel  öffentlich  borgelefen  unb  baburd^  jenen 
beiben  ©ru^en  ty.  Schriften  zugerechnet  toerben;   anbererfeit«  toirb   boc$  bie  $ßffii$t  ü)n 

26  ni  lefen  etngefd&ärft,  toomit  toaljrfcfyeinlicfy  nietyt  rein  pribate  Seftüre,  fonbern  Sefung  in 
Heineren  33erfammlungen,  9lebengotte«bienften,  bielleid^t  aud&  im  latecfyettföen  Unterricht 
gemeint  ift.  SMefcm  mittleren  Urteil  entfpricfyt  e«,  bafe  einerfeit«  öon  SSorfefung  be«£hrten 
im  öffentlichen  ©emeinbegotte«bienft  ber  abenblänbifqen  flirre  ber  golgejeit  jebe  ©fcur 
fefylt,  bafe  aber  bod?  anbererfeit«   bei  ^ittyotytu«  beutltd^e  Spuren  ber  9?ac£toirfung   be« 

3o#irten  fid&  finben  (©efefy.  b.  Äan.  I,  345;  93ontoetf#,  ©tub.  ju  ben  Äomm.  b.  §U;l>oL 
©.  26);  bafe  ber  römifetye  S3ifc^of,  toatyrfc^einlicfy  Äaffiftu«,  gegen  toeld&en  Xertutttan  in 
ber  Schrift  de  pudicitia  eifert,  ft$  für  feine  Slrt  ber  Ätrc£enjud)t  auf  ben  §hrten  berief; 
bafe  ein  anberer  römtfcfyer  ©ifc^of,  ber  3}erf.  ber  ^rebigt  de  aleatoribus,  eine  ©teffe  be« 
Wirten  al«  scriptura  divina  cttiert,  unb   bafe  sJtot>atian  mit  einem  legimus  eine  bog* 

Bömattjc^e  Stelle  be«felben  anführt  (©ef4  b.  Ä.  I,  333—347).  —  6.  «btoeifungan* 
geblid^  fyl  Schriften,  toeld^e  bei  Äe^erparteien  in©ebraud^  finb  1.81— 
85.  3n  biefen  3eilen  erreicht  bie  SSertoilberung  be«  iejte«  unb  toobl  mxd)  bie  gc&Iertyaf* 
tigfett  ber  Ueberfe^ung  ben  ©i^fel,  unb  e«  fann  ^ier  nid^t  ber  33erfud&  toieber^olt  toerben, 
einen  glaublichen  lejt   ^ergufteffen    unb   ju  rechtfertigen,    begreiflich  ift  bie  ©rtoä^nung 

40  Valentin« ;  benn  toir  toiffen,  bafe  feine  Schule  neben  ben  lanonifd^en  St)ö.  ein  befonbere« 
evangelium  veritatis  befafe  unb  bafe  ^ßfalmcn  Valentin«  jelbft  bei  i^nen  ein  §ol^e«  8Cn= 
fe^en  genoffen.  Sludj  Safilibe«  ^at  ein  befonbere«  @o.  ^ergeftellt  unb  allerlei  3ft)ofcVJ>^en 
in  ©ebrauc^  gehabt.  2)ie  äuf^eid^nungen  ber  £ro}>fyetifd&en  3lu«f^rüc^e  be«  SKontanu«, 
ber  $ri«ciffa  unb  9Jiajimilla  tourben    öon   ben  SKontaniften   al«  ^L  ©Triften  angefe^en. 

46  3lm  bunfelften  ift  bie  SSerbinbung  be«  9tomcn«  ÜRarcion  mit  einem  „neuen  8ud^  ber 
Halmen".  2)ie  Slngabe  oe«  ©tyrer«  3J?arut^a  um  400  (überf.  öon  Sraun  ©.  47  t>gL 
Mansi,  Conc.  11,  1057),  bafe  bie  Warcioniten  ftatt  ber  ^ßfalmen  fid&  Igtymnm  gebietet 
^aben,  ift  ebenfo  öerbäd^tig,  al«  bafe  fie  fiel}  für  bie  31©  einen  ©rfafc  in  einem  anbeten 
33u$  gefcfyaffen  ^aben  jollen. 

60  IV.  Die  leitenben  3>been.  3:o«  n)ie  3lu«brudf  be«  KM  ift  nidbt  berjenige  ber 
©efefcgebung,  fonbern  ber  erläuternben  Sefd&reibung  eine«  ju  SRed^t  befte^enben  (3fyfc 
beftanbe«.  S)amit  öerbinbet  fid^  in  Öejug  auf  einzelne  ©tüdf e  ber  ©ammlung  eine  9kd)U 
ferttgung  be«  in  ber  Strebe  ©eltenben,  unb  nur  in  einem  eimigen  Sßunft  tritt  beutli^ 
eine  no^  unerlebigte  3Jiemung«&erfcfytebenfyeit  unter  ben  Äat^olifen  ju  Sage  (1.  72).  35ie 

66  anerfannten  ©cf?riften  F?at  man  in  ber  fatfyoliföen  Kirche  1.  69  b.  &.,  loie  man  au«  1. 77  f. 
fiefyt,  ftc  toerben  im  öffentlichen  ©otte«bienft  ber  fatyolifcfyen  Äird^e  al«  ^1.  ©Triften  ber 
©emeinbe  oorgelefen.  Sluc^  bie  ^ribatbriefc  be«  ^aulu«  finb  gd^eiligt  na$  bem  über» 
lieferten  lejt  bon  1.  63,  finb  alfo  bereit«  f}l  ©Triften;  fie  toerben  bie«  alfo  nic^t  ecfi 
burc^  bie  ßrflärung  be«  feerf.  ober  äfynlic^c  (Srtlärungen  anberer.    SBenn   ber  SBerf.  im 

