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Slbbanbhmgen ber ©crliner Stfabemie.
ungemeine beutfdje ©iograpbie.
Slbfjanblungen ber ©öttinger ©efeüfd).
ber ©iffenfc&aften.
91rd)iü für fiitterarur unb JHra^en»
gcjd)id)te beö Mittelalter^.
Slbljanbhmgcn b.SRündjenerÄfabemie.
Acta Sanctorum ber ©oflonbiften.
ActaSanctorum ordinis 8. Benedicts
^blmnblungen ber ©ädjftfdjen ©efefl»
fdjaft ber SBiffenfdjaften.
HlteS Xeftament.
33anb. ©be = ©änbe. [dunensis.
Bibliotheca maxima Patram Lug-
Codex diplomaticus.
Corpus Reformatorum.
Corpus scriptorum ecclesiast. lat.
Dictionary of Christian Antiquities
von Smith & Cheetham.
Dictionary of Christian Biography
von Smith & Wace.
$eutf$e fiitteratuwtatung
— Glossarium mediae et infimae
latinitatis ed. Du Cange.
$eutfd)e 3eitfd)rift f. SHrfrnredjt.
ftorfd)ungcn jur beutfdjen ©efdjidjte.
©ötttnaifd)c gelehrte $ln$eigen.
ßiftörifd)e§3öf)tf>udj b. ©örreSgefellf dj.
$>iftortfd)c 3eitfdjrift uon ü. 8l)bel.
Rege8ta pontif. Rom. cd. Jaffe ed. II.
3ö^"büd)er für beutfa^e Geologie.
3a^rbüdjcr für proteftant. Ü^eologtc.
^ir4engefd)id)te.
Äirdjenorbnmta.
fitterarijdjeä (fentralblatt.
Collectio conciliorum ed. Mansi.
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Monumenta Germaniae historica.
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: Patrologiaed. Migne, series graeca,
: Patrologiaed. Migne, series latina.
: Mitteilungen. [©efa^i^tSrunbe.
: 9^eue« Ära^iö für bie ältere beutfdje
: 9?eue grolge.
: 9?eue 3^rbüa^er f. beutfd)e Geologie.
: 9feue rirailia^e geitfeftrift.
: ^eue8 £eftament.
: ^reufeifc^e 3a^rbüd)er. [Potthast.
: Regesta pontificum Romanor. ed.
: JRömifd)e Ouartalfa^rift.
: ©ifungSberia^te b. ©erliner Wabemie.
b.9ÄünäVner „
„ b. SBiener „
: Scriptores.
: $t)eologifd)er 3a^edberid)t.
: It)eologijd)c§ fiiteraturblatt.
: Xtjcologijc^e ßiteraturjeitung.
: Xf)cologifd)e Duartalfdjrift.
Ü^eologifdje ©tubien unb ftrititen.
leite unb Unter fua^ungen IjerauS»
geg. oon u. ©eb^arbt u. §amacf.
: Urfunbenbutt^.
: «öerfc. $ci fiut^er:
: 3Berfe ©rlanger 91u8gabe.
: 3Berfe Weimarer HuSgabe. [fäVift.
: 3citfa^rtft für altteftamentt. 3Bifl[en-
„ für beutf(fted Wtertfcum.
„ b. beutfd^. morgcnl. ©efeflfd).
. b.bcutjdj.^alöftina »ereinS.
„ für fnftorifdje ^eologie.
„ für Äird)engefd)idite.
'„ für Äira^enredjt.
„ für tatljolitäe X^coloaie.
., fürrtrd)1.5öiffeuf4.u.&ben.
„ für lut^er . Xt)eologie u. SHrcfte.
„ für ^roteftantidmuö u. JHra)e.
„ für X^eologie unb Äirdje.
„ für roi(fenf4aftl. Xficologie.
Berichtigungen unö Hadjträge.
1. &anb.
©.607 3« 36— 41 füge bei: Ferdinand-Marie D'Araules, La vie de S. Ant. de Padoue par
Jean Rigauld, ©orbeauj 1899, loifl beroeifen, bah bic fiegenbe ber Portugaliae
Monumenta uon Zfyomaü uon Celano toerfajjt ift, uub mad)t iuafyrfdjeintid),
baji bic Segettbe in A.S. 3«ni II, 705 uon 3ulian uon ©peier ^crrüfjrt.
©.435 g. 57 füge bei: 3. ©c^Iabcba^, »aftliuS tx>n Wncnra. 3naug.=$iff. 2eip,yg 1898.
„ 780 „ 3 ». ». Ue3 100 ft. 190.
©. IV 8- 5 ö. u. ItcS 11 ft. 16.
„ 193 „ 58 lieg 1796 ft. 1706.
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@. 8 g.55 lieg 9Äc 8,27 ft. 8,7.
SRc 2, 10 ft. 8, 10.
m 20,28 ft. 20,20.
Ä. ft. 8.
21, 22 ft. 22, 22.
fcpl) 1,6 ft. 4, 6 u. SRO 8, 32 ft. 8,31.
9$i 3,21 ft. 3,31.
8, 58 ft. 8, 38.
<&) 5, 30 ft. <£» 30.
©Oberbegriff ft. ©otjnesbriff.
ovvtjvtbdtj ft. ovtjvw&t/,
Orient ft. Dccibent.
1888 ft. 1868.
mnftifd&en ft. realiftifdjen.
8 füge bei: 9tod) (&lafjberger (Analecta Franciscana, Quaracchi 1887, II, 83)
mu& bie fiegenbe XatubS in einer grbfeeren C£r>ronif ©laftbergerS ju finben fein. —
öeftorben ift $atoib am 19. Wo». 1272, t>gl. 3ä© XIX, 359 n. Kölner »olf*=
Leitung r>. 18. Oft. 1899 SRr.977, wo ber Gintrag im Mnntoerfar be* 9Winoriten=
flofterö inSlugdburg beigebracht ift: „Obitus fratris Davidis socii fratris Berchtoldi
magni predicatoris a. d. 1272 XIII Cal. Decembris, sepulti ante altare corporis
Christi in ecclesia nostra".
„ 638 „ 30 füge bei: &. 3i gunf, $ie 2 legten $üd)er ber ©cfirift $afiün* be* 05roften
gegen (SunomhtS. Compte-Rendu beä 4 internat. nriffeiifdjafll. Aiat()olifcn=fton--
greffeS. 1. ©eft. ©. 216-248. 1897. Wbgebmcft in &unfs SUrdietiqefdiidjtltdicn
s)lb^anblungen II. ^aberborn 1899, ©. 291—329.
5. Sanb.
©.603 %\2 füge bei: $g(. bic ©ammlung ber in ben Sacra Parallela erhaltenen ^rndijtütfc
beö @nf. Siley. bei #. £>oü, Fragmente innnica'nijrijcr Äirdjenvh'ter aus beu S. P.
XU. M&. V, 2. Seidig 1899, ©. 214-232.
„ 648 „ 18 lies 1,42 ft. 1,41.
„ — „ 28 „ oben ft. SBb. 4.
— „ 33 füge hinter 37 ein 76.
— „ 34 He* 12 ft. 13.
— „ 53 füge hinter lu'erau ein : ©djönfelber im Slntwng feiner Überfettung be$ 3ol) (Spljef.
649 „ 45 füge bei: Weue tritifd)e Ausgabe uon 3. öibej unb & $armenticr. Sfonbon 1H98.
799 bie 3. itferidjtignng ju 3tonb II gehört uietmcfjr ^u $*b I.
(Sortjefcung am ©djtujj be* 23anbe£.)
3fefn3 Sffriftnd (geben 3e|u). I. Quellen. OTgem. gitteratur: 9f. ©tauben-
maier, Ginl. in b. geben 3efu, X&G© 1842; 3. % Stange, lieber bic 9luU)entie ber triev
(Soaugelien: X()©t£ 1842, I; berf., $a3 geben Sefu na* ben ©oangg., #eibefberg 1844 ff.,
I. 1. 8. 148—281; X(). STcim, ©efd). 3efu o. Wa^ara, I, (1867), ©.7-17-2; ft. £afe, ©cf«.
3cju [1876; ugl. unten, 9(bfdm. II], § 1—10; ©ernfj. ©eijj, S)a3 geben Sefu, I (93erlin 5
1882), ©.1-180; beif., (Sinl. in« 9?X (1886), § 41-52; SBillib. 93enf«Iag, geben 3efu
I (£alle 1885), © 57-131; $. ©obet, $ie ©ntftebung ber .(Soangclien in b. Jöibelftubten
*. VJJX", C^nnooer 1878; 2.31. 1897; $aul (Sroalb, bie Hauptprobleme ber ©üangelienfrage,
geipjig 1890 (fceroorragenb toidjt. Sonographie über ben ©egenftanb; ogl. au* be8f. 93erf$.
Vortrag: X)ie ©iaubunirbigfeit ber tSuu., WÄ3 1897, au* fepar.); (£. $. Joggen, ©efd)id)te 10
ber Sieuteftamentl. Offenbarung (TOrblingen 1894) I, 17-84; (S. ©. ©teube, lieber ben
Cueücnroert ber tynopt. ßoangelien: 33eiu. b. ©1. 1897, #. 3-5; gr. ©art&, 55>ie Haupt-
probleme beä gebend 3efu, (&>üterdlot) 1899, ©. 1—31.
9lufeerbiblif d)e , inSbef. gnofrifd)*apofrt)plje Duellen. 3- Sronmütfer, $ie
©eiocisfraft ber Seugniffe nid)tdjrifttid)er ©djriftftefler über bie ©efd)id)te 3efu : ©tubb. ber 15
33ürtteni6. ©eifti. 183:? ; SabriciuS, %fyilo it. Xifdjenborf in ifjren 9lu8gg. b. Evang. apo-
crypha; f. ben betr. 91. o. SJ?. #ofmann; 1, 655-664). ©gl. beSf ©tfcrift: $a8 geben 3efu
na* ben 91potrt)pf)en, geipjig 1851 ; ©ariot, lies e\angiles ap'ocryphes, $ari8 1878; 91. Xappe»
Uorn, 91u&erbibl. 9iadjrid)ten ober bie 9lpofr. über (Geburt, Äinbtjeit unb gebenSenbe 3efu u.
^KortÖ, ^aberbom 1885: ©. ^ßtd, The Life of Jesus aeeording to extra-canonical sources, 20
*ew.?)orf 1887. - «gl. 9i. Cmnbmann, $aö #ebräereuangefium, gpj. 1888 (XU V, 3), fo-
u>ic wegen bc$ 1894 entberften Syrus Sinaiticus (gerote'Xeyt) bie gitt. in 91eftlc3 91. „©ibel*
iiberj., ©ljr." : III, 1 72 ff . — Söegen ber 9lbgarfage. ber $ro3opograpf)ie be§ gentuluS u.f.m.
f. b. 91. „9lbgar" (I, 98 f.) unb „e&riftu£bilber" (IV, 68—73); aud> ©. Don fcobfdjüfc, $ie
umnberbar entftanbeneu l$&rlftu3bilber, gpj. 1898 (XU, W$, III) unb beffen 9lbt)blg.: „8um 26
gcntuliiS.Briff1: 8S&X& 1899, @. 457 ff.
Dieta Salv. äynntpo. Äbrner, Do sermonibus Christi ciliar/ nie, gpj. 1776; 93. ft.
©eftcott. Introditction ^to the Study of the Gospels, gonbon 1881 p. 457 ff.; 9tlfr. Mefd),
in yf&g 1888; berf, 9lgrap(ja; aufjerfanon. (£uau., gragmente gefammelt unb unterfudjt,
i!p$. 1889 (XU V, 4); 3. £. SRopeS, X>ie ©prüdje Sefu, bie in ben fanon. ©oangg. uid)t 90
überliefert finb, geip^ig 1896 (XU XIV, 2 — toidjtiger ©erfud) jur frit. ©idjtung beö 00m
Vorigen bcigebrad)ten Materials); ©renfefl u. £mnt, Aoyia lqaov. Sayingsof our Lord from
an early Greek papyrus discovered and edited, gonbon 1897 (8nr firitif biefeö gogia-
Junbä uon O^rDtjncftoS f. bef. Xf). 8af)n, X>ie jüngft aufgef. ©prüdje 3efu. im X^g^l 1897,
^r. 35 f.; 3. »laß, 6o. $t& 1897, Wr. 32; — aud) beß etwa« günftiqer über ben Original« 35
loert ber Jragmente lautenbe Urteil uon #arnacf, lieber bie jüngft entberften ©prüa^e 3efn,
Jvreibg. 1897. «gl. Ärüger, g(5931. Wx. 32; ^einrici, XW3 Wx. 17; Satiffol, Rev. bibl.
1^97, IV; U. 0. SBilamotuifc, in ©g9l 1898, Wx. 9).
X>e^ 3ofepfju3 3eugnU oon dt)riftu8. SBegeu ber älteren gitt. (in^bef. (Sidjfta'bt,
i£. Verlad), ©iefeler k.) f. ©a^ürcr, 9lrt. „Sofepfju«'' in b. @nc. S3on ben ueueften 9Roito* 40
gvapbien ift bie 0. 9lSmuffen (3ofcpt)uö unb ba§ (£()rifientnm, in 93el)f(61ag§ S)eutfd)«Gö. 5BI.
1*%, £. 3) für oöQige Unedtffjeit ber ©teUe, bie oon &. 91. ^üüer (e^riftuS bei frlao.
Jofepbu^, 2. 9lufl, SnnSbrud 1896) für a^riftli* interpolierten ßftarafter, bie oon grj. 93ot)le
(*\. 3. über C&r. unb bie griffen in btn 3übb. 9lltert„ 93rijen 1896) foroie beÄgl. bie toon
». Xbcob. ©d)nciber (im Anfang 5. b. ©djrtft: 3Rarfuö u. ber aram. 9Ratt^äu8, ©djieöroig 4:.
1896) für* £>enrübren oer @t# öün 3ofep()u8. — Ueber baö 9Sert)ältni« beS Sofeplju^eug-
nifje^ ju einer Berufung auf 3°fept)U« im fog. „SReligionSgefpräd) am ^>ofe ber ©afamben"
banbelt (g. ©ratre im Xftg^l 1894, 9tr. 16 f., fomie in feiner Sonographie über jene§ (^c*
fprfidi: XU XIX (1898), ©. 223-227).
©pat -jübift^e Angaben übcrSefuS, f. bei SBagcnfeil, Tela ignea Satanae, 50
9litorf 1681 ; 3. V. (Sifcnmenger, (SntbedteS 3ubentum, $önig$berg 1871 (oielfaa) unfritif*,
loie oud) b. oorige); öert^olb, Christologi Judacorum, ©rlangen 1811. iBgl. bie ©d)mal)*
febvift: „©efeft. beä SRabbi 3e[d)ua ben 3ofepM)annoofri k, 2. 9(ufl. 4^be, 91ltona 1860f.f
*€aU9nO)Tlopli\>it für Zoologie unb Stirbt. 3. 91. IX. I
2 3efitd (griffe*
fotuie (Sri* SBifcboff, Gin jnbifoVbeutfdjeä «eben Sefu, fipj. 1*95; £. SaiOIc, 3cfu3 Gf)riftu$
im Xljalmnb, Berlin 1891 (mit einem Anfang uon 0. $>aiman, 28a3 jagt ber Jljalmub
über Sefuw?)-
Sftobammebanifdjc Scfuöjagen. 3. (£. 5B. Augufti. Christologiae coranicae linea-
r, menta, 3cna 1799; ß. ©eroef, $ie Gbriftol. bc3 $oran, Stuttgart 1839; tf. 6d)ofl, sIHeffia3*
fagen be8 Worgrnlanbeft, Hamburg 1852; ©uft. fööfd), $ie Sefutmtytfcn be$ 3$lam, ty&tä
1876, III; (S. toaUouä, Jesus-Christ d'apres Mahomet etc., tfeipjig 1880.
ßanonifdje (Suan gelten. 6l)nopt. Xeyte ber brei elften (Sou. u. Qhie36ad) (177G ;
1822), $e SBette u. Surfe (1818; 1842), Singer (1852; 1863), 9R. £. @d)itl&e (1880), 9t. fcurf,
io (greibg. 1892), £>einecfe (®tef3en 189H). — ©nnopfen ber uier (£uu.: uon ^laufen (1829),
©e&ringer (1842), ftriebüeb (1847). $efte beutjdje Arbeit biefer Art: ©. Sifdjenborf, Sy-
nopsis evangolica, Sp$. 1854; 7. ed. 1898. 58on engt, unb amerif. Autoreu: diufljbroofe,
»Synopticon, Sonbonl880; 6teoen3 u. 33urton, A harmony of the Gospels for hist. study,
93ofton 1894 ; Arthur SBrigbt, A Synopsis of the Gospels in Greek after the Westeott and
ir, Hort text, fionbou 1896.
3ur ßöfung be§ (Juaugelienproblemö. 1. Auf ©runb ber Irabitioitd*
Ijtypotljefe, b. i). ber Annahme eineä münblid) überlieferten UreoangcliumS al$ unjreu fdnift*
lieben (Suu. juÖJrunbe Hegenb: 3- #• S. ©iefeler, £ift.'Frit. Skrfud) über bie @ntftet)ung unb
bie früljeften 6dntffale ber fdniftl. (Suu., £pj. 1818 — lueldjem bann üange, ©brarb, ©ueriefe,
20 Sienan, ©obet k. folgten; uon ben ffleueften bef. ioid)1ig: 33. Qr. ^Söcftcütt, An introd. to the
study of the (lospels, fionbon 1882; 7. ed. 1888 u. ©. ©efcel, $ie ftonopt. (Suo., $eilbroim
1883; 2. A. 1886 (ogl. aud) bcSfelbeu: 3)ie ©djtbeit unb ©laubiuürbigfeit beS 3ob.*(*o , I,
Spj. 1899). 2. Auf©ruub ber $Benu&ung3ty)potf)efe, b. &• ber Annahme, bab bie jljnopt.
3)arftefler uad)eiuanber unb unter 93enu$ung uoueinanber fdjviebcn unb jnmr entiueber
2r> sB?attbäuö alö erfter (fo na* ber ©rieöbad)fc5en 4>i)potr)cfe: j. 3- 3^c. ©rieöbadj: Coium.,
qua Marci evang. totum e Matthaei et Lucae comm. decerptum esse monstratur, 3ena
1789), ober SRarfuä als erfter: fo nad) ber Storrfcbcn fcnpotbefe (f. ©. Gbr. Storr, lieber
ben 3tt>ecf ber euang. GJefd)id)te, Xüb. 1786, unb: De fontibus evang. Matth. et Lucae, il>.
1794). ©eibe sIHobiftfationen biefer Xfjeorten baben, aflerbing§ nid)t olme mand)erlei frort- unb
:w> Umbilbungen, bis in bie neuefte 3*it SBertetbigcr gefunben; bie erftere einerfeiiS in Fonfer*
ualiuer gaffung an u.$ofmann, wloftermann, TOSgen, £&. Qai)\\ (@inl. inä9il II, §79 ff.);
ft. % SBab^am, St. Mark's indebtedmess to St. Matthew, fionbon 1897 u. 28. £>aboru
(3). (Sntftebung ber SttarfuSeu., ©üter^lo^ 1898), anbererfeit« in tenbcnjfritifd)cr Beübung
au Äeim, $>itgenfelb (6inl. in« 92X 1875 u. ö.), unb ^olften (5)ie brei urfprünglid)en Guu.,
:jt, 1883, unb: $ie ftjnopt. (Sou., 1885); bie lefetere an ©ilfe, s<Heufe, Sttener, ©ei^färfer, 3a-
cobfou 3C. 3. Auf ©runb ber Cluel lcn*#ttpot1jeje, b. I). ber Annahme uon einer ober
einigen, nömli* in ber .ftauptfadje 3it»ci, fdjriftlia^en ©runblagcn ober llreoangclien, roeldje uon
ben 6i)uoptifern gemeinfam benufct »uurben. 9?ad)bem bie (Sinquellentbeorie, tuonadj cntiueber
ba§ Ev. sec. Hcbraeos (ücjfing. Sdjnjegler), ober ber bebr. Ur«3Rattl)äu8(fo5-^Ör- S3o»r ""b
io ein Xeil feiner 6d)üler) bad llreuangeltum gebilbet l)ätte, jiemltd) adgcmciu aU unhaltbar
erfannt njorben, erfreut fitb je^t bie 3lüctquc^cntl)cür^ cmc3 uorjug^iueife großen An-
fc^euö, unb jmar in ber uon £>. .^ol^mann (3)te fi)nopt. ©m>., ibr llrfprung unb gefd)idjtl.
(Sljarafter, Scip^ig 1863) juerft eingebenb begrünbeten unb bann uon mehreren auberen, bef.
SB. 2Bet6 (5). WarfuSeu. 1872; 3). 3)latt^@u. u. feine £ura§paralleten, 1876; GtnI. ind
45 9*X 1886) fortgebilbeten ©eftalt (f. unten). 3&r pfliebten im mefentlicben bei: ©eijfäcfer
(Apoft. 3ettalter, 1886), @. 381 ff., ©enbt (fiebre 3cfu I, 1886), 55enf(blag (2. Sefu, 2 1887),
^.etoalb a. a. O., Äübel (Go. 'Sflait^ 1889, 8. 23 ff.), ©artb, ©.8 ff.; aud> nod) % ©ernle,
ber freilid) bcxx betreffenben SilbungSprojefe erft im ^weiten So^'bunbert feinen Abfdjlufj
finben läßt (3). fnnopt. grage, greiburg 1899).
50 3)ie apoftolif(öe örief titteratur, inöbef. $auln§, aU Hilfsquelle für bie
S)arftellung ber euang. ©efdjicbtc. ftolt^off, Vita J. Christi a Paulo adumbrata, 1852;
$oret, Paulus unb 3efu§: 3bX^ 1858. 58ef. totdjtig: 3*r. SRood, 3)ie »riefe be* Apoftel«
Vaulud unb bie Sieben beö ^errn 3. Gbviüi, fiubioigSburg 18S7. Sgl. ©. &r. ©efj, ^brifti
$erfon u. »erfll#l ($afel 1878), 8. 339 ff.; aueb %. ©tualb, 6. 39 ff.; % Söfcbfe, Duellen
55 h üebeu 3efu# SRagnit 1895; ^bbne, Smoiciueit unb tote bezeugen bie ntl. ©riefe ba$ ©rben*
leben SefuV: Öciu. b. 01. 1898, @. 441 ff.
3)ie Duetten ber ©efd)ia)te 3efu toerben ^erfömmlia^ertnetfe in bibiifd^e unb aufjer*
btblifdr)c eingeteilt. ®oa^ fann im ©runbe nur Don btblifa^en Duetten bie Siebe fein.
2Ba3 an 3cugnijjen ^etbnifa^er Sa^riftftetter über bie ^ßerfon unb 9Birf|amfeit ß^rifti er*
<x» Balten ift : bie beiannte öorne^m öeraa^tenbe unb ben ©eift heftigen 3uoen^affed atmenbe
Sleujjerung be« ^Eacitu^ über Ürfprung unb 2Baa)3tum ber (S^rtften^eit btö &ur SJeronifd^en
SSerfolgung (Annal. XV, 44 ; fcgl. Hist. Y, 2, 55) ; bie Scmerfungen bei ©ueton unb
^liniu^ über bie ©efte ber G^riften al^ Vertreterin eine^ neuen, Derfe^rten unb f$äb*
liefen Aberglauben« (Suet. Claud. 25; Nero 16; Plin. Ep. X, 97); bie rxod) fj)äteren
r« @rh?ä^nungen bei £amj)ribiuiJ (Vit. Alex. Severi 29. 43), fotnic bei Sudan, (SelfuS
unb anberen fyeibnifa^en Seftreitem be« ß^riftentum«, I5nncn eigentlichen öefa^ia^tlia^en
Cluettentoert in feiner SBeife beanfarucfyen. 2luc§ bie in bem forifd&en 93riefe beS Reiben
3Rara an feinen ©otyn ©eral>ion um baS !gafyr 73 (fyarauSgeg. burefy Sureton im Spici-
legium Syriacum, Sonbon 1855) enthaltene 3ufammenfteHung ßfyrifti, beS burefy bie
tfyöric^ten 3uben jtoar getöteten, aber in feinem ©efefce fortlebenben „toeifen ÄönigS",
mit ben fyeibnifäen ÜBeifen ©otrateS unb SßtytfyagoraS fann fyöcfyftenS als intercffanteS 5
Zeugnis für bie umftctygreifenbe geiftige 5Kad^t beS StyriftentumS gegen 6nbe beS apoft
Zeitalters, aber nicfyt als Duelle für bie ©efc$i$te ßfyrifti bertoertet toerben (na$ ftarnaef,
$lt=Ar. Sitt. biS@uf., ©. 763, rityrt baS ©^riftftüi etft auS ber Reit SJtarf SlurelS |balb
nacb 165] fyer). (Sin toirflicfyeS, unb £toar ein fefyr toicfytigeS ©efaHd^tSjeugniS über 3>*fu
göttliche Söunbertfyaten unb über feine Anfeindungen feitenS ber ungläubigen ^vtotn 10
toürben toir in bem bon (SufebiuS (H. E. I, 13) mitgeteilten ©riefe beS Styarcfyen 31b*
gar bon 6beffa befifcen, toenn biefer 95rief famt bem Slnttoortfcfyreiben 3;efu für ettoaS
anbereS als ein alteS 2tyofrty)fyon, bon äfynlicfyem 3Sert ober richtiger Untoert toie bie
(in ibrer älteften ©eftalt jcfyon bei $ertutlian, Apologet. 5, 21, ertoäfynten) 3ltten beS
Pilatus über ben $ro&e{$ %tfu, gehalten Serben fönnte (bgl. b. 21. „2tbgar" ; auefy §arnacf, is
I.e. 533 ff.). — SÖon ben aujjerbiblifctyen Quellen <$riftlic$en UrforungS, m »Dellen bie
lefctertoa^nten $ofumcnte ben Übergang bilben, lönnen toeber bie afanonifegen ßbangelien
beS 3ubenc$riftentumS, noefy bie aponfy^ifäen ©bangelien fyeibend&riftlid^ ober aud)
juben$riftlicfcgnoftifc$en UrftmmgS irgenbtoelctycn Slnfpruc^ barauf ergeben, als eigentliche
©eföicbtSqueflen betrautet ju toerben. SSon jenen geigt felbft bie ältefte unb relatib befte 20
ilrhmbe, baS fog. §cbräerebangelium, einen erheblichen Mangel an Urfprünglicfyfeit gegenüber
unferem 3RattfyäuS unb einen großen Steicfytum gefd&ictytlicfyer unb lefyrfyafter Stünfteleien
(tfeim). $iefe, bie eigentlichen 2fyofr$>fya ber (Sbangelienlitteratur, fmb in ben fyäretifctyen
Greifen beS 2. bis 7. Safyr^unbertS entftanbene SJtyantafiebrobufte, gur Ausfüllung ber
dürfen im Seben beS £errn, befonberS in feiner ©eburtS*, ÄinbfyeitS* unb 2eibenSgef$icfyte, 20
erbietet unb buretytoeg nur burd& ifyren Äontraft ju ben Angaben ber fanonifcfyen ©bans
gelien toertboH. 3$re jagenfyaften 3ut^^en unb balb mcfyr lefyrfyaft tenbenjiöfen, balb
nte^r poetifä üppigen Ausmalungen bienen ba$u, bie (Sdjtfyeit unb ©laubtoürbigfeit ber
lefcteren negatib ju beftätigen, tote bie Äarrifatur baS Criginalgcmälbe borauSfefct (bgl. b.
31. „Styotr. b. 9U.S"). SDie mancherlei 3Serfud^e ju fünftlerifc^cr ®arfteHung %t\\i, an- 30
bebenb mit ber ^Jrofopogra})^ie (33efc$reibung ber ©tatur, ©ignalement) ty]u Don 2en-
tuluS, fotoie mit ber Don (SufebiuS bejd^riebenen G^riftum unb baS blutflüjfigc SBcib bar=
fteflenben Grjftatue ju?ßaneaS (H. E. VII, 17. 18), unb in bie lange Steige ber verae
icones ober elxoveg äxsiQ07iolt]Toi Derlaufenb, ftefyen auf eben biefer nieberen ©tufe (f.
bie oben angeg. Sitt). — SBertboßer fc^on ftnb bie burefy einige Rirc^enüäter ber beiben 35
elften S^ri^ntota überlieferten 9tocfyrid(»ten über einzelne SebcnSumftänbe unb 9tuSft>rüc$c
beS .^erm. ©0 toaS ber 9Serfaf[er beS SarnabaSbnefeS über bie ©rtoäfylung unb Öcru«
fung ber Apoftel (c. 5), über bie Sränfung G^rifti mit ßjftg unb ©alle (c. 7), über
feine Äuferfte^ung unb Himmelfahrt angiebt (c. 15); ferner bie burc^ ßufebiuS auf-
betpa^rten äuSfagen beS $ßa}>iaS über 3jefu Se^rt^ätigfeit unb baS SBerfyältniS mehrerer 40
feiner ^""Ö^ ju i^m; beSgleic^en einzelne toieQei<$t auS nic^t apofrv^^er Überlieferung
geflogene Sngaben guflinS beS SJtärt^rerS (toie bie über G^rifti ©eburtsftätte in öetfc
lebem als eine £ityle, Dial. c. Tryph. c. 78, u. a.; t>gl. grebner, Seiträge $ur 6inl.
in bie bibliföen ©Triften I, 1832); enblic^ unb fyauptjäd>li<$ bie in ben fog. Dicta
Salvatoris äygaqxi bei 3uf*in, ßlemenS, DrigcncS :c. ftd^ barbietenben ©rgänjungen 46
beS bie Seben beS £errn betreffenben fanonifc^en ÜberlieferungSftoffeS, ein $toar je^r
ficbtungSbebürftige« unb bielerlci fritifcfye ©c^toierigfeiten barbictenbcS, aber boc^ einige
(^olbforner e^ter Überlieferung umfd^Iie^enbeS ©ebict (f. bie bon 5Ho}>eS a. a. 0. an ber
überreichen Sefc^fc^en ©ammlung geübte Äritif, toonac§ immerhin 11 aut^ent. §errn-
ftmkfK unter bem maffen^aft überlieferten 2lgra^a=9)?aterial an^uerfennen toären). Um m
(Srceiyte auS einem Verlorenen fyotx. ©bangelium (o^ne toefentlic^en SBert) fd;cint eS fufy
bei bem ©renfeD^untfd^en Sogia-gfimb ^om ^ ig97 gu fyanbcln (f. 0.).
Slufeerbiblifc^e SRad^rid^ten jübifctyen UrfprungS über 3«f«^ fönnten fcfyon in ben
Sänften bon ^jtyilo unb 3pfei>^uS ertoartet toerben, toenn nic^t jener als borne^mer
aleranbrimf^er 3U^ un^ v^ilofo})^ ftc^ grunbfäfclic^ allen gntercffeS an jerufalemifd^en 66
ober gar galiläifc^en religiöfen SBolfSbetoegungen entf plagen unb bcS^alb gleich ß^rifto aud^
3obanneS ben Käufer böHig, bielleic^t abfi$tlic§, ignoriert ^ätte, unb toenn ferner nicfyt
biefer an feiner betannten ängftlid^en Slürfftd^tna^me auf bie SRömer einen Slb^altungS*
gtunb gehabt £ättc, ber i^m jebeS nähere @ingcl;cn auf 5)tcffiaSibeen unb mefftanifd^e
Sättigungen fdne« SottcS berbot. ©0 reichhaltige Beiträge jur neuteftamentlic^en ^\U 00
1*
4 äfefttd <£f)rtfhtd
gefegte in ben beiben großen §aupttoerfen biefe« §iftorifcr« enthalten ftnb — Seiträge,
toelqe namentlich bic ^Regierungen §erobi« b. @r. unb feiner 9?actyfolger, jumal be«
äfottya« Don ©aliläa, ferner bie SBertoaltung be« <ßilatu« betreffen unb aud; bic SOBirf-
famfeit 3°^nni^ be« Käufer« toenigften« berühren — fo untoafyrfcfyeinlicfy ift e« bodf,
r> bafe Don tfym, ben fcfyon ßelfu« al« einen ämozä>v rep 'Irjoov d>s Xqkttco bezeichnete
unb beffen Sctytoeigcn über Gfyriftum aud) Ortgene« fyc'rVorfyob, irgenbtoelcfye genauere an-
gaben über ba« Setyrtoirfen ober bie ©cfyicffale be« §erm gemalt toorben fein fottten.
3)a« berühmte 3wgni« toon ßfyrifto : Antiqu. XIII, 3, 3, ba« ftcfy tote ba« Sefenntni« eine«
fogar tounber* unb auferftetyung«gläubigen 2tnfyänger« aufnimmt, fann be«fyalb, trofc feinet
10 Uebcrliefertfein« bur# alle §anbfc$riften unb feinet 93e$eugtfein« fcfyon bur# ßujcbiu« (H.
E. II, 11; Demonstr. ev. III, 5) fc^toerlicfy Don ^ofcjj^u^ fyerrütyrcn. $etne«faH« ift
e« in feinem Vollen Umfange ecfyt ; eine fürjerc 9iotij über 3>efum, äfynlicfy tote jene gelegent=
liefy einer ßrtoäfynung ijafobi be« ©rubere be« §errn Antt. XX, 9, 1 beigebrachte, fönnte
immerhin an jener ©teile be« 18. 93ucfye« urfprünglicfy geftanben fyaben, aber ber ©a$:
iö e0 Xgiorög ovrog f}v fotoie bie Steuerungen auf Gfyrifti übermenfcfylictye« SBefcn unb
feine Sluferftefyung u. f. f. Verraten auf« beutlictyftc bie §anb eine« alten d^riftlic^en 3"ter-
polator«. $er ÜRefyrfyeit neuerer Äritifer gilt batyer bie Stelle als interpoliert in ber
&ier angebeuteten SQBeife, fo <ßaulu«, Ol«fyaufen, §einictyen, ©iefeler, §afe, SReufe, 33öttger,
*ßaret, (Stoalb, SRenan, SÖiefeler (in %bli) 1878, ©. 86 ff.). 9Son ben ba« (Singejcfcobcnfcin
ao be« ganjen $affu« belauf tenben ßritifern ftnb fyervorjufyeben : (Sictyftaebt, Flaviani de
J. Chr. testimonii av&evria quo jure rursus nuper defensa sit quaestt. VII,
3en. 1813—41 ; nebft Vielfachem Auctarium, ebb. 1841—45), @. ©erla^ ($)te 2Bei«=
fagungen be« 213:« in benSd^rr. be«3ofc^u« ic, Serlin 1863), 3R. 33aumgartcn Qb%t)
1864, IV), 6. £ityne (2). angebliche 3eugni« Von (S&rifto bei Sofej^u«, «Rtoidau 1871)
26 unb bcf. ©djürer, (ber übrigen« ©efö. b. 3üb. 35. 3. 3. 3efu* 1, 455; auefc in 8L „Sofe^ue"
b. ©nc.% VII, ©. 113, ba« §errityren ettoelctyer Don 3of. fyerrüfyrenber 9Borte in ber
©teile immerhin al« nicfyt ganj unmöglich uigiebt). Söegen ber noefy neueften« — in S3c=
folgung be« Vorgang« von 33retfcfyneiber, Söfymert, ©cfyöbel, 3°f- Sangen (SC^D© 1805,
I) u. a. — tyie unb ba verfugten 33erteibigung ber Slut^entie ber ganjen ©teile f. oben
80 b. Sitt. — §at 3«>fei)^u« toenn irgenb ettoa«, bann iebenfatt« nur fyöd$t ©}>ärlic^e« über
l^efurn berietet, fo foH fein 3c^genoffe unb SanbSmann 3uf^ *on Liberia«, ber gegen
ba« @nbe be« 3. 100 n. 6fyr. eine ß^ronif ber jübifctyen Könige bi« auf Slgrippa II.
öerfafete, in biefem Verloren gegangenen SSJerfe ^toar bie 33erfyältniffe ©aliläa« befonber«
berücf ftc^tigt , bennod^ aber be« ©rotten aller ©aliläer, 3>efu, auc^ nic^t bie geringftc (£r=
36 toä^nung get^an ^abat. Unb jtoar erflärt $^otiu« (Biblioth., c. 33) biefe« fein
©c^toeigeit toofyl ganj richtig au« „franf^aftem gubentum". — ©eit 3Kitte be« 2. 3<u)r=
^unbert« tocic^t biefe« anfängliche bemonftratiue ©c^toeigen ber Suben über 3efiun mebr
unb mel>r ben gefyäfftgften Slntlagen unb i^erläfterungen, toomit öon biefer ©eitc ^er,
toie fc^on Suftin ber 2Rärn;rer unb ßelfu« toufeten, ba« Slnbenfen an ben getreusten
40 Gl^riftu« verunglimpft tourbe. 2)ie fo ftc^ anfammelnbe ©cfymäfc unb ©c^anblitteratur,
beren ©runbbeftanbteile bereit« 6elfu« unb ^Jorp^riu« für tyre Singriffe auf ba« Gfyriften-
tum benu^ten unb toonad^ 3efu^ ^on fe^ner SKutter im ©fyebrudj mit bem ©olbaten
^ant^era erjeugt, burc^ äg^ptifc^e 3^u&er^ ^n allerlei ©efyeimfünftcn untertoiefen, burc^
ÜBeuat feiner 3un9^ an« Hreuj gebraut unb an biefem unter feigen Älagen jagfyaft ge=
46 ftorben, bann al« Seiche au« bem ©rabe geftol^len fein follte :c, tourbe teil« im ialmub
niebergelegt (f. Saible u. 2)alman a. a. D.), teil« ju ber ebenfo giftigen al« albernen
mittelalterlichen ©cfymäfyförift : „33ud^ ber Urfprünge be« 3efäu Jpannoo^ri" Verarbeitet,
^jrgenb toelc^er fyiftorifc^e ©e^alt läfet ftc^ biefer Sittcratur be« antic^riftltc^en 9labbtni«=
mu« nietyt abgetoinnen. ©te liefert lebiglic^ 3err^^er un^ boshafte SSerleumbungen ber
60 läcfyerlidjften älrt — „p^antaftifc^e Äarrifaturen eine« franf^aften §aft^ Q*Qm *>en //®e=
hängten" (Sart^). §armlofer, aber gleic^faD« ol^ne jeglichen ^iftorifc^en Söert, finb bic
au« iubenc^riftlic^-aj)ofrWl?if^em ober altfircfylicfcgnoftifcfyem ©tamme ertoac^fenen ©agen
be« 9Jtofyammebi«mu« von ^efu (f. 0.). — 2Begen ber mobernen @rbid>tung eine« öcs
einflufetfctn« ber ebang. ©efc^ic^te vom 95ubb^i«mu« f. u., Slbfc^n. II.
56 6« bleiben bem allen jufolge faum irgenbtoclcfye eigentlich fo ju nennenbe JQucDen
für bie ©efd^ic^te %tfu benufcbar, al« bie biblifd^en, nämlic^ in erfterfiinie unb Vor aßen
bie vier ßvangclien be« neuteftamcntlic^en Äanon«. 3lu^ fie freiließ fyat bie neuere
Jtritif tetltoeife ju Verbärgen unb ju enttoerten gefugt, ©otoeit t^re Operationen jtoar
ben brei erften ßvangelien ober ben ©i;noptifern ein relativ ^ol;e« Sllter unb toirflicfyen
60 ©cfc^ic^t«c^arafter vinbijicren, bagegen aber ba« 3o(|aitne«evangelium al« eine naefc
3eftt* (Sfptftttd 5
opoftolifäc Icnbcn^rift ofync ftreng gefcfyicfytlid&en ^nfyalt auffaffen, iuofynt ifyr tveitigfteiid
ein getoijfer Schein bon SBa^eit bei. 2)enn aHerbingä unterfdjeibet jtcfy baä bon ben
©tynoptifern enttoorfene GfyriftuSbilb Dom jofyanneif$en GfyriftuS burefy eme einfachere unb
fcoltetümlic^ere, ber mtyftifd&en liefe beS (enteren entbetyrenbe Haltung ; auc§ toeifen innere
^nbijicn im ©inllang mit getoid&tigen äufjeren 3*u0niff*n ten brei erften (Sfcangelien eine 5
frübere äbfaffung aU bem toierten ju. 3ene, bie evayyüia ocojuanxd mit ifyrer no$
minber enttoicfelten G^riftologie unb ifyrer ftärferen §erfcorfyebung ber jübifdfcnationalen
Sebingtyeit unb 93efc$ränfttyeit be$ mefjtanifctyen 2efyrhnrfen$ $tfu, geben fiefy als um bie
3eit be$ ©ericfytö über g^wf^lem, nämlicfy teils lurj bor teils furj naety 70 unferer 2lra
fcerfafct 3)iefeS bagegen, baS evayyikov nvev^aiixov mit feinem beträchtlich Vertieften i<>
unb bereicherten cfcriftologifctyen ©tanbpunft unb feiner tieffinnig*geiftreid& getroffenen 3luS*
toa# gettnfier bebeutfamer Erinnerungen aus bem ©rfatyrungSfctyafce eines bem £errn einft
innig nafye geftanbenen, aber in langtoäfyrenber ©cfyule beS SebenS gereiften SieblingS*
jüngere, giebt dne ^iemtirf) toiet foätere $eit feiner Slbfaffung, nämlicfy tttva baS lefete
3abt£ebfU brä L 3af?r£unbeTt3, too ber apoftolifctye SScrfaffcr uralter ftrabition jufofge 16
botfcbctagt unb frcc|angcfe[?cn ju GfyfyefuS lebte, ju erfennen. 2luf bie 9Rottoenoig!eit,
tiefen cfcarafteriftifäen ©egenfa$ jtoifdj^en ftynoptiicfyer unb jofyanneifcfyer ©eftaltung beS
aungeüf^en ©e j^icfjtöftüffe3, bat baS fird&licfye Slltertum (GlemenS älejanbrinuS 2c.) mebr
nur a^nte, möglid>ft (cbarf unb flar gu erfaffen, fyat bie mobeme ßritif mit banfenS*
lüertem *Jtodjbmtf aufmerffam gemalt; tyre eigene gaffung beS ©egenftanbeS leibet freiließ 20
totdfacb an ©ejcbi&tötmbrigfeit unb 33er$errung, toobon namentlich ber Vierte (Sbangelift, na$
t^r ein gnofttjierenber p^IfariuS ober tfyeologifcfyer Dtomanbicgter beS 2. 3iafyrfyunbertS,
fcart betroffen toitb. 3>ie ma|fcoHere unb präjifere ©rfaffung beS Gfyarafteriftifd&en beiber,
ber ©tjnojrttfer auf ber einen unb $ofyanniS auf ber anberen ©eite, ift neuerbingS mit
me^r ober minber erheblichem Grfolg angeftrebt toorben burety 9Ketyer, SBeife, SBetyfdflag, 26
3Beftcott, ©obet, 5ß. ßloalb, ©e^el, Sartb; (f. aud> fc^on be« Unterjei^neten jtoei
Vorträge: Die @t>angelienfritif unb ba^ Sebenäbilb 3efu G^rifti nad) ber ©etyrift,
Darmftabt 1865, fotoie, toa^ bie ßw^^^fw^Ö ^vc tenbenjfritifc^en SSerfu^e jur §erab^
fe^ung be^ Urfprung^ ber fanonif^en Suangelien in^ 2. 3^^|unbert angebt: 6. 2:i=
f^mborf, SBann tourben unfere Göangelien berfafet? Seidig 1866; 4. ertoeit. Slufl. 30
1880). ©leidfoeitig ^aben, auc^ toaS june^meitb fd^ärfere unb tiefere (Srfenntnte ber })f^05
Sjifc^en u. a. ©igentümlic^feiten unb f^ejießen ^iftorifc^en Sebingt^eiten ber einzelnen ©^noj)^
er betrifft, fic$ june^menb erfreuliche gortfe^ritte bei ber fonferbatto genuteten neuteftament=
liefen ^orfd^ung ^erauögefteHt. XU ©runbeigentümlid^feit beä 3Katt(|äu«ebangeKumg fte^t
bie 8uffaffung 3efu ate beö burd^ ©efe§ unb Sßro^etie ber^eifeenen 3Re|fta^, beö ©offnes 35
2)at>ibd, be« ©o^ne^ 2lbra$am$, fun afö be« redeten geiftlid^en Äönigö be^ ©otte^bolfe^
3^raelf in allem toefentlid&en feft. UJlarfu^ ift ate SSertreter einer bonug^toeife burc^ ba^
a^oftolifc^e 2e^rjeugnte ^Jetri bebingten 9luff affung ^efuatebeS fraftbouen unb getoaltigen
©ottedfo^ne«, ber feine STOejjtanität öor allem mit einer gütte bon SBunbern bofumen*
tierte, baraet^an toorben. 3n 2ufa3 enblid^ giebt ftc^ ber bornefymlicty burd^> bie paulu 40
itif$c SSuffaffung be3 G^riftentum^ beftimmte unb getragene Vertreter berjenigen G^riftu^^
ibee ju erfennen, bie in bem §eilanb ben au^ ©Ott geborenen Präger ber SSJa^r^cit
unb be$ §eite für alle SSöller erblich unb biefe i^re uniberfaliftifc^^eibend^riftlid^c $enbenj
mebefonbere aud^ burd^ §erbor^ebung be$ SEBirfen« 3>eju in ber ©igenfdjaft eine« Steife«
t?rebiger« ober toanbernben 5Wifftonar« (Sc 9, 51 bis 18, 30) bemerfliety mac^t. — $ie 45
fritif* unterfd^eibenbe ßinjelbetrad&tung, toeld^e biefe d^arafteriftifd^en 3Werfmale ber bier
8eru^terftatter ^erbor^ebt, fd^liefet gleichzeitige 35}a(irne^mung be« i^nen allen ©emein*
famen teinedloeg« au«. 9?eben ber |iftonf$en unb t^eologifd(>en 3nbibibual-G^arafteriftif
bebält bie altfird^lid^e Stuffaffung ber bier ebangelifcfyen ©efc^id^t^urlunben afö 6ine«
nniyyihoy rergduocKpov forttoätyrenb il^r gute« Stecht; ganj toie neben ber ejegetifd^- 50
bitifd^ fid^tenben Sluffaffung be$ ebanaelifd^en ©cfd^id^tSftoffe«, toeld^e überall ftjno^tifctye
unb jobanneifc^e Serid^terftattung forgföltig auäeinanberl^ält, aud^ bie ^armoniftifc^e 8e=
banblungStoeife in i^rer relatiben Berechtigung, ja 9tottoenbigfeit verbleibt, äud^ toenn,
toie bei einem leil ber borfyin genannten fonferbatiDen Gbangelienfritifer bie« gefctyiefyt
(f. bef. auc^ meine ©c^rift t>om 3a^ 1865), jtoifc^en ber heutigen ©eftalt ber brei erften 65
(ftxmgelien unb getoiffen ifynen ju ©runbe liegenben älteren QueHfcfyriften unterfc^ieben
twrb, bleibt bie ifyrem ©efd^id^tötoert jufommenbe änerfennung eine unberänberte. Wan
laxm fe^r too^l ber §ol^mann-2öeijjfdfen %tot\c\VLtümti)tom infotoeit ftd^ anfölieften,
ba^ man einerfeitd einen „fyebräifctyen", richtiger aramäifc^en Ur=3Katt^äuS (bie burefy
%Äpiaä bezeugte 2ogias©ammlung), anbererf eitö eine mit bem heutigen jloeiten ßbangelium 60
6 3efttd <£f)rtftii*
mcfyr ober toeniger fiefy bedfenbe @efd;id(>t«cr$äfylung be« $etru« al« bie ©runbfäriften
betrachtet, toclcfyc in bic brei jtynoptifcfyen fcfcangelien be« Kanon« — bei 2uca« unter
au«giebiger SBttbcnufcung noefy anberer Quellen — eingearbeitet hmrbcn. Urapoftolifd;
finb ftc boety beibe: jene Sogia- ober Siebequelle, toie biefc $etru«= ober ©efdji$t«quellc ;
6 unb ber Sfonatyme, bafe e« ber Sfyoftel ScfcUSJiattfyäu« felber getoefen, ber feine aramäifcfyc
©pruc^fammlung fpäter jum heutigen griedbtfcfyen üDtatt^äu&^este erweiterte unb um;
gestaltete, fielen ^öc^ftenö bie Vorurteile qu^u ängftlid^er mobemer Äritifer, aber feine
befttmmten @efctyicfyt«;eugniffe entgegen. Stynlicfy toirb aud& bem 4. (Sfcangelium fcon
feiner apoftolifcfyen Sluttyentie unb ©laubftmrbtgfeit nichts SBefentlidjc« endogen, Wenn
10 man einen Unterfd&ieb [tatuiert jhrifcfyen tfyatf äc$li#em, bur$ bic Erinnerung be« 2icbling«=
jünger« 3>efu *rcu un*> fa^Ö fe^^ ®«f4icfyt«ftoff (tooju in«befonbere auefy bic $z\U
angaben über 3>efu öffentliche« Sebrtoirfen gehören, f. unten, VII) unb jtoifc^en freier
öon i^nt geftalteten ©lementen ber Überlieferung, toie namentlich ber Ignfyalt unb bic $onn
Don gefu Sieben, betreff« beren eine ©intoirhmg feiner a}>oftolifcfyen 3nbitoibualtiät toofyl
ib angenommen toerben barf (toenn auc$ nicfyt nottoenbig in fo toeitgetyenber 2öcifc toie Söcifc
unb 33etyfc$lag bie« für nötig galten). SSgl. überhaupt, toa« bie ftrage toegen ber jo^an=
neifcfyen Slutfyentie unb 2fyoftolijität be« 4. ßfcangelium angebt, bie betr. Sitt. in b. 31.
„Joanne«" (bon ben oben angef. ©Triften bef. bic öonSartty unb2öe$el; auefy^ß. ßtoalb
1890 u. 1897).
ao Sieben ben ßöangelien öerbleibt ben übrigen neuteftamentlicfyen Schriften tocfcntlicfy
nur bie 93ebeutung gctoicfytöoHer beftätigenber 3eu9n^e f^r ^c ©faubtoürbigfeit ber
ebangelifcfyen ©ef$icfyt«barftellung. 35or allen fefcen bie ©riefe $auli bie Xfyatfad&cn
unb ben Slebeftoff ber ebangelifdpen ©efd^id^te in ityrem fcoHen Umfange fcorau«. 2>a«
burdb fte abgelegte befräftigenbe äeugni« ift bom unf#ftbarften SBertc, toeil e« — obfdjon
26 burdp ©Triften au« einer ber UrforungSieit unfrer !anoniföen@öangelien öorangcfyenben (§j>od&c
überliefert — ber fono}>tifcfycn Sluffafiung öon 6^rtfti Sßerfon unb SJliffton gleid&crmaftcn
toie ber jofyanneifdjen jur Scftätigung gereift. SJlan öerglcid&e einerfeit« bie Sc^ug^
nahmen auf ftonoj)tifd& überlieferte Slusftmidic bc« öcrru, tüte wx allem bie 3lbenbmafyl«=
cinfe^ung (1 Äo 11,23—25), bie auf @(>c unb SJ?e(d>eibung, auf bic etoangeliftifctye
aoS^ätigfeit ber Sfyoftel bezüglichen (1 m 7, 10—12; !>, 11) :c. famt ben SBertocifungcn
auf einael^etten ber Setben«* unb itufcrftchtng^gefcbi^tc (J %\ 6, 13; 1 ßo 15,3—8)
unb ber Hervorhebung ber baöibifd^en Slbtunft Gfmfti nad) bem gleite (Slö 1,3),
anbererfeit« bie gan* toie jotyanneitö Ringcnben 3cuqniffe für bie ©otte«fo^nfc^aft unb
ch)ige )>erfönlic^c ^räejiftenj (S^rifti (1^ü8,6; 10,4; 2 Mt> 4, 4; Äol 1, 15—18;
86$P£il 2, 5 ff.). 9Son ben ©Triften be« ^ßetru«, gafobu« k., t>om SBcrfaffer be« §ebräer=
brtefe«, bom Sl^ofal^tiler (fall« berfclbe überhaupt al« berfc^ieben bom ©öangeliften
Sotyanne« ju gelten bat) lä|t fu$ ä^nlid^e« nac^toeifen. 9luf einzelnen, freiließ nid^t gc-
rabc ja^lretd^en fünften gereichen bic ntc^t ebangelifd^en Seftanbteile be« S12:« ben Se=
rieten ber febangelicn nid^t blofe gur Seftätigung, fonbern axxi) jur (grgännmg. ©o
40 ergänjt bic 2tyofteIgef$i$te ba« ebangelif^ Überlieferte burc^ tyre genauere 2)arftellung
ber Himmelfahrt be« Öerrn (1, 4—11) unb burefy SKitteilung bc« älteften Dictum Salv.
ayoawov (20, 35). $aulu« aber fügt bem, toa« toir burd; bic ßbangeliften über bic
Offenbarungen be« äuferftanbenen bi« mx Himmelfahrt toiffen, einige b'6d)\t toie^tige neue
Mac jjfinju (1 Äo 15, 3—8). ©otoo^T bic bolle Autorität unb äut^entie, al« auc^ bic
46 ©ufficiena be« ©efd^id^t«in^altc« ber dtoangelicn empfängt burc^ biefc« ite^ältni« ju ben
epiftolifc^en parallelen bic toirffamfte Seleud^tung unb Beglaubigung. @« genügt, ba&
bic ncuteftamcntlid^en ©cfyriftfteHer unter jid^ in i^rem l^flwffc bom ©cfc^id^tlidjen
ber Offenbarung ©otte« in 3efu g^rifti DoWommen einig finb (f. bef. ^ß. ®toolb[1890|f
©. 150 ff.). S^re Harmonie läjjt ba« Slic^tbor^anbenfcin nenncn«h)erter auf5crbiblifd^er
60 Duellen um fo h>enigcr bebauem. S)ie cbangelifd^c ©efc^id^te gewinnt an 2ücrt
unb 2lnfe^en in eben bem SRafje, al« ftc ganj auf eigenen güfeen ju ftefycn Vermag
unb ber gHuftration burefy ba« trübe, unruhig flacfembc Sid^t apofrvp^ifc^er 3iorfc^riftcn
nic^t bebarf.
IL ©cfamtbarftcllungcn ber ebangclifd^en ©cfd^id^tc. — Allgemeine
55#ittcratur: .^afe, ©c{cbtc^tc Sefu nari) afab. Sorlejungcn (i'eipjig 1870; 2., linocvfiubcvlc
«ufl. 1891, al« 83b IV ber „©efammclten SBcrfc"), 6. 110—174. Jr. 9?ippolb, $a« Ücbcn
3efu im iK?l (ferner, Beiträge pr @>efd^td)te ber fdjiücijer. 9icforination$tird)citf öern 1884,
6. 346—413), baju al« gortfe^ungen: „5)ic erfte ßcbcn<3efu*93etuegung be« 19. galivljuu-
bert«" (Hanbburf) ber neueften Äird)engcf*.3, 111,1,1890,207—220); $>te jnjcite Üeben-Sefu*
60 ^ciuegung" (ebb. 397—425); gfunfunbfc^ig Sajre iuiffcn(4afiU4c Scbcn.3efU'gorfd)Uinj u.
3efu* Gfjrifiuö 7
Ujr ergebne für bic gläubige ©emeinbe (ebb. III, 2, 1896), 8. 214—246. »gl. aud)Subuiig
e^uljc, 5>arft. be3 ß. g.f im $bb. ber ttjeol. SBiffeufaV, I, 2, 185-188.
Ältdjriftlidje unb mittelalterlicbe $r ofa*$arftellungen. Xt). #a$n, Wrt.
ISüangelien&armonie" in ffttt ', V, 8.653—661; #. (Sbrarb, ©efd)id)te ber fcarmoniftif
(in f. SBiffenfcbaftl. ffritif ber eo. ©efd). 8, 1868, 6. 85—99) ; (Sb. 9feu&, $ie beutfdje £ifto- &
rtenbibel, 3ena 1855 u. Hrt. w©tfioricnbibeI- (@nc. •, VIII, 15? ff). £b. SJcerjborff, $ie beutfdjeu
£iftorienbibeln beS 9R$3, nodj 40 $>bff. bearbeitet 1870 ; 9U*og, $ie beutfdjen <ßlenarien im
15. unb ju Anfang be3 16. 3aijr&unbert3, greiburg 1874. S3gl. §afe 1. c, 114—117.
$oetifc&e S)arftellungen be8 S. 3. au3 altfird)l. unb mittl. Seit. 1. ©pifdje $ar-
ftcüungen : g. §ammerid), $>ie ältefte d&rifttidje (Spit ber Ängelfadjfen, 3)eutfd)en unb lieber» Vi
länber, au« bem $än. oon SRidjelfen, ©üterdlor) 1874; ©rein, $er £ettanb u. feine CtueHen,
Stoffel 1869; (L 8ieoer3, S)cr fcelianb ic, £alle 1875; $R. ßögel, ©efd). ber beutfc&en fiitt.
bi* jum Hu3g. be« 2RÄ8 I, (Strafeburg 1894 f. 2. $)ramatifierungen, inSbefonbere ^affionS*
fpielc. lieber ben Xgtmds jiaö%<ov als cinj. gried). öeifpiel biefer SMdjtungSgattung : Ärum*
baa>r, ©efd). ber bnj. fiitt.* (1897), 8. 746—749. lieber b. geiftl. 8d)aufpiele be* Bbenb» n
lanbeS: SRone (bef. 93b II, ItarlSrufje 1846), ß. £afc (1858), @. SBilfen (1872), ©. WilaV
fad, $te Öfter« unb $affionSfpiele, bef. in $eutfd)lanb, I, SSolfenbüttel 1880; fi. SBirtb, $ic
Cftcr; u. $affion*fpiele bis j. 16. 3&bt., ^atte 1889. »gl. #. ©oeberfe, ©runbrife $. ©efd). °er
bcutfdjen $id)tung, S)reSben 1859.
teuere S)arftellungen bU jum Anfang be8 19. Saljrljunber t3. $oetifd)e 20
^Bearbeitungen (inäbef. 9J?efftaben) : SRorifc ©arriere, $)ie #unft im 3ufamment)ang ber $ul*
turentroidelung1, fieipjig 1874, 83b IV u. V; ©urtyarbt, $ ie Kultur berSRenaiff. in Statten«,
II, 148. 289; fi. ©eiger, flftenaiffance unb Humanismus in Stauen u. $eutfd)l., Berlin 1881,
3. 260 ff.; ©ermnuS, SBilmar, ftoberftein, t>. ßeirner je. in ifjren S)arft. ber ©cfdjicbte ber
beut [eben 9lationallitteratur. 26
^rofabarftellungen: #afe, 8. 114-124; ß. 8d)ul$e a. a. 0. — SBegen ber an-
fange einer fritifdjen Sebanblung ber eu. ©efd). beim ^)ei«mu§ unb filteren SRationaliämuS:
©. «. &drter, ©ef*. beS englifcben 2)ei8muö, Stuttgart 1841 ; £. ©ettner, $ie engl, fiitt.
beö 18.3abröunbert«*, SöraunfdUüeig 1865 ; 3. ©unt, Religious thought in England, I— III,
ifonbon 1870 ff.; fieSlic Stephen Hist. ofEnglish thought in the 18.«* cent, ßonbon 1876 f. 90
Sgl. bie SMtteratur oor XröltfcbS «. ,,^ei8mu§" (IV, 532); aud) Vilbel im !L w$Rationali8m.
unb ©upranat.-1 in $9*(£\ XII (©. 515 ff.).
lieber bie neueften fritifdjen unb pofitiü*biftorifa^en 5)arftellungen feit
8trau6 : ^afe, @. 124—162; ißippolb, ^euefte &® III, 1 unb III, 2, a. a. £).; berfelbe,
im »nbang ju f. »ortrag : „2)03 9^aturbilb in ben Weben 3efu", ©ern 1886 (©. 30—95); 36
2. ©djufge, 8. 187 f. — 8. aua^ fiut^arbt, 3)ie mobernen 3)arfteUungen beä fi. 3» ßeipjig
1864; ©. ll^iöom, SSier Vorträge über bie neueren 2)arftettungen b. fi. 3-, ^annooer 1866,
4. 9luf(. 1892 (unter bemJitel: „$a§ S-3. in feinen neueren $arftetlungen"); 3B. 2fran|jen,
Xic 2eben»3cfu*93eroegung feitStrauf? (»ortrag), 3)orpat 1899.— fttrim bie $arftcllunaen
be* SntwidelungSgangeS ber neueften Geologie ; üon ^, 8d)marj (3- ©efd). b. neueften %t)to\. 4, 40
fieipitg 1869 (8. 95 ff. 532 ff); 0. ^fleiberer, 3)ie (SntiDicfelung ber proteft. Xfjeot. in $eutfaV
Ianb feit Äant, ^reiburg 1891 (8. 253-313), grj. granf, ©efd). unb ftritit ber neueren
2&*ol.*, Scipjig 1895 (8. 171 ff. 262 ff.).
3u einer tüiffenfd^aftlic^en äuffaffung unb S5e^anblun(; ber fiebenögef^ic^te %tf\\ ^at
e^ eigentlich erft bie l^eoloajc unfere« Iga^unbertö gebraut. Söäfyrenb ber Dornet- 45
ge^enben 3ftfr$unbert* läfet bte bogmatifd^e Starrheit ber cfyriftlutyen i^eologie e« eincr=
fette nur ju nato-unfritifc^en SRc^robuftionen, anbererfeitS nur ju }>oetifc^cn Bearbeitungen
be$ ctHingelifc^en ©efc^ic|teftoffe^ lommen.
A. I)ie alt!irc|lic^e unb mittclaltcrlid^c3eit. ©ie bringt e$ ju leiner eigent*
lidf ^ifkorifc^en 3)arfteDung. 3)er Stoff toirb enttoeber ^armoniftifc^, mtttefe eine« bie 3lu& w
fagen ber trier 6i>angelien ntofaifartig jufammenlegenben SBerfa^ren^ au« ben ©bangelicn
^ufammengeftellt, ober poetifety ber)anbeü: fei e« in tyifcfyer, fei e« in bramatifc^er jBerfa
ftlarton. Seibe 2)arftettung«h)eifen bienen toefentlicfy nur erbaulichen 3^ecfen. Unb jtoar
fuc^t bie $armoniftif übertniegenb ber praftifcHultiföen Sbätigfeit ber Äleriler an bie
fymb ju ge^en, toetyrenb bie epifd^e unb bramatifd()e 33ibelbicr)tuna, mgleic^ auc^ betn 66
2aienbebürfnif[e entgegenfommen toiH. 2)ie Sntfte^ung unb (Snttmcfelung jener erfteren
ötteraturgattung bringt ber ben ©egenftanb bis in bie neuere 3*it hinein berfolgenbe Sirs
tifel Don ga^n (f. oben) auf ausgezeichnete SBSeife jur 3)arfteHung. — SBaS bie poetifetye
^eben=3efu'2itteratur betrifft, fo gehören ber altc^riftlidjen 3^* — to™n man öon ben
groben einer ctyriftologifcfyen fibri! bei ^ßrubentiu« (in ber Styotfyeofte) abfielt — nur einige eo
eptfc^ geartete 3Jerftfifationen ber ebangelifcfyen ©efd)id)te an. 3)er ältefte fyierfyergefyörige
Serfuc$ ift ber lateinifd&e be« fpanifc^en ^reSb^ter« 6. SettiuS Slquilinu« Subencu« um 330,
bie Historia evangelica 11. IV (ed. Faustin. Arevalus, Rom. 1792 ; beffer bann §uemer
m CSEL XXIV, SBien 1896; bgl. bie ©tubie bon 6.5Karolb in 3to2$ 1890). 3^m
8 3<fit3 ©fjrtfta*
folgten tuäfyrenb bc« 5. Safyrfyunbert« ber agitier SRonnu« au« *ßanol>oli« mit feiner
fd&toülf%eleganten unb gelehrten grie^ifd&en Sßara^rafe be« 3°&annte5@toangelium« : Mern-
ßolt] tov xatä VoMivvrjv äyiov EvayyeMov (fcgl. bie abgaben Don ^affoto : Nonni
Metephrasis Ev. Joh. rec., Lips. 1834, unb fcon 6. Sambier, Seidig 1881), fotoie
5 ber abenblänber Göliu« ©ebuliu« (um 450) mit einem in ber 3-ortn an bie 3)?etamor=
ptyofen Dfctb« erinnernben §elbengebi$t fcon ben SBunbern ©otte« : Mirabilium divino-
rum 11. V sive Carmen paschale (in ben Opp. Sedulii rec. Arevalo, Rom. 1704;
fcgl. bie neuere unb beffere 2lu«gabe fcon §uemer in CSEL, vol. X (2Bien 1885), and)
beSfelben S)iff. : De C. Sedulii vita et scriptis 1878). gerner gehören fyierfyer bie
10 ßentonen ber $roba galtonia unb anberer ; „metrifcfye ©eföid&ten 3efu au« lauter 3Serfen
Somer« ober SBtrgil« jufammengefefct, ebenfo gefd&idft unb muffelig al« gefd&macflo«;
lofterarbeit, obtootyl and) ein gelehrtes ©piel be« ÄaifertyofeS" (£afe). 33gl. 6. ©c^enfel«
SluSgabe be« (um 350 gebicfyteten) Cento Vergilianus jener $roba in CSEL, vol. XVI
(Poetae christiani minor., 9Bicn 1888), fotoie toa« bie faif erliefe 6ento=2)id^terin
15 3ltfyenai&@ubofia ca. 430 betrifft: Strtfyur Subfoicfy, Eudociae Augustae carminum
reliquiae, Seidig 1893 (aud& benfelben im 9fy SJtuf. f. $&il. 1882, ©. 206 ff.). ai«
einen efcangeliengefcfyid&tlicfyen §omcro-6ento, b. f). eine SDarftettung ber ©efdjic^te (5l;rifti
in §omertoerfen, toottte neuerbing« $. 31 §arri« bie aj>oftrtfl>fyen Acta Pilati ertoeifen ;
bod& entbehrt biefe Rtyne §tyj)otyefe toofyl ^inreicfyenber Segrünbung (f. 3- St §arri«, The
20 Homeric Centones, and the Acts of Pilate, Lond. 1898, unb bagegen 6. fc. 2)ob-
föüfc im 2ty293l 1899, ©. 333 ff.).
*}u Slnfang be« 9Jta.« blütyt bei ben d&riftlicfyen Söllern be« abenblanbe« befonber«
bie ej>tf$e 2)arfteQung in nationakgermanif<$er $orm. ©ie erfctyeint repräfentiert junäcfyft
burefy bie angelfäd&fifd^cn 2)i<fytungen ßäbmon« (um 680) unb Gtynetoulf« (geft. 773), Don
26 twldpen toenigften« ber Crist be« lederen — ein breiteilige«, juerft bie ©eburt, bann bie
äfoferftefyung unb (Sr^öbung, lefctlic^ bie SBiebertunft be« §errn befingenbe« ©ebic^t — in
juberläfftg achter ©eftalt auf un« gelommen ift (f. bie betr. Slrtüel bonSSBülfer: 35b. III,
618 ff. unb 95b IV, 364 f., unb »gl. §ammeri<$ a. a.D.] 9fyl>olb, 2. $. im 3Wä, unb
befonber« 3Wor. Erautmann, Gtynetoulf ber Sifd&of unb 2)id&ter, Sonn 1898), burefy ba«
so altfäd^fifc^e ftabreimenbe Gfyo« §elianb (um 820) unb burd? ben ettoa« jüngeren Crist
Dtfrib« Don SBeiffenburg, ba« ältefte alt^o^beutfd^e Stcimgebicfyt (fegt, bie befonberen 3lr-
tilel herüber; and) §audf, S?@. 2)eutfd&lanb« II, 705 ff.). S)em 11. Safrtyunbert gebort
ba« 6jjo*£ieb an, em ©efang Don ben 9Bunbern ßfyrifti, bemer!en«toert in foracfylidp
#mfictyt ioegen feiner Seimifctyung latcinifd^cr Söorte jum beutf^en lejt, fotoie in^altlid^
35 tuegen feiner nüchternen Sermeibung tegenbarifc^er 3u^aten (f- %&*&$, ®jjo^ ©efang üon
ben SBunbern 6^r., Strasburg 1879, unb fcgl. SJlütten^off unb ©euerer, S)enfmäler 2c,
3. «. 1892, I, p. 78 ff.).
©egen bie 3e^ ber Äreujjüge beginnt biefen e^ifd^ gearteten Bearbeitungen be^ ttian:
gelif^en ©cfd^iAtöftoffe« bie bramatifc^e jur ©eite ju treten, ältefte^ befannteä 35eU
40 fj)ict biefer SHd^tungggattung ift ber unter ©regorö bon 9lajianj ©Triften überlieferte,
aber fcfytoerlicty bor bem 11. 3«^unbert entftanbene Xqiorog n&ox<ov, eine bie £eiben£=
unb auferfte^ung^gefd^id^te be^ $crm bialogifö be^anbelnbe, in fprad^Ii^er unb ptyrafeo:
IogifdS>er ^inftd^t ^ati^tfäc^Itc^ aus SurtyibeS fd^ö})fenbe ^ragöbie beträchtlichen Umfanget
(2640 33erfe, meift jambifd^e Srimeter) — intereffant ate ,,ba« einjige d&riftlic^c SDrama
15 auf gried^ifd^em 33oben", übrigens nid^t für bie Sü^nc beftimmt, fonbern nur ate „2efe=
ftüdt" aufgearbeitet, ba^er audj> nid&t a\% SSorbilb ber ^affton^iele beä abenblanbe« ^u
betrauten (§ain>tau«gabe Don 3- ©• Srambä : „Christus patiens" etc. in ber Biblioth.
Teubneriana, Seidig 1885; Dgl. ßrumbad&er, ©efc^. ber b^ant. Sit.1, 746—749). Sei
ben Stößern beS abenblanbeS finbet toä^renb ber legten mittelalterl. ^a^r^unberte faft
a> eine völlige 3Serbrängung ber ej)tfc^en burc^ bie fcenifdfcbramatifd&e Se^anblung be« tban*
iielifd^en ©efcfyicfytöftoffeS ftatt. 2)ie illofter^oeftc ber geiftlicfyen ©c^aufricle liefert 3)ar-
leKungen teils ber ©eburt3gef$i$te bed §crrn (j. 35. einen Ludus scenicus de nati-
vitate Christi au$ bem 13. 3a^^nbert, j^erauögeg. Don ©demolier in ben Carmina
burana, Stuttgart 1847), teiw unb ^au^tfäd^lid^ $affion& unb Dfterfpiele, beftimmt ^ur
55 liturgtfcfyen auffü^rung befonberö toä^renb ber ßfyartood^e unb einerfeit« auf bie Sßaffion
unb ©rablegung bejmglid^ (©unbelfingerS S^iel t>on ß^rifti ©rablegung 1494; bie großen
$Paffton8ft)iele t>on ©onauefd^ingen unb aföfelb 2c.), teil« bie auferfte^ung in ben uRittek
pvmtt ber S)arftettung rüdtenb; fo ba« Slebentiner DfterfJ)iel Dom 3-1464 (bearbeitet burefy
a. ^re^be, Sremen 1874, ©d&toerin 1892) u. a. m. — Übrigen« lebt gegen bie SRefor-
00 matton«jeit aud^ bie epifc^e 2)arftettung toieber auf, gepflegt bur$ elegante 2ateinbtd^ter ber
3efuS <£f)rtffctS 9
Wenaiffance , tote 3ac- ©anna^aro (Qcft. 1530), ber toegen feiner Christeis s. de partu
virginis 11. III ,,al« cfyriftlictyer aStrgtl" gepriefen tourbe, unb §ieron. SSiba (geft. 1566
ate grjbiföof Don 2Uba), beffen Christias (U. VI, Slnttoetyen 1536) eine SSorgängerin
ber Älopftodffcfcen SMeffiabe beiden barf. — 3Jietyr ober teeriger auefy nur poetifd^en Gfya*
raäer« finb bie berfelben Übergangszeit Dom ÜK31 gur neueren .ßeit entftammenben $rofa- 5
bearbettungen be« Seben« ßfyrifti : breit angelegte erbauliche ©efdjictytSeraätylungen mit mefyr
ober minber reichlichen legenbarifcfyen 3u^atm- ©° f#on 33onaDentura« Vita Christi
(juerft gebrueft um 1480); bann Subofyfyu« be ©ajonia, Jtartfyäufer in Strasburg um
1350: Vita J. Chr. e quatuor Ew. et scriptoribus orthodoxis concinnata
(Strafeburg 1470 ; denuo edid. Bolard et Carnandet, Brux. 1870) ; ©imon bc ßaffia, 10
äuguftiner in glorcnj, De gestis Domini 11. XV (urforüngl. ital., ftlorenj 1496 ; lat.
8afell517 k.); £ierontymu« XaDier, be« 3efui*en 3*anS 3EaDier SReffe: Historia Christi
persice conscripta (urfprtinglicfy portugiefifety gefd&rieben, bann in« ^Jerftfc^c übertragen
$u TOiffionSjtoeden, mit reichlicher ©inmengung appttypfyfäcx Segenben au« bem Ev. in-
fantiae unb ben Acta Pilati ; in lateinijcfyer Überfefcung herausgegeben mit fritifd&en 15
Jioten burefc 2. bc 3)ieu, Lugd. Batav. 1639) u. f. f.
B. Steuere 3*it jwnäc^ft bi« um ben 2tnfang unfere« 3a$r$unbert«. ®*e 2^Cs
ratur ber (SDangclientyarmonien toätyrt fort, befonber« eifrig, aber freiließ in engfyerjtg
orttyoboirem unb unfritifetyem ©eifte fultiDiert burety lutfyerifcfye Geologen toie Slnbrea«
Cfianber (Harm, evangelicae Ib. IV, Bas. 1537, 1561), Saurent. ßobmann (Harm. 20
Evangelistarum, allen frommen Stiften 2C. ju 3)ienft geftellt, Nürnberg 1568), 9Rart.
Gfyemnu), $otyt. Setyfer unb 3°&- ©a^arb (Harmonia quatuor Ew., Francof.
1593—1626; ouefc Hamb. 1704—1735, 3 tom. f.), Dleariu«, 3o&. 2llbr. »engel
(Sichtige Harmonie ber 4 Gm., Tübingen 1736); f. ba« Stöbere bei 3afa <*• a- 0- —
£e«gleic$en foirb mit poetifcfyen Bearbeitungen mancherlei 3lrt fortgefahren, f ofoofyl brama* 25
tiföen (§ugo ©rotiu«, Christus patiens denuo ed. filier, Tübingen 1712 ; ßriftal,
La passion de J. Christ, $ari« 1833 ; *)Sanagioti« ©utfo«, MeoaLa, Sitten 1839)
al« epifc^en. auf bem ©ebtet ber lederen fyat ben beträchtlichen 9tufym erlangt ber toäfc
renb ber 3afcre 1748—73 erfd&ienenen „üHcffia«" Älopftodf« (f. b. 31.). SReben unb naefc
tym berbienen 6. Sabater („3efu« Gtyriftu«", jur fllopftocffd&en 3Jleffiabe „fiefy ber&altenb 30
toie SRartya jur SRaria" [öafe]), gr. Sücfert fä)a« Seben 3efu. (Sine ©bangelien^armo*
nie, 1839) unb etfoa noefy S. ©aflet, ber SSerfaffer eine« „Saienebangelium«" in Werfen
(1839 u. ö.) genannt ju toerben.
3)ie erbaulid&e 93e&anblung«foeife befyarrt innerhalb ber römifcfclatfyolifd&en Sittcratur
bte in unfer S^^unbert hinein bei jener mittelalterlichen 9Jlet^obe ber reichlichen ©in« 85
mengung a^ofr^^^ifd^en SegenbenftoffeS. 33gl. namentlich be^ Äa^ujinerö SWartin Don
Goc^em (geft 1712) „Seben unb Seiben 3efu ß^rifti unb SWariä" (für unjer ^a^unbert
neu bearbeitet burdjj 3K. ©in^el, 3. Stufl., 9legen«burg 1862). St^nlid^ no$ ba« betannte
^bantaftifc^e 6rbauung«bud& ber tnftonären -Könne Katharina ©mmeric^ ju S)ülmen, geft.
1824: „35a^ bittere Seiben unfereS §errn % Gfyrifti" (^erauögeg. üon 6lem. 93rentanoio
— f. b. 21. „©tigmatifation"). — 3)ie eöangelifc^-erbaulic^e Sitteratur ^ält ftety frei Don
a^ohv^fc^'legenbarijc^en ^wt^aten, uimal öon folgen Don mariologijc^er SCenbenj. ©ie
letftet in i^rer aüerbingS unfritifd^en 3lrt teiltoeife Sebeutenbe« ; f 0 bie (Snglänber Xa^lor
(1653), Steabing (1716) 2c. ; bie 2)eutföen Slmabeu^ Greu^berg (eigentlich ^.93alt^. ©inolb
*.©c$ü$ 1742 geft.) : änbäd^ttge »etrad&tung be« Sebenö 3. 6^r. (1712) ; Ä. $. Don Sogafcfy 45
(Dad Seben 3. Gljrifti auf ßrben, 1753, unb SDaS Seben 3. 6^rifti im Fimmel, 1754);
aud? Ä. t>. (SdfartSfyaufen 2c. ßier^er gehört aud^ ber an Die religtöfe 2luffaffung feine«
Äreunbe« SaDater fic^ anle^nenoe ©cfytoeijer ^Jfenninger in feinen „3übifd^en ©riefen, eine
ftefjtabe in ^Jrofa" ($ejfau unb Se^^ig 1783—90, 10 Sänbe). ein befonber« ftarfe«
ftontingent £at bie Ideologie ber rationaliftifd^=fupranaturaliftif(^en Gfyocfye m biefem ©enre 60
gefteüt ; fo ©d^uler, Jlöffelt, ©tolj, ©reiling, 3Jcar^einecfe, D. Slmmon, Jt. 3iw^^"an«
(bie Drei legten in ^rebigtform).
Sie um ben änfang be« 18. Sa^r^unbert« an^ebenbc fritifd&e Se^anblung ber eDan-
gelifc^en ©eföicfyte tritt junäd^ft in ber ©eftalt plumper Negationen i^rer ©efd^id^tlic^tcit
auf, befonber« mit äbfiqt auf bie Söunber, bie in naturaliftifc^em ©eifte beftritten unb 55
teilmeife auf Setrügereien jurüdtgefü^rt toerben. ©0 bei ben beiftifd&en greibenfem (Sng-
lanb« toieSSoolfton geft. 1733 (A discourse on the miracles of our Saviour 1727),
ßbubb geft. 1747 (The true Gospel of Jesus Christ), Sinnet geft. 1768; bei bem
ungenannten SJerfaffer ber ©ctyanbfcfyrift „Ecce Homo" (Sonbon 1799), bei ben bie(en
cngltfc^cn Jreigeiftern nad^eifernben friDolen Slufflärungep^ilofop^en granlreic^« toie SßoU eo
10 $efud <£f>rtfta«
taire, bic (Snctyflopäbiften u. f. f. 9la$ 2)eutfcfylanb fccrpflanjtc bicjc 33cftrcituno^nct^obe
juerft SHeimaru«, geft. 1768, in feinen Fragmenten Dom gtoedf 3cfu un*> üon fc'nc* ^uf=
crftefyung (Fragmente eine« Ungenannten, tyerau«geg. Don Sefftng, 1777 ff.). $&m folgen,
teiltoeife in gcmä&igterem, ettoa« minber $riftu«feinblt$em ©eifte 6. %. Ba^rbt (Briefe
6 über bic Bibel im Bolfeton, £aUe 1782 f; 3lu«fü$rung be« $lane« ^efu, 12 Bbc,
Berlin 1784 ff.); Benturini, Pfarrer ju §ornborf im Braunfd&tocigifcfyen (9iatürlid&c ©e=
fd^ic^te be« großen Sßro^eten bon 9tojarety, Betyle&em [Jtopentyagen] 1800—1802);
Jt i>. Sang«borf, 2BotyIgei>rüfte 3)arftettung be« Seben« 3;efu, für proteftantifd&e, fatl?olifd)e
unb ©cftend&riften, aud& ^Sraeltten, SRanntyeim 1831 (3 §efte, nebft 1 Supplement)
loftoegen ber neueften ÜRad&a^mer biefer ejtrem naturaliftifd&en SKet&obe f. u. C. 1). —
$n ein teiltoeife neue« ©tabium trat biefe fritifefy bibelf einbüße $arftellung«toeife bur$
Jene Ideologen be« BulgärrationaIi«mu«, iueld^e in toofylmeinenber, jum Seil fogar apo-
togctifcfyer 2lbfic§t ba« SBunberbare be« ebangelifd&cn @ef$ic§t«ftoffe« natürlich ju beuten
ober mittel« fünftlicfyer Sjegefe ju befettigen fugten. leiltoeife vertreten fd&on Bafyrbt
16 Urtb Benturini biefe TOet^obe ber 9?atürlid&erflärung ; tyr flaf fifäer £auj>trepräfentant
aber toutbe ©. 6. $aulu«, geft. 1851, in feinen Sbangelienfommentaren, fotoie in feinem
Seben Igefu al« ©runblage einer reinen ©efcfyicfyte be« Urd&riftentum« (2 Bbe, §eibelberg
1828). SRacfytoirfungcn auety biefer Stiftung jmb nod& bei £afe, ©cfyenfel, Steim, befonber«
aber bei Slenan unb mehreren feiner 9ta<$a^mer toafyrjunefymen.
20 3)ie ältere äpologetif befämpft biefe fritifetyen Angriffe naety nietyt eben ftreng
toiffenjctyaftlictyer SRcfyobe, anfang« toom ©tanbpunfte entfetyiebener Drt^obojie, fpäter Don
bem eme« milben, gemäßigt inftriration«gläubigen ©uj>ranaturalt«mu« au«, ©o bie antu
beifügen Styologeten ßnglanb«, toie ÜRatfyanael Sarbner (On the credibility of the
Gospel, 1727), ©tadtyoufc (New History of the Bible, 1732 u. ö.), Gfctfto^ 9io;
25 binfon (The peculiar and distinguishing character of the Gospel, set forth by
its own intrinsic excellence and perfection, Sonbon 1738 — eine tyeologifcfyc
©tubie Don ^erborragenbem SOBert), $ame« gofter u. a. m. ferner bie beutfd^en Beant*
toorter ber 9tetmaru«f$en Fragmente, toie 2)öberlem (Fragmente unb Slntifragmentc, 9Jürn=
berg 1778, 2 Bbe, ©emlcr (Beanttoortung ber Fragmente eine« Ungenannten, §aHc
so 1780), Steinhart) (Berfucfy über ben Pan, toeld&en ber ©tifter ber d&riftlid&en SReligiou
enttoarf, Wittenberg 1781, 5. 2tufl. 1830), §erber (Bomßrlöfer na$ ben 3 erften (Sban*
gelicn, unb: Bon ©otte« ©ofyn, ber 2Belt §eilanb, nad) go^anni« @to., juf. 5 Sbe, Sliga
1796 ff.), $Iandf (©efd^id^te 3efu, 33b I feiner ©efd&id&te be« G&rtftentum«, ©öttingen
1818) tc S)ie angefefyenfte unb betiebtefte biefer älteren fupranaturaliftifcfyen 2)arfteDungcn
ssift bie be« Mrid&er Geologen 3o^.3af.§eß, geft. 1828: @eföi<$te ber 3. legten gebend
ja^re 3efu, Sei^jig 1768; 7. Sufl. unter bem Sitel: 2eben«gefdS>idS>tc 3efu, 3S3be, 3üric§
1823. Sigl. übcr^au})t bie einzelnen Slrtitel über bie ^ier ©enannten.
C. SRcuefte 3e^ (fe^ *>m breißiger 3a^n unfere« ^a^unbert«). ßritifcfc
})ragmatifd^e unb bogmatifc^ Dorurteil«freie 3Rettyobe, au«ge^enb auf gefdS>i(^t«getreue S)ars
40 ftellung be« @nttoidelung«gange« be« üHenfd&en %t\\x$, ift gemeinfame« 2ofung«h>ort fotoobl
ber negatto gerichteten (bloß 9Jtenf(fyUc$e« in 3^fu anerfennenben, feine ©ott^eit leugnen^
ben) toie ber pofttto offenbarung«g(äubigen Bearbeiter be« Seben« 3*fu in biefer legten
®^o(^e. 3Ran fann biefelbe al« ba« Wtifcfctoiffenfctyaftli(fye ©tabium ber ©efc^ic^te unferer
2)i«jtylin bejeid^nen, obfd^on e« auf feiner fcon beiben Seiten, toeber bei ben bibelfeinb*
46 liefen 2)arftettern be« Seben« %t\u, no(^ bei ben j>ofttto gerichteten 2l}>oIogeten, jumal
benen be« Jlat^o(ici«mu«, an ejtremen ßrfd^einungen fe^It, toeld^e einen SRüdfaH in bic
unU)iffenfd^aftlid^ einfeitigen SRctfyoben ber früheren ^^r^unberte ju erfennen geben. Sil«
gemeinfame 9lu«gang«t)unfte für beibe SRicfytnnaen, bie negative toie bic ^ofttiöe, bürfen
in gehriffem ©inne gelten : einmal ©d^leiermaqer« in 35erlin feit 1819 ju me^rercnmalen
w gehaltene, aber erft 30 Qo^re nac^ feinem $obe Veröffentlichte SSorlefungen über ba« Seben
3efu, au« feinem 5Rac^laffe herausgegeben fconSRütemf 1864 (Dgl. bie Beurteilungen einer-
feit« toon 9Buttfe [,,a>te ©eltung ßfyrifti in ber Geologie ©c^leiertna^er«", Berlin 1868 1,
anbererfett« toon §afe [®ef^. ^efu, ©. 149f.], SK^olb (9Jeuefte Ä®. III, 1, ©. 23 ff.],
auc^ SB. Benber, ©d^leierma^er« 2^col. k. Bb II, SRörblingen 1878), fobann Ä. £afe*
66 Borlcjungen über bie ©efd^id^te %tfu, juerft gehalten 1823/24 in Tübingen, bann 1828
in Seidig, im 2)rudt erfd^ienen al« furje« Se^rbud^ be« S. Sefu juerft 1829, in 5. Sluf-
läge 1865, fotoie le^tlic^ unter beränbertem litel unb in ftarf erweiterter ©eftalt al« ,,©c-
f$tc$tc %tfu" 1876 (f. oben bie Sitt.). Beibe 2)arfteDungen, bie be« Berliner \m bic
be« %tnacx S^eologen, neigen allerbing« betreff« mehrerer Hauptfragen ftarf nac^ linf«
60 fyin, befonber« n>a« bie älnna^mc ja^lreid^er fagen^after Elemente in ber ©eburt«- unb
3fftl8 6f>ri|ta« 11
Sinb&eit«gefctyic$te, ja aucty mannet in bcr foäteren ©efd&id;tc betrifft (§afe« sJfotürlicfy*
erflärung mancher 2Sunber ; ©ctyleiermacfyer« Hinneigung jur ©ctyeintob^typotbcfc bei Sc«
fanblung ber Seiben«* unb Äuferftefyung«gefctyicfyte). Sctbc bieten aber bod) au$ ber })0*
ftäb gerichteten äuffaffung bcr ebangelifegen ©efc$i$te triftige 2tntnüJ)fung«punftc bar,
befonber« in tyrem eintreten für bie Slutfyentie unb @efcfyic|tUc§feit be« jofyanneifd&en 6
6bangeliuin«. — 3lu« bem burefy biefe beiben angefetyenen SReiftcr neuerer tfyeologiföer
gorföung gelegten gemeinfamen ©runbe fmb feit ben breiiger Sauren jtoei Steigen bon
$arfteHungen ber ebangelifd&en ©efctyicfcte ertoacfyfen.
1. 2)ie negatib*fritif#e 35arftettung«h)eife, bi^er tyinburd&gegangen burefy brei
(Snthricf elung«p$afen : a) 3)ie 3R i) t ^ e n f r i t i f (9)IVt^iftEatton). 3$rc auf b*1* Sorau«* 10
fefcungen ber ^ant^eiftifd^en ©petulation £egel« fufcenben Vertreter fteigern bie Slnnafyme
fagenl?after ßlementc in ber ebangelifcfyen G5ef$icfyte bi« gur extremen »etyauptung, e« laffe
fi$ überfallt toenig ober nic$t« ©etoiffe« über bie gefc$t$tK$e ^erfon 3iefu ermitteln.
So 2>ab. gr. ©traufc in ber erften feiner fyierfyergefjörigen arbeiten : 2)a« geben ftefu,
fritijcfc bearbeitet, 2 SBänbe, Tübingen 1835 (4. 2luf(. 1840), unb me&r ober toenigef bie iß
lunäetft auf tyn gefolgten ©pigonen : Sfyr. $. SBeifee, 2)a« Seben ^efu fritifefy unb pljilös
fo^bifcp bearbeitet, 2 ißbe, Seidig 1838 ; ©atoabor, J6sus Christ et sa doctrine,
2 vols., Sßari« 1838; §enneu, Unterf Übungen über ben Urforung be« ($&riftentyum«
(Sonbon 1838), a. b. ßngl. mit @inl. bon ©traufe, Stuttgart 1840; ©frörer, ©eföid&tc
be« Urc^riftentyum«, 3 Abteilungen in 5 33änben (1. Abteil.: 2)a« ^a^unbert be«§eil«:20
2. Abteil. : „2)ic ^eilige ©age ; 3. Abteil. : $)a« §eiligtyum unb bie 9Ba^eit), Stuttgart
1838; Süfcelberger, $)ie fird?l. Srabition über ben 2fyoftei Spanne« (Seidig 1840), unb:
3efu«, foa« er toar unb toollte (ebb. 1842). 9la$ ©trau|, bem Mafftfd^cn Segrünber
biefe« rabifal negierenben SSerfabren«, enthalten bie ©bangelien toeber übernatürliche @e*
fc^id>tc (feie bie orttyoboje Geologie toill) no$ natürliche gemä| Den annahmen be« 9ta* 25
tionali«mu« (gegen toelc^en lefcteren er manche« 2*effenbe beibringt). %fox Snfyalt ijt
toefentlicfc SJtytyu«, ^Jrobuft einer teil« abficfyt«lo«, gum 5EetI aber auefy mit 2lbftd)t biefc
tenben frommen SBoltefage, ein ©agenlrang, ben bie SSere^rung ber änfyänger be« waiare-
ntfe^en SMeifter« um beffen §aupt gefcfylungen, unb jtoar au« äfolafe ber altteftamentl. 2Bei«*
fagungen bon SDieffia«, bie man in bemfelbcn erfüllt toätynte. ©treift man bie fd^ling« ao
ppamenartig ben ©efc^ic^tö!ern umgebenben ©agengebilbe ab, fo bleibt faum ein9Hel;rere8
jurüa alö bie I^atfa^e, ba^ ein 3*fu$ toon 9ia^aret^ gelebt, gelehrt unb ben lob am
ftreu^e erlitten ^at. ®a^ Ungefd^ic^tlic^e ber efcangelifcfyen Serid^te (beren .^errü^ren aus
ber 3^ Jtoifc^en 150—200 er, otyne fonberlid^e^ ©ic^abmü^en um ben Setocte, tuner«
banb t>orau^fefet), fud&t er in*efonbere au^ i^ren angeblichen 2öiberft>rüd^en ju ertoeifen, 86
inbem er mit 33e^agen i^re Angaben aneinanber jerreibt. — 9Ba« man bom ©tanbj>un!t
biflorifc^toiffenfc^aftlic^er ^o^f^ung bor allem bei tym bermifet : eine forgfältige Prüfung
ber Duellen feine« SßroblemS unb i^rer gefctyicfytlicfyen Se^eugung, f)at er toeber in ben bis
1840 auf bie erfte ©eftalt be« 9Berf« gefolgten brei Weiteren Auflagen nad^ge^olt, noc$
auc^ in feinem, ein SJierteljafyrfyunbert fpätcr gefolgten „Seben ^efu für baä beutfe^e 3Soß 40
bearbeitet" (fieitaig 1864 ; 3. Slufl. 1875). gm lederen h)itt er, entforec^enb feinem üom
Öegelfc^en ^antpetSmuS gu gemeinem 3Katerialiömu« fortgefc^rittenem ©tanbpunfte, nic^t
fötoo^l gefc^ic^tlic^e ^^Ww^Ö^Ö^bniffc fcorfüfyren, atö bielme^r antifirc^lid^e unb antU
(^rifilic^e Agitation betreiben, gemäfe feinem fanatifcfyen 3Kotto: „2Ber bie Pfaffen au«
ber Äirc^e f Raffen töifl, ber muft erft ba« SBunber au« ber Religion f Raffen !" (bgl. ben 45
ärt. „©Kaufe"). — b) ®ie Senben^frititi! (QueHenfritif) fuc^t ftatt m^ifiaierenber
3erfe^ung bc$ eöang. ©efc^ic^töftoffe« bielme^r eine toiffenfcfyaftltc^e ^Jrüfung ber Duetten
beefelben ni bieten, unb gtoar bie« mittel« tritifcfyer ßnttoertung biefer Duellen al« am
geblit^er religiöfer lenbenjfd^riften fpäten Urfprung«, bie au« bem erften mefyr ober toeniger
tief in« jtoeite c^riftlic^e ga^r^unbert ^erab^urücfen feien. Slamentlicfy ba« 4. (Stoangelium so
ftrirb unter ben $änbeii biefer Äritüer al« ein gnoftifd^er Senbenjroman äbnlid^en 6^a«
ralter« toie j. S. bie ^Jfeuboclementinen bargefteUt unb irgenbtoelcfyem getieften ^alfariu«
be« fcorgerüateren 2. 3«Wwnbert« jugefc^rieben. ©0 in rabifalfter SBeife S3runo Sauer
(Äritit ber et>angelifc^en ©efc^ic^tc be« 3jo^anne«, Sremen 1810 ; Äritif ber et). @ef#ic$te
ber ©^no^tifer, 2 93be, Seipjig 1841 • Äritif ber et), ©efefc. ber ©tynopt. unb be« %o* 65
banne«, Sraunfötoeig 1842; enblid^ Äritil ber @t)angelien unb©efc^i^te t^re« Urf))rung«,
:J »be, »erlin 1850) ; gemäßigter unb toiffenfd^aftlic^ ge^altbotter g. 6^r. t). S3aur, Ärit.
Untcrfuc^ungen über bie fanonifcfyen ßbangelien, 1847, unb: $a« G^riftentum unb bie
t^riftlic^e Äinfce ber brei erften ^a^unberte, 1853; ferner beffen jünger Ä. SR. Äöftlin,
i. Urftnrung u. bie Stompofü. b. ft^nopt. ßbangelicn 1853 ; 2lb. ^ilgenfelb, SDie (Sbangelien nad^ eo
12 ScfitS Gffrijta«
tyrer (Sntftcfyung unb gefcfyicfytlicfyen Öebeutung, 1854; grj. äJoltmar, $>ic 9Wigion ^cfu
unb tyre erftc gef^id^tlid^e SnttDtcfelung, 1857 ; aucfy: 3*Yu« Sfatyrcwu« unb bic erftc d;rift=
licfyc 3e^ *c- 1881 (biefer 2e$tgenannte neigt mit merfli<$er rücf gängiger Setocgung $um
ejtremen 9tabifali«mu« 93runo Sauere fyin). %m toefentlic^en, toa« nämlicfy bic 33orau«-
6 fefcung ber TOc^tautyentie unb Ungefcfyicfytlicfyfeit be« !gofyanne«et)angelium« betrifft, gehören
jjierfyer auefy nod) £. §ol$mann in ben auf bem ©runbe feiner ©tynoptifer=2Jionograj^ic
Dom %af)w 1863 toeiter bauenben arbeiten (5R£l. Einleitung 1885, 30^nn^s^ommentar
1890, Sibl. 2$coI. 9?$« 1897), fohrie 6. Sßeijfädfer, Unterfud&ungen über bie ebang. ©c=
friste, ifyre Duetten unb ben ©ang ifyrer ©efefc., ©otfya 1864 ; bc^gletd^en mehrere ber
io im folgenben noefy namhaft ju mad&enbcn (SHcftifer, befonber« fteim unb £au«ratb. —
c) 35a« clleftifd&slombinierenbe 93erfafyren, neben tenben^fritifd^en auefy mtytl>cn=
fcitifcfye Operationen antoenbenb, teiltoeife auefy auf bie ältere 9iatürli(§er!lärung $urücf=
greifenb, babei metyr ober minber entfd&ieben ju ibealiftcrenber Umfefcung ber ebangelifctycn
©efctyicfyte in« 9tomantyaftc ober 2egenbenfyafte tyinnetgenb. ©o juerft unb mit bem be=
16 beutenbften fd&riftftetterifd&en ©rfolge Srnft 9lenan, Vie de J6sus (95b I feiner Origines
du Christianisme), $ari« 1863 (13. ed. 1867; 4.2lufl. ber beutföen Überfefcung f$on
1880, auety Überfettungen in« Sngl., §ottänb., 3tal. *c); bann, bie Unbefonnenfyeitcn
unb frtoolen Sffefujafd&ereien be« franjöftfcfyen Drientaliften (geft. 1892) Don einem tfyeologifcfy=
ernfteren, foenn auefy niefct gerabe Diel gebiegeneren ©tanbpunfte au« fritifierenb : Daniel
20 ©d&enlel, <Da* ß^arafterbilb Qjefu, 2Bie«baben 1864 (4. »ufl. 1873 ; bgl. aud& bie foä=
tere Schrift ©ctyenfel«, geft. 1885 : 3)a« (S&riftu«bilb ber 2fyoftel unb ber nacfyapoftolifcfycn
3eit, nac§ ben Duetten bargeftettt, Seij)jig 1878). gerner S^eobor Äeim (geft. 1878), $er
gefd&ic$tli<$e Sl?riftu«, 3üri<$ 1865 (3. 2lufL 1866), nebft ben beiben größeren SBerfen :
©efd^tc^te 3cfu bon Slajara in tyrer Verfettung mit bem ©efamtlebcn feine« SSolf« frei
25 unterfu^t unb au«fü$rlid& erjagt, 3 93be, Rürxd) 1867—72, unb: ©efcfyicfyte 3efu nad;
ben ©rgebniffen gütiger ffiftffenföaft übetftd>tli<$ erjä<, Süric^ 1873 (2. Slufl. 1875);
äbolf 6au«rat&, 9KÜ. 3eitgef$i<$te, SCI. I: 2)ie 3eit 3efu (befonber« 2lbfd&n. VI: SDic
äeitgefd&ic&tlid&en »ejie^ungen be« 2eben« $efu), SKünc^en 1870 ff., 3. Slufl. 1879;
S. 2Bitti$en, 2eben ^efu in urlunblid&er 2)arfteffung, %ma 1876. Sil« neuefte ftunb=
30 gebungen au« biefem &xger ftnb fyertoorjutyeben : D. ^fleiberer, S)a« Urd^riftentum, feine
©efAicfyte unb 2e^re :c., Scrlin 1887, unb % Sßityelm ©d^mibt, S)ie ©ef^ic^te ^efu,
greiburg 1899. Seibe entfernen ftd^ auf mannen nid&t untoid^tigen fünften bon bem
rabifalercn Vorgehen ber älteren Senbenjtritifer, beharren aber, h>a« bie Sertoerfung ber
Styoftolijität be« 4. ©bangelium« unb bic SRic&tannatyme einer leiblichen 2luferftetyung 3j^fu
86 betrifft, auf bem Tübinger ©tanb^unfte. ©o namentlid^ auefy ©c^mibt, ber jtoar —
ätynlicfy h)ie t)on ben grüneren j. S. ©c^enlel — einen Seil ber §eilung«hnmber bc«
terrn al« tyatfäc$lid& anerfennt, aber bie äuftere ©id^tbarfeit ber (grfd^einungen be«
uferftanbenen leugnet („5Rur ber ©laube fyat ifn geflaut", meint er) unb in ber WidjU
ancrlennung ber ©efd^id^tlid^Ieit be« 4. Sbangelium« fo toeit ge^t, bafe er ba« öffentli^c
40 Se^rtoirlen 3«fw nur ein gatyr bauern lä^t). — Von ben biefer Stiftung me^r ober
weniger naty fte^enben neueften 2eben 3efu*S)arftettern be« 2lu«lanbe« feien ^ier genannt:
ber anonyme SJerfafjer be« metyrbänbigen SSerf« „Supernatural Religion" (2onbon
1874 ff.), eine« englifd&en ©eitenftüdE« ju SRenan« „Origines" k., nur in mannen
fünften nod^ rabifaler ; ber $ari(er 9lcligion«forfd&er 2llb. Stritte, beffen jtoeibänbige«
46 2Berf J6sus de Nazareth (^ßari« 1897) al« ein Renan redivivus, ber Vie de J6sus
be« berübmten Drientaliften in §inficfyt auf elegante ®arftettung«funft unb toefentlicfy na-
turaltftifqe Sluffaffung gleichartig, aber i^re Frivolitäten unb romanhaften 2lu«ioü(^fc Der=
meibenb, gelten tann. 3?ertoanbter ärt ftnb bie fyierfyer gehörigen 3Konogra})^ien (5. ©tapfer«
(f. aibfc^n. III, IV, V). Siel Leiter treiben bie rabifallritif^e Negation bie §ottänber
60 % 3). Soman (Symbol en werkelijkheit in de Ev. Geschiedenis, Slmfterbam 1884
u. a. m.) unb 335. Sranbt (S)ie eöang. ©efc^id^te unb ber Urfprung be« 6^riftentum« 2c,
2ei})jig 1893), t>on toelc^en jener ben etoang. ©efd[|ic^t«t^atfad^en über^au})t nur eine ftym*
bolifd^c ©eltung juerfennen toill, biefer toefentlid^ auf ben ©tanbpuntt ber ©trau^fd^cn
aKVt^enlritif jurüdflenft.
66 ÜJtit ber Haltung biefer 2e$tgenannten berührt [xi) me^r ober Weniger bie nid^t gan^
Heine 3a^' ^on ^albtoiffenfd^aftlic^en ^^antaftebrobuften ober popularifierenben Icnben^
fc^riften toie $. 35. 2ubto. 9JoadE, 3tu« ber 3or*>an^^Öc nac^ ©olgat^a; 3)arftettung ber
©eföic^te Sefu, 4 Sudler, 2Jtannl?eim 1870 ff. ; ?Kor. ©c^toalb, G^riftu« unb bie 6t)an=
gelien, S5remen 1872 ; §einr. 2ang, 3)a« 2eben 3cfu un^ W^ tfircfye ber 3u^unftf Berlin
eol872; Ärüger*33eltyufen, 3)a« 2eben ^efu, eiberfelb 1872; flaltyoff, 3>ö« 2*en ^efu;
3efit* Cijrifto* 13
Seben, gehalten im proteftantifäen SReformberein, 33erlin 1880; 21. 2)ult, bcr ^rcgang
be« geben« Sefu, in gcföi<$tli<$er 2luffaffung bargeftellt, 2 93be, Stuttgart 1884 (bon
bcmfclben SScrf. aucfy cm 2)ramatifierung«berfuc$ : „3*fu« bcr (S&rift; ein ©ttidt für bic
i$olf«bü$ne in 9 £anblungen", Stuttgart 1865 ; ©. gängin, Der gfriftu« bcr ©eföid&te
unb fein 6j?riftentum, 2 %k, geipjig 1897.— 3U flAenfcn ift ^ier aud) ber in mandben s
Sreifen einiget auffegen erregenben ÜBerfucfye, bic ebang. ©eföidjte auf bubbfyifttfd&e Quellen
&urüchufütyren ; fo ber bon 9lub. ©etybel, 2)a« @b. bon %c\\x in feinem S3er$ütni« jur
Öubbipu©age unb getyre, geipjig 1882 (bgl. bleiben „$. Subb^gegenbe unb ba« geben
3efu, ebb. 1884; 2. 2lufl.l897"), fohrie ber plumpere bon SRifoIauö 9fotohritfd& (2)te gücf e
im geben $cfu, Stuttgart 1894). 93gl. über biefc gitteraturgattung überhaupt SRippolb, 10
3ur gcföid&tlicfyen SBürbigung ber Sieligion %t\\x, §. 7, ©. 70 ff. (mit intereffanten mxU
teilungen au« ©Triften ttrie bie bon 9K. Äultfd&er, 6. SRariu«, ©. gicfyt u. aa.). Über
bic noc£ eine ©tufe tiefer ftefyenbe geben 3efu*gitteratur ber fojialiftif c^^at^etftifd^en Sßropa*
ganba neueftcr 3^* (2)omela 9iieutoen£ui«, ©. gommel, 6m. Sßurm, grjj. gütgenau,
aud? Äaut«ty, grbr. @ngel« k.) fyanbelt in lehrreicher 2Bcije §. Äöfyler, ©ojialiftifd&e %n= 15
lehren über bie @ntfte&ung be« Gl&riftentum«, geipjig 1889 (bef. ©. 12—14).
2. Die neuere 21 po log etil, in tyrer Serteibigung ber ©laubfoürbigfeit ber eban*
gelifäcn ©eföicfyte bem ©ange ber fcitifd&en Angriffe Don bibelfeinblic&er ©eitc ^er fol*
genb, babei fyie unb ba $u Äonjefftonen an ben ©tanbpunft ber ©egner geneigt, befon*
bcr« in qucUenfritifcfyer §inficfyt, toeniger foa« 2Bunberfritif ober bic annähme fagentyafter 20
(Elemente in ber ©eburt«gefcfyicfyte je. betrifft. — a) 2Biber ©traufe' erfte« geben IJefu:
Xfjolucf, 2>ie ©laubtoürbigfeit ber ebangelifd&en ©ejcfyicfyte, Hamburg 1837; 21. ÜReanber
£a« geben $efu (S^rifti, Hamburg 1837; 7. 2lufl., ©ot&a 1873; Ärabbe, Sorlefungen
über ba« geben 3cfu für Ideologen unb ÜRicfytt&eologen, Hamburg 1839 ; 21. ©brarb,
JBiffenfäaftlictye Äritit ber ebangcl. ©efcfyicfyte, granffurt a. 9M. 1842 ; 3. ftarf bermefyrte 26
Aufl. 1868 ; Ä. 2Biefeler, ß&ronologifäe ©tynopfe ber bier (gbangelien, Hamburg 1843 ;
3o^. Bieter gange, geben $efu in 3 Supern, £eibelberg 1844—47, 5 Sbe ; 2Berner
£ai^n, geben gefu, 33re«lau 1844, nebft anberen mefyr nur populär gehaltenen ©Triften,
iaju mebrere arbeiten fatfyolifcfyer 9?crfaffer, tüte 2lbalb. Äutyn, 3)a« geben 3jefu hnffen«
f^aftlicfc bearbeitet, Tübingen 1838, 8b I ; ^ofc. SRcpom. Sepp, 2)a« geben ß^rifti, k& 30
gen^burg 1843 ff., 4 93be; 2. 2lufl. 1854 ff., 5 Sbe; ^orban Sucher, Dag geben ^efu
(S^rifti, Stuttgart 1859. — b) SBiber bie Senben^frit«: §. ßtoalb, ©ef^ic^te G^riftu«
unb jeiner 3cit (53b V feiner „©efcfyictyte be^ 3iolfö 3gracl", toäfyrenb ber entfprec^enbe Sb ber
3. äufl., 1867 eine merflid^e ännätyerung an ben tenben^lritif^en ©tanbpunlt ergiebt);
3afob gic^tenftein, geben^gef^. 3«fw G^rifti in d^ronol. Überfielt, ©rlangcn 1856 (auf ©runb 86
r>. öofmannfd^er SJorlefungen ; 6^r. §. 9tiggenbacfy, Sorlcf. über baö geben beä §. gefu,
Öafel 1858; ÜJU$. Saumgarten, 2)ie ©ejc^i^te ^cfu, für ba« SerftänbniS ber ©egentoart
(i*orlefungen, gehalten in Hamburg), Sraunfd^toeig 1859; ©Hicott, Historical Lectures
on theLife of ourLord J.Christ; being the Hulsean Lectures forl859, gonbon
1860; femer 9Jeanber unb ßbrarb in ben fpäteren 2luf lagen i^rer bereit« genannten 3Berfe ; 10
gegen Stenan, ©c^enfcl, Äeim unb ben fpäteren ©traufc : Qfyx. (S. gut^arbt, 2)ie mobernen
Xarfteflungen beä geben« Igefu, geip^ig 1864 ; Ul;lfyorn, 2)ie mobernen SDarfteDungen k. 1866
(|. 0. bie 2itt.) — nebft ja^lreid^en anberen 2lnti=SRenan=93rofcfyüren au« ber 3Wittc ber fedfoiger
Ja^re, j. S. bon Setyjcfylag, ban Dofter^ee, SKic^eli«, J^eniu«, ©erlad^ 2c. Avenue al«
umfängli^ere Arbeiten : Ä. SBiefcler, Seiträge $ur nötigen SMürbigung ber öbangelien 46
unb ber ebang. ©efc^ic^te, ©ottya 1869; 6^r. (£a«pari, 6^ronologifc^=geograp^ifd^e @in*
leitung in ba« geben 3*fu ß^rifti, Hamburg 1869; g. g. ©teinmeVer, 2lpologetifc$e Bei-
träge, 4Sbe, Serlin 1866—73 (I. 3)ie Söunbcr, II. SDie geiben«gef(^ic^te [2., neu be*
bcarb. Slufl. 1882] ; III. SDie 2luferfte^ung«gef(^ic^tc, IV. 3)ie ©eburt«* unb Hinb^eit«=
gefebi^te, in Se^ug auf bie neuefte Äritif betrautet — alfo eine apologetifc^e Erörterung w
faft fämtli(^er §auptpunfte ber ebangelifäen ©efc^i^te); g. aMerner, 3)ie gefcfyicfytl. ^Jerfon
xv 6^r. nad) ben mob. 3)arftellungen unb ben urlunbl. Duellen, 1872; 3- ginbenmetyer,
£ie ©efc^. 3efu nad^ bcr &L ©c^rift, Safel 1875 (au« ber bibl. ©c^ule 8ccf«); 303. gr.
®e^ (S^rijii ^Jerfon unb SBert, 2. 2lufl., »afcl 1870—79 (bic bcbeutcnbfte MbUfroL
tarftellung). — 2lu« ber ^ier^er gehörigen gitteratur be« 2lu«lanbe« ftnb ^erborju^eben : bs
(Sbmonb be 5ßreffenfe, J6sus Christ, son temps, sa vie, son ceuvre, $ari« 1865,
7. edit. 1884, bie bebeutenbftc franjöf. ©egenfd&rtft gegen Slenan: auc^ berbeutfe^t bunty
^abariu« 1866); ^ilipp ©d^aff, The person of Christ, Sl^orf 1865; 12. ed.
1882 (au$ beutfö, ©ot^a 1865); 3. SR. ©celety ($rof. ber ©cfc^. in Sambribge, geft.
1895), Ecce homo, gonb. 1866 u.ö. anonym erfc^icncnc, gciftboUc ßl;arafteriftif bcr un- go
14 $efit* (Styrtfttt*
Uergteicfylictyen ftttlictyen $ofyeit $efu in feinem öffentlichen SBirfen ; and) beutfefy, Gelangen
1867); Gunningfyam ©eilte, Life and words of Christ, 2 voll., 2onbon 1878 u. ö.,
fotoie ba$ mefyr populär gehaltene, reiefy Uluftrierte Life of Christ fcon greb. SB. garrar
(fionbon 1875 u. ö.; au$ beutfd^ toon 3. Söaltyer, Bresben 1893).
6 3. $ie neuefte 2eben 3jefu*2ittcratur l>ofititoer Stiftung (feit ca. 1880)
eröffnen bie tur$ nactyeinanber erfcfyiencnen 2)arfteflungen fconöernfy. 2Bei|(1882, 3. Slufl.
1888) unb 2öiflt&. »etfcfylag (1885 ; 2.21. 1887), beren fd&on oben (I) rücffifylicty tyrer
Sefyanblung ber CueDenfrage unb 2itteratur gebaut tourbe. Seibe betätigen fotoofyl in
queHenfritiföer foie in c&riftologifd^bogmatifd&er §inficfyt eine fcermittelnbe Haltung, fommen
10 ber negativen Ärittf befonberä in tyrer Stellungnahme &ur SBorgefcfyicfyte be$ 9Reffia$nnrten$
3efu unb ni feinen SBunbern mefyrfacty entgegen, galten aber feft an ber 2fyoftoliaität be3
4. GtoangeltumS, ber foefentlicfyen ^ubttläffigfeit b** ba$ öffentliche 2efyrtoirfen be3 §errn
auf minbeftenä atoei ^afyxt erftreefenben jo^anneifc^en Gfyriftologie unb ber S^atfäcfylidjfeit
Uon 3cfu Sluferftefyung (togl. bie toergleidjcnbe SBürbigung ©eiber bei 2. ©cfyulje, §anbb.
16 ber tyeol. 9B.S I, 2, 183 f.; au$ CS. £au}>t$ SRecenfton be« 2Beif$föen 2Berfö: StyStÄ
1884, I). — Stuf tttoai ftrenggläubigerem ©tanbpunft befyanbeln ben ebangelifcfyen ©c=
fdbid&täftoff : g. G&r. fi. to. §ofmann, 3)ie biblifcfye ©efäid&te be$ 9M3 (33b X bon „$)ie
fcl. ©cfyrift 91%% jufammenfyängenb unterfu<$t"), fyerauägeg. Don 2B. SSolcf, Dtörblingen
1883; ß. 6. SRöSgen, ©eföid&te ber neuteftamentl. Offenbarung, 33. I; SDie ©eföityc
ao 3. ß^rifti, ÜJlüncfyen 1891 (aufjer bem äußeren 2eben$gang auefy bie 2efyre beä £errn
ausführlich barftellenb) ; ©g. ©tofefy, bie Stugenjeugen be$ fiebenS 3efu ) e*n Seitrag jur
6&angelicnfragc, ©üterälofy 1895. — 3lu3 ber anjefynlictyen Safyl populärer 35arftellungcn
finb fyer&orjufyeben : ©g. SBeitbred&t, 2)a3 2eben 3jefu nac$ ben 4 (Strt). für bie <tyr. ©e-
meinbe bargcfteUt, Stuttgart 1881 ; 3. St. 1896 ; %t. Sünbel, SefuS in Silbern, au$
25 feinem Sebcn beleuchtet, 1883; 2 ä. 1885 ; 31 2t«mi$, £a$ 2cbcn gefu, ber ©emeinbc
jur Srbauung bargefteüt, Serlin 1888; R. SSoelter, 2eben unb 2efyre %e\u nai) ben
4 ßfcangelien für bie 33ibellefyre k. in ©d&ule unb £au$, Serlin 1896; ©. Sang, 3)a3
2ebcn unfereä §eilanbe3, für ©cfyulc unb §au§ im SBortlaut ber ©üangelien :c,
2ei})jig 1896.
80 ^on fat^olifc^en Serfaffern: $eter ©c^egg, ©edS>« Sucher be$2ebcn3 3efu- 8toc<
Sbe, f^reiburg 1874 f.; $antfy. Naumann, 2)aö 2eben unfereS §errn unb §eilanb^ 3cfu
G^rifti, ^erau^geg. Don %1). 9iot)acf, 3 Sbe, v^rag 1875 ff.; gofef ©rimm, ®a« Seben
3efu nadj> ben 4 ßbangelien, 5 Sbe, StegenSburg 1876—85; 2. Slufl. in 7 Sben, ebb.
1890 ff.; 3. §. Jrieblieb, 5Da^ 2cbcn ^efu S^rifti bc« ßrlöfer«, ^aberborn 1887; ©<W
86 unb §aneberg, 2)a^ 2cben 3^fw; ftreng auf genauer Chronologie, Sonographie unb uni=
t>erfal|iftorifdS>er ©tynoptit, 4. 31., ?lRünc^en 1898. — Son frangörifc^en Serfaffern : 91. le 6a=
mu^, La vie de N. S. J6sus-Christ, 2 vols., $ari^ 1883 (in ftreng römifd;em ©innc
ort^oboj, aber bei ber bibl. ©runblagc ftefyen bleibenb, bie Beimengung legenbarifc^en 5)Ja^
terialS Uermeibenb) ; gelij' S)u})anlou}), Sie ©efd&icfyte unferc^ §errn unb §eilanbä 3ef»
40 %ifti. 2fud bem ^ranj. nac^ ber 3. Slufl. beä Original, ^Jaberborn 1887 ; ^ß. 2)ibon,
3^fu« ß^riftu«. SlutorifterteÜberfefcung au« bem franjöfijd^en Original fßari$189l) Don
6. ÜK. SdS>neiber, 2 93be, SRegen^burg 1891.
Unter ben neueften englifcfcprotcftantifc&en Seiträgen jur 2.-352itteratur ragt l;ert)or :
9llfreb (SberSfyeim, The life and time of Jesus the Messiah, 2 vols., 2onbon 1883;
46 3. ed. 1888 (nebft ber Heineren 2lu£gabe in einem S5anbe: Jesus the Messiah, being
an abridged edition etc., 3. ed. 1894). 2)ie Slei^altigfeit ber au$ rabbinifd^en
©d^riften unb anberen Orientalen Duellen beigebrachten ßrläuterungen gum cbang. ©e-
fc^idS>t«ftoffe bilbet ben eigentümlichen 33orjug biefer Slrbeit (&gl. §. 2. ©traef im 3:^2331
1884, 5Rr. 47). 3)urc^ tnapp gefaxte lebensvolle 3)arftellung unb feine t>ft$ologif$e
60 g^arafter^eic^nung jeid^net fic^ au« $amc$ ©talfer, The Life of Christ, 2onbon 1881
(aud[i beutfefc: ,,^a« 2eben 3efu"/ ^eiburg 1895). (Sinen trcfflic^ orientierenben
6nct;flo^äbies3lrtifel über unfer i^ema lieferte für ftaftingS' Dictionary of the Bible
2B. ©anbat;, Jesus Christ (in t. II beä genannten SBert«, ßbinburgty, Glar! 1898;
auc^ fc^arat).
66 III. SJorgefcfyic^te be« mejfianifd^en SBirfenS 3^fu- 3«r ®eburt§*
unb ftinb()ett&gef4id)te nad) 2c 1. 2. unb Wt 1. 2. Srüljeite tritifebe Angriffe auf bie
eüang. $inbl)cit3gefcf)icf)tc: ^BiHiamö, A free enquiry into the authenticity of the firat and
second ehaptera of St. Matthews Gospel, 2onb. 1771. ÖJegen ben[elbcn: SSeÜ^ufcu, Tlio
authenticity of the first and second chapters etc., 2onb. 1771 ; aud) grlciiimhig, Frcti
60 thoughts upon a free enquiry into the authenticity etc., ebb. 1771. ©egen mehrere 9?arf)*
$efit9 Gtyrifht* 15
[olaer oon SBifliamS lüie ©trotft (in ©icftftornS SRepertorium IX, 99 ff.), Amnion (Disser-
tatio de Luca emcndatore Matthaei, (Sr langen 1805) k. fcftrieb Dom fupranaturaliftifcften
6tanbpuufte auä gr. SB. ©cftubert, De infantiae J. Chr. historiae authentia atque indole,
ÖreifSroalb 1815. 3)en ©tanbpuntt be§ rounberleugnenben DrationaliSmuS repräfentieren
(Sicoftorn unb ©ertftolbt in iftren 9*21. Einleitungen, ©. (Sberft. $aulu8 in %i. I feines „$ftU 6
lol.«iritifd)en nnb ftiftor. Kommentars über b. $£" (f. über (eine bef. griinblicft eingeftenbe
Beftanblung bcr betr. flbfcftnitte: Hefd), ffinbfteitSeoang., ©. 6 f.) unb @. JJ. ©elpfe, 3)ie
3ugenbgcfcfticftte be3 $errn; ein Seitrag $ur ftöft. ßritit unb (Sjeg. beS 9fö3, Sern 1841.
3m ©inne ber tnoberncn $enben$fritif gehalten (bcf. bin et) $. $ol(niann$ $anbfomm. j. ben
(Jdo. beeinflußt) erfefteint bieflbft. toon 3. ftillmann, $ie ftinbfteitsgefcfticftte nacftfiufaö: 3pX&. 10
1891 (II, 192—261). $ofitiü apologetiicft : $. £. ©teinmetyer, 3)ie ©efeftieftte ber ©eburt be$
fcerrn unb feiner erften ©eftritte im iBeben in ©ejug auf bie neueftc ftritif betrachtet, SBerlin
1874 (j. oben II); Xft. p. SDcanbel, 3)ic luimberbare 3CI,9U«9; ©eftriftftubie ju bem 3. ©a&
bc§ jroeiten ©Iaubcn3artifel3, (Mteräloft 1893. SBefonberö reichhaltig: 91. SWebe, S)ie SHnb*
fcitSgefcfticfttc unfereS §errn 3^fu Gftriftt naeft 3Jcattftäu3 unb SufaS aufgelegt, Stuttgart 16
1893, unb 911fr. SRefcft. 3)a3 SHnbfteilSeoang. nad) Sufaö unb 9)cattft„ unter $erbei$ieftung ber
aufeerfanonifeften ^araüeltejte queüenfritifeft unterfueftt ($11 X, 5), ßeipjig 1897.
3)er Uebergang &um öffentlichen SBirfen. 3-*©- 33ouffontrot, Jesus enfant
d'aprts recriture, la tradition et la theologie, 8t. ©ermain 1884; $ft. £. SDcanbel, 3)ie
Sorgefcfticftte ber öffenti. SBirtfamfeit 3eju nad) ben eoang. Quellen entworfen, ©erlin 1893 20
itjanbelt bef. über bie S3e$ieftungen be$ Sau ferd ju3cfu. foioie über bcS fieberen Saufe, 93er*
(uetung unb bie Anfänge f. öffenti. fieftnuirfenS) ; (S. ©tapfer, J&us Christ avant son nii-
nift&re, 2. £d , $ari3 1896 (fcftliefet bie 93crid)te über 3efu ©eburt ju ©etftleftem uon feiner
Starftellung au§ unb fefteint rucfentlid) nur eine galiläifcfte ftinbfteit unb 3ugeub be§ £>eilanbe3
anjue rfennen) ; JJ. ©obet, 3>a8 Seben3?fu uor f. öffenti. auftreten; beulte Äuäg. 0. SReinecf, 26
£onnoocr 1897 (furje ©fi^e, von pofitioerer Ballung al§ b. Dor. SBerf); 3- ®^oug^, The
early life of our Lord, äonb. 1897.
"lieber 3oM««cö b. Xäufer inäbef onbere. SEBegen ber älteren einfcftlägigen Sitteratur
©leid), ©eflariu«, ©itfiuS, ^ottinger, fieopolb 2c.) f. fi. ©eftuhe, $bb. b. t^eol. SB.» I, 2,
207. ©abemann, 3). 93er&ältni3 3oi). b. Käufer« 31t m ©errn: 312^ 1852; 4>. ©djmibt, 3)ie a>
iS^riftologic be^ 2;8ufer§, 3bJl) 1869; (Sridi ^aupt, 3o^. b. X., ©üterälofc 1874; (5. 93rceft,
Soft. b. X., fipj. 1881; ^. töftler, 3oft. b. X., trili|d)*t6eoi. ©tubie, $alle 1884; «. Älöpper,
3o|epftu« über 3ot). b. X., SwXft 1885, I; $. 9(§muffen, 3oft. b. %.: ^rot. Monatshefte
1898, ©. 418ff.; «. ^ilgenfelb, Soft, unb 3ef. nad) 3. ©eHbaufen« 3)arfteHung, 3ivXb 1898,
III; £. 9?. 9«el)nolb«, John the Baptist (The Congreg. Lecture for 1874), 3. ed., Bonbon 35
1888 (»gl. ba$u et)riftlieb, im Sern. b. ttl. 1875, 3)ecbr.). — Xt). »am«, The baptism of
John; its place in N. Test, criticism; Exp. 1896, June; Ägneö ©mitl) üeioid, Did John
preach baptism for remission of the sins?: Exp. 1898, March. ; $). 3°^pi"/ L'eschatologie
<le Jeao-Baptiste, 2R ont auban 1899.
lieber 3efu Xaufe: 5. S. ©teinmeljer, 3)ie @pipt)anien im fiebeu beö^errn (Beiträge 40
\uv (i&riftologic I), »erlin 1880; 3. »ornemann, X)ie Xaufe eftrifti burd) Soft, in ber bog*
mat. Beurteilung ber eftr. Xfteof. ber öier erften S^ftunberte, ÜP5. 1896; 91. 93. 93ruccr The
kptism of Jesus. Exp. 1898, I. Sgl. S8ei&, £.3. I, »ueft II, § 8 u. 9; (SJ. ©tofeft, $ie
Augenzeugen 3*f« (f- 0. II), ©. 71 — 96; $. ©remer, 5Die ^aulinifcfte SRecfttfertigung^leftre;
ütötereloft 1899, ©. 160—183. 46
3efu»erfucftung u. ©ünblofigfeit («eitere Sitt. bei fi. ©eftulje a.a.O.): Ä-llttmann,
Die Unfünblicftfeit 3efu, Xft©tjl 1828, I, bann ald bef. ©eftrift 11. b. litel: 2)ie ©ünblofig^
feit 3e|u, 7. Vufl. 1864; 91. Webe, 3). Serfucftung 3e|u eine äußere Sftatfacftc, ©eflar 1857;
$. JBrürfner, 3). Sevfucftung^gcjcft.; ein ereg.»pft)d)ol. Scrfucft, ileip^ig 1857; 3Jlor. 0. (Sugel*
twrbt. De J. Christi tentatione, 2)orpat 1H58; Cr. 93. SRoll, lieber b. Serfucftung 3., Sorlr., W
tkrl. 1857; CS. $ünefelb, S)ie 9Serfucftuug«gefcft. naeft iftren gefcfticfttl. ©runblagcn unterf.,
»erlin 1880; 9?ub. ^eman, 3). Serf. beS fcerrn: S3ciü. b. Ol. 1882 (eingeftenbe Äriti! bcö
^unefe!b|cften Serfucftö, bie äußere ©efcfticfttlicftfeit be§ SSorgang^ ju beftreiten, oom ftreng*
jdiriftgläub. ©tanbpfO. «gl. aueft 3. «. Corner, 3e|u jünblofe «oüfornmenfteit, 3blft 1862;
cteinmener, a. a. 0.; fi. tl^berger, 3). Unfünblicftfeit 3eju, ftiftorifeft unb bogmatifeft bar* 55
qefteat, TOüncften 1883 (fatft.); §. ^.fiibbon, The Divinity of Our Lord & Saviour J. Chr.
(Stompton «orfl. für 1867), 11. ed. Sonb. 1885; aueft beut|cft bureft 5. SJcaber, ©afel 1883.
lieber btn ^Iäu u. ba$ meffianifefte ©elbftbeioufetf ein 3cfu: grrj. «olfmar
«einftarb, «erfueft über b. $lan, melcften b. ©tifter b. cftriftl Religion j. öeften ber 9Kenfcftftcit ent-
warf, £p$. 1781 u. ö ; 5. «ufl. 0. fi. t>eubner 1830; 5tft. tfeim, S). menfdjl. Gntiuirflung 60
>fu <&ftr., 8üricft 1860; berf., 35er gefcfticfttl. (SftriftuS, 3 9?eben, ebb. 1865; £erm. ©eftmibt.
lieber bie ©renken ber Aufgabe eine« fieben« 3efu, Xft©tÄ 1878, ©. 393—457 (ogl. unten
im Irrt); 9?. gr. ©rau, 3)aS ©elbflbemufetfein Sefu, ftövbliugen 1887 (f. barüber b. «.
.Wrau"; VII, 70, 8. 1—13); SB. ©albenfperger, 3)a« ©elbftbemnfetfein 3efu im ßicftt bcr
raeirianifcften Hoffnungen feiner Seit, ©trafeburg 1888; 2. %. 1892 (läftt auö bem, anfangs 60
mcftr nur äuBerlicb gearteten 3)ieffia3gebanfeu 3efu baS ©oftnedbouugtfein nur allmäftlicft
IjfrauSwacftfen ; t»fll. bie juftimmeuben Ärilifen oon $. ^ol^mann, Stftfiß 1888, ©.78 ff. \mb
16 3efuS Gtptfttt*
üon 9Jten6floa, Annales de bibliogr. thdol. 1888, p. 81 — 88). ©egen ifyn unb bie äftntid)
gearteten Mnnatjmen Don 3olj. $Beife, 2ie£mann, Seityaufcn ac. f. bef. 93artl> (oben I, j. 9lnf.),
6. 22 ff.; aud) ©remer, <ßaultn. föedjtfertiggSl., 6. 160 ff. 184 ff.
1. Slbftammung, ©eburt unb ßinbtyeit. 2)aS @ntftammtfein $efu von
6 2)aVib, beffen SReic^ er als ber propfyetifcfy Verfyeifeene 2JteffiaS in ibcal Verklärter ©cftalt
erneuern follte, toeifen jtoei ber f^no^tifd^cn Svangeliften mittelft gencalogifcfyer lafeln
naefy, &u beren richtiger äßürbigung nottoenvig bie ©efcfylecfytSregifter beS 2l£S, inSbefonberc
bie ber ßfyronit (l 6^r 1—9), ja felbft fd&on bie ber ©eneftS (Ä. 5 unb 11) verglichen
toerben muffen. (Sine getotffe 9iac$läffigfeit ber Äonftruftion, ein Streben naefy §crt>or-
10 fyebung ftmbolifcfy bebeutfamer SBerfyältniffe auf Soften balb ber SSoDftänbigfeit, balb ber
(Scnauigteit, eignet biefen bibltfd&en ©enealogien ftetS ; fo benn auefy benen beS 1. unb beS
3. (Svangeliften. SßeSfyalb benn toeber im Stammbaum beS 5WattfyäuS (1, 1—17), toel-
d&er 3x14 ©lieber ahrifcfyen Slbrafyam unb ß&riftuS aufeä^len toitt, no$ in bem beS
2ufaS (3, 23—38), toelc&er 7x11 ©lieber $h>ifd&en CtyriftuS unb 3lbam namhaft mac&t,
16 baS SJorfommcn beträchtlicher Südtcn befremben barf ; toeSfyalb ferner ber Umftanb, bafe
üHattfyäuS jtoifcfyen 2)aVib unb bemßjil eine falomonifdje, 2ufaS bagegen eine nattyanifctye
©efcfylecfytSretye bietet, famt ben Weiteren auf bie nac&erjlifd&e $t\t bezüglichen ^Differenzen,
nietyt aü$u auffattenb gefunben toerben barf; toeSfyalb cnblic§ auefy baS 2lbjielen beiber
Slegifter, beS mattfyäifdjen fotoofyl toie beS lufanifcfyen, auf 3°iel>^ ^m ^Pflegevater 3efu,
20 ftatt auf SRaria, beren bavibifd&e 3lb[tammung einfach VorauSgefe^t toirb, fi$ als cttoaS
fetneStoegS abnormes, Vielmehr bem jübifcfyen 9tecfytSbraud&, ber einen 3Sater=©tammbaum
erforberte, einjig entforectycnbeS ergiebt. gfür 3Jerfuc^e &ur §armonifierung ber betben
Stammbäume, toie (ie Don alterS^er auf mancherlei Sßeife angeftrengt Sorben finb, bleibt,
toegen ber fünftlicfy ^ergeftedten 2üdfenfyaftigfeit beiber 9iamenreifyen, fotoie tocgen beS
25 gcfylenS juVerläjftger aufeerbiblijcfyer Angaben über bie SBorfafyrenjcfyaft beS §crm, ein
lueiter Spielraum geöffnet. ÜRocfy $u Slnfang ber 90er ^afyxt traten furj nacfycinanber
brei folcfyer SJerfucbe fyerVor, toelcfce trofc ber pofitiven §altung unb apologctifd;cn Senbenj
tyrer Urheber bodj ftarf bifferierten : bie SRöSgenfc^e ©ef^id^te ber 9Ktl. Cffenbarung
[I, S. 100 f.J liefe Von 3HattfyäuS bie SJorfafyrenretye ber 2Jiaria unb Von 2ufaS bie be«
30 3ofe}$ mitgeteilt Serben ; 5WebeS Äinbl>eit$gefc&. ^efu [S. 220 ff.J erbliche umgefel^rt in
ber matt^äifc^en Stammtafel bie Sinnenreize 3°j^H *n ^ex lufanifc^en bagegen bie ber
SWaria; ber 2u!aSfommentar ©. 2. §alni$ enbltc^ [I, 288 f.] liefe beibe ©enealogien auf
^ofe^Z abfielen, unb jivar mit bem Unterfdbieb, bafe bei 2ufa« bie väterliche, bei WiaU
t^äuS bie mütterlid&e Sorfa^renfd^aft beS Pflegevater« fy\u angegeben toerbe. Dem ©e=
a5 biete be$ §vt>ot^eti|c^en erfd^eint feiner biefer brei 2öfungöVerfud^e entrüdft — u>ie benn
für alle 3"^«^ c*ne SRe^cit Von annahmen ^ier möglich bleiben totrb (Vgl. nod>
Ä. $örtf$, 2)ic biblifd^en ©enealogien in tyrer apologet/Sebeutung: 33cto. b. ©I. XXII
S. 161 ff., joiüie 3#. 3a^n in b. gorfc^ungen jur ©cfc^. be« neuteft. Äan., VI LI 9001,
S. 328 ff.). Ü6rigen« ftanb bie bavibifc&e 2l6funft %tfu bem urctyriftlictyen 33elüufetfein
40 auc^ ofyne genealogifc^e 9Jac^h)eifung gegenüber jebem cttoaigen 3^e*fc^ fc^- Schott bie
3eitgenoffen be« §erm gefte^en ftc als tbatfäcpcty ^u (Sit 15,22; 21, 30), ^auluä bc=
^eugt fte (9tö 1, 3), ber ßebräerbrief (7, 14) betont fie als eth)a« aHbefannte«. 9?od^
am Scfyluffc be« apoftolif^en 3wtalterö ioerben bie (Snfel eine« ©ruber« Qefu bemÄatfer
Domitian al« 5Wad^!ommen SDavib« vorgeführt ((Sufcb., H. E. III, 20). — ®a3 ®m=
45 pfangenfein be« 3efuämbletn3 vom ^l. ©eifte o^ne 3utZun enlClg s^a"«^ (vgl. 3° 1# 13)
berietet bie ©eburt^gefd^ic^tc fotvo^l nac^ 9Ratt^äu« toie nad^2ufa«; nur l}ebt ber ledere
(Svangelift bie ba« geheimnisvolle ©reigni« anfünbigenbe ßngelsbotjcfyaft an ^Slaüa (2c 1,
26—38), ber erftere bie ifym gefolgte ©ngelSoffenbarung an 3°fc^ befonber« ^ervor (Sit
1, 18—25). 3)ie ©eburt be« §erm erfolgte nicfyt im äöo^norte 3ofej)l)S unb 9ftariaS,
50 bem galiläifd^en gleden Slajaret^ (ober Sia^ara, f. b. 21.), fonbern gemäfe pro^^ettfe^er
SBeiSfagung (3)ti 5, 1) ju Set^leZem im Stamme 3>uba, too^in ba« Von ba entftammte
^ßaar burc^ einen Sc^a^ungSbefe^l beä Äaifer« Sluguftu« ju reifen genötigt luorben ioar
(2c 2, 1—14; toegen beS betr. d^ronolog. Problems Vgl. unten VII). 3n bürftiger
5Riebrigfeit, in einem al« 6rfaj> für baS mangelnbe Unterfommcn in ber ©erberge be*
55 nufcten Stalle, ber Vielleicht gleichzeitig als §öfylc ju beulen (Vgl. oben I), uiirb ^ier ber
pricfterlictye Äönig 3^wcte unb §eilanb ber Söelt geboren ; arme £irten, burc^ eine (Sngels
erfd^einung belehrt, h)erben ju ben erften menfcfylidfjen 3eu9cn un^ 25erfünbigent feiner
2ln!unft auf ©rben. Sld^t xage naefy ber ©eburt U)irb baS Äinb burc^ bie Sefcbneibun^
in bie 33oßSgemeinbe beS 2llten SunbeS aufgenommen (2c 2, 21) unb empfängt babei
<x> altiSraelitifd&er Sitte gemäfe feinen irbifd>en 9Jamen: 3cf«^ *>• i- 3eWuflf 3^°Wua (w3a0^s
3tfitS Gfjrtjhtd 17
£üfe"), toelcfcem crft feit feinem öffentlichen pro^^etifd^cn 2etyrtoirfen ber fyeil«gef<fyic$tltc$e
ämt«namc 6fciftu«, b. i. SMeffta«, ber ©efalbte ©otte«, ftd& ^injugefetten foDte. gm
pro^etiföe« ä&nen babon, baß ba« ju Settern gebotene Äinblein ber 9Jtaria ftcfy al«
ber gottberorbnete #eilanb ber 9BeIt ertoeifen toerbe, tritt übrigens bei mehreren feiner
älteren 3€*t9enoffen bereits um bic 3^t feiner ©eburt fyerbor, toie 2ula« unb 5Ratttyäu« 6
im allgemeinen hierin tibereinftimmenb bie« berieten. 2uta« füfyrt mehrere berartige S^Q5
niffe au« bem Jtreife ber frommen i«raelitif<fyen „§arrenben" (ngosdexopsvoi) an: eiifa«
bety unb Qadjaritö, bie mit 2Raria bertoanbten eitern 3jo$anni« be« iäufer«, be-
grüben auf ©runb leerer Offenbarung bie natye 3u*unf* *>& £eilanbe« fd^on Iura bor
feiner ©eburt in proj^etifcfyem ©eiftc (2c 1, 39 ff., 57 ff.); ber greife ©tymeon unb bieio
$ro^ctm £anna legen, al« ba« $efu«f inb 40 iage naefy feiner ©eburt al« ßrftgeborener
im Stempel bargefteDt unb mit ber gefe^licfy borgefcfyriebenen Dpfergabe gelöft toirb, im
©eift ber 2ßei«fagung ityr fyoffnung«freubige« fyugmä ab für ben, ber ba beftimmt fei
&um 2i$t ber Reiben unb jum $rei« 3«rael« (2c 2, 22—38). 2Bäfyrenb ber paulinifefc
uniberfaliftif<$ gerichtete ßbangelift bie 3eugniffe biefa Stimmen au« ffiad aufbetoa^rt, 10
berietet ber fonft ben 2tnfd&luß an bie altteftamcntlic^en ©runblagen ftrenger toatyrenbe
3onners3lpoftel bon ber §ulbigung einiger glauben«begeifterter 3eu9cn au$ ^er fernen
$eibentoelt be« Dften«, bielletctyt $rofeltyten au« ber babtylonifcfyen &iafi>ora be« guben*
tum«, bie bem no$ in Settern foeilenben Äinblein au« Slnlaß eine« bebeutfamen $im*
mete^eic^en« bargebrac&t hmrbe (9)it 2, 1—12). 2ln biefe 58etf;errlic$ung be« Gfyriftu«* 20
fmbe« bur$ bic „3Ragier bon Dften" (bgl. ben 21. „5Wagie, üKagier" unb foa« bie gort*
bilbung be« mattfyäifctyen 93eric$t« in berjd&iebenen altcfyriftlicfyen ©agen betrifft, junäcfyft
föon 3önaJ a<* Eph. 19, 2, fohrie toeitertyin $feubo=6ufebiu« neol äoregog /ndycov
[ed. SJrtg^t 1866; bgl. SReftle in 3^2$ 1893, I, 435 ff.] unb Sl^robitianu« [W*
Iij)j>u« ©tbete«] in bem toon 93rat!e, 211 XIX, 3 fyerau«geg. fog. „5leligion«geft)rä<$ am 25
§of ber ©afaniben", ©. 11 f. 171 ff.) föloß eine SSerfettung bon Umftänben ft$ an,
toeld^e feinen ©Itern ifyre SRiebrigfeit unb bie Siottoenbigfeit be« ^inburdpgefyen« be« jum
SKeffia« Seftimmten burd& biel Seiben jur §errlictyleit einbringt bor äugen ftellte. §ero*
be« ber ©roße trautet bem jungen Jtönig«foroß im ©eburt«orte 2)abib« in eiferfücfytigem
Srgtoofyn nad^ bem 2cben, nötigt bie ^eilige ^ntilie jur $lud;t naefy ägtybten, unb fü^rt 30
fo n>ctterfyin, ba ber nad^ feinem balb barauf eingetretenen Jobe jum sJtacirfolger in 3ubda
getoorbene §crobe« ärcfyclau« ba« 2eben be« Äinblcin« bcbrofyt, bie Überftebelung ber axx^
Segnen 3wnirf9rf^w nad^ i^rem früheren SBofynort DJa^aret^ — aljo ba« §eranh>a$fen
be« einftigen 9Reffta« al« „SJa^arcnu«" auf bem ©oben be« bewerteten ©aliläerlanbc«,
bgl. 3ef 8, 23 f. mit 3d 11, 1 — fa^ (3Wt 2, 13—23). ©lci$ 3)iatt^äu« läfet au$ as
ber bon biefer (Spifobc nid^t« berid^tenbc 2ula« (2, 39) einige 3C^ nacj^ ^u ©*urt
beffen Überftebelung mit ben in bie galiläifcfyc ^eimat jurüdfeprenben eitern naefy 3laia-
ret^ ftattfinben. 25on bort au« läft er jenen Sefudj ber ^eiligen gamilic mit bem
12jä^rigen Änaben 3efu« im Semmel gu 3«ufalem erfolgen, ber ba« frütyefte ©elbft«
jeugnt« be«felben über fein einzigartige« Ser^ältni« jum ^immlifd^en SSater ^erborruft unb 40
ba« bebeutfam abfd^liefeenbe ®reigni« ber ebangelifö überlieferten Äinb^eit«* unb ^wö^3
gefönte bc«§errn bilbet(2c 4, 41— 52). [Über bie ©efötoifter ^cfu f.SbVlll ©.574,43
unb bef. 3aK a. a.D. ©. 352 ff.].
Son ben feiten« ber neueren Äritif gegen biefe (grjä^lungen ber ebangelif^en Jtinb«
^eit«gefc^ic^te geltenb gemachten Sebenlen !önnte jumeift bic in 3Kt 2 enthaltene ©e« 45
j^utytc bon ber Anbetung ber SWagier, ber gluckt nac^ 3igt;pten unb bem bet^le^emitifc^en
Äinbermorbe in ttrirtfamer SMeife betroffen ioerben, tocil 2c 2, 39 anf^cinenb eine al«*
balbige Sücfte^r 5°fd>^ un*> 3Rana« bon Set^le^em, o^ne borfycrige SRcifc nac^ ägg^ten
Pattfinben läfct unb toeil bie annähme einer fagen^aften ©eftaltung ber betreffenben %atta
fjcmäjj ber mefftanifd^ gebeuteten ©teilen 9lu 24, 17 (ber „©tern au« 3>afob" ) §0 11, 1 60
LÄu« Äg^w N^e «$ meinen ©o^n gerufen"), %tx 31, 15 (•Wa^el« Klage um tyre
Änber) unb 3ef H# 1 (ber *as = NaCcogaTog) einigermaßen na^c liegt. ^>od) barf
nity außer Setrad^t gelaffen Serben, baß im ©runbe nur bon ber erftgenannten ©teile
mit einiger ©icfyer^cit angenommen toerben lann, baß fte fetyon in borc^riftltc^er 3e^
mefftanifö aufgefaßt n>urbe, tbä^renb bie Deutung ber übrigen ©teilen auf ßbriftum, tbie 66
Stolt^au« fte giebt, ftd^ e^er fo au«nimmt, al« ^abe ber ßbangelift fte erft gemäß ben
betr. gretgniffen ber 3ugenbgef$i<fyte be« §errn lonjipiert, nicfyt umgelegt biefe gemäß ben
ol« meffiantW gefaßten ©teilen erbietet. 33crglicfcen mit ben apohV})^iWen 6bangelien=
lagen über gefu ®*urt unb frü^efte ©(^idfale nimmt jebcnfaU« bic gange Steige be« bon
Ät in Ä. 2 @r}ä^lten ftd^ tote ein unberfälf$tcr aut^entifd^er Originaltext neben einer arg go
*tQl#tu*tlopäblt für X^cologtc unb aixQt. 3. «.IX. 2
18
3fftiS (Sliriftii*
bcTÄOTetibcn unb euifielfeuben ffo&bic au* (f. bie o^en I j. älnf^, eitierten Scbriften toon
9tub. öofmflrm, ^appetmrn, ^Jirf sc). Dbeiibrein läfjt bie auä Sc 2, 89 ertoachfenbe
fatmolOQxföi 3dnmerigf eit moglidHTWeije fidj; baburcb beben, baf* man feie agfypttjcbe Steife
all lim nm fuu wübmtbe, etwa nur 8— 4 Söcdjen innfaffeube, beult unb jtmfcben bie
5 s|ieja)neibung 3c(u am 8. unb fdRl ^arftetlung am 40. läge legt (fegl. hierüber, foüHc
über bie pefitiüe Seftätigung, tvetc^e bem Script über ben totem ber Magier aal
triffeit aftronomifdien gubicien ju erwachen jaVint, unten VII). 2(uf jebeu SJaK ift bie
größte Söehutfamfeit in ^Beurteilung, be^efntngsiueife Verurteilung bejfen, toa$ fritifd) an-
fechtbar faVint, ju empfehlen, ©elbft bie Slnnabnw, bafi beibm (Svangeliften, bem 3)?a-
io tfyäuä Jßroofil Wie bem Äiufa3, ftatt ursprünglicher ®emeinbetiabition über biefe l'ebcuo-
anfände beä -öerrn „blofr Vereinzelte, private unb bereite inä Unfidjere unb Sagenhafte
übergegangene JHeinhüfcenjcn" jtt ©ebpte geftanben hätten (Se^jaMag), ift febr fubjcttiVer
unb preiarer Slrt, JJtn (Gegenteil fet/cint vtelcä in beiben Öericf/ten Öeftanbieil einer ur*
alten, burd? Bugen* unb Obren jeufleu Olli tan greife jener frommen „iparrenben" über
15 „Stillen im £anbc" Getragenen ©emeinbe* Übertief crung gelvefen ju fein, ßumal jolctyc
tSrjär/lungetv rvie bie vcm Svmemi unb ftaima fotme &om 12 jährigen §ehti im Tempel
fimnen fdjleaMerbinaä nidu Sdwpfunfjcn biebtenber Sage fein. 5(?rc Öejd&ufylicbfeit fann
nur tum ber Unit für tieften unb Mafievteften ©ttwrfritä in ßiucifel geigen werben (togL
l?tcfÜT Wonbai aud) Bremer, S). (xmlfat, Wednfertigung*lebre, 6. 142. 147 — 1 6S1
20 _\ ge^u (rutwirfeluug, laufe unb Eintritt in$ öffeirttiefie Sf e b e tt.
®a§ SftitKttal btf 3wi>Ifjä(>rtgeu tu »fcintä inner* Joaufe" ;u ^erujatem ift ber einjigf
gefcfyicbtlit^c $ug, ber unä einen Giublitf tu bau Gk$cintntä jenes viel jäbvigcn geijtigen
(Intwidelung^ganges fcergpnnt, auö welet)em fein Welter lojenbes unb fittfyengrünbenbeS
SBrrfm hervorging. (*iue „^una^m* a" BeBJeit, älter unb ©nabe bei ©Ott unb ben
» 3Henfdjett" nennt ber Cvangelift (Sc 2, 53 J VgL 2, 40) jene (Sutwidelung; er cjjaraftcri*
fiert biefelbe bamtt als eine rmrllidK Gntiincfelung, berubenb auf einem nia?t blo^ fa;cin=
baren ^Jienidjgetorbenfein, mc[mef?t auf einer tbatjädMia) ftattger;abteu Selbftentäu|erung
bed etütgen ©DtteöfDbues, einem nnrfticten unb ri>efentltr^en Eingeben bcsfelben in bie
.UnedH^geftalt be3 llknjdienleben^, ja in bie „Ütmlio^feit be^ A'Ieifdic*S ber Stinbe^ (ügL
so^i 2, tif- mit tf(tt 8f :]), iHber kWWI auf H>irttidKT (irttäu|VYrung ber ©otte^eftalt be=
ru^enb unb barum frei von jebipebcm bo!etifd;en ©aufeljpiel, mup bie ©ei)U\HTntundeltmg
^efu bi^a) al^ eine abfetut fünbefreic, alö eine im Icampf mit jeber ÜSerfuc^unfl feflfter)enbe
gebaut berben Qo Hf 46; 2 Äp 5, 21; 1 *ßt 1, 19; t«>ebr 1, tö> Unb eben au^
biefer feiner ©ünblofigfeit mirb fein unaufbattfameä ßunebmen an göttttd;er toie nteufd)-
35 lieber SÖeiebeit, fein ftetiges Jvortfa)reiten in ja)auenber (Irfeitntniö ber (?immlifa)eu 3)ingc
(^o Bt 11), fein iterflärttuerben imn einer Mlarluit pir anberen erflärt toafcen muffen,
SJabei fann aber biefe ^ubereiiung jum SBäerfjeugc geitlia>er ^eil^Dffenbarung unb 5Mt=
ert^fnng anber^ nia)t aB in ber bemütigften äuperen gtfrm, Haltung unb geomtoetfe i?or
fiä) gegangen fein. ^DtT, in bem „bie gan^e ?fülte ber ©ottljeit leibhaftig toci^itdi (Stol
10 2; Bi lebte unb lernte al^ etne^ ^immennann^ Sobn, (Sin „Zimmermann" wirb er
felbft nach feinem ftafcorittfai in bie Cffeutlidifeit einmal genannt (^Dic tj, 8), hatte fi(^
alfo offenbar felbft in ba^ ,^anbwerf feiltet ^ftegebaterö hineingearbeitet unb bie mandicrlei
f;plgeruen Seme, mekbe ba* bau *Mk l'eben ober ber ^derbaubetrieb feiner i'anböleute
erforberten, bereiten gelernt. ^Dem reia) entwidelten, burd? mancherlei fullurbiftiirifa) be-
15 beutfatiK Rüge auö ben Sd;riften |. Ö. be^ 3ojeprju£ unb auö bem lalmub illuftrier-
bauen MaubW er feil eben febiefi SoQel (vgl. bie lefyrTeia)e ßfirtfi uoii g, Deli^fa): „An
bifa)e^ ^auDli>er fei leben pr 3^ SNft** nach toi alkften Quellen gejd^lbert", 3. 3LufI.f
Sfbmgen 1870; aud> dbersl;eim, Sketches of Jewish social life in the time of
Jesus [Bonbon 1876] p. 148s*,, foWic beweiben Life and Times of Jesus 1,226 86.)
6o tynl er nio)t fremb gegenübergeftanben, <md) uia;t blo| au^crlid) ober nnc junt 6a?eine
fiel? nngenälveri; er ift uiehnebr au^ ibm b^orgegangen. 3^M fonjobl tme ber größte
feinei oüngev, Sßaubiis, finb felbft ^anbwerfer gcWefeu, berSeruf ber „arbeitenben Älaffen"
im engeren ©inne ift „burdv bie ieiluabme bcö ©rö^tai aller ^enfrbaifinbcr in einer
mebr al® irbif^cn äÖeife geabelt unb geheiligt Würben". — 2^afe bie religwfe ©eitc feinet
r*& (SntliHdelung^gange^ in innigem Snföluffc an bie rcligiöfen 3Ülbung«faftorcn feiner S^olfe
unb ;J,eUgauifjenfe|aft itjte Sliwbilbung empfangen, ftch alfü Wefenttidi auf bem ©runbc
be^ fönagogalen gebend bewegt babeu toerbe, barf naa) ber SInbeutung, u)eld)e burd> jene
%ia)ri^t au§ feinem 12- Öcbemsjabrc bieniber geboten wirb (£c 2, 46)r al^ gewi| ange=
nmnmen tiuTben. 3)a e* aber bie ^arifäer waren, welche bamnte „auf ^Oiofiä Stufte
cofafien" (3Ci 2:J, 2), weldn1 überhaupt bie banurlige Sa^riftgelebrfamfeit bebervfdneu unb
ftefit* SfjriftuS 19
mittel* iljrer ben burc^greifenbften (Sinfluß auf ba« gefamte SSolfölebcn übten, fo toirb er
tonte$müc$ fcon tynen fyer, beren ©d&ule ja biete ber ebelften unb beften Seftrebungen
unb &bcn«erfcfyeinungen in ftcfy fd&loß, angeregt unb beeinflußt toorben fein. SDa« foofyl
mir in ariftofratifcfyen ^riefterfreifen tyeimifdje, im SSolfc aber belaßte ©abbueäertum
burfte laum anber« al« in negativer 9Beife auf fein 2ernen unb Sebren ßinfluß geübt s
fctbcn. Unb bie britte §auj>trt<fytung im baläftinif$=religiöjen 93olf«leben feiner 3cit, ba«
num<$i$artig fromme unb foeltflüc&tige ßffäertum, fann jebenfaH« nur au$ jiemlicfyer
gtme bon tym angebaut toorben fein. Dircftcre Berührungen mit biefem Drben mag
toefieic^t $efu Vorläufer, Sofyanne«, wfo^ren tyaben ; feiner eigenen 2eben«fittc unb ©eifte«*
rityung Hieb efjöifd^ed JBefen grünblicfy fern (f. üJit 11, 18. 19). — 2Bie frei toon jeber 10
Snfritigfeit übrigen« fein Slnjcfyluß auefy an bie fyerrfcfyenbe J)fyarifäifc$e 2efyrtrabition ftd&
gelten tyaben muß, getyt au« jafylreid&en feiner Sieben toiber bie „^tyarifäer unb
Styiftgele^rten" jur ©enüge fyerbor. 9lur toer trofc jahrelangen 93erfefyr« mit bem
fai$erifc$en 2Befen unb bem raffinierten 6goi«mu« biefer „blinben Slinbenleiter" fein
fyxi unb feinen Sßanbel in abfoluter Steinzeit betoafyrt fyatte, fonnte unb burfte mit ber 15
ntooförnetternben ©etoalt bon 2Borten, toie bie am ©etyluffe ber 93ergprebigt, ober mit
StrafreDen, toie in 3Rt 15 unb 23 (unb SJJar.), toiber bie« „Dtterngejücfyte" eifern. Sgl.
übrigen^, loa« ba« Ungegrünbete ber mobern=jübifcfyen, namentlich bon 2tbraty. (Seiger auf«
gcjwlten Skfauptung Don einer völligen Unfelbftftänbigfcit 3>efu gegenüber feinen t^ari*
|«(^en 2e^rern betrifft: Delifcfcfy, ,,3*fu« unb§iHel; mit Slücfftdjt aufStenan unb@eiger2o
twglic^m" (3. äufl. 1879); aud& 6remer a. a. D. (©. 97 ff. 178 ff.).
35a« Sefultat biefe« 6nttoicfelun(j«gange«, in bem ofyne 3tDC^fc' au$ felbftftänbige
anfaltenbe Vertiefung in bie fyl. ©cfyrtft eine bebeutenbe Slolle gezielt fyabm muß (f. ^o
7, 15; 9Jtat 13, 54), tritt un« jur 3eit be« eintritt« ^efu in fein öffentliche« 2e|rtoir!en
im toejentlid^cn abgefc&loffen entgegen. S)aju freiließ, baß biefe« 2efyrtoirfen im ©eifte 25
Weret ®otte«fraft unb meffianifd&er ämt«gnabe ftd^ betätigte, toon Dornigerem alfo „ge*
toaltig imb nic^t toie bie ©cfyriftgelefyrtcn" auftrat (bgl. üKt 7, 29), befähigte ben §errn
ber ßmtfang ber Saufe burefy feinen ^ro^etifc^en §crolb unb SBegbereiter ^o^anne« im
3wban. ©ine niefct geringe Söebeutung für feine gefamte 9Keffia«laufbafyn ift biefem ©r*
«gniffe, bem erften üKoment feiner irbifd?en ©efcfyicfyte, beffen fämtlid&e bicr ßoangeliften 30
Statten (3Rt 3, 13—17; TOc 1, 9—11; Sc 3, 21—23; $o 1, 32—34), auf jeben
Sfrfl brijumeffen. SDer föulblo« Steine unterjiefyt ft$ ber SBajf ertauf e $ur93uße(OTt3, 11;
3i® 1, 5), h>eld&e eigentlich ©ünbcnabtDafc^ung be^ceft unb bebeutet. 35er bamit toofl-
braute 8!t bemütigen ©efe^c«geborfam« (Sit 3, 15) unb freiwilliger (Smicbrigung gie^t
Wort a!« göttlichen So^n eme tiunberbare (Srfyöfyung nad^ [\i), beren 3CUÖC ^ f^on ®>
tw^cr im ©eifte proptyetifcfyer 2l^nung ^ur (Sinfic^t in feine fyöfyerc SMürbc unb ©enbung
gelangte lauf er toirb. 3efu« empfängt in bemüJlomcnt, too bie Söafferflut be« ^orban über
feinan ^au^te jufammenraufc^t, bie ©albung mit bem fyl. ©eifte (3ef 61, 1; bgl. 31©
4,27). ©ott giebt t^m feinen ©eift ofyne 9Kaß (^o 3, 34); er läßt an ifym, al« bem
&tffoi0 unb Mittler be« 9Zeuen Sunbe«, bie t>on ben $rop|eten Derfünbigte 9lu«gießung 40
f«ne$ ©eifte« üba alle« %U\\d) anheben unb er erflärt i^n jugleicty feierlich für feinen
ödifbten ©oljn, in beftätigenber ©rfüHung be« im $falm ©etoct«fagten (<Pf 2, 7). Der
bemütige unD fanftmütige Äncctyt ©ottc« (3ef 42, l ff.), ber ben 9Keg ber Sliebrigfeit unb
^ lobeeleiben« ju feinem 3)tcffta«h>ege erforen, Wirb al« foletyer ©otte«lned^t, ^ugleid^
«ber auc^ al« toafyrer ©otte«jo^n göttli^ertocife anerfannt unb beftätigt. 2)cr ©eift be« 45
SkffiöStom« lommt über i^n, ruftet tyn au^ mit feiner fiebenfältigen l^immlifc^en ©nabe
wibftraft Qef 11, lf.; 61, 1; togl. 2c 4, 18 f.) unb erteilt tym fo bie göttliche 2öei^e
fl* 8u«ri(^tung be« SBerf« ber erlöjcnben 2iebe, tooju ©otte« ctoiger §etl«ratfcbluß i^n
«brm. ©otoo^l ber Säufer, ber ilm bor^er in biefer ßigenfäaft al« Sleffia« noc^
Rty «rfannt ^atte (3o 1, 33), h>irb je^t, burc^ J)ro^ettfd^e« ©efid&t unb göttliche ©timme so
ktyrt, c« mne, baß in ifym ba« toer^eißene ©otte«lamm jum Iragen ber ©ünbe ber
SA aetommen, al« and) 3eM felbft ertoac^t je^t jur bollen Älarl^eit jeinc« mcfftanifd^en
SelbftbetDußtfetn«, ba« öor^er nur in tym gefno«i)et ^atte, jefct aber U>ie burd^ einen bc*
Wwben ©onnenftra^l t>on oben mit etnemmalc erfc^loffcn toirb. 9?ic^t al« ein „SWejfia«*
8wf(^luß" (Äeim) ift biefe« fein ©elangen jur Grfenntni« feiner meffwnijd^en Aufgabe 65
wb öefthnmung ju benfen ; bie 3)emut feine« ©id^unterorbnen« unter ba« ©efefy ba«
Mfyfxd) ©m^fangenbe, nod& nic^t ©ebenbe ober frei §anbelnbe feine« 3Ser^alten« toäl;renb
brt #m$en SBri^eafte« unb noc^ einige 3*it nac^^er fließt eine folc^e Slnnafyme beftimmt
9x6 (bgl. gegenüber ber betr. annähme Reim« befonber« §. ©d^mibt a. a. 0. 1, [XfyStÄ
1878, e. 393 ff. I). Der bei ber ^orbantaufe mit bem ©eift ©ejalbte tritt öorerft au«no
20 3efit* Sfptfht*
feiner ^SaffiDität noety nicfyt fyerau«. @r füfylt rootyl bie über tyn geiommene työ^ere firaft,
bic ftd& bemnäd&ft in einer güDe Don Söunberroirfungen, gemäfe bem Dom 2Jteffta«geifte
@eroei«fagten (3ef 61, 1 f.) bezeugen mufete, bie au$ in ber beim Xaufaft auf tyn fk$
tyernieberfenlenben Xaube ein erfte«, noety innerhalb be« Sereicfy« be« SStfionären ftc$ tyal*
5 tenbe« SBunber ju feiner SJerfyerrlicfyung funbgetfyan ^atte: aber noc§ t&ut er leinen
Stritt $ur felbfttfyätigen ©rprobung biefer 9Bunberfraft. SSielme^r wirb er nmäctyft na$
ber Saufe, gemäfj bem bejeidmenben 3lu«brudf ber ©bangeliften, „Dom (Seifte in bie
9Büftc geführt, auf bafc er Dom Teufel Derfud&t mürbe" (3Rt 4, 1; bgl 3Kc 1, 12 f.;
Sc 4, lff.).
10 ©ine SSerfudSmng, ein längere« fingen unb fläntyfen be« in ber SBüftenemfamteit
gaftenben mit ben Derfuctyenben ÜRäd&ten ber gottfeinblictyen 2Belt, bie tyn Don ber er*
toasten üHeffta«laufbafyn be« bemütigen ©etyorfam« unb ber 2eiben«roiHigfeit jum falfd&en
2Jieffta«ibeal be« bamaligen ftubenbolfe« tyinüber$ujie^en trauten, ift alfo ba« näc&fte, tt>a«
auf feine ©infefcung in bie 2Keffia«roürbe folgt. Unb e« ift in ^ofyem ©rabe le^rrei^
16 unb bebeutfam, bafe $roei ber Derfucblictyen Zumutungen be« böfen ©eifte«, Don weisen
ber Äerr fpäter feinen Jüngern erjctylte, bafc fie an itm ergangen, auf bie SSoübrmgung
Don SBunbert^aten Don jener finnlidHufccrlicfyen 2lrt lauteten, tt>ie ber fleifälid^e Sinn
3«rael« bamal« fte Don feinem 5Wejfia« erwartete, unb wie bie unlautere Sßbantafte fpäterer
gnoftiföer lenbenjfd^riftftetter fie in ber 2$at ifyrem ©tyriftu« angebietet l)at. 3)er ^eilige
20 ©otte« beftefyt bic eine luic bie.anbere biefer 2lnfecfytungen in bemfelben ©eifte Anblicken
©etyorfam« gegen ©ott unb fein ÜBort, ber ifyn Don 3>ugenb auf geleitet, ©r ftegt eben*
barum auety in jenem britten, entfd^etbenben 33erfu$ung«fampfe, nac§ beffen 93eftebung
ftatt be« Don bannen flietyenben 2öiberfac§er« fyefyre ©ngelmäcfyte ©otte« itm umfielen
unb bebienen (3Rt 4, 11; Dgt. 9Rc 1, 13). 2)a« fembolifety ©ingetlcibete be« auf biefe
25 Vorgänge bezüglichen SSericfyte« gefu an feine jünger ift unDerfennbar ; e« flimmert burdjf
bie au«füfyrlic$eren, nur unroefentlid? Don einanber abroeietyenben ^Relationen, meiere ber erfte
unb ber britte ©Dangelift aufbewahrt fyaben, ebenforootyt tyinburcfy, wie e« bem fummarifö
äufammenfaffenben SBericfyte bei üJlarfu« aufgeprägt erfcfyeint. Slber gur Verflüchtigung ber
objeftiDen 3#atfädSjlic§feit be« Vorgänge« ftnb tt>ir nietyt berechtigt. 2)erfelbe bilbet aller*
so Ding« ein Biüi „innerer ©ef$ic$te" be« §errn, aber ein folctyeä, ba« auc^ in« äufjere
©rfa^rungäeben be^felben eingegriffen ^aben mufe unb ju beffen 2luffaffung als einer
föetye bloßer 35ifionen, bie ber $err feinen ^««Ö^^ etnft erjä^lt fyabt — ober gar einer
Parabel (©d^leienn., S3aumg.-ßruftu«, ©c^toei^er, 3. lafel), ober einer Slllegorie (Sruno
Sauer 2c), — teinerlei Serec^tigungignmb Dorliegt. ©ie^e bie treffenben unb grünblic^en
36 Sluefü^rungcn §eman$ über ben ©egenftanb: S3eto. b. ©I. a. a. 0. (bef. ©. 577 ff.
656 ff. 667 ff.). — ©rft naety biefer fiegreufyen SSetoäfyrung beä gotterforenen 3)teffta« im
ÄamjJfe mit bem dürften biefer Söelt beginnt fein §erau«treten in eben biefe SBelt, um
in ber Äraft be« göttlichen ©eifte« fein Steicfy in ifr gu begrünben. 2)er 9Bunbermäc^5
tige, ber be« Dom ©atan ij^m na^e gelegten göttlichen ©ebrauc^« feiner 2Bunberfraft fid&
40 treulich enthalten ^at, betätigt nun bie gütte ber in feinem ©eifte& wie 3Jaturleben fic$
regenben ^ö^eren Äräfte unb ©aben, unb jtoar junäd^ft (f. 30 1,35—51), um benJtern
einer §eil«gemeinbe, ben fruchtbaren 3Q3ur^elftocf be« ju pflanjenbcn ©otte«reid^«, ^u fam«
mein unb m begrünben.
3. ^}fan unb ©tufengang bc« meffianifd^en Söirten« 3*jw- ®ic 3l«5
46 na^me eine« beftimmten 5JJlane« 3^fu al« ber ©runblage feine« mefftanifc^'reid^«grünbenben
X^un« ift burety ben aJlifebraud^, melden foroofyl ber ^ationali«mu« al« ber ältere ©uj>ra=
naturali«mu« mit i^r getrieben, bei mannen neueren J^eologen unDerbientem üJlifefrebit
anheimgefallen (©c^leiermac^er, UHmann *c, aui) Äa^ni«, 2. Dom ^. ©eift, ©. 47, ber
gerabeju Don einer „ungefal^enen 5ra9e nö($ ^cm ^cim 3efu" t&tt). Äütet man fid^
eobaDor, ein ipinburctygefyen be«3Keffia«berou^tfein« unb -ftreben« be« £errn burd^ eine erfte,
nod; gan^ finnlic^ geartete, einem politifc^'t^eofratifc^en 9)ieffia«ibeal ^ulbigcnbe $^afe ;u
ftatuieren, ilm alfo nur aHmä^lid^ unb mittclft mefyrfactyer Umbilbungen be« urfjprünglic^
gehegten 33or^aben« bei bem Dpfertobe al« ber fäliefelictyen firönung feine« SBerfe« an-
langen ju laffen ßßaulu«, D. ^mmon, be SQäette, auc^ §afe [1829J; femer Slenan, ©c^cns
65 fei 2c. — f. u.); fteDt man Dielme^r ben nötigen SSegriff unb ba« roa^re 3^ f«ner
älufgabe al« fd^on burd) bie ©eifte«falbung bei ber Xaufe ifym enthüllt unb al« bemgemäg
Dom Seginn feine« öffentlichen Söirfen« an feftftefyenb bar, wie bie« Don un« im obigen
![ef$efyen: fo fann unb mu^ Don ^ugrunblegung eine« geroiffen $lane« für bie SWeffta«*
aufba^n 3efu immerbin Die Siebe fein. Sil« ein planmäßig angelegte« d^aralterifiert ber
(jo^err felbft fein Söirfen inbirefterweife in ©leicfytiffen, rote ba« Dom Xurmerbauer unb
3efit3 (gfptfht* 21
bom IricgfiUprcnben Röntge (Sc 14, 28—33), beSglcicfyen in aiuSforüdfrcn an bie Seinen,
tote 3<> 2, 4 (t)on ber ©tunbe, bie nod& nid&t gelommen); 3° 5/ 20 0>on b*n größeren
Serien. ®ic berSSatcr tym geigen foerbe); %o 6,51 (bom 33rot be$ fiebcnS) unb anberen
Sorten. &uc£ fe$en fotoofyl ber Slnfang afö bie mittlere $t\t feinet SetyrtoirfenS feine Sefannt*
ftyift mit bem ernften ©nbjiel btefeS SOBirfenS beutlic^ genug borauä. 9tu$ bie 9Jtefynatyl 6
ber ©Icic^niffc bom ©otteSreid&e giebt eben biefen ©tufenfortfetyritt beä mefftanif<$en Offen-
barung^ unb @rIöfung&2Berfe$ afö in feiner Sßottoenbigtcit fcon tym Kar erlannt unb
begriffen ju erfennen. 6$ jeugt beStyalb bon grober 9Jtifjfennung beä foafyren SBefenS
unb beä hrirflic^en ©angeS ber ©efcfyutyte 3cfu, toenn SRenan (mittete oberfläd<cfyseflefc
tifefcr Umbilbung jener *pian*2^eorien beä älteren SlationaltemuS) ben Äerrn juerft ate 10
„enhfidfenben ©ittenlc&rer"; bann, feit bem Sefannttoerben mit bem 2ßufer, afö „fcfytoär*
merifd&en gbealiften unb ^ro^eten beä nafyen £immelreicfy3" ; hierauf, bom lobe be$
2äufer3 an, ate fcfyroff rebolutionär unb antijübifcfy auftretenben SReffiaS ober „fyimmefös
ftörmenben büfteren Sliefen"; enblicty feit ber Äataftroptye ber legten Dftertood&e afö ben
„tragtfä Untergebenen unb in ben ßerjen ber ©einen gorttebenben" Gilbert, ©cfyenlefö 16
i>erfu$, unter SSermeibung ber ärgften ©eföicfytetoibrigfeiten biefen 9tenanfc$en Stoman
beutfö jujuftufcen, liefert ein im ©runbe nic^t biel richtigerem 33ilb bom ßnttoidfelung&
gange Sfefu, oeffen fec^S ©pocfyen er einfeitig burdfr bem 3Rarfu$ebangelium entnommene
$ata (SRc 3, 6 f.; 6, 45; 10, 1; 11, 1; 14, 1) marfiert unb afö erfte, bom Käufer
fa angeregte 6nttoidEelung, afö erfte, noefy bormefftaniföe ©emeinbeftiftung, afö Seginn 20
be$ meffianifc&en auftretend, afö Übergang jum jubäifcfyen SßirfungSfreife, afö (Sntfcfyeibung
unb SoÖenbung be$ei$net. ©eiftboHer jebenfatfö, aber bo$ aud& in gef^tötoibriger 9Beife
fimjWnb, babei einfeitig (unter fd&arfem SEabel ber neuerbingS beliebten „^räfonifation
be* 9RarfuS") bie 3)arfteUung be$ SJtattyäuäebangeliumS ju ©runbe legenb, tyat fteim
«inen „galiläiföen geling", eine 3*ü ber „galiläifctyen ©türme" unb ein „jerufalemi= 26
jty* lobeäoflern" afö bie brei §auptftabien be$ SnttoidfelungSgangcä !gefu unterfd^ieben ;
im elften berfelben habi ber bur<| ben Säufer ju meffianifctyem Setoufetfein ßrtoedfte baä
©otteftetety afö im Kommen begriffen, im Reiten afö bereits gef ommen, aber afö fetytoeren
Snfeinbungen unterliegenb unb beSfyalb auf eine blofj innerliche ©eftaltung angetoiefen,
im brüten enblicfc toieber afö rwnlicfcäuf$erlic$e$, ba$ au$ feinem Kampfe mit ben finftcren 90
Städten beS lobe« leuc^tenb ^erborbred^en toerbe, berfünbigt. Sefonber« beim lefeten
biefer ©tabien tritt unjtoeifel^aft auc^> lüieber eine Stynlicfyfeit mit SHenan« romanhaft
Muriner ©efd^id^töfonftruttion juXage; ber S3erfud^ung, bie lefcte 33em)idEelung fünftlid^
ju fteigern, fte bamit f))annenbcr ju geftalten, ba^ fte afö ))lö|lid^ über ben §eilanb herein«
bw^enbe unb benfelben in ein unftc^ereö ©d&toanfen ^n>ifd^en SJleffia^tum unb ^}roj)^cten= 35
tum jifirjenbe Äataftro^ bargefteÜt hrirb, ^at auc^ ber ftim&tx ©elefyrte nid^t miber^
P^m fönnen (t>gl. mr Äriti! biefer unb no<$ anberer neuerer ^Jlant^eorien bie gebiegenen
Darlegungen §. ©d^mibtö, 2^©tÄ 1878 a. a. a. D., fohrie ferner gegenüber ben ber«
toanbten neueften 33erfud»en jur ))fbd^ologifd^en Jtonftruftion be« @nttoicfelung«gange«
3<(w: Sremer, ©. 185 ff. (too in^befonbere bem ©cbanfen, afö fyabt gefu« anfänglich 40
9*nj auf 3©^- be« Käufer« ©tanbpunft geftanben unb fei erft aHmä^licty bon ba gu einer
listigeren ©rlenntnfö feiner meffianifd^en Slufgabe fortgefcfyritten, gefd^ieft ber Soben ent«
ßga toirb).
3)ie ßauj)te})oc^en ber öffentlichen SQBirlfamfeit be« §errn, toie fte ber folgenbc Stb«
l^nitt in furjer Überfielt borjufü^ren ^aben toirb, toerben nur bann gefc^id^t^gemäft bar* 46
(tftettt, toenn man ftd& an ba« bon i^m jur äu^ertoä^lung unb Berufung Jeiner jünger,
alö ber SBerljeuge uir ©rünbung ber neuteftamentlic^en ^eil^gemeinbe, ©et^ane fyält.
6r umgiebt ftc^ juetft, toä^renb ber erften SRonate feiner galtläifdpen £c^rh)irffamfeit, mit
«ta ber 3a^I ber ©tämme 3«raetö entfpredS>enben 3toölf ja^l bon Jüngern (9Kt 10,2—4;
•c 3, 14—19; Sc 6, 13—16; — bgl. üKt 19,20 $ar.), innerhalb beren eine Dreijatyl w
Wrautefter üieblmge, ^ietru«, Safo&uS, 3°^anwc« (— einmal, 3Kc 13, 3, neben biefen
Wen au$ $etri Sruber Slnbrea« — ) tym afö engfter 5wunbe«rat na^etritt (3Kc 5, 37 ;
Ät 17, 1 ff . ; 26, 37 unb $ar.). 3u biefen in ftufentoeifer äamä^lic^teit berufenen unb
toicbcrjMt in fritifeben Seiten ber »nfecfytung (namentlich 30^ 6, 6 ff. unb ÜRt 16, 13 ff.)
ate tymQtc im engjten Sinne Srprobten gefeilt ber §err gegen Snbe feiner SBirffamfeit, 66
wn We Reit, too er ©aliläa afö §au^tfd^aupla| feinet SBirfen« mit ber näheren Ums
8*ttng gerufalemä ju bertaujdben beginnt, einen Weiteren ^üngertrefö bon ©iebenjig, nac^
k*3a# ber 70 Älteften 4 2»of 11, unb ber 70 £ofcenrat&3Kitgliebcr ; bielleic^t aud^
im pro$etifc$«n ^mblicf auf bie, trabitioneüer fembolifd(>er Sluffaffung jufolge, afö ©iebjig^
W gebaute ©efamt^eit aDer SSölter ber grbe (2c 10, 1 ff.). £>iefe ©d^ar ber p*jig eo
22 3«fnS 6i>rtfhi*
jünger, bei tyrer Berufung mit einer äfynlicfycn Sctye bon 5Ratyntoortcn unb 3>nftrultioncn
berfetyen, tüte fte bic 3toölfal>ofteI bei tyrer erften feierlichen (Sntfenbung bom §emt ein*
^fangen Ratten (bgl. 3Rt 10, 5 ff. unb ^3ar.), tritt jtoar im Weiteren Verläufe ber griffe
liefen Urgef$ic§te fefyr nirüdf, h)tc fte benn föon um bie näc^ftc 3eit nad& S&rifti §tmmel*
5 fatyrt al« in ber ftaty ber 120 Seelen aufgegangen erfcfyeint, toeld&e bimtal« ben Äern
unb ©runbftodt ber paläftin. Urgemeinbe ber Gfyriften bilbeten (ä@ 1, 15). 9lic£t«beflos
loeniger mufj tyre Berufung, bie ja mit bem 2lufbrucfyc 3«fu $ur §intoegbcrlegung be«
£auj>tfcfyau}>lafce« feiner 2Birffamfcit bon ©aliläa nac^ 3ubäa ober mit bem Seginne
feinet aufeergaliläifd&en 2öanberleben« nafyeju jufammenfäHt (bgl. Sc 10,1 f. mit 9, 51 ff.),
10 einen getoiffen gortfdjfritt in ber gegen tyr Gnbe fyin metyr unb metyr ft$ ertoeiteniben
meffianifcfyen Sctyrtfyätigfeit be« §errn gebilbet fyaben. £>ie SSerflärung auf bem galtläifd&en
Serge toar Iura Vorhergegangen; einige« anbere bon Sebeutung, befonber« bie öfteren SSor-
^erfagungen be« nafytn Seiben« unb Sterben«, fotoie ber bon 3ofyanne« er$äfylte Vorgang
bon ben gried&ifd&en gfefanlgern, tocld^c ^efum ju flauen toünfcfytcn (3o 12, 20 ff.), fällt
16 in bie burefy ben neuen 33erufung«aft eröffnete 6pod&e. 3>fyrer ®<mcr naefy fyält bicfelbc
bie 3Hitte jhnfctyen ber $t\t be« galiläifcfyen Setyrhrirfen« unb ber auf bie grüfylingefeftjeit
be« Sterbejahre« fonjentrierten Sc&lufeepocfye be« gefamten ©rbenleben« 3efu. ®in mefa5
jähriger 3«^um galilätfd&en Sefyrtoirfcn« alfo, toäfyrenb bejfen er bon ben 3^>«>lfen um«
geben fear, ein mit ber Berufung unb (Sntfenbung ber Siebjig antyebenbe«, ettoa bier*
20 monatliche« SOBanberleben ober 9teifeJ>rebigerleben jhriföcn ©altläa unb $ubäa, unb eine
nafyeju fünf jigtägige Sd&lufoett be« Seiben« unb ber Offenbarungen naefy ber auf erfte^ung :
ba« ftnb bie brei ungleich langen Stabien, in foelctye bie meffianiföe 2Birffamfeit be«
§errn jerfäHt. 3>nnerfyalb be« mehrere, minbeften« jtoei ^a^re umfoannenben galiläifd^cn
©tabium« lönnen itoar einige Vorgänge bon relatib cpoc^emacfyenber ©eltung untergeben
26 Serben; fo naety mt 4, 12 unb 3Kc 1, 14 bie ©efangennafyme 3o^nni« be« Käufer«
burety aerobe« (al« änlafe nir Äonjentration be« SBirfen« $tfu auf ©aliläa unb jur
Sammlung ber 3toölfe al« ©e^ilfen für biefe galiläifd&c SSBirffamfeit), unb tocitertyin bann
ba« ungefähr mit bem Sefanntfoerben be« lobe« $o^anni« jufammcnfallenbe grofce
©pcifung«tounber mit feinen folgen (2Jtt 14—16 unb $ar.; 3° 6/ 6Gff)- ®°^ lommt
:io benjelben eine fo tief emfcfyneibenbe 93ebeutung, toie bem Eintritt in jene na$ g^wf0'^
^inftrebenbe SBanbeneit unb bem Seginnc ber 8eiben«h)oc^c nic^t $u.
95orau«fe^ung für eine gefd^ic^t«treuc ©arftellung ber 3Kcffta«laufba^n be« §emt ift
überhaupt, baft nid^t cttoa einfeitig ba« f^no))t. ©efc^i^t«bilb (toonad^ nur (Sin ^ßafjafyfeft in
biefelbe gefallen ju fein fc^eint), fonbern bic bon mehreren Dfterfeften ©rtoä^nung t^uenbe,
:j6 alfo ^efu Se^rtoirfen über mehrere 3ö^re«läufe erftreefenbe Scric^terftattung be« go^anne«
ju ©runbe gelegt toerbe. 6« ift bie« umfo nottoenbiger, ba in ber f^noj)tifc^en Delation
felbft beutlic^e ©^uren eine« mehrere SKale toiebergefe^rten Se^rtoirfen« unb pro^etifd&cn
3eugen« be« $errn in Scrufalem enthalten finb. ©o bor allem ber fotoo^l burc^ 3Kt
23, 37 f. toie burc^ Sc 13, 34 überlieferte fömeralidje Klageruf über ^erufalcm, beffen
40 Äinbcr ber $err „oft, ac^ h)ie oft" (jioadxig) um ftc^ ^abe fammeln toollen — ein Slu«^
pxui), ber mit ber annähme einer blofe einjährigen 2)auer be« öffentlichen Se^ramt«
d^lec^terbing« unbereinbar ift. 9tidjt minber aud^ bie ä^nlic^e äufjerung beim SBeinen
über Serufalem am Stage be« feierlichen ©n^ug« bafelbft (Sc 19. 42), fomie f enter ba«
bei bemfelben ßbangeliften (10, 38—42) über 3efu 93e^ie^ungen $um §aufe ber 5DJart^a
46 unb SRaria Serid^tete, berglic^en einerfeit« mit ber betyanifcfyen ©albung«gefc^ic^te (3Kt
26, lff.; 3Kc 14, lff.) unb anbererfeit« mit bem, toa« 3o|anne« (11, lff.) bom bet^a=
nifäen Sajaru« al« bem „greunb" $efu unb feiner jünger melbet (3>. 11: /laf. 6 (pi-
kog fjutbv). W\t einer SJorfteDung bom Verlaufe be« öffentlichen SBirfen« be« &erm,
toonac^ ba«felbe — gleid^ einem rafd^ aufflacfemben unb balb in fiefc gufammenfinfenben
60 Strohfeuer — binnen einem einjigen 3<$re juerft ein frieblic^c« ©äen unb Sammeln,
bann eine rafety bi« nur ©iebefyi$e ftc^ fteigernbe ÄonfXilt^cit in fiefy gefc^loffen unb hierauf
fofort mit ber ierufalemifd^en Jlrifi« ober 3Reffia«Iataftro^e geenbet ^aben foH — laffen
Stellen toie bie fyier ^erborge^obenen [\ty nimmermehr in ßinflang bringen. 3)a« ftunn-
ioinbartig Stoffe einer @nth)icfelung, bie in einer derartigen Sc^eid^nung ber einzelnen
56 Stabien jener Saufba^n h)ie bie Äeimfcfye („ber galiläifdde grü^ling", bic galiläiföen Stürme",
,,ba« jerufalemifd^c 2obe«oftern"), ober h)ie bie ä^nlic^e bei StebiHe (L^vangile en Ga-
lil6e, Le Messie, La passion), ober toie bei 9Jij)})olb (bie galiläifcfyen ^rieben«^fabe ;
bic ÄonfIift«geit; ber Äantyf in g^nifalem") i^ren genügenben 2lu«brucf finbet, mag gu
einer 2tuffaffung ber $erfon be« ^eilanb« Raffen, tocld^e nur 5DJenfc^lid;e« in tym erblicft,
60 fte^t aber mit bem G^riftu« ber btblifd^cn Offenbarung in unbcrföfynlic^em SBiberf^rud^.
£er 9(ei$tum beffen, \va$ Dom £errn toä^renb bcr läge feine* fegenfrenbenben Umfycr=
jiefaitS im gelobten 2anbe gerebet unb getljan Sorben, ift laut ber überetnftimmenben
fetnnerung feiner äugen* unb Dfyrenjeugen (bgl. SßetruS in 31© 10, 38, fotoie ben an-
sang $um 4. 6t)v 3° 21# 25) ein btel größerer getoefen, ate bafe feine Unterbringung im
intypin 3«troum eines 3a$re$lauf$ gelingen fönnte. ß$ ift eine nic^t nur bem jotjan* 6
neigen, fonbern bem gefammten neuteftamentlid^en ©efäid^eugnte toiberfored&enbe 3$corie,
tockfc biefe SSerlürjung ber „£age beä 9Renfci?enfofyne3" für nottoenbig erachtet. 9ii<$t
bcr ßfriftuä be£ ÄtufcenbogmaS, fonbern gerabe ber GHjrtftuä ber frtt^eßen c^riftlid^en Über-
lieferung, ber gefd&id&tlic^e GfyriftuS ift e$, für ben tütr ben botten Umfang beffen, toa$ bie
biblif^er Urfunben jur Semeffnng ber .ßeitbauer feines öffentlichen SBirfenä barbieten, be* io
anforu^en muffen.
IV. SHittel unb äußerer Serlauf Don 3cfu SKefftaStoirfen bis jur
$affion. lieber bie fBunber ber euang. ©efdn'djte. #. gubro. 9ii(fd), Quantum Christus
tribuerit miraculis, Viteberg. 1796 (audj in S3b I uon be3felben gefammelten Prolusiones
aetdemicae de discrim. revelat. etc., ebb. 1830); Seonfj. £>eubner, Miraculorum ab evange- 15
listis narratorum interpretatio grammatico-historica asserta, Wittenberg 1807 (gegen bie
vutftfir-rationaltft. 9?atürlid)»(5rflärung); £. % ®d)ott, De consilio, que Jesus miracula
«tollt, 2p$. 1809 f. (in f Opp. exegg.); 3- Ä. fiejjnert. De nonnullis effatis Christi, unde
ipse quid quantumque tribuerit miraculis cognosci liceat, $önig$b. 1833; Qul. SRüfler, De
miraculorum natura et necessitate, ©alle 1839—41); 3 ®f)r. $. ü. #ofmann, lieber bie 20
Araber b. #. K-> 3¥& 18*6 J 3U^ ßbftlin. De miraculorum quae Christus et primi eius
diacipuli fecerunt natura et ratione, 33re8fau 1860; berf., $ic SJrage über b. Sunber 2C.
3ßt 1864, 6. 205 ff.; S. ©dnilje, lieber b. fBunber 3- GWif 1864; 3B. ©enfälag, 2>ie
SJebeutung beS SBunber* im Sbriftentum, Berlin 1864 (gegen SRenan); g. ß. ©teinmetoev,
fyoloflet. Beiträge I, Berlin 1866 (»gl. oben II); berfelbe, 3)ie 2Bunbertf)atcn bc§ $errn 25
jum SnociS beS ©laubenS erwogen, ebb. 1884 (mit eigentümlich tief finniger, aber ettua§
fünftlic^r Einteilung: „epibciftifdje, probet ifd)e, bibaftifdjc Sunber"); ©. ©amtleben, tBefcu
unb8cb. ber SBunber 3efu: 93ero. b. Gl. 1897, 6. 129 ff.
Su$ ber ßitt. be$ HuSlanbS: 9iic&. ©6- $rend) ((Eqbifctof u. Dublin, geft 1886), Notes
oo the Miraclcs of Our Lord, fionb. 1846; 10. ed. 1872; 91. SB. ©ruce, On miracles (The ao
Hy Lcctures f. 1886), $ero*2)or! 1888 u. ö.; berf. in f. ©tfrift: The chief End of Bevc-
lation, 3. ed., 1890; ©. % ftifd)er, Grounds of Theistic and Christian Bclief, Äcni »ort
1883; Sffainti, Crr unb $ob8, The Supernatural in Christianity. Three lectures, ©binburgl)
1894. Sgl. ©anbati, 8. Jes. Christ (oben II), p 22—26; 93artf), ®. 103-142 (fjier eine
bff. bfod^tcnSmcrte ^3eleud|lung ber S3efeffenen^etlungen 6. 123 ff.). 35
lieber 3efu fie^re nad) gorm unb Snfjalt. 3°6. Sec^t, De admiranda in Christo do-
cendi virtute, SHoftocf 1711; Sal. @. Üöf4er, (Sntttmrf einer »oUftänb. ScfuS^^eologie (in
ben „Unfcftulbigen 9?ad)ri*tenw 2C 1711—1713; &. (£ör. 93ö&m, 3)te SReligion 3- (S&rifti au§
iliren Urtunben, &aüt 1825; gr. ©leef, Ueber ba« EX in ben SReben 3efu, X(j6t8 1835;
fr Seife, Die ©runbjüge bcr ^eilöleftre 3efu bei b. Stonoptifern, Zf)&\8 1869, I; 50. gv. io
Öefc, d^rifti 3CU9"^ üon feiner $crfon u. f. SBerf na^ feiner gefc^tc^tlicf)en ©ntroieflung
bargeftellt {%{. I uon „tyxifü $erfon unb 3öerf"; »gl. oben II), 93afel 1870; ©ri* ©aupt,
Die altteft. Citalc in ben <$t>ü., Solberg 1871 ; berfelbe, 3)ie päbagog. ©ei^eit 3efu in ber
ftflmtylicfccn (Snt^üOung feiner ^erfon, ©üterälof) 1880; (5. 3Börner, 3)ie fie^re 3efu. 9?a**
fteloffene »orleff., fcrauägeg. u.Oreai, ©afel 1882; $). &inr. 3Benbt, 3)ie ße^rc 3efu, XI. II : r»
3)«r3nbalt ber fic^re 3efu, ©öttingen 1890 (au* engl.: ©binburgtj 1892); Selij öouon,
Tb^logie du nouveau t. I: La vie et Tenseignement de J^sus, fiaufanne 1893; E. 93.
ftatec. The Teaching of Christ in the Gospels of St. Matth., St. Mark, et St. Luke: The
Biblical Wold (S^icago), 1895; 9Rarc. 3)obS, The Teaching of Christ in the Gospel of
St John, ebenbaf., 1895; ©uftau 3)almann, Die 3öorle 3efu, mit 93erücff. be§ nadjfanonU 50
Wen jübif^en 6cftrifttum8 unb ber aramäifdjen ©prac^e erörtert. XI. I: Einleitung unb
»iditigfte Begriffe, ßpj. 1898 (fteruorragenb roie^ttge Unterf.) ; $. (Starbt, 3)er ©runbdjaraftcr
ber (hftit 3efu im Sergl. ju ben meffianifc^en Hoffnungen beS SSolfä unb ju feinem eignen
flffRaSbenmfjtfem, grreiburg, Wofy, 1895; «Ibr. «Rau, S)ie (St^if 3efu, if)r llrjprung unb
ift« ««beutung t>om Stanbpunft be« 9Wenf4entum8, tieften 1899 (rabifal naturaliftifd)). 55
■gl. au« eanbato, p. 14—22; ©artl), S. 32-102; Sremer, «Paulin. SRet^tfertgSl., 184—274.
Ueber 3efu ©lei*niffe f. ben bef. «rt. o. ©eimict (VI. 688-703). 3« bcr baf. an*
jjfgeb. fiitteratur ift nad^utragen : JRia^. 6fi. $rend), Notes on the Parables of Our Lord,
&nb. 1841; 10. ed. 1865; $. fi. ©teinmener, 3)ie ^arabb. beS ©errn, Berlin 1884, foiuie
*. 3"»*er, 3). ©leidjniSreben 3efu, %\. II: 9lu§legung bcr ©leidjniSreben ber brei erften eo
£w. Jreiburg 1898; au^ beöf. SBerfcä XI. I: 3)ie (01. 3. im «Qgem., 2. «ufl. tbb. 1899.
lieber 3efu fieöre üom 5Rci* ©otte§. 0. @*moIlcr, 3). Se^re uom $Rei*c ©otteö in
*n S^riften beÄ WZi, fieiben 1891; (S. Sffel, 3>ie fiefirc oom JR. ©.8 im ^X, ebb. 1891
- wbft beit baSf. X^ema be^anbelnben Arbeiten oon 3°b- 3Bei§, ©(^nebermann, fiütgert,
lim k. (f. bie titel bei ©anban, p. 22 unb ogl. ben bef. 91. „Neid) GtotteS."). <*
24 3efa* <g*rifia*
lieber 3ffu Gödjalologi*'; $. Greiner, Die esdjatolog. Siebe 3cfu "Wt 24. '25, Stutt«
gart 1860; (£. fc. fculfcarbt, £>. gefjre oon ben festen Dingen, l'eipjig 1861: SS. &eijfeubad),
2er Sieberfiinft$gebanfe 3efu nad) ben Stonoptt. u. f. f., (Biegen 1873; €rid) £aupt, 3>ie
eftfptol. «ußfagen ßffu in ben ftonopt. $m>., Berlin 1895; $aul ©dnrar&ropff, Tic Setö*
6 fagungen 3*fu £§rifti oon f. Job, f. ttuferfteljung unb Sieberfunft, unb ttjrc Erfüllung,
©öl fingen 1895 (nebft mehreren fpfiteren Sfacbtragen, berufe 9tat)tfertigung bei barin »er*
rretenen Annahme eined bem Irrtum unterworfenen $oraudmiffen§ 3efu; (o befonberä: Tic
3rTtum*lofigfeit 3. Glnifti unb ber drriflf. ©laube, (Bieben 1897). »gl. au$ ber Hefter ge-
hörigen aufierbeutfd)en fiitteratur: SB. 6. Dan 9Ranen, Het onderzoek naar Jeztis verwach-
10 ting van toekomst: Th. T. 1895, p. 259 ff.; £. Gl)r$arbt, La recente controverse sur Tes-
chatologie de Jeans en Allemagne : Rev. de theoL et de philoe. 1895, p. 450—482; 9. SR.
JJairbirn, Christ'* attitade to his death: Exp. 18%, II nnb 1897, L
Sgl. nod) im allge meinen: €. @d)ürer. Die $rebigt 3efu im $erfj. jum ?IX u jum
3ubentum (Vortrag), Tarmftabt 1882; SB. »ouffet, 3efu $rebigt in tyrem $egcnfaf $um
16 Subentum, (Böttingen 1895; <8htft. 3flrt' StoS menfd)lirf) Bnjieljenbe in ber (£rfd)einung 3-
G&rifti, Wunden 1898; $.<£malb, ©er mar 3efu3 («ortragj, Seip*. 1899. — «u£ ber neue-
ften einfaV&g. £itt. beä ÄuSfanbeä bef. nod) ©• ©tapfer, Jesus Christ pendant son niinistere.
$arid 1894 (aud) in« (Sngl. überfefct burd) ß. 6. #ougfjton: J. Chr. during his ministry,
9J.«?)orl 1898) - eine getftreidjc, in i&rer Buffajfung ber $erfon CS^rifti teilmeife an @ee*
20 lel)3 „Ecce homo" erinnernbe Sonographie, bie ftd) mit ber oben angeführten SBrofdnire:
J. Chr. avant son ministere (f. III), fotoie mit ber fpäter, V, ju neirnenben ju einem am
näfcrnb ooUftönbigen SebenSbilb jufammenfdjlie&t.
Die SWittel, tooburefc 3^ f«n* gothnerrjd^fid^nneffiantfd^e SBürbc bezeugt unb fein
§eil$toerf förbert, bleiben toäfyenb ber befdfciebenen (SnttoidfelungSfhifc fetner £aufbafyn
36 toefentli<$ bie gleiten : nur bie abföliefcenbe 2eiben& unb $errli$!eit£}eit bebingt eine
aettriffe SRebuftion ber ©tärfe iljrer Äanbfyabung. 3Kon untertreibet SSunbertoirfung unb
Se^rt^ätiaf eit, unb gtoar bieS mit SRecgt, borauägef efct, bafc man ba$ innige $anbin^anbge^en
beiber gehörig im äuge behält, alfo n>eber ben iüunberbar )ünbenben, n)iebergebärenbenf
neufdiaffenben G^arafter famt bem eminenten SBrijjfagungäm^alt feiner Se^rreben übers
ao ftefyt, noc^ aud) ben Umftanb berget, ba^ feine SÖunbertyanbhmgen jum großen 2^il
te^renbe Sluftoltiffe unb ©eftoräc^e bebeutfamer ärt in tyrem ©efolge Ratten, ober aud& an
unb für [xfy, burc$ ben f^mbolifc^en lieffmn ü)reö ©eföetyenä, h)ie j. SB. bie Slinbentyeilungen
al« Ärafttoirfungen be« Stents ber SBelt, bie Serflärung, bie Stillung be« ©türmet, bai
3}erborrenma(^en beä ^igenbaumeö zc, eine intenftb lefc^afte 23irtung betF^ätigert.
86 Über^auj)t tooDen bie SBunber Qefu burc^loeg im engften 3ufammm^an9 m^ feinem
gamen gottmenf(^Ii(^en ^ßerfonleben aufgefaßt fein, ©ie toerben nur bann richtig gc-
toürbigt unb befonberd aud| unter ben regten a))oIogetifc^en ©eftdjt^unft gefteOt,
loenn fte ntc^t blog al$ Reugntfje gegenüber bem menfdjltdjen Unglauben, fonbern ju=
gleich ate ©tymptome be« ^ö^eren mefftanifc^en Seben^ $efu foioie afö ^eil^gefd^id^tlid^e
40 ©innbilber unb loetefagenbe Ünter^fänber ber fyerrlic^en äw^nft be« ©otte^rei^e« Qo
1,51; 14, 12 u. f. f.) betrautet toerben; bgl. bie lefyreicfyen Darlegungen ©teinme^er«
(1860 u. 1884), fohrie S3art| a. a. D. ©o aufgefaßt, erfc^eint bie aBünberloirffamfeit
beä ^errn ate etloa« feine gefamte öffentliche ^rjätigleit burc^> alle ©tabien fyinburdj> mit
Slottoenbigfeit begleitenbeS, toie benn nic^t blo^ SBunber ber £erj|en$fünbigung (toie bei
46 SRatfyanael 3o 1, 45), fonbern au$ tounberbare Stf^fiae (2c 5, 1—11), ©)>eifung$h>unber
(3o2, lff.) unb £eilung$nnmber aller 3lrt (3Kc 1,23 ff.) fc&on in ber e^oc^e ber Se*
rufung unb ©ammlung ber Stooftel in retcr)nc^er3ö^ mttlotrlen. 3nmal ba$ „auftreiben
ber Dämonen", b. ty. ba^ feilen geifttg (Srfranlter burefy bie übernatürliche 3)tad^t feinet
2Bort$, i[t ein fein bro^^etifc^e^ 2efyr$eugnte unau^gefeftt beglettenbe^ ß^aralteriftifum. (gg
so tritt inmitten ber übrigen arten feiner tpunberbaren ©elbftbe^eugung fo ftarf ^erüor, bafe
gelegentlich (f. 2c 10, ,17; 11,22; 31© 10, 38) ber ganjc Inbegriff feiner ^eiltoirlenbcn
^ätigfeit ate ein „Übertoinben be$ Seufefö" ober „feilen ber Dom Teufel ÜberloäU
tigten" bejeic^net toirb. Unb nic^t etloa afe ein 2lft lluger SKfomobation an jübifd^e
äJolföborftclIungen, ober gar ate ein ©tyntytom befd^ränlften SBiffcn^ ^at btefeS fein
66 Dämonensaiu^treiben ju gelten (gegen ZI). 93raun : „Die Dämontfcr)cn be« 9l%#, >$%R
1898, u. ©ctytoarfcfopff, ebenbaf. 1896), fonbern alö eine gewaltige ftraftloirfung feines
göttlichen SBortö, looburd^ er ebenfo real unb ftegj^aft lote etnft ben SBerfuc^er in ber
Söüfte (bgl. 2c 4, 13) bie tym entgegentretenben 3Räct;tc beö 9lctcr;$ ber^infterntö jurücfs
trieb unb überwältigte (f. bef. 8art^, ©. 125 ff.), ©ntfpred^enb ^at man über bie
eo lotcnertoedfungSlounber ju urteilen. Sluct; biefe r)öd^ftcn 33et^ättgttngen fetner unbefteg*
baren unb unauflö«lt(^en 2eben^fraft (£br 7, 16) reiben toeit jurüdf in ber Slci^e jeiner
meffianiföcn ©elbftbcjeugungen. Die erften Jotenerloecfungcn fallen bereits in eine
3efu* Gljriftod 25
}icmli($ früfyc 3eit bc« galiläifcfycn SBirfcn«, toäfyrenb bic le$tc unb hnmbcrbarfte unmittck
bar in bic £eiben«jeit hineinreicht. SBenn enblicty toäfyrenb btcfer legten (Spoctye bic bor*
fcr fo rei$li<$ ftrömenbe SBunberfraft jcittoeilig in Satenj tritt (unb jtoar bic« gcmäfe
frcttoifliger (Sntfcpefeung be« §errn f. 3Kt 26, 53), fo tyut fic bic« nur, um mit bcm
SRoment bcr äuferftetyung, al« be« ©tyfel« aller meffianifcfyen SBunberertoeifungen, bon 6
neuem auf« getoaltigfte ^erbor^ubred^cn unb in bcr, feinem nunmehrigen Übergang in ben
3Serflärurig«juftanb entfbred&enben berönberten gorm be« geheimnisvollen ßrfctyeinen«,
Kiebcrberföhrinben« u. f. f. bi« jum @nbe bcr 40 Sage fortjubauern. — @Ieic$ bem
Bunbertoirfen ober bem mejjianifdjcn ^robfyetentum ber tyat, jietyt auety ba« Sefyrtoirlen
ober ba« meffianiföe ^ro^etentum be« 2Bort« fic$ burety bic gefamte öffentliche Sauf* 10
babn be« $Jtm $inburc$. 6« ift nur ein rclatibcr, einzelne befonbere Sefyrformen
betreffenber 2Bec$fcl, bcr jicty fyier al« mit ben §au)>tet>oc$en feine« 5Reffia«tum« im 3u*
iammen^ang fte&enb nad&toeifen läfet ; bic Sefyrtfyätigf eit im gangen beginnt mit ben erften
Berufungen bcr 3üngcr bur<$ ben au« bcr SBüfte nac$ bcr 3orban«au $wci\&QtU1)xten,
unb enbigt erft mit bcr Himmelfahrt, atterbing« aber toed&felt gorm unb 3lrt feine« is
2cfyren« infofern, al« er toäfyrenb bcr 9fafang«aeit be« galiläifd&cn Setyrtoirfen« mefyr @c*
(c$, gegen ba« (Snbe bcrfelbcn unb in bcr Übergang«$eit jum Seiben unb Sterben mcfyr
jmfotyctifc^e Ser^cifjung, betreffenb ba« bon ifym ju grünbenbc ®otte«reic$ unb beffen
ftinmft, borträgt; jene ®efefce«lefyre übertoiegenb eingefleibet in bie gnomiföe Sefyrform
bcr Sergprebigt unb anbercr berartiger ©brudbreben, biefe $Berfyeij$ung«letyre übertoiegenb 20
bt« ©eftalt bon Parabeln tragenb. SDie Sefyrform be« jofyanneiföen Gfyriftu« jeigt ge*
totfit, bcr ©runbeigemümlic^fett be« bierten @bangclium« entfprecfyenbe befonbere 9Kerfc
male; fie beborjugt bie fombolifcfcallegorifclje 2)arfteUung«toeife bor ber gnomifcfcparabo*
lijcfcn, fte betoegt ft$ me$r in ©clbftjeugniffcn $efu bon feiner gott*menfc$lic$en $erfon,
ate in Sieben ober 2öei«fagungcn über fein Steicty, fic erfd&eint überhaupt mefyr al« doc- 26
trina Christi benn al« doctrina de Christo. SDod& fefylt e« feine«toeg« an $ixQm,
todt&e ben Se^rreben be« fonoptifäen gfyriftu« ebenfotoofyl toie benen be« jo^anneifc^cn
eignen. Sn bebeutfamen $inh>eifen auf bie fd&led&tfyin übernatürliche SBefentyeit unb 9Rac$t
te$erm ftnb auc$ bic brei erften (Sbangelien reid& genug, unb bcibc 2Reffia«be$eic$mmg«s
toeifen: ber 9lame „@otte«fotyn" toie ber nietyt minber bebeutfame „SKenfd&enfotyn", gehören 30
jran gememfamen ©ut be« Sefyrgetyalte« beiber, be« Qjo^anne^ßb. h>tc ber ©tynobtifer
(»gl. fteffir bef. be« Unterjcic^netcn ©d^rift : r,®a« Scben«bilb % 6^r. nad^ ber ©c^rift"
(I860J, ©. 50 ff.). Sud^ bic iofyanneifd&en 6^riftu«rcbcn c^araftcrifiert jene ^äbagogiWc
<Bcte$eitf bie anfänglich me^r 9Kild^ unb bann erft feftere ©^eifc bietet. 2lud& innerhalb
i^tcr lä^t fiety ein getbiffe« ftufenmäfeigc« gortfe^reiten bom Seichteren jum ©c^tocrcrcn, 35
ton tsbtfc^en fingen ju ^immlifd^cn fingen, bon ber änibenbung einfacherer formen ju
toa^Jenber 3beenfüDc unb $iefe be« 39litgetctlten nac^toeifen, toenn auc$ me^r nur ein
relatfee«, ju einer fc^arfen ©Reibung naef ^erioben leine än^alt«bunlte barbictenbc« (bgl.
6cfc®&r. $erfon x. I, 293 ff.).
2He nähere Darlegung hierüber ben Setyrbüd&em ber S3ibl. Ideologie übcrlajfenb, 40
totnben toir un« $u einer überftd&tlid&en 2lutolung bcr einzelnen ^auptmomente be«
Kefjtttfttrirten« $tfu, gemäfe bcr ungefähren ytci^enfolge, h)dc|e bei berglcic^enber 3Us
fammenfaffung bcr f^nobtifd^cn mit bcr jofyanneifc^en Delation ftc^ ergiebt.
a) 35a« anfänalid^c 3ufammentbirlcn mit bem Käufer— noc^ nid^t be*
ftimmt fonjentriert auf ©aliläa al« eiruigen §aubtfd^ai^)la^ ; auc^ noc^> nietyt geftü^t auf 45
«ne fc^arf abgegrenzte Sün^erfd^ar. ©bangelifd^er Scric^terftattcr über biefe« erftc cin=
Wtei^e ©tabium bcr galilätfc^cn Sc^rt^ätigfeit ift toefentlicfy nur3io^anne« in feinen bicr
»ber fünf erften Äapiteln (1, 29 bi« 4, 46, ober ebcntucH bi« 5, 47). $ie ©tynobtifer
Wen, im anWluffe an ityre Scripte über Xaufe unb aSerfud^ung %tfu, bie SScr^aftung
^ Käufer« al« SRotib für ben §errn, fid^ in« gäliläifc^c Sanb $u begeben, allerbing« w
b«»r (3Rcl, 14; 9Rt 4, 12), cr^lcn aber nic^t« bon ben jloifc^en jene grunblegenben
wmente be« aJteffia«toirfen« 3efu unb ba« gnbc bcr I^ätigfcit feine« Vorläufer« fatten=
b* Gegebenheiten. 3)iefc gehören grö^tentcil« nod^ bem jubäifcfyen ©c^aupla^c be« erften
mtntli<|en #erbortreten« be« ^errn an. ©0 bic ©etoinnung einiger ßrftlinge treuer jünger
«ö ber 3<^l bcr um ben 'läufer am unteren $orban ©cfd^arten: ber 3*cbäu«föl;nc dö
äoNme« unb S^^u«, ber 3ona«fö^ne Slnbrea« unb ©imon ^Jctru«, bcr beiben greunbe
wfiWwi« unb 9lat^anaet8art^olomäu« ($o 1,29— 52); fo tociter^in ber t>robtyetifcfc
Wolifc^e 8ft ber erften lempelreinigung, ibobei S^fu« ^um erftenmale ©iberfbrud^ feiten«
J« jübtfc^en SSott«obcrcn, aber auq gläubigen 2lnfdS>lu^ feiten« 5Dtanc$er an^ bcm §ur
Cftafeicr m gerufalem berfammeltcn Solfe erfuhr ($o 2, 13— 25); fo bie näd&tlid&eeo
26 3efit3 gtfrifhtS
Unterrcbung mit SRifobcmuS über bic SBiebergeburt jum Seiche ©otteS (%o 3, 1—21);
fo enblicfy baS zeitweilige SRebeneinanbertoirfen feiner au$ bie laufe tyanbtyabenben jünger
mit bem Käufer unb baS baburefc beranlafete 3cu9n^ **>& lefeteren bon 3*fu fy&tyerer
2ttürbe föo 3, 22—36). ßine befonberS hridjtige Gegebenheit btefeS 3eitraumeS freiließ:
5 bie erfte Offenbarung feiner göttlichen Sßunberfraft in bem 3e^en ^ ™ 3B^n bertoan*
belten SßafferS bei ber §od^eit ju Äana (3jo 2, 1—11) gehört feinem §eimatlanbe ©a*
liläa an, toofyin er ft$ borübergefyenb jurüdbegeben fyatte unb toofelbft er au$ feinem
foäteren £auj)ttoofynorte Äapernaum, naty ben Heimatorten jener erften Sflngcr, am ©ee
©enejaretfy, einen erftmaligen füneren Sefucty ab)tatt^tt (^o 2, 12). 9laä) ©aliläa toenbet
10 er fieg f^äter, am ©etylufe biefer ßpoctye, and) toieber jurüi, als baS mächtige Umftc^greifen
feiner lefyrenben unb taufenben 2Birffamfeit in gubäa itym bie geinbfe^aft ber bortigen
SWacfytyaber ju^ujie^en begonnen fyattt Qo 4, 1—3) unb als um biefelbe &t\t, ober toenig
foäter, ber galiläifcfct>eräifc§e $etrar$ #erobeS 2lntipaS, enürnt über bie toegen feiner ß^e
mit §erobiaS unb anberer Übeltaten erfahrenen fcfyarfen 3lüge, ber bufeprebigenben ÜBirfc
löfamleit beS Säufer« ein frühes ßnbe bereitete (So 4, 24; bgl. £c 3,20; 9Wc 6, 17 ff.;
9Kt 4, 13 ff.). 3>n bie 3eü Wefcr Reiten £eimfefyr nad) ©aliläa fällt bie bon 3o^»nne«
(4, 4—32) ausführlich enäfylte Unterrebung mit ber ©amariterin am ^afobä&ntnnen
famt ber baburc^ herbeigeführten Sete^rung einer 2lnjatyl bon bereit SSolfSgenoffen an
Sefum als ben §eilanb ber Sßelt. — Ob auety nod& biefer Vorgang famt ber tym JU*
20 näctyft gefolgten Teilung beS ÄinbeS beS itönigifctyen ju Äapernaum (3>o 4, 47—54), fo«
tüte bem §eilungStounber am fteicfye SetfyeSba gu l^erufalem (3° 5> 1—47) als ber ®e*
fangennafyme beS Käufers Vorausgegangen ju benfen ift, fobafe bemnaefy bie fünf erften
Äapitel beS jofyanneifäen ßbangeliumS bem 3etoaume jjor biefer Äataftropfye gehribmet
toären unb ein breimaligeS 3wrücRe^ren %tfu aus 3ubäa naety ©aliläa bis ju berfelben
26 ju ftatuieren fein toürbe, barüber bifferieren bie Slnnafymen ber ßfyronologen beS SebenS
Sefu. äöiefeler, Sid^tenftein, ftifcfyenborf, $afel, Gafoart k. laffen bie SJertyaftung beS
läufcrS erft $hrifc$en $o5, 47 u. 6, 1 erfolgen; bie Übrigen fefcen fäon $o 4, 43 f. als
jiufammenfallenb mit ber 9tt 3, 12 u. SRI 1,14 erloä^nten Slücffe^r na$ ©aliläa aus
Slnlafe beS genannten ©reigniffeS. ßine ftc^ere ßntfd^eibung in biefer grage ju gewinnen,
so ift um fo f<$toerer möglich, ba baS ^o 5, 1 als 3^itJ)unft beS8et^eSba=2ßunberS angegebene
fjeft jeber näheren SejeiAnung entbehrt unb ju einer giemlictyen >$al)l d^ronologifc^er Äom«
binationen Saum getoägrt (bgl. unten, VII). 9Kan toirb eS, bei ber Unbefttmmt^eit
fotoo^l ber f^noptifc^en Seric^te als ber jo^. Delation, betreffenb ben 3^unft **>& ©e*
fangenne^mung ^o^anniS, ungetüi^ laffen muffen, ob baS gefamte öffentliche Söirten btefeS
86 ^erolbS 3efu über^auj)t metyr als ein ganjeS ^al^r umfaßte, ober ob eS innerhalb eines
§afyrcS berlief unb bemnad^ nur ein mefyrmonatlid&eS 5Rebeneinanberh)ir!en 3efu mit tym
ftattfanb.
b) Son berSSerfyaftung beSläuferS bis ju beffenSobe unb bem erften
großen ©^eifungStounber (3Kt4, 13— 14, 36; 3Rc 1,15—6,56; Sc 4, 17— 9, 17;
40^0 4,47—6,71, ober eto. blofe Ä. 6). 3)er Gfyarafter biefeS 3eitraumS, ber bie §autotmaffc
ber galiläifcben SBunbert^aten unb Sefyrreben, namentlich auc^ fc^on bie anfange beS JÖe^renS
bur^ ©leiegniffe in fi$ begreift, befte^t in ber allmählichen ©ammlung einer feft unb
eng um ^nm gefc^arten ©cfyule Don 3^8^"/ m^ ^n X*l>ölf 3lpofteln als i^rem Äerne,
unb ben großen, ob feiner SBunber begeifterten SSolfS^aufen aus atten Seilen ©aliläaS,
46 bie fid^ um ben in ber näheren Umgegenb beS ©eeS ©enejaret^ SBirfenben froren, als
bem belegten ^intergrunbc feines fir^enbilbenbcn S^unS. 3)ie 3luSfonberung unb erfte
3luSfenbung ber 3tobl\t bilbet einen ber erften £auptaf te ber 6)>oc$e ; bie ßr^robung i^rer
©laubenSfeftigfeit unb treuen Slnbänglid^leit beim 3lbfaß einer größeren ©c^ar jener nur
um ber SBunber toillen i^>m gefolgten ©aliläer infolge feiner „garten JRcbc" in ber
60 ©cfyule bon Äa^emaum be^eid^net ben 3ictyunft ber ^ier borliegenben ßnthricfelung. Über
bie 3)auer berfelben läfct ftd^ auc^ lieber nichts abfolut getoiffeS ermittelen, fd^on h>eil eS
fraglich bleibt, ob bie bon ben beiben §etlungSh)unbern 3o 4, 47—54 unb 3° *>, 1 ff.
umnannte 3C^ noc^. "* f'e ^ineinjujie^en, ift, ober nicfyt ; femer aud^ loeil baS $o 6, 4
crloäbntc ^affalj möglic^erloeife ntd^t baS einige in ben 3cttraum faUenbe geft biefer
66 3lrt fein, berfelbe alfo ebentuell als über ein $al?r toä^renb p benfen fein fönnte. 2)od&
liegt nichts eine folcfyc 2lnna^me birelt S3egünftigenbeS bor; ber SluSbrudf odßßaiov
devxegoTTQcTnov Sc 6, 1 fcfylicfjt fd^toerlid^ bie 3lnbeutung eines befonberen ^affa^fefteS in
ftd& (f. bef. ©. 2. £atynS Äomm. j. b. ©t., I, 390 ff.), unb bie üJWglicfyfeit, ba| alle in
ben obigen 3lbfcbnitten erjagten Vorgänge innerhalb ettoa eines 3S<*breS berlaufen feien,
60 läfet fid& mit irgenbtoelc^en triftigen ©rünben nicfyt beftreiten. — S)iefe Vorgänge ftnb
3efn* gffriftu* 27
baiHrtfäctylicfc folgcnbe: $efuS tritt, nactybcm er feine Ütatcrftabt SWaaaretfy tocgen bafclbft
erfahrener unfrcunblicfccr Begegnung bcrlaffen (2c 4, 16 ff.; 9föt 4, 13), in ber ©tynagoge
Don Äapernaum, feinem nunmehrigen §aupth>otynort, prebigenb unb luunbertoirfenb auf.
£cine Teilung eine« 3)ämonifdjen bafelbft, bie unmittelbar gefolgte Teilung ber fieber*
tränten ©cfymegermutter Sßetri in tyrem $aufe, fotoie eine SRctye Weiterer ßeilungS* 6
ftntnber, bie er inmitten ber tyn umbrängenben SSolfSmenge bis tief in bie Stacht hinein
Vollbringt, bringen einen gewaltigen ©inbnuf bei ber bortigen Sefcölferung tyertoor, beffen
tociteren SBirhmgen er ftc§ jebocfy burc$ hinübertragen feiner j>roj>betifd&en Äräfte unb
©oben nadj anberen Örtern ©aliläaS ent^t (3Kc 1, 21— 38; Sc. 4,31-43; bgl. 3Jtt
4, 23 f.; 8, 14—17). SSerflod&ten in biefe grunblegenbe SBunbertfyätigfeit an ben Ufern 10
beS galiläiföcn HJlecreS erfd&eint bie befinittoc Berufung feiner %üxiQCt im engeren Sinne,
ber 3toölf*3tyoftel. 93on i^nen Reifet er bie ju ifyrem gifd^ergch>crbc am ©ee $urücfc
geteerten beiben Srübetyaare, bie 3>onaSföl?ne unb bie 3<*ebäiben, unter Serlaffung ifyrer
©cfciffc unb SJe^e iljm nachfolgen, bamit er fie ju SRenföcnfifdjem macfye 0)lt 4, 18—2,2,
nebft ^8ar.) ; bei ©imon $ctruS fcfyeint biefe 2luff orberung ju #ueien 9Jtalen, baS jtoeite 16
Wal unterftüfet burety ein ftauncnerregenbcS 3rijdfougStounber, ergangen iu fein (togl. Sc
5,1—11). Äucfy ^ilitymS unb Bartholomäus erfcfyeinen balb bem fepon in ber 3>or*
banäau bei SotyanneS fennen gelernten ©efanbten ©otteS in bauernber Eingabe an-
gefäloffen. gerner Stomas, ber „Stoiling" ©e^ei|ene; SKatt^äu« ober Setoi, ber fcom
Mtifcfce fyintoeg, unb $h>ar, toie eS fcfyeint, als einer ber legten toon allen berufene *>
(Wt 9, 9 f.; bgl. 3Kc 2, 13 fi. ; Sc 5, 27 ff.); bie beiben Sll^äuSföfcne 3^f obuS ber jüngere
unb 3uba3 3afobi ober 2tyabbäuS (toofyl toerfcfyieben toon ben gleichnamigen „Srübern
beS £errn'', f. 8b VIII, 573, 42) ; ©imon ber Äanaäer ober ber ©ferer (ßeloteS) ; enblic^ SubaS
JdarioteS, ber foäter jum Verräter an tym ©ctoorbenc (f. bie fc^on früher citierten
ifyofiettatalogc in üRt 10, 9Re 3, Sc 6 unb fcgl. bie einzelnen auf bie fyier ©enannten 25
ba ärtifd). — 3)cr auf einem Serge, toofyl nörblicfc ober norbtoeftlicfy toon Äapcrnaum,
erfolgten feierlichen Drbnung unb 3>nftruttion biefer jtoölf Singer fd&eint, übereinftimmen*
ben Slngaben bei SKarfuS (3, 13) unb SutaS (6, 17 ff.) jufolge, jener getoaltige Slebeaft
ber Sergprebigt unmittelbar gefolgt ju fein, über toelc^en 9KattfyäuS (5—7) am ausfuhr*
lüften, aber too^l obne genaue SBaljrung beS ßeityunftS feiner Slbfyaltung (ibn nämlicfy so
toaWcfcinlicfc ettoaS ju frü^ anfefcenb) referiert fyat. .ßtoiföen ^efe Sergrebe an bie
Jünger als engeren unb an bie toerfammelte SSolfSmenge als toeiteren #örenreiS (fcgl. Sc
6,20.39), fotoie jhnfe^en bie erftc ßntfenbung ber Sl^oftcl als felbftftänbige ©efyilfen unb
Sertreter feiner Sebr» unb SBäunbert^ätigfeit ($lt 10, 1 ff. ; 9Kc 6, 7 ; Sc 9, 1 ff.), fd&cincn
mehrere ber bemenenStoerteften Teilungen unb fonftigen SBunbert^aten eingefügt toerben 35
)u muffen. 5Die Teilung beS Iranfen Äned^tS beS römifd^en Hauptmanns ju Äapernaum
toitb iöefentlicfc übereinftimmenb bon SulaS (7, 1— 10) h)ie bon 9KattfyäuS (8,5—13)
gletc^ nac^ bem ©d&luffe ber Sergrebe gefegt, nur bafi ber le^tere ©Dangelift i^r nod; eine
SuSfä^igen^eilung Dorange^en lä^t, freiere beiSu!aS unb3)tarfuS eine ettoaS anbere ©tcQe
annimmt (3Rt 8, 1—4; D9I. Sc 5, 12; 3Kc 1, 40 ff.), einige 3eit naefy jenem gern^ 40
WunaStounber im §aufe beS (Senturio ju Äapernaum fe^t ber ©Dangclift SKatt^äuS eine
bu&tgeorängte ©ruppe t>on SBunber^anblungen an, t>on toelc^en einige Wol)l unjtoetfetyaft
bw^t ^mtereinanber erfolgt fmb. 3Die ©tifiung beS ©turmeS toenigftenS nebft ber Sc-
fcffenen^eilung üon ©abara (©erafa), beSgleic^en bann bie Slufertoecfung ber lod^ter
beS §axox$ famt ber auf bem Söege $u i^r Vollbrachten Teilung ber SBlutflüffigen, finb 46
ftteigniffe, toeld^e nad& allen brei ©^noptilern in biefer engen 33erbunbcnfyeit, als 3)o^cI=
tounber, gefc^en fein muffen (t>gl. 9Kt8, 18— 24; 9, 18—26 mit 3Hc 4,35—5, 43;
& 8, 22— 56). Sßenn üDlattfyäuS biefe beiben ^o^cltounber mit einigen 2Bunbcrer$ä^
tagen unb fonftigen Seric^ten umgiebt, bie bei ben beiben anberen ©Dangeliften enttoeber
mi fehlen (fo bie Rettung jh>eier Slinben unb eines ftummen 33efeffenen 5Dtt 9, 27—33) so
oba in anberer Umgebung auftreten (fo bie Heilung beS burd^S 2)ac^ ju %t\\x ^erab=
Stlaffenen ©id^tbrüAigen, fotoie bie Berufung 9Katt^äi am 3olItifcfye famt pc^ anfcbliefeen^
bem iBal unb Xifc^gefpräd^ mit ^^arifäern unb SofanniSjüngcm m feinem §aufc 9Kt
^1 — 17; »gL 3Rc2, lff. u. Sc 8, 17 ff.), fo liegt bie annähme nalje, bafe biefer ®t>am
gclift ^ier einer bie Slüdfftctyt auf ftrengeS geftfyaltcn ber 3c^f°^Öe bintanfefeenben ^Heal- 66
«mteilung gefolgt fein toerbe — bießeicfyt toeil er überhaupt einmal ein „Silb bon ber
Samigfaltigfeit beS 3^unS unb grlebenS %tfu", befte^enb in teiltoeife ibealcr ©djtlbc*
0019 ber beiben läge, in toeld&e feine eigene Berufung fiel, ju geben beabftd^tigte (Dgl.
b.§ofmann: „3tpei 2^ge beS 3JlenWenfo^neS", #J}rÄ 1851, H- xn)- — 3" «ne
«Mft riel fpatere 3*\t fefeint baS jtoeite ber uns überlieferten iotenertoedtungStounber ju w
28 $efit* Stfrifta«
gehören, bic blofc bon 2ufa« berichtete ©eföid&te bom 3ünflKnÖ ju 9toin (2c 7,11—17),
naefy bem (Sbangeliften unmittelbar borau«gefyenb unb al« SKitberanlaffung gu ©runbe
Itegenb jener Senkung be« laufet au« bem ©efängniffc an 3efum, toeldje biefem gu
feinem fyerrlid&en ^eugniffe über bie fyeil«gefcfyid&tlic&e Stellung unb Sebeutung be« Käufer«,
6 aber aueb über ferne eigene gottmenfctylid&c Sßerfon unb ©enbung, fohrie über bie i$m toie
feinem Vorläufer bei bem berfetyrten ©eftfyletfyte ber 3uben getoorbene Aufnahme 3fala|
giebt (3Rt 11 ; „bgl. Sc 7, 18 ff.). 3n bie nad&folgenbe Seit fefct 2Jtattyäu« eine ©efök&tS* unb
Slebengruppe (2ityrenau«raufen am ©abbat, Leitung ber berborrten §anb, fotoie be« befeffenen
©tummen unb 93linben, nebft ftd& baranfd&liefeenber Stebe bom Seufelau^treiben, au$ einer
io längeren Steige bon ©leid&niffen bom ®otte«reic|e unb einem 93erid&te über einen neuen ber«
geblichen 33erfud& be« §errn jum pro^etiftfycn 2efyrtoirfen in SRajaretty : 3Kt 12 u. 13), beren
einzelne ©lieber bei ben beiben anberen ©tynoptifern teiltoeife an früheren, teift&eife au$
an fpäteren ©teilen ftefycn. Völlige Übereinftimmung fyerrfd&t bagegen toieber betreffe
be« großen ©peifungöhmnber« bon ben günftaufenb famt feiner golge, bem SBanbeln
16 über ben ©ec. ©otoofyl bie einzelnen Umftänbe biefer miteinanber berletteten Segebens
Reiten, al« \f)i ungefähre« 3ufammenfaöen mit bem Sefannttoerben ber Einrichtung
Sofyanni« be« Käufers teuren bei jebem ber ©tynoptiler ofyne toefentlid&e 2lbtoetc$ungen
bon einanber toieber. Unb jur fanoptifäen Delation gefeilt fid& tyier aud& bie be3 inerten
@bangelium« mit tyren teil« beftätigenben , tetfe tvid^ttg ergänjenben Angaben, bon
20 freieren in«befonbere jene auf ba« *Paffafyfeft, al« &ur Reit be« ©j>eifung«tounber« na$e
beborftefyenb bejüglictye (3o 6, 4) bon eminenter tfyronoloaifd&er Sebeutung, ba« au«fü$r*
lid& mitgeteilte ©efpräd& über ba« ©rot be« 2eben« ju Üapernaum (bie oratio Gaper-
naitica) ober bon ber tiefeingreifenbften §eil«geföic$tKcfcpragmatifd&en ©eltung tft (bgl.
überhaupt 3Rt 14; 9Jtc 6; 2c 9; So 6).
26 c) 3)er lefcte galiläif$e©ommcr, ober bie 3*it bom erften großen Srotfpeifung«*
hmnber bi« gum 3tufbru$e nac& ^erufalem (9Rt 15—18; 9Kc 7—9; 2c 9, 18—50; go
7,2—10,21). ßin ftetig fid& fteigernber Äonflift mit ben ungläubig bon ifym abge*
toanbten ©aliläern, in«befonbere ben bortigen Sßtyarifäern, nötigt 3efum ju öfterem Sluf*
fud&en einfamer Örter, ja ni jeütociligem 6nttoei<$en bom galiläifcfyen Soben, bient jebodfr
ao au$ ju june^menber Sefeftigung feiner ^üngerföar im ©lauben unb in ber Hoffnung
auf ba«, borerft freiließ noc^ manael^aft berftanbene unb fmnlid& aufgefaßte mcffiantf^c
§eil. 3)ie einzelnen §aut)tereigniffe ber bon ber Dftergeit Qo 6, 4) bi« naety bem 2aub«
büttenfefte bleiben SatyrcS (3° 7, 2) toä^renben, alfo einen ©ommer unb ßerbp um*
fafjenben ß))oc^e fmb: ©trafrebe hriber bie §euc^elei ber ^ß^arifäer au« Itolafc be§
86 ©treitö mit tynen über« §änbetoafc^en 3»t 15, 1—20; 3Hc 7 1—23); »efu^ be$ t^riW*
ftbonifc^en ©renggebiete« unb Teilung ber befeffenen Softer einer ©tyroj^önUierin (Wt
15,21—28; 3»c7, 24— 31); SKüdEIe^r bur$ ba« oftjorbanifc^e ©ebiet ber j4« ©tobte
na$ bem galiläifd^en Sföeer unb §eilung eine« laiibftummen burefy ben fegnenben Stuf
$e>)^ata (3Kc 7,31—37; 9)tt 15,29); ©Reifung ber Sßiertaufenb, öftlic^ bom ©ee©ene*
40 &aret& (9Jlc 8, 1—9; 3Rt 15, 29—39); 3urüdto>eifung einer 3eic^enforberung ber ^tyarifäer
unb ©abbueäer unloeit 2)almanutfya (too^I nic^t 2)el^emlve^ am Oftufer be3 galil., fonbern
ein an beffen toeftliien Ufer, untoeit 9Kabala, gelegener Ort); hierauf Teilung eine«
ÜBlinben naty bei Setbfaiba^ulia« (2Jtc 8, 10—26; 3Jlt 16, 1—12); fobann Sefud^ ber
©egenb Don Gäfarea ?$iltylri na^e ben ^orbanqueUen im äußerften SWorben be« tyL 2anbe«,
46 $^orrufung be« Selenntniffe« ^Setri unb erftmali^e beftimmte Serfünbijjung feine« %o\>&
leiben« unb feiner äuferfte^ung (ü« be« unbermetblic^en 3tu«gangc« feiner ©rbentoh^am*
feit CJJit 16, 13-23; 3Kc 8, 27— 81; 2c 9, 18— 27). ©ec&« Jage na$ biefen le^t*
crioä^nten Vorgängen erfolgte laut übereinftimmenber Slngabe ber ©bno^tiler bie tounber*
bare Sertlärung ^efu bor ben Slugcn ^Setri unb ber 3ebeDäu«jö^ne auf einem ^o^en Serge,
60 fotoie Teilung eine« befeffenen Änaben beim §erabfteigcn bon biefem Serge (3Rt 17, 1 bi«
21 ; ÜKc 9, 2—29; 2c 9, 28—36). hierauf 3c|u Steife gum 2aub^üttcnfeftc na* geru*
falem (getrennt bom ,3U9C to ??cft^Ugcr unb unter Sßermeibung öffentlichen 3tuffe^en«:
3o 7, 8— 10), fein lefyrenbe« auftreten im Semmel gegen bie SKitte ber gefttooe^e
unb bic baburefc beioirfte §erborrufung einer großen ©paltung im ©d^oße ber §otyen*
66 rat«mitglicber unb ber fyerrfcfyenben p^arifäifc^en gartet, beren etliche bon tyrem
©rimmc ftd^ bi« &u einem Serfud^e ber ©teinigung $tfu treiben laffen. 3n e^" Kcf«
3ett fefet go^anne« bic Teilung jene« S3linbgeborenen, ber fidb bann al« Anhänger
3je|u betennt unb fo ber ©träfe be« ©anne« ober ber 2lu«ftofjung ber ©tynagoge ber*
fällt, foloic bie SWebe %tfu bom guten Wirten, toorin er bie jübifc^en SSoltefü^rer al«
60 Mietlinge ftraft, ba« balbige Übergeben feine« ^eil«toerf« au$ auf bie ni$t i«rae?
3efn* <£fptfihtS 29
litifc^e 3Kenfd#eit anlünbigt unb abermals t>on ber SRottoenbigfeit feinet Dpfertobe«
$eugt (3o 7, 2—10, 21). SDaran fernen mehrere, lieber nur burd& bie ©tynoptif er über*
lieferte 9u«fyrüc$e be« §errn fi$ an$ufcfylief$en : junäc^ft eine neue SSorfyerfagung feine«
24>be«leiben« bur$ ben naety (Galiläa 3urücfgefe^rten, bann ba« ©eft>räd& mit *ßetru«
über bie lempelfteuer^ntri^tung (9Kt 17, 22— 27; 9Wc9, 30— 32; 2c 9, 43— 45), fotoie 6
btc DarfteDung eine« Kinbe« al« Sßorbilb für bie SBürbigfeit jum Himmelreiche nebft
©leufcniSreben, betreff enb ba« rechte Ser&alten ber ©lieber biefe« Steid&e« (3Jtt 18,1—35;
5Rc 9, 33—50 ; Sc 9, 46—50). — 2Ba« in fond&roniftiföcr 93e$ie^ung ^tcr minber ge=
totfc genannt toerben mufe, ift tyauptjädjjlic^ ber geityunlt ber Steife jum 2aubfyüttenfeft,
ber möglic^ertoeife auc$ erft naefc ber lefctertoätynten ©ru^e bon ©reigniffen (fo SBiefeler) 10
ober tueUei$t no<$ fcor bem SBertoeilen in ber 9t% Don Gäfarea 5Jtyilq>l>i unb bem 3Ser-
Bärung«tounber (fo j. 93. 2id&tcnftein, 2. g. 1856) an^ufe^en fein bürfte.
d)3)a« aufjergaliläifcfye 9Banberleben ^efu, toäfyrenb ber SBintermonate
bor feiner 2eiben«ieit. ©otootyl 2ula« (9, 51—18, 33), ber au«fütyrlic$fte Referent über
biefen ebangel. @eföi#t«abtönitt, al« aud& 3Karfu« (10, 1 u. 32) unb 2ftatfyäu« (19, 1) 15
{teilen ba« Äbfötebnetymen gefu t>on ©aliläa nad? ben julefct ermähnten Gegebenheiten al«
ein befonber« bebeutfame« unb feierliche« bar. gefu« fcertaufd^t ben bisherigen ^au^t*
Öla$ feine« SBirfen« beftnttit> mit einem nätyer bei bem Orte be« legten ßntfcfyeibung«*
e« gelegenen; „er gab feinem 2tngeft$t bie fefte Stiftung (ioifiQiZe), gen Serufalem
ju jiefcn" (2c 9, 51 ; bgl. 13, 22; 17, 22). Unb jtoar fd&eint er bei biefer langfam ber ao
(wpjK^mörberiföen $au>)tftabt (2c 13, 33) juftrebenben, mit unau«gefefcter ebangeliföer
$rebigt unb SBunbertoirffamfeit toerbunbenben SBanbcrung juerft ba« famaritifd&e ©ebiet
geftreijt ju fcaben, too ber 2c 9, 52—55 berichtete Vorfall mit ben „®onnerföfynen"
Jafobu« unb Sofymne« P$ &utrug. Sann aber föeint befonber« Sßeräa, ba« mittlere
unb fübli$ere Dftjorbanlanb, U)m al« ©d&auplafc feine« SBirfen« gebient ju fyabtn (f. 9Rc 25
10, 1; 9Mt 9, 1). ®ie ^nfirultion unb ßntfenbung ber ftebjig jünger al« eine« Vetteren
Äreife« bon SMiffton«gefyilfen unb SBegbereitern für« #immelreicfy (c 10, 1—20) mag mit
biefer Snangriffna^me eine« neuen, bi«tyer no$ toenig ober nicfyt betretenen SBirfung«*
fdbc« in urfä$li$em 3ufammen^an0e geftanben tyaben. S^^faßä flid&t 2ufa« einen
leil jener ©trafrebe ftriber bie ba« $eil Don fic& toeifenben ©aliläer, ber bei SRattfyäu« so
(8. 11) fd^on eine frühere ©teile angehriefen erfegeint, gerabc fyier, beim Übergange bon
SalUäa naety bem Dftjorbanlanbe, ein (2c 10, 12—16). Siele« toeiterc bon bem, h>a«
biefer ©wngelift in ben 3e^raum tiefe« nac^galiläifc^en SiSanberleben« legt, mag mefyr
au« fac^lic^en benn au« c^ronologifc^en ©rünben Don tym an bie betr. ©teile gefegt
togrbrn fein, gemä^ einem ähnlichen Serfa^ren alfo, ioie ba« be« 3)Jatt^äuö in Rap. 8 35
unb 9 feine« @ttmgelium« (f. 0. b). ^mmer^in bürfte aber auefy bie Hnna^mc eine«
toieber^olten SSorfommen« eine« unb be«felben gaftum« ober 9tu«f]pruc^e«, fotoo^l früher
rttyrenb be« galiläifd^en SBirlen« al« je$t auf ber legten ^erufalem-Sleife, nicfyt ganj t>on
ba $anb ju toeifen fein. Sine bo^elte Überlieferung be« SSaterunfer« an bie 3^0^
iR (togL 2c 11, 1 ff.; mit 3Kt 6, 9), ein ffiieberfe^ren getpiffer ©trafreben toiber bie 40
^arifäer (2c 11, 14—52, bergigen mit 3»t 12 u. 15 unb $ar.) eine loieber^olte 9R\U
trihmg mancher 9lu«fprü$e unb Parabeln t>om Himmelreiche (2c 12 u. 13 t)gl. mit ber
9ei8tebe nad^ 9Rt, fohrie mit 3Kt 10; 2c 15, 1—10 bgl. mit üJlt 18,12 u.f. f.) —
bieje ober noefc anbere gälle t>on SBieber^olungen fönnen fefyr ioo^l borgefommen fein;
ja c« erfc^eint gerabeju unma^rfd^einlid^, baf$ ben jiemlid^ ja^lreic^en fog. 3)oubletten ber 45
(bangelif^en ©efd^ic^töüberlieferung ntcfyt manche t^atfäc^lic^ Dorgetommene äBieber^olungen
(bej. anna^ernbe SBieber^olungen) ^u ©runbe liegen foQten. Unb ^5c^ft toa^rfc^einlic^er'
toeife finb einige t>om vierten (Stoangeliften au«brüdflid5> namhaft gemalte Steifen $efu
na(| ^erufalem : bie jum 3:em^elh)eil)fefte im 3)ejember be« borle|ten %af)T& QolO,
22—39), bie na$ 93et^anien jur Sluferloccfung be« 2ajaru« (^o 11, 7 ff.), unb bie mm 60
Itym $affa^fefte (au«ge^enb bon ß^raim, na^e ber äöüfte: Soll, 54) al« in btefe«
Jnc^nnonatlicfye, $auptfä$li$ bielleid^t in ^eräa ftc^> abftnelenbc SBanberleben fadenb ^u
beulen, ßinmal — f. 2c 17, 11 — mufe ber §en bi« in bie ©ren^gegenb gmif cfyen
Solilaa unb ©amaria feine ©d&ritte toiber jurücfgelenft ^aben. — 3luf ^erfteUung einer
beftimmteren 3e^°'0e ^er Gegebenheiten ^id^tenb, ^eben h>ir junäc^ft biejeni^en ber- 55
Wben fcrt>or, für toelc^e 2ufa« in feinen Äa^j). 9—18 alleiniger ©ctoä^r«mann tft. 6«
finb bie«, aufcer ben fd^on ertoä^nten Vorgängen junäd^ft nad) bem 2lufbruc^e l)on ©a-
Wäa, m«befonbere ber Sntfenbung ber Siebzig, ^auptfäc^lic^ noc^ : bie 2e^rer^ä^lung Dom
ten^erjigen ©amariter (10, 23—37) ; ber Sefuc^ bei ben bet^anifc^en ©c^njeftern üJiaria
«nb Wartba (au«gefü^rt too^l gelegentlich jener Steife jum Xem)>cltoei^fefte : 2cl0,:)8 bi« «io
.30 ftefu* gl}rifto«
42) ; bic Sefyrrebc über bic toon SßilatuS getöteten ©aliläer unb bie t>om Surme ju ©iloam
(Srfälagenen, neljft bem ©leicfyniffe t>om Feigenbaum im SBJeinberg (13,1—9); bie £et«
lung ber hänfen 2Cbrafyam$to<$ter am Sabbaty fotoie bie be$ Sßafferfüctytigen (13, 10 bte
17; 14, 1—11); bie burety ben (enteren SSorfaÜ toeranlafjten Scfyrreben beim Wlafyk beä
5 ^arifäcr-Dberften, inäbefonbere baä ©leictyniS Dom grofeen Slbenbmafyl (14, 12—35); bie
©leic^niffe fcom Verlorenen ©rofd&en unb ©o^ne (15, 8— 32); bie bom ungerechten £au&
kalter unb toom reiben -Manne unb bem armen SajaruS (16, 1—9; 19— 31);ba$ toom
fyeimfefyrenben Anette (17, 7 — 10); bie Teilung ber $efyn äfogfcu-jigen in ber vläfyc eines
famaritanifcfcgaliläijd&en ©remborfeS (17, 11—19); bie ©leidjmSerjäfylungen toon bem
10 jjartyerjigen Stifter unb ber SBittoe, foh>ic Dom ^tyarifäer unb Zöllner (18, 1 — 14). 3U
©inigem t>on bem, h>a$ SufaS ganj an$ (Snbe feinet großen zHeifeberid&t$ legt, bieten
au$ -Matthäus unb HRarluS in tyren auf 3*fu lefcte Steife naety S^if^lem bezüglichen
2lbjc$nitten parallelen bar, nämltcfy hu ^en 33eri$ten über bie Segnung ber ftinbtein (Sc
18, 15—17; 3Rtl9, 13 f.; Tic 10, 13), über bie ftrage beä reiben Jüngling« naefc ben
15 Sebingungen be$ ©elangen* in* Himmelreich (8c 18, 18—30; 3Rt 19, 16—30; 5DM 10,
17—31), fotoie über eine abermalige SSorfyerfagung Don lob unb Sluferfte^ung (2c 18,
31—33; 3Rt 20, 17— 19; 3Hc 10,32—34). einigt anbere au« ber 3eit bor bem
legten @imug ht S^fale™ fydbtn bie beiben erften ©r/noptifer allein ; fo bie Seanitoor*
tung ber ^arifäerfrage über bie g^efd&eibung (3Rt 19, 1—12 ; 5Kc 10, 2—12), ba$ ©Icid&mS
20bon ben Arbeitern im SBcinberge (3)it 20, 1—16 — nur bei biefem (Stoangeliften) ; bie
Siebe an bie 3ebebäu3föfyne toom Srinfen beä iteid&ä unb bem ©etaufttoerben mit ber
»luttaufe (3Jtt20, 20—28; 5Wc 10,35—45). 3lnbererfeit3 berietet nur ^o^anne« allem
über baä SBBunber ber Slufertoecfung be3 2a$aru3 in Setfyanien ($o 11, 1—44), fotoie üb«
bie baburefc jum Steiftoerben gebrauten 3Jlorbanfc^läge ber jtibifcfyen SBolföoberften, melden
26 ft$ 3efuS *>urc& ie*n ®nttoei*en nac£ jenem ©täbte^en S^raim am ©aume ber Söüfte
no$ einmal für fürjere 3eit entjiefyt (11, 45—54).
V. S)ie Seibenggefc^ic^te 3efu. allgemeine Sitteratur: $armonifttf*e
3)arftellungen (teilö nur erbault*, teil« mit ardjäologif* gelehrter SluSftattung) : 3of>. ©erwarb,
Comment. de passione, in ©fyemnife Harmonia evang. V, 1641; Qbext). $offiu$, Harmonia
80 de passione Jesu Christi, 1656; ©ebaft. S*mib, De passione J. Chr. salutari, (ca. 1680);
$>einri* SRütter, Historia passionis, crueifixionis et sepulturae Domini n. J. Chr. etc.,
föoftocf 1661. 1669; au* beutf*, ebb. 1675 u. ö); Simon »tonftuS, De raorte J. Christi
commentarius amplissimus, 11. III, Wmfterbam 1691—98 (au* beutf*: „(öefreujtctjcr
SfyriftuS" je, Saffel 1701); (SmunbuS 9Rariüud, Notae philologicae in passionem Christi,
•x SKottcrbom u. a. m. — 2lu£ neuerer Seit: 3°&- Valentin ©enneberg, $lnlol.*f)ifr. unb frit.
ftomm. über b. ©ef*i*te ber fieiben unb beä £obc§ 3efu, fieipatg 1822 ; 3. $>. grieblfcb,
SlrcftSologie ber 2eiben«gefd)i*tc, S3onn 1843 (fatl).); 3ol). ^öi^cltjau«, SJerfudj eines auSf.
Äommentarö jur ©eftft. be« fieibenö 3- ©ftrifti na* ben 4 (Soangelien, ^aOc 1855 (irnwoHenbet) ;
3of. Sangen, S)ie legten «ebendtage 3efu, ^reiburg 1864 (fat^.); ©. @. ^engftenberg. SSor=
40 lefungen über bie Seiben3gefdjid)te b. C>errn, SBcrlin 1875; ©. W. ©üdtinb, $affiondf*ule.
I. Slbt.: 3)er Sorbof; II: 2)aS ©eilige; III: 25a§ «lUer^eiligfte, Stuttgart 1873 f.; 2. -Kuß.
Bremen 1882—85 (fc^r reichhaltig, aber uorroiegenb nur erbaulid)); % iWebe, S)ic Setbenä»
gef*i*te na* ben 4 (£i>angetien ausgelegt, 2 sJBbe, ^BieSbaben 1881; £>. ©agner^roben,
Som Jabor bi8 ©olgatlja. 3um 58erft«nbniS ber ScibenSgef*. 3. ^rifti, »afcl 1881; &.&
4.r> Stcininctjer, S)ie ©ef*i*te ber ^affion be§ ©errn in Wbtucfjr bc8 lritif*en Angriff* be*
tradjtct, Berlin 1882 ; 6. Stopfer, La mort et la r&urrection de J. Chr., J^sus-Christ etc.,
III, $ari§ 1898; englif* bur* fi. ©. ©ougfjton - »gl. oben, IV).
lieber bic Anfänge ber £eiben$$eit, iimäcbft ben^injug in 3enifalem: Steinmci^er, 5)te
Xftcop^anien int fieben be« ©errn (e^riftol. ©eitröge II), Berlin 1881; SB. SRotcrmunb, »on
Boepfjratm na* (AJolgatfta: XtjStÄ 1876, I, 81 ff.
lieber bic 9lbf*ieb8reben, inöbef. ba£ rjotjenpricftevl. ©ebet: 31. ©. granefe, ^etra*»
tungen über b. Ijo^epr. ©ebet (3eugnifie ü. S^rifto, 5. Sammlung); 3£. &. ©efe, ©ibelftunbcn
über 3o 13-17, 53ofcl 1884; ß. £affner, 3)a« l)ot)cpr. ©ebet: 6». »8 1884, S. 515ff.;
Stcinmctjer, 3). t). ®. (Beiträge j. ScrftänbniS bcS jol). (5u. I), »erlitt 1886; $aul Äcpplcr,
66llnferc3 $errn Xroft; (Srflfirung ber 9lbf*iebörebe u. bcö t). ©. 3efu, greiburg 1887 (fatl).).
lieber baS le)jte 9Habl 3cfu: $). Bremer, W. ,/?(bcnbmal)l I" in b. (Snc. I, 32-38. flur
bajelbft ongeg. fiittcratur ift na*^utragen: (5. JJ- 9?ö$gen, S)ie neutcftamentl. Beugung u.
ber fcifr. ^intergrunb ber «benbmaljUmortc: SRccflenb. Äir*cnbl. 1896, 9h. 12— 14; O.^olfi»
fceuer, ^>aö 919Ä u. b. neuere tfritif: (So. Ä8- 1896, 9h\ 21-27; (£. ©läge, S)ic neueren
60 fr>rf*ungeu über b. 91TO.: $r. 9Konatdf*r. 1897, @. 265 ff., 320ff.; JR. S*öfer, S)a« Ferren»
ma^l na* Urfprunq unb SBebeutung mit Müetficbt auf bie neueften 3orf*ungcn unterfu*t,
©üler§lo6 1897; Ä. ei*t)orn, X. «3» im WZ ($)eftc jur *r. ^Belt Wr. 36), 2p^. 1898;
C£. aicmcn, 3). llrfprung beö 1)1. WIR. ($>efte $ur *riftl. mit, Wr. 37), Seidig 1898;
(4J. ?t^. Sdjmiebel, X. neueften ttnficfycn über b. Urfprung bc§ WW.: ?rot. Wonat^. 1899,
3efu* Sänfte« 31
$. 4. — 3UV neucften Inerter gehörigen engt. Sit. (?Borb8n)ortb ©orbner, #eablam k.) ügl.
©anbal), 91. „J. Christ", p. 34-36. ©. au* £1). ©. ©elbtt, The passover and the Lord's
supper: Exp. 1899, I, 210ff., unb ?(. Senate«, The Lord's supper etc., ebb. II, 241 ff.
lieber ben ©eelenfampf in ttet^feinane: $ettinger in XtyQS 1837. 38 (fatft.);
fceibcnreicn, $a« ©celenleiben be« $errn inQtetyfemane: £*)©t au« SBürttenbg 1886, 6.179- 5
215; 3. GHtbcrt. The agony in the garden: Exp. 1887, I, 180—193; 28. $&oma« itnb
%. 6d>aufier, The agony in Gethsemane: The Expository Times 1895.
»errat be« Suba«: $aub, 3uba« 3fd)artot 1861, $.1; ©. 8. SBiner, #b$B. ber tfccol.
2it. 6. 567 f.; Ä. ©djmibt, «. „Suba« SWariot" in ym*. VII: ©. ©oelemann, fiepte
»ibelftubten (Wr. 7: 3)ie bibl. Hften über 3ub. 3fä%). fieipjig 1885; #. grentag, 3ub. 10
3f<bariot in b. beutfäjen SBiffenfd)., Sßrebigt, Sichtung *c; $rot. «3 1896, ©.769 ff. 793 ff.;
813 ff.; $• Sau, 3ub. 3fd). ; ein pftt*ologifd)er Serfu«: 2I>3 au« ber ©cfoueia 1898,
6. 1—16.
$ro$efe unbSerurteilung 3efu. «lj. Xo^lor 3one§, The trial of J.Christ: Con-
temp. Rev. 1877 (Aug.— Oct), audj febar., SReturjort 1894; $oelemann, $ont. ^tlatu«, ein 15
SRofaifbilb rötmfdjer Scultur u. Sufti*, 2efete SMbelftubb. Wr. 8, 1885; <5.£öf)ne. $. $ilatu«,
8en>. b. ©I. 1890, ©. 24—41. (J. (S. ftürev, 3>cr $ro$e& roiber Sefum in ben ioed)felnben
$bafeu f. »erlauf«: ebh. 1899, @. 89-113. SBrigbt, fttnblatj u. garqu&ar, The first trial
of Jesus: The Exp. Times 1895. — Sgl. aufi bie «. „^ilatu«" in $9i(5* fomie in SKiet>m«
fcbw. b. bibl. «Itcrt IF, 1892. - 20
Äreuj unb ftreujigung 3*fu. & £• C 3eftermann, $ie bübl. $arftellung be«
Sreuje« unb ber Äreujigung (£brifti (2 $rogr ), 2j>$. 1867 f. 3. SRo^oult be &leurto, Les instru-
menta de la passion, $ari« 1870; G. griebrid), tfrit. SRücfblid auf bie Sitt. über bie ©e($.
u. «rdjäologie be* fireuae«: $b#B (»omO, 1875, SRr. 17-19 (fatt).); 3ödler, $a« 3rreu$
(ftriftt, ©üterSIob 1875, ©. 56 ff. 95 ff.; #. guiba, $a« Irreua unb bie ßreuatgung. ©ine 25
ontiquar. Unterfudjung. SBreSlau 1878; gorrer unb ©. 91. SftüHcr, Äreuj unb Äreujigung
dftrifti ifcrer Äunftentwicfelung, ©trafjburg 1894 (reid) illufir. funftbiftor. SBerf, nur mittel;
toTCT Seife lieber gebörig). £. 9R. ©lo«, tfreuj u. ©rab 3efu; frit. Unterff. je, Kempten
1898 (jtoar ard&ffologifd) gelehrt, aber ^antaftifd) unfritifd); ugl. b. 8cec. im Xlj2© 1898,
8. 61 6 ff.). 30
2He buro> ba« bettyamföe @rtoecfung«tounber unb feine getoaltige ßinhnrfung auf
Siele jum irofcigften SerjtoetflungSfampfe tniber ben ber^a^ten galiläifa^en Sßroj^etcn auf-
gejiac^elten ?P$anfäer unb §otyenrat$mitglieber fe^en, a!3 3^^ ^or b*m Dfterfeftc mit
ber großen geftfaratoane bon Dften ^er über 3^^° W 3erufa'cm nähert, eine an 93e-
geifleiunö immer june^menbe SBoIföbetoegung ju feinen ©unften fia^ ergeben. 3n 3^id;o 35
trägt bte hmnberbare Rettung be« bltnben SarttmäuS (3Jlc 10, 46 ff.; 2c 18, 35 ff., bgl.
5tt 20, 29 ff.), fohne loa« 3efu« afö ©oft im §aufe beg Ober^öÜner« 3ac$äu3 rebet
(msbefonbere baö ©leidem« bon ber Steife bc^ @blen unb ben anvertrauten te^n $funben ;
2c 19, i— 27), nic^t toenig jur ©tetgerung btefer Setüegung bei. 3U Sekanten, bei
emem Stalle im $aufe Simon« be« Siußfäfcigen, tno ber bom lobe ertoeefte Samru« mit 40
pt Xh#e f<r| unb too ferne ©tfytoefter 3Karia 3cfu 5Ü6C m^ föftlia^cr 5iaroe falbte,
Wgert M einerfeit« ber 6ntfyufta«mu« ber Sln^änger bc« £erm, anbererfeit« aber aud^
bie geinbfd&aft feiner ©egner, bie jefct jogar audp ben Sagaru« au« bem SBege ju räumen
trotten. 3>te bet^antfcr^e ©albung tnirb ^ierburc^, fotoie bura^ ba« bei ifyr juerft l^erbor-
trttenbe untnifltge 3Kurren be« Verräter« 3uba«, ^u einer 2Bci«fagung auf ba« na^e @nbe 46
be« ^enn (3o 12, 1—11; 3Kc 14, 3—9; 3Rt 26, 6—13). 3lm folgenben läge, einem
Sonntage, bält 3^ bon Set^anien au«, gefolgt bon einer großen ^ilgerfa^ar unb mit
feofkmnanifen bon ber jubelnben 93ol!«menge begrübt, feinen feierlichen ßinjug in 3&ael«
fenig«ftabt, buro) fein SReiten auf einem ßfelßfüflen gemäfe ber äi3ei«fagung ©aa) 9,9
oli meffianifc^er Äönig unb grieben«bringer gelennjeia^net (3o 12, 12—19; -DU 21, 1 bi« w
11; Wc 11,1—10; 2c 19,29-44). ^aa> Sekanten, too er fein Nachtquartier für bie
folgenben 2itge behält, jurüdfgele^rt, bollbringt er am näd&ften läge bei abermaligem
8cfu<fc ber ©tobt unb be« Tempel« bie j)roj)^ettfa)'f^mbolifd)en Sitte ber SSerflucfyung bc«
«ifni^tbaren 5«0enbaum« am SBege fotuie ber (Reiten) lem^dreinigung (3)ct 21, 12 bi«
17; Kell, 12—19; 2c 19, 45-48; 21, 37 f.). 6« folgen fobann, beim 2e^ren im 66
XfltyH am brirten läge, bem 3)ienftag ber 2etben«tood&e, jene bielerlei ©treitber^anb-
hmgen mit SSertretem be« §o^enrat«, bc« ^J^arifäers unb ©abbueäertum«, über toela^e bie
Sfittyrtfer au«ffibrlic^ berieten, unb toela^e in fia) fa^lie^en 1. bie (Erörterung über, 3^fu
«ab be* laufer« SoKmac^t, famt ben bro^1oei«fagenben ®[eta^ni«reben bon ben beiben
Sfynen, ben anfrütyrerifd&en SJeingärtnem unb bem fönialicr/en §od^jeit«ma^le (Sit 21, 00
23-22, 14 ; 2Rc 1 1, 27— 12 12 ; 2c 20, 1—19) ; 2. bie Abfertigung ber berfänglutyn Swgc
b« $harifäeTf(f/üler unb ^erobianer, betreffenb ben 3^n^Br°fc^enr bie ber ©abbueäer, be*
taffenb bie Äuferfte^ung, foh)ie bie eine« t^arifäifd;en ©efei^c«funbigen, betr. ba« bor*
32 3efu* 6f)rifhtö
nefymfte ©ebot, toelc^e lefctere %tfu$ mü ein** ©egenfrage über bie Sßerfon be« 2Refjta«
beantwortet (ÜKt 22, 15—46, nebft $ar. bei 9Karfu« u. Sufa«); 3. bie burefc getoaltige
SBefyerufe eingeleitete abfäliefcenbe ©trafrebe hriber bie tyeud&lerifctyen ©d&riftgele^rten unb
Styarifäcr (SDtt 23, 1— 39; 3Rc 12, 38— 40; Sc 20, 45— 47). 3tuc$ ber nur burt$
öSofyanne« überlieferte Vorgang mit ben tyeibnifäen ©rieben, toeld&e 3efum um «n*
Unterrebung bitten laffen Qo 12, 20—36), ferner bie Begegnung mit ber tyr ©d&erflem
in ben ©otteSfaften legenben 2Bittoe (2ttc 12, 41— 44 ; Sc 21, 1— 4), fohrie enblicfc bie
auf bem Ölberg gehaltene Siebe an einige jünger über bie nafy $tx\t&xun$ be«£emi>el«
unb bie 3ufunft be« 3Renfc$enfo$ne« jum ©erid&te (2ttt24, 1—25,46; üRc 13, 1—37;
10 Sc 21, 5— 36) fqmt ber biefer oratio eschatologica gefolgten letztmaligen Vor^erfagung
feiner balbigen Überlieferung jum Äreuae«tobe (ÜKt26, 1. 2) — auefy bie« alle« tmrb al«
bem genannten Dienstage ber 3tobe«h>oc9e angefyörig ju betrauten fein. 9lad& Verbringung
be« Smtttoocty« ju Vetfyanien in ftißcr gurüdfgcjogenfyett mit ben ©einen — bon tarieren
aber gerabe um biefe geit 6iner für ba« feiten« ber $einbe tym gebotene fönöbe ©ünben*
13 gelb jum Verräter an ibm Wirb (5Dlc 2, 10f.; 2Rt 26, 14; Sc 22, 3 f.) — entfenbet 3efu«
am folgenben £agc frü$ $etru« unb Spanne« nad& ber ©tabt jur VefteHung be« legten
3JtaI?le«, ba« er mit feinen Jüngern ju galten toünfc^t. $u tym, too^I einem anttjijrierten
Sßaffatymatyl, in ber J*>tm unb Drbnung ben folennen ^ajfa^mabljeiten gleicfcenb, aber
einen lag bor bem gefefclid&en Sennin be« 14. SRif an gehalten (»gl. unten VII, c), läfct
20 er ftd^ am Slbenbe be« 3)onner«tag« mit ben gtoölfen nieber. Von ben ebangeüfdben
Sendeten über biefe bem Veginn be« Seiben« unmittelbar Vorausgegangenen feierlichen
2lbfc§ieb«ftunben bertoeilen bie ftynoptifcfyen bonug«tocife bei bem bie Sinfefeung be« ntn*
teftamentlid&en Vunbe«mafyle« ober £errenmale« Vetreffenben (f. b. 2. „Slbenbma^l", I,
93b I, 32 ff.), ber be« Pfanne« teil« bei bem einleiteten fombolifd&en 3Kte ber $u|*
25 toafctyung, teil« bei ben längeren 9Katyn*, Iroft*, Vergiftung«* unb @ebet«reben, toomit
ber £err na$ bem -ötofyle fi$ bon ben ©einen berabfegiebete. 3>n ben auf bie flenn*
geic^nung unb bie (Entfernung be« Verräter« toäfyrenb be« SWatyle« bciüglictyen Angaben,
be«gleicfyen auc§ in tyren ^Mitteilungen über bie Vorfyerfagung bon $etri Verleugnung,
begegnen fidf> ade bicr ebangelifd&en ©rjätyler (bgl. überhaupt 3° 13/ 1—17, 26; 3Mt26,
30 17—35; 9Wc 14, 12—31 ; Sc 22, 7—38). 6« folgt ba« hinübergehen natfc ©et&femanc,
ber ©eelenfantyf bafelbft (berietet nur bon ben ©tynoptifern, bon So&anne« übergangen
— bgl barüber Sufyarbt, Äurggef. ftomm. g. 3l%\ II, 122), ba« ylaf)tn be« Verräter«
mit ber ©cfyar ber Jpäfdjer unb bie ©efangenna^me $efu, toäfyrenb ber bie jünger tyn
bcrlaffcn unb boU ©freien« entfliegen (So 18, 1—12; sJ)tt 26, 36— 56 ; sJI)Jc 14, 32 bi«
35 52 ; Sc 22, 39—53). ffiäfyrcnb 3^fw« juerft bor bem älteren §ol>ent>rieftcr §anna«,
bann bor beffen ©d^toiegerfo^ne Äai^^a« betört unb al« ©otte«läfterer jum $obe ber-
urteilt loirb, mad;t $etru«, ber jufammen mit ^o^anne« tym in ben §of be« tyotyen*
priefterltd^en ^ßalafte« gefolgt ift, au^ 2lnlafj mehrmaliger neugieriger %xaQtn ber Wiener*
fc^aft ftd^ ber breimaligen Verleugnung feine« §eilanbc« Wulbig, bie biejer felbft i^m bor«
iotyergefagt l^atte (3o 18,13—27; 3Kt 26,57—27, 1; 9Rc 14,53— 15, 1; Sc 22,54 bi«
23, 1). 3efu« toirb bann frity bor Sage«anbru(^ in« Sid^t^au« ($rätorium) gebraut,
bamit ber römijctye ^Jrofurator ^Sontiu« $ilatu« ba« über tyn gefaßte 2obe«urteil be«
©anfyebrin beftätige unb boüftrecfe. 9lad^ längeren Verfyanblungen, ibä^rcnb bereit 5ßilatu«
ben unfcfyulbig Vefunbenen auf me^rfad^e SBeife, u. a. au$ burc^> feine £inüberfenbung m
45 bem gerabe in3«ufalem antoefenben $erobe« änti^a« (sJ)tt 27, 12— 14; 2)lc 15,4.5; Sc
23, 5—12), umfonft gu retten berfud^t, giebt ber d^arafterlofe SBüftling unb g^igling ben
2Bünfd&en ber tobenben SKenge enblicfy nac^. (£r fpric^t, unter gleichzeitiger greigebung
be« SWaubmörber« ©arabba«, über %tfum ba« 3:obe«urteil unb erteilt Sefe^l ju fofortiger
VoUftrecfung biejer ©entenj mittel« Jtreujigung (f. 3o 18,28—19, 17; 3Kt27,2— 31;
60sJ)tc 15,1—20; Sc 23, 1—25; bgl. bie oben angeg. Sitt. über ^ilatu«, bef. §ö^ne unb
gürer). SRad&bem ber bor^er fd^on gegeißelte unb btelfacfc gemi^anbelte ^err fein Hreuj
ixim Seil felbft auf bem SBege na$ ber Sid^tftätte getragen, gum Steil bun^ ben Gtyrenäer
©imon bie befc^ibcrlic^e Saft abgenommen befommen ^at, erfolgt am greitag, Vormittag
gegen 9 U^r, 3lnnagclung an^ ilreuj auf bem §ügel ©olgat^a (b. i. ©d^äbel, nid&t eigentlich
55 ©q^äbelftätte) inmitten $tocier Slaubmörber, beren einer i^n inmitten ber £obe«qualen
läftert, toä^renb ber anbere reuig unb bertrauen«boH feine ©nabe anruft unb feine 3ufagc
baß er mit il^m in« ^}arabie« eingeben toerbe, erhält. SBa« ber ©efreujigte fonft toä^renb
feine« ungefähr fec^«ftünbigen fangen« am sJJiarter^fal;l bi« gum ^Eobe rebet — bie fog.
fieben SBorte am Ärcujc — finb SBorte teil« ber gürbitte für feine grinbc, teil« ber
60 liebenben ©orge um feine am guße bc« Äreu^e« fte^enben 3lngel)örigen, teil« ber bitteren
$efit* Slptftit* 33
ftlogc Ober feine leibliche unb geiftlid&e SRot, teifö enblia) beä fiegeSfro^en SBerfünbigenS
be* SbfölufjeS feiner ©rlöferfaufba^n. Um bie neunte ©tunbe erfolgt ba$ 93erfdjeiben
beä bur^ bie fcarte @$ule be$ fieibenägetyorfamS $inburd&gegangen unter bebeutfamen
Shmber^eic^en ber mtttrauernben Schöpfung, freiere auf bie jufd&auenbe SKenge einen
erföättentben ßmbruef hervorbringen unb bem Hauptmann ber jufc^auenben ©olbaten* 6
toadft ba£ a^nungStootte SefenntniS t>on ber ©öttlicf/fett beä unfd&ulbig Eingerichteten
abnötigen (3o 19, 17—30; 9Kt27, 31—56; 9Rc 15, 20—41; 2c 23, 26—49). (Über
bie fotexiologtf^e Sebeutung be$ $obe$ $efu f. b. 31. „33erfitynung").
VI. <Die äuferftetyung unb §immelfabrt 3*fu- — ©egen bie 93 c f t r c i =
tung ber fcuferfte&ungSt batfadje bureft Strauß, SRenan 2C.: @b. ©über, Die SfjatfäaV 10
li^feit ber «uferftebung ßljrifti unb beren »eftreitung, »ern 1862; $aul, Die gefd»c£)tlid)e
Beglaubigung ber ttuferftefmng: 3ro$Ö 1863; berfelbe, Die »ebeutung ber Sluferftcljuttg : Rb%f)
1865; fBiüib. »et)fd)lag, Die Stuf erfte (jung 3- ©§r. u. i§re neuefte »eftreitung in ©traufe' ß. 3.,
»erl. 1865.
Qkgen bie »iftonSjjüpotbefe (uon fcolften, ©d)enfel, Steint, ftofjbad) k.): #.©ebl)arb, 16
Die Suferft. 3- §()*• unb ttjre neueften ©egner, ©otf)a 1864; ßubioig ©c^ulje, Da§ 3eugni$ beS
üpoftelä $aulu$ uon ber $fuferftet)ung be3 Gerrit, gegenüber ben 9lnfirf)ten oon 6d)entel
unb Straufc: »ero. be* 91. 1866, ©.32 ff.; XI}. ©reiner, Die «uferftebung S.fcfrr- nad) ifrrer
£iatfä*li*feit unb »eb. für bie ©emeinbe, ßarlSru&e 1869; 93&. »enfd)lag, Die »ifion§f)t)po--
ttjefe in ifcrer neueften »egrünbung: %f)<St$t 1870, I. IL- $erm. 8cbmibt, Die SCuferft. be8 20
fcerni, 3bXb 1872 u. 73 (aud) in f. Sammelf djrift : ßur fe^riftologie, »erlin 1892); Stein-
meipr, Die ÄufcrftebungSgefd). beä £errn in »ejug auf bie neueftc Äritif betrautet, »erlitt
1871 ; berfelbe, Die (Sbriftopbanien be3 »erberrlid)ten (Sbriftologifcbe »eiträge, III), ebb.
1882: 3iü(ing, Der $err tft mabrljaftig auferftanben, Dreäben (1884); (5. Scfclottmann, Die
Cfterbot|d>aft unb bie »Ifionälmpotbefe, ^atTe 1886. 26
®egen$&etjfäcfer*»ifion3tbeorie (im ^^Cpoft. Settaltcr" 1886 u.92): (£.©. Steube,
Die »erteibiguug ber fluferft. 3- (5^r. : £f)St# 1 887, II ; berfelbe, Die Huferft. 3. (Sfjr. ; eine fuftor.
UntcrfuAung f. b. ©ebilbeten, fieipjig 18&8; berfelbe in f. (Soang. Wpologetif (©otba 1892),
6. 238—306; $. $>«fr $*r auf 1 Äor 15, 3-8 unb ein pneumatifd)e8 @d)aucn geftellte
•runbbau Ä. »eijfäcferd in beffen 91p. 3eitaiter auf feine fjeftigfeit unterfuti&t : %f). ©tubb. 30
au« Württemberg 1888, IL »gl. Wbenel) (unten bei ber engl, fiitt.).
Äeucftc »erfuefte jur »egrünbitng ber »if iond^tjpotftefe: Jl). florff, %k
Kuferfte^ung tt. Himmelfahrt unfereS ^errn 3- Sörifti, unter bem ©efidjtSpunft einer genauen
UnterfdKibung ber ü6crfinnlid)en ©laubenö* unb etnpir. ©efdjicfjtStljalfadjen neu erörtert
(2J)efte)f ^aüe 1897; ©. (Stf, Ueb. bie »ebeutung ber 9luf. 3ofu f. bie llrgcmeinbc unb für 36
im« (fcefte j. c^r.Selt 9ir.32), Seip^ig 1880; $aul JRo^rba*, S)ic öcricble über bie «uferft.
3. 5br., »erlin 1898 (gegen it)n bef. »et)fd)(ag: STöSt^ 1899,111, unb ^iggenbarf), Xf).2itt.*
«eriebt 1899) ; ©. »rücfner, 3)ie »eriebte über bie ttuferft. 3- ©t)rifti, ^roteft. Monatshefte
1899, 6. 41 ff. 96 ff. 153 ff.); ©tapfer, La mort etc. (f. V); ogl. $ooel)S ffritif (f. unt.).
92euefte »erteibigun^en ber leiblidjen 9lufcrftebung: SRub. ^ofmann, ©aliläa 40
auf bem fclbeTg, too^in 3« f Sünger nad) ber Sluferft. befa^ieb, fieip^ig 1896 (ogl. unten im Xejt);
%. »itter, $ie «uferft. 3. ß^r., güria^ 1897; ®. ©oblenberg. 3efu 9luferfte(jung oon ben
toten, ©djmerin 1897; 3f. fioof«, Die «luferftebungöberia^te unb ibr 3Scrt (^efte 5. cftr.«3elt,
Ar. 33), Seidig 1897 (oermittelnb jroifc&en oifionfirer unb leiblicher Deutung ber Grfatyi'
nungen bed Äuferftanbenen, jebodj übertulegcnb ber lef t. ^luffaffung jugencigt) ; 3R. 9?eifa^(e 46
tmb %f). ^firing, ©laubenSgrnnb u. «uferftefjung : 3S&JH897, ©. 171 ff 33t ff.; ebb. 1898,
6. 199 ff. 468 ff. (beibe äfinlid) roie ber »orige); (Sb. 9?iggenbad). Die Ouetlcn ber ?lufer-
itet)ung*erfd)cinungen, mit bef. »erüctfidjtigung be§ ©diaupla^ed ber @rfd)einuugen: in ber
eammclfcbrift ,«u« ©dnift unb ©efd)id)te", »afel 1898 (©.109-154); Xb. 3Rcinbolb, Die
40 Zage im fieben bed 9luferftanbenen ; & ©urt^arbt, Die 9luferftebung beö £errn, 50
•ottingen 1899.
Äu* ber neueren unb neueften auSlänb. fiitteratur : ». g. sBeftcott, TheGospelof theRe-
«urectioD, fionbon 1866 u. b\; 3B. TOnigan, The Res. of Our Lord, ebb. 1881; 4. ed.
1894; ftrnnebl), The res. of Our Lord an hist fact, ebb. 1881 ; 5B. 5. ?lbenel). Weizsäcker
od the resurrection : Expositor, Äuguft 1893 : 3B. ©utd)ing8, Nature of the resurr, of the 56
body of Christ: Biblioth. Sacra 1895, p. 708 ff.; H. ©rigbt, Some New Test, problcms,
Üotibon 1898, bef. p. 147 ff. • 3. 9Ward)ant, Theories of the resurr, of J. Chr., fionbon 1899.
»gl. Sanbaü in v^ftingd biet. 1. c. — g. ©obet, La resurr, de J.-Chr., beutfet) burd)
J. 6töter. Hamburg 1870; 3. «. dorret, Jesus-Christ est-il resuscit^? ®enf 1899; Vlloar
(»ort), Stapfer on the resurr, of Christ (im Amer. Journ. f. Theol., July 1900). go
Uebcr bie Himmelfahrt bcö Gerrit: Ä. £>. ©rcoe, Die^immelf. unf. $). 3- &br-f oer*
frtnben nacb ibrer mabren ©e[cb. unb ficfjre, ^annouer 1868 (nimmt ein mehrmaliges ©cn*
bütmelfabren be« ^errn an); SRiefer, Gfjronol. »crbäitniS oon 91uferftef). u. £>immelf. 3cfu :
t».6tubb. aud SBürttemb. 1886, .&. 4 äbnlid) toie ber »orige); 3:^. Äorff a. a. C. (ibenti*
Sjiert roefentl. Äitferft. unb ^immelfabrt); ©. $>oelemann, %e\u $)immelf. nacb ber bibl. ©e* «i5
(•■ubarfleflung: in feinen „fie&ten »ibelftubienM, fieipjig 1885, SKr. 10; ». (»rafe, Der
•tt(*#ac»no»abl€ ffir ^coIoqU unb fiir^t. 3. 9t. IX. 3
34 3efuS OtyriftaS
6rf)(u6 be« SuMctmng.: XfcStÄ 1888, III; 3»cffer, 3u WäM, 1— 11 (in ©trocf-Sbrflcr
tfur*gef. tfomment. * 1894, 8. 172-174); SB. Fölling, 5)ie fcimmelf. <£&rtfti; <£t>ang. «8
1898, ©. 325 ff.; 9H. 9Ri(ltgan, The Ascension of Our Lord (Baird Lecturea), Sonbonl891;
©anbaty, 1. c. (p. 40 f.).
5 2)cn mit Setoilligung be« Sanbpfleger« föon am Slbenb be« Sobe«tage« Dom ftreuge
fyerabgenommenen Seidpnam be« $crrn beftattet ber fromme Statten: 3&W ^on ärhnatyia,
unterftüfct fcon Stöfobcmu«, in einem iljm gehörigen 3|elfengrabe nalje ber Jtreu)tguna&
ftältc, beffen 93erftegelung unb 93eh>ad&ung burcfy einige römifd&e Ärieg«lnec&te nadfox
spilatu«, fceranlafct burcty bie £o$enrat«mitglieber, tocrorbnet (2Rt 27, 57—66; So 19,
io31—42; 3Rc 15, 42—47; Sc 23, 50—56). 311« am frühen SDtorgen be« britten Sage«,
eine« Sonntage« (jiia tcov oaßßaTcov 9Kt 28, 1 ; 2c 24, 1 ; fcgl. üRc 16, 1 fotoie
31© 20, 7 ; 1 ftor 16, 2), mehrere galiläiföc grauen au« ^efu 3ln$ängerfd&aft, inSbefon*
bere 5Raria 9Kagbalena, mit ben jufcor fd&on getauften ©))e&ereien jur (jinbalfamierung
feine« Seid&nam« jum ©rabe fommen, finben fic ba«felbe geöffnet unb leer. 6me @ngd*
15 erfcfyeinung toerftänbigt fte über bie gemäfc ben öfteren SBorfyerfagungen be« §erm erfolgte
Sluferfte^ung be«felbcn, bon freierer bann aui) bie burefy ÜJtagbalena herbeigeholten äjwftel
$ctru« unb Joanne« beim StnblidE be« offenen unb leeren ©rabe« [\d) überzeugen (9Rt
28, 1—8 ; 3Hc 16, 1—8 ; Sc 24, 1—12 ; $o 20, 1—10).
£)ie X^atfäd^Itc^feit be« lebenbigen SBiebertyerfcorgegangenfein« be« gefreujigten §cU
20 lanbe« au« feinem ©rabe toirb bezeugt burc$ eine SÄci^e hmnberbarer Srföemungen unb
©clbftbejeugungen („ßfyriftotoljanien", fcgl. ©teinmetyer a. a. D.), toelctye ben Jüngern
einerfeit« bie ^bentität ber Seiblic^feit, in toelctyer ber #err nunmehr fic$ jetgt, mit bem
auf ©olgatfya gefreujigten Seibe, anbererfeit« ben beginnenben Übergang berjäben in ben
3uftanb fyimmlifctyer SSerflärung ju erlennen geben unb Verbürgen. ®er Sluferftanbene
25 crföeint juerft ber beim ©rabe jurüdfgebliebenen 9KagbaIena, bann im Verlaufe beäfelben
Sage« bem $etru« (Sc 24, 34 unb 1 Äo 15, 5), am Nachmittage jtoeien na% bem
ftlecfen (Smmau« toanbernben Jüngern, fotoie am Slbenbe ben fcerfammelten ©ilfen (mit
3lu«na$mc be« 2^oma«), benen er Seioeife t>on ber Seibtyaftigfeit fetner @rfd&emung ge*
toetyrt unb bie ®etoij#cit be« natyen ©eifte«emj)fange« jum Sergeben unb 33e$alten ber
jjo©ünben Verbürgt föo 20, 11—23; 3Jtt 28, 9 f.; SRC 16, 9—13; Sc 24, 13—43). 9tyt
Sage faäter, alfo am näd&ftfolgenbcn ©onntage, erfd^eint ber^err ben nod& in ^erufalem
toeilenben Sfyofteln, bei benen bie«mal aud& S^oma« ftd^ befinbet, normal« ; er nötigt jefct
auc§ biefem bi« bafyin nod& jtoeifelnben 3ün0CT e'n ftaunenDe« Sefenntni« be« ©lauben«
an bie SBa^eit be« 2luferftefyung«tounber« unb an bie göttlid&e §o^eit feiner $erfon ob
J55 (3o 20, 24—29). g« folgten toäfyrenb ber 40 Sage bi« jum Sage ber §immelfabrt
nod& mehrere ©rfc^einungen be« äuferftanbenen : eine t>or fteben Sw^B0^ am ©w Stbe«
ria«, toobei ber burefy feine Verleugnung fc^toer gefallene $etru« feierlid^ in fein Xpoftel«
ami toieber eingefe^t tourbe ($0 21, 1—25); eine bor ^afobu« bem ©ersten, bem
lange 3«t ^inburd^ ungläubig gebliebenen Sruber be« £errn (1 Äo 15, 7); eine fcor ben
40 ©ilfen unb einer jja^lreic^en 3üngerfdS>ar — t>iellei$t ben me^r al« 500 Srübern, toobon
1 Jto 15, 6 bie $ebe ift — in ©aliläa auf einem Serge, too ber Sefe^l jur J?tebtgt
be« @toangelium« unb jum Saufen aller SSölfcr erging (9Kt 28, 16—20 ; öal. 9Kc 16,
15—18). 3ln eine le^te (Srfd^einung be« §errn bor ben berfammelten 3tyofteln auf bem
Clbergc bei ^crufalem, too bie na^e 3lu«gtc6ung be« ^eiligen ©eifte« al« ber ©otte«(raft
15 jur Se^eugung be« @fcangelium« unter allen ©ef^lcc^tern ber ®rbe üerl^ei^en totrb, fc^lie^t
fid; feine feierliche §inaufna^me gen Fimmel al« fictytbare« 3e^en fe^na St^ö^ung jur
Steckten ©otte«, loofelbft er immerbar thronen unb Don too er einft toieberfefyren toirb m
tocltrifyerlid&er ^errlic^feit (31© 1, 3—9; fcgl. Sc 24, 50 f.; 3Jlc 16, 19).
$ie eöangeliftifd^en 3eu9niffe für biz S^atfac^e einer realen unb leiblichen SEBieber»
50 erioedfung 3>efu öom Sobe erfc^einen alfo ergänzt unb berftärlt burd^ ba« apojlo*
lifc^e 3^0*1^ ^ßauli in 1 Äo 15, bem ftc^ aufeerbem noc^ bie toieberl^olten 3lu«fagen ber
tiägivQeg Avaatdoecog in ber 31© 3, 13; 2, 32 ff. ; 4,10; 10, 40 f.) unb anber*
toärt« (befonber« 1 $tr 3, 21 f.) fyinjugefcllen. ß« giebt nic^t« ©etotffere«, nidj^t« rew^«
lieber unb ftärfer im 9?S unb in ber gefamten urd&riftlid&en Sittcratur Sejeugte« al« bie
55 X^atfad^e, ba| bie gefamte ©d&ar ber Sl^oftel unb übrigen ^m^x 3efu fc^on balb
nac^ beffen Heimgang auf« feftefte Don feinem ßrftanbenfein Dom Sobe überzeugt toar
unb blieb.
(Sine (Snttoertung biete« Dielftimmigen 3cu8niff^ ^ d^riftlid^en Urgefd^id^tc be^uf«
3(njmeiflung ober Völliger Slbleugnung ber 3luferfte^ung«t^atfad^e ift feiten« ber neueren
oo Äritif ^au^tfäc^lid^ auf ^toeierlei SBeifc toerfuetyt toorben. 3u,^^f*
$efn* gljriftas 35
1 . bur$ bie $tyj>ottyefc eine« nid&t fcollftänbigen Übergegangcnfein« be« ©efreuaigten in
tat Zobedniftanb, f o bafj beffen Sluferftefyung al« ein Sßieberertoad&en au« bem ©cfyeintob
ober ©tamrampf gu gelten fyätte. Diefe©d&eintob = 3^eorie — - mit ber fculgärrationali*
jtijcfcn SRetyobe ber §inh>egerflärung ber SBunber auf natürlichem Sßege unmittelbar
batoanbt — tourbe fotoofyl in ber beim älteren 3iationali«mu« beliebten gaffung hrie in b
ber ettoa« geriefteren unb minber plumpen ©$leiermad&er*3tütenif« (S. 3- 1864) burdfr
Straufc (1835 unb bann hrieber 1865) einer toernid^tenben Äritif unterzogen unb al« un-
moglty barget$an. Sie ift aud& in jener borfictytigften unb unanftöjjigften Raffung, toeld&e
$afe (©eftfc. ^. 1876, ©. 600 ff.) ifyc erteilt tyat, unburc^fityrbar ; benn gefe§t, bie aufeer*
orbcntli$c $eufraft gefu ty&ttt — tute #. toill — bem au« feinem tobe«äfynlic£en 3"s 10
ftanb im ©rabe SBieberertoactyten e« möglich gemalt, „mit burctybofyrten #änben ben
®rabe«ftem toegjutoäljen unb mit ben toa^rf$einli$ burdjbofyrten $üj$en umfyerjugetyen"
(6. 602), fo toürbe bod) auf ein berartige« SJerlajfen be«@rabc« nimmermehr ber 9tame
„Äuferftefcung" Dorn lobe antoenbbar getoefen fein. Die jünger Ratten fic$, toenn fte Dom
§errn al« bem gürjten be« Seben«, bem ©ieger über $ob unb §abe« w. rebeten, einer ib
tounberlictyen Übertretung fd&ulbig gemalt ; unb an ein fd&liefelictye« ßingefyen bc« nur mittete .
einer aufcerorbentltcfyen Kraft irbifd^er 2lrt SBieberbelebtcn in ben fyimmltfd^en SSerflärung«*
piftanb tonnte nietyt gebaut toerben; e« müjjte ftatt ber Himmelfahrt (mit §., ©. 610)
als beftmtfoeS 2eben«enbe be« §erm ein gefyeimni«bollc« Mbfcfyiebnefymen be« £errn bon
ben Jüngern, um irgenbtoo „feiner irbifäen^tiHe ein geheime« ©rab ju geben" angenommen 20
toerben, Die UnboUjtetybarfeit einer derartigen Slnnafyme, tyre gänjlid&e Unbereinbarfeit
mit bem #eil«glauben ber Styoftel, namentlich au$ mit folgen Jjeugmffen berfelben tüte
1 $tr 3, 18 f. (öavaTay&eis fxiv oapxl, ^oyonoiYj&Eiq de Tivsvßiari xrX.), Qfyfy 4, 8 ff . ;
Hol 2, 15 ff. u. f. f., bebarf feiner näheren Darlegung. 6« gilt bie«, toie gegenüber ben
bdben £tcr auöbrüdHtd^ ^erborgetyobenen SKobifilationen ber ©c^eintob^pot^efe, fo gegen- 26
über jcber fonfügen au« älterer ober neuerer 3eit (f. überhaupt bie ©teubefäen 3lu«füfc
rangen, namentlich „Styologetif" ©. 249 ff.).
2. Die 35 i f 1 0 n « * Styeorie tyat feit SDtitte unfere« Safyrfyunbert« *>& eben betraf
teten älteren SRtoalin faft überall ben Slang abgelaufen, ©ie übt eine faft unbejcfyränfte
§errföaft über bie Äreifc be« heutigen tfyeologifcfyen 2iberali«mu« au«, unb jtoar bie« fo, 90
bafc Don ben am toeiteften nad^ linf« DorgerüdEten SSertretem bc«felben ba« toiftonärc ©e=
f^auttoerben e^rtfti feiten« ber 3*^8** al« ein blofe fubjefttoe« gebaut toirb, »oä^renb
bet gemäßigtere 2iberali«mu« bie Grfc^einungen be« 3luferftanbenen auf objettiüe, b. ^. in
gettriffem ©inne reale unb bon ©Ott getoirftc Stauungen ober 33iftonen jurücf^ufül^ren
fuc^t Die erftere 9Robififation läuft toefentlidS> barauf ^inau«, ben Slufcrftefyunglglauben 35
ber $Jm%ct al« au« ©elbfttäuföung ober SBäa^nborftellungen (§aHucinationcn) berfelben
cttoa^fen barjufteßen ; fo Stemm, ©traufe (1864), §. 2ang, §au«ratfy, ßolften; im toc-
(mtli^im aud? ß. Stoalb (»b VI feiner ©eic^ic^te bc« 3Slf. 3«r., 3. Slufl. 1868, S. 60
bö 104). — Dagegen be^au^ten bie Vertreter ber objeftitjen aSiJion«t^eoric eine, totnn
wdfi leibliche, bo<$ geiftige Slealität ber ©elbftlunbgebungcn be« m ^öl;erer Dafcin«form 40
fwäebenben ß^rifhi« an bie ©einen, ß^riftu« ift nad& i^nen gtoar nid^t leiblicfyertoeife,
aber boc^ im geiftigen ©inne real auferftanben, um al« unficfytbare« $a\xpt feiner ©c-
meinbe fortzuleben unb ju regieren; bie Don i^m in ber ©4>ar feiner jünger gclüirften
Stfionen fmb hrirflic&e, totnn aud^ nur innere SBunbcr, ec^te, gur ©runblegung be« Steige«
5^i bienenbe ®otte«t^aten, toa^re Äunbgebungen bc« ersten öeilanbe« an bie ©einen, 46
gta^fam „Telegramme au« bem ^immel" an bie Äinber ©otte« auf ber Erbe. ©0 be*
(onbet* Äeim, »lej. ©d^toeijer, auc^ $. So^e, SSJet^fädfcr (% 3eitalter 1886 unb 1892),
§ol!mami, S. ?Ppeiberer unb noc^ neueften« ä. M^iHc. 9?ac^ bem Sogenannten (J6s.
de Naz. II, 478) $at 3efu« in ber Zfyat über ©rab unb Tob geftegt, jeboc^ nur innere
lu^ttoeife. „J€sus a triomph^ de tous ses ennemis dans le cceur et la con- 50
science des siens, voilä le fait ine*luctable. Si les visions des premiers disci-
pies ^taient imaginaires quant ä la forme, elles n'en contenaient pas moins
wie haute vSrite" etc. äBefentlid^ fo auety sBt. Seijc^le in feiner burefy ben „gatt
»eingart" beranlafeten Stb^anblung über ben ©egenftanb in ber „61?riftl. SBelt" 1900,
(|. bogegen: „Der neuefte ©treit über bie Sluferft. X ß^rifti" aeSÄß 1900, 5Hr. (if.). 55
8<ibe Xfcorien, bie objeftibe h>ie bie fubjefttoe 3luffaffung be« bifionären ©d^auen« ber
$mfJCT, fmb übrigen« boc^ nur grabtoeife, nid^t eigentlich ber ©ad&e nac^ berfc^ieben. Unb
w ber einen toie tn ber anberen 3öffun9 finb fie unvereinbar mit ber toeltgejcfyictytlicfyen
Zbatfa<^e, bafe av^ bem 3luferfte^ung«glauben berälpoftel nic^t tttoa eine Vorübergej^enbe,
tytiQ toieber erlogene religiöfe Erregung hervorgegangen ift, fonbern eine bodftänbige en
3*
36 3efn3 <£fptftu*
5Reugeburt bc$ SeifteSlebenS bcr SWenjd^eit, bic SKufricfytung eines SReid&S ber 2Bafy#ett
unb bcr Siebe, beffen (Steg über bie entgegenftetyenben 9Käd&te gewifc ift unb beffen etoige
3)auer feinem 3toetfel unterliegt. SKn ben fircfyengrünbenben SBirfungen unb bem Weit*
Wicbergebärenben ßfyarafter be$ ©laubenSlebenS ber Stooftel fd&eitert bie $ifion$ft#>ot$ef*
s in jeber tyrer feitfyerigen SluSprägungen unb in jeber ©eftalt, bie fte etwa fünftia tu>#
annehmen bürftc. Vergeben* tyat man ben neuteftamentlicfyen SluSfagen felbfl getoifie 8ta*
beutungen ju©unften biefer S^eorie abzugewinnen gefugt, fyat man inäbefonbere $aulu£
als angeblichen apoftolifd^en 3^9™ fü* biefelbe in$ gelb geführt. 3)en namentlii^ bon
2öei$jäcfer fyiefür angeftrengten 93emüfyungen, bie ftd^ auf eine eigentümlich ftriritua*
10 liftifd^e £pQ<bc ber #auj>tftelle 1 Äo 15, 3 ff. ftüfcen, ift entgegenzuhalten (bgl. Setf unb
Sloenety a. a. D.): 1. ein nur geiftlidjeä Stauen fann bur$ ba$ Wtebcrfyolte afynify
jener ©teile unmöglich auägebrüdft fein, fo geWifc als, bem gangen 3ufammen^ang bei*
felben jufolge, nic^t ba3 „©cfctyautWorbenfem" ober ©rfäienenfein G^riftt, fonbern fein
SluferWcdftfein bom $obe (iy^yegrai) ber ^auptbegriff ift, um Wellen e$ fu$ fyanbelt;
16 2. baä in ber Slufeäfylung niept Weniger als fed&gmal Wieberfetyrenbe äxpfy Weift auf
fecfyS beftimmte Vorgänge gefd^tltd&er Slrt tyin (nämli$ auf bie (Srfd&einungen ßfyrifti
bor $etru$, bor ben 3^ölfen, bor „mefyr benn 500 Srübern auf einmal", bor gafobuö,
bor allen Styofteln unb bor $aulu£), Wobon bie fünf erften unmöglich anbetö benn alä
äußere Gljrifto^anien Dom Styoftel gebadet fein tonnen — Weäfyalb anq ba$ fechte 6reig=
ao nte : bie 6l?rtftoj>l)anie bon 3)ama3fu3, im gleiten äußeren Sinne berftanben Werben mufc ;
3. auefy bie auäbrücflic^e SrWäljnung beS 93egrabenfein$ ßtyrifti (hdqn), 23. 4) Verbietet
bic 3lnna^me, bafe $auluä in ber ©teile an ein blofc geiftigeS SBieberaufleben unb Sr*
flehten be$ £errn gebaut fyabe ; 4. feiner ber fonftigen paulinifetyen SluSfprüctye, toek&c
bie SBerteibiger ber SSifionSttyeorie ju ©unften berfelben anjufü^ren lieben, beftfct Wirt
25li$e 33eWeiSfraft, Weber ©a 1, 36 (Wo ba3 änoxakvxpcu rbv vlov avzov & i/un,
felbft tomn man e$, Wie gewitynlic^, mit „. . . . in mir ju offenbaren" überfefct, boeb
feine Segie^ung auf ein blofc inneres (Srlebnte beä &l>oftcfö als notWenbig ergiebt), noq
SJtyil 3, 21 (Wo baä od>fia irk döfyg bon 3Bei$fäcfer rein WiBfürlid^erWeife ald ©egen*
geugnte gegen ben Wirfhc^en ScibeSdjarafter bon G^rifti 2luferfte^ung«Ieib )u berWenben
so gefugt Würbe). SSielme^r ergiebt 1 Ro 9, 1 (o^e 'Irjoovv r. xvq. fjp. £a>gaxa) ju^
fammcnge^alten mit 1 Äo 15, 8 aufä bcutltd^fte unb unWiberleglic^fte, ba^ ^Jauluä bte
bei 3)ama«fu^ i^m geworbene 6rfd;einung atö eine ber GtyriftuSerfcfyeinungen bei feinen
2Rtta^ofteIn böDig gleichartige unb gleichwertige betrachtete unb bie bolle ©eltung feinet
SlpoftolatS gerabe barauf, ba^ auc^ i^m ein leibli$e$ Stauen beS §erm ju teil go
35 Worben, grünbete.
Stehen bemnac^ ber aSifione^ot^efe nic^t minber gewichtige (Schrift* unb ®e*
fd^id^t^eugnifje entgegen Wie ber annähme eine^ bloßen ©c^eintobe«, fo bleibt immer*
ijin für bie 3)urcfyfül?rung einer aUfeitig ^ell beleuchteten, bon jeglichem Slnftofe unb 8e*
benfen freien ^iftorifc^en SBiebergabe bc« Verlaufs ber ßreigniffc jWifc^en 3efu äluferfie^ung
40 unb Himmelfahrt manche ©c^Wierigfeit gurücf. 3m ^W«n be« eckten SDlarfu^luffed
(an beffen ©tatt Wir in 3KI 16, 9—20 eine Kompilation fpäteren Urf))rung« unb fetun*
baren ß^aratter^ beft^en) befte^t eine erfte biefer ©c^Wierigfeiten. 3)afe jWei 3ufawmen-
fünfte be^ Sluferftanbenen mit einer beträchtlichen ftafyl feiner jünger laut 3Jlatt^. fowie laut
bem Slnfyang gum 3°^s©ü- a"f galiläifc|em Soben erfolgt fein follen, Wä^renb 2c 24
iö unb 3lo 20 Wenigften^ für bie näcfyfte 3cit nad^ ber Sluferfte^ung feine galiläiföe, fonbern
nur jcrufalcmifd^e 6rfd&einungcn bezeugen, ift eine Weitere ^auptfd&Wierigfeit. 3U $***
Sefeittgung bringt bie 31. §of mannte Deutung bon rakdaia in 3Rt 28, 7. 9. 16 auf
eine Sofalität Slamen^ „©aliläa" auf bem jerujalemifdben Ölberg (f. bic oben ctt Schrift
bon 1896, ber eine ätynlicty betitelte unb äfynlt^en %n\)alt bietenbe früher [2Jteifeen 1856]
50 bor^ergegangen War) eine gWar bequeme, aber boc^ boller SSeWetefraft ermangelnbe unb
mannen Sebenfen unterlicgenbc 2luefunft in SBorfc^lag. ©ine britte ©ctywierigfeit liegt
in bem Umftanbe, bafe foWo^l %o 20, 17 {ävaßaivio ngög tov nai. julov xtX.) al«
a\x6) ber©cfyluft be^ Sufa^ebangeliumö (Sc 24, 51) ein auffahren be^ $errn gen #immcl
fc^»on auf ben Slbenb be$ Sluferfte^ung^tage^ ju legen fc^einen, Womit alfo ein bcinatyigeS
55 3ujammenfaHen bon 3tuferftebung unb Himmelfahrt unb ein 2Biberft>rucfy mit ber 6r*
ftredfung ber ß^riftop^anien über einen 40tägigen 3^traum in 31© 1, 3 gegeben ju fein
fcfycint. Säfet ber ©c^ein biefer 2Biberft>ruc$$, foWeit bie beiben Suta^ftellen in 8etra$t
fommen, fid^ berl;ältnigmä^ig leidet fycbcn (f. VII, D), fo berbleibt immerhin jener an
SMagbalcna gerichteten Slnfünbigung beö atebalbigcn ävaßaiveiv etwa« 3luffaHenbe$.
go ©owo^l biefe ©teile, atö and) £c 24, 31 (baS „SSerfc^Winbcn" be« #errn, nac^bem er
3efit£ <£fptftu3 37
ben (SmmauSjüngcrn erfd&tcnen), beSgleid^en bic eigentümliche 2lrt, toie in täpt} 4, 10 unb
in 1 ^ßtt 3, 22 be3 ©en*#immelfa^ren$ gebaut h>trb, baju bie merftoürbige ©teile Sarn.
15, 9 (togl. unten) feinen bani ni nötigen, tttotö toie ein toteberfyolteS §eimfetyrcn bc$
bereite SSerflärten in« tytmmltjqje sBater&aus ober einen öfteren SBed&fel feiner Aufenthalte
ttmfötn einer fttyeren unb jtotfa^en biefer irbifd&en SBelt anjune^men. 3n **n bem 5
SRafce toie bergletc^en annahmen ft$ afe naheliegend empfehlen, h>irb man einbrmgtiä)
baran gemannt, bafi eS gefyeimmSbotte, über unfer trbifctyeS ßrfennen tytnauSgefyenbe, unb
ebcnbeSbalb auefy in ben biblifd&en Xejten nur fragmentarifd^ überlieferte X^atfad^en ftnb,
um bie e£ fu§ tyier tyanbelt. 35a$ (Seftänbnte eine« Non liquet mujj bei Sefyanblung
gerate biefer ©i$luf$partie ber e&angeKfd&en ©efcbid&te mefyr als nur einmal abgelegt 10
toerben. — Übrigen« !ann unb barf ber bie biblifdjen Duellen unbefangen prüfenbe §ifto=
rifer, fo febr jene Annahme eine« öfteren hinauffahren« be« Sluferftanbenen tym not*
toenbig erfreuten unb fo fefyr er jur ©tatuierung eine« nia^t bucfyftäblicfyen, fonbern fem*
boUfcfcibealen ©tnne« ber SJierjigja^l in 2tp 1, 3 geneigt fein mag, ju einer $rei«gebung
be« 3$atfa$enge$alt« ber ^immelfa^rtöerjä^lung be« £u!a« auf feine SEBetfc bie §anb 15
bieten. D$ne ba« ^aftum eine« legten feierlichen Slbfd^ieb« be« 2tuferftanbenen bon
feinen Jüngern, toie er in ber lufaniföen $erifope ausführlich unb in ÜRc 16, 16—20
förger berietet ift, bleibt beibe« unberftanben : fotootyl bie Steige ber feit bem Dftermorgen
twraufgegangenen Segebniffe toie auä? ba« bon ben 2tpojteIn in ber golge bor toie nad;
ber ®etfte«(ui«gieftung am $ftngftfefte grlebte unb ©etoirfte. 20
VII. 3ur 6^ronologie be« 2. 3. «llgern. Sitteratur. lieber bie Xgovo-
rga<r*ai be« Scjrt. 3ul. Äfrifanu« (geft. ca. 236). foiofe über beffen ältere unb mittcfalterl.
tfadjfolger : £. (öeljer. S. 3. Äfrif . unb bie btjjantin. Chronographie, %l I unb II, 1 u. 2,
2fip$. 1880. 1885. 1898. Ueber bie Gftronif (Xgovixüv ßißlos) be3$ippotytu$: ©eljer Lc.
II, 1 (©.1—23). Ueber ©ippofytS 3)anteI*$ommentar : 93arben&eioer, S)e« &1. $ipp. u.Morn 25
Komment, ». 2>an., ffrreibg. 1877; <S. ©ratle, $ie ßebenäjeit (S&rifti im $an.«ftomm. fcippo«
f*t*: 3»X5 1892, S. 120ff.; 9T. $ügenfelb, ®ic 8eiten ber ©eburt, be«fieben« unb Setben«
(S$rifti na$ $ippol., ebb. 1892, S. 257 ff. unb 1893. S. 106 ff. — Ueber ba« Xgovtxov avr-
rarfta be« fcippotytu« Sbebanuä (c. 650—700): grj. $iefamp, £>ipp. o. fcbeben, fünfter
1898, ©. 56—190 (intereff. SHitteilungen üöer biefen jtoar fpäten, aber üiele« @igcntümlid)e 30
unb manche« Seac^tenSroerte btetenben chrono!. 93er(ucf); ugl. u. im Xejt).
teuere ^rouol. arbeiten umfaffenberer Slrt: ©erf). 3. S^offtu«, De J. Chr. genea-
logia, de annis quibus natus, baptizatus, mortuussit, ?Imftcrb. 1641»; ^)tont)|. $etaoiu«, De
anno nativitatis, pasaionis Christi etc. (in t. II feiner ?lu«g. ber Opp. Epiphanii, Colon. 1682);
fhib. Änger, De temporum in Actis app. ratione, fipj. 1833 ; 33. ^ obi, Ueber bie S)ato 35
1. G^ronol. be« fi. 3. na* bem @ü. 30, Xft@tÄ 1838, IV; 5£. ©tefelcv, e^ronologif^e
ö^nopfi« ber 4 (Jüanag. 2c, Hamburg 1843 (»gl. barüber %!911P, XVII, 6. 102); berfelbe,
Beiträge jur ric^t. »urbigung ber Gdo. unb ber et>. ©ef*., ©ot^a 1869 (bef. @. 76—283);
d. % «a*pari, e^ronol.-geogr. (Sinl. in b. fieben 3. Gfjr, ©amburg 1869; ©eüin, ©öronol.
be«2. 3«f«# 2. Aufl. Tübingen 1874; Sjungberg, Chronologie de la vie de J&us, ^ort« 40
1878; Änt. fiutterbecf. 5). %af)Tt (J^rifti nad) alej. 9lnfaf unb neu. aftronom. ©eftimmungen
1878; (5. S*ürer, 3übif*e @efd). j. 3eit Sefu1. I, fipj. 1890; 3. üon ©ebber, $ur (Sbro^
nolog. be« fi. 3., fünfter 1893 (fat^., überreif an pfjantaft. ^pot^efen, f. 3örflcr, Sü.fl8.
1898, «r. 32); 3. ©effer, 3ur ©Pönologie ber et), ©efd). ^ü@ 1900, I, 27 ff. (gegen üan
Bebbet). 46
8um ®eburt«jaljr 3cfu: 3o. Kepler, De J. Chr. vero anno natalitio, 1606, unb:
Oomm. de vero anno, quo aet. Dei Filius humanam naturam assumpserit, 1614; ©^nöu«,
De Datali J. Chr. die, 1609 ; $. ©anetetnente, De vulg. aerae emendatione 11. IV, 9lom
1793; fr «unter, 3). Stern ber SBeifcn, Äopen^agcn 1827; dl. Wnger, 3). Stern- b. ©.,
Stell 1847. ferner ©umpacb, ©erlad), ffiöfd) 2c. (f. über biefe ßttt.: fi. Scftulie, 6bb. b. 60
t(). ©. I, 2, S.193); 3umpt, 3). ©eburt«ja^r ©ftrtfti, ßp$. 1869; glor. JRtefe, 3). ©eburtö»
l«t>r fftrifti, greibg.. 1880; berf., Koa^mal« ba« ©eburtöj. 3efu (£f)i\, mit ©ejug auf eine
5treitfd)rift ö. S(begg, ebb. 1882 ; SR. S. öour, L'inscription de Quirin et le recensement
de Lac, 9tom 1897; «3. 9R. SRamfa^. Was Christ born at Bethlehem? üonb. 1898 (juerft
i» Exp. 1897, bann in erweit. ©eftalt fepar., fionb. unb Wett)*?)orl 1898 — eine ber mia> 55
ü$tn neueren «onogr.; »gl. Sanbat) 1. c. p. 41 f.).
3«r S)auer be« öffentlichen 9Jceffia3n)irfen3 3efu: ^etaüiuS, Quot paschata
Chr. obierit? (in t II opp. Epiph., p. 203ss.); ^. 3acobt a. a. 0.; ^Dc. 3- &\)an$
im Exp. 1878# Nov.; SR. Stecf, 3um 3o^anne§ fcüang., ©ern 1884; .&. 3)elff, $a3 4. ^u.,
*«fum 1890. go
Ueber lobe^ja^r unb^obe^tag 3efu: 3»>f. Sangen, ©. legten fiebenStage 3efu,
Jreib. 1864 (fat^O; Sfenbera, 3). 2obc8tag b. ^errn. 1868; 0. Wnbre«, D. XobeStag 3cfu:
w». b. $(. VI, 1871; 3. #. «Ibri*, The time of Our Saviours crueifixion, S8oftonl882;
®- SHggtnb<tc$, 3). 3:obe*tag 3efu, XW©(. 1894, S. 601 ff.
38 3cfti3 gljriftos
III. Chronologie b c « S c b c n « Sefu (bgl. bcn 31. „3eitred&nung").
A. @cburt«ja&r unb @eburt«tag. 3ur ßtonittelung be« 3eityunlte« ber ©cburt be«
Acrm al« be« 2lnfang«l>unlte« bcr c^rifttid^cn 2lra fönnen m ber §au}>tfa<fce fec^
5Daten bcr cDangeüfd^en ©efd&id&te al« 3lntyalt«£unfte benufet toerben: 1. 3efu SUter bei
6 empfang feiner Saufe, na$ Sc 3, 23 „ungefähr 30 3a^" betragenb, toa« für bie
@eburt«aeit (laut Sc 3, 1, toonacty ber um toenige Monate ältere Soty. ber Saufer „im
15. 9iegierung«jafyre be« Äaifer« liberiu«" b. i. ettoa 782 ober 783 na$ Storni ©r*
bauung öffentlii ^ertoortrat), ungefähr ba« 3afyr 753 ober 754 ber ©tabt SRom ergicbt.
2tuf biefen Äallul geftüfct, begrünbete 2tbt ©iontyftu« @siguu« int 6. Sa^unbert bie fog.
io fircpdjc 3^^^nun9- SB« cinfeitig unb unftd&er biefe« iöered&nung«l>erfatyren ifi, erhellt
fcfyon au« bem bloßen „ungefähr" (d>ge() jene« 30jäfyrigen älter«, fotoie ferner atö bem
Umftanbc, bafe ba« 15. 3>afa be« SEiberiu« fefyr tooljl au<fe fd&on Dom beginn ber 3Mte
rcgentfd&aft biete« Äaifer« mit Stuguftu«, alfo fcon 765, ftatt fcon 767 na$ SRom« gr*
bauung an geregnet fein fönnte. 3ur ©nnittelung be« ©eburt«tage«, ja felbft nur be«
16 9)tonat« ober bcr Safjreäjeit ber ©cburt bc« £errn fann ba« fcon Sc 3, 23 auSae^enbe
SBerfafyren überhaupt nid&t öertoenbct toerben; lote benn faftifety bie alttird&lid&e Überliefe*
rung betreff« biefer fünfte atoiföen bcn toiberfored&enbften annahmen gefd&toanlt fyat unb
bie jefct üblid&e äuffaffung be« 25. 2)ejember« al« S^rifti @eburt«tag erft feit bem4.3a$r*
^unbert fconSRom au« fi<$ Verbreitet &at. — 2. 3)er SSerf ud&, au« ber angäbe in3o2, 20
20 über bie 46 jährige Stauer be« bur$ §erobc« ben ©rojjen begonnenen SempelbaueS ben
3ettyunlt ber ©eburt be« §erm ju getoinnen, ergiebt lein irgenbtoie ftc&ere« Slefultat
3Kan toeijj &toar, bafe §erobe« ben practytooHen Umbau be« Semmel« in feinem 18. Sie«
gicrung«jafyrc, alfo 734—735 p. u. c. begann, toirb alfo burd& bie 3<*# 46 ettoa auf«
Satyr 780 getoiefen, unb atoar auf bie Dfteneit biefe« 3atyre« (f. $o 2, 13). SÜIem bafe
25 §cfu« bamal« genau 30 &afyrc alt getoefen fei, ober audb ein toemge« barüber, flüfet ftdb
toieberum nur auf bie unbeftimmt lautenbe Angabe be« Sufa«, 5t. 3,23. Unb bieityrif,
mittel« beren man au« ber genannten 3o*©telle ein 46jätyrige« älter be« £errn felber ju
erfetyliefien gefugt tyat — fo &. 33. $feubo*Stö>rian De montibus Sina et Sion (bei
Partei, Opp. Cypr. III, 108); bgl. auety 2lug. De doctr. ehr. II, 28 — ift eine
ao hnlb^antaftttcije ©)>eIulaHon (f. barüber ©iefamj), ß^. bon Sieben, ©. 182 f.). —
3. £cr ©c^aÄung«befe^l (ba« 6enfu«^@bift) be« 3luguftu«, Sc 2, 1, ift gleichfalls faum
geeignet jur ©etoinnung einer feften d^ronologifc^en 93aft«. 2)enn über einen anfertigen
ßrlafe biefer 2lrt, öon toeld^em Suböa, ba« Sanb §erobi« be« ©rofeen, mitbetroffen toorben
fei, ift anbertoeitig au« ber römif$en ©efd^id^te be« augufteifd^en ^eüalterä nid^t« befannt
85 Unb bie t>om 6t?angeliften ($. 2) beigefügte 9loti& über Quiriniu« (Jt^renio«) al« ben
f^rifd^en Statthalter, unter toeld^em bie betreffenbe (Sc^a^ung bodjogen toorben fei, liefert
boflenb« nid^t« irgenbtoie Sraud^bare« jur beftimmteren gijierung be« fragl. 3e^>un^/
ba fte enttoeber einen d^ronologifc^en Irrtum inöolbiert (— Quiriniu« tourbe nwi) go«
jcMud, Antt- XVIII. 1, 1 erjt fed^« 3ia^re nad^ bem Seginn ber A.D., 759 p. u. cv
io ^Jräfe« ber $ro&in& Serien — ), ober burd^ irgenbtoeld&e ^^ot^efe in ©inHang mit ben
fonft befannten Ser^ältniffen gebraut toerben mu^, cttoa burc^ bie annähme einer )h>eU
maligen ©tatt^alterfd^aft bc« Cluiriniu« (3umJ)t, Sergmann, 3Wommfen, £. ®vclad),
2lberlc 2c), ober burd& eine berartige Interpretation bcr äBorte aürrj fi äjioygaqnj TiQojvq
tyevero {jye/wvevovzog rijg 2vgias Kvgrjviov, tooburety benfelben bie Sebeutung eine«
45 vorläufigen ^intoeife« auf ettoa« erft fpäter @rfolgte« erteilt toirb (Dl«^aufen, <£fy>lu&,
Sänge, Äraboe, Sic^tenftein, SBiefeler, ©toalb :c), ober burc^ bie Stnna^me, bafe 3°f«l>M
bei jener 3eitangabc einen ^rrtum begangen tyabe (%f). Rofyn, 3)ie f^r. ©tatttyalterfetfaft
unb bie ©Haftung bc« Quiriniu«, 9«3 1893, ©. 633 ff.). 3)er neuefte unb öieUeidSft
befte biefer SSerfuctye jur ßebung ber ©etytrierigteit ift berjenige iRamfaV« (a. a. £).),
50 iücld^em ©anba^ ft$ angefc^loffcn ^at unb mit freierem aud) 93our (1. c.) im ftefenttic$en
übereinlommt. 3)anad^ ^atte, toa« Serien betrifft, bie erfte grofte ©^ung aderbmg«
bereit« 7— 8 3<*brc borß^r. ftattgefunben ; allein für ^aläftina fei, toegen be« Ärieg« mit
ben ,§omonabcnfern, bie 3lu«fü^rung biefer. SRa®el um mehrere Sa^re t>erf droben toorben,
fobafe fie ]^icr erft 5 ober 6 bor unferer ära, toäfyrenb Quintiliu« Saru« 6ibiUS8ertoalter
55unbJluiriniu«3Jlilitär=©ouberneur ber provincia Syria toar, ftattgefunben babe (anber«
freiließ Saurer, 3üb. @ef$. g. .Reit 3-, I). — 4. 9iätyer jum aeioünfdbten Siele al« bie 6i«^er
angeführten 8lu«Tunft«mittel fd^eint bie Vom 3)ienftc ber $rieftertlaffe Slbia um bie 3eit
ber ©mpfängni« ^o^annt« be« Säufer« (Sc 1, 5) au«ge^cnbe 3}ere$nung«h>eife ju führen.
Mittel« i^rer läftt fid^ — ba bie 24 ^ricfterllaffen, unter loelc^en äbia bte 8. toar,
so toö$cntli$ in 93eoienung bc« Xem^el« abtoed^felten unb man beftimmt toeifc bafe am
3efnö Gljriftoö 39
Sorobcnbe Don ^erufalem« 3crftörun0 kur$ ^^ (9- Ab- 823 p. u. c.) btc crftc filaffe
gojarib tyren 3)tenft antrat — eine früftatyrlid&e unb eine fyerbftlicfye Üfyoty bc« ^afyre«
"ber ©labt 748 (17. bi« 23. Sfyril, ober 3. big 9. Dftobcr) für ba« SBertoeilen be«3ac&as
ria« im Semmel jur Seit, ba tym feinet ©o^ne« ©eburt bur$ ben gngel angefünbigt
tourbe, &erau«ret&nen. gefu ©eburt alfo, toeld&e einige SNonate nac$ biefer ©ngetoertünbigung 6
fktttfanb (Sc 1, 26), toirb auf ©runb fyietoon bem ga^re Storni 749 ober bem 5. ^a^re
bor ber $toityfwnifd&en $ra jugeloiefen, unb jtoar (je nad&bem bie Sngetoerfünbigung an
3a$aria3 a!« im SBtyril ober im Dftober ergangen angenommen ttnrb) enttoeber bem guni
ober bem 2)ejember biefe« %afyx&. 3)er auf ben 3)ejember lautenben annähme foürbe
bie romij^fir$li<$e Srabition auf banfen«toerte 2Beifc beftätigenb entgegenlommen, fall« 10
ft$ trgenbh>et$e ©etoäfyr für ein 3urü<freid&en biefer Srabition btö in bie urc§riftli$e $eit
abringen liege unb faß« bie auf ©runb tyalmubiföer Angaben Don berfetyiebenen teueren
bejtoetfelte 3ftögli$feit eine« Übernachtend bon §irten mit ifyren gerben auf freiem ftelbe
in 3ubäa gegen ©nbe 2)ejember Qk 2, 8) al« burc$ bie Autorität neuerer $a(äjtina*
retfenber, tute Sobler, ©epp ic.f ftd^ergeftellt erachtet toerben fönnte, toorüber bie 2lnfkfyten iö
ba gorfätfr freiließ fd&toanfen. 2Ba« biefe 33ere<$nung«met$obe überhaupt no$ erfc^ioert,
ift ba« geilen beftimmter gefd&id&tlicfyer 3eu0n*ffe barüber, ob bie Reihenfolge ber $riefter*
Haften im Sempelbienfte bon ber Erneuerung biefe« 3)ienfte« unter 3uba3 SWaffabäu« an
bi* jum Untergange be« ^erobierftaated in ftrenger Slegelmägigteit unb ohne Unter-
bre$ungen ftattgefunben ty&t. Seibe 3ä$lung«toeifen, bie bur$ ©caliger berfud&te bon 20
3uba* iDta&abäu« an bortoärt« bi« auf 3a$aria$, unb bie feit ban Sil unb 33cngel aD*
mäjUidf bonug«toeife beliebt geworbene Don Situ« an rüdftoärt« bi« jum SBater be« Sauf er«,
fugen jebmfaQ« auf ber 93orau«fe$ung einer folgen ununterbrochenen 3)auer ber betreffen*
ben ©ucceffionen, liefern batyer nottoenbigertoeife blog prefäre (Srgebniffe, bie für fi$ allein
ab fixere« cfcronologifd&e« ^unbament nid&t bienen lönnen. — 5. 93on erheblichem 2Berte 25
ijl jebenfaD« bie Dom geit^unlte be« lobe« §erobi« be« ©rogen, 750 p. u. c. (nac& 3<>-
fctfpi« :c> au«ge$enbe 93ered&nung«toeife, toeld&e, in ungefährer Übereinftimmung mit
ber eben betrachteten, beim $at)tt 749 al« toatyrföemlid&er ©eburtöjeit be« §errn anlangt.
2)enn nad& 5Wt 2, 19 ftarb £erobe«, balb nac^bem er, um ba« neugeborene 3*fuSJinb in
Set^le^em ju t>ernid&ten, ba« Slutbab unter ben Rinblein bafelbft ^atte anrieten laffen. 30
Seim bie negattoe Ärit«, ber auf biefem fünfte aud& nod^^afe (©ef^^efu k., ©209 f.)
folgte, biefer*3eitbeftimmung mittelft #intoeife« auf ba« Sagenhafte be« Snfattä öon
Kt 2 i^ren SBert ju nehmen fud^t, fo toirb babei auger Setra^t gelaffen, bajj aud^ 2ula«
bie ©eburt fotoo^l 3<>^an^ be« Säufer« al« 3efu „jur 3eit Äerobi« be« Äönig« öon
3ubaa" (Sc 1, 5) erfolgen lägt, fotoie femer bag ber befyle^emitifcle Rinbermorb and} bur$ 35
ein augei*tbliM(e« 3^0«^/ nämlicfc ba« be« SRafrobiu« (Sat. II, 4), al« faftifcfy bezeugt
toirb unb bag aud^ biefe mahobianifd^e 92ad^rid^t, fo unllar unb fcertoorren fie lautet, ba«
Ölutbab al« hin Dor bem Snbe be« Scannen gefd^e^en barfteHt. — 6. 5Reben biefer
bor^ug«h>eifc Iräftigen unb getoi$tigen Sejeugung be« ^eit^unfte^ ber ©eburt 3efu, al«
unaefä^r 4—5 3fa^re öor ben Seginn ber Ibeutigen fir^lid^en ära faDenb, lann ben 3Scr- 40
fiK^en, jur ©etoinnung aud^ aftronomifd^er 3ln^aß«J)un!te für biejfoierung be« ©reigniffe«,
befte^enb m ßimmel«erfd&einungen, bie tttoa bem ©tern ber Sßeifen entfrrod^en ^aben
bfaffcn, iebenfatt« nur ein relattocr unb accefforifd&er SBBert beigemeffen Serben. Smmer^in
mbienen auc^ biefe Serfuc^e, fotoeit fte ficf) übermägig tü^ncr unb fünftlid^er Jtombina-
turnen enthalten unb nid?t ettoa gar ben Sag ber ©eburt beftimmt ^erau«)ured^nen fucfyen, 45
aufmertfame SSead^tun^. ©d^on Äej)ler (a. a. D.) benu^te eine im fta^re 747 ber ©tabt
Simt pattge^abte Äonjunltion ber Planeten 3uJ)itcr unb ©aturn im ©ternbilb ber ^ifc^e
ab 3lu«gang«^un(t für eine betartige 93ere$nung, bie bei ifym felbft unb me^r nod) bei
einigen neueren gorÄilbnern feiner SBtoftd&t (loie SBiefeler, Sid^tenftein 2c.) ein in me^r«
far^a J&mfxc^t anft>re^enbe« Slefultat ergiebt. ®anad^ toäre jene Ronftellation ber beiben 00
genannten Planeten Dom ?(a^re 747 für bie SRagier, ioeld^e babei iriellet$t an ba« alU
jäbirta fiberiieferung jufolge im 3. 3aljre bor ber ©eburt aKop« ftattgetyabte 35or=
bmmen ebenberfelben Jtonjunltion gebaut Ratten (t>gl. Slbrabanel« Kommentar &u 35aniel,
1^7), )ur Änlünbigung ber na^e beborfte^enben ©eburt be« Weffia« getoorben. 35ie
auf fofa^e SBeife aufmerflam ©etoorbenen unb ber nafyen «Sufunft be« §eilanbe« eifrig 66
fatgegen^arrenben feien bann einige $eit f))äter (nad^ Regler ettoa 748, nad^ Sffiiefeler,
Ük^enftetn jc. 749 ober 750) bur# eine neue augerorbentlic^e §immel«erfd^einung auf
b« nunmehr erfolgte ©eburt be« erwarteten jtinblein« ^ingeioiefen toorben, unb erft biefe«
totere ^tmmetejetdfren (nad^ Äe^ler unb (Sbrarb ein neu aufleud^tenber gittern bon ber
8rt be« 1572 in ber eafiütyeja oberbe« 1604 imD^iud^u« erfd^ienenen, nac^ SBtefeler 2c. eo
40 3tf«S gffriftod
ettoa ein Äomet, bicllctcfyt ber in alten c&inefifcfyen ,§immcl$tafeln für« ftrüföatyr 750 R.
crtoätynte) fei mit bem Seitftern (äoirjo, 2Jtt 2, 2 ff.) ber ebangelifd&en ©#tylung gemeint
3)arf biefen annahmen einige §altbarfeit jugefd&rieben toerben, fo fömite immerhin au$
bon einer auf 9Rt 2 gegrünbeten aftronomifepen Seftätigung be3 4. ober 5 3<$re3 bor
5 ber btontyf. 2tra als ber toafyrföeinlicfyen ©eburtSjeit beä §errn gerebet toerben. 2)ie $atyU
grünbc freiließ, toelctye für biete neuerbing« borjugStocife beliebte unb in ber $au)>tfa<$e
getoijj richtige 3^ef^mung ft>red&en, fmb bie unter SRr. 4 unb 5 bon unä bargelegten.
Sei ben SSerfuqen einer aftronomifd&en 3)eutung beä ©ternä ber SBeifen läuft nottoenbig
immer manche« ©etoagte mit unter, unb bie betreffenben Srgebniffe bifferieren batyer aaq
lofaft immer jiemlicfy ftarf; toie benn fraft fold&en mefyr oberminber einfeirig aftronomifd^en
SRecfynungSberfatyrenS Kepler bei 748, SRünter, ©brarb (Jtrit. b. eb. @efd&.) unb neuepenS
Sjungberg (Chronologie k., f. o.) bei 747, Sid&tenftem bei 749, 3freler unb 2Biefclcr bei
750, SRöfcty bei 752 b. St. SRorn atö bem ©eburtsjafyre %tfu anlangen, ein anberer
bibliföer Chronologe aber (Gafyari, ©inl. ©. 35, 63) ben 2Beg ber aftronomifd&en Äom*
16 binationen überhaupt afe nid&t &um $\tk füfyrenb bertoirft unb, faft genau übcremfttm*
menb mit ber trabitionellen abenblänbifd^-ftrc^li^en Chronologie (fotoie mit berjenigen
£afe$ k.) baS Satyr 753 für ba$ tt>a^rfd^etnlt€$e Satyr ber ©eburt Styrifti erHärt Sin
abfolut ftd^ere^ Stefultat ift bei ber Südfentyaftigleü be3 ju ©ebote ftetyenben Material« ber
biblifetyen toie aujjerbiblifctyen Snbicien nietyt ju getoinnen. ^ebenfalls aber ftmdtyt bie
20 Wedelt ber in 93etractyt ju jtetyenben Umftänbe unb SBertyältniffe für eine unäcfätyr in
bie 5Kitte jhrifd&en 747 unb 753 foUcnbe 3eit be$ SintritteS Sefu in« trbifctye Seben aä
bie toatyrfctyeinlictyfte.
B. S)auer be« Setyramt« Sefu. 3Son ben ba$ auftreten be8$äufer3 betreffen*
ben angaben in Sc 3, 1. 2 ift bie präjifefte unb bie eigentlich cntfd&eibenbe jene fetyon
25 befproetyene, toelctye ben Säufer SotyanncS afö im 15. $atyre ber Regierung beä XtberiuS
juerft tyerborgetreten bejeietynet. Söäre biefeS 15. %afp bon ber -äJtitregcntfctyaft (765) an
ju rennen, fo foürbe bte Reit bon Anfang 779 bis Slnfang 780 ftety ate ber 3*ifr<ttw«
ergeben, in toelctyen baS auftreten bc$ Säufer« unb bemnäctyji auety baSjenige 3efu peL
©teilen bei Älafftfern, foie SEacituS (Ann. I, 3. 11), ©ueton (Aug. 97 ; Tib. 20. 21),
so SBeHeju« *JJaterculuS (H. Rom. II, 21) fctyeinen in ber Styat bie aftöglid^Ieit biefer fdtyon
bonüfferiuä, GlericuS, bann bonßrafft, SBiefeler, bon Sictytcnftem k. bertretenen annähme
ju beftätigen. $n jiemlicty gewichtiger SBcife aber tritt ba$ 3Bort ber ^uben beim erften
$affa^ ber öffentlichen Se^rjeit %tfu, bon ben 46 S0^"/ ^e ^ Umbau bed ^erobias
nifcjjen Sem^efe gewährt ^atte (So 2, 20), für baS ^a^r 779—80 afö lua^rfc^einlid&fien
86 Reitbunft beä erften le^renben §erbortretenö be« §errn ein (f. oben A, 2). 3)a3 betr.
$affa^feft loirb alfo atö ba« ^a^r 780 ui beulen fein unb feit bem ßerbfie 779 loirb
gefirö feine, bamafö noc^ borloiegenb juoäifd^e unb neben berjenigen be$ Käufer« $a*
ge^enbe SlBirlfamfeit begonnen ^aben. — 9Son ferneren ^laffa^feften btö jum lobe %tfu
ertoä^nt nur ber bierte Sbangelift ein^ noc^ au£brücfli$: bad auf bie Einrichtung be$
40 Stäufer^ jiemlid^ balb gefolgte, turj bor freierem bie ©Reifung ber ^ünftaufenb ftaäfanb,
ty 6, 4. 3)ie @^no)>tifer gebenfen nur eine« SßaffafyfefteS für bie game 3^ be« öffent*
liefen Se^rtoirfenä feit ber laufe, nämlic^ be$ legten, mit 3^fu Äataftro^e jufammen»
faffenben. ©ie fd^einen bemnac^ lebiglicty 6in Se^qa^r be« §errn angenommen ju ^aben,
lote auc^ manche Vertreter ber älteren fird^lic^en SCrabition im änf^lufe an t^re Star*
46fteHung bon nur ßtnem „angenehmen ga^rc beö^errn" (bgl. 3^f 61,2; Sc 4,19) rAen,
unb loie ebenbeS^alb bie mobeme Ärit« fett Äeim, unter Verurteilung ber jjo^anneifc^en
3)arfteHung ate un^iftorifA, ben ©efamtberlauf be$ 3Jlefftaöloir!en« in biden Stammen
einer nur einjährigen ©poepe jufammenjubrängen pflegt. Siefer Serfud^ fepeitert aber,
toie oben III, 3 bereit« gejeigt tourbe, an ben auc^ in ben fonoptifcfyen @bangelien bor«
50 finblid&en ©puren einer me^r ate nur einmaligen le^renben Slntbefen^eit be8 ^errn bei
^affa^feften unb anberen §auptfeften in 3^nifö^. ^ür ben biefc ffynoptifd&en 3^«^
einerfeit« unb bie ©teilen §o 6, 5; 7, 2; 10, 22 anbererfeit« unbefangen (Srtoägenben
ergeben fi$ minbeften« jtoei 5|8affa^fefte al« bon 3efu öffentlicher Se^rjeit umfpannt Qo
2, 13 unb 6, 4), fotoie ein britte« als biefelbe befd^liefeenb. ®er^temtt lonftituierte $oU
65 räum bon 21/,— 3 3a^ren reicht boUftänbig bam ^in, bem ftnmberbar reiben 3«^alt be«
bon ber cbangelifcfyen Delation über %tfu SBefftaStoirfen umfd^loffenen ©efd^id^tlftoffe« bie
nötige @ntfaltung ju gch>ä^ren (f. bef. auc£ 93clfer, I^D© 1900, I). 93orau«gefefct ift
bei biefer Slnna^mc einer nid&t boll breijäbrigen ®aucr ber öffentlichen I^ätigteit be«
terrn, bafe ba« „%tft" So 5, 1, gelegentlich beffen ba« 55etbe«ba-aB3unber ^folgte, lein
affaty (tbie 3^cnäu«, Sut^er, ©rotiu«, Sangc, Jtuinöl, S^oludtK. tooUtcn), fonbern irgenb
SefttS effrffhtd 41
cm anbetet §auptfeft beS jübtfctyen gcftcfyfluS toar, fei cS ^fmgftcn ((SraSmuS, Sabin,
9eja, 8cngel),J« cS Saubtyütten ((Sbrarb, Sictytenftein, SRiggenbacty *c), fei cS baS auf ben
14. 9bar, )u Anfang 9Kärj fallenbe, alfo bem Öfterfefte um nur toenige Söocfyen borauS*
gebenbe $urimfeft (SBiefeler, §afe, Sänge, SKc^er :c). Sine bestimmte ©ntfctyeibung in
biefet gTogc toegen ber ungenannten iogrrj bei 3o ju getoinnen, ift überaus fd&hrierig, 6
ba, au<$ toemt (mit ** GEFHJL unb anberen $bf$r., aber gegen B) ti log™ ju lefen
tft, fefyr tootyl trgenb ein .fiauptfeft gemeint fein lann, barüber aber, ob ein berbftltctyeS
ober ein frü$jatyrltc$eS, ni<|tS ©icfyercS aus ber Umgebung ber ©teile erküt. gür Saub*
bütten, ober auc$ für baS biefem borauSgetyenbe SkrfötynungSfeft (fo Safari unb beffen eng*
lifcfcer Überfc$er (StxmS, im Exp. 1878, f. o.) Weint u. a. ju fprectyen, bafc als näctyfteS 10
%eß nac$ bem betr. 3eitpunÖe baS Sßaffafy Qo 6, 4) unb als jtoeitnäctyfteS hneber ein
gaub^üttenfeft Qo 7,1 ff.) genannt toirb, bei freierem lefcteren ^efuS beS33etyeSbatounberS
als eines no<$ nic^t lange Vergangenen gebeult (7, 23). ®od& pafet biefer Umftanb eben-
fogut auc$ auf ein netyer bei Dftern gelegene« geft, fei cd baS ber ^empeltoetye (tooran
Stehler, $etau unb einige anbere gebaut loiffen toottten), fei eS baS Sßurimfeft, für toclctyeS 15
lefctere mSbefonbere baS einige Seit jubor (3o 4, 35) im ©amariterlanbe gefprocfyene Sffiort
beS $errn: „eS ftnb nod& bier i&tonate bis jur @rnte" (b. ty. bis jum 8lpril) ju fprectyen
föeint unb gegen toelctyeS ber fpäte Urfprung unb mehr nur profane, fcolisfeftartige G^a-
rafter ber $urimfeicr nid&t gerabe nottoenbig ins ©etoicfyt $u fallen braucht. SDarauS,
bafc ber Käufer, laut %o 5, 35, als jur 3*** **>** ©eilung bon SetyeSba bereit« bom 20
@4aupla(e öffentlichen SBirfenS abgetreten erfd&cint, rann ein entfcfyeibenbcS Moment für
bte eine ober anbere ber in gfrage fommenben 2Röglid&feiten ntd&t hergeleitet toerben. 3Ran
toirb über ein unftc$ereS Non liquet bier fcfytoerlicfc fyinauSlommen, nur bafc bie gfaffung
ber fagtrj als enttoeber Dftern ober audp ^fmgften bebeutenb beftimmt auSgefdjloffen bleiben
nutfj, toegen ber biet gu großen Sttcfe, toeld&e fonft in ber jo^anneifetycn Delation ghnfd&en 25
biefem JJejie unb bem Dfterfefte be« 6. Kapitel* Haffen loürbe. — @* bleibt nad& bem
allen bei ber obigen Srftredfung ber öffentlichen Setyrjeit 3*fu über ungefähr 2'/^— 3 3^w,
namtii^ über bie 3«* bom ^erbfte ober ©ommer 779 R. (= 26 unferer ürAlid^en ära)
bid ju Dftern 782 (= 29 A. D.) al3 ber fea$rföeinlic$ften Slnna^me. 3tu$ m$ ftc^
über ben 3ctyunft ber Einrichtung ^o^annid bed 3ftufer3 Ungefähre« ermitteln lägt, so
fthmnt bamit too^l gufammen. 5Denn jebenfaQd tourbe berfelbe bor bem lobeSjafyre be«
Sierfürften ^bilippuö enthauptet, be^ mmafylü jener ©alome, ber etmigen Softer ber
fytMtä (Sofep^itö, Antt. XVIII, 5, 4), bie ate etloa 12— Ujä^rigc 2)trne burc§ tyren
ttwüüpigen Xanj Dor Slntipa« bie Einrichtung bcö gefangenen Käufer« herbeiführte, tyfo
iippuä ftarb aber naii} Sofep^u^ Aütt. XVIII, 4, 6, um 786 ober 787 R., toa3 mit 86
jiemlic^er SBaMt^inlid&Ieit auf einen ungefähr fünf bis fectyS ^cfyxe früheren 3^
puxdt als ßhmcptungStermin S^anniS gurücfioeift. — gfür eine etloa 3jä^rige Stauer beS
WeffiaStmrfenS ^tfu ^aben immerhin aud^ einige ber altfirc^lic^en 3euÖcn fify erflärt
(Zaum, Weltto, aucf> jener EW°1^ b. lieben, f. Siefamp ©. 82 ff.), toäbrenb aller«
btngS bte SRe^rja^l berfelbcn — berfü^rt burc^ oberflächliche unb einseitige Betrachtung 40
ber f^noptifc^en Stelation, fotoie burd^ ben unHaren t^pologifc^en ^bealbegriff eines „axt:
genehmen %atyct$ beS $mn" (f. 0.) — fid^ in ber S3efc$ränfung ber öffentlichen Se^rjeit
auf Sin $atyr gefiel.
C. lobeSja^r unb *tag 3efu- ®^ ^obeSja^r beS §errn lourbe fd^on mittels
ba bisherigen Unterfuc^ung als mit bem 3a^re 782 ber @tabt 9lom ober 29 A. D. &u* 45
>aminenfallenb ertariefen. XlS toi$tiger SSeftätigungSgrunb ^iefür lommt nvd) in 93etra$t,
ba| mehrere Stir^enbäter, barunter Xertutiian, ^efum unter bem ftonfulat ber ©rüber
(SemtnuS, b. i. im 15. 3aljre beS $iberiuS (=• 781—782 R.), gefreujigt toerben laffen-
eine Slngabe, toeld^e fc$tocrli<$ blog aus Sc 3, 1 gefloffen fein toirb, ba biefe ©teile, felbft
to€tm pairiftifc^er 93orauSfe£ung gemäg (t>gl. oben) eine nur einjährige Sauer ber Se^cit go
3efu anaenommen toürbe, tmmerpin aufs 16. :gc^r beSliberiuS als lobeSjafyr beS^errn
l^atte führen muffen; eS Weint alfo irgenb eine bon unferen @t?angelicn unabhängige
CueOe münblicfcr ober fc^riftlid^er Überlieferung getoefen ju fein, ber biefe Watyify über
ba* ÄonfulatSjafyr ber@emtni als lobeSja^r gefu entftammte. 3BaS ncuerbingS bonfteim
nb ^aitSrat^ für einen beträchtlich biel fpäteren ^ettpunft beS 5obe3 ^efu, nämlic^ erft 56
für baS 3a^r 788 = 35 geltenb gemalt loorben ift, ftüfct ftc^ auf eine Angabe beS 30-
fq^uS (Antt. XVIII, 5, 2), toonac^ eine ins Satyr 36 unferer ära faUcnbe fötoere
3äcberlagc beS ^erobeS 9lnttpaS burety bie Gruppen beS JtönigS SlretaS ben ^uben als
an geredetes ©erietyt @otteS toegen ber Einrichtung beS XäuferS erfetyien. „Qaü inftinttib
momentane SolfSurteil/' meint Jtcim, „begehrt Heine 2)iftanjen ^totfetyen Serbrcctyen unb go
42 3*fn* <£f>rtfht*
©träfe" ; c* fönnc be*fyalb fotoofyl be* Jäufer* al* 3*fu ßinrid&tung (bie le$tere feinet
3Reinung jjufolge faum ein Vierteljahr nad) ber be* Säufer* erfolgt !> nid&t langer al*
ungefähr ein Sjaljr bor jenem ßreigniffe, mithin erft 35 unferer Ära ftattgefunben tyabett
2)a* ©runblofe biefer Kombination erbeut fd&on barau*, bajj jene« „SBolföurteil" fefyr toofcl
5 and) nod& ungefähr ein ^afyr^nt na$ ber am Käufer Verübten Slutttyat be* äfatipa*
gefällt toerben tonnte, fo gut tote ba* ©cfübl ber Triften bie 3tfßörung S^^f^^11^
bur$ $itu* na$ mefyr al* brei galjrjetynten für ein Strafgericht toegen be* Dpfetf auf
©olgattya anfa^ (bgl. £afe, ©efd&id&te 3efu, ©. 467). ferner ferid&t aufeer ben abgaben
ber (Sbangelien, jumal Sc 3, 1 f., tocld&e r;icr auf ungebührliche Seife gemifead&tet toerben,
10 aud) manche* in Sofe^u* gegen bie Äeimfd&e Kombination. Unb obenbrein müfste, fall*
biefelbe richtig toäre, bie laut @a 1, 18 (bgl. 2 ßo 11, 32; ä© 9, 24) um bie SRUte
ber breiiger ^afyre (ettoa 35 ober 36) anjufefcenbe Sefefyrung be* Styoftel* $aulu* in
eine ber £obe*aeit Sefu biel $u unmittelbar benachbarte, für bie (Sreigniffe ber a$t erften
Äapitel ber Styoftelgefd&id&te feinen 9taum laffenbe §<it gerüdft toerben. 8ft* abfolut getoife
15 fann unfer auf Dftern be* ^afce* 29 al* 2obe*jett be* §errn lautenbe* Unterfu$ung**
ergebni* immerhin ntcr;t bejjetd&net toerben, fo manche ffiafyrfc$einlid&feit*grünbe e* für yd)
fyaben mag. ©einer 93ejeid?nung al* eine* unbebmgt ficjjeren unb jtoeifellojen bleibt
namentlich unfere Unbefanntfd&aft mit bem genauen 3eityunfte be* erften öffentud&en Staf*
treten* Gtyrifti (ba* d>oel hcov rgidxovra, Sc 3, 23) entgegenftefyen. SBie beim fort*
20 toäfyrcnb au$ nod& einige ber jtoiföen 29 unb 35 liegenben !gafyre burety angefefcne S^nmo*
logen neuefter 3ett al* angebliche $obe*termine be* £errn berteibigt toerben : fo 30 (bim$
Sid&tenftein, Safari k.), 31 (bur<$ Sjungberg a. a. D.), 33 (burefc §afe, Dw>ert, Sutter*
beef je). (Sin noc§ toeitere* heruntergehen, ettoa bi* 40 ober barüber #nau*, gilt freUu^
allgemein al* unjuläffig ; audp ber neuefte Gfyronolog (ban Sebbcr, f. o.), ber mit einigen
25 ber altfircfylic^en 3eugen fören. II, 33 ; $feubo-6^rian De montibus etc., bgl. oben A)
ein ungefähr 40i<tyrige* älter be* §errn *ur Reit feine* lobe* ftatuiert, $ält bcntuxfy
am Sjafce 783 p. u. c. al* bem SEobe*jatjr feft unb rüdft, um bie* ni fönnen, biehnefy?
ba* ©eburt*ja^r um na^eju ein ^a^e^nt toeiter al* bie trabitionelle Annahme (in* Sa^r
841 p. u. ftatt 753) hinauf.
30 £ur$ bie Unftd^er^eit betreff* be* Xobe*)a^re* ift ein entfjjred^enbe* ©d&toanfen ^im
ftc^tli^ be* Iobe*tage* ftefu teiltoeife mitbebingt. @* lommt aber, loa* biefe ledere 3«^»
befttmmung*frage betrifft, nod^ bie fernere ©d^toierigfeit ^inju, ba^ nur ber grettag al*
Zaa be* 5treuje*tobe* burc^ bie Slngabe fämtlid^er ©öangeliften unb ber gefatnten ur*
ürc^lid^en Überlieferung beftimmt feftftetyt, bafe bagegen bie ©tynoptiter biefen greitag aö
36 einen 15. SRifan ober erften ^affafyfefttag barjufteuen fd^einen, go^anne* bagegen i$n al*
einen 14. 9Jifan ober SSorabenb be*5JJaffa^ ju erlennen giebt, fofem er 3efu lefcte* 3SUäfl
beutlid^- genug bon ber eigentlichen 5Paffa^ma^ljeit am Äbenbe be* 14. SRifan unterfcfcibet
(3jo 13, 1. 29) unb bie lefctere geierlid^Ieit al* erft für ben Slbenb be* Äreujigung*tage*
beborfte^enb in 2lu*ftd^t nimmt (§o 18, 28), aud^ bie Verurteilung be* $errn befthnmt
40 um bie fechte ©tunbe be* SRüfttage* bor Dftern, feine abnähme bom Äreuge unb »ei*
fefeung aber aegen äbenb eben biefe* Sage* erfolgen läfet (19, 14. 31). 2Man toirb
fdptoerlid^ umtym fönnen, ba* SSor^anbenfein biefer S)ifferenj jioifd^en ben brei erften unb
bem inerten goangeliften al* tyätfäc&lidj jujugefte^en. — ©ie me^rfac^ gemachten S3er*
fud^e, fie al* eine nur föeinbare bar^ut^un, leiben fämtlicty [fo aud^ ber befonber* aufr
45 füfyrlicfc begrünbete oon Slnbreä 1871, f. o.] an übergroßer Äünftlid^feit. 3uflIdc^ h>"*
bie jo^anneifd&e 3)arfteDuna al* bie innerlich tote äufeerli^ beffer beglaubigte gu bebor*
jugen, bemnad^ alfo nic^t ber 15., fonbern ber 14. SRifan al* Rreugigung*tag be* §errn
amunetymen unb in bem auf ben 13.5lifan faDenben legten ÜJla^lcgefu nic&t eine eigene
lic^e, fonbern eine antietyattoe ^affa^ma^lgcit ju erblidten fein (f. fcon ben neueren em^
so fd&lägigcn Unterff. bef. bie bon Sutterbecf, Sörig^t unb ©anba^). ©meine Spuren im
f^no^tifc^en 93eric^te felbft geben fyinreidfjenb beutlic^ ju erfennen, bafe Slemmifcauen an
ben toerftäglid&cn, nid^t feiertäglichen ß^araftcr be* Äreuje*tobc* ber f^no)>tifd^en Delation
feine*toeg* fremb toaren (©imon* bon Sirene §eimfel>r bom %dt>t, b. ^. boi# too^I bon
ber ^elbarbeit: 3Kc 15, 21 ; Sc 23, 26; bie Vorbereitungen ber grauen für bie @inbafe
ööfamierung: Sc 23, 56). ®aju fommt, ba^ ba* 5Paulinifc^e xal yäg xo n6.o%a
fatov hvdnö Xgiarog 1 Ro 5, 7 übertoiegenb ju ©unften ber jo^anneifc^en Auf«
faffung be* fcobe* oc* ßrlöfer* al* am SSorabenb be* ^affa^feftc*, mithin naJ^eju um
bie gefefelicfye 3eit ber ©dfclad&tung ber ^affa^lämmcr, erfolgt, fpric^t. 3foc$ auf folc^e
3eugniffe ber älteften nad^biblifcben Überlieferung, tote ba* apofrty^e $etru*ebangelium
60 (toeld^c* ben Xob unb bie ©rablegung ß^rifti ngo fitäg rä>v äCvjLuov ftattfinben läfct)
drfti* eiptfttis frtitv 43
unb toic SfyottinariS Don Saobicea, ber im Dfterftreit (gegenüber einem Seil ber Duarto*
becimaner) nad&brücflicb für ben 14. SRifan afö ben richtigen (äebenltag beä SobeS be$
#eun eintrat (f. ben ». „$affa$, d&riftlictyeS"), barf fyier toofyl bertoiefen toerben.
D. ßtyronologte ber £errli$feit$gefcfyid}te. 93e$üglicfy ber ^Reihenfolge ber
©Meinungen be3 SluferfUmbenen toirb im allgemeinen feftju^alten fein, bafe toeber bie 0
Angaben ber ßbangelten nocty bie be3 $aulu$ in 1 fto 15, 3—8 für ficfy adein aU un=
bebingt mafegebenb betrautet toerben fönnen. 2)en äußeren Stammen für baä ©anje liefert,
toaö bie Styoftelgeföicfcte 1, 3 (im allgemeinen übereinftimmenb mit bem apofrtyp^en
6$luffe be$ StarfüSebangeliumS, Sic 16, 9. 14 ff.) bon ber bierjigtägigen Sauer be$
Serielle* Sbriftt na$ ber Sluferftefyung unb bor ber Himmelfahrt mit ben ©einen be* 10
rietet; eine Xngabe, burcfc toeld&e jugleid^ ber am@d^luffe be«SuIa^ebangelium«(24,50ff.)
bettortretenbe ©$ein, als fei 3*fu3 föon gtö$ ^m Slbenb beä SluferftetyungStagcS gen
gimmel gefahren, befeitigt toirb. 3)ie betreffenbe ßnantiopfymic toirb alfo bur$ eine
Selbftforrettur be$ ©bangeliften, toelctyer nachträglich im detail entfaltete, toaä er bortyer
fummaxifö jufammenfaffenb berichtet ober gleid&fam meinanbergeföoben l;atte, toicbcr auf* 15
gehoben. 3US lehrreiches »nalogon baju ift $.33. ba3 Serßtttni* be$©d&Iuffe$ beSXVII.
jum Shtfange be$ XVIII. Sucres be$ Sofepfyi* gu bergleicfyen ; an ber erfteren ©teile er«
u$Ü ber jübtfck (Sefc^ic&tfcfyreiber bie ©ntfenbung be$ Duirtnutö nad) Serien unb $a«
laftma borläufig unb tn fummarifd&er Äürje, an ber lederen lommt er auf baäfelbe
^attum in biel größerer SluSfütyrlid&feit jurücf. Stynlid&eS finbet ftd& noety in jafylreid&en ao
onberen ®ef$ic$t$tt>erien, 3. 33. in einer neueren 33iograpl?ie beä §ierontymu$ bon bem
Srangofen SoBombet (beutfety bon %. Säubert 1848), beren erfter 93anb mit einem gang
nagen Senate über bie Steife biefeS JtirdjjenbaterS bon Dorn na$ 3^nifalem im ©pätjatyre
385 föliefet, twtyrenb ber jtoette 93anb mit einem ausführlichen Detailberichte über eben
biefe Steife anhebt, ber ftd& fo aufnimmt, als fei borfyer noety gar nichts über bief elbe gejagt 25
toorben. fibngenö fd&emt aQerbingS eine urfirc$li$e Irabitton, toatyrfdbeinlicty gesoffen
au* 8c 24, 50 ff., ejiftiert gu tyaben, toeld&e bie befinitibe auffahrt gen §immel unmittet
bar na^e an bie ÄuferfW&ung ^inanrüdte; unb bief er, burd& Ep. Barn. 15, 9 unfrei*
beutig, fohrie bieHei$t au$ burd& äriftibeS, Apol. c. 2 bezeugten Überlieferung fctyeinen
anbererfeitö annahmen, toelctye bie 3toifd&enjeit jtoifcfyen äuferftefyung unb Himmelfahrt so
über bie biblrj$en 40 Stage tyinauä berlängerten, jur ©eite gegangen gu fein. @ine bei
ben Salentinianern unb Otiten im 2. ^^^^^ umlaufenbe ©age lieg biefe Stoifd&en*
jeit anbert^alb tytyct bauern (oetodeeim menses, f. Ascens. Jes. c. 1 1 unb ^ren. I,
3, 2 ; 30, 14), ]a ba^ Sud? Pistis Sophia erftreefte fte btö ju elf unb bad fog. jtoeite
9uc^ J4u btö ju jtoölf ga^ren (§arnact, ZVL VII, 2, ©. 3 unb 12; bgl. ©d&mibt, ebb.86
VIII, 1, ©. 196). ©0 geringwertig biefe Überlieferungen fein mögen, toeifen fie bod^
auf bie unfic^ere unb f$toanfenbe Sefc^affen^ett beffen ^in, toaä bie ältefte ß^riften^eit
aber biefen Sbfc^lug bed @rbenleben^ S^rifti tougte. 3U abfolut fixeren ©rgebniffen ttrirb
bie bibL Chronologie auf biefem fünfte fc^tperlid^ je gelangen tonnen. Sötflcr.
3cf«* ©trae^ f. »b I ©. 650, 24—652, 7. 40
3e$c*r!3o$anne$, geftnac^ 1520. — OueUen: «uö ber groften 3al)Uon ©«vifieit
(VwücTd «tbltot^ef b«r ©djrocijcr ©ef«i4tc, 33b III, <Rr. 35-62, j«t)U 1783 beven 28 auf,
vooon 11 glfidjjcitigc) nennen loir nur: Historia mirabiliB quatuor heresiarcharum ordinis
Praediestornm de obsenrantia apud Beraenscs combustoruni a. D. 1509 cum figuris; 45
ÜB^flm, Serner d^ronif, $b III, p. 48-167, alö befonberer leil unter eigenem Xitel.
5Ime «udgabe, (9em 1888); &. fflettig, 2)ie Urfunben bcö Se^erpro^effed im flvdjiu b. C>ift.
9ertin« be« Stt. 8ernr ©b XI (1886); 9?. $au(u8, @in Suftiamorb an mer ^ominifanern
begangen, grantfurt 1897; ffletttg, (Snuiberung (4>bff-)-
Jo^anne^ 3e|er luar ein ©c^neibergef eile, ber 1506 aU Saienbruber in ba* hominis 00
lopet ju S5ern eintrat unb ^ier burc^ eine Steige bon angeblichen SBSunbert^aten
unb einen barauf folgenben geiftlic^en ^ßrojef) ju ber für bie Deformation nic^t \mto\fy
tigen /,3^«B«MM^te" 2folaf$ gegeben f)at. ßr toar bon 3ur}a$ m 2largau gebürtig
nb f oD bei ber Aufnahme in«; Softer 23 ga^re alt getoefen fem. ßr toirb aU gänjlicp
ungeWbet (idiota), bam al« fittlic^ berfommen unb lügenhaft, fogar beö 3)iebfta^te öer- 65
bädptig gefc^ilbert, mun inbeffen au$ ein ntebt geringe^ 3Jtag bon ©d^lau^eit unb $cr=
ftdlmigÄQinfi befeffen faben. 9tac^bem er juerft bur$ ge())enftifd^en £ärm bon einer im
fatfeuer toerbammten ©eele beunruhigt toorben, erfc^ien i^m am 24. 3Jlär^ 1507 bie ^l.
Barbara unb frenige Xage \pätcx bie SRutter ®ottee felbft in feiner 3efle, um i^m ;u
44 3e*cr ftetoel
offenbaren, baft fie in ber %f)at, luie bie 3)omintfaner lehren, in bcrßrbfünbe empfangen
toorben. 3um Setoeife, bafe e« ftcfy um göttliche Offenbarungen ^anble, brücfte fie tym
in toicberfyolten Sefucfyen bie 2Bunbmale Gfyrtftt auf, unb 3*$** begann barauf^in mit
gehriffen ©eftifulationen in ber Kirche bie ganje £etben«geföicfcte 3*fu aufzuführen. ®a«
öÄIofter, beffen üJtartcnbilb gleichzeitig blutige Ifyränen toeinte, erlangte auf einmal gewaltigen
3ulauf unb berfaufte an bie 2lnbäc|tigen mit großem Erfolge bie mitSlutau« benSßunben
be« neuen ^eiligen benoten Sucher. @ine Don ber fyl. Jungfrau rot gefärbte $oftie tourbe
in ^rojefftonen herumgetragen. 2)o$ ee fehlte ntd&t an gtoeifeln. 3m guli lam ber
Sifcffof bon Saufanne naety Sern, um eine Unterfud&ung amufteÖen, fie blieb ofjnt Sr*
10 gebnt«, aber jefct nafym ber ©tabtmagiftrat bie ©a$e felbft in bie #anb, fefcte 3efecr
gefangen unb begann tyn peinlich $u betören. 9la$ einigem Smgnen ertlärte berfelbe,
e« beruhe alle« auf einem abföeultctyen ©aufelftriel, toeld&e« bie bier SBorftetyer be« (Sottet
fyaufe« in betrügerif$er Stbftd^t mit tfym vorgenommen Ratten. 3)tefe bier, ber $rior
3ofyanne« SSattcr, ber Sefemeifter Dr. ©te^an 33ol$urft, ber ©ubjmor gfranj Uelfcft
16 unb ber ©(^offner gciitriq ©teinegger, tourben fofort in %tf\dn gelegt unb ein Sote
nad) SRom getieft, um bie @infe$ung eine« tompetenten ®erid&t«$ofe« m ertoirfen. Die
33ifc£öfe bon Saufanne unb bon ©itten — lefcterer ber nad&mal« fo berühmte jtarbmal9Ratt$au«
©dünner — unb ber Drben«*$robinjial ber oberbeutfd^cn Sßrebiger Würben mit ber gft^rung
be« ^Srojeffe« beauftragt unb bie SSer^öre mit ben Slngeflagten, föliepc^ auf bereiter,
2o borgenommen. Unter bem SBorftee eine« aufeerorbentlid&en päpfuid&en Segaten — $boma«
be SBio, Gaietanu« — fanb im Sülai 1509 no$ eine SRebifton be« SBerfabren« ftatt; fie
führte jur Verurteilung unb am 31. 3M Würben bie bier 9Rön#e al« ©otte«läfterer
lebenbig berbrannt. 3e$er bagegen, über beffen 93eftrafung man unfd<ifftg War, tonnte
au« bem ©efängni« entweihen unb berfd^Winben. 3)ie game Angelegenheit machte ein
26 unerhörtes auffegen, bor ädern bei ben 93eWo^nern ber ©tabt Sern, bei benen bie
©ntrtiftung über ben Setrug im richtigen SSer^ältniffe ftanb jwr borau«gegangenen Hit*
bacfyt, aber au$ weit über bie ©renken fyinau«. Sine ganje Sitteratur bon ^lugfc^riften
trug bie Äunbe überall fyn unb erjagte in $rofa unb in Steinten, mit unb otyne £oh*
fd^nit^lluftrationen, in lateinifd&er unb beutfd^er, framöftfd&er unb meberlänbifd&er ©praepe
so bon ben borgefallenen Dingen, ba« bereit« feftftefyenbe Urteil über bie SBerberbni« be«
Älofterleben« beftätigenb unb mächtig berftärfenb. S« galt al« au«gema$t, bafc ba« ganje
plumpe ©piel auf einem eigentlichen Komplott beruhte, Welche« bei ©elegen^eit eine«$ro*
binjial=Äonjil« ju Söimbfen 1506 gefd&micbet Worben fei, um ba« gefunfene Slnfe^en be«
Drben« gegenüber ben beliebten 33arfü&ern Wiebcr ju ^eben ; Se^cr fei für bie ©fyilbigen
86 ein WiUfommene« unb gefügige« SBSertgeug geWefen. 3)ie nodji im Original bor^anbenen
33er^ör«proto!otte ftnb 1886 bon©.3lettig Veröffentlicht Worben. Eeiber Würbe bie^erau««
gäbe nufyt bi« ju ©nbe geführt. Die ßinleitung ift ju bem ©d&luffe gelommen, baft
3e^er fi<$ gern ^abe al« ^eiliger bereden laffen, unb bafe ben SRönd&en jWar ber größere
$etl ber ©d&ulb, aber au^ „milbernbe Umftänbe" jujufprec^en feien. Ülod^ Weiter getyt
40 nun Dr. $aulu« in ber oben genannten ©d&rift: ©m ^uftigmorb. Er berfud&t ben9?ac$s
Wei« ju leiften, ba| unter bem Drängen ber öffentlichen Meinung bie Unterfuc^ung ober*
fläc^lic^ geführt, bie SSerteibigung nu$t angehört unb ba« ©eftänbni« burd& bie Wolter
erpreßt Worben fei unb bafe %fyzt ah ber allein ©c^ulbige betrachtet Werben muffe. Der
$apft ^uliu« II. Ijabe in bie ^tnric^tung eingewilligt, um ©d^limmeree ju bereuten, Weil
46 bie erzürnten Serner ba« Älofter anjujünben unb bie 9Jlönc^e totyufdjlagen bro^ten, unb
Weil er bie ©unft ber ©tabt jum Slbfcfylufe eine« militärifc^en 93ünbniffe« beburfte. SJon
SKitfc^ulb Werben bie Dominicaner feine«fall« freijufpred^en fein; möglich ift e« bagegen,
bafe bie berüchtigte „3efecrgef<$i$te" Weniger eine Ürfad^e geWcfcn ift jur ffiedhutg ber
SRef ormation«ftimmung , al« biclme^r ein ©tymptom unb 3lu«brucf ber bereit« borbam
60 benen. »llfdj +•
3felodf 3«>^n, Sifc^of bon ©ali«bur^, geft. 1571. — Sitteratur über i&n: Law-
rence Humphrey, Joannis Juelli, Angli, Vita et mors, London, John Day, 1573, immittel*
bar naefy 3.« £obe tjeröffenllid)t unb uon Sifc^of $arfer qI« moögebcnbe ©runblage für 3.«
93eurteilunfl audflejeidjnet, infotgebc« Quelle für alle folgenben „SebeiT Semel«, wie Dan.
66 Featleys (Memoir, in ber 9lu«gabc tum 3-« "©evfcn Dom 3- 1609), ber „Person of Quality"
(in ber llebcrfe&ung ber Apologia, üonb. 1685), Le BasT (Life of Bishop J., fionbon 1835),
Ayre's (Memoir, im IV. 23anbc feiner WuSgabe uon 3-« Werfen, Sonbou 1850); t>gl. aud)
in Wordsworth's Ecclcsiast. Biography, III, 111 ff. bie Mitteilungen eine« ?(non^mu« über
3«; enblid) bie firrfjengcfrfjicötl. 5)arfteliungen ber 3eit uon Strype (Annais), Biirnet (Hist
(K) of my own time) u. q.; Lcslie Stephen, Nat. Biography XIX, 382 ff.
3ett>el 45
Stm 24. 3Rai 1522 m93uben bei 93errtynarbor, 3)et>onföire, geboren tmb Don feinem
Soter frity für bie afabemifd&en ©tubien beftimmt, genofe $. feinen erften Unterricht bei
feinem Onfel 3- SeHamty, bem Pfarrer öon §ampton, unb trat 1535 in ba« SWerton
College ein, in bem er bur$ feinen Sefyrer Sßarfyurft, ben fpäteren 93tfd;of Don SHorhricty,
unter bat ginflufc ber neuen beutfetyen ©ebanfen tarn, ju beten §erolben auf engltfctyem 6
Sobcn fk& bamal« SDpbale unb ©enofjen aufeutoerfen begannen, $arfl?urft tfyat bem
toiffensburftigen Jüngling burefc einfütyrung in bie alten ©prägen, befonber« bie gried&ifdfo
bie Pforten iu einer neuen SBelt auf. $. gab fic§ ibrem mächtigen 3<wber in ben erften
pjforber 3fa$ren bi« jur SBernac&läfftgung feinet ofyncfyin fd&toacfyen Äötyer«, $u beffen
fiterem Siechtum er £ier in unbefonnenen sJtoctyth>ad&en ben erften ©runb legte, fyin. (Später 10
fcertarie« ^ktrt^urft feinen gfaiergeift, in beffen liefen bie au« ber eben erfetyienenen 2fym
balefcfcn Sibelüberfefcung auffteigenben $reifyeit«gebanfen fräftig nacfyoirften, auf ba«
©tubium ber ^eiligen ©<$rift unb fceranlajjte tyn &u bem ©nbc $u einer SSergleid^ung
ber Überfettungen beS ÜReuen leftamente« fcon ßofcerbale unb Ifynbale. 9Wtt ben neuen
©ebanfen in ber ©eele trat er (19. Sluguft) 1537 in ba« Corpus Christi College 15
über unb burcfylief nunmehr, an ben ©Triften Gicero« unb ©ra«mu«' ©eift unb Siebe
bübenb, bie fyerfömmltc^en afabemifd&en Stufen bi« jum M. A. (28. Januar) 1545. 21(3
gefyrer ber SBcrebfamleit gewann er in biefen %cfyxm toacfyfenben Sinflufe an ber Uni-
berfttat, beren äugen ft$ fcon ba ab auf ben tnefoerforectyenben jungen (gelehrten rich-
teten, fydtt bie Siceronianifcfye unb *piatonifcfye ©ebanlentoelt feinem ©eifte formen ao
gegeben, bie tyn in ©egenfofc jum alten 3Biffen brachten, fo fefjr, bafe er al« Sln^änger
ät$er$ gemieben tourbe, -7 jum befreienben 35urctybru<£ famen bie ringenben SRädpte
feiner Seele erft burefc ben Übertritt Sßeter 9)tartyr« an bie Untoerfttät 1547. 35on biefem
SRanne, ben er feinen jtoetten SBatcr nannte, empfing 3. ^ enbgiltige ©epräge. 3Jtit
Starter übernahm er bie fcon 9lid&. Chamber« geftifteten $orlefungen, bie ber et>angelifd&en 25
Sacfce an ber SUabemie freie 93afyn machen foflten. Sine Oratio contra Rhetoricam,
in ber er feine §örer mm ©tubium „gefunber Sefyre" im ©inne ber $1. ©cfyrift auffor*
berte, übrigen« fein erfte« burety ben QDrucf Veröffentlichte« 2Berf, bejeicfynet ben äbfcfylujj
feiner flafftfcfcr^etorifctyen ©tubien; aber au« i^nen natym er in bie fommenben Kämpfe
bc« Scben« eine glänjenbe unb totrfung«t>oUe formale ©d&ulung be« ©eifte« mit hinüber, ao
Unter ©buarb IV. ^Regierung fd&eint er in ber ©ttDe geblieben &u fein; bei ©tr$>e
totrb er 1551 al« Sßrebiger in Dtforb unb SSifar im 3)orfe ©unningtoeÜ ertoälmt. ©er
Regierungsantritt SRaria Jubor«, ber bie bislang mebergefyaltene fat^oltfdbe Partei in bie
Wacfct fefcte, fteHte tyn bor bie (Sntf$eibung. Corpus Christi College, ba« al« ein
$ab be« gefährlichen 9Ieuglauben« galt, tourbe gereinigt unb 3- <*l« ^iner ber fc^ltmmften 86
Xreiber au« i^m entfernt. @r blieb inbe« in C&orb unb £atte, toa^rfc^einlid^ in feiner
unter Sbuarb erlangten Stellung al« Uniberfttät«fpre$er, bie lat^olifd^e Königin bei ifyrem
Djf orba Sefud^e ju begrüben. 2)er ®ru^ ftellte [xd) md?t al« eine Spiegelung feiner inneren
S&elt bar: allgemeine SBenbungen, bie bie religiöfe $rage unberührt liegen; aber tote eine
bange Stynung Hingt in ber $ebe (9lu«mg bei Humphrey, Vita p. 79) boefy bie äBen- 40
bung an, n>enn er ber 5tdnigin eine unblutige Regierung U)ünfc^t. Si« jum 3a^re 1554
— ^kter 3Rartyr unb ^arf^urft Ratten ben Reißen ©oben fd^on Derlaffen — fyielt er ftd^
inDiforb. Slber al« im$erbft eine f öniglid^e Äommif fion bie Unioerfttät bifitierte, tourben
t^m Dom Dean 3Warf^alf bem güfyrer ber ©egen)>artei, eine SCnja^l Slrtifel mit ber SKItcr-
natrbe : Unterschrift ober Sonnerfc^e« ©efängni«, b. f). geuertob, oorgelegt. ©ine &arte 45
3cit t>erlangt &arte 6^araftere. 3- fan^ ^^ ^DM **>& SBart^rium« nid^t. 6r unter-
fc^rieb; al« SRarf^al i^n bennod? in Sonner« §änbe fielen tooQte, Verliefe er fjeimlic^
Ciforb, ging nad& fionbon unb bon bort naety ^anffurt a/2R. (13. SJtärj 1555).
^ier toarteten bamal« bie engltfcfyen unb fc^ottifc^en Flüchtlinge bie baterlänbifc^en
Sntfc^eibungen ab. Hnoj fyielt mit mächtiger §anb bie Oielfad^ au«einanberftrebenben 50
Elemente ber „englifdJKn ©emeinbe" jufammen. 9?on bem Verräter %., ber römifc^e Sir«
ttfel feige unterzeichnet, loollte er nietyt« toiffen. Sluc^ nad^bem 3. auf Drängen SRictyarb
(Ebamber«', beffen Slot er in ber ©ad&e gefugt, öffentlich in ber ©emeinbe 93ufee get^an,
tourbe fein SSer^ältni« ju Änoj unb ben fortgefc^rittenen Gatoiniftcn lein beffere«. 6r ging
noefc im gleiten %ai)xt ju $eter SKart^r nad) Strasburg unb fegte bort mit feinen £anb& 66
Leuten ©nnbal, ©anb^«, 6oo!e feine gelehrten ©tubien fort; im folgenben ^a^rc lam er
mit SRartyr jufammen nac^ ^ürid^, Wo er )u Sullinger, ©immler u. a. in nafye Se=
jie^tmgen trat ; Don ^ier au« tft er (naefy einer. 93emer!ung in feinem ©riefe ad virum
nobUem, Dom. Scipionem, patricium Veneti: „tempore, quo una viximus Pa-
taviae", ngl. 3-^ Works, IV, 1094) eine .ßeit lang ftubien^albcr in $}abua getoefen. «>
46 $etoel
3Rit bcm lobe SWaria« cnben feine SBanberjaljrc. am 1. fcejember 1558 lam bie
Dtoc$rid&t na% 3üric&; na$ einer bef$Werltc$en Sleife Von 57 $agen lanbete er in feig*
lanb, wo feine äufaabe ityn f$on erwartete. 2)ie ©rfatyrungen m Snmffurt unb &wä<b,
bie tyn gegen ben 9tabilali«mu« von Änoj unb Salvin gu Vermitteinben Überzeugungen,
6 befonber« auf bem ©ebiete ber liturgifd&en formen, geführt Ratten, matten i$n )u einem
brauchbaren 2Bcrfjcug für bie 2)ur$füfyrung ber Sfteform Slifabety«. »jfurc$t bor ber mx$
mächtigen römifd&en §ofoartei, bie grunbfäfclid&e Abneigung ber Vtfööfe gegen jebe 9leue*
rung, ba« laue 3ögern ber Univerfitäten, bie brotyenbe Haltung ber Stoffen in ben tatyo*
lifcty verbliebenen ßanbfd&aften, anbererfeit« bie ftürmtfctye Setbenfc&aft ber in Verbannung
10 unb ©efafcen gefefteten, nun na# ©nglanb jurtiefflutenben bleuerer, bie mit bem Siebte
unb ber Ungebulb be« 2Jtärtyrer« unb Sieger« bie Vernichtung ber alten £eben«formen
forberten, unb baju ber 9Kangel an Wännern, bie mit ber Vertieften evangelifc$en 8n*
föauung mafjvoüe ©elaffenfyeit unb 2Bürbiguna ber bem Untergang Verfaüenben alten
Siebte verbanben — bie« alle« unterbanb bie Kraft ber gegen jtoei gronten fampfenben
i5 vermittelnben Slnglifaner. Sie Königin felbft fear ben fymbernben ©eWalten gegenüber
nod) fctywanlenb unb unentföloffen. 3)ic Verfolgungen jWar Würben eingeteilt, bie Sanbefe
f^rad^e im ©ottedbienft erlaubt, aber bie evangeliföe ^rebigt, fotoest fie auf neuen Sahnen
ging, blieb verboten.
Sin biefen 2lu«einanberfefcungen nun nafym 3- *n bemerfenSWerter SBeifc teiL <Sr
20 Würbe jum 9Kitglieb ber SBeftminfter Äonfercnj (31.9R&T) 1559), auf ber je 8 Ideologen
ber beioen Seiten wiber einanber ftanben, ernannt, unb nad&bem bie alten Vifcfyjfe jwm
©feigen gebraut Waren, jufammen mit bem @arl of Sßembrole, #. 5ßanfy unb SB. &te
lace &ur Drbnung ber finden ©a$c mit au«gebe&nten Vollmalten in bie äBeffyroViiqen
abgeorbnet; furj Vorder War er bur$ föniglicfcen Congä d'&ire (Vom 27. $ul\) 9™
26 Viföof von ©ali«burty ernannt worben. 3)ie Vebenfen gegen ben „t>apifitif($en SRummen*
fcfyanj", ba« weifte 6l>orfyemb unb bie Vieredfige 9Küfce, bie er einft ludicrae ineptiae
gefd&olten, fyaben ifyn von ber Übernahme be«Vi«tum« nid&t abgehalten, ©eine fiobrebner
laffen ben (Sntfölujj mitbebingt fein bur$ bie Äurc&t vor ben 2ut$eranent, bie ju>
Wartenb unb ofyne Vebenfen naefy ber bequemen Sifc^oförnü^e griffen. SBürbe bur$ fic
8onid)t ba« neue Äirctyentum in bie ©cfabren be« Ubiquität«bogma« geraten? @in 3Kamt
unbeugfamer ©runbfäfce War 3- nietyt; fie Würben in biefem gälte einem perf östlichen 3n*
tereffe geopfert. 2lu« bem unerquicflictyen Streite über ben Ornat, über ben er ju Anfang
ber GOer^a^re in jebem Vriefe fid& beflagt, 30g er fidj Vorfic^tig jurüdt; in einem ©^reiben
Vom 3. 1507 fe^t er ben ©iferern no$ einmal au^einanber, ba^ bie gange 9tdigton fu^
8c nid^t um ba« S^or^emb bre^e, aber feinem alten Reifer unb greunbe £unq>$re$ ver^
tveigerte er ben eintritt in bie 3)iöcefe, tvenn er ft$ nid^t jum toei^en £embe entf^lie^e.
^reilid^ na^m aud^ bie Verwaltung feine« großen ©prenaefe feine gange Äraft in
3lnf))ruc^. 2)er 9Jlangel an tüchtigen $fflw^ni machte fic^ allerorten ^eltenb; 3Konate
lang War er auf Steifen, um felbft ben ®emeinben ju ^rebigen, unb bte 3e^ ^e $m
40 übrig blieb, Wibmete er ber öeranbilbung junger Ideologen für ba« evangelifc^e $«■-
bigtamt ; einer ber bebeutenbfteh ©d^üler feine« ©eminarS in ©altebur^ tourbe SRu^. ^oofer,
ber unter bie erften Dogmatilcr ©nglanb« gejault ioirb.
basaltigere unb tiefere (Sinflüffe auf ba$ anglitanifd^e Jtirc^entum al« burd^ biefe
organifatorif^c arbeit ^at 3- bur<$ feine fd^riftftellerifd^en Seiftungen gewonnen. 3)te
46 Wiffenfc^aftlic^c Verteibigung be« 2lnglifantemu$ Wiber bte ©egner Von reite unb linfö
bat ibm einen unverlierbaren ßtyrenplafc in ber ©efetyie^te feiner Äird^e gefupert 9)iit ber
3tbfaffung feiner berühmt geworbenen 2tyologie tft ber ,^ö^unlt feiner rirc$lid&en Srbeit
begeid^net.
am ©d^luffe einer ^rebigt, bie er am 26. SRoVember 1559 am ©t $auI$fKU)
60 ^iclt, ^atte er gefagt: 2Benn irgenb einer meiner gelehrten ©egner eine irgenbtoie genügenbe
©teUc au« einem ber alten Väter ober 3)oftoren ober irgenb einem altgemeinen Stonjil
ober au« ber fyl. ©cfyrift ober irgenb einen Vorgang au« ber alten Äirc^e Wä^renb ber
erften 600 34^ (ju ©unften ber römifc^en Se^re unb^raji«) beibringen fann, fo Werbe
idj auf feine ©eite treten (Vgl. Works I, p. 20). 5Kit biefem ©a$e, ber benimmt gc*
66Worbenen Challenge, bie bie reformatorifd^c ÄontroVcrfe auf ben gefd^id&tlid&en ©runb
fteUte, Warf 3. ben i^n umbrängenben ^einben ben §anbf^ Ijin. 6r War ber Angreifer,
niefct ber angegriffene ; mit feinen faäteren Älagcn, Warum man gerabe ij^m nic^t in 9h4»e
laffe, ift er im Unrecbt. 9io$ gWeimal (17. unb :U. SRärj 1560) Wieber^olte er am
s#aul«freuj bie $erau«forberung. 2Öa« ibm Dr. £. 6ole erWiberte, ift nic^t Von Velang.
60 3- antwortete mit einer geWunbenen ©treitfebrift, auf boren #auptfä$e er bie im %abtt
3ett>el 47
1562 Veröffentlichte Apologia pro ecclesia anglicana grünbetc. Siefe« 93u$, nad&
gtnrm unb ^nfyalt ein« ber grünblid&ften Söerfe ber englifd^en Deformation«tfyeologie, ftcUte
tyn fofort m ben 33renn}mnit ber, Seitfragen.
©in anbetet Sujün tyielt er barin enbgiltigc Slbrecfymmg mit ben 33eftreitungen be«
biblif$en unb tyifiorifd&en Ded&t« ber anglifamfcfyen 2ibee burd& bie römtfcfyen unb pnxx- 6
tamf^fen oranger. ©« Würbe ba« f laf jtfcfye ftir$enbu$ ber (Slifabetfyfd&en Gfyoty, bie erfte
fyfftematif$e Segrünbung ber englifcfyen (Stellung gegenüber Dom unb ©binburg, bie 3Ra»
tetialienfammlung für atte nad&folgenben 2lu«einanberfefcungen über Siedet, fiefyre unb $raji«
ber neuen Äirctye. ©ad eigentümliche SBcfcn be« neuen Krd^lid^en ©ebilbe« ift jum Warfen
unb plfidKic^en 3lu«brucf gebraut, bie §aupt=, Gebens unb Unterftrömungen ber Deulirdje 10
ftnb m bet §auj)tfacfye otyne ©infeitigfeit, auefy bie 2lu«blidfe auf bie 3**1* be« Söerben«
gttcfli<$ aufgetoiefen, Wafyrenb ba« Sud? im übrigen bie öerfcfyiebenen, in ber gfolgejeit
au&manberftrebenben Dichtungen ncd) m futy äufammenfafct.
3n bet Sinologie f)at 3- baö anglitaniföe ©Aftern auf feine logifäe ©runblage ge*
fkflt 3Son calbinifc^en ©ebanten au«gefyenb, bie fräftig in ber Drbnung unb Verwaltung 15
ferne* Stötumä hervortreten, hatte $. feine Hoffnung auf bie ©inmünbung be« englifd&en
Strom« in ben ©enfer §afen gefteUt. Slbcr ber ftampf na$ ber jWeifadjjen gfront, gegen
bie groBenben unb unt>erfö^nlic^en Warianifdjen Geologen, benen e« um bie Rettung ber
btfööflicfcn Irabitionen ju tfyun War, unb bie jum 33eWu|tfein ifyrer J>re«btyterialen Sterte
eben ertoaetyenben Puritaner fcertyinberte bie ßntwidfelung in btefer Dichtung unb jWang ao
jk auf bie fiinien ber — nacfynal« berüchtigt geworbenen — Via media. Sie« eigenartige
©epräge ber neuen Äird&enbtlbung ift 3.3 3B*rf-
gm erften ber fec&S Seile ftellt 3j. bie aufgäbe feft: 9lbWeifung ber Vorwürfe ber
£ärefte, be«9lbfa(l« bon alter SBafyrtyeit, ber ©ottloftgleit unb aller (ibertiniftifcfyen unb re=
Dolutionären ©elüfte. 3jn ^en folgenben teilen Wirb nun bem Vorwurf ber ©egner, bie 25
neue Jttnfae fei eine abgefallene, burc§ bie Sßofition eine« ausführlichen Vetenntniffe« be=
gegnet Sie bogmatifqen 8fo«füfyrungen Weif en auf ber ganzen Sinie ben ©influf} Salbin«
auf; ne unguem quidem latum absumus a doctrina vestra, fcfyreibt 3. an Sßeter
3Raxtyr. 3n ben Setyrftüdfen bon (S&rifti Sßerfon, ber ©ünbe unb ifyren folgen, *>***
©nabenmitteln unb bet ©d&tüjfelgeWalt ift bie ttbereinftimmung eine toollftänbige; im so
Srtifel bom Slbenbmafjl Wirb befonbere« ©eWictyt auf bie Sereinigung mit bem gangen
<S$riftu£ bur$ ben ©lauben gelegt: Christum ipsum sie nobis praesentem ex-
hiberi, ut eius corpus et sanguinem per fidem vere sumamus; .... ita
Christus ipse totus offertur et traditur, ut sciamus esse iam nos carnem de
das carne et ob de ossibus eius. 5Dte $räbeftination Wirb abgelehnt. Sie 5Hec^t- 86
fertigung fte^t nid^t auf be« SRenfd^en eigner Kraft ober feinen Söerlen, fonbern attein
auf (S^nftt am Jtteuje erworbenem 93erbienfte; bie lut^erifd^e Formulierung „allein au«
bem ©lauben'' Wirb bermieben, aber e« Wirb gefagt, ber ©laube fönne nid^t o^ne SBerlc
fern, weil bur$ i^n S^riftu« in unfern $er&en Wo^ne. ^n ber Se^re üon ber Kir^e ift
bte Untetfc^eibung einer jtc^tbaren unb unfid^tbaren nid^t gemacht; fie Wirb mit 9Jad^brudf 40
al« bie fatyoltfcbe beftimmt Sie Se^re bom 9tmt enblic^ ift calbinifc^ gefaxt. — 60=
barni Werben bie SlbWeid^ungen bon ber römijd^en Sc^re unb $raji« begrünbet, bie 93e*
toetfe gegeben, ba^ bie l>äj)ftltc^e ©eWalt nic^t de f ide fei, bie lange entyfunbene 5RotWenbig=
teit einer Deformation im einzelnen bargelegt unb gegenüber ber Unmöglichkeit, biefe Deform
bun$ bie Sermittelung eine« allgemeinen Konzil« )u erlangen, ben nationalen Strien 46
Äe«^t unb gtei^eit eigenen Sorge^en« in biejer ©ad&e (burd^ ^ßroöinjial- ober Sanbe«f^noben)
getpa^rt.
3n bem le^aften Slufbau bermeibet 3* a^e @onberWege unb fyält fidb auf ben
änien feinet Weiftet, eigenartig ift er in jWei fünften: in ber gluckt bor grunbfä|li$er
gefttegung unb Vertiefung — alle rein meta^fiföat ^agen Werben umgangen — unb 60
in bem mit allen Wittein erftrebten %u$Wei« be« gejd^ic^tlic^en Dec^t« ber Deformation,
in er^er Sinie ber engl. @taat«firc^e. Ser ©a§, baf} ba« englifc^e S^riftentum lebtglid)
Stfidtefrr gut alten, reinen tat^olifc^en ftir$e ber 9l)>oftel unb Säter fei, fefyrt in immer
neuen SBenbungen Wteber : accessimus, quantum maxime possumus, ad ecclesiam
apoetolorum et veterum catholicorum episcoporum et patrum, quam seimus 66
adhuc integram et incorruptam fuisse virginem, nee tantum doctrinam nostram,
sed etiam sacrorum precumque publicarum formam ad illorum ritus et insti-
tutt direximus (Apol. P. VI, cp. 16). Ser SSorWurf ber Neuerung Wirb mit Schärfe
<%toiefen. SBie in ©Ott felbft, fo fönne unb bürfe in jeinem Sienfte nietyt« neu fein.
Hoc verum est, quod primum fuit; Pdr} ägxaTa xQaieii(o. iUelmc^r Dom, ba« go
48 detoel
bie Kirche ©otte« berborben unb in allen ©tüdten Gtyriftum, bic 99^>ofteI unb Sätet ber*
laffen tyxbt, fo bajj „feine ©äfee unb ©efefce bon 3jafy#unbert ju 3<^unbert frö er*
neuern unb einanber toiberforecgen", falle unter jenen SEabel. 8foc$ bie §orm Der Stefor*
mation fei eine berechtigte ; ein Sßrobinaialfonjil Ijabe nacfy altem Vorgänge bie angelegen-
6 Reiten beraten unb befctyloffen, unb Orient, bem bie ganje gried&ifctye Äirc^e unb biete
abenblänbifctye Sßrobinjen fern geblieben, fyabt lein gröfjere« Slnfe^en; e« fei eben m$t$
mcfjr unb nicfyt« toemger al« eine ^robinaialftynobe.
Die Veröffentlichung ber Sinologie machte ungeheure« auffegen. 2)a« 33iu$ tourbe
allfeit« al« bie toiffenfd&aftlictye Segrünbung ber englifd&en Jtmpenibee begrübt, toetyrenb
10 fein Sterfaffcr mit einem Schlage als ber anerfannte SBorfämtfer be« 9lngli!am3muS bie
gäben ber öffentlichen 2)i«fuffton in bie §anb betam. Srjbifdjof parier lieft bic ftpol
fofort in« (Snglifctye überfein (1562; bie jtoeite bon parier beranlajjte Überfefeung bur$
Sabty 91. 93acon (15G4) fyat bie frühere, mangelhafte, Derbrängt); in toenig 3<$ren folgten
Überfefcungen in« 2)eutföe, 3talienifc^e, ©panifd&e, gramöfifefce, §oHänbiföe unb ©ri^if$e.
16 Die $ribentinifd&en Väter erfannten bie Äraft be« Slngrijf« burety bie SefteBung einer
tyeologifd&en Jtommiffton $ur (nic^t &u ftanbe gefommenen) SBiberlegung ber Sfyologie an.
3n ©nglanb fanb fte begeifterte aufnähme. $arfer Verlangte, bajj fte al« mafjgebenbe
Darfteuung ber Jtird&enle$re mit bem 5tate$i«mu« unb ben Sirtiteln jufammengebunben
toerbe (©trtype, Annais I, I, p. 474); 1581 tritt fte in ber Harmonia Confessio-
20 num auf, unb (Srgbifd^of Sancrof t orbnete an, bajj fte in allen Sirenen am Sefepult aufc
liegen folle.
9iod& in bem %af)tt ifyre« ßrfd&einen« polten bie ©egner jum ©egenfötag au«, bie
röm. Geologen bon 3)ouaty, Sötoen unb ©t. Dmer. 35er fd&lagfertigfte unter tynen toar
Dr. Stomas §arbing, bormal« $rof. be« £ebräifctyen in Djforb unter #einrid& VIII. unb
25 ber Sieformation juget^an, gfreunb $eter SMartyr« unb Sefyrer ber ßabty 3>ane©raty. Unter
JJlaria abgefallen, toetgerte er ben ©uj>remat«eib, tourbe au« feiner Sßfrünbe Vertrieben
unb flol) nad& Sötoen, too er ben römifcfyen §afe gegen bie eng(if$e Steuerung organifterte.
Scbenfatt« ein X nietyt unebenbürtiger ©egner. 3U*# t™* ** m^ **!*** Answer to Dr. J.s
Challenge auf ben $lan, auf bie 3- fofort antwortete. 3)en §auj>tfc&lag aber führte
80 §arbing in feiner Confutation of an Apology for the Ghurch of England (1565),
bie ebenfofefyr burefy tyre umfaffenbe ©elefyrfamleit toie burd) ge^äffige perfönlic^e Serbitte*
rung au«gejeictynet ift. 3>n jtoei tociteren, E^ier nidjt gu ertoä^nenben ©d&riften tourbe ber
©treit $u 6nbe geführt. &ie in biefen Answers, Replies, Defences, Detections
u. f. to. au«jutragcnben fragen erftreeften ft$ über ba« ganje ©ebiet ber römiföen 6on*
86 troberfe. $)ie ©efdbloffen|eit unb Kraft ber ©ebantenfü^rung, bie ftupenbe ©ele^rfamfeit
unb bie unperfönlicge ©elaffen^eit ^.« gaben im Verlaufe be«©trett« biefem fc^lte|lic^ bie
Dbcrfyanb. ©o fe^r feine Sudler burefy ben oft trodfenen, logifd^en Slufbau unb ben er*
mübenben, Sßunft für $unft an einanber retyenben 3lutorität«betoei« be« litterarifd^en
Steige« entbehren, fo toirffam geftaltete ftd^ für bie 3eüömoffen bie Setoei«fübrung, beren
40 SJa^brucf bor allem in ben gefcfcid&tlicfyen Partien, ber Berufung 3.« auf bie Se^tmeinungen
ber erften fed^« d^riftlid^en ^a^unberte rufyt. 3)ie ©d^rift jtoar ift iljm t^eoretijc^ bic
oberfte, alle gfragen ber fie^re unb 5|Jraji« enbgiltig entfe^eibenbe 5ßorm, aber nic^t aOe
fragen lommen bei i^r &um Haren Sluebrucf ; e« bebarf ber 9lu«legung, ber SSergleic^ung,
ber logifcfyen ©c^lu^folgerung. §ier tritt ba« ©etyrif tDcrftänbni«, ba« Urteil unb bieSBet«*
46 ^eit ber Säter ein. ©ie ftnb jtoar fefunbärc, aber juberläffige 3euÖen ^w äBa^eit:
non domini, sed duces nostri. 3jn ber ^Jiraji« aber ge^t $• toeitcr; fein ©treit mit
^arbing läuft t^atfädjltd^ auf @injel^eiten, auf bie ^rage, toer Don un« beiben ty& bie
meiften SSäter auf feiner ©eite, binau«. Unb in biefer 93ejie^ung toar ber Sifd&of —
auf ©runb feiner f$on in ben Se^rja^ren begonnenen, betounbern«toerten Sammlungen
60 bon ßitaten au« ben 33ätern — bem ^rofeffor überlegen. 3n ^ Defence uimal tritt
bie ^iftorifd^e ©runblegung auf Äoften ber bogmatifc^en in ben SSorbergrunb. 3e toeniaer
aber in bem jungen Äird^entoefen ein innerer bogmatifd^er ^Jroje^ ber fircfclu^en Ät*
fd^auung bie 9tic^tung«linien oorjeic^nete, unb je äu^erlid^er ben englif$en gü^rern bie
bom ^eftlanb importierte catointfcfye 2)ogmatit blieb, um fo leichter mu^te ber Sann ber
&r> Stutontät, bie Theorie Dom consensus quinque-saecularis, furj bie lot^olifc^e Zenben)
balb auf neue Stege, ju ben Saubren unb $ufcfyitifc$en Äonfequenjen führen.
§inter biefem §auj>ttoerfe 3.« treten feine übrigen ©Triften toefentlid^ jiurücf. 9tac^*
bem er für feine SSerbienfte um bie Biegung be« anglifanifd^en Se^rbegriff« 1565 bie
SBürbe eine« Dr. theol. erhalten, jog er ftc^, bon ben Sefctytoerben bc« 3llter« fyeimgefucfy,
60 in feine 3)iöcefe jurücf. sJ?od^ einmal cr^ob er bon ^ier au« feine i^m berbliebene J&aft
dfettel dgttatitiS bou 3tntiod)ien 49
aegen bic beiben gtinbe, mit bencn er fein gatneS geben gu tfyun gehabt: gegen bie rabU
faden Puritaner toanbte er fi# mit einer (bon SBtyitgift f^äter gebrueften) Sterteibigung beS
SpiSfopaliSmuS, gegen bie römifcfyen Stänle, bie in ber 2lbfefcung ber löniglid&en ßefcerin
burc$ eine SuBe m bie ©rfd&einung traten, mit feiner View of a seditious Bull, bic
gletd^foES naefc feinem lobe gebrueft tourbe. 9ia<$bem er in ber Convocation Don 1571 6
no$ mit ber Stebifion ber 39 Slrttfel betraut toorben toar, fc^le^te er fiefy in feine 35iö~
cefe müfyfam jurücf unb berföieb in SMonfton garleigfy am 23. September 1571. 3m
$om twn ©altSburt? ift fein fömudttofeS ©rab. SRic^arb §oofer, ber freiließ tym als
fein ©$üler biel berbanfte, nennt ü;n „ben efyrtoürbigften ©otteSgeletyrten, ben bie @fyriften=
beit fett 3a$rtyunberten gefefyen". 10
getoelS ©Triften: aufjer ben im $e£t genannten berbienen Srtoäfynung: Short
Treatise of Holy Scripture, ed. J. Garbrand, 1582; A Short Treatise of the
Sacraments (jufammen mit ben St. Paul's Cross Sermons) gebr. 1583 unb 1603;
An Exposition of the Epistles to the Thessalonians, 1583; sJ?eubrucf 1584 unb
1594. ©eine ©amtlichen 2Berfe (Works) fourben auf StonfroftS SSeranlaffung 1609 unb 16
1611 in einem fjoliobanb gebrueft; bon ben SReubrudfen nenne i$ bie bon 3elf, 8 93&e,
Ctforb 1848; »Vre, 4 Sbe, 1845—50 für bie Parker Society, »tubolf »ubbenfteg.
3g«fltttt8 Holt Ättttodjten. — Sitteratur. lieber bie ausgaben unb bie ältere
fttteratur \>%L 3a&n» Patrum apost. Opera, Lipsiae 1876; 3unf, Opera PP. apost., Tu- 20
bingael887, ©. XLIII ff. ; »arben&eroer, Urologie, greibuvg 1894, ©. 68 ff. S)ann : tfafcn,
SgnatiuS oon Hntiodjien, ©ouja 1873; fiig&tfoot, The Apostolic Fathers II, 2 33be, 2. 9iufl.#
1889 ; ^arnoef, 2)ie Ueberlieferung unb ber Skftanb ber oltdjriftl. Sitteratur, Seidig 1893,
S. 75 ff.; berfelbe, ©Pönologie ber altcftriftlidjen Sitteratur, Seidig 1897, S. 381 ff.
©o berühmt ber SRame beS Sgnatiuö ift, fo btirftig finb, abgefe^cn bon bem, VoaS 25
bie unter feinem Flamen umlaufenben Sriefe enthalten, bie Siacfyridpten über tyn. Saffen
toir ben ©rief, ber ben Flamen SßotyfarbS trägt, junäc^ft einmal roeg, fo citiert JrenäuS
(Adv. haer. V, 28, 4) ben 93rief beS 3gnatiu3 an bie 9tömer mit ben SBorten: „a)s
tbii Tis xa>v fffietiQtov did xr\v Jiqog &eöv juaQxvgiav xaxaxQidelg jtgög jhjgia"
unb CrigeneS im Prolog jum fjofyen Siebe ebenfalls ben 9tömerbrtef (Ed. Delarue III, ao
:M) A) unb ertoäfynt §om. 6 &um SulaS (Delarue III, 938 A) ben 39natiuS mit ben
SBorten : „KaXax; fa fuq xcbv /udgxvQog xivog imoxokcov yeygajtxai . . . toi» Iyrd-
uor leyw, xov juerd xöv fiaxägiov rihgov xijg 'Avxio%eiag devxegov Inioxonov,
tot h np duoy/Mp h PdtjuLfl dtjQiois imfflodiitrvov" \ 3Ke^r tuetfe auc^ Gufebiu^
nic^t ; xoqA er fonft er#tylt, ift ben ©riefen entnommen. 3)ie Sifte ber antioc^enifc^en 86
»fc&dfe tn ber ß^ronif (ed. ©<$öne II, 158) unb ber Äirctyengeföidjte (III, 21, 22) ift,
namentli^ toa* bie Zeitangaben betrifft, unftc^er 0>gl. bie genauen Unterfuc^ungen bon
8b. £arnacf, 2)ie 3«t be« ^gnatiu«, Sei))jig 1878), bod^ toirb auety ^ier bem 3gnatiu^
bie gtpette ©teile nac^ $etntö angeioiefen. 2)a ber gtoifc^en ^gnatiu^ unb^etru^ fte^enbe
(ruoburö ein 3Rann toar, bon bem niemanb ettoaä tou^te, oerliert er fid) fbäter, unb e^ 40
bilbet fu^ bie Xrabition, bafj $etru^ unmittelbar ben ^gnatiu^ eingefegt ((S^foftomu$,
bie $af($a4ronit, 2^eoboret), toäljrenb bie Constt. app. VII, 46 gtotfe^en beiben Zxa*
btüonen fo bermitteln, ba^ [\t ^Jetru« erft ben ßuobiu«, bann ben ^flwUiuä einfegen
(offen, ©anj mertlod unb blofee fagen^afte 3)ic^tung finb bie Angaben, ^gnatiu^ fei ba^
Jtinb getoefen, toelc^e« ber $err 9Wt 18, 4 ben Jüngern ate 3Jorbilb auffteflt (eine offcn= 46
bar au£ bem 9tomen X^eo^oruö gebilbete ©age bei ©imeon -äJtetapbrafteS AA. SS.
1. Febr., bie fi<$ bann bei SSincentiuS Bellov. Specul. Hist. X, 57 noc^ toeiter
ba^tn Mrau^erlid^t, er ^abe ben sJiamen S^rifti mit golbenen Sucfyftabm gefc^rieben im
&nyen getragen) unb fei ein ©d^üler beS 3oi?anne3 getoefen ober beS ^ßetruS u. bgl. m.
$huf) bie Acta martyrii bed ^gnatiuS finb in jeber ©eftalt al^ ^tftorifdje Quellen 60
attfyigebau 9Bir beftfeen jtoei bon einanber ganj unabhängige Martyrien, nämlid; 1. ba$
M. Colbertinum, loelc^ed juerft U^f^er 1647 in einer barbarifc^en, aber fe^r treuen latei=
nif^en Überfe^ung herausgegeben fyat, fpäter 9luinart (Acta raart. sine. 1689) griec^ifc^
aus einem cod. colb., unb loeld^eS ibentifd^ ift mit ber bon Gureton (Corp. Ign.
p. 222 sq., 252 sq.) ftücttoeife, bon 3Jtöfinger ( Supplement um Oorp. Ign. Oeniponti 66
1872) boflftänbia herausgegebenen f^rifd^en Überlegung ; unb fobann 2. baS M. Vatica-
num# toeld^eS treffet nac^ einer cod. Vatic. herausgegeben bat (PP. App. p. 368 sq.),
na^bem föon USf^er einen loenig abtoeic^enben $<# aus einer Djforber ^anbfe^rift t>er*
öffemli^t fjttiU. 2)a)u fommen bann einige Martyrien, in benen bie beiben genannten behält;
«Mlftig älteren jufammengearbeitet fmb, nämlid^ 3. eine lateinische Vita Ignatii in ben w
ntü^mc^tlapAbit für X^tologl« unb ftfrfte. 8. «. IX. ±
50 ftgnattuS **» ütitio^tett
AA. SS. Febr. I, 29 sq., ibentifc^ mit ber Don USföer au« einem Cod. bibl. Cotton.
gegebenen ; 4. ein atmendes ÜRartyrium bei Leiermann, unb enb(i$ 5. bie Bearbeitung
bcS Simeon 9Hetat>I?rafteS. (Sine fetyr forgfame SluSgabe ber 9Rartyrien &at 3<*fa (PP.
ap. Opp. Ed. post Dresselianam alteram tertia, Lipsiae 1876) beforgt, unb flxa
sgicbt er S. 301 ff. juerft boS colb., bann baS vatic, julefct baS Sym. Metaphr., &gL
aufterbem Sig&tfoot, the Apost. Fathers II, 1, 363 ff. 2tuc& baS Martyrium Col-
bertinum (Don ben anberen tann ofynetyin leine SRcbc fem) ift jefct, nacfybem ltyOborn
(3eitfc$r. f. tyift. Ityeol. 1851, S. 252 ff.), ausführlich Safyn (SgnatiuS Don 3fotuH$ien,
S. 41 ff.) unb Don fat&oliföer Seite ÄrauS ($üb. ttyeol. Quartalfdfrr. 1873, ©. 115 ff.)
m feine Unedjtfyeit nactygetoiefen, jiemlid^ aDfeitig aufgegeben. 9lud& gun! PP. Apost
Proleg. LXXVIII erflärt eS für unecht. SDte Unetyfyeit betoeifen bie SBiberferfid&e
ätotfdjen bem üRarttyrium unb ben ©riefen, bie Dielfacty unfjiftorifd&en angaben beS 3Rar*
tyriumS unb ber Umftanb, bafe eS feinem ber älteren Sd&rtftfteller, au$ (SufebtuS ntc^t,
belannt getoefen ift. ©or bem 5. ^a^unbert fann baS SKartyrium nid&t entftanben
16 fein. So fmb toir lebiglic^ auf ben Snfyalt ber ©riefe bcrtoiefen. SJiefe fefcen DorauS,
ba(* ^gnatiuS, in Slntiocfyien ad bestias verurteilt, ftd& auf bem 3Bege nad) 9tom Be*
finbet, um bort ben lob ju erbulben. ©ben toätyrenb biefer Steife foHen bie 33riefe ge*
fetyrieben fein.
3m gangen beftyen toir 15 ©riefe, toelcfye ben SRamen beS SgnatiuS trafen, aber
»offenbar fefyr Derföiebenen SllterS unb 2BerteS ftnb. Sieben Don biefen (nämlufr 1. ad
Ephesios, 2. ad Magnesios, 3. ad Trallianos, 4. ad Romanos, 5. ad Philadel-
phenos, 6. ad Smyrnaeos, 7. ad Polycarpum) finben ftc$ in einer türjeren unb
einer längeren griecfyifcfyen SRejenfion Dor. 3)ie lefctere fyat baneben nod& fünf anbere ©riefe
(8. ad Mariam Cassobolitam, bem ein ©rief berfelben an SgnatiuS beigefügt ift, 9. ad
26 Tarsenses, 10. ad Antiochenos, 11. ad Heronem, diaconum Antiochenum,
12. ad Philippenses). (Snblicty ejiftieren nod) brei nur in latemifdfrem lejte, nämlub
13. unb 14. jtoei ©riefe ad S. Johannem unb 15. ad S. Mariam Virginem, bem fty
eine Responsio B. Mariae V. ad Ignatium anfd&liejjt. 2ßo$rfd&einlic$ ftnb biefe gong
toertlofen ©riefe urftminglicfy lateinifdj Derfajjt. SBieber abgebrueft ftnb fte u.a. bei üfon,
30 PP. ap. p. 297 sq.
Hon ber förderen griectyifd&en SRejenfion (G1) befifcen toir nur eine £anbfc$rift, ben
Cod. Mediceo-Laurentianus unb jtoei Slbfcfyriften berfelben, ben Cod. Casanatensis
unb ben Cod. Barber. 3)ann giebt eS eine lateiniföe ©erfton, bie guerft USföer (1644)
herausgegeben i}at mit ©enüfcung jtoeier 6obb. beS Montacutianus unb beS Caiensis,
36 Don benen nur nod} ber lefctere Dorfyanben ift. Sie ift fe$r genau unb für bie $erfteflung
beS IqteS bebeutfam. gnbli$ ift eine ftyriföe Überfefcung nur nod& in Fragmenten be*
fannt, Dollftänbig bagegen eine aus biefer fbrifctyen gefloffene armenif(^e Überfe^ung, toeb^e
bon bem armenifc^cn ©ifc^of 3Wena« in «onftantinopel 1783 herausgegeben unb ö«m
Leiermann forgfam berglid^en ift. ©nblicty ift nod^ ein gragment einer foptotfa^t?
40 bijc^en Überfe^ung borfyanben, ba« Sig^tfoot II, 862 mitgeteilt fyrt. ©er SWinerbnef
allein finbet ftety auc^ in bem Cod. Colbertinus, ber baS 9Wart^rium enthalt, unb m
ber Don SBöfinger (Supplementum corporis Ignatiani, Oeniponti 1870, p. 1 sq.)
herausgegebenen ftriföen Überfe^ung beS SKart^riumS. 35iefe fürjere Slejenfton tourbe
guerft lateinifd^ üon Ueffyer 1644, bann griec^ifc^ a\x$ bem Cod. Mediceus toon 3foaf
46 ©offtuS 1644 herausgegeben. 3)cr toeiteren SluSgaben ftnb ju mele, um fte ^ter aunu«
&äl?len. ©ie forgfamften, mit ©enü^ung beS ganjen Materials unb naep richtigen nt«
tif^en ©runbfä|en beranftalteten 3luSgaben fmb bie öon 3a^n u*rt> SigW^ot
©on ber längeren interpolierten griecfyiföen SRejenfion (G*)f befi^en toir mehrere 6o*
biccS (aufgejagt bei Safjn, Prolegom. XIX unb #arnadf, bie Überlieferung unb ber Se»
60 ftanb ber altc^riftlicfyen Sttteratur S. 78) unb eine latcinifcfye Überfe^ung ebenfalls in einer
Steige Don £anbf$riften. 3)ie oben ertoä^nte armenifc^c Überfefcung enthält aud^ bie ber
längeren SRejenfion beigefügten ©riefe, herausgegeben ift biefe längere Stejenfton jueeft
1557 Don SßacäuS unb unabhängig Don tfym 1559 Don Slnbr. ©ejjner, fpäter bim S)teffei,
Gureton, ^etermann, am genaueren Don 3^n PP. ap. p. 173 sq.
66 ßnblic^ fmb in neuerer 3^it brei ©riefe (ad Ephesios, ad Romanos, ad Poly-
carpum) in einer nodj förderen $Re$enfion als G1, jebod^ nur in fVrifd^er Überfe^ung,
aufgefunben unb juerft Don ßureton (The ancient Syriac version of the Epistles
of S. Ignatius, Sonbon unb ©erlin 1845) naefc jh>ei in ber nitrifd&en SBüfte 1839 unb
1843 gefunbenen §anbfc^riften, f^ätcr mit ©enu|ung einer britten, 1847 entbedften fynib*
on fcfyrift genauer im Corpus Ignatianum (a complete collection of the Ignatiaa
SguattnS nott 8nttod)tcn 51
Epistles etc., ©erlin 1849) fyerauSgegeben, aucfy ber griectyifcfye £ejt banacty fyergeftellt
(S). Auf @runb ebter neuen Kollation ftnb fte bei Sigfytfoot II, 657 abgebrudft. feine
retd^alttge üJtaterialienfammtung, namentlich roaS bie orientalifdjen ©erftonen anlangt,
bietet $etermann S. Ignatii, epistolae collatis edd. graecis, versionibusque Sy-
ritca Armeniaca, Latinis, Lipsiae 1849. Eine 9ia$lefe fyrifcfjer Fragmente ftnbet r,
fty iuk^ ht 2anbS Anecdota Syriac. I, 32 sq. unb bei SRöftnger a. a. D.
Sei ber großen ©ebeutung ber ignatianifd&en ©riefe für bie ältere Stird&engefd}ic$te,
namentlich bie ©ef$t$te ber ©erfaffung, ift bie $rage na$ tyrer @d}tfyett fefyr biet ber-
fcnbeit, gumal ba fte btm$ bie fcorfyanbenen toerftyebenen Slebaftionen noety Dertoicfelter
tombe, tnbem bie grage nad& ber (Soweit bie ©rlebigung ber ©orfrage, freiere SKebaftion io
als bie urfrrünglicbe an jufefyen ift, öorauSfefete. ©ie © e f d? i d; t c ber Äritil jerfäQt in
brei $erioben. 3)ie er fte reicht bis jur Sluffinbung bcr SRejenfton G1. gn biefer fy\t
toirb toenigftenS bog ©rgebniS getoonnen, bafc bie brei nur lateinifety fcorfyanbenen ©riefe
als entföieben tutest aufgegeben toorben. ©elbft ©aroniuS fyat fte fallen laffen. ©onft
bleibt baS Urteil fd&toantenb. SSä^renb bie fattyoliföen Ideologen, 3. 33. Wartung, ©aro* 15
ithtS (a. 109, 19), ©ellarmin, fämtltd^e ©riefe in ber längeren SRejenfton für tfy er*
Bären, $ö$ftenS, hrie SDtartialiS SRafträuS, einzelne Interpretationen jugeftetyen, ftnb bie
$roteftanten geneigt, fte fämtlicfc ju öermerfen. 60 inSbefonbere bie 9Magbeburger 6en*
tarien unb Galtrin (Inst. I, 13, 29), mätyrenb 9?if. ©ebeliuS (Apologia pro Ignatio,
Genevae 1623) bereits bie ©e^auptung auffteQte, nur bie fieben fcon (SufebiuS ermähnten 20
©riefe feien e$t, aber in bem öorliegenben 2*£te interpoliert. 3Jlit ber Verausgabe ber
Ke^enftän G" beginnt bie atoeite $eriobe. 3)ie fünf fcon ©ufebiuS nid^t genannten
©nefe (8—12 ber obigen Slufjatylung) toerben als unecht ausgegeben, unb bie Stejen*
fbn G1 allgemein als bie bem urfprünglid&en ftqrte nä^er ftefyenbe, bie Sttejenfton G *
als interpoliert erfannt. 3"^ $*t no$ 3Wrier G1 $u öerteibigen gefugt in ben ©tÄ 25
1836. 9atd& ben ©iberlegungen bon SRotye (Anfänge ber d&riftlicfyen Kirche, ©. 735 ff.)
unb Äntbt (Stft 1839, I) unb nad&bem 3atyn ßgnatiuS toon Stationen,©. 116 — IG7)
att 3* *** ^älföung bqte^ungStoeife Interpolation bie jtoeite §älfte beS 4. Safytyun*
ber» nai^getotefen fyd, barf biefe grage als für immer erlebigt angefetyen werben. Sa-
gegen bleiben bie 2lnftc$ten über bie Scheit ber ©riefe in ber töejenfton G1 auefj in biefer 30
3at geteilt. 3n älterer .Seit mürbe bie 6$ttyeit bestritten, u. a. fcon ©almafiuS, 3)aüäuS,
bertetbigt namentlich öon $earfon (Vindiciae Ignatianae Cantabrig. 1672). %\\ neuerer
3«it traten für bieß^t^eit ein: SRot^e (a. a.D.), Rüther (3^ 1841, IV) unb Düfter*
bierf (De Ignatianarum epistolarum authentia, Goettingae 1843). s^Bertoorfen
tourbe pe bor allem Don ©aur (Über ben Urforung beS @pif!opatS, 18:58, 6. 117 ff.), 35
ba fte in ber §t\t nac^ ber Witte beS 2. 3al?rfyunbertS ju bem fttotdt, bie fat^olifd^e
ißn^e )u befeftigen, Derfafet fein lä^t. auf ©aurS Seite traten ©d^toegler (sJ?a$a}>oftol.
Zeitalter II, 159 ff.), toä^renb 9?eanber (Ä© I, 1140) ^roar im allgemeinen bie ©cfytfyeit
ber (ärgeren Stegenfton anjuerlennen geneigt mar, aber mit ber @inf$räntung, bag auefy
fie Don b^eutenben 2^tte^)olationen nid^t frei fei. 40
3n bie britte Sßeriobe traten bie ©er^anblungen burefy bie äuffinbung ber
tejeften, forif$en Slegenfton ber brei ©riefe an bie SRömer unb (Sp^efer unb ^olty*
Utap. 2)er erfte Herausgeber berfelben, Sureton, jprac^ gleich mit DoQer ©eftimmtbeit
bie Snfk^t aus, ba^ nun bie toirflic^ eckten ©riefe aufgef unben feien, bie bann $u
0vnßen ber fiteren tirilieren Se^re öon ber ©ott^eit Sfyrtfti unb ber ffäteren fird^^ 46
U$en ©erfaffung entf^red^enb umgearbeitet unb burefy iner ganj untergef^fobene ©riefe an
bie Wagnefter, ©m^ntäer, ^ilabetytyener unb IraHier ergänjt feien, eine 2lnfi$t, für bie
in Deutfälanb Sunjen mit me^r ©egeifterung als ©rünblic^teit burd^ jtoei Schriften (Die
bm tdftm unb toier unechten ©riefe beS 3ö"^iuS t>on 3lntioc^ien, Hamburg 1847; S9"«5
find 10m Sntuxtyien unb feine 3^. Sieben ©enbfd^reiben an Dr. Sluguft sJieanber, $am* w
b«q| 1847) ©oben ju gewinnen fud^te. Xtt Umftanb, baft bie bisherigen ©erteibiger ber
fmfe boc^ manche ©<t;roierigleit in ber ^He^enfton G1 anertennen mußten, bie burd) S
groben fc^ien, bafj umgete^rt biejenigen, meldte bie ßcbtfyeit bestritten, boc^ ftd^ bem 6in=
Hndv ed möae biefieid^t ht ben ©riefen ein ed&terÄern ftedten, nid^t ganj entgie^en fonnten,
tarn biefer 9utfk$t }U ^ilfe. SS fd^ien, als fei ber 2öeg ber ignatianifäen gorfc^ungen 66
bcr, baft auS einem btelfa$ mit jüngeren @d^id^ten umlagerten jtern biefer Stritt um
Stritt ^erauSgef^ält merbe, unb nun in S gefunben fei. @o erflärten fic^ au6 eine
Habe mm beutfd^en ©eierten für bie @tf>tbctt beS (£\mx$, ^(ttfcbl (gutfte^ung ber alt-
Utboüfc^m «tni^e, 2. «ufg., 6. 403 ff.), 2Bei| (»teuterS ^Kepertorium 1852, III), ©ö^
(Jtm$engef$i$te in ©iogr^ien, 2. Ausgabe I, 1, 16). 9lm auSfü^rlid^ften eo
52 3gnattn« nott ftttttodjtett
unb grünblidtften &at 2tyfw« (3&XI) 1856, ©. 3 ff.) biefc anficht begrünbet. »et ben
meiften fanb biefelbe jeboety SBiberforudj. Säur (Die ignatianifd&en »riefe unb i$r
neuefter Krittler. (Sine ©trettfetyrift gegen §errn »unfen, Tübingen 1848) unb $Ugefc
felb (SDie apoftolifeben »äter, £aUe 1853, ©. 274 ff.) traten für bie Urjbrünglicfctett ber
6 9tejenfton Gl berglictyen mit S ein, boefy fo, bafe fte aud& in biefer bie »riefe für unter«
gehoben crflärten. £efcle (PP. Ap. ed. 3 Proleg. LVIII), Denjinger (Über bie @d)U
fyeit be« bisherigen Serie« ber 39™*"*™?^ »riefe, 2Bürjburg 1849), Utytyont
(3$t$* 1851, I unb II), ^etermann (a. a. D.) erflärten ftcfc jugletcfc für bie <k$U
fyeit ber »riefe in ber ©eftalt G1. Der »etoei«, bajj S nur ein SluSjug au« Gl ift,
loben Den&mger unb Utylborn befonber« babunty ju führen fugten, bafc fte ben bcRerat
3ufammenbang bei G1 bagegen ben Mangel be« 3ufammenlanfld &S S na$getotefen,
ben bann 9Kerj (Meletemata Ignatiana 1861) baburety, bafc er ba« »ortyanbenfein einer
tyrifcfyen Überfefcung ber boUftänbigen »riefe naebtoie«, unb namentlich 3a^n baburc^ er*
gänjte, bafe er bie ©efebietyte ber forifd&en »erfton genauer berfolgte unb bur$ eine fefa
i6forgfame Unterfucfyung (3gnatiu« bon 2lnt. ©. 167 ff.) ade borjpmbenen Überrefte ber
»riefe in foritöer Sprache auf eine Überfefcung (nid&t tt>ie 3Werj atoei) jurüdfü^rte, »on
ber auety bie ^ejenfton S nur Fragmente enthält, barf jefct al« boHftänbig geführt an«
gefeiten toerben. -Kidjt nur fmb leine neuen »erteibiger für S eingetreten, fonbern aud)
mehrere, bie früher S borgejogen, fyaben benfelben jefct aufgegeben, toie u. a. Ötyftu« (Ü^er
20 ben Urforung be« ßfyriftcnnamen«, 1873, ©. 7) unb 2igfytfoot. Da« ganje auftreten ber
^Re^enfton S ift nur eine gegenwärtig beenbigte Gtyifobe in ber ©eföid&te ber ignatianifefcn
Äritif getoefen, unb man barf fagen, bicjrage liegt jefct fo: ©nttoeber bie »riefe ftnb in
ber SRejenfion G1, toie fte ber Cod. Mediceus bietet, im toefentlictyen unberborben er*
fyaltene ed&te »riefe be« anttocfyenifcfyen »ifctyof«, ober hnr beftyen überhaupt feine »riefe
25 bon bemfelben, unb fyaben e« mit einer faäteren giltion $u tyun.
darüber, toelcfye bon biefen beiben älternatiben bie richtige ift, toä&rte ber ©treit
noety fort. 3n ityrem gamen Umfange tourbe bie 3frage bon &af)n (3gnatiu« bon 3lnfc
ocfyien) befyanbelt unb &u fünften ber ßctytfyeit entfcfyteben. ©egen tyn traten £ilgenfelb
(3tt)^1874, ©. 99) unb Steint (3lu« b. Urd&riftentum, 3ürid&1878, ©. 115) auf, toafc
aorenb SHenan (Journal des savants 1874, ©. 38) nur ben SRömerbrief für e$t gelten
laffen tooHte. eine gan$ jeltfame §^otbefe ^at »ölter (Die Sofung ber ^gnatiu^fragc,
Theol. Tijdschr. 1886, 114—136) aufgeteilt, äuc^ er trennt ben SRömerbrief bon ben
anberen, toä^renb aber Slenan ben SRömerbrief für ec^t erllärt, bie anberen für unecht,
fel;rt »ölter ba^ SJer^ältnid um. 3)er SRömerbrief foH unecht fein, bagegen bie anberen
36 ecfyt, aber nicfyt Don bem »ifc^of ^g^öttu^ ftammen, fonbern bon einem Saien um 150
gefd^rieben fein, ioä^renb ber 9tömerbrief einige %cfyxt jünger ift. SSeiter au^gef)>onnen tyd
»ölter biefe £$>otyefe in feiner ©d^rift, Die 3gnAtianifäen »riefe auf i^ren Urftmmg
unterfud^t (Tübingen 1892). Darnac^ foD ber Stömerbrief Snbe be« 2. Satyr&unbertS ge«
^rieben fein in ber 2lbfid>t, einen 3JlärtVrerbifc^of ju jeid^nen, toie er fein foH, um bamit
40 ^sropaganba für bie fatl)olt[d?e Äirc^c gegen ben 9Jtontani$mu$ ju machen. Der »erfajfer
ber anberen »riefe ift Peregrinus Proteus in feiner c^riftlic^en Sßeriobe, e^e er 6t?ntfer
tourbe. ©incr SBiberlegung bebarf biefe ^ot^efe faum. Der ^auptgrunb, auf ben ft$
Wolter ftü^t unb ber in bem angeblichen Unterfc^ieb jioifd^en bem Stömerbrief unb ben
anberen »riefen befielt, ^at §amadf (2^23 1894/ ©• 74) genügenb jurüdfgetoiefen. 3m
46 ganzen barf man toofyl fagen, bafe bie Stimmen für bie @<$tl?eit ber »riefe fid& mehren.
äuf[er 3a^n tyit namentlich 2ig^tfoot biefelbe einge^enb begrünbet. 3lud& Sl^biQe (Rev.
de Thistoire des relig. XXII, ©. 1, 123, 267), gunf (Die ©d^tbeit ber ign. »riefe
1883) unb »arbenbetoer (5|Jatrologie ©. 66) \pxttyn ftcfy bafür au« unb bie bogmen-
gefd^ic^tlic^e Unterfuc^ung oon b. b. (Solfe (3gnattud bon Slntiod^ien $U, XII, 3) ift t^r
60 günftig. ^arnaef fyat ben »erfuc^, bie »riefe in bie legten Qa^re be^ ^abrian ober bie
erften ga^rc be« 2lntoninu« $iu$ ^erab^urüdten (Die3^tt be« 3-)^ föt aufgegeben (Die
G^onologie ber altd^riftl. 2itter. I, ©. 406) unb fid? ba^in entfe^ieben, ba^ bie 30^*
tiu^briefe ec^t unb gegen 6nbe ber Regierung Xrajan« (110—117), bietteic^t, bod^ ntc^t
loa^rfc^einlic^, ettoaS fpäter berfafet ftnb.
66 ©egen bie (Scheit ber »riefe (eS ift je^t immer nur bie SRejenfton Gl gemeint)
toerben fyauptjäcfylid) folgenbe ©rünbe angeführt: 1. Da« ben »riefen ju ©runbe liegenbe
ftaftum ift unbiftorifd^. 2lHein loenn man biefe« gaftum nic^t, toie früher »aur getban,
atö ben unechten 3Kärt^reraften, fonbern au« ben »riefen felbft föityft, entf)>rid^t e« bältg
ben 3e^ber^ältniffen. Dafe unter Srajan G^riften ben 3Rärt^rertob ftarben, ift b^
oofannt; aud^ ba^ 3dna^u^ bon bem Statthalter in Slntioc^ien ad bestias berurtettt
3gttattti« tun 9(tttiorf)te« 53
tottb, tonn nicfyt bebenflicty machen, ba foletye ©erurteilungen fcfyon bei .§crma« (Vis.
III, 2) fcorlommen, unb toenig f^äter fogar jatylreicfye ©etftnele Dorltegen. 6ben-
fotoenig tonn betmftanbet toerben, bafj Iggnatiu« na$ &om gebraut tohrb, um bort
ju fterben. 2)a3 ©efefc, toeI$e« ben Statthaltern unterfaßte, ©erurteilte ex pro-
vinda in provinciam gu fctytdfen, tft erft Don ©efceru« unb 2lntomnu«, toofyl no$ 5
(päter bod @efe$, toel^e« ben 2tom«l>ort foie^er ©efangenen nad& 9tom regelte (Dig. lib.