60  Flamen   ber   fat^oltfc^en   (Sänften,   ber   nostri   (1.  72)   im   ©egenfafc   ya  ben    ©eften, 


ftattott  äRttratori  805 

jagt:  recipimus  ober  non  reeipimus  (1.  72.  82),  fo  bebeutet  ba«  nid&t  eine  eben 
jefct  fidb  fcolhie&enbe  aufnähme  ber  betreffenben  ©d&riften  in  ben  ßrei«  ber  gotteS* 
bienftltdpen  £efebü$er  unb  2lu«fd&liefcung  berfelben  öon  biefem  ßrei«,  fonbern  ift  lebig« 
liety  betoufcte  Slnerferatung  ber  Jpoftttoen  unb  negativen  (Sntfd&eibungen,  toeld&e  bereit« 
in  früherer  3^t  getroffen  toorben  fmb.  2Bo  Don  Schriften  gerebet  hrirb,  für  toelc&e  6 
aufnähme  in  bie  Älaffe  ber  $L  ©Triften  geforbert  toorben  ift,  ofyne  bafe  eine  bement* 
forectyenbe  fird&ltd&e  gntf Reibung  erfolgt  toäre,  Reifet  e«  batyer  au*  nid&t:  fte  f  ollen  ni$t 
aufgenommen  toerben,  fonbern  fte  lönnen  nid&t  anerfannt  ober  &uglei$  mit  ben  pro* 
l#ettf<$en  unb  aj>ofiolifd&en  ©Triften  im  @emeinbegotte«bienft  gelefen  toerben  (1.  66  f. 
77—80).  ©nen  alle  regierten  ©Triften  einheitlich  jufammenfaffenben  Stamen  enthält  10 
ber  KM  nid&t ;  benn  scripturae  1.  44  ift  Dom  ©tanbpunft  be«  SRömerbrief«  gerebet,  be* 
^eic^net  <ufo  nur  bie  atl.  ©Triften,  3ft  1.  63  sanetificatae  ecfyt,  fo  toirb  ber  SSerf.,  toie 
feine  geitgenoffen  j.  33.  JertuDian  fetyr  häufig,  bie  rejizierten  ©etyrtften  beiber  leftamente 
au<fy  scripturae  sanetae  ju  nennen  getoöfptt  getoefen  fein.  (Sr  fafct  beibe  ©rupfen  mit 
einer  fefyr  gebräuchlichen  ©rebiloquenj  al«  prophetae  et  apostoli  nifammen  1.  79,  bgl.  15 
©efdfj.  b.  Äanon«  I,  101.  3n  Sejug  auf  tyre  ©ertoenbung  im  ©ottcöbtenft  unb  fomit 
audj  in  93e}ua  auf  #eUigfeii  befielt  &toifc&en  beiben  ©ruppen  fein  Unierfd&ieb.  6«  ift 
aber  bo$  beoeutfam,  bafe  eben  ba,  too  ber  £hrt  nad&brüdfltcty  au«  bem  Ärei«  ber  $L 
©Triften  au«gefd&loffen  toirb,  nur  bon  ben  „Sßro^eten",  nid&t  aud&  bon  ben  „äpofteln" 
aefagt  toirb,  ba&  tyre  Safyl  abgefd&loffen  fei  (1-  79)  unb  eben  barum  t>on  nai^träglic^er  20 
aufnähme  eine«  ©u$«  in  bie  ©ammlung  tyrer  ©Triften  feine  Siebe  fein  fönne.  ©on 
bem  31%  tonnte  ba«  noefc  itic&t  fo  beftimmt  behauptet  toerben;  benn  erften«  befianb  in 
©ejug  auf  eine  ©eftrift  be«  *ßetru«  eine  no$  nid&t  gefd&lid&iete  3Reinung«t>erfc$iebenbeti 
unter  ben  ftat^oltlen  (1.  72  U.  3toeiten3  toaren  e«  allem  änfd&ein  na$  ÄatyoltTen, 
toelc^e  bie  pfeubepigraptyen  *jtailu«brtefe  an  bie  Saobicener  unb  an  bie  SUcjanbriner 26 
ebenjo  tote  bie  eckten  ©riefe  anfa&en  unb  angefetyen  totffen  tootlten  (1.  63—68).  Drittens 
Ratten  bie  lürjlicfc  erft  mm  äbfd&lufe  gebie&enen  ©ertyanblungen  über  ben  Ritten  gezeigt, 
bafe  e«  mannen  ßatyoltlen  als  juläfftg  erfaßten,  biefe  ©<$rift  in  bie  Klaffe  ber  (1.  ©Triften 
aufjunetymen,  unb  ba«  Srgebni«  ber  ©ertyanblungen  in  ber  Umgebung  be«  SSerf.  fear  ein 
flompromife  getoefen  (1.  73— 80,  oben  ©.  798,  «>).  äbgefefyen  t>on  biefen  fünften  abertoar») 
ber  ©eftanb  ber  apoftolifd&en  Stbteilung  ber  fyL  ©Triften  längft  gefiebert.  2)a«  31%  be« 
ftanb  au«  folgenben  ©tücfen:  1.  3)ie  (£bt).  be$  SKatt^äud,  SRariud,  2ula«,  go^anne«; 
2.  bie  9©  be*  Sufad;  3.  bie  13  »riefe  be3  $aulu«  unb  jtoar  a)  9  ©riefe  an  ©e* 
meinben,  b)#4S3riefe  an  brei  eimelne  ^erfonen:  ^ilemon,  Situ«,  limot^eu«;  4.  bie 
3tyofafyi>fe  t>&  ^of^ann^]  5.  mehrere,  toa^rfd^einli^  brei,  ©riefe  beä  3°^*™^;  6.  ber  86 
©rief  be«  3«ba«.  2)aju  tommt  toa^rfc^einlid^  7.  nod^  ber  1.  *ßetru$brief,  toä^renb  ber 
aOBiberftorucfy  gegen  eine  anbere  Schrift  beS5J}etrug,  fei  &  eine  2fyofaI$>fe  ober  ein  2.  ©rief 
biefe«  Flamen«,  nod^  niefct  erlebigt  toar.  35ie  bereit«  getroffene  ©ntföeibung  über  ben 
Wirten  bejeid^net  ben  erften,  ft^er  naebmei^baren  unb  betouftten  Anfang  einer  Unter» 
(Reibung  jtoifd^en  ben  eigentlich  ^l.  ©d^riften  ber  Jttrd^e  unb  einer  Klaffe  bon  ©üc^ern,  «o 
meldte  biejen  jtoar  nid^t  gleich  geartet,  aber  bo$  für  ^toeefe  ber  Srbauung  unb  Unter« 
toeifung  firc^Itd^erfeit«  empfohlen  unb  benu^t  tourben.  J)afe  bom  ©rief  be«  3a'°^  uni> 
toom  ^ebräerbrief  gar  ntd^td  Verlautet,  beftätigt  ntc^t  nur  ben  abenblänbifcfyen  Urfrrung 
be«  KM,  fonbern  betoeift  aud^,  toa«  o^ne^in  au«  bem  SKangel  jeber  gegenteiligen  Sin* 
beutung  fyertoorgefyt,  bafe  ber  ©lief  be«  SSerf.  gang  auf  bie  tyeimatlid&e  Äirc^e  befc^ränft  ifi  46 
SBie  toeit  rüdtoärt«  bie  bem  SSerf.  gur  ©erfüguna  fiebenbe  fird^lid^e  Überlieferung  reicht, 
Iäfjt  ftc^  faum  beftimmen.  3n  ^^«0  ^uf  bie  dntftepung  ber  ntl.  ©üc^er  folgt  er  teils 
toeife  aJ)o!t^j)^en  i'egenben  (oben  ©.  800,ai).  2)ie  ©orfteUuna,  bafe  bie  apofafypfe  früher 
al«  bie  ©riefe  be«  $aulu«  gefc^rieben  jei,  beruht  fd^toerlic^  auf  irgenbtoeld^er  Überlieferung, 
fonbern  ift  nur  eine  unöorftc^tige  Folgerung  barau«,  ba^  3°^anne^  ^^  ^  Sl})ofiel  ift  60 
toeld^e  bie«  früher  al«  $aulu«  toaren  (1.  48  bgl.  ©1.  1, 17).  $ie  ©e^au))tung,  ba| 
©ifc^of  $iu«  ein  ©ruber  ber  ^erma«  be«  SSerf.  be«  Wirten  getoefen  fei,  toäre  bielleufct 
ntc^t  unberträglid^  mit  Pastor  vis.  II,  4,  3,  tuonacfc  ba«  ©u<$  jur  £eit  be«  Giemen«  öon 
9lom  gefd&rieben  fein  toiB,  benn  ber  um  140  ©ifd&of  getoorbene  unb  bor  Dfiern  154  ge* 
fiorbene  $iu«  fann  um  a.  80  geboren  unb  Giemen«  erft  naefc  100  geftorben  fein,  ©e«  66 
bentlicfc  bagegen  ifi,  bafe  ber  $irt  erp  jur  &at  ber  bifd&öflid&en  Regierung  be«  $iu«  ge« 
^rieben  fein  foD.  SQBann,  toie  unb  öon  toem  ber  ©eftanb  ber  in  ber  lat^olifc^en  Mird^e 
regierten  bl.  ©Triften  ^ergeftellt  toorben  fei,  fagt  ber  SSerf.  nid&t,  öerrät  auc^  burd^  nid^t« 
eine  geföic$tli$e  itunbe  bon  biefem  ©organg  unb  ben  babei  toirffam  getoefenen  @ntfd^ei- 
bung«grünben.    Iro^bem    ifi    e«  mcfct   o^ne  Sntereffe,   au«  ben  gelegenilid&en  Sed^tfer»  eo 