XLVTII, tit. 19, 1. 31). ©on ber ©etoilligung be« Äaifer« fying eine fold&e ©enbung
bamal« nod} nic^t ab, unb e« !ann be«fyalb aud^ nicfyt ber milbe ©inn be« Xrajan, tote
« in bem ©riefe an ben $lmiu« tyertoortritt, bagegen angeführt toerben, ba ber Äatfer
ton ber ganzen ©ad&e fctytoerlicty ettoa« erfuhr. SDte Seiferoute fyat ebenfotoenig ettoa« 10
uRtoa^rf$einK$e$ tote ber Umftanb, bafj 3öna^ug.unierh>e9^ bk greiljeit fyatte, mit ben
Sememben £ii berfe^ren unb ©riefe $u f^reiben. $tynlid&e ©eifpiele ftnben fiefy bei fiueian
de morte Peregrini unb in ben 3l!ten ber Perpetua unb fteltcita«. 2)ie Situation,
tod$e ber SRömerbrief Dorau«fe$t, nämlid& bie ©eforgni« be« 3Sgnatiu«, bie9tömer motten
mx$ ©$ritte 311 fetner Befreiung ttyun, erllärt ftd& fetyr einfach au$ bem 9te$t«fafce, bafj 16
JtypeBaiumen au$ Don anberen, felbft gegen ben SBillen be« ©erurteilten, eingelegt toerben
brauen (fcgl. L. 6 D. de appellationibus et relationibus). 2luc^ ben römifetyen
(Sänften fkonb ber 2Beg einer äJtyeHation an ben Äaifer no$ offen. 3)iefe gan^e Klaffe
txm ©egengrünben mödjte gegentoärtig toofyl al« erlebigt angefetyen toerben bürfen. 2. „2)ie
$erfönüdjf«it be« 3gnatiu«, toie fte in ben ©riefen erlernt, fttmmt toeit mefyr mit ber 20
Sorauäfefcung einer abftctytlictyen Srbictytung al« einer totrlltctyen ©efd&td&te mfammen"
(Baur); namentlich tft e« bie „offerierte 35emut" unb ber „falfttye SKärtyrerljerotemu«''
be* 3gnatiu3, ber Slnftofj erregen mufe. 2)iefer ©egengrunb, ben am ftärfften ©unfen
geltenb gemacht tyü, tft neuerbtng« metyr jurüdfgetreten. @r ift auefy offenbar fefyr fub-
jettto unb toenig jur (Sntföeibung geeignet, toie ftd& fd&on barau« ergiebt, bafj Slotfye 25
(a. a. D. ©. 715) gerabe umgelegt urteilt. SRot^e erblidft überall ba« ©e^räge ber
Sctytyeit, unb flmc^t fogar jebem, ber biefeS nid^t mit ibm erlennt, alle ^ä^igteit ab,
f^riftfteflenfe^e 3nbtotbualitäten gu erlennen. S^nlid^ urteilt £arnadf (ß^ronol. ©. 389) :
3<ber9rief tji eine 3nbitribualität für ft(^ unb Ijängt boc^ mit ben anberen auf« tnnigfte
fufammen. 3)er SRömerbrief ift ba« eigentümlid^fte ©^reiben, er jeigt am beutlid^ften, so
ba& bie Sriefe nt(^t Don einem Itinftli^en ©d^ema be^errfc^t ftnb. 2)er 9lame %tyopf)oxvi$
unb ft>qidl, bafi 3öna*iu« ftc^ felbft biefen Jlamtn beilegt, toortn §ilgenfelb neuerbing«
einen befonber« ftarfen ©runb gegen bie Scheit ber ©riefe gefe^en Ijat, lä|t ftd^ burd^-
au« unanftöfpg ertlären. 3. Sebeutfamer ift ber au« ber Seftreitung ber ^äreften ent^
mmtmene ©runb. ®« fotlen in ben ©riefen §äreften beftritten toerben, bie emer fpäteren 86
3eit al« bem Anfang be« 2. S^^wnbert« angehören, ©treitig ift junäd&ft fc^on, ob in
ben ©riefen jtoei t>erf(^tebene §äreften, eine gnoftifdfcbotetifctye unb eine jubaiftifd^e, be=
lampft toerben, ober nur eine, ber bann3üge beiber Slrt eignen toürben. ©d^on $earfon
(Vind. Ign. I, 2) badete an jtoei §äreften; $ut^er, 2)üfterbiecf, §efele nahmen nur eine
an. Xit^rltd^ fat bie lefttere Slnftd^t U^l^orn nt begrünben Oerfud^t (a. a. D. 40
S. 283 ff.), toäfaenb §ilgenfetb fte entheben beftritt (»«. ©35. ©. 230 ff.), Styfiu« ba=
gegen triebet auf eine $ärefte gurtieffam. Sbenfo fa^t 3a^n bie ©abläge auf (^gnatiu«
6. 356 ff.), gegen ben §ilgenfeß> «to^a. a.D. ©. 112 ff.) feine frühere »nftd^t in©$ufe
genommen $at. «u<^ fyaxnai ($ie 3eit be« 3ö«fltiu« ©. 2) entfd&eibet ftd^ ba^in, ba|
bie $oIemt! gegen gnoftttee 3"le^rer mit ber SBarnung oor 9Iovdaiof*6g nic^t« gemein 46
^4c Aber toenn man für bie Trennung geltenb mac^t, ba| bie jubaiftifd^en 3«Ö« ntc^t
mit ben anoftifc^en bei benfelben Strle^rern oereinigt Oorgelommen fein fönnen, fo ift ba«
geaen auf ©teilen toie ad Magn. 8—10, ad Phil. c. 8. 9 &u Oertoeifen, too in ber
Ijfat benfelben SwI^wn beiberlei ©ö^e, jubaiftifc^e unb gnoftif^boletifd^e, beigelegt
toerben. 9Rtt ber früher au$ Don ©aur Vertretenen Slnftd^t, ba| bie ©riefe in i^rer ©cfyil= bo
benmg ber^aretiler bereit« bie grojjen gnoftifc^en ©^fteme, namentlich ba« oalentinianif^e
unb maräontttf^e Dorau«fe^en, fte^t §ilgenfelb jefct jiemli^ allein. 2ipftu« fe^t ben oon
3ö«flttu« beftrittenen 3)o!ett«mu« jtoar fpäter al« ©aturnin, bejeid^net ifyn aber bod^ nod^
ab tafealentmtantfö unb rüdtt gerabe au« biefem ©runbe bie ©riefe in bie $t\t Don
130—140. 3^ W* Am in ber ©t^ilberung ber §äreti!er einen §au})tgrunb für bie 66
teförit ber Briefe, ba ein fpäterer 3lu«leger ein frühere« ©tabium ber §ärefte fo nt$t
^atte fc^ilbem fönnen. ©0 Diel motzte ft(^ einem oorftd^tigen Urteil al« getoifj ergeben,
ba§ bie Briefe gefd&rieben fein muffen, etye bie ©noft« m ber broljenben 9Kac|t herauf-
grtoai^fen toar# ate toelt^e fte feit 130—140 erf^eint. Übrigen« fennen toir bie früheren
Stabten ber ©noft« ju toentg, um mit ©i^er^eit fagen ju lönnen, ba| im erften 3a^r* »
54 3fl«aiiu£ Don Sntitfdjte«
äcfynt beS atocitcn ga^unbcrt^ berartigc £äretifcr tote bie in bcn ©riefen geföilberten
nid&t Dorfyanben getoefen fein tonnen. $ie @ntfc$eibung über bie @$t$ett ober Une$t$eit
ber ©riefe tann $icr nicfjt liegen, foQte aber bie (Sctyufeit ftd& auS anberen ©rünben er*
geben, fo bietet bie ©ctyilberung ber £äretifer in ben ©riefen au$ feine ©cfctoierigteit
6 4. £)ie $ird?em>erfaffung, namentlich ber G^tffo^at, gehört in ber SluSbilbung, tote tyn bie
©riefe uns borfütyren, einer fpäteren 3*ü ««• 2fflerbingS lennen bie ©riefe bereits ein
breifad&eS 2lmt: ©tfd&öfe. ^reSbtyter unb ©ialonen, ber gptftopat ift bem SJreSfyterat
bereits übergeorbnet unb ^9na^u^ kg* auf M«f*ä 9lmt im ^ntereffe ber @in$eit großes
©etoidfjt, 2Bie er ft$ felbji als „av&Q(07ios eig hxooiv xanjQttoßib'os" be)eic$net (ad
10 Phil. 8), jo ftnb feine ©riefe boÜ (Ermahnungen $um engen Sinfd&lufj an ben ©ifd&of, in
bem bie ©emeinbe unb tyre Sinfyeit repräsentiert ift. Aber toenn bamit bie ftrdjlutye
©erfaffung bei ggnatiuä fd&on über ben ©tanb ber Snttoidfelung, ben toir bei StemenS
SRomanuS unb im Wirten beS §ermaS ftnben, fyinauSgefctyritten ift, fo ift fte boc$ noA
inerfliefy hinter bem ©tanb jurüd, ben fte bei $renäuS einnimmt. Qeutliq laffen Jkp
16 überall bie ©puren erlernten, bafc ber Gtyiftopat als bem SßreSbtyterat fibergeorbneteS Sunt
noefy nid&t lange beftetyt, toenn eS aud) batyingeftellt fein mag, ob äa&n barin re#t bat, bafe
er tyn auf Sorten unbSlften bef Kranit. SgnathtS toeifc nod& nidp bon einer atooftolifcfcn
(Stnfefeung beSfelben (au$ mcfyt ad Phil. 1), er berbinbet bamit nodb nid&t altteftament*
lt$e $riefteribeen ; bie ©tfd&öfe ftnb no$ nic^t 9tacfyfolger ber Styoftel, fte ftnb bie ©tett*
20 Vertreter Gtyrifti, toäfyrenb baS ^reSbtyterium als 9lac^folger beS SfooftellottegS erfefcint
Sßätyrenb f ebr balb ber (Sptffopat ben ^reSbtyterat ju geringerem Slnfegen nieberbrücfte, fte^t
ber (entere bei ggnatiuS no<$ in befonberS fyotyem Smfe^en, ein 3"$*"' bafc to SHWof
ftcfy noefy ntcfyt lange über feine SRityreSbtyter erhoben tyat. Der Sptfbpat ift ©einernte
amt, no<$ ntctyt Äird;enamt, unb bte ©ifööfe noc$ nic^t Präger ber Se^rtrabition. „§S
26 tyanbelt ftcfy barum, gegenüber centrifugalen ©trebungen im 3nnern einen £alt ju fc^affen
unb eine ©etoäljr für bie Steinzeit unb 2)auer beS GfyriftentumS nad&jutoetfen. $*r©erf.
finbet fte in ber ßinmütigleit unb ©nfyeit ber Simelgemeinbe — über fte reicht fein ©Kd
auf (Srben noefy nid&t — ; biefe Sinmütigfeit unb @in|eit tyat ifyr Stüdfgrat in ber Drgani-
fation, biefe tyre ©J% an bem ©tföof" (§arnad, ß^ronol. ©. 390). ©am befonbereS
so ©etoid^t fyat man neuerbingS auf ben ad Smyrn. 8 bortommenben SluSbrua xa&oXixj)
Ixxbjoia gelegt. Äeim fte^t in btefem äluSbrudt baS berräterifc^e SofungStoort, baS bie
©riefe in bie 3eit beS ßommobuS bertoeift (3luS bem Urd^riftentum ©. 118). ©3 ift p
jugefte^en, ba^ ber 3luSbrudf ftd^ in früheren ober gleichzeitigen ©Triften nic^t nadbtoeifen
lä|t, er fommt ^ier gum erftenmale bor unb toirb ^äufig erft ettoa um 180, als man
36 ben bielgefpaltenen §äretifem bie (Einheit ber xa&oJLixrj ixxXtjota gegenüber)ufte&en fit^
genötigt fa^. Stber fetyr ju beachten ift bod^, bafe biefer ©egenfaft bei 3gnatiuS ft$ ntc^t
finbet, bei i^m bielmefyr bie lat^olifc^e Äirc^e als einheitliches ©ameS ben ©njelgememben
gegenübergeftellt toirb, unb bafc ber SluSbrucf nur ein einziges 3Dlal borlommt SBäxen
bie ©riefe in einer 3*ü getrieben, too ber 3luSbrudt lat^oltf^e Äird&e toeit berbreitet unb
40 gebräuchlich toar, ober toären fte gar gef$rieben, um für bie 3bee ber fatt^oltfc^en, unter
ben ©if$öfen geeinten tat^olifc^en Äir^e ^ropaganba m mad^en, bann müfite ber 8uS*
brud öfter borfommen. ©eine ©ereinjelung unb bie mt feines ©orEommenS toeifen in
eine frühere 3^t, benn anjune^men, ber ©erfaffer ber ©riefe ^abe i^n abftc^tlic^ nur ein»
mal gebraucht, um ifyn auf biefe SBeife fd^on bem QjgnatiuS gujueignen, o^ne bie fpätere
iß 3eit ber Slbfaffung $u »erraten, baS toäre boc^ ju biet Raffinement. SBägt man bte
gegen biegd^t^eit ber ©riefe borgebrac^ten ©rünbe ab, fo toill ic^ nic^t fagen, ba| bereits
alle ©d^toierigleiten böttig befeitigt feien, aber fte ftnb fo toeit befeitigt, ba| falls nun ein
burc^fd^lagenbeS äufjereS 3^0"^ für ^ ©riefe borljanben fein follte, biefem nid^t auS
inneren ©rünben ber ©laube berfagt toerben fann. Gin folc^eS 3^9™* ^^ ^CT m
60 bem ©riefe ^Jol^faq)S an bie ^ilütyer bor, ber feinerfeitS toieber bon 3**nätö beftimmt
bezeugt toirb. 2Ber bie ignatianifepen ©riefe für fpäter untergefc^oben erHärt, ber mu|
ftubor ben ©rief beS^ol^farp als unecht ober interpoliert nac^toeifen. 3)aS erftere $at bei
ber ftarfen Sejeugung beS ©riefeS feine gro^e ©d&toierigfeit, bie 3«^olationS^pot^efen
aber, bte öfter aufgeteilt ftnb (am fd^arffinnigften bon Sütfd&l), fd^eitem an ber (Sinyett
65 beS ©riefeS unb an bem Umftanb, bafe man fetyr toeitge^enbe Interpolationen annehmen
mü^te, um jebe©))ur ber ignatianifd^en ©riefe ju tilgen. 3Jlit Südftc^t auf biefe ftarfe äußere ©e«
jeugung ber ignatianifcfyen ©riefe fyc&U id^ eS boefy, tro^ mancher noc^ nid^t böllig gelöfter ©c^toie*
rigfetten, für toabrfdfjeinlicfyer, bafe fte als ed^te ©riefe beS antiocfyenifd&en ©ifc^ofS anjufe^en finb.
gür bte bogmengefc^id^tlic^e ©ebeutung beS^jgnatiuS ift immer noc^ bie 6^araftenföl#
60 bie Stotfye (Slnfängc ber c^riftl. Kirche ©. 715—784) bon i^m giebt, beactyenStoert. ®r
3g«ati«Ö H0tt »ntiodjien Sgnatiu«, $tafomt« 55
bebt namentlich ben etyriftocentrifetyen, einfachen unb eigentümlichen Gfyarafter ber Geologie
be« ^gnatiu«, ber auc$ für bic (Scheit ber Sriefe ft>ri$t, $erbor. 2lllfeitig unb ein«
gc^tiü> tyd bann b. b. ©olfc bie Stellung be« Sgnatiu* in ber bogmengefcfyid&tlicfycn Q\\U
toufelung (SerarttoS b. 8. al« G&rift unb Ideologe, %VL XII, 3) getoürbigt. @r erflärt
bie ignatiantföe Sluffaffung be« ßtyriftentum« für bie reifte, reinfte unb mnerltc§ toert« 5
fcoOfte, bie und au« bem Sfafang be« 2. gö^r^unbert« befannt ift, unb tyält e« nietyt für
imtaK!$xföeinli$, bafi Sgnatiu« ein @^üler be« 2lj>oftel« Sotyanne« getoefen ift.
D. ©. ttWont.
3g«ati«0, £>iafonu«, 9. 3a^unbert. — 3. W. ftabririuS, Bibl. graec. I, 396,
V, 45; £. gr. 3RüHer, Äiefer Qtymn. Programm, 1886 (@bitton jtoeier (Schriften be« 3<m., 10
f. ftentad); barin jur Einleitung eine „disputatio de Ignatii metrica arte vita scriptiß");
Stnimbadjer, ©cjd). b. btaant. Sitteratur. 2. §luff. unter 2Ritwirfung uon (Sljrtjarb u. ©elfter
1897, bef. S. 73 u. 71 6 f. $gt. aud) fr £irfd), ©Qaant. ©tubien, 1876, passim.
@uibo« m feinem fieplrm (ed. ^. Seffer 1854) fd&reibt: 'Iyvdnog didxovog xal
oxsvo<pvAa£ trjg /ueydXrjg IxxArjolag KwvoxavxivovndXewg xal yeyovdyg jurjTQOTzO' 16
xrri/c Nocaiag, ygafi/Aarixog, eygaxpe ßlovg Tagaolov xal Nixt]<p6Qov tcüv äyiwv
xal fAaxaQUov ncnQtaQx&v, biirvfißiovg iXeyovg, hiioxokdg} Idfißovg eig Ocouäv
tot dn&girpt fijieg övo/udtovoi xa xard Scopäv, xal äXka noXXd. tiefer 3lÖn«
toirb noeb jutpeilen mit bem Patriarchen, bem ber näcMte 3lrtifel gilt, fonfunbiert. 60
a*$ in ben erften Auflagen biefer (Snctyflopäbte, too ©Triften Don $m bem Patriarchen 20
(ber nie gefc^riftfteKert tyti) beigelegt finb. Sr ift in ber Styat ein (zttotö älterer) 3eit=
genoffe beSfelben. Über fem &<bm toeifc man fa|t nietyt«. 3lu« ben ßloi be« Sarafio«
flktfr. 784—806) unb 9fife|^oro« (Sßatr. 806—815, geft. 828 ober 829) erfte&t man
einige* über 3gn. felbji, ber ju beiben Patriarchen Sejie^ungen gehabt tyat. 9JlüHer a.a.O.
fteflt auf bem 2Bege ber SSergleic^ung biefer Slotijen feft, bafj 3ön- roofyl um 780 geboren 26
fei, werft 3Rön<$ tourbe, bann um 810 2)iafon unb Sfeuop^lag ber „grofjen ßirdje" $u
Jtimßantinopel, enblid^ nad) 830 ÜDtetropolit toon SRicaea. 2Bann er geftorben, ift nic^t ju
entfd^etben. 2>e Soor in bem Keinen 2luffa$ „®er ej)igrammenbic^ter Sönatiod" (§ermeö
XXIII, 1888, ©. 149 ff.) rennet mit ber SKi^lic^Ieit, bafe er noefc jroifd^en 870 unb
880 gelebt tyabe (er mü|te bann irgenbhxmn aufgehört ^aben Wetro^olit ju fein), glaubt 90
aber ni$t baran unb unterfc^eibet ba^er au$ ^mifc^en i(;m unb bem „@)>igrammens
bitter'', toie e« aueb fufcer nod^ einen anberen ®tc^ter feines StomenS gegeben ^at.
®ie 2eben$bef4reibungen bed laraftod (Ignatii diaconi vita Tarasii archiep.
Cpolit graece primum ed. 3* %• $täd, Helsingforsiae 1889) unb be* 92i!et>^oroS
(f. 9i$ong y Nicephori arch. Cpolit. opuscüla historica ed. be Soor, Seimig 1880) 36
finb brauchbare ©ef^töquellen unb bie mic^tigften litterarif$en $robu!te be* 3dn* 3m
übrigen finb btö je^t befannt be). ebirt ein Xeil feiner Sichtungen. 6. %x. Füller, ber
ba£ $au)>tt>erbtenft um biefe ^at, lobt bie metriföe ftunft be* 38n* uni) ^at an ^r
3RerfmaIe feflgefiellt, bie geftatten jmifc^en Schriften, bie i^m mit SRcc^t ober Unrecht ^u=
getrieben roerben, $u unterf Reiben. 3)aS ermähnte Programm ^at ben Xitel: „Ign. 40
Diac. tetrasticha jambica 53 ($oro))^raf e ber äfo^tfe^en gabeln ; fc^on im beginn be*
16. ^a^1111^^ erftmalä gebrudt), versus in Adamum 143". ,§u le|terem ©ebid^t
über ben ©ünbenfall f. audb Ärumbac^er ©. 716 f., ber e$ (143 Srtmeter) wegen feiner
bramatifc^en gorm bemerfenätoert finbet. ®ott, Slbam, ®oa, bie Solange treten
rebenb auf. ßr nennt ba« ©ebid^t ein „Sefebrama roie ber XQiorög ndoxoyv" (f. %w biefem 46
ben ». w©ebic^te, altfirc^l.", 5Rr. 15, 93b VI, 409 f.). G.ftr. aWüHer fyd nod^ femer ebiert
^Ignatii diac. acrostichon alphabeticum" (Sl^ein. ÜJMeum XLVI, 1891, ©. 320 ff.).
Xwf) biefe« n>or fc^on befannt, 3R. brudt e£ nad) neuer Kollation unb inbem er eä mit
einem anberen (minbertDertigen) and) eine« ^finatiu« auäeinanberfefct. 2)iefe^ ©ebic^t ent=
bält 24 alp^abetifö georbnete jambifc^e ©entenjen religiöfen 3^^ltö. SSgl. Jlrumba^er 60
6. 717 1, h>o man eine allgemeinere Sele^rung über „erbauliche Slfytyabete", bie fid^ in
ber Ifyyuitinif$en 3^t ^ größten 93elieb^eit erfreuten, trifft.
Unbefannt ift bislang ba« ©ebic^t, meiere« ©uiba« aU idpßoi eig Oca/Adv xbv
dndgrT]y (ben „Siebellen", f. über tyn §efele IV \ 39) bejeic^net. SWüHer ermähnt, bafe
in $arifer GobtceS fid^ noc^ ein ^iftorifd^e« 2Berf unter bem Flamen be« 39n- f"^^ »
namli^ eine vita Gregorii Decapolitani (ber au$ h)ä^renb be« Silberftreit« ^ert>ottat,
"* c. 817). 2>iefe ift noc^ nietyt ebiert, faD« fte nic^t ibentifefy ift mit einer anonymen
aptyk biefe« SRanne«, bie neuerbing« Don einem ©rieben ^erau«gegeben ift; f. baju
rb ©. 73. 3lad) ß^arb ^>at SKontfaucon behauptet, ba& e« in ber Vaticana eine
56 3gttatin«, $iafo«u$ 3gtioHtt0 »01t &9nftaux\n9pt\
ober mehrere ©c&riften für ben SUberfult unter bem 9lamen be« 3gn. £)tof. gebe; biefe
Angabe ift noc$ nic^t tontrolltert toorben. %. ftttteitl»fd|.
3gnatttt«, $atriard& bon Äonftantinoj>el, geft. 23. Dftober 878 [ober 877J.
liüh; ijioi äßhjotg tov rv dyioig xarytts fjftiuv 'Iyvaziov äyziF.-tioxoxot' KayroxavxivovxoXta)^ ,
5 uon Wifeta« 1)Qüib (b. ^ap^Iogonier, geft. c. 890), in ben £tueflen be« 4. ftott&ü« 0. ftonft. 869,
Mann XVI, 209—292; ein ©tiief a\\$ bem ©nfomton auf Sgnatiu« üon bem SRönd)
9Wtrf)ael, ib. 292 f.; ferner U. a. Aißetto* .ifOff'/a>r ,-rarra ra xar« rov fieyav 'Iyvänov, Don
bem 9Rönd> S&cognofto« jb. (293) 295-301; »riefe be« Zapfte« Wfolau« I, Med« XV,
159 ff.; »riefe be« <ßapfte«$abriau II.,(9}otijen)ib.819ff.; bann überhaupt bie «ften be« 4. fton-
10 ftantinopoütanum«, bie ben größten Xeil üon Mansi XVI füllen ; £ergenrötüer, $f)ottu«, $atr.
oon Stonft., »b I passim (Ürfprüngc, crfleÄ 9ktriard)at u. Streit be« 3g«- mit $$oHu«),
58b II passim (jtoeite^ $atriard)at be« 3gn.); »ajrnann, $olitif b. $6pfte, Sb I, 356 f.;
II, 5 ff., 29 ff.; £efele, ffonjilienöefdi. IV1, 228 ff., 269 ff., 360 ff. bef. 384 ff.; «. „Sgnatiu«
$atr.", l»on ßnöpflcr, ftatf). ßfiej. VI, 590 ff. 'Avdg. ArjutjToaxo.-rovkog. 'loiogia tov oxio/ta-
15 roc xtL, fieipjig 1867, ©. 1ff.J Mavovrjk 7. /Vdetm-, flaioiaQXixoi xivaxeg, £onffontinopel
1890, ©. 278 ff. u. 287 ff. ftier aud) weitere neugried). fiitteratur).
3gnatiu«, toenn t$ reetyt fetye, ber einige biefe« 5Ramen« auf bem $atriar$enfht$l
Don Äonftantmopel, regierte fcon 846—857 unb toieber bon 867 an. 3n ber 3toifc$en$eit
toar Sßfyotiu« ^atriardp, ber auc§ nac$ feinem $obe bon neuem ba« Steghnent erhielt.
20 Ctyne bie Sebeutung alle« beffen, toa« ftcl) an ben 9tamen biefe« feine« großen Stünden
fnüpft, toürbe bon 30"- nic^t mefyr biel bie SWebe fein. $ier mag eine ©Rjje umfomefc
ausreißen, al« feine $erfönltd&feit unb fein SSerfatyren in bem Slrtilel über ?ß$otiuS in
vollerem 3ufammen&anÖ au$ no$ Beleuchtung erhalten toerben. 3811* g&t in ber
griecfytfcfyen unb römtfd&en Ätrd&e al« ein ^eiliger, für bie römifetye offenbar, toeü man in
25 ifym einen auf feinem (Stuhle boppelt bebeutfamen Anhänger, ja SWärfyrer be« päpfHic^en
Primat« fietyt, in ber griecfyifctyen toegen feiner perfönltctyen Ärömmigleit unb toett er bod^
in SBirfltcfyfeit feine«toeg« prinzipiell unb ofyne SRebengebanfen bie Dber&o^eit 9iom« am
erfannt t)at. 3mmer no(^ ^P man bon feiten römifcfyer Ideologen bemüht, ba«jenige für
9tom Unliebfame, toa« boc^ aud) unter i^m geje^a^ möglic^ft bon feiner $erfon abzutrennen
so unb anbem, befonber« bem Äaifer SafiliuS, aufgubürben. 3tuf ber anbern ©eite ftiü>
gried^ifd^c Äiftoriler immerhin Diel freubiger al« Sobrebner be« ^ottu« toie be« iegog
'Fyvdnog, ben fte jum 2eil entfc^ulbigen muffen, ©ebeon rebet Don i^m als einem ge*
tegentltd^ ikdoocov fawov yev6[i€vos, ja auefy al« ävrjg ägiaxog d>g fiovaxog xal
ijyov/bievos, äM.9 d>g TzaTQidQxrjg ädöxipog.
35 35a« $at)x ber ©eburt be« 3ö"- Wt nic^t ganj feft, toa$rfdbeinUc$ h>ar e« 799.
(Sr toar bon laiferli^em ©eblüt, ©ofyn be« Slutorrator« SRic^ael St^angabe unb feiner
©ema^lin ^Jrofopia, loc^tcr be« Äaifer« SRüep^oro«. 3m 3a^r« 813 tourbe fein SJater
burc^ 2eo ben Slrmenier geftür^t unb in ein JHofter öerh)tefen. 3)te beiben bor^anbenen
©ö^ne 3Jli(^ael« iourben auf Sefefyl be« Seo, ber fte al« I^ronforberer unmöglich machen
lotootite, entmannt unb aud^ in begebenen Älöftern untergebracht; ber 3üngeref SRiteta«,
nannU ftc^ je|t 3ö"ötiu«. 3n *>er porf ™v 'AoxiorQaTrjyov rov 9AvajsU.ovrog (fie
tourbe fpäter tov Zaxvqov gereiften, unfern ber ^aupt^tabt) »eignete er ftcfy burd^ feinen 2eben«s
toanbel unb toiffenfd^aftlid^e« ^ntereffe au«. %xjü} nun 2lbt ertoä^lt, lieg er fu$ auc^ bie
$rieftcrh)et^e erteilen. 6r gehörte ju ben SUberjfreunben, bie naefy bem lobe Äaifer
45 Ifyeopfyü« burd^ beffen 3Btth)eI^eoboraben entfcfyeibenben ©ieg gewannen. Sejtere ift e« aud^
getpefen, bie feine Söafyl jum Patriarchen burd^fe^te, al« 846 5Ket|obiu«, mit beffen §ilfe fte am
19. Februar 842 (? ögl. 93b III, 225,(;), bem feiger al« // xvgiaxij rrjg ÖQ$odo£iag be*
jetc^neten ©onntag, bie Silber toieber ^ergefteüt ^atte, geftorben toar. 6« ift unflar,
toie e« bebingt getoefen, bag 3ö«- ^^n 3lnfang heftige ©egner im fyotyen Äleru« fanb,
50 befonber« an ©regor 2l«befta (ßrgbifd^of bon ©tyrafu« ; ©ijilien gehörte noc$ jum 9^)an<
tinerreid^, toar aber bur$ bie ©ara^enen fd^on juto Seil erobert -— ®r. toar au« bwfem
2lnla§ in Sonftanttnopel ; übrigen« ftreefte ber $atoft auety toieber feine §anb nad^ ber
geiftlicfyen ^errfd^aft über bie 3nfcl au«). 3m 3avrc 8^>4 ^c6 3ön- ^cn ®wßw burd^
eine ©tmobe in Äonftantinopel toegen (angeblicher ober totrHid^er) lanonifd^er Sierbre^en
£»5 unb al« ,,©cfyi«matifer", auc^.bie ^auptfreunbe be«felben, ©ulampiu« bon Sttpamea unb
sJ?etru« bon ©arbe«, i^rer hinter entheben, ©regor ^atte Don vorneherein bie 9ted^t=
mä^tgfeit ber 2Bafyl be« 3gn. beftritten, für btefen ein 3lnla|, ftd^ mit bem $apft, Seo IV.#
freunblic^ $u ftellen. 3C^^ nabm ®^ox bie §ilfe biefe« Zapfte« in 3lnfpruc$, unb Seo
toar bereit bie ©ntfcfyeibung ju treffen, ©d^on bafj er nid^t o^ne toettere« bem 30n<rtiu«
»jo jur ©eile trat, fonbem bie Sitten einforberte, fucfyte ©regor ju frultifijieren. 3" SötrHtcfc
3fettattsi$ üott ^oitftauttwo^cl 57
Icit ftanb 2eo ju 3gnatiu3, aber er ftarb, efje er ©elegenfyeit gefunben, feine ©entenj ab*
gugeben, unb 3gn. tourbe auety eben jefct geftürjt (23. 9iot>ember 857).
3)en Slnlafj $ierju bot 3gn- *>urt$ f«w mannhafte« Stuftreten gegen 93arba3, ben
©ruber ber 2$eobora (baburd^ Dfyeim unb ^auptberater be$ jungen ÄatferS ÜRtcfyael III.
beS Xrunfenen). SarbaS lebte in offenfunbiger Slutfctyanbe mit ber Söittoe feinet ©ofyneS. 5
3giu toerfagte i$m am Sjjtyfyanienfefte 857 bie £etlnatyme an ber (Sud&ariftie. Site er
nod^ im fetten gafyre fid& au$ toeigerte, bem Äaifer $ur (Sntfernung feiner tym läftig ge*
toorbenen SRutter beljilflid& ju fein unb für fie ben SRonnenfcfyleier ju benebijieren, fanb
Sarbad ©elegen^eit feine Stacke ju nehmen unb bie Slbfefcung be$ 3ön- iu erreichen.
an feine ©teile tourbe SßljotiuS erhoben (uub burc§ ©regor SBtebefta getoetbt). 3)amit 10
begann baä 3)rama, toelcfyeä (toenn autty erft naefy faft 2 3atyrfyunberten) mit ber tooflen
©Reibung ber Äircljen be$ DftenS unb SBeftenS enbete. £)aä näctyfte detail gehört metyr
in ben 8. 9tyotiu$ als ben Dorliegenben. 39«- hnir nicfyt ju betoegen auf feine Stöürbe felbft
ui toerjicfcten. 3n SRom regierte jefct SRifolauS I. 3gn. fan^ an ü?m ^nen Mien 9tü*s
palt 3Der Sßapft entfanbte Segaten nac$ Äonftanftinopel, bie bort jeboety auf einer 15
©tynobe (offenbar einer ovvodog tvdrjjuovoa), 861, betoogen tourben im 2Biberft>ru$
mit ber Intention ityreä §errn in bie 3)egrabation be$ 3önat^ iu tutttigen. Seigerer
tourbe fötoer gemif#anbelt, blieb jeboety unter Berufung auf Äan. 4 fcon ©arbica un*
erföütterli$ in feiner Reflation an ben tyap\t felbft. 3mmcr#n tonnte er junäd&ft
ira$t$ erreichen unb mufjte frolj fein, bafj bie ©rofyung beä 2tugenau3ftec$en3 nicfyt an ao
$m fcolhogen, i$m bielmetyr f$lief$lic§ peftattet tourbe, fiety in baS Älofter auf ber 3>nfel
Zerebintgoä (in ber Sßropontte) jurüdf jujteljen. 2luS ber $tit unmittelbar nad& bem ©}>rud&
ber ©tynobe ftammt ber oben in ber fiitteratur ertoäfynte Sericfyt be$ IljeognoftoS an 9fo
f olauä, bem baS ©etail über bie ©tynobe (na<$ ignatianifd&er ©arfteKung) $u entnehmen ift.
3m September 867 tourbe Äaifer 3Wit|ael (ber 866 ben SarbaS töten liefe) bur<$ 25
9afUtu3 ben SRacebonier ermorbet. eine ber erften §anblungen be$ neuen Slutofratorä
toar bie SBieberberufung be$ 3dna^u^ öuf ^m ^atriard^enftu^l. Offenbar glaubte er
feinen X^ron am beflen ju ftd^ern, toenn er biefen beim SSoIIe noc^ immer toegen feiner
)xrfönlic^en lugenben geehrten 9Jlann reftituierte. ©enau am jeljnten 3^re«tag feiner
Scrtretbimg tourbe 3fl«- ^on neuem int^ronifiert. 3n We ^eriobe biefeö jtoeitenao
^Mnar^Kttd bed 3fln- fällt bie „vierte allgemeine ©tynobe bon Äonftantinopel", btc man
in SRom ald bie „adbte ölumenifd^e" rennet. 3n^om regierte aU 5Rad^f olger be«9Kfolau«
^Ja^P §abrianjl. Äaifer Saftltu^ fotoo^l tote 3d^atiud gingen biefen mtt ber Sitte um
Seftätigung bed ©efd^enen an, unb §abrian toar mit Berufung auf feinen Vorgänger
ba^u akbalb bereit. 3)a^ Äon^il, toeld^ed bom 5. Oltober 869 btö }um 28. Februar 35
870 tagte, ben 3fln- jw <&** Qfyxm brachte, überhaupt eine Neuregelung ber ^erfonalber*
battniffe ber orientalifd^enSif^oföft^e bringen toollte, and) Diele fragen be^ 9le(|tö unb ber
©itte entfe^ieb (can. 2 befinittoe Seftätigung ber Silber!), ftanb aHerbing^ gam unb gar im
3etc$en ber Dber^errfc^aft \>& SßatfteS. 6« folgte jebod^ ein übele« 5Rac^fj)iel. §efele be^anbelt
badfeCbe unter ber Überfd&rift „3flegaler 5Kad^trag jur ©^nobe, bie Sulgarei betreffenb". 40
SBeber 9af. nod^ 38"- M** gefonnen, ben Slnfprücpen be^ SßapfteS in §inftc^t ber tird^
liifccn Singlieberung biefeö neubele^rten 3Sol!e« nachgeben. ®$ ift überhaupt erftd^tlic^,
bafe Äaifer unb ^atriard^, aumal ber erftere, ben $apft nur benu^t ^aben. ®« ift bem
391t. ni<£t gelungen, in allen 93ejie^ungen jur 9tu^e ju tommen. $ie Sln^änger be^
$|K)tiud toaren auf ber ©tynobe bon 869 mit metyr ©trenge aU flug toar (toie ^efele 45
richtig bemerft) befyanbelt toorben. SBeniger 3ö»- ftö M« päpftlid^en Legaten, beg. i^r
öerr, tooDten nit^t fotoo^l beruhigen ate beugen unb nieberjtoingen. ^otiuä, ber eben«
fotoenig nac^ab, toie etyebem ggnv unb beffen Partei nic^t ju erfc^üttern toar, fam aud&
bei Äaifer Safdiuö toieber ju ©nabe. ®$ ift erfic^tlid^, bafe Safiltu^ atö politifd^en SRücfftc^ten
ben Serfuc^ einen SluSgleicty jtoifc^en i^m unb 3ön- ^erjuftellen gemalt ^at, unb e^ 50
fefteint, ba^ ber alte 30**- M einer perfönlic^en 93erfö^nung mit ^otiuä nid^t abgeneigt
edmed. 3$othi3 tonnte gur 5Rot toarten uub fyat ja audp fein giel erreicht, aU 39".
am 23. Dftober 878 (ober na$ §ergenrötyer II, 285 ff., fc^on 877) ftarb. 3ns^otiu^
mib 3gnatiuö fmb jtoei %tym orientalifd^er Äird^enfürften aufeinanber geftofjen. 3Ba«
an x^gn. bebeutenb toar, ift aUeä bem ©ebiete beS rein (tlöfterlic^en) )>riefterlic^en 56
Aalten* ange^orig. Sr toirb ati befonberd erbaulicher Siturg gefd^ilbert, bem bei
tonen Serridptungen felbft ftaunenertoecfenbe 2Bunbcr nid)t berfagt toaren. ©ein ©egner
ift je länger je me^r al« ba« 3^^ öon Äraft unb SBei^eit auf bem öfumenifcfyen
^atriat^enftu^l erf^ienen unb e* ift begreiflich, bag berfelbe \ijn in ber (Erinnerung über»
fea^l 5. ftattenbnf^. 60
58 3gttattu« Hott Soijoht 3gn*ratttut«
3gttattuö Hott Sotfola f. 33b VIII, ©. 742 ff.
3g«orautinS (d&riftl. ©ctyulbrüber). — W>b6 bc SRonti«, La vie de J.-B. la
&dlc, instituteur des frfcres des ecoles chr&iennes, ^ortS 1704. 2>ie djriftl. Sdjulbriiber, ge=
grünbet von bc la 6alle, 2 ©be, Augsburg 1844. 3. tt. äreb«, geben bc« (Sbm. Wiener«
6 (öotteö 3. 33. bc ta 6alie ?c, nebft flnljang über Gkfdjicbte, (5imi*tung u. SBirtfamfeU f.
Dvben«, ÜiegenSburg 1858. g 3. Änerfit. $er e&nu. 3. ». bc (a ®. unb ba« Snftitut ber
cftr. ©dntlbrübcr, grctburg 1879. 3- 33- ©foin, La vie du venerable serviteur de Dieu
J. B. de la S., »erfaiflc« 1887. fceimbucber, Crbcn u. ffongr. II, 280-285 (roofeibft no$
weljr fiitleratur).
10 £)er ©rünber be« berütymteften unb cinflufjreicfyften ber latyolifd&en ©c$ulbrüber*
bereine, ^can 53a^tifte be la ©alle, tourbe am 30. Styril 1651 al« ©o&n eine* bohren
3ufti$beamten ju Stpetm« geboren. 3m SPörifcr ©emmar ©t. ©ufoiee t&eologifö au«=
gebilbet empfing er 1678 bie ^ßrieftertoetye unb gefeilte fiefy bemnäd&ft bem 3fi>b6Dr.5Ro*
lanb, toelctyer in Steint« feit 1674 eine Kongregation Don 2e$rf$toeficrn leitete, al« @e*
16 fyüfe bei ber 3)ireftion biefer Soeurs de J6sus nt. 3la% Stolanb« $obe (1680) bettelt
er ntnäctyft noefy bie Seitung biefe« toeiblicfyen Snfntotö/ übernahm aber baju nod& ba«
Skrtorat über einige ßnabenfctyulen. Sie Sefyrer biefer lederen fyiclt er gut gityrung
eine« entfagung«bollen gemeinfamen Seben« an. ©eit 1684 erhielt biefer bon i$m in«
Seben gerufene fiefyrerberein unter bem9tamen ber Fröres des Ecoles chr&iennes eine
20 2lrt bon Drben«berfaffung. 3)ie SWitglieber Ratten, aufjer bem ©elbbni« einer ftetö un*
entgeltlichen Unterric$t«erteilung, bie brei „einfachen" ©clübbe abzulegen, nahmen eine be=
fonbere Äleibung an unb begannen feit 1688, too be la ©alle al« tyr erfter ©eneralfuperior mit
ätoeien feiner SRtyeimfer Srüber nad& $ari$ überfiebclte, fid& über ganj 3rranfreu$ au«jubreiten.
@inige 3afyre nacfybem ber ©tifter im SRobhentyaufe ©aint^on ju SSaugirarb ba« 3e^
25 Itd^e gefegnet (1719), erfolgte bie pctyftüctye SBcftatigung be« Verein« burdj »enebitt XIII.
(1724). Sa« genannte -Robigiat ju SSaugirarb blieb Gentralfifc ber Äongregation bi«
1770, h>o ber bierte ©eneralfuperior, Glaube, feinen ©tfc nac§ $ari« berlegte. 3)urc$
ba« toiber bie Älöfter gerichtete SDefret ber -Jlationalberfammlung bom 13. Februar 1790
tourbe ba« ©d&ulbrüber^nftitut, toelctye« bamal« in ftranfreicfy 121 §äufer jaulte, bor»
so übergetyenb aufgehoben, blieb aber in einigen üRieberlaffungen Italien« fortbewegen, ©cfcon
unter SRapoleon I. fonnte (1804) ©eneralfuperior grumence bon fityon, al«, jeittoeiligem
Gentralft^e be« 3"ftitut« au«, beffen SReorganifation betreiben. Unter grumenceS 9ta^*
folger ©erbaub (1810—1822), ber bie Drben«leitung nac^ $ari« jurüdtberlegte, ftieg bie
3abl ber ©d^ulbrüber^äufer allein innerhalb granfreic^« auf 180, unb feitbem ^afeen fwfc
85 biefelben über faft alle Sänber ber lat^olifd^cn ffielt (namentlich über Selgien, Spanien,
Stalien, Öfterretcfy), fotoie über bie eurc^äifc^e unb afiatifäe lürfei, Sg^ten, SJorber«
unb £interinbien, 3luftralien 2c. berbreitet. 5Rit tyren na^eju 1300ßäufem, 2164 Spulen
unb ungefähr 14000 5WitgIiebern rej)räfentiercn fte bermalen bie jtärlfte männliche Äom
gregation be« ÄatyoUctömu«. 2)a« größte i^rer franjöfiföen ^au})t^ufer, ju ?|San« (Rue
4o Oudinot), beherbergte bi« bor Äurjem gegen 500 S3rüber. Sin jtoeite«, tleutere« 3Rutter*
^au« beffen fte in Glemtonfcfterranb. 3Son i^ren öfterreictyiföen Slnftalten ftnb befonber«
toie^tig bie beiben 35ol!«le^rer-Silbung«anftalten ju lift« (Vorarlberg) unb ju ©trebex«»
borf bei 2Bien.
O^ne mit bem ^efuitenorben äu|erli(^ jufammenju^ängen ober burd^ tyn in« Sdben
45 gerufen $u fein, geigen bod^ bie la ©allefd&en ©d^ulbrüber ober 3gnorantenbrüber (Frferes
Ignorantins — fo benannt toegen be« grunbfä|lic^en 2lu«gef$loffenfein« t^eologif^ ge*
bilbeter s^riefter bon i^rer 9Kitgliebfd^aft) manche 3üÖe ^vc SSertoanbtfd^aft mit bemfclben.
©ie entgingen jtoar unter Soui« XV. bem ©cfyidffal, mit ben ^efuiten 1 764 au« ^ranfreid^
au«geh)iefen ju toerben, trugen aber bun$ i^ren toeitgreifenben ©influjj ffiic^ttge« baju
50 bei, bem betriebenen Drbcn bie ©^mj)at^ien be« 9Solfe« gu erhalten, unb Ralfen fo feine
nachmalige 3Biebereinfü^rung borbereiten, ^n i^rer 3?erfaffung«organifation unb 3)t«jt))Kn
erinnert manche« an bie jejuitifd^e Drben«berfaffung, namentlich ba« ^ftitut bei t^rem
©eneralfuJ)erior gur Äontroüe feiner 9Haf$nafymen beigeorbneten Slffiftenten, bie ^äupgen
ÜBifttationen ber ^äufer, bie ftrenge Seid^ts unb ©ebet«orbnung (SSerpflic^tung aller Srüber
66 )u einmaliger Setzte toöc^entlid^, $u jtoei toöd^entlid^en Kommunionen, ju täglicher ge-
meinfamer 9lofenfran$anbad^ u. f. f.), jum Xeil aud^ ba« 3Serfa^rcn jur Äu«bilbung ber
SBrüber, beftc^enb in einjährigem Siobi^iat unb einjährigem Übung«!ur« in ber ©cgule.
3)ie ©runb^üge feiner, ba« eniefylid;e v3)ioment mit ber Unterrid^t«t^ätig!eit eng berlntofem
ben Sefyrmetfyobe legte be la ©alle in feinem ©d&riftctyen über „Die (Hinrichtung ber griffe
60 liefen ©ctyulcn" nieber (bgl. S3b I be« ju 2lug«burg 1844 erfd^tenenen, oben genannten
3pora«ttnS ftlbefoufu« 59
SBerte). ©otoofyl barin toie in feinen geiftltd^en „Betrachtungen", IpcIc^c jüngft burefy
©eneralfuperior Srlibe eine neue 2lu«gabe erfuhren (3tegen«burg 1895), treten Berührungen
mit ber im 3«fiiitenorben gepflegten eigentümlichen grömmiaf ett«übung ju Jage. 3)a« erfte
ber ben ©d&ulbrübern bon il;m borgeföriebenen „ßetyn ©ebote" lautet: „3&r fottt in
eurem Sorgefefcten ©Ott e^ren!" (fie|e bie SRei^e ber übrigen 9, toobon befonber« nodj 6
ba* brüte, ni unentgeltlichem unb babei gutem Unterricht ber fiinber Der^ftic^tcnbe tou^tig
ift, bei £etmbw$er, 6. 284 f.). 81« bie bier „inneren ©tü#>unfte" feine« 3nftitut« be*
getestet be la ©alle: ba« Gb&tt, ben ©ebanfen an ©otte« Slllgegentoart, ben ©eift be«
©lauben« unb bie innere Sammlung. 3$nen fallen jur ©ette getyen bie bier „äufjeren
©tutynmtte": beftänbige ©etoiffensprüfung, tägliches ©d&ulbbefenntni«, Offenbarung ber 10
eigenen gtfyler unb gute S3erh>enbung ber freien 3«*-
$te am 24. 3Kai 1900 bon 2co XIII. tn ber $eter*Rr<$e Donogene feierliche
§eiligft>red&ung be la ©alle« gehört gu ben neueften Äanonifation«aften ber römiföen
£ir$e. 3u tyrer Herbeiführung foU eine ©umme bon über 500000 granl« erforberlkty
gefeefen fein. göifler. 15
JHS f. Sonogramm ßfcifti-
Shutttafttu f. 33b III ©. 223, i<>— 225, 9.
3lbefo«f«S (§ilbefonfu«), 3Wetro»>o Utanbif c^of bon Solebo SRot>./2)ej.
657 bi« 23. San. 667. — Sultan uon fcolebo (geft. 690), elogium auf 3. (al« Anfang
$u beffen viri 20.); Cijifo Don Xolebo (8. 36*0» vita (*ura) J beibeö nebft einer translatio ao
AS II (1643), p. 535- 39, aud) Acta sanetorum ordinis S. Bened., saec. II, $ari« 1669,
p. 515 ff.; Fr. de Lorenzana, ss. patrum Toletanorum quotquot extant opera, Matr. I,
1782, p. 94ff. cf. Iff.; MSL »b 96; tytx uorne bie ausführliche UtterargefcöidjHdje Unter*
fudjung oon 9Mt. Antonius, Bibl. Hispana vetus I, SRotn 1696 (opus, posth.), p. 286—302,
mit Bngaben ber älteren fiitt.; ogl. gfabridu«, bibl. lat. ed. Patav. III, 1754, p. 259 f.; 25
Flora, Espana sagrada V, SRabrib 1750, p. 275 ff. 470 ff.; #elfferid), $cr weftgot&ifcbe
«rtani*mu« 1860, 6. 62 ff. 35 ff.; ©am«, m Spanien« II, 2, 1874, @. 135 ff.; 0. $*ia*
lonrtti, 3ftbor unb Stbefon* als fiitterar&iftoriler (Sird)enflefd}. ©tubien IV, 2, fünfter
1898), 6. 125 ff.
Dfae, tote er fetbft belemtt, Serbienfte um bie Itrd&licfye fiefyrenttoidfelung gleich feinen 30
Sorgängern auf bem 8iföof«ftu§l &u fyaben, ift 3- bod^ toegen feiner SBerbienfte um bie
&jtt ber ©otteSmutter, bie er in ©d&rift unb (Sefang bertyerrltd&te, in ber foanifctyen Äircfce
»ar anberen bon je^er gefeiert toorben (23. San. lobe«* unb @ebä<$tni«tag). ©etyon im
8. §aM. toufcte man aud feinem Seben ein 3)o}>l>eltounber bon Srfd&einungen ber 3ungfrau
gu berieten, ba« im ©ebäctytniffe ber Späteren (j. 93. 9tobericu« Gerratenft« 9Jligne p. 47 ff., 86
unb 9tbberi$ bon Xolebo, rer. in Hisp. gest. II, 22; beibe im 13. 3a^) ^
Hieb. „$a£ SBunber ift unberfürjt in bie altfpamfc^en 9Jlef*bücfyer aufgenommen unb
beforberte auf ber blprenätfc^en $albinfel nietyt toenig bie überftannte 2Rarienbere$rung, al«
beren fdjönfte gruept bie bis an bie ©reme be« Überirbiföen bertlärten 3)tabonnen SKiu
riOodju betrauten fmb", tote biefer aud^ ben ^eiligen felbft in einem berühmten ©emälbe 40
(im SRufeum bei $rabo in SRabrib) ber^errlic^t t?at. ®$ ift ein S3iib, „baS burd^ 2ßa^r=
beit unb ©c^öii^eit be« 3lu«brude«, burc^ ben muftertyaft be^anbelten ©egenfa^ ber %*$&
belle jum überirbifc^en Sic^t Setounberung erregt. 5Wan fie^t ben ^eiligen, ber in einer
Stfton, auf bem ©ang p 9Utar, bie 3ungfrau 3Raxxa auf bem bifqöflid^en &a$eber
erbluft, bie i^m eine fctfula mit ben Porten reicht, fte lommt au« ben ©d^ä|en meine« 45
Sohlte*" (ffiillcn« im £$28 1899, ©. 380 f.). 3)er gefc$ic$tlic$ juberläffige 3lnftofe
jur au^erorbentlic^en ^drberung ber 9Rarienbere^rung burd^ 3- ^eÖt m feinem libellus
de virginitate sanetae Mariae contra tres infideles, an beffen Seitüre fic^> ein
gleufaeitiger Stfc^of bon lörberlic^er (Srfcfyityfung erholte unb toelc^e« bon ben leilfyabern
be« XL toletanifc^en Äonjil« 675 nad^ ber ©arftellung eine« ©fconiften (3fibor $ac. MG so
Auct ant. XI, Chron. min. 2, 1894, p. 349) al« ein Sroftmittel angebt« ber
traurig empfunbenen ^atfad^e betrautet tourbe, baft feit längerer 3eit lein ftonjil )u
fkmbe gefommen fei; ber toa^re ©runb bafür lag freiließ anber«too, in ber Sieberlid^Ieit
be« Jpoflfben«, bon ber and) bie ©eiftlic^Ieit berührt tourbe (bgl. bie Sitten be« ftonjil«) unb
bem mihrifc^en fidler aetoorbenen 5Ber^alten Rönig SRece«bint$« (649/50—672). 3.66
Wbft läßt fi$ gelegentlich in klagen au« über bie 92ot unb ben $rucf ber 3eit (an
£mricu*). @r fc^eint aber and) ber biplomatif$en ^ä^igleiten ermangelt ju ^aben, toelc^e
anberen $nl}abctn feine« 35if$of«ftu$le« eigen toaren; er toar eine bortoiegenb nac^ innen
60 Slbcfoitfu*
gelehrte, mtyfttfö Veranlagte 9?atur. 3)odf} $at er ben Vorrang feinet StetumS auf
fcfyrtftfteUerifdjem 2öege behauptet, nämlicfy burd& feine ^ortfe^ung beS ÄatalogS ber viri
illustres in 14 Äajnteln. £)enn ba$ ift ber #aubtjtoedf biefeS ©cfyriftctyenS, in beffen
(Sinleitung 3- gefltffentlicty bie böfen folgen ber Auflehnung einzelner $re$btyter gegen tyren
5 borgefefcten 93tf$of fyerbortefyrt. ©regor b. ©. (föon bei 3ftbor) ftetyt an erfter ©teile,
aufjer tym toerben in cfyronologifd&er jftolge 7 toletantfctye unb 5 anbere ft>anif$e Sifd&öfe
fotoie ber 3ttön$ unb Kloftergrünber £>onalu$ befyanbelt. 2)te 3)arfteUung ift bon %lü$*
tigleiten metyt frei, toie j. 93. ber SSergletcfy feine« 93eri<$teä über 3f*or mit bemjenigen
SraulioS Don ©aragoffa ergiebt. 3)aä oben berichtete (SingeftänbniS be$ 3- ^ejüglic^ ber
10 SBerbienfte um bie lircpd&e fietyrenttoidfelung ift befctyeiben, benn aud& bie übrigen Atrien*
männer beä 3afyrfyunbert3 ragen in biefer §inftcfyt nicfyt tyerbor. SSon mehreren fetner
Vorgänger berietet 3- auebrücflicfy, bafe fie nickte getrieben Ratten, nur Sugen IL förieb
de trinitate unb ber fpätere 3uK<*n betoeift ftdjj in feinen umfangreicheren ©d&nften
lebiglicfy atö gelehrter unb belefener Äontyilator. £)iefe brei SSäter fmb aber SSerfaffer bon
16 -Dteffen, auf beren SBortlaut fi$ bunbert 3<$r* fräter bw 2lbo}>tianer ni gunften ibrer
Slnficfyt beriefen (Schreiben fpamfd&er Stfdpöfe an bie fränfifd&en bei #elfferid& ©. 139.
141, bgl. ©fyanbuS an Stalin in MGEp.IV©. 305).— ®ie brei ©eaner be3 libellus
über -äJcaria ftnb ^obinian, gegen ben bie Unberle^tfyeit ber 3ungfraufd(|aft nac$ toie bor
ber ©eburt behauptet, §elbtbtu$, gegen ben bie -Dtetnung, bafc 9Karia tyerna<$ noc$ Rmber
20 geboren fyabe, bertoorfen totrb, unb ein 3ube, gegen ben bie jettgenöfftfcfye 6§riftologie mit
ben Mitteln ber antijübiföen ©c^riftejegefe in fyerfömmlicfyer SBeife enttoidfelt totrb; benn
eS lag bem Sßerf. baran, tote er felbft an anberer ©teile fagt, „feinen ßfyriftuä" ju t>er-
fyerrlic|en, mit beffen 6fyre bie ber ©otteSmutter ibentifä toar; festere aber toäre ber*
fürjt, fyättt man ityr ben bauernben 93efifc beä aäfetifd&en 3bealt b« Sungfraufd^aft ab-
25ft>re<$en toollen, toelctye 3- über bie angelica conditio [teilt; er beaetdpnet ft<$ felbft am
©cfylufj aU „Wiener" unb begeifterten Sereljrer ber 9Jtaria. SemerfenStoert ift übrigen«,
tote bei ifym überall ber ftarfe 3lu3brucf feiner ^erfönltd^en SSerfäulbungen bor ben Äugen
©otteS burctyfcfylägt unb, als Korrelat baju, bie ftarfe SBetonung ber bergebenben ©nabe,
einmal fogar mit ben SBorten : qui ex immundo mundum facis et tollens peccata
so iustificas sine opere peccatorem, toaü bon ben erften Herausgebern be« Sudlern« im
16. Sjafyrtyunbert einfach getilgt tourbe! Die brüte erhaltene ©(^rift be« 3. ift baS
®o^elbüc^letn adnotationum de cognitione baptismi unb de progressu spiritualis
deserti, le^tere« toirflid^ bon feiner §anb, eine Sefd^reibung beS SebendtoegeS nad^
bollenbeter laufe bis jur ewigen SBo^nung, mit einem Sobe auf bie SBüfte unb einer
85 fonberbaren 3ufötnmenftcnung bon ßrflärungen biblifc^er s3iamen au$ bem SPffangen* unb
lierreic^; erftere« — bon Saluje 1738 au« einer §bf. ebiert— SBiebergabe einer älteren
©cfyrift minbeften« be« 6. 3aW>unbertS über bie SBiebergeburt in ber iaufe, beren SBic^-
tigleit für bie ©efctyictytc beS Äated^umenatS unb 2^uffembotö 6afj>ari erlannt ^at, unb
beren Harer ©til gegenüber ber fcfytoülftigen Sreite unb ber in fonontymen ©ä^en fic^
40 gern ergetyenben SWebetbeife be« 3. angenehm auffällt; ba$ ßitat a\x$ ©regor mu£
bon i^m hinzugefügt fein, ebenfo toie bie eingangs (1—12) unb ©c^lufefapitel, bie
toieberum bon ©ebeten, tote er e« liebt, burctyfefct ftnb. 2)ie urfj)rünglic^e ©d^rift enthielt
bie Darlegung be« Itrd^lid^en SSerfa^reng mit ben Äated&umenen unb Kompetenten nebft einer
expositio symboli (nad) Slufin, bgl. Äattenbufcty, ®a« a^oft. ©^mbol I 154 f.) unb einer
45 furzen Auslegung ber 3511. fotoie ber frönen 9laturfd^ilberung eine« tounberbaren lauf-
quelle (c. 106, cf. Isid. de vir. ill. 24). Dafj gerabe 3uf^n*an öon Valencia ber
äerfaffer fei (§elfferid^), ift naefy ben SBorten 3ftbor« (c. 33) nid&t fidler; mufe e« über*
faupt ein fj)anijd^cr ©d^rtftfteller getoefen fein? — 63 fei ertoätynt, ba| 9Rabifion, diss.
de azymo (Opera posth.' I tyaxtä 1724, p. 189 ff.) bie revelatio eine« foäteren 3.
60 mitteilt. 3- M na(j^ Julian feine gefammelten Schriften in bier leile geteilt : I. 1. proso-
popoeia imbecillitatis propriae, 1. de virg. (f. 0.), opusculum de proprietate
personarum Patris et Filii et Spiritus saneti, opusc. annotationum actionis
diurnae, opusc. annotationum in sacris, 1. de cogn. bapt. unum et de progr.
spir. des. alium (f. 0.); IL 93riefe, an 3$erf<$iebene, mit rätfetyaften 2Benbungen; teils
56 toeife unter ©infü^rung bon ^erfonen u. f. to. (je 2 erhalten, Srieftoed^fel mit CUiiricu«);
III. 5Weffen (f. 0. ; bei ßtjila ettoa« bom SBortlaut einer 5Waricnmeffe), §^mnen unb
^rebtgten; IV. ©emifd^te^ au^ 9?erjen unb 55rofa, j. 8. ©rabfcfyrtften fotoie einige (Spi*
gramme. Da^u bietet Unboßenbete. 6r teilt mit, bafj 3. ftarf religio, bon toürbigem
auftreten, gebulbig unb berfd^totegen unb bon ^od^fliegenber Serebfamleit getoefen fei.
60 ©cfyon in ganj jungen %cfycm ^attc er feine ftreube am 2tben ber 2Wöncfye unb fud^te,
Sfoefowfuö ^Ottttttttatett 61
unter SJerfc&mätyung ber elterlichen 3uneigung unb ber toeltlicfyen ©efcfyäfte, ba* mo-
nasterium Agaliense in ber nörbltcfyen SBorftabt JoleboS auf, ba$ ben ^eiligen 6o3ma3
unb 3tamian getoetyt toar. $er ifym nacfyeilenbe toütenbe SSater bermod&te tyn nicfyt au&
fmbig &u machen unb beflagte ben ©ofyn als einen Verlorenen. 3. fyat bon bort ein
3ungfrauenHofter in Deibiensi villula gegrünbet, ift ca. 630 Don §eflabtu3 jum Sebiten 6
gemalt unb ft>äter, ftrie mehrere feiner Vorgänger, Sciter beä ÄlofterS getoorben, in bem
er auf ftrenge ©ttte unb gute 33ermögen3berh)altung $ielt. Site 2lbt unterfcfyrteb er ba$
VIII. (653) unb IX. (655) Ronjil bon SColebo. 3lo% bor bem Stöbe feine* untmttel*
baren SorgängerS im 93tetum tourbe er, toie biefer, burefy fürftlicfye ©etoalt naefy Solebo
(äuglet ÄönigSftfc) geführt. £)afe er SfiborS Schüler getoefen fei, hrie Spätere behaupten, 10
tft um ber 3citoc$nung Tillen nietyt gut amuncfymen, toenn er aud& feine ©d&riften
tonnte. SBon feiner SBotyltfyätigfeit am 93tf$ofefi$e berietet in Slnfnüpfung an bie bort
borfcanbene ©inrid&tung einer täglichen 2lrmentoeifung im 17. 3>a]Wunbert *>er ^uxt go.
3Rariana (de reb. Hisp. VI, 10); fein fieidjnam, urfprüngli^ in ber&irctye ber \jl. £eo*
cabia, bem SBerfammlungSorte mehrerer toletan. ©tynoben, betgefefct, tourbe bei ber 93er* 15
beerung Spaniens naefy 3amora xn ^ SßeterSfircfye gebracht unb biefer neue 93egräbni&
ort nad^^er auf tounberbare SBeife ber SSergeffenfyett entriffen (X, 12); bas tym bon ber
3Raria iibergebene lucfy ift naefy Dbtebo gefommen. Eine ©rabfetyrift für $. bti MSL %
p. 8 13 f. äud^ in 3lom, an ber Via Sistina, befinbet fiefy eine Heine itirc^e, SS. Ilde-
fonso et Thomae de Villanova getoetyt. <$. $eune<fc. 20
3flgen, ßtyriftian ftriebriety, geft. 1844. — S9r. Sinbner. 8W 1845, 8. 3.
Gtyriftian ^riebriefy SHgen, Acoren am 16. September 1786 $u ßfyemntfc, ftubierte
&u 2eij>$ig, ^abtlitierte {tq bajelbft ate ^ribatbojent, unb ftmrbe 1818 aufcerorbentlid&er
^Jrofeffor ber ^ilofop^ie, 1823 ber Ideologie, 1825 Ordinarius berfelben, fpäter aud)
2>om^err; er vertrat bie tyiftorifcfye Geologie. 3U artoäfynen finb feine arbeiten über 26
8aliu3 SocinuS Seben (Lips. 1814 unb 1826, 2 P. 4), feine Programme (Memoria
utriusque catechismi Lutheri, L. 1829 — 1830, Historia coUegii philobiblici,
1836 — 1840) unb feine toentg genügenbe 2lbtyanblung über ben SBert ber cfyriftlicfyen
$cgmengef<$i<$te (1817). 3m ©tytember 1814 grünbete er bie Seidiger tyiftorifdMfyeo*
iogifc&e ©efeUfc&aft (bgl. fcenfförift ber ^iftor.^t^eol. ©efellföaft &u£eityig, 1—3, Seidig so
1817—1824), au* toel<$er bie juerft bon 9ttcbner, bann Don Äa&niä, eine Steige bon
Sauren Don gllgen felbft rebigierte geitfetyrift für bie tyiftorifd&e Ideologie 1832-1875
bertwrgegangen ift. 6in Sanb ^rebigten (bie SBertlärung be^ irbif^en SebenS burc^ ba^
e»angelium# 1823) läfct feinen t^eologifc^en ©tanbpunlt erlennen. 6r ftarb am 4. 2lug.
1844. £• $t\t f. 36
3ü«miuaten. (Erleuchtete.) $luS ber maffen^aften OueCTenütteratur ift ^eruorau«
lieben: ©rofee Äbfidjten beö Orbend ber 30unünaten mit 9Jad)trag I. II. III. (^iüiKÖcn
1786; «Jreüjerr 0. 3Keggen^ofen, sJHeine ©efd)icbte unbWpoloßtc 1786; 3)rci merftüürbtge 9lu«*
(agen 1786; SBei^aupt, SJoüftänbige ©efebieftte ber Verfolgung ber Sttuminoten, granffurt
u. fieipjtg 1786; (Sei^aupi) Apologie ber Süuminaten, ebenb. 4787; 2)erfelber $)q§ oer* 40
bffferte Softem, ibid. 1787; $erfelber ^urje SRed)tfevtigung meiner »bpeftten, ibid. 1787;
flmbtrag boju ibid. 1787; Einige Originalfdjriftcn beö 3aunünQtenorben§, SRüncbcn 1786;
^ac^trag oon weiteren Criginalfdjriften, 9Küncften 1787; (Bijftcm unb Solgen be$ 30«"^
natenorbenö. ^Ründjen 1787; SBorfteflung üon bem greitjerrn oon ©affuS, 1788; ?^ilo§
cnblidje £rtlärung, ^annouer 1788; 3)er ectjte giluminat, @beffa 1788; 3)ie neueften Ar« 46
betten beä ©partacu« unb Sßfnlo 0. O, 1793; Ueber ben 3Uuminatenorben (oon V06) 0. £).
1799. Sgl. ÄUgemeineö &anbbud) ber Sretmaurerei, ^Irt. 3Uuminoten unb ÄlucffjofynS Ab*
iKinblung ,rXie Sflununoten un5 5jc ^uftiärung" in ber Slugäb. Slüg. 3citung, S.Q^g- 1874,
$eit.«9lr. 72 ff. ferner: Stlofy, ^Bibliographie ber Freimaurerei unb ber mit i&r in S5er»
bitibung gefegten geheimen ©efeüfcftoften, gron!furt 1844, Wx. 3211-3275; SBrürf, 2)ie ra^ 60
iionoliffifdjen ©eftrebungen in ben biet rljeinifdjen örjbiöt., ^iainj 1865; 9lrt. w3HUT"inö«
tfit- in ©eper unb SBelte« Äircftenlejifon 2. 9{uff., 6. «b. (1889) 8p. 603-608 oon fflaidj.
Unter ^©rleuc^teten" ober „IUuminati" Ratten in frühen fttittn ber ßfyriftentyeit
bie Äm^ent>ater bie ©etauften toerftanben (t>gl. §br 6, 4). ©päter aber ^at e^ oft
Styrärmer, 9Rvfti!er unb i^eofo^^en gegeben, toelcfye auf ben tarnen SDuminöten ^s »
ftyruc^ matten ober ifyn erhielten, fofem fie eines leeren, ungeloö^nlic^en ©rabeS menfd^s
I«$er i<oflfommen^eit in ber ©rlenntntö ©otteä unb gbttli^er 2)ingc toie auefy einer
mgeren SBerbinbuna mit ber ©eiftertoelt fic^ rühmten (9leubedfer). ©pejiell toirb jener
Sine einer m^ftif^f<^toärmerifc^en Partei beigelegt, toelc^e guerft feit 1575 in Spanien
62 dastmittateit
auftrat unb 2llumbrabo3 ober 2llombrabo3 genannt Würbe (f. 8b I ©. 388 ff.).
©ie berftel ber ^nquifttion; bon biefer tyeftig berfolgt, berföWanb bie ?ßartei eine 3eit
lang, bte jte 1623 bon neuem in ^ranfretc^ unter betn tarnen ©uerinetS auftrat (f. 93b I
©. 389,56), aber auefy tyier fc£on 1635 ber Verfolgung gänjltc^ unterlag. Sine fi£nltc$e
s ©efte trat Wteber um 1722 im füblicfcn granfreidp auf, bte ityre ntyf^dfctyeofopptfd&en
Träumereien bis ju ber Vetyauptung entwidfelte, baß fu$ bie menfd&liqe 92atur in betn
f). ©eifte böflig auflöfen Werbe, ©ie toerbanb mit tyrer Xbeorie fräter nodfr allerlei ben
Freimaurern entlehnte ©e^eimniffe unb erhielt ftc^ in berfepiebenen Abzweigungen, bis fte
in ber SlefcolutionSjeit (1794) unterbrücft Würbe; bgl. ©#ira($, $olittfd^e$ Journal bon
10 1785—1794 OHeubecfer). 3n ket neueren 3eit aber führen ben Warnen ^llumtnaten
bonugSWeife bie 3Ritglieber eines am 1. IDtai 1776 bon bem Sßrofeffor beS getfUUfcen
Siebte« 3lbam SBeiSfyaupt in S^flrfftabt geftifteten ©e^eimbunbeS, Welcher, nadj bem
SWufter beS Sefuttenotben* biSjtyliniert, im Äampfe Wiber Aberglauben, UnWifjen^eii unb
Unbernunft, ber £ugenb jur §errfcfyaft berfyelfen unb ben DrbenSgenoffen (Stnfluß unb
16 3Ra$t in ber 2Belt berfd&affen follte. SBeiSljaupt, aus ber ©c$ule ber Seiten ^erbor-
gegangen, aber unter bem ©influß beS ^rei^errn Don ^tftatt frity mit ben fielen ber
&ufHärung bertraut gemalt, fobann mit ben (Sjjefuiten unb beten Sfo^angern <m ber
Uniberfttät in heftige Äämj>fe fcerWidfelt, trug fu$ fcfyon als SKann bon 27 Sagten mit
bem $lane einer DrbenSgrünbung, burc§ bie er ben belaßten ©egnern bie SSaffen ent*
20 reißen unb baS ÜbergeWtd&t ben „©uten", b. $. bor allem ftc£ feftft, berfd&affen wollte.
Stactyfuctyt, (S^rgeij, §errf$begier mifd&ten ftety in tym mit bem S)range, gro|eS )u Wirfen
unb ein SBotylt&äter ber 9Renfdf#eit ju Werben. 3$m War ber ©ebanfe niefct $u fityn,
baS ß^riftentum burety eine Sieligion ber Vernunft erfefcen, bem ^Despotismus bie ÜRad&t
entreißen unb bie ©ittltcfyfeit baburc$ beförbern jm fönnen, baß man bie Xugenb fror
26 Verfolgung fd&üfce unb tyr in ben äugen ber SJcenfctyen um fo größeren SBert beriefe,
je fixerer fte föon auf Srben ibred SofyneS Wäre. Um an ber ©pifce eine« ©etyetm=
bunbeS fo großes ju erretd&en, fdpien tym bie tooBftönbige Übereinftimmung ber Drben&
genoffen unb ifyrc unbebingte Unterwerfung unter feinen leitenben SBiUen unerl^Ii^. (53
galt alfo, bie jünger erft für bie DrbenSjWecfe ju mieten unb fte aUmc$li$, tnbem fte
ao eine ©tufe nad) ber anbern unter beftänbiger 3luffu$t unb fieitung burd^f^ritten, ju
brauchbaren ffierfgeugen be« 5Weifter« ju machen. ®iefe 2lbri$tung nad^ jefuitifc^em
5Wufter, ju antijefuitifcfyem 3^^/ erfc^ien i^m ate ftttltdje SerboHtommnung, tüe^alb
er aud^ feine Stiftung anfangs ben Drben ber „^erfeftibiliften" nannte. 3n ^ m^fle*
riöf en gformen unb 3^^^/ ^ur^ bie w nac^ ^em ©inne ber 3^t bem ©e^eimbunbe
36 metyr Srleij unb eine gemiffe 2Betye ju berlei^en gebaute, lehnte er fi$ an bie %m*
maurerei an, otyne bamate ba« Drbenäftyftem genauer ju lennen.
5Kac^bem SBete^aupt bie Statuten be« Drben«, ben er gu grünben unternahm, in
ben Umriffen entworfen, begann er einige junge SKänner, fdne ©d&üler, ju feinen Ver-
trauten ju machen unb mit i^rer §ilfe anbere ©tubierenbe ju Werben. SSon 3ngolftabt
40 Würbe bte $ro>)aganba aföbann na^ ßid^ftäbt, Wo^in er fti$ felbft ^äuftg begab, na^
gfreifmg, 3Rünc^en unb anberen Orten ausgebest unb mit befonberem @ifer auf bor*
ne^me, reiche unb angefe^ene junge 3Jlänner, geiftlic^en unb Weltlichen ©tanbe«, 3)om=
^enen, ©ele^rte, Äa&aliere, %a$ gemalt. Über bie Anwerbung unb aufnähme ber
Drben«!anbibaten arbeitete 20. aUbalb eine ausführliche Sttftruftion auS, bie für i^n unb
46 fein 2Berf c^aratteriftifd^ ift.
$at jemanb ein anftänbigeS, bem Drben borguf$lagenbe3 ©ubjelt audge^^et unb
bie (Srlaubniä jur Anwerbung erhalten, fo foll er 3utrauen, Siebe unb $odpa$tung in
bem Äanbibaten ju erWedten unb i^n fo ju leiten fud^en, baß bie Segierbe, tn bie ®e»
feüfc^aft einzutreten, nid^t auf einmal, fonbern nac^ unb nad^ in ihm entfiele. S)agu
60 tann bie Seitüre feelener&ebenber SBerfe bienen, beren eine ftattlic^e Steige au« mobetner
Wie alter Sitteratur em))fo^len Wirb. 2Ran rebet Don ber Äunft, 9Renfdfat ju lennen
unb ju birtgieren, bon ber 3Kac^t geheimer sJSerbinbungen, bon einfielt in bie berborgenften
©e^etmniffe. %nbtm man fo in flug ausgebauten 35telurfen Weiter unb Weiter ge$t,
erjagt man ganj im Vertrauen, 3lußerorbentlic^e« t>on einer geheimen ©efellfc^aft gäört
65 gu $aben, ber man beitreten fönnte. 2Wan fragt ben 5tanbibaten um 9lat, mac^t @m*
Würfe; bann läßt man ifyn Wofyl, um feine 5ieugierbe ju reuen, einen in Ziffern ge«
fetyriebenen Srief fe^en unb beutet auf tyofye ©e^etmntffe ^in, tn beren Seftfc bie ®efm-
teaft fein fotlc; man bringt enblic^ ben Äanbibaten ju ber Übeneugung, baß bie
Neigungen unb SÖSünjd^e, bie ttyn befeelen, bie ^beale, benen er ^uftrebt, nur in einem
go ©e^eimbunbc Sefriebtgung finben lönnen.
dttmttuMteit 63
Verlangt ber Äanbibat, auf bie angebeutete 2lrt bearbeitet, bafe man tym jum ©in*
tritt in bat gefyeimniSDollen Orben Dertyelfe, fo fyat er Der allem burety einen SteDerS fid^
ju Dctyffi$ten, Don biefer ©efellfd&aft niemanbem, au$ ben näcfyften angefangen unb
Dertrauteften greunben m$t, ba$ geringfte gu fagen ober nur anjubeuten. §ierauf toirb
er mit bat für bie SRoDijen geeigneten Statuten befannt gemalt. Slbcr lein ©d&riftftüdf 5
bleibt ht feinen §anben; toaS er gelefen, tyat er jurüd^ugeben. Slucfy Don ben Oberen
unb b«n Urftmmgber ©efeUfd&aft erfährt ber -JloDije nu$t$. @r totrb in bem ®lauben
befeftigt, ba& ber Orben bte in birö Altertum, unb ba| bie 9Ritglieber, jumal bie Oberen,
bis ht bie ^ften Äreife reiben. ^ätfte unb Äarbmäle, bie beritymteften, toetfeften unb
Dortrefflu$fkn SRänner läjjt man iljn als Angehörige ber ©efeHföaft bermuten. S3on 10
9ngefti$t lennt er nur ben, ber ifyn angetoorben. 2)iefer überreicht ifym labeilen, bie er
au^ufüHen tyü, um über alle benlbaren perforieren unb gfamilienberfyältniffe 3lu3hmft
$u geben. Shirdfc i^n ftefft er ben unbelannten Oberen Don 3e^ 8U S*ü *>a$ $agebud&
m, ba£ tym ju führen obliegt. Slutty bie 9lu$$üge, bie er aus ben tym borgeföriebenen
Suchern fertigt, bie Äernfprüctye, bie er fammelt, bie ßfyarafterföilberungen unb anbere 15
f<briftlt<fc arbeiten, bie er auf Sefefyl unternimmt, ^änbigt er bem 9tejij)ienten ein.
908er bie ^robejeit mit ©rfolg beftanben, toirb mit SrlaubniS ber Oberen in bie
Stoffe ber SRhterDalen, toelctye bie ^iflanjfc^ule beä OrbenS bi(ben, nic^t ofyne toofyl be=
rechnete g*ierli<$feit aufgenommen, enttoeber bei ^Eage im 2Balbe$bunfel, ober bei 9lad)t,
toenn ber SRonb am §immel ftetyt, in einem ftillen, nur matt beleuchteten gintmer binter 20
fotgfältig Derfäloffenen 2$üren. 2)abei toirb bem Ranbibaten naefy einer langen Steige
Don fragen, bie er ju beanttoorten fat, baä eiblicfye 9Serfyre<$en abgenommen, ba| er
iebe ©eleaenfyeit, bem STOenföen ju bienen, ergreifen, ©rfenntnte unb SBillen berbeffern,
nüfeli$e @htfi$ten allgemein machen toid, infotoeit ba$ 2Bofyl unb bie Statuten ber @e*
feflf$aft e3 Don tym forbern toerben. @r gelobt ferner etoigeä ©tUIfätoeigen unb ftrengen 25
©e^orfam; er leiftet SSerjictyt auf feine SßriDateinficfyt unb feinen ©igentotllen, felbft auf
jebnt „eingef<$ränrten" ©ebrau<$ feiner Äräfte unb gäfyigfeiten; mit @ut, Gtyre unb 93Iut
Dcrfpri$t er bem Orben $u bienen, ftcfy allen 3fynbungen unb Strafen, bie tym juerfannt
toerben foDten, toillig gu untertoerfen. — ^35ann tyat ber junge 9HinerDale eine umfaffenbe
fdjriftltcbe ©eneralbetctyte abzulegen, bie an bie tym unbelannten Oberen getyt. ^ßerfönlicty 30
Derfefyrt er nur mit anberen SKinerDalen beäfelben Orte« unb mit bem, ber ifyn aufge*
nommen, unter beffen unmittelbarer Seitung er ftefyt, nac§ beffen 93efe$len er lieft unb
föreibt, fhibiert unb f^ioniert; ben erlaubten Oberen aber fenbet er monatlich einen ge*
Reimen Sendet über fic$, ben Seji^ienten, über anbere -DtinerDalen unb enblid^ über bie*
jenigen, bie er no<$ in bie ©efellfc^aft aufgenommen fe^en möchte. @r empfängt Sefe^le, a^
Sufmunterungen, SSertoeife, o^ne ju toiffen Don toem. Site Drben^mitglieb erhält er einen
m ber Siegel ber altflafftfc^en 2itteratur entnommenen tarnen, toie ©ofrateä, 3llcibiabc^,
6ato, SKariud; SBJei^auj)t felbft nennt fi<$ ®))artacu«. 5Kit bem Drbcnänamen toerben
bie jum 5teil in ß^iffem geft^riebenen unb frembartig batierten Sriefe unterjetc^net, unter
betfelben Slbreffe bie Slnttoorten empfangen. äu(^ bie ©täbte* unb Sänbernamen toerben 40
ber alten ©eograjj^ie entnommen, fo ättyen für ÜKünd^en, Sieben für ^reijtng, 6})^efu^
ffir3ngoljiabt, 9lt!omebia für SUigSburg, ©räcia für Saiern, ^eloj)onne^ für Sfyrol, äg^ten
für Cfterrei^. — SBo^nen mehrere SKinerDalen an bemfelben Orte, fo finben unter bem
$wfi£ be« Sorpe^er^ regelmäßige 3ufftmmenfünfte ftatt, toeld^e mit geierlid^Ieiten, bie
an bie 2ogenbräu<$e erinnern, eröffnet unb gefc^loffen toerben. 35ie SDtitglieber galten 46
Sarträge, lefen Suffäfce, Der^anbeln Angelegenheiten ber ©efeüfc^aft unb nehmen 3«tfuren
«nb SSefe^le ber Oberen entgegen.
Ste bie Sßftanjföule be^ Orbend fc^on an mehreren Orten Seftanb getoonnen ^atte,
toaren bie ^ö^eren ©rabe toeber ausgearbeitet noefy in« 2eben geführt. Sie ejiftierten erft
in bem Äopfe be« Dielbefc^äftigten ©enerate, toelc^er mit £ilfe ber eingetoei^ten unb an go
bergeitung beteiligten greunbe, bie ftety äreopagiten nannten, junädf^ft für bie bringenbften
ftbfirfniffe, namentlich bie finanziellen, gu forgen ^atte. £)a ju feinem 3ammer bie
ngemtfifci^en Gonfcii Don freitoilligen Seiträgen toenig toiffen toollten, brütete er über
mannen« ^Jrojrften jur Vereiterung beä Orben«. 2lu(^ bie Sammlung einer großen
SiHiotye! lag i^m am $erjen ; benn in ber nä$ft ^ö^eren Jtlaffe backte er eine 9trt ge- 65
l^rter XIabemie ju errieten, too befonberä an d^aratterf^ilberungen gearbeitet, ber
9eoba<$tiing$geifi gefd^ärft, ba« ©tubium ber 3Uten unb bie fiöfung Don ^reteaufgaben
"* ^fl^ gefaxt toerben follte. Um Südber ju belommen, fotlen bie ©enojfen, toenn e«
mit 3Wanier gej^en fann, felbft bieSBerfe frember unbenu^ter Öibliot^efen ftd^ aneignen.
Jud einem 9Ranuffctytenbiebftatyl in einer folgen Sibliot^et folle man fi<^ „feinen ca- eo
64 ^flumiitaten
sum conscientiae machen; bcnn nur toa« ©c^aben bringt, ift ©ünbe, unb toenn ber
9htfcen größer toirb al« ber Stäben, fo toirb e« gar jur £ugenb", le^rt ber ©eneral in
einem ©d&reiben „an SDtariu«" am 6. Styril 1779. ®iefer nieberträc^tigen SDtoral enfe
faricfyt auefy bie gbee, einen SEBeiberorben mit einer tugenb^aften unb einer auafc&toeifen*
6 ben Älajfe ju begrünben, jene für gute, bieje für fd&mufcige Qtotät C^obelc Sßaffionen")
(bgl. 9tai$« 2trt.). $te le|ten 3iele be« Drben« aber fötoeben aud& für ben ©tifter
noefy in nebelhafter %emc. „2)er ©nbjtoed be« Drben« ift, baß e« Si$t toerbe, unb toir
finb Streiter gegen bie ginfterni«." „Site SRebcnjtoecf betraute id& unferen ©$u$, 3Ratyt,
fixeren SRücfen bor Unglticföfätten, drleid&terung ber -Dttttel, jur Srlenntni« unb 9Btffen*
10 fd&aft ju gelangen." 3>ebe borfyergefyenbe Älaffe foU bie $rüfung«f<fyule für bie folgenben
fein. „In specie macfye icfy jeben jum ©pion be« anbern unb aller." 2Ba« bei ben
?jefuiten bie Seilte, foUcn bei ben ^Quminaten bie fc^riftlic^en 3Ronatöberid^te fein.
2)arau« toitt 2B. erfefyen, toelcfye geneigt fmb, getoiffe fonberbare ©taat«le&ren, toeiter
fyinau« 5Religion«meinungen amunefymen unD am @nbe erfolgt bie totale ©infu^t in bie
16 Sßolittf unb bie SKajimen be« Drben«." S« fehlte toenig, baft ba« ptyantaftiföe SBerf, an
bem ber unflare 5topf be« gü^rerö im S3unbe mit fnabentyaften unb jum ieil ftttenlofen
©efellen arbeitete, in fiefy felbft verfallen märe, efye e« über bie erften anfange tyinau«*
gefommen. SBctyrenb SB. feine ©efyilfen nad&läffig, leichtfertig, unbotmäßig fd^ilt, Dogen
jene über bie unerträgliche §errf<$fuctyt unb ben rücfftd&telofen 3)ef}>oti«mu« be« 9fteifter«.
20 Statt gortfetyritte ju machen, toar man in ben erften %cfyxtn toteberljolt na&e baran, ft$
in toilbem ßaber $u trennen.
£)a gelang e«, ber fötoanlenben ©efeDfctyaft einen fefteren £alt unb größeren Ru?
toadß burety bie SSerbinbung mit ber Freimaurerei ju berfd&affen, mit beren ©efyetmntffen
ber greifen bon fttoai (Gato) in einer 2lug«burger Soge genauer bertraut tourbe, toäfc
25 renb 9B. feit bem $. 1778 einer SMünd&ener Soge nur al« untergeorbnete« ÜRUglieb an*
gehörte. SDtc traurige 93ertoirrung, in ber ftety bamal« ba« SWaurertum m £eutf$lanb
befanb, inbem @lüa«ritter unb ©cfytoinbler bie ba« 3e^a^er d&aralterifierenbe Vorliebe
für ©efyetmbünbe unb bie bon biefen gehüteten ©efyetmniffe $ur ©Raffung aller möglichen
©tyfteme unb ©rabe benüfcten, ließ e« möglich erfcfyeinen, bie Freimaurerei bem SDumU
ao natentum bienftbar ju machen, inbem man enttoeber bie fc^on beftetyenben Sogen unters
merft unter bie Seitung bon ^Quminaten braute, ober neue Sogen, angeblich nac^ entern
©Vftem, felbft anlegte unb bie Sßuminatengrabe afe ^ö^ere ©tufen ber 3Jlaurerei befcan*
belte, m benen man aber nur biejenigen -Kaurer beförberte, bie für bie ^ötyeren 3*^^
beä ^uuminatenorbend brauchbar toaren. SXuf biefe 2Bcife lonnte man hoffen, ni$t allein
35 j^a^lreic^e 5KitgIieber unb toolle Äaffen ju gewinnen, fonbern aud^ hinter bem ätu^änge»
fd&ilb ber barmlofen unb unberbäd^tigen 3Jlaurerei ©c^u^ bor Verfolgungen ju finbeit
Äaum ^atte man in ber angebeuteten Stiftung bie erften (Srfolge erjielt, bie Soge
Äarl Ifyeobor jum guten Nat in sU?üncfyen in bie §änbe be^ Drbenä gebracht unb eine
neue Soge ju ^reifing etabliert, fo gelang e$ bem 3)tarquid bon ßoftanjo (Siomebed),
40 toelc^er 1780 auägefanbt h)ar, um in proteftantifd^en ©egenben ^ropaganba ju machen,
ju $ranf fürt a. 9K. in bem befannten äbolf ^rei^eirn b. Änigge jenen v))tann anuitDerten,
bem bie ^Ihtimnaten ben 3lu*au i^reö ©tyftemä, fotoie ben größeren leil tyrer än^änger
in Mittels unb 9torbbeutfcfylanb berbanfen foßten.
Änigge, unter bem DrbenSnamen ^J^ilo bon ßoftanjo in bie Älaffe ber *3Jiinert)alen
45 aufgenommen, lonnte ni$t babon erbaut fein,. na$ 3Sorfc^rift lefen, ©cpuleienitien fc^rei-
ben unb ^Dionat^beric^te einliefen ju (öden, um (\d) bafür bon unbekannten Oberen aud
Saiern ^ofmeiftern ju laffen; er toürbc, nad^bem er bergeben« um toeitere SCuffd^lüffe
gebeten, fid^ ^urücfgejogen ^aben, h)enn i^m nid^t ©partacu« felbft in flug beregneten
Briefen ben Drben afe ein toeltumfaffenbe« ©tyftcm auf« glänjenbfte gefd^ilbert ^ätte.
60 3)er auf bie Älaffe ber SKinerbalen folgenbe ©rab ber fog. Keinen ^ßimtinaten, ben $^ilo
unter ber Sebingung erhielt, baß er, efye er in ^ö^ere ©e^eimniffe eingetoei^t toerbe, für
bie gute ©acfye jünger toerbe, fe|te tyn in ©tanb, eine erfolgreiche $ropaganba ju be*
Sinnen. 311« er bann aber, um bie naefy työfyeren ©raben begierigen Orben«brüber ju
efriebigen, enblic^ berlangte, in ba« ganje ©Aftern eingetoeil^t ya toerben, mußte ©}>ar*
öö tacu« gefte^en, baß für bie ^ö^eren ©rabe nur erft Vorarbeiten qriftierten unb baß er
&ur 3lu«fü^rung be« hoffnungsreichen SBerben« nod^ eine« fo au«gejeid^neten ^Mitarbeiter«
toie Änigge bebürfe, toeld^cr ba^er nad^ Saiern fommen möge.
3)urd^ ben Setrug, ben man tym gefj)ielt, nid^t berieft, bagegen burc^ bie 3lu«fu^t,
ben Drben nacb feinen 3^«^ geftalten unb feinen Sntereffen bienftbar machen )u lönnen,
oo nic^t toenig angelocft, begab ftd^ ^ilo gegen (Snbe be« Sa^re« 1781 nac^ Saicm. ©o
3ammitatett 65
trid er au$ tyier an bem ©tanbe ber DrbenSangelegenfyeiten, an SßeiSfyaupt unb boHenbS
an befl cn SRitarbeitern auäjufcfcen tyatte, fo ging er boefy auf ba3 ifym angetragene 93ünbni3
ein unb übernahm e$, unter Senkung ber Don ©partacuS gefammelten Materialien ba$
ganje ©Aftern aufarbeiten unb mit ber 9Raurerei fo $u bernutyfen, baß bie ^Duminaten
in ben Sogen bie Übermalt befommen unb bie brauchbaren 3Jlaurer $u ftety herüber* b
jieben tonnten, ©agegen liefe er ftety bon ben batyerifcfyen DrbenSbrübern berforecfyen, baß
ße eme größere SotfU$t im SBerfyalten gegen ©taat unb Äircfye beobachten, bie enttoiefe*
lung ber lefeten politifäen unb religiöfen ©runbfäfce auf bie borerft noefy ntdjt auSju*
arbeitenben SWtyfteriengrabe berfäieben unb bie SSerfaffung beä DrbenS fo einrichten Sollten,
baß bie fä^igften unb beften ^Duminaten ju bem Slange bon Siegenten erhoben unb in 10
Sofalobere, Sßrobinaialinfpeftoren unb 9lattonalobere gegliebert, bie Regierung beforgten,
toäbrenb bie bisherigen Oberen, bie Slreopagiten, ein Dberlollegium (geheimer 9tat unb
®eridjt3l?of jugleicfc), mit ©partacuä aU ©eneral an ber ©pifce, bilben füllten.
Vlad) granffurt jurücfgele^rt, arbeitete Jtnigge bie mittleren unb einen Seil ber
böberen ^Huminatengrabe au$, toäfyrenb bie unterfte klaffe im toefentlictyen blieb, tote fte 15
Setefaupt geje^affen. 2)er ganje ^ßuminatenorben jerfiel bemnaety in brei $au}>tflaffen
mit mancherlei Unterabteilungen.
5Dte etfte ^auptflaffe, bie ^Pflanjfc^ule be$ DrbenS, umfaßte außer ben klobigen
unb SRtnerbalen, beren Se^anblung mir lernten, bie Keinen SHuminaten, tooju ofyne be*
fonbere görmlicfyfeit biejenigen 3Rinert)alen beförbert tourben, bie man für ben eintritt in 20
einen holperen ©rab tüchtig befunben fyatte. 35ie SßfJanafcfyule toar unb blieb eine t>r)an*
iafttfc^ jugeftofcte gortbübungSanftalt, toorut in beftimmter Stiftung ju fleißigem ©tubium
angehalten, an unbebingten ©eborfam getoötynt unb ftyftematifd&e ©pionage geübt tourbe.
Son religion& unb ftaatSgefäfyrlictyen Slbfu^ten bemannten bie 3ünÖw regelmäßig nid&tä;
aber ben tootylttyätigen Anregungen, bie fte unter befferen gityrern empfangen fonnten, 26
ftanben bie berberbfid&en SBirfungen ber Spionage unb manche berfteeft jefuitifetye Setyren
gegenüber.
3)ic jtoeite fiauptflaffe umfaßte bie Freimaurer, unb $toar junäctyft bie getoö^nlictye
ober ftmboliföe ÜRaurerei mit ben brei ©raben be$ 2er)rling3, beS ©efellen unb be$
IReiftaä, unb fobann bie fcfyottifd&e SWaurerei mit ben ©raben beä föottifcfyen -Jlobtjen 30
ober größeren JJsttuminaten (Illuminatus major) unb be$ föottifctyen 9iitter3 ober birU
gierenben Sttuminaten (Illuminatus dirigens). Hon ben Freimaurerlogen, toorin bie
"Weifter ber „göttlichen ftunft" mit 9Raßftab, Sßinfelmaß unb ©Jrifctyammer tyr unfcfyul-
bige* ©|>iel trieben, toaren polttifd&e unb religionägefäfyrlid&e Seftrebungen grunbfäfclid&
au$gefc#of[en unb ba^er tourben alle, toelctye für bie böseren 3tw<K be$ 3ßuminatatium$ »
fö nu$t eigneten, m ber ftymbolifd&en 5Raureret jurücfgeljalten. 3)ie brauchbaren avan-
cierten in bie fctyottiföe SKaurerei. 333er fcfyottifcfyer Slobije ober Illuminatus major
totben tooOte, mußte }ubor eine in$ Ileinfte detail ge^enbe S3iogra))^ie einreiben unb
über bie ge^ehnften Siegungen J«ne$ §ergen^ Slu^funft geben. 3)ie Promotion tonnte
twtodgert ta>erben, toenn brei SHitglieber biefe« ©rabe« bagegen jtimmten. — ®ie 3luf- 40
nabme erfolgte in einem nujftifcty erleuchteten 3iwmer; bie Sogenbrüber trugen fc^toar^e
Ädntd; ber ÜJorft^enbe tyielt bem Äanbibaten mit ben SBorten : nosce te ipsum einen
Siegel bor, gab t^m mehrere ^agen jur Seanttoortung, überreizte tym cht grünet
S^uijfeQ unb eröffnete i^m ba^ 3e^en^ an *>cm cr ^'e Svüber be« ©rabeS erfennen
temte, inbem er ben S^^flft ^vc redeten §anb auf ba^ §crj legte, ben ber linfen 46
in bie §ö^e tyob. — 3)er große ^Huminat befc^äftigte ftc^ mit bem ©tubium bon 6^a^
roheren nac^ einem ©d)ema, bad einige 3^aufenb 3*agen enthielt, bie für ben äußeren
«ob inneren SRenfc^en in Setrad&t lamen. 3n*cfon^^^ ^att€ « mit bn größten älfribie
bie feineren 6^ara«ernuancen ber Keinen ^Uuminaten ju unterfud^en, ba man fid^ ein*
Mbete, auf biefe SSBeife bie Heinften ^erjen^falten ber Untergebenen ausformen unb bor w
ber Seförberung Untoürbiger ftd^ fd^üjen ju lönnen. ®amit berbanb man ben toeiteren
Won, nac^ ben bon ben großen SHuminaten geführten fiiften ober vielmehr nac^ ben
t»n tynen in taufenb Keinen 3üÖcn jufammengefteHten ^Jortrait^ jeber $t\t im ©tanbe
m fein, ben Regierungen J)affenbe SKänner für alle möglichen ©teilen borjufcblagen.
3>er große 3Huminat tourbe in feierlicher 933eife burd^ ©rteilung be« SNitterfctylagS w
im ^eil. nnbread in ©ctyottlanb in bie Klaffe ber birigierenben !Jlluminaten erhoben,
toMp außer ben SDfönerbalen aud^ bie Freimaurer jiu leiten unb le^tere für bie ^Humi*
wtatjtoeae gu bearbeiten Ratten. 3)er l^ö^eren ©teuung enttyracfyen tiefere @infict;ten in
^e politifc^en unb religiöfen Xenbenjen be« in feinen ©pijjen auc^ bem birigierenben
oftamaaten no<^ immer bunllen Drben^. 3n ^cr tocitläufigen Sbtrebe an ben birigic« w
%t*l4m<)tlorfhU für Zfttoioqk unb flirre. 3. 91. IX. 5
I
66 3M*wt«atttt
tenbcn ^Uummotcn hrirb na* SouffcauS Sebrc ber ftaatenlof e iRaturgußanb atö ber glück
lupfte gepriefen; bem Stank ber Freiheit ftrcben au<$ bic SlufgeHärten toieber ju; beim
trenn eine Station boll jährig getoorben, fallt ber @runb jur Skfcormunbung toeg. „3)ie
3Roral ift bie jtunft, toelctye bie STOenfcfcn lebrt, m tyr männlich SUter ju treten unb
& bte durften gu entbehren." — Som Gbriftentum toirb gelehrt, baß ber ©runbgebanfe beS
3lluminatenorben3 bte urfprüngltcfc greibeit unb @let$beit ber 3Renf$en, ber innere Jtern
ber Sefyre 3efu fei. Selbft eine ^ac&a£mung bc$ fy. äbenbmatyte, ein 2iebe3ma$l, glaubte
Änigge mit ben Äapüelfteungen toerfnüpfen ju bürfen, fo toenig baju au$ ba$ eitle unb
finbtjdK ©eba^ren ber fegottifefcen SRitter in tyren Sogen paßte. 5Die Äapitelftfcungen fem*
10 ben in einem grün tapezierten, tyü erleuchteten unb rei<$ gefömütften 3intmer ftatt, ba*
einen Ifyronfytmmcl *>on berfelben garbe enthielt, unter bem ber $räfeft mit ©tiefein
unb Sporen ftfct. 6r trägt bie 9tttterfc$ärpe mit bem grünen Äreuje, auf ber (inten
33ruft ben Crbeneftern, über ber redeten Sd&ulter aber ein Drbenäbanb, tooran ber 8to*
breaeotben fyängt 3n ^>er $anfe fMrt ** einen Jammer. Über feinem Raupte brennt
16 ber flammenbe Stern. 9C0e übrigen Slttter tragen 2>egen, Stiefel unb Sporen, fyutb*
fc^ufye, Schärpen unb um ben $aU an grünem Sanbe ba$ßreu). S)er antoefenbe$rieffer
bagegen ift toeiß gefleibet unb entblößten §aupte$. SDem 3^rone beä $räfeften jur
Siebten ftefyt ber Scfytoertträger mit bem Crbensfötoert in ber $anb, Imfö ber Scremo=
nienmeifter mit bem Stab unb bem 9litualbuc$. §n ber üJlitte be* 3"nmCT* an ^nem
20 mit bier Sintern befehlen Hifä nehmen ber Äanjler unb ber Scfyujmeifter ?ßlafc.
SDie britte £aupnlaffe beä CrbenS bilbete bie 9Jtyfterienflaf|e, bie toieber in bte
Keinen unb großen 3Jtyfterien geteilt fear; bie erfteren verfielen in ben Stiefter* unb
SKegentengrab, bie festeren in bie Klaffe be$ Magus unb beS Rex. 5Der Äanbibat be*
^5riefterftanbe$ tourbe bor ber Seförbcrung mit berbunbenen Äugen auf Umtoegen naa)
26 bem fcogenfyaufe gefahren, too man tym bie 93inbc abnahm unb einen £egen m bie £atib
gab. Stuf ben 3uruf: „Äontm fyeretn, unglücflia^er glüa)tling, bie SSäter ertoarten btcfc!"
trat er in ein glän^enbe^ ©emaa), in toelcfycm auf einem bor einem 3$ron^immel fielen*
ben lifa^e foftbareS ©efd&metbe, aber aua) ein einfacher, toeißer $riefieranjug lagen.
3toifa)en beiben ©egenftänben fyatte ber Äanbibat mi toätylen. ©rgriff er ba3 üßrießer*
30 getoanb, fo tourbe er naa) einem Unterriajt über SÜcligion unb Sßolitil ate Sßriefler auf*
genommen, inbem man tfym außer bem toeißen (Setoanbe einen breiten ©ürtel Don
fa)arlad&roter Seibe unb einen £ut bon rotem Sammt gab. SBon 3^ iourbe i^m at*
lefyrt, baß er leine neue SWeltgion ^abe fttften, fonbern nur bie Vernunft in i^re Sichte
einfejjen toollen; fein Softem, nur für 3lu3ertocfylte beftimmt, fei in ben $tyfterienf$ulen
86 fortgepflanzt toorben, um enblicty in bem greimaurertum eine Stätte ju finben.
2lu« bem ^Jrieftergrabe gelangte man in bie Älaffe be« Meaenten ober Sprinjepä
unter nod» feierlia^eren 3^n^>nien, bie in einem fa^toan au^gefa)lagenen 3^m|||w ange»
ftd;t« eineg lotengerippee, ju beffen güßen Ärone unb Siegen lagen, ftattfanben. 9Kit
gefeffelten §änben tourbc ber Äanbibat eingeführt, um fia; eine 3^ Iön8 bet Jtontem*
4<) platton ju hribmen; bann lourben i^m in einem anftoßenben 3'mmer bic gcffeln abge*
nommen unb aU Orben^lleibung ein toeißer Hantel mit rotem ftteuje unb ein toetß»
lebeme^ S3ruftfa)ilb, ebenfalls mit rotem Äreu^e, angelegt; baju erhielt er einen toeißen
§ut mit rotem geberbufa) unb rote Sd;nürftiefel. 2)ie 2luffa;lüffe, bte in bem ^Regenten*
grabe über bie ^olitif bc^ Drbenö gegeben mürben, entfpreifyen gang ben 2lnfc£auungen,
46 bie Spartacu«; fa^on bei ber cvften ©rünbung j^egte. Wlan toollte nta)t o^ne h>ehered
buraS eine iHebolution bie befte^enben Staatäeinria)tungen umftürjen, fonbern nur ber
langfamen naturgemäßen ©ntmictelung nachhelfen unb btö einft bte „größeren Jlebolu^
tioneit ber Statur" reif toären, bie 3Konar$cn außer Staube fe^en, 93öfe$ gu t^un, inbem
man Crbenägltcber ju allen toid)tigeren Stellen beförberte. 9Bo man aber in ber 3te
«) gierung beö SanbeS bie §anb ^at, foll man fia^ ftcBen, ate toenn man am toenigften
bermöa^te, unb too man nid^t^ bura^fe^en fann, alles ju fönnen fa^einen, bamit man ae*
fürd;tet, gefügt unb babura^ berftärft loerbe. älleS, h>a« auf bie Silbung be« SolM
(Sinfluß bat, foH man unter feine ©etoalt ju befomnten fuc^en, SBolfäföulen unb $riefler*
feminarien, iDJilitärfa^ulen, Sltabemien, 33uc|^anblungen ; Sa?riftfteller bon Einfluß möge
.-,;> man gewinnen ober Derfa^rcien, je naa^bem baS eine ober anbere SRufcen bringt 3fua)
bei ben Sikibern, bie einen großen Xeil ber SBelt in tyren §änben fyabm, aber aHe mefa
ober toeniger buxd) ßitelfcit, 9ieugierbc, Sinnlia^feit unb ^)ang gur 2lbtoe^3lung geleitet
loerben, foll man fid> einjufa^mcia^cln fua)en, unb ftc ju gewinnen foll ein ©egenftanb
„ber feinften Stubien" fein.
i» SDie beiben I;öd;ften s3)h;ftcriengrabe, bcr beS Magus unb bcS Rex, ftnb ni<£t bon
dttumtnaten 67
$#Io, fonbern Don SpartacuS erfi f^ätcr ausgearbeitet unb nur ben Sertrauteften jum
8cfen mitgeteilt, aber nie Jmblniert Sorben. SEBir lüiffen inbeS, bafj ber 3JtoguS ade 3Ke*
fiaion, aucty bie natürliche, afe eine Stiae unb ©rfinbung tyerrfd&füd&tiger 9Jcenf#en ab«
föaffen, unb ber SRej enblid^ alle Dbrigrett bejeitigen unb patriartfyxltfctye guftänbc, Wo
jcbcr Sauer unb Bürger fouberäne ©etoalt ^ätte, einführen toollte. 6
9hx$ e^e bie tyityeren ©rabe aufgearbeitet toaren, fyatte ber Orben aucfy aufjerfyalb
9aient$ ja$lrei$e 3Jtitgtteber gewonnen, nic^t am toenigften burd& ben getoanbten unb
rafUo* tätigen ftnigge, ber eS befonberS auf bie Freimaurer abgefefyen fyatte unb alle
£ebd anfefcte, bie fog. ftrilte Dbferbanj au jerftören. 2)aS mit feinem 3u$un neus
gegrünbete eileftiföe Softem aber, mit ben Sogen 31t granffurt unb Söefclar an ber ©pifce, 10
öffnete DoffenbS bem 3lluminatentum %fyix unb Xfyor. 9teben Änigge tourbe ber bamals
in 2)ienften beS $erjogS ßrnft Don ©otba ftefjenbe Sobe ber erfolgreiche Sipofiel beS
OrbenS, bem ftc$ in I^üringen unb ©aegfen toie am Styein in toad&fenber 3^1 SKänner
$um %nl Don $obem Slang, ©eletyrte, ©ictyter, felbft dürften anfd&loffen. 3>n einzelnen
©liebem reichte baS Slluminatentum balb über 2)eutfcfylanb fytnauS, Don Italien bis u>
$änemarf, Don 2Barfc$au bis $ariS. 3nbeS ift babei ntc^t $u überfein, bafi bie meiften,
beren 9iamen fi$ in ben 3sHuminatenliften finben — man totfl inSgcfamt 2000 gejault
faben — nur Srud^ftüde beS ©tyjiemS unb am toenigften bie legten &\*U lannten. SS
fcerftetyt ftc^ ferner Don felbft, bafj man angefe^ene SWänner nietyt allein mit ben Sirbetten,
toet$e ben Srübern nieberer unb mittlerer ©rabe fonft oblagen, fonbern auefy mit ber 20
bafeli$en Spionage, ber anbere teils als SBerfjeuge, teils als ©egenftanb bienten, flug
Daföonte; man toox jufrieben, gelegentlich tyren (Sinflufj in Slnforucfy nehmen ober mit
ifaem tarnen prunlen ju fönnen. Übrigens lonnte aud&, toenn nietyt bie jefuttifetye Übei-
toac^ung, fo bo<$ bie befootifcfye Sebormunbung, bie ber Drben übte, bem 3ettalta beS
aufgeöärten 2>efj>otiSmuS als bie paffenbfte gorm für bie Verbreitung ber 3lufflärung 26
erlernen; toenigftene toaren, toie toir u. a. aus ©oettyeS SBityelm SDteifter erfahren, Don
bä Sfottoenbigfeit unb ber bo^en Sebeutung erjie^enber ©etyeimbtinbe bie ©ebilbetften
unb (Sbdften am innigften üoerjeugt. SRetymen toir enbltcty noefy fyinju, tote fetyr auety bie
toeübürgerlictye lenbenj, bie ber ^Öuminatenorben Dertrat, in ber 3*it beS Derlommcnften
pdhtfc^cn unb nationalen SebenS bem ©efc^made ber $enlenben entfprac^, toä^renb ®e- 3)
flamattonen über baS 3Befen beS Staats in StouffeauS Lanier unb felbft Sieben toiber
bie gürftenbejpotie Dor bem SluSbrud^ ber frangöftfd^en SteDolution in beutfd^en D^ren
ungefährlich Hangen, fo lönnen toir begreifen, bafe neben ©öt^e unb §erber aud) @rnft IL
tm ®oÜfa, Äarl 3luguft Don SBeimar, ^erbinanb Don Sraunfc^toeig, ber gürft Don SBieb,
lalberg in (Erfurt unb anbere toeltlkfye unb geiftlid^e Ferren bem Orben enttoeber einmal 35
toicQty angehörten ober, o^ne tätige SRitglieber }u fein, i^m beigezählt mürben.
„SBer ^ötte baS gebac^t", rief ber ©eneral ©partacuS in ftoljem ©elbftgefü^l einmal
a»S, „ba^ ein ?ßrofeffor in @j)^efuS noc^ ber fie^rer ber $rofefforen in ©ötttngen unb ber
«tönten Wänner in &eutf$lanb Serben foBtcV" 3lm meiften ergitote eS i^n, ba^ ber
Kriegergrab fogar ben Seifall arglofer }>roteftantifcber Ideologen fanb, bie noefy baju 40
Slaubten, ber barin enthaltene SleltgionSunterric^t enthalte ben toa^ren unb eckten ©etft
nb 6hm ber c^riftlic^en Sieligion. „O s3Wenfc£en, gu h>aS lann man eu$ bereben! Qättt
w^t geglaubt, bajj id^ noc^ ein ^eligionSftifter toerben follte." — Solcher Übergebung
folgte balb ein j%r @tur). @d^on ber SRürftrttt JlniggeS (1784), ben 2BeiS^auptS Un=
banf, ^errfc^fu^t unb Stänfeluft fo erbitterten, ba^ er ir/n unb fein ffierf burc^ @nt- 46
täflimg ber (Seföitye beS OrbenS, fotoie beS (^aralterS unb ber ©runbfä^e beS Stifters
ja Dentisten brobte, toar ein unerfefelictyer SSerluft. SöHig gefä^rbet aber roar bie Sage
ttf OrbenS in ©atem, junäd^ft in vJlünd^en, too nic^t allein bie Äanjeln fd^on lange
twn bem Sonner gegen bie an 3**$ urrt> Sinflufe june^menben greigeifter h)iberl)allten,
fonbern bie 3ttuminaten felbft teils Siferfuctyt burc^ i^re ®inmijd^ung in bie 93efefcung so
M Staate unb Jtir$enämtern, teils §afe unb 9ta$fu$t burd) bie 9luSf(^lie^ung ein=
Jtfacr JDltiglieber, teils aud^ ben too^ibereeptigten 3Siberftanb berer mac^riefen, rt>eld>e baS
Wk^ anfange unb ftaatSgefä^rlic^e treiben burc^fc^auten. 3m 3luguft beS 3a^reS178t
of^im juerp ein allgemeines 95erbot aller ^eimlic^en Serbinbungen, roaS inbcS bie 3lD«*
«naten, a^etS^au^t Doran, in i^rer ©ic^er^eit um fo roeniger ftörte, als fte fict) auf »
■Ästige %iictfpxa<$jt am $ofe Derlie^en. Da inbeS ber fturfürft Karl X^eobor, getoarnt
tanb bie ^erjogm SRaria ännar alSbalb Don ausgetretenen Slitgliebern beS OrbenS, 311=
*Uft twn 3of. Ufcfcfcneiber, genauere 9luff(^lüffe erhielt, erlieft er am 2. 3Jtärj unb
8. SagufÜ 1786 ftrengere Sefe^le gegen bie ^lluminaten unb Freimaurer, toorauf bie
tWtrißgtcn, fo toeit fie bebmnt tourben, in Unterfuc^ung gebogen unb nad^ Sefunb i^rer eo
5*
1
68 dfflumtnnten 3«t«ter
Slmter cntfefct tourbcn. Slucfy 2^ci^au^t, bcn man nocfy immer nid&t als Urheber unb
^aupt beä ganjen SBBerfeö erfannte, berlor feine Sßrofeffur unb begab fi$ juerfl na$
SHegenSburg, bann nad? ©otfya, too ber #er$og ©rnft ifym einen £ofrat8ge$aIt gefragte.
SRocfy griff er in l)ocfyfafyrenbein, übermütigen $one bie gftmbe unb „93erräter", toeMfre
6 auety tyrerfeitS ©Triften über ©Triften gegen ben geführten Drben ausgeben liefen, an,
bis enbltd; bie Veröffentlichung ber naefy langem gorfcfyen unb Späten, naä) ßau$fuc$ungen
unb Konisationen aufgefunbenen geheimen Äorrefponbemen unb anberer Drbenöfcfyrtften
ben ©eneral unb beffen bertrautefte ©enoffen, allen fop^ifüfe^en ^e^tfertigungdberfu^en
^um %xo%, moralifefy vernichtete. 3>e$t natym bie Verfolgung ber Sttumtnaten in Satern
10 jenen beityielloägeljäffigen ßfyarafter an, ber leite a\tö bem Slrgtoo^n unb ber {$ur$t
be£ für feinen 3$ron bangenben dürften, teils au3 ber pfäffifd^cn ©efmnung feiner 33e*
rater fiefy erflärt. §etmlicfye ängeberei tourbe mit ©elb unb ®vd belohnt, Äerferfyaft
aber, ©üterfonftefation unb SanbeSbertoeifung broljten jebem, ber nur in bem Verbaut
freier 3)en!art ftanb. 3la6) bem Sluäbrucfy ber franjöftf^en Stebolution enblic$, bie manche
16 bem fcfyon lange befeitigten Drben gur Saft legen Sollten, erftredfte ftety bie 3llumtnaten-
fyefce auefy auf alle biejenigen, toeld^e ber ©tympattyie mit ber Setoegung in $ranbei$
berbäcfytig haaren, ©tatt ber „SBetSfyeit unb 3Dugenb" fal) SBete^aupt bie 35umm$eit unb
Soweit triumphieren, unb ftatt beä ©lücfeä, baä er ben ©einigen öerfyetjjen, batte er Un«
fyeil unb SSe^e über ©$ulbige unb Unfcfyulbige gebraut, ©eine Stiftung toar eine
20 toibertoärttge Vermifcfyung rabifaler Slufflärung mit jefuitifcfyen SKajimen, ein toafyreä
„Mysterium iniquitatis". SßeiSfyaubt ftarb 1830 als ©ofrat in ©otba.
(fflmfljoljitt) $. Seifert.
Smraanuelftjnobc f. Sutfyeraner, f parierte.
3mraer, 2tlbert, geft. 1884. — Ou eilen: <£b. Füller, ©rabrebe, abgebrudft im
25 «olteblatt für bie reform. flirre ber @d}n>eia, 1884, @. 105 ff.; 9fr. ©tect. ^adjruf tn ber
<ßroteft. Äirdjenjett. 1884, SRv. 17; 9t. 9ftüetfd)i in ber fcfceol. 8eitfd)r. auS ber €(fooeij Ir
6. 359 ff.; &. Srecfcfel, $. ©otteägeletjrte $. «. 3mmcr, »ern 1899.
Sllbert Smmrc tourbe am 10. Sluguft 1804 in bem Sernifd^en ©täbtctyen Unterfeen
geboren. SluS einer ^farrfamilie ftammenb, follte er au# Pfarrer toerben; ba aber ber
so äufcerft fäücfyterne unb eigenartige Süngling naefy Slbfcfylufe ber borberettenben ©tubien
feine Prüfung ntcfyt beftanb, tourbe er furgtoeg jum Vudjbinber beftimmt, toanberte als
Sefyrling naefy Saufanne unb naefy Styon unb liefe ftc^ 1829 in 3$un nieber, um feinen
Scruf ju betreiben. 3Jtäc^ti0C Sernbegierbe, felbftquälerifd^e ©rübelei unb fc^liefeli^ eine
„@rtoe<f ung", bie er felbft ausbrücfltc^ toeber fird^lid^en, noc^ ))ietiftifcben ober me$obiftif$en
86 (Sinflüffen, fonbern bem Surfen btö göttlichen ©eifte^ jugefc^rieben pat, führten i^n 1835
lieber jur Geologie jurüd, liegen i^m aber and) ben bleibenben @inbrudf „toeld) ein
Unterfc^ieb fei jtotfe^en einem ©lauben auö erfter §anb unb einem folgen au$ jnmter
#anb". (£r fd^log ftd^ je^t, fc$on 31 3^^re alt getoorben, ^äuptfäd&lic$ an ©. 2u| cm,
bei bem er „bie freiefte gorfc^ung mit ber innigften 5römmig!eit öerbunben" fanb. $m
40 S^re 1838 ins s^rebigtamt aufgenommen, amtierte er einige 3eit al« ©e^ilfe, )og aber
1840 no^ nac^ S5onn unb Serlin. 3urü*9e^e^rt *>wfo^ *r juerft ein 3SiIariat in Surg*
borf, tourbe 1845 Pfarrer ^u Suren an ber 3lare unb erhielt ©nbc 1849 ben Sluf <&$
^rofeffor ber 9Jeuteftamentlid^en ßjegefe unb ber Dogmatil an ber Untoerjttät feinet
.Öcimatfanton^. ©eine Ideologie toar formal burc^ §egel, ifyrem 3nMte na(^ ton$
45 ©(fyleiermacfyer befttmmt. 38ei öoHer grei^eit bon Sefenntntefc^ranlen tooHte er bjx^ „nic&t
allein ber SBiffenfd^aft, fonbern auefy ber Äird^e bienen" unb feine ©d&üler „ba^m führen,
bafe fie mit gutem ©etoiffen benfen unb prebigen fönnen"; benn „t^eologifc^e 23Jiffenf<^aft
unb fircfylictyeS Seben foHten unter ftd^ in engem ßitfcunmenfyang fte^en". 2)urd(> biefe dm
fo ernft=j)ietätöboHe al« freie ©tellung geloann er jh)ar ba$ Vertrauen ber ©tubierenbenf
60 fanb bagegen fein Serftänbntö bei benjenigen, für toelc^e bie grömmigfeit Dorn Sefenntnte«
glauben unzertrennlich ift. @r tt>urbe tütcber^olt heftig angegriffen in 3eitungdblättem
unb eigenen glugfc^rtf ten ; jur Sle^tfertigung öerf afete er bie ©Triften: „S)ie t^eologtf^e
gafultät unb tyre ©egner" unb „3Ba^ toir glauben unb lehren, eine 33ertoa^rung gegen
3Ktfet>erftänbmffe", betbe 1864. 211^ bann aber t>on 1866 an bie fogen. 9lefornn>artei in
66 ber ©<§toet$, befonberö t>on §. Sang in gürid^ geführt, mit ber ftorberung auftrat, bafe
;/bte (Srgebmffe ber aBtffenfc^aft" in s^rebtgt unb Unterricht unmittelbar öor ba^ Sott
gebraut unb in heftiger Sßreftyolemtf ber Ätrd^enle^re entgegengeftellt toerben foHen, ba
glaubte er tarnen ju muffen unb ipurbe nun bon biefer ©eite ^er ber Verleugnung
gramer Immunität 69
feiner ©runbfäfcc bejic^tigt. 2Ba$ \ty\ ju biefer Haltung betoog, toar nic^t allem ber
ftUbertariüe gegen tumultuariföeS äBcfen, e$ fear fein Don jenen abtoeid&enber ©otte& unb
Cfienbanmg^begriff. ©ebrueft tourben eine 2ln$afyl Heiner Vorträge: ,,6cfyleiermacfyer"(1859),
.Samuel 2ufc als 2e$rer unb ^rebiger" (1861), „Sie 2tyofalwfe" (1862), „35aS ©ehriffen,
jemc ©efunb^eit unb Jtranfyett" (1866), „Der Äonflift bc$ ©taatäfirctyentumS unb be$ 5
me$obifHf<$en 2>iffentertum$ 1829 in Sern" (1870), „3obn »mtyan" (33afel 1871, in
ber „Sammlung cfriftlictyer ©Triften"), „®ie ©efcfyi^tftjuellen be$ SebenS 3efu" (Stalin
1873, ^Jrotcfkant. Vorträge). @rft ft>ät entfcfylofj er ftc$ $ur Verausgabe feiner feavtyU
toerfe, ba „£ermeneuttt be3 91Z", SBittenberg 1873, unb ber „SEl&eologie beä 911",
Sern 1877. SBätyrenb einer Steige Don $cfyxm erteilte er ben ^Religionsunterricht an 10
ba Sknier ftantonäföute (©tymnaftum), beren Steftorat tym eine jeitlang übertragen fear.
3um9te&i>r ber Untoerfttät tourbe er fcfyon 1852 jum erftenmale ertoäfylt; ben Xitel eines
2>oftwÄ berStyeologie toerlie£ tyml860 bie UntoerfitätSafel; 1875 tourbe ba$ 25. Satyr
feiner afabemtföen 2$ätigfeit feftlicty begangen; aber 1881 trat er Dorn Setyramte jurücf
unb am 23. SWärj 1884 ift er geworben. ®r toar feit 1845 mit einer äufcerft geiftoollen 16
grau Verheiratet, tyatte jeboety leine ßmber. XMoefdj f.
3«»itnttat. — ßitteratur: ^Biefe, tftrdjenredit 2, 900 ff.; ©djufte, ©tjftem be§
ftird>enre<&t8 2, 160 ff.; tymp*, Äirdjenredjt 3. «ufl. 1, 666 ff.; $infd)iu3, Seirc^enrec^t lr
123 ff.; Hidjter, SHrd)enre*t 8. ttuff. (bef. uon $oue unb Äa^l) 374 ff., 1293 ff.: ©djerer,
Äirt&enrecftt 1, 397 ff.; Gering, JHrcftenred)t 3. Aufl. 439 ff.; 3friebberg, #irc$enred)t 4. «ufl. 20
142 ff., 474 ff.; XtyibiAum, fceutfcfteS fHrdjenretft beS 19. 3afcrf)unbert3 2, 18 ff.; griebberg,
SerfaffungSredjt ber ewmgelifdjen £anbe3!ird)en 260; Scaduto, Diritto ecclesiastico vigento
in Italia 2. ediz. 1, 147 ff.; Schiappoli, Diritto ecclesiastico vigente in Francia 1,26 ff., 68 f.,
99 ff., 102 ff.; SRaforoer. $>ie »erfaffung ber flirre uon (Snglanb 1894, 35 ff., 257 ff., 381 ff.;
Ferraris, Prompta Bibliotheca 1, 553 ff. (s. v. boüa), 2, 258 ff. (s. v. clericus), 4, 52 ff. (s. 25
v. immuiiitas eccleaiastica) ; SBefcer u. SBelte, ßirdjenlejifon 2. Aufl. 10, 441 ff. (unter „$ri*
wlegien") ; Analecta iuris pontificii, 8. sene (1866), 1789 ff. — ßm ©efdjiite »gl.; Tho-
massüiiia, Vetus et Nova ecclesiae diseiplina, Lib. I, c. XXXIII— XLVIII, Tom. 3 (1688),
122 ff.; SRatteS, X^QS 27, 235 ff.; #ergenröt&er, Äattjoltftfe ftirefte unb cfcriftlic&er Staat
1 (1872), 760 ff., 837 ff.— 3m SUtertura: föiffel, ©efd)tcbtli*e $arfieUung be3 Eer&ältntffeS 80
i»ifdKn Staat unb ftinfce 1 (1836), 153 ff.; ©raSfcof, «refttu f. fatftol. StSt. 36, 321 ff.; 37,
256 ff.; fioening, ©efdjitfte be3 beutfäen Ätrcbenredjtä 1 (1878), 167 ff., 228 ff. — 3n ber
frfintifdKn ßeit: Soening a. a. 0. 2 (1878), 311 ff., 721 ff.; 2Bai&, S3erfaffung3gefd)t*te 2b
(3.«ufL), 336 ff., 376 ff., 4 (2. Aufl.), 287 ff., 447 ff.r 463 ff. ; Srunner, ^«tSgefcgicftte 2, 287 ff.,
302 ff.; ©c&röber, ffiecbtSgefcötdjte 3. «uff., 176 ff., 196 ff. (bafelbft aueft bie übrige fittteratur) ; 35
«. WalKr, ^eutf^e u. franftöftfAe SSerfaffungÄgef^ic^te 2 (1899), 71 ff. — 3m Mittelalter;
«ai>r «erfaffung*gef4i4te 8, 223 ff; ©gröber a. a. O. 515 ff.; griebberg, De finium intcr
ecclenam et civitatem regundorum iudicio 1871, 183 ff. ; 3eumer> ^ie beutfe^en ©tobte-
fteufrn 1878, 72 ff. — 3n ber 9icujett: SJrtebberg, S)ie ©renken jtüifcften ©taat unb SHrcfcc
1872. 40
Unter 3- wn engeren Sinne toerftetyt man bie gfretyeit beftimmter ^erfonen ober
Süter »on öffentlichen Saften unb abgaben, unb jtoar unterfd^eibet man jtoifcfyen ber bc=
ffanmten ^Jerfonen jufte^enben ^ierfonals unb ber beftimmten 9Sermögen«ftüc!en pfte^en*
ben Stealhnmunität. $ü>od) fyat ba^ SBort immunitas ju 3^ten^ in^befonoere im
Mittelalter, eine toeitere Sebeutung angenommen; öor allem ift e$ aud^ auf baS Slf^l- 15
ni^t audgebe^nt toorben (f. biefen 8. 8b 2 ©. 170 f.). 3m folgenben ift allein fcon ber
3- bei ftm$e, t^rer Wiener unb i^re^ ®ute$ ju ^anbeln.
(Rne 3., bie fiety jtoar nid^t in ber gftetyeit bon ber orbentlid^en ©runbfteuer, too^l
aber in ber Befreiung öon ben aufeerorbentlic^en 3u!^^8en 3U berfelben unb bon ben
fogen. manera sordida, beftimmten öffentlid^en gfronben unb Naturalabgaben, äußerte, 00
geaofe im römtje^en Steige ba^ ßron= unb ^islalgut. Seitbem bad Sbriftentum bie
ftaatüt^eÄnerfennung gefunben ^atte, erlangten bie $riftli$cn Äirt^en für tyre Seft^ungen
cbesfaD^ gfrei^eit t>on ben am ©runb unb 33oben l^aftenben munera sordida, too^u
m (Enbe bed 4. 3a^unbertd no$ bie ^retyeit Don ben au^erorbentli^en ©runbfteuer-
pMjitytn trat (c. 40 Cod. Theod. 16, 2). 3)er einzelne Älerifer erfreute [xA, ebenfo 66
toie früher ber ^eibnifc^e Sßriefter, einer Befreiung bon allen öffentlichen 2)ienftleiftungen,
*n allem auc^ »on ber $flic^t ber Übernahme öffentlicher ^Imter (c. 2, 8, 9, 10, 11,
Uff. Cod. Theod. 16,2), auc^ toar er bis ju einem getoiffen ©rabe Don ber ©etoerbe*
teer frei (c.8, 10, 14, 15, 36 Cod. Theod. 16,2), bagegen ift eine allgemeine ©teuer*
fwÄeit bed Äleru^, m*efonbere bie greifyeit üon ber Äo})ffteuer (capitatio), nirgenb^ 60
no^toeittar. SBä^renb im oftrömiföen Steige biefe 3- f*$ erhalten unb aud^ im jufti*
70 Immunität
nianiföcn Äobq: aufnähme gcfunbcn fyat (c. 5 Cod. Just. 1,2), führten im SBeften bic
aus bcn Steuerbefreiungen ftcty ergebenben SRißjiänbc gu einer faft böttigcn Sfofoebung
berfelben bur# Balentinian III. (Nov. Valentin. III, 10). Sa« auSgefcenbe toept*
römifcfye ^Retd) lennt bemnacty im tt>efent(tc^en nur eine allgemeine 3- beS Äron* unb
6 gföfalguteS.
Sin biefe X beS römifd&en Äron* unb ftiSfalguteS fnityft bie 3- beS ÄönigSguteS im
fränfiföen SReicbe an. Semenifored&enb ift auc$ Don einer allaemeinen 3- be* Ainfcn*
gutes im ^tantenreicfye nid&t bie Siebe. ättcrbingS toaren bie ®eifffi$en bon bar fieer*
pflt^t befreit, au# fäemt eS, baß fte bie nur bcreimelt aus römiföer 3eit erhaltene Äojjf=
10 [teuer nicfyt ju jaulen Ratten, aber bie auf bem ®runbbejt|e rufcenben Seifhntgen, bie
®runbfteuern unb bor allem bie öffentlichen gronben, bie funetiones publicae, boS
servitium regis, lafteten fotüo^I auf bem ®runbbeft|e bcrÄirdfrc tote auf bem bcr®etffe
liefen. Sie bis in bie jünjjfte Reit oft toiebcrfyolte Behauptung, baß Subtoig ber grommc
toenigftenS eine $ufe für iebe Kirche bon biefem servicia befreit gäbe, beruht auf einer
16 irrigen Auslegung bon MG Capitularia 1, 277 n. 138 § 10.
Um fo hurtiger toaren bie Befreiungen, toelctye einzelne Äir^en traft befonberen
föniglic^en *l$ribtlegS unter bem tarnen ber emunitas ober immunitas teils für einzelne
Bedungen, teils für tyren gefamten ©runbbefifc erhielten. Unb jtoar fmb im Saufe ber
9Rerotoinger* unb Äarolingerjeit (amtlichen Bistümern unb größeren fttöftern berartige 3«**
20 munitätSpribilegien juteil getoorben ; baneben fyaben au$ bie toeltlicfcn ®roßen beS SReic^eS
biefelbe 3- fü* tymi ®nmb unb Boben erlangt.
Ser 3*tfyalt biefer SrnmumtätSpribilcgten tft bom 6. bis 10. 3a$r$unbert hn toefent*
liefen berfelbe geblieben; bie red;tlid?e Stellung beS ÄönigSguteS fjat ba$ SSorbifb ab»
gegeben. Sie 3- enthält in erfter Sinie ein Verbot für aüc öffentlichen Beamten, ba*
35 immune ®ebiet ju betreten, um öffentliche Seiftungen ober abgaben bon bem 3**"^
nitätsfyerrn ober feinen £interfaffen ju ergeben, ferner ein Verbot, irgenb toelctye 3toangS*
getoalt ben lefcteren gegenüber geltenb ju machen, ©otoeit biefe Seiftungen au$ noä)
fünftig bem König geföulbet toerben, fmb bie Verpflichteten bur$ Vermittlung bed 3««*
munitätStyerrn fyeranjujiefyen ; größtenteils aber fallen feit ber Verlegung ber 3- bic ©im
90 fünfte, bie bisher ber giSfuS bon ben 3mmunitätSeingefejfenen eingeforbert fjat, an ben
3mmunitätSfyerrn, ber fie für fiefy burefy feine Beamten eintreibt. Sie 3- 8*&t aber nodfr
toeiter. Unter ben bem 3mmtmität$^errn berlietyenen öffentlichen ©infünften ftnb bie
toicfytigftcn bie ®eric^tögefäue, bie $riebenSgelber unb Bannbußen; tyre Verleihung faßt
jufammen mit ber Verletzung ber nieberen ©ericbtSbarfeit über bie $mterfaffen, bie bon
36 nun an ber grunbfycrrlicfye Beamte, in ben geiftlidpen ®runbtyerrfc$aften ber Bogt (advo-
catus), ausübt, toetyrenb tymfic$tlic$ ber &o^en ®eric$tSbarfett über Seben unb gfrctyett
bie 3»"munitätSeingefeffenen Jtoar auc^ fünftig noc^ bem öffentlichen ®rafengeric^te unter»
fte^en, aber bor bemfelben ourd^ ben grunb^errlic^en Beamten bertreten toerben. Sie
(Snttoicfelung fyat fc^ließlic^ ba^in geführt, baß feit bem 10. 3<ri?rNltot bie mad^tsgften
40 geiftlid^en unb toeltlic^en ®runbl)errn auc^ bie ^o^e ®erid^töbarfeit über tyre §interfa{fen
erlangt unb fo bie ®runblage für bie ©rtoerbung ber SanbeSfyofyeit gelegt ^aben.
mit ber allein gegen bie eingriffe ber öffentlichen Beamten gerichteten 3. be3 Äirt^en*
gutes berbanb ftc^ fegon in ber Äarolingerjeit ber ®ebanfe eine« allen gegenüber befte^cn*
ben territorialen @onberfrieben3. 3ebe Verlegung beä immunen ®ebieteS, gleicfoiel bon
46 toem fte ausgebt, tourbe mit einer fyofyen ®elbftrafe (600 solidi) gebüßt SBäbrenb
biefer für ba3 gefamte ®ut ber mit 3. beföenften Äircpe geltenbe toeitere Sonberfriebt
balb berfd^toanb, enttoicfelte fid^ ein ©onberfriebe für einen engeren Bqirf, ber bloß bie
Äird^e famt bem Äircfyljof unb ben SBol^mmgen ber ®eiftlic|en umfaßte unb als 3v
SWuntat obergrei^eit beieic^net tourbe. Siefe grei^eiten ^aben befonberS in ben beulten
50 ©täbten eine große Stoße gef})iclt unb fiefy jum Jeil bis in ben Slnfang beS 19. 3^
^unbertS, ja als befonbere ®emeinbebejirte bistoeilen auc^ nac^ Sluf^ebung i^rer bebor*
fugten Stellung nodf) bis ^eute erhalten, ©ie bilbeten mitten in ber ©tabt ejimiertc
Beerte, bie niegt unter bem ©tabtred^t unb ben ftäbtifc^en Beworben ftanben, einen befon*
beren ^rieben unb ein auSgebe^nteS äf^lred&t genoffen.
65 Sic 3- *>er fränfifd^en Seit fteßte fein ^Jribileg für bie Äirc^e, fonbern attem für ben
firc^lic^en unb toeltlicfyen ®roßgrunbbefi^ bar. 3»" übrigen ruhten fotoo^l in ber Äaro*
lingerjeit toie in ben folgenben 3^^w"berten bie (übrigens fe^r geringen) öffentlichen
Saften, gronben, Be^erbergungS})flic^ten 2c. auc^ auf bem Äird^engute; außerbem aber
tourben bie ^ö^eren 9leic$Sfirc$en, bie Bistümer unb Steic^Sabteien bon ben beutföen
co Königen ju erheblichen außerorbentlid^en Saften ^erangejogen. Sic 3^reSgeföenfe ber
vJmututiiiäi 71
ftlöfter, bic Setyflic&tung jur Beherbergung bc$ ÄönigS unb feines ©efolgeS, bie abgaben
für bic (Srteilung ber gnbeftitur, bie in bringenben gäHen bon ben 9tcid$fircfyen er*
fyAenen Sleidtäiteuern [teilten eine bebeutenbe Selaftung ber SiStümer unb SReid^abicien
bar. Unb auep ba£ niebere Äircfyengut tourbe bom Steige ober anberen ©etoalten teils
traft gruntyerrli$en teitö traft bogteilietyen SRecfyteS mit abgaben belaftet. 2ßa3 bie 6
)>crfftali$e 9te$t$ftel[ung ber Älerifer betrifft, fo genoffen fic im allgemeinen leine 3oH=
freist • nur traft befonberen *ßribtleg$ toar biefelbe für einige ober alle 3*>Dftätten im
SWifc einzelnen Atrien fcerlietyen toorben. £)ie grei^eit bom Äriegäbienfte blieb aufregt
ergaben, f olange baö alte Slufgebot beftanb ; boefy fmb Sifcfyöfe unb 9tei$3äbte fcfyon frül)
mit in* gelb gejogen, unb feitbem baä fieer in ein SefynStyeer bertoanbelt toorben toar, 10
ladete bie £eeree}$wf?t auf ben Ährc^enlegen ebenfogut tüte auf anberen fielen, auf ben
geifttt$en dürften ebenfogut tüte auf ben toeltlicfyen.
5Dafe bie ftir$e jeberjeit toiebertyolt gegen toeltlictye Übergriffe unb ßtyreffungen ein*
gef$ritten ift, ift felbftoerftänblid&j bagegen erfahren toir bon einer ^rtnji^iettcn D^ofition
gegen bie #eranjie^ung ber getftlutyen ©üter unb Sßerfonen ju ben toeltlicfyen Saften über« 15
fcupt fror bem 12. 3a|rtyunbert nid^t ba$ ©eringfte. 33e$eicfynenbertüeife fmb e$ au$ nid&t
bie bom fönig unb ben einzelnen ©rofeen erhobenen jiemlid^ hrillftirlicfyen Slbaaben, fon*
bem bie im 12. Satyrfyunbert in ben italienifd&en unb beutfäen ©täbten auftaucfyenben
regelmäßigen ©tabtfteuern getoefen, bie ben Sßiberftanb ber ßircfye toad&gerufcn tyaben,
toeim auc? bie $ragtoeite be$ 2Biberft>rucfye3 ber Ätrcfye über ben ÄreiS biefer ftäbtifäen 20
Steuern tytnaitö ging. S)ie 33ejc$lüffe be$ 3. unb 4. lateranifäen Äonjite bon 1179 unb
1215 begebenen ben Anfang biefer auf böHige 3- ber Äircfye unb ifyrer 35iener gerichteten
Seftrebungen (c. 4, 7 X 3, 49). SRur mit ©enefymigung ber Sifcfyöfe, beg. nur mit
©ene^migung be3 $Paj>fteS foll auänaljmStoeife bie $eranjief>ung ber ©eiftlicfycn unb be$
ftix$engute$ ju allgemeinen unb bringenb nottoenbigen öffentlichen Saften juläjfig fein, 25
im übrigen toirb aber böttige 3- beanforuetyt.
©ettbem ffat bie Äird&e nicfyt aufgehört, bie gretyeit beä ÄleruS unb be$ Äir^en*
gttted bon öffentlichen Saften mit ßntföiebenfyeit ju berfeetyten j ja^freid^e Süllen, ©tynobak
befölüffe, unb litterariföe arbeiten geben biefem ^Jrinjtye bt£ in bie jüngfte Rtit 3tu&
brud. &aä Iribentincr Äonjil (Sess. XXV de reform c. 20) fyat, toenn auep in jiem* 90
Ity allgemeinen Lebensarten, bie 3. ber Jtird^e berfocfyten, bie Sülle In coena domini
(f. b. X. 8b III, 535 f.) fyat bie 3jmmunität&>erle$er mjt gjfommunifation bcbrofyt, jum
S<^uÄe ber 3. ift 1626 an ber Äurie bie noefy ^eute beftel^enbe, toenn au^ bebeutung«-
lofe Congregatio iurisdictionis et immunitatis ecclesiasticae begrünbet • toorben.
Unb noc^bem ed eine 3e^ ^ng aefd^ienen ^atte, aU fei bie Rircfye geneigt, ben ftaatlid^en 35
Xnfpntc^ auf $erangieipmg bed stir^enguted unb beS ftleruä }u ben allgemeinen Saften
fö« 311 einem getmffen ©rabe anjuenennen, i)at ber Syllabus errorum Dom 8. $)ejember
1864 3k. 30 mit entföieben^eit ba« J>rm5ij>icllc 9tec$t ber ßirc^e auf 3. in bollern Um=
fange aufrechterhalten. $)a& bei biefen ja^lreic^en firc^lid^en 3tu|erungen ju ©unften ber
;\ brieberfcolt, tum Seil unter Berufung auf Sibelftellen (3Rt 17,24—27), ber Urferung 4o
berfelben aud bem göttlichen Steckte be^au^tet Sorben ift, fann ntd?t 33iunbcr nehmen.
Äui^ )ta>ei ^ftltc^e Suuen bon Sonifa^ VIII. unb Seo X. fotoie baä Iribentinum ber^
treten biefen ©tantyuntt, o^ne aber baS ius divinum aU bie alleinige Queue ber 3-
be^ek^nen ju tooUen, trttyrenb ber <&\)üabu$ blo^ i^rc $erfunft aus bem bürgerlichen
9Uc^te beftreitet 3n ^w mobernen fat^olijd^en fircfyenrecfytlicfyen Sitteratur toirb bie 45
grage, ob bie 3- ^^^ ius divinum entftamme, meift offen gelaffen, bielfad^ aud^ btreft
berueiiU.
3>en fin^lic^en SKaftna^men jum ©^e ber 3- folgten balb toeltlid&e. £atte f^on
Xriebric^ I. im ronfalifefen Sanbfneben 1158 fic^ gegen bie „unerlaubte Sefteuerung ber
Äir^en befonbetf in ben ©tobten" getoanbt (MG Constitutiones 1, 246 n. 176 § 9), so
fo na^m griebric^ II. im Sbtfd^luf* an bie 33ef$lüffe ber lateranifc^en Konsilien eine
prenge Seftrafung ber 3mmunität^t>erle^ung in bie Authentica Item nulla Don 1220
auf (eod.2, 108 n. 85 §3). Sluc^ in ben folgenben ^^^unberten hat bie tüdtlic^e
@efe|gebung im 9teid& fotoopl toie in ben Territorien unb ©täbten tüieber^olt bie % ber
Äiri^e unb tyrer S)iener beftätigt. änbererfeitö ^aben fiefy bielfac^ bie toeltlic^en 5Dlac^t= 55
baber ntc^t gefreut, aud^ o^ne bä^ftlic^e ©ene^migun^ bie ©eiftlid^en unb ba3 Äird^engut
& Steuern beranjujie^en, jebenfatlä ift bon einer bebtngung^lojen Slneriennung ber ftre^s
en 3lnfprüc^e auf 3- nirgenb^ bie Sebe. ©eit ber Deformation tuar fotuobl bie
Skrfonalimmumtät beö Äleru« ate aud^ bie Slealimmunität be^ nid^t unmittelbar firefc
Ik^en Qtixdai bienenben ftir$engute$ burd^toeg im ©c^tüinben begriffen, toenn e^ auc^ 60
TZ 3«iauariti! Inportoriba*» de tribv*
bat, mmJt toirta twifam, bofc fatbelifcte ^anbcebaicn sur Seftnienuig be* JUeru* bic Gx*
lad*m res fSapttcs einbetten. So bic etangdifte jfcnfc öffentlkfc aneriaimi toar, twt
ht 7± viüäx in gleubem Umfange tone bie fatfoüf^e flinke genoffen, o$ne prinzipiell btc=
*dbc at beüiifuiuepen.
* ^NOöe finb nur nocfc tiefte ba ebanaligen 3. erbalten, unb jöoar nennen baran
ngefautBig wmtfufce cjfentfube SWigVn^ememfcbaften teiL £ie ©tcueqnrMegien finb
gut grcfcen XctI gefallen- Sefreiung ixm ba Srunb= unb ©ebäubefieua genießen in
2eutfd?lanb nod? buretytoeg bte unmittelbar fuxbficben gnxcfcn bienenben ©runbftütfe unb
ikmlkMeiten, twr aflem bie ftir$en unb Segräbnifipläfce, pim leü au$ bte aä SJefot
m hing paitebenen @nmbftücfe unb £ienjfoobnungen bex Pfarrer unb Äüfta. Die 8e-
freiung ba ©eüüu^en unb fatbliffcn Äorporationen fem ba fteailicfcn ßintomntenßeuer
m merft aufgegeben; ^äufiga fmbet fid) eine prtalegierte ©teOung gegenüber ©emeinbe*
lafteit Xie äreibeit ba @etftlu$en »on ba Übernahme ton ©emetnbeäintern ift burefctoeg
lanbeegefefclkb, bie gretbeü bom ©cböjfen* unb ($fef$toorenenamte tek$3gefe4li$ aufregt
u erbalten toorben (@eri<$täbeifaffimg^efe| £§ 33, 85). 33om Sbnte be* ©tanbeSbeamten
finb Mdigimwfoiena überbau))! au^eföloffen (^onenftanbSgefe* § 3 Äbf . 3). ^ur
Uebenuu)me tum $ornumbf$aften bebürfen fie, ebenfo tone Staatsbeamte, lanbedgefefelia)
pieifadj einer befonbaen ®enebmigung ü)ra öorgefe$ten Seböibe (93@33 § 1784; $reufe.
9udfübrung0geff| junt 8©S ärt 32). 3?on ba allgemeinen ffiefrtffo&t finb ©etfttitfe
30 unb SteJiguSnäbiena ni^t ausgenommen, toenn aueb na$ bem $ei$dmtlitärgefe$ Dom
2. 9Rai 1874 bie §aanjie$ung fofcfcr *ßerfonen beS Veurlaubtmftanbed, bie ein geh>
iidp* Hmt beHeiben, junt Xtenft mit ba ©äffe fcermieben toaben foQ. 3ebo<$ M ^
©efefc bom 8. Jyebruar 1890 für bie römtfcfcfat]&olifc$en Geologen infofem eine toüfyige
9uäuu)me ftatuiert, inbem c$ fte m Unebenheiten na<$ erfolgter ^urücfftellung bfö jum
» 1. 9fyril bed 7. 2ftUitärjafyre3, toenn fte bte ju biefem Termin bie ©ubbiaionatStoeifa
empfangen haben, ba (£rfa$refert>e übertoeifen unb Don Übungen befreien läfct
Ümid) toie im Xeutfc^en Sleic^c ift bie Stellung ba ftmben unb ü>ra SDtencr
aua> anbertoörtd; nur fmb Jranfretcfy unb Italien in ba ^aanjie^ung römifc^tatbolife^a
(^eiftlia>er ^um ^Rilitarbienfte ftrenga, toa^renb £ftmcia>Ungam bei ba äuSgeftaltung
au ba allgemeinen SBebrpflic^t auf ben geiftüd^en Stanb er^eb(i(^e Stodfftapten nimmt
CiegfHeb »ietf^el.
^tnfianation f. »b VII ©. 235, äff.
IiupoxtoribuH, De tribu?*. — $te Sibliograpiie »gl. in ber unten folgenben (8k«
jd)id^le ber6d)rift; ba^u: 9?ofen?ran^ Ter ßtoeifel an Glauben. $aOe 1830; g. SB. ®enu)e
36 I>r; imf^Htura religionum brevc Compcndium} scu über de tribus imiK)6toribuß, 2p%. 1833
15ie Siebe fcon ben brei Setrügern gebort ba 3eit bed ÄaiferöÄriebric^ II. an. ©ein
Wegna ®regor IX. befd^ulbigte in feina ©ncvclica (jh)if(^en 21. 2)cai unb 1. !guR 1239)
tiefen Surften, ba ftc^ freute, ba SBorläufa be^ Slntic^rift« genannt ju toaben (f. SSübinga
in ©$*to 3eitf(^r. XII, ©. 377), a fyabc erflärt: bie SBelt fei Don brei Betrügern ge*
w taufet toorben, öon 3efu, 3Kofe unb 5Ku^ameb. Se^tae beiben feien toenigjlenS in @^ren,
!^cfu^ aba am ©ctyanbtfafyl be« Äreuje^ geftorben. alle toären Igoren, toelc^e glaubten,
ba (9ott, toclcfya bte SRatur unb aDe^ gefi^affen fyabt, fönne Don einem Söeibe geboren
toaben. Jlema fönne o^ne bie toorfyagegangene 33aeinigung öon SKann unb 2Beib ge»
boren toaben, ba 9Jtenf4 bürfe ni^tö glauben, toa« a metyt burt^ bie 3Ratur ba &mge
iö oba Vernünftige ©rünbe aparten fönne (f. bie 9ta(fytoeifungen bei Sleuta, ©efe^ic^tc kfa
»ufflärung im SWittelalta II, ©.275 ff.). 3ft aud) nic^t nad^toefebar unb Don $riebric$ IL
entfe^ieben beftritten, bafe a fold&e Säuberung get^an, fo liegt boefy in ba biefen £o^en*
ftaufen umgebenben 2ltmoft)^äre antifird^Iid^a 3lufflärung eine 2lnfnü})fung für Derartigem.
$ie iBerü^rung mit bem aJJu^amebantemu«, bie baburety genährte Rontroöerfe, Reflexionen,
■"'» toie fte bura^ ben älberrotemu^ im 13. 3«^t^unbert in d^riftlic^e Streife brangen, tonnten
in auflöfenba ©fej)fte bi« an bte ©renken Jena 3lnfd)auung führen. aBieba tyit ba
aufblti^enbe $umantemu« genug SlnfmtyfungSpunfte für ä^nlid^e gbeen geboten, gür ba«
Suc^ aba, toeld^e^ ben £itel De tribus Impostoribus oba einen ätynlidjen trägt, ift ba
Muägang iu nehmen Von ba 3>alp$3al?l 1598, toel(^e burd^ bte brei toon @bat ange«
.vi führten gebrueften 6jcm})Iare, fotote baS ba 2)re«bener ÄgI. SibKot^ef, toonad^ 6. SB3eDa
fa)onl8-l() bcnlraftat mit beutfäa Überfe^ung unb toteba ofync le^tae (§eilbronn 1876)
baau^gegeben, ft(^a gefteüt ift. 2)ie ^toeifel an ber Sticfytigfeit btefa 3^te«ja^I ftnb
pinfällig, jumal buxd) getoid^ttge 3cu9n^e/ bor allem GantyaneHaS, feftfte^t, ba| um bie
IuipostoribiiH. de tribus 73
äknbc jenes Sabrbunbert« ein folcbe« gebruefte« Sud; erjftiert Bat. 3Jm 17.3a^unbcrt
unb bi« toeit in« 18. hinein tmtyfen fidj an ba« 33ucb jablreicbe SBerbanblungen ber @e*
lebrten, freiere, obne bie ©ebrift ju fennen, fieb barüber ergeben, ob ein jolcbe« 33ucb
cgifüertc, ober ab, toie eine 3eit "anÖ befonber« bureb ben 93rief bon be la 9Wonnot;c an
Soupier, toieber abgebrudt in ben Menagiana, Par. 1715, IV, 374—418, übertoiegenbe 6
Änficbt toarb, ba« ©anje auf läufebung beruhe. $)ic einen toollten e« gefefycn b<*ben,
bie anbem beftritten bie 6rjften$, unb bie 5Jtyftififation bemächtigte ftcb ber ©acbe, toie in
ber (bei ©entye lieber abgebrueften) RSponse ä la dissertation de M. de la Mon-
noye sur le Traite de trib. impost. A la Haye chez Henry Scheurler 1716,
tod$e ftcb auf bie in berfd&iebenen 2lbjcbriften in franjöfifcber ©pracbe jirfulierenbe, bann 10
1721 unter bem Xitel de trib. impost., des trois imposteurs (Francfort s. M.,
i. e. Rotterdam) unb febon 1719 in anberer Bearbeitung unter bem Xitel La vie et
l'esprit de Mr. Benoit de Spinosa erfetyienenen ©ebrift bejog (beutfd^ : ©trinoja IL
ober Subiroth Sopim, Rom bei berffiittoe Bona Spes 5770 [Serlin 1787, SietoegJ),
toeh$e gonj anberer 2lrt ift unb bie unter anbern, aueb abgefeben bon ber [enteren SearbeU 16
tang, febon Gartefiu« citiert. 33on ber toabren ©ebrift de trib. imp. ift 1753 bom
Wiener feucbbänbler ©traube ein unbatierter SHacbbrud in 8° erfebienen (©cbelborn, @r*
gofcltcbieitcn III, 2078 ff.); aud& ift fie bon G. 6. §. ©cbmib in ©tefeen in bem »ücfc
lein: 3^ H*™ ann'fupranaturaltftijcbe SManuffripte, 33erlin (bielmebr ©ieften, Ärieger)
1792 an erfter ©teile abgebrudt, eine 2lu«gabe, toelcbe tfoax fonftejiert unb nacb 2)arnuao
ftabt abgeführt tourbe, aber bann boeb unter ber £anb Verbreitung gefunben fyat. ©ie
toirb bi^ bejeiebnet al« Descriptum ab exemplari MS. quod in Biblioth. Jo. Fr.
Mayeri Theol. D. publice distraeta Berolini 1716 deprehensum et a Principe
Eugenio de Sabaudia LXXX Imperialibus redemtum fuit. Diefelbe ©ebrift ^at
©enibe (f. o.) nacb jtoei §anbfcbriftcn ebiert, beren eine (toie aueb bie 3lu«gabc bon 25
S^mib) ben Xejt bi« a quo currere incoepisti (©. 27 ber 2lu«g. bon SBeüer) giebt,
toabrenb bie jtoeite noeb «n toeitere« ©tue! enthält, toelcbe« bo(b nacb SMer« 2lbbrud
|<bon in ber ausgäbe 1598 (@fl)I. ber 35re«bener 33ibl.) fteben mufj, toie benn aueb, nad;
Setter« ^Mitteilung ju jebliefcen, bie 3lu«gabe bon ©. 33runet, De tribus impostor.
MDIIC, texte latin etc. p. Philomneste Junior, Sßari« 1861, biejen langem Sejtso
(bi« Tantum !) baben mufc. 3Son Srunet« ausgäbe ift aueb eine italienifcbe Überfefcung,
Stailanb 1864, erfebienen. SBeller fübrt aueb eine foanifebe ausgäbe: Tratado de los
tres impost. Londres (Burdeos) 1823 an.
$er ^nbalt ber ©ebrift ift burebau« ffeptifcb unb jeigt einen auffälligen 9Kangel
alle« reitgtöfen äJerftänbmfje«. SBerben aueb niebt bem üöortlaut nacb bie brei Religion«* so
jfcifter al« bie brei Setrüger ^inQeftellt, fo toirb boeb ber ©acbe nacb boüfommen beutlicb
mit Segua auf alle bon Impostura geforoeben. ©entbe bat barnacb ben Xitel feiner
fanbfdbrift de Impostura Religionum breve Compendium t>orgejogen; boeb bie
Xtude bon 1598 b<*ben ben an bie ©pifee gefteüten. 3)ie S3orfteIIungen Dom Dafein
Äotted unb bon ber SRottoenbigfeit feiner 9Serebrung Serben jerfefrt bur^ ^intueifung auf 40
ben Mangel eine^ Haren, in fieb h)iberf}>rucbgIofen ©otteebegrip. 3)abei toirb barauf
^jetoiefen, bafe bie ^eibnifc^en SJorfteHungen bon ben ©öttern, toie fte bie einfkbtäbolleren
Owen faxten, gar niebt fo tief unter ben d^riftlicben fteben, biefe ebenfo in äbfurbitäten
fügten toie jene (j. 8. in ber Irinität^lebre), ben anftöfjigen gabeln bon ben ©öttern
cbmfo anfiöfeige ^inge in ber DffenbarungSreligion, toie bie Slu^rottung ganzer Wolter 45
auf ©otted Sefebl, ba« bon Slbra^am »erlangte 5Kenfcbenoj)fer, bie bon SKubameb unb
Kofe*, nacb einigen aueb bon Sb^ftuS geftattete ^Jol^gamie, unb ber 3)tytlju$ ber SJcr-
mablung be^ b^ ®«fW mit einer ^wngfrau gegenüberftebe. ©cgen bie Verleitung ber
Ädigum au$ Siebe unb 2)anf (berborgerufen bureb göttli^e 2öob(tbaten) toirb natural^
itity bie Siebe lebiglieb auf pb9ftf<be ©t;m^at^ic jurüdgefübrt, überbie^ aber ber ©Ott, so
ber ben 3Renfcben tttoaZ bon ber SfJatur ber toilben liere eingepflanzt fyat unb ber bie
Sen(<ben toegen be« borbergefebenen unb alfo t>orberbeftimmten galle^ eine^ einzigen alle
in* Serberben öeftür^t bat, nid^t UebenStoert gefunben; toerbe ba^ burd; bie ©raufamfeit
rteber ^i gemalt, bajj er feinen einigen ©obn für frembe ©ünben quäle? Übrigen«
(^e bie Sorftettung, ba| ©ott eine SBercbrung »erlange unb bureb biefelbc befänftigt 65
toerbe, Unüoflfommenbeit unb üDtongel in ©ott üorau«.
$ie Berufung auf benConsensus gentium gefebiebt üon foleben, Die ibn gar nid;t
bnftotiwcn lönnen. 2Bic biele Sibcrtiner unb Stt^ciftcn giebt eä mitten im .^auptfi^ be«
önjfcntumS, Italien! Sagt man aber, äße @inficbt«fcolIen ftimmten barin überein, fo
Mite man bielmebr jagen, alle, toe($e ein Qntereffe baran fyabm, bie Religion al« einen go
74 Impostoribus, de tribun
3ügel jur 33efyerrfd&ung be$ siiolU aufredet ju erhalten. — Stimmt man auefy einen erften
iöetoeger an, fo ift boefy bie SBorftellung bon einer fortge^enben $ürforge ©otteS für bie
SBBcIt ju nato. äuefy in ber ©timme beä ©etoiffenä toiH ber SBerf. nid&t eine Stimme
©otteS ober eine natürliche ©otteSerfenntniä erfennen. @S tft bie $ur$t be$ Übeltäters
s bor ben böfen folgen feiner Späten, toeld^e bie §armonte ber gegenfeitigen #üfeleiftung
aerftören, bie \\d) barin offenbart. 3m übrigen ift bie fog. natürliche ©otteäerfenntnte
bei ben ©nfältigen nur bie 9la$toirlung beffen, toaS ifynen bie Ilugen Seiter, toelctye 3*it
S laben ju müßigen ©pelulattonen, einfd&ärfcn. 2Rufe man barauS, bafj bie guten 2Beib*
ein ben gftanjtefuS, 3>9nrtm*3 °^er 3)ommicu3 öerefyren, föfiejjen, e3 fei ©timme ber
10 Vernunft, bafe man toenigftenS überhaupt einen ^eiligen 2Rann tu bere^ren tyabe?
2Rag aber ©ott fein, unb möge er aud) *u bereden fein, fo fragt ft<$, toclc^eS bie
rechte SSercfyrung fei. 2>a beruft man ftcfy auf bie specialis revelatio, . toer foH ober
unter ben berfd&iebenen über bie toafyre entfcfyeiben? 2lHe berufen ftcfy auf ©rfolge unb
SBunber ; fyier beutet er barauf fyin, ba& feines §er$en$ Meinung ift, alle Sefyauptung be-
16 fonberer Offenbarung fei Impostura. 303er toeifc, burety toelc$e angeblich geoffenbarte
Religion bie labte, bie 9Wul;ameb$, lieber abgelöft toerben toirb! 3ur re^«t ©ntfctyei-
bung muffen alle Sieligtonen aller ©eften genau unb unpartetifety geprüft toerben, bemt
eine unmittelbare @etoif#eit, toie ettoa ber ©afc 2x2 = 4, fyat leine Sieligion. ©ne
itrenge ööHig unbarteiifcfye Prüfung fann aber nur bie ©ac$e toeniger fein, bie grofce
20 Stenge ift etoig bon ber ©ictyerfyeit über bie Religion auSgefcfyloffen. Slber c$ fehlen un$
au$ bie Qata ju einem biplomatifcfy genauen Sctoete, ba3 ©elbftjeugnte ber SMigionä*
ftifter fann nicfyt entfcfyeiben, ba^Seugntö anberer über fie bebarf tymfic$tli<$ fetner ©laub*
toürbigfeit lieber ber Seftätigung, unb fo in infinitum. ftulfyt getyt bte©d^rift no<& in
Äritif bibltföer ©efd&ic^tc au$.
26 Die 3euÖ™ffc für baä 33orl)anbenfein biefcä 93u$e$ gefyen nun aber, tote e3 fc&eint,
noefy hinter 1598 $urücf. ßantyanella, ber baä Sucfyunjtocifefyaft gefannt, unb ber Diel*
leidet mefyr batoon getoufet, als feine auStoeicfyenben Säuberungen berraten, fott gegen $en*
ricuä (SrnftiuS in 9tom geäußert fyaben, SKuret fei ber SBerfaffer (Ernst, obss. var. in
E. Ottonis thesaur. jur. Rom. V, Trajecti 1735fol. p. 1161), toa$ jebenfalfö öer*
30 fefyrt, fcielleicfyt nicfyt ernft gemeint ift. 9to$ SRafyer (bei ©trübe, De doctis impost.
dissert, Jen. 1703 et 1706 p. 29) f>at <ßatinu$ (offenbar ©uibo $., beffen angaben
über gelehrte SRänner unb Sudler in ben Menagiana p. 291 freiließ ofe reetyt unjutoer*
läfftg bejeid^net toerben) ^anbfd^riftlid^ mitgeteilt, 6am)3anella fyabe auf feine ^age nad^
bem $ud& gefagt, er ^abe e$ in 5Wom in ben §änben be« giorenttner^ %v. $ucci (über
35$. üfll. grtebri^, ©5K31 1880, I, 111) gefe^en. 3u« ber $anbföriftfid&en praefatio
(Sam})aneUa5 ju feinem Atheismus triumphatus fü^rt ©trübe (Acta liter. ex Mscr.
erut. fasc. II, Jen. 1705, 8°, p. 73) feine 2öorte an, toonaety man tyn (in 3ltcCpd)
befctyulbigt l)abt, er felbft fyabt baä 33ud^ berfagt, toä^renb ba^felbe bo$ 30 3^ bor
feiner ©eburt fd&on gebrurft fei (ba^ toäre 1538!). 3>n ber aebrudtten praefatio begnügt
40 er ftety bamit auf bie beutfd^en dürften, tyre toillfürlic^en Deformationen unb i^ren 9Ra*
d^iabelltemu« ^injutoeifen. 3)ort fei au$ ber Urfprung beö Sud^« ju fud^en. Sefthnmler
toeife Florimond de Raemond, l'histoire de la naissance, progrös et d^cadence
de Th6r6sie, Rouen 1629, p. 236 sq. unter Berufung auf bie Senologie bon ^acqueö
6ario(0, ba^ um 1556 in ber $falj ftd^ allerlei 9icligiongft)ötter, Sucianiften }ufammen«
45 gefunben ; barauf füfyrt er baö 33ud^ an, toeld;e$ in 3)eutfd^lanb gefc^miebet, aber anbetStoo
(bon anbern ift behauptet toorben in diatau) gebrurft fei. Slucfy §oftu« unb ©enebranbud
(cf. Ittig, Diss. de Guil. Postello 1704, § 26 sq., aud) in ben opusc. varial714)
Ratten ba$ abfc^eulid^e Sud^ fd^on ertoä^nt. @r felbft toiH e^ in feiner ^ugatb im CoU^ge
de Prele in $ariö in ben §änben be^ $etru^ Slamu^ gefe^en fyaben. Unter anbern auf
bo frühere $?\t jurüdftoeifenben Slngaben fd^eint mir befonberä noc^ bie bead^ten^toert, bafe
ber ebenfo fenntni^reid^e al$ mtyftifd; tounberlid^e SBilbelm ^oftel in einem Srief an ben
gelehrten -KaftuS bon 1563 gefd^rieben fyabz: nefarium illud trium Impostorum
commentum, seu über contra Christum, Mosen et Muhamedem Cadomi (b. i.
Caen) nuper ab illis qui evangelio Calvini sese addictissimos profitentur (auf
55 folcfyc tote^ aud) ©cnebranbuS ^in) typis excusus est (9tidf>. ©imon, Lettres choisies
nouv. 6d. 1, Amst. 1730, p.216). SBi^tig ift ntd^t bie SSef^ulbigung ber Salbmijkn
(ber Ü?crf. tft fcielmefyr nad^ p. 19 ed. 2Mer „nostrorum Sacerdotum" too^l in ber
fatbolifd^cn Sirene (^u fud^en), fonbern bie beftimmte S3c^auJ)tung bc« $)rudfö in fo früher
3eit. S5i3 1538 barf aber toentgftenö für ben fcorliegenben 2:ejt in feinem galle jurüdf«
6o gegangen toerben, ba ©. 19 ed. SfficHcr üon ber SJerefyrung bc^ ggnatiu« neben ber beS
IinpostoribuH, de tribus vfnrf|ofcr 75
gtanji«fu« unb be« Stominifu« ft>ric§t, toa« fclbft für 1598 anflog erregen fann, ba^Ö5
naiiu« erji 1609 fatlig geforoefan ift, inbeffen für biefen 3cityunft bo$ tootyl bur$ bie
freie Skrefaung be« 1556 geftorbenen 9Jtonne« erllärt totrb. ©benfo fd^etnt bie ©teile,
too bie 33eba« ertoäfatt toerben (©. 20), nur erflärlicfy, nad&bem bie $Racfai(fyten toon ber
Arbeit 3utoc& u. m. a. in ftnbien ft$ in ©uropa ju verbreiten angefangen. 93eibe« toürbc ö
aber ber »efamptung Sßoftel« niefa im 3Bege ftetyen, unb auf toenige Safae fcor 1563
tourbe au<6 SHorimonb be SRaemonb« Angabe fyintoetfen (f. ©entfa ©. 24).
(83. mütt f) JBenratlj.
3«^tttdtioit f. Rechtfertigung.
3nd)oftrf SReld&ior, geft. 1648. — <Dtan t>gl. gr. Oubinft Hrtild Sttctdjior 3n. 10
d)ofer unb 3ule« Scotti in $ice*ron« Memoires pour servire etc., Tora. 35, p. 322—346
(beutfd* Bearbeitung \>on töambacfc, 22. Seil, 6.209 ff.) unb Tom. 39, p. 165-230; 6*röbl
im ÄftS 6. 629 ff.; be ©aefer Sommeruogel, Bibl. de la comp.de J&. IV, 1893 6. 561 ff.
3Re(cfaor gnc&ofer ift 1584 ober 1585 ju SBien, nai) anberen ju ©ünj in Ungarn geboren,
trat 1607 juSRom in ben 3S*fuitenorben unb ging nad& tooßenbetem SRotoifttat naefy SReffina, is
too er längere 3^t $falofopfae, SRatfamatif unb Geologie lehrte. 3)ie ©cfaift: Episto-
lae B. Mariae V. ad Messanenses veritas vindicata, toorin er 1629 bie (Jcfytyeit
be« Sriefe« unb bie apoftolifefa Sßirffamfeit be« *ßaulu« nt -Dieffina m ertoeifen fuefae,
aber mit attem äuftoanb üon ©elefyrfamfeit nur feine Ißeicfytgläubigteit bartyat, tourbe
Seranlaffung, bafj ifai bie Äongregation be« gnbej naä) 9lom zitierte ; bie erfte ausgäbe 20
tourbe unterbrücft, bo$ tourbe iljm ©rlaubni« gegeben, eine jtoeite, in toelctyer alle Slnjtöfee
befettigt toaren, brudfen )u (äffen, ©ie erfd^ien 1631 unter bem Xitel: De ep. b. v.
Mar. ad Mess. conieetatio. SRacfybem er Don 1634—1636 normal« feine ^ßrofeffur
in Stalten beQeibet Ijatte, berief ifat ber Drben nai) 9tom, um in ungeftörter 9Ru$e
toifienfcfaiftlicfan arbeiten gu leben; auf ben 9lat be« 33if$of« ©eorg Sacofttl; toon 3>eftmm 20
fcfaiefc er bie Annales ecclesiastici regni Hungariae, üon toel^en inbe« nur ber erfte
Zeil, ber bte jum 3o^re 1059 reicht, 9tom 1644 erfd^ienen ift. @r f)at barin, um bie
Sbfamgtgteii Ungarn« bon SRom ju betoeifen, eine Suöc ©fyfoefter« II. erbietet unb
mehrere 3cfuüen fai&en bie ^älföung fcerteibigt. Die $ortfefcung ift fyanbfcfaiftlicfy bor«
fatnben. 30
©ein Streit mit Igoactyim $a«qualigo, gegen ben er bie Unfitte be« ßaftratentoefen«
befömpfte, mefa nod& feine (Ernennung )um Witgliebe ber Kongregation be« l^nbeg unb
be« ^eiligen Offizium Derleibete i^m ben 9lufent^alt in 9tom; auf feinen 9Sunfd^ tourbe
er 1646 in ba« ÄoHegium )u 5Kacerata berfe^t, too er feine -Öiu&e jur 2lu«arbeitung
einer 9Rärt^rergefd^i(^te bertoenben toollte ; jur Senü^ung ber ambroftanifc^cn Stbliot^e! 85
unb ifaer ^anbfefaiften begab er fiety mit @rlaubni« feiner Sorgefefcten nad^ ÜJlailanb,
allein ein fafcige« ^eber, bie golge feiner Slnftrengungen, fe^te ^ier am 28. ©eptember
1648 feinem 2eben ba« §iel
Su^er meieren Snefen an ben i^m innig befreunbeten Sibliot^efar ber 3Saticana
8eo afflatiu« (f. b. ä. 33b I ©. 369) unb mehreren aftronomtf^en SBerfen, tyat Snd^ofer 40
aud) eine historia sacrae latinitatis 1635 au«gearbeitet, toorin er unter anbemt bie
(atcimföe ©jjrad^e jur ^immlif^en §off^rad^e, gur ©prad^e ber ©eligen ergebt. 3n ^r«
yolemtfd^en ©Triften, bie er unter bem pfeubontymen tflarrwx ßugeniu« Saüanba 9line«
toenftd (Änaaramm bon Viennensis, toegen feiner ^erfunft au^ 2Bten) 1638—1641
^erau«gab, ^at er ben 3«futonorben unb feine @rjiefyung«toeife gegen bie Singriffe be« 46
belannten ^fäljifcfan Äont>ertiten ©dfjoj)}) (ober Scioppius, toie er \\6) nannte), ber ba*
mal« in fSabua lebte, berteibigt. 3)ie größte «erüfymtfyeit unb ba« allgemeinftc ^ntereffe
aber getoann er baburd^, ba^ man i^n für ben 3Serfaffer ber ©attyre ^ielt: Lucii Cor-
nelii Europaei monarchia Solipsorum, ad virum clarissimum Leonem Allatium,
Sen^ig 1645. Unter bem 9tamcn monarchia Solipsorum (b. fy. berer, bte alle« allein w
geben unb au«ricfaen tooHen, ober auä), toie cap. V ironifefy et^mologifiert toirb, bie naefy
ifaer SRemuna toie ©onnen um bie ßentralfonne, ben ©eneral, freijen unb taufenbe fcon
3BeÜen erleuchten) toirb in fefa f^le^tem, bunflem Satcin, aber )um Seil mit ergöfcliefam
^umor ber S^fw^orben in feiner SBerfaffung, feiner 3Woral, feinem ©d^ultoefen, feinen
Mttif(fan 3^^ uitö 3^9^" perftfliert. ®ie ^ragc nad& bem J?erfajfer be« merf* 55
tourbigenSucfa* mufete natürlich bon ^ntereffe toerben. Wlan f^toanlte anfang« jtoifcfan
ScfaW>, ber W ftet« al« unüerfö^nlid^en ©egner be« Drben« gezeigt, unb 3«^ofer# unter
beffen Konten fogar bie 3lu«gabe bom $afae 1652 in 3Jenebig gebrueft tourbe. aber toa«
76 3nrf)0fer ^nbulgenje»
man hierfür atöSetoete beigebracht fyat, ift burcfyauä nicfyt jtoingcnb; ja toaä am fufcrften
auf 3n$ofer ^in^uiuctfcn jcbemt, bic 2)ebifatton an Seoäflattuä, \pvid)t, genauer ertoogen,
am entfcfyetbenbften gegen tyn, benn toar er ber SBerfafjer, bann mufete tym barauf an-
lommen, alle auf tyn lettenben Spuren ju bertoifcfyen ; burcty bie 3u*0nun9 an SeoSUIas
s tiuä aber, bem er innig befreunbet toar, fcätte er ftd& berraten unb ben $twd feiner
Sßfeubontymüät fcerfefylt. 2Beit toafyrföemücfyer ift, toaä ber ^efutte gr. Dubin bei SRic&on
ausführlich nad^toeift, bafe baä 33üd?lein Don Julius (Giemen«) ©raf bon ©cotti auSPa*
cenja »erfaßt ift, ber 1616 in ben Drben getreten toar, feit 1631 in Sßarma unbgerrara
^tlofopfyte gelehrt fyatte; toeil e$ tym aber m$t gelang, einen ttyeologtfd&en Äattyeber au
10 erhalten, $u Slnfang 1645 fnfy Don sJiom nacty SBenebig begab, bort ben Drben öerliefc
unb feiner 3Serftimmung gegen benjelben in ber Monarchia einen bittern ähiSbrutf liety.
3jn einer anbeten Schrift: Julii Clementis Piacentini ex illustrissima Scotorum
familia de potestate pontificia in societatera Jesu, bie ber unfritifcfye Sourgeotö,
obgleich fufy iljr 3Serfaffer offen nennt, bennocfy gleichfalls bem Sna^ofer beilegt, erljob
16 Scotti 1646 biefelben Slnflagen gegen ben Drben unb jtoar in ebenfo fd&lec&tem Satein,
toic in ber Monarchia. ©• @. ©tri* f.
3fnbt|ieitbetttett f. ßongregationaliften.
3«bqr f. 33b III S. 524, *g— 525, 29.
^nbulgen^ett. — Duellen unb iHttcratur: I. Eusebius Amort, De origine,
20 progrc88u, valore ac fructu indulgentiarum, Augustae Vindcl. 1735, Venetüs 1738 (einzige
Quellen fammlung, aber nidjt nur feljr unoodfränbig. fonbern aud) unfritifd) unb toofl von
tJcljlern). 3rür bie SReformatton^eit wichtig bie Sammcliucrfe uon 3ofj. ©rb. Stapp : 1.6d>au*
plaft be3 $efcelifd)en Hblafi-Äramä, 2. «ufl. fieipa. 1720. 2. (Sammlung einiger aum ^fibfr
Heften $(bla& gehörigen ©djrifften, fieipj. 1721 ; 3. kleine 9?adjlefe jur Erläuterung ber Sie»
26 formation3.©efd)icbte. III unb IV. fieip*. 1730. 33. — SReid^altig au* J. H. Hottinger,
Hist. Eccles. Novi Test., Tom. VII, Tiguri 1655. — Offizielle öuellenfammlung für bie
neuere 3C** : Decreta authentica sacrae congregationis indulgentiis sacrisque reliquiis prae-
positae ab a. 1668 ad a. 1882, Ratisbonae 1883, unb Rescripta authentica 8. congregatio-
nis indulg. sacrisque rcliq. praepositae, collegit Joseph. Schneider, S.J., Ratisb. 1885. —
80 II. Joan. Morini Commentarius historicus de diseiplina in administratione sacraraenti
poenitentiae, Paris. 1651 (Antw. 1681, Venet. 1702), Lib. X cap. XVI -XXIII; Luc. Fer-
raris, Bibliotheca canonica, juridica etc., Bononiae 1746, s. v. „indulgentia" (in ber neue»
ften föömifcben Guart*9lu8gabe Tora. IV, 1888, S. 224—335); Paul Jouhanneaud, Dictio-
naire dogmatique, historique, asc&ique et pratique des indulgences, publik par Fabbe*
85 Migne (z= Migne, Nouvelle Encyclop£die theologique, Deuxieme Sene T. XX vT), Paris
1862; gran* geringer, S J., „$ie Slbläffe, iftr SBefen unb ©ebraud}, 11. oon ber ^eil. «b«
fa&fongregation approbierte unb alö auttjenttjd) anerfannte Auflage", Sßaberborn 1895 (ftuerft
frunaöfifd) üon SJlaurel, fpöter beutfeb uon 3*>f. Sdjneiber herausgegeben, *. $. 6. &ufl.,
$aberb. 1878); fr X. SBilbt, ?lrt. „«blafr in 38ef er unb Gelte'S JHrrfjcnlejifon P, Sreib. i. ».
10 1882, ©. 94—112. — gür bic moberne bogmatifebe 9lu[faffung in ber taibol. Stirbt beadj*
tenSmert: Dominic. Palmieri, Tractatus de poenitentia, Ed. seeunda, Prati 1896 (8. 491
bis 540 „Appendix de indulgentiis"). — $ie älteren fatfjolifdjen $raftate über ben Ä. toit
bie uon @corg be Valencia, ^edarmin, Suorc^ $. doQet bis ju $erronc bin fönnen f)ier
niebt erft aufgefübrt tuerben. Einiges auS ber fiitterotur beS 16. unb 17. Sabrbunbert« ift
46 berftcidniet bei Jo. Georg Walch, Biblioth. theol. selecta, I, Jenae 1757, ®. 198 f. —
III. £auptiucrf : Henry Charles Lea, A Historv of auricular Confession and Indulgences
in the Latin Chureh, Vol. III: Indulgences, Philadelphia 1896 (ogl. baju £. Mütter, %f£$
1897 n. 17). $a$u auS neuerer Qeit folöenbe ^in^elbeitrfige: (S. 9?ie|e, 3)er fcblafe na(b
feiner ©ntftebung unb bogmatifdjen ^luSbilbung in ber fatftol. Geologie be« 16. 3abr^un*
wbertS, 3bl& XXII, 1877, @. 599—660; W). Motcr, 2)a§ fircbii«e ginansmefen ber ?«pfte,
Färbungen 1878; (g. SBratfc, Öut^erS 95 Xftefen unb tyre bogmengefaiicbtlicben «orau«-
fefungen, Wöttingcn 1884; Sl. 50. 3)iccff)off, 3)er Wblafeftreit, bogmengefcbitbtlicft bargefteOt,
©otba 1886; flarl Füller, 5)er Umfa^tpuug in ber ifeljre ö. b. ©ufee n>fil)renb beS 12. Sabr»
bunbcrtS, in: Sbeologifcbe arbeiten, (S. u. SBeijfäcfer geroibmet, JVreib. t. ©. 1892, @. 287
66 bis 320; (Sari. Ücop. ©oe^, «UiieAtc WbiaftbuÜcn in ben Acta Pontif. Rom. ined.", 3«©
XV, 1895, 321-344; berfelbe, ..2>ic pfipftlidjcn 9U'ferUQtfäUe in ber ©u&biSjtylin. Bomi-
I>ctae", 3fiö) XVI, 1896. 541-589; Xb. «rieger, 3)aä <öe|en be« 9lblo(fe8 am «uSaangc
bed Mittelalter*, Seip^ig 1897 (nur als Untoerfttätäfcfirift ausgegeben, erfa^eint beninÄdjft er«
wettert); Wcol. ^auhi«, 3obann Xc^el, 3Rainj 1899 (f. baju ©rieger, 2f23 1900 n. 3 u.4);
60 berfelbe, eine JHeiljc uon Wuffäjen im „.^atljülif" 1899 $b I unb II unb in 3«:$ 1899 unb
1900; Chiton i^ur^, 3)ie fatr)oHfc^e üeftre vom Slblafj uor unb nacb bem Auftreten £utber$,
^aberborn 1900 (erft nacb Wbfa)lu6 bicfeS 9lrtitelö erfdjienen, toaS nieftt ju bebauern ift).
3nbnlgenjen 77
®ie 3. ober ätbläfjc [teilen eine ber fölimmften ßntartungen be« rcligiöfcn Seben«
in ber römifdfclatljolifcfyen Äirctye bar. Wod) fyeutc für biefe bon fyofyem Sßerte al« eine«
ber tmrffamften SRittel *ur (Jrjeugung unbebmgter SDebotion, bilbeten fte in ben legten
brei 3a$r$unberten be« ^Mittelalter« jugleic^ eine ergiebige ginanjquelle, tote überhaupt bie
m jener 3«t fprtd^toörtlic^e auri sacra fames ber römifäen ßurie einer ber jpoupt« 6
Taftoren in ber äu«bilbung biefe« tircfylid&en ^nftttute« getoefen ift. %\)xt ©efcfyictyte ift aber
trofc tyrer aufjerorbentlid&en Sebeutung erft toenig erforfd&t: gar manche« ift fyeute no$
bunfel, Diele« nod& unftc^er. 3mmer <*&** bürften ftc$ bie einzelnen ©tabien tyrer @nfc
tottfeüing mit ^mreic^enber 3)eutli$teit erfennen laffen.
I. 3)ie anfange ber 3-: 35ie2l. al« 9ta$lajj ber tircfyltcfyen S3u|ftrafen. 10
— 2>te ctyriftlid&e Äird&e fyat ettoa taufenb ^a^re ofyne Slbläff e beftanben. 2)enn biefe ge^en,
feCbft in tyren erften bürftigen Anfängen, nicfyt über ba« ll.lgafyrl). hinauf, ©ie begegnen
un« ^ier al« eine tetltoeife (Srmäfjigung fcon Sufeleiftungen (relaxatio seeundae, tertiae,
septimae partis de injuneta poenitentia — noefy fcorälblauf be« Igafyrtyunbert«
auc£ al« ßrlajj be« gefamten Su&toerf e«, ber tota poenitentia), fcon feiten eine« Sifc^of« unter 15
ber Sebmgung be« SoHjuge« einer beftimmten fircfylicfcbebotionellcn ^anblung (Atrien*
befu$ ju feftgefefcter 3*ü unter 35arbringung eine« adjutorium, Öeifteuer ju einem
Älofterbou u.bgl.) generell betoiüigt — in btefer ©eftalt ber lefcte 3tu«läufer be« altfirdfc
Iü^en Sufemftitute«. ©d&on feit ben Sagen ber alten Äircfye befafcen bie 33if$öfe ba«
Stecht, bie Sufifrift ab^ufürgen — aber immer nur toon gaD ju gatt für ben eimelnen 20
unter Serücfftd^tigung feiner SSerbältniffe unb in«befonbere feine« SJufjeifer« (togl. inbetreff
be« toteren $. 8. ben fcon *Paj>ft 3otyann X. — ca. 916 — au«geft>rocfyenen ©runbfofc,
man formt im einzelnen %aüt manura misericordiae praebere, „quia non annorum
tantum numero poenitentia, quantum contritione cordis et afflictione animi
atque lacrimarum compunetione computatur", glofj, 3)ie Sßotofttoafyl unter ben 25
C tonen, ©. 104). ©d&on toar e« auefy ©itte getoorben, bafc man auf ©runb einer be*
beutenbaren 3utoenbung &n bie Ätrc&e (©etyenfung fcon ©runbbeftfc) eine relaxatio de
quantitate poenitentiae eintreten lieft. 35enn biefe« Serfaljren, beffen ^Jetru« 2)amtani
ju einer 3«*/ to0 w Italien, toie e« fcfyeint, bie 31. noefy fo gut tote unbefannt toaren,
in einem Schreiben an einen 33if$of gebenft, ift ftcfyer ntcfyt erft im 11. S^^nbertso
entftanben, tote e« aud& nid&t fofort mit bem äuffommen ber 21. erlogen fein toirb (Petr.
Damiani Ep. IV, 12, MSL 144, 323 : „non ignoras, quia, cum a poenitentibus
terras aeeipimus, juxta mensuram muneris eis de quantitate poenitentiae re-
iaxamus"). ©obalb berartige relaxationes de quantitate poenitentiae gu einer auf
alle Sü^enben antoenbbaren, für jeben oI)ne Sücfftc^t auf feine fonftige Sef^affen^eit im 35
üorau« geltenbe Einrichtung verallgemeinert tourben, toaren bie 31. ba. SDtefe neuen ge»
nereSen *Radfläftc festen alfo, toie bie früheren ©rmäfeigungen, bie Etrc^lic^e Sufee be«
©anbei« fcorau«. Unb fte toaren für ben Süffer fcon um fo größerem SBerte, je f^toerer
er mm ben auferlegten ^Jönitenjen, befonber« benen ber öffentlichen SBuge, getroffen tourbe.
Die ^arte unb SKenge ber lederen machte in ber $fyat eine @rleic|terung bringenb 40
toünfc^en«toert 33on ^ier toirb ba^er ber Slnfto^ ju einer ©c^öpfung au«gegangen fein,
an tod(^er öon Anfang an bie ftirc^e aud; finanziell interefftert toar. 2)ie t>on ber triften
unb angelfä^ftfc^en Sirene au«gegangenen, feit bem Slnfang be« 10. ^a^r^unbert« auc^
auf bem geftlanb über^anbne^menben Slblöfungen t>on S9u|ftrafenf bie fog. Slebemtionen
unb Äommutationen, toelcfye man t>ielfad^ al« eine ber ffiurjeln ber ä. ober al« tyre 93or« 46
au«fe$ung geltenb gemalt ^at (fo 5. 33. §infc^tu«, Äird^enred^t V, 153* ^arnaef, 3)©
IIP, 303. 537; fioof«, S)©8 ©. 263 — bagegen aber Äarl ÜKüüer, /;3)er Umfötoung
in ber 2e^re t>on ber 8u|e" ©. 308), fönnen nur al« analogeßrletcfyterungen t>onSufeen
in ©etrad^t tommen. Sie Sebcmtionen beruhten jtoar auf genereller 9lnorbnung, tourben
aber na$ toie bor in jebem einzelnen gfaQe bon bem ^rieftet ober bcmSifc^of, toelc^er 50
bie $dntten) auferlegt ^atte, angetoenbet unb geregelt. „9laty tote bor", benn fte ftnb
nod} geraume 3«t neben ben a. hergegangen, jefct mit Vorliebe t>on ben ^Jrieftern bei
ber ^kü>atl)u|e al« @rtoerb«queHe au«gebeutet, toeld^e t>on ben 21., biefer neuen gorm
eine« alten bifc^ö flicken Sorred^te«, feinen SRu^en ^en tonnten, (ijjierljer gehören bie
bekannten JHagen Stb&larb« über bie^riefter [sacerdotes; er fteQt i^nen nadlet bie ob* 55
Iafpcrf$h>enberif$en prineipes sacerdotum an bie ©eite], toe(d;e „pro nummorum
oblatione satisfactionis injunetae poenas condonant vel relaxant", MSL 178,
672 f.). Äucfc ftnb bie Slebemtionen gelegentlich mit bem 31. berbunben toorben, fo bafe
fte einen (untergeorbneten) leil be«felben au«mac^ten (fo bei ber gleich ya ertoä^nenben
frityeften Ablaßerteilung, too unter ben Erleichterungen auä) bie je ftet) finbet: toenn je* co
78 ^nbnlgeitjeit
manbem ein Wöchentlicher gafttag auferlegt ift, „illum reddimus ei tali tenore, ut
pascat tres pauperes").
g« Wirb fc^Werlic^ an ber ÜJtangcfyaftigfeit unferer Duellen unb ebenfoWenig an ü)rer
mangelhaften 2)ur$forfcfyung Hegen, Wenn Wir bie 91. juerft im füblid&en $ranfrei$ naefc
5 juWeifen Vermögen. 3)enn ber ältefte Slblafj, toon bem Wir Äunbe fyaben, iji berjenige,
Welchen im $afyre 1016 ober balb barauf (f. Mabillon, Annales Ord. S. Bened. LIV,
26, Ed. Lucen. IV, 231) ber Gmbiföof ^ontiu« bon Slrled bem Älofter Mons-major
m ©unften eine« Ä irc^enbaue« gewährte (d'Achery, Spicileg., Ed. II, III, 383 f., im
aiuäjuge beiMabill. IV, 231 f.). 2ea (III, 137 f.) berWirft biefen 91., inbem er tyn für
10 bie Erweiterung eine« im %a\)xt 1065 bem Älofter Wirflicfy erteilten äblafie« erflärt. 3$
lj>alte bie „Urfunbe", trofc tyrer fd&Iecfyten Überlieferung, Wegen fcerfd&iebener ftarf altertüm*
lieber 3«Öe ty*cm ^em na$ Pf* ecfyt (nur bürften bie ber 2lblajjerteilung angelangten
2lu«füfyrung«bepimmungen erfyeblicfy jüngeren $)atum« fein). ©« ift bead&ten«wert, bafe
fyier jWeiÄlaffen toon93ü&ern untergeben Werben : 1. bie jenigen, Weld&e ob ü)rer majora
16 peccata Dom @otte«bienft au«gefcfyloffen pnb unb and) äufeerlic^ al« Stifter fi$ barju*
[teilen babm (talis, qui per indietam sibi poenitehtiam non introeat ecclesiam
nee communionem sacri corporis Christi aut osculum pacis aeeipiat, nee ca-
pillos sibi tondat aut radat nee linum vestiat, nee spirituales filiolos de
saneto fönte aeeipiat), alfo bie publice poenitentes; unb 2. bie jenigen, qui de mi-
20 noribus peecatis confessi sunt et habent aeeeptam poenitentiam, biejenigen fomit,
Welche in freiwilliger ^ribatbeicfyte eine 93u&e auf pcfy genommen tyaben. 2)en elfteren
Wirb ber britte $eil, ben anbern bie §älfte ü)rer poenitentia erlaffen. ©d&on am@nbe
be« !gafy$unbert« a&w to^ben bie 311 öffentlicher unb bie ju prtoater Sufce SSertyafteten
gleicfy befyanbelt (Jaffa n. 5452), immerhin aber Werben auefy ba noefy bie beiben Älaften
25 au«cinanbcrgefyalten in ber Sßenbung, e« Werbe ber feierte $eil poenitentiae abepiscopo
sive a presbytero injunetae erlaffen. (allein fcfyon hieran fc^eitert ber neuer«
fid&e 33erfucfy, bie ßntftefyung ber 91. au« ber ©ittc ber SufjWattfatyrt, peregrinatio, gu
erllären, ftc al« einfache UmWanblung berfelben ju begreifen, ©o fieop. Sari ©oe$,
3«© XV, 329 ff. XVI, 583 ff. Sei ber ^Weiten Äategorie ber pnitenten War ja Don
so ber fc^Weren Suftleiftung ber peregrinatio feine Siebe unb auefy bei benen ber erpen
Älaffe burcfyau« nicfyt in allen fällen, Wie benn in ber oben mitgeteilten 93efc$reibung ber
publice poenitentes biefe SBufje gar nicfyt erwähnt Wirb. 9lber auefy babon abgefefcn
fäme bei btefem „Äircfycnablafc" bie peregrinatio gar nicfyt in SSetracfyt: erforberlic^ ip
nur ber Sefudj ber Sirene — ob bie betreffenben babei einen förderen ober Weiteren 2Beg
36 jurürfjulegen fyaben, ift gleichgültig — unb bie 3)arbringung einer ©J>enbe. Slber au$
beim J?reu$nig«abla& trifft bie ßrflärung Don ©oefc nicfyt ju, obgleich beffen fieiftung, ba«
iter Hierosolymitanum, pdjj ja aßerbing« atö peregrinatio faffen läßt; benn audj
bie ilreu^rebigt Wanbtc fic^», gleich unter Urban IL, teine^Weg« auSfcfylie&lic^ an bie Skr«
bred^er, bie Wie ju anberen garten 33uf$en, fo g. %. au^ jur Su^WaHfa^rt berurteilt Waren,
40 fonbern an alle ß^riften, fomit auefy an folc^e, Wellen feinerlei 3$erJ>fUc$tung jur SBatt*
fa^rt oblag).
2)ie2l. fönnen im ll.ga^unbcrt ba^ f ircfylictye Seben junäd^ft nur in fetyr geringem
5Kafee beeinflußt fyaben. 3)cnn pe pnb noc^ ungemein fyärlicty erteilt Worben. ©c^on bie
3al;l ber bi^er nachweisbaren bifcfyöflicfyen HL (pe gehören fämtlid^ bem ©üben öongranfe
46 retc$ an) ift gering. Unb boHcnb« bie päpftlicfyen ftammen wa^rfc^einlic^ erft au« bem legten
3a^rje^nt be« ^a^unbert«. Stile äblafjurfunben ber $äj)ftc bor 1 100 finb, mit
einer einigen SluSnafyme, mc^r ober minber grobe ^älfcfyungen (fo bie Iwn
©ergiu« IV. 1010, Senebift VIII. 1016 ober 1020, Giemen« II. 1046/47, 2eoIX. 1052,
äleranber II. für Monte Casino 1071, Urban II. für La Cava 1092, für ba« flloper
60 gigiac 1093, für ba« Älofter S. Maria de Pauso 1093 unb für bie ©enuefen Sei*
mofto 1094 ausgepeilten Süllen; zweifelhaft ift auc^ bie nur fälfd&licfc al« „äblal^^utte
aufgefaßte Urfunbe Senebtft« IX. für ©t. 3Sictor ^u 3Karfeiüe öon 1040). 2>urä)auS
unglaubWürbtg pnb aud^ bie ÜRacfyricfyten über bie Don 2eo IX. 1050 unb SRicolauS IL
1060 (bem Älofter garfa) erteilten 21. ®an^ üag unb nid^t fontrollierbar ift bie angäbe
«über einen SX, ben 2lle£anber IL 1070 einer Äir<$e infiucca bewilligt ^aben fott. ©uferen
Soben betreten Wir erft mit Urban IL sJJtog aud^ mit ber 9torf)ric$t über eine Slbla^
erteilung au« bem ^a^r 1095 ftu S^rcn be« ffl. ©ujebiu«) nid^t« anzufangen fein, fo
bietet boefy eine Urfunbe biefe« Raffte« fcom 12. Dftober 1091 (Analecta juris pontif.
X, 528; Jaff6 n. 5452), in tueldper er ben SBofyltbätern be« Monasterium Pavilia-
Gocense (im ©J>rengcl bon )){ouen) quartam poenitentiae partem ab episcopo sive
3nbttlgett£e» 79
a presbytero illis injunctae erläfjt („condonavimus")/ ju Sebenten feinen Slnlafe.
6S iffc Med (toon einem Vorläufer beS ÄreuaugSablaffeS UrbanS IL abgefetyen) ber erfte
tJafcftablaft, bon bem hrir toiffen, toäfyrenb ber bonfiea III, 141 als folget angenommene
6rla| ber septima pars poenitentiarum, 1096 ber 9iicolattird&e ju 2lngerS für ben
^a^jreStag ttjrer SBetye betoilligt, toenn aud) teineStoegS untoal?rfctyeinli(fy, fo bod^ nic^t r>
böflig fk^er bejeugt tft Stafc eS ein franjöfifd&er Sßapft tft, h>cld^cr als erfter biefe SReuc*
rung im Sufetoefen mitmaqt, bürfte ber Vermutung, bafc toir tyre ßeimat in grantrei^
$u fu$en ^aben (f. oben), jur ©tüfce gereichen. Unb eS ift gehnfc lein Rufaü, *>a& to'r
biefer Sbt beS % (bon bem ben Äreujfa^rem erteilten fefyen toir junäc§ft noc$ ab) im
12. ^aljr^unbert erft nad& mefyr als jtoanjig %afyxtn toieber bei einem ^ranjofen begegnen, io
bei SaligtuS II., Don bem ab bie römifäen Sifd&öfe beS 12. 3afrfyunbertS nun gan) regel*
mäfeig 81. erteilen, aber mit anertennenStoerter ©parfamfeit. Soffen hrir eine bon Snno*
cen$ II. 1130 ju ©unften ber ^o^anniter bewilligte relaxatio septimae partis poeni-
tentiae, toel<$c feine fämtlictyen SRacfcfolger bor ignnocena III. balb für bie Sofyanniter
balb für bie Sentker erneuert tyaben, fohrie eine anbere mit ben Äreu^ügen in Serbin* i.-,
bung fte^aibe remissio ^nnocen^ III. bon 1199 aufeer Stecfynung unb faffen blofj bie
einzelnen Atrien unb Älöftern für Äirctytoety, Srüctenbau unb bgl. gugeftanbenen 91. inS
Äuge, fo tonnen toir (fotoeit bie J>äpftli(fyen Urlunben auf und gefommen finb) bis jur
SJStte beS Sttfcfrwtat* nW Ö^J tön> bon ba bis ium ©(fylufj einige jtoanftig naefc
toeifen. Unb au$ in betreff beS sJJta&eS ber 9lac^(äffe fetten ftc$ bie >j}äj)fte innerhalb 20
gemeffener ©renjen. 35er (Srlafj bon 33ru$teilen ber Sufocit fam balb in Slbgang (faft
ausfölieftfid? bei bem Johanniters unb £emt)ler*2l. finben toir ifftt aud) noefy in fpäterer 3eit).
Sin feine ©teile trat, inbem felbft ber bisherige Sfteft einer inbibibuellen Sefyanblung ber
^önüenten unterging, ber allen unterjcfciebSloS jugeftanbene gortfaff eines beftimmten 3eit*
mafceS ber SBufee, fcfyon bon GalijtuS II. (1120) ab. GS toaren meift atoan^ig (mitunter 25
no$ toeniger) ober bierjig läge; nur 2llejanber III. erftreefte ben (Srlafj ein paar 2Ral
auf ein §afyt (lote ü)n fiefc au$ ber Sßaläftinatrilger berbienen tonnte), toäfyrenb er ben
Stamfa^rem auS bem fernen Sorben jtoet ober brei Jafyre jugeftanb. 3U einer ©nnatyme*
quelle fyaben ^iernac^ bie $äj)fte beS 12. 3«Ww«bertS (mit 6tnf(^lufe 3nnocenJ> HI.,
ber ben erften Äird^enablafe faft jel;n 3a^re naep Seginn feines ^JontififateS erteilt unb 30
beren bteüetd^t nic^t me^r als biet getoä^rt t)at) nod) ntdjt gemalt. älnberS gtoeifelloS
bie Stfc^ofe, bon benen älbälarb fc^on gegen 1140 tlagt, bafe fte ita impudenter bon
©elbgier entjünbet feien, „ut, cum in dedicationibus ecclesiarum vel in consecra-
tionibus altarium vel benedictionibus eimiteriorum vel in aliquibus solemni-
tatibus populäres habent conventus, unde copiosam oblationem exspeetant, :r>
in relaxandis poenitentiis prodigi sunt, modo tertiam, modo quartam poeni-
tentiae Pjrtem omnibus communiter indulgentes" (Ethica c. 25. MSL 178,
672 f.). ÜRit Ste^t tonnte bo^er 3«"ocenj III., als er 1215 in bem bekannten CSrla^
be$ 2ateran4lonjilS biefem treiben ein 6nbe machte (inbem er beftimmte, „ut cum de-
dicatur basilica non extendatur indulgentia ultra annum, sive ab uqo solo 40
sive a pluribus episcopis dedicetur, nee deinde in anniversario dedicationis
tempore quadraginta dies de injunetis poenitentiis indulta remissio non ex-
cedat"), borouf ^tntoeifen, bafe ber „Romanus pontifex, qui plenitudinem obtinet
potestatis, hoc in talibus moderamen consuevit observare" (Mansi XXII,
1050). 45
2)afür Ratten nun freiließ bie $äj>fte biefe ^nftitution länaft, gleich bon i^rem erften
Anfang an, in einer ©rofcartigteit ge^anb^abt, bafj tein 33ifc^of barin mit tf;nen ^u h>ett=
eifern bermo^te, jumal ba bie ^ftlic^e greigebigteit in innigfte Segie^ung gefegt h>ar
ya einem Hauptanliegen ber bamaligen S^riften^eit, ber ^Befreiung beS F>ctl. SanbeS auS
ber J5anb ber Ungläubigen : eS toar berßrlafe beS gefamtenSufitoerteS, ber im 9tamen5o
ber Spoftelfurftcn $etruS unb ^ßauluS fc^on feit 1095 ben Streu^fa^rern gefrä^rt tourbe.
„Quicunque pro sola devotione . . ad liberandam ecclesiam dei Jerusalem
profectus fuerit, iter illud pro omni poenitentia reputetur" lautet ber 2.fianon
beSÄmijite bon Glermont (Mansi XX, 816; an bie Solognefen fd^reibt Urban II. 1096:
„poenitentiam totam peccatorum, de quibus veram et perfeetam confessionem :>:>
fecerint, dimittimus", MSL 151, 483). @S h)ar baS nid^t ganj o^ne Vorgang.
S<^on SUejanber II. ^atte einmal bie gan$e poenitentia nac^gelafjen : für ben ßampf
totber bie©ara)enen in Spanien, ca. 1063 (Löwenfeld, Ep. Pont. Rom. ined. ©. 43).
Dofomtytoirb aber ber SRufym UrbanS IL, berSctyötfer beSßreuyugSablaffeS }u fein,
nufa gef^mälert. äöelc^e bebeutfame SHotte biefer ^toei ^a^r^unberte ^inburd^ gezielt fyat, m
80 3nbitlgettjeit
brauet nid^t erft ausgeführt gu toerben. $aft ofyne SluSnafyme $aben bie 9?ad(jfoIger Ur*
banS fi$ bicfe^ neuen 2Ra$tmittel3 ni bebtenen berftanben, beffen 93erei# überbieS na$
berfd&tebenen Stiftungen fyn leicht \\6) ertoeitern lieft. ©#on Sßafctyalte II. ftettte bie
Setämpfung ber ©aragenen in SjKtnien auf eine ©tufe mit einem jjuge «t3 fceil. fianb,
5 ebenfo ©elaftuS II., (falirtaS IL, ßöleftin III., ^nnoceng III. $en 2obn ber Äreuj*
fairer berft>ra(fy ©ugen III. 1147 für einen gelbjug gegen bie ©laben, »leranber III.
1171/72 für bie Sefriegung ber (Sftfyen. Unb foDte ber Äampf gegen bie geinbe beä
aboftolifcfyen ©tufyleS unb ein §eere$gug toiber bieÄefcer minber berbienftli<$ fein? ©$on
Snnoceni II. fprad* 1135 auf bem Äongtl gu $ifa bie remissio UrbanS II. benjenigen
10 gu, toeldpe gegen Stoger bon ©igilien unb ben ©egenpapft SCnafietuS 11. bienen toürben.
3#m folgte 1199 3nnoc^ HI., inbem er ben Äampf gegen ben laiferltc^en Statthalter
9KarftoaIb gum Äreuggug ftempelte. Unb berfelbe $ßaj>ft ift, toie befannt, ber Urheber ber
Äreuggüge toiber bie ßatyarer (1207 ff.). — 2öurbe ber &reuggug&3l. bon Urban II. nur ben*
jenigen gugeftanben, toekfye ficfy in ^Jerfon ben Sföüfyen unb ©efa^ren beä iter Hieroso-
15 lym. untenpgen, fo fonntc man \t)n bo<$ gan* ober gum 5EetI au$ benen gu gute fommen
laffen, toelcfye ficfy, toenn aucfy ofyne if?rc $erfon aufs ©ptel gu fefcen, bur$ Unter«
ftüiung beä ^eiligen ÄriegStoerfeS berbient matten. 3U biefer Sluäbe^nung na^m bereits
©elaftuS II. 1118 einen Slnlauf, no# ftärler Giemen« III. 1188 unbgöleftin III. 1195.
*pianboll burd&gefütyrt ift fte aber erft bon^nnocenj III. (1198), inbem er befümmte, bafj
20 ani) biejenigen, toeld&e auf ifyre Äoften eine tyrem Vermögen angemefjene Sinja^I bon
Äriegern inä fyeil. £anb fenben, ben Äreuggug&ä. empfangen follten, toäfcenb bie de bonis
suis congrue Seifteuernben biefer remissio tcilljaft toerben foulen „juxta quantita-
tem subsidii et praecipue secundum devotionis affectum."
2)ie bei ben foeben genannten Sßctyften borfommenbe Srteilung be$ Jtreuggug&ä. nai$
25 2Raft (secundum quantitatem laborum — fo ©elaftuS; aucty bei SUeranber III.
ftoften tütr 1169 unb 1181 auf fie) fann ate Setoete bafür gelten, bafe ber ftreuggug&SI.
ftd; bamalä nur quantitatib bon bem gehenließen (J?ird^en=)2l. untergeben tyd; bajj
fomit bie früher fyerrfcßenbe, gulefct nocß bon §inföiu« (Äircfyenred&t V, 155 f.) bertretene
SSorfteHung, afö ob toir e£ ßter mit „ßrlafc ber ©ünben" gu ttyun Ratten (bie na<$ §in»
80 f$iu$ fogar aud^ Sifc^öfe getoä^rt fyaben), im Unrecht ift. 2)iefe SBorfteüung fann fk^
aHerbing« mit fd^cinbarem Siebte auf ben ©prac^gebrauc^ berufen, toie tbir ij^n bei ben
köpften gleich im 12. ^a^r^unbert finben. i)et getbö^nlic^e $artialabla^ toirb in ben
päpftüc^en Urfunben regelmäßig relaxatio, remissio ober indulgentia (le$tere$ tbtrb oDmo^
lic^ feit @ugen III. üb(id^) de poenitentiis ober genauerde injuncta poeniten-
36 tia genannt, baneben aber gelegentlich aud^ peccatorum relevatio (©ugen III. 1145)
unb peccatorum remissio ($abrian IV. 1157). Slucty ber 5lreujjug«sä. toirb mitunter
no$ bon ben Wafy olgern UrbanS IL afö @rlafe berpoenitentia peccatorum bejeid^net.
So bon ©elafiuS II.: poenitentiarum remissio et indulgentia, bonälleranber III.: re-
missio injunctae (impositae) poenitentiae, bon ©regor VIII. unb Söleftin III. : im-
40 positae.satisfactionis relaxatio. aber ba^ ftnb SluSnafymen. ©c^on bei ßalijtu« II. taucht
biejenige Se^eic^nung auf (ifyre erfte ©pur ift btellei^t fd^on bei ^afc^alte II. gu finben),
bie bann bon 6ugen III. ab in mannigfachen Variationen jur ^errfc^enben getoorben ift:
peccatorum venia, remissio, indulgentia (bie$ juerft bei ätle^anber III.), balb auc^
omnium peccatorum remissio ober plena peccatorum remissio. 35ie ©rtlärung
46 biefe^ Sprad^gcbraud^e^ bietet ja o^ne Jra9e icncö ©tabium ber SBu^raji^, in toelc^em
nod; bie remissio peccatorum bem ^ömtenten erft nad^ Slbleiftung ber poenitentia
(satisf actio) gugefprod^en tourbe. SBietoeit er aber nod) in ben Serbältnifjen beä 12. %dfyc*
^unbert^ begrünbet toar, ibietocit in feiner Beibehaltung fd^on bamate eine ga^rläf^gfeit
ber ^äpfte fid^ geigte, bebarf noefy ber Untcrfud)ung. ©^ gewinnt bo# ben ^nfd^em, <&$
60 ob er fcfyon bamal^ ftarf irrefü^renb getoefen fei, unb um fo bebenflic^er, atö 1. indul-
gentia peccatorum (= remissio pecc.) ebenfo toie ba$ beutfcfye „äblafe ber ©ünben"
(fo im ©laubenSbcfenntniä fd[)on bom 9. ^a^unbert ab) feit alter« bon ber ©ünben-
bergebung gebraust tourbe, unb alz 2. e« ntd^t gang an ^äpften gefehlt fyat, toelt^e im
.gufammen^ang mit ber ©fenbung be« ^lenarablaffe« ©ebraud^ matten bon i^rer alten
66 bufeoberricfyterlicfyen Scfugni«, ©ünbenbergebung gu erteilen.
II. Grfte Umbilbung ber 3.: bie 21. aU 9?ad;lafe ber jcitlid^en ©trafen
bcr©ünbeüber^auj)t. — 2lu|erlid^ betrachtet bleibt ber 31. im 13. 3>aljrfyunbert
berfelbe toie bieder. 3n ben Väfftlic^en SuHcn finben toir gunäcfyft faum irgenb ein Sn)et$en
einer ^inberung. Unb bod^ ift in bem genannten ^afyrfyunbert ettoaS böHig anbereö au*
eo $m gemalt toorben : bie alte gorm l)at einen gang neuen %nt)alt erhalten. 2)iefe Um»
3ttbitlgen$ett 81
bilbung ift ober merftoürbigertoeife nic^t bon ben ©ctyöpfern biefeS ^nftituteS ausgegangen,
fonbern t>on feinen Interpreten. @& toirb toenigc Seiftuele geben für eine 3Jcac$t ber
2^earie, tote fte $ier ft# entfaltet fyat. 3)iefe Styeorie ift aüerbingS felber toieber baä
flinb ber SPrajte, jenes großen UmfcfytoungeS im Su&toefen, toelc^er um bie SBenbe Dorn
12. gum 13. 3ja$rtyunbert feinen Slbfölujj gefunben Ijat. 3)ie 93ufce ift jum ©aftament 5
getoorben, beffen einzelne ©tüdfc nacfy SBefen unb Sßirfung auf baä genauefte unb jum
leil in neuer SEBeife umfd&rieben toerben: bie contritio, bie tbm je^t (1215) jum fircfc
liefen ©efe$ erhobene confessio unb bie satisfactio. Unb gerabe btefeS ©tücf ber 33ufee,
an toeh$e3 bie 31. ftdj angefnüpft Ratten, fyat bon allen bie belangreiche Slbtoanblung
erfahren. Äein Söunber! Ratten boefy mitttertoetle burefy baä aQmä^Uc^e SBorrüdfen ber 10
Sbfohttion, tyren unmittelbaren Slnfd&lufc an ba$ ©eftänbniS ber ©ünbe unb bie bereit*
billige Übernahme ber Sßönitenj, bie ©attefaftionen tyre altftrctylic^e Sebeutung verloren,
fo bafc fte, faß« fte nic^t überhaupt fortfallen foUten, auf eine neue ©runblage geftellt
toerben mußten. 6$ toaren Slbälarb unb feine ©efolgmänner, Ideologen toie Robert
$ullu3 unb Slid^arb bon ©t. 33ictor getoefen (f. Äarl 9ftüller, „$)er Umfcfytoung in ber 15
2e$re bon ber 8ufee", S. 304ff.), toeld&e biefe Aufgabe gelöft, ben ©atiäfaftionen ein
neues, faß unermeßliche* gelb ber SBirffamleit eröffnet Ratten. 3n liefen 9Kännern ^atte
nämtic$ btc 2ßtffenfc$aft btc ©ntbedung gemalt, bafc ein grofjer Unterföteb fei jtoif^en
ber bem ©ünber in ber laufe ju £eil toerben Vergebung unb berjenigen, toeld&e tfym bie
seeunda post naufragium tabula, bie poenitentia, getoö^rt. 3)ie laufe befreit ben 20
9ienf$en bon aller ©d&ulb unb ©träfe. 3n ^tx Sufce bagegen toirb ber ©ünber jtoar
femer ©ünbenföulb unb bamit jugleicfy ber etoigen ©träfe lebig, nicfyt aber, ober boefy
toemgftenS nur jum Steil (e$ fei benn auSnafymätoeife bie contritio fo grofc, ba| ©Ott
fte jugleicty al$ etne auSreictyenbe ©enugtfyuung anjunefymcn bermag) frei bon ben seitlichen
Strafen ber ©ünbe, unter benen btejemgen beä gegefeuerä an furchtbarem ©rnft unb 26
gtytoere alle anberen toeit hinter ft$ laffen. 3)iefe geitlic^en ©trafen — fo erforbert e$
bie göttliche ©ered&tigfeit — mufc ber ©ünber, toelc^er trofc ber in ber Saufe ifym ber*
lidpnen ©nabe gefallen ift, erft abbüßen, er mufc fte loslaufen, inbem er ©Ott ein pre-
cium ja^tt, ibm babur$ genügtet (bie poena satisfactoria ein sufficiens pretium
ad solvendum debitum). ©0 getoonnen bie fyerfömmlicfyen ©atiefafttonen, unter benen 90
Bebet, gaften unb Sllmofen obenan ftanben, einen neuen 2Bert unb einen faft unfcfyäfc*
baten: alö ©<$u$mittel toiber bie ©trafen beä gegefeuer*. SBeld&e 9lu*ftd^t aber mufete
fä bamit jugleicfc ben 21. eröffnen, beren Sebeutung ja bon 3lnfang an in ber Befreiung
bon ©attefaftionen beftanb ! 2)ie Folgerung au$ jener Umtoertung ber ^Jöniten^en Drängte
fufy auf : e$ mu|te badäBefen beö2l. neu befiniert, jugleid^ and) eine t>odftänbige X^eorie 35
btefer neuen ©röjje auf geftellt toerben.
iBer S. ift Befreiung nic^t mc^r t>on ben fircfylicfyen Sufeftrafen, fonbern üon ben
oon@ott über ben begnabigten ©ünber behängten seitlichen ©trafen be* 2)ie«feitS unb
bffonber* beö^enfeitä. ^e relaxatio poenitentiae injunetae toar antiquiert, mochte
gleich bie gformel afö fold^e i^re ^errfd^aft be^au))ten. W\t bem ßrlag ber auferlegten 40
8u|e (ber poena satisfactionis taxata seeundum quantitatem eulpae) foQte fortan
basjenige befeittgt toerben, ju beffen Mbbtifeung bie bon bem Sßriefter in unftd^erer ©c^ä^ung
auferlegte poenitentia ober satisfactio beftimmt toar. ©omit toar an bie ©teile jeneä
beengen SrlaRe^ in äBa^r^eit ein anberer getreten : bie relaxatio poenae debitae pro
peccato (fo alcicanber bon $ale«, Summa Theol. IV, Qu. 83 Membr. I Art. I) 15
ober (feie 2$omaö bon Slquino, Gommentum in quatt. libr. Sentent. IV, Dist. XX Q. I
Art III, borfi$tiger ft$ au^brüdt) bie remissio poenae residuae post contritionem
et eonfessionem et absolutionem sive sit injuneta sive non. Demgemäß toiber^
legt 2$oma3 t>on 8quino biejenigen, toelc^e, an bem früheren ä. feftfyaltenb, bie 2lnftc^t
t«traten, „(quod indulgentiae) valent ad absolutionem, qua sacerdos obligavit 50
poenitentem ad poenam aliquam vel ad quam etiam ordinatur ex canonum sta-
tuÜ8M, unb fttmmt bagegen ber Se^auptung ju „(quod) valent ad absolvendum a reatu
poenae quam quis in purgatorio seeundum Judicium dei meretur."
femlicb: „remissio quae fit quantum ad forum ecclesiae, valet etiam quantum
•d forum dei." ©onft (eine bur<£f#lagenbe grtoägung, auf toeld^e toir regelmäßig bei 56
bat S^olaftifern ftofeen) toürben bie 91. auf eine Xäuf^ung unb ©d^äbigung ber mit
fem öefc^enften tymauälaufen (Sllqanber t)on $ale^ a. a. D. : „si ecclesia relaxat et
deus non, magis esset deeeptio quam relaxatio et crudelitas quam pietas,
quia tunc ad diminutionem poenae praesentis sequeretur alia incomparabiliter
grtvior in foro dei"; 3$oma$ bon 2lqumo: „ecclesia magis damnificaret quam go
*ul*ucttlop&blt für Zoologie unb fffr^c. 3. «. IX. q
82 3ttbitlgett)tit
adjuvaret, quia remitteret ad graviores poenas, seil, purgatorii, absolvendo
a poenitentiis injunetis"). — 3n b« Stellung ber SL jur SBufee ifl burtfc biefc tübi*
fale Umgeftaltung nüfyt« geänbert. 2ßie bi«tyer ber ©rlafc ber ^ßömtenjen bie Übernahme
berfelben bon fetten be« ^Jönitenten unb bamit bei biefem SReue unb Seilte jur 3Sor*
6 bebingung fyatte, fo gilt awfy jefet contritio, confessio unb absolutio sacramentalis
nebft ber 2lnnafymc ber ric§terlic$ feftgefe^ten ©attöfaftion al« nottoenbige 93orau«fe£ung
für bie 21. SRur bemjenigen lann bie jeitlid&e ©träfe erlaffen toerben, bem @$ulb unb
ctoige ©träfe bereit« bergeben fmb, toe«l)alb Sobfünbern bie ä. iriqfti nüfcen: „nulli
potest dimitti poena, nisi cui jam dimissa est culpa, . . et ideo non valent
10 (indulgentiae) existentibus in (peccato) mortali, et ideo in omnibus indulgen-
tiis fit mentio de contritis et confessis" (Storno«, a. a. 0., Art. V). „Omnibus
vere poenitentibus et confessis" ift in betrat bon ber 2Rttte be« 13.3ja^unbert«
ab bie, toenn auefy feinestoeg« bei allen, fo bo# bei ben meiften JOblafibetoinigungen axfc
brücflicfy aufgeführte Sebingung be« ßntyfange«. 35eutlicty genug liefe fie bie Sejie^ung
16 ber 31. jum britten leil be« Sufefaframente« burcplicfen.
9Jht bent 33i«tyerigcn ift ba« SBefen be« neuen 21. erfcfttyfenb angegeben. 2Ba« bie
Styeorie fonft nod) enthält ift au«fcfymücfenber, re<$tferttgenber 9!atur. ©iner Rechtfertigung
beburfte aüerbing« biefe« böüig neue Unterfangen, ber Äircfye eine unerhörte 2Rai^t guju-
föreiben, auf ba«©tärffte. 2)enn toer fyättc noefy ein ^afyrljunbert früher baran gebaut, ba|
20 bie 9Kacfyt ber ßirctye, be« ^ßa)>fte^ ft$ betoetyren toerbe in bem totMürüd&en (Srlafe ber gött*
liefen ©ünbenftrafenV 3)afc fie imftanbe fein totirbe, na$ ifyrem ©efallen bem atö biefem
irbifäen Seben abgerufenen Reumütigen unter Befreiung bon ben gefürdjteten Dualen be«
fjfegefeuer« fofort ben §immel ju öffnen ober tym ben peinlichen SBfafenttyalt toenigften«
abjufürjen? SÖBenn fcfyon ba« fic^erfte gunbament, auf toeld[>e«man biefe iJtacfytbollfommen*
25 fyeit ber Äir^e jule^t fid& grtinben tiefe, bie Äir<$e felbft toar, al« toeld^e in t$rem 2$un
nic^t irren fann (fyter aljo in einem 3#un, toelcfce« man" i&r foeben erft untergeföoben
hatte!), fo muftte eben biefe« £bun boefy no# immer, fo gut e« ge^en toollte, bogmattfö
begrünbet unb in feiner SSernünftigfeit aufgezeigt toerben. 35ie Styeorie, toeldfre biefe« ju
leiften unternahm, lag alten ^auptyunften naefy bereite in ber erften§cUfte be« 13. 3alp
so fyunbert« fertig bor: benn e« ift 2Uejanber bon §ale«, ber al« tyr Mafftfd^er Stattetet
(unb Urheber 0 gelten barf. ©eine großen SRactyf olger, bie ^eroen ber ©i^olaftif, toeld^e
bie näcfyften ^a^e^nte fatyen, fyaben i^n au^gef^rieben, toörüid^er ber eine, toeniger toört*
lic^ ber anbere. 3m 9«n^ ^6en fie ftcfy barauf befc^ränft, ^ie unb ba eine Sinie anberd
ju jieben, eine Unebenheit ^u glätten, »ur Überlüinbung ber bon allen Seiten $erem*
86 brec^enben ©(fytoterigfeiten einen neuen 2lnlauf ju nehmen, neue ©ntoürfe jurüdjutoeifen.
(Sin reifes 3Wafe bon ßrfinbung^gabe, ein gröfjereS bon ©c^arffmn ift ^ier aufgetpenbet,
oft genug bie ©op^iftif ju $ilfe gerufen — unb boefy gab e^ noc^ am ©djluffe be«
SJlittelalterö fo mand^e ^rage, in betreff beren feine (Sinftimmigfeit ergielt h>ar, ober bie
überhaupt feine befriebtgenbe 2lnth)ort gefunben tyatte, unb me^r al^ einen ungeloften
40 ffliberfjjrud^.
6« bebarf ^ier nid^t erft eine^ 2lufriffe« ber oft bargefteHten fd^olajtif^en X^eorie
bom 21. SRur barauf fei Ijingetoiefen, bafe fie jurücfgreift auf eine bebenflufce @rfc^emung
au« /#ber 3eit beö SSerfaH« bc« S3ufeh)e?en« unb Seräu&crlictyung berfelben" in ben Zagen
ber 3)lerobinger (f. über biefc ^infdjiuö a. a. D. IV, 827), auf bie bei ber 8u|e ge*
45 ftatteteStellbertretung gegen Sejablung, tote überhaupt erft je^t—in ber2#eorie —
ber ©cbanfe ber Slebcmtion unb Äommutation bei ben 21. eine Mode ju fielen beginnt
3n ben Kommentaren jum Sombarben fyabcn ba^er bie 21. i^re ©teile gefunben Hb. IV,
dist. XX, too ber 3Kagifter feinen ©a$: „Quod morientibus non sit imponenda
satisfactio" buxd) ein Gitot au« bem fog. Poenitentiale Theodori begrünbet, in bem
60 c$ fyeifct, bag bei ben ©terbenben „cum amicorum orationibus et eleemosynarum
largitionibus pondus poenitentiae (est) sublevandum". 2ln biefe« Sitat (ba« übrigen«
auefy fd^on 2llejanbcr bon §ale« in feine* Summa an$iefyt, IV. Qu. 83 Membr. I Art. I)
fnüpft ftd) nämlic^ bie Karbinalfrage, bon ber no^ $etru« Sombarbu« nic^t« getouft
l;atte : „An unus pro alio possit satisfacere" (bgl. au^er 2llejanber bon &aleS g. SB.
66 Sonabentura unb 2tyoma« bon 2lquino). Unb bie $tage toirb — toir brauchen und ^tcr
nur an 2llejanber bon §ale« ^\x galten (Membr. I, Art. I unb II) — unbebenBty
bejaht. 6« fommt nur barauf an, baf; ber ©ünber ein sufficiens pretium ad sol-
vendum debitum fyat, ob per se ipsum ober per suf f ragium alienum ift für bie 3Bir»
fung gleid^giltig. 6« ift ein einfache« SRed^cnejemJ)eI bon debitum unb pretium. Sott
v*) erfcfyeint ^ier al« ein getoiffenfyafter $anbel«^err, ber alle opera satisfactoria mit unfe^lbam
dnbulgenjen 83
6i$er$eit obtoogt unb bufy, fycx baS gcfyulbfonto ifyreä Urhebers tilgenb, bort fte tym aU
merita )u gute företbenb, e$ fei benn, bafe fte bon juftänbiger Seite jur Sefettigung be$
Seftg^tö ehteä anbeten beftimmt fmb. 3)ie Äontyofttionättyeorie ift ^ier eine erfolgreiche
Serfrutbung eingegangen mit ber altfircfylid^en SSorftellung beä 9?erbtenfte3 (bie übrigens
in anberer SBeife — f. §arna<f, 3)@ III8, 302 — f$on lange in baä Sufetoefen ^inein= g
gezielt ^atte). ßiernacty ift alfo ber 21. eine relaxatio poenae auf ©runb ber solutio
eine* anberen (am ©$luj$ beä Mittelalters brüdft baä ein 2lblaf$(prebiger tüte go^ann
tom <ßal( Dolfetümlic^ au3: „Indulgentiae non sunt aliud, quam sicut unus sol-
veret cecham pro alio vel redimeret alium de hospitio", Celifod., Lips. 1515,
9L V 6b). Unb biefer anberc ift bie Kirche: „merita ecclesiae satisfaciunt", unb fte 10
entnimmt fte, um bie 3a^un9 &u Giften, au$ tyrem ©$a$e (»pro eo solvendo de
ecclesiastico thesauro")- auf biefe giftion bon einem ber «ircfye gehörigen ©$afce
(ben „erogationes raembrorum Christi et Mariae de supererogationibus meri-
torum Christi" — Membr. III) fa^ fic§ bie ©cfyolaftif burefy bie 5Rottoenbigfeit geführt,
bafc ba$ 9le$t, bem einen auf ©runb ber merita eines anberen relaxatio ju gemäßen, 13
auf bte93if$öfe unb lefctlicty ben einen summus sacerdos beföränft bleiben mufete: bie
Sertooltung ehteä ber ganjen flirre ge^örenben ©cfyafceä lonnte natürlich nur bon biefer
3nftan ausgeben.
ffiir $aben un3 bisher nur mit ber t^eoretifd^en Untyrägung be$ SL befcfyäfttgt. SQStc
ffcHtm fwfr nun bie ?ßä}>fte ju biefem $unbe ber ©cfyolaftif ? Gine auSbrüdflicfye Slneig* 20
rantg beweiben Don tyrer Seite finben toir erft ettoa fyunbert ^afyre fpäter: in Element VI.
Bulle „Unigenitus" bon 1343 (c. 2 de poe. et re. in Extrav. comm. V. 9). §ier
$ ntyt nur bie bem SDBefen be$ neuen 21. entforectyenbe gormel bon ber „remissio
poenae temporalis pro peccatis debitae" übernommen, fonbern auc§ ber „infinitus
thesaurus" ber SSerbienfte Sfyrifti, ber ©otteSmutter unb aller (grtoäbltcn, beffen SSer* 25
toalter ber %etru$na$folger ift, aU niemals auSjufcfyötfenbc Quelle ber 21. gefeiert. älllein
ju ®ute getommen toar ben köpften ber neu entbedfte ©$a$ längft — unb nid^t julefct
in entern Segen bon Hingenber SJtünje. 3Rag auety fcfyon ber ÄreujjugSablaft in ben
lagen graween)' III. einen ntcfyt unerheblichen pefuniären (Srtrag abgeworfen fyaben, ber
©tunb px bem SL aU einer finanziellen ©röfee ift boefy erft jefct gelegt toorben, jumal, 30
ba nunmebr au$ ber 2eilablaf$ tote mit einem ©daläge eine ungeahnte Scbeutung ge*
tootmen &atte. 2Bte $0$ toar boefy ber (Srlafj bon ein paar Sauren, ja felbft bon etlichen
Bocken an SBert geftiegen, toenn e$ fiety nic^t blofe um ben 9tacfylaj$ bon Äircfycnftrafen
banbelte, fonbern um eine Slbfiir jung ber s#ein be$ ^gefeuer^ ! 33tö ba^in toar ber ßirc^en=
ab(a^r tum bem Streujjug^abla^ in ben ^intergrunb gebrängt, für bie Jturie faum bon Se= 35
lang getoefen. SBir fa^en, h)ie fpärlid^ im ganzen bie ^äpfte t^n gefpenbet Ratten: 3"s
noceni III. toä^renb einer fectyje^njctyrigen Regierung ettua fünf* ober fecfßmal. !Je$t
tomte er mit einemmale eine gangbare SiSare. Unb bie ^Jäpfte lamen — nicfyt ju
i^rem Stoben — ber SRacfyfrage nad^. 3m 5Hegifter 9lif olau^' IV. (icfy greife biefe« $on=
tifUat beliebig ^erau«) finben toir für bie beiben erften Sctfyre fetner Stegierung (1288— -90) 40
wifcm 400 wtoiDigungen an Äirc^en, Älöfter unb §of^itäIcr. Salb fmb bie 21. eine
fiebenbe 9tubril in ben lajen ber päpftüc^en ^anjlet.
111. Ser Xbla^ aU grlafe Don ©träfe unb ©d^u(b in ben legten
ja^r^unberten be« ^Mittelalters. — 2Öic befannt, bat ber ^lenarablafj ber Hreu^
jöge, atä er nai^ bem @rlöfd^en ber Segeifterung für ba« 1)1. 2anb nid^t me^r ben früberen 45
Ertrag abgutoerfen bermo^te, in bem 9ju&dabla& [f. b. 31. Subeljatyr], ber ©tiftung Soni-
fathtr VIII. aud bem 3«^e 1300, einen ©eitenfcfyöpng getrieben, toeld^er, über ben alten
Stamm ^inau*h)a$fenb, je langer befto hrirffamer bem ©elbbebürfnie ber ^ß(u)fte ent-
S^enlam, jumal feitbem er ()uerft unter 33omfatiu3 IX., im legten 3a^r3c^nt be3
14. ^a^r^unbert«) a\x& au^er^alb 9lom$ gewonnen toerben tonnte — unb nidjt nur jur 00
3atetnedrömif(^m3ubiläum«, fonbern fo oft e« ben $äpften beliebte, biefe föftlic^e „Söarc"
(n mit entern Äarbinal ju reben) in bie Sänber ber Gfyriftenljeit ju Riefen, allein,
«e neue, ftc^ toefentlic^ bon bem alten ÄreujjugSablafc unterfd()eibenbe 5orm ^ex 3-, tob
** »ratfe getoollt ^at, fteBt ber ^ubelablaft nkfy bar. 3)cr ledere foll „ein jjäpftltctyeS
•■ttarrament", unb gtoar baä „boDIommene", toeil „©d^ulb unb ©träfe glei<$mäfjig m
©aframent" getoefen fein, „ba$ gnabenreid^e J)cn>ftlid^e 3[}erföl^nung«faframent beä
(Stiften mit ©Ott" (foSratfe a. a. D. j. 93. ©. 209. 210. 213. 215. 294. 330).
btefem HRhJberftänbnte SratleS lag eine richtige SKa^rnebmung in betreff beä
tx$ 5L im au«ge$enben Mittelalter ju ©runbe, eine äüafyrnetymung, bie er guerft
ben Steueren) gemalt ^at, unb jn?ar cinjig unb aQctit geftüjt auf geunffe (grörte« 1»
84 dttbitlgettjttt
rungen bon jüngeren ©d&olaftifern unb bancben auf ein fyöctyft bürftige^ Urfunbenmaterial,
otyneßenntm« ber©efc$K&tc be« ablafeinftitute« felbft, hrie fte bon berSRttte be« 13.3a$r*
fyunbert« bi« $um2lnfang be« 16. Verlaufen ift. 2luf (entere ift erftßea unb, unabhängig
bon tym, ber SSerfaffer biefe« Slrtifel« aufmerffam geworben. @« lann fyeute al« ertoiejen
6 gelten, bafe e« norf) ju einer brüten gorm be« Sßlenarablaf f e^ gefommen ift, ber
indulgentia apoena et a culpa, unb bafe biefer 21. in ben beiben legten 3a$r$unber*
ten be« ^Mittelalter« eine gang ^erborragenbe SRotte gefielt tyat. $nbem bie )>roteftanttf($e
gforföung tyren Slidf ftarr auf bie S^eoric bom 9L gerietet tyielt, bie in ber Sfyrt
ijentt im toef entließen biefelbc ift toie im 13. 3atyrtyunbert, unb aKe« toaä mit üyt
lonicfyt übereinftimmte al« 9Kifebrau$ ber Sßrarj« beurteilte, ift \fyc biefe neue 2Banbelung
be« ^nftitute« bi« in bie jüngfte 3^t entgangen. 2Bie e« gu tyr gelommen, ift fcute
freiließ noety bunfel. 9tur Vermutungen barüber laffen fidj auffteuen, für beren 83e*
grünbung e« fyter an $la$ mangeln toürbe: bie grage mufe einer eigenen Untersuchung
borbetyalten bleiben.
16 SBerfcn toir gunäcfyft einen 93lidf auf ba« erfte SSorfommen be« X. a poena et a
culpa unb auf feine Verbreitung, ©cfyon um bie SJlitte be« 13. Sa^rtyunbert« nwfc
toorauf eine fixere ©pur beutet, bie ben Äreujfatyrern gehörte indulgentia omnium
delictorum in tociten Äreijen bon ben ©laubigen aufgefaßt fein al« liberatio (ober ab-
solutio) a poena et a culpa (f. be« 3)omimfaner« 3^oma« bon 6$anttmpr6 fi>äteften«
30 1258 begonnene« unb fpäteften« 1263 bollenbete« 2Ber! „Bonum universale de api-
bus" II, 2). @« ^at bafyer nickte auffallenbe«, bafe hrir einige S^e^nte f)>äter au^
ben angeblich bon öonoriu« III. im 3afce 1216 bem &l.gftan$ bon Styftft für bie Stinte
S. Maria de Angelis (ober de Portiuncula) betoißigten Sßlenarablafe, indulgentia
omnium peccatorum, al« indulgentia ab omni culpa et poena bejeic^net finben
26 (f. über ben $ortiunculas2lblafe bie neueren gorföungen bon Sßaul ©abatier: „Un nou-
veau chapitre de la vie de S. Frangois", *jkri« 1896, ferner „fitude critique sur
la concession de Pindulgence de la Portioncule ou pardon d'Assise" m ber
Revue historique T. LXII, 1896, ©. 282—318, unb bie neuefte, au«fü$rfi($e Unter*
fucfyung in ber Umleitung ©abatier« ju feiner jüngften Duettenj)ubU!ation : „Fr. Fran-
30 cisci Bartholi de Assisio Tractatus de indulgentia S. Mariae de Portiuncula11,
$ari« 1900. Db man, toa« mir Ijöctyft atoetfefyaft, mit ©abatier bie @#t$eit ber 8e*
toiUigung ßonoriu«' 111. behaupten barf ober nicfyt, ift für bie tyier aBein in 93ctra$t
fommenbe Sßertung be« $orttuncula*2lblaffe« glcidjgiltig). ©o nennt tyn, ettoa um 1279,
ber befannte grami«faner $etru« gofyanni« DKbt in einer leiber nur al« ©ruc^ftücf auf
36 un« gefommenen Slb^anblung (bgl. „Fr. Petri Joannis Olivi Quaestio hueusque in-
edita de indulgentia Portiunculae", ©. 3 be$ ©eparatbrutfe« am ben „Acta Or-
dinis Minorum" An. XIV fasc. VII [Quaracchi 1895]). S)ie absolutio a poena
et a culpa erfcfyeint auc^ in ben ft>äteren amtlid^en 6r(affen gtoeier Sifc^öfe bon Äfjifi,
^eobalb«, ettoa au« ben Sauren 1310—20, unb Äonrab«, au« bem 3a#re 1335 (f. bie
40 2Utenftü<fe bei ©abatier in ber ertoäfynten (Einleitung p. LXXVIIsqq. unb XCsqq.)
al« ba« ©pcjififctye be« $ortiuncuIa-3lbIaffe«. §n biefer feiner (Sigenart (beren ftc^ Da»
mal« auberläffig fonft fein einziger Äircfyenablafc rühmen burfte) ^at er ftc^er balb na<^
3)tittc be« 13. gafytyunbert« in ben Äreifen ber ©})iritualen ftd^ be« afler^öd^ften Slnfe^en«
erfreut. ©« ift ba^er bielletc^t lein 3ufa^/ toenn ^er «P« vty% *>tx au«brüdli(^ in ehw
•i-"> ScUrilligung bon stUcnarabIa^ bie absolutio a culpa et poena aufnahm, niemanb
anber« getoefen ift al« $etcr bon SWurr^one, ßöleftin V., beffen Sanierungen ju ben ©}>U
rttualcn befannt ünb (bgl. SM* IV, 202). @$ toar bie ©enebiftinerfiretye S. Maria de
Collemadio $u Slquila, toelc^er ber 5ßaj)ft für ben 3ja&re3ta8 *>w ®nt^auj)tung ^o^annc«
be« Säufer« (29. 2luguft), ben Sag feiner Ärönung in biefem ©ottc«^aufe, am 29. ©ej>*
r>o tember 1294 biefen 21. gehörte. (So ift ba« l^erbienft Sca'« 111, 63, auf biefe Urtunbe
bei Raynald. 1294 n. 13 = Potth. 11, 1919 n. 23981 aufmerffam gemacht ju fcaben;
jüngft ift fte nad) bem norf) fyeutc im ©tabtard^ib gu Slquila beftnblic^en Original bon
©abatier abgebrudft, Fr. Bartholi Tractatus, Introduct. p. CLXXXII.)
3Kan fönnte fiefy ju ber Meinung berfud^t füllen, biefer päpftlic&e 81. bon @^uQ) unb
65 ©träfe fei al« folier junäcfyft eine bercinjelte (Srfd^einung. 3)enn ßöleftin« 9tac^f olger 9onu
fattu« VIII. fyat ftc^ beeilt, i^n al« feelengefäfyrltcfy ^u toiberrufen, nic^t einmal, fonbern toieber*
r)oIt („credens forsan animarum saluti consulere, per quod ad delinquen-
dum laxandi habenas occasio potius praebebatur, quasdam in ecele-
sia vestra indulgentias statuit, ut qui certis temporibus ad ecclesiam ipsam acce-
go derent, forent a culpa et poena delictorum suorum omnium absoluti", fogt er
3fttbit(gettjttt 85
tom Sölefhn in bcr crftcn SReDofation Dom 18. Sluguft 1295, f. „Les Registres de
Boniface VIII, publikes par Digard, Faucon et Thomas" [= ,Bibliothfcque des
ficoies Francaises d'Athfcnes et de Rome', IV, $ari« 1884], ©. 274 f.; Dgl.
6. 286 f. 609 f.). Snbeffen, e« fragt fid) bo<&: &at Vonifatiu« VIII. ftd) mit biefer3urücfc
nannte al« (Segner be« 31. Don ©träfe unb©<$ulb überhaupt au«toeifen tooffenV ober fyat 6
er nur bie (Srteilung eine« folgen 31. an eine £ird)e al« eine gratia perpetua für Der*
berblicty gegolten V 3)afc er feinen eigenen 31. Don 1300 — trofc ber bofftönenben Ve=
jettfcmmg beweiben („non solum plenam, sed largiorem, immo plenissimam ora-
nium peccatorum veniam") — nur ol« ©traferlafj fyat Derftanben toiffen tootlcn,
bafür f$eint bie 2^atfad)e gu ft>red)en, bafe ber tym nafyeftefyenbe Äarbinal ^o^anne« 10
3Rona$i in feiner ©loffe ju bem 3>ubtläum«ablaf$ biefe« Zapfte« (c. 1 de poe. et re.
in Extra v. comm. V. 9) $u „peccatorum" anmerft: „id est poenarum pro pecca-
üs debitamm". Slttein berfelbe ©loffator (übrigen« Don ßöleftm V. jum Äarbinal er*
toben, geft 1313 — f. $. 3R. Vaumgarten, Unterfud)ungen unb Urlunben über bie
Camera Gollegii Cardinalium für bie £eit 1295—1437, Seidig 1898, ©. 276) er* 15
Bort gleufyoofyl Don biefem 3jubiläum«ablaf$, bafe „per istam indulgentiam, quae
rere poenitentibus et confessis conceditur, duplex indulgentia, eulpae vi-
delicet et poenae, habetur" (in ber Don fto^onne« ßfyajtyui« beforgten Slulgabe ber
Extravagantes communes, *ßari«, 2tyielman ÄerDer, 1505, 951. 54b; Dgl. and} VI. 55b
bte SBenbung: „ista indulgentia, per quam fit totalis eulpae remissio et totius20
poenae"). &ie „8o«ft>red)ung a poena et culpa" begegnet un« and) in ber berühmten
Sefatole (Semen«' V. Don 1312 (c. 2 de poe. et re. in Clem. V. 9) — unb $toar
al* ein Sificf be« betrügeriföen treiben« ber SlblafcQuäftoren, gegen toeld)e« ftd) biefer
Srfafe be* allgemeinen Äonjtl« DonVienne rietet. Slber ba« Slftenftüdf läfet unentfd)ieben,
ob jene 2o*ft>red)ung al« an jtd) Dertoerfltd) fyingeftefft toerben foH, ober ob fte nur al« 26
(ine Xmtdüberf^reitung ber Sfolafjberfünbiger getabelt toirb. Severe«, fd)on an ftd) ba«
tt$tföemlu$ere, tyit offenbar ber grofee Äanonift Johann Slnbreac angenommen, toenn er
in feiner bem 3afyre 1326 angetyörenben 6Iementinens©Ioffe ju ben SBorten „a poena
et a culpa" bemerft, e« fei ba« jene plenissima peccatorum remissio, toeld)e ben
Ärmjfa^rem getoatyrt toerbe (Constitutiones Clementis Papae Quinti una cum ap- ao
ptratu domini Joannis Andreeju ber angeführten ©teile). Rugleid^ fyabm toir fyier
einen neuen Setoei* für bie toeüe Verbreitung ber un« fyier befd)äftigenben Sluffaffung
be* ftreuj|ug«ablaf[e«, mit bem, hrie toir Don 3°^- 9Konad)i lernten, ber 3iubelablaf$ *>°n
Infang an DöJRg gletdfoeftellt tourbe. ftür jene toeüe Verbreitung fj)rid)t aud) ber Um*
ffamb, bafe fä)on je|t aud) bie ©d)olaftiI beginnt, ftd) mit ber gftage nad) ber Berechtigung 35
bei 3L Don ©träfe unb ©$ulb gu befc^öfttgen.
Übrigen« &at bie Äurie jene« SSerbtft 33onifatiu$' VIII. über ben 31. GöleftinS V.
ttk^ auf bie Stauer aufregt erhalten. @« ift zufällig eine Urfunbe auf un« gefommen,
m todtyx Snnocenj VI., eine Verfügung feine« Vorgänger« 6Iemen«, VI. $ur 3lu«fü^rung
kingenb, einem 9enebi!tiner4tIofter bei Neapel ben St. Don S. Maria de Collemadio 40
btoqmla Derleü>t, 1. Dezember 1353; Urban VI. lie^ 1384 biefe Urfunbe neu au«*
im (f. % 9R. Saumgarten, „Un perdono ad instar del perdono di Aquila" in
ber Rassegna Abbruzzese di storia ed arte 1, 1, Lanciano 1897, ©. 59 ff.). Den*
fdtat 91. nafym auA Sonifatiu« IX. toieber auf (jtoei VetoiQigunaen für ^öln Don 1393
i bei (Ennen, Duellen p ©e{ä)id;te ber ©tabt Äöln VI, 191 ff.). $iefer s^ft, ber 45
fe«$ fein freigebige« ©galten mit Slblafjgnaben, Dielme^r burd) ben fd)am(ofen §anbel
mit ü>nen, toie befannt, alle feine Vorgänger überbot, pflegte aud) ben *Portiuncula*3lblafe
PL gelieren (fo g. V. einer Äölner Ätrd&e 1394, einer Sübecfer 1400), be«gleid)en ben
w«w|cn#' 31. Don ©. 9Jtarco gu Venebig (3. V. Äöln 1394, Sübecf 1395). Von biefen
beben SMäffen Derfe^lt eine gleid))eitige Äölner 3luf)eid)nung nid)t ux bemerlen, ba^ e« 60
SMäfee ffa poena et a culpa" feien (f. (Snnen VI, 314), toie aud) ber SWat Don Sübedf,
auf eine SCnfraae fyin, Don bem 3)ogen Don Venebig (1396) barüber belehrt tourbe, bafe
tar betreffenbe ». Don ©. 9Karco „indulgentia tarn eulpae quam poenae" fei (Ur=
hrabenbueb ber ©tabt Sübedf IV, 7 19 f.). — Slud) vivae vocis oraculo erteilten bie
fopße gelegentltt^ ben „31. Don ©träfe unb ©$ulb". ©0 Slle^anber V. 1409 auf bem 55
ÄCTtul ui $ifa, 9?ilolau« V. 1452 bei ©elegen^eit ber Äaiferfrönung ^riebric^« III.
(i Srieger ©. 48. 51). ®ie üppige Verja^toenbung, mit toeld;er bie legten ^äpfte, be-
Wer* cmd? 3o&ann XXIII., biefe „DoDiommencn Slbläffe Don ©träfe unb ©ä)ulb" Der=
Wen fptten, rief auf bem Äonftanger Äongil ben Verfud) l^erDor, bem Untoefen ju fteuern.
&xi) erregten bie ©Vnobalen nid)t me^r, a(« baf; üßartin V. in feiner SKeformafte Dom eo
*6 3«kalgttjiai
Januar 1118 eine beftimmte Älaffe biefer Ä. hriberrief, nämlich bie einzelnen* Drten ni=
gatanbenen: indulgentias, „quae dieuntur depoenaet culpa sive de plena
remissione, eoncessas locis" (f. Srieger 5. 4 8 jf .). £er un$ $icr begegnenbe ©praefc
gebrauch ber Äurie, biefe gän^Itck ^bentift^ierung bon „^lenarablafe" unb „©traf* unb
s 3<hulb=2U>IaB", toar ntdjjt neu: toir ftnben iJbn fd^on in amtlichen (Sriaffen Sonifatiuä* IX.:
rpa poena et culpa vel plena indulgentia omnium peccatorum" (f. Sricger
3. 12. 47 f.). üRit gutem ©runbe bat baljer ber Äanonift $otyum bon Smola (gefL 1436) ge*
urteilt : „quod ubi fit plenissima remissio omnium peccatorum, intelligitur facta
a poena et a culpa ... et si, quando conceditur plenissima remissio, adjici-
lu tur ,a poena et a culpa', videtur adjeeta in superabundantem cautelam" (f. bie
Summa Rosella bes Baptista de Salis s. v. „ind.").
Xaß bei biejem treiben ber fturie au* ba£ SSolf balb bie 91. bon Strafe unb
Schult) t>on ben gehenließen 9. $u unterfdSeiben toufcte, tft fdbjrberftänblt$. Sic toir
in itaüenifcben Gbroniten fd)on in ber erften §älfte beä 14. 3<u)rf;unbeit« bie indulgenza
iadi pena e di colpa ftnben, fo im 15. ^obrbunbert niety fetten aud) in bcutfd)en —
mag es flct) nun um Subelabläffe ßanbeln, toie biejenigen be$ Safelcr Äonjtte (14-36),
Mfolaus' V. Ü451), ^nnocen*' VIII. (1489), ober um bie Ärro»uggaMäffe Galirtu** 111.
(1458;, $ius' II. (1461), kernte 11. (1468), ober um ben 3or^mteraMafc bon 1481,
ade toerben gleußmäfeig gerühmt aU „@nabe unb Äblaf; bon $ein unb ©dbulb"
uo (einige Selege bei ©rieger S. 38 f.). Unb ba$ nämlicr/e läfct jtd) au$ für bie3eit gutfcrf
nad)toeifen. £afür tann neben anberen fein geringerer afö 3ofcrm ^e^el al* Setoei*
gelten. 21U im 3abre 1516 .§erjog ©eorg bon Saufen für feine Sieblingefctjötfung
St. ännaberg bie „römif(r)e ©nabe", ben „Subileus", auätoirfen tooJtte, liefe er ftd) bon
„$ater lefcer eine „^nftruftion" für bie an ben tyäp\t ju rid)tenbe »ittförift auffefcen
26 (f. biefelbe 35t© XII, 543 ff.). ßier Wßflt lefcel bor, ber #enog folle forbern, bafe
biejenigen, toeldje bie 2lnnaberger ftird)e an beftimmten Jagen Wfucßten unb für ü)ren
Sau ©elbfpenben beitrügen, „plenissiraam omnium peccatorum suorum, de qui-
bus corde vere contriti et confessi fuerint, poenae et eulpae remissionem
et indulgentiam" erlangten.
so 2lngefid)t$ berartiger 3eugniffe bon ber aSerbreitung ber S. bon Strafe unb ©<$ulb
berührt e$ fonberbar, toenn ein ^topfit be* 18. 3cü)r$unbertö, ber gelehrte Senebiftu« XIV.,
alle 21. biefer 3trt für f;öcf;ft berbäct/tig erflärt tyti, \a toenn man iux$ im 19. 3a$r$un*
bat bas „a culpa" $u einem Äennjetcfyen ber Üned)u)eit ber 21. gemalt r)at 3jjr>ar
hatte fefcon Seilarmin unb nod) entfd)iebener ber 3efuit ©uarej ba$ tt^äcMicfclBor*
36 lommen biefer 21. anerfannt. 35o$ tyd man fie bis in bie neuefte $t\t nact) SlwglidUeit
ju bertufer^en gefugt (f. Srieger 6. 42) — toa« nact) ben oben ertoä&nten proteftam
tifd>en Slrbcttcn bon 1896 unb 1897 ein bergeblid&e* beginnen fein hnirbe.
2i5ir begreifen btefe 2lbneigung gegen bie Ibatfacfye unb haben ein ©efütjl für bad
s^einlic^e, ba$ in i^r liegt. Sc^on rein gefcfyidjtlicr} betrautet, mufe und ja biefe @rfd>etnung
io befremben. £ie erfte SBanbelung, n>e!cf>c ber 21. burtbgemac^t fyat, feine 21u«ber)nung bon
bem 9lad^Ia^ ber Äirc^enftrafen auf ben (Srlafc ber jeitlicr)en ©ünbenftrafen be« 3)te«fettd
tüic be^ Senfeite, toie gewaltig unb folgenreich fte auet) {ein mod)te, l^it bod) infofern
nic^td auffaDenbe«, ald bie9fotur bed 21., afe einer S3efeitigung bon Sünbenftrafen, ba*
burd; nic^t geänbert tourbc. %*bt bagegen toirb er auf ein gang neue*, ic^n frembed
45 ©cbiet ^inübergefrielt, inbem er ftd^ nic^t nur auf bie ©träfe, fonbern au^ auf bie @$ulb
begießen foDte. ©pract; benn ba« nicht aller Dogmatil §o^nV §atten benn nid)t bie
grofjcn ©c^olafttfer au^na^m^Io« nur bon ©rraferlafe getoufet, mit ftärffter 8etKmmti)eit
bie remissio eulpae aU bie HorauSfefcung für ben gtnpfang ber2lbläffe r)ingefteBtV
©etoi^ e« \vax feine leiste 2tufgabe, bie ben fräteren 6cr)oIaftifern unb nid)t mmber ben
&u Männern be« praftifchen flircf;enbicnfte$ ertouA«, ftcf) mit biefer neuen gorm ber indul-
gentia plenaria audemanber ju fe^cn. ©rHctrKci) genug, bafi man bad in fetyr berfd)te*
bener SMcije getF^an bat.
1. £ie ßinen toötten überhaupt nic^tö bon biefem2l. toiffen, fei e$ baft fte mef^r ober
minber beftimmt i^n alö $rarj« ber Äird^e (toir toiffen, mit toeld&cm 9lca)te) in SftrÄe
55 ftetten, fei eö bafe fie auf bie ftrage, ob er firctylidjer SJrauc^ ober nur 3Rifibrau<f/ ifl,
nic^t einten. 2)aö erfterc t^ut mit (Sntfc^icba^cit glcid) ber erfte Sd^olaftifer, berm.3B.
ftc^ mit t&m befd^äftigt, ber ?Jrangi«faner granci^cuö SJtaroniS (geft. 1327): „nunquam
talis indulgentia emanavit a curia, nee sie debet doceri" fagt er in feinem Äom*
mentar ju ben Sentenzen (In IV. Sentent., Dist. XIX Qu. 3, Venetiis 1507,
oüSBI. 34 b); in einer eigenen 2(bfyanMung „de ind." Icjen toir: „ecclesia nunquam uti-
3nbnlgettjttt 87
tur illa forma" — „nulla potest esse indulgentia data a poena et a culpa, quia
sicut poenitentia directe respicit culpam, ita indulgentia adaequate respicit
poenam" — „per illud sacramentum deoreconciliamuret poenam accipimus,
et per illud benef icium j a m deo reconciliati poenam diminuimus et totaliter
evacuamus" (Sermones, Basil. 1498, 931. 95 a). ätynltcty tyxxty ficfy ein ^a^unbert ö
foater ber SBicner Geologe SRifofauS Don 3)infetebül)l (geft. 1433) auä: „nee . . un-
quam utitur tali forma [ecclesia]" (Slu^üge au$ feiner no$ ungebrueften ©cfyrift
„de ind." bei »ratfe ©. 156 ff.). Sorftd&tiger äufjert ft$ 1451 ber ßarbinal 9ttfolau$
bim Sticä: „sedes apostolica sub hiis verbis ,a poena et a culpa' indulgentias
nunquam dare consuevit" (Chronicon Windeshem., ©efc^icfytsqueffcn berlßrobinj 10
Qadftai XIX, 338). 3)er 3)ominifaner SßetruS §ieremiac bon Palermo erflärt einfach :
„Valet . . indulgentia ad remissionem poenae, non autem eulpae, et ideo ab-
usiva locutio est dicentium, quod haec vel illa indulgentia remittit poenam
et culpam" (Sermones, s. I. 1514, 331. 96 b). 3lo$ fürjer fagt ^o&ann bon 2luer*
ba$: „male dicitur quis absolvi a poena et a culpa" (Summa Magistri Jo- iö
hannis de aurbach, Vicarii Bambergensis, 2lugäburg 1469, in bem Säbfcfynitt de
poenit. <ßunft 3). Sür folfc^ ober bodj gtoeibeutig erflärt and) Sßenbelin ©teinbaety,
\odtyct ben großen ©entenjenfommentar ©abriel 93tefä ju @nbe führte, biefen „modus
loquendi plebeorum" („Oabrielis Byel Supplementum", $ari$ 1521, Dist. 45 Qu. 3
art. I, »L 212 \ 213*). 2. äfobere begießen ben (Srlafj ber ©$ulb auf bie peccata 2o
▼eniaMa. 3. äBieberum anbere greifen in ityrer 93erfegenj?eit $u ber 2lu3funft, bie $ormel
tooOe nickte anbereä als einen bottfommenen ©traferlag auSfagen, fo bafj ba$ „a poena
et a culpa" gleicfcbebeutenb fei mit „a poena eulpae debita". 4. 3)ie Weiften Reifen
fk^ mit ber Untertreibung beffen, toaS ber 21. eigentlich ift, unb toaä fiefy, ftreng genommen,
nur mittelbar bon ifym aufjagen lägt, #äufig ftofjen hrir babei augleicfy auf bie Neigung, 25
bie ©a$c fo banuftetten, aU tyanble e$ fic^ $ier überhaupt nur um eine bolfMmlicfc
Segnung be3 ». (bgl. fetyon oben SBenbelin ©teinbadj). £ier Reifet e$: „locutio talis
proprie non est vera" (SlntoninuS bon Jlorenj), „proprie loquendo" giebt e$ biefen
a. nu$t (9HloL SBewel), „simpliciter et directe" bejiefyt er fiefy nic^t auf bie ©c^ulb
Qofyarai ©erfon); ift bon ber (enteren bie Siebe, fo gilt ba£ nur improprie CJo^. be so
loriniemaba); man rnufe tyier „indulgentia" berfte^en „in significatione non con-
traeta" föatob bon ^fiterbod). Ober man getyt no$ einen ©cfyritt toeiter unb fagt ge*
tabeju: „indulgentia dupliciter aeeipitur: uno modo stricte et proprie . ., alio
modo eapitur large" ßotyann bon $al$). 3)abei unternehmen e$ aber faft alle bie
Benannten, au$ bem Weiteren ©ebraucfye bon indulgentia einen bernünftigen ©inn ab* 35
jugctoiimen, ja ba* Stecht bleiben gu erhärten. 9Son ben (Srflärungen, auf bie toir ba
jtojjen, ftü$t fö bie am tyäufigften borfommenbe auf eine richtige, aber nid&t bollftänbige
Sa^rne^mung. @S ift nämlic^ einer Steige bon Geologen nicfyt entgangen, bafi ber $apft
bei biefer Strt bon remissio plenaria aufeer bem bouen Straferlaß jugleicfy eine 2M*
ma$t in Setreff ba faframentalen Stbfolutton erteilt, bie äMmacfyt, auefy bon ben u)m 40
ferbe^abenen gätten [toenn au(^ nietyt immer allen, fo bod^ ben meiftenj Io^ufj)re(^en.
Sh Wcfcn Umftanb tntij)ft j. ». 9H!olau^ 2Betgel (1441) feine (SrHärung an (neben
fechtet feine ^altlofe Unterfcpeibung )toifc$en „indulgentia a poena et a culpa"
«b „absolutio a poena et a culpa" mrf)t in^ ®e\v\d)t fättt; f. 3fXt) 1899, ©. 748).
$e*glet<$cn bie aliqui, auf toelc^e Slorquemaba ftd^ bqiefyt: biefe tooSten ben Slblafe 45
t poena et a culpa mit bem #mtoei$ auf bie 2^atfacfye begrünben, ba| „in forma
tndulgentiae plenariae communiter datur facultas, ut poenitens indulgentiam
fuseepturus possit eligere idoneum confessorem, qui absolvat eum ab Omni-
bus peccatis, ita quod non oporteat eum recurreread curiam, si habet casum
papalem . ., itaut dicatur indulgentia a culpa ratione facultatis datae eligendo 50
eonfessori absolvendi ab omnibus, etiam in casibus reservatis" (Joh. de Tur-
reeremata, Commentaria super traetatu de poenit., Lugduni 1519, ÖL 41 b).
Diefe anficht tyxt j. 9. auc^ ©eiler bon 5taifer^berg auf ber Ran^l bertreten, u. a. in
eiwr $rebigt, bie er iu Strasburg im ©ommer 1502 gehalten ^at, ^u einer $tit, too
tm grofee ptyftLvfyt Xblaftfommiffar, ber ßarbinal geraubt, bafelbft ba£ Subildum feilbot : 66
„Aber toa£ ift boßfommer abla^ bon pein unb f^ulb'^ 3cf) arf>t, bafe man e^ berfton
mbdft alfo: ablafe ber ptin ba$ ift ber^e^^ung ber pein, ablafe ber fd^ulb ba^ ift ein
ffm|a getpalt ju abfolbiren ober geabfolbirt ju toerben bon allen funben, bie fc^on ber
Wft fd6er tpn borbeMten ^at" (f. Srieger ©. 78 f.).
^nbeffen, biefer $infrei$ auf bie 9(bfolution^geh)alt in Setreff ber casus reservati 00
88 3ttbitl0cti}ett
(bie unter Umftänbcn fclbftberftänblicty bon befonberem SBerte toar) beeft niefct bat gamen
Ifyatbeftanb auf. Wlxt ber ©rteilung jener Vollmachten §aben nämltc^ bie Sßäpfte bic
<S]penbungbeS93uf$fa!ramente$ überhaupt in bie §anb genommm unb biefe ©ienbung
felbft mit ber (Srteilung be3 $lenarablaffe$ $u einer ßanblung jufammengefcfytoffen: in
6 ber ganjen (^riften^eit, überaß too btefer gnabenreietye Sollablajj (ber „grofee" 91.) gu ge*
binnen toar, ba tourbe jefct ba3 ©aframent ber 93ufje in ityrem auftrage unb Don bin
bon itynen, fei e$ bireft afe päpftlicfye Sßönitentiare aufgehellten, fei e$ (fo für ben^aO ber
Ablaßbriefe) mit befonberen gaiultäten tote überhaupt mit IgurUbtlttonSgeto alt
ausgestatteten 93ei$tbätern erteilt (toomit bie SBerbrängung ber georbneten ©eelforge aetoaltig
10 f ortfdjritt). Db ber einzelne, ber biefen 31. getoinnen toollte, nur ba Abfolution fcpledj^in
beburfte ober baneben ber £o£fprec$ung in borbebaltenen gäKen, ba$ machte in Segug
auf ba« ©aframent f eiber leinen Unterfcfyieb: er empfing e$ in bem einen Rolle gcrabefo
gut im Auftrage be$ Zapfte« tote in bem anberen. S)er Erfurter SRatS&err ©artung Garn*
mermeifter erjä^lt un$ als Augenzeuge bonüRifolauS bonßueS, toelctyer 1451 SRilolauS' V.
16 „gulbm jar", „bie gnabe, borgebunge bon p$n unb fcfyult", na<£ (Srfurt braute, ber Aar*
binal tyabc bafelbft „ertoelt unbe gefaxt XII treffliche biestiger, bty bb lute biegte
boren füllen . . ., unb unbir ben gab er VI b^ macfyt über bty grobtn ftuefe, bty an
bebtyftlicfyen mad^t geboren, icu abfolbiren; ben anbern fedfain gab er alle anbere
funbe ju abfolbiren" (3)ie ßtyronif §art. ©ammermeifterS, bearbeitet bon Stob. 9tei$e =
20 ©ef$ic#t$queUen ber $robim ©ad&fen S3b XXXV, §aOe 1896, ©. 130). 3*effenber
als bie bisher erörterte Sruärung ift ba^er bieienige beS 3a!ob bon Igüterbotf, bie
nichts bon einer @infc$ränfung ber päpftlicfyen feoumacfyt auf bie casus reservat!
toeife (biefer Äart^äufermöncfy ift freiließ — toaS überhaupt c^aralterifttfö — fetner
©a$e infofern nid^t getoift, als er, toaS toir au$ fonft gelegentlich beobachten tonnen,
25 mehrere Söfungen beS Problem« *ur AuStoafyl bietet, nämlicfc neben ber fogleicfc
mitjutcilenben bie oben unter 2 angeführte): „Ita quod, ut ego intelligo, in illo
(SBoldj falfcfy: ullojloco, ubi talis praedicatur indulgentia [sc. ,a culpa et poena",],
ibi [2B.: ubi] est auetoritas audiendi confessiones quorumeunque ibi pie ve-
nientium auetoritate sedis apostolicae et eosdem absolvendi, et ideo sie con-
so fessi et contriti merentur indulgentiam a culpa et ex consequenti, visitantes
illum locum vel facientes hoc opus pro quo data est indulgentia, merentur
tantam, quanta data est" („Tractatus de ind.," bermutlic^ bon 1451, bei Walch,
Monimenta medii aevi II, 2, 247, bgl. auety ©.248 unten). (Sbenfo jutreffenb, nur
noefy flarer, ^at ber belannte Ablaforebiger 3<>^ann bon Sßalfc, SuttyerS DrbenSgenoffe,
35 ben Ityatbeftanb toiebergegeben (in feiner Celifodina bon 1502 unb beren Supplemen-
tum bon 1504; id& citiere beibe nai) bem Seidiger S)rudt bon 1515/16). $al$ fyük
im Dienfte beS ÄarbinalS Sßeraubi baS Jubiläum AlqranberS VI. ju bertünben unb be*
fd^äftigt fiefy ba^er foegiell mit biefergorm be^ % 6r lonftatiert gunäc^ft, inbem er eine
Folgerung au^ be^ $ranc. SWaronte Definition be« Ä. gietyt: „quod virtute indulgen-
40 tiae proprie loquendo nemo absolvitur a poena et culpa, sed solum a poena ;
sed per sacramentum poenitentiae fit absolutio solum a culpa". Allein, un*
mittelbar barauf mad^t er ft$ ben Sintourf: „Tarnen communiter dicitur, quod in
jubileo absolvitur quis a poena et ä culpa.11 Unb feine Anttoort: „verum est,
quiaJubileus plus est quam nuda indulgentia, quia includit auetoritatem con-
45 fitendi et absolvendi et cum hoc indulgentiam remittendi poenam, et sie in-
cludit sacramentum poenitentiae et cum hoc indulgentiam pro-
prie dietam. Pro clariori intellectu praecedentium advertendum, quod in-
dulgentia dupliciter aeeipitur : uno modo proprie pro nuda remissione poenae,
et sie non extendit se ad eulpae remissionem; alio modo capitur large pro
50 Jubileo vel pro littera includente Jubileum, et tunc extendit se ad
eulpae et poenae remissionem. Quia communiter, quando Papa dat Jubileum,
non dat nudam indulgentiam, sed dat etiam auetoritatem confitendi et ab-
solvendi ab omnibus peccatis. Et sie culpa remittitur ratione sacramenti
poenitentiae, quod ibi introducitur, et poena ratione indulgentiae,
56quae ibi exercetur" (Celif. 831 X laf. »gl. baju 951. Aa 4a, über bie gubiläumfe
ablafjbriefc, unb bie mit ber mitgeteilten faft gletfylautenbe Ausführung in bem Sup-
plem. 951. a 4a).
3n ber Sö&at ^aben bie ^ätfte bei biefer Art be$ ^IcnarablaffeS ba« »ufefaframent
leineätoegä umgangen, bielmcbr eö in biefen A. fclber hineingezogen, ^mn baä ift e«,
eo toa« biefe britte $orm beS A. f enn jeicfynet : er toar bie SSerfnüpfung jtoeier heterogener
dttbttlgciijett 89
Singe, bcS alten, nur auf (Srlaft ber &eitlic§en ©trafen fyinauSlaufcnbcn SlbiaffeS unb bc$
(ünbenttlgenben SufefaframenteS.
3Bo immer bie Sßäpfte biefen 21. foenbeten, ba fafjen bie bon tynen aufgehellten $önU
tentiare $ur Seilte. SBBic toir jte f$on bei bem 3u&üämn bon 1300 finben (f. bie Ur*
hmbe »omfattu*' VIII. in ber Max. Bibl. patr. Lugd. XXV, 944), fo au$ no$ 6
bei jenem bem Snbifctyof Sllbred&t bon 9Jfagbeburg unb SKaing gehörten ^ubelablafj,
toddjer 2ut^er auf ben $lan rief. „Hi confessores poenitentiarii sunt et possunt
sicut summi poenitentiarii StiPetri. Deus et S. Petrus vocant vos!" ruft 2efcel
an£ (ÄaW>, ©cgouplaft ©. 44). Sin biefe mit ber 2luSteiiung ber Slblafegnaben betrauten
Seicht ig er tytitt fiep baSÜBolf ju balten: bon tynen empfing e$, toaä e$ $um §eil ber 10
Seele beburfte: SoSforectyung \>on ber ©ünbenfcfyuib unb SoSferecfyung bon ben ©trafen
beä gegefeuerS: beibeS flofi in eine einzige §anblung gufammen. 3)a£ geigen jd&on
bie bei biefer ©elegen^eit jur 2lntoenbung gefommenen 2lbfolution3formcin. 3)te ältefte,
bie i$ angufufyren bermag, gehört bem bon Urban VI. für ben Äampf toiber feinen
Nebenbuhler OemenS VII. betoittigten 2lblafi an, toelcfyer ben $roteft SBiclifS gegen bie is
„Stadp^emie ber indulgentia a poena et a culpa" fyerborgerufen fjat (f. Sßiclifä „Cru-
ciata" in feinen „Satein. ©treitfepriften", herausgegeben bon 93ubbenfieg, ©. 592 f.). 3n
biefer Sftfolutioneformel erfolgt guerft bie £o£fpre$ung bon allen Sünben unb fobann @r-
talung boMommenen 2lblaffe3: „Auctoritate apostolica mihi in hac parte com-
missa te ab omnibus peccatis tuis, ore confessis et corde contritis, . . absol- 30
vimus et plenariam tuorum peceätorum remissionem indulgemus" (f. Thomas
Waisin gh am, Historia Anglicana, ed. Riley, II, Sonbon 1864, ©. 79 f.). 3)iefe3
tappelte ift ou$ nod& ber Äern in ben SlbfolutionSformeln ju Slnfang be$ 16. Safe
bwtbertS, nur bafe injtoifcfyen (neben berfd&iebenen 3)i$t>enfationen) noety bie SoSforet^ung
öcn Äirt&enftrafen (Genfuren) ^injugetommen toar, fo bafj regelmäßig ein breifa<fye$ ber= 26
eint auftrat: absolutio canonica — absolutio sacramentalis —Befreiung bonStro*
fw. £e$tere$ jefct fcäufig in ber gaffung : „conferendo tibi plenariam omnium peceä-
torum remissionem, remittendo tibi poenas purgatorii", ober auefy : „remittendo tibi
per plenariam indulgentiam omnem poenam in purgatorio . ., ita quod tibi
deoedenti clausae sint portae poenarum et sint apertae januae paradisi deli- ao
cMurum" (bgL J. 8. bie „forma absolutionis et plenissimae remissionis" in ben
Arisamenta Arcimboldi, Rapp, 9lactylefe III, 212 f., unb bie „forma absolutionis
universalis" in ber Instructio Summaria be$ Srjbifd&of ällbre^t, jtoft), Sammlung
5. 175 f.). 30$ fürjefte unb boefy alle« 9tottoenbige enttyaltenbe „absolutio plenariae
remissionis'' fölägt ^o^ann bon $alj gelegentlich bor : „Dominus noster Jesus 85
Christus te absolvat, et ego absolvo te auetoritate mihi commissa in hac parte
a censuris ecclesiasticis et a peccatis tuis et concedo tibi plenariam remissio-
nem", inbem er )u bem britten ©tücfe: „concedo" w. bemerlt: „quod tantum valet :
absolvo te ab omni poena pro peccatis debita", unb ju ber ganjen $ormel er*
läutcmb ^mgufügt: „Fit itaque absolutio atribus, seil, a culpa et a 40
poena in foro ecclesiae et a poena in foro dei" (Celif. 931. 2la 2b).
$en fcöc&ften ©rab bon 3)eutli$leit erreichte biefeä ^nftitut beä SlblaffeS bon ©träfe
unb ©c^ulb in ben furj bor SutyerS auftreten erfdjienenen ^nftrultionen für ben älblafe
tertrieb in 3)eutf(^lanb. @d ftnb bie beiben bereite genannten bed @rgbif$ofs 2Ilbred>t
unb be« ^füic^en 3?untiu$ arcimbolbi ff. b. 31. 93b I ©. 793, ff.], toeld&e Iefetere bie ©runb* 46
läge für bie elftere bilbet (Stepp, 9ta$lefe III, 182 ff., ©ammlung ©. 143 ff.). §ier toerben
bie bier „^au^tgnaben", bie ber $aj)ft getoä^rt, aufgeführt: „quattuor principales
gratiae per bullam apostolicam concessae", bon benen übrigen^ eine jebe für fiefy
o^e bie anberen erlangt toerben fonnte. 9JämIic^ neben bem 2lblaf|brief („confessionale
plennm mazimis et relevantissimis et prius inauditis facultatibus"), nAtn ber go
„partieipatio omnium bonorum ecclesiae universalis", neben bem DoQEommenen
mofa f&r bie ©eden im gegefeuer („liberatio defunetorum a poenis purgatorii"),
bte an jtoeiter btö bierter ©teDe genannt toerben, an erfter©telle©ünbenbergebung
»nb Straferlaß: „Prima gratia est plenaria remissio omnium peceätorum,
qua quidem gratia nihil majus dici potest, eo quod homo peccator et di- 55
▼iaa gratia privatus per illam perfeetam remissionem et dei gratiam
denuo oonsequitur, per quam etiam peceätorum remissionem sibi p o e n a e
in purgatorio propter offensam divinae Majestatis luendae plenissime re-
mittuntur atque dicti purgatorii poenae omnino delentur" (fo bie Raffung
« berJÄain^er gnpniWon; biefe unb bie Slrcimbolbte gegenübergeftellt bei 93rieger ©. 62). 60
90 ^nbttlgettjett
3)af$ ^tcr plenaria omnium peccatorum remissio ni$t@rlafe ber Sünbcn [trafen
ift, loirb mit einer jebe 9Röglid)feit beä gtoeifefö fluSfcfyliefjenben Klarheit gum SluSbrucf
gebraut, inbem 1. biefe gratia als justificans betrieben hrirb (bgl fiutfycr, ber in
{einen Resolut. SB. 31. I, 590 au biefen äBorten bemerlt: „quod nisi de justificante
6 gratia Spiritus intelligi non potest" ; Slrcimbolbt ft>rid)t bon ber restitutio ad
gratiam), unb inbem 2. ber (Srlafj ber gegefeuerftrafen auSbrücflid) als ein befonbcreS
©tücf fyerborgefyoben toirb.
SDiefer Slblafe ift bie SBerfö&nung mit ©Ott!
Unb teineStoegS fyaben toir c$ fyier mit bem Übereifer ober 9Wi&berftanb untergeorfc
io neter Organe ber Äurie *u tyun. 3Bir beftfcen Süllen Don $äj>ften beS auSgefcnben
Mittelalter« ($aute IL, ©i^tuS' IV., SllejanberS VI.), toeldfo obtoo^l fte bic gormd
a poena et a culpa nid)t gebrauten, gleid)toofyl ifyren ^ubelabtaf; ate „baä $afyc
ber Serfö^nung beS 9Renfd&engefcfyled)te$ mit ©ott" feiern : „annus plenariae remis-
sionis et gratiae et reconciliationis humani generis nostro piissimo redemtori"
16 (f. Srieger ©. 53). —
2Bar ber 31. als 9ta$laf* ber ©attefaftionen, fd)on Dom ©tanbjmnft beS mitteCatter*
liefen GtyriftentumS au« betrautet, eine Ironie auf ben Sufiernft, eine grämte für bie
bequemen, faulen, „fc^läfrigen" Stiften, für „bie Slrmen unb Settier ber ÄirAe", ein
©eligfeüSmtttel, auf baS bie „SSoHIommenen", bie „^eiligen" nur mit einer getroffen 38er*
ao ad)tunfc tyerabblicfen tonnten (bgl. baä ftolje SBort beS 9Jlönd)eS: „religiosorum non
est mendicare indulgentias, sed cumulare") — fo enthüllt er fid) boc$ erft in
biefem feinem legten mittelalterlichen (SnthricfelungSftabium in feiner ganjen fyeillofen SSer»
tüorfen^eit : baä #eiligfte, bie ©nabe ©otteS, toar tyier in ein „sacrum negotium" ber*
floaten, beffen borne^mfte SCrieblraft baS ©elb bilbete!
26 ßrft bon tyier atö berftefyt man böttig, toaS Sutljer gu^ft )u feinem SBiberftmid)
getrieben fyat, bie SBafyrnetymung, „quod credunt infelices animae, si literas indul-
gentiarum redemerint, quod securi sint de salute sua, item , . quod homo
per istas indulgentias über sit ab omni poena et culpa1' (Sutyer an Srjbifd)of
Sllbred&t b. 31. Oft. 1517, (SnberS, 2uü;er$ 33rieffoed)fel I, 115). Stur bafc ber treue
so ©otyn ber #ird)e, ber boll !inblid)er 93erefyrung ju bem ^ßa^fte aufblidte, für einen StaS-
ft>ud)3 ber Sßrarte fyielt, toaS nicfyt otyne ©cfyulb ber Sßctyfte na einem feftgertmnelten Rtu)*
liefen ^nftitut ftd) tyerauSgetoacfyfen fyattt, unb f o feft überzeugt toar, im Sinne oeS $apfte3
$u ^anbeln, toenn er e$ unternahm, ben 31. auf feine er fte gform jurücfnifiüjren, bie
relaxatio poenae canonice impositae (f. bie liefen 5. 20. 34).
86 9Jtit biefer ßurüdffüfyrung auf fein urfiirüngltcfyeS ©ebiet belämpfte Suttyer no$ einen
anberen SluShmdpS beS mittelalterlichen SIblaffeS, bie SluSbe^nung beSfelben über ben 9e*
reid) berSebenben fyinauS, tocld)e bie*ßäj>fte erft furj bor SuttyerS @infpruc^ legalifiert unb
für ftä) auszubeuten begonnen Ratten. 3Rtt bem 31. für SJerftorbene ftmrbe eine neue unb
überaus reic^lic^ flie^enbe ©tnna^mequette eröffnet.
40 IV. (Sine neue ginanjquelle: ber Slblafj für iUrftorbene. ($ier ift be*
fonberS auf 2ea III, 296—371 &u bertoeifen; baneben auf bie neuefte Unterfuc^ung
bicfeS ©egenftanbeS oon 9lic. ^auluS, /;3)er Slblafe für bie SBerftorbenen am SluSgange
be$ aKittelalterS", 3fS^ 1900, ©. 1—36 unb 249—266). — $ie ÜRoaHä)!cit, ben
31. bon ben „viatores" auf bie ©eelen im gegefeuer au^ube^nen, febien m bemfelben
45 Slugenblidf gegeben ju fein, too feine Äraft t>on ber Tilgung ber Äircbenjirafen hinüber»
Sriff auf bie 93efeittgung ber bon ©ott beringten jeitlid^en ©trafen ber ©ünbe. Unb
ei bem felbftoerftänbltd^en Seftreben, ben im SäuterungSfeuer gepeinigten in jeber nur
benlbaren SBeife ju §ilfe gu fommen, ^at ber ©ebanle, bieS au^ mittete ber Slblaffe gu
t^un, frü^geitig — fd&on in ber erften £älfte beS 13. 3<*Ww^e^tö — ta* SS°ß **
60 toegt, bie ©ele^rten befc^äfttgt. SBufete " ba$ erftere bon leinen ©c^toierigteiten, toeu^e
ber @rfüllung feines Verlangens ftd) Ratten entgegenftellen lönnen, fo lonnten fu^ biefe ber
2Biffenfd)aft freiließ nid^t berbergen ; unb bei ber ©röfee berfelben Serben toir e« begreif*
lic^ finben, h>enn 3ö^r^nberte ^inburc^ biefe ^rage eine entgegengefefcte Seanttoortung
fanb. ©c^on bei Slleranber bon $alcS fe^en toir bie 3)iSfuffton in bollern ©ange. äBerat
65 er ftc^ bafür entfd&eibet, ba^ ber $a})ft fraft feiner potestas clavium ben in caritate
Slbgefc^icbencn 31. gu erteilen bermag, fo urteilt er boc^, bafj ^ier ein fonft bei ber Sud*
Übung ber ©c^lüffelgcn>alt borfommenbeS 3Komcnt, nämlid) bie judiciaria absolutio,
fefylt, unb tütll bic relaxatio fid& nur boH^en laffen „per modum suf fragii sive
impetracionis". 3)ie2öirfung biefer Slbläffc foD bamit freiließ niefct ingrage geftedt
oo fein : benn „suffragia ecclesiae valent Ulis qui sunt in purgatorio, alioquin
•Sfttbitlgettjcn 91
frustra oraret ecclesia pro mortuis; sed indulgentiac sunt de nobilissimis
suffragiis et efficacissimis" (In IV. Sent. Qu. 83 Membr. V). 2ln $ale3 fd)loft
fid) fem DrbenSgenoffe Sonabentura an, fofern aud) er urteilt: „Quantum ad autori-
tatem judicandi, cum illi jam exierunt forum ecclesiae et ecclesiae Judicium,
videtur quod eis non possit fieri absolutio nisi per modum deprecationis" ; 6
allein, toie fd)on baä „videtur" anbeutet, ift er {einer ufteinung in Seireff be$ modus
ber 3uh>enbung bod) nietyt aanj getoifj, unb er ertlärt überbied auSbrtidflid), ber Annahme
einer judiciaria potestas oe$ SPapfteS nid^t hriberfbrectyen }u tooUen (In IV. Sentent.,
Dist. 20 P. II Art. I Qu. 5). 9Hit ben gran*i$fanern ftimmten 2llbert b. ©r. unb
H?otna$ in ber Seja^ung ber gragc überein. (Srfterer befd)ränft ft$ auf ba$ Urteil: 10
„(indulgentiae) existentibus in purgatorio prosunt multum", ofyne ftd) über bie
Sfa ber ©ntoirfung ui äufeern (In IV. Sent., Dist. 20, Art. 18 Qu. 3). Stomas
bon äquino be^au^tet baäfelbe mit ber Segrünbung, bafe bod) and) bie ©eelen im ftege*
feuer „de foro ecclesiae" feien (In IV. Sent. Dist. 45 Qu. 2 Art. 3). 6ben lefetereS
leugnete ein tyerborragenber 3e^9enoffe bw genannten ©etyolaftifer unb na^m be^balb mit 15
Sntföieben^ett ben entgegengefefcten ©tanfymnft ein. ßarbinal #einrid) bon Dftia in
fernem großen jurifhfd)en SBerfc, ber „Summa super titulis decretalium" („Summa
aurea", Lib. V Tit. de remission. § 6 unb 8): „potestas clavium non exten-
ditur ad tales, cum non sint de foro ecclesiae, sed de foro dei". ©leid) ent*
Rieben lautete (ju Slnfang be$ 14. Sa^rfyunbertä) ber SBiberforud) be$ granjtefu$20
9tanmi£: „non prosunt (indulgentiae) existentibus in alio mundo, quia illi
sunt extra jurisdictionem ecclesiae" ; benn ß^riftuS fyat bie 93inbc= unb Sofe*
getollt nur super terram bedienen: „poena, quae est eis limitata per su-
S»riorem judicem, non potest per inferiorem diminui vel tolli" (Sermones
L 99*. 99b). 25
9Die Haltung be$ fiarbinate Don Dftia £at befonberä nad^altig auf bie Äanoniften
artmrft. aber aud) an Ideologen, toeld)e tym unb -Dtoronte juftimmten, fyat & in ber
golgqeit fetneStoegä gefehlt. 60 mar um bie ÜKitte beS 15. 3<^rl?unbert3, ja felbft bei
Ablauf be$ britten SSiertete beäfelben, biefer ^toiefralt nod) nid)t gehoben, t toenngleid) bie
bem gegefeuerablafe günftige SReinung attmcü)Yid) in ber 2Biffenfd)aft ba$ Übergewicht gc* so
tooimen fcatte, unb jtoar mit jener Don SHqranber bon §ale« aufgehellten 9tä^erbeftimmung,
baji ber $apß per modum suffragii auf ba$ gegefeuer einhrirfe (bgl. ©iefeler III, 2,
354 f.; SJaulu* S. 27 f.).
9?o4 hnmer aber toar e$ biefer lanbläupgen ÜKeinung berfagt, fieb auf bie Sßrarte
ber <ßfyfie ju jttu)en. 2)enn biefe — - felbft bie ffntyellofeften — tyaben ^afyr^unberte tyn* 36
burd) eine auffaflenbe Jfturüdfyaltung beobachtet. 3toar fakn bereits albert ber ©rofee
unb 3$otna3 bon Styuino (a. a. D.) bie ©rjftenj bon päpftlicfyen Süllen mit ftegefeuerablafe
angenommen, \a bei Stomas lefen ftrir bon einer „consuetudo ecclesiae, quae facit
praedicari crucem, ut aliquis habeat indulgentiam pro se et duobus yel tribus
et quandoque decem animabus tarn vivorum quam mortuorum". SlHein toir finben 40
feine ©pur Don folgen SetoiKigungen berSPctyfte unb toerben bafyer §einrid) bon Dftia SRed)t
0cbcn muffen, toenn er berartige SBer^eifjungen für eine getoiffenlofe läufdjung berSRenge
aflarte. 6$ föernt ftd) ^ier ftrirfltd) um einen 3Rif$brauä) ber Stbla^quaftoren ^u fyanbeln, h>elä)e
bem Serlangen bed SSoße^ gu i^rem eigenen SSorteil entgegenfamen. gür eine ettoa« fpätere
jjeii ifl ba« ftd)ergefteDt burd) bie bereite ertoälmte ßlementine bon 1312. 3n*>em ftett
W 0<8<n nonnuUi eleemosynarum quaestores toenbet, toeld)e simplices deeipiunt
et aurum subtili vel fallaci potius ingenio extorquent, toirft fie i^nen u. a. bor,
ba^ ft* r,animas tres vel plures parentum vel amicorum illorum, qui eleemo-
Bynüs eis conferunt, de purgatorio, ut asserunt mendaciter, extrahant et ad
gaudia paradisi perducant". 3)a^ biefer Setrug, fd)on burd) ben, h?ie e« fd)eint, ftet« 50
twu^enben ©lauben be3 SSolted ^erauigeforbert, aud) fräier nod) borgefommen ift, berraten
mannigfa^e JQagen. (Sdegentlid) tyat er aud) an fyober Stelle sJ^ücfba(t gefunben. 3)a^
yüa bie betanntc @d)ilberung £ietrid)$ bon 9iicbetm oon bem ©ebafyren be^ Saltbafar
&fia, bamateSonifatiud> IX. Gamerariu«, beffen 3lbla^Dberfommiffar (major nuncius)
in Deutfälanb bem Solle )>rebigen lie^, er fei befugt, „etiam parentum animas eo- 55
rundem offerendum ipsis de purgatorio liberare" (f. ©iefeler II, 3, 288). 3lber
aa$ We frommen ©ruber bon affift begünftigten fd)on ju Slnfang be$ 14. ^^^^unbert^
bie Sorfteöung, ba| i^r 9C. „valet pro illis, qui sunt in purgatorio, si devote et
fidetiter itur ad indulgentiam, quia ejus gratia tales, pro quibus itur, a poenis
omnibua purgatorii extrahuntur" (Selege bafür in bem tttoa 1335 berfa&ten Straftat eo
92 3ftibttlgctt}ett
bc« %t. Jöartyolu« in ben Rap. 21. 24—26. 29. 33). 3Kir työren nirgenb«, bafe bic
fircfylicfyen Oberen biefem treiben entgegengetreten ftnb.
2lbcr 9tacfyafymung bon ©eiten ber ^Säpftc ^at e« erft in ber fetten $alfte be«
15. Ija^rfyunbert« gefunben. SBielleicfyt ift al« etfter Ijier GaltjtuS III. $u nennen.
6 SBenigften« berftcfyert bon tym (1477/78) SRaimunb geraubt, berfelbe tyabe einer fpaniföen
Äird^e älblafe für üßerftorbene getoäfyrt (bei Sea III, 593), unb bon einer ä^nlu&en 83e*
Billigung für bie SKinoriten toeifj einige ^atyre foäter auety ber Sranjtelaner ©aptijta
be ©ali« ju ergäben (Summa Rosella, s. v. „ind."). 35o<$ bleibt beibe« unft$er,
unb bo£ gleite gilt bon ber venia pro vita funetis, toe($e ßalijtu« III. 1457 ber
10 bem Äönige Don ßaftilien jugeftanbenen ßruaata einberleibt Ijaben fotl (hierauf $at ju«
erft $aulu« ©. 249 f. fyingetoicfen, ber biefen 3t. für gefctyt<$tlu& $äü). 3ebenfall« toaren
bann biefe Setoilligungen unbemerft borübergegangen, unb ba« ift faum toa$rfd)einlu$ bei
bem gewaltigen 2luffefyen, toeld^e« bie erfte auf un« gefommene Sülle mit 31. für 38er«
ftorbene tyerborgerufen fyat, biejenige ©ijtu«' IV. für bie $ßeter«fir(&e gu ©ainte« bom
16 3. 3(uguft 1476 (abgebrudft naefy ?ßaulu« ©. 250 in Archives historiques de la Sain-
tonge et de l'Aunis, Tome X, Saintes 1862, p. 56 ff.). Der $apft erflort in 2Ben*
bungen, bie bon jefct ab ftereotyp hrieberfetyren, bafe er ben ©eelen im gegefeuer, toel^e
per caritatem Christo unitae bon Rinnen gerieben, ju §ilfe lommen tootte: „de divina
misericordia confisi et de plenitudine potestatis concedimus pariter ac
30 indulgemus", bafj 93erft>anbte ober greunbe „pro ipsis animabus purgatorio igni pro
expiatione poenarum eisdem seeundum divinam justitiam debitarum expositis"
eine ©elbfoenbe an bie Äirctye bon ©ainte« jaulen, unb erflärt: „volumus ipsam
plenariam remissionem per modum suffragii ipsis animabus purgatorii,
pro quibus dietam quotam peeuniae . . persolverint . ., pro relaxatione
25 poenarum valere et suffragari" (na$ einem ©nblattbrud auf ber Seidiger Unib.*
Sibliot&ef ; bgl. Sea III, 585 f., *ßaulu« ©. 250 f.).
SSiele in granfreiefy toaren über biefe« unerbörte 93orgefyen be« fytitftö erjiaunt, an*
bere fügten ftag berieft bur$ bie marftfc^reierifdpe 2lrt, mit toeld^er biefer äblafc in gan$
granfreiefy bertrieben tourbc. Sefonber« ärgerlich toar bie SSerfid&erung ber SlMaföänbler,
80 bafe e« für bie in biefer SBeife unterftüfcten fortan leiner gürbitten meljr bebürfe („non
esse ultra opus pro animabus ipsis orare aut pia suffragia facere"); tute biele
Äird&en unb Älöfter tourben boefy ^ierburcfy in tyren einnahmen geföäbigt! 6« galt, bie
päbftlicfye SRac^tboDfornmenbeit gegen bie gtoeifler unb Leiber fidler ju ftetten. 3U biefem
3*t)edEe liefe ber bon ©ijtu« IV. ernannte Slblafjfommiffar Staimunb $eraubi (ber au*
SB bem 93i«tum ©ainte« ftammte, geb. 1435) bon atoei framöftfd^en Geologen, Sodomie«
be gabrica unb 9ticolau« Stidjarbi, $erteibigung«fdpriften auffefeen, no$ 1476, beren toeite
Verbreitung burc^ bic treffe ^ranlrei^« (unb f^äter aud& 3)eutf(^Ianb«) bon bem um
gemeinen ^ntereffe ^eugt, ba« bie^rage überall erregte (ein3lu$&ug au« ber Schrift gabricaä
bei Sea III, im Sln^ang ©. 586 ff.), aber balb fa^ ftd^ ber tycfyft felber genötigt ein«
40 zugreifen. ÜKan^atte eine Erläuterung ber bon i^m gebrausten SBenbung „per modum
suffragii", bie er auf einen bestimmten 2lnla| ^in gegeben, gröblii mifeberftanben,
afe foDte fie befagen, ber 2lblafi be« $a})fte« fte^e in betreff feiner SBirlung auf bie
©eelen im Fegefeuer auf einer ©tufe mit ällmofen unb ©ebeten ber ©laubigen, ©o ^ielt
e« Sijtu«IV. für nötig, in einer neuen 39ufle, bom 2 7.9lobembetl47 7 (beiSlmort
46led.VenetaJ p. 41 7 f., im 2lu«juge bei ©iefcler II, 4, 355 f., ber auc^ fonft ©. 356—363
ba« einjc^Iagenbe SWaterial in ber §auj)tfad^e bietet unb auefy jüngft no^ toieber ofyic
3)anf au«gebeutet Sorben ift), ben ©inn be« „per modum suffragii" ein* für allemal
feftjuftetten. @in Vorgang bon aufeerorbentlid^er SBid^tigfeit, ba (toa« man bi«^er über»
f4en ^at) bei biefer ©elegen^eit bie gormel bon autoritatiber ©eite eine gänjltd)* Um*
so Prägung erfahren fyat. 3^^^ HImofen unb ©ebeten unb aftrifetyen ber „indulgentia
per modum suffragii" ift ein großer Unterfcfyieb (longe distant), unb bie leitete
U)irb jc^t in folgenber Söeife beftimmt : ber ^Jo^ft fommt traft feiner plenitudo po-
testatis ben ©eelen im gfc0*fftter al« 3Serh?aIter be« thesaurus universalis ecclesiae
ju .§ilfe, unter ber Sebingung jeboeb (ita tarnen), „ut fideles ipsi pro eisdem ani-
65 mabus suffragium darent, quod ipsae defunetorum animae per se nequeant
adimplere". f)a« suffragium, um toelcfye« e« ftd^ in ber gormel ^anbelt, ge$t alfo
nid^t bom ^apfte au«, fonbern bon ben ©laubigen, inbem biefe mit tyrer ©dbfpenbc
^ilfreic^ eingreifen, b. t}. fteKbertretenb ga^len. 3)a« ift ber Unterfd&ieb biefe« ^Lblaffe« für
Serftorbene bon bemjenigen, ben ber ^ajrft Sebenbcn getüä^rt, ba| bie ©rfteren einer Unter»
oo ftü^ung bon britter ©eite bebürfen, bie bei ben leiteten (in ber Siegel toenigften«) nic^t
dttbulgtttjett 93
crforberltdj ip. 9Ran ftetyt, bte ©cfyranfe, Welche feit bcn "lagen be« 2llejanber bon §ale$
bicfeö „per modum suffragii" für bie pöpftlicfyc -Dtocfytbollfommentyeit gebilbet |atie,
toor twe mit einem ©c&lagc befeitiat. SBenn bie Sorbonne im %at)tt 1482 tyre SSertoer*
fung beä (Don lefcel in feinem befannten Steint hrieberaufgenommenen) ©afce«: „Omnis
anima existens in purgatorio, ex justitia divina adjudicata ibidem stare pro 5
quantoeunque tempore, immediate evolat ad coelum sive immediate a poena
liberatur, si quis vivorum pro ea sex albos dederit per modum suffragii" u. a.
mit ber Sefyntytung begrünbete, er laffe ftd& nicfyt au« ber 8ulle ©irto«' IV ableiten (f. @ie*
frier ©. 362 f.), fo tyatte fte ba« Siedet in feiner SBeife auf ifyrer Seite, hingegen fte
an 3a$r fi>äto bei ber üBerurteilung cineg anberen ©afee«, ber an bie neue >Prajt« 10
Stgtuä' IV. angehtüpft fyatte, ber Sefyauptung be« granjtefaner« 3°&annc$ ängeli : „Ani-
mae in purgatorio existentes sunt de jurisdictione papae, et si vellet posset
totum purgatorium evacuare" (©iefeler ©. 363 unb baju bie ausführliche 3)arfteHung
Don $aul 2)emeulbre, beren %\ttl bereite anbeutet, um toa« e3 ftety bei biefem ©treite
bornc^mli$ getyanbelt f)at : „Fröre Jean Angeli. fipisode des conflits entre le 16
clerg€ s&ulier et le clerge" regulier a Tournai", Bruxelles 1898 [Extrait du
tome VIIIe, n° 5, 5me se>ie, des Bulletins de la Commission royale d'histoire
de Belgique] p. 40), infofern in tyrem Siebte toar, alz ber SPopft bie ^urisbiftion über
bo« gegefeuer ja nid&t auäbriuflicfy in 3lnft)ruc§ genommen fyatte : bielleid^t tyulbigte er
ber I^eorie, bafc er auetoritate apostolica bie Ünglüdflicfyen erlebige non absolvendo, 20
fonbern solvendo de thesauro. 3)ie §au£tfacfye blieb Don ber $rage, ob fyier ein
3ur»bif ttonSalt borliege ober nid&t, unberührt, nämlic^, bafc ber 3lblafc für SSerftorbene a n
Sic^er^eit ber 2Btrfung hinter bem 31. fürSebenbc nicfyt jurüdfte^e. £a« ift eS, toaS
man gleicty bamate au$ ber päVftlidjen Deutung beä „per modum suffragii" gefolgert
unb gebenb gemalt fyat. 9Btr ftofjen fyier junärf)ft auf einen jtoeifelloä berufenen 3nter* 25
treten be3 *Papfte3. 3)er Slblafcfommiffar ©irtaS' IV., ber nachmalige Äarbinal SRaimunb
$eraubi, ber bann nachmals auefy in 3)eutfd&lanb 3nnocen}' VIII. unb 2Ueranber3 VI.
$lenarabläffe für fiebenbe unb 2ole bertrieben fyat, giebt tn feiner amtlichen (Srflärung
ber 8uHc für ©ahtteS („Summaria declaratio bullae indulgentiarum ecclesiae
Xanctonensi concessarum", im 2luSjuge bei Sea III, Sln^ang ©. 588—596) ba$ 90
SerftönbniS, toelc^eS fein #err unb ©ebieter mit bem „per modum suffragii" toerbun*
ben toiffen tooDte, mit ben SBorten lieber: „quia indulgentiae dantur semper pro
pia causa ... et quia animae in purgatorio non possunt aliquid contribuere,
ideo indigent auxilio amici, qui faciat illud pro quo data est indulgentia . . ,
et hoc est per modum suffragii", unb madjt bemgemäfe bemerfliefc, bafi ber 86
„modus ,per modum suffragii' non derogat modo auetoritatis" (bgl. auefy :
„valde deeipiuntur aliqui credentes, quod ,per modum suffragii' aliquid di-
minuat de indulgentia plenaria"), ja, er giebt ju berfte^en, bajj beibe modi ftd^
(cine^Deg^ auäfölieften (©. 591).
2)ie Srflärung beä ^Sa^fte^ fanb aud^ fonft hrillige älnna^me. 40
Sqei^nenb ift ba$ JJer^alten ©abriel 93iete. Site er in feiner „Canonis missae
erpositio" in Lectio 57 ben Slblafi für 58erftorbene ju bc^anbeln ^atte, tuagte er nic^t,
in einer fo jtoeifelbaften ©ad^e eine (Sntfcfyeibung ju treffen. Slber faum toar i^m noc^
tw Ebf^lufe be$ ©rutfe^ 1488 bie Declaratio Sixti befannt geworben, ate er in einem
Auftrage ju feinem 2Berfe bie ^rage al^ nunmehr enifcfyieben ^inftellte, bie lorrefte ©r* 45
läuterung be« „per modum suffragii" gab unb jugleic^ ber 2lnficfyt h)iberfj)rad^, „quasi
modus suffragii toilat efficaciam indulgentiarum" (bgl. ©iefeler ©. 356 f.).
Senau bodfelbe Tonnen toir in ^o^ann 3lltenftaig^ „Vocabularius Theologie" (§agenau
1517) s. v. „ind." lefen. ©anj im ©inne feine« SetyrerS Siel §at fiefy aud^ SBen*
bdin ©teinbad^ in einer fefyr einge^enben Erörterung au^gefproc^en (in feiner ^ortfe^ung 60
bed ©entenienfommentard Sietö: „Gabrielis Byel Supplementum", ^ari« 1521,
Dist XV Qu. III, 81. 215a): „illud dictum per modum suffragii nihil diminuit
de auetoritate vel de indulgentiis" ; ba« „auetoritative" unb ba« „per modum
wffragii" bilbet, ftreng genommen, feinen ©egenfa^: benn au$ bei ber lederen 2lrt
ba (Erteilung tyanbelt ber ^Sapft auetoritative, de potestate plenaria. 2)a« nämliche r>r>
Saftänbni« be« „per modum suffragii" unb bie 3^atfa$e ber ungefrfjmälerten effi-
eteia biefer Art bon äbläffen ^at auc^> SBimj)ina gegen Sutl^er« 26. unb 27. Ifyefe
flAcnb gemalt unb ftcfc bemgemäfe be« SCe^elfc^en ©j)ni^e« bon bem flingenben ©rofd^en
angenommen (f. bie gtoeite, au«fü^rlid^ere I^efenrei^e 2öimpina« in feiner „Anacepha-
Ueoais", gwnffurt a. D. 1528, 81. 44i> f.). «y>
94 ftttbitlgtttjti! dngmatt
3)a£er ift ftefcel jüngft Don ultramontaner ©eitc o^ne jeben©runb getabelt toorben:
er fyabz, inbem er bie äBirfung beS 91. für 33erftorbene als eine unfehlbare ^inpettte, „eine un-
ftcfyere ©$ulmeinung geprebigt" 0ßauluS, $e$el ©.161). 3Mcfe „©c&ulmeinung" toar auf baS
Älarftc in ben älblafj^nftaif tionen, an toelcfye 3;efcel gebunben fear, gum SluSbrudf gebraut, unb
5 bie t>ä>ftli$en Süllen bon ©ijtuS IV. ab bis gu Seo X. fytn, roelc^e ftc erläutern tooOtcn,
berrieten nid^t baS SRinbefte bon ber Unftc&er&eit ber SBirtung (bgl. Srieger, 2^23 1900
©£. 115 f.). 3)iefe Süllen toufeten au$ bon f einerlei Slnforberung an bie (Srtoerber btefeS
älblaffeS — abgefetyen bon ber ©elbga^lung. ©o lonnte gleich Sßeraubi in feiner „De-
claratio" fyerborfyeben, bafc eS bei bem Ääufer nicfyt ber Seilte bebürfe, „sed dum-
lotaxat danda est taxa in capsam pro Ulis animabus" (Sealll, 595 f.). 9hi$ bied
ift in bie Slblafjmftruftionen übergegangen : „Nee opus est, quod contribuentes pro
animabus in eapsam sint corde contriti et ore confessi" (f. bie „Instractio
Summaria11 beS Gr^biföofs ällbred^t bei Rctyp, ©ammlung ©. 154). 3lu<fy biefeS ift Don
äblafcStommiffaren toie $al$ unb £e$elbem Solle berfünbet toorben. „Dumtnxat danda est
16 taxa" — naefter lonnte baS 3Rotib beS $otenablaffeS, beS einträglic^fken aller $anbefe
gefcr)äfte, nicfyt enthüllt toerben. gür iebermann ofyne Unterfd&ieb toar biefe 2Bare lauf*
liefy. £er berftoeftefte Sobfünber tonnte feinen 93ater, feine 2Rutter aus ben Dualen beS
Fegefeuer« befreien: er jaulte, baS Übrige beforgte ber^ßapft mit feiner 3Kacr/rr)oföommcn=
fyeit — bem 3lufjerften bon 2lnmafjung, toaS jemals borgetommen ift — „per modum
20 suffragii". 2|. «rieger.
3nformotttnirojeft f. 33b III ©. 245, 20 ff.
3fiifralatfari8mttS f. ^räbeftination.
3nful f. Äleiber u. ^nfignien.
3fngmatt, älntero SBJil^elm, finnifcfyer Sibelüberfefcer unb 83ibelt$eolog. ©nige
25 3)aten aus feinem äußeren Seben mögen ertoäfynt toerben. @r tourbc 1819 geboren unb
ftarb 1877. SRacfybem er 1838 baS tyeologifcfye (Sjamen gemalt fjattt, tourbe er 1845
orbiniert unb arbeitete nun einige 3afcrje§nte als Sanbpfarrer. 2lu<$ in ber ©tittc beS
SanblcbenS trieb er fleiftig t^eologifcfye ©tubien; 1861 ertoarb er baS t&eologifdje Softorat
burefy eine Disputation „Über ben biblifcfycn ©laubenSbegriff " ; nad)bem er in einer gtoeiten
30 Disputation feine Slbfyanblung „Über baS SBefen ber 3Reffianität im 212;" berteibigt $atte,
tourbe er 1864 jum ^rofeffor ber ejegetifc^en Geologie an ber Unibcrfttät £eljtngforS
ernannt. 93iS jefct gab cS nämlicfy an ber genannten Uniberfttät nur eine ^rofeffur ber
ejegetifd^en Ideologie, fo ba& 3n8man S3orlefungcn fotoo^l über baS 21$ als über baS
31% ^u galten fatte.
86 Die Qugenbjeit SngnwnS fiel in eine geiftig fe^r betoegte 3*U. ©<^on brei Sa^rje^nte
^atte ber neuere finnige ^ictiSmuS als ein ftärlenber unb belebenber 3Binb in ber ftmriföen
Äird^e getoc^t. Sin fo ibeal angelegter Sün0^n8/ a^ 3n0man t°axt lonnte ni<^t uns
berührt bon ber großen Srtoccfung fte^en bleiben. 9Mit bielen jüngeren Pfarrern tourbe er
mächtig bon ber lebenskräftigen Setoegung ergriffen unb blieb bann bem ^ietiSmuS treu
40 bis $u feinem $obe. 2llS junger ©eiftlid^er ^atte er ©elegenfycit in ber gamilte beS bt*
rühmten ^5ietiften^au})teS % &. 9MmbergS ju too^nen; in ifym glaubte er feinen geiftßc^en
SSater unb Jlatgeber gefunben ^u Ijabcn; aber er tourbe bitter getäufd&t. S)enn nac^
einiger 3C^ bemerfte er, bafj ber in ben Slugen ber Partei ^od^fte^enbe Setter ©Rabe
fold&er ©ünben toar, toobon er feine 2tynung gehabt ^atte.
46 3)tc i)ietiftifc^e Sctoegung ftanb in nafyer SSerbinbung mit einer nationalen Srtoedung.
S. Sönnrot ^atte 1835 unfer SWationalej)oS Äalctoala herausgegeben; bie fmnifd&e Sitte»
raturgefeKjc^aft, mit ber 2lufgabe, ©Triften in unferer bergeffenen unb bei Seite ge*
fc^obenen Qpxaty j\u berbreiten, toar geftiftet toorben. 3)ie grud^t blieb nic^t auS: äne
gro^e nationale Segeifterung ergriff bie begebenen ©c^ic^ten beS SJolIeS. 3Ber gtnnlanb
60 im 3^re 1900 mit bem gmnlanb bon 1835 berglcictyt, berfte^t, toelc^e grüite biefe
Setoegung gehabt l)aL 3tatürlic^ fyabcn and) anbere 5«ftoren befrud^tenb getoirlt, aber
bie Sebeutung ber erften ©rtoectung, bie bie Steigen beS 33olteS erft ertoetft, lann faum
ju ^oc^ angefc^lagen toerben. 2lu$ 3n9mö" tourbc bon ber Segeifterung ergriffen, för
bie SluSbilbung ber ©brache gur ©d;riftfprad^e ju arbeiten, unb biefer feiner ^ugenbliebe
66 blieb er für immer treu.
3ngman 95
5Hc in fmniföer ©prad^e in ^innlanb getriebene Sitteratur toar im Anfang unb
mfy m ber SRttte beS ^a^unbertS jum gröfjten ^Eeilc nur rcligiöfc Sitteratur. 3)aS
äufiere ©ßra$getoanb toar äufeerft mangelhaft. 2öeil bie Spraye ber ©ebilbeten Satyr*
^unberte lang fötoebifö getoefen tft, toar bie finntjcfye ©praetye berfäumt Sorben. 3n
ben tiefen ©d&ictyten beS Solted lebte bie ©praetye lebenSfräftig unb befafe bie originale 6
Straft einer 9taturft>ractye, aber baS fircfylicfye ^btom toar bon ©ctytoebiäiSmen Verunreinigt
toorben. Siele fairen ein, bafc eS eine SebenSbebingung für unfere ©prad&e toar, bafe auety
btefe^ Unfraut auSgeriffen toerbe. Slucfy 3>nBman tooDte feine Strafte bem 3)ienftc ber
fmmföen Sitteratur toibmen. ©eine erfte Rtterarifcfye älrbett toar ein SSerfucty bie erften
ftapttcl beS ItyufybibeS inS gfinnifctye )u überfe|en: Thucydidis de hello pelopon- 10
nesiaco historiae XIII prima capita, Fennice reddita, Helsingforsiae 1841.
Kit feinem Igugenbfreunb $. D. 3)ur^man gab er bann eine Überfefcung bon SuttyerS
§au3t>oftt0e tyerauS, toelctye in jtoei Sänben 1848—1850 ersten.
3n ben barauf folgenben %al)ttn toectyfelte er einige ©treitfetyrtften mit %. @. #eb*
berg : Hedbergske werklärans wederläggning och Evangelii försvar i grund 15
af den heliga Skrift och vär kyrkas symboliska böcker, Helsingfors 1850
unb Hedbergianismen skärskädad enligt den heliga Skrift och war kyrkas
symboliske böcker I, II, Helsingfors 1851, 1852. ßebberg (bgl. 33b III ©. 326, 4 1 ff.)
fear catö ber pietiftiföen gartet ausgetreten unb tyalte eine ebangelifctye 39etoegung be*
grünbet, toel$e fpäter $ebbcrgianiSmuS genannt toorben ift. Sngman glaubte in ber 20
neuen Setoegung einen toeitgetriebenen älntinomiSmuS ju entbeefen, unb ba er biefen
für unfere Äirctye als fetyr gefätyrlicty betrachtete, unternahm er, baS irrige *n *>em fitfr*
Wem beS §ebbergianiSmuS &u jeigen, um bie ©lieber ber Sßartei, toelctye au« ber
Batyrtyeit toaren, ettoa auf bie rechte ©pur gurücf lenfen ju tonnen. 2)ocfy eine 93erfötynung
ber beiben Sichtungen mar unausführbar, ^a^rje^nte lang tyaben fte geftritten unb biel 25
Unruhe in ber finnigen JKrctye berurfaetyt.
1851 tyatte ein junger ©eiftlictyer auS ginnlanb, Sllfreb Stitylman, ftc^ naety 35eutfc^s
lanb begeben, um Geologie bafelbft ju ftubieren. 9la$ bem er eine 3eit in 9torbbeutfcfc
lanb getoefen, työrte er bon einem ortginalen Ideologen in Tübingen reben. @r begab
fty batyin, tourbe befannt mit 3. %. 93ccf unb ein enttyuftaftifctyer 39etounberer feiner 30
Ideologie. 2)ur<$ ityn tourbe 39edfS Setyrc unb ©Triften in ginnlanb befannt. 2lucty auf
^ngman machte feine Geologie einen tiefen (Sinbrucf unb fing er an im ©eifte SedfS au
arbeiten. Secf tyat faum anberStoo treuere ©datier als in SJfinnlanb unb ©<$toeben gehabt.
Die lefcte finnige Sibelüberfefcung, unfere eigentliche Äirctyenbtbel, ift bom Igatyrc
1776. Sei ityrem (Srfctyeinen toar fte bielleid^t fe^r gut unb ^at ben gorberungen ber 86
3ett entfbroc^en, aber je|t ift fte in allen Sejie^ungen beraltet. Gine intorrette unb
We^te SibeJüberfefcung tft ein großes ÄemmniS beS c|riftlid^en SebenS. 3)aS fyabtn bie
£mmbe beS SibeltoorteS in ginnlanb fepon längft eingefe^en. äluf Anraten ber finnifcfyen
ÖibelgefeBfc^aft ^at ^ngman 1859 eine neue finnige Sibelüberfeiung ausgearbeitet, ©ie
$ treuer als bie früheren unb in factylicfyer Segie^ung fe^r toertbou. Die Segeifterung für 40
bte &pradp ÄatetoalaS ^atte gute ^rüd^te für feine Sibelüberf e^ungSarbeit geleiftet. ^ngmanS
fiberfefcung tft bon feiner fpäteren bis je^t übertroffen Sorben.
3ngman aber toottte mit feinem reiben t^eologif^en SBiffen feiner Sirene 9lu^en bringen
unb begann barum 1868 eine Steige totffenfd^aftlic^er Stbelcrflärungen herauszugeben —
R&amatun selityksiä A. W. Ingmanilta I — VI, Helsingissä 1868 —1873 —46
tDcb^c ©tubierenben ber Geologie unb ©eiftlid^cn jur Anleitung ^r ein tieferes ©inbringen
in boS S<^rifth>ort bienen follten. 3)iefe Sibelerflärungcn, toclc^e bem beften, toaS bte
Seülittcratitr auf biefem ©ebiete beft^t, gur ©eite gefteüt toerben fönnen, ftnb bte reife
Jrud^t einer langiä^rigen, ^ingebenben, getoiffen^aften Slrbett. 3Ran fte^t, bafe er in bie
€<^ule bei ben hxltberü^mten ©ele^rten 3)eutfd^(anbS gegangen ift. Die tarnen Sut^er, 60
(Satotn, »engel, 3. %. Sedt, SH00S, SC^oIudf, bon §ofmann, $elifcfd>, Sleef, SBiner,
be SBette, 2ünemann, @brarb u. f. h>. begegnen einem beinahe auf jeber ©eite beS SöerfeS.
5Diefc Arbeit §ngmanS toor ba^nbrec^enb im %ad) ber Sjegefe. 35aS fc^Iiefet nid^t
an*, ba$ einzelne berechtigte 9(uSfteQungen gegen fte gemalt toerben fönnen. Wlan
Bunte $um 93eifpiel einmenben, baß er )\d) bon feiner Suft, bie ^oettfd^en 3(uSbrücfe unb 66
bie £ebraiSmen, beren befonberS bte poetifc^en unb propJjctifc^cn ©d^riften ber 93tbel tioü
finb, in entfprec^enben fimtifc^en StuSbrücfen gu überfein, )u einem unnüc^temen, poz--
tifätn 9Bortema6en berleiten lieg, baS nidr)t immer bem SluSbrucfe ber Stbel entfyrirfjt.
Er txrgafe bie 3Borte SlugufünS: locutio divinarum scripturarum seeundum cu-
jusque linguae proprietatem aeeipienda est. Habet enim omnis lingua sua go
96 dttgman 3ttf<tyaritSt
quaedam propria genera locutionum, quae cum in aliam linguam transferun-
turf videntur absurda. Slber toir toiffen, bafe Igngman ^ öu$ 2M&* 5U unferer reiben,
Voetifc^ fronen &\sxai)c getfyan fyat unb barum fetyen toir barin nur einen Seinen
lapsus calami. ^m SBergleicfy mit ben großen SBerbicnften ber arbeit toägen biefe unb
6 aui) anbere Siebenten toeniger al* ni$t*. 2Bir glauben, bafe ba* 2Ber! 3ngman* in ber
ciegettföen Sitteratur ginnlanb* immer einen @^renj)Ia| einnehmen toirb.
grüßte feiner tfyeologifc&en ©d&riftftellerei finb au$ {eine in fd&toebiföer ©i>rac$e ge*
föriebenen Uppsattser i bibliskt teologiska ämnen I — IV, Helsingfors 1865—
1867, unb Bibliska betraktelser 1—2, 1868—1872. $n [einem @<&riftd&en Bibelns
10 lära om rättfärdiggörelsen och försoningen ma$t er einen SBerfu$, bte Sefyre ber
93ibel bon biefem ©egenftanbe näfyer auflegen, 3n ber 9Ronogra)>bie J. Tob. Becks
Theologiska karakter, Helsingfors 1866 giebt er eine ßfyarafierifttf bon 3« %. Set!
al* Sibelt^eolog. SDJit ^ingebenber Siebe ju feinem ©egenftanb tyat er ben t$eologif$en
©tanbpunft 39edf* bargelegt.
15 Sei feinem Xobe fyat er bie grud&t einer langen, gefegneten £eben*arbeit ben naefc
lommenben ©cfcfylecfytern al* Srbe ^interlaffen. 28enn bon iemanb, gilt bon 3ngman : pectus
facit theologum. 33on §er$en liebte er feine Ideologie ©tubierenben unb fear niety
nur tfyr Sefyrer, fonbern auefy tyr väterlicher ©rjie^er. Sr toar tynen ein greunb unb
Ratgeber h>ie Wenige. (Sine ©eneration na$ ber anbern ging bei tym in bte©$ule unb
20 ging bann au*, um unter bem Solle ba* geiftige Kapital ju mehren, Sngman ftetyt und
bießeicfyt ju nal)t, um ifyn ganj objeftib, fyiftorif$ richtig beurteilen ju fönnen; toir glauben
aber, bafe eine tfyeologtfcfye gafultät fyöc^ft feiten folc&e tarnen in tyren Ännafen em*
fetyreiben fann, tote ben 21. 20. 3«9^ön^. Sr ftarb in boller Äraft feine* SUter*. 6r
fyattt lange ben legten ©treit geforstet, ben ein Gfjrift mit bem SCobe ju fäntyfen fcat
26 Unfer lieber §eilanb fyat gnäbig biefe ©cfytoäcfye feine* Siener* angefeljen. 2Ran muft e*
nämlid) al* eine @lauben*fdjtoäc£e bejetd^nen, unb boefc mufe man Sngman al* einen jum
§immelrci$ gelehrten, al* einen bottreifen SRann mit ©lauben eine* Äinbe* begannen.
©anft unb leidet ^at ber §err bie Sanbe be* $obe* gelöft unb ofyne äußeren ©$mer)
feinen Wiener fyeimgerufen. (£r ftarb ju §aufc am 5. September 1877, al* er für einige
30 greunbe eine SMbelerflärung tyielt. ©o tourbe ber treue Siener in bie $eimat berfefct,
bafyin er fo lange fcfyon ftcfy gefeint ^atte. 3f. *• Geberberg.
3fnf<tyacität Qnfya bilität) ift bie abfolute Unfäfyigteit, orbiniert gu toerben. ©ie
beftcl;t für Ungetaufte unb ^tawn- @^ liegt in ber SRatur ber ©ac^e, ba^ berjenige,
meld^er burd^ bie fflei^c bie gäfyigfeit erlangen toiU, ein fircfylicfye* 3lmt gu bertoalten, aud)
36 ein 3Kitglieb ber Äirc^e fei. Sie* toirb er nur bur$ bie Saufe: Cum baptismus sit
fundamentum omnium sacramentorum, ante suseeptionem baptismi non sus-
cipiatur aliud sacramentum (c. 60 can. I, qu. I. Capit. Theodori Canterb.),
auefy in c. 1 X. de presbytero non baptizato (III. 43), c. 3. X. eod. (Inno-
cent. III. a. 1206), c. 2. de cognatione spirituali in VI (IV. 3) Bonifacius VIII.
40 Saft bie in ber Äird^e Drbinierten, tomn fufy ergeben follte, baf; fie no<$ nid^t getauft
feien, erft getauft unb bann normal* orbiniert toerben müßten, tourbe ba^er ioieba=
fyolentlid() au*geji)roc^en (c. 112. dist. IV. de consecr. [Leo a. 458 1 c. 60. Can. I. qu. I.,
bgl. Capit. lib. VI. c. 94).
Sic Snfopacität *>« ftrauen ift in ber Äircfye nie bejtoeifelt toorben. Sie grau foK
46 in ber ©emeinbe nic^t lehren, 1 2t 2, 12; 1 fto 14, 34. 35. Siefem ©runbfa^e gemajfe
erllärt SertuUian (de virg. vel. 8): Non permittitur mulieri in ecclesia loqui,
sed nee docere, nee tingere, nee offerre, nee ullius virilis muneris, nedum
sacerdotalis officii sortem sibi vindicare. Sbcnfo äluguftin (c. 17 Can. XXXIII.
qu. V.) u. a. Sa^er beftimmen bie Äirdjcngejefce, bie grauen follen al* presbyterae
60 (viduae) nid&t orbiniert toerben (Conc. Laodic. a. 372 c. 11 in c. 19. dist. XXXII.);
ebenfo nic^t al* diaconae ober diaconissae (Concil. Nicaen. I. a. 325 can. 19;
Araus. 1. a. 141 can. 26, Epaon. a. 517. can. 21, Aurelian. II. a. 533. can. 18,
bgl. c. 23. Can. XXVII. qu. I. Novella Justiniani VI. cap. 5). Sie etoangelifcfc
Äircfyc lefyrt bon ber laufe, baft fie nötig fei (3lug*burg. Äonf. ä. IX u. a.), unb bon
66 ben grauen, bajj „ba* tüciblid^e ©efcfylecfyt bon ©Ott nic^t berorbnet ift jum SRegimente,
toeber in ber Ätrcfye, ober fonft in toeltlid^en Ämtern" (Sut^er in ben 3Berfen bei SBal^,
95b II, ©. 1006 u. a.). Sa^er finb Ungetaufte unb grauen auc^> bon ©eiten ber 6ban*
gelifd^en al* ber Crbination nid^t fä^ig ftet* betrachtet toorben.
$. R. 3<Kofcfoit t (3Hejcr f).
dtttorttatfait Qtoflnfeu 9?
3«tantatton f. S&riftologie 39b IV ©. 4 u. 16 u. ÄenofiS.
3»l(nfctt ober 9ie!(ttfett. — ßitteratur: £auber, fiebcn unb SBirfen ber <$inge*
fdjfoffenen, 6d)aff fjaufen 1844 ; Pavy, Les recluseries, St)onl875; M. C. Guigue, Recherches
gor les recluseries de Lyon 1887; ©treber, 91. Qnflufen, $ird)enlerjfon uon SBefcer unb
ßflte 2 fcufl. VI, 631 ff.; 93afebon>, 3)ic 3nfiufcn in $eutfct)lanb bornefjmUd) in ber ©egeub 5
fe* tfie&errf)ein3 im 12. u. 13. 3aM., fceibelberg 1895; O. 3öcfierf Sldfefe u. 9ttönc$tum*
1897, 6. 463 ff.
2)te 3nHufcit (gyxhtoxoi, ÄlauSner) ftnb eine befonbere Slrt gremiten, bie fid^ in
eine ^eOejfclausa, recluserium) auf Sebenäjeit cinfcfyliefjen ober einmauern liefen, um
auf btefe SBeife ©Ott ju bienen. &tefe eigentümliche gorm be$ 2lnacfyoretentum3 f)at fiefy 10
tot allem im Slbenblanb eingebürgert unb bort gafylreicfye Vertreter unb 93ertreterinnen
gehabt, toätyrenb bie anbern ejeentrifd^en formen be3 orientalijdjen SremitenlebenS tote
t 8. baä ©tylitentum ftc§ bei ben anberäartigen öimatifcfyen 93er^ältniffen be$ Slbenb*
uuibeS auf bie Sauer nicfyt burc^jufe^en bermocfyten.
Unter ben jatyllofen 2lrten, einen mögltrfjft bollftänbigen äbfctylufc bom Umgang mit 15
ben 3Renföen ^erbetjufü^ren, toirb uns au<$ früfy au$ bem Orient bon einem jeittoeiligen
ober bauernben (StnfcpUe&en männlicher unb toeiblictyer (Sremiten in §öfylen, ©räbern, engen
§üttlein, 2attenberfc$lägen ober naefy oben offenen Ummauerungen berietet (Vita Antonii
c20ff., ^oDabniS, Hist. Laus. c. 2, 5, 43, 96, 107—109; SojomenoS, Hist. eccl.
8,19; $tenntymu3, Vita Hilarionis; Ifyeoborct, Hist. relig* c.2, 3, 15, 18, 29; 20
3Roj<$u*, Vitae patrum c. 69 u. 70 f. «. SRönc&tum).
San eigentlichen ^nflufen b. ^. (Sremitcn, bie jic§ für immer in tyre $dlm ^n«
ftüefeen tieften, um biefe nie m berlaffen, fyören toir im 3lbenblanb erft a\x$ bem 6. $afyr*
fpmbert bur$ ©regor bon &our$. 3)ie älteren 9tacfyrid&ten tote 5. 93. über ba$ 3«5
flnfentum ber \)l Seuteria unb $u3ca, bie um 226 in Verona gelebt fyabm fotten (AS 26
3Rat II, 44) ftnb teil* legenbariftfy, teils ^anbeln jte bon männlichen unb toetblicfyen @re*
miten, bie fic| auf längere $t\t ober für immer in eine Rette einfcfyliefsen, toobei toir aber
nifyS ober nid&tä Sicheres über ba$ bem ^nflufentum dparafteriftifcfyc SKerlmal erfahren,
ob biefe ©remtten tyre QtÜt nad) tyrer Ginjd&liefeung nie bcrlaffen fyabtn (Augustin. de
opere monachorum c. 23 : includunt se viventes in magna intentione oratio- 30
num). Su$ ift ba$ im borbenebtltinifcfyen, irofd>ottifdicn unb benebiftinifcfyen Wöndbtum
fty finbenbe Snftitut cremitifäer 2lufjenftationen, b. &. in ber Umgebung beä Älofter« ge-
legener ginfteblerjeDen, toie fie j. 39. im galligen Älofter Serin (§aeften, Disquis. monast.
Ir5,3) unb im Älofter 6ajpobor« ju ©quittace (8*. granj, Gafftobor, Sire^lau 1872,
S. 27) nac^h>etebar finb, niept ate 3lnflufenleben im ftrengen ©inne ju bejeic^nen, ba 86
Hefen Sremiten ein ftetige« Sleiben in tyren3dlen nic^t geboten toar. 6rft ©regor bon
lourt nennt eine Steige bon männlichen unb toeiblic^en 3"^ufcn/ f° ^afe ^m 6- 3afas
hmbert bad ^nltufenleben in ©attien toeit berbreitet getoefen ju fein fcfyemt. ©0 lebten
$rotaftud ju ßombronbe in ber Slubergne (Vit. Patr. c. 5), 3un*anu^ (t 53°) i"
Smoge« (Qlor. conf. 103), bie SBtttoe üKonegunbi« &u SCour« (Vit. Patr. c. 19), Seo* 40
tebutf (f 583) ju SRarmontier bei lour^, §oftntiu$ ju Sienne (Hist. Franc. 6, 6)
mb onbere ol^ ^nttufen. 2luc^ bon bem ^nllufentum eines 12 jährigen Änaben 3lnatoliu^
bei öorbeauj ergäbt er (Hist. Franc. 8, 34). Gr betreibt au^ ben feierlichen 3lft
ber Sinf(^lie|ung im Älofter jum ^eiligen Ärem ju SßoitterS ^ur $t\t ber ^l. SHabegunbiS
(t 587) (Hist. Franc. 6, 29). 9ta$ 3ubereitung ber gette fü^rt bie »ebtiffin SRabe^ 45
gwibt* bie 9lonne unter ^falmenjefang begleitet bon ben übrigen -Können, bie brennenbe
Äojen tragen, )u i^rer $dlt. ^ter nimmt bie 3nftwfc äbfebieb bon ben Tonnen burd^
ben Stufa bann folgt bie SJermauerung ber 2^ür. — 3m Slbenblanb ^at aber bie Äircfye,
Me ein tXHU^famed Sluge für jebe ßmanci^ation i^rer ©lieber bon jtultu^ unb §ierardiic
tote, frfty für eine lirc^lic^e Siegelung unb Unterteilung ber ^nflufen unter bie ftrcfyltcfyen 50
«tweitaten Sorge getragen. 2)ie ©^noben bon Sänne« 465 (c. 7), Slgbe 506 (c. 38),
lotoo 648 (c. 5) unb bon granffurt 794 (c. 12) festen feft, bafe bie Srlaubni« jum
Älmrtnerieben nur folgen gegeben toerben foute, bie im Älofter orbnungSgemäfc erjogen
nb too^l betoä^rt toaren. ®iefe 6rlaubntö barf nur ber 2)iöcefanbifd^of ober ber guftänbige
Ut malen, ferner muffen ft$ bie ^ntlufen jum lebenslänglichen Slu^^arren in ihrer 56
3cSe beipflichten, bem Sifc^of fte^t aber bie Befugnis ju, ben anftöfttg (ebenben Älau^ner
te Jtbfler jurürfutberfefcen.
Xatif wen Semü^ungen ber Ärr$e um ^Regelung beö 3nKwf^"tum« blieb tfym eine
9öwffe gret^ett unb Stannigfaltigleit erhalten. 9cur jum Xeil fc^loffen fxd) bie ^ntlufen
MttUtmpttop&blt für Ü^cologic unb STir^t. 3. 8. IX. 7
98 dtiHttfeit
an benebiftinifd&e ober Älöfter anberer Drben an, baneben beftanb cm bom Drbenäleben
unabhängige« Saieninflufenium. IcilS Ratten fie i^rc Letten an fllöfter leite auety an
JJatfyebralfirc^en angebaut, 6nbli# gab cä noety eine Älaffe Don Snflufen, bie ber £in$e
am toenigften angenehm fein mußten, bie in fetyroffer äbgefd&iebentyeit afö 23alb* unb
6 JBüfteneinfiebler lebten unb ftd& an feine Siegel banben. ©ie Äirctye fyit fte gebutbet, ob*
toofyl Äonflifte nietyt auägeföloffen geblieben fein Serben, toeil gerabe bie (enteren bielfa$
bon ber 33olföfrömmigfeit toegen ber ibnen jugefäriebenen SBunbergabe unb ber ®abe
.ßranfe gu feilen bereit tourben. SBon ^nftufen, bie Smebiftinerclöftern angegliebert
toaren, h>iffen toir au« St. ©aßen, too 3lbt §armot 883—95 ate SnHufe lebte unb too
10 fi# bei ber Äird&e St. 9Jtong im ©ebiet bon St ©allen eine Älaufe befanb, bie faß
100 gatyre Don 915—1014 Don toeiblic^en ^nflufen befefct toar (Ars, @efötc$te be*
Äanton St ©allen 1810 l, 231 ff.), 2lu# bei anberen SenebitttnerHöftcrn toieingulba,
SBeffobrunn, ©ötttoeig, St. (Smmeran, 9lieber*2llteicty u. a. gab e$ im 9. unb 10. Sofa*
fyunbert ^«Hufen. 2)ie ©rünberin be$ befannten SBenebiftinerflofterS ißaulingeHe in 2$fc
16 ringen ^iaulina (f 1107) ift aber toafyrföeinlicfy ntc^t Sntlufe, fonbern nur 9lonne ge*
toefen (Safebott? S. 7). 3lu3 bem 12. u. 13. %afyx1). 9*** un* **>& Dialogus mirac.
be$ SäfariuS bon ßeifterbacfc (f. 21. 93b IU, 628,62) ein antaaulid&eS Silb be* bamaligen
ÄlauSnertumS (j. ÜSafeboto S. 8 ff.). 2Bie bei ben SenebiftmerKöftern befanben ftc$ audf
bei ben Stiftern ber regulierten Gfyorfycrrn be$ fyeil. Sfoguftin, bei ben (Siftercienfer* unb
20 ^Jrämonftratenferflöftern 3>nf(ufcn. 3Son ben bei 5tat$ebralfirc$en lebenben gnSufen ftnb
bie befannteften ber 9legen3burger Sctyottenmöncty ÜJlarianuS ScotuS (f 1086), ber Skr*
faffer einer tocrtbollen Söeltcfyronif, ber f^äter an ber SartfyolomäuSfapefle be3 3)ome3 ju
ÜJlainj lebte (Mariani Scoti Chronicon ad 1065) unb Jietyner au« f5rie8lanb(t 1233),
ber 1211 am §auj>ttfyor ber Äatfycbrale ju DSnabrücf bom 93if#of ©ebtyarb etngefälofjen
25 tourbe (ßattyolit 1873 I, 254 ff.). 2)ie nam^afteften ^nflufen, bie otyne 3fofölu§ an eme
DrbcnSgefellfctyaft in ber SBalbeinfamfcit tyr geben führten, fmb bie fjL Siutbirga, bie
in einer §öljle ber fogenannten 9tof$trapl>e im unteren Sobet^at Don c 830—60 lebte
(Vita L., Pez, Thes. aneed. II, 3, 146—78) unb bie tyL Sifu au$ 3)rtibecf in SBefc
falen, bie 64 IJafyre tyre Jtlaufe betoofynte, im SBinter toegen SDtangete an geuer oft
so bem Erfrieren nafye, $ule£t ganj t>crtt>ittcrt unb Don SBürmern jernagt toar (Sttyetmar,
Chronicon IX, 8).
2)ie Semüfyungen, ba$ Seben ber an Älöfter angetroffenen Älau^ner unb JOau^
nerinnen bur# fefte formen ju regeln, fehlten nic^t. 3)ie ältefte Siegel ift bon einem
fränlifc^en Äloftergeiftlic^en ©rimilacty toa^rfc^einli^ noc^ im 9. ga^unbert Derfa^t
86 (Grimlaici, Regula solitariorum, Holstenius - Brockie, Codex Regularam I,
291—344). Sie ru^t auf ber Siegel SenebiftS unb ber 3lac$ener Siegel bon 817. 9ätr
burd^ ^lofter ^inburc^ gegangene 3ftönd>e ober in ftrenger Prüfung erprobte 2Beltgetftl«be
(c. 18) bürfen mit Erlaubnis be« Sifc^of^ ober tyreS äbte« Snllujen toerben (c. 15).
Der ^nflufe mu^ boQftänbig auf feinen 33efi$ berjic^ten (c. 6) unb ^erfeberan) bor bem
40 33if$of unb bem ganjen ftleruä geloben (c. 15). Die Slücffe^r ind SBeltleben ift abfolut
auSgeföloffen (c. 69). Unter bem Sauten ber ©locfen betritt ber Snflufe bie für i^n
bereitete 3eHe, bie ber 93ifc^of mit feinem Sling berftcgelt (c. 15) (f. ein anbere* Rituale
ber Stircbe bon Soiffon^ bei Martine, de antiqu. eccl. ritibus 1. 2, c. 3 ordo 2).
Um ber @mancij>ation ber ^nflufen bom firc^lic^en Äultu« bor^ubeugen, foll bie Rdk
46 an bie Äircfyc angebaut fein, fo bafe er burefy ein genfterc^en bem ©ottcäbienft bettoobnen
unb bie Saframentc empfangen fann (c. 16). 3lu# bem Saieninflufen toirb täglicher
Äommuniongcnufe erlaubt (c. 36). 3ft ber gnflufe ^riefter, fo toirb bad ©ebetögtmmer
bom SSiWof fonfefriert, bamit er täglich bie ^eilige 3Jleffe feiern fann (c. 16). 3htt^
ein $toeite$ nac^ aufeen ge^enbe^ genfter toirb i^m feine Sla^rung gereicht, bie bie ab*
60 licfye ber Senebiftinermönc^e ift (c. 42). 3Jlit ber vita contemplativa, bem 9Raria*
^beal (c. 9), ba^ tyn neben bem galten ber gebräuchlichen ^orenanbac^ten jum imauf«
börlicfyen §erjen^gebet berpflic^tet (c. 32), foll er au$ ba« 3Jlart^as3beal, bie vita actiya
(c. 8), berbinben, fiety burc^ §anbarbeit feine SRafyrung berbienen unb bon bem übrig
Slcibenben älmofen an bie Slrmen aufteilen (c. 39). 3)ie ßleibung be§ Sintlufen ijl bie
66 ber Sencbiftinermönc^e (c. 49). ©rimilacty münfe^t jur 5ötberung be« geiftli^en Sebend
unb ivlx .<pilfe in ÄranfyeitSfällen ftetö baö 3ufammcn^*en öon 2 °^x 3 Älaudnew
(c. 17); boc£ fc^eint ftc^ bie« fefyr feiten bermirflic^t ju ^aben, tote ftc^ überhaupt eine
tocite Verbreitung ber Siegel nic^t nacfytoeifen lägt. S)ie Siegel ift in ben erbaulichen
teilen bon toarmer, naiber grömmigfeit, überhaupt fe^r fyuman unb bernünftig. ®r
60 toünföt, bag bie fyüt mit einem ©arten berbunben ift, in bem ftc$ ber ^nHufe um
3ttt(ufett 99
2uft )u fööpfen ergeben fann (c. 16), er bedangt fcon ifynen ein jtemlic^eö Quantum
tbeofogifc&en SBifjenS (c. 20), er toarnt fte bem ehrgeizigen ßiele be$ 2Öunbertt>irIen3 na$*
jujagen (c. 67). 3lu<$ ba$ übertriebene gfaften Verbietet er (c. 54) unb bemi($t bie 5Ra|-
tung }iemlt<$ rei<$lic$ unb läfjt fogar ben Süetn ju (c. 45). ßnblicty barf ber Snflufe
bid ni 3 diseipuli jur Sebtenung §abm, ben alten unb franlen Klausnern foH ein Pfleger b
gegeoen toerben, ber auefy für 33äber forgt (c. 48). — Sine ganj furje ^nflufenregcl be*
ft^cn toir au$ ber äCuguftinerprovftei Saumburg, bie bem 11. ga^unbert anzugehören
jtyeint unb übertoiegenb bie öebürfnifje ber Saieninflufen berücfficfytigt (*ß.9laber, Ba-
varia saneta III, 114 ff. unb §aeften, Disqu. monast. ©. 83). Sie giebt genaue
Sorfc^riften über Sefctyaffenfyeit unb Mobiliar ber Slaufe. 9)ie Älaufcn follen au$ Steinen 10
erbaut toerben, 12 %u$ lang unb 12 gufj breit fein unb 3 gfenfter fyaben, *>on benen
eiltet in ben ßtyor ber Äircfye getyt unb jum (Sntyfang ber Äommunion be$ ^ntlufen bient,
ba$ jtoeite jur (Entgegennahme fcon ©peife unb Xranf, ba$ britte mit ©TaS ober §orn
toerfeben jum .§ereinlaffen beä SicfytS. 2^eologifd?c Silbung toirb nidjt geforbert, ber 3n-
Hufe foQ an jjebemlage 7mal 50 ^Jaternofter f]pred&en unb ebenfo Diele Ave Maria, toenn 15
er ^folmen toeifi, foll er bie Slofturnen galten, toenn nicfyt, ftatt tyrer 300 Sßaternofter beten.
Sonntäglich foll ber QnHufc fommunijieren. Ungleich ftrenger als bei ©rimilad) finb bie
Jaftengebote, breimal in ber SBocfye ift gaften bei SBajfer unb 83rot fcorgefcfyrieben, an ben
übrigen Sagen erhält er bie gaftenfpeije, an ©onn* unb gefttagen auefy cttoa* 9Jftlcfy. @r
jott nur eine lunifa unb Stcüppt befifcen, im SBinter, too er rein $euer fyaben barf, auety 20
raten Sßelj. 3)a£ ©tillfätoeigen fott nur jhnföen SRon unb SSeSper gebrochen toerben. (Sr
mufc fu$ enblicfy felbft fein ©rab graben.
Sieben biefen Siegeln für männliche Snflujen beftfcen toir noefy jtoci für Umblicke.
Um bie 9Ritte be$ 12. Jgabr^unbertS färieb ©t^elreb, ßiftercienferabt fcon Stebedh? (®iö*
cefe f)orf) (f 1166) auf Sitten feiner afe ^nflufe lebenben ©c^toefter eine Siegel (Ael- 25
redi Regula 8. Institutio inclusarum, Holstenius-Brockie I, 418—440). 6r be*
ßntfcft t>or allem bie ftttli$en SerfaUSfomtrtome unb ferneren 3Jlif$bräu$e in ben ba=
maligcn Älauänertum CnglanbS. Qx toarnt bie 3nfluftnnen bor unftttlicfyem Umgang mit
«tauber, mit SRännern unb mit alten fcfytoafcfyaften SBeibern (c. 3, c. 22, c. 28). ©ic follen
nur mit tyrem Äonfeffor, einem alten Älofter* ober SBeltgeiftlic^en Serfe^r ^aben (c. 9). 30
%ud) follen fic feine ©efäenfc ober Sriefe mit SKönc^en au^taujd^cn, tt?ie bie$ bei jungen
Jnfiufmnen ©itte fei (c. 10). @r toünfc^t Collen 2lbfc^lufe öon ber 3lufeenh)elt unb ber*
bietet energifd) ba« Aufteilen öon Sllmojen an Slrme (c. 5, c. 43) unb bie aufnähme
to« (Säften (c. 6). gßr bie 3lrmen follen fte nur beten, ba^ ©abcnau^teilen ift 3lufgabc
b« JUenler (c. 46). @in rein tontem})latibc« Seben ift fein ^beal (c. 41). 2)e$fyalb 35
fwbert er aud? niefct unbebingt bie §anbarbeit (c. 6). Äleibung unb gaften ift ganj nac^
ber 8end)iltinerregel georbnet (c. 13—20). 3)ie SBänbe beö ©ebetägcmacfyS ber ^n&ufen
Wen nic^t mit fernen ÜKalereien unb Slelief« gefdjmücft fein (c. 34—35), nur ber ÄrujifijruS
barf fk^ auf bem Stttar befinben (c. 38). gür i^r innere^ Seben em^fic^lt er einbringt
bie erbauliche Setrac^tung be£ Seben^ unb Seiben^ be^ @r(öfer$ unb ber ^utünftigen 40
$mge (c. 47—78). Aber auc^ fyier trägt ba« 3nPitut c^nen ariftofratifd&en ß^arattcr tt?ie
bo» game benebiftinifd^e SKönd^tum. 3)ic gntlufe ^at $ur Sebienung eine alte grau unb
junge SJtagb, bie bie nieberen arbeiten toie bad Iragen beä SBafferö unb §oljed unb ba$
ftx^en ber ©Reifen beforgt.
Cm ^albed Sa^r^unbert jünger ift bie ju ben au^gejeic^neten 5Profabenfmälern ber 45
Buttdenglifctyen Sitteratur gehörige Ancren Riwle (9(nac^oretenrcgel), bie für brei ah
Älau^nerinnen )u Jarente in 3)orfetfötrc lebenbe abclige Damen toafyrfcfyeinlic^ bom S5ifd;of
Äu^arb ?Joor (f 1237) Don ©ali^bur^ berfafet tourbe (ö. ten Srinf, ©cj^ic^tc ber engl.
ätteratur 1877 I, 251—57). 33. ten Srinf (^arafteriftert fte als ein ffierf bon tiefer
jfrömnugfett, SRUbe unb innerhalb ber mönc^ifc^en äßeltanfc^auung bon einer geftiffen 50
jBeit^crjigfeit. 9tu|erbem fyat in &toei Wön^orben baS ^ntluf entnftitut beftanben, in bent
Ctben ber ©ilbertiner, einer Stiftung beS ©nglänberö ©ilbert Don ©empring^am (-J- 1189),
in bem eS 3^"^^ fl«& (Regula S. Guilberti, Holstenius-Brockie II, 476—
656) unb in bem Cremitenorben ber ßamalbulenfer (f. 31. 8b 111, ©. 683), au« bem
ui* tux^ eine bejonbere Siegel für ÄlauSner erhalten ift (f. Safeboto ©. 50 ff.). 05
3m fpateten Mittelalter Derbrängten bie Settelorben unb bie Segginen^öfe bie §n»
Ibfen. S)oc^ erhielten fte fic^ öeretnjelt nod^ bi« in ba$ SReformation^jcitalter. Seo X.
betoiOigt toter 3ntlufen an ber änbreadfapelle beä ^Jcter^bom bicfelben ©naben, bie er ben
Xbriffen »erßefyen ^atte (3Babbing, Annales minores ad. 1515 n. 4). 3m 17. %afp*
juabert t>erfc^tt>mben fte DoUftänbig, eine ber legten ift ^ofyanna bon ßanibrt;, bie ft$ ah ~~
100 >tlttfen 3>ta»mtiftt
gnflufe an bcr SfnbreaSfirc&e ju Sitte 1625 emföliefcen liefe unb bort 1639 ftarb(£efyot,
Hist. des ord. IV, 338 ff.).
$n bcr ebangeltföen Stirere £at bcr ftarte aStetiföe ©fer mehrere 9lnge$örtge be3
Greifes bcr reformierten nieberlänbifcfyen ^ßräjiftften bte jur SBieber^erftettung be$ mittet
6 a(ter(id^en Älauänertumä getrieben, unter benen ber ein einfameä Rüttlern betoofynenbe
©onberling ^°^ann ©enmrtrit auä Henningen an ber SRu&r (f 1699) ber betanntefte iß
(Böcflcr ©. 576). $rft*««$er.
$nforporatton. — SRefler, Diss. de gemrina idea et signis parochialitatis primitivae
ejusque prineipio incorporatione, 1752 it. Ejusdem Diss. De juribus parochi primitivi 1752
lOinSdjmibt Thesaur. jur.eccles. Tom. VI, 1777 p. 441 sqq.; SRtc&ter, $ooe, £at)f, £ird)enred)t
8. «ufl. 1886 8. 464 u. 617; gdeb&erg, Äird>enred)t 4. ttufl. 1895, @. 302; £infd)iu8, Äirdjen*
re«t § 104, 109 u. 113 11,3.395,436, 464; berfetbe in ben geftgaben für«. SEB.fceffter 1873.
Die ^nforporation einer Äirc^ettyfrünbe befielt barin, bafe biefe einer geiftlicfcen ftotyora«
tion, $. 93. einem ßlofter ober Stifte, quoad spiritualia et temporalia, einverleibt toirb.
16 @$on im 9. Safyrfc. fommen foIct)e Snfotyorationen fefyr ^öufig t>or, berantafst bur$ bie
öerföiebenften ©rünbe, namentlich burc& baä Seftreben, bie ßinrfinfte jener Korporationen
m bermetyren. Sie SBirfung toar, bafe baS bisherige mit bem SJenefijtum berbunbene
3lmt afe felbftftänbigeS Slmt erlofä unb mit ben lemporalien auf bie Korporation überging,
toelc^e nun mit bem 2lmte bie in ibm (iegenben geiftlic^en SJefugniffe unb SBerbtnblicfyttiten
ao übernahm, bei einem Pfarramt 3. 33., ber eigentliche Pfarrer fcurbe (parochus princi-
palis) mit ber Verpflichtung aur Ausübung ber ©eelforge burd& einen Sitar, toelc^en jte
felbft, unter Seftätigung burcp ben Sifctyof, ernannte. 2)iefem SSilar ßanb bann bie
cura animarum actualis ju, toogegen ba$ Älofter ober Stift nur eine cura habi-
tualis befafe. SBieberfyolt fd&ärften bie fanoniföen ©afcungen für biefen %oü bie ©n*
25 fefcung ftänbiger SSifare (vicarii perpetui) ein (c. 30. X. De praebend. III. 5,
c. 3, 6. X. De off. vicar. I. 28, c. 1. X. De capell. monach. III. 37, c. un.
De capell. monach. in VI. III. 18 u. f. to.), gleicfyoo^l tourben, namentlich in Deutfcfc
lanb, bon ben Älöftern fefyr tyäufig nur zeitige SSifare befteHt, ja fogar bie Sertoal*
tung ber ©eelforge an DrbenSglieber übertragen, toelctye am ^ßfatrorte gar nic^t reft*
aobierten. Süefentlicfy berföieben bon biefen eigentlichen, „pleno jure" ober „utroque
jure" toirffamen 3nforj>orationen (Declar. s. Congr. n. 20 ad. c. 7. Conc. Trid.
Sess. 7 De reform. [ed. Spulte u. Stifter]) toaren bie ftety nur auf bie lemporalien
bejietyenben Unionen öon Seneftjien mit geiftli<$en Korporationen, toelcfce fcielfacty au$ aö
incorporationes quoad temporalia bejeic^net tourben. 3n biefem goHe ging nur bo*
36 Vermögen ber Senefijien auf ba$ Älofter ober Stift über unb bamit alfo ba$ Siecht auf
ben SJejug (amtlicher au$ bemfelben ertoadjfenben SRe&enüen, mit ber Verpflichtung, axß
biefen bem betreffenben ©eiftlidjen einen ^inrei^enben Unterhalt (portio congrua) ju
erteilen. 2)a$ geiftlictye 2lmt, bie spiritualia, blieben hierbei alfo gam unberührt unb eis
f oletye befielen, unb bie öefeftung be£ Slmte^ gef^ burc^ ben Siföof auf ben Sorfc^lag
40 be$ Älofter« ober (Stiftet. 3toar führten biefe ©eiftli^en nid^t ben iitel parochi, fon»
bem ^ie^en au<£ ^ier vicarii, unterfc^ieben fic^ aber in ber 2#at nur bem 3lcancn nad}
öon ben eigentlichen Pfarrern, mufeten ate perpetui angeftellt toerben, unb toaren in
Sejiefyung auf bie ©eelforge nur bem Sijc^of unterworfen (c. 1. X. De capelliß mo-
nach. III. 37f c. un. De capell. monach. in VI. III. 18). 3)en ja^lreic^en W&
46 bräunen, toelc^e in Setreff biefer beiben 2lrten öon Unionen eingeriffen toaren, trat bad
Sribentiner Äonjil entgegen burc^ bie Seftimmung Sess. 7 c. 7 De ref. : Beneficia
ecclesiastica curata, quae cathedralibus, collegiatis seu aliis ecclesiis vel mo-
nasteriis, benefieiis seu collegiis aut piis locis quibuseunque perpetuo unita
et annexa reperiuntur, ab ordinariis locorum annis singulis visitentur, qui
60 solliciter providere procurent, ut per idoneos vicarios, etiam perpetuos, nisi
ipsis . . . aliter expedire videbitur, ab eis cum tertiae partis fruetuum, aut
majori vel minori arbitrio ipsorum ordinariorum portione, etiam super certa
re assignanda, ibidem deputandos, animarum cura laudabiliter exerceatur,
appellationibus, privilegiis, exemtionibus . . . quibuseunque in praemissis minime
65 suffragantibus. $a aufeerbem bleibe Honjil bie Union bon $farrfirc&en mttÄlöjlem,
Stiftern, §oft>itälern u. f. to. berbot (Sess. 24 c. 13, Sess. 7. De reform. c. 6), fo
ftnb feitbem folcfye ©inöerleibungen nur feiten unb gtoar „ex justa et rationabili causa"
mit päpftlictyer ©ene^migung öorgefommcn. infolge ber ©äfularifationen ber ÄBfte
dtttorvoratton ^mteröperrttd) 101
ttnb Stifter ift baS game Snftitut gro&enteifö mtyraftifö getoorben, mitunter erinnert
aber noi$ ber sJtame „$farrabminiftrator'' an ba$ früher beftanbene ^for^oration^s
ta^atoriS. ©afferfdjleben f.
3**eTflfterreid} (©efd&id&te ber Sieformation unb (Gegenreformation in
Steiermark Äärnten, Ärain [unb @ör$]). 1. Ouellen. 93on älteren ©amm* 5
langen jur ©efdjidjte ber Deformation unb Gegenreformation in Snneröfterreid) finb &U
nennen: 1) 8. »aupa*. eüangelifdjeä Oeftcrreid), 6 fceile, Hamburg 1732-1744 (berührt
asd) Snneröfterrcicb). 2) ©. ©. ©albau, ©efd). ber Sßroteftanten in Defterreid), ©teiermarf,
ft&rnten unb Ärain Don 1520 bis auf bie neuefte 8eit, 2 Seile, HnSpad) 1784. teuere
GueHenfammlungen für bie ©efdjidjte beiber Venoben giebt e§ nid)t. 2lud) an metfjobifd) 10
abgefaßten neueren (Sammlungen $ur ©efd)id)te ber Deformation in Snneröfterreid) feblt eö
|ttr Stunbe nod). $od) finb (Sin$elarbeiten $u nennen unb $roar: 3) Soferttj, 3)ic fteirifdje
(afeid> inneröfterTcicbifcbe) 9freligion3paciftfation 1572—1578. ($ie fog. Magna Charta ber
ffroteftanten 3..£)eftr.) ©ra$ 1898. Seröffentli*. ber f)ift. Sanbeäfomm. für©teierm. 92r. 1.
4) Skrfelbe. «rd)iüalif*e ©tubien in Wiener Strogen, ©ra$ 1898. Serbffentlidjungen b. 15
»iß. &-S. Hr. 6. 5) $erfelbe, ©riefe unb Wien jur fteiermärfifdjen ©efäidjte unter (Srj»
frirjog Äari n. au$ bem fgl. baner. fflctdjä- unb ©taatSardjiü in 3Ründ&en, ©raj 1899.
$eT5ffentlid)ungen 9fr. 10. 6) Äinbermann, ©eiträge jur SBatcrlanbSfunbe für Snneröfter«
iei<W <£m»obner, 2 ©be, @rafc 1790 (enthält bie fog. Ärafeeraftcn). 7) £f>. ©l$e, $ie flau.
froteJL 3)rucffd)riften be3 16. Sa&rfc., SSenebig 1896 (enthält eine gufammenfaffung mehrerer 20
in 3b. für ©ef *. be$ $roteftantiSmu3 in Cefterr. erfdjienener Sßublifationen). 8) @l$e, $cr
»riefwedifei be$ $rimu« fcruber im 215. 93b ber ©Triften be3 lit. Vereins in Stuttgart
1899. 9) ÄoftfenSiä, Urfunblt^e Beiträge jur ©efdj. ber prot. fittteratur ber ©übflaoen,
Sien 1874. 10) fiofertb, $ie Eejieljungen ber fteiermärfifcfcn ßanbfcfjaft 31t ben Uniuerfitäten
Bitteuberg, SRoftocf, #eibelberg, Tübingen, Strasburg u. a. in ber jrociten #ölfte bcS 25
16. 3aftrb , ©nu 1898 (Seftfdjrift ber Unloerfttfit ©ra$). 11) $erfd)iebene urtunblidje unb
anbere gleidfteitige Ouellen f. in ben unten genannten SBerten oon £urter, ßofert^ u. a.
bann im 3b. für ©efd>. be« SßroteftantiSmuS in Defterr., in ben SRitt. be« tyft. JöereinS für
Btctcrmarf, ben Beiträgen jur Äunbe fteierm. ©efd)idjt3queHen, ben ©teierm. ©efdn'djtS*
Wittern, ber Carinthia u. a. 90
(St&ad beffer fteljt e$ um Guellenfammlungen jur ©efd)ld)te ber ©egenreformation. $ier
fbib an filteren Quellen anjumerlen: 12) 3)aotb 9hmgiu3, S3ertcf)t unb Erinnerung uon ber
tyraimtfd)en ba>ftifd)en ©erfolaung beö ^l. <£t>angelii in ©tenermar!, törnbten u. (Srain zc.
Stttenberg 1601. 13) Safob ^ofolenj, ©rünbli*er ©egenberidit auf ben falfdjen ©erieftt
imb oermeinte (Erinnerung 3>aütbi$ SRungii . . . ©räfc 1607 (baju erfd&eint eben eine ©tubie 35
wn fiofertb, 3urÄritif be« Wofolenj in ben 9W.3.0eft.©. 21.93b, in welker bie Verlogenheit
bei VntOTft nadjgemiefen roirb). 14) Georgii Stobaei de Palmaburga, Epistolae ad divereos
Viennae Aoatriae 1758 (enthält ben mistigen 93rief, ber bie 5Ratfcf)löge für bie $urdjfüt)rung
ber ©ejenreform. in 3nn*röfrerreic& bietet, wie fie bu^ftäblicö befolgt tourben). 15) Relatio
Hutonae triattesimae persecutionis autore Amando Hanavero 1601. O. O. 16) ^urje 40
mb mar^afftige (Srjefelung, wie . . . $aulu$ Dbonliud . . . gefänglich eingebogen . . . tuor»
ben, Wagbeburg unb 3)redben 1603. Von neueren OueUenfammlungen ift bte grunblegenbe :
17) fcften unb Äorrefponbenjen jur ©efe^ieftte ber ©egenreformation in Snneröfterretd) unter
&|kr|ogftarlII. 1578-1590, ^eraugg.u. S-ßofert^ TOenl898, 92 u. 747 ©. (im 50. $b
ber Fontes rer. Austriac. 2 Hbt$.), bie Einleitung giebt einen au$füf)rfid)en ©erid^t über 45
bra gesamten ardjioalifdjen Oueüenftoff. 18) ©itlelöbacfjer Briefe, ^erau^geg. uon gelij ©tieoe,
6$rftr, «Rünc^n 1885-1892 (ber bairifcfje (Sinflug auf bie (Sntmicflung ber $inge in
3raer3fterrei4 ift ba unb au$ ben oben unter 9ir. 5 genannten ©tücfen flar erfidjtticfj).
19) (JtnjelneÄ bieten bie Annales Ferdinandei, Wiguleus Hund, Metropolis Salisburgensis
H XL a. 60
2. Darftellungen. (Sd ejiftiert eine einjige miffenf(6aftli(t)e ©efamtbarfteHung auf
ürt^ wlifdjer ©runblage, nftmlic^ : 1) Soferll), ©efd)i(bte ber Deformation unb ©egenreforma«
Hon in ben inneröfterreid)ifd)en fifinbern im 16. 3al)rl)., ©tuttgart 1898. $0$ reicht fie
ttr M 1590. 3ftre Sfortfekung finbet fie 2) in fiofertb, Der ^pulbigungSftreit na$ bem
hbt dr)berpg ScarlS II., ©rai 1898 (aueb unter bem Xitel gorfa^ungen jur SSerfaffungö* 65
ub $fni>altung$gefd)id)te ber ©teiermarf, 2. Xt)l). anbere ©efamtbarfteHungen [\nb ent*
»eber oeraltet unb partciijc^ wie 3) fflobitfeft, ©ef4- bed $roteftanti3mu3 in ©teiermarf, ©raj
1Ä59# ober ttiffenfdjaftlid) ungenügenb wie 4)3lmof,^er$roteftantidmud in ©teiermarl, $ärn*
ten inb Ärain x>om 16. Safclj. m auf bie ©egenwart, ©raj 1900 (bie erften 107 ©elten
fab iKfcntlicfe ein Kufyig au* fiofert^S unter 9?r. 1 genanntem 98erf, btä folgenbe beruf) t 60
w^t auf eigenen ardjtüal. ©tubien unb enthält jatjlreidjc 3rrtümer, fann alfo nur trre=
ffyrrob wirfen). 3ab^rei(b finb bie Sonographien über einzelne Partien. 3U ^nen gehört
5) ba« umfangreiefte mit oielen ©riefen unb Elften uerfe^ene Ser! ^urterd, ©ef^i^te bcö
Wfert 3fctbinanb II., 11 öbe.f ©djaff&aufcn 1850—1864. ®« ift eine einfeitige »er^err-
Ii^Hsg ber dkger.reformation. ©0 aud) oon bemfelben ^erfaffer: 6) 93ilb einer djrift liefen 65
102 3n«crijimtt4
Tfitrftin, iRaria, {Sr^fcerjcgin ,ui dfieueid, 2 dar teufen 1860. Tic t« btefem $£er?e ab«
gefcrucfren 33 riefe jtnb 1*97 ncdmal* rrnÄbuQ ebiert moTben, ©ia$ 3tnria. Xenfe Ibfii 6ba-
r-fier treckt cü* $ud: 7/ 2 du für, güuibiidc? iKartin Sienntr, öin (Sbaralterbüb ous ber
neia mär lüden :ReTCTnia:u"n*gcid.. ©ra*, u. i'eipjui 1696. 6 &. SR. SRoner. Xer Sruder
5 t'cnbicg 1572, «id. f. cü. ©eid. 73 (er tag:« in "©raj. ni4t in Snufj. 9) Xerfelbe. 3cre«
mia* ^emter^er, (jin Beitrag $ur ©eid- onnerimerreid* im 16.3abrt). fcrd). f. oft. ©cfd). 74.
1«.i Xcrjdre, ;iur Weidjiclte oimeT euer eid* im 3atre '^00 im 20. Cb ber gorfdntngen j.
b. (fceididte. Il> Glje, Xie 3iipfriri;enKnttn ber epangelifden Stircbe in ÄTain toS^renb
bvi 16. 3afcrb.. &ien 1?"63. 12) fiofer.b, Xie 3at$burger $rooin$ialiönobe Don 1549 (mit
M rc;d:igen CueÜen beitragen, mit aud) bie jolgenben Äummein» Slrd- f. oft- Qefä., 85. Sb.
l.'Ji Xerfelbe. Cr$ter$og Äarl II. unb bie ijrage b« Grridtung eine* ßloftcrcatc* für 3nner«
if-fterreid), "Ärd. f. oft. ©eid. 64. *b «mit bin tc*. flttenüürfen). 14) Xerfelbe. ©ine gell*
fdung btä S>i$e längere SSoIfgang 3dian$. 2K 3 Ceir© XX. 15) Xerfelbe, Gin $odoer«
ratWro',c& cue ber 3eit ber ©egenreformation in Jnncröfterreid, «rdj. j. oft. ©efd- 88. 33b
15 ('mit ben fcc*. 91 ftenf rüden. 10; Tcrfelte. Xer Jjlacianiemuä in 3teiermarl unb bic Äeli*
gionegeiprclde ron 3d:abming unb (Vraj. 3b. f. ©cid. be* $roteft. in CefterTeid) 1899.
17 ) XeTfelbe, 4?iebertäufer in Bteiermart. iflitib. fcift. 3>er. 42. 18) ftür bie SHef. unb
©egenref. in ftrain bietet auf quellenmäßiger ©runblage nod ba* meifte Ximifc, ©e(d. oon
Ärain II. u. III. Itjf. l'aifcad 167"». 19) 9e. Sebinger, Xie Deformation unb ©egenrefor*
•20 mation in fclageniurt 17. ii. 18. $rogr. be$ C. ©nmn. in filagenfurt 1867/8. 20) Soferty.
9lu* ber 3^it ber ©egemeformation in ftärnten. Xie beabitdtigte (Sinjieljung ber Älöfrer
©uffen unb %rno(bftciu in ben Jefuttenorben, GEarintbia VMJ 3abrgg. gnr bie Crganifation
bes proteft. £dulroejenä ift roidtig: 21 ) g. o. Jlroneä, ©ejd. ber Uni werft tot ©raj, öroj
\hW>. 22) ?einlid, ©efd. bes ftttmn. in ©roj^ 18G6 u. ff. 23) Xerfelbe, 3)te Ggtenpeirger
25 <Stifft, efcenba 1864. 24) SMertb, Xie pTot. 3iiflÄidulc in @d«ronberg. Witib. bift. wr.
f. €teierm. 47. ^eft. 25; Xerfelbe. Xie 91ufbcbung bc& proteft. €duU unb ftiicbenminifte«
riumd in ftlogeniuvt, Gaiintfcia lf-(X». 26) Xeifelte. Xie ©egenTfformation in önnerofteueia)
unb ber Ifterr. ^erTeii* unb 92iitciftanb; liegt POTläufig im9(GnujIript ror. 27) (S^rroenla,
Xie ÄfceDenbüncT, 5Bien 1867. J8) 9iabic£, ©etborb VIII. o. Äuertperg. ©ien 1862.
30 2i4j ftleineTe Stubien, Wi^cQeu u. a. in ben oben genannten 3ftiWriften.
Unter ber ScAeidjnung 3nneröfterrcid tourben feit bem 15. ^a^rbunbert bte öper«
reidnfeften i'änber Steiermarff Kärnten unb ftratn }ufammengefa|t. Sie bilbeten fdj^on
1 111 eine eigene Senrjaltung^ru^^e mit <Steiermart atö .^au^tlanb unb ®rcu afe be=
bor^ugtem 9legterunge{t$ unb Sertpaltung^jentrum. tiefer 3ufammenfc^Iuft ^teb aud)
36 unter ^erbinanb I. befielen unb mufete ein nod) biel enaerer roerben, ald ^erbhtanb I.
ftarb unb fein jüngfter Sor;n Grjberjog Äarl II. btefe Sänbergru^e erbte (1564). 3n
!irc^(id>er Se^te^ung ftanb fie unter bem Sr^btetum Saljbur^ unb bem ^Patriarchat bon
9(qui(eja. 3^ar Ratten and) einzelne geiftlicbe Steicr^fürften rote bie bon Samberg, grcifvng
unb Srijen reichen Sefuj in ben bret Sänbem, aber bie tird^licr)e SJernxiItung tourbe ^ie=
40 bon in leiner 2Betfc berübrt. X)ie gro^e rtrc^lide Scrt>cgung beä 16. ^^^unbertö fanb
in allen tnneröfterreic^ifc^en fiänbcrn frübjeittg ßingang; ja biefe tourben bon i^r biet
ftärfer erariffen ate btele anbere beutfe^c Sanbfc^aften ; unb ba$ nimmt ntAt Sßunber,
benn auc# in ben RÄtm be« 9Jiittelalter3 gab ed in ben beutföen Sanben feine bebeu«
tenbere Setoegung ber ©eifter, bte man ntcfyt mit befonbercr Stärle aud) in 3ttneröftct*
45 retet) berf})ürt fyätte; ftanben boc^ lange 3cit neben £fterreicty borne^mnd^ ßteietmarl
unb Äärnten im ÜKittelpunlte ber geiftigen Seroecjung 2)eutfcr)Ianb«. ©o fanb benn auc$
bie mittelalterliche C^ofttion gegen bae ^Ja))fttum bier Gingang, unb rourben bte r;uma=
niftifc^en ©tubien f/icr mit befonberem Gifer betrieben. SBiel einbringlid^er totrfte aber
jene Setoegung, bie mit Sut^erö 9Jamen iufammenr/mg. 3(ucr) hier toie anbertoärö lag
60 bie Urfadje r;ierbon borner;m(ic^ in ben feptoeren ©dbre^en beö fatboltfc^en JKcrud. gef^on
ein ©idjter be« 13. 3abrr;unbert^ flagt: „eä gebe hier Pfarrer, bie e$ gar nid^t tuageit
bürfen, ir^re ^farrfinber $u tabeln, toeil man fic fonft irjrer eigenen Umud&t, bed Sbteleö
unb SBuc^er^ h>egen berflagen toürbe. 5Ricr)t feiten berufen fu$ bie 5ßfarrfinber auf baä
bon ben Sifc^öfen, 9lbten unb Sßfarrern gegebene fc^lecr)te Seifpiel. SRiemate tytix bie
65 ©ciftlid;fcit leidjtfinniger gelebt: Un^uc^t, Seilerei, au^gelajfene Sieben, Saufen unb ©teeren
in allen ffiirts^äufem fei jeftt ir;r Sebcn. Sluf alten ©emälben fe^e man oft ben
Sßriefter abgebilbet mit einem Suctye in ber $anb; je^t tr)ätc man beffer, i^n bargupeUen
mit einem SBeib an ber Seite, ein Spielbrett in ber §anb, ein ©c^toert unb ein langet
5)ieffer um bte Senben. Gfye möge einer im ^gefeuer ofyne Slufregung leben ate m
w einem Älofter". 3)iefer ©ittenfebilberer ift babei noety ein toarmer greunb be« Älerud.
©old^e Älagen mehren ftc^, je när;er man an baä 1(5. Sa^r^unbert ^eranlommt. Äetn
SUunber, bafe alle« ber neuen Stiftung zufällt, ©c^on ergab eine grojje SSiptation, bte
1528 in ber ©eefauer ^iöjefe burcf^jefübrt tourbe, ba^ ,,ba« Vut^ertum" überall feinen
^mirröfterrcid) 103
&*&*% fluten. Hieran fat auc$ ber Sauernfricg nicfyt« mefyr geänbcrt. 2)ie Überzeugung
fcrrföt bor, man fei fcon ber ©eiftlicfyfeit bi«fyer um fein Seelenheil betrogen toorben.
SDie ftlofter toerben leer; ein 2lbt jagt ba toofyl, er fyabe feinen Untertanen bie lutfye*
rifefcn Sachen nietyt geftattet, fie feien aber ber Stficinung nietyt getoejen. Überall fyerrfdjte
itu^t Mofc ein SRanael an „tauglid^en unb gelehrten" <ßrieftern, fonbern an Sßrieftern 5
überhaupt, alte Stiftungen gelten ein unb ber proteftantifcfye 2lbel ertoirbt burc$ ^fanb*
febaft unb Rauf einen niefct unbeträchtlichen £eil be« Äircfyengute«. SBeniger al« in ÖSrol
tommen in 3mieröfteneic^ bie laufgefinnten gur ©eltung. 3)a bie Sanbfdpaften bie äug«*
burgiföe Äonfeffion für bie allein fcligmacfyenbc gelten unb Don ber 2lnftd>t ausgingen,
taft ber Stampf be« Sanbeefürften nur gegen bie „©eften" gefye, fo fallen fte faft nod? 10
me^r al« bie Äatyolifen barauf, bafi fein SBiebertäufer im Sanbe gebulbet toerbe. Sie
6al)burger ©tynobe bon 1549 erbrachte ben 9lac$toei«, bafe ©teiermarf, Kärnten unb tootyl
mdf fc^on Ärain Dom 5ßroteftanti«mu« gän$li($ burd?fefct toaren. 3tt?ar *rat Serbinanb I.
na4 Äräften für ben Seftanb ber alten Sefyre ein, aber auefy er fafy fiefy naefy ber ferneren
Xtebcrfage, bie Äarl V. burefy 9Korifc Don ©a^fen erlitt, genötigt, gugeftänbniffe &u 16
wachen. Stuf bie gorberung ber ©tänbe, itynen bie (Srrungenf^aften be« 9leligion«frteben«
utfommen gu laffen, ging er freiließ ni<$t ein, benn fte feien jtoar ©tänbe, aber nietyt
Ütet^Sßänbe, bodj getoäfcte er, bafj jene, bie ba« 2lbenbmafyl unter beiben ©eftalten
nahmen, ni<$t geftraft toürben. güljrer ber Sßroteftantcn toar ber 2anbe«fyaul>tmann bon
Steiermarf Hon« Ungnab, greifen bon ©onnegg. 6r fiel toegen feiner leilnafyme für 20
He $rotcftanten in Üngnabe unb toanberte freiwillig in« @jil, erft nad& ©acfyfen, bann
na$ SBürttemberg, bon fco au« er eine lebhafte ^ropaganba unter ben ©übflaben ein-
leitete. 6« ftnb grofeenteil« feine ©elbmittel getoefen, bie Sßrimu« trüber, ben SRefor*
matot ba ©lobenen unb feine ©enoffen in ben ©tanb festen, bie ©lobenen unb Äroatcn
mit Überfe^ungen ber Sibel in tyrer URunbart ju berfetyen. Sie beften Hoffnungen ge* 25
toäfyrte ber 9tegierung«antritt sJ)ta|imilian« IL (1564), be« einigen §ab«burger«, ber au«
innerer Steigung bem 3lug«burgifc$en ©laubenebefenntni« nafye trat. 93tan fyielt bafür,
bog auc$ @r$erjog Äarl biefelben Sßfabe toanbeln hnirbe: „3. 3Kt. unb ßr^erjog Äarl,
(treibt ein 3eitgenoffe in biefen Sägen, ftimmen toofyl jufammen; lafct un« getreulich
beten, e« ift eine grofje 3*ü-" %&&*$, 9tta£imilian IL toar biel ju fefyr ^olitifer, als so
ba& er ba$ äug^burger ©lauben«be!enntni« gang angenommen j^ätte, unb feit bem tra=
giften 6nbe bei 3)on 6arlo«, ba« ben beutfe^en $ab«burgern bie 9lu«ftdbt auf ben 33efi$
€)>aniend eröffnete, geriet er bollenb« in ein anbere« ga^rtoaffer. ©ein Sruber Äarl IL,
Va $err in ^nneröfterreicfy, erfüllte noc^ biel toeniger bie Hoffnungen ber Sßrotcftanten ;
unb gerabe bon tym ertoartete man ba« Hoffte: bie (Sinfüfyrung ber 3lug«burgifd^en Äon* 86
feffüm al« ©taat«re!igion. Gr fear hierüber auf« tieffte erbittert. 2Ba« foDte er aber
tbjm? ©tärfer al« jemal« früher brang ber $roteftanti«mu« in alle Äreife: in ben
Käthen unb ©täbten gehörte i^m alle« ju, in ben Sergftäbten ging ber fatl^olifc^e
®otte«bienft ganj ein, bie Älöfter ftanben enttoeber leer ober h>aren bon berfyeiratetcn
Konten betoo^nt unb auf ben latyolifc^en Pfarren fa^ eine ©eiftlic^feit, bie ben 65libat 40
aufgegeben fyatte, ba« Slbenbma^l unter beiben ©eftalten aufteilte unb bie „beutfe^e
Seffe" la«.
3m 3a$re 1572 tourbe ein fogenannter 2Bin!ellanbtag ju Srud an ber 9Kur ge^
galten, (ginem Sriefe, ben ber Sifc^of Urban bon ©urf bamal« an ben Herjog 2Ubrcrf>t
knm Saiern fc^rieb, entnehmen toir, h>elc^e fteiriWen ©täbte al« folcfye fid^ bamal« jur is
|roteffamttf$en 2ebre belannten: 6« fmb'©rag, Harburg, Seoben, gjub^urg, Slabfer«-
burg, gürjtenfelb, Sottenmann, 3Soit«berg, 2lu^ee, 9leumarft, (Sifenerj, SBäeifeenfirc^en, gelb^
hafy, Obc^eirmg unb Obbadb. 9lber and) bon ben no$ übrigen erwartete man ben
übertritt mittel« offener @r!lärung jeben &ag. 9lo$ biel ^offnung«boller für ben $n>;
teftanti«mu« lagen bie 3)mge in Äratn, n>o bie flobenifc^e, bon ben fteirifd^en ©tänben 60
mterftü^te $ro)>aganba einen ®rf olg nad^ bem anbern errang, unb in Äärnten, n?o Älagen»
fort nidft lanbe«fürftlid^e, fonbern lanbftänbifc^c ©tabt mar unb al« foletye einen au«=
\h/Mflid} ^roteftantifc^en (Straftet trug. 5Bir erfahren au« einem Briefe, ba| fte felbft
1598 iux$ faum einen unb ben anbeten fat^olifc^en ^Bürger in i^rer Glitte jä^Itc. ^n
ben ©tobten finb alle Ämter, ba« eine« SBürgermeifter«, ©tabtric^ter«, ©tabtfe^reiber«, 65
ßmiebmer« unb bie StatfieÜen in ben$änben ber 5ßroteftanten, ja felbft bie Hofbebienfteten
geboren ber 81. Ä. m. 9Kc^t anber« toar e« beim 3lbel. SSom fteiriföen Sanbtage
1580.81 f^retbt ein 9eoba$ter, ein fämtnifc^er Gbelmann nad) Älagenfurt, bafe e« in
Cteiermarf ni$t me^r al« ^ften« fünf fatyolif$e Gbelleute gebe. 3)ie £anbe«bermaltung
tourbe nun ganj mit $roteftanten angefüllt: ber £anbe«^auptmann, iJanbe«berh)alter, eo
104 3»tter0ßerretdj
fcanbeSDertoefer, SteUermeifter, gmnetymer, bie Dom 2anb beßettten grütyrer ber Xrujtyen,
bie Sorftänbe ber Äretfe u. f. to. toaren Sßrotefitanten. Slm 2anbtage flehen ö — 6 la?
t^oItfd>e gegen 40—50 proteftantiföe Stimmen, unb bieS Sertyältniä toürbe tuxty gait)
anberS fein, toenn nictyt bie Vertreter ber ©table unb SRärfte htSgefamt nur eine etti|tae
6 Stimme befäfeen. gm Anfang ber ftebjiger 3a$re lenfte Äarl II. me&r m bte jefutttfcpe
Stiftung ein. Seit feiner Verheiratung mit 3Raria Don Saiern tourbe ber batcrtfdye
(Sinflufc mafjgebenb; aber bie finanzielle 9iot, in ber er ftdb befanb, nötigte iftt, in bat
beiben großen *ßacifttationen Don ®ra* (1572) unb Srurf a. b. 2R. (1578) bat Sbtge»
porigen ber 21. Ä. folck ßugeftänbniffe )u machen, bie faft einer äbterfemutttg ber
10 ®lauben$freityeit gleich tarnen. ©atn nicty blojj, bajj er berfpra$, ber Sieligion toegen
niemanben aucfy nur „ein $är$en ju frümmen", geftattete er ben ^roteftanten in ®ra)
unb ^jubenburg, Saibacf) unb JUagenfurt bie Ghrrtdjtung eigener Atrien unb Spulen. 3n
ben brei SanbeStyaitytftäbten ®raj, Älagenfurt unb£aibac$ tourbe nun ein eigenes Hingen»
unb Scfyulminifterium eingefefct. (Sine alle ^Protestanten 3nneröfterrei<$ä Derpflt<$tatbe
15 ftir$enorbnung n>irb feftgefefct unb mit ben Dorn (Srjtyerjog gegebenen 3uaeftänbmffen alä
bie grofce fteiriföe SReligionSpacififation aufgejeubnet — ein gretyeitsbrief, ber, tote bte
^roteftanten meinten, fie Dor aßen fünftigen Verfolgungen f$ü$en foOte. SDie Stifte
fc^ule in ®raj tourbe toenigftenä teiltoeife als $o$f$ule emgeridbtet. Sei ber Sebeutung
ber Dier genannten Stäbte mufcte bie 3a^ ^ex bort toirtenben ©eiftlid^en er^dfyt toerben.
ao (Sinem jeben §errn unb fianbmann ftanb e$ frei, einen Sßräbilanten für ft$ unb bte
Seinen, b. $. feine Untertanen, ju galten, unb ba nictyt ein jeber Sanbmann in ber Sage
fear, bieg tfyun ju lönnen, tourbe in jebemfianbeSbiertel ein proteftantifäeT ^tertefyrebtger
aufgeteilt. Sei bem großen Sebarf an ®eift(i$en unb bornetynlicty an toif[enj£aftlid(|
gebUbeten Setyrfräften für bie ®rajer Stiftefctyule enttoicfelte ftq ein reger Serrepr ber
26 einzelnen £anbf$aften mit ben proteftantiföen UniDerfttäten be$ SRad&eS. Unter bat ax&
bem Steige berufenen ©eiftlictyen foielte SeremiaS §omberger als Dbeqjaftor in ©raj eine
tyerborragenbe Stolle, bie ftcf? am beutlic^ften in ben SBorten @r$erjog flartö aufragt:
ßnttoeber muffe er au$ bem fianbe fyinauä ober ber fiomberger. ©iefer toar efat c$r*
lieber, uneigennütziger unb infolge beffen bei feinen ©laubenSgenoffen $oc$ angefeuerter
sodann: in ben feit 1579 angebrochenen Sagen ber Verfolgung bte Seele be$ 3Biber=
ftanbeS gegen bie brtiefenben 9ttafcregeln ber ©egner.
3Kit ben grofjen 3ugeftänbniffcn Don Srud fyatte ber mneröjierrei$ifd{>e ^Sroteftan*
ttemuS feinen ^ityepunft erreicht. 3lfö bie ßurie öon ben gtofeen 3ufl^^*«|f!«n be«
@r^erjog§ Äunbc erhielt, geriet fte in einen grofjen Sd^reclen. 5Ran fürchtete ein Über*
35 greifen beä ^roteftantiSmud Don ®örj au$ in3 Senetianifc^e. Sin SRunttu^ erf^ien fat
®raa; ber ©r^erjog tourbe in ben Sann getfyan unb alle $ebel in Setoegung gefegt,
um bte ben ^roteftanten gemalten ftonjefftonen ^urütfjune^men. S)er @n^er)og toar ju
einem SBäiberruf geneigt, unb baji biefer nid^t eine bem £aufe ßaWburg abtraglti^e gönn
annahm, bantte er bem ©ingretfen ßr^erjog gferbinanbä in Snn^brud. 3)ie $öfe bem
40 SWünd^en, 3"«^^*/ Salzburg unb $rag traten für bie Sactye be« Äat^olijtemiö ein,
unb in aJtünctyen fanb im Dftober beS 3a^ 1579 jene Seratung ^tatk, in toelc^er Me
®runbfä^e jur 2)urc^fü^rung ber ®egenreformation in 3nneröfterreid& festgelegt totnben.
Sc^on 1580 tourbe ber 98erfu4 gemalt, bem J)roteftantifc^en SBefen bn Sanbe mit einem
einzigen Stog beiftufommen. ylod) aber toaren bie Stäube bie [tarieren unb ber @rj*
46 ^ergog genötigt, fein 2)efrct, ba^ feine grofeen 3wgeftänbniffe toieber aufgehoben ^atte,
jurücfjunc^men. 9lun ging man — im Sinne ber 9Jiünd&ner Sefölüffe — langfamer,
aber um fo fixerer bor. wem begann mit ber ,,fat^olifc^en Sieformation" bort, too bar
Srfolg am ftc^erften ju ertoarten toar — in Stäbtcn unb SWärften, baut über biefe, mit
Sluöna^me Don ®raj unb ^ubenburg, 2a\ba<fy unb JHagenfurt, J^atte ftd^ ber SanbeSffirft
60 bie SDt^pofttton in firdjlidjen Dingen Vorbehalten. 9tun tourbe in Stäbten unb SRdrtten
ber proteftantifc^e ®otte^bicnft abgefc^afft, bie eDangelifc^en Pfarrer unb Se^rer Derjagt,
®nabcn= unb ®unftbejeugungen nur noc| an Äat^olifen Derlie^en. Sd^on feit bem 3a$re
1571 toar ber 3Künd^ner §of bie Seele ber gegenreformatorifc^en Seftrebungen in Krater*
öfterreie^. ^n Diel ^oberem ®rabe ift bie« feit 1579 ber gaH. 9lad) 3Künc^en jidjt bar
65 (Sr^erjog, um feinen jtampfegmut ju flauen, Don bort au$ toirb für alle, au$ für bte
Heinftcn 3)ingc gürforge getroffen, ettoa toenn & fiety um einen fat^olifd^en Äoc^ fconbeß,
ben man in ®rag nicfyt auftreiben fann; bort toirb beraten, toie man bie l^ten pro*
teftantifc^en öofbeamten befeitigen fann: e$ ift eine Äorref^onbenj, bie alles unb jebe^
umfaßt, bie ft# nunmehr gtoif^en ®raj unb 2Rünc$en jie^t. 2ln ben §of fommen bai=
eo rifd;e fieute ; bie beften unb befferen Stellen in ber firc^licfyen ^ierard^ie toerben mit
3tttter9fterretd) 105
Soient, bie im £ofbienft am Uebften mit italienifcfyen Untertanen befefct. SKur toenige
tafce, unb ba« ganje SBefen in ©teiermar! erhielt ein anbetet ©eftd&t. ©etyon gießen
91er We Sürger batoon, um an ebangelifc^en Orten ifyrem (glauben ju (eben, bte pro;
teßaitttf<$e ©ttft«fc$ule fommt in Slbnafyme unb um tyr ben ©arau« ju machen, toirb
eine ftratg fatyoliföe Uniberfttät in ©raj errietet unb ben ^efutten übergeben. 2113 5
jtoeit ber ©rünbung toirb m ber ®rünbung«urfunbe au«brüdKic$ bie „§erftellung unb
Hem^altung" be« tatyoliföen ©lauben« be$eic$net. Stein 2anbe«finb, fofern e« nid&t ettoa
abefiger Sbfunft ift, barf fortan mefyr an einer proteftantiföen ©d^ule — fc^on toerben
biefe <Bmfelf$ulen genannt — ftubteren, unb um ben Äujug bon proteftantifd&en ©urgent
tu Rannten, toirb fcon jebem, ber Sürger toerben toiuf, ber „fatyoliftije Sürgereib" öer* 10
lanat Dabei toirb ben proteftantiföen Sürgern fcon ©raj auf« ftrengfte ber Sefucty ber
Sti$t«firc$e unterjagt; geftraft toirb, toer feine Äinber in ber proteftantifetyen ©tift«firc$e
taufen ober trauen läfjt unb unbarmherzig toirb au«gctotefen, toer bort ettoa eine Sßrebigt
an )toette«mal anhört 2)ie Jrcoteftantifoen ©eiftli$en, bie toie ®gen, Hornberger u. a.
tyrer $flt$t gemafe ityre ©emeinbe im ßantyfe ftärfen, toerben au«gctoiejen. ©abei toirb, 16
inbem man bie Strafe toörtlicfy nimmt, immer no$ bie giftion aufregt erhalten, bafe
feinem Sßroteftanten „ein §ärd)en gefrümmt toerbe". Sergeben« ift e«, bafc ber gefamte
ibd aller brei Sänber, bajj bie proteftantifäen 9teic$«fürften um äbtyilfe ber auf bem
Bürger taftenben Sefd&toerben bitten, hergebend toirb um ^nterbention beim Staifer 3tu*
bolf II. anaefud&t. gm $atyre 1590 toar bie ©a#e fo toeit geförbert, bajj man in ben»
jefuittj$en Kretfen be« Sanbe« ein @nbe ju machen gebaute; ber 2)rucf toar fo ftart ge*
toorben, bog man in ©raaer Sürgerlreifen „fcon einer anberen ^arifer Sluttyocfy}eit" ft>rac$.
Aber ba« toar e£, toorauf bie gefuiten einem ©eftänbnijfe be« SRuntiu« 2KaIafotna jufolge
nur toarteten. gm entfd&etbenben äugenblicfe ftarb @r$erjog Starl unb bie ©aetye tourbe
oft unter gerbinanb II. ju 6nbe geführt, gn ber Rtoifd&enjeit, bte biefer ber Sormunb* 25
tyaft entlebigt ift (1595), lägt ber ungeheure ©rua ettoa« naify, aber in benfelben fünf
Jahren toerben föon bie ©enfföriften angefertigt, toie bie Äefcerei am frfmeUften unb
Werften auszurotten fei. — gn allen toirb betont, bafc ber „neue ßerr" an bie $ufagen
be* oben triebt gebunben fei. ©0 toar alle« auf« befte borbereitet. SJJac^bem gerbinanbll.
n«$ eine 2Sflflfa$rt«retfe na$ Soretto unb 3tom unternommen, erfolgten im §erbfte 1598 90
bie entfcfceibenben Silage unb bie« mit einer Stafc^eit unb einer 3Bu#t, bafc bie $ro*
ttftanten hn Sanbe faum *ur Seftnnung tarnen, ßrft toirb ba« }>roteftantif^e Äird^ens
unb S^ulmmtfierium in ©raj, too eben nod^ ein Stepler toirfte, bann in gubenburg unb
Mboäf aufgehoben, bie proteftantif$en ©eiftlic^en au« bem Sanbe gejagt unb hierauf
ein fdrmfic^er gelbjug gegen bie proteftantifd^en Sürger unb Sauern, gegen proteftantifd^e 86
Sinken, grieb^öfe unb Spulen begonnen unb bie ©a#e, al« fte in ©teiermar! unb Strain
Aeglücft toar, au$ in Stärnten burd^gefü^rt. ®er ^elbjug tourbe bon bem ©eefauer ^ürft-
wf^of SRartin örenner, bem Sabanter Sifc^of ©eorg ©tobäu« unb bem Saibactyer %ty*
«a« Slrön aefü^ri Ätten J>roteftantifc^en bürgern unb Sauern toirb, toenn fte nic^t
tonHifd? tt»aben tootten, ein furjer Termin pm 2lbjug gegeben, bann toirb er abge* 40
töobai, aber nid^t o^ne jubor ben 10. Seil ferner Qcibz al« 9tad&fteucr ju jaulen, ©egen
jnttfftantifty Stbeln, ©ebet^, ©efang« unb fonftige @rbauung«büc^er toirb ein erbarm
immg*le[cr Äampf geführt; ^aufentoeife toerben fte „bem ÜButfan" geopfert, ^ofyx für
|ak peEjen Weltgion«reformation«!ommiffionen burc^ ba« fianb, um neuerbing« Um^ unb
ftröftfrau ^u bauen, unb erfi in ben Sagen Äaifer 3°fcf3 II. fc^toinbet biefe 5ßerfönlic^= 46
feit aus ben Säften ber öfterreictyifd&en Seamten^ierard^ie. 3)iefc ßrfolge toaren möglich,
tocil niemanb m allen brei Säubern, nac^bem bie gefeilteren ©egenmittel ber Sitten unb
Jty^toerben erf^öpft toaren, an einen SBiberftanb backte. 3)er 2lbel ^ielt in unenttoegter
Irtue an bem angeftammten ^ürften^aufe feft; toa« er tfyat, toaren Sitten für bie Ser«
folgten. 35em ^erren= unb SRttterftanb tourben „nofyJ bie alten £ufagen gelaffen, allein 50
(^on ba« SBörtqen „noc^" fagt, ba| auti) i^re 3)ulbung {eine bauernbe ift. Unb in ber
3^at: fefcon 1598 toerben aueb i^re ©eifUic^en öon ben 2lbel«^öfen unb ©cfylöffern ber«
jagt unb fte felbft bann geftraft, toenn fte ettoa ifyre Äinber aufeer £anb taufen tieften.
£0 \M te^en fty aud? fc^on Ferren unb SRitter ber 9lu«toanberung ber Sauern unb Sürger
«l 3Bie groft bie £a^l ber ßjulanten toar, lägt ftcfy faum beregnen. 3bre 3^1 tourbe 66
Keine ^ö^ere getoefen fein, al« fte t^atfö^fic^ toar, toenn ntcfyt, jumal im Säuern^
, bte ßoffnung auf beffere 3^ien jurüdfgeblieben toäre; bie „Sctc^rung" toar in
fc« meiften gfäuen eine rein äufterlid^e. ©0 toenig toie bie 3a^ ber ©planten fennt
nan bte tooltetotrtfd^aftlic^en graben ,,be« toeiften ©d^rerfen«". SDtc geiftigen fonnte man
i^on nac^ toenigen ^a^r)e^nten bemerlen: eine allgemeine geiftige Serfumjjfung trat ein,
106 ^nncröftcrreirfj ^nnocni} I.
bie bis in bic 3eitcn bcä aufgeflärten SlbfoluttämuS fortbauerte. 9hn längflen tourbe ber
Sfbcl im Sanbe gebulbct, aber afe gferbinanb II. auf ber ßö^e feiner 3xium}>$e im
:JOjäfyrigen Kriege ftanb, Verfügte er (1028) bic SluStoeifung oeS t>roteftantifc$en Sbefe.
9lod) ba3 SluStocifungSbelret rütymt cS biefem 2lbel nac$, bafj er ben glamenben-Sc^ilb
6 feiner Untertfyanentreue unb feinet erprobten ^Patriotismus rein unb unfcerfefyrt erhalten.
©etoife — e$ toar fein ©cufenblut, ba$ in biefen „gfü&rern" be* 93olfe3 lebte, »fe £o$n
für i|re unenttoegte £rcuc erliefe man ifynen — ben je^nten Pfennig. — ©o tourbe
3jnneröftcrreicfy fefcerrcin. 9lad) toenigen Safyrjefynten toar alle« ftitt. 3)od& nur f$einbar.
9Dcnn oft genug jüngeltc in Dberfärnten unb Dberfteier ein gflämmc^en auf, au« bem
10 man erfafy, bafe ber SßrotcftantiSmuS fyeimlicfy im Sanbe noc$ fortlebte (ber Kttyrtoprote*
ftantiämuS 1600—1781); bie Äommiffionen, bic fcon $e\t ju 3eit auägefanbt tourben,
mußten mit Seftürjung toabrnefymen, bafj biefe Sauernfcfyaften noc$ immer nid&t befe&rt
feien. 3)a gab c3 in manchem §aufe eine alte 33ibel, ein j>roteftantifc£e$ ©cfangS* unb
@rbauung3bu$, in toclcfycn man in unbedachten 2lugenblidfen Üntertoeifung fu<$te unb
16 SEroft fanb. Selber ift biefe intereffantc $e\t beS ÄrtyptoproteftantiSmuä, bie mit bem
3>afyre 1601 begann, no# toiel gu toenig toiffenfctyaftlicty burd&forföt, aber au« ben mir
befannt geworbenen ItnterfuctyungSprotoIollen ergiebt ftety bie S^atfactye, bafe ber anae*
ftammte ©laube in §unberten bon ftamilien bon ben ÄauSbätern treu erhalten tou&e.
2ltö Äaifer 3°icV^ *>a« Solcranjebift (1781) erliefe — Heinere (Meisterungen, toie bie
30 3ran$migration nac$ Siebenbürgen u. a. toaren fcfyon früher berffigt toorben — famen
bie ^roteftanten gu §unberten unb ^aufenben fyerbor, um neue ©emeinben )u bilben.
§unbertmal fo biel freiließ, atö no# erhalten blieb, toar in bem ungleichen unb unab*
läffigen Äampfe bernic^tet toorben. 3. £efert$.
3nuocenj L, $aj)ft 402 (401)— 417. — Quellen: Liber pontificalis ed. Momm-
26 sen MG Gesta pontificum I, p. 88-90; ed. Duchesne I, p. 220—224. Coustant-Schoene-
mann, epistolae pontificum tora. I, p. 495 — 661, vgl. epistolae imperatorum, pontificum,
aliorum cd. Günther in CSEL, p. 92—98. Jaffd " I, p. 44—49. Paulus Orotriuß, hist
libri adv. paganos VII, c. 39. Socrate«, hist. eocles. VII, c. 9. Sozomenns, hist. ecclea.
VII, p. 24. 26, IX, c. 6. 7. Zosimus, hißt. Romana V, c 41. 45. Palladius, de vita &
30 Johannis dialogus, Lutetiae 1610, p. 22 ff.
fiitteratur: Wrdjib. 53otrer, Unparteiliche ®efd). ber röm. Ißäpfte, überf. Don SRam»
bad) «I. ©. 450 ff.; Sangen, ®efd) bev röm. flirre bis XijfiuS III., 6. 665-741; 3ung«
mann, Dissertationes selectae in hist. eccles. II, p. 207—212; ©rifar, ®ef£b. Storni unb
bcr $«pfte im WM I, 6. 59 -Tl. 284-288; DchrB III, p. 243—249; ^infdiiuÄ, «hreften*
36 rc*t I, 6. 578 ff.; Söning, ©cfd). beö beutfeften £ird)enred)t$ I. ©. 459 ff.; fjrtebricft. 3ur
älteftcn ©cfd). beS «ßvirnateö in ber ßtrdje, ©. 188 ff.; 3>cu^2Bteter$&etnir ®efcb- b. «olfer-
roanberung 1881. II, @. 110 ff.; Äcumont, ©efeft. bcr @tabt 9«om I, 6. 738 ff.; ®regoro*
DiuS, ©efd). b. Stabt SHom im WH. I, ©. 113 ff.
^nnocenj I., ein Sotyn, inie ^ieron^mu^ (epist. 130, c. 16 ed. Vallarsius I,
40 p. 992) anjunebmen fd^eint, be$ ^Japfte^ SKnaftafm^ I., nid^t, toie ber liber pontificalis
angiebt, eine« 9jnnoc^n^^ au« 3llbano, toarb am 21. 35egember 401 (fo na^ berSRefc*
gabl ber catalogi) ober 3lnfang 402 (fo ^Pro^er, chronicon, MG Auct. antiqu. IX,
p. 465) einmütig bom Sleru« unb SSolf jum topfte getollt. S)ie ©eftnnung, mit ber
er ba£ Regiment ergriff, fennjeid^net fc^on feine SB3a|lanjeige an SlntyftuS bon 3^effa«
45 Ionid^. Sr nennt barin ben römifc^en Sifd&of rector ecclesiae Dei. 6r ergebt alfo
betougt Slnfpruc^ auf bie Seitung ber ©cfamtfircfyc. tiefer Slnfrruc^ ift bamald nic^tö
9leueö unb UngetoöfynlicfyeS me^r. Slber ungelnö^nlic^ ift ba$ (Sefd^icf unb bie 3^0^r
mit ber 3n«Dcenj i^n 15 ^afyrc l^inburc^ im 3lbenblanbe tote im 9Korgenlanbe jur ©el*
tung ju bringen gefugt, unb neu crftenS bic %vxm, in'toelc^er er ifyn begrünbet, fotoie teil«
60 toeife ^oeiten« bie rechtlichen Folgerungen, bie er barau« gebogen fyat. — SBa^ JunäAfl bad
erftere anlangt, fo pnben toir juerft bei % bie Theorie, bafj ber Slang eine« 93ifc^of«
bamaefy ju beftimmen fei, ob unb intoiefern ber gürft ber Styoftel in bie ©efe^tefe ber
betreffenben Äircbe eingegriffen ^abe. 2lu« biefer I^eorie ergiebt fid^ nac^ i^m 1. bie
Cbcr^errfc^aft Storni über ba$ Slbenblanb, benn alle abenblänbifc^en ©emeinben pnb
eö burd; Senbboten $etri ober feiner Dtac^folger gegrünbet toorben (epist. 25, p. 607) ;
2. bie Dbcrfyofyeit 9lom3 über bie Patriarchate be« DftenS, benn ber Äirc^e, bte $etru*
bi« an feinen lob bauernb leitete, gebührt felbftocrftänblic^ ein leerer Slang ab ber
Äird^c, bie er nur toorübcrgcfyenb burc^ feine ©egentoart au^gejeic^net ^at, Äntiod^ien
(epist. 24, p. 602 f.), unb — barf man ergänzen — auefy ate ber Äird&e, bie tud&t er
so felbft, fonbem nur fein Schüler SDtarlu« gegrünbet fyat, Sllejanbrien. äud ber gleiten
dttnoceiij I. 107
Xnf$auung folgt aucty 3., bag für bie ©licberung beä tird^Iic^cn SSerbanbeS bic toeltlid&e
^roDhtgialDerfaffung nicfyt maggebcnb ift (epist. 24, p. 602 f.). — SKictytiger no# ate
btcfe neue Strt ber Segrünbung be$ ^rimatcS fmb II. bic rechtlichen Folgerungen, bie
J. au$ tym ableitet. Scfyon tyatft ©iriciuä fyatte in aller gorm ein oberfteä 33crorb*
iumg& unb Sluffid&tärectyt über bie ©efamtfircfye in Slnfprucfy genommen. !g. W beibc 6
Sc^te mit Stadjbrud geltenb gemalt, fotüo^l gegenüber italifcfyen 93ifd)öfen (epist. 25,
37,39), tote gaUifd&en (epist. 6), toie foaniföen (epist. 3), toie macebonifcfycn (epist. 17).
Aber er guerft föreibt fug augerbem auc$ in aller gorm 1. bic Sefugniffc eine« oberften
Mieters gu, 2. ba$ Siecht, neue Äir^cnämter gu Raffen, 3. ba$ Siecht ber oberften Setyr*
entfe^eibung. 2)a3 erftgenannte Stecht forbert er juerft in ber berühmten SDefretalc an 10
Siföof SJictriciuä Don SRouen Dom 15. jjebruar 404 (epist. 2), unb gtoar beanforuc^t
er ba a) bog bie Urteile aller ftynobalen ©cri$t$Derfyanblungen, fotoett ftc causae maiores
betreffen, bem Sßapfte mitgeteilt derben (§. 6. : si causae maiores in medium f uerint
devolutae ad sedem apostolicam post iudicium episcopale referantur; bie 6d&t=
beit be* toie^tigen ^toifd&enfafeeS: sicut saneta synodus — Nicaea325 — statuit et 16
beata consuetudo exigit ift niefct fieser); b) toatyrt er ftd? ba$ Stecht, Reflationen
gegen bie ©ntfctyeibungen bifcfyöflicfyer Äongilien angunefymen (§ 5: nee alicui liceat
sine praeiudioio tarnen Romanae ecclesiae — ad alias convolare
provincias). — 3Me niefct minber nötige 93efugni$ gur @rri$tung neuer 5tir$enämter
nimmt 3- erftmalig bei ber @rri$tung be3 SSifariatS Don 2tyeffalonicfy in Stnftmicty. 20
6$on jur Seit beS ©arnafuä unb ©iriciuS beftanb eine enge SSerbinbung gtoijcfyen ifyeffa*
Umic£ unb SKom. 216er erft 3. M Mtf« SSerbinbung bie $orm eines rechtlichen 3lb*
^(pgletöDertyältniffeä gegeben. 35ie 2*nbeng fyiergu fünbigt fiefy f$on an in feiner $&ai)U
anjeige an ben SWetropoliten SlntyftuS (epist. 1). Slber in aller gform erflärt er ben
Stetrcpoliten gu feinem Untergebenen erft in feiner 35efrctale Dom 17. ^uni 412, burety 26
toeUfce er tym ate Statthalter be3 rbmifcfyen SMfcfyofS bie cura causaeque DftiltyrtenS
überträgt (epist. 13). Damit fyatte er tbatfäc^lid) ein neue« 2lmt gefcfyaffen, ba3 2lmt
eine« pä)>ftli$en SStfarS, toenn aud) erft $Paj>ft Sonifag I. ben Xitel vicarius in bie
9mtdft>rac$e eingeführt tyd. — 2Ba8 bann enblicty 3. ba$ Siedet ber oberften Setyrentfcfyei*
tomg anlangt, fo fyat er baSfelbe in aller $orm guerft im pelagianifäen Streite fiefy ju- 90
gcfcjneben. Sfolaft bagu gaben ifym bie Schreiben, toelcfye bie Rongilien Don Äartfyago
unb 9RiIeDe, — fohrie 5 an bem ©treite befonber« interefftertc afrifaniföe SBijcfyöfe
416 in biefer Slngclegenfjeit an tyn richteten. $ie äfrifaner Ratten barin abftd^tlic^
Me Autorität be« römifd^en ©tu^led ungctoötynlicfy ftarf ^ertoorge^oben, um i^n p be*
toegen, bad Urteil Don 2)io6^oltö umjufto^en unb ^elagiu^ nad> diom bor fem ^0= 36
tum )u laben. S)ie Art, toie ber $aj)ft barauf antwortete, ift ungemein c^aratteriftifd^
für feine $olitit (epist. 29—32 Uom 27. Januar 417). ^n ben »riefen an bie
Rtmjilien öon Äart^ago unb ÜKiIet>e lobt er bie Slfrifaner, bafe ftc in ber Streitfrage,
tntiquae regulae formam secuti, eine @ntfd^eibung bed o))ofto(if(^en StublcS nad>=
gefugt Rotten, obtoo^l bie 5tonjilicn nur um eine 33eftätigung ibre^ Urteilet gebeten 40
Ratten, unb benü^t btefe (Gelegenheit, um in aDer gorm bie summa potestas ma-
gisterii m änfrrud} )u nehmen (Dgl. epist. 30, § 2, p. 641 f. : quoties fidei ratio
rentilatur, arbitror omnes fratres et coepiscopos nostros nonnisi ad Pe-
tnun, id est cui nominis et honoris auetorem referre debere — quod
per totura mundum possit ecclesiis omnibus in commune prodesse). dagegen 45
ge^t er fa$li$ nic^t unbebingt auf bie 2Bünfd?e ber 9lfri!aner ein. @r Weigert [\d)f bie
Sefc^Iüffe Don 2)io$£olte )u Derbammen; benn i^re (Sc^t^ett fei xpm nid)t fieser. Gr
iKwert fi^ ferner, ^Jelagiu« naety SHom ju gitteren, benn e$ fe^le i^m an SJJitteln, ben
mulpaten jum ©rfc^einen gu jtoingen. Sluc^ fpric^t er nur in bebingter gorm bie G|=
bttmmtlation über bie $öretifer airö ; benn er f efct ben gall, bafe fic fic^ jum Söiber^ 60
mfe »erpe^en toürben, unb, toenn er auc^ ifyre fielen verurteilt, fo fteHt er ftcfy babei
itinestDegd auf ben ©tanbpunft 3luguftin^, fonbern äußert ftd> ganj in femi))elagianifc^em
6trai (t>gL epist. 29, § 4). $iefelbe biplomatifc^e 3urü^^a^und beobachtet er aud> in
feinem ©^reiben an 3«>^nn Don ^erufalem (epist. 35). 6r tabelt jtoar in bemfelben
offen bie äu^reitungen ber ^elagianer, aber er Dermeibet e^, s3tamen gu nennen unb 15
(rate SRetnung über bie Se^re bed $elagiu$ gu äugern. Mc$ ba^ lägt barauf fcfylicfjcn,
k^ bie bogmattfebe ©eite be« ©treite« i^n füfyl lieg, bag er i^n in erfter Sinie ate eine
(WegcnJj*tt betrachtete, SRom« ÜKac^tftcHung gu crl;ö^cn. Iro^bem ift fein SBer^altcn für
bie ©ntf^eibung bed Streite« toie^tig geworben, toeil e« al« $räjubig gegen ¥>ap\t $o\u
wuä geltenb gemalt toerben tonute.
108 Snnocettj I. ^nnocenj IL
Stuf biefen getieften 93erfuc$en, bie Sefugniffe be3 römifd^en ©tu$le3 ju erweitern,
beruht bte toeltg^$ic$tlic$e Sebeutung Don 3j.3 Sßontififat. 2Beniger bebeutfam, aber be*
merfen3toert al3 etne2Bei3fagung auf bie3ufunft, ift feine Stellungnahme in bem Streite
atoifcfyen $fyeo^ilu3 t>on SUejanbrien unb 3jo^anne3 6fyfyfoftomu3 Don ftonftanttnotoel,
6 feine Dermittelnbe S^ättgfeit in ben 5trieg3hrirren ber ^a^re 408—410, fein Serfyalten
gegenüber ben ßäretitern, ben »erheirateten unb unleuföen Sßrieftern. — ©ett 3u(tu3 I.
ftanb 9tom im !8ünbni3 mit 2ller,anbrien unb in einem balb mefo balb toeniger fc^arf
jjertoortretenben ©egenfafc ju bem „*Pari>enu" am 9o3poru3. Unter 3- toarb biefe Äon*
fteHatton erftmalig erfctyüttert burcfc ben 3hrift jtoifctyen 2$eol>&ilu3 unb ^o^ann (Sfyäfto*
10 ftomu3. Seibe ^arteten toanbten ftd) nad) ber Verbannung be3 Gtyrtyfoftomu3 an ben
$apft. ©iefer griff ju bem feit ben 3eiten fa guliu3 beliebten $Ku3&mft3mittel, er faltig
bie Berufung eine3 allgemeinen 5tomil3 fcor. Rix 2#effalonic$, alfo in ber ptyföväpn
SBtad&tft^äre unb unter pä^ftlid^em ©influffe, foute ba3felbe tagen. flaifer ßonoriuS ging
toillig auf biefen Sßlan ein: er fanbte auf ©taat3foften eine abenblänbifcpe ^Deputation
16 nad) Äonftantinotoel. Slber 2lrfabiu3 toie3 biefelbe in brutaler SBeife ab. 3)ie JJolge toar
ber 2lbbrud& ber Jtirctyengemeinfctyaft ahrifctyen 9tom unb SUejanbrien, fotoie allen äUeganbrien
anfyängenben flirren be3 Oriente. 3Ktt Gfyfyfoftomu3 unb feinen Setreuen blieb bagegen
ber tya!p\t in freunbfcfyaftlic$em Serfetyre. 2lber feine gefttgfeit tnad^te bocfc au$ auf bte
§oft>artet einen getoiffen (Sinbrucf. 33etoei3 bafür ift ber änn^enmg3berfuc$ be3 Patriarchen
20 Suejanber bon 3tntio$ien unb be3 toon $. fuäpenbierten (!) öiföofS Slcactu3 bon Seröa.
Um bem meletianifcfyen ©$i3ma enbli$ ein @nbe )u machen, toa3, fo lange ber Unfriebe
mit 9tom toäfyrte, faum möglich getoefen toäre, fitü^ften beibe Sifööfe mit 3- hrieber an,
inbem fte erflärten, in ber ©actye be3 Styrr;foftomu3 alle getoünföte ©enugtyuung leiftai
ju tootlen. 3. begrüßte freubig biefen ©d&ritt. 3Me Äirc^engemetnfd&aft toarb ttneber*
25 gergefteHt, unb 3- berfäumte ni$t, auc$ bem ftol&en Patriarchen auf eine anfrage, tote
einem Untergebenen, Sefe^le ju erteilen (bgl. epist. 24, 4 ©cfclujj p. 605). dagegen
lehnte ber 9M>ft alle wohlgemeinten 33erfuc$e, ben ^rieben $toifdjen t§m unb bem $a*
triarctyen Don 3llejanbrien, fotoie bem neuen Sifc^of öon ÄonftantmoJ>el h>ieber^erju|httenr
nic^t blo^ in beftimmtem, fonbem fogar in ^oc^fa^renbem $one ab (t>aL epist 22). —
so (Sbenfo bemer!en3U)ert, toie biefe feine ©teHung ju ben Orientalen Ährc^enftreitigreiten,
ift )tt>eiten3 ^.3 5?erbalten in ben polttifd^cn SBirren be3 9tbenblanbe3. 9113 SUaric^ gegen
SRom t?orrüdtte, begab er [tc^ mit einer Deputation be3 ©enate3 nad) 9tabenna, um ben
§of ju einer änberung femer gotenfeinblid^en $olitif ju beftimmen. 63 ift ba3 ba3 erfte
Wal, bafe ein tyap\t in politif^e tragen fic$ einmifc^t. 2lber bie3 J>olitifc^e 35ebüt be3
86 römifc^en ©tu^le3 enbete mit einem SKifeerfolge : toäfyrenb X noc^ )u 5laöenna teilte,
erftürmte 3llaric^ am 24. Sluguft 410 bie eh>ige ©tabt. 2Kan ^ebt mit Stecht ^ertwr,
hxld> nieberfc^metternben ßtnbrucf bie3 @reigni3 auf alle 3c^Öenoffen macbte, motten
fte Gfyriften ober §eiben fein. Slber man beamtet in ber Siegel nic^t, toie flarf ba3 ©elbfjt*
gefügt ber Stiften burc^ bie X^atfac^e gehoben tourbe, ba^ ber barbarifcfye Äönig bte
40 ftirdje be3 ajjoftelfürften berf^onte, unb toie fcfyr ba3 bem 2lnfe^en be3 ^eiligen unb
bamit aud^ bem 2lnfefyen feine« angeblichen 3lac^folger3 ju ©ute tarn. — S03a3 enblidd
^.3 ©teQung in fragen ber fird)lid?en Di3)i))lin anlangt, fo entfprid^t e3 gan) feinem
ftarfen fyierarctyifctyen ©elbftbetou^tfein, ba^ er mit großer ©nergte ge^en ^äretifer unb
©#i3matifer Vorging. 2)en Sloöatianern na^m er in SRom mehrere Atrien toeg. S)en
46 ^J^otinianer 3Karcu3 bertrieb er au3 ber ©tabt. ©eine Slntyänger liefe er burc^ bie
defensores ber römifc^en jtirc^e, fo toeit e3 nötig toar, Verfolgen. Gin @leid^e3 forberte
er öon ben SMfcfyöfen (togl. epist. 41). 3Jitt 5Re^t ift femer vermutet toorben, bafe er
ber geiftige Urheber be3 fc^arfen 98erfolgung3ebifte3 fei, toelc^e3 §onoriu3 am 22. gebruar
407 in Slom gegen SRanic^äer, 3Jlontantften unb $ri3ciHianiften erlieft (Cod. Theod.
50 XVI, 5, 40). 9lod^ d^arafteriftif^er ift für tyn, ben ^reunb ber borne^imen Stötethtnen
9lom3 (ögl. epist. 15), bie Energie, mit ber er für ben Sölibat be3 Rleru3 eintritt 5Ran
barf gerabeju be^au^ten, bafj i^m näc^ft ber @r^ö^ung ber ^äj)ftlic^en üJiad^t nic^t3 fo
fefyr am $erjen gelegen tyat, toie biefe §rage ber firc^licpen 9)i3ji>)lin (t>gL epist. 2, % 4—6,
9, 11; 6, S 2— ^; 38). — 3. ftarb am 12. ÜJlärj 417. 3)ie römifdje Äir$e j&^lt i^t
66 ju ifyren ^eiligen. Son i^rem 6tanb^unftc au3 ftc^er ntit Siedet. Senn, toenn man fragt,
toer bon ben köpften be3 5. ^a^unbert3 2eo bem (großen am meiften Vorgearbeitet
^at, fo toirb man 3- «n wft« ««nie nennen muffen. $• M^wer.
3fnitocen^ ll.f tytyft 1130—1143. — Duellen: 2)ie »riefe unb ^rioüegien biefe«
^apfte« MSL 179 p. 53-058, p. 657— 674 »riefe ernenn.; Bouquet, Kecueil des hietorieoe
Snnoceuj II. 109
des Gaulee et de la France tome X, p. 368— 408; WH IV (1879), ©.199— 201, XIV (1889)
6.616.617; MGLLSect IV Constitutiones tom.I, 1893, Nr. 116 Privilegium de regalibus
episooporum Teutoniae, Nr. 117 Privilegium de terra Mathildis p. 168-170; Mansi XXI,
p.389ff.; Ph. Jaffa, Bibliotheca rerum germanicaruni tom. V, 93erlin 1869, ©.419 ff.; 3. U.
$flitgN$arttung, Iter italicum, ©tuttg. 1883, üg I.Index; beif., Acta pontificum inedita 1.93b, 6
Jüb.1880, ©. 138 ff., 2. 53b, ©luttg.1884, ©. 265 ff., 3.53b, ©tuttg. 1886, ©. 32 ff.; bcrf , ©«ein.
originale beutf($er$anfturfunbcn: Sb© 24.93b (1884),©. 43<>. 442; 8« VII (1882), 6. 88 ff. ;
$3® 5 (1884), ©516 ff.; ©. Söwenfelb, 9W VIII (1883). ©. 559 f. 566; berfelbe, Epistolae
pontificum Romanoruin ineditae, Lips. 1885, p. 85 ff.; Ph. Jaffa, Regeeta pontificum ro-
manorum, Ed. II, tom. I (Öeityig 1885), ©. 840-911 Wr. 7403-8369, tom. II (1888), io
6. 715. 716; 93ulle Snnocenj II. für bie «btei üon ©amgnt) üom 22.9ttär$ 1140 ed. H.La-
caille: Bibliotheque de l'ecole des chartes,$b. 57, $ari« 1896, © 217 f.^.Äefjr, <|kpfturtunben
inÄom. 1.93erid>t. 9?ad)r. b. £. <öef. b. »iff. suttöttingcn. <ß&il.f)ift. m. 1900. £ 2, ©.160—170,
9x. 14—18. — Vita Innocentii II be« ßarbinai93ofo: 3 sJ)t.9Batterid). Pontificum Romanorum
ritae tom. II, Ups. 1862, p. 174 — 179; L. A. Muratori, Rerum italicarum scriptores tom. 15
III, 1, Mediolani 1723, p. 434-436; vita be« Bernardus Guidonis : ib. p. 433 f. ; Falco Bene-
ventanus, Chronicon : Muratori, Scriptores V, p. 106 ff. ; Chronicon Mauriniacense : Bouquet,
Recoeil tom. XII, $ari« 1781, p. 79 ff. ; Arnulf i in Girardum Engoh'smensem invectiva de
schismafte Petri Leonis: MG SS XII, p. 707 ff.; ^Battcrit^, p 258—275; ebenbort @. 179
bt« 257 3ufammrttfteaung ber iptc^tigften Oueüen für bie ©e fdjidjte 3«noccttj II. 20
fittteratur: Delannes, Histoire du pontife Innocent II., Sßari« 1741; 3- fcbolpfc
$artmami, Vita Innocentii II pontificis Rom an i, Marburgi Cattorum 1744, 42 ©., 4°;
dt)r. ». gr. 9Bafd), Entwurf einer ooUftänbigeu Sporte ber röntifd)en Ränfte, 2. $(u«a,abe,
6öttinaen 1758, ©. 247 ff.; Slrd). 93oiuer, Unparteüfdje ftifiorie ber römifdien ^fipfie. über* 35
ftt von StambaA, fcljf. VII, SRagbeburg unb Seidig 1768, ©. 164 ff.; (5. ©eroai«, $oli^
riffle ©efdjidjte ©eutfdjfanb« unter ber Regierung ber Äaifer feindet) V. unb ßottyar III.,
Seil II, fidöjig 1842, ©.129 ff.; ?&. 3<iffö @efd)id)te be« fteutfcfteu SReidj« unter ßot&ar III.,
«fTlin 1843, @. 87 ff.; «. d. föeumont, ©eftfidMe ber ©tabt föom, 93b II, 93erlin 1867,
6. 408 ff.; <£. griebberg, $te Narratio de electione Lotharü, gb®, 9W VIII, ©ötting. 1868, so
6. 83 ff.; 8fr. 3. ©enti«. 3)ie Monarchia Sicula, greiburg i. 93r. 1869, @. 50 ff. ; 3. ©re-
ooToohi*. Okfdj. b. ©tabt Hom, $b IV, 3. 5tufi., Stuttgart 1878, ©. 393 ff.; Sfc. 3öpffet,
$ie %opptlma^i be« 3a$re« 1130, öeilaae ju ber ©dnuft: $ie ^opfttua^len, ©öttingen 1871,
6. 269 ff.; m. Wofcnnyinb, $ie filteften iüiograpljien be« $cil. Norbert, 93erl. 1874, ©. 26 ff.,
«nrn.1; <L93enu>eim, fiotftarlll. u. bat 9S3ormfer flonforbat, ©trafeb.1874; <£. 9Rü&Ibad)er, 35
3>ic jrreitige $anftwa$l be« Sa^rc« 1130, 3nn«brurf 1876 (»gl. föec. ü. 35|>ffel : ©g^f 1876.
6.257—304); 988. »attenbadj, ©efd). be« röm. $apfttum«, 93erl. 1876, ©. 160 ff.; SB. ü.©iefc
ta*t, Off*, ber beutfdjen Äaiferjeit, 93b IV, 2, Bearbeitung. SJraunfcfyü. 1877, ©. 51 ff.;
429R.; ©. 3)e$io, ©efd). be« ©rabt«tum« £amburg.93remen, 93b II, 93evlin 1877, @. 30 ff ;
i Sitte, gforfdjungen jjur ©efd)id)te be« ©orm(er ßonlorbat«, ^öttingen 1877, ©. Uff.; 40
f.8entl*im, 3ur ©efa^. be« SBormfer Äonlorbatc«, ©öttingen1878, ©.49 ff.; SB. 93ernfjarbt,
dotier oon ©upnlinburg (= 3a^rb. b. beutf^en ©efeft.), Seipjig 1879, ©.282 ff.; 91. ©agner,
$ie untcritalifdien Normannen unb ba^ $apfttum in iftren beiberfettigen 93ejtet)ungen. 93on
Siftor III. bt« ßabrian IV. 1086—1156, 3)iffert., 93re«lau 1885, ©. 28-38; ©. 93ern-
Mi, Äonrab III. (— 3a$tbüc&er ber beutfdjen ©cfa)i4te), 2 Xeile, fieipitg 1883; 3ung* 45
Bunn, Dissertationes selectae in historiam eccles. tom. V, Eatisbonae 1885, p. 57 ff. ; 6 3.
•. fcefele, Äonailtenflef«i(öte 93b 5 2. Hufl, ^reiburg i. 53r. 1886, ©. 406 ff. ; 903. harten«,
tk ©efc^ung be« pa>ftlt{&en @tub,Ie« unter ben iraiferu £>rinricjj m. unb $>einrid| IV.
(= 3Ä« V, 139—255; VI, 1-98), fjreiburg i. 93r. 1886, @. 323 ff ; at). »olfmar, 3)a«
&x*aftni« fiot^ar« III. jur 3"wftiturfrage : %W 12, ©. 476 ff. ; 3. fiangen, ©efdjidjte ber w
tönif^cn Äircfte oon ©regorVII. bi« Snnocenj III, 93onn 1893, ©. 3l5ff.; 3.3aftroio unb
•. Sinter, 5)eutf(fte ©efAta^te im 3eii aller ber ^otjenftaufen (1125— 1273). (Srfter 93anb
(1125-1190), ©tutta. 1897 (=93ibliot^ef beutf*er ©cfd)id)te) ©.330ff.; ®.$Ri*ter, «nnalcn
ki bfutfcöcn Qkfd)id)te im Mittelalter III. «bt. 2.93b, $>aUe a. ©. 1898, ©. 666 ff.;
lT. Chevalier, Repertoire des sources historiaues du Moyen Äge, ^ari« 1877 ff. ©. 1114. 55
2658; Fr. Cerroti, Bibliografia di Borna medievale e moderna, vol. I, Roma 1893, p. 322;
A, Potthast, Bibliotheca historica medii aevi vol. I, p. 650. 1389, ug(. bie 9lrt. w93ernf)arb
u* «latrwiiir »b II, @. 623, „ttmolb uon 93re«cia" ©b II, ©. 117.
Ghreger, au$ bem $aufe ber ^enparefei, tft ipa^rfc^emlic^ Don SBibert bon Sabcnna
(Semen« III., bem ©ea/npapfte ®regor« VII.) in ben ^alattnalfleru« aufgenommen, unb bon #>
$afö(dt& II. aum ilarbinalbtalon bon ©. Sfagelu« fretert morben. W\t ®elaftu« IL, an beffen
ttybum et ft^ beteiligte, gtna er nadj> %xanhcid}f a(« biefer bort @d^iu) fua^en mu^te
(bgl. 6. 93b ©. 476, 60). Unter Kalijt II. tnurbe er bielfa$ ju ben fd)mierigften 3OTifftonen
oertoanbt unb roat einer ber 3(bgefanbten be« $a))fte«, bie im SBormfer jtonlorbat ben
^rieben mit Äatfer unb Sleid^ fdffloffen. SSalb barauf, im 3a^re 1123, begegnen tuir i^m <&
MRcnifam mit jetnem foateren ©egner, bem flarbinal $etru« ^ßierleont, al« ^äpftlic^en
ScgateR in granfreic^. @r berbanlte e« feiner @efc^äft«{unbe, feiner freunblid^en Stellung
110 3tutocett) U.
jum laiferlicfyen §ofe unb feinem fittenreinen SebenStoanbel, baß, als Sßapft $onoriu«II.
im Sterben lag, bie 33licfe eine« Teiles ber Äarbinäle, bie bon bem Äanjler £aimcricu«
geführt tourben, ftc$ auf ifyn richteten unb er, naetybem $onoriu« in ber 5Rac$t bom 13.
auf ben 14. gfebruar (1130) faum berfd&ieben toar, burefc eine SRinorität bon Äarbinälen
s unter bem SRamen ^nnocenj II. am 14. gebr. 1130 gu beffen 9la$f olger getollt tourbe. 3)ie
2lngft bor ben römifcfyen SlbelSgefcfyled&tern, bie mit 3lu«na$me ber jfrangtyam unb Gorjt
bem Äarbinal ^etru« <ßierleoni gur drreicfyung feiner ehrgeizigen $läne auf ben ©tu$l
Sßetri mit ifyren 2Baffen befyilflidfc fein toollten, trieb ben in größter Site immantierten unb
introbujierten Snnocenj II. in ba« $toifc$en ben feften türmen be« Gencin« unb 2eo
10 grangtyani gelegene Rlofter Sßallabium. Ünterbe« toarb an bemfelben läge $etru« Sßter»
leoni bon ber ÜRetyrjafyl ber 2Bafylbere$tigten, inSbefonbere bon ben ftreng gregorianif$ ge*
fmnten Äarbinälen, naetybem bte 9Jad>ric|t oon ber (Srfyebung Snnocenj II. ju tynen ae*
brungen, in einer georbneten 2Bafylberfammlung mit ben ^ä^ftlic^en gnftgnien gefömüat;
er nannte fu$ als ^apft 3lnaf(et IL (f. b. 21. 93b I ©. 486).
15 SCuf bic Stauer fonnte ftd^ ^nnocengll. inSRom nietyt galten unb begab fu$ba$erim
3uni 1 130 über Sßifa na# ©enua unb bon bort naety granfreiefy. §ier tyiüt SCbt Sern^arb bon
Slairbauj bereits alles gctfyan, um ben §of unb ben ÄleruS für ityn günftig gU ftimmen unb
fyattt eS auf einer ©tynobe *u etampeS erreicht, baß älnaflet IL als einbringling jurttefgetoiefen,
3>nnoccn j IL aber als rechtmäßiger Sefifcer beS ©tufyleS $etri anerfannt tourbe. gfanb jener
20 in granfreic^ nur geringen 2lnfyang — feine berborragenbften Parteigänger toaren fcter ber
#cr$og JBilbelm bon Stquitanien unb ber S3tfd>of ©erwarb bon SSngoufeme — fo {Heg
bod) fein Stnfe^cn in Italien immer fyöfyer, SRailanb $ielt ju tym unb ben $enog SRoger
bon ©ijilien machte er ju feinem SunbeSgenoffen, inbem er tyn jum Äönige erfcob.
2)ie beiben ^tyftejbattcn ft$ fofort nad) tyrer Erhebung an ben beutfdjjen Äönig
25 Sotbar getoanbt, ibm 93erforec$ungen unb locfenbe 2lnerbietungen gemacht 2öo^l bem
einfluß ber @r;bif$öfe Norbert bon 5Ragbeburg unb Äonrab Don Salzburg auf 2ot$ar
unb auf ben fyofyen ÄleruS berbanfte cd ignnocenj II., baß im Dftober beS 3^^ U30
eine ©tynobe nt 2Bür$burg ftcfy für il)n entfetyieb unb eine ©efanbtfd&aft an tyn abfaulte,
bie i^m bie -Jcactyrictyt öon feiner 3lnerfennung burety ben Äönig unb bte Sifd&öfe brtngen
uofottte. 9lm 13. 3a«war 1131 fanb eine 95egegnung Simocenj n. m[t j>em jtönige $cm*
rid^ bon ßnglanb ftatt. Äönig fiot^ar bereitete am 22. 9Rärj bleiben Safyxtä tym einen
glänjenben empfang in Süttic^. Site gnnocenj ^ier an ben beutfe^en Äönig bie Sluffor*
berung richtete, einen SRomjug gur SSertreibung SlnaHetd unb jur ©etoinnung ber Äaifep
frone ju unternehmen, ging ßot^ar barauf ein, »erlangte jebod^ feinerfeitd ate ©egen*
35 leiftung Dom Zapfte bie 3"n**crftattung aller öon ber Äircfye im SIBormfer Äonlorbate
errungenen Sorrec^te. 9iur bem eingreifen be$ 3lbte« öon ßlairöaus Derbanlte e8 3nno=
cenj, baß ber Äönig bon feiner gorberung abftanb.
3m 3luguft 1132 trat Sot^ar jeinen öerfproc^enen 3ug nadff Italien an. S)ie ton
3lnaflet burc$ 3lbgefanbtc geforberte unparteiifc^e Unterfuc^ung be« SBatytoorgangeS fam
40 nic^t ju ftanbe: 2)a 2lnaflet ftarf genug toar, um ben Äönig an ber Sefifcergreifung ber
$eter$ftrc£e, toofelbft bie Ärönung ber beutfcfyen Äaifer ftattjufinben pflegte, ju ^inbern,
mußte Sotfyar fid^ im Satcran bon feinem Zapfte am 4. Sunt 1133 bie Äaifertrone auf*
f e£en laffen. Site barauf Sot^ar, tote früher in Süttic^, ba« 3u0cftiurtmte ber gnbeftitur ber 9U
fcfyöfe »erlangte, toar ed ber e^btfe^of 9Jorbert bon SJJagbeburg, ber für bie Siebte ber Äirc^e
45 unb beä ^apfted in fo einbringlicfyer ffleifc eintrat, baß ftdj ber Äaifer mit ganj geringfügigen
3ugeftänbniffen bed ^Japftcd begnügte, dagegen erreichte Sot^ar eine Überlaffung ber matytl*
bifc^cn ©ütcr gegen 3a^w«Ö *w& jä^rltd^en S^\^ bon Snnocenj IL 3lu« biefer Sele^muig
leiteten ^nnocenj IL unb bie furialc Partei jpätcr bie 93erec^ttgung ab, in bem Äaifer einen
SSafaDen be$ römifc^cn Stuhles ju fcfyen. 9lte Sot^ar aud 9lom nad^ Deutfc^lanb yaxü&
50 fe^rte, toar ^mween^ toieber auf ben Scfyufc ber grangipani angetoiefen unb mußte, ba
biefe ben ^terleoni bei toeitem nic^t getoac^fen toaren, im ©ept. 1133 ftc^ nac^^tfa be*
geben. §ier ^ielt er bom 30.9Rai bte 6.3um 1135 ein bon me&r al« 120 93ifc^öfen unb Äbten
befugtes Äonjil ab, toeld^ed bon neuem gegen änallet unb beffen 2lnfymg bie ®jfommum»
fation außfprac^. SJJoc^te auc^ ber in 9tom reftbierenbe ©egenpapft biefe« ol?nmä^tigen
55 Äon^iläbefc^luffcS feiner ©egner flotten, fo lernte er bo# bie ganje ©efä^rlid^feit bed ge»
toalttgften bcrfelben balb genug fennen, aU Scrn^arb bon ßlairbauj bon $ifa nad^ SJtatlanb
aufbrach, um in toenigen lagen bie Sebölfcrung biefer ©tabt auf bie 6eite ^nnocen} II. fli
jic^cn. Scnem auc^ noc^ bie le£te ©tübe ^u nehmen, toar ba« Streben SernfyirbS, m
er bem Äaifer borfytclt, e« fei feine $flic|t, bem Äönige 9loger, al« einem Ufur^Kitor Si«
eo cilien«, feine Ärone ju entreißen. 2)en Sitten ^nnoccitj IL unb beä Stete« bon Qair»
3itttoccttj II. Snnocenj IIL, (Scgeit^ö^ft 11t
taug toiflfa^rte Sottyar, inbem er im Sluguft 1136 bon SBürjburg auä gum ätocitenmale
einen 3UÖ **&** ^e SUj)«x antrat. Ofync bor 9tom §alt $u machen, führte er fein £eer
na$ Sübitalien, ba$ er, mit äuSnafyme ber ^n]d ©icilien, bem Könige Stoger entriß
Ruf bem Sücftoege lam er Stom fefyr nafye, aber im ©efüfyl be$ betoorftcfyenbcn lobe«
tooflte er feine legten Äräfte ni#t an bie 3Sertreibung 2lnaflet3 fefcen ; auety motten 3Rifc 5
^cQigtetten toegen einer Slbtätoatyl in ÜRonte Gaftno ba3 SBerfyältniS gu 3>nnoccn$ H. um
rielcä abgefüllt unb bie Steigung, biefen in ben boUcn Sefifc be$ ©tufyleä $etri &u fefcen,
beträc^tlidp gebampft tyaben. 3>nnocen$ II. mufetc ^on neuem fi$ in ben ©cfyufc ber
grangipam begeben, als ber Äaifer Italien herliefe. 2lber er befafj einen 8unbe&
genoflen m SRom, ber mefyr öermod^te ate baS faiferlicfye ©cfytoert, SSern^arb *>on Glair* 10
taug, bem e$ au# #er gelang, bie ©cmüter ju ©unften feine« ^apfteS umjuftimmen.
gn bem Xugenblicfe, too fein Slnfyang fcon ifym abzufallen brofyte, ftarb 2lnaflet II. am
25. Januar 1138. 2Botyl ftettte bie Familie be$ SSerftorbenen, bie Sßierleoni, einen neuen
Gkgenpapft, SSiitor IV., auf, biefer aber leiftete fcfyon naety 2 5Ronaten auf feine 2Bürbe
freiwillig SJerjM&t. 15
3>en toieber&ergefteflten Äirc^enfrieben proflamierte ein Sateranfonjil im 3^**1139,
ba? )U0tet$ über ben Äönig Soger bon ©teilten, als ben ftanbtyafteften gfeinb be$ 5ßa£fte3, ben
8ann fcer^äugte. ©egen tyn unternahm e$ Snnocenj H., ein §eer perfönli$ in« gelb $u führen;
ba£ ©nbe biefeS abenteuerlichen 5trieg$auge$ aber mar, ba| 3nnocenä JI- *n **nen §inter*
balt fiel, ben tym SRogcr tyatte [teilen laffen unb fiefy glütflicfy fcfyäfcen mufete, feine Se= 20
frehmg axß ber ©efangenfcfyaft burefy bie änerfennung Soger« al« jtünig toon ©icilien
tu erlaufen (25. 3uli). Waä) Som gurütfgefefyrt, liefe e« fid? ber ^apft angelegen fein,
tßtt bie SBunben ju feilen, bie ba« ©externa auf allen ©ebieten be« Seben« gefcfylagen.
Dann pellte er ftep bie Slufgabe, ba« Slnfetyen Som« in ben Keinen, bem päpftli<$en
Stuhle unterworfenen ©täbten toieberfycnuftcllcn. §ierburc$ tourbe er in einen langtoie* 25
rigen Krieg mit Stitooli DertDtdelt, ber auerbing« gu einem ber jtirc^e günftigen ^rieben
führte, über ben aber bie Stömer, bie bie bödige Vernichtung XiDoli« Don ^nnocenj II. ber-
langten, iebo$ nic^t erreichten, fo ungehalten maren, ba| fte bem Zapfte ben ©e^orfam
auffünbigten, pc^ nac^ bem SSorbilbe ber lombarbifc^en ©täbte i^rc eigene Cbrigfeit toasten
unb ben alten Senat ber römifcfyen Sle^ublif toieber in« Seben riefen. — 3lu$ ba« gute 90
Cmjcnte^men mit bem Könige fiubtoig VII. öon ^anlreic^ öertoanbelte fid^ in offene
gttnbfc^aft, al« jener ben bom ^a^fte in Sorfcfylag gebrauten Äanbibaten für ben er*
lebigten (Srjftu^I bon Sourge« nic^t acce))tieren Sollte. S)er ©treit gebie^ fo totit, bafe,
tote ba« Chronicon Mauriniacense berietet, 3>unocenj IL über granlreic^ ba« ^uter-
bat belangte. 9loc^ ftanben bieSRömer in SBaffen, noc^ toar bergriebe mit Subtoig VII. so
niefy gqc^loffen, al« ^nnocenj II. am 23. September 1143 ftarb.
Unter ben bogmatifc^en ßntfe^eibungen, bie biefer $apft getroffen, fmb bie bemerfen«*
toerteften bie 3Serbammung«urteile über Slbälarb (f. 3Jb I, ©. 19,9) unb ben mit biefem
mg berbunbenen Srnolb bon Sre«cia (f. 33b II, ©. 118,55).
ßö^ffel t (<£ar( Wirbt). 40
^nucenjill., ©egenpapft, 1179—1180. — Quellen: Annales Ceccanensea
1178: MO SS IX, 286; Annales Casinenses 1180: ib. XIX 312; Chronicon Fossae Novae :
L A. Muratori, Berum Italicarum scriptores VII, p. 874 ; Sigebcrti Gemblacensis continuatio
AquidocÜDÄ: MG SS VI, p. 418 etc.; 3. 3S. haltend), Pontificum rom. Vitae tom. II,
lip». 1862, 6. 647 f. — fiitter. : Ph. Jaffa, Regesta Pontificum Rom. Lip8. 1888, Ed. II «
toau II, p. 431; $• 9?euterf ®efd). ^lejnnbev« bc« Mitten, «b III, ßeipjia 1804, 8. 497 ff.;
J. Qhregorooiu«, ©efd). ber 6tabt 9?om, 4. 93b, 2. Muff., Stuttgart 1877, ©. 563 f.
£aitbu^ öon ©ejja (Landus Sitinus), ftammte au^ einent alten longobarbifc^en ©c-
ti)Ud}U Satuim^ unb ntdjt, n>te bielfac^ angenommen, auö ber Familie ber grangipani.
9011 bem römtf$en 9(bel unb toofyl and) t>on ben ©egnern Slle^anber^ III. unter bem 60
köderen Alerid toarb er am 29. ©e^tember 1179 (ntdjt 1178) alg $apft unter bem
Samen 3nnocen$ DL aufgerufen. 3)ie Sertoanbten be$ erften ©egen^a^fte«, ber 2lle=
{aber bem brüten ben $ontififat ftreitig machte, b. t). bie Serfranbten be^ Cttat)ian
(88tor IV.), fotogen W foM auf bie Seite ^nnocenj III. unb ber »ruber DltatuanS
vofym t^n m eine fefte ©ura jh>if4en ^alombara unb 9tom auf. älejanber III. griff, 66
at btefen Herten ©egenpapft ju befeitigen, ju bem Mittel ber Seftec^ung. SDer 9(n^ang
3nt0cem III. tourbe, fotoeit er läufig War, mit ©olb abgefunben, unb für ©elb lieferte
*a »efepüfrer be« ©egen^fte« feine Surg unb feinen ©d&übling in bie ^änbe 8Ue«
paballL, bar ben ©efangenen in ba« Älofter 2a Gaba überführen liefe (Januar 1180).
3«H>ffcl f (^ar( Wirbt), go
112 3ttttocen3 III.
3?wioccitj lll.f $apft, 1198—1216. — OueUen: Hbbrucfbcr ©riefe, ©Ariftenunb
s#rebigten 3nnocen$ III. : MSL tom. 214—217. ©ou ben 29 ©ü*er umfaffenben ©riefen biefe*
$apfte3 ftnb ©u$ IV. XVII-XIX niä)t ehalten, ©lieft I. II. V.X-XVI tft abgebrueft bei
Stephan ©alu^iu^ Epistolarum Innocentii III. libri undeeim, <ßari3 1682, 2 vol. (bier aud)
5 tom. I, p. 687—764 b ad Regist nun super negotioRora. imperii); ©ud) III, V— IX bei Br£-
quigny et la Porte duTheil, Diplomata, chartae, epistolae et alia documenta ad resFran-
cicas speetantia, $aviä 1791, pars II, tom. I. II ; S)ud)efne. Historiae Francorum scriptores V,
p. 706—748, 792 - 809 ; §1. Xljeiner, Codex Diplomaticus dominii teinporalis 8. sedis
tom. I, SRom 1861, Nr. 35-60, p. 28— 46; Bouquet, Recueil des historiens des Gaules
io tome XIX p. 347- 605 ; L. Delisle, Bibhotheque de l'Ecole des chartes tome 4, 1863,
©. 442; berf., Lettres in^dites d'Innocent III., tome 34, 1873, p. 397—419; berf., Les
Registres d'Innocent III., ib. tome 46, 1885, p. 84—94; Chauffier, Lettre ineViite d'In-
noceut III. (12. Wat 1200), ib. tome 33, 1873, 6.595-605; $. Aalten brunner, 9iömif<$e
©tubien: SDM. b. 3nftitut8 f. öfterr. ©cfd). V, 1884, ©. 213 ff.; ©. $igarb, La serie des
15 registres pontificaux du XHIe siecle: Bibl.de PEcole des chartes 47. ©b, 1886, 6. 80 ff.;
£. $elifle, Examen du privilege d'Innocent III. pour la priemt de Lihons: ib. 57. ©b,
1896, ©. 517-528; 3. u. $ftugN$>artlung. Iter Italicum, Stuttgart 1883; ftr. Qolff,
(Sine Urfuube be3 SßapfteS Snnoccnj III. uon 1204: 9W IX (1884) ©. 631 f.; J. B. Pitra,
Analecta novissima spicilegii Solesmensis, tom. I, Tusculanis 1885, tom. I, p. 171—181,
20 487-555, 615 f.; #. $enlfle, 3)ie p«pftltd>en ftegifterbänbe beS 13. 3«^. unb ba*3nDentar
berfetben vom 3- 1339: 9lra<>iü f. ttitt. u. m b. "ätttt. II, ©erlin 1886, 6.1 ff. Prima
collectio Decretalium Innocentii III. ex tribus primis Regestorum eins libris composita
a Raincrio diacono et monacho Pomposiano: Baluzius, 1. c. I, p. 543—606; ©. SBinf elnuwa,
3u ben fflegeften be3 <ßapfte3 3nnocen$ III.: gb® 9 ©b, Hattingen 1869, 6. 455 ff. berf.,
25 (Sine tfonftftorialrebe beä «ßapfteö; 3nnocen$ III. ü. 3. 1199: 9Rünä)ener ©©.1875. I, 345;
91. Sßottt)aft, Regesta pontif icum Romanorura I,Berolini 1874, p. 1-467, II, p. 2041-2056,
2135; 91. ^ottimfr, Bibliotheca historica medii aevi 2. Hüft. 1. ©b, ©erlin 1896, 6. 65a
Gesta Innocentii III. auetore anonymo coaevo: ©alujtuä 1. c. tom. I, p. 1 — 88, anbete
9lu3gaben: Sßottfjaft Bibliotheca I, p. 520; $. fclfan, $>ie Gesta Innocentii III. im ©tt»
so ftfftnid ju otn Dtegeften beweiben «ßapfteS, 55M f f . fteibclberg 1876; & $etif(c, Itroewire
d'Innocent III. dresse* d'apres les actes de ce pontife: Bibhotheque de PEcole des
chartes 4« s^rie tome 3, 1857, p. 500—534; berf., Memoire sur les actes d'InnocentUL:
ib. tome 4, 1858, p. 1 - 74. Vita Innoc. III. ex ms. Bernardi Guidonis : Muratori, Rerum
Italicarum scriptores tom. III, 1, p. 480 sq. ; Burchardi et Chuonradi Urspergensium chronicon :
35 MG SS XXIII, p. 365 sq.; Annales Colonienses maxi mi: MG SS XVII; SRagbeb. ©djöppen*
d)ronit, in ben d^roiiifcn ber beutfdjen ©täbte, ©b VII, ©. 123 ff.; Annales Marbacenses:
MG SS XVII; Annales Ceccanenses: MG SS XIX, p. 294 sq.; Otto de S. Blasio, Con-
tinuatio chronici Ottonis Frisingensis : MG SS XX, p. 329 sq.; Annales Casinenses MG SS
XIX, p. 318 sq.; Annales Piacentini Guelfi: MG SS XVIII, p. 422 sq.; Richardus de a
40 Germano, Chronicon: MG SS XIX, p. 329 sq.; Rigordus, Gesta Philippi Augusti : Bouquet,
Recueil de» historiens des Gaules et de la France, tom. XVII, p. 49 sq. ; Uuilelmus Brito,
Historia de vita et gestis Philippi Aug.: Bouquet, Recueil etc, tom. XVII, p. 73 sq.;
3)eUfle, Catalogue des actes de Philippe- Auguste, v$ari8 1856; Rogerua de Wendover,
Chronicon ed. Coxe 1841—1844, vol. III, p. 134 sq.; Th. Rymer et R. Sanderson, Foe-
45 dera et acta publica inter Reges Anglicae et alios quosvis imperatores etc. EditioIII, 1745,
tom. 1, pars. I, p. 32 sq.; 3. ft. ©5l)mer, Regesta imperii, V 3)te diegeften beS ftaifer«
reid)3 unter Wtipp, Otto IV., griebridj IL u. f. 10., neuberauäg. von 3» &icfer, 1. Äbt. 3nnf»
bruef 1881 ; Huillard-Bräholles, Historia diplomatica Friderici Secundi, ©ari$ 1852— 1881,
tom. I, p. 6 sq. etc.; Raynaldus, Annales ecclesiastici ad ann. 1198—1216; Mansi tom. XXII.
60 Sitterat ur: 1. allgemeine: Ciaconii vitac et res gestae Pontificum Rom. ab Aug.
Oldoino recognitae, tom. II, Rom. 1677, p. lsq. ; (St)r. 3§. gr. ©aldj, (SnttoUTf einer WÖ-
ftänbtgen #iftorie ber rümifeben $äpfte, ©öttingen 1758, 2. Auflage, ©. 267 ff.; fcrdjibalb
©otuer, Unpartettfd)e ^iftorie ber römijcben köpfte, $( VIII, überfe^t üün^atnbad), Äagbe*
bürg it. fieipjtg 1770, @.1ff.; 91. Zf). x>. 5Hottengatter, Res ab Innocentio III. papa gestae
55 Vratislav. 1831 ; gr. $mrter, ©ef^ic^te ^5apft 3nnocenj III. u. feiner 8«tfl«t°ffen, 3. «nfL#
4 ©be, Hamburg 1841-1843 ((Sin SluSjug au^^urtcr tft: «. SBaibel, ©apft Snnoceni HJL,
9(ug«burg 1845); Jorry, Histoire du pape Innocent III., Sßariä 1853; ©ö^ringer, ^icfiirtfte
etjrifti unb i$re 3eugcn, ©b II, 2. Mtl., ßürid) 1854, 8. 322: 3nnocensIIL; ipapencorbl,
©efd)td)te ber ©tabt 9tom, ^aberborn 1857, ©. 280ff ; (5. 3. v. ^efelc, «oncütengef<W*te,
cf) ©b V, 2. «ufl., greiburg i. ©r. 1886, 6. 771 ff.; 9t. *. 9?eumont, ©ef*i*te ber ©tobt ft»*
2. ©b, ©erlin 1867, ©.469 ff.; 3of). gr. ü. <5<b\\Ut, ©efd)uf)te ber Duenen unb fiittcratur
be8 römifd)en ^cd)t§ uon ©ratian bis auf bie ©egentuart, 1. ©b, (Stuttgart 1875, 6. 83 f.;
5. ©regorouiuä, ©efd)id)te ber ©tabt 9tom im 3Kittctattcr, V. ©b, 3. BufL, ©tuttgort 1878»
©. 7 ff. ; 5. $eutfrf), ^apft Snnocenj III. unb fein (Sinflufe auf bie Utrafo ©re»tau 1876;
65 38. Söattenbad), ©efeft. b. römifeften ^apfttumä, ©erlin 1876, ©. 184 ff. k.; 3- &> örrft^or,
$apft 3nnocen^ III. unb feine gelt, gretburg i. ©r. 1883; 3. ßangen, ®ef$icbte ber rf»
mifdjcn Äträie oon ©regor VU. big Snnocens III., ©onn 1893, ©.600-713; 5r. (Jcrrotl,
^itnocctij III*
113
Bibliografia di Roma medievale eniödernn, vol. I, Roma 1893, p. 323 327; V. Chevalier,
Repertoire des aoureejs historiquos du niuyen age, 3iariü LST7- lSÖf.i, p, 11 14 f., Sup-
Yment, 1888, 6. 2659; 3. W. Erijdjor, 3mioceiti III,: äirdjeulerifun u. Kelter 11. »lti\
" 8b 2»11«|L, greiburg i. 8t. 1889. 6. 726-730.
2. 3ktl)afiiiis gum ftaifertum u. 111 m beutfdjeu ftönigiuni: 6, $&flcr. Ä'aiftr SJricbrid) IL, 6
tüiufrn 1814, 6.10f.f 6. Uff.; 0. «bd, Stoma ftyitpp bcr ftolpiifiaufc, Bttfltl l»2,
71 ff.; bcrf.. Staifcr Otto IV. u. Stoma, Öriebrid) IL, 8erlinl856; &r. ü. Mainner, ^cfcti-
tr fjolpiiftaiifcii, 4. Stuft ,t 2. 8b, 3. 8b. &ip0ifi 1871; C. de Cherrier, Hirt, de la lutte
M l'apes et des Eknperenn de lamaisoii de Sou lt<nti. I, ^ari& 3858, p. 337*q. ;
. Hiiillard-Bn'holies, Hist, dtol Friderici II.. prefnce et introduetion, $ari& 1859; ft. 8J. IG
sdlirvimutfrr» Ä*»i|t? Srtebridl II., 1. 8b, Groningen 1859, S- 7 ff ; E. IHntelmatm, OdcTd».
lolftr SJrifbridj fe. 8iuetfcn, 8erlin 18#3, 6. 27 ff.; A. Huillard-Breholles, FivderielL, Etüde
ir 1' Empire et le Sacerdoce au l.; . *uvli ; Iti-v. HriLaim. l>et\ lS<i:J; tiuibal, I>-. Holn 11-
aufeu etc.T Staub. 1867t p. 12 sq.; 3' girier, jjorfdjuilfleu |UT Stfeidja* n. fted)t%efdjid}tc
Italien^ 8* IL 3mi3brutf 1869, & 267 ff., 377 ff., 386 ff. n\: 3fr. 3. Sentit Xic Mo- 15
nn-hia Sieuk, Swifcurn L Bt. 1869, 6. ffifc; 0. Eaugerfdbi, tfaifer Otto 17-, $a*HOTKf
:.', 3. 18 ff.; {£. ©intclwöiin. Wltpp bon ©djmnbcn uub Otto IV. ddu Brtmnfdjweig
3aljrbüd)« bcr beuifdKn föejdiiebre), 8b I, ikiwg 1873, ®. 93 ff., 8b II, l'eipaia. J 878,
3 ff ; ? ■ ¥riiij, Etarhüarb fron «modln, tfrnben 1875, ©• 68 ff- ; §. SRagr, Worrivarb uon
Starcciler, 3nusbrurf 1876, ©, t9ff,; £.£oreitÄ, $rei Biiifjcr ©efifcidite unb $Mittf, 8crliit 2«
,8.1; ftaifei g-riebrid} IL unb fein 8rr1)uitiu3 pir rbmijdnm Jfrrcf)e; Jjp. Sfteuter, ©e=
bicfcte ber retig. SlufMhrung im Winelali«, 2. ob, 8«rliit 1877, 6. 253 ff ; s\. S3. tfipfcb,
Ltutfdje Slubien, 8erlirt lö79. 6. 1: ©fmifijdje Stublen, ©. 39ff., S. 53 ff. ?r.; 9J. ©diiDcmcr,
Jtinoccn^ IIL 11. b«e bcutfdbe Äirdii: rnKbrcnb b<£ 2&ronftreite& uon 11118-1208, Sirüftb. 1882 ;
nbcntaitlt, Cttu IV. erpc 8«rtpred)unflcn an 3unoCfn^ IIL: Jd© XXII (1882) 35
232; betf., Jfrilifdp XorftrHuHß biT SBcrtjanblunflen 3nnaccnj III+ mit beu beutf^cn
öcgcnfonlgett, OTagbeburg 1885; 3, &iaeT| ©Tbrtrrumjen jtit WeidiSgcjdjtdjte beä 13. 3a^.:
1t b. 3nft. f. üftctf. ©cfd), IV. 8b, 1883, c, 337 ff., i. ^uavhiiann, ».«nfpru* b,*fipfte
nf Äonfirmoium u* Srprobaliptt bei b. bcutfcftun Äönifl3n>al)len (1077—1379), 8te$laii 1886,
i : 6 ^infdmatm, ftaifct 5ricbrid| IL (= 3abrbb. b, bentf«. ©efrfj. 1. Ob, Üeip^ 30
d. (£ngflutanit, ¥büipp von ©(ftiuobcn uub ¥apft Qmtüfeni IIL jwftljrenb bei beutfdj,
tronftreitc^ 1108— 1208: jatircSbcr. b, ffll. Sriiij 4>etnrid)Ö-<äljmnafirtm* in ©erliu I8e§.
3. »erbfilinU *öu Jran rreirf): 3. e*u1j, Wiltyp %u%ufl unb Suflebpra, (Hei 1804;
^efig-ue^ Uiwtoire de Philippe Auguste, $ad3 1820f toiu. II, p. 136 scj.; Geraud, luge*
le Dänemark: Bibtiotheque de l'ecole des Charten, 2. I^er,, tüDo. IT 9iariö JS44, a»
.3 sq. unb p. 93eq.; ty 3d)effev-^L>icbLuftp ^eutfdjlaub unb ^dilipp IL fluguf nun fjrüflf-
ridj: ftb« 8b VIII, »Stttnae» 1868, S. 501 ff. lieber bie ?(lbfg€iiferrmgc v$L: Duuais,
Albigeois, ^artS 1879^ p. 447 §q. «. b. ?1. f,^em«onidjdcrH.
4. 8erb&IlnU ^u ^aglanb: 9L ¥auli, ÖJefcbidjie t*ou ^nglanb, 3. 8b, ftambiirg 1853,
1418 ff.; 1i). l'au. ^ic(£mftct)unflfiftefrtjicbte ber Magna Ctarta, ^amburti 1867, ä, 32ff.j «
tubbft, The coostitutional LIistory uf England, vol. IT Oxford 1874, p. 520 sq. etc, ; fB.Bobett*
auer, f&ic iuurbc Äönig 3^^nn üüu duglanb ^a\aü bc§ römifdjen StutjteÄ; 3£E& ^882.
5. 8crt]Qlmi^ jn Spanien u.^orlugaL: ii. Scftäfer, @efdi. uoit Spulen, IIL8b, ®ull)ß
^ ff*- Gtftäfer, ©ef^i^te üon Sorluflal, I. 8b( J&ambuvg 1836, ©, 115 ff.; ©eruimifl,
Iftorifcbc Scftrifieu, neue 31u*gabc, 3Bien 1871, ©. 21 8 ff, : 8erfudj einer inneren ©e[a7id}tc *>>
öon HröQouicn, ©. 269 ff. Je.
fer^aflnt* ä» fiu>lanb : Llftnger, ®ettlf**bflnifd)e 0»efcft. d- 1189-1227, 8ct1cr 1863,
3. 186 ff.; ^.^ebiOr »efdj. bei erabiwum* tiaMiburj^remeii, 2.8b, 8erlin 1877, S, I68ff,
Beryllen p bett 5mu$jüg«n: ÄSilfen, ©cfd)(cbtc bcr Äreujjügf, 8b V, 2*ipiifl 1829,
Tf,; pcfele, S)er Strru^ug imter 3nno«TVi IIL unb ba^ IcUcinifAc Slaifenum in bo
fittnftantinppel in: 8eih'ägt äuv JftirdKnc^f durfte u., L 8b. ^übtu^cu 1864, ©. 3t6ff. ;
Hl im Fe- ^ie Quellen äut ©efdiidjte beö mcvti-n töreu^ug^, 8reälau 1875; P. Riaut, Inuo-
ront ULj Philippe de Sfiuabe et Bouiface ck IVIoutferrat, ^ßanä 1875 ^ P. Riaüt, Exuviae
mtnm eunstantinnpolitanae, Gcuevae 1877, toro, I, p. XIII etj.; P, Riant^ Le chauge-
itient de direetion de la quatrieme oroi^ade: Bevue des tjuestiona historiquea, 1878j 66
■q.; $1. mt\nd}\, 8eitraöe ;ur @cfd)td)tc ber Ä reu^üge, 2. Üb, 8erlin 1878, © 2l5ff. ic;
^ailfuger, ©er l^atriartbat* iE. flHi'ivopoLtinnfpreiigcl üon Äonftantinuptl u. bte bulgarifrfje Ötrdje
ittrS«« ber Öateineröenldioft in 8«,^: ^3^ L ^b- 1880, ©. 77-106, 2,8b 1881, 8. 1-55;
^bridn, Ö»efdiid)(e be§ Äömgrefdiä 3crufülem (1 lücj - 1291), 3n«sbrucf 1898, 6.682ff.;
QJoitlob, %at ^Japfl 3ilttöeenÄ III. prf) ba# Jftedjt perranut, au^ bic i^aien *u Äteuüngö* w
püeffeu ^u befteuemV ^3© 16.8b, 1895, S. 312-319; Le p&pe InDüceuz IIL dans ees
rapports avoc la eroisade ooDtre les heretiques Albigeois, im Bulletin de la aoe. archeol.,
seieiUieL et litter. de Beziere, 1884! p. 57 sq,
8. ^Dle ©ebriften ^unoeenj HL- ^- Sieiutetu, Sunoeenj III. unb feine ©rfjrift de cofr-
mundi, UM. t Srian(\cn 1871, mi IT, 1S7H; 3bJ. aRolltor, ^)ie Xtfrctalc ,.lVr,.,
i-ilt'iu^ üou Smioeenj IIL, 9Hiind|cn 1876; ft. 9?uboIf, ^apfl 3nnoeenj III. ©d^vift
baft eienb bes men[a)lid)eii £eben£", 96 ©, 12°, ?lrnM>crg 1887.
KtaL*tfiic|)flopäble für Tfyolügk unb sMutf. B, tf. IX. g
j
114 3ttttoceit$ HI.
Sotfyar, ber Sofyn be« ©rafeix $ra«munb bon Segni unb ber Gianda, einer SRömerin,
au« bem angef ebenen ©cfcfylectyte ber Scotti, toar c. 1160 in Slnagni geboren. Seine
erftc 3>ugcnbbilbung erhielt er in 9lom, toofelbft er hHX^rfd^etnlic^ f$on frity in bie Steigen
be« Äleru« aufgenommen unb infolge beffen mit einer SPfrünbe au«gcftattet tourbe. Um
6 feine Stubien fortjufefeen unb ju boHenben, begab er ftety gunä$ft nad) ?ßari«, too er be*
fonber« bie biblifetyen SSorlefungen be« $eter bon Eorbeil befugte, unb bon bort na$
Bologna, ba« tyn al« Sifc ber tyerborragenbften fiefyrer be« lanonif<$en SRec^tö anjog.
3lati) 9tom jurücfgeletyrt, lourbe er naety empfang ber nieberen äBetyen unter bie Jtononifcr
bon St. SJJeter aufgenommen; ba er brei ber anaefe^enften Äarbin&le )u feinen 38er*
10 toanbten jaulte, rütfte er auf ber fyierard&ifctyen Stufenleiter rafö empor. Unter ^afit
©regor VIII. erhielt Sottyar bie Stellung eine« Subbiafon« unb bereit« im Sjafyre 1190
burdj $Papft ©lernen« IIIV feinen Dfyeim, bie SBürbe eine« Jtarbinalbialon« Don St Sergiu«
unb 33ac$u«. Sil« aber (Söleftin III. ben Stufyl $etri beftieg, toarb ber Äarbinal fiotfar
gu ben ©efd&äftcn ber Äurie freiließ nur feiten beigeben, h>atyrfc£etnlic$ infolge be« aßen
15 ftamiliengegenfafee« jtoiföen ben SBertoanbten Sotfyar«, ben Scotti, unb bem ©eföfabte ber
Drftnt, bem ßöfeftin III. angehörte. @r benüfctc biefe unfreiwillige SRufje jur Stofaffung
berfcfyiebener Schriften: ber brei Sücfyer „de contemtu mundi, sive de miseria
humanae conditionis", ber fe$$ Sucher „Mysteriorum evangelicae legis ac sa-
cramenti Eucharistiae", fotoie ber Schrift „de quadripartita ßpecie nuptiarnm".
20 3)iefe SBerfe geben in gleictyertoeife geugni« bon ber profanen unb tljeologifctyen ©ilbung,
toie bon bem tiefen (Srnft, be« 93erfaffer«. 311« Söleftin III. am 8.3anuarll98 gejiorben
toax, lourbe ju beffen 9tactyfolger noety am Xobe«tage be«felben bon allen antoefenben
Äarbinälen nad) furjen SBertyanblungen fiotbar in feinem 37. £eben«ja$re erträgt Sfo$
er genügte ber bei ber ^abfttoa^l hergebrachten gorm, inbem er fid^ juerji unter 3$rfinen
25 unb gießen toeigerte, bie Leitung ber Äircfye ju übernehmen, ^nnocenj III. — fo nannte
fiety fiotbar als *Papft — liefe fi$ am 21. $ebruar bie *Prieftertoetye erteilen, am folgern
ben Sag empfing er bie bifcgöflictye Äonfelration unb naljm bon bem Stuhle $etri wfifc.
Sebor er an bie großen, bie SJölferioelt umfajfenben Aufgaben feiner Stellung ber*
antreten fonnte, mufete er erft ba« ^apfttum in SRom unb in Italien hrieber $u Sin*
ao fcfyen bringen. 6« gelang ifym in ber Xfyat, ben bon Staifer $einri$ VI. eingeigten
Stabtyräfeften $etru«, fohrie and) ben bom Stutyl $etri bieder unabhängigen, toom 33olfe
getollten Senator Scottu« Sßaparone, jenen &ur Slnerfennung feiner Dber^o^eit, Wefen
aber gut Slbbanluna gu betocgen. hierauf trat er al« Sefreier gtalien« \>on ba beut*
fd^en grembfyerrfd&aft, b. \). bon ben burefy $einric^ VI. eingefe^ten beutfd^en £etyn«fürften,
85 auf, eroberte Spoleto, unterioarf ftd^ Perugia, na^m eine gebieterifetye Stellung m iu«*
cten ein, fteHtc im Patrimonium feine SReftoren an, unb galt balb m ganj 3ta^m ^
§ort ber nationalen Unabfyängigfcit. 3lud^ ba« Äönigreid^ Sicilien lieferte i^m ein
günftige« ©efd^ief in bie $anb. $icr regierte nad^ bem lobe Äaifer $einric^« VI. bie
SBittoc be«felben, Äonftan^e, für ihren unmünbigen Sotyn griebric^. Sebrängt Don ben
40 }toei \id) belämpfenben Parteien ber Italiener unb Deutfc^en, ertannte fte nun ba« Siectyt
be« römifd^en Stuhle« an, Sicilien al« fein Sefyn ju berlei^en, inbem fte fic^ bereit er»
Härte, ben Ireuetb ju letften, ja fogar auf alle alten SJorred^te ber Stormannen^enf^er
in firc^lic^er öejic^ung ju t>er^id;ten. SM$ fie balb barauf, am 27. 9Jobember 1198,
ftarb, ^interlie^ fte fogar ein leftament, ba« ^nw^cenj jum SRegenten be« 9leu$e* unb
46 jum 3$ormunb be« minberjä^rigen ^ricbrtd; ernannte. 9)tit Sifer !am ber ^apft feinen .
neuen ^Sfltd&ten nad^, inbem er bie hnberftrebenben beutfd^en £etyn«trägcr, bie i^rc Semtcr \
unb SBürben in Sicilien bon §cinrid? VI. erhalten, feinem üJZünbel untertoarf unb für *
bie ßrjie^ung griebrid^« auf« befte Sorge trug. L
%ixx bie @rtoetterung ber päpftlid^en Wac^tftetlung lagen im 3lnfange be« ^Jontiftfatf ^
50 ^nnocen^ III. bie ^erhältniffe mo^l am günftigften in Deutfc^lanb. $ier fteitten W fi
l\m\ ^rätenbenten um bie beutfd^e Aönig«- unb bie römif$e Äaifertrone, ^ißpp Ml i'
Scbrtaben, ©ruber öeinric^« VI., ber bon ber SKe^a^l ber beutfepen gürften im Stfiq jr
1198 in ber 9teic^«ftabt 9JJü^l^aufcn jum Äönige ertoä^lt toar, unb Otto IV., au« be» r
,§aufe ber SÜclfen, ber am 9. ^uni 1198 bon ben@egnern ber $o^enpaufer, tn«befonbe« ^
65 bon ben nieberrfycinifd&en Sifd^öf en in Köln mit engltfd^em ©elbe burc^ Sefte^ung fttac ^s
ßr^ebung burd&gefcfct batU. 2)cr le^tcre fuc^te ben ^apft fofort baburc^ auf feine Seite fr
}u sieben, bajj er auf bie toefcntlic^ftcn »tcdjte be« Steige« in $tal\zn ber)i$tete unb bal h
(gjarc^at bon Siabenna, bie ^}entaj)oli« unb ba« ^erjogtum Sj)oleto bem rdmifc^en Stu^b Ji
überlief SBäbrenb al«bann bie ätn^änger Dtto« IV. ben $apft förmig um feine ÄnerfenromB 9
o<) bcr bon i^nen getroffenen Söatyl gebeten, geigten bie ber Partei ^ß^ili})})« angebörtgen dürften ein h
dttttocettj III. 115
mtföicbcncS ©elbftbetoufetfem 3nnoccnj III. gegenüber ; in ifyrem Schreiben bom 28. sBlai
1200 bcrfpre$en fie allerbingS äctytung bor ben Siebten berftiretyc, erfucfycn aber ben^apft,
feinerfeitS nietyt an bic Siebte beS SReictycS m taften. @S fann lein 3toeifel obtoalten,
bafe 3nfU>cen2 HI« bon bornfyerein für bie Äanbibatur beS SBelfen biel mefyr ©tympattyien
hatte als für bie eine$@liebeS ber tyotyenftaufifäen $amilie, bie als Srbfeinbin beS6tul?leS 6
?etri galt, aber in einem 33riefe an bie beutfeben SReictySfürftcn gab er fiefy ben ©cfyein,
als ob er füllen 33erftanbeS bie Siebte beiber Sctoerber abwäge, unb als ob eigentlich in
erfter 2inie baS gntcreffe f^r ^e Unabfyängigfeit ber 3Bätyler *ßl?ili$>S ifyn nötige, biefen
ju bertoerfen, bamit ©eutfölanb nietyt in ben erblichen SJefifc eines $errfcfyerfyaufcS über*
gejfc. DtefeS jutoartenbe SSertyalten beS ^SapfteS tyattt feinen ©runb in ber Hoffnung, io
betbe 2$ronj>rätenbenten Würben fic$ einem ScfyiebSgerid&te beutfd&er gürften fügen, Dtto IV.
aber als Sieger aus bemfelben Verborgenen. 2)octy in biefer SBorauSfefcung tyatte er fiety
«int, bad €>qiebSgeri$t fam nic^t ju ftanbe. Sa arbeitete er — wafyrföeinlicty für bie
xarbinäle — eine ©enffc^rift auS, bie Deliberatio d. papae Innocentii super facto
imperii, freiere in ben Säften gipfelte : mit ber Slnerfennung SP^ilippS Würbe er glauben, 15
biefem gegen fein (bee ^ßapjteS) Seben baS SctyWert ju reiben, bagegen fyabt Dtto als
auS einem bem römifc&en ©tutyle tief ergebenen ©efcfylecfyte ftammenb unb als ein Jreunb
ber Rittet Slnftmub auf beren Unterftüfcung. 3}n btefem (Sinne foHte ber nad) 2)eutfcfc
lanb abgefertigte Segat beS SßapfteS, ber Sarbinalbijcfcof ©uibo bon ^ränefte, Wirten.
Sun tamrbe im 3Rön beS $a\)x& 1201 ber 3Belfe in einem an biefen gerichteten ©^reiben 20
bon Simocen} III. olS beutföer Äönig unb jufünftiger römifetyer Äaifer anerfannt. 3Son bem
ya>fut$en Segaten fmb barauf am 3. 3uli auf einer SBerfammlung ber Partei DttoS IV.
alle (Segner beSfelben ctfommunijiert Worben, aber erft naetybem ©uibo bon SjJränefte
nie am 8. 3un* 1201 ju SReufe auSgeftellte Ürfunbe beS Sßelfen in §änben tyatte, bie
Ate auSbrürflic^e @rneuerung beS SSerfprecfyenS enthielt, alle SRcfuperationen beS römtjdjen 26
Stuhles bemfelben in 3ufunft belaffen ju tollen. $iefe Urlunbe ift bie ©runblage für
bic fpäteren }>äpftlic$en anfertige auf ben Äird^enftaat geworben, inbem tyre Seftim*
«ungen in fßäteren bim beutföen Äönigen unb Staifern ben köpften auSgeftellten sJkibi*
Ugien SBort für SBort Wieber^olt Würben. 3llS ftety baS ©lud ber 3Baffcn immer metyr
aaf bie Seite DttoS IV. Wanbte, fudjjte tytyltyp 1203 mit gnnocenj III. Untertyanblungen 30
anpifnüpfen, bie aber baran heiterten, bajj er blo^ baS ber Hurte ^urücfjuerftatten ftc^ ber=
^jhc^ten tooßte, toaS toiberrecptltc^ tyr bon ben Aaifern genommen, bod) bie Überladung
ÄtttditalienS, auf bic ber ^apft befonbcrS brang, bertocigerte, inbem baS SRcd^t beS
JtekfcS auf Stncona, Spoleto :c. unanfechtbar fei.
3)oc^ in ben 3afyren 1204 unb 1205 trat ein gewaltiger Um|d;lag ju ©unften beS 35
§obcnftaufcrS ein. TOe^rere ber angefebenften Parteigänger OttoS IV. gingen ju s15l?iltp))
bon S^tDaben über, auf bem Sc^lad^tfelbe blieb le$terer @ieger, toie fein ^unbeSgenoffe,
ber ftfasg bon granfteic^, ber ben SJerbünbeten DttoS, ben ttönig bon ßnglanb, fd^lug.
Sa richtete ber auf ber $ö$e feiner SMac^t angelangte tytyltyp bon ©c^tüaben noeb ein-
«d (g^ni 1206) ein be^itynlid&eS ©^reiben an 3n"ocenj III., in bem er mit ancr= 40
iamenStoerter Offenheit bie 33erfcältniffe, bie jur 2)o^ehoa^l geführt, fotoie bic bicfelbc
begleitenben (Sreigniffe barlegt unb mutig fein Siecht auf bie ftrone toabrt. Um baSJelbe
bom ^k^jfte anerfannt )u fe^cn, toar er getoiUt, bie 3tt>ij$cn bem 9teid^c unb bem rö*
wföai Stuhle ftreitigen Angelegenheiten einem aus ffarbinälen unb Steic^Sfürften be=
jkc^aibcn ©<^iebSgeric^t jur 6ntfc$eibung ju tiberlaffen. ßnblic^ mu^te ftc^ 3mnwn3 III. 46
ai ^a^re 1207 baai bequemen, ber beränberten ©abläge Stec^nung ^u tragen unb
Otto IV. fallen }u faffen. Aber bie SBerfucfye ber Legaten, biefen gur i^ronentfagung
p betocgen, Vetterten. Waä) langen Ser^anblungen ging ^bilt^ je^t auf baS bon
^nocenj III. boraefc^lagene fä^ftltc^e ©c^iebSgeric^t ein, ba tym berfic^ert toorben toar,
14 ba* fixere Stefultat ber Unterfud^ung ber SDop^cüual)! feine ätnertennung fein loerbe. 50
%idf Otto IV. tonnte ft$ nac^ Sage ber $inge ber Unterwerfung unter baS Urteil ber tturic
wtyt entließen. %üx bie $olitif ^nnocenj' III. bebeutete biefe äBenbung einen großen Xrium^b ;
Imt e* i£m nun bo<b geglücft, bie ©ntfd^eibung beS I^ronftrciteS nac^ Stom $u ber^
kgac Die fc^toterige grage ber Se^anblung ber ©üter beS Sieic^S in IKtttcIttaltcn tourbe
m ber Seife erlebigt, bafe ^nnocen^ auf biefe ©ebiete Sa^tcbt leiftete unter ber 33ebing« 66
na, ba$ bie Zoster beS ^o^enftauferS feinem Neffen ;ur ^rau gegeben unb biefer als
6qyiwcgerfofrn beS ÄönigS mit bem ^erjogtum XuScien belebnt loerben follte. ^n biefem
mttyetbeiiben Sugenblide, ba $^il^ bon ©d?it>aben ber 3i>cg (^ur .UönigS= unb ftaifers
hone offen toar, bereitete am 21. Sunt 1208 bie entf etliche ^rebelt^at beS baier ijcfyen
TWlflnifni Otto t>c>n SEBittelSbac^ bem Seben biefeS $errfa>erS ein unerwartetes ßnbe. r/>
116 3fnnocetij III.
3l\m bolfyog ficty ein rafetycr unb boHftänbiger Umfötoung in ber Sage Dtto« IV.
(§r unterzog ft$ einer SReutoafyl, unb biefe machte ifyn am 11. iRobember 1208 jum att*
gemein anerlannten Könige 3)eutfd&lanb«. 9tafö roufete ftc$ Sjmwenj III. in bie böQig
beränberten SBer^ältniff e ju (Riefen ; er (teilte bem SBelfen bie Kaiferfrone in 3lu«ft$t, bo$
6 tyiefe e« in bem päpftlid&en ©d&reiben : „hrir »erlangen bon bir, teuerfter ©o$n, einige«,
toa« bu, toeil e« beiner (Sinftd&t entft>ric§t unb ju beinern Seelenheil bient, ofyie toeitere
©etytoierigfeiten jugeftetyen mufet". Unb biefe fo unerbittlich geforberten Äufl^nbnifle ge*
toätyrte Dito IV. ;u ©peier in ber Urfunbe Dom 22. 9Rärg 1209, bie alle« überbot, toa«
er bei feiner 2Bafyl unb fpäter ju SReufc bem ©tutyle Sßetri ju überlaffen ftcfc an^eif^ig
10 gemalt E?atte. Ru ber ätnerfennung ber ©renken be« Kird&enftaat«, tote ^nnocem III.
ftc gebogen, gefeilte ftd^ fyier ba« SSerforecfyen, bei ber 3lu«rottung ber Kefceret be^ilfu$ ju
fein unb ein birelter SSer^id^t auf jegliche Seeinfluffung ber firctylic&en SBlafylen, b. $. auf
alle bon ber Kurie bem Königtum im Sßormfer Konforbate getoä&rten gugeftänbniffe.
Um biefen $rci« ertoarb ftety Dtto IV. bie 3uftd&erung ber Kaiferfrönung bon fetten bed
16 Zapfte«. — 3m ©ommer be« Safyre« 1209 trat ber König feinen gug über bie Wpen
an. Site fic£ nun ^nnocenj III. unb Dtto IV. in SSiterbo trafen, muftte erfterer alias
bing« fofort bie (Erfahrung machen, bafe ber an ber ©pifce eine« gewaltigen £eere«
ftefyenbe König boety nicfyt in bollern SWafte bie freunblid&en SBorte berbiente, mit benen
er ifyn bei ber 93egrü|ung empfangen: „ba ift mein liebfter ©otyn, an bem meine Seele
20 SBotylgcfallen tyat". Dbtootyl ein bollc« ßinbcrftänbni« bei biefer Segegnung ntd^t erjidt
tourbe, ^at ber *Papft bem Könige bie Kaiferfrone am 4. Dftober 1209 in ber $eterfe
firc^e auf« §aupt gefefct. Kaum aber ^atte Dtto IV. biefe« Qiü erreicht, fo bergafc er alle
feine 93ertyrecfyungen. 3)ie Krieg«erflärung, gegen ben ©<$ufcbefotylenen Snnocenj' HL,
gegen König $riebri# Don ©ieilien, unb bie getoaltfamc Seftfcergreifung eine« letle« be«
25 Patrimonium« $etri beranlafeten ben Sßapft, bem Kaifer mit ber ©träfe be« Shtat^ema«
ju brüten. 2)iefe SDrofyung mürbe am 18. Stobember 1210 jur Zfyat, al« bie Kurie
bie 9lad)x\fy bom Sinmarfcty Dtto^ in ba« ©ebiet be« Köntg« bon ©ieilien erhielt
©egen tyn rief er nun bie italienifcfyen ©rofeen unb bie beutfetyen $ftei($«fürften auf
unb fcfylofj mit $tyiliM> 3luguft bon granfretdb ein Sünbni« jum 3toe* &* 6«**
so t^ronung be« Äaifer«. ©d^on ^atte biefer im «ampfe gegen griebric^ bon ©ieilien fo
Sirofte Vorteile errungen, baf? le^terer bereit« an eine ftludj?t nad) Sfrita backte, ba ge*
ang e« ^nnoeenj III., im Sorben Stalten« ßremona, SDcantua, SSerona, genara k, tum
Slbfatt vom Kaifer ju betoegen, unb in $eutf$tanb braute er e« in ©emeinf^aft mit
granfreid^ bafytn, bafe bie ju Nürnberg im September 1211 berfammeltcn Stetcpdffepcn
85 ftriebri$ von ©ieilien, al« bem Sofyne ^einricr^ VI., bie beutfd^e Rönig«fronc anjubieten
befd^loffen. 3luf biefen 3lntrag ber beutfd^en dürften einjuge^en, bertoe^rte ^nnocen) III.
bem Könige bon ©ieilien nicr/t, nac^bem biefer eine Urfunbe be« Qnlnilt« au«gefteDt ^atte,
ba^ er fein ftälifd^e« Äönigreic^ auc| in 3ulunft al« ein päpftlutye« fie^n auffaffen tootte.
3lun nannte er ftd^, al« er SRom bei feiner gefahrvollen Sleife bon SKefftna nadj 2)eutf<fc
40 lanb berührte unb bort förmlich jum Äaifer au«gerufen toar, König bon ©ieilien vaib
ertoäfylter römifd^er Kaifer bon ©otte« unb be« Sßapfte« ©naben unb lie| bann auc^ feinen
&oljn bom $apft gum Könige bon ©ieilien frönen, toa« ^nnoeenj mit Stecht toopl ab
einen Seioei« bafür anfa^, ba|griebrid^ nid^t auf bie 3)auer beibe Kronen auf feinem Raupte
bereinigen Wolle. S5on einer 5ürftenberfammlung ju ^anffurt am 5. 3)eg. 1212 tourbe
46 griebrid) in aller gorm jum römifd^en Könige getoä^lt unb balb barauf in sRainj gelröni
911« ,,ba« Kinb bon Simulien", toie griebner; IL in romanifef/en unb beutfe^ai 2anben
genannt tourbe, in Mittel- unb ©übbeutfcl)lanb immer ja^lreid^eren 2lntymg fanb, unb
felbft ©lieber be« roelfif^en §aufe« fict) bem Staufer juloanbten, ba ^iett ber Sßapji bie
3eit gefommen, einen $oü ber 9Dantbarfcit bon griebri^ II. &u forbern unb entgegen* :
wjune^men. 2lm 12. 3uü 1213 fyat ber erloä^lte Kaifer „feinem Sef&üfeer unb ffio^l« i
t^äter 3"nocenj" unb jioar in ©egentoart unb mit Seroilligung ber 2Reiqi«fürftai fetmr ^
^artei in einer $u ©ger au«geftellten Urfunbe alle bie ©ebiete, Siebte, 3^^"^^ '#
bie einft Dtto IV. am 22. 3Jlärj 1209 bem ©tu^le^Jetri gehört, bon neuem garantiert -^
$ic ©c^lacbt bei Soubine« am 27. Suli 1214, in ber Dtto IV. mit feinem fhinfac* iä
66 genoffen, bem Könige bon ©nglanb, bon XSV^W II- 9luguft bon ^anfreic^ auf« ^aujrt L
gefcr;lagen tourbe, r;at ben beutfetyen i^ronftreit befinitib ju ©unften $riebri$ IL ent» i|
fd^ieben. — SDae im ^abrel215 ju 9tom ;ufammentretenbe, glänjenbe Konjil fprac^übet
Dtto IV. normal« ben Sann an^f toorauf bann ^mwena III. JJriebrid^ IL ate ben et»
:«
toasten Kaifer auf bem Konzil }>roIlamiertc. 2)em tyfy\U tourbe burA ben 2ob bte J
eo bittere ßrfafyrung erfpart, bie feine dkc^folger machen foüten, baf; bie ©r^ebung griA« ^
3ititocettj IJI. 117
it$ II. toom ttr$li$en ©tantymnlte aus ein nocfy größerer 3$}lgriff toar, als bic
Ctto IV. früher ertotefene ©unft.
®ne« grö&eren ©cfolgS fonnte fi$ ^nnocenj III. $ \) i l i py > II. 21 u g u ft b on gr a n f *
rei<$ gegenüber rühmen, tiefer tyatte ftcfy bon [einer rechtmäßigen ©attin ^ngeborg, einer
bänden ^Jrinjeffin, toie er angab, toegen eines aHjunafyen SSertoanbtfd&aftSgrabeS, in berlfyat 6
aber auS 9ttneigung burefy eine SBerfammlung franjöfifcfyer 33ifc$öfe $u ßom^iegne [Reiben
laffen unb ftt$ f}>ater mit 2foneS, ber $oc$ter beS §eraogS 93ertfyolb III. bon 9Jteran, bon neuem
benn&^lt. 6<$on fyctpfi ßöleftin III. tyatte im SRamen ber Kircfye gegen bie Sfyefcfyeibung Voic
gegen bie 2Bicberbere$elic§ung proteftiert. Kaum fafe ^nnocenj HL auf bem Stuhle ^Jetri, fo
näpai er fiety ber SSerftofeenen an ; bem Könige felbft fd^rieb er, toenn er nicfyt fof ort gnge* 10
borg jurücfrufe, fo toerbe bie a^oftolifc^e $anb burefy nichts in ber SBelt gefytnbert toerben,
ben gegen baS göttliche ©efefc fi$ 2luflefynenben empfmblicfc ju [trafen. 211« $&ilift> IL
Xuguft gegen alle SSorftellungen fein Dfyr toerfd&lofe, mürbe buref) ben Karbinallegaten
$etni£ auf einem Konjil ju 35üon baS 3nterbift über ganj ftranfretcfy bedangt. 3)a
bte ©etfUt$feit mit geringen 2luSna^men in ber %fyat überaß ben ©otteSbienft ein« 15
flcDte, toar bie gclgc, baft baS Soll ftcf) empörte unb ber fyo^e 2lbel ju ben SBaffen
griff, fobafi 9tyttyt> 3tugu[t föliefeUcty genötigt hmrbe, am 7. September 1200 ben pctyft*
ütfren Segaten, bem Karbinalbiföof Dftabian bon Dftia unb bem Karbinal ^obanned
Cofamna )u geloben, Snaeborg al« Königin unb ©ernannt hrieber anjune^men. 93ergeb*
Ify fu$te er bann normal« auf einer ©tynobe bon ©oiffonS bie päp[tli$en Segaten 20
jar Trennung femer @$e ju betoegen. 3Me gruc^tlofigleit feines 93emityenS, 3n*
xoeenj III. tu ertoeid&en, etnfefcenb, fällig er nunmehr einen anberen 2öeg ein unb
bcföufe burcp ©ntjtetyung aller SSebienung unb ber frifcfyen Suft, burefy . SSorent^al-
tnig ber HReffe unb burc§ bie niebrigften ©cbmätyungen bie &aü\n mx freiwilligen
fatfaguttg }u beranlaffen. 3n ^retn gerben Seib tyatte bie unglücflicpe Königin, bie 25
tyc fötoereS ©efd&idf mit einer Ergebung ertrug, bie Setounberung berbient, tyren
endigen ^trofi unb i^re ©tü^e an ben liebebouen Sriefen h)ie an bem feften Se=
meinen ^nnocen^ III. Sä^t eS ftd> aud> nid^t leugnen, baß biefer, als er 1210 ^ility)
laguftS £üfe gegen Otto IV. beburfte, eS bei falbunaSboUen Xrofttoorten an ^ngeborg
betoenben Ke^, unb ben Äöntg ntc^t me^r mit ber früheren @nergie jur befferen Se^anb= so
hmg fetner bem Glenb überladenen ©attin ermahnte, fo fyat er bodj? and) bann nic^t in
Vit €x$etbung beSfelben gebilligt, als biefer im Setoufetfein, bem ©tufylc $etri im 2lugen^
Wie unentbehrlich ju fein, ein neues ©efud^ um enblic^e Trennung \>on ^ngeborg ein*
S*ca^t tydtt. 3nnocen^ III. ^atte fd^lie^lid^ bie ©enugt^ung, baß bie fett 20 ^a^ren
ferfto&ene, fett 17 ^a^ren gefänglich beiüae^te Königin bon i^rem reuigen (Hatten im 86
^re 1213 mit @$ren toieber aufgenommen Würbe.
(Rnen anberen Irium^ feierte ber $a})ft, als eS tym 1206 gelang, bie in ju
■a^cm 98ertoanbt|dSiaftögrabe gefd^Ioffene ©&e beS Königs 211 fonS IX. t>on £eon mit
Somta Serengarta, 2od>ter beS Königs bon Gaftilien, ju trennen. Scrmoc^te and) baS
ttcr Seim beringte ^nterbÜt ben König ni$t, auf bie bon SRom gebotene @^efc^eibung 40
wjnge^en, fo tooHte bod^ bie Donna Serengaria nid^t länger bie Urfac^e fein, bafe ij^re
tbUert^anen bie Stufye ibrer Seelen einbüßten. 211S fte ihren ©atten berlie^, um ins
titcrlkpe fiatiS jurfletjure^ren, löfte ^nnocenj III. baS Königreich unb baS töniglic$e $auS
im Jntafcift unb Sann, unb — als ^Äd)m feiner väterlichen 5Dlilbe — erllärtc er bie
tti jener @fye entfproffenen Kinber für erbberechtigt. 45
(Ebenfalls toegen na^er Sertoanbtfcbaft toiberfe^te fic^ ber $at)ft bem SBerlöbniS beS
ftonigS ^Jeter Don Slraaonien mitSlanca öon 9?aöarra. $eter von 2lragonien folgte,
dt ge^orfamer @o^n ber Kirche, bem ^ä^ftlic^en ©ebote unb vermählte fief mit 9Jcaria,
kr Xoc^ter SBU^elmS bon Montpellier, ©eine Unbeftänbigfeit, bie tyn bie cfyelicfyc i^er=
labnng als eine brücfenbe geffel füllen liefe, machte in i^m balb ben 2Bunfd^ rege, ficb so
*mt feiner ©attin ju trennen; um fein niebrigeS SSor^aben ju befd^önigen, berief er fieg
mi bte 8lut3fcerh>anbtfd&aft, in ber er ju feiner ©ema^lin fte^c. 2lber 3n"ocmi
nflärte bte angegebenen @cbeibungSgrünbe für un^ureid^enb. 3&mn nun $eter bon 2tra«
$mkn ber päpftlic^en (Sntfd^eibung Rottete unb fogar an eine neue e^elid^e Serbinbung
tote*, fo läfet fic^ fem tro^igeS Sene^men mclleidpt barauS ableiten, baf* i^n baS ©efü^l, 66
«ff bem ?Japfte 3n"°cenj ju biel an Siedeten eingeräumt ju tyabm, in fbäterer ^ett ju
feiner t*rf<$ärften Dppofitton trieb. 9Bar er boc$ im %afyct 1204 naefy 9lom geetlt um
bort füb t>om @tellbertreter$etri bie KönigSfrone aufs^aupt fe^en ^u laffen, fein iHeid^bem
liwfaffäxfiten ju übergeben, unb baSfelbe bom tßapfie als fielen jurüchuempfangen.
JUS König San^o Don Portugal ben bon feinem %ater bem (Stuhle go
118 Smtocewj III.
*ßetri gelobten £in« nid&t entrichten Wollte, lief* 3nno<*nj 111. benfelben mit SRac&brudt
einforbern. S)en öerjog £abi«lau« Von $olen, ber bie Kird&e unb bie Sifctyöfe
ifyrer ©üter unb SRcc^te beraubte, braute er jum ©etyorfam gegen bie j>äp(Hid&en änorb*
nungen. 2Bic fe^r gnnoceru III. barauf tyielt, bafc nur bem !ßa)>fte ba« 9iti)t jtußefo
5 Könige ju bannen unb vomSBann &u löfen, er(etyen Wir barauf, bafe, al«£afon, König
von ©ety weben, bur$ ben Srftbtföof (Srid? von $rontyeim, tt>etl er ber Kircfce jurü<£
gegeben, toaä ifyr (ein SSater entriffen, Vom Sänne, aber o^ne vorangegangene 2Reinung&
äi^erung be« Raffte«, befreit Würbe, biefer bem lederen fd&rieb, er tyabe tyn fo naefc
geahmt, Wie ein 2lffe ben 9Ren[$en, nur bie £o«ft>rec§ung be« (gebannten bur$ bat
10 (Stellvertreter $ctri fyabe ©iltigfeit. 35a« 2lnfetyen be« gewaltigen SRac&folger« $etri liefe
ben dürften ber Bulgaren, go^ann, fyoffen, bur$ Unterwerfung unter ben römtfefcn
©tufyl, feine #errfd&aft gegen innere geinbe, jowie gegen bie 3lnft>rüc$e btyjantiniföer Kaifer
ju fiebern. SKm 8. November 1204 empfing er avß ben£änben be« Segaten beSSJktyfW
bie Königefrone, ba«©je}>ter unb eine tym Von ^nnocenj überfanbte fja&ne, bie mit bem
16 Kreuje ßtyrifti unb ben ©c^lüffeln be« $etru« gefömücft War.
3)ie Unerfcfyrccfentyeit l^nnocen* M-r fcin W*** SSe&arren auf bem einmal ein»
gefd^lagenen 2Beg unb (eine ftofye S3era$tung aller weltlichen ©otyeit, bie au$ bem 9e«
Wufetfein hervorging, nidfjt bloft Stellvertreter $etri, (onbern SSifar Styriftt unb ®otitö
ju (ein — biejen Stitel legte (i<$ 3nnocenä HL mit Vorliebe bei — fyd fid& am glan*
20 jenbften beWägrt in bem SBerfyalten be« ^ßa^ftc^ ju bem e n g l i f $ e n Könige
3 o b a n n ohne Sanb. 38on ben SRönctyen be« 2)om« von Ganterburty War na$
bem lobe i^reS ©rjbifcfyof« §ubert juerft ber ©uperior 9tegmalb, bann, al« biefer
fid) ifyre« Vertrauen« unWürbig erzeigte, auf 2öunfc| be« König« ber Sifc&of 3°^"
Von 9iorWic& ate SRactyfolger be« Verftorbenen Kirctyenfürften ßeWctylt Worben. 2)a mm
as^nnoceng III. bie SBa^l be« lefcteren, meil fte unter bem (Sinflufc go&ann« o&ne Sanb
erfolgt mar, nicfyt betätigte, (onbern einige in 9tom Weilenbe ©lieber be« Konvent« Von
Ganterburty Veranlagte, ben Karbinatyriefter Stephan Sangtyton auf ben erjbifööflufym
©tufyl &u ergeben, (o fear ein heftiger Konflilt jWifctyen ©taat unb Kirc&e unaud»
bletbltd;. $enn auc^ ber König mar ntdfjt getoillt, }u gunften emed Vom $a))fte i^m
30 aufgebrungenen 9Jtanne3, in bem er nod^ bagu einen entfd^iebenen ©egner vermutete, auf
bie ßrfyebung be« Sifd^of^ Von -Jtortoic^ jum Dber^au^tc ber englif^en Äir^e ju Ver*
jid^ten. 3)en im -Kamen be$ ^apfte^ mit bem ^nterbift bro^enben englifc^en Sifd^öfen
erhribertc ber enürnte §err(d^er mit einem ©etytour bei ben „Stynen ©otteS", fte imb
überhaupt alle ®eiftli$e in bem älugenblicfe au$ bem Sanbe jagen |u Wollen, ba bad
35 ^ntcrbtft Verfängt Werbe. Unb ate nun bie päpftli$e Drohung am 24. 2Rär^ 1208 jur
äluefübrung !am, ba machte and) ber König feinen @d^Wur jur SBa^r^eit, inbem er alle
©eiftlid;en au$ @nglanb ju verbannen, ifyre ©üter einjiujie^en befahl. Xber (elbft bad
^ntcrbih ftimmte ^o^ann nod^ ni^t nachgiebiger; ba Verhängte ber $apft über i^n ben
Wann. 3lHc 9JJittel, benfelbcn in ßnglanb nic^t ruchbar Werben ju laffen, Waren Ver*
40 gebltcfy, er Würbe befannt unb (eine SBirfung (^ürte ber Äönig baran, bafe fid^ ber ^o^e
Slbcl gegen t^n empörte. 9lte nun vollenbs 3nnocen3 HI- ^ Untertanen von ber
2^rcue unb bem ©efyorfam, bie fte bem Äönige ge(^Woren, entbanb, unb jebem, Ver mit
biefetn verfe^re, bie ©träfe beä 33anneö anbro^te, Wuc^« bie Aufregung unb ber 6afe
gegen ben Wegen (einer (Styrcffungen, (einer ©raujamfeit, (einer jügello(en ©innlu^feit
46 gefürcfytcten unb Verad;teten 3°^nn unter ben Saronen unb im 25olfe immer me^r.
^unmel^r griff ber $apft ;u bem legten SKittel, er erflärte i^>n ber engtifd&en ittone fQx
Vcrluftig unb forbertc ^iliw 2luguft auf, ben UnWürbigen Vom $fyrone )u fto|en, ft$
(elbft in ben bauernben Öefifc bleiben m (e^en; Wer fid) an bem Kriege ^egen 3ofyaim
beteilige, (oute ate Kreuzfahrer gelten unb aller ©naben eine« Kreujjugä teil^aft Werben.
60 ^>n rid;tiger S^ä^ung ber 2Jlad^t unb Klugheit feine« ©egner« auf bem franjöftfdfren
Äönigetl^ron unb in ber 3$orau«fi$t be« im gallc bc« Kriege« ficfyer eintretenben Slbfatt«
(einer S3arone, lenfte 3Dl(>ann j^t ein unb befcfylofc auf bie 33orfc^lägc, bie tym bie Kurie
burc^ bie Legaten ^Janbulf unb 2)uranb nod^ einmal machte, einjuge^en. 3lm 13. SRai
12i:> (d;lof; ber König ju 2)over mit ben römi(d^en bevollmächtigten eine Konvention be«
66 Snf^alt« ab, bafc er ©te}?ban al« Grjbijcfyof von (Santerbur^ anerfennen, aCe an ftc$ ge«
riffenen Ktrc^engütcr aurücferftatten, ben au«geWanberten unb Vertriebenen ©eiftüqen unb
DJlönc^cn bie Slüdfe^r unb ben gefangenen bie greil;eit gewähren Wottc tc 3ebo^> bieje
Scenc Von SoVer l^atte nod) ein emftere« Diadbfpiel. 3lugen(d^einli^ um fiefc Vor bem bevor«
fte^enben (SinfaH be« fran^öfifc^en Kronprätenbcntcn 511 fiebern, nominell jeboc^ aur Süfeung
oo feiner 5ünbcn, übergab nämltc^ 3°^a,m am iö- 3)tai 1213 ©Ott unb bem ^Japfte (eine König;
ditttocettj III. 119
ra$e Snglanb unb 3>rlanb unb empfing fie bann als pä^ftltc^er Se&näträger unter ber 93c-
bannig tmebcr jurücf, bafi er bem Stuhle fßctri 700 SWart für Snglanb unb 300 ÜWarf für
Saanb als SefyiäjinS jätyrlic§ entrichte. SXBer erft als er fic£ aucty bor bem (Srjbtfctyof -Stefan
jo tief gcbemütigt tyatte, bafi er fid^ auf ber Sanbftrafce bor tym in ben Staub toarf unb um
erbarmen flehte, toarb er bom Sänne gelöft. 3)a3 Sanb jcbocr) blieb nocty bis ^um 2. ^uli 6
1214 unter bem gnterbilt, b. ty. bis ju bem 3eityunfte, ba ber König ber ©eiftlictyfeit ben
Stoben, ben er fy toä^renb ber ferneren SBerfolgung ^gefügt, burc§ eine fyoty Summe
@e(be3 erfefct falte.* SBofyl toar jefct ber triebe mit ber Kird&e fyergeftetlt, aber bie
txmt Könige fcergetoaltigten, mit Steuern belafteten Saronc lonnten bie ^Demütigung nid&t
übertomben, bie tynen ^o$amt, burct) Überladung beS Steiges an ben ^ßapft, angetfyan. 10
XU i^re Sefötoerben nid&t abgeftellt tourben, griffen fte 1215 gu ben SBaffen, bemäcfc
ügten ftc^ ginbonS unb erjtoangen am 15. 3>uni 1215 bom Könige jenen Freibrief, ber
bie ©runblage ber englifd&en Staatöberfaffung bilbet, bie Magna Charta. Kaum fear
ba 3n£alt berfelben ^nnocenj belannt getoorben, fo erflärte bi^cr ben Vertrag beS äbefe
mit b«m König, toeil er ben föniglictyen SBorrecfyten unb inbirelt bem Stuhle Sßetri — ba 16
ja ba fyap\t ber Se^n^err Igo&annS h>ar — &u nafye trete, für nid&tStoürbig, fcfyiml>flic$
unb uitterbmblty Slbertoeber biefe Srflärung noefy bie toieberfyolte ©jfommunifation aller
©egner be$ König* ty&m ben geringsten Srfolg gehabt. 9lur einer ber an bem 9lufftanbe,
toerai au$ nur mittelbar beteiligten, fiel ^nnocenj als Opfer in bie JSänbe: ber 6r^
bvfc^of Stephan bon Santerburty, ber bisherige ©ünftling beS SßapfteS. 2Seil er ben Slbet 20
pm Xufru^r gereift fabe unb fpäter bie Smpörer nid)t bannen Sollte, tourbe er als er
fö 1215 jum Komil naety 9tom begeben fyatte, bom Slmte fuSpenbiert.
3)urd> nt$t3 $at ftc| baS *ßafcfttum fo fer)r in Snglanb gehabet, als burety ben
Kiberftanb, ben e$ ber Magna Charta entgegengefegt. 3n Snglanb fyatte aller*
töna* ber grofee ^Japft ben 3uftanb Qefcf>ciffen, ber tym als baS ^beal beS 98er* 26
tyiltniffeS bon Kird&e unb Staat borfd&toebte. 3)em Könige Igotyann fcfyrieb er:
^efuS G^rtßuS toottte, bafe baS Königtum priefterlic^ unb baö ^rieftertum !öniglid^ fei.
ttdbar aQe$ fegte er einen ju feinem Stellbertreter auf @rben, bafe, glei$tme ftc^ i^m alle
ftwe beugen, biefem alle ge^orfam fein foUen, bamit ein #irt unb eine §erbe fei; . . .
biefed ertodgenb tyaft bu aud^ todtlify bemjenigen bein SReic^ unterloorfen, bem geiftlid^ so
a0e3 untert^an ifk". SBo Swwcenj dürften unb Söllern gegenüber bie Sterte bc« römi*
V^cn Stuhle* toerteibigte, ba gef^ eö immer in bem Setoufjtfein, ate Stellbertreter
Sjnfti ju ^anbeln. Stuf ftd^ ioenbet er ba^er bad SBort S^rifti an: „mir ift gegeben
aOe (Setoalt im ^immel unb auf @rben". Sd^on bem *ßetru3 fyabz S^riftu^ bie fiettung
ba gefamten SBelt übertragen. 2öenn $etru^ auf bem SReere toanbelte, fo bebeutet ba^ 86
Kcet bie Söttertoelt. ®er $apft ift toie 3Welc^tfebcf König unb ^o^erpriefter in einer
$af<m, unb „toie in ber SunbeSlabe bie Mute neben ben $afcln be« ©ejege« lag, fo
mty auc^ m ber ©ruft beä Zapfte« bie furchtbare Kraft ju jerftören unb bie Sergünfti-
ber ©nabe". 3)ie Sfotorbnungen be« apoftolifd^en Stuhle«, ber über SSölfcr unb
» ßefegt ift, erforbem unbebingten ©e^orfam, toer ifynen fid^ toiberfegt, ift einio
Ifdjänber unb ©ögenbiener. 5Die fd^on bon ©regor VII. gezogene parallele jtoifd^en
6oraie unb 3Ronb einerfeitö, ber Kircr)e unb bem Btaatt anbererfeitö ertoeitert %nno=
cai) 111., inbem er fagt: „sicut luna lumen suum a sole sortitur, quae re vera
minor est feto quantitate simul et qualitate, situ pa riter et effectu, sie regalis
potestas ab auetoritate pontificali suae sortitur dignitatis spien do rem, cujus 46
oonspectu quanto magis inhaeret tanto minori lumine decoratur, et quo plus
ab ejus elongatur aspectu, eo plus proficit in splendore". ^nnocenj fprid^t ed
offen oud, baf nur bad ^rieftertum, b. t). bie Kirche göttlicher Drbnung, bagegen baä
Äaniatum, b. % ber Staat, „per extorsionem humanam" entftanben. ®aber bean^
ftauftt er aud? in allen fällen, too eine fernere Sünbe borliegt, ba$ Stecht, bie ßntfe^ei- 00
tagen ber h>eUH$en Obngleit ju prüfen unb, toenn nötig, ju fafjieren; geboren boc^
kern ^kü>fte bie betben ©d^toertcr, bad toeltlid^c unb baS geiftlic^e, toäf^renb er ba$ le^tere
Wbft fu^rt, tyd er jene* ben dürften übertragen.
Xfe ©teltoertreter ß^rifti ^ielt er eä nun aud) für feine $flic§t, glci^ beim antritt
fmte^ $imttfi!at3 bie Könige unb S3öl!er aufzurufen pm Kreugguge ind ^eilige &mb. 66
Sie ^Jitbigt bed giilco ^on 5ReuDv getoann einen £etl bc« franjöfifd^cn Slbefe unter ber
Äifrrung bed SRarlgrafen Sonifatiu^ üon Wontferrat unb bie alle geiftli$en unb toelt^
li^en Sotteile abtoägenben 2öorte bed Slbttö ÜJiartin öffneten bie $erften in Sübbeut{c^«
lab bem päpf&iäpn $lane. 2)ckt; ba£ in 93enebig lagernbe Kreu^eer tourbe bon bem
Sogen ^aitbolo )ur 9Biebereroberung ber ben 33enetianern bom Könige bon Ungarn tnU eo
120 dnitocens in.
rifjenen ©tabt &axa benufet; Vergebens fyrtte 3innocenj III. ben S)ogen unb bie Äreuj*
fairer getoarnt, i^re Jöaffen gegen einen $riftli$en Äönig ju feenben, tyren Unge^orfam
ftraftc er mit bem Samt. Raum fear berfelbe auf Sitten be3 9(bteö Martin gelöft, als
ft$ bie Äreujritter ebenfalls gegen ben SBiflen beä ^apjieS auf ein feeitere* Unternehmen
6 einliefen, toeld&eS mit ber Eroberung be« ^eiligen SanbeS m fernem ^ufammen^ang fianb.
3)ic ©efanbten beä ÄönigS $&iliw> Von 2)eutfc$lanb betoogen bieJkeujritter, bemSdfrtoager
beSfelben, bem btyjantinifd&en Sßrätenbenten älejioä SlngelöS, bem &of)m be$ abgefegten
unb geblenbeten Äaiferä Sfaaf ängeloä, jur äBiebererlangung be3 väterlichen, tum bem
Ujurpator SUqrioä III. Vorenthaltenen ©rbeä unb jur (Eroberung Äonftantinol>ete tyre
10 fiilfe jujufagen. 3113 nun aber ftonjtantmopel Von ben Jlreujfalpern gewonnen, Sfaaf
3lngelo$ unb fem ©otyn ftc^ toieber in ben Seftfc beä 3$rone3 gefefet Ratten, tourbe bad
Verhältnis j|h>if($en ©rieben unb Sateinern ein fo unleibli($e$, ta$ in einem Äufftanb
jener ber angeblich ben Satemern aHju getrogene SUejioS StageloS in benÄerfer getoorfen
unb föliefelicfc erbroffelt mürbe, gefet blieb ben latemif^en Gittern ni$t3 anbereS übrig,
15 als ft$ ber ©tabt mit ©affenaemalt ju bemäd&tigen unb bafclbft ein fatebiif$e3 Äaije**
tum auftürmten; am 16. SWai 1204 toarb ®raf Salbuin von ftlanbern ate Äatfer
gehont. $ur$ bie Searünbung beS lateiniWen ÄaifertumS eröffnete ft$ nun bem ©tutyk
$etri eine erttrimföte $erft>eftive auf cnblidpe Sereinigung ber grie$tföen mit ber abenfe
länbif^en ftmfc ©o erflärt eS fty, ba| gnnocenj III., ber bte Verzögerung, toefcfc
30 ber Äreujjug bur$ bie @fl>ebition xwid) 5tonjtattinoVel erfahren, juerft bitter getabdt $atte,
nun brieflich feine greube über ben großen SBaffenerfolg unb bie Hoffnung aufe
foraety, bafi eS balb einen §hrten unb eine$erbe geben toerbe. SBaS monier feiner Sot*
laufer auf bem ©tufcle $etri erfetynt, toarb biefem Sßapfie vergönnt: bie Srneranntg eine*
fatyolifcfcen $atnart$en ^0n 5tonftontinol>el. — S)er Segeiftenmg für bie Jtreimüge gab
25 gimocenj ein neue« Siel bunfr eine Sutte Vom 12. Dttober 1204, in ber er ber ga^rt
na# Sivlanb bie gleiten ®naben jjufufcerte tote ber Beteiligung an einem 3uge nä$
Serufalem, ja fogar allen benen, bie ftdfr ju legerem bereit erflart, btefe Verpflichtung
gegen ben $ug na# 2ivlanb um^utaufc^en gemattete. Dem SKföof 90bät txm ÖVlanb
gelang e$, mbem er immer neue ©$aren von jtreujfa^rern Vom SRuttrrfanbe in bie Äo«
so lernte ^inüberfü^rte, 1206 bie SiVen, 1208 bie Seiten ju taufen unb bem Stuhle ^etri
untert^an }u machen. Cb bie Xanftarteit gegen SObcrt, ob e3 bad Streben toar, bte
3Hetro)>olitanverfaffung ju ©unften einer biretten 9b^angigteit ber ©tfc^ofe von 9tom yt
bur^brec^en, mufe ba^in gefteüt bleiben, 3]}nocenj entjog 9tiga unb ben Sifc^of Söbat
ber oftmals von ben $apftot anerfamtten 3RetroftoKtanfrobeit SremenS. Sie Streitigleiten,
35 bie $ta>if$en 3Ubert unb ben Srübern /fber SVitterfc^aft d^rtßt in Sfefanb" ftatt Ratten,
fuc^te er bur$ einen 1210 ^toif^en ben in 9lom aiüoefenben SetetTigten abgeflogenen
$erg(ei$ fo bebulegen, bafe ber Crben ben britten 2eü beS fi$ über bte £iven unb Seiten
erffrerfenben btfdbofltc^m @ebieted Von SUbert gegen bie Sa^^tung }u Se^cn cx^ieb,
bemfelben hn Kampfe gegen bie ffattbaren Reiben bei^ufk^en. 9Uö nun cnu^ bte betörten
«o (Sftat ibren eigenen Sif^of ergeben, ber (iv(änbif(^e SRiüeioiben aber auf ba* jenem
unterworfene @ebiet Slnftmid* er^ob, ba jeigte ed fi^f toie fäaxx ed ber mSbmt centra^
lifterten Stir^engetoalt tmtrbe, ft$ einen regten (Sinblic! in bie £er$alimffe einer entfern*
teren Jtm$eT$roVtn£ }u verfd^affen. 3n Unknntntd ber territorialen Sage unb in ber
Meinung, ba£ ffcreittge ©«biet unter bie Setoerber geteilt $u fcben, vorfieb ber ?k#
45 einen unb benfelben Sanbfhtc^, bie eftbmfcfc Ätn^Knjjrovinj, fotoo^l bem Sifc^of tawe bem Drben.
<ä$ tft 3tmocen$ 111. nid^t fo bedb anzurechnen, tote ed vielfat^ gefe^en, bafc erben
5treu^ügen ^uerfi bie Jttcbtung ber Äe^ertnege gegeben, mbem er fc^on 1207 ben fron»
jöftföen 5löntg ^ur Vertilgung ber £äretiter in ber Oraffc^aft Xoulottfe aufforderte
unb jebem ber fw^ bem Äreu^uge gegen biefelben anfc^liejsen toerbe, benfcOben WAafc tote
50 ben Äreu3fafc«ni verbiet üe an ben Älbigenfern verübten @reuel faflen nk^t ber ^Jer*
fönlicbteit ^mtocen)' 111. fonbern bemSvfteme $urSafi, bad unter $nt unb bun^ i^ngur
Vollen (Sntfaltung unb Stu^toirfung gelangte. Xte vom $a^fte gegen bie Äefccr getroffenen
Verfügungen tourben auf bem I V. Sateranfcn^U (12. aflgem. ©Jptobe) Vom^ 1215 geWBgt
unb 3um fiircbengefef erhoben. Sllle ©etoaltbaber foden geloben, feine §aretifar in t^cem
55 ©ebtete ;u bulben. 3i>enn ein *ürft ber äLufforberung ber Jtac^e, fehl Sanb Von Sehern
^u fäubern, ntd?t ^tolge leifte, foU er mit bem $anne belec^, bei fortbauernber Zeniten)
feiner ^errfebaft entfe^t, ja berfelben mit ©etralt ber 2gaftnt beraubt toerbeiL ^ebe»,
ber an einem felcben Striemige teilnimmt, toerben bie ben 5heu$fa^cem gttoäjrcten Ser«
günftigungen 3ugeftebert. ^lud? ba^ von biefem Äon^tl, b. b- ^m ^tms\^rq III. gegen
so bie 3uben etngefcblagene unb gebotene Verfabren, toar ein überaus ^arted. 9ttc^t Ho^
ditnocett} III. 121
tourbe bnt Dbrigteiten unterfagt, ben ^ubcn ein öffentliches 3lmt anvertrauen. @3
tourbe au$ ben ^uben geboten, ftdfo anbcrS ju Reiben als bie ©giften, bamit fte als
3uben fofort !enntlic§ feien, ja toätyrenb ber Äartoocfye foHcn fte nietyt auf bie ©trage
IjtnauSge^en, bamit m$t bie Sänften in biefer Xrauerjeit an ityrer getoufcten Jtteibung
Sitfbfe nehmen. Unter ben übrigen @ntfc$eibungen, bte biefeS Äonjil gefällt, ift bie 5
Settoerfung ber Srrlefae be$ 21malric$ toon 33ena (f. b. 21. 33b I ©. 433, 8), bie 33er*
bammung ber Don 3oac§im bon glore (f. b. 31.) gegen SßetruS SombarbuS gerichteten
€tyrift „De unitate seu essentia trinitatis", ba8 Verbot ber Stiftung neuer Orben
(ogl. bie ». fcomintfu* 33b IV ©. 770, 21 ff. unb granj to. äfftft 33b VI ©. 200, 57 ff.)
ttm 39ebeutung. 2)ie lefcte Säuberung biefer ©tynobe toar bie 3uftimmung ju ber $&p\t* 10
liefen 39uüe, in toelc^er Sie 95ölfer unb gürften ju einem neuen Äreujjug in8 tyeil. Sanb
für ba$ %afyc 1217 aufgeforbert hmrben. SMefeSxam ©cfyluffe bc$ ^Sontiftlatö 3>nn0s
cenj* III. abgehaltene allgemeine Äonjil, toelctyeä er im ©efüfyle beä naty befcorftefyenben
Qfrbeä mit einer Siebe über bie 2Borte beä §errn: „fetynlic^ft \)at miety barna$ verlangt,
no$ fcor meinem fieiben biefed $affal? mit euc§ $u effen" eröffnete, geigt un$ biefen ge* 15
tpaüigen *m>ft aU ben unumföränften §errfctyer über bie ©rofeen ber 2Belt unb
ber Jttnfc Äaifer, Könige, JJürften Ratten ju benfelben tyre 33ebottmäctytigten gefanbt unb
1500 ©nbifäöfe, 33ifc§öfe, Sttbte jc. beteiligten fic§ an ben 33er^anblungen ber ©fynobe, ober
beffer gefagt, tootynten ber SBerlejung ber befreie ^nnocen^' III. bei; benn m eigentlichen
Beratungen fam e3 nid&t, auf bte SBerlefung ber päpftlictyen 3)efrete fd&eint fofort bie 9lb* 20
fttmimmg ber ?ßrälaten erfolgt ju fein. 3nbem biefe aber bie SKeinungSäu&erungen be3
$apfie3 juißr^lid&enSSorfc^ften erhoben, untertrieben fte eigentlich tyre eigene Slbbanlung.
DieWac^tpeuung^nnocenglll. in ber inneren 33ertoaltung berÄirctye übertrifft
bie afler feiner SSorgänger. Keiner $at in bem 3Kafce tote er in bie 33efugniffe ber SRetro*
fcoßten unb Sifööfe eingegriffen, unb in fo ^em ©rabe toie er ftcfc ba$ ben lolalen 26
fix$lk$en Oberen juMenbe 33eje$ung3rectyt angemaßt. 6r guerft bat ein Stecht ber Sßäpfte
auft Scrietyung tont 33enefi)ien beanfpru$t unb mqctylige *Prot>ifton$manbate öerliefyen, um
auf Stoßen ber im Sanbe beftnblicfyen ©eiftlid&en unb auf Äoften be$ 2lnfetyen3 ber ein«
}eimtf$en 39if<$öfe, ben pä^ftlic^cn Wienern, ben römifcfyen Älerifern, felbft feinen 33lut&
fcertoanbten unb Sertrauten eine ergiebige Sßfrünbe ju fiebern. 35ie Gentralifation ber ao
Gn^ßc^en ©etoolt in ben $änben ber ^ßä^ftc I)at ^nnocenj III. aud^ babur^ beförbert,
bafe er ed ftd^ borbe^ielt, bie 33ifc^ofdftü^le in bem %aü m befeften, bafe bie 2Bal?lberecfc
tigten i^re loitonifc^en 33efugniff e Übertritten. Sluc^ bie 33erf ejjung ber Sifc^öfe refertoierte
a bem römiföert Stuhle, inbem er erllärte, bag ed allein bem Raffte aU (Stellvertreter
Script guftefye, bie S^ejtoifd^en einem SSifc^of unb feiner ©emeinbe ju löfen. 36
3)a« ungemeffene »nfe^en, toeld^e« in fragen be« firc^lid&en mfytö ^nnocenj III.
genafc, beruhte in gleicher SBeife auf feinem bielfadb betoiefenen juriftifd^en ©ctyarfftnn tote
auf feiner tiefge^enben ÄenntniS ber einf^lägigen 3Jlaterien. ©c^on naety ben brei erften
Vrniäfttatöja^ren tourben bie bi^erigen 3)efretalen be« ^ßapftcä bon Rainer bon ^Joms
Ipoft gcfammelt, f)>ater unternahm 33ernarbu3 GompofteUanuS, bie auö ben 9 erften %afyctn 40
^nnocen^' III. fyerrütyrenben SJerorbnungen ju einer ©ammlung, ber Compilatio Ro-
manaf )u bereinigen. 2)a aber jener tote biefer einige unechte 33riefe bed ^ßapfteä auf«
genommen, (ie^ berjelbe burd? feinen 9!otar ^Jetruö SaUtoacinud alle btö ju feinem 12. 9le=
gtenmg«ia^rt erlaffenen 3)efcetalen jufammentragen unb überfanbte biefe fogenannte
„Compilatio tertia" 1210 ber Untoerfttät 33ologna. Äurj nac^ ^nnocenj' III. lobe 46
tauben bann au$ bie 33riefe unb Süden au$ ben 6 legten ^ontiftfatöja^ren bleiben
in ber Compilatio quarta ber Öff entlief eit übergeben.
Unb birfer Don ftrd^Iid^en ©treitigfeiten unb StectytSgefd&äften bebrängte $a})ft fanb
boefr nodb SJiufee, feine fc^riftftenerifd^e S^ätigfett fort^ufe^en. SBtr befi^cn bon tym
eute Xudleguna ber 7 33uffrfalmen, bie, abgefe^en bon ben Spielereien, mit eigen= 60
tömlu^en ^^toer^ältniffen unb SSerdeinteilungen nafy bem ©efd^mad feiner ^eit, ben
9dfi einer inneren #enen$frömmig!ett unb ba^ ©treben befunbet, „au$ bem ©trubcl
nenfctyttfcr Übereilung ft^ an bie Duelle göttlicher ©nabe ju flüchten". Um ein ©egen«
Qäüidft gegen ben toeräuj}erli$enben Sinflug ber Sled^tö^änbel }u beft^en, aber auc^
fqtcui}, um baä SSeitoief eine« treuen ©eelcn&irten ut geben, prebigte 3«n^cenj fetyr 66
l&afig uufyt blofe in 9tom, fonbern auc^ auf feinen SRcifen. ©eine ^rebigten liefe er
mm Zeil felbft fammeln, eine Steige berfelben ift auf un$ gelommen. ©ie ftnb jtoar
jtyftoülßtg unb bUberreic^, legen aber boep 3^9"^ a^ üon b*™ @rnft feiner religtöfen
0efbnumg unb bon ber tiefen 2)emut ©ott gegenüber, ©etoift lam bie Klage: „lieber*
ttt^em na^juftnnen, ^abe id^ leine ÜDhifte; faum bafe tcf> atmen barf. %a, fo fe^r
122 dnnocetij III. ^nnocenj IV.
mufj id) für anbcre leben, bafe id) mir beinahe felbft fremb toerbe", aus einem $erjen,
ba$ fU$ aus ben Äötyer unb ©rift aufreibenben ©eföäften naefc SRu^e feinte. SXefelbe
gehörte tym am 16. IguU 1216 ber £ob, er ftarb in Perugia. @$ ift unmöglid), bö$
ganje 2)enfen unb Streben ^imocen) III. auf ben §o$mut eine« eitlen, felbjtfücfyiaen
5 §erjcn$, auf bie SRücfftd^telofigfcit eines polittfc&eti, fid> felbft fcergötternben fßrteftec^ ju*
rticfjufü^ren. 2öo er jümte, bannte, fteffeln fa^miebete unb lofte, fuc^te er ntd&t ferne
(Sfyre, fonbern bie Gtyre beffen, ber tfyn, tt>ic er feft glaubte, gu feinem ©teltoertreter auf
(Srben berufen. 3JJitten bura^ bie bunllen unb toirren 3«tt)er^ältnifje fann nur ber feinen
2Beg fo ftd)cr unb mutig geben, ber ft$ aU Siüftjeug ©otteä toeifc unb fitylt 3nni>=
10 ceng III. I?at baä sßapfttum in bem 3föafce bergetftigt unb ftttltd? berßärt, afö e3 ft$
überhaupt mit d^ftttcHUtltyem ©ehalte erfüllen läfet. 3tyff«l t (««*l Wirft).
3tonoceitj IV., sßapft bom 25. $um 1243 bis 7. ®ej. 1254. — I. Quellen.
a) Sötr befi^en jaiei fiebcnSbefcbretbunaen, bie eine Ex MS. Bernardi Guidonis bei
Murat. SS III, I, 589 f.; bie onberc Don 9cifolau8 üon Surbio, gnnocena' IV. Kaplan, ba^
16 Ijcr mit SBorfid)t $u gebrauchen; fie ift gebrueft bei Baluze, Miscell. libri VII seu oollectio
veterum monumentorum 1715 VII, 353 f. (2. Hufl. 1761 ed. Man« I, 194 f.) unb bei Mu-
rat. SS III, I, 592 f. ; ugl. Fabricius, Bibl. mediiaevi 1734 f. V, 329; Tanner, Bibl. Brit Hib.
1748, ©. 545; Sbaralea, Suppl. script. Franc. 1808, ©. 554. 563. 731; Duchesne, Liberpont.
^ari«1892. 11,454. — b) Eon ©Uronifen feien genannt Muratori SS III, H, 398f.: Vita
» Inn. IV. Aiualrici Augerii; VI, 504—21 Caffari, Ann. Genuenses; VIII, 494 f. Nicol. de
Jamsilla; 680 f. Monacni Patav. chron. ; 786 f.; Sabae Malasp. rerum Sicul. hist. ; 964 f. Istor.
Fiorcnt. di Ricprd. Malesp. ; IX, 651 f. Franc. Pipin. chron. ; 768 f. Chron. Pann.; XI,680f.
Gualv. Flammae hist. Mediol. ; 1141 f. Ptol. Luc. hist. eccl.; XII, 354 f. Andr.Danduli chron.;
XIII, 169f.Giov.ViU.; XV, 310f. Chron. Estense; XVI,645f. Ann. Mediol.- Bouquet,
25 Recucil etc., nouv. Mit. XX (1840), 770 f. Guill. de Podio Laur, Hist. Albig.; XXI (1855),
163 f. 171 Chron. de Baudoin d'Avesnes; 695-98 E floribus chron. Bern. Guid; 766 f.
Majus chron. Lcmovic; XXIII (1894) 213 f. Chron. Normann. — Gallia christiana, edit.
altera, «b I-XIII v.P.Piolin, <ßari8u.9tom 1870 f., »b XIV— XVI v. Barth. Haureau,
$ariä 1856-65 (f. b. Index Generalis &u jcbem Sb unter Romani pontif.). — MG SS IX,
80 788-92 Ann. S. Rudb. Salisburg; X, 524f. Gesta episcop. Virdun.; XVI, 34-40 Ann.
Erphord.; 368— 73 Ann. Stadenses ; XVII, 48- 58. 75 f. Ann.Wormat.; 394 f. Ann. Herrn.
Altah.; XVIII, 212—32 Barthol. Scribae ann.; 486-507 Ann. Plac. Gibell.; 670-77
Ann Parm. mai.; XIX, 78-102 Roland. Patav chron.; 158-64 Ann. 8. Justin. Patav.;
472-77 Diurnali di Matth. diGiovenazzo; 497—99 Ann. Siculi; XXII, 439 f. 471 f. Mart
86 chron. pontif. et imper.; 492. 514 f. ThomaeTusci Gesta imp et pontif.; 538-47 Ann. S.
PauUü. Colon. ; XXIII, 537 46 Menk. chron.; XXIV, 162 f. Vincent. Bellov.; 199—201
Chron. minor. Minor. Erphord.; 216. 219 Chron. pont et imp. Mant.; 283 f. Joh. de Co-
lum. marc hist; 407 — 12 Gest. Trever. cont. ; XXV, 303 f. Richeri gesta Senon. eccl.;
453 60 f. Chron. Hanon.; 543 f. Balduini Ninov. chron .; 704 f. Sifrid. de Balnh.; 843-48
40 Joh. Longi chron. S. Bert.; XXVI, 535 f. Hist. Anonymi Remens.; 561 f. Andr. Ungar.;
636 f. 679 f. Guill. de Nang. Gesta Ludov. IX n. Chron.; XXVII, 440f. Ann. Melrosen»;
469 f. Ann. Wigorn. ; 474 f. Ann Burton.; 490f. Ann. Oseneiens.; 510f. Ann. Dunstapi.;
MG. $cutfd)e S&ronifen 1877, II, 255 f. 293 f. 3)ie fö*f. ©eltdjronir u. beren gortfefrung.
— Salimbene, Chron.Pannen.sc, ed. A. Bertani, «ßarma 1857, @.59f.; bgl. (5. SBidjael, @ol.
46 u. f. e&ronif, 3nn£br. 1889. — c) Uvtunben unb föcgeften. Duchesne, Hist. Franc.
script., Lutet. Paris. 1649. V, 412— 17: Epist. Inn. IV. super profectione Ludov. IX., reris
Franciae, in subsidium terrae sanetae ; 851-92: Epist. pontif. summ. Honor.III, Greg. IX,
Inn. IV etc. ad principe« et reges Francorum et suj)er negotio regni Siciliae ; Baluze 1715
1. c. 53b VII; Harduin, Acta concil. etc. $ciri3 1715 f. VII, 353-406; Martene, Theaaur.
60novii8 ancedot, Lutct. fciriü 1717. I, 1023-59. III, 1836-59, 1897-1922; Manai, Coli,
conc. XXIII, 561 f. Epistolae; 605 f. Concil. Lugduncnsis pöenebig 1779); Rymer, Foedera,
gonb. 1816. I, I. 250-312; $>öfler, fclbcrt u SBcfam u. SRegefr. <ßapft 3nn. I V., ©tuttg. 1847
p»ibl. b. ©titttq. bitter, herein* XVI, II, 159-220); ©Ltymer, Regesta imperii 911-1313
(ftremtf. am. 1831) S. 193 f. 207f2IOf.; beif.. Reg. imp. 1246-1313 (6tuttg. 1844) 6.1 f.
»3f.; berf., Reg. imp. 1198-1254 (6tuttg. 1849) 6. LXVIII-LXXXI JQueUcnÜDerrt**,
6. 194 f. 263 f. ;*53f. 39 If ; Bullar. Rom. ed. Taurin. 1858, III, 502 f. — fcn «ororWten
für b. gvofKU «udfl. b. SHegeften ügl. ?cr^, 9lr*. f. ö(t. btf*. ©efd». V, 341. VII. 890. XI,
501; $>ut?elmann/ftb<& X, 261 f. $u ben Weg. b. $ftpftc .&on. III. bi* gnn. IV.; »oben«
bern. ««X, 510f.: lieber bie Weg. ©onor. III.) ©reg. IX. u. 3nn. IV; fiöineiifelb, ^tXI,
80 tili f.; t>. $fluflF.$arttun<i. Iter Italicum, 6tuttg. 1883; Äaltenbrunner. W\ b. 3nft f. öften.
©efd). V, 2l3f ; ^enifle, 55>ic pfipftl. WegiflerMnbe beö 13. Sabrf)., «fi5H» 1886, II, lf.;
Dignnl, 1a\ «>rio dos reg. pont. du 13. siecle, ^arid 1886. — Theiner, Cod. diplom. dominii
tempor S. S dis, Romo 1861, I, 116—35; ^otttwft, Reg. Pont. Rom, Berlin 1874 f. I, 679.
938 f. II. 943—1285. 2110-24. 2137; ©obmer.&icfer, Reg. imperii 1198-1272 (3ntl«brittf
65 1881 f.) I, 589 f. II, 814 f. 910f. 9l8f.; Haureau, Les Reg. dlnn. IV. et de Benoit XI
Sitnoccitj IV. 123
(Journal desSavants, 1884, 6. 153 f.); (5. «erger, Les Reg. d'Inn. IV, 4 93be, $ari$ 1884f.
(»ejenf. t>on Äaltenbrunner in TOt b. 3nft. f. oft. ©eftf). VI, 491-98); 93itymei>28ia, Reg.
areniepiflooponim Moguntinensium, 3*tn3brurf 1886, 6. 273 f.; SRobenberg, MG Epistulae
saeculi XIII, e regestis Pont. Bom. selectae, 93b II, SBcrlin 1887, III, 1—313, »erlin 1894;
ftö&mcT'&tcfer-SSBinfeJmamt. Reg. imp., 3nn3brucf 1892, III, 1260f., 1544—71; ftadjtrfige 6
im »b IV(3nn3br.l894)8.1686f., 1933f., 2126 f, 2131, 2133, 2138f.. 2156, 2160f. u. $t
b.3nft. f. öftere. ©efaVSorfd). XIV, 87-97; Bernoulli, Acta pontific. Hclv. I, $afell892;
Bübb, Calender etc. ... Papal letters, ßonb. 1893, 1, 198-306; föeblicb, TOt quo b. uattf. 9lrd).
II, 3, SBten 1894; MG Legum Sectio IV, Constit. et acta publ. imp. et regum II, ed.
Weiland 1896, S. 328-89. 448-73. 507—16. 629; £ampc. 5R91 XXIV, 503 f. »rief 10
3nn. IV. an ßubwtg b. fceü. o. ©nbe 1246. - IL ßttteratur. a) «UgemeineS. föalj»
nalb, Ann. eccles. a. a. 1243—54; Paolo Pansa et Costo, Vita del gran pontifice Inno-
cenzo IV, Senebio, 1598 u. Neapel 1601; Ciaconius-Oldoin, Vitae et res gest. pont. Rom.
1677, »om, II, 99 f.; Startmann, Dissert. de vita Inn. IV, 9ttarb. 1735; ©.#. ©gröber,
Vita Inn. IV., SRarburg 1738; «Bai*, (Sntnmrf einer üollftfinb. Jfc)ift. b. röm. $äpftc, ©ött. 16
1758, 6. 277 f.; «r*. «oroer, Unparlf). £ift. b. röm. $äpfte, beutfef) Don SRambad), ßeipj.
1770, VIII, 82f.; Cardella, Memorie storiche dei cardinali, «Rom 1792, II; ^fanef, ©cfd).
b. djrfftl. <8tefenjdjaft«üerfaffg. 1806, IV, 2, 8. 555; Biographie universelle, anc. et med.,
$arte 1818, XXI, 230f.; (Srfd) u. ©ruber, ©nc^rl., ßeip$ig 1840 II, 18 6. 423 f.; $apen*
forbt, ©ff*, b. 6tabt SRom. ^aberborn 1857, 8. 303 f.; föeitmonr, beSgi. ©erlin 1867, II,»
530f.; (BregorooiuS, beägl., 3. 91 uß. ©ruttg. 1878, V, 2l7ff.; SBattenbad), ©ei*, b. röm.
$apfttiiin&, ©erlin 1876, 6. 203 f.; Sungmann, Dissert. selectae in hist. eceles., Ratisb.
1885, V, 418 f.; fcefele.ffnöpffer, Sonjiliengef4. 2. flufl. &reib. i. »r. 1886, V, 6. 1089 f.
1105-1156. VI (1890) 1-10; «Raufe, SBeltgefcb., Seip* 1887, VIII, ©. 361; SBe&er unb
»eile, «at^ft.-ßej., 2.«., Sreib. i.ör. 1889. VI, 736 f.; Sd)nu>3tbet)bt, <g|n «uOenftempel 26
b. $. 3nn. IV. in 3Rt b.Snft. f. öfterr. ®efd). XVII, 64f.; ©ägmiiaer, $ie Sbätigteit unb
Stellung b ffarbinäle bis ©onifaj VIIL, greib. i. 93r. 1896; ©ottlob, $ie päpftl. ftreuaaugS*
fteuent im 13. 3atyrft., fccüigenftabt 1892; berf , $ty>ftl. 3)arlef)enfd)ulben be8 13. 3öW-,
03® XX, 676 f. 686f. 713; SR. 9^iac*f 3nn. IV. u. bie glagolitifd).flaoif*e fiiturgie, 3121)
1900, 1. — b) Serbftltni« $u griebrid) IL u. Äonrab IV. Giannone, Istor. civile 30
del regno di Napoli 1753. 93b II; £öfler, Äaifer griebrid) IL, ?Wüna<)enl844; 6porfd)il, ©efd).
b. fiobenftaufer, ©raunftf)». 1848, S. 402f.; Äarajan, 3ur©efd). b. Sron$ite uon 2\)on 1245,
8f§« II, 67 f., ©ien 1849, ogl. ba$u Xangf, 2)ie fog. Brevis nota über b. »joner STonjil
(in Wt b. Snftit. f. öfterr. ©efd) XII, 246- 53); Böhmer, Regesta Imperii, Stuttgart 1849,
6. XXXV unb VLf.; Sugcntjeim, ©efc&. ber (Sntfte^ung u. HuSbilbung beS flirdjenfraatS, 30
Seipj. 1854, 6. 1 66 f . ; fiau, 2). Untergang b. $ol)enftaufer, #amb. 1856, ®. 52f. ; Cherrier,
Hirt, de la lutte des Papes et des Empereurs, 2. ddit. <ßari31858, II, 263f.; HuiUard-Iire-
hoUes, Hist. diplom.Frid.il, introduetion, $ari8 1859, @. CCXLI, 93e*ief)gn. 5U 5)eutfd)lb.
OCXILVII ju^aiäftina, CDU ju (Stallten, CDLX gu3riebr.IL; berf, Frödenc IL, Etüde
aar Tempire et le sacerdoce ä 13 sieel« (Revue Britann. ü. 3)ej. 1863); Canale, Nuova istoria 40
delU repubblica di Genova, Firenze 1860, 11,88-112; Äortüm, ©efi.«5orfd)gn., fieipj. unb
fribflb. 1863, @. 313f.; Ott. fiorenj, 3)eutfrf)e ©cf*id)te im 13. u. 14. 3abrt). W\cn 1863
I, 35 f. 64f.; berf, in £8 XI (1864) 6. 365 f. (boef) wjl. @*irrmaa^cr, griebri* IL, IV.
370f.); Zimmermann, ©ef(fti*te ber fcofjenftaufer, 2. «ufl. Stuttgart 1865, S753f.; Huil-
bud-fi^holles , Vie et correspondance de Pierre de la Vigne, $artd 1865; Sa^trr* 45
«aaVr, Äaifer griebri* IL, ©öttgn. 1865, IV, 43 f.; Guibal, Les Hohenstaufen, 8tra6=
barg 1867, @. 18 f.; 6enti«, 3)ie Monarchia Sicula, greibg. i. 53r. 1869, ©. 86 f.; SBinteN
«ann, 5)ie $olttif ber ^äpfte unb ^onrabin («altifa^e Wonat^fdjrift 1870, ^3 I, £eft 5,
6. 8f); Wesener, De actionibus inter Inn. IV. et Freder. IL etc., $tff. 93oun 1870;
6*irrma(fter, 2)ie legten fcofjenftaufen, ©öttingen 1871, 6. 1—102: berf., 9Ubert oon ^offc« w
mfinfter, genannt ber Söbme, SBBeimar 1871; Ottofar Sorcn^, 2)rei ©üa^er ©efd). u. ^olitif,
fkrltn 1876; Äaifer griebri* IL unb fein «erttfltniS ^ur Strebe, 6. 43 f.; JHcutcr, ©cfd).
b. reltg. «uftlfirg. i. 3RH. ©edtn 1877, II, 261 f.; £üffer, Die ©tabt fitjon u.f.m. fünfter
1878/6. 82-96; ©infelmann, «b©, fieipj 1878, VII, 445 gviebr. IL u. 1882, XVI, 562
Äonrab IV.; »aumer, ©efd). b. £ofjenftaufen, 5. Hup. Seipj. 1878.©b V; ©arbauuö, J^ourab 55
p.^oftabcn, (gr^b. p.Äöln, ftöln 1880, ®. 21 f.; girier, Regesta imperii, 1198—1272, Snnöbr.
1881; I. XXII f. gegen ©öijmerS einfeitige Vluffaffung; g. ©rofjmann, itönig (Sn^io, ein 93ct^
trag j. ökfc^. b. 3a^re 1239—49, 1883; gtefer, 3)ie (Sniennung Grjb.Äonrab« u. Äöln hum
|>ÄpfW. Staaten 1249 in m b.3nft. f. öfterr. ©efd). 1883. IV, 379- 92; $crm. «lafnu\ Äönig
^itiio 1884; Masetti, I pontef. Onor. III., Greg. IX. ed Inn. IV. a fronte dell' imp. Fred. IL, 00
Som 1884; ^infre, $a3 Äönigt. m% u. .^»Uonb, llcipj. 1885, 6. 41 f.; ?(. töübcfamen,
Eaiibgrof ^einr. Wadpe ü. $bür. ^attenf. 5)iff. 1885, 6. 34 f.; 3. 3encr, L'cmp. FrM. IL
et lächelte de Pempire germ. dumoyen&ge, s^ariö 1885; kommen, Äaifer 8fr. IL u.v#apft
3n«.IV. in b. 3-1243-45, fieip*., 3)iff., 1886; (*ngefmann, Xer «ufpr. b. ^fipfte aufüon.
Snnafion «Approbation bei b. btfd). Äönifl8toal)lcn, 1077—1379, JBreölau 1886, 6. 48 f.; «5
Äobenberg, Äaifer griebr. IL u. b. Äircfte, 4>ift- 9(uff., SBaife getütbmet 1886 6. 246 f. ; Ä. Äö^ler,
Da« Skr^aitntd Äaifer ftriebr. IL ju b. köpften feiner ^ett, 1888, (llnterf. 5. btfrf). Staate«
124 ^nttocenj IV.
11. SMtägefä. XXIV); Fournier, Lc Boyaurac d'Arles de Vienne, $ari* 1891, 6. 168 ftift
199; ff. Hobenberg, 3nn. IV. u. b. flbnigr. Sizilien 1245-54, 1892; Xemfyojf, 3). dampf
b. #obenftaufen um b. Warf flnfona u. b.^er^ogt. ©poleto, fünfter, $ijf. 1893 ; xtmpl ®efö.
b. btfa). 9?eid)e8 mn^renb b. grofjen SnterregnumS 1245—73, fBfir^burg 1893; Äarft, 0ef$.
5 SRanfrebä Dom lobe griebr. II. bi8 ju f. Krönung 1897 ($ift. @tub. fcrtgeg. t»on <£. fcbe«
ring); $. Srantfurtf), ©regortuS be SRontetongo, ein Beitrag $. ®efd). DberitalienS t.b.3-
1238—69, 9Harb. 1898, ©.52 f. (ögl. SRejenfion ö.$ampe in $tfö. 3tfcft. f. 0ef4*3Kff. 1899,
©. 404 f.); $. Sllbringer, $ie (Srfjebung Slrnolba o. 3fenburg jum <£rjb. ü.Xrtcr 1242, $nr
@efd). b. btfci flirre unter 3nn. IV. #eilbronn. $rogr. 1898. — c) »er&ÄCtnt* *tt
10 Srranfrci«. SBilten. ©ef#. b. flreuuüge, $b VII, fieipj.1832; ©dnnibt. ©ef*. t>. arranfreicft,
1835. I, 520 f. 594 f. Biechy, Saint Louis, Limoges 1844, @. 73 f ; ©gölten, Okfg Sub-
nrigä IX. u. f. ro., 2 93be, fünfter 1850—55, I, 203 f. II, 12 f.; Hufllard-Bräiolles, HwL
diplom. Frid. IL, $ari§ 1859, Introduction ®. CCCIVf.; 8t Gervais, Lee croiaades de
St. Louiß, $ari« 1860; Walion, St. Louis etc., $ari3 1875, I, 195 f. II, 18; »öfcricftt,
15 Seitröge $. ©efd) b. ffreuaaüae, ©erlin 1877 f. I, 83 f IL 273 f.; ©cftwann, fiubw. b. öetL
0. 8frf«. u f. »ejic^gn. ju ffaifer u. $apft (3tf*r. f. aUgem. <8kfd). 1887); ©temfelb. Aar!
uon 9injou als ©raf ber ^kouence. Berlin 1888; Serger, St. Louiß et Inn. IV. Etudes
sur les rapports de la France et du St. Siege (Einleitung $um IL ob ber IRegefren) 1887,
©. I— CCXXIII ; St Pathus, Vie de St. Louis, pubb'ee par F. Delaborde, $ari* 1899.
20 - d) SerftBttni* $u (Snglanb. $auti, ©efef). uon (Snglanb, Hamburg 1853, III, 656 f.;
Scbröer, De studiis anglicis in Regno Siciliae et Alemanniae adipisoendo coUocatis a. 1250
big 57, Sonn 1867. - e) Serft&ItntS jum beutfdjen töitterorben. Script renim
Prussicarum, edd. ß. $iria), Joppen uub (Streife, 5 Sbe, £eip$tg 1861—74; »oigt, Oefö.
beäbtfcf}. töitterorbenS, Berlin 1857, I, 353 f.; SBatteridj, $ie ©runbung be« bifän-Orben*
26 ftaateä tn^veufeen, Öeipgig 1857, ©. 129 f.; ftetbroifd), $ ie Berufung be» btf*. Orbeng gegen
bie Preußen, Berlin 1868, ©.49; % ©roalb, $ie (Eroberung ^reu&enS bur* bte $eutfdKn.
£alle 1875. II, 151 f. — ©eitere ©pe$iallitteratur f. Fabricius, Bibliotheca medii aevi 1735,
IV 97-100; Hain. Report, biblioth. 1831, 111,9191-94; Chevalier, Bepert des soorces
hist. 1877 f., ©.1115 unb (SrgänftungSbanb (1888) ©. 2659.
so I. SSorleben unb ©Triften, ©inibalb gfieSfo h>at ber fünfte ©o$n be« #ugo
gieäfo a\\$ bem gcnueftfd?en, jum bornefymen SleidpSabel gehörigen ©ef$Iec$te ber ©rafen
toon Sabagna (bgl. Canale II, 88). ©eboren ju ©enua erhielt er feine 9hi&Ubung in
sparma unter ber 2luffic$t feinet D^eimS Dpi-jo, be«8ifc^of« biefer ©tobt, in ber er noefr
ja^lrei^e aSertoanbte f)attt (6a>trrmad&er, Staifer griebria^ IL, IV, 180); er trat bort in
86 ben geiftlta^en ©tanb unb tnurbe balb Äanonifcr an ber ^auptfira^e. Spater taribmete er
[\6) in Bologna ber SRea^tötoiRenfc^aft, in ber er ftdfo afe $apft einen ^ertorragenben
9iamen gemalt ^at. ^n polttifd^en ©efd^äften beh>ä^rte er ftä^, fotoiel toir toiffen, aierjl
in ben 3. 1218—19, afe er getneinfam mit bem Äarbinal $ugDßnud, fbateren $<#
©regor IX., einen ^rieben jtüifa^en ©enua unb ^JtRi ©ermittelte. 9)aS bahnte i^m ben
40 2öeg ju ben ^ö^eren Ätra^enftcllen : 1223 oerüe^ i^m £onoriu$ III. eine ©tiföpftfinbe
ju $arma, am 14. 9Jobember 1226 jeta^net er jum erftenmal afö auditor contradic-
tarum litterarum domini papae, in berfelben Stellung ift er unter ©regor IX. bto
mm 30. 3uni 1227 naa^toctebar, bom 28. 3ult (naa^ gb© Xr 257 bereits D. 15.3uni)
bi« aum 23. ©eptember (bgl. SreMau, Urfunbmle^re I, 207, änmerfg. 1) erf^eint er
«ate 3?ije!anjler ber römtfd&en Äira)e (^ottHt/ Reg. pont I, ©. 679 unb 938 f.) unb
nod& am 18. ©eptember beäfelben 3afyre3 ftieg er jur SBürbe eine« ÄarbinalpriePerÄ bom
litel ©t. fiaurentiuä in Sucina av(: c$ fear toenige ^Eage, bebor ©regor IX. ben Sann
über ben Äaifer au$Jpra$, er ^atte tyn alfo fia^erlia^ afe juberläfftg erlannt 3ha ben
folgenben Sauren tmffen toir toenig über ©tnibalb; bon 1235—40 h>ar er t>cb;ftli^er
60 SRcftor ber 9Rarf 2lnfona, bagegen fd&etni bte 3lngabe Ugr/elli3 (Italia sacra IV, 916),
ba^ er 1235—38 93ifd^of bon 3llbenga getoefen fei, fid^ nid^t ju beftätigen. — Am
25. 3wni 1243 fiel in 9lnagni nad^ anbertfyalbjäfyriger ©ebi^bafang bie aBa^I ber Aar»
binäle auf i^n, am 28.3uni empfing er bieSBct^e. SBinfelmann (Reg. imp. III, 1261)
maa^t barauf aufmerfjam, bafe er bamate noefy jiemlia^ jung getoefen fem muffe, ba er
66fta) 1251 in einen fcfyer^aften SBcUftreit mit bem 1207 geborenen §etnric$ III. Donßng»
lanb einladen lonnte, toer ber ältere fei.
Unter ben politifd&en ©türmen feiner ^Regierung fanb er bod)^ iu fö)riftjidlertfä)a
I^ätigfeit auf fircbenrc$tlicf;em ©ebietc. 3n>ar bie Heilte ©4rtft De exoeptionibus
r/at er toafyrfdpetnlid^ bor feinem ^ßontififat berfafet, aber in 2^on fd^rieb er unmittelbar
60 na# bem $ton jil gum afabemifd^en toie jum praftifa^en ©ebraud^ ben Apparatus in quin-
que libros decretalium, an bem ©cf/ultc bie au^erorbentlia^e ^ßräjtfton, bad unbebingte
SBe^errfd^en be« ©toffä, bie boUftc Unmittelbarfeit ber 2lnfcfyauung unb ben äu|erp pra!«
tifd&en 33licf rü^mt. Verloren ift leiber fein Apologeticus, eine Slb^anblung über bie
Siwoceita IV. 125
Staate be« $aj>fttum« gegenüber bcm Äaifertum; ftc fotl ficfy gegen eine Schrift Cetera
be Smea, toelcge bie äUtyängtgfeit be« ^jSapfttum« bom Äaifertum behauptete, gerietet
faben (b. Spulte, Die 35efcetalen gtoifcfyen ben 3)efretale« ©regor« IX. unb Lib. VI.
Bonifacü VIII. SBicn 1867, ©2B21 55, 701—97; Beiträge gur Sitteratur über bie
Schäden ©regor« IX., ^nnoceng' IV, ©regor« X. SBien 1871, ©2B21 68, 120—27; 6
©efö. ber Duellen unb Sitteratur be« fanoniföen 9tec§t«, Stuttgart 1875. II, 25. 30.
91 f. 504; langl, 3)ie päfcftl. Äangleiorbnungen, 1894). — Stucfy anbertoärt« fuc^te er bie
SBifienfcfaft gu förbem: er regte 3He|. bon §ale« (f. b. 21. 93b I ©. 352 f.) gur 2lbfaffung feiner
Summa universae theologiae an unb begünftigte nach Gräften bie Uniberfitäten, bor aßen
bie Sorbonne, in 9tom unb ^iacenga errichtete er neue 9ted&t«f$ulen (Tiraboschi, Storia 10
della letteratura ital. Müano 1823. IV, 56 f. 450 f.; 2)enifle, Uniberfitäten I, 304 f.).
IL Ser^ältni« au griebric^ II. unb Äonrab IV. S)ie 2tujjerung, bie
ber äaifer bei ber SRac&ridpt bon berSBafyl getrau fyaben foH: „3$ furzte, bafe \d) einen
gmmb unter ben Äarbinälen verloren tyabe unb einen fernblieben $abft hrieberftnbe. Äein
$apfl lann ein ©fcibeHine fein!" ift tym erft jtoätcr in ben SRunb gelegt; bielmetyr förieb is
er am 28. Sunt 1243 an bie gürften boller Vertrauen über bie ©r^ebung unb fanbte
bereit« am 26. 3uli bie angefefyenften ©rofccn feine« SReictye« gu $neben«ber^anblungen
nac$ Sbtagni. Stnbererfeit« toiberfpri$t bie oft hnebertyoltc Setyauptung be« päpftlidjien
Siograp^en, SRilolau« be Surbio, gnnoceng fyabe in ben erften %afyxm alle Serfud&e gur
ffii&erjperfteflung be« SJrieben« erfdfoöpft, ben erhaltenen Slften. 3Me gerühmte S3creit= ao
toiÜigfeit, mit ber er ftc^ erbot, bie Älagen be« Äaifer« angufyören, ben gangen ©treit
einem Äonjil gu unterbreiten, ben Sann, fall« er ungerecht befunben toerbe, aufgutyeben
unb (Senugtyuung gu leiften, toar, toie ficfy balb l?erau«fteHte, nur föeinbar; böHig unan=
nebmbar aber toar für griebriety bie gorberung bebingungslofer Stücfgabe alle« Äirctyen*
gute« unb ber aufnähme ber Sombarben, bie ber Äaifer al« Stebellen betrauten mu&te, 26
in ben grieben. Unb toä^renb er barüber bcrfyanbelte, machte er ben Äarbinalbiafon SRainer
Sapoccio, griebric^« tyeftigften ©egner, gum Sifcfcof bon Siterbo, ber mit feinem ©inberftänb*
ni« in (urgent bie bi«^er faiferlicty gefmnte ©tabt auf bie ©eite ber Äird&e fyinüberfüfyrte.
Skr %a$l fanbte, al« ber Äaifer bie ©tabt fötoer bebrängte, beträchtliche ©elbmittel unb
natpn griebrieb« erflärte geinbe unter feinen befonbern ©c^ufc (bgl. 2Binfelmann, Äaifer ao
ÄriebriA« II. Äamtf um Siterbo, £ift. 2luff., SBaifc gehribm., £annob. 1886, ©. 277—305).
&eniux9 lam burd^ Sermittelung be« ©rafen Slaimunb bon louloufe unb be« Äaifer« Sal*
butn fcon Äonftantinopel am 31. SJtärg 1244 ein triebe 511 ftanbe, in bem griebriefy ben
päpftfiefcn gorberungen im gangen nachgab; bafür foUte er bom Sann gelöft werben.
Aber föon am 30. 3()>rtl berfünbete 3""«>ceng, ber Äaifer ^abe e« borge^ogen, bon 35
feinem @ibe abzubringen, ftatt ju ge^orc^en (Potthast n. 1 1359 : resilire potius quam
parere). 3)er ©treit entjünbete ftc^ bon neuem an ber alten Sombarbenfrage. griebrid^
toünföte be«^alb bringenb eine ^erfönlic^e 3ufammentunft. Um fid^ i^r gu enhie^en,
fe|te ^nnocenj bie Ser^anblungen }um ©^ein fort, bann enttbic^ er plö$li<$ am 3lbenb
bä 28. 3u™r felbfi o^ne SBtffen ber Jtarbinäle, mit nur fünf Sertrauten bon ©utri nad^ io
©bitabecc^ia, too eine genuefifd^e Motte feiner ^arrte: gum erftenmale toar griebriety bon
einem ^Japfte überliftet 9tacfc gefa^rboller Überfahrt langte ^nnocenj am 7. 3wK in
©enua, feiner Saterftabt, an (bgl. ©d^irrmac^er, griebriefc II., Duellen unb Selbeife ju
«b IV, 368—71). äl« ©runb ber gluckt gab man an, ber Äaifer ^abc ^ßapft unb
Äarbinäle gefangen nehmen tooDen ; in 2Ba^eit tarn e« ^nnocenj barauf an, einen 45
fkfcren Ort ju gewinnen, an bem er ein Jtonjil, h)ie er e« brauste, berf ammeln unb ba«
Urteil über griebric^ fprec^en laffen lonnte. (Sin folc^er tt>ar Styon: bom Kaifer bamal«
nk^t me^r unb bom franjöftfc^en 5tönig noc$ nic^t abhängig, auf ber ©renge ber roma=
ntfd^en unb germanischen Söltertoelt gelegen, ioar e« h)ie feine anbete ©tabt geeignet, al«
©ammefyuntt für bie Anhänger unb bie ©elbmittel ber Aurie gu bienen. 31m 5. Ottober so
faa4 ber $<4>ft bort^in auf, obwoty er eine breimonatlid^e 5tranf^eit noc^ nic^t böUia
fiberimtnben $atte, fo bafe er [1$ anfange» in Setten tragen laffen mujjc unb ein Slücffau
i^n bem Xobe naty braute ; über ben 3Ront Seni« gog er benfelben SBcg tote einft §ein=
nd} IV. unb erregte am 2. ^egember ß^on. $ier berfünbete er am 27. 2)eg. 1244 bie
feäffnung eine« Hongil« auf ben 24. 3uni be« näcfyften 3ia^re«. 3n ben Serufung«fd^reiben, 66
bie meifi nur an feine 2ln$änger ergingen, rücfte er ben ©treit mit bem Äaifer hrie eine
Sebenfac^K ani @nbe; griebriefy felbft mürbe überhaupt ntd)t offigiell borgelaben.
SBenn man bebentt, bajs ^nnoceng III. auf ber großen Sateranf^nobe me^r al«
1200 $rälaten um [vif berfammelt hatte, fo fann man ba« bon ettoa 150 SSifc^öfen befuebte
Stonpi fc^toerlic^ ein allgemeine« nennen (©cfyirrmac^er IV, 120 f. u. 389 f. unb £inl
126 3mtoceitj IV.
Äirctycnrec^t 1883, III, 355 gegen £efele, Äonjil. ©efcty. V, 983), jumol bte tocit übertoieaenbe
SKe^r^cit au« 5ran$ofen unb (Spaniern beftanb; bon beutfd&en $rälaten toaren nur berfcfytrins
benb toenigc erfctyienen. 3)ie erfte SSer^anblung fanb ftatt am 26. 3uni, bie entfcfyetbenbe am
17.3uli. 3)er$ap(t ging mit unberfcnnbarer $aft juSöerfe: föon Dörfer toaren jtoet ums
s faff enbe Slnflagefcfyrif ttn aufgearbeitet, beten eine ben Äaifer be$eid&net al« ben „dürften ber
Styrannei, ben SSertilger be« fird&lictyen 3)ogma«, ben SBernic^ter be« ©lauben«, ben aRetfter ber
©raufamfett, ben SBerberber be« 3atyr$unbcrt£, k™ &afitotx be« ©rbfretfe«, ben Jammer
ber ganzen @rbe" (©d&irrmad&er IV, 131), toätyrenb bie anbere alle erbenfltc&en Serleum«
bungen al« behriefene $fyatfactyen aufführt. Vergeben« berteibtgte ber latferfic&e ©rofc
10 rietyter 2;fyabbäu« bon ©ueffa feinen $errn auf« gefctyidftefte unb appellierte f$lteßlt$, ba
ber Äaifer nietyt gehörig borgclaben, ber ^apft $ugleic§ Äläger unb Stifter, ba« Äonjil
lein atigemeine«, furj, jeber 9ftec$t«gang bernacfyläfftgt fei, an ben fünftigen $ßapß unb em
allgemeine^ Stonjil; bergeben« forberten bie Vertreter ber ftöntge bon@nglanb unbgtan!^
rei^ eine SBerfd&tebung be« Urteil« — bie franjöfif^en unb fjxmifc^en Prälaten brängten
16 bortoärt« unb Snnocenj berla« ba« 2lbfefcung«befcet, toelcfye« ben Jtaifcr toegen SRetnetb«,
©afrilegium«, Äefcerei unb gelernte, (entere begangen bur# 3lu«faugung be« ftömgr«$«
©ijilien unb SBertoeigerung be« £e^en«8infe« für ba«felbe, berurtettte. Sitte Xreuetbe unb
fonftigen SBerpflicfytungen gegen tyn fmb aufgehoben, „unb gebieten au« apoftolifd&er 3Rai)U
boQfommen^eit auf« ftrengfte, bafc tünftig niemanb mefyr tfym al« Äöntg unb Äatfer ae*
30 tyorcfye". 3Me beutfcfyen dürften follen jur SBafyl eine« neuen £errfctyer« föreiten, für
©ijilien toerbe ber $apft nadj Stücffpracfce mit ben Äarbinälen felbft forgen. ©<tyirrma$er
fafct (IV, 159) ba« Urteil über ba« ganje SJerfa^ren folgenbermafcen gufammen: „©er
gange Serlauf ber 93ertyanblungen ... bie feine Sered^nung, mit ber Smtoeenj bon An*
fang an ba« perfönli$e @rf$einen be« Äaifer« unmöglich ju machen toufete unb toieberum
26 ba« SJictyterfctyemen a(« §ebel für feine Operation benufcte, feine (§fere<$ttgfeit«lte6e rühmte,
mit ber er bie ©adbe be« Äaifer« in ben geheimen ©jungen burt$ Sfatoälte ^abe führen
laffen, unb öffentlich feiner äbfefcung mit £aft entgegenbrängte, bem ©efanbten einen Jer*
min geftattete, um tyn nid)t einzuhalten unb jebe berfötytltc&e ©timme mebenufölagen,
mefyr aber al« biefe Momente, bie Setreibung einer ©egentoatyl, toaljrenb er fu$ noc$ ben
ao Slnfd^cin eine« unbefc^oltenen Stifter« gab, alle biefe SKomente ertoeifen jur ©enüge, toa«
bon feiner . . . 3?crficfyerung ju galten ift, e« fei too^l feine Angelegenheit fo retfluty über*
bad^t, fo genau unterfud^t, bemßrmeffen fo erfahrener unb fo unflräfRd^er Wänner unter*
toorfen toorben". 3)ic folgen toaren bon toeitgefyenbfter Sebeutung: bie Äurie Kep Her
über bie beutfe^e unb englifd;e ©eiftlid^feit ^inh>eg bon 150 romanifd^en Prälaten bteäb^
85 fe^ung be« tfatfer« befd^lte^en unb bertiefte baburc^ ben ©egenfa$ ^üifc^en Stomanen unb
©ermanen; ba« alte römifc^e Sleid^ beutföcr Slatton aber fanf in Irümmer.
griebrid^ gögerte nid^t mit ber 2lnth>ort. ©*on am 31. 3un* erliefe er ein ©^reiben
an bie englifd&en ©ro^en, in bem er fufy 5|3unft für $unft ret^tf ertigte ; gleic^jeitig aber
fd&ritt er h)ie im §afyxt 1239 gum Singriff auf bie bertoeltltd^te Äm^, tnbem er alle
40 $riftli$en dürften aufforberte, „bie ©eiftlid^en jeglichen Stange« unb borne^mltc^ bte fjUf=
ften, ju bem 3uJtanfe jurücfjufü^ren, auf bem bie erftc d&riftlid&e Äirc^e ftc^ befanb, fo
baft fte lieber ein apoftolifege« Seben führen unb bie 92iebrigfeit be« ßerm nac^men
möchten . . . bagu folltet ifyr unb alle dürften gugleic^ mit un« allen (lifer betätigen."
%üx folc^e ©ebanfen mar freiließ bie bamalige 2üelt nod^ nid^t reif (©regorobiu« ©. 234
4.-, bi« 239 unb 250—257 ; bgl. aud& ba« 8. Kapitel ber (Sinleitung bon ^uitt.*»^.).
35er $apft fd^lug ba«felbe S5erfa^ren ein : and) er rief bie dürften al« ©$ieb$ru$ter an
unb ging bon ben bi«fyerigen perfönlid^en 9lnfcfyulbigungen bagu über, bte aOgemetnen
J^eorien bon ber Unterorbnung ber toeltlicfyen ©etüalt unter bie gugletd^ ^o^epnefterlic^e
unb !öniglid;e be« irbifd^en ©teßbertreter« ©otte«, tüte jte fett ben otogen ©regor« VII.
go unb ^nnoceuj' III. gebräuchlich U>aren, toeiter ju entmicfeln. 2)ie Snegung ffat auf
beiben ©citen i^ren §öfyepunft erreicht. 6in unbänbiger §a| gegen bte ganje „Pipern-
brut" ber §otyenftaufen fyat ben 9Jac|foIger Gfyrifti erfüllt, feine ©enbboten, bte Sornhu*
faner unb §ranji«faner, bie alljeit fc^lagfertige 2lrmee be« ^apfttum«, prebtgen aller Orten
ba« Äreuj gegen ben fefccrifcfyen Maifer. ffix biefen Äreu^ug berieft bte Äurie biefelben
66 ^ribilegien, h?ie für bie befc^merlic^e %aijxt in« ^eilige £anb. „3)ie Äbfefeung be« Jtaifes«,
ber 2lufruf an bie ©laubigen, ibn unb fein ©efcfylecfyt au«^urotten, bie ^tre^tbare ©enia*
lität beiber §äu^ter, immer neue .Hräfte für i^re 3h>ecfe in Setoegung ju fe^en, fteigerte
auf beiben ©eiten bte Seibcnfd^aften ju fanatif^er 3t^ilbbeit. 3)te ©egenfä^e tonnen fu$
an Schroffheit ntd^t mcfyr überbieten, ber ^Ja^ft fte^t in bem Maifer, ber Jlaifer in bem
eo^Japft ben leibhaftigen älnticfyrift" (©c^irrmac^er IV, 176).
3?ititocettj IV. 127
3toetmal, im SRobember 1245 unb im ÜJtai 1246, toie« Sjnnocenj bie SBermittelung
gubtmg« be« ^eiligen tyartnäcfig ab, be«glei$en eine ©efanbtfd&aft, bie gfriebriety naety Styon
Riefte. 3n ©teilten jettelte er eine SJerfcfytoörung untpr ben 2lriftofraten an, bie bem
Äatfcr fogar na$ bem fieben trachteten; troftbem richtete er an ba« §au£t ber Verräter,
Ztbalbo granje«co, „ber nun au« einem 9ln|änger be« ru$lo|en Styrannen ein Kämpfer 5
3efu Gtyriftt ju toerben Derft>rac§", ein Schreiben, unb fyat jtcfc nie gegen ben, auf päpfc
Itci^e Urfunben unb bie Anlagen ber gefangenen ©m^örer begrünbeten 93ortourf, gerabeju
ber Xnftifter ber SSerfdfotoörer getoefen ju fein, Derteibigt; ja er freute fkty nic^t, bieStäbel«*
fü^rer ftiater mit ©<fytöffern unb ©ütern ju befcfyenfen. 3n 2)eutfcfylanb unterftüfcte er
bie brei r^emifc^en ©rjbifd&öfe, bie auf bie 2Batyl eine« ©egenfönig« fannen, bur$ @nt- 10
fenbtmg eine« Segaten unb feine 3)ominitaner. 2lm 21. Styril 1246 erlief er Don Styon
au« an btc beutföen gürften bie beftimmte 3lufforberung jur SBatyl be« t&ürtngifcfyen
Sanbgrafen £einric& Stoffe (Über bie Sebeutung biefc« ©^reiben« bgl. £arnacf, ba« Kur*
furflenloaeg bi« jur SJKtte be« 14. 3a&r&unbert«, ©iefeen 1883, ©. 49 unb giefer, 3Dtt
b. Snftit. f. öfterr. ©efc^.sgfd^g. III, 58 f. Über bie bebeutenben ©elbauftoenbungen ber 15
flurte für bie Stallen Dgl. Siübefamen, Sanbgrf. §rd&. JRafpc 1885 ©. 40 Slnmerf. 115).
9m 22. SRai 1246 fanb bie Srljebung $einri$ä j\um ffönige ftatt, bo# toaren nur bie
brei Srjbifööfe, Dter Sifööfe unb eine änja^l ©rafen unb Mttter, aber fetner ber größeren
beutfefcn gtirften an ber 2Ba&l beteiligt (9teujj, ®ie 3Batyl §einrie$ Slafoe«, $rogr. b.
tpb. SJürgerfö. ju Sübenfd&eib 1878; ©etyrrmad^er, ©ntfte^ung be« Äurfürftenf otteg« S. 63 ; 20
&<fer, 9Ht b. gnfrtt. f. öfterr. @.^orfö. 93b II, 215; ,§arnact a. a. D. 50 änmerl.4).
iBtelme^r gab ber Saiern^erjog Otto feine Softer König Äonrab jur@emafyltn, unb bie
übertoiegenbe Sle^ett ber toeltlictyen ©rofeen, bor allem aber bie SReic^ftäbte, gelten treu
ju ben ©taufern, fobafe ber „Sßfaffenfönig" am 17. gebr. 1247 ein unrübmlid&e« ©nbc nafym.
2)<x$ ^nnocenj forgte fönell für einen SWac^f olger: bereite Dier SBodfoen naefc 9laft>e« 25
lobe beftfmmte er ben Äarbtnalbiafon Bieter ßapoccio }um Segaten für 3)euttölanb (9io=
tigen über ityn finb jufammengefteüt Don Steumont, 3eitf$r. k Slactyener @ef4ic£t«Derein«,
I, 206). Unb fAon an falbes 3a^r jpäter, am 3. Oft. 1247, tourbe, nad^bem man bie
beutföe .Hrone me^rmald t>ergeb(t$ aufgeboten ^atte, ber freiließ erft ^an^igjä^rige, unbe-
mittelte ©raf SBifyefet Don §oüanb bon toeltlid^en unb getftlid^en dürften bed 9t^eind gefragt, so
SätAer trug bie Starte bie ftoften, unb fte forgte au$ toeiter^in burd) ©e(bf)>enben unb
Sctteftgten für bie SSergröfeerung feine« SlnfyangeS. aber erft nac^ ^afyreSfrift, am 1.9io-
txmber 1248, tonnte SBil^elm in Slawen burc^ ben Jtarbinalbifd^of Don ©abinum ficf>
falben unb frönen laffen, unb feine $errfcfyaft erftredtte ftc^ faum über 5Kainj ^inau«. Sin
einen 3"g nac^ Italien, tote ber ^a^ft unb bie Sombarben toünf^ten, toar ni^t ju beuten. 35
£o$ t>er)>flid^tete fvi) SBil^elm am 19. gebruar 1248, feinem geliebten ätater ^nnocen)
alle 9eft$ungen ber römtfd^en Äird^e, bie fte utrüctgeloonnen $(&*, ungeftört ju überlaffen
wtb jur SBiebereroberung ber übrigen, au^| ©Milien«, nac^ fträften ju Reifen.
Sorerft jeboc^ ^atte in Italien griebrtety baö Übergemi^t. %xo% ber Slnftrengungen
bed Äarbtnallegaten Stainer ßa^occio behauptete er ben Kirc^enftaat, bae £er&ogtum ©po- 40
leto, bie Start Sfotona unb 2u8cten; in ber Sombarbei führten Äönig önjio unb ber
ntäd^Hae S^elm traftt>oQ feine ©a$e, ja gerabe utr geit feiner Slbfe^ung fd^loffen ftc^
t^m Senebig unb bie ©rafen Don ©abotyen an. £abur^ in ben 33eft$ ber Sllpenftra^en
gelangt, backte er bereitö baran, mit ^eeredmad^t nac^ tyon aufzubrechen, um ben $apft
|ur Xudfd^nung )u fingen, unb bann auc^ in 3)eutf$lanb Orbnung ju fd^affen. ^nno- 45
cenj fc^toebte in ber größten Seforgnte. 3)a gelang e« am 16. 3uni 1247 einigen feiner
Anhänger, ba« für ben ftaifer ftrategi{c^ äu^erft toi^tige $arma ju überrumpeln. Damit
dnberte fu^ bie ©abläge Dodftänbig: beibe Parteien jogen tbre ©treitträfte in unb Dor
ber ©tobt jufammen, beren Serteibigung ber päpftlid^e Segat ©regor Don 3Rontelongo
mit größter ausbauet unb ©ef$icflic$teit leitete (granffurt^ a.a.O., ©.71 f. unb inbiefereo
dne^tt. »b VII, 136 f.). griebri<$ fianb am äßenbepunfte feine« ©lüde«: am 18.^ebr.
1248 ging ba* Don i^m eigen« aur Belagerung angelegte 33ittoria in flammen auf, unb
fem fr** erlitt eine bebeutenbe Weberlage.
9bimne^r erneuerte Snnocenj feine Umtriebe in ©tjilien. 3m älpril 1248 liefe er
bm$ ben Äarbmal OctaDtan grtebric^ ©ö^ne, @ntel unb Anhänger bannen, am 8. 2)e= 66
jnnber beweiben 3a^re« erging ein ©c^riftftücf über bie SHeform be« Königreiche« Sizilien,
bo« er Writberte, al« fei e« unter ftaufifd^er SJertoaltung jur SBüfte getoorben, loä^renb
fjwter bie Jturie felbft zugeben mufete, bafe ber 3uftanb be« 2anbe« feit bem Untergang
ber ©taufer ft$ nur Derfd^led^tert ^abe (Dgl. $ah)Iicti, §onoriu« IV., fünfter 18<T
6. 40 f.). Xm 7. Styrtl 1249 enblid^ toie« er ben Segaten für Slntona unb ©poleto
128 3mt0catj IV.
gleich bie Slufgabe gu, ba« Königreich gu befreien. Qatyxaty ©nabenertoeife fottten bie
Slnfyänger ber Kird&e ftärfen ober neue getoinnen; auefc fcier Verbreiteten bie 2)0Tnmtfaner
unb 3frangi«faner bie ^ät>ftltd^en .SuDen. Srofc allem tyattc bie Kurie in ©igilien nur
geringe Erfolge gu Verzeichnen ; größer toaren bie ber Segaten Delation in ber Stomagna unb
5 Rainer in ©poleto. 35er $ärtefte Schlag für ben Kaifer aber fear bie ©efangetma^me fernem
2iebling«fotyne« Engio burety bie Solognefen am 26. ÜJtat 1249, au« ber er bi« gu feinem
lobe 1272 nic^t lieber enttarn. $o$ aud) ba« beugte ben Kaifer niefct: lange genug, fcfyrieb er
bamal« an König Subtoig, tyabe er ben ämbo« abgegeben, nun tooÄe er einmal Jammer fem.
©d&on erftarfte feine Partei in -Kittel* unb Dbers^taTien toieber, föon festen fid& immer neue
10 ©4aren bon Sarazenen nac§ bem SRorben in 3Rarfc§, ba ereilte i&n am 13. 35ej. 1250 ber Job.
„Rubeln foDen bie $hnmel, frotyloefen bie Erbe," fcfrteb 3nnoceng oen ©rofsen 6t*
gilien«, al« er bie 5Rad&ric|t erhielt. gefct galt e«, ba« Söerf ber Sernicfctung an König
Konrab unb feinem gangen ©efdblecfyte gu VoDenben. !gn 3)eutfcfclanb unb ©igilien jodte
e« gleid&geitig in Singriff genommen toerben. 3Rit SBifyelm Von $ottanb, ben er bed^alo auf
16 Dftern 1251 na$ Styon befd&ieb, beriet ber $apft ben Vetteren §elbgug«t>lan. 2BäI)renb2Bil$elm
bann gurüdffetyrte unb bie Settelmönctye Von neuem in $eutf$lanb ba« Kreug gegen Konrab
prebigten, verlief er felbft am 19. 2lJ>riI 1251 nad& fecfyejätyrigem Aufenthalt &jon unb begab
[\d) burd? bie Sombarbei, in ber er überall ben 9Rut feiner anhänget neu belebte, nad?
Perugia, Von too au« er beffer al« von 9lom gleidfoeitig auf bie Stomagna unb bie Sombarbei
20 einftrirfen fonnte. 3>n ©igilien gingen Neapel unb Kapua gur Kirche über, aber ber erji
18jätyrige 3Jtonfreb vernietete balb bie Hoffnungen ber Äurie auf einen allgemeinen äufflanb.
3lm 8. $an. 1252 erfd&ien König Konrab, ber ben $ergog Otto Von Satern al« 9teict«Vertoefer
in 35eutjctylanb jurücfgelaffen tyatte, unb getoann bie abgefallenen ©tobte toieber. »ber feinen
SSerfudf?, Vom SSapft anertannt gu Nerven, toie« 3>nn. unVerfö&nlicty gurücf. Um tyn in Ober«
26 Italien gu befdjäftigen, betrieb er f$on Anfang 1252 bie Erneuerung be« Sombarbenbunbe«,
jebod& ofyne Erfolg, ba Eggelin unb ber SDlarfgraf ^allaviäni trofc oder Stauungen unb
Rodungen ber ftaufifd^en 6a$e treu blieben.
©o Von ©üben unb Sorben eingeengt fafy ft$ Snnoceng, jumal feine $ttf«quellen erf$dpft
toaren, nac$ auswärtigen Sunbe«genoffen um. Er bot bie jigtlifd&e Krone bem reichen 9ii$arb
30 Von EorntoaQi« an, ber fte jebod^ ablehnte; auc$ leiftete bie frangöfifc&e ^Partei im Jtar*
binatefollegium SBiberftanb. ©eneigter jcigte fid& ber gtoar arme, aber von brennenbem Sfc
geig erfüllte Karl Von Slnjou, boc^ au$ mtt i^m gelangte man Vorläufig no$ gu leiner Einigung
(vgl. ©ternfelb, Ä. V. Slnjou, ©. 89 f.). ©nblicty fanb pc^ ein Abnehmer für bieÄrone in König
$einric$ III. von Englanb, ber fie für feinen no$ unmünbigen ©o^n Ebmunb annahm.
35 92a$ KonrabS ©iege über S^ea^el muftte ^nnoceng fürchten, ba§ and) 9tom in bie ©etoalt
beS ©tauferä geriet. Xro^bem toieS er aud) eine gtoeite ©efanbtf^aft ÄonrabS ab, ja er
eröffnete nunmehr baS Serfa^ren gegen ben König, ben er ber SSergetoaltigung ber©eiftltc^en,
ber 35egünftigung berßefcerunb in ber frivolften SBeife f ogar be« SWorbed befd^ulbigte. 9to$
einmal nämlid^ !am ba« ©d^irffal bem s^aipfte gu §ilf e : um bie SBenbe bed $• 1253—54 fltarben
40 iurg nad) einanber be« König« ©^toiegervater Otto von Satern, fein 92effe ftnebri$, ba
©o^n §einrid^ (VII.), unb fein §albbruber §einric^ Von ©igilien, ber ©o$n ber eng*
lifdben Elifabet^. 2)te beiben (enteren foUte Konrab fyabtn befettigen laffen; au« toehtyem
©runbe, tonnten fc^on bie ^eitgenoffen nid^t etnfeben, benn gerabe §etnric^ bot i^m
toenigften« eine gehriffe ©i^er^eit gegen bie SJJläne be« englifd^en Äönig« unb gegen SMaii*
45 freb, mit bem er auf gekanntem §u&c lebte. 3lm 20. 3Rai 1254 enblic^ raffte ber Xob
aud^ Äonrab IV. im 2llter von erft 26 ^a^ren ba^in. ©terbenb beftimmte ber jtonig,
toie einft Äonftange nad^ bem })lö$ltcben lobe #cinrittyS VI., ben ?ßa))ft gum Sormunb
feine« gtoeijä^rigen ©o^ne«. Unbcbenfltd^ na^m biefer bie 93ormunbf(^aft an. $eftt pm*
lid^ toarf er ftd? gum 9lnh>alt be« jüngften ©proffen au« bem Vorder fo gefcpntitytcn
so Sipemgefd^lec^te auf. 9ln bem Sertrage mit fteinrtcfy III. ^ielt er aber trofrbem gu«
näd^ft feft. 3)er Sefi^ be« Königreich festen i^m fidler, unb fofort b^ann er, toie ewifl
in $ranfreid&, aud^ ^ter feine Sertoanbten gu bereichern: fein SJeffe 2BityeIm %fäfy,
Äarbinal Von ©t. ßuftad^, tourbe apoftoltfc^er Segat für ©igilien, ein anberer Sleffe beflen
©eneralfapitän. SWanfrcb unb bie übrigen güfyrer ber fiaufijc^en Partei tourben ge»
65 bannt, ein väl)ftlid^e« §eer ftanb gum Einmarfd^ in ba« Königreich bereit. 3Jon Serrat
im eigenen Sager bebrofyt, blieb SJlanfreb nic^t« übrig, al« £e^en«mann ber Km&e gu
toerben. S^n^ceng ftanb am $kk feine« 2eben«; je mefyr bie ftaufijd^e ©a(^e gurüa*
ging, befto me^r Vergaß er ber Steckte Konrabin« unb gebärbete fidj al« re^tmä^iger
§m be« Königreiche«. 2lm 20. Dftobcr 1254 ergriff er förmlichen Seföj Von ©igilien
60 unb Kalabrien, SRanfreb tourbe überall mit ©eringfe^ä^ung be^anbelt 2)a entflog ber«
dmtocena IV. 129
fdbc nad) Suceria ni bcn treuen ©ara^enen, unb in toenig lagen ftanb er an ber ©pi$e einer
ai^tunggebtetenben Streitmacht. !gn anbetraft ber günftigen SBenbungber Dinge fyatte gnno*
cenj toetyrenb ber legten SWonate ben 33rieftoec§fel mit bem englifcfyen {tönig ruben laffen,
nunmehr richtete er noc$ einmal an ifyn bie bringende 9Jtofynung, möglic^ft balb felbft ju fommen.
De* $rtfte3 £ebenetoerf, ba$ ber SSoHenbung f o nabe fc$ien, geriet ins SBanfen : am 2. £e$. ge- 6
toann wanfreb goggia, auf bie bloge 9Rac$ric§t bafcon flogen ber pätftlic^e Segat unb fein
§ecr o^ne ^toertftretc^. 3)ie Äunbe traf ben $ätoft in 9teapcl, in ba3 er am 27. Ott. feierlich
eingebogen toar, auf bem Äranfenlager unb berfdjltmmerte fein Seiben. 2tm 7. 3)ej. ftarb er.
III. 35a$ SBer^ältniS 35 tx tt o c etx ^* IV. ju Äranlreicty toar beftimmt einerfeitä
bur$ fein ©treten natty einem ©egengetoittyt gegen ben ftaifer, anbererfeitä burefy SubtoigS IX. 10
brennenbe* Serlangen, ba$ ^eilige Sanb ju befreien. 2)arau$ erflärt ftdp ber Slnteil, ben Sutobig
bereite am sjuftanbefommen beä ^rieben« $toifc$en ©acerbotium unb Imperium im 3. 1244
na^m, unb bte ftrenge ^Neutralität, bie er in bem balb toieber auäbrecfyenben Äampfe bobaefctetc :
ebaifo tote er bem $aj>fte bie aufnähme in feinem Steige fcertoeigerte, lehnte er ^riebri^ Slner*
bieten einer Verlobung jtoiföen feiner ©c^toefter $fabella unb Äönig Jtonrab ab. Docfy bröngte 15
bte Äurie felbft, namentlich jur $eit i&reä 3lufent$alte$ in Styon, bie franjöftteen ©rofeen burtfy
Übergriffe in type Angelegenheiten unb buri# tyre Habgier in eine feinblitfye Stellung (bgl.
Gesfta episoop. Yirdunensium ap. MO X, 525: pontifex . . . exaetionibus inauditis
et importunis cepit omnem ecclesiam et monasteria enormiter exhaurire; ... car-
dinales vero hinc, summus pontifex inde, tarn in vicenario quam in denario, tarn 20
in pensionibus quam in procurationibus et subventionibus, in mille libras eccle-
siam nostram gravaverunt). SKit @rfolg toanbte jxc^ batyer fjriebric^ II. an jene in einem
ber SRanifefte, bte er al$ Slnttoort auf feine toom Ron^il ausgekrochene Slbfefcung erliefe;
baiüty cremt* man bte ©ebanfen grUbricfyS lieber in bem 33unbe, toelcfyen ber frangöftfäe
Sbd bn 9iot>br. 1246 fälofj : and) er tooQte bie ©eiftlid&en, burc£ beren Vereiterung bie 25
Seitlichen arm geworben feien, auf ben 3uftanb ber erften $riftli$en Äirctye gurücfgefütyrt
toifien, bamit fte toieber SBunber verrichteten, toobon längft nichts mefyr aujetyen fei; ja bie
fcoupter beS SBunbeS foQten in 3ufunf* barüber entfcfyeiben, ob Sann unb ^nterbitt $u
a^ten feien (bgL ©ternfelb, Äarl bon »njou ©.36 f.).
Der fcergeblic^en SBermittlung8t>erfuc$e SubtoigS gu Glunty in ben ^atyren 1245 unb so
1246 tft bereite gebaut. $e$ Sßatfteä blinber $afe gegen Jriebrtc^ II. braute auc$
bcn Streugug, ben Subtoig 1248 antrat, jum ©Reitern. 35afj ^nnocen^ ben ftreu^
m 0(8*" griebrid? für gletc^ üerbienftboQ ertlärte, toie ben nad) ^alöftina, f$h>ä$te bte
3a^l tote bie ©elbmittel ber toirflic^en Äreujritter. 93or allem aber bermoc^te ber Äaifer
Um Unternehmen äubtoigd nic^t bie nötige Unterftü^ung ju gelpä^ren: o^ne fefte D^85
ratirntttafü in Sizilien toar jeber Angriff auf ^aläftina toie sJtg^ten au^ft^t^Io^ ^n-
Bocau aber föttrte bort, toie toir fa^en, immer t>on neuem bie glamme ber (Sm^örung.
Sleu^toobl t^alf griebri^ bem in ß^ern übertointernben unb junger leibenben 5treu^
(eat nadf 5Wdglid^(eit mit Seben^mitteln aud, toetyrenb ber $a))ft gerabe au^ granfreid?
türtgefe^ ©elb unb SRannfc^aften gum Äam^fe gegen Jtonrab 50g ; felbft baä %ol( begann 40
pi murren, ba| man feinen Jtönig barben laffe, unb bie Königin befahl, bie ©üter berer
«R)ii)ic^en, bie gegen ftonrab ba$ Jtreu^ nahmen. 9ltö bann ber 93erfu$ be^ ^önigd, nad)
typten überjufe^en, mt^glücft unb er felbft in @efangenf$aft geraten toar, bezeichneten ber
$eqiM tHWtöurgunb unb be$ Äönig« Srüber, bie ©rafen Don Slnjou unb^oitou, ^nnoceng
o^e Umfc^toeife atö ben, ber infolge feines adeä anbere jurücfbrängenben Äatn^feS gegen 4b
bat ftatfer bie ©<^u(b an bem Unglttd trug, unb brofyten i^n auS S^on }u bertreiben,
tDam er ft^ ni$t balb mit Jriebri^ II. auäföbne. ^nnocen^ mu^te in ber Xfyat baran
baden, unter engltj^em ©<$u( in Sorbeauj eine 3ufluc^töftötte gu (ud)cn (biefe bon ^utü.=
tk$a(k*,<giid.©.CCCXXI u. ©(^inmaAer IV, 316 aufgenommene iRa^rid^t b. üKatt^.
$an* toirb freiließ fcon §üffer, bie ©tabt Ö^on ©. 93 bejtocifelt). gnger tourben bann bie w
9<|t^ungen atoikpen gpantrety unb ber fiurie, aU ^mtocen), toie ertoä^nt, bcn trüber
be* Ädnig^, Karl toon Xnjou, für bie fi)itiföe Jtrone in 9lu3ft$t na^m.
IV. 9lod) Jelbftftdnbiger toar ba$ Ser^alten Snglanb^ ber Kurie gegen«
iber. Xiu^ biefed Sanb betrachtete ^nnocenj aU Hilfsquelle für ben Krieg gegen bie
€ta*fer. 6r nennt eS „einen toa^ren ©arten t>on Koftbarteiten, einen Brunnen, ber 56
Badft px erf$tyfen iß; too aber Diel ift, ba läftt ftc^ and) biel nehmen", ©ein Segat
Kaxttn erfc^ien mit SoQmac^ten, toie fte no$ leiner feiner Vorgänger befeffen, jur ÖeU
treihmg toen IOOOO 3RarI. Hein 2Bunber, ba^ %mW\d) II. fyier nod^ me^r ©ei^ör fanb
ab in granfreic^. @r forberte Xnfang 1245, inbem er baS ikrfafyren bed ^ßapfte^ gegen
Jbm beleuchtete, bie Magnaten auf, fernen ©egner nic^t toeiter mit ©elb gu unterftü^en,
fteU«K9n«H>i( fftt T%tolo%U unb Sllt^c. 3. «.IX. 9
130 3fmtocenj IV. Snnocenj V*
unb riet bem Äöntg, fi$ *>on bem Tribut ju befreien, ben tym ^nnocen^ III. unreal*
möfjig auferlegt fyabe. ©o tourbe ber Segat abgetotefen, unb ber Äönig lieft feftßeOen,
ba| bie Äurie jäbrltd^ 60000 SKarf für tyre Jtreaturen aus bem Sanbe 30g, alfo me$r
als er felbft. (Sine äborbnung tourbe gum Äomil na$ Styon gefanbt, um Dom $a}>jie
5 äb^ilfe ju erbitten, ber Seaat aber f urjtoeg aufgefordert, binnen brei Xagen mit feinem
©efolge ba$ Sanb $u ocrlaffen, hnbrigenfafe fte alle in ©tücfe genauen toerben toärben.
3n Styon fyöxtc ^nnocenj bie englifd^en fllagen lautlos an, bann ßri$ er mit ben
3Borten: „3)te ©acfye forbert längere Ueberlegung" bie »efa^toerben einer ganjen Station
oon ber 2age3orbmmg unb forberte balb barauf neue 6000 SWarl ©ine gioeiie ©efanbt*
10 föaft, bie notynafe 93orfteQungen ergeben foflte, be^anbelte er tote itefeer. Darauf unter»
jagte $einri$ III., geftükt auf bie 9ef$Iüffe einer ©tynobe oon ffiino>efier ($cg. 1245),
aufs ftrenafte bie Eintreibung, aber ber ^a^ft brobte mit bem Sann, unb bie Prälaten
Stylten. 5113 er jebod? oon ibnen noety in bemfelben %afyct ben britten Xeil ifaer ©m
nfte Verlangte, toanbten fte [\d) an bie Äarbinäle, gälten aBe feit bem legten Sateran*
16 fongil entrichteten fieiftungen auf unb beteuerten, felbft toenn fie all tyr toertaufti$e*
Eigentum Eingäben, fönnten fie bie geforberte Summe ni$t aufbringen.
V. SJerfcältntS ju Portugal. 3Rit bem ß^arafter ^nnocen^ IV. tonn und
fein bem Jtönige ©antfyo II. oon Portugal gegenüber bettriefeneS fefted, an bie ftttlutyen
3Rottoe ^nnocen^ III. erinnernbeS auftreten baety nur teiltoeife audfd^nen. SU« btefer
ao $errf$er tro$ ber jKtyftlicfcen Drohungen oon feinem ftttenlofen Sebenftoanbd mdft laffen
tooQte unb fiety burc$ feine 2Rt|regierung ben $abel beä $apfie3 »tgegogen, jebo<$ um
benfelben fi$ ntefa gefümmert tyatte, ba entbanb Ignnocenj IV. alle $ortugiefen tyrer bem
Röntge gegenüber eingegangenen Verpflichtungen unb übergab baä SReicfc bem ©ruber
Sanyos, SllfonS, ber autfc oon bemfelben fofort 93eft$ ergriff ($1$. ©c^afer, ®efö. Oon
»Portugal, Hamburg 1836 1, 177—212 bei §eeren4Ifert, ®efö. ber europ. Staaten).
VI. Sertyältntä ju $reu|en. Um bie fircfclu&e Organisation $reuf$en$ fpk
fic$ 3nnocen j* IV. infofern ein 33erbienft ertoorben, als er ba« 2anb in bie tricr Sittümer
Gulm, ^omefanien, (Srmelanb unb ©amelanb teilte; bo$ iß auo> tyier fein Schalten
bem beutfcfyen Crben gegenüber nid^t Oon bem SSortourf ber Soppelgüngigleit frei Dfc
ao tootyl er bie Siechte bemfelben auf ?ßreufcen beftätigt tyaüe, fud&te er boep fic^ felbft bie
Ober^errfd^aft über (amtliche an ber Oftfee gelegenen ©ebiete ju fiebern, inbem er ZUbcd
©uerbeer jum @r^bifc^of oon $reu^en, Siolanb unb Sfttanb unb ^um päpftlu^en 2egaten
für biefe Sänber ernannte, unb tym bie Sefugntö erteilte, in bem ©ebiete bed Dd>end
Sifc^öfe einzufetten. SDocty le^terer tougte feine 9tc$te fo energif^ geltenb )u machen,
86 bafe fc^lie^lic^ bie fturie fic^ )u feeitgebenben 3ugeftanbmffen bequemte, bie einer gurftfe
fü^rung ber Kr$U$en Ser^öltniffe auf ben Oon SUbert bei feinem Suftreten in ^tauften
Oorgefunbenen 3uftanfe glei^tamen. $*«d G^ßl*.
Snnocenj V., s^apft Oom 21. Januar btö 22. 3uni 1276. — I. Quellen:
a) (Jl)roniten: Murat t5S III, I, 605 Bernard. Guid ; VIII, 871 Sab. Malasp.; 1139 Mcm.
40 Potest. Regiens.; IX, 52 Jacob, de Vorag. chron. Jan. ; 722 Franc. Pipin; XI, 1173 Ptolem.
Luc; MGSSIX.X.XVl-XXX(f b.Indices); Bouquet, Recueil etc. XX— XXni(f.b.Ind.);
Jxtui. Corner. Chron. novella, ed. Eccard, Corpus tust medii aevi, II, 926, fipg. 1723, bod)
ogl. Viedu bienh. Innoc.V., Rome 1S96,8. 77 f. 9lnmtg.; Nie. Triveti Ann. 1136— 1307, ed.
$ljom. $ofl. Üonb. 1845, 6. '294 ; Salimbene. Chron. Parm. ed. «. »ertani, ^anna 1857,
46 8.268f .; Rishanger, Chron. etann. 1259-1307, ed. © ^Öom. 9iile^ Sonbon 1865, 6.87.
b) Urtunben unb 9?cgcfteu : Martene, Veterum Script et monum. . . . collectk) VII, 244 f.,
$arid 1733 ; Sbaralea, Bullar. Francisc. III, 242 f., 9iom 1759-68; Rymer, Foedera . . ., Sonb.
1S1G; Bullariuru Romanuni YV} 35 f. Taurin. 1859; Xljeiner, Codexdipl. dominii tempor. 8.
Sedis I, 196 f.. iKom 1861; Potthast, Reg. Pontif. Rom. II. 1703-8. »eritn 1875; fofie,
60 Analecta Vaticana. Oeniponti 1878, 6 71 f; Äaltcnbrunner, 9t 5m. Stubten III, inb. wt.b.
3nftit. f. öfterr. @efd). &orfd)g. 1886, VII. 579.607; Duchesne, Liber pontif . II, 457. fori»
1892 ; Vie du bienheureux Innocent V. . . . de Tordre des frerw precheure par Un Be-
ll. UMtterotur: Staunalb, Ann. eecles. a. a. 1272,67—68; 1276,15—25; DuBoulay,
Hist Univers. Paris. III, 705 f.. ^ari* 16l>5f : Ciacon.-01doin, Vitae et res gestae pont
Rom. II, 2lK5f, 9t om lf>77; Ei*hard et Quetif, Script. Ord. Praedic. I, 350f.t Lutet Park.
1719; Touron, Hom. illustr. Poiuin. I. 344-66, 1743; Baluze, Miscellan. etc. IV, 476f.
Lucae 1754; 'öaldj, iSntiPiirf einer oollft $tftcrte ber rom. köpfte 6. 293f., 2. 9Iu4a., Wt-
Mngen 1758; *lrd). ^ower, Unvartb. ^iftoiie ber rom. f&pflt, beutfdj x>. 9tambad), VID,
74 ff., IKüftbebunj unb VJeiWig 1770; Ix>r. Canlella, Memorie stör, deicardüuüi 11,0 f. Von
60
fingen
r "
3nttocenj V. 131
1793; Biogr. universelle, ancienne et moderne, XXI, 234 f, $ari3 1818; (Srfd) u. ©ruber,
«ttoein. fcncnfl. II, 18 ©. 424, Seidig 1840; Stopp, ©efd). b. eibgenöff. »mibe I, 131 f.,
&Wfl \SAb ; St. Priest, Hist. de la conquete de Naples par Charles d'Anjou III, 287,
$ari* 1849; ^tdjler. ©efd). b. firdjl. Trennung aroifcöen Orient unb Ocdbent, 9Rüncben 1864;
Cttotar Soren&, fceutfdje ©efd). im 13. u. 14. Saftr^., SBien 1867; Pra in Sem. relig. Grenoble 5
633—36, 1869; Ducia in Rev. Savoisicnne XI, 43 f. , XII, 97 f., 1870 f.; $ottt)aft, Reg.
pontif. Rom. II, 1703, S9erlin 1875; ©uffon, $te 3bee be$ beutfdjen (Srbreid)3 unb bie erften
fribftburger. So« 1877, 8b 88, 646 f.; ©regorouiu*, ©efd). ber ©tabtSHom V, 451,3. 9TufI.#
Smtt. 1 878 ; fcüffner, $ie©tabt fiijon, SRiinfter 1878, ©. 96 u 103 f. ; SBertfd), $. «egie^. StubolfS
o. $abdb. jur röm. fcurie bi« jum £obe 9Jifolau3 III., ©ött. SMffert. 1880 ; Turin az, La patrie et 10
la famille de Pierre deTarentaise, Nancy 1882 (au* in M&n. acad. Val d'Isere 1883, IV, 5—
55) ; Laurent, Dissert. sur la patrie d'innocent V. 1872, nouv. 6dit. par B£thaz 1883 ; B£thaz,
Obeervations en reponse ä la brochure de Mgr. Turinaz, Aoste 1883 ; Lecvy de la Marche, La
Chaire France 1886, @. 526 ; $enifle, Cliartularium Universitatis Paris., I, 385. 646; #. ©übel,
$3® IX, 403 f., 1888; SBefrer u. Seite, ffatl). Äircftenlej. VI, 743 f. 2. «ufl., greib. i.53r.l889; 16
^ef*^ÄnopfIer,Äonjiliengef4.VI, 142f. 155 f., greib.i.^r. 1890; L'abbö Borel : Notice biogr.
sur Pierre deTarentaise, Chamb&y 1890; Patrie du Pape Innocent V., deuxieme reponse ä
M. B&haz, Moüriers 1890; troisieme reponse Moütiers 1892; B<5thaz, Pierre des Cours de la
Balle, pape sous le nom Inn. V., Augustae 1891 ; ©ottlob, $. päpft. #ren$jug.fteucr im 3a$r&.,
$eiligenßabt 1892: Laureti Carboni Dissert. hist de Inn. V., Rom. Pont, Romae 1894; Vie 20
da bienh. Inn. V., 1896 ((. oben); o. .£>irfd).©ereutf), ©tub. &. ©efd). b. ftreu^uaSibee na* b.
ftrriittugen. ©.91—94, SRündjen 1896 (fiiftor. 9lb&. ö. fceigel u. ©rauert,£eft XI); ©tapper,
$apfr 3o^onn XXL, ©. 43. 45. 49. 63, fünfter i. ®. 1898 (Äirdjengefd). ©tubien o. ßnbpfler,
6d)rör3 u. ©bralef IV, $eft 4); Bourgeois, Le bienheureux Inn. V., «ßariä 1899.
fBeitere ©pejiaUitt. bei Sfabriciu«, Bibliothcca medü aevi 1735, IV, 100— 102; 1737, V, 26
282 u. bei Chevalier, Repert de sources hist 1877 ©.1116 u. ergänjungäbanb 1888, ©. 2659.
I. Vorleben unb Schriften. SBetruS toar geboren um« 3a$r 1225 un&
flammte avA einer fcomer/men gfamilie ber Hird^cnprobin^ $arentaife an ber oberen 3f&r* ;
ob mm Courier«, 6fanq>agnr/, Gentron ober, tote anbere toollen, baä ©ttylofe la ©alle
in ber 3)iöcefe Slofta fein ©eburtäort toar, barüber fyerrföt lebhafter ©treit (bgl. ßarboni ao
6. 20 iL Vie du bienh. Inn. ©. 1 u. 253 f. ansang I mit ausführlichen £itt.-2lngaben).
$em« mit 16 3a$ren in ben ®ommifanerorben eingetreten, tourbe er in $arte 2)oftor
ber Ideologie unb ertoarb nic^t nur in feinem Drben, fonbern auc$ in toeiteren Äreifen
ben SRuf emeS tyerborragenben ©elefyrten. %xo$ beS Sßiberftrebenä ber $afifer Uniber*
ffcät gegen bie SJettelmönd&e lehrte er an berfelben neben feinen großen DrbenSbrübern 85
IlbertuS 3Ragmi* unb 3$oma3 bon äqutno fotoie bem $ranji$faner 33onabentura (f.
Vie du bienh. Inn. Reep. 2 u. Rtip. 7 ©. 211 f.). ÜRit ben beiben erfteren jufammen
arbeitete er bie ©tubienregel für feinen Drben an$, bie bom ©eneralfajntel ber 35omim*
lauer ju SalencienneS Slnfang ^uni 1259 beröff entließt tourbe (f. biefelbe bei SDenifle,
Chart, üniv. Paris. F, 385). 3jm ^a^re 1262 (f. bie Steuerung in Vie etc. ©.36f.)40
towbe er §um ?ßrobinjial ber ©ominifaner in granfreid^ getoä^lt, aber nac§ <I^oma«, 216=
beratung naä) Italien na^m er feine 93orlejungen an ber ©orbonne toieber auf (1267—
69X wegor X.ma(^tei^näum©roft)önitentiar (bgl. ©ägmüHer, Die X^ätigteit u. Stellung
ber Äarbtnäle, greiburg 1896 ©. 105 f.) unb 1272 jum e^biWof oon £^on (f. bie bei
§*ffer, fi^on, 6. 96 Änmfg. angeführte Sttt. u. ba« neue Stttenftücf über ben SSergleic^, ben 46
er timföen ®eipK(§!eit unb Sürgerföaft bon 2^on bermittelte, in Vie etc. ©. 81 f. Slnm. 2).
691m im näd&ften 3cu)re (1273) er^ob ihn ber $<u>ft auf ben bornefymften tyla% be«
ÄarbmaldfottegiumS, inbem er tyn gum Rarbtnalbt|c^of bon Cftia unb 2JcHctri beförderte.
©td )um April 1274 bertoaltete $etruS jebo$ noc^ baS Srjbtötum &on, feine
lUtoftfrrificii unter ben ^äftlic^en SuIIm beginnen erft mit bem 7. ÜJlärg 1274 unb so
rekfrem btt jum 1. 3pril 1275 (^ott^aft II, 1703). ©emeinfam mit bem gleichfalls ;,um
Aarbinal erhobenen Sonabentura, bem ©eneral ber ^ran^tötaner, hielte er eine bebeutenbe
3bBe auf bem Styoner Äonjü bon 1274 (f. 93b VII, ©. 123,8 ff.), als Sonabentura toäbrenb
bei ftongU* fkrb, ^ielt $etrud tym in ©egentoart be^ ^a^fted unb be* ganzen Son^iU
bie Seityenrebe (bgl. 9b III, 284). (gnbe S^ril 1275 berliefe er mit bem $atft £t;on, 66
m an ben Ser^anblungen mit ftubolf bon ^ab^burg in Saufanne teilzunehmen.
©eine Schriften umfaffen bie ^ilo[o})^ie, bie Geologie unb ba« Äir^enre^t. 35es
fsiJbcre Snertennung ertoarben fi$ fein Kommentar ju ben paulinifcr)en ©riefen, ber oft-
md* (Adln 1478, $agenau 1502, $ari^ 1521, Hnttoerpen 1617) unter bem tarnen
bei ftibltttß ©orranud herausgegeben ift, fotoie feine Kommentare }u ben bier ©ücr)ern go
6ttten)en be« $etru£ Sombarbud. ©efamtau^gabe „Ex MS. Tholosani conventus per
pttres dusdem conventus, Tolosae 1651, 4 tom; bgl. Echard et Qu^tif, I.e. I,
55»; Doirffc, «8«© 1886, ©.338; Vieetc. ®.31f. 55f. unb «n^ang III, ©.348f.
9*
132 3tmocett$ V. 3mtocenj VI.
3lad) ©regorS X. 2obe ging ^JctruS in Slrc^o au£ bem Äonflafce, toelcfceä jum erftenmale
nacfc ben neuen, in Styon erlaffenen Sefttmmungen gehalten tourbe, am 21. ^an. 1276 ab
$aj)ft tyertoor. (togl. bie Unterf. über ben Ort beS ÄonflabeS in bet Vie etc. ©.130—133
Stnm. u. ©. 350 f. 2lm). IV). am 22. gebr. empfing er in 6t ?ßeter 311 9tom bieSBetyc.
6 IL ©eine Regierung, Site ^Ja^ft fefcte er bic ?ßoliti! feine« Sorgän^et« fort
(Vie etc. ©. 170 u. 172). 35iefelbc toar gerietet auf baS unerreichbare &\tl eine« alfe
gemeinen europäiföen ^rieben«, ber bie Sorbebingung toar für ben geplanten grofeen,
alle Äräfte ber Gfyriftentyeit — toomöglic^ auc§ ber griec^ifc^en — umfaffenben Äreu^ug.
©leicty ©regor Vermittelte beSfyalb ^nnocenj V. ahnten ben fyabernben italtfd^en ©erneut;
10 ben tüte atoifd&en SHubolf Don $ab£burg unb 5tar( bon Stnjou. Irofcbem untaföeibet ftdfr
feine Sßolitil in einem fünfte bon ber ®regor3. Sxtyon in ben legten Xagen biefed
^JapfteS tyatte bie franjöftfd^e Partei im Jtarbinatelotteg ba$ Übergehet erlangt, unb tnbem
fie bie $rage 1^4 *>** £e$en^o^eit über bie Stomagna auftoarf, einen entfdpiebenen Um*
fd^toung in ber ^olitit ber Äurie ju ©unften beä ftäilifa^en ÄönigS aufÄoftenbeS beutfefcen
16 herbeigeführt, ^nnocenj betätigte jefct Jtarl bon Sfojou bie 2Bürbe eine« Senator« bon 3tom
unb bie SReic^etoertoeferfd^aft bon Xuäcien. SlnbererfeitS forberte er SRubolf bon §abeburg,
ben ©regor X. immer Don neuem gum SRömer^uge gebrängt batte, auf, tyn fo lange £m*
au«guf Rieben, bte feine Seüe^ungen jur Rurie unb flönig Jtarl bottftänbig geregelt feien;
bor allem folte er feine Beamten au« ber SRomagna abberufen (bgl. giefer, $orfä. jur
20 JReid^aefd^. Italien« 3nn«br. 1869, II, 451 f.; 35uffon, ©3338 1877, 8b 88, 646; ®iefe,
SRubolf b. §ab«burg unb bie römifd&e Äaiferfrone 1893, ©. 30 f.]; »ö&mer*3tebfo$, Sieg.
%mp. 1898, VI, 5Rr. 534; ©tapper, Sobann XXI., STOünfter 1898, ©. 45—50).
Um auc$ bie Kräfte be« b^antinifdpen Steige« in ben Dtenft feiner Jtreu^ug«ibee ju
[teilen, tyatte ©regor bie Einigung mit ber griec^ifd^en ßirctye betrieben, unb ^nnocenj faö*
26 ir/n babei auf bem Äonjil gu 2tyon lebhaft unterftüfct Äarl bon Slnjou unb SJenebig Regten
freiließ $läne gegen ^onftantinopel, bie !eine«toeg« ju ber ^rieben«politit be« ^topfte« paßten,
unb beSfyalb fucfyte W\d}azl VIII. ^aläologu« ein enge« Sünbnte mit ber Äurie (b. $af<fc
©ereuty a. a. D.). ^nnoceng lieft barauf ben Maifer aufforbern, bie bon bem Sogot^etcn },u
Styon befd^toorene Union eiblia^ ^u bekräftigen ; aber no$ e^e feine ©efanbten ben italf^en
aoS3oben berlaffen Ratten, ftarb er am 22. Sunt 1276 £u Mom. $an« 6^«ij.
^nnocenj VI., $apft bom 18. ©ejember 1352 bi« 12. ©eptember 1362. —
Quellen: a) 83ier SioflrQpfticn Snnocenj' VI. bei Baluzius, Vitae pap. Avenion. I, 321—62,
918-74, 1433—35, <ßaviS ll>93 unb bei Muratori, Scr. rer. Ital. III, 2 p. 589—610 (vgl
Zf). ßinbncr, lieber einige Quellen jur Sßapftgefc^. im 14. Sa^rl)., in gb© XIIr 235 ff. unb
36 656; $almf lieber einige «ßapftleben beS 13. unb 14. 3abr&., in &b© XIII, 579 ff.). —
b) ©^reiben Snnoccn^ VI. bei Baluzius, Vitae etc. II, 752—55 unb Miscellanea VII, 155,
$ari8 1715; Martene, Thesaurus novus aneedotorum II, 843-1072, $ari« 1717 (pal.
£&. gÄenjel, gtalien. ^olilif ÄarlS IV. 1355-1368. fciffert. ^>aQe 6.44, Hnl). IV): Wad-
ding, Annales Minorum VIII, 431-80, Mom 1773; Mansi XXVI, 308- 311, feenebig
40 1784; Rymer, Foedera, in ber 91u8gQbe üon (£afel) unb ^olbroofe, fionbon ©b III, Xeil I
1825, Seil II 1830; Huilarium Ronianum IV, 502—19, Surin 1859; Theiner, Codex di-
plomat. dominii teraporalis s. sedis II, 241—393, 9fom 1862; SBeruudfQ, Exoerpta ex re-
gistr. Clcmentis VI et Innoceutii VI, 3n"^br. 1885 (i»gl. $Berun«fQ, ©emert. über bte im
«at. «rdjio befinbl. föegift. (£lem. VI. unb 3nnoc. VI., in 9Rt b. 3nftit. f. öfterr. ®ef4id)td-
46 for(d)ung VI, 140 ff. 1885); SBinfclmanu, Acta imperii inedita II, 862, 3nn«br. 1885;
ßimniermann, Acta Karoli imp. ined., 6. 161, 183, Snnöbr. 1891; Filippini, La primi
legazione del cardinalc Albomoz in Italia, con docum. ined., in Studi storici V, 81 — 120,
377 - 414, 485-530, fiiüovtto 1896; Cerasoli, Innocenzo VI e Giovanna I di Napoli (Do-
cumenti inediti deir Arch. Vat.), in Archivio stör, per le province Napoletane XXII,
60 183-203, 351-370, 507-528 (1897) unb XXIII, 3-21, 275-304 (1898); Daumet, In-
nocent VI et Blanche de Bourbon. Lettres du pape publ. d 'apres les registres du Vat,
s?ori« 1899. - öofjmer, Regesta imperii VIII (cd.£mber) ©.507-513, 658, SnnÄbr. 1877
unb Reg. imp. VIII., Additam. I (ed. #uber) S. 782—93, 816, SnnSbr. 1889. — c) Cftro«
nifen: Johannes Porta de Annoniaco, Li ber de coronatione Caroli IV imp. Bom. (ed.
55 hofier in 83ettr. §. ©efd). ©öbmenö, 1. 9lbt. 2. 93b, «ßraa 1864); Benes Krabice de Weii-
muel, Chronicon (Pclzel et Dobrowsky, Script, rer. Bohemic. IL, ^Jrog 1784); Henricos
dapifer de Diessenhoven, Hist. eccles. Cööfjmcr, Fontes IV, 86 ff., ©titttfl. 1868); Matthias
Nuewenburgensis, Continuatio (^3ö^m., Font. IV, 281); Henricus de Rebdorf, Annal. im-
perat et pajmr. (©ötjm., Font. IV, 503 ff.). — Matteo Viliani, Istorie Fiorentine (Murt-
go tori, Scr. XIV, 9-728, wettere Wuäg. bei ^ottfjQft, »eflwetfer II, 1093); Cronica d'Orvieto
(Murat. XV, 643—94); Ranieri Sardo, Oronaca Pisana (in Archivio stör. Ital. VI, 2
p. 73—244). — Liber pontificalis 11, 192 (ed. Duchenne, ^ariö 1892); Raynaldus, An*
3mt0cetij VI. 133
Utk* ecclcs. (ed. Theiner) 33b XXV, 478, 540-604 (1880) u. XXVI, 1-64 (1872). -
Froissart, Croniques (Äu«g. bei $ottf)aft SBegto. I, 472); Script rer. Prussicarum, edd.£irfd),
26pi*n u. ©trebite, Üeip^ig 1861— 74, II, 77 f., 523. 111,74,109. V, 396; Gallia christiana,
Sbll, IV, VI, X-XIII ed. P. Piolin, «ßariS 1870 ff., »b XIV— XVI ed. B. Haur&ro, <ßari3
1856—65 (\. b. Index generalis $u jcbem 93b. unter Romani pontif.). — SBgl. ©tct3jd)röber,8nr 5
Ouettcnfunbc ber $a*ftge|d). b. 14. %ai}xf)., in #3© XI, 240 ff. (1890); Sangl, $ie päpftl. föegift.
oon »cncbütXn. bis ©regorXL, 3nn3brucf 1898, - Sßott^aft, SBegiu. burd) bic ©efd)id)t8«
werte be* euroö. Mittelalter« II, 1390. 2. Muff., Berlin 1896; Chevalier, Repertoire des
gourcea hist. du moyen äge ®. 1116 ($ari3 1877-86) unb Supplem. ©. 2659 (^ariS
1888); Fabricius, Biblioth. Latina mediae et infimae aetatis IV, 327, Florentiae 1858. io
gtttcratur: a) «agemein: @rfci) u. ©ruber, ©neljflott. II, 18, 6. 424, Seidig 1840;
NouveUe Biogr. genende XXV, 910, ^ariö 1858; SBefcer u. Seite, Äirdjenlejifon VI, 744.
2. «uff. 1889. — Duchesne, Hist. de tous les cardinaux franc. I, 546-50, «ßariS 1660;
CSaconius, Vitae et res gest. pontificum Rom. II, 521-43, 9iom 1677; Gör. SB. g.SBalcb,
(Entwurf einer aollfiänbigen #iftorie ber röm. «ßäpftc, @. 316, 2. Aufl., ©öttingen 1758; 16
«r*ib. »oroer, Unöart. $ift ber röm. «ßöpfte, überf. ü. föambacft, 8. Seil, @. 428—42,
9tagbeb. u. fieipjig 1770; Cardella, Meraorie storiche de' cardinali II, 164, ÜRom 1793;
J. B. Christophe, Hist. de la papaute* pendant Je XIV© siecle II, 222—352, «ßariS 1853
(überf. x>. Witter, ^aberborn 1853): #öfler, $ie $Mgmut. $fipfte, @. 45, SBien 1871; Cerri,
Innocenzo papa VI, Torino 1873 ; ftergenrötber, ftanbbud) ber allgem. ßirdjengefd). II, 20
27— 30, 111,345, 2.*ufl. 1879, 80; $aftor, ©ef«. ber «ßäpfte I, 77. greiburg 1886; 3ung.
mann, Dissertationes selectae in historiam eccles. IV, 167, 231, 235, Ratisb. 1886; Cristo-
fori, Storia dei cardinali I, SRom 1888; Soud)on, <ßapfttu(U)len @. 55 ff., ©raunfd)roeig1888;
0. $efele-*nöpfler, <&© VI, 697-708, 2. «ufl. 1890; @f)rle, Hist. bibliothecae Romanor.
pontificum I, 193-249, 644 ff , 692, 784, 9tom 1890; Eubel, Hierarchia cath. medü aevi, 25 -
p. 18, Monast 1898. — b) Stalten: ©ugenfjeim, ©efdj. ber (Sntftefjung unb SluSbilbung
be* fttrcftenftaatÄ, 6. 256 ff.. Seipjig 1854; «ßapencorbt, ©efd). b. ©tobt töom, @. 415 ff.,
?übcrb. 1857; ffieumont, ©efeft. b. @tabt SRom II, 897 ff., »erlinl867; ©regoroüiu«, ©efd).
b. Stobt Hont VI, 338 ff., Stuttgart 1878; SBurm, $ie Abberufung be8 Äarbinal« «Ibor«
*>** $3« XII, 538 (1891); SBurm, Starb. Albornoj, Sßabtxb. 1892 (mit Oueflen« u. Sitte- 30
ratnr*$erfteidjni8) ; Filippini, La prima legazione etc. f. 0. unb La riconquista della stato
della chiesa per opera di Egidio Albornoz, in Studi storici VI, 169-213, 343—378 (fii-
wrno 1897). — c) Jcaifer unb SReidj: $eljel, ßaifer Äarl IV, 2 93be, <ß™g 1780; SBe*
run3fy, 3talien. $olitit $apft 3nnocen$ VI. unb Äönig tfarl IV. in b. 3af)ren 1353 unb
1354, «ien 1878; Serunäfy. $er erfte SRömerjug Staifer flarl IV., Snnöbr. 1878; 2Be* 35
nmatto. ©efd». Äaifer ÄarlS IV., 2. S3b, 2. Abt., 3nn36r. 1886, 3. 53b 1892; @tol), 2)ie
polit. ©ejieijungen awifäen Äaifcr unb $apft in ben Sauren 1360-1364, 3)iffert., ©tra&b.
1881; IRenjel, Stalien. ^olitif Jcaifer tfarlS IV., ©lanfenburg a. ^>. 1885; Äröger. 3)cr
tiofhtb unb bie $olitit Iraifer Staxl^ IV. bei ber $efe$ung ber beutf^en 9teid)dbidtümer.
Difjert.. IRunfter 1885; fiinbner, ^)eutfd)e ©efa^. unter ben ^abdburg. it. fiujrenburg. II, 40
41 ff.f Stuttgart 1893; ftirfd). ^)ie päpftl. ÄoOeftionen in 2)eutfd)tanb mä^reub bed 14. 3al)r=
*iuibeTtd,¥ttberbornl894. — d) grantreidj u.ßnglanb: e. 91. ©eftmibt, ©ef*. oon Sranfrei*,
» II, Hamburg 1840 (beeren- Ufert); $auli, ©ef*. ü. ©nglanb S3b IV, ©otfta 1854 (beeren*
Uten). — e) Spanien: <Sd)irrmat&er, ©efä. ö. Spanien ©b V, ©otlja 1890 (^eeren»Ufert);
Duunet, Innocent VI et D. Pedro Ier roi de Castille, in M^langes d'archeol. et d'hist. 45
XVII, 153 ff., $ariS 1897; Daumet, Innocent VI et Blanche de Bourbon, ^axti 1899.
Sorte ben. ©tefon 3lubett ift geboren im 3)orfe 3Kon^ in ber 35iöjefe bonShnogeS.
Sr begann ferne Saufbabn atö ^rofejfor bed tpeltlid^en 9lec^tö in Xouloufe unb tourbe
bann ber &öc$jte rid^terKc^e SSeamte biefer ©tabt ; fcäter finben toir tr/n, nad^bem er RU*
rite (jetoorben, auf bem btfc^öflic^en ©tu^Ie non 9?o^on, melden er 1340 mit bem Don w
Qennont fcertauföte. Semen« VI. er^ob t^n 1342 jum Äarbinalpre^bvter unb 10 3<ir/te
naäfba utm itarbinalbifdbof Don Dftia unb SeQetrt, fotoie jum ©ro^)5nitentiar. 9lad)
bem ^mfc^eibm (Sternen«' VI. Ratten bie Äarbinäle unter [\q eine 3B(u)ßapituIation oer«
anbart, xtxlty bem au« ifyrer SRitte ©efeäblten oerfd^iebene Verpflichtungen auferlegte.
Sie tmc^rinften Seftrmmungen toaren folgenbe: ber julünftige $apft foule bie ©ebiete ber 66
tfmtföcn Ärn^e nic^t t>eräu|ern ober gu Serben aufteilen oxjm vorangegangene @enefy*
■igitn0 tnm jtoei Dritteln be« KarbinaföloQegium«, ferner foQte er leinen Marbinal ab-
tyn, gefangen galten, fu^enbieren, erfommuni^eren o^ne $uftimmung be« ÄoIIeaium«,
ja ba« neue Ober&auj>t fottte bie gefamten ©infünfte ber Ätrd^e jtoifd^en ftd^ unb bem
ÄrrbrnalSfolIegtum teUen, toä^renb bte^er ben Äarbinälen bic §ä(fte nur ber mit bem w
Kamen census bezeichneten Sinlünfte juftanb (Dgl. .Uirfc^, Die ^inanjDertoaltung be«
ÄarbinalMegtumS im 13. unb 14. 3a^., 3){ttnfter 1895). Diefe Vereinbarung mürbe
fem fämtfi<$en Äarbmälen angenommen, t>on einigen jeboc^ mit bem 33orber/alt, ba^ fte
^ienmt ferne rec^tötnibrige ^anblung begingen. ^u fecnen' b" ^^ ^(aufel hinzufügten,
je^dete au$ ber ftarbinalbtfc$of ©tefan t>on Dftta; er tourbe am 18. ie^ember 1352 65
134 3nnocettj VI.
!um 9to<$folger ©lernen«' VI. geteilt. 9Jid^t lange nadb antritt feinet $ontifi(ate* er*
(arte er jene SBa^Kajntulation ber Karbinäle für gefe^tDtorig unb nichtig, ba fte bie bem
$apfie Don ©ott Derltefyene 3Rac$t einfd&ränfe.
!gnnerfird&lic$e«. 211« erfle« na^m ber neue Sßapfi eine burdbareifenbe Steform
6 ber (irttylicfyen 93ertoaltung in Singriff. Sofort toiberrief er bie Don Cuemen« VI. ben
^rälaten behelligten 93eneftjien unb erfiärte ftcty gegen bie SBluralität berfelben. Stele
Kommenben, SieferDationen, (Sjpeltationen feiner SSorgänger (affterte er; toeiterfcin fdtärfte
er ben fyofyen ©eiftlictyen auf ba« ftrengfte tyre 9*eftbcntf>flic£t ein, Derminberte bat &i£u$
ber päpftlictyen Aoffytltung unb nötigte ba« Karbtnal«rolJegtum, fu$ einer einfachen 8e*
10 ben«toeife ju beftajjigen. 3m Igntereffe einer orbentlkfcen SRed&tfyflege fd&uf er für bie
auditores rotae ein fefte«, fixere« (Surtommen.
Stauen. 3)a« anbere grofee3tel, ba« ftc^ ^nnocenj geftefft $atte, fear bteSBieber*
ertoerbung be« Kircfyenftaate«. 1353 fanbtc er ben Karbinal SUbornoa, bem er biefe Auf*
gäbe übertrug, na$ Italien unb mit tfym Sola bi Slicnji, ben römtf^Ten 3Sol!«tribun, ber
16 au« feinem Kerler in SlDignon entlaffen tourbe, um nunmehr al« etn Organ ber p&ipfc
liefen ?ßoüti( in Italien ju hrirfen. Salb unterwarf SHbornoj 9tom, unb Sola trat fein
3hnt al« Senator an, ba« er aber nur feenige Monate Dertoaltete: eine (Empörung ber
Stömer machte am 8. Dftober 1354 feinem Seben ein 6nbe. $n ber $offmmg, ba« Xn«
fetyen be« Karbinal« älborno* in 9tom ju fyeben unb bie päpjtltc&e gartet in Stalten $u
aoftärfen, betrieb beruft auty eifrig ben Dom Könige Karl IV. beabftd&tigten Stonnug (f. u.).
üWtt grofcem @cfc$icf fe^tc ber Karbinallegat bie Unterwerfung be« Kmfcenftaate« fort, btter
1357 nad& Sfoignon jurücf (efyrte ; infolge ber Unfä^igteit feine« 9lac§folger«, be« Äbte«
Slbroin DonSlugnlp, jogällbornoj 1359 hrieber nac$ Italien, too er in ben näcMen $ofyxa
bor allem mit Samabo S3i«(ontt Don SDtailanb um ben SSefto Sologna« !ämj>ten mufcte.
26 Kaifer unb 9tei$. 3)a« S3erfyalten be« JSapfte« ju Kaifer unb 9tei$ trug einen
friebli$en ßbarafter. 3m ©egenfafc gu feinem Vorgänger legte Snnocenj ber Somfa^rt
Karl« IV. feine $inberniffe in ben 2Beg. SWerbing« Dolfyog er nic$t t>erfönlidb in
9tom bie Katferfrönung, fonbern beauftragte bamit ben Karbmalbifd&of $eter Don Dfüa.
33on biefem empfing am Oftertage (5. 2tyril) be« %afyx& 1355 Karl bie Krone, naefibem
so er ben am 26. Slpril 1346 ju äDignon geleifteten (gib ftrieberfcolt fcatte: toeber in Storni
noety in ben anberen ©ebieten ber Kirche innerhalb unb außerhalb Italien« irgenb toüfy
Sterte au«$uüben, fotoie gleicty noety am Xage ber Krönung mit allen feinen Seilten 9tom
&u Derlaffen unb oljne au«brücfltc^e @rlaubni« be« $apfte« nie toieber ba^in gurüdjute^cen.
2)ie tiefe (grniebrigung be« Äaifertum« offenbarte fid^ t>or aller 9tugen, al« ber ©efrönte
86 na$ bem feftltd^en 3Ka^le fof ort — hrie er gefroren — bie etoige ©tobt DerTte^ unb
feine §eimfa^rt antrat. 3n ben folgenben S^^ten na^m Äarl ber Äurie gegenüber eine
felbftftönbtgere SteDung ein, unb bie @intra$t jtoifc^en ftaifer unb ^ßa^ft toar jutpeilen
ni$t me^r biefelbe h)ie früher, ofyne bag e« aber jum Konflitte (am. §n ber (Solbenen
Sude War ba« 93eftätigung«red^t ber ^äpfte bei ber 9&af)l be« beutföen König« mit (einem
40 SBorte ertüä(?nt toorben. 2Benn jene« @efe$ ferner beftimmte, ba^ toäBrenb ber @eb&
toafanj bie Äurfürften toon ©ad^fen unb t>on ber $falj bie Stegierun^ übernehmen fottten,
o h)arbaburd^ ber 9lnfprud^ be« ©tu^le« $etri auf ba« 9lei(^«t)i(anat ftiafqtoeigenb be»
eitigt. 2)afe ^nnocen^ ben hiergegen erhobenen $roteft toieber fo fc^nell fallen lie|, erBart
\d) nur au« feiner ^neben«liebe. @« gelang fobann ^nnocenj nid^t, na$ ber SdUad^t
46 bei 9Jtau)>ertui« (1356) ben Kaifer für eine energiföe SSermittelung jtoifd^en ^anJEret^
unb (Snglanb gu gewinnen, and) fpäter in bem Kampfe um Bologna bemühte er fid^ M»
geben«, Karl gu einem Sünbni« unb }um @infc$reiten gegen SBarnabo 3Si«(onti ju be«
tocgen. 1359 fd^rieb bie Kurte, um befonber« ba« für bie italienif($en gelbjüge bc« Kar»
binal« Sllbornox erf orberlid^e ©elb m befc^affen, für $eutfc§lanb einen Santax au«. XU
60 ber t>äpftK$e 92untiu« auf bem *Rei$«tage ju SRain) biefe ©elbforberung rechtfertigen
tooDtc, erfiärte ber Kaifer, betoor bie Kurie ©elb verlange, möge fie ben beutf&en Klentf
reformieren, fonft toerbe er bie Sefferung be«felben in feine #anb nehmen. Salb barauf
empfahl auch ber $apft ber beutfe^en ©eiftltc^leit eine Reform, toie fte Karl toünfc&tt
hingegen auf bie götberung Karl«, bie Süßen, toeld^e Giemen« V. gegen $etnri$ VIL,
66 Karl« ©rofetoater, crlaffen ^atte, jurücfyuneljmen, ging ber ^Ja^ft nic^t ein. Xnberfettt
ertöte« er ftd^ aber toteber bem Katfer gefällig, tnbem er beffen vertrauten SlatgAer, ben
Sifd^of 3)tetrtc^ Don SKinben auf ben crabifrfjöfltdjen ©tu^l Don ÜKagbeburg braute unb
baburet^ bem #aufe fiujcmburg bie geplante ©rtoerbung Sranbenburg« erleichterte,
granlrcic^. 3um fratuöftfe^en §ofe ftanb ^nnoccnj in freunblicbem 33er^altn&
oo ©e^r Diel loar i^m an ber Seenbigung bc« Kriege« jftnf<$en granfceicy unb (Snglanb
Sonoren) VI. ^nnocen* VII. 135
gelegen. Stte in feiner ©eaentüart ju äfoignon 1354 greif d&cn engfiföen unb frmuöftfd^en
8ä>ottmäc$rtgten toegen Serlängerund cme$ SBaffmftuIftanbeS geführten Sertyanblungen
entforac^en aber in ibrem SSerlaufe nid&t ben ßrroartungen beä fricMiebenben <ßaj>fte$.
9ta$ auf bem ©<^la^tfelb Don 3Jtau}>ertute fuc^te ber Äarbinal 2aletyranb ben ßampf
aufzuhalten, jebo<$ im SBertrauen auf feine Übermacht uerroarf Honig ^o^ann bon gfranfc 5
iti$ bie Scrmittelung^orfc^Iäge beä Äarbinafä. SDte @d;lad)t entfepieb ju ©unften be$
f^toar^en Crimen, h>ek$er ben franjöfifd&en Äönig gefangen nac§ Sonbon führte. @3 mar
baö Serbienfi ^nnocen)' VI. unb feiner SeboHmäcfytigten, bafe ber triebe non 93r6ttgnty
1360 bem Slutoergieften ein @nbe machte. — 35urd) bie Sparen non gfreibeutern, bie
ft$ in f$ran!rei$ ttxtyrenb beä ÄriegeS gebilbet hatten, tourbe aud; baä päpftli<$e ©ebiet 10
jeünxtfe ^eimgefud)t. 5E)te befonberS berüigtigte Sanbe be$ Slrnolb b. ßernoQeä, bie „9lou*
tierS", toermo$te Ignnocenj Don ber ?ßlünberung SfoignonS, baä er bamafö gerabe be*
fefrtgen Refe, nur bun$ bie Sa^lung einer gto|en ©elbfumme abgalten (1357).
Bpanitn. ©egen ?ßeter I. ben ©raufamen bon ÄaftiKen (1350—1369) trat ber
$apß mit allen ber xir$e ju ©ebote ftetyenben Mitteln auf, um Ujn ju bewegen, feine 15
redptmäfeige ©attm SWanca bon Sourbon, bie er üerftoften, ftneber in ifyre Stellung ein?
*ufe$en unb fid) Don feinen Äonfubinen ju trennen. SDtc Streulofigfeit beä ÄönigS jroang
^nnocen) )u toieber^olten Walen, ben Sann über <ßeter, baä ^nterbift über Äaftilien ju
bedangen; bie ptyftlvtyn 3*nfuren Ratten immer nur neue 23erfic$erungen unb ebenfo
bide (fibbrüä)e *ßeter$ jur ftolge. 9lufy minber ergebnislos blieben bie 93emüfyungen ber 20
fturie, gtarif$en bem genannten §errfc§er ÄaftiUenS unb bem Äänige $eter IV. bon 2lra*
gonien einen ^rieben ju Vermitteln.
tyx feinen legten 2eben$ja$ren war Igmtocenj mit bem ©ebanlen eines ÄreujjugeS
mb einer SBieberbereinigung mit ber orientalifd)en .Htrc^e beföäftigt. 2lber mitten unter
ben Serfcnblungen mit bem grie$if$en Äaifer Sodann SßaläologuS ftarb Snnocenj VI. 26
am 12. September 1362. 9u$ bie 3bee, bie Stobt 9lom roieber ut betreten, rooju ber
$atA fron Äarl IV. ermuntert toorben roar, tarn erft unter feinem vladbfolger Urban V.
pir SuSfäfrung. (R. BM^t) SRas Rattwanti.
3mioee«j V1L, $aj>jt Don 1404—1406. — Ou eilen: Vita Innocentii VII ex
Codice MS Vaticano ap. Muratori, Herum Ital. ßcr. t III, p. II. p. 832 sq.; Vita Inno- 30
ccotii VII ex additamentia ad Ptolemaeum Lucensem, c Codice MS Fatavino, ibid.
p. 834 aq. JJn ^Betreff ber ©riefe 3nnoeen$ VII. unb einer üon Ujm fle^allenen 9fiebe üal.
Sobririu*, biblioth. Lat med. aevi, t. IV, p. 103 ; 2)ietrid) ü. ^iet)eim, De schismate, lib. II,
c 34 sq. (ed. ©rlcr. Seityia 1890; berf., i)ietr. ü. 9?., ebb. 1887); Antonii Petri Diarium
Romanum, ap. Muratori, Ker. Ital. scr., t. XXIV, p 968 sq. ; Leonardi Bruni Aretini 35
epiatolarum hb. VIII, reo. Mehus, glor. 1741; berf., Rerum in Italia suo tempore gesta-
nnn commentarius, ap. Muratori, q. q. O. XIX, p. 909 sq.; Infessura, Diario della
citta di Borna, ap. Muratori, t. III, p. II, pag. 1116 sq. ; Uentüis Delphini diariura,
p. 844aq.; Piatina, De vitis Pontif. Rom. in ber $ludgabe: Coloniae Agrippinae 1626,
p. 262 »a.; Baynaldus, Ann. eccles. ad ann. 1404— 1406 ; feiner: Cod. dipl. dominii tem- io
poralis 8. Sedis, t. III ; Gayet, Le grand schisme ((. u\
Bearbeitungen unb allgemeine üttteratuv: DuPuy, Hist du schisme 1378—
1428, $ari* 1654; Vitae et res gestae Pontif. Born. . . . Alph. Ciaconii . . et alio-
ram opera deacriptae, t II, Roraae 1677, p. 711 sq.; 3Raimburg, Hist. du grand schisme
d'Oocident, ?ari« 1678; (J^r. «3. 8rr. ©aldj, Entwurf einer üollft. ^iftorie ber römif^en 46
«Wie, 2. «uÄgabe, ©5ttinaen 1758# @. 328 ff.; %rdj. »oroev, Unpart^. fciftoric ber röm.
Wtef 9. Zeil überf. üon SÜtamba«, «Wagbeburg u. fieipj. 1772; @. 36 ff.; SBeffenberg, S)ie
frokn ftir^eni>erfaminlunaen bed 15. u. 16. 3a5rlmnbert$, 33b II, Sonftanj 1845, 6. 48 f.;
ikri^op^t, Q^dj. beS ^apfttumd wfi^renb be3 14. 3a^rt)unbertö, überf. Don ftitter, III. 99b,
fiberborn 1854; ©.153 ff.; ®<&tt>ab, 3o^. (SJerfon, Sürjiburg 1858; $öfler, 9?upre4t üon 60
** f Wj. Sreiburg 1861 ; $efele, «onj,ilienflef4v »b VI, Sreiburg 1867, @. 748 ff. ; JReu-
■omt, 0kf4. ber ©tabt Hom, II. ©b, »erlin 1867, @. 1110 ff.; ©regorooiuS, öefdjicftte ber
Sfabt 8tom. 9bVI.f 3. «u](.# ©tuttg. 1878, ®. 542 ff.; Creighton, Hist. of thePapacy du-
ring the period of the Ref. I, Sonbon 1882, @. 162 ff.; $aftor, ©efd). ber köpfte feit bem
Iiigonge be* «R«« I, 8rreiburg 1886, @. 129 f.; 3ungmann, Dissertatt. sei., VI, Ratisb. 66
1887, p. 277; Qayet, Le grand schisme d^eeident d'apres des docc. contemp., 2 53finber
|tri4 1889-1890; Valois, La France et le grand schisme d'oeeident, 2 $be, $ori§ 1896;
*wttx, Die (Entfiebung ber (on^liaren X^eorie k.; 91Q3 Suppl. 1893; ©eitere ßitteratur
f. Hüter ©enebift XIII.a unb 93onifatiu§ IX.
6oftmo be SRialiorati, aud ©ulmona in ben Slbru^en gebürtig, toibmete ftd) ur< 60
ftränglty bem ©tuotum be^9le^tö; Urban VI. $og tyn an bie Kurie, übertrug ifym bie
Smfammlung ber bem Stuhle $etri )uflie|enben Summen in (Snglanb, erl^ob t^n juerfi
136 dnitocetta VII.
jum ©rjbifd&of bon Slabenna, fyäter jum Siföof bon Bologna ; Sontfaj IX. na$m i$n
1389 in bie Steige ber Äarbinälc auf al« ßarbmafyriefter bon ©ta. ßroce m ©erufalemme ;
unter biejem $apft War bcr flarbinal bon Bologna — fo Würbe Gojtmo nacg feinem
93tf$of3ftyc allgemein genannt — eine ber emfluf$rei$ften unb gead&tetjien ^erffciltdpfeiten
6 an ber römiföen Jturie ; fein fxttenreiner £eben«Wanbel, feine ffeenge 9«fefe, feine um*
faffenbe Äenntni« be« fanonifd&en Stecht« unb feine ©ef<$äft«getoanbt$eit $aben na$ bem
Xobc Sonifaj' IX. bie Sota ber Äarbmäle auf tyn gelenft : am 17. Oftober 1404 ging
aus bem ßonflabe ber Äarbinatyriefter bon <&ta. Groce al« Sßapft Snnocenj VII. fcerbor.
3lu$ er fcatte, wie alle feine ßottegen, bebor fte jur 3Ba# jufammentraten, eine Schrift
10 unterzeichnet, in beider er fic$ berflic^tete, für ben %dü feiner ©rtyebung auf ben Stubl
$ctri alle« (Srbenflid&e jur Beilegung be« bie Äircfce berjefcenben ©<$i«ma« ju t$un, ja fdbft.
Wenn e« erforberlicfc fei, bie päpftltd^e Ärone ber äSieber^erfteÜung ber fir^Ii^en @b$ett
jum D))fer ju bringen. @in biefer Vereinbarung juWiberlaufenbe« 93erft>rec&en gab aba,
Ignnocenj VII. ba(b nacfc feiner 2Bafyl bem ßönige 2abi«lau« bon 9Zecä>el, na$bem biefer
16 bie SRömer jur äfoerlennung be« *ßaj>fte$ unb jur Slbfd&liejjung eine« ipre ftäbtifc&en grei*
tyeiten fu^ernben Vertrages beWogen (27. Dftober 1404); er gelobte, mit feinem Segen«
papftc Senebift XIII. unb beffen Äarbinälen nur unter ber SBebingung fidb auSjuföbnen,
bafe borber ba« Slnred&t be« £abi«Iau« auf Neapel flc^ergefteHt fei. 3Ulerbing« Derief
Snnoccnj VII. no$ am ©$lu| be« ^a^red 1404 ein allgemeine« ftomil )ur Seilegimg
20 be« fircpctyen 3to\tfp<d& für ba« näd^fte Igatyr nac§ 9tom ; ba| ba«felbe nicfct ju ftanbe
tarn, fear nid&t bie @$ulb be« ^Sapfte^ ; bie Körner, mit bem ÜRafce ber tynen gehörten
Siebte nocfy nid^t jufricben, fugten Ignnocenj VII. juerft auf bem SBege ber Unterhalte
fangen, bann mit bewaffneter §anb ju größeren gugcftänbniffen ju bewegen, bun$ bie
grebelttyat eine« päpftlicfcen 5Re^oten jur äufjerften Erbitterung getrieben, griffen fie am
26 6. Sluguft 1405 ben ptyfttid&en ^Jalaft an, nur bie eiligfte gluckt tonnte gnnoceni VII.
unb feine Äarbinäle bor bem brofyenben lobe bewahren. 2Bar aud& bur# biefe pwifiväft
Verlegung be« päpftlid^en $ofe£ bon 9tom nacf) SSiterbo ba« nac$ 9tom jufammenberufene
Äonjil unmöglich geworben, ber Sufftanb ber Körner ^ätte bo(§ infofern bem 9BerIe ber
SBieberberfteuung ber Rird^enem^eit )u ftatten tommen tonnen, aU «jener SabtelauS bon
30 3ltapd, bem ber ?ßaj>ft bie oben ertoä&nte, feine aftionSfrei^eit in ©ad^en be3 ©c^temaÄ
lä^menbe Sufid^erung gegeben, einen leil ber aufftänbifc^en SRömer für fu$ gewonnen
unb mit tyrer ^ilfe ftcp SlomS gu bemächtigen fud^te, ^ierburc^ aber Snnoceng VII. felbji
feinet 93erfj)red^enS entbanb, ja tyn jur Slntoenbung ber fyärtefien Äir^enftrafen nötigte —
ber $apft t^at Sabi^lau« in ben93ann unb entfette benfelben feine« throne«. 30&er bom
36 erften S3eginn feine« ^ßontiftfats War e« 3nnocen8 VII. nid^t ernft um einen bie Äird^e
einigenben 9(u«gleid^ mit Senebift XIII. getoefen ; bergeblic^ War e$, baft Äarl VI. bon
3rranfreid&, bie ^arifer Uniberfität, ber beutfdje Jtönig Su^rei^t unb ber Äönig bon Äaj&
Iten ftd? eifrig burc^ ©efanbtfd^aften an bie Beiben um ben ©tu^I <ßetri (äm^fenben $ra«
tenbenten bemühten, ber Äir^e ben inneren ^rieben toieberjugeben unb ju biefem Stadt
40 balb bie Berufung eine« allgemeinen ÄonjilS, balb bie äbbanlung ber beiben ty&pfy unb
bie3leutoa^l burd£ ein au« ben bi«^erigen Äarbinälen 33enebift« XIII. unb Snnocenj* VII.
ju bilbenbe« Kollegium in 93orf$lag brauten. Seibe ^ä^fte jeigten glei$ Wenig Sufi,
ben SJBeg berßejfion ju betreten; jeber bon tynen be^auj)tete, nic$t er, fonbern fein (Segnet
trage bie Scfyulb, bafe ba«@<^i«ma fein @nbe noty nid^t erreiche; nur benahm ftc^ Sene»
46 bift ber XIII. bei ber 3lbtoeifung aller an ifyn gefteUten ^orberungen um btele« Rüger
al« fein ©egner ; er begab fiep naefy 3taKen/ angebKc^, um buri j)erfönlic^e Unterhatte
Iungen mit feinem 9* Walen bie Beilegung ber ftirc$enft>a(tung ju befc^leunigen, t^atfäc^
aber, um fw$ mit §ilfe ber aufftänbifdfcn Körner rafd^ jum §errn ber ©tobt unb be*
©tu^le« $etri ju machen, äl« er bon ©enua au« an ^nnocenj VII. ba« ©efud^ richtete,
60 ben ©efanbten, bie er jur 93erfyanblung über bie 5Rittel, ben Kirchlichen ^rieben ^erbeip
führen, an ifyn abjuorbnen gebenfe, fixere« ©eleit ju garantieren, berWeigerte biefer oie
fo biQig lautenbe ^orberung mit bem Semerlen, Senebttt XIII. fei boc^ mfy entfttt^
bereit, ba« @$i«ma burd^ 3u9ef^n^n^e aufju^eben. @nblic^ War e« ^nnocenj VII. im
Januar 1406 Wieber bergönnt, nad^ 9tom jurüdEjufe^ren ; i^n rief ba« Parlament ba
66 ©tabt, nic^t gewillt, für ben $a})ft al« Se^errfd&er ben Äönig bon SReapel einjutaufc^cn.
©d^ltefelic^ gab auc^ 2abi«lau« bon Jlea^el bte @ngel«burg, bie er befefct ^atte, bem $apfk
jurüdt, ber i^n bafür bom Sänne löfte unb jum 35efenfor unb Sannertr^er ber Äird^e
ernannte; balb barauf berfd&ieb ^nnocenj VII., am 6. 9lobember 1406. ®a| er eine«
unnatürlichen lobe« geftorben, Würbe Wotyl unter ben Äurialen in 3lom erjcü^lt, fc^eint
üo aber blofe auf Vermutungen feiner ferneren Umgebung ju berufen.
3ftnwcntj VII. 3mtoceitj VIII. 137
Söenn 3)ietri$ bon 9lie$eim tyn einen „magnus Simulator" nennt, fo toax biefer
Sortourf infofern jutreffenb, ol* gnnocenj VII. eine ©eneigtyeit jur SBiebertyerfteHung
bet fii$It$en ©in^ett erheuchelte, bie feiner Seele gang fremb toar, unb toenn berfelbe
jehgendfftfctye ©c^riftftcHer Ijinjufügt „suos statim in divitiis temporalibus sublima-
vit", jo ertoeift bie ©efctyicfyte cuxd) biefe Slntäulbigung ate toöQig gerechtfertigt. Ser^teb 6
er tax$ fofort jetnem Siepoten Sobotnco SKigliorati jene entfefelicge Sluttfyat, tocl<$e bie
Xefeolutiim m Stom ^erborrief unb ^nnocenj VII. jur f^Iud^t nac§ SSiterbo nötigte — Sobo-
toico tytitt 11 Sttgeorbnete ber ©tabt bei ifyrer Stüdftetyr bom ^Ja^ftc überfallen unb
einen na$ bem ärgeren ermorbet; eine geiftlid^e Sufte toar alles, toaS ber gütige Dnfel
ban Steffen ate Strafe auferlegte, unb balb barauf berliety er itymSlncona unb pernio ; bafe 10
jener Überfall auf baä ©e^eife 3nnocenj VII. geföctyen, ift eine toenig glaubtoürbige
9ta$ri<$t (3*c*ffel f) »ettratfj.
dssfces) VIII., ^Japft bon 1484—1492. — Ctuellen: Diarium romanum urbis
ab anno 1481 ad 1493, ap. Muratori: Rer. Ital. Scr., t. III, p. II, p. 1070 sq.; Infes-
surm: Diarium romanae urbis, ibid. p. 1189 sq.; Joh. Burchardi diarium Inuocentii VIII, 15
ed. Gennarelli, Floreuz 1854. baf. ed. Thuasue I— II, Paris 1883 f.; Jacobus Volaterra-
nus: Diarium Romanum de Xisti IV pontificatu a 1472—1484, ap. Muratori: Ber. Ital.
Scr. t XXIII, p. 87 sq.; Onuphrii Panvinii Pontific. Roman, vitae in ber Historia Pla-
tinae de vitis Pontif. Rom. . . longe quam antea Onuphrii Panvinii accessione nunc illu-
strior reddita, Coloniae Agrippinae 1626, p. 332 sq.; bie 83uflen Snnocenj VIII. finben fid) 20
in Cherubini bullarium magn. t. I, Lugduni 1665, p. 443 sq.; Epistola Innoc. VIII. in
Bahuias, miecellanea, 9lu8gabe üon Man ei, t I, Lucae 1761, p. 518 sq. 93erglcid)e aud)
Raynaldus: Annal. eccl. ad ann. 1484-1492.
*Ug. fiittcratur: Vialardi: vita d'Innocenzo VIII., Venet. 1613. lieber bie 2ob*
rebtn be$ $alitiani, Solieta unb fjieödji ugl. Sagittarius: Introductio in histor. eccles. t. I, 26
p. 697; Ciaconius: Vitae et res gestac Pontific. cum uberrimis notis ab Aug. Oldoino,
t III, Romae 1677, p. 89 sq.; Palatius: Gesta Pontif. Rom. t. III, Venet. 1688, p. 685 sq. ;
Cfc ». &r. »aldj, dntrourf einer t>oflft. fciftorie ber rbm. «ßfipfte, 2. 9lufl., ©btt. 1758,
6. 365 f.; ©o»er, Unpartb. fciftorte ber röm. $äpfte, 9. XI , überf. ü. SRamba«, SHagb. u.
Seityig 1772, 6. 383 ff.: @*röctt), IHrdjeng , 32. %l, Seidig 1801, @. 368 ff.; Viani, Me- 30
mone della famiglia Cybo, Pisa 1808; ©tömonbi, ©efdiidjte ber italienifdjen ghreiftaaten int
Mittelalter, au* bem gfranj., 11. %[., ßüricft 1820, 6. 274 ff.; #er$og, 3)ie romanifdpn
Salbenfer, $ade 1853, 8. 274; $auti, ©efcft. u. <£nglanb, 5. 8b., ©ottja 1858, <5. 529 f.;
Petracelli della Gattina, Histoire diplomat. des Conclaves t. I, Paris 1864, p. 298 sq.;
Sfumont, Qkfd). ber ©tobt «Rom, 3. 93b, 1. flbtlg., ©erlin 1868, ©. 187 ff.; Cherrier, Hist. 35
de Charles VIII, t. I, Paris 1868; ©regorooiuS, @ef*. ber Stobt 9iom, 7. ©b., 3. Aufl.,
Stuttgart 1880, 8.268 ff-; töeumont, 3ur ©efdjicbte fjerränteä üon Neapel, #81873; SReumont,
HoTtttio be SBebici, 2. 8b., fiebrig 1874, @. 272 ff.; 3af. ©urcfyarbt, S)ie Kultur ber SRe*
latffance, 3. Aufl., ßeipjig 1877, 6. 102 ff.; ©am«, $ic Äirctjengefd). üon ©panien, 3. S3b.,
1. tttlg., »eflen«burg 1876, @. 442 ff., 3. ©b., 2. Bbtlg., «RcgenSburg 1879, 6. 22 ff.; 40
Oreirfiton, History of the Papacy vol. III, fionbon 1887, @. 117—156; $oftor, ©ef«.
ber $8>fte feit b. *u8g. b. 9)W III, Srei6urg 1895, 6. 167—268; ©«neiber, S)ie tir*l.
Sirfffamfeit b. fiegaten 91. ^eraubi, #alle 1882; ©ottlob. S)er Scgat SR. ^eraubi (.&3©VI,
6. 438 ff.); $agen. $ie ^apftwablen uon 1484 unb 1492. Krisen 1885; ^an^öljl. ©entert.
iber bie »uüe gnnocetti VIII. 'Exposuit* (8t'Di93(JO, 1884). — $Rie$Ier, 3)ie ^ejenpro^ffe 45
1896; Stit\K, Der ^ejenma^n, %. 8- »eil. 38 f., 1896; »gl. b. Wrt. #eje, ^ejenproj. »b VIII.
9iobaitm Sattifta Gbjbö, geboren im ^a^re 1432 ju ©cnua, toax ber ©o^n bed 3Iran
fybb, toehfcr unter (Salqrt III. bie (Stellung etneä Senator^ bon 3(om inne gehabt, unb
ba leobortna be'3RarL ©eine y$\iQtrit> berbrad^te er am neafcoUtamfäen §ofe ; bann
begab er fty, um ben ©tubien obzuliegen, juerft nad^ ^abua, ftmter nac^ 9^om, n>ofel6ft 60
a bie ©unft bed Äarbtnal^ (Salanbrini, etne^ ^albbruber^ 92t(olau^ V., in fo ^o^em
Ka%e ertDarb, bafc biefer i^n in fein §auö aufnahm, i^m gur @rlangung ber betriebenen
«x^k^en ®rabe be^üflic^ toar unb (d)Ue^lic^ ba^ Saturn ©aDona burd? gmpfe^lung
bei $a^{t $aulll. üerf Raffte; ©i^tu^IV. übertrug i^m baäStetum Wolfetta unb freterte
tiß 1473 jum Äarbinal^riefter bon ©ta. Salbina. 2)af$ er nad) bem lobe btefeä ?Pa^fteö 66
bat ©tu# $etri befüeg (24. 9luguftl484)/ toar größtenteils baS Serbienft beS Aarbinal*
Siuliano beda Stöbere, be^ fpäteren ^a^fteö Julius II., )ebenfalls fein Scleg bafür, ba|
pa Criangung ber ^ften firc^lic^en SBürbe ein ftttenreiner Sebendtnanbel erf orberltc^ ;
Ifö ei bo$ in einem ßpigramme bon ^nnocenj VIII. — fo nannte fi$ ftarbinal 6^bö
ab $apß — „Octo Nocen8 pueros genuit, totidemque puellas, hunc merito eo
potent dicere Roma patrem". 3)ie Sma^l ber Äinber totrb freiließ berfd^ieben ange-
yben. $n ben erfiten Sauren feinet $ontif({atö fyat ber $a))ft, ber felbft eine fd^tnad^c,
138 3mtoccitj VIII.
cfcaralterlofe ^ßerfönltd^feit toar, fid& t>öaid leiten laffen bon bem ertoätynten Äatbinal beDa
Stöbere, $)iefer betoog ännoceii) VIII., für bie neapolitanifd&en öarone gegen tyren König
genante tßartet gu nehmen, mit biefen unb ben SSenetianern ein enge« Sünbnt« gu
fc$lie|en, toeld&e« ben $lan berfolgte, 9ten6 bon Sotyringen auf ben 3$ron bon IReapd
6 gu führen, genante bot, obtoofyl fein $eer bi« an bie dauern Storni borgebrungen toar,
fc$on am 11. Sluguft 1486 bie #anb gum grieben; bie gur<$t, feine Ärone ju berlieren,
fre| ifyn bem Zapfte bie toeitgetyenbften 3ugeftänbniffe machen; nidfrt blo| berforaefc er,
bie aufftänbifd&en SJarone gu begnabigen, er berieft aud&, bem römtfd^n ©tutyle fernerem
ben £c&en«gin« für SReajjel galten, fic$ jeber Simnifd&ung in bie fir$lic$en Angelegenheiten
10 feinet Steige« enthalten gu toollen. 2)ie @nttäuf$ung ^nnocenj VIII. toar gro|, al«
ber König balb nad& 9C6fc^tu% be« Vertrage« gerabe ba« ©egenteil bon allem bem tipt,
toogu er fic§ betyflid&tet, bie Sarone auf« ^ärtefte beftrafte, ben Äleru« bon ftd& abhängig
machte, ben 2etyen«gin« gu jaulen bertoeigerte ; ber ©treit gtoiföen Stapft unb König gebtejj
fctyliefelicfc fo toeit, bafj jener am ll.©ept. 1489 biefen eEiommunijierte unb feine« $et$e$
16 berluftig erflärte. 3ebod& ba« ©erücfy, bafj Karl VIII. bon 2?ranfreid& bie XrfytfMfc
feine« $aufe« auf Neapel gur ©eltung bringen tootte, nötigte fc$liefcRd& genante ju einer
engen Serbinbung mit 3fnnocem VIII. ©iefelbe !am nid&t blo| in einem 1492 ge*
f$loffenen grieben, fonbem auaj in ber Sermäblung einer Ipä^ftlid^en ©nfeltn mit einem
©pröfelmg be« aragonefiföen §aufe« gum 3tu«brucf. ©d&on früher toar e$ biefem $a)>ße
so gelungen, feine gamilie mit bem mächtigen ©efd^led&te ber 83e$errfc$er bon gloreng, ber
SIRebiceer, gu berfd^toägern, inbem fein in SSubenftücfen grofj geworbener ©ofyt grance*
fd&etto bie SDtabbalena be'2Rebici, eine £od&ter Sorengo« be« erlaubten, im ga^re 1487
etyelictyte; bie (Srfyebung be« ©iobanni SRebici, be« gtoeiten ©o$ne« be« Sorenjo, jum
Äarbinal im Igafyre 1489 befiegelte bie greunbfcfcaft atoifc&en bem £aufe ber ©pbd unb
36 ber 9Jtoc$tfyaber bon glorenj. I^nnoceng VIII. trug feinen 9let>oti«mu« fo öffentlich jur
©$au, bafj er fic$ nid&t etnmal entblöbete, bie SSermätylungen femer Ämber unb ©rofc
finber mit großen ©aftmälern, an benen fiefr fogar grauen beteiligten, im Sattfan gu
begeben. 2)oc§ in bem päpftlicfcen ^ßalafte gingen nocg anbere ©jenen bor fic$, bie ben
©tutyl $etri metyr fd^änbeten ate biefe gamilienfefte. 2)er 98atilan toar ber Äufent^öort
so eine« ©ultan« getoorben, be« unglüdflutyen 3)jem, ben fein S5ruber Sajajet II. bertrieben.
SSon bem ©rofemeifter be« Igo^anniterorben«, ber fid^ beä gu i^m afö glü(§tling lom*
menben ^ringen bemächtigt ^atte, ertoarb Sjjnnoceng VIII. 1489 ben ©ro|türfen, um tyn
bann im auftrage 33ajajet$ für eine jä^rlicpe Selo^nung bon 40,000 ©ufaten in fidlerem
©etoafyrfam gu b^lten; im %afyxt 1490 erhielt benn auc^ ber 9N>ft al« ©efangento&ter
86 3)jem« bie ©rattfifation für brei^a^e au«beja^lt; unb toä&renb berfelbe in biefer fömäfc
liefen 2ßetfe ein Wiener be$ ©ultan« Sajajet getoorben, rief er bie S^riften^ett au einem
ßreujjug gegen bie Ungläubigen auf ; braute er aud^ benfelben niefct ju ^anbe, fo erlebte
er boefy bie i^n unb gang 9tom mit ^ubel erfüHenbe Übergabe ©ranabaS, ber legten be«
feftigten ©tabt, bie bie ÜRauren tnne Ratten; am 2. Januar 1492 jog gerbmanb ber
io Äatbolif4fe in bie bon i^m gtoei !ga^re bergeblic^ belagerte geftung ein, ber SPapfi unb
bie Äarbinäle beranftalteten beim ©intreffen biefer 9ia<$rid&t bie gro|artigften unb fofb
ftrieligften geftlic^fciten, bie ba nur eine« betoiefen, baft ba« au« ©panien betriebene
§etbentum bom Gentrum ber Gtyriftenfyeit unumfd^ränlten 33efi^ ergriffen.
3>n ©nglanb benahm ftcf^ ^nnoceng VIII. al« ©fcenber ber Äönig«lrone; in brei
46 ©ullen be« §a^re« 1486 erflärte er, bafe ^einrieb VII. au^ bem Äaufe xubor, ber 1485
in ber ©d^lad^t bei 33o«toort^ SRid^arb III. ber Ärone unb be« Seben« beraubt fatte, mit
breifad^em Sichte ben engltfcfyen Äönig«t^ron beft^e, mit bem Steckte be« ©ieger« in ber
gelbfölacfct, be« erbbered^tigten Äron^rätenbenten unb be« bom Parlamente Srtoa^tot
»Ben benen, bie bie 2lnft>rü<$e §einric$« VII. auf ©nglanb nic^t anerfannten, tourben bie
60 ^ärteften Ätrd^enftrafen angebro^t ; auc^ fj>rac^ er ben 9ta$fommen ©einrieb« VII., o^ne
Unterfd^ieb, ob ftc bon ber beseitigen ©attin be«felben, einer Springeffm au« bem ^mife
tyoxt, ober bon einer anberen rechtmäßigen ©emafylin ftammten, ba« anregt auf bie en(j*
iifc^e Äönig«Irone gu. 3)em am 5. 3hj>xH 1486 gum römifc^en Äönige gehonten 9Rap*
milian betoie« ^nnoceng VIII. feine gange ©unft, inbem er ben ©efanbten Äari« VIII.
m» bon granfreiefc auf i^r Segc^ren, bie Scftätigung ber Äönig«toürbe SKajimilian gu ber*
fagen, bie föneibtge 3lnttoort erteilte, bie i(m eben borgetragene Sitte be« 5tönig« bon
granfteic^ tonne niebt bon biefem felbft, fonbern nur bon feinen fc^led^ten Ratgebern
Rammen, benfelben tooDc er e« balb Aar machen, toie untoürbig e« fei, einen berartigen
Antrag beim 5JJaj>ftc gu fteHen.
eo @ine toa^aft ^eroftratifc^e Scrü^mt^eit $at ber 3Jame biefe« $a))fte« burd^ bieSuOe
dmtQceitj VIII. dftutocenj IX. 139
„Summis desiderantes" bom 5. 3)ejember 1484 erfanat, toeld&e ba$ Untoefen bcr
gegtnprojeffe m ben ©ä)ufc ber flirre genommen fyat (f. 33b VIII 6. 32, B2 ff.). 3fod&
bcr ^nquifttion in Spanien tyat biefer $apft erbcblid^e ®ienfte geleiftet, inbem er ben
furchtbaren Äefcerrid&ter 2$omaS $orquemaba als ©rofcinquifttor ©t>amen$ (1487) beftä*
tigte unb biefem eine fo &o$e 3Rac$t fogar aufeertyalb ©}xmien« gewährte, bafj alle au& 5
toärttgcn £crrf$er bura) eine pä>fMta)e 23utte angehalten Würben, bie in ibrc ©ebiete ge*
flutteten Äefcer bem ©rofeinquifttor auf fein Verlangen auszuliefern, ©egen bie SBalbenfer
in ben 3$äfcrn bon Sßtemont prebigte er in einer Sude ben Äreujjug unb ftettte aßen
benen, bie ft$ an bemjelben beteiligten, balligen Slblaft in 2luöjicr)t ; in feinem auftrage
jammelie ber 2egat SUbert be Sapitanete ein 10,000 SDlann ftarfeS $eer jur 33ernid)tung 10
bcr Jtefeer, bie tym aber einen berjtoeifelten SJBiberftanb entgegenfefcten. 3)em Aberglauben
Stoma unb ber gefamten Ämfce Verlier) er einen neuen ©egenftanb, inbem er bie tym
bem Sultan Sajajet überfanbte Sanje, mit beider bie Seite beä $eilanb$ am Äreuje
bun^bo^rt toorben fei, 1492 im feierlichen Aufzuge einholte, um fte bon bem 93oIfe afe
eine ber getoaltigften ^Reliquien ber ^ßeterdftrd^c anftaunen ju laffen. 35aft3nnocenjVIII. 15
bin gfreuftb be3 aufblütyenben SieupIatomSmuS toar, geigte ft$, als 3jo£ $ico bon 9Ri*
ranbola hn 3a$re 1486 in SRom 900 ©treitfäfce jum 3h>ecf einer öffentlichen ©töputation
batte anklagen laffen; obtoo^l berfelbe ftd) bon borntyerein bem pä>ftli<$en Urteil unter*
toorfen unb babur$ einer ftrenaen Prüfung feiner ©ä$e ju entgegen gehofft r)atte/ fo
berbot bo$ Simocenj VIII. burdp ein im $egember 1486 puMmcrteS Srebe unter 5ln= 20
bro^ung fernerer Äm&enftraf en ba$ Sefen berfelben. SBätyrenb beS ^ßonttftlat^ biefeS $apjie3
befanb fUfy 3tom tro$ ber (Srlaffe ber Äurie gegen üDlörber unb Sauber in einem böDig
retylofen, anordnen Sufte^ Äird)enberaubungen, 2)iebftäfyle, SKorbttyatcn am gellen
Xage, an 9letfenben unb grauen berübte *J$lünberungen gehörten $u ben gewöhnlichen
(Srcißmffai. Sejeic^nenb für bie guftänbe ift eine (Snäfylung gnfeffuraS : $er S3i jeeamer* 25
lengo gefragt, faxtrum bie 9Serbreä)er nicr)t mefyr betraft toerben, antwortete: ©ort will
mx$t ben Stob be« ©ünberä, fonbern bafe er lebe unb jafyle. 3)ie 2)emoralifation tyatte
bie gange flurie bis hinauf ju ben Äarbinälen ergriffen; bie leiteten lebten in unauf*
fj&äMpm ©treue untereinanber, ben fte unb tyre ©ölbnerfcfyaren mit bewaffneter ^anb
aud&nyften: tyre feften Surgen Waren bie Slftle ber aSerbrecr)er{ bie einzige Aufgabe ber 30
Äarbinäle fepten gu fein, $rad)t unb @lanj ju entfalten, ber ©innenluft ju frören unb
txm biefer P4i im Spiele um $otyc Summen ©rtyolung gu fud^en. 3lDe« War an ber
Arne um ©elb feil, ber ^anbel mit gefällten 33uflen florierte Wie nie jubor ; ;u bief en
ae^drt öxi^rfcbeinlic^ertwfe aud) baö angeblid^ an ben norWegifd)en ßlerud erteilte ^ribileg,
bie SReffe o^ne ©ein, ber bei ber ftrenaen norbifd^en Äälte ungenießbar Werbe, ju cele« 85
bneren. Sie fty bie Beamten ber Jtune unb bie Äarbinäle auf unrechtmäßige 9Beife ju
bereitem fugten, fo griff auc$ ber ?ßaj)ft gu bem bon feinen Vorgängern erprobten -Kittel
bedämterbertauft um feine Äaffe gu füllen; ^unbertc bon neuen ©teilen fd)uf er in
Sa», um fte bem SDWftbietenben m bergeben. 3)a$ ift ber bunflc §intergrunb, bon
bem fk^ je^t bie leudjtenbe ©eftalt be^ ©abonarola, be^ iü^nen (Stferer^ gegen ^ürften^ 40
tyraitiiet unb pä>filtc^e Stißregierung ber 5?trd?e, abju^eben beginnt. Unter ben bauten,
bie Snnocem VIII. in 5Rom aufführen ließ, fmb befonber^ ju nennen bie Wieber^ergefteQte
Äinfc 6. Sxaria in Sia lata unb bie berühmte Stfla bei Selbebere. 3lm 25. ^uli 1492
farb 3rmi>cen3 VIII. 9lac^ 3«Wfw^ fott ein jübifa)er Slnt ba$ Seben bleiben burä)
änen Iran! ju berlangern gefugt ^aben, ber au^ bem Slutc breier für ©elb ft$ I?in= 45
otfernber Änaben zubereitet War. Surt^arb Weiß nid^tö babon ; Sta^nalbud fennt unb
atoa^itt bie Xrabition, fügt aber ^inju, baß ^nnocen), al$ er bon bem 93erfud)e fyörte,
W nUmOtg bartiber geäußert ^abe. (9). 3M«lf) IBettrat^
StateeiM IX., Sal)fx bom 29. Dftober bis 30. 3)ejember 1591. — üuellcn: 5)ic
Bullen J>iefe« $apfte* ftnbcn fid) bei Cherubini, Magnum bullari um Roman., tom. II, p. 727; 60
Beacbtctnd Suftinionud, 9^ebe am Sarge 3nnocen&' IX. bei Ciaconius: vitae et res gestae
Parti Rom., in ber 9udaabe beä Oldoinus, t IV, Romae 1677, p. 240sq.; Cigarella, vita
Innoc IX., im Än^on^e Der Historia Platinae de vitis Pontif. Kom. . . Onuphrii Panvinii
Mw—imw» nunc Ulustnor reddita, Col. Agripp. 1020, p. 500 sq.
£itteratnr: Ciaconius: vitae et res gestae Pontif. Rom. (IV, 235 ff.) f. 0.; Palatius, 66
Gertt Pontif. Rom. tom. IV, Venetiis 1688, p. 437 sq.; Sandinus, Vitae Pontif. Rom.,
pan II, Ferrariae 1763, p. 672; *(rd)ibalb «ower, Unportf). ^iftorte b. rom. ^äpfte. X. 1,
«•(arbeitet twn Wambaa), SRagb. u. Seipiijj 1779, 6. 290 ff.; Pctruceili della Gattina,
Hifltoire diplom. des Conclaves, II. vol., Paris 1864, p. 340sq.; ffianfe, 5)ie röm. ^äpfte
u ben Itften uier 3a^unbertenr 2. 9b., 6. ?luf(., «8. 149 f.; $t)tlippfon, W{W n- fon 60
140 ^sttjceg) IX. 3tt*9ce«) X.
eponicn unb ba« ^apfttum in Sljbete ftift. 3eitfd)r., 39. $b., SRündKit 1878, 6. 447;
örojdi, ®efd). be£ ßirc&enfiaateS I, Oot^a 1880.
3>ofyann änton gad&inetto, geboren ben 22. ^ult 1519 ju Bologna, totbmete ftcty in
feiner 3?aterftabt bem ©tubium ber gurteprubenj. 9lac$bem er im 3>a&re 1&44 ken ©rab
5 eines 3)oftor$ ber Steckte erlangt fyatte, begab er fi$ nac$ 9tom, trat bafelbft in bie
5Bienfte be$ Äarbinate gfarnefe, ber ü>n juerfl afe feinen SStfar na<$ Stoignon fanbte,
fpäter mit ber eJrüfyrung feiner ©eföafte in Sßartna betraute. 5PaJ>fi Sßiud IV. bediel}
ifym ba£ Saturn SRicaftro in ßalabrien. 1561 beteiligt er fx^ am Äonjil bon Xrient
unb begiebt fu$ im auftrage pu£' V. 1566 als 9iuntiu3 na<$ Sknebtg, ein Sünbnt«
10 *tmf$en feinem £errn, ber Signorte unb bem Äönig bon Spanien ^erjufteOen. 3m
Seginn beä $ontifttat$ ©regorS XIII. lehrte er in fem Siötum gurücf, um fu$ feinen
SPfKcfyteu als $irt ber ©emembe mit großer Sxeue gu toibmen. 3*^ ^S ungefunbe
Älima bon TOcaftro nötigte if/n, auf fem Stetum ju toerjid&ten unb ftd& na<$ 9tom $u
begeben, roofelbft ibm ©regor XIII. bie fyerborragenbften Ämter anvertraute: ntc^t bloß
16 machte er tyn $um 9Hitglieb ber Äonfulta unb ber ^nquifttion, er er^ob u)n audj jum
Patriarchen bon Qcrufaletn unb am 12. Dezember 1583 &um Äarbinalpreebtyter Dom 2ttd
S. S. Quatuor Coronatorum, tootyer er häufig in 9tom ber Äarbinal bon ©anttquattro
genannt hwrbe. £er an ba$ Äranfenlager gefeffelte ©regor XIV. überließ ibm alle
©efcfyäfte ber ©ignatura. ©eine @r&ebung auf ben ©tutyl ^Jetri berbanfte ber ftarbmal
30 bon ©antiquattro bem ßinflufj ber ftwmiföen Partei auf ba3 JtonQabe, toelcfceS am
27. Cftober 1591 gufammentrat unb föon am 29. b. 9R. mit ber 2$ku)l gac^metto^
enbigte; ber 9leugeh)ä^Ue nafym ben tarnen ^nnoceng IX. an; ben 3)an! für bie er*
ioiefenen 3)ienfte ftattete er ben Äarbinälen baburc^ ab, baß er in bem Äarrtyfe $einri$3 IV.
bon granfreicr/ unb $Pr/iIu#$ II. bon Spanien für lederen Partei ergriff, Sßejanber gar*
25 nefe antrieb, mit feinem §eer bem bom Äönige bon gfranfeeio) ^art belagerten Stauen )u
#ilfc ju eilen unb eine größere ©umme auf benÄrieg oertoanbte; am 3. 9tabember 1591
berfammelte er ein Äonftftorium ber Äarbinäle, um ifynen unter anberem feine 9H>fi$t
mitzuteilen, für bie Stirere einen ©c$a$ ju grünben, ber nur in ber #k$ften ©efa^r an*
gegriffen toerben bürfe. 3)ie 3unci0«nÖ ^ Stamer ertoarb er fiefc, inbem er bur# ein
so SDefret anorbnete, baß ber infolge einer 3Kißemte fyod& geftiegene SßreiS ber Sebendmtttd
tyerabgefefct toerbe, unb bie Sarone in ber Umgebung Storni anfielt, baä ©etreibe in bie
©tabt $u führen. Sine feiner erften ^anblungen toar ed, bie Veräußerung bon ftir$en*
gutem auf ba« ftrengfte ju unterfagen; um bie ©ejc^afte beffer ausführen unb leiten }u
fönnen, beftimmte er fefte läge für bie äubienjen, unb rief bie fiarbinäle ^aupg ju
86 ©jungen jufammen ; ben fic^ mit großen planen tragenben 3nno<«iJ IX- raffte ü*
2ob aber fcfyon am 30. 35egentber 1591 tyin. @r hinterließ eine SRei^c bon ©d&riften,
bie bte^er noc^ nid^t gebrueft ftnb. (Süffelt) »eiiwU.
3naocen$ X., ^Japft bon 1644—1665. — Oue[len:Cherabini,Magnumbullar.
Koui., t. IV, 237 sq. V, 466—4(38 (3)ie ^Buüe Zelo domus Dei); Bank, Roma triumphalis,
40 8eu actus inaugiirationis et coronationis Innoc. X., Fraoeker 1645 ; Herrn. Conring, Com-
ment. histor. de electione Urbani VIII et Innoc. X., $elmftfibt 1651; ffloßtäufdjer, Hist
Innoc. XM Wittenberg 1674; Gualdus, Vita di donna Olympia Maidalchina 1666 (ber 8er«
faffer ift üeti). ^)ie Delationen ber venetianifdjen ©efanbtcn am römi|d)en $>of, in^6efonbere
bie beö Alvise Contarini, Giov. Giustinian, bie SRanfe fc^on in feiner ©efdndjte ber romif(ben
46 $äpfte üielfad) bcnu$it \)a\, unb auö benen er in ben ?lnaletten $um 3. S3anbc, Seip^ 1874,
S. 173 ff. einen ?(u^uq gegeben, liegen jefet gebrueft üor in ben Relazioni degli stati Euro-
pci lette al senato dagli Anibasciatori Veneti nel secolo deeimosettimo raecolte ed annotate
da Nie. Barozzi e Guglielmo Berchet, Serie III, Italia, Relazioni di Roma, Volume II,
Venezia 1878, p. 43—161; Diarium Deone, fe^r roertüoll, nur Ijanbidjriftlid) oorbanben,
BOüon ^Kante uielfad) benu&t unb (3. »b. 9(nale!ten. 6. 168* ff.) c&arafterifiert ; Relatione della
vita dcl Card. Cccchini, composta da lui medesimo, ogl. SRonte, ebb. ®. 165* ff.
üitteratur: Ciaconius, Vitae et res geetae Pontific Rom., in ber^udgabe bc* Aug.
Oldoinus, t IV, Romae 1677, p. 641 sq.; Palatius, Gesta Pontif. Rom. IV, Venet 16TO,
p. r>7l8q. ; ^eibegger, Hist papatus, Amstelaedami 1698, p. 392 sq. ; (£br. %B. gr. %Bald)f
»ISntnmrf einer ^iftoric ber rbin. ^äpftc, 42. «ufl.. ©öttingen 1758, 6. 422 ff.; Sandinus,
Vitae Pontific. Rom., p. II, Fcrrariae 1763, p. 687 sq.; Ärd). 53ower. Unzart. $iftorie ber
röm. $äpfte, X, 2, ausgearbeitet uon 3ol). $Rambac6f SHagbeburg unb ßeiöj. 1780, 6. 3ff.;
6d)rödb, CStjriftl. Äircbengef«., 3. XL, Seipa. 1805, 6. 392 ff.; ffieu«ltn, ®ef(b. üon «ort-
Äoijal, I, fcamb. unb ©otba 1839, S. 60.» ff.; $. 6rf)fifer, Wef4 o. Portugal, IV, fiamb.
•0 1852, ®. 532 ff.; Petrncelli della Gattina, Histoire diplomatique des Conclaves, 3. vol,
$arid 1865, p.Oösq.; Stod), öejdj. bed beutfe^eu 9?cid)§ unter ber Wegferung gerbinanb* in„
dnnocettj X. 141
H, »icn 1866, 6. 195 unb 526 ff.; 9ianfe, gransöf. ©ef«, III, Sety*. 1869, S. 36 «.;
»cumont. ©efdjidjte b. ©tobt 9?om, III, 2, Berlin 1870, 6. 623 ff. ; Gailiardin, Histoire du
rigne de Louis XIV., II, $ari« 1871, ©. 139ff., 168 ff. k.; föanfe, $ie röm. Sßäpfte, III,
6. «uff., ficipjigl874, 6. 26 ff.; b.ffieumont, ©efd). SoSfana«. l.Stt., ©otfja 1876, ©.428 ff.;
Charveriat, Histoire de la Guerre de Trente Ans, t. II, <ßaria 1878. p. 509, 536, 628; 6
Ciampi, Un periodo di cultura in Koma, in Arch. della soc. Rom. di storia Patria, t. I,
Roma 1877; berf., Innocenzo X. Pamfili e la sua Corte, 9Rom 1878; Cheruel, Histoire de
France pendant la minorite* de Louis XIV, $ari« 1879. p. 141 sq ; 9R. ©rofd), ©ef#. be«
Äircbenftaate«, I, @ot§a 1880, ©. 409 ff. $ie Sitieratuv §u 3anjemSmu« f. bei bem «.
8b VIII 6. 589,20. 10
©iobanni Sattifta pamfili, ber ©otyn be« GarniDo pamfili unb ber glaminia be
Subali«, ftammte au$ einer gamilie, bie urforünglidj in ©ubbio in Umbrien toofyntyaft
getoefen, ft>äter aber nad) SRom übergefiebelt mar; er ift imlgafyre 1574 mStom geboren.
3ta$bem er bafelbft unb auf anberen italienifcfyen Uniberfitäten fic§ bem ©tubium be«
9le$te3 getoibmet, tourbe er im 20. 2eben«jatyre 33accalaureu« ber 9te$te ; Giemen« VIII. 15
toerlie$ u>m eine Stellung al« Slubitor ber Rota Romana, toöfyrcnb be« ?ßontifilate«
©regor« XV. begegnen toir ü)m al« Segaten in Neapel; auefy Urban VIII. bertoanbte
ü>n öfter in ©eföäften ber Äurie, bem Äarbinal öarberini gab er auf bic £egation«reife
ita$ granfmd? unb Spanten ben pamfili al« 35atar mit. 3jn ^anrreid^ machte biefer
fty in feiner ©tettuna al« ®atar toenig beliebt, er erhielt $icr ben 33etnamen „ber SKons 20
figiwr: 6« ge&t niqjt". Urban VIII. belohnte ben berbienftboQen pamfili im $atyre
1629 burc£ Ernennung jum Äarbinafyre«btyter bom Xitel S. Eusebii. 5Raa) bem Stöbe
biefe* ^afcfte« tonnten bie am 9. äuguft 1644 jum Äonflabe jufammentretenben Aar-
binäle fid) lange ni$t über bie Sßerfönlidjleit be« 9ia$folger$ berftänbigen, bie frangöftfa)
Seftmtten — geführt bon ben SRepoten Urban« VIII., ben Sarbcrini — toollten feinem 25
ber ftxmiföen Krone ergebenen 3Jlanne, bie ft$ auf bie ©eite ©panien« 5Reigenben — an
beren ©ptye ber Äarbinal SKebici ftanb — feinem bon granlrei(ty empfohlenen Äanbibaten
u)re ©timmen geben. 3Betm fid) bie franjöfifa^e Partei enblicfy boep für ben Äarbinal
$amftli entföieb, obgleich berfelbe feine ©tympatyien für Spanien nie bereit fcatte, fo
betoog fie &u biefer ©c&toenfung bie guretyt, bafe bielleictyt ein nod> eifrigerer Slntyänger 30
Spanien« bie erforberlia^e 3^1 bon ©timmen auf [\$ bereinigen fönnte. 3lm 15. ©ep*
tember 1644 beftieg Äarbinal pamfili al« Snnocenj X. ben ©tiu)l $etri. 35er Äarbinal
Sarberint $atte ftdp getäuf^t, toenn er glaubte, ben $apft bura) Unterftiu)ung feiner
Sa^i fUty unb feinem $aufe freunblid^er gefttmmt ju baben. ^nnocenft X. fe^te ftcb über
bie $fli$t ber I)anfbarfctt ^intoeg, achtete felbft ntdbt bie ^roteftion, bie gfcmfreia? unb 86
IRajarin ben Sßeßoten Urban« VIII. angebei^en lief;, er machte benfelben ben $ro}e|
toegen Veruntreuung öffentlicher ©eiber, unb beanforucfyte, afe fie au« 9tom flogen, i^re
Suter unb^Saläfte. SBätyrenb er auf biefe ^arte SBeife bie Angehörigen feine« 93orgängcr«
betfolgte, genxi^rte er feinen eigenen 33ertoanbten einen fefyr toeitge^enben (Sinflu^ auf bie
Angelegenheiten ber Ährd)e. 35ie ©d^toägerin be« $aj)fte«, bie grau feine« toerftorbenen 40
Cruber«, 2)onna Ol^m^ia SRaibalc^ina, bon ber er fta) geiftig fcfyon bor feiner Grabung
in bem 38afee abhängig füllte, ba| er in einem an fie gerichteten SJriefe erflärt, fern bon
tyt jet er toie ein ©$m o^ne Siuber, tourbe nun fo mächtig in 9{om, baft Karbinäle, dürften,
)Kttpdler fvt) auf aue erbenflid^e Seife in ibre ®unft ju fe^en fugten. 9tom erlebte e«
boü), bafe bie l?oI?e grau fta) mit i^ren Slnbertoanbten, bie ebenfaU« auf bie Siebe«erh>eife 45
Jimocenj' X. 9tnfprü$e erhoben, bollig übertoarf unb ber $apft al« Familienoberhaupt
ben 6$teb«ri$ter jtoifa^en 35onna Dl^mJ)ia unb ifyrer ©c^n)iegertoc^ter unb ein anbere«
9tal jloifc^en jener unb feinem 92epoten, bem Äarbinal SlftaUi, ^u fpielen ftc^ genötigt
W. fflobl braute er e« enblia) über ftc^, bie ©d^n)ägerin ju entfernen, aber nur um
fie balb toieber jurüchurufen unb tl;r ein größere« $Ra$ bon mafy über fieb einzuräumen, so
Saft ber Xn^anglic^teit unb greunbfd^aft, bie ber ^apft ber 3)onna Dl^m^ia betote«,
fumlufc 2eibenfc§aft ju ©runbe gelegen, tpirb bon ©ualbu« (2eti) in feiner 2eben«*
bef^reibung ber 3Raibala)ina berietet, bon ©c^röcf^ nid^t be^toeifelt, bon Softer toeber
mit Sntfd^teben^eit behauptet, noa) mit @ntfc^ieben^eit beftritten. ^efcixt) Slante tjat nafy
fetmefen, ba^ bie oben ertoä^nte £eben«befd^reibung, freiere bie Duelle jener Sr^ö^lung 65
*on bem unfUtlic^en Ser^ältni« jtoifc^en bem ^5a]pft unb feiner ©c^toägerin ift, leine
(Mntbtofirbigteit beft|t, nur ben Sftert eine« „au^ apofrty^en sJ2ac^rid^ten unb d;imärifc^en
Sk^ütneen ptfatnmengetoebten Momanö" beanfpruc^en fann. S)ie ©tellung ^nnocenj* X.
pi ben na<$ granfretety geflüchteten Sarberini tourbe mit beredt toieber eine freunblid^ere ;
ta)H trug bie @ntf$iebenbeit be« bic glüdutinge in feinen 6d;u^ ne^menben fran^öfifd^en <
Ämifter« 3Ka^arin biel bei. äluf bie ^ia^ria^t l;in, baft ber $apft in einer Sude bom
142 Sfitttoceit) X.
21. $ebruar 1646 berorbnct fyabe, alle Karbinäle, bie bcn Kinfcenftaat otyne feine ©enef^
migung berliegen, joden, toenn fte nicfyt in einer grift bon 6 Zonalen jurüate^ren, tyrer
Semjungen unb (Sinlünfte beraubt Serben, jefcte er e« fotootyl im fönigficfyen State al« im
Parlamente burc$, baft ber päpftlid&e (Srlag für nuD unb nichtig erflärt toarb, toorauf er,
5 ba ^nnocenj auf biefen Sßroteft teine 9tü<f fid&t na&m, franjöftfc&e Gruppen na$ Italien
fanbte, beren (Steinen unb jjortfetyritte bem ^ßapft bie Umfetyr ya einer SRajarin unb
ben Sarberini freunblic^eren $olittf erleichterten, filtere erhielten fölieglicty boc$ no$
tyre Sefifcungen unb SBürben gurücf.
§atte ^nnocenj X. bem mächtigen gfranfreicfc unb beffen ©d&üfelingen gegenüber ba«
10 gelb räumen muffen, bem #erjog bon *Parma gegenüber tougte er feine 9(nft>rü$e burefc
jufefcen. 3)iefer fyattt feinen römifc^en ©laubigem freber bie geliehenen Kapitalien jurfict*
erftattet, noc$ bie fälligen ginfen bejaht; eine Slufforberung Snnocenj X., bie ©Bulben
ju beefen, lieg ber £erjog unbeachtet; ein jtoeiter ©treityunft gefeilte ficfc balb tyhnu: ber
Dom Sßapft ernannte 33ifc$of bon Saftro toar bem #er$og nicfyt genehm, auf ber SÜctfc in
16 fein 33i«tum tourbe berfelbe überfallen unb getötet ; bie ©d&ulb am SBerbrecfcen mag ber
Sßapft bem #erjog au, bur$ feine Xrujtyen lieg er (Saftro erobern, föleifen unb nafrn
bon bem Sanbe Sefife, fo lange bi« ber ^erjoa ba« Kapital unb bie 3infen ben ©lau«
bigern jurücfbeaafylt gaben toerbe. 9lu$ mit SSenebig gelang e« 3nnocenJ X. ein ab*
lommen ju treffen, Vocld^e^ bie@ignorie um ba« bon tyr beanferuc^te Stecht berSefefcung
20 ber bifd&öflic^en ©tüfyle braute unb \f)x ni$t« toeiter eintrug, als ba« — bom $apfte
foäter nur tyalb eingelöfte — SSerfprec^en, ben SBenetianern mit ©elb in bem mit bin
Surfen um ben Sefty bon Ganbia au«gebro$enen Kampf beijufte^en. Sticht frei bon
3toeibeutigfeit toar ba« auftreten ^nnocenj' X. ben Spaniern gegenüber, al« Neapel in
bem Sfafrubr be« ÜRafanietto ba« Igocfy berfclben abjufd&ütteln fuepte; er, ber feine ®r*
25 Hebung bodp nur bem fpanifc^en ©nflug berbanfte, ermunterte ^einrieb bon ©uife, bie
gü^reiföaft ber SRebetten ju übernehmen, unb mit tfyrer Unterftüfcung ftd& in bauernben
S3efi$ Neapel« ju fe^en ; anbererfeit« fyat ^nnocen) X. fein ganje« Steinalten )u bem
neu gegrünbeten Königreich Portugal ftdb bom fpanifc^en ©efanbten in SRom biftieren
laffen. 3n Portugal fyatte bie 9SoIf«erfyebung bom !ga$re lß40 ju* 2o«föfung be«
so äanbe« bon ©panien unb jur ßrtoäfylung eine« eigenen König«, Sojjatm IV. <*u« km
£aufe Sraganja geführt. 2Bie fc$on fein Vorgänger, fo bertoeigerte auety 3nnDcen8 x-
bem Könige ^o^ann au^ SHücfftc^t auf ben fpanifc$en ©ef^äft^träger ben (Stityfang
einer ©efanbtfd^aft, bie i^m bie Dbebienjerflärung Portugal« überbringen follte; bie
golge babon, ba| ber $apft bem Könige au« bem §aufe Sraganja bie änerfennung ber^
85 Jagte, fear auf fird^nrecfytlidbem ©ebiete bann bie, baft er i^m audp ba« Siecht, Kanbibaten
für bie erlebigten 93ifc^of«ftü^le ju präfentieren, beftreiten mugte. ©o lam e«, bog fd^ieg*
lic^ bie S3ifd^of«ftü^le in Portugal, bie bi« auf einen balant toaren, unbefe^t blieben;
toeber bie SSertoenbung ber Donna Olympia noefy ein ®efuc§ ber franjöftfc^en Prälaten
bermoc^ten ben ^apft ba^in ju bringen, bie bom Könige bon Portugal in SBorfc^lag ge=
40 brauten Sifd^öfe ^u betätigen. 33öHig unfruchtbar toar ber ?ßroteft, ben im Flamen be«
Zapfte« ber 9lunttu« G^igi gegen ben ^rieben bon D«nabrüd unb SKünfter er^ob unb
ben bann 3nnocenJ X. in ber 33ulle: Zelo domus dei am 26.9lobember 1648 toieber-
^oltc (abgebr. u. a. bei Wirbt, Duetten j. ©efc^. be« ^apftt. 1895, ©.202 ff.; bfll.b.».
Sßcftfäl. griebe). 2)ie fd^tberh)tegenbftc unb folgenreiche ©ntfd^eibung, bie bon biefem
46$apft gefällt toorben ift, mar bie 5?erbammung' (30. ÜRai 1653) ber ber Kurie jur »e*
gutac^tung borgelegten 5 ©ä$e au« Sanfen« Sluguftin (bie 35ulle bei 9Birbt a. a. D.,
©. 204 ff.); bgl. b. 31. ^anfen 93b VIII ©. 594, 45 ff. 3)er franjöftWe TOmifter 9»a*
jarin lieg e« fid> angelegen fein, ber pä))ftlic^en $erbammung«butte bte toeitefte Serbrettung
ju geben, inbem er bie 93if$öfe befcog, fte, o(?nc auf bie Seftätigung be« Parlament« ju
so toarten, in ben Kirnen }u publizieren. SDiefe Dienftfertigfeit be« Seiter« ber fran)öftf$en
Regierung ^inberte übrigen« 3mu>cetu X. nic^t, ba« ungerechte SBerfa&ren be«felben gegen
ben Koabjutor be« ©rjbifd^of« bon ^Jari«, ben Karbinal SRefc, auf ba« fd^ärffte )u tabdn.
3)erfelbe toar ein langjähriger unb erbitterter ©egner SRa^arm« unb ^atte ftd^ an ber
gronbe, jener grogen, in erfter Sinte gegen ÜRajarin gerichteten gemeinfamen Sr^ebung
65 be« Parlament«, be« 2lbel« unb be« Kleru«, al« einer tyrer ^erbonagenbfhn ^ptrle«
teiligt. 911« bie Sctocgung glüilicb übertounben, $ari« toieber im Seftft fiubtoig' XIV.
toarf tourbe auf anraten Wajarin« ber Karbinal 9te$ in« fioubre gelodft, um bon bort
in bie ©efangenfd^aft abgeführt ju toerben. 2)iefe an einem Karbinal berübte ©eiDottt^at
beranlagte 3«nocenj X., bie augenblidtlic^e Befreiung be« ©efangenen ju forbem; biefem
eo glücfte e« gu entfliegen unb nun crfyob er al« bt«^criger Koabjutor — ber @r)btf$of
Sttttocettj X. ^ttttocettj XI. 143
toor mtttlertoetle geworben — 2lnfprücfye auf ben crjbifd&öfKd&en ©tufyl, bie bon 9Rajartn
nkfrt anerfannt tourben, am $apfte aber tyren SSerteibtger fanben. ©ntfctyloffentyett unb
gefttgteit in bcr ^urc^fü^rung be$ Unternommenen Iaffen ftc$ Ignnocenj x- ™fy a&5
fpräfym ; ex toor überaus tyättg, forgte and) ernftlicty für bie Drbnung unb Stu^e in 9lom.
SHefem Streben, bie ©td&erfyett in ber ©labt fyer$ufteHen, trat nur 6meS ^inbertid^ ent* 6
gegen, bie no$ immer nic^t genügenb gefüllte, toon ber 3)onna Dtympta fo ftart bean*
fpru$te Äaffe beä SßapfteS. 9Bte foflte ben 93erbre$en gefteuert toerben, toenn Ignno*
ceng X. ben fcom ©eric^t Verurteilten gemattete, bie ©träfe mit ©elb abzulaufen? 2Bte
ein gut unterrichteter 3^^^°^ erJä#*/ foH bie Befreiung bon gerichtlich ^uerlannten
©trafen bem ^ßapfte in ben erften fteben Sauren \*™& $ontififatS mefyr als etne SRiHton 10
Scubi eingetragen tyaben. Unter biefen ©efufytSpunft be$ ©elbertoerbs fällt jum 5Eetl
an$ bie wrlünbigung eine« 3ubelablaf[e£ fl** bft*3.0^ 1650> foh>tc bte 2tuföebung einer
Äejtye Don Älöfiern ; bie lefctere 2lnorbnung toar toöllig gerechtfertigt, inbem e$ eine 3letye
Heiner Stontoente gab, in benen bie ÜMönc^e bie burefy ba3 ©efefc unb bie Siegel bor*
geschriebene S)i£gij>lm nic^t tne^r beobachteten unb ft$ ben geiftlic^en Übungen ntctyt me^r 15
tmbmeten. gn ben lefcten 3ja$ren feine« fiebenä füllte Ignnocenj X. tiefer bei« 2)rticfenbe
unb S^mpfltye ber \xd) immer fteigernben §errfctyjud&t unb §enföafttber2)onna Dtyms
j»o; bie gelbgierige grau forberte fd^Ke^Itd^ bon benfieuten, benen fieSmter unbSBürben
»erraffte, monatliche abgaben, liefe [tefy bon bat &u freierenben Äarbtnälen fyofye ©ummen
audga^len, gehörte gegen ©elb felbft ben ^erabgelommenen Söc&tern JRomS ©cfcufc für 20
tyr ntebrigeä £anbtoert an feine ©c^toägerin fyattt ft$ ber *ßapft ju fefyr getoöfynt, fte
fctte \id) tym nadj tyrer SRücflefyr toölltg unentbehrlich gemalt; obtoofyl er tfyr nic^t me^r
traute, fjattt er nic^t bie Kraft, fte nochmals bon fid? ju toetfen. Unb tote ^at btejeö
ffietb fyroocenj X. feine 3fnfyängltc$fett vergolten? 211$ er am 5. Januar 1655 im
Sterben lag, fyitte 2)onna Dlr/ntyta nichts (Eiligeres gu tfyun, als bie ^abfeligleiten beS 25
©terbenben an ftcfc gu bringen. 9l\fy einmal bie Äoften für bie Seerbigung beS 9RanneS,
bux$ ben fte Millionen Don ©cubi gewonnen fyatte, übernahm fte ; tyre Slnttoort auf bie
lufforberung, für bie Seftattung ©orge tragen m tootten, lautete lafonifcfy, al« arme
ffiittoe beft^e fte nid^t bie ^iegu erforberlid^en uRittel. Safe l^nnoceng ftc^ unter ben
Prälaten ber Stirere toenig Siebe ertoorben, aber auc^, bafe bie @^rfur$t unb ©c^eu au$ 30
9bm getoti^en toar, bereifen un$ bie Seric^te t>on ben (Sgfequien be« $at>fte«. 9lify nur
tourbe bie Srid^e in einem jum aufbewahren öon ©eräten btenenben -Jtebenlofale ber
$eter«firc^e abgefteUt — am ©arge brannten nur gtoei bon einem ^rieftet geftif tete Kernen,
unb ein 3Ritleib fü^lenber ftanonituä toanbte einen falben ©cubi auf Seitynträger, bie
atbltc^ ben $apft o^ne bie hergebrachten geierlid^Ieiten jur @rbe beftatteten. 35
(diMel t) Betratf.
3wwcen^ XI.f 5ßa^ft t>on 1676—1689. — G'uellen: 3)ie S3uflen 3nnocengTXI.
{tnben fid) im erften Jöanbc ber gonjefuna bc§ Magn. bullar. Rom. be§ (StjerubinuS. $a$u:
Epistolae J. ad prioeipes, SRom 1891, 1895 (ed. Söertt)ier); Vita d'Innoccnzo undeeimo,
Venez. 1690; Palatius, Gesta Pontific. Rom., t. V, Venetiis 1690, p. lsq. ; Legatio mar- 40
chioois Lavardini Romam ejusque cum Romano pontifice dissidium 1697; L'Etat du
liege de Rome, Stöln 1707 ; Vita del Servo di dio, papa Innocentio XI , raecolta in tre
libri, mir ^anbfdjriftli^ uort)anben, uon sJ?anfe benugt in feinem Werfer "Die röm. ^ftpfte :c ,
9b III, ffaaleftcn 6. 202 ; An Account of his Excellency Roger Earl of Castelmaines
Embttsy, by Michael Wriffht, chief Steward of his Exceliencys house at Rome, 1688; ^
RHiTione di Koma di GiroTamo Lando, fdjon üon JRanfe benu^t a. a. D. 6. 205 ff. ; jum
trfanmalt ©oüfiönbig gebrueft in Barozzi e Berchet, Relazioni degli stati Europei lette al
Seoato dag^i Ambaaciatori Veneti, Ser. III, Italia, Relazioni di Roma, vol. II, Venez.
1878, p. 409 sq.; #eibeQ(jer, Hißtoria papatus, Amstelaedami 1698, p. 526 sä. ; etc.
2ittera tur : Ant. Turrerezzonico, De suppositieiis militaribus stipendiis Ben. Ödes- W
ealchi, Como 1742; Guarnaccius, Vitae et res gestae Pontific Rom. t. I, Rom. 1751,
p. 105aq.; C^r. ». gr. «Bai*, (gntiuurf einer üoflft. £ift. ber röm. ^äpfte, 2. flu3gaber
Mttinqen 17:">8, 6. 428 ff.; Sandinus, Vitae Pontif. Rom. p. II, Ferrar. 1763, p. 692 sq.;
Booamjci viU Innoc. XI, Rom. 1776, in« ^cuifd)e überf. grantf. unb fieiyj. 1791; ÄrdjU
btlb ©ower, Unpart. $)iftoric ber röm. $äpfte, 3:1. X, 2 Äbfdjn , ausgearbeitet uon 9tam» 66
ta*. «ügb. unb iieipiig 1780, 6. 152 ff.; 6d)rö(fft. ^^riftl. Äird)engcfd). feit ber Reform.,
6. XL, fieipita 1807, ©. 334 ff.; Capefigue, Louis XIV, Bruxelles 1838, p. 113 sq.; Ma-
caalay, The History of England, vol. II, fieipj. 1849, p. 38 sq., 245 sq. etc., vol. III,
. 92aq., rol. V, p. 105sq.; etc.; ©Darling, sD(ftd)acl ^olinoö in 3t)X(). 1855, ©. 15ff ;
etnicefli della Gattina, Hist. Diplom, des conclaves, 3 vol. Sßariä 1865, p. 272 sq.; SHanfe, CO
Sran|df. lief*, oorneimlid} im 16. unb 17. 3a$r$., 3. »b, fieip^ig 1869, 6. 360 ff., 4.»b,
6. 16 ff.; »onfe, Cngl. Qk\d>., Wb VIr S. 151 ff.; ffieumont, ©ef«. ber 6tabt fflom, 3 .^b,
$<
144 Sttttocettj XI.
2. mt, »erltn 1870, 6. 636 ff.; 9*anfe, $ie römifc&en $fipfte. 3. ob, fieipi- 1874. 8. 111 ff.;
G£rin, Kecherches historiques sur 1' Assembler de 1682, $ari$ 1869, p. 49 sq.; ber}., L'am-
bassade de Lavardiu et La Sequestration du cardinal-nonce Ranuzzi in ber Revue des
questions historiques, 1874, Octobre; GaillardiD, Histoire du regne de Louis XTV, t V,
5$art3 1875, p. 59 sq.; $eppe, ©efdn'ajte ber qutetiftifojen SJtyftif, 5Bcrltn1875; Dnno $t\opp,
$er 3-alI be3 fcaufea (Stuart, II, 6. 390 ff.; III, @. 87 ff., lOOff. K, IV, 6. 52 ff., 67 ff.,
86 ff., 2c; Genn, Le Pape Innocent XI et la Evolution Anglaise de 1688, in bcr Revue
des questions historiques, 1876, Octobre; berf., Le Pape Innocent XI et la Revocation de
l'Sdit de Nantes, ib. 1878, Octobre; Srofd), C^efcf). be$ ftirdjenftaate«, 1. 99b, Qotfea 1880,
10 6. 439 ff.; Michaud, Louis XIV et Innocent XI, $ari* 1882 f. <£infd)lägige «uffäfre mm
(Sterin weiteren a.a. D. »b XXIII f., XXXIII, XXXIX. gernere 9toa>eifungen bei 3m-
mid), <ßaj>ft 3nnocen$ XL, Berlin 1900. lieber f. Stellung in ber grage nad) bent $roba«
büiSmuS: öefd)icf)te b. ^oralftreitigf. in b vom. fat$. JHrdje t>on Stöüinger unb SReufd), 33b I
Wörblingcn 1889, 6. 38r 126 ff.; föeufd), $er gnbej ber verbotenen ©udjer II, Bonn 1883,
15 pas8im.
93enebetto Dbe3cala)i, gebürtig au$ 6omo, toar ber am 16. SKai 1611 geborene
6or/n t>on Sibio Dbe$cal$i unb $aula ßaftetta. ©eine (Srjietyung tourbe in feiner
fieimatftabt bon ben Igefuiten geleitet, flötet toibmete er fia) in SRom unb Neapel bem
©tubium be$ Stents. SSon feiner Stbftc^t, in ben ßriegSbienft ju treten, braute i&n ber
20 SRatfd&lag eines tym na^efte^enben Äarbinate ab ; aucb bie Weitere @rmabnung beweiben,
fein ©lud in ber furialifttfd&en Sauf bai)n ju fua)en, beljergigte DbeScald&t. Son Urban VIII.
erhielt er bie Stellung eines *ßrotonotar$, tnarb fpäter ^Jräftbent ber apoftoltfä^en Äamma,
tourbe trielfaa) in auswärtigen Angelegenheiten ber römifd&en 5tir$e fcertoanbt ^rmo*
cenj X. erfyob tyn jum Äarbinalbiafon S. Cosmae et Damiani unb ft>äta jum Äarbtnat
26 preäbr/ter com Xitel S. Onuphrii. 3)ie allgemeine Siebe ber Stoma, bie Slnertermung
aller ©utgeftnnten ertoarb fta) Dbefcaldji bura) bie (Sinfaä^ett feine* auftretend, feinen
ßrengfittlic^en Sebenäloanbel unb burd? feine t>öQig uneigennützige, auä einer vertieften
Sleligiofität fyerborge^enbe Srubaliebe. ©eine toeitgeritymte Sarmtyerjigleit trug if/m nom
^apfte ben Sluftrag ein, fta) nad& ^errara ate Segat *u begeben, um „aß 93aia bcr
so Armen" bort ba3 Unglücf, toeld&eä eme fa)toa auf ber ißrotrinj laftenbe Steuerung ange*
rietet, $u milbern. 3113 tym bann im %at)Tt 1650 ba$ SBtetum ÜRobara anvertraut
tourbe, oertnanbte er bie gefamten (Sinfünfte bleiben auf bie Äranfen unb Sebürftigen.
3ebo$ feine leibenbe ©efunbfyeit unterfaßte tym ben Aufenthalt in SRotnira, er überliefe
mit Erlaubnis beS tyap\t& ba$ Stötum feinem Sruber unb nafym feinen bauernben Stuf
85 enthalt in 9lom. §ier beteiligte er fia) auf baS eifrigfte an ben Beratungen ber Jtongre*
gationen unb lie^ fia) in allen ©efa^äften ber Äurie nia)t — toie fo uiele feiner Äollegen
im Äarbinatefollegium — toon bem ©runbfa^ leiten, auf jebe SBeife feine Äaffe gu be*
reifem. s2Bo e« gcria^tlid{>e Sntfa^eibungcn galt, blieben mit Berufung barauf, bafc bie
©ered^tiglcit blinb fein muffe, alle ibm eingereihten @mpfe^lungen ungelefen. 9lac^ bem
40 Sobe Giemen«' X. richteten fta) bie 93litfe ber Äarbinäle im Äonllabe auf Benebift DbedcaU^t;
obtno^l Submig XIV. tfyn guerft au« ber Rafyl ber Sßa^llanbibaten au«)ufa)Ite|en gebaute,
jal) er fic^ fa^lie^lia^ boa^ genötigt, ben ffiünfd^en be« römifd^en SSolfeä, h)ela>e« mä^renb
bc^ Äonflatoeö cd nid>t an ©unftbejeugungen für feinen Siebling fehlen liefe, Slea^nung )u
tragen unb erteilte ber framöfifety geftnnten Partei im ^eiligen ÄoHegium bie Anmetfung,
45 ber ältafyl Dbe^cald^iö gu^uftimmen, toenn auc^ faseren §ergen«. 2)erfelbe toarb naa)
einer ©ebiebafana non 2 SKonaten am 21. ©eptember 1676 auf ben ©tu^l $etri er«
^oben unb nannte fi$ al« ^5aj)ft ^nnoccnj XL S3ei ber mit ber üblichen Zeremonie bei
ftc^ SBeigernS unb SBeinen« perbunbenen Slnna^me ber työa^ften fira^lid^en SBürbe eröarte
ber SReugetoäfylte mit aller Offenheit, bafj er ftd) nur unter ber Sebingung ber i^m auf«
50 gebürbeten Saft nicfyt entjie^en Wolle, bafe man ber 3)urd^ftu)rung feine* Sorfatyeö, ben
eingeriffenen 5Kifebräud{>en ju fteuern, unb bie ©eiftlia^Ieit, fotoie bie SSertoaltung, ber
römifa^en Äira^e ju reformieren, feine §inberniffe in ben SBJeg lege. 3n ha 3^at tyd
feiten ein Sßatft mit einer folgen (Sntfa^ieben^ett unb Äonfequenj an allen fünften ba*
ffierf ber Sieform in bie Äanb genommen, h)ie 3n«ocenj XL; biefelbe galt junäa^ft ber
55 auf ben pöHigen Stuin loSfteuernben üJlifetnirtfa^aft in ber 3Sah>altung ba Jinanjen. 3n
per^ältnidmäfeig furjer fyit gelang c^ i^m, bie 9tu3gabcn ber Kurie mit ben ©nna^men
berjclben nic^t blofe in« ©leia>gen)id{>t ju bringen, fonbem fogar ein nia^t unbeträchtlich
$lu« ber einnahmen ju erjielen. 3)iefe« $kl toar nur baburd) erreidbbar, bafe er an
fu$ unb feiner §of^altung tn jeber SBctfc fparte, alle ©inefuren abfd&affte unb ntc^t bal
co ©eringfte bon ben ©ütern unb ©elbem ber Strafe an feine 9iej>oten berfd^leuberte, Swi
Dorn^erein crflärte 3nnoccn5 ^- feinem 9Jcffcn, Sipiu« DbeScaldJH, ba| er toon ü^m
dfnuoceuj XI. 145
ractytö m erwarten fyabe. Stuf bic ©efcfyäfte ber Äurie gewährte er feinen SSerWanb*
im nidpi bcn gcringftcn ßinflufc. 2Bie er fid& felbft ber einfad&ften SebenSWeife be*
flet^igte, fo forberte er foWofyl von feiner näcfyften Umgebung, afö aucfy Von ber fyofyen
0ctftltd?fett außerhalb SRomS größere Sinfd&ränfung unb 3urü*9eS°9cn^e^/ Verpflichtete
au$ bie Sifööfe, fi$ ntcfyt aufcerfyalb tyrer £)iöcefen aufzuhalten. ßiner Kongregation s
Don Äarbinälen erteilte er ben 2luftrag, genau $u prüfen, ob bieScWerber um bifctyöflic^e
giüble in tyrem bisherigen Seben bie crforberlicfye ©ittenrein^eit bewahrt unb bic not*
toenbtgen fyeologifäen Äenntniffe befäfjen. Slucty auf bie fittlid&e güljrung be$ nieberen
ÄlcruS £atte er 8tc$t, fd&ärfte bemfelben bic $fli$t ein, nicfyt gelehrte, mit Gitaten prun=
lenbc ^Jrebigten ju galten, fonbern bem 33olfe ben gelreujigten ßfjriftum $u verfünbigen. 10
Die ©etftHcfyfeit insgemein forberte er nacfybrüdtlicty auf, tyr Stugcnmerf auf eine p>z&*
mäßigere ^eranbilbung ber Jugcnb ju richten, ben fatccfyetiföen Unterricht mit (Srnft $u
betreiben, ben Syrern Anleitung in betreff ber -Ketfyobe be$ JugenbunterricfytS in 9e$
Währen. 3)em um fi$ greifenben ©ittenVerberben in ben Saienrreifen Wollte er auf bem
ffiege ber firc^Itc^en ©efeftgebung fteuem. Unter anberem gebot er im Jatyre 1683 ben 10
grauen unb Jungfrauen \\d) fittfamer ju fleiben, ben §ate unb bie 2trme nicfyt entbläfjt
$u tragen. SBer jicjj gegen biefe Äleiberorbnung Verfünbige, fott mit bem Sann beftraft
toerbrn. 92od^ rigoriftifdjer lautete eine anbere 33erorbnung vom Jafyre 1686, fte unter*
fügte allen ^Römerinnen o^ne Unterfcfyieb ber SilbungSftufe unb ber gefellfd&aftlicfyen
Stellung baä Orienten unb bie 3lu$übung ber SWufif; and) bic männliche Sevölferung 20
Äom£ Würbe Don tym in föarfe $nd)t genommen, ber über ade ©ebote be£ Slnftanbcä
fi$ ^inWegfefeenbe römifd&e 2lbel warb jur Sefferung feiner (Sitten angehalten unb ber in
Äom über$anbne$menben ©pielWut bur$ 2lufl?ebung ber ©pielfyäufer ein 2)amm gefefct.
gimocenj XI. War eine nid&t blofj etfyifcty veranlagte, fonbem auefy tief rcligiöfe ^erfön--
li^Ceit $a3 ©ort fernem 93eid&tVater3 : er fyabe an biefem $apfte nie etwas wa^r* 26
genommen, WaS ba$ SSertyältntö ber ©eele ju ©Ott getrübt, ift eine §typerbel, in richtiger
Stnföränfung cfyxrafterifiert eä bie #erjenefrömmigfeit Jnnocenj' XI. (Sine %fyat Voll
fittttefcr Straft War e$, bafj ber *ßapft im Jatyre 1679 aller SKeligion unb Stytf fyotyn*
fprc$cnbc ©ä$c, jumeift aus ben Schriften ber Jefuiten 6ecobar, ©uarej, Sufenbaum 2c,
aU propositiones laxorum moralistarum Derbammte. @r h?ar c^ and), toddjcx ben 30
gegen ben ?ßrobabiti£mu3 auftretenben Stl;rfo ©onjale^ (f. b. 91. $robabili$muä) gegen
bie Jntriguen feiner jefuitifetyen Drben^genoffen ^iclt unb fogar beffen 9Ba^l jum ©eneral
burdftufe$en tou^te. Jener Urteilßfpruc| ift itym bon bem mächtigen Drben nie toerjiefyen
toorben; er fyd fxd) an Jnnocenj XI. baburcf> gerächt, bafe er ben lebenben unb geftor*
benen $apft mit ben niebrigften 9tnfc^ulbigungen Verfolgte unb feine ©eligfprcd^ung hinter- 86
trieb. 2>aft Jnnocenj bie änfc^ulbigungen ber Jefutten fürchtete unb bafe bicfelben eine
gewaltige ÜJ^ac^t toaren, mit ber felbft biefer^Japft ju rennen ftety gejtoungen fa^, betoeift
ber quictiftiföe ©treit. SBJo^l ftanben bie ©tympatfyien Jnnocenj' XI. juerft auf ber ©eite
bö Slolinod, er tyatte ein 33erftänbni« für bie berinnerlictyte ^römmigfeit, bie an$ bem
„gnftüf^en SBegtoeifer" be« öon ben Jefuiten ^art bebrängten 3Kanne3 fpra^. Sil« aber 40
ba* unta bem @influ& ber ©c^üler So^ola« ftefycnbe Jnquifttion^geric^t fic^ burc^ eine
an ben ^ßapft gefanbte Deputation Von ber Steifytgläubigfeit beöfelben ©eh)i^eit berföaffen
toottte, ald felbft einzelne Äarbinäle Jnnocenj XI. einen ©eneralvüar, um größere ßnergie
in bie Ser^anblungen ju bringen, beiguorbnen gebauten, al$ man tym von feiten ber
^efutten immer toieber vorftedte, ba| ber au£ bem ^Ha^mcn bcr fatfyolijcfyen Sleligiofttät 45
had) feine ©eringfe^ä^ung ber firt^lic^cn Zeremonien ^crau^tretenbe Duieti^mu^ bieAirc^e,
toam er nix^ toeiter um fi$ greife, jerftören muffe, ba toitlfafyrte Jnnocenj XI. enblic^
bm unermüblicfyen älnflägern unb bestätigte in einer Sude vom 28. 3luguft 1687 ba$
Urteil bcr Jnquifitoren, bie 68 ©ä|e au« ben ©Triften be« 3Kolino« alt fc^crifd^c unb
grttedäflerlify geftempelt Ratten, mtyx 2lu$bauer unb ©eifte^ftärfe betvie« Jnnoccnj XI. so
in ben langwierigen ©treitigfeiten mit Subtvig XIV. Von gfamfreiety, vgl. bie 21. Slcgalie
üb ©aHifaniömuä 9b VI ©. 356, 66 ff. 9luf bie Hriegäerilärung, bie in ber Slnna^me
ber »icr gaßüanifdjien ärtitel lag, antwortete Jnnocenj XI. bamit, bafe er alle bie vom
fnotyoftftycn Äönig in SSorfc^lag gebrauten Äanbibatcn für bie crlcbigten Sifc^of^e in
bem Jolle iu orbinieren ft^ Weigerte, bafj fic bcr SSerfammlung ber ©eiftlid&feit Von 1681 66
b» 1682 (f. 8b VI ©. 357, sff.) angehört Ratten unb nun glcidrfam jum So^n für i^re
ÜBtcrtocrfung unter ben 2öiflen be^ jlönig« mit ^o^en3Bürbcn ber Kirche bebaut Werben
foOtcn. ffierni SubWig XIV. Ijofftc, burc^ bie gewaltfamc 2tu$rottung t>& ^Jroteftanti^
«ad in granfreitty unb burc^ bie 9tuf^ebung be« (Sbifte^ vonsJ2ante« 1685 Jnnocen^ XI.
■Hfuftimmen unb jur 92ad^giebigteit in ber iRegalienfrage, fowie jur ftillf$Weigenben 3ln^ go
ntml**w*tU>pto\t für £$co(ogie unb ftir^e. 3. «. IX. 10
146 3fnttocttta XI.
crfennung bcr bier Strtifel &u bewegen, fo tyattc er fid& in biefer (SrWartung böflig getäufd&t.
SBofyl lobte ber SJJapft ben franjöftfd&en ©efanbten gegenüber ben ©fer, ben ber König
bewiefen, Wofyl fpra<$ er in einem Äonfiftorium ber Jtarbinäle am 18. 3Wärj 1686 bon
bem „unterblieben SScrbienft", ba« fiel) SubWig XIV. erworben, inbem er biejenigen ßbifte
5 Wibcrrufen fyabe, „quae perduelles haeretici ab ipsius majoribus regibus chri-
stianissimis inter bellorum aestus et pericula extorserant", too^I Willfahrte er
aud) bem au«gefprocfycncn Verlangen be« Äönig«, feine ©rofifyat burd& befonbere Sfejttidfc
feiten in 9tom gefeiert ju fe$en, inbem er am 29. äpril b. $. in bcr päpfHid&en JtapeOe
ein Tedeum fingen unb greubenfeuer in ber ©tabt abbrennen liefe, aber balb genug
10 mufite SubWig XIV. wafyrnefymcn, bafe bic Äurie bei aller Slncrfennung feiner ber Äir$c
bur<$ 2lu«rottung ber Äefter geleiftetcn ®ienfte bon ifyrem ©tanbpunft in ber 9legalicn=
frage unb bon i|rer 3luffaffung ber bier©äfce nicfyt im geringften abging. XXnb nun gc*
feilte fiefy ju ben bi«fyerigen ©treitpunften ein neuer fyin$u; ^nnoccnj XI. Wünfd&tc fctyi*
lictyft, bafj bie auswärtigen 3Wäd^tc auf ba« fogenannte äftylrecfyt tyrer ©efanbten t>er}i$s
15 toten, b. f). auf ba« Stecht, in intern $alaft unb in ber näd&ften Umgebung bcefclbcn ben
bon ber römiföen guftij Verfolgten eine 3uflu$t«ftätte ju gehören. 2Bäfytenb ber Jtaifcr,
bic Äönige bon Spanien unb $olen, bie Äönigin Gfyriftme bon ©d&toeben fh$ in biefe«
Segefyren be« Zapfte« ju finben Wufeten, rief SSenebig feinen ©efanbten au« SRom jurikf
unb ber$i$tete junäcfyft lieber auf bie Scfcfcung biefe« @efanbtfd&aft«poften«, al« bafe e«
20 ba« Slfolrectyt preisgegeben, Sil« nun gnnocenj XI. na& bem iobe be« bi«$erigcn fran*
jöfifc^en ©efanbten an 2ubwig XIV. bie gorberung fteute, ben nädjtften ©eft$aft«trägcr
nur mit einem 93erji$t auf ba« $ribilegium, Serbrectyer ni beherbergen, nadfr SRom )u
fenben, anbernfaH« Werbe er ifym feine Slubienj erteilen, ertlärte berÄönig, umfometyr mit
aller ßntfcfyiebenfyeit an ber Quartierfretyeit ferne« ©efanbten (le droit de franchises
25 des ambassadeurs) fcftfyalten ju wollen, al« er fi$ um bie fattyoltfc&e Jtir$e Wie fem
anberer fatfyolifäer gütft Mbur<$ 2lu«rottung bcr Äefeer berbient gemad&t fydx. gmio-
cenj XL, cntfd&loffcn, ba« Stufeerftc ju Wagen, ja felbft ben SJtärtyrertob ju leiben, belegte
in einer Süße atte btejenigen, bie fünftigfyin ba« 2tfi;lrectyt beanfpruc^en Würben, mit bem
Sann unb fafy bemgemäfe in bem SRarqui« be Sabarbin, bem neuen franjöfifctyen Sefcoflt
so mäßigten, ber, um bie Quartierfreifyeit mit sJ2a$brucf behaupten ju fönnen, feinen @Ht)ug
mit einer Wo^lbeWaffneten ©cfyar bon c. 800 5Wann in SRom ae^alten, einen ©ebannten,
belegte fogar bie Jtirc^c be« heiligen SubWig in *Rom, bie Sabaroin, inbem er am 24. 3te
jembcr 1687 bafelbft bem ©otte«bienft beigewohnt, entweiht ^atte, fofort mit bem Snter*
bift. SBJobl fcerliefe bcr frangöftfe^e ©efanbte, ber bie ©tellung eine« ©ebannten auf bie
85 ®auer ntdpt ertragen fonnte, 9tom, aber ber päpftlic^c SRuntiu« in 5ßari« mufete ba« Ste
nehmen feine« $erm entgelten; er Würbe al« ©efangencr be^anbelt, nur in Segleitung
einer SBacfyc burftc er ba« §au« berlaffen. infolge ber berfc^iebenen Äämpfe mit ber
Äuric, bie nod^ um einen neuen, ber bie Sefc^ung be« Jfölncr @r;ftu^I« betraf, Dcrme^rt
Würben, fteigerte ftc^ bie Erbitterung be« Äönig« fo fe^r, ba| er bie ©raffc^aft Sltngnon
40 bem franjöfiföen Sleic^e einverleibte, bic ©elbau«f u^r au« gtanfreid^ nad^ 9tom unterfaßte,
unb fc^on im Segriff War, in ftranfreicfy einen bom Sßapft unabhängigen Patriarchen an
bie ©pifce ber Äirc^e ju ftetten. Stile biefe 3Ka^na^men fc^reeften ^nnoccnj XI. nid^t,
er Weigerte fiel) nai) Wie bor, ben ifym toom Äönige präfentierten Sif^öfen — e« Waren
i^rcr fc^on 35 — bie Seftätigung gu erteilen; unb loenn au$ ber $apft ftd^ fd^Ke^ltd^
45 eine ^Ermittelung be« Stönig« toon ßnglanb, 3>afob M., in bem ©treit mit $ranfreu$
gefallen laffen Wollte, fo mag bic Vermutung, bic Srofcty au«gefproc^en ^at, richtig
fein, bafe 3nnoccn5 XI. babureb nur feine griebcn«liebe beWeifen Wollte, m bcr $or*
au«ftc^t, bafe bcr Ifyron ^fob« II. ju erfc^üttert fei, al« bafi er fid^ auf benu
felbcn nod) lange galten unb bie 3lu«fö^nung ^Wifd^en 9)om unb granfretc^ in Angriff
60 nehmen fönne. 3)ie unflugen unb übereilten ü)iagrcgeln be« englifd^en flönig« $u
Hebung bcr lat^olifc^cn ftir^e im proteftantifc^cn ßnglanb, ja $ur bölligen UmWanblung
feine« ben proteftantifd;cn ©runbfä^en ergebenen Sleidfie« in einen bie geiftlid&e Ober^o^dt
SHom« anerfennenben Staat mißbilligte bcr befonnene, bem aHmäfyUAen gortfe^ritt g»
get^anc 3nm>cen$ XI. auf« entfd^iebenfte ; bergeblicfy liefe er %atob II. SMäftfgung anraten,
55 i^n erfud^en, feine ©dritte ju t^un, bic jlotfd^en i|im unb bem Parlament einen Äonflift
herbeiführen fönnten. Sil« in 9lom ©raf Gaftelmaine al« ©efanbtcr be« englifd^en 5tönig«
crfd;tcn, um bic Serbtnbung ^Wifc^en SRom unb ben Äatfyolifcn be« S^f^reic^« toteberbtt*
juftetten, empfing i^n bcr $apft allcrbing« f)ö)l\d), aber mit einer öerlefeenben ilaltc J)ie
i^m öon feinem ©ebicter erteilten befonberen auftrage fonnte ber Sotfcpafter in ben i^«
go beWiUtgtcn Slubicnjcn ^nnocen^ XI. nietyt Dortragen, ba le^terer, fobalb ba« ©efprä^ auf
3fntiocetij XI. 147
Wefe lom, bon einem §uf*en befallen tourbe, bet ben ©rafen Gaftelmaine in böllige 95er=
totrrung braute unb ber Unterrebung ein unertoartet rafcfyeS (Snbe bereitete. 6S blieb
bem SeboOmä$tigten 3afobS II. fd^Itc^Iic^ nichts toeiter übrig, als feinen abrieb ju
nehmen, bat i$m3nnocenj XI. mit bem boppelfinnigen State erteilte, ft<$ ja Dor SagcS*
<mbru$ aufzumachen unb in ber Küfyle ju reifen. 2luS einem Schreiben beS SßapfteS Dom 6
Sa^re 1688 an ben Kaifer Seopolb erfetyen toir, baß ber innerfte ©runb feiner SRißftim«
mung gegen gafob II. bie fi$ immer mefyr $ur ©etoißfycit geftaltenbe Befürchtung toar,
bem Könige fei eS bei allen feinen ÜKaßregeln ju ©unften ber Katfyolifen nid;t in erfter
Önie um bie fatyoliffyc Kird&e, bielmefyr um bie ßrtoeiterung feiner 9Jtacfyt ju tfyun unb
um cm SünbniS mit Subtoig XIV., ber ft<$ (SnglanbS als eines SBerfjeugS jur 2)urd^ io
fütyrung feiner bie gfreityeit ganj ©uropaS bebrofyenben *ßläne bebiene. $n ^uc %i}at fyatte
fub 3afob IL mehrmals bereit finben laffen, im gntereffe beS franjöfifd^en Königs ahnten
biefem unb 9tom nt t>ermitteln. 93efonbcrS Verübelte ^nnocenj XL bem Könige Don
gnglanb feine ber ^ßolitif Subtoig XIV. bienenbe Sinmifd&ung in bie Kölner SBafylange*
legenden. 3)er @rjftul>I Don Köln toar erlebigt feit bem 3. guni 1688. 3llS Setoerber 15
um ba3 SnbiStum traten auf ber Karbinal gtirftenberg, bieder Sifcfyof Don Strasburg,
mib 3ofef GlemcnS, ©ruber beS Kurfürften 9Raj (Smanuel bon Sägern; ber erftere, eine
gefügige Kreatur 2ubtoiaS XIV., toarb bon fbantreid^ auf baS eifrigfte in ber Hoffnung
unterjttt£t, bajj er als Kurfürft beS beutfe^en zReictyS ber Sänbergier beS fran^öftfd^en Königs
(eine $inbcrmffe in ben 2Beg legen toerbe; Qofef (Element bagegen galt nicfyt bloß als 20
Äanbibat beS KaiferS Seopolb, fonbern aller Regierungen, bie — toie Spanien unb $oU
lanb — bie Übermalt $ranfreid&S brechen tooDten. £)a bie im 3uli lf>88 bor [\ty
gefcnb* 9Ba$I beS Kölner ©omfapitelS refultatloS blieb, inbem feiner ber Setoerber bie
Stimmen in ber erforberlic^en Slnja^l auf fiefy Dereinigte, fo fiel bie Sntfdjeibung bem
Zapfte }u ; Subtoig XIV. fanbte einen bef onberen 33eDoIImä<$tigten, Gfyamlaty, naefy 9lom, 26
um beim Zapfte bie ßrtyebung beS ©traßburger 93ifctyofS auf ben Kölner (Srjftufyl ju be*
ffatoorten, er tourbe bon gnnocena XL nicfyt einmal jur Slubienj jugelaffen, mußte uns
berri^teter ©ad&e ju feinem §errn jurücffefyren. ©incr ettoaS freunblid&eren aufnähme
fatte fufc ber engliföe ©efanbte, ber ftd^ für bie Betätigung 5ürftcn^er0^ berlocnbcn
fottte, bon feiten beS ?PapfteS ju erfreuen ; too^l erhielt er bie crtoünfcfytc Slubienj, aber 30
fie blieb o^ne ßinfluft auf bie (Sntfctylüffe ^nnocen^' XL — 3°fcf GlemcnS tourbe balb
barauf als 6r^bift^of Don Äöln bestätigt, infolge biefer englifc^en Sefürtoortung ber
Sta^I güxftenbergS fteigerte fic^ ber SSerbac^t ber römifd^cn Kurie, bafc jtoifc^en %alob IL
imb Subtvtg XIV. ein SünbniS befte^e. ©0 erflärt eS ftc^, ba^ man in 9tom ben
6turj SafobS IL nid^t ungern fa^. ßS lä^t fid; aber nic^>t quellenmäßig betoeifen — 35
toeim eS aud& fe^r toaWdbeinlic^ ift — bafj ^nnocenj XL um ben $lan SBil^elmS Don
Cranien, bem Könige 3a!ob IL bie Krone ju entreißen, gemußt. 2lbcr bie angebliche
Unterftü^ung beS OranietS bur$ bie Kurie „ift nichts als eine Don ben gran^ofcit auf=
tfkaitykt 2epenbe" (Smmic^ a. a. D. ©. 106). 2llS ber feiner Sänber beraubte ^afob IL
fty im Äpnl 1689 bur$ feinen ©efanbten Porter an ben $apft mit ber bringenben 40
8itte um Unterftüftung toanbte, erflärte biefer, nichts für i^n tyun ju fönnen, ba ber
ftuff 0e9cn ^ranfretc^ i^n jur Slnfpannung aQer feiner Kräjte nötige. W\d)t un}u-
Mfenb ift bie Äußerung beS DenetianMen ©efanbten in 9tom, beS 2anbo, in feinem
Beruht an bie ©ignorie Dom 16. 3lpril 1689: „SllS baS einige ©ute betrautet man in
Stom baS, toaS jur Srniebrigung ^ran!reic^S führen fann, o^ne einen Unterfc^ieb 511 45
iiadben, 06 eS ben Katyolifen ober ben Ke^ern Vorteil brinat". 2US nun Subtoig XIV.
in 2)eittf$lanb einfiel, um Köln für gfürftenberg mit ben Waffen &u gewinnen, ba ge-
teilte eS l^miocen) XI. aur ©enugt^uung, baß bie ©lieber beS befenfiDen SlugSburger
SünbntffeS bon 1686, Söil^elm Don Dranien, ber Kaifer unb ©panien, in ber großen
tflianj Dom 12. SWai 1689 jur DffenfiDe gegen granhreid^ übergingen. Um fein i'anb w
\)tt fufy ^nnocenft XL fo große Serbienfte ertoorben toie um Öfterreic^. ©eine 3Rafc
nngen unb unauf^örlioen Sitten betoogen bie beutfd^en 9(eic^Sfi'trften, fotoie 3>°bcmn ©0=
Htm bon $olen jumSntfa^e beS Don ben dürfen belagerten sBicnS (1683) herbeizueilen.
Sein (Eifer brachte auc^ fpäter ben Sunb beS KaiferS, SenebigS unb dolens gegen ben
£attmumb ju fianbe, alle hgenbtoie Derfügbaren Mittel [teilte er bemfclben &u ©ebote, er 55
abfetc noc^ bie Don i$m fo ^eiß erfe^nte Befreiung Ungarns Dom türfifdjen Soc^e, fotoie
Mr (Eroberung SelgrabS. ^nbireft brauten biefe ©tege über ben ßrbfeinb ber ßfyriftcnbeit
fem §au&, baS ber CbeScal^i, pi Slnfe^en unb G^rcn. infolge i^rer Beteiligung an
Um Kampfe gegen bie Xürfen tourben bie DbeScald^ii ut 9tet4sfürften erhoben unb cr=
fiefiat ba& ungariftye ^erjogtum ©irmium. Sielen SJtißbeutungen fear ^nnocen* XL go
\0*
148 dfnitoctttj XI. dmtocenj XII.
babur# auägefefct, bafe er, ber of;nef;in mit bcn ^roteftantifc^en gfirften cn& politiftfcen
SRücfftc^ten ein (Sinbernetymen unterhielt, ben roctyrenb feinet SßontifilatS auftaud&enben
*ßlänen einer 2lu«fötynung ber proteftantifctyen unb ber fatyoliföen Ämfce ntd&t fremb blieb.
?Jreilia% „tym Neigung ober aui) nur 33erftänbni« für proteftantifd&e tyten, Sefunbung
s einer freieren religiöfen ©eftnnung nad&jurtifymen, liegt fein ®runb bor" (3mmic$, ©.111).
£)ie legten 3af;re ieinc^ üeben« r/atte ^nnocem XI. biel mit Äranftyeit ju fämpfen, feit
bem ftuni 1689 fear er ganj an« S3ett gefeffelt, am 12. äuguft b. 3. trat ber lob ein.
&em forf^enben 2luge, roel$e3 nief/t bura) bie fd&toarje 33rille franjöftfäer unb je*
fuitifd&er 93erid?te fielet, roirb ^nnocen) XI. ftety bei einge^enbfter Prüfung al« eine ber
10 ibealften ©eftalten ber sßctyftgefctyicfyte, ber bie Steckte ber Sliribe mit ßnetgie, STOafc unb
SÖürbe bertrat, al« eine geläuterte ©cele, als eine umfaffenbe $läne, $o£e Siele mit efa*
liefen SRitteln berfolgenbe ^Jerfönlicfyfeit barftetten. Steuer aber &at ber £afe über bte
objeftibe Betrachtung gefiegt, benn bie bon Senebift XIV., Giemen« XI. unb Slemenä XII.
eifrig betriebene Äanonifation biefe« ^JapfteS roufjte grantreia^ immer toieber ju bereitein.
iö®erabe gfranfreia^« geinbfcfyaft ift ein G^renjeugni« für ben Sßapft: er tottnfctye trieben,
»]jrranfrei<$ bebrofyte unb bra$ benfelben unau$gefefct; er fefcte alles baran, bie dürfen au«
Üuropa ju bertreiben, gftanfreia^S *ßoIiiif roollte fie ftart fetyen als ©egner öjiterretyS.
^n ben tird^cn^olittfc^en fragen tyat ^«nocenj allerbingS ni<$t ber franjöfifc^en ^räpoteit)
nachgegeben, aber fonft Subtoig XIV. gegenüber „eine ©ebulb unb 3laqf\^t an ben Zag
ao gelegt, roie fte feinem 6l;arafter fremb haaren unb roie fte [\fy nur au« ber Sdbtung bor
ber gewaltigen SRaa^t bicfeS 9Ronawr/en unb ber faft traditionellen SBorliebe StomS für
ben älteften ©ofyn ber Äira^e erflären". SRanfe fagt über ^roweenj XI.: „®a$ $apfc
tum erfa^eint uns r/ier in feinem löblid^ften Berufe, bermittelnb, griebe ftiftenb."
(3i»ffe! t) »e«w«.
36 3ttttOCettj XII7 $apft fcon 1691— 1700. — Quellen: Bullarium Innoc XII, Rom
1697 ; Relazione di Domenico CoDtarini ambasciatorc ordiuario ad Alessandro VIII ed
Innocenzo XII, fdjon oon SRanfe, $ie röm. $äpftc jc, 3. Job, Seipftig 1874, ftnaletten,
©. 207 f. benufrt, ooflfränbia herausgegeben oon Barozzi e Berchet, Belazioni degli statt
Europei lettc al senato dagli Ambasciatori Veneti, Serie III, Italia, Belazioni di Borna,
30 vol. II, Venez. 1878, p. 433 sq. ; Guarnaccius, Vitae et res gestac Pontif. Rom., 1. 1, Bom.
1751, p. 389 sq. ; Sandiuus, Vitae Pontif. Rom. pars II, Ferrariae 1763, p. 689 sq. cte,
iHtteratur: Wrcfjibalb 93oroer, Unpart. £tftorie ber röm. $«pfte, 10. %L, 2. «bfdjn.,
ausgearbeitet üon SRambod», 9ttagbebitrcj unb fieip^ig 1780, @. 207 ff.; ©cbröcfö, dftrifH.
Ätrd&eng. feit ber Deformation, 6. XI, Seidig 1807, ©. 350 (f.; Petrucelli della Gattin*,
86 Histoire diplomatique des Conclaves, 3 vol., üßariS 1865, p. 351 sq. ; 9?anfe, Srranj. Qkfä.,
4. »b, fieipiig 1869, @. 79 ff., 108 ff.; fleumont, ©efeft. b. 6tabt Dom, 3. ob, 2. «bteiL,
93eritn 1870, ©. 640 ff. ; Hanfe, 3)ic röm. $npfte in ben lefcrcn 4 Sa^rbunberten, 3. ©b,
fieipjig 1874, S. 118 ff.: Gaillardin, Histoire du rbgne de Louis XIV, 5 t., $arid 1875,
p. 455 sq. ; Ge>in, Recnerches historiques sur Tassemblee du clerg^ de France de 1682,
40<ßari8 1869, p. 435sq. ; ^eppe, ©efd)id)te ber quictiftifeften ^ftif, Berlin 1875; Libouroui,
Controverse entre Bossuet et F^oelon au sujet du quietisme de Madame de Guyon 1876;
Dnno ftlopp, 2)er &QU be8 ^aufeS ©tuort, V, 6. 328 ff., VI, 6. 8 f., 180 ff., 224 f.f VII.
6. 66 f., 8. 126, VIII, @. 163 ff., @. 504 ff. (SBten 1877-1879); »rof«, ©ef^ieftte be*
Äird)enftnQte«, 1. »b, ©ot^a 1880, 8. 450 ff. «gl. bie flrlt. öoffuet («b III, 340,15) unb
46 g^nelon (©b VI, 34, 30).
Antonio ^JtgnatcHt roar im sJteapo[itanijcf;cn am 13. üJlärj 1615 geboren unb gehörte
einer ber älteften unb berbienftbollften gamiüen 9Jecu>eU an. ©eine ßrjie^ung empfing
er ju Som im ^cfuitenfoHegtum ; Urban VIII. l;at bcn jroanjigiä^rigen ^iignateOi an
bie Sude gebogen, i^n jum ^rolegaten bon Urbtno ernannt. 3Bä^renb bed ^ontififatö
60 3nnocen^ X. begegnen rotr i^m aU sJiuntiu^ in glorenj, Giemen« IX. berlie^ i^m bie
Nuntiatur in SBicn, naa^bem er bereit« unter ^Uejanber VII. bie Angelegenheiten ber
Eat^oüfc^en Äirdfie in Sßolen geregelt. Seiner ber $äpfte ^at 5ßignatelli fo grofee 8Bo#*
traten erroiefen, feiner einen fo tiefgehenden (Stnflufe auf bie ©runbfäfce unb ©efinnung
be«felben ausgeübt roie 3«n°cenj XL; 1681 nar;m biefer i^n in bie 3a^ bet Äarbindle
66 auf unb err/ob i^n bann jum @rjbifa^of bon Neapel. Sil« bie Äarbinäle nadj bem lobe
älejanber« VIII. jum Konflabc jufammentraten (11. J^bruar 1691), befämpften fu^ im
^eiligen Äottegium eine fpanifa*>=fai|erlid^e unb eine frangöfifc^c 5ßartei, bie aber beibe
ir;re Hanbibaten nia^t bur^ufe^en bermoa^ten. 2)a fid> roä^renb ber langen ©ebtebafanj
bie Unfia^er^eit in Stom bon jag ju lag fteigerte, fd>loffen cnblia^ bie ftreitenben Äa^
eobinäle einen Sompromi^ bem Slnton ^ignatelli am 12. ^uli 1691 feine 6rr/ebung auf
ben @tu^l $etri berbanfte. iSx nannte fic^ ^nnocenj XII. au« S)antbarleit gegen 3nno*
^mtoceitj XU. 149
cenj XI., ben er fi<$ in allen feinen SKaferegeln $um SSorbilbe na^m; toie biefer toar et
ein cntföiebener ©egner be« 3let>oti«mu« ; bie armen nannte er feine Sftepoten, ityrer natym
er fu$ mit einer folgen Sarm^erjigfett unb in bem Umfange an, bafe, als er einft bon
einer 5Reife na# SRorn jurücffetyrte, Saufenbe berfelben ifym jtoei 3KeiIen entgegengingen,
um unter bem Stufe: ba fommt ber SSater ber Sirmen, ben Prägern ben ©effel ju cnU 6
teilen, auf bem ber Spapft rufyte unb ^mtocenj XII. unter lautem %ubtl in bie ©tabt
m txoQtn. ßmen $eil be« fiateran« toertoanbte er jur §erftellung eine« $of}ntal« für
Hotleibenbe, für bie !gugenb bw unteren 93olf«flaffen forgte er burety Stiftung bon 2ln*
flauen, ©egen feine Slnbertoanbten bagegen geigte er ftety ftreng ; fofort nad) feiner 3Ba£l
liefe er fte toiffen, bafe fte bon tym nietyt« ju ertoarten Ratten, er ityre Slntoefentyeit in 10
Jlmn nid&t gern fe^e. Um nun aber für alle gräunft fcag Sluffommen eine« berartigen
$epoti«mu«, toie er ft$ unter feinem Vorgänger, Sllejanber VIII., breit gemalt fyatte,
|U ber^inbern, erliefe er bie S3ufle Romanum decet Pontificem, in toeld^er er ber*
orbnete, bofe lein $oßft ba« Siecht §aben fott, unter irgenb einem SSortoanbc feinen 9Ser=
toanbten ©elb, ©üter ober Sftmter ju beriefen : ftnb biefelben böllig mittello«, (o foHen 16
fte bom SSapfle niefct anber« betyanbelt unb nidpt in fyö^erem SKafee unterftüfct toerben al«
bie übrigen armen. 2Benn aber ein pctyftlicfyer 2lnbertoanbter um feiner SSerbienfte hrillen
jumÄarbtnal freiert toirb, fotten feine ©inna^men nietyt über 12000©cubi betragen. Stuf
biefe Stonftitution — fcerorbnete ber ^Japft — ftnb alle gegenwärtigen unb jufünftigen
ftarbtnäle ju bereibigen ; ber apoftolifctyen Kammer unterfagte er ba« Verläufen ber getft- 20
liefen jbnter unb SBürben unb liefe benen, bie tyre Stellungen erlauft Ratten, ben Setrag
be« eingezahlten ©elbe« jurüdterftatten ; ben ^ierburcfy berurfacfyten 2lu«faH alljäbrlic^ ein«
Iaufenber Summen fyd er niefct burety (Srtyöfyung ber ©teuem, fonbem burdp Verein*
fa^intg be« £of$alt«, bur<$ ßrfoarniffc ber für ©inefuren bi«^er im 3afyre au«gegebenen
80000 ©cubt gebeeft. 2tucty ba« ©treben Snnocenj' XI., georbnetere unb ftdjere Ver= 25
bdltniffe im Äm&enftaate aufteilen, teilte er. Dfynt Slnfefyen ber *ßerfon bestrafte ^nno*
ent) XII. ade, bie ftefy gegen ba« ©efefc bergingen, unb jtoar mit fc$onung«lofer ©trenge.
Sie fetten bom römifd&en Slbel mufeten jebe fcfytoere Stecgtöberlcfcung auf ber Sngeföburg
ober im @pl berbüfeen. grauen, bie fufy bem ^ajarbfoiel ergeben Ratten, gab er im Äerfer
Selegentyeit, über ijjren £eben«toanbel nad^jubenfen. ®amit ba« Stecht bon ben Stiftern so
in iuqxirteilid&er 2öeife gefprod&en toerbe, unterfagte er benfelben, bon einem Äläger ober
Serttagten ©efc^enfe entgegenjune^men ; um bie $ectytft>re<$ung tu erleichtern, liefe er einen
gtofeartigen 3ufti#>ala[t, bie Curia Innocentiana, ba« je$ige Slbgeorbneten^au«, aufführen,
ber alle bisher über bie ©tabtjerftreuten Se^örben unb ©eric^te an einem fünfte bereinigte.
Sem tief ^erabgetommenen ÜKönd^ftanbe toanbte ber $a))ft feine boHe 9lufmertfam!eit 86
)u, eine befonbere, fron i$m gegrünbete Kongregation erhielt ben Auftrag, bie @in^altung
ber Crben«regel mit aller ©trenge ju überfragen. 2)iefe« Seftreben be« $abfte«, bie2)i«*
;i^in in ben Älöftem ioieber $u änfe^en ju bringen, fanb nidfrt ben Seifau ber ^nfaffen
berfelben, tyrem SWifemut gaben fte in ©dfriften boH ge^äfftger Sejic^tigungen 3lu«brucf.
3» feinem @ifer für bie Sieform griff ^nnoccnS x^- übrigen« tyin unb lieber m SKafe* 40
regeln, bie einen freieren SSlicf bermiffen laffen ; tyiefyer gehört jene Serorbnung, bie allen
detfUk^en ba« Iragen bon ^ßerrtidEen unterfagte ; für biejfe fleinlid^e ©itten^olijei tourbe
er burc^ ba« befannte SBi^toort geftraft, toel^e« jene« Verbot be« ^ßapfte« für ba« erfte
Snjeii^en erflärte, bafe gnnocen^ XII. bie Äird^e nid^t blofe an ben ©liebem, Jonbern aud^
am fyauptt reformieren tooQe. @« glücfte biefem ^ßa^fte enbli(^, ben ©treit über bie gaUi- 45
lantjcfcn Äh^enfrei^eiten beizulegen, ber eine langanbauernbe Spannung jtoitten 3lom
j «tb granfreic^ ^erborgerufen ^atte. 2Bie feine Vorgänger 3jnn«>cenj XI. uno Stlejan*
ber VIII. forberte auety ^nnocenj XII. bon jebem ber an ber 3Serfammlung bon 1682
I beteiligt getoefenen Sif^öfe ben au«brücfli<$en SJBiberruf jener 4 ©äfce, freiere al« ber
Inäbrutf ber Sonette ber gallilanifc^en Äirc^e galten. Qatte Subtoig XIV. biefe« S3e* so
ge^ren ber Vorgänger Smtocenj' XII. nic^t einmal ber Sead&tung frert gefunben, je^t
»ifete er (1693), naetybem berfd^iebene ßnttoürfe ju einem allerbing« bemütigen, ben au&
hfldBtc^en SBiberruf aber umge^enben Schreiben toom ^ßaj)fte jurüdEgetotefen toaren, e«
Wiefelfa^ ^inge^en laffen, bafe bie ©lieber ber &ot)en ©eiftlid^Ieit, freiere bie 4©äfte 1682
nUeijei^net, ba« reuige Sefenntni« : „niebergeftredft ju ben güfeen @h). ^eiligfeit" ah 66
i legten, „unauäforedfolic^en ©d^merj" bartiber gu emj)ftnben, bafe 3)ingc in jener SBerfamm*
! fang be« fran$öftf<£en Äleru« fu^ jugetragen, toeld&e ^nnocenj XII. unb feinen Vorgängern
uH hoffte mifefallen Ratten. 2)en Mdfjug ber fran^öfifd^cn ^Srälaten, ben botten Srium))^
ber Ätrt^e über Subtoig XIV. bejeic^net aber ber in bem citierten ©(^reiben ber Sifc^öfe
rttydttnt ©a^j : nAc proinde quiequid in iisdem comitiis circa ecclesiasticam po-
150 3mtoctttj XU.
testatem et pontificiam auctoritatem decretum censeri potuit, pro nondecreto
habemus, et habendum esse declaramus; praeterea pro non deliberato habe-
mus illud, quod in praejudicium jurium ecclesiarum deliberatum censeri po-
tuit". Seine SSerorbnung, bafc bie 4 ©ä$e ber Defloration Von 1682 allen Unter*
5 tarnen in bcn ©d&ulen gelehrt toerben follen, na^m ber Äönig aurüd, inbem er benfclben
freifteflte, fic$ über bie Vier ©äfce bie 2Hemung ju bttben, bie fte mit tyrem ©etmfjcn in
feinen Äonflift bringe. 3Jun erfi erteilte gnnocenj XII. ben framöfifetyen SMfd&ofen bie
tynen fo lange vorenthaltenen 93eftättgung«buflen. 3)afj Subtoig XIV. ft$ fo nacbgtebtg
gegen bie römifetye Äircfye betoie«, toar aHerbing« nid&t in erfter Sinie ein ßrf olg ber ©tonte
lo fyaftigf eit ber jturie — berfelben ^ätte er noc$ länger Irofc geboten, toenn nic^t bie gegen tyn
gerichtete europäifd^e ätUtanj feinen Übergriffen mit Srfolg ft<$ hriberfefct unb in tym ben
äBunfcfy, toenigften« mit ber Äircfye im ^rieben ju leben, rege gemacht, ©inen bie fron*
jöfijcfyc Äirctye in jtoei fidj> befämpfenbe Heerlager teilenben ©treit entfd&ieb ^nnocenj XII.
tm ^atyre 1699, inbem er auf Soffuct« Stntrag 23 ©äfce au« bem 2Berfe genclon«:
15 Explication des maximes des Saints sur la vie intörieure" Verbammte (f. 9b VI,
©. 34, so ff.)- 3n «nem anberen Se&rftreite fucfyte ber SJSctyft bagegen ba« entfd&eibenbe
Urteil fo lange al« möglich ^inau«juföieben ; fünf franjöfifcfye 93if<$öfe, an tyrer ©öifre
92oaUIeS unb Soffuet, berichtigten ben Äarbinal ©fonbratt, ben Serfaffer einer ©cyntt
über bie ^räbeftination, be« *ßelagiani«mu«. Sil« ber 9Serfud&, ben SBiberftmicfc ber fran-
ao jöfifctyen Prälaten burefy gütliche SUtittel verftummen &u laffen, fetylgeföfogen toar, Der*
foraety ^nnocenj xil., bie eingereihte Silage unterfud^en ju tooHen, unb bemnäd&ft eine
©ntfcfycibung ju Veröffentlichen. ®ocfy bie %uxfy vor bem fd&limmen ©nbrud, ben bie
Verurteilung eine« römifdjen Äarbinal« unb bie SBerbammung eine« Suctye« machen mußte,
gegen toelcfye« felbft bie ^nquifition nid&ts ein^utoenben gefoult, tyat i$m in btefer grage
25 ©cfytoeigcn auferlegt, bi« ber lob feine iitypen für immer tölojj. 3n ten SRiebedanben
nafym fty Snnocenj XII. 1694 ber ©eiftlid&en an, bie, obtoo&l be« SanfeniSmuS nfa^t
überführt, allein auf ben Verbaut fyn, btefer Stiftung anzugehören, u)rer &mter unb
SBürben beraubt toorben toaren. SBenn aber bie ^anfeniften <nß biefem fa$Ii$en Ser»
galten be« Zapfte« auf eine geheime Segünftigung ber Se^re ifyre« STOeiftcr« föloffen, toenn
so fie ferner ba« Srebe !3nnocen^ XII., in toelc^em er beftimmte, bafi oa« 1665 Von Sie»
Eanber VII. aufgehellte gformular, toeld&e« bie SBerbammüng ber 5 Von $anfen Vorgetra*
genen ©äfce forberte, „in sensu obvio" unterfd&rieben Serben folle, al« eine toefentlidjp
3)iilberung auffaßten, fo jerftörte ber $aj>ft 1696 alle auf tyn gefegten Hoffnungen
ber ganfeniften burc^ bie unumtounbene ©rtlärung, nic^t« liege i^m femer, all eine 3u*
35 rüdfnafyme ober Slnberung ber Von feinem Vorgänger getroffenen SBerorbnung. 6men
jahrelangen ftrieg, ben fogenannten franifd^en 6rbfolgefrieg, befd^toor ^nnoceng XII. herauf,
als er auf Sefragen fiarl« II. bon ©Manien, ob ber Sßapft e« billige, ba^ er, ber Äönig,
gum 6rben feine« Steige« ben§crjog von2lnj[ou, ©ro|fo^n Subtoig« XIV., einfe^e# biefen
Vorfcfylag nic^t blofe billigte, fonbern tyn auc| burd^ eine Steige bon ®rünben al« ben em*
40 aigen 2lu«toeg ^infteHte, ben ©efafyren ber SJroteftantifterung ber SWonard^ie gu entrinnen,
bie für ben Jyall unausbleiblich fei, bafe ba« &eid& unter mehrere Slgnaten jerfpltttert toerbe.
3)e« Zapfte« 91at toar entfd^eibenb ; ba« leftament Äarl« IL vermalte ©ganten bem
$wjog bon Slnjou. Unter bem ^ontififate ^nnocen^ XII. f}at fomit ba« ?ßapfttwn eine
gewaltige }>olitifc^e ©d^toenfung gemalt, aue Vorgänger be«fclben Ratten fi<$ feit ben
45 Xagen UrbanS VIII. an ba« ^ab«burgifd^e §au« eng angefdf;loffen unb ^anfreid^ be*
fämj)ft. 3nnoccnS XIL ftellt ba« gute ©invemefymen mit biefem ©taate toieber ^er, nai^
bem Subloig XIV. bie ^ftlid^en 3lnf})rüc^c in bem ©treit um bie gaUifamf^en grei*
Reiten befriebigt ; biefe Umftimmung bc« $aj)ftc« ^>at aber %um Seil i^ren ©runb in
aHifjberftänbniffen, bie jtoifd^en bem ©tufyl $etri unb bem Äaifer Seopolb obtoalteten. ®wf
50 SRartini^ ber faiferlicfye ©efanbtc, beanfpru^ite ba« mit ber Quartierfretyeit bon ßfterrek^
— toätyrenb be« ^Jontififat« ^nnocen^ XL — aufgegebene Siedet, bie Auslieferung eine«
©efangenen bcn römifd^cn ©engten Verweigern ju bürfen, ftörte ferner burefc unjeitige«
©eltenbmacbcn feine« SSortritt« eine ^Jrojejfton, an ber fid^ ber^Japft beteiligte, unb erijw
im 9tamcn feine« §crrn 2lnfj)rüc^c auf angebliche 2e^en«gütcr in ^talien, bie längjl unter
ö5 33otmä^igfeit be« römifcfyen Stuhle« geftanben. SBo^l berief ber Äaifer auf auSbrüdtlic^en
SJunfd^ be« Zapfte« bcn ftreitfüdfitigen ©rafen SDJartinifc ab unb erfe^te i^n burtfc ben
©rafen Sambcrg, o^ne jebo$ baburd{> bie Kluft Völlig au«$ufüUen, bie [\d) jtoifc^en Öfto»
reid; unb ber iluric aufget^an. Unter bcn dürften S)eutfc^lanb« bereitete too^l leiner
^nnoccnj XIL gröfecre ftreube, al« ber Äurfürft ^riebrid^ Sluguft Von ©ad^fen, ben bie
60 SluSficfyt auf bie ))olnifc^e Ärone ^ur fat^olifc^en Äirc^e überjutreten betoog, todtyn
^ititoctitj XU. dmtoceua XIII. 151
Stritt er bann bem Sßctyfte al« ba« SRefuItat einer inneren Umtoanblung barjuftellen
fiu^te. 3n ^nem 810er bon 85 Sauren ftarb Ignnoccnj xil. am 27. September 1700.
(3«el>ffe( t) »enrot^
Snntcett} XIIL, ^apft bon 1721—1724. — Quellen unb ßttteratur: Guar-
oaccius, Vitae et res gestae Pontific. Rom., Rom. 1751, t. 11, p. 381 sq. ; $et)fjler, 92euefte ö
Seife bur* $eutfd)lanb, erfter Steif, 6. 604 ff.; (Sljr. Stf. gr. SÖald). ©nttüurf einer »oll*
ftönbiaen4>iftorie ber röm. $äpftc, 2.?lu3g., ©öttingen 1758, 6. 437; Sandinus, Vitae Pontif.
Rom., Pars. II, Ferrar. 17G3, p. 706 sq.; SRerfiuürbige fiebenöcjefd)irf»tc aller ftarbinftfe ber
rom.'tatf). Sirene, bie in biejem je&t laufenben ©efulo ba« 3eitlidje üerlaffeu Ijaben, uon
SR. iR. Ä., l.Xeü, 9?egen«burg 1768, @. 273 ff. ; Rclationc di Andrea Corner, bei Kante, io
Tie römifdien $fipfte in ben legten bicr 3af)rftunberten, 3. SBb, 6. Slufl., Seidig 1874, Pa-
letten, 6. 215 f.; Relatione de N. H. Pietro Capello, ibid. p. 216 sq.; Wrdjib. öower, Um
part. $tß. ber röm. ?äpfte, 10. XL, 2. $lbfön., aufgearbeitet uou Wambadj, Etagbeb. unb
&M>$tÖ 1780, 6. 329 ff.; Sd)röct&, (£^riftlid)c Ätr4cngefd)icf)tc feit ber Deformation, 6. Xcil,
gfipfttci 1807, S. 395 ff. ; SRanfe, $ie roinifdjen $äpfte in ben legten 4 3al)rt)iutberten, 3.$b, 15
6.9luflL, £eip$ig1874, 6.123; Sd)itl, $ie tfonftitutton Unigenitus, greiburgl876, ©.200jc;
Michaud, La fin de Clement XI et le commenccmcnt du pontificat d'Innocent XIII (3nter*
mit. 2fcol. 3eitfär. V, 42-60, 304-331).
9Ri$ete Xngeb ßonti flammte au« einem ©efölecfyte, meinem bereite einige ^Jctyfte,
barunter ^nnocen^ III., angehörten, unb fear ber ©ofyn Äarl (II.) Gonti, $£WÖ$ bon 20
$oß, ben tym feute ©attin, eine ©c&toefter bc« ^ergoa« bon 9Kuti, am 13. 9Kai 1655
ge^entt 3)e« ßnaben na^m ftcfc ein SSertoanbter, ber flarbinal $o$ann ßonti, an, man
befnmmte tyn für bie geiftlic^e Saufbatyn. Strauber VIII. 50g \f)n an bie Äurie, über*
trug ü?m 1690 bie STOiffion, bem benetianifct)en 3)ogcn unb $clbf>errn üJtorofini ben ge=
tocfyten #ut unb $egen al« Rtityzn ber )>(u;ftlict)en SBertfcfyäfcung ju überbringen, ^nno- 20
cot; XII. fanbte ben 9RtdfraeY Conti 1695 al« SRuntiu« in bie ©d&toeij unb 1697 in
gleufcer 6tgenf$aft na<$ Portugal, toofelbft er bis jum %af)tt 1710 blieb. 3lu« biefer
3eit rüfat too&l feine tiefe Abneigung gegen ben I^efuitenorbcn $er, ber bamal« in $or*
tugal bem ©tuble *ßetri eine geringfügige Stbgabe bon feinem großen (Sinfommcn ber*
toeigerte, eS fehlte nic&t biel, fo Ratten bie ©ctyüler Sotyola«, bie an ber bertoittoeten 30
Äönigin eine Sefctyüfcerin fanben, bie 2lu«toeifung be« sJ2untiu3 au^ Portugal burd^gefe^t.
Sternen* XI. naj)m ßonti in bie $abl ber itarbinäle auf unb berlie^ i^m bie Si^tümer
Djimo unb — einige $<it barauf — SSiterbo. 9Jac^ bem lobe Element XI. ging au$
emem fe^r erregten ÄonHabe Äarbinal Sonti ate $aj)ft 3nnoccnJ XIII. ^erbor. 2)en
Äaifer Karl VI. inbeftierte er mit 3?ecu;el, berfelbe liefe tym burc^ feinen ©efanbten ben 35
©b ba Xreue leiften, fotoie ben 3^ter unb ben SefynSjinS überreifen (1722). Slfö nun
aber £ad VI. ben fbaniföen ^ringen ®on 6arlo3 mit $arma unb ^ßiacen^a gemäfe ben
Serabrebungen beö Äongreffed bon Gambrab belehnte, |o proteftierte ber tyapjt, inbem er
bie ^nbeftitur ber beiben §erjogtümer aU fielen beg apoftoltfcfyen ©tu^le^ für ftc^ bean=
faulte (1723). ©eine fc^on toä^renb ber Nuntiatur betätigte Abneigung gegen ben §& 40
fuiteiiütben fott Snnoceni XIII., atö er bon bem alle ^ctyjtlicfyen ©rlaffe bemängelnben,
bem Scgaten offenen 23iberftanb entgegenfe^enben Sene^men ber 3^fu^cn 'n 6^na
Ambe erhalten ^atte, ben ©ebanten na^e gelegt baben, ben ganzen Orben aufju^eben;
artaing mtd^ bie ©ejeüfd^aft ^efu biefe^ 3Kal noct; bem ^ernic^tung^urteil, fo na^m i^r
boty ber ^apft ba§ Stecht, in ty'ina uRiffton ju treiben, unb berbot i^r bt3 auf toeitereä 45
bie Aufnahme neuer ©lieber. &iefe3 entfe^iebene äluftreten gegen bie ©cfyüler Soi;ola3
benötigte immerhin bie geinbe berfelben ju ber §offnung, bafe nun aud^ ber Sßapft in
b« Angelegenheit jener bon ben ^efuiten toä^renb De« $ontiftfat$ 6(emeng, XI. burc^-
9cfAtcn Äonftitution Unigenitus, tnelc^e 101 ©ä^e au« bem 31% Due«nel« aU janfe-
ttj&W berbammt ^atte, ju^ bon bem ßinflufe ber ©efeQfc^aft ^efu befreien unb bie 33c- 50
jfawumgen biefer Sülle ermäßigen toerbe. Sil« Äarbinal (;atte er fiety allerbing« in mifes
UAgct Seife über ba« Serfa^ren Slemen«' XI. geäußert, ber bie Äonftitution tyabe ab=
Wfm unb prodamieren laffen, o^ne fic ber Begutachtung be« gefamten ^eiligen Rotte
ptm« ju untertberfen. äl« nun im %at)xt 1721 [\ä) 7 fran^öfifc^e 93ifcfyöfe mit ber
Sitte um Xuf^ebung ber SuQe Unigenitus an ^nnocen} XIII. manbten, liefe er ba« 55
Schreiben berfelben berbammen, unb forberte bie bebingung«lofe annähme ber 5tonftitu-
tw«. ©egen bie Serec^tigung unb ©iltigfeit berfelben er|ob auc^> Äarl VI. al« S3o
bcnWer ber Jlieberlanbe unb al« Äaifer SBibcrfprud;. geboety bie Sorberung be«felben,
bafe in feinen Sanben roeber gegen Säten no$ gegen ©eiftlic^e, tbel^e bie Slnna^me ber
9UU Unigenitus berhxigerten, mit ftrc^ltc^cn ©trafen borgegangen merbe, berlor mit t>o
152 dttttoceua XIII. 3nq«ifitum
ber «fteit, je me&r ^nnocenj XIII. barauf einging, ben Äatfer mit SReapel ju belehnen,
an (Intföiebenfyeit unb fanb tyren flägltc^en Slbfcfylufe in ber faiferlic&en ©rflärung an ben
Sifc&of toon ©ent (1723), ber SJeftrafung ber ©egner jener Äonftitution ftetye nichts metyr
im SBege. ©einen ßifer für bie SBieberfyerfteflung ber jfotyolifctycn Äird&e in ©nglanb be=
b tx>ied ber ^Japft, inbem er bem englijcfyen Äronprätenbenten 3afob III., tote er toätyrenb
feinet Aufenthaltes in 9lom genannt hmrbe, nic^t blofi naety bem SSorbilb (Siemens1 XI.
eine beträchtliche jäfyrlictye ^enfion gctoäfyrte, fonbern noefy aufeerbem 100000 ®ulaten
für ben gaU juficfyerte, bafe gtinftige Umftänbc tym einen Stampf um ben 93efi$ ber eng»
lifcfyen Ärone unb bie Ausbreitung ber fattyolifd&en flirre in bem toiebergetoonnenen SReidJe
10 ermöglichten. ®er $ob gnnoceng' XIII. erfolgte am 7. 9Rär$ 1724. Die Seitgenofjen
fcfyilbern biefen *Papft afä eine friebliebenbe, babei aber ate eine energifd&e 5ßerfönKc^feit
3)ie $urcfyt, bie balb naety feiner SBafyl eine allgemeine war, er toerbe bem SRcpottemuS
frö^nen — bie ©rfyebung eine« SBertoanbten $um Äarbinal tyattc SSeranlaffung ju biefer
SeforgmS gegeben — crtoieS fiefy als böllig unbegrünbet; ber ÄarbinateRepot erhielt
15 feine fyöfycre Summe, afe bie bon ber Suffe IJnnocenj' XII. (f. ©. 149, is) borgefe^en
toar. (8MeI t) »eurtt^
Snquifition (Inquisitio haereticae pravitatis). — fittteratur. I. Ouellen.
$gl. bie üitt. $u ben Vlrtt.: ©üdjerjcnjur, Söu&büdjer, Söufce, ©eridjtSbarfeit, fir<$(. $avipU
queflen finb für bie Drganifation u. f. ro. (£9mertd)3 „$irettortum" u. ßimbord)§ 9(u$gnbe ber
20 Xouloufcr Elften. $a§ ©rftere ift ein am Woignoner #ofe 1376 öerfafctefc fieljr* unb $anb-
bud) für bie 3nquifitoren; e3 ift ftetS als juuerläffigfter gityrer in Sachen ber 3- betraget
unb 1580 uon bem fompetenten fpan. Xtjcoiogcn ^ena in 9?om neu cbiert unb ©regor XIII.
geroibmet roorben. SBgl. $enif(e, $. £bfcör. be§ „$trcftortum*: flrcfcto für ££© 1885,10.
&ic HuSgabe ber uon 1308—1322 reidjenben Urteile beS Souloufer 3.*©eric$teS burd) fiim*
26 bord), ^rofeffor am ©emtnar ber SRetnonftranten in 9fmfterbam, erfolgte 1692 auf ©runb ber
in (einen öefifc gelangten Driginaltjanbfdjrift. 6ie bilbet ben Slnfjang oon ßimbord>$ Hist
Inquisitionis. $ud) fonftige „©enteren" be8 %.*®tx\d)M finb in jiemlid) großer 3al>l be«
fannt gemadjt, u. a. burd) filorente, in ber ©efd). ber 3. (f- u.), burd) $omenico ©ertt (Di
Giov. Valdes ecc. ^ubtifationen ber R. Accadcmia dc'Lincei a. 1877/78 [9Jom]); bureft
80 Comba, I nostri Protestanti II (1897); burd) ben 9ief. bie Sentenzen ber römifeften 3» ön*
ben Sauren 1564—1567; Rivista Cristiana [Slorenj] 1879—80; au« ber nämli<&en Oueüe
(Dublin, ©IM. be« Trinity CJollege) burd) ®ibbing3 mehrere« 1852; 1856. (Stne ooaftfinbige
©ammlung ber bie Mfd)öfltd)e unb päpftlldje 3- in &en ^icbevlanbcn betr. ^ftenftürfe tat
$rof. ^aul grebericq in ©ent begonnen : Corpus Documentorum Inquisitionis haeret prav.
35 Neerlandicac I (1025-1520) 1889; II (1077-1518)1896; bort werben (I, 6. 526 ff.; II,
314 ff.) au(b bie tjanbfdjriftüdjen Ouellen für ben ©ereid) ber 9?ieberlanbe foroie baS gebrudte
Material für bie aUgcmeine ©efd)id)tc ber 3- in fonftwo nidjt erreichtem Umfange angegeben.
II. Bearbeitungen. A. Dvganifatton, Äompetenj u. f. to.: ugl. biefiebrbüc^er
be« fat^oltfdjen Äirdienredjtä, oor aOent ^infefttu«, ©Aftern bc« f. Ä. mit bef. IRüdf. auf
40 5)eutfcbK, S3b IV, V (33erltnl889, 95); Bern. Guidonis, Practica Inquisitionis haer. prav.,
ed. Douais, $ari« 1886 (boju Xf)£3 1886, n. 6) unb föeufcb, Galilei S. 74. Doctrina de
modo proced. contra haeret. (Martenc et Durand, Thesaurus V, col. 1795-1822; 9Jcu6,
©ammlung ber Snfcrutt. b. fpan. S-^crtcftt«, |>annot)er 1788; Renner, ©eitr. 5. Crgan. u.
S?ompetenj b. päpftl. ^efergertebte (fietpjig 1890); Bangen, 3)ie röm. Ihirie, i^re gegentu.
4ö3uf. u. itjr ©efd)«ft*gang (fünfter 1854). — B. ©efdjicbte ber 3. im allgemeinen:
Lud. a Pararao, De origine et progreseu off. S. Inquisit. (Wabrib 1598; 1692; Äntw.
1619); Phil, a Limborch, Historia Inquisitionis (f. 0.); Jacques Marsollier, Hist. de Tln-
quis. des son origine ((Sofognc 1693); Srieb. ^offmann, (Befd). b. 3.. 2 53be, öonn 1878;
Ellies Dupin, Mdmoires hist. pour servir ä l'hist. des Inquisitions I, II (dologne 1716);
60 Rodrigo, Hist. verd. de lal., 3 93bc, 'ÜKabrib 1876; Ortiy Lara, La Inquisizion, ebb. 1877.
Mittelalter: Lca, A Historv of the I. in the Middle Ages, I— III (Wetunort 1888);
&icfer, 3)ie gcfe&l. öinfiifjrung ber Xobeöftrafe f. ftefcerci (^Wt. b. Snfttt. f. öfterr. ©ef^iebt**
forf(bung 1880, I. ©. 177—226); Havet, L'h4r6sie et le bras s^culier au moyen age jus-
qu'au 13° siecle (Hibl. de TEcole des Ch. 1881); Esmein, IJist. de la proc4dure crim.en
65 France . . depuis le XIII« siMe jusqur ä nos jours (^art§ 1882); 61). ©cbmibt, Histoire
et doctrine de la secte des Cathares et Albigeois, I. p., ^ari«, Geneve 1847; Moünier,
LTiiquis. dans lc midi de la France au XIIle— XIV* siecle, ^ari« 1861 ; Douais, Lee
sources de l'hist. de VI. dans le midi de la France (Rev. des Quest. Hist, ^ari« 1881);
Frederichs, Robert le Bougre, Gent 1892 (Travaux de la Fac. de Philos.). »gl. j. 9Ro=
60 linier, 3)ouat« u. a. $t)£3 1886, n. 1—3 (^Bcfprecbungen uon ft. Mütter); Moll, Kerk-
geschiedeni8 van Ncderland voor de Hervorming, II c. XVI, 7 (Utred)t 1869);
betitfdjc iBearbettung üon 3UPP*C (^cip^tg 18D5) ©. 445-453; Acquoy Excursus de haeret
pravit. Inquisitiono (Anfang ju beff . : Gerardi Magni Epp. XIV, Wmft. 1857); Poullet,
De la r^pression de rhe>6sie au XVI ° siecle (Revue gtfner. Bruxelles 1877, p. 145—179);
Snqutfttion 153
De Hoop-Öcheffer, Gesch. d. Kcrkvervorming in Nederland tot 1531 (Slmfterb. 1873)
betttfö: *Jetyjigl886) ; fiitt. betr. Äonrab u. Harburg unb bic ©egarben unb ©egtynen
wr ben betr. wrtt. SSgl. SBattenbad), Ueber b. 3. gegen bie SBalbenfer in Sommern unb b.
»ar! JBranbenburg (HöH 1886); SBilmanS, 8- ©efd). b. röm. 3. in $eutf<blanb, 14. u.
15. 3aftrb.# $8 XLI, 193—228; Wibbcf, ©efd). ber 3. in ^eutfdjl. (8. f. uaterl. ©ef*., 6
fRünfter 1888); Mulder, De uitvoering der geloofsplakkaten . . . te Antwerpen 1550—
1556; Frederichs, De I. in Luxemburg . . (in : Twe Verhandelingen over de I. in de
Nederianden, S'Gravenhagc 1897 (?) f. Anzeige in £f#3 1898, n. 5); #infd)iu$, $ie 9Tn*
»eifungen f. b. fpan 3. tom 3o^ 1561 ($. 3. f. $Urd)enrec&t VII, 203—247). Wo\\\tn
übet $. X. entlegenere Seröffent Itcbungen neueren Datums giebt #aupt über: Snquifttion, 10
«bergfaube, Äefrcr k. (3Ä© XVI, 6. 512 ff.. XVII, 6. 270 ff.).
Unter ben Sinrictytungen ber römifcr)=fatfyolifcf)en Äirc^e giebt e$ leine, über toelcf)e
bie Urteile berfd&tebener lauteten, als über bie 3nquifition. 2Bär)renb bie ©egner, befon*
berd bie auf ^roteftantifd^er ©eite, faum SBorte genug finben, um tyren Slbföeu bor
berfeEben auSjubrticfen, ftnbet fie unter ben fatfyolifcfyen Geologen big auf ben r)eutigen 15
Sag $a$lrei<$e, bie fie in ©cr)uft nehmen, ja bie begeiftert ir)r £ob berfünbigen. $n &em
achten Sanbe be$ Slrcfciba für fatfy. Äirc$enrec$t r)anbelt ^rofeffor ÜWartenS über bie bog«
matif<$e Searünbung ber peinlichen Seftrafung ber Äe$er (©. 201 f.) unb fuc^t au$ ber
Sannbulle 2eo3 X. gegen Sutfycr ben SetoeiS ju führen, bafe e$ nacr) ^ö^ftlid^em 2tu&
frruc^e ein SBerf be$ ^l. ©eifteä jei, Äefeer m berbrennen — e$ tr)ue not, meint ber ao
8erfaffer, biefe 2öatyrr)eit gegenüber bem falfdpen SiberaliSmuS ber Reit rinjutoärfen. ?jn
leiten Äreifen erregte ein humaner unb feinfinniger fatfyoltfcfyer ßirepenr/iftorifer, *ßrofeffor
SxfyroerS in Sonn, 2tuffefyen, afö er bie 3nquifüion „ein tuo^It^ättge^ Qnftttut bon toelt*
errettenber ffirrffamteit" nannte; unb nief/t minber bie „Seuctyte ber Sßiffenfäaft" im
faltigen Spanten, ber gelehrte STOenenbej $elago in ÜWabrib, afö er beim Reiten Gen* 25
tenartum GalberonS einen begeifterten Xoaft auf fie ausbrachte.
SBenn bie Urteile fotoeit auSeinanber geben, fo toirb nur eine ctnger)enbe inSbefonbere
bifhmfc&e Untersuchung über baS ^nftitut ftdjeren 93oben jur Beurteilung Raffen fönnen.
fcabei finb nun mehrere GnttoicfelungSperioben $u untertreiben, bie nic^t blofe in bem
Umfange ober ber 2lrt ber SBtrffamfeit 93erfcf/iebenr)eiten auftoeifen. 3)enn baä, toaS unter 30
bem Begriff „^nquifition in ber 2llten Äircbe" gebraut toerben fann, ift tttotö grunb*
fä$lu$ anbereä afe ba$ SnfttM ^ römifcpspäpftlicfyen Äe$ergericr)te, unb gegenüber bem
ungeheuren Umfange biefer lederen unb ifyrer faft ungehemmten 3Birffamfeit im ÜWttteU
alter bieten bie 9tepriftination3berfucr)e feit ber 3eit ber Sieformation ober genauer gefagt
ber (Segenreformation boety nur an einzelnen ©teilen ba^ 93ilb einer gefc^loffenen, um^ 36
jaffenben unb erfolgreichen SBirffamleit. %t(t)tm toir nun gemäfe ber fo angezeigten brei=
fachen Xeilung ben ©toff borlegen, ftnbet ber Sefer einen nicr/t untnefentltc^en leil ge=
gefonbert m ben 8QC. »üc^erjenfur (93b III, ©. 523 ff.) unb ©erid&tsbarfeit, firetyl. (93b VI
6. 585 ff.) be^anbelt.
I. „Snquifition" in ber alten Äircf/e. „3n bw a^m Äird^e gab e« feine 40
©nric^tung, bie ber 3- <*ud& nur bon ferne ä^nlic^ getoefen toäre, feine, bie allmä^Uc^ ju
einem berartiöen (^ftlid^en) 3"ftttute r>ättc fortgebilbet tnerben fönnen. 3)a^ game 93e5
tott^tfein unb bie r)errf<$enbe ©inne^toeife ber 6r;riftenr)eit in ben erften bier 3^^unoerten
teiberftritt bem 3^nge in religiöfen fingen . . . SltyanafiuS erflärte, gerabe bieS fei ein
ftetmjei^en ber toafyren SReligion, ba^ fte niemanb jtoinge, toie ja aud^ 6r)riftu« felbft 46
jrtfan ^abe • ba^ SSerf olgen fei bielmefyr eine ©rfinbung unb ein Kennzeichen be^ ©atan^"
(löttinger, n. ©Triften, 1890, ©. 295). 3n ber Zpat trägt biejenige (Sinric^tung,
toel^e me^rfad^ atö bie SBurjel ober bie ältefte Betätigung einer äuffudfiung unb 93e=
fbafroiß abh>ei(^enber religiöfer Stnftc^ten angefe^cn unb jo ate erfte (Snttnicfelung^ftufe
fcer 3. betrachtet toirb, nämlic^ bie au$ Slnlafe ber nobatianifc^cn ©treitigfeiten getroffene 60
ober bei tynen guerft begegnenbe 6inric^tung bon nQFoßvjeQoi negl firravolag, in beren
8em<^ au$ bie Slepreffton ber 3^^^r^n gefallen fein foü*, einen, ruie fcfyon ber 3tame
jeijjt, bdttig anberen ß^arafter, unb unter ber Subrif ber berfcr)iebenen Berge^en, toelc^e
W ber»ufebi^u;lin (bßl. b.ä. 93ufee Sblll ©. 586, n») in Setrac^t fommen, befinbet fi<$
ber Sfrtww ober bie 2lbtoeic§ung in ber Sc^re in biefen 3e'^n nid^t. 6« ift falfcfy, tomn 66
». Wfy in ber 1. Sluflage bed Äird^enlcrifon^ bon 2öe$er unb SEBelte (^reiburg 1850,
6. 648) behauptet : „3)ie §ärefte ober Äe^erei", b. r/. bie toiffentlic^e, öffentlid^e unb be-
barrlu^e Bbtoeicriung bon ber fircf/ltcf/en 2e^re „toar bon i er)er einä ber erften unb
graten $erbre<£en, gegen roelc^e bic firc^li^c ©trafgetoalt einfe^rttt". 3)a« ift nid^t ber
tyntergrunb, oor toeld^em bie Äc^erbeftreitungcn ber erften 3ö^r^unberte, felbft bur$ eo
emen ßb^baniu^ ober Xertullian, bor ftd^ gc^cu. 3)ie ftr$ltc$en £e^rer biefer 3eit be=
154 Sttqtttftttoit
riefen fiety Dielmefyr auf bie Parabel Dom Unfraut unter bem SBetgen, ober triefen barauf
§in, bafe ber §err felber bie Singer getabclt fyabe, als fte geuer Dom ^tmmel berabntfen
tooHtcn. ©elbftDerftänblicfy tourben Äejjereien im 33erei# ber d&rifttictyen Sefyre fccfämpft
— aber fd^n>crltc^ mit anberen als getftlittyen SBaffen. Unb obtootyi fd&on bei Jtonftantin
6 bie ßinfyeit be$ ©laubenS ober genauer bie Uniformität be3 SefenntniffeS im SReidfr Dom
politifcfyen ©efid&tstoinfcl au$ fefyr fyo<$ getoertet lourbe, fo tyat e* bod& noc$ bis auf
IfyeoboftuS gebauert, bis ein d^riftlid^er Äaifer e$ angezeigt fanb, au|er Verbannung,
eDentuellc Sobeäftrafe auf (manic^äifc^e) Rederei ju fefcen; „aber bieä gefefcaty", mefait
®öllinger a. a. 0. ©.293, „nur, um guretyt einzuflößen, an bie SSottjietyung berfötoeren
10 ©trafen tourbe nic&t gebaut" (f. u. Slbfd&n. II, B).
GfyrtyfoftomuS, bem eine rücfftd&tätootte Se^anblung ber Slefcer feineetoegä eigen toar,
toollte bod? Don Serfyängung ber SobeSftrafe über fie nichts toiffen: „lötete man fie
um ifyrcr 2lbft>ei$ung hrillen, fo fyiefee ba$ in ber SBJelt einen unfüfmbaren Ärieg er*
regen (hom. 46 ju 5Wt), unb no<$ um 450 bezeichnete ber Rirc^en^iftoriler ©ofrateä
iö überhaupt Verfolgungen toegen §ärefte afe ettoaS ber rechtgläubigen Äirctye grembed.
^njtoifc^en fyatte jeboef) im Slbenblanbe 3luguftinu$, infolge feinet langen ÄampfeS gegen
bie 2)onatiften ber eigenen früheren Überzeugung entfagenb unb Don ber bUtyer in ber
ganzen ftircfye fyerrfcfyenbcn Slnftd&t abtoeidpenb, bie 2^eorie Don ber 3fac$tmäjjigleit be$
religiöfen 3^an0^ unb *><* Verfolgung StnberSgläubiger feftgeftettt" unb töxpcriity
20 ©trafen gegen bie Slefcer empfohlen (Epist. 93 ad Vincent., contra Oaudent. L I;
Ep. 185 ad Bonif.). $aft man trofc feinet ^rotefteä gegen bie Sfyplttation ber Xobeö*
ftrafe an Äefcem boety fic^ beStyalb fpäter auf tyn bezog, f. u. — ^nbefe hergingen nod& fec^d
bis fteben gafyrfyunberte, bis im Dccibcnt bie 3:fyeorie Dom SteligionSjtoang unb Don ber
getoaltfamen Sluärottung ber Äefcerei ju Dotier ©eltung tarn, na^bem unter ben Zapften
25 $eo I. fte zuerft gerabem gebilligt fyatte (Leonis Opp. Epist. 15 ad Turribium). 3n
ber gtoifcfyenzeit fyatte fiety fefcerifcfye C^ofttion Dielfacty erhoben, toätyrenb audj Stcfte ber
^eibnifc^en Stcligion )ä£e in getoiffen ©<$ictyten ber SBölfer hafteten. Slber „in Stoßen
fyattt man unter oftgotifcfyer unb longobarbiföer ^errf^aft gelernt, bafc Strianer unb Ate
t&olifen jatyrfyunbertelang mit toecfyfelfeitiger 3)ulbung neben einanber too^nen foiutien"
ao unb gegen ^aganien fcfyriti ber toeltlic^e 2trm ein. 2Bo anftöfcige ^Meinungen laut
tourben, follten bie ©enbgericfyte (fo nac$ Can. 8 be^ Conc. Tarraconense D. 516) bem
Übel abhelfen — toie benn aud^ bie farolingiföe ©efc^gebung naj^ biefer ©cite §m 85e*
ftimmungen trifft (Capit. Car. Magni a. 769, c. 7: 2)ie Sifd^öfe foHen investigare
et prohibere paganas observationes divinosque vel sortilegos, aut auguria,
85 phylacteria, incantationes vel omnes spurcitias gentilium; na$ Capit. a. 813,
c. 1 [ollen fte beioeifen inquirendi Studium de . . . malis quae sunt contraria Deo,
quae in Scripturis sacris leguntur, quae Christiani divitare debent). 3n k>iefen
in regelmäßigen 3^iWenräwmen aufgeführten (äße SKifeftänbe ^erDorjie^enben) ©enb*
gerieten ^at man ben 2lnfang ber bifd^öflic^en ^n^wiption z« fud^en. „6« h>erben"r
40 Jagt §infd^iu$ (fat^. Ätrd^enrcd^t V, ©. 427) „in jeber Pfarrei alaub^afte unb angefefcnc
aRänner (juratores synodi, testes synodales, ©enbzeugen), für bie Siegel fteben, Dom
Sifcfjof ciblic^ Dctyflic^tet, alle fir^lic^en Serge^en bem ©enb im Äenntni« ju bringen.
3)a3 (S^arafteriftifdSie liegt barin, bafe fie eine ©etoetyr bieten foHten, bafc möglic^fi alle
©traft^aten zut Äenntniä beg Sifdfiof^ gebraut toürben unb tyre SSeftrafung nic^t blo|
45 Don rein zufälligen Umftänben . . . abhängig blieb. 2)ie Unmöglic^Ieit, auf anbere SBeife
bie Seftrafung ber ftrd^Iid^en 5Berge^en zu ftcfyern, fd^eint zur Übertragung jener toeltlic|[äi
©inric^tung auf ba^ f trcfylicfye ©ebiet bie 9Seranlaffung gegeben jut ^aben, unb barum tmrb
man bie Einführung ber „^nquifitton" feineäfalfä Dor bie Hflittt be^ 9. 3afy$unbert*
ZurücfDerlegen bürfen . . .
60 „2lfö nun feit bem (Snbe be^ 11. ^a^unbert^ baä ^ilbebranbjdfe $aj>alf9ftem fä
cnttoidfelte unb, Don einer 9Kacfytftufe zur anbern folgerichtig fortfe^reitenb ba^ganje fin^f»
lid&c Seben unb ®enfen zu unterwerfen ftrebte" (3)öDinger a. a. D.), ba erfc^ien auq
jebe äbtocicfyung Don ber iSe^re unter bem ©eftcfytötüinfcl einer ftrafbaren äufle^mutg.
iälan ftemj)elte biefelbe zu einem SBerbrccfyen ber beleibigten göttlichen 3Jta|eftät unb über*
56 trug bie SJeftimmungen be$ römifd>en SRcd;tö über 9RajeftätSDerbrec$en auf bie ^ärefie.
Stomas Don 3lquino eignete ftd{> bie ©rünbe Sluguftin« für ben ©lauben^toang (feÄp
bie befannte falfd^e @r!lärung beä compelle intrare bei £c 14, 23) an unb führte bcö
SBort be^ 3lj)oftclö, bafe man einen ^äretifer nac^ ^tueitnaligcr Dergeblid&er (Srma^nung
meiben folle, bal;in au$: bafe biefe SJermeibung am beften burd^ §inridj|tung gefc^e;
eo bei SRücffäHigen fei auc^ eine 33e(e^rung uic^t me^r nötig — bie foS man
3nqtttfittott 155
berbrennen (Summa II, 2, 9, 11, art. 3, 4). 2Bir ftefycn bamit fct)on muten auf
tan Soben, au« toclcr)em bie päpftlicfye ^nqutfttion, jene bifct;öflicr)e tiberbietenb, r/errjor*
getoad/fen ijl.
II. A. Die bifcr)öflicr)e unb bie pä|>ftU$e$nquifitton imSKittelalter
feit 1184. 3)ie äbmad&ungen 2uciu«' III. unb gftiebricr) 33arbaroffa« in SSerona 1184 6
fkc^en nix$ fcöKig auf ber Sinie, bafi ber S3if(t)of ber geborene 2Bäcr/ter be« ©lauben« unb
ber Sitte fei, unb ba« 6ntjcr)eibenbe berfelben liegt in bem fünfte, bafe ber Weltliche 2lrm
tetyflicr)tet Wirb, unbebingte §ilfe unb ßrrfution ju leiften. 6« War bie 3«*/ too c^nc
neue unb aefär)rlid&e 2er)re, an gewiffc altgnoftiföe ©r/fteme erinnernb burcr) ir)re 93er*
miföung {rJriftUcr/er unb nid)t(r)riftli(r)er Elemente, t>on Often r)er grofce Seile ber Sänber 10
be« SRtttelmeere« erfüllte. 3Kan nannte ir)re Slnfyänger berfäieben: fyier 2Hanicr)äer,
bort Äat^arer. 33i« 1179 Waren fie fcr)on fo jaf)lreicb in ©übfranfreicr; geworben, bafj
SIesanber IV. bereit« gemannt fyatte, fie mit ©eWalt ju unterbrücfen. 2)en form*
fielen 3teKgum«frieg r)at Ignnocenj III. gegen fte organiftert — je$t fyiefe e« auet;, eine
{ufcerfäffiger toirfenbe&orm ber ^nquifition ftnben, ba Wenigften« nad) berSReinung eine« 15
feiner nä$ften SRad/folger, ©regor« IX., bie Sijc^öfe fic$ teil« ju milbe, teil« m läfftg
pigterL 3)urd) biefen ^Japft unb ben gleid)geftnnten ^nnoceng IV. ift ba« ^nftitut ber
pfyftli$en 3nquifition neben ber bif$öfli(r)en organiftert unb in Umfang unb ÜRormen
im roefentlicpen feftgefteUt Worben. Spätere köpfte, rx>ie ©regor XI., r)aben ba« SSor*
fanbene nur noer; in @injelr)eiten ausgebaut. 20
B. Drganifition unbßompetenj ber päpftlicr)en Snquifition (t>gl.§in*
föiu«, Sangen u. Renner a.a.O. u. b. „Quellen"): 5Der9tame „Sanctum officium"
be)ei$net ein 3^fa4^: einerfeit« bie SlbjWecfung biefer ©ericr)te, bafe fie nämlicfy bie
Rinfc beito. 2et)re ß^rifti rein erhalten — anbererfeit« ifyre SBürbe unb Stellung: bafe
fie urtt>erle$(icr) unb bon rr>eltlicr)en ^nftanjen unabhängig fein foHen. ®ie Beamten 25
(officiales, ministri) reffortieren, ba ba« ©ericfyt al« ein allgemeine«, bie ©ejamtfirdje
einheitlich umfaffenbe« gebaut ift, bireft bom $apft. 2ln it)rer ©pifce ftefyt ber 3nqui=
jitw, unter ibm jWeierlei gunftionäre: jolcfye, Weld)e gleid? tym tyre I^ätigfeit lebiglicr;
ber ^ßrogefsfflr/rung Wtbmen (SWotare, Äonfultoren) unb fold&e, tt»eld>e bie abminiftrattoen
mb ©jefutirlgejcr/äfte beforgen (familiären : @efängni«berWaltcr, untere« ©tenftperf onal so
mb bie mit ber ©iequeftrierung betrauten Beamten). 2)ani treten faäter unter befonberen
$ar)attniffen ber ^romotor (pr. fiscalis) unb im Sereicp ber SRepublif Senebig bie brei
„Savii sali' ere8ia" al« 3lffefforen. Slngeftc^t« ber erforberlid^en 2)i«!retion erflärt
fa bie fc^on in ber SJuHe 3nnocenj, IV. „Cum a quibusdam" bom 14. Wien 1249
begegnenbe änorbnung, nur fo biele Seamte anjuftellen h>ie unbebingt nötig. Über 35
bie an bie Seamten )u fteflenben älnforberungen in 93e)ug auf ir)re h)iffenfc^aftli(r)e
vnb ftttlic^e Qualifikation bgl. Renner, ©. 10—13 ; über tyre «Pflichten ebb. ©. 14—23.
Sie frrenge man auf SBa^rung be« 3lmt«ge^eimniffe« ^ielt, ieigt ber Umftanb, baft 33er=
Ictying belfeCben ben a8erbact)t ber Segünftigung ber Äe^er begrünben follte. @in ^ani=
Wk« &ptidflDOTt fagt: Cosäs de Rey y Inquisicion ziton. S)en ftrengen Slnforbe^ 40
ringen auf ber einen ©eite entjpractycn aber axid) bebeutenbe perf online Privilegien
aaf ber anbern. Sffieil bie Seamten ber 3>nquifition bireft unter bem s$apfte fter;en, ftnb
fie mm jeber anbertoeitigen ürc^fic^en ©trafgetoalt ejimiert (SuUe 2llej. IV. to. 18. Slbril
1259, Urban IV. t>. 4. »uguft 1262 u.a.); i^nen finb bie nämlichen »bläffe gugeftc^ert
tote ben iheugfa^rern (öutte $onoriu«' III. D. 22. 3jan. 1219; ©regor« IX. to. 31. Oft. 46
1233 x. f. bei ßenner ©. 27, 3. 1); ferner ftnb fte für untoerlcfclicr) erflärt famt al
ifrtr ^abe ; fie ftnb bem befonberen ©cr)ufce be« toeltlicr)en 2lrmc« empfohlen, unb e« barf
ba 3Nwifw»f ot)ne 9%üdEftdt>t auf bie jeweiligen ftaatlic^cn Drbnungen, ftd^ nad^ S3ebar:
böDaffnete 3)iener galten (©r^merid) III, qu. 56; Slorente I, 266); cnblicr; Wirb tooDc
Immunität k>on allen Ittd^Iid^en unb Weltlichen abgaben i^nen gugefvrodjien (cf. 5)}ei7a, w
Com. 1 ad num. 3; Simbortr;, II, c. 13, p. 137). 3llle biefe ^ßribilegien Würben buret)
bie 9uOe „Injunctum nobis" r>. 1458 unb bie Äonftitution „Sacrosanctae Rom.
Eod.-1 ». 1570 beftdtigl — 2>a« Siedet ber au«Wa^l unb »nftellung ber ^nquifttoren,
pn^ifM ben Rappen rejerbiert, Würbe bon biefen in trielen Ratten auf bie Segaten
ttertnigen. Sl« bann tm 13. ^a^unbert ber 3)ominifaner- unb ^ran^i«fanerorben 65
ott^anb unb fi<r) befonber« Angehörige be« erfteren ju bem 9lmte ber ^nquifttoren quali-
fvatat unb brängten, tibertrug man e« tynen (fäon ©regor IX. burefj bie Sülle „Olim
inteUecto" r>om 1. ^ebruar 1234), Wie benn über^aujjt Drben«mitglicbcr al« erlernt toon
ber btfct^flur^n ®etoalt al« &orner)mlicr/ qualifiziert erfd^einen mußten. 3jn au«giebigftem
Sa|e finb barauft)in bauernb 3Ritglieber jener Orben (ugl. Sea, 1 u. 2, passim), jeboef; eo
156 ^nqtttfttiott
aud) ßiftercienfer, Senebiftiner, (Sölcftincr unb Äarmeliter Dertoenbet toorben. ®ie Drben«*
oberen (bei ben 3)omintfanern ber magister provincialis bejto. generalis, bei ben
granji«faner ber guardianus prov. begto. ber ©eneral) foHten bie 3lu«toa$l treffen ; bie
ßafyl ber $u 2öä|lenben richtet ftd& md) bem Sebürfniffe. 3)iefer 3Robu« ber ©teilen*
5 befefcung ift bei ber Steorganifation be^ 3nf^tute^ 1542 bafyin geänbert toorben, bafc nun*
meljr ber Äarbinal«fongregation bc« ©auf Officio ba« Siecht berfelben juftd (Sülle
„Licet ab initio" $aul« III., bgl. u.). Übrigen« ift ju bemerfen, bafi bo$ nk&t feiten
Ignquifttoren begegnen, belebe Don ben Sifööfen unb nicfyt bireft Dom Sßopft emgefefct
ftnb (f. Renner, ©.66). — 3)ie -Kacfytbefugniffe ber ^nquifitoren ftnb bebeuttnb:
10 3)ie Serfyängung Krepier 3*nfuren (ejtommunilation, Stata**) inebefonbere ba« Siecht
ber ©u«penfion Scrbäd&tiger Dom ^rebigtamte unb ba« ?Kectyt, fufy gegenfeitig Don gefefc*
liefen Äenfuren unb Irregularitäten, in toeld&e fte ettoa DerfaHen, *u bi«penfteren. Ueber
bie $<u)l, bie Stellung, bie gunftionen unb bie Sßribilegien ber übrigen „ministri" Dgl.
Renner a. a. D. ©. 93—191.
15 2)ie @eri$t«Derfyanblungen ber Ignquifttion tourben enttoeber in geeigneten Räumen
ber jur Serfügung ftefyenben Äerfer ober tttoa in ben bifctyöflid&en Sßaläften, ober in
Älöftern gehalten, fall« nicfyt ein befonbere« ©ebäubc baju bortyanben toar. ©en urforüng*
Ixd) Diel begegnenben ßfyarafter Don SBanbergericfyten legten bie 3nquifttion«geru$te ab, fo*
balb fte feften ©oben gefaxt unb felbftftänbige @inri<$tungen gewonnen Ratten. Sltö
2o9tecfyt«quellen befyuf« Stbmeffung ber ©trafen in ben Qmtmitn bienen junäctyft bie
bezüglichen päpftlictyen Srlafje. Salb aber bilbet ftety ein ©tyftem geföloffener Zrabttion,
bie, abgcfcfyen Don ben 2)efretalen, folgenbc Quellen auSfcfyöpft: Sefölüffc Don ÄonjUten,
befonber« 2., 3. unb 4. 2ateranfon$il (1139, 1179, 1215), flonjil Don Sienne 1311,
Don ßonftanj 1414— 1418, 5. Sateranfonjil 1512—1515. 2Bo ©efefee ber toeltltcfren
25 SWäcfyte in Äonflift mit ben Sntereffen ber 3>. gerieten, trat bie Kirche mit aller 3Jto<&t
auf. Na$ Snnocena' IV. Sutle „ Ad exstirpanda" Don 1252 unb 2 Süllen Süegmber« IV.
Don 1257 unb 1260 fyat eine folcfye ftaatlicfye Serfügung gar feine 5h:aft ; bie toeltlufcn
9Räcfyte finb unter 2lnbrofyung fircfylicfyer ©trafen gehalten, jene Serorbnungen bem SU
fctyof ober I^nqufitor befyuf« Prüfung Dorgulegen unb je naety bem ju änbern. — ©ofern
so bie gebadeten 9le$t«quellen bo<$ no$ nicf>t alle« enthalten toa« jur erfolgreichen @r*
lebigung eine« Äefcctyroaeffe« nötig, fo bleibt bem freien (Srmeffen ber ignquifttoren
ein toeiter ©Kielraum : fo j. S. barüber, ob unb toann fte eine Konfrontation ber 8n*
gcllagten mit ben 3eugen anorbnen tooHen, ob auf Tortur erfannt toerben, tote grofc
unter getoifjen Umftänben bie ©träfe fein foH.
35 ©cfytoierig unb intrifat ift ba« SJer^ältni« ber päpftlic^en Snqutfttton ju
ben orbnung^mägigen bif$öfli$en Dffi^ialaten. fiom)?etenjfonflilten m begegnen
ift ba bie Äuric f^on früfyc bemüht getoefen. ©elbftDcrftänblic^ ftanb ben ^nquifttoren
al« unmittelbar Dom ^ßa^fte SeDollmä^tigten ber 33orrang ju; aber fo toentg glaubte
man bie Sifcfyöfe Don ber fionfurrenj mit jenen auefcfyliefcen m foDen, bafc t^nen ai*
40 brürflid^ ba« Siedet, eDentueU „divisim" Dorjuge^en, juerfannt tourbe. Slnbererfettf
toerben bie 33if$öfe toieberum burc^ bie 3n<iwiflt0ren tontrolliert: ^anbelt e« ftd^ um ben
Serluft ftrc^Itd^cr SQSürben, fo mufe ber ^n^wifttor ben 9iat beä Sifd^of« ^ören — aber
an btefeS einDerne^men ift er nicfyt gebunben, toenn ftd^ ergiebt, bafi bie Sifc^öfe bie
33enefijtcn toiffentlid^ an fieser Derlie^en Ratten (Dgl. Renner, ©. 272). 35te 3ujtän*
46 big feit ber 3k©erid&te hjurbe noc^ toeiter au^gebe^nt als bie ber gemeinen bifd^ötltc^en:
obtoofyl auf „Äefeerangelegen^eiten" befc^ränft, na^m ber Umfang ber gwftänbigleit mit
ber fteten 2lu«be^tmng bc« Segriff« ber „formalen £ärefte" immer me^r ju; toa« gegen
bie ©lauben«^ unb Sittenlehre Derftiefe, toa« bie fircfylidje Omnipotenj ober ba« fird^lic^e
^ntereffe ju ftören geeignet f^ien, fonnte unter ben Segriff gebraut toerben. ©o gehören
50 Dor ba« 3-:®crid(jt nid^t blofe haeretici, fonbern beren defensores, fautores, adju-
tores, reeeptatores, seetatores ; bie haeretici toieberum ftnb : manifesti ober oeculti,
affirmativi ober negativi, perfecti ober imperfecta poenitentes ober impoenitentes
(pertinaces), cnbltcfy relapsi (Dgl. Renner, ©. 304 ff., too auc^ bie Stecfctoetfungcn).
Sei ben Jnfulpaten, bie junäc^ft al« „suspecti de haeresi" ober „sub vehementi
55 suspicione haeresis" ergriffen unb ^rojeffiert toerben, fteflt ftc^, toenn fd^ulbig, l»erau«:
blasphemia haereticalis, sortilegium, divinatio magica, maleficium, pactum
cum daemone, abusus Sacramentorum, falsificatio, injurium offendens S. of-
ficium, contumacia in causa fidei, lectio, retentio, impressio librorum haere-
ticorum (f. Süd;erjenfur), apostasia ab Ordine ober a fide. 9luf eine« ober mehrere
go biefer SDclihe fpi^t ftc^ bie Sententia ju, ob fte nun gegen ttebenbe ober gegen Zote
3ttqtttjttiott 157
fty rietet, ßjimiert Dom 3k@eri$te ift nur ber $a}>ft, toeil er ja felbft bic Sityuifc
toren bebottmädjtigt, and) toeil er überhaupt „a nemine judicatur" ; aud) %ättt ber
Kehret bei SKfööfen, SRuntien unb 3"^wif^orcn fclbft unterliegen ber j)ä>ftlio)en ©erid&t«*
barfeit im engem @inne.
3)er toeltlid&en2Haa)t gegenüber ergebt bie$S- ba« unbebingte Verlangen toeiteft 5
ge^enber Unterftüfeung ; bagegen barf jene fein Stecht in Äira^enfac&en ftcfy anmaßen, auf
ben $ro)efi {einerlei Üinflufe üben unb fyat ofync ju fragen ben 2tnorbnungen unb bem
Serfangen ber 3*@eriä)te golge leiften. 2lu$ too — toie in IBencbig — ber Staat fia) eine
Wittoirfung fieberte, fal) man bic« fir$lia)erfeit« nur als ein „3)abeifi$en" an. 3)ie toelt-
tidp $Ra$t toirb lebiglia) al« „executor" ober „minister" be« 3.=@eria)t« betrachtet 10
3n ber 3$at K^at bereit« Otto IV. 1209 „auxilium unb operam efficacem" Der=
fonxfcn (Mon. Germ. Leg. II, p.216f.), toa« griebric^ II. 1213 unb 1219 toieber*
£>Üe (ebb. 224, 231); baraufoin »erlangten bie $ä>fte toeiteftgetyenbc »etyilfe (Seiftriele
bei Reimer, ©. 354, a. 1 u. 2, Dgl. ebb. ©. 356 f.), and) ^rin^ieQ infofern als bie betr.
fir$Itc$cn Seftimmungen in bie toeltlicfyen ©efefcfammlungen unb Statuten eingetragen 15
»erben fottten (ebb. ©. 358) — über bie SRepublif ©enua, meiere bie gorberung 1256
abtöte«, tourbe ba« gnterbift behängt (giefer a. a. D. ©. 225). 211« (Sntgelt gemattete
gnnocen) IV. „Ad extirpanda", ba| bem ©taate ein Seil be« fonfi«$ierten Vermögen«
ber Steuer jufallen bürfe(!). Über ba« SSerfyältni« Don ©taat unb 3. im allgemeinen Dgl.
bie 2efy*. be« Äird&enrea^t« Don 9Raaffen, D. Spulte, §inföiu« u. a. — 2)ie grrage 20
na$ ber 5Eobe«ftrafe für&e$ereten unb tyrer 2lu«fütyrung bebatf ba nod) (pejieQer
Se^anbtung. S)a« erfte Seiftriel einer Einrichtung unter SRottDierung mit Äefcerei gab im
3a$re 385 ber Ufutyator SRarimu«, al« er ben ©panier $ri«cittianu« (f. b. 21.) nebft
einigen Anhängern ju Irier liegen ber Verbreitung pantfyeiftifa>gnoftifa)er Se^ren $um
lobe berurteilte (cf. 3)öllinger, Sil ©Triften ed. 3teufa% 1890, ©. 295 f.). 3eboa> 26
frtdten anbere SWottoe hinein, unb fo ejorbitant erfa^ien e«, bafc SKartin bon lour« unb
Ämbrofui« Don 9Jtailanb barauffyin ben al« 2lnf lägern aufgetretenen 93if$öfen bieÄira^en*
gememföaft auffagten. 2lud& 2luguftin proteftierte gegen bie 2;obe«ftrafe, jebocfy f)at man
fta) für biefelbe boefc auf tyn berufen, toeil er bem religiöf en 3to<!n9 feine ©renje fteef t. (Srft
Gabe be« 12. %cfyxl}. finbet man bie £obe«ftrafe fürßefcerei in Übung — freilia) ift fie nod) 30
nia)t in ben ©afcungen ber Stynobe $u Verona 1184 feiert. $n *>tt Äonftitution be«
König« ?Jeter bon Aragon Don 1197 toirb ben Äe$crn, toela^e \xd) bem Verbannung«*
bettete nidjt fügen, ber geuertob angebro^t (t>gl. aua) ju bem golgenben giefer« 2lb^.
a. a. D. ©. 182 ff.). 3m ^a^re 1200 tourben ju Sro^e«, 1211 ju 5ßari« Äc^er Dcr^
haitnt 3m „©elften ©aft" toirb Seopolb Don Öfterreia) 1215 al« „JtcfcerFtebcr" ge=8B
^riefen. Übrigen« ift bie Äonftitution griebria)« II. für bie Sombarbei Dom ga^re 1224
(Mon. Germ. Leg. II, 252) ba« erfte ©efe^, toela^e« toegen Äefcerei Xobe«ftrafe ©euers
tob) feftfe^t — ba« nämlia^e t^ut für fyartnäcfige Äefeer eine für ©Milien 1230 erlaffene
Äonftitution, inbem fie bie für £oa^t>errat üblichen ©trafen auf Äefcerei al« ein jenem min*
beften« gleid^juftellenbe« Verbrechen appliziert. 2Benn nun auf eine Honftitution ©regor« IX. 40
bon 1231 unb eine gleia^jeitige be«©enator« DonSlom ^in „ ^riefter, Äleriler unbSaien"
infolge be« großen Äe$ergeric$te« Derbrannt rourben (f. Vita Gregorii, bei 3Kuratori,
Script III, 578), fo tonnte bobei ber ©runbfag „ecclesia non sitit sanguinem'1 bem
Su^ftaben naa) babura) geioa^rt bleiben, baj; ^btn bem roeltlic^cn 2lrme bie (Sjefutton
t»n bem Slugenblicfe an jugetoiefen toar, U>o feiten« be« geiftlidjen Tribunal« bie Äe£er 45
^steculari judicio reÜnquuntur11. ©ine 2lu«be^nung ber obigen Äonftitutionen
friebri^« II. auf ba« gange 9tei$, alfo and) auf Stalten, erfolgte 1238 (ju Sremona)
mb 1239 (ju ^abua), f. Mon. Germ. Leg. II, 326. 2Benn ber Saifer fta) fo aegen^
Aber ben 2(nt(agen be« $a))fte« öffentlich al« Äe^erfeinb f?attc bartbun unb jene Umlagen
Um enthaften motten (Dgl. I^oma« SCu«fu« in Mon. Germ. Scr. XXII, 513), fo so
bat er jebenfall« bie ©unft be« ^Japfteö nia^t baburd^ gu erlangen Dermod^t — ba« 3<^?
12:J9 fa^ i^ Don neuem unb bauernb im Sann (Dgl. b. 21. ©regor IX., 8b VII, 119). —
$« 3t°de' °t> ta* ^mifa^e !ira)ltd^e ©eria)t, alfo ba« Sanctum Officium felber, £obe$--
«teile geifättt be^to. S3lut Dergoffen ^abe, ift neuerbing« me^rfaa) erörtert toorben. 2)er
epanicr »alme« tyd biefelbe 1842, ber granjofe 2lbbe* Gocur 1846, bie fat^olifd;e Dublin 66
Stawcto 1850 Demeint (Dgl. 3)öttinger u. Steufa^, 3). ©clbftbiograptyie b. Äarb. Sellarmin
6.233 [1887]), auc$ ber Sifd^of SKartin Don ^Jaberborn turj Dor bcmÄonjil Don 1870
(Gm ffiort an bie Sßroteft. 4. 2lufl. ©. 87). 2lltere Xl;eologen fyaben bergleia)en nie
Manntet, Settarmin felbft argumentiert: „5)afe bie Äefeer bie Iobe«ftrafe Derbienen, ergiebt
fk^ au« 2)t 13,6. 3Ran roirb alfo fagen muffen: 3)iefte$er tonnen Don ber Jlirc^ebem go
158 3fitqtttfift0it
tocltlid&en 2lrme übergeben unb muffen bann Von bem ctyriftlic^en toeltli<$en arme jum
$obe Verurteilt unb Don bem #rtftlid&en genfer getötet toerben" (f. bie ©dbftb. b. Starb.
93. ©. 234). Somit f$rumpft bie fatfyoltfd&erfeit« erhobene (Smfprad&e gegen bie burdfc
gafyllofe 93eifpiele ju belegenbe Sefyauptung, bafc eben ba« Sanctum Officium bie ent«
6 fctyeibenbe 3nftanj fr* We Sl^Iigierung ber $obc«ftrafe gegen Steuer getoefen fei, auf ein
SJerftecfenftrielcn jufammen — toie ftcf ba« befonber« flar bei ben ja&lreicfcen gäflen er*
giebt, in toeld&en nad) ber SReorganijation be« ©ertöte« in SRotn (1542) eben bort Ver*
fahren tourbe ; Vgl. unten Slbfctyn. III.
C. ©urd&füfyrung in Stalten, granfreid^, 3)eutfc$lanb, ben 9lteber-
10 (an ben unb (Snglanb. 3n ben italienijcfyen ©täbten, toelctye Don Sßatarenern (f. b. 8L),
Slrnolbiften (f. 33b II, 128) unb anberen Steuern ftarf bur^f efet toaren, forgte SnnoceiuIII.
&unäd&ft für bie ©untyfüfyrung ber Snqutfttion. ©o in JÖtterbo. „3m jdjmicn gafae
feinet ^ontififate«", fyeiftt e« in ben Gesta Innocentii III. auet. anon. (bei Wuratori,
Rer. Ital. Scr. III, 1 [üRailanb 1723J), „Verliefe unfer fyetligfter #err . . bie ©tobt
16 9tom unb fam naety SKttcrbo. @r U^ann fofort 2Raferegeln gegen bie ©c^Ie^tigfeit ber
$atarener ju treffen, in toeld&e bie ©tabt tief Verfunfen toar . . Sßätyrenb aber bie $a*
tarener geflüchtet toaren, liefe er burd& ben 33if<$of unb ßleru« eine genaue ^nquifUton
führen unb alle, toeld&e al« Segünftigcr, §efyler unb greunbe ber Äefcer üerbäc^tig toaren,
Verhaften; im ©efängni« mußten fte ciblic^ verfprecfyen unb 33ürgtoaft baju leiften, bafe
2oftc fünftig in allem gefyorfam fein tooHten. SDte Käufer ber ©eflüc^teten tourben bem
33obcn gleich gemalt, ifyr Vermögen fonfi«jiert. toarm Verfünbete ber $apft in alt
gemeiner Setfammlung : 3*ber £äretifer, befonber« jeber ^atarener, toelcfcer im Patrimonium
gefunben toirb,foH unverzüglich ergriffen unb bem toeltlid&en Arm jur ©träfe übergeben h>erben.
ßin3)rittel feine« (Eigentums fällt bem ju, melier bie geftna^me herbeiführt, ein drittel bem
26 (getftlid&en) @erid&t«fyofe, ba« lefcte toirb gum öffentlichen 9lu(en Vertoenbet 2Ber ben Steuer
irgenbroie 6egünftigt, foH mit ben fyärteften ©trafen belegt toerben". 3)a«toarim3- 1207.
©auernb geholfen fyat e« nid&t. SSJir fyören, bafe in SStterbo 1265 ber 3nquifttor getoaltfam
Vertrieben toirb unb ba«felbe gefcfyafy 1277 in Sßarma — infolge ber SSerbrennung Don jtoet
grauen. „Slber ba« jog tynen furchtbare Stäche unb fötoere Demütigungen ju. ©ben*
so fotoenig fruchtete e«, ba| einige 3nquifttoren, toie $tetro bi SJerona (1245), ber barauf*
i)in &um ^eiligen unb Sßatron ber 3n<?utfttion getoorben ift, erfd&lagen tourben, ebenfo
lote $ietro bi 9luffia (1250) unb $agano bi Secco (1277). ©aS einjige SKittel, ba«
einige §tlfe Derfprac^, blieb eine mit gehörigen au& ber Sörfe gefc^öpftem 9fo$bru<f an«
gebraute 93efc^n>erbe in 9tom . . SSJurbe ba« ©efd&rei attju laut, fo erteilten bie $äpfte
86 ben ^nquifttoren biätoeilen Sertoeife; aber e« ftnbet ft$ nidbt, bafe einer Don tynen aud)
nur bie ärgften 2lu$hriicfyfe bed ^nftitutö befd^nitten unb bie ©efefce gemilbert ^atte". Über
ba« S3orge^en ber 3;. im einzelnen in Italien giebt 2ea, II, ß$. IV genauere 3(u«tunft;
begüglic^ beffen h>ae in 5Rea}>el gefc^a^, 3lmabile, II santo Off.della I. in Napoli II. (6UÄ
bi GafteQo 1892). Demgemäß toar e«, tote a\x$ fd;on au« einigen ber oben angeführten
40 Seftimmungen über bie fc^örfere 3lu«geftaltung be« ^nftitute« I)ert>orgefyt, gunäc^ft ®regor IX.,
^nnoceng IV., bann ©regor XI., toeld^c energifefy vorgingen. SRolanbo Von Gremona,
©iobannt ©cl^io Von SSicenga, ber fcfyon ertt)ä^nte (©anfi) $ietro SKarthre, SRainero 6ac
cont erfüllten gang Dberitalien mit ©d^reden. 3m ©üben [teilte fi$ Jtarl I. Von änjou,
nac^bem er ben jungen Äonrabin ^ingefd^lad^tet (1268), ganj in ben 2>ienji ber g., ber
46 gu &}tm bie })räc^tige Äirc^e ©an s4}ictro SKartire 1274 erbaut hmrbe. 3n SeneVent
entbedfte man 1276 $atarcner— brei tvurben Verbrannt (Slmabile, II, ©. 59 f.). itarill.
trat in be« SSater« gufefta})fen, unb and) burd^ bie Königin ^o^anna Würbe bie % bc»
günftigt. 6rft mit bem 15. ^afyrfyunbert, befonber« unter bem ^umaniftifö genuteten
Könige 3llfon« Von 3lragon (feit 1442) geriet ba« Tribunal in Verfall, lieber ben Jton*
60 flift be« fiaurentiu« sV>aüa mit ber 3- f. b. % sliaüa unb bie 3u«fü^rungen bei Äma*
bile a. a. 0. — 6iner gefonberten Sel^anblung bebarf 3?enebig, h>eil in biefem Staate
eine 5Wobifi^ierung ber Organifation unb be« Sorge^en« ber 3- baburefc nötig tourbe, bafe
ber toeltlid^c 3lnn ^toar ber Unterftü^ung be« ^nftituted nid^t abgeneigt, aber nod)
toeniger geneigt fear, bltnbling« bie Gjclution ju übernehmen, Vielmehr befummle Stelle
66 begto. ÄontroHc unb SKittoirfung fid^ ju refcrVteren Joufete. 3)ie 9le))ublif gelangte im
14. 3>afyrbunbert burd^ glüdflicfye Grtüciterung ibre« 93efi^e« auf bem geftlanbe 3^««*
gu einer mafjgebenben ©tettung. ©ic braute ianbe«teilc unb ©tabte in 3Jlenge unter
ifyrc ©etoalt, in benen längft gemäfj faiferlid^en unb i)ä})ftlic^en Sbiften bie 3. in
fd^rofffter gönn etabliert fear. Slber bie ^c^ubli! fear nidj?t getvtQt, ebenjotoenig tote in
oo bem alten, fo in bem neuen Sefifce eine fo eingreifenbe 3nf*tottion tote bie 3- ofa*
3itqtttfttiott 159
bie fcbarffte auffielt toirfen ju laffen. SBäfyrcnb bie 6ibe«formeIn ber 3)ogen nodb bi«
,u beqemgen, toeld&e ©tacopo üepolo 1279 leiftete, feine §inbeutung auf SSerfolgung
ber fielet enthalten, betoeift btc mittlerweile burety ©regor IX. fo toirffam in« SSBcrt ge*
Sie gjötberung ber g. ifyren ©influfc boefy aud& auf biefem fpröben ©ebicte: 3)er 2)oge
arino SHorofm fötoört 1249 (bgl. £ea, II, 587), bafe getotffe jutjerläfftge SKänner, 6
aQerbingä „nac$ Äntoeifung be« State«" ber Äcfcerei nad;ft)üren fotten. üJlc^r tooHte man
mdyt geftatten. Aber ba« erfäien in 9tom al« eine t>icl jm geringe Äonjeffton. 3nn°5
cen$ IV. befahl burc$ S3ttQe bom 11. 3>uni 1251 jtoei gnquijttoren, naefy Sknebig ju
gefcn unb bort gerabefo toie in ber fiombarbei ju berfafyren. Sergeben«. 9lod) sJJifos
lau« IV. verlangte 1288 unter fätoeren ©rofyungen, bafc bie Stepublit jtdj füge — io
ober bie fturie mufete ftd& gefallen laffen, ba{$ ber 9tot tyrem ©erid&te brei Slfftftenten
(savii suir eresia) beigab unb ba{$ fte fidj ba« unbebingte Stecht ber Prüfung unb
(£ntf$etbung in aHen gftHen, too e« fiefy um $obe«ftrafe fyanbelte, referbierte. äuefy bie
in Äom jefr gefc^äftte Sßrojebur be« Verbrennen« ber Äefcer fyat bie Sltyublif trofc aHer
ÄeHatnationen juerft toieber abgefd&afft. (Sin S3erfud^ be« 3nclu^r^or^ bon Xrebifo, fiety i6
jum 93orgefe£ten ber brei ©abij ju machen, fd&eiterte ebenfall« (1301) unb in bem $)os
mintum tmtrbe ben SRettoren eine entforectyenbc Stellung bei ben SJerfyanblungcn ber 3-
angehriefen. Übrigen« toürbe man irren, toenn man annähme, bafc biefc Seilnafyme
tarier fyxfcgeßellter Saien ben gtoedf gehabt ty&c, Steffen be« ganati«mu« ben Singe*
föulbiaten gegenüber borjubeugen. 3ftre I&ätigfcit betoegt ftcfy ganj in ber Stiftung ber 20
Snftrurtton, bie hur aflerbing« erft in einer fpäteren, bem Safyxt 1547 angefyörenben,
Ausfertigung fennen unb bie burt^au« in ber Stiftung ber ftrifteften firdfjlicfyen 3>ntereffen
H (*& »©« 3nquif.*?Proje&", £ift. %a\$. VI, golge I, ©. 160 ff.). 2öir tyaben ^ier
(ine lebiglicty politifäe 3Rafcregel bor un«, nur barauf afytoedfenb, bafc ber Senat §err im
eigenen ßaufe fein, and) ba« toa« bie 3. t^ut, fontrodieren unb — je naety bem ju feinem 25
ebenen Vorteil bertoerten toill. ©0 t»crftc^t man e«, bafe, al« toäfyrenb be« ©c$i«ma« ba«
inquifUoriale ^ntereffe ber firc&lid&en 3>nftanjen erlahmte, and) ber Senat jurüdfjog toa«
er nac^ biefer ©eite getoä^rt batte unb jd&ttefclicty bem gnquifttor 1423 bie „^robifton",
b. b. ba« ©e^alt entjog, h>el4e« er i^m ge^a^It fyattc.
Sieben Dberitalien h>ar granfreid^ ber fruc^tbarfte ©oben für bie ©eften (Dgl. 90
b. SL 9teumani(^acr). S)ort ift auc^ bie fd>rccfltd^[tc Ifyätigfett ber 3- ^u ^9C 9e:
treten, unb jtDar fanb biefelbe bejeid^nenbertueife mit ben ftreujjügen gegen bie Jtefecr
ttine^Deg« i^r 6nbe, fonbern tourbe feit 1229 erft recfyt eine ba« ganje Sanb umfaffenbe.
B6« mußten nun öor allem grofee ©efängniffe gebaut Werben, unb man fanb, bafe c«
iaum mo^li^ fein Werbe, bie baju erforberli^en ©teine beijufc^affen. Um ba« &er* 36
fahren bei ber Einrichtung feierlicher unb nac$brucf«t>oQer }u machen, pflegte man bereit«
eine gTöfcere Slnjal^l Verurteilter jufammen fommen ju laffen, bann in t^eatraliföer
Seife bor einer ja^Ireic^en 93olf«menge bie ©enten^ ^u berfünbigen unb ju UoEftrccfen.
Seber »Iier noc^ ©efc^lec^t tourbe bertidf^tigt. 2lm 12. 3Rai 1234 tourben gu Stou=
Umfe fec^« Sfinflling^ jtoölf SRänner unb elf grauen verbrannt. 2)a« SJol! ertrug ba« 40
wue 3oi^ mit bem äufcerften SEBibertoitten : ^äufig ereigneten fufy 3lufftänbe unb tourben
bie SnqutfUoren au« ben ©tobten berjagt — fte famen aber ftet« toieber" (2)öHinger a.a.O.
S. 304). %U}t %<äjxt ftjäter erfolgte bie itataftropfye ju Sloignonet, too eine berjtoeif*
hmgdboDe ©c^ar bie Swjiufitoren überfiel unb tötete. 3)ie fo ju Opfern be« eigenen
Shttamte« ©etoorbenen l^at $iu« IX. im ©e})tcmber 1866 tanoniftert, nacfybem im 3a^e 46
toi^er baäfelbe mit bem fc^recfli^ften ber fpanifd&en Äe^enic^ter, 2lrbue«, ber %aü getoefen
*d« (f. u.). S)en ©ieg ^at bie 3. in granfreiefy burd^ bie Verquicfung be« 3lntcreffe«
ba ftdnige mit bem irrigen babongetragen. Subtoig IX., ber ^eilige, erliefe 1228 ad
d?es Narbonnae ein Slanbat, toeld^c« bie toeltlid^c Dbrigfeit ju unbebingter §ilfe*
k$mt0 «n*> ©sefution ber ©trafen betyflicfytet (bei 6atel, Hist. des Comtes de Tou- 50
km«e, Narbonae 1613, p. 340). äC^nüc^e Seftimmungen mufete ©raf SHa^munb VII.
*n louloufe 1233 erlaffen (j. bei Mansi XXIII, p. 265). 2)ie SBiUtür aber, mit
Wc^er bie 3- berfu^r, beranlafeten ^intoteberum ^iliM> ben ©c^önen 1291 ju bem 33e*
f(Me an bie toeÜU6en ^nftanjen, bei SBertyaftung bon angeblid^en Rebern borficfytig gu
tiak pi ge^en. allerbing«, too fein t>erfönlic$e« Sntcreffe in« ©piel tarn, toie bei bem 55
ftqeffe gegen bie Xempler, ba ift i^m ba« Sorgeljen be« ^©ericfyte« gerabc red^t ge*
W. 3S8a« in granfreic^ bie getoaltfamen SReaftionen be« gequälten SSolfe«, toa« auc^
«jelne Idniglic^e ©bitte ni$t bermod^ten, erreichte fd;licfeltd; ber bödige ftrd;enpoltti(c^c
Uüfc^toung, Weimer im 14. Sjafyr&unbert einerfeit« burd; ba« ©$i«ma unb im 15. ^abr^
Robert anbererfeit« burc^ ba« äuffommen unb @rftar!en be« ©eifte« größerer fircfylid&er go
160 dtsqtttfttiott
©elbftftänbigtctt in ber franjöfifd&en Nation begeid&net tft 3n 8famftei<$, too bie 3.
unter ben ftyredlidMten (Srfd&etnungen t^rcn furchtbaren Sieg begonnen fyitte, i[t fte au$
am elften unb Döuigften tmeber untergegangen. SDte frangöftfcfye Nation fyat {vif bte
auf ben heutigen $ag ate „ältefte Softer" ber 9Rutter 9lom oft gu SBtttcn gegeigt —
6 aber bie 3- M ft* W m$* mefyr aufbrängen laffen.
3nghrifcfyen h>ar e$ gelungen, ba$ 9tefc berfelben noety über anbere Sönber auägu*
breiten. 3" 3)eutfd&lanb betrieben gu ber 3^t, als fäon bie Tribunale gu Xouloufe,
Garcaffonne unb anberStoo im ©ro&en arbeiteten, eingelne fyerumgietyenbe 3n<|wifttoren ibr
©efcfyäft, bor allen Äonrab Don Harburg (f. b. 91.), „ber auf Möge SluSfagen habgieriger
10 9Jlenfd^cit eine 2Renge Don Unfcfyulbtgen Verbrennen lieg, gulefct aber Dom empörten SSolf
erfd&lagen hmrbe (1233). 2lucfy ein gtoeiter ^nquifttor, Sorfo CDrofo), fanb getoaltfamen
lob, unb ber Slbfcfyeu, toeld&en ba$ Verfahren biefer beiben in ber gangen Station er*
regte, betoirfte, bafc bie neue ©d&öpfung c$ in $)eutfc$lanb bo$ gu feiner bleibenben
sJtieberIaffung bringen fonnte, toenn auety bafelbft bte in« 16. Sa^unbcrt einzelne 3^
15 quifttoren Dorübergefyenb ©eltung erlangten" ( S)öHinger a. a. D. ©. 302). S)ie 3#ättg*
feit ber 3- in 3)cutfdjlanb fpiegelt ftcfy in tyren #auptbaten in ben Serorbnungen toieber,
toelctyc im 13. bis gum Anfang beä 15. 3afyrfyunbcrtö an bie betr. 3nftonJ*n gerietet
toorben finb. SOlan toirb auf ©runb ber Don ^rebertcq im Corpus Inq. Neerl. I u. II
mitgeteilten Sitten eine Slnjd&auung Don bem gehrinnen fönnen, toaä ^ier ber 3- abgeben Don
20 tyren getoöfynlictyen Slufgaben oblag, inäbefonbere audb Don ber Setyilfe, toelctye Derföiebene
Kaifer leifteten. 2lbgejefyen Don bem Söirfen ber oben genannten Snquifitoren lefen toir
ba (1, 6. 89) bie SSorföriftcn, toeld&e ©regor IX. 1233 ben beutföen Sifäöfen erteilte,
um „bie flehten $ücfyfe" gu fangen, b. fy. bie gum ©d&eme befefyrten Äefcer; 1, ©. 168 f.
teilt Giemen« V. (1311) bie ©tatuta befyufä Ünterbrücfung ber Segarben unb Segfyinen
25 (f. 8b II,523,2i) mit; I, ©. 190, 196, 198, 200 hrirb über bie ©eifcterfefte benebtet;
I,©. 522 f. 3o^ann ©ctyabeiant als 3nquifttor angeftcHt (1348); 1, ©. 200 feine 9la(fc
folger ; bie Sfcprejfion ber Segarben begtoeefen au# bie päpftlictyen SreDen ©. 204—207 ;
fohrie bie faiferlid^cn (Sbifte ©.208 unb 221 au* bem 3a£re 1369; 1374 unb 1376
tourben neue Untcrf ud&ungen burefy ©regor XI. befohlen; enblicfy fefcte 3n«ocenj VIII. bie
30 berüchtigten 3nquifitoren Äramer, ^nftitorid unb Sprenger ein (1484) unb öffnete bun$
bic SöuHe Summis desiderantes Dom 5. ®egember b. 3- bem Äe£entoa^n (f. b. 8L
$egen 8b VIII, ©. 32,52) %i)iix unb 2tyor. 2)aS Sorgeljen biefer filtern tyü eine bt*
in bie ßeiten ber Sieformation fortgefyenbe 8lüte ber 3nquifition *n 3)eutfc^lanb gejeitigt ;
ben „§e£enfyammer", malleus maleficorum, liefen fie 1 189 in Äöln erfd^cinen, too bie
35 3- i^en §auj)tfiö ^atte. 2)iefelbe richtete i^re i^ätigfeit Dornefymlicfc gegen SBalbenfer,
bic ftar! ben Styein entlang, in Saiern unb Öfterrei<$ unb btö nad) Sranbenburg unb
Sommern Derbreitet h>aren, gegen Slnfyänger aud^ anbercr §äreften, eines 9hnalri$ mm
^HenneS, gegen bie „Srüber Dom freien ©eift" (j. b. X. 8b III, @. 471,1») u.a. 3)ie Über*
griffe ÄonrabS Don Harburg unb ber ®rudf ber öffentlichen Meinung gegen (eine 3- matten
40 e£ nad) feinem Xobc ben Ötfcfyöfen leicht, bie irrige lieber ju alleiniger ^errfc^aft ya
bringen, bis Urban V. 1367 jtoei neue 3nquifitoren für ®eutfc^lanb ernannte. — 2)aji
$tonrab and) in ben lieber! anben fein blutige^ 2ücrf Derric^tet fyabt, beruht auf 9Rt^
Derftänbniä ; aber feine Sanblanger, bie Sominifaner in Bremen traben 1233 ba$ Areuj
gegen bie ©tebinger (f. b. 31.) geprebigt unb bort bie fd^toerften ©trafen Der^angi 3n
45 ben ÜWieberlanben richtete ftcb bie SBirffamfcit ber 3- im 13. 3^f^unbert gegen We
»eg^inen unb Öcgarben (Dgl. b. 31. in 33b II bcf. ©. 522 ff.). Unter ©regor XI. 1372
hmrbe brei für 3)eutfcfylanb neu ernannten 3nquijttoren infonberfycit auety berö Si^tum Utre^t
ate ftclb ber S3Sir!famfeit angeloicfcn unb bie« bem „Inquisitor Saxoniae" ß^l^orb
©d^önfelb neu aufgetragen; ber fc^tc auc$ ben 3tn(;ängern be« ©erarb ©root (dkm*
co btnen) alfo ben $)rübern unb ©d^U)eftern Dom gemeinfamen Seben, J^art gu. Ob er 3Hut*
urteile f?ter, n>ie in Sübecf, SBi^mar unb ja^lrctd) in 3ftetffen, DoQjie^en lie^, U>irb nidfrt
berietet. 3n ^a^ 15. ^a^unbert fällt bic Verurteilung 6^0« Don #aarlem gu entie*
brigenbem S&iberruf unb inb. 3- 1502 ^ermann 3lt>feU)icf« gu „enngem fterfer" (über Scibe
f. Sfooll, fterfgefd^., beutfd^c 35earb. ©. 439 ff.). „$ic ©c^Iad^to^fer be« ©laubcnSeifetf in
55 ben Slieberlanben Dor bem 3a(?r^un^^^ ber Deformation flehten nid^t ga^lreic^ getoefen
gu fein", urteilte 5WolI (ebb. ©. 451). 3ngtoifc$cn ^aben grebericq« gorfc^ungen axA ba
bie Äenntni« ber (Singetyettcn fo fe^r erweitert, ba& biefeS Urteil be« gelehrten 5Wofl
faum loirb befte^en lönnen. 3Jlan Dgl. bie in 53b I u. 1 1 Don grebericq gegebenen Jiijtai
a) ber Äefccr giutfe^en 1025 unb 1519 (rejp. 1077 unb 1518) unb b) ber 3nquifttow«
eogtoifc^en 1232 unb 1519 (refp. 1175 unb 1517). (Srft burc^ bie aut^entijc^en 9ta$loci*
^nquifitton 161
funken bei %x. lernt man ben beträchtlichen Umfang ber äßirtfamfeit ber 3- in ©täbten
tme Xnttoer^en, »rüffel, Srüpge, Sournar;, ®tnt, Sötoen, Süttict;, Utrecht fennen unb
Stamm nebft SBtrten Vieler, bte bte ba^tn fo gut tute unbefannt toaren.
3n ben Vorreformatoriföen 3«ten ift ©nglanb von ber 3- in tyrer fälimmften
Srrlfamfeit t>err)ältm3mäfiig toenig betroffen toorben. 33on glanbem auä verforengte 6
ftefeer etföeinen 1166; unter #einrt(i) IL toirb bann ftrenge vorgegangen mit Wüten*
ftlagen, Sranbmarten unb Verbannung. Slber baä blieb Vereinzelt. 33ebeutenb fpäter,
unter ben 9lad)toei)en Don 2Bicliff$ SBirten, fcfct bie 3- umfajfenber ein gegen bie fiollarben
(f. b. X.). 9lur Vereinzelte unter ben $etrfd;em jeigten ftd; ber römifcr)en ßurie in biefen
fragen entgegenfommenb; bavon, bafc man bem Seifpiele Äaijer 3ftebri<f)3 IL mit 10
Äcfcerebtftcn gefolgt toäre, fonnte nid;t bie Siebe (ein. %&od) tyd §einrid; IV. burcr)
ba* Parlament 1401 baä Statut „De haeretico comburendo" beftötigen lafjen unb
bunt; baSfelbe ber bifd)öflid)en ^nquifttion energifd&e Unterftüfcung jugefagt.
D. 5)ie 3. in Spanien. 3)ie 3- «* Spanien bebarf emger/enber 83er;anblung
cincifcitö auä ä^nlicr)en ©rünben tote bie Venetianifctye, toeil aud; r)icr fcfylie&lid; ein ge- 15
«rifötc* ©tyjiem jur Äntoenbung {am, anbererfeitä toegen be$ au{$ergeh>ör)nlicr; grofcen
Umfangt unb ber beifoiellofen $ärte, tooburcr; biefe 3* W befannt gemalt f)at. — 5Die
gtage über bad SBefen ber fyamföen 3. tyat feit £efele$ „ßarb. Ximene^' (1844), too
HC emge^enb erörtert tourbe, eine grofee 3af)l von Unterfucfyungen hervorgerufen. §efele
^at $r ben Sfcrafter eines ftaatlicr)en 3nftitut^ $ugefcr)rieben unb bamit <ßapft unb ^ttre^e von 20
fyen ©reuein ju entlaften gefugt; f$on 1837 |at Stanfe fte „einen tönigli$en nur mit
geiftfufcn SBaffen auägerüfteten ©ericr;ter)of" genannt. Sie 2lnftcr)ten ber Geologen unb
Jtaumtften fmb geteilt: ßntyfler (#ift. polit. 81. 1882 u. 1883) unb ©am« (3. ©ejcf;.
b. fron. ©iaaiStnquif., Siegendburg 1878) treten bafür ein, ber ^efuit ©rifar, gejtüfct auf
bie Ausführungen jtoeier ft>amfcr;er DrbenSgenoffen, SRobrigo unb Drti r; Sara, bagegen 25
(togL b. Jtrit). $a$ £eranjujier;enbe Material hrirb ba$ obige Urteil begrünben.
5Dtc SBtrffamleit ber fpaniföen 3- entfaltete für;, naetybem fie im 13. Safy^unbert
gegen Äatf^rrer unb SBalbenfer im Sorben ber #albin(el gerietet toorben toar, im 14.,
too fte föon einen jar)lrei(t)en Stab von 3"quifüoren unter ben 3)ominifanern unb 3R\-
unten (barunter auify 3l\c ©;meric, ben 3Serfaffer be« „$)vreftorium 3n(?uif-"f bgl. 90
CnÄif u. Qfyaxb, Scr. O. Pr. I, 709) aufjutoeifen r;atte, gu unfyeimlict; großer Slütc
auf bem $intergrunbe einer allgemeinen ^ubcnüerfolgunö. 5Dte 3uben, intelligent unb
wi^r Ante, ©elefyrte unb §anbel«leute, bilbeten einen Von oben begünftigten, Von unten
tage gebauten Staat im Staate. 3)er $ag entlub fidc; 1391 in einem Sttutbabe, bem
pi entgegen fingierte „93efer)rungen" in 5D?aff e ftattr)atten. 35 000 retteten ftc^ buret; fd^nelle ss
«anordne ba laufe ; toeiterbin loirften bie ?JJrebigten bed 2)ominifaner« 3Sincenjio g^rer.
Saft ut ben Stetyen ber „33efef)rten" iübi{cr)e ©eftnnung blieben, Viele toofyl audb bie alten
SKtcn im gegebnen beibehielten, toar ftct)er: gegen fold^e „2Rarranen" ober „Üceuc^riften"
hafy 1472 in SorboVa, bann von ©tabt ju ©tabt für) forttoäljenb, ein blutiger 3luf»
fkanb ca&. @o loirften @tamme3r)af$, 9teib unb 3lrgtoo^n, um ben Soben für eine 40
gimibltt^e Stttion ber 3- vorzubereiten, unb bamit verbanb ftc^ bie ©elbgier ber lüften
Stdk ffiar bte auf gerbinanb unb 31 A&dkS &ü ber ©üben Spanien« Völlig frei ge*
Micben unb anbererfeit* bie 3- «w^ i« wkt; lotalen Sebürfniffen in traft getreten, fo
Wbe mm eine generelle Orbnung ftattftnben. 3)er ^ftlid^e 9hmtiu3 r)atte bie $anb im
69M: 1477 ftefite er bem Jtönigfyaare Vor, toie jeitgemög bie @rri$tung ber 3- 0e0en ^
bie Xeiufcijlen bn Sanbe fein toerbe. 3un^f* Öcf^^c ©igtu^ IV. 1479 gtoci 3n<:luis
ptorm nad; ffiatyl bed Jldnig^aare^ in Sevilla amufteQen — in ben anberen ©ebieten
jom fc^on fold^e, Von ben $orftet;ern be^ Domtnitanerorbcn^ ernannt, Vorlauben. 2)a
m Jene aflju l^art Vorgingen, mact)te ber ?ßa^ft (2. Sluguft 1483) noef; ben SBcrfucr)
ba nUberung, auet) ber (Eröffnung einer SfypeHation na$ 9(om. älQein gleicf; barauf, so
ai nk^t in Äonfltft mit bem Könige )u geraten, jog er bie Sülle toieber jurücf
ttb ernannte nunmehr auf SSorfc^lag ber . Sominitaner lorquemaba gum Dberinqui-
Stor für ba£ Jlönigretdb neben fteben fcr)on ernannten 3n()uifitoren. SDicfc ©efügigfeit
atta für; axß bem 993unfcr>e bed $a))fted, alle^ ju t^un, bamit bie Sd^toierigleiten,
M^c gtrbtnanb ber (Sinjammluna ber Srujaba entgegenfe^t, befeitigt mürben. $)a£ 56
tyiat gelang — ber SJktyfi banrte lorquemaba für feine 2)ienftleiftung, unb als bie
Anbe n^ w™ brana, ba| ber Oberinquifttor burd; feine (Energie in titanenhaften
6«rk^ungen unb ftonpdtationen ade bier;erigen Seiftungen überbiete, fcf;rieb il)m ber
$#: feine Ifyitm rotten ü)n mit größter greube erfüllt; toenn er fo fortfahre, toerbe
a lerne t^fte ©unft ertoetben (3)ö0inger a. a. 0. @. 327—331 ; bie ©riefe an Xor* go
WuU*mc*TUp*Ut fte ^eolotic unb ftirc^c. 8. «. IX. ] [
162 dttqttifitiott
quemaba bei fiopea, Hist. general de S. Domingo, III, 75). Unb lorquemaba fu$r
fo fort, gn gan^ ©ganten jog er untrer, um neue @eri$t«&öfe unter bem „Consejo
de Ja Suprema", bem oberften ^.-9tate (befte&enb au« bem ©rofeinquijttor unb brei
geiftlid&en Seififcern) ju organifieren. Da« SSermögen berer, toel<$e entflogen, aber cmS)
6 berer, bie unter Stofeauflagen unb Äbfd&toörung entlaffen tourben, fiel ber fönigli$en
Äammer ju. 3>n ©aragoffa h>trfte al« Ignquifitor Sßebro Arbue« be ®p'\la (geb. 1441,
feit 1476 bort); nur 16 Monate l?atte er ba«ämt innegebabt, al« er am 15. ©eptember
1485 ein blutige« 6nbc fanb — aber biefe turje SBirfiamleit ffat al« „acerrimus per-
secutor haeresium" ben 3Rann ertennen (äffen, toeltpen $iu«IX. jum Zeitigen ber 3-
10 gemalt fyat, nad&bem fd&on bie foanijd&en #errfcber feit ^erbinanb bie Beatifilation eifrig
erftrebt unb 1664 erlangt Ratten (nähere« über Slrbue« bei DöUinaer a. a. D. ©. 341—
356). 9Rit feiner ßanonifation am 29. Suni 1867 ift ber feamföen Station unb 3n*
quifttion eine glänjenbe ©enugt^uung ju teil getoorben, tote e« beim in ber vorbereiten*
ben AHofution Dom 26. Sunt fytefj: „©« tyanbelt ftc$ tyier barum, gelben ber Äircfce
15 tyeiltg ju fored&en, Von benen Viele jur SSerteibigung be« apoftolifäen ©tuble«, jur Rettung
ber @Iauben«eintyeit gefämpft unb ben lob erlitten tyaben". — Diefe« Öftere ifl ja für
bie Kurie bie allein in SSetrad^t fommenbe 3*age. 2Birb fie bejabt, fo nimmt fie geringe
33er(cfyiebenfyeiten in ber Ausführung ober (Einrichtung mit in ben Kauf unb mufe au<$ bte
SSeranttoortung mit tragen — bei ber fpamfd&en ebensogut toie bei jeber anberen gorrn
20 ber ^nquifttion. AHerbing« unterfd&ieb futy ba« f^antjepe Sjnfütut in brei fünften tom
bem anber«too burc^gefütyrten päpftlictyen : in ber ftraffen Sentralifierung, fofern berSrofr
inquifitor bie ©ertd^tc unb ^nquifitoren im gangen fianbe in Abpängigleit Von fiA ^idt;
burefy ba« Seftefyen be« Gonfejo, fofern biefer f^öd^fte 9tat am #ofe alle« ttbertoaqte unb
in gehriffen gällen eine oberfte 3nPanJ bilbetc; enblicfc infofern, al« ber (Sinflufe be«
2b König« auf ba« Xribunal ein legaler toar unb mit großem ©fer getoafcrt ttntrbe. 2x0$=
bem tourbe ber Dberfyofyeit 9lom« über ba« Snftitut bo# Siedlung getragen, fofern ber
©rojjinquifitor gtoar vom Könige beftgniert, aber Vom Sßapfte ernannt bejto. itym bie Am
nafyme be« Amte« geftattet tourbe. Au« biefen 2tyatfactyen ergiebt ft$, ba| man in ber
Xfyat nur von einer „gemijd&ten" Drganifation reben fann. — AI« „ber größte unb
so furd&tlofcfte 9Hann ©ganten«", nämlicfy ber Karbinal Ximene« (f. b. 91.) an bie ©ßi$e ber
3- trat, ertoad&ten Hoffnungen auf eine minber befrotiföe #anb$abung — umfonfl Die
franifd&e 3j. W** futy ingtoifd^en auety für i^ren ©ejc^äft^jang unb tyre ©trafen befonbere
©runbfä^c ^erau«gebilbet, bie fit§ al« fe^r toirffam ertoiefen. Sinige« baVon ifl f^äter
burefy ©iovannt ^Jtetro ßaraffa ($aj)ft $aul IV.) in bie ?ßraj:i« ber rönüf$en Q. hinüber
35 genommen toorben.
Die furchtbare ©etoalt unb ba« rüdfi$t«lofe SSorge^en, hjelc^e« gerate ber ft>amf$en
3- eignete, braute e« mit ftd^, bag, um ftc$ felber gu fd^ü^en, Staufenbe auc^ au« ben
beften Jtreifen, ftc^ al« familiären etnfe^reiben Heften. @« genügte )ur annähme ber
9?a$toei« ber casa limpia, b. f). baft man Von c^riftltd^en @ltern abflammte unb nie
40 Vor ba« ©ericfyt gebogen toorben toar. Da« $au$ ber $., in tocld^e« ber Denumierte
citiert ref}). geführt ivurbe, ^ie| casa santa. Dort tourbe er in ein bunKe« ©elak ge»
fperrt ; man fd?or i^m ba« 6aupt, nafym in^toifc^en ein genaue« SSerjeic^ni« befonber« feiner
SJüd^er auf, belegte in ber Siegel fofort fein Eigentum mit Sefdjlag — feiten, baß auc$
nur bie Angehörigen e« tagten, für ben fo fd&on ©eäd^teten einjutreten. Srfc^ten er
46 nid&t, fo tourbe er junäcfyft mit Konfi«fation be« Vermögen« beftraft, ber $roj^ ging
tro^bem feinen Sauf — ba^cr fo Viele in effigie Verbrannt n>urben. Die „mitbe Straft4*
be« fragen« be« ©anbenito tarn bod^ and) ber Ächtung gleid^. Segte jemanb, otyne ben
lermin einzuhalten, ba« ©traffleib ab, fo galt er al« ÄücffäHiger — ba hna tym ber
^euertob fidler, aud) toenn er ftc^ „reuig" jeigte. Die Vielvem>enbete SCortur (examen
60 rigorosum) be^uf« (Srpreffung Von ©eftänbniffen, befonber« aueb von Flamen ber „9DK4*
fd^ulbigen" tourbe in ä^nlic^er SBeifc ioie nac^ ber allgemeinen Drbnung in Verfc^tebenen
©raben Vollzogen unb beftanb meift im getoaltfamen $erren ober ©treden ber ©lieber
Vermittel« einer burd; einen §ebel angebogene SBede. Die „Autos de Fhu ftnb in
Spanten ju pompöfen Kunbgebungen, an benen fogar bie^errfc^er teilnahmen, au«gepattet
63 loorben.
SBenn toir un« begüglid; ber Angaben über bie $a^l ber 0))fer im allgemeinen auf
Slorente angetoiefen fe^en, fo [\n\> aOerbtng« beffen Angaben gegnerif$erfeit« al« unrichtig
in Anfprucfy genommen ioorben. ©o bejüglic^ ber unter 3torquemaba SBerurteilten. Sfter
au^ be« ^nquifitor« ^}aramo De orig. etc. (f. o.) ©. 140 ge&t ^erbor: ba| in Vierjig
«o Sauren (1180—1520) in ©eViHa 1000 Verbrannt unb über 30000 „8u|fcrtige" Ji
Snqntfttion 163
betriebenen ©trafen be« Äerler«, ber ©aleeren unb bcr öffentlichen 83u{$e verurteilt
tmaben. S)a nun bie (Snthrid&enen al« „§artnädfige" Verurteilt tourben, bamit ifyr 35er*
mögen ber lömgltc^en Äaffe aufltefje, fo ftieg bie ga&l ber ©traf urteile auf 100000, toie
au$ 3ur*ta angtebt. 8fa<$ Die S^jatjad&e verfcfytoeigt ?ßaramo nid&t, ba{$ in Slnbaluften
allein über 4000 9Bo&n$aufer infolge gluckt Vor ber 3. leer geftanben. $n bem bur$ 0
fein ©nabenbilb berühmten ©uabelupe Von ettoa 3000 ßintoobnern tourben im Satyre
1485, toie ^Jaramo au« ben Driginatyrotof ollen mitteilt, fteben Autos de Fb Von jtoei
^nquifttoren gehalten, in toeld&en 53 ?ßerfonen bem ©Weiterlaufen übergeben, 46 Seicfyname
ausgegraben unb nebft 25 Silbern ©nttoid&ener Verbrannt, 16 gu ctoigem fterfer be*
gnabigt, unjä^lige anbere auf bie ©aleeren getieft ober gum fragen Von ©anbenito« 10
(gelbe mit roten Äreujen gezeichnete ärmellofe Slödfe) Verurteilt tourben (3)öQinger a. a. O.
6. 338 f.). .©0 ergeben fiep and) obne filorente« beftrittene angaben, toie biefe« Seifoiel
jagt, reicht erfcblicfc gaffen ber Opfer.
3nbem toir bejüglicfc ber fpäteren SBtrffamteit ber 3- in ©Manien auf äbfd&n. III ver*
toeifen, mag fyter nod) ein 33lidt auf Portugal geworfen toerben. ©emäfc einer 93uUe 15
Sregor« XI. Vom 17. Januar 1376 toaren bamal« nodj leine Sjnquifttorcn in btefem
ganbe, alfo lebiglicfc bie bif$öfH$e 3. t^ätig; e« tourbe nun ein folcfyer eingejefct, aber
fem feiner unb fetner 9la$folger SBirffamleit ift nid&t« belannt. $)a« Seityicl be« fpa*
mföen 9fct$bar!anbe« veranlagte 2)on Manuel, ju Anfang be« 16. 3afyrj)unbert« eine
<fynfi$e @inri$tung ju erftreben toie bort, junädpft um bie au« Spanten fyctmltd) ge- 20
formen 3uben ju ergreifen. Aber erft 1531 unter feinem «Sohne ift bie (Einrichtung in«
Beben getreten.
III. S)ie 3nquifition al« SBaffe ber ©egenreformation feit 1542.
SioVanni Sßietro Saraffa tyatte in Spanien, al« 9tat unb SJijefaplan am §ofe gerbinanb«
be* Äatboliföen, bie bortige 3. genau tennen gelernt. 911« er ba« £anb nad) bem lobe 25
bc*ftönig$ Verlief, nahm er einen tiefen ©inbrudt Von biefem ^nftitute al« einem SBerfgeuge
jur SRegeneration ber lat^oltfc^en flirre mit. ©0 fyat er benn nad) Sjafyren, a^ ^ fä
oder $aul III. in 9tom barum fyanbelte, bie energtfd&e SReattion im ©egenjafce gum
$n>tcflantt«mu« in« ÜBerf ju fefcen unb pnäd&ft reine Ziatyx im eigenen Äaufe gu madpen,
eine SReorganifation ber 3. Veranlagt, bte bem alten ni$t mefyr träftigen päpftlictyen 90
taftitute ein gut leil be« foanifd&en ©eifte« unb einige feiner formen gufüfyrtc. 3)er
xarbtnal Surgo«, %xcü) %nan be $olebo, mit bem Garaffa fcfyon Vor bem Aufenthalte in
Spanien SSegietyungen gesoffen Ijatte, trat mit ifym an bie ©pifce be« burefy bie Sülle
„Licet ab initio" am 21. $uK 1542 gegrünbeten neuen ©ant Officio in SRom. 6«
toar nic^t leicht getvefen, ber Partei ber unbebingten Stealtion an ber Jturie ba« Über- 85
Qcfetyt über bie ber Xran«igenten ju Verfc^affen — aber ber @rlafj ber Sülle bilbete ba«
©egcC auf ben ©ieg unb bejeid&net bie SBenbe mr bemühten mit allen Straften geführten
Ikgairefonnation (Vgl. m.9luff4 „®io. $. ßaraffa :c. in %px%1) IV unbb. 21. $aul IV).
Um nun bie 3. )u einem geeigneten SBertjeuge baju ju geftalten, gab i^r Garaffa bie
faitralifation, toelc^e in Spanien ben burc^fd^lagenben @rfolg garantiert fyattc. „%n 40
9m" fo fyattt er e« $aul III. t>lauftbel gemalt, „ift ba« fyodrfk Se^ramt für ben
Stauben — ^ier mu^ au$ ba« ^fte Tribunal bleiben fein", ©obann gab er i^r bie
Artung, bun^ toeld^e fte ein ©c^redten and) ber $5c^ftfte^enben geftorben n>ar: „!eine
Sitffk^t barf auf bie Stellung ber 33erbädE?itgen genommen toerben — gerabe bie §od)=
^cnben foH bie 3- ftrafen, benn baVon ^ängt ba« $cil and) ber anbern ab". 9lu$ ber 45
3. $aragra))^ ber Sutte ift offenbar nac^ f panifd^em STOufter gearbeitet : er erteilt ben
3»qmfttoren Sollmac^t, Vorjuge^en „gegen ade, toeld^e ben Steuern Oefyilfltd; fmb mit 9lat
*cr TfyA, ober in irgenb einer ärt für fte eintreten, o^ne 3uX^unÖ ^ befte^enben
w) ©erriete felbft in 3ngeleaen^eiten, »oeld^e Vor beren Xribunal gehören, bie
t igen eui)ufertern, abzuurteilen unb i^re Sefifetümer einju^ie^en". 3n biejer 60
tfation, jotoie in ber ©c^nelligfeit unb Unmittelbarfeit be« Serfa^rcn« lag bie
«naiirie fftr eine erfolfareidjie 2#ätigfeit ber mmn 3. im Dienfte ber ©egenreformation —
fe tourbe fte in ber X^at „ein gegen alle ©ebilbeten gejüdter 3)otd^"f h>te Slonio ^aleario
w genannt fjot.
Caraffa tyit bem Snflituie feine gange Äraft, ben SReft feine« 2eben«, getoei^t. ^r 56
A dmrkfctungen, beren fte in 9lom unb im Rird^enftaat beburfte, trug er gunäc^ft ©orge.
Sann tourbe fte m gan) Valien reorganiftert unb brausen ber SSerfuc^ bagu gemalt.