806  Saturn  ÜKuratort 

tigungen  beä  IfyatbeftanbeS  gu  entnehmen,  bon  toelc^en  ©orauäfe^ungen  ber  ©erf.  bie 
ainerfennung  ber  einzelnen  ©d^riftfletfer  abhängig  benft.  ©or  allem  tft  Aar,  bofc  bie 
abgefüllte  ©egeid&mmg  ber  ntl.  ©dbriften  als  apostoli  (1.  80)  m$t  ben  ©runbfofc  ou& 
brüdft,  baft  nur  bie  ©Triften  bon  Sfyofteln,  ober  bafc  afle  ©Triften  bon  Sfyofteln  afe 
6  BL  ©Triften  anguerlennen  feien.  3m  Unterfd&ieb  bon  mannen  3eitgenoffen  1™*$*  ber 
©erf.  mci^t  ben  geringften  ©erfu<$,  bem  3.  6b.  einen  mittelbar  apoftoltföen  Urftmmg 
angubi<$ten.  2)a3  ©leid&e  toirb  bon  SWarfuS  gelten;  unb  ber  SSerf.  be$  4.  Sb.  toirb 
1.  9  ni$t  ein  ätyoftel,  fonbern  einer  ber  jünger  genannt  3tu$  SßauluS  erhalt  ba,  too 
gu  feinen  ©riefen  übergegangen  toirb,  1.  40  mcfyt  ben  Sfyofteltitel,  ebenfotoenig  Joannes 

10  als  ©riefberfaffer  unb  2tyofalw>tifer,  SubaS  unb  SßetruS  (l  27.  57.  68.  69.  71  cf.  1. 37. 
38).  £toei  ©riefe  unter  bem  tarnen  IgobanneS  Serben  unbebingt  anerfannt,  obtootyl  ber 
gragmentift  nid&t  bafür  einfielen  mag,  bafe  ber  überlieferte  litel  gutreffenb  fei  (68  f.),  ge* 
fd&toeige  benn  bafür,  bafj  ber  namenlofe  9Serf.  berfelben  ein  Styoftel  getoefen  fei.  änberer* 
feit«  genügt  bie  ©d^eit  ber  13  pauliniföen  ©riefe  unb   ber  Styofteld&arafter  tfyreS  SSerf. 

15  no$  nid&t,  um  ifyre  ©eltung  in  ber  Äird&e  ni  rechtfertigen.  Sie  änforberungen,  toel^e 
ber  KM  an  bie  gu  rectyierenben  ©Triften  ftedt,  fyaben  alfo  mit  bem  apoftoltfc&en  3lmt 
ald  folgern  nickte  gu  f Raffen,  fonbern  ftnb  folgenbe:  1.  ©efd&icbtlicfye  Sudler  über  £eben 
unb  Sebre  3efu  unb  ber  Sfyoftel  berbienen  nur  bann  rejiziert  gu  Serben,  toenn  fte  ent* 
toeber  bon  äugen*  unb  Dtyrengeugen  ber  in  tynen  bargeftellten  @efcbi<$te  berfafet  fmbr 

20  toaS  ba«  ©orgüglidMie  ift,  ober  boc£  bon  folgen  SKännern,  bie  toie  Sufaä  atö  ©bangelift 
bermöge  tyrer  3u0d9öngfeit  jUr  erften  dfjriftlid&en  ©eneration  unb  tyrer  perfönttc&en  ©e= 
giefyungen  in  ber  Sage  toaren,  ben  gangen  (Sarig  ber  @retgniffe  bon  ber  ©eburt  be3 
ÜEäuferS  an  als  5°^^  in  agrünben  (1.  3—8).  2.  ®afj  bie  #erfunft  einer  ©<$rift, 
aleidpbiel  melden  ©egenftanbeä,  au$  ber  Urgeit  ber  Äird^e  ©ebingung   tyrer  gotteSbienffc 

25  liefen  ©orlefung  inter  prophetas  et  apostolos  fei,  toirb  1.  73—80  offenbar;  beim 
nur  barum,  toeil  ber  £irt  etft  um  140—154  geschrieben  fei,  ift  tro$  ber  föectytgläubigfeit 
unb  (Srbaulic^Ieit  feinet  S1^^^  "*$*  <**  SRegeptton  bleiben  unter  bie  bl-  ©egriften  ber 
lat&oliföen  Äird^e  gu  benlen.  3.  aber  au<$  biejenigen  ©Triften,  toelcfye  toirflic$  bon 
Sfyofteln  ober  anberen  frommen  SKännern  ber  Urfircbe  berfafct  ftnb,  fyaben  nur  bann  eine 

30  berechtigte  ©teile  unter  ben  ffl.  ©Triften  ber  fatyolifd^en  Äirdpe,  toenn  fte  enttoeber  bon 
borntyerein,  toie  naefy  anficht  be3  KM  bie  ©emeinbebriefe  be$  ^SauluS  unb  bie  Styofatypfe 
beä  IJotyanneS,  für  bie  gange  ß^rtfienfyeit  beftimmt  toaren,  ober  toie  bie  bier  rejizierten 
^ribatbriefe  beS  $auluS  bur$  bie  ©ebeutung  tbreö  ^a^altö  für  baä  ürd^lic^e  Seben  baju 
geeignet  finb,  als  Duellen  ber  ©rbauung  unb  2)tejij)linierung  ber  ©emeinbe  ju   bienen. 

35  2)iefe  Dualität  mufe  aud^  ben  ©riefen  beS  3°&amw3  ^^  **>&  %vtoa$  juerfannt  toerben, 
toä^renb  ber  bon  mannen  gegen  bie  Stejtytion  einer  ©d^rift  be$  5ßetruS  erhobene  9Biber= 
fprueb  nidfjt  auf  ©eftreitung  i^rer  (Sd^t^ett,  fonbern  auf  Seugnung  i^rer  ©rauc^barleit  für 
bie  @rbauung  ber  ©emeinbe  gu  berufen  fd^eint.  4.  Slu^ufc^Iiegen  ftnb  alle  auf  3&u 
fc^ung  ber  Scfer  beregnete  gälfd^ungen  unter  bem  Flamen   biblifc^er  ©c^riftfteßer,   toaS 

40  nid^t  bon  ber  SBeiS^eit  ©alomoä,  too^l  aber  bon  ben  ©riefen  an  bie  Saobicener  unb 
älejanbriner  gilt.  2)er  ©erfaffer  geigt  ftcfy  geneigt,  alle  fold^e  ^älfd^ungen  §äretilern 
aufgubürben;  unb  ba^  bie  angeblichen  i}l  ©d^ripen  ber  ^äretifqen  Parteien  in  ber 
!atbolif(^en  Äird^e  ebenfotoenig  toie  bie  lieber  felbft  gu  bulbenftnb,  berfte^t  ftdb  bon  felbft: 
Fei  enim  cum  melle  misceri  non  congruit.  %t).  3a^tt. 