9m* ^auptfd^lag ^atte Garaffa, a(« bie ^ulle erlaffen h>urbe, jebon im ©inne — bie
Jhdabung be« Hatominergeneral« Sernarbino Od^ino (f. b. 91.). SBa« er irgenb tfyun
um ben ©eift ju pflegen, ber in ber @inri$tung jum äu«brucf fam, unterließ eo
11*
164 ^uquifttion
er nid&t. 3n *>cn DonncrStagSftfcungen ber Äongrepation ber 3- tyd er als Äarbinal
unb bann als ^Japft nie gefehlt. 3n feinem SobeSiatyre, 1559, Verfügte er: Sitte toelt*
liefen dürften ober 93tfd&öfe gefyen, fobalb fie in §ärejte ober ©djjiSma Verfallen, eoipso
tbrer Sßürbe unb fiänbcr fcerluftig ; bereuen unb totberrufen fte, fo toirb ber Sßapft biefe
6 Äaifcr ober Jtönige ober Sifcfyöfe aus Sarmfyerjigfeit )u lebenslänglicher Sufcc „mit bem
33rote beS ©d&merjeS unb bem Söaffer ber Sraurigfett" in ein Ätofiter ftetfen. @inem
fyäretifd& geworbenen gürften barf lein Dienft ber 2Renfc$lic$Ieit metyr geleiftet toerben
(omni humanitatis officio destitui debeant). Unb in einer onbern Sülle berorbnete
er: toer in getoiffen 2lrtifeln (Xrinttät, ^nfarnation, SJirgtnität SRariaS aud) nad) ber
10 ©eburt 3efu) tefcerifd^ geglaubt fyabt, ber foll berbrannt toerben, felbft toenn er SReue jagt
unb flum SBtberruf bereit ift (Die Süllen bei ßfymericty, Direftoriüm, Senebtg 1605 m
ber Sötwenbij p. 122).
DaS Tribunal, alfo neu organifiert unb auSgerüftet, begann fofort feine 2Sir!famfeit
in Stom unb erftretfte biefelbe balb über ganj Italien (Dgl. b. SL 3taKen, SReformat.
16 93etoeg. in), toobei bie Keinen §errn bem Don 9(om ausgeübten Drude mefyr ober toeniger
toillig nachgaben. 3n Senebig toar ber Senat nid&t geneigt, bie alte Stellung jur 3. ju
fcerlaffen; toä^renb bie Sluntien jebeSmal mit ber Oberleitung römifc^erfeitS betraut tour*
ben, tyielt man an ber Seigabe ber Tre savii suir eresia feft, behielt ju$ in jebem gatte
bie (Sntfd&eibung, ob bie ftobeSftrafe fcoHgogen Werben folle, bor unb bolljog fte bann ntc^t
2obur$ Verbrennen, fonbern naety toenettanifcfyer 9lrt: jtoei ©onbeln fahren tidym einanber
in bie Sagunen, ba$toifd&en ein übergelegtes Srctt, auf bem ber Delinquent gefeffelt fifct,
auf ein ßad&a* rubert man in entgegengefefcter Stiftung, fo bafe baS Srett toerfinb unb
mit tym baS Opfer. 2lnbere Opfer ^ält bie SRejJublif im Äerfer tro$ ber verlangten
Rötung; fyier unb ba, obtoofyl feiten, fü< fte ftety auety einmal jur Auslieferung nad}
26^Hom veranlagt. Da bie Sitten beS Sant' Uffizio in SBenebig öerbliebat, fo tonn man
im bortigen 2Xrd^it> fyeutjutage genaue Sluffdfjlüffe über baS Sorgten ber 3- finben, unb
jtoar finben ftety ^rojefealtcn Dom 3atyre 1541 ab bis 1794. DaS 16. 3a^unbcrt toeifi
auf: 803 ?ßrojeffe toegen „Luteranismo" unb Segünftigung öon Sutyeranern, 5 toegen
„Calvinismo" , 35 toegen SBiebertäuf erei , 43 toegen „Judaismo" (Südfall )um
ao Subentum), 65 toegen ftlucfyen unb läfterlicfyer Sieben, 148 toegen SefteeS unb Serbret;
tung bon fefcerifd&en Sudlern, 199 toegen 5JKifcbraud& ber getoeibten $oftie ju 3auberei
ober 3öa^rfagen, 22 loegen fallen S^Ö11^ öor ^em 3n(1uM^M>wSgeric^t, 45 toegen
Verachtung ber Religion, 27 toegen !öruc$ ber gaftengebote, 23 toegen ©ittenlofigRit,
20 toegen ÄonfubinateS (gegen ©eiftlid^e), ügl. ßecc^ettt a. a. D. II, ©. 5 ff. ©anj be*
86 beutenb üerminbern fiefy burd^toeg biefe 3°^ *m 17. 3<*^$unbert: „Luteranismo"
toeift ba blofe 125, bagegen „Calvinismo" 46 gölle auf; 3Biebertäuferet 4; „Jn-
daismo" 34 ; „Maomedanismo" 68, gludfjen unb ©d^toören 146 ; Verbotene ©$riftai 59
u. f. to. Dagegen fommt 3au^,CTei unb XeufelSbefd^toörung fe^r in ©c^toung mit 695
unb 9D?iftbraucfy ber Seilte jur 3Serfü^rung mit 78 fällen. 3m 18- S^W^nbert ftnfen alle
40 biefe 3a^en# baSSBirfcn ber 3- toirb läffiger, bis eS 1794 fein (Snbe finbet tomSfraupU
jtoeef, ber ebangelif$en Setoegung in ber ©tabt unb im Dominium ein ©nbe ju madj^n,
hatte man fc^on in ben fec^jiger 3^ren beS 16. 3>afyrI)unberiS erreicht (t>gl. m. ©ef^u^te
ber Steformation in SSenebig, §alle 1887 ; 6omba, I nostri Protestant II [girenje
1897J). — 3njta>tfc^eit tyatu bie 3- i^c ibätigfeit and) in ben übrigen Seilen bcr£al&
45 infel burc^gefü^rt. 3n 9)tailanb toar eS gelungen, ein Iribunal ju errieten ; in $temont
toirften gelegentlich 3ntlu^orcn ; *n ^cn f leinen §errfd^aften ber @fte unb ber ©onjaga
tarn man bat SBünjc^m 9iomS nad^; in Bologna fc^te bie 5turie fofort ein Tribunal
ein. DaS römifd^e Sentralinftitut übertoac^te baS i^orge^en ber übrigen. 3n 9?«*d
(t>gl. Slmabile a.a.O. I) tourbe ein fd^on 1510 an bem einmütigen S&iberftanbe atter
60 Älaffcn ber Seüölferung gcfcfyeiterter iserfuc^, bie f^anifc^e 3- einzuführen, 1547 in ber
mobifijierten gorm, toelc^c nunmehr baS römifc^e 3nf*üut bot, toicDer^olt (bgl. beS Stefe*
renten „3U^ ©onjaga", §alle [1900J, ©. 80 ff.). 3toar flelang auefc bieSmal bie 6in«
^flan^ung nid>t, aber biejturie fe^te burc^, ba^ bie 3?erbäd^tigen auS bem 9ieapolttamf$en
nun ju Schiff nad^ 9tom gefd^idt unb abgeurteilt tourben — biefer energifc^en änftjan*
66 nung ber 3lftton üerbanfte Die reformatortföe 93etoegung im ©üben ber £albinfel 'üjpt
Vernichtung. @in fc^auerlid^eS ©ebäd^tnis bat fid) unabhängig bak>on bie 3- inCSalabrien
buxd) baS §infctyla$ten ber 3Ualbenfer in Galabrien (f. b. 31. SBalbenfer) gegiftet 3n
©teilten toar fte eingerichtet unb toirfte ^ier nad) fpanifdi^em SRufter. Der 3Wittelpunft
für bie £f}ätigfeit ber 3. feit 1542 blieb aber in ber ©tabt Stom — öon i^ren bwt
eo abgehaltenen ©laubenSgeric^ten toiffen bie &enetianif$en unb anberat ©efanbten ber 3ett
3ttquifttiou 165
pi erzählen (fcgl. 3RutineHi, Storia arcana; 2llberi, Relazioni, passim). (Sin in
Dublin aufbetoabrtcS Sßrotofottbucfc bcr römifdjen 3. (bgl. oben) toeift )tmj$en bem
16. a>ejember 1564 unb bem 21. ©ebtember 1567 bie §afy bon 111 Urteilen auf, leite
auf Zobeeßrafe, teils auf etoigen Äerfer, tette auf fanonifd&e ^önitenzen lautenb — baS
Ic^te hn Sanbe ift ba$ gegen Garnefeccfyi (f. Stauen, 9tef. $eh>.) gefällte ftobeäurteil. 5
Da au$ bei bcr iefcigen ben ©tubien entgegenfommenben 93erh>altung beä batifanifetyen
Xr$ib3 bo<$ gerabe bie alten, toeld&e in ben 33ereidf> ber 3- gehörten, bon freier 93enutjung
«tfgefaloffen fmb, fo bleibt ben in ber tyiftoriföen Beitförift (9$ 85b V, ©. 249 ff.) be*
j$riebenen ©ubliner SBten ifyre einzigartige ©tellung unb Scbeutung. ©ie jeigen an
tyrem %c\U trofc i^rer Südfenfyaftigfeit, hrie ber ©egenref ormation in ber 3- ityc ftnrffamfteS 10
JBertjeug ertva^fen unb jebe reformatorifcfye Setoegung fcfyon in ben 80 er $,afyren beä
16. 3ah$unbert$ in Stallen bernid&tet fear.
3n Spanien braute bie ^Regierung Äarte L ein SBeitergefyen auf ber emgefdjla*
Sen Sa^n; unter feinem ©o&ne $&iIiM> IL aber follte eine jtoeite flaffifd&e $eriobe
bie SEBirffamfeit be$ Snfütuted eintreten. Site ©rofjinquifttor fungierte, bom Äönige 16
|*rfönlt$ begünfttgt, jtananbo SBalb&. Die SSerorbnung, bafc ben Denunzianten ein
Zeil bed fonfiöjierten SBermögenä zufallen Jolle, tourbe erneuert, ein Index libr. proh.
1551, bann ertoeitert 1554 $erauigegeben (fcgl. 9teufd&, 3nbe£ I, ©. 138 u. 199), ©üter*
<ai)te$ung, ja lobeäftrafe gegen alle behängt, toeld&e berbotene Sucher bruefen, laufen
ober lefen toürben. 3e$t Ioberten in bier großen Stutoä bie ©Weiterlaufen in ©ebilla 20
utb BaQabolib (1559 u. 1560) — bie ebangelifd&c Setoegung ftmrbe zertreten unter
Betätigung fclbenmütiger ©laubenStreue einzelner. Dann toanbte fiety bie 3v bier allere
bmgä ganz m gememften ©taatäintereffe, mtt nodj größerer 2But gegen bie ÜRortecoS,
** f • 3- w«nbat befe&rten äbfömmlinge ber SKauren. 3lte $tytlitt> Ju *** breifad&en
Verfolgung berfelben — einer firc^lic^en, bürgerlichen unb militärifqen — noc$ ate bierte 26
ba* Serbot ber 3Rutterforac$e fügte, braefc cm äufftanb au$, ber ja^IIofe Opfer ber 3.
jetrieb unb erft na$ bienig ^a^ren mit ber Vertreibung ber tiefte beä SBolfeS bie 9tu^e
- bed ®rabe* braute, »nbertyalb Sa^r^unberte, bon 1550—1700 ftanb bie 3. noef;
m Släte. ©eit ber SRitte be« 16. 3a$rtyunbert* fyatte fte eine auSerlefene ©cf)ar bon
Serteibtaern an ben 3efuiten. „Süden h>ir", fagt DöHinger a. a. D. ©. 379 ff., „auf bieao
folgen ber $., fo hxrr bie näcf)fte unb natürliche bie toeite Verbreitung ber Jieud&etei,
ca©c$etntoefen unb geremonientouft, ein Wetteifer im geräufcf)bollen ürd^licben 3Re^ani^
und oifrne jÄe ergniten^eit . . . Sitte fd&led&ten ©igenfd^aften be« f^nifc^en National*
(^aralterd, ^onungdlofe ®raufam!eit, Habgier, falfd^er ©tolz unb $od^en auf eingebilbete
Sonüge mit Serac^tuna unb $erna$!äfftgung ber toa^ren fokalen £ugenben, blinber 85
ÄiffaÜH^, 2uft gum SJaifftggang tourben bur<| bie 3- pflegt «nb toeiter gefteigert . . .
So lange bie ^ab£burgif$e Dtynaftte auf bem X^rone blieb, tonnte man mit Jenem
italiemfttyen ©taatömanne fagen: „ber eigentliche §err unb Äönig ber fpanijdjen Station
fei bieg/', ... unb felbfl unter bem erften Sourbon (1700—1746) fanben nod^ 782 3luto«
{btt, in benen 14 000 ^erfonen mit fd&toereren ober geringeren ©trafen belegt hmrben". 5Raj>os 40
\m& »ruber 3ofe>>& ^ob enblic^ 1808 fie auf — gerbinanb VII. ftellte pe bei ber SReftauraHon
1814 toteber tyx, aber bie 2But be« SSolte« er^ob fid) 1820 toieber pe unb zerftörte tyren 3Ka^
bnber Zoloft; 1834 ijt fie bann befinitib befeitigt loorben. $reilid& tourbe ©^anien — toa«
$cfäe tü^menb ^erbor^ebt — bur^ fie bon ßefcereien gefäubert, aber bie ©rabeärufye auf
tau religtöfen ©ebiete loar ein Danaergefd^enl, ba« bemfianbe teuer zu fte^en gefommen ift. 46
San ben fübeuro>)äifc^en Sänbern ift Portugal ba^jenige, in toelcfyem bie 3- na^
6»xmien am längften beftanben ^at, h>enn auefy in toeit geringerem 5Ka6e, benn bort ate
Safyeug ber ©egenreformation. ©ie richtete fic^ t)orne^mlic^ gegen bie ^uben unb
hüe $r Sentrum in Siffabon. 9lac^bem fte toetyrenb ber f^anifd^cn Cber^errfd^aft ^eftig
SäDätet, traten mit ber Sfyronbefteigung ^o^ann« IX. (1646) beffere Reiten ein, tomn 60
näf bei bem SBiberftanbe bed ^lerud unb ber ^efuiten ber itönig ntdSt bermod^te fte
<mfpi^eben. ein entfieibenber ©c^ritt gegen fte erfolgte unter bem Hugen unb umftdfc
tigm Stegtmente 3ofe»>^ 1. burd^ $ombal, ber bie ^efuiten berjagte (f. b. 21. 93b VIII,
6.772,42) unb bie 3. fotoeit befc^ränfte, bafe fte gemiffe formen be« S5erfal;ren^ berbeffern
ttb fein Urteil o^ne ©ene^migung bed föniglic^en Satc^ DoUjic^cn laffen burfte (bgl. 55
Lidminißtr. de Mr. Pombal, Slmfterb. 1789). %ud) bie äluto* berbot er. 9luc^ na$
fyfafii lobe unb ^Jombal^ ©turz lonnte ber neue ©eift mcfyt toieber erftieft toerben:
Storni VI. (1818—1826) $ob enblid^ bie 3. ganz ai*f unb 2ßieber^erftettung«berfuc^e
Hefen obne ©rfolg (na* 9leubeder, 21. 3. in b. 2. 2lufl.; bgl. ©d&äfer, ©efd^.b. Portugal
bef. III, 337ff., V, 10 ff.). «0
166 Snqtttftttott
3n ben Slieberlanben fyat bic 3- im 16. S^unbert inerfter 2inie aü 5Rhtd
bei ©egenreformation gebient. Slactybem föon ßarl V. bei feinem erjten 9efu$e, al« er
&um Söormfer 5Reit£«tage untertoeg« toar, fd&arfe ©bitte gegen bie lut&erifd&e ©atfce er-
laffen unb bann feinen SRat gfranj Dan ber #ulft nac^ ber fpanifd&en (Gepflogenheit jum
5 ©eneralinquifttor in »rüffel eingefefct fyattt (Plakkaat bom 29. aj>ril 1522 ; oDe« ge*
genauere bei be §oop;@c$effer a. a. 0. passim), bem bie ©totttyalterin 3ftorgoret$e in
Uebereinftimmung mit bem ^ojjfte 1525 brei fRac^f olger, auc$ für bie nörblicfym SJJro*
Dingen, gab, entfaltete bie 3. eine überaus emftge ifyätiafeit. auf tyren $ö$epunft flieg
btefelbe erft unter ^Uity) lf., erregte aber au<$ bie tiefjte Erbitterung unb in ben gtei*
10 tyeit«friegen ben tyeftigften SBtberftanb.
Um ben befonber« auf änttoerpen (bgl. SRulber, De Uitvoering etc. [1897]),
Srüfjel, Sötoen unb §erjogenbufd& im füblicgen Seile laftenben Sebrüdungen ein 6nbe
ju machen, bereinigten ftd) bief e ©täbte, um bie StbfteKung ber X $u forbern. Qljr SSor*
gefyen unb ifyre ^eftiafeit fanben Slactyafymung, unb fo bubete RA im gebruar 1566 ein
15 übrigen« meift au& Äatyoltfen beftefyenber 2lbel«bunb, toelcfcer eruärte, nid^tö toiber Staat
ober £m$e ju unternehmen, toofyl aber hriber bie Sjnquifttion pfammenjufclten. 3m
Sfyrtl fteQten 3—400 ber 33erbünbeten bor ber ©tattyalterm bte ftorberung auf beren
Slbfcfcaffung. SDte bamal« in 3tudftd^t gefteHte SRilberung lehnte tyl/dipp II. ab; ba ent*
faltete ftc$ bie 9SolI«h>ut in einer Atrien* unb Silberftürmerei, bie bon SRargaret^e an
20 ben @bangeKf$en fc^recflic^ geftraft hmrbe. 3l\m erfäien ber fierjog Don 8Hba 1567
unb ber 3Berjh>eiflung«faml>f begann. Sud beffen @ef<$ic$te fei fier nur erfeätyit, ba$
ber 5. 9lrt. be« bon ben ©üb- unb SRorbprobunen geföloffenen Vertrage« bon ©ent
(SDumont, Corps univ. diplom. V, 1 p. 278) alle ÜDtanbate unb ©bitte aufgehoben es*
närte, bte jur Verfolgung ber Äefcer erlaffen toaren. 3)ie SRorbprobtnaen errangen enb*
26 li$ tyre polttifd&e unb religiöfc, ©elbftftänbi(jfett — and) in ben füblicfcen berfötoanb bte
3. im 17. Sa^unbert. — Stynlicty hrie in ben SRteberlanben, fo ffat, tote neuerbmg«
na<$getoiefen (erft bur$ ^rebericq unb jtatylenbeef, bann 1897 bun$ f$reberi($«, De I. in
het Hertogdom Luxemburg), and) in bem ben §ab«burgern im 16. 3afy$unbert ge*
työrenben fiujemburg bie 3. fleifcig gearbeitet, befonber« 1560 unb in ben 3?*?ren, att
so Sllba feinen gufe auefy auf btefe« Äänbdjen fefcte. — 3luc$ in bie überfeeifd^en Senkungen
tourbe bie 3. bur$ ©panier unb Sßortugiefen gebraut — nac^i 9(mertta (bat Sca,
Chapters from the rel. history of Spain, Philadelphia 1890, passim) fohjo^l, too ftc
in 9Rej?ifo, anbererfeitö in Sima unbSraftlien befonbetö ioütete, al^auc^ nad^Cftinbten,
h>o fte in ©oa i^ren $au))tfu3 fanb. „SU* Dr. 33ud?anan feine /f Christian researches
86 in India" (Sonbon 1812) beröffentlid&te, beftanb baö Tribunal in ®oa no(^ — oft bie
@infü^rung einer Slrt bon fonftitutioneQem Regiment machte U)m fc^lieglk^, toenigften«
ber gorm nac^, in atten })ortugieftfc^en Äolontallänbern ein Snbe" (^offmann a. a. 0.
U, ©. 156).
2Benn bort unb anberäfto bie SReujcit bem ^nftitute bie Sßurjeln abgegraben bat,
40 fo fyat boä) 9iom burc^aud nid^t auf ba^felbe berjicbtet unb fyalt ben SBunfd^ unb bie Ab*
[\d)t \)0<fy, bei günfttger ©elegen^eit ber i^eorie auc^ bie ^ßragiä toieber folgen gu laffen.
6^ ift bod; etn>a^ metjx ati ein blo^ ©d^auf))iel, toenn man Slrbued im ^a^ct
1867 fanonifiert fyat — bamtt foQte in erfter fiinie bem SInbenten ber fj>anifc^ax 3«
al^ fold&er im ©egenfaft in i^rer iserabfe^euung burt^ ben ©eift ber neuen gelten eine
46 glänjenbe ©enugtfyuung ju teil toerben. 3lHerbing« „temporum ratione habita"
mufe ba« ©eric^t borberbanb quied)tert fein — aber nod& im §ofyxt 1869 tyd Siud IX.
burd^ bte Äonftitutton „Apostolicae" jebc Beeinträchtigung ber 3.'®eri$t3barteit unter
©träfe geftettt (§infd^iuö V, ©. 710): h>er bic ^nquifttoren, bie Denuiuianten, 3^8^
unb Diener ber 3. berieft ober bebrotyt, toer ©c^riftftüdEc ber 3. fortfdfrletyt ober bei»
60 nietet, ift eo ipso ber ßjtommunifatton berfatten. Dtefer Äonftitutton ift aQerbtn^
binnen ftalpSfrift ber Untergang be« Äird&enftaateS, in bem bie Äurie allein iux$ em
9>.s©eri^t in ber alten SBetfe aufregt erhalten fonnte, gefolgt. 2)amit ftunte ba« Snßta*
in 9iom felbft jum brittenmalc, nad;bem e« \d)on 1809 burd; bie franjöfiUbe OSutMtton
aufgehoben, bann bei ber 9leftauration lieber ^ergeftettt unb burc^ bie Stebolution be«
66 3a$rc« 1848/49 aberma(« befetttgt n>orbcn toar. Sefc^retbungen über Sofale, Sinrk^
hingen, 3Jorae^en, ©trafen u. f. U). ber römifd^cn 3. in ber 9Ritte be« 19. Sabrtunbertl
gtebt Suigi ©efaneti« (Roma papale, 2. ed. Firenze 1871, ©.293 ff.; 28 ff.; 416X
ber ^e^n ^afyre lang felbft al« „Oualififator", b. fy. t^eologtfd^er Sleferent bem ^nfütute
gebleut hatte. Sei ber Kurie aber beftebt bte Gongregatio Sanctae Romanae et
oo Universalis Inquisitionis nad) toie bor unb jtoar al« befonbere 3lu«jet(^nung unter
^wqnifttiow 3ftifdjrifteti 107
ban Sorfifce bed Sßapfted aU bie borne^mfte bon allen Äarbinaldfongregationen, unb Don
ben Seftimtnungen jener Steige Don köpften, totfyt bad Qnftitut im Saufe bec ga^r*
fcunberte gepflegt unb ju „toelterrettenber SBirffamteit" gebraut fyaben, ift feine einzige
tmbenufen, leine einzige ald bem ©elfte bed (S&riftentumd jutoiber jemald erflärt
towrben. ftenratf}. 5
3»fdjrifteii, d&riftlic$e. — ßttteratur. (Sin fcanbbud) ber cfcriftl. gnfdjriftenhmbe
jteljt nod) aud. Sin foldjed iotrb audj feine Aufgabe in befrtebigenber ©eife ju löfen erft im
Stanbe fein, roenn bad infc&riftlic&e Watertal in größerer SBoOftftnbtgfeit üorliegt Snbeffen
feljlt cd nidjt an toertoollen Vorarbeiten, namentlich toon beSRoffi, Seölant unb pübner (Xitel
j. u.). für bad djrijil. Altertum. 9luf bie gorfcfyungen ber beiben erften ©eleljrten ftüfeen ftd^ in ber 10
frutpffadje SRartignt), Dictionnaire des antiquit£s chr&iennes. Nouv. 4d., 1877, p. 357 sqq.;
5. X. £rau3, Borna sotteranea, 2. Stuft., ©. 43t ff.; 2) er f., 9tcal«(5nct)f(opäbre ber djrift-
iidjni *ütcrt5ümer, 2.®b. ©.39 ff.; 8. ©d)ulfre, $ie tfatafontben, ©. 233 ff. SBenn Sbntonb
2t „fHant, Manuel d'Epigraphie cWtienne d'apres les marbres de la Gaule, 1869, unb
I/Epigraphie chr&ieniie en Gaule et dans TAfrique Romaine, 1890, junädjft nur ©aflien 15
bctanbelt, fo aefy er bodj aud) häufig auf bie übrigen Sauber ein. Söefonbere $3ead)tung
oerbtent bie ©ibliograpfjic ber ©pigrap&il, bie biefen beiben Werfen beigegeben ift. — gür bad
IRÄ lommt unter ben $eutfdjen nodj am meiften in $etradjt #. Otte, #anbbud) ber firdjl.
ftnnft «rc&Äologie bed beutföen Mittelalter^ 1\ 6. 395 ff.
Gfciftftd^e gnjcfcriften ftnb nic$t4ttterartfc$e gtyriftantoenbungen, bie bon Sänften 20
fcgefteOt ober Veranlaßt ftnb unb jugleic^ in 33ejie|ung jur d^riftlid^en Religion ftetyen.
$ txm biefen beiben ftemt)ei$en bad erfte o^ne toeitered berftänblic^, fo hrirb gut @r*
Imrteruna bed jtoeiten bemerft, bafc Sejie&ungen bon ^nfc^riften jum (Sgrtftentum erfe^en
toaben tonnen aud entfpre$enben 2ludfagen tyred Iqrted unb, fco folct)e feblen, aud ben
Scgcnßanben, mit benen jie jufammengd&ören, &. 33. cfyriftlic^en Silbern, Embolen, 3"$en' 25
ober aud ben Örtli^Ieiten, für bie fte angefertigt ftnb, fo &ir$en unb ßird^öfen. Anleitung
l>r Sammlung, jum Sefen unb abtreiben, ntr Jtritit unb ßermeneutif, foiotc ntr hnffen*
KWtlufcn öertoertung u. bgl. biefer 3njd&riften giebt bie <$riftlic$e ©ingra^if, bie audfr
fa bte Reit bed Slltertumd neben ber ifyr näcr;ft fcertoanbten grieä)tf<$en unb römifäen
ifce Sewfrfianbigteit behauptet, tote ettoa bie ©efd&td&te ber cgriftlic^en Sitteratur neben so
bajenigen ber antilen. %üx bie @pigra))^il fontmen in 93etrad^t 1. bie ^nföriften im
rn ©tun, b. f). bie Stuffd^nften, bie auf SRaterial ber berfd^iebenften mt, namentlich
faltbareres, tote Stein, iDtttaü, %f)on, (Slfenbein, $ol} u. bgl., eingemeißelt, eins
«f^nitten, eingesägt, etngerifet, aufgemalt u. f. h>., bie ^erxunft ober ben ftfttd eined
Öegenpanbed bartfan fotten. meinen )u biefer ftfaffe an (ic^> auc^ bie Slufföriften auf ben 35
Röitjen, fo f$eiben fte boc^ aud bem 33ereicr) ber ^nf(^riften!unbe aud, ba fte bon ber
Änmdmatif ht Snfpruc^ genommen toerben. 2. Die 3>nf$rtften im toettern Sinn, b. ff.
bte Urtunben, bie, toeil fte ein aEgemeinered ^ntereffe beanspruchen unb me^r ali bem
Ät^enbtkf bienen tuollen, auf bauerfafted Material, gert>ör;nltcr> Stein unb ^etaQ, ge=
{(^rieben ftnb. 40
Die c^riftlic^e &p\#tapfyt, eine nod^ junge Didgiplin, fyat btd^er i^r ^auptintereffe
ba 3ett ber alten Ärrd^e geioibmet, toä^renb t>on i^r bad Mittelalter ioentg unb noc^
tomiger bte 92eu^eit berüchtigt toorben ftnb. Siefe auf ben erften ©lief auffällige @r*
t^amjng ftnbet t^re Srflärung nic^t bloß in ber aud) fonft bemerkbaren Vorliebe ber ge-
t4i4tß4fen unb ar^äologifc^en gorfd^ung für bie Urzeiten, fonbern fauptfäd^Iid^ in ber 45
teftaffenfteit ber Snfäriften felbft. 2öeil ber ©egentoart ferner gerücft ald bie mittel
aüedk^en unb neuzeitlichen, erfc^ließen ftc^ bie altd^rtftlia^en ^nfd^rtften bem 3$erftänbnid
b<t geferd unb Sorfc^erd fd^toerer ald jene, etfyetfcfyen barum aber größere Sortenntniffe
Mb cniae^enbere Stubien. Slufeerbem ift bie ftofflic^e äludbeute, bte bie infct)rtftltcr)en
Smbnaler au& ber 3** ^tx alten Ätrc^e gewinnen laffen, eine berfaltntdmä^ig größere 50
di btejffttge, bte eine Sefcfaftigung mit ben Röteren ermöglicht, ^freilief? ift ed bie 9luf-
pfe ber SBtffenfcfaft, nic^t in erfter Sinie mit bem ßrfofg i^rer X^ätigleit m rennen,
Mb Uon barum totrb fte auf bie Dauer ber Sammlung unb rrittfd^en Bearbeitung ber
"^ ''tdidytn unb toemgflend eined leild ber neujeitltd&en ^njd^riften ftd^ ntd^t ent^te^en
£etyaft gu tvünfc^en toäre ed, baft für Deutfct)lanb ettoa bte Monumenta Ger- 66
bolb eine fofc&e Arbeit in Angriff nehmen möchten. Sinb boc^ bte ^nfc^riften
yjdfrfrtiicfre Urtunben erften Stangd. Sürbe aber eine Sammlung ber genannten Dent
■Her no^ längere Seit J^ütaudgefcr/oben toerben, fo toäre em^finbltc^er Schaben bie
falyt, ba biefe ja befanntli$ abftd^tlic^er unb unabftd^tlic^er 3'erftörung forttoä^renb au&
rteftfittb. 60
168 3ttf4riften
2>ie folgenbe ©arfteüung mufj fxc^ nac$ bem gegenwärtigen ©tanb ber epigrat>$ifc$en
ftotföung rieten. SMefer ermöglicht e$ nur, bie altc$riftltd&e 3* genauer ju befanbeln.
greilicfc fe^lt e$ auc$ $er niety an Süden. 5)enn für bie Snfcfcriften, bie nic&t arie^tjd^
ober lateinifö abgefafct finb, ift faft no# ntc^tö geföe&en. Snbeffen felbji für bie grie*
6 d&ifcfcen unb lateinifd&en gilt e$ nod? manche nacfyjelaffene Aufgabe }u föfen, aufcer ber
Serbollftänbtgung beä Materials namentlich bie ^erftellung bon böllig juberläjfigen
bilblic&en SBiebergaben.
I. Sie ^nfc^riften auä bem c^rtftltctyen Altertum. 1. Sammlungen
Don ^nfc^riften unb @efc$id&te ber ß}>igrat>$il. Sitteratur: J. B. de Roesi,
10 Inscriptiones christianae Vrbis Romae Vol. I. p. VI* sqq. Vol. II. pars I. p. leqq.;
grerb. $iper, (Stnleüunfl in bie monumentale Geologie, @. 816 ff. ; Conventus II. de Ar-
chaeologia christiana Romae habendus, commentarius authenticus, 1890, ö.
9Son ben ©c^rtftfteDcrn beS d&riftltd&en SlltertumS toerben gtoar ab unb )u einzelne
Qnfc^riftcn angezogen, aber e$ ift jtoeifetyaft, ob in biefem Settalter eine einige ©amm*
15 lung Don 3"föriften entftanb. Senn für bie nachweisbar ältefte berartige Sßeranftaltung,
bon ber ein 33ruc$fiüd in bem fog. ^ergamen be$ ©caliger borliegt, mufe bte £eit 550—839
offen gehalten toerben. @inc Steige bon Ignfc^ftfammlungen lieferte bie !aroImgif$e
Slenatffance. an tyrer ©pifce ftetyt ein Codex Einsidlensis, beffen unbelannter Ur*
tyeber im 8. ober am Anfang beä 9. 3atyrfyunbert$ tyätig hxnr. SlllerbtngS toar bei ben
2omeiften tnfd&riftlidfren Unternehmungen biefer 3eit b<*3 Sammeln nic^t ©elbftjtoecf; tnel=
me&r tooUte man burc$ ßu^^^^Ö^ bon namentlich in SBerfen abgefaßten gnfc&rtften
■Biufter unb .§ilfämittel für neue Sßoeften barbieten. 3n biefen Sammlungen unb ben
meiften folgenben erföeinen mc^t^nftlic^c unb c^rtftlicfye ^njdfrriften neben emanber, ja
jene toerben fogar beborjugt.
25 3h)tfc^en ber Äarolingerjeit unb bem 14. galjr^unbert gefdba^ nur toenig für bie
(Sptgra^if, au$ bie d&riftlic&e. (Srft baS SBteberaufleben ber Hafftfcfcn Sitteratur förberte
aufs ntü^ ben Sammeleifer, gfür ba$ 14. Sabrfyunbert tommen $auptfä$(t$ in Sctautyt
Sola Sttemt unb ©iobanni Sonbi, an bie fiep anreihen im 14. unb 15. 3a$r$. ßrriaco
be^ijjicotii (Gtyriahiä bon Slncona), im 15. ^atyrfc. Jjfeltce geliciano, ©iobanni 3Rarc&
30 nuoba, !gü$anne$ gucunbuS unb $etru$ ©abtmtS. Siel neues infcfcriftüc$c3 SRaterial
tourbc im 16. y$atyf). entbeeft, ba$ meifte in ben feit 1578 bon Antonio SJopo toieber
erfd&loffenen Äatatomben ju 9tom. 3$on gorföem beS 16. 3jaW&. auf tyigraröitoem ®e*
biet nenne td& SllbuS SRanutiuS b. 3- unb SRartin ©metiu«, nebenbei 9Mcm$ü>m.
SJlad^t biefer aud& nid^t afe Gfyxpctipfym ©poebe, fo förberte er boc^ ba« 3ntereffe an ber
85 inf$riftli$en ©tubien burc^ fein ©eleitfd^reiben )u ben Inscriptiones sacrosanetae
vetustatis feiner $reunbe $eter 9tf ian unb 93art^o(omäud Slmantiu^ bie auc^ c^riftf. Sn«
fdbriften barbieten (1534). aKeland^t^on felbft fd&rieb al« ©tubent in ßetbelberg Snfc^riften
ab unb atö ?ßrofeffor in SBittenberg fammelte unb topierte er bie ©rabfe^riften ber SO»
fanier im bortigen ^ranjtölanerllofter. Sgl. £artfelber, Melanchthoniana Paedagogica
40©. 196; ©«er, ffitttenberg im 3R21. ©. 75.
SoS früher beröffentlid^te el>igrat>tyifd&e 9Raterial unb mittlertoeile neu aufgefundene*,
auc^ ^anbfc^riftltc^e«, bereinigten %an\tö ©ruter, ©caliger unb SJelfer in Inscriptiones
antiquae totius orbis Romani in corpus absolutissimnm redaetae, 1603, toorin
aber bie cbriftl. ^nfc^riften nic^t ganj ju i^rem SRe^te tarnen. Segnügte fid^ boc^ ©ruter,
45 nur ba$ bon neuen ßntbedungen in fem 2öerf aufzunehmen, fta* i^m bon greunbe^banb
gelegentlich mitgeteilt fturbe. 3Rd)x 6F)riftlicbe^ mürbe, nad) feinen noc^ bor^anbenen feor^
arbeiten ^u fd^lte^en, ©iobanni Satttfta 3)om feinen Inscriptiones antiquae einberleibt
$aben, mürbe ed i^m bergönnt getoefen fein, beren 3)rudlegung noc^ )u erleben. Selber liefen
bie Herausgeber feiner §tnterlaflenfd^aft, 2lntonio ?Vtance«co ©ori u. a., biele feiner $riH.s
so e})igraj)^tfd9en Rolleftaneen unberüdEfid^ttgt (1731). SOBie 2>oni, fo toar auc^ ber Solumbud
ber ÄataiEomben, SJofto, 1629 geftorben, o^nc feine gafylreic^en ard^äologifc^en unb qn*
grcü)^ifc^en ^unbe Veröffentlicht }u haben, ßum ©lücf fiel aber fem 9ia^la| in
beffere $änbe, erfc^ienen aU Roma sotteranea 1632, in (atemifc^er ttberfefcung cad
feiner gebet unb berjemgen $ao(o 3lrtng^tö 1651. Sine (Srgänjung bed ©rula'fc^en
55 ßor^u« lieferte ber Seipjtger Slr^t 2^oma^ SHeineftuS in feinem Syntagma inscriptio-
nura antiquarum, erfd^tenen 1682, toö^renb ^acque^ @^on, SRobiOon unb 3Kontfoucon
in t^rer $etmat unb me^r nod) auf großen Steifen au^er^alb granfretdf^ ibertboHe ßinjefc
betträge gur c^riftl. GpxQxfyfyt fammelten. (Sbe ba^ 17. 3a^. jur Müfke ging, erfc^ten
nod^ ein toettereä Gorpu^, Raphaelis Fabretti Inscriptionum antiquarum . . . ez-
60 plicati, 1699, neben ben ^nfcljriftcn feinet eigenen 2Rufeum$ anbere, namentlich foU&e
3nfrfjrtftett 169
Don SDoni gesammelte, barunter au$ ctyriftlid&e, barbietcnb, fotoie eine ©pcjialarbeit über bic
muftiri^djen ©entölte unb Snfd&riften, befonberS in 9lom, Stamptm, Vetera Monimenta,
in quibus praecipue musiva opera . . . illustrantur, 1690. 1699.
$ta3 18. 3afcV förberte bie rf>rtftl. (Spigra^il Weniger burcty grofc angelegte ©amm*
bmaen, tote bur$ S$eröffentli($ungen totaler SIrt unb burefy aWonograptyien. 3jn bie erfte 6
Jttafte gehört Ludov. Antonius Muratori, Novus thesaurus veterum inscrip-
tionum, 1739— 42, eine berungtüdftc arbeit, burefy bie leiber bie Verausgabe ber gene-
ralis collectio be3 fritifc^cn ©cu)io SJtaffei, mit SluSnafyme be$ Museum Vero-
nense, 1749, bereitet* tourbe. 3)er SSerf affer beä Veterum inscriptionum . . . novissi-
mas Thesaurus, Sebastianus Donatus, 1755, wu)m in fein 2Berf nur eine einzige 10
dniftL Sjnfc^rift auf. 2>ie jtoette fllaffe toirb bertreten $atu>tfäd&lid& burefy ttalieniföe @e*
lehrte, bic bie ^nfcfcriften einzelner Sßrobtnjcn ober ©täbte Verausgaben, fo %x. 3lnt. $ac*
caria, ber in feinen Excursus litterarii per Italiam unb Iter litterarium per Ita-
liam <md) bie ^nf^riften TlxtttU unb Oberitaliens berüdfftd&tigte, ©ori, ber für Sto^fana
fammette, 9KbauteKa unb SRicoftri, bie iurin, be Sita, ber ÜBenebent bebaute, u. f. to. 15
SertboQe Stenografien, in benen bie Ignfctyriften eine größere ober Heinere SRotte fielen,
lieferten Suonarruoti, Osservazioni sopra aleuni f rammen ti di vasi antichi etc.,
1716, SRarc' äntonio Solbettt, Osservazioni sopra i eimiteri . . . di Roma, 1729,
2upt, Epitaphium Severae martyris, 1734, 3oty. 5Rarangoni, Acta Sancti Victorini
fllustrata, 1740, © ori, Thesaurus veterum Diptychorum, 1759, Dberici, Dissert. in 20
tliquot ineditas veterum inscriptiones, 1765, u. f. tu.
din Stücfbluf auf bie etoigra^iföen Sefttebungen unb fieiftungen bon ber Äarolmger*
&an biö ht$ 18. §atyfy. berab läfit unfötoer erfennen, bafc bie cfyriftl. ^nföriften to«t
ar btejenigen au£ bem uafftfd&en Altertum jurüdtgeftellt tourben. !ga, man fann ft$
bed 6cnbrucfö nid&t entfd&lagen, bafs fte in ben meiften Sßcrfen nur als Sallaft mitgefürt 26
tourben, ^ebenfalls aber toarb in ber ganzen langen $eit fein GotyuS ber cfyriftl. 3ns
fünften im 3)ru<f beröffcntlic^t, toenn and) Anläufe baju gemalt tourben. 3)tefe um
«neigen Sei$ältniffe ättberten ft$ im 19. %af)tt). in erfreulicher Sßetfe. Die c^riftl.
§nfc$nften tourben nunmehr mit berfelben Sorgfalt unb @rünblu#feit gefammelt unb
beröffentlic^t tote bie antilen, ein Äortfc^ritt, ber namentlich ber ^mtiatibe äfoguft 33ikfy$ 90
mb I^eobor slRommfen$ ju banfen ift 2öeiter aber etftanb ben d&riftl. Snfdjriften in
duftaimt Sattifta be SRofft ifyc ÜJieifter, ber bie früher mcfyr ober toeniger btlettantifd&e
Sefc^äftiöung mit ben Snfd&riften jur 2>i$jU)lin ber d&riftltd&en Gpigra^^if ertyob. 60
barf berat mit gug unb 9tcd)t ba$ 19. ^a^. unb befonber« beffen jtoeite £älfte als
eme neue <Spo<$e für bie cfcriftl. ^nfctyriftenfunbe bejeic^net toerben. 86
9ta$bem ©aetano 3Rarim 1785 bie Iscrizioni antiche delle ville e de' palazzi
Albani unb 1795 Gli atti e monumenti de1 fratelli Arvali beröff entließt battt, 9BerIe,
bie gdc^rt unb tritifd^ genannt toerben bürfen, fa^ man mit groger Spannung ber 3)rucf-
leaung feiner grofeen Sammlung bon d^riftl. ?jnfc^riften, jefet in 31 $)änben ber battfani*
f($en Stbliot^a bereinigt, entgegen, allein er ftarb 1815, o|ne bie auf i^n gefegten §off- 40
mngen erfüllt px tydxn. (Srft&ngelo !Dlat gab 1831 einen ber 4 bon äRarini geplanten
Sfiribe in fetner Scriptorum veterum nova collectio, tom. V. $erau$, nad^bem er bad
Raratffript tetlä bernirjt, teild auö TOarint^ Aolleftaneen ertoeitert ^atte. 3Qtnn jebo^
ben ecffcenSanb nic^t auc^ bie toeiteren folgten, fo bebeutete bie^ feinen Schaben für bie
C|N0rnp^il Senn bon anbeten ©rünben abgefe^en — TOarint befugte beifpietötoeife md)t 45
bie Äatalomben mit i^ren ^nfe^riften unb benufete bie älteren ^anbfd^riftli^en ^nfc^riften^
||Eogen nur mit äuStoabl — jteigte er ftc^ be^|alb fd^on feiner Slufgabe nid^t getoad?fen,
tocS er für fem SBerl fad^li^e Stubrilen toäbltc, benen in ma^gebenben Streifen feit Wodtfö
faftreten enbgtttia ber 9(bf$ieb gegeben tourbe.
9Wtt ber gforberung geograp^ifc^er Slnorbnung ber 3inf(^riften, bie örilicfy 3ufammens w
irfflngß nu^t in disjeeta membra jenei^t, brachte Ööcfl; einen alten, aber längft Dcr=
jefjenen ©runbfa^ toieber jur ©eltung, jc^t freilief) für ein unberl?ältni3mäfjig grö^ere^ ©e-
Met aü früher, ©teilte er bod^ ber Serltner Slfabemie ber 3öiffenfc^aften bic riefige 3fof*
yd*, alle 0rie$if$en ^nfc^riften in einem Corpus Inscriptionum Graecarum (C I G)
a bereinigen, bie fobann teild er, teils anbere belehrte löften. 2Baö bie Stellung ber c^riftl. 66
yfifrrijten in biefem SBerte angebt, fo ftnb einzelne JJummern in ben brei erften Sänben
aueftaut, bad ^auptmaterial aber im 2. $eft bed d. Sanbtö ^ufammengeftedt, an beffen
fajang and} eine Überftyt ber in ben früheren Sänben gebrueften ^nf^riften mitgeteilt
iwb. ®er Herausgeber biete« ^Eeil« be« CIG, erfd&ienen 1859, ift älbolf Äircbl^off,
bec burc^ feine Stubien jur ©efd^ic^te beS griet^ifc^en ällf)^abetö, 1863 juerft veröffentlicht eo
170 3»frfjriftett
ft$ ben erften $la$ unter ben griec$ifc$en @l>igrat>&ifern erworben Ifal ^au^tjäc^li^
burety biefeä 28er!, Weiter aber burety ben mittlerweile erfolgten $utoa$3 an ^Material,
Würbe eine Neubearbeitung beä C I G beranlafit, an beffen ©ptfce jefct ba* Corpus
Inscriptionum Atticarum ftetyt, ba$ freiließ für bie cfcriftl. <&p\ffca$\l fo Wenig un*
5 mittelbar in 9etra$t lommt Vöte bie Inscriptiones Oraecae antiquissimae praeter
Atticas in Attica repertas, 1882, unb bie Inscriptiones Graeciae septentrionalis,
1892 ff. Dagegen finb au$ bie c$riftltd&en ^nfe^riften berücffu&tigt in ben Inscriptiones
Graecae Siciliae et Italiae additis Graecis Galliae, Hispaniae, Britanniae, Ger-
maniae inscriptionibus, ed. G. Kaibel, 1890; Inscriptiones Graecae insiüarum
10 maris Aegaei, fasc. I. III., ed. Frid. Hiller de Gaertringen, 1895. 1898. Steten
Äaibel unb filier biete !gnfc§riften bar, bie ftird^off no$ nic^t jugänglic^ froren, fo ift
feit 1859 and) an anberen Orten biel 9teue3 ni Jage gelommen, ba3 in StteifeWerfen unb
3eitfcfyriften fyau}>tfäd&lid& niebergelegt ifi 93on einer äfofjätylung aller biefer QmtfU
beröffentlid&ungen mufe natürlich an biefer ©teile abgefetyen Werben. 9(m meiften maefct
15 fi$ jur 3eit ber 9Jtongel einer fritiföen Bearbeitung ber c^riftL gnföriften @}rie$enlaitb*
im engern ©inn, namentlich ättifaS, fühlbar. 3)oc$ ift )u ^offen, bajj bie rührige ficole
frangaise d'Athöne (3. Saurent unb gr. ßumont) mit bem bon ifa galanten Corpus
Inscriptionum Graecarum christianarum balb biefe unb bie übrigen Süden aufe
füllen hrirb; bgl. Bulletin de Correspondance Heltenique XXII (1898) p. 410 sqq.
30 ©egenWörtig mufj für Sittila $aut>tfä$(i$ no<$ auf G. Satyet, De titulis Atticae chri-
stianis antiquissimis Commentatio historica et epigraphica, 1878, berWiefen
tu erben.
2Ba3 SöcftyS 9tame für bie gried&ifcfye CSpigrap^il bebeutet, ba3 unb nod) mebr ber
SHommfenS für bie römtfepe, ber &War ni#t atö erfter ben Oebanlen eine« Corpus In-
26 scriptionum Latinarum (C I L) anregte, ber aber für biefeä in feiner ate SRamtfhipt
gebrückten SDcnffd;rtft über $lan unb äuSfityrung eine« CIL (1847) bie Sttytlinicn
gab, felbft einen großen Seil ber gewaltigen arbeit leiftete unb ben anbern in bie
tanb bewährter ^reunbe unb ©c^üler legte. 3n biefem SticfenWerf fcaben auiäf bie
riftüc^en Snfc^riften tr/re ©teile, fei e$ bafc fte neben ben antiten erfcfceinen, fei cd
so baf? fte ju befonberen Sänben bereinigt futb. Sine SluSnatyme mac$t nur 9tom. 3m
einzelnen lommen }. g. flk ^e cr)riftl. (Spigrap^if in Setradjtf: Inscriptiones Hispa-
niae christianae. Ed. Aera. Hübner 1871. ©rgonjungen boju finb mitgeteilt in In-
scriptiones Britanniae Christ, (f. tyernaety). Inscriptiones Hispaniae christianaa
Supplementum. Ed. Aem. Hübner, 1900. Vol. III. Inscriptiones Asiae, pro-
86 vinciarum Europae Graecarum, Illyrici Latinae. Ed. Th. Mommsen, 1873.
Voluminis III. Supplementum. Ed. Mommsen, O. Hirschfeld, Alfr. Domaszewsky,
1889 ff. Vol. V. Inscriptiones Galliae cisalpinae Latinae. Ed. Th. Mommsen,
1872. 1877. Corporis Inscriptionum Latinarum supplementa Italica, ed. Pais,
1884. Inscriptiones Britanniae christianae. Ed Aem. Hübner, 1876. Vol. VIII.
40 Inscriptiones Africae Latinae. Coli. G. Wilmanns, 1881. Supplementum, Pars
I. II., ed. R. Cagnat et Johs. Schmidt, 1891. 1894. Vol. IX. Inscriptiones Ca-
labriae, Apuliae, Samnii, Sabinorum, Piceni Latinae. Ed. Th. Mommsen, 1883.
Vol. X. Inscriptiones Bruttiorum, Lucaniae, Campaniae, Siciliae, Sardiniae
Latinae. Ed. Th. Mommsen, 1883. Vol. XI. Inscriptiones Aemiliae, Etruriae,
46 Vmbriae Latinae. Ed. Eug. Bormann. Pars I. Inscriptiones Aemiliae et Etru-
riae comprehendens, 1888. Vol. XII. Inscriptiones Galliae Narbonensis La-
tinae. Ed. O. Hirschfeld, 1888. Vol. XIII. Inscriptiones trium Galliamm et
Germaniarum Latinae. Ed. O. Hirschfeld et Car. Zangemeister. Partie I.
fasciculus I. Inscriptiones Aquitaniae et Lugdunensis. Ed. O. Hirschfeld, 1899.
60 Vol. XIV. Inscriptiones Latii antiqui. Ed. Herrn. Dessau, 1887. Vol. XV. In-
scriptiones Vrbis Romae Latinae. Instrumentum domesticum. Ed. Henr. DreeseL
Pars L, 1891. Pars IL, fasc. L, 1899. — ©a naturgemäß ba« infc^rtftlu^e ^Material
infolge Don ^fälligen (SntbcdEungen unb anstellten 2lulgrabungen feit bem Srföetnen
ber einzelnen Sänbe beä CIL unb ifyrer Supplemente ßunafcme erfahren tyAf fo fttflen
65 biefc mcfyt ben gegenwärtigen Ignfdjriftenbeftanb bar. Slad&träge liefern namentlich bie
Ephemeris epigraphica, corporis inscriptionum supplementum. Vol. I sqq., feit
1872, Wetter aber bie epigrapfyifd&en, fyiftorifdjen u. bgl. ^citfe^riften, bie nic^t fjitx ebnete
aufgejagt werben tonnen. Skfonbere (SrWäfynung fcerbienen bie framöfifefcen, Weil in itaen
bie meiften @ntbecfungen be$ um bie cfyriftl. ädtertum^Wiffenfc^aft fo tKrbienten ^Jater
60 Selattre in Xuntö veröffentlicht fmb. Überbie^ muffen, fo lange ba« C I L ni$t fein«
3ttf4riftett 171
Äbf^lufe erlangt fyit, no$ anbere frühere Sammlungen benüfct toerben, bie mm Steil
toegen tyttr Setgaben, namentlich Kommentare unb SJbbilbungen, für immer aBert be*
falten toerben. £ier finb befonberä &u nennen bie alten ßotyora unb Sofalfammlungen
(f. oben), bie Sbbett beS größten <$rifU. ßfyigra^tferS jenfeitä ber SJogefen, ©bmonb SeSSlant,
Inscriptions chr&iennes de la Gaule, 1856. 1865; Nouveau Recueil des In- 6
scriptions chr&iennes de la Gaule, 1892; ferner 91. 3lQmer unb 91. be Eerrebaffe,
Inscriptions Antiques et du Moyen Age de Vienne en Dauphin^, 1875 f.;
%. 3L ÄrouS, 3>te cftiftl. Sjnfc&riften ber Styeinlanbe, 1890—1894.
gange befeor beStoffi am 22. Januar 1854 bon ber Serl. 9lfab. b. SBiff. bie efcren*
tooOe äufforberung erhielt, neben 3Rommfen unb $enjen in bie 9lrbeit für ba$ CIL ein- 10
jutreten — er toar bim ba an bte ju feinem %oi einer ber Bearbeiter unb Herausgeber
be* voL VI. Inscriptiones Vrbis Romae Latinae — fyattt er mit ben Vorbereitungen
ut einer Sammlung ber altc$riftli$en Snfd^riften 9tom3 begonnen, nämlicfc bereits 1842.
SDie %tud)t femer Sienenemfigtett unb (Genialität erfc^ien 1861 unb 1888, Inscriptiones
christianae Vrbis Romae septimo saeculo antiquiores, vol. I., voluminis II. 15
pars I. ©er erfte 9anb enthält bie batierten 3nförif*cn, baju eine SBorrebe, bie über
Ue früheren c^ftf .*e(>igra$if($en Unternehmungen tyanbelt unb ben $lan ber eigenen bar«
bgt, unb ausführliche Sßrolegomena, bie fyauj>tfä($lic$ bie altc^riftlic^e Chronologie gum
©egenftanb ^aben. 2>er erfte Seil be« 2. SanbeS bietet bar bie $anbf$riftli$en 3jn*
fynftmfammlungen Dom *ßergamen beS ©caliger (f. oben) an bis ju *ßetru3 ©abmuS 20
baob. 9Rit großem ©dSjarfftmt toerben tyier alle in Betraft lommenben ©tyllogen betyanbelt
imb iljre SEegjte in trittfc^ juberläfftger 2Betfe toiebergegeben. Unmittelbar ber cfyriftl. (Spu
gtatfa getoibmet ift and) II Museo epigraüco cristiano Pio-Lateranense, memoria
del Comm. Gio. Batt. de Rossi, im Triplice omaggiö alla Santitä di Papa Pio
IX, 1877. Starbt ftnb bie einzelnen Seile ber toon be Srcofft im Sateran gefd&affenen Sa- 35
tftargatcrie auf SU&tbrudtafeln toiebergegeben, begleitet toon ioertboUen Darlegungen über
We 3a^l ber altcbrifU. 3nf<$riften Stoma, über bie gerftörung unb gerftreuung berfelben,
ihr Dtufeen d?rifU. Ignfctyriften, über bie neue Sajnbargalerie im Sateran, über 9lnorbnung
ba 3nf<^riften u. f. to. 3a$lreic$e Seiträge jur d&riftl. SjugraJ^if enthalten ferner be Stoffe
La Roma Sotteranea Cristiana, tomo I— III, 1864—1877, bie Gemeierten ©. Sakao
fi|b unb ©enerofa umfaffenb, Bullettino di archeologia cristiana, feit 1863, unb
Mnsaici delle Chiese di Roma, 1872—1900, fotoie 9luffäfce in 3eitföriften u. bgl.
Boren bie Shifgoben, bie ft$ be 9tofft gefteSt, für ein Seben, and) für baS längfte unb
«beiöreic^fte, gu grofc, fo ift Sorge getragen, bafc bie bon tym in Angriff genommenen
Serie tfyren Fortgang nehmen. Die gfortfefcung ber Inscriptiones ift in bie $änbe 86
Jane* langjährigen greunbe* unb treu betoäfcten ÜJtitarbetter* ©uije^e ©atti gelegt, ber,
toie ber Unteqeufytete auf ©runb eigener 9lnf$auung bezeugen fann, nid;t nur in ber
Ketyobe bem SReifter folgen, fonbern auc$ beffen Vorarbeiten in t&rem ganzen Umfange
feädftytiaen toirb. S)ad Bullettino erhielt 1895 feinen 9lad&f olger in bem Nuovo
Bullettino di archeologia cristiana, anfangt herausgegeben t>on be dioffiö 93ruber unb 40
jxrfönlu^en €tfülern, 9Ri^ele Stefano be Slofft, ßnrico @tebenfon, Wariano 9lrme(lini unb
CtaiioSRaruafy, unb nad) bemXobe ber brei erftgenannten t)on ®. SonaDenia, tß.Groftarofa,
8. Oatä, 9L ftanfeler, 3. SBilpert unb SRarucc^l 2)ie gortfefcung ber Roma sotteranea,
Wädfit berat 4. 9onb, II Cimitero di Domitilla, tyabm SRarucc^i, 3Bil)>ert, ©atti, Gro*
popofa unb itanjler übernommen. @o ift benn gu ertoarten, bafe bie c^riftl. ^nfdjriften 45
&■* in abfe^barer 3eit fcoHftänbia borliegen toerben. 33tö ba^in ift man no$ auf bie
Acren Sammlungen unb neueren @ingelberöffent(i$ungen angeioiefen. Unter ben (enteren
W befonber« 91. be ©aal unb f})äter ginlc bqh). ß^fe«, SRömifd^e Quartalfd&rift für c^r.
Vtcst^imiAinbe u. f. ro., 1887 ff., ermähnt.
■ Sa bide grjeugniffe ber d&riftl. Äunft 3«Wriften tragen, fo ftnb unter ben Quellen 60
te bie 3nf(^riftbmbe auc^ bie 2Berfe über ©efc^id^te unb 9lrc^äoIogie ber d&riftl. Äunft
a Minen, an biefer @teQe namentlich S. ©arrucci, Storia della arte cristiana, 1873 ff.;
J X. ftrau«, ©eWt^te ber cbriftl. Äunft, 1895 ff.; SB. ©^ul|e, 9lrc^äologie ber al%.
ftnP, 1S95. Ältere ©pejialtoerfe f. öor^er, jüngere fyernacfy unter 4. 2)ie Sitteratur
Her bie alt^riftl. ©räberftätten f. unter „Jtatatomben^. 65
€0 tixxt anbere Sprayen alt bie griec^ifd^e unb lateinifd^e auf altrf)riftlicben ^n=
Reiften Sertoenbung gefunben ^aben, ift bie Gvi^ra^bif gegenwärtig nofy auf Anfänge
«Ä SruMüde ber @ammeltl^atigteit an^etoiefen. 9lm fü^lbarften mad^t ftc^ ber Mangel
mrSerdffentlic^una ber lopttfd^en ^nf^nften. Xmn btö ^umGrj^einen ber fcon&um in
iüfk^ gefteflten $ubli!ation fämtltcfyer Xenlmäler beö sJ){ufeum^ )u Kairo unb btö jur gq
172 3ttfrfjriftttt
Verausgabe ber fopttfäen gnfcfyriften im SRufeum ju SUqranbria fann ni$t einmal ber
Serfucfy getoagt toerben, bie foptifc^e ©pigra^i! »um ©epenftanb toiffenfd^aftKc^cr Sterjkt
lung ju mad&en. ftoptiföe 3jnfd&riften fmben ftdp u. a. in ßepfiuS, SDenfmäler au3 Ägty*
ten unb Äthiopien ; Mälanges d' Archäologie figyptienne et Assyrienne, 1873 sqq.;
6 Recueil de travaux relatifs ä la Philologie et ä 1' Archäologie figyptiennes et
Assyriennes, 1884 p. 60 sqq. (bon Souriant), 1898 p. 174 sqq. (bon ©atyce), 1899
p. 133 sqq. (bon $ietf ermann) ; M&noires publice par les membres de la mis-
sion archäologique Frangaise au Caire, tomelll. 3. fasc, 1889 (bon 9L ©otyet).
3eitfd&rift für äg^ttje^c Sprache unb 2lltertbum$hmbe 33. 9b. ©. 58 (bon (Sari ©d&mibt).
10 ausführliche« Seqeufrti* ber ägflrt. Altertümer unb ©tySabgüffe (ber Ägl. SKufeen iu
Serlin) 2. SufL ©. 385. 412 ff.
©röfcere Sammlungen bon altcfcriftl. Drigtnalmfd&riften befi$en baS SRufeum beS
Sateran, bie fiapibargalerie unb baS 6fyriftli($e SKufeum im SBatifan, baS Äird&er'föe 3Ru?
feum, baS 2Rufeum im beutfd&en Sampo fanto, baS 9)tofeum im ßapttol, ber Äreujgang
15 ber ßird&e ©. $aoIo f. I. m., bie SBorfyaUen ber Äird&en ©. SDtarco, ©. SWaria in Gräfte*
bere unb ©. Sorenjo f. (. m., felbftberftänbltc^ a\x$ bie einzelnen ftatafomben in Stom,
bie ÜJtufeen ju SReapel, ©tyracuS, Palermo, Stabenna, ttrbmo, Verona, baS ätrium bim
©. Slmbrogio $u s)Jtailanb, bie ÜJtufeen in SEuniS, Äairo, SUqranbrien unb äb^en, ber
fioubrc in $artS, bie s3Jhifeen unb Sammlungen in Styon unb Stenne, Xrier, Slam),
20 SöieSbaben, Sonn, Mn a. 9ty. u. f. to.
©inen getoiffen ©rfa$ für bie Originale getoäljren ©ipSabgüffe, ^otogra^^ien unb
spapterabbrücfe bon ^nfd&riften. Rm £*rftellung ber legten gtebt Anleitung <£. §übner,
Ucber med&amfd&e Sofien bon Ignföriften, 1881.
2. 35 tc ©d&rift auf ben grie$tfd&en unb lateinifd&en gnf^riften. —
26 Zottig juberläffige Unterlagen für bie ^afäograp^te ber cfyriftl. 6jrigrap$tl atebt eS geaen*
toärtig noefy berfyältmSmäfjig toenige unb am toenigften für bie ber grtc^ifdpen ^nfc^nften.
3n 93etracfct fommen tyaut>tfäc$Uc$ Ätrdföoff, 1. c. tab. XII sqq.; Stoßet, 1. c, Zafelit,
be SHofft, Inscriptiones ; Roma sotteranea, Xafeln; II museo epigrafico, Zofidn;
Bullettino, lejrtabbilbungen unbXafeln; Slotler, Les catacombes de Rome, Zofebt;
so§übner, Inscriptiones Hispaniae unb Britanniae, Jejtobbilbungen ; £e Slant, In-
scriptions unbNouveau Recueil, Iqrtabbilbungen unb $af ein ; 9tömif<fce Duartalf^rift,
ftqtabbtlbungen unb Safein ; Nuovo Bullettino, beSgl. 3SgI. baju ^ran^, Elementa
Epigraphices Graecae p. 224 sqq.; ^übner, Exempla scripturae epigraphicae
Latinae a Caesaris dietatoris morte ad aetatem Justiniani, 1885 ; 2e Slont, Ma-
ss nuel p. 41 sq.
a) Sud^ftabcn unb ga^len. #ur ^eit ber ©ntfte^ung ber älteften (^rifU. %&
Triften lag (unter ben gried^ifc^en unb lateimjc^en Sud&ftaben unb 3a^ljeid^en betei« eine
lange ©efe^ietyte. 3jnbem bie Serferttger bon djriftl. 3«W«M fic^ an i^re unmittelbarai
antifen SBorläufer unb ßeitgenoffen anfd^Ioffen, führten fte ben $roje^ in ber ©eftaltung
40 jener .ßei^en toeiter fort, tooburd^ aHmä^li^ neue formen entftanben. Sbgefe^en bon
ard^atftifd^en Seftrcbungen beif^ietetoeife be« ^ia^ftcS 2)amafu« unb feines ^ofjtemmefcen
ift eine ftetige ®nth)tdelung bemerfbar, bie freiließ an ben einen Orten langfamer bor*
toärts f^ritt afö an ben anberen. 3n ben qjrobinjen festen bte entfbre^enben ^tt)cn
gemö^nlic^ foäter ein al« in 9lom. 2)ie3 gilt aber nur bon ben (farafterifttföen Werfe
« malen, ^n ben mc^r nebenfäd^lic^en Dingen gingen bie SSerfertiger bon 3nf4nfiftcn tyie
eigenen SBege, baburc^ bafe ft* on bie infc^riftlic^en ©onberge))flogen^etten tyrer ^ebnat
anlnüfften. 2)ie SJic^tigfeit btejer Sc^au})tung betoeift bie Sergleic^ung j. 93. ber gafli*
f(^en Snfd^riften mit ben ftabtrömiföcn.
Mte bie früf^eften d&riftl. ^nf^riften angefertigt tourben, ^atte bie Mntifc brei ^yau^
öo fd&rtftarten auSgcbilbct, ©rjeugntffe ber ictoeilg bei ber ^erftettung ber Snfd^riften gehalten
Unterlage unb ^ec^nif, einmal bie Wonumentalfc^rift, bie getoö^nli^ auf ®rj ober Stein
mit bem 3RcifteI u. bgl. eingegraben tourbe, toetter bie 3)talf(^rift, ein ©egenftüdf jm ber
mit ber SRofyrfeber auf Pergament unb ^ßa^ni« gefd^riebenen, bie urforüngßdfr auf Sß&nbe
unb $olj mit bem ^ßinfel in %axbc aufgefegt tourbe, unb britten« bie SSulgär* obet Stuxfa*
&5 \djxtfi, bie enttoeber in tocic^e« 3)tatcrial, toie 2Ba4«f frifd^en 3^on unb Äallmörtel, ein*
gebrüdft ober auf fyartem ©runb, namentlich SBanbflädben, mit einem fptyen ©egenfianb
eingeri^t tourbe (©raffito). Stlletn bereit« in ber 3eit ber antifen Qtyiscotpfft toaren bie
©rengeh gtoifcfyen biefen brei §auptformcn flie^cnbe geworben. Sefonber« tarn bie 9Äat
fc^rift au^ auf ©tem gur 3lnh>enbung, in ben nid^t feiten bie Suc^ftabm unb §a$(en
eo in ber 3e^nun9 aufgemalter ©$rtftjüge eingemeißelt tburben. 2)ie cfyrifU. Sj)igra^if
3f»fdjriften 173
fat }toar t>ielc SSertreter auhuroeifen, bie unfd&roer in einer ber brei klaffen unter*
adbrac^t toerben lönnen, aber fie bejtfct nod& roeit mefyr, in benen jene formen in bunter
IRtföimg neben einanber erfd&einen. Oft genug ift fogar bie eine §älfte eines Sucfc
pabend na$ Slrt ber 2Ronumentalfcfyrift, bie anbere nadj 2trt ber ÜKalfd^rtft gebilbet.
häufig ftftfct man innerhalb be3 33eftanbe8 ber cfyriftl. (^tgra^tf auf SnWriften in Vulgär* 5
j^rift. Äier^er gehören befonberä bie SBanbfrifceleien bon Sefud^ern ber Äatafomben
(bgl j. 33. beSRofft, Roma sott. II t. 29 sqq., Nuovo Bullettino 1898 tav. 13 sqq.)
unb triele ©rabföriften in SDtörtel emgerifct (i>gl. 3. 33. beStofft, Inscriptiones I n. 43.
55. 58. 75. 77).
SBie bie ^auptform ber 33uc$ftaben unb &ai)len für bie gnfe^riften in ber Slntile 10
bie (Kapitale toar, fo ftrielt biefe auc$ in ber cbriftl. ©tngrapbü bie roicbtigfte Stoße.
SeitauS bie meiften Sucbjiaben* unb $af)lmpi(f)tn gehören in biefe Älaffe, roenn aueb
He ^nföriftbtlbner i* länger befto metyr bet ber 2lbmeffung ber Äöfyen* unb ©reiten*
te$altmfje, ber Untertreibung toon $aar* unb ©runbftricben, ber SKnroenbung toon 3u*
traten, tote $ä($en (cornua) u. bgl., ftd? t>on ben beften SSorbilbern au$ ber ätntife ent= 15
{einten. Qux Sapitale gefeilte fieb bie Unctole, bie bie 6cfen unb SBinfel in ben Gapitak
yif^en tyuiüicbft burdfr SRunbungen erjefct, unb bie Surfte, bie bant tyrer tacbtygrapbiWen
Zenben} bie »uc^ftaben unb Sohlen m ntöglic^ft wenigen Slbfäfcen ^erftettt. Stuf ben
kotierten gnföriften Storni lommt bie ßurftoe f^on 291 i>or; bgl. beStofft, Inscriptiones I
n. 18. 3nfo(ge ber Xnroenbung biefer brei formen roeifen bie cbriftl. Snfd&riften eine 20
überaus grofce gitde bon toerfebiebenen Suc^ftaben= unb Qatyftufym auf, t>on benen aber
toeitau* bie meiften )u örtlichen unb jeitlid^en ©ruppen ftcb jufammenfaffen (äffen. 2Bo
gang toereingette formen begegnen, fyat man biefe auf Unroiffen^eit ober SMtür ber
Schreiber jurüdfjufübren. SBon einer grap^ifc$en SBiebergabe ber bis je$t befannten 2311=
bangen mufj ^ier leiber Slbftanb genommen roerben. 25
Sigaturen. 3n m*&* «Ö einbuebftabigen SBörtern treten bie einzelnen 3ty>en *nt*
Heber jeber für ftcb auf, ober mehrere bon tynen ftnb ju einem emsigen ©djjriftbilb
fobimben (literae ligatae, nexus). SSon #aufe aus ber 3Rün$fcbrift eigentümlich, roo
ber geringe SRaum )ur (Sinfcbränlung ber Segenbe jroang, fanben bie fiigaturen aueb 6in=
gang auf ben eigentlichen ^nfebriften, obne bafj freiließ babei immer ber Mangel an Staum 90
mtfifreibenb getoefen märe. 311$ Sieget für ibre Sluflöfung gilt, bafi bie in einer folgen
Scsbtnbung toor^anbenen Sucbftabenelemente nur je einmal gelefen roerben. 2lu3 ben
ägaturen enthielten ftc^ bie monogrammatifd^en 3e^enf ^e au(^ noc^ ^m ^s^ b"
ben Unterft^riften bon Jtaifern u. bgl. fel?r beliebt maren. 3)ie richtige Sefung biefer
3ek^en bereitet ni$t feiten gro^e ©c^mierig!eiten. SBetftnele f. bei be 9{offt, Inscriptio- 35
Des n. 361. 1099; Bullettino 1863 p. 33 sqq. 1887 p. 19 sq.; CIL XI n. 267.
279 u. f. ro.
Äbfür jungen unb ©iglen. 3)ie2Börter auf ben Qnfd^riften fmb entroeber au3=
gefebrieben ober abgefärbt, ja oft ju einem einzigen 33uc$ftaben rebujiert (litterae sin-
gnlareSy sigla). ©emö^nlid^ mirb bad %tfy?n t>on Suc^ftaben für ben fiefer UnnU 40
lk^ gemalt burd^ ©triebe unb ^alen über, neben unb unter ben Suc^ftaben, auc^
b«$ fünfte, Slätter u. bgl. ^tnter i^nen. i)a nod^ eine üollftänbige 3uf^mm^f^Qung
dkt auf ben $rift(i$en Qnfc^riften angemenbeten älbtür^ungen unb ©igten fe^lt, fo em-
^Ü e£ fwb# im Sebarföfall jur SBergleictyung fyvcaniviiktjtn bie 3"bice^ ju be Stoffe
Borna sotteranea unb Bulletino, ÄrauS, gnfe^riften, 2. %l, ©. 367 f. unb bie ^nbtec« 45
ponCIO unb CIL fotoie bie SBerfe über ^aläograp^ic unb 3)ij>lomatif. Vorläufige
AKfammenfteDunaen für ba£ ef igra^^ifc^c 3)taterial geben u. a. $o\). sJ2tcolai, Tractatus de
Siglia, 1703; SÄoroat, Sigles et autres abbröviations im Bullettin ^pigraphique
1884 p. 127 sqq.; Sognot, Cours d'^pigraphie latine; ffrauä, Roma sotteranea,
2.9ufL ©. 614 ff.; 2)erf., 9lealenc^llot)äbic 2. %l ©. 17 ff. — ^n ber gorm toertoanbt 00
■it ben SCbfür^ung^ftricben über ben Sud^ftaben ftnb bie ©triebe über ben .ßafyljetcfyen, bie
birfe bon getüd^nlicben Suc^ftaben unterfc^eiben foQen. gretlid^ machen fefyr mele ÜBer«
fatiger t>on c^riftL 3nW^ftm babon leinen ©ebrauc^.
b) ^nterpunftion. ©ine 3)urc^mufterung ber cbrtftl. gnfe^riften lä^t eine gro^e
$ffle txm Derfc^iebenen ^nter^unttion^eic^en entbedten. älm ^äufigften ift ber $un!t, ge= 66
M^nlk^ nic^t auf ber 3^^ fonbern in beren falber $ö^e. 3)er $unft ift entroeber au&
ffavdpii runb gebilbet ober roid roenigftend atö runber angefeben fein. $ie unb ba
taab er burc^ einen Keinen 9ting bertreten; t>gl. be Stofft, Inscriptiones I n. 39. 49.
«2. 89. 112. 117. 134 u. f. ro. Seltener ift bie breiedige gönn be« fünfte*, au« bem
bie geilen V, <C unb >, au$ mit gelrümmten $aften, entftanben ; t>gl. be 9toffi, eo
174 3nfdptftett
1. c. n. 122. 239. 308 u. f. to. StuS bcm breiecfigen $unft enttoicWten ftc$ au$ »tätter,
meiftenS an Sptyeublätter erinnernb, bie früher als burd&bofate #er$en unb barum afc
3etd&en be* Martyriums fälfölid& betrautet tourben; Dgl. be Stojft, 1. c. n. 27. 48. 50.
65 u. f. to. Unter bem ginfluffe ber (Surfil>fc$rift tourben aus ben einfachen fünften Keine Sinien,
6 gerabe ober gefrümmte. SBeiter ftnb ju nennen blatt* unb jtoeigarttge 3*$**; Dgl.be SRofjt,
1. c. n. 154. 269. 401. 422; 352. 360; 17. 141. 150. 161; 382. 395. 419; 212.
225. 745; 48. 411. 712 u. f. to. ©ne Steige Don 3nterl>unltton3jeic$en erinnert an
93u$ftaben beS gried&iföen unb lateiniföen SttytyabetS, au$ an arabiföe 3afy%t\$tn, fo
an a, £e »lant, Inscr. n. 223. 228 u. f. to., an s, be Slofft, *• *• n- 292, an 3, ba*
10 fetbft n. 282 u. f. to. gerner tourbe baS griecfytfd&e Äreuj, ja fogar ^ al3 gnter^unf;
tion$$eic$en Dertoenbet; Dgl. be Stofft, 1. c. n. 96. 211. 269. 360. 383. 403. 425 u. f.to.
SBolbetti, 1. c. p. 341. $n ber Hafftföen 3eit toar eS bie Siegel, nur innerste ber
3etle, ntd&t am @nbe berfelben S^terVunltionen ju feften, eine Sfteael, bie jeboc^ nkfa
metyr auf fe^r jatylreid&en d?ri(tl SDenfmälern beobachtet ift. STuf cfcriftL ^nfetyriften
15 Serben bielmetyr bie ^nter^unfttonen ^icmltct; regellos oft fogar am falfdjen IDrt, mitten
in ben einzelnen SBörtern, angebracht. 33on biefer Sntetyunftionätoeife tjx freiließ gu unter»
Reiben bie interpunetio syllabaris, treibe bie einzelnen Silben Don einonber trennt,
um baSfiefen ju erleichtern; Dgl. j. 33. be Sofft, 1. c. n. 11.
c) Stiftung ber ©c^rift. 3ur 8* *** Älkfan <WL ^nföriften toar bei ben
20 ©rieben unb Römern bie 2lnorbnung ber 33uctyftaben Don re$t3 na<$ (inte fe&r feiten
getoorben. ©0 begegnen benn auc$ auf unferm ©ebiet nur ganj au$natym$toeife Imfe
läufige ^nfc^riften. 3U nennen ftnb ate fixere 33eifpiele Supi, Epitaphium Severae p. 151 ;
Sperret, Catacombes de Rome vol. V pl. 64 n. 5; Sognat, Nouvelles explora-
tions . . . en Tunisie (1887) n. 51. -Kur mittelbar gehören fciertyer einige gnföriften auf
26 Siegeln, bie cbenfo ioie bie meiften (Stempel beSfyalb linföläufige ©c^ript erhielten, Damit
recfctäläufige Slbbrücfe ^ergeftedt toerben lonnten; Dgl. ). 93. be Sofft, Bullettino 1874
tav. 2 n. 3 u. 5; ©arrucci, storia tom. VI t. 477 n. 33. 34. 47. Umgelegt er»
fctyeint bie fiegenbe auf ben Stänbern einiger Sfitqiäxt linföläuftg, toeil bie ©cfcrift m ber
gorm, in ber ber naffe %l)on gepreßt tourbe, rectyteläuftg angeorbnet toar; DgL CIL II
so n. 4967, 35; §übner, Inscriptiones Hispan. ehr., supplem. — 3Son ber ßovorpo-
(prjdov - ©djrift, ber Slnorbnung, bie abtoecfyfdnb je eine red&täläuftge unb ItnfSläufige
3etle toätylt, ift mir fein juDerläffigcä Seifoiel betannt getoorben. — dagegen faitn
bie xiovrjdov - Orbnung, freiere bie SDBörtev unb ©äfte fo gruppiert, bafj ein ©cfyrift*
&ci$en unter baS anbere ju fte|en tommt, burety eine Steige Don Seifpielen belegt toer*
86 ben. 3toetfett°S tourbe biefc 2trt in mannen gällen burdj bie gorm be^ ©egenftanbe^,
ber eine Snfdfyrift erhalten fottte, u. a. fieuc^ter unb Ärcuje, Deranlafet; Dgl. j. 8. CIG
IV n. 8728. 9448. Slber nic^t immer ioaren etloa bie örtlic^=räumlic^en SSer^altntffe
au3fc$laggebenb, bie allenfalls nod^ für be Sofft, Roma sott. II t. 3 sq. geltenb gemalt
toerben fönnen. ©0 ift auf einer 3nfc$rifttafel in ber römtfe^en SomiMafatafombe
40 unter bem eigentlichen ^nf^riftteEt noety Diel freier Slaum gelaffen* tro^bem f ej[>te ber
betr. ©tcinm4 IN IREN in 6olumnatim*©c^rift an ben 3tanb. SBie mir fdjfemt, be«
toirfte bauptfäd^lic^ bie greube an ber 3(btoe$felung biefe ©pielart, tote au$ noc^ einige
anbere, Don benen bie om>Qidov* unb nhvpr\b6v - Slnorbnung tocnigftenö genannt feien.
21(3 fturiofttäten ftnb !ünftltd>c 33ilberafroftid()en ju bejeiAnen, an benen felbft ein 3xaim
46 toie ber 2)t$ter S3enantiu« 50rtunaiug fe^ne $rcu*>e ^atte ; Dgl. 6bert, ®ej$i$te ber
c^r.4at. Sitteratur 1. 33b. ©. 511. Venanti Honori Clementiani Fortunati opera,
rec. Frid. Leo, lib. II, 4. 5. V, 6. ©iefye aud& $übner, Inscr. Hisp. ehr. n. 145;
CIL VIII n. 9710 sq.
Unter benen, bie ^nfetyriften ^erftettten, Derbienen befonbere ©rloa^nung ?ßc^)fl ©o«
60 mafuä unb fein ©teinme| g-urtu^ SDiontyfiu3 $^ilocalu^. 3)enn auf fte ge^en nic^t nur
ja^lreid^e, jum Seil noc| erhaltene ^nfd^riften jurücf, fonbern auc^ ein eigentümlicher
©d^riftd^aralter. 2)afj $^ilocalu^ bie profaifd^en unb poetiföen lejte, bie ©amafud Der»
fafjte, auf ©tein übertrug, ertoäbnt er in einem gall au^brütflic^ ; DgL be Stofft, Roma
sott. II t. 3 sq. 2ßabrfd?cinUd> erfanb er aber auc^ bie Stypen, an benen man bie
66 bamaftanifdjen 3jnfcr)rtften unfd^toer Don anberen erfennt. 3)ie ©d^rift ifi fc^ön unb tonn
an bie Genitale ber erften Äaifcrjctt erinnern, ftebt aber t^atfäd^lic^ toeit hinter biefer ja*
rücf. 3)ie (Spigonenjeit Derraten namentlich bie unDer^ältntömä^ig bümten ^aarffan^e
unb bie unDer^ältntömä^ig bitfen ©ntnbftric^e, toeld^ (entere aber toenig tief emgepauen
ftnb, foioie bie Häufung Don 95ergierungen ber §aften in gorm Don ^ätt^en; DgL u. a.
eobeStofft, 1. c. t. 2 unb Inscriptiones I n. 329; baju be SRofft, BuUetüno 1884/85
3f»fdjriften 175
p. 7 sqq.; ©tornaiuolo, Osservazioni sugli epigrammi Daraasiani, Studl e do-
eumenti di storia e diritto VII p. 13 sqq.
3. Sprache bcr ^nfc^riftcn. 2Beitau« bie meiften altc^rtftltd^en ?(nfc$riften fmb
latetmfö. 3^nen retten fub an Rafyl bie ariectytfd&en an, Wctyrenb bie in fonftigen ©prägen
abgefaßten erft in britter &nte ftetyen. äfabere aScr^ättniffc ergeben ftcfy Wenn man bie 5
fyiföriften naefc tyrer §eimat jufammenftettt. ®arnad& überwiegen bie lateinif<$en im
Sbenbtaitb, gleid&biel ob fte innerhalb ober aufjer^alb 3taß*n$ entftanben fmb, bie grie=
$tföcn hn SRorgenlanb, Wo aufjerbem in einzelnen ©egenben bie betreffenben Sanbeä*
ftmu^en nic$t unerhebliche Kontingente [teilen, namentlich in äg$>ten bie fojjtifd&e. 2Benn
aber auA im Occibent bie lateinifäen ^nfc^rtften überwiegen unb eine batierte fäon au« 10
bem 1. 3a^- nachweisbar ift (togl. be Sofft, Inscriptiones I n. 1), fo begegnen bo$
neben ifyien Diele griec£if<$e, unb jWar meiften« toon Seuten unb für Seute fyergeftellt, bie
ittyt ©rieeben, fonbern Slömer Waren. $>iefe merlwürbige (Srfcfyeinung tyat tyre parallele
in ber älteftat d&rifü. Sitteratur, beren Vertreter befanntlic§ griedjifd& färieben, felbft Wenn
fit im Sbenblanb tbätig Waren. ^nbeffen fo biele Sejietyungen audj fonft jWifäen ber 15
Sitteratur unb ben ÜRonumenten gefunben werben mögen, fo tann bo$ jene für biefe in
fyca$li$er Senkung fd&on um beSWiDen nic^t ben Stuefc^lag gegeben tyaben, Weil bie
ätteratur ©elefyrte, jum minbeften ©ebilbete, bie $5nfc4>rtften in tyrer Überwiegenben
Vie^qa^l, Wie namentlich tyre ©prad&e jeigt, Seute au« bem Sott ju Urhebern fyaben.
J)er gauptgrunb, Weshalb fo biele ignfd&riften felbft in 3tom gried&tfö gefd&rieben ftnb, ao
$ bcr allem in ber Stellung ber griectyifd&en ©prac^e innerhalb ber S^riftenfyett ber erften
3ak^unberte ju fudfren. ©ie War bie offizielle Sprache, bie eigentliche Äirctyenforacfye. 2)en
beften Setoei« für bie 9tid&tigfeit biefer Setyauptung liefert bie gpigratobif felbft. Alle röm.
»fööfe be« 3. Safyfy, bie in ber $apftfrty>ta ber Äatalombe ©. Sauifto beigefefct Würben,
adelten grie$if$e ©rabfetyriften, bagegen Gorneliu«, ber aufjertyalb biefer ©ruft begraben 25
toatb, eine lateiniföe. 3Da e« jic$ bei jenen um eine größere Slnja^l fyanbelt unb tyr
Segräbniäplafc längere 3«t ^inburety ber offizielle für bie Sifctyöfe SRom« War, biefer aber
inmitten feiner gamilie feine SRutyeftätte fanb, fo ift ein ©Jriel be« 3uf^ au«gefd&loffen,
toetm bort grie$ifc$e ©rabfd&riften, tyter eine latetnifd&e gefegt Würben. Sielmefyr War für bie
offizielle S3egräbni«ftatte bie offizielle, bie gried&ifd&e, ©prad&e mafjgebenb, Wä^renb für bie pri; ao
tate <m$ gatein in Setrad&t {ommen formte. 2)ie Qnfd^riften be« Abenblanbe« unb foqiell
Som« gewahren aber auc$ einen (Sinblicf in ben Kampf, ben Satein unb ©riec^tfeg mit
cmatiber fäntyften unb ber fd&liejjltd& mit einem Steg be« Sateinif$en enbigte. 2)enn
nfy JfoWc^l al« 3^m b** ^albbilbung unb §albwifferei, Wie bie« bi«^er gefd^e^en, fonbern
be« fingen« im Soll gegen eine xtyn im ©runbe boc$ frembe ©)>rad^e, ba« ©ried^ifc^e, 85
Ät \d} e« anfe^en, Wenn gatylreicfye c^riftl. ^nfe^riften gried^ifd^e unb lateinifd&e ©e«
eile neben einanber aufweifen. Um einige 33eift>iele &u erwähnen, fo finbet fid^
bteimföer %t&, mit griec^ifd^en 33u#abcn gef$rieben, u. a. beStofft, Inscript. I n. 11;
Bullettino 1871 p. 75. 1886 p. 94. 116. 142, gried^ifd^er %<& mit lateiniföen ®uty
fkaben u, a. Bullettino 1886 p. 68. 70. ©riec&tfd&en Xejt mit griec^ifd^en Sud^ftaben 40
mb lateinif4fen Xejt mit tat. Suc^ftaben trifft man in ein unb berfelben ^«Wrift «• a.
L c 1882 p. 119. 1886 p. 84, grie$ifd&en unb lateinifd&en Jejt, babet au^ lat. SBörter
ttit griec^. ^uc^ftaben, u. a. 1. c. 1886 p. 16, einjelne lateinifc^e SBörter griecbifc$ ge«
f^ridben in gried^. lejt u. a. 1. c. 1882 p. 135. S)er 5lam})f im Solle tyatte pon ein«
geftt, al« ba« ©ried^ifc^e noc^ bie offizielle Kird^enfrrad^e in Slom War. 3)ie« er^ettt 46
bmrau«, bafe bie erwähnten 3«Wnften fämtlic^ bon ^ribatleutcn ^errü^ren unb jum £eil
älter fuA al« bie Snfc&riften in ber 5PcH)ftfrVt)ta, foWie bafe biele Seute axi^ bem Soll
taett* im 1. unb 2. %atyc1). i^re ^nWriften lateinifd^ abfaßten ober abf äffen liefen.
ZpaXa Werben im 9(benblanb foWo^l bie rein grie$tf<$en, al« aud^ bie j^albgrie$ifc$en
ab ^alblateinifcben Qnfc^riften [ebener. ©$on ber $a))ft 3)amafu« bebiente ft$ nur so
bc« Satemtfc^en für feine SnWriften.
Son ber £itye ber flafftfc^en geit ber gried&iföen unb römifd^en Sitteratur au« be*
toastet, gewahrt bie Bpxaty ber c^riftl. 3[nf(^riften lein erfreuliche« 33ilb. Um fo Wert«
»wBer faib fie aber, Weil fte, in tyrer überWieaenben 3a^l ßrjeugniffc be« Solle«, bielfac^
«üten hineinfahren in bie @pra$e be« gemeinen SJtanne« unb bamit ein ©ebiet erf$lief*en, m^ 66
*atm$cmäb ber Sitteratur ganj ober faft ganj fremb ift. Semer!en«Wert ift bie Drt^o*
ptybu bcr 3nf4riften Wegen ber gülle i^rer Abweisungen t)on ber üblichen, greilic^
cm Zeil Wefer 33arianten ift auf Äoften ber UnWiff en^eit, 9tad&läfftgf eit u. f. W. ber 3n*
f^nft^ferpeOer unb tyrer Sorlagen ju fe^en. 2$ic$tiger, toeil Weniger burd^ SOBittfür be*
cmpMfri, ftnb bie Sefonber^eiten, bte bie 3nfd;nften ^nft^tli^ be« 9Bortf$a$e« unb ber go
176 3«fdjriftc«
©rammatil barbieten. 35tc^ gilt namentlich von ben jüngeren lateinifd&en, bie in Vielen
fällen bte Übergänge be« fiateiniföen in bie romanifäen Sptatym beutlidb ertennen laffen.
§n ben 3nbtcc^ ber betr. Veröffentlichungen ift manche« von ben foracplttyn 6igentüm=
umleiten ber $riftl. ^nfc^riften jufammengeftellt. 3luc$ ßeölant befanbelt einiget $ier$er
5 gehörige; Vgl. Manuel p. 193 sqq. $en ©t>rac$gebrauc$ ber goUifqen gnfe^riften untere
fud^te ber Unterzeichnete in feiner pfyilof. 2)ohors35iffertation De latinitate inscriptio-
num Oalliae christianarum. Über bie latemtföe ©prac^e auf afrifamföen 3"f$riften
t>gl. S. Aübler in SBölfflin« Streit) für latetniföe Sejitogra^te unb ©rammatif 8. 9b.
2. £eft.
10 2i$te bie antifen, fo tourben and) bie $riftl. Sänften enttoeber in $rofa ober m
Serjen abgefaßt. SDie t>rofaif$en bilben bie SDte^rjatyl unb fmb überbie« in ben erften
3afyrfyunberten toeit fyäuftger al« bie Voetifd&en.
2lnfyang«toeife U>trb noefy l&ervorgefyoben, bafi bie fyebr. Sprache, abgefeben Don ben ®ot*
te«namen u.bgl. auf ben mefyr iübtfc^^eibnifc^ al« c$riftlid& )u bejetd&nenben Amuletten u.bgL,
16 auf ben c^riftl. 2)enfmälern fefyr jurüdftritt. 3n 9t°m ift täfe nur eine $riftl ^nfc&rtft
mit fyebräiföen Sud&ftaben jum 33orfc$ein gefommen; Vgl. be Stoffi, Roma sott III
p. 386. Sine anbere auf einem SKofaif im 3JtaufoIeum ber ©alla $acibia ju SRaVenna
ift nur ba« Sßrobuh falfcfyer Sefung eine« §errn SBiUiam«, tote feiner angäbe (be Stofji,
Bullettino 1882 p. 167) gegenüber biermit au«brücflic$ bemerft fei.
20 4. Slrten (3ntyalt) ber gnfegriften. 2Bo ©elefyrte verfugt Ijaben, ba$ gefamte
cfcriftl. intariftlictye Material na$ fa<glid&en @eft($t«i>unften ut Bajfiftjieren, fmb fic ju
ben Verfdpiebenften SRefuItaten gelangt. ©o finben ftc$ bei ßaccana 16, bei SRarini 32
Stubrifen; Vgl. beStofft, Inscriptiones I p. XXX*; 3Rai, 1. c. p. XVIII sq. 3>eStoflt
brachte bie dpriftl. 3nfd&riften be« SateransSKufeum« in 11 fa$lid&en unb 7 örtlicben 8&
25 teilungen unter. Ärau« ftatuiert nur 2 Klaffen, ©rabföriften unb anbere införiftlicfc
SKonumente; Vgl. Roma sott. ©. 452. 3)iefe verriebenen ©ntetlung«h>eifen jetgen,
toie unzulänglich bie bi« ju 3Rarini übliche 2lrt h>ar, bie gnfe^riften ncä) fad}lic$en fi*
tegorien ju fammeln unb ju veröffentlichen; fte machen e« aber au$ von Vorneherein
3h>eifell)aft, bafc e« jcmal« gelingen toirb, ein Völlig eintoanbfreie« fad<c&e« (Sinteilungfr
so pxxn^p ju ermitteln. Slm meiften Serücfftd&tigung bürften nod& SRubrtfen verbienen, bie
von bem 93egriff 3nförif* au«gefyen (f. oben), bie freilidfr bte^er nod& ntd^t in ber griffe
liefen 6^igra})^if sfierh>enbung gefunben ^aben.
a) ^nfd^riften im engern ©inn. §ierfyer gehören junäc^ft bie S^reninfc^riften
ber Äaifer, Könige, gtirften u. f. to.; ©ctfviele f. bei 3Rai, L c. p. 237 sqq. Unter ben
35 ßtyreninfcfyriftcn nehmen einen breiten Stammen bie (Slogien ein, toelc^e Stärtorern unb
^eiligen getoibmet fmb, namentlich Von Sßapft 3)amafu3; 93eifJ)iele f. bei 3Rai, L c.
p. 30 sqq., audj 361 sqq.; be 9loffi, Museo Pio-Lateranense tav. 3. 3)en S^orofter
teil« Von @^reninfd()riften, teil« Von 2Betyetnf$riften tragen ja^lreic^e Suffc^riften an
öffentlichen Sauten, befonber« an R\xd)cn unb fonftigen {irc^lic^en ©ebäuben ober Zeilen
40 Von folgen, an Slueftattung«- unb ©c^murfgegenftänben Von Jtird&en u. bgl., fo an Altären,
Slmbonen, bie auf bie ßntd)tung unb ©Henning ber betr. ©egenftänbe, gelegentlich auc^ auf
beren Gmtveibung unb SBicber^erfteUung ©ejug nehmen; Seifoiele f. bei sJJlai, 1. c.p.74sqq.
321 sqq.
3ln 3a^ übertreffen nic$t nur bie bi«^er erfragten, fonbem biefe unb bte folgenbe»
46 9(rten jufammen bte ©rabfe^riften. all« Watertal für fte tourbe getoö^nl^ ©tein, ÜRarmor,
IraVertin, Äalf- unb ©anbftcin u. f. h>., 3^gel unb üJlörtelftud, feltener SBronce getoa^ii
3m Cccibent bilbete bie lafel- ober 5ßlattenform bei ©tein unb Riegel bie Segel; feiten
finbet man ^ter bie in ber älntife fo beliebte 6tppu«'gorm, bte nur noc^ im Orient
mefyr berücfftc^tigt lourbc. ^Bielfad^ erhielten aud^ bie ©arfof^age 3nW^f*«n. 3»
60 ägvpten VerfaJ^en bie (Sänften n>ie bie s3itd?td>rtftcn bte 3Jiumien mit einer xdßla, einem
läfelcfyen. Sei ©teinunterlagen mürben bie Suc^ftaben, 3a^en unb fonftigen 3ut^aten in ber
Segel vertieft cinge^auen ober eingehakt unb aufeerbem noc^ vielfach mit ^arbe, am meiften
mit roter, aufgelegt, dagegen ftnb ver^ältni«mä^ig toenige galle von ©temtafeln mit Wofc
aufgemalter ©c^rift nad^n>ei«bar. Um fo häufiger tourbe bte 3Mf$rift auf Aiegel))(atteii
65 angetoenbet, toobei man ftd^ roter, fc^toarjer, gelegentlich aud) toei^er Äarbe bebtentt
3icgeln mit eingemeißelten 3«Wriften gehören $u ben ©elten^eiten. SBo URörtelftud auf
ober an ben ©röbern für ^nfdjriftcn benü^t tt>arb, ritzte man biefe ein. S)ie ^otjt&feb^m
in "Jtgtypten mürben mit einer buntein Xinte betrieben ober bemalt Sieben ben genannten
$au^tarten finben ftety noc^ manche bef onberc. ©o tarnen in SRorbafrifa unb ©)xtnien ®rab«
go fünften, in 3Rofait ^ergeftellt, öfter« jum isor[d;em. — Stber nic^t nur nad^ ©eiten beSSRa*
^liiMinflc»
177
tcnott unb ber ledmrt tottfen bie ©tabfc^riften unter ficr) grofe S>crjd>iebcn^eiten auf,
fonbem aua) itaaj Seiten ber Stilificrung. tDiefc Unterfa)iebe treten um fo ntarfantet
hervor, tojenu man ^ufdjriften üvl§ betriebenen _3cüm unb bon betriebenen Crtcu mit
cinanber bergteidit. tfäit man ®rabfa)riften au# berf^iebenen Reiten jufammen, fo finbet
man auf ben fpateren 2lusbrüde, SBenbungcn unb eingaben, bte man auf ben früheren &
brnnilt. ©ei genauerer Prüfung ergiebt fia?, bajj eta^pentoeife befummle mfaViftlid'e
Aormulflte fidj berausbitbeten* 9lm beften fann man bte Snttoidetung in SBum Verfolgen,
tot> ein umfangreich Material aur Verfügung fteb/L Ü'Jä^ereä bgl. be SRojfi, Inscrip*
tiones I p. CXsqq. unb Bullettino öftere. Sieben ben jeittr betriebenen ^onnutaren
ber Jnicfcrifteii fpiclcti bie brtltd; berfd;tebenen eine SRotte. Die einzelnen Öäiibcr, ja felbft 10
bie myünm ©egenben unb Stabte befi^en auf ir)ten ©rabf^riften Sluäbrudc unb For-
meln, bie i&nen eigentümlich ftub unb bie an einem Ort pufiger gebraust werben, toä>
renb fie anbetmärtö böHig fehlen, ©ine 3ln$afyl üon folgen i>Tt[ia)en Sefcmbcr&eiten ift
uifamiueugcfteUt bon Sie ©laut, Manuel p. 76 sqq. Die jeitliAett unb örtlia)en übereil
ituinnungen betueifen, ba| mele 3nf$riften^erfteKcT in erfier £inie unter bem Einflu| be3 10
unb Cxt#gefd)mad$ arbeiteten. Jn einigen gäUeii erlennt man fogar noäf, bafj ftc
bcftiinmter Vortagen fid> bebienten, in bie fie nur jetoeite anbete üRamcn, 3a^cn u* bß'-
cinfe&ten; taJ.£tfUattt, l.c.p. 60; Sur les graveurs des inscriptions antiques, Revue
de l'Art chrötien, 1859. Offenbaren bie mföriftlidjen ftonnulare bie "iDtadjt ber ÜRobe,
\c aubereTJeus einige 3Üenbungen unb SCuSbrurfe gar)tö Jcftr/atteu an alten ©etnofyuljeiten. 20
UnjätyligeOTaU begegnet auf ben antifert dkabftrinen Dis Manibus mit unb ofntc Sacrutn,
ouägefdnicben ober abgefüllt, aueb in griediifdjer Überfeftung. Urjprünglidj lintrbe bamit
trabten fmat ben Dii Maxies getodEjt 51 ad) unb nad) berbta^te aber biefe SJorftettung
mebr unb mer)r, jobaji bie Jormet nur noo*? ben fepuleralen (Sfjaralter einer 3nfd)rift be*
$eiaSncn füllte. 9lu($ auf djrifttidjen JJnfdiriften faitb Dis Manibus CSingang ~ naa) ber 25
neueften 3ufam*nenfteftung fommen 134 fixere #älk in Setraa^t. 'grettiaj Ijanbelt eS
ft<§ babei uid?t um ben utfprüngliaSen Sinn be3 sJluäbrutfS, ben ja bd^ 6t)riftcntuin ah
lebnen mufjte, fonbent nur um bie gönnet, an bie man fi<i) einmal gemöbnt ^atte; toaf.
©uft 0rceuenr ®ie ©igten D M auf alitfjriftl. ©rabfd>riften unb il)re Scbeutung, (St=
langer vWof loItDr^iff. 1895(1897). (Sin ®leid>e3 lute üon Dis Manibus gilt 30
Dan ben Sluebriirfen domus aeterna, aeternalis, perpetua für ba*§ ©rab; i*gl. ba-
Ktbft 2 1 "p* i_
Unter ben .^nfdjriften im engem Binne ftnb n>eiter namhaft ju madien bie s)tuf=
fünften auf ben ©cgenftanben be^ (og. instrumentura domeaticum. 3>a t^iebei bie
üerfdbiebeuartigften Xiit^c im täctfid)en Seben, in ,C>anbel unb ÜHanbet u. f. ip. in öetraa^t 35
foiumen, fo mu| bei ber SüfjÄHung wn Sdfoiaen auf SMftnnbigfeit ber^taStet Serben.
en ibrer 3a^ fte^en un Sorbcrgtuitbe bie ©egeuftäube au^ gebranntem X^on, in
bie bie ^nfeftrifien, fo tange bie 6rbe noa) nafy h)arr mit «Stempeln ringebtüit ober mit
Mini (^caniftänben eingeri^t, ober aber auf bie ftef nac^bem bie Örbe gebrannt \mtf ge^
jebrieben ober gematt tourben. Öei ber Anfertigung t)on Üampcn, aua) fötaler mit ^n^riften, 40
iLHircen ^^rmen uenuenbet. ^nfc^riften auf Öauäiegefn finben [xa) u. a. be3iojfi, Bullet-
tino 1870 p. Msqq. 1871 p. 7S. IGOsq. 1884,85 p, 53sq.; (Iroftarofa, Nuovo Bul-
lettino IH90 p. 79 sqq. 1897 p. 200 sqq, ; CIL IT n, 4967 ö., auf 3lm^oren mit
Stempeln, f. u, a. beSlofft, Bullettino 1870 p, 18, auf vJtnvp(;oren aufgemalt, f, u< a.
ibid. 1890 p, 29; CIL XV n. 1858. 4888sqq.r auf gUi|d?cfrcn, befonber^ auf £[-- i£
fläfebebeu mit bem Sbitbe bec^ beil. SRenaS, f. u. a. be Mofft, Bullettino lHf>!> p. 2a
31 sq. 44, 46; & SLant, Catalag-ue des monuments chr£t du mus^e de Mar-
seille p. 92 sqq, ; ©arrucci, storia voL VI t. 435, 4. SDic 3nf Stiften auf Campen pnb
metften^ tiertieft, fdtener in SHetief anöebraa^t; DgL u.a. be3tofft, Bullettino 187Qp.80sqq.
1882 p, 109. 1883 p. 96; ©arrucci, storia vol. VI t. 473,7. 471, 1 a,a\; 3)elattre, bo
Revue de Tart t-hret, 1892 p. 225 sq. ; CIL XV n. 6296, 11. s31ur ßetetjentlia^
tti^on }i(b ¥ampa\ mit aufgematten ^"f^ttcu, fo be Sftoffi, Bullettino 1883 p. 96.
liiuen Tt6fu# am Xmrafotta f. bei £e Stant, 1. c. p, 92. — £)ie ^nf^riften auf Metatt,
tnctften^ flronce, aber aud> auf ^leif Silber unb ©olb, mürben cjegoffen, gepraßt, getrieben,
eingeftanu, in burd)broc^ener ober in eingelegter Arbeit betgeftellt. Ru nennen finb £e= &s
a?nbm auf ^ü^alen. [ u- a- be^offi, Bullettino 1864 p, 58, auf ©etmdjtcn, f. u. a.
CIG IV n/K984r auf Üamveu, f. u. a. ©amieei, Lc. t 4G9, 1, 471, 4— G; be SKoffi,
Bullettino 1882 p. 177 sq. 1890 tav. 8—10, auf Coffein, f. u. a. ©amtai, I.e. t.462;
Äraui, Jnfc|ttften L 11. 9ir. 14, auf Äannen, f. u, a. Oarrucci, I. c, t. 460, ö, auf
(Timern, f, It, a. be Moffi, Bullettino 18ß7 p. 77 sqq, ; ©arrucci, 1. c- t. 428, 1 sq., «»
Äed=*nc^flou^bU für Zoologie Mb KhQt, 3. iL IX. |2
178 3f«fdjrifien
auf tafeln unb platten u. bgl., f. u. a. bc Stojft, Bullettino 1870 p. 145. 1871 p. 38 sqq.
66. 1891 p. 143 sq.; ÄrauS, a. a. D. 9fr. 190, auf Sibeln, ©drallen «• W* f- «• *•
2c Slant, Inscriptions n. 372. 632, auf ©d&muclgegenftänbcn, f. u. a. bafelbft n. 412 A.,
auf $läföcben, f. u. a. @arruccir 1. c. t. 433, 7 sqq. 434. 435, 1, auf Xäfdc&en, bie
6 flucfyttoerbädptigen ©flauen umgehängt tourben, f. u. a. be SRoffi, Bullettino 1874 p. 41 sqq.;
CIL XV n. 7192, auf Siegeln, ©iegelftempeln unb SUngen, f. u. a. be Slofft, Bullet-
tino 1874 p. 76 sqq.; CIG IV n. 8986 sq.; ©arrucci, 1. c. t. 465, 7. 468, 9 sq.;
£e »lant, 1. c. n. 669 A. B., auf Äreujcn, f. u. a. ©arrucci, 1. c. t. 430, 4, auf
SWcliquiarien, f. u. a. ©arrucci, 1. c. t. 436, auf SWebaillen, &ebotion3mebaiDen, ßn*
10 folgen, Amuletten u. bgl., f. u. a. beStojft, Bullettino 1863 p. 54 sq. 1869 p.33sq.
49 sqq. 1872 p. 7 sq.; ©arrucci, I.e. t. 480, 8—11. 13—15; CIG IV n. 9064.—
2tuf ßlfenbeingegenftänben ftnb. bie Snfcfyriften enttoeber bertieft ober ertyöfct eingefönfot
$n Setrac&t !ommen fyaut>tfä$licty 3)tptt$en, Jafeln unb Ääftcfcen. 3)a8 SRaierial f. bei
333. 3Retyer, 3toet antife @lfenbetntafeln ber M. ©taat&33ibltot$ef in aJtündfren, 1879;
i5@röben, $rü)$riftlid&e unb mittelalterliche @lfenbeintoer!e, 1898 ff.; ©tutyfauty, Sie
altc&riftl. @lfenbcir4>laftif, 1896. — SBurbe für $rinfgefä&e, ©ty&tn, platten u. bgL,
gelegentlich auety für (Snfotyien ©la$ getoäfylt unb mit ^nfäriften berfe^en, fo tourbe
bie ©$rift eingefdjliffen ober burdfc SluSfrafcen, 9(u3f$netben au$ tyrer Umgebung
herausgearbeitet. ©ine Weitere §erftellung$art, bte ^äufta angetoenbet tourbe, begegnet
20 auf ben fogenannten ©olbglöfern (fondo d'oro). $ier legte man Slattgolb auf ©lad
unb befeitigte fobann bte Seile, bie nicfyt jur gricfynung bjto. Segenbe gehörten. Seifriefe
f. u. a. be 9tofft, Bullettino 1868 p. 38. 1875 p. 139 sqq.; ©arrucci, 1. a t. 463,
1—3. 464, 1. 4 sq. 7 sq.; $crm. 95opel, Sic altd^riftli^en ©olbgläfer, 1899. $ie gn*
fünften auf ©belfteinen tourben eingefetynitten ober eingraviert; f. u. a.CIG IV n. 9077 sqq.;
25 ©arrucci, 1. e. t. 477 sq. 2)icfelbe Jed&nil tourbe Vermutlich au$ bei getoö^tyen
©teinen bon tleincrm Umfang angetoenbet, fo auf Srotftempeln ; bgl u. a. ^orrer, 5Die
frü^riftl. 2lltert^ümer aus bem ©räberfelbe bon 2lc$mim4(}anoi>olte Xaf. 9, 5 f. $oh*
gegenftänbe mit Segenben ftnb in Sld&mtm^ßanopolte jum 3>orfcfcem gefomjnen, neben ©rat
(Triften (f. oben) auefy Ääftd&en, auf freieren bie gtguren unb Snfäriften in polychromer
so sJJtalerei ausgeführt mürben, ^e ein ©jentylar beftnbet fic$ im äg$>t SRufeum )u öeriin
(9ir. 11325) unb in ber d^riftl.sard^äol. ©ammlung ber berliner Uniberfttät — 3Cuf bem er*
toäfyntcn ägtypt. ©räberfelbe fyabtn ftety aud)2Bebercicn unb©ticlereien mttSnföriften erhalten;
f. u. a. gorrer, »tömiföe unb 93tyaantinifd&e ©eibensSejtilien auS bem ©räberfelbe Mi
Sldjmim-^anopoliS laf. 5, 1. 7, 1. 3)ie ©räber* unb Sejtilfunbe Don 9J$mmu$ano*
3ö polte laf. 10, 8. 3Me frü^riftl. 2lltertyümer au$ bem ©räberfelbe bon &$mim4ßaiu>*
polte Jaf. 14, 1. — ©ine ganje Steige toon ©egenftänben mit Snfc&riften, bie in bei
tooranftefyenben 3ufammenfteßun0 *"$* aufgejagt toerben tonnten, f. be 9tofft, Roma
sott. III p. 580 sqq. ; Solbetti, Osservazioni. ©locfeninfcbriften au$ bem $riftt. älter?
tum fehlen. 2)ie ältefte toirb bqn be SRoffi bem 8. ober 9. 3a&rb. jugetoiefen; bgL
40 Bullettino 1887 p. 82 sqq. — Über bie jatylreid&en äbrafa^Snfö^ftai bgl. oben 8b I
S. 113 ff., über bie 3n$rtften auf Slmuletten bafelbjt ©. 471 ff.
b) 3nfd()riften im loeitern ©inne (Urlunben). SBegen ber fc^on in be»
ftatafombcn nac^iociöbaren ©efflogen^eit, ba^ Gfyriften bei i^ren Sebjeiten ober Snge^drige
toon SJerftorbenen bor beren ScgräbniS ftc^ ©räber fäuflid^ ertoarben, ftnb bie ga^IretcWtet
45 unter ben altc^riftlic^cn Urtunben bie Kaufverträge jtoifäen ben gofforen, ben ^erfteuern
ber ©räber, ober fonftigen firc^lic^cn Beamten unb ben Ääufern t>on ©rabftcHen. 3>kfe
Verträge, auf ©rabfd^riften erhalten, ftnb ^um Üeil fe^r audfityrlt$, fo ba^ fte auc^ bie
beugen beim Äaufabfc^lu^, ben Kaufpreis, bie Sage bed ©rabed u. bgl. nennen. SM
in Setracfyt fommenbe Material f. be 9toffi, Roma sott. III p. 542 sqq.; Bullettino
50 1887 p. 73 sq. — 3» ben Verträgen $h>tjcfyen bürgerlichen ©emeintoefen unb Sribatat
über ©aftfreunbfe^aft gehört 2e Slant, Recueil p. 308 sqq., auf Sronce beqeUbict —
Urtunben, Von bem ©efd^entgeber bem Seföentten getoö^nlid^ auf ©tem obar (Sq wdß
geftellt, ftnb in größerer Qafy aud bem SÖiäl. erhalten. S)oc^ fe^lt ed auc^ ni$t oo»
an folgen aus bem auägel?enben d^riftl. Stltertum; f. j. 9. eine ©c^entung bon $a)»P
55 ©ergiu^ I. an bie ßirebe ber ©t. ©ufanna, be Sofft, Bullettino 1870 p. 89 sqq.
SSgl. aueb 3Jiai, 1. e. p. 209 sqq. — Unter ben ^nfd^riften im engern Sinn $abm
ferner tfyre ©tcQe bte gaften, bie 3Serjeid^niffc bon ^eiligen, bie ilalenbarien unb (SmxL
95cift>ielc, freiließ in ber ^au^tfad^e mittelalterliche, f. sJ9cai, 1. c. p. 56 sqq.; be Stoffe
Bullettino 1882 p. 38 sqq. Namentliche (Srtoä^nung t>erbient ber Oftercraud auf be*
eo ©cffel be« $i^j>ol^tu«. #gl. ben SEcjt in Ärau«, Steal^ncvHo^bie 1 »b ©. 662 f.
3nfd}riftett
179
er fttib su nennen bie S&mbinfdmften (©raffiti) in ben Äatafomben. ÖeifpieLc f. eben 2, a),
5lucb bie .Hoitfularbiuiiiajen reinen ^ter^er. 3Jgl. SB. Weyer, gtwi antife (Slfenbciii*
tafein u- f, tu,
Öl SBiffenfdjaf t ( t d > e Öebeutung unb bisherige Sertoertung ber ,\n
fa)riften. 2)a ba3 jßatatt ber djriftl. ßpigrapfyif al$ einer befouberu SDiäjiptin erft r,
mehrere ^abqcimte alt ift unb fie noa) teineälpegä allgemein in cntfpred;cnber Skiff «*■
erfanitt unb bon ben Ideologen für i^rc ^rfa)ungen fruchtbar gemadjt imrb, fo fann eS
bier nitftt umgangen roerben, hxnn aud) nur mit einigen SBcmerfuttgen, ijpen SSert pi
beleuchten, SDie ^riftiia)en gnfdjriften, }umal biejenigen au# bem SUtertum, Derbtenen
größte Seadjtung naa) Jetten tl;rcr Jorm unb ifjreS 3n$tttt& äüä&renb oon ben (f rjeugnijjen i->
ber altert, fittteratur fein cmjigeä" int Original erhalten ift, bietet bie (Spigrap^if noa)
^aufenbe uon urfprünglidjcit Den finalem bar, 3)abur^ totrb aber i^r büber Cuetten*
mert begrünbet. Sauf ben jaf>lreiä)en 9lbfa)riftcn, bura) bie bie litterarifä)e Jgrinterfaffen*
fdnift ber 6ü)riftfteKer ^nburdftjegangen, ift bieje in ben oortjaubenen §anbfä)riften enfc
ivebev uuabfia)tlia), bura) SJcrJeben, s]taa)Iäffigfeit u+ bgl. ber 3lbfa)reiber, ober abftä)tlicfy, ib
burd? Interpolationen, gälf<fyungcn u, a, ber Sä)reibcr, Sefer unb Jorfajer, mefyr ober
minber gefajäbigt roorben* So rammt eä benn, bafi man, toenn aua) baä fyanbfa)riftlia)e
'üiaterial iet&cilö fritifa) gefloatet ift, boa) nid?t behaupten fann, ben Xqrt eincä äutorS
genau fo, iure er aue feiner geber gefl offen, fcor fid? %a Ijaben. 3lnber£ bie Original im
fd)riften. Sic ftetlen fia), abgefetyen toon toemgen Interpolationen, bie mit .vuife ber paläo= tt
grapbif$en ftritif getoöfnilidj unjcfymer erfamit luerbcn tonnen, gan$ in ber nätn[ia)en
[e bar, Hrie fie üjm ben ©temincjjen, Malern u. f. tu. tjergeftettt mürben. 3Kit Sccbt
bat man fia) besfyaü) aua) langft baran geipofmt, ben 3nfa)rifteii ben erften yjjlaty unter
ben CueUen anjumrifen, atterbmgä mef>r in ber Xbeorie aI3 in ber ^rariä. 3nbcffen
aua) in 93ejitg auf ibien ^nbalt finb bie ^nfa)riften h>ertuoU. 3)ie Üitteratur rü^rt pon 25
löeten unb ©elebrten her. ^Mnn aua) einzelne t^rer 3h)eige, h>ie |. SB. bie ^rebtgten,
mit bem Holt Aübhmg unterhielten unb barum reiche Seiträge für bie Kenntnis ber
c^ciftl. ©emeinbe liefern, fo toäre H boa) fd^ou naa) bem ©nmbfa^, ba% aua) ber anbere
Xeil ac^ört n>erben foll, mi|tia), Ipeit für eine objeltux ffiertung ber ^ierfonen unb ^aa)en
ungenügenb, iueun man ben gcn>Öf?nlia)en 3D?ann nur ttaa) bem Urteil Der fira)lia)en m
£d>riftficUer feiner §nt einf^a^en müfete. Sor einer fota)en ßinfeitigfeit fönnen bie
o 11 f dm f teil beiüaljren, namentlia) bie @rabjä)riften, bie ja atlermeift Seute au^ bem ^uif
ju Urhebern l;abcn unb ma)t nur bie Spradbe bc3 ge\ubl?nlia)en Wannet tennen lehren
(f. oben), fünftem aiu$ i^u felbft. $m tägtia)en Üebcn bei ben aüemrfcfyiebenftcn «te«
anlafümgcTi eivtftanbcu, geu>%cn bie 3»f giften einen Sinblitf in bic[e#, juiiwl in fei= 35
im Teügiü&fiitlia)eu 3n$alt S^alb finb fie abcv für bie Kenntnis ber aÜgcmeimu
Äultur Dudkn erften :Hange& SJaturgemä'fe fommt bie (fpigrap^if m erft er i^inie ben
biftorifd?eu 5ä^ctIt ber t^ej?logifa)en "3Biiffeufd*aft gu gut, SBerbcn aua? bie införift*
hdcii tcnlmäter nieinaö ben Stnfpruc^ afyzbm hjollen, bie Utterarifdjen 51* erfe^en, unb
in aße gufunft uid?t biefe an Umfang unb fflcia)J?altigleit eneia)en# felbft t^enn noä) *i
bie gröpten Juube gemaa)t u>erben foflten, fo lä|t fia) bo^ aul ibnen uiete^ foftbare
biftarijc^e Material fä)Öpfen, n>a^ ben ©a)riftfteüern entmeber üöQig aX^gelit ober n>o=
ruber man auö biefen nur in un^utänglidjcr dBcifc tiunbe erhält. Um bio| einige 33cifpielc
aiijüfiu)ren, fo ift ba^ ®a)i3ma be^ ^eraltiuö 5U 9t om lebiglia) aus einer 3nfa)rift in
ber Äaüiftfatafombe befannt ; ügl. be ^Hojft, Roma sott, II tav. :i sq. 3)a^ ,0aupt einer 40
afritamfeten Eira)lio)en 3onbergemetnfa)aft, Xrigariu^ unb btefe felbft nennt in. 3äi. feine
lüterarifd?e Cuelle; t>gl CIL VIII n. 8650. 3)ie ©ef4|ia)te ber ^flanjunfl unb &uä=
brettung be« (>briftentum^ in Gtaüien erfa)Iiegen bie tir^lic^cn Sdjriftfteller nur für
einige fjunfte, (rin ©efamtbilb baüon ift jeboa) au& ben 3nf<frriften ^u gewinnen; fegt.
2t Slant, Manuel p. 95 sqq. Sin GHeia)es gilt audi innt Vijrita u. f. fch i^n ber 50
^te be6 ß^riftentum^ auf ben ^nfeln beä ägdij^en SRecrcd im 2. 3<u)ri?. irar
(aum etluaö befannt. ^e$i finb auf C^nutb infa)riftEicber i>-unbe d^riften bort
^uioeifen, ba^i Äircbcnbeamte unb felbft bie 9Irt be^ Sbriftentumd mit einem SÜintoarr
toon i^riftlicben, iübifa)cu unb ^eibnifd^en Stemmten; frflL ß. 9^eßd in ber 3ritfa)rift für
bie neuteft. iBiffenfa)aft 1900 ©.87 ff, Die Stuften bei §ippoU)tuä ftnb puRXeil btofe f»5
ü\l$ bem infa)riftlia)eu iler^eia)ni^ au ber 3lu|en[eitc be^ ©effet^ mit feiner Statue ju
ermitteln; bg(. 3ta>e(i^, ^ippolötftubieu S. 3 ff 6in @ebia)t 3luguftin$ le^rt eine 3n=
f^rift fennen; ogl, be üfiof|l, lüscriptiones II, \ p. 460 sq,; Bullettbio 1R80 p, S,
1887 p. l->Osqq. 2Da auf beu 3nW"ftc" ^uKl 'Stellen aues ber E;[. ©d?rift angeführt
fa h'efem fie füiuobl Beiträge jur flenn tu 16 be^ ©a)riftgebraua)^ in ber alten vp
12*
180 3ttf<fjrifteit
Äird&e, aU aud^ Sln^altapunfte über bie 2lrt ber ©c^rifttejte. Seiftnetetocife m Äfrila
begegnen lateinifd&c Gitate, bie jum Seil fcon ber Sßulgata er^ebttc^ abtoeic&en; fcgl. CIL
VIII n. 2218. 8625. 10642. $a$ 93ilb toon ber @&e in ben litterariföen Duellen
ftnrb burcty bie e^igra^^tfc^en 3)cnfmäler ergänzt, namentlich fo toeit e£ fu$ um ba$
6 heiratsfähige älter, bie 2Biebert>erfyeiratung unb bie @tye t>on Älerilern ^anbelt. Rtoax
liefert bie altcfyriftl. Sitteratur eine Unja^I toon <ßerfonennamen, aber eine nod& auSftefcnbe
fritifd^e Sammlung unb Älafftftfation aller (Sigennamen toirb in erfter ßinie Don ben gm
fünften ausgeben muffen, toeil biefe fe^r Diele SRamen aufführen, bie ber Sitteratur fremb
finb, unb bie Überlieferung ber SRamen auf ben 2)enfmälern triei ju&erläfftger ift aU
10 in ben §anbf#riften, h>o befanntlicty gerabe unbefanntere Slamen burcty bie äCbfcfyreiber febr
ju (Schaben gefommen finb. 2Bie nictyt anber« $u ertoarten, toirb ba* Kapitel Butt unb
©ebräuctye bei Job unb Begräbnis burcfy bie gnfd^riften toeit me&r beretdfcert toie bur$
bie Sitteratur. — - 2Bo aber bie infd&riftltd&cn Quellen nur baSfelbe berieten, toaS fd&on
aus ben ©d&riftfteUern belannt ift, aucty ba fmb fie nid&t ööflig toertloS. Srtyärten pe
15 bocfy in biefen gätten toenigften« bie Slicfytigfeit ber litterarifcfcen Angaben.
Sßegen beä toiffenfcfyaftlicfyen ©etoinneä, ben bie 3nfd&riften na$ ben fcerföiebenfien
©eiten fyin abwerfen, finb fotoofyl einzelne, h>ic ganje ©ru^en toon tynen )um ©egen-
ftanb jafylreid&er arbeiten gemalt Sorben. (Sine jiemlid^ genaue Überfielt über bie Set*
toertung ber altcfyriftl. !gnfcfyriften in Südjern unb 3eitfd&riften u.bgl. bfe jum gatyre 1867
2ogiebt $tyer, ßinlcitung S. 817 ff. gnbem iety barauf bertoeife, erübrigt e$ mir nur mx$,
bie toid&tigften litterariföen 6rfd&einungen bis auf bie ©egentoart herunter namhaft )u
machen. 3)abei barf icfy atterbtng« ntcfyt i>erfcfytoeigen, bafe bei ber Senüfcung monier alter
unb neuer arbeiten, bie fyterfyer gehören, mit SRücffid&t auf bie ©tnfettigfeiten, fallen Ur*
teile u. bgl. ifyrer SSerf affer SSorfidfjt angetoenbet toerben mufc. gerbmanb $t))er, 3^^ ^nfc^ri^cn
25 Äonftantinä beS ©r. an feinem Xriumt>fybogen in 9tom unb in ber öatifanifäcn SJaftlila,
2tyStitl875; 2)erf., Über ben©eh>inn aud 3nf4riften für Rird&en* unb 3)ogmengeföic&te,
%t*%t) 1876; 2)erf., 3ur ©efd&id&te ber fiirdfcntoäter au« epigra^iföen Duellen, 3»B
1876; ^uliuS bitter, De compositione titulorum christianorum sepulcralium in
Corpore Inscriptionum Graecarum editarum, 1877; SDerf., Symbolae Joachi-
aomicae, De titulis Christianis Commentatio altera, 1880; 38. @$ul(e, ©er tyeoL
Ertrag ber Äatafombenforföung, 1882; Äarlßünfile, 35ie altc^riftl. ^nfefriften SCfrila« . . .
als Duelle für c&riftl. Archäologie unb Mir^engef^te, 3#D©1885; ÄSd^toane, Unter*
fuebungen über bie äufeere ©ntiotrfelung ber afrifanifd^en Kirche, 1892; 3- SBi^wt, 5Die
©ottgetoci^ten Jungfrauen, 1892 ; Jo^. Sßeter .Hirfd^, 3)ie c^riftl. <£p\QX«pl)\t unb tyre 9e»
35 beutung für bie fir^engefdndbtltcbc ^orfd^ung, 1898; 3B. Sebifon, 2)ie Seurfunbung hti
GtoilftanbeS im Altertum, Sonner ^Uof. 3)oftor*3)ijL 1898 ; 6. 3R. Kaufmann, Sfc
fcfulcralen 3enfeitöbenhnäler ber Slnttfe unb beS UrcpriftentumS, 1900; §an$ 3(^f
©^uren beS Urd^riftentumS auf ben griecfyifctyen gnfdn? 3^44"^ f**r ^- neutefl SBtffen»
fc^aft, 1900; Otto *ßelfa, 2)ie altd^riftl. @tyebenfmäler, ©rlanger j>^ilof. ©oltorbijferta*
40 tion, 1890. 6ine größere älnja^l einfd&lägiger äb^anblungen enthalten be Slofft, Bal-
lettino, ÄrauS, SReal=enc^flo>)äbie, be 2öaal u. f. h>., ^Hömifd^e Duartalttrift unb Nuovo
Bullettino. 35gl. auety bie Artifel in biefer @nctyflo)>äbie „A Q", „Slbrafaj", „SUtar",
„Slmulett".
II. 2)ie 3"f^riftcn auS bem ÜJlittelalter unb ber 5Reujeit. 1. Samnu
45 lu tagen. %üx bie betben jüngften ©efc^id^tSe^oc^en fe^lt eS an einem SBerfc, toaSbemCIG
unb CIL an bie ©eitc gcftcllt toerben fönnte. 5Wur für cimelne fiäiiber, $rot>mjeiir
©egenben, ©täbte, ©prad;gebtete, 3nf$rtftengruM>en ift s3Jtaterial gefammelt unb ^craufr
gegeben entioeber in ©j)ejialioerfen ober in ^ntontarot/ Scfc^reibungen u. bgL Don Sau«
unb Äunftbcnfmälern u. f. h>. äln biefer ©teile mufj eS bei einer 9(u3toa^l beS fflw^
60 tigften fein S5eh>enben fyabcn.
a) ©^egialtoerfe. 3Me betr. ^änber, ©egenben unb Drte berüctftd^tigcn Vincenxo
Forcella, Iscrizioni delle chiese e d'altri edifici di Roma dal secolo XI fino
ai giorni nostri, vol. Isqq., 1873 ff.; V. Forcella ed E. Seletti, Iscrizioni cri-
stiane in Milano anteriori al IX secolo, 1897; F. Bigazzi, Iscrizioni e Memoria
55 della Cittä di Firenze, 1886; Raffaele de Minicis, Le iscrizioni Fermane an-
tiche e moderne, 1857; Iscrizioni nella cittä di Forli (bis 1800), 1849; F. de
Guilhermy, Inscriptions de la France du V«. sfecle au XVIII6., 1. 1 sqq., 1878 ff.
(enthält nur ba« -Material ber alten SDtöjefc tyam); Allmer et Terrebasse (f. oben 1, 1);
Texier, Manuel d'gpigraphie suivi du Recueil des Inscriptions du Limousin,
qo 1851 (btd in« 19. ^a^.); Inscriptions de landen dioedse de Sens, 1897—1900.
3fnfdnuften 181
Kefer fr&. Sammlungen f. 2c Slant, Manuel, p. 223 sqq.; L'fipigraphie p. 125 sqq.
Graf-en gedenkscriften der provincie Oost-Vlaenderen I — III, 1860—70 (big
in* 19. 3a^.); g. 3L Krau«, SDie c^riftl. Snföriften (f. oben 1,1) 2.21. $ie d&riftl. %n*
ttctftm tum ber 2Ritte beg 8. big jur SKitte beg 13. %afftffi. ; 4 fiuc&g, ©c^lcftfc^c %n*
fünften toom 13. big 16. 3a^., 1878; 3#. Slncfelmann, Inscriptiones antiquissimae 6
et celeberrimae Urbis patriae Hamburgensis, 1706; ©al. ©tepner, Inscriptiones
Lipsienses, 1675 (big )u f. 3^)> 3- ®- SKic^aelig, 2)refjbnifcfye Inscriptiones unb
Epitaphia, 1714 (auefy neuzettlid&e) ; @. ©tier, Corpusculum Inscriptionum Vite-
bergensium, 1860, 2.2lugg. 1883 (au$ neuzeitliche); §erm. ©röfcler, Inscriptiones Isle-
bienses, 1883 (audfr neuzeitliche); *ßaul 3Rifef$!e, 9taumburger ^nföriften, 1877—1881 to
(K* ing 19. 3afy$). ^Mittelalterliche unb neuzeitliche ^nfd^ri^en neben altd&riftl. aug ber*
föicbcnen ©egenben enthält in großer $of)l X***, Dictionaire d'fipigraphie chr&ienne
t. I. II, 1852 (Migne, Nouvelle Encyclop&Iie theologique t. XXX). — 2)ie ^n*
fünften in Stunenfd&rift, in Sfanbinabien unb (Snglanb gefunben, liegen bor in®, ©tej^eng,
The Old-northern Runic Monuments of Scandinavia and England, 1866—68. 16
3Hc SPuMifotionen bon leltifd&en, irifd&en unb angelfäd&fifd&en 3"f^riftcn f. §übner, In-
scriptiones Britanniae ehr. p. V. Um bie ©rforfdjung unb Sammlung ber georgifefcen
unb armenifcfyen ^nfdfrriften ^at ftcfc befonberg berbient gemalt Sroffet, beffen meifte Sir*
baten in ben Me*moires unb hn Bulletin ber Sttabemie ber Sßiffenfctyaften ju ©t. *ße*
teräfrurg veröffentlicht ftnb; bgl. M&noires, VI. S6rie, Sc. politiques etc., tome 4, 20
1838. 1840. VII. Sene, tome 8 n. 10, 1864. Bulletin Scientifique tome 3, 1838.
Bulletin de la classe historico-philologique tome 8, 1851 ; tome 10, 1853; tome 11,
1854; tome 14, 1857. Bulletin de l'Acad&nie imp. des sciences tome 1, 1860.
$0*1 ®ruty>en bon 3nf$riften Ijaben bor anberen Seacfytung gefunben, bie $nfc$riften
asf unb an (Stöbern unb auf ©locfen. ©rabfcfyriften unb @)>tta^>^ien ftnb beröffentlictyt, 25
afrgefefren Don ben föon aufgejagten SBerfen, in ©efd&i$te ber $riftl. ©rabföriften im
6*r. ftunjtblatt 1868 ©. 107 ff. 1869 ©. 23 ff. (ältertum, 2H2L, 5Reujeit); <{tyil.2abbc,
Thesaurus Epitaphiorum veterum ac recentium selectorum, 1666; Sucag fiofftug,
'Eauzdipta Principum, Ducum, Nobilium etc., 1580 (auefy neuzeitliche); Solu). 3Jten$iug,
Syntagma Epitaphiorum, quae in . . . Metropoli Witeberga . . . ereeta con- ao
raiciuntur, 1604 (ou$ neuzeitliche) ; ßifclaff, ®ie Segräbnifeftätten 2Bittenbergg unb ifyre
Smtmalcr, 1896 (auc$ neuzeitliche); 21. 2B. §ilbebranbt, 2)ie ©rabfteine unb ©pita^ten
abefiger $crf tmen in unb bei benßird&en ber2lltmarf, 1868 (aud& neuzeitliche); 2lj.$perfcfc
vomt, 9b>rtyaufeng mittelalterliche ©rabbenfmäler, 1880 (and) neuzeitliche) ; 3. Gfyr.Söfc
»er, Inscriptiones sepulchrales Helmstadienses, 1710 (auefy neuzeitliche); 9Hart. ©er* 35
\a$ unb §ang 33öfö, $>ie Sronceej? itap&ien ber griebfyöfe z" Nürnberg, 1896 ff. (and)
MiqcttCufc); 9lub. £ubarfc$, 3)enlmal ber ©ntfd&lafenen in ^otgbam ober ©ämmtlid&e
feabföriften ber bajtgen 5tird>^öfe u. f. to., 1834 (nur neuzeitliche); ©rabfcfyriften, ge-
faanmett auf ben Äirdjtyöfen z« ^reiburg, Äonftanz, SßiDingen, 1842 (nur neuzeitliche) ;
Z. 5. S^amberla^ne, Lacrimae Nicossienses. Recueil d'inscriptions fun^raires 40
k plupart francaises eidstant encore dans Tile de Chypre etc., 1894. 2Berfe
fikr aMoctaiinWnften f. oben 8b VI ©. 703 3. 35—40. — ^nföriften an »auten teilt
mit St 6<Wfer, ®ie 3>nWnft^ unb fiegenben an §alberftäbter Sauten, 1864 (auc^ neu*
jeitikfc); beutf^e 3nj c^riften an Käufern unb ©eräten: 35eutfd^c ^nfc^riften an §aug unb
•aötb, 5. »ufl, 1888. — »efonberg mittelalterliche ^nfäriften berürf^tigt aud^ eine 45
Ib£$( bcr oben f, 1 namhaft gemalten Sammlungen.
b) Allgemeine SBerfe. SSiele einzelne ^nf^riften bieten bie Sßerfe über ©c=
&djte bcr Jainft unb beg Äunft^anbtoerfg bar unb noc^ me^r bie 93erzei$niffe unb 3«5
bemtare bcr Sau* unb Äunftbenf mäler in ben einzelnen Sänbern, ^rotoinzen unb ©täbten.
Sic auf ^cutfc^lanb bezüglichen ftnb folgenbe : Sötticfyer, 3)ie Sau« unb Äunftbenf mäler w
Wr ^froinnz Dfaweufeen, 1891 ff.; 3)ie Äunftbenlmäler ber^robinz SQ3eftj)reuBen, 1884 ff.;
Bernau, 3)ie S3au* unb Äunftbenlmäler ber 5ßrobinz Sranbenburg, 1885; Sorrmann, 3)ie
fWw= unb Äunftoenfmäler bon Serlin, 1893; $ie Saubenfmäler ber ^rotoinz Sommern,
1891; Äotfo Serjeic^nife ber Äunftbenfmäler ber ^robinz ^Sofen, 1896 ff.; üyerzeic^ni^
Wr ftmtfibcittmäler ber $robmz ©Rieften, 1886 ff. ; 2kf$reibenbe ^arftellung ber älteren 66
Da? unb Jtonftbcnlmäler ber ^robinz Saufen, 1879 ff.; #au})t, 3)ie 93au= unb Äunft^
hadmäla bcr $robinz ©c^legmig^olftein, 1887 ff.; §aupt unb SBe^ffer, S)ie Sau= unb
Anßbcnfmälcr im Äretfe ^enogt^um Sauenburg, 1890; $ie Sau- unb Jtunftbenfmäler
»•■ Scßfalcn, 1880 ff. ; b. I)e^3flotfelfer unb 2o^, $ie Saubcnfmäler im SRegierungg^
kprf Gaffel, 1870; 2o$, Die Saubenfmäler im SegierungSbejirf 3Biegbaben, 1880; eo
182 3»fri)riftett
Sie Äunftbenfmäler bcr 9tyeinj>robim, 1891 ff.; Sie Sau* unb jtunftbenfmäler in ben
^o&enjollern'fd&en Sanben, 1896; ©. b. Segolb unb Serty. 9Ke$l, Sie Äunftbenfmäier
be« Äönigrei$« Sägern bom 11. bi« gum ßnbe be« 18. 3$>r&unbertö, 1895 ff.; Sie
Saubenfmale in ber $falj, 1884 ff.; Sefc&reibenbe Sarjieuung ber älteren Sau* unb
5 Äunftbenfmäler be« Äönigreid&S ©ac&fen, 1883 ff. ; $au(u3, Sie Äunft* unb Sntertyumfc
benfmale im Äönigr. 2Bürttemberg, 1889 ff.; Sie Äunftbenfmäler be$ ©roffcergogt&umS
Saben, 1887 ff.; Äunftbenlmäler bc« @roj#enogtum« Reffen, 1885 ff.; SieÄunfl* unb ®e*
fcfyicbt&Senlmäler be« ©rotoenogtyum« Mealenburgs©c$h>erin, 1896 ff. ; Sau* unb ftunft*
benfmäler S&tiringen«, 1881 ff.; Sie Sau* unb Äunftbenfmäler be$ §enogt$um3 Dlben*
10 bürg, 1896 ff.; Sie Sau? unb Äunftbenhnäler be« fierjogfyumS Sraunfätoeig, 1896 ff.;
Süttner, *ßfänner ju 2$al, än&alt« Sau« unb Äunftbenfmäler, 1892 ff. ; Styfelfiebt, $e*
fc&reibcnbe Sarfteßung ber alteren Sau« unb ßunftbenfmäler be$ f$ürftentyum£ ©cfctoarj*
burg=©onber«fyaufen, 1886 f.; @. ©$önermarf, Seföreibenbe Sarfte&ung ber älteren Sau*
unb Äunftbenhnäler be« gürftentyum« ©<$aumburg=2iw>e, 1897; %. £ ÄrauS, Äunft unb
16 aitertyum in glfafcfiot&ringen, 1876 ff. Obtoo&l in biefen SBerfen ja&lreufce ^nf^riften
mitgeteilt toerben, fo ift bod& ityre XuStoatyl unb bie 2lrt tyrer Seröffentlicpung eine fo
ungleiche, bafi ben 3lnft>rüd&en ber (gpigra^if (elbft bann nod> nfabt DöDig (genüge ge*
föe^en fein toirb, toenn alle bie genannten Sßublttationen einmal tyren Slbfölufs erlangt
fyaben toerben.
ao 2. Sei bem bermaligen ©tanb ber (g^tgrap^tf bed Mittelalters unb ber 9taqeit
tonnen über ©d&rift, Sprache, 3lrt ber ^nfqriften enbgiltige Angaben nod) nietyt gemalt
toerben. SeStyatb mag e« and) berechtigt fein, tvenn ic$ mi$ auf einige borläuftge Se«
merfungen über bie ^nfc^riften Seutfölanb« beföränfe.
Sie ©eföid&te ber ©d&rift läfjt brei grofje 3eiträume untertreiben. Stö gegen 6nbe
26 bed 14. 3afyrl?imbert3 tyerrfd&t bie 3Jtaju$lel, bie aUerbing« manche SBanblungen erfubr.
Wod) im lO.^a^unbert geigte fte bie fog. römiföe gform, in ben beiben f olaenben 3agr*
fcunberten tourbe fte bon ber romanifd&en Äunft beeinflußt unb geänbert, in ber 3*** &*
©ottf paffte fie fidj biefer an. aber mitten in ber ®ef$i$te ber ©otil boüjog fi$
ein Umfätoung. Sie gotifd&e 9)taju«fel tourbe Don ber gotiföen 3)linu$tel Derbrängt,
so bie ftety auf ben ^nfefriften bon ber jtoeiten §älfte be« 14. bte jumSegiim bed 16. Sofa
^unbert« erhielt. 3Jtit bem 16. ga^unbert begann ber brüte 3eitraum, in bem bie
©d&rift auf ben införiftlic^en SenfmäJern, abgefe^en bon mannen arc^aifterenben Se«
ftrebungen befonberS im 19. ^a^unbert, ba£ Silb ber \ttotiU üblichen SrurftfyKn
miberfpiegelt. JBa^ bie ^ai)i^d}cn angebt, fo tourben in ber romanif^en 3^ täfa
85 gängig bie lateiniföen angeh>enbet. ©rft feit bem 14. ^a^unbert bürgerten fxö) bie
arabifd&en ein, o^ne jeboc^ bi* in bie neuefte 3^t hinein jene böttig au« bem Sdbju
fc^lagett. — 2ln fiigaturen ift ba$ ^Mittelalter fe^r reic^, am reichten bie gotif$e 5RU
nuätet mit i^rem Seftreben, bie ätmföenräume jtpifc^en ben einzelnen Suc^ftaben mog*
lid^ft )u befettigen, ©eit bem 16. ^afyrfyunbert ftö{[t man feltener auf Sigaturen. — %äf
40 Slbfürjungen liebte bie mittelalterliche ©d^rift, toäfyrenb biefelben fpäter me^r unb mc^r
Derfd^mä^t mürben. %üx bie Sefung ber 2lbfürjungen toirb auf bie SBerfe über $aläo*
gra^lie unb Siplomatil toerh)iefen. — Sie Snterpunftion wfufa erp in ber neuern 3*
eine bur$greifenbe Siegelung, unb jtpar jetoeilä nac^ bem Sserfa^ren ber betreffenben
3ett in ber ©d^reib^ unb Srurffc^rift. 3fm 3Rä. erfd^einen afö S«**^11'1*011***^01
46 meiften^ fünfte in falber §ö^e ber $t\U, aber auc$ Äreuje u. bgl — Sie 9li$tung
ber ©d^rift gefyt toon linfö nad^ rec^t«. Siefe Siegel erlitt größere Xudna^men nur ba,
too bie Sud^ftaben bcr 3nWrif*en mittete ©u^erfa^ren^ ^eraefteßt tuurben, namentlich
bei ©lorfen; bgl. oben Sb VI ©. 706 3. 27 f. ©elegentlicfc fteUte man bie 8u#ftaben
untereinanber.
60 Sie ©)>ra$e auf ben infc^riftlid^en Senlmälern Seutfölanb* ift btö tief in« WL
hinein bie lateinifd^e. ©t>äter tt>urbe tDo^l i^re SlQein^errfd^aft gebrochen, aber bi$ übet
ba« 16. 3aF)rb. Ejtnau« menbete man fte gerne auf ©rabfteinen bon ©ele^rten unb bil
in bie neuefte 3^ an öffentlichen ©cbäuben unb Senlmälern an. Seuttöe Xe^te be»
gegnen in ber romanif$en Äunft^ertobe nodb febr feiten: e« ^anbelt fty oabei um 3m
66 fünften be« 12. unb 13. Sa^unbert«. Ärau«, Snfcbriften ber 9l^einlanber jä^lt bü
1250 unter 677 Hummern nur 3 beutfd^e auf, bon benen überbie« eine, II %. 419,
megen i^rer (5cf)tbeit berbäc^tig unb bie )tt>eite jmeifello« jünger ift afc ba« Xobedja^c
(1146) be« Tie betreffenben abeltgen, II 5Kr. 124. Älcin ift auejf bie 3<^l ber grieA^en
unb fcbrätfd^en Snfd^riften im 3J121. Ärau« ^at blo^ 5 grie^ifc^e »ufammengwra^t
so Sa fie Silber, Steliquiarien u. bgl. fc^mücfen, niemal« ©rabfteine, fo ftnb fte \ooffl alle*
3fiifd)riftrtt 3nfotratton 183
famt aufeerr/alb 2)eutfölanb3 tyergeftellt. 3)agegen cntftanben griec^ifd&e (Spita^ien unb
Jtaiotap^ien unter bem (ginflufj ber fyumamftiföen Seftrebungen, namentlich im 16.3afyr*
bunbcrt. äebräifc&e ©orte in lateinifd&er Schrift ftnb 3nf$riften auf Äreujen, ©locfcn,
Singen unb Amuletten im 2R21. unb 3aubcrteöern im 18. $af)xf). nid^t fremb. 2Rit
i^nen r*rbanben ftc$ in ber Siegel abergläubifctye SSorfteKungen. Slrabifd&e Segenben bc= 5
gegnen auf ben au$ bem Orient importierten iertilien, tootyl auety auf folgen, bie biefen
in £eutf$lanb nacfaebilbet tourben. $n Orthographie, äBortfc^a^ unb ©rammattl toeifen
bie in $rofa ober $oefie abgefaßten 3nf«riften manche Sefonberfyeiten auf.
SBie bie altc$rifHic$en, fo lönnen auefy bie faäteren infcfyriftlicfyen ©enfmäler eingeteilt
toerben in 3nfd&riften im engern unb toeitern ©inn. $u ^ct erften Älaffe rennet eine 10
überaus gro|e 3*^1. 3)ie SRe^eit bilben bie ©rabf d&riften, ßpita^ien unb 5tenotat>fyien.
Setter brnmen tyier in Betraft Snfd^riften an Sauten, ftird&en unb ftrcfylid&en ©ebäuben,
fo an portalen unb 2$üren, SSJänben (3Jtalereien, aud& folcfye in 3Rofaif), genftern (®la&
malereien), an ftr$Ii$en auSftattungägegenftänben, fo an Slltären, 3lmbonen unb Äanjeln,
Xaitfftetnen unb lauf feffeln u.f.to., an ©ebraucty& unb Scfymucfgegenftänben aller 2trt, fo 15
an Jtreujen, Jtruufigen, Seudfrtern, ftelc&en, ßiborien, ^atenen, 3ierfd&eiben, Steliquiarien,
©läfern, @<$üffeln, SBei^toaffergefäften, Stäuctyergefäfjen, ©efäfcen für bie fyetl. Öle, Sucfc
betfein, ©loden unb ©löcfctyen, auf *{$aramenten, u. a. Sfotepenbten, ©uperfrontalien, fallen
unb geifUicfcn ©etoänbern, auf Sifc^of^, Slbt* unb Sßräcentorftäben, fingen u.bgl. SBer*
baltntämäfjig häufiger tragen bie genannten unb äbn(td?e ©egenftänbe im WH. als in 20
ber 9tauett 3nfc$riften. SDiejelbe 2Batyrner)mung brängt fi$ bei ber 2)urc$mufterung ber
Oebiauqfds unb ©c^mudfgegenftänbe auf, bie nicfyt ftrctylicfyen gtowfen bienten, aber toegen
tyrer £ertunft unb tyreS 3ntyalt3 ben d&riftl. ^nfd^riften jugcjäfylt h>erben muffen. äuety
yd ben 3jnfdjriften im toeitern ©inne, ben Urfunben, [teilen bie iDenfmäler namentlich
bed StA. Vertreter. §ingehriefen fei auf bie Urlunben über ©d&enfungen, Privilegien, 26
gtttyefcen, $ät$te u. bgl. (togl. j. ». tfrauS, Snfd&riften II 5Rr. 9. 152. 239. 256 f. 272.
351. 486), bie flirc&frielbeterminationen (bgl. j. «. bafelbft 5Wr. 193. 685. 687), bie Äa*
Icnbarien unb Äalenbertafeln (bgl. u. a. 9Rai, 1. c. p. 56 sqq. ; ftrauS, a. a. 0. 9tr. 326).
Sie uerfc^iebenen Arten beä SDtateriatö unb ber lec&nif, bei ber Herstellung ber cfyriftl.
3nf$riften be$ SUtertumS übltct), erhielten ftc$ in ber $auptfad^e auety fpäter; nur in ber au
neueften 3ett führte ber moföinelle Setrieb teiltoeife Snberungen in ber $et$nil gerbet.
HtfolauS jfflfttter.
3vf|rirttion. — fiitteratur. ©efcr)icr)tlicr)c«: 6ontag, doctrina inspirationis
ejosqne ratio, historia et usus popularis, ^eibelb. 1810; ßrebner, de librorum N.T. inspi-
ratiooe quid statuerint Christiani ante saeculuin tertium medium, I, 3enal828; S)edfelben 86
©citrÄvjc jur Einleitung in bie bibl. ©Triften I, 1—91; SRubelbadf), $te fie^rc oon ber 3n*
fpiratton ber (!. 6*r. in &IZW 1840, I, 1-60. II, 1—66. IV. 1-40; X^ohicf, S)ie 3n-
f^hrationÄWre. 3)cutf4e Stf^r. f. cftriftl. SSiffenfd). 1850, 16-18. 42—44; berf., «rt. 3n*
{piration in $$€'; ©rimm bei erfd) unb ©ruber, magern. (Snc^Hop. II, 19, ©. 37 ff.;
3o. Deli6fd)f de inspiratione scr. scr. quid statuerint patres apostolici et apologetac seeundi 40
Meculi, Lipe. 1872; fta$ntd, 3)onmatif 3, ©. 136 ff. 2. Hufl. i, 268 ff.; ^öftltn, £utf)er3
Hw(. 2, 246 ff.; Womberg, S)ie fie^re fiut^crS üon ber M. ©*r., 2Bittenb. 1868; (Swalb,
•eW4te be« Solfd 3^raeP, 6, 268 ff. 3a^rbb. für bibl. ©tffen|*. 1, 68 ff. 9, 91 ff.; 3Ke*-
pr, *. ^ioination in$au!^ SRcalcnc. ber tlaff. «Itertuntstuiffenfd). 2, 1120; ^ütjnert, 2Baö
ld»rt Eut^er »on ber Snfoiration ber ffl. 6d)r., fieipft. 1890. — 3)ogmatif*eg: Chemnitii 46
examen oonc Trid. Francof. 1615, 1, 1—97; Selnecceri paedagogia christiana, Jen. 1568;
HumiiuA, tr. de majestate et auetoritate scr. scr. Francof. 1594; Hutter, disp. de scr.
«r. Viteb. 1606; R. Simon, trait^ de Pinspiration des üvtcs sacres 1687; ©rteöbad), stric-
tnraram in locum de theopneustia libror. sacror. p. I— V, Jen. 1784—88; 6rf)lcicrmacf)er,
WanbenÄle^re § 128—132; ^meften, «orlefungen über bie 3)ogmotif I, § 23; 93erf, (Sin* 50
UttnnQ in ba§ Softem ber «riftl. fiebre § 88-101; ©. 3- Wfrf*, ©t)ft. ber cfiriftl. &f)re5,
§37 ff.; flippt, Stix^l »laubenfile^re* 1, 205 ff.; ftot&c, 8ur 3)ogmatitf ©otfca 1863,
6. 121 ff.; ©ofmann, ©ei8fagung unberfüUung, 1, S.25ff. 41 ff. ; ©cb^ftbetoeiS, 1, 070 ff.
3f 96 ff.; 0>ie beil. Schrift 9tX 1«, 1-54. dagegen SDiccfc)off in ber lir«l. 3eilf«r. u. ffUe-
M unb ©ejer 1858, S. 711 ff.; ftatjntö a. a. £).; Jranr, St)ft. ber rt)itftl. Gknnftt)cit 2, 66
143, 9; S^ft. ber «riftl. 9Bat)rt)ctt 2, § 43; $oigt, ^unbanientalbogmatit 1874, § 21;
itaier, 6l)ft. ber «riftl. (Blaubenälebre 1879, § 57—59; fiipnu«, 5>ogntatif\ § l%ff.;
«cbermonnr 5)oamati!», § 179 ff.; Wer, SBtffenfdjaft ber «riftl. *!e&re\ 446 ff.; ^aftan,
^•gnatif, § 5; xBQing, ^rolegomena jur £et)re uon ber ^eopneuftie 1890; $ie üet^re t?on
ler tbeopneuftie 1891; 9lttf«l, fie^re oon ber 9te«tf. unb «erfötjnimg», 2, 9 ff.; $>• S«ulf, 60
9k Steffnng be3 «r. (Klaubens jur ^l. 6«r., Sraundberg 1877; ^errmann, bie Sebeut. b.
3if^nition«le(re für bie et). ftir«e, ^aQe 1882; (f. $aupt, 5)ic 33cb. ber ^l.S«rift für ben
184 Snftriratio»
cd. (griffen, 1891; ®e&, 3)ie gnfpiration bcr gelben ber ©ibel, 1892; $äring, 8ur 3"foi-
rationSfrage, $l)©tÄ 1893; 3W. ü. Wat&uiiuä, lieber bie Snfpiration ber $1. ®d)r. unb bic
t)ift. tfritif, 1895; Äfiftler, Unfer ©treit um bie ©ibef, 1895; 3efu3 u. baS «3:, 1896; ®er
fogen. Ijtftor. 3efu& unb ber bibl. GfcrtfruS, 1896; #. Bremer, ©laube. ©djrift u. bciC. @e-
5 fdn'djte, 1896; #enberfon, Divine inspiration, 1836; ©auffen, Tlieopneustie, 1842; Vigute, de
la nature de Tautorite* du NT 1850; SRougemont, (SfyriftuS unb feine 3eu8en °^r ©riefe
über bie Cffenb. u. Snfptr. $eutfd) Don 6. SabariuS; ©armen 1859; ©ennridj, S)er Stampf
um bie ©d>rlft in ber beutfa>eü. Äirdjc beS 19. 3atjrfcunbert8, ©erlin 1898 (entlj. auf 6. 151
big 160 ein faft DoüftänbifleS, freiließ nid)t immer gan* ridjtiaeS ©er&eidjniS ber iml9.3aljr«
io Ipnbert in 5)eut[d)lanb erfd)ienenen felbftftänbigen ©Triften, ©orträge, Vb&anblungen u. f. w.
über bie ©djriftfrage, au$ bem fid) ergtebt, ba& fautn eine bogmatifdje grrogc fo jaljlrctü)
betjanbelt tuorben ift unb wirb wie biefc).
Snftriration bq. im fyeologifd&en Sprachgebrauch foejiell bie @mtotrfung be$ ^eiligen
©eiftcö auf bie (Sntftefyung ber ^eil. (Schrift, burc$ toeld&e biefetbe SluSbrucf be$ und gel*
15 tenben SBillenS ©otteS ober beä SBorteS ©otteS getoorben ifi SDte »ejeicfcnung entflammt
ber 33ulgata, toeld&e 2 %\ 3, 16 näoa ygacprj &e67zvevorog mit omnis scriptum di-
vinitus inspirata überfefct. Db barmt ber Sinn beS gried&iföen Suebrudfö getroffen
ift, erfd&eint minbeftenS fraglich 3)erfelbe gehört offenbar nur ber $ettmi[rtf($en unb 4rn>
liefen ©räcität an. 3)ie 2lngabe, er toerbe auc§ in ber flafftföen ©räettät t>on Sintern
20 unb ©etyern gebraust Oputfyer im Äomment.), um ju bejeic^nen, toa$ Cic. pro Archia
p. 8 fage: nemo vir magnus sine aliquo afflatu divino unquam fuit, ift ent*
Rieben irrig. SDenn Motiv, ftnbet ftc§ in ber flafftföen unb überhaupt in ber $rofam
gräettät gar nid&t. 2ln ber einzigen ©teile Plut. de placit. phil. 5, 2 (Mor. 904, F):
rovg öveigovg rovg deonvevoxovg xai ävdyxtjv yiveo&aC rovg de wvoixovg ävu-
25 doikojioiovfiivYig ywxrjg rd av/uxpigov avrfi xrL lontmt e$ mit größter £EBo$rf<Jfyetn*
lid&feit auf Segnung beä 3lbfc$retber3, unb ftegt, toie SHfyttenbacty Vermutet, an ©teile bim
deonifjuizovg. Slufcerbem finbet e$ fic$ bei SPfeubo^ofylibeS v. 121: rifc de #«>-
nvevaxov oowirjg loyog lorlv ägtazog, — toenn nid&t bie ganje 3^e/ ö& ten Sfl*
fammenfyang^ (törenb, mit Sema^« ju ftreid&en ift, — fotoie im 5. 83uc$ ber ©ib^Dinen
30 v. 308 : Kv/xrj d' i\ fxcogd ovv vd/xaoi xdig ^eonvevcxoig unb v. 406 : AAla juiyav
ysverfjga &ebv ndvxcov &eo7zvev<n(ov *Ev {foofmg iyigaigov xal äyiag exajöjußag.
5Pfeubot>^oI^libe« aber ift ein ÄeHenift, unb ber 35erfaffer be$ 5. Suc^e« ber ©ib^uinen
mit ber größten SBa^rfd^einlic^Ieit ein jur 3^t ^abriand lebenber äg^tifc^er 3ube, Auf
d^riftlid^em Soben lefen toir ed 2 %x 3, 16 — toielleid&t über^auj)t bie erfte nac^ttm^bare
35 f^riftlid^e SSerloenbung be$ SBorte«. SBettftein fü^rt bagu auä ber vita Sabae 16 (in
Cotelerii monum.) bie ©teile an: fy&aoe rfj xov %v ydgixi fj ndvtmv deoTtvewncov,
ndvTwv vgiOToq?6g(Dv avrov ovvoöla fte'xQ1 6 dvo/xazwv, fotoie bie Se^eic^nung bed
SJtarcuS eremita aU 6 ftedTzvevorog ävrjg. $afe ba^ SBort J)afftbif(^e Sebetitung tyd,
ergiebt ftc^ aui Sibyll. 5, 406 unb ben beiben jule^t angeführten ©teßen al« unjtottfel;
io ^aft, alfo = mit ©otteS (Seift begabt, göttlich begeiftet (nic^t begeijlert, toie Stoalb
unterfd&eibet). 3)ann aber lann ygatprj dediivEvoTog nid^t „bon ©orte« ©eift eingegeben'
im ©inne ber 33ulgata fyetfjen ; bielme^r toürbe & mit folgen Segriffen, toie ^ier ygcuprj,
Sibyll. 5, 308 väfxa, Duette, berbunben enttoeber „mit ©orte« ©eift erfüllt" ober „qött*
liefen ©eift atmenb" bebeuten nac^ jenem naheliegenden Übergang ber })afftben in aftbe
45 Sebeutung, toie er in äjivevoTog, evjzvevmog borliegt, fd^lec^t, gut beatmet = f$fa$t,
gut atmenb. 35gl. Nonnus, paraphr. ev. Jo. 1, 102 sqq.: ov noöbg äxgov dvögo-
jutyv TtaMjurjv ovx a£iog el/u mldocag, Xvaat juovvov Ifxdvxa fteoTtvevoroto nedi-
Xov, mit v. 129: ßamlteiv duivgoioiv xal daivvooroioi Aoetgoig. 3)er Slu^brud
deojzvevoTov Tiiödov lä&t bie ©rflärung „tnft)trierte, bon ©Ott eingegebene ©anbale"
50 ebenfotoenig $u, tote bie SSerbinbung mit ävtjg, äv&gcDizog. 3Bie in ber ©teße beä 9lon*
nu« toirb e£ aud^ Phocyl. 121 ju faffen fem; iebenfall« fyat bie @r!laruna: „mit göttL
©eift begabte 2Betefyett" ben 35orjug, bafe deojTvevorog bann bie gleite Sebeutung be«
^ält. 6tn Übergang ju ber ©ebeutung „bon ©ort ge^aud^t" = öon ©ort eingegeben,
fc^eint minbeften« fcr)r fc^toer erflärbar, toürbe aud^ ungejtoungen nur )u Phocyl. 121
55 Raffen, toä^renb 2 %x 3, 16 bei Slnna^me biefer Sebeutung immer eine SRetontpnie txnc»
läge, beren ßrflärung minbeften« einen fcr;on längere fyxt befte^enben unb feftgelegten
©J>rad;gebraud& erforberte, ber aber, tote bie angeführten 33ctfJ>iete jeigen, ntc^t borlag.
@S mu| ba^er tro^ ^ranfö fd^led&t^tn unbegrünbetem ^roteft (©^ft. ber cfyrifH. SBa^w^ett,
3. 2luff. 2, 74) babet berbleiben, baft deonvevorog enttoeber „bon ©ort beatmet, öon
60 ©orte« ©eift erfüllt'' ober „©otteä ©eift atmenb" Reifet, gür bic ©ac^e ift e« einerlei unb
ebenfo für bie fk$ barauö ergebenbe Slnfc^auung, ba^ bie ben ©eift ©otteä atmenbe ober tom
I
dnfyirattoit 185
$m erfüllte Schrift auc& unter fonberlicfyer ßintoirlung be« ©eifte« ©otte^ entftanben fei.
9Dte Sebeutung: ,,@eift@otte« atmenb", entftmcfyt ebenfo bem gufammenfyang, namentlich
bem oxpeXifxog jigdg didaaxakiav xtL, bem rd dvvdfievd oe ootpioai 35. 15, tote
au$ ber fonftigen SRebetoeife, $. S. be« £ebräerbriefe«, in toelcfyem ba«, h>a« bie ©d&rift
fagt, befanntlicfc al« Siebe, 2Bort be« $L ©eifte« benannt toirb, togl. aucfy Slft. 28, 25. 5
9u$ Drigene« fd^eint e$ hom. 21 in Jerem. fo }u Derftefyen: sacra volumina Spiri-
tus plenitudinem spirant. S)a$u !ommt, ba& ber 2lu«brucf: „toon ©Ott eingekaufte,
eingegebene ©dfrrift" in äntoenbung auf bie gan^e ©cfyrift au$ bem Stammen ber biblifd&en
Sorfteüung felbft hinaustritt, fofern biefelbe jtoar toofyl bie nicfyt au« menfctylid^em Sßillen
berfrorgegangene 2Bei«fagung (2 $t 1,21) fo bc^eid^nen toürbe, fd&toerlicfy aber alle übrige 10
H. ©cprift — ober man rnüfcte in 2 %\ 3, 16 o^ne jeglichen Slnlafc ettoa ben 3lu«bruc!
für eine ber ^iloniföen ctynlicfce Sorftellung toon ber $. ©cfyrift finbeu. SUIerbing« aber
bat bie ^efc^ito e« offenbar = Don ©Ott eingegeben fccrftanben, iebod^ nid&t anber«,
al« ioie eS 3Rt 22, 43 Reifet: Aavlö h nvev/uan kahl ©ie überfefct: T-? sre bz
zrsr». Är,r^> „benn jebe Schrift, bie h nvevfian gefd&rieben ift" — immerhin boc§ 15
oortoaltenb unb in erfter fiinie bie Sorftellung toon Snftnration be« ©d^reibenben. ©benfo
bie äüjicfp. Überfefeung: „Unb jebe ©cfyrift ift in bem (burcfy ben) ©eift be« £errn unb
nü$t k", toogegen bie (au« bem ©runbtejt gefloffene) arabifd&e: „unb jebe ©d&rift, bie
göttlich Don spiratio ift, divinam sapiens auram".
SUIerbing« fönnte bie Überfefcung ber $ef$ito ebenfo toie bie (Srflärung ber grie$. 20
Sgegeten für ba« divinitus inspirata fetyr in« ©etoid&t fallen, toenn biefelbe fic§ nictyt
au* ber ^errf^enben SSorftettung ertlärte, für bie man in 2 %x 3, 16 ba« entftired&enbe,
fonft freiließ nirgenb gebrauste unb Ijier erft geprägte 2Bort ju finben glaubte, unb
toe!$e me^r ober toeniger bom alejanbrinifd&en Igubentum &*#*>• Dom §eibentum herüber*
genommen fear. 26
2>ie ürcfclic^e SnftrirationSlefrre — ober bielmefyr, ba toon einer 3>nftnration«letyre
laum e£er als nad) beräeit ber Deformation bie Siebe fein fann unb fird&licfc, toieÄafyni«
mit Siedet fagt, nur bie ISetyre ift, bafc bie ©d&rift infoiriert fei, toäfyrenb nie fcon ber
fttr$e feßgefe^t toorben ift, h>ie fie inftririert fei — bie älteften firctylid&en Sorfteüungen
fem ber Snfptration fc^loffen ftc^ toeit enger an ben älle^anbrintörnuS refy. an bie ^eib^ ao
ntfe^cn Sorftellungen an, afö an bie ber jübifctyen Geologie.
3)ad talmubiföe tote ba« ale^anbrinifd^e ^ubentum n>aren einig in ber unbebingten
Sae^rung unb änerlennung ber einzigartigen Autorität ber ^eiligen ©Triften Sil«. £a$
talmubifc^e ^ubentum nimmt in Setreff ber Sfyorafy einen unmittelbar göttlichen Urfl>rung
an. ©ott fjabt fie mit eigener $anb gefd^rieben; anbertoärtä: ©ott fyabt fte 3Jtofr al$35
feinem Smanuenft« biftiert. SBenn einige Se^rer anzunehmen geneigt ftnb, bau 2)t 34, 5
ton §o\ua gefc^rieben fei, fo toirb bod? bon anberen behauptet, and) bie« fyabz ^Jlofe«
fettft nad) göttlichem ©iftat unter bielem SQSeinen gefd&rieben. 6ine Offenbarung Reiter
Cxtfmmg bUben bie Nebiim (Dorn 8. 3°fua an m^ SinfdJI. ber $Pfalmen, §o^e«l., §iob,
Äo^det^, (gfra), ate Kabbalah b. i. Irabition untergeben toon ber i^ora^. 3Kofe«, 40
Mftt ed einmal, fd^aute in einen reinen Spiegel, aber bie anberen ^rojiljeten in einen
nnüaren; 9Rofe« fa^ burd^ einen ©Riegel, bie anberen burd^ fteben. Sei ben $ro*
l^eten ift bie Sßerfon nid^t fo fe^r t>om ©eifte ©otte« Eingenommen, bag tyre eigene
^erfoa gan) zutürfträte unb fte betou^tlofe Organe be« ©eifte« mürben. SSielme^r mac^t
W bie natürliche Eigenart fo fe^r geltenb, ba^ ). 8. ^efaia« ben ©inbruef eine« Wanne« 45
«* berSeftben^ ßiec^iel ben eine« Sauern macfyt; jener ift lur^ unb fnaw in ber 2)ars
Whmg, biefer mu| fu^ über alle« fcertounbem unb berfäUt ber Sreite. 2)ie Siebe be«
Jaemiad unb be« Arno« entforeefcen ber heftigen ©emüt«art biefer beiben. 3a e« toirb
jogar eine Serfc^ieben^eit ber prot>Eetif$en Segabung angenommen unb bie bem ^efaja«
^ teil getoorbene unmittelbare göttliche Mitteilung berjenigen aller anberen ^ropf;eten Dor= so
®%#mL „Sei ber noety fo ftrengen Slnerfennung be« Dbjefttoen ber ^rop^etie liefern
fe Xalmuble^rer bennod^ ba« fubjeftiDe Setou&tfein be« ^ro^^eten beim (Sm})fangc ber-
Wen nt^t toernic^tet fein" (Hamburger, SHealenc^fl. für Sibel unb Salmub I, 850 ff.,
857). über bie eigenartige Snftriration ber £agiogr. äufeem fid^ erft bie jübifcfyen I^eo*
b||m be« SRittelalter« nä^er. ©ie lehren, bie ipro^^etifc^en Sudler feien burc^ ben ©eift 55
fcr Sei«fagung# biefe burd^ ben ©eift ber £eiligfeit gefc^rieben, — eine bem jübifd&en
Itetmn jtoar unbelannte Unterfd^eibung, üeranlafet'burd) bie Dreiteilung be« Aanon, ferner-
ö^ a&er, toie 3- 3)eliftfc^ (f. u.) annimmt, ber unau«geft>roc$ene ©runb berfelben. 2)afj
fe (Sntfte^ung ber ^agiograp^en ebenfo auf SiJirfung be« ©eifte« ©otte« jurücfgefüljrt
fciabe, tote bie ber übrigen ©Triften, beioeift bie Slrgumentation be« §errn e con- <*>
186 Snfotratton
cessis 9Rt 22, 43. 3)afc bie SnbiVibualttät ber 33f. nod& me^r m ityen Vortoaltenb
gebaut tourbe, afö.in ben $rot>fyeten, lä|t ftc$ ebenfo au« tyrer ©teile im Station, toie
au« verfd&iebenen 2lu&erungen fctyliefeen, in benen fic im SBer^ältni« jur 3$ora$, aU
bte unterfte Stufe einnetymenb, be^anbelt toerben.
5 Sfaber« ba« alejanbrimföe IJubentum. 3toar tyält, in ttbereinftimmung mit bem
SEalmub, Sjofe^u« baran feft, bafe im 2. Semmel ber $L ©eift fe#e, unb bk bie 3eit
be« Slrtajerje« fiongimanu« al« ba« 6nbe be« lanoniföen ©cfaifttum« — äjto ik *Aq-
xa£6o£ov ju£%qi xov xafty fjfmg xq6vov yfaoanxai jukv exaoxa, moxecog ik ovx
öfxoiag fjglartai xotg tiqo avxcbv, dtä xd fxr] yevio&ai xr^v xwv 7ipo<pt]XüJv dxgißrj
10 dtadoxrjv c. Ap. 1, 8; Sir. praef. 1, Vgl. aud& 1 9JtaI 14, 41 mtt 2 5WaI 2, 13.
Srofcbem nimmt 3of. ebenfo tüte <(tyilo unb ba« 8. ber 2Betö&. 7, 27 eine fjortbauer ber
pro^etifd&cn Segabung an. Sßfytlo färeibt jebem frommen unb toeifen 3Ranne, fpejied
auety ficlj felbft, nQwprjxFJa ju, unb ber ©iraeibe [teilt bei aller 93ef$eiben$eit bodfr feine
©d&rift ben väterlichen Suchern e&er gleich, al« bafc er fte unterorbnete, Sir. praef. 5 sqq.,
15 33, 17 sqq. 3)ie ©age Von ber Sntfte^ung ber ©eptuaginta beruht ebenfo, tote bie 8uf*
nagme ber 2fyo!r. in biefelbe, auf biefer S^eorie. ©d&einbar alfo toeityeqiger unb freier
al« ba« talmubtfd&e Subentum, bertritt ber §eßeni«mu« in SBirfltyteit eine bei toeitem
ftrengere Snfeirationeletyre. äße ©cfriftftetter be« SET« finb «Propheten. 8ei ber pttfylp
tifd&en ©rleud&tung aber cefftert ba« menfd&licfce Setoufctfetn. SDer fyxopfftt ift Organ be«
ao burd? tyn rebenben ©otte«, feiner felbft nic^t betoufjt unb feine« 9Bitten« beraubt ©r ift
$oImetfc$cr be« göttlichen 2BUIen«, otyne ju h>tffen, toa« er rebet, benn er befbibet ft$ im
3uftanbe ber (Sfftafe, ber &eo<p6or}xog juavla. 3)ie @tftafe, ev&ovotovvxog xal deo-
(pogrjxov xö Tiä&og, ift f] r/ge/biia xal fjovxia xov vov, Phil, quis rer. div. haer.
I, 510 ed. Mang. cf. 511: xeo öi nqorpmixco yivei <pdei xovxo ovußalveiv. 1£<m-
26 xitexai fikv yäo h fjfuv 6 vovg xaxä xrjv xov üeiov Jtvev/jaxog cupt£tv, xarä de
xrjv juexavdoxaoiv avxov näfav elooixl^exai. ßijuig yäo ofix ioxi ihrfibv d&avörcö
ovvoixfjoai' öid xovxo fj dvoig xov Xoyiofxov xal xö negl avxdv oxöxog Bxoxaot*
xal dewpÖQrjxov /biaviav lyhrqoe. Sfnbere ©teilen f. bei t)clt$f$, De inspir. ete.f
©. 10 ff. 3n kkfent gwftanbe finb fte auc^ beim ©(^reiben, benn ba i^nen bie Offen»
ao barung im ^uftanbe ber @fftafe unb alfo be$ aufgehobenen Setou^tfemö ju teil totrb, fo
lönncn fte biefelbe felbftberftänblid^ aud^ niebt nad^^er au« Erinnerung niAerfc^reiben,
benn fte fönnen fi$ nid^t erinnern. 5ß^Uo felbft glaubt bie ©fftafe au« ber bei fetner
eigenen f$riftfteQertf$en Arbeit gewonnenen Srfa^rung befebreiben )u fönnen, de murr.
Abr. I, 441. 3toar fd&etnt man ntc^t atte« in ber tyL ©d&rift aö im gupanbe ber ®t
86 ftafe getrieben angenommen }u ^aben, j. 93. bie )eitgenöfftf$en SRitteuungen ber $ro*
j)^eten xä xcbv TZQowrjxcov xd ßiiv dvojxdxa) xal nakaidxaxa xaxd xi]v bzbtvouxr r^r
And xov deov fia&dvxwv, xd öi xa&* avxovg <bg iyivexo oaq>6Jv ovyyQeupovxair,
Jos. c. Ap. 1, 7. dergleichen ift jebod? öer^ältntemä^tg jju geringfügig, um ettoa auf
bie Slnnafyme einer t»erfd)iebenen SBirffamleit be« ^eiligen (Seifte« ju führen. @^er tonnte
40 man eine fol$e Annahme al« Jtonfequeng ber bevorzugten ©teQung ertoarten, toelc^e $$lo
unb 3ofej)^u« im ©inflange mit bem 2älmub ber S^ora^ jutoeifen. S)enno<^ ip toda
biefe Bevorzugung noef) bie geringere SSertun^ ber $aaiograp^a burd^fc^Iagenb genug, um
bie obige S^eorie Von ber ßntfte^ung ber btblifd&en ©Triften ut beemfluffen. 3a niefct
einmal bie Unterfd(>eibung jtoekr 3(rten Von S^fritation bei aJlofe«, ber iopriveia, too
46 ©ott allein rebet unb mit feinem 2)oImetfd&er gleid&fam eine $erfon toirb, unb ber n^o-
Stjxeia (de vit. Mos. III. II, p. 163 sq. ed. Mang.) ift ba$u im flonbe. Ehcfe
nterfebeibung ift eine rein formale, Vgl. ©iegfrieb, 5ß^ilo Von Älej. als äu&eger be«
211«, ©.161. ffiie ^eiligen ©c^riftftcHer ^aben ebenfo gerebet h>ie gefc^rieben im Äu»
ftanbe ber (Sfftafe, burc^ meiere ba« ©elbftbetoufttfem unb bie ©elbfit^ätigleit aufgehoben
60 unb ber 3Kenf^ jjum rein pajfiven Organe be« ©eifte« ©otte« bejh). be« Sogo« toub, —
bie« ift bie £ellemftifc&e Slnfic^t.
3lud^ bie ^1. ©d&rift lennt eine ©fftafc, aber ioeber bedft ftc^ biefe mit ber #>Uom»
fd&en gfftafe, noc^ ift c« biblifd^c SSorfteHung, bafe bie gjnftriration ftc^ mefentltd^ bur^
SJerfefcung in ßfftafc VoUjic^e. 3Dic SBerfcfcung in ©Iftafe ift, h>ie ft# ergeben toirb, nic^t
66 au«gefcbloffen, aber fte ift h>cbcr bie einige, nod^ aud^ nur bie tyaimtfä$li<$e SBeHe ba
^nfciration, vielmehr etioa« burd^au« aufeerorbentlid^e«. 35or allen 3)ingen gefd^iept bte
SKitteilung ber bur<# Offenbarung empfangenen Äunbe an anbere nie im 3uflanbe ba
©fftafe, au«genommcn Vielleid^t ben goß einer ^Jrop^etie loiber SöiHen hrie bei Stlcam.
9lac^ biblifd&em 33egriff ift bie Gtftafe berjenige .ftiiftanb, \n toelc^em bem für bie 93a^
60 ne^mung überftnnlt^er 3)inge an unb für [xd) ungeftycften ÜRenfc^en überfinnlfa^e Offen>
3nfytratto» 187
bannigen &u teil toerben, fei e$, bafc e3 göttlich gezeigte Symbole toie 31© 10, 10; 11,6;
3er 1, 11. 13, ober bafe e$ überirbifd^e Realitäten ober Silber julünftiger $)tnge fmb,
tote bei »ileam 9lu 24, 3. 4; 22, 31, bei ©efaft 2 Äg 6, 17; bgl. 2 Äo 12, lff.;
Spt 1, 10. 3n biefem ßuftanbe ift ber 3Jtenfd& enttoeber & nvevuaxi, b.$. ben ©gratis
len feine« an bie @inne gebunbenen SBafyrnefymungStoermögenä enthoben, bgl. 9l)>t 1, 10; 5
2 Sto 12, lff., ober e$ fallen biefe ©d&ranfen momentan, ofync bafc augleicfc bie fmnlic^e
33a$mebmung aufgehoben erföeint, unb bie 3Ba^me^mung überftnnlicger ©rfd&einungen k.
tritt in oen 3ufammentyang beS toad&en fiebenS, ofyne tyn gu unterbrechen, ein, ogl. Sc
1, 11 ff. 3n feinem jfalle erfd&eint ber giifhmk ber ©Iftafe als ein fold&er, ber leine @r*
traienmg be* in tym ©abgenommenen jurücflaffe. SDenn, tote Slugufttn ju $f 67, § 36 10
rüstig bemerft, ift bie ©fftafe nid&t (tote bei Sßfytlo) eine alienatio a mente, fonbern
eine alienatio mentis a sensibus corporis, ut spiritui quod demonstrandum est
demonstretur.
SBeber atö ber tyL ©dfrrift felbft alfo ftammt bie t>fyilonifctye reft>. ^etteniftifd&e $fyeorie
txm ifyrer ©ntftetyung, not$ aus ber eigentlichen jübifd&en Geologie, — fte entftammt biet is
me$r in geraber Sinie bem §cibentum. SDiefcS allein lennt eine deoydorjxog juavla,
toie ^tyilo bie ©fftafe aud) nennt, toeld&er im biblifd&en ©inne, genau genommen, nur ber
Begriff ber Sefeffentyeit entforeetyen toürbe. @3 ift nid&t ganj genau, toenn ber Segriff,
mit toekfcn $^Uo rennet, lebiglicfc auf Segnung feinet „SßlatonifterenS" gefegt toirb.
Su$ nodfr anbere Momente, t>ieUei$t (Sinflüffe orientalifd&er Religionen, bürften mttgetoirft 20
faben (t>gl £emje, $ie Se^re bom 2ogoä in ber grie$. ^tlofoptyte ©. 296). ^ebenfatl*
aber ift eS bie allgemeine üBorftedung ber ©rieben i>on bem iv&ovoiao/u6g, ber juavia
ber pdrxug, unb bie platoniföe anficht bon ber Duelle ber fünftlerifd&en $ert>orbringung
unb bem Urftmmge ber Sßtyilofo^ie cetö fold^er juavia ober göttlichen S3egetfterung, toelcfce
$$lo aufgenommen tyd. Ct. Plat. Jon. 534, b : xov<pov yäq XQVt"* noirjtrjg loxiv xal 26
imprby xal Uqov, xal ov tiqoxeqov 616g xe noieiv tzqiv äv ifv&eog xe yevrjxat xal gxtpowv
x€u 6 vovg fifjxhi iv aixcp Ivjj. Sa>g d'äv xovxl fyfj xo xxrma, ädwaxog nag noieiv
knbr ävögamos xal ^a/iaxJeiV. Sgl. auc$ 3Kejgcr, Slrt. ftibinotton in SßaufyS Steal*
Cnc^ö. ber Haff. »ItertumStoiffenfd&aft II, ©. 1120 ff. $reiltd& befielt ein toefentlic^er
Unterfc^teb jtoifd^en ber platontfc^en unb ^ilonifd^en 2lnfic§t, toelc^er aber nid^t ba^SSJefen, 90
fonbern bie »ebeutung ber (Sfftafe betrifft 5Rad^ $lato ift bie SJertoirrung ber ©eele,
toeb^e pe bei ber Erinnerung an bie in tyrem übernatürlichen 2)afein gebauten Urbilber
mit (Snt^ücten ergreift, bodb nur ber 3lu^gang^un!t ber $btlofo^te, inbem ber baburc^
getoetfte ^ilofo^ptfc^e Xrieb, ber @ro^, ba^ ©treben, bem Unfterblid^en ä^nlic^ ju toerben,
feine »efriebigung fuc^t unb erlangt auf bem 2Bege ber bialeftifd&en 3Ket^obe (Retter, 3)ie 86
$$Iofo}>$ie ber ©riechen, II, 1, 3. SbtfL ©. 516). gür ^J^ilo bagegen ift bie ßfftafe
ba* 3ieC be« ©treben«, bie fcottenbete SÖerfenhtng in bie ©emctnfd^aft ©ottcä burd^ botte«
Aufgeben bed inbhribueden Setou^tfeinö. aber gerabe biefer Unterfdneb jagt, ba^ $^ilo
im ©runbe nid^tö ^ö^ere« lennt, ate ben gemeinen Segrtff ber (Sfftafe, tote er Oon ber
Äantit unb bem SJfyjterienhiltuS bergenommen ift, }u beffen Stntoenbun^ unb Slu^be^nung 40
auf analoge Srföetmmgen be^ Offenbarung^gebiete« er ft$ bann in fernem ©tyntretiämuä
ffa bere^ttgt btelt.
3He gleupe im ©runbe genommen bur$ unb bur$ ^etbnifc^e S3orftellung ftnben toir
n ber ^nrtftlt^en Äirc^e gleich an ber erften ©teile toteber, an ber un$ befttmmte au«*
ton über bie Art unb SBrife ber 3nft>i™tion begegnen. SBä^renb nämltd& bei ben aj)o- «
{Mtfc^en Satern nur bie 3^atfac^e ber Snfriratton in ber 3lrt, toie fte bie ffl ©c^rtft
Ki citieren, einfädln Sudbrucf finbet, betonen bie 9l))ologeten be^ 2. ^a^unbertö bie
90dTtt^e ©ntfte^ung ber in ber fyl. ©c^rift niebergelegten @rlenntni« unb äußern ftc^
barüber fo, baft fte unberlennbar nic^t blog eine med^antfd^e, fonbern eine manttf$e 3n=
Imatiim lehren. SgL bie bei£eli$f$ a.a.O., ©.36 ff. gefammelten ©teilen, namentlich eo
Ju*t 00h. ad Oraec. 8. 10; Apol. I, 36; Athen, leg. 9, 42. ^uftin fagt Oon ben
H- 6*^riftjWIern (00h. ad Gr. 8): xa'&agovg iavrovg rfj xov ftdov Jivevjuazog na-
goordr htQyclq, fv* abtö xo üeiov l£ ovgavou xaxiov jzAijxxQov, (ooneg ÖQydvfp
magag xrvog f) Xvgag xolg öixaioig ävögdoi ^^c6/ievov, xrjv xcbv ^«wv fifilv xal
ojgoWoir djtoxaXvxpf] yva>oiv. ät^enagora« bepauj)tet auöbrürflic^ bie (Jfftafe ber $ro* 66
^Ctea, of xax' btaxaoiv xwv b> avxöig Xoytojuajv xtvijoavxog avxovg xov öeiov
znvfAaxog ä h^qyovvxo l£eq>d>vr}oav, avyxgtjoajuevov xov nrevjuaxog cooeI xal
athjxijg avldv ipmvevoai, leg. 9, 42; Theophil. ad. Autol. 2, 9. Um bic£ ju
begreifen, toirb man fi$ bergegentoärtigen muffen, bafe ben im $eibentum gefd^ulten sIRdn=
■cm mit ber (Srfenntnid ber $rift(i$en 3Ba^r^ett ntd;t blo| im allgemeinen ber göttliche 60
188 äfnftrinttton
Urfarung bcr crften grfenntniS berfelben unb bamit bcr fyl. ©ctyrift fic^ aufbrängtc, fon*
bern um fo letzter fid& audjj bie gried&ifd&en SJorfteHungen bon ber Sntfte&ung folc&er för=
fenntniffe geltenb matten, je toeniger bic d&riftlid&e SBJa^r^eit baS (Ergebnis fdjlufjmäjjigen
3)enfenS fein tooHte unb fonnte unb jemefyr bcr mit bem (S&riftentum unauflöslich öer*
5 fnityfte begriff ber Offenbarung unb ber Söirffamfeit beS ©eifteS ©otteS fold^e 3?or*
fteüungen *u rechtfertigen jd&icn, bie no$ genährt tourben burefc baS ber ©ttylle (coh.
ad Gr. 37) beigelegte 2lnfetyen. Slimmt man bieS lefctere, bie ©leic^ftdlung ber &eib*
nijcfyen ©ibtytle mit ben Sßro^eten unb bie bebeutfame ©tettung tynju, toeld^e bie SBetS*
fagung in ber tyl. ©djjrift einnimmt, bringt man baS ©eftrid&t in änfölag, toelc^eS bie
10 2tyologeten auf bie SöeiSfaguna legten unb legen mußten unb bafc bie 3urö*Wning ber
SBeiSfagung auf göttlichen @eift für baS ganje 2lltertum fetbftoerftänblicfc toar, fo beburfte
eS faum ber Sefanntföaft mit Wlo, bon toetd&em guftin mit größter Änerlennung forid&t
(coh. ad Gr. 9. 10. 13), um tyn $u biefer Sinftcfyt ju bringen, toeld&e fd&tiefclicfc imSRon*
taniSmuS ü)re entfcfyiebenfte Vertretung fanb. 3)aju tooUe man nid&t bergeffen, bafi bie
16 Betrachtung immer bon ber altteftamentlid&en ©d&rift, reft>. ben $ro$eten ausgebt 3hif
bie neuteft. ©Triften toenbet fte juerft an Theophil. ad. Autol. 3, 12.
3)er D^ofition ber ßirc^e gegen ben SDtontaniSmuS ift eS ju banlen, ba& bie an*
fidfjjt \)o\x ber ßfftafe als ber gorm ber gnfpiration feine nachhaltige SCnerfennung fanb.
3WiltiabeS, auefy ein 2tyologet, fd&rieb nac§ Eus. h. e. 5, 17 gegen bie 3Rontantften jtegl
20 xov urj delv nQowrjXYjv h Ixomoei XaXeTv. SlemenS Sil. bejeid&net bie ©fftafe als ein
SWerfmal ber fallen $ro^eten unb beS böfen©eifteS (Strom. 1, 311) unb feitOrigeneS
fennjeid&nct bie SSertoerfung ber aus bem Äeibentum ftammenben SBorftellungen bie Auf*
faffung ber Kirchenlehrer. 3m boHlommenften ©egenfafce gegen ben 2RontaniSmuS tuoQte
man in ben Sßro^eten nichts UnbehmfeteS anerfennen — Chrys. hom. 29 in ep. ad
25 Cor. : 6 de 7igoq?rjtt]g — fjiexä diavolag vqtpovorjg xal ooxpQOvovarjg xaTaordoecog
xal eidtbg ä cp&Eyyexai, qrnolv anavxa' cf. Epiphan. haer. 48, 2. 3; Äthan, c.
Arian. 4; Hieron. prol. m expos. Jes. ed. Valla, IV, p. 3. praef. comm. in
Nah. VI, 536; Gregor. M. Mor. in Job. c. 13. £ierburd& tourbe freiließ toteber
eine anbere Überfpannung, bie beS 93egriffS ber Offenbarung eingeleitet. 3)enn bte3)uv$*
so füfyrung biefer 2lnfid&t mufete bie altteftamentlid&e ßrfenntniS auf gleite ©tufe fteDen mit
ber neuteftamentlicfyen unb fo fd&Iiefelid& ju ber p>ax nic§t mantiföen aber mec&anifc&en
3nftrirationSlefyre ber älteren proteftantifd^en 2)ogmatif gelangen. 3)ie Slnfä^e einer nc^
tigeren ©rfenntniS, toie toir fte in ber Untertreibung beS ^^enäuS atoitöen pxoptyti\tyx
unb a^oftolifd^er ^f^iration (adv. haer. III. 11, 4) unb in feiner Stynung einer ^eilSs
36 gefcfyid^tlicfyen ©nttoicfelung (IV, 9, 3) finben, blieben o^ne gruc^t. S)ie ^nfj)iratu>nSle^rc
ber Äird^enöäter öerbinbet mit ber tooUften ^nerlennung ber uneingefd&ränften ©intoirhing
beS ^eiligen ©eifteS auf ben SBiHen unb bie (SrfenntniS ber biblifc^en ©c^riftfteUer bie
3lnerfennung i^rer ©elbftftänbigfeit unb ©elbftt^ätigleit, auf toelc^e me^r nod^ als gform
unb©til ^urücfgefü^rt toirb. ©inSSerfu4 bie ^Bereinigung berSBirlfamfeit beS ^l. ©eifteS
40 mit ber felbftftänbigen 2^ätigfeit ber \jl. ©c^riftfteDer ju begreifen, toirb nid^t gemalt
S)erfelbe S^enäuS, toelcber bie eigentümlid^feiten beS paulinifc^en ©tilS ableitet auS bcr
velocitas sermonum suorum et propter impetum, qui in ipso est spiritu, ifl
barum bod^ nic^t getoillt, bie gintoirfung beS ^l. ©eifteS auf bie ©injel^eiten ber äuS«
brucfStoetfe ^tntan^uftellen, fonbern fagt adv. haer. III, 16, 2: Potuerat dicere Mat-
45thaeus: Jesu vero generatio sie erat; sed praevidens Spiritus sanetus depra-
vatores et praemuniens contra fraudulentiam eorum, per Matthaeum ait : Christi
autem generatio sie erat. 3)erfelbe Sluguftin, ber toon ben ßtKxngeliften fagt, fte Ratten
gefd^rieben, ut quisque meminerat, ut cuique cordi erat, vel brevius, vel pro-
lixius (de consensu evv. II, 12), toergleic^t bie 2tyoftel mit ben ^änben, bie nteber*
eo f ^rieben, toaS baS $au>)t S^riftuS biftterte (ibid. 1, 35). £ierontymuS toei| i>on ©o*
löciSmen unb ä^nlid^em in bcr ©etyrift ju reben, finbet aber gerabe barm ein 3^9^
für bie (Stnhrirhmg beS ^l. ©eifteS, quod apostolus . . absque rhetorici nitore ser-
monis et verborum compositione et eloquii venustate nunquam totum mundum
traducere valuisset, nisi evangelizasset eum non in sapientia verbi, sed in vir-
66 tute Dei (Comment. in ep. ad. Eph. II, ad 3, 1). Söetter toeint OrigeneS )u
ge^en, bcr ntd^t blofe ben 2lj>oftcl Paulus im tarnen aBcr bibl. SSerfaffer fagen läfet, ba|
er ben föftlid^cn ©cfyafe in irbenem ©cfäfe bewahre, jonbem aud^ forbert, ba| man unter«
fctycibe jtoifd^cn bent afeort als Älang unb 3eid()en unb jhrifd&en bem 3nN^ Septem
fei ftetS richtig, in ben SKorten fehlten bisweilen bie Serfaffer, obgleich fte nie fogto#
60 fd^rieben, toaS i^nen in ben ©inn fam, fonbern alles einzelne, Söorte, ©afcbau u. f. to.
äfnftrirattott 189
mit großer ©orgfalt jubor ertoogcn. 3"^ M** fyinbert tyn nicfyt, nicfyt blofe jeben grr*
tum auftuföliefeen, fonbern aucfy ju behaupten, ba| burcfc alle Seile ber tyl.©d&rift, felbft
bie jufälligen Sucfcftaben, ftc^ bie güße ber göttlid&cn 9Kajeftät ergiefte. „2Ber ben Ur*
Geber ber SBelt imb ber ©cfyrift für baSfelbc 2Befen tyält, fann hierüber nicfyt jtoeifetyaft
fein". Cf. Sei. in Deut. p. 386, Hom. in Jer. 21, 282; Hom. in Ez. VI, 376. 6
CtigeneS fyd unter ben Äirmenbätern ftcfy offenbar am eingetyenbften mit ber grage na$
ber ärt ber 3Snft>iration befqäftigt unb bie mitgeteilten Säuberungen Rängen genau mit
femer 2$eorie jufammen, toonaefy bie I^nftriration «n* Grabung be$ ©emütcS unb eine
Oeffmtng be$ inneren ©etyöröfmneS für bie 2Bal?rfyeit ift, eine fyöfyere Stufe ber ßrleuc^
tung, toelc^er alle grommen getoürbigt toerben. ©ie erforbert bie työcfcfte 93efonnenfyeit beä 10
®etfte$ für biejenigen, toeld&e Organe unb Vermittler ber göttlichen Offenbarungen für bie
mtnber lauteren, einer unmittelbaren ©rleucfytung unfähigen SRenfcfyen fein Jollen, bgl.
3ef 6. (äuefüfrltc&ereS f. SKebepenning, DrigeneS, I, ©. 253 ff.) §iernacfy bereinigt ftcfy
für DrigeneS in ber 3>nft>tration eine gefteigerte ©elbfttfyätigleit be$ menfcfylicfyen ©eifteS
mit einer biefe tyerborrufenben gefteigerten SBirlfamfeit be$ gl. ©eiftes. 15
©amit toar ein fruchtbarer 2lnjafe für ba$ 95erftänbni$ ber eigenartigen ßntftetyung
ber £1. ©<$rift gegeben. 6$ lag niept an bem 3ufammenfyang biefer Slnfd&auung be$
Crigencä mit anberen ©äfcen feinet ©tyftemä, namentlich bem SSertyältnte be$ ©eifteä jum
£ogo£, bem be$ SogoS jum Vater unb bem SSerfyältniä ©otteS ^ur 2Belt, auc§ nicfyt an
bem Serbadfo in ben bie SRecfytgläubigfeit beä DrigeneS geriet, bafe biefe Stnfäfce fruchtlos 20
blieben. Vielmehr fehlte, ate bie 3eit ber ätyologeten borüber unb ber 3Kontani$mu3
übertmmben toar, ber ätnlafe, ba$ praftifcfye ^ntereffe an ber 2lu$geftaltung biefer Sefyre.
Jn ben innertir$(i$en Kämpfen tourbe bie Autorität unb bamit ber göttliche Urfprung
b<r ^l. ©cfcrift ni<$t in jfttoti\d 9eS°9cn- 2)urd& ben SluStrag jener Äämpfe unb bie @r-
ftarfung ber tird&lid&en Drbnung trat ber Slutorität ber ©cfyrift bie ber Äircfyc jur ©eite, 25
toelctye ein fold^ed ©ehri$t in bie SBagfcfyale toarf, bafe 2luguftin belannte: evangelio
non crederem, nisi me ecclesiae catholicae commoyeret auetoritas (adv. Man. 5).
9l<x$ freiließ galt: avxdQxeig fiev ydg eioiv al äylai xai ^eonvevoxoi ygacpal Jigög
rijr rijg äXtfieiag äjiayyeXiav (Athanas. contr. gent. 1, p. 1 B), aber e$ bahnte fi$
namentlich burc$ bie annähme einer fortbauemben gnfpiration, toelcfye in ben Sefcfylüffen 90
ber ftongitien gipfelte, bie3#eorie einer gioeifac^en (SrfenntniSquelle an, ber divinae legis
auetoritas unb ber ecclesiae catholicae traditio, toie fie SincentiuS in feinem com-
monitorium oufftellte, unb für freiere e$ \\d) blo| um einen ftanon jur Beurteilung,
dfo um bie g^ftftellung ber ^atfad^e ^anbelle, nid^t um bie grage nad^ ber Slrt ber ^nfon**2
tson. 2)afe in ber antiod^enifd^en ©d^ule bie menfd^lid^e ©eite ber ^eiligen ©d^rift ftörfer 85
betont tamrbe, toar bei ber gleichzeitigen 2lnerfennung i^rer Slutorität ^u toenig bon ©e^
tote^t, um eine (Srörterung über bie 3"f^ation felbft fyerborjurufen. Slud^ bie tüeitge^en-
ben ^ufcerungen 3^eobor« bon 3Ko})fuefte, ba^ SBud^ §iob fei ein ©ebid^t auf tyeibnifc^em
®xunb unb ©oben entftanben, ba^ ^o^elieb fei ein langtocüigeS Srautlarmen, ©alomo
^abe fl5n)b. unb Äo^elety) jtoar ben Xöyog yvcooecog, aber nid^t ben \6yog o<xpiag, bie 40
^cop^ettfe^e ©abe, empfangen, betrafen ja nicfyt bie Snftnnrtion ber ^eiligen ©c^rift im
allgemeinen, fonbent nur bie ^rage, ob ade 5etle ber ^eiligen ©cfyrift gleichmäßig an ber
(^n^ettfe^en) ^nfpiration teil Ratten, unb Ratten feinen anberen Erfolg, aU bei ber 6nt=
(Reibung bed ^reitapitelftreite^ auf bem 5. ofum. jlon^il gu ^onftantinopel bertüorfen ju Serben.
©0 blieb cd benn bei ber annähme einer einzigartigen unb umfaffenben ©ingebung 45
bei ^eiligen ©eifteS, toelc^e bie ©elbftftänbigleit unb ©elbftfyätigfeit ber iserfaffer nid^t
auejc^lo^, otyne ba^ bie ärt ber ^nflwfltion nä^er unterfud^t unb erörtert tourbc. Jiatur«
gemäfe trat bann bie SBirffamfeit bed ^eiligen ©eifte^ in ben 3Sorbergrunb, fo bafe
«an bie ©elbftt^atigleit ber SSerfaffer faum noefy beamtete. Slfö 3lgobarb bon Styon bie
äu^erlu^en 3^m ^itfzx burc^ bie ^nfpiration nicf?t aufgehobenen ©elbftftänbigleit ^er- 60
bori^ob unb behauptete, bie ^eiligen ©c^riftfteller Ratten nid;t immer bie Siegeln beröram^
motu beobachtet, ging ber 2tbt ^rebegid bon Stourö fo h)eit, ju behaupten, ba| ber ^eil.
Seift felbft etiam ipsa corporalia verba extrinsecus in ore apostolorum gebilbet
fafre ©0 leicht ed oud^ ägobarb ^atte, ftc^ burc^ bie bebenflicfye Analogie ^u berteibigen,
in tDdi^e bann bie ^eiligen ©d^riftfteQer mit 33tleam$ 6felin gerieten, fo toenig tarn ed 66
tijm auf ber anberen ©eite in ben ©inn, bie äBirffamtcit be$ ^eiligen ©eifted irgenbh)ie
befc^ranfen gu tootten: er führte bielme^r jene @rfcfyeinung auf eine §erablaffung be^ fjl.
Öeijpte« )u ben menfqlid^en ©c$ftäc$en jurücf.
3He ©<^olaftiI bqeugte lein tiefere« 3nt««flc für ben Segriff ber ^nfpiration. 3toar
Iwrb er im 3ufammen^ange be« ©Vftem« mit ber gehonten ©orgfalt erörtert. S5a$ •■
190 dnftriration
©ehrid&t aber, toetctye« ifym bocf; eigentlich um feinet 3ufammenfytng« tolflen mit bem ber
Offenbarung and) für bie ©d^olaftiter jufäme, ftrirb tym ri\d)t beigelegt, hrie er benn au$
ntc^t im 3ufammenbange mit Unterem erörtert hnrb. Daß er tyie unb ba ben ©egen^
ftanb ernfteften 9cadjbenfen« gebilbet fyat, hrirb und bezeugt; fo ijctt ).8.9lnfetm ft$ riete
s92äc^te lang mit ber $rage befd&äftigt, hrie bie ^nftriration tootyl ju beulen fei, namentlich
hrie bie ^ßrop^eten bie 3ufunft al« bie ©egentoart flauen fonnten (Süfflet, ©efammeCte
©Triften I, 52). Stomas bon 3lq. befyanbelt bie %zap in ber Se&re bon ben Xugenben,
übergetyenb bon ben allgemeinen Sugenben $u benen etnjelner. too bann bie (&>art«mata,
gratiae gratis datae, m elfter Sinie fte^en. Die auf bie @rfenntm« bezüglichen ©nabem
10 gaben frerben unter ben Segriff ber ^ropfyetie befaßt, ju toeldfrer gehören inspiratio unb
revelatio. ©rftere behrirft bie (Sr^ebung ber intentio mentis ad pereipienda divina,
(entere bie pereeptio divinorum. Die Sßropfyetie ift in getoiffem @inne eine passio;
hne fd&on beim natürlichen ßrfennen ber SnteBelt ettoa« erleibet, fo muß ba« pxvptytifät
Sid&t erft red&t ber Seele be« Sßro^eten eintootynen per modum cujusdam passionis
16 vel impressionis transeuntis. 6« giebt toerfebiebene formen unb toerfötebene (Stabe
ber ^ro^etic, (entere« fotoofyl fyinftc^tlicb be« ^npatt« al« ber £eü ber Offenbarung. Die
gform anlangenb, ift ju untertreiben, ob bie göttliche Erleuchtung auf übernatürliche Dinge
fief) bejietyt ober nur auf göttliche 33ergeh>ifferung in betreff beffen, toai bie menfölufc
Vernunft au« ftd^ erfennen fann. SefetererStrt ift bie Erleuchtung ber Scrf afler ba fragil
gograptya, erfterer bie ber eigentlichen ^frop^eten, bie bc«$alb au$ in ber $erfon Votted
rebeten, toogegen jene in eigener Sßerfon rebeten. Die eigentlich pro^etifc^e Srletutytmia
ift barum auc$ bie fyöfyere, fyat aber je nad? 3eit unb %ntydt lieber ibre Stufen. Dato»
erfennt me^r al« sIWofe«, obtoobl bie »rt, toie 9Wofe« ©Ott fd&aute, &ö$er fte$t 3e näfc
Gbrifto, befto größer bie (Srleucptung, bi« jur ^ett ber ©nabe ber Sor;n ©orte« felbft ba«
25 ©etyeimni« ber Srinität offenbart unb bie Diener be« 9leuen $eftamente« be^alb quasi
magis revelate speetantes aud& fyoc$ über 9Rofe« ftefyen. 2ln ba« G$ari«ma ber ßr*
tenntni« fcpeßt ftcf> nun ba« be« SBorte«, ofyne meiere« bie ßrfenntni« anberen ntyt ju
gute fäme. Da« redete Söort ju Wirten bebient ftd& ber ^eilige ©eift ber menföU$en
3unge quasi instrumenti, ipse autern est qui perficit operationem interius.
so aber ber Segen be« äBorte« toirb bi«roeilen geminbert burdfc Sctyulb be« #örer«, btötoetfat
jeboc$ auty buref; Sd&ulb be« SKebenben felbft (Summa seeunda seeundae, qu. 171
bi« 174. 177). Die SOBirlfamfeit be« r/eiligen ©eifte« ift alfo nicr;t eine r>ergetx>alt^enbef
bie Selbftt^ätigfeit lar/mlegenbe. Darüber jeboc^ lä|t tyom. ftdt) nid^t au«, intoietoeit
getoifje @rj$einungen be« Scbrifttoorte« ficf) auf biefe SEBeife erflären. ®r fyd e« nur mit
86 ber ftttli^religiöfen SBirfung be« äBorte« ju tl)un unb bafe nact; biefer Seite $in bem
Sc^rifttDort fein 3Kangel anhaftet, fommt i^m gar nic^t in %age. 98o er Don einem
SKangel rebet, ber bem geiftgehrirften SBJort anhaften lönne, yd er nic^t foroo^l ba«
Sc^rtfttvort im äluge, fonbern bie fo frenig h)ie bie übrigen ©eifte«gaben erlof$ene ®abe
be« SBorte« in ber Äirc^e.
40 Die Autorität ber Schrift toax unbeftritten, aber ba« Sebürfni«, fte anjutoenben unb
fie ^u unterfud^en, roar nic^t borfyanben unb rourbe auc§ nid^t getoeett. Die iSbff6i ^atte
ein tiefe« ©efttyl für bie ©otte«traft be« Sc^riftroorte« unb ein «erftänbni« für bie äBiri*
famteit be« ^eiligen ©eifte«. Slber bie Slnna^me einer gortbauer aud^ ber ©abe ber3n*
fpiration lie^ bie ^nfpiration ber ^eiligen Schrift tro^ be« tr)r eingeräumten SSor^ug« nic^t
45 fe^r au« bem 9iar;men ber allgemein möglichen Srfa^rung bon ber 2Birf jamfett be« ©eifte«
heraustreten. So üerbanb ftd^ mit ber feftfte^enben Autorität ber Schrift eine getotffc
©leicbgiltigleit gegen ir;re ßinjigartigfeit. Die burc$ ^Berufung auf ©a 2, 11 ff. ge*
ftü^te Öe^au^tung älbälarb«, baf bie ^ro^^eten unb 5lpoftel ni$t irrtum«fret geioefen,
tourbe öon tym felbft nur jag^aft angetoanbt. 211« aber ber §umani«mu« bie in ber
so menfcr/licf)en Öefd)rän!tbett t^rer Serfaffer begrünbeten Mängel ber ^eiligen Schrift auf«
jeigte, fanb bie Strebe unb SBiffenfc^aft baburc^ bie Autorität ber Schrift nict;t beein*
träd^tigt.
So fanb bie Sieformation ba« Dogma öor. 9lod^ nie feit ber Sipofiel 3* Hx* f°
großartiger ©ebraud^ bon ber r/eil. Schrift gemalt, nod) nie ibre Autorität fo entfc^iAen
56 unb burc^greifenb jur ©eltung gebraut, nod^ nie ibre ©otte«{raft fo mächtig erlebt toorben,
tote je|t. Um (o Weniger aber tourbe rcflef tiert über bie 2lrt, roie fie )u ftanbe gelommen
fei. Senug baß fte ba ttrnr. Daran backte niemanb, ir/re Autorität )u befteetot 9tur
um bie 2lnroenbung toar Streit. Darau« erflärt e« ftd^, bafe toir bei ben Reformatoren
felbft hrie bei tyren 3ettgenoffen unb in ber unmittelbar nac^reformatoriföen 3^ 0*nau
oo bie bi«^erige 9luffaffung ber 3"f)>iration or)ne Weitere ßrorterung be« Skr^ältntffe« ber
äfnftrintttott 191
beiben bei (Sntftefyung ber fyeil. ©cfyrift gufammentoirfenben ftaftoren imb ofyne 93egren*
jung bed UmfangeS, in toelcfcem bcr ©cbrift 3"fr«ation gutomme, toieberfinben. Dtyne
Öegrengung be$ Umfangt — benn auf ber einen ©eile ift bie ty\l ©d&rift für Sutyer
ein 9u$, in toefefcem „an einem 33ud&ftaben, ja am einigen 2itel metyr unb größer ge*
legen ift, benn an §immel unb Srbe", auf ber anbem ©eite toeift er gu fagen bon £eu, s
Stro$ unb 6toj>l>eIn, toeld&eä ben $ropbeten bei tyren eigenen guten ©ebanfen mit untere
gelaufen fei, bon einem ungureic&enben Setoeife be« 2tyoftel$ SßauluS ©a 4, 2 t ff. („gum
©tty ju fdfrtoaA") u. a.
2Ba3 baä SJer&altnte be3 göttlichen unb menfölicfyen gaftorä gu einanber betrifft, fo
$ cd 2u#er ebenfo getoife, bafe ber beil. ®eift Urheber ber ©d&rift ift, atö baß bie 2Jer* io
faffer nid&t Mofe an ifren aRenfd&lid&feiten gu erfennen ftnb, fonbern bor allem tfyr eigene«
$crj in Sorten ausgefluttet tyaben, in benen tynen niemanb gleidjfommt. 3Rit ber formet
„2)ur$bringung beä ©öttlid&en unb 9Kenfcfylic$en" hriirbe man biefe lebenSbotte änfd&au*
ung bod} nur fefa ungenügenb begegnen. In thesi unterfcfyieb fte ftc& nic^t bon ber
trabUioncOen Stuffaffung, nur in ber (Energie tyrer Slntoenbung unb i§re$ 3lu«brucfö. i*
(Sbcnfo toie 2u#er ftanb ßafoin. 3)er ^eiligen ©$rift gebührt ein 2lnfe$en, ac si vivae
ipsae Dei voces exaudirentur. S)er ^eilige ©eift ift tyr 93erfaf[er, toetc^er me$rfad&
rudi et crasso stylo usus est. 3)ie$ föliefet nic^t au«, bafe Satoin nid&t blofe Un*
gaiauigtetten unb ^rrunaen, hrie 9Rt 27, 9 u. a. anerfennt, fonbern bor allem ebenfo
toie Sutfcr bunfc bte ©eprift in ben £ergen ifyrer SSerfaffer lieft. 2Bie Sufyer unb ßatbin, 20
fo ftanbfn au$ tyre 3«^^^ unb ©d&üler. 2Rit berjenigen Autorität, toeld&e bie
fämalfalbtfdben »rtitel ber tyeil. ©$rift guerlennen, toenn fte fagen : „@otte$ 2Bort fott
3faifcl be* ©tauben« fteDen, fonft niemanb", ftanb aud& tyr göttlicher Urforung feft, unb
fo eng toar bie 3ufammenge^örig!eit bon ©d&rift unb ©eift, bafc bie fömalfalbifd&en 9lr*
ttfd entföteben au£fbre$en: Deum nemini spiritum vel gratiam suam largiri nisi 25
per verbum et cum yerbo externo et praecedente. SBJie aber biefer Urfprung ber
6<$rift geartet fei, tarn borläufig nid&t in ftrage. ßfycmnifc ift ber erfte, ber (im exa-
men eonc. Trid.) eine einge^enbe ßefyrc bon ber ^eiligen ©cfyrift auffteQt, aber inbem er
bie Aufgabe $at, bie Autorität ber and) bon ben ©egnern als inftririert anerfannten
6$rift gegenübet ber fttr$e unb ber Xrabition fielet gu ftcQen, fann er e concessis so
argumentieren unb bie große nad) SBefen unb 2lrt ber 3^f)>iration brängt ftd^ i^m niebt
auf. ©dnedtr befaßt bie gnftnration unter ben Segriff ber Offenbarung unb befd&reibt
fie ab einen oecultus flatus quo saneti olim Patriarchae et Prophetae divinitus
multm edocti fuenint, fe|t biefen Vorgang aber in unberfennbare Analogie mit ber
gnötHrfung unb Sintoo^nung bed ^eiligen ©eifte^ in ben ©laubigen, ^ob. ©er^arb^ss
rekb^alti^e Erörterung bed locus de scriptura sacra enthält ebenfalls feine näheren
©eftrmmunaen über ben Segriff ber ^nfpiration. 2Wein je me^r e^ ftc^ um bie ©i^
nmg ber Autorität ber $eil. ©c^rift ^anbelte, befto feltener Serben S[u|erungen unb 3u=
geftänbntffe, tote bie Sugen^fagend, ba| bie @bangelif)en gefc^rieben fyabm, quod ipsis
visum est, unb bafi Irrtümer ber ©eptuaginta in ben %<& beö W£$ übergegangen 40
feien. £ö toar ja natürlich, bafe aüeö ©c^tt)ergeh)ic^t auf ben göttlichen Urfprung Oe^
S^rifttoorted fiel 9Ud nun gu ber $olemit gegen 9lom bie gegen ben ©^ntrettemuä
^in|ufam, unb Solist in Annäherung an fat^olifcbe X^eologen unterfc^ieb gtoifc^en einer
rerttatio ober ^nfprotion ^m ftrengeren ©inn, bie fi$ auf bie ^eil^toa^r^eit felbft be*
^e, unb einer directio divina begüglic^ beffen, quae in sensus ineurrerunt aut 46
tlhinde nota fuerunt, toofür cd feiner Offenbarung, fonbern nur einer Seitung bebürf e,
ne quidquam scriberent a veritate alienum, ba toax für bad nad^ unverbrüchlicher
«fe^lkber Sutorität berlangenbe ©efc^lec^t bie 3ett für eine fyanbfeftere ©eftaltung ber
iei^ce bon ber ^eiligen ©c^rift, für eine Vermeintlich feftere Sicherung ber ©d^riftautorität
9egm i^re ©efä^rbung im eigenen Sager getommen, unb biefe muftte an bem fünfte co
atfepn, too bie Autorität ber ©$rift i^ren Urfprung ^at. Salot) ift ber Segrünber ber
um ent{tc$cnben unb getoö^nlid^ atö fird^lic^ begegneten ^nfpiration^le^re. 3^m ift ^n«
jpiratic« bte gorm ber Offenbarung, ©^led^t^in nic^tö fann in ber ©$rift fein, quod
doo sit teriptoribus divinitus suggestum et inspiratum. Nam si ulla tantum
ptrtteola scripturae esset e notitia et memoria vel revelatione humana de- 55
prompt*, non omnis scriptura dici posset universaliter divinitus inspirata.
Uab mm folgen ade jene Seftimmungen eined Duenftebt, Sater, ^oQag u. a., bafe bie
\pL ScfoiftfUfler nic^t ^aben bürfen ben sensura divinum in ea conjicere verba,
quae ipei pro mrbitrio suo eligerent, sed ipsorum erat haerere et pendere ab ore
dietiintis spiritus saneti, ba| ber ©til be^ 92X^ bon allen Sarbariämen unb ©oloectö« eo
192 äfnfytration
mm frei fei u. f. to., bi* jur 93el?aut>tung ber Snftwation audfc ber SBofole im 3EE fettend
ber reformierten Geologen Sujtorf 93ater unb ©o#t, tote fie audfr in bie formula cons.
helv. aufgenommen ift, ja bi* *ur 3lu*bef>nung ber ftnfoiration auf bie Igntertmnftion
bei ©t*b. 3Soct. 5)cr 2öiberfpruc$ eine* 3Jtufaeu* toenigften* gegen bie ÜRein^eit be*
5 ncuteftamentlicfyen ©til* $og bemfelben bie fcfytoerften 33efe|bungen ju, obtoofyi er trofcbem
bie 93erbalinft)iration lehrte.
35tefe 3jnflnration*lefyre toar ein fälecfytfyinnige* 9lobum. gtoar W** M°6 ber Segriff
ber ßfftafe &ur (Srneuerung ber bon ber Äircfye im ©egenfafce gegen ben 3Rontam*mu*
einmütig aufgegebenen mantiföen 3nftnration*lefyre Sßljtlo* unb ber alten Stpotogeten.
10 Slber ba* geilen biefe* Segriff* berfcfylec^terte bie ©abläge nur, inbem e* bie manttf^e
gnfpiration ju einer medjartifcfyen fyerabbrütfte unb fie niegt blofc aufcer Sinologie, fonbern
in bollfommenen 2Biberforu($ fefcte ju aller anbertoeitigen 2Btrffamfett be* ^eiligen ©etfieö.
9iirgenb in bem gufammentyangc be* göttlichen SBirfen* ftnbet fid& ein 9lnfnüpfung*)nmtt
bafür. 2Benn bie annähme einer Sfftafc boefy no$ toenigften* eine ©elbftberatung ber
16 ^eiligen ScfyriftfteHer forberte, ein xadagov iavrov xfj xov feiov Ttvevjuazog na-
gaoxeiv hegyelq (3>uftin, fiefye oben), fo toar bie« für bie fo geartete ^nfpiration rivift
mefyr erforberlicfy. Son einer ßeugenfcfyaft, bie bie eigene Sßerfon einfefct, tote bie HpofW
fte für fub in2lnfjmufy nehmen, fann nid&t metyr bieSKebe fein, ©ie lönntcn aSeSileam
unb ftatpba* fein, ber ßffeft toäre berfelbe. 3)tefe Äonfequenjen tourben freiließ triebt
20 gejogen unb toürben mit aller ©ntfcfyiebenfyeit abgelehnt fein. Slber unausbleiblich ftnb fie.
Saft bie Geologen ber römifäen Äirc^e toenigften* jum SCeil einer freieren auf*
faffung jugettyan toaren (toie &. 33. Sellarmin, 6anu*, 91 ©imon), berfd&tug umfotoeniger,
al« fte ba* ^ntereffe verfolgten, bie Autorität ber (Schrift ber ber Ätrcfce untenuorbnen,
obtoo^l bie Sefölüffe be* SEribentinum* bie $eil. ©d&rift al* ein Diftat be* &eiL (Seifte*
25 begegnet Ratten. ßbenfotoenig (Srfolg tyatte e*, bafi bie Slrmintaner mit einigen fram
äöftfcfyen unb beutfcfyen reformierten Ideologen eine freiere 8lnft($t bertraten. Grft bem
neuen 2luffcfytoung be* cfyriftlicfyen Seben* im *ßieti*mu* mar e* borbe&alten, nk&t o^ne
@rf olg $u toiberfaredjjen. ®* bürfte Weniger „bie äufle^nung ber religtöfen gegen bie bog*
matiföe ©eligfeit" (3$olucf na$ ©aj$, ©eorg Salijt, ©. XI), al* toielmeft ba* grojrn
so SJerftänbni« für bie SBirffamfeit bc« ^eiligen ©eifteä im }>erfönlic^en Seben getoefen fein,
toelcfycS bem 5pieti«mu« ebenjo toie ben „inxi) i^re ejem^larifc^e ^römmigfeit berühmten"
geifte^bcrioanbten 3)iffenter« ber angltfaniföen Äird^e, einem Sagter, 3)obbribge u. a. na^e
legte, toenigften« toie ©pener bie reine 5Jiaffibität ber bibliföen SBerfaffer ju bereiten.
©o toenig aber ber ^ietiSmu« eine Erneuerung fir^lid^en Seben* unb ftr$lic$er SBiffem
36 fc^aft betoirftc, fo toenig enielte er eine Umgeftaltung ber jjüngften 3nfpiration*le^re im
poftttoen ©innc, toobei freiließ nid^t bergeffen derben barf, ba| er feine ebelften grüßte
erft in Senget unb ber Sengelfd^en ©c^ule getragen fyat, bon ber eine neue, nodjf K*
fyniU bie frud^tbarfte @in)oirlung auf bie ©eftaltung ber fielen bon ber Offenbarung unb
bon ber ^eiligen ©c^rift ausgegangen ift. Sie fird^lid^e St^eologie natym eine immer
40 freiere ©teQung jur ^eiligen ©^rift ein. $er menfc^Iid^e ^attor trat in ben SSorbergrunb
ber Setrad^tung. 5)em ©upranaturali*mu* blieb bon ber ^nfpiration nur bie Mitteilung
ber burd^> bie Vernunft nid^t ^u finbenben üEBafyrl^eiten übng — alfo eine auf ein be*
ftimmte* ©ebiet be* ©d^riftin^alte* befcfyränlte Grleud^tung. Sern 3tationali*mu* ging
über ber grammatifc^^iftorifc^en (S^egcfe ber göttliche $x\l)alt ber ©c^rift berloren, 8e*
46 beutung für bie (Snthnäelung unfere* Sogma« rann i^m nur infofern gugeförieben toerben,
al« er ben sMenfd?ltd?fetten, bie fid? in ber ©c^rift pnben, nachhaltige änerfennung ba«
fc^afft ^at. ^ür bie grofee unb jelbftftänbige Scbeutung be* 3Kcnfc^lic^en im Unterf^tebe
bon jenen 9Wenfc$licfyfeitcn fehlte i^m alle* unb jebe* SJerftänbni*, toeil i^m alle unb jebc
5tongenialität mit ber ©cfyrift fehlte.
60 Sie neuere (Snthncfelung ber ^nfpiration*le^re tnüpft teil* an ©$leierma$er, teil*
an bie 3)engelfc$e ©d^ule an. Severe bertritt bie (Spaltung unb äBeiterbilbung einet
pofttiben Sebre bon ber ^eiligen ©c^rift, ©c^leiermad^er baut bon ©runb au* neu. 9Bä$renb
bem 5Rationali*mu* ba* SSerftänbni* für ben eigenartigen ©eift ber ©dbrift ganj entfötmmbeu
toax, fe|te ©c^l. gerabe bicr ein, nur ba| e* tfym nid^t ber ben ^Renfcpen gegenüber juglet^
66 felbftftänbige ©eift ©otte* ioar, au* bem fte geboren, fonbern ber ^eilige ®cijl tote «
feinem Segriffe nad) nid^t* anbere* al* ber ©emeingeift ber c$riftli$en Ährd^e ift unb att
folc^er bie Duelle aller ©eifte*gaben unb guten SBerfe, auf ben ft$ alle ©ebaiden*
ergeugung fturüdtfütyrt, fo h)cit fte bem Steige ©otte* angehört Sluc^ ba* ^ofaßtffAe
ift noeb infpiriert, fofem nod& bie einzelnen ©puren bon 3ufammen^fl m& *xw c^rifr
eo liefen ©eifte*(eben bon i^m ^erftammen. 3m ^anonifd^en ift feine 23trffamteit bur$ ba*
dttfyirattott 103
Jnbüribuum nä^cr bejfimmt faft ol;nc bon ifym gefd^mäd^t $u fein, fo jebocfy, bafj in feinem
©naeüeben ber Unterföteb bon Sfjrifto ganj aufgeboben ift (®I. 2. § 130, 2). ©ettbem
ber ©eiß auägegoffen ift auf alles %U\fä, ift *ein 3eita*tcr °^nc eigentümliche Urfprüng*
Büfett djriftUctyer ©ebanfen. SDiefer ©eift aber, ber cfyriftlicfye ©emeingeift, ift ba$2BolIen
beS 9tei$e3 ©otteä, in jebem einzelnen fein ©emeingeift, in bem ©amen feiner gnnerlicfc G
feit na$ ein f$te$t$in fräftigeS ©otteSbetoufetfein, mithin baä Sein ©otte^ in bemfelben,
bebhtgt burd& ba3 ©ein ©otteS ht 6&rifto (§ 116, 3). 3)er eine toefentltd&e gaftor be&
fclben ifi bie Don Sfyrifto getoedfte @mj)fänglic§leit, ber anbere bie burd& tyn getoedfte
6<ü>fftbättgfeit. 3)er reinigenbe ©influfe ber Iebenbigen Erinnerung an ßfyriftuS macfyt
baS erfte ©lieb aller 3)arfteßungen be$ d&riftlic$en ©laubenS, baS «ßeugnte ber unmittet io
boren ©djüler ß^rifti, jur SRorm für alle f olgenben. 63 berftetyt fiep bei biefer Sluffaffung
Don fettfl, bafe bie ^nfpiration ftd& nicfyt blofj auf bie ©driften, fonbem auf bie $anje
amtliche Söirffamfeit ber Sfyoftel erftreeft. 3)arum ift auefy ghnfcfyen bem ajjoftoltfcfyen
tofftai unb bem ebangelifdfcn ßrjäfylen fein Unterfcfyieb, benn bie ©ebanfen ber 2lpoftcI
finb nur ßnttoicfelung ber Sufcerungen ßtyrifti unb bie reine unb bollftänbige Sluffaffung i6
ber 2eben3momente ß^rifti ift ebenfo eine nottoenbige 35ebingung für bie gefamte apofto*
Cfc^e ShntStyattyfeit, toie bie ©id&erftellung ber richtigen 6rinnerung \bxc Aufgabe ift. Sin
btefe SBirtfamfett be$ ^eiligen ©eifteS fd^liefet ftcfy bie Slufbetoafyrung ber apofto(if$en
©Triften al3 baä 2Berf be$ feine eigenen ßrjeugniffe anertennenben @eifte3. £>a3 SEE
teilt toeber bie normale S)ignität nod& bie Eingebung be3 91% 63 ift au3 bem t3raeli* 20
tiföen, alfo nic&t au$ bem c&riftlid&en ©emeingeift geboren. SDerfelbe ift nur uneigentli<$
^eiliger ©eift, nämlicfc nur fofem fid& mit tym ba3 SBetoufjtfein ber 6rlöfung3bebürftigfeit
fcerbmbet, alfo ettoaS bem cpriftlid&en ©emeingeift bertoanbte3, eigentlich nur fyöd&fte 6m=
pf&ngltyteit für ben ^eiligen ©eift.
3)a$ £auptgetoic&t liegt alfo bei ©c^leiermad^er auf feiten ber menf^Ud^en SSerfaffer. 25
Sie finb bermdge tyreä 95er$ältniffe3 ju ßfyrifto bie bollgittigen urfprünglidjjen 3*u8*n ber
4rifUi$en 2Ba$rtyrit. S)er ©eift, ber fte beftimmt, ift nid&t ber übertoeltlid&e ©eift @otte3,
fonbern nur fo toeit bon ifynen untergeben, toie ba$ SlUgemetne oon bem Sefonbcren.
6r ift an bie ^ßerfonen gebunben unb fann fi$ nur burc^ fte äußern. $)er c^riftlid^e
©emeingeift iji eine Sefttmmt^eit i^re3 ©eifte3leben3. I^eopneuftie n>irb man bie Öeein* 30
füiffung burt^ biefen ©eift fd^toerlic^ nod) nennen fönnen. &tyl toeift au^brücfltc^ jebe
frage nac^ bem i?erfyältni3 biefeä ^eiligen ©eifted ober ©emeingeifte^ gu bem ^eiligen
deiße in ber Irinität ab. ©0 ift feine 3nfpira^°n3le^re formell unb materiell ber
gcrabefte ©egenfa^ ju berjenigen ©eftalt, toel^e fie jule^t in ber Ideologie beä 17. 3ja^
hmbectö angenommen fyatte. ©ennod^ enthalten feine 2lufftettungcn in toefentlid?en fünften 35
einen nk$t toieber aufjuaebenben gortfe^ritt. ßinmal barin, bafe bie ^nf^iration au3 ber
Seföu^te in ber fie erfqfeint begriffen loerben foff; fobann in ber Söertung be3 menfd^«
Ikben §aftor3 für bie Beugung unb Mitteilung ber göttlichen 3Sa^r^eit, toä^renb bcr=
fette W ba^tn hnmer nur ertragen unb mit in ben Äauf genommen tourbe. ferner bie
©norbramg ber ^nfpiration in bie einheitliche unb boc^ mannigfaltige SBirffamfeit be3 40
Seifigen (Beifted unb enblid^ bie ßinorbnung ber fdmftftetlerifcfyen SBirffamfcit unb bamit
bie (Sintotrfung be3 ^eiligen ©eifte3 auf biefelbe in bie gefamte amtliche SBirffamfeit i^rer
Serfaffer. Sber biefe fünfte betreffen nur bie 2lrt ber gnffiration, alfo bie formelle
Seite. 63 toirb nun alle« auf ben erften $untt anfommen, auf bie 3wn^örigteit ber
3nfohratton ju einer beftimmten ©ef^te ; bafe ein f oId;e3 S8er^ältni3 beftcfyt, toirb nir= 46
genM befrttten. @3 bleibt ©c^l.3 SSerbienft, bie3 %er^ältni3 p 9lu3gang3puntt ge^
■mnmen ju ^aben ; ob umfaffenb genug, ob ber toirflid^en ©efd&icfytc cntf>)red^enb ober
9tm&^ einer I^eorie über biefelbe, ift eine anbere 5raBc- 3e^enfa^ mu6 t>it ^nfruration
*& biefem Ser^altntö begriffen unb ade Seftimmungen über Sßefen unb Slrt berfelben
nffen au& biefer ©efd^ic^te begriffen toerben. 50
£ier fe^t benn auc^ bie neuere (Snttoicfelung burd^ 9lot^e unb §ofmann gan^ ent=
kleben ein, nad^bem jubor ^toeften in teiltoeifem 3tnfc^luf[e an ©d^I. bie fu^ranaturale
Raffung ber ^nf^nration „o^ne bie Übertreibungen be3 17. 3ö^^nnbcrt3" erneuert, Sedt
ane felbftftanbtge Berichtigung unb ÜSeiterbilbung ber alten ^nf))tration3le^re, s^btIi^H eine
Bfobet^eifteflung berfelben berfud^t $at. heften nimmt bon ©c^l. nur bie Seftimmuna ^
M &afU4 al$ bed md^enbilbenben ^ßrinji^ mit bem Unterfd^tebe auf, bafe e3 nicfyt blo|
ber gdttlk^e ©ememgeift, fonbern ber gott^ettlid^ ftd^ jur ©emeinbe ber^altenbe ©eift ift.
8rf erfeimt in ber 2^eobneuftie ein h>efentlid^e3 iDtoment be3 „Dffenbarung3organi3mu3"
nb fUttt ftc^ bamit entfqiebener nod^ al$ Xtoeften auf fupranaturalcn 93oben. 9lber fte
9 *dft bie Offenbarung, fonbern eben ein ©lieb be$ Dffenbarung$organi3mu3. 2)amtt oo
«Ml*«sc9rUt»ibU ftt XtttoloqU unb SHr^c. 3. ». IX. 13
194 3«ftriraiion
ift nid&t btofe bic ©leid&fefcung bcibcr in bcr 3$eotogie be« 17. Sa^unbcrtö aufgegeben,
fonbern aud? bie alte Untertreibung bon Offenbarung unb ignftriration ein bebeutfame«
©tüdf toeiter geführt. Denn loa« Sedf fyier ben Cffe!tbarung«organi«mu« nennt, ift bie
göttliche $eilßbefa>affung auf bem Söege ber @efd&U$te, unb bamit ift audj bon ü)m er*
5 rannt, ba| au« bem 3ufammen^ande ^ 6ctl«geföid&te tyerau« bie 3nft>iratton berftanben
toerben mufc. 9iur fetycinbar aber berührt ftd& £ier SBedf mit ©cfyL; bie 8nfnü>fung liegt
in ber Sengelfdjjen ©ctyulc, beren ebelfte unb ber$cifeung«bolIfte fjrud&t bie (Srfemttm« ift,
toeld&e ©ottfr. Sföenfen im 3afn?e 1793 ba&in jufammenfajjte : „Die »ibel ift feine Dog*
matit . . ., fte ift bielmebr ein gefdjictytlictye«, ^armonifd&e« ©anje«. 8We«, hxtö fte lefat,
10 tetyrt fte und enttoeber unmittelbar in ©ef$i$te ober e« nu)t bodf auf ©efötyte, fyA
feinen ©runb unb fein 2i$t in ber ©cföüfye" (Dämonologie 6. 163, 2Berte VII, 68).
Die 3ugcfyörigfeit ber Snfiwtttion flum Cffcnbarung«organi«mu« läfet im ©egenfafce yt
©d&l. ba« £aut>tgetoid&t auf ben göttlichen gfaftor fallen. Die 3nft>iration fyd bengtocef,
bie Offenbarung ntajt blofj für, fonbern in unb burc$ 3Renf$eit )u bezeugen, Darum
15 fefct fte bie Söirfung ber Offenbarung, bie SBiebergeburt unb ba« au« u)r ft$ entlmcf ebtfcc
©otteeleben borau« unb ja)licf$t baran an. hiermit ift fte ehtgegliebert in ben 3ufantmen<
fyang ber tnnermenfcf)lia)en ©eifte«toirf}amfeit, bie Scbcutung be« menf$li$cn gaftorä gc*
toatyrt unb ben Übertreibungen be« 17. ^a^unbertö borgebeugt. ©ic toirb baim tociter
unter ben Segriff ber an bie SBiebergeburt anföliefcenben, mit tyr gefegten Erleuchtung
20 gefafct, toorau« ftd& bie Slnna&me bon ©tufen, fotote bie 3Röglic$fcit ber §nftnratton aud;
bort, too nodfc feine SBiebergeburt fein fann (211), ergiebt, nur ift fte im leiteten galle
nid&t bteibenber 3uftan*>- Ertef* Sefaffung unter ben Segriff ber (Srlcud&tung giebt aber
eigentlich bie Sinretyung in ben Offenbarung«organi«mu« auf. Sccf toertauföt bie ®c*
fd)ia?te unb ben Drgani«mu« ber §eil«tl?aten ©otte« mit ber ©ef$i$te unb bem Organa
26 mu« be« menfölidjjen #etl«leben« unb toirb bamit feinem 9Cu«gang«punfte untreu.
$l?ilityH befaßt bie ^nftriration gleichfalls unter ben Segriff ber @rleu$tung, fe$t
fte aber auety ber Offenbarung gleich, inbem auf tyrer bityften apoftoltfc&cn Stufe nur
noety ein begrifflicher, fein facfylicfyer Unterfd&ieb gtotföen beiben befielen foQ. Die 3*fa4
ration „ift berjenige 2lft be« ©eifte« ©otte« auf ben SRenfd&cngeift, burd|> freieren ledern
so ganj in ba« Dffenbarung«objeft Ijineinberfefct unb befähigt toirb, badfelbe rein unb unge=
trübt toieberjugeben, ober berjenige 3wföwmenfd^Iu6 bed 5TOenf(^engeifted mit betn ©otte^
geifte, burc^ toetc^en bie Offenbarung be$ (enteren lauter unb unentftettt jum Sn^alt beö
erfteren toirb". Demgemäß ift tote in ber Offenbarung fo auefc in ber 3nft>iratton «ne
alts unb neuteft. ©tufe ober nä^er bie gefefclictye, bic pro^etifc^e unb bie apoftolifc^e %n*
85 fpiration &u unterfd^eiben. Wü Stecht toenbet |>ofmann ein, ba| $^ttin>i bie Smtoo^nung
bcS ^eiligen ©eifte«, toclc^e ben Triften jum G^riften mac^e unb feine auf bie Xu$ri4*
tung be$ ajjoftoltfd^en Serufe« gerid^tete SBirfung in ein« bermenge. 3U Mtfa SJetmengung
tommt jene ©leic^fe^ung mit ber Offenbarung, toobur$ biefe Suffaffung unhaltbar toerben
bürfte. 9Bie $fy. berfu^en auc^ ^enberfon unb ©aujfen bie S^eorie be« 17. 3a^. yi
40 erneuern.
©anj cntfcfyieben nimmt Slot^e feinen Slu^gang^unft in ber 3uge^örigfeit bcr Schrift
jur Offenbarung, bon bcr fte ein unabtrennlic^er Seftanbteil ift. ©ie ift Urfunbe bei
felbcn im eigentlichen unb boden ©inne beg äüorte^. Darauf ergiebt fta) tyre 6in)igj
artigfeit unb i^re (Eigenart. sJiid^t ba| man fte als infpiriert begeic^nen bürfte. Die« Sprfc
45 bifat fommt nur 9Kenj$cn gu. 3^rc ©ißenart rü^rt batyer, ba^ ibre Serfaffer mit^an*
belnbe ^erjonen ftnb in bent gefctyicfytiictyen Hergänge ber göttlichen Offenbarung. Datum
ift tyr rcltgiöje« Setoufetfein ein foeatftfäeS unb in feiner ©igentümli^feit ein für aOe
Reiten normatibe«. 2ln fte ergebt bie Offenbarung unmittelbar. Da« eine SRomtnt ber
Offenbarung ift ein fubjeftibe«, innere« unb fällt in fte felbft hinein. Die« ift bie 3n»
so foiration, ein momentaner, flüchtig ba^in eilenber 3uftan^^ toeld^er bie Steige ber geben*
enttoief elung be« SKenfd^cn au« eigener ©elbftbefttmmung unterbricht (bgl. 3$om. 8a.) unb
ba^er nic^t für föriftftelleriföe I^ätigfett bertoenbbar. Solche gnfturationen ftnb ben
bibl. ©c^riftfteBem ju teil geworben. Durd^ biefelben ftnb fte bie 3>ntyaber be« richtigen
ä?crftänbniffe« be« objeftiben ÜKomente«, nämlicty ber göttlichen ^antfeftation unb fo«
r>5 mit bie aut^entifc^cn unb tfvax aQcin aut^entifc^en 2lu«leger ber Offenbarung. Der
(Sinbrudt, ben bie göttliche Ofrenbarung bei i^rem Eintritt in bie ©efc^ic^te mac^t, ift in
tfyncn in boller Unmittclbarfcit Dorbanbcn; nad) einem ©efe^ ber ©eföitye mu| bem*
felben eine Starte unb Steinzeit eignen, tüte fie borerft nta)t toieber borfommen tarn.
Denn fte bereiten fid^ junäd^ft nur rcjcptib. 3iunmc^r erft treten jte felbftt^ttg ein,
go aber nic^t blofe al« ©c^riftftellcr. ^ebod^ begrünbet bie fc^riftfteDerif^e 2$ätigfeit eine
dfttftriratiott 195
befonber« gefteigerte (Smpfänglicbfeit für bie SBirffamleit be« ^eiligen ®eifte«. 3)e«fyatb
ndbmen ttrir m ben amtlichen ©Triften ber Slpoftel unb ityrer ©etyilfen ein befonber« ^ofye«
Äa& t>on Sttrhmg be« tynen eignenbcn fyeil. (Seifte« toar. 3)ie« ift tyre 6rleuc$tung, ettoa«
babttueüe« im Untertriebe bon ber momentanen 3nft>iration. ©omit fann bon 3jnft)i*
ration ber tyeil. Schrift auc$ nid^t einmal in bem abgeleiteten ©inne bie Siebe fein, in 6
toe!$etn ftc al« ein 2Berf moirierter Serfaffer fo tyeifcen tonnte. Senn Ignfiriration bejiefyt
ftcb ntcty auf färiftfteDertfd&e 3;fyätigfcit. 2)ie fyetlige ©cfyrift ift einfach ein 8lu«fluj$ be«
göttlichen Scbettd tyrer Serfaffer.
SJbgefeben bon ber grage nac$ bem Siebte be« SBorte« !gnftriration toirb man aucty
bon biefcr ®arftettung fagen muffen, bafc fte tyren eigenen 2lnf}micfyen nid^t geregt toirb, 10
— grabe ben 9taft>rü$en, bon beren (Erfüllung unbebingt ber (Srfolg ber Ünterfud^ung
abhängig ift SRofye toitt bie 93ibel au« tyrer ßuge^örigteit tut Offenbarung unb jtoar
tocfentlicty iVL ber gef$i$tli$en Sfyttfacfye ber göttlichen üJcanifejftation begreifen. Slber er
getaratnt bie« Scrftänbni« bon einem allgemeinen ®efe£ ber ©efc$ic$te au«, anftatt bor
allem au« ber Eigenart berjenigen ®ef$ic$te, um bie ftd&« tyanbelt, unb au« bem „W\U ib
cwnbdn" ber betreffenben $erfonen felbft.
Sn $ofmann treffen bie ßinflüff e ber Sengelföen ©<$ule mit ben bon ©c$leiermad&er
auegefycnben gufammen. SBenn irgenbtoo, fo tyat bei ihm bie ^eilige Schrift t^re Stelle
in ber £eil«gefc$ic$te. „2lm ©bluffe be« Sefaftücf«, beffen ^n^alt bie auf ßbriftum bor*
büblicfc ®ef$i$te au3mac$t, fte^t ber ©a$, um für bie 33erhnrfüc$ung ber bodtommenen 20
0ottc«gemeinf$aft bereitet ju fein, fyabe $«rael einer 3ufammenfaffung jener ®efc$i$te
im Sorte, eine« entft>rec$enben ©c^rtjtbenfmal« berfelben beburft, beffen §erfteßung bann
ebenfo toie bie Sorbtlblic^feit ber ®efc$idjjte, beren 3)enfmal e« fear, ein SBerf be« ®eifte«
Statte* getoefen fem toerbe. Unb am ©etyluffe be«jenigen Sefyrftticf«, beffen ^nfyalt bie
©ntfte^ung ber Jttrc^e au«macfct, ftetyt ber ©a$ : um bon bem anfange ber in $efu Gtyrifto 25
bemittelten ®ef$i$te jum @nbe berfelben übergeleitet ju toerben, tyabe feine ®emeinbe
eine* Meibenben 3)entmal« tyre« Anfang«, eine« ©cfyriftbenfmal« bleiben beburft, toeld&e«
alfo bur<$ SBirfung bleiben ®eifte« %tfu (Styrifti, burdfj ben fte felbft geworben, toerbe
tagcfteQt fem, um nun famt bem bon ber fycil«gefc$icfytlic$en ®egentoart au« berftanbenen
Sqmftbenhnale tyrer SSorgefcfycbte i^re ^eilige ©c^rtft ju fein" (^ofmann, Sie fyetl. ©d^r. so
Sil Ir 2. %, ©. 49). %üx ade«, toa« jur Fortführung ber ^eil. ©efc^ic^tc bient, maltet
ber ^etL ®eif| bem 3Kenfc^en ^inftd^tlid^ feine« 3taturleben« beftimmenb inne, toie e« für
ben jebe«maligen 3toc* fold&er Sötrfung erforberlid^ ift. 2öie bie bem ©emeintoefen
®otte« bienenben Nachtübungen fraft be« ©eifte« ®otte« gefd^en, fo toei«fagen bie^ro-
treten be« 9. 9. traft be«felben ®eifte«. Sie S3eftanbtei(e ber ©c^rift fmb nic^t bie 85
einen me$r al« bie anbern ftaft göttlicher SBirfung ^erborgebrad^t toorben. 3)a« burety
ben ©eift m ber inbibibueHen 9WenWennatur getoirfte entflammt biefer, tote ba« ftinb ber
Stntta; biqentge Freiheit, toelc^e jum SÖcjcn be« 3)tenfd^en gehört, toirb nid^t gefc^äbtgt.
©ie aber SBirfung be« ®eifte« ®otte« bie ©Triften ^eroorgebrad^t bat, fo bat fte aud)
SBtrhmg be« Seifte« ®otte« jufammengebrac^t. 40
Ob man bon ber Sebeutung unb (Stellung be« ©c^riftganjen in ber ^eiligen ®e=
fc^te toirb au«ge^en bürfen, um bie eigenartige Sntfte^ung — benn um biefe ^anbelt
ei fid) bei ber 3nft>iratton«frage — Ju begreifen, fotoie, ob man bie ®eifte«tt>irtfamfeit,
b«$ toelc^e bie beilige ©c^rift jufammengebrac^t ift, mit berjenigen, bureb toelcfye fte ent«
fbmben ift, auf eine 2tnte ftellen barf, erfcfyeint me^r toie fraglic^. 3)ie Äanonicität ift 45
®otte«tinrfung, bie $erftellung be« 5{arton^ aufgäbe ber ®emeinbe ®otte«. 9Ba« ettoa
Srgebm« ber (Srtemttni« refp. ®etot^eit fein lann, bafe bie ©c^rift infftriert ift, bie 93c-
baänng ber fo *u ftanbe gekommenen ©c^rift, barf nicfyt 3lu«gang«))untt ber (Srfenntnt«
fem. 9hir ba« ift richtig, ba| bie (Srtenntni« ber ^nfpiration ftc^ ftunäc^ft auf ba«
S^nftgan^e bqie^t, auf bie einzelnen Steile be«felben nur, fotoeit fte Steile biefe« ®an&en 60
fato, fo ba^ bie totffenfctyaftltcfye Unterfuc^ung [\d) auf bie ^uge^örigfett ber einzelnen
Schiften 311 bem ©c^riftganjen unb bamit }ugleic$ auf i^re ^nf))iration erftreefen toirb.
Xu$ granl fü^rt bie Sammlung ^eiliger ©Triften auf ben ^eiligen ®eift ^urücf,
hadf ben fte entftanben pnb. aber bie« ift nicfyt ein a^rioriftifc^e« Urteil, tote bei .frof*
■amv fonbern (Srgebni« ber @rfenntni«, ba| bie ©d^rift burc^ ®eifte«mirfung ®otte« 65
cxtßariben fei @r unterfd^eibet jtoifc^en Offenbarung unb Söort ®otte« unb jtoiföen
Boct (Sötte« unb ^eiliger ©$rift. SDtc neuteftamentlid^e ©d^rift, bon freierer au« fic^
oft bie ©efcmberf>ett ber altteftamentlic^en ©c^rift ergiebt, orbnet fic^ bem ©orte ein,
todtyet bie ®emeinbe al« ®otte« 2Bort rebet uno fyat oor bemfelben bie ^rörogatioe be«
«dhnMi^en 9Borte& Setbe«, ba« 3^9"^ ber ®emeinbe unb ba« ©d^riftjeugni« ift w
13*
196 dnfytntttoü
geiftgetoirft, Ic^tcrcö nur in fyöfyerem ©rabe, entfpred&enb ber d&artSmatifc&en Begabung ber
Urfircfye. 2)ie urfunblkfye gigierung ber änfangStterfünbigung beS #eileS gehört )u ben
£etlSberanftaltungen ©otteS felbft ober gu jenen äuStoirfungen ber ®rlöfungSt§atfac$e,
toelcfye ber §erftcllung einer JÖienfd^ett ©otteS ju bienen beftimmt ftnb. 2)iefe 93er!üm
6 bigung trägt beSfyalb ebenfo göttliche tote menfälictye ober gottmenfd&lid&e 9Crt an ftcfc, unb
biefer gottmenfcfylid&e 61;aratter Verträgt fid? fe^r toofyt mit einer UnfeJ^Ibarfeit beS ©djrifts
toorteS, toelctye baSfelbe jur bleibenben -Korm ber SebenSbetoegung ber flirre unb ifyrer
ferneren ßnttoitfelung macfyt. 3)enn eS ift immer baS utfunblic&e 3"%™* bon bem
§eilSmittIer, ben §eilSttyatfad&en unb tyrer ©cbeutung, toeld&eS #er Vorliegt unb bejfen
io Setoafyrung umfomefyr aufgäbe ber Äird&e toar, als fte bezeugen toottte unb mufete, ba|
baS urfunblicfye SBort lein blofe Vergangenes für fie fein bürfe. 3)ie Unfefyibarfeit ift bo*
burd& befd^ränft, bafc bie ^eiligen ©^riftfteBer nidjt ofyne ©ünbe unb an ifjrem Seile no<$
nicfyt botlenbet toaren, bie Sprache ifyrer 3^* **bcn, in ben SilbungSelementen tyrer 3*
ftcfy belegen, fotoie baburefc, bafc fte inbtoibuelle Sßerfönlid&feiten toaren, bie als foictye nidjft
iB toofyl für bie untoerfale SBafyrtyeit gleicfy untoerfale SWebicn toaren. ©te fyabm alfo bie
SBafyrfyeit empfangen unb befeff en naefy bem -äföa&ftabe tyrer Snbtoibualität unb ifcrer (fort*
toitfelung. Sluf ber anberen Seite aber — eS totrb nietyt flar, tote ftd& biefe Se^auptung
mit bem eben gefagten Verträgt — erftreeft unb befd&ränft fic$ tyre Unfetylbarfett auf bie
tyeilSnottoenbige SBafyrfyeit, benn bie tnbimbueöe Sluffaffung ber ©taubenSrealitäten ift md)t
ao f$on beSfyalb, toeil fte inbtoibuell ift, mit ^rrtum behaftet. @S ift toielmc^r in 9lnf$lag
ju bringen, bafe bie Urfirctye potentiell bie auS ifyr ertoacfyfene ©efamtfird^e in ftcfc traat
unb ba| baS urfunblicfye 3eu0n^ m^ fe^ner &uS &** 3nktotoualiiät unb tyrer Sefäranft*
fyeit fyertoorge^enben 3Wanni$faltigfeit biefer Stellung entfprid&t
3Rad& 2)orner beruht ber 2Bert ber ©djrift barauf, bafe fte als gef($ic$tltc$e Urfunbe
25 beS GtyriftentumS allem für alle 3?iten bie jureicfyenbe Storm für ©tauben unb Beben
ber 5tir$e ift. @S toar ein toefentlid&eS Moment im göttlichen SBtHen, bafe bie fcottenbete
Offenbarung ifyre urhtnblic^e ^i^ierung getoinne, bamit bie Jtird^e unb ber ©laube ber
einzelnen burc^ biefe Urfunbc bor fubjeltiöer SBiOfür unb bor ©{^toärmerei betoa^rt bleibe.
SMefer göttliche SBiue, ba« urftmmglic&e ß^riftentum in feiner Steinzeit unb ©an^eit ba
so SKenfc^^eit für alle 3eiten ju erhalten, fanb feine gefiederte SJertoirSid^ung erft in ber Sets
anftaltung, bafe bie fd^riftlic^e Slufgeid^nung feilend fold^er unb unter tfyrer SRtttotrhing
ftattfanb, toeld^e als älugen- unb O^ren^eugen ^efu burd^ t^n jum 3^ug^tamt borgebilbet
unb beS ^eiligen ©eifteS in befonberem 3Jta|e teilhaftig unD für tyren Seruf c^artSmattfd^
auSgerüftet toaren. 2)aburd^ ftnb bie SSerfaffer nicfyt pafftöe 5Kaf(^inen, fonbern feBfr
ssftänbige geifterfüQte ^erfonen getoorben, beren ^Jrobufte bem entfprec^enb ben ©eift ©otteS
atmen. 3)iefe ©eifttoirlung, toelc^e ftc| aus ber Urfunblicfcfeit ber ©driften ergtebt, ift
bie 3intyiration unb jtoar &unäd&ft ber ^Serfonen unb baburc^ tyreS 9BorteS. 5Denn t»
giriert ift berjenige, toeld^er burd^ eine urfprüngli$e Sl;ätig!eit ©otteS unb juerfl unter
allen eine Offenbarung ©otteS empfangen l)at. t)amit ergiebt ftc^f bafs bie Urfunblic^feit
40 unb jtoar ni^t blo| fie, fonbern bie ßigenfd&aft ber 93erfaffer, juerft eine Offenbarung
©otteS empfangen ju fyaben, feftgefteQt fein mu^, um i^re ^ufpinert^eit unb babun^ bie
3nfpiriertl?ett i^reS SBorteS barauS ju folgern. 3)ann erft ift bie Offenbarung toa^aft
übergegangen an bie 9Renfc$l?eit# alfo gefd^id^tlid^ getoorben, toenn ein reine« fe^Uofe*
ffiiffen bon i^r benjentgen ju eigen getoorben ift, an toelctye fte juerft erging unb Don
46 beren reiner 9?erfünbtgung t^re gortbauer abfängt. 3)a nun aber bie SRenfc^en, an toefcfc
bie ^ufpiwtion gebunben ift, ntd^t bollfommen rein, nic^t fcoHlommen an (SrfenntniS
ftnb, fo fcfyeint bie ^llofigtett i^reS SBorteS bebrofyt %u fein, aber ein ^rrtum im
3;n^alt cmpirifc^enSötffenS ift noefy !ein Saturn im ©eiftlidjen. gm famerften beSSXenfc^en
ift noefy eine ßmpfänglt^feit für bie SBa^rfyeit bor^anben. 2)iefcS gunerfte toirb Don Um
6o9ieuen erfüllt, toeld^eS bie Offenbarung bietet. @S ift unrichtig, bafe ber3Jlenfc^ berSünbe
falber unmöglich bie äßa^rbeit lauter erfennen tonne. $a3 !ann fd^on ber ©laubige
überhaupt, gefd^toeige benn toer toon ©ott ^um 3eugen ertoä^lt unb auägerüftet ift ^m
ift bie objefitoe göttlid^e 9Ba^eit enthüllt unb ein sBlitf in fte burdj^ ©ott berliepen, toie
eS tfym gugleic^ burd) ©ott berlte(;en ift, baS erfannte für bie ©emeinbe au^ufpret^en.
66 2)ie ge^llofigtett biefer Sluäfüfcung btgtfy ftd^ auf baS äu|erli(^e unb menfc^lu^e nur
fo toeit, als cS mtt ber geiftlicfyen SÖa^rbeit in 3ufammen^ang fte^t, unb btde be»
grenjte Jefyllofigfeit gehört jum ^lane ber göttlichen Öfonomie, bamit tohr nic^t bei
SKenfcfycn flehen bleiben, fonbern bie toabre ©td^er^eit in bem toon ben infpirierten Dt»
ganen unabhängigen %n\)alt fud^en foßen, ber toon ftd^ felbft ©etoife^eit gu geben bie
eo 3)fac^t ^at. 3)aju lommt noc^, bafe cS ©rabe ber 3nf)>itatton giebt. ^ie ^nfriration
Infiltration 197
felbft beruht bei ben Sfyofteln barauf, baß fic im ftetigen unb blcibenben Seftfce be« tyeU
ligen (Seiftet fidfr befinben, fo baß ftc baburefy im ftanbe fmb in gctftlid^en fingen feinen
Irrtum ju lebren. 2)ie intenftbfte Äonjentration, beren fic Bei tyren fd^riftfid^en Sluf*
jeufcnungen bebürfen, betoa^rt fie, toätyrenb ber ^eilige ©eift i^nen pofitib, unb tfvax jebem
na$ feinem 3Raße, ßrfenntni« ber göttlichen 2)inge mitteilt. 3$r tyiftoriföe« Setoußfc 5
fein toirb ©egenftanb ber Bearbeitung unb Silbung burc$ ben ^eiligen ©eift. 2Ba« ba«
SEE betrifft, fo toirb beffen Slutorität un« burc$ ß^rtftum Verbürgt. Sielet freiließ in
tym ift bergängltö ; fo bie 2$eofratie unb ba« jübifö nationale. 3C*>0C& betrifft bied nur
ben noc$ unbottfommenen 3lu«brucf ber göttlichen ©cbanlen. (Sine Steige bon allgemeinen
refigtofen Sefaen, toie bie 3$erfönlid&feit, Slllmactyt, 2Bet«&eit, §eilig!eit, ©ercc^tigleit, Samt* 10
ber$igfett ©otte«, bie Schöpfung, ©Haltung unb Sßorfetyung, geben fid&, fobalb fie au&
iefrro$en ftnb, bon felbft al« toa^r unb barauf baut ba« neue fteftament al« auf feinen
Sorauöfefeungen. 3)aju lommt bie §intoeifung be« ©efefce« in ber SSertyeißung auf
g^rifkum. 3tber erft bie ©fciften^eit ift e«, bie an bem bom 31$ nic^t abhängigen ©Triften*
tum ben Sc^lüffel )u tym bejtfct. 15
9ta$bem fo ber mantifd&e Segriff ber gjnftnration, abgefe^en bon toenigen anber« ar*
beitenben Ideologen, allgemein aufgegeben, fie felbft aber im ©runbc bod& nur al« $oftulat f eft*
gehalten unb $r 3n$alt unb Umfang toefentlid^ auf ben Dffenbarung«jtoecf belogen toar,
toobei bie begebenen SSermittelungen be« Sßerftänbniffe« tyrer Slrt unb tyrer Sebeutung
btudf bie me$r ober toeniger anerfennenbe Stellung jum Seben unb 93e!enntni« ber Äird&e 20
bebtnat erfc^emen, !ann e« faum tounber nehmen, toenn SRitfd^I unb feine Schule ganj
bon tiyt abjufe^en unb bie Slutorität ber Sibel au« einem anberen ©runbe in größerem
ober geringerem Umfange unb mit größerer ober geringerer Sebeutung für ba« Seben
ber Stinte unb be« einzelnen feftju^alten berfud&en. 3titfd?l felbft erfennt ber ©d&rift unb
jtoar f^egieH bem 31% eine Slutorität nur im ©egenfafce gegen bie Slutorität einer münb= 25
ii$en Überlieferung ber Styoftel unb gegen bie Slutorität ber ürcfylic^en Sitteratur ju unb
tanll fte nur bejogen toiffen auf bie bogmatifd^e Geologie unb auf bie oberfte 9Jorm be«
etyrifttiden Seben«. Die neuteftamentlid&en Schriften feien auttyentifcfce Urlunben ber $rift=
liefen Seligion, toeil ber Ign^att ber auf Uniberfalität angelegten Religion in ber $erfon
«nb bem SBirfen be« Stifter« in boQIommener $)eutlid&feit au«geprägt unb baburc$ bon so
ben umgebenben HRäd^ten abgegrenzt ift. 3)ie ßrlenntni« ber Styoftel bon bem 3nM**>
ber SefHmmung unb ber göttlichen Segrünbung be« ß^riftentum« ift ebenfo toie ber @e*
banlenfrei« (S^rtfti felbft burd> ein au%ntifd^e« Serftänbni« be« SIX« vermittelt, toeld^e«
bem gleidnettigen ^ubentum, bem ^^arifäifd^en, fabbucäifd^en unb effenif^en abgebt. @o
$ bie Stbel eine toertbolle urtunblid^e Segeugung ber Dffenbarung«religion, beren S3e= 86
battung in bem toefentlid^ nur Don i^r bargebotenen Serftänbni« berfelben beruht, beren
Sei^&ibni« felbfk aber Sßrobuft be« ju biefer Offenbarung fidb angemeffen t)er(>altenben
«enfe^engeifte« ift. 3^re Slutorität ru^t alfo auf i^rer ©efd^affen^eit al« urfunblid^e 3te
jcugimg ber Offenbarung«religion.
Suu^ für 38. $errmann ift bie ^eilige Schrift Offenbarung«urtunbe, nur ba| er 40
einmal ba* größte ©etoid&t barauf legt, baß in ityr bie Offenbarung felbft mit ifyrer über*
toaltigenben 9Ra^t in Gfyrijto un« begegnet unb in ber@emeinbe, ber fte fte bezeugt, fi$
bun^fekt, unb fobann, ba| biefe in Gfyrifto gegebene Offenbarung \xn% in ben ©tanb
\ty, aue* au«jufc^eiben, toa« al« auf mangelhaftem SJerftänbni«, t^eologifc^er ©d^ule u.f. to.
bent^enb biefelbe nid^t rein }ur ©eltung gebraut §at. Darum beruht benn bod^ bie 45
ftraft ber SKbel auf bem in ifyr entbaltenen reinen @öangelium %tfu, beffen §erau«*
aibeitung au« ber in ber Stbel enthaltenen Überlieferung ©ad^e ebenfo ber 2Biffenf$aft
toir bed ©lauben« ift, nur baß ba« @rgebni« biefer Slrbeit nic^t bon bem Ginjelnen ab*
^angt, fonbern t>on ber ©emeinbe, bie ber Offenbarung getoiß getoorben ift. Offenbarung
dber ip ebenfo bie gef$ic$tlic$e J^at ©otte«, bie ?jefu3 erlebt $at unb bie ^efum ^>at er« so
fkben laffen, toie bie an unb in ber ©emeinbe fidp fortfe£enbe %f)at ©otte«.
ß. ©c^ul^ beratet ebenfall« auf eine 3«fr»wtion«le^re, toelc^e, urffrünglic^ nid^t
auf cfyrifili^Km ©ebtete ertoac^fen, bon ben froteftantifc^en Äirctyen o^ne Sebenlen über«
«rannen unb burd& 38ertoerfung ber Irabition, ber Styofrt^en unb ber attegorijd^en 3lu3*
Unmig nod> geftetgett toorben ift. £ie ©d^rift ift un« bon ber ßir$e be« Slnfang« al« 55
gefc^tlic^e Zeugin für i^ren Urforung überliefert, unb toer m Gtyrifto belehrt ift, bem
$ mit ber 2Bafyfyeii biefe« 3^0"^^ ^ ©eltung ber Sibel betoiefen. 5Wur au« tyr,
»cratt«gefe^t, baß fie nad^ tyrem ©runbtejte toiffenfd^aftlic^ au«gelegt toirb, lann bie @nt«
Reibung über bis« toa^re 2Befen be« ß^riftentum« erhoben toerben, Womit aber ri\d)t bie
JBtigmtg gegeben ift, baß bie 33ü$er ber ^eiligen ©d^rift bon ben ®efe$en aufgenommen eo
198 3nfy«ration
feien, toeld&e bie gntfte^ung unb Haltung anberer ©Triften be8 9lltertum3 be$errf$en.
2lber e$ ftnb bod& Urtunben ber Dffenbarungägefd&id&te, unb gtoar bie einzigen, unb —
toentgftenS eine 2tngatyl Don tynen — Urtunben erften Sänget, bie Don Offenbarung**
trägem felbft ^errityren. Dagu lommt ir;rc innere Befd&affenfyeit, baß fte ftc$ natfc bem
6 äeugniffe aller toatyren frommen Don Gtyriftu* 6iö auf unfere «Seit erproben ate Don bem
©eifte getragen, toeld&er bie 2Belt im Sichte ber in Gfyriftu* gefd^enen Offenbarung Der»
fielen le&rt, Don bem ©etfte, tuelcr)er auf SfyriftuS tyintoie* unb in toller Älartyeit Don
itym auägetyt. 3n biefem ©inne, nid&t aber im fircfylidjjen ©inne be$ SBorte*, tarnt man
Don 3nfJ>iwtion ber biblifd&en Sudler reben.
10 3lud& für ftaftan ift bie 3nft>iration3letyre — b. $. feie immer bei ben 2$eo*
logen biefer ©d&ule bie fie&re, nad& toeld&er bie ^eilige ©d&rift ein SDtftat be£ ^eiligen
©eifte* fein fo0 — hinfällig getoorben. ©ie muß erfeftt toerben burefc eine 9lnfcr)auung,
toeld&e ftet) nid&t tote jene in 2Biberftmtd& mit bem gefd&id&tlid&en Berftänbniä ber £eu»
©d&rift befinbet. Die Autorität ber ©d^rift ift einzig barin begrünbet, baß fte bie
16 Urfunbe ber gefd&id&tlid&en ©otteSoffenbarung ift, auf ber unfer ©laube ntfjt Diefer
©laube an bie Offenbarung ift ein ßrforbernte für bie fachgemäße Beteiligung an bar
gef$idj>t(i$en Srforfd&ung ber Bibel. Sa bie Offenbarung ba$ SBtrlenbe, ber ©Iaube
ba$ getoirtte ift, fo muß bie Offenbarung unabhängig Dom ©tauben borjjanben fein unb
aufgetoiefen Serben lönnen als eine in bie ©egentoart tyinemreicfceitbe totrffame 3Radj>t
2i) 35ied gefegter)! bur$ ben ^intoeiä auf bie r>eil. ©$rift als ba$ SBort ©otted, in toef "
unb burc| toeld&eä ber ©etft ©otteä je unb je ben ©lauben toirtt unb fo bie £
barung an bie beftimmten 9Renf$en bringt. #iftorif#e tJorfcfcung, toijfenf$aftfi$e _ö.
gefe unb persönlicher ©laube ftnb erforberlidp, um bieje Slutorität ber ©c^rift unb ber ein«
gelnen ©Triften gu ertennen, gu berfte&en unb gu fdpäfcen.
26 ©o Dergid&tet man überall auf bie ©intoirfung beS ^eiligen ©eifteS auf bie @ntfre$ung
ber ^eiligen Schriften begto. be$ biblifd&en 2Borte$, erfefct ben Segriff ber ^nfoiratton
toegen feinet angeblich bem #eibentum entftammenben mantifcfym SnpatteS burc$ ben ba
Urrunblid^teit ber $eil. ©Triften, alfo burd& ein ftfiorif c$e$ Urteil, toeld&eS ju feiner DoHen
©iltigteit toiffenfd&aftlid&er jtorfd&ung unb Begrünbung bebarf, fo baß gu einem tompetenten
so Urteil über ben 2Bert ber Bibel nur ber toiff enfc$aftlid& arbeitenbe Ideologe unb au$ unter
ben Ideologen fc$ließlid& nur ber $iftorifer befähigt ift. Diefer Befctyränruiu) totrb einiger«
maßen bie SBage gepalten burd? ben ©toff ber Bibel, bie Offenbarung, toeiefce fte urfunb*
li$ bezeugt. 5Dtefe Ijat bie ftraft, ftd& als Offenbarung ju legitimieren, toedlpib ja au$
©laube erforberlid? ift, um ein boäed Urteil über bie Bibel ju gehrinnen. Da eä ba$
86 urtunblid^e ffiort ift, fo toirlt bie Offenbarung naturgemäß burc^ biefed SBort, mir mä/t
fo, ati toenn biefe^ 2Bort ^robuft be$ ©eifted ber Offenbarung toäre ; fol^ed $robu!t
ift aber nur ber ©laube. 3luf ba^ 3Bort ber Bibel fyaben 3^been, mangelhafte 9b^
faffung, befd^ränlted Berftänbntö i^ren Sinfluß geübt. Die tyeologif$e gorfc^ung ^ak fcfb
juftellen, tote loett biefer Sinfluß reicht, um fo gur 3lufjeigung be£ autoritativen 3«^lteö
«o ober be$ bleibenben ©e^alte^ ber Offenbarung ju gelangen, burd^ bad ju aller 3eit aOein
ber ©laube geh)irft h)irb.
@d muß fraglich erföeinen, ob bie in ber ©ef$t$te ber Ätrt^e immer toieber erlebte
eigenartige 9Ra$t unb Bebeutung be3 ©d^rifttoorte^ [\d) burd) feine Urfunblicfctett genüaenb
ertlärt. Ded^alb fyat \\d) Sipfiud genötigt gefe^en, gtoifAen ber Urfunblicfyteit ber Bibel
46 ald ber Durc^ ba^ gefc^t^tltc^e Urteil ber <$riftlt$en flirre audgeh>ä^lten ©anunlung
aut^entifd^er Urfunben i^red urfprüngltd^en ©eifted unb jtoifd^en i^rer auf ^nfptratton fo»
ru^enben reltgiöfen Bebeutung gu untertreiben. Diefe S^fpiration foD befagen, baß ber
einheitliche ©eift ber ©$rift atö ©etft aui ©Ott ba* 3eugni3 bed ©eifted in ben £erjcn
ber ©laubigen ^erborruf t. ^nfptriert aber ift bie ©d^rift, toeil fte bie gefc^id^tltd^e Urhmbe
60 Don ber Offenbarung in (Spriftuö unb aU folc^e jugleid^ ba* urfprünglic^e 3^0«^ Ml
ber §citehnrffamfeit biefer Offenbarung in ben §erjen ber erften 3ün0^0^t«nbe# d\o
$robuft be* ©eifte* biefer Offenbarung ift. 9iormatiD ift freiließ nic^t bie jfrrm toegen
ber toed^felnben t^eologtfdjten Borftellungen, fonbern nur ber 3nl?att nac^ Äbgua biefer
Borfteßungen begto. beffen, toa* auf bie Begrenjt&ett unb Befd^ränft^eit i^rer Berfaffa
66 burc^ bie 3eit, ber fte angehören u. f. to. ftd& gurücffü^rt. Die ©onberung gtotfd^en gorra
unb 3nr>alt ift un* überlaffen.
ffiir bürfen nid^t fragen, ob e$ einer befonberen 3wfr«<^ion«le^re bebarf ober ob
totr berfelbcn bebürfen, ba toir ntd^t me^r, tote bie älteren Dogmatifer, bie 2e$re Don ba
^eiligen ©c^rift ber Dogmatil DoranföidEen unb tr>rc Bebeutung bann begrünben muffen,
60 fonbern innerhalb ber Dogmatif Don ber beil. ©c^rtft ^anbeln. Dort ift unfere Süifgabe,
dnfyurattott 199
bic Eigenart ber ^eiligen Schrift ju erflären unb biefe (Srflärung fütyrt auf bie Snfei5
ration, b. $. barauf, bajj bie tyeil. ©cfcift tyre ©igenart ber SBitfung be* ©eifte* ©otte*
auf i^rrc 6ntfte&ung fcerbanfe. 6* ift jtoar bequem, aber unrichtig, bie %n\p tration unter
bcm Sorgeben )u leugnen, baft nur bie mantifdje 3"fr^tion toirllid&e ^nfoiration fei
Seim um bie Slrt ber ©ntoirfung be* ^eiligen ©eifte* auf bie ©ntftetyung ber Sibel gu 6
oerfie$cn, mu^ man toiffen, toa* bie ^eilige ©d&rift bon ber 2Birffamfett biefe« ©eifte*
überhaupt fagt, unb um bie* toieber ju berftetyen, mufc man begreifen, toie $aulu* bie
©alater fragen tonnte: tyibt tyr ben ©eift empfangen burdj be* ©efefce* Serie ober
bun$ bie $rebtgt bom ©(auben? (®a 3, 2.) Senn nidjt* berechtigt \xn$, eine unau&
füllbare ftluft jtoifd&en ber ©intoo&nung be* ^eiligen ©eifte* unb feiner befonberen @in= io
toirfung auf bie (gntftetyung ber tyeil. ©d&rift anjunefymen, ba e* berfelbe ©eift ift, ber
nirgenb mit naturaler Untoiberftetylid&teit toirtt. 3ugleic$ °bvc toirb man auf bie
grage na$ bem SEBefen ber 33ibel eine anbere Slnttoort geben muffen, al* bie, bafj
fte Urtunbe ber Offenbarung fei. Senn ba* ift fte tfyatfäd&lid& erft im abgeleiteten
Sinne. 16
Xn biefem fünfte nun tyd Äätyler eingefefct unb bamit erft eine erfolgreiche 33e*
fanblung ber gfage nad) SBefen unb 2Bert ber Sibel unb nad) iJBefen unb Slrt ber 3.n*
fotration ermöglicht. 9tad& tym ift bie Sibel unb jtoar junäd&ft ba« 3^X unb erft im
3ufammen$ange mit tym-audfr ba« 312 Urfunbe ber grunblegenben ^ßrebigt bon S^rifto
unb bem #eüe in tym. Samit ift fte ja aud& freiließ Urfunbe bon (S^rtfto beato. ber ao
©otteÄoffenborung in tym, ober bo$ erft in abgeleiteter 2Bcife. Sa*, toa« ba* SR5E unb
im 3uM|me^uiS^ m^ tyn ^ SEE d&arafteriftert, ift, bafe toir in tym bie Senfmale
ba un$rifUidj>en, auf ba*^jeil berSefer unb§örer gerateten iöejeugung be* §eile* tyaben.
3n biefer Sefmition bereinigen ftd^ 3toedf unb $w)ali ber tyeil. ©Triften, toogegen bie
Hoffe Urfunbe ber ®otte*offenbarung bon bem unmittelbar $u erreidjenben .»JtoedE ah 25
fie^t unb überbie* bie Silbung eine* gefd&id&tlicfyen Urteil* verlangt, toelctye* mcfyt jeher*
mann* ©a$e ifi Sie ©rfenntni* aber, bafe aunäd&ft ba* SEE Urtunbe ber grunblegen*
ben $rebigt tum ß^rifto ift, ift ©emeingut aller, bie mit ber ©$rift in Serityrung
tommen unb erforbert feine gefd&id&tlid&e 93ilbung. Senn ba* ift eine fi$ jebem auf»
brängenbe X^atfad^e, bafc bie ©c^rift un* ba*jenige ßeitgnt^ Don Sfyrtfto barfteQt, mit ao
toddjfcm bo* etJongeltum ol* Serlttnbigung ber äBelterlöfung feinen ©iege*jug burd) bie
SBdt begonnen fyat Ob au$ h>ir biefe* fo bezeugte $eil in G^rifto annehmen toollen,
ober ob teir ba*felbe al* unfer unb ber2Belt$eil nur mit größerem ober geringerem 93ora
behalten gelten laffen tooüen, ift eine §rage für fi$- Sie* Sbangelium ift biejenige d^rift=
G$e Secänbigung, ber gegenüber totr Stellung nehmen muffen. @rft bon $ier au* be- 86
greift ft$ auep bie bon%:anf energifd^ betonte @rf Meinung, bafe iebe*Seugni* bonS^rifto
unb twn ®ott& $eil*toiUen unb $eil*t^aten un* nur in bem 3Raf$e geftift ift unb bleibt,
in tDcfa$an e* fi* in Überemftimmung befinbet mit bem ©d^riftjeugni* ober bon biefem
beftäügt totrb. Sem ©$rift)eugm* eignet in befonberem Wlafy eine t>erpfli$tenbe unb
cMitueO fc^ulbig ma<$enbe ftraft, h>elc|e jebem anbeten £eugni* nur in Jtraft ber 9te* 40
pcobuttixm be* €<^rtft}eugnif[e* beitoobnt. Siefe t)et^)fltd)tenbe unb fd^ulbig mad^enbe
Äraft ift bie Slutorität be*felben, bie nid^t bon i^rer 9lnertennung abhängig ift, benn bie
Sucriemtung ift unfere $flid^t unb Aufgabe, beren Söfung toir ja unterlagen tonnen, aber
nk^t anber*, eil* bafe biefe Unterlaffung un* f$ulbig mad^t bor ©Ott. Surc^ biefe feine
beqrfli^tenbe unb fepulbig ma$enbe Jlraft toetft ftep biefe* ^eugntö al* in befonberem 45
Slafte erfüllt bom ©eifle ©otte*, getragen bon ber ©egentoart ©otte*, getoirtt bom fytil
Oaßc au&. gebe* abgeleitete ober reprobujierte ßeugni* fü^rt fi$ auf SSirtung be*felben
(Scifled ftiirüa, biefe* 3^9"^ aber in jenem befonberem "äJtafje, in toeld^em fi$ ba* ?fun=
bflfirtnlyugnt* bom abgeleiteten 3eugnt* unterfd^eibet. Sief er ^ufammenbang be* Sc^nft^
|eugniffe* mit bem $eil. ©eifte, toeld^er einzigartig ift tro( be* ^ufammen^ange* mit bem co
«benfall* auf ©eifttottf ung M gurücffü^renben abgeleiteten 3eugniS ber(^riften^eit, ift e*,
bem totr — in Äifammen^ang mit ben ©d&riftau*fagen — al* ^nf^iratton bejeic^nen.
Senn fofa^e aBirtfamleit be* ©eifte* meint ^aulu*, toenn er 1 Äo 2, 13 fagt: totr reben
ofoc h dtdaxxöig dv&Qcomvrjs ooylag JLöyoiQ, d>U' £v didaxrölg Tivevjuarog,
unb ebenjo 3efu*, toenn er go 16, 13 fcon bem ©eift ber 2Batyr&eit rebet, ber bie ©einen 66
leiten foll h ijj äXrjddq. ndofi, eine SBirtfamfeit, toeld^e ba* $anbeln berer nid^t au*»
ftüeft fonbern erft erm^alid^t, Die i^rerfeit* ba* §eil bejeugen.
Sied iß bie grunblegenbe @rtenntni* üon ber ©eiftgetoirft^eit be* ©d^rifttoorte*,
treibe al* folc^e erfannt unb anertannt toirb bon allen, bie ben ^nfyolt biefe* 2Borte*
W sefagt fein laffen unb in bußfertigem unb banlbarem ©lauben fytnnefymen. @* fann ao
200 3nfyuratiott
ja freiließ für ben einzelnen mancherlei Hemmungen unb §inberungen biefer $inna$me
ober btefet ©laubenS geben, beren Uebertoinbung tn größerer ober geringerer gerne liegt
3)afj aber biefer ©laube entfielen fann unb überaß entfielen totrb, too baS abfegen nur
barauf gerietet ift, &u tfyun, toaS ©Ott toill (%o 7, 17), liegt baran, bafc baS ©cfrift*
5 aeugntS eben 2Birfung beS ©etfteS ©otteS ift unb SBirfungSfraft beS ©eifteS ©otteS in
ftd& trägt. £enn toaS bom ©eifte ©otteS ftammt, toirb, tote alles SBirfen unb SBalten
beS ©eifteS ©otteS an feinem ©egenfafce jur @ünbe bqto. )u unferer fünbigen Slrt er«
fannt. 3ft eine untrügliche ©ünbenerfenntniS möglich — unb fte ift ber Snfang aller
SBatyrtyeitSerfenntniS — fo ift au$ eine untrügliche ©rfenntniS beffen, toaS beS ©eifteS
10 ift, möglich 3e reiner, balliger unb mächtiger biefer ©egenfafc heraustritt unb fid? )u
erfennen unb $u erfahren giebt, befto bößiger ift baS, tooran mir foIdjjeS toa$rne$men,
beS ©eifteS. ©old&e Sßatyrnetymung unb (Srfatyrung toirb aber, toenn fie richtig ift, ni$t
bie eines einzelnen fein. ©ie mufc bie Slrt einer allgemeinen, toenigftenS allgemein mog*
liefen ©rfa^rung an ftd& tragen, beren Allgemeinheit nur befd&ränft fein fann bur$ baS
16 ber greifyeit an^eimfaSenbe ftttlid^nreligiofe Stallten. @S ift barum auc$ fein ©egen*
betoeiS, toenn jemanb biefe (Srfafyrung nicfyt lennt. 9hm trägt aber biefe (SrfetmtniS unb
©rfatyrimg jene Slrt an ftc$ ; fte ift bie ©rfatyrung einer ©emeinfdfraft, ber Ätrd&e, in allen
©enerationen ftd? als biefelbe toiebertyolenb, in ber gefd&id&tlicfcen ©nttoicfelung fid? be*
reicfyemb unb fcertiefenb. 3)ie ©d&rift tyat ftc$ ber Äircfye ftetS«unb immer toieber au£*
ao getoiefen unb inSbefonbere ftcfc betoäfyrt als ben untrüglichen fritifc&en SRafjftab beS religiös*
ftttlid&en 93er^altenS, als bie unbebingt reine Quelle beSfelben unb als bie mafegebenbe
SWorm aller abgeleiteten Sejeugung. $ieS ift baS testimonium spiritus saneti, bie
fird&lid&e unb inbibibueQe Srfa^rung bon ber Sebeutung ber tyeil. Schrift. Sie begießt
ftd& auf bie ©cfyrift als ©anjeS. üb reff, intoietoeit fie in all tyren teilen berfelben ent*
26 fpri$t unb biefe ©eifteSart an fi$ trage, bebarf ber @tajelunterfud&ung, für toel$e bie
(Sntfcfyeibung biefer grage nicfyt umgangen toerben fann.
©tetyt bie 2#atfac$e ber ^nfpiration als einzigartige (Sintoirfung beS ^eiligen ©eifteS
auf bie ßntftefyung ber beiligen ©Triften auf ©runb ityrer einjtyartigen Sebeutung als
Urfunbe ber grunblegenben $rebigt bon Gfyrtfto unb $rer eimtgarttgen toetyfli$tenben
so unb üerföulbenben Äraft feft, fo tyanbelt es ftd& nun um SBefen unb Slrt biefer Snftriratum.
Um biefe ju berftetyen, tyaben toir uns ju bergegentoärtigen, toobon biefe Sßrebigt jeugt,
nämlidfj &on ben ÄeilStyaten ©otteS ju unferer (Srlöfung, bie in ß^rifto utfammen*
gefd&loffen, auf tyn |injielenb unb in tym bertoirllid^t uns bor Slugen fte^en. 9Rit biefer
^eilst^at begto. mit ben ^eilSt^aten ©otteS fyat eS bie gange ^eil. ©c^rift ju t^un. 3)en
86 ^nbalt ber ©d^rift bilbet eine ©efd^i^te, bie ©ef^te nämlid^, toeld^e fi$ )totfd^en ©Ott
unb ber 9Jienfc|^eit begeben §at, bejto. begeben toirb. ©ie toirb uns berietet, gebeutet,
getoeisfagt. 3)i^fer ©ef^te Sebeutung ift bie 93efc$affung, 3ueißnun8 un^ Souenbung
beS $eils. @S ift na$ bem ©efagten berftänblid^, toie biefer ^ntyalt, and) bie SBeiS»
fagung, als SBa^r^eit ertannt toerben fann. S)ie Sefonber^eit, in ber in ber ©etyrift ba
40 ©eift ©otteS ftd^ toa^rgune^men giebt, ru^t beS^alb auf bem befonberen SSertyältniS ber
©d^rift jur §eilSoffenbarung. ^nbem bem ©lauben bie befonbere 3u8e£&rigleit **
©4rift jur ^eilSoffenbarung feftfte^t, ergiebt'fi^, ba^ i^re SBcrfaffer jum ^eiligen ©eifte,
toie er in ber §eilSgef$id&te toirffam ift, in befonberem 93er^ältniS ftd^en, in einem 83a«
^ältniS, toeld^eS nic^t bloft auf i^rer ©eite, fonbern audb auf feiten beS ^eiligen ©etßeS
46 begto. ber ^eilSoffenbarung ftatt baben mn% SBeld^er Slrt biefeS SSer^ältniS ift, fann,
ba eS ein gcfctyic§tlic$eS ift, bebingt burc§ bie betreffenbe ©ef^te, nun aud^ nur auS ba
©efd^ic^te, toie fte in ber ^eiligen ©d^rift uns borliegt, erfannt toerben.
@S ift ein berföiebeneS Sßer^ältniS je nac^ ber Seit, ber eS anhört S)er Unter»
Wieb ber alU unb neuteftamentlid^en ©otteSoffenbarung ift im aSgemetnen ber ber ©otteS«
öo ferne unb ber ©otteSnäfye. SSor bem (Eintritte ber §eilSgegentoart ober bor ber SBieber*
^erfteSung ber ©emeinfe^aft ©otteS mit ber ^Renfd^^eit, toeldjte bie neuteftamentlic^e 3^
bringt, fonnte ©Ott nur auS feiner übertoeltlid&en gerne £er unb o^ne biefelbe aufzugeben
ftd^ in 93erbinbung fe^en mit folgen, bie er ju3^9^n feines ^eilStoillenS ertoä^lte. 5Dem
entfpred^enb finben totr im Sli einen bem 9o£ fremben SluSbrucf in Setreff ber göttlichen
55 Mitteilungen an feine 3^0^^ toeld^er in bebeutfamer SBeife ben Unterfc^ieb alt» unb
neuteftamentlid&er S«fl>iwtion ausprägt. 3Son ber Mitteilung beS göttlichen SEorteS an
bie $roi>J>eten Reifet eS burd^gängig 5» n-rr mrr ^t (»gl. ^o 10, 35) unb ton bem
»ernennten biefeS SBorteS tnrr -21 rm 3jef 2, 1; 5Wi 1, 1; am 1,1, bgl. $f.89,20;
3ef 13, 1 ; 1 6&r 25, 5. SRur toereinjelt unb nur au^erorbentlid^ertoeife toirb bie C
60 femung (ßntfrembung) jtoifdjjen ©Ott unb bat Menfd^cn burcfybrod&en unb überbrücft,
3ttfyuration 201
au$ fubfeflib latut ba« SBort ©ottc^ unmittelbar nur auf aufjerorbentlicfye SBcifc Der«
nommen toerben.
3fm 9EE ift ba« SBort, ber SluSbrucf beS £etl«toillen$ ©otteS, au$ feiner ?feme unb
Verborgenheit m bie SBeltgegentoart eingetreten inGlprifto, 3tö 10, 5—8; £it 1, 3; ä!t
10, 36; 13, 26 ; 1 $tr 1, 23 ff. SSgl. äft 6, 7; 12, 24; 19, 20; 2 $i 2, 9; 2 2$ b
3, 1 ; So 17, 14 ; 3o 1, 14 ; 1 $0 1, 1—3 mit 3o 10, 35. Um bie ©otteSoffenbarung in (S&rifto
toabntmefyinen unb gu enennen, bebarf c$ nid&t mefyr ber befonberen 2lrt unb SBeife, toie
bat $ro^eten göttliche Mitteilungen ju teil Würben, tote benn au$ ba$ Stauen ber
fyapf&m unb ba$ ©e$en ber jünger fid^ unterfd&etbet, Sc 10, 24 ; 1 $tr 1, 10. 6$ be*
barf im allgemeinen nur ber gläubigen ©elbftbejietyung gu C^riftuS, um bie Offenbarung 10
pt empfangen, 9Kt 11, 25; 16, 17, fcgl. mit go 6, 45f.; 14, 21. diejenigen, bie be*
rufen Serben, ben erften ©inblidt in ba$ in Gtyrifto offenbar getoorbene ©efyetmnte ber
Siebe ©otteä ju fyun, erhalten bamit ben 93eruf unb toerben in ben ©tanb gefefct, &\iMn
Sotted ju fem, 3Mt 10, 27; So 15, 15; Sc 10, 16. 3toiföen i^nen unb ben ©enoffen
beS neuen ShmbeS befielt 9infu$tltd& ber ©elbftoffenbarung ©otteS unb ber (SrfenntniS 15
beS $eile£ ein anbereä SBerfjältnte, als jtoifcfyen ben Sßropfyeten unb bem Solle be$ alten
SutibeS. 2)ie neuteftamentltdfre äuärüftung &ur .»Jeugenfcijaft ift in erfter Sinie begrünbet
bur$ bie gläubige ©elbftbegie^ung ju ber in Gfrtfto erfannten ©elbftoffenbarung ©otteS
in Sbrifio unb baä neuteftamentltd&e 3eugni3 erfolgt nur im 3ufammentyange beä tyier*
nai) fiep geftaltenben ©laubenslebenä. @$ giebt jtdj> jugleid^ als ftrud&t unb SBirfung 20
bar in bem perfönß$en Seben bur$ ba$ ©laubenSbcrtyältniä ju ßfyriftuä beftetyenben @e*
memf<$aft mit ©Ott. $8on ben altteftamentlid^en berufenen ©otteSjeugcn toirb ebenfalte
tone überall, too e3 ftdj> um ©Ott tyanbelt, ©lauben erforbert, aber bie alttcftamentlicfye
3$eojmeuftie tann nur getragen fein fcon ber gläubigen ©elbftbejietyung ju bem ©Ott, mit
bem erft in ber 3^btnft totrflid&e Sebenägemeinfcfyaft möglidb ift. 25
Die neuteftatnentltd&e £eiföbeaeugung ift bebingt burdp bie ^atfad^e ber neutefta*
mcntltf^en ©otteSoffenbarung unb $et&befc$affung, tx>ie fte objeftto in Ctyrifto geföe^en ift,
unb tote fte in ba$ perfönli$e Seben eintritt burfy bie ©intootynung be$ peil, ©eifteä. aber
e* iß nid^t baSfelbe, in ber burd) ben ßntyfang be$ fyeil. ©eifteS ju ftanbe gekommenen
®otte& unb £ettegememfc&aft ju ftetyen, unb biefeä §eil *u bejeugenju fyabtn. SefctereS so
tft befonbere aufgäbe, befonberer S3eruf auf ©runb be$ allgemeinen ß^riftenftanbe«, unb
tbar nidjt ettoa blofe Seruf ber ju Sl^oftcln ertoä^lten erften Beugen. £)af$ biefen bie be-
fonbere Xudrfifhmg für i^ren Setuf eignet, berfte^t ftc^ bon felbft. 3lber au$ bie ©eneration,
ber fte &tu$n\d geben, unb bie ©e^Ufen, bie mit i^nen toirten, fjabtn biefen 93eruf, einen
Beruf, ber biefen betben, ben@e^ilfen unb ber ©eneration, eine befonbere Scbeutung für alle 86
3eiten toerfetyt SEBte bie ©e^ilfen [v$ jju legitimieren j^aben burd^ bodfommene inhaltliche unb
ItoccDii^e ©inJ^eit i^red 3^^^ mxt ^em a^oftolifc^en, fo ^at jene ©eneration bie 5Iuf=
gäbe, bur$ bie Bezeugung t^reö ©lauben^ unb bie Setoa^rung bleiben in ben mancher*
ki Snfe^tungen, m toel$en fte fte^t, bie erfahrene unb erprobte ffiabrfyeit ber apofto-
Uferen ^etldbejeugung ju beftätigen unb bief elbe fcor aller 93er!e^rung ^u betoa^ren. 3)em^ 40
gemafc erforbert ber Seruf ju fold^er Segeugung, fotoofyl ber apoftoltfd^e, toie ber 3)ienft
ba ©e^ilfen unb bie Aufgabe ber erften ©eneration ebenfo toie jeber befonbere ©otte^
Wcnß ju aller 3eit befonbere ©eifte«au«rüftung ; ber Seruf gu jener erften, aljo grunb-
baenbcnf unb barum für alle gfolgegeit ma|gebenben 3eugenfd?aft unb tyrer Seftätigung
cxfotbert folc^e Xuärüfiung in befonberem uRa|e. 3)ie SÖtrffamfett bed ^eiligen ©eifte^ 45
in fernem Serbältntö ju biefen Beugen beö §eil^ ift barum eine &toiefa$e. ^nbem er
i^nen ba* $etl t^atfä^lid^ ^ueignet ald ©eift tyrer @rlöfung, bezeugt be^to. bestätigt er
i^nen bie 3*atfac^e be$ $ette. Snbem fte bie 2lufgabe ^aben, ba« §ctl ju bezeugen,
toerici^t er iptten im Snfdjtlufi an i^ren perfönlid^en ©lauben ober toenn man toill an tyre
^eriöulu^e ^eilderfa^rung nad^ ber Siegel, baft ben Aufgaben bie ©aben entfpred^en, eine so
Snemitnid unb ein SBerjtänbntö be^ ^eile^ unb *uglei$ eine '-Befähigung, e^ ju t)erlün^
bigeu, toie bie« alle« für ben 3eugen, ber mit feiner perfönlityn Srfa^rung einzutreten
tat, erfttberft$ \% 1 Äo 2, 10 ff. ®ie 93orau«fe|ung ber neuteftamcntlid&en St^copneuftie
$1 bte £eittcrfa$rung, unb jtoar bie erfte £eil«erfa$rung, bie bon 3Kenfrf»en gemalt
Krabe. 9nf$(iefieitb an i^ren ©nabenftanb ift bie ^nfpiration bie befonbere 2lu«rüftung 66
ber betreffenben $erfonen &ur grunblegcnben ^eugenf^aft in bem ganzen Umfange biefe«
ihc* Serufe«, ben fte ebenfo burd^ i|re münolicge ^erfünbigung, toie burd^ i^re fd^rift'
ftdbrifc^e SBMfamlett au«rid^ten. 3)ie ^nftriration ift i^re 3lmt«gnaDe, \bx C^ariäma,
toeb^ei fte befähigt, ungea6tet ber inbitoibuellen, allgemein menfc^licpen fotoo^l toie fdntlb=
tarn UmwBfommen^ett (®a 2, t>gl. mit 1 Ro 9, 16 ff.) ju einer für alle $eit grunb- go
202 dnfrhratum
legenben unb maftgebenben 3lu«fage ber $eil«t$atfac$en unb ibrer Sebeutung. hierfür
fyabm toir eine Stnalogie in ber allgemeinen d&riftlid&en §eil«erlenntni« unb t^rem 38er*
jjältni« £um inneren Seben. 3)a« legiere tann toeiter reiben unb enttoidfelter fein ab
jene, ober umgefcfyrt. 3n feinem %düt berfen fie ftd&. ©ogar bei fortgef<$rittener @nt*
5 toicfelung be« inneren Seben« fiefyt ftety ber G^rift immer hinter bem, toa« er erlannt fct
unb tüci§, jurüdfgeblieben unb ift befähigt, metyr au«jmfagen, al« er in fü& trägt
2üenn nun im 9M ju befonberem 2Bir!en im SDienftc ©otteö befonbere 9bidrflfhmg
erforberlidfr ift, fo erft rec$t für bie ßeit be« 912:, too ber ©eift ©otte« nodfr nid&t im
9Renfd&en too^nen unb toalten lonnte al« ©eift unb Straft ber (Srßfung. 5Der ©egentoart
10 be« ©eifte« im 9Jeuen Sunbe entft>rid&t im SEE nur bie ©ntoirfung be« ©eifte« tom jen*
feit« fyer. Kenn fi$ nid&t einmal im SReuen Sunbe unb bei ber neuteftamentltcben ©äße«*
au«rüftung 3lmt«gnabe unb ©egenftanb beefen, inbem bie 8lmt«gnabe toeitergreift al« bie
persönliche ©nttoicfelung im @lauben«leben, fo erflärt fic^f tote im Alten Sunbe eine
©eifte«eintoiriung ftattfmben fann al« 2tmt«gnabe, o^ne bajj ber ©eift fd&on al« ©eift
16 be« ©nabenftanbe« ©egentoart getoonnen Ijat. %xx too im 9fö bie 3u&mft V** &pwfy
lommt unb e« fid& nic^t blofj um bie ©eftattung berfelben im allgemeinen in ftraft ba
ßeibgegentoart, fonbern um biefelbc im Stampf mit ben toiberftrebenben (Elementen ber
©ef$i$te fymbelt, toirb bie neuteftamentlid&e Snfjnration in größerer Sinologie mit ba
altteftamentlid&en ju benten fein.
20 @« ergiebt fid& au« oQebem nod& ein toetterer Unterf$ieb jtoifd&en alt* unb neuteffa*
mentlid&er ifyeopneuftie. 3)ie 3$eopneuftie ber neuteftamentlicfyen ßeibjeugen ift nid&t ab
bereinjelter, immer toieber neu bon ©Ott getoirfter Suftanb aufeufaffen, fonbern iji eine
bleibenbe SBeftimmtfycit, toetyrenb fie im 2EE toenigften« al« ^eopneuftie ber $ro|^ctcn
nur ab ettoa« jeittoeilige« auftritt. %üx bie 3eit bed alten SJunbe« ift ber ©eift ab
26 3lmt«geift fojufagen nur accibentieH an bie Sßerfon gebunben. @r befthnmt fie im Sereufc
ifyrer amtlichen SBirffamfeit, toetyrenb tip perfönlic^ed innere« Seben unter bcmfelben ©eifttd=
mangel leibet, toie ba« i^rer 3ete unb SBolfögenoffen, So 7> 39. Sarin ift e£ begrünbet,
toa« toir 1 $tr 1, 10, 11 lefen. Slm fd^roffften tritt biefer Unterfcfteb alt* unb neutefta«
mentlicfyer ©eifte«au«rüftung barin tyerbor, bafj e« ni$t einmal ftetö et^ifc^ unb reßjjidS
so qualifizierte Beugen ftnb, fo bafe e« für bie Seit be3 3llten Sunbed eine ^rop^etie tmber
SBJiOen giebt. 9Ju 22—24; SonaS; 1 Äö 13; 3o 11, 49—52.
@o ift ba« altteftamentlid^e .ßeugm« ein bet^ältni^mäfeig unfreiere«. 2)ie ©ubjefc
tibität tritt be«^alb me^r jurüdC al« im 9K£, toenn au$ nic§t t>b0ig. 2)ie neuteftament^
liefen Beugen muffen ben ©eift ©otte« ©eift i^re« perfönlid^en Seben« toerben laffen, ©a
86 1, 12. 15. 16; 2, 11—21. $)abur$ ift e« i^nen mögli4 al« felbftänbige £eugen ©otte*
aufzutreten, ni^t nur al« Organe ©otte« unb feine« ©eifte«, @pff 3, 4 ; ^o 15, 26. 27.
3lad) biefer ©eite tyin ^aben toir au^ ber Seit be« X. S3unbe« nur eine änalogie be« neu«
teftamentlid^en 3^ugniffe«, bie ©Triften ber e^otma^, toelc^e aber neben bem tnbteribueQcn
©e^räge gugteieg aud^ ben eigentümlichen Mangel be« neuteftamentli$en ©eifte« ab be«
40 ©eifte« be« perfönlidjen fieben« hervortreten laffen.
9lu« bem eigentümlichen ßbarafter ber neuteftamentlid^en X^eo^neuftie al« einer bleU
benben Seftimmt^eit ber ^etl^eugen erflärt ftd^ no$ eine anbere SBa^rne^numg. SBemt
nämlid^ $aulu« einen Unterföieb madjt jtoifd^en 9lu«fagen, bie er auf göttliche 3Jättei*
lung jurüdCfü^rt, unb fetner eigenen Weinung, fo toiU er bod^ bie Unterfcfyeibung )tmfc^cn
46 inf^triertem unb nidfjt moiriertem SBort barum ni$t julaffen. Sgl. 1 Äo 7, 40. 6. 10.
12. 25; SRö 9—11; 11, 25 mit (Sjfy 3, 3—6; 1 Äo 15 mit 15, 51. 3>em entfrricfy
e«, ba^ ^aulu« feine Ausführungen getroft bem Urteil feiner Sefer unterftellt 9JaL 1 Äo
10, 15; 11, 13 mit 2Äo 4, 2. gerner: ift bie I^eopneuftie eine 2ebm«Htimmtfcit, Wn
nur auf SRomente ftd^ befc^ränf enber Huftanb ber 3^0^/ f° fönten fie au$ Don anbem
6ü al« jur §eil«üerfünbtgung gehörigen 2)ingen, toie 2 %x 4t, 13, reben, o^ne ba^ i^re 3n»
ftnration in biefem %<dk ru^te.
SDcr ^n^alt be« geiftgetoirlten .§eil«jeugniffe« bringt nod^ eine anbere Sigentümlic^
feit mit fi$. S)a e« ftcb toefentlic^ um Sejeugung unb Deutung Don ^atfa^en ^
belt, fo gebt bie §eil«bcrfünbigung $anb in,§anb mit ber gefd^id^tlic^en Seri^terftattung;
66 ju biefer bcoarf e« ebenfall« ber befonberen Scfä^igung bur^i ben ©eift ©otte«. Sfetyuv
toirb bie altteftamentücbe ©efdncbtöfd)reibung toefentlic^ eine )>ro^etifd^e fein muffen, nm
bie ©eföidjte i^rer eigenen Senbenj nac^ barfteüen ju lönnen. SRur ift e« nid^t Wc Äennt»
ni«, fonbern ba« Serftänbni« ber ©efc^ic^te, toelc^e« burc^ ben ©eift ©otte« ebenfo tote
in betreff ber neuteft. ©efd^id^te getotrtt toirb. ®ic Äenntni« ift eine bur^ ba« Seben fdbft
6o fei e« burefy 3eitgenüffenfd;aft unb Slugenjeugfd^aft, fei e« burd; fd^riftlidjfe ober münbli(^e2ia*
3«fotratioit ^nfoirierte 203
bitum, Vermittelte. Sie Sefäljigung m biefer Serid^terftattung toerben toir für bie 3eit
bcd SUten Sunbeä toefentlicfy bort )u fud&en fyaben, too bie 2lufgabe unb 93efä#gung jur
öetoaiprung ber göttlichen Seftimmung ^^raeld öor^anben toar, bei ben ^ro^etm, in ben
$ro|>£ctenf$ulen unb bei bem Sßrieftertum. 3ft eä nun nid&t bie Kenntnis, fonbern baä
Serftänbniö ber ©efd?td?te, auf meines fid^ bie ©cifte&wSrüftung be^og, fo erflären ftd& 6
Srf^etnungen ber ^eiligen ®eföi$t3f<$reibung, bie tyr mit aller ©efd&id&täfctyreibung eignen,
Sbtoetcfyimßen in ben oegleitenben Umftänben, in ber djjronologifcfyen.Drbnung k., ja auc^
bie $cxföteben$eiten, tüte fie jtoifd&en ben Supern ber Könige unb ber G^ronif beftepen, bie
ebenfo tote anbere, mit ber totrflicfyen Sage ber Singe mcfyt ftimmenbe äuSbrudtetoeifen
Urie j. 8. fcom 3luf* unb Untergang ber @onne unb ä&nlid&c ben 3nM^ um beStoiHen 10
unb Der bem gezeugt toirb, nicfyt berühren. 6$ ift nid&t bie grage, tow fold^c Errungen,
folcfc ähiäbntc&toeife möglich ift, toenn toir infoirierteä ©otteStoort fyaben, fonbern e3 ift
nur bie ffrage, toorauf ft$ bie ©etfteäauerüftung bejietyt. 2öaW>ett, lauterfte etoige
Soweit gu toiffen unb ju bezeugen, Verträgt [\d) nid&t blofe fe^r tootyl mit menfcfc
lieber Scffyänft^ett, fonbern tritt in SBerbinbung mit biefer um fo Ilarer unb mächtiger 16
3n biefer Srt ettoa toürbe SBefen unb ärt ber ^nfeiration ftd& auä ber ©efd&id&te
ber Offenbarung felbft ergeben. 9ii<#t ge&inbert, tote bie Ideologen be$ 17. 3^**
bunbertd fürchteten, unb m$t befcfcränft, toie i^rc ©egner annehmen, toirb bie äöirfc
famtett be« ^eiligen ©eifteS burd& bie ©elbftftänbigfeit unb Eigenart ber biblifc£en2o
S$rtftfteIIer; im ©egenteil toirb lefttere baburefy ermöglicht unb geförbert. Sie Snftrira*
tion ift bad ©egenteil fcon äuföebung ber menf$li<$en ©elbftftänbigfeit, — bielme^r
Stärfung berfdben; fte ift niefct §erablaffung jur menfölicfyen ©genart, fonbern Heiligung
bejto. Umtoanblung berfeften, bamit bie $erfon in ibrer ßigenart felbftftönbig eintrete für
(Statte* 2Ber! unb 2Biflen. ' Sie ^nfoiration liegt toeber außerhalb be$ Streife« c^riftlic^er 26
(frfatynmg, nod? ftefct fte aufecr^alb be$ 3ufammen^an0^ aQcr fonftigen SBirffamteit be3
Softe*. Sie gltebert ftd& al$ 3jnft>iration be$ ijßä ein in ben 3ufammen^ang beä
inneren gebend unb in ben 3ufammen&ang ber in ber jtird^e toirflamen G^artemaia,
toemtgleicb fte ate SJefätygung jur grunblegenben ßeugenfctyaft jtoar nid&t auf bie @nt*
ftefang ber $eü. Schrift, aber bod& auf bie 3ett be$ Slnfang« ber Sirene ©otte« befc^ränft so
$ unb bleibt Gremer.
3«f>merte unb ^ttf^trattonögcmetnben. — 3W. ©öbei öat j. $. aus ^bf. OueHen
ein umfangreidpS Material jufatnmengebra^t u. bie @)efd)id)te ber ^nfpirationdgemeinben jum
tTftfnmat im 3ufammen^ang unb erfctjöpfenb bemäntelt, 8f)Xf) 1854, 1855, 1857. »on tfjm
{räumt biö auf wenige Henberungen ber folgenbe 91rtifel. S3g(. aud) Q&'öbtH ©efd)id)te bed 86
4riftf. Sfben« in ber r^ein. toeftp^l. jtirebe 53b III, 126 ff. $(uf ©obelö edjllberung nt^t
StifdjlÄ Starftedung, ©c|cf). bed $ieti^tnuS 93b II, 366 ff. (ug(. III. 265 ff.), in ber cingelncö
w f4&rfere Beleuchtung gcrücft ift. Sgl. aud) SBürttemb. m (189H), 511 f., 528 f. lieber
bie ameritanifdp Snfpirattonflgemeinbe ber @egenioart f. 8. tnor^, 3)ie roaljre Snfpira«
tiondgemcinbc in 3omav 1896. lieber iRocf: %[). Schott in 9lb@ 28, 735. 40
3nfjnrierte unb 3"f^ötio«^0«««nben ftnb eine in Seutfd^Ianb um 1700 entftan*
bene &At, toelc^e burrf^ Anregung ber neuen ^ßro^eten ber Samifarben in ben GeDennen
(f. 9b 3, 693 ff.) aud ben bamald in Seutfd^lanb ja^Ireid^ bor^anbenen Separatiften fic^
gebübet fyat unb ba^er i^ren tarnen fü^rt, ba^ fte mbm ber fyL Schrift nod^ eine fort«
irityicnbc unmittelbare göttliche ^nf))iration einzelner ©laubigen atö befonberer SBerfgeuge 46
bc* Äetfte« anerlennt unb ftcb i^ren göttlichen Slu^rad^en untertoirft. Sie Snftririerten
tomen ^ierna4> beutfe^e Dualer genannt toerben, unb ^aben bie ©cparatiften ju SJor-
gangern unb bie §errn$uter m Nachfolgern.
9ta$ bem unglücflic^en »udaange bed ßampfeö ber getoaltfam unterbrüdtten Stefor«
mkrten in ben GeDennen um 9teligion& unb ©etoiffendfrei^eit tamm bielc ir/rcr t>or- öo
ne^mften äinfü^rer unb au^erorbentlic^en $ro))^eten, toeld^e nacb Vertreibung ber orbent^
liefen ?Jrebiaer bie ©abe ber begeifterten Sluefprad^en unter leiblichen (framp^ unb frant«
baften) Srfqfütterungen unb anberen tounberbaren @rfc^einungen bauen, namentlich @lie
SRanon, Suranbe §age, ^ean Gabalicr unb Scan 9Uut (f. S3b 3, 69;$ ff.) 1706 na$
GagLmb unb ©c^ottlanb unb balb barauf aud) nad) ben 9cieberlanben unb erfüllten bor- 66
Mf*lty bon Cxmbon aud bie gan^e c^riftlid^e 9Belt mit ibrem Sllarmgefd^rei toiber Säbel
ffiwwhckfr) unb bie grofee $ure (bae ^a^fttum), um biefelbe jum ftampf toiber ben 2lnti=
4nft iu entflammen. SBegen i^rer ald unnötig erfunbenen SBeiefagungen bon i^rer
fwii$dfifcfcreformterien ©emeinbe in Sonbon unb bann auc^ t>on ber bif^öflic^angltta^
'" Ahd^ngemetnfdjfaft audgefc^loffen (1707) unb baburd? jum Separatismus unboo
204 3fnfotricrte
utr Silbung einer befonberert ©eltc gebrängt, toanbten ftd& bie 3nft>irierten SHIut unb
ÜRarion mit ben fte begleitenben Schreibern tyrer Sluäforad&en Jacio unb SßotfaleS 1711
nad) ben „jungfräulichen" SRieberlanben unb nad& ©eutfcfylanb, unb jtoar natürlictyertoeife
fd&on allein ber Spraye Wegen junäd^ft an bie bortigen ja^lreic^en franjöftfcfcreformierten
6 Kolonien, ofyne jcbocfy au$ bei i^nen befonberen unb nachhaltigen Slnflang $u finben.
©efto entfcfyeibenber War tyr (Sinflufe auf bie jafylreid&en (SrWedften in SRorb* unb SBeft*
beutfd&lanb, bie fogenannten Sßietiften unb ©eparatiften, beren §ang nad& ctyofafiflrttföen
Schwärmereien unb Offenbarungen tyren 3nft>irationen empfängltd^ unb gläubig entgegen*
tarn, ©o faxten benn bie franjöftfctyen 3>nft> irierten werft tn^affe (1713) unb in Salin
io (1714) feften ^fufe unb gelten in §aße 1714 tyr erfteS gemetnfameS SiebeSmatyl (Ägape,
Slbenbmafjl) mtt 31 Sut^eranern unb Sieformierten, Womit ber «nfafc ju einer neuen
©ette gegeben War. ®er junge reformierte SDomprebiger Änautfy (balb barauf fuäpenbiert
unb abgefegt) berteibigte t$rc Sluäfliracfyen amtlich unb öffentlich ate göttliche SBeiäfagungen,
unb 3lug. $. $rancfe berichtete anfänglich amtlich fe&r günftig über fte: „$>afür motte er
15 gut fein, bafj man au$ bei bem fd&ärfften Sjamen finben Würbe, bafi e3 leine Betrügerei
fei" (bgl. Äramer, granefe II, 161 ff.). 2113 nun aber auefc beutfd&e ©rWedfte bon ben
frembartigen Bewegungen ergriffen Würben unb 2luäforac$en erhielten — in §alle 1714
bie erft acfytjetynjätyrige SKaric ßlifabetfy 9Ratfye$, Xocgter beä gamuluS bon gfrandfe, unb
in 93erlin ber erWccfte unb nad^er Wa^nfmnige ©cfyneiber 93oIid& — Warb bie ganje ©e*
20 f$i$te fetyr balb berbäd&tig unb berbrängt. Unterbeffen War bie ©abe ber 3nfr^ra^on
auf bie brei erWecften 93rüber Sßott tibergegangen, Welche big batyin in #alle ftubiert Ratten
unb ftc$ (1714) mit tyrer fdjjwärmerifd&en SKutter na$ ber bamaligen 3ufluc&* dte ****
folgten ©ettierer unb ©eparatiften, naeg bem Sfenburgifd&en unb#anauiföen in ber Söetterau
b^abm, Wo fte unter ben anfangt mijjtrauifc|en ©eparattften balb großen Stnllang fanben
26 unb fo eine befonbere ©elte unb 3nf)nration3gememf$aft ftiften tonnten. 2CXö Häupter
biefer bornefymlic$ au$&ä)toabzn unbgranlen eingeWanberten ©eparatiften galten M. Sbec
^arb Subtoig ©ruber (1665—1728) in #imbad& bei^anau, früher Sletoetent in Sübmgen
unb Pfarrer in ©rofjjtifeen unb §ofen bei ©dringen, M. SfobreaS (Srofe m ^ranlfurt,
früher Pfarrer in ©felingen, Welker juerft in #aße bur$ SBreityaupt, Slnton unb gfrandk
aoerWedtt Worben War, 3joI?ann griebri^ Stocf (1678— 1749) au3 DberWälben bei ©dringen
in äBürttembcrg, ©räflicfy Sfcnburgifc^cr §offattler in §imbad&, unb ber (Sinftebler
(Srnft G^riftof ^od^mann bon §o$enau (1670—1721, f. b. ä. 8b 8, 162ff.) in
©d^loarjenau untoeit Berleburg. 3)iefe ©e^aratiften Ratten no$ bor funem (1708) bie
unter tynen entftanbene 3Bieber= ober ÜReutäuferei (^omfelaer^) glüdlid^ tibertounben unb
86 auägefonbert ; ber ^nfbiration bermoc^ten fte nid^t ju ioiberfte^en. 3U£# tourbe in §anau
bie fcyon früher ertoeate, bann aber toieber lau geworbene go^anne 5Dlargaret^e 3Reh$ior
tnfpirtert, loorauf aud^ i^r einft in Seidig unb §alle afä ©tubent ertoedter unb ©ejwra»
tift geworbener ©c^toager 9teumann (geb. 1687, ftarb nad^ 1782 al« treue« ©lieb ber
Srübergemeinbe) für bie !3nfiHHrtion gewonnen lourbe unb bann nac$ längerem Jtonfyfe
40 ©ruber unb 9todE. ©ruber ^atte in feiner „Untertoeifung bon bem inneren SBort ©otted**
(1714) bie Xaulerifäe 2lnftc^t bon ber unmittelbaren Srleud^tung im ©runb be« ^erjend
bertreten ; er fyatte fi$ ba^er länger gegen bie biefer 3Ret$obe ber ftiHen Offenbarung ent*
gegengefefete ^nfairation geioe^rt. 3)er (Srfolg ber ^nfairierten ««ter biefen ©c)>aratiften
toax „nic$t gum ioenigften baburd^ herbeigeführt, baft bie abgeftumpften unb gegen etnanber
46 gleic^giltigen ober mi^trauifc^en 3Renfd^en ein gemeinfame« ^ntereffe unb babur$ teilet
eine Jeilna^me für emanber gewannen, ©ie empfanben alfo bie Anregung bur$ ben 3»*
f))irationdgeift alö eine (Srtoeclung au« bem ©ünbenfd^laf unb (Sinprägung ber ©ünbem
bergebung" (SRitfäl II, 369).
3)iefe in ber SBetterau mit fo ftarter gemeinbebilbenber ©ehmlt aufgetretene 3m
60 fpiration entftanb meiften« mäbrenb ber gemeinsamen @rbauung«berfammlungen in ben
fogenannten moirierten SSertjeugen. ©an^ ä^nlid^, tvk bei ben neuen $rop^eten in ben
(Sebennen, gingen ben Slu^rad^cn beftimmte förderliche ©mpftnbungen unb Seloegungen
ftärferer ober f^toä*erer3trtt)or^er: ein SBärmcgefü^l (©rennen) in berÜRäfye btZ&maA,
angenehme ober auq toibrige ©cru^empfinbungen, Steigung ber 3un0c toi* but<$ ©etoürj,
66 33enebelung beä Äopfe^# Beengung be^ Sltmen«, lonbulftbifd^e 8eh>egungen be« £etbe^
befonber« ber 9lrme unb Seine, ©Rütteln beä Köpfet, ©d^lappern be^ SeunbeS, gudkmg
ber 2l^feln, ©d^lottern ber Äniee, 3^tcrn ^ ®c»ne — toeld&e Seioegungen nac^ aller
geugntö bem Ungewohnten unb Uneingetoeibtcn fcbretflid^ unb gräpd^ anjufe^en toaren.
®ann gefäafy mitten in bem betoufetlofcn, ctftatiföen, fomnambülen ^uftanbe We ffi»»
60 fpra$e, unb biefer meiften« unmittelbar f olgenb bie 3lu3ft>ra$e, entWeber in unauSgcbtlbeter
3nfymerte 205
Slrt in Mofj Jnmtomimifd&en Setoegungen ober ttypifd^en §anblungen (Änieen, fted&ten,
fyukn, Klagen) befte&enb ober — meiften« — in SBorten fid& au«brücfenb, U>el<$e mit
unnatürlich ftarfer Stimme in furjen ©äfcen meiften« in biblifcfyer Silbcrforad&e ftofctoeife
ausgebrochen ttmrben. 3)a« eintreten be« moirierten Siebend toar meift burefy ©ebete,
3efänger reltgtöf e ©efpräcfye u. f. h>. borbreettet; aber e« tourbe al« ettoa« aufgezwungene« 6
atyfunben. 3)te gfarm to™ immer fo, bafc in bem „3$" ber SRebe ©Ott forac^. 35em
3nfalte nac$ glichen bie 8lu«fl>ra$cn ben j)ro^etif<$en 2)rotyungen unb Sßertycifeungen
unb ^anbellen bornc^mlicfc bon ber 9lottoenbig!eit ber Übung be« tätigen Gfyriftentum«,
ber Sufce unb 93efe£rung unb richteten ftd& tyäuftg an einzelne antoefenbe ober auefy ab*
ux(cnbe ^ßerfonen, beren ^mterfte« auf merftotirbige, erfäredfenbe unb ergreifenbe SBcife 10
but$ ba« 2Berf$eug aufgebedtt tourbe.
$ur$ btefe ©rfc&einung füllten ftd& bie in Saufyeit berfunfenen ©eparatiften in ber
fietttrau unb im SBittgenfteinifcfyen allgemein unb mächtig ertoedft; in bem neuen geuer
mtftanben (fett 1714) unter biefen bi«l?er ganj einfam lebenben ©titlcn im Sanbe neue
8(6etfgememfc$aften mit einer beftimmten Drbnung unb Serfaffung, toeld&e fi(§ feit 1716 16
im Unterföiebe bon ben freien ober falfd^ 3>nfyirierten, bie ftc$ gegen bie (Stnridfjtung
einet ^tögiplin unb ©emehtbeorbnung fträubten, bie toafyren 3nfJ>iration«gemeinben nannten
unb mehrere taufenb bon früheren ertoedften ©eparatiften fic| einorbneten. 211« moirierte
unb als edjt erlannte SBerljeuge traten in ber 6rtoecfung«aeit bon 1714— -1719 im ganzen
afy auf, meiftenS #anbtocrler, unb jtoar ©trumpftoeber. 9iämli$ aufjer bem 9Mc$tor 20
unb ber grau SBagner: ©ruber« einiger ©otyn 3o^.S(bamf ©d&toanfelber, 9Jladfinet, JRodf,
üifula SRe^er unb Sodann Äarl ©leim. 3fn ^rer fötoärmeriföen Segeifterung burefc
109m fte profefyienfüd&tig jur ©rtoedung unb Sammlung ifyrer Srüber naf) unb fern
nify nur bie gange SBetterau unb ba« 2Bittgenfteinif$e, bie fcfyon boller ©eparatiften
taten, fonbern auefc ganj 2Beftbeutf$lanb unb bie ©djtoeij, befonber« 2Bürttemberg, bie 26
${d) unb ba$ ©Ifafc, ebenfo aud& Oft- unb SRorbbeutfcfylanb bi« naefy ©acfyfen unb Sitymen
änetn. 2>te Berufung unb bie 2lu«rüftung ju biefen berleugnung«* unb freujeäbollen
Sete^nmgäretfen in bie feinbli$e 2Belt erfolgte meiften« in unb naefy ben 2iebe«matylen
(Streitermaf?len), in melden bie neue ©emeinfcfyaft ftcfy in fyofyer Segeifterung auf %A>
unb geben erbaute unb ftärtte. Solcher £iebe«mafyle, toie fte bon jetyer in ber (tfyriftentyeit, 90
too fte afe ©efte auftrat, ftattgefunben tyaben, borfyer unter ben Sababiften, ben franko*
fiW« 3nftNrierten un^ 1>tn SKiebertäufem, ioie nac^er in ber SBrübergemeinbe, fanben
in ben betben erften %a\)ttn 1714—1716 im ganzen fünf ftatt. Söod^en lang bor^er
tomben fte angetünbigt ; nur burd^ bie 3Berljcuge namentlich berufene burften baran teil«
«ernten; ac^t Sage bor^er fanb ein §aft*, Sufe- unb Settag ftatt; Sag« jubor toarss
morgend unb nachmittag« Vorbereitung, bei freierer jeber {ein befonbere« Sünbenbefennt-
wA in tnieenbem ©ebete ablegte. 2)a3 2iebe«ma^l felbft tourbe nac^ bielftünbigem Seien,
6mgcn, SBetefagungen unb Setennen unb t>orgängigem §u^tüafd)cn unb nad) glü^enbem
Ski^gebete eine« SBer^euge« burd^ gemeinfame« @ffen bon ^uc^en unb SBein gefeiert,
toorauf ftc^ anbern Xage« eine 9iac^feter anfd^lo^. 40
9latfirlic^ertx>eife lonnte biefe getoaltfame Slnfpannung ber ^öd^ften Segeifterung, aud^
toemt fte burc^ ba« ^euer ber Xrübfal unb ber Verfolgung genährt h)urbe, nidjt lange
anhalten. 2)te meiften äBerljeuge hörten balb ftrieber auf, Sluefprac^en )u fyabew, teil«
bunfc eigene Untreue unb Sau^eit, teil« burc^ innere 3to)if%Iriten, teil« burd^ äußere
Um^änbe gutn ©$toeigen gebraut. 9luc^ bie Srüber ^ott unb bie Wat^e« toaren balb 45
loiAer lau getoorben unb abgefallen. Unterbcffen Ratten bie treugebliebenen $roj)fyetens
Imber am 4. 3juli 1716 in Sübingen burc^ ©ruber IL in einer 3lu«fprac^e i^re Ver*
fajjung erhalten : „bie 24 Siegeln ber toafyrcn ©ottfeligfcit unb ^eiligen SSSanbel«". ©ruber I.
tidbtete nac^ biefen ©runbregeln in ber bortigen ©egenb ettoa je^n ©emeinben ein : gu
6^kDanenau, §omric#aufen bei Serieburg, ^imbac^ mit Sergfyeim, Slonneburg, 3)übel«* 60
^eim, Tübingen, Sirftein, unb öielleic^t aud^ in §anau unb granffurt, toeld^e bort junt
U& bt« in ba« gtoeite Viertel unfere« ^ö^unbert« beftanben ^aben, aber burd^ älu«ioan-
bemng nac^ Stmerita bi« auf einzelne SRefte t>erfd^h?unben fmb. Slu^erbem beftanben
fotye 0ebet«gemein|c^aften : in älntoeiler in ber ^ßfal}, in ©öppingen, (Salto, &tutU
Satt, Äeilbronn, Ulm, SRemmingen in ©c^toaben, in ©cfyaffoaufen, 3üric^, Sem, 35ie^ 55
tafc Ämfolbingen in ber ©c^toeij. §ü>t ©emeinfd&aft ^atte einen Sorfte^er unb xtoei
SStältefte, tuelc^e mit bem Sorftanbe ber anbern ©emeinben bon 3«t ju ßeit ju „Äon*
fanden ba älteftm Srtiber" jufammentraten unb alle ©emeinbeangelegenl^eiten, nament'
H gute armenppege unb ftrenge Äirc^enjud^t, ^anb^abten. Slufecrbem bienten bie Se*
H^mfrn ober Vifttation«reifen ber au«gefanbten Srüber jttr @r|altung ber brüberli$en eo
206 3nfotriertc
©emeinfd&aft. Sin befonbere« Sefyramt beftanb in ben ©emeinben nic$t, bielme^r mufcie
in ben täglichen ober toenigften« jtoei fonntägltdj>en 93erfammlungen jeber ©rtoac&fene,
3Rann unb $tau, burc§ laute« freie« ©ebet feinen Seitrag tyun. Shtfserbem tourbe biet
gefunden (au« bem befonberen ©efangbud^ ber ©emetnfdfraft, bem fogenannten Sübtn*
6 giften) unb teil« bie $(. Schrift, teil« bie (in 50 Sammlungen geföriebenen ober ge=
brucften) 3lu«ft)rac$en ber SBerfgeuge gelefen, fall« nid&t ethm einäBerqeug antoefenb toar
unb eine neue befonbere Slugfpradje an bie SBerfammiung $atte. 3n ber bogmatif$en
Se^re ftimmten bie ^nfpirierten im toefentlid&en mit ber gefamten ebangelif$en Aadpe
überein, bertoarfen aber gleich aßen anberen ©eparatiften biefe Äird&e felbft mit i&ren
10 ©aftungen al« abgefallene« Säbel, unb forberten ftrenge (Sntftaltung bon tyrer ©einem;
fd&aft (laufe unb äbenbmafyl), fotoett fte nic^t ettoa — tote j.93. bei ber Zrauung —
unbermeiblicfc toar. 3#re fonftigen ^raltifd^en ©runbfäfce toaren bie ber betannten HJty*
ftilcr: ©c&toenffelb, 3- 93<tyme, SBeigel unb öoburg; befonber« fa^en fte bie @fc niify
gerne, toenn fte fte and) je länger je mefjr toenigften« bulbeten. ©id& felber betrachteten
16 fte al« (Streiter ßfyrifti, beren Seben in biefer 2Belt nur ein Seben boller Sntfagung unb
Verleugnung fein muffe.
9lad) bem aufhören ber übrigen Sffierljeuge feit 1719 trat ^obamt griebric^ 9totf
al« einzig übriggebliebene« SBerfyeug mit bem Sluffetyer ©ruber an bie ©pifce ber ®e=
meinben unb toarb na$ ©ruber« Stob (1728) bi« an feinen 2ob (1749) ber borne^mfle
20 Präger be« c^riftlid^en Seben« in itynen.
Sr toar am 5. -Jlobember 1678 ju Dbertoälben bei ©bringen geboren, too fein
SBater Pfarrer toar ; aud& feine SWutter toar eine $farrer«toc&ter unb fem ©roffrater toar
Prälat in 3Rurrfyarb getoefen. @r felbft §at ba« ©atttertyanbtoerf erlernt unb aud? fpäter
burd& biefe« feinen Unterhalt üerbient. ©d&on al« Jtinb tyatte er Slnfaffungen, geriet aber
26 fpäter auf 2lbtoege, bi« er na$ langem §in* unb #crfc&toanfen juerft 1700 in £atte
unb bann (1701) in Berlin grünblicty ertoeeft tourbe, toorauf er 1702 na$ Stuttgart
jurtitffe^rte. ®r führte jefct ein ftrenge« Seben unb trat gegen bie 9Riftbr&u$e in ber
Sanbe«fird;e auf, bon ber er ftd& äufeerlicfy unb innerlich me^r unb mefr trennte, in einer
Seit, in ber in SBürttcmberg au$ fonft eine ftarfe feparatifttfdjje Strömung t>m$anben
so toar. SBegen be« 1707 ergangenen ftrengen Steffripte« toiber alle $ribatt>erfammlungen
toanberte SRocf (mit ©ruber unb @rofc) na$ bem ^fenburgifd^en au« unb berfebte bort
al« gräflich marienbornifd^er §offattter einige Qa^re in fttUer ©nfamfeit, in toelc^er er
bon bem ge{e$li$ picttftifc^^fc^arattfttfd^cn SBefen jmr fällen intoenbigen SJtyftif überging.
3)ann tourbe er bon bem 3jnfi)iration«toefen ergriffen unb blieb bemfelben, nadfr Überträte
86 bung ber erften Abneigung, Slbtoege unb Unlauterfeit, in aufrichtiger §er^cn«frömmigfeit
jeitleben« treu unb ergeben. 9Hit unermüblic^em ßifer machte er bi« ju ben legten fteben
3al)ren feine« Seben« nid)t toeniger al« 39 S3efuc^«reifen. ©ie führten i^n bor allem
nad^ SBürttemberg, na$ ber©c^toeij, nad^ ©ad^fen, nad? ©Aleften. 5Da^er toar auc^ fein
3Rotto : In Forttoä^renben Reifen. Verfolgung, ©c^mad^, sJJli^anbIung unb ©efängnt«,
40 toeld^e i^n forttoä^renb trafen, atyttt er nid^t, ba er immer nur bem 2)range na$ S^
fe^rung ber ©eelen unb ßrbauung ber Srübcr folgte. 2Rit ben bebeutenbften ober
frömmften -Diännem, unb namentli^ ben ©eparatiften feiner 3e^ mit Oetinger, Sengd,
©teinfyofer, sJ)iarfat;, Dr. Äaifer, Dr. Garl, Dr. Sippel, ©beimann unb ©c^i^, unb be«
fonber« mit bem ©rafen 3in)enborf unb ben ©rftlingen ber Srübergemeinbe fam er babei
«6 in t>telfacr;c perfönlic^e Serü^rung, unb benu^te jugleid^ feine ©abe ber fc^nftlic^en 3*d>e
unb ber Reimerei jur 2lbfaffung unb Verbreitung feiner frommen ©ebanten unb ®r*
fabrungen in feinen Tagebüchern unb Siebern, toeld^e freiließ je^t unfömacfyaft ge>
toorben ftnb.
Unterbeffen nafym aber ber 3n)>iratton«t)criobu« mit bem Sfofoören ber anberen
üo üffierfgeuge, ber 9lu«toanberung bieler ©eparattften unb mehrerer ehemaliger ©erzeuge
(©ruber II, ©leim unb 5Kaainet) nac^ ©ermantoton in $ennfvlbanien fett 1726, mit
be« audgegeid^net erfahrenen ©ruber« lob 1728 unb befonber« mit bem anfange be«
fyerrnlmtifcfyen ^eriobu« feit 1730 aHmäfylid? ab, unb e« tourbe fpäter bem alternbat 3W
fd^toer, ftcb in biefe Slbna^me ber forttoä^renb für göttlich gehaltenen 3nf)>itation ja
55 fc^iefen. Vefonber« fc^merjlic^ toaren t^m feine Kämpfe mit bem einfit innigfl Don tym
geliebten unb noc^ inniger an tlnn ^angenben ©rafen 3'n}en^^ toelc^er juerft 1730
nad^ bem 28ittgenfteimf$en unb bem ^fenburgifc^en fam, anfang« mit 9ioa unb ben
„toa^ren ©ebet«gemeinben" in bie innigfte Srubergemeinfd^aft trat, bann aber, ttac^bem
er felber toieber tirc^Iic^er getoorben toar, feit 1732 ftc^ atlmäfyltd? )urüd)og unb ettbU^
co — toegen 9toc!« Verad^tung belaufe unb be« tyeil. Slbenbma^le« — 1784 juerfl ^etntlt^
Snfomerie 207
unb bann öffentli<# ftd& bon tym loäfagte. 2Bie 3faigenborf bie ^nfoiration Stodfö Der*
toarf, fo tabelte biefer mit toadjjfenber Schärfe bieleä an %mtm unb toarf itym Unlauter*
feit bor. 311$ ginienborf nun aber au$ £errnfyut berbannt, 1736 mit feiner Sßilger*
gemeinbe in berSBetterau fic$ nieberliefj, beifügte er, eingetne-Dtttglteber ber 3nft>iration&
gemeinbe gu ft<$ ^erübenugtetyen. 9JKt 9tocf fyatte er aufter einer gufäßigen leine perfön* 5
li$e Setü^rung me$r. &er 8rud& toar enbgiltig. $ingenborf trat mit offener fteinb*
fdigfett toiber fie auf, erflärte 9tocf, „ben er früher einige $atyre lang geehrt, geliebt unb
betounbert" fatte, 1740 für einen falfd&en ^ro^eten, toäljrenb Stodf toiber bie in ber
Setterau ftc$ ausbreiteten unb in £errnfyag 1745—1750 in bie fd&recf lichte Scfytoär*
meret berfattenben 93rfiber mit bitterem @mfte toetefagte, ben bon tym bortyer berlünbigten 10
traurigen Untergang $ermljaagS (1750) aber nid&t me^r erlebte, bon bem bagegen für
ein ^a^unbert toito W* 9>ntyirterten Seftfc nahmen.
8u$ mit feinem früheren g*eunbe, bem mtyftifd&en Separatisten Dr. Sodann
Äatfer (Älet^o^tluö), einem Anhänger Söhnte«, be$ SftolinoS unb ber %xau ©utyon,
toe($er 1710 in Stuttgart eine ^ilabetyfyifd&e ©emeinbe geftiftet tyatte, bie aber balb 15
toieber gerfiob, unb 1717 eine ^nftJiration^gemeinbe gebilbet fyatte, geriet SRodf 1740— 1748
in Streit, nac^bem Äaifer alle ^nftririerten, bie jemals in grantreidjj, (Snglanb, §ottanb,
Seutfölanb unb im 3faburgifd&en getoefen feien, „falfcfye 2Begtoeifer" genannt fyattt.
Stod unb bie alten naefy 3lmerita auägetoanberten SBerlgeuge, ©ruber II. unb 9Racfinet,
traten mit einmütigem unb freimütigem ßeugntffe toiber tyren früheren g-reunb unb nun* 20
tnetyrigen hnmer bitterer toerbenben ©egner auf, unb toir berban!en biefem Streite bie toidfc
tigften (SrHarungen über ba$ SBefen unb für bie Sßa^cit ber 3nfj3tratton. Unterbeffen
fanben bie ^nftririerten auefy in biefer 3«* i^re^ beginnenben SSerfaÜe« immer noety neue
Anhänger, befonberä au$ unter Ideologen unb Straten. SDie bebeutenbften unter ben*
fetten hniren ber 1716 getoonnene reformierte ^nfreltor ßejjler in 3*°^^*^ toetdjer25
1728 ©rubere Slat^f olger in Sd&toargenau tourbe, jebod^ fd&on 1729 an ber gangen %n*
fpiratioitdfacfye toieber irre tourbe; Dr. Garl in Tübingen (1675—1757), 1714 getoonnen
unb feit 1728 abgefallen, toorauf er bon 1730—1736 bie ©eiftlid&e $ama Verausgab ;
unb enbli$ ber bis gulefct treu gebliebene §ofbrebiger Dr. Äämbf in Sautyl im (flfafc
(1687—1753), toelc&er 1716 fein Pfarramt nieberlegte, fid& ber 9Mebigin toibmete unb 90
ftwter lanbgräf lieber Seibargt in §omburg tourbe, too er eine berühmte mebiginifd^e Schule
bilbete unb inäbefonbere aud& ben mit ben §errnfyutern toie mit ben Sttftririerten eine
3eit lang berbunbenen Oetinger gu feinen Schülern gäljlte. (3luc$ 2erfteegen fyatte in
ber 3*«* \*n** t*$m ßrtoedfung infolge feinet Umgange« mit einigen ^nfpirierten 3alpe
lang ^nftrirationäbetoegungen, toel$e er aber möglich betämpfte.) 2l$t ^a^re bor feinem 35
Zobe ntu|te fftod feinen bie^erigen 3uffodjt3ort §imbad^ berlaffen unb nac^ bem Scbloffe
Sebi^aujen bei §anau gießen, too ber ©anerbe ©remp bon Sfreubenftein $erg unb§au«
bem Bebröngten, Sertoorfenen unb SBerfto^enen aufget^an tyatte. 9Jic^t me^r befuc^enb,
aber, oft aud toeiter gerne, bielfad^ befugt, bellagte er ben eingetretenen Stillftanb unter
ben alten unb jungen Seelen, f<$rieb fd^on 1746 einen 3lbf$ieb£gruf$ an bie bamatö norf) 40
tm^anbenen ©emeinben in S^toargenau, Berleburg unb ^omrig^aufen, an bie Scfytoeiger
Srüber unb bad Stottotildvc Sanb, an bie ©öppinger, SReutoieber, ^omburger, Hanauer,
©irfteiner, Sleu^enbac^er unb alle ^fenburger 93rüber, unb ftarb bann am 2. sJJiärg 1749
freubig unb getroft, nad^bem er no^ im Sterben eine taum bemerfbare S3etoegung mit
ba Suäfrradp gehabt ^atte: „35er 9)tann, ber aud bem §immel ruft, toirb balb Ottern u>
«a^en! 3)er toirb aud einer flehten eine gro&e Äraft machen. %fyt fd&laf ic^ ein in
3efu Stauten, balb ftid unb ru^ig, 3lmen!"
SSwi nun an erlebten bie ^nfairationägemeinben «ne Ian0c 3clt *><* abnähme unb
be* SUtfflerbend, fo bafc ed faft unbegreiflich ift, toie fic ftdb o^ne 9ia$tou$3, o^ne s^rc=
biat, laufe unb ÄebeSma^I, ba« erft feit 1820 toieber gefeiert toorben gu fein f$eint, nod^ 60
erhielten, ja na$ 60* bi« 70 jähriger Unterbrechung mit Kraft toieber auflebten. Sie
toufcten ftd^ in biefer 3^ nur noc^ toe^toütige, ftid ergebene 2obe3na$rid(?ten mitzuteilen.
£0 ertoac^te aber mit bem neuen $riftU$en Htb^n in ber großen Jlirc^e überhaupt aud^
toieber unter ben ertoeeften Separatiften bie ©abe ber ^njpiration unb gtoar nad^ ber
tkftreibung bon Slugenjeugen gang in ber alten camifarbif$en unb toetterauifd^en 3lrt. 55
3»esp 1816 in bem Scpnetber Wi&ad 5haufert au^ Strasburg, b\$ 1820 ba^ gtoeite
Kurrftanbene S3erfgeug, Barbara $etnemann au$ £etler^toeiler im (Slfafe, feine Unlauter^
tat entberfte, toorauf 1823 ber Schreiner ßbrifttan 3Jle$, geb. 1792 in sJteutoieb, an i^re
Steile trat Unter bem Sinfluffe biefer erften 3Berfgeuge reorganifierten ftd^ nun bie alten faft
Kifaflenen ©emeinben im ffilf a|, in ber Sßfalg unb in ber SSBetterau 1816—21 aufä neue auf <»
[
208 dnfyiritrte unterbot
©runbityrer alten ©rubelen Siegeln ber ©ottfcligfcit, toanberten aber bann bteauf toenige
SRefte infolge be« erneuerten SDrudfe« ber tyefftfcfyen unb preufjifdfren Dbrigfeit ettoa
800 Seelen ftar! au« ber SBetterau, bem 2Btttgenfteinif$en unb SBiebiföen fett 1841
unter ber Seitung bon 9Re$, bem §ofrate Dr. SBeber au« £i$ unb bem gabrifanten
6 3Rörfd&el auf ber 9tonneburg naefy ©benejer bei Suffalo in ÜRetotyort, too fte eine ayf
3lcferbau unb(3;ucfc) gabrifation gegrünbete, äufeerltcfc rafd& aufblityenbe unb aud? innere
ltd? gebetyenbe, in tetltoeifer ©ütergemeinfd&aft lebenbe unb lebiglidfr bon 9Refc atä bem
SBertjeuge regierte Kolonie bon tttoa 1500—2000 Seelen errichteten.
Seit 1854 fiebelte ein %til ber ©emeinbe na$ Slmana Qotoa) au«. $ter gibt e«
10 nod? ^eute eine 3jnft>iratton«gemeinbe, über bie Ä. Änorfc (f. o.) berietet 9ta<£ bem Xob
bon 9Kefc (1867) toar Sarbara Sanbmann bie Setterin ber ©emeinbe; fett tyrem Xobe
(1884) tyat fein jDlitglieb metyr bie ®abt ber 2Bci«fagung erhalten. Sie führen tyier ein
ernfte«, jurüdEgejogene« Seben unb ftnb burdj; grofce geföäftltd&e Sü^tigfett ausgezeichnet.
®er ©otte«bienft ift bon äfynlic^er (Sinfad^eit toie ber ber Duädfer. ©er ftommum«mu«
16 bilbet au$ jefct nod& bie ©runblage.
hieben biefen 3>nf jriration«gemeinben bat e« f orttoätyrenb metyr ober toeniger mit fyten
in 3ufammenfyang ober ©egenfafc jte^enbe einzelne gjnftririerte gegeben, bef. in ber fron«
jöftfd&en unb in ber beutfdjen Sdjtoeij, fotote in Dberbeutfd&lanb. SBertoanbte @rföei*
nungen in neuerer $eit, tote bie „ßäfare" in Sc^toeben unb Slortoegen, natfc einer
20 Seite fyin and) ber 3jrbingiani«mu« ftnb tyier ni$t ju befi>red&en. 6« toäre einmal
eine lo^nenbe Stufgabc, aQe bie bertoanbten $ufeerungen ber 3nf))itation«gabe au« ben
berföiebenen Sßerioben ber Ä© unter pfod&ologifäem @eftd&t«Jmnft im 3ufammen^an0 lu
betyanbeln. ©öbel« oben angeführte arbeiten geben baju reiben Stoff.
(W, ®B*e( f) $e§ler.
26 Intention f. Saframente.
^nterbtft. — Ferraris, Prompt» Bibliotheca s. v. Interdictum ; Äober, Ärd). f. fat$.
m. 21 u. 22. ©b; £tnf4ut«, äirc&enrecftt §261 93b V, 1895 ©. 19 ff.; 9fti«ter, fcoue, Staffi,
Äircfanredjt 8. «ufl. 1886. 783 ff.; grtebberg, flircfcnredjt 4. «ufl. 1895, 6. 274; «ober im
Ar«, f. tat!), m. ©b 21 unb 22.
so ^nterbitt (interdictum sc. officiorum divinorum), b. i). Unterfagung be« @otte«=
bienfte«, ift eine Äird&enftrafe, ^enfur °^er poena — , toeld&e ftd& au« ber ©rfommunU
fation (f. b. 21. Kann, 93b II, S. 381 ff.) in ber 3lrt enttoidfelt tyat, bafe eine befonbere
golge biefer $cn]\\x (bie 2lu«f$liefcung bon ben SBofyltyaten be« ©otteäbienfte«) )u einem
jelbftftänbigen Strafe unb 3toang«mittel gemalt tourbe. Sa« interd. locale unterfogt
36 ben ©otte«bienft an einem beftimmten Ort ober in einem beftimmten 93ejirf, ba« interd.
personale für beftimmte <ßerfonen. 33or$ug«toeife toirb unier gnterbilt ba« erjtere Der»
[tanben, r;au^tfäd^Uc^ ba« interd. generale, hne e« bon ben $fyflen be« HKittelalter«
in ibren Ääm^fcn gegen bie tt)c(t(id)en Ifläfyt über ganje Sänber unb Steige Der^angt
mürbe, unb meinem ba« particulare in bem Sinne gegenüberfte^t, bafe e« nur einzelne,
40 für ben ©otte«bienft beftimmte 3läumlic^!etten betrifft: c. 17 X de verb. sign. 6,40.
2lu« ber 2)arfteßung feiner ©efd^id^te, hrie fte Äober a. a. D. gegeben 1)ai, ift bei genauerer
Prüfung ju entnehmen, bafe jtoar 2tnfä§e ba^u fc^on in ber Seit ©regor« bon Xour«
borfommen, c« aber boc^ erft im 11. ^a^unbert Seftanbteil ber fir^lic^en 9te<^t«orb*
nung ju Serben angefangen unb nur aflmäljltcfy ben (S^arafter eine« 9tcc^t«ütftitut« mit
46 feftbegrenjtem Sn^alt angenommen fyat, toelc^cn e« im Corpus juris canonici an fty
trägt. So beredt e« Dorncfymlicfy, burd^ feine Unfd^ulbige, toie Schuftige )ugleic$ treffen«
ben befc^toerlid^en SBirfungen einen ftarfen 3lntrieb auf feine Seranlaffer au«)uüben, ba?
mit fte eine älufle^nung toiber bie Jtird^e ober eine $r ^gefügte Jtränfung toieber auf«
tybm unb gutmad^en foden. Über bie einzelnen ^älle feiner Slntoenbung bgL Äober
60 a. a. D. 8b 22, S. 17 ff. Sil« totale« — feine Ser^änaung al« »>artiale«, b. $. mitSe*
fd^ränlung auf einzelne beftimmte SBirfungcn, ift bie 3lu«na^me — befte^t e« eigentlk^
in bem SBerbot ber Sertoaltung ber Saframente, ber geier be« ©otte«bienfie« unb be«
fird&lid&en Segräbniffe« über^au^t; inbeffen ftnb nad^ unb nad^ berfd&iebene SRilberungen
eingeführt toorben. Sllejanber III. erlaubte im ^afyre H73 bie Xaufe ber ftmber unb
66 ba« Sufcfaframent für bie Sterbenben (c. 11. X. de sponsalibus. IV. 1, DgL c 11.
X. de poenit. et remiss. V. 38. c. 24 de sententia exeomm. in VI. V. 11), 311*
nocenj III. auc^ bie girmung unb ba« Sßrebigen (c. 43 X. de sent. exeomm. V. 89.
a. 1208), fotote unter getoiffen Sejcbränfungen ba« Sufcfaframent allgemein (all. X.
de poenit. V. 38. a. 1214, bgl. c. 24 de sent. exeomm. in VI), ba« ftiHe Segröb*
Suterbift 209
nid ber Jtteriter, toel$e ba« Snterbift beobachtet fyaben (c. 11. X. cit. V. 38), be«gleic$en
m bat Stonbenten bet Regulären ba« Sibyllen ber fanonifd&en ©tunben, otyne ©efang,
lmb ba* Sefen einer füllen 3Jleffe, h>a£ im fotgenben %cfyxt auf bie 93if$öfe au«gebe^nt
tmabe (c. 25. X. de privilegiis V. 33, a. 1215). 2)abei toar ober fcorgefcfyrieben,
bafc bie (Ssfommunnierten unb perfönlid? ^nterbijierten nidfjt antoefenb feien, bie Stauten 5
be« ®ottcätyaufe$ gefd&lofjen bleiben, auefy bon ben ©locfen !ein@ebrauc& gemalt toerben
füllte. Sonifatiud VIII. (toeld&er auc$ bie Saufe unb girmung @rtoa$fener geftattete
c. 19. de seilt, exe. in VI*0) erweiterte be« bafyin, bafe an ben Jeften ber ©eburt be«
$errn, Dftern, SJJfingften, SRariä Himmelfahrt feierlicher ©otte«bienft, bei geöffneten Spüren,
unter ©lodengeläute, unter 3ufoffung ber gnterbijierten, ftattfinben bürfe. 2tu«gcfcfylojfen 10
füllten aber bie @jfommunnierten bleiben unb bie gnterbijierten, foelc^c ba« Sntobift
teranlaftt, m nidjjt bem Slltare nähern (c. 24 de sent. exeomm. in VI. [V. 11]).
Wartin V. unb (Sugeniu« IV. bebten bie« auf bie gange Dftaöe be« gfronletd&nam«*
fefte^ (festum corporis Christi) au« (Const. Ineffabile a. 1429 unb Const. Ex-
eeüentissimam a. 1433, im Bullar. Magnum Tom. I. Fol. 308. 323), £eo X. auf 15
bie Dttabe be« grefted ber @mj>fängni« ber fjlL Jungfrau, äufeerbem tourben ju ©unften
ber gran§i«faner unb anberer 9Hön$«orben nod& öerfd&iebene 2tu«nafymen überbie« ein-
geführt (Ferraris, s. v. interd. Art. VI, nr. 15 sq.). ©afe aber fonft bie Regulären
bie gnterbttte beobachten füllten, fd&ärfte, toie fd&on Giemen« V. (c. 1 Clem. de sent.
exeomm. V. 10. Conc. Vienn. 1311), ba« Iribentimföe ftonjil hrieber ein (sess. ao
XXV. cap. 12 de regularibus). gmmer trifft ba« lofale ^nterbift aud& bie in bem
bamit belegten Orte u. f. h>. antoefenben Unf$ulbigen ; aber aud& bie barin toofynenben
Unföulbigen nic^t aufiertyalb (c. 16 de sent. exeomm. in VIt0).
SDa« ^nterbift ijt mixtum, b. \). perfönlid^ unb örtlich beftimmt unb in feiner ört=
liefen Segie^ung toanbelbar (ambulatorium), toenn e« toegen beftimmter $u ftrafenber 25
ober gu foüfeenber ^ßerfonen alle Drte treffen fod, in toel$e biefe lommen, fo lange fte
fö ba beftnben (f. Äober a. a. D. 8b 21, 6. 302 ff. unb bgl. c. 11 X. de spons. 4, 1
unb Cl. (de poenis 5, 8). (Sine äbart be« Sofalinterbiit« ift bie cessatio a divinis,
ba* teiltoeife (SinfteHen gotteebienftlid^er fteierlid&feiten, namentlich be« @ebrauc$« ber
©locfen unb Orgel, ba£ unter ber gorm ber Trauer über eine ber ßirdje jugefügte Unbill ao
beten Sttpettung bejielt (f. c. 2. 8 de off. ord. in VIte 1,16. Cl. 1 de sent. exe.
5, 10), unb fo noö) im gotyre 1839—1840 bei ©elegenfyeit be« SSerfafyren« ber preufe.
Segtcnmg gegen ben 6rjbifdj>of Don *ßofen*©nefen SM. t>. 2)unin jur 2tntoenbung fam.
Sin aOflemeine* Sofalinterbiit ift julefct 1606 fcon $. $aul V. über bie Stepublii SJenebig
behängt toorben (f. Sliegger, Diss. de poenit.et poen. eccl., Vienn. 1772, § LXXVI, 86
aaäf in ©cfynibt, Thes. jur. eccl., T. VII, p. 172); e« ift nid&t metyr „lebenbiger 8e*
ftanbteil ber JHr$enbi3)i)>lm" (Jtober a. a. 0. 9b 22, ©. 53), aber e$ ift bur$ biefe
desaetado ni$t rec^tlid^ aufgehoben, ba fte ntcfyt auf opinio necessitatis, fonbem nur
auf ba (Erfahrung feiner ttyatfä$Ii$en jioeettoibrigen 2Bir!ungen beruht (bgl. hierüber,
fotöte über pnn^ielle, aber erfolglofe @intoenbungen bagegen j. 33. f$on üon ©er^o^ t>on 40
Scufreriperg um bad 3. 1146 Äober a. a. D. »b 21, ©. 27 f., 30 f., 37, 93b 22, ©. 51 f.,
unb über ftaatli$e ©egenma^regeln ^riebberg, ©renjen jtoifc^en Staat unb Jtirc^e, ©. 484,
670). Sa* befonbere Sofahnterbift ioenigften^ fe^t atö ju SRed^t befte^enb nod^ bie bei
Sinter *Dotx*Äa^, @. 785, u angeführte ©teile ber ftonft. $iud IX. Apostolicae
seduB tHmtud. 45
9bic^ bod interd. personale ift generale ober particulare, jenacfybem e^ ganje
Inbegriffe Don $erfonen ober nur einzelne aU fo!d>c betrifft: c. 16 de sent. exe. in
Vi*0, c. 1 de usuris in VIt0 5, 5. SBirb ba^ erftere über ben Äleru« eine^ Drte«
an*9efrro$en, fo trifft tZ nic^t aud^ ba« SSolf unb umgete^rt: c. 16 cit. (and) mit bem
JÖmt* ni^t bie Regulären an ^ (^ober a. a. 0. Sb 21, 6. 300). Sei ©etftli$en co
bebeutet ed inäbefonbere bie interdictio ingressus in ecclesiam, um barin gotte«-
MafttM^e $anblungen )u beniesten : c. 48 X. de sent. exe. c. 20 eod. in VIU>. 2)a«
Zcibcntintf^e Jlonjil toei^ängt biefe ©träfe über bie Sifcfyöfe, U)elc^e bie SRefibenjgefefce be«
bc^arrlkb übertreten: Sess. VI. c. 1 de reform. Stilen entgic^t ba« s^er{onalinterbi{t
ba* Secpt be* firc^lt^en 9egräbnijfe«, toenn fte nominatim tnterbi^iert ftnb unb ba« 66
Urteil *mt Stifter )>ubli)iert ift (Äober a. a. 0. Sb 21, @. 341).
Seiberlei ^ntabilte lommen audb al« cens. latae sententiae Dor; über bie
empbten gofle beim Soldlinterbift f. Äober a. a. D. $b 22, 6. 33 ff.; über bie beim
$crfonalmterbift ebenbafelbp ©.35 ff., unb Pii IX. Const. Apost. sedis sub rubr.
InteftL L s. k>erbunben mit Conc. Trid. S. VII. c. 10 de reform. go
nnl**m*OopäbU für Steolotfc unb ftir^c. 3. 8. IX. 14
210 3«terbift Interim
3)aS 9le$t, Ignterbitte gu beringen, fyaben (fraft eigenen Sle^tä) ber $al>ft, We
Äongilien, bie 93ifcfyöfe, regelmäßig mit ben Kapiteln, auänajjmStoeife au$ ofyte fte (tote
ehemals auc$ toobl jtapttcl traft befonberen SRedbtö für ftcfc); perfönlicfc ^nterbifte tonnen
aud^ Älofterborftefyer über ityre Untergebenen bedangen (c. 2 X. de his quae fiunt 3.
6 11. Cl. 1 de sent. exe. Conc. Trid. Sess. XXV. c. 12 de regul. — ©enouereä bei
Äober a.a.O. 8b 22, ©.3 ff.). Die äuföebung bon Snterbitten tonn bon felbft er*
folgen, toenn fte auf beftimmte 3eit ober unter beftimmter Sebingung au3gef}m>$en ftnb;
aufcerbem toerben fte, toenn ber 3h>ecf erreicht ift, ober au« befonberen ©rünben bon bem
aufgehoben, ber fte behängt tyat, feinem SRad^folger ober Delegaten ober Oberen. Son
10 einem interd. locale latae sent. lann nur ein Sifdjtof, bon bem perfönli$cn Sßartttular*
interbitt tarnt jeber approbierte SBetd&tbater abfolbieren (f. Äober a. a. D. Q. 43 ff.). —
X)a3 proteftantif$e Äird&enred&t lennt biefe Ätrcfyenftrafe m$t. 6dje*rt f.
Interim. — ©eorg ©eutcl, lieber ben llrfpnmg be« HugSburger Snterim», $re*ben
1888; *. u. ©ruffei, ©tiefe unb Sitten gur ©e|«. beä 16.3atjrb. 8b 3 6. 42 ff.; 6. 3fcleib,
16 SRorifc uon ©adifen 1547—48, $a3 Snterim in ©aeftfen 1548-1552 im Beuen «rdtfo für
fä#f. ©ef*. ©b 13 ©. 188ff. unb ©b 15, 193 ff.; $re3ben 1892 unb 1894; berfelbe, SRoriJ
oon ©ad)fen als. proteftantifdjer ftürft in SRub. ©ird)on>3 Sammlung gemeinoerftänbUd)er
loiffenfä. ©orträge, #eft 302 6. 17 ff., Hamburg 1898; fieop. u. SRante, 3)eutfcfc ©ef*. im
3citalter ber Deformation ©b 5, 6. 25 ff. (ß.Vlufl.); ©uft. SBolf, $>a$ ÄugÄburger guten«,
20 in ber $eutf*. 8eitf*rift für ©efäicötSnriffenfdfaft, 9?g ©b 2 6. 39 ff.
SRacty bem fcfymaltalbifdjen Kriege toollte Äaifer Äarl V. auf bem Sieicbätage )u Xug&
bürg 1547—48 ba$ SBo^l be$ beutfcfyen SReicfyeS förbern unb bie (Sintyeit ber atatfe
länbtjd&en Äircfye retten. 2)a er bie $ortfe£ung bc$ 2*ienter Äongtle fite ben ftc&erflen
unb $riftli$ften SBkg gur (Einigung ber gtoiefoältigen (S&riftentyeit ^ielt, fo Verlangte er
26 bon ben Sleic^ftänben Untertoerfung unter bie Srienter Äird^enberfammlung. Äufcerbem
toünfd&te er ben religiöfcn guftänben im Steige bis gum @nbe beä ÄongileS 2Rafc gu geben
unb bie tirctylicfyen 93en?ältmffe einfttoeilen ober „interim" fo gu geftalten, bafc alle 3Rei$&
ftänbe nebeneinanber gottfelig, cfyriftlic^ unb frieblid^ leben tonnten. Obgleich Äurfürfi
■Dtortfe Don ©adjfen unb feine ©cjtnnungägenoffen fotootyl baä Srienter Äonjil afe auö)
so eine taiferlicfye ©laubenSorbnung betämpften, fo toar bo$ bie 9Refyn)eit ber 9tei$3ftänbe
für bie SBiebereinberufung be$ Jrienter Äonjileö unb für ein taiferlidbeS 3nterim. gm
9Jobember 1547 liefe ber Äaifer bem Sßapfte bie Untertoerfung ber Steicpäftänbe unter baS
Xrienter Äon^il angeigen unb bie 3utüdCt>erlegung be$ ftongileä bon Bologna nac^ Orient
forbern.
86 darauf juckte ber Jtaifer im (Sinberftänbniffe mit ben 9leic$äftänben bie ftrc^lid^cn
ä}erl?ältniffe S)eutfc^lanb« einfttoeilen otyne ^Jafft unb o^ne Jtonjil }u regeln. Smgebruar
1548 toä^lte er geeignete 3Wänner be^ fattyolifeben unb j)roteftantifqen Öefenntniffeö, bie
tym Mittel unb 3Bege gur Sergleic^ung unb (Sinigteit angeben fodten. Obgleich biefem
ftänbifd^en 9lu^uffe bie Beilegung be^ ©laubendftreite^ gur görberung ber Stu^e unb M
40 ^tiebend im Steige ^oc^ft toünfd^en^toert erfdnen, fo toid^en bod^ bie Anflehten unb bie
SÖorfd^läge ber Äatfyolifen unb ber ^roteftanten fo toeit bon einander ab, ba^ toeber eine
älnnäl^erung norf) eine SSerftänbigung möglich toar. 9laty bier ©jungen fähigen ©a^fen,
Sranbenburg, $falg, 3){atng u. a. bor, baß gotte$für$tige Ideologen beiber ISetenntniffe
einen iJergletc^ gtotfäen Äatfyolttcn unb 5Proteftanten anbahnen follten.
46 3nfol0^effen beauftragte ber Jtaifer bie brei Geologen guliud $flug, Sifäof bon
Naumburg, 3JJid^aeI .^elbing, 2Bei^bifäof bon ^Dlaing, unb i^o^anncö Slgricola, ^ofjjr^ger
be^ Jturfürften bon SBranbenburg, mit ber Slbfaffung eineö ^nterimä. auf ©nmb feiner
bei beginn btö Sleid^taged bem Äatfer überreizten ttrc^lic^en Sentfd^rift arbettäc $flua
im Vereine mit §elbing unb Slgrtcola eine 3nterim«fZrift au«; bie 2)ur$fic$t unb
60 Prüfung berfelben boßgogen bann be« Äaifer« Seic^tbatcr ©oto, ber ©panier 5Walbenba
unb ber ^ofprebiger Äönig gerbinanb«. Obgleich ber ©nttourf bie proteftantif^cn &i»
f$auungen überall berüdffättgte, fo geigte er bo$ bie alte Stircpe mit ifrem ©lauben unb
©otteöbienft. 35ie 26 älrtitel be« ©c^rtftftüdteg ^anbelten bon bem 3Wenf4en bot unb
nad) bem %aüt (1 unb 2), bon ber @rlöfung bur$ G^riftum (3), bon ber ^e^tferttgung
66(4— (J), bon ber 2icbe unb guten SBcrfen (7), bom Vertrauen ber Vergebung ber©ünbat
(8), bon benÄircfyen, bon ben ftadfm ber toaljren Atrien, bon ber ©etoalt unb bon ben
Wienern ber Sirenen (9—12) bom oberften Sifäofe unb anbern öif^öfen (13) bon ben
©atramenten, 3:aufe, girmung, S3ufee, Slbenbmafyl, Ölung, ^Jrieftertoei^e, S^e (14— 21X
bom Dtfer ber 3Keffe (22), bon ben .^eiligen (23), bom ©ebäd&tniä ber aSerftortenm (24X
Interim 211
bon ber Stotnmunton beim Dpfer ber 3Kejfe (25), bon ben Geremonien unb @ebrauc$ ber
Safcamente (26).
Um einen gfinftigen JJefdblufi beä 9teid&3tage$ ju ermöglichen, legte ber Äaifer ben
Snthntrf 3Ritte ÜRärj fotoo&I ben proteftantifd&en Äurfttrften atö auc$ ben tyerborragenben
tatyoliföen SReictySftänben, bor allem §erjog SBilbelm Don Saiern, im ©etyeimen tax s
$un$ft$t unb jur annähme bor. $n ^em ©lauben, bafj baS Interim für alle 9teicg&
fiänbe fein foUte, billigten ben (Snttourf bie Äurfürften bon Sranbenburg unb bon ber
$fal$, bie feit 3a$ren öfö Vermittler jtoifcfyen Äatgolüen unb Sßroteftanten tfyätig getoefen
toaren. Äurfürft 9Rorte bon ©ac$fen aber tDte^ tyn jurüdt unb toottte otyne 3.wf^mmwng
ecr X&eologen unb Sanb[tänbe nichts betoilliaen, toeil ber Äaifer tym unb feinen Sanb- 10
iben bor bem fdt)malfalbtf<$en Äriege münblicp unb fc§riftlic$ jugefagt ^ätte, bafe fte bis
lur <£ittf$eibung eine« allgemeinen, freien unb d)rifilid)en ÄomileS bei tfyrem ©lauben unb
bei tyren fmtylicfyen (Einrichtungen bleiben foQten. @rft nac$ langem SBiberftanbe, ben er
mdjt nur ben Äurfürften bon ber Sßfalj unb bon Sranbenburg, fonbern au$ bem römi*
fc$en Äönig gerbinanb unb bem Äaifer leiftete, gab er fotoeit naefy, bafe er im 3teic$3tage 15
feinen offenen 2Biberft>ruc$ gegen baS Interim ergeben toolite, toenn aue SieicbSftänbe eS
billigten unb annähmen. 2Bie SRorifc fo berjid&tete auefy ÜRarfgraf £an$ bon Äüftrin na$
langem Sträuben auf bie offene $roteftation. $er}og SBityelm bonSöaiern unb bie anberen
fa$olif4>en 9lei$3ftänbe ertlärten bem Äaifer, bafc bie Schrift über ba$ Interim, abgefefyen
bom 3toenbma$le unb bon ber Sßriefterefye, ben c$riftlicben SJefyren im gangen entfyräc^e; 20
boeb tooDten fte bei tyrem ©lauben bleiben, toeil jebe 2tbtoetc$ung babon ba$ 3ugeftänbni$
enthielte, bafc bie abtrünnigen feiger unbillig berfolgt Sorben toären. @ie beeidigten nur
eine Sieformation be8 fatyolitöen geiftlid&en ©tanbeS. SDer Äaifer fottte bie ^roteftanten
jliir Annahme beS 3ntaim$ belegen, bie 2lltgläubigen aber bei ityrer fiefyre bleiben lajfen.
2Ke ftatyolifen leiteten bem Äaifer tyartnädfigeren SBiberftanb als bie Sßroteftanten. 2Ba$ 25
$un? Am 15. 3Rai 1548 berfammelte Äarl V. bie Steic^ftänbe in feiner Setyaufung
tmb begehrte bon ifyien ©efyör unb ©e^orfam. 3)ann liefe er bie Vorrebe be$ Interims
beriefen, toorin er bie altgläubigen ermahnte, an ben Slnorbnungen unb ©afcungen ber
allgemeinen, <$riftli$en Äitd&e treu feftjufyalten • bie ^roteftanten aber foQten enttoeber
{um alten ©lauben gurüdtte^ren ober ftd^ bem gnterim gemäfe bereiten. 35a« 3nte^m 9°
fettft tourbe nic^t beriefen. S)ann nötigte ber Äaifer bie SReicfySftänbe in feiner ©egenibart
m beraten unb )U befd^lie^en. 9Bä^renb biefeä auftergetoö^nlid^en Vorganges toaxm ßur=
fürft Vltm^, 3Rartgraf §an^ unb i^r 5ln^ang ^eftig barüber aufgebraßt, bafe nur bie
^roteftanten ba« 3nierim annehmen follten; i^rer SufaQ* gemäfe unterließen fie aber bie
$xotcftation. ^Darauf berlünbigte ber Jturfürft bon uRaing bem Jtaifer, baf3 bie 9tei$& 35
jlänbe bad Interim angenommen Ratten. Obgleich Äurfürft 3Kori£ brei ^tage f^äter bem
Äaifer eine Sertba^rung^fd^rift überreizte, fo nötigte man ifyn fdjne^Ud) ju ber @rf(ärung,
ba^ er aDe« berfuc^en toollte, feine Untertanen jum©e^orfam gegen ben Äaifer unb $ur
Sümatpne bed Snterim« ju bringen. Xm 30. 3u"i 1548 iburbe ba8 Interim burc^ bie
Xufna^me in ben 9lei$3tag$abf$ieb Sleid^gef e^. §ür bie ^roteftanten toax e^ in ber tyat 40
em 3to<mg^g^ ober ein Xudna^megefe^; e^ toar nic^t geeignet, Stube unb ^rieben ober
©lauben^em^eit im Steige )u beförbern, bielme^r ber(e|te e« bie ^roteftanten in gro^e
Seto^gung unb Aufregung.
§n ©übbeutfc^lanb gelang & bem Äaifer, in einigen ©täbten unb ©ebieten bem
Interim auf aetoaltfame SBeife ©ingang ju berfcfyaff en ; im übrigen 3)eutfd^lanb aber 46
bnmgen feine Sefe^le nid^t bur^. 3" ber $fah unb in S3ranbenburg, in Saufen unb in
SBeimar, in Qeffen, SRedlenbura, ^Sommern unb in anberen &aatm, \o\w in ben norb*
bcstfi^cn ©täbten er^ob ftd^ ^ejtiger SBiberfprud^ gegen ba« Interim. 3toar toar ber ein=
yfajcite &mbgraf tyWtyp bon Reffen bereit, e$ amune^men, toenn er baburc^ feine ftwibeit
eriangte, aber ber gefangene ehemalige Äurfürft ^ob- ^riebrid^ bon©acbfen bertoeigerte ftanb* go
^t bie Snnabme bed gnterim«. 35ie geästete ©tabt 3Ragbeburg h>urbe 3Rittel^unft ber eban=
gdif^en €iferer; bie in ber geringsten 9tac^giebigleit gegen ben Äaifer ein iserbrec^m an ber
ctwngdifc^en 8e^re erblichen, ^laciud, 3lm«borf, ©aliud u. a. faxten einen \v>abxm ©türm
«gm bte faiferlid^e 9le(igiondorbnung an; fte hüteten gegen Xgricola al$ ^örberer bcö
Jstann« unb griffen 3Relan$tyon an toegen feiner 9?acbgiebigfcit. ©ic 93liae ber ebam 66
aefifd^en Seit hxtren befonbetö auf Wittenbergs ^rofefforen, auf Äurfürft Wori^ unb
fane Satgeber gerietet.
Vtad} ber ^eimle^r bom 9leic^tage ju Xugdburg beriet ber jugenbli$e Äurfürft in
Striaen mit ben bomefymften Vertretern ber Sanbftänbe \o\vk mit ben ^erborragenbften
Slton unb Ideologen über ba« Snterim. geft cntfd^loffen, bei ber ebangelifd^en Setyrc ju eo
212 Interim
bleiben, forberte er bie antoefenben Ideologen, ben Äoabjutor Don SWerfeburg gürft©eorg
Don 21n^altr ben Domjrcebiger Dr. görfter aus SRerfeburg, bie Superintendenten ©rejer
aus DrcSben unb *Pfeffinger auä Seidig, 3Mand&tyon, Jlreujiger unb SWeier auä 5Bittcn=
berg auf, frei unb offen *u befennen, toaä man Dom Interim annehmen fönnte, unb taxid
5 man auf ©runb ber fyeil. ©$rift jurücftoeifen müftte. Um beä griebenS toillen (oDte
man in allen fünften nachgeben, bte toeber bie SBa^eit bed göttlichen 3Borte3 beein-
trächtigten nod? bie ©etoiffen ber ©laubigen Derlefcten. Wai) forgfältiger unb getroffen»
^after Prüfung toiefen bie Ideologen ba$ Interim freimütig unb mannhaft gurücf, unb
bie Vertreter ber Sanbftänbe Wollten ni$t$ otyne SBifjen unb 3uf^mmun0 attet Sanb*
10 ftänbe jugeftefyen. 9)te^rfad& fugten bie Geologen tyre geiftlid&en Sßflid&ten Don ber auf-
gäbe beä SanbeSfyerrn $u trennen. Unbelümmert um fie fottte ber Äurfürft mit bat 2anb*
ftänben barüber entleiben, toaä ju tf)\m toäre, um bem Äaifer ju g$or$en unb ba*
fianb Dor ©efa^ren ju behüten. ÄeineSfalte Sollten fie baä Snterim gutyeiften, fettjl
frenn man fte gefangen fefcte ober Derjagte. Äurfürft 3Rori$ aber toottte bie 3$eologen
15 ebenfo fd&üfcen h>ic ade anberen Untertanen ; feiner f odte beä ©laubenä toegen au* feinem
Sanbe ins (Slenb jiefyen.
3lad) ben benftoürbigen SSer^anblungen in Zeigen famen furfürfilic^em Sefe^le gemäft
etliche Geologen unb State mit bem SMfd&of ^uliuä $flug Don Naumburg unb mit bem
Sijd^of Igo^anneä Don 2Rei|en jufammen; allein bie begonnene SBerftanbtgung fam nid^t
ao über ben 2lrtifel Don ber Rechtfertigung fyinauä. 2Bie 9Relanc£tyon feinen cDangelifcfcn
©tanbpunft feft ju behaupten fud&te, fo erf lärten bie Sifcfcöfc, baft e$ ntcfyt in tyrer ©etoalt
ftänbe, baä Interim ju Deränbern. infolge einer föniglid&en unb fatferlic&en (Srma^nung
jur @infü^rung bc$ IgnterimS in Saufen fanb am 18. Dftober 1548 in Xorgau eine
neue ^Beratung ftatt 35ic furfürftlid&en Säte legten ben Geologen ein SBerjeidpnte ber
äs fünfte Dor, bie i&reä (Srad&tenä annehmbar toären unb *u einer neuen Äirc^enorbnung
führen fönnten. SBteland^onä Sebenfen toar mit ben meiften fünften einDerftanben. Über
bie unDereinbarten Slrtifel, befonberS über bie fogenannten SKittelbinge ober Dta^ora,
beriet man Dom 19.— 22. SRoDember in älttjeda. %a\t unter bem Drude ber befannt $e*
toorbenen Vergewaltigungen beä ÄaiferS in ©übbeutfölanb fam in SUtjetta ein Sntenm
ao ju ftanbe, ba$ in ber 2e|re Don ber ^Rechtfertigung unb in anberen fünften ben jjro»
teftantifd&en ©tanbjnmft behauptete, in Witteibingen aber nachgab. Demnach follten gir*
melung unb Ölung, bie SReffe, Sinter, ©efäfie, ©efänge, Äleibung, Sauten, Silber, geter*
tage unb gfaften gebulbet ober Wiebereingefügrt Werben. Darauf fam Äurfürft 9Ron$ mit
Äurfürft ^oac^im Don Sranbenburg am 16. unb 17. Dezember in Jüterbog jufammen.
85 33eibe Der^anbelten mit i^ren Säten unb Geologen über bad faiferlic^e Interim unb
über bie 33ef$lüffe Don ätttgelta unb festen urfunblic^ bie fünfte feft, bie fie mit So
Billigung i^rer Sanbftänbe annehmen unb befolgen toottten. 2Bä^tenbber f äc^fif c^e Sanbtag
feine ©vfcungen am 21. Dejember 1548 in Seidig begann, fam ber furbranbenbuxgiMe
erft im Januar 1549 ulfammen. Die fäc^fifc^en Sanbftänbe nahmen na$ fräftigen fer*
40 ma^nungen be£ flurfürften jum ©e^orfam gegen ben ftaifer bie Sefe^lüffe Don 9Ul}e0a
an. Die antoefenben Sifc^öf e Don Naumburg unb Weisen aber Derfagten i^r e 3uf timmuna,
toeil ber Jtaifer allein 3)taf} unb Drbnung ju geben ^ätte unb feine eigenmächtigen SU«
änberungen be« 3«tertm« bulbete. 6in Senc^t an ben Äaifer jeigte an, bafi ber Jturfurfi
nac^ fcfytoierigen 5}er^anblungen mit ben Sanbftänben mehrere 5ßunfte bed 3nt^m^ J*»
45 Slnna^me gebraut hätte ; man bat um D7a$ficbt unb ©ebulb in ber (Srtoartung, bafe Die
Untertanen mit ber 3cit baä Interim gut^ei^en toürben. Darauf lieft 3Rori$ eine neue
Jtird^enorbnung aufarbeiten, grünbltd; prüfen unb auc^ an bie 93if$öfe Don 5Raumburg
unb ^Reiften jur Durc^ftc^t Jenben ; allein toegen bed SBiberfpruc^ ber SBifööfe unb toegen
einer SBarnung Äönig gerbinanbö Dor jeber eigenmächtigen 2lbänberuna bed ^nterimd
50 unterblieb bie Veröffentlichung. 9la$ einem 33efu$e beim König in $rag befahl ber
Jturfürft, einen 9lud)ug auc> ben 9lltjeQa^ei))jiger älrtifeln über Xaufe, Äonftrmation,
Seilte, Suftc, 3lbfolution, £lung, sJJieffe, abenbma^l, geiertage, g^e, ^riefterHcfoimg,
Itird^enjuc^t u. f. \v. ju machen, um i^n nac^ unb nad? ju Deröffentlicfyen. ^^^^n^cr
1549 toaren bie in Seip^ig Derfammelten ©eiftlic^en einmütig gegen bie Veröffentlichung
56 be^ älu^uged unb für ben Drucf ber ßtre^euorbnung. Dagegen lieft berÄurfürft erflton,
baft bie ^erau^gabe ber fiirc^enorbnuna unterbleiben müftte. 3CQed blieb unentf^id>en;
man ioartete ben £auf ber Dinge im 9lei$c ab.
2luf bem SRei^tage *u 3lugeburg 1550—51 h>ar bie SKcbr&eit ber Steic^fiftönbe fttr
CO
bie Dom <ßa)>ft bewilligte ^ortfefeuna be3 Xrienter Konjtled unb (teilte bem Äaifer antrat,
bie faumjeltgen proteftanttfd^cn ^tei^ftänbe jur 9lnna^me bed Interim* gu nötigen. Db*
Interim Sntyrontfatio« 213
ßlctc^ Äurfürft 2Rori$ gegen ba$ Irienter Äon$il fräftig ^roteftteren unb gegen bie getoalt*
jame (Smfü^rung beS gnterimä triftige ©rünbe geltenb machen liefe, (o ^ielt bod& ber
Raifcr an ber SSerufung be3 Srienter ÄonjileS unb an ber 3)urd&fütyrung beä 3nterim$
feji Die ?Proteflanten füllten aber nad& Orient eingelaben unb fidler geleitet toerben.
Sobalb bie faiferlid&e ©nlabung in Bresben eingetroffen toar, trat Äurfürft 2Rori$ mit 6
ben tnroteftantiföen SRei($$fiänben in Sier^anblung über eine aQgemeine $riftli$e Einigung.
3n i)effau verfaßte barauf SKelandMon mit $ürft ©eorg tum Sln^alt ba$ fog. fädpftfqe
Sefeimtnte, toeld&eä Äurfürft SRorifc, §an$ t>on Äüftrin, bie §enöge Don SKecflenburg
unb Sommern u. a. billigten unb annahmen. Sicher geleitet foQten einige fäcMifctye
3$eologen na# Orient jiefyen unb mit ben anberen efcangelif c$en ©tänben bie reine Ssetyre 10
tateibigen. !gtn 3anuar 1552 jog 2Man$tyon mit jn>ei Geologen bis Nürnberg unb
bann bte Äuaäburg- hn 9Kärj aber rief man fte jurüd, toeil ber Ärieg gegen ben Äaifer
begann. Äurfürft SKorto unternahm ben Stampf toegen ber Religion unb beSÄonjileä,
toegen ber ©efangenfcfcaft feine« ©ctyoiegertoaterS tyfylipp öon §effen unb toegen ber
gtetyeit bed beutfc&en Solle«, ©ein Ärieg&ug na<§ ©übbeutfd&lanb fceranlaßte bie ©ufc 15
jxnfion beä Äoniite ;u Orient. 3)er Sßaffauer Vertrag vernichtete ba$ Interim unb
führte gum äugwurger SteligionSfrieben (1555). 9$leib*
3wtcr!alftrgefäae f. 33b II @. 595, 49 ff.
^sterfKtttn. — Thomassin, Vet et nov. eccl. discipl. I. 2. c. 35. 36 ; van Espen,
Jus. eccL univere. I. 1. c 2, IL 9, c. 5; ^ß^ilippd, SHrd&enr., 93b I, ©. 648 ff.; £tnfd)tu3, »
Softem be« tat&ol. ftirfrnr., 93b 1 6. 112. 113; SRic&ter, $>oue, tfafjl, Äin$enred>t 8. Huff.
1886, 6.364; griebberg, ftir$enre$t 4. Hufl. 1895. S. 139.
©a* ÄonjU bon ©arbica im ^ja&re 343 forid&t c. 13 ben ©runbfafc au«: „Potest
per has promotiones (b. I). Sßetyen), quae habebant utique prolixum tempus,
probari, qua fide sit, qua modestia, qua gravitate et vereeundia, et si dig- 26
nus fuerit probatus, divino sacerdotio illustretur, quia conveniens non est,
nee ratio vel diseiplina patitur, ut temere et leviter ordinetur episcopus aut
presbyter aut diaconus, . . . sed hi, quorum per longum tempus examinata
sit Tita et merita fuerint comprobata". §ierna$ fodte alfo jeber Älerifer auf jeber
Setycfhife erff eine geimffe 3eit fid& betoäfyrt fyaben, beoor er )u einem fyötyeren ordo 90
aufflogen tonnte, e5 foDten alfo jtoiföen jebem ordo 3ftrif$enräume, interstitia, be*
dbodftct toerben (togl. ou$ Dist. 59, c. 1. 2). tiefer ©runbfafc ftmrbe in ber früheren
♦Ja* au$ bei ben nieberen Sßetyen, fo lange mit biefen befonbere ftrcfyltcfye gunftionen Der=
bunben tonnen, feßge^alten, nur fd&toanfte bie &id)tplin ^inft^tlid^ ber $auer biefer
3nterftitien (twL Dist. 77, c. 2. 3. 9). -Kad&bem aber bie nieberen Sßetyen ifyren früheren 86
G^araZter Doloren unb regelmäßig nur noc^ a(3 formeller 3)urc^gang«))un!t mx ©e^
toaanmg ber bd^eren ordines angefe^en mürben, fror natürlich bie urf^rünglia^e 33er=
anlaffung, and) bei i^nen bie l^nterftitien ju beobachten, ^intoeggefaQen. $a£ Sribentiner
Äon)U t>erfuc^te jtoar, bie nieberen 2ße$en im ©inne bed älteren Sied^tö lieber ju
restituieren (c. 17, sess. 23, De reform.), unb beftimmte bemgemäß, baß au$ fte lieber 40
„per temporum interstitia, nisi aliud episcopo expedire magis videretur, con-
ferantur, ut . . . in unoquoque munere juxta praescriptum episcopi se exer-
eeant^ (c. 11 a. a. 0.), allein ofyne (Srfolg, unb ed ift in £eutfc$lanb allgemein ge^
btauäfiid), fämtlube nieberen SBeiben an einem Xage juglei^ mit ber Xonfur ju erteilen.
3n Cejie^una auf bie ^ö^eren SBei^en [teilte ba3 Iribentinum junä^ft ben ®runbfa$ 46
«f, b«B itotfd^en ber legten nieberen SBet^e unb jenen, unb ahnföen jeber ^ö^eren SBet^e
cm 3nterftttium öon einem 3a^re eingehalten loerbcn foHe, „nisi necessitas aut eccle-
siae utflitas aliud exposcat" (c. 11. 13. 14 a. a. D.), baß aber „duo sacri ordines
non eodem die, etiam regularibus, conferantur, privilegiis ac indultis qui-
bfiavis concessis non obstantibus quibuseunque1' (c. 13 a. a. D., t>gl. aud) 60
t 13. 15. X. De temp. ord. I. 11, c. 2. X. De eo qui furtiv. V. 30). ^ened
^ntnrßitmm twn einem §afyct totrb nid^t a\$ Äalenberja^r, fonbern aU Äir^enja^r auf«
gefaxt 3n S3e$icbung auf bad bom Xribentiner Äon)tl im c. 11 cit. ben 3Mf$öfen ein«
geranmte Di^enfation^re^t fyit übrigen^ bie Congregatio Concilii entf$ieben, baß
bie gleu^jeitige (Srtetlung ber ordines minores unb be$ ©ubbialonatö ftrafbar fei 65
(Nr. 1. ad. c. 11 cit. m ber 2u«g. Don Spulte u. SRid^ter). ©offerf djlebett f.
3nti^MiftriiM f. Sb m ©. 245,36 u. b. 9t. ^fttoo^l.
214 äntrottiie 3«t>efKfctr
^ntroiruS f. fiiiurgie.
3noefttrur nnb SnoefKtarfrreit. — SHtteratur: Staubenmaier, ©eftiigte ber IM*
föofSmafjlen 1830; ©ugenbeim, ©taatSleben be3 Äleru« im Mittelalter 1, 1839; $infd>iu«,
ftirdjenretbt 2, 530 ff.; $binty3*Sering, £ircbenred)t 8, 330 ff.; griebberg, 8ir$enred>t 4. *.
6 31 2 ff. ; tf. 9RüHer, ÄiraVngefd)icbte 1, 418ff. — &ür S)eutfd)lanb, Stalten unb »urgunb:
SBaif. SBeTfaffungdgef4»icf)te 7, 265 ff., 8, 433 ff.; ffi. ©djröber, 9&e$t«gef<$i<$te 3. «ufl. 492 ff.;
ftauef, frira^erigefätaVe S)eutfd)lanb« 3, 52 ff., 665 ff.; ftiefer, lieber baö Eigentum be« Wtity
am 9&eid>3!irc$engut i.SSÖH 72. 55 ff., 381 ff.; ©tufr, $ie (Sigcnf irrte al« Clement be« Mittel-
alter liaVgermanifdjen ffircbenrecbteS 1895. 32 ff.; ©erbe«, 3)ie ©ifcbofSroablen in Steutfcblanb
10 unter Otto bem©rofjen 1878; &ranjife, $er beutfetye (gpiffopat in feinem SBerbffltnt* gu Äaifer
unb SRei$ unter ^einrieb III. 1879/80; St. ©euer, $ie »IfdjofS* unb «btStoablen tnfceutfd)«
lanb unter fceinrid) IV. in ben Sauren 1056-76, 1881; 8f. Soiat, $ie Äiofterpolitif ber
Jalifdjen Äaifer unb Äönige mit befonberer S3crücffic^tiguna $einrid)S IV. bi$ ftum 3*$**
1079, 1888; Wirbt, S)ie $ublijiftif im 3eitalter ©reaorS VII. 1894, 463 ff.; ©. Warten«,
15 ©regor VII. fein fieben unb SBirfen 2 93be, 1894; @. SReljer öon Shtonau, 3abrbü$er be*
beutfeben 9Wd)e3 unter ©einriß IV. unb£einrid> V. 1/2, 1890/94; ©. Stifter, «nnalen ber
beutfdjen ©efebiäVe im Mittelalter 3, 2, 1898; @iefebre*t im Sttüngner biftor. 3abrbu$
1866, 91 ff.; Welfrer, $apft ©reger VII. unb bie 93ifäof«roa$len 2. «uff. 1876; <£. fltajer
i. b. geftfebrift be£ griebrid)8-#oUegium8 *u Königsberg 1892, 75 ff.; ©ontn, 3)ie ©efefcung
20 ber beutfeben Siätümer in ben legten 30 Saljren ^einrieb« IV. 1077—1105, 1889; ©ulefe,
$eutfälanb« innere ftirtfenpolitif 1105-11, 1882; Reifer, S)er beutfäe Snocftiturfireit unter
König ©einriß V. big ju bem näpftüdjen ^riuileg Dorn 13.3lpril 1111, 1883; 6dntm, Äaifer
Seinrieb V. unb $apft $afcbali8 II. im 3a$re 1112, 1877; SR. Maurer, «ßapft Gafijt IL
2 Sie, 1886/89; ü. Robert, Histoire du pape Calixte II. 1891; 3. Raffer in ben Äeuen
25 fceibelbergern 3af)rbüd)ern 2, 147 ff.; ©tufrer i. gb@ 18, 223 ff.; Jöern&eim, Äur ©efdtftite
beä SBormfer KonforbateS 1878; berf. i. $b© 15, 618 ff, 16, 279ff.; 9t. t>. WofH freien«!,
XejttritifrteS 5 um Snoeftiturörtoüeg (EalijtuS IL 1894; SBtlling, *ur ©efebiebte be* SnoefH*
turftreite* 1896; Sriebberg i. Sb© 8, 75 ff.; öernbeim, fiotfar III. unb ba* SEBormfeT Äon»
torbat 1874; berf. i. &b© 20, 359 ff.; Sitte, gforftbungen *ur ©efd)icbtc be* ©ormfer fton*
30 forbate« 1, 1877; ©ollmar i. gb© 26, 435 ff.; Uli*. 2>ie beutfdje Äircbe unter ßot&ar oon
6ad)fen 1885; Soge*, $a* pactum in bcr narratio de electione Lotharii 1885; SReefe, 3)ic
ftaat3red)tlitf)e @tellung ber «ifc^öfe 53urgunb« unb 3talien§ unter gfriebrid) I. 1885; Soff*
ram, fjriebricb I. unb b. ©ormfer Äontorbat 1883; Sembeim in gft© 7. 303 ff.; ©a^memer,
3nnoeenj III. unb bie beutfdje flirebe wä^renb be» X^ronftreite« oon 1198—1208; SRoben*
söberg in ^iftor. Huffäfe bem 9lnbenten an©eorg©ai{j gemibmet 1886. 228 ff.; $. 9R. SR<ü)eT,
3)ic öftlidjen Wlpenlänber imSnoeftiturftrcite 1883; Ärotticf, $ie Äloftertbronif öon©t.^ubert
unb ber Snoeftiturtampf im 93i^tum Siittia) 1884; Cauchie, La quereile des investiture«
dans les dioceses de Liege et de Cambrai 1,2, 1890/91; SU. ftubtx in 3Rt bed Snftitu* f.
öfterr. ©ef^ia^tSforf^ung 2, 386 ff. — $ie wertootten ®treitfa)riften au3 ber fteit be* 3n*
40 oeftiturftreiteä ftnb MG Libelli de Ute imperatorum et pontificum saeculis XI. et XIL
conscripti 3 tom. 1891—97 oon Tümmler berauSgegeben.
gilt granfreidj: Luchaire, Histoire des institutions monarchiquee de la France sotw
les premiers Cap^tiens (987—1180) 2 eU 1891, 2, 68 ff.; Viollet, Histoire des Institution»
politiques et administratives de la France 2, 1898, 317 ff.; Imbart de La Tour, Les elec-
46 tions £piscopales dans l'öglise de France du IX<> au XIIe siecle 1891.
Sür ©nglanb: Freeman, The reign of William II. Bufus and the accession of
Henry I, 1/2, 1882; 3Watott)er, 2)te «erfaffung ber Äirdje üon ©nglanb 1894; Älemm, 3)er
englifa^e 3noeftiturftrcit unter fceinricfc I. 1880; Sdjmi^ $er engilfcfte Snocftiturfrreit 1884;
fiiebermanu in $iftorif$e ^uffä^e bem ?lubenfen an ©eorg SBatfr getvibmet 1886, 156 ff.;
60 ^öbmer, ^ira^e unb Staat in (Sngtanb unb in ber 9?ormanbie im XI. unb XII. Sabrbun*
bert 1899.
Zäfct [xd) bereite im römtfd^en Steige eine gelegentlich Btö jur btreften Sntetmung
gefteigerte TOittoirfung ber Äaifer bei ben Stfc^of^ma^len nac^roetfen, fo roudte biefe 9e>
teiligung ber @taatögeft>alt an ben fircfylicfyen SBa^len in ben germanifc^en Steteren, ind»
66 befonbere au<^ im fränfifien SRetc^c. 2öieberr;olt r;aben fotno^l bie 5Keroroingex ab au^
bie farolingtfd^en Aau^maier unb Äöntge bie 33ijd^öfe i^rcö SanbeS felbp ernannt; fanb
bie $ef<$ung bed 93ifd^of^ftu^(e^ burd^ lanonifd^e 2Baf>[ t>on Jtlem^ unb Soll flott, fo
^aben fte enttneber ben m 2l^lenben üon Dorn^erein beftgntert unb bie 3Ba^l babutd? jp
Sebeutungdloftgfeit ^erabgebrüclt ober tnenigftend ein 33eftätigung3re$t gegenüber bem 6c*
00 mahlten ausgeübt. 3)a^ 2ßa^(rcd)t ber 2Ba^toerfammlung felbft erf^eint unter ben Jtoo>
Ungern alö eine auf ?ßrhrileg ober auf einmaliger (Srlaubntö bmu>enbe lönigltc^e So»
günftigung. 3n noc^ ^oberem @rabe machte fteg ber Stnflu^ ber roeltlic^en ©einalten
bei ben größtenteils nid^t in bie römiföe geit ^urücfrei^enben, fonbern unter germantf^et
^errfc^aft t>on trgenb einem ©runbfjerm errichteten Slbteien geltenb; ber@ebanle, ba| btc
3nbeftttnr 215
Um einem ©runbfyerm auf feinem ©runb unb Soben erbaute ßirctye al« (Stgenfird^e feiner
Serfügung unterftefo führte bei ben auf £önig«boben gegrünbeten SKbteien baju, bafe bie
Ernennung ber Sebte burdfc ben ©runbfyerrn, alfo ben Äönig, bie Siegel, bie Srtoätylung
ber Äbte burdfc ben Älofterfonbent bie auf befonbere föniglic^e Äonjeffion ft$ grünbenbe
Xuäta^me toar. 5
An btefem ©rnemwng«rec$te faben and) bie Dttonen unb ©alier mit @ntf<§ieben$eit
ftfigefcalten. 2)ie Äu«ftattung ber Sifööfe unb $Lbtt mit gewaltigen ©üterfomplesen fo*
toie mit ausgebenden politiföen Siebten, in«befonbere @erid&t«red&ten, bie, bereit« in
fränRfcfcr 3eit beatnnenb, unter ben £errfd&ern be« 10. unb 11. fyctyxf). tyren $ö^ej)unft er*
reichte, legte ben ©runb m einem geiftlid&en gürftenftonb, ber in fetner Sejie^ung bem toelt* io
ü$cn gürftenftanbe nadpftanb unb naefy bem Einbringen be« ©runbfa^je« ber @rbli<§feit
in ben toeltli$en gfürftentümern al« befonber« toicfytige ©tü$e ber fömglid&en $Ra$t er-
fteinen ntufite. ^ür ba« beutfd&e Königtum toar e« eine £eben«frage, biefe einflufereidben
politifc^en 2Rä$te m feiner ©ctoalt ju behalten unb bei berSefefcung ber bofyen fir^lidpen
Stellen bie Sntfc^eibung ju geben. $afs biefe Setyerrföung ber fyöcMten fmtylid&en 2tmter is
bur$ ben Staat mit bem Sßefen ber Äird&e im ffiiberf J>rudpe ftanb, ift in jener jjeit nid&t
empfunben toorben; ba« @rnennung«re$t be« Äönig« ift felbft bon feiten ber Sßäpfte in
feiner SBetfe beanftanbet toorben.
S&tyrenb in ber älteren 3eit bie Ernennung fotoo^l toie bie Seftätigung bur$ ein
GmigIU$e3 $rä»ept bottjogen tourbe, erfolgte unter ben foäteren Karolingern bie Sefefcung 20
be* Stetum« ober ber äfibtei, gleid&giltig ob eine Sßafyl borauSgegangen toar ober nid&t,
bur$ feierliche SBerletyung na$ vorausgegangener Äanbretc^ung (commendatio) unb
(äbetfeifhmg be« neuen Sifd&ofe« ober Slbte«. Seit Otto I. toar bie gebräu$(i$fte 33er*
letyung«form bie (übrigen« bereinjelt fdjjon für ba« @nbe be« 9. ^a^unbert« bezeugte)
Übergabe ber ferula pastoralis, be« an ben $of gebrachten Sifd&of«* ober Slbtftabed 25
be* Sorgänger« in ber geiftlid&en SBttrbe. ©am trat feit £einrid& III. nod& bie Übergabe
be* Stföoftemge*. 2)er ganje Vorgang, bie sBerletyung burdfc 9ting unb ©tab fotoo^I
toie bie nac&folgenbe commendatio nebft 6ibe«leiftung, erinnerte in ben formen an bie
9e($ntmg ber toeltlid&en dürften, unb ba burdfc benfelben nid&t nur ba« geiftlid&e SKmt,
fonbern bor allem audf ber Inbegriff ber toeltlid&en Siedete be« 93ifd&of«, ba« ßird&enber* ao
mögen fotoo^l toie bie toolitifc&e ©etoalt, übertragen tourbe, ift e« begreiflich bag man
im 11. ^a^unbert ftd? baran getoö^nte, biefen 9lft a(« Sele^nung aufjufaffen. 3)a«
|cigt ber Sterne ^nDeftitur (investitura), ber, fd&on balb nad^ bem ga^re 1000 be«
jeugt (Vita Adalberti 9: MG SS IV, 598), in ber 2. $älfte be« 11. 3a^unbert«
allgemein üblic^ toirb, ferner ber für bie $anbrei<$ung in ber 2. Hälfte be« 11. 3a^r586
^imbertd gebrauchte 3tu«brucf hominium ober homagium. ^ebenfotfe ^aben bie beutföen
Somge i^r Ser^ltni« ju bet\ geiftlid^en $ür[ten im 11. ga^rfyunberi bödig analog toie
bad yu ben toeltlic^en dürften aufgefaßt. Set biefer 3lbf)ängigfett be« geiftlid^en ^mte«
tm ber toeltlic^en ©etoalt lag bie ©efa^r allerbing« nafye, ba^ ber ^ö^ere beutfd^e Jlleru«
iwüig bertoeltlid^en unb ben geift(i$en ^flid^ten entfrembet toerben toürbe. älnbererfeit« 40
raupte bei ber getoaltigen toeltltd^en Wad)t, bie in ben $änben ber 93ifd^öfe unb 9iei$«*
äbte lag, bie göfung be^Sanbe«, ba« fte mit berÄrone berbanb, ein bernk&tenber ©c^lag
für ba« Äoniatum fein.
5Diefe Sw^angi^Ieit be« 5tleru« bon ber toeltlid^en ©etoalt fanb juerft im 11. Satyr*
fambert einen entfetytebenen ©egner in ber firetylietyen Seformpartei. SBenn auety bie ur- 45
fecfinglu^en Seffarebungen biefer Partei toeniger gegen bie SBefefcung f iretylietyer Smter burd^
Stoien felbfi d^ gegen bie bei ber Vergebung Krctylictyer ^frünben tyerbortretenben ftmoni«
Wen SKi^bräuc^e gerietet toaren, fo liefen fiety balb audj? Stimmen bernetymen, bie, toie
ber aetoalttge Äarbtnal ^umbert in feinen libri tres adversus Simoniacos (1057/58)
ortf($ieben gegen bie Saieninbeftitur überhaupt (Stellung nahmen. 2)en ttyeoretifctyen gor^w
benmgen ber 9ieform)>artei folgten ))raftifctye üJla^natymen auf bem ^u^e. bereit« 1059
mb 1063 erflärten ft$ jtoet römif^e S^noben gegen bie Vergebung ber nieberen firety«
li^en Ämter burd^ Saien, 1060 ft>ractyen jtoei S^noben bon Sienne unb $our« ba«felbe
Safot <md} für Stetümer unb Slbteien au^f unb 1068 fam e« bereit« bei ber Sefefeung
bei Waildnber eqbifööflictyen @tutyle« ju einer emftlictyen Umfegung biefe« ^rinji^e« in 65
bie $rngi*. 3lber )u einem totrfticfyen 3^fammenftog mit bem beutfetyen Königtum fam
d erft al« ©regor VII. in Sßeiterbilbung ber auf ber römifc^en ©Vnofe^ bon 1074 er«
(offenen 6hmmieberbote auf ber ^faftenftnobe be« ^a^re« 1075 bem beutf$en Aöniae ba«
%tfy yax Snbefütur bireft abf^rad) (ben ^nfyalt be« leibet verlorenen betrete« rennen
toir ax& Arnulfi gesta archiep. Mediol. IV, 7: MG SS VIII, 27) unb baburd^,eo
216 3n»eftttitr
bajs er biefcn ©runbfafc bem beulten ®i>iftoj>at gegenüber fofort in änroenbung braute,
t einriß IV. ben Kampf aufnötigte, ber mit ber auf ber ©tynobe toon 9Borm$ 1076 Verfügten
bfeftung ©regorS feinen Stnfang nafym. 9Kan be*ei$net biefen 46 3a$re toa^renben
©trat geroö^nlicfy als ben JJntoeftiturftreit, toeil bie Regelung ber gntoefltiturfrage fo*
e roo&l ben SKuSgangSinmf t roie ben (Snfymnft bleiben bilbet; tfytf&äfidf ift er auf feinem
$ö^e))unlte ein Kampf jrotfd&en geiftlid&er unb weltlicher ©eroalt um bie aBeltyerrfd&aft
geroefen.
auf ber einmal eingetragenen 93at)n fd&ritten ©regor unb feine 9?acr)fotger toeiter.
•ffiäfyrenb bie beiben römifd&en ©tynoben be8 3abreä 1078 nur 93erfc£ärfungen unb©rn)eb
10 auSfityrungen ber Seftimmungen bon 1075 brauten, [teilte bie römifd&e ©tonobe bon 1080
aufeerbem im 3. Jtanon de electione pontificum für bie Sßatyl ber S3ifcr)öfe poftttoe
Siegeln auf, bie in SBfolefynung an baS altdr)rtftlidr)e 93erfa^ren bem ÄleruS unb Soll bie
SBafyl übertrugen, baneben aber bem römitöen ©tu^l einen entfd&eibenben (Sinfhsf; bei ber
^Beurteilung ber Sted&tmäfeigfeit ber SBatyl einräumten (bgl. Gregorii VII. Registrum
15 VII, 14a bei Jafte, Bibliotheca 2, 400 f.). ©regor« 9laty olger SSiftor III., Urion II.
unb $afd&ali$ II. faben in ber Snfceftiturfrage bemfelben ©tantyrnnfte toieber&olt Sud*
brucf fcerlie^en, bagegen ift e$ ir/ncn ebenforoenig roie ©regor gelungen, mit tyren 3ln*
forüd&en gegenüber £einric$ IV. unb fieinrid^ V. burdjjubringen.
SBictytiger als bie ©tynobalbefd&lüffe rourben für bie Söfung ber gfrage bie )a$lrei$en
20 ©treitfc&rtften, bie aus beiben Sagern hervorgingen; forad&en ftc$ anfangs in benfelben
uffl>erfi$nlid&e ©egenfäfce aus, fo lägt ftdt) bo$ im roeiteren Serlaufe ber $olemif eine
geroiffe gegenfeitige äfonctyerung ntcfyt benennen, SjnSbefonbere toirb in ber foäteren
©treitlitteratur burcfygängig ber noa) bort öumbert unb SßetruS ©amiani gefliffentlid? igno*
rierte Unterföieb jroifd&en bem geiftlic^en 3lmte unb ben toeltlicben Seiten einge^enb ge*
26 roürbigt, 2luf biefer gemeinfamen ©runblage lonnten fid? bie SerftänbigungSberfud&e auf*
bauen, bie bem bei beiben ^arteten lebhaft empfunbenen ^ebenSbebürfnijfe entsprangen.
3roar ber erfte 93erfud&, gelegentlich ber Äaiferfrönung $einric$SV. (1111) eine Einigung
ju erzielen, miftlang. £)er jroifd&en £emricfy unb ^afcfyaliS II. abgesoffene Vertrag bon
©utri, in toelcpem ber Äöntg auf bie gjntoeftitur t?ergid^tetef toätyrenb ber Sßapft bie SÜMfc
so erftattung aller in ben $änben ber ©ifcfyöfe unb #bte befinblid&en Stegalien an baS Äeidfr
fcerforact), fäeiterte an bem einmütigen 2Biberfpru$e ber Surften, fotoo&l ber geiftficfcn,
bie Völlig ifjrer roeltlid&en 9JZad?t beraubt roorben roären, als aud? ber toeltli$en, bie
ben Serluft tyrer Äircfyenle^en ju befürchten Ratten. £)ie in ber (Sefangenfcfcaft etblty
gelobte SeroiHigung beS 3jffl>eftiturred&tS mufete ^Safd&aliS 1112 unter bem 2)rudte ber
86 Steformpartei auf ber lateranifd&en ©tynobe roteber gurüdfner;men.
6rft 1119 unter $aWalte> 5Rac^folger (Salijt II. rourben bie abgebrochenen a8er*
r)anblungen mit bem Äaifer roieber angebahnt; biefelben führten f^lie^Tid^ 1122 ju ben
unter bem SRamen bed SBormfer Äonforbate« befannten gegenfeitigen Jtongepmen
$einricfy3 V. unb ßaltjt« II., roelcr)e ben 3nt»eftiturffaett beenbeten unb bte tum Unter«
40 gange beä beutfd^en Sietd^ed bie rec^tlid^e ©runblage für bie Sefeftung ber Stetttmer unb
9leid^abteien abgegeben ^aben. (£)er Xejt bed Äonforbate^ ift am beften bon SBeUcmb im
MG Constitutiones 1, 159 ff. herausgegeben; über bie im Original im batifanifcfcn
Strato erhaltene fatferüdr>c Urfunbc t>gl. 3^. ©irfel unb §. 33re#au in 9Kt be« 3nffc
tutö für öfterr. ©efcr)icr)töforfd^ung 6, 105 ff. foioie baä ber genannten Slb^anblung beb
«gegebene galftmile.) 35er 3nr)alt be« ÄonforbateS ift folgenber: 3)ie Sifc^öfe unb Äbte
roerben geroär)(t, in Italien unb Surgunb o^ne jebe ^Beteiligung beS Jtönigd, in 2)eutf<^
lanb bagegen in feiner 3lnroefenr)eit unb in ber SBeife, ba| er bei ^toiefp<igen ffia^lcn
unter Setrat beä Metropoliten unb ber 3Mf$öfe berfelben ßirc^en^robtm ber r>aftänbigeren
Partei jum ©iege bereifen (oQ. $amit ift i^m in 3)eutjc^lanb tyatfäd^lty ein ent*
60 fd^eibenber (Sinflufi bei ben 2Bar)len eingeräumt. Stuf bie ^nbeftitur mit. 9lin^ unb Stab,
ben 3lb)eic$en bed geift(i$en SlmteS, Denic^tet ber 5taifer; bagegen behält er bie ©efugniÄ,
ben ©eroä^lten mit ben Dom Setct/e r;errü^renben roeltlic^en Seiten )u belehnen unb
feinen SeJ^nSeib entgegenzunehmen. $ie 93elel)nung foH burct) Übergabe eines Scejrter«,
beS 9lb}eic^enS ber roeltltd^en ©eroalt, erfolgen. Sßär^renb in ^eutfölanb bie Sele^nung
66 ber ftonfefration burc^ ben Metropoliten üoranger)t, fyit in Italien unb 93urgunb ber
9leugeroär)Ite fte innerhalb 6 -ffiocfyen nai} ber ßonfefration na^jufudben.
2)aS 3Bormfer Jtontorbat an unb für ftct) bebeutet roeber einen ©ieg bed Äatfertumi
nod) beS $a))fttumS; roät)renb baS eine auf lange geübtes Siedet Derjtc^tet ^atte, roar ei
ber ^ä>ftlia)en Partei nur in fer)r unüoQbmmenem 3Rcr| gelungen, tyre gorbenmge«
oo bur^ufe^en. £en §au^tüortetl Ratten bie fiva>lid)cu 2Ba^lfötyerfd$aften, inSbefonbere bie
SnbefKtur 217
DomlajHiel, bie in ben nodalen 100 Sauren ba$ auSföliefclid&e 2Ba$lrec$t ber SMfd&öfe
erlangten. ©c$Uefclic$ fyd eS jebo$ ba$ $apfttum berftanben, in ber SefefcungSfrage ben
6ieg batoonjutragen. Unter Sot&ar unb ben erften ©taufern atterbingä tyaben bie beutfcfyen
Jtönige ni$t nur fätntltye i^nen fonlorbatömäfeig juftetyenben Siebte ausgeübt, fonbern
<md) btrette Sffia^tyrafentationen ober Srnennungen borgenommenen unb bie üjnen in e
Seutfölanb jufte^enben 93efugniffe aud) auf Italien unb Surgunb au^ube^nen berfud&t.
Sbcr feit ber Dofl>efa>a$l bed3a&re$ 1198 ift ber@influfe beS Königtum* auf bieSBa&len
in raptbem SKebergange begriffen. %ribzm bie gleicfylautenben 93erft>rec§ungen Otto« IV.
(1209) unb ^riebriefr« II. (1213) bie ©iltigfeit ber 2Ba$l bon bem 9iic$tbor^anbenfein
faumiföer #mbermfje abhängig matten, rechtfertigten fie bie bon Warft ^nnocen^ III. 10
bereite borfyer geübte fragte, unter bem Sßortoanbe ber Prüfung ber Stettytmäfeigfett ber
SBabl einen entfc&eibenben (Sinflufc auf biefelbe auszuüben, ©o entftanb baä Stecht beä
$a£fte3, We 2Ba$l ju laffieren, fo entftanb baä fogenannte ^JoftulationSrecbt, ba$ Siecht be3
$apfted, einer getollten, aber mit fanonifäen §inbemiffen behafteten $erfon auf Sitte
ber 2Ba^ltörperf$aft (postulatio) bie admissio ju erteilen. 33or allem aber gelang e$ 16
Sraioceng toäfcrenb be$ S^ronftreiteS burc§ Sfypellation bie (Sntfdjeibung bei ftreitigen
Sohlen na$ 9tom ju jie^en unb f#liefelid& ein j)äj>ftlid&e$ DebolutionSredjt auäjubilben,
bo* ft$ in ber tjfolgewit bem faiferlid&en bei roettem überlegen geigte, Daju tarn no$
ber perfönli$e ©mfwp, ben bie bäpftli$en Segaten unb Nuntien bei ben einzelnen SBatylen
ausübten, toatyrenb bie Stntoefengeit beä KaiferS bei ben SBatylen ju einer nur feiten au& 20
geübten Vertretung bur# einen SBa&lfommiffar ftd^ abfc^toädpe. 2lm Anfang be8
13. Saföunbert* tft tljatfä($li$ ber ©ieg be$ $abfttum$ entföieben.
©inen efoaä anberen Verlauf tyit ber Ignbeftiturftreit in J?ranfrei# genommen.
9u$ #er fanb ftd& im 11. 3a$rljunbert allgemein neben ber SBafyl eine birefte ®men=
mmg berSifööfe unbSbte, aud) tyierrourbe baä geiftlicfye 2lmt jugleid^ mit ben roeltlid&en 25
Seiten burefc bie ebenfalls unter lefynred?tlid?cn ©eficfytepunlten betrachtete gjnbeftitur mit
Sina unb Stab gegen homagium übertragen. aber anbererfeitö toetft granfreiefy rec$t
täfmUfr Serföiebenfceiten auf, bie e* erflären, bafe fyier ber ^nbefttturftreit nicfyt eine fo
Imnjijriefl toeittragenbe Sebeutung annahm unb nicfyt mit berfelben Erbitterung geführt
tombe tote in Deutfölanb. Sintnal fehlte bem franjöftföen (fptffo^at bie politiföe 3Jlad)U ao
fülle ber beutf$en 93ifööfe, jur SluSbilbung eine« geiftlid?en $ürftenftanbe$ toar e$ in
3rantrei$ niept aelommen. Die SoSlöfung ber fyofyen ©etftlicfyfett bon ber toeltlid&en ©e«
toalt toar be^alb für ben frangöftfd^en Staat ri\d)t eine Sebenäfrage toie für ba^ beutf^e
I fioirigtunt. ferner aber ernannten unb inbeftierten bie frangöfif^en Könige nur einen
I Zeil ber Sifööfe unb Äbte; bie@rnennung unb ^nbeftitur ber meiften lag in ben^änbenss
| ber großen toeltlid^en JtronbafaDen, ber ßerjöge unb ©rafen. 3)er ^nbeftiturftreit löft
! fty bemnat^ ^ier in Sfranfreicfy in eine 5Wenge einzelner Heiner Äämj)fe unb Unter^anb«
ümgen ber Jturie mit ben territorialen ©etoalt^abern auf, toobei fte tu red^t betriebenen
Sefnltttten gelangte. 3m gangen ift feit bem ätnfang beä 12. ^a^r^unbertö ba^ @rnen$
nmgdre^t befettigt unb bie freie 2Ba^l ber 93ifc^öfe unb "Übte jur Segel getoorben ; jebo$ 40
baten bie fran^öpfc^en Äönige unb mehrere bon ben toeltüc^en ©ro^en bi^ gum 6nbe be$
12. SöWunbertd, jum Xeit aud) noc^ länger, ftc^ bie 33efugni3 betoa^rt, bie Sorna^me
bei Saß erlauben unb ben ©etoä^lten betätigen m bürfen. Die alte ^nbeftitur mit
Ana unb Stab ift überall berfötounben, ebenfo meift ba£ homagium ; bagegen ^aben
bie franjöftfc^en Äöntge unb ein Xetl ber ©rogen auc^ fpäter no$ bie Stem^oralicn, bie 45
toebltyen ©üter unb Siebte, ben neugetoä^lten Stjcbofen unb Übten gegen &reueib (^um
%ti auc^ o^ne Xreueib) übertragen unb toä^renb ber Safang bed geiftlid^en älrnttö bie
Ätüfye biefer Xem)>oralien für \vi) gebogen. 35oc^ ift e^ bercingelt föon im 12. 3a^r«
Nnbert Sätümem gelungen, ftq bon jjeber toeltlic$en Dber^o^eit freizumachen.
9m toenigften tft ber tircgli$en 9teform)>artei in ©nglanb bie Durchführung ir^rerso
Äeie gelungen. 6$on unter ben angelfäc^ftfc^en unb bäniföen $errfct)ern ftanb hier bie
fxtypng ber SiÄtümer unb großen Abteien ber Staatsgewalt, bem Könige, unter bem
Senat ber ©rofcen unb ber Sieic^berfammlung ju; unter ben normannifc^en Königen
to«be aud) bie ^nbeftitur fotoie ber Se^n^eib eingeführt. Die Verbote ber Saieninbeftitur
nter ©re^or VII. blieben auf bie engliföen 3uf^nbe o^ne SBirfung ; aud) in bem 65
Streite atoiMen fflil^elm II. unb änfelm bon (ianterburb ^anbelte cS f\d) nur um mi^=
kauäfiift Xntoenbung bed löniglic^en Stellenbefe^ung^rec^ted, ba£ felbft nid)t in grage
pffeüt tourbe. @rft als unter $einric$ I. SSnfelm aU überzeugter ©regorianer 1101 ju=
lUh^cte unb bat SetynSeib bertoeigerte, tarn eS m bem rein biplomatifd^ geführten eng=
fifrn 3nbefHturftreite, ber 1107 bamit enbete, oafc ber König auf bie Sele^nung miteu
218 3nt>cfMur $oäb
Sting unb ©tab, alfo auf eine reine Formalität, bergtcfytete, bagegen ben Se$n3eib ber
Sifqjiöfe unb ätbte fotoie bie übrigen $ed?te feiner Vorgänger befaubtete. 3n ber §[olgegeit
tyaoen bie engliföen Äönige trofc be3 93erfpred&en3 ©tet)fyan3, bafc 8if<$öfe unb Übte ge*
mäfe ben Seftimmungen be3 !anonif#en SRecfyteS getoä^lt toerben fottten, tyren (Sinfbife bei
6 ber Sefefcung ber ^ojjen fird&lid&en Sämter behauptet; bie SBa^len bollgogen ftcfc, toie bie
12. constitutio bon ßlarenbon geigt, am föniglid&en £ofe burc$ eine bom Röntg böHto
abhängige Sßa^lberfammlung, ba3 @ntfd)eibenbe toar ber assensus be3 Äönig3. Xuq
in ben fyäteren ^a^unberten f}at e3 bie englifcfye ©eiftlid^feit ni$t gu freien SBa^len
gebraut, bagegen mad&tc ftd^ feit S^nocem III., ber bem fdbtoa<$en Äönige Sodann toiefc
10 tige 3iigeftänbnifje abnötigte, neben bem fönigltc&en ber pä^ftlid^e ©nflufi bei ber ©teilen*
befefcung geltenb. «tegfrieb ttietfflet.
$oab. — Sitte rat ur: Sgl. btc Kommentare gu ben 88. ©a unb ftge, femer bie
betreffenben Wbfcfcnittc in ben $arfteflungen ber ©efdjicfcte bed 93olfe3 3«racl.
1. Unter ben gaj&lreicfyen SJJerfonen, bie toir au« ber Seit unb Umgebung ®abib3 in
16 33rael fennen, ift bie ^erborragenbfte %oab (fyebr. aar, gr. 'Iaxxß). ®r flammte nic$t
nur toie 3)abib au« Setylcbem 2 Sa 2, 32, fonbern toirb audf im AI gum ©ef$le$te
3)abtb3 geregnet, toa3 ftdp barau3 ergiebt, ba£ nur ber SRatnc feiner 3Jiutter, einer
©d&toefter 3)abib3, nie ber feine« 9Sater3 genannt toirb. Sie fciefe S*™!0 1 ©<* 26, 6;
2 ©a 17, 25 unb toirb feie Slbigail 1 6tyr 2, 16 f. ate ©cfctoefter StobibS begegnet.
»3&re ©ö^nc toaren 3oab, Slbifai unb SCfa^cI 2 ©a 2, 18 (24; 18, 2: in 1 Gty 2, 16 f.
Slbifai, 3oab unb Slfa^eQ, toäfyrenb ate ©o^n ber SKbigail Sttnafa aufgeführt toirb 2 Sa
17, 25; 1 S^r 2, 17. ®3 ift ba&er, aud& unter Serüdffid&tigung ber Orientalinnen Ser*
fyältnijfc, !aum gtoetfetyaft, bafi 3oa& jünger toar ate 3)abib, jebenfalfö ntt$t älter. S)agu
Raffen bie angaben burcj)au3, bie 1 ßg 1 unb 2 über ba3 @nbe 3)abib3 unb 3.3 gemalt
26 toerben. 3n ben gelungen über 3)abib taucht 3. guerft 2 ©a 2, 13 ff. auf, nämlty
ate ^rer ber ©olbaten 3)abib3, bie ben ©olbaten 33bofet&3 unter SDbner bei ©tbeon
begegnen. 35oc$ fyat er fi<$ too&l fd&on früher, ebenfo toie Slbifai 1 ©a 26, 6 an 2>abtb
angeföloffen; bie 3lad)x\d)t 1 ©a 22, 1 fyricfyt bafür. 2)er Äantyf bei ©ibeon, anfangs
gar nicfyt ernft gemeint, ^atte für 3- fetyr emfte geigen. Site bie Seute Slbner« bor ben
so 3ubäern gurüdftoid^en, berfolgte 2lfatyel, ber Sruber 3-3, Slbner mit großer Se^arrli^btt
6r lam tym bid^t auf bie g^fen, tourbe aber bon abner mit ber Sänge erftoeben. gw*
unb äbifai, bem ^eiligen ©ebot ber Slacfye ge^orfam, nahmen i^rerfeit« fofort bie wc*
folgung 2lbner^ auf; ate e$ btefem aber gelungen toar, feine Senjaminiten an einem bor*
teilhatten $un!t um ft^ gu fammeln, forberte er 3oab auf, au« Stüd^t auf ba« 808
86 bie Verfolgung abgubred^en. %oab folgte birfer SKa^nung, toa^rf^emlid^ toeil ber unei*
toartete flam^f f$on mehr Slutbergie^en herbeigeführt fyattt, ate beabftebtigt toar 2 ©a
2, 12—32. 9lber er bergafe nid&t, toa« i^m bie^ftid^t berSlutrad^e auflegte, «feabner
mit 2)abib in Hebron fefte Serabrebungen getroffen ^atte unb ftd^ bereite auf bem 9tikE*
toege in ba3 ©ebtet 3ßraeld befanb, lehrte 3. bon einem Slaubguae jurüd unb erfuhr gu
40 feinem Srftaunen, bafe toä^renb feiner 3lbtoefen^eit ein freunbfd^aftlicper 3$er!etyr gtoifc^en
beiben ftattgefunben ^atte. @r l^ielt ge^en 3)abib nid^t mit bem 93erba$t gurüdf, ba|
Slbner nur auä Sift freunbf^aftlic^e ©atten aufgieße, unb fd^idte rafd^ entföloffen ©oten
au$, um Slbner na<$ Hebron gurücfgurufen, offenbar im tarnen 2)abib3, bo<^ o^ne fein
Sßiffen. Slbner lehrte um, tourbe bon %oab am I^ore ber ©tabt ertoartet unb nieber»
45 geflogen. 3)amit toar Slfa^ete 331ut gerächt, unb ba^ toar für 3- ^CT eigentliche ©runb
gum #anbeln getoefen. Slber bie Umftänbe biefeä 9Korbe3 enthielten ben Äeim gu bem
[glimmen Verbackt, bafe S5abib fein Urheber toäre. 63 toäre in ber 2^at eine unerhörte
SÄud^Iofigfeit getoefen, \otnn 35abib ben 3Wann, mit bem er eben feierlich einen Vertrag
gefd^loffen ^atte (2 ©a 3, 20 f.), ^interliftig ^ätte ermorben laffen. ®r betonte ba^ia mit
6)aQem 9iac$brucf feine Unfc^ulb an bem (Snbe 9lbner3; ein folget SRorb an einem Ser«
toanbten be3 £aufe$ ©aute toiberfprad^ aud^ burd^au« ber ^Jolttil, bie er gegenüber bem
©efdjlec^t be3^ erften Äöntg3 über 3$rael beobachtete, ©egen 3oab ate Stauer Wmtti
aufzutreten, toar tbm bamate niebt möglid^. 3)a3 betoeift, toie grog fd^on bamate bk
9Kad&t 3.3 in ber Umgebung 35abib3 toar (2 ©a 3, 20—39). »ber bieSPfltyt berÄac^e
66 blieb nac§ ben bamaligen Slnfd^auungen auf 35abib laften. 3lad) 1 6$r 11, 4—8 \m
fid} 3- bei ber (Eroberung ber 3*Müerfefte 3»<>n befonber3 au3gegeic^net unb bafür bie
©teile eine3 „.§au})tmamt3 unb anfü^rer3" Crl x^) erhalten, ferner aud^ bie übrige
©tabt toteber^ergeftellt ^aben. Slber bief e £arftellung beeft ftd^ nic^t mit bem 3n$alt ber
älteren @rgä^(ung in 2 ©a 5, 6—9 unb ift au$ fac^lic^ nic^t eintoanb3frel fytifltx bei
3oo* 219
Hebten £eere*, ba* 2)abib unterhielt, toar 3- bereite bor ber (Eroberung ber 3wn*burg,
tote 2 ©a 2, 12 ff. jeigt Ob 3)atoib bamal* fd&on bie Stelle eine« Sefe^aber* über
ba* SoBdfyeer befefcen tonnte, fcängt Don ber Slnttoort auf bie grage ab, ob er bie 3ion**
bürg fror ober naety feiner SBafyl mm König über ganj 3*rael erobert ^at. $m erfteren
%aue — unb er ift na$ bem Wortlaut fcon 2 ©a 5, 6 ber toatyrfcfyemlid&e — fonnte 6
Sktirib biefe ©teile bamal* no$ nic^t vergeben; e* bleibt bafyer jtoeifetyaft, ob bie Angabe
be* G^nmtften richtig ift, toenn man fte mit 1 Gtyr 18, 15 glei<$fe$t. 2Ba* ber Gtyronift
toeüer über bie SBieber^erfteSung ber „©tabt" burety Soab melbet, foQ fi<$ anföeinenb
auf 3cmfalem bqie^en. «ber na<$ 2 ©a 5,6—9 unb felbft in lG&r 11,4—8 ift nid&t
Um ber ©tabt 3>erufalem bie 9tebe, fonbern toon ber £)atoib*ftabt ober 2)at>ib*burg, bie 10
an $ebräif4en ebenfall* ^< fceifct. 2)ie Sauten bort toerben aber 2 ©a 5, 9 nur&abib
tugeförieben. 3Kan barf ba&er Vermuten, bafe ba* nad&esilifd&e ©efdjled&t 3- in bem
Steffen 5Dabib* feinen S^n erblidfte unb fic$ ju beffen Siu^m biefe Saaten toon tbm
erjagte.
SU* 2)abib SBoltefönig getoorben toar, übergab er 3- *>en toid&tigen ^Soften, ben 16
Scfc^I über ba* gjolfö&eer ju führen 2 ©a 8, 16 ; 1 G^r 18, 15. Sil* fotyer fat g. an
ben Striegen $abtb* überhaupt tyerfcorragenben Slnteil gehabt. 2lllein ba bie Duellen ein*
fa$ bem ©afcib auftreiben, toa* überhaupt unter feiner Regierung gegeben ift, fo läfjt
fö bie X^atigfeit be* S0^ ni<$t int 3ufamtnen^an9e verfolgen, ©ein 9tame toirb nur
bei einzelnen (Gelegenheiten genannt. @r richtete toä&rcnb eine* fecfy*monatlid&en 2lufenfc 20
^aüe* in Gbom ein furchtbarem Slutbab unter ber 33et>ölferung an, unterwarf ba* £anb
unb bertrieb ben cm^eimifdben Äönig SKbab (fiabab) nadj $g$>ten (l Äg 11, 15—17;
bgL 1 <8frr 18, 12 unb 2 ©a 8, 13 f.). ®r beftegte bie äramäer, toelc^e ben 2tmmoni-
**» ju #ilfc «Ken (2 ©a 10, 6—14; 1 (Sfyx 19, 8—15) unb begann im folgenben
3afae bie Sela^erung bon Slabba, ber §auj)tftabt ber Slmmoniter (2 ©a 11, 1). Jjtozs
aa£m Xcfoxb ferne Sttenfte in Stnfprucfy, um ben $etyiter Uria, ber ni#t biefelbe 2ßitt*
fajjirigfeit, toie fem SBeib, bie e^rgeiuge Satfcfeba, gegen ben Äönig an ben Sag gelegt
batte, ca& bem 3Bege }u Waffen. goab bereitete nad) bem Sefefyle be* Äönig* bem Uria
ben lob hn Äarn^e gegen bie Slmmoniter (2 ©a 11, 14—27). 9113 bie Hauptarbeit
ber Belagerung get^an toar, (üb er in !(uger Sefd&eiben^ett feinen ©ebieter ein, bie reife so
fadft be^ ©ieae* felbft ju pflücfen (2 ©a 12, 26-31 ; 1 G&r 20, 1—3).
SBotyttbueiro ift an bem raupen Krieger ^oab bie innige Steilna^me an ben ©rieb-
mffm SabiU. tiefer feinte [\d) na^ ber 9tücf!e^r feine* geliebten ©o^neä älbfalom,
ber na$ ber (Srmorbung feine« 93ruber« Slmnon 'ftd^ 3 %afyxt lang bei I^almai, bem
Äönige tum ®efur, aufgehalten ^atte. Seib um ben Serluft be£ Erdgeborenen unb 30m 85
gegen ben Srubermörber froren attmäfyltd? au* feinem derjen gefrieren; bod^ fd^eint er
m Rwäcfmifung äbfalom* [vi) mdft ^aben entfd>lie|en }u tonnen. 2)a lieg ^oab
ben König bur^ ba« Äuge SBeib bon %t)doa barauf ^infreifen, bag e* ntd)t rec^t fei,
an be* afAlagenen Slmnon toiflen bem SSolfe ben @rben ber Ärone ju rauben. X>at>ib
folgte bem Slaie beS SBeibeS, in toeld&em er übrigen* fofort bie ©ebanten %oab$ erfannte 40
(2 ©0 13, 39—14, 24). (Sine förmliche Serfitynung jtoif^en Sater unb ©otyn fanb
b*td) §oate Vermittlung jebo<^ erft jtoei ^a^re fpäter ^tatt (2 ©a 14, 28—33). ^n ber
Qmpfasiia 3lbfalom* ftanb $oab treu jur ©ad^e be* König*. $at>ib befahl ©Tönung
bei Cm^iei«; allein Sjoab frodte, um allen Unruhen ein rafc^e* (Snbe ju machen, ben
lob be* Xttfrübrer* unb erfta$ i^n, ba au* feiner Umgebung niemanb bem 93efe^l be* 46
temg* jutariberpanbeln toollte, mit eigener $ant> (2 ©a 18, 1—17). ®er jtönig unterlag
fcflfanbtg bem ©d^nerje, aber %oab$ 9luge toafyte über bie 6icberbeit be* Königtum*.
9t taoog ben Jtönig baut, ftety im X^ore ber ©tabt (HkF)Qnaim) bem ^eere ju jeigen,
an yu betoetfen, bog er liebe, bie ir/n lieben, unb um ju behüten, bafc aud) feine Ircucn
9ß bedienen (2 ©a 18, 19—19, 9). Sei ben nun folgenben Serbanblungen mit '^ubaso
berftwoc^ 5Dabib bem gelbbauptmann Slbfalom*, 9lmafa, ber aud) ein Sertoanbter 2)at)ib*
Ipar (f. 0.), bafr er an bie ©teile Soab* treten folle (2 ©a 19, 10—15). (Sr erhielt ben
luftrag, ben aufrü^rerifd^en ©eba m behtegen. Mein er braute in ber feftgefe^ten 3«t
bm Heerbann bon ?|uba ntc^t jujammen. 2)a entfanbte SDaütb ben %oab mtt feiner
6#px unb ber Iönigii(^en Seibtt>ac^e gegen BAa. 93eibe ^ü^rer trafen ftd^ am großen 55
6tem ju ®ibeon. Sei ber Segrü|ung liefe ^oab fein 6rf>mert in bie linte ftanb gleiten
mb (tieft e* bem arglojen Slmafa m ben Seib. 3ln ber Seiche gab er bie Carole „^oab
nb Starib" au*. TOi^trauen unb ßiferfu^t gegen 2lmafa, ©ifer für 35aöib mögen bie
ber 2fyä getoefen fein. 3- fab baburdi eine neue Slutföulb auf ftc^, beren Stocke
£)at>ib }ufte( (togL 2 ©a 19, 14). ©eba fyatte [\d) in bie fefte ©tabt 9lbel so
220 3oah ftoadjim I. bou ©ranbenbnrg
Setf) 9Raac$a geworfen. 9ted& lurger Belagerung töteten bie (Sintoo^ner auf etneSSBeibe*
SRat ben (Smpörer unb ftarfen fein §aupt jugoab über bte Stauer tyinau«, Vorauf biefer
fofort abjog (2 6a 20, 1—22).
2Bann 3oab bie gegen (einen 9lat bon Dabib angeorbnete SBolföjätylung borgenom*
ömen tyat, ge^t au$ 2 ©a 24, 1—9; 1 <% 21, 1—4 ni<$t fcerbor. 63 lann ni<$t
befremben, toenn %oab am (Snbc ber Regierung DabibS bie 3#ronanfprüc$e SIboniaS, ber
alä ber rechtmäßige 6rbe angefe^cn mürbe (1 Kg 1, 15. 22), begünfUgte. 916er Stboma
unb fein Slnfyang mußte ber Partei ©alomoS toetd&en, an beren ©pifce ber fywptyk Station
ftanb (1 Äg 1, 5—49). ©alomo fronte jtoar anfangs feine ®egner (1 Äg 1, 50—53).
10 3*od& Me Sitte SlboniaS um Slbifag bon ©unem (1 Äg 2, 13—17) braute tym unb
feinen Slnfyängern, barunter 3^ab ben lob. @r tourbe amSUtare 3a$be$, tootyin er fi$
geflüchtet fatte, bon Senaja, bem Sefefytefyaber ber föniglid&en Seibtoacpe, auf beftbnmten
Sefefyl ©alomoS erfölagen, bamit nidjt ^a^be baä S3lut beS Äbner unb Stmafa an bem
§aufe 3)abib$ tyeimfuctye (l Äg 2, 18—34). (Sä entfprid&t ganj ben ©itten jener 3«*,
15 toenn 35abib bie *J$flid&t ber 9ta#e, bie er felbft nic^t bolljietyen mag, feinem ©o&n unb
SRacfcfolger ©alomo überträgt 1 Äg 2, 5 f. %oaU %ob ermutigte bie geinbe 3*roel3
(1 Äg 11, 21). Obgleich Dabib* Änecfct, fcatte 3oab bo<$ ftetö feinen eigenen SBUIett
@r §at feinen §errn burefy feine 2Borte unb bur$ feine Saaten nic&t feiten geleitet 5Den*
noefy f)at ber ©a$e DabibS, ber ©id&erung feines IgroneS, niemanb treuer gebient, afö er.
ao 2. 3lamt eine« nac^eplifdp jubäiföen ©ef<§lec$te$ (@3r 2, 6; 9le$ 7, 11; 1 ßfr
2, 54). 'Und) 1 Gfyr 4, 14 toirb ein ^oab als ©rünber einer §anbtr)erferfolonte trtoctynt,
bie fic$ bielleic&t nad& 91$ 11, 35 in ber Sfötye bon Sob (Stybba) unb Ono (Äefr Ana)
befanb. 4>. 9nt%t.
ftoadjim I.,ħ. b.Sranbenburg, geft. 1535. — Hiebe!, C. d. Brandeb. ; 3. ®. 3>rotfen, $efö.
25 b. pveufj. ^oliti! * II, 2, Seipalg 1870, ©. 1—163; (£ör. SB. ©piefer, @efdj. b. (Einfübrtnm
ber töef. in bie SWarl SBranbenburg, Berlin 1839; «. SRüüer, @ef(ö. b. 9tef. in ber fltort
»ranbenb., Berlin 1839; 3ul. ©eibemann, S)ie föef. in ber Wart »ranbenb., »erlin 1889;
3). (Srbmann, Cutter unb bie £of)en$olIern, SreSlau 1883, ©. 37 ff.; ©ageme^er. lieber bie
Stellung be3 Jhirf. goacfcim I. jur SRef., Snomrajlaw 1880; fcritbeim: Opp. ed. Freher,
soFrancf. 1601; 6tlbernagl, 3. Xr.4, SanbSfjut 1885, ©. 107 ff.; €(^neegan», 3. Xx.t ÄTeuj»
nad) 1882, 6 90 ff. Äaifemal)! : 9tetd>3tafl3aften. Süngere Reifte I, ©otba 1893; ÄocÄler,
2)te Äaifermaftl ©arls V., Sien 1878. @lifabet$: SRiebel in 3. f. preufe. ©. u. 2anbe«f.II.
©ornung: $. 8immermann ebb. XX; ßofbe, Anal. Luth. 92ff.; @nber8, »rief». SutQer*
93b VI u. VII.
85 2lfö 3«>^an" ßicero am 9. Januar 1499 ftarb, ^mterliefj er bie 5Kart ©ranbenbutg
feinem bamalä noc^ nid^t löiä^rigen ©o&ne 3«>ad^im, ben i^m am 21. gebruar 1484
feine ©emaf)Im Margarete, bie %od)kx ^erjog^ SBU^elm III. bon ©adMen, geboren
batte. $a 3. r\ad) ber ©olbencn Sude erft mit bem 18. 3afce bie 3Rünbigrett erntete,
glätte eigentlich fein Dnlel üJlarfgraf griebridb, ber bie fränfif$en 95eft$ungen in feiner
40 $anb bereinte, bie SRegentföaft führen muffen. Slber bie bon ©erttyolb bon 9Kaing ge»
^Ityrte Partei ber 9leid^8ref orm fear biefem ate eifrigem Parteigänger be« #aufc$ Öflerm^
nid^t gebogen; Sert^olb erflärte, nur bie Slu^übung bed turfürftti$en SBa^lrec^te^ fei
bem jungen gürften jur $t\t bertoe^rt, aber nidjt bie Slegierung. ©0 übernahm ber
3üngling felber ba^ Regiment, erföien fd^on auf bem Sieic^tag 1500 al£ Äurfürft, na^m
45 aber einfttoeilen feinen 1490 geborenen öruber Sllbrec^t aU nominellen 3ßitregenten an.
Der jugenblic^e gürft War reid? begabt unb fyattt buxö) Dtetrid^ bon 93üloto eint ®t»
jiefyung genoffen, bie i^n jum greunb unb SSere^rer ber aufftrebenben ^wnanijittftyen
©tubien gemalt ^atte. 2)ie Sebfyaftigfeit biefet 3ntereR^ Wrte ^ xn e«ne tyxjfMfi
SBcrbinbung mit bem berühmten Spon^eimer Slbte 3«>^. Irityeim. ©d^on 1502 lub er
so ben ifym perfönltd^ nod} Unbefannten tbieber^olt bringenb na^ Serlin ein; einftoetlen
bergebltc^. Dann machte er feine $e!anntfd^aft bei ©elegen^eit bed ^ürftenfonbente« m
granffurt a. 5K. 1503, traf bann lieber im 3uK 1505 mit i^m in Sonn jufammen, na^m
ihn mit fi$ nacb Äöln jum ^ürftenlonbent unb betoog \v)n nunmehr, if>n in Saun J»
befugen. 3m ©eptember erfd^ien Srit^cim toirfltc^ in Serlin, untertoie« ben Äurfür^en
55 in latetnifd^er ©tiliftü, unterrebete ftd^ mit ifym über mannigfaltige fragen be« 99Jiffen<,
berfagte für i^n mehrere älb^anblungen ^agiologifd^en, arc^äologtjd^en unb mebtjmi^m
3n^altö, unb beteiligte ftcb bei ber (Eröffnung ber am 10. ^ebruar 1506 emgehKt^t«
Uniberfttät in ^rantfurt a. 0., in ber :>ad?im feinen Wärlern eine eigene SUbun^ßSttc
fc^uf unb jugleid^ ben ©trom ber f$lefif$en, preugifd^en unb polnif$en ©tubierenben Ml
dfoadjtm I. tum Sraubenburg 221
tat $o$f$uten Seitojig unb SBittenberg abjulenfen fachte. Sludj naä) feiner älbretfc blieb
Zritbeim in brieflichem SJerfefyr mit bent ßurfürften, bem er nun and) nod) burdjj einen
modus graece scribendi Anleitung jur (Erlernung beS ©riecfyifctyen gab. 35er Slbt
ritymt feinen (Schüler unb ©önner als in omni varietate scripturarum doctissimus,
prudentia atque sapientia longe supra aetatem clarus, amore scientiae salu- 5
taris nimium aestuans, bobei als fittenrein, Wo^lwollenb, geregt unb gotteSfürd&tig
(Chron. Sponhem. ed. Freher, II, 424. Annal. Hirsaug. II, 631). 2lud& älleanber
bat i$n fyäter als latine et alemanice faeundissimus gerühmt (Balan, Monum.
Ret Luth. p. 72). Stber aad) bie aftrologifcfyen Steigungen igoadjimS toerben auf ZüU
fand (Sinfhife jurüd juffifcen fein. SßJie mit biefem fnitofte $. au^ mit bem ^od&gebilbeten 10
$ctr. SkmbuS freunbli$e Bedungen an. 3n ber Verwaltung . ber SKarf machte fi<$
bet puige gürft junäcfcft Derbtent unb bewies rüdficfytslofe Energie in ber SRieberWerfung
bc* 3taubrittertum$ ; in einem garten unb langwierigen, aber fonfequent bon itym bunfc
geführten Stampfe bemühte er fu$ um ^rieben unb Orbnung. 3Rit fefter £anb mehrte
a ben lanbeS^errltyen (Sinflufc auf bie $omfapitel. SDlit ber ©rünbung beS Kammer- 15
acrid?teS führte er baS römifetye Stecht ins Sanb ein unb fd^uf einen oberften ©erid&tSftanb
für alle (Äammergeric&tSorbnung 1516; goacfyimfcfye Konstitution 1527), Wenn audf feine
JlctySreformen nur langfam Wtrffam Würben. 2Bic ifym ^ier trofc beftem Saiden ber bolle
(Erfolg fehlte, fo mifcglücfte and) feine Sßolitif im Steige in Wefentlicgen fünften. $toax
gewann er burefc feine Gfye mit ber Softer SofyannS I. t>on 3)änemarl, dlifabety (1502), 20
eine unfi$ere StnWartfc^aft auf ben föniglid&cn Seil ber Herzogtümer Schleswig unb §ol=
jkin. Unb für feinen ©ruber SUbred^t erlangte er gegen bie ^rotefiton eines bairifetyen
^tinjen burefc ben Staifer 1513 bie SiStümer SBtagbeburg unb $alberftabt, unb bann 1514 baS
Äurfürftentum SRainj (togl. 8b I 306). aber ebenfo unWürbig Wie j>olitifd& fcerfe^lt war
^oactytmS SJerfcalten bei ber ÄaiferWa^l. 9luf nichts geringeres ging fein Streben, als für 26
ffy felber bie Äaiferfrone ju erringen ; einftWeilen aber lieg er fict) in 93er^anblungen erft
mit- SRacimiltan, bann mit beffen Snfel Äarl, augleid? aber and) mit bem ©egenfanbi*
baten, gjtan) I. Don granfreidf), ein unb Derfuc^te feine Stimme beiben Parteien fo teuer
tote möglich jum $anbel tu bieten. ©0 ^olt er fic^ 1517 in ben 9lieberlanben perfönli$
tNm SRagimilian allerlei ©unfterWeifungen auf bie tünftige 2i5atyl fyn unb fcfyliefjt gleidfc so
{eitig im geheimen mit ftranj einen lufrattoen SSertrag ab. granj bietet für 3.3 älteften
£oc)n feine Schwägerin Renata jur (Stye an (£eiratebertrag öom 17.2luguft refl>.21.2)eä.
1517). SRasimilian bagegen offeriert beim SlugSburger SleidjStage einegge bcS ttutyrinjen
wit Karls Scfyoefter Äatljarma (£eiratSbertrag \>. 18.3lug. Sponsalia de praesenti22.3lug.
1518) unb 3* töfe* W abermals t>on tym feine Stimme bejahen, faliefct barauf im 35
Sjrril 1519 mit 3ftanj ein Sßafylgeföäft ab unb fc^raubt gleid^jeitig ben Agenten ÄarlS
gegenüber feine Äirberungen immer ^ötyer. als er bann fafy ba| ft^ gegen granj immer
aüfoftcbener bie SottSftimmung erHärte, trat er offen mit feiner eigenen Äanbibatur ^eröor
imb fafy ftc^ barin Don ftranj unterftü^t — aber ri\d)t einmal feines SruberS Sllbrec^t
Stimme gewann er. Styliefelid? blieb i^m nichts anbereS übrig, als ber Stimmabgabe 40
aller anbern für Äarl ftc^ an^ufd^lie^en. 5Der Krönung in Slawen blieb er fern, unb auf
bem erftai SeidjStag beS neuen AaiferS in SBormS erfc^ien er erft möglic^ft fpät. Unb
nssdf einmal Reffte er auf bie jtrone, als 1524 bie Unjufriebcnbeit ber dürften mit Jtarl
fo weit gediegen War, ba^ man bamit umging, ein neues Regiment im 9teic^e ju fd^affen;
aba „Weber mit ber ftraft tiefer Überzeugungen, nod) mit bem Kienen 93IidE beS Staate 45
maimeS, ben caxdf ^olitifc^en ©ebanfen in ber nationalen unb tir$li$en Bewegung &u
«faflen, berfolgte er fem $rojelt" (Drohen S. 125). ÄarlS SBaffenglüd Dor ^ßat)ia
(24 gebruar 1525) berntytete mit einem Silage bie DppofitionSpläne gegen i^n. fortan
filmte ^oai^im 2lnfd?lufe an baS $auS ^abSbura unb warb um bie ®nabe beS mä^tigen
SaifetS. 3>amit War auc^ feine Stellung jur Deformation Sut^erS befinitiD entfe^ieben. so
€tyon 1514 ^atte 3. bem Zapfte fein Sanb für ben 9(blaf^anbel geöffnet gegen
Sabi^iuig beS $atronateS über bie SDompropfteien in 33ranbenburg unb ^aüelberg. 9lm
16. GtyL 1517 ^atte er bann $e$el unge^inberte abla^rebigt in ber maxt bewilligt,
nb bi^fer War im Dftober alSbalb in ^Berlin erfc^ienen; an feiner Uniüerfttät granffurt
kaut ber 9Rdn^ bann am 20. Januar 1518 bie ifym \>on 2Btmpina verfertigten @egen- 55
IM« Dertetbtgt unter lebhafter Beteiligung ber SDtönc^e aus märtifc^en ßlöftern. "Die
Jnmlfurter X^ologen ergriffen Partei gegen £ut^er. 2)a$ aud^ 3oa$im Sut^er abgeneigt
tonbe, ba}u Wirfte gunä^ft ber Umftanb, ba^ er feinen Sruber 3llbrec^t fo f$arf bur^
^angegriffen fa^: ,,biefen 3Rön$ la| id^ mid^ nic^t fd^impfiren, baS ift Verloren!"
Setter wirfte baoei mit, ba| er in ber ganjen 3cit ber ftaiferwa^l in gekannter Stirn- eo
222 3<mrf>tm i. tion gtambenforg
mung gegen #riebrid; b. 2öeifen fi$ befanb. ©obann gehörte er feit 1520 mit ©<$recfen
ben 9iücfgang feiner Uniberfttät (1519 nod& 236, 1520 125, 1521 73, 1526 20, . . .
1529 18 ©tubenten in granffurt immatrifuliert). gtoax fatte er nod& auf bem Sßege
nad& SBormS Sutfyer auf ber 3)urd&reife in Sßittenberg begrübt; aber in SBortn* felbji
6 toujjte er ft# SUeanberS fyofyeS Sob $u ertoerben ; er fei „ber einjige gürfl, auf ben toir
unä in 3)eutfc$lanb feft berlaffen fönnen". ©ine perfönlic&e Unterrebung mit Sutyer caa
24. 2tyril (Äöftlin, 9Jt. Sutyer * I, 459) &atte nur ben ©egenfafc beutücfc Vortreten
laffen. 6r toar e$ ja aud&, ber am 25. 2Rai bem Äaifer, angeblich consensu et no-
mine omnium, bie ßuftimmung ber ©tänbe jum SBormjer ©bitte auSfpracty. 9(1$ Sofa
10 für feine Haltung trug er J>äj>ftli<§e ©unft in feinem ©trett mit bem #abdberger toom*
fapitel babon. ©o fepritt er benn bem ßbift gemäfc im eigenen Sanbe aegen bie neue
Se&re ein. 3lm 24. gebruar 1524 erging fein „SKuSfd&reiben toiber D. Sutfcr* 8ibel",
in ber biel £unbert Irrtümer feien, bie ju mancherlei SKufrufcr führen müßten; er publi*
jierte am 25. äuguft noefy einmal ba$ SBormfer @bift; ben Äurprinjen !goac&im ber*
16 mahlte er am 6. ftob. beSf. 3^*3 mit ber Softer be8 Sutyergegner« ©eorg b. ©ac^en.
3)ie Stebolution ber Sauern toar auefy tym fid&tbare %mfy ber 8e$re SuttyerS; toilfig
folate er jefct ber $olitif ©eorgS unb trat in SDeffau (3uli 1525) bemSünbni« jurSer*
niqjtung ber „berbammten lutty. ©efte" bei. @leicfyt>o&l trieb bie Deformation bun$ ging«
fünften unb Sieber, burc$ ©tubenten unb ausgelaufene 9Jtön<$e, burd& reifenbe Äaupeute
20 unb toanbembe £anbtoerfögefeHen tyre Sßropaganba. 3oa<$im berbot 3uni 1526 ba$
©ingen beutfd&er luty. Sieber unb $falmen. SRun trug gar SutyerS Sefae ben jd&toerflen
Äonflift in fein eigene« $au$. Äurfürftin ©lifabety fatte bur<$ tyren aeittoeife in Serttn
toeilenben ©ruber 6bri(tian II. bon 35änemarl fott>te burety Sutyerö greunb, ben Äqt
Stafceberger, bamate ©tabty^ftfuS in Sranbenburg, SutyerS Sefyre lennen gelernt; feine
25 ©Triften boten tyr^roft unb $alt, je fömerjfyafter feit 1525 tyreS 2Ranne$ ^unetgung gu
Katharina §ornung, ber Softer be$ berliner SürgermeifterS Stomas b. Slanlenfdbt, ityc
e&elid&eS ©lud jerftört fyatte. Dftern 1527 empfing fte $eimli# ba3 «benbma&l auS'bcr
£anb eine« tyr gefenbeten lutbert[d)cn ©eiftlid&en. 3)ie &unbe babon erbitterte 3oac^m;
bie ©inmif^ung S^riftian« fohne be« Äurfürften 3o^ann in feine bäu3lid&en 98er^äteiiffe
so Derbrofe tyn. 35ie Sifc^öfe unb bie angefc^enften 5ßrälaten ber SKart berief er im Dftober
1527 nac^ Serltn unb legte i^nen bie grage bor, ob er bie Äurfürftin gum Xobt bet^
urteilen ober fid& bon i^r fc^eiben laffen jotte. ©ie botierten für lebenslängliche dm«
fperrung auf einem feiner ©c^löffer. 35er Äurprinj unb anbere interbenierten; ba geftanb
er i^r eine 33ebenfjeit bi« Dftern 1528 $u. 3)i^t bor Slblauf be« XermineS, am 24.51«»,
85 entflog fte unb erreichte glüc!lid| bie fäcfyfifdje ©ren^e, Äurfürft go^ann geh>äbrte tyr Unter*
tunft unb 6d;u^. sJtan mar aber auc^ kat^arina ^ornung, reuig unb im Verlangen naeft
3lu«fö^nung mit i^rem 3Kannc, mit Sutber in brieflichen SSerte^r getreten; ate Soa^im
i^r biefen Srieffred^fel berbot, tbanbte ftc^ Sutber brieflich an ben Jturfürften unb jog,
atö biefer i^n für) abtotä unb bei feinem Sanb^errn berflagte, bie ©ad^e an bie Cffetti*
4olic^Ieit; erreichte er auc^ bie 93ereinigung ber ©bleute baburd^ ni<$t, fo toar bodjf 3- "*
ber öffentlichen SJcinung fc^toer getroffen. Steffen religiöfe SKbneigung gegen Sutyer na^m
je^t ben ß^aralter perfönlicfyer ^cinbfe^aft an. 3um SKugdburger 3tcic#3tage braute er
mit, toa« bie 3)tarf nur an lat^olifd^en ©eletyrten aufbieten tonnte: bie ^ranffurter 2$eo*
logen aBimpina, 3J?enfing unb 6lgcr$ma unb ben ©tenbaler 3)om^errn SBolfgang 9te»
45 borfer, bie bafelbft gemeinfatn unter feinen 9lufpicien eine ©egenfqrift gegen Sut^ert
©d^lbabad^er 2trtifel au^ge^en liefen (®rl. 2lu«g. 2 24, 345 ff.), to%enb er felbft auc^
in ben SSer^anblungen unb arbeiten be^ JReic^tageS ftcfy alt einer ber eifngfien unb
erregteften gürften ^erbort^at, ber toieberfyolt bie getoaltfame Unterwerfung ber £u$ertf$eii
forberte. §mmer ^9^ touxttc fein 2lnfc£luf$ an Äaifer unb SPapft; ©lernen« VII. banftt
50if)m 13. Dftober 1530 für feine bortreffli^e Haltung in überfc^tbänglic^en SBorten, ba
ftaifer mit manierlei ©nabenertveifungen unb i*erfyrec$ungen. @ifrigft betrieb SJ. jc^t
gerbinanb« SBa^l jum Mönig, ber er im 3<muar 1531 perfönlid^ in granffurt a, 3k. bei»
lüo^nte. Slber bie faiferlid^en 3[}erfj)rec^ungen erfüllten fiefc nid^t, unb bie Xörtcngefa^c
jtoang 5tarl, gegen bie @bangelifc^en entgegenlommenber ju toerben. Xie Sefonnatiim
55 brang im 9tufolü^en be« ©d^maltalbener ^unbe« ftegreid^ in 9lorbbeutf^lanb bortoärtt,
unb 3- fVürte ibr 93orrüc!en im eigenen 2anbe tro^ aller ©egentoetyr immer beutfi^er.
2)a f<$lofs er 2. ^ebruar 1533 mit ©eorg bon Saufen, Jtarbmal 9Hbreät unb benSJraim»
fd^toeigem Qxxd) unb £emric$ in §aDe ein ©egenbünbnte gegen bie ©cpmaßolbener. Skr
er erlebte nodj, bafe um fein Sanb ^er 3ln^alt unb ?ßommem jur Deformation übetginaen.
co 3n feinem leftamente (22. CIt. 1534) berfügte er nun noc^, baji feine ©ö^ne (3oadfhn
3»ad)tm I. ton ©ranbenbttrg ^oadjitu II. tum ©ranbenbnrg 223
unb Sodann) unb tyre ßrben f/mtt ityren Sanben unb 2euten gu jjegfi^er Reit bei bem
alten $nftti$cn (glauben, Religion, Zeremonien unb ©eborjam ber d)x\\tl. Äirctye unber*
rurft unb untoeränbert bleiben follten", unb berj>flic$tete fte burety perforieren ßib, bem
frafltfcfcn Sünbntö unb biefem fteftamente treu ju bleiben, 3uglei<# fcerorbnete er gegen
ba*^u^efe$8Ubredjt äd&ilte, bafc aud& ber ätoeiteSobn einen Seil beä fianbeä (SReumarf, 5
©ternberg, Äroffen, Äottbuä, Sßeifc) als $errf$aft empfangen fotte — toofyl in ber £off*
ming ben bereits offen lutfyerifö geftnnten ^o^ann eben tyierburd^ an ba$ tyaHifd&e 93ünb*
m$ unb bamit an bie alte Stird^e ju feffeln. Unb atö am 28. £)eäember 1534 feinet
Sofcneä 3oa<bim ©ema&lin ftarb, betrieb er nod; fd&leunigft beffen Sffiieberberbeiratung mit
ftebtoig, ber &o$ter ©igtemunbä bon $oIen, um au$ biefen ©o^n an ben ÄatfyolijtemuS 10
ju feffeln. $i<£t bor biefer Soweit ftarb er na$ furjem Äranlenlager am lL^juIt 1535.
Xrofc feiner entföiebenen Haftung toaren bie reformatoriföen ^been unauftaltfam im
2an&c tooxgebrungen, unb bafe er nid&t mit harter ©etoalt biefe Siegungen niebergefcfylagen
I^atter braute tym fd&liefjlic& bei bem bairifd&en Sanier 2. t>. @cf ba3 fyerbe Urteil ein,
bafe aueb er hostis orthodoxae ecclesiae fei (3lunt.=8eri^te I, 400), toäbrenb SRaufea 15
gerechter um tyn alö um einen prineeps maxime catholicus trauerte (3*© XX, 51 7).
Seine ©öfyte erfannten, bafe in faft allen Greifen be$ itenbeä nur auf bie offene (5in=
ftynmg ber Deformation gekartet tourbe. ®. äauerau.
3*tdj|imIL, ħ. b.Sranbenburg, f!571. — flufjer ber allgemeinen, im oorigenHrt.
angeführten üitteratur: 9*untiatur*$erid)te ©b. I— IV.; 3r. £ol&e, Qux ©efdjidjte ber mär» 20
hffen Äef. in Srorfdjungen $. «ranbenb. u. $reu&. ©efd). II, 1889, :J95 ff. ; £. fianbiuef)r, 3.3 II.
Stellung jur Äonjiläfrage, ebb. VI. 1893, ö'.?9ff.; Sranj slfleine, 2)ie ücrmittelnbc 6teüung
3.* II. i>. ©ranbenb. ju btn polit. unb relig. Parteien f. $eit, fiüncb. 1898 (ffloftoefer 50iff.) ;
». £ebebur. Uebcr ben Ort unb Sag beä Uebertritta 3.S IL jur httfj. ßirdje, Berlin 1839.
Sifitation : *. $artfiud in 3)eutfct)'euanpl. «Blätter 19, 6.660 ff.; ©einleben unb 3)iefte(mcier : 25
%. $ol$e in 3or|d) j. Sranbenb. u. «ßreuß. ©efä. VII, 181 ff. unb ©Triften beS Eereinö
f.*ef*. »erlin« 31,1 ff.
^oac^im IL, ber ältefte 6o^n 3.$ K geboren am 9. Januar 1505, fyatle unter
bffäp feinet Onlel^, bed ^arbinatö ällbrecK burc^ ben ßanonüu^ %oi). 9iegelein unb
Dr. gimc! forgfälttge 9(u3bilbung in ben üafftfd^en Sprayen unb ben @taateftiffenf$aften so
traben. SDie Beilage unb bie ^amilienber^ättniffe jogen i^n \xix\) in bie !ircbli$en fyiU
fragen hinein, unb unter ben entgegengefe$ten @inflüffen, bie Dom Sater unb ber 3Jtutter,
bem einen unb bem anbern ÜBerftanbten auf i^n ausgeübt tourben, erfragte frü^ in i^m
m tyeolo0tf$e$ 3ntcteffe unb bad Seftreben, im Streit ber Meinungen eine felbftftänbige
9ofitum mi gewinnen. @r fat fpäter fetter feierlich berfu^ert, ba£ er fc^on 1519 in ^er^ss
(öntk^er Scgegnung mit Sut^er in Sittenberg bon biefem bie Verfertigung au^ bem
Stauben gelernt $abe — biefer Begegnung too^l eine Sebeutung beilegenb, bie fte ÜjaU
W)üd) bamate no<^ nic^t gehabt batle. @rft 1532 fe^en toir i^n lieber in birefter brief«
Via aScrbhibung mit Sut^er (be SBette IV, 363), bon bem er diät begehrt über bie
communio sub utraque. 3)urd^ feine @^e mit Viagbalene, ber Softer ©eorg^ bon «o
Saufen, (1524) fyatte ü?n ber SSater an bie tat^olifc^e <g>a$t feffeln fcoden, ebenfo nad)
boen am 28. 3)e)ember 1534 erfolgten 3lbf Reiben burd^ bie Serbinbung mit $ebtoig,
ber Zoster Sigidmunb^ bon $olen. 210er tro^ biefer SBanbe, irofc bed bom Sater be=
gärten 3ufeitt* )um ^aflifc^en Sünbutö unb ber eibli$en ^er^flidptung auf baä Iefta=
mm bed Siaterd fafy man in ibm in ebangelifc^en Mrcifcn einen belou^ten, nur auf gfrei* 46
(at ber ©etoegung kpartenben ^efmnung^genoffen unb fürchtete {atbolifd^erfeitö filium a
pttre per suggestores iniquos degeneraturum (3^© XX, 517). &uf bie yiafyxidjt
Mi Xobe bed Sjoterd (11. ^uli 1535) richtete fein @<^h?ager Sanbgraf ^tlipp ein an=
bringenbe^ €6reiben an iffti, „aU ein loeifer frommer gürft in ber Söabrtjeit bed 6ban-
«band ju betteten", toaiprenb anbererfeitö ^binanb ibn mahnte, ba£ 2Bcr! bed Saterd 60
pjdpife^cn. (Sr Derfd^ob junäc^ft feine @ntfc^eibung, tydt §o^cit mit ^eblpig, unb
auffing im 9?obember Sergerio in Berlin, ber im auftrage $aul£ III. für ba^ in 3lu3*
f^t gefieflte Itomil h)arb. W\t ^eb^aftigfeit ergriff ber junge prft biefe 3(udfic^t, bie
ftu^otfrage jur Söfung ju bringen, erHärte ftcb für ^Dlantua alö Ort be$ 5lon}iU unb
imfad) ben ttinftigen Sef^Iüfjen ©e^orfam, fofern fte ni$t ctma bem göttlichen SBort u
rtbetpfttc^fn. (Erfreut gab fiep SSergerio ber Hoffnung bin, 3. ber römif$en .Hird^e er-
Ukn tu Idnnen; mit $ilfe ber bon ätogerio em>ir!ten Nullen bermod^te 3- baä neue
vn^äftin Köln an ber Spree am 2. 3uni 1536 ein}uft>etyen. 2)ort [teilte er ben gut
fatfotif^en Seborfcr atö Xompropft an, fammelte Reliquien auö bem ganzen Sanbe unb
224 ^oadjim II. tum ©ranbenbitrg
berlegte bie Jürftengruft t>on Älofter Sennin bieder. 2tlS tym nun im SMärj 1537 ber
pövftltd^c SRuntiuS Borft boS auf ben 23. 9Rai auSgefd&riebene SRantuaner Äonjil infi*
nuierte, ftedte er unter ftarfer üffia^rung beS SRed^ted, bort atteS für baS $eil ber S^riften*
beit ©rf^rie^Uc^e offen jur ©£ra($e bringen ju bürfen, fein (perfönlic&eS @rf$einen in
e SluSfidjjt unb erbot ft$ ju bem Berfud^, bie bem Äonjil abgeneigten proteftantifd^en dürften
umjuftimmen. 2lber baS ttonjil tourbe jefct fcom Sßapfte toieber&olt berföoben. Sa ent*
fc^lofe er ftcfy ju einer Bermittlerrolle unter ben beutfd&en dürften befcufS einer Ber*
gleicfyung ber fird&lid&en 2)ifferemen auf beuttoem ©oben. Sei einer 3ufammenhmft mit
König gerbinanb in Sauden imsJHai 1538 übergab er biefem ein ausführliches bem Äaifer
10 borjulegenbeS ©d&riftftüdf, in bem er feine SReformibeen enttoicfelte; im Sinne btefeä^ro*
grammS tooHe er jufammen mit ftarbinal 3llbred&t Berfyanblungen mit ben ©$malfalbenent
führen. 2)er Sßapft foQe Äommiffare entfenben au einer Ber#mblung mit ben tu$ertf$cn
dürften; als notfrenbige Äonjeffionen an biefe bezeichnete er ben Xbenbma$tStel$ unb
bie sJ$riefterefye fotoie einige anbere fünfte — toir fennen feine Borfölage leiber nur au*
15 bem fummariföen Beriet 9RoroneS, 3l\mt^ßmdftt II, 293 ff. unb einem Briefe gabi»
nanbS, ebb. IV, 445 ff. 9lu$ ju einer g-riebenSbermittlung jtmtöen granj I. unb itari
erbot fidfr fr (Stont.^Ber. 11, 292). erfreut ging fterbinanb auf baS «nerbieten betreff«
ber „Äonlorbie" ein, unb fnüpfte Bertyanblungen mit bem Äaifer unb ber Jturie barfiber
an. 3. tön begann junäcfyft mit ben §äuj>tern ber ©d&malfalbener ju unterhandln. 6o
20 erfolgten bie Sagungen in 6ifena$ 3uli 1538, unb bann in granffurt a. 3R. gebruar
bis 2tyril 1539, too Äurfürft fiubtoig t>on ber Sßfalj mit tym gemeinfam bie Sermittfa»
rolle ausübte unb f$liep$ am 19. Sfyril nichts tociter als ber „frieblic&e SCnftanb" (togL
8b. VI, 167 ff.) $x ftanbe gebraut tourbe, für ben bie Vermittler fi$ ben S)an! beS Äatfert
erwarben. 3)ie äluSftdbt auf eine (Sntfcfyeibung beS SteligionSftreiteS auf beutf<$em ©oben
25 burdfc baS SRittel beS fteligionSgeforäctyeS unb beS Steu^StageS, o&ne ben tyapft unb fein
Äonjil, festen fu§ bamit ju eröffnen, greiliefy toaren bie (Sntfctyiebenen in beiben Sagen
unbefriebigt. 3ji M*f«i Sagen ftarb ©eorg bon ©ad&fen, ber auf tyn ßinflufc befeffen
fyatte, unb bie Sieformation jog im ©turmfcfyritt in fein Sanb ein. 3n &<* IReumarf ^atte
^.S ©ruber $ofyann fd^on längft ber Deformation freien (Sinjug aetoä&rt unb 1537 bunt
so eine Äircfyenbifitation bie !ir$li$en S3cr$altniffe neu georbnet. §. felbft tyatte gebulbet,
bafe in einer Steige fcon ©täbten ebang. ©eiftlic^e berufen toorben toaren ; in anbern
fällen fyatk er bieätnfteQungber^inbert. ©dbon 1536 ^atte fein 3tat @uftac^iuS b. ©d^liebe«
wm ben SRat erteilt, ber Setoegung freien 2auf gu laffen : ber Sifc^of bon Sranbenburg,
3Jlatt^iaS b. ^a^otv, übrigens ein unbebeutenber unb and) in feinem SBanbel ungeiftlüte
35 $rälat, fyattt ftc$ feit bem 9iegierungStoe$fel ft^tlid^ ber lut^er. Se^re )ugeh>enbet, toünMm
aber gugleid? bringenb bie (Spaltung feiner bifd^öflic^en Stellung unb feiner bunB bie Sie«
f ormation gefä^rbeten @inlünfte, toünfd^te ba^er nur eine Se^rreform unter Beibehaltung ber
bif$öfli$en ©erfaffung. ®cr ^cc^ant beS neuen SomftifteS SlgerSma arbeitete ben 6nt»
tourf einer märlif^en ttir$enreform äuS, ben 3- ^)em t™ SC^ril 1538 nac^ Berlin bei»
40 fenen 2Manc$tfyon borlegte — gegen Sutyer h>ar 3. ftarf berftimmt, toeil biefer im $anbcC
mit ©imon fiemniuS feinen Cnfel Sarbinal 2llbrec^t fo fiarf angetaftet ^atte. sKelaw^
t\)on bermarf ben (Snttourf als ungenügenb in feinem Se^rbelenntniS unb en^fa^l toeitcret
©etoäfyrenlaffen; ügl. Corp. Ref. 111, 522: In Marchia piam doctrinam et po-
pulus mirifice sitit et expetit bona pars nobiütatis, et probat Princeps. Sei
45 ber 9tücffe^r Don granffurt fanb 3. einen mächtigen ^ortfe^ritt in ber ©etoegung im
Sanbe bor. 5Dic ©täbte Berlin unb Jtöln Ratten fürs Ofterfeft um communio sab
utraque petitioniert; Sbelleute aus bemXeltoh) Ratten bem Sifoof t>. 3agoto ü>renÜber«
tritt gemeinfam erflärt; fein Bruber ^o^ann fteHte i^m bie ^ßrebiger ®eorg Ouc^oba
unb %atob Stratner }ur Verfügung. @in ^inberniS fa^ 3- aber m f"™* ©ema^un
5o^ebtoig unb beren Bater. <5<$on im Sommer lie^ er bur$ einen ebangeltfd^ gefinnten
polnij$en SBoitooben auf $cbh)ig eintoirlen, melbete am 1. ©ept. ©igiSmunb, bafe er fty,
o^ne bon ber fat^ol. ßir$e ftc^ ju trennen, m einer ,,$riftli$en Deformation etlicher 6e»
remonien unb Äircfycnorbnung" entfc^loffen ^abe, bie an Slttertyeiligen inÄraft treten foüe;
er bitte, i^m einen BertrauenSmaun ui fenben, ber .§ebh>ig über bie geringe Sraatoeite
55 biefeS Befc^luffeS unterrichten fönne (gorfc^. j. branb. J)reufe. ®ef(^. II, 402 ff.). Stgtt«
munb antwortete, bur<§ ben §offa>)lan ber Murfürftin beeinflußt, fe^r unroiüig barauf.
3)a fyalf ber abermals nac^ Berlin berufene SReland^on, in einem jtoeiten fefa tJorfk^ig
formulierten ©^reiben (Corp. Ref. III, 789 ff.) ©igiSmunb bie Slottoenbigfeit beS &9rittei
bar^ulegen unb jugleic^ betreffs feiner ©ernannt )u berftd^ern : si quos amet ritus, bii
CO suo arbitrio uti potest. (Sine X^eologenlommiffion, in ber neben ©tratner unb Stuf*
dfoudjim II. Don Sranbenburg 225
\plytt and} ber 6ra«mianer ©eorg SBifeel fi$ befanb (f. ben 3lrt. SBifcel), fatte im ©ommer
eine fttrcfyenorbnung aufgearbeitet, SRctand^on begutachtete fte, ofyne jebod^ für feine 2lu«*
fteOungm ballig ©e&ör ju jtnben (Corp. Ref. III, 803). 9Rit 9tücfftd&t auf §ebtoig, bie
fty tH>n fetner 3lbenbm<tyl«|eier atöfölofi, toätylte 3- nic^t Serlin, fonbern ©panbau, um
tfier am 1. URofcember im herein mit märfifc&en gbelleuten unb ©eiftlicfyen au« ©ifdjof 5
Wattbia«' §anb ba« Stbenbmafyl unter beiberlei ©eftalt ju empfangen; am 2.9Rod. folgten
bie ®ememben Serlin unb Äöln feinem 93etft>iel naefy, bie ©emetnben im ganjen fianbe
traten in ben näc^ften Sagen ba« ©leidbe — too ©eiftlid&e ftd? toiberfefcten, ftegte bie
ftorbenmg ber 2aien. 3efet tourbe bie ÄD no<§ na# Wittenberg jur Prüfung gefanbt.
Wtyx (be SBette V, 232 ff.), SMancfctljon (Corp. Ref. III, 844 ff.) unb 3ona« $}ricfto. 10
be* 3onaö 1, 375 f.) gaben tyre 3uftimmung unter 2tnbeutung untergeorbneter Sebenfen.
(2)iefe ©riefe ftnb vereint in ber Meinen ©d^rift M. Lutheri . . Sriefe an 3Rarggraf
Soadjpm IL, $alle 1748.) 35ie ÄD tourbe barauf im 2Rän 1540 ben ©tänben Dor=
gelegt unb gegen bie ©timme be« $roteft er^ebenben Sßrälatenftanbe« Don 2lbel unb
Stäbten angenommen unb atöbalb tm$)rucf tntblhiert(au«jüglic§ bei Stifter, ©D.ftODI, 16
323 ff.). 6« ift bie fat&olifterenbfte ÄO ber lutyer. Deformation. 35a« Sola fide ift jtoar in
$r aar befannt, aber im Siitu« unb in ber (Einfügung be« S3ifd&of«amte« bietet fte Diel
eigentümlich, beibehalten ift 3. 33. ber S^refem bei ber Saufe, bie girmung bei @e*
kgenfcii ber bifc^öf liefen Situationen, bo$ mit Rulaffung einer Delegation an bie Pfarrer;
bie Siebatton betm Slbenbmatyl, bie Steigung oe« ©pülfelc^« (ablutio) bei Äranfenfom* 20
mummten, Äonfefratton ber Elemente für lefctere am älltar ber Äirctye, $orengefang, gron*
letynam, Assumptionis Mariae, ber fonntäglid&e Circuitus, $rojefftonen u. a. 33udfc
boljer, utm SJJropft Don ^Berlin ernannt, ftiefe [xd) an etlichen biefer fatljoltföen Zeremonien.
toäjct befötotd&tigte feine Sebenfen Don bem ©tanbjmnfte a\&, bafj toemt 3. nur *>a$
foangdium rem prebigen laffe, fcfyriftgemäfce« ©aframent getoäfyre, unb bie fdjtoeren abusus 25
beseitige, man ifym bann in feiner $reube an prunfenbem Zeremoniell bie toeiteftgefyenben
3»geftänbniffe macben fömte (be SBette V, 235 f.). Sebeutfam ift, bafe trofc ber 3uftim*
«mg be« branbenourgifc^en Sifd&of« 3- ^w && bo$ lebiglid^ au$ lanbe«^errli$er Tlad)U
boKommen^ett erlieft, tote er benn ftcfy fortan gerabeju al« ben „Drbinariu«" ber mär-
fif$en Ämtye betrachtet, unb bafc er babei ftreng ben ©tanbjwnft Dertritt, nid^t ettoa jurso
ffitttenberger Ätrd^e übergetreten ju fein, fonbern einfach bie fatfyolijctye Äirc^e feine« Sanbe«
Mm etlichen 9ttfsbräuc$en gereinigt ju ^aben. SBeber beruft er fid) auf bie Conf . Augu-
ttana, noc^ tritt er bem €$malfalbener Sunbe bei; too^l aber fud^t er bie öeftätigung
ttmer ÄO bei bem Äaifer nad^, bie er auc§ gegen fein 2}erfj)rec^en, fünftigen ttonjil«*
bcf^Uiffen fu^ fügen )u trotten, erhält. 3)ie D^pofition ber 93ij$öfe Don $aDelberg unb 86
£cta* gegen feine StD treibt $n nun aber toeiter, bie bif$öfli$e ©etoalt ju befeitigen —
er läfet fte getDäbren auf i^ren eigenften Territorien, für ba« übrige £anb aber rietet er
tabc^pnltyeS Kirc^enregtment ein. Sine furfürftlic^e tfommijfion (Sflat SBeinleben unb
Stratner) Dtftttert ba« ganje fianb — ber branbenburgifc^c Sifc^of beputiert für feinen
Spiengd nac^träglidji einen Äommiffar baju — ; bie Älöfter toerben auf ben 2lu«fterbeetat 40
«feft Urban Sl^egiu«, bamal« ©uj)erintenbent in 3elle, ben 3- ™$ Berlin berufen
batte, le^rnte am 19. 9loD. 1539 ab. ©tratner tourbe ©upermtenbent unb §ofprebiger (SeftaU
baig in 8ettr. j. baier. Ä® V, 225), febrte aber 1543 in fein alte« 3)ienftDer^ältni« nad& 3ln«=
ba$ jurfiif(ebb.V,206). 2)er je^t mitSut^er Derf einbete ^o^.3lgricola folgte im ©ommer
1*40 3.* Stuf* (Dgl. I,©.252), tourbe fein $ofprebiger, fett 1543 Dorfifcenber ©uperinten* 40
best im Berliner, nac^ ©ittenberger 9Rufter errichteten Äonftftorium. 35a« l;atte natürlich
eme Serftimmuna bei Sut^er gegen 3- jur %qIq*. Äönig ©tgi«munb fanbte im 3wni
1640 Stföof 8u!a« ©orta an ben ^Berliner §of, um $ebtoig« ©ctoiffen«not toegen t^re«
-tt |u bef(^tt)ic^tigen, fie §ur 5ottfefeung ber ®^e anju^alten, gugleic^ aber 3- ba«
Serftn^en abjune^men, ba| er fte nie ju feiner Deränberten Religion Derlocfen öo
(Jagiellonki Polskie w XVI. wieku. I. Ärafau 1868, 283 ff.). — 35er gefunfenen
gomffurter UntberfUöt ^atte 3- fd^on 1537, too er sDielancf)tbDn al« Ratgeber ju \\d) rief
(Corp. Ref. III, 373), feine prforge jugetoenbet, 1538 9Jtelanc$tyon« ©d^toiegerfo^n
Smg ©abinu« berufen; jefet (1540) folgte bie Berufung be« Ideologen 2tle£. ällefiu«
(Ift I S. 337) unb be« änbr. 3Ru«culu« nad). älQmä^li^ t)ob [\<b bie ^requeng ber 66
3n ber großen ^ßolitif fe^te 3. injtoifd^en feine S8ermittlert^ätigfeit fort. 33eim Sle^
%w*geftjrä^ in SBSorm« 1540/41 faften feine älbgeorbneten (u. a. 3lle£. älleftu«) unter
kam be« „getyorfamen'', nid^t be« „proteftierenben" leil«, too fie ftc^ (ehr unbebaglid)
ftt&OL 3>er ^ier im ©e^eimen borbereitete @nttourf für ba« na$folgenbe 9tegen«burger 00
im §Mt%OopibU fte S^cologic unb SHxfr.. 8. «. IX. 15
226 ^oadjim II. nott gtarabettburg
NeligionSgetyräd), ber 3. burd) Vermittlung beS Sanbgrafen ^tyilrty) ^ugefidlt mürbe, er*
füllte ir/n mit neuen Hoffnungen auf eine Bereinigung ber Parteien. 6r übernahm e$,
baS Surf) bertraulid; Sut^er nir Prüfung jujufiellen (4. gebruar 1541), ber jtoar bie
gute 2lbftcr;t ber Verfajfer anerfannte, bie VergleictySborföläge aber als ebenfo unannehmbar
6 für bie fturie froie als unbefriebigenb für bie Gbangelifdjen bezeichnete (bgl. b. 9ht Sie*
SenSb. Sud;). %xob biefer äblefynung roirfte 3- w NegenSburg eifrig für baS £u*
anbefommen beS Vergleich, bot fi$ aud; als Mittelsmann bar, als ber Staifer no<b ju
bem Verfud) fd;ritt, burd; eine befonbere ©efanbtfd&aft Sufyer jur Sbma^me roentgftenS
ber wenigen vereinbarten NegenSburger Slrtilel ju beroegen. Unberrid&teter ©ac^e fcfate
10 bie branbenburgifcf;e ©cfanbtjd)aft nad) NegenSburg jurüd. 3llS fio&n feiner 93emü$ungen
erhielt 3. ^ier bie faiferlid)e Veftätigung feiner £0. @r toar je$t feft an bie farferlufc
Sßolitif gebunben (Vertrag bom 24. Suni 1541). ©ein SRifeerfolg im Xürfentrieg 1542
fd)toäcf;te fein SBfafetyen, bie (Srbbereinigung mit bem $erjog Don iSegnifc (1536) nötigte
ifyn )u toeitger/enber gügfamfeit gegen Jfcrbinanb. ©ein ©ruber ^jo^ann berltefe ben
15 fcfymalfalbifdjen Vunb, erjürnt über ben JtriegSjug gegen feinen @$imegerbater $emj tum
SBolfenbüttel, unb fölofe fid; bem Äaifer an. äueb fein fränfifd&er Setter älbrecfct Ski*
biabeS herliefe bie ©a$e ber @bangelifcr)en tocgen J>erfönli<$en ©rollS gegen 3<>&. griebrieb
unb Sanbgraf $bütM>- 3)a nun aud) SRorifc bon ©ad)fen Neutralität beobachten toottte,
fo fd;lof$ fid) $. biefem an, berfud)te no$ vergeblich im 3uli 1546 ben ©$mal(albenem
ao bie Sermittelung ni einem SQtoSgleicr; mit bemttaifer anzubieten, fölofc aber bann (20.€cpt.)
ein ©djute unb xrufcbünbniS mit 3Jiori§ nur Setoaljirung ber Neutralität Site 9Rori$
biefe glei<| barauf felber burd) feinen (Sinfau in Äurfad)fen gröblich bedeute, fa$ 3. mit
Srregung, baft er getäufcf;t Sorben toar, unb berjagte biejem ba&er bie $ilfe, als $n
nun %o\). griebrid; in feinem iJanbe bebrobte. 2113 aber bann ber Äaifer felbfl 31. Januar
25 1547 bon ber branbenburgifd)en fianbfdjaft Unterftüfcung jur Seläm^fung ber „fömaBafe
bifd&en Äonftnration" forberte, gab auefy $. gegen bie Ernennung feines jtoeiten So^neS
griebrid; jum Äoabjutor von SNagbcburg unb $alberftabt bie Neutralität preis unb fanbte
400 Netter jutn §eere ÜHorifc' ab. ©ein ©ruber Qo^ann aber riet tym, je(jt fei bie gfim
ftige ©tunbe, ftd^ auf ^Sommern ju ftürjen! (©Triften beS SereinS f. ©. b. Neumart VII,
30 1898,©. 191 f.). ©0 feierte benn 2lgricoIa ben faiferlic^en Sieg bei 5Nü^lberg mit einer
2)anfprebigt ! (fialoerau, 3lgricola ©. 246 ff.), gm faiferlidfren 2ager bor Wittenberg wr*
pflichtete fieb 3- auf Vu fünftigen 93efcblüffe beS 3:ribentiner ÄonulS, forberte fretlty ju?
gleich für fid; bie gleiten 3ugeftänbnif|e, bie man 9Jiori$ in ber NeligionSfad^e bereinigen
roürbe. ©eine alten SermittelungS^offnungen lebten neu auf. @r proponierte jeft ein
35 Nationalfongil unb bie 2tnba^nung einer „d^riftlic^en Sergleid^ung". ®rnftlic$ bemfi^te
er ftc^ aber um SRilberung ber garten S3e^anblung 3ol). 2friebric^S, unb bitter toar i$m
bie @nttäufc^ung, bie if)m roie 39lori^ bie gegen i^re SBürgf<$aft erfolgte ©efangermabmc
$^ili))ps in $a(le bereitete. 9lber nod) toar er ju feft an bie faijerltcfe $olitit gebunben.
9lm 20. Dttober traf er mit feinen Nöten unb Slgricola auf bem Nei$3tag in ÄugSburg
40 ein, gab feinen £>ofprebiger bort gu ben gnterimSberatungen ^er, unb bemühte fk& bann
perfönlic^, üJlori^ für baS äugSburger Interim (f. 0. ©.210) ju gewinnen. 83eä>e bei*
banben ftc^ ^ier in bem @ntfcr;luffe, ba^eim burcr) fr^tobale Ser^anblungen feftpifhOcn,
in roeld^em Umfange unb auf freieren Siegen eS fic^ roerbe einführen laffen. Suf ber
Nücrreife bon Augsburg ücrjud)tc er no$ im %\xl\ 1548 bie ©tabt Nürnberg für baS
45 Interim ju geroinnen, inbem er aud) t?icr bie Zahlt, bie er bal)eim einjufc^lagen gebenle,
burc^blicfen liefe. Über fein tocitercS ^erfa^ren unb bie nac^folgenbe ßntroicfelung ber
firc^licben Serptniffe in ber matt f. 8b 1 252, w — 253, 84.
£)ie märfifcr;en Bistümer febmanben babin. ^uerft Sranbenburg, roelcf^S nac^ bem
SEobe Watt^iaS bon gagoroS 1545 jloar noer; einmal mit äerjog ^oac^im bon 3Rünfter»
so berg befe^t rourbe, aber nur noer; als ©inelure. 3>n ^abefberg toar eS bem SDomfayitd
gelungen, 1547 ben ftreng fatfyolifdjen 2)omberm $eter Sonrabi jum $e$anten |u ei»
beben, bureb ben noct) einmal eine NeaftionSpartei bie Dber^anb geroann. 1548 parb
9ifcf;of 93uffo bon ällbenSleben, 3. fefete bie 3i5ar;I feines ©o^neS griebrief; jum Nachfolger
burcr;, aber nur für ben $reiS, bafe biefer feierlich bem Sut^ertum entfagen unb bem rd»
55 mifcr;en ©tu^l ©e^orfam geloben mufete. 5Dic Leitung beS ©tiftS lag in GonrabiS ^anb,
ber noeb 1552 bie Vernichtung ber SBilSnacfcr 2Bunberblutr;oftie burc£ §oaö). SUefeft
am liebften burcr; Verbrennung beS ebangelifeben ®eiftlicr)en gerächt l^ite (t>gL b. 9rt.
2BilSnac!). (Trft nafy SonrabiS Xobe 1501 erflärte ftcr; baS Aabitel gegen bie gortbauer
beS !atl;olifcr;en .HultuS; je^t erft rourbe bie märtifcr;e HO im ©tift eingeführt gottan
60 blieb ^abelberg bis ju feiner formellen Aufhebung 1819 ein ebangelifd^eS ©tift )ur 9e*
Sttdjim IL Hott Sranbenburg 3foad)tm Hon gflore 227
bfrntng märlifcfcr (Sbelleute mit ^räbenben. 2luc$ SebuS leiftete bcr Surctyfityrung bcr
»efranatum längere 3ett SBiberftanb. gtoar tyatte bie 9teftbenjftabt be$ 33tf4of$ prften*
toölDc 1544 ben 2ut$?raner Simon -BtufäuS als *ßrebiger berufen, biefer [tiefe aber auf
riete $mberniffe bur^ Sifäof ®eorg ö. Slumenttyal, gegen bie au$ Sefctytoerben an $.
toenig Ralfen. 9(Id ber Siföof 1550 ftarb, erlaubte bie politiföe Sage nidjt, einem bran= 5
benburgifdjen Sßrinjen baä Saturn ju öerföaffen, öerfuc^te boc$ eben jefct ber ßaifer, bie
hanbenb. Stötümer für reicfy&mmittelbar ju erflären, um in tynen bem Sßroteftantiämuä
6tu$>unfte ber (Segenreformation entgegen$ufe$en unb bie 9tei$3getoalt auf Soften ber SDerri*
torial^ecrn gu ftänen. 3n 2*u* to*x *>** f^"0 fatfyoltfctye 2B. 9teborfer gfü^rer beä 2)om*
iatxtcb. 5E>tefcd lehnte bie brei furfürftltctyen Äanbibaten ab unb toaste SReborfer mm 10
9tf$of — aber 3- berfagte bie änerfennung unb nötigte tyn, aSeryc^t ju leiften. geht
tourbe ber fa$olif$ gejumte branbenb. 3)oml>roj>ft %ot). §orneburg getollt, unb 3.
mnfete e£ gefdietyen laffen. ©rft nad) beffen Sfcobc 1555 erreichte er bie 2Ba^I feinet
lOjäfaigen ©melä goad&im ^riebri$, für ben fein Sßater, Jturprinj 3°&- ®eorgf bie 33er«
toöitung führte. 9iac$ SteborferS lobe 1559 työrten auety fyter bie ÄonfKftc auf. 2)ie 15
$<rat£mn entjagten 1563 ber 33erh>altung ber ©tiftägüter, man liefe fte auSfterben;
3oa$un griebrid? behielt ben 93ifc$of$titel no$ btö gu feinem Regierungsantritt 1598,
unb tamit toca aud) biefeS Saturn öerfctytounben.
§n ber grofeen 5Weid^oIitif toar $.3 93ebeutung feit 1546 ööllig jurtidfgetreten.
2tynafttf$e ^ntereffen (um 2Jtagbeburg, ©d&leften, Sommern, ^reufeen) ftanben bei tym 20
im Sorbergrunbe. $ert>orju$eben ift, bafe er in ber ©rböerbrüberung ber Käufer £ef[en,
Sachen unb Sfeanbenburg, in Naumburg ÜRärj 1555, [\d) 'au3brücfli$ auf bie Sefjre ber
lugäb. ttonfeffton tvcr^fltc^tete. änbererfeitS nötigte bie ©etoinnung be$ (SrjbiStumS
Kagbeburg unb be£ StetumS §alberftabt für feinen Sofyn ©tgtemunb, ben So^n ßeb*
lägt, na$ bem lobe griebri^S, lieber jur Verleugnung beä ebangetiföen ©tantyrnnfteS. 25
!Der ©o^n mufete bem $apfite baS Streuöerforedjen geben, lauerte aber nur auf ben 9Jto*
■tent, too er bem eöangel. SefenntniS im (Srjftift jum ©iege bereifen fönnte; aber ber
„getftlicfc Sorbett" im äugeburger SReligtonöfrieben 1555, gegen ben ba$ branbenbur*
0if4e Sotum t>ergebHd^ angefäm^ft fyatte, ber^inberte )ur 3eit noc^ mit ^em ©r^ftift ju
berfa^ren, hne ^eqog Slbrec^t einft mit ^reufeen. Sitm 9^aumburger ^ürftentage na^m so
3- nur burtb feine bemutterten State teil, bie ber Unterf$rift ber Sorrebe gur Gonf . Aug.
beitraten. 9ber ben gum ftongil einlabenben 92unttud Sommenbone embfing er in Berlin
■nt tnd 9u3get$mmg, bat biefen fogar um ein Spaniern Dom fireuje S^rifti unb t>er=
jprab bad @rfc^etnen feines ©ofyneS ©igtSmunb in Orient. 3u9Ic^ toa^rte er aber bei
SK^nttationen bed ben Nuntius begleitenben ^ejuiten SampertuS Suer mit bem %tanh 86
fnter ^rofeflor Sbbtad $raetoriu$ feinen Mangel. 6tanbpunft. SDer ^ulbaer Sletufation^
Hcift 1562 betreffe be$ Kongtld trat er bei, entfenbete aber boc^ einen feiner Räte na$
2nmt 3>afe er 3RagimUian$ 2öa^l jum römifc^en Jtönige anregte, trug ifym t>on biefem
aW^ naäf feinem Stegienmgdantritt eme freiließ noc^ rec^t ferne 3lnh>artfc^aft auf SBraun-
ntoeig^miben^agen ein. 2Bic^ttger fofltc bie Srb^ulbigung in ^reufeen (1565) toerben, 40
tDomgleic^ er au$ ^ier tote Dörfer in ber norbtföen grage burd^ ben Mangel an fräf«
tim unb »elbettmfeter ^nitiattoe bie ©elegen^eiten Derfäumte unb fomit ^atte gefc^e^en
laffen, bafe bie Sebeutung feinet Kaufes immer me^r gefc^h)unben h>ar. I)urd? feine
Steigung )u ®(an) unb $runf tydtt er bie ^inamen be3 Sanbed je länger je mefyr übel
befaqtct unb bamit ben ©tänben immer me^r (Sinflufe auf feine unsere unb energielofe 46
$attuna in ber ^ßoltttl eingeräumt. 3>n glänaenber $of^a(tung ^atte er ©elefyrten, 5tünft«
lern, XU^miften unb ©ünftlingen feine ^reigebigfeit beriefen, aber and) ein toüfteä Seben
nflouraten laffen, bei bem er fetbft nicht einmal me^r ben Schein ebelic^er Ireue aufrecht
m galten bemüht getoefen toar (bie „fqöne ©ie^erin"). Sie ^erquiefung ber religtöfen
^uge mit folttifd^en unb btynaftiföen ^jntereffen o^ne ben 9tüd^alt einer ctyaralterttollen 60
nfimdfen ^Jerfönlt^fett tyütt ^ier üble grüßte getragen. 3n f^nem Manier Sambert
I^dmeter ftanb i^m feit 1558 ein t\xd)[id) geftnnungäofer Streber ^ur Seite. Un=
«Dartet ftarb 3. am 3. Januar 1571, je^n läge barauf fein »ruber Johann o^ne
■tarftyen Srben. Sie märfifc^en Sanbe gingen ungeteilt in bie .§änbe Don $.3 So^n
^ann ®eorg über; bie Äeit be« ftrengen lutf>eri|d?en fionfefftonalt^mud, aber and) be^66
* "gen pänbtfc^en ffitnfluffeS begann. ®. Äaweran.
3>m|üu (81 bt) toon $lore, geft. 1202, unb bad etoige S^angelium. —
Ciellen: aufeer ben eigenen ©Triften 3oad)im* unb vielen jerftreuten Urfunben unb
itciKi fc ©. in ber d^ronif be* 6alimbene, f. »b VI, 3. 206, 8-12) fmb tu nennen
15*
228 3tt4aü •« Slm
.Synopsis virtutum b. Joachimi auctore Luca Consentino aep. (gejt. 1224, angeblid) früher
Bramanuenfie 3°*3". Gtfn&eit gtDeifetyajt; irfir nrenig ergiebig) bei Ua^eUi, Italia sacra'
IX, 205 ff. unb AS Maii VII. 93 f.: ferner Vita b. J. abb. fundatons ord. Flor, auet
Jacobo Graeco Svllanaeo (aus bellen: Ja abb. o. FL chronologia, Cosentiae 1612) AS
5 a. a. £. 94—112, fofern ber Serf. au* alten Hufgeidinnngen gefdppft baben min, roaS ftd)
fretüd) nidjt fontroflieren lägt. — gittere tur (au* ber filteren, je$t faft toflig als anti*
quiert anjufeljenbenj : Papebroch, comment. praevia*, AS a. a.C 8.89—93; berf., Dia-
qnistio hisUx. deFloreosi ord ine, prophetiis doctrina b. Jo. ebbo. 3. 125—143; (Geiraiae),
hiatoire de Fabbe* Jo. surnomme' le prophete, $ari* 1745 2 8be); 3- ©. 35. Gnaelfcrbt,
io ÄircbengefaV Sb&bß., Erlangen 1832, 8. 1—150 u. 260-291 (grunblegenb); Gt^r. Ü.fcain,
Oefajiajte b. ftefter im W*. III (1839). 3. 72—175, 259—346 (bei <t u. $. umfaffenbe
9ue$üge and ben 34rr. 3° *) ; Jrieberid), ßrit. Unterjudjung ber beut Äbte Don <£lori8 ju*
gefdjriebenen Kommentare ju 3ciaja unb 3^emio, ^müt) 1859, 6. 349—363, 444—514;
6. Stenan, Jo. de Flore et l'lvangüe £ternel, Rev. d. d. m. 1866. 6. 94-142, faft roörf.
in üd) mieber&olt in ben Nouv. £tudes d'hist. rcL 8. 217 ff. (1884); Soufielot, Hißt de Fe?.
£temel, ^ari« 1861, unter neuem Xitel als Etüde de l'hiat. reL 1867 ; 3. H. 6dmeiber,
3o. 0. 51. unb bie flpofatyptifer b. fflNL, $rogr. b. fiDcenm* i. SiQingen 1873 ; S)öflinger,
Xer Seiefagungdglaube u. b. $ropljentum in b. 4rijtl. 3eit. $ijt. Safdpnb. V, 1 @. 257—
370 (1871; geifrooüe Ueberftdjt mit bef. ^ucrfidjt auf 30. unb bie Soatfymiten) ; $reger, 5).
20 Evangelium aeternum u. 3o. 0. gl., «3RB tyft. Sil. XII, Hbt. 3 (1874); berf., Gkfd). b. b.
SRnfti! I. 196-207 (in brr £aup:fa<be üerfeblt): acuter, <fctfd). b. relig. Vuftl. i. SR«. H,
191—218. 364-368. 536 ff.; locco, L'eresia nel medio evo, 1884, S. 291 ff.; $. S. kniffe,
2a* Coang. fit. u. b. Äommiffion Au Bnagni, «fifiö I, 49—141 (1885, feftr nricfctige 9er*
öffentlidjungen u. Unterf udjungen) ; £. $aupt, 3ur QefduäVe be« 3oad>imi«mue, 3Ä© VII,
26 372—425 (1885; fommt unabhängig von Xenifle j. £• ju qleidpn (frgebnifjen) ; Smil Oeb«
Ijarbt, recherches nouv. sar Thist. du Joachimismus Rev. bist. 1886, 8. 56—73 (©tubien
im 9nfd)lufs am Den. unb £aupt); $occo, L'evang. eterno in Archivk) stör. ital. 1886,
Her. IV Tom. 17, 243-261 (beeof.); «rt. in »efter u. Seite ftirdjenlej. *VI, 1471-80
(0. i&f)xlt). — Sgl. fonft nodj (5. ©abftein, Die e^djatol. 3beengruppe, 9lntid)rift, Seltfabbaift,
80®eltenbe unb ©ettgeridjt 1896 u. $3. $ouffet. 3). «ntieftrift in ber Ueberlief erung b. Suben*
tum«, b. 9?. X. u. b. alten ftirefte, 1895 a. ü. D.
9ta$ ben Angaben bed 3<xfobu3@r,, beten 3ut>erlaffi0tett ba^ingefkDt Heiben mu$,
ift 3o. im 3. U45 im SDorfe Seiko bei Gojenja aud tDo^I^abeiiber Jamilte geboren,
lebte eine 3*ü lang am $ofe Siogerd IL Don Sicilien (ber aber f$on 1154 ftarb, hxfc
35^alb $a)>ebro(^ al^ ©eburt^jar;r 3o.3 1130 annehmen toiD), unternahm barm eineäBaQ*
fa^rt nac^ bem ^eiligen Sanbe unb tourbe nac^ ber 9tüctte$r bon ha Wmd). Stm 3a^K
1177 finben rühr tr/n (f. Ug^. IX, 272 ff., bie bort ©. 274 91. 1 angenommene Satiennia
ber betr. Urlunbe borauägefe^t) afö 2lbt bed (SifterjienferQofierd ßoamo (Goratium f.
3anaufc^ef, Origg. Cist. ©. 168), unb in biefer Stellung ift er eine 9leu>e bon^ofren
40 geblieben. Gfyon ro(ü)renb biefer ^Ät ober r;at er fi$ julveilen nad) bem JUofter (Sofa
mari jurücfgejogen (f. Praef. in psalter. dec. chord.) um ungeflörter fernen ©tubien
unb litterarifd^en arbeiten obliegen gu fönnen; \patcx, boc^ n\d)t bor 1188, gab er bie
Leitung bon Sorauo ganj auf unb nar;m bauernben Stufenttyalt in einer 3BUbntd bei
©ilagebirgeä bei Sofenja, roed^alb bas ©eneralfapitel ber Sifterjienfer Don 1192 bie
4t> ©emeinfe^aft mit i^m al^ einem fugitivus aufhob (f. 3Kartdne u. Dur. thee. IV,
1272). Dort errichtete er ein neued ftlofter, S. Johannes in flore, mit ftrengen Orb«
nungen (Seftättgung (Sölcftinä III. bon 1196 f. Jaffa 17425), boS äuigang^untt einer
eigenen Kongregation, beä Ordo Florensis, tourbe, bie $ur 3a^ bon mcljr ald brei|ig
Äldftern aufftieg unb erft 1505 toieber mit bem ßifter^tenferorben bereinigt rourbe (f.
bo ganauföef a. a. D. S. LXXI). Da 30. nac^ urfunblidjem 3eugni« (Ug^. IX, 453) im
©eptember 1201 noc^ lebte, im "sunt 1202 aber ein 9lbt 3Ratt$iu* atö fein 9Zax^oIg«
in glorc erfd^eint (ebba. 6. 455), fo mag bie Angabe be$ 3a'0^udf ba^ er am 3. 3Räq
1202 geftorben, richtig fein.
3o. r;at bei ftreng a^tetifc^em Seben unb im Stufe proptyetiföer Begabung jte^enb, ji$
66 ber ^oc^a^tung roeltKd^cr 9Jtacr/tr/aber, roie ^einric^ VI. unb 9ti(^arbd ßötoen^erj, tote
and) ber $ä>fte )u erfreuen gehabt, befonber^ l)abm Suciud III., Urban III. unb (Sie*
men$ III. ir/n ^um betreiben feiner biblt(c^^ofa(^tifc^en ©tubien ermuntert (f. bad
©^reiben Giemen« III. bom 8. 3uni 1188, Jaffe 16273, bo« fid) bor ben Skudcitber
ffonforbia unb be^ Kommentar* jur 2IpofaI^(e finbet). @r felbft jeigt btd ju feutCM
eoSebenäenbe bem ^apfttum gegenüber eine fo loyale Haltung, bafe er im 3<tyre 1200
in einem eigenen Dotument feine Crben^genoffen berpffid)tete, feinen litterarif$en 9lad>
lafe nicr)t ju beröffentlict;en, bebor er ber }>ä))ftlicben 3^fur unterbreitet toorben fei (f. AS
a. a. C. ©. 104 f. bgl. auc^ Conc. V, 63).
Soa^im Hott ftlore • 229
9Son ben ©Triften $o.« ftnb bie brei, bie er fetbft für bic n>tc^tigften erRärt:
1. Liber Concordiae novi ac veteris testamenti, gebr. Venet. 1519. 2. Psal-
terium decem chordarum, Venet. 1827. 3. Expositio apocalypsis (auc$ apoc.
nova genannt), Venet. 1527. 3)ie bon *ßrcger gegen bte ©cptyeit biefer ©Triften er«
Ebenen (Sintoenbungen fytt SReuter 6. 356 ff. treffenb toiberlegt (t>gl. aueb 318Ä© I, 6
89, JL 1). Slufierbem toeift ftenifle a. a. D. S. 94 ff. noc$ folgenbe al« ^anbfdjiriftUc$ öor*
fanben nac$: Enchiridion in apocaly psim ; Super quatuor evangelia ober con-
cordia evangeliorum ; Contra Judaeos; De articulis fidei, öon toelc^er ©etyrift
Xoccp ©refta ©. 316, ä bte Jta}>iteleinteilungangiebt. 9lod) anbere ©Triften ftnben fic$ im
Cod. Patavinus S. Antonii n. 322. — dagegen [\nb bte föon SMitte be« 13. Safc* 10
hmbert« (f. ©alimbene ©. 102. 191) bem 2lbte beigelegten Äommentare ju Sefaja unb
3eremia, tote juerft Sngel^arbt ©. 53 ff. gefefyen unb bann griebriety in entföeibenber
Stife barget^an ffat, unecht unb freieren bon ben anfielen 3>o.«, namentlich burety tyre
ftrpffe fialtung gegenüber ber römifetyen flirre, bie al« 33abtylon u. [ to. be$eic$net n>trb,
ttKfcntIic$ ab. @rft burety 3lu«fc$eibung biefer ©Triften ift etne rietyttge Sßürbtgung $0.« 16
ermöglicht toorben.
3o. gehört einerfeit« in bie Steige ber 9Ränner bc« 12. 3atyr$unbert«, bie hrie Sern«
tob tom Glairbaui unb ©erfyol) bon 9teic$er«berg bei ftreng firctylic&er ©efmnung unb
Haltung, boA für bie ©c^äben be« Rrc$Kd&en Seben« einen föarfen 93Kcf Ratten. iüamit
tabinben fiep aber bei tym tote bei ben 3Siftonärinnen§t(begarb Don Singen unb ©fif abtify 20
fc» ©<$dnau erregte 3fo«ftd&ten auf eine in nietyt femer 3u*unft beborftetyenbe gänjlicfce
Utngeßaltung ber SSer^ältniffc. Die alte Hoffnung auf eine tyerrlid&e $eit ber flirre auf
(ftben, ber freiließ furchtbare Ääntyfe borau«gefyen toerben, belebt ftety auf« neue. 3)iefe
Hoffnung grünbet ^0. aber nid&t auf i$m getoorbene intyaltlicty neue Offenbarungen, fon*
bem Icbiglt$ auf bie fyl. ©#rift, für beren tiefere« SBerftänbni« er allerbing« burdfr gött« 25
I b}e 6rfeu#tung befonber« au«gerüftet p fein glaubt, tote er e« in ben SBorten be«
pealterium dec. eh., bie ber Äonforbta öorgebrudft ftnb, au«ft)rictyt: ego Jo. circa
medium ut opinor noctis silentium et hora qua Leo noster de tribu Juda
resurrexisse existimatur a mortuis subito mihi meditanti aliqua, quadam
mentis oculis intelligentiae claritate pereepta de plenitudine scientiae libriao
huius et de tota pereepta veteris ac novi testamenti concordia revelatio facta
ert ; biefe ®rfeu(fytung fou tym aber nic^t ba« ©tubium erfefcen, fonbern treibt tyn biel*
mefor 311 fefyr einge^enber unb in feiner SHBctfc grünbüc^er Seföäftigung mit ber ^eiligen
Streift 30. tft — barin ftimmt ber ©inbruef ben feine Schriften machen, mtt bem
fteeein, toa« totr Don feinem Seben toiffen — burctyau« mcfyt ein SDtann *>on ftürmtföem 85
Sefonnnfer, ja über^aut>t nic^t fo fe^r bon t^atfräftiger al« bon fontemplatiber Anlage.
Seine ©i^riften ftnb ni$t fc^neK mit ber 2lbjtcfyt auaenblicflic^en @rfolge« ^ingetoorfen,
fonbern au« mü^eboDem, lange 3«t erforbembem ©tuoium ^erborgegangen, unb fc^Kejjen
M $n einem tünfUic^en ©^fteme ^iftori(c^^rop^etifc^er Geologie jufammen. SDie Jtraft
jm btefer Srbett fyd er au« bem ®ebanf en gef^ft, baft e« i^m gegeben fei , ben <ßlan 40
Sötte« im Gkmg ber ©efc^id^te auf @runb ber M. ©c^rtft ju ent^üQen. @r glaubt, bafe
bie ganje alt* unb neuteftamentli$e mit @infc^Iu^ ber ßir$engeföi$te nac^ einem ftreng
yotbneten in ber ^1. ©d^rift niebergelegten ©c^ema berlaufe, ba« er bi« in« einzelne
«4}utDeifen fuAt ÜRan barf fagen, bafe hiermit in getoiffer SBeife eine neue (Srfoei*
nmg auf bem ©ebiete ber bibtif$en Geologie m Xage tritt. $enn toa« ftc^ fd^on 45
früher bem a^nlic^e« ftnbet, bie Setrad^tung ber ©efc^ic^te unter bem ®efi$t«}nmft ber
iwrSeltmonar^ien ober bie bon ben fteben SBeltaltern, ba« tftboc^ nur in allgemeineren
3Sge* gehalten (felbfi bei Shi^ert bon 3)eu^). 3)er 9lu«beutung getoiffer proj^etiföer
ab a)mältt)ttf4fer ©teDen auf beftimmte ß^tborgönge aber, tote fte freiließ bor^er \d)on
xädfid? geübt toorben toar, fe^It e« an feften innerem ^«^»"men^ange unb einge^enber so
mfletfoer Searünbung. dagegen ge^t %c. burc^au« f^ftematifc^ ju SBerle unb übt fo«
wä m Serfapren, beffen berü^mtefte Vertreter nac^mal« Gocceju« unb »enget getoorben
jwb, freute^ fp berfd^ieben bon i^nen beiben, toie fte e« toieber unter einanber ftnb. 6ine
MQUnbtge 2>arftellung biefer bibIif^ro))^etif(^en Geologie ^o.« (bie namentlich aueb
Me W anf^einenb in i^r nnbenben SBtberfprüc^e 31t erörtern tyaben toürbe) giebt e« nodp 65
wtfi: ba« 3tu«fityrli$fte ftnbet ftd^ bei Sngel^arbt unb §abn. $ier fönnen nur bie
Miftußen ©runbltnten angegeben toerben.
u&ct bie @tambf&$e feiner ©d^riftau«legung fyricfyt ftd) 3°- Jelbft au^ 6r unterfc^eibet
(Cooe. 9. V in ben elften ftapiteln) ben buc^ftäblidp, moralifc^en, tro)>oIogif(^en (b. \j.
ii feinem ©mne, ben auf bie ®Iauben«le^ren fid^ bejie^enben), anagogifc^en unb ttyriföen eo
230 • Sfoa^im Hon ftlorc
Sinn, bon benen ber lefcte toieber in fteben ßlaffen jerfällt Stagu fotnmen aber nod?
jtoei toeitere annahmen, bie feine S<$riftauffaffung betyerrfcfcn, nämlic$ bie Don ben brä
status, in benen fxc^ bie gefamte 2öelt= unb #eil$geföi($te bolljiety (Conc. S. II, %x. 1
Aap. 4) unb bie bon ber Äontorbia, b. $. einem fi$ 6ntft>red&en ber altteßamentlid&en unb
5 ber neuteftamcntlictyen ©efctyictyte (bie Definition be$ SegriffeS ber oonoordia f. Conc.
a. a. D. Äaj). 2).
SDarauf erbaut fi$ nun folgenbe anfielt bon bem gefamten Serlauf ber ©efd^w^te:
bie brei status ftnb bie be$ SBaterS, be$ So^neS unb bed ©eifted, ober, auf bie bret
^auptftänbe in ber Ätrd&e gefetyen, bie (be$ SSor&errfdfrenä) ber ©erheirateten, ber lOeriler
10 unb ber 3Nönd&e (Conc. a. a. D. Äaj>. 6 bgl. 8. V, ©.21). $er SJater legt ba* ©efe|
auf, toeil er bie gurd&t ift, ber Sofyn bie 3"$* (diseiplina), toeil er bie 9Bet3$eit ift,
ber fyl. ©eift aber giebt bie gretyeit, toeil er bie Siebe ift Datum fällt bem erfien Stanb
bie Arbeit ber ©ebote beä ©efefceä &u, bem jtoeiten bie Slrbeit be3 SeibenS, ber britte
aber erfreut fic^ ber gretyeit ber 33eföauung (Conc. II, %x. 2 Äop. 4 u. 5). 3n jebem
15 status ift toieber ber 33eginn ober bie Vorbereitung unb bie bolle Entfaltung (fruetifi-
catio) ju untertreiben, fo ba& bie borbereitenben Anfänge beä folgenben no$ in bie Sauer
beä bor&erge&enben fallen. Der erfte bauert feit äbam, feine bolle (Entfaltung beginnt
mit Igafob; ber jtoeite bereitet ftd) bor feit ber $eit be$ Ufta unb tritt in feine (Sntfal*
tung fett Igo&anneS b. %.; bie Vorbereitung be$ britten beginnt mit bem tyL ©enebtft,
20 feine Entfaltung fängt an mit ber @ntfte$ung be$ EifterjienferorbenS unb toirb um ba*
3a$r 1260 ju tyrer güHe gelangen. ®a aber gegenwärtig ber jtoette status no$
bauert, läfet )\d) ba*, loa* jur VoDenbung be* britten gehört, nodb m$t mit ©enauigWt
angeben. — 3)e* Spezielleren toerben bie 3^en Don ben Sßatriarcfcen an bur$ bie fteben
Siegel ber Offenbarung etyarafterifiert, unb jtoar fo, bafe jebe* Siegel feine boppeBe
26 33ebeutung fyat, bie eine für ba* 9EE, bie anbete für ba* SEE; noefc me&r in* eingehe
füfyrt enblicfc bte mit ben beiben 8etrac$tung*toeifen nac^ ben status unb ben Siegeln
fidj berbinbenbe unb berfctylmgcnbe nad) ©enerationen, bet ber So. freiließ nur mit $ilfe
fel)r getoagter annahmen bie concordia aufteilen bermog..
$em erften Siegel gehört bie Befreiung ^xatU au* Sorten an, im 9fö bte Auf*
30 erftetyung Styrifti, bem jtoetten bie Jtämpfe ber Israeliten m ber SBüfte, tat 9EE bie
G^riftenberfolgung btö Aonftantin, bem britten bie Äriegc unter ben Israeliten felbft unb
mit ben Sbrern, benen bie $eriobe bon Jtonftantin bid ^uftmian mit ben ftämj>fen
gegen bte älrianer unb ber Trennung jtoifd^en morgenlänbifc^er unb abenblänbif^eritM^e
entf})ri(^t. 3cne bergleic^t fi$ bem meiere %$xad, biefe bem 9leic$e 3uba# jene toar
36 biefer eine &\t lang fcorauä, ba au^ i^r bad 9Rön$& unb @remitenleben ^Vorgegangen
ift, feit ber Trennung fte^t fte hinter i^r jurücf, obtoo^l ber Unterf$ieb boc^ nur ein
relativer ift (f. Conc. 93. II %x. 1 Ita)). 7) unb unter ben SDranafalen ber ^ufunft auäf
öon i^r ein 9left toirb gerettet toerben. — 3)a« inerte Siegel umfaßt bie 3«t bte $iäRa,
in ber Ättdje bte bi£ ^u ben köpften ©regor III. unb $a<fyma$, bad fünfte bauert biet
40 bte ju@nbe beä 12.3a^unbertd; unter bem fedbften, bem balb bad ftebente folat, toexben
f^toere Strafgerichte über bte in Sünben verfallene Äircbc ergeben, fotoo^l burt$ bie Sa«
racenen, bte Ueberläufer be^ Slntid^rift, toie butdj bie Äe^et ($atarener, tote §o. fte oft
in^gefamt benennt) unb bur$ bie falfc^en, b. fy. toeltltc^ gefinnten ©giften. S^anacp tont
atö ber römtfe^en ftir$e bte rettenbe 3Rad^t ^eroorge^en in ben parvuli de eoekna
46 latina. Parvuli ift eine im ÜJlönd^tum längft beliebte 93^eic^nung ber 3Rön$c, unb fo
benft benn Qo. ft^ and) jene fyelfenbe IRafy atö Orben, ben ordo iustorum, toie er
t^n nennt (j. S5. Conc. V, 18); anbertoärtS rebet er im £inblicf auf 8^1 llf 14 tooty
auc^ von jtoei ^ro^^cten unb jtoci Drben (Conc. II, Xx. 2, Stop. 28), einem etgentlty
mönc^tje^cn unb einem (leri(alen, toobet i^m baö SSorbilb ber Gifter)ienfer unb $ränum*
&o ftratenfer borfötoeben mochte. SDann toerben bie @rtoä^lten au$ ber griec^ifc^en Ätrc^e
&ur Sin^eit mit ber römifc^en jurücfgefityrt toerben unb bie Sefe^rung ber ipeiben unb
^uben toirb erfolgen. SDtc^ ift bie 3eit, in ber ba$ geiftlic^e aSerftänbntö (spiritualis
intellectus) l^errfc^en, in ber bau, toad in ber Schrift geförieben fte^t, in ber JtirAe px
©etft unb Seben toerben toirb, ober, toa^ bamit gleic^bebeutenb ift, bie 3*^ ^ etoigen
5ö(SöangcIium$ (t>gl. über biefen SBegriff $enifle in 212Ä© I, 52 ff. unb bie fe^fr
c^araftertftifc^e Stella auö ber Schrift über bte ßbangelien, bie ftd^ in ben SrotoIoOen Ml
9lnagnt ebba. S. 111 ftnbet). Mo% aber ift ba« (Snbe be« 2Beltlauf* nic§t erreicht, no^
mufe ein lefcter Äampf geführt toerben gegen bie 9Jtac$t be« S5öfen, bie nun in ber Serfon
be£ legten unb fcbltmmften ätntic^riften, baä ©og erfc^eint (benn unter bem 3tntt<£rifte»
eo berftc^t ^o. teitö ba« burc^ bie gan;e ©ef$t$te ber Jtird^e ft^ ^ütbu^te^cnbe Xntt»
3oad)tm bon Qrlore 231
^rijtenium, tcifö einzelne befonberS tyerborragenbc @rf($einungen beäfelben). 3)ann erft
folgt bog @nbgeri$t, nad& Dem ber grofce Sabbat ber 3Sottenbung eintritt.
Sie ^jtarifösprop^etiföen Betrachtungen Sjo.S fti* tetc^Iic^ mit etfyifd&en, aber au$
mit bogntatiföen äu^nanberfefeungen berbunben, unb ein ^ßuntt ber (enteren mufc fyier
nod} ©rtoafynung finben. 5Der Sombarbe fyatte (Sententt. üb. I dist. 5) ben Safc auf« 6
gefteflt, bafc baä göttliche SBefen toeber gejeugt toerbc nod) (ben Sofyn) jeuge, überhaupt
mm ben Delationen ber Sßerfonen fern gehalten toerben muffe. 3)aburc$, fanb 3o., toerbe
cm Quaternität eingeführt, fofern bie summa res, bie toeber gezeugt toirb, notfy jeugt,
ob ein Sterte« über ben Sßerfonen erföeme, unb er tyat beäfyalb ben Sombarben nidjt
mir hn erften £u$e beä psalterium d. eh., fonbern aud& in einer eigenen Schrift föarf 10
angegriffen (ben litel biefer S<$rift De unitate trinitatis, quae sit dif ferentia inter
nomina essentialia et nomina relativa fyat ©fyrle Hist. bibliothecae romanor.
pontiff. 1,501 naefcgetoiefen, Womit bie Meinung (SngeltyarbtS, eine foletye tyabe überhaupt
«tyt egißiert, toiberlegt ift). dagegen bejd&ulbigten bie Serteibiger be$ Sombarben $o.
be* Zntyetemu* inbem er bie ©tnfyeit ber ^erfonen nur als ibeeQe ober ©attungSetnfyeit 15
betrachte. £a$ Sateranfon^U Don 1215 entföteb für ben Sombarben unb bertoarf bie
Snföt 30.« (can.2 b. Mansi XXII, 981 bgl. Decr. Greg. IX., Üb. I tit. 1 cap. 2),
bo$ befien SkreittoiDigfeit, ft# bem Urteil ber ßird&e ju untertoerfen, tyerbortyebenb, fo bajj
fein Xnbenfen gegen ben 33orhmrf formaler §ärefie gefctyüftt blieb.
San ganj anberer Seite &er hmrbe einige $t\t fpätcr ba$ fir$lt$e Slnfe^en ^oac^im« 20
gcfafyrbet SJon f($toärmerifc$en 3ufunft$gebanfen toar bie erregte Reit ber ßämpfe
jtotföen bem fßapfttum unb ben legten Staufern noefy metyr betoegt atö baS 12. Sa^r*
fcmbert, unb jene eifrigen gfeanjisfaner, benen baä SlrmutStbeal, bon bem man fie ge«
toaltfam abbrängen toollte, fctyßefjlicty työ&er ftanb, als bie @^rfurc^t bor ber offiziellen
Sooft, toaren m$t bie legten, bie fie in tyren ßreifen pflegten. £ier fanben nun bie 25
(Manien %oä bie toifligfte aufnähme, aber and) eine Deutung unb (Srgänjung, bie
mit feinem eigenen Sinne im SBiberfjpructy ftanb. §terl?tn gehören fetyon jene Kommen*
tae m 3ejaja unb geremia, beren SBerfaffer nicfyt betannt finb, am toetteften aber ging
ber Stinont ©erwarb bon Sorgo San 2)onnino. 6r betrachtete bie brei $aut>ttoerfe §o.ö
att im eigentlichen Sinne moirierte unb fanoniföe Schriften, als legten unb r/öd?ften so
Zeil bc£ ftanonS, ber ate Evangelium aeternum über ba3 91 unb 91% l)inau$ge$e,
totyrenb boefc na$ 3o. ^ eioige Sbangelium eben nidbt eine Schrift fein feilte. So ber-
ttnftattete er benn eine ausgäbe berfelben, mit (Stoffen berfe^en unb bon einem Introductorius
in ev. aet begleitet. (Sine ©loffe jur Concordia befagte ab hac intelligentia (spiri-
tuali) denominatus iste liber cum duobus sequentibus (Kommentar )ur Wpt unb 86
$falt*rium, bie toie 9(SJt® 1, 67 ff. fe^r toa^rfc^einlic^ mac^t in einem jtoeiten Sanbe
«feinen foflten, ber aber nic^t veröffentlicht toorben ift) evangelium aeternum. 3)en gntro*
bnitoritid fdbft gufommen mit ben S$riften 3o.^ aU evang. aet. $u bejetd)nen ift ein,
freükfc fe^r alter ^rrtum, ber fu^ ungeachtet ber 9tid^tigfteKung a. a. D. S. 66 auc^
M* 18, 683 no$ fmbet 40
©iefe S^rift erregte, al« fte ju $ari« 1254 ausgegeben hmrbe, ungeheure« Slufs
fd^en (f- bie Stelle au$ bem Roman de la rose ed. Franc. Michel II, 36 bei
fysapt S. 379 Ä. 1). 3)ie Ideologen ber ^Jarifer Uniberfität, bie ftc$ in i^rer toiffen«
i^aftlu^en unb fmtylicfyen Haltung tote in i^ren junftmö^igen (Sinric^tungen burd^ bie
9cttcbitön$e bebro^t fa^en, liefen ftc^ ben gegebenen 3(ngriffapun!t nid^t entgegen unb 45
a^oben eine ÄnHage in Slom, ber 31 Sä^e au« bem Introductorius unb ber Con-
cordia )ttr Segrünbung beigegeben toaren. £iefe 9lu^üge, bie ftc^ in me^rfacb ab=
toci^enber ©eftalt (in bem liber additamentorum ju 5Katt^äu^ *ßari£ ed. Suarb
6. 335 ff., m ^einric^ bon ^erforb lib. de reb. memorabiiioribus ed. ^ßott^aft
E. 181, u. a. a. 0., ^erau«g. auety b. ^reger, Ev. aet. S. 33 f.) erhalten ^aben, fmbw
ober ittytctyte tenbenjiöfe galfc^ungen (f.b. grünblic^e Unterfuc^ung in 212Ä© 1, 70—88).
tbfanber V. fefcte 1255 eine Jlommijfton oon brei Äarbinälcn jur Unterfu^ung ber
6a^e ein; bad $rototoD über ifyre Sier^anblungen ift jum erftenmal boKftänbig ^SJt®
I, 99—142 beröffentli^t toorben. ©« tourben ^ier nt$t bie 5Jkrifer 2trti!el ju ©runbe
yhgt, fonbern Studjüge bie ber S. glorentiu« b. Slffon am bem ^ntrobuft, ben ©[offen 65
Mb an* Sänften 3o.d (unb )toar niebt blofe ben brei obengenannten) angefertigt batte
Mb bie genau mit ben Originalen bergli$en tourben. Sierauf erfolgte bie 33uBc
Äcjanbert IV. brnn 4. SRobember 1255, toelc^c ben 3>ntrobu!toriu« berbammte, toä^renb
•er bie Sdjrriften 30.« leine gaifinr »errängt tourbe (bie Skljauptung, bafe in ber 3?er*
iwfimg be* Sntrob. bie ber Schriften 30.^ mit enthalten fei, 3t@2 18,684, beruht auf oc
232 dfoa^im tum %lott 3foalja*
ber oben bemerken irrigen äfoffaffung beS Ramend introductorius — auä) in bem
sprotofoH, f. ©. 91 bgl. mit ©. 102 hrirb biefer Don ben ©Reiften So.« beuüuff unter*
Rieben), ©erwarb tourbe bon ben l>riefterßd&en gunltionen fufeenbiert, in ein fijwamfäJKS
Älofter berhriefen unb nad&malS, naetybem fein greimb 30$. b. Sßarma geftärjt unb Sonabeittura
5 jum DrbenSgeneral erhoben toar, ju lebenslänglicher fiaft verurteilt 3ener gfarenthutf
aber tyat, jum @b. bon Strich erhoben, auf einem SprobinjiaKonjtt (na$ früherer £h*
na^me 1260, nad& 9l£Ä@ J, 90 nid&t bor 1263) bie ©Triften 3oac$imS berbammen
laffen. SDod^ $at biefeS Urteil leine allgemeine firc^Iid^e ©eltung erlangt, ber 9fame 3**
ift als ber eines Seligen (beatus) im firc^lictyen Slnbenfen geblieben unb fyd als fol$a
10 feine ©teile in bem AS gefunben.
9lod) toeniger vermochte jene 93ertoerfung ju bertymbern, bafi bie prop$etif$en 9luS*
fü&rungen 3o.S fort unb fort gelcfen tourben unb tyre ©laubigen fanben, ungeachtet baS
3atyr 1260 otyne irgenb meiere SBanblung in ben tir$li$en 9Ser$ältnif|en borüberge*
gangen fear. 3°k $et. Olibi tote UbertinuS bon ßafale, überhaupt bie ©piritualen beS
16 aRinoritenorbenS fielen unter tyrem (Sinflufee; eS gab päj>ftfic$ 'geftnnte tote g^ibeHinifcfc
3oa#tmiten, unb baS ganje Mittelalter ^inburdj laffen ftc$ bie €?puren beS Soac^imiSmuS
berfolgen. e. X>eittfc%.
3foalfaS, martr, 2 Äg 14, 1, rrnfr, LXX JcoajaC, 1. ©o&n 3$uS, Jtönig bon
SSrael. — 8gL ©iner, 8tb(. 9?.«©.« I, 584; Sftenfel, ©ibeUßej. III, 313 (@*raber);
»»irtm, $»8.* I, 749 f. (ÄWnert); (Sroalb, ©efö. beS 8. 3«t.« HI, 598 ff.; 6tabe, Off«.
beS 8. 3Sr. I, 564 f.; tföfclcr, ßeftrb. ber bibl. ©efdj. U, 2, 6. 391 f.; Ätttel, Qefcfi. ber
$ebr. II, 235. 248 ff.; <8ut$e, ©ef«. beS 8. 3«r. @. 181 f.
9la6) 2 Äg 13, 1 beftieg 3. im 23. 3al>re beS jüb. ÄönigS 3oaS ben 2$ron unb
tyerrfcfyte 17 3a|re $u ©amaria, naety üblicher Stectynung 856—40 b. G$r., richtiger eüoa
26 814—798. Unter 3- erreichte bie SebrängniS 3&aelS burefc bie Äönige bon 3>amaStuS
(Styafael unb beffen ©ofyn S5en^abab III) tyren £ö$ej>un!t; bgl. 2 ftg 13, 2 ff. (toom*
beS 38. 4— 6 a als eine $arenfyefe im $inblicf auf 3erobeam II., f. biefen &. 8b VIII
©. 665, ju faffen ift), 13, 22 unb 25 (auc$ 6, 24 ff., fattS $ier 3. gemeint ifi). JDie
zRebugierung beS iSraelitifd&en $eereS unter 3. auf 50 Leiter, lOSBajjen unb lOOOOgufc
so folbaten fann nur bie golge einer entfd&etbcnben ©d&lactyt getoefen fein (fo föon 2$emu6
bef. toegen beS sra« 2 Äa 13, 7). (Stn ftd^cr urferünafid&er 3ufafc in LXX 2uc. W
2 Äg 13, 22 G/Unb £afael entriß tym baS ©ebiet ber ^J^Uifter bom 2Befbneer an KS
Wptyl) jeigt, ba^ bie Slramäer nic^t bloft bon Sorben, fonbern auc^ bon ©übtoeflen fpc
gegen ^Srael operierten (bgl. SRobertfon ©mit^, 3)aS a. Xejl, überf. bon Slot^ftein [grab.
35 1894], ©.415). Übrigens rügt baS ßömaSbud& an 3. (93. 6 b), bafe er, abgefegt bom
Äälberbienft, eine äfc^era (f. 95b II, 157ff.) ju ©amaria tyabe befte^en laffen.
2. 3., Tnanrr 2 g^r 36, 2 unb 4 m«T\ - ©fli. @d,enfcl, »ibeLSej. III, 313 f.
(@«rabcr); SRie^tn, 4)S®.S I, 750 (kleinen); fcnrnlb, ©ef*. be« ©oIW 3St.» III, 775 ff.;
6tabe, (»ef«.b. 33. 38r. Ir 674; Stößer, ßeftrb. b. bib(. @ef*. II, 2, 6. 463 f.; SHttel, Qkfö.
40 ber 4>ebr. II, 328; ©utf)e, @ef* b. $. 3Sr. S. 219.
©o^n beS $ofta unb ber G^amutal bon Sibna, ber nad) bem Xobe feines SaterS
in ber ©$lad^t bei 3Regibbo (609 b. Sfyr.) bom Soße mit Übergebung feines dütttrn
95ruberS gljaKm (f. „3<>iafim") im 9llter bon 23 3^^ «uf ben 2$ron erhoben tourbe
unb brei 9Jlonate ju 3erufalem ^errfd^tc (2 Äg 23, 30 ff.; 2 G$r 36, lff.). Offenbar
46 Füelt i^n baS SSoH für energifc^er als Gljafim; übrigens aber fteKt i^m baS ÄönigSbucfc,
toie 3ofej)^uS (Ant. X, 5, 2: äoeßhg xal jLuagdg xbv tqotzov), ein f$ßmme3 3eugniS
aus. £agu ftimmt bie 9(nbeutung @g 19, 3, fobafe nic^t (mit ßtoalb) an eine Sßanbe*
lung feines S^arafterS erft auf bem &^rone aebac^t toerben tonn. Dagegen f$emt aul
3er 22, 10—12 ^erbonuge^en, bafe baS SSoIt trofe aUebem grofee Hoffnungen auf i^n
60 gefegt fyattc. 91IS jeboep ber tyfyaxao 9tec^o brei 3Konate nac^ ber ©c^lad^t bei 3Regibbo
bon feinem 3U9C nac^ ^m ©u^^at mrüctge!e^rt toax unb ju SRibla am OronteS ein
©tanbquartier belogen ^atte, ftrafte er bie eigenmächtige Sinfeguna beS 3* bur^ bieJüif*
erlcgung einer bebeutenben ©elbbufec (f. „Soialim"), Ue^ 3- i« ™bla in tMfeln fotogen
unb führte i^>n nac^ äg^ten, too er — unbefttmmt toann — als befangener flai*. vb
66 [\d) 3- freitoiQig in dtibia [teilte, um bem ^tyarao ju ^ulbigen, ober ob er bon biefem
entboten (fo 3ofeb^uS) ober gar mit Sift auS3erufa!em ^erauSgelodt unb bann gefangen
ftmrbe (fo fc^eint eS nac^ 65 19, 4), läfet fi$ aus 2 Äg 23, 33 nic$t entfe^eiben, jumal
ber $<# bafelbft in Sertoirrung ift (ftreic&e mit Äloftermann '^^ "jtee als ffitnfc^ub aul
2 Ql)x 36, 3). @ine alte Streitfrage ift enblicfc, ob 3er 22, 10 ff. ber SRame ©$alliim
3f0af)a3 3*4 233
ffir 3. nur fymbnlifö gemeint fei („SSergeltung" ober imßtnblicf auf bie fur^e ^Regierung
©c^allunt* bon ^rael, 2 Äg 15, 13) ober ben urft>rüna.lic$en tarnen be$ 3. bor feiner
Xfyronbefteigung refcräfentiere. gür ledere Annahme fcfyemt 1 Sfc 3f 15 *u forectyen, too
Sc^aHum <U3 4. ©otyn ^oftad aufgeführt toirb. ©rtoägt man aber bte Reihenfolge ber
Sufrfyhmg unb bte offenbare SSertorirrung in ben Angaben 3, 16 ff. (bgl. $i6ig ju 3er 5
22, 10), fo toirb man föliefelicb bocty ju ber annähme gebrängt, bafi ber ©cpaffum ber
(Sfamif iebiglidj au« 3er 22 gefloffen ift. — 3. 3. (LXX jeboc$ Ozotiag) Reifet 2 S&r 21, 17
ber nochmalige ]übtfc$e Äönig Ad&aSja. — 4. 3., Sater be$ 3oac$, ber nac$ 2 6^r 34, 8
unter Sofia ba£ Amt be3 flanjler« (5Wajfir) befleibete. Äou^fc^.
3*d), Sodann ©eorg, geft. 1731. — Sttteratur: SBal* VI, 6. 236 unb 10
473 ff. ; Söcber, <&ele$rtenlejifon (1750), 6. 1806-1897, wo aber unter ben aufgeführten
3d>riftcn 3°^ aud) folcije genannt ftnb, nie de desperatione salutari, bie nid)t oon i&m
jetber finb; ®öbel, ®efd)i<bte be« ebrifttidjen SebenS in ber rb.=iucftf. eo. Stirere, ÄoMenj II,
632-642; too alle betreff. ©trettfdjriften aufgeführt finb; Slugufti, 3)er SßictiSmuS in Sena
in ber eTften fcälfte be* 18. 3a$r&. (Bettr. $ur ©efdjicfcte unb ©tatiftif ber eoangei. Äirdje, 16
3ma 1837, I, 164-231 ; fpejiefl bie barin abgebrurfte Streit fdjrtft: „(Eilfertige ©ebenfen"
6. 196 ff.
Dr. gofcaiut ©eorg %o$, geb. 27. 3)ejember 1677 gu SRotyenburg Räuber), geft.
1. Oftober 1731 ate $rof. ber Geologie in Wittenberg,, nimmt in ber ßirctyengefd&id&te
feiner 3*** baburefc eine befonbere Stellung ein, ba£ er nactyeinanber in ben beiben ftoty ao
hngen ber (utyerif$en Ortfyobojie, 2)ortmunb unb SBittenberg, ebenfo auSbauernb toie
eifrig ben $ieti3mu$ bertrat unb jur ©eltung ju bringen trachtete, naetybem er felber in
3ena, bem bainaligen ^auptftfc be$ pettemus, too er bon 1697—1709 ft$ als Stubent
nnb fSrifcatbojent auffielt, ein entfetytebener unb tätiger Anhänger SpenerS geworben
toar. 3«1 3f^w 17°9 twnbe er als Superintenbent unb ©tymnafiareb an baS f ©genannte 26
afabemtföe Ar&avmnajtum nacb SDortmunb berufen, too bamalS bei einem un&eiligen
oben auf bem Ratgeber toie auf ber Äanjel faft nur ©ogmatif unb ^olernif getrieben
tourbe. 3°$ na^m öuc& in feinem 3)oty>elamte fofort ben Äampf bagegen auf, trieb baS
Stadium pietatis, brang auf perfönlic&e Sefebrung unb SBiebergeburt unb führte jur
Sabefferung beS d&rifUid&en SebenS ßated&tSmuSeEamina unb *pribatberfammlungen ein. so
$abunb geriet er in heftigen Streit mit feinen Kollegen 9toQer unb Sctyeibler * jener fteflte
tip mit ben ganattlern Spener, Schabe, Arnolb unb 2)ity>el jufammen, unb biefer toamte
ferne 3u^örer öffentlich oor bem $euc$lerifc$en $ietiften unb ber (Snt^uftafterei, nac^bem
Ö1711 in einer Seicfcenprebigt einen Steformierten felig ge^riefen l)atte. §ierburd^ ent«
ein Wb^after, unfruchtbarer unb ge^äfftger Streit, an toelc^em auc^ anbere teilnahmen. 86
Da 9tat Don ®ortmunb, ber, toie bie toeltlid^en Dbrigfeitcn jener 3*U t>ielfac^, bem 5ßie*
tümud flünftig toar, na^m $0$ anfangt {räftig in Sc^u^, fu^enbierte and) feinen $aupt*
«per S^eibler eine 3*ü lang bom 9tmte. $1$ aber 30$ auc^ mit ber ©etftltcbfeit ber
oenabbarten Stobt Unna in Streit geriet, toobä i^m amtliche Übergriffe jum 3Sortx>urf
pwe^t tourben, fo berlor er bie ®unft feiner Stabtbe^örbe, befonber« ba er gleichzeitig ftd^ 40
m einer aitfseramtiic$en }>ribaten Angelegenheit bem 9tat auf^ fc^rofffte toiberf e^te. Ucber^aiH)t
$ bei aller SBürbigung bon 3<h$S frommem ßifer unb 2lnerfennung feiner bebeutenben
Saben (SSerebtfamteit) ntc^t ju leugnen, bafe er ein ftreitfü$tiger, ^eftiger unb leiben^
fc^aftlk^rr G^arafter toar, ber nic^t o^ne eigene Sc^ulb ift, toenn fein Sebenätoeg burd^
bide unerfreuliche Streitigleiten getrübt ift. @r bertaufc^te fein 3)ortmunber 3(mt 1722 46
wit bem getfilic^Kn Seniorat in ®rfurt unb fam 1726 als ^rofeffor nac^ Wittenberg.
&f ber Seife ba^in befugte er fein HebeS 3ena unb fcielt ben bortigen ©laubigen unter
freiem $immel eine Srtoecfung^rebe, tooburd^ er nid)t nur großen 2(nfto^ in ortbobojen
fteifen gab, fonbern au$ bor allem ftc^ lauten S|pott ju^og. 9(uc^ in 3Sittenberg trat
er txm Anfang an \ttyc entje^ieben auf. Sc^on in feinem 3lntritt3J>rogramm \pxati) er 60
fty 89(n ^e bortiae unbebingte JSerrfd&aft bed 3llten über baS 92eue aus, inbem er bie
mk Se^re ber9Wvftifer bon ber 5Kögltcbfeit unb SISirflicbfeit ber Sünblofigfeit ber Süieber--
Mbmnen berteibic^te. 9ufS neue aber entbrannte ber Streit im 3a^re 1730, als unter
5*4* Stoffen etn Sm>erintenbent Stro^bacb mit einer 3)iffcrtation „de desperatione
•thitariM bie Stottortottrbe ertoarb. So ma^boQ unb Har überjeugenb biefe Strbeit i^re 66
ßfcemnf&mnung mit ber SSibel unb ben Sefenntniöjcbnften nac^toieS, fo tourbe bie Se^re
to* ber „fcilfatnen Sentoeiflung'' boc^ für ein funlelnagelneueS ))ietiftifc^eS günflctn er=
Bat, unb ber Soxn richtete fid^ bortoiegenb toieber gegen $od), obtoofy er, toie gejagt,
tiwftt ber Serfaffer toar. Sefanntlic^ ^atte ber <ßieti£mu3 in JB. teinen Seftanb, ob;
1 Üfl fflcid^jettig mit 30$ auc$ $aferung 1726—1744 bafelbft beförbertc. 3od^ toareo
234 3odj 3*et
ein fruchtbarer ©ctyriftfteller, boety finb feine arbeiten fämttt$ nur ©elegenl>eit«fc$riftcn
bon geringerem Umfange. ©ie erftredfen fu$ auf maimigfad&e ©ebiete, au$ naturtmffen«
fc&aftlid&er 2lrt. 2)ie meiften fmb fird&engefäic$tli($en 3n$alte«, ni$t toenige au$ adle=
ttföer 2lrt unb unter biefen teueren fmb au$ mehrere beutfö getrieben, fo ein „Stoffe
5 föreiben an fic$ fclbft" bei bem Xobe feinet einigen ©ö^nlein«. <fc. dreier.
3foeIf ber ^ro^et. — £ola$aufen, $ie SFeiSfag. be« 3oel überf. u. erHÄrt 1829;
Grebner, $er $rop$et 3oel überfefct unb erffärt 1831 ; S>elt&fd>, Sroet p*ere (Srgebniffe in
©ctreff ber SBeiSfagungSitfrift 3oei« in SiStjtf 1851, 306 ff.; ®. SReier, S)er $r. 3oel neu
überfefct u. erflärt 1841; $3ünfc&e, $ie SBeiSf. b. $r. 3. nberf. u. erflärt 1872; @rä&, S)er
io cinfcitl. (Sfjarafter ber v£ropfcetie 3oel« 1873; 9Rerj, $tc <Jkop&. be« 3. unb i&re «uÄlcaer
üon ben «Heften Seiten bi« $u ben Reformatoren 1879; @*olj (fat^.)- Äomm. j. ©. be*$r.
3oel 1885; Eug. le Savoureux, lo prophete J... publik... par fc. 3- öaumgortneT 1888;
Montet, de recentiss. disputt. de Joclis aetate 1880; Peareon, The prophecy of J. 1885;
Äaftner, 3)a« geholter be« $r. 3. (3)iff.), ßeip$ig 1888; $rcu|, 3>ie ?ropb. 3- (Zitiert.),
I6#afle 1889; ©erbcT, $a« geholter be* *rop&. 3. in £üb. £&£t@ 1889. 355 ff.; $oljinaer.
©praebdjarafter unb $bfaffuna3*eit be* 53. 3ocl in Bat© 1889, 89ff. ; Gray, the parallel
passages inj. in their bcaring on the question of dato in: Expositor, Sept. 1893, 208 ff.;
«ecf, 3)ie ^ropbeten Widja u. 3oel crfl., (jerauSgea. »on Siubenme^cr 1898. »gl. ». $of«
mann, 6*riftbem. II, 1, @. 144 ; Äö^lcr, ße&rbu* ber biblifaen ®efä. «$« II, 2.
20©. 181ff.; 3)uf)m, Sfjeol. ber ^ropljeten 3. 275 ff.; Stabe, 3at>an (öiefiener Programm 1880),
6. 17 f.
3°el, ^r (LXX : 'IcorjX) hrirb in bem naefc tym benannten, im dwdexajtgoqmir
bie jtoeite ©teile einne^menben 2Bei«fagung«bu$ al« ein ©ofyn be« -Nire bejeid^net SDafe
er 3«bäer toar unb ftc$ jur 3*it fei"** propfyetifd&en SBirffamfeit m ^erufaiem auffielt,
26 ergiebt ftd) atö bem %nf)alt feiner 2Bet«fagung. ®ie Annahme, ba| er ein Angehöriger
be« Stamme« Sein getoefen, tyat an ©teilen h>ie 1, 9. 13; 2, 17 leinen #aft.
3)ie meiften neueren fefeen 3>oel in bie erften 30 3a^re bed $oa&, gtPtf^en 875
unb 845 t>. 6^r. ^ür biefe Aeit mafy man geltenb 1. bafe «mo« ba« 8u% jjoelS Dor
9lugen gehabt; 2. ba^ 3oel ben 9(bfaD @bom« unb ba£ ©efe^tef ber $lünberung unb
so ©flatoerei, toelc^e« 3uba unb 3erufa^m unter %oxam erlitten, in frif^er @rinnerung
fyabc; bafe er bagegen ber ©^rer nid^t gebenfe, toa$ nac^ bem 3ufle $afad3 gegen 3^
rufalem am ®nbe ber SRegierung^eit be« 3oa* (ögl. 2 Äg 12, 18 ff.; 2 Gfa 24, 23 ff.)
unftreitig gefd^e^en toäre ; 3. bie 9tücfftcfytna^me auf ben Xempelbtenfi (1, 9 ; 2, 14)
unb bie äu*jeic^nung, toomit ber ^Jriefter gebaut toerbe (1, 9. 13; 2, 17), toa$ auf
86 eine 3*it be« ^errfc^enben 3^bebicnfte« fü^re. 3)a biefer nun — föliefct man — W
ber 51?ronbefteigung be« 3oa« lieber ^ergefteQt toorben unb to%enb ber erflen 30 3<u>re
biefe« Äönig«, fo lange er unter 3<>iaba« Seitung geftanben, unangetaftet t>erb(ieben \A,
fo tyabe man ba« SBirfen be« ^rop^eten biefer 3eit gujuh>eifen. gür biefelbe erBären
ftc^ grebner, 9Jloöer«, £ifcig, 6h)alb, D.§ofmann, 3Jleier, 8aur, SBiner, ©eK^fc^, SBünf^e,
40 ©Araber, fteil, toä^renb t). 6öIIn, §engftenberg, Änobel, $äberni(f u. a, ben $ro|>^ctcn
unter 3erobeam II. unb Ufta anfe^en, feiner unb öert^olbt in ber StegierunfjS&eii be«
9l^a« unb öi«Ka, ßönig in ben legten 3a^ren be« %ofiaf ©gröber in ber 3eit an) mw
bem ©jil, SBatfe, ^ilgenfelb, Jluenen, Du^m, ©eineefe, Dort, flaufefö u. a. nad^ bemjelben,
in ber perfifc^en ober griec^ifc^en 3«^- 3Rerj fte^t in bem Sucpe %od& einen naep 445
46 b. ßbr. gef^riebenen URibrafd^; Sornill ein um 400 gefc^riebene« Äompenbium ber frät*
jübifd^en ©«c^atologie. 2lllein gegen bie nacfoilifd&e, perftfe^e ober öottenb* grie^tMe
3eit gelten noc^ immer bie beiben neuerbing« toieber Don Jtöfyler ^ert)orge^obenen «€=
benlen : 1. ba& 3oe^ ®w^ fotootyl im ^ebräifc^en al« im griec&tfd&en Äanon unter
bie älteren proptyetiföen ©Triften geftellt ift, öor bie Schriften nid^t nur ber natfoiltföen
60 ^rop^eten, fonbern and) ber ^ropbcten ber d)albäifcben ^eriobe, $abafut, 3^^niö: ein
SBebenlen, ba« umfomebr in« ®m\ä)t fällt, je näfyer bie für %od angenommene &d*
fte^ung«jeit an bie 3eit ber ©ammlung be« SDobelaprop&eton ^erangerüdt tohb; 2. ba^
unter ben Söllern, toelcfye [\d) an 3"ba berft&ulbet ^aben, toeber bie feleucibifd{|en ©per,
no$ bie ©riedben, noc^ bie ^erfer, noc^ bie S5ab^lonicr, noc$ bie äff^wr, no<^ bie bamafc
66 cenifc^en ©Vrer^ toelc^e laut 2 Äg 12, 18. 19; 2 S^r 24, 23. 34 toä&renb ber gtoeiten ^fte
ber Regierung be« 3<>a« \n ^nia einbrachen, taud^ nid&t bie 5Koabiter ober bie Xmnux
nitcr, fonbern nur bie ^tyilifter, ^ß^önijier, äg^pter unb Sbomiter (4, 4. 19) genannt
fterben. dagegen ift feiner t>on ben gegen bie Gnlftebung be« Su(^e« in ber erften ^älfte
ber 9legierung«£eit be« %oa$ Vorgebrachten ©nmbe hnrtlicfy beh>et«träftig ; am aller»
60 toenigften ber, ba^ ein König, bafj ba« 9iorbrcic^ nid^t ertoäfynt, alfo in bie nac^Uif(^e
3oel 236
3«t $erabwge$en fei. ®enn ba« argumentum e silentio betoeift jubiel unb alfo
nuty*. 3Jt ba« 8u<$ 3oeI nacfcqrilifö, toeil bon einem Äönig unb bem Slorbreic^ ge*
fötoiegen toirb: bann fmb au$ partim be« jefajamfctyen 33ucty«, toie Jt. 2 — 5, too
gki$faUö be« 92orbrei$$ ober 1—5, toeil in ben bortigen Flügen unb 2öei«fagung«reben
be* Äönig«, ben ju ertoätynen tyier metyr al« bei $ocl SSeranlaffung getoefen Wäre, ntc^t 5
gebaut toirb, in bie nac^ecilifc^e 3*ü )u rücfen. 3lber tote ftefyt e« mit ber Erinnerung
an bie ß^ffa^u^d be«38oße« unb bie Verteilung be« Sanbe« 3(a&t>e«, an ^ Serfaufen
jübif<$er ©efangener an bie ä-ern "«* 4, 2. 6 ? 3ft ba nic&t eine ©efangenföaft, n>ie
bie baify[imif$e, borau«gefefct? Ober toenigften« bie afferiföeV aber bon Sabtyloniern ober
Xfferent ift 3oel Ä. 4 {eine SRebe unb ebenfotoenig fcon einer 3Serbringung ber ftaupU 10
mäffe ber ©efangenen Suba« nöc& Dften. ^önijier unb ^tlifter toerben 4, 4 al«
$auptfembe ^uba« ertoafynt unb bon tynen gefagt, bafe ftc fein ©über unb ©olb toeg*
genommen, ferne beften Äleinobien nad& tfyren Tempeln gebraut baben. jtann bie« toin*
Ity jur 3^ tat afferifefcn ober cfcalbäiföcn 3jni>afton bur$ bie genannten SSöUcr ge*
ftefci fem? 3öa« toir über bie bamalige Weltlage, über ba« Serljältni« biefer Söller is
}u ben Xfftaern ober Sabtyloniern toiffen ober mit ©idjerfyeit erfäliefcen tonnen, forietyt
bagegen. &aju fommt, ba£ bie Sierfe 4—7 nicfyt fo lauten, al« tyabe ba« Unternehmen
ber 3työni}ier unb ?JtyiKfter juni Untergang ^erufalemS geführt ober babei ftattgefunben.
Unb barum toirb 4, 2 ff. auf ein anbere« (freigni« jurücfblicfen. Sin fold&e« bietet 2 Gfyr
21, 16. 17, too erutytt toirb, bafe unter Soram Sßfyilifter unb Slraber Qjuba überfielen, ao
^erufalem, in«befonbere ben föniglid&en $olaft plünberten, SBeiber unb Jtinber be« Äönig«
toegföhppten. SuboS augenblicflic&e ©cfctoäctye benugenb, matten fic§ bie (Sbomiter unafc
gängig unb riffen ofyne ßtoeifel ®ebiet«teile an fiefc, bie bi«tyer ju $uba gehörten, ebenfo
bie Wtliftar, tote benn 2 Äg 8, 22; 2(^r 21, 10 ber Serluft »on £ibna berietet toirb.
i«f8i«*ommntffe lefrtererÄrt toäre ba« ip*n T«ti; 4, 2; bie in bemfelben Serfe er* 26
toä^nte Serfireuung 3«rael« aber prfen tve) auf ben 35erfauf jatylreic&er jubäiföer
Kriegsgefangener (v. 6) an frembe Stationen ju bejietyen ; unb jtoar toirb man im £in<
NU auf ben ausgebreiteten ©flabenfanbel ber ^J^önijier (9Rot>erS, ^^önig. II, 3, 70 ff.)
bie Sbtffage bon v. 6 bafym ju berfte^en ^aben, ba^ bie $^öni)ier ben ^^iliftern bie ge*
fanaen genommenen ^ubaer ablauften unb biefelben al« ©Haben an bie 6öbne ^atoan« 90
b. 9. bie Monier ober Heinafiatij$en ©rieben ber^anbelten. Da^ bie ^öniftier gegen
Snbe bed 9. S<*fy$unbert3 bereit« mit ben ©rieben in Scrlefyr ftanben, ift unleugbar.
tud) bie ©rtod^nung ber äg^ter at« geinbc ^uba« (4, 19) fyat bei ber 93ejugna^me
aif ba« ©reigni« unter ^oram i^ren guten ©inn, naebbem ibr .Hönig ©c^iftyrf unter
Sb^abeam ben Xemt>el unb $alaft m ^erujalem ge))lünbert (1 Ag 14, 25). ©egen bie= 86
fdbe taxin man [xd) x\\d)t auf bie S» ^^ 3T^ 4, 1 berufen ; benn biefer „in einer
nbeßritten nad^nltfc^en $ro)>^etie nic^t Dortommenbe" 9lu«bruct bebeutet nirgenb« „bie
Äef<mgenen jurütffityren", fonbern in allen ©teilen „SBieber^erftellung ^erfteUen" b. i.
be&jte^m im ©mne einer restitutio in integrum (bgl. namentlich §i 42, 10). 3)afe
akr 3uba unb Serufalem einer SBieber^erftellung beburften in einer 3*ü> too bie 40
iMGi^en &tammt bon ber babibifd^en 2)Vnaf^e abgefallen toaren, !gerufalem toieber^olt
aobert, jub&iföe ©ebietöteile annebiert, ©d^aren jübifc^er Kriegsgefangener in bie frembe
bctlauft toorben toaren, toirb niemanb leugnen tooDen. ferner ift and) ber Umftanb,
oafe nac^ bem 9u(^e %oti ba« Heiligtum auf 3ion bie legitime ©tätte be« SBo^nen«
3a}tocS unb feiner Anbetung ift, fein Setoei« für jpäte @ntfte^ung beSfelben in ber nac^= 45
ttffö*" 3^ 2)mn au^ Sefaja unb Wufya fennen nur ein §auS be« $errn im^anbe
Qef. 2, 2; 8, 8; 18, 7; 27, 13; 3Ki 1, 2 : 3, 12 ; 4, 1). Unb toenn man toegen
Mi Stellung ju ben $rieftern (1, 9 u. ö.) bte Sntfte^ung feine« Sucbe^ hinter ^ofta«
tefoematum anfe^en )u muffen meint, fo überfielt man, bafc aud) ein ^cfaja 8, 2 einen
9cieper pn 3^0^ nimmt SBenn enblic^ 9Jlerj bie ©teile 4, 17 („unb tyr toerbetw
ne toeiben, bog id^ 3^be, euer ©ott bin, ber idj auf 3»on too^ne ... unb ^erufalem
teub ^eiliatum Jetn unb Krembe fte nid^t me^r überjie^en") unb ©cinecle (®ef$. 11,22)
2, 19 GrMp totu euc^ ni$t me^r )um ©c^im})f machen unter ben Reiben") für nac^=
qififc^en Urftming ber ^ro^^etic ^oel« citieren, unb ©einec!e bemerft, ba^ „3"ba )um
anomal unter Tcebulabnejar )u ©Rauben geworben" fei, fo toiberfpric^t bem, tote Nobler 66
toffenb ertoibert, ber »erlauf ber ©efc^id^te Suba« (bgl. 5. S5. 1 Äg 14, 25. 26), befjen
Kl« flef^toeigen, baft 2,19 bon einem 3uföanbentoerben burc^ ^eibnifc^e fteinbe feine
ift 3)er fpra^li(^e Gtyarafter be« Suc^e« mu^ au^er 93etracbt bleiben, ba fief? au«
baftftffat für bie ©ntftebungSicit be« 93u$e« tein fixerer ©c^lu^ ^en läfet. ^on S-Bc=
kadng in leitetet fynfxfy ift aber bie fraglofe Slb^ängigleit be« 3lmo« oon 3oel, toie w
236 $oel
eine S3ergletd&ung bon 2lm 1, 2, 9, 13 mit 3oeI 4/ 16 unb 18; ferner ber Umftonb
betoeift, bafc bie £eufc$recfenbejeic£nung dt; aufeer 3lm 4, 9 ftd& nur 3o 1, 1 ; 2, 25
finbet, an toelcfcen ©teilen fte gehrife nictyt au« SlmoS entlehnt ift. Unb toenn eine 9e*
gieljung jft>ifc§en $o 3, 4 unb 9Jta 3, 23 befielt, fo ift e3 feine«toeg« au«gemac$t, baji,
5 tote GorniU meint, bie Slb^öngigtcit auf feiten ^oetö liegt. 2Bir bleiben fona$ babei,
bafc goel« Sieben ber 9legierung«jeit be« 3>oa« angehören. fjaffen fte in feine frityeften
3a^re, in benen er, noety minberjetyrig, unter bert35ormunbfd&aft be« $o$et>riefter« %p\ctoa
ftanb, fo erflärt ft$, toarum nur bon $rieftern, SUteften unb 33oU bie Siebe ift, bie $erfon
be« Jtönig« nirgenb« l)erbortritt.
10 Slnlafc be« Auftretens 3}oel« toar eine furchtbare #euf#retfen$>Iage, bie in SSerbinbung
mit einer großen Surre ba« Sanb bertoüftete. 3m erften Seil feine« 33ue$e3 1, 2—2, 17
betreibt er biefe Sertoüftung, toclctye ba« Sanb nun föon burety ben bierten $euf$recten*
fötoarm betroffen fyat (St. 1), bann ben 93erh>üfter felbft 2, 1—11, tooran ftdj emeSRafc
nung ju einem affgemeinen gafk unb Sufctag f erliefet (2, 12—17). Denn ber 8u|e
15 unb Umfetyr ju 3>a&be bebarf e«, bamit nietyt jene $eufdfcecfennot nur ber Anfang fei be«
©erid&t« über 3«rael unb ber Sag 3<*&be« mit feinen ©freien hereinbreche (1, 15). 3)er
Suferuf be« 5ßro})l)eten mufe ©e&ör gefunben fyaben ; benn 2, 18— 19a f%t er m ber er*
ääfylenben gorm fort: Unb e« eiferte 3a$be für fein Sanb unb fronte feine« Solle« unb
Sjafybe antwortete u. f. f. ©o fann er benn nun im jtoeiten Xeil feine« 93u$e« 2,19—4,21
20 ®uteS bereiften. 3)iefe 33ertyeifcung begießt fic$ auf bie nähere unb bie fernere ^ufunft
%üx bie nähere berfünbigt er Vernichtung be« ^embe«, Slbtoenbung be« Unheil« unb
glücflidbe ßeit, fobafe ftc§ $ipn feine« ®otte« freuen fann, ber tym in bem $rop$eten
einen geilfamen Se^rer ("?;?$? rrnTäi), Unb al« e« auf beffen ÜfBeifung $örte, fruchtbaren
Siegen, gegeben fyA (2, 18—27), für bie entferntere T? ^n« rrrji 3, i (im ©egenfafc
26 ju ,ptMr>a 2, 23) 2lu«gic|ung be« ©eifte« $afybe« über bie game ©emeinbe in alten
tfyren ©liebem, fobafc fte feiner *Proj>tyetenbelel)rung metyr bebarf, unb Sefeatyrung fror bem
tyereinbrectyenben 2öeltgeric$t, toelcfyem entnommen ift, toer 3<*&be anruft. 3)enn $u jener
3eit — fäljrt ber^rop^et 4,1 fort—, ber Reit ber föliepcfcen grlöfung Suba« unbÄe*
rufalem«, bringt §a^be ba« fieer ber Sölrertoelt jufammen gegen ^erufalem im 2$al
30 Sofa^at. 3)er SBölfer geinbfebaft gegen bie tyL ©tätte mufe ba^in gebei^en, ba| fte ft^
aufmalt jum Äam^f toiber fte. SDort aber berfäDt ba« feinblic^e Äeer bem ©eric^t,
toelc^e« burd^ bie f$Hefeli$e Wac^toffenbarung be« unter furchtbaren 9laturerfc^inungen
fic^ offenbarenben ©otte«, ber feine fyimmlifc&en gelben ^erniebeirfa^ren, bie @i$el an ba«
@rntefelb legen unb bie ftelter treten fyetfct, über ba«felbe beringt toitb. Witt einem
35 ^intoei« auf bie für ba« fyl. Sanb nad) bem ©eric^t über bie ^einbe eintretenbe Segen«*
ftiffe 4, 18—21 föliefet ba« S5ud^ ab, in toelcfyem, toa« gegen SJlerj bemerft fei, flare
Situation ebenfolvenig ju bermiffen ift al« fortfe^reitenbe ©ebanfenenttoidfelung. 2)ie fem«
geglieberte Anlage be« 93u$e« geigt ftc^ namentlich in bem fcerbetfeenben Xeilc, beffen
©runbgebanten einanber entf^rec^en: ber @m>ecfung be« $ro^eten in ber ©egentoart
40 bie 3lu«giefcung be« ©eifte« ©otte« über bie game ©emeinbe am Jage Sa&be«; ber
Vernichtung be« §eufc^recfenfc^h?arm« ba« föliefjlidjje ©erid^t über ba« $eer ber SdQer*
toelt; ber aßieberfc^r fruchtbarer 3^^ bie bereinftige tounberbare ©egen«füffe be« ^eiligen
Sanbe«. ®er 'n c^t feelc^cr in ber erften 3Q3ei«fagung für ^«rael al« ein lag be«
©$recfen« in 9(u«ft$t geftefft toirb, Dorgebilbet unb, fall« e« nic^t 9u|e t^ut, eingeleitet
45 burety jene §eufc^rec!ennot, erfc^eint in ber Reiten, nad^bem ba« Soll einen Setoei« bu^
fertiger ©eftnnung gegeben, al« ein Sag gnäbiget ^eimfuc^iung be«felben burc^ bie 8e*
gnabigung mit bem ©etft ber 3Q3ei«fagung unb fd^lieyic^e grlöfung, h>ä^renb er über bie
gottfeinbltd&e Söllertoelt ben ßorn be« göttlichen ©eric^t« ergiefei 9lac^ SRerj tebet ber
^ro^bet tfüax bon ber Serfammlung oder SS5I!er, aber er bentt bod^ eigentlich nur an
50 bie 92a$barböl!er; ba^er k>er!ünbige er beren @nbgefd^icf, laffe aber ba« ber übrigen
9Jtenfd^eit im Unflaren, toeil er gemäfe ber foäteren jübifc^en lenbenj ein fd^arfer $«*
titularift fei. Slffein bafe ba« au« ber gefamten Sßölfertoelt gefammelte ^eer bem gött»
liefen ©ertcfyt unterliegt, ift boc^ in Ä. 4 beutlic^ gefagt. SBenn in ber ©cfyitberung be«
ftimmte 9Jamen einzelner Sölfer heraustreten, h)ie 3tyru«, ©ibon, ^Iiftäa, fo fann bW
66 ebenfotoenig auffallen, al« toenn g. S5. 3efaia ^ort* to0 CT bon bem Snbe be« gegen*
ftmrtigcn 3öeltlauf« rebet unb bem ©ericfyt über bie Söeltmactyt, (entere Slffur nennt, in«
bem er fi# an ben ©tanb ber 35inge gu feiner 3*ü anfc^liefet. ®er SSorlmtrf be« not»*
nalen ^artifulariSmu« aber fällt tyintoeg, ir>enn man ertoägt, bafe e« ftc^ in Ä. 4 um
bie ©ntfcfyeibung be« ©cgenfa^e« atoifcfyen 3«rael al« bem 3Solf be« &eil«gefc$i($tHc&en 8e«
60 ruf«, ber ©emeinbe ©otte« auf (Srben, unb )toif$en ber gottfeinblic^en 93ötfertoelt, alfo
3foe( 3of)atttt ker ©eftänbige 237
um ben f$liefelt$en 33olhug be$ göttlichen ©nabenratfd&luffeS tyanbelt. $!a& jene (Snt*
föeibung, bafi bie föliefclic&e SWactytoffenbarung SatybeS junt ©ericfyt über bie 2Belt unb
utr Srlöfung feiner ©emeinbe an einem beftimmten Ort erfolgt, ift eine and) fonft bent
Alten Steftament gelaufige 9lnf$auung, tote j. 33. Bad) 14, 2 ff., roeStyalb e$ jur @a$e
unb nic&t gur Sintleibung gehört, bafj gerabe Serufalem unb ba£ Sfyal %o\apt)at afe ber 6
Crt be^eic^net toerben, lr>o jene ©ntföetbung fic| boU^ie^t. 6$ ift baefelbe £ljal, too einft
(ögl. 2 <8&r 20, 22—26) unter SofapM bte fyeranjiefyenben fernblieben Sparen ben
Untergang fanben, unb baä feitbem ben Flamen ^ctim^ p» mit bemfelben Stoppel*
finne geführt tyaben toirb, ber i^n für ben 3ufammenfyang unferer ©teile geföicft mac$t.
£er 9iame erinnert ni$t nur an Sofort, ben König, fonbern auety an ba8 bort bereits 10
ergangene ©eri$t 3>afybe3, toelctyeS fxd) bereinft an bem gegen bie ^eilige Stätte ber-
jammelten §eer ber SBöttertoelt roieberljolen foll.
9Bir Kraben bie $euf$recfem?ertoüftung nicljt attegorifety, fonbern eigentlich gefaxt.
Segen bie aflegorifctye Raffung ft>ri$t ber natürliche (Sinbrucf be$ erften XeilS unfereä
9u$<*; au$ ftört fie baS 3Sertyältni$ be$ erften unb jtoeiten. 3$re §aut>tftüfce finbet is
fte in bem Steinen be$ $euförecfen&eere3 2, 20 : "wäi, ein 2Bort, ba$ nad) ber majoret.
Sccentuation nur ben norbifäen bebeuten fann. 3)a nun ber 3ug ber ^eufc^reden, beren
«genuine $eimat bie ©anbhriifien SlftenS unb 2tfrila§ ftnb, getoöfynlidj bon ©üben nad)
Soeben ge^t, nidjt umgelegt, f o fctyeint bie SSejie^ung be$ fraglichen äusbruefö auf Softer,
bie auS bem Sterben fommen, nafyeliegenb, aber freiließ niept unau$tt>eic$li$ ; benn ba ao
§euj$recfen auc$ in ber forifäen SöJüfte ju treffen ftnb, au$ ber leicht Sctytoärme, ofyne
aber ben Sibanon fliegen gu muffen, burefy einen iRorboftttrinb nac$ Sßaläftina getrieben
toerben tonnten, toarum foßte ein folc^er ©c^toarm nietyt ^räsn genannt toerben Knnen ?
9n biefer 3Röglic#eit fefoufalfen, nötiflt ber toeitere Snfalt üon 35. 20 : 'w r&mm,,
toorauf £eli(f$ aufmerffam mac^t. 5Denn toenn man erfragt, bafj teils bürre ©tejtyen, 26
tdtö Seen unb SMeere baS ®rab ber ©tric$fyeufcfyre(fe toerben, toie jott bie SBerfyetjjung,
bafc ein Seil ber jefct ^uba öertoüftenben in bie {übliche SBüfte, ber SSortrab in baS tote
Steer, ber 9ta$trab in baS mittellänbiföe 9Keer geföleubert Serben foll, mit ber allego*
rifc^cn Suffaffung beftetyen? @S fte^t berfelben auc$ freiter ber Umftanb entgegen, bafe
fö tod>er im Dor^erge^enben noc^ im nac^folgenben eine 6pur t>on einem feinblic^en @in- so
fa& emeS jener Sölter, bie man mit ^osn bejeic^net toä^nt, finbet.
Sin ©runb, bem ^ro^eten bie Verausgabe feiner Schrift ab^u^rec^en, liegt ni$t
iwc. 3He Integrität berfelben M eine emftlic^e 93eanftanbung nic^t erfahren. 9tot^-
peinS 9e^au))tung, ba| baS S3u$ leine litterarifc^e ©in^eit bilbe, ru^t auf ber
unbegrünbeten Meinung, ba| bie Rfy\>. 3—4 anbere 3uf^n^e borau^f4en/ a^ ^e86
Jtaft>. 1—2. »otrf.
3o^««tt ber 8eftfnbtgef geft. 1532. — SpalatinS ^iograp^ic bei SRenrfe, SS rerum
pam.ll (Lipmae 1728), 1123ff ; 3)e «Bette, ßutljcrS »riefe I-IV. VI ; »urf^arbt, ÖutfterS »rief.
m«fel, Seidig 1866; SnberS, ßutöer« ©riefroe*iel I— VII. ; «ielan^tfjonS ©ebä*tniSrebe
CR XI, 223 ff.; fiut^erSSeicftenrebe, (521* 18. 189 ff. ; ©eefenborf, Historia Luthcranismi 1692 ; 40
Sörftcmonn, 9?eueS Urhtnbenbuc^ hux ©e[d)ict)te bev eo. ^ird)en=9?cformation I, Hamburg
1812: berf., Urfunbenbuc^ jur ©ef^ic^te beS Oiei^StaßS ju ^ug^bura, ^aOe 1835, 2 $be;
ktf.# «rcöio für bie @efd)id)te ber fir*licben Deformation I, 1. $>ft, ^alle 1833; Weubecfer,
thenfräefe auS bem 8eitolter ber Deformation, Nürnberg 1839 f.; 3)eutf*e SRetdjStagSaften
«ter «ar! V. I, II, ©ottja 1893 ff.; Danfe, beutfdje ©efdtfd)te III. u. IV. ©b.; ©öttiger* 46
ftUtfc 0kf4id)te oon ©a^fen I, 482 ff.; g. o. »e^olb, ©e(d)ict)te ber beutfcf)en Deformation,
Berlin 1886; (£getyaaf, ^rutfdjc ©efd)ict)te im 16. 3a£)rt) , Stuttgart 1889 ff. ; & «aumgar-
te^ flarl V., 3 »be, 6tuttgart 1885 ff.; 3. ftöftltn, SW. fiutber, (Slberfelb 1883; Jft. itolbe,
»artin fiulljer, ©ot&a 1884 ff. ; berf., griebri* ber Seife, (Erlangen 1881; beif., 3)er £ag
toi 6d)let^ u. bie (Sntfteljung ber 6d)tt)abac^er ^Irtifel in Beiträge jur Deformation$gef4id)te 60
S. ftftftün geroibmet, ©ot^a 1896; griebenSburg, ßur $orgefdjid)te beS ©ottja - torgauifdjen
fcnbnlffe«, Warburg 1884; berf., ber DeidjStag ju ©peier 1528, Berlin 1887; Starftenft,
fMf. beff. ©esiebungen in ben Sauren 1524—1526, 3ettf*rift f. tf)üringifd)e ©ef*id)te 1885;
Burt^arbt, Okfd)id)te ber ffidrfifdjen Äircf)en- unb 6d)uloifitationen, ficipjig 1879 ; $>ifariud
6#mt^ Sanbgraf $l|iüpp oon Reffen unb bie $ac!if(f)en .^ftnbel, Seip^ig 1884; 3. Det), 66
•ef*i*te bed ffieiefettag* ju ©peier 1879; W. £en&, S3rtefroed)fcl äanbgraf $()tlippd mit
ftwr, &i|utgl880ff ; ©incfclmann, ?)er fdjmalfalbifdje ©unb unb ber ^arburger DeügionS»
friebe, ©trafeburg 1892.
Sodann ber Seftänbiae, feit 1525 Äurfürft toon ©a^fen, »ruber ^riebric^ be^
Seifen, tourbe am 30. 3>uni 1468 in Weisen geboren, ©r erhielt eine ber^ältni^ go
mäfa gelehrte Silbung, fo ba| er nad) bem Urteil @}>alatin^ bte lateinif$e Spraye
. 238 3foi^ottn bcr Scftdubigt
toofyl oerftanb. (Sin längerer Shtfentbalt bei bem ©rofeo^eim, Äatfct griebriety III., gab
tym ©elegen^ett, fic$ in ritterlichen Rünften }u üben, au$ fott er ftc|» bort ate Ärieg3*
mann im Äampfe gegen bie dürfen ausgebeutet faben. Über feine religiöfe unb finfc
lietye Stellung fcor £ut jjerä auftreten toiffen totr nickte. Sie totrb biefelbe gutmittetalterity
6 getoefen fein, bie man an feinem SBruber fennt. Um f o reichlicher fliegen bie $a$ri$ten
in biefer Sejie^ung in ber foäteren Seit, grity Ratten Sut^erd Schriften i$m ba£ #eq
abgewonnen. SBenn er tyn fyörte, liebte er e3, feine Sßrebigten nacfcjuföretben (©eefen*
borf III, 21). (Sine foletye 5Woc^fc^rift auf einem $oI)iafeIbü$Iem lernten ftrir fcfym au*
bem 3a$re 1520 (3Ä© XXI, ©. 145 ff.). Unb Sutyer toufete, bafe er ben eigenen
io2Bünfc$en beä £erjog8 entgegen fam, toenn er tym burety SBibmung Dom 29.3DUttj 1520
feine toie^tige ©d&rift „fcon ben guten 2Berten" auftrieb (2Bä VI, 202 ff.), gmrtan toer*
folgte ^otyann mxt gekannter äufmerffamfett unb mit fteigenber Seilna^me ben toet*
teren Verlauf ber dnttoicfelung, toie fein Srieftoec&fel mit feinem ©ruber (2$. Rotte,
3friebric& ber SQBeif e ©. 42 ff. ; görflemann, 9leue$ Urfunbenb. ©. 1 ff .) erlernten lagt SBie er
16 ben ©ruber t>on allem unterrichtet, toaS er barüber fyört, fo freut er [\i) über jebe ©cfaift
SutyerS, bie tym griebriety jugetyen lägt. ®r fear e$, ber, afö in ber Xbtoefen^eit be*
Äurfürften, ber nadj Slawen jur ßaiferfrönung gereift toar, !go&. ®d mit bcr Sannbulle
im Sanbe erfetyien, nac$ bem State ber 3Btttenberger bie $ub!iIation ber Sutte unter»
liefe unb auc£ burc$ einen bef onberen ©rief @cfö (S55alc^, «utJ^er«SBBerteXV,1878) ftynty
20 ine machen liefe. 3)a er nur toenige Sage in SBormS ftc^ auffielt (görftemann a. a. D. 6. 30),
bei toel^er (Gelegenheit er übrigeng Sutyerä „Srbieten" mitgebracht $aben bürfte (Steufcfc
tag&tften II,476),fyatte er feinen unmittelbaren Sinflufe auf bie Vorgänge auf bem 3te«$3tagc.
Um fo eifriger toar er in feinen ©riefen an ben ©ruber, ben „frommen SDlamt SRartinum",
bon bem tym bünfe, bafe er auf bem regten SBege fei, ju empfehlen unb ben toorftyttgen
25 Äurfürften ju eifriger Betreibung Don SutfyerS ©ad&e *u ermahnen, unb tyn &u erf uefc*,
.... ^^
and) bie anbern dürften in feinem Flamen ju bitten, ftc$ SutberS angune^men (X^. Äolbe,
%x. b. 28. ©. 42—46). ©einer ©ntoirfung totrb e$ jujufcpreiben fein, toenn griebrkjj
ftety entfölofe, Sut&er ben folgen einer ungerechten Verurteilung ju entjie^en unb fyetmß($
bertoafyren ju laffen. 2öo &t$er ftc$ befanb, toufete 3o^ann anfangt ebenfotoenig al* bcr
so Äurfürft felbft (ebb. 47. (SnberS III, 229). aber loum fattt er babon Äunbe erhalten,
als er auety, toemger ängftlicty als ber ©ruber, foglei$ neue Iterbinbung mit tym anfnüpfte.
3bm toar befannt getoorben, bafe Sut^erä @egner mit ber Stelle Sc 17, 14 gegen beffen
©c^rift öon ber Seilte (®9l 27, 318) agitierten, ja avß Sut^et« »rief an ©palatm
(Princeps Johannes petitus illo Lucae de decem Leprosis etc. (Snberd, £u$eit,
86 »riefto. III, 234) ift in fc^Iiefecn, bafe man biefe ©teOe bem dürften felbp entgegen tydt;
eben b^alb liefe er «ut^er bei einem Sefuc^e auf ber SBartburg im ©eptember 1521
ben 2Bunfö um »ele^rung burefy ben ©c^lofe^auptmann k>on Serle^ Vortragen, toorauf
ber Reformator feine 9lu3legung btö Stoangeliumd Don ben je^n Sludfä^igen (09* 16,
29391 VIII, 336 ff.) ausgeben liefe.
40 $em $erjog ^o^ann, bei bem er toor allem grofeed Qntcreffe baran Dorau^fe^en
fonnte, fc^tate er no$ toä^renb be^ 3)ruc!ed bie eingeben Sogen feiner Übecfejpmg
be« 913: ((SnberS III, 381), unb ba« Sefcn in ber S3ibel gehörte fortan ju ben tag*
liefen ©emobnbeiten be£ dürften, ja in Röteren Sauren liefe er ftc^, tote berietet totrb
(©eefenborf III, 31), bis fcc$ö ©tunben am Xage barau* t>orIefen. SKitte Dltoter 1522
45 tarn Sutfyer bann, tote eS fc^eint, gum erftenmale auf ber Steife nad} Erfurt auf ben
Söunfc^ beS dürften an ben .§of nad) SBcimar unb burfte bafelbft me^rfac^ J>rd)tgen.
Unb toaS er ba u. a. (in ber oierten «Prebigt 621 XVI, 472 ff.) über bie jtoet ©c^toerter,
über toeltlid^e unb geiftltc^e Dbrigfeit barlegt, ertoeefte ben 9Bunf$ bed dürften, eine
toeitere Sluäfü^rung ju ^aben. $)a^ gab £utl)er bie äufeere Seranlaffung ju fetner
wSd&rift „3Son toeltli^er Dbrigfeit, toie toeit man t^r ©e^orfam fcfculbig fei" (BS
22, 59 ff.), unb obtoo^l Sut^er bie ©renken ber fürftli$en Wac^toottfommen^ett, mit aßen
^rabitionen brec^enb, fc^arf betonte, unb and) bem bamaligen gftrftatgeföfobte bittere
SBa^eiten fagte (togl. %f). Jlolbe, 5K.£ut^er II, 66 ff.), na$m ber ^erjog niat nur bte
38ibmung beS fc^toer angefetnbeten Sucres an, fonbern liefe ftc^ babur$ ft^tlt^ beie^ren.
66^)enn als im !Jafyrc 1524 ber 93ifd^of oon 3Jlerfeburg auf ©runb ber fcon i^m im lur»
fäc^ftfd^en ©ebiete feiner SDiöcefe Vorgenommenen SSifttation ßinfe^retten gegen getotffe
^rebtger forberte, riet go^ann feinem 33ruber bte^ abjuletynen, ba bte Ängefc^ulbtgten fÜ^
auf bie göttliche ©c^rift unb baä @t>angeltum berufen gärten, o^ne bafe man fte barau«
toiberlegt ^ötte, unb gegen folc^e Seute mit ©etoalt t)orjuge^en, i^nen att toeltBc^en
eo dürften nic^t julöme (^örftemann, 9Ieued Urf. ©. 102). Sie einfeitige »etonung biefe*
Soft*™ ber ©cftänbtge 239
©runbfofceS unb bic ängftltd^e Sorge, ftcty unrechtmäßig in gctfttgc 3Mnge einjumiföen,
föeint aucfy ber ©runb getoefen ju fein, toeäfyalb igotyann lange $eit gegen üRünjer
ntyt cutfd^ritt unD ßarlftebtS baS Sanb Vertoirrenbe Xfyätigfett rufig mit anfaty. (Sr
Heft bie @a$en gefcn, ließ bie ^onlei^namSprojeffton faden unb fvrad) föon im Igatyre
1523 feinem ©ruber gegenüber feine Sreube barüber au$, baß ft<» bie „^irojeffion in 6
2$äringen fo fein Von felbft abgefcpnitten" (XI). Stolbe, %t. b. SB. ©. 51), unb fein
fetter, #erjog ©eorg, Sagte nietyt o^ne ©runb, baß er „metyr benn anbere dürften in
fernem ©ebtete e3 letbe, ba$ man beutfd&e 9Keffe lefe unb ba$ 2lbenbmafyl unter beiberiet
(Seftalt reiifce" (ebb. @. 55), aber tote fein ©ruber vermieb ^o^ann lange $eit jebeä unmittel-
bare (umgreifen fotootyl nac$ ber einen hrie xiai) ber anbern ©ettc (Jörftem. 31. Urf. ©. 111). 10
Sie er mitten in ber ©etoegung ftanb unb alles verfolgte, jeigt bie 3^atfa$e, baß fogar
bie 2$eorie bed bamalä ©ifenadjer $rebiger$ 3a!ob ©trauß, baß ba3 3urücfge&en auf bte
Sxfyrift aud^ auf ba$ mofaifebe ©efefe ate bie einige StecftSnorm führen muffe, (Sinbrucf
auf ifyx machte (©urtyarbt, 8.3»rieftp. ©. 72; 2#.Äolbe, Cutter II, 118). äberbaStoar
nur twrüberge^enb, unb ein hrie fd&eint längerer Slufentfyalt in SBittenberg in ben erften 15
Stenaten be* %afyc& 1525 braute i&n Sut^er immer nätyer. 9Jiit greuben berichtete er ba
u. a. über Sutjpt* <ßrebigten an ben ©ruber, unb „tyft toarlic^en tyn großem ©olef in ber
Äirtfcn getoefi, baS tc$ elpn freube baruber getyapt" (%$. Äolbe, %x. b. 2B. ©. 58). —
9ta$ bem am 5. 3Rai 1525 erfolgten SCobe gxiebric$8 b. 2B., mit bem er fo lange in um
getrübter ßimgfeit ba3 Sanb gemeinfam regiert fyatte, tourbe er mitten in ben SBirren 20
be* Sauerntriege* jur felbftftänbigcn Regierung berufen. 35cn toeiten Politiken ©lief
be* ©rubere, ber biefem lange 3«* eine füfyrcnbc Stellung im Steige eingetragen fcatte,
befaß er tttyt, aber er tonn als StypuS eines pflichtbewußten Xerritorialfürften gelten,
bem ba£ SBo^l feiner Untertanen ernftlic^ am §enen (ag. 2Bar er in Vieler ©ejte^ung
ton feiner Umgebung abhängig, feie benn fein Jtanjler ©rücf (f. b. 31. 111,441) bie Seele [einer 25
folitit toar, fo fonnte er bcxty and) \ttyc entfegieben mit ber ^ä^tQfett be£ fäctyftfctyen
Stammet an bem feft^alten, toaä er einmal für richtig erlannt fyatte. SQBie er in ber
MjRdpn Stafl* P»*» frufete man auety auätoärtö, förieb boety 2öingftelb, ber englifetye
Beftaftttroger in ©rüffel, faon am 31. 9Jtai 1525 an ben Äarbinal SBoIfcty, ber neue
ftarfürft von Saufen fei, tote man fage, ein ärgerer Sut^eraner al$ fein ©ruber (©retoer, so
Letten and papers of the reign of Henry VIII. ©b IV, I 9fr. 1370). Unb in
Sittenberg burfte man ^offen, baß bie lange jurücfgcftettten noth>enbigen Reformen in
ümtoerfttat unb Jttrctye eine gana anbere SBürbigung finben mürben alö b'xtyzx. 5Da^ bon
Äeorg toon Saufen angeregte fceffauer ©ünbnid Dom 19. ^uli 1525 mit feiner @pi$c
„gegen bie berbammte lut^erifc^e @eltey/, in ba£ man i^n unb ben Sanbgrafen tyfyl'yp 36
ben Reffen einbeziehen toollte, nötigte ben dürften, balb nac^ ber 9lieberh)erfung ber ©auem
ort feiner bie^ertgen 3urüct^altung ^erauäjutreten. @inb toir red)t berietet (Spalatin
bei Wende, Scriptores II, 648), fo ließ ber Äurfürft am 16. äuguft 1525, e^e er
ffieimar verließ, bie ©etfUic^feit biefed Slmte^ nod^ einmal jufammenberufen unb i^r,
wabern fte burc^ jtoei ^rebigten vorbereitet toorben, anfünbigen, baß fte in 3utunft 40
bog lautere Söort ©otted o^ne allen menfd^Iic^en 3ufa^ 2U }>^btgen fyabe, unb aB einige
die $rießer äußerten, ed toerbe i^nen bamit boc$ nic^t verboten, ©eelenmeffen ju lefen,
Sal) unb SBaffer ju tarnten, tourben fte bebeutet, toa3 Von bem SBorte gelte, fei auc$
ben ben ßeremonien ju Verfte^en (Slanfe II, 162). 3Rit gleicher entfc^loffen^cit lehnte
er ein ftafammenge^en m^ ^em fäc^fijc^en Setter ab unb befanntc fic^ in einer gemein^ 46
feanen (Srflänmg mit bem Sanbgrafen (Xreffurt ben 15. September 1525 bei 3rrteben&
barg ©ot^torgouif<$e3©ünbni3 6. 114) offen unb frei jur evangelifc^en Sefyre: fte feien
Sett bereit unb geneigt getuefen, jtc^ bem SBorte ©ottc^ unb bem (Evangelium gemäß ju
Uten, „baburc^ und bie toa^re Rechtfertigung ©otted aud bem ©tauben burd) bie ©er«
petßung in S^riftum, unfern @rlöfer unb ©cligmacber außerhalb unferer SBerfe unb 60
Seremmtien nun toiberum offenbar getoorben ift". Dftentativ gab er bei ©eginn ber
$affen}*t 1526 feinen $of!euten unter ©rud^ ber ^aftengebote ein großem (Sffen unb ge?
bot tu beifelben $t\t, im ganzen ©ebiet bieSKeffe naefy Sut^er« ©c^riftvon ber beutfe^en
SRefte ju galten (©eefenborf II, 148; 9Jlencte, Scriptores II, 654). 2)iefeS ©orge^en
toie bie SZottoenbi^feit, gegenüber ben 3Rac$inationen ber ©egner gerüftet ju fein, führte 65
bann, toa« ^ier ntc^t tpeiter audgefüj^rt toerben fann, gu bem in Borgern befd^loffenen unb
ti Qotfyt am 27. ^februar 1526 ratifizierten ©ünbntö jtoifc^en Johann unb ^Uity>, bem
m 12. 3uni gu Sftagbeburg noef) anbere evangelifd^ geftnnte Stänbe beitraten, h)oburdj
ber Äurfürfi aan) von felbft jum güt?rer ber eVangelifc^en Partei im Steige tourbe.
60 gerüjftet «festen er auf bem 9tei$$tag ju ©peier im ©ommer 1526. Offen Vor aller *o
240 3of)*»tt ber ©eftänbtge
2Belt befanntc er ficb hier ate ebangelifctyen dürften. Der 93erfuc$, bie ebangelif$e $rebigt
ni unterbrüdfen, Würbe jurücfgefctylagen. ßbcnfo ba8 Sfofinnen, bie giften *u galten.
Deffentlicfy ertlärte ^o^ann bem 6r$erjog gerbinanb unb ben faiferlicfcen Äommiffaren, bon
©otteS ©ort nicfyt weisen ju fönnen, unb baß er ftc^ )u leiner (Seremonie Werbe bewegen
6 laffen, bie ©otteS SBort entgegen fei (ebb. 658 f.). Sin ber Verberge beS fturftirjtai
tonnte man .als Umfd^rift feinet SBappenS lefen Verbum domini manet in aeternum,
ja auf bem Srmel feinet ©eWanbeS, Worin feine S5e^Ieitung feinem Seiftrid folgte ©rieben*
bürg, ©pcier ©. 305 f.). 6r War botl ®ifer für bte (SrWeiterung beä ebangelifdpn 8ünb*
niffeä unb feine Haltung War eine ©tärfung für bie anbern (ebb.).
10 Wad) feiner Slücffefyr erwarteten tyn fd&Were aufgaben in ber $eimat. ©$on e$e
Sodann flurfürft geworben War, am 3. 9Jtai 1525, fcatte ber treffliche äwiefauer Pfarrer
9iif. £au«mann (f. b. 31. VII, ©. 487) in einem auSfü&rlid&en ©utac&ten (3$E& 22 365 ff.) fty
an ifyn geWanbt, ausführlich bie traurigen fmtylidjen 3uftänbe gefctyilbert unb $m, ber al*
oberfter ©ctyufcfyerr bcS 93iätum3 ba$ Siecht unb bie ^Pflic^t baju fcabe, bringenb barum
16 erfuc§t, nac$ bem 33eift>iel beä ÄönigS gofapfyat (2Slj>r 17, 6 ff.) „mit großer Siebe unb
fürftltdjen tapfern, gnäbigen SBillen" felbft einzugreifen unb f$leunigft bur^ tüchtige
Männer mit entforeepenber 33oHmadjjt eine allgemeine SSifitation bornetymen ju laffen, too»
bei er auf Sutyer al$ ben fyaitf)tfäc$lid& baju geeigneten tyinWieä (bgl baju ben Don Qaufr
mannS ©ebanfen beeinflußten 93ricf ©peuatinä an Jturfürft griebric^ Dom 1. 9Rai bei
20 %f). Äolbe, %x. b. 38. ©.68 ff.) 3>n ben näc^ften ÜHonaten War freiließ baran faum ju
benten. Sutyer f?attc felbft and) mancherlei 33ebenfen ; aber als ba«, WaS er &uerft ttm
bem neuen Äurfürften um ber ganzen ßufunft b« Äird&e willen erreichen Wollte, m SCiu
griff genommen Worben War, bie SReuorbnung ber Uniberfität, unb gerabe na$ bem
ÜBauernfriege bie SBerjettelung be$ Äirctyengutö burc^ ben Slbel ju einer immer größeren
36 ©efa^r Würbe, überzeugte er ftc^, baß nur burd? eingreifen beä Surften, als bem, ber
„baju burcr; uns unb burc$ bie 9tot felbft als gewtßlicfc bon ©Ott geboten unb ge*
forbert wirb" (De 2Bette III, 38 f.), bem Unheil gefteuert Werben fönnte, unb bat ipt,
bie nötigen 9Jtittel unb 2Bege ju ergreifen. Unb ^otyann War fofort bereit barauf cm*
juge^en (Surfyarbt 93), Wenn er auety naturgemäß Wegen ber etwaigen Sdaftuna be*
so „ftammergutä" Siebenten trug, unb 2utr;er machte barauf ^in ben ^oftttben Sorfcfclag,
bad ganje Sanb burc^ 4 ober 5 SSifttationetommiffionen bifttieren ju laffen (3)e ffiette
III, 51), Womit man auf Slnorbnung be$ dürften )>robeWeife im Januar 1526 im Amte
S5orna unb bann im 3lmte lenneberg begann (Surl^arbt, SSifttation ©. 10 ff.). DW
führte ju ber Wichtigen gorberung ber 33ifttatoren, bie fc^on einen ©^ritt Weiter in ber
86 (Sntwiaelung ber (anbe3nr$(i$en ©ewalt bed dürften bebeutete, baß bie Sefugntö, ©eift
lid)e ein= unb abjufe^en, allein bem dürften jufte^en folle (ebb. ©. 13), Wie bemt caiS)
2utr/er um biefe &\t bem Äurfürften flar mad^te, „baß einem Weltlichen Siegenten nk^t
ut bulben ift, baß feine Untertanen in Uneinig!eit unb 3^^^ ^ur(^ WiberWertige
Hkebiger gefd^rbet würben" (3)e 3Bette III, ©. 89), 2lu$laffungen bie auf guten »oben fielen.
40 9lber erft nac^bem ber 9lei^tag^abfc^ieb bon ©^eicr i^m, Wie man meinte, ba* Stecht
ju felbftftänbiger Drbnung ber fir$licben ^er^ältniffe ju geben Wien unb £u$er in
einem bringenben ©(^reiben bom 22. Scobember 1526 (SDe Sßettelll, 135 f.) no$ einmal
bie ^flid)t bed jturfürften, atö bc^ oberften Sormunbed ber 3ugenb, bafür )u forgen, baß
biefe ni$t berfäumt Werbe, Woju man ©c^ulen, ^rebiger unb Pfarrer ^aben müßte, be=
46 tont unb bon neuem eine buretygängige 9Mfitation geforbert r;atte, Würbe fte befc^loffm.
feiltet) War Sut^er längft m$t jufrieben mit bem, toctö man am ^ofe jur 6k^
rung be^ Kirc^engutö gegenüber ben Räubereien bed Slbetö tfyit @ö fei nic^t baran |H
benten, tlagte er, baß ber fturfürft wie fein Sruber bie Regierung felbft ausüben Wabe.
©ut unb treu wie er fei, hielte er and) anbere bafür unb laffe ftcf) bejc^Wa^en, unb in
60 feinem Ungeftüm brang er beär/alb einmal ben ^ofleuten jum %xo% b\& in bad Schlaf*
iimmer bed gerabe in Wittenberg anWefenben ^ürften (De Siiettc III, 147). (Steufyoe^l
tonnte man beobachten, Wie ber Äurfürft, ber ftd> längft baran gewöhnt, ftc^ in afla
irgenbWie tird^lic^en fragen bon Sut^er beraten )u laffen, ja fogar fe^r befümmte SBor»
fernläge beefelben in rein Weltlichen Dingen Willig ^inna^m, fo biel er forarte, feami
66 2Bünfc^en ju genügen fuc^te. Da War in ber %fyat feine Sitte für biefen ober jenen,
feine Anregung Sut^erS, auf bie er ni$t freunblic^ einging, unb Wie f$r er fu^ in bie
ebangelif$en ©ebanten ^ineingelebt ^atte, fo Weit, baß er ängftlty beforgt War, man
fönnte biefeä ober jenes, toa$ in Wittenberg gefc^a^ ober bon bort auägmg, im lat^o»
Uferen ©inne beuten, jeigen bie Sebenten, bie er bem Reformator Wegen bed Sifttatiiml*
eobüc^lein^ borlegte (Surf ^arbt, 93riefWe$fel 122 ff., 126 ff.), ^n bie Solle bc* S^u^^enn
Sodann her 8eftfttt*tge 241
bar Äircfce fatte er fic^ fcfaeH gefunben. SRelancfytfanä §inft>ei$ auf bie fräter in fe&r
fctyner SBeife jur 33egrünbung be$ lanbeätyerrlicfan ©ummepiffopats angetoanbte ©c^rift*
flette 3«f 49, 13: Reges erunt nutritores tui gereifte ifym ju großer ©tärfung (bgl.
äartfdber, Melanchthoniana paedag., Seidig 1892 ©. 171), ja in (einem frommen
Sifcr für bie Sicherung be$ ©bangeltumS ging er balb, bie Rötere (Snttoicfelung in Der« 5
bängntebofler SBeife anbafcnenb, toeit über SutfarS SBünfcfa fyinauS. DaS geigt fic$ beut*
G$ bei einem 9Sergletc$ Don SutfarS 35orrebe &um SStfitationSbüc^lem mit ber furfürft*
ticken Snßruftton für bie 33ifttation$fommiffion. 9Jtan tann ben Unterfäteb bafyin prä*
öfteren, bafi, toäfyrenb Sutyer eine SBifitatton toollte, ber gürft nafa baran toar, eine 9lrt
gnqutfttion einjuric&ten. @r erteilte ben 33ifitatoren ba$ Stecht, nietyt nur ©etftlicfa, bie 10
c* mit SBort unb ©ahament nietyt in ber bur$ fte borgefäriebenen üöeife galten toollten,
be* Xmteä gu entfefcen fonbern auc§ Saien, „bie beä ©aframentS falben ober fonft im
Stauben berbacfytig'', borjuf orbern, unb toenn fie auf befragen bei tfaem Irrtum ber-
fairen tooUten, irrten anjufünbigen, bafc fie nad) beftimmter ^rift ba$ Sanb )u räumen
hatten. Senn, ertlärt ber Jturfürft, „n>ic tootyl unfere ÜReinung nietyt tft, jemanb ju ber« 15
btnben, tarö er glauben unb galten foDe, fo toollen toir boety jur Sßerfyinberung fcfablid&en
Xufru^r* unb anberer Unri$tigfeiten feine ©eben noety Trennung in unferem Sanbe
hüben" (Stifter, Ätrcfanorbnungen I, 77). $fatfäc$lic$ berfu&r man bo$ fefyr milb, unb
£utfar tmtfcte, ba& e$ babei fo gelten toürbe, toie er in Sejug auf 9Jtelanc$tfan3 2?ift=
tatumäUu^Iem bem 5turfürften fefrieb: „Orbnung [teilen unb aufgehellte Crbnung falten, 20
fmb itoei Ding, toeit bon cinanber" (De 2Bette III, 212).
Witten in biefe friebfertige unb aufbauenbe ftfatigfeit fam bie Äunbe bon bem am
gcMkfan Sretfauer Sünbniffe nir 33ernid&tung ber ebangeliföen ©tänbc unb 3tu3rottung
ber Stefeerei, bie Otto bon Sßaa bem Sanbgrafen W^W bon Reffen überbrachte, toonadj
man txm tym unb bem Äurfürften berlangte, bafi fte „ba$ 3tmt ber fatligen 2Reffe, alle 25
Zeremonien, SBigilien, ©eelmeffen, ftrie bie tarnen fairen mögen unb Don 2Ilter3 tyer*
gebraut toorben fein, beägleid&en Äircfcen, Softer, Älaufen Jmeberum foQten aufrichten''
($L Gdfloaxi cl cl D. 6. 31 f.). 2Bie ber Sanbgraf toar ber Hurfürft bon ber (Styfait
ber betreffenben Urlunbe überzeugt, unb ed entjprac^ bem btö^erigenSünbntö, h)enn man
W )ur Äbtoe^r rüftete, unb bie beiben dürften im Sertrage $u Weimar befc^loffen, „Seib 30
■ab &fit, Sßflrbe, Sanb unb Seute unb alled toaö in ber fflelt enei^t toerben tann,
■^aminenaufe^en, um ben ©c^afe beä @bangeliumd )u ^üten" (©edenborf II, 95). Unb
wffirft gofann entfaltete jur ^etoinnung bon Sunbe^genoffen im Sorben faum eine
geringere Zfatigfeit al^ ber £anbgraf im ©üben (§. ©c^toarj ©. 47 ff.). 2lber efa er,
rte ber Sanbgraf fe$r balb für nottoenbig ^ielt, mr Cffenftbe griff, tytelt ber Äurfürft ss
ke^ für geraten, „um Serftdberung unfer beiber ©eftiffen to'iüm", toie er an ^il#
((faeb (»eubeder, 9Rerfto. »öenftücfe I, 33-37), Sut^er ju State $u gießen. Unb atö
Wfer |toar bad Stecht unb bie $fltcr/t feinet ^errn, feine untertfanen gegen jeben 2ln=
griff ber „aRorbfürften" gu fc^ü^en betonte, aber ebenfo beftimmt aud Sottet 2Bort fic^
W/m jeben Angriff unb jogar bafür ertlärte, bafe ber Jturfürft nic$t f^ulbig fei, fad* 40
ket 2anbgraf toiberrribtlicp jum angriff fc^reite, an bem 33ünbniä feftju^alten (De SBette
HI, 319, 3tf#r. f. n. SBiff. 1882 ©. 287; 3$. Äolbe, 9Jlart. Üut^er II, 294), lie&
^ ber fromme 3Rcam fc^nett überjeugen unb bat ben Sanbgrafen $u bebenfen, ioie
Jptfjty unb erfd^redlic^ e« toäre — toiber ©Ott unb bie ©etoiffen gu fanbeln", blieb
tfy ber jornigen Haltung btö Sanbgrafen auf biefem ©tanbpunft (§• ©d;toarg 52 ff.) 45
«b liefe fu^ bei allen Weiteren SSerfanblungen barüber bon feinen Xfaologen beraten unb
»wjk^tete fogar auf bie Jlrieg^loften (ebb. ©. 165). 92ic^t ofae ©runb tonnte baber
ö^er feinen ^errn am Snbe bed Sa^re^, aiö »erbriefjlicfa §änbel mit ^ergog ©eorg
fajta, Reiben: „©0 flehet auf 3. ff. %. ©. Seiten ber ©t>ru$: ©elig fmb bie
griebfamen, beim fie toerben (Sottet ftmber faifeeny/ (De 2Bettc III, 411). so
jtn boDem Vertrauen auf feine geregte ©ac^e jog ber Äurfürft im 3Rän 1529 auf
ka Äeu^tag tu ©)>eier. 3Bie brei %atycc früher, liefe er ft$ ba^ Stecht nic^t nehmen,
fcougBatf in (einer ^erberge ft$ ba^ @Dangelium prebtgen ju laffen, unb betannte offen
tfapol feinen ebangeltföen ©tanb^unh, Vorüber er fefyr balb 92ic^tac^tung, ja sjlnfeinbung
|i afn^ren fyüU. ^nbeffen fann fyter auf bie ©ejc^ic^te beö ÜHeic^^tage^ nic^t etn= 66
mangen toerben. & tft belannt, toie ber Jturfürft für Seibefaltung bed ©peierer 2lb*
MnM twn 1526 in ber bon ben (Sttangelifcfan allgemein angenommenen Deutung, bafc
a $ncn berf Se^t ju ben Krc&licfan Neuerungen gegeben, eintrat (92e^ a. a.D. ©. 125 ff.
110. 178. 180) unb an ber ©pfee ber @bangeltfc|en ©tänbe bie ^roteftation gegen ben
jAen gortbefianb bed eben erft mü^fam gegrünbeten neuen itirc^enh)efend fc^toer bebro^enben go
Bml+wc*tt*pä*U f*x XWosit unb Stirdit. 8. «. IX. iq
242 Sodann ber geftönbige
SDte^r^eitöbcfd^Iu^ einlegte. 35a« führte jur SBieberaufnafyme ber SünbniSbeftrebungen,
unb obwohl ber Äurfürft in ber 2Ibenbma^l«frage bon Anfang an aanj auf Seiten
fiutfyer« ftanb unb man in ©peier einen Stugenblicf nid&t nur in römifdpen fonbern auefc
anberen Äreifen glauben fonnte, er Werbe geneigt fein, burety $ret«gabe ber gWinglianer
6 einen milberen 3lbfd&ieb ju erlaufen (-Mety ©. 220 f. X fo Würbe au$ er bim$ bie ben
©cgenfafc berfcfyleiernbe, aber ben 9?ic£ttfyeologen genügenbe (Srflärung ber Strasburg«
für bie Hoffnung eine« 3lu«gleid&« gewonnen, unb fam nod& in ©peier ein Vorläufigem
©nberftänbni« gtoif$en ©adfjfen, §effen, Nürnberg, Strasburg unb Ulm )u ftanbe (3%.
Äolbe, 35er SCag bon ©d&lei& ©. 96). aber unter bem (ftnflufc 3Reland&t&onS unb
10 namentlich Sutfyer«, ber fiefy gegen jebe« „93unbmad&en" unb &umal mit Seuten, „fo toiber
©ott unb ba« ©aframent ftreben" (3)e SBette III, 455. 465. 596), erttärte, War feine
SereitWiUiafeit balb fe&r fyerabgeftimmt (Senj I, 11 ff.), unb bie refultatlofen 9ta$anb?
lungen ju3lotad& unb©aalfelb laffen beutlicfy ba« 93eftreben erfennen, burc§ einen ©eintrat*
bunb mit Reffen unb ©eorg bon 93ranbenburg=2ln«bad&, ben ber Jturfürft befonber« gern
l&babei fyaben Wollte, bie Dberlänber abschütteln. !gnbem n ^)cm £ua# b°n ^n
Sranbenburger ausgekrochenen ©ebanfen beiftimmte, „bamit Wir alle toiffen, Warob totr
einanber retten unb fyanbfyaben foUen", Slrtifel feftjufteHen, barauf bie einigfeit be«
©lauben« unb be« ßfyriftcntum« beruhe, arbeitete er inbirett ben 8lu«gleic&«beftrebungen
be« Sanbgrafen entgegen. Unb bie 3Serfyanblungen ju ©cfyletj (bom 4. Oftober 1529)
20 Wie bie Slnnafyme ber l;ierauf bon Sutfyer al« 33unbe«grunblage berfaftten fpater fogen.
©d?Wabacfyer SÄrtifel (f. b. 31.) befunbeten ben (Sntfctyluft be« dürften, fogar auf ba«
3ufammengefyen mit bem Sanbgrafen ju beraten, trenn biefer fic$ nic^t Don ben
©djWciaern unb Oberlänbern trenne. SBiebiel au<$ auf bem Spiele ftanb, Wo er ju$ in
feinem ©eWiffen gebunben füllte, War er unerfd&üttcrlicfy. Sr ^atte bom Äaifer, ber caxdf
26 fein SSerfprec^en fyinftcfytlid& ber Verheiratung feine« ©ofyne« mit einer fpanifcfcen ^ßrm)efftn
unberücf ftd&tigt gelaffen fyatte, mand&e Äränfung erfahren unb füllte fietief, aber boH fy>^er,
ecfyt mittelalterlicher SSerefyrung für ba« 5Reicfy«oberfyaupt, machte tym bie grage, Wie Weit
er &ur SSerteibigung be« (Sbangelium« auefy gegenüber bem Äaifer getyen bttrfe, fötoere
Sebenfen (35e SBette VI, 105; III, 526. 560), unb jWar um fo me&r, je ©^Ihmnere*
so man Slnfang 1530 bon ben planen Äarl« unb feinem SSertefyr mit bem Zapfte erfuhr.
Unb nun fam ber Stag bon 3lug«burg. %xo§ be« frieblicfc lautenben3lu«fc£reiben« (f. b. 8t.
3lug«burger Sefenntni« 33b II, 242 ff.), ba« für ben erften äugenblicf bie beften ßoff*
nungen ertocefte, tou^te ber fcon feinem loeitblidfenben Äangler Srücf beratene Äurpirfr
ber t>on bem Äaifer noety bie Sele^nung mit ber ßurtoürbe ju erbitten ^atte, bafj e^
86 leidet ju einer großen 3lbred^nung fommen fönnte. 2BaS irgenb an 9(ttenftüden, Der*
brieften Seiten unb fonftigem Seloetematerial bafür bon Gelang fein fonnte, tourbe mit^
genommen, bie Seamten unb Untertanen tourben nod^ einmal an tyre ^flic^t erhmert,
bie ^farrer ermahnt, fid^ an bie ^nftruftion ber 35ifttatoren gu ^tten, ba$ SBort ©otte^
P^ifeig jw berfünbigen unb mit i^rem SSoIfe für ben SeicfyStag ju beten. Dbtoo^l alternb
40 unb fränftid^ ftanb ^otyann n^ an/ in ^erfon ben Slei^tag ju befugen. 9Kematö toar
er größer, jeigte fidfj bie geftigteit feine« eöangelifc^en ©laubenS beftimmter, a\$ m jenen
feieren lagen bon 2lug«burg. @r unterlieft nichts, toa€ ben bon i&m fo fe^r erfe^nten
^rieben fyätte förbern tonnen, aber c« gab au$ nic^t«, toa« i^n eine Sinie Don bem
für richtig erfannten ©tanb)3unft ^ätte abbringen fönnen. Um ben fd^on in 3nnds
46 bruef Joeilcnben Äaifer bei feiner Söteberfefyr in« SRetc^ ju begrüben unb ben $erleum=
bungen ber ©egner entgegenzutreten, lieft er itym balb nac^ feiner SCnfunft in Äug«=
bürg burd^ feinen ©efanbten §an$ bon Dol^ig ein ©laubenäbefcnntniS überreichen
(Srieger, ftird^engefd(>ic^tlid^e ©tubien §. SHeuter geh). ©. 332 ; görftemann, Sn^it) 23),
erbielt aber eine ungnäbige Slnttoort. 3)er Äaifer forberte ÄbfteHung ber ebange*
60 lifc^en ^rebigt unb fora$ ben SKunfd^ au«, ber Äurfürft möge, toenn er |u^ ge^orfam
erzeigen toolle, i^m nac^ 3""*^ entgegen reifen. Seibe« lehnte er ab, tnbem er fu^
auf ba« 9(eid^tag«au«fd^reiben berief, unb an ber ebangelifd^en ^ßrebigt tpoQte er feft*
galten, obtoo^l feine Ideologen, um bie unbequem geworbenen ghringlianer lo« ju
toerben, Weniger abgeneigt Waren, auf ben faiferlic^en SBJunfc^ einjuge^en; bielme^r ftm«^
66 er babon, fyeimreifen gu Wollen, Wenn ber Äaifer bie ebangeliföe Vßrebigt nietyt geftatten
Werbe, ßbenfo berWetgerte er bie leilnafymc an ber gronleidjnameprojeffion. Sefännt
ift fein grofte« SSerbienft um ba« 3uftan^c'ommcn btt 2lugSburgifc&en Äonfeffion unb
ii^rc öffentliche Serlefung (f. b. 31.). W\t Scftimmfyeit wie« er ben einmal bon
feinen ©elefyrten, um bie ©efafyr bon bem dürften abjulenfen, geäußerten ©ebanfen
eojurücf, ba« Sefenntni« nur im 9lamen ber ^Prebiger abzulegen: „§c^ Witt meinen
Sofjaitn ber ©eftönbige 243
gljriftuS au<$ mit befeimcn", ertoiberte er ifynen, unb tym unb feinem Äanjler 93rü(f toar
e$ wU&t jum toenigften ju berbanfen, h>enn SDteland&tfyonS ^eitmeiüge ©onberbertyanblungen
unb naety ber Übergabe beS SefenntniffeS bie gefährlichen SluSgleictySberfyanblungen oljne
6<$abtmmg für bie ebangeliföe ®aty verliefen. 2llS ifym berßaifer funb tfyun lieg, baft
er bie »eftätigung beS GtyebertrageS itolfäm bem Äurprinzen unb ©ibtylla bon 3üK$5 5
6kbe, toekfjer biefem bie ebentuette 9ca$foIge in btefem Sanbe garantierte, unb bie S5e=
letyramg mit ber Äurtoürbe nic^t }u erwarten fyabt, toenn er „beS lutfyerifd&en ©laubenS
unb SBefen«, **ft er bie meifte Urfactye fei, nid&t abftctyen tooHe" (CR II, 206 u. fpäter
II, 261 f., ©palatinS SCnnalen ©.151), toieS er biefe Zumutung unter Berufung auf fein
©etotfjen unb baS niefct toiberlegte 93efenntniS mannhaft jurüc! (görftemann, USB II, 113). 10
fRan brofyte, tyn bon fianb unb Seuten zu berjagen, unb er berfannte nid&t bie ©e=
fafrr, in ber er fid^ befanb. „©nttoeber ©Ott berleugnen ober bie SBelt", fagte er, „toer
larai jtoetfeln too baS Sefte fei. — ©Ott §at miefy ju einem Äurfürften beS Steid&eS ge*
ma<$t, toaS i<$ niemals teert getoorben bin; er mad&e ferner auS mir, toaS ifym gefällt"
(Steile III, 188). Unb man touftte im Steige, toaS man an tym habt: „Die toeil unfer ib
jetttty Iroft bomämli$ auf @ur Surf. ©n. rufyet", als bem, „ber unter bem £eerbanner unferS
fietfattb* Igefu Sfaifti ju fernerem ftampfe ftefyet", fcfyrieben bamalS Sürgermeifter unb
xatfr mannen bon SRagbeburg unb berftc^erten it?n tyrer ^ürbitte bei ©ott (^örftemann, Url.
II, 137). Stfe ber Sanbgraf ben Stetc&Stag berlaffen, fyatte er nod) mefyr als früher bie
gü^rung ya übernehmen. Sie legten SBocfcen brachten täglich neue ©orgen, aber naefy 20
bem 3Bunf$e beS RatferS blieb er bis nad) SSerlefung beS älbfcfyiebeS. 9lod) einmal ber*
fu^te man eS mit aQen SKitteln, tyit umjuftimmen. @r blieb bei ber SBertoerfung beS
XbfttytebS. „Dfyeim, Dtyeim, baS fyätte xd) miefy ju @to. Siebben ntd&t berfefyen", fagte ber
Äatfer, als er tyn entlieft (görftemann, 2trcfyib ©. 206). Dfyne' ein SBort ju berlieren,
aber bim tiefem ©<$merg erfüllt, fo bon feinem Äatfer Reiben }u muffen, unb gebrücft 25
ob ber SRtftacfytung, bie er erfahren, berlieft er ben *J$alaft unb toanbte ftd^ ber ^eimat
ya. Set ber offemunbigen ©efa^r — fd^on auf bem 9ieic^Stage hatte man bon Lüftungen
beS ÄaiferS geftnroc^en, freiließ, toie ber Äaifcr bei bem Zapfte auf SJernid^tung beS Atur=
fürften Einarbeitete (9Btnfelmann a. a. D. ©. 15 ff.), touftte man in ©ac^fen nid^t —
brdngte alleS baw, ©(^u^maftregelu gu treffen, aber gan^ im ©tnne SutberS battc er ftd? 90
auf ber $eimreife in Nürnberg bem bortigen ^rebiger 3BemeSlauS Stnrf gegenüber üer-
nehmen laffen, bafj er jtoar gegen jcben angriff toegen beS ©oangeliumS öon fetten eines
%u$barn fid^ toe^ren toürbe, „lommt aber ber Äaifer anzugreifen, ber ift mein §err, bem
inufc ic^ koeic^en, unb tüte tonn mir ein ehrlicheres Serberben ober ©terben begegnen, benn
um be*9BorteS@otteS toegen" (©edtenborf III, 2. add.), aber einige 3ßo$en fpäter lieft er 35
fi$ ebenfo toie Sut^er bon ben 3uriften überzeugen, baft baS SBerfyältniS beS MaiferS ju
ben 9tet4$flänben fem ftreng monarc^ifc^eS fei, fonbern beibe Xetle an ©efe$e unb 9teqt
btnbe, unb baft alfo ber ftaifer, toenn er bie @t>angelifd^en angriffe, „ntc^t allein toiber ©ott
unb gdttli^ 9te$t, fonbern auc^ toiber feine eigenen taiferlic^en Sterte, (Sibe, ^flic^t,
Sieget unb »riefe" fanble unb tbcn beS^alb bie ©egentoe^r berechtigt fei (88L* 25, 23. 40
^. Äolbe, 9K. Sut^er II, 377). Damit toar baS toic^ttgfte Sebenfen gegen ein SSer^
teibtgungSbünbniS, baS bann in ben SBei^nac^tStagen 1529 juftanbe tarn (iütnlclmann
©. 49) erlebigt SJiel entf^iebener toar aber Johann in ber grage toegen ber SSafyl %zx-
binanbS ium römif^en Äöntg. tiefer auS rei$Sred(?tli$en ©rünben entgegenzutreten, toar
er föon bei Seginn beS SlugSburger Reichstages entfd^loffen getoefen (%. s)2oacf, Die ®& 45
l^tion ©ac^fenS »on ber 3Ba^l ^erbmanbS I., (Srcfclb ^irogr. 1886, ©. 5). 2BaS er
bann bim ben ^rattiten beS MaiferS unb ^erbinanbS fyörte, beftärfte ibn in feinem ffliber=
pimbe. «u^ in biefer grage ffoltt er ben SRat Stoibers ein (DeäBette IV, 201), aber
in btefem fünfte fiegte bie )>olitifcbe @infid^t unb bie Meinung SrücfS über ben t>on
£u$er auc^ nur zaghaft gegebenen 9lat, in bie 9Ba^( ju toiUigcn. Der Jturprtnz legte so
im 9tamen feines SatecS auf bem Sage zu .Höln ^roteft ein, ber gar ni$t einmal ber»
lefen tourbe, öielme^r nur ben Srfolg ^atte, baft ber .Hurfürft, toeil er tro^ regelrechter
£abung jur ffla^l nic^t erfc^ienen toäre, als unge^orfam ertlärt tourbe. Damit toar ber
9nu$ entfe^ieben. 9ber obtoo^l ber alternbe .Hurfürft bie ©a$e beS »unbeS zu beffen
fyatptmann er neben bem fianbgrafen getoä^lt toorben toar, mit groftem (Stfer be= 55
trieb, freiließ )um Seibtoefen ^^ilvp^ immer unter äluSf^luft ber ©d^toeizer, unb na-
mmtihdf in ©acben ber ftönigStoa^l mit einer getoiffen äeibenfc^aftlic^teit bie Dppofition
}u berßärfen fuepte, fo litt er bo$ unter biefen ^erbältniffen unb, als ber Jtaifer,bur$
bk toolttifd^e Sage gegtoungen, fi$ ben ebangelifc^en ©tänben toieber näherte, toar er gern
bemt toieber anzuknüpfen. Die Kunbe bon bem nac^ langen $$er^anblungen enblid^ zu ^
16*
244 Statin ber ©eftänbige Soljann gfrtebrid) ber ©rofpuütige
Siürnberg am 23. %ul\ 1532 gefdbloff enen 9leIigion«f rieben toar bem föon ©d&toerfeanfen
ein Xroft auf feinem ©c$menen«lager. am 16. Stuguft 1532 ift er geftorben, nactybem
er, toa« für tyn d&arafteriftifdp ift, in feinem fteftainente beftimmt tyatte, bafj feine Softer
fi<$ feinesfaU« mit fatfyolifcfyen gürften bermä&len foHten. 2ut$er, ber an feinem Sterbe*
r> bette geftanben, fyielt tbm am 18. Stuguft in ber ©d^lo^firc^e px SEBittenberg bie ©rab*
rebe über 1 Sljeff 4, 13 f. unb feierte and) in einem ©ebidjte ben gürfien, ber bw$ gegen
gerbinanb mannhaft auf feinem Siechte beftanben fyatte, befonber« al« SKann be« ftrieben«
(SSL1, 18, 189. SJtencfe, Scriptores II, 1130). ^eobor Sorte.
^oljann Ofriebridf) ber ©rofemütige, geft. 1554. — ©ecfenborf, Historia Luthera-
looismi, 1692; $e Sette, fiut^er« »riefe; SBurtyarbt. fiutfjer« 8rieftoed)fel , Seidig 1866;
©nbev«, fiutyer« »riefroedjfel, I-VIII; %$. Äolbe, Analecta Lutherana, ©otfoii883; ffianfe,
$eutfd)e ©efd)i«tc, III. -V. 93b; SBöttiger-giattje, ©efd)id)te Don @ad)fen I, 508 ff.; &. u.öe*
jolb, ©ef$id)te ber beutfcöen Deformation, Berlin 1886; ©getyaaf, $eutf*e ©efcbid)te im
16. 3af)rf)., Stuttgart 1889— 92; $. ©aumgarten, Äart V. 3.93b, Stuttgart 1885— 92;
15 3- Äöftlin, 9R. fiutfar, @16erfe!b 1883; $&. floibe, «Wartin fiutfter, ©ot$a 1884 ff.; öurf.
Ijarbt, ©efä. ber jäd)f. Atrien- unb ©djulmfttattonen, Seidig 1879; SR. Senj, ©riefroedrfel
fianbgraf $f)Uipp« mit»ucer, fieipjig 1880 ff. ; ^untiaturberidjte au« SDeutfätanb I. II, $ot$a
1890 ff.; (S. ©ranbenburg, 9tforifc uon ©achten, 1. 93b. Sety*. 1898; «. ßatterfelb, 9ioger
«föam, ©traSburg 1879; 31. ©ecf, Sodann griebrid) ber SRittlere, ©eimar 1858 ff.
20 Igo&ann f$ri*brU$ ber ©rofcmütige, ber lefcte fäd^ftfc^e Äurfürft au« ber erneftmifdben
Sinic, tourbe am 30. 9Kai 1503 al« ©ofyn be« fpäteren ßurfürften Qo^ann in lorgau
geboren, ©eine SKutter, ©op&ie bon SKedflenburg, ftarb balb nad^ feiner ©eburt. ©eme
(Irrung lag jumetft in ben $änben ©Palatino (f. b. 31.)/ ben er fein fiebenlang fyxfc
jd&äfcte, bocfy fcfceint fie toeniger ^umaniftifd^ gerietet getoefen ju fein, al« man ertoarten
25 fönnte. SBenigften« beflagt Igofyann ^riebric^ fpäter lebhaft {eine geringe ftenntni« be«
fiateinifcfyen unb fann ba« ©tubium bleiben feinen ©ötynen nictyt genug an« $erj legen
(bgl. Slafceberger, Sut^er unb f. 3eit, $erau«$eg. bon Steubecfer, Qena 1850, ©. 275 ff.),
boc$ rühmte man fpäter fein umfängliche« Sßtffen namentlich in gef$i$tli$en Dingen unb
prie« feine auf alle Sßiffenföaften ftdp erftrecfenbe Süd^erfammlung al« eine ber größten in
so Seutfd^Ianb (Äatterfelb a. a. D. ©. 265 f.). grity ^atte er berfönlid^e Sejie^ungen ju
Sut^er. ©eit ben Xagen, in freieren bie SannbuHe gegen ben Reformator befannt nmrbe,
batieren bie anfange feiner Äorrefponbeng mit tym (35e SOBette I, 518; 6nber« II# 502;
De Söette I, 543; ®nber« III, 73; Surtyarbt, »riefto. 35). ©c^on bamal« geigte er
fiefy al« einen überzeugten 3ln^änger be« Spangelium«, ber er fem Seben lang geblieben
35 ift. fiut^cr banfte i^m für bie erften äu^erungen feiner freunblic^en ©eftnnung burc^ bie
ffiibmung feine« SKagnipfat« (30331 VII, 538 ff. @3l 45, 2 12 ff.). 3Kit lebhaftem l^ntereffe
beobachtete ber gfürft feitbem ben Fortgang ber Dinge unb liefe ftc^ über einzelne religtöfe w&
tirdblic^e fragen perfönUcfc belehren (g. 35. De 2Bette II, 154). Unb al« bie $rebigi be«
3alob ©traufe in ©ifenaety (f. b. 31.) mit feiner SSetonung ber altteftamentlic^en ©efefce
40 al« 9iorm für ba« c^riftlid^e Seben bie Äöpfe ber Seute in x^üringen ju berbre^en bro^te,
War er e«, ber guerft ben ©ebanfen einer Sifitation em>og unb ben SBunfc^ au«ft>ra$,
Sut^er möge X^üringen burc^gie^en unb bie untauglichen ^rebiger abfegen (Surfytrbt,
Sriefh). ©. 72). Unt fo mcrfhmrbiger ift c«, bafe er bann biefen Qafob ©traufe fdbft 1525
bagu oeranlafete, eine erftc JJifitation bc« Sanbe« borjune^men (SSurf^arbt, ©äcW. 9Stfi*
45 tationen, ©. 33). §ocfc erfreut berichtete er balb barauf an Sut^er bartiber, al« er bei
einer 3uiamm^nfunft mit bem Sanbgrafen ^J^ili^ bon Reffen in Äreujburg fi<^ babon
überzeugt fyatte, bafe biefer für ba« @bangelium gewonnen fei unb auc^ auf feinen ©$tpieaer*
bater ©eorg bon ©acfyjen in biefer Se^ie^ung eintoirten tootle (De SOBette II, 644). SSon
Sut^er« ©c^riften, in bie er ftcfy immer me^r bertiefte, fyat er einmal geäuftert, em Slatt bon
so Sut^er fei tym lieber al« gange Sogen bon anbem, unb al« tym im 3a$re 1530 ba« erfle
Heine Sergeic^ni« bon Sut^er« ©Reiften, ba« bi« in« Sa^r 1528 reifte, in bie fyaü>
fam, beauftragte er ben Hauptmann $an« ^ctfcb ju Wittenberg, bie Xitel bim allen
©Triften, bie in)toif$en erjefnenen mären, baju )u f$reiben unb e« i^m toieber juge^en
gu Iaffen (XI). Äolbe, Anal. Luth. ©. 397) ; unb feäter toar er e«, ber gang befonber«
55 ben Drucf ber erften (SBittenberger) ©efamtau«gabe bon fiutfyer« aEBerfen betrieb (föbbof.),
unb in feinen legten 3^ren beranlafete er, toa« fc^on ^ier bemerlt fein mag, um für fein
£anb ba« unberfälf$te ^ut^ertoort }u erhalten, bie Inangriffnahme ber Jenaer 3lu«gabe,
bie im ©egenfa^ gu bem SBunfd^e be« bamit beauftragten ©eorg SRörer, nur ba« ad*
galten follte, ,,n>a« ber feiige Doftor Martin o^ne ^metfcl au« ber Sorfebung ®ottö bei
go feinem 2<btn fyabe au«ge^en Iaffen". De«^a(b Sollte er auc^ eine neue Drucflegung ber
deutln ftriebrid) ber ©rofcmüttge 245
Sibel na# £ut$er« SKanuffrtyt nid^t fyaben, „benn eS n>oIIe jtd& nicfyt gebühren in
Dr. äRartin« Sibel na<$ feinem Xobe nur ein 2öort ober eine ©tyflabe, fo e« gleicfy in
ber§anbf<$rift ftänbe, ju anbern". (Sgl. Surf fyarbt, Drucf imb Vertrieb ber SÖerfe Sutfyer«
3^ 1862, ©. 457 ff.)
Sem Sater forgte bafür, bafj er früfy in ba« ^olitifd^-biplomatifd^c ©etriebe ber 3*h 5
eingeführt Würbe. Durd& ifyn Würben bie erften Sünbnieberfyanblungcn mit Reffen in
ftraqburg unb fJriebeWalb geführt @rieben«burg, SeicfyStag ju ©pcier, Serlin 1887
6. CS f.)- Sebfyaften Slnteil nafym er an ben Sßirren, Welche bie ^acffcfyen $änbel ber*
Infanten, unb 2utfyer Wufete e« ibm Danf, bafe er ftcfy ba trofc feiner 3>ugenb um bie (Srfyal*
tung be« ^rieben« bemüht tyiü^ (De SBette III, 323. 335). Sßäfyrenb be« ^Weiten 10
Steter 9teitfy«tag« führte er für ben Sater bie Stegentfcfyaft, berf olgte übrigen« mit ängft*
lieber ©Innung ben ©ang ber ßreigniffe, über bie ifyn berÄurfürft brieflich unterrichtete.
Unb auf bie Äunbe bon bem mutigen auftreten ber dbangelifd&en bezeugte er bem Sater
feine ^reube barttber, bajj er unb bie anbern ©tänbe „burety bie übergebene ©d&rift ©ott
unb fein göttlich SBort bor männiglicty frei unb ungefcfyeuet befannt unb ftcfy fyaben ber* 15
nebmen laffen, babei ju bleiben unb fid& burd& 5Jtenfcfyen 2Berf nicfyt babon abführen ju
laffen" (Secfenborf II, 129). ©d&on bamal« erfüllte ifyn befonber« bie ©orge bor ben
Umtrieben ©rjfyerjog fterbinanb«, unb ber al«balb naefy bem ©peierer 9teicfy«tag bon ifym
berfafete ©nttourf eine« Stinbni«ftatut« ber ebangelifd&en ©tänbe lägt bereit« erfennen, bafe
er fcon bem Stetbte unb ber ^ßflidjt ber ©egenWefyr entfcfyiebener überzeugt War al« fein 20
Sater (t>gLSRanfeIII,117). auf ben 3teid&«tag $u 9lug«burg 1530 begleitete er ben Sater,
unterzeichnete mit ifym ba« 3lug«burger Sefenntm«, griff fräftig bei ben 2lu«gleid&«berfyanb*
fangen mit ein (631* 24, ©. 391), unb e« toar nid&t unbefannt, ba| fein 2Bort im 9tat
ba ©xmgelifcfyen in bie Sßagfcfyale fiel, ©ein mutiges auftreten blieb ni$t unbeachtet.
Dantal« fcfyon foH ber jtaifer feine Abneigung gegen tfyn gefaxt fyaben. Dafe er fidfj burefy 25
bie Äriegibrofyungen unb „bie giftigen böfen ©riffe ber aHernäd&ften SIut«berWanbten",
bor benen 2utfyer Warnte (De 2Bette IV, 64 f.), nicfyt fcfyrecfen (äffen Würbe, foraefy er ge=
legentlicfy offen au«. SCI« ber Äarbinal bon Süttidj einmal Wäfyrenb ber Serfyanblungen
tym gurief: „3r luttrifd&en fürften Wetten ju feinem $\l, manmufeeuc& nur mit roter hinten
berju bringen", antwortete er: „9M jufneben, §err, fefyen aber uf, ba« eud& bie rubrif nit so
unter bie äugen ftrifce" (3immerifcfye ß^ronif ed. Sarai, ©tuttg. 1869 III, 337).
@rft 29 ga^re alt gelangte er na$ bem 3lbleben feine« Sater« (16. 3luguft 1532)
nir iturtoürbe unb regierte anfangt mit feinem ©tiefbruber Qjo^ann ßrnft, feit beffen 2lb*
pnbung im ga^re 1542 allein. SBenn er auc^ feft entfc^Ioffen h)ar, nur in ben Sahnen
ferner beiben Sorgänger ju toanbeln, fo fam bamit bo$ bie ruhige ©tetigfeit ber 86
bisherigen fä^ftje^en $olitit unb 9ieligion«))olitif in ein getoiffe« bur^ bie *ßerfönli$feit
bed Ämfc^erd beftimmte« ©d^toanten. Denn 3j°^ann f^ebrid^ toar fein toeitblicfenber
poHttfdpx Äo|)f, aber er tooflte e« manchmal fein, ^ür Sutfyer ^atte er faft noc^ eine
größere Sere^rung afe ^o^ann ber Seftänbige. Sffiie oft aud^ bie Slacfybarn fein 6in=
fc^reiten geaen SÄ^er in beffen ge^be mit fürftlicfyen ^erfönlic^feiten forberten, toollte er 40
unter Serufung auf feine Sorgänger babon ni<$t3 toiffen, feinem „©^reiben ein Rwl gu
fefcen . T . Dabei gebenfen toir unfrer Slegierung unb be$ Doftor« fieben, bietoeil feine
&fae ©ottlob, no^ bon 5Eag ju läge in ben Jtird^en reiner unb gewaltiger toorben ift,
awfy bleiben ju laffen", f^neb er im ^re 1538 (ty. Äolbe, Anal. Luth. ©. 322 f.).
Der Äanjler Srucf, beffen fidlere §anb bie auswärtigen Sejie^ungen lange 3^re m^ tf
©ef^tcf unb Klugheit geleitet ^atte, blieb and) fein Serater. Dabei Wollte ber ^ürft bod^, toa$
feinem auSgebilbeten $fli$tgefityl aber aud^ einem ^od^gef))annten ©ouberänitätäbeWufjtfem
entfprang, bie Se^ierung felbft in ber $anb behalten. Die bielcn un$ erhaltenen gum
2eÜ fcfrr au^ü^rltc^en ©d^riftftücfe bon feiner §anb laffen feinen gleife unb bie ©elbft*
ftanbigfeit, mit ber er fd^Wierige fragen ju löfen berfud^te, erfennen ; aber bei feiner offenen, so
gutmütiaen, leicht gugänglid^en unb impulfiben 9Jatur fam e« nid^t feiten bor, bafc ßinpffe
^erfdnli<9er SCrt au« ber Umgebung be« §ofe« bie Wol^l erwogenen SWatfc^läge ber berufe-
nen Satgeber ^urüdtbrängten, unb auf ber anbern ©eite fonnte er, Wo feine Wirfliefyen
ober toermemtltcfyen §ofyeit«recfyte unb §errfcfyaft«anfprü(fye in grage tarnen, ofyne irgenb»
toefa^e ©egengrünbe anjuerfennen, an bem einmal gefaxten ßntfd^Iuffe mit einem an Se» 65
fcfyränft^eit grenjenben (Sigenfinn feftfyalten, \oa$ bon ben fcfyWerften folgen fein joQte.
3ubem lag e* in ber 3htax ber ©a$e, ba| er ^u ben fircfylicfyen fragen bon bornperein
etwa« anber« ftanb al« feine Sorgänger. Die neue @ntWidEelung ber Dinge War ju fefyr
mit feiner eigenen (Sntwicfelung berfnüj)ft, er War mit ifyr aufgctoacfyfen, al« ba& er fie
mxfy für ein ^robiforium anfafy. Die £o«(öfung bom $a))fttum, feinen Sifcfyöfen unb eo
246 3o4<"ut 3Mebrtd> ber ©roftrafitige
feinen Safcungen toar für ifyn eine enbgiltige. 3inbem er atöbalb nadf feinem 9tegieruitg&
antritt bie unterbrochene Äirc&enbifttation lieber aufnahm unb fte me^rfa^ totebe$oue,
ging er ftd&tlid& barauf auä, bie firc&lid^en SSer^altniffe ju ftabtlieren, au$ bte Segie^tmg
beä dürften jur ßirc&enleitung auf eine feftere ©runblage $u [teilen, toaä bann burdj bte Sin;
5 ricfytung beä furfürftlidjen ÄonfiftoriumS im %afyxt 1542 feinen borläuftgen Xbfötuj* fanb.
2lu$ bie ©ac$e unb aufgäbe beä ebangelifd&en 99unbe$ erfaßte er prinzipieller unb fc&arfer
als 3o^ann ber Seftänbige, aber freiließ langfit nic&t in ber 2Beife beS Sanbgrafen. ©<&on
früfy toar &toifc£en ben beiben jungen Surften, bie jefct bie fiauptleute beä 9unbe$ toaren,
eine getoiffe Spannung eingetreten. @3 toar eben lern 2öunber, toenn ber polittj4
10 benfenbe $effe auf ben in ben engen Streifen feiner Xerritoriafyolitit fu$ betoegenben,
ettoaä tyauäbacfenen Saufen tyerabfaty, unb biefer in bem beweglichen, ^einblütigen, ftetä
bon großen planen erfüllten Sanbgrafen eine ftete ©efatyr für bie ebangelifc^e (Sac^e er*
blicfte. ©#on auf bem Steidj^tage ju SlugSburg fear bie Spannung, toetl man benSanb*
grafen atö ßtoinglianer berbäd&tigte (Sen$ 1, 204), eine berartige, ba| SWeland^on too^
15 tt\oa$ übertreibenb an Sut^er fcbrieb, bafc niemanb ben ßurprimen fo $affe ab jener
(CR II, 60 f.). Unb nad) «bfölufe beS „Bk&erigen" ^rieben* )u Nürnberg, mit bem ber
Sanbgraf f o unjufrieben trat, fam e$ jtoifd&en ben beiben dürften *u fe$r gereiften f<$nft*
liefen @rörterungen (SRanfe III, 303). 2)a3 93er$ältni$ mürbe baburdj natürlich ni$t
beffer, bafc ^o^ann gfaebridfr, tote energifö er aud? an feinem 2Biberftanbe gegen ba« £au$
20 ÄabSburg in ber ßöniaSfrage feftbielt, barin auety bon Sutyer beftimmt, eS mit Sntfcbieben-
beit ablehnte, ju irgenb toeld&er Dffenftbe m greifen, unb bon einem 3Rttetntreten fite bte
Sterte be$ 2Bürttemberger$, toaS in ben planen be$ Sanbgrafen feit langem eine fo grofce
Stolle ftrielte, nid&tä toijfen tooflte. Dann toar er e$ boc|, ber burdfr feine Senmttaung
bei ben griebenSberfyanblungen bon ftaban unb SBien bie füfyte %bat beS Sanbgrafen
25 für bie©ac$e beä $roteftanttemu$ nuftbar $u machen fud&te, toenn auc$ feine Semü^ungen
nur bon borüberge&enbem ßrfolge gefront toaren (bgL 2Bindfelmann, 35t® XI, 332 ff.;
%t). Äolbe, 3R. Sut&er II, 415f.). Unb nun tarn bie ÄonjilSfrage, an ber ber Jturfürft
t>erfönlid& ein lebhaftes ^ntereffe na&m. @d^on 1533 Ratten bie f^malfalbij^en ©tänbe,
al£ Siemens VII. burd^ ben f>ä}>ftli<$en ©efanbten Slangone ben 35erfu(^ machte, fte für
ao ein Äonjil ya getoinnen, unter gü^rung beä Äurfürften fe^r beutli^ abgelehnt (Sbenba
S. 434 f.). 3jcfet ate $aul III. barüber ber|«mbelte, toar Sodann JriÄric^ )umal unter
bem ßinbruef, toie toenig man ftc^ um bie äbmacfcungen be8 SBiener gfriebenS fümmerte,
me^r aU je überzeugt, ba| biefe^ Jtonjil nur „$ur @r^altuna bed ^ftlic^en unb antU
d^riftlic^en Sletc^ unb ^ur Dämpfung bed ^eiligen (Sbangclu unb göttlichen 3Borö am
86 geftht fei" (Ebb. II, 442). 3)e«^alb toar ferne SKeimmg, bafe man e3 runb ablehnen foDe;
^ugletc^ regte er ben f$on früher einmal borgebrad^ten, tounberlid^en ©ebanfen etned etoam
gelifc^en ©egenfonjifö an, unb e$ toar nur eine Aonjeffton an feine Statt, toenn man
bo$ no$ über bie Strt beö Sorge^en^ in toeitere Beratung trat, unb ber Äurfürft um
auf alle %äüt gerüftet }u fein, Sut^er ben Auftrag erteilte, utfammenjufafjen, toorauf er
40 in allen mtileln, bie er btö^er gelehrt, bor einem Jtomil unb au$ in jetnem IdUat 9b>
föeiben ju ber^arren gebente (f. b. 91. ©d^naltalbifqe SSrtüel unb &mf RR® XIII,
©.484 f.). Unb faum irgenbtoo ^at ber^ütft feine ebangeliföe ®lauben«juberft^t ferner
|um Sluäbrucf gebraut, aU in bem ©riefe an Sut^er bom 3. %anuax 1537, in bem er
feine ßuftimmung ju Sut^erd f^äter fogenannten ©d^maOalbifd^en Srtileln auef^rac^ unb
45 gegenüber ber bon 3ReIan$tyon hmbgegebenen Neigung, ft(^ bie ©u)>eriortt&t be*$a|>fte*
über bie Sifcböfe jure humano gefatten ^u laffen, erflärte : „be* ^Jked falben ^at e*
bei unö gar fein SSebenfen, ba^ toir un« ju bem aHer^eftigfien toiber ipn leaen"r unb e*
ah ein ©Ott berfu$en bezeichnete, nad^bem man einmal bon feiner bablpumtf<$en ®e=
fanaenfd^aft bur# ©ott frei getoorben fei, „ftety toiber in fold^e gä^rlii^Ieit yi begeben4'
50(bgL ZI). Äolbe, Anal. Luth. S. 285 f.). Dem entforaefc auc^ feine Haltung auf bem
Jage gu ©c^malfalben im jfcbruar 1537. 35adÄonjil tourbe abgelehnt $enjbäpßfi$en
©efanbten Bieter ban ber SBorft be^anbelte ber Iturfürft mit öffentlicher 3Rt|a^tung
(sane (pogrixüs, urteilte aKelanc^t^on CR. II, 297). «fö ber ©efanbte mit 3Rü^e eine
ätubieng erhalten ^attc unb nad^ einer langen SRebe bad Srebe be3 $<4>fted unb bte ©m
55 berufungebuUc gum Jton^il überreifen tooQte, er^ob ftd^ ber üurfürft lätyelnb unb berliefe,
o^ne ein Söort ju fagen, bog ^immer. 3Rit f^arfen ©orten toie« er, auf fein gutö
9te$t in ber ftönigäfrage )>od^enb, and) bie 9tnnä^erung3berfu$e bed faiferlic^w ©efanbten
Dr. §elb jiurücf (Saumgarten III, 298 ff.). Überhaupt tourbe er in ben näd^ften ^a^ren
niefct ^um Vorteil ber ebangelifd^en <8aty immer Wroffer unb felbfÄetoufeter. Xn ben
eo SReligion^gefpräc^en ^atte er ebenfotoenig greubc toiefiut^er. 3Rit großem, in biefemgaOe
3*tytntt (Jriebrirf) ber Orofemütige 247
ob ber für tyn unburd&ftd&tigen Haltung be« Sanbgrafen berechtigtem, Slrgtootyn berfolgte
er bie @inigung«beftrebungen ju Regen«burg im ^a^rc 1541. 211« am 8. 9Wai bet unter
gujjrung Sontarini« bereinbarte Sirtitel über bie Rechtfertigung in feine §änbe tarn, nafym
a fofort mit bem Snftinft be« geraben, e&rlic&en 9Jtanne« an ben bielen SBorten Slnftofe.
$a« <&anje, meinte er, fei eine gfaHe; mit Slbftcfyt habe man bie Sßorte fo berflaufuliert, 6
bamit ber ©laube allein nietyt $u feinem Sterte tomme. 2öenn gleich alle anberen ärtitel
oerglicfccn toerben tonnten, fo fönntc er ben bon ber Rechtfertigung, ioeil bann bie Schrift
tocrbunfelt toürbe, nimmermehr annehmen (CR IV, 306). Sctonte man taiferltcfyerfeit«,
fofle e« jum grieben tommen, fo muffe „bon beiben teilen etioa« jugerüctt unb entioid&en
toerben", fo foQten feine ©efanbten antworten, bafe e« in ReIigton«fadfjen boefy anber« 10
ftefc al« i« Sßrofan&änbeln (©benba ©. 307). Unb loa« er bon Sutfyer barüber bernatym
unb fonft über bie toetteren SSertyanblungen Ijörte, beftärfte tyn nur in feiner Slbnetguna.
„^Dietoeil toir leben", förieb er am 28. 9Jlai, „fo foüen burefy SBerletyung be« Slllmäcfc
tigen bie SBorte: 33ergleic£ung in ber Religion, bei und unfrer $erfon falben nicfyt mefyr
Statt finben, fonbern toollen e« bafyin [teilen, unb babei bleiben laff en : toer fi$ dergleichen 15
toill, ber bergleid&e ftc$ mit ©Ott unb feinem 2Bort unb nefyme ba«felbige unb biefe Se^re
an, toie toir anbem biefe« $eil« audfj getfyan fyaben. 2Ber mit gltdftoerf toill umgeben,
ber fafae ba$in" (CR. IV, 346). 3njioifcfyen toar ba« @tnigung«toerf fd&on gefd&eitert,
unb ber Äurfürft felbft fyattt burc£ fein Singreifen in bie firdfjlid&en SSer^ältniffe bon^aHe
unb ferne Setyilfe bei ber burd& 3. 3ona$ *>ort eingeführten Reformation, tooju er fu$ 20
auf ©runb ferne« in feiner 2lu«betynung fefyr umftrittenen fyaflifd&en 93urggrafenred&te« für
berechtigt glaubte, ba« ©einige baju getfyan, ben ©egenfafc $u fcerfd&ärfen (bgl. %l). Äolbe,
3». Sufyer II, 606 ff. unb ®. Sranbenburg, Suttyer, Äurfacfyfen unb 9Kagbeburg in ben
^a^ren 1541 unb 1542. S5eutfd?e fttfc^. f. @cföi$t«io. Rg I, 259 ff.). S3erfyängni«boHer
toar nod), bafe er, al« änfang be« 3>a^ 1541 *>** 93ifctyof«ftulj[ bon Raumburg bafant 36
tourbe, in eigenfmniger Überfettung feine« ©cfyufcrec^te« über biefe« Stift trofc ber brin*
genben äBarnungen be« Äaifer«, Srüct« unb Suttyer« bie bom Äat>itel borgenommene
SBafcl be« 3juliu« bon $flug umftiefe, Ritolau« bon 2tm«borf al« Sifd&of einfette, bie
Reformation einführte unb ba« ©ebiet burc$ einen turfürftlic&en ©tift«^auptmann txx*
toalten liefe (Sgl. 2$. ßolbe, 3R. Sut^er II, 511 unb Rofenfelb, Beiträge gur ©efd^i^te»
be« Slaumburger »ifc^of«ftreit« 3ß@ XIX ©. 155 ff.), ein Sorge^en, ba« ben Äaijer
auf« $ö$fte erregte. 95ie gleite rec^t^aberifd^e 9lrt, gehaart mit bem Seftreben, feine
Zerritorialgefralt au«)ube^nen, führte bann im grüfyjafyr 1542 ^ur ge^be mit feinem
pmaen Setter 9Rori^ um ba« ©tift Sßurjen, bie gtoar burc^ £ut^er unb ben Sanbgrafen
noep beigelegt tourbe (bgl. bef. 6. SSranbenburg, ÜRort^ bon ©acfyfcn I, 194 ff.), aber bod^86
Kfron ertennen liefe, tote e« nur eine« $un!en« beburfte, um \>m lange gttrifcfyen ben beiben
facfcftföen Sinien aufgekauften 3^nbftoff gu gellen flammen auflobern ju laffen. Dann
Um in bemfelben Sa^re, um ba« ebangelifc^e ©o«lar unb SBraunfd^toeig ju fd^ü|en, bie
Vertreibung be« $erjog« ^einrid^ bon S5raunfc^toeig=2BolfenbütteI, toobet ber Äurfürft
feine Iru^en bafbnltd^ anpl^rte unb bann bie Reformation be« Sanbe« t)orna^m (Äolbe* 40
Mp, ^etnj b. fflolfenbüttel, $aHel884; %. Srun«, Vertreibung §erj. §einric^« k., 3Jtar*
bürg, 1889). Die neuen totoeren friegerifd^en SSertoicfelungen ^inberten Äarl V., bagegen
einjufc^reiten, unb tote besannt gelang e« i^m, burd^ notgebrungene unb abfid^tlic^ ^erbor^
gelehrte 9fa$giebigteit bie @bangelif^en über feine toa^ren 9tbfi(^ten ju tauften. Stuf
bem 9tei$«tage ju ©J>eier bom 3<*fre 1544 erf^ien ber Äurfürft jum erftcnmale toieber 45
pafirdid). Rie toar ba« @inberne^men be« Kaifer« mit ben @bangelifc^en gröfeer al« ba*
mal«. 3n kw 3freube barüber, bafe ber Äaifer bie Regen«burger Deflaration (Ranfe IV,
162) bom 3a$re 1541 je^t in ben 9lbf$ieb aufnehmen liefe unb, toeil er fonft feinen
3toctf nk^t eneic^t ^ätte, alle Seränberungen, toelc^c jtoifd^en 1532— 1541 bon ben@t>an-
geltfc^en vorgenommen toorben toaren, anerkannte, bergafe man, bafe 5tar( foeben nad) ber 60
Untertoerfung be« $er&og« bon ßlebe (beffen aufnähme in ben fd^maltalbifd^en S5unb toegen
be« 9Siberf)>ru(^« be« burc^ feinen ©jpegiafoertrag mit bem Äaifer gebunbenen Sanbgrafen
ber Jhirfürft ntc^t fatte erreid^en tonnen) bort bie beginnenbe Reformation tote balb barauf
in 3Re| unterbrücft, ja fogleicb nad) fetner Slnfunft in ©peier bie bon ben ^roteftanten
benutze Domtnitdnerrirc^e ^atte fd^liefeen laffen, unb gefragte bie getoünf^te $ilfe gegen 60
granhet* (Ranfe IV, 219 f.; ®gel^aaf II, 426 f.).
Riemanbem erfc^ien bie 3u&nft au«ftd^t«rei4er al« bem Äurfürften. 9Ja(^bem ber
Äaifer nic^t nur bie lange berfagte Seftättgung be« jüli$:clebifcben 6^e= unb Rad^folge«
bertrage«, fonbern fogar bie §eirat feine« ©o^ne« mit einer Softer ^erbtnanbä in Slu«-
fxdfi gtfteDt ^atte, füllte er \\d) getoiffermafeen im Sunbe mit bem Äaifer. 911« ber $apft in blin- 00
248 3*tya«» 3frickrtd> ber ®r»§miti§c
bem 3orn über Äorte 3uö^änbniffc an bic „Stebelleti" im Sommer ein anmaßenbed 2abefe
bretoe an benÄaifer erliefe unb tymben Bortourf machte, feine feanb nad) bem prtefterü^en
ämte auSjuftrecfen, unb unter $intoei$ auf bie gottlofen Äaifer Der Sorjeit, $emn$ IV. unb
griebriefy II., mit bem Sänne breite, toar e$ ber Äurffirft, ber benSBunfö fydtt, baß £u%r
5 ntr Berteibigung beä Äaifer* unb gur SEBiberlegung ber päpftltc&en Anmaßungen gur
gfeber griff, unb tyn fo ju feiner fdparfen ©cfaift „SBiber baä $apfttum )u SRom bom
Teufel geftiftet" (@3l 26, 108) beranlaßte (2J>. Äolbe, 2R. Sut&er II, 538 ; b. Droffd,
Äarl V. unb bie römiföe Äurie, 3Ö>&. b. b. 3Rün$. Slfab. XIII, 1. «bt. 1877, ©.226ff.).
Sodann ftriebri<$ backte jefct toirfli($ an einen bauernben grieben. 3m Bertrauen barauf,
10 baß ber feieret Stbfd&ieb bie Bertoenbung be$ ßirc&en* unb ÄloftagutS ju fttr$en* unb
©d&uljtoetfen gutgeheißen tyatte, na^m man bie Bijüationen toieber auf, fu^te aflent=
falben bie tircpdjen Bertyältniffe )u tonfolibieren unb bie Untoerfttät bur$ reiflichere
Bezüge au$ ben ©tiften ju ©ot^a, ©fenad& unb SKtenburg fidler *u [teilen (glatte
I, 568). ©elbft bie toad&fenbe Uneinigfeit unter ben Berbünbeten machte bem Äurfürß
16 feine ©orge. %n feiner BertrauenSfeliafeit toar er, toätyrenb bei ben anberen Berbünbeten
über bie $läne be$ JtaiferS fein 3toriH we^r beftanb, nur fötoer bon ber brobenben
©efafyr gu überzeugen. @r meinte ben ßaifer fyinreid&enb ju femten, um feine ©etoalt
bon tym fürchten &u muffen (SRanfe V, 260. 283. 302). Um fo entföloffener, ja trofciger,
toar, tt»tc e3 feine 2lrt, fpäter fein auftreten. Ungeachtet feiner fötoeren SetbeäfüIIe führte
20 er feine Gruppen felbft ins §elb. aber e$ ift fyier nietyt ber Ort, bie ©njeO&eiien be$
fd&malfalbiföen ßrieaeS ju erjagen. 9lad) ben erften, freiließ ni$t genügenb ausgenügten
Erfolgen im Donaufelbjuge, rief ber unerwartete ßinfaD beä £erjog3 uRorifc m bieftur*
lanbe ben fturfürften in bie$eimat. @3 gelang tym, ben größten Steil bed£anbe3 toieber
ju erobern, $erjog ÜRorifc jurücf jubrängen ; ba eilte ber ßaifer naefc Sterben, unb e$ glüdte
26 itym, ben Kurfürften ju überragen.
Die ©c&lad&t bei ÜRitylberg auf ber Sorgauer £eibe am 24. äpril 1547 entföieb
gegen tyn unb trieb fein §eer auäeinanber. Bertounbet fiel er in bie #änbe be« ©ieger*.
Der ßaifer ließ über tyn, afö überführten Siebetten, ba« ftobeSurtetl fpre^en. 3Bie eqä^It
totrb, empfing er ba$ Urteil, toä^renb er beim ©$a$f)>iel faß, ^örte e3 ru^ig an unb
so rief feinem Partner ju : Pergamus (üJlütter, ännalen be« fäd^ftfe^en §aufe3 ©. 106,
ettoa« anber« bei Jiatterfelb ©. 265). 3lber, um fufc nid^t mit ber Belagerung bed üon
ber ©ema^Iin be3 Äurfürften, Sib^tta, toerteibigten f eften SBittenberg aufhalten )u müffai,
ließ ber Äaifer bad Urteil nid^t öollftrecfen, fonbern fnüpfte 98er^nblungen an. Um fein
Seben ju erhalten, mußte ber Äurfürft ftc^ jur Kapitulation bon SEBittenberg berfte^en, bie
86 tyn gegen Abtretung ber Äurtotirbe unb Äurlanbe an Äergog 3Rori^ ju etoiger ©efangen*
fd^aft begnabigte. s3on feinem getreuen £uca3 Äranacf begleitet, tourbe er nun im ®e*
folge beä Äaijer^ mitgefürt. @r mußte e3 mit anfe^en, tote ber berrateriUe Setter
3Rori$ auf bem üffieinmarft in Slug^burg mit ber fä$fif$en Äurtoürbe belehnt tourbe.
aber nie toar er größer att in ben SEagen feiner ©efangenfe^aft. Da« jeigt ber Srief«
40 toec^fel mit feinen Äinbern, feiner ©ema&lin unb feinen SRäten (Ugl. Btfc^r. b. SB. f. tyfir.
©ef4 I, 1854, ©. 395 f.; Surfyarbt, Die ©efangenf^aft ^o^ann griebrid&S b. ©roßm.,
Sffietmar 1863 ; berfelbe, Briefe ber §erjogin ©ib^fla an %ol). Sjfrtebric^, Sonn 1869).
fjreunbe tote ??einbe mußten feine ruhige Haltung, feine ungebrochene ©lauben«)uk>erf^t
anerfennen unb bie ©röße, mit ber er fein Unglücf trug, ©o urteilte ber Snglänber
«SRobert äf^am, in bem er ^injuje^t: „er ift toeife in allem fein 2#un, geregt in allen
feinen $anblungen, ^erablajfenb gegen ben ©eringften, fürftlic^ gegen ben ©toljefhn,
KebenStoürbig gegen alle, einer, ben toeber Unglücf nod^ ©etoalt je betoegen tonnte, bon
feiner s)Jleinung ju laffen" (Äatterfelb ©. 264). ßbenfo urteilte ein anberer englif^er
93otf$after, $$il^p $ob^, ber einge^enb bie bergebli$en Berfu^e be« Äaiierö unb ©ran?
60 bellaä fd^ilbert, tyn ^um 3tbfaU }u bringen (bgl. 91. D. üKc^er, Die englif$e Diplomatie
in Deutfd^lanb jur 3eit ©buarb« VI. unb SKarien«, Breslau 1900, ©. 46 ff., togL att$
Simmerif4>e G^ronif ed. Baracf IV, ©. 16). Die 3umirtung, ba^gnterim anjumennen,
toieS er mit ©tanb^aftigfeit gurücf : toenn er barein toillige, erflärte er, toürbe er bie ©ünbe
toiber ben ^eiligen ©eift begeben, benn er toiffe, baß ed in fielen Srtitdn bem ©orte
» ©otteö jutoiber fei. „SHu^ig fa^ er ni, aU man i^m feine Bibel unb feine (utyeriföen
Bücher toegnafym: er toerbe fd^on behalten, toaä er barau« gelernt" (SlanfeV, 99). 9Ran
begreift, toie angeftd^ts beä ©d^toanfen« fo Bieler ber gefangene gürfl bon ben ©etreuen
balb als ,s>elb unb SWärt^rer gepriefen tourbe (togl. u. a. ba$ 5JJaffton«fpiel auf 3o^. gr.
91. 2lr$. f. fäd^f. ©efc^. IV, 215). @rft ber Überfall be* Äaifer« buwb ben ftwfürflen
60 sDiori$ machte feiner ©efangenfd^aft ein (Snbe, er ^atte jeboc^ no$ bem ftaifer auf fetner
3»ty*tttt gfrtebrtd} ber ©rofemütige Sofjanna b'Htoret 249
gtugt auS gnnSbrudf (19. 3Rai 1552) &u folgen (31. 33ecf, 3o$. Er. b. 2B. I, 106) unb
erhielt feine enbgtlttge gfteilaffung erft inSlugSburg am 1. (September 1552. 92o$ einmal
tote ber Äatfer fcerftt<$t, tyn ju beugen, inbem er ftcfy fcerpflicfyten follte, ben Sefcfyltiffen
eine* fcmfttgen Äon$ilium$ ober 5Reic|$tage$ in ber Religion golge &u (elften. 9(ber au$
jefct toar er nic^t baju ju betoegen. 6r fei entfd&Ioffen, erhriberte er, Bei ber Se&re, bie 5
in ber aug3burgif$en ßonfeffion enthalten, bis in feine ©rube ju bleiben (SRanfe V, 203).
6eine SReife in bie #eimat über ©onautoörtfy, Nürnberg, Samberg glicfc einem $riump^
juge. Unter bem 3ubel feiner Untertanen betrat er bei (Soburg fein ©tammlanb. fortan
nc&pn er feinen 6t$ in SBeimar, ftet$ barauf bebaut, bie mancherlei 9Kif#eIligteiten mit
Jturfäxft 9Rori$, bie jtc& toeiter gefcfyleppt Ratten, in friebfertigem Sinne aber unter Sttafc io
ntng femer Sterte auäjugleid&en unb überall georbnete Suftänbe ^enuftetten. (Sin be=
fonberer ©egenftanb feiner, freiließ burd& bie Umftänbe fe^r begännen, $ürforge toar
bie im ßntfte^en begriffene Untoerfität 3jena, bie er r>on ber ©efangenfcfyaft an$ an Stelle
be* toerbren gegangenen SBittenberg in$ Seben gerufen fyatte (ögl. 3- 2. 6. ©cfytoarj,
2)a3 erpe Sa&rje&ent ber Untoerfttät 3ena, ^ena 1858). aber er ftarb fd&on am 3.3Wärj 16
1554, naepbem er in feinem leftament feinen ©öfynen u. a. bie Jürforge für Pfarrer
unb Se^rer an$ §erj gelegt, fte jur eintragt unb $römmigfeit ermahnt gatte. Unb e$
toar ein (Srtrag feiner fömerjlic&en SebenSerfafaun^, toenn er fte baöor toarnte, ftcb in
trgenb ein 9ünbm£ emjulaffen, inbem er e$ $x fernem fcerberbtid&en ©ctyaben unb -Jiacfc
teile feBbp fabe erfahren muffen, ba& in ben Stinbniffen toeber Sreue nod& ©lauben 20
fei. (Sei a. a. D. I, 123). hieben feiner tym furj öorfyer am 21. grebruar im $obe
borangegangenen ©ema^lin ©ibr/tta rutyt er in ber ©tabtfird&e ju 2Beimar.
Sljeobor Äolbe.
3et|a»na fc'SUtret, Äönigin toon Stafcarra, geft. 1572. — $ie Biographien
oon Vauvilliers, Histoire de Jeanne d' Albret 1, 2, $ari8 1823, unb Muret, La vie de 25
Jeanne d' Albret, \ßari3 1862, finb ueraltet; bie 3ugenbgefd)id)te 3.« ift erjagt in bem
guten, burdj Diele neue 3)ofumente intereffanten SBerfe üon A. de Ruble, Le mariage
de Jeanne d'Albret, $arid 1877. Die toeitere SebenSgefdjicbte ber Königin betjanbelt berfclbe
SBerfaffer in feinen ©erfen: Ant. deBourbon et Jeanne d'Albret, 4 %k, $ari8 1881-1886,
unb Jeanne d'Albret et la guerre civile, !ßari3 1897. 2Bid)tig für bie fpätere Seit fuib: »
Lettres d'Antoine de Bourbon et de Jeanne d'Albret p. p. Rochambeau, $ari$ 1877.
6onft mürben benüftt bie SBerfe üon ü. $oienj. ©efd)id)te be§ fronj daluiniömu^, 5 Bbe
1857—1869; ©olban. ©efdjicftte be8 ^roteftantidmu« in Sranfreicft, 2 53be 1855; Aguesse,
Histoire de r&ablissement du proteetantisme en France, 4 *8be 1882—1886. ^gl. ferner
Haag, La France protestante, Ed. II, 1877, T. 1, 6. 95 ; N. de Bordenave, Histoire de 86
Bearn et Navarre p. p. Raymond, $ari$ 1873 ; Delaborde, Eleonore de Roye, $ari$
1876 ; Delaborde, Gaspard de Coligny, T. I, $arid 1879 ; $aum, 53ejn, )Bb IL
Sofcnna b'ällbret iji am 7. Januar 1528 in $an ate ba« ältefte Äinb bon $ein>
xid) blßbret, ÄMg bon 9labarra, wnb öon SKargareta t>on 3lngouteme=21IenQon, ber
©d^toejkr t>on ^anj I. toon granfreid^, geboren. Durc^ ben 2ob i^re^ einigen jüngeren 4)
Öruberd go^ann (geft. 2Bei^nac^ten 1530) bie präfumtioe X^ronerbin be^ Keinen, aber
bia$ feine Sage $nuf$en ^ranheid^ unb ©panien tnid^tigen £önigrei$e3 ^a^arra=S6am,
toar fie eine politifd} toie^ttge Partie unb buxd) ibre gan^e Sugenb ^ieF>t fidr> ba£ ©erben
um i^re ^anb, bie mannigfad&ften S3erjud^e, fte bem fttoeefe einer politifd^en Äonfteflation
bienftbar )u machen. Da^ f(^n>ad^e, jarte, oft tränfli$e ^inb erhielt üon früfy an eine 46
förri^Iic^e @r)iebung (fie ^atte ). 93. fegon im 5. ^abxt eine $ofnärrin), i^re Butter, bie
ge^nefene Sefd?ü£erin unb ®dnnerin ber ®ele^rten, forgte eifrig bafür, bafe fte bie*
jemge rrnffenfc^aftlic^e 9Cu^6t(bung erhielt, tnie fte bie Sitte ber ßeit, b^ Xrabition ibre^
fymiti forbette. 9ltlolad Sourbon unterrichtete fte im Sateintfc^en unb ©riec^ifc^en, aber
Me po^e umfaffenbe ©eler;rfam!eit i^rer SJtutter $at fte nie erreicht, nie fyat fie and) ba^ so
^rtoeffe für bie 9Bif[enfc^aft gezeigt, ba^ ber ^idjterin ber Gent SfoubeUeä eigen toar, ber
fBiffenftisrft unb ber ©d^ön^eitöfultud ber Slenaiffance blieb i^rem anber^ gearteten ©eifte
fremb, ebenfo jener §ang $u mpftifc^er ©pefulation, ber 3Kargareta eigentümlich tnar ;
We Iix^ter ffittt einen Haren, gefunben, ettoa^ füllen Serftanb; fte toar ftetd einfad? unb
natürlich, aber rec^t im ©egenfa^ ju i^rer fötoafyn, nachgiebigen Butter jeigte fte frü^e 66
f$mi einen fe^r entfe^iebenen ßfyarafter, ben man nid^t blofe eigentuiOig, fonbern ^ie unb
ba fcnföfityttg nennen barf, aber biefe 6igenj$aft r)at ii)t bie ^erDorragenbe Stellung
»erfd^afft, toelc^e fie unter ben Hugenotten einnahm.
Gdpn im 3afcc 1535 r;atte ^ran^ I. üorgef$lagen, fte mit 2lnton r>on Sourbon
}u toer^araten ; um gegen jcbe Überredung Don feiten i^rer eitern gefiebert ju fein, h>ie$ eo
250 <H«»m *'*ltret
er jetner 9?id&te für bie «ßufunft ifr™ Aufenthalt in bem feften, aber bfiftern unb bur$
Subioig XI. berüchtigten ©d&loffe Pep leSftourS an (toa&rftfemltc& 1539 ober 1540);
afö Star! V. bon Spanien 3<>fan™ für feinen ©otyn $$iliM> in ÄuSftc&t nabm unb am
24. 3Rän 1540 tyre £anb für tyn bertangte, entfctyieb granz im Straff* f«*1«* bama*
5 Iigen *ßolitif rafö für ben §erzog Sßilbclm bon 6lebe (geb. 28. 3fulil516), am 16.3uli
1540 tourbe bie (Styeberebung gefd&toffen; toiberftrebenb gaben bie (Sltern, bie in ber
gamen Angelegenheit feine fefyr e^renboHe Stoße ftueltcn, ifyre ßintoilligung ; $emri$
b'Sllbret ftanb in ^olitifc^er unb öfonomifcfyer Slb^ängigfett bon feinem ©ouzeram, 2)tar=
gareta toar ftetä getootynt, tyren SBillen bem ifyreä ©ruber* unterzuorbnen, granz bagegen
io fyatte e$ an SSerforec^ungen, ben an Spanien Verlorenen Seil bon SRabarra feinem aßen
SSeftfeer toieber ju berfd&affen, nid&t fehlen laffen, oljne iebocfc biefelben je )u galten. Am
14. Sunt 1541 fanb bie feierliche 93ermäfylung in G&ftteßerault ftatt, Qo^anna tytitt
früher feft erflärt, ben §erjog nic$t heiraten ju toollen, burcty Silage (!) unb Stauungen
tourbe tyr Sffiiberftanb gebrochen, bodj foH fte auf bie entföeibenbe grage bor bem SUtar
i6 leine beja^enbe Slntioort gegeben fyaben ; iebenfaßö fyatte fte ben 2tbenb bor ber äkrmäfc
lung einen feierlichen fd&riftlicfyen ^Broteft gegen bie betrat unterzeichnet; toegen tyrer
Sugenb tourbe bie £odfoeit nid&t borgen, SBityelm fetyrte na# ©eutfölanb jurüd, go*
fanna blieb in $lejft$, ber üble 3ufanb tyrer ©efunb&ett ^inberte fte in ben näcbften
Sauren, tyrem Wannt ju folgen. 35ie au$ polittföen ©rtinben geföloffene @tye tourbe
ao bur$ bie beränberte poltttfd&e Sage toieber aufgelöft ; als ber £erjop ben SBaffen Äarfe V.
erlag unb mit ©panien ftd& berbinben mufete, lag granz baran, bte frühere Serbinbung
aufzugeben. ®a bieä bem Söillen ber (Sltern, noc$ me$r bem 3o$anno3 entfpracfc, fo er*
folgte bie ©Reibung ofyne Slnftanb. 2)urd& ein 93rebe bom 12. Dttober 1545 löfte
Sßaul III. bie per vim et metum erzwungene Gfye auf, 3jo$anna tourbe aber tyren
25 eitern nid^t zurücfgegeben, fonbern mujjte in ^lefftä bleiben, bis enblicfc tyre Skrmä^lung
mit bem Herzog 2lnton bon 93ourbon*93enböme (geb. Sa gere am 22. Sfyrtl 1518) in
SWoulinS (20. Oft. 1548) bem toibertoärtigen $anbel um tyre £anb ein ßnbe machte.
3$re (Sltern toaren mit ber 2Babl beS eleganten, aber berfötoenberifc^en unb unfelbjt=
ftänbigen ÜRanneS nic&t fe^r jufrieben. aber ^o^anna entfd&teb ftd^ mit totrlltc^er 3«s
80 neigung für i^n gegen bie anbern Setoerber (j. 8. ben §erjog granj bon ®utfe).
£)te burrf) ©d^ön^eit nicbt ^erborragenbe, aber angenehme unb tugenb^afte grau lebte
in ben erften ^a^ren tyrer S^e in ber glüdtlic^ften §äu$Iic$feit mit t^rcm gutmütigen,
lebensfrohen ©ema^l ; ein tüchtiger %%<x unb tapferer ©olbat, fein guter, noc$ ioeniger
ein glücflid^er gelbberr, legte Stnton bamalS feine galanten Neigungen ab. 3n jartlii^en
86 Briefen fprid^t [\q feine ©orge für feine ©emafylin an$, bei bem frühen lob jtoeier
Äinber toufete er fte trefflich zu tröften. am 14. Dejember 1553 gebar fte in $u* m
bem alten ©cfylofj ber b'aibret, toofytn fte auf ben auSbrüdRtc^en SBunfö "i^red SJaterS
gefommen toar, tyren ©o^n Jpeinrtd^ (nad^malS §etnrid^ IV.), ben fte einfach unb natür*
lid^ erjog. 1)nxd) ben %ob t^red S3aterS (geft. am 29. Wlax 1555) gingÄrone unb^err*
40 f$aft oon 9tabarra auf fte über, na$ ziemlich langen Ser^anblungen mit ben ©täJtben
ibreS flehten ßöntgreicbS, toeld^e grofee ^rei^eiten genoffen, braute fte eS ba^tn, bafc auc^
Slnton ate Äönig anerfannt lourbe ; bei feiner bäufißen Slbtoefen^ett lag aber bie Settung
ber SRegierung in t^ren §änben unb ibre männliche ©tnjtd^t unb ®ntf<$lof[en&eit, i^r päd*
tifd^e« ©efcfytcf für bie 3Sertoaltung zeigte ftcfy in glänzenbem Sichte.
46 9Sor allem toid^tig toar i^r 93erfyältm$ ^ux SReformation. ©d^on t^re SRutter toar
ber neuen Sebre innerlich unb äu^erltd^ na^e getreten ; fte ftanb in Sriefmecbfel mit öri*
connet, 2e ^eöre, 93erqum, 1518 toar 9Rarot bei ifyr getoefen, ben berfolgten Xn^&ngent
beä (Soangeltum^ ^atte t^r fleincr §of oft ©cbu^ getoä^rt ; an bie unter tyr fte^aibe
Untoerfttät Sourge« ^atte fte proteftanttfcb geftnnte ^rofefforen berufen, z« S3- SRelcftor
60 S3oImar, ßalbtnS unb WtiaZ Se^rer, unb mit ßaloin felbft toar fte in Jtorrefponbenz ge<
treten, ©o toe^te an ibrem §ofc proteftanttfcbe Suft; toa« ifc 3«««^ betoegte, bem
bat fte in ber Arne pecheresse 2lu$brucf berlieben, bocb ift fte nie ntr fncoteftanttfc^cn
gartet übergetreten. 3n biefem ber Sieformation günfttg gefmnten (Seifte ift 3<>b<rona
erzogen toorben, aber bei ibrer SSermäblung mit üUlfyelm oon Siebe galt fte cntfcpieben
66 nocb ate gut fatyolifcfye ^Jrinjeffin, unb ba« Sieb, toelc$e$ fte bei ber ©eburt ^ehtnd^
fang, toar eine Anrufung 3Kariaö. dagegen ftanb fte mit bem toeiten Äreife ber bor*
nehmen grauen, ioelcbe ftd^ feit bem S5egtnn ber fünfziger 3^** ^ Steformatiim ge*
neigt betotefen, in ftetem, zum Seil bertraultd&em sBerfe^r ; baut gehörten bie grau bon
©oubiu, bte 3Rutter GolignbS, ibre ©c^ioägertn Eleonore be SRotye, Sonbe^ grau unb
eo beten Butter 3Rabeleine be 9Jiailty unb bor allem Renata bon gerrara, bte eble Softer
3o\)an\\a Vflttxtt 251
Subtotg« XII., tocl($e ifyc nad) bem lobe ifyrer SKutter mütterliche Siebe unb ©orge JU*
ttxmbte. Jtter cd« änton im 3a&re 1557 mit ßalbin in briefliche SBerbinbung trat,
burften bie Hugenotten fie nod& nid&t &u ben 3&ren Säulen ; nad& ber Sßeife tyrer ÜWutter
fa& fa W SurüdC. 3n Slabarra prebigten 93oi«*iKormanb unb Pierre 35abib ba« ®ban-
gdtum (1557 unb 1558), balb galt Slnton al« bie §auptftüfce ber ^roteftanten ; er 6
too^nte ifaen Jßerfammlungen auf bem Prä-aux-clercs (in $ari«) bei, befreite 6^an*
bicu (f. b. ärt. 8b III, © 785,39), in ebangetifctyen Streifen regnete man balb aud& auf
3o^anna; ber merftoürbige Srief, toeld&en (Slifabety bon (Snglanb am 19. 3juli 1559 an
fte fcfctibt unb toorin fie tyr treue« Sefenntni« ber reinen Religion rü^mt, giebt babon
ein fpcecfcnbe« 3eugni« (f. Calendar of State Papers. Foreign. 1558—1559). 3Me 10
cntfdjetbenbe ©anblung brauten erft bie fcfylimmen ßeiten, bie fyäu«Iic&en Srübfale $erbor,
todefc in ben nackten Safyxai über fte ergingen. 3lm 30. guli 1560 toar 33cja r\a<fy
98&ac gegangen, fein Slufentfyalt toar nicfyt öergeblicfy getoefen, aufrieben mit feiner
SKffton fcfyrte er Siobember 1560 toieber naety ©enf jurüdt, um biefelbe $t\t, ba
9nton unb 6onb6 fi$ unllugertoeife naefy Drl&m« begaben ; über 6onb6 tourbe bort iß
ba« Xobedurtett au«geft>ro($en, aud) Sfoton brofytc ba« gleite ©cfyicffal; ber lob
tat 3ran3 II- anberte jtoar alle«, aber Katharina bon 3Kcbici ^atte eine 3lu«fitymmg
jtaxföeit äbttmt unb ben ©uifen &u ftanbe gebraut; feitbem mürbe bie Haltung be«
fötoacfcn SRaitne« immer fötoanfenber. ^ofyanna bagegen ^atte fi$ in tyre gfeftung
9fafcantin« jurücfgejogen unb biefe in guten Sßerteibigungjfcuftanb gefegt ; „berlaffen bon 20
ben Wenfäen fegte fte tyre Hoffnung allein auf ©Ott", 2Bei&nactyten 1560 fd&tour fte ht
fyau feierlich ben Äat^oCiji«mu« ab, legte ein reformierte« ©laubensbefenntni« ab unb
nafym jur SWEräftigung bor berfammelter ©emeinbe ba« fyl. Slbenbma&l na$ reformier-
tem Slttu* (bo$ bgL Sluble II, ©. 29, ber ben Slnfd&Iufs 3.« fd&on in ba« Sja^r 1559
besiegt). 33on ba an ift fte bie ftanb^aftefte 93efennerin be« *ßroteftanti«mu« getoefen ; 25
mit ber toarmen Segeifterung unb £reue, mit freierer fte ifyren neuen ©tauben im Serben
trag, taniftte fte au$ bie §äuj>ter ber frangöftfd^en ^Reformierten immer toieber $u erfüllen,
im Jtriegürat unb fonft ^at fte metyr al« einmal in fritifäen Slugenblidten ben ftnlenben
3Rut ut fcben geteuft, too ibre Sintoirfung ftd? geltenb machen f onnte, toar fie ju ©unften
„ber &aäp" t&ättg. ©d&on im 3fa$re 1561 jeigte ftcfc biefer ©influ^ befonber« beim so
Sdigion«geftorä(^ bon Sßotffa ; anfang« September fam fte an ben $of bon ©t. ©ermain,
tip eigener Deiner £of bi&ete nun ben 3Jlittel^unft ber Reformierten, täglich tourben in
tyren Qkmä^ern $rd)igten gehalten, bei treiben ftc^ ber ^ugenottifd^ geftnnte Abel ein*
fcrab, eifrigft betrieb fte bie ©ac&e i^rcr Sieligion, ityr §offtaat jeic^nete fäjf burd^ grömmig-
feit unb ©ittenfhenge au«, im ©egenfa$ ju bem befannten „fliegenben ©efd^toaber" Statfo 86
rina« tat bebtet; i^ren ©o^n erjog fte im reformierten ©lauben, auf tyre SSeranftal*
tmi0 traute S9eja nac^ bem ©enfer 9litu« ein bornefyme« abelige« $aar. ©elbft i^r @e*
ma^l festen bamal« toieber me$r ben Sieformierten ftc^ jujuneigen, aber nur um enblicty
Den ben SSerftnce^ungen ber ©uifen, be« foanifc&en ©efanbten unb be« })ät)ftltc^en Legaten
ubertdltKlt, toelc^e i^m bie äBiebergetommmg be« ganzen 9lat>arra ober eine grofie @ntfc^ä» 40
btgung bafür in 9Iu«ftd^t fhdlten, offen jum Aat^olt5i«mu« mrücl^utreten Oßalmfonntag
1562 madjfo er bar^äu))ttg bie gro|e $ro^effton mit) unb ftd^ bem Xriumbirate amu=
fc^üe^en. ©c^on bor^er batte bie e^elidjc Untreue älnton« ba« £>er£ ^o^anna« auf« tieffte
terimmbet, nun föfte fic^ aud^ ba« religidfe Sanb. 93i« ÜRai 1562 blieb fte bei $ofe,
bann reifte fte mit tyrem ©ema^l in bie $eimat. 2lnton berlieg fte balb, um in bem 45
öäraerhtcg, ber Sranfretc^ berfyeerte, ftc^ auf bie ©eite ber grinbe feiner grau ju ftellen, am
16. Oltober erlieft er im Sager borSRouen eine Äugel in bie linle ©c^ulter, am 17. 9lob.
ftarb er in Slnb^lb«. ®tne 3^ ber bitterften tiefften Seiben unb Äränfungen h)aren bie
legten Safce für yo^nna getoefen, e« fefylt an aller 9lad)x\d)t, toie fie feinen 2ob auf-
Qawmmtn ; für ben $roteftanti«mu« toar berfelbe infofern ioid^tig, al« ^o^anna, bureb w
niemanb me^r gehemmt, bie Reformation in i^rem Sanbe bolljtänbig bur^fü^ren tonnte.
Kit getoo^ta Snergie, mit ber Klugheit, treibe Gatoin an ihr rühmt, ging fte an bie«
Skrt, betf fte für Ujre eigentliche SJliffton fyielt unb in toeld^em fte ftc^ burc^ feine leeren
©rünbe aufhalten lieg; fte führte eine Übereinftimmung mit ben ©tänben i^re« Sanbe«
fcftet, bie Silber tourben )um Xeil getoaltfam au« ben ftir$en gefd^afft, bie Ätlöfter in 66
©cfrilen bertoanbelt, ßatoin fanbte Januar 1563 ben tüchtigen ©eiftlic^en Slatymonb ÜRerlin,
ber übet ein 3a£r m Slabana blieb unb bieÄirc&enorbnung gang im ©eifte feine« 9Reifter«
abfaßte (^erau«geg.:Di8cipline 6ccl6siastique du pays deBSarn p. p.Ch. L. Frossard,
^ori« 1877. ^m 3o^re 1631 unb 1637 tourbe bie reformierte Äird^e S3€arn« mit ber
Jranfrric^« txrnnigt). i)ie ötnfünftc ber eingejogenen Stlöfter bertoanbte ^o^anna jur ©rün- ao
252 3»ty"ra* b'gftret
bung öon Spulen, Spitälern :c., befonber« reicfc ftattete fte bie ^o&e Sd&ule (collfcge) in
Drtlfej qu^, um eine 93ilbung«anftalt für ©eiftlictye unb ©elefcte ju fyaben. 9(u$
auf eine Überfefcung be« 913;« in bie £anbe3fpra$e toar fte bebaut, fte erfd&ien 1571 gu
SRod^ettc (Jesus Christ Gure Jaunaren Testamentu Berria; ttberfefeer toar 3o&.
6 be Sigarrague be 33ri«cour«, ba« 93ud? felbft ift jefct eine ber größten btbliot^eiarifdjen
Seltenheiten). 6nblid& barf aucfc tyr übrige« lanbe«mtitterlic&e« SBalten nid&t mit Still*
fd&locigen übergangen toerben, fie fud&te bem Settel &u fteuern unb gab ein Sanbw^t
tyerau«, auf ba« fte biele Sorgfalt bertoenbet fyatte, u. b. %.: Le Stile de la reine Johanne.
3)er gricbe bon Slmboije (1563) braute feine 93eränberung für fte ^erbor, aber ein neuer
10 ungeahnter ^einb trat gegen fte auf in ber Sßerfon bon $apft $iu« IV., toeld&er bur$
93ufle öom 28. September 1563 $$ofyanna bor ba« 3nc?u^^on^tribunaI lub, unb toenn
fte nic^t binnen 6 Monaten erfd&eine, fte unb tyre Äinber i^rer Sänber unb SBürben für
fcerluftig erflärte. Diesmal nafym ftarl IX., ber ftd& in ber ^erfon feiner Untert^anin
beleibigt füllte, tyre 93erteibigung in bie #anb, fein energifd&er $roteft betoirfte, bafj bie
16 S5uHe jurücf gebogen unb aufgehoben tourbe. 3Rit Sefriebigung tonnte 3°^anna 1565
fd&reiben, ba| in bem Keinen SBinfel Sanb, tyrem 39<§arn, bur$ ©otte« ©nabe ba3 (State
allmä&lic& toad&fe, ba« S($Ied&te abnehme. 35ie neu au«brecfcenben 9Migion«friege ftörten
inbeffen 'fefa biefe SRufye. 2)er hirje jtoeite Ärieg toon 1567—1568 ©riebe bon Song-
jumeau 23. üJlärg 1568) fd&eint fte unb tyr 9lei<# toenig berührt ju fyaben, ganj anbet«
30 toar bie« beim britten Kriege, beffen Sd&auj)la$ ^au^tfäcpltc^ ba« fübtoeftlic&e ^ranfrei<$
toar. 2Bie bie übrigen Rauptet ber Hugenotten foQte auc£ fte überfallen unb xfyc Sofyt
ityr entriffen toerben. 9Ronluc unb ein $err be Söffe« Ratten bie Slufgabe übernommen,
aber ^jo^anna toar getoarnt, glücflicfy entrann fie tyren ^einben, allein in tyrem eigenen
Sanbe füllte fte ftd& ni($t me^r ftd&er, am 6. September 1568 berliefc fte 9l6rac, nur
25 bon toenigen ©bedeuten begleitet, aber untertoeg« mehrten ftdfr bie 3uiüÖc# *n Ärc^iac
traf fte mit Sonb<§ jufammen, am 19. September jog ba« #eer in Sa SRo$e([e ein, bem
fidleren #uflucfyt«ort ber ganzen Partei. 3n mt«fü&rlid&en S^reiben an JtarllX. unb bie
Äönigin-Wutter fyattt fie noety untertoeg« tyre treue Sotyalttät gegen tyren SanbeS^emt betont,
bie SHottoefyr gegen bie 3Jlac^inationen be« Äarbinal« bon Sotyringen, ba« SRic^tad&ten
ao ber ^ricbenSbebingungen, bie Sorge um bie 93lut3bertoanbten (6onb6) ^aben fte ftu bem
Stritte beranlafet. Slu^ gegen (Slifabety t>on (Snglanb rechtfertigte fte ft$, ba^ fte niebt
afödlebettin unb unge^orfame llntert^anin angefe^en toerben fottte. %foxt ganje mämtltcpe
Sntfd^loffen^eit unb Umfielt geigte fte in ben biplomatifc^en Unter^anblungen mit bem $of, tote
mit ben au^toärtigen 3Serbünoeten ber §ugenotten ; in bem toecfyfelboflen ®ange biefeö Äriege«
86 toufcte ftd^ i^r ftarfer ©eift, tyre feftc Mn^änglid^feit an bie reformierte Sieligton in $er*
borragenbem 3Ra^e geltenb ju machen. 211$ Slnfang 1569 bie Saae ber Hugenotten
Ieine«h>egd fe^r günftig toar, inbem i^r §eer burc^ Äranfyett unb S)efertion fe^r ju=
fammengefd^mol^en toar unb bie au^toärtige Mfe nid^t eintraf, ba brang fte in bem
großen flriegörat (im Sager ju 92iort @nbe Januar gehalten) auf erneute ^ilfegefuc^e,
40 auf Stuä^alten. Stuf« tieffte tourbe fte erfd^üttert unb empört bur$ bie (Srmorbung t^red
Sd^loager« 6onb6 in ber Sc^Iac^t bei 3<*ntac (13. SKärj 1569), fte eilte in ba« Sager
bon $onnaty*6&arente, too^in M ^ §ugenotten jurücfgejogen, unb f^tour, „eine fo ^eilige,
fo gute unb geredete Sac^e nie m berlaffen", aud^ bie übrigen gü^rer toufete fte ju gleichem
©elübbe ju beranlaffen, fo f)ob fte ben tief gejun!enen ÜRut bergftrot; i^r So^n ^etitri^
46 (16 Qa^re alt) tourbe ba« nominelle Oberhaupt ber Partei, ßolign^ unb Xnbelot feine
SSerater, fte felbft getoann burd& biefe ^Jlaferegel noc^ me&r ©influg auf bie Settung ber
©efd&äfte. Unb nod^ einmal fiel tyr, „ber grau üon ftarfem ßerjen unb männlicher
Seele", bie Slufgabe &u, i^ren nie berjagenben 9Rut, i^re glauben«fejie Sntfc^loffen^eit
bem §eere ju jeigen unb anbere bamit nt erfüllen, afö bie grojje 9lieberlage bei
öo ÜJtontcontour (3. Dftobcr 1569) bie Sad^e ber Hugenotten auf« Tc^Iimmfie gefd|rbete.
Sianc^e toaren be« Kriege« überbrüfftg, mit bem $ofe toaren fepon länger 9ta$anb*
lungen angetnüpft, bie Setoo^ner bon &ocfyeHe argtoo^nten, ber Sbel möchte nur auf bie
freie 9leligion«übung in ben eigenen Sd^löffem bringen unb ben SSürgerftanb nic^t berück
fufctigen. 3°^anna erflärte, baft fte unb ifyrSofyn nie i^re 3uftimmung ju einem folgen
65 ^rieben geben toürben, ber bie freie 9teligion«übung berfümmere, fd^arfftnnig tote« fte in
tyren ©riefen an bie au«toärtigen dürften auf bie gemeinfame ©efafr ^in, toelc^e bem
$roteftanti«mu« buret) bie Sereinigung ber Äatfjolifen bro^e. ffi eigene« Sanb toar bon
ben Stürmen be« firiege« niefct berfc^ont geblieben, töniglic^e $ruw>en unter Xerribe«
rücftcn ein unb oerbanben fic^ mit ben un^ufrtebenen Elementen, toelc^e bem Äat^olici*=
60 mu« offen ober ^eimlid^ treu geblieben toaren, $au tourbe erobert, 3o$anna« Sefe^l«*
%*)anna br8(bret 253
baber SlrroS unb 5Kontamar fonnten baä gelb nid&t behaupten, nur bie Heine fjefte
xabaircmä freit nodj au$, ba fanbte ^o^anna ben tapferen unb tüchtigen ^Dlontgommer^,
er entfette SRabarreinS, na^m ierribeä gefangen unb eroberte in jtoei SWonatcn toieber
ba* gange Sanb für feine frühere $errin, am 23. 2luguft 1569 mu&te and) tyau fajritu*
lieren. 3Bofr geigten jtcfy f^ätcr toieber Unruhen, aber leicht tourben 3>ofyanna$ Offiziere 6
barüber £err; nun berbot Sofyanna in 936arn bie römiföe Steligion unb gtoang äße
^riefte unb ÜKöndJK, bie Sßrobing gu berlaffen ; in 9iabarra, über toelcfyeä fte nur be=
fcfyränfte ©ouberänitätSrec^te fyattt, bulbete fte bie fatfyolifcfye Konfeffion. Unterbeffen
Ratten bie 93emü$ungen ber Sßolitifer, unterftüfct burd& bie (Srfolge ber SJJroteftanten, gum
^rieben Don ©t. ©ermain geführt (8. äug. 1570), bem 9tat unb bem äu^arren IgofyannaS 10
ftnb feine für bie ^roteftanten günftigen Sebingungen toefentlic^ mitguberbanfen. 33i$ Sluguft
1571 blieb gofanna m^ ty*m Kinbern, bem jungen 6onb6, 6olignty unb ben anbern
Häuptern ber Hugenotten in SHod^cQc ; ber §o<$geit Karte IX. mit (Süfabet^ bon £>fter*
rekfc in 3R6gi&red (26. -Jiobember 1570) beigutoofynen fyatte fte abgelehnt, ben toeitenSBeg
borföüfeenb ; im ©runbe toaren bie ©emüter noefy gu fef;r aufgeregt, ber ^rieben no$ gu 16
toenig befeftigt, um fu$ ber Iangentbefyrten SRufye mit ©ic^erfyeit Eingeben gu fönnen;
me^rfa$ flog nod& ^roteftantifc^c^ 33lut, bie Reformierten Ratten manche 33efcfyh>erben über
Sitytbeacfytung beä griebeneebifteä borgubringen, unberbroffen unb eifrig ift 3sofyanna ßd*
für tyre ©laubenägenoffen eingetreten. Der britten ©eneralfonobe, toeld&e bie reformierte
Äircfc 2.— 10. 3lpvU in Stodbetle freit, toofrite fte mit ifrem ©ofrte bei, ifr 9?ame ftefr ao
ate ber erfte auf bem 5protoIolle. 9tod& immer toar fte boll SKifetrauen gegen bie 3fnten*
turnen beä ßofeä. ©iefelben ^erfonen, toelcfye fte niefr lieben, fyaben noc| immer ben
metfiten ßinflufj bort (Srief bom 3an«ar 1571); bie toieberfyolten ßinlabungen borten
Lge^en lehnte fte ab, „obgleich fte toofr h>iffc, ba| bie Königinmutter feine f (einen
ber freffe" (SJrief bom 7. 2luguft 1571). (Sine hriefrige Angelegenheit frttte fte mit 25
neuer ©arge erfüllt, bie projezierte §eirat i^reä ©ofyneä £einri<$ mit SKargareta bon
granfreiety, ber ioefrer £einri(ty$ II.
3n einem ©riefe SlntonS bom 21. 9Rärg 1556 begegnen toir ben erften ©puren
Don biefem SJorfrtben. König $einric£ II. fyatte „biefen äflorb" borgefefragen gu
Xitionä ^fter öefriebigung, ber Bräutigam gäfrte aflerbingS bamalS noefy niefr brei 30
^a^re; aber nie mefyr tourbe berfelbe ganj au^er a<f)t gelaffen, noc^ toä^renb bed
Krieget hn ^erbft 1569 tourben bie SSer^anblungen lieber aufgenommen unb im Januar
1571 erneuert, bieämal mit befonberem @rnfte. Sänge toäfyrte tö, biö bad 3Jli|trauen
unb bie Sebentlic^Ieiten ber Königin bef$tm$tigt toaren; Siron gelang bieä enblic^
(3lobember 1571). 35ie $auj>tf<$toierigfett mad^te bie Sieligion; bon einem Übertritte 35
$ehtri$ö jum Äat^olici^mu^ tootlte begreiflic^ertoeife toeber er, noc^ feine SWutter ettoa«
totffen, eben|oh>enig aber toar bon einem SBed^fel bei 2Hargareta bie SRebe; unb toenn
Katharina bte Hoffnung auätyxad), bafi $einri4 einmal bur^ unb um 9Ragareta3 Tillen
ftA belehren toerbe, fo meinte bie eifrige $ugenottin, 5TOargareta h>erbe einmal gur
„äu&gion" übertreten unb bann feien fte bie glücflicfyften Scute unter ber ©onne unb 40
gang granfreiety toerbe an biefem ©lüde teil nehmen, ^m Januar 1572 toar man fo
to«t, ba| go^anna ftc^ entfc^lo| an ben £of gu ge^en. §einric^ lag an ben folgen
eme^ ©turged bom ^ferbe banieber. 3m ?JAruar traf fte mit Katharina jufammen;
ber leichtfertige Ion be« franjöftfc^cn §ofeä mißfiel ber ftttenftrengen grau aufs äu^erfte,
aber i^r mütterltd^e« #er$ freute ftc^ au^ i^rer flugen unb frönen lod^ter Katharina 45
(geb. am 7. gebruar 1558, an ben $erjog bon $ar=£otfyringen bermä^lt, geft. 1604)
gegenüber ber gefönürteu unb gefd^minften 9Kargareia b. SSalote. Sangfam rüdtten bie
ttafymblungen bortbärtd, fte meint franf barüber gu toerben; am 4. Styril enblid^ tvurbe
bie Sermä^lung eine feft bettloffene ©ad^e, bie Trauung foHte in ^JJari^ ftattfinben, ber
$fe<hitiaam brauste ber ÜJleffe ntcfyt betgutoo^nen, fo tt>ar für beibe Seile getoa^rt, toaü so
bte Siuigleit erforberte, unb gugleic^ in ber §eirat eine Sürgfd^aft für bie SSerföt^nung
ber Parteien gegeben. 3lm 11. 9lpril h>urbe ber ^eiratöfontraft feftgefefet, ber ^iapft
toottte bie bcrlangte SDi^enfation nic^t geben, entfe^ieben fprad^ Karl IX. feinen Sorfafc
ca&, toö) bie ^eirat, toelc^e fo fe^r gur Serufyigung be« Sanbe^ biene, gu ftanbe gu
bringen. 9hin reifte Igotyanna nac^ $arig, um bie Vorbereitungen für bie SSermä^lung ju 65
treffen. Sm 3. ^nnx feierte fte mit einer SWcnge ©laubenSgenoffcn in SSincenne^ ba^
|t 9benbma$l; am folgenben 3^ige erlranfte fte an ©eitenftec^en unb heftigem gieber.
9alb erfannte man i^ren ßuftanb für lebensgefährlich, feierlic^ mtyn fte Slbjcfjteb bon
ben 3^rigen# ntadbte i^r Xeftament, fc^rieb intern ©o^ne £etnrtd?, ber baS S3eifbtel feiner
gimiben^mten 3Kutter fo h>enig befolgte, unb ftarb am 9. 3>um im feften Vertrauen oo
254 3oI)tttttM VWtxtt ^oljannbonitett
auf tyren $cilanb unb grlöfer. Dafe in einer 3<ty to0 f° &Mte ©etoalttyaten gefc$a$en,
too bie Parteien fo fd^roff einanber gegenüberftanben, an eine Vergiftung (bur$ §<mb*
fd&utye ober ätynlicfye«) gebaut hmrbe, lä|t ft$ ertoarten; fo ftar! verbreitet toar ba« ®e*
rüd&t, bafc ber Äönig bie Seiche öffnen liefe; ein ©efd&totir am regten Sungenflügd, ba«
5 bie Sterjte fanben, erflärt tyren %o\> auf natürliche SBeife; bie Aufregung ber le$ten 9Ro=
nate ^atte ifyre o^nebie« fötoacfye ftonftitution fe^r erfötittert
(Sine grau fcon feltener (Snergie, fcon toafyrer gfrömmtgfeit unb reinem ©anbei ift
Sofyanna getoefen; fte ift ber ec$te SDflnt« ber$ugenottin jener §eit, fcofl ©lauben«mut unb
©lauben«eifer, aber aud& t>oH ftreimut unb Unerf$rocfen$eit; t$re Briefe in ber fräftigen
10 Spraye be« alten granaöftfd&en t>om 16. galjrtyunbert gegeben, fcott geuer, geben unb
£eibenfd&aft, ftnb treffliche 3^9«^ tyre* SSerftanbe^, tyrer Sorge ffir 9Bi$üge« unb
Unhnc^tigc«, tyrer ßinfid&t in bie bertoitfeltften ^olitifd^en SSer&ältniffe. Son ben 2eiben,
toelctye bie religiösen SBirren über ba« Sanb brachten, bem fte mit ganger Seele anfing,
f)at fte ifyr reicplidfr Steil erfahren, aber ungebeugt babur$ tyit fte ibre« geben* Äraft unb
16 befiel STeil baran gefegt, ibrem ©ott treu ju bienen unb tyrem ©lauben eine gefiederte
Stätte $u bereiten ; eine ber bebeutenbften fönigl[ic$en grauen ifae« 3a$r^unbert«, bleibt
fte eine ber ebelften ©eftalten be« franjöftfctyen $roteftanti«mu«. 3$. B^ott f.
3fol)anna, SPäpftin. — SDtc ältere ©treitlltteratur bei Oettinger, Bibliographie Wo-
graphique s. v. Jeanne la Papesse, antiquiert feit $>öainger, ^apftfabeln be« 9R3L, iKümften
20 1863; 2. Hüft, öon griebrtd) 1890, baju 9(rd)iü b. ©efeüfd). f. ältere beutf*e ®ef<W<$t*hmbe
XII, 17 ff.; 469 ff.
Dafe bie einft fcielberufene $ä))ftin nid^t al« ^iftorifcfce ©eftalt gelten lann, bqtoetfelt
fyeute, jumal feit Döflinger, toofyl niemanb me^r. Die Sage finbet fidfr niit öor ber
9Ritte be« 13. 3<* Wunbert« aufgezeichnet. 93on ba an erfctyeint fte faft gleichzeitig in
26 toerfd&iebenen ßtyroniten, juerft bei §tan be SJtailty (Witte be« 13. 3ajtö), *>on w® M***
nommen bei Step fyan öon Sourbon (geft. 1261), ebenfalte einem Dominifaner. Seibe
fteflen bie $cü;ftin ca. 1100 ein. SBenig fpäter erföeint bie Sage in anberer Serfton in
ber Gfconif be« Erfurter SRinoriten (MG ss. XXIV), ber fte mit ben ©orten einführt : fuit et
alius pseudopapa cujus nomen et anni ignorantur. 311« §aupttt>erfgeug jur Ser-
30 breitung ber Sage fyat bann bie ©fjronif be« SWartinu« $olonu« (gejt 1278) gebient, „be«
faft au3f$tief$li$en ©ef^ic^töle^rer« ber fat^olifd^en ffidt im fpäteren Wf,." SRartm fyd
bie Sage jelbft noi) in bie britte 9le^enfton feiner ^ßapft- unb Statfergef$i$te aufg^
nommen. S3on ifym ftammt bie toerbreitetfte gorm, toeld&e bie 5Päpftin au« SRain) ober
Snglanb ftammen, in Sitten ftubieren, bann in 9lom burd^ tyre ©elebrfamfeit auffegen
36 erregen, enblic^ (855) $Paj)ft toerben unb unter bem 9?amen go^anne« Slnglifu« 2l/«3a^re
regieren läßt. äBäfyrenb einer ^rogeffton auf ber Strafje gebiert fie ein Äinb, ftirbt ba*
bei unb toirb auf ber SteQe begraben. $en SRäbd^ennamen 3tgne« lennt SRartmu*
nid^t, auc^ ntc^t bie für bie ©ntftefyung ber Sage toie^tige ©rabje^rift, bie fc^on 2|ean
be 9J2ailfy l)at 33on biefen Vorgängern au$ bringt bie^abel balb in aBe, auep in ältere
40 ©efd^ic^tetoerfe ein. 3m 15- 3a^un^^ begegnet faum mebr ein 3to*H 3)ie $äpftin
figuriert aU $auptargument in ben 5!ontrot>erfen über Stecht unb Umfang ber ^ßapfb
gemalt 5. 93. bei §uö unb in ftonftan). 3^^!^ tonnten um fo toeniger Stemm ge*
toinnen, al« gerabe pä^ftltc^ geftnnte ©efc$idfjt$fdfjreibcr bie 9lac^rid^t iwrbreiteten. ©ne
befriebigent)e ©rflärung über bie ©ntfte^ung ber Sage tyit ^bllinjer gegeben. 2>eim
46 nad^ liegt eine römiföe SioKefagc ju ©runb, bie ft$ anfnüpfte an etne je^t toerfötamn*
bene antife Statue, bie loofyl einen 5KitJ^ra«})riefter mit einem Änaben barftdlte. Die
Solföp^antafie fa^ barin eine fceibli$e gigur unb beutete bie rätfetyafte 3nf^rift babet
a(« ©rabfd^rift ber ^äpftin. Der 9lame ^o^anne« ift too^l nur bem ber )a^lrei$en,
jum Xeil übel berüchtigten ^Bäpftc biefe« tarnen« naetaebilbet. Die Snfe^ung ber 3^
60 erflärt ft$ bei Qean be 3)tatlty (1100) ebenfo toie bei ÜWartinu« ^olonu« (855) au« bem
leeren SRaum, ber an ber betreffenben Stelle bor^anben toar, fo bafe bie ©efc^ic^te ber
$äpftin ftd^ o^ne Störung ber Slnorbnung be« ©anjen einfügen lieft, gn ber Gfyrono-
logie f)at fte überhaupt nirgenb« $la|. ((9. IBoigt f) 81. ®^wU.
3fo^annboniten (ßremiten be« ^o^anne« 93onu«). — Vita b. Johmnniß
66 Boni, eremitae S. Augustini Mantuae in Italia, auetore Ambroeio Calepino, O. A. (oeft.
1511), in ASB t. IX. Oct, p. 748—886 (nebft bem Corament praevius be« »eoboHanb^ten
^bouarb (Sarpenlier: ebbaf. p. 693—746); Nicol. Consenii Monasticon Augustiniannm
(3Rün«en 1628) p. 117 sq.; ©el^ot, Ordres etc. III, 8 ff.; ©tabler.flMnal, ^eiligenle;.,
Sfrljatttriwitttett 3fof)nmic8 I. 255
«. *3o$amie3 «onuS' (III, 326-329); %f). tfolbe, $. beutfcfte Shiguftinerfongregation ic.
(1879)f 6. 7.
5Der 1168 ju 3Rantua geborene ©rünber biefe« ßinfieblerberein« führte al« junger
fRann länaere §eit bie 2eben«toeife eine« umfyerfötoeifenben ^Soffenreifjer« föoculator),
bi« eine fötoere (Srfranfung ben ettoa Stcr^igjä^rigen iu ernftli(|er S3ufee unb, na($ äb= 6
legung einer umfaffenben Setzte beim mantuaniföcn SStfc^of, ju immertoäfyrenber äbfefyr
toom SBeltleben trieb (1208). $n ber @inöbe bei ber flirre ©. ÜWaria be Sutriola
(itaL bi Subriolo) untoeit Gefena, too^in er bamal« enttoiefc, fofl er junäcfyft mehrere
3a$re ^inbureb ein böttig einfteblerifcfye« QfylmUbm geführt fyaben. Seit ettoa 1217
begann er ©efäfyrten um fi<$ ^u fammeln, Verliefe aber auefy bon ba an feine enge fyüt 10
(ebig[i$, toenn e« ber SKeffe m ber an fte anftofeenben Ätrcfye bei&utoofynen galt. 35ie
^rieftertoeibe empfing er ntd&t, ja er lernte toeber lefen nod& fd&rciben. Slber burd& ben
Stnbrucf, freieren feine ungetoöfynlicfc garten Äafteiungen fyert>orbrad&ten ($. 83.: öftere«
Olafen auf einem Sager t>on ©te^almen, ober in einer fein 3lu«ftreden ber ©lieber
gefiattenben engen ©rube ; berfdjärfte« haften toäfyrenb ber Quabragcftmal^eit ; hineintreiben i6
fpifccr StofyrftMter unte f^nc Sfagernägel [befyuf« 9tbtötung getoiffer Segungen fcon fleifcfc
liefen Segierben] u. f. f.), betoirite er auffaHenbe SBefefyrung«tounber, jotoofyl im Äreife feiner
tyn toie einen Patriarchen toere^renben unb tfym unbebingt folgenben Slnfyängerfctyaft, toie
an ßaretitern (lombarbiföen SJktarenern), bie ityn gelegentlich befugten unb beren er biele
gut latyoliföen Sirene jurüdffüfyrte. 35afe aud& ber bi. gftanätefu« ft$ feinen Schülern 20
jugefeüt unb bon tym Anregung jur ©rünbung feine« Drbcn« empfangen fyabe, ift aUerbing«
nur Sage, bo<$ $eugt bie SSilbung biefer Segenbe Don bem fyofyen 3lnfefyen, ba« ber ©remit bon
(Sefena im Äretfe feiner änfyänger genofe. Cfyne eine föriftlicfye Segel ober überhaupt
eine beftimmt fixierte £eben«orbnung für feine geiftlic^en ©öfyne ju fyinterlaffen — nur
ba« fragen eine« grauen ©etoanbe« foH er feit 1225 benfelben öorgeförieben fyaben —, 25
tontte er bo<$ toie ein €rben«ftifter. 33on jenem ©tammflofter ©. SJlaria bi Subriolo
au«, ba« er faft niemal« berliefe unb ba« ob feiner einfamen Sage aud& fßremo (ober
l'&lmo) genannt hmrbe, foHen bei feinen Sebjeiten noefc 9—10 (Sremitenfonbente ent*
ftanben fein: nt Sertinoro (Brictinorium) untoeit gorli, $u 9Rantua (©t. 2lgnefe), gu
Senebtg, ju Bologna, ju 5{Jarma, ju gerrara, ju ^oggiolo, ju gaenga, gu fßoneclia 90
unb ju Stimini (f. Satyentier, in bem jener Vita öorang. Processus beatificationis
p. 726sq.). — ©d&on einige ^a^re bor feinem lobe (23. Dftober 1249) toaren
bie, na$ i^m al« Johannbonitae (Jambonitae) bezeichneten ^nfaffen burc^ 3nno=
cenj IV. jur Annahme ber äuguftinerregel ber^flid^tet toorben. Sllejanber IV. fobann
nötigte pe, burc^ feine SSuHe üom 13. äuguft 1256, in ben bon ifym errichteten äu= ss
gu^mer-eremitenorben einzutreten, bem er gleichzeitig einige anbere mitte(italif$e @im
^eblertoereine, inebefonberc bie SSrictinianer unb bie ©adfträger, einverleibte (t>gl. S5bII,
©. 255, 31 ff.) — fo bafj bamit bie ©onberepftenj ber ©enoffenfe^aft aufhörte. — Über
bie ^auptfä$li$ bon SRantua au« (f$on feit SJlitte be« 13. ^a^unbert«) betriebnen 93er«
fuc^e jur Erlangung ber Jtanonifation für ^o^anne« 93onu«, bie aber nur beffen ©elig^ 40
fprec^ung (burc^ ©igtu« IV., 1483) ju ertotrfen Vermochten, fotoie überhaupt über bie
gioria postuma be« (feit 1451 in ber ftird^e S. Agnes nova 311 3Rantua beigelegten
unb al« $aiH)t»©cbu^)atron biefer ©tabt verehrten) ürbenßftifter«, ^anbelt au«fü^rlic^
ber oben genannte SReoboflanbift (bgt. ©tabl., ©. 328 f.). 3*ifler.
3ol)anne« I.r SPapft, 523—526. — Libor pontificalis ed. Wontmfen. MG Gesta 45
pontiticum I, p. 13.'* — 137; Chronica Italica ed. vJWomm|enf Chronica minora, MG Auct.
ÄDtiqu. I, p. 328; Jafte P, p. 109 f.; fangen, ©c|dj. b. rom. Äird)e uon Seo b. ®r. bi«
tttfoiauft I. 8. 299f.; ©rifar, <&efd). SHom« unb ber $äpfte im TOK. I, 8. 481- 49H;
©regoroolu«, (»e|ct|. b. ©tabt Oiorn im 3HH. I, 8. 302 ff ; 3. gviebvid) in 8^W« 1891,
6. 103; &uncf in C>3^ XII, S. 760, XIII, 489 ff.; ^fcili^tfter, Skr Oftgotentönig 2^eo- w
boridi b.»r. vu bie fat^oi. JHrcfce, ÄircöcngeW. 8tubten ed. ^itöpfler III. ©b. 1^96, 6.155-
202; ©artmann, ©ejd). 3taüen8 I, S. 225 f.; Hodgkin, Italy and her invaders III, 510—
520; DchB III, 389 f.
3o^onne^; ein geborener Xu^cier, toie e$ Reifet, toarb am 16.(13.) äuguft 523 jum
^jfte getoei^t. 8et feiner (Sr^cbung ^atte S^eobori^ b. ©r., toie e$ fc^eint, ntc^t mit« 66
getotrft, aber toä^renb feine« furjen ^ontififate« folltc e« bem Raffte in em})finbUc^fter
feetfe |um Setoujjtfein tommen, ba^ ber Äönig tyn burc^au« al« feinen Untertan be*
trottete. SU« Äaifer 3uf^n I- ^3 eine aÜgenteine Jte^ert)erfo(gung anorbnete, toanbten
fk^ bie arianifc^en ©oten ber SDonauprobtm an i^ren Stammt unb ©lauben«genoffen
Sbeoboric^ um £ilfe. Stter ^eoborid^« 3Jorftettungen begegneten in 3fyjanj tauben «0
256 dolpmte* I. ^anne* in.
Ofyren. 35a befd&Iojj er bur<$ eine ©efanbtfc^aft bornetymer orttyobojer Stömer feinen
SBünfcfyen 9ia<$brucf gu geben. 3um Sü^ter berjelben erlor er ^ßapjt go^aim. 3)afi
biefer nur gelungen ben bemütigenben Auftrag übernahm, liegt auf ber fywb. aber,
bafe er mit ©etoalt auf« ©($iff gebraut toorben fei, ift allem 9lnf$etne na$ \pcdm
b Segenbe. 6nbe 525 langte er in Äonftantinobel an — ber etfte $apft, ber ben ©oben
be« Dftreitfc« betrat. ßaijer %u$\n empfing tyn mit ungetoö&nlicfym ©fcren. angeblich
fyätte er ifyn fogar nacty orientaliföer ©Ute aboriert. Sicher gemattete er tym, ber SBeifc
na<$t«feier auf einem fyöfyeren 2^rono« beijutoo^nen, al« ber SPatrianfc bon Jtonßantino)xL
9luty bie Unterbanblungen über bie loleram ber arianiföen ©oten führten tu bem ge*
10 münzten (Srfolge. Xrofcbem toarb ber ^Sapft, al« er nad? Dftern 526 nadp SRabetma
jwrücffefyrte, bon 2^eoborid& in« ©efängni« getoorfen. 3Barum ba« gef$a$, ift bunfeL
vlaty ^feilföifter unb anberen ^ätte er be« ßönig« 3orn baburdb fi<$ jugejogen, bafc er
Haifer guftin Dftern 526 frönte. 2lber t>on biefer jtrönung berichtet nur bar über pon-
tificaJis, ni^t bie fonft gut unterrichteten gcitgenoffen : fie gehört baber toa$rfc&einlu$ m
16 ba« ©ebiet ber Segenbe. 3lud&, toa« man fonft anführt, um be« Äönig« ©erhalten ju
erflären, ift ni$t geeignet, ba« Dunfel ju listen. Sicher ift nur, baft er in 3o$ann,
fei'« mit Siecht, fei'« mit Unrecht, einen $elfer«fyelfer ber StoptinifAen gartet fa&.
Qofyann fyattt im ©efängni« ntd^t lange }u leiben: er toar längft fcytoer hont unb
ftarb batyer bereit« am 18. ÜRai 526. 3)a| $tyeoboric$ fein @nbe befqleunigt $abe, ift
20 jpätere (Srfinbung. $. »öljmer.
3?oljaiitte« IL, $aj>ft, 533—535. — L. P. ed. SRommfen I, p. 141; ed. 3>u*e*ne I,
p. 285 f.; Cassiodor, Variae IX, 15—17, XI, 2 ed. SRotntnfen MG Auct. antiqu. XII,
p. 279 ff., 331 f., cf. praef. p. XXIX f. IX; Liberatus, breviarium *c. 20 MSL 68, p. 1036;
(£ untrer, epistulae imperatorum, pootificum, aliorum, CSEL, p. 320 ff.; Jaffe* P, p. 113. —
26 Sangen 6.313—324; ©rifar I, 6. 497 f.; berf., Analecta Romana I, p. 151; DchB III,
p. 390; ©regorooiuä I, ©.329 ff.; $artmann I, 6. 238 f.; Hodgkin IV, 87 ff.
9la% bem Sobe Sonifa^ II. am 17. Dftober 532 fam e« inStom toieber )u einem
heftigen SBafylfantyfe. $u toelc^en SKitteln bie ftd? befe^benben Äanbibaten griffen, jeigt
bie 9tocfyri<$t, bafe ber Q^nat ba« ©imonieberbot t>on 530 erneuerte, bie Älage, bafc fettft
so ^eilige ©efäfje bcrfteigert Sorben feien, um @elb für Seftec^ungen flfiffig ju machen, fotoie
bie merftoürbige Äonftitution König Sltfyalaricfy« bon @nbe 533, toorin al« SRormalfaf
für bie am föntglid^en §ofe be^uf« (Sntfc^eibung ftrittiger Sßa^len aufjutüenbenben ©pro*
teln 3000 solidi feftgefe^t toerben. 3)er oftgotifc^e $of entf^ieb enblicty ju ®unften
be« ^re«b^ter« 3Jterfuriu« ^o^anne« bon @an (Slemente. 9(m 2. Januar 533 tourbe
86 berfelbe getoei^t, bereit« am 8. 3Rai 535 ftarb er. 3)a« toic^tigfte ©reigni« feine« $on*
tiftfat« ift bie Beilegung be« t^eopa«4>itifc^en ©treite« (f. b. ».): fcfrm am 6. 3uni
533 legte ifym Äaijer ^jwftinian ein bie ftrittige gormel ent^altenbe« ©lauben«be!enntni«
jur 93eftätigung box. Sänge jögerte Sofyann mit ber @ntfc^eibung. @rft am 25. SKörj 534
erlief er ein juftimmenbe« ©^reiben, tnelc^e« al«balb mit bem ©riefe be« ftaifer« in ben
40 codex Justinianeus aufgenommen h>urbe. 3Rc^r im ©inne be« $apfte« toäre e«
getoefen, h>enn ftatt be« faiferlid^en ©riefe« allein eine bon i^m aufgearbeitete 2e^p
betlaration al« bogmatifd^e dntfcfyeibung ber Stirere aeeeptiert Sorben toäre. aber biefe
3lbfid^t gelangte nicfyt gur ©ertoirflic^ung. 3ur fc^m 3e^ er^^ 3°^nn ^e bebeut«
fame Verfügung in ©ad^en be« cfyebred&erifd&en Stfd^of« ßontumeliofu« bon 9liej. @r be»
46 fa^l bie @inf$lief;ung be« ^nfulpaten in ein ftlofter unb ernannte Säfariu« bon 9Irle«
— e« ift ba« ber erfte berartige 3"^WWon«aft — $um 93i«tum«bifar. $. ^d^mer.
3o^|aune« III., ^apft 561—574. — L. P. ed. SWommfen I, p.l57f.; ed. Sufeftne
I, p. 305f. Jaff6 P, p. 1 36 f. ; Sangen a.a.O. S. 401—403; ©rifar I, DchB III, S. 891;
Hodgkin V, 65 ; fcartmann, ©efd). Stauen« IL
60 3ol^ann^ oer ©ol^n tä anaefc^enen 9lömer« 2lnaftafiu«, tourbe nac^f langer ©ebi««=
bafanj am 17. guli 561 (nac^ I)u4e«ne) gum Raffte getoei^t unb ftarb am 13. 3uli
574. Unter tym führten bie Senkungen be« römifd^en ©tu^le«, bie feit bem Jtanjil
bon 553 mit 9tom jerfallenen Äirc^en^robingen toieber ju getoümen, juerft ju einigen
bemerfen«toerten ßrfolgen. 9lm 15. ©eplember 568 untertoarf ftd^ bie $robim Sabenna
66 571 trat auc^ erjbifd^of Saurentiu« IL bon SJlailanb toieber mit Slom in Unter^anb*
Iungen. 3lud^ im fränfifd^en SReic^e erlebte 3ofycmn einen Reinen IriunH)^: er erregte,
ba^ bie abgefegten Sifc^öfe bon (Smbrun unb ®ap, toel($e an i^n awwlliert Ratten, toieber
reftituiert tourben. Slber ba bie beiben Prälaten i^ren f(^le^ten2eben«toaiibel fortfefcten,
^Hantle* III. 3oI|anne* VII. 257
tmnben fte o^ne SRüdfftd&t auf ben ^Ja^ft fcfyliefclicfy bocfy beseitigt (©reger %nx. I, 22. 27).—
5toc£ bem über pontificalis fyätte Sodann ben mit ben Römern verfallenen Sßatriciuä
9tarfe$ bet&ogen, nad& 9lom jurtichulefyren, £ätte aber babureb jtcfy felber bie $einbf$aft
ber ^töntet jugejogen unb barum längere 3^ in bem ßömeterium beä Siburtiuä unb
8alerian fiep aufgehalten. Ob biefe vlatyify richtig ift, mufc bafymgefteüt bleiben. 5
$. »öljmer.
3»lptttte* IV., $apft 640—642. — L. P. ed. SHommfen I, p. 177; ed. 3)udje8ne
I, p.330; JaffeP, p. 227f.; Sangen,©. 517-520; JBojmann, ^oütüber ppftel. 3.171 ff.;
Hodgkin VI, p. 18. 172; DchB III, 391 ff.
§o$ann, ber So^n be$ Sd&olaftiferS SSenantiuS au$ Sklmatien, toarb na$ SeberinS 10
lobe (2. Stuguft 640) jum SPatft getoä<. 2B%enb er noty auf bie faiferlid&e Seftä*
tigung toartete, erliefe man eine Slnttoort auf eine anfrage irifcfyer ©eiftlicfyer unb 2Rönd&e
in »etreff be* 2*rmm3 be3 DfterfefteS. 3)iefe Slnttoort ift bemerlenätoert, 1. toeil fte
jeigt, bafe ein eigener StetumSDifar, nicfyt ber ertoäfylte Sßapft Dor feiner SBetye bie
3totföenregterung führte, 2. toeil fte Dorauäfefct, bafe ber SßelagtantemuS nod) in Srlanb is
auf Anhänger jaulen fönne. 3lad) fetner SBetl^e am 22. September 640 #elt 3«>^ann
eine ©tynobe, auf toeld&er er ben SRonottyelettSmuS berbammte. 3m gleiten Sinne
aufarte er ftd& gegenüber bem Patriarchen SßtyrrfyuS bon Stonftantmopel. 21B biefer tyier*
auf unter Berufung auf bie Sntfcfyeibung §onortu$' I. ben 2Ronottyeleti$mu$ Derteibigte,
richtete ber Stopft ein ge$arnifd&te$ Schreiben an bie beiben Söfyne unb 9{ad;folger beä ao
Srnfer* §erafliu3, in toelc^em er bie Dolle Drttyobojie beä §onoriu$ nad&jutoeifen fud&te
unb bie 8Utfcerfraftfej}ung be3 neuen ®ogma$, b. i. ber 2efyrbeflaratton be$ 5ßtyrrtyu3,
forberte. 3n ^a 2fyrt foD er nad) ber Sßalaftrebolutton, toeld&e jur ©rtyebung ÄonftanS' II.
führte, Don biefem benachrichtigt toorben fein, bafe fein 2ßunf4 erfüllt fei. — Site geborener
$almatier nafyn ftety Sodann eifrig feiner bon ben Slaben fd&toer bebrängten Sanbäleute 26
an, inbem er große Summen jum fioSlaufe bon (befangenen foenbete. Slucfy errichtete er
mehreren balmattnifd^en SDtärtyrern in SRom eine Stirere. — 3lm 12. Dftober 642 ift er
geßorben. §. mtymtx.
3»4«tt«e* V., $a})ft 685—686. — L.P. ed. Wommfen I. p.205f.; ed. 2>u«e$ne
I, p. 366 f.; Jaffe* P, p. 242; ©ajmann I, 6. 188; Sangen S. 581; DchB III, 392;»
Hodgkin VI, p. 359.
3o$anne3, ein geborner Styrer, ber ate ®ia!on auf bem 6. öfum. ßonjil eine SRoHe
gezielt tyatte, toar ber erfte ^apft, ber gemäß ber Äonftitution Äaifer ÄonftantinS VI.
(Jaffö ©. 242 sub Benedictus II) fofort nad) ber 28afyl o^ne Iaiferlid;e Seftätigung
getoei^t tourbe, 23. 3«K 685. 3)ie einjige Slmt^^anblung, ioeld^e toon ifym befannt ift, 36
tjl bie SBieberuntertoerfung ber farbinifd^en Äirc^e unter ben pctyftlicfyen Stu^l, togl. Jafte
nr. 2129. Sd^on am 2. Sluguft 686 ftarb er. $. m^mtx.
&%***& VI., 5ßa))ft 701—705. — L. P. ed. SHommfen I, p. 217 ff.; ed. $u«e3ne
I, p. 383; JafW P, p. 245 f.; «ojmann I, 6. 191; Sangen 6. 593 f.; Hodgkin VI, 363;
DchB III, 392 f. 40
^obann, Don ©eburt ein ©rieche, tourbe am 30. Dftober 701 jum ^Jajjfte getoei^t.
Seine (Erhebung fanb niebt ben Seifall be* Äaiferä 3ll)ftmar=2:iberiu^. 2)crfelbe fanbte
bafcr ben @|arc^en 2^eo^^la!t nac^ SHom, um, toie e^ fd^eint, ben SPapft ju befeitigen.
Aber bie game STOilij Don Italien fammelte ftc£, loie e^ Reifet, um &om, um 3<>^ann
$u föfiften. ©iefer liefe jeboc^ bie $ljore fd^liefeen unb loufetc ben (Sjard^en j\um 3lb- 46
tuge w betoegen. (Sine größere ©efa^r brotyte i^m loä^renb feine« 'ißontifirate« toon bent
umgobarbtf^en $enog ©tfulf Don 33enebent. älber and) er toarb burd; bie ©efc^enfe bc^
Stapfte* befttmmt, pc^ jurü&ujie^en. — %m %afyxt 70 1 ^ielt 3. eine Stynobe in Sachen
Küfrieb« Don ?)orI (f. b. 31.), ofyne eine bepnitiDe ©ntfd^eibung ju fällen, Dgl. Jaffd
nr. 2142. gr fterb am 11. %annax 705. $. »deiner, so
3i^amied VII., ^Japft 705—707. — L. P. ed. Wommfen I, p.219f.; ^)ud)e§nc
I, p.384; Jaff^ P, p.246f.; «ajmann I, 8. 192; Hodgkin VI, p. 364. 370; Sangen
6. 595 f.; DchB III, 393.
SofanneS, toie fein SSorgänger ein ©ried^e, amtierte Dom 1. ÜHärj 705 — 18. Df*
tober 707. 1)ad ^JaDftbud^ ritymt feine JMlbung, 8ereb[amfcit unb feinen Äunftftnn. 55
gekernt betätigte er bei ber 2luöf$mücfung ber Don i^m gegrünbeten 3Ruttergotte3taj)cHe
mmU9nc*tlopWt fftf S^cotegtc unb Surfte. 8. ». IX. 17
258 ftolfanite* VII. tarnte* VUI.
in St. $eter unb mancher anberen römif<$en Äird&en. Dagegen fiejj er in ben SBerfymb*
hingen mit Äaifer ^uftinian IL über bie Anertennung ber ÄanoneS be$ Duinije|tum
9Rut unb ^fttgleit fcermiffen. ©inen energischeren $on fölug er ber englifd&en Ätn$e
gegenüber an, Don beren ©eiftlicfyen er bie Annahme ber römifoVn ÄlerilftlHeibung forberte.
6 3u ben Sangobarben ftanb er in guten Sejietyungen. Jtönig älripert erftattete tym ba$er
ba$ Patrimonium ber fottifc^en Afyen jurütf. $. »H»ter.
Spanne* VIIL, Sßapft 872—882. — Gu eilen: 3)te »riefe ber tjatifanifdjen $f.
Mansi XVII, p. 1 ff. ; MSL 126, p. 647 ; bie graflmente ber collectio Britannica #« V,
p. 298 ff.; SJöwenfelb, Epistolae Romanorum pontificum ineditae p. 24-34; aüe roeiteTen
lOjRefte f. Jaffa I\ p. 376-422. ©tograpWd)eS : $intmar, Annales ad a. 872—882, MG
SS I, p. 495 ff.; Regino, Chronicon ed. Sturze p. 102 ff.; Ann. Fuldenaes ed. fturge, p. 109;
(Srdjempert, Hist. Langobard. Benevent, c. 39, 46 ff., SS rer. Langobard., p. 239, 256.
Catalogus comitum Capuae ibid. p. 499; SBattertd), Bomanorum pontificum vitae I,
p. 27 f., 635-648; L. P. ed. $u«eäne II, p. 121 f.; bie ßonailten: Mansi XVII. — fitt*
löteratur: Balan II pontificato di Giovanni VIII, SRobena 1876; ßangen, <3efd)id)te ber
römifdjen $trd)e oon SlifolauS I. big ©regor VII., @. 17U-275; ©regoroDiuS, ©efdj. ber
©tobt SRom im 9M, S3b III; £ergenrötl)er, SßljottuS II, 6. 291 ff.; $efele, Goncilienaefdj.
IV2, 6. 447 ff., 514 ff. ; gungmann, Dissert. selectae in hist. eccles. III, p. 419 -435 f.:
©dprörä, £intmar *>on Äeim« passim; $mucf, £<S> $eutf(fclatib3 11*, 6. 558 ff., 702 ff.;
30 Aman, Storia dei Musulmani di Sicilia t. I, p. 434 ff. ; Gasquet, L'empire byzantin et la
monarchie Franque 1888, p. 432—482; Summier, ©efefc. be3 oftfr&nfifdjen »etdje«, ©blF
unb III2; Guiglelmotti, Storia della marina pontificia nel medio evo I, p. 109 f.; Lapotre,
S. J., L'Europe et le Saint-Siege ä l'dpoque carolingienne, t. I. Jean VIII, 1895 (ultra*
montan unb beutfdjfeinbHdj).
26 3°fann> ber ©<^n beä ©unbo, hatte bereite an 20 gafae baä einflußreiche Amt
e'meS Ard^ibiafonen ber römifd^en Äirctye befleibet, als er am 14. ©ejember 872 $um
Zapfte getoetyt mürbe, ©rofe getoorben in einer 3"* au&erorbentlic&en »uffötoungä ber
pctyftlt$en 3Wac$t, ergriff er, obtootyl er fcfyon an ber ©d&toeHe beä ©reifenalter* ftanb,
fofort mit jugenblid^em geuer bie Aufgabe, im ©eifte 9lifolau$' I. bie SBelt unb bie kitöft
so ^u regieren. An Segabung baju gebraety e$ tym nicfyt. ®r toar nid&t nur ein tüchtiger
gtnanjmann, ein ni<$t ungefaßter ftelbtyerr, ein getoanbter militäriföer Drgantfator, er
fcerftanb and) au$ bem ©runbe bie Äunft, mit rafdjem Sntfd&luffe jeber SBenbung m bem
SBiberftreite ber ^olitifd^en SKäa^te ju folgen unb fie ftcfy nufcbarju machen, unb ©ut unb
^erfon anberer 9Renfc$en in ben ®ienft feiner Sntereffen J« [telfen. Aber fo unerföoßfs
85 Itd; er in feinen Kombinationen toar, fo toenig toä^lerifc^ fear er au$ in feinen Wittebt
Sa^on er bermanbte j. 33. bie @jfommunifation in einem Umfange jur ©rreic^ung rem
Politiker 3roecfe, U)ie bor U;m fein mittelalterlicher ^apft. Überfampt mar getfUtd^ an
tfjm faum me^r aU ber 5Rame. 33or einer Untoa^r^eit fa^retfte er nio^t )urfict. ©eine
©egner berfolgte er mit bem ganzen n>ilben Äaffe be« ©üblänberd. ©afe j. S. Sergiud
40 bon Neapel bon bem eigenen ©ruber, bem 2Mfc$of St^anafiuS, überfallen unb greulich
üerftümmelt mürbe, fanb er nur ^öd^ft löbl'xd) unb Ilingenben So^ned loärbig. SBar er
\onad) aller geiftlid^en JBürbe bar, fo fehlte ed i^m boa^ ni$t ganj an getftigen §nttr*
effen: 2lnaftafiu« Sibliot^efariuö erfreute fta^ feiner ©unft. 3)en ®iafon 3o$anned be*
auftragte er, in maiorem gloriam beS ^Ja^fttumS baS Seben ©regorS b. ©r. ju be*
46 föreiben, unb ber Grmerb einer frönen Orgel mar für tyn eine faum mtnber t»u^ttge
Angelegenheit, ate ber 6rU>erb frieg^tüa^tiger arabifa^er ^Jferbc. — 3^ x^n politifäje
3iele roaren eS, für bie §«>^ann feine ganje Äraft einfette: bie 33efreiung ^taliend Dem
ben ©arajenen unb bie (Sr^ebung be$ $apfteS jum Dber^erm 3^1^^ unb be$ Äaifcr*
tum«. 3)aS (entere liefe fta^ nur üerloirflid^en, toenn ba« erftere erreia^t mürbe. Sttef
60 ^o^ann fyat betbe Aufgaben nid)t gelöft, nicf)t toeil e$ i^m an Talent, fonbern an 9Ra$t
fehlte, unb ber s^artei^aber unb bie beginnenbe S^^^Ö ^ wonara^ifdj[en ©etoalten
biird^ ba« SetyenStoefen, beffen ©efa^ren er beutlio) ertannte (Jaffö 3011), jd>e eneegtf^e
älftion t>er^inberten. 2)ie erfte Aufgabe nafym er fogleia^ im Sunbe mit ftatfer Subtotg IL
in Angriff. Darum trat er mit Energie für bie Autorität biefeS gürften em. (Sx ffiftete
66 ^rieben gmifd^en i^m unb Abalgid üon 93eneoent. 6r fud^te i^m ben Sefty be« lot^a*
ringifd^en 9tci$e3 ju toerfc^affen. Aber er baute and) jelbft eine flotte, rüßete unb biftete
Jjerjönlid^ eine Art ftefycnber s3JJilij au$ unb oerDoßftänbigte bie Sefeftigung Storni, inbem
er ©t. $aul mit einem gort umgab, ba$ er 3o^anno}>olte nannte. Allein folange bie
dürften oon Palermo, 9Jea}>el, 6aj)ua unb bie öürgerfcfyaft be« feemäa^tigen Amalfi an
oo bem SünbniS mit ben „©öfyncn be^ leufeB" feft^ielten, fear tro^ aller nemen @rfo(ge
3*fj<mne3 VIII. 259
an eine Vertreibung bcr Sanbeäfeinbe nicfyt ju benfen. 3)arum fefyen toir ben sjjapft
immer triebet befc^äftigt, fei'3 bur$ ©elb, fei'ö burcfy gute SBJorte, fet'3 mit ©etoalt
Med Sänbniö jujerreifcen. Slber obtoofyl er e£ über ftcfy Dermocfyte, j. 33. an Slmalfi
ja^rlic^ 10000 SKanfufen )u jaljlen, unb oft genug ben äknnftraljl toiber bie Un«
getyorfamen föleuberte, gelang e$ tym mcfyt, eine bauerfyafte antifara$emf$e 2iga $u 6
ftanfce ju bringen. ©o \af) er fiefy fcfyliefjlicfy gegen 6nbe feiner 9tegierung felber genötigt,
bm ©aragenen einen jctyrlid&en Tribut Don 25 000 SKanfufen ju jaulen. — 3n «n* neue
$&afe trat feine italiemfäe Sßolitif ein burefy ben $ob Katfer fiubtotgS am 12. Oftober
875. 2Bie fefcon #abrian IL, fo fyatte auefy er eine ausgekrochene Slbneigung gegen bie
$eutf$en unb bie beutfd^en Karolinger. $aä jeigt feine ^jaltung gegenüber bem beutfcfyen 10
6pifto)>at (t>gl. Jaffa 2986), feine Stellung in bcr mctyrif$en gfrage (f. u.), feine game
$oliüt gegenüber bem „König t)on Satern" unb feinen &ö\)Mn. ©o luD er benn niegt
Subtoig ben ©eutfetyen, Jonbern Karl ben Kafylen ein, fiefy in 9tom bie Kaiferlrone ju
falen, nu£t o^ne jugleidj bie beutfäen dürften, Prälaten unb ©rafen energifefy Don einem
©mfafle in granfrod) abjuma^nen. 3lm 25. 3)ej. 875 empfing bann Karl aus feiner 16
$anb bie Krone. Kurj barauf ernannte er ben Sr^bifd^of Slnfegte Don ©en$ jum päpfc
U$en 95üar nid)t nur für ©aüten, fonbern auä) für ©ermanien (Jaffa 3032). 2)ann
fanbte er jtoet Segaten na$ granfreiefc mit bem auftrage, bie §änbel jtoifcfyen Karl
unb 2ubtoig bem $eutf$en beizulegen. 3)afe er bei aHebem nur ben Vorteil beä t)on
fyn „ertoä^lten" KatferS im 3luge fyatte unb beffen abfielen auf SubtoigS Sanbe»
mtterffctycn tooHte, ift Har. aber burd& bie ©#la$t Don 2tnberna$ am 8. Dftober 876
toarb Karte fioffnung auf eine Sßieberfyerftellung ber farolingifd&en UniDerfalmonarcfyie für
immer Derntcptet ©cfym Dörfer toar e$ in SRom ju einer 3Serfcfyh>örung gegen ben Katfer
unb bte franjofenfreunblic^e Sßolitif beS $aj>fte$ gefommen, ju beren Häuptern ber
9if$of ^ormofuS t>on Sßorto, gofyannä SRtt>at bei feiner (Srtyebung auf ben pä^ftlid^en 25
6tu|l, m Regierungen ftanb. 3lm 19. Styril fear ber $aj>ft auf einer römifcfyen
©tynobe gegen biefe ©egner vorgegangen. 6r fyat fte bann noefy öfter qrfommunijiert, aber
nie fyre Dpfofttion toöfiig unterbrüden fönnen. Wod) f^limmer fear, bafc ber Aaifer fld^
aufjer ftanbe jeigte, t^m gegen bie Sarazenen §ilfe ju letften, unb, bafe, aU er enblid^ im
September 877 in ber fiombarbei erfd&ien, fein 9leffe Äarlmann aud ®eutf$Ianb ^eran^ so
rötfte unb $n )um 9tütf}uge betoog, auf bem er bereits am 13. Cttober toerftyeb. s)iun
fä^ fu^ ^o^ann bo<^ genötigt, mit JlarlmannS 2tnfyrud> auf Italien unb baS Raifertum
yot rechnen unb mit $m in Unter^anblungen ju treten. 9U3 aber biefe ri\d)t Don ber
Siede rüdtten, matten Äarlmann^ 9(n^änger, bie 3Rar{grafen Don Xo^Iana unb @po(eto,
(mjen $roje^: fte überfielen im grüfyjafyr 878 9tom, fc^Ioffen ^o^ann ein unb Der- 86
pfafflttax tnjtoifc^en bie römifd^en ©ro^en, Karlmann atö König unb pfünftigen ftaijer
a»|uerfennen. tiefer Vorfall beftärtte jebod? ben ^ap\t nur in feiner antibeutfe^en
$oCitiL Äaum toar er toieber $en feiner 6ntfd^(üffe, fo begab er fiefy auf bem ©eetoege
iab ^ranfretc^. $ier gebaute er auf einem großen beutjd;--fran^öfifd;en ©encralfonjtl bie
ttaliemMK S^age )u entfäeiben. 2)te brei beutfd^en dürften (üb er baju ein. Slber leiner 40
berfdben letftete feinem Stufe golge. ©0 unterfetyieb [xd) baSÄonjil Don 2:roi;e^ (11.3tug.
btd 20. Sept. 878) lÄiglic^ burc^ bie Slntoefenfyeit be« 5ßapfte^ Don einer franjöftfd^en
Radtftfnobt. %xd) jeigte Subtoig ber Stammlet, obtoo^l er \\d) bequemte, auä ^o^annd
^anb feine Ärone ju empfangen (7. ©ept.), leine Steigung, \\d) in baö SBirrfal ber tta=
Ucmfc^en $olitif }u ftürjen. 2lber ^o^ann ^atte bereits einen anberen ^rätenbenten inS 45
äuge gefa|t, mit bem er jefet in %xo\}& einen geheimen Vertrag abfd)lo|: ben ©rafen
9ojo öon ber ?ßrot>ence. 3)iefer follte an feiner ©tatt al^ fein „StbopttDfobn" bie toclt^
Ikben Sfogelegeifyeiten bertDalten, toä^renb er felbft angeblich gan^ ben göttlichen Dingen
fk$ toibmen tooute. 3n ber 3$at folgte Sofo bem ^apfte über ben 3Jtont Geni^ nad)
Stadien. 3Ba$rf$emlic9 auf einer italienifd^en ©eneralfynobe ,^u 9iom follte bann bem 50
Sertrag Don Xro^ed gemä^ feine 9Ba^l jum König erfolgen; benn bie 3uftimmung be^
$apftc*, erflÄrte 3o^ann gan; ä^nltcf), tote fpäter ^nnocenj III. be^üglic^ ber beutf^en Könige
toa^i, fei )u biefem Sitte erforberlid^, toeil ber gefräste gürft Don ihm jum Kaifer ^u
oebtnieren fei Allein ber $lan jerfd^lug [xd), toeil bie beutjd;en Karolinger in Cberitalien
tt biet ©oben getoonnen hatten, ©elfteren $er;en^ entfd^lof; fieb baber ^obann im 65
Sbguft 879 )U 9laDenna Karl ben ®idfen aU Jlönig Don Italien anjuertennen unb enb«
üd) fogar — fror 9. gebruar 881 — ben tym fo toenig genehmen gürften jum Kaifer
111 fadnen. $a$ bebeutete nidbt me^r unb mcfyt toeniger ati ben Dölltgen ^ufammenbruc^
mner italienif^en ^olitif. 3lber toenn er gehofft ^atte, burc^ ben 2kr)i$t auf feinen
ÖeWing^lan toenigftotö einen tüchtigen Sunbe^genoffen für ben Kampf gegen bie ©ara; go
260 3oI|amte3 VIII. ^otjanne* IX.
tfnm ju getoinnen, jo fyatte er ft$ grünblidfr getauft: Äarl begnügte fi$ mit bem
äußeren ©lanje ber Ärone. Italien blieb, toie gerabe SofyannS leiste Sriefe jagen, jic$
fclbft überlaffen, b. i. e$ blieb eine33eute ber ©arajenen unb ber emanber jerfleifd&enben
Meinen Stynaften.
5 hieben biefen rein politiföen ^fragen fielen in 3°l?Mm3 3Raf$na$mcn fm^lid&e
fragen eine toerfyältnismäfcig geringe Stolle: nur ber m<tyrij$en, bulganfctyen unb btyjan*
tinifcfyen grage fyat er größere 2lufmertfamfeit gefd&enft, toetl fie ju reinen 9Rad&tfragen
geworben toaren. 3n b*™ ©treitc jtoifcfyen 2Jtefyobiu$ unb bem baierifc^en ©trijlojKite
nafym er junäc^ft fe^r energifety für ben erfteren Partei. 2)ie Sterte ber Saiern erflärte
10 er einfach für aufgehoben burd) bie älteren SRed&te Storni (Jafte 2970—2980). allem
879 jitierte er 9Retl;obiu$ boc$ noc^ aß Strieder m$ gjom (jaff$ 3267 f.). 3nbe*
& gelang 3Retfyobiu$ fi$ jm rechtfertigen. 3°^ann betätigte tyn als (Srjbtfcfcof bon
9Rä|ren, lobte in einem SSriefe an ©toatopluf bie fyriDifäe ©d&rift unb gcfjtonb ben
weiteren ©ebrauefy ber flabifcfyen Siturgte ju; aber er orbinierte gleichzeitig 3fte$obiu$'
16 bitterften geinb Sicfying jum 93if$of Don Neutra unb beftimmte, bafc bog ßbangelium
immer juerft lateintfefy, bann jlabifcty im ©otteäbtenfte beriefen toerbe (Jaffa 3319). ©o
hoffte er e$ beiben Parteien red&t ju machen; aber er betoirfte nur, bog ber ©ante ber
3toietra$t in ber jungen metyriföen Ährcfye ntd&t ausging (Jafte 3344). — Äonfequcnter
fefcte er bie Sßolitif feiner Vorgänger in ber bulgarifc^cn ftrage fori aber all bie
20 ©efanbten unb ©riefe, bie er an ben dürften 9Ri$aeI richtete, erhielten nickte, al£ böge
33erfotec$ungen (Jafte 2962, 2996, 3130—3135, 3246—3248, 3261, 3265, 3360,
3379): bie griecfyifcfyen Sßriefter unb ber gried&ifctye Äult blieben im Sanbe. 2>agegen
glüdfte e$ ^ofyann 879 ben dürften Sranimer bon Kroatien fürSRom ju gelohnten (Jaffö
3260, 3262, 3359). — Sng mit ber bulgarifd^en toar immer bie bt; j an tinifc^e
26 jfrage berfnüpft. 35ie 33efe£ung ber Sulgarei bur$ btyjantinifd&e Sprieftcr führte unter
^ofyann utnäc^ft ju einer immer fdjlimmer toerbenben Trübung ber Sejie^ungen Storni
ju bem Patriarchen 3ßnaJ bon Äonftantinopel. 9Jun tourbe nad) Sgnaj' iobe (23. Oft.
877) ber auf bem „8. allgemeinen ßonail" bon 869 abgefegte $atriard& $^ottud reffe
tuiert. SBotyl um ben SSeiftanb beä ftaiferä SafiliuS I. gegen bie ©arajenen ju ge*
so totnnen, erflärte \\d) ^o^ann „temporis ratione habita" im Sluguft 879 bereit,
^tyottüS anjuerfennen, toenn SßtyotiuS auf einem Ätonjil ©atiSfaftion leifte unb bie
SBulgarei 9lom jugejprod^en toerbe. %n ber %fyat trat im -Wobember 879 )u Äonfiam
tinopel ein grofjeä orientalijd;e^ Äonjil jufammen, bem au$ einige ))äj)ftlid^e Segaten bei?
toofynten. 2lber ^P^otiu« teilte auf bemfelben bie ©riefe 3*>^«g in einer ftberfefcung
36 mit, „meiere ben ^ofyen %on be^ ^}a})fte^ jur Sitte ^erabftimmte", bon ber gorberung
betreffe ber ©ulgarei unb ber ©attefaftion be^ ^^otiuö nid^td enthielt, ftatt beffen aber
bie SKafynung, bie Sefd^lüffe bon 869 &u toerbammen. 3)iefe grobe SKl^ftififation fcatte
ben ertoünfd^ten ßrfolg. I)ie ©tynobe erlannte ^J^otiu^ an, überliefe bie Siegelung ber
bulgarischen ^rage bem jlaifer, fafete Sefc^lüffe, toonad^ bem $apft nur ber $rimat im
40 Slbcnblanbc }ugeftanben tourbe, unb üertoarf enblid^ fogar feierlich im $mblicfe auf bad
abenblänbifc^e filioque jebe älnberung be^ Nicaeno-Constantinopolitanum. Cbtoo^l
nun bie römijd^en Segaten proteftierten, ftimmte ber tycty\t im äuguft 880 biefen 9<*
fc^lüffcn j\u (Jaff^3322), be^aüouierte feine Segaten, bat ben fcfclaucn Patriarchen, nic^t
übel fcon t^m ju benfen, unb erflärte fogar, auefy er toolle nid^t« bon einer Slenberung
46 be$ ©t;mboleö miffen (Jaff^ 3369). 2>er ©runb biefe^ SSer^alten« toar $aul>tfä<Mi($ ein
politischer: bie Hoffnung auf bie S)romonen be^ KaiferS Safiliu«. 3)a^u fam bie
Hoffnung auf Söieberancrfennung ber römifc^en 2lnjjmic§e in Sulgarien, bie benn in ber
%l)at toenigften« formell erfolgt ju fein fc^eint (Jaff^ 3323). 3)afe %otyuin t>or feinem
lobe t>on biefer ^ßoltiif ^urüdfgefommen fei unb S|Jtyotiu8 bon neuem abgefegt ^abe#
50 melben lebiglic^ bie fpäteren Duellen. ^n fe^nen ©riefen finbet fic^ feine ©pur battm
3Jiit^in fyat ber ^apft toa^rfc^einlid; aud^ auf biefem gelbe fein $ontiftfat mit einer
SRieberlage befd;loffen. — 9iac^ ben gulbaer Slnnalen ^ätte nun bie iragöbie WefeS
Seben^ aud^ toie eine Iragöbie geenbet. ©ie erjagen, bafe 3oI^nn *& M>f« «n«
SSerjd^toörung getoorben fei. 3^^ ^a^e i^n einer feiner 3Sertoanbten bergiftet; aber ba
65 ba« ©ift ^u langfam toirfte, (ei ber $apft fctyliefelicty burd^ ^ammeijttUiBC auf ben Äötf
getötet toorben. SBir muffen biefe 9Jad^ric^t auf fid^ berufen laffen. SRur b<ö fte^t
feft, bafc ber Uapft am 15. SDejember 882 au$ bem Seben fc^ieb. $. 8i|«er.
3o^anne« lX.f ^aj>ft898— 900. — L. P. cd. 2)n«eSnc II, p. 232; SBatterid) R.P. V. Ir
p. 31, 84, 656 ff.; Man« XVI, p. 450; XVIII, p. 201 ff. ; Jaffd P, p. 442f.; Longen
3oijötwe$ IX. Solfattttc* X. 261
S. 307—311; Summier, ©efc&itfte be3 oftfrft'nFt facti 9ieicf)e§ IIP, ©. 429; £efele, (£on--
ciiiengcfcfttdjte IV*, 567 ff.; SBeUanb in 8^ XIX, 6. 85 ff.; gunf in £3® 1888, 8. 284 ff.;
ftregorooiu*, ©efdjid)te bcr ©tabt 9*om III, 6. 243 ff. ; 3ungmann, Dissert. selectae in hist.
eccles. IV, p. 33 ff.; f. au* b. tt. gormofu« 53b VI, ©. 127.
3tad) bem $obe S^eoborS im ©eaember 897 bemächtigte ft$ junäcfyft bcr SSifd^of 6
6ergiu$ öon 6erä (f. b. 31. ©ergiuS III.) t>e$ pctyftlid&en ©tubleS. Silber nad) monate*
langen Stampfen gelang e$ ber fpoletmifd^en gartet im Styril 898, ifyn ju Derbrängen,
unb an ferner Statt ben33enebiftmer Sodann Don^tDolt ju ergeben, ber bis gum3Kai900
amtierte, ^o^ann betrachtete bie ©üfynung ber an bem #eic$nam feinet SSorgängerS gor*
mofuS toerübten ©reuel afe feine näcfyfte unb hnd&tigfte Slufgabe ; auf einer ©tynobe ju 10
6t $kter Derbammte er bie 33ef$lüffe ber ©tynobe <&ttpf)an$ VI. (f. b. 31.). anatfyema*
tifierte bie ©ergianer unb erllärte alle Don gormofuä Donogenen 2Beifyen für giltig. ©leid)*
jatig erliefe er im §inblicf auf bie Unruhen bei ben legten SBafylen eine Verfügung über
bie $a£fttoa^l, in ber er im Slnfd&luffe an bie constitutio Romana Don 824 forberte, bafc
bie Äoitfefration „be$ Don ben 33if$öfen unb bem gefamten ÄleruS erhalten, Don ©enat 15
unb Soll erbetenen Sßajjfteä" in ©eaentoart laiferlicfycr ©efanbten Dorgenommen toerben
foQe. @nbli$ erlannte er auf bem Äonjile feierlich Lambert Don ©poleto als Äaifer an
unb erflarte bie Salbung beä Sarbaren Slrnulf für null unb nichtig. $m öunbe mit
Sambert, ba$ jeigen no# beutlid&er bie Sefcfylüffe einer birg barauf in StaDenna tagenben
Sfynobc, toddjt ein grelle« ©c^laglicfyt auf bie Sirmut unb 2Rad>iIofigfeit be$ SßapfttumS 20
toerfen, hoffte Sofyann *n 9tom georbnete §uftänbe toieber ^erjuftcKen. Slbcr biefc £off*
mmg toarb burefc ben plöftli($en %o\> beä jungen StaiferS am 15. Dftober 898 Dereitelt.
San 3o$atm3 SRegierungäaften ift noefy fyerDorjufyeben : 1. bie Steftitution be$ Don ©tepljan VI.
abgefegten SifcfcofS SlgrinuS Don £angre$, 2. bie auf ben 2Bunf$ beä dürften 2Rotmir,
aber o&ne SRüdjtcfct auf bie Slnftmtcfye ber bairifcfyen Äirc^e Don ifym Derfügte ©ntfenbung 25
breier Sifc^öfe in« SKäfyrenreicfy, gegen meiere ityeotemar Don ©aljburg aläbalb cnergifdjj
@infpru$ crtyob, unb 3. bie 2Rajjna|men be$ sßapfteS in bem ©träte mit Styjan}. 2ln*
fang« betätigte auefc er bie Verfügungen feiner Vorgänger in betreff be$ SßfyottuS. 2lber
Dar feinem lobe föemt er auf einer ©tynobe no# ju einer Verftänbigung mit ben ©rieben
gelangt $u fein. #• »itymer. 30
3ffytIUte* X., $atft 914—928. — Stutpranb, Antapodoais II, c. 47-54; III,
c. 17, 43; Opp. ed. Tümmler, p. 44—47, 61, 73; Benedictus, Chronicon MG SB XIII,
p. 714 f.; Leo Casineneiß, Chronicon SS VII, p. 616; Chronica s. Benedicti SS rer. Lango-
Mid, p. 484; Invectiva in Romam pro Formoso papa, ed. Summier in Gesta, Berengarii
p. 153, cf. 71 f. ; Ceriani e Porro, II rotulo opistografo del principe Antonio Pio di Savoja, 36
boiu: fiöwenfelb, 92« IX, @. 515 ff.; Mansi XVIII, p. 315 f.; Jaff^ l\ p. 447—453;
LP. ed. ?)u4e«ne II, p.240f.; hatten*, R.P.V. I, p. 35 f., 661 ff : Sangen e. 319-328;
Tümmler, ©efc&. be« oftfränf. 9?eic^e§ III1, ©. 603 ff.; Liverani, Giovanni da Tossignano,
Opere, Maoerata 1859, t. II; ©regoromuS, ©efdj. ber Stobt SKont im ^K9( III; 3ungmann,
Diasertat selectae in hist. eccles. IV, p. 46—62; bittet in Stoppö ©efdjid)töblftttern 1,40
6. 214 ff., 290 ff.; 3)flnbliTer unb Füller, fitubpranb üon Sremona, SBübinger, Unterfudjungen
jnr mittferen ©ef*. I, Seipjig 1871, ©. 11 3 ff .
9ta<$ Siub^nranb Don ßremona Dcrbanlte ^ofyann x- fön* @^ebung auf ben päpfc
lieben ©tu^I lebiglic^ bem Umftanbe, bafc bie „3lHein^errin" 9lom3, bie ältere %t)to\>oxa,
ein längft mit i^m angefnü))fte^ e^ebred^erifc^eg 33er^ältni^ bequemer fortfe^en n>oDte. 46
ÄDein Siubpranb fc^rieb erft ein fyalbeä ga^r^unbert nad^ 3°^anng ©tu^Ibeftetgung. ©r
ift uibem ein arger Säfterer, barum barf fein Seric^t nidjt für bare SKünxe genommen
toerben. StOerbing^ ift bie SSorgefd^id^te 3<>^ann« bunfel : geboren n>ie e$ ^ei|t, gu loffig«
nano ht ber Slomagna, tparb er junäd^ft SDiafon in Bologna, bann Sifdjof bafelbft, trat
aber bied Slmt nic^t an, fonbern bemä^tigte ftd) angeblid) in tt)iberred;t(t^er ffieife be^ so
©tu^le^ Don SlaDenna. @rft Don ^ier au« tourbe er ettoa im 3Kärj 914 entgegen einer
Seftanmung !go^ann3 IX., Don ben primates ber ©tabt — b. i. Dor allem Don 3^eo*
bara, mit ber er anfd^einenb Dertoanbt toar — auf ben päpftlicfyen ©tu^I berufen. 2ltö
Äm^enfürft ^at er fid^ nid&t mit Slu^m bebedft, obtoofyl & tym an ßifer unb ©cfcfyidf
aad) für bie Ätrcfyenregterung nid^t fehlte : ben f laDonijd^cn (Srjbifd^of Don ©^alato unb 66
feine Untergebenen fuepte er jur annähme ber latcinifd^en Siturgie unb jum Slnfc^lu^ an
Sinn )u beftimmen, toa« i^m, toie e« fc^eint, aud^ bi« $u einem getoiffen ©rabe gelang
(3—2 3571—3573). 3lud& mit ben ^Bulgaren bemühte er ftd^ gelegentlich ber erfolg-
losen Unter^anblungen, bie er mit 93tyjanj über bie 3uföf{tgteit ber 4. (£^e (f. b. 91. ©er*
giud III.) führte, toieber an;u!nü))fen. älber ber ^atriard^ 92iIolau« Don Äonftantinopel eo
262 Cannes X. ^anne* XII.
ttnifete bie beabftd&tigtc SRcifc ber päj>ftKc$en Segaten ju bem ftax ©ipeon ju fcer&mbern.
9l\d)t minber foH er beftrebt getoefen fern, mit ber foaniföen Jtirc^e tn Sene^r ju treten,
unb eine Stetnfion ber mojarabifcfyen Siturgie behrirft tyaben. Aber, toenn auefy oiefer 6r*
folg nic^t in$ SRctd^ ber Segenbe gehören fottte, fo führte er bod& nid&t tu einem engeren
6 33ertyältmffe gtoifd^en 5Rom unb ©ganten. (Sin folcfyeä beftanb toetyrenb ^o^amtä $on*
tififat nur mit granfreiefy unb 3)eutf$lanb. 3la$ 2)eutfd&lanb entfanbte er im3a$re 916
ben 33if$of $eter toon Drta afö fiegaten, feine Slntoefen^eit fottte ben 83efölüffen ber
berühmten ©tynobe toon §ofyenalttyeim (MG Constitutiones I, p. 618 ff.) befonbere*
©etoid&t beriefen. 2lu3 feinen Verfügungen für granfretety ift tyer&or&u^eben bic an
10 ben ßrjbifcfyof Don 9teimä gerichtete ^nftruttion über bie 99e£anblung ber neubefetyrten
Normannen. 2lber faft ausnahmslos befd&ränfte er jt# au$ im SBerwfyr mit biefen 2än*
bern barauf, bereits getroffene ober geplante 3Ra|regeIn ber Sijdjöfe unb gürften gut*
jufyei&en. 3)aS jeigt nichts fo grell, hrie bie 33eftätigung ber 2Ba^( be$ öjetyrigen ©rafen
§ugo bon 23ermanbotS jum (grjbifcfyof toon 9teimS (3— 2 3570). — 2)efto größeren
16 $Kufym ertoarb fic$ aber Sofyann als ^olitüer unb ftelbfyerr. @S gelang tym, eine &t
Siga ber bebeutenbften italiemfctyen dürften, ben btyjanttnifcfyen Äaifer einbegriffen, gegen
bie ©arajenen ju ftanbe ju bringen. SRacfybem er burety bie Ärönung Serengar« ftm
gfriaul jum Äaifer (26. 5Robember ober 3. ©ejember 915) eine fejle Sfirgjc&aft für bie
SBieberfyerftellung ber ftaatlicfcen Smtyeit in Ober* unb SRittelitalien gefd&affen $atte, jog
20 er felbft an ber ©pifce eine« §eereS gegen baS ©tanbquartier ber ©arajenen am unteren
©arigliano unb errang im äuguft 916 einen glänjenben ©ieg. allein na$ btefem©tege
begannen bie ttalienifcfyen dürften unb 2lbelSfa!tionen toieber i^r alte« ©toiel. Äaifer
Serengar tourbe im ga^tc 924 ju SSerona ermorbet. ©em fd^toad^en Stuboif Don 8ur*
gunb gelang es nicfyt, ftd) ju behaupten. (Srft $ugo Don Surgunb festen baS jfa glücfen.
26 SDarum fcfylofc Sodann nadp bem 9. %\xl\ 924 mit tym ni SRantua ein SünbniS. allem
ber erhoffte SSorteil blieb au«. SSielme^r erftanb in 9tom felbft jefct bem Zapfte ein
mächtiger %zwb in ber intriguanten SRarojia. 3m 3un* 928 toarb auf tyren Setrieb
fein ©ruber, ber ^räfeft SßetruS, Dor feinen 3lugen ermorbet. ®r felbft tourbe in ben
Äerfer getoorfen. 3)ort ftarb er, feine« Slmte« beraubt, furj barauf, ut plures asse-
80 runt @Ioboarb) au« Slngft, alfo eine« natürlichen Sobe«. 6rft ein fpätere« ©erü^t
(„aiunt" Siubpranb) melbet, bafe er mittel« eine« Äopfliffen erftidtt toorben fei.
f. »J^wer.
3o^anne«XI.f Sßatft 931—936. — fiiutpranb, Antapodoeis II, c 48; in, c 43;
V, 3, p. 45, 73 ff. ; Benedictes, Chronicon SS III, p. 715; fjloboarb. Annalea 931-936,
86 SS III, 6. 80 ff. ©eitere Duellen: ©atteri« R.P. V. I, p. 38 f.; 669 ff.; L. P. ed. Du-
djc«ne II, p. 243; Jaffe* P, p. 454 f.; Sangen, ©.329—331; ©regorouiu«, <»ef<&. ber ©tobt
JRom im WM III.
Sofyann XI, ein natürlicher ©otyn $a})ft ©ergiu«* III. unb ber SHarojia, tourbe
cttoa im 3Rärj 931 auf Setrieb feiner 5Rutter gum$a})fte erhoben. Äl« fem #albbruber
40 5llberid^ fic^ cm 3a$r ffäter in Slom ber §errfd^aft bemächtigte, tourbe aud) er in ben
©turg feiner 3Kutter toertoicfclt. Db er je bie $* etyeit toieber erlangte, ifi ungetoi^. ©ic^er
toar c« Silberig, ber bei allen bebeutenberen 3>wri«bi!tion«^anblungen, tote bei ber 33er*
letyung be« $aQium« an ben 16j ädrigen Patriarchen ^^eop^laft t>on ÄonftantinojKl, ben
9lu«fc^(ag gab. „Dirne ©etoalt, be« ©lame« bar, nur mit geiftltc^en fingen be«
46fd^äftigt" ©loboarb), enbete ber unglücflid^e $<H)ft im Januar 936 fein Seben.
f* »Hner.
^oljannc« XII., ^Ja^ft 955—964. — Stutpranb, über de rebus gestis Ottonia,
Opp. ed. Tümmler, p. 124—136; Continuatio Reginonis ed. Jhtrje, p. 171-174; Bene-
dictus s. Andreae monachus, Chronicon c. 34 — 37, SS III, p. 757 f. ; Über pontificalis
50 ed. 5)ud)e«ne II, p. 246 ff. ; Sattcrid), R. P. V. I, p. 41-63; Jaffe* I*, p. 463-467;
Summier, Cito b. ©r. V, 313 ff., 325 ff. ; ©tefebredjt, ©ef*id)te b. beutfeften Äaifcrieit I4,
6. 447 ff.; Manfc, ^eltgcfcftidjtc VI, 2, ©. 2t0ff.; «Wanitiu«, 3)eutfd)e Öef4 unter ben fä*»
fifdiew u. faltfdjen ^atfern ©. 144—151; ^ungmann, Diesert. selcctae in hist. ecclee. IV,
p. 441) ff.; ©reqoroütu«, ©efd). ber 6tabt SRom im 9JW. »b III; Sangen a. a. O. €. 336
65 bi* 351 ; $aurff Ä:ir4engef«id)te $eutfd)lanb3 III, 6. 222—236. «u« ber Citteratur über
ba$ Cttontonum Ijebe id) ^erüor: ©icfel, 3)a« ^rtoitegium Otto« I. für bie römifdje Ätrdie,
1883; 3Bcilanb in 8Ä« XIX,; eimfon in m XV, ®. 575 ff.; fiinbner, 3)ie fogenannten
(54cnf«n(\en $ippin«*, tarl« b. @r. unb Dttoö I. an bie köpfte, ®. 94 ff.; $irfd>, 3)aÄ fog.
partum Otto« 1. uom Sa^re 962; Sadur in 9M XXV, ©. 409 ff.
SofjanneS XII. 263
Um feinem $aufe au|er ber toeltlid&en aud& bic geiftlicfye §errf$aft in 9tom ju
föcat, He| 3Uberi$ t>or feinem Sobe (954) ben römifcfyen Slbel eiblt<$ geloben, bei ber
Mafien (Srlebtgung beS päpftlic^en Stuhle« feinen illegitimen ©otyn unb örben Dftabian,
ben er bereite in ben getftli<$en ©tanb fyattt treten laffen, jum Zapfte *u toätylen. ©$on
im SJejember 955 trat ber fcorgefefyene gaU ein: Sßapft 2lgat>et II. ftarb. 3lm 16. 3)e*em* 5
ber folgte iljm ber junge gürft ber 9lömer. Sei biefer (Gelegenheit bertaufcfyte berfelbe
feinen ^eibniföen SRamen mit bem cbrtftlicfyen 3o$anne& Aber im übrigen blieb er, toaS
er toar, ein echter ©pröfcling beS fraftfcoHen, ehrgeizigen, aber audfj rotyen, lafterfyaften,
gang ungetfili$ gefilmten ©efdbled&teS ber SRarojia. 3)er 2ateran, Reifet eS, toarb unter
$m förmlid? ju einem §urenfyauS, in toclcfyem ber Stacfyfolger Sßetri beim ©elage beS 10
Zeufelä 3Rinne tronf unb beim SBürfelftnel ©ämonen, tote Sujtyiter unb 23enuS, anrief.
6eü>fi bie ^ßeter^thrd^e enttoetyte ber päpftlicfye 2)on $uan, behauptet man, burcfy feine
Orgien, ©eine geiftli$en SlmtSpflid&ten betrachtete er felbftoerftänblicb nur als eine läftige
Setgabe feiner ©tellung. Er ^atte batyer feinen Slnteil an ben fyoctyfafyrenben Stufcerungen
über bie SBürbe beS jßajjfttumS, bie in üblicher $orm aus feiner Äanjlei in bie 2öelt 15
gingen. Aber er toar bo$ me^r als ein lüberlid&er 3)on $uan : w toar e"t fltofeer
Säger unb Ärieger unb t)erbanb mit allen Saftern au$ ben fyod&fltegenben ßtyrgetj feines
£aife3. 3unöwP öerfud^te er t>ergeblid& im ©üben feine £errfcfyaft tu erweitern. 3)ann
geriet er in $änbet mit König Serengar. 3lu$ babei aber baut er fein ©lud. SBerengarS ©ofyn
»albert befefcte römifd&eS ©ebiet. 9lom felbft fd&ien gefätyrbet. 3n feiner 5Rot entfd&lofe ftdfj ao
ba, ^ct^t e$, ber $aj>ft, ÄönigDtto I. um$tlfe ju bitten. SMefer (Sntfd^Iufe ift, toie$anfe
imb $audf mit Steigt fynfoortyeben, auffällig. 9Ran fann faum annehmen, bafe ber sjjajjft
ifa f**i ß*fa6* $at, fonbern, bafc er &u ifym burd) bie Sieformpartei beS römiföen SHeruS
gejtoungen tourbe, toelctye t>om Singreifen Otto« eine Sefferung ber ffanbalöfen ^uftänbc
an ber Äurie erhoffte. 3)afj gotyann felber bem Äommen beS ÄönigS mit 2Jhf*trauen 26
entgegenfa^, jeigt fein SSer^alten, als Otto ftcfy 9lom näherte : er liefe ifyn nid&t eljer in bie
©tobt, als bt$ er tym feierlich tyatte geloben laffen, bafc er feine ©tellung als ^apft unb
gfaft öon 9tom in jeber ©ejie^ung reff eftieren toerbe (togl. bie promissio Ottonis in
ben fcerföiebenen Siegenftonen unb bie promissio ber fömglicfyen ©efanbten in MG Con-
stitutiones I, p. 20 ff.: ^ier and) alle Sitteratur ju ben beiben ©d&riftftüdfen). ©rftso
naebbem er ftdb bergeftalt gegen ben König gefiebert l)attt, frönte ber $apft Otto am
2. gebruar 962 jum Äaifer. 33eibe toaren bann iunäd^ft bemül;t, einanber gefällig ju
fein. SBie ^o^ann be« ÄaiferS SieblingStounfc^ erfüllte, inbem er bie ©rünbung eines
SrjbtStumS tn SWagbeburg unb bie ©rünbung eines 33tetum$ in3Kerfeburg gut fyiejj, fo er*
taraite ber ftaifer in Saufc^ unb Sogen alle 93efi$anfprü$e ber römifc^en Hirc^c an, fügte 86
einige neue ©djenfungen ^inju unb öerfprad^ bem Raffte jur Eroberung ber i^m toorent*
baltenen ©ebiete be^ilflid^ ju fein (12. gebruar 962. 1. leil beS Dttonianum). 2lber
faum $atte Otto 9lom öerlaffen unb jeigte fid^ in ber ©rfüBung biefeS SSerfprec^enS läfftger,
aU ber Sßaffi ertoartete, fo änberte ^o^ann feine Sßolttif. 6r fnüpfte mit feinem efye*
maligen Sebränger Slbalbert an. 2lud) mit St^janj fud^te er ftcfy ju toerftänbigen, unb 40
fogar bie Ungarn beabftc^tigte er, tote eS Reifet, }u einem einfalle in $eutf<$lanb ju be*
ftmtmen. Dbtoo^l er Jomit jtpeifclloS 33errat fpann, brad^ er bod^ bie SBejiefyungen mit
Cito nid^t gleich ab. @rftf als Slbalbert in Sibita Secuta gelanbet toar, liefe er bie SRaSfe
faBen. 9hm gog Otto «nfang 9lobember 963 gegen 9lom. 3)er 2lbfaH beS größeren Seiles
beS ©tabtabelS öffnete Ujm bie ^ore. 2Bä^renb Sodann unb Slbalbert nad^ Siboli 45
flogen, trat am 6. SRoDember unter faiferlid^em Sorfifee in ©t. Sßeter eine ©^nobe m-
fammen, toddp nac^ längeren 3Ser^anblungen am 4. ^ejember Sodann tüegen SReineibS,
IRarbS, ©afrilegium unb Slutfd^anbe für abgefegt erflärte unb an feiner ©tatt ben 5ßroto=
ffriniar 8eo jum $a^fte toä^lte. ^m 3ufammenfyang bamit tourben, tüie eS föeint, bie
Seßhnmungen ber constitutio Romana bon 824 erneuert, bie Dberfyerrfctyaft beS ÄaiferS 50
aber 9tom anerfannt unb ÄleruS unb Stbcl eiblid^ üerpflid^tet, bei ber $apfttoafyl an bie
lanonifc^en Slec^tSformen ftd& ju galten, bie 3Qäeil;e beS neuen ^apfteS aber, U)ie eS in ber
geti ber btyaniiniföen §errfd^aft üblid^ getücfen tt>ar, nid&t e^er borjune^men, als bis ber
(frtröblte m ©egentoart ber faiferlid^en missi bem Äaifer gefd^tooren fyabt. ©d^on ber
nette ^>P W*mt Dor feiner 2Bei^e biefen gib geleiftet ju yabm (Dgl. ben 2. Seil beS 65
fog. Ottonianum. ®erfelbe ift, toie eS fd^eint, erft nad^ bem 6. 3)ejember 963 ent*
fUmben unb bann mit ber promissio Dorn 12. gebruar 962 — 1. Xeil beS Otto-
nianum — toerbunben toorben: SSetüeife: 1. ber spiritualis pater noster Leo fann
nur 2eo VIII. fem, togl. ©imfon, Sinbner, ©atfur a. a. 0. ; 2. fciub^ranb a. a. D. c. 8 :
bie 3UHner fötoören Otto numquam se papam electuros aut ordinaturos praeter go
264 Cannes xil. faulte» XIV.
consensum et electionem domini imperatoris Ottonis filiique ipsius regis Otto-
nis. SDicfc SBorte fiiubpranbS lönnen feine toörtlufye SBiebergabe beä SibeS beä SRömerä
fein, fonbern nur ein 33ericfyt über bie SReuorbnung ber Sßapfttoatyl 9toD.— Dej., 963).
allein bie Körner Würben balb beä Äaiferä unb beä neuen $aj)fteS mübe. 63 gelang
s batyer ^ofyann in 9tom einen Slufftanb anzubetteln. Derfelbe hnirbe nun jtoar Don Otto rafdj
untcrbrücft (3. 3anuat 964). aber !aum fyatte er bie ©tabt Derlaffen, ate bie Dornet
men greunbmnen go^annö Don neuem ba3 33olf aufwiegelten. £eo VIII. muftte flücfc
ten. 3°^ann J°9 toieber in ben Sateran ein unb fyielt atebalb (26. f$cfauar) in ©t $eter
eine ©tynobe, auf ber er bie 33ef$lüffe beä faiferlid&en Äonjitö faffterte unb Seo VIII.
10 abfegte (Dgl. bie Sitten Constitutiones I, p. 562 ff.), ©räfelid&e SRactyeafte an ben
ftüfyrern ber Sieformpartei folgten. Slber, efye Otto tyn hierfür jur Seranttoortung gießen
rennte, fanb ber (Snfel ber SKaro^ia ein feiner §er!unft unb ©efumung toürbigeä 6nbe:
er mürbe mitten im ©fyebrucfye Don einem ©efytrnfölage getroffen unb ftarb 8 Stage barauf
am 14. 9Rai 964, ofyne bie SBegjcfyrung empfangen ju $aben. $. »öljwer.
16 Cannes III., Sßatft 965—972. — L. P. ed. 3)uc$e3ne II, p. 252 ff.; Bene-
dictus, Chronicon c. 39, 1. 1. p. 719: Siutpranb, legatio 62, p. 106; SBatterid), R.P.V. I,
p. 44, 66, 685 f.; Jaff6 I2, p. 470—477; bagu fletjr, ©öttinger Machten 1898, @. 371 f.;
Summier, Otto b.©r., ©tefebrcdjt F, 6. 493 ff.; Sangen 8. 354-363; $aud IU, S. 124 ff.,
240 f.; Sungmann, Disscrt. selectae IV, 493 ff.
20 9fau$ bem Sobe 2eo$ VIII. baten bie SRömer Otto b. ©r. junäc^ft um Söieberem-
fefcung SenebiftS V. Der Staifer lonnte barauf nidjt eingeben. 2lud& ftarb Senebilt fc^on
am 4. %ul\ 965. ©o fanb erft im ©eptember im ©egentoart ber SJifctyöfe Don ©peier
unb ßremona als faiferlictyer missi bie SReutoafyl ftatt. ©ie fiel auf ben Sifd&of ^olpmn
Don -Jtarni, einem ©o^ne, toie e$ fäeint, ber jüngeren S^eobora, ber t>on Sugenb «i bem
26 römifcfyen ÄleruS angehört fyatte (gemeint 1. Dftober). Dbgfcw$ f°na$ m^ ton ©tabtabel
eng liiert, fyattt $. baä getoötynlicfye ©djidffal aller unter fatferltdjem Sinfluffe getollten
^Jäpfte. bereite am 16.Dejembcr braefy in 9tom ein Slufftanb toiber tyn auä. ®r tourbe
junäd^ft in ber (Sngeläburg eingefcfyloffcn, bann auf einer Surg in Äampanien etngderfert
3toar gelang e$ tym nad) einiger 3«t, au$ biefem ©efängniffe )u entlommen. Slber 9tom
so öffnete ifym erft, toie e3 fcfyeint, auf bie Äunbe Dom Slnmarfcfye beä ÄaiferS t)om 4. 9lo*
Dember 964 bie 2tyore. Diefe (Srfatyrung toarb beftimmenb für 3-ä toeitere 5ßolitit
ßngfter Slnfc^lufe an ben Äaifer, „ben britten Konftantin", unb totttfäfyrigeS 6inge^en
auf ade beffen 5ßläne unb JBünfd^e, ba^ toar toon nun an bie Slid&tfd&nur feinet SJer^alten«.
Die Sr^ebung SKagbeburg« jur 3Retro))ole, bie Stiftung ber Stetümer SRei^en, SRerfe^
86 bürg unb 3^/ M« Privilegierung ber !aif erliefen ^miltenllöfter, bie Ärönung Otto« IL
am 25. Dejember 967, bie (Sinfegnung ber 6^e be^ jungen ÄaijerS mit ber Zfpoptymn
14. 2tyril 972 — ba« fmb nur bie befannteften Scif^iele für feine ©rgeben^eit gegen
Dtto I. 3lu$ bie 3Serbung btö jungen Otto um eine btyjantiniföe ^rinjefjtn im
©ommer 968 unterftü^te er burefy eine eigene ©efanbfd^aft, berbarb e^ aber buri^ einen
40 SBerftofe toiber bie ßttfette fo fefyr mit Jtaifer 5Rice^^orug, bajj biefer ben ^lan fa^te, in
Dtranto ein neues (Srjbi^tum unter ber ^ri^biltion Äonftantmopefe ju errieten unb in
Julien unb Galabrien ben lateinifc^en Slituö ju unterbrüden. Dagegen f)ob ftc^ infolge
feines 33ünbniffe3 mit bem Äaifer toieber baS Slnfe^en beS pä^ftlic^en ©tu^leä im 3lbenb^
lanbe. 92id^t nur Don $ranfrei$, fonbern and) Don Spanien, (Snglanb unb f elbft S^ott*
46 Ianb auS tourbe er um (Sntfd^eibung firc^Itd^er Rechtsfragen angegangen. Semertenftoert
ift fein freunbfd^aftlid^eS Ser^ältniS $u ßluni Q—2 D. 3- 744), fotoie bie ja^lreid^en Am
berungen, bie unter feinem ^ontififat in ber lirc^licfyen Crganifation fw^ Donogen ; allein
bier nmt (SrjbiStümer — aufeer TOagbeburg &tipua, SBenebent unb 33ic^, baS oDerbingS
balb toieber einging — fmb unter ifym entftanben. — @r ftarb am 6. September 972.
60 $. MtyttCT.
3ol)anne» XIV.f $atft 983—984. — SBatterid), P.R. V. I, p. 66, 686 f.; Jaff^ V,
p. 484; GHcfebrec^t, 3)eutfd)e ftcuferjeit I6r 6. 604; Sangen 6. 368 f.
Wad) bem lobe SenebiftS VII. toarb auf betrieb Dttoä IL ber Grfamlcr Don
Stalten S3if$of Bieter Don $aDia im 5RoDembcr 983 mm ^apfie getoa< ©ine ber
66 erften 2lmt3f;anblungen be« neuen ^iapfte^, ber ftcfy ^opanne^ nannte, toar, ba| er am
7. Dezember bie Seilte be« fterbenben Äaijerg entgegennahm. 9lad) Otto« 24>be erlitt
aud) er balb baä geU)ö^nlid^e Sd^icffal ber „laiferlicfyen" 5ßä})fte. SBonifa^ VII. (f. b. SL
33b III S. 291) fefyrte au$ Äonftantinopcl jurücf. 3m 3l}>ril 984 bemäd^a^e er fty
3fo^anned XV. 3fol)atMC* XII. 265
Stoma. 3°^nn toarb in ber SngclSburg cingeferfert. £ier ftarb er am 20. 2luguft 984
fei'* an ©tft, fei'« an junget. #. »üljmer.
Spanne* XV., *ßa}>ft 985—996. — L. P. ed. $ud)e3ne II, p. 260 ; ©attcricfc,
R.P.V.I, 66 f.; 687 f.; Jaffe* I1, p. 486—489; SSWnmnnä, go^rbücfter beä beutfd)en SKeid)3
unter Otto III; ©lefebredjt, ©cfd)id)te ber beutfcftcn toifevjcit, I5, @. 493 ff.; Sangen 6
6. 369-380; tymcf, SHrc&engefd). 3>cutfcf)lcmb3 III, <3. 263 f.
Sofann, ber ©ofyn be$ römifd&en *ßriefter$ £eo, toarb im äfaguft 985 jum Sßapfte
getoä^lt unb ftarb Slnfang SCpril 996. gn SRom felbft erfreute er ftc$ fefyr geringen 3fa*
fefcnS : bie politifäe 3Rad)t rifi 3^«™^ (SreScentiuS IL an ftd&. £)cr HleruS r/afcte
ben %ktyft, toeil er, tote e$ tyeifit, alles, toa$ er erhalten fonnte, feinen Sertoanbten ju- io
tDanbte. 9hi$ aufterfyalb Stoma erlitt ba$ päpftlicfyc 2lnfetyen unter ifym fd^U>erc einbüßen,
tote ber SReimjer ffird^enftreit jeigt (f. b. 21. ©ilbefter II.). 2lm erfreulichen noc$ toaren
ferne Siegelungen ju ben Sluniacenfern unb gu 2)eutfctylanb : nicfyt nur bie SRegentmnen
Zbeopfyanu unb Äbetyeib, aud) ber beutf<$e ßpiffopat pflegte bie $reunbfcfyaft mit 9tom.
$a£ betoeifen nicfyt nur bie bertyältniSmäfjig jafylrcicfcen auf 3)eutfc|lanb bezüglichen 2)e* 16
freie unb ©riefe 3ofyann3 — am merftoürbigften ift barunter bie §eiligforec$ung Ubal*
näß bon SlugSburg bom 3. gebruar 993, 3—2 3848 afe ber erfte %aü einer pätftlictyen
Ranoitifation — , fonbern auefy bie energifetye Unterführung, toeld^e bie beutfäe ßtrcfce unb ber
beutföe #of, allerbingS nic^t or/ne politifcfye §intergeban!en, itym im Jteimfer Äird&enftreite
getoäfyrten. ßrtoä^nenStoert ift auefy, bafi 3°^ann *n ^n^m P olitifcr)en Streite alä 3Ser= 20
mittler angerufen tourbe: fein Segat £eo bonSrebt Vermittelte am 1.3Kärj 991 jtoifctyen
Ityefeeb fcon ßnglanb unb Slicfyarb bon ber SJJormanbte ben ^rieben oon Stouen, ben
er bann feierlufc fanltionierte. — 9Sor ifym nennt guerft 9Warianu3 ©totuS in ber
Steige bei Sßäpfte einen 3o$anne£ Roperti filius, ber Vier 3Ronate regiert fjaben fott.
SBtfmanS jeigt a. a. 0. ©. 208. 212, bafe biefer 3or/anne$ eine mr/tr/ifd>e *ßerfon ift. 26
#. iöofjmer.
3»lpitttC* XVL, $a})ft 997—998. — 9 grie«tf«e »riefe beS fico, GJefanbten be3
Cafiliu«' II. »ulgarottonod an Otto III., über SoftanneS @*icf f al (mir nid)t augätißlirf)) ed.
8aReltonr 2amJo 1892, XV, p. 217 ff.; Jaffe* P, p. 495 f.; Annales Quedlinburg, ad a.
997. SS III, p. 24 ; Johannis chronicon Venetum SS VII, p.31 ; Vita s. Nili, AS Sept. YJl, 80
p.336f. ; ®attert(b R. P. V. p. 68, 689 ff.; 9BümanS, 3a^rbücber be§ beutfdjen 9lei^ unter
Otto III.; ©iefebredjt, ©ef^to^te bcr beutfdjen taiferjeit I5r 6. 670f., 701—703; fangen
6. 385-387.
3o^nne^ $bilagatyu3, ein ©rieche niebriger ^erfunft au$ 9toffano in (Salabrien,
trat f$on bei Sebjeiten Dtto^ II. ju ber Äaiferin 2:^eopr;anu in fo nafye Sexie^ungen, 35
bafe ba£ ©erü^t i^n ju beren Siebtyaber machte. 3)urc^ bie ©unft ifyeowanuS ex-
^ieÜ er 982 bie reiche äbtei 3lonantuIa (Diplomata Ottos II. nr. 238). SBär/renb
ber 9tegentfdbaft gehörte er ju ben toertrauteften Ratgebern ber ßaiferin, beren 3Serftimmung
gegen bie ©ittoe Otto«!., Slbel^eib, er befonberS gefd^ürt r;aben foH. 3tör rerbanftc er
aii^ feine @r$ebung auf ben 6tubl Don tßiacenga, ber um feinettoillen jum Gr$ftur/( ge^ 40
ma^t tourbe. 3)ur^ S^eo^anu^ lob tourbe feine Stellung am §ofc nid^t erfc^üttert. 2)a$
ergiebt ft^ barauö, ba| er @nbe 995 ben äuftraa erhielt, für feinen tyattn Otto III.
um eine foföantinifd&e ^rinjefftn &u toerben. 2luf ber SRüdfreife toon S^janj fiel er im
9Rat 997 3pbann ßredcentiu« in bie £änbe, ber iben ©regor V. au3 3tom berjagt ^atte.
Stbet ben Slot feine« Sanb^manne«, beä ffl 9l\lu$, tiefe er ftcr; betoegen, an ©teile ©re^ 45
gort ben ^ftlicfcen ©tu^I )u befteigen. ®ie ©träfe blieb nid^t au«. 31« Otto III.
©regor mit $eere$ma<$t jurüdffü^rte, mufete er auf eine fefte Surg fern toon Slom fic^
fUk^en. #ier tourbe er tmSTOärj 998 ergriffen, bann, ber 3Jafe, ber D^ren, bcr 2lugen
unb bcr 3un9e beraubt, auf einem Äomile abgefegt unb, nad^bem er tro| ber Sitten beä
W. %lud in f$impfli$em ^lufjuge burq bie ©tragen gefcf;leppt toar, von bem tiygtog so
iubuK ©regor in einem römif^en Älofter eingeferfert. 2)ort ift er toafyrfd&einlicty erft
am 2. a^rif 1013 geftorben. *. ööijmer.
3#^«neÖ XVII.f $a»)ft, 3uni bte ©ejember 1003. — L. P. ed. $u$c«ne II,
p. 265; Jaffe* I», p. 501; fangen @. 401.
9tec^ bem lobe ©ifoefter« IL toarb am 13. 3juni 1003 auf betrieb be$ gre^cen^ 56
tiu« ber SRömer ©ieco jum ^ktpfte getoä^lt, ber ben tarnen ^o^anne^ annahm. 6r ftarb
bereite am 7.3)ejember. 35a« einjige, toa^ toir Don ifym toiffen, ift, bafe er vor feiner ©r=
Hebung ber^äratet toar. $. »ö^mer.
266 <Hatitie* XVIII. ^tttmed XIX.
3oljaiuic$ XVIII., *ßatft 1003—1009. — L. P. ed. SudjeSnell, p 266; »ottc
ri$ R.P.V I, p. 69, 699 f ; Jaffe* I«, p. 501-503; Giniße Sriefformufare, bic roa$rfd>ein«
lid) uon ihm fjerriifjrcii, ed. Wax\) SBatefon ouS einer augclffidjf. Collectio canonum, Hwto-
rical Review 1895, p. 728f. ; gangen ©. 401.
6 3tuf ^o^ann XVII. folgte am 25. ©ejember 1003 toieber eine Äreatur be* GreS*
centiuS, ber 3tömer gafan, ©o^n eines *PreSbtyter$ £eo, afe Sßatoft 3o$ann XVIII. ge*
nannt. 93on feiner Amtsführung toiffen ton: nur toenig. @r genehmigte 1004 bie 2öieber*
^erfteHung beS SiStumS 3Rerfeburg unb im Sunt 1007 bic ©rünbung be« SiStumS
Bamberg. S)afe eS tym nietyt an (Snergte fehlte, jeigt feine Serfügung gegen bie »ifööfe
io t>on ©en« unb DrlSanS, toeld&e Don Slbt ©auilin Don ftleurtj bie Sertrennung ber t>tyffe
lid&en (&emtionS}mDilegten geforbert Ratten Qafe nr. 3955). @rbebro$t barin ganaJranf*
reidfr mit bem Slnatyem. 2lud& S3^anj gegenüber föeint ber $aj>fi einige ©rfolge
errungen ju ^aben. @r ftarb im ^uni 1009 als 2Rön<$ Don ©. $aul. $. »i|wer.
3oi>aune* XIX., $atft 1024—1032. — SRabulf ©laber, hist. ed. $rou IV, c 1;
16 Leo Casin., chronicon SS VII, p. 665 ff.; $uftO Don 3ffatoia.nl), Chronicon II, ibid. VIII,
p 392; SBatteri«. R. P. V. I, p. 70, 708-711; Jaffe I*, p. 514-519; fangen 6. 418
bi« 428; ©regorouiuS, ©efeft. ber @tabt föom im 9R« ©b IV; ©re&lau, 3af)rbü*er Äon*
rabSlL, 2 S3be; ©iefebredtf, ©ef«. ber beutfdjen ffaiferieit II \ 6. 244 ff.; $aucf, Äir^en*
gefäidjte 3>eutf*lanb« III, 6. 556 ff.
ao Äaum $atte Senebift VIII. bie äugen gefd&Ioffen, als bie tuS&iIanifcfc Partei in
unanftänbiger @ile bie 2Ba^l feine« SruberS SRomanuS jum Sßapfte betrieb. »Der*
bingS toar fte ber ©timmen nid&t fid&er. SRomanuS, ber bisher baS »mt eine« consul
et dux et Senator omnium Romanorum befletbet fyatte, mufjte Diel ©elb opfeni,
um jum Stele &u gelangen. Aber clvl$ na$ feiner 2Ba# f^ten tym feine Stellung
26 fo toentg gefeftigt, ba& er im 2Btberfi>ructy *u ben ÄanoneS nod& an bem 2Ba&liage auf
einmal ft<$ fämtlid&e 2Betyen erteilen liefe, toobet er ben Atomen SofymneS annahm (jtoiföen
12. 2tyril unb 10. UM 1024, Dgl. £artmann, 3Rt beS SnftitutS für öfterreid^. ©efaufrife
forfd&ung XV, ©. 488). ©o trat er fein 2lmt h>a^rfd^einlfd^ mit einer großen ©futtern
laft an. 9lber balb fd&ien ftc§ tym eine ©elegenfyeit ju bieten, feine Äaffe toieber ju
ao fußen. Äaifer SafiliuS II. üon SStaanj erfülle i^n, ben Patriarchen guflat^hi« fron
ibnftantmopel ate öfumenifd^en SSifc^of, b. i. ate 5ßaj)ft be« Dften* an^uerlennen. 3)a
ber Äaifer bie SRömer lannte, fügte er feiner Sitte großartige ©efc^enlc bei. @r ^atte
ftd^ nic^t berred^net. 3°fann h>^r toirllid^ bereit, i^m ju toillfa^ren. SCber auf bie
Äunbe batoon er^ob ftc^ in ben flreifen ber SReformmönc^e ein foleber ©türm ber 6nt-
85 rüftung, bafe fid^ ber ^Sa^ft genötigt faty, bie SSer^anblungen ab^ubred^en. tiefer Sotfafl
jeigt, toe^ ©eifte^ Äinb er toar. gaft afe ein ©lüdf für bie Ährd^e mufete e« ba^er be*
trautet toerben, bafe er feiten ©err feiner ©ntfd&Iüffe toar. 5Rad^bem er am 26. SRarj
1027 Äonrab II. jum Äaifer gehont fyatte, ftanb er, folange ber Äaifcr in ^talien toeilte,
ganj unter ber §errfc$aft biefe^ dürften. Slic^tö betoeift ba« beutlid^er, ate fein 93er£alten
40 in bem ©treite ber Patriarchen bon Stquileja unb ©rabo. 3U beginn feiner Siegierung
fyatte er $o^o t?on 3(quileja bie guriebiftion über ©rabo )ugef))rod^en. 9lber bereite im
©e^tember 1024 fyatte er biefe ©ntfd^eibung toiberrufen unb in ber feierlic&ften gorm bie
ltnabfyängigfeit ©rabo« anerlannt. 3efct nötigte tyn ber Äaifer, biefen Sefölufe toi*er
umjuftofeen, ja, bem bem beutföen §ofe treu ergebenen Sßoflpo unter allen italtenif^en
4ö Sifc^öfen ben ^öc^ften Slang ju toerletyen (Dgl. ^affö 4060—4064, 4070f., 4085, 4103).
2)iefe 2Bißfä^rigfeit mad^t e$ begreiflich, bafe ber Äaifer in 2)eutfd&lanb feinen Sefe^Ien
aerabeju $o&n frrac^. 3)a« jeigt ein itoeiter fe^r d^aralteriftifc^er SSorfaH. Sodann be*
ftätigte 1031 bem 3lbt Serno toon Slcid^enau ba^SRe^t, beim ©otte^bienft ftdj ber tojc&of*
liefen 3)almatifa ju bebienen. 6r überfanbte i^m aufeerbem nod& bie bifc^öfli^en ©(pu^e.
so Slbcr ber Sifcfyof ©alomo Don Äonftanj erfyob hiergegen Älage beim Äaifer, unb Ämtrab
entWieb o^ne Zögern, bajj ber 3lbt bte ))ä})ftlid^c Urfunbe unb ba« }>ä}>fUi(te ©ef^ent
ausliefern ^abc. 5Dcr Sifc^of aber fcfyeute ftc^ ntd^t, beibe« )u Derbrennen. 2Ran toürbe
jeboe^ inen, toenn man au$ btefen Vorgängen auf eine 3Rinberung be« ^ftlic^en 3fo*
fc^en« fd^löfee : jjuglcid^ mit bem Äaifer fonnte Sodann 1027 Äönig Änut Don enalanb
55 unb 9tortoegen in Slom begrüßen. 3Rit ben Gluniacenfcrn ftanb er auf gutem J&ufc
Dbilo fucfcte bei i^m um ©^u| nad& gegen bie 2lnfcinbungen beö SiföofS bon TOAcon
unb ertoarb fk& fo ba« Vertrauen be« ^apfteS, bafe berfelbe fe^r ungehalten toar, al« er
bie 2Ba&I &um erjbifc^of Don «^on ntc^t annahm föaffd 4079—4083, 4095). ttbenfo
unerfäüttert toar baS j)äj)ftlic^c Slnfe^en in granftetdjj. S)aS betoeift am befken bie me*
So^mteö XXI. 3fo^anned XXII. 267
toüxbtge SuQe, in ber go^ann auf 2Bunf$ be$ S3if*ofö toon gtmogeS erflärt, ber tm>
thifc^e ©t. aJtattial fei toxnüd), tote bie Segenbe behauptet, ein „aipoftel" gctoefen. ®afc
er o^ne ©c&eu Simonie trieb, inbem er für bie (Srteilung be$ $alltum$ (Selb nafym, er*
jd^ien batnalä fo toenia auffatfenb, bafc niemanb tfytn barauä einen 33ortourf machte. 9lur
toc #ö£c ber ©umme tyat Äöntg Rnnt beanjtanbet. gmmer^in ift e$ auffällig, bafc leiner ber 6
mi3 erhaltenen geiigenöfftföen ©efcfyicfytSfcbretber fid> toeranlafct gefüllt f)atf feinen $obe&
ta% ju notieren, ate toeldjer h>a^rf^einltc$ ber 6. 5WoDembcr 1032 ju betrauten ift (ogl.
Qartmann a. a. D.). @3 9C^ barauä fyer&or, bafc bie $er[on btö $apfte$ ben $e\U
genoffen flfcufyjUtig toar; nur an ber gortbauer ber gnftitution fyattm fie ein 3ntoeffe.
#. Böhmer. 10
3otyratte* XXI., tyap[t, 1276—1277.— Les Kegistres de Gregoire X et Jean XXI
Dobl. par J. Guiraud et E. Cadier, 3. Fase., $ari3 1898; 91. <PottI)aft, Keg. pont. II, 6. 171 Off. ;
Ravnaldns AnnaL eccles. $. 1276 f. 33b 22 ©. 376, 9lu3gabe aon feiner, 93ar le$uc 1870;
3- X. Äöfcler, »onftfinbige $a«rid)t tjon $apft 3obannXXI., ©öttingen 1760; 9t. ©tapper,
$apft 3o$anncd XXI., fünfter 1898; 9(. t>. £irfaV®ereutf), ©tubien jur ©efdj. b. Ärcujjüge 16
nad) ben Svcu^iigen, 9Ründ)en 1896 6. 95 ff.
?ßctru$ 3uliani, au« fitffabon gebürtig, feit 1273 ßarbinalbiföof toon ftuSculum,
tmtrbc am 15. ober 16. September 1276 ju SSiterbo *um SJJapftc gemäht; er nannU
fty Sodann XXI., in SBirfUd&feit toar er erft ber 20. $apft be$ SRamenS ^o^ann (ogl.
Jhidjeäte, Le Liber Pontific. II, ©. 457 äfomerf. 4). @r toar ein 3Rann öon 20
ancrfaimter ©ele^rfamfeit, aber tote e3 fd&eint, Don ebenfo großer 23erf$robenfyett. ©eit
bem 14. 3atyr(ptnbert na^m man an, baft er mit $etru£ §tepanu$, Don bem eine Steige
mebi)tnt{$ex SBerfe unb ein vielgebrauchte« Äompenbium ber Sogt!, Summulae logi-
cales, erhalten pnb, tbenttfö fei; bo$ ift bie annähme ni$t fieser, ©ein ^Jontififat
toar für bie fir$lt$e (Snttoidfelung belanglos : benn feine toenig energifd^en 33emüfyungen, 25
trieben unter ben dürften (SuropaS )um heften eine« Äreu^uaS m ftiften, blieben otyne
Erfolg. 9ht$ feine Äbfk^t, eine neue 93erorbnung für ba« Äontlafce 311 erlaffen, blieb
unaulgefübrt. @r berunglüdte bur$ ben Stnfturj eine« gtmmerä *m päpftlid&cn Sßalafte
|u SKterbo unb ftarb am 20. 3Rai 1277. Annal. Plac. Ghibell. MG SS XVIII,
6. 568. »oigt f ($««*)• ao
3iknme« XXÜ.f $aj)ft, 1316—1334. — 3)ie SRegifter 3ofjann8 finb erhalten
(46 SWnbe), aber ntdjt publiziert. 5)ie U)id)tigften ftftenftücfe finbet man bei Raynaldus,
Annal. eccleeiastici j. 1316—1334, ©b 24, S3ar le 3)uc 1872, «uSgabe x>. 91. 2:§einer; in ben
«b&anblungen ber ^iftor. ft(affe ber 3Äüncbener Sttabemie 1880-1886 XV, 2 ®. 61 ff.; XVI;2
6. 156ff.; XVII, 1 @.159ff., uon ?reger bejtü. SReinfen« publiziert; in SBatifanifdje 5(!ten 86
iut beutf^en öef^ieftte in ber 3cit Ä. 'feubwigö b. ©., oon SRiejler herausgegeben, 3nn««
Irud 1891, ogl. i>3©@ XIII, ©. 500; bei Martine et Durand, Thesaurus aneedotor.
1717 II, ©. 637 ff., im Cberbatertfäen Ärtfiio I, ©. 45 ff. ^erau«gegeben üon ^öfler;
bei ©lifc CSalendar. . Papal lettere, 2. ©b, Sonb. 1895 8. 123 ff.; einzelnes im Corp. iur. can.,
ed. griebberg 2. 93b ©. 1201 ff. Extravagantes Joannis papae XXII., aud) unter ben 40
Extravag. communes; im Bullar. Roman. Muriner 9(u$gabe 93b 4 1859, 8.234 ff.; bei
Mnraton, Antiquit Ital. VI, ©iailonb 1742, 8. 185 ff.; bei Xöeiner, Cod. diplom. domin.
tempor. i.jßb. Äom 1861 ©.471 ff.; in ber «Infttoal. 3eitfcbr. üon &. i\ üö^er ®b V,
©. 237 unb VI, ©. 212: bei B. Dudik, Iter Romanum 2. %l, SBien 1855 @. 47 ff. it.
©. 129ff. ; 3. 3rider, Urt. jur ©efeb. beS sJ<ömerjug« fiubroig§ b. 53., 3nn§bruct 1865. 5)ie 45
ftrfdjtigften erjfi^lenben GueQen finb bie üon 33alufttu$ gefammelten Biographien, vitae papar.
Atcd. 1. ©b, $nri3 1593 ©. 113 ff.; nnb Giov. Villani, Cronica 93ud) 9, 10 u. ll,glorenj
1823 ©b 4 ff.; au&erbem fommen oorne^mlicb in SBetrad)* bie üon SBöbmer Fontes rcrura
GenD. ©b 1 u. 4 jufammengeftellten djronüaf. ©djriften; fobann 3^a"" ^on 3Bintcrtl)ur,
beraa»0fgfbeit Don (». 0. SStyfe im ?lrd)io f. ftftmeijer. ©efcftidjte 93b 11, ßüridj 1856, unb bie 50
Cronica s. Petri Erfordens. mod., herausgegeben x>. £olber*(Sgger MG SS XXX, aud) in
ber Oftaoau&gabc unter bem Xitel Monumenta Erphesfurt. 1899. 3)ie *8ioflrapt)ie üon
V. Verlaqne, Jean XXII, sa vie et ses ttuvres, $ari§ 1883, ift njcrtloä; gelten« 91. im
StSt2 lebiglicb Apologie. C. Füller, ^)er ^ampf &ibioig3 b. 33. mit ber römifd)en ^urie,
1.«b, Tübingen 1879; ©. ^reger in ben oben Q. 34 angeführten ÄW« XV, 2 ©. 1 ff . ; 66
XVI, 2 ©.113 ff.; XVn, ©. 103 ff., 499 ff.; SRiejler, ©efctfdjte 53aicru§, 2. 55b, ©ot&a 1880
8. 348 ff.; %f). ßinbner, 3)eutf(fte ©efdjidjte unter b. ^aböburgern unb i!u£emburgern, 1.©b,
©mttaort 1890 ©.314 ff.; 91. ü. SReumont, ©efd). b. ©tabt föom 2.33b, ©crlin 1867
6.778; ff. ©regorot)iu«, ©eftft. b. ©tabt töom im vU?9l. 6. ^öb 4. Vitfl.. Stuttgart 1893
6.99ff.; C. 3. t>. ^cfele, Sonciliengef«. 6. ©b, 2.9lufl. D. «. Änöpfler, greib. 18W ©. 57r> ff. ; q0
«. SoüQon, 3)ic ^apfnwa^len üon ©onif. VIII. bis Urban VI., ©raunfdjmeig 1888
268 3ol)attitc* XXII.
©.35ff.; ff. Füller, ßubtüigä $(ppe(Iaitonen 3$m XIX, 1884, ©. 239 ff. ; 9R. ©dmper, $ie
8a4{enl). Appellation, ©erlin 1888; (Sbric, Cüui unb bie ©ad)fen$äu(er 9lpp. «ßÄ© III,
©. 540 ff.; 3- ^ricfocf, 3ur ©adrfen^äufer Appellation, 3tf© XVII, 1897, 6.72; <£. (SngeL
mann, $>er Anfprudj ber $ä'pftc auf ftonfirmat. bei ben beutfdjen flönigSwaMcn, ©rcälau
5 1886 ©. 82ff.; @d>effer:93oid)orft in ben Sttt bc§ 3nftit. f. Cefierr. ©$., VI, @. 68 ff.;
<ßreger in ben 919M XV, 2 ©. 4 ff, 1880; gelten, $ie SuÜe Ne pretereat 2 2fc., $rier
1885«. 1887; $eniflc im 9(«ft© I. ©.625 ff.; 83. Wtmann, 3). föömeraug fiubttrigS b. ».,
»crlin 1886; 91. ©ijrouft, $ie ftomfafcrt Subiuig* b. JB., ©otlja 1887; $. Sungmann,
Dissertationes selectae t VI, 9?egen§6. 1886 ©.156 ff.; @.9Rarcour, «nteü b. SRinoriten am
io Kampfe giuifä^en üubmig IV. unb $apfr gofjann XXIL, Smmerid) 1874; SB. ^reger, S)er
üraVnpoIitifdje flampf unter Uubwig b. 33. 919M XIV, 1879; ©. 8tie$ler, <£ie toterar.
©iberfadjer ber «ßäpfte jur 3eit fiubroiaS b. SB., fieip^ig 1874; &. SRülIer, Aitenftütfe jur
©efd). ber ©treitigfeiten unter ben SWinoritcn 3fi© VI, ©. 63 ff.; £ljrle, 3ur@ef4.be«
©djafreS. ber »ibliotbcf unb be* Ard)iu« ber köpfte im 14. 3a^. 9ü*ff© I, ©.238 ff.;
15 berf., 3)cr Madjlaft GlemenS' V. u. ber in SBetr. be3f. Don Sodann XXII. geführte ^rojefe
a. a. D. V, ©. 1ff.; M. Faucon, La librairie des papes d'Avignon 293be, $ari3 1886 f.;
Wl. $angl, 3)ic päpftlidjen $an$lciorbnuna.en, Qnnäbrucf 1894; berf, 3)aä Jajioefen ber
pftpfttidjen ßan*lei, Wt b. 3nft. f. Oefterr. ©g. XIII, @. 1 ff. ; Ä. £aton, 3). Sümofenmcfen
unter 3ol)ann XXII., SttQB VI, 1892, ©. 209; $. (Subel, 8um päpftl. mefer&ation«- unb
20 $romfion$n>efen, sJta© VIII, 1894, ©. 174; f. aud) ben ßitteraturberity o. & Füller 3Ä©
VII, ©. 76 ff.
3afobu3 ®ueja (de Osa) tft um ba3 3ja^r 1244 in Gabors geboren, ©eit 1300
Sifcbof t>on $reju$, hmrbe er 1310 Stfcr)of Don 2lbignon, 1312 Äarbinalbifd&of bon^orto.
5Radp SlemcnS' V. ftobe unb einer mefyr aß jtoeijäfrigcn ©ebtebafam halten in bie
25 Äarbinäle in 2i;on am 7. 3luguft 1316 na$ einem fec^toö^entßc^en Äonflabe ate 3°*
r)ann XXII. jum Sßapft. 6r nafym feinen ©ift in 3lbtgnon.
•Diafcgebenb für feine $olitif 1t>ar bie äbftcfyt bie SRefte ber laiferlid&en ©etoalt in
Italien ju ©unften beä *Papfttum$ m befeitigen. ©d&on Siemens V. tyatte auf ©runb
ber SBe^auptung, bafc toäfyrenb ber (Srlebigung be« SReid^ bie Äaiferfjetoalt bom ?Ja^fte )u
30 führen fei, Slobert bon Neapel jum 3?tlar ber Steid^länber in Stalten ernannt, f. 83b IV
©. 145,24. 3°fann W ^n *>cm 3lnfpnid^ feinet SSorgängerö einen unerfd^ütterlü^en
sJtcd)t^fa^ unb ba e^ infolge ber $oppeltoar)l bon 1314 einen allgemein anertannten
Jtönig nt^t gab, jo h)är;nte er freie 33ar;n für bie Sertoirflid^ung feiner 3(bfi$ten ju
^aben. 35emgemä^ erflärte er am 31. 3Kärj 1317, bei ©rlebigung be$ SReid^ fei im-
35 perii iurisdictio, regimen et dispositio auf ben $apft übergegangen, bem ©ort felbft
bie SKec^te be« irbifc^en unb r;immlifc^en Sleic^« übertragen ^abe; er berbot barauf^m ben
bon £einricr/ VII. ernannten Slei^üifaren unb anberen S3eamten toeiter ju amtieren
(9tor,nalb. 3. 1317 §27 ©. 55). Btatt beffen bott^og er felbft im 3uli 1317 bie ®r*
nennung Stöberte jum 9leicr;«t)ifar. Den r)abemben Königen in 3)eutfc^Ianb gegenüber
40 berr)ie(t er ftdt) junäc^ft neutral : er rebete beibe aB jum römife^en Äöntg 6rroä|lte an
(über bie S3ebeutung ber änrebe f. ßngelmann ©. 84 f.); aber er tarn über ni<$t3fagenbe
3Rar)nungen jur ^erfteßung bon triebe unb eintragt nic^t ^inau«. Sine Anbetung
trat erft ein, aß Subtoig b. S5. burd^ ben ©ieg bei 2Rü$lborf, 18. ©eptember 1322,
gtiebric^ b. ©d^. übertoanbt. 3)enn nun toax tym bie 3RögIic$feit gegeben in bie üaße*
46 nifd^en 93err;ältniffe einzugreifen. Unb bie ©rnennung S3ert^olb^ bon SKetffen jum 9leid^
bifar (2. 3fiärj 1323) jeiate, ba& er entföloffen toar, biefe ÜRögli^Ieit au betrügen.
S)ic golge toar ber !Ku$bruc$ bc«©treitc«. 3n ^nem öffentlichen Äonftjtortum er^ob
3or)ann am 8. Dftober 1323 Jöage gegen Subtoig, ben fogen. erften ^Jrojefe (Martine et
Durand, Thes. II, ©. 644). 3U ®tunbe liegt ber juerft bon ©regor VII., bann bon
wSnnocenj III. erhobene Slnfprud^, bafe bem ^iapfte bie examinatio, approbatio ac
admissio, repulsio quoque et reprobatio be^ ertoär)Iten Jtaiferö gebühre. Subtoig
loirb toorgeU)orfen, ba^ er unter 3Mifeacr;tung biefe^ päpftlid^en 9tec£t$ ben römifc^en Äöntgd«
titel angenommen, bafc er unter ©c^äbigung ber römifc^en Ätr^e, ber toa^renb ber @riebt=
gung be^ S^ronö bie sBem>a(tung be^ 9tei^ ^ulomme, ftc$ bie le^tere angemaßt, enblid^ bafc
65 er bie 5«inbc ber römifäen Äircr)e, toie bie toegen Serbred^en^ ber ßärefie r>erurtetlten
SBteconti, begünftigt unb bejd^ü^t r)abe. Unter Skbrotyung mit bem S9ann hrirb er auf*
geforbert, bie Stegierung nieber^ulegen unb feine bi^^erigen 3Raj$regeJn ju toiberrufen : bie
Untertanen aber toerben bon i^ren ßiben entbunben. ®a3 8ebeutenbe in ber päpftltc^cn
CrHärung ift bie fdr>roffe Se^auptung ber päpftlic^en §errfd^aft über ba3 3letc^. 5Da|
60 SJubroig ftcr) ber äufforberung fügen ioerbe, r;at 3<>^ann ftc^er nic^t ertoartet: tt>a$ er mit
feinem, 33orge^en erftrebte, U>ar ßrneuerung be^ ©treite« in ®eutfc$lanb. 9lad& momen*
tanent gögern (jn>eiter ^rojefe bom 7. 3anuar 1324, 5Dtartönc ©. 647 ; bfll 83atit alten
^Harnte* XXÜ. 269
6. 172 9tr.347) erfolgte benn au$ am 23. 3Rärj 1324 bie 2$erfünbigung be« Sänne«
üb« ben Äönig unb feine SSorlabung bor ba« ©ertd&t be« $aj>fte«, unter 2)rofyung mit
9aim unb 3nterbift gegen biejenigen, bie tym fernerhin ©etyorfam leiften toürben (britter
$roje&, SKarföne a. a. D. 6. 652), unb am 11. ^uli 1324 bie (Sntfefcung Don aßen
Xetgten, toeldje au« feiner Srtoctylung abgeleitet toerben fonnten, foh>ie bie Verengung s
txm Samt unb Snterbift über feine Slnfyänger; jugleicfy tourbe Subtoig bon neuem für
ben 1. Dftober jur SBeranttoortung bor ben $aj>ft gelaben (bierter $rojef$, SRartene a. a. D.
5. 660).
Subtoig fattc gegen ben erften Sßrojefc am IG. S)egember 1323 ju Nürnberg bor
9totar unb 3euden c*ne Sttlärung abgegeben, toorin er in Se^ug auf ba« beutfd^e Äönigreicty 10
bie ©iltigleit ber SBatyl unabhängig Don jeber ^ä^ftlid^cn Sintoirfung behauptete, in 33e$ug
(nif ba« Smperium ba« in 3lnfpru$ genommenene $rüfung«red&t ber ßurie fe^r bebeutenb
cinfcfcränfte, inbem er $toar bie 9Röglu$fett ber 2lbletynung ber Krönung jugab, biefe aber
lebtglic& al« ßeremonie betrachtete, enblicty ben 33ortourf ber Äefcerei gegen go^ann er^ob
unb bie @ntfd&eibung feiner ©a#e burefc ein allgemeine« Jtonjil forberte (©etoolb, De- 16
fensio Ludovici IV., 3"9°lft- 1618 ©. 68). 2lllein er föeint biefe ©rllärung nur al«
9ta$t«bertoa£rung betrautet unb nid^t publiziert ju fyaben. dagegen trat er bor bie
Cffentlufcfeit bur# bie ©ac$fen$äufer äppellation bom 22. 9Kai 1324 (SSaluj. II, ©. 478 ff.).
Sie toiebcr^olt bie Berufung an ein allgemeine« Jtongil. 2)iefelbe erfd&etnt fyter begründet
emerfeit« baburefc, bajj 3°&ann ft$ al« geinb be« 9ieic$« unb be« Kaifer« betoiefen fyabe, 20
anbererfeit« baburefc, bajj er ber Ackeret fd&ulbig fei. 2lnlafe ju biefem SBortourf gab
gofyann« Spaltung in ben (Streitigfeiten ber granjt«faner über bie Sirmut, bgl. hierüber
8b VI, ©. 2 12, 24 ff. S5afi ber $aj)ft inatoiföen ein Urteil gefällt tyattt (britter $rosej$),
A ianoriert ; angefügt« ber formlofen $ublifation bleiben bur$ anklagen an bie
Äirctyentfyüren Ipatte Subtoig ©runb, (0 &u fymbeln. 25
SBar feine Slbftd&t, bur# biefe ^ellationen ben päpftlic^en SKafjregeln bie SRed&t«*
grunblage ju entjiefyen, fo bie be« paffte«, bem König bie Regierung unmöglich ju
maAen. 2)a3 lefttcre mißlang, ba Subtoig ft$ mit $riebrid) bertrug, unb bie 93e-
mü^ungen einen ©egenfönig auhufteQen ntdjt jum $kk führten. 93ann unb ^nterbilt
aber berfetylten ifceSBirfung in 2)eutf$lanb. ©leictytoofyl tritt in ben pctyftlicfyen 3Rajjregeln 90
gegen Subtoig junäd&ft eine $aufe ein. @rft bafe biefer $u 2lnfang be« $cti)x& 1327 na$
Italien jog, bort unertoarteten Erfolg ^atte, fic^ am 17. Januar 1328 ju 9lom burc^
bier, öon ben 3Wmem getoä^lte ©^nbici frönen liefe, unb am 18. 2tyril bie Slbfefcung
3o^ann«, am 12. 9Jtai bie SBa^l eine« ©egenpat>|t«, 9ltfolau«' V., berfügte, beranlafete
neue ßanblungen Sodann« gegen ben Jtaifer. am 3. 2lpril 1327 erflärte er Subtoig 35
aDer Setyen, bie er bon ber Äirc^e ober bem Sleicty trug, befonber« be« §erjogtum« Saiern
berüiftig (fünfter ^rojefe 5Wartöne II, ©. 671); am 23. Dftober folgte feine Verurteilung
ab Ke^er, a. a. D. ©. 698, am 21. Januar 1328 bie SSerfünbigung be« Äreu^ug«^
ablaffe« für alle, bie ein^atyr lang gegen ityn bieSBaffen tragen toürben, a. a. O. ©.716,
enblty im grüftalp 1328 tourbe eine neue 5tömg«toatyl angeorbnet (Sla^nalb 3. 1328 40
§ 40 ©. 358 ; Stattf. 3lften ©. 378 5Kr. 1328).
3Ran lann auety je^t nietyt fagen, bafe biefe päpftlictyen @rlaffe irgenbtoo nacbbaltig
toirften: aBein Subtoig« 5D?actyt toar ju gering, al« ba^ er Italien« tydtte ßerr toerben
fönnen, 2)afe er im SBinter 1329—1330 ba« Sanb berlaffen, bafe foäter 5lifolau« V.
futy go^ann untertoerfen mufete (»atif. aften ©. 469 ff. 5Hr. 1344 ff. u. ©. 491 9fr. 1413), 46
tonfte toie ein Srfolg be« $a})fte«. %n 3)eut jetylanb -toünjctyte man ben ^rieben, Subtoig
toar jum @ntgegenfommen bereit. Slber ber triebe fctyeiterte baran, ba| Subtoig feine
unb be« Steige« 9lectyte getoatyrt toiffen tooUte, toätyrenb für ^otyann bie erfte 33ebingung
SuMmg« »üdtritt toar (f. bef. SBtartöne II, ©. 800 bom 31. 3uli 1330, ©etoolb
6. 118ff. au& b. $erbft 1331, SRa^nalb j. 1333 §28 ©. 521). 6« ift nietyt m ber^ 50
imtnbem, ba^ Subtoig bon neuem jum Eingriff überging, al« ^otyann felbft itym bie
günftig^e Gelegenheit barbot.
3otyann tyatte flet« ben Styrgeij nietyt nur ^aj)ft, fonbem auety 3:tyeologe u» fein,
unb tote bie fty>laftif$en Geologen übvcfyaupt intereffierten ityn befonber« foletye fragen,
bte jenfeit« ber menfcfyßctyen @rfenntni« liegen, ^n einer ^rebigt an äldertyeiltgen 1331 66
ftmu$ er bon bem &nf$auen ©otte« unb erflärte fiety batyin, ba| ba«felbe erft naety ber
Äüfeiftetyung eintreten toerbe, Salug.1, ©. 182 ff. S3ci ben otynetyin bortyanbenen 3toeifeln
an femer Crtyobojie erregte ba« toeittyin ben größten Slnftofe. Überbie« machte fu^ im
Äarbtnal«folIegium bie älbneigung ber Italiener gegen ben $apft au« ber ©a«cogne fefyr
entfd^en bemerfbar. $ier fe^te Subtoig ein, inbem er im (Sinberftönbni« mit bem eo
270 Zollamtes XX11.
Äarbinal Napoleon Drfint im %al)xt 1334 an bie Äarbmäle ba« äfafud^en richtete, eine
allgemeine ©tynobe iu berufen, SSatif. 2Rten ©.567 ff. 3h. 1663 unb 1671. ©te toäre
in biefem 3Roment für benSßapft ungemein gefä^rlic^ getoefen. 5Do<$ führte ber neue Sin*
griff ju nicfyt«, ba Sodann am 3. 3)ejember 1334 ftarb.
5 9to$ n\d)t befinitiu entfäieben tft bie ^rage naefy ber (Sd&tfyeit ber 53uDe Ne pretereat,
bur$ meldte Italien bom Imperium unb bem Äönigreic^ 2)eutfölanb für immer ge*
trennt toerben foHte, SJatit SKtcn ©. 559 3lx. 1637. 3)enn einerfeit« erregt bie Über*
lieferung ber Sude bie größten 33ebenfen, anbererfeit« ift bie äußere Sejeugung gut 3eben*
faß« toiberftmcfyt ber gnfyalt ^otyannä 9tec$t«anfc$auung nid^t. ®ie Trennung toäre boc$
10 nur äfotoenbung ber oberften ©etoalt, bie ber $at>ft über ba« 3teic$ beft^t : Cui terreni
simul et coelestis imperii iura Deus ipse commisit, Slatynolb j. 1317 § 27 ©. 55.
®afe 3o$ann ™fy ba* mtnbefte Scbenfen trug, bon berfelben ©ebrauety ju machen, jetgt
fein (Srlafc an 93ifc$of §einricfy b. SBerbun bom 12. 2fyril 1331, toorin er biejem, ba ber
Stjcfyof prohibitione iuris obstante Sebenfen fyatte, bie (Srlaubni« gab, ben Äonig
16 bon grantreiety in. protectorem ecclesiae ac% civitatis Virdunensis, nee non feu-
dorum, castrorum, bonorum, iuriumet iurisdictionum anjunefymen (SSattf. äften
©. 504 9tr. 1455, gelten« lange Ausführungen barüber, toa« ber SPapft nic^t burfte
©. 37 ff., jerfaOen biefer prohibitione iuris obstante gegebenen ©rloubni« gegenüber
in nicfyt«).
20 Ueber ben litterarifcfyen Äampf, ben ber ©treit 3<>^ann« mit Subtoig entfalte, f. b.
31. SRarfüiu«, Cccam unb Sluguftinu« 3:rium}>fyu«, über bie Stellung ber 3)imoriten jum
sßatfte ben 21. granj toon Slfftfi »b VI, ©. 2 12, 24 ff.; über fem (Smföreiten gegen ©tat
f. 93b V, ©.145, 23 ff.; über feine Stellung ju ben »eghten 8b II, ©.523, so ff.;
über feine l^ätigfcit für ba« lanonifcfye Sted&t b. 31. Kanonen* u. 2)efcetalenfammlungen.
26 Uebel berüchtigt ift^o&ann« ^ontiftfat infolge ber gfaanjfttnfte, bie er entfaltete. ßr
beburfte ©elb, um feine 93ertoanbten }u bereichern, unb er freute fi$ e« aufzuhäufen: er
mar geijig. ®ie 3^^^^ffen toujjten bort bem immenfen ©$a$ )u erjagen, ben er ge*
fammelt tyabt: SSiUani giebt u)n auf 25 SKitttoncn ©olbgulben (über 200 SMumen SWarl)
an (Cron. XI, 20 ©. 56 ff.). ®a« toar übertrieben, bgl. @&rle S12Ä® V, ©. 159 ff., ba
so ben ©c$a$ unter ber $orau«fe$ung, bafc er j o aiemlid) unberfetyrt an (Sternen« VI. überging,
nur auf ttm$ über 700000 ©olbgulben beregnet; auf©runb einer 33uHe »enebift« XII.
bom 7. Styril 1335 beftimmt tyn ©ägmüDer §333© XVIII, ©. 37 ff. genauer auf 775000
©olbgulben in barem ©clbe unb 41000 ©olbgulben in 2Bertfa$en, alfo auf ungefähr
8 ÜRilltonen 3Rarf. 211« SWittel jur Bereicherung bienten tym befonber« bie Meiertxu
86 tionen unb Sßrobiftonen (f. b. 91.). 3ofyann referbierte fidj> al«balb nad& feiner 2Ba$l
(15. September 1316) alle ©teilen, beren bi«^erige 3>nfyaber burety päpftlid&e $Berleu?ung
eine anbere ©teile erhalten Ratten (Saluj., Vit. I, ©. 722): er ermöglichte fic^ ba*
bur$, bie Vergebung einer beliebigen 3lnjaH bon 93enefijten, inbem er bie bi«fcrigen
gnfyaber berfefcte. ©in 3a^r fpäter, 19. 9?obember 1317, erflärte er, niemanb bfefe
40 jugleicfy me^r al« jtoei Senefijien befifcen. ®ie Unja^l ber babur^ erlebigten ©teQen
referierte er ftc^ gleic^fall« (Extrav. Joh. XXII, tit. 3 ©. 1207). 9iic&t genug
baran, referbierte er fid^ im y$af}Tt 1322 alle geiftlid^en 33enefi«en im Patriarchate bon
Slquileja unb in ben GS. 9labenna, 3Railanb unb ©enua, Ug^eKi, Ital. sacr. III,
©. 185, f$lief$li$ aöe sedes, monasteria, ecclesiae et alia beneficia, quae apud
46 sedem ap. vacant ad praesens et exnunc in antea, tote unb kooburc^ fte erlebigt
toorben feien, Extrav. Commun. -I, tit. 3 c. 4 ©. 1240 f. 3)er 3toe* W*f<* SSerorb«
nungen toar bie güttung ber ^äjjftlid^en Kaffen (bgl. 3Satif. äften ©. 340 3te. 897),
ben JBortoanb bot bie 5Rottoenbigfeit, bie ©imonie ju bereuten (SSiDani XI, 20 ©. 56),
ber §abfud&t ber 5ßrälaten entgegenzutreten (Extrav. Joh. XXII, tit. 8) u. bgL S)em*
60 felben 3toecf bienten bie bieten 92eugrünbungen bon 93i«tümem burd^ Stellung bid^eriger
®iöjefen. f. Vita VII. 93b I, ©. 187 ff.
Johann toar ein tleine« 3)iännlein, bon !olerifc^er ©emüt«art, mager unb gla^töpfig,
mit unfeinen 3ügen unb einer bünnen ©timme. 2luc^ geiftig bAeutete er trofc femer um
ermüblid^en I^ätigfeit nietyt«: er gehörte ju ben Sporen, bie SBorte für3^aten, ©efc^af*
66 tigfeit für 2lrbeit unb SSielfd&reiberei für Regieren galten, ©eine SRegierung tyd nirgenb«
genügt: er fyat 3)eutfd^lanb gefd^abet, %ta\itn bertüirrt, ba« SPapfttum unb bie Äird^e in
ber allgemeinen Sichtung emiebrigt. 6« tonnte nic$t anber« fein. 9Ba£ ba« ^k^fttum
einftmal« erhoben batte, tt>ar bie Übeneugung bon feiner moraliföen ©ebeutung; ba^
je^t ber Präger ber Zfyaxa nur fteltltcge ßiele lannte, 'JDtac^t unb ©elb, mufete an ber
go ganjen ^"f^^^0" irTC machen. ^ «mit.
3oF}a«nc8 XXni. 271
3»|«iute* XXIII., $apft 1410—1415, ßcft. 1419. — Guellen: «bgefe&en oon
ben allgemeinen Duellen bereit, tnSbejonbere ben Elften be« ^tfaner unb ßonftanjcr Äon*
iil«. bic $iftorifd)en Schriften S)ietrid) nun 9Mem«, f. b. 91.; Qmi SSiten bei Muratori, Rer.
ItaL Script. III, P. II unb in Liber pontificalis ed. L. Duchesne, t. II, 1892 (Bibl. des
fcoles fraoy. d'Athenes et de Borne, 2 se>. III, 7) ; Piatina, Historia de vitis pontificum 5
romanorura; (Jtjronit be« Änbrea« töati«ponenfi« bei Eccard, Corp. hist. med. aev. I, 25;
fkipftcfcronit be« 15. Safjrlj. tyrauäg. x>. $. ginfe in tö&S IV; ft. (Jubel, $aä gtinerar ber
$äpftc jur 3eit be« großen ©a?i«ma in £3© XVI, unb Ergänzungen baju 0. fi. ©dnnift u.
$. ». Sauerfanb cbenb. XVII unb XVIII. — Sitte rotur: Vdi&er ber allgemeinen Sitte*
ratur jur <Befd)id)te be« ©djiSma unb ber SReformfonjilien (am ooflftfinbiflften citiert bei 10
2. $aftor, ©efdw&te ber $äpfie k. I) unb ber Sitteratur ü6cr 3>ietricft o. Wem; G. junger,
3ur ®ef*id)te $apft Solenne« XXIII. Diss. phil. Bonn. 1876; 3. 9?. ©riftfar, Strt. „§o*
fann XXIII.- in SBe&er u. SBelte« ffirdjeniejiton 93b VI, 1889; 3. edjiuerbfeger, «ßapft
3o^ann XXIII. unb bie SBatjl ©iegmunb« jutn röm. Äönig 1410, 28icn 1895; £. ©lumen»
tyal. Sodann XXIIL, feine ©af)l unb feine $erfönli$feit in 8ß© XXI. 16
Salt^afar Goffa, au« einem neapolitantfctycn Slbel^g cf d^Ied^t, l;atte ft$ anfangt bem
ftrieg«$anbt»erfe (Seeräuber?) ergeben, toanbte ft$ bann aber fetner fyerborragenben geiftigen
Segabung entforec&enb ber lird&ud&en Saufbafyn gu. 3?adf>bem er ju Bologna ben Potior
beiber Siebte ertoorben, jog tyn Sontfaft IX. fcfyon fd&r balb an bie Äurie. 1402 tourbe
er Äarbinal unb am 19. Januar 1403 Segat bon ^Bologna. $n btefer Stellung &at er ao
für bie SBieber^erftellung unb Sicherung be« Ätrcfyenftaate«, fotoie für bie §ebung ber
papfUüfcn ginamen §erborragenbe« geletftet. 2Rit ©regor XII. berfembete er ftd& unb
leitete ben SSbfaU ber Äorbmäle bon tym. So tourbe er au<$ bie Seele be« Äonjtl« m
$ifa, unb ber #er getoä^lte $a}>ft, Slleranber V., toar nur ein SBerfjeug in feiner #ano.
SO biefer $u Sologna ftarb, tourbe er am 17. 9M 1410 einftimmig jum Zapfte getoätylt. 20
5Die Sage ber Äurie in Stalten, befonber« bie ©efafyr, hxlc^e tyr bon 2abt«lau« bon 9leaj>el
brofcte, forberte für ben p<u>ftlt$en Stufyl einen frieg«tücfyttgen, tfyatfräfttgen Wann. 311«
folgen ^atte Goffa jtety bi« bafyin gezeigt. 2lber e« toar nun, alz toenn bie 2iara t^m
aöe Äraft entjog, al« toenn bie SBuc^t be« ^öd^ften getftlid^en 3lmte« tyn, ber bt« ba^tn
toie fo triele friner Stanbe«genoffen o^ne Sd^eu ba« Seben eine« 2Beltmanne« geführt, ao
au« bem ©leic^etotdjt gebraut ^ätte. Seine Regierung tft eine Rette bon 33erfäumntffen,
^alb^etten unb Unbesonnenheiten.
3)a« Ärieg«glürf toar U?m anfang« I)oIb gegen Sabtelau« (Sd^lad^t bei 9loccaftcca
29. S^ril 1411); aber ber Sieg tourbe nid^t au«genu$t, unb ber ^ia^ft fal) ru^tg )u,
tote bie SRad^t be« ®egner« touc^«. ®r fölofj bann mit $ret«gebung Subtoig« bon 2lnjou 35
einen ^rieben, bei bem er faft au«f$liejjlkfrber ©cbenbe toar (16. DItobcr 1412) unb
ber ben ®egner nur reifte bei ber erften beften ©elegentyeit tvieber über i^n herzufallen
(»tat 1413). 5Der »apft fa| t&atenlo« in SRom, bi« i^m nidfjt« me^r übrig blieb al«
§al« über Äopf ju Jiie^en. Unb nun mu^te er bem römtfd^en Jtönig Stegmunb ftd^ in
we 9rme toerfen (SSer^anblungen ju 6omo 13.— 31. Dftober, 3ufammen''unft in Sobi 40
6nbe %n>ember 1413). — 35em ©rängen feiner Dbebien^ ^atte gotyann nachgegeben unb
ein itonjU in SRom abgehalten (1412/13, bgl. barüber §. ginfe, Acta Concilii Con-
sUntieosis, 1. Sb, fünfter 1896). älber bie älrt, toie er fic^> babei aller Steform»
antrage entzogen fyattt, toar nur geeignet getoefen ben SRuf nad^ emem Ron^il, nad^> einer
Sefornt ber Jtir$e an Qaupt unb ©liebem ju berftdr!en. Unb nun lief; er ft$ gar bon 45
Sieamunb ben Ort biefe« Komil« butteren. 3Rit ben trübften 2tynungen ging er nac^
Äowfta«» (bgL Vita di B. Valori in Arch. stör. ital. IV. p. I, 262). aber ftott nun
tyier au«ju^arren in Serteibigung ber päpftlid^en Sterte ober toentgften« in 2Bafyrung fetner
jKrfdnttcpen SBürbe, ftatt ber tiefen Se^nfud^t feiner 3cit nac^ ^erftedung ber !trd;ltd^en
(gadfat ttug Segnung }u tragen, lub er burd) bie fd^tm})fltc^e gluckt (20./21.3)tär} 1415) 50
ben ganzen Jpafc ber Serfammlung auf ftd^ unb fteigerte ben bo«^aften Älatfd?, ber bon
ben toemg geiftlid^en 2Würen be« ehemaligen j(rieg«manne« gereift jt$ längft mit feinem
burc^au« anfechtbaren 33or- unb $ribatleben befd^äftigt r)attef ju einer ^luttoede ber föioers
ßen anüagen. an i^m, ber „ni$t beffer, aber bod^ auety nid^t fd^led^ter al« feine 3eit*
genoffen toar" (Srler, ©ietric^ oonSRicfyeim, Sei^jig 1887, S.341; togl. aud^ S. 225 ff.), 66
tmnbe nun ber ben Urfunben ber Äird^engefc^id^te unb be« geiftlic|en Siebte« abge))re|te
unb Hl gu einem unmöglichen Sjtrem berfeinerte 3Kafeftab ber ref ormatortfd&en 3)o!trinäre
angelegt; unb mit einemmal erfaßten er aud^ benen, bie no$ bor lurjem an ibm ntd)t«
au«jufe^en Q^abt Ratten, al« ber boüenbete Söfetotd^t. 2)a« Unglüd machte ibn toieber
flarf: er benotete auf eine Serteibigung gegenüber btefen Slnllagen. So tourbe er Don eo
bem ÄonjU m beffen 12. St^ung am 29. 9Jcai 1415 abgefegt unb feinem alten ©egner,
272 3<>fjamte3 XXII. 3<>fjatttted ber jtyoflel
bcm *Pfaljgrafen Subtoig bon S3aicrn, in ©ctoafyrfam gegeben. 3n 9tabolf«$ett, in ©Ott*
lieben, in §eibelberg unb SKanntyeim erfuhr er bie Unbilben ber ©efangenfcfcaft, bte bie
42. ©ifcung beSfelben ÄonjilS unter bem SSorfifc beä neugetoetylten $<H>fte$ 3Rartin3 V.
(28. Dejembcr 1417) {eine greilaffung beföloft. Diefe erfolgte erft 1418 nac$ ©rfiattung
6 eines bebeutenben SöfegelbeS. Der ettoa fünfzigjährige, aber fd&on innerliA gebrochene
SRann tourbe na$ bemütiger Unterwerfung bon ÜJlartinV. jum Äarbinalbifqof boniuS*
eulum ernannt. 6r ftarb aber bereits 1419 inglorem unb tourbe in bem bortigenSSa^
tifterium beigefegt. Die ©tabt, mit beren Sßolitif er jt<$ als Sßa^ft too^l aHjufe^r ibenfe
fixiert fyatte, fegte tym in banfbarem änbenfen „ein Denfmal bott erhabener ©$ft$eit"
10 (bgl. Museum I, 128). * ». »ef.
3<>f)anne$ ber Äpoftel. — Da« 6$arafterbilb, toelcfceS ber blofje 9tame So&arme*
jebem gebilbeten (Stiften bor 3lugen zaubert, ift nac$ feinen toefentlfc&en 3ügen ein SBiber*
föein ber Schriften, meiere uns unter biefem Flamen im 911 überliefert finb. Sfoc$ bie
Darftellungen ber ßünftler, unter Wellen gerabe bie unbebeutenberen bie größte $o)mlari*
16 tat erlangt tyaben, gaben, toenn auety ber einzelne Äünftler mefyr burc$ bie Xrabition, aU
bur$ SSerfenfung in bie jofyanneiföen ©Triften beftimmt tourbe, fd&liejjlid& bo<$ ben au*
jenen ©Triften empfangenen ©inbruef toteber. Ob aber ber Sfyoftel 3°$- ta SSerfaffer
beä 4. (SbangeliumS, ber 3tyofafy}>fe unb ber brei tym jugefd&riebenen Briefe fei, ift feit
mefyr als 100 Sauren eine gfrage, toelc^e bon bielen bemeint, bon mannen unentfdpeben
ao gelaffen ober in jtoeibeutiger SBScife beantwortet Wirb. 6$ empfiehlt fi<$, bei ber (Srmitte*
hing ber gef$t$tli$en ©teQung biefeä Sfyoftetö bon ben jofy. ©Triften unb audfr tum ber
Überlieferung über feine fpäteren ©<$icffale, Welche mit ber Überlieferung über bie feinen
Flamen tragenben ©Triften jtoar ntd^t gufammenfäQt, aber bo$ innig berbunben iß, jus
näcfyft ab&ufe$en.
25 I. Der SC t> o f t e l 3o§. na$ ben neuteftamentlid&en ©Triften abge*
fetyen bon ben jo$anneif$en. 3n faß aDen 2tyojlelfatalogen flehen an 3. unb
4. ©teile hinter bem SSrüberpaar SßetruS unb SlnbreaS bie SSrüber 3a!obuS unb 3°&#
bie ©ö^ne be$ 3ebebäu$, unb jtoar in biefer Drbnung (9Kt 10,2; SRc 3,17; Sc 6, 14;
im Diateffaron bgl. ©ouffen, Stud. bibl. I, 66; ßam3, Fragm. of the oomment
ao of Ephrem S. upon the Diatessaron p. 101). 28enn 9t® 1, 13 no$ übertoiegenber
Sejeugung 3°§- *>or 3af0&ug/ ^e^e db« jtoifctyen SßetruS unb änbrea* gefteKt fmb, fo
h)irb bie« barin feinen ©runb fyabm, bafe in biefem 93u$ 3°$- toieber^olt neben $etni*
ate ein im 2tyoftelfcei$ fyerborragenber ÜRann $u nennen toar (3, 1. 3. 4. 11 ; 4, 13. 19;
8,14; bgl. 2c 22, 8; ©l 2,9), toätyrenb SafobuS nur einmal airö Slnlaft feine* 9Rärttjr«r*
86 tobe^ ertoä^nt unb bort gegen bie in ben 6bb. beobachtete Siegel ate Sruber bed 3^
fiatt umgete^rt, bejeic^net h)irb (91© 12, 2). $af* ba* @bjonitenebangelium (Epiph.
haer. 30, 13) ben ^ob. gleic^faUd bor 3af. unb jtoar an bie ©pifte aOer 9)>oftel fteUt,
ift me^r für bie Beurteilung biefe« (SbangeliumS alt für bie ©ef^te be$3o$. bebaitfam.
dagegen h)irb aud ber beinahe tonftanten SSoranftellung be* 3at bor 3°^- *n ^ Atta»
40 logen h)ie in ben erklungen ber 6bb. (3Rt 4, 21; 17, 1; 3Mc 1, 19. 29; 5, 37;
9, 2; 10, 35. 41; 13, 3; 14,33; Sc 5,10; 9,54) ju folgern fein, bafc 3at ber ältere
toar ; benn bie größere gcfc^ic^tlic^e Sebeutung be* 3°^ h>«lc^ in ber 8® (f. bor^tn)
unb au^erbem nur noc^ Sc 8, 51; 9, 28 bie SSoranftcüung be*3°^ berurfac^t tyit, lag
jur 3«^ ber ßntftebung ber älteren @bb. längft am Jage. 9lac^ legenbarifqcr, aber fe^r
46 alter unb toeitberbreiteter Überlieferung ift 3°^- &<>n aH^n 9(p oftein ber jüngfte getoefen
(bgl. 3aJ^n/ Acta Joannis p. CXXXIVf.); e« fpric^t ni^tö bagegen, bafe er ettoa jc^n
3<fyre jünger aU 3cfu^ toax unb jebon afe 3toanjigjä^riger ftc^ alö jünger i^m anf^lo^.
3Die ftarf bezeugte ^batfac^c, ba^ er erft nad^ bem Regierungsantritt StrajanS (a. 98)
in \ci)x bobem Filter geftorben ift, gewinnt bei biefer 9(nna^me an SBa^rfc^einlic^teb. Der
60 initer 3ebcbäu^, nac^ meinem ^ob. unb %al $xx Unterfc^eibung bon anberen Irägern
biefer febr gebräuchlichen Flamen ^äufig, jutpeilen fogar jum @rfa$ i^rer ©igennamen ge»
nannt tourben CKt 20, 20; 26, 37; 27, 56; 3o 21, 2), betrieb mit feinen ©etynen unb
mebreren Sobnarbeitern (3)tc l, 20) bie $if$erei in Äapemaum. Die« läfjt mif einen
getoijfcn 3öoblftanb be« §aufe« fct>licfecn. SBä^renb bom SJater nur eben bie« überliefert
66 ift, tritt bie 3Jtutter bebeutfam ^erbor. ©ie begleitet ben $errn auf ber legten Steift na$
3erufalem unb betoeift baburc^, ba& fte für ibre ©ö^nc um bie 6l?ratylä$e tm !ommenben
Äönigreic^ 3efu bittet (^Jt 20, 20), ebenfofebr ibren (Sbrgeij, ald bie itatuxtofi$ftge Äraft
i^rer burc^ alle änfünbigungen bed Seiben« nic^t $u bämpfenben Hoffnung auf ben Sieg
3cfu. ©ie begegnet un« ttrieber in ber 9Jä^e bed Äreujeä (Ät 27, 56), unb tow erfahren
dftffjatttted bcr »M<el 273
bei biefer ©deaen^ett, baß fte ju jenen toofylfyabenbcn ©aliläerinnen gehörte, toelcfye f$on
früher in ©altläa unb bann toieber auf ber legten Steife au3 ifyrem Vermögen toenigften«
eilten Seil ber Sieifefoften für ^efu« unb ben 3lj>ofteIfretö beftritten (ÜRt 27,55; bgl.3Rc
15, 41 ; 2c 8, 3 ; 23, 49. 55) unb fofort nad) bem lobe be« §errn ju einer toür=
bigen Sebanblung be« begrabenen ba«3ftnge beizutragen ft$ anf Rieften (Sc 23, 55— 24, 1 ; 6
ffle 15, 47—16, 1). SBä^renb Sc fic niemals au«brücflic£ ertoäfynt, unb 3Wt fte nur na$
tyren berühmten ©ö&nen nennt, tyd un« 9Kc 15, 40; 16, 1 tyren tarnen ©alome auf-
betoafyrt; beim bei 33ergletc£ung ber erfteren ©teile mit ber genauen ^ßaraUeUe 3Wt 27, 56
tarnt nid^t too^l jtoeifel&aft fein, baß „bie ÜRutter ber ©ötyne ßebebäi" eben ©alome ift.
liefe ftombmation ber fanoniföen Serielle gewinnt faum an ©k$ert)eit baburefy, baß f$on 10
$uliuö 6aff ianu« um 170 unb ba« Sägtypterebangelium biefelbe &orau«fe$en (3afyn, ©efety.
tö neutefiantentltc&en Äanon« II, 634). 3U e'ner fetteren Kombination locft immer
toieber bie 8ergleic$ung Don $0 19, 25 mit 9Kt 27, 56; 9Kc 15, 40. ©inb bort, hrie
e* föehtt, jtoei Sßaare bon grauen jufammengeftettt, beren erfteö bie nietyt mit 9?amen ge*
warnte SRutterSefu unb beren gki^fatt« namenlofe ©etytoefter bilben, fo ift ©alome bie 15
6$toefker ber SKutter 3efu getoefen. ÜRefyr al« eine Überlieferung toürbe ^ieburety auf-
aeHärt 6« genüge fyier bie Semerfung, baß bie efyrgeijige Sitte ber ©alome befonber«
begreiflich toirb, toemt fic burc$ fo na^e berroanbtföaftlictye Sanbe mit ^efu berbunben
toar. S)ie ©ö$ne tyrer ©cfctoefter SKaria, bie Srübcr ^efu beredten ftc$ ju ^eju« fritifö
Qo 7, 3—8) ; toer \)(ütz bann metyr Slnrectyt auf einen $la| in ber 9Jä^e be« Xfyrone« 20
Jefu aü bie ©öfyne ©alome«, bie Settern be« §errn, roelctyc ft$ unter ben erften it)m
mit Segcifterung angeföloffen Ratten. 2)a« toar ein Ijoc^fliegenber, aber ein ccfyt jübiföer
»ebante. Wad) 9Rt 4, 18—22; ÜRc 1, 16—20; bgl. Sc 5, 1—11 gehörte $u bem erften,
toaä Scfud naefc ber Verhaftung be« Säufer« unb im 3lnfang feine« proj^etijcfyen 3ßir=
tat« in ©aliläa unternahm, bie ^Berufung ber gifc^er *Petru« unb 3lnbrea«, !gafobu« unb 25
Job. jum Shtföluß an tyn mit bem au«gefpro$enen 3toec*/ bafc er fte ju „2Renf$en=
ftfqent", )u ©e^ilfen in fetner Slrbeit ber ©ammlung einer ©emeinbe machen unb fyiefür
eqie^en toerbe. 3)a 3efu« erft gleich nac^ bie{em @reigni« gum erftenmal in ber &i)na:
goge gu Äapentaum al« ^Jrebiger unb 3Bunberarjt auftrat (sJWc 1, 21—27), fo fefct biefe
gtjä^lung, tpenn fte ni$t eine fmnlofe %abd fein |oU, unb namentlich bie fofortige golge= 30
letftung ber bier gifc^er mit 9lotn>enbigteit borau«, baft fte längft an ^efu« gläubig, mit
feinen äbftd^ten Vertraut unb einberftanben h>aren. @« ^anbelt ft$ ntc^t um ben erften
tnfölufe Don ©Gütern an ben Se^rer, fonbern um leilna^mc an ber Slrbeit ^efu unb
um Vorbereitung ju bem 33cruf, »Deiner nacfynal* im Flamen unb 2lmt bcräpoftel feine
feße ©eftalt getomnen foQte. SDte unerläßliche Sluftlärung in Sejug auf $etru« unb 86
Snbrea* empfangen toir au« 3° ^ 35—42. ©ie h>aren jünger be« Säufer« getoefen,
e^e fte fu^ an ben Slabbi bon SRajarctty al« Singer anfd^lojfen, unb fte fyaben »oä^renb
ba 3*fy *ft b« lauf er noc^ in $retyeit t^ätig n?ar, alfo bor bem 9Kt 4, 12; 9Rc 1, 14
öagegentoartigten SRoment monatelang in beftänbigem SSerfe^r mit ^efu« geftanben, bi«
biefa mit 9*ücfftc^t auf bie no$ nic^t t>odenbete Slrbeit beä Käufer« (eine öffentliche X^ätig- 40
fest boriauftg einfteBte unb fty in bie ©tiHe »urücfjog (3o 3, 24; 4, 1—3, 43—44).
£* bmn aber o^ne SBorftegna^me nad^folgenber Erörterungen fc^on ^ier bemerft toerben,
baß 3° h 35—42 außer bon Stnbrea« unb $etru« noc^ t>on einem feiten namenlofen
SrübeqHtar gleict)fam groifc^en ben feilen gu lefen ift, baß e« bamat« au« ber ^üngerfc^aft
be« läufer« in biejenige %*\vl tymübergetreten ift. 3uma^ nac^ ^er auf ^cn ^f^" 33Kd 46
fefarierigen, aber ftarf bezeugten S31 Qo 1, 41 eugloxsi ovxog jigwxog [ftatt jigibrovl
tot tdiov ddeXq>6v) lärm ber 9(u«leger taum anber« berfter)en, al« baß ebenjo, roie Slnbrea«
feinen Sruber 5ßetru«, auc^ ber namenlofe ©enoffe be« Slnbrea« (1, 35—39) ben fei*
nigen ya ^efu« geführt i}at. @« finb bie bier erften jünger, bie gftei ^ben barum an
ber ©trifte oder ä^ofteltataloge fte^enben Srüberpaare gemeint. 3luc^ bie ©ö^ne be« 3e- w
bebau« jtnb 3^9^ ^ Xäufer« geroefen, e^e fte an ^efu« fidt) anjc^loffen,- unb l?aben im
(Befolge 3^f" an* beträcbtltc^e $c\t gelebt, gelernt unb fogar geroirtt Qo 4, 2), er/e er
fe bet ber ffiieberaufnapme feiner Berufsarbeit nac^ ber S3err)aftung be« Käufer« jur
9lenf<$enfif$erei berief. — Söä^renb Slnbrea« roenig hervortritt, bilben ju ber 3"t, ba ber
3änaerfret« angetoac^fen unb bie Sfyoftelmabl vodjogen roar, ^o^anne« unb ^afobu« 66
mit $*tni* jufammen ben engften jtrei« ber Vertrauten ^efu. ^efu« felbft jier/t biefe
bret mit 3Ju«fcbluß ber anbeten älpoftel in feine nä$fte 9tä^e: im $aufe be« ^air (3Jlc
3Rc 5, 37; & 8, 51), auf bem Serge ber SBerflärung QSlt 17, 1; 3Rc 9, 2; Sc
9, 28; bgL 2^t lf 16f.), in ©etbfemanc (Tlt 26,37; 3Rc 14,33). 2>ie »rüber teilen
mit i^rer SRutter ben ehrgeizigen 3Bunfd^ nac^ einer befonberen (S^renftedung im >Heicfy eo
nuU*uc*tlop**U ffti Z^cotoatc unb ftirefte. 3. «. IX. iq
274 dofjatmeS ber Äpoftcl
bc« 3Rcffta«. SBcnn 3)?c 10, 35 nur bic Srübcr al« bic Sittenben erföchten unb ©a*
lomc überhaupt ntc^t genannt toirb, bagegen naety 9Rt 20, 20 gerabe bie SMutter e« ift,
toelc^e bic Sitte für tyre babei antoefenben ©öfyne bor 3efu« bringt, Igefu« a^er ferne
2lnttoort an 3)tutter unb ©öfyne jugleic^ rietet, f o bereinigen ftdb biefe 2)arftellungen leicht
e batyin, bafe ber Stolj ber 5ttutter auf „biefe tyre ©ötync" (3JU 20, 20) tyr ben $tot
berliefy, bie bis bafyin im gamilienfrei« befproetyenen Hoffnungen mit ber anbringenben
2eibenf$aft, toelcfyc im gufefall fiety auebrücft, bor gefu« au«jufj>red&en. Um ©efumung
unb Gtyarafter ber gamilie richtig $u toürbigen, mufj man niept überfeinen, bafi goty. unb
$afobu« ftety auf bie prüfenbe grage !gefu fyin fofort bereit ertlären unb bie Straft baju
10 [ity zutrauen, auc£ alle« Seiben, toelcfye« ber #errlic$feit borangetyen mag, mit 3*fuS V*
teilen. 3ln go^. unb Safobu« neben $etru« toerben toir überall ju beulen faben, too
toir bon einem SRangftreit unter ben 2IpoftcIn fyören (SKt 18, 1; ÜRc 9,33—35; 2c
9, 46—48; 2c 22, 24—27; bgl. 3o 13, 12—17). Sil« ertoiberung auf eine ber $icr*
burefy beranlafcten 9)tai)nungcn $efu toirb 2c 9, 49—50 jene $ujjcrung berichtet, tooburd^
16 3ofy. fic£ über einen nietyt jum 3>üngerftei« gehörigen unb bennoety im SRamen $efu £cfc
lung«ttyaten botlbringenben 2Kcnfcfyen befc^toert. SBJcnn ©fyrgeia unb 6ifcrfu$t angefügt«
be« aüm 3fyofteIn gemeinfamen Seruf« unb be« Sorbilbe« $efu 0^c 10,41—45) inner-
tyalb biefe« Äreife« berftummen muffen, fo föeint boefy bie gleite ©eftnnung tyr Sltdft ju
befallen gegenüber allen, toelcfye nidjt gu ben bon ;x\efu« ertoetylten ©enoffen feine« 2cben«
ao unb SBirfcn« gehören. 9tic$t bie eigene (Sfyre ober boefy biefe nur, fofern fte mit berjenigen
be« SKeifter« fteljt unb fällt, tooHcn beibe Srüber bur$ ein ©otte«urteil gerächt f e$en, al« fie
burety bie Setoofyner eine« Samariterborf« öcrlcfct gu fein festen, unb gtoar tootten fie
felbft, toenn 3>eju« fie baju ermächtigt, h)ie einft 6lia«, geuer bom §immel ^abrufen
(2c 9, 54). Überliefert ift c« jtoar nid&t, boety aber !aum ju bejtoeifeln, bafi biefe unb
26 ö^nlid^e Äußerungen einer ^toar mit ftarfem ©lauben unb ebelften Sntyftnbungen fccr=
toad&fencn, aber no$ ungeläuterten 2cibenfc$aft ben §errn bcranlafct $aben, ben Srfibcm
ben Seinamen Boanerges &u geben (2Rc 3, 17). (Sine in ben Slften be« ^Utppu«
borliegetxbe, aber au« biel älterer Quelle ftammenbe 3)i$tung, toelc^je fotoo^t biefen Stauten
al« bie Äußerung in 2c 9, 54 muthrilligertoeife bon ben ^ebebaiben auf bin 3tpoftd
so ^iltypu« überträgt, betoeift jebenfall«, tote unbermeiblic^ bie ^Jerfnü))fung Don 9Jlc 3, 17
mit 2c 9, 54 bon jcfycr erje^ienen ift (togl. 3«^n, gorfd^ungen VI 6. 26). SBenn übrigen«
ber Seiname toirfli^ = wn ^2 ift (&gl. ga^n, ©inleitung I, 10), fo föeint bie Ueber^
fc^ung vtol ßQovrfjg ftatt bc« allein genau entfpred&enben vloi 6gyfjg bon 3Hc getollt
ju fein, toeil Untere fo mifeberftanben toerbeit lonnte, al« ob bie SRänner babur^ al«
.% Dbjelte be« göttlichen 3orne« bejeic^net toerben follten (bgl. 6^. 2, 3 xixva dgyfjg unb
biete analoge 3?erbinbungen bon vlog mit ©enctiüen De« Slffeft«), toä^renb fte öielme^r
toegen i^rc« eigenen aufbraufenben 30nie^ f° genannt toorben pnb. 3Ran begreift, baj
biejer eine ernfte 5Rüge ausfprc^enbe 9?ame nid^t an ben 3Kännern ^aften geblieben ift,
tote ber berfycifjung«üotle 9iame Äcj)^a = ^etru« an Simon. @« f4lt nid^t an 3*wfls
40 ntffen bafür, baft beibe Srübcr Ferren i^re« ^ä^orn« toie i^re« eiferfüc^tigen S^rgetje«
getoorben finb. ÜBon gafobu« bat Giemen« 3llej. bei (Suf. h. e. II, 9, 2—3 eine Sage
aufbetoabrt, toclctye bic« ju rüljrcnbem 2lu«brucf bringt. Son 3^. bezeugt e« bie ©e>
fc^ic^te. 'Diur gebänbigt unb geläutert, aber ni($t bernic^tet jxnben toir bte ererbte Statur«
anläge be« %o%. in ben Schriften unb ^anblungen nod^ be« ^betagten ©reife«. 3e
45 begrünbetcr bic Slnnafyme erfc^cint, ba| er unter ben Styofteln einer ber jüngften, toenn
ntd>t ber jüngftc toar, um fo fidlerer ift, bafe nur feine ^erborragenbe Segabung unb fein
Feuereifer i^m unb gtoar i^m attein neben ^ctru« fcfyon in ben erften ^A^en na$ ber
Siuferftc^ung 3ef" wnb nod^ gu 2cbjciten feine« älteren Sruber« eine fü^renbe ©tdlung
unter ben Sttpoftcln unb in ber ftirebe ^aläftina« Derfc^afft ^at (ä© 3, 1—11 ; 4# 13. 19;
öo8, 14). 9tacfy 31© 15, 1—29 fdjcint er jtoar in bie Ser^anblungen be« fogen. Styoficl*
fonjil« im SlUnter 51-52 nietet toie s^ctru« unb ber „Sifcfyof" 3a^uö <n entfe^eibenber
Söctfe eingegriffen $u ^aben. älbcr ^5aulu« nennt tyn boc^ neben jenen beiben an britter ©teile
al« eine ber Säulen ber ftircfye unb boctyangefefyenen Autoritäten in ^erujalem, mit freieren
er unbSarnaba« bamal« $u einem auf ber gegenfeitigen Änerfennung gleicher Serec^tigung
55 gu fclbftftänbiger 9lu«übung bc« Sl^oftclbcruf« auf berföiebenem ©ebtet beru^enben (Sin*
ücrftänbni« gelangt ftnb. 2)ie Serufung ber in bie galatifc&en ©emeinben eingebrochenen
^ubaiften auf !3a^obu«, ^etru« unb ^ob. al« Segünftiger i^rer Seftrebungen ijat ^Saulu«
bort burc^ H>atfad)en, bie er ntd^t erfunben ^aben fann unb jd?on au« Älug^eit n«^t
au«fprcc^en burftc, toenn fie nid;t jtoeifcllo« vorlagen, in untoiberlegliAer SBcife al« eine
60 untoa(?rc itorflnegelung ertoiefen. SBa« ben Sc^am>tungen ber gubaiften al« I^atjac^e
Samtes brr Styofilel 275
p ©runbe lag, toar lebtglic^ bieä, bafj $o\). toie ^jafobuS unb $ctru3 foiütc bic unter
tfjier 2ettung fte^enben ©emeinben Igerufalemä unb sJ5aläftinaS in ben gönnen beä jübi=
föen ®efe$eö ju leben fortfuhren, h)ie fie e3 bon %\iQtrti> <wf unb im SSerfc^r mit ^efuS
gebrannt getoefen toaren, unb bafj fie burcfyauS nidjt üftiene matten, auf biefe Sebcnäform
m benidjten, toetyrenb fie [vi) anbererfeitö na$ Übcrhrinbung bon Sebenfen, h>el$e au$ 6
pe frfiger gegen ctynltcfce Unternehmungen gehegt Ratten, im 3- 51/52 mit bem OTiffionS*
betrieb beS SPauluS unb ber Unabfyängigfeit ber fyeibencfyriftlic|en ©emeinben Dom ©efe|
feierlich einberfianben erllärten. 2>iefe Stellung beä 3joty. gu ber brennenbften fircfylicfyen
grage um bie 9Ritte beä erften ijaljrfyunbertö ift baä lefcte, toaä uns baä 3£Z, abgefefyen
Den ben joljanneifc&en ©Triften, über 3>oI). gu toiffen giebt. 10
II. ®ie ©Triften be$ 3>oljanne3. 1. 2)ie 2lj>o!altyi>fc guerft $u nennen,
aföetnt baburefc gerechtfertigt, bafe bon ben ©Triften, toelctye aläSöcrfe beS 3l^oftcfö 3o^.