Vev$eidtnis 

bcr  im  Keimten  Sanbe  enthaltenen  Shtifel. 


Krtifel:  Berfafler:  6c(tc: 

3efuä  GljrifiuS  3öc!ler    .    .    . 

3efu$  ©irad)  f.  93b  I  6.  650, i*-652, 7 
3efeer  ©löfd)  f      •     • 

Seroel  9tub.  99ubbenfieg 

SgnattuS  u.  Hntiodnen  D.  ©.  U&lborn 
3gnattu$,  $iatonu3  8.  Sattenbufd& 
3gnatiu8,  ^atriard)  fj.  Äattenbufd) 
3gnatiu«  u.  tfoüola  f.  Job  VIII 6.  742  ff. 
3flnorantin8  S'odhr 

JHS  f.  Sonogramm  (Jfjrifti. 
Sfonoflaften  f.  93b  III  <S.223,  it— 225,.  ff. 
SlbefonfuS  <L  fcennecfe     .    . 

Sllgen  fi.  $elt  f      •    .    - 

Sauminaten         (fllucf  &ot)n  t)  Xfdjatfert 
Smmanuelfnnobc  f.  Sutberaner,  jeparierte. 
3mmcr  $3föjd)  f  •    •    •     • 

Immunität  ©icgfr.  SRietfcbel   . 

Smpanatlon  f.  93b  VII  ©.  235, 3. 
Impostoribus,  De  tribus    (£B.  Möllert) 

93enrat$       .    .    . 
3mputation  f.  Rechtfertigung. 
3nd)ofer  ©.  <£.  Steif  f      • 

3nbepenbentcn  f.  #ongregationaliften. 
3nbet  f.  93b  III  0.  524,  «-525,  n. 
Snbulgenjen  Xf>.  ©rieger     .    . 

3nformatu>proje&  f.  99b  III  6.  245,  «off. 
3nfralapfari«mu3  f.  $räbeftination. 
Snful  f.  Äieiber  unb  Snftgnien. 
Sngmann  3.  %.  Geberberg  . 

SntapQcität  Sacobf on  f  (SRejer  t) 

Snfarnation  f.  Gbriftologie  99b  IV  ©.  4 

unb  16  u.  ßenofiS. 
3nfIufenob.5Reflufen  ©ruf matter    .    . 
3nforporotion  ©afferfdjleben  t 

Snneröfterreid)  3-  fiofertt)   .    .    . 

3nnocenj  I.  $.  ©öbmer      .     . 

Snnocenj  II.  (8öpffcl  f)  CS.TOtrbt 

SunocenjULöegcnpapft    (3öpffel  f) 

6.  Wirbt     .    .    . 

(Söpffcl  f)  (£.  Wirbt 
fcand  Sdmlj     .    . 

$an$  6d)ulj 


3nnocen$  III. 
Snnoceiij  IV. 
3nnoccnj  V. 
3nnocen$  VI. 


3nnocenj  VII. 
3nnocenj  VIIL 
Snnocenj  IX. 
3nnocen$  X. 
3nnocenj  XI. 
3nnocen$  XU. 


SR.  8Wfelt)ttag 

aumann     .    .    . 

(8öpffelf)©cnrat^ 


43 
44 
49 
55 
56 

58 


59 
61 
61 


69 


72 
75 


76 


94 
96 


97 

100 
101 
106 
108 

111 
112 
122 
130 

132 
135 
137 
139 
140 
143 
148 


«ttttet:  »erf  affer: 

Snnocenj  XIII.        (3öpffel  f)  ©enratt) 
Snquifition  ©enratf)       .    .    . 

Snjdjriften.  djriftl.     EifolauS  Wütter  . 
3nfpiration  Bremer    .    .    .    . 

Snfpirierte  (W.Gtöbel  f)  fccgier 

Sntention  f.  ©afreunente. 
3nterbift  ©djeurl  f    •    •    • 

Snterim  3&leib     .    .    .    . 

SnterfalQrgefctne  f.  93b  II  6.  595, 4.  ff. 
Snterftitten  Safjerf Rieben  f  . 

3ntt)ronifotion  f.  93b  III  6.  245,  m  u. 

ben  Ä.  <ßapftroaf)(. 
3ntroituS  f.  fitturgie. 
3noeftitur  (Siegfrieb  SRietfdjel 

3oab  £.  ©ut&e     . 

SoacbimL.  jfttrfürft  ©.  ftaroerau 
3oad)im  IL,  tfurfürft  (to.  Äoroerau 
Soacfiim  uon  glore  ©.  $)eutfdj  . 
SoabaS  flaufcfd)  .    . 

Sodj  <£.  Sbeler    . 

3oel  »olef  .    .    . 

3i>f)annb.99eftfinbige  Jljeobor  üotb 
3of>.frrbr.  b.©ro&m.  X&eobor  Äolb< 
So^anna  b'^lbret     X$.  ©*ott  f   - 
Softanna,  ^äpftin     (93üigtt)sÄ.@4mib 
3o$>annbontten  3ö^er     •    • 

So^anncö  I.,    $apft  fc.  99ö^mer 
So^anneS  II., 
3ol)anne3  III., 
So^onne«  IV.,      „ 
3o^anne«  V., 
SobonneS  VI, 
SofjanneS  VII.,     „ 
So^anne«  VIIL,    „ 
3o^anne«  IX., 
3o^anne8  X , 
SobanneS  XL, 
So^anne«  XII.,     „ 
SofjanneS  XIII.,    m 

Sobanne«  XIV , 

3obanne8  XV.,      ., 
3of)annea  XVI.,    „ 

SoljanneSXVII 

3obanne«  XVIII.,, 

3o$anneS  XIXV    „ 

3ot)anne8  XXL.  %  («oigt  f)  fcauef 

3o^anneSXXIL,$.  fcouef      .     . 

3ot)anne«  XXIII.,».  93.  93e& 

3o^anne«b.9lpoftel    X^.  3a^n    . 

3ot)ann.*l3fu«naged  ^^.  We^er  . 


©dte: 
151 
152 
167 
183 
203 

208 
210 

213 


214 
218 
220 
223 
227 
232 
233 
234 
237 
244 
249 
254 
254 
255 
256 
256 
257 
257 
257 
257 
258 
260 
261 
262 
262 
264 
264 
265 
265 
265 
266 
266 
267 
267 
271 
272 
285 


808 


Serjeidpti*  ber  im  tteitittett  Sanbe  attfjalteiteit  Srttfel 


«rtifel:  ßerfafler:  ©die : 

Softanne«  oon  Sloila  f.  Suan  t>.  ^Cuila. 
Softanne«  fcon  93afel  f.  £iltaltnger,  Soft., 

93b  VIII  ©.  77. 
Softanne«  iBeffo«      (®a&t)¥ft.  fetter 
Softanne«  93ttrtban  f.  93b  III  6.  570. 
Softanne«  ©apiftrano  f.  93b  III  6.  713. 
Softanne«  (Jtubab    f.  93b  III   6.  444,  it 
Soft,  oon  $ama«hi«  fr  Kattenbufd) 
Softanne«  oon  $ara    (fööbtger  f)  Sßeftle 
Softanne«  ©leemon   @.  Krüger   .    .    . 
3oftanne«ü.$pftefu«  (JRbbtger  f)  Weftle 
Softanne«  oon  ©od)  f.  93b  VI  @.  740  ff. 
Soft.  IV.  3ejunator  ©.  Krüger  .    .    . 
Softanne«  Kitmahl«  (©afj  t)  ©•  Krüger 
Softanne«  üom  Kreuj  f.  Karmeliter. 
Softanne«  SRalala«  f.  SRalala«. 
Softanne«  Sttaro  f.  SRaroniten. 
Softanne«  3Koftyu3  f.  9Rof*u«. 
Softanne«  ö.SRepomuf       (©eorg  ßoefcfte 