überliefert finb, nur biefe il)rem SSerfaffer felbft ben tarnen 3S<^- giebt. Slbgefefyen bon
ber toettlaufigen litelüberfd&rift 1, 1—3, toeldje möglicfyertoeife erft nachträglich unb bon
anberer §anb borgefe$t fein fönnte, fyat ber SBerfaffer burefy 33oranfteHung einer ©rufc is
fiberförift nad) ärt ber apoftolifd&en 93riefe, in toeld&er er ft$ felbft ^ol?- nennt (1,4— 6),
tan? bie abermalige Nennung feiner $erfon unb Slnrebe ber Sefer (1, 9), fotoie burety
eisen ©$(ufegrufi (22,21) bem gangen Sud? biegorm eine* ©enbfcfyreibenS an bie fteben
Sememben in SpljefuS, ©mtyrna, SPcrgamum, Jftyatira, ©arbeS, ^tyilabetyfyia unb £ao==
bkea gegeben. SBBenn ber 93crf. in einem folgen ©enbfdjreiben fiety gu feiner ©elbftbegeicfc 20*
mmg an bem jeber 9täl)erbeftimmung ermangelnben Eigennamen genügen lägt (1, 4. 9;
22, 8), unb fcenn er aud) im Xitel nur als ein ftnectyt ©otteä ober ßtyrifti be$eid)net
toirb (1, 1), h>a3 bon jebem Stiften gefagt toerben fann, fo ergiebt ftc$, bafe im Umfrete
ber jtoar fämtlicfy in ber ^ßrobing Slften gelegenen, aber boefy jum Steil toeit boneinanber
entfernten ©emeinben ein 30^. eine aUbefannte s}Serfönlic$feit mar, unb bafe c$ jur 3cit 26
ber Äbfaffung ber 21p? auf biefem auägebcfynten ©cbiet feinen jtoeiten 3°^- Öa&/ mit
toeb^em ein Präger biefeS bei ben ^uben giemlic^ gebräuchlichen 9tomcn3 fyättz bertoec^Jelt
tvaben tonnen. äu$ ben an bie einzelnen ©emeinben ober beren Sorfte^er gerichteten
7 Änftjrac^Kn (2, 1—3, 22), toelcfye man nid^t al^ an biefclben gerichtete ©enbf ^reiben
betraten fodte, ba fie nur ai$ 93eftanbtei(e be^ einheitlichen Suä^ ben einzelnen ©e- so
meinben unb fomit allen ©emeinben, gu melden ba£ Suc^ gelangt, ungetrennt zugeben,
agtebt ftd^, gleic^biel ob bie &iftonen, au$ meieren ber ^nijait biejer 7 Slnfprac^en unb
brt gangen 39u$3 entftanben fein totd, ecfyte SBifionen ober eine fingierte 9iacfybilbung bon
folgen pnb, ba^ ber SSerf. mit ben fe^r mannigfaltigen ^uftänbcn aller biejer ©emeinben
ebenfo genau befannt toar, h)ie fte mit i^m. @ine britte für jebe ^rittl grunblegenbe 35
Zfctfadp ift, bafe bie %pt nicfyt nur bon $au$ au$ ba^u beftimmt mar, in ben i<er=
Sammlungen ber angerebeten ©emeinben gelegen gu Serben (1,2 6 ävayivojoxov xal
61 äxavorreg, 2, 7 K. ralg ixxltjoiaig, 22, 7. 10. 16—20), fonbern auc^ ioirflic^ in
eben biefen ©emeinben bom 9tnfang be$ 2. ^a^r^unbert^ an al£ ein 43uc^ göttlicher Offen»
banmg Singang unb Snerlennung gefunben i)at ^apia^, $3ifd^of bon ipierapoli^ in ber 40
natftm 9^ad^barf(^aft bon Saobicea (%pt 3, U), (;at um 125 i^re s2(riopiftie befugt
(Andreas in apoc. ed. Sylburg p. 2); ber um 130—135 in (SpfyefuS belehrte unb
jeittoeüig anfäfftg geh>efene ^uftinud fü^rt fte in feinem ettoa 20 %abxz fpdter berfa^ten
Dialog mit itpp^on (c. 81), ber Steprobuftion eineä in (Sp^efud gehaltenen ©efprä^^,
af* einen öetoei^ bafür an, baft bie ®abt ber SSei^fagung bon ber ©tynagoge auf bie 45
jttt^e übergegangen fei. 2)ie „^Jreöb^ter in Slfien", meiere ^renäu^ (f. b. Slrtifel) al$
©dualer be$ 3°^- bere^rt, toelc^er bie 9lpf gefc^rieben, unb atö Scbrcr, beren müublicfycn
Unterricht a felbft genojfen l^at, l^aben ftc^ mit ber £atyl be^ älnti^rift^ («j)f 13, 18)
beft&ftiat (3ren. V, 30, 1). SDie fc^merlicb fpäter als um 160-170 in bcrfelben ^ro*
toeä} enthaltenen 3<>^anne^a!ten be^ jur ©c^ule 58alentin^ gehörigen „Seuciue" legen bic w
Crbnung ber 7 ©emeinben in 2lpf 1, 11 il;rer Säuberung ber Süanbcrunaen bc« Sipoftclö
3o^. yt ©tunbe (5lf3 1899 ©. 198). Um biefelbe geit tonnten bie „Slloger", toelc^e
in ©cgenfa^ gum Wontantömud alle ^ro^etie unb barum aueb bic s2lpl mit ben übrigen
jo^. Sänften au« ber Ätrctye berbannt n?iffen Sollten, biefe Jyorberung nur fo begrünben,
bafc fie behaupteten, ber Äe^er Äcrinty, toelc^cr gleichzeitig mit ^o^. in epfjefuä gelebt 65
hatte, ^abe unter trügerifc^er älnna^me be« 92amenö S0^ bk 9lpf in bie ftirc^e einge-
f^muggelt 9ber eben biefe Sctyauptung ber ^(cubonrnnte mufr, aud; abgefe^en bon ber
Hnglaubli4>en 3bma^me, ba^ gerabe Jterint^ ber ^Bcrfaffer fei, angeftd^tö ber fömudlofen
€elbfteinfü^rung be« Serfafferö, angeftc^t« ber burdj 3lpf 1—3 gebicterifd^ geforberten
8otau$fefeung genauer perfönlu^er Sefanntfc^aft ^oifc^en bem noc^ lebenben sJ3erfaffer unb eo
18 "
276 3ofjatme3 ber tyoftet
feinem erften SeferfrciS unb angeftcfytä ber, tote gezeigt, glängenben geugmffe f0* K* f*
fortige bereljrungSboHe 2lufnafyme ber 31})! in ben beteiligten ©emeinben ate abfurb beur-
teilt toerben. Dieje S3el?auJ>tung ift bafyer auc$ giemlic$ feiten aufgeteilt toorben, tote g. 9.
bon SBeigfäcfer (9q>oft. Zeitalter ©. 504) auf $runb ber Slnatogie aller fonftigen apola*
5 Ityptifctyen Sitteratur, für toelcfye bie ^Jfeubontymie Siegel fei. 93aur unb feine ©$ule hielten
bagegen an bem Sfyoftel 3o^. als SSerfaffer feft unb erflärten bie Sfyt für ba$ einzige edfrte
2öerf biefeS SfyoftelS, ja neben ben bier „£auj>tbriefen" beS $)Saulu8 als bie emsige fimfl
noefy ectyte Schrift beS SR2& 2Ber ftc$ hierein md)t finben lonnte unb bo<$ anbererfeitf
bie SJJfeubontymie, gumal in ber abföreefenben ^ormf in toetc^er bie 2Hoger unb SajuS tom
10 9tom fte behauptet Ratten, unannehmbar fanb, juckte einen anberen 3o&., toelc&er $att be*
SfyoftelS für ben 33erfaff er gelten lönnte. SoDumtyftuS bon SlleEonbrien um 260, toelc$er
ftety jeboc£ mit ber -äJWgltdjfeit begnügen mufcte, baf$ e$ am 2lu3gang beS 1. 3a$r$unbert$
in Slften noefy einen anberen 3o|. neben bem Styoftel gegeben fyiben möge, toe($er bie
2tyf gefc^rieben fyabt, toofür er in einer bamalS borfyanbenen Dufclicttät ber Sofaltrabition
15 über bie ©rabeSftätte beä 3ofy. in ßtyfyefuS *t»wn getoiffen ©tüftnmlt gu finben meinte
(@uf. h. e. VII, 25, 7—16). $ieran anfnüpfenb entbeefte (SufebiuS ben gefugten
Doppelgänger beS StyoftelS 3o&. m S^efuS in ber JJorrebe beS $a()iad (h. e. III, 39,
5—6). 9tun fyatte man einen „$reäbtyter" !go&., toelc^en ©ufebiuS afö 93erfaffer ber 8p!
empfahl. $$n neueren $eiten ftnb ifym hierin Surfe (6inl. in bie Dffenb. 2. SlufL 1852,
•jjonoep nietyt in ber 1. bon 1832), S3leef, ©toalb, Düfterbiccf u. a. gefolgt, unb in neuerer
$eit geigt ftc$ toieber ftärfere Neigung, ben *J}re$btyter 3o^. für alles, toaS ben Flamen
3oI). trägt, unb fo auc$ für bie Sfyf mefyr ober toeniger bireft beranttoortlicfc gu ma$en
(ÜKe^er^Souffet, Dffenb. ^oty. neu bearbeitet, 1896; £arnacf, Pönologie ber altc&rifti.
Sitteratur I, 1897), ofyne bajj man e$ bisher gu einer Haren unb beftimtnten Seant*
25 toortung ber fämtlic^en einfölagenben fragen gebraut fyättt. Den bon Diontyftud in
feinen (Irtoägungen über einen möglichen 5ßerfajjer ber Sfyf als unbrauchbar betfeite ge*
festen 3oty. 2RarfuS fjat £ifcig (Über 3o$. SRartuS unb feine ©Triften 1843) afc Serf.
ber Styf in 3lnforu<$ genommen, unb ©pitta (Dffenb. 3ob. unterfud&t 1889) ate SBerf.
ber inStyf 1,4—7, 17; 22,8—21 giemlic^ unberfefyrt erhaltenen c^riftlic^en Urajjolal^fe.
ao @S fann ^icr nic^t berfucfyt toerben, auc^ nur eine flüchtige Überfielt über bie feit Softer*
©d&rift über bie ©ntfte^ung ber 2tyf (1882) aufgefteflten $topot^efen über bie 3ufammen-
fe^ung unb meift at3 ein langtoieriger $rojeg borgeftellte Sntfte^ung bed Suc^ gu geben.
Sgl. £irfd>t, Die 3lpf unb tyre neuefte Rritif 1895; Souffet a. a.D.; 3a^n, (Sinleitung
11% 601. Slfö unanfechtbar fc^eint [\<fy bo$ fc^lie^lic^ folgenbed ^erau^juftellen : 1. Die
35 unerfinbbar beftimmte Slngabe be« 3renäu^ (V, 30, 3), baft bie Slpf gegen ©nbe ber
^Regierung Domitian^, alfo um 95 „geflaut" unb getrieben toorben fei, pnbet m b«t
an gefd)td)tlid)en Regierungen reiben älnfang^fapiteln lebiglic^ Seftatigungen, mag man
ben Seftanb ber aftatifc^en ©emeinben (g. 8. ©mtyrna, too ed bö furj bor a. 70 nod^
feine ©emeinbc gab), ober bie 3Serfaffung berfelben (c5 äyyekog rfjg Ixxbjoiag = bü-
40 oxonog), ober bie SRifolaiten unb bie Stellung ber 2lp! gum Slpofteloefret (2, 2—6.
14—16. 20—25), ober bie Verbannung bc« 3 o^. nac& «Patmo« (1,9) ober bie für jeben,
ber toeift, toa^ ©obom ^eigt, beutlic^e 9tücfbegiel?ung auf bie längft erfolgte S^ftorung
3erufalem^ (11, 8) inö Sluge faffen. 2. Die bon born^ereht beabfic^tigte unb in ber
Ityat ber 3lbfaffung bc^ 93u^ fofort gefolgte (Sinfü^rung bleiben in bie aotteöbienffc
45 Ikfyc Sorlefung bei ben 7 ©emeinben fct)Üc|t bie 30tögli$feit au^, ba| bie 3fyt toatyrenb
ber $z\t t>on 100—150 toef entließe Seränberungen erfahren f)abt. 3. Der 3Jerf. ifi,
toie jc^on fein 9lame unb feine ©prac^e betoeift, ein §ebräer, toelc^er um 95 eine m ber
gangen Äird^e ber^robing anerfannte SttutoritätöfteHung innehatte, o^ne einen gletygeitigen
unb gleichnamigen Stibalcn neben fi$ gu ^aben. 6r ift ber eingige 3o^. bon ^ef^
50 bon toelc^em eine bis in feine Sebenägeit ^inaufreic^enbe, bon ben jo$. ©Triften in afc
tyeibenben fünften unabhängige Überlieferung gu fagen toeift (f. unter III). Da& a
ic^ nic^t als Styoftel c^aralteriftert, ift fein ©runb bagegen, baft er ein fofc$er getoefen
ei; benn er c^arafterifiert fid^ überhaupt nid^t, unb feine Slufgabe ate Serfaffer bar Slpf
;atte mit bem apoftolifc^en S3eruf feinen näheren 3«fai«w^öW8-
55 2. Die ©riefe. Dem größeren berfelben, toelc^en jd^on $a))iad citiert (@uf.
h. e. III, 39, 16) unb $otyfarJ> (ad Phil. 7) fidjtlty nac^gebilbet tyd, fe^It bie gorm
beS SriefS. Der ©ingang 1, 1—4 toürbe, aud) bann, toenn man annähme, eine ur*
fprünglic^ bor^anbene ©ru^überfc^rift fei abfyanben gefommen, ebenfotoenig toie bar be*
.^ebräerbriefS erfennen laffen, ba^ hiermit ein Srief beginne. @S fe^lt aber auc^, im
60 Unterfctyieb bon jenem anonymen ©enbfd^reibcn, am ©d&luj* alles, toaS man &on einem
dfofjatmed ber Styofitel 277
9rief ertoattet, unb im flanken Verlauf jebe Sejugna^me auf örtlich bebingte 93erfyältniffe
bcr angerebeten Sefer. am beuteten erfennt man au$ 5, 21, baß bic Sejer in fyeib*
wf^er Umgebung lebenbe #etbencfyriften ftnb (bgl. 3 $o 7). £eigt anbererfeite ba« toiebers
fcite ygd<p<o v/mv (2, 1. 7. 8. 12—14. 21. 26; 5, 13), baß bic ©c&rift nic&t eine bor
tafamrndter ©emeinbe gehaltene §omi!ie barfteHt, fo ift fie btelmefyr als eine an einen 6
befkimmtrn, toegen beä 2Jtangel3 an inbibibuellen ^Beziehungen giemlic^ groß ju benfenben
Streik Ijribewtyriftlicber ©emeinben gerichtete föriftlictye auftrage beä räumlich bon tynen
getrennten 93erfaf[er3 anjufe^en. 9tur ein bejahrter 2Rann, toeld^er in feiner Umgebung
unb m bem toeiteren Äreife feiner Sefer als Se^rer unb ßrjiefyer $u ctyriftlic^em ©lauben
unb fieben tyo&e änerfennung genoß, fonnte in einer berarttgen 2lnft>rac$e ben bäterlictyen 10
Ion anfragen, ben toir au« jeber geile fyerauäfyören. SBäfyrenb er aber buretytoeg bon
fk^ in ber ©mja^I rebet, too er auf fein ©^reiben an bie Sefer ju reben fommt, bebient
a m 1, 1—5 unb 4, 6. 14. 16 einer pluraliföen ©elbftbegeicfynung, toelctye cbenfotoenig
mit bem „t<£" bon 2, 1 an gleicfcbebeutenb, toie als eine ßufammenfaffung be8 Siebenben
mit ben Sefern ober ber ganjen ßtyriftenfyeit genommen toerben fann. Severe« fcfyon 16
banim ntcfct, toeil ba$ ,,2Bir" bem „@ucfy" (1, 2) unb bem „au$ euety" unb „au$ i^r"
(1,3) f$arf gegenübertritt. äuc$ ba$ betonte tipäs 4, 14. 16, too ni$t toie anbertoärtö
bie un^riftüd^e SBBelt ober bie abgefallenen Srrtefyrer ben ©egenfafc bilben, fonbern au$
twrfcr faon bon ben (Stiften insgemein gerebet toar (4, 11—13), fteflt ben Sefern eine
Stutze bon SRännern gegenüber, bon belegen allein ba$ gefagt Serben fann, toae ber 20
Serf. bort bon fic$ unb jugleUfc bon anberen ©enoffen bezeugt. 2)a$ ift aber nichts ©es
nngereä, al$ baß fte ba3 in 6fyriftu8 offenbar getoorbene, in bie ©rfcfyeinung getretene
Sieben mit D^ren, äugen unb £änben finnlicty Wahrgenommen tyaben unb fomit in ifyrer
berufsmäßigen SJerlünbigung btefer einft bon tynen erfahrenen 21)atfac$e ben Sfyarafter
bon £eugen für ft# beanft>ruc£en fönnen (1, 1—3. 5; 4, 14). S)ie bisherigen 3}erfu$e, 25
biefe Äu3fagen ju entkräften, ftnb nic^t ber ärt, baß fte fyier toiberlegt &u toerben ber=
bienien. @5 bleibt nur bie älternatibe, toelc^e feit ben ^Eagen ber äloger bon allen ernft-
^ten Äritifern als unauätoeic^licfy anerfannt toorben ift: fyier rebet in feinem unb mehrerer
anberer 9lamen enttoeber ein jünger ^efu, freierer reic^lic^e ©elegen^eit gehabt fyai, im
m^altenben Serte^r mit ^efu« bur$ ba« Mittel aQer Sinne fid) eben(otoo^( bon ber so
leibhaftigen SBirflic^feit ate bon ber übermenfc^lic^en Öo^eit be« „im gleifd^ gefommenen"
6o^ned ©otteS gu übeneugen, ober e$ rebet ^ier ein Wann, h>clc^er ftc^ trügerifc^ertoeife
für einen äugen- unb Dfyrenjeugen ber ebangelifcfyen ©efc^ic^te au^giebt. gnbem aber ber
Seif, fagt: „3)teS bertünbigen toir auc^ euc^, bamit auc^ tfyr mit un« ©emeinfe^aft
^abet" (1, 3), fagt er auc^, baß er unb feine ©enoffen nur je$t unb unter anberem aud) 85
kiefen SJefern bad im 2eben«ber!e^r mit %tf\x$ ©rfa^rene prebigen. 3)ie Sefcr berbanfen
ben £ter Stebenben nic^t i^r ß^riftentum (2, 7—14. 20—27); anbere ^rebiger fyaben
i^nen badfelbe gebraut, toä^renb ber SSerf. unb bie ©enoffen, mit toe($en er ftc^ ju^
fammenfaßt, noä) auf anberen ©ebieten al« 35rebiger t^ätig toaren, je|t aber ftnb fte
„au$" )u biefen $eiben^riften afö Se^rer gefommen. 2Benn ber 33erf. ben Übergang 40
)ii ba fo(genben fc^riftlic^en änffrac^e felbft nac^ ber richtigen Sä 1, 4 burc£ bie 93c«
merfung ma<^t, baß er unb feine ©enoffen i^rer aufgäbe ber Sßertünbigung and) in
f^nfüt^er gorm nadjfommen unb gtuar auö einem inneren 2)rang, toelc^em ju folgen
tönen fdbft bie ^fte Sefriebigung gehört, fo ift bamit baS bieämalige ©c^retben einer
fu^ je unb bamt toieber^olenben fd^riftfteKerifd^en S^ätigfeit, einer bamatö im gntfte^en «
begriffenen, bon äugengeugen ber ebangelifc^en ©efc^i$te au^ge^enben Sitteratur eingereiht.
Surfen tarir ba abgefe^en bon ben älogern einftimmigen Irobition glauben, baß ber
Serf. 3^. ^ieß, fo ergiebt ftc^, baß ein perfönlic^er jünger gefu biefeS tarnen« gugleic^
mit mehreren anberen Düngern, toelc^e ebenfo toie er felbft früber auf einem anberen @e*
biet aU ^Jrebtger bed dbangeliumd t^ätig toaren, je^t in ^ö^erem älter in einem ftreife so
föon früher beflanbener beibenc^riftlic^er ©emeinben als Se^rer beS S^riftentumS t^ätig
tpE, unb baß er in biefem Streife eine fyerborragenbe, toa^rfc^einli^ jene neben i^m ebenbort
tätigen ©enoffen übenagenbe äutorität genießt. Die ©ef$ict)te h>eiß nur bon einem
3o$., bei ft>e[$em alles bie« jutrifft, bon bem $ob.t toelc^er in ben legten Safyrgefynten
M 1. 3abr^unbertö bon (Spgefuä au« bie gefamte Stirere ber ^robing geiftig be^errfc^t 66
bat ®aß ber 93erf. be« erften Srief« nic^t bloß borüberge^enb alä ein ©lieb be« Weiteren
^üngerfretfeS fid^ mit 3^ berührt, fonbern bem engeren Ärcife ber £eben«gefä^rten ^efu
angebört fjat, alfo ein äpoftel fear, toie bie 33ercfyrer unb in i^rer ärt auc^ bie ©egner
ber jo^. Sänften im 2. ga^unbert einftimmig angenommen haben, maefct ber ftarfe
Xuebrud in 1 3° ^ 1—3 übertoiegenb toa^rfc^einlid^. — 3nnig bertoanbt ftnb mit bem 60
278 3<>fjamte3 ber Styopel
größeren 95ricf bie Bctbcn Heineren SBricf c erfiten« burety bie Sprache unb benlgbeeiis
frei«, gtoeiten« bur$ bie Seftreitung ber gleiten Srrlefyre (1 3o 2, 18—26; 4, 1—3;
5, 5—12; 2 %o 7—11), britten« burety bie au« ben Heineren ©riefen nur no<$ beut*
lieber al« au« bem größeren unb ber Styl fyerborleuc^tenbe oberfyirtlid&e Stellung be« 95er*
s faffer« in einem au«gebe^nten Ärei« bon ©emeinben. 2)aß biefelbe nid&t gang unangefochten
toar, geigt fetyon 1 3>o 4, 6. 6« gab Scbrer unb §örer, toeld&e fid& fein unb feiner ©e*
noffen 2Bort ni$t Sollten gefagt fein laffen, toogegen 3}o^. forberte, baß bie ©emeinben
tyrerfeit« biefe Scbrer abtoeifen f ollen (2 $o 8. 11). Überrafd&enb ift nur, baß naefr 3 3<>
5—15 ein ©emeinbeborftcfyer be« Drt«, toofyin ber ©rief gerietet ift, in feinem 9Biber*
10 \pxnd) gegen 3>ofy. fo toeit ging, baß er [xd) beräd&tlictye ^Äußerungen über tyn erlaubte, ben
im ©inne be« !gofy. in ber Sßrobing al« -Btiffionare reifenben SSrübern bie firc$li<£e (Sofa
freunbfdjaft berfagte unb bie ifym hierin ft$ ni$t ftigenben ©emeinbeglieber egtommunU
gierte. Sticht alle bortigen Stiften fmb greunbe be« 3oty. (3 §o 15). liefen 3uftanben
gegenüber behauptet !gofy. feine 3lutorität«fteHung. (£r föreibt nid&t an ben unbotmäßigen
16 ißorftefyer ©iotrejjfye«, fonbern an ein tym nabeftefyenbe« ©emeinbeglieb, ©aju«, barüber
(3 3° !)• ®r Wwtbt auety gleichzeitig an bie gange ©emeinbe, benn baß 3 $o 7 auf
ben gtoeiten ©rief fyintoeift, unb baß beffen Slbreffe bie ©emeinbe jene« Drte« tft, bätte
nie begtoetfelt toerben follen. 2lber in 9tücffufyt auf ben großen ©influß be« Qtotrep^e«
lann er in bem an bie ©emeinbe gerichteten 33rief nid&t mit äu«fu$t auf Gtfolg feine
20 gorberungen in 33egug auf SöieberfyerfteKung normaler SSer&ältmffe (teilen. aber er beutet
an (2 $0 12), toa« er 3 So 10. 13 f. beftimmter in 3lu«ftc$t fteUt, baß er bemnäc&ft an
Drt unb ©teile ben 2)iotrepI)c«, offenbar bor berfammelter ©emeinbe, gur Siebe fietten
unb feine« Unred&t« überführen toerbe. S)aran, baß tym bie« unb überhaupt bie S^efeU
tigung ber unerfreulichen ßuftänbe gelingen toerbe, gtoeifelt er nid&t (2 3o 12). 3Mefe*
25 ©elbftgefütyl be« SSerf.« toiu bebaut fein, and) bei ber ^rage, toarum unb in trägem
©inn er ft$ an ber ©teile, too fonft ber Sigenname be« Srieffd&retber« gu fielen pflegt,
ftatt beffen burety 6 TtQeoßvxeqog begegnet (2 go 1 ; 3 %o 1). 3)a c« in ben ©emeinben
ber ^robing, beren $aty nad) anbertoeitigen 9?ac$ric$ten toeit über bie fteben in 9ft>! 1,4.
11 l?mau«ging, bermutlic^ bunbert ober metyr ©emeinbeältefte gab, tann ft<£ ber Seif.
so nicfyt al« einer ber $re«btyter feiner Drt«gemeinbe (2 3o 13) in einem an eine frembe
©emeinbe gerichteten SBrief (2 %o 1) „ben $re«btyter" jd^led^t^m genannt ^aben, gumal
toenn, toie ber 3. 8ricf unb 2li>f 1—3 gu betoeijen fctyeinen, bamatö ber monar^ifAe
C5ptf!opat in jener ©egenb bereit« fic^ entttricfelt tjattt. dergleichen laßt fk^ au$ nk^t
6 ovjLtJiQeoßvreoog (1 5ßt 5, 1); benn barau«, baß einer im eigentlichen ober uneigent*
85 liefen ©inn ba« Slmt eine« ^}re«b^ter« mit bielen Prägern be« gleiten ahnte« teilte,
fonnte er am toenigften ba« Siecht herleiten, ben Xitel tote einen Eigennamen gu gebrauten
unb fomit für ftc^ allein in Slnfprucb gu nehmen. @« fann nur ein S^renname fein,
melden ber 93erf. geh>iß nidjt für fic^ gefc^affen ^at, too^l aber fic^ aneignen tonnte,
nad^bem e« in ben unter feiner Seitung fte^enben ©emeinben üblid^ getoorben hntr, i^n
40 ben Sllten ober ben SBater, ben efyrtoürbigen fie^rer be« gangen Äird^enfceife« }u nennen,
tocld^er äße G^riften biefe« S3egirf« al« Äinber {xFxvia, naidia), ja al« ferne Äinber
(3 %o 1; bgl. 1 %o 2, 1. 18) anreben unb ftd& al« i^ren geiftlid^en SSater anfe^en burfte,
ofyne anmaßlic^ gu erfc^einen. S)er 9?amc „ber 2llte" enthielt fein Sob, alfo im SRunbe
be« fo ©cnannten auety lein ©elbftlob, fonbern toar ber 8lu«brudf einer auf fc^r begreif-
45 liebem 2£ege entftanbenen unb mit bem gune^menben 2llter be« Sebrer« toac^fenben Shtto*
rität«ftellung. S)aß e« aber um jene 3*ü in äfien einen folgen SRann gab, toeh^er fo
burefy 6 ngeo^viepog and) ofyne ©igennamen beutlic^ genug begeic^net tourbe, unb baß
biefer ebrtoürbige ©rei« ^o^. ^ieß, toiffen toir bur$ $aj)ia«, toelc^er ein Schüler eben
biefe« 3o&. getoefen ift (®uf. III, 39, 15 ; bgl. § 4. 7. 14). S)aburd& fmb toir toiAa
60 auf ben 3o^. bon @p^efu« al« ben angeblichen ober toirflic^en SSerf. and) biefer öeinften
\oi). ©Triften ^ingetoiefen. 2)aß außerhalb ber $robing, too man bie bort aufgebmmene
Segeic^nung biefe« 3°^- a^ ^ 9lltcn nic^t fannte, gegen i^re ^erfunft bom Serf. ber
übrigen job- ©Triften gerabe toegen ber eigentümlichen ©elbftbenennung be« SSerf. 39e«
beulen ftc^ regten (Can. Murat. 1. 68; Origene« bei ©uf. VI, 25, 10; Can. Momms.
66 a. G.; bgl. 3ab\\, ©efö. b. Äanon« I, 213—220; II, 88—93, 145. 154), ift ebenfo
begreiflich, al« baß man nacb ©ntbeefung eine« bom Slpoftel begebenen $re«b^ter« 3°^-
bem le^tercu biefe Sriefe gufc^rieb. ©o guerft $ierontymu« (v. ill. 9. 18) nac$ ber An*
beutung be« ©ufebiu« (III, 25, 3), toelcbe biefer nod; niebt ernftlic^ gu bertoerten fkb ge»
traute (III, 39, 6 toagte er nur erft für bie 2lj)f bon feiner Sntbecfung ©ebrait^ gu
60 machen), beiläufig fei erhxi^nt, baß ein apohtypfyer »rief be« ^o^. Pseudooypr. de
3of)<uttte£ ber Styoftel 279
montibus Sina et Sion c. 13) mt$ bcn 3°^nnegaftcn bc« Seuciu« ftammt, toie fc^on
früher toenmitet tourbe, nun aber burc£ bie neuerbing« gefunbenen Fragmente (ed. Bonnet
p. 198, 12. 14) aufeer Reifet öcfteUt fein bürfte, bgl. 3atyn, %oxfö. VI, 196 21. 1.
3. 5Da« gbangelium. äudj biefe Schrift gleist ben bieber befproc^enen barin,
bafc fte nic&t an ba« lefeluftige *ßublifum, fonbern an einen beftimmten Seferfrei« gerietet 6
ift, toeb^en ber 93erf. 19, 35; 20, 31 jtoeimal tute ein ^rebiger bie um ifyn berfammelte
Semeinbe anrebet (20, 31 unb 19, 35 xal vjueTs hrie 1 $o 1,3). Die fd&on fyierburety
toie burc$ bie Irabitton nahegelegte Vermutung, bafc fyier berfelbe 9Rann toie in ber 3fyf
unb in ben Sriefen 511 benfelben ©emeinben 31fienö rebe, toirb beftätigt bur$ bie unleug*
bare ©letc^eit ber ©pra$e unb ber religiöfen 2lnfd;auungen im @b. unb ben ©riefen. 10
genter babur$, bafe ba« Sb., toie jeber fief;t unb nicfyt im einzelnen nacfygetoiefen ju
toerben brauebt, für Sefer beftimmt ift, bie mit ber Sprache unb ©itte ber 3«ben <ßalä=
ftina« unbefannt, alfo Ijeibmfcfyer £erfunft unb außerhalb Sßaläftina« toofynfyaft toaren.
5>er Serf. rennet fu^ 1, 14. 16 ganj ebenfo toie ber &erf. ber ©riefe 1 ^o 1, 1— 5;
4,14. 16 ju benan^efu« gläubig getoorbenen Slugenjeugen feines öffentlichen ffiirfen« unb 15
beteuert 19, 35 in Sejug auf ein einzelnes ©reigni« ber Kreugigung«gef$icfyte mit befonberem
%u^bmct, bafi feine (Srjä^lung babon erften« ein toirflicfye«, toeil auf eigenem ©efyen be*
n$enbe« 3^8"^ JtoettenS ein toafyrl)eit«gemäfjer Serictyt fei, unb bafj er brüten« biefen
9eric$t ju feinem anberen fttoti ße&c> a^ *>a6 au$ b*e 2efer toie er felbft jum bollen
Stauben gelangen. @« fann f^ier nicfyt auf« neue gegeigt toerben, bafe bie feit einem 3lufc 20
fafc bon Äoplin ($$3® 1851 ©. 206 ff.) aufgefommene unb mannigfach bariierte Sin*
ftyt, toonaety ber SBerf. fyier abficfctltc^ ober untoiHfürlic^ feine SBerfd^iebenfyeit bon bem
Augenzeugen befunbe, nid&t nur mit 1, 14 unverträglich ift, fonbern auety ju e?:egetifc$er
Sergetoaltigung bon 19, 35 felbft füfyrt. 2lber auety gegenüber ber bis gum %ai)xt 1851
allgemein ^errfd&enben annähme, bafj ber SSerf. fi$ felbft bort ein ÄeugniS feiner SBa^r- 25
baftigfeii audftette, befte^en forad&lictyc unb no<$ fetytoerere facfylid^e ÜBebenfen, toelc^e ber*
fcftmnben, toenn man jugtebt, bafe er Vielmehr ben gefreugigten unb nun ersten $errn
mit heetrog ciöev al« 3eugcn für bie jtoeite unb britte feiner 3lu«fagen anruft (bgl.
Mfnt 38B 1888 ©.594; (Jini. II, 476 ff.; Dement, Sty©tß 1894 ©.446 ff.), ^eben«
falb aber liegt 19, 35 toie 1, 14 ein 3lnft>ru$ be3 58erf.S bor, toeldbem gegenüber nur 90
biefetbe SUternatibe, toie in 33egug auf ba$ ©elbftjeugnis beS erften SriefeS toiffcnfc^aftlic^
juliafftg ift 9uc^ abgefej^en bon bem 92ac^trag c. 21 fommt man an berfelben nid>t
borbei mit Annahmen toie bie, bafe baS 4. @b. au£ ber ©^ule beS Slpoftete 3°^- fa*
öergegangen unb im ©eift unb tarnen beS 3KeifterS getrieben fei (Söeijfäcfer, Unt. ber
cb. ®ef<^. 1884 ©.220 ff.), ober bafc ber bom 2lj)oftel gu unterfäeibenbe ^reSb^ter %ot)., 35
ber ein 9ty>ofielf$üler getoefen, im Slnfd^lu^ an (Sr^lungen beS Sl^oftelS 3°^ ba$ Suc^
gefc^rieben ^abe (foSlenan bon ber 13. 3lufl. feiner Vie deJSsus an f. ed. 16 p. LXIff.
477—541 unb l'6glise chröt. 1879 p. 47—62; äfynlicfy aber unbeftimmter §arnacf,
S^ronol. ber altc^riftl. £ttt. I, ©. 654 ff.). 9?amentlid^ bie SJerquicfung ber toirflic^en
^utorfc^aft be« $re$btyter3 unb ber bon biefem beanftmictyten $erfunft feinet ©toff^ bon 40
bem Sfyoftel feÄt gerabe toegen biefer ©leic^namigfeit be^ toirfli^en unb beä angeblichen
ISutord ein in oer alten Sitteratur uner^örted 3)?afe bon raffinierter Xäuföung borau^.
Sber auc^ bie %1fpoti)t\t bon Üc^tri^ unb S)elff, bafe baö 4. ®b. toenigftenS feinem §au^ts
beflanbe nac^ bie e^rlid^e Arbeit eine^ 3ün9^ 3efu tarnen« &i}. fei, toelc^er nur nicfyt ber
^oftel, fwibern ber $re$btyter biefe« tarnen« fei, fd&eitert am %qct (bgl. 3a^n, @inl. II, 45
481.484). ®« tourbe bereit«©. 273,4) bemerft, bajj 1,35—42 bie beiben©ötyne be«3ebe^
bau«, in ben ©dreier ber Slnon^mität gefüllt, neben ^etruS unb Slnbrea« geftellt fmb.
9hm toerben aber m bem gangen 6b., toelc^e« un« bon anberen aipofteln (3lnbrea«, $etru«,
t*iliw>u«, 2$oma3, 3uba« ^afobi, 3uba« Sfd^ariot) mefa 6^arafteriftifc^e« mitteilt, al«
irfijenb ein anbere*, eben jene jtoei mit $etru$ jufammen %t\u am nackten fte^enben 50
lipoftel niemal« mit Stamm genannt. %i)x SSater toirb abgeben bom Stad^trag (21, 2)
überhaupt nid^t ertoä^nt, bie 3Rutter jtoar toa^rfc^cinlic^ 19, 25 ertoä^nt, aber gleichfalls
nic^t mit Siamen genannt. Da« ift ein Ü8erfafyren, beffen Scf^anli^feit feine 33etou|t^eit
betoeift, unb fub nur barau« erflärt, ba^ ber 9?erf. e« meiernder; fanb, in bie i^m unb
feinen SJefern ^eilige ©ef^te feinen unb feiner ganzen ^milie 9lamen einzuführen. 6r 55
toifl alfo einer ber ©ötyne biefer g<nmfa unb jtoar, ba an ben im 3a^re ^ geftorbenen
Safobu« al« 3Serf. nid^t ju benfen ift, er toill ber 2tyoftet 30^. fein. 3)ie« beftätigt ftc&
au6 13, 23—25; 19, 26. 27; 20, 2—10 (18, 15. 16, too aXXoq uafhjujg bei ber
erften Crtoätynung be« Slrtifel« entbehrt unb feine Stücfbejie^ung auf 13, 23 borliegt,
nimmt eine ©onberfteüung ein). Da ^efu« bei bem legten siKa^le nur mit feinen 2tyoftcln 60
280 Cannes bar Styoftel
bereinigt h>ar, fann ber Sünger, meieren gefuä liebte, nur im 2ty oftellrei« gefud&t toerben,
unb toegen be« befonber« innigen SSer^ältntffc^ ju 3#efu« nur unter ben brei Vertrauteren,
ntmal bie au$ fyier feftgefyaltene Slnontymität o^ne^in auf bie in ben früheren Seilen be«
Sucres fonft gar ni$t, unb nur einmal anonym, eingeführten ©ötyne be« 3e^c^ug V^
6 toeift. @r ift alfo, ba 3>afobu«, tote bemerft, au«gefctyloffen unb Sßetru« überbie« baneben
genannt ift, ber Slboftel 3M- ®a6 ^ ^cr 3Serf. be« 9iuöß fei, fagt nun au$ auäbrfid*
liefy genug ber9ladjtrag c. 21, befonber« 21,24. 2)af$ btefeS Achtel niefct al« urftmingli<$
beabficfytigter Veftanbteil be« @b.« in einem 3u9e m^ c- 1—20 mebergeförieben ift, be*
toeift bor allem ber auf ba« bollenbete S3u# jurücfblitfenbe feierliche ©cfctufj 20, 30—31.
10 $a aber bei ben Tätern unb in ben alten VerjTioncn foit>te in ben bor^anbenen griet$if$en
§ff. nirgenbtoo eine leifefte ©für bon einer @jiftenj be«S3ud&« otyne c.21 entbedt toorben
ift, fo folgt, bafc biefer 5Ka$trag hinzugefügt toorben ift, e$e ba« ©b. in toettere Äreife
fidj berbreitet fyat, alfo fetyr balb naq ber Slbfaffung bon c. 1—20. SRun fagen aber
bie Seute, toeldje 21, 24 ba« SBort führen, bafe ber jünger, bon toeld&em bor&er 21, 7.
16 20—23 erjagt unb beffen ^bentität mit bem jünger in 13, 23—25 nac^brücHicfc fcr*
borgefyoben toar, alfo, tote gezeigt, ber Sfyoftel 3ob. ba$ Vorftetyenbe in ber ©egentoart
be}euge unb auc$ getrieben yabt. %ixx bie ©treiegung biefe« SBcrfcd 21,24 ift bleute
nur ber illegitime 2Bunf$, ifyn lo«zutoerben, al« ©runb geltenb gemalt toorben. ©eine
(Scheit ift nod& jtoeifellofer al« biejenige be« au« ganz unzulänglichen ©rünben bon
ao lijc^enbort geftricfyenen 33. 25. 6« ift alfo fyier gu Sebjeiten be« Styoftel« 3o&. unb bor
jeber toeiteren Verbreitung be« 6b.« bon SHännern feiner Umgebung bezeugt toorben, bafi
er ber Verf. be« 6b.« fei. 3)afj ber greunb %tfu unter ben äpofteln jur 3*ü *** Stuf5
Zeichnung be« 9iac$trag« no$ am Seben toar, ergiebt fi$ o^nebie« au« 21,20—23; berät
e« ift nic£t gelungen, biefe (Snäfylung barau« $u erflären, baft $efu« naefc bem lob« be«
25 $of). gegen Den ©c^ein ober Vortourf, bem $o$. fälfd^Iid^ bie Ünfterbüd&feit getoetefagt
ju fyaben, berteibigt toerben follte. 8ln Veftimmtyeit läfjt ba« ©elbftjeugni« be« 4. 6b.«
ntc^t« ju toünfcfyen übrig, unb e« toirb unterftüfct burefc eine einftimmige Srabition, toelcfc
toir bi« in ben ßrei« ber greunbe unb ©etiler be« Verf.« deinen berfolgen )u tonnen.
Dtcfe Irabition lebiglic^ al« ba« Srjeugni« bertrauen«boUer fiefung be« Sud?« unb feitifc
so lofer §innafyme feine« möglic^ertoeife untoatyren ©elbfheugniffe« anjufe^en, fc&eint beben&ty,
ba 19, 35; 20, 31 ein perf online« Verfyältm« ztoifdjen bem 35erf. unb ben erften 2efem
burc^blicft, toelc^e« felbft toieber al« eine ftiftion betrauten ju foBen, eine fcarte 3unuttung
toäre. §at aber jtoifc^en bem SSerf. unb bem Seferfeei«, für toeld^en Minäd^ft er ba« ®b.
getrieben bat, ein SSerfyältni« gegenfeittger Sefanntfc^aft beftanben, fo fcfcemt eine abfielt«*
85 bolle läufc^ung ber Sefer feiten« be« 3Serf.« über feine 5ßerfon unb fein Verhältnis ju
gefu ebenfo au«ge{d^loffen ju fein, al« eine unfreitoiflige 9|rrung ber erften Äefer. SÄe
Verfc^toörung, toelc^er bie Äird?c ben 93eft| biefe« afoftolifc^en 9BerIe« berbanft, mü|te
eine toeitberjtoeigte getoefen fein, unb bie bon ben 33erf$toorenen gur 33ertotrHic^ung i^re«
3toecf« angetoanbten 3Wittel böten ein fonberbare« 33üb bon jtoedtoibriger ©4>ü(^tem^eit
40 unb bon bertoegener ©c^lau^eit £uglei$. Xro^bem belauftet ftc^ bi« fyeute bie bon @bam
fon (Dissonance of the four generally reeeived Evangelists, 1792) eröffnete, m
£eutf$lanb juerft burc^ Vretfc|netber (Probabilia de ev. et epist. Joannis 1820)
mit einiger ©rünblic^Ieit burc^gefü^rte ßritif, toelc^e bei aller 9Serf(|ieben^eit ber pofitiben
©rgebniffe in ber Verneinung be« bo^elten 3eugniffe« für bie äbfaffung burd^ ben »pofW
46 3oI?. einig ift. g« follte aber metyr, al« in ber Siegel geföie^t, anertannt toerben, bafi e«
ni(^t j>ofttibe Beobachtungen am $e# unb j>ofttibe über bie Jrabition ^tnau«fü^renbe
erfenntniffc getoefen finb, bur$ toelc^e man beranlafet tourbe, an bie ©teile be« J^ofieÖ
^o^. juerft ben Äe^er Jterint^ ^u fe^en, bann einen gnoftifö angekauften ^eibent^riften
au« ber SJlitte be« 2. ^a^r^unbert«, balb einen Subendjriften, ber nie über Serien ^tnau«^
60 gef ommen fei, balb bie ©$ule ober einen einzelnen ©d^üler be« 9l)>oftel« 3^. in @}>föu*,
balb einen JPre«bVter 3o£., toeld^em feine 9lamen«gleidb^eit mit bem äpoftel bie 3bee ein«
gab, [xd) mit biefem zu ibentifizieren, fonbern baft bie Vertreter folget $^ot^efen nur in
bem negatiben Urteil einig toaren, ein persönlicher ©c^üler Sefu fönne ba«Vuc^ nid^t ge*
fc^rieben haben, ba fein ^n^alt au« berfc^iebenen, teil« gef$i$tltyen, teil« t>f^olo0ifc^en,
w teil« Müofoj^ifcfcbogmattföen ©rünben unglaublich fei. 6« toerben immer nur toentge
fein, toclc^e toie ^3. be Sagarbe (Verfyältnt« be« beutfd^en Staat« ju 2$eol. k. 1873#
©. 28—31) in ber richtigen ©nftc^t, bafe eine nur in ber Negation einige, $u pofitiben
mit toiffenf^aftli^er 9tottoenbigfeit ftc^ ergebenben Slefultaten nic^t gelangenbc Änti! fein
SBiffen unb noc$ leine 2i5iffenfcbaft fei, ben 9Rut ^aben, mit ber Vertoerfung ber geföu&k
60 liefen ©laubtoürbigfeit be« 4. @b.« bie 2lnerfennung ber^erfunft aller jo^. ©Triften bom
3<>fj<ut«ed ber Styoflel 281
So&n be$ 3ebebäuS iu bereinigen. Die §auptgrünbe ber 95erneinung lagen unb Hegen
in folgenben Beobachtungen: 1. SBegen ber großen Serfcfyiebentyeit ber Spraye unb ber
Denftaetfc crfd&eint e3 unglaublich, baß berfelbe SRann, toenn aucty bielleic^t in begebenen
$eriob<n feine« SebenS, bie 3fyt einerfeitS unb baS 6b. unb bie 93ricfe anbererfeitS ge«
föriebfn fa&e. 2Bie bieg einem DiontyftuS Sil. ben entföeibenben ©runb für bie 93er* 6
toerfung ber Styt lieferte, fo einem Säur für bie Verneinung ber Scheit beä (Sb.S.
2. Stom bie fonoptifd&en (Sbangelien naefy Irabition unb Äritif älter als baS toierte fmb
unb im großen unb ganzen als eine glaubtoürbige SBiebergabe ber ©emeinbeüberlieferung
ber §afyct 60 — 100 gelten bürfen, fo fcfyeint bie burd&gängig ju lonftatierenbe Unberem*
barfeit ber jo$. unb ber fenoptiföen ©rjäfylung im gangen 3lufriß ber ©efcfyic^te unb in 10
bielen einzelnen fünften bon 2öi$tigleit, j. 93. ber Chronologie ber SeibenSgefctyid&te, bie
Äbfaffung beS @b.S bur$ einen 2lugen$eugen ber eb. ©efcfyic^te auszufließen. 3. 3Refyr
no$ al£ ber äußere (Sang ber ©efdjic^te föeint baS 33ilb ber $erj on 3>efu, feiner Stellung
nt feinem 33olt unb ber £on feiner Sieben bei 3jofy. grunbberfctyieben bon bem 33ilb,
tod($e5 bie ©tynoptifer uns jeigen. Da aber biefeS nic^t nur früher entworfen ift, fonbern 16
au$ an ft$ gfaubtottrbiger, toeil fonfteter, menf$li$ begreiflicher, ju fein fctyeint, fo liegt
bie annähme natye, baß baS bon $oty. bargebotene 33ilb bon einem ber $erfon unb @e*
j$i$te 3efu fernerfte^enben, burd& foefulatibe unb fird^ltcfye ^been beftimmten ß&riften
ber jtoeiten ober britten ©eneration geaeicfynet fei. 4. Sine biefer ^been ift bie „SogoS*
le^ce" (1, 1. 14), toeld&e jh>ar auc$ Styf 19, 13 burd&blicft, aber nur im ®b. föon burc$2o
ifrre äbtfna^me in baS Programm, toelc^cS ber Prolog fein ftnß, unb burefy eine ätynlid&e
Scrtoertung in 1 3o 1, 1 ate eine bie c&riftologiföe Slnföauung beö 93crfaffer^ beS @b.S
unb beS erftat SriefS bebingenbe ftd^ barfteut. Die „SogoSlefyre" ftammt aber bon $fyilo
ober ber alejanbriniföen 9teligionS)ifyilofo}>$ie, für toeldpe bie galiläiföen gifetyer unju*
gänglid? toaren. 5. Die berfteefte 2lrt, toie ber SBerf. fi$ einführt, einerfeitS unb anberer* 25
jetä bie 33orbrtnglic&feit, mit toelcfcer er bie <ßerfon beS ^ofy. als beS SieblingSjüngerS
3cfu unb ate beS im SBettftreit mit SßetruS obftegenben StyoftelS in ben SBorbergrunb
ffyefrt, fd^emt moralifö begreiflicher bei einem Späteren, toeld^er fic^ mcfyr ober toeniger
mit biefem äfyoftel ibentifi^iert, al^ bei biefem (elbft. 6. 93etoeife bon Untenntnte ber ge«
fd^tfidben unb geograp^tfe^en SSer^ältniffe in ^aläftina }ur 3t'\t $efu tourben früher 90
mit meyr 3uberftc^t al^ in neuerer $eit gefammelt. 7. Die Überlieferung über ben 9lpoftel
3o^. in ßpföuä ift teite unftc^er, toeil bon bem ©elbftjeugntö ber unter feinem Flamen
au^egangenen ©Triften abhängig, teils gtoeibeutig, fofem ber a)>oftolifc^e ßbarafter eintö
fletmffen go^., toelc^er in ber %\)at um 70—100 in ßtyfyefuö gelebt gu l^aben fctyeint,
mdyt Aar am Zage liegt, teils ber älbfaffung beS 4. @b.$ burc^ biefen ^0^. bon @p^efu$ 36
ungfinfHfl, fofern bon festerem Stu^erungen unb ^anblungen überliefert fmb, ioeld^e ber
Denftoetfc be$ ©bangeliften h)tberft>rec^en, h)ie j. 93. feine quartabecimanifcfye Ofterfeter. —
ffia^renb auf eine fflürbigung ber unter 1—6 angeführten ©rloägungen ^ier natürlich
toergte^tet toerben muft, gehört fyiertyer eine ©rörterung be« legten $unfteä, locil berfelbe
bie to^te $eriobe bed Seben^ beS Slboftetö betrifft unb mit tfym ber gejc^icbtlic^e ©oben 40
feiner gefamten litterariföen X^ätiafeit fte^t ober gufammenbrid^t.
III. ^o^anneS in ber $robing 3lfien. ©elbft toenn bie %pt pfeubontym
toäxe, toa& paü* nur toenige annehmen, toürbe auS biefem 33u$ ftc^ ergeben, bafe )ur
3«t feiner ßntfte^ung, al« toelc^e c. 95 fefyr glaubioürbig überliefert ift (oben©. 276, jk>),
em im ganzen Umfretö ber ©emeinben bon @p^efud bis Saobicea befannter unb angefel^e* 45
ner, mit ben SSer&ättmffen biefer ©emeinben bertrauter, alfo feit längerer geit in ber $ro-
bin) anfäfftger j^ebräif^er Sbrift $ol?. auf ^atmoS einen unfreiwilligen Stufenti^alt ge»
nommen fjfcd, nxi^renb fein regelmäßiger 3Bo^nfi^ auf bem geftlanb ju fud^en ift. Da
er felbfk über bad Ser^ältntö feiner 2ebenSgefd>tcfyte }u ber bis ba^m verlaufenen ©c=
fc^te bed S^riftentumä ftc^ jebenfaüS nid^t beutlic^ auäftme^t, fo ift fc^on baburd) bie 00
tnd erörterte grage na^ ber $erfon unb ©efc^id^te biejeä ^of). in 2lften geftellt. ©ohxit
bie Überlieferung ftd^ auÄrticflic^ barüber äußert, be^eid^net fte biefen S^anneä, mag fte
bon i^m al£ bem 98erf. ber jo^. ©cfyriften ober ate bem Se^rer feiner ©cfyüler in ber
$rotmi) äften, ober als einer Slutorität für bie bort gcltenben Hird^enbräuc^c reben, be*
^arrlu^ als ben^^oftel (bgL^atyn, gorfc^ungen VI, ©. 190—217). 93on ben jüngeren ju 66
ben alteren 3eugen auffteigenb ^ören h)ir bicS bon lertuUian unb GlemenS 2llej. (quis
dives salv. 42), bom muratorifc^en gragmentiften unb bon 3renäu«, in ausführlicher
Darftettuna bon „SeuciuS" unb in bebeutfamer äBcife aufy bon ben mit biefem gleich
Kitigen SUogern, toelc^e. behaupteten, baß „feine Sucher mit ben übrigen äfyofteln nicf)t
ttbemn^hnmen" (Epiph. haer. 51, 4). SBenn bem ^o^. bon (S^efuS bon ©^rift- eo
282 Samtes ber Styoftet
fteHcrn, toeld^c tfyn ancrfanntermaßcn als ben 2fyoftel anfetyen, bod& nur feiten unb meift
nur inbireft ber 2fyoftcltitel erteilt, er bagegen manchmal als ein jünger *>*$ $^m, am
allerfyäufigften aber nur mit bem bloßen (Eigennamen ofyne jeben $itel benannt toirb, fo
folgt barauS bor allem, baß man um 160—220 in unb außerhalb ber *ßrobinj äften
s bon einem anbcren 3oI). Außw ober neben bem 2tyoftel, toelc^er für irgenb eine ber in
SRcbe ftefyenben ©Triften ober Irabitionen in öetrac^t f ommen lönnte, fcfyled&terbmgS nichts
toußte. 6S toar f$on barum ein berfefylteS Unternehmen, auS bem ©riefe beS ?ßotylrateS
bon 6j>I)efuS an 33iftor um 190 (@uf. V, 24, 3) bic Meinung berauSlefen ju tootten,
baß ber in (§)>fyefuS begrabene 3>ob. jtoar ber ©bangelift, aber nidpt ber 2tyoftel getoefen
10 fei. ©$on 55—60 Safyre früher, ettoa 30—35 $afyre na$ bem lobe beS 3o&. bon
@l>fycfuS, etit>a 20 IJapre bor bem lobe beS 3ofyanneSf$üIerS SPofofarj) unb ju Sebjeiten
beS 4-^^ *m& «oberen ©cfyülerS beS 3>oI)anneS bon (S^efuS, pat Suftin, als er in
ßfyfyefuS ß^ift tourbe unb bie ©Triften „ber ^reunbe ßfyrifti" (dial. 8) ftubierte, bort
bie Uebcrjeugung getooimen, alfo aud^ bie Überlieferung gefunben, baß ber SBerf. ber Sfyf,
i6 alfo ber (Sgulant bon SßatmoS unb ber $ofy. bon 6j)I?efuS „einer ber Sfyoftel Gtyrifti" ge*
tocfen fei (dial. 81 f. oben ©. 275,42). 2luS bem 2Jhtnbe feines fiefaerS $ofyfort> unb
mehrerer anberer, biefem ungefähr gleictyftefycnber „$reSbfc|ter in äfien", fohrie auS bem S3u(&
beS ^apiaS fyat $renäuS (f. b. 3t.) mannigfaltige ßrjäfylungen unb anbere -Dtitteihmgen
empfangen, toeld^e er teiltoeife unb gelegentlich in fernem ©enbföreiben an gflorin unb
20 SStttor fotoic in feinem §auj)tft>erf niebergelegt fyat, unb auS melden er nid&t ben geringsten
3h>eifel baran geföityft |at, baß ber 3ofy., mit toelcfyem Sßofyfarj), *Pal>iaS unb bie übrigen
„^reSbtyter in Slfien" in ifyren jungen fta^ren als feine ©ctyüler in me&r ober toeniger
anbauernbem SSerte^r geftanben Ratten, ber Styoftel getoefen fei. S)iefe X£atfa$en muß
man gegenwärtig fyaben, um baS Unternehmen beS (SufebiuS (III, 39) richtig )u tofir*
25 bigen, freierer in fitynem 2Biberft>ruc$ gegen baS bon tym nid&t berfötoiegene 3cugniS
beS3>rcnäuS unb gegen feine eigene früher in ber 6fyrontf(a. Abrah.2114) ausgekrochene
Slnfid^t au« ber S3orrebe beS tycfyitö betoeifen toollte, baß toenigftenS biefer angefc
li^e Styoftelfd&üler ntd^t ein ©etiler beS 2tyoftelS 3jofy., fonbern eines bon biefem ju
untcrfcfyeibenben ^SreSbtyterS gleiten 9tamenS, beS mutmaßlichen SSerf.S ber Styt getoefen
so fei. GufebiuS liefe bie gefamte fonftige Überlieferung über ben Stpoftel $ob. als ben Ober*
Wirten ber aftatifcfyen Ätrd^e, ben Sc^rer $ofyfart>S unb ben SBerf. beS ©bangeKumS unb
toenigftenS beS größeren SBriefS unangetaftet. 9?ur bie 9(})f unb ben ßfyiltafien ^JapiaS
fuc^tc er fotoeit tote möglich bom Styoftel 3°^- toeg^urüdfen. ®r erfannte an, bafe bie
Se^rer beS $apiaS, toelc^e biefer in Wenigen feilen breimal 61 TtQeaßvregoi unb niemals
86 3fyoftel nennt, gletd^too^l bie 2fyoftel feien, bon Welchen $ap iaS beiffielStoeife 7 mit tarnen
aufgejagt unb beren Slufjä^lung er mit rj rtg eregog xcbv xov xvqIov ßAct&mwv ob*
gcfd^loffen ^at. Die 5Ri^tigfeit biefeS $eilS ber eufebianifc^cn @jegefe toirb au<$ babur^
bebeutfam beftätigt, baß brei beS ©riechen mächtige unb noety bor Slblauf eines ga^r»
fyunbertS unabhängig boneinanber bic Mir^engefc^ic^te beS (SufebiuS bearbeitenbe Wänner,
40 ber feriföe Überfe^er, §teronl;muS unb SRufmuS bie SSorrebe beS $apiaS in biefem ent*
fd^eibenben $unft ganj ebenfo toie GufebiuS berftanben $aben. S)er einge^enbpe Serfu<^,
einer entgegengefefcten 933orterflärung, toonac^ bie $reSb^ter beS SßapiaS nic^t S^ofhl,
fonbern 2tyoftelf4>üler fein follten (ffieiffenbac^, S)aS $a}>iaSfragment bei ®uf. III, 39,
3—4, a. 1874), toirb beute fötoerlicty üon jemanb in allen feinen fünften gebilligt, ift
46 aber au$ bon feinem ber ©elenden, Welche baS Ergebnis beSfelben fi$ angeeignet baben,
burc^ eine befriebigenbere Sjegefe erfe^t Sorben, ©erabe baS SHic^tige an ber Auslegung
beS ©ufcbiuS )u bertoerfen unb ben bamit unverträglichen ^trtum beS (SufebiuS o&ne ep
getifc^e Scgrünbung als ausgemalte 2Ba^r^cit auSjujpre^cn, gilt noc^ fyeute für h)iffenf(^aftli(^
erlaubt. Dic^ler ber eufebianifdjen Gjcgefe beS Fragments beginnen bamit, baß, ttrityrenb
60 $apiaS einen bo^cltcn 2Beg unterfd^eibet, auf h>el$em er SBorte ber ^PreSb^ter = 3^9^
Seju ober Sljjoftel empfangen ^abe, nämlic^ erftcnS auf bem bireften SBege, auS bem
sJRunbe feiner Sc^rer, ber ^JreSb^ter felbft, Reitens auf bem Umtoege ber Srhinbigimg
bei anberen ©c^ülem ber ^reSbHcr, (SufebiuS ben le^teren 2Beg für ben emjigen auSgiebt,
toclcben s^a>)iaS befd^ritten fyabt, unb im offenen 2Biberft>rucfy gegen bie eigenen 2Borte beS
6r» $apiaS behauptet, biefer ^abe überhaupt ntd^t mefyr äljJoftel-^reSbVter, fonbern nur noc^
©cfyülcr bon folgen gefannt unb gehört (Guf. III, 39, 7). faltbarer erfd^eint bie anbere
Se^auptung, baß ^apiaS in beiben teilen feiner jtociteiligen äufjä^lung je einen 3o$.
nenne, bon h>elc|em ber erfte nac^ bem 3uf«^mcn9^n9 n"r *><* Slfoftel fein fönne, ber
jtoeitc alfo fd;on beS^alb, aber aud; ioegen beS i^m bon $apiaS gegebenen Titels 6 tiqw-
uo ßvreQog bom %p oftcl berfcfyieben fein muffe, ©o ^aben feit (SufebiuS bie metften bie
frrfjanneS *" ®P»W 283
Starte beS ^ßopiaS berftanben: ei de tiov xal 7iagaxoXov&rjxd)g xig xoig ngeoßvxe-
QOts ZÄdoi, xovg xwv ngeoßvxegojv dvexgivov Adyovg, xi 'Avdgeag f) xi Ilexgog
tbtev, fj xi <&üuuinog fj xi Sojfutg f) 'Idxcoßog, f) xi 'Icodvvtjg Tj Maxftdiog fj xig
hegog twv xov xvgiov fiav\r<üv, ä xe 'Agioxicov xal 6 ngeoßvxegog 'Icodt'rrjg ol xov
xvgiov fjLa&qjal Xeyovoiv. 2lm bequemften toürbc bie in bcr bereiten SRennung eines 6
3<>&. fiegenbe ©c^toterigfeit befeitigt fein, h>emt man nad) einer bonStenan (V Antichrist
1873 p. 562) ftngetoorfenen, bon §aufjleiter (2^28 1896 @p. 466) fc&arffmnig begrün*
beten Sermutung btc SBorte i) xi *Iojdvvi]g als 3ntcr)>oIatton auSfcfyeiben bürftc. 2Beniger
twhrbe geholfen fein burefy bie gleichfalls bon SRenan (1. c. p. 345) borgefölagene Gmen-
bation in ber legten 3eile ol xov xvgiov \j*a&7]x(ov] fxav\xal unb bie äl;nlic$e bon 10
9aam (im amerif. Journ. of bibl. lit. 1899 p. 176—183) ol xovxcov (ftatt xovxov)
pa&rjxai. Äu$ ben überlieferten %ztt fyaben feit ber trefflichen Slbfyanblung bon 3- ©tiU
tmg (AS Sept. VII p. 387 ff.), toelctye bon ben teueren niemanb ju fennen fctyeint,
«mge toenige, ju toel^en ber Unterzeichnete gehört (Ify©tÄ 1866 ©.649-696; $orfc&.
VI, 112—147), berfte^en $u foHen gemeint, bafe ber <ßreSbtyter 3°^- kw anberer als 16
ber Stößel 3o$. fei. 3)ie .§auj)tgrünbe für biefe Suff äff ung ftnb folgenbc: 1. S)ie un*
gefä^r gleid&jeitige Gfciftenj emeS als Sefyrer ober gar als ©cbriftfteller irgenb ettoaS be*
beutenben 5J}reSb^terS mit bem ^ebräifctycn tarnen %oi). in 3lfien neben bem Styoftel bicfeS
SamenS, toel$e (SufebiuS unb tl)m folgenb biele teuere angenommen fyaben, ift fd?tDcr
)u glauben ; benn gerabe bann, toenn biefe 3)opj>elgängerf<$aft beftanben fyätte, unb felbft so
bann, toenn baS SÖirfen beS Softeis go^. in Slften erfyeblid? früher begonnen unb auf*
adprt ffcdU, als baSjenige beS ^reSbtyterS, toürbe bie Ambition beS 2. ^afyrtyunbertS baS
SebürfniS gehabt unb befriebigt fyaben, bie beiben gleichnamigen unb ungefähr gleichzeitigen
Jfa$enlefcer bcr gleiten SProbinj jtu untertreiben, ©o begreiflich, toie SSertoectyfelungen
im einzelnen toären, fo unbegreiflich toäre ein allgemeines SBergeffen ber borfyanben ge* 25
toefenen ®uj)lijität, ein böfligeS Untergeben beS ^SreSb^terS im Sfyoftel. 2. 2)ie 3lnnafyme
&m Äcim (@efd&. 3efu bon 9to&ara I, 160—170), bafe in 3lften überhaupt ni$t ber
fyoftd, fonbern nur ber bon (SufcbiuS entbeefte SJJreSbtyter ^o\), gelebt ^abe, entfaric^t
infofern ber einftimmigen Irabition beffer, als aud^ biefe nur bon einem einigen %oi>.
in Sljien toei^; fie fte^t aber anbererfeitS in noc^ biel fc^rofferem Sßiberftmicfy mit ber w
irabttion, ba biefe ben fraglichen go^. nur als 3tyoftel fennt. S)ie bereinjelt borgefom*
mene Sertt>edUelung beS ©bangeliften Sp^ittypuS in §ieraj>oltS mit bem Sfyoftel biefcS
SammS, toebpe bei SPoltyfrateS (6uf. V, 24, 2) aUerbingS borliegt, reicht ni^t jur @r*
flänmg auS, toeit fte nur bereingelt borgefommen unb nie allgemein getoorben ift. 3m
Segenteil betoeift bie ja^r^unbertelang erhaltene ^rabition, ba& ber ^J^ili^uS bon 35
feierapoliS ber ©ban^elift unb nic^t ber 3l>>oftel toar, toie fd^toer ein folc^er %xxt\xm ftc^
gegen bie ec&te 2^rabttion burd^fe^en fann. ^nSbefonbere n?irb burc^ biefe §^ot^efe un=
begreiflich, toie ber 3Serf. beS 4. ©b.S, bon bem boety niemanb ftanb^aft ju berneinen ge*
toagt tyd, ba^ er in ftleinaften gefc^rieben ^at, auf ben ©ebanfen fam, fein @b. gerabe
bem Styoftel 30^. jujufc^reiben, freierer niemals bortbin gefommen unb au$ nid^t burc^ 40
anbete ©i^riften in ber ß^riften^eit belannt toar. 3luc^ biefe öVfot^efe beruht auf SJer»
fennung ber 2^atfad^e, toelc^e 3. gegen bie ©jifteng eines bom Ityoftel berfc^iebenen ^}reS-
tyteiS f^ric^t, ba^ ber ©lauben an feine Sjiftenj lebiglic^ auf einer im 4. g^t^unbert
Mtfuc^ten Auslegung einer einzigen im Anfang beS 2. SafyrfyunbcrtS gefc^riebenen $t\U
berate, tröfcenb bie Äenner beS papiamföen 2Ber!s bor unb nad^ (SufebiuS förenäuS, 46
a^uinariS bon Saobicea, SlnbreaS bon Säfarea, StasimuS 6onf efjor, äfoaftafiuS ©inaita)
toAer in ber Sorrebe beS ^}a})taS noc^ in einer anberen ber bielcn ©teilen, wo ^JapiaS
ben ^redb^ter !§o$. als feinen Se^rcr genannt fyat (6uf. III, 39, 7. 14), ettoaS gefunben
^abrn, toaS fte m ber Meinung irre machte, bag bieS ber äl^oftel fei. 4. Die Auslegung
bcr oben angeführten SBorte beS $a))iaS bur$ SufebiuS ift aber audb rein ercgctijd; bc-- w
trachtet ebenfo ungenau, toie feine Auslegung ber borange^enben üBJorte (f. ob. ©. 282, 19).
Sriftion unb ber IßreSb^ter %of}. toerben bon ^apiaS ebenfogut, alfo auc^ in bem gleiten
Sinn als jünger beS £erm" be^eid^net, toie in ber borange^enben fttik bie ©rup>)e,
als beren wtreter änbreaS, 3}etruS u. f. to. genannt toaren. ©ic fmb alfo nic^t Slpoftcl-
ftäler, fonbern J>erfönlic^e ©d^üler ^efu. ©tetyt femer feft, toaS (JufebiuS richtig ertannt 66
kiü, bafc ftaptaS furj bor^er iperfönhc^e jünger ^efu, toelc^e bielleictyt nic^t alle (^afobuS^
^ili^uS'O; aber boefc großen letlS ^u ben 12 2tyofteln gehörten (SlnbreaS, ^etruS,
I^otnaS, 3o^anneSf SKatt^äuS), breimal als ol ngeoßiWegoi beseitet tyat, fo fann
toentge $<üm f}wter 6 Ttqeoßvxeqog nic^t bagu bienen, ben ijofy., bor beffen 9Jamen biefer
litd fte^t, bon einem gleichnamigen ä^oftcl ^u unterfc^eiben. Dies ift e^egetifö auc^ m
284 3<>fjattttcd ber StyofM
babur$ auSgeföloffen, bafe au<$ ber in ber boranftefyenben äufjätylung genannte go^. fem
tyn bon anberen Prägern besfelben SRamenS unterföeibenbeä Epitheton unb überhaupt
feinS bei fi$ fyat 5. @$ entfjmctyt Diclmcbr bem getoö&nlufcen Sprachgebrauch, bie SBorte
6 TigeaßvreQog 9Icodvvt]g ju berftetycn: „ber ^SreSbtyter, nämüc£ 3o$.". ®afc ber faulte
6 leerer be$ tyapitö ebenfo toie ber Serf. ber Heineren jo$. ©riefe als ber feine (Senoffen
an änfefyen unb Sitter überragenbe unb fötiefjlicfy überlebenbe Se^rer in feiner Umgebung
„ber 2irte" fc$Iec$$in &iefe, betoeift überbieS ber @uf. III, 39, 15 oufbetoafrte ©a| beS
^apiaS: xal tovto 6 TiQeaßvrsQog Skeye bgl. § 14. 2)er Sigenname toar neben oiefetn
ßtyrentitel }ur 9iot entbehrlich ; eS toar aber angemeffen, tyn atyjofttionStoeife anguföltejjen in
10 einem ©afc, in toelc^em auefy no$ 2lriftion ju ertoäfynen toar, toelc^er ebenfo toie biefer 3o&.
ein jünger 3efu unb ein Setyrer beS SPajjiaS, alfo na$ ber 2lu3brudfStoeife beS SßapiaS
ein TiQeoßwEQos toar. StuS bem Greife biefer TiQeoßvzeQoi ragte einer empor als „ber
«PreSbtyter" fölecfyt&in, SRamenS Igoty. $afc biefer em 2tyoftel toar, fagt *Pa»>iaS ebenfo*
toenig, als er eS bon $etruS ober SlnbreaS fagt; er föliefjt eS aber ebenfotoenig aus.
16 6. @S bleibt baS jtoeimalige SSorfommen beS SRamenS 3°£ w einer einigen Sßeriobe.
@S ift aber ju bebenfen, ba| ber tnbirehe gragfafc (ri-ebzev) unb ber einem folgen gleich
toertige StelatibfaA (a xe-Uyovaiv) nietyt als eine einzige Slufjätylunjj befymbelt toerben
fann, ofyne ba| jtc£ ein logifetycr 3fe$ler ergäbe. 9lad&bem bie eefie Steige burc$ bie äBorte
„ober irgenb ein anberer bon ben Jüngern beS fterrn" abgesoffen ift, lönnen fidfr $iewn
ao ni$t als gortfefcung biefer Steige noety jtoei vlamm bon Männern anfd&Kejjen, toeb^e
gleichfalls „jünger **>& #errn" finb. @S toäre bann aber au$ lern ©runb )u ftnben
für bie SSeränberung ber Äonftruftion (ä re \iatt xl) unb beS $empuS (Myovoiv flott
ebiov). $ierauS ergiebt fic$, bafc eS mit biefen $toei julefct genannten Jüngern eine be*
fonbere SetoanbtmS fyatte. ©ie lebten noefy, als ^apiaS fc^on ferne ©rfunbigungen nadj
26 SKorten ber SPreSbtyter^ünger aufteilte. (SS toaren 2tyoftelfc$ttler, an toeld^e er fotoo^l
bie fragen beS erften, afe bie beä gtoeiten ©a^eS richtete, aber boc$ fe^r l>erf(^iebene Seute.
SDic $rage, toaS bat $etruS ober 3$oma£ ober ^afobuS ober Wlatfyäuü gefagt, tonnte
er nur an fol$e 9lpoftelfd^üler rieten, toeld^e frü|er in ^aläftina gelebt unb jebenfalte
aufeerfyalb ber ^roDinj Elften ©elegen^eit gehabt Ratten, SBorte biefer S^oftel }u ^ören.
so 3u ben 2tyofteln, toelc^e, toie ^a^buS, SRatt^äuS u. f. to., in ?ßaläftina lange 3* ßdebt
Ratten, gehörte au$ ber ©o^n bcS 3*ebäuS. S)iefer ift alfo allerbing« unter bem erjlen
3jo^. bei ^5aj)iaS $u berfte^en. S)ie toeitere grage aber: „toaS jagen Striftion unb ber
2lltc, 30^., bie 3ünÖ^ b«* ßerrn" ift an ganj anbere Seute (jeric^tet, toelie nie m $a«
läftina getoejen gu fein brauchen, unb toelc^e bagegen mit &toei no<^ in Slfien lebenben
86 Jüngern %t\u, äriftion unb ^o$. in SJerfe^r ftanben, fo bafc fie bem $aj)iaS, toenn fie an
beffen 933o^nfik famen, auf btefe grage 3lnttoort geben fonnten. 2)ie einen fragte %ti(M&
ni^t naö) Slriftion, bie anberen nic^t nac^ 3afol&w^ unb ÜRattyäuä, beibe aber fonnte er
fragen nad) 2Borten beS ^oj^anneS. @S toar getoi^ nid^t getieft, baft SaptaS toeber bte
©elbigfeit noc$ bie S5erf(^ieben^eit beS in ben beiberlei fragen bortommenben 3°J-
40 au$ft>rid?t; aber ftiliftifd^e ©efc^icflic^feit ift na<$ ben erhaltenen 9ru(^ftü(fen ferne« SBerfe
über^aui>t nic^t fein ialent getoefen. begreiflich ift feine SluSbrucfetoeife bod^ fe^r too^l,
toeil in ben beiben an berfc^iebene Seute gerichteten fragen, toeld^e er $ier reprobujiert,
füglic^ ein unb berfelbe ^. genannt toerben fonnte. S)ie Sjiftenj eine« bom 9)>ofie(
3>ofy. berfc^iebenen ^JreSb^terS 3^^. ^at toeber (Sufebiuä, noc^ einer feiner 9ta$fo(ger aus
46 $aipia^ ju ertoeifen bermoc^t, unb bodenbS bie ungefähr gleic|)ettige Soften} jtoeier jünger
3efu 92amenS 3oF). in 9l{ten toirb burc^ $a))taS toie burd^ afle fonfttge Xrabition au^
gefc^loffen. S)er $reeb^ter ^o^. ift über^auj>t eine ftetylgeburt ber Intifd^en Slot unb ber
mangelhaften 6jegefe bcS @ufebiu$.
^ierburc^ beretnfac^t ftc^ bie g*age, toer ber $ofy. fei, toel^er nad^ bem Sterin un»
60 anfechtbaren ^eußniö ber 2l^f unb nacb bem in biefem $un!t gleid^faOS gegen jeben
toefcntlic^en ^xxtum gefiederten 3cu9n^ fciner ©d^üler $ofytart>, ^ßapiaS unb ber anberen
,,$PrcSbtyter" beS grenäuS in ben legten Sauren ober Sa^rje^nten be« erften 3<*^$unbert3
in epl^efuS gelebt, auf bie Sirene ber $robinj unb ba$ nad^toac^fenbe ©efc^le^t i^rer
Scfyrer unb Sifd^öfe einen mafegebenben Ginflufj geübt ^at unb erft nad& bem Segtcrung^
66 antritt SCrajanS, alfo um 100 geftorben fören. II, 22, 5; III, 3, 4) unb nadfr bem
3eugntö eine« Sifcfcof bon 6j)^cfuS, toel^er um 125—130 getauft tourbe, in Gtfrfpß
begraben toorben ift (^ioll^fratcö bei @uf. V, 24, 3. 7). 3tHe beutlid^ rd>enbe Überliefe«
rung fagt, er fei ber bon 3*fu$ gum Slpoftcl ertoä^Ite ©o^n beS 3*^^^- ©ne *&***
fpred^enbe 9kd?ri$t aus ben erften 8 ^abrfyunberten giebt eS nic^t. 91ur ein (Sitat <nü
eo bem jtoeiten Suc^ beS y>apia$, toeld^eS man ba^in glaubte beuten )u bürfen, bafe ber
SofamteS ber Styoftel 3?ofjatmeS »stttSnageS 285
SpofW ^otyutneS in Sßaläftina bon ben 3>uben getötet toorben fei, tourbe bon einigen
©defrten als genügenb befunben, bie gefamte Srabition bon bem SBirfen beS !go$. in
Spfcfud über ben Raufen flu toerfen. 2)aS Sitat ift uns auf boppeltem 2Bege jugefornmen.
6S fmbet ftc$ in ettoaS abtoeic^enber gorm in einer einigen ber jafylreictyen £ff. ber um
850 abgefaßten Styronif beS 9HöncfycS ©eorgiuS £amartoIuS (Georg. Harn. ed. Muralt, 6
1859 praef. p. XVII f.; SRolte, 2#Q© 1862 ©.466), unb in einer anonymen Samrn*
hing nrc$en$tjtorifcfyer (Syetyte (aus einem cod. Barocc. 142 fol. 212 ff. herausgegeben
bon be Soor, 311 V 2, 170). 3)afe eS in bieß^roni! beS ©eorgiuS ebenfo tote ein bo*
nebenfle^enbeS, äufcerft ungenaues ßitat aus DrigeneS burc$ einen ^nterpolator fyinem*
gebraut ift, ergiebt fiety mit ©bibenj aus bem 2Biberft>rucfy nic^t nur mit ben übrigen 10
§ff. ber Öjronif, fonbern auefy mit bem Äontejt ber §f. felbft, toelctye allein baS Gitat
enthalt (bgL be Soor a- a. D. ©. 177). Übrigens toürbe ©eorgiuS, toenn bon tym
jelbft baS ©itat ^errityrte, bamit gefagt ^aben, bafe^o^- n<*$ feiner 9tücffe$r bon SßatmoS
nad) @p$efuS, alfo in epfyefuS bon ben 3uben getötet toorben fei. S)ie Stngaben unb
Meflqrionen ber ©ele&rten über biefeS ßitat leiben bis ju ben leftten an einer gerabeju 15
ctftaunltc^en Ungenauigfeit ftkfy man baS, toorin ber 3nterJ>olator beS ©eorgiuS unb
bar Serf. jener Djforber (Sgcetyte boneinanber abtoetetyen, ab, fo bleibt bie gleicfylautenb
bun$ beibe ßitate verbürgte 2$atfac$e übrig, ba£ im 2. 8u$ beS ^apiaS ber ©afe ge*
ßanben tyd: Iiodwrjs vnö lovdaicov ävrjge&rj. ©ang äfynlic^ fyabm mehrere ©<|rifts
Wer beS 2. unb 3. IgafyrfyunbertS bon ber §inri#tung ^o^anneS beS Käufers burc£ ben 20
jübif$en letrarc^en §erobeS äfattyaS gerebet. liefen alfo toirb SßapiaS gemeint fyaben.
DaS SRt&üerftänbniS ber bfyantinifc&en ©djreiber bat *ßapiaS nic^t beabficfytigt, bielleid&t
au$ nid^t einmal bur$ ftiliftifd&eS Ungefctyicf berfctyulbet.
63 toirb alfo tooljl babei bleiben, bafe ber Sfyoftel $of). ebenfo tote anbere jünger
3cfu, ber (Sbangelift SPfyiltWuS unb ein getoiffer Slriftion bon Sßaläftina nac^ Äleinaften 25
fibergeftebelt ftnb. Senn ^ol^Iar}) an feinem lobeStag (23. gebruar 155) auf 86 ^atyre
nit^t feines menfd^Uc^en, fonbern feines $rift(i$en SebenS gurücfblicfte unb fomit im
3afcre 69 getauft toar, unb toenn feine Sefefyrung nac^ %xtn. III, 3, 4 burdj 3l})oftel
betoirtt tourbe, fo toirb bie Überftebelung jener jünger ^efu nad> Slften bamalS f$on er=
folgt fein. 6S ift fefa begreiflich, ba^ i^nen ber 2luSbrud) beS jübifc^en ÄriegS baS 3«$en so
pan 9utfbruc^ tourbe. S)er bamalS bielleic^t erft 60— 65jäfyrige 30^. ^at bann noeb tttoa
30 Sa^ce ber pflege beS fir$li$en fiebenS in ber ^rotoinj 2ljten unb einer unbergleid^lid^
gejegneten ©irlfamleü als Se^rer in SBort unb ©d&rift totbmen fönnen. SllS ein Sßriefter
m $o^)riefterli(^em ©d^mud ftanb er in ber Erinnerung ber Triften bon (S^efuS (@uf.
V, 24, 3). 3)er 2)onnerSfo^n bon efyebem ift aud) im älter nietyt ein f>>c!ulierenber 9te« 35
figiMtäß^Uofot>$ unb ber toeid^^erjige $rebiger einer fd^toäd^lic^en Xoleranj getoorben, fon=
bent ift ein fc^arf ausgeprägter ß^aratter, ein entfd^iebener unb überall jur ßntfd^eibung
jtotfe^en 2id^t unb ginfterniS, gtoijc^en Seben unb lob, jtoifc&en 6^rift unb äntic^rift
brängenber 3eu9e *** bon 3^fuS empfangenen SßJa^r^eit geblieben, ffiir erfennen ben
3o$. be*3a$re27— 52, bon toeld&em unS bie älteren ©Triften beS -JUS ein Silb geben, 40
toeniger in ber Slpolal^fe toieber, in toelc^er er nur ©mffangcneS treu toieberjugeben batte,
als in ben ©riefen, in toelc^en er feines SlmteS als Se^rer unb Seiter ber Kirnen 3lfienS
mit unerfc^laffter ftraft beS 2BiIIenS toaltet. ffiir erfennen ü;n auc^ toieber in ben @r-
jä^htngen feines ©c^ülerS $ol^far)) bon ber Begegnung beS Softeis mit fterinty im
Sabe^aufe ju (SpljefuS (3ren. III, 3, 4) unb üon feiner geier beS djriftlictyen $affa^S in 46
ber an baS ©efei angelernten, i^m bon ^Saläftina fyer getoo^nten gorm (SrenäuS unb Sßolty*
batcS in i^ren »riefen an Siltor bei (Suf. V, 24, 3. 16). 2lud? in ber 3Serfaffung beS
SemeinbelebenS ift unter feinen äugen unb getoife nietyt o^ne feinen ©influ^ bie juerft
in 3erujolem auSgebilbete monarc^if^e gorm ber oberften Seitung ber DrtSgemeinbe in
bie JCmpe SfienS eingeführt toorben. 2^. 3oljn. w)
Spannes HShtSnageS, im 6. 3a^. fiitter. : 9l6ul{arabfd) bei K|femanuS, Biblio-
theem orientalis 53b II, 1721, 8. 327 ff.; ffialcf», ^iftorie ber flefrereien VIII, 6. 684;
«eanber, «Qgem. ©ef«. ber 4rifkl. JHel. ©5 4, 6.1864, @. 297; ©a6, Srityetftifc&er Streit,
in 5icfer «nc^flopäbie 2. 9uf(. »b XVI, 6. 48 f.
Qo^anneS »SfuSnageS toar ©(^üler beS gelehrten ©^rerS $etruS auS Styefina in 55
oj>otamien unb 9tac$fotger beSfelben als Se^rer ber ^^ilofop^ie in Äonftantinopel unter
^uftinian I. 33on biefem ju einem Äolloquium gelaben, befannte er ftc^ nicfyt nur als
Wimop^fiten, fonbern au# als Sritl^eiten, inbem er fagte, bafc er in trinitate seeun-
dum numerom personarum naturas, essentias et deitates tres anerfenne. @r
286 3fofjamte0 X8ttt*ttage8 äfolptraed bon $*ma*tit*
luurbc toegcn biefer IJrrlefyre bom Äaifer betbannt, !gofyanne$ toirb nun bon Slbulfarabfö
jum ©tifter ber Irittyeiten gemalt, h>äl?renb bic griectyifcfyen Duellen, bie bat Stöfunageä
ignorieren, biefen $Ia$ bent 3oJ^anne« 5ßfyiIoi)ono$ jutoeifen. S)er 2Biberft>ruc$ ift xoafe
föeinlicfy fo $u löfen, bafc ^iloponoä als ber bebeutenbfte Vertreter jener fic^re irr*
6 tümlicfy auc£ für ben Anfänger berfelben erflärt ift, h><tyrenb ntd^tö bagegen ju ft>re<$en
föeint, bafe 3l$fu3nage3 ben fogen. IrittyeiSmuS juerft gelehrt §at. W- SWe^er.
3fofjanne8 bon SlbUa f. ^uan bon Slbila.
SofjanneS bott SJofel f. §iltalinger, %of)., 33b VIII ©. 77.
3ol)ttttue8 SJeffoS, ^atrtar$ bon Äonftantinopel, geft. 1293. — Sitte*
loratur: Seo Wllatiuö, De perpetua consensione etc., 6. 761 ff. ; gabriciuS, Harl. Bibl. gr.
XI, 6. 344 ff. Quellen unb neuere Sorfdjungen jufammenfaffenb : Ärutnbadjer, ©efd). ber
%X)h. Sitt. 1897, 6. 96f.
iJofyanneS ift burefy bie Unionäftynobe bon 1274 fyiftorifd& getoorben. @r toar bte
bafyin %aQTo<pvAa£ in Äonftantinopel. S)er Äaifer SKictyael Sßaläologuä, feft entfcfcloffen,
16 ba$ SinigungStoerf burefoufefcen, forberte tyn als gelehrten SRann unb gehnmbten Sprechet
$um Sciftanb auf. 9ia<$ einigem 3ögern antwortete 3o$anneä abletyienb, toagte e3 fo*
aar, bic Sateiner für $äretifer ju erflftren; bafür büfjte er mit ber ^ärteften Äerferftrafe.
Slber gerabe im ©efängniS fanb er 9Hufje, bie ältere gried&iföe Sitteratur nochmals über
jene Streitfragen gu SRate ju jie^en; er befann ftc$ eines anberen, unb namentlich bie
20 ©Triften be3 ^iccjjfyoruS SlemmibeS ftimmten ifyn bergeftalt um, bafi er jefct, h>a$ er folange
bertoorfen, mit allem @ifer berteibigte. 2)ie golge toar feine (Srfyebung jum Patriarchen
unb toefentlicty mit feiner §ilfc ift bie Union bamalS hrirflidfc, toenn aud& nur für furje
$eit, gu ftanbe gefommen. 2)o$ betrug fiefy ^o^anned bon nun . an mdfrt atö feiger
©ünftling eines 2)efpoten. SHitten in bem tauben ©efcfyret ber ^arteten ber £auj>ijiabt
26 mahnte er $ur SRäfeigung unb bertoanbte fic§ für bie Verfolgten, an toeld&en 2Rt<$ael
feine 2But auöltefe. @r befyarrte auefy bei feiner unionSfreunbltd&en Oefinmmg, atö bie
Äirctyenpolitif fi$ änberte. 3)arum tourbc er 1282 abgefegt unb 1283 berbannt (Sr
ftarb 1293 im Äerfer. 2?on ben ©rieben ift S3effoS au« ber SRetye ber rechtgläubigen
Scfyrcr geftridjen, bon ben Sateinern ju ben Drt^obojcn gejault toorben, batyer fanben
so feine ©treitfdjriften Slufnafyme in bie Graecia orthodoxa Tom. I, II be$ Seo Sttotiud.
Von ba aus finb fie in bie MSG 141, ©. 16—1032 aufgenommen, ©eine t^eologifc^en
©Triften berteibtgen )um größten Pfeile bic Union. 2)ie umfangreid&fte berfelben ift bie
lhgl rfjg hcooecog xal eigrjvrjg ribv TY\g jzaXaiäg xai viag 'Pdbutjg ixxXrjai&r
(Graecia orthodoxa 1, ©. öl — 224). 2lnbcre Heinere Schriften bejie^en fid^ auf feine
36 perfönlicfycn Ver^ältniffe. ^o^anned ift für feine Griten ein gelehrter 3Rann. ©eine
©Triften ftnb bon ben foätercn greunben ber Union ftarf au^gefc^rieben toorben.
(«aft t) ¥*. m**tt.
3fol>tttttte« SJurtban f. 33b III, ©. 570.
Cannes b. Sa^iftrano f. Sb III, ©. 713.
40 Cannes ©tubttb f. Sb III, ©. 444, ig— 32.
3fo^anued bon 2)amaöfuöf geft. bor 754. — Sitteratur: Bios xov Satov xai9<* wahr
'Icodrrov tov .iaftaoxtjrov oryyoat/ eis Jtaoä */wdrrov Jtai^ido^ov 'IeQoooÄvfiwr, MSG
XCIV, 429-489. Opera ed. Se Cuien 1712, 2 ^be; f)ternadf(mit einigen (grgfinjungen
nac^ ©attanbi unb Wai) audj MSG XCIV— VI; Sot;. Sangen, Sobanne« üon Xamadhtd,
46 eine patrift Sonographie 1879 (t)icv 6. 27 eine llcberftdjt über bie gebrueften ausgaben
einzelner ^Serfe b. 3.; bie erfte nod) feljr unuollftänbige ©e[amtau8gabe, alle« nur in tatet*
nifdjcr lleberfe^ung. bot bev 3)ominitaner ©einrieft ©raoe, $ötn 1546, eine erfte gried)tf4-ta*
teini|d)e ^luögabe von Sarfuö ©opper folgte balb, ©afel 1548, 1559 unb vermehrt 1575).
58crbicnt um bie 9(ufjinbung uon ©anbfeftriften unb um bie tfritit ift t»or anberen Seo9lHatiu$
60 geioefcn, befjcn bid baftin unebierte ?(bt)anblung De Joanne Damasceno Prolegomena Se Ouien
(j. aueft MSG XCIV, 117 ff ) jum 5)rucf bradjtc. Se Ouien fclber bat niefct nur (juin
Xeil auf ©runb ber Vorarbeiten, audj unter birefter 23eit)ilfe anberer ©elcbrten) juerft eine
toefcntlid) ooliftänbige ^ludgabe, fonbern aud) tuertuollc Einleitungen ju ben einzelnen
Söerfen geboten. 311 fieben Dissertationcs erörtert er überbieS eine JRetbe Don fragen, bte *ur
üo Geologie beö S)ama85enerS bej. ber gried)ifd)cn Äircfte gehören. (5d p"b nur erft für
$of)anne$ tiott $araa£tit£ 287
einige SBerfc unb erft gan$ neuerbingS crljeblidjc ftortfctyritte über i(jn t)iitau§gcmad)t loorben.
6. ba$u Ijentad) bei ben einzelnen SBerfen. 3m allgemeinen vgl. Die fie&rbüdjer ber Dogmen*
gefdjtdjte von $ifrfd|, I, 1870, $f)i)inafiu3 P, bearbeitet von öonroetjd) 1886, .fcavnarf II3,
1894, fioofS*. 1893. ©ecberg I, 1895, Bug. $orner 1899. ©onft befonberä uod) Farben*
^eroer, $atrologic 1894, ÄTumbodjcr, ©ef#. ber bl)jant. fiitteratuv, 2. &uff. 1897 (über 6
3o(anne$ als Geologen Ijanbelt f)ier ©. 68 ff. (S&rfjarb, über ir)n als $id)ter $rumbad)er
felbft 674 ff.).
1. Seben. 35er oben genannte /Woc beä 35ama3$ener3 ift Verfafjt Von einem Sßa*
triart^en SofaiM^ b*>n 3erufalem (toafyrfd&einlicfy bem um 970 geftorbenen; f. über ifyn
ate „^ofyanneä VI." 2e Duien, Oriens Christ III, 466 ff.). 6r rufyt auf einem älteren 10
(Verfäottenen) arabiföen 2Berf (tote ber SSerf. felbft angiebt c. 3), ift toenig ftoffreicfy, nid&t
aüju legenbentyaft, aber burcfyauS fyagiograpfyifcfy erbaulicfy. Slnbere Quellen finb VolIenbS
foarluf*. SRur in fnappen Umrifjen ift bafyer bie SebenSgefcfyictytc be$ berüfymtcften ber
Ifyjantinifctyen 2$eologen belannt. ©eburtä* unb 2obc3jafyr finb beibe unftc^er. £)a$
7. dfumenifctye Äonjil (TOcäa 787, act. VI) efyrt ba$ Slnbenfen be$ 3- als be£ $au$U 16
borfämpferö ber öilberverefyrung in fyofyen SBorten. ©3 läfct er!enncn, bafc er fdjon bor
754 geftorben fein mufe. fötnn e$ re^robujiert (1. c. sJJtanfi XIII 356) bie 2Borte be$
unter Äonftantin ÄoprontymuS 754 in Äonftantinopel gehaltenen ftomilS, bie ben 3- mit
®ermanu£ Don Äonftantinopel unb ©eorgiuS GtymuS verfluchten. 2ßenn e$ in biefen
&etJ5t : fj TQiäg rovg rgelg xa&elXev (in 9!icäa f efct man entgegen : fj rgidg rovg rgelg 20
IddSaoev, act. VII, ÜRanfi 6. 400), fo ift flar, bafe & bamate fd^on tot toar. Sites
& Duien geltenb mad&t (üRigne XCIV, 486 f. 9lnm.), um ifym eine längere Sebenäbauer
pi Vinbigteren, !ann bagegen nic^t auffommen (£e Duien fyat bie SBorte be$ ilon^lä über*
je^en). 3- tofrb iebod) nicfyt lange Vor 754 geftorben fein, ©eboren ift er getoifc noety
im 7. S^tf^bert, allein ©enauereS ift nicfyt &u fagen. @r ftammte au$ 3)amaäfu$ unb 25
toar ber ©otyn eine« farrajenifd&en 33camten. 2We anberen angaben fpäterer ©d^rift«
fWkr finb unglaubhaft unb tenben^, (togl. über fte fangen, ©. 17 ff. u. 23 ff.), ©eine
Jamtfie toar eine $riftli$e, ^atte aber trogbem ein \)ol)& ©taat^amt, fotoeit man fe^en
laxa, too^l ka$ be$ oberften 2luffe^erö über bie ©teuern in ©^rien, erblich inne. 3- H&ft
Ifat eö, toie e^ f(^eint, eine &'\t lang toertoaltet. 5Der (flog ift ungenau unb, toaä 3^eid^= 90
tum unb S^renftettung be« ^eiligen betrifft, offenbar übertreibenb, toirb aber bod^ fotoeit
GMauben l>erbienen, bafe 3- eben auc$ beim Äalifen t>on 3)ama3fu$ beamtet getoefen, toie
feine Sorfa^ren. 3)tit ber 3Sertrauen^fteUung feiner gamilie bei ben Kalifen ^ängt ber
Seiname berfelben Mansur (= ber, bem geholfen toorben ift: „ber ©ieger"), ben auc^
3. geführt ^at, jufammen. 2Bann 3- s^fönc^ tourbe, ift unftc^er. $)od) fcfyeint e^, ba^ 35
er noc$ in feiner toeltlic^en ©tellung afö t^eologifc^er ©c^riftfteHer aufgetreten ift. £)er
füog fcftt baö minbeftend für bie erftc feiner ©Triften $u ©unften ber Silber toiber
*eo ben 3Jau^^ tooraud. 2llfo 726 unb furj l^ernac^ ift er toafyrfc^einlic^ noc^ Seamter
in 2)ama&fu$ getoefen. 3a na^ c- 14 tyätte er über^au))t feine imoroM/uaiovg koyovg
für bte Silber noefc in SDama^tu^ getrieben. ®a^ toürbe ir)n auc^ noc^ 730 als 23e* 40
amten ertennen laffen. SlHein ber ßtog ift fummarifefy unb toei| offenbar nict)tö ©enaueS.
fe ift auä tnnern ©rünben (tooju übrigen« aud) eine 9Jotia bei 3:^eot)l;ane^ ftimmt, bie
man bei Sangen ©.21 lefen mag) an$unefymen, bafe er fpäteften^ balb nad^ 730 sJ)iönc^
tourbe. 6r fiebclte atö folc^er in bie Saura be^ ^l. Baba bei 3*rufalem („80 ©tabien",
b. L ettoa jtoei SKeilen fübtoärtd toon biefer ©tabt) über. Da^ er toofyl jebenfafe furj 46
ruety 730 ba«{ ftlofter aufluvte, gefyt auc^ barau^ l;ert)or, bafe er no$ t>on bem ^atriard^cn
3obanne$ V. toon ^erufalem, ber naefy 2^eoj)^anc^ 735 geftorben fein foH (^e Duien,
Or. ehr. III, 289 ff., ^ölt boc^ für möglich, bafe er bi^ ca. 745 lebte), unb naefy bem
ßfog ju fc^liefeen, feine^toegd atebalb nad^ feinem Eintritt in bie Saura, jum ^JJriefter ge«
toetyi tourbe. 2Beiter atö btö jum TigeoßvTEQog fyat er e^, getotjjnur nac^ feinem eigenen w
S&unfö, in ber ^ierarc^ie nic^t gebracht, ©ein Slboptibbruber, ^oemaö ber -Welobe, ber
gieicr; t^m ©abaite tourbe, ift bagegen Sifd^of t>on üWajuma ($afen toon &a^a) getoorben.
^n bie Xauxa bed ^l. ©aba einzutreten, mag i^n neben bem SHufym berfelben (ber nad^^er
ymi befonber^ mit feinem tarnen berfnüpft getoefen ift) ber Umftanb betoogen ^aben,
bau f^n Sc^rer, bem er unb fto£ma$ Viel Verbanden, i^m borten Vorangegangen toarf 56
tidlndft bort noc^ lebte. 3Me$ toar ein SDtönd^, l£ 9ha3Jag og/ncüjuevog, fagt ber ßlog
c8^c Outen meint au^ Salabria, „quae monachis graecis plena erat11), ber al£
Ärieg^gefangener nac^ SDama^fu^ gefommen unb Von bem $ater beä ^. lo^getauft toar.
%ud} er ^ie| Roimai. 3- berbanfte tym bie @infü^rung in bie Geologie, ^umal aud^
in bte $$Uof0}>^ie unb baö mancherlei toeltlic^e Riffen, ba^ ityn au^jeid^net. ^n ber go
288 3foljaitite$ Hott 2>araaSf*S
Saura §at % feine §auptt^ätißfctt atö ©c^rifftfteller entfaltet, c. 33 ff., ni<$t o&ne bei biefet
3lrt fcon Sefd&äftigung anfänglich auf äBiberftanb ju fto&en c. 81. kumal <md) als
Sielobe fanb er ffiiberftmtc^ tn bem mönd&iföen Äreife, ber Her SBeUftmt Vermutete,
toie eine ganj glaubtoürbige Slnefbote belegt c. 27 ff. ©einem Sluljm als 2Mobe Der«
s banlte er, bafj fein $atriard&, n>te ber ßiog fagt, auf befonbere ©ngebung beS ®eifteS,
c. 34, ifyn naety 3erufalem berief, um tyn jum SPreSbtyter bei ber bortigen Äirc&e )u machen.
% lehrte jeboc$ in bie Saura beS ©aba jurüdf unb ift auc$ ofyne 3toe*fel b°*t geftorben.
9?id&t otyne ^ntereffe ift bie 9loti$ ßiog c. 36, bafe 3. gegen Snbe feine« £eben$ ferne Süd&er
einer biioxeyng unterworfen fyabe, imxoojuwv unb imdioa&ovjuevog ngog äxgißetav
10 xal M£iv xal vovv. @S fefylt in ber Überlieferung feiner SÖerfe nic$t an ©puren, bie
eS betätigen, bafc er fic$ nid^t an einer einmaligen Bearbeitung genügen liefe. — 3m
12. ^afyrfyunbert jeigte man noefy baS ©rab beS $. w ^er fiaura beS ©aba, im 14. foH
fein Öeic^nam naq flonftantinopel transferiert fein. 3- totrb *>on ber gried&iföen unb
römifd&en .Hird^e gleid&ertoeife als ^eiliger geehrt; jene feiert fem ®ebäc&tniS am 4. 2)ej.
iö(aud& am 29. 5lot>.?), biefe am 6. 9)tai (*>gl. Acta Sanct. Maj. tom. II). 2$eoj>baneS
bezeugt fc$on im Igafyre 813 feinen Seinamen Xgvooggdag, ber ®olbftrömenbe, ®olb*
rebenbe.
2. ©Triften für bie Silber. Um bie Sebeutung, bie 3- in f^ner Ämfce er*
langt fyat, barjutfyun unb fcerftänblicfy ju machen, fd&eint mir baS Stetige, toon feinen
20 Xoyoi &noXoyr\xixo\ ngog xovg diaßdXXovxag xäg äyiag elxövag au$)uge$en. ©te
finb toatyrfctyeinltcfy feine älteften ©d&riften; jebcnfaHS ftnb fte eS, bie tym juerft ein An*
fefyen unb fogleic^ ein fyofyeS fctyufcn. Stuf ben Silberftreit im allgemeinen ift ^ter ni$t
eimuge^en. Sgl. ben ä. fcon Sontoetfcfc in 33b III, ©.221 ff., ferner ©dfrtoarjlofc, $er
Silberftreit, ein Äantyf ber grieefy. Äird&e um tyre ©igenart unb ibre tjretyeit, 1890;
26 Rattenbufö, Serglei^enbe ÄonfefftonSfunbe I, 1892, ©.456 ff. 3)er 2Bert jener ©Triften
toar um fo größer, als fte ben grunblegenben SJtofenafymen Jtaifer SeoS III. auf bem
gufee gefolgt ju fein föetnen. 3unäd&ft nur eine; aber fd&on fte, SDtögne XCIV 1232 ff.,
enthält ade toefentlicfyen ©ebanfen, bie $. überhaupt bejtiglic^ ber Silber gehegt $at, fte
ift fc^on rec^t fcoHftänbig, gelehrt unb gefd^idtt, unb fd&uf ben Silberfreunben fil^balb einen
80 guten litterarifd&en SRüdt^alt. fieo fyatte auf feiner ©eite niemanb, ber bem £ama$gener
getoac^fen toar, biefer aber toar feiner SDlafy entrttdft. 3)afe er ben ®egner ni<$t germg
tarierte, brüdtt [\$ u.a. in ber (Srjäfylung bon feinem Serfucfce, ben §• ^^m Äaltfen,
feinem SanbeS^enn, als .§od^t>erräter berböc^tig }u machen, aus. S)aS detail totrb ja
auSgefd^müctt fein, ganj erfunben fc^etnt eS ri\d)t ju fein, toaS ber ßiog, c. 15 f., barüber
35 mitteilt. SDte ©d;rtft {Riegelt bie (Smpfinbung tyreä 9lutorS, einer ^flic^t ju getyon^en,
baS giebt xtyx innere Sraft. ©etoig, fo beginnt ^., fönnte i^n OaS Semufetfein feiner
ävagidxrjg beranlaffen, niemals öffentlich ju reben. 2lber ndvza nalä- h xaigcß
avreov. Unb eS ift toafyrlic^ bie rechte 3^it, [\$ &um SBorte ju melben, tomn man fteljt,
in toeld^e ©efal?r bie Ätrcfye geftünt toirb. ©ie ftefyt im Segriff gefj>alten )u toerbett,
40 toä^renb boc^ ber ungeteilte SKodf ß^rifti i^r Sorbilb ift. Unb ij xtjg hcxlrjoiag äva>&er
xexQarrjxvta nagädootg foH preisgegeben toerben. 3Da ^ei^t eS: totnn bu baS ©c^toert
fommen fte^ft unb mad^ft beinen Sruber nid^t aufmertfam barauf, fo toerbe ic^ baSSlut
beSfelben bon bir forbern. ^)eS^aIb, bon fernerer älngft bebrüat, tomme ic^ ba)u ju
reben, ov ßaoikiwv vipog jiqo xfjg äkrjüeiag n&eig. (SS ift bemertenStoert, toie ma^*
45 boH in aller Sefttmmtfyeit, ja ©d^ärfe, 3. bod& fic^ im äuSbrudt ^ier unb überall $alt
9Ktt SRcd^t tyat ©d^toar^lofe auf bie „Sorne^m^eit" tyingetoiefen, bie t^n als ^Jolemiler
d&arafterifierc. ®S ift ein sJJiann beS guten 2onS, toenn man toiH beS §ofd, ber Ker
rebet. Slber einOTann toon unbeugfamer ©nergie unb fefteftem firdbli^em Setoufitf ein. 5Die
©4>rift toenbet f\d) an baS Solt bon Konftanttnopel unb feinen Patriarchen (®ermanuS),
60 c. 3. 3. tüiH nid^t glänjen, nic^t „ftegen", er toiH nur tw äkrj&etq. jioXepovfxby %uQa
ögegai. ©ogleid^ tritt er bem ^öd^ften Sortourf ber ^fonotlaften entgegen unb fteflt
feine eigene $ofttion als eine d^riftlic^ forrefte ftc^er, c. 4. @r befennt au3brücHt$ : i(^
glaube an Sinen ©Ott, äxaidkrjTtTov, &o(bfiaxovi ä6gaTovt &7ieQiyQamovt äoxrjfidxtcioyf
unb ov jiQooxwco rfj xrioei, &XXä nqooxvvib rdv xriornv, aber, fügt er alSbalb ^m»
66 ju, id^ glaube an tyn als einen, ber $ur xxiotg ^eruntergeftiegen ift. ©0 „bereite" t^
(nQooxwd)) nur ©ott, aber mit bem ßaodevg and) feine äXovgyig (feinen Purpur),
freiließ nid^t als „©etoanb", boHenbS nic^t (hg xexagxov TiQdoamov, aber als Sjutöeor
rgyiiaxhaoav. 2)enn ber „Sßurpur" ift baS gleifd^ beS ©o^neS ®otte« unb er ^at
ieil an ber 2lrt beS ©o^ncS felbft. ©0 ift ber unfid&tbare ®ott felbft in bem fleifc^
60 getoorbenen üogoS „ftd^tbar". 9llfo ov xtjv Aooaxov elxovlCco te&trpa, all* dxo-
äfotjanne* tion $auia£tit$ 289
n£a> &eov ttjv öga&eioav odgxa. 2Ba$ foHte baran unerlaubt unb unc^riftlicfy fein V
$ad tnofaif$e Verbot fpri$t nid^t bagegen, benn e$ jielt nur auf ©Ott an ft$ unb e$
teill ber Anbetung ber Äreatur unter bem Flamen ©otteä entgegentreten, e$ $at feinen
Semg auf bie toatyre eixd>v ©otteä, bie Wir Gfyriften fennen. 3- fommt auf bie prtn=
Riefle Sebeutung überhaupt ber elxoveg. (Sin Silb ift 6/utoia)jua xaQaXTVQ^0V T0 5
TZQayz&nmov, Welc$e$ freiließ eine diaepogd behält unb nicfyt xaxd ndvxa öjlloiovtcu
«ßoe tö dgxerimoy. jjn geWiffem Sinn jjnb fclbft ©efcfyöpfe Silber ber ©ottfyeit, Wie
toir j. 33. vWXi, bie $L IriaS Werbe abgebilbet in ©onne, fiie^t unb ©trafyl ober in
Saftanb, SBort unb ©eift in un$ *c. 60 barf \d) allerlei vkrj „bereiten". 2)oc$ frei*
lk§ mit Vorbehalten. @S giebt einen Untertrieb innerhalb ber jzgooxvvrjoig, c. 14. 35ie 10
xgooxvvnoig ift ein oifjLßoXov ber Unterwerfung unb ßtyrung. ©ie f)at mancherlei
Jorm. 3)ie \jMft* ift bie kaxgeia, bie lebiglidfc ©ott felbft gebührt. Überall fonft fyanbelt
tf fi<$ für ben Sänften bei ber ngooxvvr\oig nur um ein aißetv. Sollte e$ nidjt natura
gemäfc fein, bafj ic$ in biefer 3Crt aHe$ fcerefyre, mit Gfyrerbietung umgebe, toaä mit
meinem £etl nifammen^ängt, ba$ Äreuj, ba3 6bangelicnbuc$, ben 9lltar k. ? 3a efye* 15
bem, e$e er iDtenfö Warb, War ©Ott, 6 docbjuaTog xe xal dovrj/bidxioxog, überhaupt
nic^t burc$ 3Kenfc$enfyanb barfteHbar, vvv de aagxl dcp&ivxog veov xal xolg dv&ga)-
notg owavaoxQa<p£vxog elxovita) $eov xo ögcbpevov. SÖieberfyolt berftd&ert 3., c. 16,
ov TiQOoxwcb tw vkfl, Jtgooxvvco dk x6v xrjg vkrjg drjjbuovgybv, xbv ... <V vkrjg xbv
nQiav juov eqyaodfievov. @r fügt fyinju : xal oißa>v ov navoofiai xrjv vXrjv, oi9 20
ocjüvqgia /jlov etgyaaxai. 3)a$ G^arafteriftifc^e an bem ©afce ift, bafj für 3- ber
bon ber ^iftoriföen unb ber abgebilbeten odgg beä SogoS untüiUfürlic^ ju=
fammenfliefct. @r fagt eS nic$t unb meint e$ and) bogmatifö nid&t, ba& burety bie
vi*} b& Sitbeö fj owjrjQia fiov elgyaoxai ober lgyd£exai, unb boefy ift ba3 bie Sm*
tfmbung, bie im £intergrunbe fte^t. 35a« 33ilb fällt tym in ber ^^tuition mit unter 26
bie „ßcttemittel". 35a3 93ilb unb ber ©ottmenfe^ rüdfen fo na^e jufammen, bafe }>raf=
ttfc^ umm ein Unterfd^ieb gemacht tt>irb. @« ift immerhin ^erborgu^eben, ba^ 3* ber
Jbcntifbierung ber betberiet vXrj in ber älnfc^auung noc^ nic^t nachgegangen ^at. 3lu$
bog (^nftologtfcbe Sogma ^at er nur erft in ber allgemeinsten 2Bcife, ba^ Sl^rifti %k\\d) boc$
xa&* hraioiv Zeil an ber ©ottyeit fyabt, berangejogen. @r fretulierte noc^ nic^t über bad so
SRafe ber Übereinftimmung jtoifc^en bem 93ilbe be« ^errn unb feiner ^erfon felbft. Unb
er ^at bie ©egner ber Silberöere^rung noc^ nid^t $u c^riftologifc^en ^äretifern m ftem)>eln
unternommen. 6r ift, toenn ic^ reetyt fe^e, nie Weitergegangen ate in bem erften loyog.
& toar bad frätere ©tabium be^ ©treitö, ba« ber ©^nobe bon 754, fco bie Silber-
feinbe borab biefen %on angegeben ^aben, unb ber bon 787, too bie Silberfreunbc ju 86
Sorte famen, toor allem ba« ©tabium, in bem I^eobor bon ©tubion bie t^eologifdpe
gü^rung tytitt, too bie eigentlich bogmatifc^en Ireffer au^gefpielt Würben. 33ei ,3. ift alle«
tux$ einfacher, fc^li^ter, lebtglid^ prafttfd). tym genügt e«, nad^bem er, Wie er meint,
beutiiebe ©renken wiber etWatge neue ^bololatrtc gebogen I)at, nun mit allen Argumenten,
bie fup i^m nur barbieten, ba£ gute Stecht ber ngooxvvr\oig bor ben Silbern barjutyun. 40
(U ift ^Rani^äidmu«, Wenn man bie vh\, bie bon ©ott ftammt, au$ nur irgenbWo
toerai^tet, c. 16. ®ur$ bie c^riftlic^en elxoveg Wirb bie ngiüxrj alo&rjoecov, ber ©efi$t&
fwHf fl^iliflt c. 17. 3ebeS Silb ift ein vnöjuvrjjbia, xal ÖJteg röig ygdßjuaoi juejuvr]-
ftirois ij ßlßXog, xovxo xal xolg dygafifxdxotg fj cixcbv, ib. SDiefer nidjt bon i^m juerft
au^gefproc^ene, fpater bollenb« fanontfterte ©ebanfen leitet i^n längeren, ©c^on in 15
3*cac( fannte man folc^e „©rinnerungen" bur^ „Steine" k., nwg ovv fj/uig ovx eixo-
voygcupfioofiev xd oajrrjgia jidfh) xal davfiaxa Xgioxov xov &eov; c. 18. Dfync
toettCKtf tenft er, bafc, Wenn Silber ß^rifti berechtigt ftnb, natürlich aud^ folc^e ber deo-
xoxogju bulben fmb. Slber er Will auefy al^balb bie ber äyioi rechtfertigen. Man fann
nk^t ß^riftu« e^ren, aber ben ©einigen bie S^re Vorenthalten Wollen. Reiften bie §ci= 5;
Com bo$ auc^ in ber ^l. ©c^rift öeoi, unb befennt ftcb ber fyl. ©eift bo^ mit feinen
Bunbern immerfort ju i^nen bei i^ren ©räbern, c. 19 ff. .ßulefct, c. 27 ff., bringt 3.
SdterWorte mit ©rflärungen, um baran ju geigen, Welc^ ein 2lbfatt toon ber Irabition e«
toäre, Wenn man bie Silber Wirtli$ abföaffte. 92od^ Will er ba« Slnatbcma wiber bie,
toefa^e ein „anbered (Sbangelium" einzuführen ftreben, jurüdt^alten, ba er noefy auf eine 65
bumQoqm berfelben ^offt, aber Wenn er fic$ irren foüte, fo mu& eö berfünbet Werben. —
über bie £ebendftedung bed 3- erfährt man au^ ber ©d^rift n\d)t$. SBar er, ali er
fie fc^rteb, nod^ im ftaatli$en 9lmt, fo ift fie ein um fo intereffanterer Seleg für fein
tyeologtfcfcS Äönnen unb äBiffen. @d ^at in ber grie$if$en R'\xd)t nic^t an „Staate
«untern" t»n biefer Art gefehlt. £oll (Fragmente toomic. Äird^entoäter, Sorr. ©. XV, eo
ntal*u*tt*pä*it fflr Xfftoloqit unb IHr^c. 3. V. IX. X9
290 3fol)atttte$ oon 2>ama$f*$
f. fycma<$ unter 3lx. 4) fyält e$ na<$ einer fur$ingetoorfenen Semerfung für ganj un-
glaublich, bafj 3- f$°n b°n 3)anta$fu$ au$, „no<$ als &xie!", in ben Silberftrett einge*
griffen fyabz. 34 *am &a nu$t juftimmen.
£)ie jtoeite ©d&rift, SRigne ©. 1284 ff., fefct bie Situation fcon 730, too 2eo ben
& Patriarchen ©ermanuä abgefegt fyatte, toorauä, m c. 12. gür bie SebenSumftänbe be$ 3-
bietet fte fo toenig tüte bie erfte, irgenb toeld&en SÄntyalt. 3>n ber ©acbe bringt fte ni$t$
toefentlicty 9teue3. 3. ift bon revic tcör rixvcov xrjg IxxXrjGlag gebeten toorben, nodfr
einmal ra^i elxovcov m föreiben, ba ber erfte X6yog für bie SJlenge ni<£t ganj ber*
ftänbli$ getoefen fei. tiefer jtoeite ift in ber %fyat in getoiffer SBeife populärer, agita*
10 torifd&er. ©r reflamiert, h>ie auefy ber erfte, boefy heftiger, bie gfretyeit bei Ährc$e t>on ber
Staatsgewalt : ov ßaaiXicov lorl vojuofteteiv rfj ixxkrjola . . . ßaodiayv iatlv ij nok-
rtxrj €V7iqa^iaf r\ de ixxXrjotaorixr] xardtnaotg noifiivwv xal SidaoxdXcov ' Äflorgi-
xij fyodög loriv avrrj, ädelcpoi, c. 12. 3U ©tynfto gehört fein „#eer", bie 6<$ar ber
äyioi. 35er fiaifer möge erft einmal feinen $urpur unb fein ®iabem ablegen, e£e er cd
16 toagt, ben ^eiligen ba$ oißag bor^uent^alten, c.15. 35iefer jtoeite Xdyog ift ber „perfön*
licfyfte". 2)er britte tyat umgelegten Gfyarafter, er ift ber „fac^lic^fte", am meiften ab*
banblungSmäjjige. ©r ift unpolitijd? unb rein t^eologifö. 3m ßt°€ <*■ 83 ift bafcon bie
$Rebe, bafj 3- *n *>** Saura noc$ einmal negl xfjg t&v ddaiv ebtdrwv 7iegi<pavovg
TiQooxwrjoecog getrieben fyabc. Db man benfen barf, bafe bie britte ©cfcrift, fte aEein,
20 bon 3- äw 3Rönc$ fcerfafjt tourbe ? 35er ßlog fetyemt anjubeuten, bafc ber „abermafige"
koyog in betreff ber Silber erft jiemlicty fpät berfafjt fei 35ie britte äbfanMung felbft
enthält nic^t«, toaS eine ©ntföetbung geftattete. 35ie Überfc^rift bqei^net fte, ganj tote
e$ bei ber erften unb feiten ber gaH ift, atö 2Berf tov äylov 'lwdwov tov Acl/a., fo
fyat \xd) natürlich 3- ntd^t felbft begegnet, (toir fyaben einzelne Überfc^riften, m benen er
26 fu^ felbft bejeid^net, fte finb immer tooü ,,35emut//). @$toar)lofe M g^eigt, ba| fte jum
^eil, befonberS im Anfang, au$ ben anbern beiben fompiliert ift. @te fjat ioify <md)
eigentümliches. 3.n, 0. 12 bringt fte eine befonberS feine ©rörterung über ben 9Bert be«
„Sc^auenS" Sfyrifti im 53ilbe: ^ecogovyieg rdv oajfiartxöv xaQaxrVQa o.vxöv, Iwo-
ovfiev (bg övvaxov xal rtjv do£av rfjg deoTrjxog avrov . . . tUotieq öiä I6ywv
80 aioflrjTcbv äxovofiev tbol aa)jLUXTixoigt xal voov/Liev rä Ttvevfianxä, ovra) diä aa>-
/uarixfjg üecogiag iQx6jxe&a hü rrjv TzvrvjLUinxrjv &€Ojgiav. ^aben bie erfte unb &e*
fonberS bie jtoeite (c. 16) betont, ba^ e$ nagadooeig äygaqrn in ber Äirctye gebe, bie
fo gut toie bie burc^ ygä/ujuara feierten auf bie avromai xal ineghai tov Xöyov
jurücf gingen, fo fud^t bie britte bod) einen inbtreften ©c^riftbetoeid ju erbringen, c 11;
86 e3 !ommt nic^t barauf an, baft ettoaS verbotenus in ber Sibel fte^t, man fönnte ja fonft
auc^ bie äu^brücfe rgidg, öjuoovoiog etc. nic^t feft^alten, e« fommt barauf an, ob ettoaS
im ©eifte ber ©Triften ift. SSon c. 14 an öerfä^rt ber 2SerfafJer f^ftetnattfc^. 6r be»
fyanbelt f^ier in prinzipieller gragftettung, toaS eine elxcbv fei, toeld^en Qtotd fte ^abe,
U>ie biele 2lrten cö gebe k., beögl. (c. 27 ff.) toaS ngoaxivrioig fet, toelc^e tqötkh fte
40 ^abe, toaä bie ©d^rift bon i^r leljre. SSJie bie beiben erften, enbet auc^ bie britte mit
&äterfteUen, bie meift burc^ ein oxäktov erflärt toerben. Sin ber @$t$ett bed brttten
Myog ju jtoeifeln, ift feinerlei SSeranlaffung. 3Katcrieff pafct äße« }u 3. Sber aud? bie
gorm mac^t nic^t ben ßinbruef, afö ob man ettoa einen „©c^üler" ^öre. Semerten^toert
ift, bafe aud^ biefc ©c^rift noefy nic^t ben ®ebanfen öertritt, baji bie Silbertoertoerfung ate
46 c^riftologifcfye §ärefte gelten muffe. ^ fyabe in ber Jf onfeffion^Iunbe ©. 472 ff. totber
©c^toar^lofe bat)or getoarnt, bie inneren Se^ie^ungen gtoifc^en bem grie$if$en S^rifhtd*
bogma unb ber 93ilberüerebrung ya übertreiben, ^mmer^in ftnb folc^e Sejie^ungen, toie
id^ föon berührte, nac^ ber ßett be$ 3. im Äampfe mit #eftigfeit be^uptet toorben. 8bi
biefem ©efictytäpunft geineffen erfd^etnt aud^ ber britte loyog fo gut tote fic&er ald e^t.
so 6^ fei no$ bie^ ertoabnt. ^n allen brei Xoyoi erlernt bie 9teliqutenbere$runq ald im«
angetaftet. 3- argumentiert barauS gelegentltc^. ©r erflärt e$ für ungereimt, jene Ser»
etyrung freuulaffen unb bie ber Silber $u »erbieten unb ju beftrafen. 9cur im erftet Sta*
bium be$ ©treit« ftanb eö fo.
©3 gelten unter bem Wamm be3 3)ama^ener3 freiließ auc^ ©driften über bie Silber,
66 bie il?m fidler nic^t gehören. ©0 ein Xoyog äjiodeixrixdg negl x&v slxdvcor, M80
XCV, 309 ff., ber fi<$ toiber ben 9la(^f olger Veo$ III., Äaif er Äonftantin Stoprontymo« ober
Äabalinoö (741—775) toenbet unb naefy bem Äomil öon 754, au$ nad^ bem t>on 766
(bod& üor 775, ba Äopr. no$ lebt) abgefaßt ift. ©etyon i'eDuien erlannte btellne^eit
©. aud& fangen, ©. 187 ff. unb ©c^toarjlofe ©. 107 ff.; ferner bie „huatoXh ngog
00 rov ßaoiUa Oeo<pdov negl rwv äyiwv etc. eixovajv", MSQ XCVr 345 ff. I$eo«
3fol)atttte$ tion $ama8faS 291
#Uu3 regierte 829—842. 9ßan fann na<fy bem 3nbalt nid^t atoeifeln, bafj bic äbreffe
tfy tjt, unb cd ift aucfy nic&t fötoer, toie fctyon GombeftS erfannt fyat, biefe biioroXr] in
bie befanntc ©efcgitye beS $fy. ein$uorbnen. Sgl. übrigen« and) ©cbtoarjlofe ©. 109 ff.
©obarat no<$ baS bon SKignc in 8b XCVI, 1348 ff. mitgeteilte, £e Duien nocfy nid^t
befannte ©<$riftc$cn. @S interefjtert burcfy feine 2lrt baS ©tymbol ju fruftiftgieren (and) s
in ber ©c&rift gegen Äonft. Äab. ft>ielt baSfelbe übrigen« eine Solle). 2Ran toirb eS nod&
bem 8. pa^unbttt junitoeifen, aber bocfy fidler bem 2)amaSjcner abjuforec^en fyabcn,
6$toanbfe ©. Ulf. SJtigne mactyt barauf aufmerffam, bafj ein Äobej bie ©d^rift einem
„$<>&., ?ßatriar$ bon ^erufalem" jufäreibe.
3. 3)ogmatifc$eS ^aupttoerf. 3. ift befannt als ber eigentliche 2Rufterbog* 10
matifer ber grie$ifd)en Äircfc ©ein (Sinflufi ift auc$ für baS Slbenblanb nid&t ju unter*
ft&feen. SßetruS SombarbuS fyxt feine ©ammelmettyobe nad&geatymt, Stomas t)at tyn
beregrt unb benu$t; bgl. baju Sangen, ©. 9 ff. Stber eben 2Ränner toie biefe fyabm tyn
für baS Slbenblanb überreichlich erfefct. ^Dagegen im 2Rorgenlanb ift er nie überholt unb
ba$er nie Derbrangt toorben. @r ift nicfyt ber erfte getoefen, ber bort bie bogmatifcfyen 16
2cbren, bie ber §ärefic unb bie ber Äirdfo in einem überfic^tlicfycn ©efamttoerf bereinigt
fyd, an 3$eoboret tyatte er föon ein SSorbilb (f. befjen Algerixfjg xaxojbiv&iag bivzoiir),
opp. ed. ©c^uljc IV, 280 ff., bcfonberS baS lefcte, 5. 33uc$, öehov doyjudrcov Inixoim).
Aber er toar toenigftenS im Sßofttibcn bottftänbiger als biefer, unb er ftefyt am (Snbe
ber lebenbtgen, bireft bogmenfefcaffenben SPeriobe ber alten Äircfye. ©0 lonnte fein grofeeS 20
SBerf, bie Ttnyri yvcooewg, baS Sefyrbucfy ber gangen 5°löeäeü toerben. 2Ber baS SBerf
bunfoetyt, ertennt, bajj 3- burcfyauS ber ec^te SRepräfentant feiner 3eit ur* *& ftrcbltcfyen
S^riftentumS btyjanttnifd&er 2lrt ift. 35ie ©djriften über bie Silber betoeifen baS ja and).
Ibcr in ber 7tr\y!\ ftept man eben, bafc 3- ic§ möchte fagen leine „Jc^toad&e ©eite" fyat.
Cr ift ebenfo fromm toie toiffmfc£aftli<$, ebenfo autoritätsgläubig tote gelehrt unb fc&arf- 25
ftimtg, er läfjt alle fefifte^enben ©ebanfen, ba« ganje 2)ogma, einfach gdten unb toeifj e«
bo<^ in bearbeiten, in feiner SBBeife geiftig ju burd^lcuc^ten. @r ift ganj in ber redeten
fKfc^una bed 8%antin^muö ^colog unb *(tyilofo^. i)ie b^jantinif^e Aird^e ftcfyt an
feinem SJerf mit ©toi), h>ie reid^ unb funftk)ott ifyr ^)ogma ift. 3- W d^abe bie $ö^c
be« guten $ur$f$nitt$. 6r fte^t nirgenb« unter bem 92toeau bleiben, aber er überragt 30
tf auc^ nii^t 6r fyat feine eigenen ^been. ©0 ift er nie ber Äircfye gefäfyrlid; ober
<md) nur befötoerlicfc getoorben. %&ct ©rieche ^at bei ifym tttvaZ ju lernen bermoetyt,
unb er ifl niemanbem ein SSerfud^er getoorben. @r ift red^t eigentlich ein 2ty>u3. 3öer
He ©efc^tc^te ber altttr$li$en Sej^renttoicflung lennt, erfährt faft nichts 92eueS. 9(ber and)
fr begrübt gern fein SBcrf tote einen 9tu^unft ober eine Slrt 2Iu3ftd)t3turm, auf bem 35
man bad burc^toanberte Sanb überfd^auen unb }um ©d^lu^ einen Stotaleinbrucf bon bem,
toa£ bie alte grie^ijc^e Strebe erreicht ^at, toaS ü)x @rbe ift, getoinnen fann. s$lan fielet
ba in ber ©aqe nic^t eben @r^ebenbe£. 9ln bem 5Dogma ift aHe3 gum ^ß^Iegma ge*
toorben. 3- ^^ n^ ^ Wann, um e$ innerlich ju erfaffen, auä feinen eigentlichen
Woth>en )u reprobujieren. SBBäre er eS getoefen, fo fyätte er feine 3eit überragt, fo fyätte 40
er ben Änftafj ju neuen Setoegungen bieten fönnen, ober er toäre toafyrföeinltc^ bei feite
gebrangt unb längft öerfd^oUen. 25enn bag ift ba« ,,(5rbe" ber alten griec^if^en Äird^e,
bafe baö 2)ogma m einem bloßen Segriff^gebilbe ^eiliger 9lrt, bon äntgmatifd^em, al«
übernatürlich empfunbenem ©epräge getoorben toar. 92atürli^ fyat e£ ber b^^antinifd^en
Äird^e nie an praftif$en ^ntereffen gefehlt. Wind) tauten bei %., toie bei ben meiften 46
feiner (Spigonen, gelegentlich SBenbungen auf, bie bie alte praftifcfye SBur^el ber ort^obo^en
C^rifblogie betraten. 9(ber auc^ folc^e SBenbungen ftnb für 3- ^iligc Formeln, Don
ttßeitb einem ber nateQsg übernommen, ofyne eigentliches S3etou|tfein um tyre Xrag«
toeüc 3)ie praftifc^e grömmigfeit als fold^e erfennt man bei 3. nid^t me^r im Sogma,
fonbern baneben — toenn man geübte 2lugen fyal so
3. fyd fein SBerl (f. baSfelbe MSG XCIV, 521 ff.) toerfafet, toie fty aus ber 3Jor5
tebe ergtebt, auf antrieb feines SruberS ÄoSmaS, ben er bod^ fyier mit ber ß^rerbietung
beS tßrcdtytetö bor bem S3ifc^of als ncm'w begrübt unb & juaxdoif anrebet. 2)ie S)e»
btfatton ift infofern nic$t o^ne 93elang, als fte bic d&ronologifd&e gfisieruna beS SBerfeS
geftattet, falls eS richtig ift ^Jarbenbetoer ©. 528), bafe ÄoSmaS 743 »ifd^of tourbc. 2)er 66
ßiog rebet c. 33 fretli^ bon bem SBerf (borauSgefc^t baf$ toirflieb eS in ber umfd^reiben*
ben lobtrretfenben ©c^ilberung gemeint ift) toie bon einem, baS gefd^rieben, efyc ftoSmaS
bie 8aura berliefj unb Sifc^of tourbe (c. 34). aber man fyat nid^t ben ßinbrudf, ba^
bie Serrebe erß ettoa bei ber jtoeiten Bearbeitung borgefe^t fei. 3- fa0t *n ^er SSonebe
fdbft, toie er baS 5öerf beranlagt ^abe. 3uerf* tt)ia cr T(7)V naQ rJULijai oaxpcov xd oo
19*
292 3foIjatiite$ tooit Domo*!«*
xdXhoxa beibringen, ber 93iene gleid^ toiff er fammeln, toaS immer bort ju ben obtela
xfjg äXrj&elag gehört, „xal nag' ly&gcov ocoxrjglav xagniboofia^ '. Die 93e)eic$mmg
ber fyeuenifd&en *Jtyilofopfyen (gebaut ift, hrie ftc§ ergiebt, befonberS an ÄriftoteleS) ate
IzfiQot, trofcbem er fte f o retd)lid) benufct, ift ate ©timmungääujjerung nic^t o^ne ^ntmffe.
6 3>n Reiter Smie toitt $. xcbv öeooxvycov aigioecov xä <ph\va<prmaxa barftetfen. Dann
erft toill er mit ben SBorten xä>v deonvevoxcov ngwprjxcbv xal &eodidaxxa>v äXiewr
xal &eo<p6ga)v Jioifiivayv xe xal didaoxdXcov, alfo mit 93ibet unb SBäterfprüc$en, bie
2öa^rfyeit fclbft barftetten. 9tur fammeln hriH er ba, lyd> de, 1/aov ukv, ovdhv (&-
{tfioopai). Da$ ift nic^t fo gemeint, ate ob er nur@gerpte jufammenftetten tootte, aber
10 er ftriU bod) nur ber 2Runb für bie Autoritäten ber Sirene fein. @$ überwiegt bei tym
bei toeitem bie Serütfftd^tigung ber „#irten unb Setyrer", barin untertreibet er fic$ bon
feinem (nietyt genannten) SBorbilbe 3;fyeoboret, ber noefc „felbftftänbig" unb faft nur na$
ben „©driften" bie öeia ööyjuaxa barftellt.
2Öie e$ ben Angaben be£ 3- entfpric^t, enthält ba$ 903er! borab xepdXaia <pdo-
16 ooyixä, bei & Duien 68 ßapitel (e$ giebt no<$ eine fürjere Stebaftion, bie nur 15 tyü,
aber icfy bejtoeifle, ba& fte bie „erfte" ftorm biefed $eite, fotoeit er jur nryyri gehört, re*
präfentiert). SDiefer SEeil ift eine £ienuic$ umfangreiche Dialef tif ; man pflegt tyn au$ ate
„Dial." ju jitieren. Der 2. $eil befyanbelt bie #ärefien h ovvxofüq. 3- fd&reibt für bie
ältere $eit (bie erften 80 §ärejten) bie 2lnafep$alaeofte be3 @)>ipfyaniu3 ab, toenbet fic$ bann
20 ju mehreren Späteren (^eoboret u. a.) unb mad^t julefct einige felbftftänbige ^Mitteilungen
(befonberS über ben SRufyammebantemuS — eine ätojaljl SobiceS bietet nur 100#arefien,
ben 2Rufyammebantemu$ ate lefcte, anbete bieten einige toeitere, bie toofyl fpätere 3ufäjf*
be$ 3- felfeft finb). Der 3. Seil ift betitelt : ixdooig xfjg dg&od6£ov nioxewg. Sr umfaft
bei 2e Duien 100 Äapitel (bie parallele jum 2. Steil ift unberfennbar). Die Äapttd*
36 einteilung gefyt toofyl auf 3- fclbft jurüdf. 9ti$t fo bie Einteilung be3 3. leite in bter
Sucher. Diefe ift erft im SSlbenblanb aufgefommen unb ft>a^rf$einli$ eine 9?ac^bilbung
ber Sententiarum libri IV be^ $etru^ Sombarbuö (Sarben^etDer 6. 542). 2e Duien
bietet borab burc^gejä^lt ben niva£ ber 100 Äapitel, toie e3 ben gried^ifd^en $anbf4n»ften
entfprid^t (SKigne ©. 783 ff.), bann aber bie „bier 93ü(^er" mit Sonberjä^lung ber „Äa*
ao pitel" in ben einzelnen ; bod^ fü^rt er bei ben Kapiteln bie eckten Überschriften fort.
£e Duien i)at juerft toieber ba^ ganje SBerl mit benjenigen brei teilen, bie 3- tyw 8^
geben, jum Drucf gebraut. 6^ n>ar bei ben grie$iföen SlbWreibem üblic^ getoorben,
nur ben 1. unb ben 3. jufammen ju trabieren. Der 2., fad?li$ in ber <3%at minbeft
bebeutfame, n>urbe feltener unb für ftcfy fopiert. l'e Duien teilt in ber praefatio )um
30 2. Seil biefen ©actyfcerfyalt mit, aud^ bie Rechtfertigung, bie ein griectyifc&er abtreibet
(offenbar ber ma&gebenbfte) bafür biete. 2Ba^ bie bier Sucher be« 3. leite betrifft, fo
^anbelt ba« erfte oon ber ©ottf^eit (Irinität), ba$ jtoeite bon ber Schöpfung ($immel
unb ®rbe, (gngel, Teufel, SKenfd^en, aßillen^frei^eit, SSorfe^ung), ba« brüte, bei toeitem
ausführliche bon ber 5ßerfon ßl^rifti, ba« bierte junäd^ft auefy noc^ bon ibr, bann aber
40 bon ben -Ötyfterien, Silbern 2c., julefct bom äntic^riften unb ber Sfoferftefyung. Dem
ganjen SBerf ^at 3- felbft ben 9tamen gegeben, ben man aud^ bei 2e Duien trifft, Dial.
c. 2 : Tlrjyt] yveboecog dvo/uaCioftoj.
3n ber Darfteilung ber ©ebanfen be£ Dama^enerS begegnen fic^ bie Dogmen^iftori*
fer in allem SBefentlicben. @S ift eben nic^t biel ©treit barüber möglic^. 3- Wtri&i
45 übcrftc^tlid), tnapp, burc^toeg tlar unb berftänblid^. @r nennt (eine Autoritäten feiten.
$ioT anbern benu^t er ©regor bon ^a^ianj, 33aftliu3, Dion^ftuS Äreopagita, }umal aud?
SeontiuS (ben er bod^ nur dgft. mox. III, 11 einmal nennt), ©rojjenieite r&et er ein*
fac$ in ben SBSorten feiner Duellen, boeb fügt er Erläuterungen an unb brfidft fc^on bun(|
bie Kombination ber Duellen feine äuffaffung au«. Site $b^f°t>^ W* CT &> h>ie i^
60 fefcon bemerfte, toefentlicb mit 2lriftotele«, fyier befonber« bur4 2eontiu« beftimmt & i^
ber Slriftotele« ber pbilofoptyifd&en ober f^olaftifc^en SRenaiffance be« 5. u. 6. 3dfr$unbert3,
ben er fennt, alfo mit einem ftarfen (Sinfcfylag be« 5leuplatontemu«. ^rinjipidl gilt i$m bie
$^ilofopl;ic ate yvcooig xcbv övxiov fj övxa loxi, batyer yvcboiq feiwv xe xal äv&Qamtvwr
jzQayudxcDv, aud^ jbiekhr] üavdxov, xov TzgoaiQexixov (man bebenfe, bafj bie ©rieben
66 ba« sJRön$tum ate ngoat^extxog dävaxog, freitoilliged äbfterben für bie SBelt preifen!)
xal xov (pvaixov (£e Duien bertoeift ^ier auf 5Porp^riud bqlbr SmmoniuS) ! Sie ift
bie äg%)j Tidoyjg xexvrjg xal /udvn ov oqy&Xkexai. ©ie teilt fid^ in einen „tyeoretiföen"
unb „praftifd^en" 3toe*0- 3U ^em vecogrjxixov in ityr gehört ju oberfi „xd deokoyixör",
Dial. 3. 3Son ben oxoixeia auffteigenb mufe man bo^ StyriftuS, xbv xov deov hv-
eo nooxaxov Xöyov, jum gü^rer nehmen, toenn man toirflic^ bie 3Ba$r^eit bon ©Ott finben
3foIjattitf£ taott SamaShtS 293
tmOL Ser®Ioube ift für 3- bie Königin: nginei dkxfjßaodidi äßgaig xiol vjiegrjxeio^ai.
läßcofiev roevw xovg dovXovg xfjg AXrj&eiag X6yovg, Dial. 1. %d) toeifc nicfyt, ob
3- ber etfte ift, ber auf ba« SBerfyältni« toon ©laube (Ideologie) unb SJtyilofo^ie ba«
twb tum bar §errin unb 9ßagb antoenbet, fcermute e« aber: ber ©a$, bcn ic$ foeben
aushob, ma$t bot (ginbrucf, al« ob er nun erftenmal formuliert fei. 3- berfömätyt 6
nkfrt bie Setyttfe ber $^iIofo^^ie jur §erftefiung einer „natürlichen Geologie", ©ie liefert
$m toiOIommene Setoetfe für ba« Safein ©otte« unb Slnfyalte für beffen SBefen. 2lttein
bie bdc^fle SBa^eit toon ©ott Ijat fte bo$ nic^t finben fönnen. Sefctlicfc ift für 3. bie
$$tlofo}>^ie nicfct« al« Setyrerin ber regten Terminologie. Sie letyrt bie regten a&
gemeinen begriffe f ennen. Soc$ fyaben bie |?a> wiXdoocpoi f längft nic^t überall ba« 10
ftufytige erlannt. 3$gl. j. 8. Dial. c. 30 ; negl ovolag xal (pvoecog xal fxogq>rkt äxo-
pov re xal tzqooo&jiov xal vjiooxdoecog : erft ol äyioi naxegeg fyaben ba bie forreften
öwriffdftimmunaen gefunben. ©er bie richtigen „Segriffe" nic$t fennt, fann ba« Sogma
nicpt fcerftefcn, rann e$ mit richtig reprobujieren unb totrb unfähig fein, ftd^ ber £ärefie
iu ertoe^ren. Sen STOonoplfofittemu« «Hart 3- f\d) fid. orth. III, 3 auc$ j. 33. runer* 16
fcmb barau«, bafe man awoig unb vjtöoxaaig nxd)t ju untertreiben toufjte. Sie yfo
lofoytyie ift für ^. alfo nicfct« al« blofje formale $anblangerin, bie Geologie aber nic^tö
anbere« al« eine S9egriff«bearbeitung. Sa« ift bie juriftiföe 9Ret$obe übertragen auf
ba« So^ma. 3n ber Äfirje ift überhaupt bie ©cfyolaftif ju fcerftetyen al« $inübertoirfen
ber 3und|>ruben) in bie Geologie. 20
3$ $abe in ber flonfeffton«urfunbe I, 310 ff. bie ©otte«Ie^re be« 3. in ber 9lrt
anafyftert, bafe xd) beren religiöfe$öfyenlage feftjufteHen fud&te. Sie 3^ee bon ©ott erreicht
bei $m nicfct bie Sinie ber $erfon. „2Benn freiließ and) $erfonattribute auf ©ott über*
tragen fmb, fo reicht bie 8egriff«bitbung boefy nur toeit genug, um eine $erfonifttation
ber ®otte«ibee ju geftatten. Sie Slnföauung greift nirgend entf<$eibenb fyinau« über ben 25
(Stnbnscf einer ©a<$e." 9Ran mag e« immerhin betonen, bafj bei % trog aller neuplato*
mftyen gfrrmeln boc^ fo Diel Momente bon „$erfonififation" )u Sage treten. Sa« ift
für bie 5tir$e, bie ftc$ bauernb bur^ i^n fyat über ©ott belehren laffen, nic^t untoie^tig.
8ber freiIU^f man fann feftftetten, bafe e« fraft biefeä ©otte«bcgriff« ju leiner anbern
Jbee übet eine „©emeinf^aft" mit ©ott fyat rommen lönnen, ate ber einer ^ftfcfcen so
Mbberf(^md)ung mit tym unb übrigen« berjenigen in ber öecopia, im „3lnf$auen". Sa
9aben hnr ben religio« bebeutfamften ©runb be« Silberintereffe«. Senn „dia ocoua-
xottjg decogiag lg%6ßi€da im rrjv 7ivevuaTixrjvu , f. oben )u de imag. III, 12. y$n de fid.
orth. IV, 16, h>o er ^^2 dxövcov ^anbelt, toirb fuß 3- ^ef^ ©nmbe« freiließ (toie
au^ fanfi metft) nur fe^r unöottftänbig betoufet, er variiert bie 3*** bom „vjiouvr]iuatt,M
bod) toefentli($ nur im ©ebanlen an bie äygdjujuaToi. tym felbft ift überhaupt am
9otte«begrtff ba« SBicßtigfte bie Xrinität«letyre unb an \l)x ba« berftanbe«mäfiige ©e«
föge. — 6« f<$eint mir nid^t angezeigt, an biefem Orte bie 2:rinität«le^re unb ßfyrifto*
logie be« Sama«)ener« genauer barjulegen. 3n ^zx Äürje ift ba« faum möglich unb e«
«Ät genug gute SarfteDungen berfetben. Sluc^ ift jte ja eben feine felbftftänbtge Seiftung. 40
OT *«rtpeife au^er auf bie oben bei ber Sitteratur bejeic^neten Sogmengefcfyic^ten au^
no^ auf ein latyolifcfc« Sffierf, 3of. 93ac^, Sie Sogmengefcty. be« 2RittelaIter« I, 1873,
S. 49 ff. ; u| ftnbe bie SarfteDung ^ier fogar befonber« inftruftiö, fte erläutert u. a. ben
Begriff ber ©n^oftafte ber menfcfylidjen Slatur (im £ogo«) fetyr gut. S. toeife freiließ
npq ni^t, toa« bie neueren Sogmenfyiftorifer toiffen, feit £oof« bie Geologie be« fieon» 45
tm« tnm 99)an), man fann fagen, entbeeft ^at, ba^ 3- auc^ xn Mtf« Se^re (fotoie in
ba mit t^r jufammen^ängenben öon ber ävridooig rebv Idicojudrcov) nießt felbftftänbig
mib feine« befonberen Slu^me« toürbig ift. SKan begreift, bafe burety bie ^nnel bon
ber Sntyboßaft« ber 3Ron^)^{tti«mu« la^m gelegt tourbe. Unb and), bafe in ihr bie
^nftologtföe Setoegung in ber gried^ifc^en 5tirc^e überbauet jur 9tu^e fam. 9iatürlid^ w
barf bie gormel nur in i^rem allgemeinen ßinbruef getoürbigt toerben, fte läfct ftd^ nid^t
an bem fähigen biblifc^en SKaterial ober and) nur an irgenb einer ^orfteQung bon einem
JSUxfö™'' groben, aber ba t^ut fid) für bie ©mpfinbung be« 3- unb tiber^au^t ber
Geologen feiner Äirc^e nur eine Steige bon, bafe ic^ fo fage, 6j)ielproblemen auf, bie
WicKg fortaefe^ unb abgebrochen toerben fönnen. 3^ ^en*e an ^ Swgtn, in bie bei 66
tyn bie (^riftologifc^en ©r&terungen au«münben, mgl äyvoiag xal dovXeiag, negl ngo-
xwrijfc, tuqI dediag, jugl ii}g rov xvgiov ngooevxrjg etc.
Sn bm ^agen, bie nid^t jum Sogma gehören, ^at 3-; natürlich md)t „gefe^lic^",
«ber faftifc^, hn allgemeinen ben §orhont abgefteeft, innerhalb beffen ftc^ bie flpätere grie*
We Ideologie betoegt. SR^ftagogifcpe Probleme fmb manche toeitere entftanben, al« bie eo
294 ^ofjanncS tum Saraadfud
er betyanbelt, — ja man mufc fagen, bafc er jfragen biefer Art überhaupt laum an*
gerührt fyat, er toar fein 3JlVftifer unb, toietoofyl Sidpter, fein ^oettfe^er Geolog (e$er ein
tfyeologiföer $oet) — , aber letyrtyaft*tfyeologifc$e fragen ftnb faum noc$ Leiter entftanben,
ald bie er be^anbelt ^at. Unb ba $at er meift aud) fa$li$ bie Sefymblung befinitib
5 beftimntt. ©o tttva bie Sefyre Don ber ©c^öpfung, bem ©ünbenfafl, bem freien SBitten,
ber @d$atologie k. ßtyarafteriftifcfy ift für ifyn, bafc er bie yga<pai rixfyt aDegoriftert
©eine Sefyre bon ber ©d&öpfung im 2. 93uc$e ber fid. orth. inbolbtert eine ganje Stent*
funbe, eine Sefyre bon SÖaffer, Suft unb Sfaier, ja felbft ein flompenbium ber ©eogra^ie.
©ol$e Singe gehören in ber griedfoifd&en Kirche jur fird^lid^en jzeudda, unb bad ift für
10 bie Kultur ntd?t ganj gleic^gütig getoefen. Semerft ift immer, bafe $. W*1* 2ebre
bon ber Äirc^e bietet, au$ nicfyt bon ber $ierar$ie. Ob man an einen $u$aft beiden
barf? ($l)eoboret fyat au$ nic^td Serartiged). 2Bad % im 4. 8ud&e ber fid. orth., fo*
toeit ed ni$t aud) noefy c^riftologtfcty ift, be^anbelt, betrifft nur einzelne fircfcficfce feiern
unb 93räud&e. 33ei ber Setyre bon ber laufe, bie tyn beranlafct, bon ber moxig )u reben,
15 fällt auf, bajj er bed ©tymbold nic^t gebenft. Sad Symbol foielt bei tym überhaupt
gar feine Stoue, toa3 natürlich niefct bebeutet, bafc ed tym gleiqgtlttg fei. @r beftniert
IV, 11 bie nünig ald „äjzoXvjxQay/wivrjxog ovyxax&deoig" . 8Cd an bad SBunber*
barfte unb SRätfcfyaftefte benft er babei an ben xljjuog axavgdg xov Xgimov. URan
[teile ftcfy aber m<$t bor, bafj er jefct genauer bom SBerfe Gfyrifti rebe (er ftreift ed nur,
20 inbem er SBorte bed (Stritt b. 3er. citiert, f. fonft eth>a noc$ III, 27), fonbern er fommt
nun auf bad ÄreujeöjeiAen auf ber ©tirn, bie SSeretyrung bed xipuov £vlov (sei. in 3e*
rufalem), Womit ]xd) \pm ber Übergang vermittelt ju einer furjen Erörterung über bie
Silber, Reliquien *c.
3m einzelnen ift no$ für) feiner Setyre bon ber @uc$ariftie bejto. von ben df/ia
26 xal äxQavxa xov xvqiov juvoxrjoia IV, 13 ju gebenfen. Senn $ier ift einer ba
toenigen fünfte, too er in einer lefyrbaften grage nid^t abfdblie^enb getmrlt fjot 3)ie
Slbenbma^töle^re t)at no$ eine lange ©efd^idte in ber grie$ifc$en Äirc^e gehabt. @r tyd
boef) auc^ ^ier bie $au)>tbirettU>e gegeben. 95gl. @te^, Sie Sfoenbma^föle^re ber grie^.
Äirc^e, fpejiett ben 5. Sluffafc, Sa^rbb. f. beutföe I^eoL, 9b XII, 275 ff. 8u$ meine
so Äonfeffion^f. I, 415 ff. Sie ^auptmomente bei i^m ftnb, a) bofe e« jid^ um eine boßc,
reale fieraßolrj unb fxerajioitjotg fyanbelt, b) ba^ ber euc^artftifd^c £eib, ber aud ber
93ertoanblung entfte^t, fein anberer aU ber bon ber Jungfrau SKaria geborene ift, c) bafc
bie 3}erh)anb[ung [\<fy bodjie^t nac^ ber Analogie, tote h>ir und bur^ offen bie Steife
afftmilieren, pe in unfer gleifd^ „oertoanbeln". greilic^ ift ba$ nur ein ungefähre« SJÜtid
35 ber SJerbeutlic^ung. Senn ber 5Jiroje^ in ber @u(^ariftie boDjie^t fidb faltifcp in ber Imut*
berbaren SÖeife, bafe ber ©eift, ber ben tyiftorifd&en Seib (S^rtfti fc^uf, jeftt aud bem Orot
benfelben Seib hervorbringt. %?nt Analogie ^at aber bod^ bie Sebeutung, bem Samad*
jener bie Se^auptung ald möglidb erfd^einen )u laffen, bafe ber ^immltfc^e unb euetyari*
ftifc^e Seib G^rifti numerifc^ gleich, alfo ibentifd) ftnb. 9Bad man peniefst, ift ber eine eim
40 }ige Seib S^rifti. 9Jian foKte benfen, ba^ 3* W™, ber Seib ©^riftt fomme in irgenb einer
äBeife im eud^artftif$en jur @rbe herunter. 2lber er le^nt bad befttmmt ab. 3- kfr*
nid^t bie 3:rans;fubftantiation (f. b. 21.), fonbern bie „Irandformation" bur# „Slffumtion".
@r tombiniert ©ebanfert bed ©regor bon 9l^ffa unb bed (^r^foftomud. ©tei glaubt,
niefct au^ de fid. orth., aber aud einer Semerfung in ber 3. SUberförift, bie ©^toierig^
45 feiten, bie a. a. O. übrig bleiben, begeben $u tonnen. 3$ laffc ntir baran genügen, auf
tyn (XII, 279 ff.) $ier ju öertoeifen.
gnd Slbenblanb fam bie nnyr\ yvwoeog im 12. Sa^r^unbert 6ie tourbe bamald
(in ber 3ett bed «ßatfted @ugen III.,, 1144—1153) bur^ »urgunbio tom^ifa ind Satei^
nifd^e überfe^t. Siefe „barbari|c$e" Überfe^ung ^at bem Sombarben fd^on borgelegen, fte
öo ift nod& ungebrudtt. ©benfo eine anbere bon bem Äarmeliter ?[Janetiud. 6. @$$arb bei
Ärumbad^er1, ©. 70.
4. S a c r a P a r a 1 1 e 1 a. Site ein ©egenftüdt ju ber jxt]v^ yvonjea*; fWIt [vä)
bad SBerf bar, bad unter bem litel 'legä naQdXXrjXa auftritt uno oaxS) bon §• *>erfa^
fem toitt, MSG XCV, 1 040 ff.— XCVI, 544. Sadfelbe ift erfi neuerbingd ©egenftanb
65 ernftlic^er, einbringlid^er, ^anbfcbriftlic^er unb ^iftorifc^-fritifc^er S?orf4mng getoefen. SSgL
Soofd, ©tubien über bie bem 3- b. Sam. jugefd^riebenen Sfjarauelen, 1892, bor aOem
.^oll, Sie Sacra Parallela bed g. b. Sam., in %. unb U. bon ©eb&arbt unb ^amad,
5ft§ I, 1, 1897; Fragmente bornieänifc^er ftird&enbäter aud b. Sacra parall. ib. V,2.
1899 (f. \)m befonberd bie SSorrebe, bie fic^ mit ben SRecenjionen bed erftgenonnten
60 2Berfed bon Soofd, S. ßo^n unb $. äBenblanb befaßt). S^r^arb unb Stmmba^a
Statines tion $auta3ta£ 295
tonnten, too fte bicParallela berühren, ©. 21 6 ff. begto. 600 ff., bon bem £ottfd&en Sßerf
nodj leinen ®ebrou$ machen. g$ ift fyier nic^t am *piafc, über ba$ ^Detail ber SBerfyanb*
binden gu berieten. 9Rhr fc&eint, bafe §ott in allem 935efentti^cn ftegreic^ ift, toaä jebod?
ben Serbienften minbeftenS bon Soofs feinen Slbbruc^ ttyut. 3$ *an« m^ nid^t auf
eigene ©pegialftubien berufen, um ftoüi Urteil mit Autorität gu bekräftigen. Slber §.$ 2lrgu= 5
mente $a&en m ber Hauptfrage für biefen 2lrtifel, nämlic^ bie, ob 3« fü* *>*" SSerf affer
be$ 3Berfö gelten bürfe, für mi$ ettoaS fyöcfyft ÜbergeugenbeS, nicfjt gum toenigften bie
inneren, bie ic$ am elften abfegen fann.
£a3 SBerf, toie e$ nad? £e Guten bei 3Rigne gu lefen ftefyt, fyat eine boppelte
Sorrebe, in ber fiefc ber 93erfaffer über feine abfielt in 33egug auf <Sad)t unb gorm au& 10
fyri$L 3)er erfte jigdkoyog, ber fetyr furg ift, geigt fofort, bafe eä fi$ um ein 6rbauung&
bu$ begto. ein SBerf gur drma$mma unb ftttltcfyen görberung fyanbelt. £)er 2lutor toill
eine Anleitung gur dgexrj bieten. 9cad^bem er bon ber 93ebeutung ber $ugenb b. i. ber
„Beobachtung ber göttlichen ©ebote" gebanbelt, fagt er, er tootte in feinem Sßerf na-
oakirjXovg pellen rag dgexdg xal xdg dvxitvyovg xaxlag unb gtoar fo, bafj er 8oa 16
ni(H avxcov keiexxat xfj üelq. ygacpfj xal xöig dyioig xal üeowögoig naxgdoiv
(ammele. SUfo er toill für bie (Styif äfynlicfyeS leiften, tote im 2. unb 3. &eil ber nr\yr\ für
bie Dogmatil. Sfocfc bon Sp^ilo unb 3ofe}>M toiD w „©nomen" beibringen. ®enn,
toictoo^I Hebräer, ftnb beibe boefy köyioi ävögeg, unb fte ftnb, toaä ben axondg betrifft,
gang in uberemfttmmung mit „unfern moxöxaxoi xal fxaxdgiot ävdgeg", 28aS fte 20
fogat, ift nur geeignet, ba$ gu unterftüfcen, toaä # an Xoyia xov nvevjuaxog beigebracht
toerben foD. Sluä bem jtoeiten Prolog, beffen Überfd&rtft auSbrücflicfy ben 35ama3gener
ate Autor gunäc^ft be$ SßroloaS, naefy beffen ^nfyalt aber auefy be$ SBerfö begeicfynet, ift
fcrborgufyeben, bafe bie „äntfoloaie" ber onogddrjv xeiueva dnwpMyuaxa etfyiföer
ober paränetif$er Statur in ber 9L ©c^rift unb bei ben Tätern, bie beabftc^tigt ift, in 25
mloi gebraut toerben foD unb gtoar, ötd xo $qdtcog evgioxetv rd ^tnov^ieva, in
<ri|$abetif$er Slnorbnung. 6ö fo0en aber brei Suchet ^ergeftellt toerben. 4)a^ erfte foQ
»wn ©ott ^anbeln. 35enn e« gegiemt ftd^ für Gfyriften bon i^m, ber rgtadixrj fxovdg,
immer ben Slu^gang gu nehmen. S83ir toerben natürlich toefentlid^ etyifd&e yvcbfiai über
Sott, fein SBefen, fein I^un ertoarten. 2)ad gtoeite 93uc^ fofl ^anbeln negl ovoxdoeayg so
xai xaraordoetog rwv dv&gamivwv 7igayjudz(ov. S)a^ britte be^anbelt rd jregl
&Qmjg xal xaxiag. 2Kit 33cuig auf bad gange SBerf erflärt ber S8erfaffer: övo/bia reo
Siw ovrxdy^aTi „rd Ugd". 2Ba^ in ber gtoeiten Sorrebe als 2lufgabe beS britten Sud^
fcqetcfytet totrb, ift in ber erften afö Slufgabe beö SBerf« überhaupt angegeben. Db man benfen
beif, bafe ba£ 9Bert gtoei Slu^gaben burc^ feinen Urheber felbft erfahren fyat, baft baS 86
Wtte 8u4> guerft für ftdj» allein ejiftiert fyatf 9Kan bemerfe, ba^ bie gtoeite SBorrebe ben
Etel bed 2Berte fo beftimmt, bafe bag „nagdkkrjXa", toelcfyeS ftc^ eingebürgert ^at,
Rkfc barin bortommt ; ed pafy ja auc^ nur gu ber 9lrt bed britten 93uc^S, man fann
&ni$t borfteHen, toie in ben beiben erften Supern toofyl „parallelen", begto. ©egem
: aufgehellt toerben foQten. 40
SBa« toir bei £e Duien bejto. üRigne t^atfäc^Kc^ gu lefen befommen, ift fein brei*
trißge*, fwibern ein einteilige« SBerf. gnbe« e« befafct ©toffe bon jener breifac^en 9lrt,
bte ber gtoeite $rotog in 9lu3fi$t fteKt, unb e^ paftt auc^ infofem auf bie Schreibung
in btefem Prolog, ald in ber <Xfyat ber ©toff atyfyabetifcfc angeorbnet ift, toobei freiließ
bie eingehen oxoixäa in fe^r berfc^iebenem 2Rage mit xixXoi bebaut ftnb. Um nur ein 45
«nbeutatbe* ©üb gu geben, fefee i$ einige ttberf^riften be^ erften &apitel3 ^ier^er: oxot-
|w A, xklog a : jiegl äxdiov dföxrjxog (ga^lreicfye SibelfteHen, ©ä|e au« SafiliuS,
öwgor bon 9lagiang, ß^foftomu«, ßfci^aniuä), xixL ß ': negl xov ayivxxov elvai
m #mv (»ibelftenen, »aftliu«, Srenäu«, 35ib^mu«, ^ßt?ilo) . . . xixL & : mgl dydntjg
xai (poßov teov' xal 8x1 navxdg dya&ov vTiegi^ovoiv . . . xixL f : negl dyy£~ 60
iwv . . . rfri. rf : Tiegl xfjg xov dv&gcbjiov nMoexog . . xixL te : negl ävaoxdoeiog
xai xQtoeaK xal aicoviag xoldaewg . . . xixL xd : negl Agyo}Uvtovt oxi %g}j av-
tovg imoxdooeo&ai rötg ägzovoiv . . . xtxA. xy': negl dxrjoelag xal ddv/uag . . .
wrl fa: 7ugl donaouov . . . xirL fi : negl aioxvvtjg dyaftfjg . . . xixL jua' : negl
afcxwiyc novrjgag. eigentlich nur bie beiben legten xixXoi repräfentieren „parallelen" 66
im ©irat be« erften SPrologS. 9Kan trifft im toeiteren nod^ manchmal, boc^ o^ne Stetig*
feit, folAe unmittelbar einanber folgenbe gegenfä$li$e X^emata. 9lUe« in allem geigt
Me togefte Überftc^t, baft bie urf^rünglid^c Slnlage be« 2Berfö zertrümmert ift, bafe ber«
mutfofc rwfyt nur eine 3ufammenfaffung ber brei 93üd;cr unter einheitlicher al^abetifc^er
Drtmwtg, jonbern auc^ eine ©toffrebuftion borgenommen fei. $ür oxoi%elov a ftnben eo
296 3of)attttc* tum Santa*!«*
toir im ganjen 51 rkioi. 2tm fnajtyften ift ber ©toff für o unb a>, #er treffen toir
nur je einen wAoc: negl ^e/xßofiivcov zfj dtavolq xal totg dw&alfiol; unb tuqI
ä)Q<zg xal fjßAigag ftavdxov. 2Bte §oü angiebt, enthält ba* SBen bei 2e Duien über»
fyaupt 323 ihkoi. 3Kan trifft bei Se Duien immer ober burcfctoeg eine angäbe, toofcr
6 ba$ Ajzöqtäeyjua ftammt. Stber ber gried&ifd&e lejt bietet nichts Derartige*. SBeber bie
93ibelftelle, nocfc bie patriftifd&e ©entenj ift barm mit Angabe i$rer §erfunft berfe^en.
SßJic fcfyon bie oben fyerausigefyobenen „$itel" belegen, ift ba* 2Ber! fe$r mannigfach, lefc
ret$ unb „mterejfant" : eS toerben toirflid& bie berföiebenjten 2eben*bertyältniffe, ©tänbe,
Serufe, alle 9lrten fcon gigenfd&aften berührt.
10 $ie #anbf$rift, bie toir abgebrudft finben, ift ber jeftige Cod. Vatic. 1236. 2e Duien
fyat aber noef) eine jtoeite #anbf$rift ber Parallela befannt gemacht, ben fogenannten
Cod. Rupefucaldinus (je|t in 33erlin). 3)iefe §onbfc$rift toeiefct er$ebli$ )wn jener
fcatifanifd&en ab. ©ie bietet nur bie jtoeite SSorrebe, ift aber au<$ nur einteilig, im ein«
»einen jetgt fte trielfadfj fotoofyl anbere xhloi al* Sitate, fte fyit mannigfach ©polten bei
15 ben ßitaten k. 3n biefem Äobej toerben aud? im gried&iföen %tp bie Autoritäten fcCbft
namhaft gemacht. §n tym überwiegen bie 93ätercitate, toätyrenb im Cod. Vat. metft bte
33ibelcitote ttbertoiegen. Se Duien bat biefen Äobej nur au*jug*toeife mitgeteilt, nämlty
ben mva£ rcov xecpaXaicov unb eine 9foja$l tym befonber* intereffant büntenber ©tüde,
MSG XCVI, 441 ff. @S toar bie grage, tote man bie ©ifferenien ber beiben GoWce*
20 unter ft$ unb ifyre 2lbtoei$ung bon jeber ber beiben SSorreben ernären foDe. 3fac$ ba*
lam nun in ^rage, toer ber SSerfaffet fei. Se Duien fyat ben ©ebanfen geäußert, bie in
Cod. Vat. auftretenbe gorm fei eine „foätere", al* bie in Cod. Rup. gene erftere fei
toirflicfc bon g. bon 35am. 9Bie fte ft<$ litterarifcfy ju ber älteren fcer^alte, )og er nid&t
in ©rtoägung. SSon ber altern urteilte er, fte toerbe frü$ im 7. 3aty$unbert etttßanben
26 fein, fof ern ftcfy in Cod. Rup. ein ©d&olion finbet, ba* Saug nimmt auf bie ©ntfü^rung
be* 1)1 Äreuje* au* ^erufatem burc$ bie Werfet 614. $a$ ©emotion unb fomtt ba*
2Ber!, ju bem e* gehört, fönnen nur balb nac^er entftanben fein. Soof* tyd btefe 8fo*»
ftifyrungen toeiter }>räjiftert. ®a^ Äreuj hnirbe 627 toieber jurücferobert 5Rac^ biefem
Termin fyabt jentö ©o^olion überhaupt leinen ©inn mebr. ©eine fcoQfiänbigere £anb«
so fd^rtftenfenntni« aber geftattete Soof« eine öiel ftc^erere Beurteilung ber beiben ©obice«,
bie Se Duien benufcte. ©r fonnte bereits fonftatieren, ba^ beibe nur berfc^iebenartige
Searbeitungen eine« urf^rünglid^ toirflic^ breiteiligen SBBerfe« feien. S)enn für jeben Kefer
brei Seile liefen ft$ ©onberquetten nad^toeifen. ©er erfte £eil ift offenbar feftftflfinbia
erhalten in Cod. Coisl. 276, ber jtoeite in Cod. Vat. 1553 : für ben britten tp iux$
36 feine ©t>ejial^anbfd^rift nac^getoiefen, aber SoofS jeigt, bafe er m einer Überarbeitung er»
galten fei beim fogenannten 9lntoniu3 SWeRffa (rectius in ber üReliffa bed 3Könc^ 9n>
toniu«, 11. 3a^r^unbert, Ärumbacfcer ©. 600). 3)ie genannte #anbf#rift bed jtoeiten
Steile bejeic^net aU 9lutor neben bejU>. bor $. t>on 3)am. einen Seonthtö. 2>a3 ^at £oof«
auf feine gbecn in Setreff be« 9lutor« aebrad&t. SBegen be« fc^on befprod^enen ©#o*
40 Kon« glaubt er, bafc 3. letneöfatt« ate folc^er in 33etra$t lomme. ©0 folgt er ber anbern
©pur, bie ifyn auf fieontiu« öon S^janj (geft. c. 543) fü^rt
9luS fiotfö erftgenanntem 33ud^ getoinnt man in tiberftd&tlid&er SBeije ein Silb tum
ber 2Crt unb ben Sejtefyungen ber öerfc^iebenen §anbfd^riften. ®« ift eme fe^r lontpfe
xierte ©efd&tctyte, bie aufgebedft toirb. 3^ brause ^ier nic^t m notieren, toelcfce ^anb»
46 Triften atte in Unterfu^ung genommen ftnb. 3)a« Stefultat x\t, bafe bie SRertmale tyre*
SBSerte« ftd^ bielfad^ Ireujen. 3n ber SSorrebe ju bem jtoeitgenamtten ffierl orientiert ^.
in ber Äürje über feine ©rgebnijfe. ©eine eigenen SBorte mögen im Xuäaug ^ter^er ge«
fcfct toerben: „3)tc lepd umfaßten urfprünglic^ brei Sucher. . . . ^nner^a(b ber einzelnen
Sudler toar ber ©toff in eine lange Steige balb umfaffenberer, balb gam lonfretcr 2$e=
so mata au^cinanbergelegt Unter ftcfy toaren bie 2^emata (rhXoi) im erjten unb jtoeiten
93ud& nad^ ben ©tid^toorten alp^abetifc^ peorbnet; im britten lie^ ber SSerfaffer biefe«
^rinjip fallen: einer beliebten @etoo^n^ett folgenb jog er e3 bor, immer eine Xugenb
unb ein Safter cinanber gegenüber^uftetten (bafyer nannte er biefed 8uc^ „bie parallelen").1'
Über btefe« Urteil bejüglid^ be« britten 33uc^e« bergleic^e fre^ieH hn erftgenannten SBafc
66 ©. 280 ff. ^c^ bin ntd&t gann überzeugt, bafe e« baä „alp^abetifc^e ^rrngt^" Dermiflen
lajfe. 3)cn 1. Prolog erflärt fyoü, toenn icb nid^tö überfeben ^abe, auq nic^t. Sollte &
rid^tig fein, bafe ba« britte Suc^ unatyfyabetifd& toar, f 0 toürbe mir ba« auc^ bafür ft)rec^<n,
ba| c$ urjprünglid^ für ftd^ ejiftiert tyat mit bem Sitel öielleic^t TlaQdXXnka Ugd, unb
ba| ^s. foäter feinen ?pian ertoeiterte, bod^ ofyne an bem alten SBerfe, bem minmebr
60 „britten 33ud^e", fciel ober gar formell burc^greifenb ju änbern. ^oU fagt toeiter: „8*
3fol)atttttd bon $auia$t*3 297
Set^^altigfett tyit ba$ Sßer! be3 3&fanne3 £)ama£cemi$ alle äfynlid&en Sammlungen n>ett
Eintet fi<$ gelaffen; bie ©tote ge&en in bie Saufenbe unb barunter ftnb fyalbe $rebigten
be$ SafütuS unb <5$rtyfoftomu$. (Sita biefer grofee Umfang be$ SßerfeS fyat e$ aber aud)
mit ft<^ gebraut, ba| e$ atö ®anje$ toofyl faum fortgepflanzt tourbe. 2luf un$ jebenfaflte
ftnb nut einzelne Pfeile unb Stejenftonen ber legd gerommen". „3)en erften Sang unter s
bcn 3^*0™ nehmen bie beiben $anbf$riften ein, in benen je ein Sucfy ber legd in ge*
fanberter SfoSgabe erhalten ift: Cod. Coisl. 276 unb Cod. Vat. 1553. SBeibe Co-
dices fcnb jebod^ nicfct einfache Slbföriftcn, fonbern fäon Äürjungen ber entforetfyenben
Sucher be* urfi>rünglic$en SBerleS: ganje Kapitel finb auSgelafjen unb innerhalb ber auf-
genommenen ift bie Rcfyl ber ©täte rebujiert." „35ie Hoffnung, bafc and) Dom britten 10
9u<$ irgenbtoo eine #anbfcfyrift auftauchen tonnte, t>at \xd) bte jefet nicfyt erfüllt. @S ift
nur ein fötoa^er Xroft, bafj atö bem 2Berf beä Antonius 9Mtjfa toenigftenS bie Um«
riffe bicfe* 3*U3 ber legd ftcfy erfennen laffen. . . . ($enn) ber Stoff ift ba fo ftarf ber*
mmbett toorben unb ber legt ift in ber einigen Veröffentlichten $anbfc$rift beä 2lnt. fo
tonumpiert, ba& biefer 3euge neben ber fonftigen Überlieferung be$ 3. 33u$3 faum in iö
8etra$t lommt" SDte fc$on burc$ £e Duien berannt gemalten, jefct bon §oß bottenbä
bun^gearbetteten Codices ber „3ufammenarbeitungen" jeigen im SBergleic^ mit ben ge-
nannten ©onbercobtceä, bafc fte jutn Seil birefte 3^*0™ fite ^ urfbrünglic&e 2Berf ftnb.
Den boHen £e# be$ lefcteren toieber tyenufteffen, toirb man nic^t hoffen bürfen.
#oH ift mit großer ®ntfc$iebenl>eit für 3- &<w 2tam. d& SSerfaffer beä breiteiligen 20
Serlcd eingetreten. äunäcfcft im §inblidf auf bie fcbr gute Irabttion, bann in inftrut*
titoer. bie ÜrfenntniS oer tyeologifdjen Slrt beä 35ama3cener3 mannigfach förbember 95er*
abtqitng ber ganjen Haltung ber legd unb ber nr\yi\ (bod? aud) anberer ©Triften be3 3)-
Jfity jugujtimmen t>ermag iq ben SSnbeutungen über bie @ntftefyung&eit ber iegd : nad^
jfeagm., ©. XV, &ält £ott für möglich baji 3. ba$ 5Berf nod& bor 2iu$brud& beä Silber* 25
jtreit« berfafet $abe. @r fefct babei eine Gfyronologie beä SebenS beä 3- Vorauf bie fi$ ™™s
beßenS twn allen ÜRotijen entfernt. 3)er ßiog gebenft, ba^ fei nebenbei bemerft, ber legd
überhaupt nic^t (ober ge^t c. 33 neben ber 7Vf\yr\ auf biefe?). 3)en ©d^lufe ber Unter*
fu^ungen §olte bilbet bie grage na$ ben Duellen be$ 3. §at % unmittelbar au$ ben
citierten obor uettoenbeten Tutoren gef^ft? Ober aber ^at er fd&on SSorläufer auf biefem 90
©ebiet gehabt, blänbert er gar einen älteren Slutor (tote j. S3. im 2. Steil ber mt\yi\ ben
C^^anhtd)? 3n freierem Wafee berteilt \\$ ebentuell @ntle^nte3 unb eigene Arbeit?
§öa glaubt jeigen %\x fönnen, bafe er in ber Ityat in bebeutenbem 9Wa^e abhängig
fei, unb jtoar bon 3Rajimu« (Sonfeffor. ®r ^at eine „3^^ *& 3R-/ *>urc$ 2lnetnanbenei^en
bwi Äernf)mlc^en ber 93ibel unb bon Äirc^enbätern ein (SrbauungSbucfy aufteilen, auf* ss
genommen unb jugleicfc beffen ©er! [xecpdXaia fteoXoyixä rjroi IxXoyai] in baä feinige ein*
Bearbeitet." aber er |at boefc ein biel umfaffenbere« 2Berf geliefert ate 2Rajimu^. /;5lac^
öden Seiten $in, in ber 3<$ 1>et be^anbelten S^emata, in ben citierten Autoritäten, im
Umfang ber angeführten Sitate ftnb bie 3)imenjtonen bergrö^ert, unb VV bon $)am. fyat
öerfiu^t ben Stoff ju gliebern, n>ä^renb 3Kajimu^ o^ne erftc^tlic^en 3ufammen^ang RapM 40
m Jtapitd retj^t." ©0 fteben bie iegd boc$ toürbig neben ber Tiriyrj, fte ftnb mit allem
Se^te ein „eigene«" SEBert be« 3. ju nennen. 2)ie relatib große ©elbftftänbigleit bc«
% toirb nadj $o0 auc^ nic^t beeinträchtigt burc^ eine }toeite Vorlage, bie er (©. <ßarall.
5. 384 ff.) naqtoeift (ben navdixirjg xrjs äyiag ygacpfjg be« äntioc^u«, ber auefy in
ber Saura be« ©aba fc^rieb, runb ein ^a^unbert bor 3)- ®ft^ SRefultat über ba« 45
Ser^ältni« be« 3- )tt Warjmu^ Sonfeffor, überhaupt feine Slnfd^auungen bon ben ®cr=
toanbtfc^aftöbejiebungen be3 SBerfe^ be« 3- 3U anbern „glorilegtert" (bie \d) hier ni$t
{u nennen brauche) ^aben ibn in toiffenfd^aftlic^en Jton^ih mit ^ilologifdjen ^orfebem
aehac^t. @in Urteil beftye icp ba ntebt. Sgl. über bie gried^ifc^e ^lorilegienlitteratur pro=
fancr unb fir^lic^er Slrt im allgemeinen bie Überfielt bon Ärumbac^er, ©. 600 ff. x^ w
\dft, bafe Sbc.r otyM §oß ju fennen, in ber Slnerlennung beä 3- a^ sücrfaffer ber Pa-
rallela unb in ber Annahme, ba^ })tojimu3 ßonfeffor ber 2lutor ber in Setractyt fom*
menben xcqxttaia öeoXopxd fei, fotoie bem 5Dama^jener afö 3lnfnü^fungej)unft (Duette,
Wuftaf?) gebient ty&t, mtt Äott übereinfommt. 3ntereffant ift #oll$ ©^lu^arafterifti!
ber Parallela, ©. 392 : „3)can ift erftaunt, toclctye ©egenfä^e nebeneinanber bertragen 66
toerben : Wotrbe ber ärmlic^ften fieben^flug^eit neben ^been bom ^öd^ften fittlid&en ©c^toung,
tob fo toenig 3ufammenfyanp ^tt>ifc^ert ben einzelnen et^ifd^en Problemen, fo feiten ein
Sesfuc^, fte bon einem ^rin^ au^ ju löfen!" ©r meint, bie Urfacfye biefer 9Kängel treten
H« ya iage : „ed fe^lt eine engere SSerbinbung jtoifd^en 35ogma unb fittltcfyer ^Jflic^t.
Kur an jtoei fünften ragt bad Xogma überhaupt herein: 3)a^ Srmitätebogma unb bie m
298 3foIjattitfd toon 2>araa3fuS
Eefyre Oom lünftigen ©eric&t bilben ben Stammen, in ben baS ©anje ^cjicDt ift." 5)ie
Parallela fmb ein treue« 93ilb für bie 9lrt ber ftttlic^en 9tefIe|ionen, bte ber grie$if$en
Äirc^e eigen geblieben ift.
5. Sichtungen, ©in eigentümlich bebeutenber 9Rann ift 3. unter aDen Umftanben
6 ju nennen. 6r ift nic^t nur mit Stecht ber gefetertfte S^eoloa beS StyantmiSmuS, er
tft auc$ mit ÄoSmaS Oon SRajuma ber gefd&äfctefte fir$li$e Siebter. SutbaS (ed. Sern*
fyarbty, 1, 2 sub Jlcoawrjg") urteilt Don ben ^ajuarixoc xavdveg (Sieber in Äanonform) ber
beiben SBrüber, baß fte avyxgioiv ovx idi£avro ovdk d££aivzo9 piYQig äv 6 xaff
fjjuäg ßiog negaKoörjoerai, leine anbern toaren i^nen je gletcfc, noep toerben tynen
10 gleicfyfommen, fo lange -äRenfd&en leben. Sammlungen feiner ©ebicfcte bei 3Rigne XCVI,
817—856 unb 1364—1408. 3ur Beurteilung bej. Äriti! f. Christ et Paranikas,
Anthologia graeca carminum christianorum 1871, Proleg. XLIV sq. (bie fcon
!Kai juerft ebierten Kanones ftnb größtenteils unecht, fpejiell biejenigen ÜDtigne ©. 1372
bis 1408); fyier ©. 117 ff. einige fürjere ©ebte^te, brei oxtxnQa ävaordoiua unb brei
15 Idiofieka (jum geft ber imanavxh rov Xqioiov 2. gebr., bem beS SrjengelS ©obriel
26. SKärj unb beS ÜWärtyrerS ©eorg 23. Styril)/ ferner ©. 205 ff. ac$t xavoreg (für
SBetFmacfycn, baS fjeft ber 6rfc$einung, $fmgften 2c.), man fann auS tynen ft$ in ber
Ättrje ein Silb oon $. als SDic^ter machen, immerhin nur Oon feinen beften Seiftungen.
3?gl. im übrigen befonberS Ärumbad&er ©. 674 ff. 3- jdft ^an9e aög^mem für ben S5e*
20 grünber beS fog. Oktoichos (Eieberbucfy beS täglichen ©otteebienßeS, noc$ immer äuge*
mein in 93rauc£, bie a$t moi [Dftafcengattungen] beftimmen bie periobifö in je ad&t
2Boc$en fi$ toieberfyolenben ©ingtoeifen). 3**** *><** lotxb neuerbingS beftritten unb, toie
Ärumbac^er urteilt, ift eS Oon ©atfyaS CIotoqixöv doxißuov Ttegl tov üeäxQov xal
rfjg juovoixfjg xoyv Bv^avx.) toafyrfcfceinlicfy gemacht, baß er nur als ein ^Reformator
25 biefeS 93uc$eS gelten bürfe.
3$ fann Dem 3- äÖ $ic$ter nur allenfalls fo tyier fcanbeln, baß icfc einige« SUt
gemeinere über bie ©nttoicfeluna ber btföantinifd&en firc$lic$en Sichtung bamit fcerbinbe.
$ür bie fyauptfäctylid)ftcn tecfynifäen SluSbrücfe f. meine ÄonfefftonSf. I, 484 ff. Qu ber
©aetye folge idp Gtyrift unb SßarantfaS, 3. 3afobi, Sur ©efcfcic&te beS griedfc. Äirc&cnliebeS,
90 3.ft© V, 1882, ©. 177 ff., befonberS Ärumbac^er ©. 653 ff. 690 ff. <S* ift erft in ben
legten $e$ennien gelungen, bie formen ber b^antinifc^en Äirc^enpoefte jn erfajfen. $a$
^auptberbtenft gebührt babei t^eologifd^cn g-orföern toie SWone unb $itra, ^ilologtfc^en
toie G^rift unb 303. SRetyer. Slm toie^tigften toar bie Beobachtung, baß jene ^oefte r^^*
mifö ift, nic^t metrifc^. 2)aS $rinji^ ber r^t^mif^en ^oefte ift bie ©ittenjaj^l unb ber
86 2lccent, nic^t bie Quantität, bie Äürje ober Sänge ber Silben. 3Som b^antmijtten SerS*
ober ©trop^enbau gilt ferner, baß md&t auf ©leicfoeiligfeit gehalten toirb, in SSttug auf
SSerSfüße unb geilenarten giebt eS gar leine ©d&ranfcn. 3Ran barf gried^ifc^e ÄtrcpenKÄer
nic^t mit jrcoteftantifcfyen dergleichen toollen. SB. SKe^er erinnert (Jtrumbac$er ©. 694)
als Analogie an „manche Dpcrnarien ober auef) ©oet^eS bit^antbenartige Sichtungen
40 toie ,©renjen ber ÜKcnf^cit* ober ,ber ©trom'." 3)ie griec^ifc^en Sinter, muß man
toeiter Giften, toaren meift auc§ Äom^oniften. ©ie fc^ufen nic$t nur 2ejte, &trj9 fonbern
aud^ bie ÜMelobien ba^u, fukrj, bafyer i^rc Sejeid^nung als jueXcodot. SSon X öon 3)auu
haben toir im ßiog c. 27 ff. eine birefte 9lotij, baß er fmgenb jJrobujierte. ga bie muft*
laufte ^ßrobultion ift offenbar bie primäre, unb baS mujtfalifcfce ©efityl allein beftimmt
46 ben lonfaH, bie Sänge ber feilen, tyre ©ruppierung ju 3Dbfä^en. Sltt baS t>erbanb W
nun freilief? balb mit aflcrfyanb Künfteleien beS 9luSbrucfS unb Spielereien im Slufbau beS
©anjen. 5latürlid^ Wuf aud^ nicfyt jeber Siebter neue SKelobien, boÜenbS nic^t bei jebem
feiner Sieber (nid&t lauter „IdtdfteXa"); man begann mit ber 3eit nad^ befannten 9Selo^
bien ju bieten (bie SKufterftropfye ^eißt elgpög, Hirmos). ßtoei ^auptformen ^aben fu^
60 bei ben Sintern bon Rirc^enliebern tyerauSgebilbet, bie xovrdxia, ober, toie Ärumbadjer
fte (nad^ SB. 2Re^er) nennt, bie $\)mmn, unb bie xavoveg. 3)ie ßbmnen bepe^en auS
20, 30 unb meljr gleic^gebauten ©trogen, jebe mit bem gleiten Mefrain abfc^ließenb.
^\n biefer ärt bietete bor allem Romanos (in Äonftantinopel, 6. 3^^-)- ®*e Äuwn»
bi$tung ift oon SlnbreaS Oon ftreta (auS ^)amaS!uS, ^löxxd) in 5^^^/ im ©aba*
66 Mlofter V), geft. ca. 720, eingeführt unb föeint juerft in S^wf^lem fceimifö getoorben ju
fein. ^. oon 3)am., mit JtoSmaS, bat in i^r feinen 9tu^m erlangt $iefe gorm tyit bie
ältere nafyqu Oerbrängt. ©ie ift biejenige, bie nac^ bVjantinifd^em ©efdbmacf als bie boQ*
fommenfte erfc^eint. ©ie geftattet bie feinften ßünfteleien. ^. M naep Ärumbac^erS IU>
teil in ftünfteleicn ben ©ipfelpunft erreicht. $0$ man barf eben bie s3KufiI nic^t tKr»
go geffen. ©ie gehört toefentlic^ mit ju ber Verbreitung ber ©efänge beS 3- ®^ne S3efonba*
dfotynnne* *on Sauiafthtd 299
\p& ber Dichtungen be3 X ift, bajj er, hierin alleinftefyenb, ba« ^rimip ber Quantität
mit bem bcä 9t$ft$muS fombinierte, nic^t überall, aber in einem Steil fetner berüfymteften
Kanones, fo ben brei auf 2Beifynad&ten, Gfytyfyanie unb ^fingften, bie in jambifd&en
Inmetern toerfafet fmb (f. $u tynen 2l.9taudf, M&anges Gr6co-Romains, VI,2, 1894). ®in
Kanon tft eine 2)i<£tung, bie aus 8 ober meift 9 begebenen Siebern, (jtöai, aufammen* 6
8*Wj* tft; i^** 2ieb |at feinen befonberen 93au unb feine befonbere SDtelobie, unb e$
befielt meift aud 3 ober 4 Strogen. (Sine #aupttiebfyaberei ber 93ty$antiner, bie fcfyon
9tomaiu>3 pflegte, ber bo# fonft gerabe burd? feine (Sinfac^rit unb ©cfylid&tfyeit auffaßt,
unb bie 3. bon 3)am. auf bie ©J>i$e trieb, ift bie Akrostichis, b. \). eine fold&e 2ln*
orbnung ber SlnfangSbuc&ftaben ber Strogen ober axid) ber Smjel^eilen, bafe enttoeber bie 10
Xetyenfolge be£ 2U}>&abet3 für ba$ Stuge barin ftd&tbar toirb, ober ber 9tame beä 35icfyter$,
ober jogar felbft toieber eine ©tropfye. 35ie jambifäen Äanoneä beä 2)ama$aener8 elg xr\v
Xoiaxov yewtjoiv etc. ftetten in ben Anfangsbuchstaben ber $t\Un ein toclppd*
Wftttfym bar (toie man bei Sfcift ©. 205 ff. fefyen mag). 3toci M>en no$ in b*n $i5
fliegen bie gleiche 3<*W fcon SBud&ftaben unb banaefy je 130 $t\lm\ 15
6. ©onftige SSJerfe. 2Btr ftnb immer noefy nic^t am @nbe, ja e$ giebt noefy eine
tyuqe Steige bon SBerfen, bie bem ©ama^ener augefärieben toerben, f. 9Jtigne in allen
btei Sanben. ©ie fotten jebocfc tyter nur furj berührt toerben. Sieben ben großen nehmen
jie nur ein accefforiföeä gntereffe in Sfoforucty. ©inige tyaben ba$ ^ntereffe, bafj fte in
bie 3«* faßen bürften, h>o 3. noefc in 3)ama3fu$ lebte, fo ber getoifj ec$te XißeXXog negl 20
bqdov (pQovrjjuaros, 3Rigne XCIV, 1421 ff. ©eine Überfd&rift 'Icodwov fxovavov xai
ngeaämigov entftmcfct &ik$ften$ einer fpäteren StuSgabe. 35ie ©cfyrift ift eine Demütige
SMjtfertigungS* unb UntertoerfungSeingabe jemanbeä, ber unter bem Metropoliten bon
J)am. ftebt, (Sin ßobej bietet bie gange glaubhafte Angabe, baji biefer XißeXXog fei
htayoga&eig vno '/. rov Aa/u.f aber ijudo&eig nagä 'HXia biioxonov ühgco 26
puptQOJioihfl Aapaoxov. 2Ber ber (SliaS h>ar, toeife man nic^t, bagegen ift 5ßetru« bon
2)am. Mannt al£ ber 3Retro))olit, unter bem % gelebt. £ie 2Benbung am ©$lufi bon
c. 7 uigt, ba^ ber Slonotla^mud too^lnoc^ gang neu toar. @lia^ mu^ perfönlid? befonberd
be^ SRonot^eleti^mu^ öerbäc^tig getoefen fein, c. 8. 35ie ©cfyrift erbaut p^. junäc^ft über
bem ©tymbol, 6U fte gule^t alle §äreften namhaft mad^t, bie in ©efyorfam bertoorfen so
tourbat. gntereffant ift, tote c. 6 föon bie äbneigung, ja SSerad^tung be$ X gegen DrU
gened ju läge tritt Z^eologtf^ ty& ber XißeXXog an fi$ h>«nig 33elang. Slber er ift ein
3fti0nt$ für bad Snfe^en, in bem 3- föon in Qam. ftanb. SSiedeicpt ift bafür aud^
gdtcnb su machen ber bei 9Kigne a. a. D. ©. 1436 ff. atebalb folgenbe ro/nog, in
toefafcm $etni^ bon 35am. ate berjenige erfd^eint, ber fic$ bon tym eine expositio fidei 86
liefern läfct, nämltc^ um bamit einen bem 3Jiono})l$ftttemu$ berfaüenen Sifd^of „rov Aa-
oaiag" (?) jured&t )U bringen („Tractatus contra Jacobitas"). 2)od^ lönnte biefer rojiwg
{iügli^ otup au$ ber fbäteren mönd^ifc^en 3«t be$ 3. ftammen. — Slnberc Sraltate ^>aben
Ua ^ntcreffe, ba^ fte eine befonbere $orm ^aben, nämlicfy jum Seil bialogifc^e, ober bafj
fte dü änd qjcovtjg beä 35ama^jener^ bejeic^net toerben, un« alfo ben 3- *n e*nem *°
e^ulerfretö, in bogmatifc^er Untenebung, in ber 93eanth>ortung an i^n gebrauter bog»
matif^er fragen »eigen. 38gl. ben didXoyog xaxä Mavixaiwv (= 5PauIifianer?), 9)tigne
XCIVf 1505 ff. 5)ie didle£ig Hagaxrjvov xai Xgioiiavov, ib. 1585 ff., toirb bon
I^eobor Äbutara (= Sifc^of öon Äara jenfeitö be^ S^tban« ober bon Starrfyae in
3Refo)>otainien; Dgl. über u)n Ärumbad^er ©.71) ate did ycovrjg empfangen angegeben. 46
3umal bie eioaycoyrj doy/uärcov <noixeicodrjgf 5Kigne XCV, 99 gehört aud^ ju ben
„$ittaten". S^re übifd^rtft (Jlwdvvov xamivov fjLovayov") fcfycint i^re (Sd^t^ctt ju
beden. JHefe nirie Slu^einanberfe^ung getoiffer „Segriffe" %at am elften äfynltcbfeit mit
bem erPcn letl ber mjyjj, benn e^ ift alle« blofe „p^ilofop^ifc^". ©ie toirb bem 7a>di>i'?/c
ooutnajog bt. Aaooixelag, toofyl einer Sitte be^felben entjpred^enb, überreizt. — eo
über einige toeitere bogmatifd^e äb^anblungen bgl. Sangen ©. 161 ff. u. 173 ff. 3>ie*
jemge über ben ^mnu« Sri^^agio«, eine imoroX/j an einen 2lrd;tmanbriten ;>rbaneä,
be^mibelt ben befannten 3ufa$ be$ $etru« ^uUo (bgl. aud^ fid. orth. III, 10); fte
«u^att in § 1 einzelne Slotijen über perföntid&e Se^ie^ungen be« 3- un^ täfct erfennen,
b«i ^O^amte«, „7iaxQidQ%ng tf]g äyiag Xqiotov rov deov fjuwv jioXeaK", (man be« 66
oäftt birfe ©ejeu^nung Serufalem«, bie in einer Unterschrift be« ©o^roniu« auc^ ^u pnben
ift, 6. öl. jton). act. XII), bereit« berftorben ift, boefy ^ilft ba« an ftc^ für bie c^rono^
M^ jtoofctyaften S)aten im Seben be« $ama$$cncr$ ntd^t toeiter, e« bleibt eben auc$
Wt unfu^er, toann ber $atriar$ ftarb. — 3Jiannigfad^ infyaltltd) belangreich, toenn nic^t
fe 0-/ fo für bie gried^ifc^e Rixty, ftnb bie aöfetif$en Xraftatc bleiben, fangen ge* eo
300 Cannes *™ $anta$fa$ $»l)amtc# fflcens»»
toäfyrt fcon ibnen (h>tc bon ollen Schriften be$ Ig.) 3«^«anga6en; bgl. )u tkqI twv
vrjoreicbv (ÜJtigne XCV, 64 ff.) Sangen ©. 166 ff., }U tuqI twv öxtä) rng Ttovtjgiag
jivev/udrcov (9)iigne 80 ff.), ©. 169 ff. (ju biefer aud& Rödler, S)a3 Se^rftücf toon ben
7 ^auptfünben, ©. 53 ff.: bie Schrift bringt bie öxxd) loyco/uol 61 noXeuovvzeg tot
6 juovaxov in ber 3^lung be$ Evagrius Ponticus [f. )u biefer 3ödler ©. 15], ober
3. tyat nad) §oH, S. parall. ©. 390, gragm., SSorrebe ©. XVII, auc$ ben Gaffton unb
beffen [in$ ©riecfyfcfye überfefcte] Ausführungen „negi xoyv öxtcd Xoyiofiätv" gefannt [eine
©teile barauS in Sacr. Parall. unter Axy, SRigne XCV, 1212 ff.]). 9lur gfragmente
einer größeren ©d^rift fmb bie ©tüdte „negl dgaxövrcov" unb „negl oigvyywv" (£ejen),
10 ÜJKjjne XCIV, 1600 ff. SSon jfoeifetyafter 2lut$entie erachtet 2an§m mit 2e Duien, au*
Steife, bie beiben furzen SluSeinanberfeJjungen über bie @uc$arifhe 9Kigne XCV, 401 ff.
(für ba$ erfte ©tüdt, einen ©rief, nennt etn Codex ben „äytcbxaxog Ilexgog 6 Mavoovg"
ate SSerfafier), ferner ben Zxattat „negl ätvfxcov" (SJtigne XCV, 388 ff.).
©an) auf fi$ beruht bis auf fceitere $orfcfyung bie Scheit, jumal au$ ber tfco*
16 loaiföe ©etyalt ber großen Äommentartoerfe, bie bem 3- jugefcfyrieben tocrben (ju fämt*
lidpen ©riefen be$ $aulu$, ju benen auc$ ber #ebräerbrief geregnet ift, ÜRtgne XCV,
441—1033). £)en mancherlei „#omüien", bie unter bem 5lamen be3 3- Ö^*11 (SWigne
XCVI, 545—814), &at Sangen in ber Ättrje (©. 213 ff.) eine Äritif getoibmet; er $ft
fie meift für ec$t; nur bie #omilien auf baä geft SWariä SJerfttnbigung unb Wlaxxä ®e*
ao burt beanftanbet er. -äKir f$eint, bafc nod) fo gut toie alles ba ju tfym ift Seritymt ift
in lefcter 3eit ^ „"äJlönd&Sroman" getoorben, ben 3- ate @rbauung$fc$rift berfaftt (übers
arbeitet) fyabm foH: 35ie loxogla yvxcocpeXng beä BagXaäfi xal lamodq). S)enn in
tyr fyat 21. Stobinfon gro&e $art^ien ber Sinologie be$ ärtftibeS entbedt (bgl. baju ben
9lrt. äriftibeä 33b II. ©. 46 f. 3U *>cm 3Q3erf im ganzen, feiner 3Sorgefc$i<$te *c. f. Arum*
26 bac&er ©. 886 ff.) 3Rigne XCVI 860 ff.
3u ben fyiftorifcfy intereffanteften ©tüdten unter ben opuscula, bie man bei ben Statten
beö ®ama^enerö trifft, gehört bie ^jtwjtoAw negl IgojuoXoyrjoecos xal negl i£ovoia<;
tov deojbu-iv xal kveiv, sJMigne XCV, 284 ff. ®S ift ein SSerbienft bon £oQ, biefe ©c^rift
i^rem n>irf[id^en 2lutor, ©^meon bem „neuen St^eologen", reftituiert unb in intern be^
so beutfamen %nt)alt mit großer ©ele^rfamfeit beleuchtet )u fyahm. 93gl. $oD, ©nt^ufia^mu«
unb »u^getoalt im griecfc. sJ)iön^tum, 1898. 8f. Ätttenbiif^*
3of)anneS tion ^ara (9. ^a^.). — Sitteratur: Assemani, BO. 2, 118. 219.
347; Bickell, Conspectus rei Syr. lit. p. 42; W. Wright, Short history of Syriac Litera-
ture 204 f. ; R. Duval, Litt^rature synaque 318. 390.
86 Cannes, jafobitifc^er 33ifd^of toon 35ara in üKefopotamien, lebte m ber erjien §älfte
beö 9. 3Mr&unbert$, &ältpnofc be« 3)ion^ bon leHma^re, ber i^m feine grofee fljrif^e
6l;ronif toibmete. 2öir lernten fcon i^m bier SBSerle: 1. de resurrectione corpornm,
4 93ü$er; 2. de hierarchia coelesti et ecclesiastica, 2 Sucher auf ©runb ber gleich
namigen ©Triften bed ^ßfeubo^ion^ftu^ (f. ^rot^ing^am, Stephen bar Sudaili,
40 Seiben 1886, p. 66); 3. de sacerdotio, 4 Sucher; au* (euerem 2Ber! ^at $. $tu*
3inaerle in ber ^D© 1867, ©. 183—205, u. 1868, ©. 267—285 aJlttteilungen ge»
macpt; einige ©tüdfe bed Driginate fmb in Dberbedf, Ephraemi Syri etc. opera se-
lecta (Oxon. 1865, p. 409-413) unb Monumenta Syriaca I, 105/10 (Oenip.
1869) gebrückt; 4. ein Sud? de anima (3lu^üge in cod. vat. syr. 147); aufcerbem
« eine äna»)^ora. (®. »Sbiger t) «. »e|Me.
^anned (gfeemon, ber^arm^erjige, $atriarc^ bon Sde^anbrien, gefl
toa^rf^einlidb 619. — «umgäbe ber Vita be« Seontiuö: $. ©eljer, Seontio*' t>on ^eopoit«
Seben bed Ijl. 3ot)anned bed ^Barm^erjigcn, (£^3. von ftlejrcnbrien, in Ärügerö Sammlung
au$gen>. fivdjen' unb bogmcngefd)id)tlid)er £lueQenfct)riftcn, $cft5, gfrb. Seipjig 1893. 50ie
60 latcinijdK lleberfc^ung beö ^naftafinö ^ibliot^eforiud (f. ©b 1, 6. 493, 18 ff.), am beften
drdqg. von ö- ftoSwctjbe in Vitae patrum, Antv. 1615 (banad) MSG 93, 1613—68 unb
MSL 73, 337—392), fobonn uon 3. 93oüanb unb ©. fcenfdjen in AS 23. Jan., Tom. 2,
498—517. 2)ic Vita be$ ^etop^raften in ber lateiuifd)en lleberfefrung beS ©cntianu* AS
1. c. 517—530. $cr l)iftovifc^ mertuoflc Gingang biefer Vita griedjifdj bei (Stel&er a. a. C.
66 108-112. «gl. $. ©cijer, @in griedjifdjer SBolfStäriftfteflcr be§ 7. 3a^., in ^3 61,
9?5 25, 1889, 1—38 (28); 91. ö. ©utfcftmib, kleine ©djriften u. f. W., ^r»g. t). 8f. «ü^I, %
ßeipjig 1890, 471-475.
Über baä Seben ^o^anne^ be$ Sarm^erjigen fmb tr>ir ^au^tfäd^Iic^ bur$ ben ^anegt^üuÄ
feinet Sanb^manne^, beä Sifd^ofd Seontiue bon ^eaj)oli^ auf Stypern (f. b. St) untemc^ttt,
ätflpmte* (gleetnon ^oljanncö tion gj>l)eftt$ 301
ber auf ©runb bon Mitteilungen „gläubiger unb frommer Männer" (®elj. 4,4) aus
be$ 3°^anncö Umgebung, no$ mefyr aber unter 93enufcung einer leiber Verlorenen, bon
So^amicd 3Rof$u$ unb ©o^romuä, bem foäteren Patriarchen bon gerufalem (f. b. SL
unb ©cljer 118 f.), berfafcten 93iograj>fyie, für bie lefcte Seben&ett aud) atö eigener
ftauitnte ein fetyr anfcfymlic&eS Äulturbüb fcfyuf, beffen geföic£tlic$e Angaben freilief) burc§ 5
bie übenetylty emgeftreuten äfaelboten überwuchert ftnb. Sine jtoeite SebenSbeföreibung,
unter bem Flamen ©tymeonä beä 9Retat>$raften (f. b. 3t.) überliefert, getyt in ityren ®in-
gangäfaptieln auf So^anneS unb ©o^roniuS jurücf unb bilbet für biefe ©tüdfe eine
toertbofie ßrgänjung ber gerabe tyier berfagenben angaben be$ SeontiuS, bon bem fte im
übrigen toöfltg abhängig ifi 35er Syrier (©. 108, 17) IgotyanneS tourbe bom Äaifer 10
fceradui* auf SBunfö ber SHejanbriner gnbe 610 ober änfang 611 (fo ©eljer ©. 124;
na$ ©uifömib 472 am 13. 3UK 611) Jum ^Patriarchen eingebt, ©eine Regierung be*
beutete ein getoaltigeä ßrftarfen ber ortfyobojen Sichtung in älejanbrien, baä fcfyon burc$
bie SBidfamfeit be« Patriarchen SulogiuS (geft. 607; f. 93b V, 594) borbereitet toar. 3la$
Jofanneä unb ©opbroniuS (Sym. Met. bei ©. 111,1) berjetynfactyte fic$ bie gaty ber ben 16
Rechtgläubigen gehörigen Atrien. 3RU bem oberften faiferlic^en Beamten TOcetaä be=
frambet unb bon tym bielfacfc unterftüfct, toar Ig. boefc ein ausgekrochener ©egner ber
Km ßeracliuä unb bem fiofoatriarc^en ©ergiuS (f. b. 31. 3Ronotfyeleten) angeftrebten
$olitu ber ©migung bon Drt^obojen unb 2Rono}>^fiten, toaS freiließ toeniger au$ ben
Angaben be£ SeontiuS als aui gelegentlich überlieferter ÜRotij (f. 2Rasimu$ gonfeffor 20
Wsp. c Pyrrh. MSG 91, 332 f.) gefölofjeh toerben fann. $n ber @efd&ic$te ber
4rifUi$en 2tebe$tyättgieit ift 3. befonberä berühmt getoorben burety äBerfe ber Sarrn*
berjigleit unb feine feine ©cfrranfen fennenbe 2öofyltfyätigIeit, für bie freiließ bie unge*
peiaen Mittel feines ÄtrcfyenföafceS — nad) feiner eigenen ' Stngabe (©. 92, 25) fanb
er beim ^Regierungsantritt 80 Gentner ©olb, b. fy. über 7 SKittionen 2Kart, bor — unb 26
bie fortgefefcten 2iebe3gaben ber aler.anbrinifcfyen frommen nid&t ausreichten, bie ibm aber
bie $erjen be3 SBolfeä gewannen. Seontiuä berichtet jatylreicbe äuge feiner -Dcenföens
jramMityfeit unb feiner auf bem ©runbe mönc&ifcfyer grömmigfeit faft toeltfremb gearteten
Santtfcqigteit. %ixx ^o^anneS ejiftierte ba$ ©ebot be$ ©iraeiben (12, 1) unb bie Iluge
Sorfäinft ber $iba$e (1,6) nic^t: er liefe ba$ Stlmofen nid&t föh>ij}en in feiner #anb ao
fonbern er gab jebem, ber, ob mit ©runb ober ofyne ©runb, 93ebürftig!eit geltenb machte.
IIS bie ißerfer gegen SUejanbrien fyeranjogen (nac^ ©el$er ©.151 f. im ©ommer 619,
naefy ©utf^mib 617), flo^ 3°^anne^ na4> St^ern unb ftarb }u 2lmatfyu3 am 11. s3io=
bember, toa^rfd^einlid^ 619. ©ein ©ebäc^tniStag ift ber 12. 9lobember. <&. Ärägcr.
^^anneS tion S^^efnö, Jtirc^engefc^ic^tSfc^reiber beS 6. ^a^unbertS. —-86
Hitteratur: AssemaDi, BO. 1, 359—386. 2,48.84; Barhebraeus, Chronicon ecclesiasti-
com 1, 196. 224; W. Wri^it, Short history of syriac literature 102-107; R Duval,
Iitt&ature syriaque 191— 195, 364; 3. % 91. ßanb, 3ot)anneSuon (Sp^efuS, ber erfte f^rtf^e
ftird)en$tftoriter (Serben 1856); ber(., $e ©ebenffdjrijteu uan een sIRonopt)t)fiet uit be $e$be
tnm (Ser*l. en Webeb. ber «on. 5Cfab. uan ©etenfd)., %fb. Öetterfunbe, 3« veefS, beel V, 40
«mfterb. 188*9; ©. ®. Äle^n, SacobuS ©arabeüS, 3)e 6tid)ter ber S^rifcfte «Konop^fietifcfte
fterl (Setben 1882). 2)ie foaen. Ä© beS 3Qd)ana§ JH^etor in beutfdpr Ueberfe^una ^erauS«
Begeben wn St. «ftren« unb ©. ftrüger (ficipjiQ 1899, 6. VIII, XVIII f.).
Serie: 1. The third part of the ecclesiaetical History of John bishop of Ephesus
dow firat edited by Will. Cureton. Oxford, Clarendon Press. 1853, 4 (f. 53ernftein in 46
3&m© 8, 387) ; — , Now first translated f rom the Original Syriac by R. Payne Smith,
cbenba 1860. S)ie £$ be§ 3ot)anne§ Don eptiefuö. 9lu3 bem 6t)rt(d)en überfe^t. ^flit
einer Vbfeanblung über bie ^rit^eiten von 3- ^ Scbönfelber (^iincfjcn 1862; (. ©efele in
tf)D8 44 [1 862^6 74 -684). 2. Joannis Episcopi Ephesi Monophysitae scripta historica
qaotquot adhuc inedita supererant. Syriace edidit J. P. N. Land. Anecdoton Syriaco- 60
nun tomus seeundus. Lugd. Bat. 1868, 4° (f. ißölbefe, fi©S31. 22.9(ug. 1868); Joannis E. E.
8yri Monophysitae commentarii de beatis Orientalibus et historiae ecclesiasticae fra^iiienta.
Lata* ferterunt W. J. van Douwen et J. P. N. Land. Edidit Academia Reda discipli-
ntnun Nederlandica (Amstelodami 1889, Lctterk. Verh. der Koningl. Akademie, bfeel
XVIII). 3. F. Nau, Analyse de la seconde partie inöditc de l'Histoire Ecclc^siastique de 66
Jean d'Ame in Eevue de TOrient Chr^tien 2, 4 («ßariö 1897, 457- 493).
3o$amte3 bon Sp^efuS, öfter auc^ Qo^anne^ bon 9lfien genannt, in ben erften
Saucen be« 6. ^a^unbert« in älmib in 3Jiefo^otamien geboren, 529 im ftlofter brö
W- ^o^anned bafetbft jum Siafon getoei^t, 534 beim 9lu3bru$ ber $eft in tßaläfttna,
toar bon 535 an in Äonftantinobel, tt>o bie monop^fitifc^en S^rer beim golbenen $orn 60
cm Älofter Ratten. 2)ret^g ^af?re lang ift er ber Vertraute Quftinianä, ber i^n feit 546
302 3ofjantte* Hott (gpfjeftt* ^fo^atttted IV., Sfcjpitator
mit bcr SSefämpfung beä §eibentumS in Äleinaften unb in ber £auptftobt beauftragt,
batycr er ftcty felbft „ben fietyrer" ober „Sluffefyer" „ber Reiben", „ben »recfrer ber ®öfeen*
bilber" nennt, ©iebjigtaufenb fott er belehrt, ben Sau bon 96 Stinten beranla&t ^awn.
Sludfo für bie öon Julian, ifyeobor unb SongmuS betriebene 9Jliffum unter ben -ftubiern unb
6 älobäern interef jterte er ftcfy, inbem er bernünfttgertoeife bie neu ju getomnenben toon ben
bamaligen cfyriftologifcfyen ©treitigfeiten berfctyont toiffen tooßte. 9cad^ bem Xob Sufttntan^
fyattt aucty er unter ben Verfolgungen ber SDlonop^ftten ju leiben. (Sr entf$utbtQt bamit bie
Seföaffenfyeit feiner Äirctyengefdfoidjte, beren einzelne Äapitel ju begebenen 3«kn «h ****
föiebenen Orten auf einzelne Snätter niebergefctyrieben, toon gwunb«t 2, 3 3a$re ****
10 borgen gehalten tourben. 3)ie beiben erften Seile in je fed&ä Supern führten toon ßäfar
bis jum f elften %af)x 3uftin$ (571); ber erfte ift ganj berloren, ber jhoeite, toie erfiStau
1897 nactytoieä, ju einem guten Seil in ber ßfyronif beä DioifyftuS tum %<& Starre et*
galten (f. aufeer ber oben genannten Arbeit öon SRau bie bon Jtrüger ju 3a<$aria£
p. XVHI angeführten auffege bon SHau im Bull. crit. 1896, 24; 1897, 3. Journ.
16 As. 1896 (8). 346—358; au% SRölbefc im 2693 1897,16); einjeine »ru^ftüde üb«
greigniffe au$ ben ^ren 520—568 bei 2anb (oben 9fr. 2) ©. 289—329. 363. 385 bö
391. £>er britte Seil ift mit ben um 569 gefammelten i?eben«bef($reibungen ber tym
befannten SKänncr, toie gafobuS 93arabäuS, ©eöeruä, S^eobofut«, 8tot$tmu$, eine Duette
erften SlangeS für bie morgenlänbifctye Äirc&engeföictyte beä 6. 3a$r$unbertS. 3)er forif^*
20©ti( be$ SDtanneS ift nid^t ber befte. $t\t un*> Ort feinet SCobeS ift unbefcmnt; um
585 toar er actytjigjctyrig. (»..«WMgert) <&*• »t|He.
3oljatttte$ fron @orf| f. S3b VI ©. 740 ff.
3of}amte3 IV.f ^ejunator (NrjoievTrjg), ^atriarc^ öon ßonftantinopel,
geft. 595. Oucllen: $on ber jettgenöffifc^en 8Jiograp&ie bc3 $rc8bi)ter« $^otinu« ift nur
26 ein Stüddjen in ben Elften be3 7. öfumenifdjen ÄonjilS (Mansi 13, 80—85) erhallen. $ie tfotij
be§ SrabriciuS (f. u.) ©. 108, baß eine $arifer #anbfd)rtft eine Dom $atrtard)en fticepboruS
(806—815) oerfafjte ©iograpljie entfalte, ift falfcfc; £. ©et^er, ber bie Vita fcrau&gegeben
bat (3»o2t) 29, 1886, 59-89), Ijat gejeigt, bafe c8 fid) um ein (Snfomium auf einen anderen
3ot)annc3 WefteuteS banbelt (f. unten); »erfaffer ift au$ nid)t ber ^atriard) fticeplpru*.
80 fonbern ber <ßatriard) ftafliftuS L, ber 1350—54 u. 1355-63 amtierte. Sgl. weiter bie
bttjantinifdjen .J>iftorifev unb Chronographen : (SoagriuS, EbeoptyulaftuS €tmocatta, Xfyo*
Planes, ßebrenu^, 9?icept)oruS &aüiftu3; bie Äirc^cngefd)id)tc bed So^anned oon (Spbefttft
(überfc^t uon 3. 9H. Sc^önfelber, Wündjen 1862) 3, 39 (f. aueft bie Ueberf(öriften ber Äapp.
51 \u 53, beren Scjt ucrloren ift); bie ©riefe ©regorö b. ©r. (MG Epist. Tom. I u. Ö);
86 leid. Sevill. de vir. ill. 39 (ed. ü. 3)jialoiu«fi G4ff.; ugl. 68). — fiitteralnr: Guill. Cu-
perus, Ad historiam chronologicam patriarcharum CP. Dissertatio praevia im Vn^ange |U
AS Aug. Tom. 1,*69- *74; (J^r. Wl. <Pfaff. Dissert. de titulo patriarchae oecumenici, Tubing.
1735; 3.9R@«roecfb, G&rift. m 17, fipj. 1792, 56-79; 3«.8abriciu*, Bibliotheca Graeca
(ed. £ar!e$) 11, Hamburg 1808, 108—112; «. 3. ©intertm, 3)ie Oorjügli*ften 3)en!würbig.
40 feiten b. «rifufat^ol. ßtrd)e 5. »b, 3. ZI, Wlainj, lb29, 383-390; «. $i*ler, Oefd). b.
firc^l. Trennung jtoifcften b. Orient unb Occibent 2, SHündben 1865, 647-666; JJ. ^ergen«
rötfjer, $(jotiu« 1, 9tegen§burg 1867, 178—190; $. ©rifar, Cefumeniftöer tpatriar* unb
Wiener ber Wiener ©ottc«, in &%*> 4, 1880, 468-523; 3. Sangen, ©efd». b. röm. *tnfc
uon Sco I. biö MifolauSL, 53onn 1885, 412. 436. 446 ff.; ^. ©eljer, 3)er Streit um h. Xitel
45 b. öfumenifdjen ?atriard)en, in §pxXf) 13, 1887, 549—584; M. L A^wr, [Iargtnoiixoi
Uiraxeg, Äouftantin. 1890, 232-236; %. ^attenbuf«, fieftrb. b. Dergleidjenben Äonfeffton«*
funbe 1, 5rb. 1892, 111-117. 262, W. 1. 376. 390, 92.2 (f. au« $&. TOe^er in XffiS
1891, 232); 91. (S^rbarb in ÄrumbocftcrS 8§£ant. fiitt.=@ef4 *, "äWün^en 1897, 144; Ä.$oH,
@nt^ufiQdmu$ unb 93 u& gemalt beim griedj. W6n^\umf fieipjig 1898, 289-298.
60 30^anne^/ gebürtig au$ Jtonftantino)}e[ (fo baö ©^najartum unb bie SWenäen
jum 2. September; fc^on Sftbor nennt i^n in 93ertoe$felung mit bem ^Satrian^en 305
Cannes II. einen Äa^pabojier, aud^ bei gabriciuS 108 finbet ft4 berge&ler, bem t& airf)
jujufc^reiben ift, bafe ba« öon ©o^roniu^ fcon 3^ntfalem bei $^otiu« Cod. 231 Bekk.
287 a 20 Don Q^amieS bem Sappabofier gebrauste ©pit^eton dgerrjg olxmrjgtov auf
65unfereit X belogen tourbe; baö richtige f$on bei Super *69), tt>ar unter 3<>9<mn€$ HL
Sc^olaftifu« (565—577 f. b. 31.) SMafon ber großen (®opfym*)Sl\xd)t (2^«^. ed,
be Soor p. 251, 23) unb ©acettariuS (3o^>. <5pfy.39) geworben, ©d^on in biefa Stellung
jeid^nete er ftd^ burc^ (Sntyaltfamfeit unb 3Serfe ber Sarm^erjiafeit berart au», ba^ a
ben Seinamen 6 vrjoTevTrjg (S^eopty. p. 251,24) reblicty berbiente. ©ele^rte ©Übung
oofyat er nid^t befeffen; toenigften« nennt 9?iceptyoruS (18,34) i|»n einen tdtdnrje. SBiber
anatme* IV , ^qttnator 303
feinen 9BUfot (3o&. ®J>^. 39; ©reg. Epist. 1,4 ed. MG I 5, i) al« 5Ra#>lger be«
eutttftu* (f. b. «. 93b V, 648) am 12. Styril 582 burety Siberiu« jum «Patriarchen er*
^otat, $at et bei biefem Äaifer unb feinem 5Rac$folger in fyofyem 2lnfefyen geftanben.
ßr toar fcugegen, al« Siberiu« feinem ©cfytoiegerfofyne, bem ©eneral SKauriciu«, auf bem
Totenbette (14. Stuguft 582) bie §errfd&aft übertrug (S^eo^L I, 1,2 ed. be Soor 6
p. 39, 2 ff.; 2#eot>&. p. 252, 7). @r fegnete bie ßfye be« neuen Äaifer« ein (2$eot>fy}I.
If 10, 2 p. 57, 7 ff.) ; er boUjog bie Krönung be« $rin$en Styeobofiu« (2&eol4 p. 267, 28).
%u& 3o^. @}>&. 39 tyit er ftety ben unter ben legten Patriarchen arg bebrängten 3Kono=
pbtyftten al« 8efc$ü$er gezeigt; feine Soleranj fyatte aber ifyre ©renken, benn 9lic$t$riften
gegenüber toar er unnacfcfutytig föoty. ®pf). 53), unb au«brücflic$ berietet S^eo^laft (I, io
11, 14 ff. p. 61,9ff.), bafj er troft ber Slbneigung be« 3Jtauriciu« bor 93lutbergiefcen bie
Einrichtung be« ber &aubmi befctyulbigten $aulinu« beim Äaifer burcfygefefct fyabe. 211«
ber $atriar$ am 2. September 595 ftarb, übernahm ber Äaifer ben tym bereit« ber*
tfänbeten 5Ra#lafc be« frommen fjfafter«, beftefyenb in einem SKantel, einer Dedfe unb einer
Settftefle — ba« barauf geliehene ©elb fyatte Pfanne« unter bie Slrmen berteilt — is
unb e^rte biefe ©egenftänbe toie bie Reliquien eine« ^eiligen (3$eop^l. VII, 6, 1 ff.
p. 253, 21 ff.), ©ie griectytfctye Äirctye fefcte feinen tarnen jum 2. September in ben
Äalenber.
9tic$t fo bie römifd&e Kirche. !go&anne« *ft m b« Äirctyengefdfoicfyte fyauptfäd&licfy be*
tarnt geblieben burefc ben ütelftreit, in ben er mit feinen beiben römiföen ÄoHegen 20
$dagiu* 11. unb ©reger I. bertoicfelt tourbe (f. auefy bie 9lu«fityrungen in bem Slrtifel
©regor 93b VII, 83, 24 ff., bie freiließ ben frringenben *ßunft nid&t berühren). ®ie %fyat*
fachen finb folaenbe. 3n ben Sften einer 588 (nid&t 587 ; f. $agi« SRote Mansi Concc.
9,973 f.) )u Äonftantinopel unter bem 33orfi$ be« Pfanne« abgehaltenen ©tynobe, bie
ben Patriarchen ©regor Don Stationen bon ben gegen ifyn erhobenen änflagen (f. baju 25
tont<$mlic$ 3jo&. ®t$- 5, 17) freiforaefy, toar ber fionftantinopolitanifd^e $atriarc$ a(«
äoxujüoxoTiog xai olxovfisvcxdg naxQiaQxrjp bejeic^net toorben. $elagiu« erfyob gegen
töefe angebliche (f. unten) Neuerung ^Jroteft in einem nic^t mefyr erhaltenen ©^reiben
(f. ©reg. Ep. 5,41 [4,36] p. 332, 6 ff. unb 5,44 [4,38] p. 339, 5 ff.; bie epistola
Pelagii ad universos episcopos [Mansi 9,900—905] ift eine ))feubo=ifiborifcfye so
golfc^ung; f. $. $inf$iu«, Decret. Ps. Isid. 720) unb berbot feinem 2l^ofrifior in
JflS., mit 3. bo« Slbenbma^l ju feiern (©reg. 1. c). 35er ©trett erneuerte fiefy 593
«nter ©regor Lf ber übrigen« ^o^anne« nid^t nur bon 5tfß. fyer J)erfönlic§ fannte, fonbern
au$ gleich nac$ feiner 9Batyl fiety brieflich an ibn getoanbt (Ep. 1,4 p. 4 f.) unb tym
ab fernen coepiscopus unb frater carissimus feine regula pastoralis getoibmet fyatte 35
(fo ita$ bem glaubtoflrbigen, too^l auf Seanber [bon ©ebilla] jurüdge^enben [f. ©jta-
toto«fi« Änmerrung] 3eugni« Sftbor« bon ©ebilla; ber 9Btbmung«brief ©regor« [Ep.
1,24a p.37f.] ift an einen Sifc^of Qo^anne« obne nähere Slngabe be« ©ifce« gerietet).
im Xiüa^ jum Streit bot ©regor burdfo feine dinmifc^ung in einen 35i«^linarfall ber
orientalifc^en fitr^e. $\qä Heinafiatifc^e $re«bt;terf ^o^anne« au« 6l;alcebon unb 3lt^a= 40
Mfhid, 3Rond) hn Älofter lamnafu« in 2^faonien(fo ©reg. Ep. 6, 62 [5, 64] p. 437, 27 f.),
toaren ju Äonftantinoj>el toegen ile^erei (f. ba« SRäfyere bei ©reg. Ep. 6, 14—17 [5, 14—
17]) mtt Änütteln gejitytigt toorben unb Ratten fic^ flagefityrenb an ben ^ßapft ge*
toanbt 3n einem nid^t me^r erhaltenen ©^reiben er^ob ©regor einf^radje gegen ba«
Scifatyren be« ^atriard^en, biefer anttoortete junäc^ft au«toeic^enb, ber $apft remonftrierte 45
bon neuem (Ep. 3, 52 [53] Suli 593). Stonmctyr fteUte % bie ängelegen&eit in einem
bafi^nlU^en ©(^reiben (©reg. Ep. 5, 44 [4, 38] p. 343, 30 : scripta dulcissima at-
qua suavissima de causa presbyterorum) flar unb überfanbte gleichzeitig bie ^ßro^e^
aften. Der Umftanb, bafe in biefen Sitten bie SSe^eid^nung oixov/tievixog naTQidqxrjg
ptene per omnem versum (Ep. 5,45 [4,39] p. 344, 16) toteberfe^rte, beranla^te 50
®K|jor ju einem W^fl^n änttoortfe^reiben (5, 44 [4, 38J 3uni 595), in toelc^em bie
„Sraftctt" unb ber „^oc^mut" be« Patriarchen in ben üerle^enbften 3lu«brücfen gerügt,
jener 2ttd, ber feinen Iräger al« ben Dberbifc^of erfd^einen laffe unb i^n über alle feine
ifabtfc^öfe ^tnaud^ebe, al« eine teuflifc^e 9tnma|ung ^ingeftedt unb bem ©egner ber %aü
SucifevS al« toamenbe« Seif^iel borge^alten toirb. sJ2iemanb fyabt je biefen Xitel ge= 55
fita, and} nxdft ber römifd^e $a))ft, obtoo^l ba« ffon^il bon Gbalcebon i^n biefem ju-
D^anben ^abe (über bie entftej^ung biefer fallen S3e^au))tung f. §efele, Äonjilien*
tfdfött * 2, 544 f.). ©eine heftigen ^rotefte ber^allten unge^ört. Äaifer SKauriciu«, an
tat W ®tegor flleic^jettig (Ep. 5, 37 [4, 32J) ; bgl. auc^ ben »rief an bie Äatferin
tonpmitina 5, 39 [4, 34J) mit ber Sitte toanbte, bem Patriarchen bie p^rung be« co
304 3* mrv.,
latd* -mbt \u jennrten. ttut» ni 2em Bumdbc aoBtg uapgangüib. 4bm) im 3aü
.">9>i ermahnte sc 3en ftmunheu >jrufn<nnf* 3011 JBetan&nen, dnt xodft cdä p*pn uni-
versalis iu Beamten Ep. i. 21) :?<>•;. £09 er 3mmnne£ mit bat Samte belegt babe
unb Dieter jfcnc SiDercux etntft stij^tidxn Taoes jcfluilicit fei — an 0atissgerm)t für
5 "eine aetttodte gesibeiet jnD *cnnn ItuUtcbrn (Smjet^ tfr oft tpalae ujiuiji$e Xtabitiini
'Jon. Diae. Vit. 'ire^. 3, 30 1. ^e&etuuus aber blieb (Srogmö jhnigeä ILrted aber ben
Barrianben ür 3te jnxnbianüridie Ambe iimüflcftcnP. uno Die Änlanbijfam ^afecn fernen
Samen jus inrnn Jier^cnmne inmjrnMmfeu «Ad ± Sept. Tom. L, 337 D: e saeris
fastis exetadimast.
:o ,^ur Seurtrituiig Des Suwtftf ift roigcubeö ^n fagen. 3mi£u$jt &*** fu^ ®wgin g&
irrt, meint er 9er Üienuinq mar, ^[abanneä babe eine frtsber uneibüite Heuerling twf=
genommen. Xas märe nur 3er .Tafl jeuieicu. menn der foiliumb jid) felbfr al£ oixov-
upvtyetK xaT*vrio%r]^ uiUH^enbnet fwtte. -sie es Die Buiiimibeu be£ jpateren iRittelaltnä
unb Der Jieu^ett ^etban aabet. ^obarnies box Daä, ürtDct mir uadfptafcx bauen, tödft
15 jptbcai. ier Xhel Jo^cj^iKrarKZDc *ai 'Hxovuevtxtx; anxouiamq lagt fk$ ab** fär
die fönnantmmjoGtamttben Bamanben febon fett Der 3«* öe# ofl^nmt* IL Aappabog
(513; na<firoexien f. Die Seiege bei (Seiner -5tj8iT..i- &ufi m ber Snu$me, baft feine
Sotgänqer rw6 Dem Xitel episcopas aber patriarcha (papa) universalis gegeaabg
icbtetbttoeg obCefmenb uerbaiten batsen, irrte (Sogar: für Seo LP Jpornriäbrö, SonifatiuB II.
30 unb jfgatoet lägt Sc6 Da3 ®egrtiifrl lunmoenen. (fö Ca§t vub aber toeiter am$ baiübex pieüea,
06 (Tregor mit feiner Xemung Deö Titefe ai^De* episcopas anirersalis «ab gene-
ralis pater iEp. o, U >, 38^ p. :U;3.2^ im ^mne einer ttberodmuna bes b^oroimf^ei
i&üiiiuuien über jde inoeten ©brfjiüt, juri) Den tömäd^en, bie 3Sor(MIawg trifft, bic bie
(9tiec6en Damit gerfianDen. Xnajtamxä Der 9i6(totbefiir erfuhr bei fernem Xufeiiityatte in
x Äonftarmnotjet i .^D i. ö. X 8b I 492. uff.). Das bie ®rie$en non ideo oeenmenieiim,
quem mnlti universalem interpretati. sont^ die«ent patriarefaam, qnod totins
orbis teneret praesnlarnm, sed qnod enkkam parti orbis, qnae a Christianis
inhabitatur, praesit. UnD Diefe Inrnrng bat (ttos @d^eö Suifrunfr) üid für {h^. $U^ierf
feanqen unb bei. Jtxttenbutcb if. aub iJb. jRe&er in 2te3 1891,232) Snb für bte neber»
3ofe^una be^ o«x. .twto. mit Jfcettbäwtrianb'* mit triftigen (Scunben eingetreten: ^offenbar $
Der otumenifebe "Batrianb Der oer Den anfieren mit Dem Sertranen beä Jtatfers begnabete,
Den anbeten al* Jotbtlb bingeftedte, im $nxä*bsfalL für bie oixovpfni, bas Sem) unb
feine Ambe moB^ebenbe ^atnattb" (Jtattenbufcb 117). Jafur fyvdfl auc^ bie Seibfc
rmfamtUAUti, mtt Der ^unnrian in 6ober unb Sotjeflen ben Zttel bertoenbet, tod^tenb
v, er btx$ ebenfo fe(6nberftanb(i^ Dem ümüKben Öi?(bcf ben oberem Slang pierfamt. 6#
erfebeint al^ febr pfaujibel, Da^ Der Xttd gerabe in ber $nt ber burd) bas ^enotifon
berbeigefiibrten ftircbentremiung aufgebmmen $ i&djer 568; ba^ Snafiafiud I. bem
%\atxiax<fan fca^ ^raßtfat gerabeju t)erüeben babe, toie Äattenbuf^ a. a. O. bennutet, tfl
angefid^t^ ber (fytfdftdjtt ber Titulatur unUKxbrfc^eauu^) unb ntjofetn boc^ einen (Segenfaf
46 gegen ftom tmfäUtfr. ^ebenfaS^ aber betraft bie t^atfa^e, ba^ @regW unb fräteter
%\tipfa n>tebei^o(te ;JBrotefte xm ganzen Crient unge^ort ber^aflten, einen tote geringen
iftlert man (>ta auf römiie^e Sonbermeinungen legte.
Jlad) \\)\t>vx bat ^o^anned einen, bem Seanter bon SebiBa getotbmäen traftat de
ft*wrftm*nf'> \mpi\»mnt\a berfaBt, ber bon 3- lebiglu$ ab eine ^ufammmfienung bon
a, %\\t\p\i\<bftx\ aitrttxHätcT über bte breimalige Untertau^ung (^arattertftert toirb. Unter bem
tarnen bf« ^atx\axä)tn ge^en noc^ beute folgenbe Sd^riften: 1. äxoiovdia xcu täfa
hü t*oHo).t9yo»fihfi>v (nftmalig gebrudt bei 3- 3Rorinu3, De diseiplina in admi-
tt\nt rt* tlt, iw «ftcrftm^nti poenitentiae, $ari^ 1651 (u. ö.) im 9m)ang; MSG 88,
IWtfj y,i\H, bg(. VXW :>,(>), eine ^nftruttion für bieSem)r|mefier )ur Sertoaltung bed
w» 9hif)gnid;tf# ; 2. M/oc noos tw fxlXXovra Igayogevocu xov iamov nvev/junixor
/tutfoti nUmxn I. «.; M80 1919—32), ein äu^jug aitö 9te. 1; 3. tuqi fieiavolag
Hti) /yy.ttftftffic xtil natßtvinq (MSG 1937—78; au<$ bemS^foftomudjugefc^eben);
4. /f/ol ~i/>riiAn/rof>tfr/u7n> xtX. (unter ben 3Berfen bed 6$ripfoftomu$ MSG 54, 553 — 568);
5. AtfiaoxtiXin uovatovoöw xai btiripua ixdorov äfiaoztjßiaTos (^rdg. bon 9L 8.
i»*llw, Hpl«ll. Holcmm. 1, $ar. 1858, 416—435); ber erjie leil au^ in be«f.l8erf.
.Mir. Krd. (Irawj. HiHt. et Monum. 2, Rom. 1868, 226—335); 6. eine utetrifefc
jutunlvtiut (Hlnnrii nd monachum, ^g. im Spie. Sol. 1. c. 442 sqq. u. Jur. etc.
I. <•.. .Tjrim|.). Reine biefer ©tbriften tfi auf unferen 3. jurüdäuffi&ren. 3)ie Une^t*
beit bon 9tr. 1 u. 2, bie bie alten riaorofen Su^fanone^ burd? milbere erfe|en tooOen,
ynt |ri)on 9Mntcrim ertoiefen, unb §o\l l?at neuerbingd barget^an, ba| fte ben )»on ®dpr
(Hl fy(1
3»tyutite* IV., Stimmtet 3foljamie$ ÄlimafaS 305
(f. o.) entbecften gafter Igo&anneS, «inen fawabojiföen Wünä), ber um 1100 nad& Äon*
ftantuiopel tarn unb bort baS ^etratlofter hrieberfyerftellte, jum 33erfaffer fyaben. Ob bie
übrigen bei 3Ktgne unb $itra gefammelten Städte bemfelben 33erfaffer jujufd^reiben ftnb,
iß no$ ju unterfu$en. ©. Ärüger.
3*f)«uue8 ftltmaftrt, geft. nadfr 600.— ausgaben: TOatt^. föaberuS, $ariS 1633, 5
toiebe r abgebrud t inMSGBö, 5ö3- 1248 (#er [596-608] bie Vita beS 3. oon Daniel, Wönd)
in Äaitfcu, unb einige anbere biograptjifdje Motten [607-612]); ©opfjr. ©remiteS, flonftant.
1883. »gl. $b. £abbe\ Diss. histor. de S. Joanne Climaco, MSG 88, 579-82; 3. 91.
gabriciu«, Bibl. Graec. (ed. #nrle$) 9, ftamburg 1804, 522—28; SB. ©a&, $ie Etyftif b.
«ifolauS (JabafilaS, ©reifSwalb 1849, 59- 61 ; C. gocfler, Sa* üetjrftücf uon ben fteben 10
fcauptfünben, daneben 1893, 49—51; 91. (Slpbarb in ftrumbacberS ©efd). b. bl^antin. Sit»
teratur*. SRündpn 1897, 143 f. (tyier eingefyenbe fiittcraturangaben).
Über baS geben beS 3o&anneS, mSbefonbere bie ©Pönologie, ftnb mir nur burefy
toenige, no<$ baju unftare wotijen unterrichtet. 33ieHekfyt um 525 geboren, toarb er als
16 jähriger in baS ©maülofter aufgenommen, &u beffen 2lbte 9)tartt;riuS er in natye 93e* 16
peijungen trat 9ia$ beffen lobe jog er ft$ in eine §öfyle am ^ufee beS ©inai jurücf
unb Herbrachte bort 40 %cfyxt, bis bie ©inaimönctye ben ©reis als ttyren 2tbt jurücfnefen.
Unter ben ©riefen ©regorS b. ©r. fitibet ftety ein an Johannes abbas montis Sinae
genuteter Dom 1. ©ept 600 (Ep. 11, 2 [1], MG p. 261). Salb nad& 600 mag er geftorben
fein. Den Stamen ÄlimafuS — , er Reifet auety ©tnaiteS unb ©ctyolaftifuS — erhielt er ao
tat feiner ©cfcift KÜpag tov nagadeioov, Scala paradisi — fo genannt mit öeaug
auf We 3a!obSleiter — bie in ber ßnttoicfelung ber aSfetifd^en -Dtyftif in ber gried&ifcgen
Jtir$e eine ©teile einnimmt. Siefe Stiftung, toofyl m unterfd&eiben bon ber mefyr litur=
giften unbjpelulattoen beS *PfeubobiontyfiuS, fyat fubofyne 3^^ au^ *>em ®#e *>&
gnetyiföen 3Jcon$tutn$, tote er fetyon in ben älteren 9JtöncfySregeln ausgebrochen ift, ent- 26
towfelt unb bilbet ein ©egenftüd ju ben Styeorien, toelctye bie lateinifcfye ©etyolaftif über bie
Boje unb formen beS mü^eboQen SntyorfommenS ber ©eele ju ©Ott toeit foäter, aber
au<9 in f$arferer pfod&ologifctyer SluSbilbung fyerfcorbrac^te. Sie ©$rift beS ^o^anneS
tow **ft öeflen ®ni)e *** 6- 3afyrt&unbertS entftanben fein, ba fte ÄenntniS ber 9Jioralia
SreaorS b. ©r. (f. u.) jeigt. w 3n 3° Gradus (Setterfproffen) befc^reibt fte biejenigen 30
6eelen)ufianbe unb pfocfyfdfoen Übergänge, toeld^e ben 9Renfc^en ftufenmäfcig läutern unb
bem ^dc^ften 3*e'c **>& 9öttlid^en SebenS jufü^ren follen, unb jloar mit Beifügung gc*
teiffer aSfetifc^cr Hilfsmittel. 35a^er beginnt ber ^rojefj mit ber SoSfagung oon ber 9Belt
unb mit ber öefämjifung ber Seibenfc^aften. 5}on auer jerftreuenben 2uft unb ftnnli^en
2cbendfreube toenbet \vty ber ©eift jur 93ufee unb 3;raurig!eit unb öertoeilt im ©ebanfen ss
bö lobeS. ©ie ^eilfame Irübfal ertoeid^t baS §erj burd^ bie 9Rac^t ber Ifyränen, be-
(reit eS kwn ber felbftfü$tigen Befangenheit unb nimmt bie 6d)lacfen unb gärten ^tn=
toeg, toeb^e S$a$, @m))finblic^!eit, ©c^am unb baS Slnbenten erlittener Seleibigungen
prikflaffen. fluf biefem 2Bege gelangt ber Bußfertige in ben 3uftan^ b*3 ©AtoeigenS,
too er nur SBorte finbet jum ©ebet, ^um ©efang unb }ur SiebeSertoeifung. ©eift unb 40
Semüt toerben bon gröberen »Stoffen befreit unb gleic^fam fcerbünnt, um bie Berührung
mit bem jarten göttlichen 2ebenSät^er ju ertragen. Sic feiige 9liebrigteit, bie toafyrc
vmtbrayois, fü^rt auf ben $fab ber sJJad^foIge ß^rifti unb erliefet bie Pforten beS
§anmelreic^eS. Sern alfo ©eläuterten, nac^bem er fic§ gegen bie ©innentoelt immer
DöÖiger abgefd^loffen, foD jugleic^ ein er^ö^teS ftttlic^eS Urteilsoermögen (didxgioig) ui 46
Sebote fielen, baS i^n befähigt, in ftc^ unb anberen bie böfen Regungen }u unterfd^eiben,
bte guten bertoorjuloden unb feftju^alten. Ser ^öc^fte 3uftan^ xft ^er cmer 9t>ttnac^=
a^menben ftpati}\t unb 9tu^e (^av^/a), ber geiftig Slbgeflärte tritt fd^on ^ier in baS
boBbmmene unb bertlärte Safein ber äluferftanbenen, er fd^aut in ungetrübtem Spiegel
Mc ©üter beS $arabiefeS. Slber nur berjjenige toirb biefen ©tanbpunft feiiger ©tille er« 60
wkfcn, ber bie ©türme ber Söelt gubor erfahren unb überftanben fyat. Sie Abteilungen
ber &da laffen tfoax im allgemeinen ben ^ortfe^ritt jum ^ö^eren ertennen, o^ne boefy
m einzelnen nac^ logifc^er unb pfi;d)oloat|^er golge genau georbnet $u fein. silud; ift
ber 3toecf nic^t lebigli^ t^eoretifc^ unb fontemplatio, fonbern oielme^r übertoiegenb pxau
% ba^er man ftc^ nic^t tounbern barf, baß bie Schrift unter ben grieduföen Wöntyn 66
jo^unbertelang gerühmt, als Anleitung jur Soüfommenfyeit benu^t, fommentiert (bie
6^o(ioi bed So^anneS, AbteS beS unfern Dom ©inai gelegenen filofterS Slait^u, auf beffen
SimM baS SÖert entftanb, in MSG 1211—48; anbere ©Folien am ©bluffe eines
jcbenfla^ntelS) unb in bietet abtriften verbreitet toorben ift. $n 9ia$f olge ©regorS b. ©r.
*t&*mc*tlop&blt fflt Geologie unb «tr<$e. 3. «. IX. 20
306 3ofjatttte* SluttatitS 3oi)anne3 *o« Kc^onntf
Moral. 31,31 [45]) ift axxä) So&anne« ber Stnfid^t, bafc ©iebentetlung ber §auj>tlnfter
gegenüber ber bamal« üblichen 2ft&tteüung bie richtige fei (Oradus 22 MSG 949 A).
®er urforünglidfo ben ©cfylujj be« 33ucfyeS bilbenbe kdyog ngdg rdv noi^eva, an
gofyanneS Don SRaitfyu gerietet unb ba« ^bealbilb be« Älofterfyirten jeid&nenb, tft je$t eine
6 felbftftänbigc 2Ctyanblung. (®. Äa§ f) ® Äriger.
^ofjanneö t>om Aren) f. Karmeliter.
^anneS 2RalalttS f. 2Ralala«.
3fof}anne$ 2Waro f. SWaroniten.
3o^annc« 2Rofd}n$ f. 3Wofd&u3.
io SofjanneS Don ÜRepomnt, ber beliebtefte SRationatyeilige 33ö6men$, angeblich erfter
•Dtärttyrer bc« 93eicfytgefycimniffe«, geft. 1583; ©ebäctytniStag 16. 3Kai; angerufen gegen
SSerleumbungen unb SKafferSnot. Sit t erat ur: Joannis Nepoinuceni vita, auetore Bohu-
slav Balbino d. J. AS Maii, Tom. III (1680), 16. Mai, S. 668—678; berfelbe, baöfelbe bfy
mifd), in : Boemia saneta 1682 ; Acta canonizationie seu declarationis martyrii etc., Bomae
16 1717; Acta utriusque processus super fama sanetitatis etc., Viennae 1722; Boh. Bal-
binus, Vita b Joh. Ncpomuceni martyris, Aug. Vind. 1725; Sacrae rituum con-
gregationis canonizationis seu declarationis martyrii b. Jo. Nepom. positio, Bomae 1727;
Bart. Ant. Passi, La istoria della vita, del martirio e de1 miracoli di S. Giovanni Nepo-
muceno, Romael729; berfelbe, baSfclbe. ©efd)id)te be« geben«, ber harter unb ber SBnnber*
20 werfe be« 1)1. 3°*)- u. 9?., $rag1730; $3ergl)auer, Protomartyr poenitentiae, Graecii et Aug.
Vind. 1736—1761; $lttyanafiu« (i^ltad Sanbridj), Dissertatio xustorico-chronoloaco-critica
de J. de Pomuk 1777; ©. 3)obner, Vindiciae sigillo confessionis divi Jo. Nep. Protomar-
tyris poenitentiae apertae, Pragae et Viennae 1784 ; berfelbe, ba«fefbe beutfd) ; 3- $)obroto«fy
in: fiitter. SHagaain uon 33ö^men u Währen. 3. St. 1787, 8.101—126. 159-161; gr.$u.
25 bitf^fa, ©bronol. ©efeft. Söhnten«, 7. 93b., Sßrag 1788; berfelbe, Unusne an duo ecclenae
metropol. Pragensis canonici Joannis de Pomuk nomine . . in . fluvium proturbati fnere.
Pragae 1791; berfelbe, baSfelbe, beutfd), tbba., @$renrettung be« 1)1. Solj. x>. % ober #ej>.;
3. Sil flimmermann, sBorbote einer &ben«gefd)id)te be« (1. 3. t>. Wtp. 1829; ®. g. »eu«
mann, fcunbcrtjfi&rifle Snbelfeier ber £>eiligfprect)ung 1829; 3. u. 9*ep., £iftor. polit. «ifitter
80 16 (1845), 650-655; O. Slbei, $ie fiegenbe Dom 1)1. 3. u. 9*ep. 1855; ttt. Srrinb, $er ge.
fdufttlicfc. ftl. 3- »• ^- 1861, 2. «. 1871; «. .SBürfei. Legenda o J. Nep. 1862; Tom.
Novak, Zivot (Seben) S. J. Nep. 1862; berfelbe, Uvahy (©etradjtunaen) o S. J. Nep. 1871;
Gb. ffleimann, 3- »• W- na« ber Sage unb nad) ber ©efd)i*te, £3 27 (1872), 225-281;
A. H. Wratislaw, Life, Legend and Canonization of the Joh. v. Nep. 1873; dem. Borovy,
36 S. J. Nepom. 1878 ; Ä. grinb, $>. M. 3. t>.vW., 3)enff4rift jur 8eier be« brüten giibi*
Ifium« ber £>eiligfpred)ung 1879 ; J. Votka, Srkipec na ceske* neverce (golterbanf für böb«
mif«e Ungläubige) 1881; 6. 3- ®*mube. ©tubien über ben $1. 3. D.^cp. 8tX6 7 (1883),
52 ff. ; ^iiflcnborff. L'infallibilit^ pontificale et la canonisation de S.J. Nepom., in: LaOon-
troverse 1883; La critica moderna c il martirio di S. G. Nep. in: Givuta cattolical883;
40 J. B Votka, Zäzracny jazyk svat^ho J. Nep. (bie umnberbare 3un9e ^- W- 3) 1884;
«. 9lmrl)ein, öiftor. c^ronot Unterfudjungen über ba& Xobedja^r b. ftl. 3. ». 91. 1884; J. B.
Votka, S. J. Nepom 1887; ©djmube in: Sejer u. SBelte*« fiircftenlejifon, 2. « 6 (1889),
1725—1742; J. Herben, J. Nepom Spor dejin ceskych s cirkvl flmskon (<£in Streit ber
böbmifdjen ©ef4i*te mit ber römifdjen Äitriel 1893, 2. Ä. 1897.
46 3)er gefd^tc^tlic^e 2lu^gang^unlt ber 9tei>omuf*2egenbe ift bie ^ßerfon be« 3°famn
au^ ^ßomuf ober 9?ej)omuf, ber ©tabt im ^ßtlfener Äreife ; fein SBater SBelflin, too^I ein
Deutföer. SBa^rf^ctnlic^ 1340 geb., ftubterte er an ber neuen Untoerfttät iu $rag, 1372
öffentlicher SfJotar, 1374 ber erfte Sd;retbcr ber erjbifctyöflid&en Äanjlei, ft)äter ©eketar
be$ e^btfd^ofö; 1380—90 aud) Pfarrer bei ©t. ©aDu«. 3n biefent Saürjefrit roibmete
50 er fid^ bem fanonifd^en Stecht unb unb ertoarb fxc^ ben 3)oftortitd be«felbenf rourbe Äö«
nonilu^ bei 6t. 2lgibiu§ unb furj barauf bei bem altberitymten ÄoHegiatftift am ©Vff^
fyrab, Slrd^ibiafon bon <£aai unb bamit ÄanonifuS öon ©t. SSeit, mit SSerjic^t auf ©t ®aDu« ;
1393 flieg er jum ©eneratoifar be^ 6rjbifc^of« 3°^ öon 3wfWn auf. 3n b«nftfben
3a^rc ereilte ifyn ba^ ©d^idffal, ba^ er auf Sefefyl be^ mit ber ©eifUicblett t>erfeinbeten
65 Äönig^ SKenjel IV. jur ©träfe für bie toiber feinen SBUlen erfolgte Seftätigung einrt
neuen Slbte« für ba« 93enebiftinerftift Älabrau unter ber 33rü<fe in ber Stolbau erf&uft
tourbe, am 20. 3Kärj, ein 3Jtärtyrer ber geiftlic^en 3"""u«Wät. Dr. 3o$anef, fo nteip
Senannt roo^l loegen Heiner ©eftalt, erfreute ftd^ leine« befonberen Stufe«; et toar reic$,
efa^ §äufer unb lie^ äbeligen unb ^Prteftcm ©elb au«.
Sofjattne* Hott ÜRepomttt 307
SDie (Snttoicfelung unb Umbilbung ber Segenbe lägt ficfy Verfölgen, ©ctyon ber balb
nadj bcr Untfyat nadj SRom geeilte Srabifcfyof bezeichnete in feiner Staffage SßenjelS ben
@etötcten als -Kärtorer; in bcr einige %afyct foäter getriebenen Stograpfyie giebt eS be*
reitS SBunfter, bur$ bie ber (Srtränfte entbecft tourbe. ©anj befonberS fyaben bic fritifc
lofen, emanber abfcforeibenben bö^mifcfyen Annaliften öom 14.— 16. ^a^unbert bie gäbe! 5
genährt. Um bie SKitte beS 15. taufy bie 92ac^ric^t auf, bie Steigerung, baS Seicfytfiegel
311 tarieren, fei bie lobeSurfactye getoefen. 3toei Safy^nte \päUx (1471) mad^t ber
$rager 2)ombe<$ant Sßaul jjibef (Dgl. ^ehel, 3lbbilbung bötym. unb mätyr. ©elefyrten unb
ßünftler 3 ([1777], 6—11), bem aucfy fonft falfd&e 9toc$ric§ten nactygetoiefen fmb, in feiner
ungebrutften „bötymiföen Untertoeifung für ben Äönig ©eorg" ben ^ofyanef u. a. jum 10
Set^ttxtter ber Äönigin.
3)er getoiffenlofe ß&ronift SBenjel §atyel aus Siboöan (bgl. $eljel a. a. D. 1 ([1773]
20—24), ber „bö&mtföe Storni", lafet (1541) toofyl au« Unactytfamfeit uub Ungefc&icf ber
Duellenbenugung jtoei 3<>&- &• 9lcj>. ertränlt toerben ; ben erften als 33ei$tt>ater 1383,
ben jtoetten toegen ber AbtSbeftätigung 1393. 3)er $rager ©ontyntyft ©eorg Sartyolb 16
$ontaiui* fcon Srritenberg (togl. $eljel a. a. D. 2 [1775], 22—26) rennet in feinen
£tymnen (1602) 3oty. ü. Step, bereit« unter bie SanbeSpatrone, maetyt tyn in feiner
„Boemia pia" (1608) jum Almofenier unb regte feine $eiligft>rectyung an. Aber ben
mäßen 2)anf föulbet bie 2egenbe bem ^efuiten SBalbinuS, bem „bötymiföen piniuS",
ber ftety um bie baterlänbifctye ©eföictytSfcfyreibung fo toerbient machte, bajj er \>on ber 9te= 20
gicrung, ber SSergeffen unb Steigen Diel teurer fear, angefeinbet tourbe, ber freiließ
cbcitfo leichtgläubig als patriotifefy toar unb feinem ^eiligen ju Gtyren fogar jutn $älfc§er
tourbe (»gl. $eljef a.a.O. 1 [1773], 49—52; ©raf Süfcoto, A History of Bohemian
Literature 1899 ©. 356 f.). 9ia$bem 1621 m ®$ren beS 3. t>. 91. bei ©t. Seit ein
Ätar getoetyt — Ffäfliö berfelbe, beffen einnahmen er f. 3- genoffen — , ein gatyrfünft 35
barauf baS erfte 2Bunber am ©rabe ertoäfynt, bann im ©eburtSort eine ßircfye erbaut
toar, bie einfttoeilen Sjo&anneS bem Käufer getoeifyt tourbe, tocil ber ^Japft bie Urfactye
bc* SRartyriumS noc$ nidjt emfctyieben fyabt, trat SBalbin mit ber ausgebildeten Segenbe
tytt>ox (1670), m ber er mand&e 3üÖe beS großen Sufe>)rebigerg unb -Dtagbalenen-SBaterS
3o^arai 3Riliö Don Äremfter, eines ber Vorläufer ber Deformation, feinem gelben juioen* ao
bete. 3lad) Salbin ftubierte %o1). ö. 3lq>. in 5ßrag, tpurbe SKagifter, Dr. theol. unb jjur.
can., ^JrÄiger an ber Xe^nfird^e, Domherr ju ©t. Seit, $roj)ft an Allerheiligen. Äönig
SBen)el machte tyn m feinem älmofenjjfleger, bie Äönigin, 3°^anna öon Skiern,
toa^lte tyn ju i^rem $eic^tt>ater unb fucfyte in ©ebet, Seilte unb Armenpflege umfo-
me^r i^ren Iroft, je tiefer tyr ©ema^l in SluSfctytoeifungen, ©raufamfeiten unb Serbrec^en 86
toerfant. 92un gelüftete eS ben ftönig ju h)iffen, \va$ feine ©ema^lin bem ^riefter betete.
Cr berief tyn öor ftc^ unb oerfprad? i^m an ©c^ä^en unb @^re, \va$ er nur münfe^e,
toerax er i^m eröffne, toaS bie jtönigin gebeichtet, tiefer erfc^raef ob biefer ruc^lofen 3U=
mutuna, braute Jeboc^ burd^ freimütige, ernfte @rtoiberung ben König vorläufig Don feinem
ffiunfqfe ab. 3ulein baS ©elüfte toieberfyolte fic^ unb führte ju t^rannifc^en tyatm. 40
Salb barauf lam ein fc^le^t gebratener ßapaun auf bie föniglid^e iafel. darüber ge-
riet Sknjel in foM&e 9But, ba^ er ben Rocfy auf ber ©teile ju feffeln unb ins geuer ju
toerfen befahl. 3°^nn^ to™ ber einige, ber bem dürften erft fanfte, bann nac^brüdt«
liiere SJorfteöungen machte. 9lber nur toenig ^atte er gefproc^en, als i^n ber ftönig in
ben unterften Äener abführen unb mehrere Xage in ©c^mufc unb ginfterntS unter junger 45
unb 3)urp f^mad^ten lie^. ©nblid) erfc^ien ein $öf(ing, ber tfyn im Warnen beS ftöntgS
bat, baS Vorgefallene ju öergeffen, unb tyn auf ben folgenben lag jur Safel lub. 3°5
fcmte* fteEte ftc^ ein, aber ber König fam auf fein Anliegen jurücf unb lieft fein Glittet
untoerfiutyt, i^n ftc^ gefügig m machen. Als aber ber getoiffen^afte ^riefter unbeugfam blieb,
aaiet ber König toieber in 2But, lieg ben genfer rufen unb ^o^anneS burc^ biefen unb 60
feine ©cfyilfen auf bie golter Rannen unb mit brennenben %addn martern. 2)ie Dualen
nuteten bei ber©tanb^aftigteit beS3RanneS nichts aus, unb man fyörtc fc^lie^lic^ mit ber
goüer auf.
2)er ftatfer gab tyn toieber loS, unb go^anneS toartete, fobalb bie SBSunben geseilt
taten, aufs neue feines Amtes. AIS er toieber im 3)om ^rebigte, toanbte er ^efu 2Borte : 66
„über ein JtteineS, fo toerbet i^r mic^ nic^t fefyen", auf fic^ felbft an, unb fagte mit Lei-
tern Anilty unb Maren SBSorten feinen Xob toorauS ; ja er fing an, tooH Jrco^ctifctyen
SciPeS unb unter Zoranen baS bem fianbe beüorfte^enbe Unheil m fc^ilbem: bie aus
bem Abgrunb auffleigenbe Hexerei, tote alle Jtird^en unb ftlöfter im Sö^merlanbe in flammen
20*
308 3of)aittse$ Hott ftepotmtt
ftefyen, ^eilige SKänner $u Xobe gefoltert toerben toürben, unb gänjlictyer Untergang ber
Religion brofye. 3U^ fö0*c <* ^cn Sebetootyl, bat bie Sßrälaten unb 2)om^erren ber
Kirche um SJerjetyung unb fcfylofe unter allgemeiner Trauer unb Seftünung.
SBenige Sage barauf trat er eine ÜBaHfafyrt nad& SoleSlab (Öunjlau), ju betn
s älteften ÜJluttergotteäbilbe in Söhnen, an. 911$ er eine* SlbenbS nacb Sßrag jurücttefcte,
\af) ifyn Äaifer SBemel, ber gerabe au$ bem genfter flaute, ©ofort liefe er tyn bor ftd&
bringen unb fufyr iyn in feinem ^ä^orn mit ben Sßorten an: „ööre, $faff, bu mufet
fterben ; toenn bu nid^t auf ber ©teile baä, toaä mein SBSeib bir gebeichtet fyat, genau be*
rietyteft, fo ifte um bic§ gefctyefyen ; bei ©ott, bu toirft SBaffcr jetyluefen muffen !"
10 3°^annc^ 9a& barauf nietyt mit Söorten, aber mit üBhenen feinen 2tbfc$eu lunb,
tourbe augcnblidflicfy auf ein $t\ä)m ^ JtönigS ergriffen unb in eine anbere Äammer
gebraut, aber Staate auf bie SKolbaubrücfe gefc^le^t unb, an #änben unb güfeen ge*
bunben, in ben ©trom fyinabgeftürjt. 2)aä gefdpafy am 16. 5Rai 1383.
9hm beginnen bie Sßunber. 2)ie 9Rorbtfyat, toelctye ber Äaifer böllig geheim fcatte
16 balten toollen, tourbe fofort burc$ l?imm(if$e SBunberjeictyen benoten : un^ätylige tounber*
aar f>cüe Siebter fab man auf bem bamalS ftarf angefötooDenen ^luffe fegtoimmen ; ber
fieic^nam tourbe bon ben SBSeHen langfam fyinabgetragen, toie jur Seictyenfeier bon ben
Sintern begleitet, ©anj $rag ftrömte ju bem feltfamen ©ctyauftnel fcerbei. 2>e$ 3Rorgen$
lag auf bem Uferfanb ber cntfcelte 2cib mit milbem Slntlifc. 393er ber SKörber fei, fonntc
2onid?t lange berborgen bleiben. 3)ie ^rager 3)omfyerren orbneten einen feierlichen Sittgang
an, brauten bie Seicfye na$ ber nahegelegenen itirctye jum ^eiligen Äreuj unb festen
fie tyier einfttoeilen bei, bis ein toürbigereä ©rab im 2)om bereitet toäre. 3US man
aber in ber ©t. 33eit$!ircfye ein ©rab grub, ftiefeen fie auf einen großen ©ctyafe, ©oft,
©über unb anbere Jtoftbarfeiten, afö toollte ber §eilige für baä efjrenboße SJegrabniS
26 feinen 3)anf abftatten. 3)runten in ber Äreu^fird^e ftrömte eine ja^llofe 5Renge JU*
fammen, um ben fieietynam ju fefyen unb ftety ber gftirbitte be$ ^eiligen ju empfehlen.
2113 ba$ ber Äaifer erfuhr, befahl er ben ©eiftlid^en ber Äreujfirc^e, ba$ 33oll abjutoetyren
unb bie Seid^e in einen abgelegenen 2Bin!el &u toerfen. £>a$ gefdjaty, aber ber flöitoer
berbreitete einen fo ftarfen fytmmlifctyen 2)uft, bafe feine ©teile nid^t berborgen bleiben
so f onnte, unb baä Siolf aufs neue fiefy um i^n fammelte. Snblid^ toar aUed ju ber 2eic$en=
feier bereit; bie ©eiftltd^Ieit beranftaltete eine ^ßrojeffion unb braute unter bem ©eläutc
aller ©lotfen ben ^l. Seid^nam hinauf nad^ bem ^rabfd^in in ben ®om. 9Ran mufete
^ier aber bem Drängen be« SSolfeS nachgeben unb ben ©arg noety einmal öffnen : ba
tourben eine 2JJenge Äranfe burdd bie Serü^rung be« 1)1 SeibeS geseilt. 6nblic^ tourbe
86 berfelbe unter tränen beftattet. Königin ^o^anna aber ftng an ^injutoetten unb flarb
ünberloS am 1. ^war 1387.
Dbh>o^l baS Präger 3KetroJ)olitan!a^itel bie i^m getoibmete SJiograp^ie „ate biel^
fac^ unbegrünbet unb irrig unb als mtytyologifd^rfyetorifdbeS 9Jta<$h>erf" nic^t annahm, liefe
Salbin nicfyt locfer. @r getoann einflußreiche ^erfönlic^feiten, unb 1685 berfuc^te man,
40 in 9iom toenigftenS bie ©eligforeebung ju erh)ir!en. SergebenS ! Umfome^r mufete ber
Äanbibat feine SBunber fpielen laffen, toobei er merftoürbigertoeife in fd^mu^tgen Siebet
gefeitesten fid^ nüfelicfy ertoieö. 1683 trurbe bie Präger Srücfe mit feiner Statue ge*
febmüdt, bie ga^llofe Nachfolgerinnen gefunben fyat, 1708 i^m ju ßöniggräfc bie erfte
Ätrc^e jugetotejen, too er fid; in unferen lagen recfyt fd^lec^t betoä^rt 1)aL g^jtoifc^en
46 tt>ar tro( jefuitifc^en @infpru$eä ber ^ßrojefe eingeleitet, ber mit ber §etUgft>retfyung enbete
(1721—1729).
2luf ©runb bon 49 3«w0ena^faöen hu ©unften ber lugenben unb SBunber unb bon
16 für alt^ergebrad^e SSere^rung, ftant ber gürfbrac^e Dieler geiftlictyer unb toeltlic^er gürjtei,
erfolgte burc^ 3n™cenj XIII. am 25. %um 1721 bie 95eatifi!ation. ga bie Kurie toar
60 fo in ©$toung gefommen, bafe fie, o^ne bie ^njä^rige %tx\t einhalten, nac^bem fi$
ein alberne^ S^S^^^^w noc^ lä$>ifc$er tüteber^olt ^atte, am 19. SWärj 1729 unter
Senebüt XIII. bie Äanonifation bur^ bie 95utte „Christus Dominus1' folgen liefe, ge*
ftüfct auf bie S3albinifd;e «egenbe. $ie 500 ©eiten ftarfen äften be$ ^rojeffe^, ber über
90,000 ©ulben foftete, unterföeiben jh>et 3«>^ b. 9lip. unb crlennen bie i&erelpung bem
66 1383 al^ 9Wärtyrer be^ Sufefaframent« ertränf ten ju. SWit grofeem ©erränge tourbe bad
toeltgefcbid^tlicfce ßreignfe bom 9.— 16. Df tober in $rag gefeiert; 400 Neffen tourben
täglich bei ©t. SBeit gelefen, 200000 ©laubige fommunijterten am ©rabe bed neuen
9lational^eiligen.
Um fo peinlicher toar eS für bie &urie unb alle üRepomufianer, bafe m$t einmal
60 Orbendleute bem „Roma locuta" ftc^ unterwarfen, toeber ^tnftc^ütd? bed 2)o^gänger^
Statute? Mit Wtpomnt Soljatme« $artm« 30»
no$ foo,ar ber SSerlefcung be« 93eic$tgefyeimniffe«, ba injtoifd&en bie 2lnflagefcfyrift be« @r^
biföofS fcon Senftcin <m$ Stc^t getreten toar, bte öon ber legieren fein 2Bort enthielt ; ein
nur äufeerft fünftlicty ausgebeutete« ©c^toeigen! $n ber Sofepfyinifcfyen $eit tourbe in«*
befonbere bon bem gelehrten ©laoiften Dobroto«fy ba« heutige gforfd?ung«ergebni«
f«M«8*- 5
3nbcf[en tyaben ultramontane ©elefyrte fortgefahren, für bie furiale Cmtfcfyeibung ein*
jutreten, freiließ aud) fie unein« in 93ejug auf bte ^toctyeit ber ^erfonen unb ba« $obe&
laljr; 3. 8. gegen bte erftere unb für ba« $afyr 1393 ber berbicnftbolle, aber jhrifcfyen
SBiffenfc^aft unb Aberglauben tyin unb f>er fegelnbe grinb, für bte Doppelbett unb ba« gafyr
1383, tunftgerec^t päpftlicty, ber 3efuit ©etymube. 10
28ol?er aber bie uralte ©age be« »erlebten 33eic$tgefyeimniffe«, bie, toie beregt, fd;on
um bie SRitte be« 15. 3afyrfyunbert« ertoätynt toirb? Steimann berfucfyt bie (Srflärung : bie
®etftU$feit tyatte ©runb, Äönig Sßenjel ju oerabfd&euen; fte fonnte tym ba« Slntoactyfen
be« $ufüi«mu« jum guten Seil jur Saft legen ; ofme feine 9toc§ft$t toäre ba« 2äbo*
ritentum, ba« bie Otyrenbeid&te bertoarf, fcfytoerlicty entftanben. 2)a mag ifyn ber §af$ auety is
al* groben 33erä$ter ber Dfyrenbeic^te au«gefc$rieen unb ben -Dtärtyrertob be« in bunflcr
Erinnerung lebenben ©eneralbifar« fo umgeftaltet fyaben, bafi bie an 3- b. SRep. bertibte
Setoalttyat einen bolfötümlicfyen 93etoei« bafür lieferte.
Sbel fyd bie ätaftcfyt ftnnreicfy begrünbet, ber gefcfyicfytlicfye Äern be« fyl. SRep.
fei eigentlich #u«, ben man au« einem böfymifcfyen ^Reformator in einen fatfyolifcfyen 20
^eiligen umgetoanbelt tyabe, bie 5Rep.*£egenbe etnejefuitifdje 9?erfd^meljung be« erfäuften
unb be« berbrannten Spanne«, ©etoijj ftnb bie 3t^nlid^feiten auffaHenb, fogar bie 9lrt,
bie ®ebenttage ber beiben ju feiern. allein al« bie ^efuiten naefy $rag famen, toar
Step.« Sere^rung fetyon längft toeit berbreitet. gerner entftanb ber $lan ber ßeiligfprec^ung
mcfct im ©egenfafc jum §ufttentum, fonbern jum $roteftanti«mu«, al« Sßaffe ber 25
©eflenreformation. 3- bon sJlej). ift ein anttyroteftanttfcfyer ^eiliger, toenn and) feine
Sere^rung baju biente, fiu« au^ bem §erjen be« böfymifcfyen S3olfe« mit ju berbrängen.
3n bem aQmä^lig emporfteigenben §eiligenbilbe Riegelt ftcfy bie 5Religion«gefc$icfyte 93öfc
men« toieber.
%Qx bie SBiffenfd^aft ift jebenfall« ba« etttföieben, bafe ber ©eneralbifar 3. b. % 30
1393 feegen ber 8lbt«h)a^l erfäuft ift, unb bie Äurie einen 3Kann, beffen 3)afein uner=
toeiSßd^ ipf mit S3enü|ung einer gefällten 93iogra^^ie ^eilig gef^rod^en ^at.
2)ie ht«befonbere über SSö^men beringte begriffliche unb ftttlid^e g^fterni« ber
Seaenreformation ^at fu^ an ben entfernteren unb näheren ©d^ulbigen traurigluftig ge*
t«$t ©ie Äurie fd^eint felbft ein Unbehagen ju emj)finben, infofern fte ba« 500jä|rige 35
®tbä$tni« i^re« nic^t bor^anbenen ^eiligen mcfyt feiern liefe- ©d^toerlic^ bürfte fte [\<fy
baju berjie^en, toa« §erben bon i^r berlangt, ber ^uleftt unb am lid^tboHften ben ganzen
twrtmcfelten ©egenftanb be^anbelt f)at, bafj fte bie Äanonifation rücfgängig macfyc unb
tttoa auf ben gefc^ic^tlic^en ©eneralbifar übertrage, jumal bte ftrc^lic^ ^raftifc^e Jtemfrage
bog JRart^rertum für ba« »eid&tfiegel bleibt. ©eorg Soef^e (©. Siedler t). 10
3»^«»»e« ^arbtt« (3*mt ^etit)f geft. 1411. — ?tn ©cfjrtften oon i^m fmb bi«ber
wtr befannt ein 0>3ebict)t „Complainte de l'^glise" (N. Valois, La France et le grand
achisme d'oeeident, t. II, 1896, p. 410—412), eine 9kbe für bie Subftraftion gegen ©ene-
bih XIII. (Bourgeois du Chastenet, Nouv. hist.. du CJoncile de Constance, Preuves
p. 95 ff.) unD bie berüchtigte 53erteibigung be« X^ronnenmorb« (Gereonii opera ed. 3)u $in, 46
1706. t. V, p. 15—42. SBgl. aud) Denifle-Chatelain, Chartularium Univereitatis Paris,
t IV, p.151 ff.). — ötttcratur: 3. SB. <Sd)it>ab, 3o^annc« ©erfon, ©üijburg 1858; £efelc,
Äonjüiengef^. ©b 7, 1869—1874; Xfdjacfert, ^eter uon «itti, ©ot^a 1877; Chapotin, La
guen« de cente ans. Jeanne d*Arc et les Dominicains, ^Sari« 1889; ftnöpfler, sÄrt. „30»
^nne« Van>u«Ä in ©e^er u. «Jelte« ^ir^enlejiton 53b VI 1889; 93. 93e&, ©tubien jur ©efeft. 60
Mftonftanier ftonjtl«, Harburg 1891 ; VI. Soffen, $ie öetjre öom tt)rannenmorb in ber djrift-
U(ften Seit, Wunden, gfeftrebe OT^t 1894; Denifle-Chatelain, Chartul. Univ. Paris t. III,
1804, t IV, 1897.
3eon$etit, öonCSeburt emSHormamte, ba^er auc^ 5JtitgIieb ber normannifd^cn Nation
an ber Untoerfttät $ari«, feit 1400 fyier $rof. ber Ideologie (2Beltgeiftlic^er; toeber 3)o^ 66
mmifaner, noep gtanji«!aner), t^at fic^ juerft 1394 tyertoor burd^ ein 328 SSerfe umfaffen«
bei franjöftfc^e« ©ebic^t, toelcfye« bie 3lot be« ftrc^lic^en ©c$i«ma« unb bie bagegen tion
berUnhxrfttät 1394 empfohlenen Mittel be^anbelt. 9Jad;bem er bann au^ auf bem National*
biqil bon 1406 bie burgunbifetye Äird^enpolitif mit au«gefuc^ter ©cfyärfe bertreten ^atte,
gab er fic^ am 8. 3Kärj 1408 baju fyer, ben abfc^eulic^en 3Rorb an bem ^er^og Subtotg 00
310 3ofjaittted $artmS dofjanite* ^W******
Von Drl&mS, toeld&en fein Urheber, ber 93urgunber 3^ann o&ne gfurcfct, feEbft al$ i^m
vom Teufel eingegeben bejeid&net tyatte, $u Verteibigen. @r lonnte ju$ babet freiließ nity
nur auf bie feit 3<>&ann Von ©alteburty unter ben ©d&olaftifern fcerrfd&enbe Setyre Vom
Styrannenmorb ftüfcen, fonbern aud) auf eine SBolföftimmung, toelcfce ben (Srmorbeten ald
5 SEVrannen branbmarfte. Slllein baä moralifcfye ©mpftnben ber Seften feiner 3** ermannte
ftdp boety — e$ mufcte freiließ erft 93urgunbS ©tern in$ ©infen lommen — )u einer
Steaftton gegen biefen mit allem jtyntömuä einer getoiffenlofen Dialettif burdftjeftifcten
SobpreiS be$ SJleuctyelmorbcS (val. b. 31. „©erfon" 93b VI, ©. 616, 4> f.). Sin $arifer
Äonjil unter 5Borft$ be$ 9if$of3 l)at bie Se&re verbammt (23. gebruar 1414); aber eine
10 nod& Vonlgofyann XXIII. in jtoeiter ^nftan £ eingefefcte ßommiffton VonÄarbmälen $ob bie«
Urteil toieber auf (15. ^anuax 1416). Da3 Jfonjil $u ßonftanj $atte jtoar am 6. guli
1415 ben bebingungälofen Styrannemnorb im allgemeinen verbammt; allem ber Antrag,
bie« Urteil auety auf bie befonbere Raffung ber Se&re bei Sßetit ju bejieben unb jene 6nt*
fd&eibung ber Jtarbinäle }u annullieren, brang infolge ber bur$ Äaifer ©iegmunbS
16 politifcfye ©etytoenfung feit 1416 fid) voKjiefyenben SSerfd^iebung ber Äonjitejxirteien
nid&t bur$. Die mächtig aufftrebenbe burgunbifcfye 3Rad)t banb auc$ ÜKartm V. bie
§änbe unb erjtoang in $ari$ eine (Sfcenrettung beS fd&on 1411, angeblich nid&t o^neiufie*
rungen ber Steue Verdorbenen Ideologen. 2lber bie 2Beltgefctyi($te aeigte ftd& auefc $ter ab
Sßeltgerictyt : am 10. ©eptember 1419 fiel Qo^ann otyne $urc$t ourety 3Reu$ehnorb auf
20 ber Srticfe $u ÜÖtonterau. — Über bie toeitere Sntftricfelung ber ßefyre Dom 2tyraimen*
morb Vgl. Die Vortreffliche Darfteilung Von 9K. Soffen a. a. D. B. ©e|.
3of}atuse£ ^tlo^onoö, 33ifd&of öon Sllejanbrien im 6. 3a$r$unbert. — . ßttteratur:
Fabr.HarlBibl.Gr. ©.10, @. 639 ff.; bitter, ©ef«. b.Wü.VI, S. 500; ©al*. fciftorie ber
ftefcereten VIII, 6. 693; XredrfeT, X$6tft 1835 6. 95 ff.; «. Waucf in (Srfd) unb ©ruber*
25 910g. (Snctytlopäbie ; Sdjönfelber, $ie Äirdjengefd)id»te beS 3o$anne3 t>on (Spfcfu*. ?lu3 betn
@t)rifct>en überfeftt, 3Rün*en 1862; ©töcfl in SBefeer unb ©elte* Äirc^cnlejifon (2. Aufl.),
SBb VJ; S3arbenl)eioer, ^atrologie 189», ©.505 f.; Rrumbad)erf öefcbid)te ber ©%ant. ßittcra-
tur 1897: ©^5. 8eitfd>r. VIII, @. 444 ff.
^o^anned, auc^ 6 ydönovog, ©rammatifuä genannt, fyat ftc^ in ber ^tlofo^if^en,
so ))^iloiogifd^en unb t^eologifc^en Sitteratur feinet ^eitalter^ einen Ütamen ertoorben. @r
toar au$ Slle^anbrien gebürtig unb ©d^üler be3 SXriftotele^erflärcr^ Slmmontud fotoie be*
@rammatifer$ Somanoö. ©ein Seben, übrigen^ böQig unbefannt, ift felbft c^ronologifc^
erft neuerlich im allgemeinen friert toorben. ^toax ertoä^nt Phot. BibL cod. 240, bafc
er ba^ 2Berf über bie 3Beltfc^öJ)fung bem ©ergiuS, Patriarchen öon Äonftantinot)d (610
85 bis 639), getoibmet f)abt, unb auf beäfelben ©ergiu«' änreaiing foK fem Aiaixrjj^ ab*
aefa^t fein. 9Jtit Sle^t aber ^aben Slittcr unb 9Jaudf bie ^imtigleit biefer Angaben be*
ftritten unb bem $^iloponu$ ftatt bed 7. 3>a^unbert$ bielme^r baS 6. unb ba£ @nbe
be« 5. jugeloiefen.
3)iefeä fein fyüalUx, alfo ben begtnncnben 3^^ ber }>atrifiif(^en 2itteratur# fyd So*
40 ^anneS $^ilo))onuS auefy aB ©d^riftfteller nic^t Verleugnet. @ele$rt, bteltoiffenb, raffloS
t^ätig, felbft mit SKatfyematif unb ©rammatil befc^äftigt, baju bialeftifc^ getoanbt, fyai er
ftd) toeber ber tird^lic^en formet unb Xrabition unbebingt überlaffen, no<^ baä Dogma
mit religiöfem ©eifte aufjufaffen unb ju re^robujieren öermod^t, fonbern er gehört ju
benen, toelc^e in $auj)tfa(^en ber c^riftli^etr Überzeugung jugetfyan, ftc^ übrigen« mit rtd*
46 feitigem gelehrten SBSiffen anfüllten unb burefy ibr Sebürfntö, ba« Dogma ^bilofo^if* )u
ergänzen, 3U Verarbeiten ober ju berichtigen, niept feiten in eine tfoeifdfyafte ©o^lfleuung
geführt tourben. S3ei aller fd^riftlid^en $erü^mt|eit l}at baj^er ^ßpilo^onud immer nur fefy?
bebingte« Sob geerntet. Diefe Zubilligung galt pau^tföd^li^ feiner anftö&igen @rfla*
rung ber Irinität. ©eine bogmatifd^e $au))tfd^rift Atatzrjxrjg fj negl tvcooecos, ob*
50 ßlctd) verloren, ift und bod) burd^ mehrere ß^cerpte (Leontius, De sectis Act. 5 apad
Galland. XII, p. 641 ; Joh. Damasc., De haeres. I, p. 101—107, ed. le Quien.
Niceph. Call., XVIII, cp. 47—49, conf. Mansi, Concil. XI, p. 301)f fotoeit be*
lannt, um erfe^en ju (äffen, tote er feine SSegriffdbeftimmungen auf baä Dogma antoanbte
unb Von ber d^riftologifc^en auf bie 3xtnität3frage ^inübergefü^rt tourbe. 9latur unb
55$typoftafe, bc^au^tet er, ftnb bad nämliche; in S^riftud tann nur eine Statur Vorlauben
getoefen fein, tocil fid^ fonft aud^ ^toei §^oftafen ergeben müßten, gn ber Irtnttat ftnb
brei befonbere unb eigentümliche ©jiftemen ober §^}>oftafen (idioovorajog xrjg bedaxr^g
qwoecog imaggig) unter eine @inl?eit geftedt. SEBic nun überall ba£ ©in^eitli^e babun^
ju ftanbe fommt, ba^ ein ©emeinfamed mehrerer ^nbioibuen ate ©attungöbegriff ju*
3fQ!jftit»e* ^fjthtyonos ^anneS, $re«b^ter 311
fammengefafct totrb: fo fann au* bic göttliche trinttarifdbc <5inF)ett nid&t« anbere« fein al«
bct xoivdg tw elvai Xdyog. 2BilI man biefen SRatur nennen, fo gefd^te^t e« im ©inne
jener abftraften unb gattunggmäfeigen Seftimmung be« allgemeinen au« bem 93efonbcren :
fott bagegen bie cpvoig ein gürfidfofeienbe« au«brücfen, fo mufe biefelbe mit bem ©ein be«
9efonberen ober be« ^nbibibuellen (jxsgixal ovoiai, ärojua), alfo ber §$>oftafen ju^ 5
famntenfallen, toorau« benn, ba nur ber lefetere gaH auf bie $erfon Gfyrifti Slntoenbung
fabet, ntglei$ folgt, bafe in biefer bie @in|eit ber £t#>oftajc unmittelbar bie ber SRatur
in ft$ fölie|t. 2)emgemä§ fann e« alfo auefy in ber Xrinität feine anbere ©infyeit geben,
ab toel$e bie 2)reü)eit ber #$>oftafen jur 33orau«fe£ung fyat unb au$ tyren gemeinfctyaft*
lt$en $räbitaten bom ®enfen erfetyloffen toirb; unb toie bie eine SWenföennatur lafyU 10
ta$e ^nbiDibuen berbinbet: fo beftefyt bie eine -Jtatur berOott^eit barin, bafc fte bic ifyr
cmgeorbneten $$>oftafen begrifflich aufammenföliefet. 2Bir bejeicfynen hiermit tixxfxd) ba«*
jemge, fta« bem Sßfciloponu« al« $rittyet«mu« bon ben Krittfern nidfot ofyne ©runb jum
Sottourf gemalt tourbe. 2Rit Unrecht erfd&eint übrigen« Sß&Uoponu« naety bem Sericfyt
bed 2eontiu« al« eigentlicher Stifter ber Xritfyeiten ; er toar nur einer ber ^auptber* 15
trtter, um ben fu$ toie um ben bon SBarfyebräu« (Assem., Bibl. or. II, p.328) fyerbor*
gehobenen Sofanne« ä«fu«nage« unter ber Regierung be« ^uftinian unb be« ^uftinu« noc$
anbere ©leicftjeftnnte (ftonon, ©ugeniu«, ©eberu«) fammeltcn (Galland. XII, p. 641 ;
Niceph. Call., 1. c. cp. 46). SUifjer bem diaixrjr^g, einem bialogifefy in jefyn Supern
betfafcten SBerf, foD *ß$Uoponu« über bie Srinität nod& mit ^ofyanne« ©ctyolaftifu« ber* 20
^mbeft, auc$ für ben 3Wonoj)^fiten ©eberu« unb gegen bie feierte öfumenifd^e ©tynobe
geftyrieben faben (Phot., codd. 55, 75. Niceph., cp. 46).
SBtr gefcn ju ben anberen noety bortyanbenen SBerfen über, toelctye tyren SSerfaffer in
feinem allgemeineren ^^üojo^ifd^en unb d^riftlid^en Sfyarafter erfennen lajfen. 2)a« faaxtyU
toerf De aeternitate mundi {xaxä ügdxXov negi ätöidxrjxog xoouov) in ac^e^n 25
Stöbern (emjige 2iu«g. Venet. 1535, fol. Trincavellus) toitl oen cfyriftlictyen ©ctyöpfung«*
gtouben auf rationalem SBege unb o^ne bibliföe 33etoei«mittel begrünben unb gegen ba«
tafeinerte $eibentum be« fßroflu^ rechtfertigen. Slriftotelc^ unb $lato toerben bestritten,
aber jener fte&t ber SBatyr^eit netyer als biefer. 3)ie 3been fmb nur etoig, toenn fte ate
fötyferif^e ©ebanfen ©otted gefaxt toerben, als foldje ftnb fte ber 33orfe^ung immanent »)
unb i^re 3$ertotrflic$ung bringt feinen 3"^^ ju ber göttlichen 3?oHfommen^eit. ©einer
8f«c naefc ifk ©Ott immer ©c^ö))fer getoefen, bie iregyeia fügt i^m nichts anbere« unb
neued ^inju, ©ie SEBelt ü)rerfeitö fann nid^t etoig fein, toeil fonft bie Urfactye ber SEBtr-
fang gliche unb ©Ott ein anbere« (Stoige unb ifym felbft ©leid^fte^enbe ^erborgebrad^t fcätte.
SBenn er ^ier ba« c^rtftlic^e ^ntereffe im toefentlid^en getoa^rt l)at : f 0 gelingt ibm bie« so
toeniger in ber ©d^rift liegt ävaoxäoeax;, bic ioir jtoar nur au« 9?otijcn bc« Sßtyotiu«
(cod. 21—23), be« Slicejj^oru« (I.e. cp. 47), unb be« ümotfycu« (De reeept. haeret.
in Cotel. monum. III, p. 414 sqq.) tennen. Qtnn in biefer tyat er bur^ Trennung
ber {umliefen bon ber überftnnlid^en ©c|öj)fung ber $fyilofo}>fyie toieber eine Äonjeffton ge*
mattyL Ste jtoeite noc^ übrige ©cfyrift ift: Commentariorum in Mosaicam mundi cre- *o
ationem libri Septem (ütol xoofwjiouag), bem©ergiu«, gleic^biel meinem, getoibmet (ed.
ßoiberiu«, Viennae 1630, bann inSaDanbi, Bibl. XII, p. 473, 1897 bon SB. 9teic$arbt
fcttuägegeben). 3)iefe« merftoürbige ^robuft fc^Iie^t ft<$ an ältere 3)arftellungen be«
edjdtagetoerfä, befonber« bie be« Saftliu«, an unb berfolgt ä^nlic^e a^ologetifd^e 3jbecfe,
jc^net fu^ aber au« burefc ben ungemeinen SReid^tum ber bom 38erf affer enttoicfelten^Katurs «
famtniffe unb p$Uofo)>$if$en anfügten, toie fte nur irgenb in bem 5to^>fc eine« bamaligen
Mehrten angehäuft fein tonnten. — Seac^tung berbient britten« bie bei ©aQanbi, 1. c.
Rottet bem bongen abgebruefte Disputatio de paschate, b. I). bie 2lu«fü^rung be« ©a$e«,
koj „(S^riftu« am brennten 3Jlonat«tage, am 2^tge bor bem gefefelic^en $affa^ eine
wtoW^etRa^Ijett mit ben Jüngern gehalten, nic^t aber ein toirllidje« ^affa^lamm bamal«w
fiawfjen &ak". Sür ben $^ilo)>onu« al« Serfaffer fpric^t, ba^ am ©c^lu^ be« 2luf=
l«le« (bei Ufleri p. 121) auf beffen 2Berf über ba« §ejaemeron lib. II, cp. 22, beut*
ty ^ingetmefen toirb. (©a§ t) *^ Wt)tt.
3«W«n^f 9?re«b^ter. — fittteratur: günf Seidiger afabemifdje Programme
1873—1875 bon ?rof. Dr. griebr. S^rncfe, bie evftcn üier neu bearbeitet üon bemfelben 66
&Tf. in »b XVII «bijanbi. ber f. fädjf. ÖJelellfd). b. Riffen fc^aften (93b VII pt)il.^iftor.
«t) 1879; 5)er ?riefter So&anne«, I. «bft. 6. 827-1030. II. Hbf), in «b XIX (8b VIII
WMrtft Äl.) 1883-1886; (Ruft. Cppert, 5)er $re*bi)ter So^annc* in ©age u. ©e|«i«te
t8S4, 2. berb. tCufl. 1870-, ^erjog (ßoffntane), «brift ber gefamt. Rird)engef4., 2. Bufl. 18(J0,
» I 6. 672—677. üo
312 Sofjamte*, $re£tyter
Um bie Witte be$ 12. Sfa^unbertS berbreitete jt$ ba3 ©erficht in Europa, in bem
fernen Slficn fyerrfcfye ein mächtiger d^rtftltd^er ßönig, ber SPreSbtyter 3o&anne$, meiner m
einer blutigen ©ctylacfyt bie SWufyammebaner beftegt £abe unb nun jum @$u$e ber Äreuj*
fairer fyeranjiel)e. Sifcfyof Otto bon greiftng, unb tym na<$ ättbericuS jum $afyct 1145,
5 erjagt bon einem 95tfd^of bon ©abula, ber bem ?ßaj>fie @ugen III. bon biefem jenfehS
*ßerften unb Armenien fyerrfctyenben ßönig Cannes, einem neftorianifj^en (Stiften, ber
&ugleic$ ?ßriefter fei, berietet fyabt (lib. VII, c. 33 : vidimus etiam ibi tunc, prae-
taxatum de Syria Gabulensem episcopum. Narrabat, quod ante non multos
annos Joannes quidam, qui ultra Persidem et Armeniam in extremo Oriente
10 habitans, rex et sacerdos cum gente sua Christianus est, sed Nestorianus,
Persarum et Medorum reges fratres, Samiardos dictos, bello petierit. Pres-
byter Joannes, sie enim eum nominare solent, cruentissima caede victor
extitit.). 3um 3a^rc 1165 berietet bann älbericuS in feiner ß&ronil : „Um biefe 3*i*
fanbte ber $re$btytcr 3ol)anne3, ber 3nber Äönig, feine Diel SBunberbareS enthaltenden
15 Sriefe an berfd^iebene c^riftlicfyc §errfd&er, inSbefonberc an 9Wanuel bon Jlonftantinopet unb
griebriefy, ben römtfd^en Äaifer". ®iefer in (Strömten unb ©ebbten biel beft>nx$ene unb
befungene ©rief, toie tyn 3«nt(fe unb Djtyert botlftänbig mitteilen, ift gefdji<&tli<& toertlrö;
feine ßauptquetie ift bie Slejanberfage.
$abft 2l(ejanber III. fyatte burety allgemein verbreitete ©erüd&te biel bon einem afta*
20 tifetyen dpriftlictyen König gehört, bte er bon feinem au$ Slften jurücfgelefcten Setbarjt tyfy*
IibpuS näheren 2luffcfyluf$ erhielt unb auf beffen anraten tyn felbft ate ©efanbten jurüd*
fegiefte. 2)erSrief batiert auf bem SRialto in Senebig ben 27. ©ebtember (1177), abrefftert
fi$ in bem bon Djtyert befolgten $ejt nietyt an ben Sßreäbtyter 3o$anne3, fwbern
Indorum regi, sacerdotum sanetissimo (Jaffa 12,942). Son bem ©efanbten
25 $fyilibp ift feine Äunbe jurüdfgcfommcn uub längere 3^ fetytoeigt alles über ben SßreS*
bfyterfenig.
Sine neue (Ifyod&e, bie jtoeite in ben Sagen unb 9la$ri$ten über ben $re3bt?ter
3jofyanne3, beginnt mit ben ojtafiatifd&en SBiffionen ber gramtefaner unb ©ominitaner feit
1245. SDic ungeheuere ©efa^r, toel($e ber europäifd&en ßgriften^eit bon ben HRongolen
so brofyte unb burefy ben §elbentob §erjog §einricty$ bon fiiegnift unb feiner @<$ar eben
nur aufgehalten fd&ien, mahnte, ben Sarbaren ben ctyriftlicfcen ©tauben ju prebigen. Spatfl
gnnocenjlV. entfanbte bafyer 1245, unb jtoar nod& bor bem 3ufammentreten be$ JtonjiÖ
in Styon, eine ganje änjafyl bon Settelmönctycn, unter tynen 3jofyanneS bon $lano (Sarptno,
unb trug ifynen neben ber Sefefyrung ber fyeibnifd&en Mongolen befonberS bie äuffudjung
36 beä 9letd&e$ be$ ^reSbtyterS gofyanneS auf. SDer erften 2lu$fenbung folgten im Saufe ber
Jjafyre toieberfyolte 9tacfyfenbungen. 2>ie Serielle ber 9We^rja^l biefer Sceifenben ftimmen
bann öartn überein, bafs ein $re^ter ^o^anne^ nid&t me^r ejiftiere, fonbern im ftampfe
gegen 2)fc^tngtöf^an geblieben fei. ®ie ©runbfteüe bietet ber Seric^t be3 ^ranjtelaneö
SBil^elmu^ Slubruquiö : „3« ber Mi, aU bie granfen Slntiod^ia eroberten, ejiftierte in jenen
40 nörblicfyen ©egenben ein %üx\t, ßoirc^an genannt. Goir ift (Sigenname, ß^an 2Stel unb
bejetc^net einen SBafyrfager, benn alle SBSa^rfager nennen fte ß^an. (®ie 3Kiffionare be$
ÜJttttcIaltcrö fyabm beinahe burc^gängig Rom ^ßriefter mit Rfyan gürft bertoe$felt unb
beibtö mit m gefd^rieben.) tiefer Soird^an toar Saracatai, Sara bebeutet föfta*), unb
Satai ift ber 9iame eined Solfe^. ^ene ßatat Rauften innerhalb getniffer Serge unb in
45 einer (Sbene inmitten ber Serge lebte einft ein angesehener neftorianifetyer ßirt, ber über
ein neftorianifd&c$, 9?a^man genanntes Soll ^errfäte. 2lte ßoirc^an geftorben, er^ob fii^
biefer 9?eftorianer jum Äönig, unb bie 5Reftorianer nannten tyn Äönig 3o^anned unb er*
jäfylten bon i^m fönmal me^r als bie JBabrbctt julägt. @o entftanb jenes grofee ©e*
rebe über ben fiömg ^o^anneS, \d) burc^jog feine SBeibe))lä|e, boc^ tou^te niemanb etnxtS
so bon tym, einige 9leftorianer aufgenommen. 3)iefer 3°fann<3 fcatte einen ©ruber, einen
mächtigen §irten Samens Unc, toeld^er brei 2Bod?en bon feinem Sruber entfernt toofyntc
@r gebot über einen gledfen Saracarum, unter feinen Scfe&len ftanb baS Soll 6rit unb
Sföerfit, bie neftorianifd^e Sänften toaren. S^r^ürft fyattt inbeffen ben djriftlictyen ©lauben
abgelegt, toar ©öfeenbiener geworben. 2)er Äönig 3jot;anneS toar o&ne Srben ^eftorben;
55 ba toarb fein Sruoer Unc reic^ unb lic£ flci> 6^an nennen. 35a fammelte G^mgte ein
§cer, ftür^tc ft^ auf Unc unb befiegte tbn." 2)iefer Serid^t jeigt beutli<$, toie bte Sage
bom SPreäbtyter go^anneS bon Äorl^an, bem dürften ber ÄaraB^itanen, burdj ba« 3Webium
bcS 9ktymanfürften auf Unff^an ben bon 2)fc§tngi$fyan beftegten Äeraiten^äu^tling überging.
^on Weiteren Scripten fei nur auf ben beä ^erbonagenben Srjbifc^ofS bon $amg,
go ^o^anneS bon 3Konte Gorbino, bom 8. ^^nuar 1305 fytngctoiefen, toelc^er bon einem
Cannes, ^rc^ter 313
Äönitt ©eargioS au« bet ©eftc bcr neftorianifcfyen (Stiften erjagt, berf bem eblen @e*
ftledpe be« berühmten, unter beut 9tamen $ßrc«bt;ter ^o^anne^ öon gnbien befannten
Äöntg« entftammenb, im Sanbe lenbuefy, jtoangig £agereifcn entfernt, fyerrfd&te, jum Jtatfyo*
Ectdmu« übergetreten toar unb naefy @m}>fang ber nieberen SBetyen im föniglicfycn ©etoanbc
beim ©otteSbienfte miniftriert fyatte. @r toar 1299 geftorben mit §interlaffung eine« 6
gern) jungen ©oljne«, feine fefceriföen 93rübcr Ratten ade mit©etoalt }um ©cbi«ma aurüdt*
geführt. 3)er gleichzeitige 3Jtarco $oIo nennt biefen Äönig ©eorg ben fed&ften ,§errfdfoer
feit bem SPriefier Soj^mii, „unb er ift nod& ber ^rieftcr ^ofyann". 2Hit bem ©turj ber
mmigolif$en Stynaftie in Sbina 1368 enbeten biefe ÜDttffumen. 3)a« Vorbringen ber o&
mannen Härten unb f$lief$li($ bic ßroberung Werften« burefy lamerlan brauen bie &er* io
binbung toie mit %nb\znf fo mit Gtyina ab.
3n)tmf$en $atte gerabe ber lefctc biefer beiben Steifenben, bem boefy genauere Äcnntni«
iwn bem ©efdjled^t unb ©ebiet be« afiatifcfycn $J]re«bfyterfönig« 30^anncä nid^t abgebt,
bur$ feinen toetten ©ebraudj be« SRamen« 3nbien unb feine sJ?acbric$ten öon bem mäd^
tigen 9tet$ eine« d&riftlictyen Jtaifer« im )toeiten ober mittleren $nbien, toetc^e^ 3tba«cia 15
genannt toirb, bie britte ober afrilanifd&e (Sfyod&e in ben ©agen über ben $re$btyter 3<>s
formte« eingeleitet, ©rleid&tert tourbe biefer ©prung öon Oftafien nacb älbeffinien burclj
bie 9iamen«ä$nüdjleit jtoifdfoen ben äbffyaf en im Äaulafu«, tt>e(c^c audfo &bafi unb Slbaffmi
genannt mürben, unb ben Slbeffiniern. 2)er fatfyolifctye SJifcfyof ^orbanu« bon Quilon in
Sübinbien nennt ben Äönig öon 2ittyio}>ien fälecfyttocg $ofyanne«. Um 1400 erfd&ienen 20
Gkfanbte biefe« dürften in Suropa, unb al« bie ^Jortugiefen ben ©cetoeg naefy Dftinbien
fugten, tourben fie nxdft toenig burefy bie ©erliste öon bem SReidfj be« $ricfterfönig« gu
tyren lübnen Seefahrten ermutigt unb gelten bann auefy, al« fte in 2Ralabar juerft bie
Ifama«<$rifien auffanben, anfänglicb SKalabar für ein cfyriftlicbe« 9teid&.
gnterejfant ift nun, ftu übcrblicfen, toie in ber gelehrten SBeit bie Slnfcfyauungen über 25
ben ftftorifcfcen Äern ber ftety totberfrrecfycnben, unftd^eren unb fyalbtoafyren Slad^ri^ten ge*
toe$felt faben. 3Bie feft bt« in« 17. 3atyrtyunbert felbft bei ben größten ©eichten ber
3ntum, ber 5ßre«btyterfönig fei ibentifd? mit bem abefftnifcfyen Äönig, getourjelt toar, be=
»eip 3^^ ©caüger« annähme, ba^ bie 5Wac^t bcr ShfyiojMer fid^ einft bi« Gtyina au&
gebeert ^abe unb erft burc^ bie Mongolen gebrochen fei. ©nblicfc beeften im 17. 3afas »
^unbert bie ?ßortugiefen SBaltfyafar leDejiu« unb 3l(J)bonfu« 3Kenbefiu«, römifc^er ^Jatriard^
in %tij>\op\tr\, biefen %cttum auf. Sorgfältigere« ©tubium ber mittelalterlichen Sleife-
kfi^retbungen unb ber Orientalen Sitteratur beftimmte bie ©ele^rten, naefy Slubruqui«
unb anberen ben Äeraitenfürften UnR^an für ben $re«b^ter $u ertlären, einige toollten
im tibetanifc^en 3)alai Sama einen a^oftafierten 3Rad^fommen be« $re«b^iter« erblicfcn. 35
£ie abenteuerltc^ften Kombinationen tourben an bie italtenifcbe Benennung Preste Giani
9*wj>fi 3. 3- ©c^mibt (gorfd^ungen im ©ebiete ber älteren Öilbung«gefd[ncbte ber
Mongolen unb lübeten, $eter«burg 1824) öertote« auf bie ©efte ber ^abicr unb i^re
S<w$nm#fl 30fannte **>& Käufer«, beffen 9lame auf ben fagenfyaften 6^>nftenfü^rer über-
tragen fei Jammer ^Purgftall (©efd^i^te bcr 3ld?<*ne/ 3)annftabt 1842) fonnte enblidfc 40
l»n bem ütel ber Äeraitenfürften fd&reiben, bafe „Dtoang Gfyan, burd^ bie 2)Jifftonarien
be« Mittelalter« al« ^riefter 3^^anne«, feine minbere Serü^mt^ctt erhalten fyabt, al« in
früherer unb m^ologifc^er $t\t ber gifdfo Cannc« al« ©efe^geber an ber Jtüfte be« roten
Wecrc«". Sollen Bpott f)at toenigften« eine fo gebiegene ©tubic, toie bie SRitter« in
(einer grbbmbe Don äften I, ©. 283 ff., ber naefy affemanni« Vorgang mehrere Unff^ane 45
att 2rägcr be« ütel« $re«b^ter go^anne« annahm, nic^t toerbient.
$rä^tfteren toir fdjliefelicty ben gegentoärtigen ©tanb ber 5ra9c- 3R- b'3h)ejac ^>at
bem 1839 ^au«gegebenen Recueil de Voyages et de Memoires publik par la So-
oää de Geographie IV eine gebiegene Slbfyanblung Notice sur les anciens voyages
de Tartarie en g&ieral et sur celui de Jean du Plan de Carpin en particu- 50
Her emberleibt ©. 399—601, unb giebt barin ©. 547—564 Eclaircissements histo-
riquee sur le Prßtre-Jean. 6r ertennt im Gotrcfyan be« SB3. SRubruqui« ben ©rünber
b« Steige« Darft-Ä^it^aV (Rarafbitanen), ben ©^aurf^an, ber jjtoar nacb orientalifc^en
CwDen mit feinen Untertanen SBubb^ift getoefen fei, aber toa^rfd^einlicb auefy 3Jeftorianer
ütt Untertanen gehabt tyibt. @r berietet furj bie ©cf$i$te biefe« Don ben (Sbincfen 56
JJdhitaJc^e genannten dürften, bem toon 1136—1155 fein ©otyn ?)eliu^ltci unb 1155
fongnW Ifc^ilulu gefolgt fei, toelcty le^terer 1208 ben Sta^manfttrflen ftufdjluf aufnahm
wib fm ©c^toiegerfo^n erfyob, aber t)on bem unbanfbaren ©djtoicgcrfo^n öerbrängt
tewbe, ber toteberum 1218 bon Dfd^ingi«f^an gefc^lagcn, ja getötet tourbe. Slubru^
W* Ifcbt ben Xitel ©^aurtyan al« ßigennamc genommen, ^abe bie brei erften dürften go
314 3fof)atsttc$ $rc£6t)tcr dofjaime* *. ©diSbnrt)
in eine ^erfönlicfyfeit jufammengeaogen unb enblidj bie Äonfufion mit Unttyan toeranlafjt
ber fdfoon 15 3afce fnl?« als fluföluf bon 3)fc$mgtefyan getötet fei
Djtycrt öerfid&ert nun in feiner citierten üJtonograpfyte, bafe er unabhängig bim
3Jt. b'älbejac auf biefe Kombination gefommen unb erft nac$ gewonnenem Stefultat auf
5 bie Slbfyanblung beä franjbftfd^en ©elefyrten geftofcen fei. 3fo« bem SStel ftortyan fei
naefy lautlichen ©efefcen 3orfyan geworben, toelc|e$ ftd) bann bu«$ baö ^ebr&iföe 3o$anan
unb ftortfe^c gu^anan in 3ol&<nm fcertoanbelt fyabt. 3n ber SBorrebe jur ahmten 8u$*
gäbe bemerft er, bafe bie ^bentifijierung bon ben meiften (gelehrten anerfannt, Don
feinem toiberlegt fei, unb beruft fiep auf bie Slutorität be$ bebeutenben ÄennerS ber oft
10 aftatiföen ©prägen, be$ berliner SlfabemiferS Sßrof. ©etyott : „2Bem bie 5Bertoe$fehing
fcon Äurd&an mit Sucfyan bebenfliety fein follte, bem fei gefagt, baft ber 2aut r imTOunbe
ber dürfen niebt fcfyarf bibriert ift, alfo am @nbe ber Bilbm leidet überhört toirb." SRit
bem ^Jrieftertum be$ Sorffyan toeijj Djtyert, ben 3örncfe überhaupt toenig gelten lajfen
tottt, allerbingS noefy wenig anzufangen ; er Weift auf bie gef$ic^tlic$ geäriffe 3lu3be^nung
15 ber neftorianiföen 9Jtiffionen in Dftafien Ijin unb auf bie neftorianiföe Unfttte, bafc toeim
einmal ein 93ifdfoof in fold&e -Kifftonggebiete fam, er faft allen männlid&en ®lauberö»
genoffen t>rieftcrlicfye Söeifyen erteilte. Sollte ni^t bie oben lonftatierte 23ertt>e$febtng be3
SBorteS Kam Oßriefter) mit Styan (Surft) ben $aupterflärung3grunb bieten? ©efcbtd^tlt^
fonftatiert ift nur, baft bie an &uf$lu! Verheiratete Softer beä legten eigentlichen ftorjtyan
20 eine Sfyriftin War unb tyre ©laubenSgenoffen unterftfifete unb begünftigte, ferner baft fpäter
Weiter öftlid^ in lenbuefy jur §errfctyaf t gefommene ©proffen biefe« Äönigägefölec^teS fettfl
Triften Waren unb über Gfyriften fyerrfctyten, Wie So^anneä ßorbmuä unb Sftarco Sßolo
ate gcitgenofTen unt> Slugenjeugen berieten. D. ». «etwa**.
SofjanucS n# (SaliSburty, geft. 1180. — Sitteratur: Bu&er ben befannten SBerfen
25 jur #ir*enöe[d)id)te ($. 33. ©icfeler II, 2, 405 ff. ; «Reanber X, 225 ff ) ; jur fir*lid>cn ßittera-
turgefebi^tc (3. 93. Gaue II, 243; ßeiMer XXIII, 279; Diibin II, 1303 ff.; 8rabrictuS, BibL
lat. IV, 370; $u <ßin IX, 167); 3ur ©ef#id)te ber mittelalterlicbcn ^büofopbie (j. ©. Hüter
VII, 605 ff.; Uebertueg II, 8. Hufl. ©. 201 ff. 206 ff.; #aur6au, Philoe. Scol. 1, 353 unb
Nouv. Biogr. g^rale t. 26; «ßrantl, ©ef«. b Sogif II, 6. 232 ff.); Biogr. Univ. N. Ed.
80 T. 37, p. 508 ff.-, Gallia christ. T. VIII, 6. 11 46 ff.; Hißt. litt, de la France, T. XIV,
S. 89-161 ; «. ßlerüal, Les £tudes de Chartres au moyen-Äge 1895, @. 180 ; 9i.ß. $ooIe,
Illustr. of history of medieval thought 1884, c. 4— 7; berf. in @. Öee8 Dictionary of Nat
Biography T. XXIX, 6. 439-446 (trefft, ©iograpftien) ; «ng. $ottbaft, ©cgweifer b. b.
©e|cf). 28. be3 enrop. Mittelalter«, 2.9luf(. 93b I, S. 675; ft. ©iebeef, «rebio f. ®ef*. ber
35 ^P^ilof., 3. I, 1888, 6. 518 ff. ($ie ^f^ologic 3oM-J ©tubb, Seventeen lectaree on tfae
study of medieval and modern hist. 1886, lect. 6, 7 ; 3B. ©otlcnboct), 5)eutfd)lonb§ öf {(btcbt^-
quellen im fli«, 6. «ufl. II, 1894, @. 333 483; %$. SBrtQfct, John of Saliabuiy <n Bio-
graphia Brit. lit. II, 6. 230 ff. — SBefonbere ©ebriften: Wl. 5)emimuib, Jean de Saliabury,
$ari8 1873 ; % ©ennvid), 3ur (Sl)ronologie bed Sebenö So^anned üon Satiöbur^ (©rieger*
40 äeitfebrift f. Äirdjengeftfjicbte. 3. XIII, 1893, S. 544-551 ; berf., Die Staat«- unb Äirdjen»
leljre 3o^anne$ uon @alidburi). 9?arf) ben Quellen bargefteüt unb auf ibre gcjd)icbtliay
93ebeutung unterfuebt, @ott)a 1894 ; SR. ^auli, Ueber bie fircbenpolitifa>e ^Birtfamfeit be« 3o«
tjaunc« ©arcöb. in ^ettfcfjr. für #trdjenred)t 3.16, 9?g, Tübingen 1881, @. 265 ff. • ^. Äeuter,
3of) ü.6ali§bur^, S3erün 1842 u. in feinem Hlejanber III.; beff. ®ef*id»te ber «uffl. ©b I
45 u. II; <S. Scbaarfcbmibt, 3. ©. in feinem SBeröältni« jur Haff, fttteratur im Kbein. SRuf. f.
Wl ^5 XIV 1858, © 200 ff ; berf., 3o^. 6ave3bcrienfiS, na«fieben u. ©tubien, S^riften u.
^t)i(ofopt)ie, Seidig 1862; (Srnft Säubert, 3)ie StaatSlebre Sodann* üon @ali*bur^, ©erlin,
1897 (Erlang. $iff.).
^o^anned t>. ©aliöburV (Saresberiensis, Salisb., de Saresberiä, Severianus,
60 auefy $arDu^ genannt — ob lefctercä ein 53einame wegen feiner unbebeutenben 2eibe*=
gröfee — „homuncio", „parvitas" nennt er fid^ felbft — ober ftberfeÄung beS^oimlien*
namens, ber etwa Stttle ober (Ebort, nid^t $etit gelautet fyaben toürbe, lägt fu^ nu^t
au^mad^en — ) einer ber bebeutenbften Älerifer, ©ele^rten unb ©^riftfteßet au& ber
3Witte be« 12. ^a^unbert« im 3eitalter ber ^ä>fte ©ugen III., #abrian IV. unb
66 ailejanber III.
3u Sali^burt; in Sßiltffyire (©übcnglanb) jtnifc^en 1110 unb 1120 geboren, tom nie»
berer fäcfyftfcber ^erfunft (er nennt ftc^ homo plebejus), berliefe er im 3a^rell36 fdn
93aterlanb, um tn $™nfrei$, junäd^ft in $ari«, fic§ bem toiffenfd&aftlic&en @tubhtm )u
roibmen. 3uerf* ^abe er, toie er felbft er^lt, in 3Ronte ©tae ©enoWKte ben berühmten
60 äbälarb gehört, ber i^m nur ju frity entrijfen loorben fei, bann 9Qbert$ Don S^etm*
unb Robert üon 3Jielun. Waty )h)etj|ä^rigem @tubium ber SDialetti! ^abt er $arid \K&
3of)atsite3 b. ©alisburtj 315
(offen, um ben (Srammatiler SBifyehn bon GoncfyeS, einen ©d&üler 33ernfyarb3 bon gfyar*
txed, toafycenb ber näd&ften brei ga^re $u fyören. 93on biefem tourbe er — aller Sßafyr*
föeinlt$teit nad) )u S^artreS felbft — in bie ffaffifd&e Sitteratur eingeführt, beren grünte
fi$e, für fein 3e^a^w beifinellofe ÄenntniS unb glücflicbe 9?acfyafymung einen feiner
graten 9lu$me3tttel bilbet. -Mactybem er ficty bann &u SRtd^arb S'äbfcque gctoenbet fyatte, 5
unter bcjfen gü^rung er baä Sxibium (©rammatif, £>ialeftif unb SR^ctotrif) repetierte unb
baS Duabritrium abfölofj, toobei nocfy anbere Seigrer, toie §arbetoin ber 2)eutfcfye, 2^eo-
bond^ unb $eter 6lia$, i&n leiteten, lehrte er nac§ $ari$ *urü<f , um ftcfy nunmehr unter
(Stöbert be la fßorräe, SRobert ^ulletyn unb ©imon bon $oiffty ber Geologie ju befleißigen.
äemenb aber auc$ letyrenb, benn er mufete ficfy feinen Sebenftmterfyalt burd) ben Unterricht 10
toameljwner junger 2eute ertoerben, braute er im ganjen jtoölf 3>afyrc in granfreicfy $u,
t»n benen er bie le^te 3eit bei feinem intimen gromb $eter, 9U>t beä (Siftcr jtenferflofterS
Houtier la gelle bei IrotyeS, Atn feiner 9lot toegen bertoeilte. Sefcterer Umftdnb führte
eine für fem ganjeä 2eben entfd&eibenbe SBenbung fyerbei. 6r lernte, otyne 3ll>e*fe' bur$
$äcrd aSermittelung, freierer &u *ProbinS fein Schüler ober boefy Kommilitone getoefen 15
tonr, ba£ mächtige $au})t beS ßifteraienferorbenS, ben gemaltigen Sem^arb bon Slairbauj
tarnen, mit bem er an bem ben 21. 2Rän 1148 unter bem 93orft$ ^Sapft (Sugenä 111.
p Styetm* eröffneten Äon$il teilnahm unb beffen ftreunbfcfyaft er getoann. Aucty bem
ftjKfcfcof Xbeobalb bon (fanterburty, ber bor ben Verfolgungen feines ber ©eiftlicfyfeit
fcinbfeUgen ÄönigS ©tep^an naty gtanfreicfc entflogen toar, trat er bamalS nätyer, unb 20
& tourbe Don tym auf 33ernfcarb$ toieberfyolte bringenbe Sntyfefylung, nacfybem ber ^JrimaS
auf feinen ©i$ naety ßanterburty tyatte jurücf teuren fönnen, borten noety im gafyre 1148
ober Anfang 1149 als erjbifööf lieber Ramler ober ©efretär berufen. 3)ie bon $auli
(f. oben) auf ©runb be$ erft neuerbingS befannt getoorbenen Fragmente ber Historia
pontificalis Johannis aufgeteilte Meinung, bafe er erft biel foäter in feine Jjeimat 25
»irikfgelefat fei, beruht, toie ©ennriefy (f. oben) treffenb na<$getoiefen fyat, auf aSijjber*
fembnte, toie fte benn auefy an gofyannä eigenen ganj unjtoeibeutigen @rflärungen (Metal.
II, c. 10. Policrat. Prol.) fd^eitert. 3n \®n Sunt braute 3°^ann ™fy nur c^ne ums
faffenbe f^ilofof^tfc^e Silbung, eine ftaunenätoerte Vertrautheit mit ben alten ftlafftfern
mit, nidbt nur eine getoanbte geber unb bie in granfreiefy gewonnene Sefanntfc^aft mit so
^oefaeßeuten Älerilern unb ben ma&gebenben Ser^ältniffen beS firc^lic^en ScbenS, fonbern
öor ödem biejenige unter bem (Stnflufi Sem^arbS bon ßlairbauj unb gleic^geftnnter
Setfter getoonnene Ürc^lid^^olitifd^e ©efinnung, ti)eld»e bon nun an amtlic| toie fc^rift-
ßeOerifc^ ut berfetyen bie Aufgabe feinet SebenS toarb. Stuf ©runb beS befonberd bon
711. - - ~
VII. geüenb gemachten ^ierarc^ifd^en 3;^^^ ber ecclesia Romana, bie, toie er 35
fty oudbrfidt, bie „mater et nutrix omnium ecclesiarum" bilbet, §at %of). bie
Cber^errfc^aft beS Sßapfttumä in allen geiftlid^en toie irbifd^en fingen unb bie „libertas
eedesiae", b. I). bie böDige Unab^ängigfeit ber ©eiftlid^teit bon jeber toeltlid^en SKac^t,
aö bad SWittel angefefyen unb geforbert, bie SKenfc^en bon ber Ungerec^tigfeit irbifc^er
(SetDoIt^aber unb ben folgen ber ©ünbe £u befreien, um fte ftttlid^, gottergeben unb ba- 40
buri^ gliicflidj ju machen. 9Jur in ber gorm ber römifd^en ^ierard^ie fd^ien i^m ba« 6^riften=
tum feine Segnungen &u entfalten im ftanbe ju fein ; btefer I^eortc bon ber römifc^en
Rat^oficttät $at 3°^- \P<ün in feinem Policraticus (f. untm) einen berebten SluSbrud
gegeben ; er fuc^te ilp aber aud^ in ber fragte be$ tird^lic^en Seben^ möglid^ft Staum ju
Muffen, obtoo^l fte gerabe in (Snglanb, fotoobl am töniglic^en §ofe toie bei ben 33if$öfen 45
W^, toelt^ fu^ biet metyr atö $aird be^ 9tetd)e3, benn alö Untergebene bed i^nen fernen
%tifik& betrachteten, auf entfdfoiebenen SBiberftanb ftie^. Übrigen^ tonnte er bem Sr^
Kf^if tote bem nad^ be« getoaltt^ätigen ©tej)^anö $obell54 ^ur Regierung gefommenen
§eirau^ II. toi$ti(je ©ienfte leiften. 3e äto unb Iränflid^cr Gr^bifd^of I^eobalb toarb
kjb nufp fiel bte 93eforgung ber firc^lid^en Angelegenheiten auf 3°^annö ©d^ultem ; 50
« fotte eine ausgebreitete amtlid^e toie Jmbate Äonef)>onbenj ju führen (f. unten), mit
ber fty no<^ allerlei ©eföäfte juribifd^er 3trt berbanben, hatte auefy im Auftrage beö ßrj=
Wfc^ofe unb bed JtdnigS biele Steifen in (Snglanb unb nad) bem ^eftlanbe, befonber^ nad^
8«mntu^ unb Stalten gu mad^en. 3cl^nmal W ** m$ feiner eigenen Angabe (Metal.
III. Prol.) bie Slpen ttberftiegen, öfter« bie römifdbe Äuric befugt, fd^on unter $apft 66
8»9m III., in beffen ©efolge er toieber^olt fu^ auffielt (Polier. VI, 24), befonberö aber
«ntir £abrtan IV. (1154 — 1159), bem er ate Sandmann unb perfönlicfyer %xt\mb fo
*He flanb, tme fem Anberer (Metal. IV, 42, bgl. Polier. VI, 24). 2)rei 9ttonate lang
W er einmal (jtotfc&en SRobember 1155 unb guli 115G) bei §abrian in Senebent ber*
Mit unb bon $tn eine toie^tige Urlunbe für ftönig ^einrid^ II., betreffenb bie ©d^entung oo
316 faulte* *• SaHdfoirtj
ber 3>nfel $Tlarti> an bic engltfd&c Ärone, erlangt. 2lufS tieffte bellagt er batyer §abrian$
$ob (1. September 1159) unb bie bur<$ bie ©oweltoa^l beä SafyreS 1159 eingetretene
scissura ecclesiae. ®amal$ toar feine Stellung um fo fctyhrieriger getoorben, alä er
bei ber ferneren Srfranfung feinet Srjbifcfyofä nic|t nur bte ganje Saft ber ©efcfyäfte
6 beä $rima$ unb beren SJeranttoortung ju tragen fyatte, fonbern [xt auc$ im Sinne feiner
fyierarcfyifd&en ßirctyenbolitil ju leiten fudjtc. @ä gelang tym jtoar, ni$t obne grofce
Sd&toicrigfeiten, bie Slnerfcnnung be$ SpapfteS älejanber III. gegenüber bem faiferlufcn
©egenpapft SSiftor IV. in Snglanb burdfoufcfcen, befto me&r fam er aber tro$ ber SJer*
bicnfte, toelcfyc er jtc$ um ben Äönig ertoorben tyatte, bei biefem unb ber übertoiegenben
to rotyaliftifcfyen Partei ber Sifcfyöfe in 3Jtifefrebit, toobei ber argliftige SBifctyof Slrnolb Don
Sifteuc ben Singeber unb §efcer beim Könige machte, als fei !§o$. ber eigentliche Urheber
ber fyierar($ifcfyen, ber alten englifdjen Äircfyen* unb 9tei$3))ra£i3 jutoibcrlaufenben unb in&
befonbcre auf Scfytoäctyung ber föniglicfyen 2Jtacfyt ab jielenben Strömung (Epist. 115: So-
lus in regno regiam dicor minuere majestatem ; quod in eiectionibus oele-
15 brandis, in causis ecclesiasticis examinandis vel umbram libertatis sibi audet
Anglorum ecclesia vindicare, mihi imputatur etc.). S5olb lam e$ fo toett, bafj er
ernftlid? baran beulen muffte, (Snglanb no$ bor bem 1. Januar 1160 *u bcrlaffen unb nad)
granfreic^ unb 9lom ju gelten, ba er burcfy beS ÄönigS Ungnabe niqt blofc feiner &mter
unb (Sinhmfte berlufttg ging, fonbern fogar für feine perfönlid&e Si^ertyeit beforgt fem
20 muffte. $)ur<$ beS $at>fte$, beS Srabifäof« unb beS ÄanjlerS Seilet ^rforadje ttmrbe jebocfc ber
Äönig toieber umgeftimmt, unb 3oI)ann fonnte für je$t in @nglanb bleiben. Sfaen $itycpuidt
erreichte feine fircfylicfye Söirffamleit, als nad& bem Xobe feinet bisherigen ©önncrS, bcS
(SrjbiföofS S^eobalb (2tyril 1161) im folgenben Sa^re ($fmgftcn 1162) SofrannS ber*
trauter gteunb, ber Rangier Stomas 33ecfet, ben er$bifd&öfli$en Stu^l bon Ganterburty
25 beftieg unb mit überrafcfyenber Sd&nelligfcit aus einem gefügigen #ofmann anb SSerteibtger
ber föniglid&en Siedete in einen jäfyen 3Sor!ämpfer ber „Äirdjenjreii&eit" unb beS ^ierar*
d&ifcfyen StyftemS ftcfy bertoanbelte. 3ftm fyattc fur$ borget IgoljanneS feinen *ßolicraticu$
bebictert, ni$t blofc, um ftd^ tym perfönli$ $u empfehlen, fonbern bor allem, um bie 5ßrin*
jtyien fird&licfycr ^ßolitil i^m anS $erj ju legen unb tyn bon ben nugae curialium für
so eine ernfte Seben^anfc^auung ju getoinnen. 3n ber ganjen berbängnöDoBen 3e^ ^
Jtampfeä ^ifc^en bem $rima^ ber englifd^en Jtirc^e unb bem Jtönigtum, jtoif^en ben
neuen ^ierarc^ifc^en 9lnfprüd^en unb ben antiquae regni consuetudines toar ^o^amied
ber eifrigfte SSerteibiger ber „libertas ecclesiae", beö ©rjbifc^ofS treuefter greunb unb
Seratcr, feine rechte §anb unb fein 2luge (manus et oculus archiepiscopi. Petri Bles.
35 ep. 22). (Sr überbringt i^m öom $a^ft 3lle£anber III. bie Seflätigung feiner 2Ba$l unb
ba« erj\bifc^öflic^e Pallium (1162), ift tym balb ^erfönltd^ na&e, balb erteilt er i^m brief*
liefen diät, tröftet unb mafynt i^n auf^ träftigfte unb freimütigfte, ge^t ij^m Doran ind
6jil nad^ ^ranhei^ (1163), fuc^t lfm unermüblic^ für ben ßrjbifc^of iit toirlen unb i^m
für ben gall feiner gluckt ein Slfyl unb gteunbe ^u gewinnen, rät $m jur glud^t unb
to berteibigt feine ^lut^t, ma^nt ifyn aber aud^ toieber jur SWäfeigung unb ©ebulb mit bem*
felben ^reimut, toomit er auc^ bem ^ßapft Sliejanöer toiebcr^olt entgegentritt unb ifyn an
bie ^flic^ten lote an bie ©renken ber fcäjpftlicfyen SWad^t nac^brücflic^ erinnert (f. befonberS
ep. 198, 219). 3Rad^bem enblid^ ber griebe jtoifd^en Äönig §einri<$ unb 2^omaö f^ein*
bar ^ergeftellt ift, eilt ^ol^anne^ i^m borauS nad^ @nglanb jurüct, finbet tyter freiließ bie
45 ä5er^ältniffe troftloö (ep. 240), enttoirft eine braftifd&e Säuberung bon ber Slnfunft be*
ßrjbifd^of^, bon feinem unfreunblid^en (Smtfang burd^ bie ©egner uub ben toeiteren Sor»
gangen, bie $u ber 5tataftroj)^e am 29. ®ejember 1170, ^u ber ©rmorbung bc3 6rj»
bifc^of^ in feiner Äatfyebrale führten. Sei ber 9Rorbfcene felbft toar 3»^ann too^l nu$t
in näcfyfter 9?ä^e, er eilte aber fönetl genug ^erbei, um. bon bem toftbaren Slute b^
so SWärttyrerä feinen Xcil m befommen. (So lege id^ bie Säuberung ^Jeterd bon Seile aud,
toenn er bon 3°^- niyntt, er fei „pretioso sanguine B. M. Thomae intinctußM.j
Wad) Setfet« lobe lam nun noc^ für Sofy. ^i"e 3e^ ^tx ©efa^r, ba bie feinblt$e Partei
be« ÄleruS, ben ßrjbifd^of bon ?)orl als §au^tgegner ber ^ierarc^ifc^ ©efumten an ber
Spifce, bic äln^ängcr unb Wiener be« ermorbeten ^JrimaS gu berfolgen fortfuhr, bte ber
56 (Jinflufj SlomS unb mef^r noety bic mächtige Stimme beS bem neuen 9Rärn)rer immer
eifriger fyulbigenbcn SSolfcS ben Äönig gur 5Racfygiebigteit ^U>ang, toelc^e auc^ unferm 3*$.
$u gute fam. 6r lehrte balb nacb 6anterbur^ jjurütf , erhielt ben ©enu^ femer ^Sfrünben
toieber unb trat in bie Dicnftc beS Nachfolgers ÖetfctS, be« $rior$ Sttc^arb bon 3)ober,
für beffen 6rh)ä^lung jum CSrjbifd^of bon Ganterburty er eifrig toirfte unb beffen 9<»
eo ftätigung beim Zapfte er bur^fe^te. ©eivife toar er aud^ für bie Äanonifation beä a»
3fof)attiieS *. Saliöburt) 317
morbeten Sedfet ttyätig, beffcn Seben er im Segcnbenftil betrieben fyat unb beffcn an=
geblic&e SBunbert^aten et beglaubigte. 3>m 3aVc 1176 aber erlebte ber bamalS fetyon
betagte 3)iaim bie (Styre, burd& einftimmige ÜBafyl beä Kapitels unter äuftimmung beSßönigS
fcubtoig tum granfrei<$ auf ben 33itöof3fi$ toon GfyartreS erhoben ju toerben — berjenigen
Stobt, freierer er bie Siebe &ur rlafftfd&en ßitteratur öerbanfte. @r trat bie tym über* 6
tragene 2Bürbe im äuguft 1176 an, fyatte aber a\xd) alSöifd&of mit allerlei SBibertoärtig*
leiten unb geinbfeltgfeiten gu tämpfen, toie au$ ben Sriefen s$eterS toon Seile unb SßeterS
tom SMote an tyn fjerfcorge&t. Übrigens fufyr er fort, baS Vertrauen beS 5ßa$>ftcS Sllesan*
ber ju bejt^en, toeld&er tyn mit fcerfdjiebenen auftragen beehrte, %üx toofyltfyätige 6tn=
Tötungen in feiner Siögefe ebenfo tfyätig tüte für bie allgemeinen fir$li$en angelegen* 10
betten, natym er am (brüten) fiateranfonjil beS %al)T& H'9 eifrigen SCntctl. 3la$ bem
Briefe beS SßetruS Gantor (Verbum abbreviatum 207) toarnte er bort in einer Siebe
bor unberechtigten Steuerungen unb toertoieS ben ÄleruS auf baS Gtoangelium (Absit nova
condi et plurima veterum reintingi et innovari. Laborandum esset, ut evan-
geüum observaretur). 6r ftarb nad) ber Slngabe beS alten Necrologium Carnotense iö
am 25. Ott 1180, h>el$e 9lac$ric$t baburefy beftätigt toirb, bafe sjjeter fcon GeUe(unD fpäter fcon
6t.9tenty), toeld&er als fein SRactyfolger ben 33ifdjofSftfc öonGfyartreS fieben^a^re inne ge*
babt ijat, im 3>a$re 1187 ftarb. 3)aS Necrologium fagt toon tym: vir magnae reli-
gionis totiusque scientiae radiis illustratus, verbo vita moribus pastor Omni-
bus amabilis — ein Wann, bürfen toir parapfyrafierenb baju bemerfen, öon toafyrer 20
SötteSfurc^t burc^brungen, auf ber #öfye ber 2Biff enfd&aft feiner 3eit ftefyenb, ein unermüb*
lufcr Äämpfer für ein reines Gfyriftentum unb eine baSfelbe bertretenbe ibeale Äirctye, toie
er jie fi<& ba^te, ein ftetS unerfc^roef ener SSefenner ber SBafyrfyeit auefc 3ftrf*en un*> ^Sä^ften
gegenüber, ein treuer unb aufrichtiger ftreunb ber Seinen, öon lauterem §er$en unb babei
föarfem Skrftanbe, ftetS feiner Übeneugung treu unb babei bo$ öorfictytig, mit einem für 25
ferne 3eii gang aufjerorbentlicfcen Schafte« beSSBiffenS auSgerüftet, ben er in feinen Schriften
ofe idjftct ber cfcriftlictyen Sitte unb Xugenb — auf biefe nämli$ fommt eS ifym aulefct
immer an — m ben mannigfaltigften SBenbungen unb mit unenblictyen Gitaten aus ber
StBel unb ben JUafftfern ausbreitet. Di;ne eigentlich fctyöpferifd? $u fein, feffelt er bie
Sefer femer Sßerfe burefy baS SRatoe, griffe, babei 9leid$altige unb überall äBofylgemeinte so
feiner mitunter toofyl bem ^laubertone na^etommenben, bann toieber ^um toiffenfc^aftlic^en
Srnft ftc^ er^ebenben, an ben tlafftf$en Lüftern gebilbeten Siebe, toel$e baS älQgemein»
gütige mit bem 92äd^ftliegenben, leud^tenbe ©^rüc^e Don etoiger ffia(?r^eit mit ©c^ilbe=
ruiwen au£ ber $t\t unb SKitteilungen eigener Seben^erfa^rungen getieft ju toerfnüpfen
toeip. So ift feine, neben ber bie legten brei Dezennien feine« fieben« erfüDenben biet 36
fettigen unb einflußreichen firc^licben unb fir$ent>olitif$en SÖiirtfamfeit ^erge^enbe fc^rift?
fteBenf$t X^atigleit nidbt minber bebeutenb aU jene, unb für unfere Jtenntniä mittel-
alterlic^en ©eifte« unb äebenä, ber toiffenfc^aftlic^en unb ftrc^lic^en Seftegungen jener
ifyodft ungemein le^rreic^.
1. $a£ toeitau« bebeutenbfte unb umfaffenbfte feiner Serie ift ber Policraticus 40
nve de nugis curialium et vestigiis philosophorum, im ^a^re 1159 abgefc^loffen
unb bem bamaligen Steinfänger unb Slrc^ibiafonuS l^oma^ Öecfct bebiciert — ein
Softem fird^lic^^olitifc^er Staate unb Sittenlehre auf bem ©runb beä G^riftentum« unb
ber Sktäfcit ber alten auferbaut gu bem ^tvcd, bon ben :fti$tigfeiten be^ meltlic^en unb
Wrfc^m gebend gur magren ^ugenb unb Sitte, utr richtigen Selterlenntni« unb 2öelt- 46
be^mf^ung anzuleiten. (3>ied ift ber Sinn be« Ittcl^, ber bafyer nic^t Polycraticus,
(onbern Policraticus )u fd^reiben ift.) Wxt ausgiebiger Öenu^ung ber ^eil. Schrift unb
ityt minber ber alten ßlafftfer enttoirft 30^. in biefem S&erf aus feiner reiben &tbtn&
«rfafaung unb ©efc^ic^t«!enntni« ^erau« ein S3ilb bed 2tbtn$, toie e« ift, aber &ugleic$
ouc^ bad 3beal ^ h,a^ren c^riftlic^en Seben«, toie e« fein foB, in bem bie Äircfye ate so
bie $älerin unb Vertreterin beS göttlichen ©efe^eS unb ^ugleic^ ber eckten mcnfd)licf)cn
&er«^tiglett burc^ i^re 3)ta$t über alle 3$er^ältniffe bie sJRenfd^eit ^u fc^ü^en unb ^u
leiten fat, bamit alle Unterbrüctung unb ©emaltt^ätigfeit, alle i^or^ett unb Sünbe ein
6nbe ne^me unb überall ba$ toa^re ©lue! einlege. 3)er policraticus, bie erfte gro^e
Staatötyeorie in ber mittelalterlichen Sitteratur, bat auf bie 3"t9enoffen i^ren (Smbrucf 65
»♦t t>erfeblt, auc^ auf bie 'Jolge^eit, namentlich auc^ auf ifyomaä öon 2lquin (f. oben
Säubert 6. 54 ff.) getoirft, hrirb üon SSingenj bon S3eaut>aiS auSgenu^t unb ift toiel nac^=
geahmt unb a&gefcfaieben toorben, toie bie grofee 3^^l nod? öor^anbencr 3Wanuffripte (bef.
w &nbon unb Djforb) bezeugt. — 2)em erften, fe^r toafyrfdjeinlicty oon ben fratres
Titae communis in Srüffel um 1480 (toenigftcnö nic^t uor 1476) t>eranfta(teten &ructe 00
318 3foIjatttted b. ®ali*ttnty
be« SBerfc« (in $ol.) folgten föon 1513 jtoci anbere, ber eine in Sßari«, ber anbere in
fityon, fobann eine Seibener 2lu«gabe bom %afyxc 1595, toelctye ben md&t ju untermauern
ben Slnfang einer — feitbem leiber nietyt mefyr fortgelegten unb noc$ Weniger bun^gefüfjr-
ten — $e£te«friti! maetyt, unb toeiterc, eine jtoeite Setbener bon 1639, toelctye au$ ben
6 2JtetaIogicu« mitentfyält, unb bie mit ifyr bi« auf ba« Titelblatt ibentifd^e ämfterbamer
bom 3a&re 1664. Stbbrücfe De« *ßolicraticu« finben fiefc ferner in ber Bibl. P. P. Col.
T. 15, ber Bibl. P. P. Lugd. T. 23 unb ber ^atrologie bon SRigne T. 199, enblidfr
in ber ©ticken ©efamtau«gabe ber ffierte 3ofann«.
2. 311« ©rgänjung biefe« 2Ber!e« ift anjufefyen ber gleidj nad) bem ^ßoL getriebene
10 unb gleichfalls bem Äanjler Stomas bebicierte Metalogicus in 4 Sudlern, juerft getauft
ju *ßari« 1610, bann m Serben unb Slmfterbam 1639 unb 1664, eine ©arftettung ber
toafyrcn unb falfd&en 2öifjenfd&aft, toorin er bie Berater ber Sßiffenfc&aft unb tn«befom
berc ber Sogtf ebenfo geißelt toie einen falfd&en unb gebaltlofen, mit leeren $^rafen unb
unnüfcen ©rübeleien fid? abmütyenben töolaftifd&en §ormaIi«mu«, ber über ber SEBifjenföaft
16 bie 2Öafyrfyeit $u berlieren in ©efafyr ift. ©olcfcen Berirrungen ber jettgenöffifdjen $j&&
fopfyie gegenüber bertoeift 3*^- auf bk gefunben Slnfc^auungen ber alten, auf $lato unb
bie 2lfabemifer, bor ädern aber auf Striftotele«, ben philosophus fc£lec$t$in, qui alioa
fere omnes et fere in omnibus philosophos superabat, unb beffen Drganon 3°^-
juerft unter ben SIbenblänbern boQftänbig fennt unb gebraust 3)a er aber über^au^t
20 ber ©$ranfen be« menfd&Iic^cn SBiffen« fiefc betoufct ift, ba er toeifc, bajj tarn sensus
quam ratio humana frequenter errat, fo ift tym ba« primum fundamentum ad
intelligentiam veritatis bie fides, b. &. bie fromme Betrachtung ber göttlichen SBerfe
in ber creatio, conservatio, reparatio hominis, unb bor ollem bie Srtenntni« unb
Befolgung be« göttlichen SBtllen« ; benn ntcfyt bie 3)ialeftif, fonbern bie @tyif ifl bie Ärone
25 aller 2Biffenf$aft : toer bana$ ringt, ba« bur# bie ©ünbe entftettte ©otteäbtlb in fw$
^erjuftellen, toer feine Süfte befämpft, toer bie 35ugenb pflegt unb feine $flic$ten erfüllt,
rectissime philosophatur.
3. 3o&.« frityeftc ©cfcrift ift ber um 1155 berfafetc Entheticus (Eutheticus, Nn-
theticus) sive de dogmate philosophorum, ein au« 926 Diftic^en beftefcnbe«, bem
80 ftanjler %f). Becfet getoibmete«, t>^ilofo>)^ifc^.-fatirifc^eS Se^rgebic&t, toelctye« in feinem erften
$eile eine fritifc^e 3)arftellung ber ©runbgebanten ber griecfyiföen unb römifc$en ^tyUo*
fopfyen liefert, benen bie fyöl?ere äßafyrfyeit be« S^riftentum« entgegengehalten toirb, in
feinem jtoeiten Seile aber, toeld&er ftc^ an Xfyoma« toenbet, um tym, ber ben Sbttor jum
©^reiben aufgeforbert habe, bie ©a$e ber bebro^ten unb bielberl^ten Ätrctye and $erj
85 ^u legen, eine ©c^ilbaung ber fd^Iimmcn 3uf*mtbe feine« SJaterlanbe« bietet. 3)a 6n*
t^eticuö, ate erfter jjoetijd^er ßnttourf bed litterarifd^en $lane« anjufe^en, ben 3»^- «n^Ö«
Sa^re f^äter im ißolicraticuS biel burc^bad^ter, grünblid^er, bolljiänbiger unb abgerunbeter
aucigefü^rt fyat, ift nur in jtoei ^anbfe^riften erhalten unb bon 6^r. ?ßeterfen, Hamburg
1813 mit Äommentar juerft herausgegeben toorben. (Über 3nM* un^ Bebauung biefer
40 brei SBerfe fotoie ber Sludgaben pnbet man ba$ Sichere bei ©c^aarfc^mibt, 3°^- ©aredb.
%l III, ©. 142—241 ; 283—288.)
4. 35aö bie ^afyre 1148—1152 umfajfenbc Fragment einer Historia pontificalis,
toeld^e %oi). — bon SB3. b. ©iefebrec^t ate beffen 3<erfaffer richtig ertannt — im 8n*
fc^lu^ an bie Gfyronif ©igebert« unb befjen näd^fte §ortfe!|}er ettoa um ba« 3a^r 1165
45 (jebenfallS niebt bor 1164), als er tottyrenb be« Äirc^enftreiteä mit §cmric^ II. in %tanU
reic^f bcrtoeilte, gefd^rieben ^aben totrb. %of)., über bie Krc^lic^en Angelegenheiten auf«
befte unterrichtet, beginnt mit bem Jlonjil bon SR^eim«, bei freierem er antoefenb toar;
er giebt u. a. über ben §anbel ©t. Sernfyarb« mit feinem ehemaligen Se^rer ©tlbert
be la $orr^e, bamal« Bifd^of bon ^ßoitier«, über älrnolb« bon Bre«cia ©r^ebung unb
50 fonftige in bie 3^^ ßugen« III. fallenbe Dinge grünblid&e 3tu«funft (bgL SEBattenbac^,
3). @eföic$tft|uellen im Tl. Bb II, 6. Slufl. ©. 333). S)ie bi«^er einjige »i*8gab« ba
Hist. pont. fyat 3EB. Slrnbt in ben Monum. Germ. hist. Script. XX, p. 515 — 545 ge»
liefert. — Da« Fragment bricht im 3^^re 1152 bei § 45 mitten im ©afcc ab.
5. Vita S. Ansei mi, eine in STb. Becfet« Auftrag unb im Slnfölufi an ©bnter«
es größere Biogra^ie 1163 abgefaßte 2cben«bej Reibung 2lnfelm«, toelc^e ber auf bemÄonjil
ju S£our« ju betreibenben Äanonifation bieje« bebeutenbften Bertreter« ber bon Sanfranc
uterft in@nglanb eingeführten ^ierard^ifd^en Jtirc^enpolitif bienen feilte (bgL ©c^aaxf $mibt,
% ©. ©. 241—244).
6. Vita et passio S. Thomae, balb na$ 1170 )u a$nli$em 3^^ toon 3^-
go felbftftänbig berfa|t, bei aller ©ad^fenntni« unb 2Ba^eit«liebe merfmürbig burt^ ba«
3»M««e* b. ©aliSbnrt) ^ofjamieS III. ©djolafKfitS 319
ffiagfiütf, 3$oma3 ©edet mit bcm §eilanb in parallele ju [teilen (bgl. ©cfyaarfctymibt
a. a. D. ©. 244—249).
7. 2)tc Briefe — bon 3oty. fcIBft gefammelt unb in bier Sucher berteilt, toäfyrcnb
btc jefet borliegcnbe Sammlung 327 ©tücfe in atoei teilen umfafjt — nid&t nur für bie
8ebai£geföic$te 3«>^nn^ Jonbern aucty für bie Stirc$engefd>ic§te feiner $eit bon größtem 5
Sefang, ba fte an $äpfte (2lbrian unb SUejanber III.), an dürften unb biete nrdjlictye
unb toettlid^ SBfirbenträger gerietet, tiefen SinbKcf in bie bamaligen fird^üd^en 93er^ält-
niffe, befonberS aut$ in bie Streitigleiten be3 ©r^bifd^ofö %boma$ mit feinem Äönige ge*
flotten. 5Die erfte SfaSgabe Don 2Jtaffon, $ari$ 1611, gab nur 302 ©riefe, ju benen noety
mehrere ^injugefommen ftnb. 93alu$e in $ari$ bereitete eine neue 2lu$gabe bor, beren 10
Staterial $anbft$riftlic$ in $ari£ borfyanben ift ; gegenwärtig toirb eine fritijcfye äluSgabe für
bie Monumente Germ. hist. geplant, ^njtbifd^en mufe man ftety mit ber bielfacfy mangel-
haften Sudgabe bon ®Ue$ (in ber ©efamtauägabe ber 2Ber!e %o\).$ 33b 1 unb 2) be=
gnögen, taxiere bon 3Rigne (Patrol. Lat. T. 99, $ari$ 1855) abgebrudft toorben
ip (bgl Hist. litt. d. 1. France T. XIV 1869 6. 89—161 ; ©cfcaarfömibt 6. 249 16
K* 276).
Änbere bem ©areäb. jugefefcriebene Schriften gcfyen tyn enttoeber gar nichts an ober ftnb
$m nur untergefctyoben. @in $aar %\td fönnten auf Verlorenes Anbeuten, toenn bamit
ni$t ettoa emjelne Äafitcl be$ ^olicraticuS gemeint toerben (bg(. ©ctyaarfctymibt ©. 276
K* 285). 20
Sine ©efamtauSgabe feiner SBcrfe (bie freiließ bie! ju toünfctyen übrig lägt) be=
fi$en toir bon 3. «. ©ile$ in fünf SSänben (Cjforb 1848), bon ber sJKigne, Patrol. Lat.
T.99, $ari$ 1855, einen äbbruef gemalt fyat.
©ine Sarftellung feines fiebenä, feiner Sefyren unb feine« 33erfyältnifjc3 jur antifen
Sitteratur im einzelnen f. bei Steuter, SRitter, $oole, See unb in ©ctyaarfdjmibtS 93uc$e 26
(f. oben), ©eine au« flaffifctyen unb biblifd?=alttcftamcntlid?cn Elementen auf ®runblage ber
<$rijUtt$en ßtyit gemifd&te tyeofratifcfcfyierardjifd&e ©efeUfdjaftStoiffcnfdjaft, in ber feine 2fa*
juxten über ba« USerfyältniä bon ©taat unb Hird&e, über bie ©renken ber obrigfeitlicfyen
ytadft, über ba« Stecht be« StyrannenmorbeS unb ber Stcbolution, über ba« Verhältnis
ber berfd^iebenen ©tänbe ju einanber im ibeal gefaxten Staat«organi«mu« — Sefyren, mit so
benen er in (jehnffem ©inne ber Vorläufer eine« 3nnocenj, eine« Sonifatiu« unb felbft
ber 3*fuiten ift — befonbere« ^ntereffe ertoeefen, fyaben ©ennriety unb ©d&ubert (f. oben)
gtftytfbert (^agenmann f) Sdjaarfdjmibt.
3*l>aH«t« III. SdjolaftituS, *ßatriard& bon Äonftantinopel 565—577. —
Quellen: S)ic ffirdjengefdjidjte be« Sofjanne« b. ©pljefiiS (iiberf. ». 3. Wl. @d)önf eiber, 86
Warnten 1862) »11* t u. 2; Vita Eutychii (f. bor bem «rt. (5uU)d)iu$ «b V, 648,14 ff );
Evagr. Hist. Eccl. 4, 38 ff. 5, 13; Theoph. Chronogr. vvll. (ed. be SJoor, f. ba« JHegiftcr
2, 630 f.); 3<>&. b. Wifiu, (S^ronifon (in Auszügen überf. u. 8oten6erq im Journal A«iatiquc,
7. s£r., 12. tom., 1878, 343 ff); Niceph. Call. Hist. Eccl. 17, 29. 40. »gl. Guil. Cuj>eru8,
Ad biBtor. chroool. patriarcharuni Cr. Dissert. praev. im s2lnf)angc ^u AS Tom. 1, *67f.; 40
3- S. «ffemaniu«, Bibl. Jur. orient. caa. et civ. 3, Rom. 1766 (?), 319 ff. 344 ff. (mir
nid)t juflanßlid)); $&v. 3r.^B.©ald), ftiftorie ber #e& creien 8, üeipaia 1778, 578 ff.; 3.31. Sa*
bririu«, Bibl. Graec. (ed. ftarle«) 11. ^)amb. 18U8, 100f., ugl. S. 20 u. 12, 1809, 146.
193. 201. 209; ©. W. Sinclair in DchrB 3, tfonb. 1882, 366 f. ; .1/. '/. r*ördtv IIazoiaQzixoi
IHraxes, Äonftantiuopcl 1890, 230 f. S. quc^ ben 9Irt. 3uftinian. 46
3)er $atrian$ Sut^iu« n>ar am 22. 3anuar ^>6^ (f° nac^ bet beftimmten
Xngabe ber Vit. Eut. 37 unb 76; Ifyeoj^aneS 240, 27 giebt unrichtig ben 12. [nic$t
13v toie 8b V ©. 648,34 gebrueft ift] 2lj>ri0 toegen feiner able^nenben ßaltung gegen-
fifcec bem laiferli^en 8lj)bt^artobo!ettemu« (f. ba$u ben 9lrt. ^uftinian) berbannt Sorben.
3» feinem 92ac^foIger bestimmte ^uftinian ben ^ofrifiar be^ Patriarchen 3(naftafiu3 bon 50
toafodfim Sotymnti, au$ bem 2)orfe @irimtö bei 2tntiod?ten gebürtig, in jungen ^a^ren
Jta^danhxut (oxoiaoxixog), fpäter AÜerifer. 9iac^ Joh. Nie. fyat 3. bie bon 3uftinian
auf i^n gefegten Hoffnungen nid^t gehalten, jebenfaQ^ ^at er na$ bem balb erfolgten
2rte b« Äaifer«(14.5Rob.565) bie ©unft bc$ ort^obojen 3uftinII. befeffen. So^.e^.
toetfc bid »on ber rücfjic^tölofen 2lrt m berieten, mit ber ber 5ßatriarc$ bie 3Kono^^Pten »
in ber $auptftabt bebrängt fyat, auq bon ^i^utationen, bie ju heftigen älu^emanber-
fejungen führten. 3la$ fötoerer Mranl^eit, bie Joh. Eph. 2, 25 f. mit fic$tlic$er @e=
nugtfyuung aufmaß, fteb 3^. im 12. 3afyre 3"ftin«, 577, nacfybem er noc^ ben ^ibe*
toi« )itm ßäfar gefrönt fyattt (Evagr. 5, 13; Nie. Call. 17, 40), toatyrf$einlid& am
31. »uguft (Theoph, 248, 10; na# Joh. Eph. 1, 42 fajj er 12,;, 3a^re). eo
320 3oIjatttted III. ©djolafKfttS 3^<"t»e$ ber Stafer
211$ tfyeologifd&er ©cfyriftftefler fd;etnt ficfc 3. ™$1 Verborgenem )u fcaben. S)er xa-
Tt1%r]Tixög Xoyog über bie 3;rinität, ben er nacb SJtyotiuS (Cod. 75 Bekk. p. 52a) bei ©e=
legenfyeit be$ erften 3afyt*3tage$ ber 2;fyronbefteigung 3uftin$ fyielt unb gegen ben 3o^anne£
*JtyiIot>onu$ (f. o.6. 310.) feine tritfyeiftifctyen ©ebanten toerfoetyt, ift berloren gegangen. D6
6 bte toon Joh. Nie. (©. 344) ertoäfynte, anföeinenb pvoxaycoyla betitelte Schrift mit
ber genannten ibentifdj toar, tote ßotenberg toermutet, läfct fup ni#t me$r entfe^eiben.
S3e!annter ift %ofy. bur$ jtoei firc$enrec$tli($e Schriften: 1. eine ovvaycoyrj xavövcov,
bie er nodj ate antioctyenifäer $re$btyter toerfafete, barin ber Sn&alt btt apoftolifcfcen &a=
nonen, fotoie berer ber Stonjilien toon 9iicäa, ändjra, Sieocäfarea, ©arbica, (Sangra,
10 2lntio$ien, Saobicea, ßonftantinopel, ©}>fyefu$ unb G&alcebon, enblic^ beä 33aftliu3 in
50 Stbfönitten unter foftematiföen ©cftc^tfyunften ^ufammengefteDt ift; 2. einen vojao-
xaveov, in ber gleiten feftematiföen Slnorbnung, ber aufeer §intt>eifen auf bie fir$K4en
ftanoneä bie ftrcfylidje ©efefcgebung ber Äaifer enthält. Seibe SBerfe, für tyre 3eit ge*
toife anerfennenätoerte Setftungen, finb gebrudt bei 91. 3ufteDu3, Bibliotheca Juris
16 Canonici Veteris 2, Par. 1661; 499—602. 603—672. ©. Ihriger.
,3of)ajutc3 ©djolafKfuS t>on ©ftyt&opoliä. — »flI. 2K. ße Guien, Dißöertationc«
Damascenac 2, 13 in Opp. Joh. Damasc. 1 p. XXXIX (MSG 94, 281—284); bie «rtifel
im DchrB, $b 3, unter Sotjanneä Er. 363. 565. 568; g. ßoofS, üeonttuS x>. ö^an* (XU
3, 1 u. 2), Seidig 1887, 269 272 ; 3. ©tiglmatjr, $a§ Buffontmen ber $fcubo*S)ioni)ftf<f)e*
20 6d)riften u. f. id., gelbfird) 1895, 52; 21 (Sljr&arb in ÄrumbadjevS a3n$. 2\t®t\d).\ 'Kündjen
1897, 56.
9ta$ ^tyottuS (Cod. 95 Bekk. p. 78b) fyat ein ©t&ofofttfuS 3<>&anne3 aud ©ftp
t^o^oli^ eine au$ 12 Suchern beftefyenbe ©t&rift xard twv &jiooxujzwv xfjg bcxXtjoiag,
b. f). gegen bie 2lnfyängcr beä (SuttyctyeS unb 2)ioäfur, getrieben, ©iejen 3 ibentifU
26 giert ^fyotiuS (Cod. 107 p. 87a) toofyl richtig mit bem ©ctyolaftiler 3- (dixolöyog, b. L
oxoXaorixog), gegen ben SafiliuS Gilij jur 3eit be$ änaftaftuS (p. 88a), ol[o bor 518,
eine in 2)ialogform abgefaßte Styologie in 16 Supern gerietet f)at. Sben oiefer 3- $
au$ ber SBerfafjer öon ©qolien $u ben $feubo*3)iontyfifc$en ©Triften, bie barm gegen
ben Stortourf at>oflinartfttfc|er 3*rfel?ren toerteibigt tourben. 3)er Äommentar tourbe dpi
so t>or afe na$ 532 (f. ©tiglma^r), jebenfafl^ ju einer $Ät getrieben, ba bie origenijtitöen
©trettigletten ba^ t^eologifc^e ^ntereffe in atnf^ruc^ nahmen. Soof« möd&te, h>ie fepon
2lna[taftu^ Sibltot^efariu^ unb £e Quien get^an ^aben, unferen 3- auc^ mit bem gleich-
namigen Sijc^of bon Sh;t^ot)oIi^ ibenttfijieren, ben er richtig jtoifc^en 536 unb 548 am
fefct unb ber ein 2öerf gegen ©etoeruä bon 2lntioc^ien gefc^rieben f)at, atö beffen 8. Suc^e
36 auf bem SateranfongU Don 649 unb auf ber 6. öfumenif$en ©tynobe ein paax Qiüdtyn
beriefen tourben (bgl. Mansi Concc. 10, 1107 unb 11, 438; Doctrina Patrum ed. ä. 9Koi
in Script. Vet. Nov. Coli. 7, 21 ; f. auc$ ben Srief be« SBotfteS Slgat^o bei Mansi
11, 270) unb au« bem 3$otui* (Cod. 231 p. 287a 23 ff.) in einer trietteiefct bem %&
triard&en ©o>)^roniu« bon Igerufalem ^ujufc^reibenben (f. SoofS) IxXoyij %Qr\oEoav einige«
40 gelefen \)at 3lngeftd^t« ber I^atfac^e, ba^ nad^ Leont. Byz. ctr. Monoph. (MSG86#2,
1865 C) ber Sifd&of tote ber Kommentator (f. o.) in apoflinartftiföen ©Triften betoan*
bert toar, ift biefe $bentififation red^t tbo^l möglic^. 2luc^ ber ayokaatocög 'Iayäwrjg,
ber ca. 520 mit bem $1. <Saba$ in ©h;t^o^oIi« jufammentraf (Vit. Sab. 61 ed. Cotel.
p. 327), fann mit bem unfrigen ibentifU getoefen fein. ©. ihriger.
46 ^ofjanncS ©cohtd (Srtgena f. ©cotu« Srigena.
^oljanncö ber Ianferr Iwävvng 6 ßajtnoxrig. — Sgl. Äeim, ©efd). 3cfu u. Waiaro
I 8. 469-588, II 8. 355-367. 509-522; föenan, Vie de Je^us« p. 94-112. 195-204;
©crnlj. 2Bei6, fieben 3cfu 1882, I ©. 225 ff. 295 ff. II @. 3 ff ; öe^fd)lag. fieben 3efun«
6.99 ff. 159 ff. 242-247: »olfmar, Sefuö flajarenuS 1882, 6. 58 ff. 351 ff.; 8ünbel. SefuS
60 in Silbern, 1884, 6. 22—48; (Srid) ^aupt, 3ot). b. %.. eine biblifd)e »etradjtung. 1874,
94 ©.; Sdjürer, Üct)r6. b. neuteft. Seitgefd). § 17; &au8ratb, ißeuteft. 3eitgcf(ft. I ■ 6. 355 ff.;
6d)mibt, atjriftologie in S^rb. f. b. Xft. 1869. gerncr ben Slrt. 3o^. b. %. in (Erfcft unb
Öruber, enajfiopäbie II. @ett.. Xeil 22, 3. 94—119 u. **. ©rtmm, unb in ben 9teallejtta
uon ^öiner nnb iRie^m unb cnblid) in Senfelö SBibcllejifon. 3)ie ältere ßitt. bei fiiafe,
66 «eben 3efu § 42.
3)te Duellen über ieben unb SBirfcn bc^ 3°^- pichen reid^Ii^ genug, um toenigftat*
über fein Söirfen, toenn auc^ nic^t über fein SBcrben unb SSJa^fen, unb au$ über fein
(Snbe ein in ft$ gefc^loffened 93ilb ju gewinnen. 3m 4- ®°- ^ ** fceilic^ fc^ioer, ben
3fof)attiteS ber Säufer 321
fajtoriföen ftern unb bie jo^anneifc^fubjeftibe 2tu3füfyrung ftreng auSeinanber gu galten.
9u$ bie 31© bietet einige bea$ten«toerte Streiflichter bar. Ru ben ntl. Slutoren gefeilt
fty enbli$ Sjofep&uS mit einem gelegentlichen 3eudn^/ ^ W m^ *>en n& SluSfagen
too$l bereinigen läfjt, fo toenig aui) ber jübifcfcrömifc^e 2Beltmann ber Sebeutung beä
läuferä geragt ju toerben bermag. 2lu3 bem Stalmub unb ben ätyofrty^en ift hingegen 5
ein jutoerläfftger Settrag jur Kenntnis be3 gebend unb SßJirfcnö beä 3ofy. nic^t $u ge=
toiiutea. Othon. lex. rabb. 324, Protev. Jacobi c. 22 s.
Alle bter 6bb. fctyliefcen tibereinftimmenb bie öffentliche Söirffamfeit 3efu <m Vit*
ienißc 3°&- b. £. an, fo ba& biefelbe burdj i^n vorbereitet ünb eingeleitet erfcfycint. Unfer
£crr ift burefc tyn jum SKeffiaS getoorben. Sctyon auS biefem ©runbe berbient er unfere 10
befonbere Äufmerffamfeit.
1. Sein 2B erben. 3°^anneg toar ^ ©°§n **>& ^riefter* 3ac^ar^a^ un^ fe*ne3
au3 Sarong ©efd&lec^te ftammenben SöeibeS (Slifabctfy, geboren in ifyrem 2llter. Die
ebangeltf$e ©eföictyte in ber SarfteKung beä SufaS toeife bon Slngelobfyanien, pxop\}c-
tiföen $Ätyn un^ Stimmen ju berieten, bie fic£ bor unb nad& ber ©eburt funbgaben, 15
unb berfnübft biefe enge mit ber ©eburtägefcfyic^te 3efu*. ®ne überrafd&enbe 6tnftimmig=
!eit läfct bie beiben ®ltern bem Äinblein ben SRamen "i?~"\ ©ottfyolb, geben, beim 3Sater
im ©efcorfam gegen göttlichen Sefefyl, bei ber 2Jtutter bermöge einer 3lrt 3)ibination,
entgegen bem genommen unb bem 33ertoanbtenentfctyetb. 2Bie bie ©eburtägefd&ictyte, fo
berührt ftdj aud) bie SBetye unb SebenS^altung be$ 3°^- a^ 92afträer mit bem bon 20
Sitnfon unb Samuel Überlieferten. 2Ber biefen ganjen ©näfjlungSctyfluS bon Sc 1 bi&
frebitieren toiH, mufi mit ber 2tyatfac$e rechnen, ba§ ber (Sbangelift &ier eine eigentüm*
lu$c, altteftamentltcfy gefärbte Duelle benüfct, beren ^oetifc^e ©rgüffe nid&t ^robuft ber
dürften c$riftüc$en ©emetnbe fein fönnen, fonbern fcfyon borfyer entftanben fein muffen.
2)a3 ovx ffdeiv avxdv 30 1, 31 läfet eine Auslegung $u, bie feine ©egeninftanx $x ber 26
bon Sc benoteten 95ertoanbtf$aft be$ *ßriefterfyaufe$ in %ubäa mit 3Jtaria bon viajarety
bübet 913 Drt ber ©eburt föcint Hebron angegeben ju fein, toenn toir Sc 1,39 lefen:
ek rtjv ögarrjv eis n6hv 9Iovda, benn toir fyaben feinen ©runb, 3u^a a^ ^ne SJ^5
förabung für 3«tta anjufe^en, ba^, ebenfalte 5JJriefterftabt (3of 15, 55), nur 10 Äilom.
fübüd? bon Hebron liegt : äin Äarim bei 3*™falem atö ©eburt^ort be* Käufers fommt 30
etftmalig in ber £reuuafyrer$eit bor. %ixx bie S^ronologie finb n>tr in ber §au}>tfad}e
auf Sc 1 u. 3 unb bie Unterfuc^ungen über bie ©eburt 3cfu bertoiefen: 3°^- ibar
6 ^Monate älter als 3efu3- ^e ^anÖe Hne Gr^te^ung im )>riefterlic^en Sinne geleitet
toerben tonnte, ift atö ber marfanten S$tlberung Sc 1, 80 nid^t erfic^tlic^. Seine 33cr=
trautet mit ben $ro^eten, inebefonbere mit 3efaia/ mochte immerhin auf Unterricht 35
berufen, fein frühzeitiger Stücf^ug in bie SEBüfte mit bem Xobe ber betagten (Sltem ju-
fammen^änaen.
3Ran |at unrecht get^an, auftreten unb ©ebaren be$ ^Eäuferö mit ben ©jfenern
in Skrbhxbung )u bringen, bafür ift 3°^anne^ ^cl lu original. 2lber fo biel ift
richtig: gemeinfam mit ibnen unb bem>anbten ©eiftern, toie ber Ginftebler 33anu3 einer 40
toar, bem ber ©efctyic^tjdpiber 3öfel>^u^ in feinen 3w«9^"Ö^ial^ren di Schüler gefolgt
toax (Joseph, vita 2), ift i^m ber im ßrnft ber 3^ begrünbete 3"Ö Bur äl^fefe. ©in
Süd auf bie bamalige ©efedfe^aft geigte ntd^td ate 3^mmer ; nicfyt nur bie ^roturatoren-
toirtfAaft mit i^ren Sc^recfen, auc^ bie $eu$clci unb 33erfe^rt^eit in ben Spi$eu be^
jübifepen Solfötumd mufete eine fo bur$ unb burd^ grabe 3?atur toie 3o^anned abftofeen. 45
.Sein Stüd^ug in bie SEBüfte bebeutet ben 33ru$ mit ber pfyarifäifc^leuitifcfyen ^römmig^
leit Sorbtiber für feine unabhängige ©eifte^rid^tung fuc^tc unb fanb er in ben alten
ymptyttm 3«raeW, ®lia«, bem 3)tonn ber Ifat, 3cfaja^, bem TOanne bc« SBorte^. 3)ie
fd^aurige SBUbniS in ber SBüfte 3^ba, gtoifd?en bem toten Weer mit bem untern ^oxhan
unb ban Äamm bed ©ebirged 3^ba, entbehrt ni$t ber ©ro^artigfeit : ^icr fear ber rechte eo
Crt, unter ftetem Slüdblicf in eine gro^e Vergangenheit, ©inblicf in eine traurige ©egen-
toart unb äuöblidt in eine büftere '3ufunft m jenem avtjäveiv xal xQaxaiovofrai jivev-
fum m gelangen, bon bem Sc 1, 80 er^lt. üJlit ber tflage über bad Sünbenberberben
fcxbanb \\df, too^l auc^ in Srinnerung an bie )>ro^^etifc^en Stimmen bei ber eigenen
Schot (Sc 1, 68—79), eine glüfyenbe Selmfuc^t nad) ber mefftanifc^cn &\t : nie toaren 55
Öunb O^ren beffer borbereitet, ben Stuf ©otte^ &u berne^men aU bei 3°^anne^-
ber göttliche SRuf, unb bamit ber lag ber ävädeigis nqog töv 'IoqcujX fam. 3n
faan dufteren $abitu3 ^atte [\<fy ber Käufer ber 2öüftc anbequemt: SDic Speije beftanb
Q ^eufc^reefen, tote fie auc^ tyutt noc^ bon ftedactyen unb Sebuinen, berfepieben ju-
lerntet, genoffen toerben, unb toilbem §onig 3Sit 3,4; 9Jlc 1, 6. Seine Jtleibung, ein go
*fl**c*Uepäb\t fftr Zf>toloq\t unb «ir*e. 8. ff. IX. 21
322 3oIjatme$ ber Saufet
fvdv/ia Don, toofyl gehobenen, .ftameetyaaren unb einem lebernen ©ürtel, ber ba*
Unterfleib umfctylofe, unterfdjieb fic$ faum Don berjenigen armer £irten, erinnerte aber
feine nachmaligen &uf)öm, too^l ofyne 2lbft$t feinerfett«, an ba« ?ßroj>$etenfleib eine«
(Slia (2. 5tg 1, 8); audj in 3efu Slugen erfaßten fte al« bejeicfcnenb für ben jebe SRacfc
satymung unb 2lbfyängigfeit Don ben SJtenfd&en berfämäfyenben ©otte«mann 3Jlt 11, 7 ff.
2. ©eine pro^etifc^e SBirffamfeit unb Sßrcbigt. 3m 15. 3a&re be*
Äaifer« Sibcriu«, 781 (?) ber römifd&en $ra 2c 3 „geföaty ba« SBort be« ßerrn" an
3ofyanne«, bafe er nun au« ber Serborgenbeit fyerbortreten fottte, bamit bem SÖerben jefct
ba« Söirfen folge. Unb fo getoaltig toar bie SJliffton, bie ber 3ßufer übernahm, ba£ fte
10 ofyne ben göttlichen gfaftor, b. f). otyne fpe^ieüe Berufung burd^ Offenbarung einfach ni$t
benfbar ift. ©ictyerlicty fyabtn un« bie ßDangeliften nur ba« ©runbtyema feiner $rebigt
überliefert mit ben -äBorten: Meravoeixt tjyyixev yäg ff ßaodela x&v ovqclvwv. 5Der
lefctere ©afc fölofe in ftety bie ätu^ftd^t auf bie SoUenbung ber atL Offenbarung, bie 6r*
füllung ber pro^etifcfyen 2l*ei*fagung, unb jugleicty ba« Setoufetfein be« Käufers, bafc er
15 bie mefftanifc^e §t\\ $u inaugurieren berufen fei. Um ben (Smtritt berfelben möglich ju
machen, ift auf feiten be« Solfe« bie perdroia, bie §ergen$emeuerung, bie S&nberung
ber ©efinnung Don ©runb au$, nottoenbig. 3)er3nfyalt biefer Sßrebtgt aBein fcfrm teugt
für bie alle« atl. ^ropfyetentum überragenbc ©röfee be« l^o^anned, tote fte ton gefu«
felbft anertannt toorben ift: lein träumenbe« SBarten, toie e« bem Solle batnal« eigen
20 fein mochte, ba ifym ja al* Slbratyam* Same ba* mefftanifc^e 9tetc^ fo ftrie fo gehnfe fei;
fein felbftäufriebene« fidj genügen (äffen an bud&ftäblictyer Erfüllung ber gefeilteren Sor=
fünften unb SluSbau ber ©afcungen, hrie toir e« bei ben ^anfäern toa^rne^men; lein
au£ Soll unb SBelt au«f(fceiben, um ftety in felbfterfunbenen SReinigung«ceremomen be*
fonbere £eiligfeit ju ertoerben, toie bei ben offenem; ba« toar ein ec$t prty^ettfdjp*
25 SBirfen Don ©runb avß unb ba« gange Soll umfaffenb, toobei nietyt« logiert, fonbern alle*
original toar.
©otteä 9tei$ unb ©otte« ©eric^t ift aber aud) in ben Äugen be« gurten $ro*
p^eten toie in benen feiner Vorgänger unjertrennlicb mit einanber berbunben. Unb er
ftefyt ftety berufen, biefen ©cric$t«ernft mit aEem SRacgbrucf geltenb ju machen, unb ba«
so um fo mefyr, je näfyer er ben 2lnbru$ be« mefftanifd&en Steige« toeife. 3m fommenben
©erid^te offenbart ftc^ ©otte« 3<mt ; toer bemfelben entrinnen toitt, ^at Urfac^e, getoabige
Slnftrengungen bafür ju machen, 9Rt 3, 7. 8; 3° 3/ 36. 35abei fte^t 3^- ^in« marfige
9lu«brud«toeife mit fräftigen Silbern ju ©ebote, bie Dortreffli$ paty )u ber raupen ©eftalt
be« einfttgen äüüftenbctoobner« : ungefc^minft toie ber 5Kann ift auc^ feine @pra$e, g^
35 rabe^erau« unb uttreffcnb: „bie 9ljt ift ben Säumen an bieSBurjel gelegt", „ber Saum,
ber nid^t gute ^ruet^t bringt, toirb umgehauen unb in« geuer getoorfen" 3Rt 3, 10.
6« ift mbeffen unmöglich, Don be« Käufer« 5Heic^= unb ©eric^t«j)rebigt ju reben, o^ne
feiner jugleid^ eigentlich mefftanifd^en ^rebigt ju gebenten. ©o na^e toetfe er ba« meffia*
nifd^e §eil, bafe er fic^ al« ben unmittelbaren Vorläufer be« ÜReffta« bejeic^nen barf, ben
40 $erolb, ber ber @rfc^etnung be« Jtönig« Dorange^t. Übereinftimmenb bejeuaen bie eDang.
Senate, baj 3o^. fxd) nac^ 3ef 40, 3 al« „bie ©timme eine« Kufenben tit ber fflüfle:
Sereitet ben Seg be« ^errn" sJKt 3, 3; 9Rc 1, 3; 2c 3, 4; 3o 1, 23 bejet^net ^abe.
2)anac^ lann e« nic^t fraglic^ fein, toa« für eine Stellung ber Säufer )um fommenben
meffianifd^en SRctc^e für fic^ in Slnf^rud^ na^m : e« ift bie be« §erolb« ober SBegbereiterS,
45 bie Don Wal 3, 1.23 bem @lia« gugetotefen toorben toar. SBenn er felbft e« ablehnt, ber
tDiebergetommene (Slia« ju fein, toogu boc^ auc^ 3^ ^n ^n ^ner bejetc^nenben 9Re=
ta^^er, Wt 17, 11. 12, gemacht fyat, fo bangt ba« mit feiner tiefen lauteren 2)emut,
einem ©runbgug feiner ebeln ^erfönlid^teit, gufammen ; facblic^ lommt i^m jene fcrDor=
ragenbe Stellung nac^ feinem eigenen %1)\m unb Sieben unfraglic^ ju,
so 6in bebeutfamer Unterf$ieb mac^t fic6 nun freiließ in ber mefftantf$en ©eriAt^
)>rebigt be« 3ofy. Derglid^en mit ben älteren ^ropfyeten vnb ber Solftertoartung bemerfbar.
3lad) biefen Derfc^ont ba« ©eric^t ba« Solf 3^wel; nac^ 3°^- tow* 3^rae' jueefi tom
bemfelben betroffen. Abraham jum Sater ju ^aben ift lein ©dbu^ gegen ben Sgtyieb
unb bie aufgehobene Sßurffc^aufel, 3Rt 3, 8 u. 12. ©Ott Dermag bem Abraham au« ben
55 ©teinen ber 2öüftc ffinber ju ertoeefen : alfo bei afler SBirffamfeit innerhalb ber Station
unb auf« ®antf ber Nation bod) eine überrafebenbe 2)urc^brec^ung ber nationalen ©d^ranle,
Äeime, bie toir bei $aulu« jur reifen ^ruc^t entn)idfelt ftnben. &a« mu| mit in «nfcblag
gebraut toerben, toenn toir ber ibealen ©röfee be« 3«>^ tooDen ©ere$tiafett toiberfapren
laffen. SBJenn man bie meffianiföe SBirffamfeit be« Säufer« in 3to*fa flQogen bat,
go fyaut>tfä$ltc$ loeil ber bie mefftanifd^c Hoffnung feine« Solfe« fo foxt fo Derleugnenbe go*
äfolptttted ber Sänfer 323
faljjuS jtc unerwähnt gefaffen, fo ift bagegen $u beachten, bafe bie 3cugniffe barüber um
fo unberbäc^tiger ftnb, Weil ja bie näc^fte golgejeit bcm ^ropfyeten augenfc$einli$ nid^t
9ta$t gegeben $at.
S)te 9tei$&, ®eri<$t& unb 93uf$prebigt be$ 3olj. rief eine SSeWegung im Sanbe fycr=
bor, We ifyreS ©leiten nid&t fyattt. Über tyre anfange ftnb Wir $u Wenig unterrichtet. 5
Od föetnt, bafc ber *{$ropfyet feine Berufung in ber SBüfte empfing unb bann bon ben
Rängen bcS ©ebirgeä am toten 9Reere in bie IJorbanaue borging. (Sinjelne mögen juerft
ben 3hif bernommen unb fd&neU, ergriffen bon ber ©cwalt unb bem gftuer beä fyetligcn
3Ranne$, bie Äunbe bon ber neu crWad&ten ^ropfyctie im Sanbe herumgetragen fyabm.
fiberanffchnmenb bezeugen 3Jlt unb Sc, bafe mit neglxcoQov tov 'logdävov ber ÄreiS 10
ber SBtrffmnteit beS 3°&- umf<$riebcn fei 2Rt3, 5; Sc 3, 3: alfo bon fyüben unb brüben
filmen fie. ©a3 juqIxcoqov bc« ^orban War bamalä Weit bitter bebölfert als tyeut jutage,
Wo ehie Stenge Drtfäaften berfd&Wunben ift, unb boefc wären bie ^orbanfurten öftlicfy bon
$eri$o noc$ fcute ein geeigneter Ort, um eine Sotfc&aft xa\d) in Umlauf ju fefcen. 3)a8
9uf$gejjtrau$, Womit ba3 gorbanufer bcWad&fen tft, ermöglichte e$ in 3Jerbinbung mit 15
ber ftarf benüfeten %uxt (Srücfe) bem ?ßrop§eten, jeben 2lugenblicf ft$ jurüdjujie^en unb
toi^er an bie Öffentli$!eit ju treten ganj na$ 93ebürfni$. ©0 fyabcn Wir und ni$t $u
tounbern, Wenn balb Wed&felnbe 93olf$fc$aren fi$ um ben Käufer berfammelten. Salb
baren alle Stänbe bertreten: 3öHner (©renjgebiet bon gubäa unb ber Stetrarc^te beä
$erobe3), ©olbatcn beS SSierfürften, ehrbares unb fünbigeS 93olf (ol rekcbvai xal dt 20
Ttogvoi SDtt 21, 32). 9UIe biefe lehrte ber Käufer nac| 3jefu 3lu$brucf h ödeö r^fc
bxcuoovrrjs (ib.), inbem er fein fistavoeixe für fie fpe$ialifierte, nid&t irgenbWelcfcc be=
fonbere Beübungen forbemb, fonbern berblüffenb nüchtern Stblegung ber ©tanbeäjünben
unb 9le$iföaffenbeit in £anbel unb 2Banbel berlangenb. Die 3öllner foHen fi$ genügen
laffen an ber feftgefefcten $aje, bie Ärieger am ©olb, bie o%\oi an bem 5RotWenbigen, Woburd& 25
fie bie SRtttel erlangen ben SRotleibenben Mfe ju bringen. 3lad) 2Jtt unb 3° **><** bie Solid-
betoegung fo großartig unb untoiberfteblic^, bafe man ftc^ fragte, ob biefer dvrjg dixaiog
xal äytog 3Rc 6, 20 ni$t am @nbe ber 3Ke[fta3 fei, trofebem er feine orjuela t^at 3° 10,11,
tmb ba| auc^ bie anerlannten güfyrer bed Solfed [xq gebrungen fa^en, i^m Seac^tung
ju fc^emen unb fogar ftc^ offijieQ mit ibm ju befaffen. @d liegt nämlid} fein ©runb so
bor, ben Seri^t bed %o 1, 19 ff. unb 9Kt 3, 7 alä unrichtig ^u bereif ein. Sie 2cmpeU
«toen 3<f» befUitigen bie bis in ben Sentyel unb fein ©tynebrium ^mreid^enbc äöirffamfeit
bed Xäufer*. aber biefen 9le))r&fentanten bed offiziellen unb bed frommen ^ubcntumd
fct 30^. nacb bed 3Rt tootyl jutreffenberem Seric^t einen Übeln empfang bereitet, inbem
er fie ote yewrjjuara Ixiövcbv 3, 7 anrebet, bie ber §erjendcrneuerung in ganj befon* 86
berem 3Ka|e bebürfen. 3)te offiziell an i^n gerichtete ^rage beantwortete er freiließ mit
toürbefcoDer Sefc^etben^eit unb 3)eutltc^feit: ba| er nic^tö bon bem fei, tooju man i^n
bat matten Wollen, nic^tö ald eine (pcovij ßoeovrog h rfj Iq/i/uü) 1, 23. älQe biefe
Xebcn tragen mit tyrer fernigen Äürje ben Stempel ber (Scgt^ett unberfennbar an fi$:
fie tonnten in biefer fantigen &naft>$eit unb faft änigmattfckn gorm in ber 3Solföüber= 40
lieferung nic^t too^l entfteDt Werben. @od bennod^ eine ftritif an tynen geübt Werben,
fo iß fte bamit audaefprod^en, ba^ 30^. nic^tö ju geben ^atte al£ eine ftarre ftttlid^e
gorberung. $ inen vttüban tyti er ni$t aufzuführen, fonbern Wie @(tad nur bie befte^enbe
Solf^emeinbe ftttiic^ )u reformieren. Slber ed gehört mit jur ©röfee bed 3°^ baft ^
fti^ ferner Sc^ranfe beutluty bewußt blieb : bon ft$ Weg Wied er auf ben ©tarieren, mit 45
(Beiß unb geuer taufenben, 3Rt 3, 7. 11; 9Rc 1, 7. 8; Sc 3, 16; 30 l, 26. 27, Wobei
bat gtuer Wobl atö @innbilb bed ©eifteS, unb nic^t alö geuet beS ©eric^teS ju faffen ift.
3. 3)ie ^orbantaufe. S$ galt, ber mejfianif^reformatorifd^en 2^ätigfeit einen
bebeutfamen Slbfc^lu^ ju geben, baS gesprochene 2öort im fpreebenben ©innbilb, wie eS
bem Orient befonbered Sebürfnid ift, ju berförpern. 3)a F)at aber %ob. wieber ni$t nad) 60
bcm Ocfe^ mit feinen 2Baf$ungen gegriffen, aueb nietyt effenifebe 33räuc^e foptert ober
aar bie (fpatere) $rofel^tentaufe nac^gea^mt« fonbern in ben ^$rop^eten fanb er, Wa3 er
brauste; 3cf. 1, 16 War geforbert: „SBafc^et eu$, reiniget tud), t^ut eure böfen 2fa*
Wage twm euc^"; äfalicfc ®j 36,25—27; Bad) 13, 1 Womit m bergleic^en Seb 14, 8;
Sc$ 19, 19; 2. Äg 5, 10. 2BaS bort nur Wie eine 9Hetapber er[c^ien, Würbe burefc »
3ob- &UR Symbol; bom bloßen ffiorte fd^ritt er jur %i)at: er taufte bie bei tym er«
Mmmbe Stenge, jeben einzelnen in ben fluten be^ %ox1>an untertaud^enb Mt 3, 6;
8k 1, 6, Womit ein ©flnbenbefenntnte berbunben War. Söaä follte biefer Byrnbolt s)Jic
WUtt e0 1, 4 ein ßämioua rijg fietavoiag eis äqieoiv äjuagricbv. ©innenfäQig follte
bei Xtaifüng e£ burc^ biefe ^anblung au^fpred^en : i$ bin ein ©ünbet unb bebarf ber w
21*
324 3oi)amtc$ ber Sftnfer
Steinigung, unb tote bie fluten be$ ^orban bk Rieden &intoegft>ülcn, fo totrb meine
©ünbe fyintoeggenommen, \<fy erlange ©ünbenbergebung. %ixx ben untergetauchten unreinen
taucht ein reiner auf, ber ©ott aufrichtig bienen toill. So ftnb ©ünbenbetenntniä, ©ünben*
Vergebung unb ©elübbe bie untrennbaren SKomente ber einen fmnbilblu^en ftanblung,
6 unb e$ ift 93er;fcr;lag 9lecr)t ju geben, ber auf bie toectyfelfeitige Sebingtyeit toon SReue unb
Vergebung fd)on im 3t£ aufmerffam mad)t. Söenn man aber ferner ben 3ofej>^u3 tyd
fagen laffen (j. 33. Äeim, #au»ratl)), toeil er Don einem ßamio/mp owävai be$ 3$oue3
fpric^t: e$ fei Don 3>or). ein eigentlicher Saufbunb geftiftet, eine ©emeinfc&aft gefc^loffen
toorben, fo ^rentiert man ben SluSbrud be$ äufammenfommenä (pwiivai) zu fdjr. 9lu$
10 fet>tt ber beftimmte £intoei$ auf bie Saufe als unerläßliche SBetye für ba$ ^D2effiadreu^.
ättotyl aber toar ftety $of). betoußt, mit (einer Saufe ba$ SSolt für bie bemnäcfcft m$ Seben
tretenbe s3)ieffta3gemeinbe zuzubereiten unb als ßannarng, toie feine 3^0^°^ ty
treffenb d&arafterificrten, ©otteS SBillen zu erfüllen : feine £aufe toar auc$ nad) bem Urteil
3jefu „Dom §immel" 9Bc 11,30 ff. Sgl. 3jo 1, 38: 6 nifixpag ue ßam&iy. 2Ba$ für
i5 eine nachhaltige, fturmartige Sctoegung er bamit im gangen Solle hervorgerufen, ba$ be*
zeugen bie §errntoortc 9Jit 11, 12: Orib ia>v fjjuegcbv 'lwdwav rov ßajmarov iojg
ägn rj ßaadeia rebv ovgavcbv ßid£etai xal ßiaoxai agnd^ovoiv avrijv. Unb toaä
bie 91© 18, 25 unb 19, 3 unä Von ber bis na$ Äleinaften ^oc^gefyaltenen 3*>fanne$taufe
ergäbt, baä bient bem Slusbrud ^efu zu toiflfommener SSeftätigung.
20 4. £)a$ SBcrfyältniS zu3*fu& ®icfe« iftä allein, toaä ber trierte ©Dangelifi, bie
anbern ergänzenb, in feinem Sendete über ben Käufer berührt ovzog fjX&ev elg pag-
zvgtav, Iva juagrvgrjoj) negl t. qxjoxog 1, 7. 8. 9iic£t nur ba3 Jiegixcogov t. 'log-
ddvov ober ^ubäa tourbe von ber Saufbetoegung erfaßt, auefy ba$ ferne ©aliläa, ju
meffianifd)er Äunbgebung ftetä bereit, t^at balb mit: äjiag 6 Xaog liefe fic$ nac$£c3,21
25 taufen. ©inen beftimmten 2lnl>alt$jnmft bafür ^aben toir in ber Mitteilung beS 4. @D ,
toonac$ SlnbreaS au£ SSetfyfaiba unb ber ungenannte 3>efu$jünger, bcx boc^ unfraglty
ebenfalls ein ©aliläer toar, fidj unter ber ©efolgfäaft be$ Säuferä befanben. SUfo 3°^-
fammelte jünger Don überallher, unb na$ Sc 11, 1 unb Sic 2, 18 ff. lehrte er biefelben
ba^ Sittm in beftimmter ^orm unb beranlafete fie ni$t nur zu einer ber (einigen ä^m
so liefen aelctifd^en Sebenöioeife, fonbern ^u regelmäßigem gaften. 3m übrigen liegt e^ no^er
in biefen Jüngern zugleich ©c^ilfen be$ 3:aufgef^äfted zu f^en# kern SofynmeS bei ber
großen Stu^be^nung ber SSolföbetoegung fc^toerlic^ allein genügt fyabm totrb. 3)er4.@txm-
gelift ift aud? in ber Sage, unö beftimmte Angaben über ben bamaligen Slufentyalt M
iäufer^ zu machen: h Brj^aviq negav t. 'logddvov, ein Ort, ben toir gegenüber toon
8ö3>cric^o zu fud^en ^aben toerben^eä toar eine Serlegen^eitdauöfunft ber foäteren 3)otu^
mente, an ©teile biefcä fonft unbefannten SSet^anien ein befannteä Set^abara ja fe^en.
SDic öltefte geogra))^ifd^e 3)arfteQung ber ©egenb, bie toir beftyen: bie s3Kofainarte toon
s)Jiabcba (Dgl. La carte Mosaique de Madaba, $ari^ 1897), toeift an biefer ©teile
Ztoar tein Sekanten auf, aber ein Aivcov, bad too^l bamit gleic^bebeutenb fein tonnte,
40 toäbrenb toir SBctfyabara auf bem bieefeitigen toeftlid^en Ufer eingezeichnet finben.
§ier fanb nun bie entfc^eibungStoolIe Begegnung be^ Käufers mit 3«fu ftati Die
Äunbe von ber jjobanneijc^en Setoegung toar aud) nad^ bem ftiOen 9iazaret$ gebrungen,
unb c^ ift nicfyt zu Dertounbem, baß $e\\i$ biefen Stuf ©otteä an fein Soll au^ auf fu^
bezog. Unb toäfyrenb btc ^5rebigt bcö %o\). gipfelte in ber froren Sotfc&aft Don bem
46 balbigen (Srfcfycinen bc^ 3JJcffta^ : noXXd xal hega nagaxaXwv evrjyyekiCero xör iaor
Sc 3, 18 „fo fud&te feine ©eele ben (Sincn, Don bem ber ©eift tym jagte, bafi er lam-
men muffe" (Setyfcfylag). 3)a ift e^ too^l ^x Derftefycn, baß bie beiben tyoc^geftimmten
©eifter, jeber Don ©ottc^ ©eift erleuchtet, im §enen bc« anbern lefenb jtc^ erfannten,
glei^fDicl, ob früher gepflogene Dertoanbtfc^aftlic^e Beziehungen bur$ bie Umftänbe unter=
50 brocken ioorben toaren ober nid?t. 3lber ohne eine Doraudge^enbe ^erzendauffc^Heßung m
gefonberter Unterrebung tourbe bie nadjf olgenbe Sauf e unbegreiflich fein. Sben biefellnter=
rebung aber ^alf bem Säufer zu ber ßrfenntni* Don ber Steinzeit unb ^ofyrit feinet
Säufling^. $n toeld^em Sinne biefer bennoc^ auf bem SaufDoHzug beftanb, tft im „Seben
3efu" in erörtern. D^ne ba« SRoment be^ ©olibarität^gefü^ld, ba« bei 3<M unb
55 ^o^anned cntjcbetbcnb inö ©etoict)t fiel, läßt ftet) berfelbe nt<$t Derfte^en (gegen 9. SBetß),
unb e^ trägt bie bei btejcm Slnlaß geführte Unterrebung 3Slt 3, 13 ff. innere ©puren ba
(£ctjtr)ett in ftet). SDa^ barauf folgenbe (Srlebniä Don fic^tbarer unb bleibenber ©eifie^
mitteilung an ^efu^ unb hörbarer ©otte^ftimme ift too^l atö offenbarungdmäßige Sifion
be« öo^annrö zu falfcn. 3)ö ber läufer e$ im 4. (£d. eigentlich nur mit bem erfannten
u> 'JMejfiaS zu tyun ^at, b. fy. naebbem feine eigene mefftanifc^e Srfenntntö ben
3of|atmc3 ber Xfttifer 325
gorlfdyull gemacht, fo ift cS ofyne toeitereS bcrftänblicty, toarum in biefer Quelle ber §erolb
3«fu anberS erföemt als in ber fynoptifdljen SDarftellung. 2)aS 8g Pfjuiooo&h /nov ye-
ywtv 1,30 ift im Sinne beS SäuferS einfach räumlidj gebadjt, toenn eS and) im Sinne
to* Stxtngelifien bie ^räejiftenj im>ofoiert.
SKan $at gefaxt, baS ©rlebnis bei ber Saufe %tfu fyätte ben ^«nneS toeranlafjen 5
Jollen, feine eigene SBirlfamfett nun abjufdjliefeen unb fiefy ofync toeitereS bem „©tarieren"
betjugefellen. vlad) ben runben ßrflärungen über ben, ber fyöfyer über ifyn fyinauSrage als
cm fyxt über feinen mebrigften ©Haben 9Wt 3, 11; iJc 3, 16; 3° 1/27, unb naefy bem
bestimmten §intoeiS auf bie SBoüenbung beS SRctd^e^ ©otteS burdj ben im Äommen be=
gtiffenen SMefftaS ^ätte eS in ber Sfyat nafyc gelegen, toenn ber Säufer feine Sfyätigfcit 10
eingejteClt j&ätte, fobalb er über bie ©rfctyeinung beS §immelSfönigS unb feinen Amtsantritt
toolle ®etoif#eit fyatte. ©r tyat eS nidjt getfyan, fonbern ftc$ begnügt, jtoei feiner jünger:
ben StnbreaS unb ben belannten Ungenannten (ben 3ebebaiben 30&arm^) «n !gefuS $u
toeifen mit einer tieffinnigen meffianiföen ©rflärung bom WeffiaS als bem ©otteSlamm
3o 1, 29, bie jhoar beanftanbet toorben ift, aber bei einem STOanne, ber fo im ^ropfyeten 15
3efajja lebte tüte er, nid&t attjufefyr befremben foflte. 3m Weiteren allerbingS fyat nun
tbatfäc^li^, namentlich toenn toir ber Sericfyterftattung beS 4. (Sbangeliften ©lauben fd&enfen
bärfen, eine parallele SBirffamfeit beS 9RefftaS unb feines §erolbS ftattgefunben, bie fogar
wtlü^ nic^t toeit auSeinanber gelegen fjaben tann, benn für !JefuS toar bie grofje 9läfye
ein ©runb, gubäa mit ©aliläa $u bertaufetyen, unb eS finb SlnfyaltSpunfte bafür fcor* ao
fanben, bafj baS Alviov iyyvg rov 2aXeiju, baS man nidpt toeit bon ©id&ar in ©amaria
tyd fuefcn tootten, bodjj in gubäa atoifäen bem Sßeftufer beS 3>orban un*> *>cm ©cbirge
mui Gelegen tyaben, toenigftenS geic^net bie sDtofaiffarte öon Wabeba auSbrüdflicfy biefen
Crt frer ein, bireft nörblicfc bon 3cri$o. 3)ie Siebe, mit- ber ber Säufer feine jünger
über bie Saufhrirffamfeit 3efu beruhigt i}at %o 3, 23 ff., läfet gtoar ofyne $rage bie \o= 25
fymneif$e Färbung beutli^ erfennen, aber baS 2Bort bom yikog rov wßjuplov, ber ficfy
freut bie Stimme beS SBräuttgamS ju fyören, ^at boc^ too^l ben Säufer, ben Srauttoerber,
felbp )um Urheber, unb baS anbere SBort bom eigenen Abnehmen gegenüber bem 2Bad^
tum beS s3)ieffiaS liegt ganj in ber äinie, bie er mit feiner Semut inne gehalten F)at.
Unb ift benn ein folc|e$, bis jur SunbeSgenoffenfc^aft gebetyenbeS 9iebeneinanber beS 30
großen unb beS größten in 3^^el ofyne alle Äonhirrenj fo burc^auS unbenfbar? 3)ie
eigene Sleic^rebigt $tfu toar boc^ junäc^ft nur eine gortfefcung berjjenigen beS SäuferS.
Um baä 93olf »ujubereiten, mu^te S^fuS t^un toie jener. S)amit ift aber 3jof>. bollfommen
aeret^tfertigt. 9co^ lag ber Slbfc&lufe ber meffianifd^en S^ätigfeit Jjefu in Sob unb 3lufers
jtetyung nk^t bor, no^ befanb fu$ alles im ©tabium ber Vorbereitung, unb boüenbS nac|f 86
ber Snf^auungSfeeife, bie ber Säufer offenbar bon ber 9Jfef fiaS^enlic^f eit fyatte : biefe toar
na* i^m »or allem nur eine ritterliche. Slber eben mit biefer ^ielt ja 3cfuS augenfe^ein«
lt$ jurücf unb nötigte bamit feinen Vorläufer, bie borbereitenbe ^Jrebigt unb iöufctaufe
fottjufe^en.
5. 3)aS 3fu9n*8 beS 3[ofej>^u^ über ben Säufer. 3)iefe 3)arfteHung ift 40
bisher au6f$ttej}li$ ber ntl. Seric^terftattung gefolgt. @S gilt nun aber aud^ no$ ein
anbereS getoic^tigeS 3^9n^ über ben Säufer richtig ju teerten: baS beS ^ofe^uS. ®^
jfibtföe ©c^^fiftfteller fommt auf 3^^. ba ^u fpred^en, too er in feiner Slr^äolome 18, 5
ben Ärieg befc^reibt, ber gtoifc^en äretaS, bem Äönig bon ?5etra, unb bem SSierfürften
i5erobeS aiiSgebroc^en toar: §erobeS ^atte ftd^ mit btefem toegen Verftofeung bon beffen 46
Softer, bie feine erfte %tau h>ar, berfeinbet, unb nad) bem Sobe beS Setrard^en tytyu
li^>uS bra$ ber Jtrieg infolge bon ©renjftreitigfetten aus. Tie erfte ©c^lac^t n>urbe für
jperobeS yax 9?ieberlage unb baS S3olf erlannte barin bie geregte ©träfe ©otteS bafür,
bafc er ben So^anneS „ jubenannt ber Säufer" ungereetytertoeife getötet l^atte. „3)enn biefen
Ölet $erobe£, einen trefflichen TOann, ber bie guben ermahnte, unter Übung ber Su* 60
genb unb ©erec^tigteit gegen einanber unb gfrömmigfeit gegen ©ott jur Saufe &u fom=
men. 5Denn alfo toerbe au<^ bie Saufe i^m angenehm fein, toenn man fte ni<$t ^um
£otfritten getoiffer ©ünben, fonbern jur Reinigung beS SeibeS gebraute, inbem nämltc^
bie ©eele föon jubor burd^ ©ered^tigfeit geläutert iuorben fei. 9llS auc^ bie übrigen fic$
i^m jutoanbten (benn fte tourben burc^ baS ^ören ber Sieben aufs bockte gehoben), 66
ffin^tete J^erobeS, eS möd^te fein fo gewaltiger ©influ^ auf bie Wenden ju einem 9lufs
ffcmb führen (benn alles fc^ienen fte auf feinen SRat ^u ttyun) unb ^ielt für beffer, ibm,
bö»r er eine Umtoälaung herbeigeführt ^ättc, burd^ bie Einrichtung guborgufommen als
nad} gefc^enem Umfturj bie Überrafd^ung burc^ bie Sl)atfad;cn bctlagen ju muffen. ©0
tmirbe er bur$ ben 9(rgft)o^n beS $erobeS gebunben naify Wac^äruS, ber bor^er ermähnten 00
326 3o!pit«e* ber Sflufer
geftung gefanbt, unb fyier getötet. 35en Rubelt <*« erföten e«, bafc ba3 #eer be«fdben
lux ©träfe bom 93erberben ereilt toorben fei, ba ©Ott tym übel toollte."
Sie Differenzen ber 3ofe^u«quette gegenüber bem 31% jmb cbibent 9lac$ 3ofej>^
ift 3ofy. n^^ toeiter al« ein ©itteityrebiaer. Seine Taufe entbehrt be« fipnbolif$en
6 ßfyarafter«. 33on mcfftanifd&er 2tyätigfeit ift bollenb« feine Siebe. 2Benn totr ober bem
gegenüber fteHen bie unerftnbbare Originalität ber ntl. Sßuferreben unb ben Steffel ber«
felben in ben ebenjo unerfinbbaren SBBorten 3efu, fo finb toir in unferm Urteil über bie
SBürbigung be« Säufer« burd) ben jübiföen @efc$ic$t«fc$reiber balb im Steinen. 3m 33e*
fonberen ift ba« SBerfötoeigen ber meffianifcfyen S3e$ietyungen nu£t befremblicfc, toenn totr
10 an bie fonftige fragte be« genannten £iftori!er« benfen : tym liegt au$ biet baran, foe*
jififö 3jübif$e« ^m griec^cfcrömifcfyen Sefern munbgerec^t unb etntoanb«frei )u maepen.
©ein 3^0"^ über ben Käufer ift infofern eine Seftätigung be« neuteftamentlicfyen, ate
e« fi$ um bie tiefgreifenbe, ba« gange 3Sott umfaffenbe SBirffamleit be« Säufer« tyanbelt
316er ber religiöfen unb meffianifegen 93ebeutung bleiben ift ber polittf$e ©efebte^tfe^reiber
15 bei toeitem nietyt geregt getoorben. 3Befentlic$ anber« bereit e« ft$ mit feinem 8eri$t
über ben £eben«au«gang be« Säufer«.
6. (Gefangennahme unb Einrichtung. §ier fielen ftc$ 9KC unb ber mit ber
Politiken ©efetyie^te be« Sanbe« toopl vertraute SiofepM anfdfremenb fcfaoff gegenüber,
nur barin übereinftimmenb, bafc beibe ben %o1). offenbar auf perätftym ©ebiet ourcfc ben
20 SSierfürfien gefangennehmen unb bindeten laffen, toobei bie @bb. ben $inri$tung«9it
berfetytoeigen, 3jofe^u« aber fe^r beftimmt bafür 2Rac£äru« angiebt. 3>a« 3Rotib biefer
S^at ift na# bem @ef$id&tfd&reiber Iebigltd& ein politifd&e«, toogegen bie 6bb. 3Rt 14;
2Rc 6 ; 2c 9 fe^r beftimmt bie ftamiliengefd&id&te be« §erobe«, nämlicfc feine fietrai mit
ber ©d&toägerin in bo^eltem @bebruc$ unb entgegen bem lebitifdjen ©efefce Se 18, 16
25 bamit berbinben : 3ofy. fa&* tom S^etrarc^en Schaltungen über biefe ®&e gemalt, ba*
bur$ ben £afj ber £erobia« auf ft$ gebogen unb fei enblicty bei ©elegentyet* eine« geft*
mafyle« (iä yeveoia, toatyrfd&emlicty ber 3atyre«tag ber Sfyronbefteigung) bemfelben &um
Dpfer gefallen, inbem bie Stocher ber fterobia« bur$ tyren Sänj fo fefc bog 2Bo$U
gefallen be« $erobe« erregte, bafj er fiep jum unbebauten Serforecben fyinretfjen liefe unb
so bem fyerjlofen bon ber 3)tutter aufgemachten 2Räbd&en (xogdoiov STOc 6, 22) bad Qaxtpt
be« $ro})^eten auf einer ©Rüffel jum Sotyne geben mu^te. 5Diefe eb. Überlieferung ip
üoar als unhaltbar unb al$ reine ^ßoefte, gu ber bie Königinnen 3fc&el unb Sft^er ben
%Wu$ hergegeben fyabzn foüen, bargefteQt toorben (SSoßmar). Sber bie Unt^at fte^t
burd&auä im ©inllang mit ben ©epflogen^eiten im ^erobianifc^en ^ürßen^aufe, unb ba
35 33eri#t be« 3ofel>^u« ift nid&t eigentlich batoiber.
^olgenbe« btirfte ber toa^rfcbeinlic^e ©ang ber ©reignijfe fein. Sintis fyd ge»
legentlic^ einer SRomreife bie öerobiaö (bgl. VII, ©. 769), bie®attin feines ald ^ntxitmann
lebenben ©ruber« §erobe$ (Pbil^u«) nä^er fennen gelernt, unb bie beiben fmb überetn«
gefommen, nadj §erobe« SRüdre^r bon SRom fid^ ju e^elic^en. ©urc^ 3n^0ue crfäfat bie
40 red^tmäfeige ®attxn, bie 2lrcta«tod^ter, ben ?pian borstig unb lä|t fk^ nac^ 3Rac$äru$
bringen, ba« bamal« i^rem 93ater tributpflichtig (vjiqzeXrjs 3trd&. 18, 5, 1) toar, bon too
fte na$ $etra Püc^tet. §erobia« unb §erobe$ fd^liefeen barauf i^ren e^ebreetyerifc^en 8unb.
%a\l$ 9lnti))a« in Sibia« untoeit be« unteren ^orban feine SReftben) aufgefcblagen ^atte,
lag e3 fe^r na^e für ihn, ftc^ um ben bolf«tümlic|fen $ro))^eten, ber je|t auf feinem ®f
45 biete taufte, ju intereffteren (bgl. fein gjnterefje für gefu«, Sc 23, 8). ©ine Segegnung
fanb ftatt, unb ber läufer, ber nie, toeber beim 93ol!e noety bei ^ürften, um ®vmfc ge*
bu^lt, fagte i^>m fo ungefd&mtnft bie SBJa^eit toie ben ©tynebrtjten : ovx Qemb oa
fyw ity yvvaZxa t. ä&ekyov oov. 3)ie 3)iaieftät«beleibigung toar ba, bie inSbefonbere
Äerobia« bent neuen Elia« nid^t beriefen fonnte. 35iefer 3Runb mufcte gefcbloffen toerben.
50 2)a man e« aber nid>t tonnte auf @runb be« gegebenen ärgerniffe«, fo gefc^ ed unter
Vorgabe politiföer SKottoc, toie fte ^ofe^^u« ertoö^nt. Denn f^ottt aud^ bem Säufer
bie jwlitifd&e Agitation nac^ allen DueDen boDftänbig ferne gelegen, fo toar boc$ ba« 1^
geifterte 3SolI leicht für eine folcfye gegen ben notorifc^en e^ebre^er ju ^aben: toa«^ero«
bia« toollte axt^ perfönlic^er Slad^e, ba« boDfü^rte §erobe« au« 5ßoutif, unb bie Skram
55 lafjung toar bie nämliche, gn Sibia« fonnte man aber ben beliebten $roj>$eten nic^t mit
genügenber ©ic^er^eit betoac^en. 35a« entlegene unb fefte ÜRac^äru« an ber ©renje gegen
Slrabien, ba« nac^ 3°^^^' au«fü^rlic^er Sefc^retbung, bell. jud. 7, 6, 1—3, ebenfÄ«
einen ^alaft befafe, toar bafür am geeignetften. [3)urcty ©eefeen unb $arent, mittelbar
burc^ SRitter, ©rbfunbe XV, *($aläftina unb ©^rien, ©. 577, tft eine ganj falfd^e Orte
eo läge für ÜWacfyäru«, &eutc SWufaur beftimmt toorben. 6« liegt ba«felbe mc^t am SBBab^
3ofa««e« ber Sftufcr 3ol>amieS Snttontcttd 327
3erfa "Slam, fonbern ca. 9 Äilom. ©2B. baDon, 1120 9Jteter über bem loten 3Reer, pvti
tolle Xageretfen t>on ber Saufftätte be« 3o^. 3)aDon, bafe 3xiftram, 2)uc be Sutyne« unb ©ocin*
Senjmger ba« Stetige faben, überzeugte ft$ ber SSerf. burd& ben äugendem im 2fyril
1899.] Selber fagt un« ber jübifefa ©d&riftfteller nidjt, toie ba«felbe toieber an $erobe«
jjdominen, ob burety £ift ober ©etoatt ober burdj taiferlid&e« 3Ractytgebot, ba« eben auf 6
teuer SRomreife ertoirft fein lonnte. ©enug, £erobe« tonnte barüber Derfügen unb fefaint
mm feine SReftbenj ba$in berlegt ju faben, tooju ifa eben bie politifefa Äonftetlation Der*
anlaßt faben lonnte. £af* ^ofanne« fatoerlicfy al« poltttfc^er (gefangener angefetyen Sorben
ijt, wffen bie @bb. au« ber relatiben greifait erfennen, bie ifym getoäfat tourbe: SJerlefa
mit ben fjreunben, mit $efu, mit bem 2anbe«fürften, ber fid& bo$ auf feinem toanfenben 10
Ifame bor bem Sßropfatenmorb freuen mochte, toäfaenb ba« §ören auf be« (befangenen
Xattfläge: äxovoag avrav nolXä ffTigögei xal fjdicog avxov ijxovsv Tic 6,20 bem
Solle gefallen modele. Sßäfaenb man nämlicfy nad& 3ofej>^uö meinen fönnte, e« fabe
$erobe« ben 3o$. fofort entfalteten laffen, berftreic^t ben @DD. jufolge noc$ eine geraume
3cit jtoif eben (gefangennähme unb Einrichtung. Unb ba« unerfinbbare 2Bort $efu : 9Jtt 15
11, 6 giebt imjtoeifelfaft bem eb. Serid&te re^t.
9Ran fat e« für untoafaföeinlit^ ertlärt, bafe 3oty. nac^ b*™ @rf*bni« bei ber Saufe
bie §rage geftefft faben foHte: ov sl 6 iqxo/^vog f) heQov jigoodoxco/uev ;
1 abgefefan babon, bafe bie gfrage gang bie jofanneifefa Klangfarbe fat, tft bo$
xääß natürlicher, al« bafi er bei feiner befcfyräntten mefftanifefan Srfenntni« unb feinem 20
einfettigen 9Reffta«ibeaI an bem febeinbaren 3a^bern 3efu mit feinem machtvollen §er=
bortreten foQte Sfaftofc genommen faben, Journal in feiner bamaligen Sage. ©« liegt biel=
me$r ettoa« ed^t 2Renfcflit$c« barin, ben ©tarfen feine ßanb nad& bem ©tarieren aufr
greifen )u fefan, bamit biefer ifat jur ©ebulb unb (Srgebung unb Hoffnung fyelfe. 2)ae»
6nbe hk Z&uferd lam unerwartet unb erfc^üttemb, fo toie bie @bangeliften e^ un^ be* 25
ruhten, ein SRart^rium, baä bie ganje Sroftloftgfett ber £eit offenbarte unb auf Ser^
falten unb Stimmung $efu feinen unberlennbaren (Stnflufe ausübte.
über bie $ät finb toir auf Vermutungen angetoiefen. §erobeg' SRomreife mit nad^^
folaenber betrat ber ^erobiaä mufe bor bem ©turje be^ ©ejan 31 n. Gfyr. ftattgefunben
fawm. . Irat 30^. im 15. Igatyre beö 2:iberiu« auf unb toirfte ungefähr ein falbe« 3^/ w
toerauf eine me^rmonatlic^e Äerlerfaft folgte, fo tonnte bie Einrichtung in ben §erbft-
tagen b. 3. 29 ober auc^ erft 30 erfolgt fein.
7. Beurteilung ber @rf$einung be« 3^^anne^- ®^ner eigentlichen Beur-
teilung biefe« eigenartigen religiöfen G^arafter« fmb toir burd^ ben überfaben, ber jur
ftritif am aDerberufenften toar. 3efu« fat ber unbeugfamen ^eftigteit be« Xäufer« ba« 85
fachte 2ob aejottt 9Mt 11, 7 ff. unb feiner ©teHung in ber öfonomie be« alten Sunbe«
bie oberfte Stufe eingeräumt 3Jtt 11, 11. 3u0tc^ <*« ^at w n^ unterlaffen, bie
©fronten ju beaeic^nen, bie audj biefem Srogen gebogen toaren: er blieb, ber ^fari-
faifefan 9Betfe ftep nö^ernb, innerhalb be« ®efe$e«bunbe« unb ber gefeilteren ©ered^tigteit,
bie be« gaften« nic^t alaubte entraten ju fönnen 3Kc 2, 18 ff. unb e« eben nic^t toeiter 40
att btd air fflaffertaufe braute, ffiie tief eingreifenb unb bebeutung«t>oll für ba« eigene
Strien ^jefu« bie SBirlfamleit be« 3o^. anjafy, gebt aui einer ganzen 3[nja^l feiner Sieben
faöwr, in benen er allemal ba« Verfallen be« Solle« ober feiner Oberen gegenüber 3°-
fannne« jum Kriterium feiner ©mpfänglicfyfett überhaupt für bie meffianifd^e Offenbarung
mac^t: ben a«!etif(^sftrengen, leine 3^en t^uenben, mit Söaffer taufenben, toom SWcffta« 45
jatgenben gofanne« faben pe nic^t ertragen fönnen 3Kt 11, 7—13; 17, 13; 2t, 25 ff.;
We 2f 18: 8, 28- 11, 30; 2c 7, 24 ff.; 16, 16; 20, 4 ff.; So 5, 33 f.; 10,40ff., fo
tounbert ftep benn ßj^riftu« nic^t, toenn fte für feine eigene 3Bctfc leine (Smpfänglic^teit an
ben lag toxen. *ßl\t peiliger ^xonk getftelt er ba« Serfalten be« Solfe« gegenüber bem
läufer. 3Wtt nic^t toeniger cd« fünf (äleid^niffen : bon ben ©c^läud^en, Don bem un- 50
aetoalltenSa^^Kn, Don ben frityliefan §od^jeit«leuten, Don ben f))ielenben Hinbern, Don ben
beiben ©ö^men, bie be« 93ater« SBäiDen ungleich erfüllen, ift er auf bie läuferbetoegung ju
ftjtt^en ydommtn, unb ben $on ber S^nie fc^lägt er aueb in bem Sporte Dom kvxvoq
6 xcu6uer<K xal walvcov $o 5, 35 an. 3o^>. toar ibm ber getoei«fagte 6lia« unb beffen
Ikpber Siegel be« eigenen tragifc&en au«gang« '3Kt 17, 13. Ueber bie SBorte 3efu 55
m 80b ober Xabel &inau«jugefan, loiH pd^ für un^ nicfyt Riefen : jebenfaH« foHten fte
m* abfalten, bie Sebeutung be« Käufer« irgenbtoie ju unterfd^ä^en.
mm
3f|«Ejie« Xentonicu« f. 9b VI ©. 716, ij.
328 doljamted bott Sljeffalotttdj do^attttidfater
^ofyanne«, (grjbifd&of Don $&effalonic$. — Sttteratur: Leo Allatius, De
Symeonum scriptis, «Bari« 1664 ©. 105. 110; De Method. scr. ©.333; Cave, Hist. litt.
I, 597; Le Quien, Or. christ. II, 42; Fabric, BibJ. X, 219. 250. 285; DchrB 111,396;
ßrumbadjer, ©cf(ft. b. b^ant. fiitt.1 6. 192.
6 6r toar 2lbgefanbter be« *ßat>fte« auf bem 6. öfumen. Äonjil (680), Mansi XI,
640. 669. 688. 3n ben SKtcn bcr 2. nicäniföen Stynobe toirb (Mansi XIII, 164) ein
93ru$ftü(f feinet Dialog« atoifäen einem Giften unb einem Reiben mitgeteilt (ix rov
Xoyovy ov fj ägxY} MexQi rote neig&Zojv etc.), in bem bie Verehrung ber Silber ge*
rechtfertigt toirb : fie bejiefye ftety auf bie abgebilbeten ^eiligen, auf ©Ott, hrie er unter ben
io SKenföen getoanbelt ; olw§ ben ©ngeln lomme eine geftnffe Äörperlid&feit ju. SJafj aud) ber
antijübiföe Dialog, bem ber in ben Sitten folgenbe 93eleg entflammt (Mansi S. 165), auf tyn
aurücfgefye, läfet fug nic^t toatyrfcfyeinlic^ machen. Die Siebe Elg rag /uvgcxpogovg yvvcuxag,
bieftc^MSG 59, 635 (aud& Sombefi«, Auctar. nov. I, 791 al« De resurrectione) unter
ben ßtyrtyfoftomu« untergefd&obenen finbet, fäeint mir bertoanbte 3tige mit be« ^o^anne*
15 Siebe Elg rrjv xoljut]oiv Tr\g vnegaylag . . öeoroxov xal deuiag^evov Maglag ni<$t
Dermiffen gu laffen. Diefe lefctere ift al« ®ame« nur in altflaDifcfyer ftberfefcung gebrudt
(bei $o})OD, Bibliografißeskija materialy, üfto«tau 1879, S. 40—65), Srudfrftficfe be«
Original« au« Par. gr. 897 bei SXfd&enborf, Apocalypses apoeryphae, Setyjtg 1866;
fie fyot ftc£ an ^ßfeuboiofyanne«, De dormitione Mariae eng angefc&loffen, trägt au$
20 me$rfad& be« lefcteren Stamm (j. 95. Coisl. 121 ; in Par. 1504 ben be« Stalobu«), 3u*
fammen mit jener „gßlfcfymg" gebenft bafyer @l>ij>tyamu« 2Ronac$u« (ed. Steffel, $ari«
unb Seitaig 1843, S. 14, 6 ff.) be« nokv&gvkkrnog Xöyog be« ^o^anneS Don IWJ.,
burd& toelcge« biefer „jid& felbft in Statten geftcUt". Snblicfc ift au$ nod& eine Sdjnft
'Elg rov nagevdot-ov &&X<xp6gov AtjfjirJTgiov (AS Oct. 4, 104—160) unter bem 9tamen
26 be« 30&. Don 2$. überliefert. 8»»»etf*.
^oljann Don Xurrecremata f. 3uan D. Sorquemaba.
^oijannito« ftartano« f. Startano«.
^oljanntSfeuer. — Sitteratur: dufter ben allgemeinen ©erfen über firdjl. 9lr*fio.
logie (5. 93. SRfjeinroalb ©. 246) f. Paciandi, De cultu 8. Joannis Bapt. antiqq. christ.,
30 Rom. 1758; de Khautz, De ritu ignis in natali 8. Joannis B. accensi, Vindob. 1759;
SB. ©rimm in ber «flg. ßncttH. uon (Srfcb u. ©ruber, II, 22, ©.265; &. Eotf, geftfalenber,
Stuttgart 1847, ©.406 ff.: ^üüent)of, Sagen au« SdjleSiuiß.&olftein 168; Solf, 2)cutfa>c
©ötterleöre 83,84; ^an^er, ©eitr. j. b. SJtytft. I. 210, 211, 214ff., 11,239; Singeric, $irol.
©ttten 159; SReter, ©cömöb. ©agen 423 ff.; fieoprea^ting, &118 bem fie*rain 181 ff.; ©rimm,
85 9Jtytf). 581 ff.; fianbfteiner, Äremfer ©ümnaf.^rogr. u. 3. 1869, 46; »ernalefen, Oeftcrr.
^t^. 307-309; ©imroct, 3Wüt^. 533, 592; öirlinger, »o»«t. a. ©«maben II, 97; ®olf,
3eitfcb. f. b. 9Jtyt5. I, 88. ölaa«, Weberöfterr. ©itten in b. Stfcftr. für beutfäe «ulturgef*.,
9?5 1874, 168.
9U« ^o^anni«feuer be^eid^net man geuer, tüddbe nac^ einer uralten, in toerfd^iebenen
iofiänbern, befonber« im (üblichen Seutfc^lanb nac^toei«baren, jum %Äl no$ befte^enben
Soltefftte am Stbenb ober Sorabenb be« ©cbäd^tni«tage« So^anni« be« Käufer« (24. 3uni)
unter freiem $imme(, auf ^ügeln unb Sergen ober auefy in Strafen unb auf Städten
unter mancherlei begleitenben Sräuc^cn ange^ünbet toerben. ©olc^e ©räuebe, toie fie bei
bem Slnjünben biefer geuer Dorfamen, ftnb: ßntjünbung be« geuer« nid^t burc^ ©ta&l
46 unb Stein, fonbern bur$ Rollreibung (fogenanntc« 9lotfeuer), 3^njen unb Springen
junger Seute um unb über ba« Äeuer (^o^anntötanj, choreae S. Johannis), ßinetn=
toerfen Don aDerfyanb SSIumen, Kräutern, Äränjen (!3otyanni«jfräuter, go^anni^tränjc),
priefterlic^e« Segnen be« geuer«, %ubtl unb ©efang ber Ruföauenben, Snjünben uiib
SoQen eine« mit Stro^ umtoicfclten 9tabe« (^o^anntöräber), XufffeQen eine« Saume«,
so treiben be« SSie^« burd^ ba« geuer, Rerumtragen t>on fJadEeln unb geuerbränben, ©tedtei
ber Sränbe in bie gelber u. bgl. 3Jtan fd^rieb bem fouer allerlei ^eilfame Sßirtunaen
unb Segen«fräfte ^u: SBeloa^rung; oor Äranf Reiten, Teilung Don allerlei Übeln (j. 8. ber
epilepfie, 3;^^anni«übe0, 5^c^tbarfeit, Sdfjufc loiber S3ranb unb ©etoitter, Sicherung
gegen Äejenbann u. f. h>. — 2ä^t ftc^ gleich ßntftefyung, Verbreitung unb ©ebeutung
66 biefer (Sebräu^c nid^t mit Doflftänbiger Std&erfyeit nac^toeifen, fo ffnb fte bod& unjtoeife^
^aft ^eibnifd^en Urfprung«, Stefte eine« uralten, bei aüen feölfem arifdjien Stamme« Der^
breiteten 2\d)U, Jwers unb Sonnenfultu^, ba^er Slnalogien baju im grieebifc^romifc^en
Reibentum (Seftafult, Jeuer beim römifc^en §irtenfeft ber ^alifien) toie bei teltif^en, ger*
3o!jatmt*fcttcr 329
maniföen, flaDtfc^en Sölfern ft<$ finben, ofyne baj$ ein Übergang Don einem 3Solf auf ba«
anbere ftd& naefctoeifen liefce. 3$re urf^rüngltd^e SSebeutung jetgt ber SRamen, ben fie im
$oU«tnunbe jum Seil no<9 führen : ©untoentfeuer b. f). ©onnentoenbf euer (forrumj). ©un=
bent*, ©iirnnet&, gimmetfeuer). ©ebaftian $rancf ergäbt in feinem 2Beltbud& bon ben
fronten: „An St. Johanstag machen sy ein Sinetfeuer (©omitoenbfeuer), 6
tragen auch disen tag sundere kräntz auf, weiss nit aus was aber glauben,
von beifuess und eisenkraut gemacht, und hat schier ein jeder ein blaw
kraut, Rittersporn genannt, in der hand ; welcher dadurch in das fewr sihet,
dem thuet das ganz jar kein aug weh, wie sie aberglauben. Wer vom fewr
heim zuhauss hinweg gehn will, der würfft dis kraut in das fewr, sprechende: 10
Es gehe hinweg und werd verbrennt all mein unglück. Das bischöflich hof-
geaind würft auf disen tag bei ihrem frewdenfewr auf dem Berg hinterm
schloss fewrine kugeln in den fluss Moganum" (Main), dränge unb Äugeln
tafimibtlbti$en ebenfo bie ©onne toie ba« Sofien be« Stabe« unb ber San$ um ba«
geuer famt allem toa« ba runbgefyt. 2)er fogen. ©onnentoenbgürtel aber, tote man 15
ba« hn SolKglauben altgetyeiligte ©fenlraut unb Seifufi nannte, erfcfyeint ibentifö
mit 3o$anm«gürtel, bie ber Styoftel So^anne« am ©ürtel getragen tyaben fott, um beim
Skmbern fliegt ju ermüben. 2)er SRame be« ^obanne^ fietft au$ in ber nieberl. Benennung
St Janscruit, unb nod) fyeute toirft man ba« Kraut am ^o^anntötage unter befonberen
Sprühen in« geucr unb glaubt baburc^ eine« gegenwärtigen ober brofyenben Unheil« lebig 20
jii toerben.
SBie föon ber „Sonntoenbgürtel" auf bie Sebeutung be« fjeftc« al« eine« ur-
ftjrünglt^en Sforturfefte« tyinbeutet, fo au$ ber „©unnfoenbfäfer", tote ber Rannte
föfer (Lampyris nocticula) no$ in SRieberöfterretc^ genannt totrb. SBie man im grity*
\cty ba« SBieberlefyren ber ©onnentoärme unb ba« $euertoad&en be« Staturlcben« bur$ 26
bie (befonber« hn nörblid&en ©eutfölanb üblichen) Dfterfeuer, burd& 3Jtaifefte u. bgl. fejfc
li$ beging: fo feierte man um bie geit be« 3o|annt«tage« bie ©onnentoenbe, bie Reit,
too bte ©onne tyren $ö&e£unft meiert fyat unb nun toieber ^tnabjuftnlen beginnt (eoen*
bie« bebeutet ba« Stollen be« Stabe«), bie Sidjt* unb @lan#eriobe be« Satyre«, bte 3ett
ber längften läge unb fürjeften Störte, jugleic^ aber auety bie Gfyoctye, too bie -Hahn* au^ so
ber Slütejeit be«grülnatyr« in bieg-rud&t* unb (Srntejeit übergebt, unb too bte beginnenbe
©ommer^e mannend Jtrantyeiten ju erjeugen brobt, bafyer man be« ©egen« ber
ftrutybarfett unb be« ©c&ufte« toiber allerlei ©efaljr fug ju berftc^ern fud&te. 6« ift bie
^xftfeüige 3«t> too berfuwene ©<$ä$c ft<$ fyeben unb fonnen. „35er &d)ab blü^t",
toflegt fäf in Äeffeln )u fyeben unb bann feine ©egentoart bur$ eine auf ifym leuc&tenbcse
gtamme anjujeigen. äud& (Srlöfung fud&enbe ©eifter, namentlich ©djlüffeljungfrauen
gefcn um. 3*fle «Pflanzen buften unb enttoidfeln ^etlfame Strafte. 35er ©onnentoenb*
aurtei ftJeifufi), ba« 3jo&anni«blut, ba« im ^Mittelalter fo forgfältig gefammclte unb
jw ^eittrafttg gehaltene 3o^anni«fraut unb anbere Slräuter toerben jtoifc^en ^o^anni«
unb 9Karien=$immelfa^rt (Jtrauttoetye) gebrochen. 9lud^ ba« äßaffer foll ju ^obanni« 40
^eilfamer fotoo^l jum ^rinfen, al« gum Saben fein. 35a« alle« erflärt ft$ axx^
bem altgermamfc^en ©lauben an Baidur, ben Std&tgott, beffen ©teile im Jtalenber
3o^aime« ber Säufer einnahm (©imrodE 5K2, 243). ®« ftnb alle btefe SSräuc^e
unb Sitten überrefte be« ^etbnifd^en üKitfornmerfefte«, unb bon i^nen gilt ba« 2Bort
be« Äufluftinu«, toelc^e« SBraun 3a$rb. XXII, 2.85 anführt: haec infelix consue- 46
tudo adhuc de paganorum observatione remansit. Wlan freute ft$ über
ben Sieg öalbur«, be« ©otte« be« Stc^t« in j>^ftfc$em "«^ et^ifd^em ©tnne, benn
anc$ feine Urteile finb, toie fc^on bie 6bba fagt, fo rein, bafe niemanb jic fcbelten
(b. ff. anfechten) lann", toa« auc^ bon ben Urteilen S^^anne« be« Täufer« gilt, ber
unbeftedHid? freimütig jeugte. — ©tet« ift bie ©onnentoenbe al« ©iege«feft be^an^eo
belt toorben; bie 3o^anni«nad^t, bie fürjefte be« ^a^re«, too im Hen Sorben bie
©otme triebt untergeht, tou^te man burd)» ba« geftfeuer in ben lic^teften Sag &u ber^
toanbdn unb fo ben boHen Sieg be« Sic^t« jugleicfy ju förbern unb ut feiern. ©0
anc$ in S)eutf<^lanb, fo nod^ am ©üb^arj unb in 2^ürtngen unb Söeftfalen. 3n Gber«*
leben bei ©anger^aufen ift bie Verrichtung be« 3o^annt«feucr« folgenbe. s))lan richtet eine 66
Mk ©tonge auf, befeftigt baran eine Ityeertonne, burc^ toeld^e eine bi« &ur 6rbe reic^enbe
Äette gebogen ift, unb toenn nun ba« ©anje in Sranb ift, fd^totngt man bie Sonne unter
grofcem gubel runb um bie ©tange. 3)er San^ um ba« ^o^anntdfeuer, bte« 2lbbtlb
ber ©onne, ift ganj entft)rec^enb bem San^ jur ^ul^it. ^ul bebeutet Stab, ©onnenrab,
«b bie ^ulgeit ift entf^ed^enb ber ©ommerfonnentoenbe bie 35Jinterfonnentoenbe, too eo
330 3oIjaitm*feiier äfolpttmter
bic ginfternte tyren $ieft>un!t erreicht fyat unb ba$£t$t toieber toäc^ft, ba$ am Sofymnte
tag feinen ^öfyejmnft erreidbt. $ie Stirere, toenngleidfc ber Sejie^ung beS SoljKumiStagä
jur ©onnentoenbe fi$ tootyl betoufet (hodie natus est Johannes, quo ineipiunt
decrescere dies fagt 2luguftin), eiferte boefy gewaltig huber bie tyeibnif^e ©itte be$
5 Querem jünbenä (cessent religiones sacrilegiorum, cessent studia atque joca vani-
tatum. Hesterno die post vesperam putrescentibus flammis antiquitus more
daemoniorum tota civitas flagrabat atque putrescebat et Universum a§rem
fumus obduxerat. August, de S. Joanne Sermo 8). Salb aber toufete fie mit ber
ifyr eigentümlichen 2lccomobation$fäfyig!eit gegenüber Don t>oHötümli$en ©räumen unb
10 93orftelIuugen, aufy biefe ©itte ber ©onnentoenbfeuer ftcfc anzueignen; fie Würben ntc^t
blofi gebulbet, fonbern ©eiftlid&e, dürften unb Dbrigfeiten beteiligen fu$ babei. So 1497
ju StugSburg, too in ©egentoart Staifer SKarjmUianä bie fööne ©ufannc SRett&art ba«
Sofyanniäfeuer mit einer gfacM anjünbete unb bann juerft ben Steigen um bie flamme
an ^ility>3 §anb machte. 3m $W* 1570 liefe ber $er)oa bon &egni$ ein Sofa™^
15 feucr auf bem ßtynaft galten, toobei er felbft mit feinem fiof )ugegen toar. ©djion frü^
fud&te man auf begebene SBeife ben SSoltebraud? $riftli<$ )u beuten unb mit ber o$ne*
bteö fo bolf3tümli$en *ßerfon be3 Käufer« S^nneS ebenfo in 93qietyung ju fe$en,
tüte ft$ anbete aus bem §eibentum in bie djfriftlic^e 3eit ^übergenommene 9rfiu$e:
SotyanniStrunt, SotyanniSminne, 3ofyanni3fe{jen an ben Flamen be3 ©txmgeliften 30*
20 bannet unb an beffen mit ber SBinterfolftitialjett jufammenfallenben ©ebä$tm£tag an«
fnüpften. [Mitunter erfd&emt, toie au$ fonft tm beutföen SBolfäglauben, bie 3?ertoe^fc=
fang S^^annte beä ßtoangeliften mit bem Käufer. Übrigens pflegt bie römtfd&« Äiwpe
no$je$t am Sage %ot). beä (Söangeliften einen M$ mit SBein gu fegnen unb tad
älnbenfen be$ (iebften Jüngers be$ #emt bem Soll jur 9to<$eiferung ju empfehlen.