(©.  Secftler  t) 
Softanne«  $artm3     93.  93efe  .... 
Soft.  «ßftilopono«       (©a&t)$ft •  fetter 
Softanne«,  <jke«büter  D.  2B.  ©ermann 
Soft.  u.  ©ali«burtt  3Bagenmann'©(ftaar- 
fdjmtbt    .... 
3oft. III. ©«ftolaftifu«  ©.Krüger  .    .    . 
Soft.   ©cftolaftifu«     ©.  Krüger   .    .     . 
Softanne«    ©cotu«    (£rtgena    f.  ©cotu« 

(jrigena. 
Softanne«  b.  Xäufer    Siitegg     .... 
Softanne«  Seutonicu«  f.  93b  VI  ©.716,i«. 
Softanne«  t>.$fteffalonicft     99oniuetfd)    . 
Softanne«   oon   Surrecrcmata   f.  Suan 

o.  Sorquemaba. 
Softanntfo«  Kartano«  f.  Kartano«. 


286 


286 
300 
300 
301 

302 
305 


306 
309 
310 
311 

314 
319 
320 


320 
328 


SoftanniSfeuer 

(SBagenmann  t) 

ftreube     .... 

328 

Softanniäjünger  f.  s 

ütonbäer. 

Softanntter 

D.  ©.  Uftlftorn     . 

330 

Softnfon 

3.  93el*ftetm     .    . 

334 

Sojacftin 

Kaufcfd)  .... 

335 

Sojaba 

Kau&fcft  .... 

336 

Sojafim 

Kaufet)  .... 

337 

Softan 

Kau^fd)  .... 

338 

Sona 

93olcf 

338 

Sona«  üon  SBobbio 

©eebafj    .... 

340 

Sona«,  Suftu« 

©.  Katoerau     .     . 

341 

Sona«  o.  Örldan« 

Gilbert  Sretoftebt    . 

346 

Sorban  f.  «ßaläfttna 

Sorbani« 

(©eiafäc!ert)3öüft. 

Slltmann      .     .    . 

347 

Sorbanu«, $ominifanergeneral  f.  93b  IV 

©.    774,   18-27. 

Sori« 

Regler     .... 

349 

Sofapftat 

o.  DreHt      .    .    . 

352 

Sofepft 

o.  Crelli     .     .    . 

354 

Sofepft  ü.Slrtmatftia 

D.  K.  ©eftmibt 

359 

Sofepft  93rt)ennio« 

$ft.  fetter  .    .    . 

360 

Sofepft,  3*f u  Pflegevater  3öcfler    .     .    . 

361 

Sofepft  II.,  Katfer 

Karl  Füller    .    . 

365 

Sofepft  üon  Sftctftonc 

$ft.  fetter  .     .     . 

377 

Sofepftu«,  Slatriu« 

($.  ©dmrer  .    .    . 

377 

Sofcö  f.  93b  VIII  ©.  574,  t  ff. 

Sofia 

Kau&fdj  .... 

386 

Sofua,  93ucft 

93olrf 

389 

Sofua,  ©oftn  <flun«  $olcf 393 


Krtttel: 
Sotftam 
Sotriami« 
Sooiniami« 
Sren&n«  r>.  ßüon 
Srenäu«,  (Sftriftopft 


©erfaffer: 
Kaufrfcft  .    .     . 
Victor  ©djulfre 
©rüfcmacöer 
£ft.  Saftn    .    . 
93offert 


Srene,  Kaiferin,  f.  93b  III  ©. 224, «ff. 
3rif*e  ©diroeftern   ber  Siebe  f.  98b  V 

392,w  f. 
Srlanb,  fircftl.  ©tattftif  (©«ött  t)  9S.  ©ö^ 
Irregularität  %  fcinfcftiuS  t     - 

Srotng  Xft.  Kolbe    .    .     . 

Sfaaf  u.  »ntioeftien  (Sb.  !ßeftle  .  .  . 
Sfaaf  uon  fttnioe  (Sb.  ißeftle  .  .  '. 
Sfaaf,  ber  ^atrtareft  r>.  Orelli  .  .  . 
SSbofetft  ©utfte     .... 

Sfenmann  ©.  93offert   .    .    . 

3fibor  ^Rercator  f.  «ßfeuboifibor. 
Sfibor  o.  ^elufium    (Völler  f)  Krüger 
3pbor  üon  ©eoilla      (©agenmann  f) 
fR.  ©eftmib  .    .     . 
3«lanb  @.  SRogt     .    .    . 

3§mael  t>.  Dreflt      .    .    . 

Sfo,  aWönd),  f.  93b  IV  @.  347, »»ff. 
SSrael,  ©efeft  .  bibl.  o.  Oreüi      .    .    . 
S3rae(,  nacftbiblifcftc  ©ejeftieftte  beSfelben 
^eman    .... 
Stallen  f.  93b  III  ©.  26,  i». 
Stalien,  Firdftl.-ftat.    K.  9lönne!e      .     . 
Stalicn,    refoimatorifcfte    S3ett>egungen 
©enratft  .... 
3talienifd)«fatftol.  Kircfte  f.  oben  ©.  520.  u. 
Stalienifcfte  93tbelüberfe^ung  f.  93b  III 

6.  140,  »«ff. 
Sturäa  ©utfte      .... 

3uan  be  9loila  SBenratft  .... 

3uanbe£orquemaba  93enratft        .     .     . 
Subeljaftr,  Subil&um  ^fteobor  Kolbe 
3ubeljaftr   bei  ben  Hebräern  f.  ben  91. 

©abbatftjaftr. 
Subiläen,  öueft  ber 

grapften 
3ubf  fieo 


ecitc: 
396 
397 
398 
401 
411 


413 
423 
424 
437 
438 
438 
440 
443 

444 

447 
453 
457 

458 

483 

511 

524 


543 
544 
545 
545 


b.  «.  Sßfeubept« 


93.  föiggenbaeft 
(<£.  (Sali)  .  . 
u.  CreUi  .  . 
©utfte 


Suba.  ©oftn  Safob« 
Subäa 

3ubaSf  b.  Sftronograpft  K.  Krüger 
Suba«  ©aliläu«        D.  K.  ©eftmibt 
3uba«  Sftftariotft       D.  K.  ©djmibt      . 
Suba« Maffabäu«  f.  93b  VII  ©.465,wff. 
3uba«brief  ©ieffert    .... 

Subc,  ber  eitrige         Sari  93ertfteau 
Subentftriften  f.  ob  V  ©.  125  ff. 
3ubenmiffion  f.  3Ktffion  unter  b.  3"bcn. 
Iudicium  sec.  Petrum  f.  93b  I  ©.713,  »4  ff. 
Subitft  f.  93b  I  ©.  644,.». 
Subfon  9t.  ©runbemann  . 