26 Unter bem tarnen „SopanneSfegen" pflegte man (beä Sbangeliften) ÄoN™«* 3KUme
(@ebäc§tni$) gu trinlen; baä geföafy befonberS fcon ©c^eibenben unb Steifenben« 5Dte$
3ofyanne&9Kinnetrinfen follte gegen alles Unheil bienen. ©o fott @t. ©ertrub einem Sitter,
ber ftc$ bem Söfen betrieben tyatte, ©t. %of). SRinne gugetrunten unb tyn babux$ axß
feiner 3Jtac$t erlöft tyabenj. ©t$on mittelalterlid^e Geologen be3 12. u. 13. S0^- (3°&-
aoSMetfy, Summa de divinis offieiis; 3)uranbu3, Rationale div. off. 7, 14) beuten bie
3ofyanni3feuer mit Segie^ung auf @b. %o 1, 8 afö Symbole be« Säufer«, qui fuit lumen
et lucerna ardens, praecursor yerae lucis ; ba$ bergobgerollte brennenbe Stab bebeutet,
quod, sicut sol ad altiora sui circuli pervenit — et descendit in circulo, sie
et fama Joannis descendit, seeundum quod ipse testimonium perhibet dicens:
86 me oportet minui, illum autem crescere. anbete tootten bie jfcuc? ou3 einer fiegenbe
bon ber Verbrennung ber ©ebeine be« Käufer« in Sebafte, bie So^aitniStÄnje aud bem
$anj ber 3!oc^ter ber §erobia$ u. bgl. erflären, nur um jeben ©ebanfen an ^eibnij^e
Äulte ferne ju galten. 3n *>** t>rofaif^en 5Reujeit fmb biefe geuer, toie fo biele ä^nlu^e
aud ber ^eibniftyn Sorjeit ftammenbe 93olf3bräu$e, meift, jumal in ebangelif(^en Üanben,
40 aus ))olijeiIid^en ober religiöfen ©rünben Verboten toorben ober bon felbft aufeer Übung
gefommen (f. g. S. baS Nürnberger SRatSmanbat bom ga^r 1653 bei Stimm ©. 585;
baS toürttemb. ©en^SReffr. toegen SlbfteDung ber bieler Orten übücty getoefenen 3o^anniS*
feuer unb =9täber öom Sa^re 1666, toieber^olt 1687 unb 1809). 5Denno<$ tyd bie lob*
lic^e ^oligei fic^ in öerf^iebenen ©egenben glücttic^ertoeife bergebenS bemüht, bem 85oB
46 and) biefe am i&ö^tyunft beS SJa^reS (des jares hohgezit) flammenben ^reubenfeuer ju
verleiben, bie u. a. aud? ©ötpe ju erhalten toünfc^te, toenn er jagt: „gobanntSfeuer
fei unöertoefyrt: Die greube unberlorcn: S3efen toerben immer |tum))f gelehrt, Unb
3ungen$ neugeboren." ©erabe SScfen toerben neßen ©tangen, Seifig unb ßoIj|<^eiten
noc^, toie j. S. in Nieberöfterreid^ gum ©onntoenbfeuer erbeten unb gern gefd^enlt ©obalb
60 baS geuer angejünbet ift, laffen bie Surften bie Sefen anbrennen unb fd^toingen fie in
bie fcüfte; auc^ fteden fte fu^ mit ben brennenben Sefen in Steigen unb fjmngcn in bie
§ö^e. Dabei fyerrfcfyt überall ^ubel unb ^reube. (95Bo§e«»t«tt f) Stelle.
3fo^anntSj|finger f. Wanbäer.
3o()onniter. — fiitteratur. Clinc jefir uuaftfinbige Ueberficbt über bie gefamte ben
66 Orbcn betreffenbe fittteratur giebt bie „Bibliographie m^thodique de l'ordre soov. de
St. Jean de Jerusalem par Ferdinand de Hellwald, Rome 1885 4°. S)ie Urfunben ftnb
gefantmelt: Codice diplom. del sacro militare ordine Gerosolimitano, Luoca 1733. SDann
in bem grofjen ^erfe üon J. Delaville le Roulx, Cartulaire generale d^Ordre des
3of)atiniter 331
Hospitaliere 8. Jean de Jerusalem, $ari$ 1894 ff. biä jefrt 2 ©be; Saigc, De l'An-
ciennite' de l'Höpitai St Jean de Jerusalem Biblioth. de l'erale des chartes 1863,
6. 552: Ubtyoru, «nffinge beS SotjanniterorbenS, 3ß© VI, 46; 8c SRoulj, De prima ori-
one Hoepitaliorum Hieros., $arid 1885; #elt)ot, ©efdjidjte ber SRöndjSorben III, 87 ff.;
Sertot, Histoire des Chevaliers hospitaliere, <ßari3 1726 ; b. ^Binlcrfelb, ©efd). be3 ritterl. 5
£rben£ 6t. Sofjamttd oom ©pital ju 3erufalem, ©erlin 1859; u. gincf, Ueberfid)t über bie
Qkfft. be* ritterl. Orten* 6t. 3ot)anni3, Berlin 1890; Ut)lt)ovn, $. djriftlidje SiebcSt^ätifl*
teit, 2. ttnfL 6. 299; $rufc, ffulturflcf*. ber tfreuftaüge ©erltn 1883 © 235 ff.; 3uüu8
ü. ^flugf^artuna, $ie Anfange beS Softanniterorben« in S)eutfd»lanb, ©erlin 1899 ; Gerr-
it*, 5). ©aflelj ©ranbenbenburg be« So&anniterorbenS, ©erlin 1891 ; SBocfcenblatt ber 3o« 10
famuterorben$'©aUety ©ranbenburg rebig. oon $>crvlidö ; SRiemann, 3)er ^oijanniterorben
ttonatfdjrift für Snnerc SKiffion uon ©djäfer XVIII, ©b 1898, e. 401 ff.). $er ©erein
ber Sd)leftf4cn Walteferritter unb feine Sfjötigfeit auf betn ©ebiete beS (SfmritaS (fcftaritaä
Seitfdjr. für bie SBerfe ber Eädjftenltebe im rat&ol. 3)eutfd)lanb III. &. 4 1898).
Die Anfänge be$ So&GKnitetotbeHS (Ordo f ratrum hospitalariorum iß
Hierosolymitanorum, Ordo militiae S. Johannis B. hosp. Hierosol., foäter naef)
ben $auptfi$en Styobifer*, SKalteferorben) fmb no<$ nict/t böDig aufgehellt. 3)afc bie
Crbett&egenbe (bei 2e Stoufe De prima origine ©. 97 ff.), toelc^e bie Ursprünge beS
Orben* bis in bie SRaffobäeneit mrücfbatiert, ni$t3 al* Sage ift, bebarf niefct erft be*
©etoeife*. Unjtoeifetyaft ftegt aber feft, ba& bie Stiftung be* Orben* an eine ältere 20
Stiftung, ein hospitale Hierosolymitanum, anfnüpft. 35afe biefe* §oft)ital bon %vcu*
falem (nur biefen Flamen, noer) ni^t ben Sotyanni* b. %. fü&rt e* anfangt), jur Kirche
S. Maria latina gehört reiben unb bon ir/r abhängig getoefen fein fott, tote SBifyelm
mm H?ru* (XVII, 3) unb Safobu* be 93ttriaco (Hist. Hierosol. c. 46) erjagen, ift
mmbeften* untoa^rfc^einli^, ba bie Urfunben bon einer folgen 9(b^ängigleit ni$t* an* 26
beuten. 9Ba^rf$einli$er ift, bafe ba* §oft)itaI eine felbfrftänbige Stiftung ber Slmalft*
taner toar. Sdjjon bor ber Eroberung ^erufalem* to»wy ^c Äreuafar/rer ftanb biefem
£oftntal ein ©ruber ©erwarb (©erarou*, ©eralbu*, ©iralbu*, ber SRatne fommt in
betriebenen formen bor, ber Seinamen $unc, $onque, 2;om finbet ftcfy in feiner Urfunbe
unb tauft tqt fyät auf) al* leitenbe ?ßerfönlicr)feit bor. Siefer bergröfeerte nadf ber ao
einnähme ber $L ©tabt ba* ^of^ital unb orbnete ed neu ; je^t erft getoann e$ unter
Wrt^HIfe ber Äreujfa^rer größere SBebeutung, unb in biefem ©mne lann ©erwarb afö
Stifter be« So^anniterorbend gelten, obtoo^l er in ber Urfunbe nie afe fundator, immer
nur du institutor bejeu^net totrb.
(Stf* ber 9ia$folger ©er^orbd, Sta^munb bu $ur/, gab ben ©)}ttalbrübern eine Siegel ss
(abgebruA Paoli Cod. dipl. 1,244; $ru& Äulturgefd^. ©.602, am forgfältigften
le iRouIj, Cartulaire ©. 62 9lr. 70), bie bon Snnocenj IL, ®ugcn III., SiuciuS III. Be*
ftätto tourbe. SHe Siegel ift au$ toeitertyin giltig geblieben, bod) folgten burd? bie Sc=
WÜrffe be« ®eneralfa))ttefö (Srgänjungen unb ^obtfifationen, bie bann 9lnlafi gaben
jur jbfaffung bon ©tatutenfammlungen. 35ie erfte ift bie bon ÜBifyelm bon ©tefano 40
1287—90, bie jtoeite 1303. 5Diefc beiben bilbeten bie ©runblage aller fräteren ©amm*
hingen, bie bte 1489 (^ronologifc^, f^äter fad)lic6 georbnet finb (£e 9toul£, Les Statuts
de l'ordre de FHöpital de S. Jean de Jerusalem in ber Bibl. de l'lcole des
chartes XVIII, 341—56). S)ie oft hrieberljolte angäbe, SRo^munb ^abe erft bem
^oftntalbienft ben Stitterbienft ^injugefügt unb fo erft ben ©pitalorben gum SRitterorben 46
gemalt, inbem er bie ©ruber in brei Jtlafien SRitter, ^ßriefter unb bienenbe SSrüber ge*
teilt, ip irrig. 8te 1259 ift in ber Sracfyt ber Srüber fein Unterfct/ieb, erft in biefem
3a$rc toirb ein folc^er burd^ bie 9uHe »lejanbcr^ IV. (Paoli Cod. dipl. ©. 278) fefc
gefegt Qer Orben ift bon Anfang an ©pitaU unb Slitterorben getoefen, ba gum 3)ienft
an ben pilgern auc^ bereu ©4u| auf bem gefährlichen 2Bege nad) ^erufalem gehörte. 60
ier Orben tyd au$ alle 3eit an biefer bo^elten Seftimmung feftge^alten, nur bafe mit
ba 3* to* Slitterbienft größere Sebeutung geioann ate ber ©pitalbienft, unb infolge
babtm bie ritterlichen Srüber eine ^ö^ere, bie eigentlich leitenbe ©tellung im Drben ein*
nahmen.
8uf bem ©ebiete ber ©pitafyflege ^at ftcf) ber Orben bie größten SBerbienfte ertoorben. 66
An feinen ©ptiälem fd^uf er SKufteranftalten für jene $t\t, unb feine Drbnungen unb
Siegeln fmb für bie übrigen ©pitalorben borbilblidj getoorben. ^n ber Siegel »lar/munbä
nxrben bie Armen al« bte „ßerren" bejeic^net, beren 3)iener bie Crbenäglieber fmb, unb
feinen Suftrucf fanb biefer ©ebanfe lange 3*it b^tin, baj bie gefammelten 9llmofcn fo^
toie bie „Stefbonfionen" b. f). bie bon ben einjelnen Orben^^äufem in ben ©c^a^ be« go
Crbeitf abjiüiefemben Überf^üffe, gunäc^ft in ben Äranf enfaal gebraut unb bort bor ben
332 3ot)attmter
Äranfen niebergelegt tourben. 35a« §auptftrital in S^ifalem bem #. ©rabe gegenüber
toar ein biet betounberte« grofee« ©ebäube mit toeiten ©äulen^aHen, in bem ^unberte Don
pilgern unb Äranfen Unterfunft unb Pflege fanben. Slucty naefc ber (Eroberung 3*™*
falem« burety ©alabin beftanb biefe« ©pital fort, toätyrenb ber Crben jugleidb an tfti}U
6 reiben anbeten Orten, im 9Rorgenlanbc unb im 2tbenblanbe Spitäler unterhielt, namens
lid) ba, too er ft>ätcr feinen $auptfi$ fyatte, in Slccon, auf G$>ern, auf Styobu« unb
2Mta. ©djon toter $afyre nafy ber 33eft$natyme bon Styobu« befölofc ba« ©eneralfat>itel,
bort ein grofee« Spital ju bauen, jjforttoäfyrenb toar man bemüht; bie Einrichtung ber
©pitälcr *u berbeffern, eine grofce Steige jbon 93efc&lüffen be« @eneraltat>itel« bejietyen ftc$
10 barauf. fjrül) fd&on ftnben fid) gelehrte ärjte in ben ©pitälern, bie jugleicty für bie Se*
reitung ber Strjneien Sorge tragen. 2Ba« $ur Äranfenpflege nötig toar, 3)ecfen, Äleiber,
3udfer, SBein u. f. to., mufete bon ben einzelnen Käufern geliefert toerben, unb bie 2iefe*
rungen toaren fo berteilt, bafc ftc immer batyin gelegt tourben, too ba« Setreffenbe am
beften ju fyaben toar. 9tu(^ für bie geiftlicfye Pflege toar au«giebig geforgt unb bon ber
16 aufnähme ber Äranfen bi« gu tyrer Seerbigung alle« feft georbnet. 3n QU** ©tücfen
toerben bie Äranfen al« Ferren be« Äaufe« befyanbelt. §ÜKn 3lbenb getyt ber ©enef^al
be« £aufe« mit ben ^riepern burety bie Äranfenfäle unb forbert bie „Ferren Äranfen"
junt ©ebet auf für ben Drben, für feine SBofylttyäter unb für bie gange (S^riften^eit
(L6on de Grand, La prtere des Malades dans les Hospitaux de l'ordre de
ao S. Jean in ber Bibl. de l'&ole des chartes LVH, 9t. 325 ff.). «Untätig tritt je*
boefy biefe S^ätigfeit be« Drben« mebr jurücf. SBäljrenb anfangt aDe Drbenäglieber )ür
ßranf enjpflege betyflictytet toaren, tourben foäter bie SRitter babon entbunben, unb bleibt fte
ben bienenben Srübern überlaffen, unb früfy fcfyon työrte man ßlagen, bafj fte namentlich
im Slbenblanbe bon manchen Käufern bernaefcläfftgt ober ganj aufgegeben tourbe. Star
25 Äampf gegen bie Ungläubigen na^m alle Äräfte in änfprudj. 3)er Drben toirb mefyr
unb mejjir bortoiegenb SRitterorben, eine politifctye unb mUitärif$e ÜRac&t, unb bem ent*
f priest e«, bafc ber geiftlicfce Gtyarafter jurücftritt. SQBaren bie Drben«glieber anfangt faft
metyr SKönd^e al« SKitter, fo berliert ftep ba« ÜRönc^ifc^e jufe£enb$. Um fte für ben jtannif
tüchtig m erhalten, Serben fte ni$t blo^ bon bem ©pitalbienft entbunben, ed toirb auc^
80 ber früher au^gebe^nte §orenbienft befcfyränlt unb ba« gaften gemtlbert.
Ungemein fctyneB toar bem Drben eine ftüHe bon S3eft^ungen fotooW im SRorgen-
(anbe alz im Slbenblanbe jugefaHen, beren SBert noc^ burd? bie ga^lreic^en Privilegien,
mit benen i^n ^ftlic^e unb taiferlid^e ©unft begabten, ertytyt tourbe. 3m ^1. Sanbe er»
^oben ftc^ feine Surgen bon ©üben bis Sorben, befonberd ga^lrei$ läng« ber am meiften
36 bebro^ten ©renje gegen Sg^ten bon §ebron btö 3lö!aton, bann an ber Dftgrenje am
©ee Liberias, am ^a^Ireid^ften im ©ebiete bon $rtyoli$ unb äntiod^ten. Äier ertoarb er
auc^ lanbe^^errlic^e Setzte unb toar auf bem SBege, einen förmlichen Drben^ftaat ju bilben,
beffen SKittelpunlt bie ftarfe gefte SKargat bilbete, too ber §oc^meifter fafc, nac^bem 3^
rufalem berloren toar. 3)er Drben toar eine ftarfe Sffiefyr gegen ben Slnfturm ber Un*
40 gläubigen unb fyat ben SReft be« ^l. Sanbe« lange ^elbenmütig berteibtgt, aber er ift auc^
tief berfloc^ten in bie enblofen $artciftreitigfeiten, toelc^e bie ftreujfatyrerjtoaten jerrütteten
unb jule^t ben böHigen 3Serluft be« ^L Sanbe« herbeiführten. 1286 bejtoang ©uüan
Äelaun ba« für unbejtoingbar gehaltene SKargat, 1291 ging auefc Slccon, ber lefcte $laj
im ^l. Sanbe berloren.
45 SRur ein fümmerlid^er SRcft be« Drben« fu^r nad^> ß^ern hinüber, too i^nen ber
Äönig in ber ©tabt Simiffo einen 3uffa$*«ort eröffnet fjattt. 6« festen mit bem Drben
ju (Snbc ju fein, aber fd^on nac^ toenigen 3a^ren er^°1^ « faty bon neuem, 1309 er*
oberte er unter bem ©rofemeifter 5°wlque« be SiHaret bie 3"W StyobuS unb grünbete
^ier ein 3n?*lreic§, ba« über 200 3a^rc Seftanb gehabt ^at. äl« ^orburg gegenüber
60 ben Surfen fyaben bie go^anniter bie ^nfel ^elben^aft bertfyeibigt unb bamit bie S^ßen*
fyeit gegen ba« Anbringen ber dürfen gefd^üftt. RtoÄ furchtbare Belagerungen #elt
ber Drben ftegreic^ an^, erft 1522 gelang e« ben Surfen, ftc^ ber 3«H ^^ Senat ju
bemächtigen.
3)ie 3eit auf Sl^obu« ift bie ßeit ber ^öd^ften 83lüte be« Drben«. ©eine 8eft|ungen
öötourben nod^ baburd^ bermc^rt, bafe ifym nac^ Sluf^ebung be« Sem^lerorben« 1311 beffen
©üter ^um größten Seile zufielen, ©eine ßintünfte überftiegen bie be« Röntg« bon
ftranlreicty um ba« 18 — 20 fac^c; fte laffen ftcfy auf minbeften« 36 SMumen granfen
nac^ bamaligen ©elbtoert beregnen. 2luc^ bie Drganifatton be« Drben« ift je^t boO*
fommen au«gebilbet. 2)er Drben jerfäUt nad? ben ^Nationalitäten in ac^t Slbtetlungen,
60 //3un0w" Genannt, bie ber ^Jrobence, toclc^e immer al« bie erftc gejault toirb, bie ber
3ot)atttttter 333
Sutoergne, granfreicfy«, Italien«, Aragon, Snglanb«, $)eutjcfylanb« urtb Gaftilien«. $ebe
3unge verfällt toieber in ©rofepriorate unb biefe in Stomtfyureien. Sin ber Spifce be«
ganjcn Orben« ftetyt ber ©rofcmeifter, ber aber neben ficfy ba« periobtfcty berfammelte
Seneralfapitel fyat, bem bie gefefcgebenbe ©etoalt juftetyt. 2)ie ßomtfyureien toerben in
ttgdmä$tgen 3*itabfd&nitten bon bem ©rofcprior bifttiert unb muffen ifyre ttberföüffe an 6
bie Orbenäfajfe abliefern. 2)a« ftnb bte Slefponfione«, bie fpäter fixiert tourben unb jum
Jett au$ in Naturalien beftanben.
Stecht buntel ift nocfy ber Urfprung ber $otyan niterin nen unb tyr Ser^ältni«
$um Orben (k>gL 2e Stoulj, Les Hospitalferes de S. Jean de J. in ben Comptes
rendus des S&inces de TAcad^mie des Inscriptions. 4. Ser. XXII, S. 137 — 46 10
$ari*1894). Sc&on *ur 3eit ber Stiftung be« Orben« foH eine Römerin, 9llij ober 2lgne«
genannt, ein Spital ber ÜRaria 9Ragbalena für frante grauen gegrünbet fyabtn unb
@$toeftern m ben Orben aufgenommen toorben fein für toeiblictye ßranfenpflege. Später
finben fufc eigene Scfctoefternf onbente, bie nad) ber Siegel Sluguftin« al« Äanoniff en leben, %üx
bic Jtemlenpflege fyabcn fte leine er^eblic^e Sebeutung, jebenfaB« fyaben fte biejelbe nad) u>
ber Sertretbung be« Orben« au« S*™?^™ n^t mefc ausgeübt. 3)er bebeutenbfte
Sc&toejierfonbent toar ber bon Sijena in Spanien, beffen Siegel allgemein tourbe. Sr
tourbe balb fe^r rei($ unb jur 33erforgung«ftätte für bie tarnen be« lüften fpanifcfyen
8bel« (fcgL P. SWarco Slntonio SSaron, Historia del Real monasterio de Sixena,
2 8be, ber jtoeite jum $eil unterbrüdft, ^ampeluna 1773). üe SRoulj jä^lt eine 3letye2o
bon3o$aimiterinnen*5tonbentcn auf (Cartulaire, S. CCXX11— CCXXX). ^n S)eutf$lanb
finben ft$ nur unfi^ere Spuren berartige Konbente.
9lac$ bem SBerluft bonStyobu« irrte ber Orben junäctyft unftät untrer, bte tym 1530
bon Äarl V. bie gnfel SRalta al« fielen überliefen tourbe. 2lu$ tyier fefcte ber Orben
mit altgewohnter Japferfeit ben Äampf gegen bie Ungläubigen fort, gegen bie er bie 26
3nfeC mutboll berteibtgte. SRit ber rufymbotlen Serteibigung unter bem ©rofemeifter %tan
be la Salette (1557—68) enbet bie ©lanjperiobe be« Orben«. 3)ie Sieformation braute
jbm einen SScrluft na$ bem anbem. $einridj VIII. bon (Snglanb jog bie ©üter be«
Orben« ein, bie engliföe äunge erlofcty. ätynlicfye« toiberfufyr bem Orben in Ungarn unb
ben 9lieberlanben. $n $eutfctylanb natym ber SBeftfälifc&e ^rieben bem Orben eine so
Steige bon ßommenben. S^ltmmer no$ toar ber innerliche Verfall, bie einreifeenbe $i«=
jiplinlofigfett, SBertoei$li$ung unb ©enufjfuctyt. 2)ie SSerfaffung geriet in Sluflöfung. 2)er
^Japft befefete bie Sommenben nad^ SBiUfür, griff felbft in bie $lad)t be« ©rojjmeifter« ein.
Set ilampf gegen bie dürfen ^örte auf, ber 5Dtenft be« Orben« befc^räntte ft$ auf bie
Sefc^ung ber §anbel«föiffe gegen Seeräuber. So berliert ber Orben feine 93ebeutung 36
unb fccrfäBt bem berbienten ©eric^t. Unter bem ©roftmeifter gerbinanb t>on $oinpefd^,
bem einzigen 3)eutfc^en, ber ju biefer SBürbe gelangte, fiel SDlalta burc^ SJerräteret in bie
: 99onaparte«, unb 4. September 1800 tourbe e« tion ben ©nglänbern befefct. S)er
^umSImien« 1802 beftimmte jtoar, bafe bie %n\d bem Orben jurücfgegeben toerben
aber bie ßnglänber gelten fie befc^t, unb ber s#arifer ^rieben 1814 betätigte 40
tynen ben 95eftfe.
®nn aSerfufte bon üKalta folgte bie völlige Sluflöfung be« Orben«. 3ln Stelle be«
juriktgetretenen gerbtnanb bon ^ompefc^ tourbe ber Kaifer $aul I. bon Slu^lanb jum
©rofemeifter getollt, aber ber $apft erlannte t^n nid?t an. 3lu« ^urc^t bor Strettig-
feiten mit Äufelanb ^ob Äutfürft Wai 3°fe^ üon S^Vern ben Orben in feinem Sanbe 45
auf unb jog 1799 feine ©üter ein. 3)a*jelbe gefc^a^ 1802 in Spanien, bie Orben«güter
tourben ben Ärongütern einverleibt, ber jtönig ©ro^meifter be« Orben« St. ^o^ann in
Spanien. Auf bem ffitener Kongreß bemühte fid^ ber Orben bergeben«, feine Souberäni-
tat toieber )u erlangen. 3)ie tat^olifc^en Slefte tourben unter einem bom ^apfte er-
nannten ©ro^meifter, ber feit 1834 feinen Si$ in dtom ^at, gefammelt. öo
3n Sßreufeen beftanb bie SalleV S9ranbenburg al« proteftantifc^er Seil be« Orben«
fort Äflerbtng« tourben bie ©üter ber öaüe^ 1810 eingejogen unb ber „&önigli$
^keu^if^e 3o$anniterorben" fanl flu einer blofeen 3)e!oration o^ne Sebeutung ^erab.
Stter 1852 unterjog g-riebru^ SEBil^elm IV. ben Orben einer Sleorganijation, bie i^m
feine urfprünglufc Seftimmung ^urücfgab. Unter bem 1853 getoä^lten erften Ferren« 56
metftar $rtn| Äarl unb bem jefeigen ^enenmeifter $rinj 3llbrecft \)at ber Orben feitbem
eine toeitber^toeigte unb reic^ gefegnete X^ätigleit auf bem ©ebiete ber ßranfenpflege ent=
faltet Segen 50 ftranten* unb Siec^en^äufer ftnb bon t^m gegrünbet, au$ im ^l. Sanbe
\pt er toieber gu^ grfafet. S)ie S^riftcnberfolgung burc^ bie Brufen am 2ibanon im
6ommer 1860 gab Slnlafc jur (Srric^tung eine« großen Äranten^aufe« in Beirut ; in go
334 ^ofjannitcr ^ofjnfon
$crufalem übernahm ber Drbcn baS »ort g-liebner tn$ Seben gerufene §oftm; an bem
urforünglic&en ©ifte be$ DrbenS in ber tyl. ©tabt ergebt [\fy je$t bie @hrlöferRrc$e. ®anj
befonbere SBerbicnfte ertoarb ft$ ber Orben in ben Ärtegen bon 1864, 1866 u. 1870/71
bur$ bic Drganifation ber Pflege ber SSerhmnbeten unb Äranfen, unb fettbem ifi bie
6 Drganifation nod) toeiter ausgebaut. Um geeignete $ilf$fräfte )u gewinnen, läfet ber
Orben in ben 3)iafoniffentyäufern grauen unb Jungfrauen als ftrantcnpflegerinnen au&
bilben, bie im SebarfäfaB als „^o^anniterinnen" ft$ ifym jur Verfügung [teilen.
angeregt burety bie I^ätigfeit ber Sßreufcifctyen J^nntter faben fu$ bie fa$olif$en
Johanniter, bie ft$ in befonberem ©inne „3Ralteferrüter" nennen, toenigftenS in $eutfcfc
10 lanb auf ben urfortinglicfyen Ätoecf beö DrbenS toieber befonnen. Jm Ja^re 1863 hntrbe
bie „M&einifcfctoeftfälifae 5JMtefergenoffenf$aft" gegrünbet, 1867 ber „herein ©#leftfc$er
5Mtcferritter jum fttotd *>er ßranfenpflege im ^rieben unb borjugätoeife im Äriege".
SBeibe ©enoffenfc&aften unterhalten ebenfalls eine Steige toon ßranfentyäufern unb ^aben
im Äriege toon 1870/71 in 3Serbinbung mit ben Sarm^erjigen ©$toeftern ben S8er-
15 tounbeten unb Äranfen pebient. 3)er öfterretc&ifäe 3toe*0 V& lß69 bor &n Sporen
^erufalemS ein trefflicfc emgeric&teteS ©pital erbaut. D. 0. ttW»*".
3fo^ttfotty ©ifle S^riftian, geft. 1894. — Uebcr <8. C(. Softnfon: Norek For-
totterlexicon von Straft unb ßange, do. oon J. B. Halvoreen, Nordisk Konaervationelexicon,
Brödrene Salmonsens Konversationslexicon for Norden, ausführlicher oon X. Ob lanb in
20 79. Beretning am det norske Bibelseskob.
3)er norfcegiföe S^eolog ©. Gty. Jo^nfon Ijat auf feine 2anbe3ftrc$e unb tyren
Sßrebigerftanb gang bebeutenben @inf(ufe ausgeübt. @r toar am 10. September 1822 in
grebriföljalb geboren, ©ein 3Sater toar ein angefetyener Jngenieuroffijier fölanbif$er SCb*
ftammung. Jm Ja^rc 1834 tourbe J. in bie 6tyriftian3fanb^a%brdf<$ule gefc^irft,
25 too unter anberen ein ungetoötynlicty gelehrter 2#eolog 0. 6. 3#ifieba$l niefci untoefent;
liety auf tyn eintoirftc. 1839 ttmrbe er ©tubent unb 1843 Candidatus theologiae.
3)ie ©gamma abfolbierte er mit äfoSjeictynung. ©eine 9lbfi$t mochte föon jefct getoefen
fein, ft$ als UntoerfttätSletyrer ju habilitieren. 6r begab fty barauf mit $tlfe eine*
öffentlichen ©tipenbiumä nad) ®eutjc$lanb, too er in Berlin 93orlefungen bei 9teanber,
so Xtoeften unb £engftenberg borte, toeiter nad) 2etyjig, too er an ben &orlefungen oon
$arlefe über $riftli$e &b'\i teilnahm. £ier ^örte er au$ altteftamentltd^e Sorlefungcn
bon Dr. 6. $. gafpari, mit toelcfyem er bort Selanntfc^aft -ma^te ; fpäter trat er in ein
bauerr/afteä ^reunbfc^aft^ber^ältntö ju i^m, ba fte im Ja^re 1849 Äodegen mürben.
$on Seidig ging J. nac^ Erlangen, Wo er 93efanntfc$aft mit ©. 2^omafiu^, $öffing,
85)7. ^ofmann unb §. ©$mib machte. Über $eibelberg unb Xübinaen reifte er naj$
$artö; im ^erbfte 1847 tarn er toieber nac| .^aufe. 9tac^bem 3. einige Rat in
d^riftiania priüatim Untertoeifung in ber Geologie gegeben fyatte, tmtrbe er al^Se&or ber
Ideologie 1849 unb aö ^rofeffor 1860 angefteHt 9leben feiner Se^rtoirtfamteit an ba
Unioerfttät gab 3- m ben Sauren 1855—74 auc^ Unterricht in ber ^äbagogil an bem
40 pra!tifd[M^eo(ogifc|en ©eminarium. 3ln Der Unioerfttät fytelt er SSorlefungen über fi^e*
matifd^e ^eo(ogie, 3)ogmengefc^ic^te, t^eologifc^e Sntythtyäbie unb nad) 1877 über
ftir$engef$i$te. ©eine SSorlefungen, bie grünblic^, geiftrei$, Oon lebenbigem (S^ripen-
glauben getragen toaren, lourben bon t^eotogift^en ©tubenten triel befugt.
9l\d)t aflein auf bie t^eologifc^en ©tubierenben übte 3- gto^en unb bebeutung^Ootten
46 Sinflufe au^, fonbern aud^ auf <$riftli$e Saien burc^ feine erbaulichen Sibelfhmben in
Sl^riftiania unb jum Seil aud^ in anberen Orten. Um feine f$fta$e ©efunb^eit ju
ftärfen, benu^te er oft feine Serien gu Reifen im Sanbe, fyauptjäd?ltd> )u %n%, unb cmf
biefen Steifen befugte er ern?ecfte $riftlic$e Saien. ©ein t^eologtfc^er ©tanbj)unlt toar
ftreng tonfefftoned altlut^erif^ort^oboj. 3- ^ar h)trffam für ©runblegung „ber inneren
60 TOffton" in ß^riftiania, „ber nortoegtjc&en Sut^erfttftung", ,,be« ©tubentenjjeim«" u. f. to.
@r fuc^te unermüblicf) tir^lid^e Steformarbeiten ind SBBert )u fe^en, eine lfo^emw>
faffung in iKortoegen in Staub ju bringen : aber e$ gelang i^m ni<$t iroft feiner grünb^
ticken ©elefyrfamfett toar 3- nic^t probuitio. ©eine ftrenge ©elbfUritil machte i^n $u
ängftlic^. 9tte fem greunb, ber j>ietiftifd^e ^Jrebiger ©. X. Sammet* in ©Ken, 1857 mit
66 feinen Xn^ängern ftc^ bon ber ©taatefirc^e trennte unb eine „freie apoftoltfc$«tyrifUUbe
©emeinbe" ^u grünben berfu$te, mit 9lbfc^affung unter anberm ber Ämbectaufe, gab 3-
feine ©c^rift: „Nogle Ordom Barnedaaben" (einige äBorte über bie Äinbertoufe) ^eraul
SDieje unb einige anbere ä^nlic^e ©Triften traten getoi^ i^re gute Söirtung. Scmtmert
toar bant feiner 93erebfamteit gefc^iefter, bie (Gemüter 3U erregen, al$ bie Angelegenheiten
3?of)!tfott ^o|ac^ttt 335
feinet „Oemembe" ju leiten. 3m %afyxc 1860 trat er in bie ©taatöfirctye jurüdf (geft.
1878). 9Rit feinem ÄoHegen, $rof. 6. % Safari, fear 3o!jnfon beteiligt an ben 9fo
boten jur Übetfefcung be3 9fö btö 1890 unb fräter bis }u feinem lob mit einem an«
bern Kollegen, Sßrof. 5?- 2B- ®W00C, mit ber Überfefcung be$ 91%. (Ebenfalls jufammen
mit Safran rebigierte 3. „Tidsskrift for den evangelisk-lutherske Kirke inNorge". 6
aber et fdjrieb niety Diel für biefelbe. 3. unb Gafoari überfefcten jufammen „2)a$
&mcwbienbud&" in bie bänifcfcnortoegiföe (Spraye 1861—1864. 3m 3a^re 1863
«anbete 3- „Luthersk Kirketidende", toelctye er bis 1875 rebigiertc 3n biefem
Samenblatt jmben ft$ biele Sluffä^e be$ Herausgebers über Krd&Iid&e 9teformfragen unb
gegen bie toon bem bäniföen ^rebiger ©runbtbig aufgehellte fogenannte „kirkelige to
Anskuelse" (RrcfcliAe »nficfct ; bgl. S. G.$. Safari 8b. III, ©.740, 51), unb über biete
anbete Etagen. 3°^?°^ ©$üler Ratten lange $t\t getoünfcfyt, bafc er feine bogma*
trfc^en SSorlefungen herausgeben möchte ; aber e$ mürbe tym ftfytoer, feine Sngftlictyfeit *u be-
fiegen. @nblic^ erföien 1878—79 fein „Grundrids af den systematiske Theo-
logie" anonym unb als 2Ranuffrtyt gebrueft. 2)iefe$ 99u$ ift in brei Stuflagen er« 15
fttenen (1879, 85, 97). Seine „Forelaesninger over den christelige Ethik" unb
„Forelaesninger over Dogmehistorien" tourben 1896 naety feinem $ob herausgegeben.
San ber Uniberfttät ßopen&agen tourbe 3- am Qubelfcft 1879 honoris causa jum
Dr. theol. freiert.
6r ftarb am 17. 3«ß 1894. ©ein ©rab auf bem @rlöfer*£irdtöof in G^riftiania 20
tourbe öon feinen Schülern unb greunben mit einem frönen ©rabmal gefcfymücft. Sluf
einem ©ranitfodel ergebt ftcfc feine S3üfte in Sronje bon einem bebeutenben Äünftler,
9. Sergäien, mobeliert. 3. $e(81jetitt.
3»i«*t«. — Sal. »iner, «öibl. SR.-©.' 1,593; @<ftente(. »ibel-fiej. III, 360 f. (@$ra<
ber); ftieftm, $©»* I, 761 f. (»feinen); @u>alb, Gefö. beä ». 3Sr.» I, 791 ff.; Stabe, ©e- 26
fdtfeftte be* 8. 3*r. I, 680; Mittel, ttefd). ber £ebr. II, 329 ff.; »öljler, Seljrb. ber bibl.
•ef«. II, 2, 6. 479 ff.; ©utfce, ©ef$. be§ 8. §ix„ S. 222. 243.
3oja<$m T^rr unb(<& 1, 2) iw, LXX 'Icoaxiv unb irrtümlich 9Ia>axei/x (3er
52, 31; S) 1, 2, fotoie audj} fonft im Cod. Au. B); bie gleid&bebeutenbc gorm rr»:
(3er 27, 20 al.ff 1 Qfyc 3, 16 f. Gfty 2, 6) eig. ^V-r" LXX 'kxoviag, unb no$ forjerao
*Ttt (3er 22, 24. 28 ; 37, 1), repräfentiert na$ Gtoalb ben tarnen 3. bor feiner
Zfambeftetgung. 3., ber borlefcte Äönig (3er 24, 1) bon 3uba, h>ar ein ©otyn be$ 3°s
jaftm 101b bet 9le$uf$ta bon Serufalem, beren SSater Glnatyan too^l 3er 26, 22 ; 36,
12. 25 gemeint ift. 9ta# 2 Äg 24, 8 toar 3. bei feiner I^ronbcfteigung 18 3a&re alt,
naA 2 Gtyc 36, 9 bagegen 8 3a^re (ebenfo LXX Vat. ^ur Gfyronif unb 3 @^ra 1, 43, ss
tpo^renb LXX Luc, Ck)d. AI. unb bor Btym 18 3a|re bieten). SScrt^eau ^ält bie
8 3<$re für bte urfprünglic^e Überlieferung toegen ber ftarfen §erbor^ebung ber Äönigin-
TOutter, 2 Äg 24, 10. 12- 3er. 13, 8; 29, 2. aber mögen au$ bie 1 Gfc 3, 17 ff.
aufgellten @5^ne 3-* *W tm 6|il geboren fein, fo laffen ftc^ bod^ bie grauen 3-$
(2 xg 24, 15) nur getoaltfam bon ben grauen be£ $arem$ beuten; bie 8 %abxc ber 40
Q^nmit ftnb fomit o^ne $tot\\tl ein Schreibfehler. SBenn bagegen bie G&ronif ftatt einer
brehnonatli(^en Regierung 3-^ (2 % 24, 8) bon 3 Monaten 10 Sagen rebet, fo ift biefe
Äotii föfterlty nut eine fünftlictye Srgänjung ju 100 lagen. 2Bie ben beiben Äönigen
bor t$m, tohb auc^ bem 3. 2 Äg 24, 9 unb 2 Gfyr 36, 9 (bgl. au$ @j 19, 5 ff.) ein
ftfetye* 3eugni^ audgeftellt; baefelbe tüirb tro$ 3ofe))^ (Ant. X, 7, 1) au$ burd^3er45
22, 10 ff., 28 ff., 24, lff. Sar. 1,3 ff. nic&t au^brüdflic^ toiberlcgt. Qx beftieg ben^ron
(597), att bie ©tobt bereit« bon ben Styalbäern belagert toax ober boefc !urj bor ber
eigcnt&Aen Belagerung (2 Äg 24, 10; bgl. ben % „Sojatim"). 3)ie änfunft 9lebufab«
u*ua& behn $eere unb bie h)ad)fenbe Sebrängniö ber @tabt reifte feinen Sntfc^lu^ fi$
auf ©nabe unb Ungnabe )u unterwerfen (2 Kg 24, 11), inbem er fiefy mit feiner 3Wutter 50
unb ben Sorne^tnften be« SSolfö in« Sager ber Gfyalbäer begab. 3n bem weiteren Se«
tu^t iß S. 13 unb 14($lünberungbe3 Xempelä unb^alafte«, ßerl^Iagung ber golbenen
®erÄte ©alomo« unb SBegfü^rung bon 10000 2öe&rfäbiaen) beutlic^ eine (nad^ Stabe
auf bie £)e(H)ttation bon 586 be$üglic$e) Dublette ^u &. 15 f. (9lebufabnejar liefe 3.
nebß ferner 9httter, feinen grauen unb bem §of nad^ Säbel in« ßjil toanbern; mitB6
i^rnen 7000 todrftifat ÜRännet unb 1000 ÄriegSQanbtoerfer). Statt 10000 9Renfc^en'
fylt 3er 52, 28: 3023, b. $. too^l abgefe^en bon obigen 8000. S)em 9lacbf olger 3.«,
3Äefia, blieb nur ba3 Proletariat jurücf. auf 3. bejie^t ftc^ ^ö^ftWa^rf^einlic^ ba$
^raibe SBmrt JHagel. 4, 20. ftaft 37 3a^rc f^mac^tete 3. im ©efängniS; erft ber
336 3ojnrf|itt 3foi*b«
SRac&foIger 5Rebufabnegar«, (Sbil 3Reroba$, fc^te tyn bei feinem 9tegicrung«antritt (5C2)
in $retyeit, tote« tym unter ben am babtylomfctyen §ofe antoefenben Äönigen ben ©tyren*
plafc an unb gehörte tym reichlichen Unterhalt (2 Äg 25, 27 ff.; 3er 52, 31 ff.).
6 3ojaba. — »gl. ©incr, ©ibl. tö..2B.s I, 594 ; @d)enfel, ©ibel'Sej. III, 361 (ScfcrabeT);
Diteljm. #98©* I, 762 (Äleinert); (Sroalb, ©ef*. be« SB. 3«r.8 III, 617 ff.; Stabe, ©efd). be«
$. g«r. I, 546 f. 566 f.; ftittel, ©efdj. ber £eOr. II, 244 f.; flottier, ße^rb. ber bibl. ©cfd).
II, 2, S. 210 ff.; ©ut^e, ©ef«. be« SS. 3«r., 6. 179 f.
3ojaba ^TT^, LXX 'Icodae, £o^ert)riefter gur 3eit ber Sltyalja unb be« Äönia«
io 3oa* *on 3UH ber bie babibiföe Dtynaftie bom Untergang errettete; bgl. 2 Äg 11, 1 ff.;
2 &)x 22, 10 ff. 2lu« bem Slutbab, bur$ toeld^ed »fyalja bie ftamilie tyre« bon 3&u
getöteten ©o£ne« StyaSja in 3**ufalem ausrottete, toar nur ber einjährige Äönigen
3oa« bon feiner $ante 3efy>f$äba gerettet unb in ben lerntet geflüchtet toorben. Die
Gfyronif (II, 22, 11) motiviert bie« burefy ben Umftanb, bajj 3e$ofi$öba bie ©ematylin be«
16 $ofyen}mefter« 3- getoefen fei. ©cgen bie ©efcfyicfytlictyfeit biefer (Srgängung «im Äönig«*
buc$ fonn toeber (mit 23>eniu«) 2 Gfyr 8, 11, too e« fid^ um einen anbem #aE fcanbelt,
noefy 9le^ 3, 20 ff. geltenb gemalt toerben; benn bie 3uftänte be« 5. $a1ftf). betoeifen
nietyt« für bie be« 9. Merbing« fönnte jene $uti)at ben Rtotd §aben, ba« Sertoetten
ber 3efy>fc$ä6a im Sempelbcreicty unanftöfeig erflehten gu laffen (boefc f.u.). 9ta<& Serlauf
2) bon fe$« Sauren (878 na$ üblicher 9tec£nung, richtiger ettoa 836) traf 3- eben fo fluae
tüte energifetye 3Rajjregeln, ben ftebenietyrigen ^ringen mit #ilfe ber töniglic&en Seibtoaqe
auf ben 3$ron gu erbeben. 2Benn 3- 2 Äg 11, 4 plötßi) obne alle nähere 9egei$miiig
eingeführt toirb (erft SS. 9 Reifet er 3. ber$riefter [ber „He ^riefte" 12,11 ijt@lofie];
2 Gfyr 24, 6 au$ furgtoeg ,,ba« $aupt"), fo muji er, toie ibeniu« mit Stecht geltenb
26 gemalt fyat, bereits bor&er ertoätynt getoefen fein unb bann boq toa^rfd&einlidfr eben ate
©ema^l ber ^e^ofd^äba. @r felbft leitet bie Serfc&toörung, inbeftiert ben ^ringen (au$
bie Salbung be«felben toirb 2 Gfyr 23, 11 bem 3- unb feinen ©ö^nen gugef Arieben ; ba*
gegen 2 Äg 11, 12 allgemein: „fte falbten tyn"), gebietet bie Rötung ber Sttgalja aufcer*
Ijalb be« lempclbereicty« unb läfet bann ben 35unb jhnfeben 3a^t>ef bem Äönige unb bem
8o33olfe erneuern (2 6^r 23, 16: jtüifd^en ftc^ unb bem SSoße unb bem Jtönig!). Da« Don
tym entflammte SSolf jerftörte ben Saafötempel unb tötete ben 5ßriefter beöfelben; ben
^a^etempel aber liefe 3. fortan bur$ einen eigens baju eingerichteten ffiac^tbtenft tot-
tüabren. Der ganje 93erid^t beS ßönigSbuc^S, ber burc$ unb burc^ ben (Stempel genauefter
Überlieferung trägt unb abgefe^en t>on ben fpäten ©loffen & 6 unb 1 1 jtoei guten alten
86 Senaten (ber jtoeite liegt in bem Fragment 33. 13— 18 bor, toie ©tabe gegeigt £at) ent^
nommen ift, fyat in ber ßfyrontf burd) bie übliche SSoranfteQung ber ^ßriefter unb Sebiten
unb bie ängftlic^e SBa^rung i^rer ^rörogatibe eine h)ef entließ anbere Färbung erhalten;
über bie bermutlic^e Quelle biefer 2lbtoeid&ungen, bie man bergebtiefr mit 2 Äg 11 ju
bereinigen gefugt ^at, f. u. — 2 Äg 12, 3 toirb bie treffliche Regierung be« 3oa« auf
40 ben @influ| gurüdgefü^rt, ben 3- auf feine @rjie^ung ausgeübt fyatte. Die nachmalige
Einrichtung be^ ^irop^eten ©ac^arja, eine« ©o^ne« %.$, toel$e 2 (Styc 24, 21 berietet
(bgl. 93. 25, tbo fogar bon Slutföulb an ben ©ö&nen 3.« bie SRebe ift), f$emt babei
al« eine Übereilung aufeer3ld^t gelaffen; tbo^l tm^tnbltcf auf biefe blutiaeSt^at befc^rantt
2 6^r 24, 2 ba$ £ob be« ^oa« auf bie 2eben$bauer be« 3. — Da| ft^ Soa« bem
45 §ol)enpricfter gegenüber feine ©elbftftänbigfeit toafyrt, ge^t au« bergnä^lun^Kg^^ff.
au« bem 23. 3a^r be« 30a« fyerbor. SBcnn aud^> 3. an bem 33erfau be« Xem})ete (ber
2 (Sfyr 24, 7 auf ©etoaltt^aten Slt^alja« jurücfgefü^rt toirb), fotoie an ber SJertoenbuna
ber Xcmpeleinlünfte für bie ^riefter ntc^t birett bie ©$ulb trug, fo mufete er fu$ boeb
ben 3Ra^regeln, burd? toelcfye ber König älb^tlfe {Raffte, unb fogar einer Äontrole bunp
50 einen löniglic^en S3eamten untertberfen (2 Äg 12, 11). 2luc& ^ier tyd bie G^roni! (II,
24, 4 ff.) bur4> eine toefentlic^ anbere DarfteDung jeben änftofe an bem 2ta$aben ber
^riefter unb Sebiten, abgefe^en bon ber Verzögerung be« 35aue«, befeitigt. 2Benn 2 (S/t
24, 27 fpe^ieD in Setreff biefe« Saue« ber 3Jlibrafdj ju ben Supern ber Adnige eiltest
toirb, fo liegt bie Vermutung na^e, bafe ber (S^ronift biefer Quelle (bie feinem eigenen
66 ©tanbpunft aderbing« entfprod^en ^aben mufe) aud^ bie fonftigen Stbloeic^ungen bom 8e^
ric^t be« Äönig«bud^« über 3- berbanftc. ©onft finbet fu$ über legieren noc^ bie Slotij
(2 G^r 24, 3), bafe er bem 3oa« jioei grauen na^m, fotoie (24, 15) bafe er in einem
ällter bon 130 $a^ren ftarb unb bei ben Äönigen 3>uba« in ber Dabtbiftabt begraben
tourbe. ©treitig ift, ob ft$ 3er 29, 26 auf unfern 3. begießt; bgL ©iefebr^t j. b.St
3oj<tba 3oj<tftm 337
— %on anbem Prägern biefcä tarnen« ift no$ 3. PT^), bet ©otyn unb SRad&folger
btf £o&enpriefter$ eijafib jur 3eit 5Re^emia3, ^erborju^eben (9le$ 12, 10 ff. 22; 13,28).
Äaufcfd).
3qtKm. — »ol. ©iner, SBtOi. 9t.-©.1 I. 594 f.; Stfenrel, ©ibel.&jifon III, 361 f.
(Sdjraber); Siieljm, #9»»' If 762 f. (Äleinert); ©roalb, ©efd). btrd ». 3§r.3 III 775 ff.; 5
Stabe, ©efd>. b. SS. 3«t. I, 674 ff.; Mittel, ©efd). ber £ebr. II, 328 f.; ftöljler, Setyrbud) ber
bibl. ©ff*. II, 2, 464 ff.; ©ut^e, ©efö. be8 SS. 3*r., 6. 220 f.
3<>ialim, BT?^! LXX 9l(oaxljn, ©otyn Sofia* unb ber ©ebiba (Qere ©ebubba),
britüefcter Äönig bon 3uba, ber im SUter bon 25 ^a^ren an ©teile feine« jüngeren 93ru*
bei« §oa$a* (f.o. ©. 232, 37) bon 9tecfyo auf ben 2tyron erhoben tourbe unb 11 3afae 10
(608—597) ju 3erufalem fcerrföte ; bgl. 2 % 23, 34—24, 6 ; 2 6^r 36, 4 ff. $>afe 5Re$o
(ittyt er felbft, mit ©enefymigung ober auf SBeranlaffung beä ^tyarao, tote Äeil u. a. toollen)
feinen urfpr. Flamen (Sljafim in 3- bertoanbelte, fann nur ben ©inn fyaben, bafc tyn ber
Sieger babur$ auSbrücflicfc afe „fein ©efd&öpf" (fo SljeniuS )u 2 flg 23, 34) bewiesen
tpoütc; bgl ben ctynli$en gatt 2 Kg 24, 17. 3)a3 fd&limme äeugnid, meldte« ba$Hönig& is
bu$ unb bie S^ronif feinem (S&arafter aufteilt, toirb bureb 3er 22, 13 ff.; 26, 20 ff.
(ßrmorbung be$ ^roptyeten Uria); 36, 20 ff. unb bie mannigfachen Klagen JgeremiaS über
ben unter tym tout&ernben ©öfcenbienft auf baä ftärfftc fommentiert. 5Die erfte 9tegie*
rung*fanblung be$ 3- toar Me Aufbringung ber bon -Kec^o bei beräbfefcung be$3oaM
auferlegten Sufee bon 100 latenten ©Über unb einem latente ©olb (LXX 100 X. ©olb, ao
richtiger aber tootyl LXX Luc. unb ber ©tyrer 10 %. ©olb, alfo in ber Proportion bon
2 Äg 18, 14), toelctye ©umme auf ©runb einer ©$ä$ung bon bem ganzen 33olIc ein*
getrieben tourbe. 3)er toeitere Steigt be$ Äönig$buc&$ (II, 24, 1 ff.) über 3- dürfte fol*
genbermafeen ju berftetyen fein. 3)ur$ bie ©d&lacfyt bei Äarfemifcty (605) tourbe bie§err*
f$aft 9le$o3 über SSorberafien gebrochen. $iefe ©$la$t, bon ber aui) 3« 25, 1 ; 46, 2 25
feaö Äönigtum beS SRebulabnejar batiert toirb, obfctyon er erft 604 bem -Jcabopolaffar auf
bem 2$rone folgte, toar baä bierte 3afcr be$ 3. (bgl. and) 2 Jtg 24, 12, too ba$ ad)te %at>x
beS 9tebufabnejar bem legten be$ 3. entfpricfyt). SBciter aber ergiebt fufc au« 3er 36, 29,
(bgL mit 35. 9, too bon einem haften im neunten SKonat be$ fünften 3a^re$ 3-$ Berietet
toirb), bafc bie ß&albäer bi$ ©nbe 605 no$ nid&t in 3uba erfd&ienen toaren. Soften« ao
im SJrityjafyr 604 nötigte 9lebulabnejar ben 3-/ ber bis bafyin nod? %Sa\aü ber Äeg^ter
toor, gur Üntcrtoerfung (biefer 3UÖ W 2 % 24/ 1 gemeint; nac^ bem Fragment be^
öeroffo^ bei Sof^M c. Ap. 1, 19 toar 91. bamalä bur4> ben &ob feinet 9?aterö ju
ftfomtger ^etmle^r nac^ öab^Ion genötigt). Wad) breijö^riger Xributleiftung fiel 3- bon
bai G^afbaern ab, o^ne Rtoeifel aufgeftad^elt bon ben Ägyptern (bgl. 9J2a^pero, ©efc^. 86
ber moraenl. 33öUer im Altertum, ©. 493 ber beutfd^en älu^g.). ^ebufabnejar muj*te
fk^ borläufig begnügen, ©treiffd^aren ber Gfyalbäer, b. I). too^l bie geringe in ©^rien
»uiüd^elaffene SBefafeunß, fammt ben ©d^aren ber (Sbomiter (l. 24, 2 „ßbom" ftatt 9tram),
iRoabttcr unb 9(mmomter )ur SSertoüftung %ut>a$ ju entfenben. 31(3 enblicfy bie rege(-
regte Belagerung 3cruia^em^ burc^ ein bon sJtebulabnejar entfanbte^ $eer (f. 2 Äg 24, 10) 40
begann, fwib 3. G/^Öte M Ju fe^nen SSätern" 2 Äg24, 6), toorauf fw^ bann feinsJla^
folger 3°iacfyn bem mittlertoeile eintreffenben ©ro^fönig ergab, dagegen berietet bie
Gfynmtt (II, 36, 6 ff.), bafe 9Jebufabne$ar ben 3- mit^effeln gebunben ^abe, um tyn nac^
SJabel ju fübren, inbem er jugleic^ einen Xett ber Xempeigeräte in feinen $alaft ^u
SJabd überführte. SBenn mit biejem (Sreignte ber 2 5tg 24, 1 gcmelbetc erfte 3ug be« 46
ätcbulabnejar gemeint ift, fo finbet ein Sätberfbruc^ mit bem Äönigebuc^ nid^t ftatt (ba$
argumentum e silentio ift bei ber großen ßürje bed (enteren in biefer fy\t nic^t ent*
fc^abenb), unb ed ift bafyer ganj unnötig, ber (E^ronif mit ©raf eine Sertoec^elung be^
äojafim mit 3°ia^^ ju^ufdjreiben. SQSenn bie LXX iu 2 6^r 36, 6 bie Slbfic^t einer
SBegfffyrung 3.d in eine toirfliebe Deportation bertoanbeln, fo berechtigt bie^ ni$t 3U einer so
Äomftur be* mafor. lejte«. 9luf jäJDiig bleibt jeboety ba« gänjlid^e ©c^toeigen ber Gfyronif
über ben Xob §.«, unb Ijier bürfte bie ergän^ung ber LXX ju 2 6^r 36, 8 („er legte
fö ju feinen Söätern unb toarb begraben im ©arten UffaS", bgl. 2 Äg 21, 18. 26) ben
mfpr. iejt ber ß^ronit repräfentieren. 3)ie SBeglaffung biefer 9lotij im maforctijctyen lejt
beriet too^l auf ber grojjen ©^toierigfeit, ba^ frieblic^e ©nbe unb S3egräbni^ 3^ m^ 65
ben fo beftimmten Drohungen Seremia* 22, 19 unb 36, 30 in Sinflang ju bringen.
3ur ^ebung biefer ©c^toierigfeit genügt nic^t bie Slu^tunft, ba^ ber £ei$nam %.$ nac^
ber (Eroberung ber ©tabt bon ben ^einben ober bem eigenen Stall au^ bem ©rabe ge=
riffen toorben fei (aber f. 3er 22, 19); etyer tyilft f4>on bie 2lnnafyme, ba^ 3- 6ei einem
«ctbtsctffeiribic für Ztttolotft unb fitr*c. 3. H. IX 22
338 3oi<tttm Soitt
Ausfall getötet unb unbeerbigt liegen geblieben fei. 2fflerbing3 mufc man fld^ bann
für bie SJBenbung 2 Äg 24, 6 auf ben ä&nltc&en §att mit 3tyab berufen (1 Äg 22f 40)
unb ba$ Begräbnis im ©arten UffaS für eine müjjige ©rfinbung erflären. 9Ga$ ©toalb
toäre 3- mit 2ift au$ ber©tabt tycrauSgelocft, gefangen unb toegen feinet heftigen 2Biber=
5 ftanbeä getötet toorben ; otyne bie$ Ratten bie fpäter ntebergefc^riebenen Sßetefagungen 3*=
remiaS ni$t eine fo bestimmte gorm annehmen fönnen. %üx einen getoaltfamen lob 3 .3
fcfyeint in ber %i)at fein no$ jugenbfräftigeS Sllter ju fpredben. Keinesfalls aber ift bei
ben 93erfu$en eine« 2lu$glei$$ ahriföen 3eremia unb ben ©ef^töbüc^em (au$3)al,l,
too ba$ britte %afyx 3.« unter allen Umftänben rätfefyaft bleibt) eine ^Berufung auf 3*>*
iofe^u$ (Ant. X, 6, 1—3) ftattfyaft; ebenfotoenig geftattet bie ganj offenbare ©ef$i$t&
maetyerei bleiben (togl. S^eniuS au 2 Äg 24f 1 ff.), tyn bei ber gntetyretation ber fte
richte be$ RönigäbuctyS unb ber ßpronif ju ©runbe ^u legen, tote bieä ©toalb unb $un<fa
(@ef$. be$ altert.4 II, 384) getyan faben.
2. 3-, öT?rvßoMmefter im nactyejiliföen 3erufalem (9ie& 12, 10. 12. 26; 33aru<$
löl, 7?; Subita 4,8ff.; 15,8?).
3. 3v ©<**** ber ©ufanna, im gleichnamigen SfyofcWb 3S. 1 ff.
£a«tf4.
Loftan. — «gl. SBtner, SBibl. 9?.*©.« I, 595; Sdjenfel, öibel.fiejifon III. 387 ff
(flneuefer); DiHmann, Die ©eneftS6, 6. 198 ff.; fioljinger, ©enefi« (1898), 6. 106 ff.
20 3oftan, "RP.:, LXX hxzav (Sutyer: 3afctan, in ber S^ronif Loftan), Reifet 1 SRof
10, 25 ff. (ja^tmftifö), 1 G&r 1, 19 ff. ein ©o&n be* @ber, be$ Urentete be*©em. 3. iji
©ruber beä $efeg unb SSater bon 13 (ober, tomn Dbal mit LXX ju [treiben, bon 12)
Söhnen. 3Rit biefen Angaben befagt bie ÜBölfertafel, bafc ft$ ber grofie femittf$e Stamm,
ber in bem 9tomen (be$ heros eponymos) ©ber noeb »u einer dingeit jufammengefafct
26 toar, lange bor ber SluStoanberung ber leracfyiben (2lbra^amiben) in einen nörbl. ($eleg)
unb einen fübl. gtoeig (Loftan) faltete. 3n ber 3#at toeifen bie SRamen ber 13 ©ö&ne
3.«, [otoeit fie fiety ft$er beftimmen laffen, auf ben ©üben SlrabienS. Ebenfalls tjl bie
©eneftS im Siechte mit ber Untertreibung ber älteren joftanibiföen unb ber ftwiteren fe
maeltttfcben 9lraber. 3)enfelben Unterfctyieb ftatuieren bie arabifetyen (Stenographen jtoifcfcen
so ben ©ö^nen Jta$tan3, be3 ätynfyerrn aller reinen Slraber, unb ben erft fpäter aramfterten
3^maelitcn, mag au$ tyre 3bentifijierung be« 5ta4>tan mit 3<>ftan erft auf |üb. Quellen
in nadjbiblifd&er $at berufen. 3)ie 1 3Rof 10, 30 angegebenen ©renjen ber ÜEBo^ttftye
3.0 fmb ebenfo tyinfid&tlicty beö Sludgang^ toie be« (SnbjmnfteS preitig. Sd fragt fid^, ob
Slcfc^a (mit ®eli$fd{> u. a.) in SKefene am norbtoeftl. ®nbe be« perftfe^en ©olfd ober mit
86 Änobel u. a. in (na$ anbern bei) KaFat Bische ca. 50 SReilen füböftlic^ Don üDteffa am
20. ©rab n. 99. ju fuc^en fei. 3m erfteren %aü erhielte man bei Slnfefeung be« @nb=
bunfte^ ©ap^ar in ber ^imiaritif^en Äönigöftabt Ijafar in 3^"en (bem ©a^p^ara beS
^ßtolemäu^) eine 2inie bon 9torb nad^ ©üb ; ba« „Öftgebirge", toelc^e« neben ©c^ar ge^
nannt toirb, bezeichnete bann, ba ofyne 3^cif^ ba^ fog. SÜSei^raud^gebirge im Often bon
40 ^abramaut gemeint ift, einen gtoeiten füböftl. ßnbpunft. ©uc^t man bagegen SRefc^a m
Sifd^e unb ©ap^ar in ber £afenftabt ©afär toeftlid^ bom 2Bet$rouc$gebirge, fo toirb für
bie SBotynfifce 3-^ ß^nau ein 3)reiecf im ©übtoeften Slrabien« abgef^nitten. 3n beiben
fällen bleibt bie ©4>toierigfeit, toie in ben genannten ©renjen auq Dp^ir (f. b.Ä.) unb
(ffyabila unterzubringen feien. 3°fcPM (A»t. I, 6,4) be^nt ba^er bie ©renken ber3<>!5
46 taniben bi« nad^ 3n^^n m*- Slic^tiger fc^etnt un« bie Slnna^me, bafe bie bon 3- ^s
geleiteten ©ebiete Op^ir unb S^abila bei ber Seftimmung ber ©rengen gar nic^t mit
berücffityigt fmb. * IT«mf^
3foita, ^ro^et. — 3. SeuSben, Jonas illustratus, Utrecht 1656; ^. Ä. ©rimm, Der
$r. 3. überf. unb mit erfi. «ntnm. ^erauggegeben $üffelb. 1798; ©olb^om, (£;htrfe j. ©.3.
60üetpj. 1803; $erfd)uir, De argum. I. J., in opp. ed. Lotze, Traj. 1810; ©. (l.ffieinM, Die
€enbung be* <ßr. 3. nadj ^iniuef ©amb. 1826; ©nur, Der % 3-, ein affor..babtf. Symbol
in Sflßen« 8tfd»r. 1837. I, 90 ff.: Säger, Uebcr ben (Ml. rel. dnbiwed b.©.3- *" b.©aiir«
Äernfdjen %üb. 3tf*r. 1840, I, 35 ff.; griebrtdjfen, Ärit. Ueberf. ber oerf*. «np^ten über
b. ©. 3., Üeipa.4 1841; Deit&fd), Ueber b. ©.3. in ffiubclbad) u. ©ucr. 8tf*r. 1840, 112 ff.;
66 ©aumgarten, Ueber bad Beißen b. $r. 3. ibid. 1842, lff.; Raulen (fat^) lib. Jon. expoe.
Mog. 1862; «TO. 3R.$alifd}, Bible Studios II: the book of Jona, London 1878; $. «artin,
The proph. J.»f (Sbtnburg 1889; W. G C'donnor, fitude sur le livre de J., ©cnf 1883;
<£f). P- $• ©rig&t, Biblical essays, (Sbinburg 1886; SB. ©ityme, Die «ompof. b. ©. 3. in
3at$3 1887, 224 ff. 3u \>gl. ferner: @ad, (S&riftl. 9rpoIogetif 1829, 343 ff.; ^engfienbergf
3ono 339
(fyrifiol. I. 467 ff.; Eiebufjr, ©ef«. SlffurS unb Söabct« 1857, 274 ff.; tfüper, ^ropfjetentum,
161 ff. ; Änobel, $rot>&eii«m. II, 369 ff.; ü. $ofmanu, edjriftbeiu.* II, 1, 504; Wölbele, $>ie
ttltt. 2itteratur 1868, 72 ff.; (Siualb, ^vopfjeten III, 233 ff.
3«ma (nj*^, 'Iowas), ©ofyn Slmittai'«, na$ toelctyem ba« im dcodexajTQo^Tov bie
fünfte ©teile einne^menbe fleine ^roptyetenbucty benannt ift, ift ebne ßtoeifel tbentifc^ mit 6
bem 2 Äg 14, 25 ertoä^nten %ona, ©otyn SHmittaiö au« @at^ba Gfycfer (ba« gegentoär*
tige, eine ©t. bon 9iajaret& gelegene etSKefctyljeb), toelcfyer laut biefer ©teile bie burety
^erobeam II. in« SBerl gefegte SBieberfyerftellung ber ©renjen 3^cte bon §amat^ bi«
an ba« tote SReer getoetefagt: eine 2Bei«fagung, bie, toenn nid^t fdjon unter %ocß, fo
bo$ fUfcer )u Slnfang ber Regierung 3erobcam§ II. geforoetyen ift. 3)a« 93udJ unter* 10
föabet ftc$ bon allen anberen propfyetifdjen ©Triften baburd^, bafc in ifym md^t bie *Pro*
pfaeiung bie #auptfa($e ift, fonbern bie perfönlidfjen (Srlebniffe be« $ro^eten. 3)iefer
e^ält ben Auftrag, Scmibe, ber §auptftabt Slffyrien«, Sufee ju }>rebigen. Um biefer tym
fdtfam erfctyeinenben ÜRiffton ju entgegen, fd^ifft er ft$ in ^oppe auf e'nem $arftefd&iffc
ein. Sei einem ©türm burdj} ba« £o« bejeicfynet toirb er bon ben ©cfyiff«leuten, toelctye 15
§a$toe« geregte« ©eric^t erfennen, auf feinen eigenen 9tat über 93orb getoorfen unb bon
einem großen gifdj Verfehlungen, aber am brüten Sag lebenbig an$ Sanb gefaicen. 9tun?
me$r entlebigt er ft$ feine« auftragt unb berfünbigt ben SRinibiten binnen 40 Xagen
ben Untergang tyrer ©tabt. 211« 33olf unb $ömg 33ufce ttyun unb ©Ott tyrer berfd&ont,
totrb er über oa« göttliche Erbarmen unmutig, aber bon ©Ott an einem VT-?7> (toatyrfö- 20
ber fefyr fcfcneU toaeftenbe ricinus, ägty>t. kiki, affer. kükänitu) feiner $tyorfyeit über«
füfcrt 3)ie« ift ber gn&alt be« 93u$e«. 3Ran £at ba«felbe für eine 3)i$tung erflärt, für
eine SWegorie, für einen ^oetifd^en 3Jtytfyu«. am toeiteften berbreitet tft bie Sluffaffung
beweiben al« einer national*^ebräif$en $ropl)etenfage mit einem gefctyicfytlid&en, übrigen«
njty na^er befttmmbaren Äern unb bibaftijd&en ßtoedfe. 2luf ber anberen ©eite fcat au$ 25
bie ftreng tytftoriföe Sluffaffung üjre Vertreter. SBenn ftd^ legiere, um bie fytftorifcfye
©laubtotirbigfett be« 9uc&e« in aDen einleiten ber ®rjäl)lung ju ertoeifen, unter anbe*
lern barauf berufen, bafe bie ©enbung be« ^ona, ©o^n 3lmittai«, nac^ -Kinibe ju ben
gef^ic^tlic^en aSer^ältniffen feiner 3*ü P*fy> in toddjt bie erften Berührungen 3«rael«
mit Äfiur fielen; bafe bie 93ef(^reibung ber ©röfee 5lintbe« mit ber SBirflicfyfeit im ©im 90
Hang flefo fo ift erftere« nic^t in SIbrebc ju ftellen, ledere« aber auf ©runb unferer
gegentodrtigen ÄenntniS bon bem Umfang be« alten s)Knibe in $\ücfyl ju jietyen (bgl.
m * X, 598). $ie »eftreiter ber ©ef^ic^tli^feit ber gqäfyhing berufen fid; auf bic
Häufung be« SBunberbaren in berfclben; auf f 0 2luffaHcnbe3, toie ba$„ftaften be«3Jie^e«"
3, 7, toa« ein unbertennbareS Slnjei^en be« bibaftifd^en (Sbaraftecä be« Suc^e« fei ; auf 35
bad laut Ä. 2 bon bem ^ropfyeten im Sauere beö ^ifd^e« gefprod^ene ©ebet, ba3 nid^t
eine Sitte enthalte, toie fte ^ier an ber ©teBe ibäre, um bie erft ju getbä^renbe, fonbern
ein Sant für bie bereit« gefräste (Snettung. SDie 3)inge toerben ^ier ebenfo liegen, n?ie
Beim 9. ^iob. SBie bort, fo ift ^ier feine freie @rfinbung be« ^iftorifc^en Stammen« burc^
ben 35af. be« Sucfyeö anjunc^men, fonbern eine Senü^ung unb Verarbeitung eine« tra« 40
beerten Stoff«, einer in ber 33olf«überlieferung enthaltenen alten 3ona-©efc^ic^te jum Se^ufe
eine« befthnmten, le^r^aftcn 3toedc«. hiermit ift 5Wt 12, 39—41, ioo G^riftu« ba« über
bie tDunberbare ©nettung be« 3ona ©rjä^Ite jur SSeranfc^aulid^ung feiner äuferfte^ung
bertoertet, burcjjau« berträglic^. 915er toelc^e« ift jener lefyrljafte 3h>ccf ? 3)ie früher OH®1)
bon mir bertretene Meinung, bafc ba« Sud) 9luffc^lug gebe über ba« SGBcfen be« pro^e- 45
tiföen »eruf«, ift gegenüber bem berechtigten gintoanb nic^t aufregt ju galten, bafe bieU
me^r ba« Ser^alten ©ottc« jur ßeibentoelt, toelctye« fic^ im ©egenfa^ ju ber in 3«racl
ganabaren unb felbft bei einem ^jjro^cten tüie 3^na nicfyt au«gef^lof)enen, engherzigen
SoqteDimg al« ein too^ltoollenbe«, liebeboQe« offenbart, „tok ein roter gaben ba«@an&e
bux^jie^t unb )ule$t ju einem Änoten fiety Würjt, beffen Söfung 4, 10 f. ben ©cfylufj unb 50
©lanjpuntt bilbet". 3« ber Darlegung biefe« ©ebanfen«, bafe aud^ bie §eibenibclt ©egem
ftanb göttli^er 33orfe^ung unb @rjie^ung ; bag and) fte jur Stnerfennung 3«^^ ju rufen,
aud} tyr bie ^gnäbtge Slufna^me in ba« Sieid? be« toa^ren ©otte« ju gönnen" fei, Ibirb
bie Zenben) be« Suc^e« ju fuc^en fein.
SDafe ber 2 Äg 14, 25 ertoä^nte $roj)^et ba« in bem 8u$ über tyn ßrjä^lte in 55
Schrift ßefafct tyü, ift nirgenb« angebeutet. ©0 abgebrochen, toie bie (Snä^lung beginnt
«nb Wltefet, liegt e« na^e m bermuten, bafe fte urfprünglic^ nur ein ©lieb in einem
Sxflüt bon ä^nli^en (Srjä^lungen gebilbet bat ; unb ba fte nun ben ©efc^ic$ten au« bem
geben ©ßfa«, toelc^e toir im 2. 33u$ ber Könige jufammengefteHt finben, bur^au« analog
ip, fo {lammt fte bieQei$t au« bemfelben jlrei« ber fogenannten ^ro^ctenjc^ulcn fyer. go
22 *
340 3etta ftottag Hott %obb\o
©ine alte §aggaba bezeichnet %ona gerabeju als einen ber wjrq*i ■»» au$ 6lifa$ ©c&ule.
Über bie ßeit ber Abfaffung be$ 33u$e3 ^errfefct unter ben Auslegern grofce SDtfferenj ber
2lnfw^ten. ©ie fetytoanfen innerhalb beS .AeitraumS JtoiWcn SRena^em unb ben 9Raßa*
bäem. S)a baS 3, 3 fiefc pnbenbe „unb TOnibe toar (-r?\0 eine grofee ©tabt für ©ott"
5 jeigt, bafc bie ©tabt &ur 3eit ber Abfaffung beS 33u$e3 nu$t me$r beftanb, fo lann e$
nic$t bor 606 b. Gbr. getrieben fein, Aucty ber foraepc^e G&arafcer beS 8u#$ (* 2?n
= /i£Ua> 1, 4; wro 1, 5; rornn l, 6; nqrTP. 3, 2; n» (»efc^l) 3, 7; TT' 2,
1. 4, 6. 8; rä»? 1, 7; ^.tia l, 12; WP. 4, 10) toeift unS in eine biel fitere 3«t,
als man ^äuftg angenommen fyat. Aber über baS 5. $afy$. totrb nietyt herunterzugehen
10 fein. Sßerfd^iebene ©Triften, au« benen baS Sucty entftanben toäre, toie Söhnte bermutet
fyat, ber einen Stiften, einen (Slofyiften, einen SRebaftor unb einen (Srgänjer unterk&eiben
ju fönnen meint, laffen ftc$ nid&t na<$toeifen. ••!*.
3ona8 Don Sobbto, angefe^ener §agiograpI? beS VII. 3aML geft. nac$ 659. —
Histoire littäraire de la France III, 604 ff.; flrtifel »SonaS oon »obbio" in ber encljflo«
16 pfibte Don (Srfd) unb ©ruber: $ertel in Sfät) 39, 397 ff.; Stöber, 8ur Äritif ber Sita 8.
Johannis Reomaensis: ®wt 1885, ©. 3l9ff.r bef. 6. 395-97; tfrujcb, 8iuei #eiliaenleben
beS SonaS üon6ufa: TOtteilungen beSSnftitutS für. öfterr. ©efdjic&tSforfdjunö XIV, 385ff.
Über ben SebenSgang beS 3- &on 33obbio ober bon ©ufa fmb tohr auSfölie&licfc burc$
gelegentliche SBemerfungen in feinen Siograp^ien unterrichtet, ©r ftammte aus ©ufa,
20 einem 45 km toefilic^ bon $urin am ftu|e beS SKont GeniS gelegenen Atyenftäbtcfcn,
bem alten ©egufto, baS noefc tyeute bur$ eine SReifye römifc&er Altertümer fcerborragt. 3m
3a^r 618 trat er, noety jugenblictyen älter«, in baS brei 3^*e mbor bon Golumba b. 3-
gegrünbete Älofter gu Sobbio ein (f. b. A. Golumba b. 3üng. 8b IV ©. 241—47), bem
er im toefentlicfyen feine grammatifdfclitterarifctye Silbung ju berbanfen ^aben toirb (vita
2öCol. Prol. 4; ASB II, 4). SereitS unter Abt Atiola, bem unmittelbaren 9to($folger
GolumbaS, erlangte 3- eine $ertrauen«fteUung (beati viri ministerio deputatus,
v. Attalae 3 a. a. D. ©. 116), unb Don bem 3. äbt Sertulf toarb er, al« berfelbe
balb nac^ ©rlangung feiner 2öürbe (627) bie ^ilfe be« $cu>fte« gegen bie 9lnf)mt(^e be«
SifctyofS bon lortona in 2lnf^ruc^ na^m, jum Begleiter auf ber SRomreife erh>ä^lt 3)a
so 3- ken jtoeiten 9lbt bon fiujeuil ©uftaftu^, ber im grü^ja^r 629 geftorben ift (f. b. %
(Suftafiu$93bV©.624f.) ^erfönlic^ gelaunt ^at (v. Col.54), fo ift e^ nid^t untoa^rfc^m
lief;, bafe er noc^ im 3. 628 naefy ©aüien fam, too er jebenfaH« nac^bem er Sobbio
berlafjcn, ftc^ bauernb aufgehalten ^at. SBie er bei einem foäteren borüberge^enben Stuf*
enthalt in SBobbio (cum apud eos . . vacans . . morarer, v. Col. 1) ben Srübern
35 berfprod^en ^atte, f^rieb er — unb jtoar innerhalb ber näc&ftf olgenben brei 3a^re — fein
bon i^m felbft in }toei Seile geglieberte^ §aupth)er!: bie £eben$befc$reibungen Golumba^
unb feiner 9?ac^folger unb ©djüler. 3)er nac^ 3lbfc^lu| be3 ©anjen (v. Col. 4) berfafite
Prolog an fflalbebert bon Sugueil unb Sobolcn bon Sobbio bezeugt, ba^ bie SSoDenbung
be« SBerfeS gtoifd^en 640—643 fäüt, nac^ ßrufc£ (©. 388) in« §a^r 641. Um biefe
40 3e^ ü>ax 3- xn ©efcllfd^aft be« ijieil. 3lmanbu« mit ber 93efe^rung ber fcibntfc&en granfen
an ber ©c&elbe unb ©carpe bef4>äftigt. 93ei einem Aufenthalt ju Arrad an ber ©catye
n>arb er beranlafet, ba3 Seben be« ^l. SSebafte«, be$ erften fränfifc^en Sifc^of« bonStna«,
*u fc^reiben, ba« in ber SJorrebe auffallenb an bie um bie nämliche &t\t abgefaßte $rä«
fation ber Sita Sol. erinnert (Ärufc^ ©. 439). 3m 9lobember 659 fcattc 3., ber au
46 itoifcfyen (©töber ©. 397) bie AbtStoürbe erlangt ^atte (nac^ früherer, aber gänjlic^ ^alt^
lofer Vermutung ju Sobbio, nad) Hist. lit. bon @lno, nad) ©töber a. a. 0. in einem
SSogefentlofter columbanifc^er ©rünbung, nad) &ruf$ ©. 388 o^ne bestimmten ©i|, in
töniglic^en 3)ienften — eine Sntfctyeibung ift, folange nur vita Walarici 9 unb vita
S. Joh. Reom. 1 jur Beurteilung herangezogen Serben tonnen, unmöglich) im Auftrage
so ber ftönigin-SRegentin SSalt^ilbi« eine Steife nad) SabiQonum (^alon-fur-Saone) awty?
führen, toobei er im Älofter be« ^eil. 3<>&anne$ bon SReomau«, untoeit ©emur.-en^3lujoöf
Slaft machte. Auf Sitten ber Srüber bafelbft berfagte er bie Sebenäbeföreibung bed gegen
sJJfttte be« 6. 3atyrfy. berftorbenen ©tifter« be« ÄlofterS. Über bie legten ©c^ndfale unb ben
lob Sonatf beft^en toir leine SJad^ric^t.
66 $a« bereits ertoetynte Jpaupttoerl beö 3 / in^befonbere beffen erfter %<Ü, bie vita
Columbani, ift e«, bem er fernen fc^riftfteQerif$en SRu^m berbanlt häufig g^enfen
gleichzeitige ober toenig fpätere Autoren feine^Serbienfte«: bgL bie Vita Walarici Saint«
bert« cap. 9 (ASB II, 79), vita Salabergae 3 (II, 405), vita Agili 6 (II, 304),
vitaFaronis 12,11, 585); ber fog.grebegar bietet in bem 642 entftanbenen Seile IV, 36
dfettad Hon Sobbio 3ona8, StoftuS 341
bereits mehrere ber vita Co], entlehnte Äapitel (M. G. Scr. Merov. 2, 134—38), imb
bte Vita S. Qalli beruht in tyrem änfang auf bemfelben 25erfe be3 $. 3Kan tohrb
au$ jugeben muffen, bafe 3- fr°fc mefyrfactyer Unrictytiafeiten im einjelnen (vita Col. 10,
12, 50; bgL §outf, Jt@ I1 279 STnm. 3), trofc auffattenben ©tyoeigen* über hricfctige
Xngekgen$eiten toie ben Dfterftreit (bon bem jebocfy vita Bertulfi 3 nad) SMnortyS 6
[Quid Luxovienses monachi ad regulam . . . contulerint p. 13] anfpreetyenber
Vermutung eine Semertung nac^ufltngen fd&eint) unb ba$ erfte auftreten ber S3enebif-
tinerregel in ©aflien, tro$ feiner bem ©eift ber 3eit entfprectyenben 3Soriiebe fürSBunber*
geföidjtcn (bte Vita Burgundofarae ift nichts cmbereS als eine no$ $u Sebjeitcn ber
Surgunbofara borgenommene 3ufammenftellung tounberbarer Vorgänge im Älofter gare* 10
moutier, bgl. auef Ärufcfy ©. 429) — botfy bur$ feine 33emityungen, auf ©runb per*
jonltyer ©rhmbigung bei Stugenjeugen unb mit einer getotjfen Untertreibung beä mefyr ober
minber toid&tigen Stoffe« (vita Col. 4) 93ericfyt ju geben, toie audp bur$ bie lebenSboHe
Suffaffung ber ©eftalt unb ber ©ctyidffate be$ Patriarchen beä altfdjottiföen ÄloftertoefenS
auf bem gejüanbe unter ber großen SRaffe feiner litterarifetyen 3**nftgenoffen tyerborragt. 15
3nbe$ ijt e$ nietyt nur ber 3n&afy *>er bie Schriften beä 3- berühmt machte, fonbern
cbenfofeljr toofyl au$ bie auffaQenbe neue, bie borfyer ^errfctyenbe gregorianifd^merobmgiföe
berbrängenbe Sluäbrucfötoeife (flrufety ©. 435): eine mit jafylreicbm gloäfefn au« ber
Bafjtfö* unb fin$Ii<fclateinifc&en Sitteratur (Sibiuä, 33ergil, ©iftuS 3talicu3, 3ubencu$) unb
ber gaflifcfcitalifc^en Styetorenfc&ule bürdete ©praetyc, ber felbft ba, too ber SJerfaffer in ao
trafen fctytoelgt, bie betannte toibertoärtige äutorenbeföeibenfyeit nicfyt abgebt (vita Col.
praef. 4). @injig bie ©prac&e ift e$ benn au$, toonaety junäctyft für bie Vita S. Jo-
hannis Reomaensis bon ©töber in ©2B31 1885, ©. 319ff. (bort au$ ba« 33ru$ftütf
ber Sita na<$ Cod. Paris. 11748), fobann für biefelbe Sita unb für bie be« (eil. 93e*
bafteS bon SIrraS bie äbfajfung feiten« be« 3. burc^ Äruj$ a. a. D. feftgefteüt toorben 25
tfL Sefcterem berbanlen toir au$ bie einzige boUftänbige, rcf|p. juberfäffige Sluägabe beiber
SKtra MG Scr. Merov. III, 406—413 vita S. Vedastis unb am felben Drte©.506
bte 517 bte vita S. Joh. Reom.; vita Vedasti nad) bem cod. Montipess. 55 bei
Säubert, 2)ie Untertoerfung ber älemannen, ©. 210—222). %ixx ba« §aupttoerf be«
3ona« bleiben toir, bi« ba« Ärufcfyfctye Sffierf unb, toa« ba« Seben Solumba« anbetrifft, bie so
AS fotoeit borgeftfcritten fein toerben, auf ÜJtobiUon angetoiefen, ber im 2. 93anbe ber
Acta bie Vitae Columbani ©. 5—29, Eustasii ©. 116—123 (au$ AS 19 Mart.
HI, 784ff.), Attalae ©. 123—127 (AS 10 Mart. II, 42—45), Bertulfi ©. 160 bi«
166 (AS 19 Aug. III, 750—54) unb Burgundofarae ©. 439—449 Veröffentlicht
tyA. »bbrud au« 3RabiHon in MSL 87, 1011 ff. ©eebafc. 86
3ft«t*, 3uflu$, 8*fc 1555- — 95rieftoed)fei be« 3. 3., gefammelt unb bearb. oon
« «aroerau, 2 «5be, ^aüe 1884. 85; ba^u feit^er manefte 9?ad)träge, j. 59. oon ®. ». $.
thnrt^arbt in 8(iBfi 1889, @. 430 ff.; £aur. sJ?ein^arb, Commentaüo de vita et obitu J.
Jooae, «Itenb. 1731; 3)re^^aupt, Saalfre^«, £aOe 1749; ©. ^r. ^napp, Narratio de J. J.
twUc 1817, au* in Scripta var. arg. Hai. 1823, II, 573 ff. ; $t. <£f)r. fiebr. granfe, ©cfd). b. 40
äaO. Deformation, ^aüe 1841 ; $. ®. ©äffe, 3. 3. fieben (in teurer, ^Utuäter ber lutf).
hxtit n. 2), fietpj. 1862; 2&. ^ßreffel, 3. 3. (in Seben u. auägew. ©*riften ber »äter b.
lutb. ftirdje VIII), (Slberf. 1862; Ä. SRetyer, fjeftfdjrift jur Subelf. be3 400j. ©eburtätage«
be« Dr. 3. 3., Worb&aufen 1893. gär bie Erfurter 8eit: ^arl ftraufe, §tl (Sob. ©effuS,
8b I, ©ot^a 1879; ®. Oergel, Beiträge jur ©efd). bcö Erfurter ©umanidmud in $Zt beö 45
Berfin* f. b. ©efd). unb Älter tumSf. oon Erfurt XV 1891, audj in Sonberabbrutf. gür bie
Hnffinae in »ittenb.: 3rr. jhopatfdief, 3o^.3)ölfd) au§ gfelbfird), ©reifSro. 1898; ©. »au«,
^tc Stnfüfcrung ber tÄelancfttboniWen SDeHamationen .. ., ©reSlau 1900. gür ©atte: ©crf=
berg. ©ff*, b- <Btabt ©aüe, Sb II, 1891; @. ^ranbenburg, Sut^er, Shtrfa$fen unb 9Ragb.
in ben Saftren 1541 unb 1542 in $3 f. ©efefti^tuiffenf«. 91$ I (1896,97) @. 259 ff. ; so
$r. Äo^lmann, 3ur ^aOifcften 5?cf.-^efd) in 9?eue ^t a\& bem Gebiet ^tft»antiqu. gor-
fdjungrn XIX (1896) €. 153 ff. — ^anbfeftr. Äuf^ei^nungeu au$ 3ona3' legten Scbcnd«
jaftTcn bur$ 3oft. fiinbener in C3m 939 (9ttünd)en, ^of- uttb Staat^bibl.). — Ueber 3.
al« $ rebiger: ©. ©efte, Äanjelrebner ber lut^. Ätr^e bc« SRef.«3eitalterS, fipj. 1856, I,
149 ff. 66
3uffai* 3ona$, eigentlich Sobofu« ßobft] Äoc^, tourbe am 5. 3uni 1493 in ber
tteufölabt 9lorb^aufen alt ältefter @o^n bed angefe^enen Siatömeifterd Jona« ßo$ ae=
boren. (Setfüge Segabung unb 93erebfamteit toaren Erbteil be* Sofyncä bom SSater ^er
(CR III, 535. VIII, 986; be fflette V, 105), ben er no$ in feinen Änabenja^ren ber«
lor. SBä^rmb ber Uniberfitätdja^re tourbe au* bem Jodocus Jonae [filius] ein :^obos eo
ati, bann 3ufhi* 3ona* Oöriefto. I, 6). föne ältere ©tyoefter (^albf^toefter?) heiratete
342 3omt*,3itf}ud
bcn 5RorbI?äufcr 93ürger Sorenj Siebbete; ein $albbruber 33ertfcolb SBolföagen, ber Äano*
nifuS inßrfurt tourbe, bereitete tym beifiebjeiten burefc feine „Unbufcferttgleit" unb (einen
SebenStoanbel bieten Äummer, unb fein lob beranlafete bann nod& 1542 ärgerlichen Streit
unter bcn 33ertoanbtcn um ben SRad&lafe (Sriefto. II, 61. 82 ff.; Dergel ©. 110). 9tacfc
5 bem 3- 3- *>k lateinifdjje ©tabtfctyule ber 33aterftabt befugt fyatte, bejog er fäon ate 13«
jähriger 1506 bie Uniberfität Erfurt, tourbe 1507 SaccalaureuS unb 1510 üRagtfter.
©cfyon in biefem jugenblictyem älter fctylofc er \\i) in enger greunbfctyaft an <8oban#ejJu$
an unb eiferte tym in ^umaniftifd^en ©tubien, poetiföen 33erfu4en unb frö^ltc^em
SebenSgenufc na$. 211$ SerufSftubium ertoetylte er bie SRed^tstoiffenjdfoaftcn. 6$ toar too#
10 ber 1509 nad) SBittcnberg übergeftebelte „monarcha juris" $ennmg ©öbe, ber tyn hn
©ommer 1511 betoog, jic$ gleichfalls nad) SBittenbcrg ju begeben, too er ben juriftifefcn
Saccalaureat ertoarb. 93on näheren Sejicfyungen ju Sut&er liegt für jefct fein 3^9^
bor, toenn fie aud) einanber betannt tourben, tootyl aber bon folgen ju ©palatin unb ju
2Benje$lau$ Sin! (Sriefto. I, 3 unb 318). 3lad) Erfurt jurücfgefe&rt (1514 ober 1515?)
16 empfing er bie $rieftertoetye — er giebt an, 1516 juerft geprebigt ni faben — , promo*
feierte bann Bier 1518 jum SDoftor beiber Steckte unb erhielt bur$ feinen einflußreichen
©önner, ben $rofeffor unb Äanonifuä SDtertin b. b. -Dtartyen, eine ber beiben SectoraU
$räbenben an ©t. ©eberi, ein einträgliches Äononifat, mit bem eine ^rofeffur ber SRecfye
berbunben toar — eine überrafcfyenbe 33eförberung, ba jener ein ©egner ber $umanijten
ao toar, SonaS aber mit jugenblid&cm (Sifcr bie ^ntereffen be3 um Jtonrab SKutianuS gebilbe*
ten 2^üringiföen §umaniftenfreife$ bertrat unb ein jjerborragenbeä ©lieb in bem <$reunbe&
bunbe toar, ber in (Sobanuä feinen Rex anertannte unb bem fernen SraSmuS in fötoär*
merifetyer SSere^rung tyulbigte. Site Sobanuä 1518 naefc ben SRieberlanben gu (Sraömuä
pilgerte, fanb %oncß bie erfte ©clegen^eit, fid^ biefem brieflieb ju nähern; im gruföa^r
26 1519 unternahm er bann felber jufammen mit Äafpar ©c&albe bie SBattfafyrt )u bem in
ttberfctytoänglicfcfeit berebrten SKann, ber and) an feinem jugenblictyen Sefucger folefce*
äßofylgefaflen fanb, bafe er ibn Weiterer Äorrefiponbenj toürbigte unb fxd) fpäter bann au$
ernftlicty bemühte, feinen 2lnfd&lufc an Sutyer vi ber^inbem. SReben bem fritylicfcn treiben
ber Erfurter „Sßoeten" in ^ugenbluft, betreff« beffen foäter ©. 2Bi$el gegen Sona* ben
so 33ortourf ertyob, er habe fein bäterli$e£ ßrbteil bertrunfen („degulatum Patrimonium"),
machen ftc^ immer ftärler pofttibe SBeftrebungen geltenb: nic^t nur jene humanitas gilt
als $\d, tote fte bie liebebode Sef^äftigung mit ben ftlaffttern getoä^rte, fonbern @ra^
muä totrb i^nen auc^ ber SBegtoeifer jur Sefc^äftigung mit ber norma Christi, bie bem
ßbangelium unb ben Äird^enbätern entnommen toerben foHte. ^ona« bejetebnet 1519
86 ßraämuS aU feinen „3Sater in Gfyrifto". 2)afe er — gerabe toä&renb feiner Steife nad)
ben 9iieberlanben — am 2. 3Kai 1519 jum SReltor getoä^lt tourbe, bebeutete ben ©ieg
ber ©raSmianerpartei an ber Uniberfttät. eine Sieform ber©tubien toar bamit berbunben:
man befc^lo^, ba« ©tubium aud? be£ ©rie^ifd^en unb $ebräif($en, ber „toa^ren" 9^tlos
fo^ie unb ber „ed^ten" Ideologie unter bie 2)i$jij>lmen ber fiod^f<^ule aufzunehmen,
40 unb toä^lte eine Äommifjton, toelc^e bie ^ieftir geeigneten Sefyrträfte befc^affen foDte. ®r*
ftaunt fanb $. bei ber §cim!e^r bon ber Steife biefc bebeutfame SSeränberung bor: ba
^umantömu^ ^atte ftc^ feinen $la$ erobert. 2Bte (Sobanuä je^t über ba$ Gnc^iribion
be$ ßra^mu« eine Sorlefung ^ielt, fo prieS % in einer Praefatio in Epistolas divi
Pauli Apostoli ad Corynthios begeiftert ba^ ©tubium ber 1)1 ©Triften an atö ba«
46 SKittel, ber berfattenen Äirc^e toieber aufzuhelfen: „mille bibliothecas evolvit, cui
unus Paulus sapit", unb begann bibltfc^e S3orlefungen. aber babet ift no<^ mdft
ÜÜUttenberger ©influfe f^ürbar, fonbern ßraömu« totrb atö ber Se^rmeifler gerühmt Unb
auefy @cf, ben bie Seidiger Die^utation nad) Srfurt führte, toirb bort junäc^fl ab ^einb
beä 6ra«mu« bon ben einen gefeiert, bon i^onaS unb feinen Äreunben berad^tet (Sriefto.
60 I, 28). 3lber eben biefe 3)i^)utation beförberte boc^ nun anq ben Sbifölufc ber ^uma=
niften Grfurt« an fiut^er: in bem äuguftiner ^^. Sang, ber and) %, naBe panb, befa|
bie ©tabt fetyon einen ber treueften ^teunbc SutfyerS; je£t !am au^3Rofeuan bonSei^jtg
ju ©efuc^ herüber, boller Segeifterung für Suttyer; bie äften ber ftiäputatum tarnen in
ßrfurt in ben 3)rudf. Äurj bor ber ^Disputation fyatte Sut^er burc^ Sang 3- fdn« Srcunb«
66 fd^aft angetragen (GnberS II, 13); au« bem ^uni 1520 ftammt ber erfte ©rief jene« an
t^n, er toünfcfyt i^m ©lud ba^u, te ad asylum sacrae Scripturae e procelloso ho-
minum juridicorum pelago confugisse (önber« II, 420). 9lud& bad ©tubium ba
gried^ifc^en ©pracfyc, toomit toir ^s. in biefer geit befc^äftigt fe^en, bient bem ertoatycn
^ntcreffe an Sibel unb Geologie. 9lun ftarb am 21. Januar 1521 ?Propjt Henning
eo ©öbc in SBittenberg, unb ©i>alatin machte alebalb auf ^. aufmerffam, ber „ein jung SKann
3fott<t$, 3ufiu£ 343
unb frommer gelehrter ^riefter, in beiber Bpxad), latctnifc^er unb beutlet, tounber tooty[
tacebt, au$ ein feinet junger Surift" fei; „liefet au$ in theologia unb prcbigt" (Sriefto.
I, 49). ©erRurfürft, ber in2BormS toeilte, bot bie ©teile jmnäcgft bem altcrnben ÜRutian
an, ber ablehnte, aber $ugleid; gleichfalls ^onaS empfahl. &a lam Sutfyer auf bem SBege
na$ SBonnS am 6. Slprtl nacfc (Srfurt unb fanb bort begeifterte aufnähme ; $onaS jog 5
$m btSSBetmar entgegen, fölofc ft<$ tym auf ber SBeiterreifc an unb erhielt in SBormS
(elbfi feine Berufung na$ SBittenberg, burd& bie er ftcfy bem 3orn ber Äanoniler in @r*
fürt entzog ; unb er ertoarb ftd^ burcp feinen Sfofd&lufj an Sutfyer £uttenS Sob unb ^reunb«
ftaft (Sr fiebelte im 3>uni nad) Wittenberg über unb lebte fid^ tyier — burcty ©raSmuS*
ffiarmmg nu$t Beirrt — mit toarmer Segeifterung in bie SBittenberger Geologie ein, 10
fcjt entföloffen, feine arbeit fortan ber „ebangeltfcfyen ©a$e unb $anblung" ut toibmen.
Saufen toar er als Sßropft an ber @$lof*tir$e unb als ^rofeffor beS lanonifdpen Stentes.
Sofort machte er ben SJerfucty, bom Äurfürften Befreiung bon biefem Se^rauftrag $u er-
falten, unb bat, tym bie Promotion jum Dr. theol. unb bamit „©otteS Setyre, ©(fyrift
unb ffiort in ber ©d&ule unb flirre ju führen" ju geftatten. 9iac$ längeren 23cr^anb= 15
bnigen tourbe tym ber Übertritt jur ttyeologifd&en galultät geftattet: einen fleinen Xetl
feiner einnahmen (20 ©ulben) muftte er an einen ©ubftituten für bie Seitton ber
$cfeetalen (©«fctoertfeger, fbäter 2fyel) abtreten, eine SBerpflictytung, bie tym balb
auf ©palatmS gürforac&e abgenommen tourbe. 3lm 14. DItober 1521 ertoarb er bie
tfcologifcfye ©oftortoürbe. 2lber and) bie gunlttonen, ju benen ifyn bie ^ropftentoürbe 20
tefyflil$tete, empfanb er jeftt balb als ©etoiffenSbelaftung. Sei ben betoegten SSer^anb*
fangen, bie no# toäfaenb SuttyerS äBartburgSaufenttyalt über Sieformen an ber ©d&lofc
fiafc geführt tourben, toar er ber rabilalfte 33orIämi)fer einer ÄultuSreform (bgl. %x. Äro*
patfdtaf 6. 66). ©eine 3)oM>eltyätigfeit an ber Uniberfttät toie an ber ©$(of*ftr$e fc&ilbert
©palatin 1525 folgenbermafeen : „er prebigt alle ©onntage, au<$ alle fyobcgefte; barüber25
falt er aBe 2Bo$en breier Sage im Stift bie beutf$e Seition in ber ^eilg. ©c&rift,
unb fonft au$ ade SBeritage eine lateiniföe Seition in ber fylg. Schrift" (bgl. Saud) ©. 23 ;
$ß$ 1860, 455). ©0 las er 1523 über ben Stömerbrief; 1524 gab er nad) 93or*
lefungen feine Annotationes in acta apostolorum tycrauS; 1529 las er über bie
$fabnen unb gab eine Srllärung bon 2)a 7 tyerauS. 2)aS 2)elanat ber tbeol. gahiltät 30
bertoaltcte er feit 1523 bauernb bis 1533, breimal tourbe er utmSReltor ertoetylt. Einige
Zfcfenretyen unb einige alab. ©elegentyettSreben (CR IX, 41 [bon 1538, niefct bon 1521]
unb XI 227, alfo melleid^t beibe bon 3Man$t^on berfa^t) fmb uns bon ifym erhalten.
Do<^ trat feine alab. X^ätigleit bor anbern lird^lic^en unb litterarifcfyen Aufgaben, bie
i^m gufielen, aHmä^ltd^ me^r jurücl, fo baf* fpätcr Kamler Srücf über tyn Alage geführt 86
[jat, er fei „mit Sefen unb fonft in ber Uniberfität unfleifeig" getoefen. Über feine $re«
btgtt^dtiglett bgl and) 3Rat^eftuS, Seben Sut^erS 8. <ßreb. (ed. 2öfd>c ©. 163). SBaS
i^ot an Sut^erS ©eite als fein befonbereS Xeil mfiel, baS toar gunäd^ft (1523) bie litte*
tartföe ^olemil gegen 3°^- 5a^)er unb bef[en äserteibigung beS SölibatS — ^atte er boc^
fdber fc^on gebruar 1522 eine SBittenbergerin geheiratet — (Adv. Joh. Fabrum . . pro 40
conjugio sacerdotali defensio); f^öter bie $olemiI gegen feinen ehemaligen @rfurter
©tubiengenoffen ©eorg ffli^el, gegen ben er feit 1532 mehrere ©Triften richtete (Sriefh).
II, ©. XXXVII ff.), in benen er ben ebangeliföen Äirc^enbegriff berfoc^t, aber auc^ ftarl
mit Jxrfönlic^er Serbäd^tigung ben ©egner angriff. Salb aber geigte fi$ feine fpejiette Se=
gabuna barm, bafi er bon ben Schriften Sut^erS unb 3Kelan^onS Überf efeungen lieferte; er 45
toar ebenfo getoanbt barin, lateinifc^e ©Triften ins $eutfc$e, toie beutfepe ins Sateinifd^e
tu übertragen. Seibe Reformatoren ertannten freubig feine gang befonbere ©e|c^icflid;feit
oarin an unb gematteten i^m bertrauenSboH, in boQer ^ret^ett btefeS 9lmteS an i^ren
©Triften ju toalten. Slu^ einige ©Triften anberer überfefcte er i^n ä^nlid^er SBeife. ®in
«erjei^niS bon 35 folc^er ÜberfefeungSarbeiten f. Sriefto. II ©. XXXIII ff. Äerbor*6o
gehoben fei feine Überfe^ung bon SutyerS De servo arbitrio, ber Loci Welancpt^onS,
unb bie §erfteflung beS beutje^en Xe^teS ber Sinologie. 3)agu lam {eine Xetlna^me an
tok^Kigen SUtionen ber Reformation: SKarburger ©efpräc^ unb SlugSb. Reid^Stag. ©obann
fmben toir i^n ftarl in 2lnfpruc^ genommen burd> bie furfäc^fifd^en Sifttationen feit 1528
unb ben barauS ftdb and) nad) Seenbigung ber &ifitationSreifen ergebenben jtirc^enauf- 66
fkbtSgef^aften. ©etn toi^tiaeS ©utad;tcn „ber (Sonftftorien falben" f. bei Ritter, ©efc^.
b. ebaita. «hdjfenberfaffung S^j. 1851 ©. 82 ff. @r toirb feit 1532 fyeologifdjer »erater
ber bret an^altifdben ^ürften, mit benen er in lebhaftem f$riftli$en 3$erle^r bleibt; in
monier Seife naq 3)effau unb 3erbft pflegt er and) ben perfönltc^en S3erte^r mit i^nen.
^n i^rem auftrage ift er 1538 längere 3eit in &XW ^^0 unb giebt ber ©tabt eine oo
344 3ott<t3, dttfhtd
ÄD. 3luc& mit ßerjog SHlbred^t unb mit Äönig Gtyriftian III. fte^t er m Äorreft>onben&.
1536 ^ilft er in Naumburg ber Sieformation eine Stätte fiebern. 3Sor allem aber ift er
e$, ber 1539 bei bem ßinjug ber Deformation in ba$ £erjogtum Saufen afö SJtfttator
unb SSerforger ber ©emeinben mit eVangelifc&en ©eiftltc^en unb atö SSerfaffer ber toufc
6 tigen ßD beä Sanbeö 33ertoenbung finbet. 2>ie Slrt unb 2Beife aber, toie fty fier&og
§einri$ ^ier balbmöglictyft ber Mitarbeit ber erneftiniföen Geologen entjog, betotrfte bei
$ona$, ber ftety befonberä fcurücfgefefet füllte, eine 9Serftimmung gegen ben $redbner §of,
bie für tyn fyernaety in feiner Sejiepung iu §er^og SRorifc Verhängnisvoll getoorben ifl
©ine hurtige aufgäbe erhmctyä ifrn burdj ben gortfcfyritt ber eVang. ©acfye im ©rjffift
10 SKagbeburg. 3)er in §aHe refibierenbe Äarbinal Sßbrec^t fyatte im 3^™**» 1541 auf
bem Sanbtage ju Salbe 3)ecfung feiner ©Bulben burefc bie ©tänbe be3 Stifte nur um
ben Sßrete erhalten, bafe er bie religiöfen Neuerungen ftillfötoeigenb anerfannte, auf
SRepreffiVmaferegeln Vernichtete, bie ^Regierung bem Äoabjutor SKarlgrafen ^o^ann älbrety
überliefe unb feinen §ofoalt Von §aHe na<$ ber sJJiainjer 3)iöcefe verlegte. 3>efet tonnte
i6^aQe an bie ßtnfüljrung ber Deformation benfen; bie SBürgerföaft nötigte ben med, mu
fctyeibenbe ©dritte ju ttyun. 211$ % ©rünbonnerätag 1541 auf emer Steife in bic#etmat
§atte paffterte, tourbe er tyier bur$ jtoei SRatämitglieber aufgeforbert, „jtoei 9Ronate ober
länger" bei tynen baS ßVanaelium ju prebigen. Offenbar toaren geheime 33orVer^anb=
lungen borangegangen. 3lm Karfreitag begann er in ber 3Rarientir$e feine neue 3$ätig*
20 feit, gegen ben (Smfyrucfy beä ÄoabjutorS unb bann auefc gegen ßarbinal ÄlbrecfctS 33er*
fuefce eimufd&reiten, burc& ben fäc^fifcfyen Äurfürften gebedft. 3)iefer ^atte im 8efi$ be$
SurggrafenamteS von #aHe, baS freiließ nur unbebeutenbe formelle Siedete gehörte, einen
5Rec$t3titel, ben er jefct jum©$ufc be$ <Proteftanti$mu$ möglid&ft toeit auszubeuten fuefte.
3)en Verlotfenben Slnerbtetunpen feiten« be3 ©rjftifteS, tym biefeä Siecht um ^ol^en $rtte
26 abzulaufen, leiftete er fcfyliefeluty unter energifd^em 3)rutf, ben Sutyer brieflich auf tyn au&
übte, SBiberftanb unb fcfylofe am 6. 3loVember 1542 mit §aße einen Vertrag, in bem er
ber ©tabt gegen ein jä^rlidjeä ©d^ufcgelb Von 1000 ©Ib. ben ©$u$ tyrer SReltyion unb
tyrer Privilegien juftAerte. 3n$totfd&en toar ju ÜBetynac&ten 1541 auefc bie Ulrtc^ttrcfo
im 3luguft 1542 auep bie 3Rorifcfirc$e ber etoang. ^rebigt aufgefc^Ioffen unb mit $rebigent
so öerforgt toorben. %ona$ übernahm im ©ommer 1542 baä ©u^erintenbentenamt unb
berf afete 5Wtyjafyr 1543 bie RD für bie ©tabt (&anbfc$riftli(& in ben «ften be« 3Ragu
ftratö). 2)a auä feiner St^ätigfeit ein fefte^, bauembeä 3(mt tourbe, fo mufete er je$t auf
feine SOBittenberger Stmter üerjic^ten, auc^ feine ^rojjftei abgeben, beren (Sinfünfte er nur
ju gern behalten ^ätte — bodj tourbe i^m eine beftimmte ©umme avß ben ^}ropftei=
36 gelbern toeiter ge^lt. Xm 11. 5Dwember 1544 erhielt er feine befmittoe SeftaEung in
^alle. 3;n energtfe^em, oft berbem Äam^f mit ben ©egnern gelang ed i^m, bie SRcfor*
mation in Sirene unb ©c^ule me^r unb me^r bur^jufü|ren unb im State in ber $crfon
be3 SBittenberger ^w^ften Äilian ©olbftein, ber ate ©VnW^ ^ier^er berufen tourbe, fi^
einen ftc^eren grreunb ju fc^affen. gür fc^riftftellerifc^e arbeit blieb tym ^ier nur toenig
40 3eit. @r begleitete Sut^er 1546 auf beffen legtet Steife na$ Sidleben, ftanb ibm in ber
xobeäftunbe }ur ©eite unb ^ielt i^m bie Seic^en^rebigt bei ber ^eier in einleben. Wt
ßoeliu« gemetnfam Veröffentlichte er ben 33erid?t über ben „c^riftlic^en älbföieb" be« i^m
ftetö in ungetrübter gfreunbfäaft öerbunbenen Sleformatorö. ®ie „üft&reben" fotoie t^r
Srieftoec^fel, bon bem leiber bie 33riefe bftg $. an Sut^er nur jum Heineren $etle erhalten
46 fmb, getoä^ren reiben (Sinblicf in ben Vertrauten SSerfe^r beiber (1525 bei Sutyer* 2rau*
ung antoefenb, 1527 fein Sröfter in fd^toerer änfed^tung, ©e&ilfe bei ber SibelreDifion).
3lun tarn ber unglücfli$e fc^malfalbif^e .Hrieg, ben J. burc^aud nur du 9teltgion3frieg be>
trachtete. 3)a^er rief er bie $allifc$e ©emeinbe jum ©ebet toiber ben röm. Slnttc^nfien
unb ben „faaniföen 2)ioHetianu^" Äarl V. auf, liefe bie gürbitte für ben Äaifer fort —
60 biefer fyabt feinen $la^ im Grcbo neben $ontiu^ $i(atud. 2luc^ gegen ^et^og 3Rori^
^atte er tyarte SReben geführt. Slber nun befe$te biefer am 22. SRobember 1546 $aDe
unb Verlangte fofort bie „Slbfc^affung" von 3ona« unb ©olbftein. 93erge6li$ erinnerte
ber SRat an bie treuen 35ienfte, bie §. bei ber ginfü^rung ber Stef ormation im ^eqogtum
©ad^fen geleiftet Fjättc; % flüchtete nac^ s))ton$felb. 5Iiö bann go^. griebri^ Solle gurürf*
65 eroberte, lehrte er am 9. Januar 1547 toieber ju feinem ^rebigtamte jurücf, unb je$t
tourbe bie Situation fd&leunigft audgenu^t, 3Könc^e unb 5Ronnen VoHenbS au^utmben
unb ben dteften beä lat^olifc^en Multu^ getoaltfam ein @nbe ju machen. Slber badJtrieg^
glüdf toanbte fic^ fc^nell, unb jum jtoeitcnmale mufeten 3- wnb ©olbftein fliegen „toegen
ber grofeen Ungnabe, bie ^erjog SKori^ auf fte getoorfen". SSJir pnben jeftt^. m3Ran^
60 felb, bann in 92orb^aufen, feo er mit 3)ie(and^t^on jufammentraf, gelegentlich auc^ in
3ona«, 3uftit$ 345
ffieraigerobe (3HB2 1889, 483). 2Bar er fd&on in ben ^ren Dörfer bur$ ©tcinleiben
triel geklagt unb förperlicty gefdjWäcfyt Sorben, fo tjatte jefct bie .Hrieg«fataftropfye tyn an
ifeib unb Seele furchtbar mitgenommen: er maetyt fortan benßinbruef eine« ftarf gealter*
ten unb im ©emüt befeuerten, fdfjtoadfjcn, tränenreichen 9Kanne«. SKeland^t^on rebet
toon (einem „animus aegrotus" CR VI, 567. Slbcr boefy feinte er fiefy ungebulbig 6
no$ einer SÜ&ätigfeit — bor allem naefy ber SRücffefyr auf feinen Soften nad? §attc. Un=
ennüblicty, aber erfolglos bemühte er fiefy burefy Sittgefudfje unb ^ürforadje anberer, SRori^
3orn )u befänftigen. Die ©bangelifcben £ilbe«fyeim« riefen ibn; er fam im ^uni 1547
unb jrcebigte in ber 2lnbrea«!ircfye, offupierte auefy bie ©tiftöfirege jum tyl. tfreuj für i'et«
tionen über bie ©riefe $auli, bie er ben ©eiftlid&en galten fottte. 2tber \otnn er aud& 10
grau unb Äinber nac^fommen liefe, fo füllte er fieb bo$ fyier nidjt fyeimifö unb feinte
fö hnmer ungebulbiger naety #atle jurüdt. (Snblicfy gelang e« 3KeIanc£tI?on, 2Rortfc in
H^riftlic^er unb t>erfönltc^er gürfpradje ju erweisen, unb nafy bemütigenber abbitte erhielt
& enbUdfr 13. 3Jtörj 1548 freie« ©eleu $ur SRücffe^r nad) £aQe. ©cfcon im ftebruar
toar er au« £ilbee^eim naety -Morbfyaufen jurücfgefetyrt (Verworren ift ber Serid^t in Dlbe* 16
cojtf ßtyronif, Tübingen 1891 ©. 261), unb tyatte mit bem 9tot in £alle über feine
SRücBeljr ber^anbelt, ber aber fe^r fturüdtyaltenb geantwortet fyatte. ^efct begab fiety 3-,
ofae erft bie SSer^anblungen jum äbfctyluß gu bringen, fofort na$ §aue unb Wollte fein
timt ftrieber einnehmen, ©ine Berufung naä) 3)änemarl lehnte er baber je$t ab. aber
mm lam bie bitterfte Demütigung : ber 9tat batte Wenig i'uft, ben alten unb franf en, ao
baju bei SDtorifc unb bem neuen @r&bifc$of Jjofyann 2llbrec$t mißliebigen 3Kann Wieber
an^une^men, toertoeigerte tym feine Äanjel unb geftattete tym nur, an Wochentagen latei-
mf<$e Sehionen ju galten. 3lad) einer bitteren 2Barte$eit, in ber ein lefcter 33efu$ in ber
Satetfkabt 9torbbaufen unb feine ^rebigt bafelbft im September 1549 (ögl. ©iegfr. ©ad,
&$cfo>rebtgten, 3Ragb. 1598 SSorWort) Wie ein i'id&tblicf erfcfyeint, mußte er fiefy boefy na$ üö
einer anbem S^ätigfeit umfetyen — : §er$og 3>ofyann ®nift berief ifyn 1550 al« £of=
prebtger na$ ßoburg. 3njWifc$en ^tte feine freunbfctyaftlictye Sejiefyung ju 9Relan$tI?on
unb ben SBittenbergern ftd^ merfltcty abgefüllt; ba« Interim maqte audp ^ier ben 9iiß
unb führte tyn auf bie (Seite ber ©egner ber bon Weland^t^on beobachteten ßonnibenj;
baBei beWirfte natürlich auc^ fein Äonflift mit §cr^og Tlox'xfy, baß ftc^ ^. um fo cnt= so
fänebaier auf bie ©eite ber erneftintj^en dürften fteute. Der^anbet mitDfianber führte
twrüberge^enb noc^ einmal eine Slnnäfyerung an SKelanc^t^on |erbei. Sluf Sfnregen ber
^ennebergifc^n ©rafen ließen bie erneftinifd^en Geologen am 18. 3anuar ^52 i^re
„Gensurae11 Wiber Dfianber au^ge^en, bie neben ämeborf« Unterfd&rift junäc^ft bie be«
X tragen ; biefer ^alf aber bann au$ in ©c^leufmgen ben $ennebergif$en ^rebigern i^r 86
©uta^ten fteHen (bgl. 3B. ©ermann im ©onntagäblatt ber ^ilbburg^aufer Dorfjcitung
1893 9ir. 23). ätö eine neue Berufung nac^ §ilbe^^cim 1551 in g*age gefommen war,
ba tytiU 9Jtelanc$t$on i^n ate einen ©rei« etyarafterifiert, ber Wo^I noc^ beten, aber nid^t
me^r eine Äird^e toertoalten lönne (CR VII, 755). ©leid&Wofyl nabm erßnbe 1552 eine
Berufung nac^ 9legendburg an. Slber au« un« unbetannten ©rünben fe^rte er fd^on nac^ 40
tpenigen SRonaten nac^ X^üringen jurüc!, um naefy fur^em älufent^alt in ^sena bie ©u^er«
intenientur in @i«fe(b ni übernehmen, Wieber im emeftinifc^en ©ebiete. 9(m 27. SKuguft
1553 $ielt er ^ier bie äntritt«j)rebigt. 3)er 2ob be« alten Äurfürften ^ofy. ^riebrid^ Der=
anlaßte t^n noety, eine feiner 9tegen«burger $rebigten a(« Xroftwort für bie ©ö^ne be&
fdben ^erau^ugeben. 2lud^ teerte er no$ einmal }u feinen Überfe$ung«arbeiten jurücf, 46
braute aber oie lat. Serfton bon l'ut^er« „SSon Äomilien unbßirc^en" nic^t mebr felber
pan 3Cbfc^lu|. SSergeblid^ bemühte er fic$ \fytf bei Hurfürft äluguft bie ihn unter SRori^
entiogenen Selber bon ber SBittenb. ^ro^ftei jurüijuerbitten — ber abfc^lägige 33cf$eib
fano i^n nic^t me^r unter ben l'ebenben. 3)em bom „morbus melancholicus" (Sriefw.
II, 342) fötoer $eimgefu(^ten, auc^ t>on geiftltdien Anfechtungen nic^t JJerfd^onten fd^enlte 60
©Ott am 9. DR. 1555 ein frieblid&e« ©terbeftünblein (f. 93riefw. II, LVf. gegen tenbem
udfed Sieben t>on feinem „berjWeiflungebolIen" (Snbe, wie nod^ Wieber in SBe^er=2Öelte,
Xm$cn*2eEtton* VI, 1812 ju lefen ift). dreimal War er Verheiratet gcWcfen, bie britte
%€0u fiberlebte tyn; au« jeber biefer @^en fyatte er.Uinber, t>on benen ber ^od^begabe, e^r-
geizige ©obn 3U^ bur^ ^n ^ßßiW^ ^n^c befannt geworben ift : berWidtelt in bie 66
©rumba^ifc^en §önbel entflog er jWar glüdtltc^ au« ©otba 2tyril 1567, aber Äurfürft
ÄuguP« 3oni Verfolgte i^n bi« nad^ feiner ,3ufluctyt«ftätte Kopenhagen, Wo i^m ber ^rojeß
aemac^t, unb er am 20. 3um 1567 Eingerichtet Würbe. (SBgl. SBoigt in Räumer« .s>ift.
xattenb. 1831 ©. 270 ff.; berf., Sriefw. ber berü^mteften ©ele^rten, Rönig«berg 1841,
6. 346 ff.; SBüldfer in »b» XIV, 494 ff.) SDer f^nette ©ntfc^luß be« 93ater« •$., nac^eo
346 3ona3, 3uftud Sonn* bon Ortöattd
bcm 2obe bcr erftcn $rau ftcfy toieberjuberefyelid&en, erregte nic&t nur in $aDc allerlei
unliebfame 9tad&rebe, fonbern beranlafete aufy Üutfyer, tym propter os odientium et
exempla nostra in partem pessimam capientium jum Sluffcfcub ju raten (beSBette
V, 556); bo$ erreichte er bamit nur eine gfrift bon toemgen SBSoctyen. — 3um dxrog.
6 Äircfyenlicbe fyat au$ 3- *m entfcfycibenben §a^re 1524 („3Bo ©Ott ber £err nietyt bei
un« fyält") unb aud& no$ faäter einige Seiträge geliefert, fo bie 3ufatDafe ju Sutyer«
„@r^alt un«, £err, bei .beinern 2Bort"; »gl. ©rieft». II ©. XLVII. — 3)a« 93iib be*
eifrigen, treuen Sefenner«, ber feine reiben ©aben unb feine 8lrbeit«feaft im 3)ienft ber
Sieformation bofl eingefefct fyat, toirb in tttotö getrübt burefc bie perfönlicfc ge&äffigc 9lrt
10 feiner $olemif unb burety bie ftete, oft fleinltctye Sorge um SBermetyrung feiner ©nna^men.
SDod^ ift bei lefcterem fünfte ju bebenfen, bafe ber jungen ebang. ftirdbe no$ bie georb*
nete $ürforgc für SBittoen unb SBeijen tyrer Wiener fehlte; batyer erflärt m ba* un«
oft unangenehm berityrenbe öemüben manche* Ideologen, eignen ©runbbefty ju ertoerben,
um fo bie 3u!unft ber ©einen ni fiebern. — Über feine ©rabftätte bgl. ßtyriftl Äunffc
lBblatt 1899 9lx, 4: über (Spita^im unb Silber ©riefto. II ©.LVIf. 30« 3Ba)>f)en fcatte
er 3<wa« im 2Ba(fifcfyrad&en getoetylt. 9. Jtatmatt.
3ona$, »ifd&of bon Drläraft, geft. 844. — 2>'9l*eri), Spicileg. I, 257-335; BM
XIV, 166 - 196; Hist. lit. de la France IV, 594—605. V, 20-31.
$ona«, Sifc^of bon Orleans, gehört &u ben bebeutenbften Äirc&enfürften ber fränfifd^en
20 Äird&e au« ber erften £älfte be« 9. ^a^unbert«. ©ein ßeimatlanb toar Squitamen.
Sei bem $obe be« @nbif<$of« X^eobulf bon Orleans (geft. am 18. September 821)
toarb er ju beffen -Kacfyfolger ernannt unb bon ba an ift er in ^erborragenber SBeife an
ben ©efctyitfen feiner &\t beteiligt. 2Bir treffen tyn auf faft allen größeren SSerfamrm
lungen unter ber Regierung Subtoig« b. %v. an, beffen befonbere« SSertrauen er befeffen
25 fyaben mufi, unb itoar fte^t fein Ulame überall in erfter Steige. — %ixc ben 9?obember
be« ^a&rc« 825 gatte ßaif er 2ubtoig infolge einer 3uf$rift be« grie$ifc&en Jtatferd 2Rt$ael
ein ßonjtl nat£ $ari« einberufen, auf bem auefy 3ona« bertreten ift, ba« in ©a$en ber
Silberberetyrung eine binbenbe ©rflärung abgeben foQte. 3>tc Sefc^lüffe be« Jtonjilä, gang
im ©inne ber farolingifd&cn ©tynobe $u gfranffurt bom ^a^re 794 gehalten unb eine
80 bermittelnbe ©tettung jtoifctyen Silberftürmerei einerfeit« unb überfctytoenglictyer Serd^rung
anbererfeitö einne^menb, tourbe bom Äaifcr 2ubh)ig bem Srjbifc^of ^w^wiaö bon ©en« unb
Sif$of 3ona« bon Orleans jur näheren Begutachtung übermittelt unb ^onc^ afcbann mit
i^nen nad) SRom gefanbt, um biefelben bem tyap\t (Sugen II. nebft einem faiferlid^en fianbs
{^reiben ju unterbreiten. — ©benfo ^at ^onaS ^erborragenben Slnteil an bem $arifer Jlonjil
86 bom $af)xt 829, ba« bom ßaifer beranlafet h?ar, in ber Slbftc^t, ben ©c^aben ber 3«t abju*
Reifen. 3)iefelben ©ebanfen, bie fyier jum f^nobalen Sefd^lu^ gelangen, ^atte^ona« fc^on
einige Sa^re früher — ettba um 825 (3)'2l(^erV I, 258) — p «uSbrudf gebraut in
feiner ©c^rift de institutione laicali, unb toir bürfen boraud faliefcen, ba| er ber eigent*
lic^e SBortfü^rer in ben Ser^anblungen getoefen. 3)iefc ©c^rift, einem getDtff en 3Jlat^frieb
40 getoibmet, enthält in brei Sudlern tocrtboHe ©c^ilberungen über bie 3uftänbe jener 3«*
mit i^rer fird;Itc^en unb fittli$en %ertt)ilberung. dagegen bringt 3ona3 auf (Erneuerung
be« tirc^lic^en ©inne«, unb eä ift bemerfen^toert, bag er ni$t äußere SrfüDung ber ttr$*
lic^ gebotenen ^Jflic^ten nur, fonbern — in ebangelifctyer SQBeifc — eine grünblaue Sinnet
önberung burefy aufrichtige Su^e berlangt, au« ber aQein ein lebenbiger ©laube erfie^en
45 !ann, ber ftc^ betbä^rt in einem gottfeligen Seben. 3)a3 allein tann bie gejunfene ©itt*
Ix^Uit lieber ^eben. 3ur Sörberung berfelben ift e« mit ber lird^lic^en ^«4* f^N^ V1
nehmen atö feiger. 3U biefem Sefyufe t^ut aber auc^ eine Sieform be$ getftltc^en Stoiber
not, bon bem e$ ftc^ ^ona« nid^t ber^e^lt, bafe er e« ju feiner 3«t bielfac^ an ber redeten
geiftlic^en pflichttreue fehlen lägt (inst. reg. cap. II). — auf biefem Äonjil joüten
so nad^ fönialic^cm SBiDen neben bcm SBorfyergeljenben aud^ bie §errfc^erj)fK<^ten eine eins
ge^enbe ©rörterung finben, unb au$ in biefem fc^log fid^ bie ©tynobe ben Slnfü^ten be^
3,ona3 an, bie berfelbe fd^on bortyer — cttoa 828 — in einem ©c$rtft$en beröffenütd^t
hatte, inbem fte ba«felbc unter bie ©tynobalbefd&lüffe einreihte unb %ona$ mit ber 3^
faffung berfelben betraute. G« ftanben bamals bem granlenlanbe f^toerc 3^^ btim,
66 bie i^re buntein ©chatten bereit« borau«h>arfcn. 3)er 3*b*P *n ^<x föniglw^en gamilie
bro^te bereit« fiefy blutige Sa^n ^u fdjaffen unb bie SJölfer in SRitlcibenfdbaft ju gießen.
I)a unternimmt e« ^>ona«, feinem angeftammten 2anbe«^errn Äönig ^\p\n bon Squitanien,
©o^n 2ubtoig« b. %x., einen SJegentenfpiegcl boqu^altcn (de instit. reg.), in bem er tyn
unter ^inloei« auf bie fyofyen ^flic^ten be« Stegenten )ur Xreue gegen feinen lönigüc^en
3ona* non Drl&in« 3orbam« 347
Stoter ermahnt Igntereffant fmb §wi<& Semerfungen über ba« Ser^ältni« bon geiftlictyer
unb roeltlictyer 9Wa#t. SBenngleicfy er an<5) bie Vücltitdje ©etoalt al« Don ©orte« ©naben
betrautet, ber barum Don aBen ju gefyorcfyen ift — tote ber gefamte fränfifetye 6}>iffo}>at
jener Seit, fo ift au$ §ona« ein toarmer Patriot, bem ba« SBofyl feine« Saterlanbe«
me$r am $erjen liegt al« ftörberung aufjerfränftföer ^nterefjen, unb er betoie« bie« burety 6
feine unenttoeate ftreue ju feinem faiferlidjen #errn in ben ftürmifcfyen 3«ten be« SBürger«
Weg* — fo jte^t tym boety bie geiftlictye ©etoalt ungleich työfyer al« jene; ja lefetere ftefyt
in einem Sbljängigteitöber^ältni« &ur erfteren, toie an bem 33eifpiel Äaifer Söfjeobofw« b. ©r.
bargetyan toirb (de instit. laic. II, c. 20). $ie ©ctylüffelgetoalt ju binben unb ju
Bfen ift bem geiftlicfyen 2lmt toom §errn übertragen, fraft beffen e« biefelbe ausübt, fo* 10
bafc tym auefy Könige ftcfy ju beugen tyaben (de inst. reg. c. 2). ©eiftlictye baaegen
fönnen nic&t Don URenfcfyen gerietet toerben, toeil ein 9Benfc§ ©ott nietyt rieten lann,
alfo au$ niefct feine ©teltoertreter ; unb felbft pflicfyttoergeffenen *|Srieftern ift ber fcfyulbige
Se^orfam nietyt &u t>erfagen (ibid.). $ie ^ßriefter fmb bie natürlichen Mittler jVt)ifd>cn
®ott unb ben 9Renf$en. 6« Hingen biefe ^been an tf eubo*ifibortfc$e ©runbfäfce an ; 15
ober ba« barf nic^t SBunber nehmen, toenn man bebenft, bafj biefe grofcartigfte aller
gälfctyungen in ber fräntiföen Äirctye entftanben ift, unb bafj nur ettoa toier 3a9re tyäter
na» biefem Sßarifer Äonjil bie erften Slnfänge batoon ebenbort auftauten. — 2Bic§tig
noq ift bie Stellung, bie $ona$ jur grage ber S5ilbert>ere^rung einnahm, ©etyon ba«
Ronjil *u *ßari« 825 §atte ftc& eingefyenb bamit befaßt, unb 3ona« toar babei in befon* 30
berem SKafee beteiligt bur<$ bie tym toom Äaifer übertragene Söegutacbtung ber ©tynobal*
befc&lfiffe. Unb foäter toenbet ft$ in ber gleiten fjrage Subtoig nocg einmal an SBifcfyof
3ona«, al« bie Silberftürmerei eine« ßlaubtu« Don $urin aueb im granfenlanb befannt
tourbe. Som Äönig hmrbe tym ein 2lu«jug au$ ben Sefyrföriften be« Glaubiu« überfanbt
— beffen ©Triften felbft $at Sona« ni$t gelefen (BMXIV, 167D) — mit bem Auftrag, 25
eine »Überlegung berfelben ju geben. 211« er aber bie 9?act)ri<$t fcon bem erfolgten 2obe
bed Qaubiud bemann, behielt er ba« fc^on fertige 3Uerf jurücl in bem ©lauben, ba^
nunmehr beffen 3^^ au$ aufhören tvürbe. @rft bie 2Ba^rne^mung, bafe bem nid?t
fo fei, unb We »n^änger be« Slaubiuä ft^ 3lriantfc^er Jtefterei fc^ulbig matten, lä^t i^n
fein SBerl bem ©o§ne Subh)ig«f Äarl bem Äafylen, unterbreiten, ettoa um ba« 3jafyr 842. so
(N umfaßt brei 8üd^er. %ona$ greift ^ier auf bie $arifer SBefc^Iüffe jurücf, ba auc§ er
biefelbe Unterfd^eibung toie bort atoifc^en S3ilbert>ere^rung unb Äreujeäanbetung mac^t. 3^
erften 8uc^ bringt er eine ausführlichere SebenSbefc^reibung be$ SlaubiuS fotoie beffen %xx*
le^re in Sbriffen, ber er feine eigene 2lnftcfyt jebe« 3Kal gegenüber [teilt; aber %onc&
oamag fic$ ^ier nic^t ju ber freieren 5Keinung feine« aufgeRärten 3c^9^offen Slgobarb 35
t»n fSfon )u ergeben; er jeigt ftc^ nod^ in manchem Aberglauben feiner $tit befangen.
Cr untertreibet eine bo^elte adoratio ; eine folc^e, bie allein ©ott gebühre, unb eine
foUfo bie man ben ^l. Silbern ertoeife; er fpriebt fic^ aus für 3KärtVrer!ult unb SReli^
quienbtenft, glaubt an eine toirffame gürfprac^e ber ^eiligen unb 5Kuttergotte« (BM XIV,
175 G), forbert Areuge^anbetung unb be^eic^net bie Äußerung be3 Slaubiu«, bafe man, 40
toenn man Äreuje k>ere^re, toeii ber $eilanb an einem folgen gebangen ^abe, bann ebenfo
Sit auc^ no$ Diele« anbere anbeten muffe, loa« mit 6^riftu3 ebenfall« in Serüfyrung ge*
atmen fei, al« ba feien Ariden, ©c^iffe, (Sfel, 2ämmer u. bgl. me^r, al« eine gotteS*
lafieriu^e 9la«t)^emie, impudenti ore prolata. 2)a« 2. 93u^ banbclt f^ejiell Don ber
flrauctoibetung, ioobei Derfc^iebene SBunbcrt^aten be« Äreuje^jei^en« aufgejagt werben, 45
Don ber Jlreu)e3erf$einung be« Jtonftantin an, toie ^ona« benn über^au))t noc^ in bem
fmnlic^en fflunberglauben feiner ^eit DoDftänbig befangen ift, bafe auc^ er fogar nod^ an
ber 3Bunberfraft ber Reliquien feft^ält. Unb im 3. Suc^e rügt er ben ungebührlichen
Ion be« ®aubiu«, ben biefer bem Slbt I^eobemir gegenüber angefd&lagen, al« biefer i^n
fccunblty unb too^ltooBenb Don feinem ^rrtum abzubringen Derfud^te, auf« ernftefte. — 50
Salb nai$ ©rfc^einen biefer Schrift ftarb ^ona«, n>ie man glaubt, itn ^a^re 844.
Wbcrt gre^ftebt.
frrUn f. $alöftina.
^frbant«f gefL ca. 560. — ausgaben unb fiitteratur. Jordanis Komana et
Getica. Eecensuit Th. Mommscn 1882 = MG. Auetor. antiquisa. T. V, 1; Joitlaiiis de 66
angine actibusque Getarum. Edidit Alfr. Holder 1882 = 03crmanifd)cr 33iid)erfci)afe V;
3orbane«f ©0t6engef(fti4tcncbft9lu«iügcn aud feiner vom. G>c(d). Ucberfc^t u. SBity. Warfen*
1884 = »efdjl4tf4reiber b. beutfeften «orjeit. (>. Saljvl). 93b 1. — SBal. ^Battcnbadj, $eutfd)-
lanbi ©ff^id)t«qucOen im W91 l\ 72 ff., 1893; % ^oll^aft, Bibliothcca hiBtor. medii aevi
V, 682 ff., 1896. 60
348 3*rbam$
^oibani« fyiefc urforünglicfy bietleid&t bod& 3°™**"^ toelcfyen SRamen 3. ©rimm al«
@berfiu)n beutet, unb mag biefen au friegerifcfyen -Kamen bei feinem (Eintritt in ben getfU
liefen ©tanb mit bem onbem bertaufcfyt tyaben. 3)ie SRadpicfyten über fein 2eben ftnb
fe^r ftärlid}, ba«felbe fällt in bie SMittc be« 6. ^a^unbert«. (5r felbft jä< fu$ gu ben
6 ©oten, fcfyeint ober eigentlich bon 2Uanif$er Slbfunft ju fein, ©eine Familie ift eine
fyoctyftefyenbe, mit bem gotifcfyen Äönig«gefd}lecfyte ber Slmaler berfctytoägert. ©ein ©rofebatcr
h>ar SRotariu« be« alaniföen König« Ganbac in 9Höften. SRotariu« toar auefc ^orbanie
felbft ; aber bei toem, fagt er nicfyt. 6r toar e« bi« $u feiner Jtonberfton ; biefe bebeutet
nicfyt nottoenbig ben eintritt in« STOöndjtum, toofyl nur ben in ben geiftlic&cn ©tanb.
10 Sßatyrföeinlicfy ift er 33if$of bon Äroton getoefen, jebenfaU« nicfyt Ärianer, f onbem Äat&olil
3)er SBigiliu«, tuelcfyem er eine« feiner SHJerfe toibmete, ift, trofc ber ni$t unerheblichen
Sebenfen, boefy toofyl ber bamalige $a£ft biefe« SRamen« (538—555), unb mit biefejn
^ctyfte, ben er alfo in fein 6jtl (547—554) begleitete, befanb ftcfy ^orbani« too^I 551
in ifonftantinopel. @r ift ber erfte unb einzige gotifcfye ©efe^ieptfe^reiber, beffen 2Ber!e
15 toir befujen.
@r felbft fagt bon fic§, bafc er feine fyöfyere toiffenfcfyaftlid&e S3ilbung gehabt. 3)oc$
bermocfyte er lateinifcfye unb griccfytfdje ©cfyrtftfteller (benufct fyat er u. a. SSergtl, 2ibiu«,
Suftin, 3Kela, ©trabo, ^ofetyu«, $io G^rtyfoftomu«, ßaffiu« $io, $acitu«) ni lefen ; too&l
befonber« in ber fpäteren 3eit fjat er ftcfy bamit auefy toirflicty lebhaft befd&äftigt. Son
30 ü?m felbft ftnb jioei SBerfe übrig. ®a« eine ift eine ©efcfyictyte ber ©oten ober bielmebr
SRöften« unb f<$eint ben Xitel De origine actibusque Oetarum gelobt ju fabelt
®a« anbere ift ein Slbrifj ber 2Beltgef$icfyte, öfter De regnorum ac temporum suc-
cessione, aud) De breviatione chronicorum, bon 3Rommfen De summa temporum
vel origine actibusque gentis Romanorum genannt, $ene« fyat er feinem fonjt
26 unbefannten $reunbe Saftaliu« ober ßaftulu« getoibmet, biefe« bem fd&on genannten S8igU
liu«. $ie ©eföictyte ber ©oten ift toaljrföetnlicfy 551, bi« toofyin fte getyt, in Äonfton*
txno^cl berfafct, ober aud) in (S&alcebon, toofyin SBigiliu« um 2Beu)nadjten 550 flüchtete
unb too berfelbe bi« p ^rüfyling 553 blieb. 2)ie SBeltcfyronif fyatte ^orbani« f$on bor
jener begonnen, er fegrieb fte, toie er felbft fagt, im 24. 3a^r* *>** & Jiuftiman, alfo
80 jtoiföen Styril 550 unb Slpril 551, fte ift aber no$ bi« in« $atyr 552 fortgeführt unb,
au« ber SBorrebe jur ©otengefc^ic^te ju fd^liefeen, erft nac^ biefer toottenbet SWan ^at
Vermutet, ba^ er noeb toor ber gotifd^en ©efctyutyte auc^ eine Äo«mograp^ie Derfafet ^atte,
bie bem ©eograf^u« SRaDenna« vorlag.
2)er eigene SCBert ber beiben SBerfe ift lein großer. 2)ie gotifd&e ©efd^ic^te ^ält m
85 fyauptfädjlicfy an Safftobor« berlorene ©c^rift, bie ben gleichen Xitel gehabt gu ^aben fc^eint
6r habt, fagt ^orbani«, biefe nur früher einmal auf brei Xage entlehnt gehabt, fe^t
liege fte i^m nietyt me^r bor; nic^t toörtlid^, aber bem ©inn unb $ntydt naety glaube er
fte noc^ inne $u ^aben. StQein e« ift nunmehr ^inreid^enb erliefen, bafe er bo<$ nur
Gafftobor toiebergiebt mit toenigen unbebeutenben 3wfä$en; er fytt ftc^ alfo bo<^ tool^I
40 irgenb einmal redjt au«fü^rlic^e 9loti$en au« bemfelben gemacht unb o^ne «ßtowfd W
bann eben im toefentli$en an bie Sluff orberung feine« ^reunbe« Saftaliu« gehalten, ßaffto*
bor« ©efc^ic^te ber ©oten in einen 9lu«gug ^u bringen, ©egen ba« ®nbe ^at er au$
bie Slnnalen be« 5KarceKinu« ßome« benu^t. Slber bie ^Bearbeitung be« Ie^teren, ben er
übrigen« nie nennt, befriebigt fo toenig toie bie be« ßafftobor. 3or^n^ Unfelbflpänbig*
45 feit ift fo grofi, bafe er fogar bie SKcnbungcn feiner turgen SSorrebe au« Sfatftn entlehnt
^at. 2)er Stil ift $um Xeil bunfel, ferner, gefugt, fentenjiö«; o^ne 3^«fri fällt ba«
aber ni$t i^m allein, f onbern f$on feiner §auptqueUe ^ur Saft. 5)te burc^laufenbe ©runb*
anföauung Don ber ^bentität ber ©eten unb ©oten ift auc^ fco^I au« ßafftobor herüber«
genommen; bie ^bee fyat in unferem ^a^r^unbert toieber Sln^änger gefunben, bamal«
50 biente fte einem befonberem Rtoti. ßaffiobor, ber al« ©taat«mann f$on unter X^eos
berief bem fönialid&en ©ebanten ber 5}erfö^nung be« romanifcfyen mit bem germanifc^en
Solteelement eifrig gebient fyatte, fanb in jenem ©lauben ba« 5KitteI, ben ©oten ebenfaÜ«
ein ^o^e« unb bebeutenbc« Slltertum ju geben unb fie auf biefe 8rt ben ^Römern gleich
jufteöcn, fobafe e« für bie lefeteren ntc^t« ©rniebrigenbe« mefyr ^atte, bon bem uralten
55 unb urberüfymten §aufe ber Slmaler be^errfc^t ju toerben famt ben altberifynten ©oten
felbft. 2)iefc 3lu«gleid)ung ift auc^ bie 2lbfi^t ber 2)arftettung be« ^orbantö, tpeb^e
& Don Stanfe eine ,^n>ar auf fjiftorifcfye 93orftubien bafterte, aber jugleu^ auf ben Wo«
ment angelegte ))oIttif(94tftori|^e Slrbeit über bie ©efc^ic^te ber ©oten" nennt 3U f«11**
3eit n>ar nun aber bie oftgotiföe SJtacbt burd^ S^ang toefentlicty gebroc^n; er nut^ alfo
60 babei auf ^ufttman refleltieren, ben er al« Xrium^ator über bie fo eblen ©oten ber»
3orb<im8 Sortö 349
berriic&t, unb et fefct feine Hoffnungen für bie lederen auf ben jungen ©ermanuä als
tünftigen S3e&errfctyer berfelben ; benn biejer ift einerseits ein ©of/n ber SBatafuintfy, ber
Sntelm 3$eoberid£$ unb ber legten bom 3lma(erftamm, anbererfeitö ber ©ofyn beä ©er*
manuS, beä »ruber« Don Sufttman felbft : er berfcfymüjt alf o in ftc^ ba$ 33lut ber Slnicier
mit bem ber ämaler. greilic^ fonnte bann nur bon einer fefyr relativen ©elbftftänbigfett 6
ber ©oten bte Siebe fein, beren 9föa$t bamate in ben legten 3utfungen lag; engfter 2ln*
fälufc an ba$ römiföe Steify ja (Einfügung in baefelbe n?ar babei nicfyt &u bermeiben.
Sber bieS ftörte ben 3°rbante nidjt, benn er befafc eine römifc^geiftlic^e Silbung; bie
tömijt^e SBelt^errföaft bte jum (Snbe ber läge toar ifym ©laubenSfafc, fd^on afä Äatfyolif
mufcte er toünföen, feine arianiföen SBoIfögenoffen in bie (Sinfyeit ber Kirche unb be$ 10
Seu&S eintreten nt fetyen.
Sei jenem ©ogma bon ber 3)auer ber römtfd&en 2öeltf;errfcfyaft überragt auefy bie
Snlage feiner SBettd&rontf nic^t: bie 2Beltgef$i$te gefyt ifym in ber römtföen ©efcf/icfyte
fajt gerabeju auf ; ber SReft roirb faft blofc mit ©enealogien unb ÄönigSretyen abgemalt.
2>er ffiert biefcS SöerfeS ftefyt nod) toett unter bem beä juerft befproc^enen. 3- fat *>arin w
nur berfd&iebene anbere Schriften, jum Icil toörtltcfy, ausgesogen unb in mecfyanifdje
Stiftung gebraut, namentlich gloruS, bann DrofiuS, (Sutrop, sJRarceHinuS GomeS, Die
ßfronif beS ßufebiuS = §ieronr;mu$, SamblicfyuS, ©ofcateS, einen SibeHuS de origine
Romae.
9enu$t finb IgorbaniS SBerfe im 5K3t aufter bon bem 91abenner ©eograpfyen u. a. 20
tom $aulu$ 2)iafonuS, gretfyulf bon 2ifteu£, äöibufinb, ipermann GontraftuS, 2Rarianu3
ScotuS, Semolb Don ftonftanj, ©ffefyarb bon 2lura, §ugo bon glabignty, ©tgebert bon
@emblous, Otto b. ftreiftng u. a. m. (3nHit3 «Bet§fäcfer t) ©ity. »Itmomt.
3orbanu£, Sominitanergeneral f. 33b IV ©. 774, 1«— 27.
3ori*, Sodann 2)abib, Slnaba^tift unb ©eftenftifter, geft. 1556. — ©in Steil 25
ber Oue&en ift in ©. flrnolbS Äirdjen* unb $efeergefd)id)te gufammengefteQt ; 91. wav ein
entfdjiebener ©erounbercr Don^. unb l)at ifyn ju reftituieren üerfudjt. lieber bie uerroorrenen
Eadjridjtcn ber früheren 3^it unb bie fid) roiberfpredjenben parteilichen Urteile t)at ^ippolb*
grünblidK Sonographie unausgeführt (8^^ 1863, 1864, 1868); eS ift eine ber beften arbeiten
auf biefem (Gebiete ber 9?eformation8gcfd)id)te. ©ine Bibliographie f)at 0. b. üinbe gegeben so
(&aag 1867) ; ogl. aud) feine Slrtifci über 3. im Bibliophile beige, 1865, p. 137, 158 ;
1866, p. 129 ff.; «bS3 14. 582 f. gür baS 53erft«nbniö feiner &t)re ift 3unbt, Histoire du
Panth£i8me(1875), p. 164 ff. wirfjtig. Saronier, Het inwendig woord (1890), p. 173 ff. bietet
nttyö neue«, dagegen giebt jefct fj. öuiffon, S^b. Castellion II, 1892, 133 ff. einen
eingefcenben ©eridjt über bie 93ejiet)ungen jmifd)en 3- nnb (Saftedio unb über ben ganzen 35
9afeler Aufenthalt bed (Srfteren (f. nud) ba^u ©piefe in ^conat^t). b. (£omcniu3«($ef.
5, 202 ff.).
3- ®. S01^ (= 3°^Joon# ®corg« ©o^n) ift eine ber merfroürbigften ^ßerfönli^s
feiten aud ben anabapttftifer/en Greifen ber SWeformation^ctt ; fein perfönli^er Gr;arafter
mit feiner engen Serbinbung }h>if(^en religiöser Eingabe unb unlauterer ©clbftfuc^t unb 40
©imdid^Iett, fem Seben mit ben jroei entgegengefe^ten ^erioben erft ber leibenfc^aftlic^en
$ro|Kiganbaf bann ber boBfommenen äußerlichen Unterorbnung unter baä beftebenbe Äirc^en-
toefen bietet pty^ologifc^e 9iätfel, bie aud) je^t no$ nic^t bollftänbig gelöft finb.
Üt ift 1501 ober 1502 geboren unb flammt au$ Delft in §oßanb (geboren ift er
toafö<$eroli$ in Jlanbem, bielleic^t in ©ent ober 93rügge). @r lernte bie ©laämalerei 45
unb braute e$ in biefer fiunft gu bebeutenber ^ertigteit. s2Iuc^ für feine fpätere Snttoicte^
ümg mag er auö if;r, roie aud ben Sluff Urningen ber ©c^aufpiele in ber „Rederyker
kmmer^, ber fein SSater angehörte, Anregung empfangen ^aben. (Sin Rüg gum 2lben*
teuerlüben einerfeit*, ju einem borne^m geroinnenben, ariftofratifcfyen auftreten anberer*
feit« fepemt tym f(^on burc^ feine 9lbftammung eingepflanzt geroefen ju fein. ??ac^ längeren go
Seifen im Sudlanb liefe er fi$ in ®elft nieber unb heiratete. Won 3;ugenb auf einer
f$toärmerif<tyen Sflid^tung jugeneigt, trat er fofort mit Ungeftüm für bie ^Reformation ein.
(b befugte bie ©efangenen, berbreitete Sieber unb Iraftate unb griff bie ^iriefter, bie
8ilba# bie 9Reffe (ben „toeifeen ©Ott") aufd ^eftigfte an. 311$ er Himmelfahrt 1528 einer
^wjeffum öffentlich mit ©c^eltroorten entgegentrat, rourbe er beruftet, auf bem Warft 66
auf einem ©cfraffot gegeißelt unb $m bie 3"n9« burd^bo^rt ; bann rourbe er für 3 3afre
and ba©tabt berbannt. ^eimatlo« fc^toeifte er nun jahrelang uml;cr. 6r fc^lofe ftc^ bem
läufertum an unb begann in ber aufgeregten 3«t, in ber e3 bor ber ßr^ebung in fünfter
unter ben nieberlänbifc^en Säufern getoaltig gärte, eine r;erborragenbe iRoUe ju fielen.
350 3ori8
©eine feurige Siebe gab ifym großen ©influß ; alle 9ta$ri$ten finb barm einig, baß tttoeä
SBejaubernbe« in fetner $erfönlic§feit lag, toenn auc§ manc&e ft# raf# toteber Don biefem
3auber befreiten, ©eine Sieber au« biefer 3*ü fpieaeln bie SSerjtoeiflung über ben 2)ru<f
ber Verfolgung, bie §offnung auf einen na^en balbigen Umfcfyhmna ab ; fie jeigen ton
6 Don mfyftiföen unb tyiliaftifcfyen 3been be^errföt. 3ur 2Rttnfterifc$en Sefeegung felbft
fyat er feine fefte Stellung eingenommen, boefc f)at er bie getoaltfame ©rtyebung miß*
billigt unb nad^er ba« §aupt ber ejtremen Partei im reöofotiimären Slnabaptiätnud,
Sattenburg, entföteben befämpft. 3n bvc &t\t na$ 9Dtünfter »erfolgt er ben Sßlan, bie
verriebenen Parteien, in bie ba« Jäufertum jeftt au«einanberging, ju einigen, ben SUta*
10 bapti«mu« ju reformieren unb tyn ju einer mächtigen Setoegung unter feiner Seitirag ju*
fammenjuf fließen : ein entfyufiaftifcfye«@egenbilb $u Menno Simon«, ©o arbeitete er auf
bem ftonücnt ber Säufer $u Socbolt 2luguft 1536 an einer ©inigung, bie tym bant
feiner maßDotlen Haltung unb feiner politifetyen ©efcfyidflicfyfeit fcfyeinbar gelang, fic$ aber
balb toieber auflöfte. 3- Würben jefct Don ben Derfctyiebenften Parteien, ben gemäßigten
löUbboniten — nac$ Ubbo ^fyilip« genannt — , ben Melctyioriten — nac$ M.$offmann— ,
ben ejtremen 93attenburgern Vorwürfe gemalt. Slber e« erhoben fi$ auety fd^märmeri^
©timmen, bie tyn al« „ben ©heiligten be« §errn" aufforberten, feine« Xmte« al« ^tro*
ptyet unb Sringer be« ©eric^te« m toalten, unb er felbft fam jefct (1536) &ur ®ehriß*
fycit, baß er jum ^ro^eten berufen unb befonberer göttlicher Offenbarung getoürbigt fei.
20 3)a« auftreten Don SSiftonen bejeic^net biefen Moment. 3ftr Gtyarafter ertlart fi<$ au«
ber Aufregung ber 3«*> ber ©pannung ahriföen ber eigenen fötoeren Sebrängni« unb
bem ©tauben an bie nafye tyerrlictye 3u'unft/ ^ann auc^ auö b*m Won Vorder ftarten,
jc^t fic£ immer mefyr befeftigenben, auefy burety ben prophezeiten Untergang Sattenburg« ge*
fteigerten ©elbftbeiuußtfein, ber ftarlen 3l«fefe unb ben bei 3- iwty toegjuleugnenben ge*
25 f$lecfytli$en 9Serirrungen. 6« fammelt fiefy aDmä^licty um 3. ein Ärei« Don äto&angern,
bie ifym unbebingt Dertraucn. 3)er ©laube an feine ^rop^etengabe grenzt fie al« eine
befonbere ©efte Don ben übrigen Slnabaptiften unb ©piritualiften ab, mtt benen fie im
übrigen bie meiften ©ebanfen gemein tyaben. $er ©runbdJKirafter ift ent^ufiaftifc^ unb
$iliaftif$. SBJie in i^m felbft jtoei ©eiten merftoürbig Derbunben finb, fo treten bei ben
so einen feiner SKntyänger mefyr bie Merfmale einer toofyl fctytoärmerifcfyen, aber ernften unb
e^rlicfyen Steligiofität tyerDor, toetyrenb bei ben anbern ein abftoßenber 2tbertini«mu« bi«
jum ausgekrochenen ,,3lbami«mu«", ber offenen unb planmäßigen Serlefeung alle« ©<^am*
gefü^l« bie §errfctyaft ^>at. 2)a« näc^ftc gelb für bie SBerbung bot ber oamal« no<^ flarf
erregte unb jerfpaltene 9lnabapti«mu«. 3. ^atte großen ©rfolg unter ben Sattenburgifc^en,
35 eine 3eit lang aud; unter ben 2Jlünfterif$en älnabaptiften in Dlbenburg. 3m ©otnmer
1538 ^at er Dergeblic^ Derfuc^t, bie Sttn^änger 9Relcfyior ^offmann« in ©traßburg ju ge*
toinnen (f. 95b 8, 226, 64 ff.), ©eine £el;re Don ber 9?oth>enbigfeit be« öffentlichen ©finben*
belennntniffe«, ber 3lntinomi«mu«, ba« Serlangen, baß feine Se&re auc^ o^ne biblifd>en
33eh)ei« Don ben SBoHfommenen für richtig gehalten toerben muffe, ftieß bie ©traßburger
40 3Mc^ioriten ab. 2)er $auptpla$ feiner X^ättgfcit aber blieben neben Dlbenburg unb
Oftfrie«lanb bie Weberlanbe. $ier f$ritt, fobalb bie Seite greifbare ©eftalt annahm,
bie Dbrigleit mit ben fdjärfften ©bitten ein (feit 1538). gatybeictyc anhänget Don 3-
tourben Eingerichtet, barunter auc^ feine eigene 3Ruttcr (Februar 1538); an ber3Jerfolgung
unb bem meift mit großer ©tanbfyaftigleit ertragenen sjRartyrium entjünbete fid^ bie S3e*
46 geifterung für 3- immer auf« neue. 3- Hbf* Öc'an9 & immer toieber, oft unter frunber*
baren Umftänben, ftc^ &u retten, fo baß ber ©laube ft$ Derbreitete, er lönne fi$ unfU^t*
bar machen. 2)urc^ alle Mißerfolge unb Verfolgungen ließ er fi$ nic^t entmutigen, DteU
mefyr trat er mit feinen prop^etifc|en 9tu«fprüc^en immer bro^enber ^erDor. 3m ©omma
1539 toanbte er ftc^ mit fcplDerer ©eric^tebro^ung an ben @erid&t«&of Don ^oOanb unb
60 forberte tyn auf, ber Verfolgung ©in^alt )u t^un. Jlur) barauf ($erbfk 1539) fanbte a
feinen treuen äln^änger 3or^aen ftetel au« &ebenter an ben Sanbgrafen ^tyüipp Don
Reffen, ber i^m, freiließ o^ne nähere« Don i^m ju h)iffen, unter ber SSebtngung ber 8n*
erfennung ber Sluguftana 3)u!bung in feinem Sanbe in &u«fi$t [teilte. Sin bie ©räfin
9lnna Don Dftfrie«lanb fyat er eine älpologie gerietet unb felbft an Sut^er einen felbft
66 bewußten ©rief getrieben. 3um 9tegen«burger ©efprä$ 1541 fanbte er toieberum Äetd,
ber, o^nc ben tarnen feine« 5Keifter« ^u nennen, SBucer )u gewinnen fuc^te. äuc^ biefe
Hoffnung fc^Iug fefyl. 3ntereffante Ver^anblungen tyat 3. fobann mit ^o^ann a 2a«co
unb Menno ©tmon« geführt; aber ba« ©rgebni« n>ar, baß beibe fd^arf bie ©ren^linie
tym gegenüber }ogen. %ixx bie gan^c Weitere ©nttviclelung be« X&ufertumd toar ««
oo n>ic^tig, baß Menno ft$ fo entfe^teben Don jjeber ©emeinfd^aft mit 3* lo^agte. S>o$
3ori3 351
gelang eS biefem, einzelne Anhänger -DtcnnoS $u ftc§ fjcrüberjujiefycn. 2luf$er burety bic ^cr=
ffaluyt ^ropagaitba, bie er raftloä umfyerjiefyenb betrieb, h>irfte 3- auc^ bu*$ f«ne 5a^=
reuten ©enbfqlreiben unb ©Triften. Unter biefen ift bte hnctytigfte fein „2üunberbudi>"
(tf Wonderboeck, waerin dat van der Werldt aen versloten gheopenbaert is").
6* ift 1542 jum erftenmal, 1551 jum jtoeitcnmal crföienen, in prächtiger 2lu3ftattung, 5
bem ^n^alt naety ^öc&ft bertoorren: eine Sammlung entfyuftaftifctyer ^^antafjen mit alten
tmb neuen SJtotiben, ofyne Älarfyeit unbDrbmmg, boll abenteuerlicher Silber in ge^eirnnte*
fcoBen anbeutungen, ßlagen unb SDrofyungen, aflegorifd&e Auslegung bon SBibelfteUcn unb
überall ftarfe Slnpreifung feiner eigenen ©enbung. Der erfte 2etl enthält eine ßrflärung
aller giguren unb ©e^eimnifje, ber jtocite $eil giebt 2luff$lüffe über ©Ott, ber britte 10
über GtyrifhtS, ber vierte über bte SReftitution beä SteicfyeS Gfyrifti. 2)ie beigegebenen SMlber
jeigen bie au$fdj>toc'tfenbe finnlictye $Jtyantafte. 3m 9Bittel}>unlt feiner 2efyre ftcfyt bie ioacfyi*
mittfe^e SorfteQung Don ben brei SBeltaltcrn, bie in bem jübifcfyen Heiligtum borgebilbet
jtnb: 1. ber Sor£of -^ bie ßeit be$ alten 93unbe$ (®ott-38ater); 2. ba« ^eilige =
bie 3«tt be* 9lZi (@ott*©o&n); 3. baS 2lUer$eiligfte = bie Reit beS &etl. ©eifteS, in 15
ber bte dufteren Sjnftitutionen, ©atramente u. f. to. aufhören. 6r felbft fetyreibt ftdjf bie
Stoße be$ ^ßro^eten ber legten QÄt m, er ift ber geiftige ßfyriftuä 3)abtbf ber über bem
no$ ßeif$li$en Igefu* ftetyt ; tym ift ba$ Königtum im nafyen 9tei$ ber SSoDenbung
3ei# bad bte&erige auftreten bon 3. eine mit finnigen (Elementen ftarf burctyfcfcte, 20
ungejüaelte, aber immer no<£ efyrlicfye ©cfytoärmerei, fo beginnt nun eine $h>eite $eriobe
feine* SebenS, in ber er auf bie Sßropaganba beratet, feine 3>becn nur noefy insgeheim
verbreitet, unter frembem Flamen in t frembem Sanb in behaglichem £ebenägenu| ba$
Kommen be$ 9iei$e3 erwartet. 2)en Übergang baju bilbet, neben ber ßnttäuföung über
baS ausbleiben eine* greifbaren ©rfolgeä im @ro$en, bie Slnfammlung Don Reichtümern 25
bun$ bie Opfertoifligtett feiner 3ln$ängcr. 9>m 3luguft 1544 erfetyien er als nieberlän*
bifefcr gflüctytlmg rcic$ unb mit bornefymen Sanieren, Durc^ ein imponierenbeS auftreten
«rterßüfet, in Bafel, als „Sfofann bon 93rügge", nad^bem er im 2fyril jubor ftcfy ©ic^er*
$cit berfdjafft fcatte, bafj er, als um be$ SbangeliumS Tillen Vertrieben, gute aufnähme
finbe. @r tourbe atö ©üraer aufgenommen, trat ju ben Safeler ^atrijiern in freunbfc^aftlic^e so
Sqte^ungen, ertoarb fiep ©üter, barunter ein fleineS Sc^Iog in sBinningen (ba^er auc^
^Qo^ann t>. Sinningen"), führte einen untabel^aften fircfylicfycn äSanbel, jetc^netc fid? burd^
3Bo^ätig!eit au* unb Verheiratete Sö^ne unb Södjter. Sie „^ieberlänber" bilbeten eine
Beine angefe^ene Kolonie unb toaren unter bem ^oc^vere^rten gamilien^auj)t feft $\*
fmnmengefc^loffen. . ©eine ^ropaganba fd^ränfte er auf bie fc^riftfteQerifc^e X^ötigfeit ein, 35
bk auc$ je^t in m^ftifd^en 2raltaten unb Senbbriefen an feine Sln^änger fefyr rege U>ar.
Unter ben festeren erlitt gerabe bamalS eine Slnja^l, barunter fietcl (im ^a^re 1544),
ben SRärtyrcrtob. 3lud Safel mahnte er feine 9ln^anger, fic^ äu^erltc^ bem befte^enben
fttrc^entDefen anjufd^Iie^en. Sie $eu$elei, beren er ftd) fc^ulbig machte unb bie nid>t ju
eirtfernen ift, trirb nur baburd? eth)aö gemilbert, ba^ in btefer glimmen, innerlich 40
toiberftmu^Voflen unb äufterlid? bebrängten £age aueb anbere, an fittlicber Kraft ^öf?er=
fte^enbe ©^iritualiften ber SReformation^eit c« für erlaubt gehalten ^aben, i^rc legten
©ebanlen Dorläufig }u Verbergen. 9lu$ ift eö möglich, bafe äFmltcfy tuic bei anberen, fo
au<^ bei 3. eine getoiffe SJcrgeiftigung unb 6rmä|igung feiner 3wtunft^erh>artungen ein*
trat ; er mochte ^offeit, bafe langfam ftc^ bie neue 3C^ *m& Beifügen ß^riftentumS an* 45
bahnen to>erbe, unb mochte bieQetc^t aud) für fic^ felbft nicfyt me^r bie fü^renbe Solle
beanftmteben h>ie früher. ©0 trat er je$t aud) in 33erfe^r mit ^Diännem, bie gleichfalls
bic ^mftyenbe ürc^lic^e Stiftung betämpften. @r trat 1553 für ©erbet mit einer an bie
S^toeijerftäbte gerichteten anonymen Sittfc^rift ein. 9ln ©c^tpenlfelb richtete er einen
9n«ff tn bem er übrigen* beffen Se^re Von ber SSergottung beö 3){enfc^en befäntyft. ^5er? 50
fdnlU^m Serle^r $at er mit 6afteHio gehabt; ber 2oleran$gebanlc, bie üJt^ftil, bic tjnri-
tualifttfc^cn ©ebanfen Von ber (Snttoicfelung ber Airc^e gaben bie s3Rög(id;feit einer 9Ser<
ftanbigung. 9lur toenige tou^ten in Safel bon bem ©el^eimntä, außer (SaftcHio ber ftan=
idftf^cär^t gtan Sau^in, ber ^auöar^t ber Jamilie. Qo^ann b. Brügge ftarb in 93afel,
3 läge naety bem lobe feiner ^rau, am 25. 9luguft 1556, unb hmrbe in ber Seom 55
friibSKuftc al* rechtgläubiger unb angefe^ener 9)tann begraben, ©rft 3 3^ nac^ feinem
lobe tarn eö an ben 2ag, ba^ ber bornel^me Diiebcrlänbcr mit bem ßr^te^er 3«>ri* iben«
tiU fei. Den Änlafe baju gaben ©treitigfeiten in ber Jamilic. ©etn ©d^totegerfo^n
Sfitofau* Sle^byl n>ar fc^on ju 3-3 &b$eiten an feiner £e|re irre geworben unb berriet
ben Safeler ©etftlictyen bie ©ac^e. ©d^lie^lid^ führte bie äludfage eine* früheren ^amuluö co
352 3ortd 3ofapl>at
Don 3v §enbrif Dan ©$or, $ur 2tufnafyme be« ^rojeffe« imSTOön 1559. 2)ie UniDerfitot
erllärte im Slpril bic Sebre Don 3. für fyäretifa) — Gurio unb Gafteflio toaren babei ntd^t
antoefenb. 3)ann tourbe ber Äefcerprojefe naa) ftrengem mittelalterlichen Stecht burdfc
geführt, bie Seiche Don 3. ausgegraben unb feierlich Derbrannt, ebenfo feine S3ü<$er unb
6 fein Silb Derbrannt (13. 3Bai 1559). 3)ie Angehörigen be« 33erftorbenen mußten am
6. Sunt im fünfter ßtra^enbufee t^un. G« toar im 3(nterefje ber SBafeler Sßatri^ier felbft,
nia)t aDjufa)arf Dorjugeben. 3>amit toar bie ©acfye für SBafel $u Gnbe. 3Me Seite ^ielt
ftd^ noa) länger in ben SRieberlanben unb in #olftein. 2)ie ©d^riften Don 3. ftmrben
mefyrfaa^ neu aufgelegt, e$ famen noa) öfter Äefcerprojeffe gegen bie 3oriften Dor, fo @nbe
10 beS 16. 3a^unbert& Goornfyert fyat ftcfy mit ber öefämpfung ber S^tiften beifügt,
noa) fa^ärfer bat fte Ubbo Gmmiu« befämpft, babei aua) toertDofle 3lai)t\fytn über ben
9Jiann unb feine $läne mitgeteilt. Reglet.
3ofa^atf Äönig in 3uba. — £.©roalb, ©efa)tü)te bc« EoffeS 3«rael «III, 509 ff.;
&. &i&ig. ®ejd). b. 93. 33r. (1869) I, 198ff. ; ©. 9Ka3pero, ©efdjicftte ber tnorgenlänbtfdjen
16 SBölfcr im Altertum, beutfd) Don ^ietfdjmann (I877\ © 350 ff.; 93. Stabe, ©efd)id>te be*
Solfe3 3«rael I, Berlin 1887; 9(. Äö&ler. 93ibl. ©efd)i«te 9123 III, 198 ff. 326 ff.; 9i. Ätttel.
©efd)id)te ber Hebräer II (1892), 6. 210 ff.; Gb. SReljer, ©efcftidjte bc3 Altertum« I (1884),
392 ff. ; G. £ Gornül, ©efd). be3 «. 3«v., Gtjicago 1899, ©.110 ff.; £. ®utf>e, @efrf»rf)te be«
53. 3*r., ftreiburg 1899; S. 132 ff.; G. ®d)lottmann, $er Woabiterfönig SRefa, ZföiSt 1871,
20 S. 587 ff. unb beffen 9ltt. Sttefa in 9tie$m* £brob. Scfte «umgäbe ber 3Hefd)ainfd)rift »on
91. Smenb unb 91. 6ocin, greiburg 1886. 93gl. bie Kommentare $u Üönigäbud) unb G&ronit,
fotuie bie 9lrtt. „3ofapf)at" in ben biblifd)en SBörterbüdjem uon SBiner, ©djenfel (SRölbefe),
$ie&m (ilfeinert).
Sofaptyat prcTni, „3a&Dety föafft Stecht") toar einer ber bebeutenbften Äöntge cati
26 EaDib« £au«, ©otyn be« frommen Äönig« 3lfa (f. b. 21. 93b II, ©. 130) unb ber»fuba
unb 3eitgenoffe be« i«raelitifa>en ftönig« Styab unb feiner ©ö^ne 2tya«ja unb %oxam. 3m
4. 3«^te 2tyab3 jur §errfa^aft gelangt, bamafe 35jäfyrig, regierte er 25 3^ «* S«118
falem (trab. 914-889 D. g^r.; ^am^aufen 876—852) lÄg 22, 41 ff.; 2G&r 20, 31.
$ie ©cfa)ia)tc feiner Regierung finbet fa hirj er^lt 1 Äg 22; ügl. 2Äg 3, unb au^
3ofü^rIid;er 2 (S&r 17—21, 1. ©eloiffe sJtoa>ria>ten unb ©rjä^lungen finb nur bem 6^ro^
niften eigen, n>aö nid&t baju berea>tigt, i^nen ^tftorifd^en 2Bert abjufprec^en. SSielme^r
^at ber ßfyronift bie i^m noa^ ju ©ebote ftefyenbcn umfaffenben Duellen (t>gl. 2 G&r 20, 34)
rcia^lia^er benüfct aU unfer biblifa^e^ Äönig^bua^, ba$ naa^ eigener äu^fage (1 .Vtg 22, 46)
manage rü^mlia^e Saaten >fap^at^ übergangen ^at. ®ie^ fa^ltefet nid^t au«, bafe ber
36 Gljronift ben ©toff naa^ eigener 3luffaffung freier geftaltete, j. 83. ©ebet unb Siebe be$
.Honig« (2 G&r 20 ; Dgl. 19) nad^ allgemeinerer 9totij ausführte, auc^ too^l ©injel^eiten
in ben gef$i$tli$en Überlieferungen infolge be« bebeutenben Zeitraumes, ber 5mifa>en=
innelag, mijjDerftanb, g. 8. 2 G^r 20, 37.
sJta$ au^en tüufete ^ofapfyat ba« Slnje^en be« Keinen SanbeS bur^i IraftDoBe« Äegi*
40 ment gu er^ö^en. ©eine beträa^tlid^en Lüftungen unb aSorfu^tSmaferegeln für ben Äneg
(2 G^r 17, 2. 12 f.) flößten junäa^ft bem Äönig 2tyab Don 3«rael äl^tung ein, fo ba§
er ein Sünbni« mit bem fonft ftetS fa^ecl angefe^enen §aufe 3)oDibd fuc^te, ba« ttyn
bei feinem faft immer gekannten Ser^ältniffe ju ben Syrern (Äönig Sen^abab II. ya
3)amaef) ein imMommener Sunbe^genoffe fein mufete, nia)t babon ju reben, bafe bamal*
46 bie aufftrebenbe ©rofemaa^t Don 3lffur pa) in Sorberafien fetyon bebro^lic^ anfünbigte
(©ieg ©almanaffar« II. über £ababefer, Sl^ab [!f] u. a. bei tfarfar). 30f^N <*« fabt*
na$ innerfter perfönlia^er Neigung ein gute« GinDerne^men mit bem SunbeSDol! an, unb
h>enn bie SJerbrüberung mit 2l^ab nia)t Don ifym ausgegangen ift, tarn er jebenfafltö ben
2lBianjbeftrebungen bereitloiUigft entgegen. 9lur gu h>cit liefe er jic£ mit bem paqanu
60 fterten §ofe Don ©amaria ein, unb befiegeltc bie greunbfe^aft mit bemfelben fogar ba*
burc^, bafe er feinen ©o^n 3oram tnit 2ltyalja, einer Xod^ter a^aW unb ber ^\Ad,
beren ©eift fa geerbt ^atte (nac^ anberen toäre fie ©(^toefter Wifate getoefen), bermtyltc
^Politifc^ foDte ba« Sünbni« fic$ juerft in einem offenftDen gelbjug gegen bie ©^ta ei»
proben, toobei e« galt, biefen bie eigentlich gu ^«rael ge^örenbe uub für bie iWrrf^aft
66 über ba$ Dftjorbanlanb loia^ti^e ^eftung Stamotty in ©ilcab ju entreißen (2 Äg 22, 1 ff.) ; DgL
9b I, ©. 260, 17 ff. 2)er Ärieg enbete mit einer SRieberlage. 8U« 3°^^ ««¥ fyufc
jurüclfe^rte, empfing er au« bem 9Jtunbe be« ^Jrop^eten %d)\\, ©o&n Gbanani« (aua>
2 G^r 20, 34 genannt) eine ernfte SHüge, toeil er fta^ mit benen eingeladen ffobt, bie
ben §errn Raffen (2 G^r 19, 1 ff.). — Sei feinem ftetigen Verlangen nac^ engerem 8m
go fc^lufe an ba« nörblic^e ttönigreic^ liefe fic^ immerhin fpäter ^ofapfyat audj? )u einem ge>
Sofort 353
mdnfomcn gelbjug mit bem Reiten ©ofyne 2lfyabS, ^orarn, bereit finben, melier gegen
bie feit ätyobS lob bon S^ael abgefallenen 9Hoabiter (König SDieföa) gerietet toar,
2 Ü0 3. SDiefe 6g>ebitton ^oramS unb ^ofa^atS, toeld^en auefy (Sbom 34JU8 Wften
matte, tourbe bur$ bie 2Büfte ©bomS (jübltcfy um baS tote 9Heer) ausgeführt. 2)er äöaffer*
mangel jener ©egenb brotyte ben berbünbeten Königen bereits ben Untergang, als (Slifa, 5
ber $roptyet, um ^ofap^atö toillen, ibnen guten 9tat gab unb Slettung unb Sieg berfyiejj.
£aS eingetroffene Steaentoaffer braute bur$ feine gerötete garbe bie SRoabiter auf bie
Meinung, bie geinbe Ratten ftc$ gegenfeitig angefallen, unb berlocfte fie $u unbebautem
9ngnfff toobei fie gefcfylagen tourben. 2)er König 3Jief$a, in feiner gefte Kir §arefetlj (bem
beutigen Keraf) belagert, opferte in ber äufjerften 9lot feinen ©ofyn bem ©tammgott 10
ttamofö, toorauf naefy ber geheimnisvollen angäbe 2 Kg 3, 27 ein großer 3«>nt über
^Srael fic$ funbgab, fo bafj fte umfcfyren mußten. 2Bie biefer göttliche 3om ftdj aufwerte,
tjt ni$t gefagt. Db eine ©eut&e ausbrach ober eine SRieberlage erfolgte, — jebcnfaDS
bemächtigte f\i) beS SBolfeS ©c^reefen unb 9liebergefc$lagenl)ett, fo bafj fte unterrichteter
Sacfce ^eimtefyrten. 2)er Grfolg beS 3U9^ toar ™n burdtfcfylagenber unb bleibenber. — u
$er (Sfyronift, toelcfyer (entere ©eföicfyte nicfyt erjctylt, toie er überhaupt bie Söirffamfeit
beS ^ropfyeten (Slifa übergebt, melbet bagegen 2 Gfyr 20 noefy einen befenfiben, aber glücf-
Beeren 3U8 SofafMS gegen bie Slmmonitcr unb SKoabiter, benen ftc§ bie 3Reuniter
(2 (Sfyc 20, 1 lies Kwsrra; f. 8ert$. g. b. ©t.) auf bem ©ebirge ©eir, ni$t bie Gbo*
miter, angeföloffen Ratten, ©nttoeber burefy jene fötoere 9lieberlage beS gefamten ^xaA 20
bei Kamotty in ©ileab ermutigt, ober aus Stacke für ben eben ertoäfynten Einfall ber ber«
bünbeten Könige in ifyc £anb toaren biefe alten ©rbfeinbe vorn ©üben beS toten SföeereS
ter gegen 3uba borgebrungen unb ftanben fetyon bei @n ©ebi, als man in '^erufalem
Äunbe babon erhielt, ^n tyrer Slngft tourben König unb Soll bur$ ben propfyetifcfyen
6pru$ eines Sebiten aus ben Kinbern SlfapfyS ermutigt, über toelcfyen ber ©eift beS §errn 26
gefommen toar, toetyrenb Sofa^at bor ber 9Benge m ©ott betete. 9Wit frohem 9Rut
unb unter Sobgefängen jogen fte aus. 3lad) jener SJerfyeifjung tourbe ifynen ein leichter
Sieg über bie Übermalt ju teil, ba bie toerbünbeten ©tämme, bie ifyien gegenüberftan-
ben, auf uneiflärlicfye SBeife aneinanber geraten, fiefy gegenfeitia aufrieben. 3)aS Ztyd,
too bie 3ßraeliten nac^ ausgiebiger 93eutejagb jum Sobgefang ft^ fammelten, tyiefj fortan so
rc-2 p7?r, „gobetyal"; eS ift baS heutige Seretfüt loeftl. oon^efoa; f. Drelli ju Soel
4, 2. J)ie toradjittfäen ^Pfalmcn 46—48 betrautet %xani 2)elifcfc$ als Sriump^gefänge
na4 biefem ©iege (bgl. benfelben gu ^Jf 83) ; fte paffen aber, abgefefyen bon 48, 5—7
beRer in bie &\t §iSfiaS. dagegen fönnte $f 68 aus biefem ßreigniS ^erborgegangen
fein. — ^a fcon biefem 3"Ö^ "w^ ber Gfyronift berietet, fo behaupten manche Kritifer 86
feit ©ramberg unb Grebner (m ^oel 4, li), biefe ©efäicfyte 2 ß^r 20 fei nur eine
Umgeftaltung beS 2 Äg 3 ergä^lten unb fpre$en tnjonberbeit ber erfteren allen fytftori[tf>en
Bert ab. SQein bei ber großen a3erfc^teben^ett aller §auptmomente toirb man, falls bie
S^nmtf nidjt \>on born^eretn ungefc^id^tlic^er Million begid^tigt toerben foQ, in bem Don
i^r berichteten eine felbftftänbige Unternehmung ^ofap^atS anguerfennen ^aben, unbefc^abet 40
ber fubjettiben SuSgeftaltung beS G^roniften. ©0 fc^on $i|ig, Gtoalb, Sertfycau ; Dal.
befonberS auc^ Äö^ler. dagegen lä^t ftd^ über bie jeitlid^e ^olgc biefer beiben ©reigniffe
unb i^r SSerfyaltntS jum bekannten ©iegeSbentmal beS Königs Wefc^a ftretten. Sgl. über
biefe fragen ©c^lottmann in ben I^StK 1871, ©. 598 ff., toelcfyer am toa^rjc^einlic^ften
bie Smta^me finbet, jene ©tele beS -JRoabiterfönigS fei bor ben beiben eben beforodjenen 45
gtlb|ügen gefegt unb bejie^e [\$ auf bie gegen König StyaSja errungenen Grfolge. 3)er
3«d tiad) S^efoa falle in frühere Rtit als ber mit ^oram xn* sJHoabiterlanb unter-
nontmene. 3n ber %f)at toürbe 2 ßfyr 20, 1, bergtic^en mit 2JS 35 auf a^aSjaS 3eit
f^tte^en laffen. S)oc^ ift bielleic^t bie Slnorbnung Köhlers borgujie^en, ber 2 6l?r 20
einen SRac^qug ber 3Roabiter für ben (SinfaU ber berbünbeten Könige (2 Kg 3) finbet, so
aljo ben 3ug nac^ ST^efoa als ben fpäteften KriegSgug ^ofapl^ats betrachtet. 3>af* bie
5Refc^aftele bor bem guge 2 Kg 3 entftanben ift, ge^t jcKon barauS ^erbort bafe fie auf
benfelben leinen Sejug nimmt, toäfyrenb 3Jtefd^a nac^ jenen (Sreigniffen nic^t unterlagen
^atte, auf bie rettenbe %fyat feines ©otteS Kamofc^ ^in^utoeifen.
©rö^er no<^ als im Kriege jeigte ftcb ^ojav^at als Regent feines SolfeS, bem er 66
fcfaie tytyffoi ©üter ju erhalten eifrig befliffen toar. fflie feine perjönlicfyc grömmigfett
(!Äg22, 43) Urirb bon ber älteren unb ber jüngeren Duelle feine reformatorifcfye X^ätig«
bit gerühmt. ®r fc^affte bie Überrefte beS unftttlid;en ^eibnifc^en ©otteSbienfteS aus bem
Stabe (1110 22, 47) unb fyatte mit bem Saalbienfte nichts ju t^un. Sgl. 2Gbrl7, 3. 6;
19, 3. 9Bte entfUu$ eS i^m um bie religiöfe unb moralijc^e ^ebung beS SolieS ;u t^un 00
UnlitountlopöbU für X^coloflic unb Wir^e. 3. 9(. IX. 23
354 3of<tyl)at doftylf
toar, jctgt bie fcfyöne ßmricfytung, bafj er eine 2tn$a^l funbiger 9Ränncr, barunter fünf
gttrften, neun Sebiten unb jroet Sßrieftcr, in bie ©tobte 3juba3 au«f<$icfte, um ba« Soll
mit bem @efe$bu$ be« §errn bertraut ju machen, 2Qfyc 17, 7 ff. >tär bie ©ef$i$tfi$:
feit biefe« $uq&, M* [xd) nur bon ber irrigen 33orau«fe$unö au« anfechten läfet, bafc e«
6 bamal« nodj lein ©efe^bue^ gegeben r)abe, ftetye Rödler, @ef<$. III, 199 f. Xuc$ bie
9tec§t«j>flege fanb nact; 19, 5 ff. in biefem Könige einen burc^greifenben Reformator (ate
folc^er hriirbe er nad& 2BelIfyaufen, 6tabe nur um feine« SRamen« toitten angefe^en !), bem
e$ ntct)t blofj um ben Seamtenap^arat &u tfyun toar, fonbern ber fic$ reblicfc bemühte, bem
SRiAterftanbe geregten ©inn einpflanzen. gn *>cn einjetnen Sanbftätten befteUte 3o*
10 fapgat je ein ©ert^töloEegium, in ^erufalem ein oberfte« Xrtbunal, au« Stammhäusern,
Sßrieftern unb Sebiten beftefyenb, roelcf;e« bie fdjroiertgften gjäfle entfcfyetben fottte. Starbt
t)atte ein ^Sriefter bei ben geiftlic^en, einwirft bei ben roeltlic&en SRec^töfragen ben Sorfty.
2)ie Sebiten h>aren befonber« Slbminiftratite unb ©jelutibbeamte. Über ben 3ufatnmais
^ang biefer Einrichtung mit ber beuteronomifcfyen ©efefcgebung bgl. Sß. Äleinert, 2)a«
16 35euteronomium unb ber 2)euteronomifer ©. 140 ff. 3lu$ eine mertantile Unternehmung,
toeld&e freiließ erfolglos toar, toirb in beiben §au))tqueBen bon 3ofaj>^at gemelbet. 6r
fud&te bie einft bon ©alomo betriebene ©c^ifffa^rt naefy bem ©olblanb Dpfyx, bie &on
6&jon ©eber ausging, toieber aufzunehmen. Slttein fcfyon in ber SRä^e biefe« $afen«
mürben bie neu au«gerüfteten ©ct)iffe (nact) anberen nur ein ©$iff naety urfprüngficfcr
so £e«art 1 Äg 22, 49 ¥) bom Sturm jertrümmert. $en Sorfctylag 3tya«ja« bon 3«rael, bei
biefem Unternehmen gemeinfam borjuge^en, toie« Sofaptyat jurücf, 1 Äg 22, 49; togl
9, 26 ff. 2)cr 6t)ronift bagegen (2 Gtyr 30, 35 ff.) berietet, eine folc&e SJerbinbung fei bon
SSofapfyat totrflit& eingegangen toorben unb bie« nact) )>ro^ctif$em SBorte ber ©runb be«
aRifjüngen« getoefen. Sribe SRactyrictyten fuct)t man berföieben au«jugleu$en. @m Serfefci
36 ift, bafc 2 Gt;r 20, 37 Styarfi« al« 3iel biefer ,,^arft«fa$rer" angegeben ift, fall« man
nietyt mit $ranj 2)eli$fc$ annehmen toill, fte feien Dom roten 2Reer au« um Stfrifa herum-
gefahren.
2)a« ©efamtbilb, ba« un« au$ allen biefen jum Steil or)ne 3ufammeitr)ang aneinanber
gereiften, aber auf guter Überlieferung fufcenben SRad&rid&ten über gofa^at« Regierung
80 entgegentritt, ift, toenn auet) nietyt ot)ne ©ct)atten, boct) ein ticfytbolle«, rote e« bie ©eföufye
be« §aufe« $abib feit ©alomo fonft nict)t met)r aufgeroiefen fcat. 3)a« 2anb erfreut p*
ftarfer SeböIIerung (Dgl. 2 S^r 17, 14 ff.) unb bor/en SQSo^Iftanbe«. £>a$ Heine 3uba ift
nafy aufeen geartet ban! ter 2Bei«t)eit unb Xapferteit feine« Jtönig« (bgl. ben Tribut ber
^ilifter unbSlraber 2 6t)r 17, 10 f.), nact; innen roo^l georbnet unb jurgurd^t be«$errn
86 angetoiefen. *Re$t«pfIege unb ©otte«bienft blühen unb bilben ftet; au«. Xuc^ ba« ^eilige
©d^rifttum toirb forgfältig gepflegt unb bereichert. 3)er Jtönig felbft, ein Xbbtlb 2)at>ib«
in feiner grömmigteit, bie auc^ ben fc^arf en iabel be« $ro))^etenroorte« erträgt, geigt ju*
gleict; leiten S3lia unb toeit^erjige eble ©efmnung fotoie unermüblit^e Snergie in ber
©orge um feine« SBolfe« 9Bot)l. 3)a^ e« freilict) nic^t engherziger ^anati«mu«, fonbern
40 tiefere (ginfw&t toar, toa« bie eckten $ro^t)eten trieb, jene« tooplgemeinte Streben 3<>fa*
))t)at« nact; SBerbinbung mit bem abgöttifeben norbi«raelitifc^en Äömg«£au« bon Sbtfang
an ju berurteilen — rourbe gleict) nact) feinem Stöbe nur attju offentunbig, inbem jene
S3ermät)lung feine« ©o^ne« mit 3ltt;alja bie bentbar fc^ltmmften grüdjte trug unb
ba« fianb ber Segnungen, bie it;m ^ofa^at« Regierung gebraut t;atte, fc^neD roid>er
46 beraubte. »• CreflL
3ofe^^f ©or)n3afob«.— ffl. $. ««icnicijer, (Sljaratteriftif ber Bibel (3. «. 1778)
II, 301 ff. ; JHofennuiDcv. 5)a« alte unb neue ^oracnlanb (1818) I, 174 ff.; G. 3S. «©engften«
berg, $te S3ü*er ^ofe« unb Siebten (1841); &. o. fiengerte, Äenaan (1844) 6. 331 ff.:
3. $. ^ur&, ©c[d)id)te beS 9(lten SBunbc« I (3.«. 1864); $. feroalb, ®ef*. be« »olfe« 3«roel
60 (3. «1863) I, 552 ff.; &. (SberS, «eggten u. bie «ü*er SRofe* I (ßeipjig 1868); ILÄöbler.
S3tbl. ©efd). 9(. ^eft.ö (Erlangen 1875) I, 1.V2 ff.; Tomkins, Life of Joeeph illustrated from
ßources exteroal to Holy Scnpture 1880; 93. ©labe, ©efdj. be« ». 3«rael I, Bcrftn 1887;
91. £ittel, ©efd). ber Hebräer, I, G*otf)a 1888; A. H. Sayce, The Higber Criticiöm and the
Venlict of the Monuments, 5 ed. Lond. 1895, p. 207 ff. ; 3><rfelbe, Patri&rchal Palestine
66 (Lond. 1895) p. 200 ff.; S8. ©taerf, ©tubien jur JHcüflton«» unb Spra^gefcft. be« «X.« (©erün
1899) II, 21 ff »erfll. aufeerbem bie ftommentare jur ©eneft« u. bie Art. ^Sofcp^ oon
«Jincr (im 9W.). ©teiner (in ©djcnfel« ». ß.), SRic^m (ö. $bwb.). $alnmbifd)e* bei (onc
burger, Snc^tl. be« Subentitiitft I (1874) ©. 607 f. 3«lomi|(be fiegenbe »on Sufuf unbSu»
Ieifa fiebe bei b'^crbelot, Orientalifcfte ©ibliot^e! (^aftriebt 1776) unter Sufuf Ben 3atob.
eo »gl. oueb Abulfeda, Hist antcisl. ed. Fleischer p. 29sq. - «Itcbriftficfte Xi(t)tung: SReier
(^ngel, 3>ie Olcfd^ic^tc %o\q\>^ nact) einer ji)vtjrt)cn ^anbfebrift I, ©erlin 1895.
3fofe*b 355
©et Warne 3ofe$, ser» (SJJfalm 81, 6 patyetifety t|5'fr) enthält jebenfatl« ein gute«
Omen: @r (©ott) füge $mju, bermetyre! ©en 30, 24 toirb er al« @ebet«hnmf<$ ber
Stutter gefafct, toelcfce in bem (Srftgeborenen ein $fanb toeiteren Äinberfegen« erblicfen
nUM&te (nebenbei firielt 38. 23 auf sp» an). SBa^rfcbeinlicty fyiefe in ber 2^at ber toollere
9tame Joseph -El, toenn au<$ biefer -Käme nkfyt fo ficfyer na^getoiefen ift tüte Jakob-El. 6
Siebe barüber b. X. 3afob 93b VIII ©. 543. 9?a<£ langem vergeblichen ,§arren fatte
Stapel biefen ©o$n noc$ in #aran geboren unb bie Vorliebe ^afob^ für biefe ©attin
übertrug ft$ auf tyn, ben er bor feinen §albbrübern fic$tlic$ beborjugte. SDtefe« fotoie bie
Xn^gli<$feit Sofeplj« an ben Sater, bem er tyre fcblimmen ©treidle hinterbrachte, unb
bie flogen träume, bon benen ber jarte Änabe ui ersten tou|te, erregten ben 9Jeib io
unb #afe ber alteren Srüber in bem 3Raf$e, baft fte ifyn, ben 17jäfyrigen, al« er auf ber
Zrift )u Station in tyre ©etoalt geriet, töten tooUtcn, unb bei ruhigerer Sefinnung mc=
nigften« an eine bur$)ietyenbe$anbet3faratoane toerfctyacfyerten. ©o tarn 3>ofej$ na^ #g$>ten,
too er einem föniglicfyen Seamten treu unb bon ©ott gefegnet bientc, jeboify burefy beffen
(Stettin, bte tyn o^ne @rfolg ju fünbltctyem Umgang berfityren Wollte, angefötoärjt unb i&
infolge beffen in« ©efängni« getoorfen tourbe. sJ?adj mehrjährigem 2tufentfyalt bafelbft
tourbe feine ©abe ber Xraumbeutung, bie er juerft an gtuei $ofbeamten betoätyrt fyatte,
bte Urfacfye fetner (Srtyötyung. 3)er $$arao, toelcfyem ber bamal« 30jäfyrige 3°^ (41,46)
gleichfalls ein bereite« Sraumgeftc^t erhoffen unb au« bemfelben fteben fruchtbare unb
fwben unfruchtbare ^(a^re borau«gefagt fyatte, berliefy tym bie ^öi;fte ©teile im $Reic$, um 30
bie bem Ambe erforie&lictyen SRafjregeln für biefe 3*ü &u treffen, 3ofcp$, *n toelcbem bie
Klugheit Igatob« ju jtaat«männifcber SBeie^eit au«gebilbet erfcfyeint, fd?ü§tc ba« 33oW bur$
Snfammlung großer Sorräte toäbrenb ber guten ^a^re bor ber §unger«not ber naefy*
folgenben fcbltmmen, bereicherte aber jugleicty bie Ärone in fyofyem 9Kafec um 2anb unb
®ut 6ben biefe §unger«not führte nun auefy Sofe^« Srüber na* 2ig$>ten, too fte 26
jener erfannte unb tynen, nac&bem er fte föarf auf bte $robe gefteut, freunblid&e auf*
nabme gefeierte. Slucty feinen 93ater, ber tbn längft tot geglaubt unb auf« fctymenlid&fte
betrauert tydtt, lieg er )u ftety fommen unb bereitete feinem Sllter eine fixere 3uflu$t3;
Hatte. 3n bem 2Beibelanb ©ofen (f. b. 21. S3b VI ©. 768) erhielt 3afob« gamilie freie
Sfieberfaffung ; bort tou$3 fte rafc^ ju einem jatylreicfyen $ol(e ^eran. ^ofe))^, t>on feinem 90
Vater twr beffen Stob ^h)iefältig gefegnet, lie^ ftc^ toerfprec^en, bag feine ©ebetne im ge=
lobten Sanbe begraben h>erben follten. Neffen eingeben! nahmen bie Israeliten beim
Ätröjuge feine Überrefte mit unb festen fte bei ©icfyem auf einem toon ^atob erworbenen
»nmbftücfe bei, ®j 13, 19 ; >f 24, 32. — 2)a« Ser^ältni« ber Duellen ift $ier ä^nlic^
tote in ber ©eföic&te 3a!ob« (f. b. 21. 93b VIII ©. 545). E unb J ^errjeben burc&au« 35
bor, P ift nur am ©eblufi (@en 46 —50) ftärfer beteiligt. 3h)ifc^en E unb J &u Reiben
iß jtoar öfter t>erfu$t Sorben, aber obne über&eugenben erfolg im einzelnen. ÜJlan füfyrt
an, J nenne bie burc^jie^enben arabifc^en 5taufleute ^«maeliten, E 3Ribtaniter. @rbeblicber
% bte Differenj, toenn E loirflieb 37, 28 biefe gremblinge ben 3ofe))^ o^ne 3utl^un ber
©ruber au« ber ©rube ^eraufjie^en unb fo im eigentlichen Sinne be« SBorte« „fte^len" 40
(40, 15) läfet, toäbrenb er nad) J i^nen bon ben Srübern herlauft h)irb (auc^ na$45,4f.),
toie auc^ gram 4)eKÄfd^ im SReuen Äomm. jur ©en. 1887, ©. 437 annimmt. 9ta$ J
toare ben Rritifern juplge ber äg^tifc^e §err be« QofeJ)^ ein begüterter ^rtoatmann, nac^
E ber Dberfte ber Trabanten unb Äerr be« ©efängnijfe«. 3)oc^ ift bie 2luffteHung fold^er
Unterfcbiebe unftc^er, ba bie Duellfqriften triebt toollftänbig Vorliegen. Sgl. §• ©trac! ju 46
ben ©teilen, gut toefentlicfyen muffen E unb J bie ©efcfyicfyte übereinftimmenb er^ä^lt fyabm.
5>er (Styarafter 3ofep^« rechtfertigt %atotä befonbere Siebe ju i^m. „@r jeigte fein
8eben lang eine tiefe ©otte«furc$t, ein 3)urc^brungen|ein toon ber ©egentoart be« ^eiligen
»otte« (37,2; 39,9; 41, 16; 42, 18; 45,8; 50, 19 f.), ber tyn aud& feinerfeit« ©nabe
bei ftcb unb ben 5Wenfc^en finben lie^ (t>gl. 39, 2 ff. 21 ff.; 41, 37 ff.), fo bafe er burc^ 50
feine liebeitftoerte, Vertrauen ertoeefenbe ßrfebeinung toie burc^ beit ©egen, ber auf feinem
Z^un unb bie 3Bei«^t, bie in feinen SReben lag, alle §erjcn geioann. 2)ie« ift ber
Qtainbjug feine« fflefen«, unb mag e« aud^ fein, bafc ftcb in fein Senebmen anfang« ein
än0 bon eitelfett unb fipäter bielleic^t eine Stegung bon §ärte einmijc^te (ledere« fc^on
wraebotb 55 getabelt), fo ftnb ba« boc^ nur Rieden an einer lautern großen ©eele, beren 55
äbertoinbung toir bor Slugen fe^en, unb S^fe^b ift unter ben ©ö&nen %atotä bie reinfte,
ja bie allein reine Slu«prägung be« eckten i«raeliti|c^en SBefen«. fflie feinem Gtyarafter,
|d tfft er bie« auc^ feiner »egabung nad^. 2)a« au«ertoäblte ©efcfylecfyt ift ber ^ro^^etif^e
Iräger ber göttlichen Offenbarung, unb aud) Qofevf; hat eine pro^^ettfe^e ©abe, nämüd;
bk ba Xraumbeutung. auf ©runb biefer ©abe h>irb 3°lc^ 0üic fpäter Daniel) ein ^= eo
23*
356 Sofetf)
geftetlter hnirbiger SBertreter Sßrael* am äg$>tif$en §of. 211« ©taat«mann entfaltet er
eine fyöcfyft umfaffenbe, toeife unb cnergt^e Sttyätigfctt nacfy außen, bleibt aber bi« jum
@nbe feinem SBolIc treu" (Sluberlen). 2)ie tounberbaren Sulaffungen unb ©d&icfungcn
©otte«, h>elc^e in 3>«fob« tocctyfelreicfyem Seben fi$ ju einheitlichem $lane jufammenfügen,
g treten in 3ofep&3 ©efd^ic^te nod& fyanbgreiflicfyer fyervor. ©otte« 2Bei«fyeit bemächtigt fufc
aud& bcr böfen Slnfc^Iäpc ber 9Jienfd&en (50, 20), um feinen gnäbigen SRatföluß ju Ver*
toirflid&en, toäfyrenb feine ©erecfytigfeit bie äBerfe be« §affe« unb Öctruge« jur redeten
©tunbe an« 2id)t jiefyt unb afynbct. gür ©Härtung biefer 2Ba£r&eüen ift bie ©ef$i$te
Sofeplj« in ibrer Volf«tümlic$en Sebenbigfeit unb pfycfyologifctyen geinfyeit ein unübertreffliche«
10 ßjcm^el unb eine unerfcfyöp flicke gfunbgrube. 6ine Viel größere Sragtoeite getoinnt jie
aber noc$ baburefy, baß jene SSerfaufung 3°fa>^ ben Slnftoß jur SSerpflamung 3«rael«
nad) Sig^ten gab, bie für bie Weitere ©nttvicflung be« SBolfe* fo folgenreich toar. £ier,
im beftgeorbneten Staat ber alten Sßelt, fyat ©Ott fein $irtcnVolf nic^t umfonft in bie
Schule getieft. 6« foDte fyier manche« von ber ebleren SBeltbilbung ftety aneignen, aber
16 auety bie geinbfcfyaft ber 2BeIt ju foften befommen, um enblic^ bie Srlöfung«ttyaten feine«
©otte« toürbigen ju fönnen.
gür bie fyiftorifäe Slnerfennung ber ben 3°^ betreffenben Überlieferung finb nun
bie SBe^ie^ungen auf 2lg$)ten, feine ©Uten, 2eben«formen u. f. to. Von befonberer SBic&tig*
feit. 3)ie mobeme (Srforfd&ung ber 3)enfmäler biefe« Sanbe« fyak biefelben in über*
20 rafd&enber Sßeife beleuchtet unb gerechtfertigt. SBäfyrenb früher manche ©ele^rte (V. ©otylen,
Knobel u. a.) feerftöfee aller Slrt gegen bie ägtyrtifcfyen äuftänbe in 3°fa^ ©efc£ic$te ju
entbeefen meinten, ergiebt ftd> vielmehr, U>tc juerft §engftenberg, bann auf reifere« 9Ra*
terial geftüfct, bie Sttgfyptologen 6ber« unb 23rugfd{> bargetfyan ^aben, tyre burc^gängige
Übereinftimmung mit bem Silbe, toelcfye« h>ir au« ben autfyentiföen SKonumenten von
26 jenem Sleicfye gewinnen. ßaratoanentyanbel ift feit unbenflicfyer £eit Jtoiföen Serien, $a*
läftina unb bem SRillanbe burefy arabifd^e ©tämme betrieben toorben. ©erabe bie brti
37, 25 (Vgl. 43, 11) angeführten ©pejereien bilbeten Von jetyer bie ^auptartifel, bie au«
©ileab nad) bem bcr ©enriirje fo bedürftigen 2lgfyj>tcn eingeführt tourben. 5Die $anbe&
ftraße führte Von SBeifan fyer, h>o fte ben 3orban überfc^ritt, an 3)ot^an toorbei. 9bu^
so junge ©Ilaben fonnte man in Stg^ten gut abfegen. ^Soti^^ar, ber §err ^ofej)H trägt
einen ectyt ägvptifc^en Ütamen: „Eingegeben bem 9la", ©onnengott (anber« Srugfcfc, ®c»
fc^ic^tc tg^ten«, 1877, ©. 248). @r Reifet „Serfc^nittener" na$ femitifc^er SBeife im
aDgemeineren ©inne bon Höfling, ^ofbeamter, ögl. 40, 2 ; nä^er ift fein ämt ber Ober*
befe^I über bie Trabanten (nic^t Äöc^e LXX), b. fy. bie löniglic^e Seibtoat&e, meiere gu*
86 gleich bie ^olijeima^tegeln boßftreefte. 6r fe^te feinen Seibeigenen jum §ofmeifter ein,
ber alle« im §au« unb auf ben ©ütern gu bertoalten ^atte; folc^e S3erh>alter begegnen
un« in ben alten ägtyptifd^en ^nf^riften unb auf ben älbbilbungen unjä^lige 3)iale. &\*P$
felbft ^atte frätcr einen folgen 43, 19. 3)er 3luf tritt jtuifc^en i^m unb ^oti^^ar« ffieib
ift fo tvenig unvereinbar mit bortiger Seben«art, toie man behauptet ^at, bog totelme^r
40 eine ber unfern auffallenb ä^nlid^e ßqä^lung („bie ©efc^ic^te bon ben beiben Srübern'O
bon mißlungener SJerfü^rung unb nad&fyeriger Serleumbung be« unfc^ulbigen Dtfer« burc^
bie 33erfuc^erin auf bem ^aptyru« b'Orbinet; (niebergefc^rieben für ©eti IL al« Äronj)rin^
ftc^ gefunben ^at. ©ie^e biefelbe bei SBrugfö, 2lu« bem Orient 1864, ©.7 ff.; ©efö. %,
249 ff.; ßber«, % unb bie Sucher 9)iofc«, 311 ff. S3ea#te aber auc^ ben ©c&lufc Sayce,
46 Monuments 8 ©.211. 2lu$ bie 3)enfmäler be« alten äg^ten« betoeifen eine im Orient
überraföenbe IJrct^cit ^ober grauen im Umgang mit -Männern. 3n S3ejug auf bie Iräume
Ä. 40 unb 41 ift ju beachten, baß man in jenem Sanbe auf folc^e fe^r gefpannt toar,
ba man göttliche ÜJlitteilungen öon ifynen erwartete. ©. ßber« a. a. 0. ©. 321 f. 2>ie
beiben §ofbeamten, toelc^e 3°feP^ im ©efängni« lennen lernte, erfc^einen nad) Sanbeejitte
60 al« 3So^te^er ber beiben Älaffen, bcr §off$enfcn unb §ofbäcfcr. 3)er ütel „Oberfier ber
SBäcfer" ift fogar aufgefunben, @ber« ©. 333. fyntx afte träumt Don feinem Smte, in
toelcfyem er bem $^arao ben Sec^er mit Xraubenfaft ju füllen tyatte. 3)ie Sintoenbung,
baß im SRillanbe in früherer &\t fein Söein gebaut unb getrunten toorben fei, toelcfc ft$
auf §erobot 2, 77 unb ^ßlutarc^, Isis c. 6 ftüfcte, toirb f^on bur# anbete ©teSen bei
66 #erobot felbft (2, 60. 121. 168) toibcrlegt unb burd^> bie $enftnäler, bie fc^on au« bem
alten SReicfy öon vielem Sffieingcnuß in ffiort unb Jöilb 3eugni« geben, bollenb« abgetan.
Slud^ ben fonft ju befonberer 3)iät Verpflichteten Königen toar ba« ©eträn! nic^t unterfagt
©ine ^Hwfttation, toie fte nicfyt jutreffenber gelpünfc^t Serben fann, empfängt ber Iraum
be« §ofbäcfer« bur$ eine 3lbbilbung ber ^ofbäcferei Stamfe« III. (Wilkinson, Manners
60 and customs of the ancient Egyptians, 1837, II, 385; Vgl. @ber« 0-0.0. ©.332),
3ofeM 357
too eine Saft bon frifefy gebaefenen ©roten auf einem Srett ober ©eflectyt (anberStoo Äorb,
Wilkinson IL 393) auf bem Äopf toeggetragen toirb. äöeigbrot bon SEBeijenme^l mar
tro| ber Angabe §erob. 2, 36. 77 bei ben alten Sintern beliebt unb getoöfynlic^. ®ic
Deutung beä lederen Traume« auf ©cfyänbung be$ SeidljnamS, h>elc^c nad) ägfyptifcfyer
SorfieDung no<$ ärger toar als bie Einrichtung felbft, lägt in bem Unglücken einen 6
befonberä fctylimmen 93erbred&er erfennen. 3U *0, 20 ift bemerfenStoert, bag x\ad) ber
lafd bon Slofette unb bem $efret bon ÄanopuS bie ägt;J)tif$en Äönige an ifyrem ©es
burtstag bie SBürbenträger ber $riefterfafte (otyne Rtoeifel überlauft bie työtyeren Beamten)
um fiefc berfammelten, bie ©efd&icfyte be$ %ofyxt$ ftdp bon tfyncn bortragen liegen unb auefy
Smnejtieen babei erliegen. $)urcfy unb burefy äg$>tifd& ift ferner ber 3)opj>eltraum be$ io
$$atao Ä. 41. ©<§on bie 2Börter ^ (©trom == 9KI) unb in« ©d&üfgra$, fmb äg^
tifä. 3ht ber „Sippe" beä $luffe$, nric aud> bie ägtypter fagen, Reibet no$ tyeute biel
§orubie^. $ie ©iebenjatyl ift auefy bort ju Sanbe bebeutfam. 3)ic Ätifyc, b. f). bie guten
unb magern ^ofytt, fteigen jacfygemäg aus bem ©trome auf, toefcfyer als Sefrud&ter be$
ganzen SanbeS göttlid&e SSereljrung genog, unb bon beffen jäfyrlicfyer §ö^e baä 2Rag ber 15
JJru^tbarfeit unmittelbar abfängt (Plinius, Hist. nat. V, 57. 58). 2)ie Ruf) felbft ift
bo* fomboliföe $ier ber 3ft&§atfyor, be$ Umbuchen $rinaty$ ber $ruc§tbarfeit, batyer
twrjüglid? geeignet, ben fetten ober magern ßrtrag beä SBobenS banuftellen. 3Wit 41, 8
fthnmt überein, bag ber $tyarao ftetö bon einem priefterlicfyen Äouegium umgeben toar,
ba$ ü)n beriet. 3)ie n-?:::^n (p0n ^*n ©riffel) fcfyeinen fpejiell ben iegoyQajufxateig ju 20
cntftrcecfcn, toeld&e bie Slufgabe Ratten, auger ber ©c^reibfunft bie 3Kegfunbe unb 2lftro*
logie ju pflegen, alfo and) bie SSorjeic^en ju beuten. 41, 14 ba$ 2lbj$eren ber §aare
unb ber SBc^fel ber Äleiber &um Setyuf beä @rf($einen$ bor bem $fyarao ift bon ber
ägjflrttf<$en Sitte geforbert, toätyrenb bei ben Israeliten bie Äafylfyeit als ©ebrec^en galt.
Stte 93ele£ming Sofep^ mit feiner neuen SBürbe burdfc Snbeftttur mit ©iegelring, 93fyffu& 25
octoanb (ägtyrtifcpeS $riefter!leib) unb golbener §al$f ette 41, 42 finbet lieber tyre getreue
§Quftratton in ben Äbbilbungen. 3)er Stuf abrek, toeldjer burety einen ©ai$ (Vorläufer)
»or bem ©taatötoagen hergerufen tourbe, motzte bie ©emiten an$ 9Jieberfnieen erinnern,
fc^eint aber ein affarifcfcbabtylonifcfyer Sitel: abrik, abarakku, toelcfyer ben ©c^er be*
beutet (Sayce, Monuments5 p. 214), nai) griebr. Delifefd^ ein ^oj^er SQäürbename bei 30
ben Slfftyrern. 3la$ ben ^unben bon ^Eett-Slmarna ift nitpt befremblid^, tt>enn ein bab^-
lonif^er 9tame biefer ärt in äg^ten ©ingang gefunben ^>at. Die 9?amen 33. 45 fmb
beutltcb ägVJ)tifd{fen Urfprung«: Sophnat Pa'neach ift freiließ unficfyer. LXX me^r
ög^btifc^ yfov&o/jupavrjx ober y>ou$oiu<pavrjx (®*fen. Thes. 1181), n)a« Targ., Syr.,
^ofe^bu^ revelator oeculti, ^teron^mu^ salvator mundi erflärt, fc^eint ju lefen 86
pußot-om-ph-anch, toobei sot = $eil ober sönt = ©tti^e, anch ober enech — Seben,
Seit (»nber« Srugfdfc a. a. D. ©. 248: Statthalter be^ fet^roitifc^en ©aue^). »Snaty
ein auf äg^ptifd^en 3«f^nften häufiger grauenname: Ns-Nt, bielleic^t Nes-Nit, „ber
Göttin Neit gehörig". $on>^era h)irb bon ben meiften fitr ibentifä mit bem obigen
9tamen Sßotit^ar gehalten. Dn ift ba« äg^tifd^e 3lnu, ^eliopoli« norböftlid^ bon SMem* 40
Jjj^fe, ^auptftätte be« JtultuS be« grogen (Sonnengottes, ba^er ber bortige Dberpriefter
einer ber erften im SReic^e. ®ag %o\q>f), ob auc^ o^>ne ©efä^rbung feiner perfönlic^en relU
giöfen ©elbftpänbigleit, bie er $u tba^ren tougte (bgl. 43, 32, Wo auefy bie ar<$äologifö
nötige ©Reibung be« Sifc^e« atoifcfyen 2tg^tem unb Hebräern ju beachten), in bie ^riefter«
Haffe trgenbnrie einverleibt tpurbe, ftimmt bamit überein, bag biefer auc^ bie SSertoaltung, 45
mdbefonbere bie ber ©etreibeborräte (S3rugfc^ a. a. D. ©. 643) mfam. 9lte §crr über
Untere na^n aber Spf^^ überhaupt bie erfte ©tette im Steige nac^ bem ^J^arao ein. 6r
nennt fü^ 45, 8 „Sater p«) be« ^J^arao, ©ebietcr (1"hn) über fein ganje« §au«, §err=
ft^er m gan) äg^ptenlanb", 42, 6 ijeigt er c^rti ©etoattfyaber über baS Sanb. 3ene«
Tf"« ifl foaar in« ^g^tifd^e eingebrungen (Srugfcji ©. 207. 251 f.) unb ben Sitel 50
ab-en-pira o im ©mne bon Serater bc« $^arao, 3Rinifter, ^at 93rugfd> me^rfac^ in ben
ÄoBen naefojetariefen (©. 207. 592. 633. 831). SDie lüirtfc^aftlic^en 5Kagregeln, toelc^e
^ofepb nt biejer ^o^en Stellung traf, finb na^ üKaggabc ber äg^tifärn Ser^ältniffe ju
beurteüen. 9Man fyat i^m — um ^altlofere 2lnfcfyulbigungen ju übergeben — ben 3Sor«
tourf unnötiger §ärte gegen ba$ 55olf gemalt; aber für ba$ reiche Stg^ten toar bie 41,34 56
aefarberte Sttgabenlaft toeber fc^toer ju tragen noc^ ungetoo^nt, unb bag ber ©taat allen
wmbbefu), aufgenommen ben })riefterlicf)en, beffen Slntaftung bie äg^tijd^e ©afcung berbot,
m W jofl/ gehört ju ben jentraliftifc^en Seftrebungen, toelctye in biefem Sanbe nötiger
mtb barum berechtigter toaren ate anberätoo. 2luc^ äg^tijd^e Beamte regneten e$ ftdjf
übrigen« )um ^o^en SBerbtenfte an, h>enn fie baS Sanb burd) ä^nlic^e ^ürforge bor ßo
358 3ofeM
Hungersnot ju beloafyren im ftanbc toaren. fttoti gäHc ber Slrt (. bei Srugfö a. a. 0.
6. 130 u. 244 ff. $a« leitete Seifoiel, ba« toafyrfcfeinltcfy mit ber bibliföen Hungersnot
ibentifcfy ift, jeigt, bafc, ob auc§ feiten, eine fotcfye in 3ig$>ten mehrere 3a&r* nfl$ «n*
anber infolge niebrtgen ©tanbe« be« 9lilö anbauern fonnte, toa« bejtoeifelt toorben. 9(u$
6 enttarnt e« ben natürlichen SBerfyältnifjen, toenn Äanqan gleichzeitig SRegenmangel $atte,
toeldje« £anb obenbrein nac$ ben 2tmarnabriefen au« 9tg$>ten ßom bejog. 2)afe fteben
Satyre lang ber 3lxl feine normale $ö^e nictyt erreichte, unb infolge beffen toä^renb biefer
ganjen 3*ü 5Kangel berrföte, giebt auc$ eine Diel fpätere Snfcfyrift (3. 3a^- & ©M)
befannt. ©ietye Srugfdj, 2)ie btblifcfyen fteben %afyu ber Hungersnot, 2eiftjtgl891; Sayce,
10 Monuments8, ©.217 f. $afj Seftimmungen, toie fte 3°f^ einführte, toirflu^ in >y>ten
beftanben, bezeugen Hcrobot 2, 108 f. unb 2)iobor 1, 54. 73 f., toeld&e bcren Urfprung
auf ©efoftri« ober ©efoft« jurüdfü^ren, toa« aber bei bem Iegenbarifd&en ßfyarafter biefcd
Herrfcfycr« leinen ©cfylufj auf bie Qtxt, in freierer 3jofet$ lebte, geftattet. — S)a &gW>ten
bie ergiebigfte Äornfammer toar, fo rücften in folgen 3*^ ^ 9to* M* femitifcfcn
15 ©tämme Dom 9lorboften gerne in« Sanb ein, tourben aber nu$t feiten mit berechtigtem
9Bi&trauen aufgenommen (42, 9). 2)ie änftebeluna ber Hebräer im Sanbe ©ofen enfc
tyridjt toicber ganj ben SSerfyältniffen, ba biefer ©ejirt in ber %tyd feit lanaem ba«
SRebier einbringenber Semiten h>ar unb fieb für, bie nomabifcfye 2eben«art trefflicp eignete,
toäfyrenb fte im ftreng aibilifterten eigentlichen Slgfyjpten mit ben gefefeli$ geregelten ®e*
20 brausen biefe« Sanbe« in Äonflift gefommen toären unb tyre ©elbftftänbigteit Ratten
aufgeben muffen. SSgl. 46, 34 bie 3lbneigung ber äg$>ter gegen bie fivttm. Seiläuft}
fei bemerft, bafc man ben 9tamen „Hebräer" in bem ägDptiföen 'Apri, plur. 'Apriu
fcat erfennen toollen (Ober« a. a. 0. ©. 316 f. ; Dgl. Hammel, 3lltt«r. Überlieferung, ©. 258 f.),
toogegen aber cmftlid^e 33eben!en befielen. ©. 93rugfö a. a. D. ©. 541. 582 f.; Äi>l?ür,
25 ©ejfo. I, 240 f. — 211« ectyt äg^tifd^en 3UÖ ettoätynen hrir enblicfc bie (Sinbalfamienmg
gatob« unb bie 70tägige Xotentrauer um ttyn 50, 1 ff . — Stimmt man bie« alle« $u*
fammen, fo !ann man ftcfy be« ßinbruef« ntdjft ertoe^ren, ben Sber« mit ben SBorten
au«ft>rictyt : „3)ie gange ©efd&icfyte 3°(e^ mufe feIE>ft in tyren ©injetyeiten al« ben toteren
93erl?ältniffen im alten äg^ten bur$au3 entf^red^enb bejeic^net merben". äu« ben Dielen
so Regierungen nu ägtyptifcfyen 3^ftänben unb ©Uten folgt freiließ nic^t o^ne ta>eitered bie
©eföic^tltctyfeit ber @rjä|lung. aber ebenfotoenig lägt ftd^biefe Swftanjj für i^re gitter*
läffigfeit bamit abt^un, bag man fagt, ber Serfaffer ober Überarbeiter fei eben mit äg^
tifc^en 33er^ältniffen Vertraut geh>efen. SQ3o arctyäologiföc ©ele^rfamfeit eine Solbfage
berichtigt, fcirb beren bolfötümlic^e prifc^e unb Sebenbigteit überaß jerftört 9luc^ mad^t
35 Kittel barauf aufmertfam, bag jene äluätunft nod; Weniger angebe, feit man ertatmt tyiübt,
ba| fyter nidbt ba« 2Berf eine« 9lutor«, fonbem eine Don Derfd^iebenen Srjä^lern mit re>
latiber ©elbftftänbigteit toiebergegebene Überlieferung Vorliege, dagegen aUerbing«, bafc
bie 3of^=©efc^ic^te in einer ungefähr jeitgenöfftfe^en Duelle Dorliege, f}>re<^en getotytige
SKomentc, namentlich bie Benennung be« „Sanbe« SRamfe«" (®en 47,11), bie bo<$ too|l
40 erft unter ber 19. Stynaftie mögli^ toar. 3m aUßcmehten aber mag bie ®eföi<$te gegen
bie 3^t be« 2lu«jug« niebergef^rieben Sorben fem. 3Kan &at bagegen freiließ gdtenb
gemalt, 9?amenbilbungen toie ^oti^^ar (pa-tu-pa-Ra) fämen erft in ber 3«t be« ©djifcfca!
Dor; ebenfo feien 5{5erfonennamen, mit Neit jufammengefefct, toie jene« Asnat, erft ou«
ber 26. 2)^naftie ju belegen. SlBein toenn folc^e 9lamen au« früherer &ät niefct nad^»
45 geh^ief en ftnb, ift ni$t gefagt, bafe fte bamal« nicfyt Dorfamen. SSgL über^au)>t Sayce,
Monuments6 ©.212 f. 2)ag feit bem3lu«aug ou« ^ptm bie Soto^gef^te föriftltd?
Dor^anben fein tonnte, lä|t fic^, feit man \vc\§, in toeldjem umfaffenben ©ebraud^ bie
©d^rift bamal« nic^t nur in Slg^ten, fonbem and) in Äanaan ftanb, m$t füglic^ be>
ftreiten. Unb bafür, ba^ fold^e äufgeic^nungen ejiftierten, legt eben bie Zreue ber Uebet*
50 lieferung aud) im einzelnen 3^9^^ a^- ^u^ ^ 3Rärt$en Don ben jtoet Srübent
(f. oben©. 356,40) fpriegt bafür. &enn toenn feine SSertoanbtfc^aft mit ber^ofepfoeföic&te
ftc^ faum bejlDeifeln lä|t, fo mufe bie Originalität ber lefcteren juerfannt tperben, nic^t
ber fc^on unter 5Kernet)ta^ niebergefc^riebenen äg^tifc^en (grgä^Iung, bie plölflid) in«
^J^antaftijc^e abbringt, mo fte i^r Sorbilb berläfet.
55 S^agt ftd^ nun, in toeld&e $eriobc ber äg^tifc^en ©eföic&te bie (Smn>anberung ber
3«raeltten einjugliebem fei, fo lommt Dor aßem i^r SJer^lältni« )u ben H#fo* in 9e*
trac^t, beren Hroföaft über ba« untere 5Rilt^al, aeittoeife aud^ über Dberäg^tcn# be»
tanntltcfy einen tiefen ©infe^nitt in bie ägt# tifc^e ©efc^ic^te gemalt tyd. Xa^ jene« noma«
bif^e ©emitenbolf, toelc^e« ^a^unberte lang über Sttgtyrten regierte, mit ben 3«raditen
eo einfach ibentifc^ toäre, h)ie ^ofe^u« (c Apion. 1, 14) annimmt, baran )u bentei Der»
3*f4»!l 3*\<Pt) bon »rimot^io 359
bietet föon bte befd&eibenc Stellung, Welche bie (enteren naefy beut biblifcfyen Serictyt in
jenem 2anbe einnähen. 3)ie grage aber, ob 3oft$3 ÜBirfen in bie $tit ber #tyffo&
fcrrföaft }u fefcen fei ober erft in bie bc$ SReucn 9lei$e$, ift in erfterem Sinn ju ent*
[Reiben, galten Wir an ben 430 (ober 400) galten be$ äg$>tif<$en äufentyaltS feft
nadj @| 12,40; ©en 15,13, fo führen fte, auc§ wenn ber 2lu3$ug erft unter SRerneptaty 6
ftattgefunben fyat, bottenbä Wenn er früher ftattfanb, in bie $tyffo3jeit jurücf. ®. ©tyn=
cdhtS nennt ben Sßfyarao ber SinWanberung Aphophis, b. i. Apopi ber 35cnfmäler, ber
na$ 93rugf$ ganj furj Dor bem änfang ber 18. 2)fynaftic regierte. 3n Me 3e^ fättt
nad) xfjm auefc bte mehrjährige §unger$not, Don Welcher bie oben berührte ^nfd^rift be-
notet S. Srugfö, ©ef4 % ©. 243 ff. (SS ift aud) an fic$ einleutyenb, bafc bie 10
§ty!fo$tömge ebenfofefc ein ^ntereffe baran fyaben mußten, fcmitifd&e Slnftebler in$ £anb
|u jiefcn, Wie bie erften $errfcfyer be$ SRcuen 9tetc§e3 (18. Stynaftie) ©runb Ratten, bie*
Jetten fernzuhalten ober }u unterbrücf en. 3>er einjige ©runb, ber für bie gegenteilige Sin*
nannte angeführt Werben tann, ift baä ausgeprägt ägtyptifcfye ©epräge be$ $fyaraonentyofe$
in ber §tf<plfötfd}id)tt. Slttetn nad) mannen 2tn$eic§en fyaben fi$ bie $fyffo$fyerrfc§er balb 15
»oflftänbig bem äg$pti[c§en Zeremoniell anbequemt unb Waren bemüht, an ber feineren
Sitte unb SMlbung be$ Don tynen unterworfenen SanbeS teilzunehmen. ©o fann eS und
bon einem folgen Äönig auefy nicfyt Wunbern, h>enn er feine ^eiligen ©Treiber fyat unb
mit ber Sßriejierfc&aft auf gutem gufce ftefyt. 2)aä 3)un!el aber, Welches über ber §tyffofc
|>eriobe ru$t, namentlich infolge ber barbartfetyen 3^Pning ifyrer 5Konumente burefy eine 20
Rötere Stynaftte, mag mit baran föulb fein, bafc mir feine beftimmten ägtyptifcfyen Utodfc
rieten über 3°fa>& unb .feine gamilie tyaben. 3m allgemeinen flofc offenbar für bie 6r=
mnerung ber foäteren Ägtyrter biefer ©tamm, ber un$ je$t au$fdjlief$lic& interefftert, mit
ben femüif$en Sbtfieblern im 2)elta überhaupt jufammen, Weätyalb auefy einzelne $üge
auS 3°fa>^ unb 3Rofe3 ©eföicfyte in DerWirrtem ©emenge mit anberen Bewegungen in 25
ber ägty>ttf$en Xrabition erfreuten. — S3ei ben §uben unb 3Ku^ammebanern §at ftc$ •
bie Srjityhmg bon 3°^^ ©t^idffal — bie fcfyönfte ber ©efcfytdjten, Wie 3Ru£ammeb fte
neimt — befonberer Seliebtyeit erfreut unb ift bielfacfy legenbarifety, befonberä bon ben
Uferen auSgefömücft Sorben. 5o|ep^uS Ant. 2, 2—8 begnügt ft$ nod^ mit bem bibfc
H^n Seric^t unb malt nur Wenig au$. 5Dic Xalmubiften befc^ränlen fic^ ebenfalls auf 30
anleine Slefleponen über bad biblifc^e 2tbtn 30W^- ©c^on Diel freier berfä^rt bamit
ber Horan, too ©ure 12 Don 3°f*f ^anbelt. 3n **>** 3°'öc ft>ann W bti ben 3Kudlimd
ein ©eWebe ber 2)icfttung, befonberd um bad SSer^ältntö jwifc^en Qufuf unb ©uleila (ber
Zoster $^araod, ©atten $oti))^ard), toel$e$ merftoürbigerWeife ^um %\)pu$ ibealfter
Siebe tourbe. t». Orcfli. 35
fyföft Hon 8nmatf|ta, Welker (nad) J0^ in ©emeinfe^aft mit !Ri(obemue) ^efu
gek^nam beftattete. 9Wt 27,57—60; 3Bc 15,42—46; Sc 23,50—54; 30 19,38—42.
Sämtliche Sendete befunben ein toarmeä 3niereffe f^r fe^ne ^erfönlic^feit, fein muftoKeä
Suftreten, fem J)ietätboHed SBerf. ©ein ^eimatöort 9Agijua&aia Wirb mit 3Ba^rfc^einIic^s
bit ibentifijiert mit TfyiaM/i 1 3Baf 11, 34, 0Tj-t77 1 ®a 1, 1, Rama im ©t. »enj. 40
3of 18# 25, bem heutigen er-RAm, 6 9KiBien nörblid^ bon 3*rufalem. 6in Wo^Igeftnnter,
frommer 3Rann, buref 3^fu SSerfiinbigung für bie Erwartung bed SReic^ed ©otte« ge«
twmnen, tydtt er bod^ bid^er in feiner Stellung atö SRitglieb be$ ©Dnebrium^ unb ber
Snßohatie ©d^eu getragen, ftc^ offen ju ^efu ^u benennen ; aber er ^atte ben Wut ge«
fabt, fu^ Don bem 33erfa^ren bed ©^nebnum^ gegen 3efum fern ju galten, unb Wagte 46
e* (toXprjoag 5Wc 15, 43), feine Serefyrung gegen ben Eingerichteten $u bezeugen, inbem
er feinen Sei^nam Dor ber ©c^mad^ einer 3Kiffetfyäterbeerbigung bewahrte : afe auf Slntrag
ber 3"ben Dor Seginn be$ ©abbatö ber Seib %t\u mit ben anbern burc^ bie ß^efution^
mamifc^aft abgenommen werben foOte, lam er jubor unb erbat unb erhielt bie Srlaubnid
jur ©enbigung. 2)iefe gefd^ in afler ^orm einer e^renboden SBeftattung, ja mit bemofc w
ftratiDem XufWanb. 2)abei notieren au|cr Warfud alle Sbangeliften, jum ieil mit Waty
taut (3*^)r fea6 bad ©rab ein biä^er nod) ungebrauchte^ War; Wie e£ fc^eint, fa^en fte
Sterin ^mbolifcb angebeutet, bafe 3^"/ **>& äuferftanbenen, ©rab^uftano nic^t bemjenigen
ber bte ba^tn Serftorbenen gleid^ gewefen ift.
6m Problem für bie (fbangelienfritit bieten bie befannten Differenzen ber 33eri$te 66
^tnfi^tlt^ bed ©rabe*. 3)ad Ser^ältntö fc^eint folgenbtö ;u fein: 3Rartud unb Sulad
refleftieren auf ntd^tö anbered aU auf ben Umftanb, bafe ^ofepf) für ben 2eid)nam ein
8rab unb jWar ein Dorne^med befd^afft fyat] bie fic^ aufbrängenbe f^rage, Woraufhin er
ba<fe(be )ur äkrfügung fyatte, berücfftd^tigen fte ri\d)l 9tber ^att^äud nimmt 9iücfftc^t
360 Sofetff bon »nmatljm 3*fa>!| »r^ennioö
barauf unb fann mitteilen, bafc cd ifym ^u eigen gehörte. 3)abei aber brängt fw& bie
gragc auf, marum rttc^t, mie e$ boc$ bei bcfonberS etyrenboller Seftattung als baä 9la=
türlid&fte erfcfyeinen müfjte, für ^jefurn ein befonbereä eigenes ©rab, fonbern ein frembeS
genommen mürbe, hierauf nimmt ^ofyanneS SHüdEftc^t, »Deiner baä (S^renboHc ber 8e*
6 ftattung am ftärfften fyerfcortyebt. 6r erflärt ben Umftanb mit ber Angabe, bafj man
burcr) bie SRüdtfid^t auf bie Feiertagsruhe genötigt mar, ein in ber 9tätye borljanbene*
©rab $u nehmen. S3ei biefer 2luffaffung U)irb freiließ borauägefcfct, maä ja aber au$
fonft gcfid&ert erfd&cint (togl. neuerbingS 3a$n, @inl. in ba$ 31. %. II, 6. 498 ff.), bafe
SofyanneS bie ffynoptifcfyen ßbangelien bor fic$ fyatte unb ju ergänzen bemübt mar.
lo D. ». edpnibt
3fofcJ>l) SrtyemtioS, geft. um 1436. — fiitteratur: 3fabrictu3»£arle8, Bibliotheca
Gracca XI, @. 659 f.; ßrumbadjer, ©e(cbic6le ber b^antini[cften ßitteratur 1897, ®. 114;
$$. 9ttet)er, X&Stft 1896, ©. 282-319; $erfelbc, 93^antinifcf)e Seitfc^rtft 1896, 6.74-111;
3olj. $räfecfe, Weuc firdjl. 3citfd>rift 1896, 6. 208-228. Seine Säerfe finb 9fyi. 3eüf*r.
16 a. a. £). au8fül)rltdj genannt.
^ofepfy SrtyennioS ift einer ber bebeutenbften bv^antinifcfyen Styeologen be$ 15. ^a^r*
fyunbertä. 3)af$ er bisher nicfyt fo belannt geworben, mie ©ennabioä ©#oIario3, 3Rarfo*
©ugenifoä unb anbere, liegt barin begrünbet, bafc er bor bem itonjit Don Floren^, bad
bie bamaligen b^antinifc^en Geologen im Slbenblanbe befonberS belannt machte, fetyon
20 geftorben mar unb bafc er mit bem abenblänbiföen §umani$mu$ feine Serüfyrung fu$te.
3)am fommt, bafj feine SBerfe, bie bon ben ©rieben ftetö $oc$gefc$ä$t unb Diel au&
gefegrieben mürben, fo 3. 33. bon ^eremiaä H. *n feinen Stotmorten an bie lübmger
Sut^eraner ($&. 9Ber/er, $ie t&eol. Sftterat. ber grieefc. Ä. im 16. ^a^. ©. 99 ff.), aud?
bon ben 2lbenblänbern j.93. bon Seo SltlatiuS bielfacfy citiert mürben, erft im 3ai^rel768
26 unb 1784 bon ßugenioS Sulgari« (f. b. % 93b V ©. 588 ff.) herausgegeben mürben, b. &.
in einer $&k, in ber man lein 3;ntcrcffe für bie griectyifdbe Äirc^e gatte. ©0 blieb au<$
bie ausgäbe feiner SBerfe, dbmofyl fte bon gabriciuäsßarleS a. a. D. genannt toirb, un*
beamtet unb SBrr/ennioS ©Triften fanben feine Slufnafyme in ber grie$ifc$en Sßatrotogie
fcon ÜKigne. SBafyrföemlicr) maren fte auc$ biefem unbefannt ober unzugänglich
so 3>°ieP^ 93rr/ennio3, toie er fic$ matyrfcfyeinlicfy na<$ feinem (Eintritt in$ 9Rdn$tum
nannte, mätyrenb er borfyer ben Seinamen 33Iabtyntero$ geführt $at, ift tttoa 1350 ber*
mutlicty in Sacebämon geboren unb trat um 1375 in ein fretiföeä JUofter ein. §ier toirlte
er lange 3(a^re als beliebter ^rebiger, mufete bie Sjnfel aber h>egen eine« ernften &on*
flifteS mit ber ©eiftlic^feit toerlaffen. 6r toanbte tä um 1395 naefy Äonftantmopel unb
86 trat bei ben Stubiten ein. SBalb ertüarb er bie ©unft be$ ÄaiferS 3Ranuel ^Jalaeologod
unb nafym afe §ofrrebiger audf^ in ber Äird^en^olitif eine bebeutenbe Stellung eht. gm
3a^>re 141 6 unb 1418 mar er faiferlicfyer ©efanbter im 2lbenblanb. Äu$ unter 3«>^anneS
$aläotogoS ftanb er anfangs nodp in ^o^em 3(nfe^en. 9llS biefer Jtaifer aber burefy bie
!>olitijc§en Umftänbe gejmungen, bie Union mit ber lateinif^en ftircfye jucken mu^te, jog
ic^ %o\t)pfy au$ bem öjfentli(§en Seben jurücf, benn er mar ein ftarfer ^einb ber Union.
SBa^rfqeinlic^ berlebte er feine legten SebenSja^re in Äreta. ®r ftarb furj bor ber 86*
reije ber ©rieben jum Äonjil in ^errara.
93rr/ennio3 ift ein ftreng ftttlic^er Gtyarafter, am meiften Starfod Sugenifo« bertoanbt
3J2it großer Energie unb mit einem für bamalige SSerr/ältmffe bemunberung^mürbigen
46 greimut ift er allzeit für baö SBo^l ber orfyobojen Äirc^e unb bie ©elbftftänbiglcit beS
SReic^S aufgetreten. ®ie 9?ot ber $tit in Äird^e unb Btaat fyat feinem SEBefen ettoad
^efftmiftifcbeS aufgeprägt. 6r a^nt ben nafyen Untergang unb fte^t baS ®nbe edler Dinge
bor ber £^ür.
3jofej)| ift bormiegenb Geolog, bo<£ bieten feine SBerfe eine 9Renge ©toff avß allen
60 fünften unb SQäiffenfc^aften ber b^jantinifd^en Silbung, namentlich aus ber SR$etoriIr ber
Eialeftif, ber ©eometrie unb 2lftronomie, ber ytiftW unb ber Sßbtlofo^ie. Site $^Uofo^
^ängt er feinem <5r/fteme gän^lic^ an. 3n ber ^fr^ologie ^latonifer, aber auc^ Don
SlriftoteleS beeinflußt, folgt er in ber ßtfyif ftoifd^en unb neuplatomfäen ©ebanfert Unter
ben SSertretcrn ber ©toa beborjugt er namentlich ben Jtaifer 3Karc 2lurel, Neffen Äom*
66 mentarien er oft citiert, bod& o^ne i^n ju nennen. §ier mar er offenbar bon bem fata*
liftifd^en .ßuae be$ faiferlic^en ^5^ilofop^en fr;m>)at^ifc| berührt ®oc$ fmb bei i^m alle
antifen Horfteßungen bon ber c^riftlic^en Sbeologie affimiliert an [\$ gelten tym bie
Vertreter ber Slntife als Reiben, beren Autorität er nic^t anerfennt. 3n biefem ©tücfe
ftc^t er ben §umaniften feiner 3*it Wroff gegenüber.
3ofty!| »rtfenmoS 3o\*Ph 3fef« Pflegevater 361
SBie gefaßt, fommt 3°fe^ SrtyennioS namentlich als $r)eolog in 93etrad;t. Ifjeo*
logtfö finb auc$ faft alle feine Sßerfe. 2luc$ unter ben Wenigen bie niefct herausgegeben
finb, ftnbet ftc$ h>enig, toaS nid&t jur Geologie gehörte. 3°W M 21 Sieben unb brei
Dialoge über bie Srinität gehalten, Sie füllen ben erften 93anb ber ausgäbe feiner
Sdrriften. Seine übrigen $rebigten bejiefycn ftcfy auf bie ©otteftnutter (5), auf bie ©r* 6
ßfung (6), auf bie legten 2)ingc (4), auf ben ©lauben unb auf bie §eil3öfonomie je
eine, ebenfalls eine auf Dftern, jtoei auf bie SSerflärung ßljrtfti unb ba$ Ifyaborlicfyt.
ftad^enpolitifcfy ift ber köyog av/ußovXevrtxög, in bem Qofcp^ feine Stellung jur Union
barlegt unb bie Siebe mgl rfjg rebv Kvnqimv evwaecog, bie äfynlicfyen ^Jn^att l;at. Stein
l>olitifc& ift bie dtj/LirjyoQia, in ber er jutn SBieberaufbau ber -Kauern Oon Äonftantinopel io
aufforbert, bie ©anhebe an bie ©otteSmutter, mit ber auefy ber Sermon über bie Stanb*
Ipftigfcit jufanimcn^ängt. Stein perfönlic^er Statur fmb bie jtoei Iroftreben an ben Äaifer.
Sic ÄbfctyicbSrcbe an bie Greter tyat ätynlicfyen Gfjarafter. 3^ Stbfyanblungen ftnb bie
Äuffäfce Jiegl rov vodg unb bie emdxig bird xecpakaia. (Snblicfy ftnb *>on 3ofej>^ auefy
26 Sriefe befannt, in benen neben bem ^erfönlid^en au$ manches ifyeologifcfye unb %& 15
Otifc^e fwfc finbet.
3ofej)$ SJrtjennioS ift ein ftreng fircblictyer Ideologe. 6$ finben ftc§ bei ifym faum
abenblänbifc^e ©inflüffe. 2)aS toirb ein rurjer Überblicf über feine Ideologie jeigen. 3)ie
Cffenbaruna toirb burc^auä intetleftuetl gefaxt. Sie enthält doyjuara unb ift in ber
fcüigen Scyrift enthalten. 2)ie fielen ber ^eiligen Schrift ftnb bafjer bie oberften Stör- 20
men ber Äirc&enletyre, baneben aber ftefyen bie SBäter, bie bie Schrift richtig aufgelegt
faben. 2)ie SSerfammlung ber SJäter ftnb bie Äonailien. (Sä gilt bafyer, bie überlieferten
2)ogmen unberänbert feftjutyalten. 3)a$ ift bie $flic§t ber $römmigfeit. 2)ic Dogmen
bebfirfen batyer auefy feiner Steu^rüfung ober bernunftgcmäfjen 93egrünbung, fte ftnb ge*
)nrüft Don ben SSätern unb ftefyen über ber Vernunft. 3)ie Seftrebungen ber abenblänbi* 25
fam S<$olafttt toerben alfo gemifjbilligt unb bertoorfen. 9luf ©runb biefer ^rin^ien
mttoidelt 3ofe£$ nun bie einzelnen fielen. Über ©otteä 2Befen läfct ft$ nur fagen, toaä
tt ntyt ift, pofttto lennen toir tyn nur in ber ftriniiät, auf beren ®arftellung bie größte
SDÜtye toettoenbet toirb, namentlich um bie abenblänbifcfye Setyre ab$utoeifen. 2)er ßtoedf
ber gefamten Schöpfung ift ber 9Jtenf$. 6r ift gefctyaffen um baä ui toerben, toaS ©ott 30
Don Statur ift, er fott dioei &e6g, er foll Vergottet toerben. ®oc^ oer SJtenfc^ toottte bie
i^m jugebac^te SBürbe bur$ eigene SJtac^t erringen, ba^er ift er au« ber ©ememföaft
®otte$ gefallen. Unb tpenn i^m auc^ ba« amegovoiov geblieben, fo ift er bo$ auf
bad Sinnliche gerietet, ja unter bie Sünbe berfauft. 216er ©ott l>at in feiner ngovoia
ben gatt Dorauägefe^en. ®r ^at toon Slnfang nicfyt nur auf bie nkdoig, fonbem auc^ bie 36
ördjüaoig gebaut. 2)iefc erfolgt burd^ bic Senbung 3>efu ß^rifti. Sein 2Berf befte^t
barin, baft er bem 2Jtenf<$en bie (Srreid^ung be« Sc^öpfung^toecfe« möglich machen toiD.
Unb jtoar geföte^t ba« toeniger burc^ ein Strafleiben, ba$ ber §err auf ftcfy genommen,
eine Satidfaltionäe^re pa^te ni$t in ben 3ufammen^ang, fonbern burrf> bie Srfd^einung
ber $erfon be« §errn felbft. 2)ie S^ätialeit beä §erm toirb in mannigfachen Silbern 40
befc^rieben. 2)er Srtrag ber ßrlöfung für bie ©laubigen ift bie ©arantie beä etoigen
geben« na$ bem lobe unb bie 93ertoanblung be« Strafleiben« in $rüfung«leiben. 3SoHenbet
tottb bie §eil«ö!onomie erft burc^ bie ovvrüeia rov xdojuov, Don ber 3°ftyfy ^nc Wr
betatOierte Säuberung giebt. 3)a« biefen religiöfen I^eorien entfprec^enbe et^ijc^c Ser*
galten ift nac^ 3ofef SrtyennioS ein a«fettfc^e«. 3)er SJtenfd^ rnufc ftd$ felbft bafür be- 45
reiten, bafc ber §en ba« SJtaterieHe, ba« Sünbige il^m abnimmt. 6« gilt bie ndßrj %w
überttiinben unb Xugenben ber brei Seile ber Seele $u ertoerben. Stamentlid^ tritt babei
baÄ SUmof engeben ^ert>or, tvirb aber fotoeit au«gebe^nt, bafe faft bie ganje 2iebe«t^ätig!eit
gegen ben Stapften barunter begriffen finb.
SXefe furjen 3**ge mögen geigen, bafe ^sofe^^ ein fircfylicfyer 2l;eolog toar. ^ür jebe w
emjebte ber Don i^m be^anbelten Se^ren bietet er aber ein fo reiche« SJtaterial, ba{$ feine
Serfldftc^tigung bei ber 3)arfteDung ber fpät=b^antinifc^en Äird^enle^re unerläßlich ift.
$1). We^er.
Stfaft* 3«fu ^PflegeDater. — 1. ftultue. ASB t. III Mart. (a. 19. SRÄrj).
Senebift XIV (^rofper yambertini), De beatorum canonizatioue, IV, 2, c. 20, n. 7—58. 65
Analecta iuris Pontif. 1860, p. 1509 sq; Stabler, Soüftfinbige* ^eiltgenle£tton III (1869),
S. 449— 453; 3. »ouot), 2)er @tcrn be« 19. 3af>rf)unbertö, ber bl. 3o|ept), 9lad)en 1869;
Mrdbl, ÄÄfi.«, VIf 1843 ff.; C. M., Primaut^ de S. Joseph d'aprea l^piscopat catholique
et 1* theologie, ^ari* 1897; 93eba ^ßlaiue, O. S B., De vita et eultu S. Joseph patroni
362 %o\tpt) 3efu3 ^ffcgebater
ecclesiae catholicae: Stub. u. 9Rittcif. au& b. $eneb.« u. (£ift.-£). 1898, p. 171ff.# 395jf.,
509 ff.; gof. Go&£a«£u$i, De s. Josepho viro Mariae cantica liturgica Graecorum auetore
Joaepho Melodo: Bessarione (8eitfd)r.)( t. V, 1899, p. 429-448. «gl. ba« „SSolIftänbiflC
©t. 3ofepb«büd)fcin", SRegenäburg 189 1.
6 2. Orben u. Kongregationen. £>el^otr Ordres mon. IV, 405. 411ff., VIII, 25ff.,
186 ff; £*wrion'$ef)r, 9(Qg. ®c|d). ber Wönd)3orben II, 288f., 349-355; 401; »abidK,
Dictionn. des ordres rell. etc. ($ari$ 185*), IV, 66)tff., 684 ff., 1139 f.; Äcffer, Les Oon-
grggations rcligieuses en France ($an« 1888), p. 356 ff.; SRardjanb, Moines et Nonnes,
Par. 1882, II, 195sq.; Streber, «. „gofep^iten" im Äffß* VI, 1874—1888; ©eimbufler,
10 91. „Scfculbriibcr", ebb. X, 1968-1970; berfeibe in f. Orben unb ffongreg., bef. II, 428ff.,
439 ff., 535 f.; Zf). ßolbe, $. fira% ©ruber(d)aftcn ic. (Erlangen 1895, <5. 10.
I. Screfyrung be« $1. 3 o f c J> ^. gut einen bem neuteftamentli<$en 3°fa>&# bem
Setlobten bet 9Matia unb SRäfytbatet 3cfu (Josephus Sponsus et Nutritius in bet
fyagiologifcfyen Äunftft>tac$e) feiten« bet cüteren jtinfye bargebrad&ten bef onbeten Äultu« fetyt
15 e« an au«reicfyenben gefctyid&tlictycn Seiegen. 2)ie altd?riftlic^en Silbtoetfe jieigen Ujn nie?
mala für ft$ allein, fonbetn ftet« in ©tujtyenbatftellungen $ufammen mit SJcaria unb bem
(Sljtiftfinbc, alfo gemäfe ben bibliföen Senaten in Sc 2, 2 ff. (©ebutt^efu in Setylefan),
9Rt2, 1 ff. (änbetung bet SKagiet), 9Rt 2, 18 ff. (ftluc&t na$ ägflrten). Unb jtoarftetten
bie Monumente au« ftüfyeftet 3cit ifyn ftet« in jugenblidjcm Älter bat, befleibet (al« äanbfterfer)
20 mit bet furzen $unica, unb babei enttoebet butefy einen Ätummftab al« 3$ei!ne^mer an
jener gfluctytreife, ober burefy Seil, ©äge 2C. al« Zimmermann tenntltd^ gemalt. Stft feit
bem 5., bejto. 6. Sa^r^unbert toitb et fcorfyettfc&enb al« altet SJtann ober gar aö ©reo
(mit Pallium, Dottern Satt, jungten fa&lföjjfig) abgebilbet, rodele Sluffaffung getoifi mit
SRec^t t)on @. S. be SRofft auf ben ©influjj bet a^of^^en £inb&eit«et>angelien gurüd*
26 geführt tootben ift. 3)enn na$ bet in biefe übergegangenen fiegenbe (pon toddpx aller*
bing« fetyon ©regor bon SRajiana unb Gtyi^aniu« Äenntni« Ratten) $atte 30f*tö «ft <*Ö
betagtet SBittocr bie Sttatia geheiratet unb tyt (bgl. 9Kc 6, lff.; 3Rt 13,55) ben 3a!obu«,
3ofe«, ©imon unb 3uba« al« ©ö&ne au« feinet etften @tye jugebtad^t liefet bia$«
Mittelalter fyinbutc& in ©eltung gebliebenen unb auf niAt toenigen ftunfibentmälern )um
so 2lu«brucf gelangten Sorftettung Dom ©reifenalter 30fafc ((• u- <*• Sforfael« Sposalürio,
au« bem ^afyre 1504) ift bie neuere abenblänbifcfctattyolifd&e Xtabttion entföieben atyott)
getoorben. 3^r $& iW aDgemetn ^ofe^>^ ate bet, toenn nid^t im 3iingling&, boc^ im
ttiftigen 3Kanne^aItet ftetyenbe Sctlobte bet 3Kabonna. ©ein frityjeitigeä ©Reiben aud
bem (Srbenleben toitb möglic^ertoeife — loegcn feine« 3utttdttteten$ in ben Senaten ber
86 (Sbangelien (f. au^et SKc u.3Wt 1. c. befonbet« auefc 3o 2, 1—12 u. 19,26)— mit9te$t
angenommen, toä^renb freiließ bie feit 3lmbtofiu3 unb ^ieton^mu«, ben ©egnern beä fyd*
bibiu« unb Sonofu« (»gl. bie 51.), )um feften Seftanbteil be« tat^ol. 5Dogma getoorbene
annähme, ba^ feine 6^e mit TOatta eine blofee ©c^eine^e (fogen. „3ofe£&&(g$c") ge=
blieben fei, bet fic&eten 3ln^alt«})unfte im 31% entbehrt. 3)ie fiegenbe, unb i^r folgenb
40 bie batftellenbe Aunft be« jäteten Mittelalter^, lögt ben %oh 3ofep^ toä^tenb bet 3üng=
Iing«ja^te $efu — alfo ettoa im 3. 18 n. Cfyr., ober naä) anbetet Überlief erung au^
too^l fpäter gegen 3*fu öffentliche« auftreten im 3atyre 27 ,^n — eintreten, unb itoar
im Seifein ber an feinem Sterbebette betenben Ataxia fotoie (S^riftt, nad^ einigen 3>ar=
ftellungen aud^ 3ol^anne^ be« ßbangeliften. Sefonbet« an biefen legenbarifc^en Script
45 bom ©terben 3«>fe})^« in ben 2lrmen ber SRabonna unb S&rifti, fotoie an ben Umfkanb,
baft bie ältere Überlieferung jtoar gelegentlich t>on feinem ©rabe (al« im St^ale 3ofat^at,
neben bem be« greifen S^meon beftnblic^), aber mental« bon feinen ©ebemen ui etj&^fen
roetfe, Inü>f en bie feit @nbe be« 3R31.« im Slbenblanbe jut ^errfc^aft gelangten xrabitionen
unb Sorföriften über ben 3»fej)^fultu« an. ©c$on %o\}ann ©erfon — überf^ru^t ein
60 eifriger görberer biefe« Äultu« (Serfaffer eine« Dfpjium« für« abenblänbifd&e 3^!«^*^
am 19. SKärj fotoie einer 12 ©efänge ^altenben poetiföen Josephina ober ^ta 8.
Josephi, t>gl. b. ». bon Sefc: VI, 617, 3. 17) — bertrat bie »nftty: 3of^ fei bei
ber Himmelfahrt feine« *PfIegefofyne« 3cf^ mit ©eele un*> 2eib (gleich jenen ßcUigen
9Kt 27, 52 f.) in ben §immä enttüdft tootben. Übeteinftimmenb bamit urteilte ber
66 f)l Setn^atbin b. ©iena: „mit Siecht feien 3^f«^ SKatia unb %o\tpf), nac^bem fie auf
ßrben ein atme« unb atbeit«boQe« fieben jufammengefü^tt, im $immel gu gemeuifamem
etoigen Beben erhoben tootben", unb toetftc^ette be«gleic^en gtanj bon ©<ue« : ber $1 3*
jc})& fei „bem Seibe toie bet ©eele nac^ im §immel". SEBie benn auc^ bet leitete feinen
mit grau to. g^antal jufammen gefttfteten Drben ber Sifttantinnen bem befonberen Bd/a^t
an 3ofej>^« untetftettte (1610; bgl. b. betr. 21.). ©etyon ettoa« jubot ^atte Xerefa be 3efu«#
al« fie (genefen bon bierjä^riger {elfterer Hranf^eit, beren Teilung fie befonber* ebenbenu
&Wr 3*fa ^ffcgebater 363
fetten $atrott jufd&rieb) DrbenSgrtinberin tourbe, baS crftc ifyrer Älöftcr bem fyl. Sofepty
aetoetyt (f. b. 9. in $9l@ \ XV, ©. 378 f.). — (Smtfofylcn burdfr biefe unb no$ anbere
Autoritäten na$m ber abenblänbiföe SofepljStultuS fett bem 17. %cü)rf). e*nm mächtigen
Sbtffötoung (togl. Äolbe a. a. 0.). 2luc$ ^ofc^^^eliquien beginnen aufzutauchen, be*
ß$enb aQerbingS nid&t in ©ebeinen ober ettoelcfyen Körperteilen beS leiblich tn ben §immcl 6
$inaufgenommenen, aber bo$ j. 93. in feinem 3krlobungSringe, ber )u Perugia gezeigt
tourbe, in einem ju 9tom fcertoafyrten ©tüdfe feinet s])tantelS u. bgl. 3al;lrei$e fromme
@enoffenf$aften beiberlei ©efcfcled&tS tfyun feit SMitte beS genannten 3<*^unbcrtS unter
St 3^fa>$k 9tomen ftd& auf ; f. SRr. II. 2luc§ ber bermalen angefe^enfte bcr tirc&lic&cn
Stbenttage Sofep&S fyd bamalS juerft päpftlidje (Sanktionierung erlangt. 10
2BaS nämlic^ bie befonberen feiern ju Qtyren beS ^eiligen betrifft, fo befajj berfelbe
in altfir$li<$er 3eit noety fein eigenes geft, — toaS immerhin mit ber Vorliebe ber älteften
Gjpiften^eit für ben ÄultuS toon ^Märtyrern, $u freieren 3<>fa>(? ja nietyt gehörte, jufammen-
bangen modjte. 33is ins Mittelalter hinein lauten bie Irabitioncn betreffs beS ^ofepfys*
tag* emanber hriberforet^enb. 3)ie Äopten feierten einen folgen am 20. $uli (h>elc$cr 15
%a% hn abenblänb. Äalenber Vielmehr bem ^ofepf} ^uftuS SarfabaS, 31© 1, 23, getoetyt
#). 9et ben ©rieben tourbe ber 4. 2tbt>enfc©onntag (©onnt. fcor (S&rifttag) als y$o\q>fä
tag begangen, jebocfc ni^t fo, bafe er biefem ^eiligen auSfcfylie&Iicty getoetyt tourbe, fonbern
ridme$r als acmeinfameS geft für 3<>fa>& (nebft SKaria), Äönig 3)at>ib unb ;>fobuS ben
©cremten (ba$er ber allgemein gehaltene SRame : Kvgiaxrj tcov ävicov naxegiov). (Sin 20
3nrädret$en biefeS 3ofel>fc3)a&ib=3afobuSfefteS bis in früfyc alt!ir$lic$e Reiten fuc^te
neuerbing* 6oj$a4Juji (f. 0.) unter Berufung auf baS ßeugnid beS .§tymnograt$en ober
3JMoben 3ofep&, eines griec&iföen 2)i$terS beS 9. $a^unbertS (geft. 883: bgl. Ärum*
to$er, ®efö. b. b%. 2itt.2, 676 f.) toa|rföeinlic§ $u madjen; aber er legt bem SMenäen*
Äanon biefeS 9utorS beS ?tyotiamfc&en Zeitalters einen übertrieben fyofycn geföicfytlictyen 25
3eugentoert bei (f. Anal. Boll. 1899, IV). Sßieber in eine anbere SatyreSjeit fällt baS=
Mg« Stfty&Sftft, toelc&eS — angeblich burefc flarmelitermönctye beS 14. ^a^r^unbcrtS aus
Serien Opaläftina) naefc bem 2lbenblanbe toetyflamt — ^ier junäd^ft bei anberen Settel«
«ben (bei ben granjiSfanern feit 1399) Eingang fanb, bann burc$©erfon ben Äonftanjer
Äongitoatern angelegentlich emjpfo^len mürbe, tociterfym ber übrigen fc^on genannten ^a« so
trone ft^ ju • erfreuen ^atte unb fc^lie^lic^ 1621 t>on ©regor XV. jum allgemeinen
itizc^enfefl für bie römifc^e Q^riften^eit erhoben mürbe. BiefeS nunmehrige $auptfeft
^oto^S — neben toelc^em übrigens lofal (j- S. in ber 2)iöcefe SlugSburg ber 23. %qxk.
als SetCobungStaa 3°f^^ "n^> SJtonaS) noc^ anbere ©ebenftage in ©eltung geblieben
fenb — fäHt auf ben 19. SKärj ; für biefen 3:ag ^aben ba^er aud& bie Sottanbiften 86
tmfren ^eiligen bearbeitet. %üx aufnähme Don ©t. ^ofe^S 9Jamen in bie grofce SlBer«
^ingen-Siturgie (unmittelbar hinter ^o^anneS beS XäuferS tarnen), foh)ie in bie Heinere
Stattet pro commendatione animae, forgte bann ©encbtft XIII. bur$ @rlag t>om
19. 5Degetnber 1729. 9lod) ^ö^ere (g^ren enblicfy ^at i^m unfer ^a^unbert gebraut.
SiuS IX. erHärte burc^ Defcet bom 8. 2)ejember 1870 jenes 3Kärjfeft für ein geft erfter 40
Klaffe unb er^ob 3°f*tö )um 6d?u^atton ber ganjen fatfyoliföen Atrc^e, moburc^ ber
Sang beSfelben fogar über ben ber 9))oftelfürften $etruS unb $auluS erbost mürbe.
8eo XIII. beftätigte in ber ®r\ö)Ma De patrocinio s. Joseph] Dom 16. äluguft 1889
boS 3BBefentli($e beS (SrlaffeS feines Vorgängers unb Derorbnete au^erbem für ben gangen
Dftober ehten Atfa| iutn 3lofenIranjgebete, toorin ber ^l. 3°fa>l? wm feinen befonberen 46
@$ufc für bie Kirx^e angerufen frirb. 9luc^ für bie anbauten jum ©fabulier beS \)l
3^W u. bgl. tourbe geforgt; bgl. ftolbe a. a. 0.
Sie Sebeutung bon bem allem in religiöfer unb firc^en^olitifc^er §inftd?t tann nicfyt
jtoeifel^aft fein. Sie bis in 3Raglofe gefteigerten (Sprüngen beS 9!ä^rt>aterS (S^rifti be=
beuten jettftoerftänblic^ niety ettoa Suftimmung ju irgenbtoelc^er ebiomttfcfyen ober ratio- 60
Kn Dottrin betreffs ber Slbftammung unb ©eburt beSfelben. ©ie fmb Dtelme^r
tote ber ©t 9nnenfultuS am SluSgang beS ^Mittelalters, ein Slnnejum ber
»e^r unb nte^r )u ^eibnifd^er Slbgötterei entartenben 3Wariolatrie. ^efuitif^e (Sinflüffe
fielen, inSbefonbere bei ben feit unfrem ^a^r^unbert hervorgetretenen ßjtrabagangen auf
biefem ©ebtete, eine $aut>trol!e. @S ift eine unb biefelbe bogmatif$4ir^en)>olittf<$e Zm- 66
benj, toelc^e in jenen auf^örberung beS ^ofe))l;Sbienft bejüglic^en (Srlaffen ber beiben legten
Sä^ie tote tn bin belannten 3?eranftaltungen jur .§ebung beS §er js^efu« unb beS ^Karten»
bdU (»gL »bVH, 777 ff.) tyren 3luSbrucI ftnbct. — 3Wit bem, toaS bie Jjo^uläre ^agio*
topfte unb aSfetij^e Sitteratur in feefer 9ln)>reifung ber angeblichen ^rüc^te unb 6rf olge
ber ©ebete jum 91. ^ofe))^ leiftet, Wetteifert ein $eil ber neuromif^en ©c^olaftifer in eo
364 ftofetrf), dfefu $flrgcbater
§inficfyt auf gefcfymadflofe Herfucfye $ur genauen 93eftimmung be« Slangs tucld^er bemfelben
in ber fyimmlif<$en §ierarc$ie aulomme, ober gur 3*e^unÖ Warfer ©rcmlinien jtoifc&en
erlaubten unb unerlaubten formen be« 3ofepfy«fultu« u. bgl. m. 2)om ?ßlame $. 8. be*
grünbet feine Slbmafynung bon ettoaigem ©ucfyen naefy JofcpIj&SReliquien unb bon be*
6 fonberer §eiligfyaltung berfelben mitbem eigentümlichen Slrgument: ©t. \$otyfy gehöre jur
Stangflaffe ber forsan in corpore et anima gen §immel gefahrenen ^eiligen ; bie 9ReU
nung, bajj e$ Reliquien öon ifym gebe, fei alfo, „quasi iniuriosa ipsi saneto", Don
ber §anb $u toeifen (f. ben Sln^ang „De reliquiis S. Joseph" am ©bluffe ber oben
unter SRr. 1 gen. ©$rift). 3)er Serfaffer jene« franjöfiföen Sßcrt« über ©t. ;Jofep&S
10 Sßrimat (f. ebb.) bietet eine reiche 3ufantmenftellung bon S3etoeifcn bafür, bafe 5s0fa$ ber
näcfyfte Sang naefy ber ©otte«mutter äufomme, er füfyrt fünf $ttel für fein 3$aterber$ält*
ni« $u ßbrifto auf, bringt 10 ©etoeife für feine §eiligfeit bei, erörtert fogar fragen toie:
„Le ministöre de S. Joseph est-il dans l'ordre de l'union hypostatique?"
unb begrünbet feine 2lbletynung ber äfono^me, bajj ettoa au« 9Rtl1,ll ein SJorrang
16 Rannte b. 2ßufer«it bor 3°f^^ 8U folgern fei, mittele einer 9lu«fül?rung fcon ettoa
40 ©eiten Sänge! 2tynlicfye« jum Xeil auefy fd&on in jener ©cfcrift SBoubp« bom Sa^re
1869 (f. 0.). — Äein 2ßunber bemgemäjj, bajj in Straftaten für« fatyoliföe SBol! ge*
legentlicfc eine an« S3la«pfyemiföe ftreif enbe S3ergötterung«tenbcn j in 93ejug auf ben ^eiligen
tyerbortritt ©0 j. 9. in bem bifc^öflicfc approbierten SBubtoeifer „Äalenber ju @bren be«
ao attertyeiligften §enen 3. gfjrifti" jc für ba« %al)T 1895, too bie gewaltige SBirfung ber
Stnbac^t jum tyL Sofepty mit ber ausführlich erjagten ©efd&i$te eine« StaubmörberS ittuftriert
toirb, bem feine Anrufung bleiben jur Slufnatyme in« Himmelreich bereifen £abe, trofc
be« §immel«pförtner« $etru« anfänglicher Steigerung tym (Sinlajj $u getoätyren, ja
trofe ber eine $t\t lang bon ©ottbater felbft ifym borentfyaltenen So«fprec$ung bon feiner
25 ©qulb.
IL 3ofe^« = Drben unb 93rüberf#aftcn. 3)ie ju ©fcren 3ofep&« 8«$rita*
beten unb nad) ifym benannten frommen Vereine gehören fämtliqj erfl ber neueren 3«* ««•
3Son ben 3Rftwwcrbercinen, bie jk$ unter ben befonberen ©c&ufc St 3<>fcp&$ al« be« Mb*
liföen @etyorfam«ibeal« ftettten unb naefc tym benannten, batiert 1. ber ber „3Belt*
sopriefter bom H Sofepfy" au« ber erften §älfte be« 17. ^a^r^unbert«; t^n grünbete
$aul SJlotta 1620 ju 9lom, too bie Äird^e Bari Sorcnjo in 3)amafo fein§auptft$ tourbe;
feine ben (Sinrictytungen be« Oratorium« *Jty. 9ieri« teitoeife nac^gebilbeten Statuten be*
[tätigte 3nnocenjXI. 1684 (bgl. £etyot VIII, 25f.). 2. 35te ©enoffenfd&aft ber 6re*
teniften ober 3Kifjtonare bom ^l. ^ofep^ (aud^ Josäphites) rief um bie 3Rttte be«
35 17. ^a^unbert« ^sacque« ßretenet in« Seben, ein namhafter 6^brurg ju S^on, ber beim
Süütcn einer $eft in biefer ©tobt (1643) 2Bunber barmherziger Siebe tüirfte unb foäier,
jur geiftlic^en Serforgung ber burefc biefe Äalamttät SSertoaiften unb Verarmten, eine au«
©tubierenben unb fonftigen ©e^ilfen feiner ^ätigleit gebilbete ©efettfc&aft ftiftete. 6r
ftarb föon in zbm bem 3^re, too er nac^ empfangener $riefterh)ei^e at« geiftlic^er Seiter
40 an bie ©pifce biefe« SSerein« trat (1666). 3)ie ^auptfäd^lic^ al« ?Ktffton«prebiger gu 9e*
beutung gelangten unb über mehrere 3)iöcefen granfreic^« au«gebretteten ßreteniften er-
lagen jtoar bem 5ReboIution«fturm bon 1790, jmb aber nad& bemfelben al« Seiter taty&
lijcfcer 6rjie^ung«inftitute an einigen Orten toieber in« Seben getreten (bgl. bie anonym
erfd^ienene Vie de M. Jacques Cretenet, Prötreetc, S^on 1680, foftrie §el^ot VIII,
46 191 ff.; §enrion^r, II, 283 f.). 3. @in herein bon ^ofep^«brübern, jur Sei*
tung bon S3olf«fcfyulen auf bem Sanbe unb ^ur Unterftü^ung ber ©eiftlic^feit bei ber
fiatec^efe, au$ jur görberung be« Äird^engefangc« u. f. f., h)urbe (al« 9leubUbung eine«
fc^on älteren ^nftitut« au« bem 18. ^a|r^.) 1823 ju ©t. ©ufeien bei ämien« bom 9b
fäof ^. ?p. be G&abon« (ö«ft. 1837) in« Seben gerufen föefc, II, 308 f.). — $>em
w 19. ^a^unbert entftammen noc^: 4. 3)ie ^ofep^iten ober ©t 3ofep^©ö^ne bc«
Jtanonifu« bon Sombruggfye ju ©rammont in ftlanbern, eine 1817 entftanbene »rüber»
fcfyaft jur 6rj\ie^ung bon Jünglingen au« fyöfyeren ©tänben, ausgebreitet ^auptfäc^lic^ in
Belgien, too fte au^er tyrem Urfi| ©rammont (2)iöc. ©ent) no<f) bier ioc^ta^&tja
(3Kelle, Joubain, liHemont, SruneUe) inne ^>at unb auefc burc^ einen »eiblic^en 3*^
66 bie Jofepljitinnen bon Srügge, in tyren arbeiten unterftü^t toirb (^eimbud^er II, 418);
ferner 5. bie „JofeptyitensSrüber bom $1. Äreuj", toelc^e 1821 bom ^riefter
2)ujani6 in ber $!iöcefe Se 3Kan« gegrünbet tourben, fpäter aber i^ren 6entralft| na$
sJleuillp bei ^}ari« berlegtcn. Jfyr cttoa 40 Jnftitute (teil« in granfrei<$, teil« in beffen
Äolonien unb in 9lorbamerita) jä^lenber Herein toibmet ftc^ ber §eranbilbung tjon^anb^
(jo tDerfem, ^um Seil auc^ ber Seitung ^ö^ercr ©c^ulcn (%d)x, II, 307 f. ; §etmbu<^er II,
Sfofetf}, dtftt Pflegevater 3fofcM II., SCatfer 365
419). 6. 2)te 1835 Von 2lbb6 SRe^ ju DuHinS (£6}>. SRfyöne) gefttfteten Fror es de
St. Joseph, ein SBerein &ur (Sr^tc^ung toertoafyrlofter Änaben, Ratten toätyrenb ber
3a^te 1848—88 ßiteauj als tyren Ijauptftfc inne (bgl. b. 31. „Giftercienfer", IV, 125,4a),
finb aber neuerbingä aufgehoben toorben (ipeimb. II, 421). 7. 3Son nur lolalcr 93ebeu*
tung ift ber Sterin toon „^ofe^Sbrübern", toeld&en Sifd^of Äettler bon 9Mainj 1864 s
in bem ^efftfe^cn 3)orfe Älein=3immern bei Dieburg in$ Seben rief, eine nur auä Saicn*
bräbem ftei^enbe ©enoffenföaft, bie im 3. 1895 ettoa 20 9Jtitglieber jä^te (»gl. £eim*
buefcr ÄR2.1, X, 1970). — Über ein ©t ^ofep^^au^ ju SBalbbreitbacty (Ar. SReutoieb)
Rubelt Äolbe, ©. 28.
Son ben toeibltdjen Vereinen, toelcfye ben SRamen ©t. ^ofe))^ führen, gehört bie 10
3Rcbr$a^l b«n franjöftjd^en ÄatfyolictemuS an. ©0 als bie bier älteften unb bermalcn
ausgebreiteten: 1. bie ©cfctocftetn fron ber Kongregation be$ fyl. ^ofepfy ju
»orbeauj, geftiftet 1638 bur$ 9Jiaria 2)etyed> be l'ßftang, jur S3ebienung eine*
ffiaifen=£oft>itate ber genannten Stabt, fcon too fie fi<b balb naefy anberen Stäbten 2Bcft= unb
Xorbfranfreic^S Verbreiteten — namentlich) auefy nadp Sa SRocfyette, too fte 1672 burety 3tb= 15
legung ber feierlichen ©elübbe unb 2lnnafyme be$ 9iamen3 Religieuses de la Congr6-
gation de S. Joseph, dite de la Trinitä cr66e (ober auc| de J6sus, Marie et
Joseph) einen befonberen neuen Stoeig tyx*x Bereinigung bilbeten (#efyot IV, 411 ff.;
Stör II, 349 f.); 2. 2)ie ßofeitalf cfytoeftern toom fjl. 3. Don Sa gifcc^e (änjou), ge*
(tiftet 1642 (£el. IV, 405 ff.); 3. 2)ie Softer Dom fjl $. ju Se^ut;, geftiftet um 1650 20
taad) 3. Sßaul 9JtebaiHe (ßcl. VIII, 186 ff.), biefe brei bereit« bor tttoa 2 ^a^e^nten in ber
Starte Don über 9000 SJütgliebern mit metyr afö 1200 Käufern über gan$ ftranfreiety
ausgebreitet (f. SKarctyanb, I.e. II, 195 sq.). ferner 4. 3)ie Tonnen t>om fyl. ^ofepfy
du bon Pasteur, ein bur$ Sofe^efdjtoeftcrn au« Se $uty (f. 9fr. 3) im 3. 1666
auf Anregung beä ÄanonifuS Saborieuj ju Glermont geftifteter herein nir Seitung bon 26
3ufluc$te$aufern für gefallene 2Räbc$en, toelcfyer bie SRebolution überlebt $at unb — ber-
föieben fcon ben „lottern fcom guten ^irten", beren Gentralfifc 3lnger$ ift (fcgl. b. 3t.
„grauenlongregationen" VI, 238, 4 7 ff.) — nod? jefct fein WutterfyauS in Glermont fyat,
fem too au8 eine ©eneral-Dberin ettoa 60 Socfyterfyäujer leitet (£eimbucfyer II, 444).
Steueren Datum« ftnb: 5. bie Don -Bhitter ^aöou^e^ um« ^3. 1800 ju 6Iugn^ ge*ao
fttftcten Sofcp^Sc^toeftem, toelctye fj)äter (feit 1842) nac^ ©enegambien Derpflanjt h>ur*
ben unb teil« bon fyter au«, teil« Dom fran^öfifd^en ©utana au«, nad^ unb na$ }ur9tu«s
breitung in ben übrigen franjöjiföen Kolonien (mit 2tu«natyme Don Sllgerien unb Don
6oc^m$aia) gelangten (f. Sabine, Dict. etc. IV, 684sq. 1129 sq.). 6. „©djtoeftern
öwn ffl. 5°f- bon ber @rf Meinung", geftiftet um 1840 ^u s3iarfeUIe Don ßmiliesö
Stalarb, toelctye Dörfer (1834) aud^ fqon in SUbty einen herein Don 3 of c^^äf <^h>cftern
(für ^wg^1111*^^ un^ Äranfenpflegc) gegrünbet ^atte. lod^terj^äufer biefer 93ias
lärbfc^^n Stiftungen entftanben einerfeit« (Don Sllbty au«) in Algerien unb iunefien,
anbererfett« (Don 3Karfeifle au«) in ^erufalem ($eimb. 11,458). — 7. @in 33crein norb«
amerilanifd^er ^of ei>J}«fcfytoeftern für liranfenpflege k. tourbe 1809 )it 6mmit«- 40
bürg (Stöc. Baltimore) burc^ bie fromme (Sit je 2lnna ©eton« (geft. 1821) in« ^eben
gerufen. 1850 erfuhr berfelbc baburefy, bafe er mit ber Kongregation ber amerifanif djen
Sarm^crjigen Sc^toeftem ober SSincentinerinnen ftd^ Derfc^molg, eine beträchtliche 93erftärs
hing, ©c^on 1868 jaulte er 91 §äujer mit eth>a 1100 Sc^tocftern (Dgl. $. D. 33ar*
bercv, ©^ *• ©*ton/ 2 ^bc, 3Jiünfter i. SB. 1873). SäcHer. 46
3ife)l| 11., Satfer. — Guellen. 9?eid)e« Sitleratuvwjeidjni« bei $. tfrone«, ©runbrifj
ber öfterreid). ©efd>. 1882 S. 760 ff. ^>iev enuft^ne i* nur bie Sitteratuv ber firc^iidjen
Reformen. 3>ic mit * bejeidjneten SBerte t)abe leb niebt benüfen fonnen. 1. SBrteflittera»
tur: Ä. ü. «metb, 3Raria Jb. u. 3ofepb II., iljre Äorrfponbeni u f. ».. 3 $b, 1807 ff.
%it übrige ftorrefponbenj 3o|epl)§ ift in ucrfcfjiebenen ©erfen gefammelt unb herausgegeben. 60
€eine Briefe Jtonftanlinopel" 0. 3-» bannfieipjig 1821 unb fpätcr, finb gälfebungen, ebenfo
fein „Qkbetbud)". — 2. Sammlungen uon Öofepfj« ©efefen u. Serorbnungeu: *[3. Äro-
potfdKf]. ©anbbud) aller unter ber Regierung bc« Sfaifcr« 3. für bie f. r. (Jrbiänbcr ergangene
8erorbnungen unb ©efe^e 19 ©flnbe 1785- 91 ; Codex juris ecclesiastici Josephini, 2 ©be,
1788 f. widjt nur bi« 1784.- »Sammlung ber »erorbnungen unb ©efe^e ^. 3. II. 10 $& , 66
1788ff. — Weitere $af)lrei(be Sammlungen f. bei &rant (f. unten) S. 16f. — 3. $ar-
fteUungen a) ber gonjen 3eit uon flHaria X^ercfia bi« üeopoib: 61. £(). ^ertbe«,
?olitif<be 3ttftfinbe unb $erfonen in ben beutfe^cu üfinbern be« £aufe« Cefterreicb oon
Äarl VI. MS SRettcrnid), 1869; (S. frriebberg, 3)ie ©renken ^iuifd)eu Staat u. ffird)e 1872,
c. 137-185. 608-615; <&. ü. $orf, 3)er öjtcrr. StaatSratl) 1760-1848. 1879; 9lb. SBolf, «1
366 3fofe*i| IL, Saifer
Defierrei« unter SR. %$., 3. II. u. fi. IL 1740-92 (auS Dürfen A. ©.) 1883. b) SRaria
X&erefia: £(). t>. Sern, $ie Reformen ber flaiferin 3R. £&. ($ift. Safäcnb. 4 gr. 10, 95 ff.
1869); «. ü. Hrnet$, ©ef«id>te SR. H*. 9,1-260, 1879. c) 3ofcp$IL: $. *&. »olf,
©efdjidjte ber $erfinberungen in bem retigiöfen, tird)Iid)cn unb ttHffenfd)aftlidjen guftanb ber
5 öfterreidHfäen (Staaten unter ber Regierung 3.8 II. 1795 : *&. SRitter, St. 3. unb feine
fird)lid)en Reformen 2 S3be 1867; 0. SRejer, 3ur ©efefc. ber römifd)«bcutfd)en grage l,4Gff.
1871; ©eb. SBrunner, Sie tf)cologifd)e fcicnerfdjaft am£ofe 3. II 1868; berf., S>ie SRtfterien
ber Hufflärung in Cefterreirf) 1770-1800. 1869. — $ie SRadjridjten über bie greulichen 3u*
ftfinbe in ben ©eneralfeminarien bei Steiner, ®efd). ber geiftlidjen ©Ubung&mft alten 1835
10 ©. 303 ff, unb banad) bei ©runner u. a. berufen auf einer belgtfdjcn $rofd)iire, bie alle« baS
frei erbidjtet fcat, f. 3f$f) 1, 156ff. (1867). — JMoftcrauf Hebungen: ©runner, SRnftericn
S. 288 ff; «b. SBolf, S)ie «ufoebung ber Älöfter in 3nneröfterrei$ 1871; «na. ßinbneT, Sie
tyuftebung ber ftlöfter in $eut[d}tirol 1782/7 (8tfd)r. b. gevbinanbeumä für Sirol unb $or«
arlberg, 3.$. 28—30$. 1884—6). — ©djitlroefen: ©. SBotf, 3)a3 Unterridjt«roefen in
16 Oefterretd) unter $. 3- IL nadj einer $arfteüung r»on 3of. \>. 6onnenfel3, 1880; — to-
lerant ©..ftranf, 2)a3 Soleranjpatent $. 3. IL ©äfutarfefrfc&rift 1882; *5.*roneS, Ungarn
unter 9R. %t). u. 3. IL 1871; g- 0. 8teglauer, 3>ie politifdje Steformberoegung In Sieben-
bürgen in ber Seit 3. IL u. S.U. 1881 ©. 474-502; @. $ubert, Etüde sur la conditkm
des protestants en Belgique depuis Charles V jusqu'ä J. II., Bruzelles 1882.
ao Unter ben ftreng fatr)oIifd^cn Sänbern, bie in ber jtoetten £älfte be$ 18. 3<ufc
fyunbertS fi$ genötigt fafyen, mit bem bter/erigen Softem ju brechen, um ben 95kg ju
neuer lebensfähiger @|iftcnj ju finben, ftetyt ßfterretet; in erfler *Jinie. ©d&on bie erpen
Ärtege unter 9Raria S^erefta (1740—80) unb bann tooüenbS ber ftebenjctyrtcje Ratten
bie tiefen ©Reiben be$ ©taatätoefenS gezeigt, ben 9Jiangel an ©nr/ett, ©d^Iagfertigfeit,
23 finanjietter, intclleftueller unb ftttlic&er Äraft, tote ü)n ber lodere Serbanb ber einzelnen
Sänber, baä feubale ©Aftern unb ber ungeheure 9teu$tum fotoie bie geiftltd&e $enf<^aft
ber Äirctye geföaffen Ratten. ©c$on unter ber Äatferin Afleintyerrfc$aft (bis 1765) fcatte
bar)er bie SReform begonnen.
3)ie älteren r/absburgtfd&en Sänber toaren bisher nur in lofe berbunbene, innerlich
30 getrennt toertoaltetc @ru$>en jerfallen: 2)cutfe£;öfterreic$, bie Sänber ber böjjmifcfcn Ärone
unb Ungarn. 35aju toaren aus ber fpanifetten ©rbföaft bie toattonifcl)en 9lieber(anbe unb
bie Sombarbei gef ommen, bie mit ben aUtyabäburgtföen fiänbem ft(^ mnerlic^ laum berührten.
5)iaria ^erefta r^atte btefeS ©ru^^enfvftem baburd^ Vereinfacht, bafe fie Cfterreic^ unb
Sö^rnen unter einer einheitlichen ©))i$e bereinigte. 3U0^4 aber $atte fte bie oberen
36 ©rufen ber 25ertr>altun$ btefer Sänber ben ©tänben enttounben, i^re Sefyfrben felbji
übernommen unb auc^ tn ben unteren ©rufen bie ftänbrtöe ^iertüaltung btelfacb burc^
brocken unb umgeftaltet. ©0 roar ber 2Beg eröffnet, auf bem bie SRegterung oben tote
unten reformterenb roeiterger^en fonnte. 3m ©taatörat toar 1760 eine ©etyörbe ge*
Raffen, bie beratenbe« Drgan ber Äatferin für alle inneren Angelegenheiten ba
40 bmtfö'bötymifcf/en Sänber roar, ber §au}>tfti oder abfolutiftifc^en ©runbfä^e rourbe unb
bie Uebertoinbung ber ganjen ftänbt|cr/en unb feubalen Orbnung, ben Aufbau bed bureau-
fratifd^en ©taatö betrieb.
©$on barin toar bert>orgetreten, tote je$t auc^ in Öfterreid^ bie ©taatägebanten ber
Slufllärung jur 2Jiacf;t tarnen. %fyx ^au))U?ertreter unter ben ©taatdmännern toar ber
46 ©raf, f))äter^ürft SBcnjcI Jtauni^ ber r>on 1753 an r>ier)ig 3a^e lang als ©taatölanjler
bie ©eele ber öfterret$if$en ^olitif geblieben ift. 2ln ber UniDerfttat SSten r>ertraten
biefelben ©ebanlen auf bem ©ebiet beä <Staat& un^ Jtird^enrec^tö mit grofeem Srfolg
$aul 3ofe^r> 3liegger (fett 1749) Dom Soben beS jioftttoen, Äarl Anton 3Rartini (feit
1754) Don bem be$ sJkturrcd?t^ au3, betbe gugletcr) in ^o^en Ämtern t>on Gtirfbr| auf
60 bie J)rafttfc^e Staatebertoaltung, fett 1763 au^ 3>ofe}>$ ^on ©onnenfel«, ^irofefior ber
^JoItjeU unb Jlameraltoiffenfc^af ten, ber eigentliche Vertreter ber 3ütf!lärung. 3)ie Äarferrn,
obtoorjl ^erfönltd? ©egnertn ber Auftlärung, r/telt bieje S9iänner gegen alle Anfechtungen
unb machte ed baburd^ möglich, bafe ftd? burc^ u)re £rjätigtett al§ Se^rer tote oi& ©c^nffc
fteQer bie neuen )>oIttifc^en unb firc^enrec^tlic^en Anfc^auungen, b. ^. auf fir$Uc$em ®e*
65 biet im toefentli$en bie ©ebanlen bc^ 2errttorialt3mu3 unb ^broniantömud, über ben
größten Steil be^ 9{ac^touc^fe^ ber 3"t:tften unb ©taatömänner ausbreiteten. Sieben biefen
fünften aber fte^t mit mcr}t geringerer Sebeutung fett 1745 ber meberlfinbtföe 2etb»
ant ber .Hatferin, ber ganfenift ©erwarb ban ©töteten, au^ejeic^net burdb feine ^erfön*
Itcpen @tgenf$aften, tote baS unbebingte Vertrauen ber Jlatferin. Überall nalnn er in
eo fietem ftamj)f bor allem mit bem ©8. t>on 2Btcn (1757—1803), Äarbtnal 9ct0O))t, bem
§auj)trjertreter ber alten fanattfe^en ©runbfäfcc, bie Arbeit auf, bie ^efititen auJ ü)rer
ADein^errfc^aft unb )ule$t über^cnü;t aus ben ©teOungen, bie fte eingenommen Ratten, «i
3?ofe*lj Tl., Saifer 367
tobrängcn. ©o junäd&ft m ber 3enfur: feit 1749 als 9Mitglicb, bann 1758—1771
Sotftfecnber ber flommiffton, fefcte er eine biel Weitherzigere ^ra^iS bur$ unb ermöglichte
bamit bic freiere SJeWegung ber ©elfter in Öfterreicty überhaupt. 2)ie geiftige ©renjfoerre,
burefc Me Dejierreicty feit ber ©egenreformation gegen jcbe ©intoirfung beS beutföen unb
jebe« anberen ^JroteftantiSmuS abgefd&loffen fear, fottte nid&t mefyr in ber bisherigen ©c&roff*
beit aufregt erhalten Werben, ©o ftrömten benn feit ben 60 er ^afyren bie ©ebanfen
ber gefamten neuen geiftigen SeWegung 3)eutfcfylanbS ein unb festen jtd& in einzelnen
6$i$tcn beS Beamten* unb työfyeren 93ürgerftanbeS, beS 2tbelS unb felbft ber §ierard&ie
fcfl 3fr bornefrnfier unb lebfyaftefter Vertreter Würbe ber Sfyronfolger, @r$erjog 3ofej>lj.
Unb afe er na# beS JtoiferS granj lob (18. Stuguft 1765) ßaifer unb jugleicty 9Hitregent
für bie öfterreic^tfe^en unb böfymifc&en Sänber Würbe, machte ftdt} auf allen ©ebieten fein
Stnflufe neben bem ber Äaiferin geltenb.
3Jnbeffen Waren föon Dörfer au$ auf firctytictyem ©ebiet eingriffe erfolgt, bie be*
jeugten, bafe man ben 3uf<umnatfyang beS fc^tt>eren SSerfaUS mit bem ganjen fatfyolifcfc
fh$li$en ©tyjiem erfannt tyatte. -Biaria Ifyerefta War *War ftreng fatfyolifö fromm unb 16
freute {eben ©d^lag gegen baS fatfyolifcfye Äircfyenrectyt ebenfo Wie jeben Äonflift mit bem
ijjapfttum, felbft mit einem 5Dtann Wie GlemenS XIII. 1758/69, ber jt$ i^ter Regierung
burdjauS unfreunblid& entgegenfteDte. 2tber bie Sage ifyrer ©taaten bulbete tnelfad?
feine anberen SfoStoege mefyr als bie, bie ibre Staatsmänner unb ^uriften rieten: fte
tonnte nur nod) barauf bringen, bafi man fid$ auf baS Unerläßliche bcfcfyränfe unb Xoo* ao
möglu^ Dörfer ober nad^er bie 3uftimmung bex Äurie hu gewinnen fuetye.
©o h>aren benn bie firc^lkfyen Sieformen bis jurs)){ittc ber 60 er $afyre unbebeutenb
getoefen. 2)te föWere Rütfftänbigfcit ber fafyoliföen gänber auf Wirtfc&aftlictyem ©ebiet
jtoang bamalS au$ anbere beutfetyc Regierungen, an S3erminberung ber Feiertage ju benfen.
1753 fcatte 3Raria Sfyerefta bon Senebift XIV. erreicht, bafc an 24 Feiertagen naety bem 26
©otteSbtenft gearbeitet Werben burfte. SMefclben SSerbältniffe Ratten baju gelungen, baS
toeitere 9bttoa$fen beS fir$li$en Vermögens ju ber^inbern unb bie gewaltigen, fablest
bertoalteten ^Raffen feines jefcigen SeftanbS unter bie 3(ufft$t ber £offanjlei $u fteden
(1750). 3n ben Srebieren fottte (1744) bie ©teile, Wo bon ©regor VII. gerühmt
tourbe, bafe er £etnri$ IV. gebannt, abgefegt unb feine Untertanen Dom @ib entbunben so
ffobt, mit Rapier fiberflebt unb lünftig nu$t mefyr gebrueft Werben. 93or ädern aber
fatte fUb ber allmä^lige Umfc^toung im SSer^ältniS jum 3efuitenorben, inbefonbere im
ttnterri(£tetoefen angefünbigt. 35iefeS ©ebiet War unter ber §errfc^aft ber 3*fmtm unb
anberer Orben t>o!lftänbig berlommen, unb WaS bie legten Stegierungen ju beffern Der«
\udfi Ratten, War bon i^nen Wieber vereitelt Worben. 3C^ f^te ©Wieten feinen ganjen 86
Smfht| baran, SBanbel iu fc^affen. 3^m War eS ju banlen, ba^ ber ©taat an ber
Siener Untoerfttät eingriff, 1749 bie mebijinifd^e, 1752 f. bie anbem gafultäten reformierte
unb einein taiferli^en ©tubienbirettor, jule^t aber 1760 famt bem ganjen übrigen ©d&ul*
toefen ber fäiferli$en $offtubientommiffton unterfteQte, in ber ©Wieten felbft ben ma|=
gebenben ©mflufe ^atte. 35ie §errfc^aft beS OrbenS Würbe im „Äonftftorium" ber Uni- 40
berfität tote in ber Seitung ber gafultäten gebrochen (1757 unb 59). 3)ie Se^rbüd^er
l^neb bie Regierung bor: fo Würbe je^t j. 33. SHicggerS ^rbuc^ beS ^irc^enrec^tS offtjieS
eingefflprl
Stter tiefer griffen bie Reformen boc$ erft unter 3°f^^ 3Kitregentfc^aft. 2)eS
So^ne* ungebulbige« SSorWärtSbrängen unb ber sJ)lutter fonfertoatiber unb fircplid^er ©inn 46
fttefeen gerabe ^ter befonberS lebhaft auf cinanber. 3lber ^ofef^ unb bie Räte festen
boQ Won ieÄt auf allen fünften ftärtere Reucrungen bei ber Äaiferin bur$. 3)ie
JnebenSieit feit 1763 gewährte aud^ me^r Raum, unb in Giemen« XIV. (1769—74) Wie
$iu3 VI. (1775—99) lamen $ä^)fte, bie baS ^fttum burd^ WeitefteS (gntgegenlommen
ju retten fugten. 9Haria IBerefia fcat nac^ Äräften unb in einzelnen fragen mit größter »
debulb bte Reformen burcp Ser^anblungen mit tynen ju erlebigen gefugt. Slber in
toiden fallen ifl fte aud&, beftimmt burc^ bie territorialifttfetyen tyem, bie ftc^ bei ifyren
ÄÄten geltenb matten, felbftftänbig borgegangen.
©o folgten benn nun ÜDiaftregeln, bie fi$ auf baS SScrbältniS ber öfteneic^ifc^en
Är^e }uRom bejogen, Wie bie (Erneuerung beS tylatftü (1767) unb bie ßinfd^änfung ber 66
Suntiaturgeric^tSbarfeit, bor allem aber folcfye, bie in bie inneren unb äußeren SBer^ält*
mffe ber dperreid^ifd^en JCirc^en eingriffen. 3)ie lirc^lic^e ©eric^tsbarleit über 2aien in
todtlk^en unb gemixten ©a$en Würbe boDenbS ganj aufgehoben; aufter ben rein geift^
Ik^en Hieben tyr nur bie eigentlichen (Sfyefacfcn unterftedt. Sie über ©eiftlic^e unb
Oiben^>erfonen blieb befielen, aber bie appellatio tanquam ab abusu Würbe geübt, go
368 3ofe*I) H.f fiatfer
unb ber SSoQ^ug ber ©träfe blieb bem Staat Vorbehalten, toenn baS 93ergetyen au$ na$
feinen ©runbfäfcen ftrafbar toar. 3)ic Älofterferfer tourben aufgehoben 1770; für jebe
ßsfommunifation mujjte baS <ßlajet eingeholt Serben (1768). Öffentliche Äird&enbufcen
tourben Verboten 1779, baS 2lfylre$t ber Äircfyen unb Älöfter aufgehoben 1775. 3n ***"
6 neuen allgemeinen ©trafgcfefcbucfy Von 1768 toaren jtoar bie alten firc&lic^en SBerbrec^en
ber 3«uberei unb ^e^erei als ©egenftänbe ber ftaatlicfyen ©trafred&tSpflege, ebenfo tote bie
Von ber Äircfye bem SJbenblanb augefüfyrtc Wolter als ÜnterfuctyungSmittel noety beibehalten;
aber in ben näcfyften Sauren fielen fte ber neuen 3^* jumt Opfer. 3)ie Stifter unb
Älöfter jtoangen ebenfo burd& tyre ftttlid&en n>tc ifyre finanziellen 3uftanbe jum ©infd&retten.
10 3)er ©ebanfe, ifyr Vermögen ganj in ftaatlic^e SBertoaltung ju nehmen unb tyre 3nfaffen
ju befolben (1769 f.), ift freiließ nicfyt ausgeführt toorben. Slber neuer @rtoerb tourbe er*
fcfytoert, unb inSbefonbere ben DrbenSperfonen, aber auefy ben SBeltgeiftlictyen Verboten, bei
Seftamenten Von Saien mitjutoirfen 1771. 3u6'e^ begann man bie einzelnen ÄonVente
ifyren Oberen gegenüber felbftftänbiger $u ftellen, fyob 1775 bie ?ßroVtnjialfaffen ber Drben
16 auf, verbot ben fyöfyeren Oberen, über baS Vermögen ber einzelnen ÄonVente gu Verfügen,
unb fuetyte 1771 ber 93erfcfyidfung firctylid&er ©eiber naefy auStoärtS (Vor ädern nad& Stom)
ein 6nbe ju machen u. f. to. SDer eintritt in Jttöfter burfte ntd&t me$r Vor bem 22. 3^
ftattfinben (1771). $!aS Äircfyengut toar in Ungarn bisher fteuerfrei getoefen, in
ben (Srblänbern fyattt eS toenigftenS bie Privilegien beS 2lbetS genoffen. 3c&nten **
20 Von toaren nur mit väpftlic^er (Srmäcfytigung erhoben toorben. 3^* tourbe feit 1768
biefe (Srmäcfytigung niegt mefyr nadjgefucfyt. 2)ie 3elmten aber tourben nac£ toie Vor er«
fyoben. gerner tourben bie ©tolgebityren feft geregelt. 2lu$ auf bem ©ebiet beS ÄultuS
unb religiöfen SBolfSlebenS fyat bie Jtaiferin eingegriffen, teils um ber toeiteren 3uS*
befynung ber getftlicfyen ©etoalt entgegenzutreten (Verbot ber Slufnatyme neuer 3Ritglieber
25 in bie britten Drben 1776), teils um bie SrtoerbSttyätigfeit beS 33olfS )u ftärfen (Stuf*
tyebung auety ber fircfylicfyen freier Von 20 geiertagen 1771 Von (SlemenS XIV. augeftanben),
teils um ben ärgerlichen (SrtoerbSmitteln beS ÄleruS entgegenzutreten, toie fte fiep namentlich
au$ an SBoQfafyrten unb ^rojefftonen anfmtyften, teils um ben volfStümlictyen Aberglauben
&u befämpfen, boefc nur ba, too feine offiziell anerfannten firctylic&en ÄultuS^anblungen in
so Setrac^t famen. 3)ie SHcf orm ber Spulen tourbe in ben 70 er 3^ren unter ber Settung
ber §offtubienfommijfion eifrig betrieben. 3Jon großem (Sinflufi toar fyier bie Aufhebung
beS 3*fuitenorbenS 1773. Die Äaiferin ^atte ftc^ an ber Agitation ber lat^oltfc^en
9Käc$tc gegen i^n nic^t beteiligt, aber baS SreVe (SlemenS XIV. angenommen, ben Drben
in tyren tfänbern aufgelöft, fein Vermögen, f otoeit eS nic^t ju 5]3enjtonen für ehemalige TOit*
85 glieber nötig ober Vom Drben felbft bei Seite geföafft toar, jum ©tubienfonbS Vereinigt,
ber auSfd^lic^lic^ für Unterric^tSgtoecte Vertoenbet toerben foute. 9luS ben tyeoloatfdjen
5ßrofeffuren tourben je^t bie 3efuitcn entlaffen: bie Sieuorbnung ber ttyeologifd&en (jantt
täten tourbe in bie Äänbe beS aufgellärten 3lbteS SRautcnftrauc^ gelegt unb bamtt §u*
gleich ber ©ieg ber Slufflärung unb baS Snbe ber ©c^olaftif aud^ $ter enttetAen, bie
40 beutjcfye ©^raqe in bie SJorlefungen eingeführt, aber ben ©ebanfen, bie üftittelfc&ulen,
beren fläglic^er 3uftanb offen lag, ben Drben ganj ju entreißen, tyat bieÄaiferin abgelehnt:
aud^ bie ehemaligen 3^fuiten blieben ^ier in ifyren fic^rftellen. dagegen ^at fte toemgfien*
in ben beutfe^en unb böfymiföen i'änbem, beraten von g^lbiger, bem abt von ©agan,
mit Aftern ßifer bie ©rünbung unb (Snttoidtelung ber 5JoltSfc^ule geförbert unb einen
45 Steil ber §terard>tc tote beS SlbelS Vermont, auf ifyrem ©ebiet baSfelbe )u t^un.
2)en Slfat^olüen gegenüber l?at sJJtaria ^erefta bie $ra|iS beS alten Öftemt^S
laum Verlaffen. 2)ie ^roteftanten toaren nad^ toie Vor in ben öfterwctyifcfcbö^mtfdfren
i'änbern fo gut toie restlos : nur in ber Slrmee unb neuerbingS in ben lanbeStyerrlic^en
Gabrilen machte man feine Unterjd^iebe ber ^ionfeffton. ©onft toaren fte na$ tote vor
so Von allen Seamtungen, vom (Srtoerb Von ©runbbefi^, vom Bürger- unb 3)teifterredbi, von
ben afabemifc^en ©raben auSgefcfyloffen. 9lur bei biefem legten $unft burd^brac^ bie Aatfernt
bie alte Drbnung: 1778 befahl fte trofc ber ©nf^rac^e ber SBiener Univerfttät unb troj
ber Sebenfen ber §offtubienfommiffion, bafe Slfat^olifcn ben S)oftorgrab in ben toelt»
liefen gatultäten ertoerben fönnen. 9lber in ädern anbern, au$ in ber XuSübung beS SerufS,
55 für ben bie ©rtoerbung beS ©rabS fonft beftimmt toar, blieben fte an bie alten Scftim*
mungen getoiefen. Den ©ebanfen ber iolcranj, toie i^r ©o^n il^n Vertrat, ffat fte unbe*
bingt abgelehnt. 9iur einzelne getoaltjame (Singriffe, namentlich 9)ta^regeln gegen bie
^eimlid^cn ^roteftanten, ^at fte ver^inbert. 3m übrigen blieben bie Steligion&ommtf Ronen
in 3^ätigfett, bie Von ©taatStoegen bur$ sJDii{ftonen unb toeltlid^e ©etoaltma^regdn für
60 bie Steinzeit unb SUein^errfc^aft ber fatfyoltjcfyen Sieligion ju forgen Ratten. 3MS
dfofetfj IL, Saifer 369
Steligtonäpatent Von 1778 lieft bie Seftimmungen fetner 93orgänger in Kraft, toonacfy nie«
uianb ofyte pfarramtlic^e S3ef<$einigung feine« fatfyolifd&en ©lauben« $ur Untertanen*
fcfcaft, uim #au«fauf, al« 2)ienftbote, ^oljfnectyt, Sergfnattye u. f. to. jugelaffen unb
ber Seftfc luttyerifctyer Sucher mit Slrreft unb Strafarbeit, im 2ßieberfyolung«falI mit
3u$$au« beftraft, ftirtnäcfige Äefcer aber naefy (Siebenbürgen unb auf entlegene 5
xameratyerrf$aften Ungarn« abgehoben Serben follten. 2)icfe „3:ran«migrationen"
trafen no<$ in ben 70 er Sauren tfyatfäcfylid& $roteftanten, bie in 3nneröfterreid& wnb
Währen hervortraten. SRur mit 3Jtttye Ratten 3°fePJ? un*> Äaunifc no$ härtere SRaferegeln
abgetoanbt Unb in Siebenbürgen tourbe im 2Biberf}>ruc$ mit allen verbürgten SRedjten
1751 unb 68 bie „Styoftafte" Vom ÄatfyoIici«mu« jum $roteftanti«mu« mit feieren 10
Strafen bebrotyt unb verfolgt. 3n ben neugewonnenen ©efefcen tourbe bie Union mit
öden SRitteln begünftigt. 3n Iföunfac« mufete ber $apft 1771 ein unierte« 93i«tum
errieten.
3tDe biefe Sieformen Ijaben nur bie alten f?ab£burgif$en Sänber betroffen, 3>n ben
Kieberlanben Wieb äße« beim alten. %n ber Sombarbei bagegen tourbe unter ben beiben 15
©wfelanjlem 93eltrame*6&riftiani (bte 1758) unb ©raf girmian (1758—82) mit anberen
ja$lrei<£en Sieformen auefy bie ftirctyenfyofyeit be« Staate« burd&gefüfyrt, ber Äleru« fetner
Steuer^errfctyaft unterworfen, ^nquifttton unb Älofterferf er aufgehoben, bieStubien beförbert.
aber oHcS ba« toar nur Sorftnel getoefen. -Btit bem Job ber Äaiferin unb ber
Stteinfcrrfc&aft Sofepty« (29. SRoVember 1780) begann ein ganj neue« Softem, ba« in 20
einer taxieren glut von )Berorbnungen binnen toeniger 3>af;re burctygefüfyrt ftmrbe. Sojtyfy
felbjt toar ber e^tefte Vertreter ber 2luff lärung unb be« aufgeflarten 2)eft)oti«mu« unb Voll
jelbftfofefter Eingabe an ba« SBotyl be« 33olf« unb Staat«. &te alte feubale Drbnung foH
burtfctoeg bem 9te$t«ftaat ber 2lufflärung toeid&en, vor bem e« leine bevorrechteten Älaffen
unb Stänbe giebt, fonbern alle mit gleiten Seiten unb $flic$ten in ber ©efamttyeit, 26
bem Staat fielen, au$ ber ftürft nur a(« beffen oberfter Wiener. SDic geföi$tlic$ ge*
toorbtnen äujlänbe fielet er überall im 33unbe mit ben felbftfücfytigen Xenbenjen ber ein-
idnen Älaffen unb Stänbe; fie erfc^ienen tym barum al« unftttltc| unb unvernünftig in
fohtyem ©rab, bafc er nicfyt baran badete, fie ju gefünberen Serfyältniffen umjubilben,
fonbent nur fie umjuftürjen unb einen SReubau auf jufüfyren, ber feinen ^bealen entforäetye. so
S« ip berfdbe ©ang tote bamal« in allen fattyolijcfyen Staaten: bie 3«ftänbe; hrie fte
au« bem SKittelalter übernommen unb unter ber ©egenreformation toeiter gebilbet toorben
baren, erfd&einen tote ein ©ebäube, in bem fein SHagel mefyr fyält.
9Uif politifd&em ©ebiet fyat %o\fyf) bie Gentralifation ber alten fyab«burgifcfyen Sänber
fortgefe^t: fte foDten ju einer feftgefügten SMonarcfyie umgebilbet Werben, mit einheitlichem 86
»eamtenftanb, pleitem ftaatlic&em Siecht unb ©erid&t unb beutjcfyer 3$ertoaltung«ft)rad&e,
toetm a auc^l nte baran gebaut fyat, Ungarn burd^ beutfd^e Seamte ju regieren. 2luf
fojialem ©ebiet füllte Vor allem ber 93auemftanb unb ba« ©etoerbe gehoben toerben : bie
2etbeigenf<^aft tourbe abgetyan, eine „gemäßigte Untertbänigfett" eingeführt, bie ©runb-
la^en glei^mäfeig geregelt, ber 3imftgtoang aufgehoben, ba« @rtoerb«leben von feinen 40
la^menben Süffeln befreit.
Suf ttrc^lic^em ©ebiet loar 3°^ au«gefprod^ener lerritorialift. 3llle äußeren 33er*
bältntfle Der Äirc^e, b. lj. alle« au^er ben eigentlichen Dogmen, ber SSertoaltung ber 6a=
tramettte unb ber inneren 3)t«^lin über ben jtleru«, unterfte^t nur ber regelnben unb be-
auffu^ttgenben ©etoalt be« Staat«, ^cr ^ürft i}at für ade« ba« bie volle 3Jta$t, aber 46
aui^ bte fcotte SSeranttoortung. Qofe^^ fyat 1782 für alle 9Jiafjnafymen ber lanbe«^errlic^en
»efe^ebung unb Sertoaltung in Sachen ber Atrien Öfterreic^« unb Ungarn« eine eigene
Se^fabe, bie geiftlic^e ^offommiffton, eingerichtet, ber bei jeber ^anbe«regierung eine geift*
ßd^e Äommtffton mit fe^r au«gebe^nten Sefugntffen unterftanb. 3n S3ejug auf ba« *er-
bältni« ber Kirchen feiner Sänber ju 9tom badete er gang unb gar febronianifc^. ©letd^^ 60
too^C tyd aud} er feine Umtoälgungen teiltoeife im (Einvernehmen mit 9lom vorzunehmen
gefugt, in ben meiften fällen freiließ ftcf? auf eine Sinnige befc^ränft ober and) ba«
tmterlaffen. 5Die (Sigentümlid^feit feine« tirc^enpolitiföen S^ftent« tyat man al« 3°fty^s
nidinud bejetc^net; man toiU bamit gerabe biefe Serbinbung febronianifc^-eviftovaliftifd^er
tmb territorialtftif^er ©runbfä^e fotoie bie 3l?atfac$e hervorheben, ba^ bie ftaatlicfyen ©e- 66
fk^nmfte burd^au« überwiegen.
%o\<p1) ift feme«h)eg« Itrc^enfeinblic^ getoefen. 3)er Mat^olici«mu« ift i^m auc§ al«
bie ^efc^äiq gegebene unb barum natürliche gorm be« ftirc^entum« in feinen Sänbern
ebenen. Sber firc^ltc^e ©eftd^t«|)unfte i)abzn feiner Regierung gang ferne gelegen. Die
fttrt&e eefc^emt nur al« bie Drganifation eine« ber ©ebiete, in benen ba« 95olI«tebcn ver- so
*t&9mt*ltoptoit fit Ideologie unb flirrt. 3. U. ix. 24
370 3ofr*fi IL, ftaifer
läuft unb bie bafyer bem ©an^cn unb feinet Organifation, betn &taat, unterteilt unb
bienftyflictytig ftnb. 3)aS entfc&eibenbc !gntereffe aller femer Sieformen tjl, ben Staat )um
oberften $xd unb Regulator be$ ganjen i'ebenS bcr Untertbanen )u machen unb ifjn gu=
gleich mx fyöctyften SeiftungSfä^igfeit auf allen ©ebieten ju ergeben. S)aau bebarf e« na$
6 feiner Stuftest bor allem einer Umtoäljung in ber fittltctycn unb religiöfen (Srjtei^ung be*
93olfo 35a3 bt^berige Softem bat e3 in bumpfer Unhrijfentyeit unb ftumpfer @<fymmg*
loftgfett erhalten, beren gWfl* ber tiefe ©tanb be« ÄönnenS unb Seiften« ift 3)aä Softem
foQ batyer aud& in biefer Sqiefyung geänbert toerben ; ber frifd&e 3U9 ^CT ÄufHärung foff
hineinbringen unb bie Kräfte entfeffeln. — 2)ie fir$li<$en Sieformen laffen ftc$ in fe«$$
10 ^auptgrupben jerlegen.
1. 35tc Serritorialijierung ber Äird&e. (Sntjpre^enb ben ©runbfäfeen ber
territorialiftifcfyen Xfyeorie fyanbelt e$ fu$ fyier um jtoei §auj>tyuntte: 1) bte Stachen ber
fyab$burgifd&cn Sänber fo toeit als möglich au£ tyrem rechtlichen Serbanb mit bem$apft:
tum ju löfen, 2) fte bafür ju einer einheitlichen Drganifation unter bem lanbe£^errli$en
iö Äircfyenregiment ju ergeben, gür ben erften 3toedf tourbe junäc&ft (26. 3Jtän 1781) ba*
plaget für alle arten bon bäpftltctyen SuHen unb Sreben erneuert unb föarf Durchgeführt.
®ie SuDe Unigenitus, bie in Defterreicty nie angenommen toar, follte nirgenbS ertoetynt, bie
In coena Domini au$ allen Ritualien auSgeriffen unb $u biefem .Rtoedf bie $3ü$er eingeliefert
toerben. Slnbere Süden tourben ^urtftjicrt unb j. 33. SluSbrüae, bei benen bie päpftlicfc
20 3uf^mmun9 Ju fatferlicben ©rlaffen als 3ugeftänbni^ ^nbult erfdbien, geftri$at. 8ffle
päjjftlictyen Notariate tourben aufgehoben: neben ben lanbeafyerrlicpen burften nur bie
*öifcfyöfe tyre Slotare für geiftlic^e 3lmt$fyanblungcn fyaben.
2tm 24. SJiära 1781 fobann tourben fämtlid&e OrbenSnieberlajfungen t>on bem $er*
banb mit ifyren auswärtigen Oberen unb DrbenSbrübern gelöft: i^re Rettung follte nur
25 noefy ben inlänbifctyen ^Jrobinjialen jufte^en; ber @ebraud& auswärtiger 9Jliff<dien, 8re*
biere u. ä. Süerfe tourbe berboten. 3uöfc"ty ö&w Würben bie Orben ber SifttatumS*
unb SKSjtylinargetoalt ber Sifcfyöfe unb (Srjbifööfe unterteilt unb (Sgemttonen twn
ber Genehmigung ber ^anbeSfteüen abhängig gemalt ©eneralfapitel aufter^alb Öfter»
rei$3 burften nid?t befd&icft, ©eiber nad& auStoärtä nid^t gefanbt toerben. 9ia$ ein« SBer*
so orbnung bon 1782 mujjtc auefy ber fcfyriftlictye Serle^r mit ben römifc^en Oberen über ben
öfterreicfyiföen ©efanbten gefyen.
$tynlicfye SSerorbnungen ergingen für ben ganzen Äleruä. SRiemanb follte ffinfttg
mefyr jjäpftlicfye £itel in 9ftom nac^fuc^en ober ©elb borten fd&idten bürfen. 3?or allem
aber galt e$, bie )>äpftlic^e ©etoalt in Öfterreicfc einjufc^ränlen. ©ie Duinauennalfahtt
35 täten foQtcn fünftig t)on 33if$öfen nid^t nte^r nad^gefuc^t, bielme^r bie äbfoluttonen unb
3>iS})enfationen inöbefonbere in (S^efac^en nac^ urfjprünglid^em Rrd^lid^em Stedft bon i^nen
felbft erteilt toerben. 2tber auc^ in anberen 2)ingen, loie toegen (Sinric^tung neuer gefte,
Slnbac^ten u. ä. foQten ft$ bie 93if^5fe nic^t me^r naefy 9tom toenben, unb ba ioo bie
geiftlic^en ©erid^te i^re ^tibifatur behielten, loie in ©^efac^en, tourbe jebe Stypdlatiim
40 nad^ SWom berboten. 3)ie Sifc^öfe follten eben tyre Stellung unb Steckte im £ic$t be«
gebroniani^mu« anfe^en lernen.
^aiu tarn bann bie territoriale 3lbgren$ung be« öfterreic^tfe^en ittre^entoefend. 2>ie
©renken ber beutfeben Sänber fielen mit benen ber 2)iöjefen größtenteils nic^t jufammen.
sJ)ic^rere aueiänbijc^en Sifdfoöfe übten ba« ftirc^enregiment tn öfterreid&ifd&en ©ebieten.
45 ©c^on unter SWarta I^ercfta fyattt man bcS^alb einzelne 3)taßna^men bagegen getroffen
unb j. S. bie Samberger I)töjejanrec^te in Obcrtärnt#en 1759 an bie 2anbeSbtfd^öfe über*
tragen, aber erft S°f^^ W* f^* 1782 grünblid^ burc^. Unbebeutenbcn 9tf$dfen, toie
benen beS benejianifc^en ©ebietö, tourbe einfach baS (Snbe tyreä Regiment« in i^ren bfe
fyerigen öftmeidpifd^en Seilen angefünbigt. 35er aufgeflärte ©rjbifc^of bon Saljbura, ®raf
so (Sotlorebo, berftanb fic^ nad) längeren Unter^anblungen ba^u, (eine bifd^öflu^en Siedle auf
öfterreid^ifd^em S3oben abzutreten: 1782 fein ©ebiet in 9lieberöfierretd& bem Siföof bon
SBiener^euftabt, 1786 ba$ inStciermarf unb Kärnten ben Sifd^öfen bon©urf, Satxmt,
Secfau unb ^ieoben, in a:vro^ an Srijen, in Dbcröfterreicfc an Sinj. 9lur bte Metropolitan*
getoalt behielt er im alten Umfang, nac^bem ber Äaifer feine 9lbft$t, bte mnerdfter»
55 rei$if$en 3)iöcefen )u einem Srjbi^tum ©ra£ ju bereinigen, 1783 toieber aufgegeben
fyatte. ^Jaffau, baö oon altere^er bi^ an bie ungarifd^e ©ren^e reichte, berlor na^ bem
lob feine* §ürftbif$of$ ^eopolb @mft ©raf ^irmian 1783 fein ganjed dftacm$tföe*
©ebiet, jtoei drittel ber alten Diöjefe. ®er neue SiWof 3ofet>& ©raf äuer«»>«B W^
barauf förmlich SSerjic^t unb betam nur bie bijdiöflidjen ©üter in Oefterretd^ gegen 400 000 jL
60 jurüd. 3)tc Sifcfyöfe t>on ^inj unb St. gölten traten in fein @rbe. 3lwc 9tegenÄurg
3fofe*t> II.f Stttfer 371
mit bem Ggerlonb, 8re«lou mit ©Rieften, Gfyur unb Äonftanj mit 93orberöfterrei$ blieben
föUefcli$ berteont
3*n 3ulttmmen$an8 m*t M*fa Umtoäljung tourben aud& in £fterrei$ felbft bie alten
Sätümer jum Seil berlegt ober neu gegen einanber abgegrenzt unb jugleicfy neue er*
ruhtet ©o ift bamal« bie Äatfyebrale be« 33i«tum« ©edfau nad& ©raj berfegt toorben, bie 6
toon ®url na$ JUagenfurt, bie bon 3Biener=5Reuftabt nacfy St. gölten, ber -Dtetropolitanfifc
für 3(tyrien ^on ®ö*ä m$ £aiba$, ber Sifcfyofftfc bon ©ör$ nad) @rabi«ca (biefe beiben
legten 3Raf$regeln fywm fu& nictyt allzulang erhalten). SReue S3i«tümer enblicty tourben
errietet in fieoben (1808 lieber eingegangen) unb £in$, in Söhnen Subtoei«, in bem
neu gewonnenen ©alijien $arnoto. 10
SBäfyrrnb Sofepty ba« 99efe$ung«re$t für bie öfterreictyifc&en unb ungariföen S3i«*
tümer föon bon feinen SSorfatyrcn geerbt tyatte, mufete er e« für bie lombarbijdjen erft
ertoerben. 9lad& breijätyrigen Ser^anblungcn mit bem ^Japft fam er 1784 jutn $\d.
ferner foOten bie 83ifdpöfe mit bem Staatsoberhaupt näfyer berbunben derben al« bisher,
iwtyer au$ al« mit bem $apft Ser (gib an ben Äaifer tourbe na<$ bem SSorbilb be« i&
fcanjdftföen 33ifd&of«eib«, fotoie be« alten ©ubje!tion«eibe« an bcn^Japft, neu geformt. 6r
mttfete fünftig bor bem an ben ^Sapft gefötooren Serben.
^mmerpin Wieb au$ fo nod& bem $aj>ft ein getoiffe« Siedet über bie inneren unb
äu|eren 3Ser#tttniffe ber öfterreic&ifc&en Äirctye. Ser itatfer fud&te, tote föon bemerft, toenn
möglich Dörfer ober nac^er feine 3uftimmung ju ben fircbltc^cn Sieformen ju erlangen : 20
in feinem römtfd&en ©efanbten, bem Äarbinal fierjan, fyattt er einen ifym gan$ ergebenen
Agenten. Sfter bie ?ßrotefte, bie ber SBiener 9luntiu« ©aramjji im erften ^afyr ber 9te*
formen erhoben tyatte, ober ber jähere SBiberftanb, ben $iu« VI. fpäter in mehreren fallen
Idftete, gab bem Äaifer nid&t nur SSeranlaffung, auf bie febronianifeben unb territorial
ltfbf$en ®runbfä(e als feftftefyenbe SBatyrtyeiten fyinjutoeifen unb ju ertlären, bafe man im 20
einzelnen %aü aud& o^ne ben ^ßapft burd? bie *ßrobin$iaIfonoben ober burefy Ianbe«fyerrlic$e
Berorbnungen borgetyen fönne, fonbern au$ in 3(uSftcbt ju [teilen, bajj ba« fünftig regu*
lärer 3uftonb, wü> ^mit „eine feit mefyr al« feefy« !gafyrf}unberten in ber occibentaltfcfjen
Jtin$e allgemein beftetyenbe Jtommunion& unb SSerbinbung^art ber Stfc^öfc mit bem päpft«
(Üben @tu^(, folglich eine« ber ftd^tbarften Sänbcr ber Bereinigung unferer Äirc^c" auf- 30
geiöp toürbe. 3n ber %l)at fd^eint ber Äaifer biefc 3lbficfyt eine 3e^ lang gehabt 311
faben. Slber ein ©efpräc^ mit bem franifc^en ©ef4>äft«träger in SRom 6nbe 178:5 über«
jeugte tfyt, toelc^e ©efa^ren bamit berbunben toärcn. 93on ba an Verloren £on unb
Xem)>o feiner Serorbnungen erfyebltcfy an ©c^ärfe.
2. ©ie Stellung be« Älcru« im Btaat 35er ÜUeru* foH auf bie 9Sertoal-35
tung tH>n ©atramenten, ^rebigt unb ©eelforge befc^räntt fein. 3)en 33if$öfen bleibt bem
Jtterud gegenüber bie 9lufft$t unb S)i^i))linargetoalt fotoie ein ü8erorbnung3redE?t in allen
agmtltf^ getftlicfcn Angelegenheiten. 3n ölten äußeren Sejie^ungen aber fte^t ber ganje
Bernd unbedingt unter ber regulierenben toie rieptenben ©etoalt bcö <5taat$ unb be«
bmmt an biefer ©etoalt nur fobiel Anteil, ald ber ©taat ihm getoä^rt. Sagegen fann 40
er ^tntmeberum auc^ in anbern rein toeltlid^en Singen im Sienft be« ©taat« toertoenbet
toerben.
9loc^ biefen ©runbfä^en tourbe je^t ba« 5]3lajet aud^ auf bie SSerorbnungen ber ins
lanbifc^en 9if$dfe au«gebe^nt, ^ugleid^ aber ber befonbere ©eric^töftanb be« Äleru« auf-
aeroben (1782 f.) unb bie ß^egefefegebung bom ©taat an fu^ gejogen (ß^atent bom45
Januar 1783). Aufgebot unb ($|efcfylie|ung fotoie bie ganjc s3)tatrifelfüfyrung blieben
|toar bem SHeru«, bie JDtepenfation bon getoiffen (S^ebinberntffen unb bie (S^egertcfytäbarfeit
ben ©ifc^öfen, immer aber nur im tarnen, unter ber Sluffictyt unb gemä^ ben 93erorb-
mmgen be« Staat«. Sagegen tourbe jebe befonbere fird^li^e Süc^er^enfur neben ber
ftaatUc^cn unterfagt. 9lod) im legten 3^r SKarien ^ereften« toar Derorbnet toorben, bafew
He $faner alle allgemein toi$tigen (Srlaffe bem Soll in ber ftird^e ju Dertünbigen haben.
Unter 3^WL tour^ ^urc^ Vermittlung ber 95if(^öfc baüon au«gtebtgfter ©ebraueb ge«
mac^t: bie aRaffe toie bie i'änge ber neuen Serorbnungen machte biefc Aufgabe ju einer
toasten $em. — SWit biefen ftidtn fielen nun in näc^ftem 3ufammen^ang bie Reformen
aif bem ©ebiet ber 66
8. Crjie^ung be« Äleru«. Söä^renb 3ofe^ in ber SJerftaatlicfyung toie im
Betrieb be« allgemeinen Unterri$t«toefen« nur toeiter führte, toa« feine fluttet begrünbet
fcitte, fc^fug er für bie Srjiefyung be« 5ttcru« ganj neue 2Bege ein. ©ein $\tl toar, ben
iBenit in engeren 3ufammen^ang mit bem ofterretdjt^en ©taat«toefen }u bringen unb
4* Wfläd} für feinen Seruf tüchtiger ju machen, al« c« bei bem bi^erigen ©Vftem go
21*
372 3fofrM IL, fiatfer
möglich getoefen toar. Starin fott ftcfy jugleid^ bic allgemeine SRcform be$ Unterri$tötoefen£
abfölie&en. 3lucfc bic ßrjiefyung beS iileruS foll fünfttg ber ßentralbetyörbe be$ ftaatlic^en
UnterrictytStoefenS, ber fatferlictycn ©tubicnfyoffommiffton, unterteilen, ©o tourbe baut jit*
näcfyft (18. SRobember 1781) ber 33efud& beä Collegium Germanicum et Hungari-
6 cum in 9tom Verboten, too bisher bor allem bie ©öfyne be$ Slbete unb bamit ber fünftige
fyöfyere unb tyofye ßleruS auägebilbet toorben toaren. Rann tourben 1783 alte bif$öfti$en
©eminarien unb anbeten tfyeologiföen Silbung&mftalten an ©tiftern unb Älöftern auf-
gehoben, ifyre gonbS unb Stiftungen eingebogen unb für bte neuen Stnftalten bertoenbet
Sin bie ©teile be£ römiföen Collegium Germanicum et Hungaricum trat eine Snftalt
10 gleiten SRamenS in $abia, an bie ber bifcfyöflic&en ©eminarien bte „©eneralfemmarien",
bie in jeber *Probinj toomöglicty am ©i£ einer Uniberfttät errietet unb als ftaailufc
Slnftalten ber §offtubicn!ommiffion unterstellt Würben. 2)er ©taat beftellte tyre Steltoren
unb *ßrofefforen unb fcfyrieb Setyrplan tt>tc Sefyrbüc&er bor. 3fyr SetyrfurS umfaßte fed^d
3afyre. 3)ie SBiffenföaft, bie in tynen getrieben tourbe, toar burctyauS ber ©cfcolafttf ent*
16 gegengefefct, im ©inne ber äufflärung. 3b* 93efud& toar bie 93orbebingung fiur bte ^öfcren
SBetyen tote für ben Sintritt in geiftlic&e Drben. 2)en S3if$öfcn blieben nur ityre „*ßriefiers
Käufer", in bie man naefy 2lbf$lujj beä ©tubiumS im ©eneralfeminar eintrat unb too man
bis jum (Smpfang ber fyöfyeren SBetyen unb jur 93ertoenbung in ber ©eelforge blieb. 9u$
für bie foätere Rt\t fuc^te man bem 93ilbung$ftanb aufhelfen, mbem für alle Setoer«
ao bungen eine ÄonfurSprüfung borgeförieben tourbe.
4. 3)ie Älofterpolitif. $^re 3Kotibe toaren mancherlei. Die 5Uöfter galten ate
§aul>tftü$en aller ftaatsfeinblid&cn ©eftnuung unb ber alten berrotteten Silbung. ©ie entzogen
bem ©taat eine SMenge bon Gräften, beren er für feine 3toedte au$ in ber ftir$e beburfte,
bor allem für bie bringenb nötige SBermefyrung ber Pfarreien unb ©eelforgerfräfte. 3ftr
26 ungeheurer 33eftfc toar fcfyled&t bertoaltet unb festen bem urferünglid&en 3to«f b« S#
tunaen, ber Strmenpflege, ber ©eelforge, bem Unterricht großenteils entzogen, für baS tobte
föaftlictye Seben ber Nation tot unb eine %tf\tl 3)ie Settelorben bor allem galten als
unnüfce 3Jiüfftggänger unb grobe Seläftigung beS SanbeS. 2)a3 ißapfttum fdbft $atte
bor furjem am ^efuitenorben gezeigt, toie man mit Jollen Drben umjugetyen ^atte. ©o
so fcfyritt man benn balb unb rafefy ein. 3unäcWt touxbt ber Seftfc ber Älöfter unb Stifter
inbentarifiert unb bie alten 2tmortifationSgefe$e erneuert. Dann berfügte baS Aloftergeje$
bom 12. Januar 1782 für bie (Srblanbe bie Sluföebung aller SJcieberlaffungen ber*
jenigen Drben, bie toeber ©<$ule gelten no$ Äranfe pflegten noety fonft in ben ©tubien
fiefy fyerbortyäten, als bem -Häuften gang unb gar unnüfc unb barum auc^ ©ott nid^t
36 gefällig, ©enannt toaren bie itartfyäufer unb Äamalbulenfer, fotoie bie ©reimten, bie
Äarmeliterinen, Älariffmen, Mapujinerinen unb gfranjiefanerinen. 3^r Vermögen tourbe
eingeben, t^re Äirc^en unb ^l. ©erätföaften na^ Sebarf für firc^lic^e 3toede übertotefen,
bie übngen ©ebäube bielfacb m ©taatöjtoecfen bertoenbet ober famt einem großen Seil
be« ©runbbeft|e^ unb ber Äoftbarleiten berfauft 2)ie ^"föff^ burften in au^toartige
40 Alöfter \tyc<& Orbend jte^en ober &u einem anbern Crben übertreten ober SBeltyrtefter
toerben unb erhielten ^Jenftonen. 3)a^ ganje eingebogene Äloftergut tourbe jum Steligioitöfonbd
bereinigt, beffen Erträge auef^liejlic^ ürd^li^cn 3*b^cn bienen follten. ^nbeffen be»
fc^ränfte man fiefy fd^on je^t nic^t gan$ auf biefe Drben, fonbern traf auefc anbere toie
namentlich bie ^auliner unb 93ominifancrincn fotoie einige befonberä fc^lec^t bertoaltttc
46 Senebiftinerllöfter. 1783 folgten bie Srinttarter, 1784 ja&Ireictye 5Uöfter unb Äonbente
anberer, namentlich ber Settelorben, ber 3J?inoriten, 3)omini!aner, Äapujiner, 3luguftmer'
Eremiten, ©erbiten unb ^auliner. Stilen Settelorben tourbe bae betteln tote bie aufnähme
neuer SRitglieber berboten. 1785 f. enblid? tourben aud^ bon ben großen reiben Drben ber
Senebiftiner, Gifter^ienfcr, 3luguftiner=6^or^errn unb $rämonftratenfer eine größere Änja^l
60 bon Älöftern unb (Stiftern aufgehoben, tocil fte an \i)tem Drt in ber ©eelforge entbehrlich
feien unb ber SReligionöfonb« iva Dotierung ber neuen Pfarreien, bie in anberen (Segen«
ben nottoenbig feien, nicfyt au^reid^e. ^ür alle übrig gebliebenen gnftitute tourbe bie fyifjL
ber Sfafaffat f«Pflrf<Bt, bie 9Sertoaltung beä SBermögcn^ an befonberd befteDte ^erfonen,
meift SBeltflerifer, übertragen, bie 3lnna^me bon fiegaten berboten u. f. to. 3n Defterreic^
65 unb Ungarn fanf baburc^ bie 3a^l ber Älöfter bon 2163 auf 1425 (bie 3afcl ber 3iu
faffen ift nic^t feft)ufteQen). 2)er SBert btö eingejogenen ©utd betrug über 183DttQumen
©ulben. 3n *** Sombarbei toar fc^on unter 3Waria I^erefta borgearbeitet toorben ; tnd)
folgten aud> j^ier nod^» 59 Älöfter unb Äonbente nac^.
93en ©alularifationen gingen aber namentlich in ben Sauren 1783 f. SSerorbnungen
go jur ©eite, bie in ba^ innere 2tbm ber Drben unb Jtlöfter eingriffen. 9Iac^bem ber 3u>
SofcM IL, Stttfer 373
Smmen^ang mit bcn auätoärtigen Dbern unb Drganifationen aufgehoben toar (f. unter
r. 1), tourbe aud^ bet SSerbanb ber öfterreidfoifcfyen ^rotoinjen gelodfert: bie SSifttationen
ber $rot>in)ialen ^örten auf, bte SProtnnjialfapitel Ratten nur noefy ben SProfcinjial ju
toablen, bie SBatyl ber Äonbent^rioren u. f. to. mufete toon ben Äontoenten felbft fcor*
genommen toerben, ber (Eintritt in Jttöfter tourbe nur naety fcorfyergefyenben ©tubien in ben 5
©eneralfeminarien geftattet.
5. ÄultuS unb religiöfeä SBoIfälebcn. 2)er Äaifer fyat bie größten 2ln«
firengungen fiema$t, bie ©eelforge ju fceben unb tyre Drganifation ben Sebürfniffen ber
beränberten Ser&ältniffe anju^ffen 1782 f. (Sine grofce ftafy ber aufgehobenen Älofter*
finden tourbe in $Pfarrfird&en toertoanbelt. 3lu3 ben ßinfünften be$ 9teligion$f onbS tourben 10
Stinten, SPfarrftetten unb Äaplaneien gegrünbet, ehemalige 2Rönd&e in ber ©eelforge ber*
toenbet „!gn SRieberöfterreicty allein entftanben 260 neue ©eelforgeftationen, in ©teier*
tnarf 156 neue Pfarreien unb 145 Sofalfaplaneien, im Saturn Srijen 74, in SJtafyren 180.
3n Ungarn tourbe bie $aty ber ©eelforger um 1189 toermefyrt." 3)er SDtangel an Seift*
liefen tourbe baburdfr natürlich fefyr em^finblic^. Der Jtaifer badete bafyer baran, neben 15
bem t^eologifcfc gebilbeten ÄleruS eine ^toeite Älaff e einzurichten, bie nur auf bie nötigften
ffanfttonen abaenefctet unb auf ben Filarien unb 5ta}>laneien fcertoenbet toerben foHte.
w ift baju aber fotoenig gefommen toie jur atoangStoeifen SluSfyebung ehemaliger 5Rönc£e
für bie ©eelforge.
daneben aber griff 3ofeJ)$ tief in bie Drbnung be$ ©otteäbienfteS ein. ©ein Siel 20
toar, bem fmnlicfcen unb äujjerlicfc med&anifd&en Setrieb ber Sieligion naefy Kräften 2Ü&*
bruc£ gu t$un unb ba$ Sbeal ber 2lufflärung, bie Anbetung ©otteä im ©eift unb bie
$ätjae 9lä$ftenliebe, in iBolf unb KleruS p förbern unb bamit toieber bie fittlicfce toie
inteOeftueOe Äraft unb SeiftungSfäfyigfeit fetner Sänber ju fyeben. Sin feinem *JJunfr tritt
bie ßtgenart beS jofetofyinifctyen itirdjjenregimentS fo fcfyarf fyertoor toie tyier. ©ingefyenbe SSer« 25
orbnungen regeln aufs genauefte alle ©rfd^einungen beä gotteSbienftlid&en SebenS, berart,
bafcjtaebri<$b.@r. über ben „©ruber ©alriftan" Rottete. $ie Serorbnungen toaren an
bie SJtfööfe unb tyre 35efyörben gerietet unb mujjten t>on ifynen ausgeführt ober in i^rer
SluSfttyrung fibertoad&t toerben. 2lfä baS toie^tigfte ©tücf be$ firctylicfyen §anbeln$ erfcfyien
bem Jtaifer mit bem ganzen aufgetlärten ÄafyoliciSmuS ^rebigt unb Unterricht ber ^ugenb. so
Xuf pe fpt benn 3jpfep^ toon 3tnfang an fräftig gebrungen, fyat aber au$ über ben 3n*
fydt ber ^rebigten Sorfc^riften gemalt unb SRafjnafymen getroffen, bafc fte Don 3eit
m 3«ö lontrolliert toerben tonnten. 3lu# ben ©emeinbegefang fud^te er ju förbern,
folgte baju fiieber» unb SKelobienbüd^er ein unb behängte bagegen über aDe au««
toärtigen Stttualien u. ä. ein ©infu^rberbot unb über alle Äird^enfalenber, Serfünbigungen 85
mm ober ©nlabungen gu93ruberf^aften, 3lbläffen, gotteSbienftltcfyen feiern unb Slnba^ten,
tote fte an ben Ährqen angebra^t toerben, bie Sebingung beS 3m^matur. 3m 95rebier
mußten noc^ biele ©teilen (j. 95. über ben ©regorianer 93enno) überflebt toerben. 3lm
21. 'April 1783 erging eine neue ©otteäbienftorbnung junäc^ft fürSBien, aber al^3Rufter
für ganj Öfterrei^. ©ie beftimmte, toaS an ©onn= unb Feiertagen fotoie an 2Boc$en« 40
tagen, in ben gfeft* unb gaften jeiten in ben toerfd&iebenen 2lrten bon Äird^en an ^rebigten,
Neffen, anbauten unb (Seremonien Vorgenommen toerben foUe ober bürfc. SDenn i^re
abfielt toor bor ödem, bie gotte£bienftli$en ©ebräud^e ju Vereinfachen, auf baS jurücfju«
führen, toad hn römifc^en Slitual auSbrüdtticfy öorgefd^rieben toar. S)aStoirb aud^ 1784 no$
einmal befonberd eingefc^ärft für ba£ §eer ber üblichen Segnungen unb Soeben toie ber 45
t^eatsalif^en ©d^aufteuungen unb 3)eIorationen, toie fte befonberS in ber S^artooc^e üblid^
toaren unb §. 35. bem Äalbarienberg Von Remote bei 2Bien ba« Slu^fe^en einer 93olf&
bebtfUaung gaben.
Stefelbe Mbpd^t tritt fyerbor in ben 35eftimmungen über bie begebenen 3)etootion^
formen unb bittet 3)ie ^rojefftonen tourben befcfyränft: auger ber allgemeinen 35itttoo^c 00
0B«H^e be« $immelfa^fefte«) unb aufterorbentlic^en 3lnläffen follten nur jtoei in jebem
3cfc unb flirc^f})iel gehalten, ^eilige unb ©tatuen fotoie grofie ^bnen babei ntd^t me^r
getragen toerben; bie biäfyerige Jtleibung ber Datenträger tourbe verboten. St^nltd^ er--
amg e0 ben ©aflfa^rten : fte burften nur noc^ unter gübrung bed $aroc^u^ ftattfinben.
»ie Äblaffe bed ^Jortiuncula-gefte« tourben verboten, ben 35if^öfen eingef^ärft, bem 33olf 66
bun^ S^nftenle^re unb 35ei#tftufyl bie toa^ren Segriffe bon biefem Slblajj beibringen ju
bffen. Unnötiger 2up$ im ©4mud, 95eleud^tung ber Äirc^en, ba^ ^ufeen ber ^eiligen*
ftatuen mit Äemben, ©trumpfen, ©ctyufyen, ^Jerüden unb 93otit>gegenftänoen tourbe ber*
boten, alle Sfottbaeftynfe toie prüfte, Krüden, ©äbel, ^anjer u. ä. au3 ben Jtird^en mU
fenrt, bie 31u«fteUung ber Sleltquien, bie mit befonberem ?ßrunf berbunben ober jum eo
374 3offrt IL, «aifer
ftüffen ober Verüfyren mit Silbern, 3lofenfrän$en u. ä. beftimmt toar, berboten. allgemein
tourbe ber #anbel mit getoetyten Äerjen, 3tofenfrän$en u. ä., ben Älöjtern tote bem SBelt*
fleruS bie Verfertigung unb Austeilung bon Amuletten, ©fabulieren, ©ürteln u. ä. unter*
(agt. @in befonbereS ^Mittel, alle biefe formen unb 2Jtittel ber alten JDebotion ins Soß
6 ju bringen, toaren bie britten Drben unb Vruberföaften getoffen ; fie tourben am
9. Sluguft 1783 auf einen ©d&lag aufgehoben unb burcfc bie emjige Sruberföaft ber
tätigen Siebe beS SRäcfyften unter bem ©d&ufc unfereS #eilanbeS !gefu (S^rifti ecfe^t. Von
ben SJKtgliebern ber bisherigen Vruberföaften fonnte eintreten toer toottte; aber baS ge*
famte Vermögen ber alten ging auf bie neuen über. 3&r 3to*& &** Armenpflege
10 unb 3"9tttfmnterric&t. Sin bie ©teile beS VettelS unb toilben Sömofengebenö fodte bo*
burcfy rationelle Verfolgung ber 2lrmen unb Äranfen treten. 31ik$ bie ©rünbung Don
Slrntcn* unb ©ied&enfyäufern lag babei bem Äaifer am $erjen. 3mmer toieber betonen
bei alle bem bie Verorbnungen, bajj eS gelte, ebenfo ben ©efctymacf toie bie Steligiofitat
ju reinigen unb bie ©laubigen Don ber Äreatur jum ©$öj>fer ju führen.
16 6. $oleran$gefeftgebung. ©eit langem $atte 3ofa>& gerabe £ier ben 33ruc$
mit bem alten öfterrcictyifdpen ©tyftem befonberS lebhaft fyerbeigefefyrit. ©$on einen SRonat
nacty bem lob feiner SDtutter, am 31. 2)ejember 1780 tourben ba$er junäc^ft bie Sie«
ligionSfommijftonen, am 31. 9Rär$ 1781 audfr bie jtoangStoeife Verpflanzung ^atSßarriger
Äefcer, am 16. 3funt 1781 baS ganje SReligionSpatent bon 1778 mit feinen Vorläufern auf*
20 gehoben. — ©$on bei biefer 3frage toaren eS bor allem Äauni^ fotoie ber Staatsrat
gretyerr bon ©ebler, bie bie ©ebanfen beS ÄaiferS leiteten ober ü)m jur Seite ftanben
©erabe bei biefem Slnlafe aber erflärte nun 3°fa>& jugleidfr, *>afe fünftig jtoifdpen Äa*
tfyolifen unb ^roteftanten fein Unterföieb mefyr gemalt toerben bürfe, ab in ber Cffent*
lictyfeit ber SReligionSübung. Unb als bie #oftan$Iei gegen biefe faiferlicbe Stoft^t Ste
26 benfen im ©inn beS alten ©tyftemS erfyob, toaren eS toteber Äaunifc unb GJebler, bie tyr
föarf entgegentraten unb babei bon einem anonbmen ©utad&ten unterftüfct tourben, baS für
manche ©injetyeiten ber ferneren loleranjgefefcgebung mafigebenbe Vebeutung getoonnen fyd,
unb toörtliq benüfct toorben ift. älm 13. ©eptemberl781 gab ber Äaifer feinen ßntfölujj
in allen ßinjefyeiten funb: mit 2luSnafyme toeniger fünfte toaren eS bie Veftimmungen
so beS nac^erigen £oleran$atentS. 2)oc& toar noq beabfic&tigt, lein öffentliches Sßatent m
erlaffen, toie benn aucfc bie SeligionSfommifftonen unb baS SReligionSjxxtent bisher niqt
öffentlich, fonbern nur burcfc Sleftript an bie Ve^örben aufgehoben toorben toaren. SKan
badbte alfo nur bon %aS, ju ftad SiSpenS ju erteilen unb fo eine anbere SßrasiS )u be*
grünben. 3lber bor ädern ©ebler brängte auf £)ff entlief eit: fonft gefc^d^e böd? nur alles,
35 um ben faiferü$en Saiden geheim ju galten unb iHuforifdj ju machen. 3)er Äaifer er-
fanntc baS am 13. Cftober 1781 an; bter Sage barauf am 17. veröffentlichte bie SSiener
3eitung in i^rer 9lr. 83 bie faiferlicfye ©ntfd^liefeung, unb am 20. erging baS patent an
ade f. !. Sänberfteden, jebocfc nur ^anbf^riftlic^ (ben Sejt f. bei gran! ©. 37). @rft bon
ben fiänberfteden tourbe ber Qn^alt ber faiferlic^en ©ntfi^lie^ung mit bem toatoxm be«
40 18. Dftober 1781 befannt gemalt unb im 2)rucf berbreitet S)aS patent toar fthr ben
ganjen Umfang ber ^abäburgiföen 3Ronarc^ie beftimmt, für bie beutfcfcböfymtfcben Sänber,
Ungarn unb feine SWebenlänber, Italien unb bie ÜRieberlanbe, unb ift überall berfitabet
toorben, aud^ in Sirol, toie jefct urfunblid^ feft fte^t. ©ein ^n^alt iji:
9lde Untertanen Slugäburger unb ^elbetifc^en VetenntniffeS fotoie bie nicbtumerten
46 ©rieben erhalten ein tyrer Religion entf))rec|enbeS ^ribateS gjenitium, otyxt Stüdfupt barauf,
ob fte eS je gehabt ^aben ober nicfyt. 2Bo fc^on bisher ein umfaffenbereS @serjitium beftanb,
toie ). %l in ©Rieften, Siebenbürgen unb Ungarn, bleibt eS natürlich au$ je^t beft^en.
3m einjelnen toirb beftimmt: 1. 3« 100 Familien bürfen f1^/ ^ud^ toenn pe einige
©tunben auSeinanber too^nen, Vet^auS unb ©d^ule erbauen, toeiter entfernte fvfy m ba«
60 nöc^fte VetyauS ber Wonarc^ie begeben unb ben Vefuc^ i^reS ©eiftlic^en empfangen. Sie
Vet^äufer bürfen jeboc^ feine ©locfen, Stürme unb @ingönge an ben Straften tyaben.
SDarin adein liegt baS, toaS baS patent als „)>ribateS" (f jer^itium bejeu^net 2. Sie
äfattyolifen bürfen fic^ ©c^ulmeifter galten, fotoie 3. 5ßaftoren tollen ober, toenn bie
Dbrigfeit (b. fy. ©utS^errfdDaft o. ä.) fte botieren toid, Rentieren, muffen aber für bie
66$aftoren bie faiferlic^e Veftätigung einholen, bie borläufig bur$ baS f c^leftf cf^e ilonftfbrium
in lefd&cn ober eines ber ungarifd^en Äonjiftorien erteilt toerben fott. 4. JÄe ©toi»
gebühren bleiben bem fatl?olif$en ^arod^uS (urf^rünglic^ toar baS anberS beftimmt, unb
nachträglich tourben au$ ^ier einige @rleid^terungen betoidigt). 5. 3)ie 3ubifatnr in
SteligionSfac^en ber Slfat^olifen toirb ben ^olttifc^cn SanbeSfteuen übertragen, bie jtboc^
eo ^ßaftoren ober Ideologen ber Äonfeffton jujic^en unb nad^ beren SeligtonSgrunbfa^
3ofet>l> IL, »tttfer 375
urteilen muffen. 9tefur3 an bie £offtellen. 6. Sitte JReberfe über Äinbererjiefyung in ge*
mieten <g$en fallen fünftig Weg. 3ft ber SSater latyoltfö, fa Werben — baä ift ba«
$orre$t ber „botmnanten" Sieligion — alle Äinber fatyoltfcfy erlogen; im anbern gfall
toerben fie na# bem ©efc&lectyt verteilt. 7. Die 2tfatfyolifen Werben jum £äufer* unb
©üterfauf, 93ürger« unb 3Keifterrccfyt, *u afabemifctyen SBürben unb Stoilbebienftungcn 6
burt$ Dtetoenfation jugelaffen, bie in feiner SBetfe erfd&Wert toerben barf. Die 6ibe&
formel totrb für fte tyren SReligionägrunbfäfccn gcmäfc geftaltet, unb niemanb barf gejtoungen
toerben, an Sßrojeffionen ober gunftionen ber bominanten Religion Seil ju nehmen. Die
Seforberung im Gtoilbienft foll fiinftig, tote bisher jdjon im SDlilitär, ofyne jebe Sücffid&t
auf bie Äonfeffum gefcfcefyen. 10
Der Äaifer felbft beftimmte, bajj jeber, ber ftdb unter ba« SJJatent [teilen toolle, jicfc
eingeht $u melben fyxbe. Unb fo traten nun überall bie (Stoangeliföen an bie Öffentlich
fett 8i« ®nbe Dftober 1782 jctylte man in ben beutfcfcböfymifd&en (Srblanben 73 722.
Die $$1 War für bie Regierung im ^öc^ften 9Majj überrafcfyenb. tflan Vermutete maffen*
toetfen Abfall. 3n 2Birflic&teit lag e3 toofyl fo, bafe in allen Sänbern aafylreictye Sban* 16
geltföe bte legten anbertfyalb Satyrtyunberte bor bem furchtbaren Drudt ft$ äufeertid& ge*
beugt unb afö Äatyoliten gelebt, innerlich aber bon einem ©efölcd&t nim anbern tyren
efcangelif$en ©lauben betoatyrt Ratten. 2lm 21. gebruar 1783 tourbe für bie ©rblänber
fterfügt, bog jeber, ber fi$ na$ bem 1. Januar 1783 al$ Slfatboü! gemelbet tyabt unb
melben toerbe, erft einen jecfyetoöc&entlicfyen Unterricht in ber fatfyolifctyen Religion burcfcao
Jamalen fcabe. Iroftbem ftieg bort bie Qafyl b« ßbangelifctyen fortwährend §od giebt
nac£ ben Sitten be« Staatsrate folgenbe Satyrn:
Snbe Oft. 1782: 73722 mit 37 $aftoren unb
„ San. 1783: 79226 „ 50
„ Dej. 1784: 100924 „ 107 „ „ 79 „ 25
„ „ 1785: 107454 „113
„ „ 1786: 124012 „ 141
„ „ 1787: 132870 „ 140
„ „ 1788: 156865 „ 142
9htö Ungarn unb Siebenbürgen toerben nur bie Satytn ber tolerierten ©emeinben ao
onoeaeoen :
1783: 166 lutyerifd&e, 102 tyefoetifd&e, 5 griec^iföe
1784: 586 „ 162 „ 10
Überall fatte bann aföbalb bie (Sinrtätung ber ©emeinben begonnen : Sammlungen
in £>fterret$ unb Ungarn felbft, im 3teidj, in ben ebangeliföen 9tieberlanben, in ber
2<$toeij, in Dänemar! unb SRufelanb brauten ftattlicfye 3Jlittel jufammen. Die Regierung 86
fdfrß liefe ed jtc& angelegen fein, bie inneren 33erf?ättniffe ber ebangelifd&en .Hirnen ju
orbnen unb aHmäfylt$ auszubauen. 3Ran forgte für ßinfufyr ober öfterreid&tfcfye Drucfe
bon Stbdn unb ©efangbüd^ern; man fcfntf eine einheitliche älgenbe, beftettte ©u^erinten^
beuten unb er^ob bad SEefdbener Jtonftftorium jur oberften ftrd^lid^en Se^örbe für bie ^
beutfe^en unb böfymif$en Sänber. 1784 tourbe e$ nac^ ffiien verlegt unb i^m ein
reformiertet Äonftftortum jur Seite geftellt; beibe Beworben aber ftanben unter einem ge-
meinfämen $räftbenten. Der SBiberftanb, ben einige ßirc^enfürften gegen bie i^nen ^gemutete
Beröffentlic^una ber Xoleran) leifteten, tourbe gebrochen, aber aud^ aller $ro)>aganba ober
fottfügen Xuijdpreitungen ber Slfatbolifen ftreng gefteuert. Die Xran^migrierten fotoie bie, 45
bie um ber Religion Witten freitoiuig au^geWanbert Waren, burften jurüctfe^ren. Dagegen
fct auc^ 3°!^ einzelnen Selten, Wie ben bö^mifd^en Slbraj^amiten unb ben mä^rifc^en
Setpen gegenüber jeitenWeife ba« Softem ber Sran^migration eingehalten. Denn bie
loleranj galt nur ben brei großen 5tonfefftonen.
@* t>erfldbt ftd^ Don felbft, baft eine fo ungeheure Umwälzung auf allen ©ebieten 60
ben ftarfften ffiiberftanb fanb. 3unäc^ft ^atte \t)n bie AUirte aufgenommen. 9lfö $tu£ VI.
erfahren ^atte, bafe burety bt^lomattfd^e Ser^anblungen nichts ju erreichen fei, toerfud^te er,
bun^ perfdnlid^ed Srfd^einen, burc^ „Sitten unb anflehen" eine SBenbung ^erbeijufü^ren.
6r lam am 22. 3Kän 1782 na$ 98ien, Würbe glänjenb empfangen, erreichte aber nid^tö
toefentlk^ed. Die ftolje .Rurücf^altung be^ Staatöfan^ler«, ber au$ Jlniebeugung unb 66
^(utbfu| fcertoetgerte, wie bie ^«ftigleit be« .Katferd nahmen i^m aDe Hoffnung. ®r ber*
«ieb <i aber auc^ ninftig, bur^ i^roffe Haltung bie Sage be$ ^apfttum« m berf^lim*
ment, unb äußerte ft^ über bie $erfon be^ .Haifer« mit großer SBärme. Örft aU ber
RkberUiitbtföe Xuffianb ftd^ borbereitete unb er^ob, Würbe bie päpftlid^e ^olitif Wieber aftib.
28 Set^äufern
38
n
79
//
92
H
131
tf
136
tf
154
ff
ber 1
tolerierten (
376 Sofetf II.f Saifer
3« ben alten §abSburgifd&en Säubern toar bie Stimmung fe^r berfd&teben. $m
(Spiffopat fanb ber Äaifer toarme 2ln^ängerfc$aft, nachgiebige SJügfamfeit toie fc&roffe vp*
pojttion. Die febronianifd&en ©runbfäfee unb bie allgemeine SufHärung toaren Vertreten
bei bem ßnbifd&of fcon Salzburg (©rafen (Sollorebo) fotoie ben 93if$öfen Don Äöntggräfc,
6 SBimerifcfcSceuftabt, £aiba$, ©urf, Brian u. a. Sie ^aben beS ÄaiferS SBerorbnungen,
felbft bie über $o!eranj unb gotteSbienftlic&e Snberungen burefc Hirtenbriefe toarm unter*
ftüfct (f. »runner, X^eoL £ofbienerfd&aft S. 321—353; D. 9Rejer 1,84 ff.; granl 138ff.).
Die alten fir$Iid&en Slnföauungen bagegen toaren fd&roff unb ftreitbar Vertreten fcor allem
burefy ben 6r$bifd&of bon SBien, ©rafen ^iga^i, unb ben ungarifc^en (5^iffoJ>at unter
10 ber $ütyrung feinet *ßrimaS, beS ÄarbinalS ©rafen Satt^janty fcon ©ran. gn ben beut*
fetyen unb böfymifctyen fiänbern toaren bie firetylietyen Sieformen toon ber 3Raffe beS SSoöS
junäc^ft ru^ig unb gleid&giltig Eingenommen toorben. (Srft bie (Singriffe in ben ÄuItuS
unb bie fir($fi$en ©Uten erregten bie ©emüter $um Steil jeljr lebhaft, unb burc$ bie
Politiken unb jojialen Sieformen tourben bie bisherigen ?ßrtoilegierten berart betroffen,
ib bafc ftety bei tynen ber Unmut gegen baS ganje Softem lehrte. Dagegen toar um fo
größer bie Danfbarfcit ber befreiten, bor ädern ber Sauern unb teiltoetfe beS Sürger*
tumS, toietoo^l man gerabe au$ fyier me^r erhofft tyatte, als toirfliefc getoatyrt tourbe.
Die eigentliche Stüfce beS neuen StyftemS aber toaren unb blieben bie Seamten unb
fünften. Unb auf allen fünften beS geiftigen unb toirtfd&aftRc&en 2ebenS matten ft$
20 bie toofyltfyätigen folgen ber Reformen fyanbgreiflid& geltenb.
©an) anberS toar ber Verlauf ber Dinge in Ungarn unb ben Slieberlanben. 3n
Ungarn unb Siebenbürgen toaren bie fir$lid&en Sieformen anftanbStoS bur^gefü^rt toorben.
Die loleranj tyatte bie ^roteftanten nietyt befriebigt, toeil fte nid&t blo| Dulbung bur$
föniglid&e ©nabe, fonbern auf ©runb feierlicher StaatStoerträge tote SanbtagSfdblüffie auf
26 religiöfe gfreifyeit unb bürgerliche 92e$t3glei$^eit mit ben Äatyolifen Sfoftmtcp machen
fonnten, einen Slnforucty, ber tynen nur immer toieber Derfagt toorben toar. Irofcbem
tourbe baS ©btft namentlich in Siebenbürgen mit greuben aufgenommen, obtoo^l man
audb bier Diel mefyr beanforuetyen tonnte. @S galt eben als ©etoä^r bafür, bafc nun bie
bisherigen 93erfu$e, bie gefefelid^ Verbürgten Sled&te ju befc&ränfen unb ju jerftören, toeg*
so fallen unb namentlich bie „2tyoftafiet>ro*ef[e" aufhören toerben. 6rft bte jpotiiiföcn unb
fokalen Umtoöl^ungen, ber &erfu$, Ungarns unb Siebenbürgens alte &erfaftung ;u
brechen, baS Sanb burdj ftaatlictye Beamte abfolutiftifö ju regieren unb fo ben beutjefc
bö^mtfe^en Sänbern gleic^^uftellen, bie Sinfü^rung ber beulten SlmtSf^rac^e, bte 9uf*
Hebung ber £eibeigenfd^aft, ber Steuerfreiheit beS 3lbelS unb JtleruS fotoie ber ^rei^eit beS
36 SlbelS t>on ber Äonfm})tion brauten faft ben gefamten mag^arifd^en Abel in tyefttae %k*
toegung: am 30. 3anuölf ^790 mufete ber Äaifer alle ^olitifc^en unb fojtalen Reformen
aufgeben. 3n f^n Sterbe^immer brang baS ^ub^Ig^« ber Ungarn, bte bie ©iei>$an$s
Irone auS ber ^ofburg abholten, um fte toieber in tyre ^eimat ju bringen.
3n ben 5lteberlanben tourbe bie Soleranj im 9lobember 1781 Derfcnbigt ©tanbe,
40 Sifd^öfe unb Untoerfttät remonftrierten ^efttg. 3lber fte tourbe otyne ©4ftotertgleit bun^
gefefet. $m grü^ja^r 1782 begann man au$ bie übrige ©efe|gebung in i$ren$aupts
fünften einzuführen unb bie Älöfter allmä^Itg aufju^eben. DaS Soll blieb immer no<$
ru^ig. Slber ÄleruS unb s)Jlönc^tum unter ber gü^rung beS 5RuntiuS 3onbabari (1782
auSgetoiefen) unb beS ^SrimaS bon Wedeln, ÄarbinalS ©rafen grantenberg ftanben ge*
46 fc^loffen gegen bie Regierung. Die (Einrichtung beS ©eneralfeminarS in Sdtoen tytitt
fc^toere ^^n. Slber erft als feit Anfang 1787 aud& ^ier bie alte feubale Serfaffung,
baS ftänbtjcbc Selbftregiment unb bie privilegierte Stellung bon JtleruS unb »bei toie ber
regierenben Sc^id^ten ber Stäbte gebrochen toerben fottte, ergriff ber ffitberftanb alle mal*
gebenben Äreife. 3m $«*ft 1789 trat ber 93rud^ ein, im Daember begann ber Äuffianb
60 in Srüffel, obtoo^l ber Äaifer fc^on @nbe 5iot>ember alle Steuerungen jurücfgenommen
^atte. 3lm 7. Januar 1790 erllärten ftc^ bie ^robinjen mit ausnähme gimburgS für
unabhängig. Der geiftlid^e ©aft gegen ben Äaifer toar eine ber mächtigsten triebhafte
in biefer SRebolution. Die augemeine politifc^e Sage C£ürtenfrieg, SSer^öltniS xu $reu|m)
na^m bem Äaifer jeoe Hoffnung auf Sieg. Slm 20. gebruar 1790 tft §o\q>\) nad)
66 längerem firänfeln (Sd^toinbfud^t) geftorben, mitten unter ben fd&toerften Snttdufdpmgen
unb TOeberlagcn. @S ift lein fttottftl: bie Ungebulb unb ßaft, mit ber er feine großen
Sieformen betrieben, bie alten, toenn auc^ morf^en, boc^ tiefgetourjelten Ser^ältnifle um*
geftünt unb fcöüig neue gefc^affen fyattt, fyabtn fein 2Berf fd^toer gefdb&bigt. Unb bo$ $
feine Regierung ber 3(uSgangSbunft einer neuen ^ö^eren Snttotctelung Dfterret$3 getoorben.
eo Unb auc^ baS Softem ber firc^lid^en ©efe^gebung fiel mit feinem lob ni$t 5Rur in
3*fe*l> IL, »atfer 3fofr^^n^f Bflabind 377
bat SRieberlanben, too erft nad& 3°W$ lob bcr flerifale ßfyarafter bcr 9tetooIution fu$
gam offenbarte unb ber ßrjbifd&of toon -Dietzeln fie mit allen geiftlid^en Mitteln förberte,
muftte 2eopolb alle fir$Kc$en Neuerungen, aud) baä loleranjebift opfern, um bie mtlitärifö
niebergetoorfenen Sßrotnnjen toieber ju gewinnen, dagegen blieb in Ungarn bie «Öautot*
maffe ber Rr$li$en Sieformen unb bor ädern bie Xoleranj. 9iad^ bem großen mtxafös 6
tag fron 1791 fteßte Seopolb II. bie politifd&e ©leictybered&tigung ber ungarifd&en $ro*
leimten unb tyr Stecht auf freie Seitung toon Äirctye unb ©cpufe unter ber SCufftc^t ber
Ärone fefi 9luc$ in Siebenbürgen gelang e$ ber etoangelifd&en Partei beä SanbtagS burdfc
jafegen, bafe bie alte gefefclid&e religiöfe $reifyeit aufregt ersahen, ba$ Xoleranjebift für
ungenügenb unb bie lanbeS&errlutyen SBerorbnungen, bie in ben legten (Generationen bie 10
Religionsfreiheit Ratten t>ernic$ten toollen, für aufgehoben erflärt tourben.
Jn £>fterrei$ enblicfc »erlangten bie meiften fianbftänbe bie 2öieberaufrid&tung ebenfo
en feubalen sjuftanbe toie ber alten §errföaft unb Stellung ber fatfyolifctyen Äird&e.
Aber 2co}>olb fcertoetgerte beibcö : Don ber Kirchlichen ©efefcgebung fielen nur bie ©eneral*
feminarien. ®ie Sifdjöfe burften toieber tyre eigenen Slnftalten errieten unb erhielten bie 16
Seifügung über bie gotte3bienftli$e Drbnung jurücf. Sie äauptmaffe ber mnerfird&lid&en
Reformen Wieb bis 1848 befte&en, obtoofyl bie firepc^e SRejtauration im 19. ^a^unbert
im ^nnern immer toeiter fortföritt. Unb in ber naj>oIeonifd&en 3eit befynte ftc& ber
„3ofep^ini3mu$" über alle fttbbeutfäen Staaten, Saiern, SBürttemberg , Saben unb
Reffen au$ unb tourbe ba, trenn auef; in manchem ertoeid&t, bie ©runblage ber ganzen 20
Stellung ber fatr/olifcfyen Äircfce im Staat. @rft burefc ba$ %afyx 1848 ift er in Öfter-
rety toie ben anbern fübbeutfctyen Staaten ganj gebrochen toorben. 9iur bie Joleranj
ift mt$ in Ößerreid& geblieben unb, jur toottfommenen ©leic^berecfytigung ber Äonfeffionen
fortgebilbet, ein Seftanbteil ber 93erfajfung getoorben. ftarl Vtfitter.
3ofepl) Hon SRetipue, 15. %af)xf). — Sitteratur: Seo MatiuS, De perp. cods., 26
6. 932 ff.; berfelbe Graecia orthodoxa Sb I, @d)lu&bemer?ung. gabrfciu3*$arl., Bibl.Gr.
XI, ©. 458; Ärumbacber, ©efdj. ber Stoj. fitttevatur 1897, ©. I18f.
3<>fa>k Sijc&of bon SWettyone, früher Sofyanneä ^PlufiabenoS (6 niovoiadrjvdg) ge*
Reiften, bUl^te im fünfzehnten S^^unbert. 6r lebte in Äreta. Sefannt ift er baburdfc
aetoorben, bajj er beftrebt toar, bie Union atoifdjen ber gried&iföen unb römtföen Äirctye gu so
fcrbern. liefern Qtotdt bienen auety bie meiften feiner Schriften, bie bei MSG 93b 159,
960— 1392 jufammengeftettt finb. Unter biefen fmb bejonberä ju nennen feine umfang
reiche SBertcibigung ber fünf $au}>tfä$e be$ Florentiner Sonate über bie Union. Ste
Schrift ^anbelt bemna$ bon bem Sluägang be^ r/eiligen ©eifte^, bon bem ©ebraud^ beö
ungefäuerten Sroted bei ber Siturgie, t)on bem ^egfeuer, bon bem eroigen Seben, bon 86
bem Primat be^ $atofted. Sie tourbe anfangt irrtümlich bem ©ennabio^ Sc^olariod ju«
gefc^rieben, unter beflen Flamen fie bon gabiuö Senebolentiu« 1581 in lateiniföer Über*
fe^ung caid) herausgegeben tourbe. SDer SoHanbtfi (Super (Acta Sanct. Augusti If
193 ff.) tyd fie oö bo« ffierf Öojep^ ertoiefen. ©ine toulgär=griec$ifd&e SSerfton allein
ersten 1628 in SHom. gbenfaHö Oon ber Florentiner S^nobe (;anbelt ber grofee 2)iaIog 40
Sofep^, ben £eo äßatiuä juerft in ber Graecia orthodoxa, 8b 1, S. 583—654 mit
iatemiföer Überfefeung herausgegeben fyat 9Jian fann bem SSerfaffer eine gro^e Selefen=
^eit in ben Sätem, aud^ ber abenblänbtf$en Mirc^e nic^t abfbrec^en. vxsnbeffen ift ber
aud) bei anbeten übliche 3^0^^^^^ ^wrd^ baS Gitieren ber 93äter bei vx\ofep^ boety reic^-
lk^ fibertrieben. 6r citiert an einer Stelle be« guerft genannten SBerte« nic^t toeniger als 46
33 Sätet (MSG S. 1157). ®er 2)iaIog ift gtoar lebhaft gefd^rieben, fann aber ben
(tyrattcr bed Üe^rgefpräcr^ ju toenig berleuanen. ^ntmer^in gehört ^o\cpb ju ben be=
beutenberen Setteibigern ber Union innerhalb ber griec^i{d^en .Kirche. ¥*)> ^etjer
3#fe>^««, gflaoin^ ber jübif$e ©efc^id^tfdbreiber, geft. nac^ 100 n. (5br. —
VUaeneine Öitteratur. ®ie ältere ift uerjei^net bei: Teufel, Bibliotheca historica, I, 2 60
(1784), p. 209—236; ©bertftür in Fabricius, Biblioth. Graeca ed. Harles V, 49—56;
Jfirft, ßbilioth. Judaica, II, 127—132 3)ie neuere in meiner ÖJefd). be§ jübifdjen SSolfeÄ,
1 Vufl. I, 78ff - Sgl. fcauptfäd)licG aufter ben im Verlauf bicfeS 9lrlifclö nod) ju nennen«
ben 6d)riften : fieiotf, Questionum Flavianarum speeimon, Rcgiom. Pr. 1835; beif., DeFlavi,
Joaephi fide atqne auetoritate. Ibid. 18*>7 ; dreier, 3°fcpt)uS unb feine griedjijdjen unb 55
teOenifUfdien SüVer (ZtiStft 1853, ©.45-86); berf, JHücfblicf auf 3ofepl)uS ; jübifd)e, eftrift*
H*c Monumente unb $erfona!icn (cbenbaf. 8. 900-928); JHeufe, ¥lrt. „3ofcpl)u§" in ^rfeft
Mb Okuberi «nc^H., IL 6eftton, 31. ZU (1855), S. 104-116; Saumgarten, $er fc^rift-
378 30fe»!}tt*, 3fla*i«*
fteüerif*c (J^oraflcr beS 3°fep&u8 (Sblö, 1864, 6.616-64«); $au«ratlj, lieb« ben jübifdpn
©efd)id)tfcf)reiber unb Staatsmann glautuS Sofepfcuä ($3 XII. 1864, 8. 285-314); berf.,
^ciiteftamcntli^c 3citflcfcf).. 1. «uff., III, 258-276 (2. ttufK. IV, 56—74); ©wölb, öefd).
b. ©olfcS 3*rael, 3. Hüft. VI, 700ff.; VII, 89-110; Nicolai. (Brie*, fittteraturgeftq.. neue
5©earb., II, 2 (1877), 6. 553—559; ffienan, Les övangiles (1877), p. 131 sqq., 239 sqq.;
(Sbcr^cim, Art. Sofeptui« in: DchrB vol. III, 1882, p. 441—460; 6d)ürer, Qfcfcfc be« jüb.
©olfeä im Zeitalter 3efu G&rifti, 2. 9lufl I, 1890, 8. 56-81, 508 ff.; ©utfdjmib. «leine
©Triften 93b IV, 1893, 8. 336-384; SBacbSmutk (Einleitung in ba* Stubmm ber alten
©ejdjictjte, 1895, 8. 438—449; 9?iefe, 3)er jübifetje fciftortfer SofepbuS (§3 ©b. 76. 1896,
10 8. 193—237); Unger, 3u 3ofepf)o3 (fünf ttrtifel über einjelfragen) (9W8©. p$ilof.-pl>üoL
unb btftor. älaffe 1895, 8. 551-604. 1896, 8. 357-397. 1897, 6. 189—244). - Ueber
bie X&eologie bc£ 3ofep^u§: ©retfdnuiber, Oapita Theologiae Judaeorum dogmaücae e
Flauii Josephi scriptis collecta, Vitebcrgae 1812; $aret, Ueber ben $bariffitömu£ be* 3°*
fep&n« ($&8tÄ 1856. 8. 809-844): Sangen, 35er tbeologifdje ©tanbpunft bed glamu3 3of.
iß XtjOS 1865, 8. 3-59); ^oftnanSfi, Ueber bie religion$p&ilofopfjifd)en Knfdjauungen be3
fttauiuS 3ofept)u$, ©reätan 1887; fieroinSfn, ©eiträge *ur Äenntni* ber religionÄpbtlofopty*
fdjen Änfdjauungen be3 glauin« 3ofepl)u3, ©redlau 1887. — 3ur (Erläuterung be* geogra.
p&ifdjen TOaterialcS: ©oettger, XopogvapbifüVWtorifdjeS fiejifon ju ben ©Triften bed glao.
3ofepbnö, fieipjig 1879.
20 3ofept)u3 tourbe naety feiner eigenen Angabe im erften 3ar)re ber ^Regierung (SaBguIa*
37/38 n. Öfyc. geboren, ©ein SSater 2Rattf;ia$ gehörte einer angeferjenen $nefterfamüte
in 3erufalem an. SRicfyt or;ne ©toi} rür)mt ber felbftgefäQige 3<>fa>&u$ feint toornetjme
§eriunft, feine forgfältige 6rjier)ung unb feine f;erborragenbe Segabung. 3m SQter »an
fetr)jef;n ^aJ^ren tuiQ er nacheinander bie brei „p$ilofoi>r;ifd)en ©d&ulen" ber Suben, Ke
25 ber $r/artfäer, ©abbueäer unb (Sffener burd)gema(t)t unb bann noer) brei 3afc* lang bei
einem ßinftebler tarnen« SanuS ftcf; aufgehalten f;aben. 3«i Sttter bon neunjet/n^afren
fd&Iofc er ftcf; öffentlich ben $fyarifäern an (Vita 1—2). 2>ie ©efongenfeftung einiger tym
befreundeten ^riefter, beren Umgebung er beim Äaifer erbitten tooute, gab tym Seron*
lajfung, im SÖter bon 26 Sauren (64 naef; Gfyx.) eine Steife nait) Stom gu unternehmen.
so ©urd& einen jübifd&en ©c&auftneler ÜRamenS 2Uttr/ru3 toufcte er jtet) Singang bei ber SUnferin
$o^äa ju berföaffen unb erreichte buref; biefe feinen fttotd (Vita 3). Jtoutn toar er nac$
$aläftina jurüdfgef e&rt, fo bxad) l)ier ber grofce Stufftanb gegen bie Stoma au* (66 n. ßl/r.).
ffiie bie meiften ber Sorne^men unb ©ebitbeten, fo toar o^ne 3n>eifel aud> 3ofepr)u3 anfangt
ein ©egner ber Grabung ; unb e« ift in biefer Sejiet)ung burd^au« glaubtoürbig, nxtf er
35 felbft be^aut>tet (Vita 4). 3U3 aber bie äufftänbif^en burt^ bie SSefiegung be« CefrhiS
©aDu« einen entfd^eibenben Srfolg gegen bie SRömer errungen rotten, unb bie 3Ra$t ber
@r^ebung nicfyt mehr ^urüdmbröngen toar, fc^lofe ftcr) aud) 3* mit f^nen ©efmramg*
genoffen, mer;r gelungen afe freitoitlig, bem Slufftanbe an. 3a CT übernabtn fogar einen
ber toictytigften $often in ber Drganifation beSfelben, inbem er [xdf jum ooerjien S5efe|^^
40 ^aber bon ©alifäa ernennen liefe (Bell. Jud. II, 20, 4, Vita 7). 2Bie er in biefer
Stellung im SBinter 66 67 n. S|r. bie ©treitfräfte bon ©alil&a organifierte unb alle*
nun Äampf mit ben Römern borbereitete, tüobei er bielfact) mit ^erfönlic((en ©iberto&tig*
leiten ju lämpfen r)atte, toie bann im gfrtityjafyr 67 ber Äantpf mit ben 9tömern begann,
ber ftcr; ^unäct)ft um bie bon 3- berteibigte ?Wtung 3<>tcH>ata fonjentrierte, unb tme er
45 biefe geftung 1'/, 5Konate lang mit ^Ea^ferfeit unb ©ctylau&eit gegen ba« ^eer Sefoa*
ftan^ berteibigte, — bie^ aQe3 bat er mit felbftgefäQiger ©reite und au$für/T(t<t) erjä^It
(BeU. Jud. II, 20— III, 7; Vita 7—74). 3lad) ber Eroberung 3ot<rpata« im Sommer
67 geriet er auf toentg ritymltcfye Slrt in bie ©efangenfct)aft ber Slömer (Bell. Jud. III, 8).
3n biefer blieb er jtoei jaijxt lang. Site aber 93ef^ajian im ©ommer 69 bon ben Sie*
so gionen in Sägt/pten unb 3^bäa jum Äaifer aufgerufen toorben toar, fd)enite er bem 3-
bie ^ei^eit — angeblich in banfbarer ©rinnerung baran, bafe i^m 3- W011^^ S0^
früher bie ßr^ebung ^um Äaifer getoeisfagt ^atte (B. J. IV, 10, 7; bie 28eidfägung:
B. J. III, 8, 9; Dio Cass. LXVI, 1; Sueton. Vesp. c. 5; Appian. bei 3wiora$
XI, 16). 2lte greigelaffener $Jcfoafian$ führte er nun ben 3lamen glabiu« 3ofn^uÄ.
55 ©ein l'eben ftanb fortan gang im ©ienfte be« flabiteen Äaifer^aufe«. Qx begleitete ben
^efyafian nact; 9lle;anbria, lehrte bon l>ier im ©efolge be£ Xirud nact) ^Jaläftina juräd
(Vita 75) unb befanb fief; toäfyrenb ber ganjen Selagerung 3^»^^^ bunt) 5Ettu* im
3a^re 70 bei bem £eere be« le|tcren (c. Apion I, 9). 9Bteberr;oIt muftte er im Auf»
trage be$ litu« ate ein ber ^anbeefpracbe Äunbigcr bie Selagerten jur Übergabe auf«
eoforbem, toobei er öfter« in Sebenägefa^r geriet (B. J. V, 3, 8; 6, 2: 7, 4; 9, 2—4;
1:3, 3; VI, 2, 1—3; 2, 5 init. 7, 2; Vita 75). 9iact; ber Srobenmg Serufolem*
tourbe er bon Xitue mit nact) Som genommen unb fer^eint bon nun an ftetö bort gelebt
Sofern*, Statin* 379
{u tyäxn afe einer ber Don si*efoaftan befolbeten Sitteraten (bgl. Sueton. Vespas. c. 18:
primus e fisco Latinis Graecisque rhetoribus annua centena constituit). Sefoos
fian toie« tym eine SBo&nung in feinem eigenen ehemaligen £aufe an, erteilte ifym ba«
tömtfebe Sürgerre^t, fefcte tym einen 3afyre«gefya[t au^ unb föenfte ifym ein anfetynlid&e«
©tüd 2anb m ^ubäa (Vita 76). äuefc unter ben folgenben Stoifern Situ« (79—81 6
n. Gfyc.) unb ©omitian (81—96 n. Gfyr.) erfreute er fid& berfelben ©unft. $)omitian ber«
ße$ ifyin fogar Slbgabenfretyeit für fein fianbgut in 3;ubäa (Vita 76). 2Bie lange er nod&
lebte unb in toeldjem SBerfyältni« er ju ben fpäteren Äaifern ftanb, toiffen toir metyt.
^ebenfalls mujj er bie 3^ 2tajan« nocg erlebt tyaben, ba er in feiner Vita ben Äönig
Sgrtppa II. bereite al« geftorbenen ertoäfynt (Vita 65). tiefer ftarb aber im britten 10
3afre Irajan«, 100 n. 6&r. ($&otiu«, Biblioth. cod. 33). — ©. überhaupt aufeer ben
oben bereit« genannten SBerfen : #o8betl, Commentatio de Flavii Jösephi vita. Traj.
ad Rh. 1835; Sertoogt, Het leven van den joodschen geschiedschrijver Flavius
Josephus, Utrecht 1863; Sacrtoalb, Sofe^u« in ©altläa, fein SSer^ältniö ju ben $ar*
teien, in«befonbere ju Suftu« bon Liberia« unb 2lgrift>a II., 33re«lau 1877; ^ierju: 16
UfiS 1878, SRr. 9.
®ie SRufje, toeld&e ifym bie faiferlic^e ©unft gehörte, fyat 3- jur äbfaffung jener
Serie benüfet, benen er aBein feinen tarnen in ber ctyriftlictyen SDScIt berbanft. ©ie ftnb
f5mt(i$, mit 8u«na&me ber und nicfyt erhaltenen aramäifc^ getriebenen erften Bearbeitung
be3 jübiföen Äriege« (f. Bell. Jud. SSortü. 1), in grted&ifqer ©prac^e berfafet, beren 3- 20
ft$ fc^on beä^alb bebienen mufete, toeil e« ifym ^au^tfäd)(id) aud? barauf anfam, ber ge*
bildeten grie^ifcfcrömifd&en SBeit bie Äenntni« ber ©eföictyte feine« SSolfe« ju Vermitteln.
60 ip alfo er, ber iübifc^e Sßriefter unb ^tyarifäer, ber für fein SSolf fogar ba« ©$toert
gegen bie SRömer geführt fyd, in ber jtoeiten #älfte feine« Seben« ju einem im ©olbe ber
xaifer fcfcreibenben gnedbiMen Sitteraten getoorben. 2Ran muft aber ju feiner ßtyre fagen, 25
bafe er babei bo<$ fein 93olf niefct bergeffen &at. 2)enn fo fe^r er in feinen SBerfen ben
ftfotern fömet($elt unb babei ftc$ felbft lobt, fo ift boq ber §autohtoedt feiner förift*
ßcOeriföen 2$ätig!eit bie Serteibigung unb SSer^errlic^ung feine« Solle«. greiliety liegt
aud) bann toieber ein ©tücf ©telreit. Senn inbem er fein SSoH lobt, lobt er ft$ felbft.
— SDer aef<&ic$tKd&e 3Bert feiner SBerfe ift ein fe^r begebener. 3lm forgfältigften ge= 90
arbeitet ift o$ne 3toeifel fein ältefte« SDSerf: ®ie ©efc^ic^te be« jübifd^en Stiege«, ©c^on
bie güO« be« 5Detail« betoeift, bafe er ^ier für manche Partien f^riftlic^e auf jeic^nungen
benfifct ^aben mu^, bie nod^ toä^renb ber (Sreigniffe felbft gemacht toorben tt>aren ; fo
namentli^ für bie ©eföi$te ber Belagerung ^erufalem« (t>gl. feine eigenen Berftd^erungen
c Apion. L 9 ; Vita 65). 2)ajj er babei in 3a^^«angaben ©tarle« leijiet unb in ge* so
W^niB<^er Sl^etorenmanier feinen Reiben oft enblo« lange felbftt>erferttgte Sieben in ben
3»inb legt, t$ut bem fonfttgen ffierte feiner arbeit nic^t biel ßintrag. 9Jur ba, too er
auf ffa^ felbfi ju \pxt$m lommt, ift ftarfe« SKi^trauen am 5pia{, ba fyier feine J>erföm
li^c (fttelfett unb bie Slbfid^t, al« SRömerfreunb ju erfd^einen, augenfc^einlic^ feine $eber
mtoeüen auf Stttoege geführt fcaben. — ffieit Weniger forgfältig ift bie „^übifcfye är^äo- 40
bgte" gearbeitet, ©otoeit toir ^ier feine DueUcnbenüfcung fontroUieren fönnen, ift fte
wäfi f^r k>ertrauenertuecfenb für ba« Übrige, älbgefe^en bon betou^ten Umgeftaltungen
ber biblif^en ©efd^ic^te, bie er ftety im afologetifd^en ^ntereffe oDer auf ©runb einer
benfiknben Xrabition erlaubt, laffen ftc^ i^m aud& glfi^tigfeiten nad^toeifen. 3lm nad^*
läffigften finb offenbar bie legten Sudler ber Archäologie (8b XVIII— XX) gearbeitet. 46
ettoa* befter ifl bie ©efd&id&te be« §erobe« (S. XIV— XVII), too i^m aDerbing« fe^r
tekfäaltige Duellen floffen, bie er nic^t gan^ o^ne Äritif benü^t tyat (f. XIV, 1, 3;
XVIf 7, l). — (Sine gröbliche ©ntfteUung ber SBa^eit ift bie SDarftellung feiner gali^
laifötn SBirlfamleit in feiner Vita. 2)ie Untoa^r^eiten bcrfelben laffen fid^ auf ©runb
feiner eigenen Sarfiedung im Bellum Judaicum in ben $au))tyunften noefc beutltd) so
nadfia^m. — gleifeig unb gut gefc^rieben ift bagegen bie allgemeine 2tyologic be« ^suben«
tum« in feiner @$rift contra Apionem.
Aber (Sntfte&ung unb 3nJ^alt biejer SBerfe ift in ber Äürjc nod^ folgenbe« ju be*
werfen:
1. S)ie Oefd^id^te be« jübifctyen Kriege« (Ihol tov 'lovdaixov noktuov}f&
|p citiert Tte 3ofe»)^u« felbft Antt. XX, 11 ; Vita 74; auc$ o 'lovdaixog nohfio^ Antt.
XVIII, lf 2; fonft au$ unter allgemeineren Sitein) in fieben Supern, ©a« erfte unb
SShicfr (bi« II, 14) geben eine Überfielt über bie jübifd^e ©eföic^te bon ber SKaffa*
bi« jum Äu«brud^ be« Äriege«. 3)er ganje übrige Seil be« SBerfe« ift ber au«*
en ©arfkettung ber Ärieg«gef($ic£te bon ben erften anfangen ber ©r^ebung im uu
380 Sofern*, Statin*
Sa^re 66 n. Gtyr. bis jur böütgcn Unterbrüdfung beS SlufftanbeS im 3a$re 73 n. G$r.
getoibmet. SRacfc 93ottenbung beS SöerfeS übergab eS ;goje^uS bem SSeftxjjtan unb TituS
fotoic bem Äönig Styrippa II. unb Dielen 93ornefymen, unb erhielt tum allen, namentlich
Don Situs unb Slgri^a, lobenbe 3eugnifje M>uc bie Äorrett&ett feiner ©arfkeDung (c
6 Apion. I, 9; Vita 65). $)ie Slbfaffung fällt tyiernacty no$ in bie SHegierungSjeit SSef*
paftanS (69—79 n. 6fyr.), jebocty erft in bie festen %a\}xt berfelben, ba bem Starte be«
SofepfyuS bereits anbere ©arftettungen Vorausgegangen toaren (Bell. Jud. Sorte, c. 1;
Antt. Sorte, c. 1). äucty totrb bereits bie ©rbauung beS Tempel* ber Pax als DoDenbet
crtoä&nt (VII, 5, 7). SDiefer tourbe aber nac$ ®io 6aff. LXVI, 15 erjl im 3a$re 75
10 n. Gfyr. eingetoeifyt.
2. Sie ^übifc^e Archäologie ('Iovdcuxi) dtQxaioloyla, Antiquitates Judai-
cae, toon ^>of. getoöbnlicfy nur als f\ ägvaiokoyia citiert Vita 76 c. Apion. I, 10),
eine umfaffenbe ©efdjic&te beS jübifäen Softes bon ben erften Anfängen ber biblifc&en
©efd&ic^te bis jum äuSbruc^ beS ÄriegeS 66 n. 6^r., in 20 Supern (f. bie eigene 8e*
lomertung beS 3ofe}>&uS am ©c&lufe Antt. XX, 11, 2), nac$ bem Sorbilbe ber ebenfalls
auS 20 Supern beftefyenben ePcofiaixi] ägyaioloyia beS ©iontyfiuS t>on §aIifarnaffuS.
Sof. felbft gefte^t, bafe ibm toäfcenb ber arbeit ber 3Jtut unb bie Suft *ur SSoDenbung
beS großen Unternehmens faft gefötounben toäre, toenn nid&t too<oottenoe greunbe tyn
toieber ermuntert Ratten (SBorto. c. 2). gnbltd& im 13. $a&re ©omitianS 93 94 n. Sfa.
20 tourbe eS toollenbet (Antt. XX, 11, 2). — %üx bie biblid&e 3eit (8. I— Xp ru&t bie
2)arfteHung natürlich fo gut tote auSföliefjfidg» auf ben bibltföen ©driften, bie Sofep&uS
bortoiegenb in ber gried&iföen Überfefcung ber LXX, toenn aud& unter £eranjie$img beS
©runbtejteS, benttfct. 6r giebt aber nid^t einen einfachen SluSjug auS ber Sioel, fonbeni
er nimmt mannigfache Umgeftaltungen mit ber biblifdjen ©efqidjte t>or. 3u"ä4# täfe* er
25 im apologetifd&en ^ntereffe änftöfjigeS auS ober mobifigiert eS. ©obann ergämt er an
mannen fünften bie bibliföe (Srjäblung bur$ fagen^afte XuSfAmüchm^, toobei er m
ber Siegel toofyl einer bereits fyerrfcgenben Srabition folgt (ein aSer^eic^ntS btefer oufc
fcfymüdfenbcn ©rgän^ungen f. bei &\mi, 2)ie gotteSbtenftlid&en Vorträge ber 3uben,
©. 120). §ier unb ba fc&eint er aucty bereits ältere &etteniftifc$e Searbeitungeu ber bibli*
so föen ©efd&id&te, namentlich bie beS 2)emetriuS unb beS ÄrtapanuS benü$t $u fyaben
(f. über biefe: greubent&al, 2llejanber $oty$iftor, 1875). 6nbli$ fehltet er an mannen
©teilen SRottjen auS griec^ifd&en *Profanfd&riftftettern ein, j. 8. über bie Sintflut (1,3,6),
über baS SebcnSalter ber SBenf <$en in ber Urjeit (1, 3, 9), über bie ^^önijifd^e ©efd&ic^te (VIII,
5, 3 ; 13, 2 ; IX, 14, 2) u. bgl. — Über biefe ganje SRet&obe feiner Se&anblung ber
85 biblifc^en ©efc^id^te, über feine Senkung ber LXX unb beS ©runbtesteS, über bie fagen*
haften äuSjc^müdtungen u. f. to. ift ju dergleichen: ©rnefti, Exercitationum Flaviana-
rum prima, Lips. 1756; baSfefbe mit jtoei ßorollarien auety in (Srnefti, Opusc. phil.
crit., Lugd. Bat. 1776; 9Rtd&aeIiS, Drientalifc^e unb ejeget. »ibliofyef, V, 1773, 9h. 84;
VII, 1774, 92r. 116; ©ptttler, De usu versionis Alexandrinae apud Josephum,
40 Gotting. 1779; ©c^arfenberg, De Josepbi et versionis Alexandrinae consensu,
Lips. 1780; Surger, Essai sur Tusage que Fl. Jos. a fait des livres canoni-
ques de TA.T., Strasb. 1836; ©erlad^, bie SBeiSfagungen beS SIIS in ben Schriften
beS M. 3of., 1863; ®ufc^af, Sofet^uS glabiuS unb bie Srabition, 2Bten 1864; $laut,
MabiuS 3ofej)^uS unb bie 93tbel, »erlin 1867; $ad&auer, S)aS SSer^äÜntS be« ^latnu«
«öiyofe^uS jur fflibel unb uir Irabition, ßrlangen 1871; ©iegfrieb, $^Uo t>on SHe^anbria,
1875, ©. 278-281 ; #loc$, 3)ie DueDcn beS giatnuS 3ofe})^uS in femer «n^logie,
1879; 9tanfe, ©eltgef^te III. Seil, 2. äbt. 1883, ©.12—41; ©iegfrieb, 3>ie fcWfc
fc^en SBorterflärungen beS Sofep^uS (3at2B 1883, ©. 32—52); 3Rej, ®ie 9iW beS
3ofe))^uS unterfud^t für 8uc$ V— VII ber Archäologie, Safe! 1895. — Über ba«
60 d^ronologifc^e ©tyftem beS ^ofep^uS f. bef. 9rinc$, Ghronologiae et Historiae
Fl. Josephi examen, Hafniae 1701 (aud? in ^at)ercam))S SuSg. ber JBertc II, 2,
287—304); ^unler, Über bte Senologie beS %l §ofeJ)^uS, 6oni| 1848; Journal of
Sacred Literature, Vol. V, 1850, p. 60— 81 ; Journal of Sacred Literature and
Biblical Record, Vol. VII, 1858, p. 178—181; W. 5Riebu^r, ©efc^. «ffur« unb
5o33abclS, 1857, ©. 105—109; 347—360; Ahienen, 2)er Stammbaum beS maforetifien
SejteS beS ai (©efammeltc äbfjanblungen, beutfc^ 1894, ©. 82—124); 2)eftuum, 3)ie
ß^ronologtc beS Sofe^^uS, Äiel 1880.
®ie nad^biblifc^e ^eit ber jübifeben ©ef^te (Antt. XII— XX) ift bei 3ofarttt*
fe^r ungleich befyanbelt, je nad^ ber Sefc^affen^eit feiner Duellen, gafl leer ift bei tl^m
üo ber äcitamm t)on Sllejanber b. ©r. bis jur 3Ra!Iabäer)eit. @r füllt bie Sude baupt*
3ofet>I)tt$, 3fl<u>m* 381
fä$li$ burcfc einen toeitläufigen äuSjug auä bem Suctye bc$ 3Jfeubo=2lriftea« über ben
Urftmmg bet griec&ifctyen 93ibelüberfe$ung (XII, 2). %ixx bie @efc$ic$te ber 9Raffabäers
Kit (175—135 t>. <^r. ■= Antt. XII, 5 -XIII, 7) fctte er an bem erften ÜJlaKabäer*
bueb eine Vortreffliche Duelle, bie er freiließ nietyt immer f orgfältig benüfct. 3ur ©rgänjung
ift tyier ^otybiuS herangezogen (XII, 9, 1). 2)ie Rötere §a3monäergef3nc$te (135—37 6
t>. Qipc. = Antt. XIII, 8— XIV fin.) ift, tote e$ föeint, e^er^iert au$ ben untoerfat
Wlorifäen SBerfen be$ ©trabo (f. Antt. XIII, 10, 4; 11, 3; 12, 6; XIV, 3, 1; 4, 3;
6, 4; 7, 2; 8, 3; XV, 1, 2) unb be$ SRifolauS ©amafcenuS (f. Antt. XIII, 8, 4;
12, 6; XIV, 1,3; 4, 3; 6, 4). 2)icS glaube tc$ trofc me^rfaefcen (SinferucH ber ba=
geaen erhoben toorben ift, feftfyalten ju muffen, »gl. bie unten genannten Äriiifen über 10
tuocfc unb ®eftinon in 3#23- — fibtx ba$ verloren gegangene ©eföictytStoerf be3 ©trabo
togL bef. 3RüHer, Fragm. Hist. Graec. III, 490—494. — Über SRitolauS ©amafcenuS eben*
falfeTOüller, Fragm. III, 343—464; greujer in SfyStK 1850, ©.538—553; fcmborf,
Historici Graeci minores (1870), I, 1—154 unb Proleg. p. III— XXVII. — Über
8eibe auc& meine ©efö. be« jübiföen SBolfeS 2. 2lufl. I, ©. 38—40, 42—46. — Stauer 15
fommt e$, bajj tyier faft nur folcfye (Sreigniffe berietet Serben, in teeren fiety bie jübiföe
<8eföt$te mit ber auätoärtigen berührt. 2Ba$ Don ber inneren jübiföen @ef<$ictyte ergäbt
tonfo, ift leaenbariföen ßtyarafterä unb augenfc&cinlicfy au£ ber münblic&en Xrabition ge«
Wötft (j. 8. XIII, 10, 3 ; 5-6; XIV, 2, 1—2 ; 7, 1). gür bie ©eföicfcte be$ £erobe$
(XV — XVII) ift anerfanntermafcen bie §auptquette 9iifolauä 2)amafcenu3, ber al$ ber* 20
trauter SRatgeber beä §erobe3 in ba$ innerfte ©etriebe ber §ofintriguen eingehet toar
unb bie ©ef$i$te feinet §errn in panegtyriföem lone ausführlich betrieben fyat (t>gl.
Antt. XII, 3, 2; XIV, 7, 1). SDie @cfc$ic&te Dom Sobe bc$ §erobe$ bis jum 2tu&
bruc^ be$ JtriegcS (XVIII— XX) ift jicmltcty bürftig befyanbelt, namentlich bie ber ©ötyne
unb unmittelbaren SRac&folger beä £erobc$. %üx bie legten 2)ejennien fonnte Sofepfyuä 26
ftyon au£ münblid&er Information ober au$ eigener (Erinnerung jd&öpfen. — 3Sgl. über*
baupt: SRufcbaum, Observationes in Flava Josephi Antiquitates, Lib. XII, 3 —
XIII, 14, Dissertatio inauguralis, Gotting. 1875; ^ierju: a#&3 1876, 5Rr. 13;
9lo$, 3)ie Duellen be$ glabiuä SoftyfyuS *n ferner Archäologie, Seidig 1879; fyierju:
1^83 1879, 9fc. 24; ©eftinon, ®ie Duellen be$ $fot>iu3 SofebM in *>** 3üb. 3lr$., so
»u* XII— XVII =3üb.Ärieg, Suc&I, Kiel 1882; ^icrgu: £$31882, 5Rr.l7; ©^
mann, S)ie Duellen be$ %lotom* SSofePM in ber jübiföen Archäologie, S3uc§ XVIII— XX
= ^Jolemo« II, c. VII— XIV, 3. 35ifiert. 1887; Dtto, Strabonis Iotoqixcöv vjiofivt]-
ßidrwv fragmenta (Seidiger ©tubien gur flafl. $^ilol. 11. ©b. ©u))J)lementbeft 1889),
6. 225—244; 3Bittrid&, $vfotn unb ©rieben bor ber matfabäifäen ©r^ebung 1895; 35
2)rüner, Unterf Übungen über 3o|e^^u^, Harburg, 2)ifj. 1896; Sudler, Les sources
de Flavius Josephe dans ses antiquitäs XII, 5, 1— XIII [foQ Reiften: XII, 5 btö
Xni, 7] (Revue des Stades juives t. XXXII, 1896, p. 179—199; XXXIV, 1897,
p. 69 — 93); berf., The sources of Josephus for the bistory of Syria in Anti-
quities XII, 3— XIII, 14 (Jewish Quaterly Review IX, 1897, p. 311—349). —40
lieber bie Chronologie ber ^admonäifc^en unb römifc^en ^eriobe: 92iefe, $ux ß^ronologie
M aofe»)M (£erme3 XXVIII, 1893, ©. 194—229), unb Unger, ©2H«, ^ilof^ilol.
tmb >tfL 61. 1896, ©. 357—397.
3n ben 3ufammenfyang feiner eigenen SDarfteHung ^at ^ofepfyuä an mehreren ©teilen (j.
bef. Antt. XIV, 10; XIV, 12; XVI, 6; einzelne* auc$ XIII, 9, 2; XIV, 8, 5; 45
XIX. 5f 2—3; XX, 1, 2) eine 3lnjafyl Don Urfunben eingefäaliet, bie tro^ ber
tytapten Oeftalt, in ber fte und burc& bie 9ia^läjftgfeit bc« ^ofe^uä unb feiner 3lbfcbrcibcr
ftberliefert juib, boc^ aU Urfunben einen fefyr ^o^en 2Bcrt ^aben. 6d ftnb teils römtfetye
6eiw«bef^lüffe, teil« ©^reiben römifc^er SRagiftrate, teite Sefc^Iüffe fleinafiatiföer ©täbte
unter römtfe^em ©influ^ u. bgl., ber3Jle^rga^l nac^ auö ber 3«t be« Gäfar unb Sluguftuä. w
89I. über biefe Urfunben: ©ronobiuS, Decreta Romana etAsiatica pro Judaeis etc.,
Lugd. Bat. 1712; Äreb«, Decreta Romanorum pro Judaeis facta eJosepho col-
lecta etc., Lips. 1768; 3Renbel3jo^n, Senatus consulta Romanorum quae sunt in
Joeephi Antiquitatibus (Acta societatis phil. Lips. ed. Ritschelius T. V, 1875,
p. 87—288); ©<$ürer, ämeige be« Vorigen in 2^23 1876, 3lx. 15 (^ier auefc einher« 55
yttifmi ber umfangreichen ©bejiallitteratur über Antt. XIV, 8, 5); 9liefe, Söemerfungen
tta bie Urfunben bei SoftybuS Slrc^äof. 95. XIII, XIV, XVI (§erme$ 35b XI, 1876,
6. 466—488); fcierju bieStetfi! bon 3JlenbeIefo^n, SH^ein. TOufeum, 9Q. XXXII, 1877,
6. 249—258 ; SBiefeler, einige S5emerfungen ju ben römifc^en Urfunben bei 3oftyM
Änt 12, 10; 14, 8 unb 14, 10 (3^6tt 1877, ©. 281—298); Stofent^ ®ie (Srläffe go
382 Sofern*, 3f(rti«d
(sie!) GäfarS unb bic ©enatSconfultc im 3ofep&u$ altert. XIV, 10 (3Ronat$f$r. für
©eföicfcte unb 9Biffenf$. be$ Subent., 1879, 176 ff.); Subeicfc, Gäfar im Orient, 1885,
©. 119—141; ©räfc, ©ef$. ber ^uben, 8b III, 4. »ufL 1888, ©.655—671; Sieredf,
Sermo graecus quo senatus populusque Romanus magistratusque populi Ro-
6 mani usque ad Tiberii Gaesaris aetatem in scriptis publicis usi sunt exami-
natur, Gotting. 1888, p. 91—116; Unger, 3u Sofe^oS, I (©3JÖI, ^ilof.^I. unb
fcift. Gl. 1895, ©. 551—604).
3n bem jefcigen SCejte ber Antiquitäten fte&t XVIII, 3, 3 ein hirjer Sericfct über
SefuS GfyriftuS, in toelc^em ber SBerf. ganjj unumtounben feinen ©lauben an %tfum
ioate ben SWefftaä befennt. Dbtoofyl biejeS berühmte ^eugni^ t>on Gfyrifto fcfym fron
(SufebiuS (Hist. eccl. I, 11; Demonstr. evang. III, 3, 105—106) citiert hmb unb
& M ity *n dkn §anbföriften finbet, jo fann boety mm feiner (Stytyeit in ber fform,
toie e$ borliegt, feine Siebe fein. 6$ ift aber aud& feJjr untoa^rfd&einltcfc, bajj ed&te SBorte
be3 S°f- jw ©runbe liegen. 2)enn toenn baejenige, toaä unmöglich Don tym ^errityren tonn,
16 aufgerieben toirb, bleibt f o gut tote nichts übrig. — 2>ie Sitteratur über btefeS ,,3«jante4'
ift unabjebbar. 35ie neuere finbet man berjei^net in meiner ©efd&id&te bc3 jüb. Sollet
2. Slufl. I, 455 f. Unter ben jenigen, toelctye bie Unecfcttyeit nac&getoiefen $aben, finb bc*
fonber* ju nennen: Gtctyftaebt, Flaviani de Jesu Christo testiraonii av&evria quo
jure nuper rursus defensa sit quaest. I — VI, Jen. 1813 — 1841. Quaestionibus
20 sex super Flaviano de Jesu Christo testimonio auetarium I — IV, Jen. 1841
bis 1845; ©erla$, £ie äöetejagunaen be$ 3133 in ben ©Triften bcS glotriuS gof^bud
unb baS angebliche 3cugni3 t>on ß^rifto, 33erlin 1863; SRiefe, De testimonio Chri-
stiano quod est apud Josephum, Marburgi, Index lection. hibern. 1893 94. Sie
toermittelnbe änftctyt vertreten noefc : SBiefeler, 35e$ Sojej^uS Äeugniffe über G^riftaS unb
26 3a!obu«, ben »ruber be$ §errn ($b2k 1878, ©. 86 ff.); ©utfamib, ftleine ©Triften
IV, 352—354; %f). SReinad^, Revue des 6tudes juives t. XXXV, 1897, p. 1—18.
3. SDie ©elbftbiograp&ie (Vita) be$ Igofe^uS fü&rt biefen Sitel nur infofern
mit Stecht, als fte aUerbingS aue|d)Ite^Iicf? bon ^ofe^uä felbft banbelt. Sie ift aber
nid&tö toeniger als ein Slbrifj feine« 2eben$, fonbern eigentli<$ nur eine in fefyt erregtem
so £one getriebene 35arfteHung unb ^Rechtfertigung feiner S&ätigleit in ©alitöa im SBinter
66,67 n. &)t. 2Ba3 fonft an biogra^iföen sJloti$en gegeben hrirb, berbalt fw$ baju nur
n>ie (Einleitung (c. 1—6) unb ©c&lufi (c. 75—76). 3ofe)>^iid polemiftert barin faupfc
fäcfyltcty gegen Sujfaid bon XiberiaS, ber, tute e$ fd&eint, ganj ebenfo toie 3ofej>$u« ate
Wann ber gemäßigten Witte ftcfy mebr gelungen aU freitoiuig bem äufftanbe angeföloffen
86 fyatte, nac^mate aber in einem Söerfe über ben jttbiföen Jlrieg äße ©$ulb n>egen M
9(ufftanbe« in ©aliläa, infonber^eit h>egen ber revolutionären §altung feiner ^aterflabt
Liberia«, bon fid^ ab^utoäl^en unb bem ^ofepM jujufc^ieben fu^te. SDiefc Darfteilung
mußte bem im ©olbe ber (Säjaren fte^enben ^ofe})^u« fe^r unbequem fein, unb fo begaHt
er tym nun mit gleicher Wün^e unb fuc^t in feiner Vita ben äufiu* öl« ^ou^taaitotw
40 für ben älufftanb, ftcb aber a(3 eigentlichen Sömerfreunb barjupeuen, toobei er feefflty
nxd)t um^in !ann, bo<$ eine ganje SWei^e bon 3^atfa$en ju ertDä^nen, burc^ tnel^e er
fkfc felbft Sügen ftraft. ©. über bie SJkrteiftellung be« $u\tu$ bon Liberia« meine 9e»
merfungen in 3^23 1878, col. 208—210. Über SuftuS über^nM: TOülIer, Fragm.
hist. Graec. III, 523; Greujer in Zit&tSt 1853, ©. 56—59; SRetne ©ef*. bti jub.
46 3L*olfe$ I, 47—51. — ®te äbfaffung ber Vita fättt na# bem Xobc »gri^Ki« II.
(f. c. 65). ®a bief er naefc bem 3eugntffe be« guftu« bon überia* bei $^otiu«, Biblioth.
cod. 33 im britten ^ctyxz Srajanä geftorben ift, fo ift bie Vita erfl nac^ 100 n. G$r.
gefc^rieben. sMerbingö erfc^eint fte in ber fyanbjcfcrtftlidpen Überlieferung als ein Sbt^ang
\ux Archäologie; unb baä an!nü))fenbe de, mit freierem fte beginnt, f^emt )u bettmfen,
oafe fte unmittelbar nac^ biefer, alfo noc^ im 3. 94 n. Gbr. gefd^rieben ifl hierfür eitt«
Reiben ftc^, unter Sertüerfung be« obigen 3^9^11^ i- *• Srann (Stonatöf^r. für ®c»
föttye unb SBiffenf*. be« ^ubent. 1871, ©. 26-28); ©räfc (ebenbaf. 1877, 6.337ff.);
SRiefe (Josephi opp. t. I, p. V, §3 $Jb 76, ©. 226 f.); ©glatter (£U XII, 1, 1894,
©.40—44), ©utfömib (Kleine ©Triften IV, 354 f.); aBad^mut^ (Sinl in ba«©tubram
65 ber alten ©eföi$te, ©. 448). älQctn bie ©c^lu^bemerlungen ber är^äologte betoetfen,
baft 3ofe^l?u^ bamatö alt ^ortfe^ung ein ganj anbered SBerf beabfu^ttgt ffat, ald bad, twö
bann in ber Vita geboten toirb (xara mgiögo/tuiv imojuv^cco n&kv xov xe Tioliftov
xnl nov ovjußrßrjxoTwr fjfxiv fi€XQ< xijg vvv W€<nd>ot]S üjuigas). ©C^on Olid biefem
©runbe ift eö alfo ftc^er, ba^ bie Vita niebt unmittelbar na© ber ärt^äologie gef^rieben
oo ift. ©ie ift ein erft bei Röterer ©elegen^eit ^injugefügter »n^ang. $ha Antt XVII,
wbafe
jty and) betoeifen, bafc unjcre gan$e tyanbfd&riftlicfce Überlieferung bc$ Fragmentes auä ben
8aera parallela flammt; beim bte ©tüae aus Clement SllejanbrinuS, toelctye im codex
Sofern«, fttaüittS 383
2, 2 folgt nid&t (toie ©glatter unb 9iiefe meinen), bafc ägrippa II. jur Mt ber 2lfe
fafiung ber Sto&äologie Won tot toar, fonbern nur, bafc ibm bamafä Satanäa ntd?t
meifc gehörte (f. meine ®ef$. I, 499).
4. ©ie jtoei Sucher Contra Apionem geben eine gut getriebene foftematifctye
Apologie beä ^ubentumd gegenüber mancherlei Angriffen, namentlich in ber litte- 6
rariföen SBelt. 3Der jefct getoöljnlicfye Xitel contra Apionem ift jefyr unjutreffenb, ba
mir ein 2eil beS SBerfeS ftety mit ber Sßolemi! gegen Styion befqäftigt (f. über biefen
aleganbrinif$en Sitteraten bef. 3RüDer, Fragm. hist. Graec. III, 506—516; auety meine
®ef$. be* jüb. Solle*, 3. 9ufL III, 406-411); SßorptyriuS, De abstinentia IV, 11,
citiert e$ unter bem Xitel jigög xovg vEM.rjvag, bie ölteften Äirctyenbäter (Origenes 10
contra Cels. I, 16; IV, 11; ©ufebiuS, Hist. Eccl. III, 9. Praep. Ev. ed. Gaisf.
VIII, 7, 21; X, 6, 15) unter bem Xitel negl xfjg xöjv 'Iovöaiov Agxaidxrjxog.
Beibe Xitel fmb biellei$t gleicfc alt unb gleichberechtigt, ba ber -Kad&toeiS be$ SllterS beä
jtibif$en Solled in ber Xfyat ein ^auptmoment in ber Sinologie bleiben bilbet. t %m
cod. Peirescianus ber ©gerate be$ SonftantinuS SßorpltyrogenetuS finbet fiety bie Über- 16
fc&rift negl jiavxög f} xaxä 'EXXrjvcov (f. SBottenberg, Recensentur LXXVII loci ex
Flavi Josephi scriptis excerpti etc., Berol. 1871, p. 34), tootyl infolge einer 33er«
toe$fe!ung mit ber unten ju nennenben ©cfyrift jregi xov navxog. 3)ie Überfd&rift Contra
Apionem fyat juerft £ierontymu$ (f. überfy. 33ernaty3, Ifyeo^raftoS' Schrift über bie
ÄÄtnmiflfcit, S. 154 f.; $. ©. SJtüHer, $e$ %l £of. ©$rift gegen ben 3fyion, ©. 17; 20
Tliefe, Jos. opp. t. V, p. III). — 2>a ^ofe^uä in bem SJBerfe bie Archäologie bereit«
citiert (I, 10), ift e$ jebenfaHä nad& biefer, aifo nad; b. 3- 93 n. Gfyr. getrieben. —
3ur (Erläuterung bgl.: Sruice, De Flavii Josephi in auetoribus contra Apionem
afferendis fide et auetoritate, $ari$ 1844; Greujer, X^StÄ 1853, ©. 64 ff.; Äettner,
De fragmentis Manethonianis quae apud Josephum contra Apionem I, 14 et 25
1,26 sunt, Marburgil859; 3tyfer, $e$ ftlabiuS SofepbuS 2öer! „Über ba$ ^o^e älter
be3 jübtfcfyen SolfeS gegen 2fyion" naety fyebräifd&en Driginalquellen erläutert, 2öien 1871;
3. ®. aRülIer, 5Ded glabiuä 3ofej)&u$ ©c&rift gegen ben 2tyion, Xejt unb ©rflärung,
Safd 1877; ©uttomib, Äleine ©Triften, 8b. IV, 1893, ©. 336—589.
5. 55on benÄirt^enbätem unb in §anbfc$riften toirb bem ^ofep^uö fälfctylicfy audj baäso
f09.IV. SRattabäerbucfc ober „Über bie £errf$aft ber 93ernunft" ^ugefc^rieben.
©. über biefeä befonberS ®rimm, 6jegetifc$e$ §anbbu$ ju ben 2fyofr$>I;en, 4. Sieferung,
1857; greubentfyal, 35ie glabiuä gofe^uS beigelegte ©etyrift: Über bie $errfctyaft ber
SSenurnft, 8rc«lau 1869; ©c&tirer, ©ef^te bc« jüb. 3Solfe«, 3. Slufl., III, 393-397.
6. 3)ic bon $^otiu^ Bibliotheca cod. 48 beforoetyene ©d^rift 'Icoot)7iov Ifegl xov 35
7tart6g ober Tlegl tfjg xov navxög aixiag ober Ilegl xrjg xov navxög ovotag (alle
brei Xitel giebt ^^otiud alä ^anbf^riftlid; bezeugte an) ift tfmftlitfjen Ur^rung^ unb ge-
^öct bem Serf. ber Philosopbumena an, ber fte Philos. X, 32 aU feine eigene citiert
(unter bem Xitel jugl xrjg xov navxbg ovoiag). X)cr 5?erfaffer beiber ift fyödjft toabr=
f^einlit^ ^t^ol^tud, unter beffen SBetfcn (in bem 93er£ei$m3 berfelben auf ber §i^o- 40
l^tu*€tatue) aud) eine ©ebrift negl xov navxog genannt tDtrb. ©. SSolfmar, |)i^o-
hfoaA unb bie romifd&en 3eitgenoffen (1855), ©. 2 ff., 60 ff. — äufeer $^otiu« eitleren
bie €tyrift 7i£^2 Tf\g xov navxbg aixiag unter bem 9Jamcn beä 3°fe^^u^ aucj& So^anne^
3$ifolMmu3 (De mundi creatione III, 16), ^ofyanneS Samafcenu^ (Sacra parall.
Opp. II, 789 sq.) unb ^o^anne« 3onara$ (Annal. VI, 4). 3lud^ in ber Überförift 45
etned in mehreren ^anbfe^riften erhaltenen gragmente^ toirb fiebern ^ofe^u^ jugefc^rieben.
SgL über bie $anbf$riften bef. bie Mitteilungen t)on 9(c^eltö bei ^amac!, ©e|cb. ber altc^r. 2xtt
J, 622 f. herausgegeben ift baS Fragment jiterft t)on 5Cat>ib &ö\d)d (in feiner 9(u3gabe
ber Bibliotheca bed 3tyotiu3 1601), nac^ t^m bon Se 3Rotyne (in f. Varia sacra I,
53 sqq.; er binbijiert e$ bereits bem §i^ol^tuS), gttig (im 2lnl;ang ju feiner 3luSgabew
bc* Jof^uS), ^aoercom») (in feiner 2lu$g. be« ^of^uS, II, 2, 145—147); ;ya*mciu$
(Hippolyti Opp. I, 220—222), ©allanbi (Biblioth. patr. II, 451—454). SJann nac^
äqem cod. Baroccianus bon Sun Jen (Analecta Ante-Nicaena I, 393—402) unbSa«
9tiabe (Hippolyti quae feruntur, 1858, p. 68—73) (^ier fmb bem gragment einige
Btüdt au& GlemenS Sllejanbnnuö angehängt, f. §amacf a. a. 0.). Sru^ftücfe naefy t)a= 66
äantf^en ^anbf^riften gab $itra (Analecta sacra II, 1881, p. 269 sq.). 2lm beften
$ bo< gragment, herausgegeben bon $oU, Fragmente bomieänif^er Jtirc^enbäter au^ ben
Stern parallela (1899) ©. 137—143. 3lu3 bem bon ihm mitgeteilten 3Rateria(e Iäfet
CO
384 Sofern*, 3flabm*
Baroccianus an unfer ^ragmant angehängt finb, folgen in {frei $anbf$riften ber Sacra
parallela auf baäjelbe. — 33gl. überhaupt: 3^0^ Prolegomena ju 3ofel>$u3 s. fin.;
gabriciuS, Biblioth. Gr. ed. £arle$ V, 8 sq. VII, 192; ©allanbi, Biblioth. patr. II,
Proleg. p. XLVII; SRoutfy, Reliquiae sacrae ed. 2. II, 157 sq.; Sunfen, Analecta
6 Ante-Nicaena I, 344 ff.; Safari, Duellen jur ©eföitye be$ Sauffombofe, III, 395 ff.;
Sigfytfoot, The apostolic fathers, part I: S. Clement of Rome, vol. II, 1890,
p. 395—397 ; Äarnadf a. a. D.
7. 2lm ©^luffe ber Archäologie fagt S^M* CT M>e ^e Stoppt ju {^reiben
xaxd xäg jj/ieregag Ö6£ag xcbv lovdaicov h xeooagoi ßißkoig tzsql üeov xal ttj$
10 ovoiag avxov xal negl xwv vojucüv, did xi xax} avxovg xa uihv Efcoxiv fjfuv noulv,
xä ök xexcoXvxai. 6r meint bannt tootyl ntc^t berföiebene äBerfe, fonbern nur ein
5Berf, toelctyeS über ©otteä SBefen unb über ben bernünftigen ©inn ber mofaiföen ®c*
fe$e fyanbeln foQte. Slucty in ben erften Supern ber Archäologie bertoeift er ^äufia auf
biefeS bon tym beabftctytigte 2Ber!. @r tootlte barin u. a. bie ©rtinbe für bie ©efaneu
16 bung angeben (Antt. I, 10, 5) unb bie ©rünbe, toeä&alb SWofeS bie einen liere )u effen
erlaubt fyabe, bie anbern aber nid&t (Antt. III, 11, 2). Sgl. au$ Antt. prooem. 4.
I, 1, 1. III, 5, 6. 6, 6. 8, 10. IV, 8, 4. 44. SDaS 2öerf jdfreint aber nicfct jur 8lu&
fü&rung gefommen ju fein.
3Me erfte ausgäbe beä gricctyifäen Sejte« ber ffierfe beS $ofe^u« «f^ien bei
20 3feobeniu3 unb GfyifcoinuS ju 93a jel 1544 (beforgt burcfc ärnolb $era#lu« Strien). —
3&r folgten bie ©enfer Slulgaben bon 1611 unb 1634. — SMefen toieber bie mit ge=
lehrten prolegomena t>erfefyenc 9lu3gabe bon ^ttig (Seidig 1691, auf bem Xitel ftefy
fälfölicty Coloniae). — UnboHenbet blieb bie auf neuer §anbj$riftenIoflation beru^enbe
unb mit einem reichhaltigen ejegetiföen Apparat berfetyene ausgäbe bon Sernarb (Anti-
25 quitatum Jud. libri quatuor priores et pars magna quinti. De bello Jud. Über
primus et pars secundi, Oxoniae 1700). — Einen nacty ^anbfdjriften berbefj erten $ejt
ber fämtl. 2öer!e gab erft $ubfon (2 Sbe, ftol., Oxonii 1720). — @in 9«et>ert<mum
alle« bis bafytn ©eleifteten, au<$ neue Kollationen, jebo$ leinen berbefferten £ejt, giebt
§at>ercamp (2 33be, goL, Amstelaedami, Lugd. Bat., Ultrajecti 1726). — An Ufa
aoföliefjen fi$ an bie £anbau$gaben bon Dbertfyür (3 Sbe 8', ßeipjig 1782 — 1785) unb
Mieter (6 Sbctyen, gr. 12°, Jdetty. 1826—1827). — auf ©runb be$ ^atoercamtfcfren
SKateriale* ift ber SCejt an mannen ©teilen berbefiert bei 2)inborf (2 »be, 2e|.=8°, %cmi
1845—1847). — tiefem folgt bie £anbaufgabe bon Seffer (6 8b$n., 8°, Seipj., $eub*
ner 1855—56). — 2B%enb alfo bis bafyin für bie fämtlictyen 9Berte feit #abercaml>
36 feine neuen §anbfd&riften=£olIationen gemalt toorben fmb, ift bieS toenigftenä für ben
jübifc^en Ärteg gefäe^en in ber ©eparat^u^gabe t)on ßarbtoell (Flavii Josephi De
bello Judaico libri septem, 2 Sbe, 8°, Oxonii 1837). — 6ine umfaffenbe Kollation
aller befjeren §anbfc^riften ift erft in neuefter $t\t bur$ Sliefe borgenommen koorben.
311« SRefultat {einer Semü^ungen liegt je^t eine feitiföe ausgäbe bor, toelt^c bur* bie
40 Sletc^^altigleit bed mitgeteilten ätyparateä aQeS Si^^erige toeit übertrifft, toenn aud) ju
bebauern ift, ba^ 9Jiefe in ber Äonftituterung be« Serie« jutoeilen ju einfeitig einer fyaw*
fd^riftenKaf[e folgt (Flavii Josephi opera edidit et apparatu critico instruxit Bene-
dictus Niese, 6 Sbe, gr. 8, Berolini 1887, 1885, 1892, 1890, 1889, 1894 [biefer
6. 8b in ©emeinföaft mit 35eftinon]; bagu aU 7. 8b ein forgfältiger ^nbej 1895). —
45$ierau« eine §anbau£gabe be^ 2e£te« ohne frittfe^en Sfyparat: Flavii Josephi opera
recognovit B. Niese, 6 Sbe, 8, Berol. 1888—1895. — «uf ©runb bon SfiefeS «^
Jjarat giebt eine eigene SRejenfton: Flavii Josephi opera omnia recognovit Naber,
6 Sbe 8, Lipsiae, leubner 1888—1896 (@rfa$ für SeHer« Sütfgabe). — $ie Vita
erfc^ien in einer Separat * 5äu«gabe bon $enfe (Sraunfd&toeig 1786). — S. üba*
öotyaupt über bie ausgaben; ^abriciuö, Biblioth. Graec. ed. §ad& V, 31 ff.; fjürfc
Biblioth. Judaica II, 117 f.: ©raeffe, Tresor de livres rares et pr&ieux t III,
1862, p. 480—484; ©utfcbmib, «leine ©Triften IV, 380—382; TOefe, ^roleftmnena
ni 8b I, V unb VI feiner 3lu$gabe. — Unter ben arbeiten über bie Sprayt be* §&
fcpE>u^ ift bieumfaffenbfte: 2Bity. ©c^mibt, De Flavii Josephi elocutione observationee
66 criticae Qa^rbb. für Haff, ^tyilol., XX. ©m>^Ibb. 1893, ©. 345—550).
33on ben {amtlichen äBerlen, mit älu^na^me ber Vita, ejiftiert eine alte latei*
nifc^e Überfejung, über beren Urffrung einige« 2i$t berbreitet toirb bun^ Gafiio*
boru«, De Institutione div. lit. c. 17: Ut est Josephus, paene seeundus Livius,
in libris antiquitatum Judaicarum late diffusus, quem pater Hieronymus scri-
oo bens ad Lucinum Baeticum propter magnitudinem prolixi operis a se per-
Sofe^uS, 3fl<ttuitd 385
hibet non potuisse transferri. Hunc tarnen ab amicis nostris, quoniam est
subtilis nimis et multiplex, magno labore in libris XXII (näml. 20 3393. Altert.
iL 2 893. gegen Apion) converti feeimus in Latinum. Qui etiam et alios VHlibros
capüyitatis Judaicae mirabili nitore conscripsit, quorum translationem alii Hie-
ronymo, alii Ambrosio, alii deputant Rufino: quae dum talibus viris adscri- s
bitur, omnino dictionis eximia merita declarantur. §iernad& ift anjunefymen, bafe
hie lateinifctye Überfefcung ber Altertümer unb ber 338. gegen Styton burety ßajfioboruä
bcrattftaltet tourbe. ©anj unmotiviert tft e$ aber (toie feit Semarb geföiefyt), bie Über*
jefcung ber Altertümer einem getoiffen ßfyty&aniuS jujuföreibcn, lebtgli^ beetyalb, toeil
Gafftobimiä jtoei ©ätoe fpäter fagt, bafj er burety biefen bie historia tripartita fyabt bc= 10
arbeiten Iaffen ! — ©ine burc& tyr Alter (saec. VII) unb ifyr 3föaterial (^aptyruS) mert
toürbige £anbf$rift ber lat. ttberjefcung fcon Antt. VI— X (mit dürfen) befinbet fic& auf
ber Ambrofiana in 5Jtatlanb. ©. über btefc: Muratori, Antiquitates Italicae III,
919 sq.; 9teifferf$eib, ©2BA, ^itof.^ift. JH., 33b 67 (1871), ©. 510-512; SRicje, Jo-
sephi opp. I, p. XXVIII. — 35ie erfte gebruefte Ausgabe be3 latetnifetyen ^ofej^uä er* 15
f$ten bei igotyann ©ctyüfiler in Augsburg 1470. 33on ba an bis jum 6rfc$einen ber
exfkn grie$ifc$en Ausgabe ift er faft unjäfyligemal gebrueft toorben ; jum lefctenmal meines
SBtffenö 1617 (benn bie lateiniföen Überlegungen, toelctye ben meiften Ausgaben beS gric=
$tfcpen lejteS beigegeben ftnb, ftnb moberne Arbeiten; nur bie in ifyren Anfängen fteden*
gebliebene Aufgabe bon 8ernarb fyat ben Vet. Lat.). 35ie beftc Aufgabe beS Vet. Lat. 20
iß bie 93ofeler fcon 1524 ; bie fpäteren finb Vielfach naefy bem ©riectyifäen tonigiert (9?iefe
I, p. LVUI; ©utfc^mib, Äleine ©Triften IV, 380 f.). — Sicheres über bie Aufgaben
be* Vet. Lat f. bei gabrictuS, Biblioth. Gr. ed. £arleS V, 27 sqq.; ftürft, Biblioth.
Jud. II, 118 sqq. — Sine auf umfajfenber §anbfcfyriften*8enüfcung berufyenbe fritifd&e
Aufgabe $at erft in neuefter $eit Soffen begonnen als vol. XXXVII beS SBiener 25
CSEL. (Srfd&ienen ift bisher nur bie Aufgabe ber Sucher contra Apionem, bie befon-
ber* nottoenbig toar, toeil bie früheren 35rudfe berfelben einen lügenhaften %qct boten
(Flavii Josephi opera ex versione latina antiqua edidit Garolus Boysen, pars VI:
De Judaeorum vetustate sive contra Apionem libri II, SBien 1898).