3üngling«oereine  2ft.  ©eftfifer  .  . 
Sultan  Säfarint  $.  Xftftacfert  .  . 
3ulian  0.  (Sttanum  SBonraetfcft  .  .  . 
Sultan  ü.#alitarna&  ©.  Krüger  .  . 
Sultan,  ber  Katfcr  ttbolf  ^arnaef  .  . 
Sultu«  I..  $apft  ^.  93öftmer  .  .  . 
3ulttt«  II..  <ßapft  (Söpffclf)  »enratft 
3ultu«  III..  ?apft  (göpffel  t)  93enratft 
Sultu«  ?lfri!.©ejtu«  «.  £>arnacf  .  .  . 
Sultu«  @d)tcr  9EBalter  ©oef    .    . 


550 
553 
556 
585 
585 
589 


589 
592 


595 
596 
602 
603 
606 
60t) 
619 
621 
625 
027 
628 


SerjeidjniS  fcer  im  neunten  Sänke  enthaltenen  Hrtitel 


809 


«rlttel: 

Scrf  affer : 

6ritc: 

3uiiipcr$ 

<l  6Aöa  t)  . 

634 

Sinti  liitö 

(Völler  t  Jtrüger 

634 

Suniud 

(Juno      .    .    . 

636 

3uvtcu 

8onet«9Raurtt  . 

637 

Suftin  b.  ©nojttfer 

©.  Ärüger   .    . 

640 

3uftin  b.  SRärtnver 

9ontuetfd)  .      . 

641 

Sitftinton  I. 

©.  Ärüger  .    . 

650 

3uocnaI  von  3*ruf 

3f.  flattenbuf* 

659 

3uoencuö 

Öeimbad)      .    . 

662 

3t)ü 

(SBagenmann    ^) 

(Sari  SRtrbt     . 

.    664 

ff. 


itab  f.  sü?af}e  unb  ©eiuidjtc 
ftabafila*  (®a&  f)  We^r    . 

tfabbala  D.  fluguft  SBünfdjc 

tfab  f.  Wage  unb  ©eiuttfcte 
tfabcö  f.  9?egeb 

Kärnten,  Deformation  unb  <5Jegenrcfor= 
mation  f.  oben  @.  101  ff. 


667 
670 


Hrtttel: 

Berfaffer: 

6dte': 

ftfiftler 

$>evmann  gering  . 

689 

$at)niö 

3ofjanne§  #un$c  . 

692 

Äain 

©utne     .    .    .     . 

698 

ftamiten 

©.  Ärüger   .    .    . 

701 

ÄaipljaS 

©ieffert  .    .    .    . 

702 

ftatjer  (ttairfer)  3afob  f.  8u>tngli. 

Äaifer,  üeontiarb 

Stjeobor  ffolbt 

703 

Äalanbe 

©.  Ublborn  D.     . 

703 

Stalb,  golbeneä 

SBolf  Baubiffin     . 

704 

Äaleb 

©utbc     .    .    .    . 

713 

Äalenber,  djriftlidjev  (^iper  t)  tförflev 

715 

ftafenber,  jübifdjer, 

f.  8b  VII  6.17,17 

bi3  19,  t. 

ffnltar 

gr.  Weifen      .    . 

727 

ffalfar,  #cinrid)  uon 

i  f.  »b  VII 6. 602  ff. 

Äam 

99.  ©runbemann  . 

728 

ftamel 

SSenjinger    .    .    . 

729 

Äammin 

$aucf      ... 

731 

ÄamoS  f.  ftemofdj 

Äanaaniter 

Qutfc     ... 

732 

Äanon  be3  911 

#erm.  &  ©trad    . 

741 

tfanon  beä  $1 

%$.  3a^n    . 

768 

Äanon  SWuratori 

H.  3af)n    .    . 

796 

810  gortfe^mtfl  ber  Sertdjttgnnßeit  unb  Wadjtraflt. 

(8ic§e  audj  am  Anfang  bed  Sanbeä.) 
6.  Sanb. 

8.14?  ii.  181.  3Mc  9lUg.  3tg.  u.  28.  Xq.  1900  9k.  357  enthält  eiueStatiftif  besÄleruau.bcrCrben 
in&rantreid)  imd)  eingaben  bcr  Civilta  Cattolica.  $anadj  ift  ber  gegenwärtige  8  tanb: 

1.  SBeltgeiftltdje: 

er^bifdjöfc 18 

»if<Mfe 72 

.    Ißfarrfirdjen,  bereu  £itulare  unabfefebar  finb .  3452 

abfefrbare  Pfarrer 31000 

Dom  Staate  befolbete  $ifare *.  6923 

"um 

.frieren  fomnten  bic  ^rofefforen  ber  Seminare,  bie  Äaplöue  unbStifarc  in 
Stäbtcn  über  :>00o  (Sinroobner,  bie  s$rieftcr  ber  gciftlidjen  (tfenoffenferjaften 
uub  bic  feiner  beftiinmten  ökmciube  jugcteilteu  ^riefter,  ^ufammen  ungefähr 
30000,  fo  bafi  bie  ®cfamtyal)l  ber  Gteiftlid)eu  auf  etwa  72  000  au^ufc^en  ift. 

2.  Crbensmitglicber: 

Som  Staate  anerfannte  9Rönd)äorben    ...      28 

JJrauenorben 265 

barunter  ber  ftranfcnpflege  bienenb   .        8 
ber  Äranfenpflege  unb  ber  @rfticf)ung    185 

ber  (Sraiebung  ullein 62 

Crbcn  privater  #r.  Pflegerinnen   .    .      10 
3u   ben   anerfannten    unb    nidjt   anerfannteu   Drbeu    leben    jujammen 
40000   ^öndie,    120—130000  Wonnen.    3>te  ^c|amtjaftl  bcr  ttlerifer  unb 
JHcligiofeu    ift  alfo  232- 242000. 
JJur  SJergleidwng  füge  id)  bie  neueften  3a(jlcn  für  Xeutfdjlanb  bei : 

1.  ftlerifer: 

@r^biid)öfe 5 

»ifdjöfc 20 

^öeltpriefter 18348 

CrbenSpriefter 936 

19309 

2.  Crbenömitgliebcr: 

Gönner  orben 10 

Wieber laffungen  berfelbeu 128 

Wcligiofen 2332 

sJ)iännerfongregationen 4 

Wiebcrlaffungeit  berfclben 71 

töcligiofen    * 1192 

<DKffion£gcfellfd)aften 7 

töeligiofen     .    -. 592 

JJrauenorben 7 

Wieberlaffungen  berfelbeu    .......  21 

töeligiofen    ' 602 

Jrauenfongregationen 

a)  ftranfenfdnoeftern 14 

Wieber  laffungen  berfelbeu 1791 

JKeligiofen    * 18598 

b)  Sd)iilfd)tt)eftern 17 

Wieberlaffungen  berfelben 550 

Weltgtofen    ' 8729 

c)  8d)ul-  unb  ^ranfenfdjiocftern  ....  3 

Wieberlaffungen  berfelben 218 

Weligtofen 2805 

d)  Sonfrige 11 

Wieberlaffungen  berfelben 81 

Weligiofen    " 2097 

Temnad)  in  $cutjd)lanb  73  Crben  unb  Kongregationen  mit  2867  tlöfter 
lidieu  Jnftituten  unb  36847  Weligiofcn.  $üurf. 

8.  225  $.  25  iie<*  üaufanne  ft.  Wuon. 

„   177    „  20  füge  bei:  C.  I L Turner,  onGcIasiuH  of  Cyzicus  in  Journ.  of  Theolog.  Studie«  I  181«» 
8. 125  f.  (Wadirocia,  ba)]&.  beträditl.  8tiicfe  au*  Wufin*  #©  in£©ried)ifd)e  übertrug.  • 
„  513    „  49  Itce  1890  ft    1895. 
„  612    „  37  füge  bei:  %  Ijdiacfert,  £ie  angeblid)  s3ltilifd)e  Sdmjt  Determinatio  pro  quietatione 

conscientiae  simplicium  ein  'feerf  Werfons  in  ^MW  XVII  8   234—244 
„  731    „  43  lies  ©efefce  ber  iünber. 


gortfe^mtg  bcr  Seri^tigttngcn  nitb  Wad^rägc*  811 

7.  Saub. 

8.    1«  3.25  lies:  ftol  ftibre  ft.  ttol  ftibun. 

„  454   „  22  füge  bei:  9i.  Bürfuer,  Ä.  o.  $afc.    2eip$ig  11XX). 

„    IV   „    2  v.  o.  lieft  528, 4t  ft.  528, 14. 

8.  »aitb, 

8.  30  3.  50  (uor  JHicjIer  2c.)  füge  ein :  ©raf  u.  .fcoenfcbroed),  3)oö  ^apfttum  in  feiner  fo$ial= 
fultureflen  SBirffamfeit,  Bb.  I,  tteiptfg  1900  (bietet  u.  0.  auf  8.  383—421  eine 
aufcfüljrlid)e  3n§altäangabe  vom  Malleus  maleficarum.  8.  überhaupt  ben  reiaV 
baltigen,  &ie  unb  ba  allerbingS  fritifdjer  8id)tung  bebürftigen  Slbfdjnüt  8.  374 
bte  599:  „tyipfttum  unb  #e£enuntüefen"). 

„  48  „  9  füge  bei:  Sllfr.  Scboene,  Die  ©eltdjronif  be8  (SufebiuS  in  ibjrcr  Bearbeitung  burd) 
ipieronümuä.  Berlin  1900  (lägt  bit  tyieromjmianifdje  Gfjronif  ju  ftonftantinopcl, 
unb  aroar  gegen  ©nbe  b.  3   381,  entftefjen). 

„  313  „  51  lies  $.  ft.  3  ©rifar  u  füge  ein:  berf.,  $apft  ftonoriuä  I.  unb  bas  bfumenifd)c 
Ronjil  v.  680—681  in  Analccta  Romana,  ftom  1899. 

„  424   „  27  lie*  ftulco*  ft.  ftueo«. 

„  530  „  58  D.  Äatoerau  in  Breslau  mad)t  mid)  freunblid)  barauf  aufmerffam,  bah  fdjon 
SBeffel,  geft.  1489,  bie  &orm  Sobaüaf)  Opp.  p.  74,  78,  97,  101,  103,  484  unb 
zweimal  bie  frorm  3ef>ovaf>  p.  679,  680  gebraucht;  vgl.  Äatfjolif  1900  II  8. 19. 
i*<j  liegt  nad)  Äawerau  n>of)l  fein  ©runo  bor  ju  ber  Wnnaljme,  bafy  erft  bie 
Herausgeber  ber  ©erfc  biefe  grormen  in  ben  $ejt  einqefdjmuggelt  Ijaben. 

Äittel. 

„  500  „  54  lieber  ben  Beinamen  be3  Berfaffer*  ber  Legenda  aurea  fdjreibt  mir  $crr  ^rofcffor 
Dr.  C.  .frolber=@gger:  „Tic  gorm  de  Voragine,  Vorago  ift  eine  Berberbni*  für 
de  Varagine,  Varago,  ba  entfernt  uon  ©enua  lebenbe  Sd)reiber  ben  Crt  nidjt 
Fannten  unb  baljer  —  fcr)r  unfinnig  —  auf  ba*  lateinifdje  SBort  vorago  famen. 
Frater  Jacobus  de  Varagine  nennt  ber  5Rann  ftd)  felbft  in  feiner  l£f>ronif  ber 
l£r*bifd)öfe  von  Qenua,  Muratori  SS  IX  6.  53,  unb  biefe  allein  richtige  JJonn 
biefeS  Ramend  bat  aud)  bie  alte  ^ßarifer  :£Kmbfd)rift  biefer  (Sljronif,  iveldje  idj 
foüationiert  Ijabe.  Diefe  frorm  be*  CrtSnamenS  pnbet  f!4  an  fefjr  äaljlreidjen 
Stellen  j.  B  ber  Annal.  Januens.  M.G.  XVIII.  Der  Ort  Reifet  ljeute  nidjt 
Varazzo,  fonbern  Varazze  unb  liegt  33  Kilometer  loeftltd)  Don  ©enua  an  ber 
JHivtera  bi  $onente,  13  Kilometer  öftlidj  von  Savona.  Die  ftorm  Biraggio  ift 
ofyne  jebe  Begrünbung."  $>. 

„  690   „  31  lies  Bb.  VII  ft.  Bb.  V. 

„  743  „  11  füge  bei:  SB.  v.  Weumenboff,  S.  J.,  fieben  be*  $.  3gnatiu«  \>.  ßoi)ola.  ^eutf^e 
«udgabe,  2  Bbe.  gr.  8°,  «egen^burg  1900. 

„  780  „31  3)ie  Angabe  in  Bejug  auf  bie  öfterreidjifdjen  ©tjmnaften  ift  irrig.  9?a(ö  einer 
gütigen  Mitteilung  bed  ^erm  ^rofeffor  P.  Stiglmanr  befift  bie  öfterreid)ifd)e 
Drben^proöinj  feit  ben  50er  Safjren  1  baö  Kollegium  Äalfdburg  bei  SBien, 
eine  ^rioatanftalt,  bie  feit  ein  $aar  So^en  Oeffentlicftfeitdrea^te  geniest,  2.  baö 
Kollegium  iRariafa^ein  in  Böbmen,  eine  btfa^bfltc^e  $rioatanftalt  otyne  Ceffent- 
üd}feitöred)te.  Da^  Kollegium  auf  bem  ftreienberg  bei  fitn^  ift  üor  menigen 
3abren  eingegangen.  3«  Älagenfurt  in  Äämten  u.  in  Serajetoo  .in  Bosnien 
oerfeben  P.P'.  bifd)öflia^e  ?ßrtefterfeminarien,  in  2:raonic  in  Bosnien  ein 
bifd)öflid)e8  Änabenfeminar,  in  bem  fie  jugleid)  Unterria^t  geben.  $ie  gleia^e 
Orbendproüin^  t|at  in  Ungarn  ba3  Kollegium  Äalocfa  mit  öeffentlid)icit$red)t, 
in  8^atmär  ein  ftonüitt. 

Die  beutfä^e  Orbenöprouinj  ^at  in  Cefterreid)  baS  Kollegium  gfelblird)  in 
Borarlberg  al*  ^riüatanftalt  mit  ooDfem  Ceffentliä)feitSre(öt  feit  5  Jahren. 

Die  galijifdje  CrbenSprouinj  ^at  in  (£f)t)ron>  in  Cftgali^ien  eine  1836  ge= 
grünbete  unb  feit  1893  mit  Ceffentlid)feit$red)t  oerfe^ene  ^Inftalt.  9lm  bifd)öf= 
liefen  8eminar  in  SBetbenau  in  Cefterr.  8d)lerien  ift  ein  $ater  alö  Spiritual 
unb  ^Roralprofeffor  tl)ätig. 

'Mn  ber  Unioerfität  3nn«brud  Ijat  bie  öfterreitftifdje  Crbeneprouinj  bie  tt)eolog. 
Satultät,  aber  nia^t  er^lufiü.  9ln  ber  Wiener  Uniuerfttftt  befaft  feiner^eit  P.  8d)raber 
einen  tl)eologif*en  i'e^rftubl,  fonft  fein  Jcfuit.  Die  Staattgtjmnafien  3«n^tud 
unb  ^elbfird)  finb  feit  1848  bejro.  1H66  ben  3*fuiten  entzogen. 

„  781  „  9  Die  Angaben  über  bie  Sdjroeij  finb  nnria^tig.  -4>err  ^rof.  Dr.  „ftiltt)  in  Bern 
batte  bie  Wüte,  bem  .Herausgeber  über  bie  SRedjtelage  folgenbe*  mitzuteilen: 
Der  3*fu*tenorben  ift,  abgefeben  üon  bem  vorläufigen  Dagfafoungäbeid)luft  öor 
bem  Sonberbunbefriep,  burd)  bie  BunbeoDcrfafjung  u.  12.  Sept.  1848  verboten. 
Die  jefot  giltige  Bcrtaffung  v.  29.  ^ai  1874  Mrt.  51  bat  biefer  Berbot  nod) 
verfd)ärft,  inbem  fie  auäbrürflid)  aud)  bie  einzelnen  ^cyitilett  von  ber  lieber 
lafiuug  unb  jeber  ©trffamfeit  in  Mitd)e  unb  8d)ule  au^fd)lteftt.    gür  8d)tt)et^c- 


812  gortfc^img  bcr  SertdjHgnitgen  nnb  9?a<f}träge. 

rifc^e  Sefuiten  ift  bas  eine  feljr  ftarfe  Ausnahme  üon  einem  anbern  Art.  bcr 
SJerfaffung,  ber  bie  Verbannung  uon  Sdiweijerbürgern  aiiftiia&melo«  verbietet. 
Ter  Art/51  ber  SSerfaffung,  ber  bie  S^fuiten  ausliefet,  giebt  ber  Gibgenojfen; 
fdjaft  oud)  basiRedjt,  biefes  Verbot  burd)  Vunbcäbcfd)lu6  auf  anbere  Crben  au^u 
befmen,  beren  ©irffamfeit  ftaatägefätyrlid)  ift  ober  ben  ^rieben  ber  ilonfefftonen 
ftört.  Art.  52  verbietet  bie  SBieberljerfteflung  aufgehobener  filöfter  ober  relig  Crben. 

9.  8<mb. 

6.  58  $.  Ö  (fjinter  3»  &  Vlain,  La  vie  du  v£n.  serviteur  etc.)  füge  in  Sßarantbefe  bei: 
Weiie  Ausg.  be*  juerft  1733  erfdjienenen  SBerfö. 

„  -  „  9  füge  bei :  Weuefte  Biographien  be  ta  6aflc«,  oeranlant  burd)  beffen  Äanouifation: 
Abbe*  ©uibert,  L'histoire  de  S.  Jean-B.  de  la  Salle,  $arie  11KX)  (reid)  an  im 
funblidjen  Vertagen,  überhaupt  beiz  grünbüdjfte  ber  neuerbingä  er  fdnenenen  Gebens- 
bilber).  A.  SJefaire,  Saint  J.-B.  de  la  Salle,  $ari*  1900  (fürjer  getaute 
Viograpljjie,  $ur  Solpfc^en  ljagiologifd)en  Sammlung  „Les  Saint*'*  gehörig, 
beadjtenäwert  aud)  wegen  ber  ftatift  Zugaben  über  bie  gegenwärtige  3tär?c  bes 
©dmtbrüberinftitutö,  p.  194). 

„     —    „  24  u.  26  üe3:  töouen  (ftatt  Vaugirarb). 

„  1 53  „  1 1  ift  uon  neuefterßitteratur  beizufügen :  ©raf  %  uon  $>oensbroed),  £as  ^apfttum 
in  f.  fo$.=fulturellen  SBirffamtcit.  l/Vb:  3**quifition,  Aberglaube,  £euiclsfput 
unb  ^ejrenwatyn.  ^eip^ig  1900  (ugl.  Vud)  1,  3,  4).  3.  #anfen,  3aubcnoefen, 
3nquifition  unb  fterenproÄcfj  im  Mittelalter  unb  bie  £ntftef)ung  ber  grojjcn 
.fccyenoerfolgung  ($ift  Vibl.  XII),  München  1900  (ugl.  &a\>  IV— VI)  Ter 
erfte  Vanb  uon  üeaä  SBerf  über  bie  3nquifitron  im  Mittelalter  (f.  8.  1.72, öl  1 
ift  mit  (Einleitung  oon  Sß.  ftrebericq  in  franj.  Ueberfeftung  erfdiieucn  ($aris  11MX>>. 
lieber  bie  Snquifition  in  $eutfd)lanb  ogl.  Michael,  Xeutfdje  (VJefdncfitc  vom 
13.  3aljrf).  an,  II  (1899)  ©.  301—317;  340 f.;  ebb.  über  Äonrab  0.  Marburg 
8.  318—339,  wo$u  Art.  #.  oon  Marburg  (Vb.  X). 

„  153   „  25  Celano  ft.  $elago. 

„156  „  16  Von  ben  ©efängniffen  ber  Snquifition  entwirft  ber  fatt)olijd*e  Anftaltsgeiit- 
lidje  Äarl  Äraufj  (3™  Werfer  oor  unb  nad)  (£f)riftu3,  JJreiburg  1895,  3.  328  ff. J 
ein  abfdjredenbeä  Vilb.  ©r  befd)lief$t  bie  Säuberung  ber  fürd)terlid)cn  3"!^^ 
bie  aflerbingfc  jum  $eil  in  ben  allgemeinen  Verljältniffen  iljre  (Srtlärung  fiuben, 
mit  ben  ©orten:  „Unb  ein  foldjei  ©cjängnte  trug  bie  Aujjd)rift  Casa  santa, 
IjeüigeS  $auä!" 

„  160  „  16  lie*  ftieberbeutfcfclanb  ft.  $eutfd)lanb.  Ueber  bie  Xftfttigfeit  ber  päpftlkfcen  3.  in 
3)eutfd)lanb  nad)  tfonrabä  oon  Marburg  Xobe  f.  ben  <Ed)lu&  beä  Art.  Äonrab  u.*i. 

„  203  „  40  füge  bei:  SB.  £aborn,  S)te  3nfpirierten  bee  18.  3at)rr)ö  mit  befonberer  ^eiürf^ 
fid)tigung  iftrer  Beziehungen  ^ur  3d)Wciz.  Sd)W.  Stjeol.  8cltfd)r-  ^^  S.  184  ft. 

„  245    „  45  lieö  Örücf  ft.  S3rud. 

„  264    „  15    „    So^anned  XUI.  ft.  III. 

„  320   „  54    „    ed)cnfel§  ft.  6enfe^. 

„  394   „  38    „     Geborenen  ft.  Gebliebenen. 

„  411   „  25     „     Soabaö  ft.  3oa3. 

„  536   „  32    „    Martineng^i  ft.  Mar^ineng^i. 

.,  627    „  12     „     240  ft.  140. 


22.  Jyebr.  1901 


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