3Rü ber tateinitöen ttberfefcung beS Bellum Judaicum ift ni$t $u bertoe^jeln an
bie latehttföe 8earoeitung bleiben, roelcbc unter bem tarnen beS Egesippus ober
Hegesippus betannt ift. Der 9lame Egesippus ift nur Korruption auS Josippus, einer
latfintfdjen gorm für 'Iwotinos (j. bef. Säjar, Observatt. etc., p. 4). 'SaS 21krf ift
eine toerfürjte Bearbeitung üon ^fa^uS' Bellum Judaicum mit mannen eigenen $u*
traten beS SSerfafferS. Urferünglicty anontom ift eS fräter bon mannen bem AmbroftuS 35
jngefc^rieben toorben. Sie 3ett toürbe annäfyernb ftimmen. 35enn baS 2Berf ftammt toafyr*
f^cfaili^ aud ber jtoeiten §älftebeö 4. ^a^. n. 6lj>r. Aber getoie^tige ©rünbe f^rec^en gegen
bteAutorfc^aftbe^ Ambro jiu^. — Sie erfte Aufgabe erfd^ien ^u$ari3 1510. Unter anberem
iß e* aud^ gebrueft bei ©allanbi, Biblioth. patrum, t. VII (unter bem tarnen be$
Xmbroftu^) unb bei MSL t. XV. Hrüifdj ret)ibierter ^ejt : Hegesippus qui dicitur sive 40
Egesippus de bello Judaico ope codicis Casellani recognitus, ed. Weber, opus
morte Weberi interruptum absolvit Caesar, Warburg 1864 (üorfyer in 9 Untoerfitätös
5rogr. 1857—1863). ©ine neue Ausgabe ift $u erwarten im SBiener CSEL. — 6. über*
tyatpt: Joh. Fred. Gronovii Observatorum in scriptoribus ecclesiasticis Mono-
biblos (Daventriae 1651) capp. 1,0,11,16,21,24; Cubin, De Script, eccl. T. II 46
(1722) ool. 1026—1031; ^obric., Biblioth. lat. mediae et infimae aetatis, T. III
(1735), p. 582—584; Sföeufel, Biblioth. hist. I, 2, 282 sq.; 3Kaäoc$iu$, Dissertatio qua
Egesippi sive verius Ex-Josippi de excidio Hierosolymitano historia S. Am-
brosio restituitur (öertürjt bei ©attanbi, Biblioth. patr. t. VII, Prolegomena
p. XXVIII sqq.); GäfarS Ab^anblung am ©c^lufe ber 3Beber|c^en Aufgabe; Icuffel, &o
9e|^. ber röm. ßitteratur (3. unb 4. Aufl.) § 433; SMatyor, Bibliographical clue
to latin literature (1875), p. 179; grib. SSogel, 'OjtioionjTez Sallustianae (in: Acta
seminarii philologici Erlangensis, I, 1878); (&ä\av, Observationes nonnullae de
Joeepho latino qui Hegesippus vocari solet emendando, Marburgi 1878 (Ind.
leet): gfrib. SBogel, De Hegesippo qui dicitur Josephi interprete, Erlang. 1881; 56
beif. in: 3eitfär. für bie öfterr. ©tymnaf. 1883, ©. 241 249; berf. in: 9tomanifc^e
Jorfc^unaen 8b I, 1883, ©. 415—417; Gäfar, Anzeige t>on «ogel^ 3)iffertation in:
Jaljni*. piirnaff.^iloi.8b 125, 1882, ©.65 -75; Sönfcb, $ie leiifalifc^en (Sigentümli^
feiten ber Sattnitatbe« f oa. ^egef^u« (9tomaniföe ^orfc^ungen I, 25G-321); berf., @in
fifi^el 6itat au* bem lat. £egefiw>u$ (^toSb 1883, ©. 239-241). [Seibe Auffä|cftf>
*t*l'*untlop&r>lt ffir 7(€oIofll€ unb flirdje. 3. H. IX. 05
386 3ofe^u#, 3ft«*iu* 3fofta
lieber abgebt, in: 9lönfd&, Collectanea philologa 1891, p. 32—89. 256 sq. J; Staube,
3um ratein. Sofep&uS (3tyein. SKufeum 8b 39, 1884, ©. 477f.); SitftuS, ®ie apofrtp
J>&en 3l^oftcIgefc$tc^ten unb Styoftellegenben II, 1, 1887, S. 194—200; 3ftm, Studia
Ambrosiana (Safcbb. f. Haff. $bilol. 17. ©n^bb.) ©. 61—68; «leb«, StaS latetm|($e
5 ©cföid&tStoerf über ben jübiföen Ärieg (geftfc^r. für Subhrig grieblänber 1895, ©. 210
big 241).
Unter bem tarnen 3 o f i j) j) o n ober 3 o f e }> ^, ©o&n ® o r i on 3, qriftiert eine
^ebräifö gefd&riebene lotnpenbiartföe ©efd&ictyte be3 jübtföen Sollet bom Anbeginn bt*
jur 3erftörung 3;erujalem$, bie jtoar toortoiegenb au« Sofa'M gefc^&t>ft ift, in bieler 8e*
10 jie^ung il)m aber jo ferne ftefyt, bafe nur unfritifäer entyujtaSmuS fie für ba« ^ebratföe
Original be$ 3ofet^uä galten fonnte. 6$ giebt batoon fccrfd&iebene, ftarl txmemanber
abtocictyenbe Stegenftonen. SDic getoöfynlic&e ift ü>afyrfc$einlic& im 10. ^atyrfrmbert, unb
jtoar nicfyt, tote man früher angenommen tyat, in granfreid&, fonbern, tote 3unj (Die
fjotteebienftl. Vorträge ber Iguben, ©. 150 f.) naetygetoiefen $at, m $t<d\tn enfc
tanben. — ausgäbe mit lateiniföer Überfefcung: Josephus Gorionides lat.
versus etc. a. J. F. Breithaupto, Gothae 1707 (au$ 1710). — ©. überhaupt:
Dubin, De Script. eccl.II, 1032—1062; 28olf, Biblioth. Hebr. I, 508—523; III,
387 sqq.; SReufel, Biblioth. hist. I, 2, 236—239; gabriciuS, Bibl. Gr. ed. $arle* V,
56—59; 3unj, SDic gotteäbtenftlid&en SSorträge ber $uben (1832), ©. 146—154; De*
ao Htf($, 3ur ©efö. ber jübiföen $oefte (1836), ©. 37—40; gürft, BibL Jud. II, 111
MS 114; Srieber, 3ur Äritif be3 ©orionibeS (Stad&ric&ten ber ®ött. ©ef. ber 2Biffenf($.,
^ib&ift ÄL 1895, ©. 381—409); SSogelftein unb Stieger, @efd&. ber guben m 9tom
8b I (1896) ©. 185—200, 483 ff.; 2öeltyaufen, ®er arabifc&e Softem* (»b&anMungen
ber ©ött. ©ef. ber SBiffenfö., tfiL^ifl. «I. 9$ I, 4, 1897).
25 Seit bem 16. ^a^unbert fmb bie 2öer!e beä 3ofej>tyu$ <ni<6 in faft alle mobernen
europätfetyen ©prad&en überfefct toorben. ©e^r ja^lreid^ ftnb namentlich bieüeberfefcungen
unb 35rudfe in beutfetyer ©prac&e. ©$on t>or ber erften grie$if$en ausgäbe er*
festen eine beutföe Überlegung naety bem Sateinifd^en Don <5aft>ar #ebto, ©trafeb. 1531 ;
bann toon bemfelben nad? bem ©ried&ifd&en retoibiert, ©trafjbg. 1561. Über anbete bentf$e
so Überfefcungen au$ bem 16. bte 18. ^a^unbert f. gabriciu«, Bibl. Gr. ed. $arle* V,
31, 38, 48; gürft, Bibl. Jud. II, 121—123. — 3$ nenne nur no<$ bie Überfefcungen
ber fämtl. SBerfe toon: Dtt (juerft in 6 Sänben 8. 3üri$ 1735, bann ettoa« bewiest
in 1 8b gol. 3üric^ 1736); 6otta (Tübingen 1736); fcetnme (Sofe^bu*' ©erfc, übeif.
Don ßotta unb ©frörer. 2)aä ©anje toon neuem na$ b. ®rie$. bearbeitet k. k. bun$
86 6. 9t. 35emme, 7.2lufl., ^tyilabetybia 1868—1869, ©d&äfer unbÄorabi); bie Übeifefcung
ber Altertümer Don Ä. 9Rartin (2 8be, Äöln 1852—1853, 3. »ufi. bon Äoulen 1892),
unb Don Giemen^ (2 Sbe, §aDe, o^ne 3a^r [1899], in §enbete»ibliot&ef ber ©efomtlitteratur),
be« jübtföen Äriege« Don ©frörer (2 Sie., Stuttgart 1836) unb Don $aret (6 Sbcfrn.,
©tuttg. 1855), ber Sita Don 9R. 3. in ber Sibliotye! ber griec^if^en unb tömtföen
40 ©d^riftfteaer über Subcntum unb Suben, »b 2 (Seidig 1867, 0«far Seiner), ber ©^rift
gegen St^ion Don $aret (Stuttgart 1856). — 3loq einiget f. in metner ®ef$t$te M
jüb. »olle« I, 77 f.
Unter ben Überfettungen in anbere moberne ©prägen ift befonber« gefegt toegen
ifyrer beigaben bie englifc^e Überfe^ung ber SSita unb be« jübifd^en ÄriegcS Don Iraitt
46 (The Jewish War of Flavius Josephus, a new Translation by R. Traill, edi-
ted by J. Taylor, Sonbon 1862). — Über anbere Überfefcungen in« @ngltf(^e, %tm*
äWe, ^talientfc^e k. f.gabriciu«, Bibl. Gr. ed. §arle$ V, 30 sqq.; gürft, BibL Jud.
II, 123—127. <*. e^tnr.
3ofe« f. 8b. VIII ©. 574, 7 ff.
60 3ofta. — Sgl. ©incr, 33ibl. SR.-S.» I, 610f.; ©«enfel, «ibeMBej. III, 387 ff. (Mi-
be!*): ^iebm, ^^ ^ 7«5ff- («leinert); Giualb, ÖJcfdj. be* ®. 3«rael» III, 749 ff. ; ©tobe,
©efd). b. W. gsrael l, 641 ff.; ftittel, ©ef*. ber £ebr. II, 321 ff.; ftö&ler, fieftrb. ber bibL
©ef«. II, 2, 6. 453 ff.; SBel^aufen, 33r. u. jüb. (Öef*., ©. 94 ff.; Ou^er Okf«. bed «.3-»
@. 210 ff.
66 Sofia, irreah LXX 'Icooiag, Äönig \>on Quba, ©o^n be« »mon unb ber 3*8ba,
einer Softer be^ '9(baja bon Sojlat (2 Mg 22, 1 ; 2 tyx 34, 1). ®rft adbt 3al^e alt,
hmrbe er nac^ ber (Srtnorbung feinet Sater^ Simon t>om SSolfe auf ben Z$ron gehoben
unb ^errfd^te 31 Sa^rc ^u 3erufaIem(f>10-609 t). 6^r.). Über bie <5qt$ung be« iung«
Sofia 387
JtöniS* unb bie ©nflfiffe, unter betten er aufftmcfy*, ift un* ni$t* überliefert, bielme&r
beginnt ba* König*bu$ (II, 22, 3) ben 33erid>t über ifcn erft mit ben (Sretgniffen feine*
18. 9iegierung*ial?r*. ffienn ber Gtyronift (II, 34, 3 ff.) bemerft, bafe 3ofta feit bem
8. 3a^re feiner ^Regierung, aljo gegen bie $z\t feine* SRünbigtoerben*, ben ©Ott Dabtb*
gefugt unb bereit* im 12. 3<^re mit ber 2lu*rottung be* ©öfcenbtenfte* begonnen tyabe u
(bgl. jebo$ 34, 33, too bem tyatjäctylictyen Hergang nachträglich boefy nod) SRectynung ge*
tragen tmrb), fo bürfte biefe 2tbtoeic$ung bon ben fo beftimmten unb toofylgeorbneten
Xuifaaen be* König*buc&* nur auf ber (Srtoägung berufen, bafc ein Wann tüte 3- um
mfaliq 25 3a^re fang inmitten ber ©reucl gelebt Ijaben fönne, tote fte 2 Kg 23, 4 ff.
gegittert Serben, dagegen unterliegt e* feinem fttotiid, bafc ftety ba* überau* efyrenbotle 10
äeugni* 2 Kg 22, 2 unb 23, 25 (bgl. 3er 22, 15 ff.; Sir 49, 1 ff.) nic&t erft auf bie
Regierung 3-* na$ *>em benfttmrbigen 18. 3a^ *>• ^ na(& b« äuffinbung be* ©efefc*
buc^*, bejiety. Über [entere* ßreigni* berietet 2 Kg 22, 3 ff. : ber König fanbte im
18. 3afcre feiner Regierung (623) ben ©taat*föreiber ©ap&an (na$ 2 G&r 34, 8 mit
bem ©tabtfommanbanten unb bem Kanter), um bei bem Dberpriefter ßilfia betyuf* einer 15
Reparatur be* Tempel* ba* au* ben ©aben be* SSolf* angefammefte föelb m ergeben.
Cfynt 3h>«fd beftanb barnadfc noc& bie um 814 bon König $oa* getroffene 3lnorbnung
(togL 2 Kg 12, 11 ff.). 3uglei$ föeint e*, ba& feit 30a* eine grünblictye Reparatur be*
Xempel* nic^t mffyc ftattgefunben Jiatte ; 2 ©&r 34, 11 toirbber SSerfatl au*brüdflicty ben
Königen guba* (too^l t)or allen SJcanaffe) jur Saft gelegt. Übrigen* bietet ber Gtyrontft 30
aud) &ter 134, 8 ff.) Varianten jum König*bu$, toelctye beutlirf) barauf au*getyen, bie felbft*
ftanbige Smtftrirtung ber Sßriefter unb fiebiten bei bem Umbau fyerbor$ul)eben. Sei biefer
(Sdegen^eit nun melbet £ilfia bem ©aptyan, er fyabe im Tempel ba* 5Bu$ be* ©efejje*
gefunben (na# 2 Gtyr 34, 14 fanb er ba* 93uc$ be* „burety 9Jtofe gegebenen" ©efefce* betm
äerauäne^men be* ©elbe*) unb übergiebt e* ©apl)an. tiefer lieft e*, eilt bamit junt 25
Könige unb lieft e* bemfelben bor (2 6&r 34, 18: „er la* barau* bor bem Könige";
offenbar unter ber 38orau*jefcung, bafc jene* ©efefcbucty ben gamen ^entateuefy repräfen«
ttaetc, beffen Sorlefung boety minbeften* 10 ©tunben erforbert baben toürbe). ©er König
träft Don bem ©etyörten bermafeen erföreef t, bafe er (eine Kleiber jerreifet unb burefy §ilfia,
©apfan unb brei anbere bon ber ^roptyetin §ulba einen @otte*fprud& in biefer Sin* so
gdegen^eit begehrt. 3fyre 9lntn>ort lautet im jefcigen minbeften* überarbeiteten Sejt, bafc
©Ott ht ber %\>at afle bie Drohungen (2 tyx 34, 24 „alle bie glücke") be* ©cfe$bud(>*
toafyc machen toerbe, ba fein 3o*»t burefc ben 3lbfaH unb ©öfcenbienft be* ÜBolfe* fc^toer
gereift fei; bo$ foüe tDenigften* 3-/ ber ficf> tpiQig bor ©Ott gebeugt tyabe, jubor no$
in f^ieben fdpeiben. 35
«uf biefen »efc^eib berfammelt ber König (2 Kg 23, 1 ff.) bie älteften $uba* unb
alle SeiDo^ner ^wufalem* famt ben ^rieftern unb ^rop^eten (2 Gfyr 3 1, 30 bafür „'iJJrieftcr
unb £etxten"!) hn Stempel, lieft tynen alle 2öorte be* ©efe^buc^* bor unb verpflichtet
fobann ba* aame Soll auf bie ©a^ungen be*felben. ©aran fcfclie^t ftcfc (2 Kg 23, 4 ff.)
eine grünblidje Säuberung be* Semmel* unb ber ©tabt bon allen $ilf*mitteln unb @m= to
Hemen be* ©ö^enbienfte*. ®ie Slnja^l unb SWannigfaltigteit berfelben, bie ftc^ a\x^ ber
langen Auftaklung auc^ nac^ 3lbred^nung ber fpäteren guttaten 23, 4 a (bon N-^-nb an)
bt* mit 6. 7»>, 14 ergiebt, mu^ au<^ ben in Grftaunen fe^en, ber bon ben ©ctyilberungcn
ber fyxöptyttn ^er auf fc^limme 3uf^nbe gefaßt ift. 9lber nid^t allein gegen ben eigene
Ik^oi (Sö^enbienft, fonbern auc^ gegen ben ^öbenbienft toerben umfaffenbe Wa^regeln 45
ergriffen. Die ^ßriefter ber §ö^en (bamöth) toerben nac^ 3crufa^m gebraut, um bie
gortfeiung be* nunmehr fc^le^t^in verpönten Kultu* unmöglich ju machen. Dbmobl au&
gefc^Ioffen Don ber 3Rittt>irtung an bem legitimen Kultu*, erhalten bod> and) fie i^reit
Anteil an ben ©peteopfern „inmitten tyrer Srüber", b. \j. tpo^l einfad} : mit ben übrigen
(legitimen) $rieftem. Die §ö^en felbft Serben berunreinigt bon ©eba bi* Seerjeba, «>
b. I bon ber 9iorbgren)e bi* mx ©übgren^e be* Sanbe*, barunter auet; bie Samotb, bie
fty an einigen X^oren Smifalem* befanben. Die fiofaltenntni*, bie betreff* ber lefeteren
au* 2 Kg 23, 8 fpric^t, berrätf; beutlid? ben Sluaen^eugen. ©c^lie^lic^ tvenbet fiep ber
<Rfer 3.* aud) aegen bie ©tätten be* ifraelitifcfcn §ö^enbienfte* (2 Kg 23, 15. 19 ff.;
16—18 ift Sinföub, ba 93. 16 bie ©ebeine auf bem & 15 bereit* gerftörten Slltar ber= 66
brannt toerben), bor allem gegen ben Slltar unb bie $ö^e Qerobeamö I. p Setzei. 9lic^t
mmber toerben enbli^ fämtlid^e ,,^ö^en^äufery/ in ben ©tobten ©amarien* jerftört unb
{amtliche ^ö^npriefter auf ben betreffenben Slltären geopfert. Vettere 92oti(^ erlernt bei
bem milben G^araner be* König* aöerbing* befremblic^, ^umal toenn nad^ bem 3ufa$
2 Jtg 28, 5 bie toirfltc^en ©ö|enpriefter in 3^ba einfach abgefc^afft, ni$t getötet tourben. w
388 Sofia
@3 liegt bafycr bie Vermutung nafye, baß bie 2 % 23, 16 berichtete SSerunreinigung beS
SlltarS ju Setzei burefy Jotengebeine auä ben ©räbern nochmals ale Verbrennung ber
geopferten Äöfyenpriefter gebeutet tourbe. ®a$ Söert ber Äultuäreiniaung toirb fobann
burefc eine s45affatyfeier gu ^erufalem befiegelt, hrie eine folc^e na$ 2 wg 23, 22 feit ben
6 Sagen ber Stifter nietyt ftattgefunben tyatte, eine Sememmg, bie fi$ otyne ä^M kü*
auf bie Vereinigung aller ^eiernben an einem Drt, teil« auf bie SRttopferung bon ©c$afen
unb 9tinbern be$iefyt (bgl. 5 3Rof 16, 2. 5 gegenüber 2 2Rof 12). auf leftteren Sßunft toirb
bafyer in ber ausführlichen Seföreibung be3 joftantfe^en SßaffatyS 2 6br 35, 7 ff. befonberer
9iacfybrucf gelegt. SBenn übrigen« auefy bie ßlijronif (II, 35, 18) bon feinem folgen tyafiaf)
10 feit ben Sagen Samuel toeiß, fo ift fcfytoer gu fagen, toorin fte ben Unterfd&ieb btefe*
ftefteS bon bem 2 Gtyr 30 betriebenen ^affaty beä #w!ia erbliche.
Sie gefd?id?tlid)e Söürbigung beä gefamten 8eric§t$ über bie ÄultuSreform $.* toirb
immer in erfter Sinie Don ber $rage abhängen, toelcfcer Slrt baS bon §ittia gefunbene
©efe^buety getoefen fei, eine Sfrage, bie aHerbingS nur im 3ufammentyang mit ben übrigen
16 Problemen ber 5)3entatcucfyfritif erörtert unb gelöft toerben fann. Sin btefer ©teile mögen
folgenbe Semerlüngen genügen. 2Bar baä ©efefcbucfy $ilfia$, Vorauf na$ unferer Über«
jeugung ade ©puren führen, nicfyt ein Verlorene«, fonbern ein bortyer böHig unbefannteS,
eine erftma(ige feierliche Äobififation ber ©afcungen, bie auf bie Slbfd&affung be$ $ö^en*
bienfteä unb bie Konzentration be3 Äultuä im Stempel gerietet toaren, fo toirb man im*
20 mer toieber ju bem SrgcbniS gebrängt toerben, baß jene« ©efefcbucty in ber ^auptfacfc
ibentifety toar mit unferem 35euteronomium. 3U6^C^ a^er to"* ^urc^ *>m Spalter gerabe
biefeä 93uc$$ bie ÜRöglicfyfeit auSgefctyloffen, als ob ber ganje Hergang auf einen fem
angelegten Sßlan jurücfgefüfyrt Serben (önnte, bei freierem §ilfw unb bie ^Jrop^eten gleich
mäßig bie §anb im Spiele gehabt Ratten. Selbft h>enn man bei ben Sßrieftern (unmöglich
26 aber bei ben ^ropbeten) ein perfönlictyeS 3>ntereffe neben bem religiöfen borauSjefcen tooQte,
fo h)ürbe man bocg im 35euteronom bergeblicty naefy einem folgen fuc^en. 3n ^eiligem
(Srnft unb im 35range tnnerfter SRottoenbigfeit fyat biefeS ©efefcbucfc bie Äonfequeiu au*
ben fielen gebogen, bie feit 3al?*&unberten bon ben ebelften Prägern ber göttlichen Offen»
barung berfünbigt toorben toaren. 35atyer fein mächtiger ©tnbruet auf ^ofia unb bie $6U
so genoffen, bafyer bie unermeßliche Sebeutung biefeä 33ud&$ toeit über ben Seftanb ber jo*
fianijcfyen ^Reformen tyinauS. 9Jtag e« immerhin toafyx fein, baß bie JUtltuSreform 3-^ <*Id
eine t)on oben angeorbnete, nicfyt t>on innen ^erau^getoac^fene, bei ber großen SKaffe bed
%olte ftunäctyft nur bie Oberfläche ftreifte: für bie fernere ©ef$i$te ^örael^ machte ed
immerhin einen getoaltigen Unterjc^ieb, ob bie Äultuöein^eit, bie ftärffte SSerförjyerung be^
86 monot^eiftifc^en ©otteebegriffä, je einmal praltifc^ burc^gefü^rt toar unb ju Stecht beftanben
tyatte, ober nic^t. 9Rit bem Söerfe %£ toar für bie SBirffamfeit ber fyxoptyttn — unb
jtoar in bollern ©intlang mit ben ^rieftern — eine neue fefte Saft« gefd>affen toorben.
inmitten ber bunteften sJKannigfaltig!eit ber Äulte toar gegeigt toorben, toelc&eS ber toatyr*
^aft normale 3"f^nb ber ©ottee&eretyrung in l^drael fein fottte; auf biefem ©runbe er^
40 baute ft$ bann ber Jtultud be$ jtoeiten ^empelö, um in ber fcfyärfften f^mboltfc^en 9lu^
prägung be« ßin^eit^gebanfen« ben innerften Äern ber Sieligion gäraete auf eine bejfere
3eit ^inüberjuretten.
©c^Iteßlic^ bebarf e$ noc^ ber Seanttoortung einer äußeren grage, bie auc^ für ba$
tragtje^e ßnbe 3.^ in 33etra$t lommt. ^n ioeld^em ^nterefje ober mit toel$em Siebte
46 bc^ntc 3. feine MuItuSreinigung and) auf ba^ ebemate töraelitifc^e ©ebiet (nac^ 2 6^r 34, 6
„b\*3lccpi)tal\") auzt unb nicfyt minber: toa« betoog i^n ju bem tolttü^nen Unternehmen,
bem ?P^arao Sfactyo in ber ebene §\\ml ben SBeg ju berlegen, ate berfelbe im 3a^r609
au^jog, um ben ß^albäem am (Sup^rat toenigftend einen Seil ber afftyrif$en Seute ftreitk
ju machen 1? (2Äg 23, 29 ff.; 2 et;r 35, 20 ff.). SHomineU unterftanben jene ©ebietc iux|
60 immer ber Dberberrföaft ber afj^rijc^en Könige ju SRinibe. Sängft aber toar älffitr m
Set^argie berfunten unb feit bem älbfall 9{abopolaffard (625) toar otyne 3toe*f^ &*$ ber
Schein ber aff^rifc^en §errfd&aft in SSorberaficn gefc^tounben. 95Ba« lag ba nä^er, ab
baß 3- K^t ben 3citpunft gefommen glaubte, bon bem bie Sßroptyeten fo oft gerebet Ratten,
bie 3^^ einer SBieberbereinigung 3&racl3 mit 3uba. 2)ann aber toar bie (Srneuerung ber
66 religiöfen Einheit beiber bie befte Vorbereitung für bie ge^offte politifc^e 9Bieberberemigung.
©c^toerlic^ bat 3. eine 3)urd^fü^rung biefe^ bebeulfamen ^(anö gegen ben SBtQen ber
G^albäcr geträumt. Söofyl aber burfte er auf tyre 35anfbavfeit rennen, toenn er e* bor^og,
al« ein treuer Sfofall Säbelt an ber SBiebergeburt be$ babibifc^en Sfeic^ gu arbeiten,
anftatt, toie feine Jlac^folgcr, im Vertrauen auf bie (Sinflüfterungen ägVptend ben aitf«
60 fktytelofen Kampf mit ber neuen sBeItmad;t aufzunehmen. ©0 erföeint ber 3ug 3.« gegen
3oft<t 3oftta, »ndj 389
9iet$o minber abenteuerlich, als bei ber annähme $undfer$(®efc$. b. Slltcrtfy.*, II, ©.371,
unb fo txrieber ftittelS II, 327), baf* 3- lebtglicfy ber Unterjochung burdfc Ägypten babe
vorbeugen tooDen. 3fud& im ^atte eines ©iegä fyätte er ja fcpefelicfy bo<$ nur ben #errn
getoe$fe!t. Erhoffte er bagegen bie Ärone ©efamtiSraete ate ©iege$£rei$ bon ben QfyaU
baern, fo lohnte biefer $rei$ allerbingS ba$ SBagnte eines fo ungleichen ÄampfeS. 6
2)er ©ang ber Sreigniffe felbft cntf^rac^ nicfyt ben füljnen Hoffnungen be$ ÄönigS.
Suf bie Äunbe bon bem 2lu^ug 9led>oS toar er mit feinem §eer in bie ßbene ^ifteel
btnabgeftiegen, h>a$ ftd& nur au« bem Umftanb begreift, bafe 9?ectyo fein §eer btreft jur
©ee an ben gu& beä Äarmel übergeführt batte. 35afe -Kccfyo ben ©eetoeg bonog, fyatte
feinen ©runb toofyl in ber ©c$eu bor bem feften &a^a, toeld&eä nacb 55er 47, 1 ff.; §erob. 10
II, 159 (unter bem 9lamen Rabatte) erft naefy ber ©c^lad&t bei SWegibbo erobert tourbe
(bgl. au$ bie 9lotijen §erobote a. a. 0. über bie ©ctyiffäbauten 9ied&o3 bor feinem 3U8*)-
3tn toetteren begnügt ft$ ba$ Äönigäbucb mit ber Semerlung, bafc 3- fogteid^ beim erften
gufammentreffen mit ben Sgtyrtern bei SWegibbo fiel, bon feinen Anetten tot naety 3es
ruf dem gebraut unb bafelbft in feinem ©rabe beigefefct tourbe. SBcnn Äerobot II, 159 is
ftatt sDlegibbo 3Ragboloä nennt, fo fönnte bamit et-äftebfd&bel, jtoei 9Jteifen toeftlicty bom
Äarmei, gemeint fein (@toalb). 3ft bieHeic^t s3Hegibbo 2 Äg23,30 nur als StobeSftätte beS ber»
tmatbeten jtdnigä in ben 33orbergrunb getreten ? SBincfler (Slnfyang ju 93en$inger, 3Me
SW9. berÄönige, 1899, ©.207) ibentifijiert SKagboloS mit ?Jttgbal*3lfc$torety = ©traton«
<Xmm (Gäfarea). Slber ift e$ benfbar, bafc fid^ bie jübifd&e Überlieferung über ben ©c^au- »
pla$ gerabe biefeä ©reigmjfeS fo bötlig getäuföt fyätte? ßtyer Wirb mit SBett^aufen (J^rael.
©cf$. ©. 97) $erobot ober beffen ©etoäfyrSmännern eine 93ertoed&felung ber ©etyladjt bei
SRagbolo* (b. i. na$ 2Betty. ^eluftum) mit ber 6d)larf)t bon SWegibbo ju^utrauen fein.
aiwfütyrlic&er unb jum teil abtoeid&enb berietet bie ßtyroni? (II, 35, 20 ff.), bafc
!Ret$o ben 3- unter Berufung auf einen ©ottesforuefy auäbrücflicty bon feinem beginnen 25
abgemahnt babe. 3)ie ©efdjic^tlicfyfeit biefer 5Jotij muß auf ftcfc berufen; ber 3ufa$(5S. 22):
„er ffittt nid&t auf bie SBorte 9ied&o$ au$ bem 3Runbe ©otte«" foH im ©inne berßfyrom!
jur ©rflärung bienen, toie ein $of\a ein fold^eö 6nbe finben lonnte. sJlac^ 3S. 23 ff.
toutbe 3. burc^ ein ©ef^o^ berh>unbet, bon feinen Anetten auf einen anbeten 2Bagen
gebraut unb ftarb erft )u ^erufalem (auf ^eiligem, nic^t auf unreinem ©oben?), dnblicb so
toei^ Die Sljronit bon Irauerliebern ^ctemia« unb anberer auf ben 2ob 3<>fta$, bie noep
$u tiym 3«* in regelmäßigem ©ebraud^ unb einer ©ammlung bon Älageliebern einber*
labt maren. Auf ben Sraud^ einer (jctyrlic^en?) SotenHage um 3°Pa füfart enbli(^
and) 3« 22, 10 unb ©a$ 12, 11, falls £ababrimmon (f. »b VII, ©.288.295) einen
Ort in ber 9lä&e ber SobeSfiätte 3.« bebeutet. — ein anberer 3. $?&&), ©o^n 3e= 86
yfym\a&, totrb ©ac^ 6, 10 unter ben au$ Säbel jurüdfgefebrten ßjulantcn ertoä^nt.
^att^fc^.
3f#f»«, ba« 8ud^. — fiitteratuv: Cfianber, Comm. in Jos., $üb. 1681; (Jovn.aSapibe,
Comm. in Jos., Äntro. 1718; ©erwarben, Disput, de libro Jos , ©ron. 1H26; Maurer, Äomm.
über ba* ©. 3„ Stuttgart 1831; fi. Äönig, «Itteft. ©tubien, I: «utftentie be« 93 3„ SReurS 40
1836; Äeil, Äomm. über ba* )B. 3, Erlangen 1847; £impet, ©elbftänbtgteit, @in^eit unb
»loubtoüibigfeit bed 93. 3. in $^DS 1864. 65; 3. ^oüenberg, ^ic beuteron. 93eftanbtt)et(e
bc* ©. 3. in %1)§t$t 1874; bie ate?anbrimf4e Uebcvje^ung beö 93. 3-, 9Keur3 1876; 58ea*
taufen, $ie Äompoption be8 ©erateu^ 3b£f) 1876-1877; 93ubbe, Stifter unb 3ofua, 8^38
1887r 93 ff.; 3- ©• »lad, The book of J., Cambribge 1891; (S. 9llber«, 3)ie OueQenber. in «
3of. 1—12, 93onnl891; ftloftermann, ©efdj. be« EolfeS 3§r., 6.92 f. 9Son fonftigen ßom--
mentoren ^u t>ergl. ben üon goQ (in ßange§ 93ibelroerf), bef. 3)iamann (im ejeget. ©anbbuc^) '
n. Oettli (tm fur^gefaglen Stomm. j. %% uon @tracf*3*>cficr).
S)aS 95ud^ 3°fuö «öffnet bie 2. Abteilung be^ altteftamentlic^en Äanon«, bie Steige
ber al$ trr««^ s^ara: bezeichneten, jjrop^etifc^en ©efd^ic^töbüc^er, fyat aber urjfrünglic^, 60
toie fotoo^l fem 3^M* a^ f^ne f^riftftetterifc^e 3ufammenfefcung jjeigen, ben ©c^lufe be«
$eniaieu<$3 gebübet, um bann antägli4 ber Sinfügung ber unter §o[\a toieber aufgefun«
beiien beuteronomifc^en 3^ora ($t 5—28) in ben ©c^Iufe be$ urfprünglid^en, mit 3)t 34,
1—9 föliefeenben 93uc^e« 9iumeri (f. to.u.) jum Slnfang ber folgenben ©efc^ic^t^erjä^lung
gematy |u toerben. Sie bom Xalmub (Baba bathra f. 14b), 2. ffönig, Raulen (@inL 65
§ 206) u. Ä. bertretene Annahme, ba^ 3°fua SJerfaffer beö 93ud&e$ fei, barf ^eutjutage
ab abgetönt gelten, über^au^t bie älnna^me einer einheitlichen ffon^tion, toeld^e Äeil
behauptete, fatbem er bad Sudb bon einem Augenzeugen be^ unter %o\ua ©efe^e^enen auf
0ittnb \fym borliegenber Duellen, h)ie ber bei ber SanbeSbertetlung aufgenommenen $ro=
toblle, be$ bei ber Sunbe^erneuerung ju ©ic^em (51. 24) barüber abgefaßten SDofumentc^ eo
390 3*ftm, Sud}
aefd&rieben fein liefe. 35ie ©teile 5, 1, auf toefd&e ft$ Äeil beruft, totirbc jdbfl bann ntyt
Sfogcnjeugenföaft beä ©d&reiberS betoeifen, toenn bie Seäart v?2? rid&ttg toäre. 3tter
bort ift fraglos mit bem Äeri unb fämtlictyen alten SBerftonen c^^Spr (,/&& fte hinüber-
gingen") ju Iefen.
5 Um ein Urteil über baä 33u$ ju gehrinnen, fajfen totr inä Äuge
1. feinen Qnfyalt unb feine ©lieberung. ©8 jerfäßt in einen eroberung$gef$i$tIi$en
£etl Ä. 1—12, toelc^er mit einem 93eri$t über bie bie ©innatyme ßanaan« twrberettenben
©dritte beginnt (1—5, 12), bann bie fteflteic&en Äämpfe unter 3«>fua« tjü&rung fd^lbert
(5, 13— Ä.ll) unb Ä. 12 mit einem SBerjetc&nte ber übertounbenen Äömge be$ fübli$en
10 unb nörblid&en SanbeS fd&lie&t, unb in einen berteüung^ef$id&tU$en Ä. 13—21, ber in eine
©ctylufcbetrad&tung ausläuft, bie barauf fcintoeift, ba| ftcfc mit ber Seftyna^me (Sanaanä
burety bie ©tämme bie göttliche 2anbeft>erbeifiun(j erfüllt $abe («s Vsn). <Der lebte Xett
Ä. 22—24 bereit ftd? )u ben beiben erften tote ein e^Uogtfc^er ©$lufe. SDie ©tämme
Stuben, ©ab unb tyalb SWanaffe toerben in ifyre jenfeitigen Gebiete entlaffen (t>gl 9ht 32)
16 unb baä änftöfjige eines bon tynen auf bem red&tfeitigen ^jorbanufer errichteten SDtar*
befeitfgt Ä. 22. ^ofua nimmt (Ä. 23) bon ben SSertretern be3 35otte$ Slbfdbieb unb er*
neuer! in einer SSolföberfammlung ju ©i$em ben ®unb be3 SSolfeS mit 3a9be, tooruuf
fein $ob unb ber beä ^rieftcrS ©leafar, ber tym jur ©eite geftanben, berietet totrb Ä. 24.
2. SDte 3ufammenfe$ung beä 33u$ö. 2Bä$renb toir in bem eroberung£gef<$i$t(tc$cn
20 Steil eine 2)arftellung finben, toeld&e ganj baä ®ej>räge ber pentateu$ifcben (Srjä^hutg ber
Patriarchen« unb mofaiföen 3eit, be$ aus jtoei nid&t metyr fcfytrf ju fepeibenben Duetten
jufammengearbeiteten, fogenannten je^obifttfepen 33ud&$ (JE) auftoetft, erinnert ber Der*
teilung$gef<$ictytlid&e mit feinen bie ©tammgebiete na$ ©remen unb Drtf$aften umffyets
benben Urfunben unb Siften an bie $artieen beä Sßentateudjk, bie man gegenwärtig mit
25 ber Styiffre PC &u bejeietynen pflegt, ferner ift bur<$ baä ganje 8u$ $inbur$ eine beu*
teronomiftiföe Stebaftion toatyrjunetymen. aber bod& nur ber $auptmafje na$ gehören bie
ftafy>. 13—21 nebft 22 ju PC; benn toir treffen in biefem berteilunaSgefc^tlicfren Seil
aud& toieber bie 35arftelhmg$toeife bon JE, a. 93. 18, 3—10. Unb tote m & 9, too bie
Überliftung burety bie ©tbeoniten erjagt toiro, ju JE, ju PC gehörige* unb beutenmo*
so mifäe Elemente burd&einanberlaufen, fo auc^ in Ä. 22, in bem Sendete über bie StücRefc
ber 21/, ©tämme in il?r @rbteil unb bie ©rlebigung i^red SQtarbaued. SDie SBe^feU
be^ie^ung be^ 93uc^e^ ^ofua jüm SDeutetonomium tntt befonberd in Ä. 8 ^erDor. SDcr
mit n:n: tn beginnenbe äbfd^nitt (33. 30 ff.) ift im »ud& 3ofua ein ebenfold^c« ÄtotMnnu
ftüdf toie im ®eut. ber Heine mit V*iy tn an^ebenbe äbfd^nitt 4,41—43. 3Ran Der«
86 gleite ferner Ä. 23, too ber äuäbrudf aanj beuteronomifd^ ift, j. 8. 3of 23, 11 ; 23, 5;
23, 14: bie belannten beuteronomifc^en »u^brücfe „f)ütet eud& fepr für eure ©feien", „*im
ganjem §erjen unb bon ganzer ©eele". ^m eroberung«gefd^ic^tIid^en leil finbet fufc an
bie SBeife bon PC (Srinnernbeä nur in Heineren 3ufäfcm' toie j. 35. baS Statum 4, 19;
bie Semerlung über bie 5ßaffa^feier 5, 10—12- ferner 9, 17—21, too ba^ 3SertmaI
40 ber Äuöbrudf fTj?n ^ozs ift. 3lufeerbem aber ftofeen toir im 8ud^ 3°fw« ««f ft««fc
Iid^c ßrfc^einungen, toelc^e fotoo^I JE ate PC fremb fmb unb ber Vermutung 9taum
geben, bafe ber SRebaltor noc^ anbertDeitigee 9Raterial bertoenbet ^at (©tradtX $i«^
gehört ber nur @£ 5, 1 ; 32, 27, aber im 33u$ ^ofua bierje^nmal borlommenbe Sötte**
name ^-^ ^nb« rt; ferner ber uns im^ßentateuc^ über^am>t nidbt begegnenbe, tmSui^
«^ofua biermaf (1, 14; 6, 2; 8, 3; 10,7) fufc finbenbe SfoäbrucfVn -7:ia;# tpofür ba*
®euteronomium — unb jtoar in einem Serid&t über biefelbe ©ac^e — 3, 18 tndmefyr
Vn ^:a gebraust; rrjrjb?; c? im äl nur gof 8, 1. 3. 11; 10, 7; 11, 7, tooför im
^ßentateudp biermaf ^rVt2 ^^i ^^ «P bon 3°i 8, 16 an Dorfommenbe P?n jufam«
mengerufen toerben.
60 £iefe S3emer!ungen mögen genügen, um ju jeigen, bafc im Sui^e 3ojua t>erfdbiebene
$änbe unterfd^eibbar ftnb. SCuf Serfuc^e einer einge^enben QueQenana^fe, tote bie *on
Dettli (baL ©tradt^ödtfer, Äurjgef. Komm. 312:. 7, 2 äb$. ©. 125 f.) gemalten, fotote
auf ben älrt. „^entaieud?" bertoeifenb bemerle id^ nur nod^ 1. baß aOe* ju PC ge(!orige
fyier toie im ^entateuc^ jünger ift aU JE ; 2. bafc JE unb PC b. ^ ein ©erf, tod^ed
66 bie bier erften Sucher unfere« je^igen ^entateuefc, ferner ®t 31, 14—23; 32, 1—44,
48—52; 2)t 33. 34, 1—9; 3of 1—24 umfaßte, bem fogenannten fceuteronomifer b. 1).
bem ©c^riftfteQer borlag, toelc^er bie unter xx\ofta autgefunbene beuteronomif^e 3^ora
3)t 5—28 einarbeitete unb i^r bie ©eftalt unb (Sinraljmung gab, in toeM^er totr ftc je(t
finben. 6r ift e$ getoefen, toelc^er ben früheren Sd^Iufc be* ^ßentateuc^, unfa jefctge*
üo ^ofuabuc^ jum Anfang ber folgenben ©ejc^id^töerjä^lung gemalt, e* rebigiert unb über«
3oftta, Sudj 391
arbeitet ffoL SBa? ben un? borliegenben $qrt be? 93ud&e? ^ojua betrifft, fo letyrt eine
Prüfung beäfelben unter SSergleid&ung ber LXX, baft er ftd& nid&t einer gleidfr forgfältigen
Suri^arbeitung gu erfreuen gehabt ^at feie ber be? $entateu$?. ®? erflärt ftrf) bie?
barau?, baft ba? ^ofuabud^, naetybem e? einmal bom Sßentateucty abgetrennt fear, biefetn
an £eiligfeit naifcjtanb (t>gl. Sillmann a. a. 0. 689 f.). Saft fein ßonfonantentest „fdpon 6
frity eine felbftftänbige ©efd&ictyte gehabt tyat", jeigen SSorfommnifje feie bie, baft ftdfr ba?
J*ntateu<£iföe »*i für nti nid&t metyr finbet ; baft ^erietyo nietyt metyr, feie im ^Sentateucty,
'•"!?? Reifet, fonbern, tote au$ fonft im 32 "rrp, irr??, äuffallenb ift aud& «'■*?_ 24,19
palt be? peiitateuc&ifd&en »??..
3. 3m Suc^ 3ofua fuiben fi$ Angaben, toelctye auf ba? 9llter ber QueHenf<$riften 10
föfieften laffen, au? benen e? unmittelbar getopft ift ober auf bie e? unmittelbar jurüdfs
gefct 6o muft 8, 28 toegen 3*f 10>28 lange bor Sefaja geförieben fein; 16,10 toegen
1 % 9, 16 in borfalomonifc&er, foäteften? in ber 3^t be? Anfang« ber Regierung ©a*
lomo?; toeiter bürfte bie ©teile 15, 63 feegen 2 6a 5, 6 jurücffüfyren, 10, 13 frityeftenS
ber Seit Satoib? juautoeifen fein, ba ba? bort ertoäfynte "^73 -«c, feotyl eine ©amm* 15
hing nationaler ©elbengefänge, laut 2 ©a 1, 18 au$ Sabib? ©legte um ©aul? unb
3ona$an3 Xob enthielt Sie ©teile 9, 27 geftattet feinen fixeren ©d&luft. Unb feenn
man au? 6, 25, feo anläftiuty ber ©rjätylung bon Stafyafö 33erf$onung gefagt ift, fie fei
infolae beffen too&n&aft in %$xad „bi? auf biefen lag", unb au« 14, 14, feo e? Reifet,
baft xaleb im Sefaf $ebron?, ba? er für jic$ in 3lnfpru$ genommen, verblieben „bi? auf 20
biefen %aa", gefolgert &at, baft ba? 93ud& bon einem 3*ügenoffen 3°fua^ na$ beffen $ob
berfaftt fei, fo ift biefer ©d&luft anfällig, ba, toa? 6, 25 betrifft, ber SSerf. ni$t Stabab?
$crftm allein meint, fonbern tyr ©efctylec^t, in bem fie fortlebt. Unb ctynli$ behält e?
fty mit 14, 14.
Saft ber toerteilung?gefd&i$tli$e Xeil be? 93ud&e? auf föriftlictyen Sofumenten, giften 25
unb Urtunben beruht, ift an ftd& toatyrjd&einlicty. Sie ©teile 18, 9 geigt, baft man beim
$ertetlung?gef#äft i>roto!oßarif$ berfufjr. Sa feir nietyt? bon ©renjftreitigleiten ber ein*
pinen Stamme $ören, fo muffen bie in ba? 93u$ ^ofua übergegangenen 2lufjei$mmgen
über bie 2anbe?berteUung ba? 2lnfefyen einer anerkannten, öffentlichen Urfunbe gehabt
baben. Xber au$ fonft fcat ba? 93u$ bergfeidjen urfunblid&e ©tücfe. 3U folgen jätylt so
gfealb ba? 9Serjeid&ni? ber 31 befugten Äönige 12, 9 ff. Saft ber urtunblicfce %yct $ie
unb ba nic^t me^r feine urfprünglidpe ®eftalt fyat, fte^t man barau?, baft 19, 15 gfeölf
Stäbte ge^lt feerben, 19, 38 neunje^n, o^ne baft bor^er fo biel aufgeführt fmb, unb
15, 32 neununbjfeangig, toä^renb bod^ 36 aufgeführt feerben. ^ft bort ber $ejt lüdten*
^aft, fo #er t>tm jüngerer $anb erfeeitert. 38enn nac^ bem 93ergeic^ni? ber Setoitenftäbte 86
(21, 9 ff.) bie tmefterltd^en 5la^atbiter nic^t nur tyre ©täbte burc^? Soo? in ber 9t%
be? ftwter ju errid&tenben 3;em^el?, fonbern auc^ m einer QÄtf feo bie ~n« ^:n noc^
ni^t fo w^lreid^ fein lonnten, beren fo biete erbalten, fo feirb mit Oettli in beiberlei
^mfkpt oie ©tntotrfung fpäterer SSer^ältniffe auf bie Sarftellung einzuräumen fein.
Saft ba? &u$ Sofua in feiner urfprünglic^cn ©eftalt (abftüglu§ ber Eingriffe be? 40
Seutcnmomiter?) unb in SSerbinbung mit ben biet erften Supern be? *ßentateuc$?, ferner
St 31, 14—23; 32, 1—44. 48—52; 33; 34, 1—9 ben Sßro^eten £ofea, ämo?,3Jlic^
bem» befannt fear, erbeut au? folgenbem. 2Ba? Wxfya betrifft, fo ftimmt (bgl. Älofter=
mann, Set $ent 155) ba? ©$ema ber ©efc^id^te, feelc^e? er bei ben ßeitgenoffen be?
£Üfia (6, 5 ff.) al? fo befannt borau?fe$t, baft er nur anbeutenb baran ju erinnern 46
brauet, genau mit bem überein, feeld^e? ba? 8uc^ 9lumeri in feiner Serbinbung mit bem
jefigen 9uc^e ^ofua be^errfc^t. 95Jie nämlic^ im Sud^e SRum. bor bem mof. Siebe St 32
übe* Salat unb Sileam (it. 22—24), ben Slufent^alt in ©ittim (25, 1 ; 33, 49) unb
na$ bemfelben im 9u$e ^ofua über ben 3ug bon ©ittim nad) ®ilgal, bon feo au?
3ofua bie g^^üge jur (Sroberung be? Sanbe? unternahm, berietet ift, fo gebenft Wxdja öo
unter SZac^abmung jene? Siebe? (6, 1 ff.) be? Salaf unb Sileam unb ber " ™F"P? bon
©ittim bi? ©Ugal unb glei$ barauf (SB. 8) be? 9Rofe a(? bee Sertünbiger? ber göttlichen
gotberung an ^?rael. jRinben feir ^ier eine beftimmte Se^ung auf JE, fo bei 9lmo?
unb J&ofea beuüic^e Slnnange an PC. älbgefe^en babon, baft 9lmo? in ben 40 lüften«
jähren 2, 10; 5, 25 mit PC ftimmt, ift bemerten?feert ba? nr: t~nr 7, 4, feie ®en 66
7# 11; ferner 2, 7 bie.unftreitig au? ©teilen feie £eb 20, 3; 22, 2. 32 ^erübergenom*
mene Formel r&rpt cct^ %n "k^1? nad^ ßrfeä^nung eine? Unjuc^tberge^en?, bie Sin*
feielung toon Jpoj 9, 10h auf 9lu 25, 3; 31, 16, enblid) bie bon 9{ölbe!e ^erborge^obene
©teile fyo 12, 4 ff. ^nbern bort ber ^rop^et bei feinem Überblidt über bie @efc^ic^te
3afob? nac^ (grfe^nung berfd^iebener, im ^entateud^ nac^ anbeten Duellen erjagter $or* eo
392 Sefuo, Sud)
gänge auf ba« @en 35, 9 in PC Seric&tete &u forectyen fommt, &ält er eine Reihenfolge
ber (Sreigniffe ein, bie mit ber be« jefcigen $entatcuc$ ftimmt, toonac$ ber ©d^lufs be=
recfytigt erföeint, bafc ifym PC in feiner Serbinbung mit JE borgeleaen $at.
4. 35ie @efd&id&t«erjctylung be« 93. 3- ift auf tyre ©laubtoürbigteü angegriffen toor*
6 ben. 3Kan finbet in bem Sucfy „nietyt bie ©efd&icfcte, fonbern bie Segenbe ber Seftyta^me
ßanaan« burefy bie Israeliten". 2)«* ^auptanftoji nimmt man au« ber Serglei<$ung mit
9tt 1 am ©efamtbilb ber ©roberung. SBäfyrenb ba« Sucty gofua — fagt man — tum
einer boHftänbigen Unterwerfung be« Sanbe« bur$ ben 9lacfyfolger SJlofcd rebe, letyre fefcon
bie erfte 3eile un*> ®e^e b& Sucfy« ber Stifter ba« ©egenteil unb jum Überfluß bafc
io bie einjelnen ©tämme ben Krieg für eigene Rechnung führten. 9ta# SBeBfyaufen u. 9.
fott 9ti 1 nietyt ^ortfeftung, fonbern \ad)l\$ an ben Sßentateucty ft# anföliefcenbe parallele
jutn Su$e Igofua fein, alfo bie (Sroberung be« 2Beftjorbangcbiet« ganj nta unb abtoetcfcenb
Dom 33ud^ Sofua ersten, äßein 1. fagt 9ti 1 laut SS. 1, h>a3 „naety bem iobe
3ofua«" gefcfyetyen fei, unb e« fann naefy bem Haren SBortlaut ber ©teile bon einer 88er*
16 legung be« (Srjctylten in bie Seben«jeit Sofuaö leine SRebe fein. 2. SBenn auf ber einen
Seite ba« Sudp ben ©cfyein ertoeeft, al« ob Ijofua *&$ ganje Sanb erobert l^abe (18, 1;
21, 43—45), fo limitiert e« bie« anbererfeit« ba^in, bafe bie Seftfcna&me ber berloften
Sanbe«teile bo$ ntc^t öoßenbet toar (23, 7. 12). 3Me Sorau«fe$ung, ba| bie Verteilung
bee Sanbe« burefy« Soo« bie böHig öolhogene ©roberung in fic$ fäliefo ift irrig. Unter
ao ben jugetetlten ©ebieten finben jtdj folcge, toelcfce nie erobert hmrben, toie *.S. bie ©tobte
ßfron, 3l«bob, ®a^a unb ba« Sanb bis jutn Sac$e Stgtyrten«, toelctye« $uba jugeftmxfcen
tourbe (15, 45—47). 3Me SMnge lagen na# ^jofucrö lobe fo, bajj, ioenn auep bie unter
feiner güfyrung errungenen ©iege bie Setoölferung be« Sanbe« mebergetoorfen unb ba«
Sanb in ben Sefifc ^«rael« gebraut Ratten, bod) fein einiger ©tamm jur boUftänbigen
26 Sefifcnatyme feine« (Srbteil« gelangt toar. 3)ie feften Orte blieben jum Zeil in tanaam*
tifetyen §änben, 3. 33. S^nifalem mit ber fjefte 3ion, ober bie Kanaaniter gelten jtc$ in
ben 2$älern, namentlich in ber (Sbene ^edicel. ©o geföa^ e«, bafi bie ©tämme teiltoeife
unbequem hinten, toenn fte auf bem ©ebirge ba« offene Sanb jtoar inne Ratten, aber
S3urgen unb geftungen in fanaanitifc^em 33eft^ ioaren, ober toenn in ben Malern bie
so Jtanaaniter bie §erren blieben unb bie 3&aeliten ftc^ auf bie Serge beföränft fa^en. Sei
foletyer ©abläge erflärt ftd^ ber $nl?alt öon 9li 1, too e$ fic^i um nic^tö anbere« ate
um bie gortf4un9 be« Kampfe« gegen bie noefy nic^t toöflig ausgerotteten früheren Se^
loo^ner ^anbelt unb bie @inric^tung getroffen hrirb, ba^ je ein ©tamm, ^uba Doran,
ben Ärieg ^u führen ^abe. 3Kan fie^t : ber 2Biberfprucfy, ben man jioif($en bem 33u$e
86 ^ofua unb SRi 1 tyinfid&tlicfc ber Eroberung be« SanbeS ju finben meinte, ift in SBa^rbeit
nid)t üorbanben. Slnbere @intoänbe, toelc^e man gegen bie ©laubtoürbigfeit ber ©efe^iept«--
erjä^lung be« 3°fwabud^« erhoben ^at, loie j. S. ber, bafe ba« t>on ben tranSjorbamföen
©tämmen e^ä^lte „^antaftiW unb unnatürlich fei", laffen fi^i unfe^ioer gurüdfoetfen.
Unb ioenn man behauptet Ijat, ba^ ba« Silb ber ©ebietätoerteilung üon ber jeitgef^t*
40 liefen SEBirilic^feit be« @r^ler« tn bie Vergangenheit jurüdgetragen fei, fo $at man
überfe^en, bafe bie gef$ic£tli(|e aBirfltc^feit öielfa^ hinter ben ^"tentionen ber Verteilung
jurüdtgeblieben ift, hrie benn j. S. nac^ 13, 6 bie ^önijiföe Jlüfte berfoft toerben fou,
aber nie erobert toorben ift, ober nac^ 15, 12 ba« 9Jlittelmeer bie ©ren^e guba« bilben
foHte, loä^renb fein ©ebiet nie fo tocit gereift ^at u. f. f. 338a« föliejjltcfc oie SBunber«
46 erklungen be« Sud^e« 3ofua betrifft, fo ioerben biefelben für jeben etn ©tein be« 8m
ftofee« fein, toelctyer ein birefte« eingreifen ©otte« in ben Slatur- unb @ef$i$tö)ufammen<
^ang leugnet unb ben SRaftftab ber natürlichen, grablinigen @ntn>icflung an bie ©efc^tyte
3«rael« angelegt fe^en toiQ. Slnber« toirb über biefelben, toie überbauet über bie bibüfcfyen
ffiunbcrberic^te urteilen, n>er mit ben Verfaffern ber biblifc^en ©efc^tc^t«büc^er unb mit
60 ber ßirdje al« einer i^ren ©runb unb Seftanb auf tounberbare Saaten ©otte« pirüd*
fü^renben ©emeinfe^aft ben fupranaturaliftifc^en ©tanbpunft teilt. Sr totrb nid^t jebe
©efc^ic^t«erjä^lung, ioelc^e bon einem SBunber berietet, be«^alb für ein ©ebttbe ber Sage
anfe^en, nur infofern fi<$ in {ebem eimelnen %aü ba« SRec^t ber Jlritif toabren, al« baS
Ver^ältni«, in meinem etioa« Überlieferte« ju anberm aud^ Überlieferten ße$t, berarttg
66 fein fann, bafe bie gcfc^ic^tlic^e aBirflic^feit jloeifel^aft h)irb. gm borüegenben gaDe nun
toirb er an ber SBirflicfyfeit ber erjagten Sortommniffe barum feftyalten, h>eil mit ber
Seft^na^me Kanaan« bie ©otte«tyaten ibren Slbfc^lu^ finben, bur$ toeld^e bie 9laty
fommenfd&aft äbra^am« ju einem fclbftftänbigen Softe unter ben 9ßeltt>5ltern hxwb.
sJäcfyt aümäWig ift fte ba^u ertoac^fen, nirf)t burc^ eigenen @ntfc^lu^ unb in eigener
60 Kraft e« geworben. 9Bie ^«rael« Urfprung ft$ unterfc^eibet bon bem 9Berben aller an«
3fof«a, Stuf) ftofna, ©ofjn 9*nn« 393
beren Söttet, fo auc$ bic 2lrt unb 2Peife, toic e« jur 3lu«geftaltung feinet 3Solf«tum«
aefontmen ift. 3)urc$ ©otte« X^at ift e« au« $gty)ten erlöft Sorben ; burefc ©otte« %$>at
|at e* ba* ©efefc feinet ©emeinleben« empfangen ; burety ©otte« %t)at tft e« in {ein £anb
eingcpflaiqt toorben. ©a| übrigen« ba« SBunber be« ©onnenftiHftanbe«, ba« ber ©r*
ja^ler 10, 13* mit einer SMtyerfteße be« ^971 -55? belegt unb bann 38. 13b. 14 in ®e* 5
Wtyäprofa au«fl>ri($t, !eme«toeg« monftrö« ift, fofern xxsofuae SBort lebiglicfy auf an«
bauernbe Sage«* unb SRad&t&efle afotoeeft, barüber Dgl. b. f. Slrtifel ©. 395, 4.
3Ba3 enbli$ bie ©teilen betrifft, toelcfye bie 9333. 3°f un*> 9K gemeinfam fyaben, fo
fcfceinen 9tt2, 6— 9; 3,3 au« 3of 24, 28—31; 13, 2—6 $u ftantmen; hingegen SRi 1,
10—15 = 3of 15, 14—19; 1, 21 = x>f 15, 63; 1, 27b. 28 = $of 17, 12—13; 10
3Ji 1,29 = 3of 16, 10 unabhängig Don einanber au« bem jefyoDiftifcfyen SBucfye entnommen
»u fein.
SXe LXX tyaben am ©tfclufe be« 93u$e« einen langen, teil« apotfyptyxx, teil« au«
bem 9fi<$terbu$ fompilierten 3ufa£ ^^ 3n&alt$, ^afe ^*e ^s«raeliten $u jener Seit bie
Sunbeälabe um^ertrugen ; baft ^inefya« feinem Sater (Sleafar im *ßrieftertum folgte unb 16
bei feinem lobe im ©rabe feine« Sater« beftattet fturbe; bajj 3«rael bie ©ötter ber
Soffer ring«um$er t>eref?rt unb bon ©Ott in bie §änbe be« 3Woabiterfönig« Sglon ba^in*
gegeben tourbe, ber e« 18 3a&re be^errfdfrte (3ti 3, 14).
Shifter bem lanoniföen Sudfj 3°fua flk&t & unte* biefem 9tamen eine famaritaniföe
©front!, freiere aber ftarfe 3lbtoei<§ungen unb Erweiterungen ber ursprünglichen ©efcfyicfyte 20
enthalt: Chron. Samarit. ed. Juynboll, Lugd. Bat. 1848. 80W.
3*fn*, ©ol)n 9?tttt«. Sitteratur: 1. ®te betr.?lbfct)nttte bei Gumlb (®ef#. be« SJolfe«
3*rael) fcengftcnbevg (OJcfcft. be« JRei*e« ©otte« unter bem alten 93unbe), 2Bebev unb .fcolfc*
mann (fcefd). be« $olfe« 3«rael u. ber ©ntfte^ung be« Gbrifientum«), £Wfl (©efdjidrte be«
«otte« 3«rael), ÄiWcr (2ef)rbud) ber bibl. ©cf*. 911«), ©einerfe (©efd). be« SBolfeö 3«r.), 25
&eHfcufen ($rofegotnena jur ©efd). 3«r. unb Slbrifj ber ©efdndjte 3«rael« unb 3uba« in:
Sfiuen u. Vorarbeiten 1.$eft), Stabe (©cid), be« Solfe« 3«raei 1. 8b), 3Reu& (GJefd). ber
W- 6*riften «$«), Äittel (®efd). ber ©ebräer 1. $albbanb), moftermann, (®efd). b. 33.3«r.).
Ointfler ((Befd). b. V. 3- in teinflelbarftellungen), $icpenbrinfl (Histoirc du peuple d'Isr.), ©utfoe
(»ef<bi*te be« »ol!e« 3«r.) £öt)v (®efd)id)te be« «olfe« 3«v. in ad)t Sorträflen baröefteüt.) jjo
2. 9nbrea« ^Rafiu«, Joeuae imperatoris historia illustrata atque explicata, 9lnttuerpen 1574;
2ut\dKr, De bello ab Israclitis in Can. illato, Gen. 18 IT); 3- •&• ©tfibelin, (Sroberunfl unb
Verteilung be« fianbe« burd) Sofua, 3:i)8t^ 1849, 394 ff.; 3. Socfcl, 3)ie ©roberunfl be«
W. £anbcft, Öleiw. 1870; fi 9?ein!e, Sciträc*e 1. 271 ff.; 3. 3u 3of. 10. 12ff.: 8teubel# 5^er
6tiHftanb ber 6onne auf Sofua« ©efjetfc, 2üb. 8tf*r. f. Ift. 1833, 1, 6. 126 ff.; SBctgle, 35
lieber 3of. 10, 7-15, ebenba 1834, 4, 6. 101 f.; ÖJ. fj. ©. ©olb, 3)tc fHUftcbenbe @onue
ja ©ibfon, »erlin 1833; göcfler. ßopcrnüu«, ober $toleinäu« Sem. be« ©laubeu« 1868,
248 ff.; «. «ogel, ©onnc, ftebe ftiü ju ©tbeon, Berlin 1869 ; 33on ©ilgol bt« Vlfefa unb
WnWeba, 8l5:bft 1873, 1ff.; Sofno« ©cfetjl an bic 6onne ebenba 1874, 600 f.; Gfjriftlieb,
Dtobeme 3n>eifel, 370ff.; ^enöftenberg, ©ef*. II, 231 ff 40
3ofua, ber ©o^n 9tun« au« bem Stamme ep^raim (1 G^r 8, 25-27, bgl. 9tu
1, 10X urftyr. re^n b. i. SRettung, \p äter bon 3Kofc rc'w b. i. 3a^öc ift SHettung (9Je^
H, 17 k>erfttr)t )u F& ; ebenfo bei ben LXX unb im 31% 'Irjoovg) genannt — eine Unv
nenramg, tode^e nac^ bem Wortlaut t>on 9?u 13, 16 ni$t nafy ^ofua^ ©ieg über 9lmalet,
ionbern nur bei ©elegen^eit ber 3lu«fenbung ber Jtunbfd^after üon Jlabefc^ S3arnea au« 45
ßattgefunben ^aben !ann — tuar ber Wiener unb ©c^ilfe Wofe« (Sj 24, 13 ; 33, 11
wib ftbxrc laut 3lu 11,28 Don feiner 3üngling«&eit, feiner 3u9cni) ön O^T2?")/ alfo fc^on
bor 3Rofc* Muc^t nac^ SRibian ju ifym in biefe« SSer^ältni« getreten unb bann toafyr*
fämtid) and) fem ©efetyrte auf biefer S111^^. Sil« folgen ftettte i^n sJ)iofe anlä&li<$ be«
er^ai fcinbli^en Singriff«, melden ba« au« Äg^ten befreite 3«rael burc^ ämalef erfuhr, w
an bie ©J>fre be« Äam^fe« (®j 17, 9—13) bei SWa^ibim; al« folget toar er mit 2)lofe
auf bem 6mai (6? 24, 13). @r befanb ftc^ unter ber #atyl ber 3mölfe, meiere al«
ftunbf^after ton Äabef^i Skrnea au« ba« ffl 2anb burcfytoanbertcn ; unb er unb Äaleb
aöetn ftnrac^en bei i^rer Stücffefyr im Söiberf^ruc^ gegen ben Älemglauben i^rer ©efä^rten
bem Sötte 9Rut ein, im Vertrauen auf 3atyöe ben Äampf mit ben flanaanttern aufju* 66
nehmen, toed^alb benn aud) er unb Kaleb bie einzigen n>aren, meiere Don allen Männern,
We cx&$Qtoptm gejogen toaren, in ber SBüfte am tfeben erhalten blieben (??u 14,30—38).
9uf 9cf$l 3af?t>e« befteOte i^n 3}iofe 311 feinem 9)a$folger unb betraute ifyn mit ber
Aufgabe, ba« Solf über ben %oxban ju führen unb in ben Sefi^ be« tyl. 2anbe« ju
fefen (3lu 27, 18—23). 9?ac^bem bie bon 3ofua bon 6c^ittim au« in ba« äöeftjorbam eo
394 3oftta, Solju 92und
lanb getieften Äunbföafter, toelctye m 3S*ric$o im $<*ufe ber Sta&ab ©$ufe unb Sergung
fanben, mit ber 9ta$ri$t Don ber (Entmutigung ber ßanaaniter jurücfge!e$rt froren, tyiefc
er ba« SSoIf ftcty bereit galten, um binnen brei Sägen ben %lv^ ju überträten, bie
Stämme SRuben, ©ab unb £albmanaffe, bencn bereits im Dftjorbanlanb ifyc (Srbbefty tu*
6 gefarocfyen toar, ermafynenb, eingeben! ber übernommenen Verpflichtung ifyct ©ruber bei
ber (Sroberung be« Ver&cifeungelanbe« ju unterftüfcen (3jof 1, 10—18; 2, 1—24). 8tm
10. läge bc« 1. 3Wonat« be« 41. gafyre« nacfy bem 8lu«$ug au« Sgbpten jog Sfjnul
bur$ ben gorban in gleicher Seife, n>ie beim 3tu«$ug au« $g$>ten burcfc ba« rote SReer,
ba« ficfy ^attc teilen muffen, um ifym ben 2Beg au« bem Sanbe ber ftne$tf$aft in ba«
10 ber Verjüng }u bahnen. 3Jlan tyat gejagt, $ofua toerbe bie gurten benufct tyaben,
meiere ber 3orban an einzelnen ©teilen ju günftiger 3jaljre«jeit biete, aber bann toar bie
Stelle be« Übergangs bie aHerungünftigftc unb ungünftig boflenb« bie 3ja^re«jeit. 1 6$r
12, 15 finben toir aBerbing« ein Veifaiel, bafj ifyrer ctltc^e in berfelben 3a$re«jeit aber
ben 3>orban fötoammen; aber e« toirb bie« al« Vetftnel unerhörter Jtttyn^eit berietet
15 S)enn *u biefer 3eit füllt ber ^orban alle feine Ufer, ba bie SBaffer avß bem ©ebtrge
tyn anfötoeHen. 35af$ e« ftety eben bamal« fo behielt, toirb 3of 3, 15 au£brüdli$ an*
gemerft. ß« fann alfo leine Siebe bon gurten fein, toelcfye Sofua benufct ^ätte. SBerai
hnrflicfy bort unb $u biefer 3jafyre«$eit ein Übergang ftattgefunben ffat, bann inuft bem
am ©c&ilfmeer ©efäetyenen ä^nlid^ed ftcfy rcueberfyolt ^aben. ©a« SEBaffer be« retfeenben
20 Muffe« Pöute fidj — fo lef en toir — in bem 3Roment, al« bie Präger ber $L 2aoe ben
yorban berührten, nörblicfy bon Slbam (toa^rfd^eintt^ bie heutige gfurt 2)amtje, norböfUty
bon bem Vorgebirge 5tarn ©artabe), toä&renb bie SBaffer füblicfc Don Slbam in ba« tote
2Jteer abfloffen. äöenn, hrie ttloftermann meint, ein heftige« ©rbbeben @inbru$ ober
§ebung ber oberhalb be« genannten Vorgebirge befmblidjen %iäfy be« i^orbaittyrie«
26 berurfacfyte, burety nacfyfolgenbenVergrutfcfy ben glufelauf üerfe^te unb bem überfötoemmcnb
ausgetretenen ©trom erft na# geraumer 3eit erlaubte, toieber einen Slbfluft nac$ ©üben
ju pnben, fo lagen hierin bie natürlichen Sebingungen ju jener Slufftauung ber SEBaffer
unb 2rodfenlegung beS ^luffed. 3)af; bamalS bad 3orbantf)aI bon ber^eerenben (Srbftöfynt
^eimgefud^t toax, betoeift ber bon ber Urtunbe bem Übergang über ben Sorban in engfh
so jeitli^c 3iä^c gerürfte (Sinfturj ber TOauern Seric^oS. ^ur Srinnerung an biefe tomnoer»
bare ^ügung errichtete S^fua an ber ©teße, too bie ^nefter toä^renb be« ©unfoußS be«
SBolfeS ftiße geftanben toaren, 12 ©teine, toelc^e bei niebrigem SBJafferftanb p^tbar tourben
(^of 4, 9) unb befahl, bafe je ein 9Jlann au« einem ber 12 ©tämme je einen ©tem bon
berfelben ©teile be^ ^orbanä an ba« meftlic^e Ufer mitnehmen fofle uir @rric^tung eine«
86 SJenfmalS (4, 1—8 ; 20, 24), beffen ©tätte ©ilgal (ba« heutige lett Sbielbjul, eineStunbe
bom Sorban unb cbenf o toeit bon Sencfyo entfernt ; f. 9Jlitteil. u. ÜRacfyr. be« beutfe^en ^Jaläffina«
Verein« 1899 5Wr. 6 ©. 97 f.) genannt tourbe (8, 9). ©ort, too ba« Heerlager SÄaete
für längere Seit berblieb, tyatte Sofua auf ©otte« Sefe^l an ben in ber 2Büfte ©eblte
benen bie Sefc^neibung nac^ju^olen (5, 2—8), um bann jur befthnmten 3^ ^* ^fM
40 feiern ju fönnen.
2)ie3ufage, toeld^e bem ^ofua ftmrbe, baft^be al« ^rer be« Ärieg«$eere*, todd^e«
nun fein ^Jolf geworben h>ar, i^m ^ilfreic^ gegenwärtig fem toofle, betoä^rte fic^ in bem
ftatlc Seric^o«, be« ©c^lüffel« be« ßanbe«, beffen SKauern ein ©rbbeben mebedegte
(5, 13—15. Ä. 6). an ber ©tabt tourbe ber Sann bolhogen unb nurSla^ab mit tyrer
46 bäterlic^en ^amilie berfc^ont. Slac^bem auc^ bie toegen Sld^an« ungefüllten, an ber Satte
$eri$o« begangenen 35iebfta^l« iuerft erfolglo« angegriffene ©tabt 8ti, ber ©$lüffd
^u bem Wtfti'ufy bon ben Ebenen ^erid^o« auffteigenben ©ebtrge (f. ÜRitteit u. 9bu^r. be«
beutföen ^Jaläftina^Verein« a. a. D. ©. 99 f.) gefallen h>ar, matten bie ©etoo^ner Mi
©ibeon bur$ liftige ßrfd^lei^ung ^rieben mit ^ofua (Ä. 7—9). Saut ber Slntoetfung
60 3)t 27 fyattt er, bon 9li in nörblic^er Stiftung jie^enb, auf ben Sergen 6bal unb ®ari«
jim ©egen unb ^luc^i berlünbigen laffen. äl« bann bie Könige ber fübfi$en jßälfte be«
)^anbe« ein Sünbni« f$loffen, um ©ibeon ju jüc^tigen, tourben fte bei 3Ralfe>a auf«
£aupt gef^lagcn. Von biefer ©c^lac^t Reifet e«, ba| toä^renb berfelben fu& üb« ba«
.^eer ber Äanaaniter ein heftige« ©etoittcr mit §agelfölag entlub (10, 11), unb ta| W,
66 al« ba« fernbliebe $«« bie %lufy ergriff, Jofua« Vegej^ren erfüllt ^abe, ba| bie ©oraie
lange genug fc^eine, um bie Jlieberlage be«felben boßftänbig toerben )u laffen (10, 12 ff-),
fo ba& ba« gefc^lagene £eer ftc^ nic^t toieber fammelte. Von ber $o<$ebene, auf toei^er
©ibeon liegt, erftreeft ftc^ ein %$al nad) Sljalon ^inab, toelc^e« bon ba iia$ (SInm in
bie ßbene berläuft. SQenn nun Sonnenlicht blieb, bi« bie. Verfolgung Äjalon erreichte, fo
6o genügte ba« 3Ronbli$t, um fte bi« in« glacfylanb fort)ufe|en, unb fo — fagt ber 0b
doftta, ©olpt 9tnttd 395
jö^Ier — fei e* getommcn, inbem er bie au* bent ^«^5 *£? entnommene 9la$ric$t
(10, 12—13») bi 18b unb 14 bafyin beutet, bafe bie ©onnc bi* in bic TOitte be*
§hnmel* innren getoitynlid&en Sauf eingehalten; Don ba an aber fo lange gebraust tyabe bi*
ju ifcem Untergange, afö fonfl tyr ganjer lageelauf toätyrte (ran cv2). 2ßenn ber (Ste
jfl&ler, tote totr boi# annehmen muffen, feine Quelle richtig Derftanben fyat, fo brausen 6
toir bantm nicfct an einen „toirflictyen ©tillftanb be* (Srbfötyer*" ju benfen, fonbern nur
an einen „opttföen ©onnenftiDftanb'' : ©oit erhielt „auf ba« ©ebet ^ofua* auf ftmnberbare
Seife in jenen ©egenben bie 3äge*tyeHe, fo bafj ^xatl nacfy bem Slugenfc&em meinen
mufcte, bie ©onne fei im $immel fielen geblieben". $atte fi$ ber ©ott 3*rael* ben
Jtanaanitern bur$ ba*, toa* an Sjericfyo gefcfyaty, al* ben ©ott ber @rbe unb am ^orban 10
aä ben $errn ber SBafferftröme ertoiefen, fo bur$ biefen SSorgang al* ben §errn aucfc
über Sonne unb STOonb, Jtanaan* fyöfyk ©ötter. Wafy SMfeba* (Srftürmung (10, 28)
toanbte fä 3*>fua ßcfl*1* «n* SWfc «nberer ©täbte ber nachmaligen ©tammgebiete Don
Ruba unb ©imeon, eroberte in*befonbere bie ©täbte Sibna, Safifcty, ©fllon, Hebron unb
$ebir, brang im ©üben bi* in bie ©egenb Don Jtabefcfy Sarnea, im SBeften bi* in bie 16
Don ©aja Dor, bie 3Jla<fyt ber Jtananiter in bem ganjen Sanbe jhrifd&en ©ibeon unb
Jtabefö ore$enb (10, 29 ff.). 3« einem britten gelb^ug beftegte er am ©ee SRerom (bem
heutigen 8a$r et^ule) bie Derbünbeten Könige ber 5Rorbfyälfte be* Sanbe*, fco $apx
(DteUekty ber heutige $ett §ajftr in ber ÜWittc jhriföen bem ©ee 2Kerom unb bem
Stittdmeer) ber 33orort toar. 20
9Bar btm$ biefe toucfctigen ©cfyläge binnen Weniger ^afyre (Dgl. 14, 7 mit v. 10)
ba* Sanb mit 9lu*na$me ber p^iliftäiföen unb ))^öni^if(^en Hüfte unterworfen, fo toar
e* bodj leine*h>eg* in allen feinen teilen Don Israel befefct. 9to# mehrere ^a^re nadb
Skenbtgung biefer Ärieg*jüge befanb ftc$ 3jofua in bem Sager Don ©ilgal mit bem SSolr,
jotoeit cd nic$t fc$on Dörfer auf ber Oftfeite be* $orban anjäffig getoorben ober teiltoeife 20
m bat eroberten ©täbten be* bie*fettigen Sanbe* ft$ niebergelaffen tyatte, unb betyerrfctyte
Don bort au* ba* Sanb (14, 6).
SDie Xudteilung be* Sanbe* an bie ©tämme, bie jtoeite Stufgabe, ber ^ofua nt ge-
nügen ffltk, begann no<$ in biefem Säger 14, 6. 3uerft gelangten $u änfäftigfeit
bie ©tämme ^uba, Qfytycaxm unb §albmanaffe, toa* [\d) ebenfo au$ bem ßa&len* »
Da$ältni*, in toelc^em ba* SSolf biefer ©tämme ju ben übrigen ftanb, al* au* tyrer be*
Donugten ©onberftellung erHärt. 9{ac^bem biefe i^re ®ebiet*tei(e in 93cfi$ genommen, braute
^ofua bie ^eilige Sabe unb ba* \jl. fylt Don ©ilgal nad? ©ilo im ©tamme Sp^raim
(18,1), too er Don ba an toofynte unb ba* Sßolf Dcrtoaltete. §ter na^m er bie Verteilung
be*Sanbe* Don neuem auf. Sie ©egenb, too bie no$ übrigen ©tämme tyren33efty finbcn 35
füllten, tantrbe bur^ ba* So* entf$ieben, ber Umfang jebe* ©ebiet* aber nad) Der 3a^I
be* ©tamme* au*gebe^nt unb Derteilt (Ä. 18 ff.), ^ofua felbft erhielt auf Wm au«*
brieflichen Sefe^l bie im ©tammgebiet @j>fyraim gelegene ©tabt I^imnat^ ©era^ jum
(hbgut (19,49. 50; 24, 30). 9tad) Donogener SanbDerteilung geftattete er ben 21/, oft*
joAantfcpen Stämmen, toeld^e i^rer $fltd^t genügt Ratten, bie SRücffc^r in bie ihnen be* 40
tot* jugettnefenen ofHorbanifc^en ©ebiete (22, 1—9). Sie Sirbett im ©rof*en War
burx^ t^n gefc^en. 98a* no^ übrig fear, um jum ruhigen 8eft^ be* Sanbe* ju ge*
knwen, tonnten unb foOten bie einzelnen ©tämme nachholen. 3m Vorgefühl feine* Xobe*
Denammdte er bie Oberften be* Volt*, fte ju DöQiger 3lu*rottung ber Jlanaaniter erma^
vtaäb unb Dor ber äkrbmbung mit tynen marnenb (Ä. 23). Sluf einem balb barauf &u* 45
{ammenberufenen allgemeinen Sanbtag ju Sichern nafym er älbfd^ieb Dom Solle, ba« er
auf feine (Erflärung yin, 3a^De Dienen ^u moQen, gur Beobachtung ber göttlichen ©a^ungen
Mpfltytete. ß^S^tt^wwfl ^aran entc^tete er bei ber Serebinttye, tocld^e „am Heiligtum
3a^MM ftanb, eine ©enlfäule unb na&m über ben ganzen SSorgang eine llrtunbc auf,
toeii^e bem <Befefebu$ beigefügt tourbe (24, 26—27). Sticht lange barauf ftarb er in 50
einem SDter Don 110 $af)tm unb tourbe in feinem (grbteil begraben (24, 29. :*0; 9li
2, 8. 9).
3n 3ofua finben toir unerf$ütterli$e ©lauben«)uDerftc^t unb Einblicken ©laubeu«*
jriorfam ©ott gegenüber gepaart mit DöHiger Unabl;äng!eit Don menfc^lic^em ^bun unb
Weinen (9ta 24, 1—10; 3jof 17, 14—18; 24, 15). $u biefen (Sigenf^aften fommen 55
)>erfdnli^e Zapferfett unb eine feltene ^elb^ermgrö&e. 2Bte 3Jtofe, fo erhält aud) er ba«
tyrenpefibifat eine* Anette* 3a^De* (24, 29 ; W\ 2, 8 Dgl. m. $t 34, 5). aber er n>iH
vUfi außer Serbmbung mit Wofc betrachtet fein, beffen eigenfte* SBerf er trieb unb &ur
SoOenbuna führte, ©en 9lamen 3«>fuaö finben mir fpäterjjin ertoä^nt bei ber lieber*
eibauung yeric^o*, 500 3^ ««? feinem Xobc, l SEg 16, 34; bei jenem Saub&üttcnfeft go
396 3oftta, ©ofjn «uns 3otl)öra
3le^8,17 unb Don ©te^anu« »©7,45; ferner §br4, 8. 3n Setreff ber angriffe auf
bie © l a u b tt> ü r b i gf ei t ber erjäfylung be« Suctye« ^ofua, feiner 2Bunberberic$te Dgl. b. D. 8.
(Sine intereffante aufeert«raelitifcfye Slottj über gofua« @efd&i<$te finbet fu£ bei $ro*
f oj>iu« unb ©uiba« ; f. Socfyart, Geogr. sacr. 520 ; gabriciu«, Cod. pseudepigraph. I,
5 889—894. 8bW.
ftotljam, nri-, LXX Ya>a#d/i, 1. jünafter ©o&n be« 3erubbaal (©ibeon), ber attein
bem Slutbab entrann, burcfy toelctye« fein £albbruber äbimeled& bie gamtlic ©ibeon« avfc
rottete. 9ia$bem er in feiner berühmten gfabel Don ben Säumen, bie einen Äönia fug-
ten, ben ©icfyemiten tyre 33jortyeit vorgehalten unb bie fc^Ihnmcn folgen iljre« Serrat«
io pro^e^eit fyattc, flolj er naefy einem ntcfyt netyer gu beftimmenben Orte Seer 3ti 9,5—21. 57.
2. $., ©otyn Uffia« unb ber Serufcba, einer $oc$ter gabofö, König Don 3uba (ögl.
Stner. »ibl. 3R.*» « I, 614f.; Stienfel, Si6el*fiej. III, 391 f. CHölbede) ; 9itet)in, $»»
I. 790 (Äicinert); fciuatb, ©efd). be« SSolfeS 3«r.sIII, 632 f. 660f.; @tabe, ©efrf>. b. S. 3*r.
I. 589; Stößer «efcrb. b. bibl. ©efeb. II, 2, ©. 357 ff.)
15 SRadfrbem 3otyam, 'Iam&äju (Ia)va#äv in Cod. B 2 £g 5, 5. 7. 32, [A, in S. 5, 32
'Icoa&dv ift tootyl nur ©dbreibfefyler]) bereits bei Sebjeiten feinet Sater«, ba berfelbe auSfäfetg
geworben, al« Sorfte^er be« $alafte« Stecht geferod&en tyatte (2 Äg 15, 5 ; 2 6$r 26, 21), beflteg
er ben I^ron im älter Don 25 %af)xtn unb regierte 16 3^jw 3«nif^w (759 bi« 43 nod? ber
fraktionellen SRccfynung, richtiger Dielleicfyt 740—736). 93ci ber befatmten Sertoirrung, in
20 ber fiety bie d&ronologifcfyen angaben be« Jtönig«bu$« in biefem Zeitraum beftnben, über*
gefyen hrir alle bie mc^r ober toeniger fünften Serfucfce, bie 3lnfti^rung eine« 20. $afytt$
be« Sotfyam (2% 15,30) ju erflären. 35ie ©etytoierigfeit toäctyft no<$, toenn fic£ au« ben
glcic^citigen affyriföen Quellen für bie Regierung be« Sjotyam unbSC&a« tmrflty nur ein
Seitraum Don 12 (ftatt 32 !)3afyren ergeben foHte. 2)ie immer toieber am näcfcften liegenbe
26 annähme, bafe bei ben 16 3j^rcn 3-$ Me 3e^ to* 3JKtregentf($aft eingeregnet fei, fyd
tfvax an 2 ftg 15, 5 (f. o.) einen Stnfyalt, entfpric^t jebocfy nid^t bem Haren SBortlaut
Don 2 Kg 15, 32. Son ben %hattn 3<>tfyam«, bem ba« 3eu8n^ e*ner P^1^ t$eofra=
tifc^en ©efmnung erteilt toirb, berietet ba« ftönig«bu<$ (15, 35) nur ben Sau, b. $.
2lu«bau ober Serfcfyönerung be« „oberen" 2*mt>eltyor«. 2Bie fic^ au« 3W 20# 2, too Don
so einem oberen Sknjaminätljor bie Siebe ift, unb beutlictyer au« @j 8, 3. 5, Dgl. mit 9, 2
unb 40, 38 ff. ergiebt, ift bamit ba« nörblictye 6ingang«t^or au« bem äußeren in ben inneren
SSor^of, ^unäd^ft bem Sranbotf eraltar, gemeint. 2)ie 5^ronif (II, 27, 3 ff.) berietet
aufeerbem, offenbar au« guter Quelle, bafe g. auc^ an ber D})^elmauer eifrig gebaut unb
@d;löjfcr unb I^ürme auf bem ©ebirge guba unb in ben SBälbern errietet fcabe; DgL
SB über ä^nlic^e Sauten feine« Sater« 2 Gfyr 26, 9 ff. Son ben friegerifd^en i^aten 3.«,
auf toelc^e 2 6^>r 27, 7 ^intoeift, h)irb (S. 4 ff.) nur ein Seifriel angeführt, nämltcfc bie
SejtDingung ber 3lmmoniter, bie bereit« bem Uffta tributpflichtig getoorben (2 Gfyc 26,8)
unb toatyrfd|emlid& erft nad^ bem Sobe be«felben lieber abgefallen toaren. Db ber fefyt b^
beutenbe Iribut, ben fic brei 3«^te lang an ftotyam entrichtet |aben fotten (100 latente ©Übet
40 unb je lOOOOftor Söeijen unb©erfte), al« ein fortlauf enber ga^re«tribut ju ben!en ift ober
al« nur auf brei ^afyre Der^ängt, läfet fic^ au« 2 6^r 27, 5 nic&t fieser entf^eiben.
Sielleicfyt aber fte^t biefer gelbjug in 3ufantm*nfan0 m^ ^m ©ffolgen, bie 3- "^ ber
Slnbeutung Don 1 6fyr 5, 17 a\x$ in bem ben Slmmonitern bena^barten iäraelttiföen
Dftjorbanlanb errungen batte, unb bamit fiele jugleid^ ein Sic^t auf bie toa^rc Seron*
46 laffung bc« f^rifd^-c^^raimitifc^en Sünbniffe« gegen 3"ba, ba« nac^ 2 Äg 15, 37 noc$ bei
Sebjetten S.« in SBirffamfeit trat. 5)ie Erbitterung ber 3«raeliten über bie burd^3ot^am
erlittenen &crluftc unb bie Seforgni« Dor einem Weiteren Umfic^greifen ber SD?ac$t 3uba«
traf gufammen mit ben planen ber ©Drer, bie nur in bem engten 3ufammenU(u^ Don
2)ama«fu«, ffiad unb 3u^a «nc ©cpu^iDe^r gegen bie immer brotyenberen wrtffiitte
bo äffur« erblidtten (Dgl. xVf 7, 6, toonai) Don ben Serbünbeten fogar ein fyrif<$er SafaD
für ben 2:^>ron 7suba« in 3lu«ftc^t genommen fd^eint). 3Me 3^Üage h>ar biefen $Unen
infofern günftig, al« Siglat^ ^ilefer Don äftyrien feit feiner 2^ronbefieigunfl (745) in
heftige Jtäint>fe im Dften Dertincfelt fear. 35od{i fc^eint e« unter 3<>t^am noÄ ntc^t ju
bebeutenberen ftäm^fen ge!ommen ju fein, ba^er in ber 6^rontf audj be« Sünbniffe«
66 gegen ^uba noc^ ntd^t gebaut mirb. Son ben $roj>§eten toirfte jur g^t 3-^ ^w ^m
3efa]a, unb bie Säuberungen be«felben 2, 5 ff. laffen nur ju beutlic^ erfennen, toie tro^
aller Slnl^äufung Don ©c^iä^en unb ltrteg«material, tro£ aller glänjenben Sauten unb
getoinnreic^cn Unternehmungen jur©ee auc^ ein ftürft, toie 3^t^am, ben inneren Serfall
be« 9iei$« nid^t ju fyemmen Dermo^t fyattt. Ä««#f^-
ftotfaimd 397
3»biann$, römifcr/er Äaifer 3>um 363 bis ftebruar 364. — $te tuidMigeren
Duellen: Ammianus Marceil. XXV; Eutropius, Brev. ; Aurel. Vict., Epit. ; Themistius,
Ormt. V; bie ftirdjcn^iftorifcr @otrate*, 3o*om., X&eoborct. ©Ui$elncS bei bcn öiuantineni.
$u üfll. Äbb6 be la 93leterie, Histoire de rempcreur Jovien, 9lmfterbam 1740; XtHemont,
Histoire des empereurs IV, 3. 263 ff. ; £. 9tid)ter, 2>a3 »ucftvömifcöc föeicb u. f. ».. ©eriin 5
1865, 3. 168 ff. (bürftig); #. 8djiacr. ©eföidjtc bcr römifdjen Äaifcr^eft, n, ©otfja 1887,
6. 344 ff. ; S3ict. edjutfe, ©ejcfcidjte bc« Unterganges be3 grted)ifdKönitjd)en $etbentum3, I,
3«ia 1887, 6. 176 ff.
glatotuä GlaubiuS SobianuS, barbarifcfyer £erfunft, geboren um 331 in ©ingibunüm
(Seigrab) afe 6or/n beä bur# militärifcf/e SEücr)tigfeit ausgezeichneten SomeS 33arronianu$, 10
bennär/lt mit Gr/arito, ber $ocr)ter be$ angefefyenen ©eneratö Sucittianuä, Gfyrift unb unter
Julian 35erf Übungen jum SlbfaH gegenüber ftanbtyaft (©ofr. III, 13 ; 2^eobor. IV, 1 :
Üufin. II, 1 : confessor), nar/m aU ^öfyerer Cffijier ber ^alafttruWen an bem ^erferjuge teil
unb tourbe in ben fritifcfyen Slugenblicfen nacfy bem Xobe Julians, nacfybem ber prätoriföe
$räfeft ©allufiiuä abgelehnt, auf Anregung einzelner in rafcf/em SBafylgange, toelcr/er ber 15
Majorität bie SRöglidjfeit ber ßrtoägung abfctymtt, am 27. 3>uni 363 bon ber Slrmee im
Angefügte beä geinbeS jum Äaifer getoäfylt. 3Die Styriftenfrage föeint babei feine Stoße ge*
fpicü ju fcaben. 35ic bei Äircrjenföriftftellern (©ofr. III, 22 ; ©030m. VI, 3 ; ^eobor.
IV, 1) beftimmt auftretenbe SRact/ric&t, ba& er unter §intoeie auf ben ©cgenfafc jtoifcfyen
feinem <$riftlic$en iBefenntniffe unb ber beibnifcf)cn Steligion be$ größeren leite ber Slrmee ao
Sebcnfen geltcnb gemalt I^abe, lägt ftcf) mit ©runb nicfyt in 3.^*^ 5^en; nur bie
Sinjetyeiten ber Überlieferung fmb ju beanftanben. Die mtlitäriföe unb bie politifcr/e
Sage, freiere ber SReugctoätylte borfanb, unb baneben SRüdfftc^tcn auf bie ©icfyerfteQung
feiner SBürbe gegenüber ettoaigen Ufutyationen im SBJeften führten ju einem unrühmlichen
grieben mit ben Verfem, in bem anfefynlid)e ©ebietc bc$ SieicfyeS, barunter bie ©tabt 25
9äftbi$, preisgegeben tourben. 3)ocfy mar bielleid&t ein anbercr Sluätoeg überhaupt nicf)t
md^r möglich 3ebenfatfe tourbe IJobian perfönlicf) für biefe ©cr/mact; beranttoortlicr; ge*
ma$t (bagegen richtig ©ofr. III, 22, toetyrenb 2$eobor. IV, 2 ben 2fyatbe[tanb ein-
fad? in fein ©egenteil berfefyrt). 3n 3(ntioc^ien entlub ftcfy ber ®roQ ber unruhigen,
leibcnfc^aftli^fen Sebölferung in bifftgen ^Jam^Ieten (groben bei ©uibaS 'loßiavog). bo
3n Xntoc^ien fanb ber junge Kaifer ©e(egen^eit, feine Stellung ju ben tirc^lid^en
unb t^»(ogif^en fragen unb 3^ftänben, tpelcpe auö ben arianifef/en Kämpfen unb ber
retigim^oUtiföen Sleftauration Julians ftc^> ergeben Ratten, öffentlich jum Slu^bnicf ju
bringen. Umtoorben bon ben graftionen (©ofr. III, 24), erflärte er fi$ unumn^unben
für bie nieäntf^e Partei unb i^ren gü^rer Slt^anaftuS. ^n einem Schreiben f orberte er 85
bkfen, ben „gottgeliebten", „gottätynlidjen" 5)iann, ber ba« ©teuemiber be$ ort^obojen
Olaubend in feiner §anb bält, auf, feinen Sifc^of^ in 2Ucjanbrien toieber einzunehmen
unb im (Sebete ber taiferlicpen 3Jlajeftät gu gebenfen (Äthan, opp. ed. Bened. 1698, 1, 2,
p. 779). SU^anaftuS felbft fucf)te ben Jtaifer in älntioc^ten auf (vita aeeph., bgl. ben
X. Sriantömud 9b I, ©. 40) unb fam bem 33efc^le be£ Jlaiferd, neue f$rift(i$e 3)ar= 40
(cgungen ber redeten Se^re einjufenben, im @tnt>emd?mm mit einer äg^tifc^en ©t>nobe
nad^ (Xt^an. a. a. 0. ©. 780). äöieber^olte 33erfu^e bcr Slrianer, baS Vertrauen S°5
biand in SU^anafiu* ju erf^üttem, mißlangen (bie ^rotofoQe 2Itfmn. a. a. D. ©. 782 f.
unb ^J^tloft VIII, 6). Umfonft bemühten fic^ auef) bie SWacebonianer, eine©unfterloetfung bom
Statfer )U erlangen, (©ofr. III, 25). 2lnbcrerfeit$ boHiog fic^ in Slntiod^icn unter Jüfc 40
rang bed bei bem ^errje^cr angcfc^cncn 33ifdj>ofS 3)celetiu^ auf ©runb ber gormel
Sfiotog xax* ovoiav eine bebeutfame ätnnä^crung ber ©egenpartei an bie 3Rtcäncr (©ofr.
III, 25; 2Ranfi III, 370 f.).
(Ed läfy [\d) ntd^t berfennen, bafe bie Stutorität beS jtaiferä auf ben ©ang ber .cfjrifto»
logif<^en Römpfe birett ober inbireft einen geftiffen (Sinflufe geübt fyat, boc^ bat ^obian 60
jeben getoaltfamen @ingriff in bie ßnthridfelung bermieben unb aus feiner Abneigung
bagegen fein^e^l gemalt (fein3lu^ruc^: jundevl dx^gog rcov omooovv moxevovxcov
foeadtu ©ofr. III, 25; baui IbcmifttuS, Orat. V). "§icr ^örtc ßonftantiuS, in bem
a fehl Sarbilb fanb, auf, für ipn mafegebenb ju fein. 2)icfelbe Haltung beobachtete er
gegenüber bem ^eQenidmuS. $ie SBieber^erfteUung bee 3uftant>^ bor Julian War felbft 66
berftdnblic^ ba* R\A feiner Sleligion^poütif unb mag in ber §auptfa$e in ben ftenigen
Winakn feiner Tcegierung erreicht toorben fein, fo ba^ $i?Uoftorgiuä VI II, 5 mit Stecht
fagen (onnte: Qobianu^) xbv Aq%cuov xoojliov äjioxa&iorijai mTg £xxXr}oiais Tidotjg
atVd? dnaiidfas btrjoeiag, Sorjv avralg 6 äjTOordn^ birjveyxer. ©tymbolifcr; ioied
barauf Ijin baö im ^eereebanner unb auf 9)iün)en toieber erfc^einenbc Sonogramm G^rtfti oo
398 dotfattttd Sotfttiaira*
(Soweit, M6d. imp6r. VI). 3)ic Verbannten Sifcfyöfe festen jurüd, bie Sonette ber
Äu$e unb tyrer ^eiligen ©tänbe — Älerifer, SBittoen, Jungfrauen — tourben reftituiert,
bie innegehaltenen ©etreibelieferungen be$ ©taateä triebet ausgeführt (©oft:. III, 24 ;
©ojom. VI, 3 ; 2^eobor. IV, 4). 3)er GomeS 3Ragnu3, ber fidji an ber Ämfcnbebrütf ung
6 in frevelhafter 2Beife beteiligt ^atte, entging faum ber £obe$ftrafe (3$eobor. IV, 22). 9Ktt
Vorgängen auä ber 3eit ber Igulianifcfyen SReftauration l&ängt o^ne 3toe*fel au<$ eine
Jtonftitution jufammen, freiere bie SSerefyelicfyung mit einer getoetyten Jungfrau ober
3Bittoc, aud) im $aUe ber 3uftimmung biefer, unter lobeSftrafe [teilt unb bie au£ biefer
SBerbinbung (contubernium) ^erfcorge^enben Jtinber für erbunfätyig erflärt (Cod. Theod.
10 IX, 25, 2). dagegen ift ba$, toaä ©uibaS (a. a. D.) über bie Störung eine« m eine
9ibliottye! fcertoanbelten Tempels in SRifibte ni erjäfylen toeifc (toobei übrigen* ber Jtaiferin
bie Anregung $ugef$rieben toirb), %abtl SBenn bemnaety bie SRcligionSpolitit Vornan*
bie 2BiebertyerfteHung ber früheren Sage ber Jtir$e unb be$ ßfyriftentumS al$ fefleS 3^
behauptete, fo ging boefy baneben bem §eibentum gegenüber eine Xolerang, freiere auf
16 biefer ©eite banfbar aner!annt tourbe (2^emift. a. a. D. ; anberd in t>ertmtnberli$er Um-
beutung ber Quellen ©filier ©. 347). 3- *W- 3U leerem 33ict. ©(^ulfte a. a. D.
2luf bem SBege von Slntiod^ien na$ Äonftantinopel übernahm ^ovian in Slnc^ra
mit feinem ©ofyne 33arronianuS, einem Äinbe, feierlich ba$ Äonfulat. Äurj barauf ereilte
Um in bem bit^niföen ©täbtctyeit 3)abaftana in ber 9ta$t Vom 16. bi3 17. ftefcruar
20 364 in einem Sllter von 33 ^ai)xm ber lob. 2)ie Urfactye tvar eine natürliche, ob*
toofyl bie Senate barüber Von einanber abtoeietyen (Amm. Marceil. XXV, 10 ; Eutrop.
Brev. 17). 35er 33erbac$t getoaltfamer Rötung (j. Ö. bei S^fyfoftomu* in epist. ad
Philipp, cap. 4 hom. 15, 5 ; neueftenS ©filier ©. 348) ift unbegrünbet. 5Die Sei^e
hmrbe in ftonftantinopel in ber 2fyoftelfircfye neben ben Äonftantinern beigefefet
25 3n ber Äirctyc empfanb man baS unverhoffte @nbe be3 mit großen Hoffnungen bc*
grüfeten äuguftuS afö einen föfoeren ©d^lag (©oft III, 26 ; 2$eobor.IV, 4; SRiiftn. II, 1 :
haec tarn pia et tarn beata prineipia mors immatura corrupit). SBotyl festen
il)m bie ©genfctyaften eines großen dürften, unb feine Silbung ging über ÜRtttlereS ntd^t
binauS (Amm. Marcell. : XXV, 10: medioeriter eruditus; boep Aurel. Vict. Epit.
ao c. 40 : literarum studiosus), aber bie getoiffentyafte Ausübung feinet 93eruf$, fein ®e*
rec^tigfeitefinn unb ein angeborenes freunblid&eS SBefen ertoarben tym bei Sänften unb
Reiben in fteigenbem SRafee Sichtung. 33orjügli($ ^ing tym bie Armee an (3$eobor.
IV, 5). £ie Von »mmianuS 9JtarcelltnuS an tym gerügten fittlu&en Mangel (XXV, 10:
edax et vino Venerique indulgens) feinen in ber %^at, toie jener erhoffte (quae
86 vitia imperiali vereeundia forsitan correxisset), feit feiner ©rfyebung )urü<Egetreten
ju fein. 35ie feltfame Stotij bed (SutropiuS Brev. c. 18 : benignitate prineipum, qui
ei successerunt (93alenS unb SSalentinian), inter divos relatus est, ift enth>^et
falfc^ ober fo gu ertlären, bafe bie s2tpotfyeoje ein blo^ed SeremonieQ o^ne ben früheren
^n^alt geworben tvar. ^jovian ^interlie^ eine ®attin unb ben Vorbin genannten ©o&n,
40 tvelc^em, um i^n regierungeunfä^ig 311 machen, ein Sluge au^geftoc^en tmirbe (fo 6^
foftomu^ a. a. D.). »ictff 64nl«e*
3ovintanuö, römifcfyer Ääretifer in ber jtoeiten Äälfte bc« 4. 3a^r^. geft. bor 406.—
üuellen: Hieronymi lib. II adversus Jovinianum ed. Vallarei II, 238—384; Hierooymi
epistola 48 unb 49 ad Pammachium ed. Vallarei I, 212 ff. ; Hieronymi epistola 50 ad
45 Domnionem ed. Vallarei I, 230 ff.; Augustini lib. de haeresibus c. 82 ed. Maur. VTII,
24 ff.; Siricii papae epistola 2 ad diversos episcopos, Maosi III, 663 ff.; Ambro«! ep. 8
ad Siricium, Coustant. ep. pont. Rom. I, 609 ff.; Ambrosii ep. 83 ad Vercelleneee, Balle-
rini V, 554 ff. — Sitterotur: ©. ©. öinbner, De Joviniano et Vigüantio poriora doc-
trinae quarto et quinto saeculo antesignanis, ^tffertatton, fieip^tg 1839; St. vfin(. 3ooi«
so nian in $tperd eoangelifdjem ^alenber 1858, ©. 89—96 unb in Seugen ber tBafyrfctt II,
133 ff.; C. Bödier, $)icront)mu§ 1865, ©. 194 ff ; H. ^icn^, St Jerome, 1875, 6. 143ff.;
©agenmann, $(. 3oi>inianu§ in dt& VII, 127-29, 1880; fl. ^amad, Die Se^re Don ber
©cligfeit oüein burd) ben Ölauben %Zt)® II, 138—154, 1891; 9B. ßafler, 3ooinianu*f %k
Fragmente feiner ©djriftcn, bie OueUen ju feiner ©efd)id)te, fein fieben unb feine fie^re,
66 Öei^ig 1897 (bort aud) OüaftÄnbige giifammenfteHung ber gefamten Riteren fittteratur).
SSon bem Seben 3^i«iön^ toiffen toir lüenig Sicheres. Sd ift eine unbegrünbete
Vermutung bed Saroniu^ (Ann. eccl. ad ann. 382 § 30, 31), bie S$töbl im Sfat^en*
lejifon 'VI, 1903 toieber aufgenommen fyat, ba^ 3o^n'an ai1^ t*™ Älofter beSXmba»*
ftuö in 3Railanb hervorgegangen ift. 3lad) bem ^«^te 385 trat er in 9lom öffentli^ unb
^obhtutmtS 399
Gtterarifö gegen bie Ueberfööfcung be« efyelofen unb aäfetifcfyen geben« auf, bie bur#
ba« au« bem Orient ftammenbe unb im äbenblanb ftcfy immer me^r embürgernbe W6nfy
tum Verbreitet toar. 3)iefer 3eityunft $ ^urc^ ^m 333^0öanÖ **>& $ierontymu« nad) $a=
l&ßina gegeben, ba tyn §ierontymu« nic&t ^crfönlic^ in Sftom fennen gelernt tyatte. Vor
biefa 3eit ^atte er im ßölibat al« ftrenger 2l«fet gelebt, in fc^lccbtcftcr Äleibuna, in 5
ftottiger Zunita, fötoarjem §emb unb barfufe toar er eingegangen unb tyatte fic^ nur
mm ©rot unb SBajfer genährt. 9Jlit feinem öffentlichen auftreten milberte er fein a«*
iettfe^ed Seben — Die« bürfen tohr ben fraffen 2lu«füfyrungen be« §ierontymu«, ber ifyn in
feinet {pateren 3eit aU römifefcen Sturer unb 2öollüftling, al« d&riftlictyen ßpifur unb
fßrebiger ftnnlictyer fiuft fcfcilbert, glauben — er erlaubte fug ben ©enujj fcon ^leiföfpeifen, 10
trug beffere Äleibung, befugte bie Säber unb fcfylofe ftc^ feor allem nic^t Don bem Verfefyr
mit Solingen ul* Sfauen ab. ©erabe ber leiste Sßunft mar ben Orientalen 9Rön$en,
Me auf fhengfte Älaufur brangen, befonber« anftöfeig. 2)abci blieb er aber naefy toie bor
$do* unb bie« getoifi ni$t, toeil bie bamalige flirre ben 33ru$ be« 9Rönc$«geIübbe« al«
furchtbaren gret>el beurteilte (gegen |>aHer ©. 123), fonbern toett er biefe £ebcn«form für 15
fk^ ate 4rifui$ geboten erachtete. 6r lebte ganj naefy ber SBeife ber bormöncfyifd&en,
abenblanbtfctyen ä«feten, unb fo bürfen toir tyn al« einen Vertreter be« alten 2l«feten*
{famfee* betrauten, ber gegen bie neuen unb toerfd&ärften a«fetif#en formen be« orien*
taltfcfcn 3Rftn$tum« in Korn einen fcerjtoeifeltcn Stampf fämpft. 35abei gelangte er ju
prinzipiellen Aufteilungen, bie mit feit lange in ber Rird;e geteilten 2lnfc£auungen in Stoiber« 20
\ptud} ftanben. 2)ajj toir e« mit einer burcfyau« ad&tung«toerten unb unanftöfjigen $er=
fönlutyteii }u tyun tyaben unb fein fanatifc&er ©egner §icrontymu« un« ein ßerrbilb fcon
ifrn enttoorfen tyd, ge^tbarau« fyertoor, bafe 3luguftin unb feine anberen ©egner nicfyt«
Ungünfttge« über feinen 2eben«toanbel ju berieten toiffen unb feine großen Erfolge in
Äom boep mit auf bie SBtrfung (einer ^erfönlid&feit ju fefeen finb. 2)er ßrfolg feiner 25
Agitation gegen ba$ "DJtönc^tum toar, bajj t>ielc Männer unb grauen fogar in fyöfyerem
Sttcr ba« etyelofe geben aufgaben. Unter ben Sßrieftern fanb er nad) 3luguftin leinen
Anfang. Sa« amtliche Schreiben be« Siriciu« nennt 8 feiner Sln^änger, bie tym al«
ministri praedioantes jur Seite ftanben, beren tarnen aber fonft unbetannt fmb. 2)afj
W vj^tn au$ leichtfertige Naturen anfc^loffen, bie in tym einen Vertreter la^er $riftlid?er 90
Stttlu^fett iaben, ift bem §ierontymu3 it)obl ^u glauben. 3)er römifc^e Sifc^of @iriciud
fa^ ft$ auf Denunziation ber mönc^ifc^en «reife Stoma belogen, ben 2iot)inian unb feine
Anhänger auf einer römifc^en ®^no\>^ im %al)xt 390 ju ejfommunijieren unb ben au^
tpärtigen Sifc^öfen, inöbefonbere bem Slmbroftu^ t>on sHJatlanb babon Mitteilung ju
machen (Siricii ep. 2 ad diversos episcopos). Sei biefer Verurteilung fyatte U>o^l 35
t»r allen ber einflußreiche 2Rönc^ unb frühere Senator $ammacfyiu$, ein ergebener greunb
bed ^tcroitymuS, mttgetoirlt. S)a^ot)inian ftc^ mit feinen treueften ätn^ängern nac^Wai*
bmb begeben fyitte, fo beeilte ftdj> 2lmbroftu$ 391 eine ©t^nobe in SKailanb ju galten,
bie glei^fadd bie (Sgtommunifation über ^somnian au^fprac^ (Ambrosii ep. 8 ad Siri-
dam, papam). SDte Annahme $aQerd (6. 126), toimafy ein @bih be3 Äaifcrö Xbco= 40
boftud toom 17. Sunt 389, baö bie Vertreibung ber 3Ranid)äer Verfügte, 3omnian jum
Seriaffen Storni beranla^t ^abe, unb n>onac^ ^oDintan in 3Railanb beim Haifer gegen bie
Äntoenbung biefed @bi!ted auf feine Stn^änger borfteDig ju Serben beabftc^tigte, läfct ftd^
mc^t betoeifen unb ift auc^ menig toa^rfc^etnlic^. sJlac^ ber Verurteilung be$ '^oöinian
att£dretiter förieb §ieron^mu«um 392 auf Veranlaffung feiner römifc^en greunbe, bie i^m 45
bie Schriften 3ot)inian« nac^ ©et^lc^em getieft b^ten, feine jtoei Sucher gegen Soüinian,
f. 8b VIII ©.49, 4s ff. 3)a biefe aber felbft bem ^5ammac^iu« unbDomnio ;u ftarf pole*
wäjA toaren, toerfuc^te §ierontymu$ ben ^ä^ic^en @inbruct feiner ©cfyrift abjufdbtDäc^en, o^ne
fac^ljc^ nachzugeben (ep. 48, 49 u. 50). ^n Vtailanb lebte ber ©treit no$ einmal lieber auf.
3toei SWnc^e ©armatio unb Sarbatian, älnge^örige be^ Don Slmbrofiuö geftifteten Älofter«, so
Ratten tyrilloßer berlaffen unb mürben, atö fie ba^in jurüdttebren moQten, uon Jlmbroftu^
abgetmefen. ©ie gingen nacb VerceUi unb fammelten bort äln^änger. älmbroftu^ fc^rieb
bed^alb an bie bortige ©emeinbe, um fte ttor ben fyäretifcfycn fielen ^oüiniand, bie bie
beiben 3Rön<i}t bertraten, ju toarnen (Ambrosii ep. 83 ad Vercellenses). Sluguftin
f^rieb gegen bie ^^^^^e $ärefte bie Schrift de bono conjugali, obne ^obinion 55
au^brücRid^ )u nennen. Sud ber ©d^rift be$ .^ieron^mud gegen Vigilantiud im ^atyre
406 erfahren toir, ba63°binian bamald bereits geftorben toar (Hieron. adv Vigil. c. 1).
J)k näheren Umftönbe feine« lobe« fmb unbelannt. Gin bom ^a^re 412 batierte« @bift
bei Xaiferd X^eobofh^, ba« Xidemont (M^moires X, 733 ff.) auf ba« 3afyr 389 ^urücf=
datieren unb auf 3°binian bejie^en ftoHte, ^at tt»obl mit bem befannten ^äretiter nid^t« w
400 SobtmamiS
ju $un, jumal ba aucfy bei ber fd&toanfenben Überlieferung be« Sternen« 3°t>ianii* ober
3oVinianu« im (Sbift ftcfc nid&t« ©idpe« feftftetten läfct.
2Ba« bie Setyranfcfyauungen 3ovinian« betrifft, fo ftnb fte un« nur au« ben S$riften feiner
©egner befannt. 2)iefe tyaben un« atoar einige feiner 2$ejen n>örtli<^ überliefert, aber für ben
6 inneren ©ebanfemufammenfyang ftnb toir auf ^potyetifäe Jtonftruftionen gehriefen. 3)e«$alb
ftnb auefy bie Urteile ber proteftantifcfyen ©ele&rten Don ^laciu« (Centuriae Magdeburg. IV, 5
6. 381) bi« auf$arnadt unb §atter, bie in tym einen Sßroteftanten feiner Rät, ben tieften,
origineHften, burefy @ntfd^ieben^eit au«gejeicfyneten 2BaI?r£eit«jeugen be« Altertum« fe^en,
in bem ba« ec^t evangelifcfye unb proteftantijctye Sßrinjip am meiften hervortrete, nu$t mit
10 ©id&erfyeit unb in biefem Umfange feftgu^alten. ^ouiniaii (jattc f«n* Seiten in einer
©cfyrift, bie §ierontymu« commentarioli nennt, litterarifefy Vertreten, $afe biefe Schrift
Von ber conscriptio temeraria, Von ber ber römifcfye Stföof ©iriciu« ft>ri$t, )u unter*
f Reiben fei, tote Roller (©. 118) meint, ift toenig toafyrfdjietnlicty. #ierontymu« Verfpottet
ben ©ttl 3<>Vinian«, ber in ber %t)at naefy ben groben ju urteilen fdjtoerfäUig unb fötmfc
16 ftig toar. gür feine 2;fyefen fud&te govinian 3*uönifa &*& *>** ©$rift, aber au$ au& ba
profanen Sittcratur beijubringen. SDie Scfyren 3<>Viniand ftnb ade an bem 9Biberft>ru$
gegen ba« 2Röncfytum orientiert. 2Iu« bem ©riefe be« ©iriciu« ^ören toir von jtoei 3rr«
lehren ^oviniand, unb biefe flehten in ber %t)at bie Jternpuntte feiner 2etyranfc$auung
getoefen au fein. 3la<fy bem erften ©afc tyaben Jungfrauen, SBittoen unb Verheiratete, bie
20 auf ßfyrijtu« getauft ftnb, ba«jelbe Serbienft, toofern fte nicfyt fonft in tyren SBerfen ver*
{Rieben ftnb. $ür bie ©leic&toertigfeit be« etyelicfyen unb jungfräulid&en ©tanbeä tote« 3-
auf bie göttliche ßinfefcung ber ßtye in @en 1, 28 unb 2, 24 fyin. @r berief ft$ babei
auf bie @otte«männer be« alten Sunbe« unb auf ben Styoftel $etru«, bie in ber 6$e
gelebt fyaben. Slucfy empfehle ber 2lpoftel Sßaulu« im erften $imot$eu«brief auäbrüc&ty
25 bie 6fye. 3)ie$ fü^rt 3. ba$u für ba« SRec^t ber jtoetten unb britten Sere$eli$ung unb
für bie SRefonjiliation bußfertiger §urer einzutreten. 93eactyten«toert ift e« aber, ta$ 3-
ben Göltbat be« Jtleru« nicfyt befämpft ju gaben fcfyeint. — 2Bie bie Bevorzugung be«
jungfräulid&en ©tanbe« befämpfte 3. auefy bie Überffyäfeung be« haftend. 2)a« Raffen $
nafy ifym um nietyt« beffer, Verbienftlicfyer unb gottgefälliger al« ber ©enufe Von Steifen,
so ber mit $anffagung gefc^ie^t. @r lehnte ftc^ ^ier toörtlid^ an 1 %x 4, 4 an. ©Ott ^at
aHeöjum 35ienft ber 3Äenfd^en geje^affen. SBie ber SKenfc^ afö Seft^er unb Se^enf^a
ber üffielt unter ©Ott ftel;t, fo ftnb Stiere unb fangen gur 92a^rung unb Äleibung, über-
l^au^t jum ©ebrauc^ ber SKenfc^en gef Raffen. 6(?riftu$ felbft fyat an ber^^ett guÄana
teilgenommen unb bort nic^t gefaftet ober auc^ nur getoiffe ©peifen alö unrein juw&
35 getoiefen. 3ur 3)arftellung feine« Slute« fyat er im ^eiligen Slbenbma^l ntctyt bad z&ifier,
fonbern ben 2Bein getoä^It, unb auc^ $aulu« fyabz auf bem ©<^iffe Srot unb ntc^t Ra-
ftanten gegeffen unb bem magenleibenben 5imotyeu$ ben 9tat SBein )u trinfen gegeben.
SKit bem %a\ten a^men bie Gtyriften bie Reiben nac^, bie ^riefter ber Säbele unb 3fö
enthalten ftd^ be« Srote^ unb ber Serealien, unb bie $^t^agoräer be$ ^letfc^genuffed.
40 3n ^em mailänbifc^en ©^nobalbefc^eib bed Slmbrofiu« toerben bem So*""*1* nitf
tfvti weitere ^nle^ren beigelegt. 3* ^ugne bie unverlegte SSirgmttat ber SRaria unb
eine 33erfdjieben&eit in ber ^immltj^en Belohnung ber ©ered^ten. 3Rit ber Selämpfimg
be« loerbenben 35ogma« Von ber unVerlefclicfyen 35irginität ber2Raria, an bem bie3Rön$e
jur 3Serl;errlt(^ung be« ßöltbatä befonber« interefftert toaren, toollte 3- *>*n Stn^ängern
45 be^ 2Rön$tum3 einen fd^m erglimm ©c^lag Verfcften. 3* ^c^ ^a^ feft an ber junafräu*
liefen ©eburt ^eju, behauptete aber, ba^ ^taria burc^ ba« ©ebären aufgehört fysbt, §ung»
frau ju fein. @r bef^ulbtgte bie ©egner be« 9Jtantc^ät«mu« unb Sualiätnuä, ba bei
i^rer älnna^me von ber beftänbigen 3ungfraufc^aft ber 5Rarta ber Seib G^rifti fein toirf*
lieber, fonbern nur ein f$einbarer gemefen fei. — 911« eine tfonfequen) au« ber ©letc^*
60 fteQung ber 6l?e unb ber Sirginttät (d^etnt 3- ben ©a$ aufgefteOt )u ^aben, ben im«
§ierontymu« al« vierten überliefert fyat. 9lad^ 3- erhalten aide SBtebergeborenen, tod^e
i^re Xaufgnabe betoa^rt haben, glei$giltig ob fte im (Styeftanb ober al« 3ungfrauen ge>
lebt fyabcn, biefelbe Sergeltung im ^immelreid^. (S« giebt nur )h>ei Klaffen von 3Rcnf$en,
©ered)te unb ©ünber. ^ür biefe 3mcitcilung ber 3)tenfctoeit, bie Von Anfang an natfc
&6 loeiebar fei, beruft,, er ftc^ auf 9loa^ unb bie ©ünber, £ot unb bie ©obomiter, bie 3**
raeliten unb bie si(g^ter, bie ©c^afe unb bie 33öcfe, bie ©efegneten unb bie Skrflutyen
be« Sater«, auf bie ©let^niffe vom guten unb fcfylectyten Saum unb Von ben ttugen unb
t^öric^ten 3"«0frau^- 9t"4 ben 2Härttyrem erfennt 3- W«€ ^ityere Stufe in ber Selig*
fett ju. Ob einer in ber Verfolgung Verbrannt, erbroffelt ober enthauptet toirb, e« ftnb
00 Verriebene Slrten be« Kampfe«, aber e« giebt nur einen ©iege«franj. &u$ ben ©ntoanb
3o»utiaitttd 3mtäuS oon ßijon 401
tornn tricrfa$en SWerfelb, bon ben begebenen 2Bor)nungen im ßtmmel liefe er nicfyt
Sldten. Unb auf ben SBortourf, mfyalb ftc$ benn ber ©ered&te anftrenge, toenn e$ boc$
einen gortförüt gebe, antwortete er: er ttyue bteä ntef/t, um metyr ju berbienen, fonbern
um mq>t ju berlicren, toaS er fyat. 35ie Heiligung btent alfo jur Sctoafyrung be$©naben*
ßanbeS, m<$t -jur SKetyrung ber 33erbienftli<$feit unb ©eligteit. 35ie gute ©runbrietytung 5
ber Seele backte er fiep — er fnityfte fyier an 3jof;annetfcfyc ©cbanlen an — burety bie
ntyfttf<$e Smtoo^ramg ©otteä unb (Sfyrifti im Wenden beftimmt. 35ie toafyren ßfyriften
bilben miteinanber ein einiget SSolf, bie toatyre einige Sirene, bie bie 33raut, ©cfytoefter
unb SKuHer S&rifti tft.
S8on biefen ©ebanfen aus toirb auefy ber fünfte f<$rmerigfte ©aft 3.$ berjtänblicfy. 10
§ierr»rr/mu3 $at tyn ofe gleite 3*rfetyre beä 3. unb ämbroftuS als £e$re be3 ©armatio
unb Sarbattan befäntyft, 9(uguftin unb Julian Don (Sclanum traben ftcfy genauer mit
ü)m aufttnanbergefe^t (Aug. Op. imperf. contra Julianum lib. I c. 96 ff.). 3- be*
^ouptete nämlicp bte prinzipielle ©ünbloftgfeit ber äBiebergeborenen. 35ie, toelcfye mit
bollern ©(auben in ber SEaufe hriebergeboren ftnb, fönnen Dom Teufel nid&t ju $att ge- 15
btadfi toerben. Sin in ber Saufe SBiebergeborener fann nicfyt fünbigen, Wenn ein getaufter
ejpnft fallt, fo ift e$ ein 93ch>ci^# bafe er tein toafyrtyaft SBiebergeborener toar ; er fyat nur
bte SBaffertaufe unb mcfyt bie ©eifteStaufe tote ©imon 3Wagu3 in ber 2l}>oftelgefcfyicf/te
ergaben. 2Bie biefe Sßropofition bon 3. be$ näheren ausgeführt tourbe, bleibt im 2)unfeln.
ßterontymuS machte tyn auf ©runb btefeö ©afceä jum ©eifteeoertoanbten be$ s$elagiu$, 20
Julian bon (Sclanum jum ©eftnnungSgenoffen 2Iuguftin$, unb Slugufttn fefcte lieber 3°=
trinian m Sejietyung jum *Pelagiantemu$. G>rÄ$madjer.
3tc«fa*, Sifcfyof bonStyon, geft. na($ 190. — ausgaben feiner ©erfe: t>on(£ra3*
mu*, s6afeilö26; &euarbent (1575 unb 1576, oerbefferte Hauptaufgabe) : $ölnl596; ©rabe,
Eonbon 1702; SRaffuet, $ari$ 1710 ff. (nad) Äapiteln unb Paragraphen biefer 9lu3gabe nrirb, 25
wie üblid), $ier cttiert); Stieren, fieipjig 1853, 2 voll. ; £>an>en, ©ambribgc 1857, 2 voll. 3n
letterer VuSgabe ftnb juerft bie parallelen au8 #ippoli)tu« als (Srfafc be& Originale oer*
»ertet unb bie bid bafyin befannt gemorbenen ftrtfdjen unb armenifa^en Fragmente gefammelt
unb ftar! oerme^rt (vol. II, 431—469). 5)a$u tommt einiget 9?eue, aber nod) ber ®id)iung
9ebfirfttge bei SRöfinger, Monum. syr. II (ltf78) p. 8, tat. Jeil p. 10 unb bei Sßitra, Ana- 30
lecto IV (1883, bearbeitet oon Martin) p. 17-35. 292-305. ©elbft bie grieeftifdjen grag^
mente ftnb nod) bei roeitem nic^t Doüftänbig in bie bidt)rrigen ausgaben aufgenommen. $gl.
S-». ^itra, Anal. II, 194 ff. 202 (Er. 2 = Frg.VI tat. bei Stieren p 828; fcaroenp. 478);
p. 204 Ar. 4 ; $apabopulo3 Äerameu«, Anal. Hierosol. I, 387—389. baju ^auöletter, 8tf*v.
f. Äirc^engefa^. XIV, 69 ff. &ud) Gramer, Cat. in Matth. et Marc, unter ben Corrigenda 36
binter p. 498 ju ^ren. Ul, 10. 6. - lieber £ff. ber lat. SBerfion $itra, Anal. II, lö8 big
193. 210—217; fioofS, 3)ie $ff ber lat. Ucberfefung beö 3renäu3 unb itjre Äapttelein*
teilung in ftirtbengefefc. @tub. ju ^. 9?euter8 70. ©eburt«tagf 1888, @ 1—93; ©anbau,
The Ä88. of Irenaeuß in Journal of philol XVII p. 81-94. — Sitteratur über 3"-
nftui: Eus. h. e. V, 4 p. 8. 20. 24. 26; Hieron. v. ill. 35; ^iüemont. M^m. pour servir 40
1 llii«t. eccl. tom. III (a. 1695) p. 77—99. 619-629; 3)obioea, Dissert. in Iren. 1689;
•rabe, Proleg. de vita et Script. Iren. 1702; Eßaffuet, Di98ert. praeviae in Iren, libros
1702 (3)ie# unb anbere« abgebrueft bei Stieren II, 32—355); Stieren in (Srfdj unb ©ruber«
(hie^ll. Serie 2, »b XXIII, S. 357—386; 3iegler, grcna'u« ber ©ifdjof oon ttjon 1871;
2eimba4, fBann ift 3r. geboren? 31X& 1873 S. 614— 629; SipfiuS, ^)ie 3eit be* %x. unb 46
bie dntfle&. ber altfat^. Sirene, $3 1872, S. 241—295; beMelben Nrt. über SrenäuS Dic-
ton, of Christ biogr. III (1882) p. 253-279; 3abn. 3ur ©iograp^ie beä $oh)tarpu« unb
be« SrenfiuÄ, gforfdjungen 5 ©efd). beS ftanonö 2c IV (1891) S. 247—283; oon bemfelben
ftpo^el unb «poftelfc^üler in ber $roo. «fien a. a. VI (1900) S. 27—40. 53—94; fcarnacT, ©efd).
ber alMftriftt. fiitt. bid GufebiuS I (1893) S. 263-288; II. 1(1897) 8. 320-333. 517-522.60
— Heber einzelne Seiten ber fiebre unb ber litterarifa^en arbeiten be« 3 • Wunder, 3)ie ©bri-
jrologie bed (I. 3r. 1843; 3abn, ^arcettud oon »nenra. 1862 S. 234-245; Itun^e, S)ie
«otteSle&re be» 3r. 1891 ; $()ierfd>, 3)ic «el)re bed 3r. oon ber @ud)ariftie 312b 1841,
6.40ff.; Höfling, 3)ie fiebre ber älteften Stirere 00m Cpfer, 1854 S. 71— 107; £°pfenmüller,
8. Irenaeus de eucharistia, 1867; ferner, ^cr ^auliniömuö bed 3r., 211 VI, 2, 1889.66
— Uebcr feinen Äircbenbegriff unb Stellung ju 5Hom: JRitfd)!, ©ntfteb. ber altfatt). Äira^e.
2. tvfL 1857, 6. 312 ff.; ^arfenf^mibt, 2)ie 9lufängc bc« fall). Äird)cnbegriff^ 1874, I
6. 83 ff.; Seeberg, Der ©egriff ber ayiftl. lEircbc, I (1885) S. 16 ff.; Schneemann, S. Iren.
de eedeeiae Born, primatu 1875; C>arnad, S©« 1893. S. 939 ff. - Stellung in ber bare-
feoL gittere tur; fcamaef, 3bXb 1874, S. 174 ff. 211 ff ; gipfiu«. 3)ie OueOen ber älteften 60
Sefergefd). 1875, 6. 36 ff.; Stunje, De historiae Gnosticismi fontibus 1894, p. 1—40.
I. Schriften: 1. "EJLey%og xal ävaTgornj Tfjq yevdcovv/wv yvcoaeajg. 2)iefen
^d M 3r- fdbft in älnle^nung an 1 %\ 6, 20, bem großen, au$ 5 Supern befielen*
*aU9ut*tleptoit für a^eolooic tmb Stirbt. 3. «. IX. 26
402 drenSttd Hon S^ott
ben SBerf gegen bieÄcfcer gegeben (1. Ilpraef.; IVpraef. § 1 unb c. 12,4, 5; V, praef.
cf. 6uf. h. e. V, 7, 1, unb bie 6infü&mng«formel eine« forifc^en fjragment« bei £art>e$
II, 433 nr. 3), ftatt beffen bei ©rieben, Sateinem unb Boxten auc$ abgefttrjte ^formen
übli$ toaren (Eus. h. e. III. 23, 3; Cyr. Hieros. catech. 16,6; Hieron. v. ilL 35;
5Änastas. Sin. bei lifd&enborf, Anecd. sacra et pro!, p. 120; gloru« hn Prolog jur
lat. Überfefeung; 2Brig^t, Catal. of the syr. Mss. p. 1012. 1013; ^otiu« cod. 120;
eigentümlich Gramer, Cat. in acta ap. p. 31 mit ber Jtorreftur p. 426 xaxä Ovaler-
xivov xal Magxiowos = 3ren. III, 12, 1). 35a« ganje SBerf ifi un« bottftänbig nur
in einer lateinifcfyen ttberfefcung erhalten, beren älter erneuter Unterfuc^ung beborf; beim
10 bie Meinung toon ©rabe (sect. II, 3) unb SJlaffuct (diss. II, 53), bafc bereits 3*r*
tuHian c. Valentinianos fte benufct fyabe, ift anfechtbar. gür ba« ©or^anbenfetn be«
Original« no# im 16. unb 17. ^G^unbert giebt e« uffl>erh>erfltc$e 3eug™fc (8*fa
3«© II, 288-291; TOtyer ebenba XI, 155—58; 2$2© 1893 9te. 43). 3njtot|<^en
fyaben toir an großen (Sjcerpten bei ©bi^aniu« (haer. 31, 9—32 = Iren. I praef.
15 § 1— c. 11, 1; Epiph. haer. 32, 1. 5. 7; 33, 1; 34, 1; 35, 1—20; 35, 1 = Iren.
I, 11, 2—21, 5), an jatylreicfyen Heineren Gitaten bei anberen Sc^riftftellern unb großen
ftifffd^tpcigenb fyerübergenommenen ©tücfen bei ^typofytu« (refut. VI, 38, 42—52; VII,
32—37) einen gehriffen 6rfa^ für beträchtliche Seile be« noefy nietyt toiebergefunbenen Du*
Sinai«. — @« fehlte in ber nrcfyenamtlid&en Stellung be« IJrenäu« )u Öjon niefct anXn-
ift ju einer litterarifcfyen ©eftreitung ber Srrle^rer. einige ©c&üler be« bon ber Schule
©alenttn« ausgegangenen ©noftifer« 3Rarcu« toaren in bie Styonegegenb gelommen (I,
13, 7), unb ©driften be« jur balentinianifcfyen Se^re abgefallenen römtfefcen $re«btyter«
ftlorinu« beunruhigten bie bortigen ©emeinben (fragm. syr. XXVIII ßorbety II, 457).
Sber bie näcfyfte ©eranlaffung jur 3lbfaffung be« großen SBerl« toar bie Sitte eine« m&
25 toärtigen greunbe« unb ©eruf«genoffen (für lefctere« bgl. befonber« IV praef.; V praef.),
tyn mit ber balcntinianifd&en Sefyre genauer bdannt ju machen unb tym Einleitung ju
tyrer SBiberlegung ju geben (f. befonber« bie ©orreben ju 1. 1 u. III). ©em entfprecbenb
h)ill 3jr. Mc bon ifyren Urhebern unb än^ängern bielfacg in mtyfteriöfe« SDuntel gefüllten
fielen erftlicfy an« 2ic§t jiefyen (ikeyxog), jtoeiten« aber auefy toiberlegen (ävaTQomj).
so 2)a« urforünglicty nic^t auf fo großem Umfang angelegte SBerf follte in feinem erften
9uc$ bie erfte, im &toeiten bie jtoeite aufgäbe löfen (I, 31, 3 unb bie ©orreben &u II.
III. IV). aber fdjon II, 35, 3 ftettt 3r. ein britte« 9u$ in 8u«fi<$t, in toelcfctn bie
fummarifcfyc SBieberlegung be« 2. ©uc$« burety einen ausführlichen ©<$riftbetDet« ergänzt
Serben follte. 2lber „bie Siebe in ©Ott, reiefy unb netblo« tote fte tft, giebt mtfyc atö
85 man bvn tyx forbert" (III praef.). 9luc^ bie eigentliche Aufgabe bed Reiten 9u$* foD
mit reiferen SRitteln noety einmal in Sfngriff genommen toerben. ®a« %erf)nre(^en, aufter
ber bie ©nofte üerurteilenben Se^re ber ©bangeliften bie ber übrigen 3lpofteI nac& S)>ofte[<
gefc^ic^te unb ©riefen unb sulefct bie SBorte !§efu felbft in« gelb ju fübren (III, 11, 9),
toirb im britten 9uc^ nur tciltoeife gclöft. S)ie Sieben %tfu toerben auf ein bierteS 83ud^
40 berf^art (III, 25, 7), toeld&eä bann hrieber felbftftänbig bem greunbe gefc^ieft toirb (IV
praef.). 916er am Scfylufc beweiben ift nic^t nur ein großer Xeil biefer Aufgabe no$
unerlebigt; e^ ftedt ftd> aufterbem nod^ ba« Sebürfntö ^erau«, bie Se^re bä $aulud
grünblicper, alz c^ im 3. Suc^ gefc^en, gegen gnoftifd^e 3JJt|beutung fu^er *u [teilen.
(£ine förmliche Stu^legung ber j>au(inif$en ©riefe, fotoie ber ntcfyt in parabolifd^er %oxm
«6 borgetragenen älu^fagen ^efu über ©ott ben ©atcr fteQt er für bad 5., untmbenufli$
le^te Suc^ in Slu^ftd^t (IV, 41, 4). (Srft eine erneute SRa^nung bed greunbe« an ba*
gegebene ©erfpred^en fc^cint bie Slbfaffung bctoirlt ju ^aben (V praef.). Srfüttt ty& $x.
in bemfelben fein aSerf^rec^en feine^tocg«; in feinem £eil be« 3öer!e« entfpri$t bte SUid*
fü^rung bem Programme fo loenig, al« in biefem legten; baran tonnen bte @o)^tdmen
so 3!){affuet« (diss. II § 54) nid&t$ änbern. ©rabe« Vermutung (proll. sect. II § 6), bafc
ba« ffier! nic^t bodftönbig erhalten fei, entbehrt riufyt ganj be« anmalt«, unb auc^ m$t
ber Slnalogie, benn manche lat. £ff. ^aben auc^ ben jefcigen Bdj/iu^ bon V, 32 an toeg«
gelaffen. ©et groger ßlarfyeit be« ©ebanfen« unb be« Su«brucf« im einzelnen überlä|t
ftc^ 3r- ftc^ bem natürlichen ©trom ber tym jufliefeenben Stoffe unb 3been unb giebt
56 fic^> feinerlei 3Slixty, tyn in ba« enge Seit eine« bor^er aufgefteQten $lan« ein^toangen.
2Ba« ben georbneten ©ang be« SBerfe« ftört, ftnb and) nid^t Dtgrefftonen unb Ssmfe,
&on loeld^en ber ©c^riftfleUer reumütig jurüdHebrte, fonbern ber rüftig fortfe^reitenbe ®e*
banfengang eine« ^Jlanne«, ber ft$ auf ben ©ebieten, toelc^e er überhaupt betritt, mit
ungejioungener ©ic^cr^eit betoegt. 6r öcrjid^tct au«brücfli^ auf alle Äunjl be« Ärift-
co ftellerifd&en ©ortrag«. SBie er fte überhaupt nic^t erlernt unb geübt tyü, fo mup in««
3rettatt£ Hon Sijon 403
befonbere fein Aufenthalt unter ben Jtelten unb feine eifrige Seföäftigung mit beren bar*
bartfe^er 6tora$e ben Mangel an gein^eit beä griectyifcfyen äuSbrucfö entfcfyulbigen (I
praef.). 3bxt um bie ©acfye ift e$ ifym ju ttyun ; unb obtoofyl er an einen heiteren Sefer*
trete benlt (V. praef.) unb jogar eine birefte Seeinflujfung ber ftäretifer burefy feine Schrift
)u beabtfcfctigen fc^cint (I, 31, 3; 111,25, 7; IV, 12, 4), fo |at er bo$ immer junäd&ft 6
ben fan ftr$li$en ©lauben mit ifym einigen, aber über bie geinbe bleiben unb bie
rechten SWittd ber Striegfityrung mcfyt auSreicfyenb unterrichteten greunb im äuge, bei toel*
tym er auf toofyltoo^Ienbe aufnähme feiner 3)arftellung rennet. Um bie öalentinianifdjje
2efa* toar e$ biefem ^auptfäctylic^ ju tfyun; baljer ftetyt fte im SSorbergrunb ber 3)ar*
fkeOung tote ber SBiberlegung be$ ^r. 2lber ba biefelbe eine recapitulatio omnium L0
haereticorum tft, fo gehört e3 ju i|rer 3)arfteHung, bafe fte auf t$re SBurjeln jurüd-
geführt unb bt$ ju ©fanon üDlaguä jurücfgegangen toerbe; unb ba bie SBiberleguna ber
fcalenttn. 2e£re jugletcty biejenige aller anberen §äreften fein foH, fo mufe audj auf bie
ty gleictyeittgen, aber ni$t ftammtoertoanbten Sefyrbilbungen, $. 93. auf ben 3Rarcioniti&
mud toemgftenS beiläufig eingegangen toerben (IV praef.; I, 22, 2; 31, 3; II praef.). 15
&* Duellen ber Darfteilung btenen tym neben ber J>erfönli$en 9erütyrung mit einigen
6$ülern SSalentin« beren Sänften (I praef.), au$ benen er meift frei referiert, gutoeilen
aber au$ tatfrtlty citiert, ). 33. I, 8, 5 au3 einer Schrift be3 italifd&en 33alentinianer$
$tofan*u* (*& 3*K ©efö. be$ neuteftl. ßanonS 11, 956—959); I, 11,3 aui ber
6$rift eine« anberen „berühmten Se^rerS" berfelben S^ule, alfo nid^t be£ Äatyofratia« 20
ners Spip^aneS, beffen tarnen ältere ©elefyrte in bem (Spityeton clarus (fo Iren, lat.,
insignior bei Tert. c. Valent. 37; bziqxivfis Hippol. refut. VI, 38) toieberpnben
tooflten, na$bem tynen ©jriptyoniuS (haer. 32, 3) in biefem grrtum borangegangen toar.
3r. leimt too^l ältere firdjli<$e Äefcerbeftreitungen, toermifjt aber an i^nen genügenbe
Scemttm* ber toalent. 2e$re (IV praef.). dagegen mag er in Sejug auf anbere #äre* 25
ften au* folgen SBerfen geköpft tyaben, toie er benn 3jufttn3 ©<$rift gegen Wareton
(IV, 6, 2) unb ein gegen 9RarcuS polemifterenbeS ©ebicfyt (1, 15,6) beifällig citiert. £>a$
britte Sud? (III, 3, 3) ift jur ßeit be$ römiföen ©ifd^of^ ®leutyeru$ (175—189) ge*
förieben. Seit SDtaffuet (diss. II, § 47), beffen ungenaue Slngabe §art>ety (Introd.
p. CLVIII unb vol. II, 110) unb ßiegler (©. 29 änm.) toollenbS falfö re^robujieren, 30
bat man bie ÄbfaffungSjeit nätyer )u beftimmen gefugt, inbem man bie Slnfütyrung ber
Ueberfefeung 2#eobotion$ (Iren. III, 21, 1) als öetoete bafür nafym, baft ^renäuS ^tö
einige 3**t na$ ^>em 3^ten ^af)t be^ GommobuS gefc^rieben ^abe, in toclc^em nad^ ben
ft^ ergänjenben Angaben ber $af$a$ronif (ed. 3)mborf I, 481) unb bc£ @pi]pbaniu^
(de mens, et pond. 17 cf. 18) i^cobotion fein 2Bcrf ebiert tyabc. Slber erftlicp han= 35
belt ed fk^ ntc^t um eine einmalige (Srtoä^nung einer bud^^änblerifc^en 9tot>ität. Srcnäug
bat bie t^eobotion'fc^e SSerfton bed Daniel bur^toeg anftatt ber LXX benityt (ogl. Dt)cr=
pect Quaest. Hippol. p. 104—108) unb tyält fte ftd^erlicb für einen Seftanbteil feiner
inspirierten LXX. $a3 fe^t einen fird^lid^en ©ebrauef) ju S^on borau^, toelc^er in ber
^tmfAenjeit )tanf4fen bem 2. ^afyr be^ Sommobu^ (181/2) unb bem legten Qa^r bedio
Cbutpenid (189) nid^t entftanben unb feinem Urforung nad^ lieber völlig in SSergeffen*
^eit geraten, unb bei bem Urteil be$ gr. über bie begebenen Serftonen (III, 21, 1—4)
am toentgften auf i^n felbft, ben bamaligen S3ifc^of biefer &ir$e, jurüdtgefü^rt Serben
tarnt Unb obtoo^l %x. (nad) bem gried^tf^en %<%t \d)on III, 21, 1; nad? bem lat. erft
III, 21, 3) ben Sp^^ S^eobotion unb ben ^Ponttler 9lquila atö ol vvv ut&eo^riveveiv 45
roluoyyxeg ben 70 Senioren ber ^tolemäergeit gegenüberfteßt, fo geigt bod^ "eben btefe
gnjaMiinenfteBung X^eobotion« mit äquila, toelc^er ber 3^^ «w 130 angehört, fcon %x.
aber erfft #nter x^eobotion genannt loirb, fotoie bie Scpau^tung be^ 3r# ^ @bjoniten
feien biefen beiben überfe^ern (ju 3ef 7, 14) mit tyrer Weinung \>on ber natürlicben 6r*
pu&Mfi 3^ 0^°^ ^fe ft ^a^ 3B^ X^eobotion^ nic^t a(3 eine aderneuefte @rfc^einung so
feiner &egentoart rennt; unb ed folgt unmittelbar, 0a^ l^eobotion geraume Reit oor
fiommohtd unb bor @leut$eru$ gearbeitet baben mu^. SDtc $af$a$ronit, toeldpe nic^t
jum 2., fonbern 6. 3>a^r bed (Sommobu^, unb tfvax mit au^brücflic^er 33e}ugnabme auf
bte baju notierten itonfuln, bie $eraudgabe t>on X^eobotiond 33erfton anfe$t, ift für und
o^ne alle Sebeutung, ba toir ben ©eioä^rämann, ben fte citiert unb giemlid^ buc^ftäbltc^ 65
abfe^reibt, felbft lefen fönnen, nämlic^ ben öpip^aniu^. £iefer aber begnügt ftc^ mit ber
fefyr unbefhmmten Angabe negl rfv rov devrigov Kopodov ßaodeiav (§ 17 f. iebo<§
legt unb SInmerfungen bei Sagarbe, Symmicta II, 1(59) unb h uo xq6vco xovtov
(§ 18). 2Bemt SWaffuet eine ftonjeftur gemalt §at, bie er nid&t mitteilt (ettoa Tiegl xo
dcvxtQOY xrje KoßiMov ßaodelag), fo ioirb biefelbe burd^ ben ftontegt fc^led^t^in au^= eo
26*
404 drtttittg »Ott Sljon
gefcfyloffen. 2)er jtocite ßommobu« be« ©fn^aniu« aber toirb Don biefem felbft ebenfo
unjtoeibeutig na$ (©eirtimiu«) ©everu«, al« bic 3Serfton 3$eobotion« nac$ ber be« ©tym*
mad&u« angefefct; unb bic fyeillofcn Äonfuftonen unb ©elbfttoiberft>rü($e btefed fc&redltcfc
ften aller Chronologen in biefem 3w^mt"^an9 § IC— 18 fyat ber ©<$arffinn eine« Sßc*
ötaviu« (II, 398 sqq., $inborf IV, 1, 62 sqq.) tootyl einigermaßen )u erflären, aber
f eine«toeg« ju beseitigen vermod&t. 3)ie angäbe be« (Spi^aniuä ift bemnac$ völlig toertlo«
für bie Chronologie be« 3r- Slnbcrerfcitö barf man avß bem befctyeibenen lone, in toefc
d&em 3>r. aud& noefy in ber SBorrebe feinet legten 33ucfy« feinem greunbe gegenüber jty
äußert (quemadmodum postulasti a nobis obedientibus praeoepto tuo), au$ ntyt
10 fließen, baß er ba« gan^e 2Berf nod) atö Sßre«btyter gefd&rieben ^abe. @« bebarf !aum
ber Annahme, baß jener gfreunb felbft ein angefe^ener SJifcfyof toar $loru« im Prolog
§ 1 scripsit quinque libros cuidam episcopo), ober baß 3r. *ta Wiener -Kann
mar, bem be« greunbc« 2ßunf$ al« »efe^l galt (t>gl. SWaffuet diss. II § 49 gegen ®rabe).
©teilen toie IV, 30, 1 (hi qui in regali aula sunt fideles cf . Hippol. refut. IX, 12),
16 f otoie bie 2lbtoefenfyeit aller älnbeutunaen von einem Serfolgung«juftanb ber Äirc^e fprecfcn
bafür, baß biefe« 2Bcrf nu$t unter SJcarc 2lurel, fonbern erft unter Sommobu« (180 bi«
192) unb fomit, toenn toir bie für ba« mittlere 33udj geltenbe angäbe, jurSeit bc«(Sfou
ttyeru« (175—189), für ba« ganje SEBerf gelten laffen, um 185, Vielleicht im Sauf me^re
rer %afyxtf aufgearbeitet tourbe. $)a %x. nun mit biblifd&en Sitaten ntc^t fparfam ift, fo
20 läßt ftd) barau«, baß er fiefy felbft mit einer einigen 3lu«nafyme, bie toir nietyt fontroHieren
fönnen (III, 7, 1 cf. ©rabe sect. II, 1), niemals citiert, nicfyt fließen, baß er Dörfer
nur erft toenig ober noefy gar nid&t fcfyriftfteUerifcfy tfyättg getoefen fei, jumal na$ ben
Vorfyanbenen angaben leine anbere feiner ©Triften bon annäfyernb gleichem Umfang ober
gleicher Sebeutung toie ba« $aupth>erf getoefen ju fein föemt. — 2. @in 3Ratynfc&reiben
25 an ben römifcfyen $re«btyter glorinu« neqi juovagxiag f) 7uq\ tov jxy] elvai xov &ebv
noir\xY]v xaxcov (Eus. h. e. V, 20, 1 ; ein gefcfyic&tlicfy bebeutfame« ©tücf barau« V,
20, 4—8; eine au« einem Warttyrologium genommene armenifd&e ttberfcfcung bei Sßitra,
Anal. II, 200). 3ur 3C^ bwW ©d&reiben« ftanb glorin noefy innerhalb ber Jtir$e;
* benn 3>r. betoetft tym erft, baß feine £e^rfäfcc mit ber flirre unverträglich feien, unb baß
so „nicfyt einmal bie außerhalb ber ftircfye fte^enben Äe^er foldjc ©äfce au3jufore$en getoagt
fyaben". £)em entfpridjt, toaä (Sufebiu« (V, 20, 1) fagt, baß glorm barnal« bie im 2;itd
be« ©enbfc^rciben« verneinte Slnftc^t ju begünftigen fc^ien. — 3. 2)urd& benfelben glorin
Veranlaßt, aber ntcfyt me^r an ifyn gerichtet, toar rö onovdaofxa negl dydoddog. ^a«
«njißc 5raftment WeiCT //©tubie" bei Eus. V, 20, 2 enthält feine Slnrebe an giorin,
8ö fonbern ift eine an ben ©Treiber, loelc^er bie ©cfyrift logieren toirb, gerichtete Sefd^toörung
ju geloiffen^after SJergleic^ung feiner 3lbfcbrift mit bem Original. 2)a ba« 3^ema ber
©c^rift eine ©runblej^re SBalentinä betraf, unb fte nic^t me^r bie gorm einer SBarnung
an %lox'\n an ftc^ trägt, fo mag im toefentlid&en richtig fein, h>a$ ©ufebiu« fagt, baß 3r-
fte getrieben ^abe, al$ glorin „loieberum burc^ bic ^nle^re Valentin« fortgeriffen tourbe".
40 Sefonber« bebauerlicfy ift ber Untergang biefer ©cfyrift, ioeil %x. barin fo einge^enb feinen
3ufammen^ang mit ber erften nadj^apoftolifc^en ©eneration erörtert ^at, baß @ufebtud
außer jener Sefc^toörung am ©cfyluß ber ©d^rift nur bieS auß berfclben anmerft. 3n ber
Überfc^rift eine« f^rifc^cn (Sitat^ au« Iren. 1, 9 , 3 ift ni$t, toie man au« ber Überfe^ung
bon §aröe^ (II, 433 f. ä. 1; cf. $itra*3Rartin IV, 18. 293 9ir. 3) fließen »nnte,
4ö biefe ©cfyrift von ber OgboaS citiert, fonbern nur gefagt, baß 3jr. in jenem 3ufammm*
^ang gegen bie von Valentin unb feinen Sln^ängern lt>ic ein tftytfyu« vorgetragene ^J^an-
tafte unb gegen bie von i^nen fo genannte Dgboa« ftreite, loa« in ber <3$at zutrifft.
3)agegegen ift ein griccfyifc^ unb f^rifc^ erhaltene« Fragment, ioelc^e« in einer $f mit
xaxä Batevxivov eingeführt h)irb, toa^rfcfyeinltdj ber ©d^rtft über bie Dgboaä entlehnt
öo(grg. VIII; ©tieren ©. 829; §arVety II, 479; SRat, Spicil. Rom. II, 2, 36; «Püra,
Anal. II, 197 9tr. 6; f^rifc^ etioa« Vollftänbiger bei ^arVd? II, 454 3h. 25: $itra*
3Rartin IV, 26. 299 9Jr. 24 mit ber fonberbaren Übexfc^rift „von Srenäu«, toelc^cn bie
§äretiler citieren", ober nac^ anberer Öefung „töteten")- — 4. ©in an einen getotffen
Slaftu« in 9Jom gerichtete« ©enbfc^reiben negl oxio/Aarog nennt ©ufebiu« V, 20, 1
66 cf. c. 15 neben bem jenigen an %lox\n. 9la$ ^Bfeubotertufltan haer. 22 toorölaftu« ein
Duartabecimaner, nad; ^iacianu« (ep. 1 ad Sympron.) ein geborener ©rieche unb 9Ron*
tanift, vgl. 3«^n, ^rWungen IV, 285. 307. 3U biefem ©enbföreiben gehört nic^t ein
fvrifc^e« gragment, toeld^e« ^arvet; bcmfclben guloeifen toottte (II, 456 3ix. 27 = $itra*
3)lartin ©. 26. 300 9lr. 26, f. bic tyier folgenbe Plummer), (g^er toäre batyn )u rennen
co eine« ber ^fafffd^en gragmente, tomn e« cetyt märe (^arve^ II, 505 9fc. 37) unb fe^r
3renSttS »on £t)tm 405
toa$rf<fctnK<& ein ormeniföeS gragment 0Pitra*9Kartin ©. 34. 305 9fr. 8), beffcn ®$U
&eit bur$ bic aSertoanbtfc^aft beS ©ebanfenS mit Iren. IV, 26, 2 ; 33, 7 beftätigt hrirb.
— 5. 3U ton ©enbföreiben, toelctye 3>r. ä"* 3«* ^^ DfterftreiteS jh)ifc^cn ben 2tjwten
unb SStctor Don SRom an fcerfctyiebene Sifd&öfe gerichtet fyat (Eus. V, 24, 18), toirb
baSjenige gehören ober fying bocfy bantit jufammen, toeld&eS er nad& einem ftrifcfyen fjrag= 6
ment (£art>e$ II, 456 9fr. 27; ÜHartm ©. 26. 300 9fr. 26) „an einen älejanbriner
f$rieb, barüber, bajj eS Siecht fei, baS geft ber Sluferftefyung am (Sonntag 511 feiern".
Ob ber Slbreffat ein Quartabecimaner toar, ober ob 3r. ebenfo hrie an 3Sictor (Eus. V,
24, 11) hn ion ber ßonjeffion fo gefcfyriebcn fyat, läfet fi$ toeber au« ber Ueberfd&rift,
tu>c$ auS bem ^nfyalt beS Fragments ficfyer erfennen. — 6. ©^reiben an SSictorio
fron Stom in ber Dfterfrage,t im tarnen ber gaHifcfyen ßljriften (Eus. V, 23, 2;
24, 11 — 17. ^ufammenfteßung, Überfe$ung unb Unterfucfyung ber Fragmente bei Rafyn,
$orfä. IV, 283—308). (SufebiuS lennt mehrere ©d&reiben beS ^r. in btefer angelegen*
$eit, aber nur eine« an 33ictor. $n t>M*n ©nomologien (9RajimuS Conf., Parall.
Sacra etc. f. ^artoety II, 477 9fr. 4; $itra, Anal. II, 197 9fr. 8 9Jote 3) foirb ein 15
&a% beS 3>r. »Qua *>em £W*f <*n 3Sictot" cttiert. ©ine 3Jfr^rfyeit foletyer ©riefe fyat nur
#terontymuS (vir. ill. 35), fcon toeld&em toieberum $fyotiuS (cod. 120), tote fo oftmals,
burt$ Vermittlung ber gried&iföen uberfefcung beS ©opfyroniuS abhängig ift, in feiner
Seife, toaj^einli# infolge unaufmerffamer Sefung fcon Eus. h. e. V, 24, 18 erbietet.
3u bem emjigen ©enbfc^reiben beS Sr. ön Victor gehört batycr au$ baS forifcfye $rag* 20
ment eine« ©Treibens an 3Sictor in betreff beS glorinuS unb feiner ©Triften (£arfcety II,
457 9te. 28; SRartin ©. 27. 300 9fr. 27; fcgl. 3af>n, gorfö. IV, 254 21. 4; ©.289 f.
305—308; VI, 32 ff.), unb eS ift ni^t fd&toer einjufe^en, hrie trefft eS fi$ in SEon unb
ßufommen^ang jenes ©enbfäreibenS einfügt. 3Wögli$ ift auefy, bafe ^feubojuftin
(quaest ad. orthod. 115 ed. Otto IIP, 186) mit h reo Tiegl tov ndaxa Xöyco eben 25
biefeS ©enbfd&reiben meint, benn öon einer anbertoeitigen, ntd^t als 93rief abgefaßten 2lbs
banblung beSgr. über biefen ©egenftanb hriffen toir nichts. — 6. „Über ben ©lau ben
an $emetriuS, einen 2)iafon öon 93ienne". ©in feit geuarbent in lateinifcfyer
Überfettung unb o$ne genauere Eingabe ber §erfunft gebrucfteS fjragment (§art>ety II,
478 9er. 6) ^at juerfi ^Pitra Anal. II, 202; togl. ©. 194 au« einem 3Hi$celIenfobe£ 90
(Paris 854 fol. 134) griet^ifdj herausgegeben. 35aS ßitat toirb bort eingeleitet ix rfjg
(L rov) Jigog Ay)uy}tqiov öi&xovov Bialvrjg negl moxecoQ loyov unb als anfangt
toorte btefer ©d^rift ^tjtoyv xöv &edv äxove rov Aavid Xeyovtog xtX. 6S f daließen
W dm hieran mit oem Semma toi» avxov X6yov brei für je ©ä|e an, toelc^e fc^on
längp als grg. V (©tieren ©. 828: £art>ety ©. 477) nad^ einem (Sttat beS ÜRapmuS as
(Opp. ed. Combefis II, 152 = SJtigne 91 col. 276) in bie ©ammlung aufgenommen
tDaren. ©ort toaren bie änfangStoorte unb ber Sitel ber©d^rift ebenfo angegeben; benn
& tüjv . . . Xöyay», ov ff ägyri xrX. ift ein feine üorreftur mit fiefy fü^renber ©c^reibs
fehler. 33illei<$t gehört ju biefer <§c()rift ein ftyrifcfy, armenifc^ unb arabtfc^ erhaltenes gragment
(ßartK^ II, 460—463 9fr. 30. 31; 2Rartin ©. 28. 31. 301—302; syr. 9fr. 29; arm. 40
9fr. 1 ; Mai, Spie. Rom. III. 704). 3n jtoei ftr. §ff, einer Sonboner toom 3. 562
(Brit. Mus. Add. 12156 fol. 1) unb einer Datifanijtyen (Cod. 140 fol. 128; bgl.
Wöftn^a, Mon. syr. II, 9, lat.Ieil ©. 11 9fr. 3), ferner in ber armeniföen Überfefcung
fotoie m ber arabifcfyen, in toeld^er ber 9lame Hierotheus auS Irenaeus berfd^rieben ift,
toirb eS bem 3r. gugefcfyrieben. 5)iefe ftarfe 33cgeugung fann nicfyt baburc^ in 5ra9c 0Cs «
fWft toerben, bafe in einer forifd&en $f (Brit. Mus. Add. 12156 fol. 77, alfo berfelben,
toefcfc fol. 1 unfer gragment bem %x. ^ufc^reibt) ein fetyr ä^nltd^ lautenbeS ©tüdt bie
Überschrift trägt „toon »ifd^of 9Melito über ben ©tauben" (Gurcton, Spicil. syr. p. 32,
engliWcr leil ©. 53. 95; 9Rartin ©. 29. 301 9fr. 30). SDenn erftenS ift eine ©c^rtft
WelttoS unter biefem Xitel nic^t befannt; ber litel mgl vjiaxofjq marecog alo^rrj- so
oUov Eus. IV, 26, 2 liegt m loeitab. dagegen mad^t fd;on ber (gingang beS SHelito*
fragmentS C/ÄuS ©efefe unb ^ro^eten ^aben Wh gefammelt, toaS Derfünbigt ift über
unfern #errn 3efuS S^riftuS") jiemlic^ geloi^, bafe eS auS SRelitoS txXoyal ex je tov
röuov xal xcbv 7tQoq>t}x<bv mgl tov oanrjoos xal ndotig rrjg moxecog fjfidjv (Eus.
IV, 26, 13) genommen ift. gtoeitenS finb biefe ©ä|e 9JJelitoS benjenigen beS %x. eben 56
nur fe$r ä^nlic^, WneStoegS mit tynen ibentifc^. !jr. loirb fyier loie anbertoärtS 3luS*
fü^ningen eines älteren ©djrifftefierS ft(^ frei angeeignet fyaben, öielleic^t in ber ©cfyrift
an 2)emetriuS, tpeld^er ber litel neol m'oxecos e^er jutommt, als ben ©flogen 5RelitoS.
— 7. (Eine Sinologie bezeugt Eus. V, 26: noög "EXXtjvag Xoyog ovvxofuoxaToq
xal xd fidlioxa dvayxaioxaxog, juqI huorrjfArjg hayFygafifAh'og. ^ierauS mac^t go
406 3rettatt£ Don Üt)on
Hier. vir. ill. 35 jtoei Schriften, bcren lefctere de disciplina betitelt getoefen fein fott,
toie and) Stufm h. e. V, 26 negl Imoxrjjurjg überfeftt, toö&renb ©opfyroniuS boS Original
glücflicty lieber erreicht. SSieHetdjt la$ $terontymu$ Sei (SufebiuS gegen bie meiften fiff,
audj gegen SRufin unb ben ©tyrer dg, tote Sämmer e&, bor xä fju&Xtaxa. — 8. ©ne
6 ©cfyrift £& biidei£iv xov AnooxoXixov xrjgvy/iaxog toibmete er einem gegriffen SWar*
cianuä, möalicfyertoeife bem ÜBerfaffer beä Martyrium Polycarpi (c. 20, f. baju 2tg$t*
foot). — 9. Sine ©ammlung Oon $reb igten toirb ba3 ßißXiov dial££ea>v dia<p6g(ov
getoefen fein (Eus. V, 26; falfcfy Stufin dialogi de diversis, richtig fiterontymuS vari-
orum traetatum, ©opfyroniuS noixiXcov öjLuhcbv, bgl. Qafjtn, 3fotf<$. III, 44). Sin
10 Fragment berfelben ift in ben ©nomologien toenigftenS tetltoeife unter richtigem Xitel
aufbetoafyrt (§art>cty II, 480 Str. 11), anbere mit SBerförcibung be$ Xitefö in diaxd^ecov
(1. 1. II, 508 Str. 41 = Str. 9 t>gl. SJtigne 86 col. 2087). ©in armenifdfreS »rucbfiüc!
einer Sßrebigt über SJtt 20, 20 trägt bie Überfd&rift „avß ber jtoeiten Steige ber $omUien
be$ tyL ^renäuS, beS StacfcfolgerS ber 3fyoftel" (£art>ety II, 464 Str. 32; SJtartin ©.31.
16 302 Str. 2). — 10. DefumeniuS giebt einen äuSjug avß einer ©c^rift, toorin Sjr. über
©anetuä unb Slanbina enätylt fyaben fofl (£art>ety II, 482 Str. 13). Slbgefefcn Don
einer 33ertoecfyfelung ber Märtyrerinnen S3lanbina unb SibliaS ftimmt biefer Stanzt
toefentli# mit bem ©^reiben ber ©emeinbe Don Styon über bie SJtarttyrien
oo n 2tyon im 3. 177 überein (Eus. V, 14— 19. 25). 3r. fann ber Serfaffer beS le|=
20 teren fem, ba er bamate Sßreäbfyter in Styon toar, unb bie ©emeinbe tann an irgenb einer
©teile feinen Stamm als beS SSerfafferS genannt ^aben (&gl. ben gleiten galt Mari
Polyc. 20, 1), ofyne bafc (Sufebiug e3 nötig fanb, auefy biefcö ©ttief be3 93eric£t« unter
feine ofynetyin ausführlich genug geratenen SluSjüge aufzunehmen. 2Bir Ratten ein ©eitern
ftücf an ber nafye$u fixeren äbfaffung ber Passio Perpetuae burety Xertuttion. —
25 11. 9lu3 einer ©$rift negl xov fit] elvai 6\yhvr\xov xijv vXrjv ejiftiert ein Fragment,
gegen toelcfyeS nid&t Oiel einjutoenben ift (Jöaroety II, 496 Str. 32, boüftänbtger aud einer
anberen £f $itra, Anal. II, 203 Str. 3, bgl. ©. 195). SBenn man neben
Sofe^uS, SuftinuS unb 6aju3 auc$ ben 3>r. für ben SSerf affer ber ©cfrift $fo
potytä Tieql xfjg xov navxög ovoiag gehalten fyat (*ß&otiuS cod. 48), fo föratte
sobaS au$ ber ßrinnerung an eine ©cfyrift oertoanbten ©egenftanbeS ftammen, toelc^e
3r. in ber %\)at gefd^rieben fyat — 12. Unftd&er ift eine „erfte Auslegung jum
^o^en Siebe", oon toelc^er ein f^rifc^eS gragment epftiert ($arbe^ II, 455 va. 26;
SJtartin ©. 26. 299 9tr. 25). — 13. Über bie ©cf^te ber 4 gragmente, toeb^e ber
Sübinger Kanzler $faff 1715 Verausgab (©tieren I, 847—891 Str. 37—40; £artK$ II,
36 498—506 Str. 35—38), f>at ©tieren II, 381—528 bie Stften gefammelt. Steuerbmg« fct
§arnadt (XU, 31% V, 3) fte nachgeprüft unb, toie e« fc^eint, enbgiltig betotefen, bafc
alle 4 ©tüdEe eine ftälfc^ung ^ßfaff'« feien. 3)a« 2. gragment mit ber bunfeln S5e*
rufung auf öeviegai xwv äjiooxöXcov diaxdt-eig, toomit möglic^ertoeife bie Didache
gemeint toäre (Ogl. ba^ ßitat au$ SJtal. 1, 11 ^ier toie in Didache 14, 3), beni^rt
40ftc$ nabe mit Iren. IV, 17, 5—18, 1. Slucfy bort toirb betont, ba| bie Äir^e
baä Di>fer be« neuen Sunbe« oon ben a^ofteln empfangen ^abe; e3 toirb bie gleite pa*
p&etifcfye ©teile unter Stennung bed SJtalacfyiaS unb ba^inter mit ber gleichen gormel
(Joannes in apocalypsi) 91))! 5, 8 citiert. Sebenfltc^ ift, baft an ein <d& paulimfö
bejei^nettö 6itat (Stö 12, 1) mit xal ndhv ein fol$e* au^ ^br 13, 15 angeföbffen
46 toirb, a\$ ob audj bte^ $aulud gefd^rieben fyättt, toä^renb 3r. ben ^ebr&erbrief jtoar citiert
(Eus. V, 26), aber bem $aulu£ abgebrochen fyat (Phot. cod. 232). ©ntfcfctbenb
gegen bie @c^tl;eit ift ber auf einem S)ru(ffe^ler bei $a(lois beru^enbe ©ebrauc^ Oon
htxaXovfiev ftatt Imxakov/uev. — 14. Db ^r. feine älbftc^t gegen SJtarcion eine be»
fonbere ©c^rift ju fc^reiben au^gefü^rt tyd, toiffen toir ni^t (Lren. III, 12, 12;
60 Eus. V, 8, 9).
IL SebenSgefcfyictyte. 3)a 3r. mefyr als irgenb ein anberer Ätrc^enfc^riftfteöer
t>or @ufeb für un$ afö ^euge ürd^lid^er Xrabition oon Sßic^tigteit ift, fo tyü audf eine
genauere geftellung feinet äußeren Seben^gange^ er^eblic^e Sebeutung. 2)te $nMniu Xften
toar feine §eimat. ^n Stieberaften, b. ^. in einer an ber 2Beftfüftc ftlehutfiend gelegenen
66 ©tabt unb in ber Umgebung $otyfat|>3, alfo getoifi in ©m^rna ^at er, „ba er noep ein
Änabe toar/' ben f^äteren fieser ^lorin gefe^en (f. unten). Stac^ bem Armenier ©ebeot
^at [\d> 3r- einmal in Saobteea aufgehalten (Mitteilung bon $übfcbmann bei ^arnaef
Patr. apost. I1, 2, 101). 3)ie auep fonft mannigfaep bejeugte Serbtnbung jtarif^en
ben Hirnen Slften^ unb ©allienS unb ber Xon, in toel$em 3r. inm ben S&cd^n unb
60 Kirchenlehrern jener ^robinj rebet, beftätigen feine ^erfunft ©rie^ifc^e Sbtunfi folgt
3rettatt£ Mit £4011 407
freiTuft toeber atö feinem ÜRamen, ben man in ben ^nfd&riften SlftenS jtemlid& tyäufig
antrifft, no$ au« ber ©twtd&e, in tt>eld^er er förteb. Slnbererfeit« fyat aber au$ $art>ety
(Prtef. p. V: Introd. p. CLIII) m$t« triftige« für bie £$>ot|efe einer femitiföen,
feriföen fierfunft beigebracht, 3)ie Übereinftimmungen in neuteftamentlicfcn ßitaten mit
ben frrifqen Serftonen fmb nur Qeugmffe für bie ©cftalt be« gried&iföen $erfe« im 5
itoetten $$al?rl?unbert, auf toeld&en beibe gurücfgetyn. 2)ie 3lnjeid&en öon einiger Äenntni«
oe* $ebrätf$en unb 3framäifd&en, toelcfye übrigen« burcfy ben an ben betreffenben ©teilen
begroflicfcertoeife befonber« oerberbten %ttt jiemlid& öerbunlelt fmb (If 21, 3; II, 24, 2;
35, 3), fonnten e« $öc$ften« toa^rfd&einlic^ machen, bafc unter ben afiatifd&en Äird^en-
leerem, toeldjen 3jr. bie ©runblagen feiner 33ilbung oerbanlt, aucfy Suben öon ©eburt 10
toaren. ©elbft mit toieöiel 93u$ftaben ber SRame Sefu« öon ben Hebräern gefd&rieben
toeibc, toei& er nic^t av& eigener ßenntni«, fonbern beruft fi$ bafür auf bie periti
eoram (II, 24, 2). — gn ba« &eHe 2i$t unbcjtoeifelter ©efd&icfyte tritt 3r. erft im
5. 177, in toelc^em bie )u 2tyon im ©efängni« liegenben Äonfefforen tyn jum Überbringer
eme* ©^reiben« in ©aqen ber montamjtifd&en gfrage an ©leutfyeru« fcon 9tom toasten 16
(Eus. h. e. V, 3, 4 unb c. 4). 2Benn ©ufcbiu« bemerft, bafc bie galligen ©Triften
b. $. bie ©emeinben bon SSienne unb Styon (V, 1, 3), biefe« ©^reiben an ©leut^eru«
ebeitfo tote ba« in berfelben ©ad&e an bie ©emeinben Slften« unb ^tyrtygien« gerichtete
©^reiben berfelben Äonfefforen tyrem an bie 3lfiaten gerichteten 33eri$t über bie 9Rar«
tonen jener %aat beigefügt $aben, fo mufc bie Slbfenbung be« gu $toeit genannten 33rief « ber 20
Äonfefforen fiep bi3 naefc bem &obe feiner SSerfaffer (rcov nag' avxolg reJLeuo&ev-
xwfp ßjuxgtvQwv diayöoovg biiaxoXdg) unb naety bem ©nbe ber Verfolgung öerjögert
ffobm. $>arau« folat aber nid&t ba« ©leid&e für bie Steife be« $r. uno ocn bon tym gu
überbringenben ©rief an ©leutfyeru«, bon toelcfyem aud} nad& ^a^r unb Sag no# eine
9bf$rift genommen unb ben Slftaten bei fo nafyeltegenber ©elcgen^eit mitgeteilt toerben 25
mochte, älfo toäfrenb bie Verfolgung in Sugbunum toütttt, toirb 3>r. nad& 9lom gereift
fein. Sgl. (Safran, Duetten jur @e$. be« Sauffembol«, III, 344 f. fflenn tyn bieÄon*
fefform nad; 3bpl 1, 9 nic^t nur i^ren Sruber, fonbern aud& i^ren xoivcovfc nennen, fo
fc^eint er )>erf5nlic^ bon ber Verfolgung nicfyt gang unberührt geblieben ut fein; unb ed
ma% auc$ bie 3Äbftd^t, ba« gefä^rbete !8eben unb bie toertootte Kraft be$ §x. ber ©emeinbe so
$u erhalten, feine SBa^l jum ^Ibgefanbten nad^ SRom mit öeranlafct ^aben. 3m 3- 177
toar 3r. ^redb^ter ber Äird^e öon S^on (Eus. V, 4, 2). @r toirb e« feit einigen Sa&ren
«etoefen fein, benn gleich nad^ feiner SRücfle^r tourbe er ber SRacfyfolger be^ in ber Ver*
>Igung umgefommenen Vifc^of^ $otyinu£ (Eus. V, 5, 8; Hieron. vir. ill. 35). 9113
Sifc^of bon £pon fd^rieb er um 185 fein grofteä 2Berf (oben ©. 404, 18). ^n gleicher @igen= 86
Haft unb bannt )ugleid^ aU Vorftanb ber gattif ä)m ©emeinben f$rieb er um 190 an
Sktor bon SRom, al3 biefer au$ Stnlafc be3 Dfterftreit« ben 3lftaten bie Äir$engemem=
gemeinfe^aft aufgelünbigt Ijattt, fotoie aud^ an anberc Vifd^öfe (Eus. V, 24,11 — 18 f. 0.
6. 405, m»). SBeitere 9lad^nd^ten über feine legten 2eben3ja^re ^aben toir nid^t. 6rft §ieros
n^mu« tna$t i^n jum SRärt^rer, aber gan) beiläufig (comm. in Es. lib. XVII, Val- 40
Ursi DuortouSg. IV, 761), unb S)obtoell3 Vermutung, $ierontymu$ ^abe ftd^ burd? bie
XuAractStoetfe ber Äonfefforen bon Jtyon (Eus. V, 4, 2 : xoivcovög fjjuätv) ba$u ermäd^tigt
geglaubt, ifk nic^t untoa^rfc^einlic^. 3)er Verid^t bei Greg. Tur. Hist. Franc. I, 27;
Gloria mart. I, 49 u. 50 ift fo öertoorren, bafe man annehmen mufe, er ^abc cbenfo-
toema toie ©regor ber ©ro|e (ep. XI, 56) gesta vel scripta be$ ^r. t>or ftd^ gehabt. 45
S)ie Angabe eine« forifefcen ©d^reiber« (Harvey II, 454), toonadfc ibn bie §äreti!er, unb
biejenige emed anberen, toonad^ i^n bie ©allier erfd^lagen ^aben fouen (Mon. syr. ed.
3Roefmger II, 8 f^r., ©. 10 lat. 2ejt), ertoeefen toenig 3"^uen. ©ein ?Jlame fe^lt in
bem dlteften forifdjen HRart^rolog au« ber geit um 350—400, ünb im fogen. Martyrol.
Hieronymi (Acta SS Nov. tom. II, 1 p. [1—192]). 3n gnec^ifd^en ÜRenologien, so
l8. in bem be$ Saftliu« 5ßor))tarog. (Migne 117 col. 597. 601) unb in bem Menol.
Sirleti (Canie. ant. lect. ed. S3a«nage 111, 1, 460 sq.) ift unfer !gr. mit bem 3Jlär*
tt^cet unb 89ifc$of öon ©irmium gleiten Flamen« au« ber ^t 2)ioclctian«, toeld&er in
jenem f^nfe^en Äalenber no$ einfam unter bem 6. Sfyril fte^t (Acta SS Nov. II, 1
p. LV), fo brüberiidfr unter bem 23. auguft $ufammengeftellt, bafe ber Serbad^t einer 66
Uebertragung ber SWärttjrertoürbe bon einem %x. auf ben anbern faum ab$utoe$ren ift.
Ütyofy, Xertudian, @ufeb unb biele f^äterc, toeld^e ©elegen^eit Ratten, e« m bemerlen,
au? Scatariud bon HRagnefta, toeld^er toa^rf$einli$ auf ©runb ber bon tym gelefenen
Vita Polycarpi ben 3r. ate SBunbert^äter neben ^Jol^lar^, %abxan bon SRom unb ß^rian
bon ÄarÖjago fteöt (III, 24 p. 109 ed. »lonbel bgl. 3Ä@ 11, ©. 454. 457), fötoeigen eo
408 dfreitSit* Mit S^ott
bon feinem Martyrium; unb alle 3lnftrengungen bon HRaffuet (diss. II, §31 — 40), baS*
felbe $a betoetfen, toaren eitel. 3luS ber 3*ü "<*# feinem (gingreifen in ben Dfterffcreit,
h)el^nac^bem3[mtöantritteS8ictoröi)on5lom(a.l89)unb noety unter SommobuS (f 192)
fällt, fefylt jebe Spur feine« SBeiterlebenS. SBctyrenb über biefe 3)aten eine ernftli$e 9ReU
6 nungSberfd&iebenljeit ntcfyt entfielen tonnte, ift ber Streit über bie ©eburtSjett unb SebenS«
bauer beS 3>r. bis tyeute no$ nid&t gefd&lid&tet. Sßctyrenb $obtoeH unb ©rabe, in neuerer
Seit am beftimmteften ber Unterzeichnete bie ©eburt beS 3r- te™ Anfang beS 2. 3a^t»
fyunbertS mefyr ober toeniger nafyerüdfen, tyaben 9Raffuet, Qxqflxt, StyfiuS, #arnadf fte näfcr
an bie SJlittc beS gatyr^unbertS tyerangerüdft. ©ine mittlere Stellung nehmen XiHemont
10 („frütyeftenS um 120"), unb 2eimbad& (c. 126) ein. 3)abei totll jebocfc bebaut fein, bafc
man früher als baS $obeSja^r SßotyfatyS ba(b 147, balb 166 ober gar 169 annahm,
toäfyrenb fyeute als ausgemalt gelten barf, bafe Sßoltyfaq) an einem Sabbat^, bem 23. gebr.
155 geftorben ift. @S fommen folgenbe SKomente inS3etrad&t: 1. 3ft3tenäu$ 177 na<$
vorangegangenem ^JreSbtyterat 33tfd&of geworben, fo mufe er nadfc bamate tyerrföenber Segel
16 minbeftenS 40 %atyc alt getoefen, alfo toafyrfcfyeinlid&er bor als naefc 137 geboren fem
(3^n, tjorfd^. VI, 6. 28). 2. SrenäuS fagt, bie 2fyoIalty>fe fei nid&t bor langer 3ett,
fonbern beinah nod& ju feinen Sebjeiten (oyedbv Im xfjq fjjueceQag yeveäg), geaen
©nbe ber ^Regierung 2)omitianS geflaut toorben (V, 30, 3). Sßenn ber Sinn ber griectytfqjen
SBorte nid&t burety ben Sprachgebrauch feftftänbe, fo toürbe ftc$ boc$ barauS, bafe bieS um
20 185 gef ^rieben, SDomtttan aber 96 geftorben ift, bon felbft ergeben, bafc yeved $ier nityt
ben getoötynlicfc ju ettoa 30 Satyrn beregneten Ä^taum bejetc^net, innerhalb beffen eine
©eneration ber anbern ju folgen pflegt. @S fyet|t auc$ nifyt, tote ber Satetner überfe|t
fyat, nostro saeculo, fonbern be&eicfynet bie mit ber ©eburt beS Siebenben begmnenbe
3eit. 9hm ift „beinah" ein relatiber Segriff, unb offenbar ift bie rtyetorifäe 3lbft$t, bie
26 Slbfaffung ber äpf fo nafyc ftrie möglich an bie ©egenloart fyeranjurüdfen. aber bei einem
SDtann bon nüchterner Sd&reibtoetfe tote gr., melier ftd& *. S. in ber Serec&nung ber
nod& nid&t 50 ^afyre 3*fu (3° 8> 57) a& e^nen nur Ju ffcuputöfcn Steiner jeigt (II,
22, 6 irrationabile est enim, omnino viginti annos mentiri eos), ift nidpt ongu?
nehmen, bafc er fo gerebet fyaben toürbe, toenn er 40—50 ^a^re nad^ c. 95 geboren toare.
so 9to$ biefer ©teile aÖein mö^te man efyer mit 3)obh>ell an 97 ober 98, ober mit ©rabe an
c. 108, als mit SDtaffuet unb §amadf an c. 140 ober gar mit Regler an c. 147 benlen.
3. 3» feinem 93rief an glorin (Eus. V, 20 5) fd^reibt 3r. : eloov ydg ob Ticug ixi är
h xfj xdxco 'Aoiq nagä IIoÄvxdQncp, Xafjmg&Q JiQdaaovra h xfj ßaodixjj aiifj
xal jieiQcbjuevov evdoxijueiv nag' avreo. $ie$ Reifet nid&t nur, bafe glorin bamafe
86 eine Stellung am laiferlid&en $of innehatte, fonbern bafc %x. i^n in ©mtyrna in biefer
Stellung ftd^ f)at belegen fe^en, ba| alfo glorin fid) im ©efolge beS bamald in Sm^rna
h>eilenben Äaiferö befunben ^at. 3)iefer Äaifer !ann nid&t Slntoninu« 5ßiu« (138 — 161)
geftefen fein; benn bafür, bafe biefer als ftaifer jemals bie $robin) 3lfien befugt
|abe, fe^tt jebeä 3^0"^- Selbft bafe er um 154 in Sllejanbrien unb Sfottod&ien getoefen
40 fei, !ann man bem un^uberläfftgen SlalalaS (XI, p. 280) angeftd^tö bon Capit. Anton.
5, 4—5 ; 7, 1 nid&t glauben. ©3 ift alfo, ba 9Rarc Slurel, bor beffen ^Regierungsantritt
?ßol^lar^ ftarb, ^ierburd^ auägefd&loffen bleibt, Äabrian gemeint, ©iefer ift 123 unb toie*
ber 129 in ber Sßrobinj getoefen, bei lefcterer ©elegen^eit unter anberem in @}>$efu$ unb
Saobicea, toa^rfd^einlid^ auä) in Smtyma ($afyn, %ox\ä). IV, 278). 3)ie Begegnung beS jungen
46 %x. mit ^lorinuS in Sm^ma bat alfo 129 ftattgefunben. 3Rxt Unrecht fyat man bagegen bie
ßrloä^nung beSfelben glorin in bem Schreiben beS 3r. an SBictor geltenb gemalt (oben
S. 405,2o). ©in SMann, meiner fd^on 129 eine bienftlid^e Stellung am $ofe tnne ^atte,
fönne nid^t nad^ 189 nod& ein gefährlicher Äefter geh>efen fein, ju beffen Serurtethmg
SBiftor aufgeforbert h>erben mufete. aber 3r. rebet bort bon glorin nur als bon einem
60 Sd&riftfteHer, beffen Schriften in ©allien Schaben anrieten, unb beffen Schriften Bictor, ber
baS bisher berfäumt l)at, aus ber ßircfye betbannen fod. aßenn^r. f^ltefelidi bem JQeruS
juruft: „Sieltet (ober rüget) ben, ber Solches gefd^rieben ^ot", fo forbert er ein Ana«
tfyema über ben ehemaligen römif^en ^reSbl^ter. Statt beffen muftte er äbfe^ung unb
©gfommunitation beSfelben forbern, h>enn er nod? lebte, ^lorin !ann unb toirb alfo ge»
66 räume 3eit bor 190 geftorben fein. SBenn nun %x. fagt, ba| er 129 „iux$ ein jtdis"
toar, fo toürbe bieS an ftd& fogar auf ein Sllter bon 20 unb metyr galten gebeutet teer*
ben lönnen (Eus. h. e. VI, 8, 5cf. 3, 3; 8, 1 ff.; vita Const. II, 51,lcf. I, 19,1;
Galen, ed. Äütyn XIX, 217), jebenfaHS aber h>eift unS bieS nid&t ins ÄinbeSalter. SBaS
3r. £unä$ft in Sejug auf jenen 3*ityunft bon feinen Srinnerungen an bie $rebigten
eo unb SebenSgetoo^npeiten $ol^!atyS mitteilt, fe^t borauS, ba^ er bamalS minbeftenS 12 bis
^renalis tum £t)on 409
15 3a^t dt, alfo c. 115 geboren toar. SSon ba au« ift [eine Stu&erung über bie Sipo*
lafypfe begreiflich — 4. 3r- M °b*x nic^t nur toorübcrgefyenb im 3a!?re 129 @elegen$eit
fld&abt, ben Sßofyfar}) gu fyören; er erinnert ftcfy an SBorte, toeld&e *Poltylarp fyäuftg ju
toiebcr^olen bie ©etootyn^eit fatte, unb fpricfyt fcon ben bamal« empfangenen ©errungen
al« folgen, bie tym fcon !gugcnb an (Ixnaidös) $u teil getoorben unb mit ber ©eeleö
jugleic$ getoad&fen feien (§ 5). SDa nun bie (Erinnerung an empfangene Untertoeifungen
mit bat 3afyren nid&t ju toad&fen, fonbern ab$unefymen pflegt, toenn bie Unterteilungen
md)t fortgefegt unb toiebertyolt toerben, fo folgt, ba& 3>r. unter bem Einfluß $oltyfarp«
al« feine« 2etyrer« fcom Anaben ober Jüngling jum 2Rann fycrangetoad&fen ift. Gben bie«
beftättgt feine 3(u«fage über Sßoltyfarp im §aupttoerl (III, 3, 4) Sv xal f^ieXg ecogd- 10
xa/i£v Iv ijj jigwTfl fifi&v fjXixiq. Äann biefe 3llter«angabe felbftoerftänbucfy nid&t ba«
friü&cjie ÄinbeSalter ettoa bi« jum 7. ga&r bebeuten (cf. Iren. II, 22, 4 ; 24, 4), fo !ann
ykxia nur bie getoötynlid&e 33ebeutung „älter be« 6rtoa<$fenen" fyaben, unb na$ einem gleich
falfe gctoö&nlic&en, aud& bem %x. geläufigen (Sprachgebrauch (II, 25, 5 cf . Clem. hom. I, 1)
begeidptet i} tiq. fjL ba« jüngere 3Ranne«alter, toelcfce« im Altertum bi« in bie öierjiger 16
Safre au«gebefcnt tourbe. ©$on 129 l;attc für %x. bie $t\t feiner Sele&rung bur$
$otoIarJ> begonnen, unb fte !ann ftd& bi« um 150, ettoa öon 15.— 35. £eben«ja$r er*
ftreert ^aben. 5. 6ben bie« ergiebt ftd& auc& au« berfc^iebenen angaben be« 3>r. über Se=
{errungen, toelcfye er burefc anbere 3lpoftelfd&üler in Slften empfangen fyat. 2lllerbing« be*
bürfen bie oft jufammengeftellten Fragmente ber „Seniores apud Irenaeum" fefyr ber 20
Sichtung. @« bleiben aber nai) ber ftrengften ©icfytung gtoei Stbfd&nitte übrig, in toclc&en
3r. über münbli^e Vorträge jener Sßre«btyter berietet, toeldje er felbft gehört fyat: IV,
27, 1 — 32, 1 unb V, 33, 3—4. 33on einem beftimmten Vortrag eine« apostolorum
discipulus (IV, 32,1, toogegen IV, 27,1 nic&t ftreitet) jagt er IV, 27, 1 audivi
a quodam presbytero, unb er befd&reibt in oft toieberfyoltem ^mperfef tum, toeld&en25
Sinbrucf er bamal« fcon biefen unb anberen ätynltc^en Vorträgen empfing (befonber« IV,
31, 1 : talia quaedam enarrans de antiquis presbyter reficiebat nos et dioebat).
8n ber anberen ©teile fügt er ber Slnfüfyrung einer e«cfyatalogifd&en ^rabition, toelcfye er
auf perfönlic^e ©#üler be« go^anne« jurücffü^rt, bie Semerfung ^inju (V, 33, 4) : ,,$te«
begeuat aber beftätigenb aud& Sßapia«, ber ein £örer be« ^o^anne« unb ©enoffe be«90
tyoltpatp getoefen, ein 5Wann ber alten geh, in f^riftlid^cr gorm im feierten feiner
Sü^er". ©<^on ^ierau« ergiebt ftd&, bafe gr. jene Überlieferung nic&t au« bem SQSerf
be« $a)ria3 gefd^öpft, fonbern auf münblid&em SBege empfangen ^at; öoDenb« betoeift bie«
bte toeitere Semerfung, bafe ^japia« biejer Srabition noep ein 3toi*g*fpräd& jioifd^en 3^fu«
unb 3*iba« hinzugefügt ^abe, meldte« alfo in jener münblic^en Mitteilung ber $re«btyter 85
nic^t entbalten ta>ar. 9!un fagt aber %x. unb alle fonftige Überlieferung nur feon einem
einzigen aWitglieb be« Greife« jener älpoftelfd^üler Elften«, feon ^obfarp, bafc er ein un=
getoö^nlid^ ^o^e« 3Uter erreicht ^abe. ©inb bie übrigen beträchtlich früher, alfo ettoa t>or
145 geßorben, fo mufe %x. bor biefer $c\t jene Setyrer mit SSerftanb gehört fyaben. —
6. 3" bem ansang be« Martyrium Polycarpi in einer s3)io«Iauer ^f., toeld^er fogut 40
toie getot^ üon bemfelben „Sßioniu«" ^errü^rt, loeld^em toir eine öor 400 toerfa^te Vita
Polycarpi toerbonfen (Patr. ap. II, p. 168; 3ß© II, ©.454 ff.; ©g3ll882 ©.289ff.),
trab unter Berufung auf ©Triften be« %x. berietet, ba^ 3r- Jur S*ü ^ %o\>^ be«
$ofytaxt> in 9tom al« Se^rer t^ättg getoefen fei unb burefy eine trompetenartige Stimme
\xm bem in ©m^rna erfolgten %oh feine« Selber« am Xage unb in ber Stunbe biefe« 45
feeigmffe« benac^ric^rigt loorben fei. SWan mag über biefe lefete 2lngabe, toclcfye be^
bmntlU^ )u allen Reiten i^re«gleid^en finbet, beulen toie man tmu, fo befte^t fein SRed^t,
ben Äcrn ber Slad^nd^t )u bejtoeifeln. 35ie betaillicrten Slngaben über ^ßol^farp« 93efuc^
in 3tom )U Oftern 154 (Iren. III, 3, 4; befonber« aber im 3Wef an 2?ictor Eus. V,
24,16—17) flammen Don einem ÜRann, toelcfyer bamal« in 5Hom antoefenb toar. 2)ie w
Waäjmfy be« ,,$ioniu«" beftättgt bie näc^ftliegenbe annähme, ba^ 3r. bort ©elbfterlebte«
beruhtet Sie bie Angabe be« „^Jioniu«" öon ben fonftigen Überlieferungen über ^r.
unabhängig ift, fo beftättgt er aud^ in unabhängiger 2Bcife bie toorfte^enben ^Beregnungen.
ß« ergeben jtcb aljo folgenbe Slnfä^e: $x. geb. c. 115, in ©mtyma unter bem bortoiegem
ben ©inpu| ^ol^iarp« auftoa$fenb unb nod^ al« junger Wann mit ober ol;ne Unter« 55
brecjpungen lebenb c. 128—150, in SHom fpäteften« 154, $re«bt;ter in Styon bor 177;
Äfc^of bafelbji bon 178 an, äbfaffung feine« §aupttoerfe« c. 185, Senbf ^reiben an
Sictor c 190, geftorben nic^t gu lange barnac^ im Sllter öon c. 80 Jahren. 2)ie Her=
teüung fetner manniafaltigen litterarifd^en 3^ätigleit auf ben Vauf feine« Seben« ift un-
mogli^, folange niqt bie Verlorenen ©Triften toiebergefunben ftnb. w
410 ^renalis t>on £90«
III. 3ur GfyaralteriftifbeS ^renäuS. ©^on bie SWannigfoltigfett feiner
Seftrebungen, tueld^e fcorftefyenbc Überfiel Deranfd&aultcfct, Verbietet e$, fcier eine Jtarftellung
feiner Ideologie unb feiner Äircfyenpolitif ju fcerfud&en, jumal eine einigermaßen befrie*
bigenbe in ber Sitteratur über 3*. bisher noefy nid&t fcorfyanben ift %üx bie Beurteilung be*
6 fd&on fcon §iW)oty* (refut. VI, 42. 55) unb IertuDian(adv.Valent. 5), ober auc& bon ©ufebiu*
trofc beffen Slbneigung gegen ben d&iltaftifd&en ©cbanfenfreiS ftetS mit größter Styrerbietuna
genannten Äird&enlefyrerS unb Äird&enmanneS ift eS ungünftty, baß tob: außer ben bürf-
tigen Brud&ftüdfen feiner meiften Schriften fcon tym nur etn polemifdjeS SBerf beffeen,
unb au$ biefcS größten $eilS nid&t metyr im Original SBir lernen tyn $ter bor allem
10 als einen fc&tagfcrtigen Berteibiger ber tirc$lic&en üe&rüberlieferung gegen bie „fälfölt^"
fogenannte ©nofiS Fennen. Bergleid&t man tyn mit ben @c^riftfteuern ber @$ule, auS
tocld&er er fyerfcorgtng, mit einem Sßal>iaS ober Sßofyfafy, fo empfängt man einen ftaTfen
ßiitbrucf babon, baß 3r- mit treuefter 2lnfyängli(|feit an biefe fc$li<|ten, tetltoeife fogar
bejdfjränften Männer eine ungemeine Smpfänglicfyfeit für bie berfd^iebenften tym &ugäng*
16 liefen BtlbungSelcmentc berbinbet. 3je Weniger er mit außerftr$lic$er ©ele^rfamleit prunrt,
umfome^r überraföt bie SüHe ber Bctoeife bafür, baß er trofc feiner frühzeitigen Unter-
ftedung unter ben !irdf)lic$en Unterricht ftd& eine ad&tungStoerte todtli^e Ȇbung ange*
eignet tyat. 6r toitt fein $l?ilofoj>Ij fein, aud& ntd&t fietyrer einer „barbarifefcen ^tlofo^te",
tute bie Styologeten fcon SlriftibeS bte ßlemcnS; aber toie $od& überragt er fte alle an ge*
ao funbem Urteil, an Schärfe beS ©ebanfenS unb Älar^eit ber 3)arftellung ! 3*- *ft k*
erfte ©d&riftftetler ber nacfyapoftolifd&en geit, bem ber 9lame eines Ideologen gebübrt
Sßenn entftge Bcfd&äftigung ntit allerlei ©egenftänben unb Urlunben beS d^rifUkpcn
©laubenS, frorin ©ufebiuS unb £ierontomuS ©roßeS geleiftet fytben, noc$ nic&t jum
Geologen macfyt, fonbern nur eine in ftq $armonifd&e, auS ben eigentümlichen ^ßrin^ipien
26 beS d&rtftlid&en ©laubenS enttmdfelte ©efamtanfd&auung bon ben Schiebungen gfetjtyen
®ott unb Söelt, fo läßt ftd> 3r. nur mit DrtgeneS unb Sluguftin dergleichen. Xt^anaftuS
unb ßtyrill lommen als Geologen neben biefen SWännern gar ni$t in Betraft SBaS
aber Steinertyaltung ber Geologie bon frembartigen (Sinflüffen anlangt, übertrifft 3r- tfe
alle. Silier aj>rioriftiföen ©pefulation abfyolb, in ben 3tyatfa#en ber Offenbarung tounehtb,
ao fucfyt er bie gefamte bem 3Jtenfd&en unb Gtyriften htnbgetoorbene, auS ber ©mgfeit ffießenbe
unb in biefelbe toieber etnmünbenbe (Snttoicfelung öon ber ©ctyöpfuna bis p JRiOentum
als ein lernbegieriger Schüler ber Offenbarung teleologifd^ ^u begreifen. 9Benn SufebtuS
unb ^ieron^muS betlagen, baß er ber no$ älteren Slutontät etneS $a(>iaS folgenb ber
c^iliaftifd^en Se^re ergeben getoefen fei, fo muß man nur bie fyaltlofen unb oben 3^or<
86 ftellungen biefer i'e^rer beS 4. 3^rl9wnbertS öom Ausgang ber 3)inge fu^ t>ergegentoär*
tigen, um ju erfennen, baß ^r. lebiglid^ bie ur$riftli$e @S^atologie feftge^alten ^at,
ofyne tveld^e ein einheitliches unb bod^ juglcic^ toa^aft c^riftlid^eS ©üb ber SBelt* unb
OffenbarungSgefd^id^te nid^t gu ftanbe fommt. JUS bie p^rtaif$en Sauern mit t^ren
fanatifd^en uBetSfagungen unb ihrer finfteren Sußprebigt bie forty fetner ^eimat unb
40 balb and) bie gan$e Sfyriften^eit aufregten, ^at 3t. bie Seftnramg nic^t i>erloren. ®r ffat
im SmHang mit feiner ©emeinbe unb tyren im ©efängniS Itegenben Ronfefforen ben
römijd^en Sifd^of ©leut^eruS batoor getarnt, eine religiöfe Setoegung, toel^e an toert«
DoQe ßrbftüdfe ber Styofteheit anfnü^fte, ungeprüft ju berbammen (bgL $afyti, St»Ml-
V, 43—47). Sr ift ber StuSjc^reitung ber „3lloger", h>eld^e im ®egenfa^ p SKonta*
«6 niSmuS alle ^ropbctie unb baju baS Sud^> ber Hpofafypfe aus ber Äirc^e berbanitt toiffen
tooQtcn, fd^arf entgegengetreten. 9lber er ift fein TOontanift getoorben. @r fyd caid) in
feiner Beurteilung beS ^eibnifd^en &taatä nid^t bie Sinie tKrlaffen, todtyt Itafu* m*
5ßauIuS öorgcjeic^net ^aben, unb toeld&e aud^ bie Sl))o!al^fe beS^o^anneS, tmeSr. richtig
erlanntc, ni*t überfd&ritten ^at. 35aS römiWe SReid^ ift tym fotoenig baS beS Sntu&nßS,
60 toie bie SBelt unb baS gleifdj beS Teufels tft. — 3lu4 als SKarni ber Kn$U<$en ^Jws»
ift 3^. m$t leidet gu überfc^äfeen. 2LUr befifeen feine $rebigten nic^t me^r; aber baß
fd)on 150 3^re nac^ feinem Stöbe eine Sammlung berfelben toor^anben toar, fiebert i^m
eine erfte Stelle in ber ®ef$i$te ber $rtftli$en $rebigt. 3r- ^ernte Äeltifd^, um ben
Reiben in unb um 2t>on baS Gt>angclium na^e ju bringen. 2)arum gebührt i^m eine
66 (S^renftede in ber ®c\d)\d)U ber W\\[ion. £ie treue Erfüllung ber ^fli^ten, tod^e fein
in enge räumliche ©renken cingefd^ränfteS 3mt unb fein entlegener JJitöoteftfc i^m auf»
erlegte, tyinbert i^n nid^t, baS 3Bo^l unb Sßetye ber gefamten Äirty auf bem fyqen
m tragen, unb in bie fte erfd&üttemben Belegungen toirffam einzugreifen. ®r tft in
ätom tüte in Sp^efuS ju $aufe. Sie tuelfad) burd^blicfenbe Sorltebe für bie ilm^e fetner
00 ^eimat mad?t i^n nid^t blinb gegen bie in ber Sage unb ber ®ef$i$te SlomS begrünbete
ftrniittft »Ott £i)ou 3ren5ttS, (S^riflo^f| 411
berVorroaenbe Sebeutung unb ben befonberen 8eruf ber römifd&cn Äirctye. 3n ber Öfter*
frage mfct er ftdjf Von ber heimatlichen Sitte lo3, toeil er bie abtoeid&enbe Sitte be$
Jbenblanbeä bem SBefen unb 3Rittefyunft ber d^riftltd^cn Dfterfeier, ber jäbrüd&en $oc§*
fder ber (Suctyariftie angemeffener fanb. Slber mit rücffkfytslofer @ntfd&loffen&eit tritt er
ker Überfettung folcfcer ©ifferenjen unb ber mit Untoiffenfyeit gepaarten äfamafcung be$ &
$ot>fleS SJictor entgegen. SHe gintyeit ber Äird&e, um bercttoillen er bie &au»>tfäd&lic& burd&
bie Succejfton ber 8tfc$öfe in ben großen 3fyofteI!irc$en getragene Srabition fcocfcfääfct,
\)ti na$ 3r. |ur 2eben*bebmgung eine grofce greift unb SKannigfaltigleit ber lird&lid&en
9tau$€ unb bte gegenfeitifje Unabtyängigfeit ber autonomen AUrtyenfötyer. Sie größte
Öefafc aber für bte gin&ett ber Äird&e erblidft er näc^ft ber ftälföung ber Se^re burdfc 10
bie ©noftiter in ber alle« uniformierenben SRec^t^aberci, mag fte bei einem iQuartabecU
nana 8(afht* fu$ finben, ber in SRom ber bort berrfd&enben Dfterfitte ftd& ntd^t fügen
toodtc, ober bei bem römifd&cn 8if$of 8ictor, mit toeld&em er in ber äußeren Sßartei*
fWIung in ber Dfterfraae übereinftimmte. 3)urd& biefe auf innerfter Überzeugung bc*
rufcnbe, Don ben Deutlichen 3KotiVen ber ftreitenben Parteien unabhängige Haltung15
in ben ftr$lt$en Streitfragen feiner 3eit ^at biefer ftreitbarc Styeolog bod&, toie SufebiuS
(V, 24, 18) Am nad&fagt, feinen 9lamen StwäuS jur 2Batyrfycit gemalt. ©r tyat ben
graben ber Ämfc im Streit gefugt. 2Benn er ben ©nttmdfelungägang ber Äirc&e
toeber bur$ eine tvhriffame SReaftion aurücfgejd&raubt, noefy burc$ ej)o$cmac$enbe ©cbanfen
tan einen toefentlic&en Stritt Vortoärt* gebraut fyat, fo $at er bo$ in breifac^cr 8ejiefyung 2°
mefr geleistet, alä vielleid&t irgenb ein Äirc&enle^rer ber erften brei Sa^rbunbertc. @r
(tat Viel bagu getyan, bie Äirc&e ju föüfcen, erften« gegen ben jerfeftenben (Sinflufc ber meift
unter bem Serfmantel ber äußerlichen 3ugefyörigfeit jur Jtird^e ftc$ einj$(ei$enben Spefu*
lationen ber Valentiniamfd&en Sd&ule, jtoeitenS gegen provinjiale (Sngfyerjigfeit unb baue*
rifefcen ganattemuS, brüten* aber aud& gegen bie ©elüfte be$ römifd&cn Stufte na$ einer Ä
beftwttfcben UniVerfal&errfcfcaft in ber Airtye. ty. go^n.
3froti«0, 6&rifio})$, ftlacianer, geb. c. 1522, geft. 1595. — fiitteratur: 9?aupad>,
Pmbyterologia Austriaca, <S. 69—73, bid jefet bie befte ©iograptjie mit reichhaltiger, aber
Bicfet ganivoUftänbiger Bibliographie (ugl. ben 9tod)trag in töaupad), 3n)iefad)e 3 u gäbe, @. 43) ;
£euffelb,Historia Spangenbergensis, 6. 37 f.; «uSerlefcnc tf)eol. Bibtiotbef 59 21., ©. 1657; 90
flanf, 0kf4i(tte be* proteftanti|d)en fieörbeöriffö 5, 333, 422; Söibel, ^o^cnlo^fcfte Äird)ens
unb »ff. 9. 1, 599; Xb. @tub. a. SÖürttb., 1880, 271; Shrumdaar, bie ^raffd). ^an^fetb
im »ef. Seitalter, 6. 353; $reaer, 3K. fJlaciuS, 2. Söb., 36T^ 19, 3 ff., 2 18 ff.; $. »erf,
«rtmtttngdütteratur b eo. ». 3)eut|d)l., 1, 302 ff.; Hb$. 14, 582, »ud^walb, *&ittb.
Crbiniertenbu*, 1, 82. 86
(fytßo)^ Srenäu«, beffen beutfd^er 9lame nod& nic^t feftfte^t, tourbc ju Sd&toeibmfc
ettoa im Sommer 1522 geboren, benn im 3Rörj 1592 nennt er ftd) prope septuagenarius.
9btd bef^eibenen 8er^äUniffen hervorgegangen, befugte er bodfr bie Schule be« öon i^m
^oe^xre^rten Xro^enborf in ©olbberg unb ftubierte h)o^( in Wittenberg, Wo er vielleicht
ab Christoff eni8 Harem Schuidnicensis im 3}la\ 1544 inftribiert tourbe (^örftemannn, 40
«Ib. 8tt*. 212). a3a&rfc$einnd& nötigten i^n feine befdjränfteu ÜWittel, balb einen Sd^u(=
bienft }u Jucken. 1545 bte 6nbe 1547 toar 3jr. Sleftor ber Schule in Sernburg
(3. 0. Cberrfcin, 1899, 141, 2Bafferf»)iegel 8 f.). am 4. 3an. 1548 aber empfahl i^n
SteiaiK^t^on, naebbem er au$ unbefannten ©riinben von Semburg fteggefommen tt>ar,
ab Sc^ulmeifter nad? Sd^h>einfurt, inbem er von i^m rühmte : scribit solutam ora- 46
tionem et versus satis feliciter. ^r. foQte ftd^ ^erfönlid? bewerben, aber bie Sac^e
jerfalug fu^. <§x übernahm ba« SReftorat ber Schule in 3lfd^er«leben, toaS i^n tvo^I
betoog, am 17. Äebruar 1549 bie 3Jlagifterh)ürbe in Wittenberg &u ertverben (Äöftün,
9acca(. unb Stagtftri ber Univ. ffiittb. ju 1549). 31m 6. Sej>t. 1551 verehelichte fic^
3r. nrit 3tenef lo^ter be« berühmten Steftorö ber ßtviefauer Schule ^5et. s^lateanu«, ber w
*om 21. Äug. 1547 bis 27. 3an- 1551 Superintenbent in äfd&eräleben getvefen tvar
(Jabian, SW. ?J. $Iateanu«, gtoiefauer ©^mn.=^rogr. 1878), übernahm .s^erbft 1552 ba«
l*afonat, tve^alb i|nt Sugen^agen am 2. 9lov. 1552 orbinierte, unb rücfte 1559 jum
In^tbiafonat Vor. $ier begann er in ^rebigten baä 3(poftoIifum ju bcbanbcln, h>oraud
jene« umfaffenbe fflerl ertouc^': ,,Symbolum Apostolicum, ba^ ift bie 3lrtifel unfere«66
^eiftüc^en ©lauben« ausgelegt" (ber erfte) 1562 25. 3uli, 140 »l.; „ber anber 2lrt." 1562
10. «ug., 166 81; „ber britte 3lrt." 1562 29. Sej)t, 240 81. (nur Vom W. ©eift);
gcrtfdwng „Äirc^, Sememe ber ^eiligen, Vergebung ber Sünben", 156:1 29. Sept.,
444 8L; w«uferfle^mg be« gleite«" 1565 1. «lai, J160 81. ; Siegel be* etvigen
ScfeciK 1572, SBibmung Vom 29. Sept. 1571, 414 81.; Spiegel ber fetten 1579 eo
412 dfrcnän*, (prifto^
2. gebr., 376 91. ©d&on &ier jetgte ft$ 3jr. als firengen Sutyeraner unb *Poletni!er
gegen jebe 3lrt öon „Äorrupteln," ft>e$tyalb er aud& mit feinen 8tmt3brübern in ©treit loa.
3m ftrüfyling 1562 ftmrbe 3r. al$ Pfarrer an bie ©t. Sßeter* unb ^autefinfc
gu ©töleben berufen, ft>o fein SanbSmann unb ÜRcntor §ier. SJtencel ©uperintenbent toar.
s ^ier hmrbe er als „gelehrter, treuer, reiner Setyrer beä ©efefce* unb gbangelii," aK „cfaifl*
ltd&er ©ferer unb allen Äorrupteln unb einfcfyleid&enben ©eften toibertoärtig, babei efc
baren Öebenä unb SBanbelS," bon ben ©rafen bon SDtanSfelb, tote bon ber ©emeinbe
tyocfygeföäfct unb mit ben 2lnfyängern be$ glaciud unter ber ^ü^rung bon 6tor. ©pangen*
berg befreunbet. ©nbe 1566 erbat \\d) £ergog ^ann 2ö^elm bon ©aepfen 3r- 3um
10 £ofl>rebiger, erft in Äoburg, bann in SBeimar. Ungern lie$ man tyn auf ein %atyc, mufcte
tyn aber f^äter bem §crgog gang überlaffen. 3jr. prebigte mit^ro^em^reimut unb fhraftc
ofync ÜRenfd&enfurcfyt fyocfc unb nieber, benufttc aber auä) feine emfhijjretcfce ©teDuna, um
ben Slnfyängern be$ glaciuS gu Sftmtern auf oer Uniberfttät, in ber flirre unb ber Ranglei
gu Reifen, ft>ic er felbft geftefyt (3h>eigüngige Sefyre ©eorgii Slutumni 1580), unb genofc
16 grofceä Vertrauen beim $ofe. 9Rit bem §ergog toar er auf bem Ältenburger ©efprä$,
21. DItober 1568 bis 9. SJtärg 1569, unb mit ber §ergogin auf einer Steife nac$ ©üb*
toeftbeutfd&lanb, ani) in 2rier.
SergebenS bemühten fid& Gfyemnifc unb SJtörlin, auf einer 3ufammenlunft gu Urnmem
borf, ^r. öon $laciu$ abtoenbig gu machen, tiefer eilte felbft na$ Strasburg, um fty
ao bon bem SKeifter genau über feine Sefyre bon ber Srbfünbe unterrichten gu laffen unb
fte fortan bis gum legten 3ltemgug unter ben fd&toerften Opfern unb Sebrängniffen gu
berteibigen , bagegen bie Senkungen älnbreäS um (Sinigung beS $roteftantiSmu$ unb Suä*
gleid&ung ber t$eologifcfyen ©egenfäfce auf lutfyeriföer Seite bon 1569 an in ©<$rift unb
Sßort mit fteigenber §eftigleit unter groben SBerbäd&tigungen unb Seft^impfungen Xnbreää
25 gu befämpfen. 33crgebltd& erföien 3lnbreä im gebr. 1570 felbft mSBetmar. &aä treiben
ber glacianer in S^üringen, bor allem beS %x., erregte ben Untoillcn ber ebangeüf^cn
dürften. Äurfürft griebriefy bon ber $falg Hagte am 10. 3lpril 1570 über tyr umgriffe
lic^eS diffamieren, SSerfefcern unb SSerbammen ; Äurfürft 3luguft bon ©ad&fen broljte mit Jtrieg.
3ofyann 2öilfyelm muffte bie beiben 35ialonen SRcinecfer unb ©untrer entlaffen, toetyrenb
so %x. als ©uperintenbent nac^ 9Reuftabt a. b. Drla berfeftt tourbe. ®ort futyr er fort, feine
t^eologifc^en ©egner in ^rebigten, ©riefen unb $ribatgefrrä$en gu berläftern, unb tottgerte
ftcfy, baS ^ergoglid^e SReffript gegen ba$ ©egänle gu beröffentlid^en. ^Ero^ig fefcte er
San. 1572 bem Äonftftorium bei einer 3)tögiplinarunterfud^ung großen SBtberftanb ent»
gegen, mttoid) enblic^ „nocte silente" bon feinem 9lmt unb begab ft$ nac^ 3Ran#felb.
86 Jpier h?anbten ftd^ bie alten ^reunbe unter ber ^ü^rung SMencelS bon ber ©at^e bed
§laciuS ab unb tourben bafür bon S^mtf unb ©pangenberg auf« H^öPe öngegriffen,
fo 3Rencel 1574 unb ©. §erbft 1580. 2)ie Jenaer Ideologen fd^rieben gegen 3^. „S8om
glidtoerf 3R. 3renäi" 1572. ftlaciuS eilte felbft gerbet unb $ielt unter Seilna^me be«
3r. am 3. unb 4. ©ej>t. gu 3Ran$felb ein ©efjJräd^ mit feinen ©egnern. 3mmer lüütenber
40 ftmrbe ber Kampf, immer heftiger erregten ft$ bie ©eifter au$ in ber 9ürgerj$aft, cd
Sab felbft Unruhen im ©otte^bienft. ^ule^t griff ber ßrgbiföof ©igtömunb bon SRagbe*
urg ate Se^en^^err ein. 2lm 31. 35eg. 1574 erf d&ienen 500 Sanbdftted^te, benen 3r- nur
mit §ilfc einer bome^men Sßittoe (h>o^l ber ©räftn) entrann.
35ie näc^ften ^a^re im i?eben beä %x. ftnb bunleL SBir toiffen nur, ba| er fk(
«6 fortan exul Christi nannte unb bis 1590 fkbenmal bertrieben ftmrbe. 1575 toeilte er
in ©Rieften, tourbc auf Setreiben ber Äird&enbiener a\x$ feiner Saterftabt audgekoiefen
unb gog nun nac^ Söcften unb ©üben. @ingelne ©puren ft>eifen auf einen auf enthalt in
Reffen (am §eUenberg=6Ilenberg, ft>o er 1578/79 ben „©piegcl ber fetten" fc^rieb) unb
am SRicberrtyein. Dftem 1579 tocilte er in JVranlfurt, ft>o er mit bem SReftor ^ktreptf
60 $erbcftanuS, bem (S^cnac^folger beS glaciu«, Serbinbungen fyatte. Äurge 3«t barauf fm*
er 3ufluc&* ^n t^nfen, too fein SKeimarer ÄoIIege SReinerf er bei bem £crm bon Graitt^eim
auf SWorftein in 35ünSbac^ 3lmt ©erabronn toeiltc. %x. tourbe mit feiner ©attin mm
Sber^arb bon ©tetten in bem na^en Sud^enbac^ im Sagfttfyal 9lmt itüngettau auf*
genommen. §ier „auf ber ©lenb^burg gtoifc^en Serg unb 3^al" führte ^r. ben Jbmtf
65 gegen Slnbreä unb bie nun boQenbete Formula Goncordiae in grimmigem ßofs unb
mit grobem ©dielten auf i^re SSerfaffer, Untergeid^ner unb 8efd^ü|er toeiter (SRerfity
^artifel ber längft gefugten gormcl ßoncorbien, 1580; ®jamen be« eqien ärtiW«, 1581X
Sine perfönlic^e Begegnung mit Slnbreä, tueld^e ©raf Sfcolfgang bon ^o^enlo^e gu Sängern
bürg am 6. auguft 1581 öeranlaftte, gofe nur 6l in« geuer. 3r. beflanb übel in ber
60 Unterrcbung, aber er fa$ je^t in Sinbrcä ben ftolgen Sirc^enfürften, ber in feiner Hutfd^e
drenfitt*, (n>rif»ort 3frlanb, tir^U^e Stattftil 413
bafcrfafce, unb föalt nur um fo mefyr auf ifyn. ©raf Sßolfgang, ben !gr. &« einem
9efu$ in granffurt toerläfterte, fann forttoä&renb auf SKege, um %x. au$ granlen gu
treiben, bejfen ©attin aber nod& in Sucfyenbacfy 1582 ftarb. Gfycmmfc, fttre^ner unb
Selneccer erliegen 1583 bie fc^arfe „Refutatio Irenaei. ©rünblic^er Seriell auf ba«
gramen." 6
SBie eine ©rlöfung fam @nbe 1582 ein Stuf an tyn al« Senior ber nieberöfterreic$if<$en
Äinfc na$ #orn bei 2Bien unter 93eit 2llbred&t oon ^ßue^eim, toofyin er mit feiner gtoeiten
Sattin Seronila 91 überfiebelte. $x. toar aber nic^t ber -Kann für bie tief gerriffene
äxmgeiifcfc &tr$e, too bie anhänget ber ßonforbienformel unb bie au« gang 3)eutfd&lanb
^ter^er geflüchteten glacianer einanber gegenüberftanben, unb lefctere trofc Sto. unb Spangen- 10
berg« ©arnung unter ber 2lnfüfyrung be« 3>oac&- SJtogbeburgiu« bie £efyre be« glaciu«
ton ber 6rbfünbe in toafynftrifciger SBetfe übertrieben unb fo bem gfacwntemu« ein nic^t
immbiente« 6nbe bereiteten, auf ©runb eine« ©utad&ten« ber 3lltorfer gfafultät fünbigten
enblty bie öfterrei^ifdien ©tänbe nad& einem 33ef$luf$ oom 12. äug. 1585 ben ftlacianern
auf. 3r. ftanb hneber tyeimatlo« ba. 35ie näd&ften ^a^re lägt fufj fein 3lufenttyalt nid&t is
nacfy&etfen. ffiabrfd&einlic^ fudjte ber gealterte 2Jlann no$ einmal in ©c^toeibnifc eine
Unterfunft, ber 9lat aber gebot tym, obtootyl er IranI mar, bie ©tabt nod& „bei ©onnen*
f$ein" ju Derlafjen. 3U^^ toanbte er fiefy toieber nac$ SuAenbad^ gu ©bewarb fcon ©tetten,
too er feine bretteilige $oftiQe gum SDruct fertig machte (SBibmung be« erften Steile Dorn
24. %m. 1589) unb immer no$ litterarifö t^ätig toar. 3nl 3rü^ia^r *595 bürfte er ao
«fbrben fein, benn am Sonntage 9Mifericorbia« toirb feine SBittoe im Sud&enbad&er
fca$enbu$ ermähnt ©ein ©otyn ift tootyl 2Bolfg. ^^näu^ bon 2Bei$burg (? SBeifienburg,
(Hfafc), ber am 23. Oft. 1577 bie Softer be« ftlactu«, 2lnna, efclitye Oßreger,
$Iacut* 2,527 Sinm.).
3renäu«, ein urft>rünglid& ebel angelegter, begabter unb tootylgeletyrter ÜRann, ber 28
große Ächtung unb grofcc« Vertrauen bei ben Männern feiner Stiftung genofc, ift ein
Opfer ber rabies theologorum geioorben. 9Jlit etyrlid&em (gifer fämpfte er gegen 9foia=
t^reiften, ©tynergiften, Slccibentiften für ba« „35evofttum" l'ut^er«, bie reine lutfyerifd&e
$dpt, aber feine Ideologie fcerfümmerte, ba bie flacianiföe ©rbfünbenletyre für tyn gum
^entralboama tourbe. 3m ^eftigften Jtambf für bie t>on ^laciud in ber §i^e be^ ©efed^te« ao
gemalte tlntoenbung be^ ungeeigneten ©ubftangbegriffed auf bie ©rbfünbe, Verbrauchte er
feine bepe Äraft im ©gelten unb Üäftern unb na^m innerlich ©d^aben. 6r öergafe, toie
freunbli^ fu^ SRelanc^t^on um tyn angenommen fyatte, unb ließ fi$ im §afe 0e0en
Inbrea unb beffen ©önner SBoIfgang toon §o^en(o^e teifö gur Unbilligleit im Urteil,
leite jirc Untoa^eit ^inreifcen. SEBo^l ^at fein „©Riegel be$ etoigen Seben«/' ba« befte 86
ferner <Srbauung«bü^er; brei Auflagen erlebt, aber fonft ^inberte er bie @rbauung burc^
feine fiarfen perfönli$en 9tu«fäQe (Vgl. ba« fd^arfe Urteil bon §. Secf a. a. £.). 9lom
bai ben Stann, ber ba« päpftlic^e gubelja^r unb ben gregorianifd&en Äalenber fd^arf an*
gegriffen $atte, im 3nbej gu ben autores primae classis geregnet, ©ein groge« SBerf
über bo« Symbolum Apostolicumbürfte für ben praftijc^en Ideologen Sead^tung öerbienen. *o
Äi feiner Schrift MDemonstri8<4 geigte er fi$ al« ec^tc«flinb feiner 3«t, bietet aber ben
Stoijinern manche 3la(fyx\i)t, bie no$ ber Prüfung toert ift. ($. koffert.
3re«er «oiferinf f. 33b III ©. 224, 25 ff.
drifffte ©c^ttiefiern ber Siebe f. 33b V ©. 392, 3 7 f.
3rl*«b, firc^lic^e SSer^ältniffe, ©tatiftif. — Shteratur: 9ianfer (Sitg»«
lifdje Qkf4i4te (bef 53b 4 u. 6); i8caumont, L'Irlande sociale, i>olitique et religieuse ($ari«
1881); ». ©offenfamp, ©ef*. Srlanb« bi« gu f. Union mit (Snglanb (ficipgia 1886); fjr. bc
9rejfen& L'Irlande et TAngleterre 1800-1888 OJtori« 1889); The official Year-book of
tbe Chureh of England, London, Society for promoting Christian knowlcdgc; Se^er u.
Seite, Statt). Äudjenlejifon. so
SHe Sefi^ergreifung ber Snfel burc^ Äönig §einrid^ II. fanb auf ©runb einer 93ulle
$abrian*IV. (eine« ©nglänber«) öon 1155 Qaff^ 10056) ftatt, burc$ loelc^e §ibernia unb
ab SRa^barinfeln bem erfteren gegen bie jä^rlid^e Ballung eine« S)enar« oon jebem
So^ngebaube ttbedotefen toarb. t)ie bonll71 an begonnene öefieblung unb Sefi^ergreU
fang bur# bte ßnglanber befc^ränlte ftc^ nur auf einen Streif an ber Dftfüfte unb erlangte 66
«folge ber 8anbe«abtoefen^ett ber meiften ©rofebeftfeer toenig 93ebcutung. 2)ie gort*
bona einer gegriffen Ober^errli^Ieit be« $a))fte« trug l^teju mittelbar au$ ettoa« bei, toie
414 dfrlattb, Krityidje ©totipt!
benn $<tyft ^o^ann XXII. ftd& bei Ä. ßbuarb II. über bie §ärte feinet Regierung in
grlanb beflagte ; bod& ba$ War fcergeblid&, mürbe bod& u. a. 1367 ben englif$en ftotoniften
unter Strafe be$ §oc$&errat$ verboten, einen 3*en ju einer geiftli^en $frünbe )u prafentieren
ober in ein Softer aufzunehmen k. 35ie abhängig! eit beS SanbeS bon ber 9tegterung ju £onbon
5 Warb nac$ ben SSerWirrungen ber Äriegc gWifd&cn „ber roten" unb „ber Wagen SRofe"
1495 Wef entließ geförbert burefy bie fogenannte SßotyningSafte, ein bom triften Parlament
angenommenes ©efe$, nad& Weld&em alle SSorlagen, bie an ba$ trifte Parlament gebraut
Würben, bortyer bom englifäen ©efycimen 9tat gebilligt fein müßten. 3m 16. %afyc*
fyunbert führte bie SoSreifcung ber englifd&en Äird&e bon ber Suprematie be$ Stapfte* bur$
10 $einri$ VIII. aud) in Dublin baju, baft ba$ Parlament SrlanbS 1536 bie päpfUty
Suprematie für abgefd&afft unb alle 3lppeuationen nad& Slom für berboten ; bie Seamten
aber, Weld&e ben SuprematSeib für ben Äönig berWeigerten, für £od>berräter erflärte,
Woran ftd& nod& anbete gfeftfteüungen ju ©unften ber $ur$fityrung beä angßfaniftyen
ßird&enWefen8 in allen Sßfrünben 3>rlanb3 fd^loffen. Riebet ertoied fiep ber Srjbiföof tnm
15 Slrmagfy aU be&arrlid&er Vertreter ber römijcfcfat£olifd&cn Sac^e. Sie für letytere fo
günftige 3toiföenJrit bvc Königin 3Raria, Der „Slutigen", 1553—1558, biente immerhin
and) jur formalen Sefeitigung ber päpftlic$en Dber$otyeit$anft>rüc$e. Denn na$bem f$on
1541 bur$ ©efefe ber Xitel eineä Dominus Hiberniae bur$ ben emeS fouberänen
Könige erfefct Worben War, erfannte aud& ber Sßapft 1555 bie UmWanblung 3tfanb* in
20 ein Königreich an. Unter ber R. ©lifabetb natjm 1560 ba$ Parlament gu Dublin bie
Drbnungen ber englifcfyen Staatäfird&e audj für Urlaub an, unb bunb bie Untformittä*
afte Würbe bie engl, ©otteebienftorbnung unb ba$ „Gommonpraberboof" eingeführt, jcbo$
bei ber Siturgie bie lateinische Spraye jugeftanben. Unter ben Sifööfen berWeigerten nur
$Wet ben Suprematäeib, WeSfyalb fte tyre Stellen berlaffen nutzten. 9)ie barauf folgenben
26 Grabungen triftet SSornefymer, geförbert burd& ftKtnifdpe ^nbaftonen, foWie Aufrufe unb
SBebolImäd&tigte ber köpfte, führten ju Weitgehender ©runbentetgnung gegenüber ben SJren
unb gu berftärlter SJefteblung mit (Snglänbem unb Schotten, Wa3 namentlich auefc infolge
ber unter Safob I. unb Äarl I. (fett 1641) erhobenen Slufftänbe ausgiebig fortgefefct
Würbe. 3[ebod& «P fcurc§ bie 3>nfuräftton gegen bie republtfanifcfce Regierung erhielt ber
30Äam})f jWifd&en 3ren unb ©nglänbem feine ^fte Schärfe. S)er erbarmungdlofen 9Keber*
h>erfung ber a\xi nationalen ft>ie religiöfen ©rünben unternommenen Slufftänbe folgten
in umfaffenberer SOBeifc Jtonfi^Iationen be£ ©runbbefi^ unb Äolonifterung bur^ prote*
ftantifc^e ßnglänber ; anbererfeitd berftärfte fic^ bie 9lu$h)anberung bon 3ren in ber^^
bene fat^olifd^e £änber @uro^a^. So tarn &, baß bei ber gefefeli$en Steuorbnung be*
85 Sobcnbeft^e^ buref) bie Sieblungäafte bon 1665 über gtoei Dritteile be* gefamten Soben^
im 93eft$e ber cnglifcben s}Rinber^eit, ettoa einem Vierteile ber SetJölferung, betätigt
ftmrbcn. 3la& ber friegerifc^cn Unterwerfung Srf<mb$ burc^ Ä. 3BU^e(m III. toatb bie
fortbauembe Sebingung be« SuprematSeibeS unb ber SBertoerfung be« SReftopfer* für
^arlamentdmitglieber unb Beamte (au$ für 9(bt)ofaten) l^rlanbd burA ba£ Sonboner
40 Parlament betoirft. 1727 tourbe ben triften Jtat^olifen ba$ altit>e 9Ba^(red^t für bad
Parlament be^ Sanbe^ entzogen unb bur$ ein ©efe$ bedfdben bon 1745 Würben bie
(Styen jtotfe^en ^apiften unb älnglilanern für nichtig erflärt. Sine Steige bon anberen
©efefcen unb SSerorbnungen beengte bie Setoegunggfret^eit bed Äat^olictemu«, j.S. bie föon
1896 erfolgte Seftimmung, bafi jeber fat^olifd^e ^riefter unb Drbenägeifttid&e ftc^ regifiheren
«6 ju laffen tyatte, unb ba^ foleber nur in feinem ßircfytyiele anttieren bürfe. So hm cd,
bafe eine ftatiftifc^e örbebung bon 1730 bie Slntoefen^eit t>on nur 1455 $rießem unb
bon 254 9J{önd^en in 51 ßlöftern ergab. ®eren Unterhalt erforberte bei bem gortbefte^en
ber gefyentlieferung bon feiten ber fatboUjc^cn ^ren an bie ang(Üanifc^e ©eifSic^feit eine
beträchtliche D^fertoiUigleit auf feiten berfelben, jumal bie 3^enter^ebung burd^ bie Z^&tig*
60 feit ber 3e$entpä$ter bielfad? befonberd brücfenb war. @3 War ba« ©ebiet bed Seftyl
unb (SrWerbtö, auf Welkem im legten Vierteil btö 18. 3^rfyunbert$ bie Sefettigung ber
ben 5lat5)oltfen mi^günftigen gefeilteren Seftimmungen begann, bid fc^rittWetfe für fte bie
bode ^olitifcbe unb ttrc$lt$e ©letAberec^tigung gewonnen War. 92ad^bem man 1778 ben
SrWerb bon ©runbeigentum ben Katboltf en erleichtert unb fcerföiebene Sefc^ränfungen erb«
66 rechtlicher 3rt aufgehoben ^atte, begünftigte bie im ftatyre 1782 erlangte Unabhängigst
ber irifd^en ©efe^gebuna bon ber &orberatung be^ englifc^en ©e^eimen State* bie ein*
beimifefce parlamentarijcbe Se^anblung öon ©efe^en fonfeffionetter Art föon tnfofern, att
Anträge unb ©efe$eft>orf$läge für bie Jtat^olifen eingebracht Werben tonnten. ($6 geföafc
bie« natürlich nur burc^ ?ßroteftanten. Sd^on ba« 3a^r 1782 fdlbft Staate nidyt nur
go grei^eit im Anlauf bon Sanbbef^, fonbern aud^ bie Sefeitigung bed Segiprieren« ber
dfrlanb, Rrdjlidje StatifKt 415
bimftberedjtigten ©eißßd&en. 1792 folgte bic Sluföebung be3 9Kifd^e^cntoerbotc« unb bie
Efiung ber Äat^olücn jur Slbvofatur, toeld&em Stanbe bann auefy ber toirfungSvotlfte
er ber fdt^olifc^en 3ren in ben folgenben %atyci*l}r\tm, D'Gonnetl, angehörte. Die 3"s
., ng jum 9efu$e ber Dubliner UniVerfttät, toenn au$ nid^t ju beten Diplomen unb
(graben, im $afyct 1793 unb bte SetoiHiaung einer Subvention für ba$ Spriefterfeminar 6
ju 9R<tynoot$ 1795 galten ber tyityeren ÜBilbung ber 5latt?oltfen be$ SanbeS. Die Se=
ttriüigung Von 8000 $fb. Sterl. für baä JtoQege Von 3Ratynootfy, eine Seifteuer, meiere
auefc bei ber Sereinigung be$ triften Parlamentes mit bem englifd&cn Von bem teueren
ntyt beanftanbet tourbe, toar ber erfte Staatebeitrag, ben bie fat^oliföe Äird^c in ^rlanb
erhielt, toätyrenb bie Sßreebtyterianer unb anbere SRonfonformiften, bie fiefy fyauptfä$lid& in 10
Ulftet niebergelaffen tyüttn, föon feit %atob I. eine beträchtliche jätyrlid&e 3ulage für
tyre $rebiger, „Regium Donum" genannt, erhielten, toeld&e fpäter jäljrlidj Vom $arla=
mmt fcertmUtgt tourbe. ©leic^falfö 1793 tourbe tynen ba« aftive 2öatylre#t für bie poli*
üfc^en unb gemetnblicfcn SBatylen toteber eingeräumt unb eine änjatyl Von Ämtern )u«
gänglty. Sin toeitereS Sntgegenfommen ber ©ejefcgebung tourbe Von minifterieQer Seite ib
bei ber Vorbereitung ber Sßarlamentäunion ^rlanbS unb Snglanbä, meiere im ^afyre 1 800
(Scfefe tourbe, ben ftaltyolilen in 9fo3fu$t geftetlt. Do# jog ftc^ bie (Erfüllung fyinauS,
befonoei* infolge bed SBiberftrebenS beä ftönigS ©eorg III., tocl($er eine (Srföütterung
ber Serfajfung (InglanbS unb eine Verlegung feinet $errf#ereibe$ in fol$er Snberung fafy.
Umfaffenbe Sffociationen in ^xlanh betrieben jebocfy eine lebhafte Agitation für bie 3lns ao
fpr&be ber jtatyolifen, mit freierer allerbingS gemeinhin infolge ber brücfenben Sage ber
2 pfiffen triften 2anbpäd&ter unb Arbeiter eine ftarfe agrarijd&e Setoegung fic$ Verbanb,
$e y$Uofe Störungen be8 Sanbfriebenä mit ft$ braute. Dies um fo mefyr, toeil and)
cm SJunb proteftanttfd&er Setootyner ber Snfel, bie Drange-Sogen, ftcfy gebilbet tyatte unb )u
gctoalti^ätiger Slbtoe^r Vorging. 3)ie fteigenbe Unjufriebenfyeit im Sanbe, burefc bie agita* 26
torifc&e Äraft D'ßonnelfö bebro^licfyer enttoidfelt, Veranlagte im^a^re 1829 ba3 umfaffenbe
©efefcjur Aufhebung ber Xeftafte für bie Äattyolifen, bur$ toeld&eä ibnen ba$ Parlament
unb alle Ämter außer ber Stelle beS SorbfanjlerS von ßnglanb unb be$ SiaefönigS von
»Wanb &uganglidj tourben, jeboc^ nid^t bie Stiftungen ber Univerfttäten unb fyöfyeren
Schulen, gür bte SSefefrung ber lattyolifd&en bifd^öflic^en Stühle aber tüurbc {ein Veto ao
bc* Äönigd m (Sinfü^rung gebradbt, um biefer flirre {einerlei offiziellen S^arafter ju Ver«
\dpfim, toie auc^ leine Dotation für beren ©eiftlid^leit befd&loffen lourbe. 3m $a&re 1838
aber toinbe ber ffltnt, toel^er in allen Rtrc^^ielen an bie anglilanifd^e Rxxty in ent-
rufaen toar, in etne toefentfiq geringwertigere ©elbfteucr umgetvanbelt. Die SSer^ältniffe
ber ®runbpa^ter unb Keinen £anbtt>irte geftalteten ftc^ infolge er^ö^ter $ac$tbeträge unb 86
^hifiaeren 3Ri^toac^fe^ Von ben 30er ^aljxm an immer brüdenber ; ^ugleid^ erlangte bie
po&tiföe Setoegung für bie 9luflöfung ber im 3a^rc 1^00 Vorgenommenen Union mit
Cnglanb eine )une^menbe Starte. Die Aufregung tourbe burefy O'GonneQd 9tepeal ägi*
tatiim auf« ^fte geftetgert, unb tvenn auefy mit beffen Verhaftung bie ©efa^r befeitigt
toar, fo blieb bo$ nad^ toie Vor im triften SSolt Erbitterung unb §a^ gegen (Snglanb. «o
Sai ber ©etoalt nic^t gelungen toar, Verfugte Sir Robert $eel burc^ freunblid^ed @nt*
gegenlommen, inbem er 1845 feine sJ)tatynoot^$3ill in^ Parlament bradbte, na$bem fc^on
ba« 3a^r juVor burefy bie S^antable 5Requeft^33tC( ben Jtatbolilen ba^ Stecht gegeben toar,
tyre Krn^e burd^ freitoiOige ©oben ju botieren, o^ne burd^ proteftantifc^e^ 2lufft$t$re$t
befcfaänft ju fein. $eel beantragte in feiner Öiü, bie ^ertoilligung für Wa^noot^ auf 46
26000 $fb.6terl. jä(?rltd> gu er^en unb auf ben regelmäßigen (Stat ju fefren unb au^
bem einen Beitrag von 30 000 Sßfb.Sterl. für Sauten ju geben, auc^ bie auffielt überl'etyre
«nb3)^«))lin bed Seminar^ ben lat^olifc^en SJifitatoren ju überladen. Die Stil ging mit
«ofcer Majorität burc^: aber e3 fteüte [xd) bei ben SJer^anblungen barüber unb ben jäfyr-
ud^ toiÄer^olten jtämpfen geaen biefelbe nur )u beutlid^ l^eraud, baß bie Maßregel nad^ so
feiner Seite befriebigte. Die fiat^olifen fa^en barin nur eine Heine 3lbf$lag£&abtung einer
großen S<^ulbf ein Seil ber Sßroteftanten einen Senat am £roteftantif<$en ^Jrinjij).
Übabieö führten bie Ser^anblungen ju Spaltungen im proteftantifc^en Säger felbft, fofern
bie Stffentert prinzipiell gegen jebe Unterftü^ung einer ßtrebe burd) ben Staat finb. G^
toar Üar, baft jebe toeitere Slufpilfe, bie man ber lat^olitäen Kirche jufommen ließe, nur 66
neuen Äampf hervorrufen, unb ebenfo, baß Die ^albe Maßregel nic^t auf bie Sänge ge*
sögen toürbe. SEBad aber fodte gefd^e^enV SRacaulav hatte geraten, ba$ jtird^engut, baö
bermalen im Seftfe einer Reinen Minorität be^ Solfe3 fei, gleichmäßig unter bie latyo*
üfc^e, bte proteftortitifc^epijfopale Kirche unb alle Diffentergemeinj$aften )u teilen. 9tie*
aber fonnte ertoarten, baß biejtird^e, bie faftifö unb rec^tlid^ im Sefifc bed Jtird^en- oo
416 Stfattb, Krdjlidje StntifHI
gute fear unb baju ftd& ben tbcalen Seruf einer 9Jtiffion$fir<§e für gam 3>rlanb jufd&rieb,
toeitauä ben größten Steil ifyreS ©uteS an eine Kirche toürbe abtreten toouen, toelcfc ftc für
grunböerlefyrt unb fdjäblic^ erflärte. Unb ebenfotoenig tiefe ficb eine folcfc Sföaferegel Don
bem übertoicgenb ^roteftantifd^en Parlament ertoarten, in toelcpem Diffenter unb Staat**
6 firc^lic&e toenigftenS in ibrer Abneigung gegen bie tatfyolifd&e Kirche ein« toaren. SBar aber
eine Verteilung be$ Kird&engutä unter alle Hirnen aufcer grage, fo blieb aU bur$gretfenbe
•Kaferegel, um atle Krdjltc^e Ungleichheit unb allen £aber für bie äutunft abjufc&neiben,
nur ba3 umgetebrte Verfahren : ber eingig befcorjugten Stirere ihre jßorred&te gu entjie^en
unb fo aüe Denominationen auf biefelbe Stufe ju [teilen, liefen ebenfo bun^greifenben
10 al3 turnen $lan toagte ©labftone in bie §anb ju nehmen, ber, im 3)ejember 1868 an
bie ©pifce ber englifdpen Regierung getreten, gleiq im erflen Parlament eine 33iD ein*
braute, toeld&e bie Sluffyebung ber triften Staatäfird&e beantragte ; trofc heftigen 98iber>
fpruc^S ging fie burefy unb erhielt als „Irish Church Act" am 26. 3uli 1869 bie fömg*
lic&e Seftätigung. 2)a$ ©efefc foQtc mit bem 1. 3anuar 1871 in Kraft treten. 3)te
16 baitytfäcfylicfyften 33efttmmungen biefer 3lftc finb, bafj bie trifte Kirche Don ihrer b&
fyerigen SSerbinbung mit ber engliföen Kirche unb bem Btacdt loägelöft unb ba$ Kir#en=
gut, naefy Scfriebtgung aller geregten unb billigen Slnfprüctye ber ^ntereffenten, na# 8e*
fälufi beä Parlaments (für nicfytfirctylicfye 3^e*e) bertoenbet toerben folle. 3ut ®unfc
füfyrung biefer ÜRaferegel toirb eine Kommiffion (the Commissioners of Church Tem-
20 poralities in Ireland) auf 10 %afyct eingefefct unb jtoar mit ausgebauten Salt
matten, fo jebocfy, bafe ba$ bon ber Kommiffion proponierte Verfahren bon bem tönig-
liefen geheimen JRat für 3>rlanb gut gereiften toirb. — 3lQe $atronatöre$te (töniglüge
unb anbere), alle geiftlid&en Korporationen unb aüe geiftlid&e ©erid&täbarleit unb fm^lu^en
©efefee (mit einiger Sluänafyme beä £eirat& unb @|egefefce$) työren auf, ebenfo ba3 Stecht
26 ber &if<$öfe, im §aufe ber SorbS ju fteen, nur bie Stangorbnung ber berjetttaen Sßrä-
laten bleibt, folange fie leben, Slnbererfeitä finb aud& befäränfenbe ©efefee aufgehoben,
tüte jene betreffenb bie Spaltung bon ©tynoben unb bie SSefugnte, SSefd&lüffe ju fajfen.
Sei ber Trennung ber Kirche Dorn Btaat bleibt bie 3form unb SSerfaffung ber Äirc&e
tocfentlicfy untoeränbert, b. I;. baä bermalige Kird&enred&t, ©laubenäartifel, $Htu$, 2>te
90 jiplin unb Orbnungen, mit folgen Snberungen, toie fte bie neue fftrc$enafte mit fu$
bringt, finb binbenb für bie 2Jlitglieber ber Kirche, gerabefo aU ob fie einen Kontratt
gefcfjloffen Ratten, biefelben feftjubalten, unb ba« fird^lid^e Eigentum, ba3 burc^ biefe 3ttte
ber ftirc^e gugetoiefen toirb, fte^t unter bem ©d&ufc be« bürgerlichen ©efe^ed. ©obalb bie
Hirc^e (b. fy. bie 33ifdf>öfe, ©eiftlid^cn unb Saien) ^Jerfonen ertoä^lt ate 9lq)räfentanten ber
86 Jtird^e unb SSertoalter be«{ firdjlicben aSermögend, toerben biefe ate Ätr$en!öriperf<$aft Re-
presentative Church Body imorporiert. mit biefer Korporation tritt bie oben genannte
ftommiffton in ^erbtnbung, um bie Sefolbungen an bie Prälaten, ©eiftlid^en unb anbere
^ntereffenten fortguentrid^ten ober bie S^^gelber in ein Kapital umjutoanbeln, ba^ ber
Korporation übergeben toirb unter ber 93ebingung, ben beteiligten i^re frübere Sefolbung vau
40 gefd^mälert f ortju^ablcn. 2Bad lird^lic^e ©ebäube betrifft, fo toerben alle Kirnen, bie benüfct
toerben, Der Korporation überlaffen, famt ben Segräbm^lä^en (tvelc^e jeboc^ ber Crt£be§örbe
abgetreten toerben tonnen), ebenfo bie @c$utyäufer. ©ebäube, bie nid^t gebraucht ober be»
anfpruc^t toerben, fallen an bie Kommiffton ^eim. ^farrfyäufer unb btfc^dfli^e 3Bo^nungcn
toerben ber Korporation gegen 8e^al)lung bed ge^nfa$en jä^rli^en SBerte« bed Sobend,
46 auf bem fie fielen , überlaffen unb baju noa) bis 10 Slcfer £anb bei jebem $farr=
fyauZ, 30 Slcfer bei einem $if$of*fto um btütgen 9lnf$lag. 9ltö (Srfa| für folgen 9e*
ft§, ber a\xi Donationen unb ©ubffriptionen ^erftammt, toirb eine runbe Summe tum
500000 $fb. @ter(. gegeben unb überbie^ alle betoeglic^e $aU ber Korporation einfach
überlaffen. ©lei$}eitig mit ber Staat^tird^e l?ören avtfy bie jä^rli^en SertotOtgungen be£
60 $arlamentd für bie proteftantifd^en Diffenterd (Regium Donum, 44000 $fb. SterL p. a.)
unb für ba$ fat^olif^e ©eminar (Maynooth Grant, 26000$fb. ©terl. p. a.) auf. 3>en
Sntereffenten tt)i»b bi« $u i^rem iob i^r btö^eriger Anteil fortbeja^lt ober in ein Kapitel,
ba£ ^ierje^nfac^e be^ jä^rücben $3etrage£ auömac^enb, t>ertt>anbelt unb einem jßffegf4aft*
rat übergeben. Überbied erhält baä proteftantifd^e tbeologijdie Kollege in S3elfafx eine
66 Summe t)on 15000 5ßfb. Steil, toä^renb bem 3Ka^noot^ ßouege bie gemalten Soifc^üffe
erlaffen toerben.
Die näc^fte @oxge mar bie Konstituierung be^ repräfentatiben Kin^enförperd, ber
benn au$ 1870 inforporiert mürbe, bie 12 Prälaten, 12 getftliifce unb 24 iodäid^e 9le>
präfentanten ber 12 SDiöccfen unb 12 fooptierte Witglieber umfanenb (bie 3<$l ^ 2Rit*
oo glieber l?at ftd^ feitbem infolge ber Trennung ber SDiikefen ätrmagp unb Otogner um je 1,
driattb, Krdjlldje Stotiftif 417
Bejto. 2 ©lieber er^ötyt). ©obann tourbe $ur Beratung einer 23erfaffung für bie nun«
mefyr unabhängige flirre fortgef dritten, meiere 1879 jum 2lbfd&lufi tarn.
Die Serfaffung bei Äird&e bon tylanb (the Constitution of the Church of Ire-
land) tourbe in ber ©eneralfenobe 1879 jum 3lbfcfylufi gebraut unb alle in ber je^n*
jährigen $eriobe feit ber irif d&en Äircfyenaltc 1869 bereinbarten @efe§e fobiftjiert unb 6
ab fortan gütige« Äird^enrec^t fanftioniert. Setyre unb SRituö blieben unangetaftet, alfo ganj
fo toie in ber anglilanifd&en ©dfjtoefterlird&e, mit tocljtyer, toie mit anberen gleichartigen Äircfyen,
ane SSerbinbung aufregt erhalten toirb. Die SBeränberungen befäränfen ftc$ auf bie bur$
bie £o$tremtung bon bem ©ummelnffopat unb ©taatSberbanb nötig geworbene neue 33er=
faffung. An ber ©t>i|e ber Äirc&e ftefyt, unter GfyriftuS, bem §aupt ber Äirc^e, eine 10
Seneralfynobe mit oberfter gefefcgebenber unb abminiftratiber ©etoalt, unbefd&abet ber
6ptftof>alt>erfaffung.
1. Die ©eneralftynobe beftefyt au% brei ©täuben, ben 33tf($öfen, bemßleruä unb
ber 2aienfd&aft, toelc^e jtoet §äufer bilben, baS £au$ ber Sifcfyöfe unb baS £au3 ber
Xepräfentanten, aber getoö&nlicty in boller ©fynobe juf ammenberaten. DaS SRepräfcntanten* 15
bcaß befte^t au$ 208 ©eiftlicfjen unb 416 fiaten. Jebe Dtöcefe fenbet eine beftimmte
gajfrl tnm Vertretern unb jtoar fo, bafe bie ©etftlic^en bon ©eiftlicfyen, bie Saien bon
Auen (©tyrtobenmännern) getoetylt toerben. 35ie ©inteiluna ber Diöcefe in SBafylbiftrtfte
ift ber Diöcefanfonobe überlaffen. 3>eber orbinierte ©eiftlidpe ift in unb aufcerfyalb feiner
Didceje toa^lbar. Seber &"e mufe bt\ feinem ©intritt in bie ©cneralfonobe folgenbe De« 20
flaratton unterjeittynen : „3$, 91. 93., erlläre ^iemit feierlich, bafe idj ein ÜRitglieb unb
jtammtnitant ber Ätrd&e t>on ^rlanb bin/' ällle brei !gafyre toerben bie Stepräfentanten
getoa^lt, unb jtoar toirb bie SBafyl jtoet SWonate rnoor fcon ben jtoei ßribifcfyöfen in
ifaen Diöcefen aufgetrieben, ©leic^jeitig mit ben ifiepräfentanten toerben drfafcmänner
getränt 26
Die ©eneralfanobe tagt alljährlich (im Styril) in Dublin. Slugerorbentlid^e ©jungen
Bmten Don bem $rima$ (ober ©teDbertreter) ober auf Verlangen eines Drittels beS einen
ober anberen ©tanbeS beS SRejrcäfentantenfyaujeS berufen toerben, aber nur mit genauer
Angabe beS )u ber^anbelnben ©egenftanbeS. — Drei Prälaten, 40 geiftli^e unb 80 Saien*
repräfentanten jum mtnbeften, ftnb ju einer ©ifcung in tooller ©tynobe erforberlicty, unb so
toenigfienS fünf Prälaten im §aufe ber Sifd&öfe unb bie genannte Rctyl bon 2lbgeorbneten
im $aufe ber Stepräfentanten. 3n boller ©tynobe präftbiert ber $rimaS (ber Grjbifcfyof
tom ärmagfy) ober fein ©tellbertreter.
Ser^anblungen. 3eber Vorfd^lag eine« ©efefceS ober Äanonö toirb junäc^ft ate
9i0 mnr bie botte ©tynobe gebraut unb, toenn genehmigt, jum erftenmal o^ne Debatte 86
gdefen unb bann gebrueft unb ber Sag für bie Debatte feftgefefct, in ber bie ^auptyunfte
txr^Ktnbelt toerben. SBenn bie 93iH jum jtoeitenmal gelefen ift, toirb fte bon ber öollen
e^nobe im Gommittee beraten unb hierauf bie $t\t für ba« britte liefen feftgefe^t, fo ba^
toenkrßcnd ein boller %a$ bajtoifd^en liegt. 3um brittenmal gelefen unb angenommen, toirb
bie 9iQ )um ©efe^. Die Stfd^öfe haben jeberjeit ba« Stecht, bie <&aty für ftd^ ju be- 40
totm, «nb bid bie$ gefc^eben, toirb bie Ver^anblung abgebrochen.
3)ie Stfc^öfe ftimmen abgefonbert bon ben SRepräfentanten, bie Ste^räjentanten ent*
toAer jufammen ober nad^ ©tänben, (entere« immer, toenn IOWitglteber be3 einen ober
anberen ©tanbe^ eä fc^rifäic^ verlangen. 3U eiuem Ö^%n Vefd^lu^ ift bie Majorität
ber antoefenben Prälaten (toenn fte abftimmen tooUcn) ebenfo nötig toie bie ber 9tej>rä* 45
fentanten (ob fte na$ ©tänben ober gufammen abftimmen). 9Birb eine grage bon ben
Stfödfen t>ertoorfen, fo lommt fie in näc^fter ©i^ung toieber jur ©prad^e, unb h?enn bann
Itoci Drittel ber 9te))räfentanten bafür ftimmen, fo gilt ber Antrag al« angenommen —
anfcer toenn jtoei Drittel aller Vifc^öfe antoefenb ftnb unb bagegen ftimmen, fotoie i^r
Seto f^rtftlic^ begrünben. Die.Sifd^öfe ftimmen immer jule^t ab. 60
Süiträgc auf irgenbtoeld^e 2tnberungen in ber Sefyre, ber Siturgie ober bem StituS
wüffen in DoHer ©^nobe unter genauer Slngabe ber betreffenben fünfte gefteUt unb oon
toentgften« jtoei Dritteln jebeS ber jtoei ©tänbe beS 9te))räfentanten^aufeS approbiert toerben.
Darauf toirb eine Slbfcfyrift ber 9<ef olution ben ©efretären ber Diöcefanf^noben jugeftellt,
tmb erft m ber näc^ften ©eneralftynobe barf bie 93iQ 5ur Sto^anblung lommen. 3l\xx bie 66
emfttmmig gemalten Sorfc^läge ber englifd^en Stitualfommiffton fönnen fofort angenommen
toerben, toenn gtoei Drittel jebeS ©tanbeS bafür ftnb.
Die ©eneralftynobe ^at ba$ 9ted;t, allgemeine 3lnorbnungcn über bie 9lu$übung beS
9atronat#redted )u treffen, fotoie über alles, toaS Drbnung, gutes Regiment unb SBirl*
famfeit ber Kirche betrifft. 3n tiefem ©inne lontroOiert fte auc^ bie Sefölüffe ber Diö^ ^
*t&%mc*n*pUU fte Xtfioloqlt unb ttir^e. 8. «. IX. 27
418 3rlanb, fird>lidje ©tattfHI
ccfanjbnoben. SBäfyrcnb bie bisherige Etrd^Itd^c (Einteilung aU )u red&t beftetyenb gilt,
fyat bte ©eneralfonobe baS Stecht, mit ßuftimmung ber betreffenben Diöcefen Xenberungen
gu machen, toie Trennung ober gufammenlegung bon Diöcefen.
%ixx bie einzelnen @efd&äft$ztoeige toerben bon bei ©eneralfonobe 9Cu^fd^fiffe befleOt,
5 insbcfonbere ein SRecorbsßommittee, ein ftänbiger Auäfd&ujj, ber ben Drudt unb bie 2kr=
toafyrung ber ©t^nobalaften iontroQiert unb baS Siegel ber ©eneralfonobe Dertoabrt
2XUc @efc$e ber ©eneralftynobe toerben in jh>ei Sternklaren gebrudft unb loDationiert
unb bann mit bcm ©tynobalfiegel unb ber Unterförift be3 SßrimaS berfetyen unb eine« ba*
bon im Arcfyib ber ©eneralfonobe, baS anbere bei bem Representative Church Body
10 betoniert.
2. Diöcefanftynoben toerben jö^rlic^ toenigftenS einmal bon bem 93iföof be*
rufen unb gehalten, toobei eine Diöcefe ficfy mit einer anberen bereinigen ober in atoei
Dtftrifte geteilt toerben fann. alle altiben ©eiftlid&en (mit 6mfd&lufc ber Äuratgeiftlid^en)
fotoie ber *ßrobft unb bie gellotoS bom Srinitty GoIIege, Dublin (toenn orbiniert) finb
16 SRitglieber ber ©tynobe ; bie bon ben ©emeinben geloätylten Vertreter fielen im 33er$ältni$
bon 2 : 1 ju ber altiben ©eiftlic^feit. Dies gilt and) bon Äatyebralen, bie jugleid^ $a*
rotten finb. 311^ ©emeinbebertreter fönnen auä) grunbbefifcenbe ©eiftlicfce unb fol$e, bie
sine cura ftnb, gefragt toerben. Die 2Bafyl ftnbet alle brei $a\jtt ftatt. Die Saien*
bertreter (Synodsmen) ^aben biejelbe Defloration ju unterzeichnen toie bie in ber ©eneral-
20 fonobe, bie ©eiftlicfyen btcfelbe toie bei ifyrer Drbination unb Aufteilung. 3"* 33efölufc
fäfyigleit ift bie Antoefenbeit beS 93ifd&of3 ober ÄommiffärS unb je il4 be$ StleruS unb
\4 ber ©tynobenmänner erforberlic^. ©etoitynltcfy tagen beibe ©tänbe mitemanber, aber auf
Verlangen bon fccfyS ÜRitgliebern eines ©tanbeS getrennt ©infame SRajorität ber ©tänbe
für ftcfy ober ber gemeinfäaftlicfy beratenben entfd&eibet unb mad&t ben 9ef$lu£ gütig unb
26 binbet äße Angehörigen ber Diöccfe. ©emeinben, bie jutoibertyanbeln, toerben bon ber
Beteiligung bei ber ©fynobe auSgefd&loffen.
Der 33ifcfyof ftimmt für ftc$ ab. Segt er ein SSeto ein, fo mufe ber betreffenbe Sin*
trag bis jur näd&ft jährigen ©fynobe bertagt toerben, unb toenn bann je *;, betber ©tänbe
toieber bafür ftimmen unb ber 33tfd&of bagegen, fo lommt bie ©aege bor bie ©enerat
so fonobe jur enbgiltigen (Sntfd&eibung. Der Sifcfyof lann jebocfc jubor föon bie ©aifc an
bie ©encralftonobe toeifen. Die ©tynobe fjat ba$ Stecht, über baS jtir$enbermögen ber
SDtöccfc zum beften ber Äird&c 5U berfügen, fofern nid&t 2lnorbnungen ber ©eneralfynobe
ober recfytltcfye Auftrüge im 2ßegc ftcfycn. Aud& fyat fte baS Siecht, unter SBorbe&alt ber
ßuftimmung beS repräfentatiben ÄöfyerS, bie Pfarreien neu )U regulieren, toaä SJefolbung
36 unb Abgrenzung (Teilung einer Pfarrei ober 3ufammenlegung oon mehreren u. f. to.)
betrifft.
Sin 35iöcefanrat afe ftänbiger Slu^f^ufe, beftefyenb aus bem S3ifc^of unb einigen
geiftli$en unb tocltlic^en ©^nobalcn, toirb aüjä^ritd) bon ber S^nobe gehntylt, )ttr @r«
lebigung laufenber ©ef$äfte, j. 33. Anfertigung ber fitfite ber neugetoä^lten ©^nobaI=
40 glieber u. a.
3. Die ^aroc^ialorganifation ift tro^ ber beränberten SBerfyättniffe nad} %exm
unb 3lamtn beibehalten toorben. AIS $arod^ie (parish) gilt jebe Äir^le mit einem
©eiftlic^en unb regtftrierten ©emeinbegltebern (registered vestrymen), b. ^. SRännent
bon toenigftenS 2L 3a'?rcn/ ^^c enttoeber jur irtf^en Äird^e gehören unb einen ©runb«
46 beft^ in ber 5ßaro$te mit 10 ^Jfb. ©terl. toenigftenä SRcinertrag ^aben, ober ftcfc regelmäjig
^ ber betreffenben .Stirere galten. (Sine ba^in ge^enbe Defloration &abcn bte SKitglieba
bei ber jäfyrltd^cn SHebifion beS ©emetnberegifterS ju unterzeichnen. SDie Diöcefanfynoben
tonnen aud; einen regelmäßigen Beitrag zum ^irc^enfonb zur Sebingung be« eintrtttS
in bte Beftrty machen. Die ©emeinbeberfammlung toä^lt einen ber |toei Äircfcn&OTfiefcr
60 (ber anbere toirb bon bem ©eiftlid^en getoä^lt), aud^ bie ©tynobenmänner, unb ernennt
jä^rlid^ bis zu }H>öIf ©emeinbeglteber, bie mit bcm ober ben ©eiftti$en einen (Semeinbe*
auSfc^uß (select vestry) bilben, toeld^er bie ^onbS bertoaltet, Airc^enbtener aufteilt ttf.to.
4. Aufteilung bon ©eiftli$en. ^ebe Diöcefanf^nobe toä^lt foglet^ na$ ibm
Jtonftituierung \mi ©eiftlid^e unb einen Saien (nebft (Srfa^männem) au& ifyctx SRttte, bie
66 mit bem 93if$of einen $atronatSauS[d^uß bilben. ^cbe ©emembe i^rerfettö ernennt aOe bret
vvi^re brei Iliänner (Parochial Nominators), toeld^e biefelbe Srflärung nrie bie ©tonobalen
Zu unterzeichnen fyaben. Sei Grlcbtgung einer $farrfteDe treten ber ^atronatSauSfc^uft unb
bie betreffenben SHominatoren zufammen unb bilben eine SBafylbe^örbe (Board of Nomi-
nators). xybeS sJJtitglieb berfelben muß eine feierliche Dellaration unterzeichnen, baß c*
(o ot)nc ade perfönlid^en 9lücfftd?ten nur ben SBürbigften unb lü^tigjten tollen tooDe.
drlattb, Krdjlidje ©tattfHt 419
Stimmt bet ©etoä^lte baä ämt an, fo Wirb et bem S3ifc^of ate folget genannt. @3
fönnen au$ mehrere auf bie Sßatyllifte gefefct werben, fo ba&, Wenn bet erfte bie ©teile
auäfdjlägt, ber jWeite gewählt h>trb u. f. w. Sogt ber 33ifd&of ein 33eto ein, fo ftefyt bem
©eWatylten wie ben SRominatoren Slppellation an ben £of ber ©eneralfonobe (f. u.) offen.
Äommt feine 2Ba$l ju ftanbe, fo ernennt ber Siföof. 2)a3 *Präfentation$red&t Wirb unter 6
getroffen Sebingungen folgen, bte gur Dotierung einer ©teile beitragen, eingeräumt.
ftoftatfapellen Werben bur$ biefe äfaorbnungen nidfjt berührt. Der angeftedte ©eiftlid&e
taim Don feiner Pfarrei nur burd& SJcfölufj be$ §ofc$ ber ©eneralfynobe entfernt Werben.
Die Deflorationen, Weld&e bie ©eiftlidjcn bei Orbination ober SlnfteQung ju unter-
febreiben $aben, jtnb jum letl biefelben Wie in ber (gpiffopalfircfye in ßnglanb, nämlid& 10
a) bie ber 3ufiimmung ju ben 30 ärtifeln, Gommon $ratyer u. f. W., b) gegen Simonie,
c) be3 fononifd&en ©ejjorfamS. SHlegianj* unb ©uprematäbeflaration fällt felbftberftänblid^
fort, an beren ©teile bie 3"pimmi»ng $u ber 1870 organifiertcn Kirche bon grlanb unb
bie Unterwerfung unter beren ©erid^t^öfe tritt.
5. 2Babl ber @rjbifd&öfe unb Sifd&öfe. 33ei (Srlebigung eines SiStumS be= i6
ruft ber (Srjbifcfcof ber HJrobinj (ober ©teHbertreter) bie Dtöcefanftynobe, ober tomn ber
Sprengel au$ mehreren bereinigten Diikefen beftefyt, bie einzelnen ©tynoben, bie bann
jebe fttr fi# ftimmen. Saien unb ©eiftlid&e ftimmen $unäa;ft mittete 3etteln für eine,
bfc^ftenS brei Sßerfonen. Die SRamen berer, bie WenigftenS >/4 aller ©timmen beiber
©tänbe ober V» beS einen ober anberen ©tanbeä erhalten fyaben, fommen auf bie engere 20
SBaljl. 2Benigften$ jWei $erfonen muffen fo gewählt Werben; bie ©tynobe fann aber
aud) &ur$ 3RajoritätSbefd&luft Weitere tarnen beifügen, ^ebtö 3Ritglieb jebeä ©tanbeS
fttmmt bann je für einen Scamen auf ber engeren 2Sa#. Ratten je •/, ber ©timmen
JebcS ©tanbeS auf eine Sßerfon, fo ift biefe bamit gefräst. gft bie ©timmenjafyl geringer,
fo Wirb ba3 ©erfahren Wieberfyolt unb jWar mit bem erftborgefd&lagenen, unb Wenn ber* 25
gebli$, mit bem näd&ften in ber Steige, ©inb fo mehrere ^Jerfoncn gewählt Worben,
fo toä^lt au* biefen bie Sifäofsbanf ben 33iföof mit einfacher ÜRajorität. Kommt binnen
brei SRonaten feine SBatyl ju ftanbe, fo Wätylt ebenfalls bie 93ifc$ofäbanf.
33or ber SBatyl tyaben alle SBäfyler eine feierliche ßrflärung *u unterzeichnen, bafj fte
nur bie 2üa)tigften wählen unb einzig baä Sefte ber Kirche im siluge faben Wollen. :w
Sei ber (Srlebigung be$ ©rjftufyte bon Slrmagfy, Womit ber Primat bon ganj Qrlanb
berbunben ift, Wählen mnäcfyft bie genannten Diöcefen einen 93ifd)of ad interim. Dann
treten aDe Sifcfcöfe jur äöa^l eine« Sqbiföofd bon Slrmag^ unb 5ßrima« jufammen. ^ättt
Wefe nic^t auf ben ad interim gewählten Sifd^of, fo erhält biefer ba« SiStum, ba^ ber
jum $rimad gewählte $rä(at innegehabt. 35
6. 3)aSÄat^ebralWefen. Unter Söa^rung ber Steckte bcrberjeitigenÄat^ebralgeiftlid^en
Wirb ber 2)iöcefanftynobe bie ä$oDmac^t erteilt, )Wecfmäf(ige sÜnberungen unb @inria;tungen
mit 3uf^mmun0 tat ©eneralfbnobe gu machen, Wie Verlegung, 3luf^ebung ober ©rünbung
tnm Äat^ebralen. 3)er Sifc^of aU Orbinariud ernennt ben Dombefan, bie ^)om^enen,
&ra>ibiafonen u. f. W. 3)er 3wf«««w»^nbang bon ^räbenben unb Äat^ebralftellen Wirb 40
aufgehoben. 3fl bie Äat^ebrale jugleiq ^fanfirc^e, fo ernennt bie SBafylbe^örbc (f. 0.)
ben ©etfUicben, ben bann ber Stfd^of audj> jum Dombetan machen fann, aber nid;t mu^ ;
umgefe^rt sann ber 3)ombefan bon ber ©emeinbe jum $faner gewählt Werben.
Um anbere ©nrid^tungen bon me^r lofalcm ^ntcreffe ^u übergeben, fo- ift bie
JtoOegiat* unb Aatl^ebralfirc^e bon ©t. tßatrief in Dublin jur 9{ationalfat^ebrale gemalt 45
toorben (IRai 1872), bie ju allen 35iöcefen in gleichmäßiger Sejie^ung fte^t. 3U ^r
gehören bie @rjbifc^öfe unb bie anberen Prälaten ber Äirc^e bon (^rlanb unb außer bem
Sklan, ^Jracentor, Äanjler unb ©cfyafcmeifter 21 ^Sräbenbare ober 2)om^erren. 2)ie
SrSbenben Werben bon ben Pfarreien getrennt, unb jeber ber 12 2)iöecjen Wirb eine
^cdbenbe jmgeWiefen mit bem ^iatronatörea;t auf biefelbe. S)ie übrigen 9 ^iräbenben 60
befe|t ber fäkal unb baö Kapitel. 3)er SDefan wirb bon bem Kapitel gewählt unb er=
nennt ^Jräcentor, Kanzler unb ©c^afemeifter. ®ie(e nebft einigen anberen alle :* ^a^re
ÄeWa^lten bilben bie Kat^ebralbe^öroe, in Welker aud^ bie Öaten Vertreten ftnb. SDie
9lationalfat^ebrale tyd i^re Vertreter in ber $iöcefanfynobe bon Dublin.
7. Die geiftüd&e ©erid^t^barfeit erftreeft fic^ auf aDe, bie fta; ber Autorität w
ber ©eneralf^nobe unterwerfen. &$ giebt zweierlei ©ertebt^böfe : bie 3)iöcefan^öfe unb über
biefen ber $°f btx ©eneralf^nobe.
(ginen Dtöcefanaeric^t^of fyat jebe einzelne ober mit anberen ju einem bifd^öflid^en
Sprengel bereinigte $id)efe. Der §of befte^t au* bem 93ij$of, ^em bon tym auf lebend-
lang angefteBten ftanjler — einem Sled^t^gele^rten bon minbeftenä ge^njä^riger ^raitö, 00
420 drlattb, firdjltye ©iaHfüt
ber afe fein Slffeffor fungiert — unb einem geiftlic^en unb toeltlic^en 3Ritgltebe ber
©tynobe. Diefe toäfylt nämlicfy auf 5 3öfc* 3 geiftltd&e unb 3 toeltlid&e 3Ritglieber, bon
benen ber Steige naefy je ein getftlic^e« unb ein tocltlid&e« t>on bem 39iföof Einzuberufen
toirb, um als Seiftfcer bei drfyebung be« 3#atbeftanbe« ju afftftteren. 3Wc muffen eine
6 feierliche ©rf lärung unterzeichnen, bafj fte gam unj>arteüf$ fymbeln toollen. — Auf fc$riftlt$
ausgekrochenen SBunfdfj ber Parteien iann ber Sifcfyof bie ©ad&e allein abmalen. ©onji
ift ba« 33erf afyren für) biefe« : Die Älage totrb bem ebenfalte bon bem Siföof angefteOten
Diöcefanregiftrator föriftltd^ jugeftedt unb bann bem Setlagten mitgeteilt Setrifft bie
Älage einen &fyrt>unft, fo mufc fte, toenn fie nic^t fcom Stfc^of felbft auäae^t, bon 4Äom*
lo'munifantcn, bie in ber Diöcefe toofynen ober l>erfönlid& betroffen ftnb, fqiriftli^ eingereiht
unb Kaution (big auf 50 $fb. ©terl.) geleiftet toerben. (Sine Slbfcfcrift ber Älage toirb bann Don
bem Slegiftrator bem 33eflagten augefcfyicft, unb bann erfolgt binnen 14 2äge eine SSor«
labung beiber Parteien burd) ben Äanjler. Da« SSerl&ör ift münbltcty, toirb aber proto*
folliert. 9laä) SJerfyör ber ^arteten ober ifyrer 2lntoälte unb ber QtuQtn Ö^ &* &°f
16 fein Urteil fctyriftlicfy ab. SUirb ber Slngeflagte fcfyulbig gefunben, fo Iann er felbft ooer
burefy feinen 3Intoalt milbernbe Umftänbe geltenb machen. Darauf fällt ber Stfcfyof bhmen
eine« 3Ronat« bae Urteil in offener ©ifcung. 31* ^tx 93eßagte unfd&ulbig, fo berffigt ber
©of über ba« Äaution«gelb. SJeranftaltet ber 33itöof felbft einen $ro)efi in feinem
©ericfct«fyof, fo fungiert ber Kanzler an be« 93if$of« ©teile; bei fiefcfragen ergebt ber
20 Diöcefantyof nur ben Sfyatbeftanb unb fenbet ben Sled&tSfall an ben #of ber ©enerak
fonobe $ur (Srlebtgung.
Der t>oHe ©erid&t«fyof ber ©eneralfonobe beftetyt au« einem 6nbifd&of, einem Stfäof
unb 3 Saienricfytern. Die betben ©rjbifdfjöfe toecfyfeln ab; fte toätylen bie Sifööfe. Die
©eneralfonobe toäfylt 6—10 SJtönner au« ifyrer SMitte, toeld&e Stifter ber ^ö^eren ©eri$t&
26 bofe in ^rlanb ftnb ober toaren. 2lu« biefen toäfylt bei jebem einzelnen 9iec$tSfall ber
Megiftrator in ©egentoart ber Parteien 3 bur$ Saüottercn. SfypeUationen bon bem
Diöcefanfyof an biefen oberften @eri#t$tyof muffen 14 State nad& gfäCung be« Urteil«
mit genauer Slngabe ber ©rünbe unb mit Hinterlegung fcon Äaution gefcfyetyen. Die ein*
facfye 9)iajorität be« #ofe« genügt, um baö Urteil enbgiltig ju machen. Set Älagen auf
so 2l6fefcung ift bie 3"ftimmung ber 2 Prälaten nötig. Klagen gegen Sifc^öfe (önnen nur
beim §of ber ©eneralf^nobe anhängig gemalt toerben, unb toenn biefelben Se^untte
betreffen, muffen fte toon minbeften« 6 Aommunifanten erhoben toerben. 2lbfe^ung u. f. to.
Iann über 33if$öfe nur ber^ängt n>erben, toenn bie beiben Prälaten be^ $ofed bafür
ftnb. — 2)ie ä5erl?anblungen ftnb öffentlich au^er in befonberen gäHen, h>o jebe Partei
86 6 sJJlänner al$ 3eu9en *>** Skrfyanblung toä^lt* — 3)ic $roje|aften toie bie 9tec^töf)>rüc^e
toerben auf ber Stegiftratur aufbetoa^rt. ^inftd^tlic^ ber ÜBerge^en gegen ba^ tm^Hc^e
Stecht unb ber ©trafen bafür ift baö alte, bor ber Trennung ber irifqen jttr$c gtltige
Stecht unb SSerfa^ren untjeränbert beibehalten toorben.
8. Die fird^lic^en Äonftitutione« unb^anone« (54 an 3^0 fc^lie^en ftc^ an
40 bie anglttanif$en an. Semertenötoert ift, baft fte alle ritualiftifd^en Neuerungen auöbrüifli^
auöfd^lie^en unb fo ben enblofen ©treittgfeiten biefer Slrt, toie fte in @nglanb borfommen,
toeiölic^ öorbeugen. Iro^ ber Trennung bom ©taat totrb bte Sbee ber iriföen Äirc^e
a(ö allgemeine Solföftrc^c noefy infofern aufregt gehalten, alö bie ©eiftlic^en bie ftrd^lic^en
gunltionen feinem in ber 5ßaroc&ie SBo^nenben öertoeigern bürfen. äud^ foHen bte Pfarrer
46 toomöglic^ im ^farrort too^nen, Äatec^iömuöunterri^t an ©onntagen unb fonft geben,
auefy beim ©otteöbienft fiefy teiltoeife ber irifd^en Sprache bebienen.
Da« Siecht ber Sl^^eQatton bom Sifcfyof an ben Diöcefan^of unb toetter an ben ^of
ber ©eneralfbnobe alä ber ^öc^ften Autorität ber Äircfye t>on %xlarib toirb burd^ bie Äanone«
feftgeftellt. 311« ©trafen für Sßerlejjung ber Äanone« toerben Serma^nung ober bret«
60 monatliche ©uepenfton für ba« erfte ^Berge^en, ©uäpenfton ober Deprüxitton für ba«
jtoeitc angefeftt. — Die Äird^enjuc^t betreffenb, fo foDen notorifc^e ©ünber juerji tmtxütm
ermahnt, bann bon ber Äommunion au«gefc^lofjen toerben. ^ettation fte&t offen. 6ine
@£lommunitation ift in ber gan)en irifc^en Kirche giltig ; 9leutge aber toerben toieber jim
gelaffen.
66 9. Der repräfentatibe Mörder ber Äird^e (The Representative
Bodyof the Church). Diefe burefy bie Äird^enalte ^erborgerufene ftor^oration,
toelc^e bie ftir^e }u Vertreten unb ba« ^ird^engut )u t>ertoalten j^Ktt, begreift in ftc^ 1. ex
officio alle @r^bifc^öfe unb Sifd^öfe, 2. ertoä^lte 3){itglieber, je einen ©etftlu^at unb
jtoei Saien für )ebe Diöcefe, 3. foobtierte SRitglieber, entf)>red(fenb ber jetoeiligen 3^1 ber
eo Diöcefen. Die Qualiftfation ber SKitglieber ift biefelbe toie bei ber ©eneralfanobe. 3e
dfrlattb, firdjltdje StatifHI
421
ein drittel ber ©eiftlid&en unb Saicn fd&eibet beim ^ufammentritt ber ©eneralftynobc auä
(fo ba& nur einer bon berf elben 35ükef e jäfyrlicfy auStrttt). 3lu$ ein drittel ber Kooptierten
f$etbot jäfyrltdj au3 unb toirb bon bem repräfentatiben Körper mit ßuftimmung ber
©meraltonobe ergänzt. 3)ie 3lu$f$eibenben fmb toieber toäfylbar. 2)er repräfentatibe
Körper ftetyt unter ber Kontrolle ber ©eneralfonobe, ber er aHjäfyrlid& Segnung ablegt. 5
(Sin 9Bittoen* unb SBaifenfonbS unter einer befonberen SJefyörbe (Sifcfyöfc unb 15
anbete, barunter toenigftenä 5 ©eiftlicfce) unter ber Kontrolle ber ©eneralfonobe toirb ge*
grünbet unb bie ©eiber bon bem repräfentatiben Körper fcertoaltet. $eber ©eiftlidbe ja^lt
6 $fb. ©terl. jctyrlicfc ein. 3)ie SBittoen ber Kontribuierenben erhalten 33 *ßfb. ©terl. p. a.,
bie SBaifen 5 $fb. ©t. bis »um 21. SebenSjafyr. 10
Statiftifc^eS. 3luc^ bei ber Krd&lidfjen ©tatiftif ift c$ nid&t untoid&tig, auf baS merk
toürbige ©teigen unb fallen ber ©efamtbebölferung in ftrlanb tyinjutoeifen. 3Jon cttoa
5 Stationen ju Anfang beä Safyrfyunbertö ftieg bie Skalierung auf 8 295061 im
3a^r 1845 — bie ^fte Ziffer, bie e$ erreicht $at. SSon ba ab jeigt ftd& eine ftetige
äQma^me (teil« infolge bon $ungeränot, leite bon 3lu3toanberung) bis ju 5 402 759 16
im Safrre 1871, 5174836 im ^a&re 1881 unb 4 706162 im ^re 1891. 2Kenn bie
Xbna^me im gleiten SSertyältniS fortgef ^ritten ift, fo mürbe jefet (1900) bie 33et)ölferung
mx$ unter bie Stufe bon 1801 fyerabgefunfen fein. 2lm ftärfften toar bie 2lbnafyme in
ben faft sani fatyolifd&en Sßrobinjen (tonnaugfyt unb SDiunfter, too fte toon 1841—1871
42 5ßrog. betrug. SSon 1881—1891 toud&S bie »eböllerung nur in 2 ©raffd&aften, ao
Shiblin (2,4 Sßroj.) unb äntrim (1,4 ^$ro$.); in allen anberen ift fte gefunfen, am ftärfften
in 9Ronagban (16,2 *ßroj.), Styperarty (14,5 $roj.) unb Songforb (13,9 $ro$.).
3)er jrti^efte fird&lid&e 6enfu3 ift bom ga^rc 1834; bana$ berteilten fiefy bie Kon*
feffionen in ben bormaligen 4 erjbifäöflid&en 5J}robinjen (tttoa ben Politiken entfprec^enb)
tote folgt (f. auc$ Tabelle ©. 422): 25
33et)öller.
1834
Katfyolifen
Staate
firc^e
9ionfon=
formiften
Slnberc
Triften
<£rjb. »rmag$ (Ulfter)
„ Dublin (Seinfter)
„ Gaföel (TOunfter)
„ Stuam (Gonnaugtyt)
3 126 741
1 247 290
2 335 573
1 234 336
1 955 123
1 063 681
2 220 340
1 188 568
517 722
177 930
111813
44 599
638 073
2 517
966
800
15 823
3162
2 454
369
7 943 940
6 427 712
852 064
642 356
21808
80
Um no<$ SRäfyereä über bie größeren Kirnen anzugeben, fo fyat bie fatfyolifd&e Kird&e*
75,4°/. ber Seöölferung umfaffenb, bie alte lird&Iid&e (Einteilung faft untoeränbert bei«
MfaÜtn: bie 4 5ßrobinjen 2lrmagfy, Dublin, Gaffel unb luam mit 32 Stetümern, toofconse
4 unter ben Snbifööfen ftetyen. SSon ben anberen 28 ftnb 4 mit anberen bereinigt. @$
giebt bemgemäfc 4 (Sqbifööfe unb 24 93ifci>öfe. $n 1090 Pfarreien toerfe^en 1850 Zuraten
unb 3420 anbere Sßriefier bie Dienfte ber ©celforge unb jum Seil be« Unterrichte, toobei
befonberö aud; 103 SDlännerflöfter unb 302 grauenflöfter Unterftü^ung getoä^ren. $er
Äranlen^pege bienen brei anbere größere toeiblidpe Kongregationen, barunter bie ber „^rifd^en 40
S^toeftern ber $riftli$en Siebe". ®ie Glementarfc^ulen finb großenteils ben Christian
Brothers überlaffen, fotoie ^lt>ei toeiblid^en Kongregationen. %ixx bie fatfyolifcfye ^ö^ere
6<^ulbübung unb bie ßeranbilbung be« Äleru« befi^t jebe 2)iöcefc ein Änabenfeminar;
fobann befielen nod^ Älerilalfeminare (Colleges) in Styurleä, SBaterforb, Äilfenn^ unb
Sarloto, abgeben bon bem SoQege ui ©t. ^ßatridf in tRaijnootb. 45
SHe }>rotejiantifc^e ®})iflo})aßir^e (Church of Ireland), über '/• ber Sebölferung
umfaffenb, tyd in ber SReformation^eit bie alte ftrd)lid?e Einteilung bon 32 Si^tümern
in 4 ^Srotmiien mit 2436 Pfarreien einfach fte^en laffen. 3lber bei ber geringen $abl
ber Äin^enange^örigen tourben im Verlauf mehrere äi^tümer unb ebenfo Pfarreien $1*
jammengelegt ©dpon unter Karl II. gab e3 außer ben 4 (gnbi&ümern nur 18 Sijc^of^ 50
ftfce unb ebenfobiele Sifd^öfe. ©0 blieb e« bi« 1833, too bureb bie Church Temporality
Act bie 4 $robmjen auf 2: armag^ unb Dublin mit je 6 2)iöcefen einfd&liefjlid& ber
erjbtfd^öflu^en, reburiert tourben. 3)ie gegenwärtige Sinteilung ift: ©rgbiöcefc 2lrmag$
mtt ben »Ötümern SKeat^, Glog^er, luam, 2)oton, 2)errto, Kilmore, 408 137 Seelen.
fejbtöceft Dublin mit ben »tetümernSimeridf, ßaf^el, 6ort, Maloe, Dffor^, 192 566 ©eelen. 66
(Sine im %atyct 1834 angefteQte Unterfud^ung ber ^arod^ialber^ältniffe ergab, baft
bon 2405 Äin$ft)ielen nur 907 felbftftänbig, bie übrigen 1498 $u 478 jufammengelegt
422
3rlattb, firdjlidje ©tortjüt
iuaren. 33on biefen 1385 $tir<$f fielen fyatttn nur 461 über 500 ©etneinbegfieber;
264 Pfarrer Ratten Weniger al« 50 ©emein&eglieber, 41 gar feine. 9fiodj> föltmmer toar
e« 30 Safyre jubor getoefen, too 111 Pfarreien sine cura toaren, Don ben jaljireicfcn
©inefuren an ben Äatfyebralen gar nid&t ju reben. Diefe Sertyältmffe $aben ft^ nun
6 toefentlicfc gebeffert. ©d&öH gab 1886 bie Ratyl ber Kirnen auf 1628, bte ber @ei|Ui<$en
auf ettoa 1800 an. Die $a$len für bie ©egentoart (1900) laffen fu& n*fy angeben, ba
ba« Year-book of the Ch. of E. fte nid&t mitteilt.
Die jüngften Genfu« ergeben folgenbe« 93ilb:
10
Äat&olifen
ffopal.
15
20
26
Seinfter
fünfter
Ulftev
ßonnaugljt
3nööefamt
30
1861
1871
1881
1891
1861
i 1871
1881
1891
1861
1871
1881
1891
1861
! 1871
i 1881
1891
, 1861
\ 1871
»1881
^1891
gunaljme ober 2lb»
na^me 1881-1891
1 252 553
1 145 104
1 094 825
1018 487
1420 076
1 304 684
1 249 384
1095 210
966 613
897 230
833 566
744 353
866 023
803 849
783 116
691 995
4 505 268
4150 867
3 960 891
3 549 745
— 411 146
10,4<70
75,4
180 587
164 586
157 522
149 368
50860
74 213
70 128
62 875
391 315
393 268
379 402
361 807
40 595
35 931
32 522
26 690
693 357
667 998
639 574
600 830
- 38 744
6"/o
12,8
$rc«bljt.
3Ketf)o*
biften
12 355
12 556
12 059
12 858
4 013
4 091
3 987
3 448
503 835
477 729
451 629
427 810
3 084
3 272
3 059
2 571
523 291
497 648
470 734
446 687
-24 047
5,1°/,
w
6 290
6 530
7006
7 705
4436
4 758
4 769
5 072
32 030
29 903
34 825
40 525
2 643
2 250
2 239
1933
45 399
43 441
48 839
55 235
+ 6 396
13,l°/o
1,2
Suben Übrige
oljne
Singabc
338
218
355
1171
2
9
34
342
52
58
83
276
393
285
472
1798
+ 1326
280,9°/0
5 512
10 457
7 059
5 769
4 471
5 730
2 770
1883
20 391
35 040
43 249
41883
785
911
718
628
30859
52138
53 796
50165
- 3 631
6,7°/0
1,1
160
363
-13
164
321
1131
530
1 702
4- 1 172
221,1°/.
^riuente ber ©efamt»
bet). i. 3- 1891
85 Durd& bie @ntftaatlid&ung erlitt bie Äird&e einen ungeheuren SJerluft an ©infommen,
jäfyrlic^ mefyr al« 600000 Sßfb. ©terl. ©eblieben toar tyr ein nt$t unbebeutenber 8efo
an Äird&en, Sßfarr* unb ©d^utyäufem nebft ©runb unb Soben imb einem ftafrital toon
500000 $fb. ©terl. Dodj fyaben bte feitbem erhobenen freitotlligen Seiftungen ben 8e*
frei* geführt, bafj bie Jtird&e fi$ in tyrem btö^erigen Umfang erhalten tonn. Die Sei-
40 träge jum Church of Ireland Sustentation Fund betrugen 1876—1898 nic&t tveitkter
al« 5,190,696 $fb. ©terl. ©ie toaren am työd&ften in ben Sauren 1876—1877, fanfen
1878—1880, fyaben ftd& feitbem aber aiemlid^ auf berfelben fiö&e erhalten.
Die §aut>tuntoerfttät für bie Üird&e bon ^rlanb ift Srinity ßollege, Dublin (gegr. 1591);
aber aud& in ben 3 College« ber 1850 gegrünbeten Queen« Untberftty, b. $. »eCfaft, Gort unb
45 ©altoaty, &at fte ©tubierenbe in „Sicenfeb SReftbence«", Äoftftwfern, bte unter ber äuffuty
eine« Defan« ftefyen. Diefelbe 6inrid&tung tyaben aud& bie Sßre«btoterianer unb SBeäfapaner.
Die $re«b^terianer toanberten fd&on unter @lifabe$ bon ©cpottlanb na<$ Ulfter au&
Salob I. betottttgte tfynen ben gefynten, toa^ *>m Slnlafe gab ju bem Regium Donum,
einer jäfyrlid&en SSertotUiguna be« Parlamente« für bie SJonfonformiften in §rfanb, bte
50 aHmäblic^ bi« auf 44000 $fb. ©terl. ftieg, aber 1871 aufhörte, £u ben ja$.rei<$en auf
ber SBeftminfter ftonf effton ftefyenben Preby terians (Trinitarians ober Old Light) tarnen
fr äter aud& Presbyterians of the New Light, bie ftd& in älntrim unb SRunjter itieber*
liefen, unb Scotch Seceders (bie au« ber föottifd&en Äird&e belannt jtnb). Die toeit
übertoiegenbe 9Re$rljeit bilbet aber bie „Presbyterian Church of Ireland* \ toebfc in
3frl«ttb, Krdjltdjc Stnttfttf Irregularität 423
bar ©cncral Äflemblij rejwifentiert ift ; [\t f)at 36 SßreSbbterien unb gegen 600 ©emeinben.
SHefe fttr$e #it tbeologifebe SoffegeS in SBelfaft unb SJonbonberrty unb „SRefibenceä" (f. o.)
in ben Queens GoQegeS. ©te übrigen prcSbfytcrianifcben Streben ftnb unbebeutenb. Die
Sefamtjabl ber $re$bbterianer f. o. ©. 422, ^ - 30. $ie Baptist Union of Ireland jaulte
1897 2513 9Jittglieber unb batte 31 Atrien unb 35 Äapetlcn. SDie SBeäletyanifcbc 3Retyobiften* 6
Rrtbe $ab in bemfelben Satyre bie Rafyl tyrer 3Kitglieber auf 27164 an; fte fyat in
10 Diftriftcn 146 Stationen. S)ie ©efamt^l aller üWct^obiftcn f. o. ©. 422.
gm (Slementarfctyultoefen befielt ein gemifcbteS ©Aftern, infofern fieb ftmultane unb
ttmffixontUt ©cbulen feit 1848 toorfinben. 3jm ^abre 1894 jaulte man 8458 Spulen,
mm treiben 3769 jimultan toaren unb 3531 ber fatl;olifcben, fotoie 1158 ber pro* 10
teftantifc^cn Jtonfeffion angehörten. 2lber toäfyrenb man 832 821 Äinber in ben Siften
bcr Spulen toerjeiebnet fanb, befugten nur 525,547 ben Unterriebt orbnungämäfjig.
8280 ^e^rer unb 3515 £ilfäletyrer (einfcbliefcli<b Seherinnen) toaren in bemfelben tfyätig.
(<£. <3djiM f.) 3B. ©3*.
Irregularität. — Thomassin, Vetus et nova ecclesiae diseiplina, t 11 lit. 1 c, 62 sq.; 16
¥t)iUipd ftird)enred)t, 83b I § 46 ff. ; F. £. a Boenninghauscn, Tractatus iuridico-canonicus
de irregularitatibus, Monast. 1863 sq. 3 fasc; ?. £infd)iu8, JtSR. 83b 1, ©erlin 1869 6.7 ff.
§2f.; £. Sriebbcrg, m. 4 Hufl. ßeiftig 1895 6. 134 ff.
Irregularität (irregularitas) bebeutet im fatbolijcben Äircbenrecbt ben SKangel, toeld>er
eine an fub jum giltigen Smpfange ber Drbination ober üöetye fähige Sßerfon — bieäao
ifi jeber ©etaufte männlichen ©efd&Ie$t$ — bon ber erlaubten (Srtoerbung ober 2lu&
Übung eines fir$(ic$en SßetyegrabeS ausliefet. 3)ie 9tecbt3fä$e über bie Irregularitäten
bat ba$ fir^lid^c JRecbt im Slnfcblufj an einzelne Seftimmungen be3 Sitten unb 9ieuen
leftamentS (2e21; 1 3:i 3, 2 ff.) tit. I, 6 sqq.; dict. Grat. c. 3 D. XXV enttoicfelt.
£te fanonifüfctye ©cbule fd&eibet bie gäffe ber Irregularität in irregularitates ex de- 26
fectu unb ex delicto, a) 3U ber erften klaffe gehört: 1. bie ex defectu natalium,
au£ bem SDtangel ber e^elicben ©eburt. 2)iefelbe trifft olle biejenigen, toel<$e nid&t au%
einer fir$H$en giltigen ober nietyt au$ einer als matrimonium putativum ju be*
tra$tenben @b* ^erftammen, c. 1. 2. 14 X. I. 17, unb toirb bur<b Sßrofefcableiftung in
einem Orben unb bureb nacbfolgenbe Segittmation gehoben. 2. Ex defectu corporis so
ftnb afle biejenigen irregulär, toei<be infolge toon Äranfbeiten ober ©ebred^cn an ber SSor-
na^me ber fertigeren geiftlicben Junftionen gebinbert finb ober biejelben nid&t ofyne @e*
fa^r für bie SBtirbe be$ ©otteSbienfteä ober obne (Srregung toon 3lnftofe unb Slergernte
Dar ber ©emeinbe ausüben fönnen, tit. X. I. 20 u. III. 6. 3. Ex defectu aetatis ftnb
mm ber 9ifcbof3h>eibe bie ni$t fcoHe 30, t>on ber ^rieftertoeibe bie ntd^t t>oUe 24, bon 36
bem Stofamot bie ni$t tooHe 22, t>om ©ubbiafonat bie ni$t Dolle 21 3al?re alten $er=
fwien au^gefc^loffen, toä^renb für bie nieberen 215ei^egrabc minbeften^ baä boUenbete
7. Sebendja^r genügt, Trid. Sess. XXIII, c. 12 de ref. 4. 3)er defectus scientiae
binbert bie ©rteilung ber SBeitye an biejenigen, toeld^e nic^t bie für ben betreffenben
aBei^egrab erforberlicbe Sorbilbung btf\1$ei\, Trid. Sess. XXIII c. 4. 11. 12. 13. 14. 40
de ref. 5. Ex defectu fidei, tuegen Mangel ber ^eftigfeit im ©lauben fmb bie
nodf ntebt Äonfirmierten unb bie 3?eofb^ten irregulär, Trid. Sess. XXIII. c. 4. de
ref., c 1 dist. LVII. 6. Ex defectu sacramenti biejenigen, toelcbe bintereinanber in
jtoei ailtigen, burtb copula carnalis fonfummierten @^en (fogen. bigamia successiva)
ober ferner m einer folgen mit einer fcfyon anbertoeitig fleif^lid^ erlannten grau gelebt 46
baben (fogen. bigamia interpretativa) tit. X. I. 21. 7. 3)ie Irregularität ex defectu
perfeetae lenitatis (5Kangel ber §erjen^milbe) trifft biejenigen, toelcbe obne ein 23er*
brechen gu begeben, alfo erlaubtertoeife, jum Xobe ober ^ur Serftümmelung eine^ TOenJcbcn
mitgetoirft b<wen (j. 8. ©olbaten, Siebter, änfläger, ©efd^toorene, 3cu0en/ ™fy al,er
ixpt unb Gbirurgen), c. 5. 9. X. III. 50; c. 10. X. V. 31; c. 21 X. V.12. 8.£in* w
bert ber defectus famae, bie geminberte @b^ ober ber 3Jlangel be« guten 9lufe$, bie
Orbinoäim, c. 2 u. 20 C. III. qu. 1. c. 17 C. VI qu. 1. 9. Ex defectu libertatis
ftnb tarn berfelben auägefcbloffen bie ©flauen ober Seibeigenen, fo lange ifyr §crr niebt
cintoiHtgt, e^emänner obne guftimimmG ibrer grau unb biejenigen, toelcbe toegen einer
ikrmogen^ertoaltung jur 9le<$nung3(egung t>er))flicbtet ftnb (obligati ad ratiocinia) bor 55
erhaltener Decbarge, X. I. 18. 19.
SBJaä bie irregularitates ex delicto betrifft, fo tritt nacb bem geltenben Steckte
eine f riebe ein 1. toegen affer öffentlich befannt getoorbener ober toor ©eriebt ertoiejener
ftrafbarer $<mblungen, toeld^e ben 2l;äter ber allgemeinen Slcbtung t>erluftig machen, c. 1.
424 dmgttlarität 3*t>t«g
17. X. I. 11. c. 5. X. V. 18, ferner 2. toegen befttmmter SSergetyen, feDbft toenn biefe
geheim geblieben ftnb, nämlid& toegen Rötung (homieidium, alfo 3Horb ober XotfdUag)
ober Serftümmelung einer anberen $erfon, toegen Äefcerei, toegen Sfyoftafie, toegen 3Rifc
braud&« be« £aufjarramente« (abusus baptismi), toegen orbnung«toibrigen (Smpfange*
6 ber 2Betyen (abusus ordinationis), toegen einer berartigen 2lu«übung eine« SBet^egrabe*
(abusus ordinis), unb toegen (ogen. bigamia similtudinaria, b. \j. toegen fonifö Der«
jud&ter ßtyeabfd&ließung unb Gtye=Äonfummation feiten^ einer Drben«l>erfon ober eine*
©eiftlid^en ber fyöfyeren SBetyen mit einer Jungfrau ober einer föon fonft fleifölitty er-
lannten grauen^erfon.
10 3)ie SBirlung ber Singularität beftetyt barin, baß bie betreffenbe Sßerfon ni<$t er«
laubtertoeife (licite) orbiniert toerben ober ben ettoa fd^on empfangenen 2BeiI)egrab au«*
üben, aud& feinen fyötyeren erhalten barf. 2Benn aber trofe ber Irregularität bie SSetye
erteilt toorben tft, fo bleibt lefctere immer gültig unb ber (Setoetyte ift nur getyinbert, toon
bem erlangten ordo ©ebrauefy gu machen.
15 SSon ben Irregularitäten fann für bie Siegel nur ber Sßapft, bloß au«na$m«toeife in
einzelnen gäHen ber 33ij$of bi«penfieren.
3)a« Jrcoteftantifcfye Äird&enredpt tyat bie 2etyre ber lattyolifttyen Äir^e Don ben 3fc
regularitäten nid^t rejiziert. % giuföiit* f.
Swing, ©btoarb (geft. 1834) unb ber 3rttttgiam«mtt«. W. Jones, Biographical
20 Sketch of the Rev. Edward Irving with Extracte from and Rcmarks on his prineipal
Publica tions, fionbon 1835; W. Wilks, Edward Irving: An ecclesiastical and literary bio-
graphy, fionbon 1854; Mrs. O. W. Oliphant, Tho Life of Edward Irving, Minister of the
National Scotch Church, London : Illustrated by his Journals and Correspondenoe 2 vol.,
fionbon 1862, New edition 1864 (bagegen David Ker, Observation on Mrs. Oliphants
26 „life of Edward Irving*' etc., Gbinburglj 1863; J. N. Köhler, Het Irvingisme. Eene
historisch-critische proeve. S'Gravenhage 1876 (t)icr auf ©.413-443 eine nadj bestimmten
©efid)t«puntten georbnete ttjertoofle Ueberfidjt über bie reidje Sruingianerliüeratur) ; Edward
Miller, The history and doctrines of Irvingism or of the so called catholic and apostolic
church, fionbon 1878, 2 vol. ; Xtjoma« (Jarhjle, Sbtoarb 3röing in be« ©erf.« Reminiscences.
30 Edited by Charles Eliiot Norton, II. vol., fionbon 1887; barau« beutf* in geben«-
erinnerunejen uon Xfjoma« (Sarlnle. Ueberfefct t>on $aul Säßer, ©öttingen 1897 ; 9R. #oW,
S3rud)ftürfe au« bem Seben 3rmng«, ©t. ©allen 1838, jttjeite «uSgabe 1850; <L «b.
SKoßteu(djer, ber Aufbau ber Äirdje (S&rifti auf ben urfprünglidjen ®runblagen, ©afel 1871,
2. Slufl., 1886 (bie« bie offi^iefle ©efd)id)te ber Setuegung); 3. ftSftlin Art. 3rt>ing. in ber
36 feiten Slufl. biefeö SBci feö ; tf). tfotbe, abwarb Sriring, ein biograptytfäer ©ffaij, Seipjig 1901.
(Sbtoarb 3rbing mürbe am 4. 2lug. 1792 in bem ©täbtdjen Slnnan in ber ©raffc^aft
3)umfrie« im füblidpen ©d&ottlanb geboren, too fein fcerfyältm«mäßig too^tyabenber SSater
ba« ©etoerbe eine« ©erber« betrieb. Dort lonnte ber Jtnabe fc|on ben erfien ^ö^eren
Schulunterricht fyaben, geigte aber feine fonberlid^e Sernbegierbe, au|er für bie 3Kat^ematit
40 9lu$ auf ber Uniberfttät in (Sbinburg, mo^tn er erft breije^niä^rig gefd^idt tourbe, um
junäd^ft bie unferen oberen ©^mnaftalllaffen entf^red^enben unteren Aurfe burc^umaa^en
unb ftcb fpäter burd^ allerlei ^i(ofo^ifd()e @tubien bi$ jum ^ad^ftubium ber Geologie
fyinburc^uarbeitcn, ftanb neben ber Steigung für aDe lörtoerlid^en Übungen bie für bie
3Katyematif oben an, bie bem fiebjebnjäfyrigen auf embfe^lung feine* fietyrer«, ^ßrofeffor
46 £e«lier bie ©teile eine« Se&rer« ber SKat^ematif an ber ^ö^eren ©d^ule in bepi ©täbtcjlen
^abbington eintrug. (Sin 3afa fj)äter bertaufd^te er fte mit ber eine« Sldtor« ber neu*
gegrünbeten, fufy „Slfabemie" nennenben ©d^ule ju fiirfalbv, blieb babei aber ©tubierenber
ber Geologie unb befugte, n?enn au$ unregelmäßig, bie meift auf toenige SBintennonate
ft$ erftreefenben Unit>erfttät«!urfe. ^n jenen 9lufentyalt in fitrfalbv fällt aud^ bie greunb*
eo fc^aft mit bem größeren £anb«mann, bem f^äteren SBeifen bon ß^elfea, 3^oma« Sarü?lc,
ber gleidüjfall« bafelbft ein Se^ramt befleibete. 3)e« leftteren ©rinnerungen laffen und Wber
leinen @inblic! in 3rbing« Snttoicflung t^un. @in regelrechte«, met^obifd^e« ©tubieren
mar f^erlid^ feine ©a$e, bod^ berftanb e« ber )toeifel!o« ungemein begabte SRaim, fä
mü^elo« ein nid^t getoö^nlid^e« SCBiffcn auf t>ielen ©ebieten ju ertnerben. 21m toenigfien
66 toiffen h>ir t>on feiner religiöjen Snttoidtlung, nur baß er, um ben beritymtejtai ?5rebigeT bei
Sanbe«, Dr. G^almer« t>on ©la«golo (f. b. S. 93b III, 777) $u ^ören, leinen 3Bä fd^eute. Stab
bem er bie toorgefd&riebenen, fe^r umftänblid^en ©jamina (Dal. 2^. itolbe ©. 8) "*
erhielt er 1815 bon bem 5ßre«b^terium (Rrei«f^nobe) ju Äirlalbty bie ^rebigtertaubni«.
aber feine Sßrebigten tourben nid^t gern gehört, ©ein Sßatyo«, bie gefugte
60 feiner <Spxad)c fanb man gef^reijt, ja fc^au^ielerifc^. 3m 3a^re 1818 0^8 ^# nac^bem
Ortung 425
er 3 3a^rc bergebß$ eine Sertoenbung im Äircfyenbienft erftrebt fyattt, beS ©cfyulmeifterlebcnS
mübe, nadf @binburg unb beschäftigte fid^ mit allerlei faracfyltcfyen unb naturtoiffenfd?aftlid&en
©tubien. aber erft ein %afyx foäter, als er, toeil niemanb in ber #eimat tyn fyaben
toofite, f<$on ernftiid^ baran badete, als 3Jtiffionar nad& Werften ju gefyen, toar eS Gfyak
merS in ©laSgoto, bertynim Dftober 1819 als Sßrebigtgefyilf cn annahm. aber, toie $reff= 5
lictyeS er auefy als ©eelforger, namentlich unter ben Arbeitern leiftete, neben bem berühmten
Q^almerS lonnte er, toenn er au$ nad) einiger $eit e*ncn Keinen JtreiS Don Scretyrern
um fü$ gefammelt fyatte, nid&t auffommen. 3)aS ©roS ber ©emeinbe mieb feine Sßrebigten
unb trug tyre @ermgfd&ä$ung offen jur ©d^au, aber in ftol&em Setoufjtfein feiner flraft
unb ber SRic$tig!eit feiner SKct&obe, fa£ er barin nur ben SBiberfrrucfy ber großen 9Renge, 10
gegen bte, toeld&e bie ausgetretenen Sßfabe toerlaffen fyaben, um ben umfaffenben Sebürf*
niffen bex 2Beit geredet ju toerben. 2)a toar eS eine 3lrt (Srlöfung, als er burefy bie
SSermtttlung toon GtyalmerS im gafyre 1822 &um 3Kinifter ber flehten, bamalS ca. 50 ©eelen
umfaffenben nationalfd&ottifd&en (fog. falebonifcfyen) ©emeinbe, bie mit einem fleinen fctyottifäen
Äranlen^aufe in §atton ©arben in Sonbon jufammenfying, ertoäfylt hmrbe. 2)aS 5preS* 15
tfyterium in äfanan erteilte tym bie Drbination. SKtt einer fulminanten 3lbfc$iebSprebigt,
in ber er bie gorberung ganj neuer ^Jrebigtmetyoben auffteÜte, um bie SBelt unter bie
Sutorität Gtyrifti ju bringen (beinahe boHftänbig bei SBillS ©. 17), fd^ieb er bon ©laSgoto.
3Ran muffe bie ©aetye ganj anberS anfangen, als eS bisher geföe^en, baS Gljriftentum
muffe in einem metyr $eroifd&en ©tile getrieben toerben, fo fdjrieb er um biefelbe $t\t 20
(Cli*>$ant©.73) an ben Steftor 3Rartin in ßirfalbty, beffen Softer 3fabel er£erbftl823
als feine ©attin in fein £auS führte.
Unb ftrirf(i($ festen eS nur ber Überfteblung naefy Sonbon beburft ju tyaben, um tyn
ya 9luf unb änfe^en ju bringen, ©cfyon bei feinen *ßrobeJ)rebigten erregte er 2luffefyen.
einbrucfSDoH ober tocnigftenS auffaücnb toar f$on feine äußere @rfd&eimmg. ©r toar 25
über fec$S gufj £od&* feine fd&toarjen, faft bis $u ben ©d^ultern fyerabfaüenben SodEen um«
rahmten ein Heises @eftd?t mit bunleln 2lugen, bon benen baS eine fefyr ftarf, ja na$
bem Urteile Dieter in unheimlicher 2Beife fädelte. 2Ber tfyn fafy unb fyörte, mit melier
©i$er$eit er auftrat, fyatte ben ©inbrudE einer #mfd&erperfönli<$feit, bie fid; ifyrer Äraft
betmtfct mar. 3Kan fanb aud^ in Sonbon, ba^ feine ©eftitulation ^eftig unb ungrajioSso
toax, aber fte h>ar einbrücfli$. 3)ie ausgetretenen $fabe ber bamaligen $omiletif ging er
in ber Tfyd nid^t. gjmmer ftrebte er bana$, ettoaS befonbereS ju fagen, in blumenreicher
Qpxaty ju reben, bie 3)ic^ter feines SSolfeS ober bie §eroen ber J)uritanifd^en Sitteratur
^eranju^en unb ungett)ö^nlid^e Silber &u gebrauten, ©ein großer SanbSmann ©alter
©cott bermi|te in feiner Sßrebigttoeife eine getoiffe Äeufd^^eit unb Ausgeprägtheit beS 36
e^arafterS; fte fear Ü?m ju ^od^fliegenb unb efftatifd^ unb legte ju biel 2Bert auf eleganten
ShtttrudE. ©0 toerben manche geurteilt ^aben, aber fte toaren t>ereinjelt. SBielme^r ^atte
bie Serebfamfeit beS fd^ottif^en ^rebigerS nad& ganj funcr ^xt eine bisher unerhörte
3u^orerfc^aft um ftd^ gefammelt. @S fam öor, ba^ bie SDcenge ber 3Kenfd^en, bie fic^ ju
feiner Äird^e brängten, ben öffentlichen 9Ser!e^r ftörte. Salb fonnte man nur auf ©runb 40
ton (SintrittSlarten Sinla^ erhalten. 9Ran mu^te eine neue Äird)e bauen, bie bann in
9tcgetife€quare errietet tourbe. S)a^ and) bie gute ©efettfd&aft auf i^n aufmerffam tourbe,
toax bor Srfolg einer gelegentlichen Äufeerung beS -iDlinifterS (Sanning, ber bei einer bie
ftmbe betreffenben 8iH auf bie Serebfamfeit beS in ben aücrbefc^eibenften SJer^ältniffen
lmrfenben 3rk>ing ^ingetoiefen ^atte. Salb toar cS ber eigenartige 3Kann felbft unb fraS 45
er fagte, toaS eine ganj ungetoö^nlid^e SlnjiebungSlraft ausübte, ^toins toar ber 2Jtobcj)rebigcr
2onbonS getoorben, aber nid^t nur baS, aud? ein SrtoecfungSfrebiger, gerabc unter ben
Sebilbeten, toie eS beren toenig gegeben ^at. Unb mit bem Srfolg hmcfyS baS Sehmfjtfein
feiner Äraft unb ber 2Bunfd&, nod^ größeres ju leiften.
3)en bö^er bon ber Äird&e gröbli^ Sernad^läfrigten, ben ©ebilbctcn, bie noc§ brausen w
flehen, ben ©rfinbern, ben $olitifern, ben ^uriften, ben 3Rännern ber SBiffcnfd^aft, bie bie
Seit in ber $anb fyabtn, bie SBa^r^eit na^e ju bringen mit ben Mitteln ber Silbung unb
einer blumenreichen SR^etorif loar auc^ bie Jenbenj feiner erften 3)rucffd^rift (For the oracles
of God9 four orations. For Judgement to come, An Argument in nine parts,
Sonbon 1823) toenigfienS im erften 3!eil, toäfyrenb er im feiten bebeutenberen, $u bem 65
et burc^ bie bamalS t>tel bef^rod^enen frivolen ©ebid^te ,, Vision of judgement4' bon
SoutfKV un*> 83Vron (laueres barüber bei 2:^. Äolbe, a. a. D. ©. 24) angeregt tourbe,
barauf ausging, „nid^t als X^eologe, fonbern als 9Renfd&, nid^t als Äird^enmann, fonbern
ote ®^rift", SotteS Siedet, bie SKenfd^eit jur Seranttoortung ^u jie^en unb bie 9lot-
toenbigleit beS ©eric^tS bor bem^orumberSernunft ju erloeifen fud^te. Seifall unb f$arfereo
426 3rttttg
SBiberfyrucfy, bic ftcty im ganzen bic 2Bage gelten, ersten nur feine föon übergroße
Popularität unb jur bangen ©orge fetner greunbe ba« immer mafclofer toerbenbe ©elbfU
gefüfyl be« Sßrebtger«, ber fi<$ immer metyr in bie Stoße eine« in befonberer SBeife be*
rufenen untrüglichen $roj)fycten feine« 33olfe« fyineinlebte, unb aud? bie too^lmeinenben
6 SBarnungen ber t>on tym fc^arf angegriffenen ebangelifd&en Sßartet toeräd^tlicty aurüdttote«. ©atoar
e« feine ©uetyt, immer neue« borjubringen, immer größere Erfolge ju enielen, bie tyn ein«
Stiftung jutrieb, burd& bie fein Seben eine ganj anbere SBenbung napm.
ffite fcorübergefyenb auefc anbertoärt« tyatte ftd& in (Snglanb unter ben @inbrü(fen ber
franjöfifd&cn 3lct>olution unb ber ifyc folgenben ©reuel unb Ärieg«ftürme ein Jtrete öon
10 frommen gebilbet, bie in ©rtoartung be« jüngften läge« futy in apotaltyrttfd&e @tubien
vertieften. 2)arau« cntftanb eine ftet« breiter toerbenbe apofaltflrtiföe fiitteratur, au« ber
bic ©Triften fcon §utlety gfrere unb Setoi« Süaty (Stöbere« barüber bei 2$. Äolbe a. cl D.
©. 30) hervorragten, bie in füfynen Berechnungen au« 9tyofaU#>fe unb ^ropfyeten bie
ßnttoidflung be« @ottc«reid&e« unb bie ©tabien ber ©nbjeit ju bestimmen fud&ten. Unter
16 ben für biefe ©ebanfen gewonnenen toar balb feiner fo eifrig al« ^enrty Drummonb, ein
bielfeitig gebilbeter 2aic, ein reifer Sonboner Sanfier, ber fd&on in jungen galten al«
$arlament«mitglieb fi$ fyertoorgetfyan, auf toeiten Steifen ftd& in SBelt unb Ätrc$e umgefe^en
fyatte, unb beffen ^dt unb ©elb überall ju ©ebote ftanb, h>o e« galt, allgemein n%
lietye« $u unterftüfcen ober gute« ju ttyun. ©o fyatte er bie Continental society, )ur
2o$ebung be« geiftüdjen 3uftanbe« be« kontinent« gegrünbei, tm3a£rel821 bem gorf dpung«*
reifenben Dr. Sofep^ Sßolff bie SRittel ju feiner bamal« Sluffefyen erregenben @rforf$ung be«
innern 2lftcn« gegeben unb no<$ 1825 in Dsforb eine Sßrofeffur für Stationalöfonomte (bie
erfte, bie e« überhaupt gab), geftiftet. ©eitbem er bon ben aj)o!al^)tif4en ©ebanfen er*
griffen toorben, ^attc er, obiootyl er fpäter toieber unb jtoar bi« an fein £eben«enbe (1860)
26 im englifd^en Parlament fafe, fein fyötyere« ©treben, al« bie Stefultate ber aj>o!afylrttft$en
gorf<$ung ju allgemeiner 2lnerfennung ju bringen. 3)a toar e« £utle$ gftere, ber m bem
nod& Keinen Streife, beffen gü^rer 3)rummonb balb getoorben toar, auf ben ©ebanfen tarn,
im Sntercffe ber größeren $ropaganba ben 9Serfud& ju mad&en, ben gefeiertften ^ßrcbigfr
ber ^auptftabt, (Sbtoarb 3>rtoing, ju gewinnen. 6« gelang überrafd&enb fänefiL aRtt ber
30 ifym eigenen gfreube am neuen nafym er bie tounbertid&e ©jegefe jener Seute unb tyre
©ebanfentoclt, bie fo biele« erflärte unb bie bem S5u^)rebiger in tym ein neue« gelb er*
öffnete, hnrflicfy toie neue Offenbarungen auf. Salb tourben fte tote bei jenen, ber^Kittet
j)unft feine« 3)enfen« unb Sieben«. 3n c^ner ftunbenlangen, f^äter in ertoeiterter gorm
gebrueften ^rebigt (Babylon and Infidelity, foredoomed of God: A discourse
35 on the prophecies of Daniel and the Apocalypse, which relate to these later
times and until the second advent. ©la«goh> 1826, 2 bol. Sgl. barüber 3$.
Äolbe a. a. 0. ©. 35 ff.) bei bem ^a^re«fefte ber Continental Society im So^re 1825
enttoidfelte er fte jum erften male bor ber großen Öffentlid^feit, jeigte an einzelnen ßr«
eigniffen feit 1793 ba« 9lu«gie^en ber fed^« erften 3orne3fd?aIen unb [teilte ba« ftommen
40 be« ^errn unb bie 9lufrid^tung be« taufenbjö^rigen Steige« für 1864 in 9lu«ft<fct 3^
ga^re barauf erfd^ien mit einer jtoet^unbert ©eiten langen ©tnleitung feine Searbe&utg
beö 1816 ffeubon^m ^erau«gefommenen SBerfe« be« ft>anifd&en Sijefutten Sacunga unter
bem Ittel: The coming of Messiah in glory and majesty, Sonbon 1827 (»flL
ebenba ©. 38). ^i^f^ ^attc fön ©antreten bafür toirflid^ ben @rfolg gehabt, bafc ni^t
46 toenige ^ertoorragenbe ©eiftlid^e unb ertoeefte Saien ber Sonboner „$ro})$etenf(^uIe/¥ tote
grbing juerft bie 2tyofal$)tifer genannt ju fjabzn fd^eint, ftd^ anfd^lofjen. SKuf 93eranlaffung
bon Setoi« SBa^ famen feit bem 1. 3lbbent 1826 alliä|rlid^ auf ©rummonb« ganbftj
3llburt^ unioeit bon ©uilbforb in ber ©raffd^aft ©urre^ Seute au« Derfc^iebenai
Denominationen — bie 3^^ fd^toanfte jtoifd^en 20—40 SBerfimen, unter tbnen au*
ßo Srttoö ~ ü« ^n^ Äonfercnj ^ufammen, um unter bem Drt«l>farrer $u^ SWac 9teu,
ber übrigen« toie mehrere anbere fid^ bem foäteren 3tbingtant«mu« ntdjft anf^lofe,
fonbern al« einer ber angefe^enften Äanjelrebner unb $äut>ter ber „etKtngelifc^en
^artei" 1879 ftarb, auf ©runb ernfter gotfd^ung ftd^ über bie totytigfhn gragen fk
einigen, ©eit bem Satyre 1829—33 erfc^ien audj ein eigene« Organ auf Drummonb«
55 Soften ,,The morning Watch, Journal of Prophecy", toeld^e« bim 9Rr. Xubor
^erau«gegeben h>urbe. ^n bem Meeting t>on 1829 tourbe ol« einmütige« 6rgebm« er*
Hart, feit ber 3^it 3>uftinian« I. bi« jur fran^öftfd^cn Sleöolution fei eine grofee, m ber ^eiligen
©ebrift angefünbigte ^eriobe t>on 1260 ga^ren abgelaufen, auf to&fce je^ bie legten
SBe^en, eine 3erftörung ber fid&tbaren Äird^en, bie 3wrüdtftt^rung ber ^uben in t^r 2anbr
60 bann bie $arufte unb ba« taufenbjä^rige Steic^ folgen tverben, unb e* fet ^fltc^t aDer, bte
$rbfog 427
bic* glauben, biefe (Srfenntnte aller SBclt fo cinbrüdflicfy afe möglich ^u berfünbigen (bgl.
Stillet If 44 ff.), Damit berbanb ftd& alsbalb ein fcfticrcrifc^er 3U9- 20er rodfa auf bem«
fetten ©tanbjnmlt ftanb, tourbe beä böffigen SlbfaffS ge$iefyen. $a bie game btS^erige
fitc^Iid^e Snthmflung, unb nid&t am toenigften bic ebangelifctye Partei im englifegen Äircfyen=
tum, bie auf bie SReubelebung ebangclifd&en ©laubcnälebenS aud& burd& fol$e SBeran* 6
ftoltimgen, bie man ft>äter innere 9Riffion nannte, ausging, traf biefe Slnflage. ©eitbem
ba* „fünffältige Slmt ber Styoftel, $ro^eten, ßbangeliften, §trten unb Sefyrer" au« ber
ftinbe-gefötounben ftnb, bie 3r^nÖ f$on 1Q24 als bie etoigen ©runblagen ber Äird&e
bezeichnete, ift aud& ber ^eilige ©etft avß ifyr getoid&cn: „Über GfyriftuS unb ber gläubigen
Seele, — bie ganje Summe unferer Sefyre unb geiftlicfyen graste — finb uns ber ^eilige 10
®eifl, bie ©ememfe^aft ber ^eiligen, bie ^eilige fatfyolifctye ftirctye, ju toten Sucbftaben im
ßrebo getoorben — . 3Ran ladt bom ©lauben unb einfältigen ©lauben unb erfennt nid&t
ober hnfl ntc^t erfennen, toaS ber gange Snfyalt unfereä ©taubenä ift, — bie fyoc^eilige
Dreietnigfeit unb tyre ©aben, Simtcr unb SBirfungen jum £eite." ©$on geigt fi<$ aud&
ber bieifacb erft ber fiteren ©e!te jugefcfyriebene ©tyncrettemuS: „au$ offen borfyanbenen ls
Sefamtmffen unb ©laubenäparteien toirb erft baä ©cfcfylecfyt erftefyen, bie toafyre 3luäh>afyl
unter ben SluSertoätylten, toelcbeS unter {einem Sjofua in baä tangerfefynte Kanaan ein*
gefcn totrb" (bgL Stofcteufd&er ©. 107—111).
Damit berbanb fid& bei %xto'mQ atebalb eine immer beutlid&er toerbenbe Slbfe^r bon
grunblegenben ©ebanfen unb $rinjijHen be$ fctyottifd&en ßircfyentumS, feiner 33erfaffung unb 20
femeä Sotteäbienfted, bon ber Sßräbeftination, toogegen er, in biefer Sejietyung nicfyt un*
beeinflußt burety baä SBerf be3 ^od^Ürd^lid^en SlnglilanerS SRid&arb §oofer (Ecclesiastical
polity 1599) fk& a^ ^nefter füllte unb feiner ©emeinbe unb feinem SßreSbtyterium
gegenüber pheflerlic$e3 änfefyen unb ^rtefterüd^e ©etoalt in 9lnfpru$ nafym, toorüber e$
fc$r baß) ju unliebfamen (Erörterungen fam. ©rofceä 2luffefyen machte e$, unb e$ tourbe 26
bei toettem atö bie fölimmfte §eterobojie empfunben, toaS man ®nbe 1827 bon eigen»
ähnlichen c&riftologifd&en Sluälaffungen, bie er auf ber ßanjel bortrüge, erfuhr, ba& er tion
einer sinfal substance bed Seibe« Gfyrifti f^rec^e. S)^alb interpelliert, fd^rieb er eine große,
toie immer me^r r^etorifd^e aU bogmatifd^e älb^anblung „über bie Se^re bon ber ^nfamation"
(Xbfc^nttt III unb IV feiner Sermons, Lectures and Occasional Discourses, 3. t>ol, 90
2onbon 1828), in ber er offenbar im Igntereffe an ^,er toüm 3Jtenfd$eit G^rifti unter
falfc^er ^Jreffung ba$ äfiagziag in bem ))au(inifc^en 9lu3brucf h öfioicß/uan oagxög
ipagiÜK 0Röm. 8,3) ferne I^efe begrünbet. 9iur toenn S^riftuS mirflid^ unfere 9tatur
angenommen ^at, bie gefallene 2Renf$ennatur, fonnte er unfer ßrlöfer fein. S)a feiner
Sbttter ©ubflan) getoifelid^ gefallen, er aber feiner 5Renf3$eit nad^ bon ber ©ubftam 36
Ser Shitter toar, fo ift bie ÜRatur, bie er annahm, eine fünbige getoefen. 6ben beä^alb
Ite er, obtooW er an ber ©rbfünbe nid^t teilnahm unb burdj ben i^m immer bei*
too^nenben ^eiligen ©eift bor jeber toirflieben ©ünbc betoa^rt tourbe, in feinem natür-
lichen ©iflen eine StebeQion gegen ben 2Btüen ©otteö. 3)enn iDcnn er unter baö ©efe^
get^an toar, fo muftte er ntc^t nur jugänglic^, fonbern für alles ba^ geneigt fein, toaö 40
ba8 ®efej berbot. §a, Srbing ge^t fo toeit, ju fagen, jebe 2lrt bon ©d&ledjtigfett, bie
m <Xty& getoorben tft, ober ^ur I^at toerben' fonnte, gehörte jum SCBefcn feiner sJtatur,
nnb Atn m ber ©röfte be« ©iege« über bie in feiner 9iatur (iegenbc ©ünbe fiefyt §rbing
bie Sonett ber @rlöfung ber s})ienfd^ennatur unb erllärt im Setou^tfein, bamit bie alte
octyoboge 2e^re ber Äird^e toieberjugeben, jebe anbere Sluffaffung afe eine j)eftilen^ia(ifd^e 46
tiefte (3%. Äolbe ©. 50 ff.).
S)te* aOed unb feine at)o!al^tifd^en ©d^toärmereien, bie nid^t toenige feiner früheren
Sn^anger atö ber großen, für i^n erbauten unb im Srityjafyr 1827 getoetyten Äird^e auf
bem Sugent^uare bertrieben, erfcfytitterten fein 3lnfeben in toeiten Äreifen, befonber« in
&mbim. ©letd^toofyl getoann bie e^d^atalogifd^e, a^ofal^ptifd^e ÜRic^tung, bie [\d) mit einer 50
neuen bon Sieb. 3- $albane ©tetoarb angeregten Setoegung begegnete, bie barauf au&
Eafle frommen m allen Denominationen jum ©ebete um eine neue mac^tboHc 3lu^-
tg bed ^eiligen ©eifted ju berbinben, in äffen leiten ©rofebritannienS immer mefyr an
, befonberd in ©cfcottlanb. öicr h>aren e^ ;^rbing^ greunbe, bie ©eiftlic^en 6amj)beD,
Stor^ unb SUe& ©cott, bie in gleichem ©inne h)irlten, unb legerer, ber eine 3eit lang 3r- »
bmg^ ^Jrebigtajfiftent getoefen, fprad^ bie Hoffnung au^, ba^ mit ber erfebnten neuen
Sttteie^utig be« ©eifteä aud^ bic befonberen ©aben unb Kräfte ber Urftrctye toieber jur
fof<^einung lommen tbürben. Die Erregung ber ©laubigen tburbe noeb geftärlt burc^
Itoei gro^e ^Jrebigtreifen Stttoß* in ©d^ottlanb in ben Sauren 1828 unb 1829, bon benen
befonberd bie erfte, bie auefc^lie^lid^ ber ^erfünbigung bed neuen älbbentö galt, einem üo
428 3r*ittg
toafyren 2!riumpfy;uge gficty, unb mit faum bejätymbarer Ungebulb erwartete man bte 3lu«s
giefjung be« ©eifte«.
35a bernatym man im Sfätj 1830, bafj fte in fjemicanty, einem Sförfd&en an ber Stünbuitp
bc« Sltybe, im Äird&fpiel be« fctyon ertoätynten Pfarrer« Stöbert ©torty Don Sto«neatty, erfolgt fet
6 @ine getoiffe KJMarty (Sampbell, eine Slätyerin, bie nacty aller Meinung ftd& im legten ©tabnmt
ber ©d&toinbfuctyt befanb, gleid&toofyl aber im SBetoufetfein, bon ©Ott ju ©rofcem berufen
3u fein, an bem langgehegten ©ebanlen, al« SWtfftonarin nad& ben ©übfeeinfeln $u getyen,
fefttyielt, tyatte unter bem unmittelbaren Sinbrudf bon 3>rt>in(j« $rebtgt, mit ganj befonberer
Energie bie ©efynfuctyt nacty SBieberertoedung ber apoftoltfctyen @eifte«gaben in ftcfr auf*
10 genommen, bornetymlidj ber ©abe ber Teilung burcty ©ebet unb be« Siebend in Sangen,
Worunter ftc bie für ityren 9Jliffion«beruf befonber« ertoünfd&te Segabung mit fremben
tyeibnifd&en 3un8en berftanb. 9ln einem ©onntage, bem 21. SJtärj 1830, tyatte fte mit
einer ©etytoefter unb einer ^reunbin toieberum unter gaften unb S3eten um bie grofce
©aetye ben &ag jugebraetyt. Da am Slbenb, fo hrirb behauptet, richtete ftety bie fronte,
16 bie feit 2Bocfyen unfähig toar, ftety $u ergeben, plöfeli<$ auf unb fpraety mit bergücftem Sin*
gefixt eine SSiertelftunbe lang in gänjlicty unberftänblictyen, übrigen« fofort notierten Sauten,
toa« ftd& am näctyftcn ©onntage toiebertyotte. Da« ift bie bon ben grbingianern behauptete
SBiebererfcfyeinung ber ©praetyengabe, toobet fogleicty bemerft fein mag, bafe, naetybem bie
©eletyrten bonDjforb unb ßambribge erflärt Ratten, bafj jene Saute, entgegen ber SWetnung
20 ber Sampbell, mit feiner menfd&lid&en ©praetye tttoeß ju ttyun Ratten, man jene« ber)üdte
Sieben einfaefy al« 3ungenreben beutete. Die Jtunbe babon machte befonberen Smbrucf
in einer befreunbeten ftamilie in bem nafyen, am anberen Ufer be« ßfybe gelegenen Ort
©la«goto, too atoei fromme ©<$iff«aimmerleute namen« SKacbonalb mit ityrer ©ctoefter
Margaret bie frommen $u @ebet«berfammlungen in ityrem .§aufe ju berfammdn pflegten.
26 ©ine« Sage« im Slpril 1830 braety bie fterben«franfe SRargaret in ftunbenfongen $rei« ©otttf
au« unb fd&lofj bann mit einem tyeifjen ©ebet für ityren Srober $ame«, bafc er in bteftr ©tunbe
angetfyan toerbe mit ber Äraft au« ber §ötye, toorauf biefer ber feit 18 SRonaten an ba«
S3ctt gefeffetten Äranfen gebot, aufjuftetyen, toa« biefe auety ttyat unb am gemeinfam«
SRatyle teilnahm. Unb am folgenben Sage gebot $. SRacbonalb brieflich ber befreunbeten
so Tl. Gampbett, ebenfaH« aufeufteljen unb über ben glufc herüber iu lommen, toelc&er Auf-
forberung fte folgte. Damit fd&ien auefy bie ©abe ber Äranfentyettung, bon beren toeiteren
Slntoenbung man übrigen« nid^t« ^ört, toieber ertoedft ju fein. 3n ben ja$Irei$en ®<bt&
berfammlungen, bie auf biefe Stuffetyen erregenben ßreigniffe folgten, trat bem t>m
3JI. (SampbeQ geübten 3mtgenreben aud) bie berftanblictye ©prad^e im ©elfte in hinen, auf
36 ba« Kommen be« $errn bezüglichen 9(u«rufen jur ©eite, unb ftne fetyr man fid^ fd&on in
©ebanfen an ba« SBieberaufleben be« apoftolifctyen ©eifte« tyineingelebt tyatte, jeigt bie
Slactyrictyt, bafe in jenen SSerfammlungen bielmal« ber Stuf gehört h>urbe: „©enbe un«
Spoftel."
Die Sonooner ^ßroptyetenfctyule, bie eine Äommiffion, in ber ber 3lec$t$anhxilt Sarbale
40 tyerborragte, naety ©ctyottlanb, Wo immer mehrere bom ©eifte ergriffen tourben, gefctyidt
tyattc, betätigte bie erwartete erneuerung ber ©eifte«gaben, toa«, toie begreiflich, für bie
beteiligten auety ein ©rtoei« ber Sßatyrtyeit ber ganzen apolal^ptifc^en Sßrebigt toar. 3n
ßarbale« §aufe fudjte man nunmetyr in ©ebet«berfammlungen ba«fetbe ju erreichen tote
in ©ctyottlanb. Unb tyier begann im gtfi^ja^r 1831 Sarbale« grau mit httjen 8u««
46 rufen. Wun tarn auety 3Rarv GampbeH, bie injhnfd&en einen 3Jh. ßairb geheiratet tyatte,
nad^ Sonbon, unb balb tourbe ba« 3un0enrc^>en wwb bie Siebe in berftänbltctyen fiauten,
bie „^roptyetie" tyäufiger. 93ct einem ber §au«gotte«bienfte, bie S^b^Ö f^ tanflwn täglty
bei fiety ju galten pflegte, machte ftd^ juerft mit feiner SRarf unb Sein burd^bringenben
©timme ein getoiffer iaplin al« Sßropfyet bemerHid^. Slod&metyr @inbrud machte auf 3**
60 bing ein anberer Sßroptyet Sajter, ber freiließ na<$ einiger Reit, toie bie $rop$ettn 9Rt| ^aD,
in einer eigenen ©etyrift feine 2Bci«fagungen miberrief uno ade« auf ©dbftbetrug jtaü*
führte (bgl. Dliptyant ©. 357, 6b. flird&en$tg. 1837 ©. 437 ff.), beffen «uaa^ungen aber
gleid^tootyl in bieler Sejtetyung für bie Drbnungen unb Einrichtungen ber fpäteren ©ette
grunblegenb tourben. Sine ßeit lang fuetyte 3^in0/ ^e f^r CT au$ ^^ ^c SKantfeftattomn
65 be« ©eifte« erfreut toar, ba« ^ungenreben au« bem eigentlichen ©otte«bienft fern ju galten,
nur bie ©afriftei räumte er baju ein, um getoiffermafjen ba« 3w"8enr*en iu üb*1 ***
um bie aBteberaufrictytung ber längft al« nottoenbig erfamtten fogenannten apoftelifiben
ämter, ber ©enbung bon älpofteln, $roptyetcn, @bangeliften, §trten unb Setyrcm, bie bom
ffl. ©eift gefalbt toären, unb ba« betonte befonber« Setter, nietyt burdty menf$li$e 8eni«
60 fung fonbern burety ben ©eift felbft au«gefonbert toerben foKten, in antyaltenbem ©ebete ju
3rt>tng 429
ringen. Aber ber einmal entfeffelte (SntfyuftaSmuS War nid&t mefyr aufhalten. Offen*
baruna brängte ftd& auf Offenbarung, unb 3*bing, ber, feitbem er bon ber ©d^ett biefer
$mmuf$en Stimmen fid? überzeugt fcatte, nid)t^ mefyr freute, a(3 bem Strien be$ ©eifteS
entgegenzutreten, mußte ftd& Don ben Sßroj^eten jagen (äffen, baß er, um ber @$ma$
QpnfK ju entgegen, ben ©eift bäntyfen Wolle. £)a gab er nad). sDiitte Oftober 1831 5
$dt ber (gnttyufiaSmuS in fttirmifd&er SBeife feinen ©injug in feine $ir<$e. 9lux fo t>iel
fctte man tym jugeftanben, bafj bie ©eiftbeWegten erft nad& feiner Seenbtgung ber ©cfyrift*
twrlefung unb na$ feiner ^rebigt, Wo^u er jebeSmal eine $aufe machen Wollte, fpred^en
fällten. Salb trat ber Sßrebiger naturgemäß hinter ben Prägern be$ ©eifteS jurücf. g$
lam nt<$t feiten ju aufregenben unb lärmenben ©cenen. 3)aS mußte $u einer ©Reibung 10
in ber ©emembe führen. 2)ie alten fc^otttfd^cn Familien jogen ftcfy jumeift jurücf ober
Würben bon ben apofafyptif$en ©d&Wärmern, bie balb in ber Äird&e &u Siegent ©quare
tyren SRittetyunlt fallen, berbrängt. 211$ er im 3>atyre 1830 feiner Gbriftologie toegen
bor ba« gorum be$ SPreäbtyteriumS ber jd&ottifd&en ©emeinben in Sonbon (b. fy. beS über
ben Äm&enborftänben ber (Sinjelgemeinben ftefyenben ©efamtyreebtyteriumä) gebogen Würbe 15
unb biefen ©eric^tötyof ablehnte unb bielmefyr an bie fd&ottifd&e ©eneraljtynobe appellierte,
ffüitt er fein Sßreäbtyterium no$ auf feiner ©eite. 3>efct berflagte c$ tyn bor berfelben
8e$drbe wegen 33erle$ung ber gottesbienftlictyen Orbnung, Weil er Männer, bie ni$t
Sttnifter ber fd&ottifd&en ftirc^e jeien unb fogar grauen in feiner Äird&e fyabe fprecfyen
laffen. 3)a3 Urteil bom 2. 9Rai 1832 lautete auf Slbfefcung. 2lm 6. ÜRai begann er ao
in einem Saale mit feiner auä etwa 800 Äommunifanten befte^enben ©emeinbe eigene
©otteäbienfte, bie im Cftober in ein ju einer Slrt Äircfyc umgewanbelteä Maleratelier auf
ber 5Retomanftreet berlegt tourben. ^efct fd&Wanben bie legten 5tefte ber fd&ottifäen @otte&
btenftorbnuug. Die Stimmen ber Sßropljeten brängten ben Sßrebiger, ber jefct afö„@ngel"
ber ©emeinbe (Styf 2, 3), Wie er fid& fd^on früher genannt fcatte, fungierte, immer mefyr in 26
ben ^mtergrunb. 3mm** offenhmbiger traten ßarbale, 3)rummonb unb ber *ßroj$et Xocplxn
an We Stifte ber Bewegung. 2)urd& ben lefcteren Würbe Sarbale, ein SWann Don großer
StOendfraft unb großem DrganifationStalent am 31. Cftober unb 7. 9tobember 1832
$um „Sfyoßel" aufgerufen (näheres barüber S^.Äolbe a. a. D. ©. 71 ff.), in erfter Sinie,
um ein Organ ju baben, baä ben bom „©eifte" jum ßngel ber ©emeinbe in 3llburty so
erteilten ^rummonb orbinieren fönnte.
S)amtt begann bie ftd^ fe^r rafd^ t>o(tye^enbe Organifation ber neuen Sirene, toobei
aUcnUKÜben ba^ Seftreben m bemerten tft, baö „3Imt" atö (olc$e£ in ben Sorbergrunb
treten pt laffen unb baburc^ ben (SntfyufiaSmuä ber einzelnen einpbämmen. laplin, ber
$auptgungenrebner, tourbe auf ©runb einer Offenbarung jum ^ßrop^eten xax} igoxrjvdb
orburiert, benn bon ber bloßen ©abe ber SßeiSjagung, bie toon allen erftrebt toerben
foOe, fei ba£ prop^etif^e 3(mt mit feiner Aufgabe, ben „apoftoüfc^en öaumeiftem ba£ Sid^t
bed ©eifte^ in ber ln:o#>etijc&en gorm ju^ufli^ren", ju untertreiben, benn ber £err ^abc
mir „<St(i$e" }u ^rp^eten eingefe|t. äluf fein ^ropbetentoort bin tourben nunmehr
(Sbril 1833) fe(^ ältrfte berufen, bie beim ©otte«bienft auf ber in ber Äird^c einge^ 40
richteten Plattform ju Sterten unb Sinfen be« ßngefö fi^enb, ben fiebenarmigen Seud^ter
ba Stiftd^ütte barjuftetten Ratten, toä^rcnb ber ^Jrop^et neben bem 2tyoftel faß. 3)aju
famen (am 14. Styril) „Reifer" (helps = ävrtXrjipetg „ 1 So 12, 28 bgl. SoßteuWer
S. 368 f.), anfangt \tifi, bie gleichfalls ^riefter tote bie Stlteften, biefen unterworfen feien
unb in t^rer ©egentoart ju fc^toeigen Ratten. 3lber balb barauf erfuhr man, baß jeber 45
Xmtttr&aer feinen Reifer ^aben folle, ber ßngel, ber äiltefte u. \. tu., unb nod> bor fönbe
ba SBoqe fe^te man auc^ fteben Diafonen für bie äußerlichen ftrc^lid^en Stafyältmffe ein,
unb ein 3^ ft>äte wnter Berufung auf 1 jto 12, 29 xvßegvrjoeig aud^ ©ubbiafonen.
Da mm fc^on 3ü>ing foglei$ beim beginne ber Separation „©Dangeliften" auägefanbt
^atte, bie je^t bur$ a^oftolifc^e Orbination ju toirtlic^en älmteträgern erhoben Würben, co
fo toar bad „fünffältige" 2lmt, an befjen SBor^anbenfein bie 3Üirffamleit be« ©eifteä in
ber Jtm^e getnü^ft Würbe, toieber^ergeftellt. Unb Wie ber ©eift eä forberte, entftanben balb
ium$ fec^d anbere ©emeinben in 2onbon, mit berjenigen SrüingS eine (Smeuerung ber
fieben ai>otaI^)tifc^en ©emeinben. 9ta$ i^rem Sorbilb bilbeten ftd^ mit gleicher ()ier=
an^cMer ©lieberung eine gan^e Steige anberer ©emeinben im ganzen £anbe borne^mlid^ 66
ix Goottfanb.
3rt>ing ^at bad aUeä, wenn i^m aud^ baS eine ober ba3 anbere fc^Wer Würbe, Weil
et txmt ©eifte ju lommen fc^ien, gläubig unb frittfloä Eingenommen, greilid^ ben
S^olat baut er fieb anberd gebaut, unb er War ber 3){etnung, baß „ber 2tyoftet jur
Xmtft^anbiung be£ Siorted unb bed SRegimentS außer in ber offenbaren ©eifteefraft go
430 drttttg
überhaupt nid&t befugt fei" unb Wollte feine, bc« 6ngel«, ©elbftftänbigfeit innerhalb feinet
©emeinbe Wahren. 3lber berartige SSerfuc^c Würben jurtidgeWiefen, unb toetm er e*
Wagte, auf ba« für i&n untrügliche *ßroj)i?etenWort fyin felbftjtänbig ju fymbdn, miifete er
ftc^ fagen (äffen, bafj er e« ntd^t verftefye bie ©tymboüf ber Sßroptyetie in bie firi$li$e
5 ?ßrai:t« umjufe^en, toa$ er otyne SBiberrebe bemütig gefd&e&en liefe. Unb man beiu^te
jebe ©elegenfyeit ben bod& bi«Weilen unbequemen -Dtann mit feiner großen Sergangen^eit,
an beffen Sßerfönlicfyfeit foviele banibar fingen, ju bemütigen. Ate er Don bem $re$ty*
terium ju 2lnnan, bem fd&liejjlid& Don ber fdjottifd&en ©eneralfonobe bie Unterfu$ung gegen
ifyn Wegen ^rrletyre übertragen Worben, Von ber fc^otttfe^en 9lationaIfir$e au«geföu>ffen
10 unb bamit feine« geiftlictyen 2lmte« entfe$t Worben fear, glei<$Wo$l aber im SeWufjtfetn,
ber Von ©ott jum (Sngel berufene §irt feiner £erbe ju fein, nad) Sonbon gurücfgefefat,
feine priefterlictyen gunftionen metter ausüben unb ein Äinb taufen Wollte, Würbe tym,
bem Wieber jum £aien geworbenen, bie« geWe&rt. ©r mufete Warten, btö er auf 9bu>tb*
nung be« 5ßro^cten Don neuem unb jtoar jefct burdj ben Styoftel orbiniert Würbe. 5Da*
15 burd? mufjte feine Stellung natürlich eine ganj anbere Werben, aber nur ba« fömerjte tyn,
bafj bie Sraft von oben gerabe auf tbn nid&t lommen Wollte. Sängft fd&Wer letbenb tytik
er, obwohl erft Wenig über Vierzig Satyre a^/ *><** 3lu«fe$en eine« ©reife« befommen. S)er
Slrjt Verlangte im §erbft 1834 einen 9luf enthalt im ©üben, Wenn er ben SBinter über»
leben foßte. ©leicfyWofyl folgte er freubig bem Sefefyl nadj ©d&ottlanb ju getyen, h>eil tym
20 bie ^ro^etenftimme bort s3Jtaffenerfolge in ber Straft be« ©eifte« geWei«fagt tyatte. ®r
!am bi« ©la«goW. 3)ort ift er am 8. 3)ejember 1834 geftorben unb liegt in ber Rttfpta
ber Äatfyebrale begraben (vgl. über feine legten 3äge 2$. Äolbe a. a. D. ©. 79 ff.).
3n£toifc$en War bie $afyl ber ätyoftel bi« jum ©ommer 1834, }u Welker 3eit
SBoobboufe fjinjuget^an Würbe, auf fed&« geWad&fen. Unb mit tyrer $ai)l unb namentlich
26 naety bem lobe S^ing«, mit bem in mancher Sejietyung ein £emmni« gefallen War,
Wud&« tyr ©tärfcgefüfyl unb ba« Seftrcben, bie Organe nic|t nur ber 3)i3)t})lm fonbeni
auefy ber i'efyre $u fein. 2>a« mufjte jur (Sinföränfung ber Sßroptyetie führen. (Sarbale er»
Härte e« jefct für notWenbig, bogmatifd&c Belehrungen an bie ^ropfyeten gu richten, um
ba« 2Bei«jagcn xaxä rtjv ävakoyiav rrjg Twneco* (3lö 12,7) )U förbern. 3n ^
so $ra|i« entwickelte ftd^ bie ©ad^e fo, ba| bie 2Xpoftel nur biejentgen &uf*erungen be«
©eifte« anerlannten, bie ifynen gefielen, unb ftd>, toai freiließ nid^t o^ne fc^Were Äämj>fe mit
ben auerft öom ©eift erleuchteten unb auf i^rc ©elbftftänbigleit eiferfücfctigen ©Rotten ab*
ging, bie SKac^t in allen fingen aud^ in ben einzelnen ©emeinben aneigneten. 3n einer
Wö^entlic^en 9lat«Derfammlung, an ber bie @ngel unb SUteften ber ©emeine teilnahmen,
35 entfd^ieben fte über ba$ @in}elne, Wä^renb bie $rop^etie abgefe^en bon allgemeinen
^Ra^nungen an bie ©emeinbe, Wefentlid^ baju biente, über bie 9Ränner, bie $u Ämtern
berufen Werben f otlten, 3eu9n^ abzulegen, unb über bie formen be« ©otte«bienfte« Offen-
barung ju verbreiten. %ccp[\nf ber Weil man eine auf fein ^rop^etentoort borgenommene
fultijdje Jleuorbnung ^rtoing« (SWo^teufd^er ©. 424 ff.) Verworfen tyatte, f«^ «n 3a^r lang
40 grollenb jurüdE gejogen fyattz, Würbe, al« er im ^ebruar 1831 reumütig jurücHe^rte, jum
©äulen* ober $feilert>ro^^eten ernannt. sJJJit jeety« anberen $ro})^eten, bie t^m betgegeben
Würben, foQte er eine gewiffe Oberaufftd^t über bie gange $rop^etie ausüben. 5Diefe«
Kollegium trat bem Styoftelfollegium an bie ©ette, ni$t al« Se^rer ber Äirc^e, ,ffonban
al« SUerheuge jur $ert>orbringung ber Verborgenen ©e^eimniffe ©otte«, ba« £i$t am
45 bunllen Orte, in beffen ©c^eine bie äl^oftel Wanbeln unb ba« $au« orbnen foüten". Unb
le^tere«, bie 2lu«bilbung be« Multifd^en im Weiteften ©inne be« SBBorte« Würbe, je^t immer
me^r bie ^auptjad&e, Weel;alb auc^ bie S^ätigfeit ber ®ngel eine anbere Würbe ; benn ber
©eift offenbarte, nid;t bie $rebigt, fonbern bie älnbetung fei bie $auf)tfac^e $re£ S)tenftee.
©ie Würben feit biefer 3cit, namentlid^ feit bem Stöbe ^rtring«, be« ^rebtgerd, toefentli^
60 fiiturgen.
3mmer Weiter fd^ritt man in ber ftymbolif$en 3luebeutung ber (Einrichtungen ber Stifte
fyiitU, beren Wa^re«9(bbilb in bem nunmehr allmonatlich jufammentretenben Äonjil txm3ion,
ben fieben ©emeinben Sonbon«, jur@rfd^einung fommen foßte. auf ber oberen <&tufebe«$o*
bium« feilten fe$« Stpoftel ftfeen, hinter i^nen bie fed^« ^rop^eten, bie t^nen zugeteilt waren,
66 ^inbeutenb auf ba« in ber ©tift«^ütte mit Brettern abgefd^loffeneSUer^eiliafte unb beffen ©erate.
S)iejer Do^elreibe gegenüber bie Vier Pfeiler be« 3lmte«, ber erfte ber wpofol, ber ^Jrov^äen,
ber Svangeliften unb ber §irten (@ngel) al« bie ©äulen Vor bem SWerfyeüigften. 8uf einer
niebrigeren ©tufe juerft bie fteben @ngel, unb hinter bem ©tu^le eine« leben bie fet^
Stltcften feiner ©emeinbe jufammen 42, entfprec^enb ben 42 Srettern, bie bie ©eitenWänbe
co ber ^ütte gebilbet Ratten. SDic übrigen fünf Sfyoftel foüten befonber« ftfcen, quer
3r*istg 431
itotfctycn bcr Steige ber fed&S Styoftel unb bcr 7 @ngel mit tyren $(teften, um bie fünf
burityge^enben Stiege! barjuftellen, burd& Welche bie gan^c Umfaffung ber £ütte jufammen«
gehalten War. 6tWa$ unterhalb ber ©ngel ber fiebert ©emeinben bie fünf §auj)tebange*
liften afö bie ©aulen am ßtngang beä ^eiligen, cnbli$ rings um bie ganje Plattform
$cr bie jenen untergeorbneten 60 (Sbangeliften als bie Säulen bc3 SSor^ofö (SRojjteufd&er s
6. 452). 9Ran jaulte fyiernad& normaler SBeife 135 SlmtSiräger. ©o Würbe ba3 Äonjil
jum crftcnmal am 17. 3>uni 1835 abgalten, obwohl c$ bamate nod& einige Süden gab,
tnbem jtoar bon gebruar bis 9Rai toter neue 2tpofteI berufen Würben, aber nod& jroei ju
bcr längft ate nötig erlannten ÄWölfeafyl festen. 3l\$t ofyne grofee ©d&Wierigfeiten, —
bet Spotte ©abtb ®oW, ber ftd^ felbft einmal in ßbinburg jum Stpoftcl aufgeworfen io
tyxttt, unb ber jefct „burefc ben ©eift berufen Würbe", Weigerte ftcfy ba$ Slmt anzunehmen,
unb man mufete cnblicty jum Sofc greifen — gelang e$ einen elften unb zwölften zu ge*
tmimcn, Worauf am 14. 3uli 1835 bie jogenannte 2tu3fonberung ber 2fyoftel ftattfanb
(togL 9tofeteufd&er ©. 465). ©ie Wirb mit ber Sluefcnbung be$ 5ßaulu3 unb VarnabaS
(8® 13, 1) bergßd&en, fottte aber bielmefyr eine feierliche 2lnerfennung De« Styoftotatä unb 15
eine ©ntoeifung in ben foezififö apoftolijc^en SJeruf für bie gefamte SBelt fein. Denn
mit Umen, fo tyefc e$ jeftt, ift nad& jenem erften jübijctycn 3tyoftolat, Welches ber £err
fclbji emgefcfct fyat, ber ttyoftolat ber §eibenfird>e eingetreten, benn $aulu$ toar nur
ein 8fabrud&, Wie er felbft fagt (1 Äo 15, 8), eine unzeitige ©eburt geroefen.
3ur Vorbereitung auf i&ren befonberen Veruf begaben fid& nunmehr bie Slpoftel in 20
Segleitung ber fieben Sßro^eten ber Statäberfammlung naefy Sllburty, um bort mittelft
bet UnterWeifung burety bie Sßro^eten mit furzen Unterbrechungen ein %afyx lang (ni$t
2Vt 3^*^ to*c °f* angegeben Wirb; bgl. SHofcteufäer ©.47) bem ©tubium ber ©etyrift
obzuliegen, unb bann „©otteS Volt aufzuführen atö ber großen ©tabt ber Verwirrung,
bcr berbannten ©tabt" (9lof$teufd&er ©. 473). (Sin erfteS „3eugni$", Wetd&eS bie SBclt 25
fiber i^re 9Riffion aufflären foHte, unb Slnfang 1836 ausging, richtete fi# an bie Vifd&öfe
bcr engßföen Ährd&e, ein jtoeiteS an ben Äönig SBityelm IV. bon ßnglanb (beibe bei
Stiller II 361 ff.). 9luf ©runb einer 2>rummonb zu teil geworbenen Offenbarung, Wo*
na$ bcr £crr bie 6&riftenfyeit teilen wolle unter btc gwölf Styoftet, unb jcber ber jwölf
dürften be£ getftlidjen SSraelä angeficfytS beS naf;en kommen« be^ §errn feinem ©tamme so
jugeteilt Werben fotte, um allenthalben bie urfj)rünglid^cn Drbnungen aufzurichten unb je
12000 SBerftegelte ju fammeln, Würbe bie SBelt, richtiger freiließ ßurofa, ate bcr eigent*
B$c ©t^ bed großen ^5nig«, unb älmerita unb bie d^riftlic^en Kolonien, al« bie Vor-
ftabte bar großen ©tabt am .15. %vl\ 1836 — b. ^. bem Sage mit ber alten 33e$eicfc
imng Apostolorum divisio— berteilt, ßarbale, ber ©äulena))oftel, Warb für (Snglanb 35
befttmmt. SJrummonb erhielt ©c^ottlanb unb bie ©d^Weij, Äing=6^urd& bie SRieberlanbe
unb Dänemari, ?ßercebal Stauen, Slrmftrong %xlanb unb bie Atrien ©riec^enlanb« unb
Ut Oriente 2Boob$oufe ©übbeutfc^lanb unb Defterreid^, Subor ^Jolen unb — gnbien,
Dalton granfreitty, 6arl^le SRorbbeutjc^lanb, ©ittwill ©fanien unb Portugal, 2yißiam
Doto 9lu|lanb, SRacfenjie Norwegen unb ©c^Weben. 92ac^bem man bann nodj in bem- 40
fdfccn SatyK 1836 ein langatmiges, beinahe 200 (Seiten umfaffenbeS „3«i9m$" in eng^
üfd^cr, ffonjöftfc^er, beutfd^er unb lateinifd^cr ©prac^e hatte ausgeben (äffen (abgebrueft
bei SWntoalb Acta hist. eccl. 1837 p. 793—867. @ngltfö bei bitter 1,346 ff., beutfd^
bei Jlofeteufd&er im ansang) begaben f\i> bie Styoftel mit älu^na^me Garbale«, ber ba*
^jehn blieb, um bie ©emeinben 3ton3 ju leiten, begleitet Don je einem 5ßroj)^eten, ©bange- 45
liflcn unb Wirten auf bie Steife ju i^ren ©tämmen (naefy 9tofetcufd^er ©. 490 §erbft 1836,
nä49»iDcr 1,185 erft älnfang 1838). %i)x §au^Wedt War babei ^u erforfc^en, toa* etwa
111M9 twm reinem ©olbe übrig geblieben, ba$ für bie große 3lufgabe, unter 3iiebenei^ung
bcr ©fronten ber berfd^iebenen ftird^c eine©emeinbe beteiligen aufzurichten, ju brausen
toarc. Unb WieWofjI fie allenthalben in regem Vcrfefyr mit fir^lid(;en ©rofeen unb fonftigen w
bert>orragenben 9Rännern für bie Slnerfennung i^rcr ap oftolifc^en SKürbe warben, gingen
pc bo$ borfk^tig ^u SSJerle, fobafe fie felbft in bem bamaligen Italien, ©panien unb Deftcr«
tciib t>an ber $olijet unbehelligt blieben. 2öie berabrebet trafen fie nad^ älblauf ber
mwtiWm 1260 Zage (na$ ber äluefonberung) ffietbnad)tcn 1838 Wieber in 3llburty ju=
fammen, unternahmen bann 1839 eine ^Weite Steife, bon bcr fie (Sarbale bor^eitig ^urücf= 55
wfen mufitc, Weil & ju fd^WerWiegenben 2)ifferenjen im .Honjil ju 3^°" gefomnten War.
Die bcrfdpcbenen ämtöträger Waren & nämlic^ mübe geworben, blofte ©tatiften in ben
Ron|ilÄ>crfaminIungen )u fein, unb erllärten, ünterftü^t bon ber, ^Jrop^etie, unter 93e«
nrfung auf ä© 16 unb bie ©efäicfcte aller Seiten, ba^ bie sSlteften immer mitge^
totett, unb bie auf bem Aonjile Verfammelten felbft bie \)'6d)\k Autorität einzunehmen w
432 3r*tttg
fyätten, toäfyrcnb bic 2lpoftel, obtoofyl ben crftcn Stang einneljmenb, nur bie Äonjtfäbefctylüffe
ausführen follten. 2lber es gelang bem hriebcr boDjäfylig berfammelten Slpoftolat ben
Singriff gurüdfautoeifen unb, um äfynlic^e SBorfommniffe ju berfytnbern, tourbe baä äongil,
für toeldjcS, tote er^lt, ber ©eift fo beftimmte Sorföriften bte jur Seftimmung ber
5 Sßläfce gegeben fyatte, unb toeld&eä bte (Srfüflung ber ©ttftä&ütte fein foule, in ber bte
berigen SBetfe ni$t mefyr jufammen berufen unb lebte nur ateÄonferem ber jieben 6ngd
Bonbon« unter bem 33orfifc be$ 2lpoftet3 im 3a&re 1877 toieber auf. 2Bu$tiger toar
noety ber au$ bei biefer (Gelegenheit (3uni 1840) feftgelegte ©runbfafc, bafc toetl ein uns
reinem ©efäjj lein reinem Sßafjer bieten fönne, in jebem JaHe bie Steinzeit be$ $rop$eten
10 bon ben 3lpofteln geprüft toerben müfjte, toomit bie abfolute ©uperiorität be« SlpoftolatS,
aufs ftriltefte »um SluSbrudf fam. Slber bie glüdflic^ übertounbene Jtrifte tyatte ein fd&toer*
toiegenbeS 9tac9fpiel, inbem einer ber 2lpoftel felbft, 3)uncan SRadfenaie, ber bergeblidj na$
ber 2lu3f onberung auf eine neue SluSgiefcung beä ©eifteä gekartet $atte, an feiner Styojtel*
tourbe irre tourbe unb fid& gänjlicfy aurüdEjog. @r ftarb in Äaplanb 1855.
15 3)ie übrigen 2lpoftel nabmen jefct lieber tyren SBotynftfc in Sllburty, um an bie 33er*
Wertung ber Stefultate tyrer sjRiffion3reife ju getyen. 3Jterftoürbig genug toaren fte, naefc
bem fte nur toenig anbere belehrt Ratten, in getoiffem Sinne felbft als Sefefyrte $urü(fc
gefommen. 93ci ber fd^on früher beobachteten Setonung beä priefterlid&en ßfyirafterS ber
2lmt$träger unb ber Anbetung im ßultuä begreift fiety, bafe, toie fte felbft bejeugt faben,
20 eine genauere 33etanntf$aft mit bem ÄatfyolictemuS in feinen $eimat$gebieten, auf biefe
iJeute, bie bießeid&t aud& fd^on Oom *JJufei$mu3 angeregt toaren, ben größten (Sinflufc $aben
lonnte. 3)erfelbe toar in ber $fyat fo grofe, bafj man fagen barf, ba§ mit tyrer Steife
unb balb barauf feit 1840 eine neue <ßeriobe ber SBetoegung beginnt, bie Stomanifteruna
beä 3rt>mgiantemud ober ber „apoftolifd^latfyolifcfyen ©emetnben", toie ftc nunmehr ofpjieu
26 auf ©efyeifj beS ©etfteä ftcfy nannten. 3(Qed toaS ettoa nodf an bie fd&ottifcfcpreSbtyteria*
nifd^en unb englifäe, nonfonformiftifäen Xrabitionen erinnerte, tourbe jeftt toirUic^ au&
gemerkt. S&äfyrenb in ben meiften irbingianifc^en ßircfycn bte jum §al)it 1838 feine
3lltäre toaren, mußten je$t fol^e errietet toerben, aud& tourbe ber Slaum um ben
Slltar (toie au$ in ber anglifamfdben Ätrc^c) afö sacrarium (screen) abgegrenzt, unb
so empfingen nunmehr bie Rommunifanten an biefem Inienb baä 3lbenbma^>l. ©ireft tourbe
ba^ SBolf belehrt, bafe bie ßue^ariftie afe Dpfer aufgufaffen fei (bgl. über bie frühen SUi*
fange berDpferibee ify. Äolbe, 3^bin9 ©• 75 ff.), unb jtoar in bemSinne, ba& bie tonfe»
frierten unb bamit burefy ben ^eiligen ©eift in ß^rifti 2eib unb 93lut toertoanbelten ©lemehte
(SBein unb ungefäuerte^, gebrochenem ©rot) ©Ott bargebrad^t toerben jur (Srtnnerung an
35 6^rifti 3;ob, ate eine ^anblung auf (Srben, toelcfye mit ber Äanblung be^ $o$enprieftap3
im §immel forrefponbiert. 3)ie Slbtoeidjung öon ber römifepen Sluffaffung, mit ber fie
bie allerbing^ ni$t überall !lar au^gebrüdte SBanblung^le^re unb ben ©ebanlen ber not*
toenbigen priefterltd&cn ^nterjeffton gemein ^at, liegt barin, bafe man feine 2Btebe$olung
be« einmal Oollgilttg gefd^el;enen 93erföfynung$oj)fer$ annimmt, e« gleid^too^l aber al3$ant*
40 unb ©ebäc^tnfeopfer ©Ott bon neuem barbringt, e^ getoiffermafeen i&m Don neuem in«
©ebä^tnt^ ruft (jo totrb ba^ röv ddvaxov rov xvglov xaxayyüers 1 Ro 12, 26 ge»
beutet), tooburd^ cö Oerfö^nenb toirft, toee^alb beim aud? an bie baö Opfern f^mboltfierenbe
§anblung ber ©leOation unb be$ örotbred^en^ (,/für ®uc^") bie gürbitten angefc^loffen
toerben (ogl. Äarl SRotye, SDa^ Opfer unfern §errn ^efu G^rifti am Äreug unb baä Opfer
45 ber fttrc&c im ^l. ©aframente be« 2lltar$, 2. «ufL granff. 1854). 3)ie3 unb anbere«, loa«
bie tfyeoretijcfy faum irgenbtoo flar jufammengefafeten ©onberborftellungen ber ^rtoingianer
d^arafteriftert, fommt am flarften jum Sluöbrucf in ber feit 1842 eingeführten toefentltc^
bon Sarbale ^errü^renben ©otteebienftorbnung, in ber man mit Vorliebe auf altttn^lu^e,
aud^ griec^ifc^e gormein ^urücfging unb fictytlic^ bte Senbenj berfolgt, mögltdtft trid 9b*
60 toec^felungen hineinzubringen unb bte einzelnen 9lfte an bie berföiebenen Ämteträga,
Gngel, 2tltefte, ^rop^eten, ©bangeliften ju berteilen (bie Siturgie unb anbere ©otteÄienfte
ber Äirctye 1. %\). 9Jad^ ber ttberfefcung ber engl, ausgäbe bon 1853 II. »ufl, »erim
1860 ; bgl. namentlich ba« Opfergebet ©. 30). 3ugleu$ fc^ritt man jur annähme txm
Äultu^getoänbem, beren 5Rottoenbigfeit auf jener ajJijfion^reife einem ?ßrop^den in Stirnen
66 aufgegangen toar. Sie finb toefentltd^ biefelben, toie bei ben Stömem, 8Hba, Stola, ©ürtel,
Äafula unb bie 3)almatica, ba« befonbere 3lmt«fleib be« ßngetö, babei mai^t fi(^ bad Se*
ftreben geltenb, burd& möglic^fte ^rad^tentfaltung auf bie ©inne ju totrfen. 3m tyt/tt
1847 tourbe ben ^rieftem ein ausführliches 3)ireftorium für bie »udfü^rung ber tfturgie
in ben berfc^tebenen ©otteSbienften in bie $anb gegeben (Über bie Munitionen ber einjdnen
6o ©eiftlid&en im ©otteSbienft, bitter I, 259). 3n bemfelben 3a^re aboptterte man bie
drttttg 433
lefcte Delung. ©eit 1850 iourben bie gemeinten 3lbenbma£teelemente tote bei ben Römern
in einem Zabernatel aufbetoafyrt, aus bem fte bei ben täglicb abju^altenben borgen- unb
äbenbgotteäbtenften herausgenommen unb, ein 2lbbtlb ber Sdpaubrote ber Stiftäfyütte, au&
gepeilt toerben, nic$t als ©egenftänbe ber 2lboration, fonbern um bie ©emeinbe ber
©egentoart beä fierrn unb feiner forttoäfyrenben ^nterjeffton ju Oerfid&ern. 3>m 3^** 5
1852 folgte bie Aufhellung Don Äerjen, jtoci auf bem 3lltar alt Symbole ber ©egentoart
©otteä in feinen betben 3eugen, ^cn Slpofteln unb Propheten, unb beä ftebenarmigen
2eu$ter$, um be$ $errn ©egentoart in bem Dtenfte beä ftebenfältigen SÄlteftenamtS, beä
toafcen £eu$ter$ anjubeuten. 3ugletd^ fam bie Slntoenbung beS SBetyrauctyeS auf (ÜJliHer
I, 266), fe^r tnel faäter, obtoogl e$ Oon einer Partei fd&on früher geforbert toorben toar, 10
namli$ erft 1868, bie be3 2Betytoaffer$. gür ben Unterhalt be$ natürlich toegen ber
3Renge ber Sßriefter fefyr foftfpieligen Äird&entoefenS tourbe \d)on feit bem Satyre 1833 ber
Rennte als Dtofer erhoben unb ^toar ge&t bie 93erj)flicfytung in ber 2$at ba$m, ben jetynten
Steil be$ toiruu^en @in!ommen3 au opfern.
3#re originellfie Geremonie ift bie auf Sarbateä Seranlaffung im Safyre 1847 auf- iö
gclommene SSerftegelung. SluS Sfyf 7, 3 ff. entnahm man, bafj biejenigen, bie gerettet toerben
follten, berftgelt toerben müßten, um fo ber großen Irübfal }u entgehen unb mit bem $errn
in feinem ©«folge »u erfd&einen. Daraufhin tourbe jefct gelehrt, bafe e$ für bie 2lu$*
erteilten nötig fei, burd& ben 2fyoftel, unb jtoar allein burefy biefen unb nid&t t>or bem
20. 3a$re burefc $anbauflegung unb Salbung mit Üt berftegclt ju toerben, unb, bafe um 20
bie mbjttföe 3<*# 144000 boH ju machen, genau je 12 000 au$ jebem Stamme ju
Derftgew fein. Unb obtoofyl jtoei Sl^oftel fi<f> toeigerten, bie 33erftegelung oorgunetymen,
alfo tootyl ntd&t an fte glaubten, ift e$ $fyatfa<$e, bafe bie 9lu3fu$t, burd& biefen 2lft in
bie Steigen ber äuäertoäfylten aufgenommen ju toerben, namentlich unter ben grauen no<$
gütigen 5Eage$ einen befonberen 9lnjic^ungSj)unft be$ ^ttingiantemuS ausmacht 3)amit 26
pingt bie SJorfieHung jufammen, bafj eben biefe fcerftegelten ©laubigen bem §errn bei
feinem Äommen, tote auf ©runb bon 1 2ty 4, 16 f. gelehrt toirb, burefy bie Suft entgegen*
gerfidEt toerben (bgl. bagegen Suttyarbt, 2ef;re oon ben legten fingen, Seidig 1861
©. 37ff.).
5Der teiltoeife 2Biberft>ru<$, ben bie gefcfytlberten fultifd&en Neuerungen im Äreife ber 90
neuen ©emeinföaft erfuhren, ber Sttidftritt be$ 2Xpoftel^ s])tadfenjie, Oor allem aber, bafj
bie Derfcbiebenen 3rityunfte, bie man für baä Äommen beS §errn in 3tu$fi$t gefteüt
hatte j. 8. ber 14. 3uli 1835, aBei^nad^ten 1838, 14. 3ult 1842 unb ebenfo 1845 toer*
ffcrii^en toaren, o$ne bafe biefe ©rtoartung in (SrfüHung gegangen, toar ber numerifd^en (SnttoidEe*
hma mßnglanb ntc^t förberlic^ getoefen. @n0e War) 1851 ^ählte man bafelbft an 4018 35
Anhänger mit 32$trd?en, toad gegen ba^ erfte Stuffladern be^ Snt^ufta^mu^ um bie $c\t
oon Srtnngd %o\>* entfd^ieben einen Slüdtgang bebeutete. Slbcr toenn bie $ro^eaeifyungen
ft^gefc^lagen toaren, tonnte man fid), tüte bad biö auf ben heutigen Xag gefd^ie^t, immer barauf
berufen, bafc man ben ©inn be^ §errn nid^t gan} erfannt fyabt, unb toie toenig man ftc^
ajÄrücft füllte, jeigt, bafe man gerabe bamal^ an bie @rri<$tung ber 1853 ooüenbeten großen 40
xrn^e in ©orbon (Square ald 6entral)>unlt für bie ©emeinfd^aft ging, bie mit großer
^rai^t au^geftattet ald eined ber bemerfenätoerteften neueren ftrd^ltc^cn ©ebäube Sonbonä
bejeu^net toerben raufr
Aber föon längfi toar e« ber neuen ©emeinfd^aft gelungen, auc^ in anberen Sänbern
feften gu| )u faffen. ®d)on oor ber erften 3Jtiffion$reife Ratten, tote fc^eint, o^ne eigentlichen 46
Auftrag irOtngtantfc^e Soangeliften in ben ^afyrcn 1835 unb 1836 in ©enf in borttgen
I^eologenfreifen Eingang gefunben, ja fogar bei bem ^rofeffor ber Geologie $rei$toerf,
ber bed^alB abgefegt tourbe (fefyr halb aber ftd) toieber bom 3rt?ingtantömu^ abtoanbte
unb ftKUer $rofeffor in S3afel tourbe, Ogl. @0. Ätrd&enjeitung 1837 sJlr. 54 ff.). Srngatyre
1843 tourbe oon eimelnen ätyofteln unb ihren @miffären bie 3Kiffion offiziell toieber &o
aufgenommen. Aber fc$on jtoei^a^re oor^er 1841 hatte ber @0angeli(t Sairb, ein früherer
Scfneiber, ber SBittoer ber erften 1840 geftorbenen 3ungenrebnerin 3R. @am)>bell, ben
ba Stößel für ©übbeutfölanb toa^rfd^einlic^ feiner ßeit jurücfgelaffen, in Satem ange*
fangen $robaganba xa machen. 3?id^t mit offener $rebigt i^rer Se^re fonbern ^eimlid^
anter Berufung auf ^ofua unb Caleb, bad ift nod^ ^eute bie SBJcifc ber ^roingianifc^en 66
Senbltnge, f^lu^en fte ftc^ ein, um auf Umtoegen bie Seelen gu getotnnen unb ohne ettoa
ben auftritt au$ ber Kirche ober bie Sfteberlegung eintö fird)ttd?en 9lmte3 m forbern,
"Brofebten glei^too^l tyrer Sonbergemeinfc^aft ^ujufü^rcn. 3)a fte bie fonfefftonelle
teben^ett ber „Äirc^enabtetlungen" überbrücken tooßen, nehmen fte babei, je na$93e*
lat^olifc^e ober ebangelifc^e Haltung an. So fc^on jener Satrb, bem ed gelang, eo
*t*l*9n£*tlDptolt ftr %$tolotft unb ftir^c. 3. «. ix. 28
434 3frbwg
in ber 2)iöcefe 2lug«burg feit 1841 einige ernft geftnnte latyolifctye ©eiftlidfre )u getoinnen,
bie tciltoeife f<$on berfd^icbene religiöfe Spfyafen bur<$gema$t Ratten, tote ben lange gtotföen
ÄattyoIici«mu« unb $Proteftanti«mu« fyin unb fyerfcfytoanfenben, bann afe ©c^riftfletter ber
©elte angefetyenen SDelan ©eorg £ufc (er fd&rieb u. a. über ben Statfölufc ©otte« mit ber
6 SWenfc^eit unb ber @rbe 1847, 3. Slufl. gemeinfam mit SBiEiam Gairb, 8lug«burg 1879.
Über tyn Ibalfyofer, Seiträge &u einer @ef<$id&te be« 3lftermtyftici«mu« *c, 9tegen«burg
1857 unb 2. 2B. ©Roller förbingianer] &ir<$engeföic$tltd&e« au« bem beutfd^en ©üben.
Mitteilungen au« bem Seben bon 3. ß. @. 2uft, Safel 1891), bann ben ©ombifar
©jnnbter (bgl. ©pinbter, 3lftenm. 2)arftellung b. offij. SBer^. über bie @lauben«anftyten
10 in betr. b. fog. 3rbingiani«mu« 2c, Äaufbeuren 1857), unb 3tug«burg, bielleic^t nodb $eute
bie größte fübbeutfd&e ©emeinbe, bann 93afel tourben bie Zentren ber $ropaganba im
beutfcfyen ©üben, toobei bemerft ju toerben bcrbient, bafj aufeer im erften anfange bie ©elte
innerhalb be« Satfyoliciemu« nirgenb« nennen«toerte ßrfolge erjielt ty&. 3)a« größte Auf-
fefyen machte e« aber, al« ber bamaliger ©rlanger $JJribatbo$ent, ber fpätere SRarburger
16 ^rofeffor ber 'Ideologie £einrid& 2$ierfd& (f- *>• »•) W getoinnen liefe unb bamit nu&t
toenige mit fiefy fortrifj. 3ftm folgte u. a. ber SWarburger ^ßribatbojent ber Ideologie SRofc
teurer unb ber gelehrte Sotanifer SfiSiganb.
Sßeit größeren (Sifer enttoicfclte übrigen« ber Sfyoftel für SRorbbeutfölanb, ber ©d&otte
3:fyoma« Sarltyle, ein früherer 3lbt>ofat (Don tym erfd&ien u. a. anottym „Da« apoftolifcfc
20 Slmt, Serlin 1850; Slidfe eine« ©nglänber« in bie fird^Itd^en unb fojialen ^uftänbe
2)eutj<$tanb«, beutfdj?. 93re«Iau 1870") unb fein (Sbangelift G|. 33itym, ber neben bieten
anberen Sraftaten in beutfd&er ©prac^e über ba« ©anje be« 3rbingiani«mu« eine Art
Dogmatil getrieben i)at u. b. %. „©Ratten unb 2i<$t in bem gegenwärtigen 3uftanbe
ber fiird&c u. f. to., 2. Slufl., SJafel 1878". SDurd& jte tourben u. a. in 33erlm jtoei eban*
25 geliföe ©eiftlictye, ber Sßaftor &öjtyen bon ber 33efyletyem«gemeinbe unb 6. Stotgc belehrt,
unb toa« faft noety größere« Sluffetyen machte, ber Areuj)eitung«rebafteur SBagener. 3n
Berlin mürbe 1848 ber erfte ©otte«bicnft eröffnet. 3Son äfynlictyen Erfolgen ^örte man
balb in Königsberg unb Hamburg, namentli<$ h>aren e« in 2)eutfd&lanb bie Äreife ber
fircfylicfy SPofittben unb j)olitifd& £odbfonferbatiben, bie angeftd&t« ber fester troftlo« ax&
so fefyenben fircfylid&en unb poiitif<$en Sage unb be« brotyenben allgemeinen Umfturje« (bgl.
bam fiöftlin in ©eljer« prot. 3Jtonat«bl. IX, »b 1857, ©. 262 f. ©. 269 f., unb
Ib. Äolbe, 31. firc&l. Reitjc^r. XI, ©. 193 ff.) in tyrem ßunger na# einer t>ermeintlic^ eilige
Sid;er^cit gebenben Autorität biefe bei ben neuen Ityofteln m finben hofften, unb e«
tuurbe natürlich für bie ^ropaganba fe^r bebeutfam, bafe berfqiebene Stbelige u. a. 3Raj
8öt>. s4Jod^ammer, S. bon SRid^t^ofen fid^ nietyt nur ber Setoegung analogen, fonbern fjHf
unb i^re SKittel in i^ren Dienft fteuten unb nicfyt toenige Stanbe«geno|fen ^erüberjogen.
©o fam e«, ba^ ein 9te^ Heiner ©emeinben ftc^ über ganj Deutfd^lanb au«breitete, toety
renb ber ©rfolg in ben übrigen Sänbern au^er in £ollanb, too \pcdtt (1865) namentlich
ber Übertritt be« Dr. $\aat ßa^abote, eine« frommen 5Kanne«, ber ein ^otye« Amt im
40 Äolonialminifterium beHeibete, t)iel Don fi$ reben machte, ein laum nennen«toerter taxtr.
3)a enegte e« ni$t geringe Seforgni«, bafe nid^t nur ber neue Termin, ben man für ba«
Kommen be« §errn in 2lu«fi$t gefteÖt tjattt, guli 1855 öorüberging, fonbem gegen afle
beftimmt au«gcfj>roc^enc Grluartung bie 3tyofteI ftarben toie anbere 5Kenfc^en. ©o fiarben
1855 3)Jacfenjie, ßarl^le unb 2ß. 2)oh). ÜRanc^e fielen baüber ab. 3)ie 3Re^rja^I tourbe jebo^
45 fcftge^alten unb e« toirftc berufyigenb, a(« bie ^ro^etie eine Stuferfte&ung bor ber „erjlen"
Dffenb 20, 5 erfcä^nten, ntd>t aller ^eiligen, aber einer ertbä^Iten Slnja^l berfünbete, unter
i^nen ber 9l))oftel, fo bafc fte bod^ al« Sebenbe bem §errn entgegen ge^en fönnten (bgl
Äö^Ier ©. 131). Um ber ©orge entgegenzutreten, toa« nad& bem Sobe ber Sl^oftd au«
ben bieten toerben toürbe, bie nid&t berfiegelt toorben toären, — unb bie Serftegehmg
50 toar bi« borten nur an ber^ältni«mäf)ig fe^r Wenigen boQ}ogen lt>orben, enttmdeUe fUp
auf ©runb ^ro^etifcfjer 9lu«fagen bie ^bee, ba^ bie 3fyofte( auc^ nad^ i^rem Xbfc^eiben
ni$t mü^ig feien unb an ben ©laubigen bie SSerftegeluna im ^arabiefe nac^olen toürben,
eine I^eorie, bie fpäter (nac^ 5Kißer I, 193) toieber aufgegeben Sorben fein M. 3eben*
fall« genügte fie, al« bie immer toieber für befummle 3«*en angdünbigte „Ärifte" nüft
66 eintrat, unb toeitere Sl^oftel ftarben (^ercebal 1859, SJrummonb 1860, Xubor 1863,
©itttoill 1866), 1862 toar aud? ber ©äulenpro^et 2a^lin geftorben — langft nic^t allen,
unb f$on im ^abre 1860 rief bei einer SBerfammlung be« 3(pofteIfolIeg« in SUnnty ber
^ro^et ^eiuri^ @ci;er (bgl. itö^ler ©. VY2\. nad) 3RiOer I, 315 toäre e«, toa« un«
toa^rfc^einlic^ ift, 2:aj)lin getoefen) „in the power" bie früber ertoä^nten ß^ade« 9Sfym
go unb Sairb ^u ^oftetn au«, tourbe aber bafym belehrt, ba| e« fu^ mit um Äoabjutor-
drttttg 435
Sfyoftel fyanbeln ßnne. 3113 fold&e, a(fo ni$t afe 6rfa$ für bic SBcrftorbenen, fonbern als
Ilnttrftü^ung für bic Sebenben, tourben bie beiben anerfannt, unb toaä fyier fogleicfy be*
mcrft fem fott, am 12. Januar 1870 toieberum auf proj$etif<$e Slnorbnung neue
ftoabjutoren berufen. Aber ©etyer toar babon nid&t überzeugt unb berfünbete, als er baä
3a^r barauf im äuguft 1861 mit bcm Styoftel Söoobfyoufe in Königsberg toax, bem bor* 5
tigen SÜteften Stogafafcfi, bafi ber §err biefen als 2lpofteI berufen. Diefer liefe ftcty über«
jeuaen, au$ babon, bafc bteje Berufung cinfttoeilen nocfy geheim ju galten fei. 9tt$t alfo
beSpalb, fonbern toeil er bte Scfyre, bafe bie 33erfiegeltcn bor bem (Srfcfyeinen beS Sintis
drifte entrüdt toerben toürben, leugnete, tourbe er 1862 ejlommunniert. 3*!** nad&bem
er and) ben §ilf«engel ©<$toar$ bon ber Hamburger ©emeinbe jur Slnerfennung ber 93e*.io
rufung 9togafa(ti$ bewogen tyatte, offenbarte er biefelbe. Unb obtootyl ber neue 2fyoftel
balb reuig *3ufce tijat unb jene Berufung als eine teuflifctye bezeichnete, lam c$ jum ©<fyi$ma.
©etyer tourbe Anfang 1863 in Hamburg bur$ ©$toar$ jum 9Xpoftel aufgerufen, jefyn
3Ronate ftröter biefer felbft mit ber befonberen Seftimmung für £ollanb, toorauf er fernen
9Bo^nft$ in Slmfferbam nafym. 3)ie brei bamalS nocfy lebenben englitöen 2tyoftel toollte 15
man anerfennen, bielt aber für nottoenbig, baS Sfyoftelfoßegium auf bie 3toölfsal)l ju
ergänzen, toeS^alb man nacfc unb nack) in Hamburg fe$S unb brei in2lmfterbam berief. (©0
ber ©tanb um 1875). darüber fam eS natürlich ju heftiger 33efetybung beiber Parteien,
ü* W degenfeitiQ Senat unb 93etrug bortoarfcn.
3m engliföen SjrbingianiSmuS trat mit bem Sobe laplinS bie ^ro^etie als fon* 20
fhtutibeS ßlement immer metyr jurüd. SSon S3ebeutung toar fie freiließ längft nur bann
getoefen, toenn man fie gerabe brauste. Die Vorgänge mit ©etyer unb ©<$toar£ unb
toa£ t^nen folgte, jeigten, toie gefäfyrlicfy ftc toerben f onnte. Garbale gab ifyr bann im gafyre
1868 ben SobeSftofj, inbem in feinem Straftat Prophesying and the Ministry
of the Prophet in the Cristian Church ben Sßropljeten ber ©injelgemeinbe bem 25
©ngel unterorbnete (bgl. bie intereffante Segrünbung bei 3Mer I, 303). ©eitbem ift baS
„SBeiefagen" me^r nur eine SDeloration beä ©otteäbicnfteS, jumeift toarnenbe aufrufe
ebne irgenbtoeld&e Sebeutung. sJJUt Seftimmtbeit tyatte man auf baS %ai)x 1866 gehofft,
bann tourbe auf ben 14. Sjuli 1877 tyingetoiefen, an bem 42 %afyxt "a^ *>** SluSfonbc*
nmg berfloffen toären. aber toaS attein gefc^a^, toar, bafe bier Sage fj)äter am 18. 3uli 30
ber ©äulena»)oftel ßarbale ftarb. Unb ba 9)alton fd^on 1871 geftorben, Slrmftrong ^offs
mtngMo* gelernt loar, berför^erte fxd) ber Slpoftolat in SBoob^oufe unb Hämmerte fiefy
bei »ielen bie Hoffnung baran, bafe mit i^m ber 2lj)oftolat erhalten bleiben h)ürbe, bte
ber £err lomme. 2lber aud^ toenn 2Boobfyoufe, ber feit langem ein altetöfcfytoacfyer ©rete
je^ft (Dftober 1900), beinahe 96 %al)xt alt, in böHiger gurüdtgejogen^eit in ber 3fyoftet 35
too^nung in SUbur^ begetiert, geftorben fein toirb, ift ein bollftänbiger ^wfammenbruc^
ber ©efte ntcfct ju ertoarten. 3Jlit merftoürbiger SSerfatilität ^aben bie gü^rer e« immer
berflanben, fu^i mit ben I^atfad^en abjufinben unb i^re ©laubigen mit neuen Hoffnungen
ga erfüllen, ©c^on ®nbe ber fiebjiger %at}xt fing man an, bie ©emtiter für eine neue
SnttmdfelungSreUje borjubereiten, inbem man baran erinnerte, ba^ ber $err na& ben 40
12 Sfyofleln nodjf 70 jünger auägefanbt fyabt. ffiarum feilte er je$t nid^t auä) nod;
70 Äoabjutoren au^fenben? Um biefen ©ebanfen populär ju machen, anberö !ann man
c* f^toerlic^ auffaffen, begannen um jene 3cit bie $rop^eten ber ©efamtfircfye in 2onbon
i^re XuStaffungen nic^t me^r mit ber früheren älnrebe „D i^r 3^ölfe", fonbern „D i^r
3todlfe unb i^r ftebjig". Ob man toirllid^ ju biefem äuefunft^mittel gegriffen fyat ober 45
wäf greifen toifl, ift, ba bie ©etyeimntöfrämerei immer gröfjcr getoorben ift, bte^er nid^t be*
tonnt getoorben. ©oute e$ fo fein, bann l)at man, bi$ bie 70 alle geftorben ftnb, nodj
«ne lange 3^ bor fic^, in ber bie tßrop^eten too^l Vlat fd^affen toerben (3Mer
I, 316),
9&a& bie Ausbreitung anlangt, fo fehlen barüber alle offizielle Angaben, unb and) ft>
bei offoteBen 3leligion«ftatiftifen ^at befanntermafcen nur ein Heiner 5Ectl ber 3rt>tas
«aner i^re Qwäflntfüt jur apoftolifd^sfat^olifd^en ©emeinbe angegeben, toeil fie feine
fdbftpänbige ©efeflfepaft, Jonbern bie 2lu3ertoctylten au« allen ©emeinfd^aften fein toollen
«Hb barum bon i^ren 9inge^örigen forbern, fo lange atö irgenb möglich, in i^rer b\&
fcigen iltn^engemeinf^aft ju bleiben. Sicher iftr ba| im englifc^en 3Rutterlanbe ber 93e* eß
tocgnng faum noeb eine 93ebeutung jutommt. j)er anglilanifd^e ©eiftli$e Dr. Maurice
mofci loet| in fernem 2Berfe Unorthodox London (1875), bon ber^rad^t be« ©otte^
Kenfke* in ben fteben meift anfetynlicf)enÄird&en£onbon$ ju berichten, unb bafe in ber großen
§auj)tfin^e in Gordon Square im ©onntagägotttöbtenfte nabqu fünhig ©eiftli^e ju
gleäer 3ett miniftrieren, toie in ben täglichen grü^ unb Slbenbgotte^bienften in ber Siegel *>
28*
436 drttttg
bis 14 ©eiftlid&e, bafj aber in ben lefcteren ©otteäbienften ftc$ oft nur aeaen 20 ®e*
meinbeglieber $ufammenfanben (@b. Äird&enjeitung 1876 SRr.21, ©. 268). 2Mer a.a.O.
nafym 1878 für Sonbon ca. 3000 3Jtitgltebern, für ba« übrige ©nglanb ca. 1700 mit
im ganjen 37 fclbftftänbigcn ©emeinben, für ©d&ottlanb 800, für ^rlanb 200, für @ng*
b Ianb unb bie englifdjen Jtolonten 1500, toaä aber lebiglid& auf Schalung beruht. $)er
(Srfolg ber ^ropaganba in ben romanifcfyen Sönbern fear immer ein minimaler. Sad
§au))t!ontmgent fteßt no<$ immer 2)eutfd?lanb, unb ift bie SReimmg, bafj, toeit man
toeniger als früher babon tyört, bie ©efte fyier aud& im SWiebergang begriffen toäre, eine
burd^auS irrige. Die SBefyauptung, bafj, toeil bielleid&t toeniger afö richtig ift Don ber dfctfi*
10 liefen Hoffnung geprebigt toirb, ber ©emeinbe biefeä angeblid&e toittytiafte Se^rftüd borent*
galten toirb, toirbt noefy immer ©laubige für bie apo!olty)tif$en ©tytoärmereien, ebenfo
übt bie Spracht be3 ©otteSbienfteä, toie bie SRöglicfyfeit, felbftttyätig babei mitjutohrifen,
auf biele bie alte 2lnjtctyung3fraft. 3jn $teu^en allein jä<e man, — toobei baS früher
über Ungenauigfeit ber betreff enben Stugaben gefagte mit in33etra<$t gu jietyen ift— 1890:
15 16081 unb 1895 22 610 ^rbingianer, babon im©tabtfrei$ Serltn 3073, in ber $robinj
S3ranbenburg 3538, in ^ommern 3125, in ben SFtyeinlanben 1384 (bgl. ©taiiftifc&e*
£anbbuc& für ben J)reufeifd&en ©taat 93b III, »erlin 1898, ©. 419). @ine erty&li#e
jRunafyme läfjt ft<$ aud) in Sägern unb namentlich in ©ad&fen, tooß^emnifc ein $auptjt(
ift, lonftatieren.
20 Ungleich zahlreicher als bie englifd^en Igrbmgianer bürften aber tote in £oHanb fo
in 3)eutf $lanb bie „neuen 3>rbingianer" fein, bie in jenen Satyrn, fotoeit fte überhaupt
gegärt ftnb, miteinbegriffen fein toerben, benn ba$ ©d&tema bauert nid^t nur fort, fonbern
bie beutJA^oHänbifd^en 2)ifftbenten fyaben immer mefyr an Soben getoonnen. SKit toöHtger
Älarl?eit lägt ficf> ifyre (SnttoidEelung unb ifyre gigenart btä jefct nid&t frieren, bo$ lagt
25 ftd& immerhin einige« feftfteHen. Die SoSlöfung bon gnglanb |at im Saufe ber 3«* W
entfcfyiebenem geft&alten an ben ctyofafyjrtifd&en ©d&toärmereien, bie unter bem ©infiuft
ber meift gang ungebilbeten gütyrer gu immer maffiberen SorfteUungen ft<$ auSgebttbet
babm, jur Aufgabe be3 Äatfyotifierenben in ÄultuS w. unb jur ätnpaffung an beutfefc
3}erfyältniffe geführt. 3tyoftel, $roj)fyeten unb f onftige ©eiftltd&e erfd&einen in getoötynli$er
so %xad)t, an ©teile be3 9Iltar^ ftnbet man in ben SerfammlungSlofalen einen einfachen
$if<$. 3)aju fommt ein getoiffer metfyobiftiföer 3"fl- Silbet au# ba8 ÜEBeiäfagen, au<&
au« ben Seiten ber ©laubigen, ein ftefyenbeS ©tüdE be« ©otteSbienfteä, fo tritt bod^ bad
anbetenbe Moment jurüdt unb ift bie 33efetyrung bur* bie 5ßrebigt unb bie $ro}>$etie wib bie
Sammlung ber ©laubigen angefid^tö be« nafyen kommen« be« §errn bie Hauptaufgabe.
86 @benbe«^alb tritt aud; i^ier unb ba bie ©efte unter bem tarnen a^oftol. 3Riffton«gemeinbe
(„Styoftoliföc SKilpon" aud& „allgemeine d^riftL^oftolifc^e 2Rijfton") auf, toä^renb i^r
getoö^nlid^er 9lame „3lJ)oftolif4e ©emeinbe" ift, unb fte bie „engtif^e Partei" getoö^n«
l'\d) al« bie fogenannten ^rbingianer bejeid^net. SBä^renb bei Segtnn be« ©<$i$ma3 bie
Berufung neuer 3l^oftcl mit ber 9tottoenbig!eit ber 3^^fja^ begrünbet tourbe, toirb bie
40 $e^auptung, bag e« „jtoölf" fein müßten, je^t al« Sud^ftabenbienft bejeid^net unb nur
bie 9lottoenbigfeit be« gortbefte^en« be$ apoftolijd^en 2lmt« betont, toogegen bie 3^1 taf
äl^oftel ftd^ nad& bem Sebürfniffe rieten muffe, unb augenbtidflid& (DItober 1900) fun*
gieren 14 als Sfyoftel. ©benfo toirb erflärt, bag neben ben toier ref^. fünf Dom S^oflel
$au(u3 an ben belannten ©teilen aufgezählten Ämtern aud^ anbere errietet toerben fönnten,
45 toa$ mit bem für bie ^ropaganba fe^r triftigen, bem üKct^obi^muö abgelernten Streben
äufammenfyängt, mögli^ft biete in ben unmittelbaren ©emeinbebienft ^fatem}U)te^en. 5Die
ie^re bon ber Unfe^Ibarteit ber 9lpoftel, bie fte ben ©nglänbern jufd&reiben, toirb ber-
toorfen, ebenfo, ba^ bie ©laubigen bor bem legten Äampfe entrücft toürben. ©rofterSSBert
toirb auf bie Serftegelung burd^ bie Sfyoftel gelegt, unb bürfte bie §auptfpe)ialtt&t biefer neuen
50 S^ingianer bie fein, bafc fte auc^ bie Xerftorbenen unb jtoar oft grofce Waffen berftegeln.
ffield^e^ bie S3ebingungen ftnb unb meiere (Eeremonien babei angetoenbet toerben, ^abe \i)
biä^er nid^t feftftellen tonnen, ^^re ^ropaganba ift eine fe^r rührige unb tyr 6tfolg aller«
bing^ im ©egenfa£ ju ben englifd^en ^rtimgianem in ben unteren Soltdfd^upten, aud
benen and) fämtltd^e je^t fungierenbe S^oftel ju ftammen fd^einen, iß in ben legten
65^^ren ein auffallenb großer, ^^re ©emeinben unb 3Rifftondftationen, beren Gentral*
mt Sraunfd^toeig, Hamburg, Berlin, jtonigdberg f^b, breiten ftc^ )ur 3^ über gani
ä)eutfd^lanb au3 unb bie forttoä^renb auf Steifen befmbK$en ^poftel t>erftegeln naep
ben offiziellen Sendeten jeben 3Ronat $unberte bon ©laubigen. Slu|er in £oHanb ftnbet
man fte, abgefe^en bon 3)eutfd^lanb, neuerbingd aud) ja^Ireid^ in ÜRorb* unb ©übamerita
oo (33ueno&3fyre3) unb in Sluftralien, unb nadjbem ed i^nen im 3a^ 1B99 gelungen, einen
dttring 3fftrf * on Stationen 437
eingeborenen SRiffionar ©abrad& auf ^atoa ju belehren, follen ityrer Sefyauptung $u*
folge in hirjer 3*ü bort 15000 (!) eingeborene burety SSerftegelung aufgenommen roorben
fem. 3ftr Organ mar toomDftober 1887— 1888 (grünere« ift mir nid&t betannt geworben)
ba$ toon ß. ©etyer in Hamburg rebigierte SKonatSblatt „95er *ßrebiger in ber SBüfte".
2)ann erfepienen audj in Hamburg bom 1. Sanuar 1891 an anbertfyalb ^a^rgänge eine« 6
9Kottatäblatte3 unter bem SStel : „Slifce, 35onner unb Stimmen. 3euÖ™ifc b« SBatyrfyeit
an ba« c$rifili$e Sott." 3e$t ift ba« $auJ)torgan bie im 35erlag fcon $. Sornemann
in 3ferlo£n erfd&einenbe unb toon bem Styoftel gr. Äreb«, einem früheren Safynmeifter,
fcute bem eigentlichen gityrer ber Seite, rebigierte 2Ronat«fd&rift „SBäcfyterftimmen au«
(Sptyraim" mit ber Setlage „Der $erolb". ^n *>em gieren finben ftety bie regelmäßigen :o
9eri$te über bie Seifen ber Sfyoftel unb tyre ©rfolge mit ben $afylm ber bon tynen 3Ser-
fugdten. £$. fallt.
3ffarf »on »nttocfjteu. — SUteratur: Hffemam, BO 1, 207—234; SB. SBrig^t,
Short hietory of syr. lit 51—54; SR. 3)uwil, LitteVature syriaque 340 f., $ie fog. Ä® be*
3adjaria« H&etor oon R.Ä&ren* u. ©. Krüger (fieip$. 1899) 6. *20(=&mb, Anecd.3,84); ib
Viden, VuftpeiDfttyte ©ebic&te ber f^rifeften flirc&enüäter, Kempten I872 (93tbltot^et ber Äir*cn-
Däter, 44. fiteferung), 6.111, 191. 9?acf»trägltcftc öemerfuugen ^ieju in: ÄuSgen?. ©Triften
b. f. «.=».. 1874, S.411f.; Singerle, £&0@, 1870, 92/114. SBerfe: (Sarbafci, Liber The-
sauri de arte poetica Syrorum 1875, p. 21 —25. Monumeota S/riaca (ed. iRöfinger) I,
13—20; Qinoerle, Chrest. Syr. 299. 387; ©ejamtauägabe uon SMcfea 6egonnen: S. Isaaci 20
Antiocheni, Doctoris Syrorum opera omnia, ex omnibus cjuotquot exstant codieibus ma-
nuacriptis cum varia lectione syriace arabiceque primus edidit, latine vertit, prolegomenis
et gfcssario amrit Dr. G. B., »b I, Giessae 1873 ; II, 1877, »gl. S$93 1873, 8., 1877, 6.,
X$S3 1877, 26.
3faal toon äntiodbien, aud& gfaaf ber ©rofce genannt. 2Cuf bie ^rage, ob e$ einen 26
ober mehrere forifd&e Äirctymfcfyriftfteller be$ 9lamenS 3faa! gebe, nennt ber monop^*
fitifc^e Salob Don (Sbeffa (7. 3a^., bei SBria&t, Catalogue II, 603 sq.) beren brei,
jtoei „tttt$talaubige'' unb einen „d^alcebonenftfcpen $äretifer". 95er 1., 3faaf fcon Slmib,
£x$üler QfyqtämS, ber in ber ^Regierung beä Slrfabtuä nad) 9tom ging, baS ftapttol ju
fefcen, auf bem §eimtoeg in ftonftantinopel eine $t\t lang eingelerlert, naety feiner Stufe ao
!e$r $riefter ber Äird&e toon Slmib rourbe. Der 2., ^riefter ber Äirc^e toon ßbeffa, in
fcer 3«^ » Jlaifer« 3mo/ *<* Sur 3e^ ^ Patriarchen $etru« guOo nai) 2tntio^ien
ging unb gegen bie Sleftorianer prebigte, rooju i^m ein ^aj)agei, ber baS Jri^agton mit
bem Rufafc o <navQco&eig di rjfmq fang, ben 3^ejt liefern mu^te. 35er 3., ebenfall«
bim «beffa, ber juerft in ber 3ett be« SiföofS ^wl (fät 512) ort^oboj mar, ftd& aber 86
nac^er unter Stföof 3l«Hej)iu« (feit 522) ben Sleftorianern anfd^lo^. ©ennabiu«
fcrart jtoet ©c^riftfteller btefe^ Slamen« ; ben jroeiten (c. 66) nennt er *ßre$btyter ber
antio^enifc^en jttre^e unb leifet i^n ein lange« Seben, in meinem er Diele« frritö gc=
{((rieben unb noA ben Untergang 3(ntio$ien3 (459) in einem elegif$en ©ebid)te betlagt
^abe, unter ben Äaifern 2eo unb SJtajoran (alfo jroifd^en 459 u. 461)beföliefien. Sicleff 40
i}8U bie beiben toon 3alob juerft genannten für eine Sßerfon unb für ibenttf^ mit bem
Itoetten be« ©ennabiu«; 3ac(aria« SR^etor erroäbnt 3faa! ben Setyrer be« ©^rerlanbe«
mit 5>aba in ben Xagen ber gläubigen Jtaifer 9lr!abio« unb X^eobofto«; 35ionirfiu3 t>on
ZeOma^re, ber t>on fyn ©ebtebte über bie @inna^me SRorn« burc^ bie ©oten 410 unb
bie im $ahzt 404 gefeierten Säfularftnele fennt, läfet i^n um 418, bie ebeffenif d^e ß^ronif 46
um 464, 8ar&ebräu$ unter 95omnu« blühen, unb SofyanneS bar ©d^ufepan, ber feine
Serie )u fammeln unb abjuf^reiben begann (geft. 1073), bringt i^n nur inbireft mit
fyptycäm in SSerbmbung, inoem er beffen ©d^üler 3*nobiu« al« feinen fie^rer nennt. Die
Angaben 3a!ob3, fagt Stcfeö, feien eine falfd^e ©c^lu^folgerung au$ bem ©ebi$t über
ba« Xridagiim, ba$ galob auf bie fj)äteren ©treitigfeiten über biefe gormel beue^e (Bar- 50
hebraeus, Chron. Eccl. I, 185 unter bem ttaifer 2lnaftafiu3 unb bem Patriarchen
^allabiu« 490/8) unb eine tenbemiöfe 2tu«rebe, um bie antimonoj)^fitifd^en ©ebid^te
wfw* St«** «»«» anberen 3Serfajfer juroeifen ju fönnen. S3ideH ^ält, roie Slffemani,
ben Serfaffer ber bon tym erftmal« ebierten metnfd^en ^rebigten für ortfyoboj, wogegen
ftm4>t, bafe eine auSbrücHidfje 3lner!ennung be« d^alcebonenfe nirgenb«, bagegen eine 66
gan)e 9lei$e monoptofttifd^ flingenber ©teilen gefunben roirb, bei meldten Stcfeü jur Sin-
nabtne f^erer ^älfcpung feine 3"P"*t nehmen mufe. hierüber roie über bie näheren
8e6eitÄHad^ltnif[e Sf^al« müjfen erft weitere Duellen 3luffd^lufe geben; über ba« S3ud^
bfÄ „Isaac Syrua" de contemptu mundi in 53 Kapiteln (BM XI, 1019; Gallandi
XU, 3) f. b. Ä. Sfool bon Slinibe. cu
438 dftmt Hon »»Holten 3faal, $fttriord}
35on bcr Sßeitfcfytoeifigfeit biefer forifd&en ©ebid&te lann bie £tyatfad&e jeugen, bafe
ba3 ©ebid&t über ben Papagei 2136, ein anbetet über bte Sufce 1928 SSerfe $at (bte
^atylen bei 2Brigl?t ©. 54, unb SDufcal ©. 20 u. 340 ftnb falfö), unb bafi Don ben ettoa
200 Slummern fetner 2)id&tungen 33b I ber SicfeQfd&en Sluägabe nur 1—15, 83b 2 nur
5 16—37 enthält. Ob bie gortfeftung erfahrnen toirb, tft bem Unterzeichneten unbelannt
Über eine mit Stanbnoten Oerfefyene &bf. eines Seite {einer ©ebictye f. ©a$au$ 33er*
^eic^nte ber fer. §bff. in Berlin (1899) ©. 497 ff. $t. HefUc.
3faa! tiott 92tntoe, 7. 3^. — 3)te früheren Eac&ricfctert (Hffemant, BO I, 444;
Srigtjt, Short history 110 f., fclbft nod) Ig. 93. (S&abot, De S. Isaaci Ninivitae vita, scriptis
10 et doctrina. Accedunt eiusdem Isaaci tres intcgri sermones, quos e codicibus syriacis
Musaei Britannici descripsit, latinitatc donavit, notis instruxit et collatione ad graecam
versionem facta nunc primum publici iuris facit J. B. Ch. $ari8 [Louvain] 189*2) ftnb
&ttm großen $eil ju beriet t(\en nod) J&usdenah, Evfique de Baerah, Le li?re de la chastetä,
public et traduit par J. B. Chabot (9tom 1896, Extrait des M&anges d'Archdologie et
löd'Histoire publ. par l'Ecole fraoe. de Rome t. XVI; f. 9Wbete, £©$ 1896, 46); 3. $.
©tjabot, Notes sur la litterature syriaque in: Revue Slmitique 1896, 254; 8fr. $uoa(, Ltt-
tärature syriaque 233 ff.
Über 3faa! toon üttntoe fyat erft baä SBerl toon gefubenaty (Stföof öon Safra bn
8. 3afy$.) Älar^eit gebraut, baä Grabet 1896 toeröffentlidbte. 3)anad& tourbe er toon
20 bem Patriarchen ©eorg (660—680) im JUofter 33etfc2lbe ate 9ta#>lger be$ 3Rofe3 tum
Sifcfyof t>on TOntoe gemalt, banfte aber naefy 5 SKonaten auä ©rünben, bie nur ©Ott
toeifc, ab, jog ftcfy in bie Serge unb ©inöben jurüd, fräter in baä Älofter be$ SRabban
©cfyabor unb ftarb erblinbet fcon vielem ©tubium unb Safteten, ©ne$ femer ^aufcttoerfe
ejtftiert nid&t nur forifety, arabifdfc unb ät^iopifd?, fonbern tourbe aud& toon atoet 2Rön$en
25 $atriciu$ unb Slbratyam im Älofter SJtar ©aba bei gerufalem m$ ©riedpföe überfefct
unb 17-70 bon SRice^oruä in Seidig gebrueft (MSG 86, 799—888; f. Act. Eradit.
Lips. 1770, 283). £ateinif$ ftnbet ftety Isaac Syrus, über de contemptu mundi
in 53Äo*piteIn fcfyon in ber Bibliotheca map (Col. 1618 VI, 2, 688; BM XI,
1019 [1677]; ©aUanbi XII, ,3— 35 [1778]). >M ©bebjefu bilbeten feine SBerfc fieben
so Sänbe ; in ber arabifcfyen Überfefcung ftnb e$ bter. 93gl. auety Revue de r Orient
Chr&ien 3 (1898) 110, too ein SHönA be$ 11. jtcri^. erjagt, tote er, o&ne forifö
fd&reiben ^u fönnen, bie ©c^rift be^ 3faaf über bie SSorfeputw ^ätte fopieren fotten. Sin
©tüdf über ©lauben unb SBiffen (begtnnenb: e« giebt eine Srlenntnte, bie bem ©lauben
borau^ge^t, unb e$ giebt eine ßrfenntnte, bie au$ bem ©lauben geboren totrb) tft gebrueft
86 in ben Monum. Syr. (^nn^brud 1869) I, 97—101 ; brei in ber oben genannten
Th&se bon S^abot. ©eine ©Triften toaren ein ^au^tbeftanbteil ber a£fettf$en Sitteratur
be^Often^, tote etnSlicf in bie §anbfd^riftent>erjei^niffe ber eurobäifd^en Sibliot^efen jeigi
Sitte bt^er faum beamtete ©d^rift biefed Wannet tft Veröffentlicht am ©c^luffe k>on
Novae Patrum Bibliothecae ab Angelo Card. Maio editae tomus oetavus a
40 Josepho Cozza Monacho Basiliano absolutus (Romae 1871. 4°) Xeil 3 ©. 156 bte
188. 3n bt* Überfd^rift ift fte be^eid^net ate rov ooiov 7taxQog tjjluov Ioaax emaroXr]
7igo<; rov ooiov naxega rjjucov Zvuewva rov ev reo &av/ua<nq) ogei. 8uf ©runb
biefer Überfd^rift ^at 3tffemani ben SSerf. für einen geitgenoffen *be« jtoeiten ©t^neon
erflärt; aber in beffern ^anbfd^riften Reifet e$: nooq rov aßßäv Zv/bteorv x6v &no
46 Kaioagdag. S)ie@d^rift ift namentlich intereffant toegen be^Slutfc^luffed, ben fte über ben
ßbeffener Mahtdx, ben (Stifter ber SKeffattianer (@uc|iten) liefert (bgl. $91® * 9, 618 mit
3f$© 1888) unb einen anbern ßbeffener "Agcdv (fjroi 'Aoiväg), bttnoUd rgd^ta (geiffe
lid^e ©onette) k'cog xrjg orjjueQov tpaXXdjueva berfa^te. SBeiter tomte ber SScrf. noc^ allerlet
^äretifd^e 2tyofal$)fen, in benen mgl rd>v juovcbv rov oxegeiAjuarog (ImL ben ffatoiföen
60 $enod^), 7i€Qi T(bv eioodcov xov vodg dg tov ovgavöv, tieqI t(üv xötküv xwv d<po-
Qiouivcov rfj xQioei (togl. bie ^ßetruäapofalfypfe), jtegl xvnwv (x6tuovT) xcov nolv-
xgojicov xcl)v ävco dvväjuecov pfyantaftert toar. 2)a^ ©ried^ifc^fe fd&eint auß bem
©^rifd^en überfej^t; toenigftenä erfd^eint neben anbern ©^ridmen jtoifc^en Origened unb
Valentin einerfeit« unb 5Karcton unb 5Rane« anbererfeitö 6 vtög xov Aiooäy = Sorbe»
66 fane*. &. Keflfe.
3faaf, ber ^Jatriar^. — i«icmet)cr, Gfiarafteriftif ber »Ibel U (3. «ufl., ^afle
1778); 3. 3. fcefe, ©e{d)ict)te bcr ^atriaretjen II (8üric$ 1776); ^. fturj, ©ffd)i*tc be«
%. SB. I (3. «ufl. 1864); ^>. (gwalb, ®ef*id)te be* ». 3«rael (3. «ufl. 1864), If 431 ff.,
486 ff.; (5. 28. fcengftenberg, ©cfdj. b. 9iei*cö ©otteS unter bem «. ». (1869); «. »ern-
3f*af, ^atrtardj 439
frein, Urftmmg bcr @agen Don Abraham, 3faaf unb gafob, 1871 ; «. ßöljler, 93i6l. ©efdj.
«.2.. I, 127 ff.; & Seinecfe, ®ef«. b. «. 3«r. (1876), I, S. 35 ff.; 3. Popper, Urfprung
be« *Ronot&eiSm. (1879), 8. 261 ff.; 3*. Mittel, ©efcf). b. Hebräer. I (®ot&a 1888); S&. ©taert,
©tubten jur Religion«- u. ©pradigefdjidite be« WZ I (Berlin 1899). Sgl. aud) bic Kommen-
tare jur Qknefid, bie btblifdjen SBörterbüdjer unter 3faaf unb bie talmubifdjen TOttetlungen 5
in ©amburger« 9&eals<Snä)ttopäbie be« Subentum« (1874) I, 612 f.
3faat (pnasr, feltener pn*?: 3m 7,9. 16; «ßf 105, 9; 3er 33,26; LXX 7aadx,
Vulg. Isaac — b. $. „ber Sad&er") tyeifct ber leibliche ©ofyn 2tbraj?am« unb ber ©ara,
auf freieren bie bem SSater gegebene 93unbe«3ufage famt ben bamit berbunbenen 33er*
bedungen ftcfc bererbten. ©eine ^erfon tritt hinter ber Slbra^am« ftarf jurüd unb bient 10
jum ©egenftanb, an toelcfyem fid& feine« S3ater« ©lauben«jur;erfid&t unb boller ©efyorfam
$u erhoben fyxben. fiange mufc biefer bergeblid& auf ben ©tammfyalter toarten, bem ©ott
allem ben 33unbe«fegen übertragen hrill (®en 17, 19), bte enblicty im ^unbertften fieben«*
jar)r Slbra&am«, im neunjigften ber ©ara (Sohlen iwcfc P), ber fj)äte ©profe biefer Gtye
erfcfcmt, toomit 21,6 (E?), bgl. 17, 17 (P); 18, 12 ff. (J) fein 9tame in SBerbinbung iß
gefefct hrirb, toafrenb er an ftd& etyer auf bie ^eitere, frö^Kcr)c ©emüt«art be« ©ofyne« &u
ge$en föeint (bgl. 26,8). Stbra^am« ©eborfam betoeift ftety in ber Seföneibung be«
Knaben, bie ex na<$ bem 93unbe«gebot am 8. Sage öoltjie^t (21, 4 P), noety toett grofc
artiger aber in feiner Sereittoifligfeit, biefen lang erfetynten ©otyn auf ©otte« ©etyeife
uim Opfer ju bringen (£. 22). 3faal felbft geigt ftd& bei biefem Slnlafe linblid^ in ben 20
^Bitten be« 95ater« ergeben, ebenfo, obtoo^I bamal« fetyon bierjigiäfyrig, bei feiner SBerfyei*
ratung mit SRebefla, einer Jod^ter feine« in 2lram toofynenben Setter« Setfyuel, toobei
Stbra^am hrieberum ber etgentltd^ $anbelnbe ift, ber freiließ göttlicher SBeifung nac^u*
lammen $at SSon 3faaf« Weiterem 2eben finb nur toenige 3üge berietet, h>ona$ er al«
baS fätoädbere, aber toürbige 2lbbitb feine« 33ater« erföeint. ©eine geringere Ityatfraft 25
aeigt fw$ fepon in geringerer SBanberluft. ©eine SBanberungen befd&ränfen jtety auf ben
fäblufyfien Seil be« gelobten Sanbe«, ben SWegeb unb ba« angrenjenbe ^iliftäifd^e ©ebiet.
3n jener oben ©egenb ftnb als $aln>unlte, h>o er bertpeilte, genannt bie DueDe Lachaj
Koi 25, 11 (jeftt Muweilih, Q. §. ^almer, ©d^am)Icu> ber SBüftentoanberung 3«rae(«,
©.273); ®erar, bie $P&iIifterftabt, 26, 1 (vfy SÄuinenftätte 35fc^erar), ba« S|al ©erarao
26, 17 (bgL ju ben Brunnen ©itna unb SWed^obotj^, $a(mer a. a. D. ©. 295 ff.), Seer*
f*a 26, 23 unb enblicfy §ebron 35, 27, too er hrie fein SSater feinen Slufentfyalt na^m.
Dagegen tpar i^m fcertoefyrt, na$ Sgbpten ju }ie^en, 26, 2. 3l(« i^n eine jpungeränot
baju t>eranlaffen toodte, mu^te er toielme^r ju ©erar beim König 9lbimelec$ bleiben. §ier
ty&U er nac$ 26, 7 ff. eine ctynlicfye 2lnfe^tung ju erbulben toie 3lbra^am bei biefem 35
ftfirftai 20, 1 ff. (E) unb beim SJtyarao 12, 10 ff. Sediere erjä^lung ftammt au« ber*
fetten Duette (J) toie 26, 7 ff. Die ©leic^artigfeit biefer brei ©eföic^ten berechtigt nid^t, fte
o^ne toeitere« al« blofee Variationen über einen einigen Vorfall &u betrauten, ba bie
@lcuttett ber 2eben«r>er^ältnifje fold^e SBieber^oIung ber S3egeben|eiten benfbar mad^t.
JHe Senate jeigen aud^ abftemenbe ßinjeljüge. SßJa^rfd^einli^ ift immerhin, bafe in ber 40
münblütyen Überlieferung @ntle^nungen unb Übertragungen ftattgefunben ^aben. Gtnc
nebt Serityrung pnbet ferner ftatt jtoifd^en 21, 22 ff. (E) unb 26, 26 ff. (J), inbem fyier
tnm Maat hrie bort bon Stbra^am ein Stinbni« mit bem Äönig 2tbimelec^ unb beffen
^cerfü^rer ^Jic^ol (benfelben ^erfonen ?) beridbtet toirb, ba«, ju Seerfeba abgefd^loffen,
Hejem Ort ben Stamen gegeben fyabt. Deutlich ift fyier, ba^ bie beiben ©rjäfyler einanber 45
ni4* fennen. Sfobererfeit« ä^arafterifiert 3faaf im Unterf^ieb Don Slbrabam aufeer ber
lofalen SStrföiebenfyeü feiner ^iilgerfc^aft ein getoiffer gortfd&ritt in ber Äultur. 3U
©erar treibt er neben au«giebiger ^erbenjud^t and) Slcfcrbau unb jh)ar ebenfall« mit retefy
aefegnetem (SSrtrag. ©eine ©^eife ift SBilbbret, fein ©etränf SBein, mä^renb le^terer bem
Abraham nur Don einem anbern dürften gereicht toirb. — 35e« SBater« gegen Üoti) U* 50
toiefene Sertragfamleit erfebeint im ©o^n nod^ gefteigert, ber aud^ gegen grembe äufeerft
nachgiebig ijl 3faal toeidpt forttoä^renb bor ben neibifd^en -Kad&barn, rüclct)e i^m bie
Srunnen ftreitig machen, erh)irbt fid^ aber boct) eine feltene äc^tung auö) bei 9Jiäd^tigeren,
ba fte bie Slacpt be« göttlichen ©egen« an i^m fpüren, bie alle Stadtteile rcid^ltcr; au««
gleicht, ©ie galten e« ba^er fogar für rätlic^, ftc^ auf freunbf$aftlicr)en %u$ mit bem &6
„Sefegneten be« ^erm" ju ftetten, 26, 28 ff. Die öebeutung Sfaa!« ift l>au^tföct>Iic^ bie,
ba| et ben aöttliäen 9unbe«fegen bon Slbra^am auf %atob, ben ©tammtoater S^caett,
ftberlettel SRac^ langer Unfrud&tbarleit feine« SBeibe« (25, 21) »ourben il)m auf fein
(Bebet «inber befeuert, ^toißinge fer>r berfd^iebener 3lrt, @fau unb Safob. DbtooW ber
Sater aud fmnlicfyer 92etgung an bem älteren ^ing (25, 28) unb biefer aud) nad? bem 60
Saturrec^t ben erften änfpruc^ auf jenen befonberen ^orjug ^atte, nutzte ber alte, blinbe
440 Sfaat, ^atriartf> 3**»ft$
3faaf nacfy fyö^erer gügung unb burcfy 33eranftaltung feine« SBetbeS jenen fco^en, unteil-
baren ©egen, ber tym bon Slbra^am übermalt unb bon ©Ott um &bra$am3 toitten be*
[tätigt toorben toar (26, 3 ff. 24), bem jüngeren ©o^ne %alob jufprecfcen, o&ne e$ ju
totjfcn. §ür @fau f)at 3faa! nur nocfy einen ©Ratten bon ©egen übrig, ber im ©runb
5 Unfegen ift unb jene« 2ic$tftücf um fo geller leuchten läfct. Die barob enhtoeiten Srüber
pnben fidfj julejjt bereinigt beim Begräbnis tyreä 180 jährigen SBaterS ju #ebron. 3faaf
felbft tritt in fernem $aufe tote nadj aufeen toenig felbftftänbig auf. Aber fe&r )u flotten
fommt ibm feine Ergebung in bie Fügungen einer ^ö^eren $anb, toel$e au$ mentolfafc
Errungen unb f$efyfantte nad[> bem toatyren $\*U lenft. ©o ftefyt er, toenn andf al£ ber
10 fctytoädpfte, bo$ nidfjt otyne eigentümliche SSorjüge gtotf$en bem glaubenSftarfen 9(bra$am
unb bem ©laubenSfäntyfer galob. %\aat bertritt in biefer 3)rei$a$l jene pietatbotte Xreue,
toelctye ben angeerbten ©egen in ber ©titte fromm betoafyrt, metyr auf beffen Srfaltung
als auf neuen ©etoinn bebaut, unb in ber genügfamen j&reube über biefen SJeftfc bie
äBibertoärtigfeiten be$ SebenS gelaffen ju tragen toeifc. 3)en fpäteren $uben erfaßten er
16 um feiner bei ber Opferung betoiefenen fieibenSfreubigfeit toitten „als Oberhaupt ber ®e*
bunbcnen unb ©emarterten" (9Ribr. r. ju ßftfyer), b. f). baä Sorbtlb ber SRärtyrer. —
Überaus tyäufig toirb ber allmächtige ©Ott, ber ju biefen brei SSätern geforod&en, ®ott
2tbrafyam3, %\aaU unb %atob$ genannt, aud& tttoa baS ßauS %$xad mit biefer 2)reu)eit
bon Wamm berbunben, 3er 33, 26. fiauS 3faafe für ftc$ f. b. a. 3$rael fte^t nur am
ao 7, 9. 16. eigentümlich ift bie Sejeicfrtung ©otte* als pnar ins 31, 42. 53. 3>a bei
biefem ^nE gefd&tooren totrb, fo mufc e$ fo biel afe ©ott^eit bejeicfyten, nic^t ben
©Freden, ben 3faaf berbreitet, toie &ta^d I, 60 unter ^Berufung auf anber* geartete
©teilen angiebt. ®r benft ficfy unter 3faaf eine alte berfd&ottene friegerifc&e ©tammeS*
gottfyeit. 5Kan fcfytoört aber nirgenb* bei ber %uxfy ©otteS, fonbern überall bä
26 ber ©ott^eit, bie man fürchtet. 6$ entftmdfjt bem grie$if$en oeßag im ©inne bon
oeßaofia.
$n 3faafö Sebenägefd&id&te geigen fkfy biefetben pentateuc$ifc$en Duetten tote in ber
©cfd&td&te 2tbrafyamS (f. barüber I, 102 f.) unb 3afob$. Sgl. au# fiupfelb, Duetten ber
©enefte ©. 150J.; 170 f. unb Äittel I, 125 ff. 138 ff. 147 f. 3)iefe Duetten ergeben um
so begäbet i(;rer SBerfd&iebenfyeüen im toefentlic^en ba^felbe Seben^bilb, bem, tote totr fcu>en,
aud^ eigentümliche 3Ü0« n^* fehlen. 3)ie ©efctyid&tlicfyfeit feiner 5ßerfon anaujtpeifeln (fo
fd&on 2cnaerle, Äenaan I, ©. 290) ift bafyer fein genügenber ©runb bor|<mben. iie
3Serfud^e, ben Flamen 3faaf afe ben einer alten ©ott^eit ju eröären finb ni$t glücflic^.
5Kit SRed^t bemerft Särgen (Seiträge ©. 157 f.) gegen 5Rötbefe, ber iRame: @r lafy,
86 fpielt, fd^erjt, fei für einen ©Ott toenig paffenb. 35ie« gilt au$ gegen ®b. Sieger
(3at2B 1886 ©. 115). ©olbji^er toitt in Sfaaf bie läd^elnbe 2lbenbröte erlennen, bie
bom SJad^t^immel (jefct 2tbra^am genannt) getötet toerbe. Unb $$. ^oM>« toottte gar in
bem ^armlofeften ber Patriarchen ben eranifd^en 3)rad^en Azhi dahäka entbetfen, „ein
Untier mit brei Sachen, brei Köpfen, brei Stugen unb taufenb Äräften!" Sluc^ afe9Zame
40 eines ©tammeS ober SSoBeS toitt Sfaaf mfy gaffen, au^er bei ber annähme, ba| bad
„§au^ 3jaa^y/ m$ ^n^ ^erborragenben ^erfönlid^Ieit benannt fei, unb eben ein foh$e*
9?omaben9aiu)t le^rt unö ber biblifc^e Seric^t fennen. ip. Orelt
3«bofet^ — fiitteratur: gu ben üueHen bgl. 3- ©eUftaufen, 2ejt ber ©ü$er
©amueüö 1871; «. flloftermann, 3)ie ©ücbet ©amucli« unb Äönige 1887; 6. 9. 5)rioer,
46 Notes on the Hebrew Text of the Books of Samuel 1890; ff. ©ubbe, The Books o£ Sa-
muel 1894; 3ft. 2tyx, 3)ie Söücfter Samuels erflärt uon Otto X^eniu«. dritte ttoflftfinbig
neugearbeitete Auflage 1898. Äufeerbem bie betreffenben 9tb[djnitte in ben Xarflettungen ber
©ef«icbte 3«raet« üon «. Äö^ler II, 1 (1884), ©. 245 ff.; fl. ftlttel n. (1892), @. 120ff.;
©. 6tabe I (1887), ©. 257 ff.; «. Äloftermann (1896), ©. 152-154; 3. «eflbaufen (1897),
60®. 58 f.; $. ©utye (1899), ©.85 f. u. 91. ffamptjaufen, $t)Uifter u. ^ebrfier jurgeit 5>aoib«
in Bat© 1886, 43-97.
SSbofetfy Reifet 2 ©a 2—4 berjenige ©ofyn ©autö, toelc^er nac^ ber ^J^iltfierfd^a^t
am@ebirge bon©ilboa burc^ feinen D^eim 3lbner bonüRa^anaim im Dftjorbanlanbe auö
äum Äönig über ^^rael auegerufen tourbe. 2Bir lennen leine fianblung bon tym, burdft
»ie er fic^j 3lnfe^en ober SÄu|m ertoorben ^ätte; e$ ift ba^er ganj bci]rci|lic^, ba& er in
ber Überlieferung f$le$t toeggefommen ift. ©ie ^at tym junäd^ii nidn feinen eigentlichen
tarnen gclaffen. 3)iefer lautete nämlic^ (SSbaal 1 6^r 8, 33 ; 9, 89 ^W r eine leierte
SSerfürjung bon bra^p-», b. i. 3Rann be^ §erm, nämlicty 3^^^- Äbnli^e Sigennamen
finben fid& auf femitifc^en 3«f^ften ; fo fommt j. 9. auf ^nf Ariftcn aud Äart^ago
eo ber 9lame ri:nc«f b. i. 2Rann ber (©öttin) Xanit^, bor. äl^ z$ Jpätcr im 3^bentum
3$bofctf) 441
übli$ tourbe, benv 9tamen Saal aus religiöfem Stbfd^exi gu meiben(f 11,337,25), fyat man in
biefem goD entto ber baS tabelnbe 2Bort böschet „©d&anbe" ober ben ©otteSnamen
mrr an bie ©teile bon ^ gefegt. Das erftcre finben toir burd&toeg in ben jufammen*
^angenben (Srjä^lungen über $. 2 ©a2— 4, unb bon bort ^er ift ber tounberlicfye 9?ame
bei und übltd^ getoorben. Da« leitete toirb bon SBettyaufen, Driber u. a. (anberSÄlofter* 5
mann) angenommen, um ben eigentümlich tarnen T^"! 1 ©a 14, 49 ju erflären, in-
bem fte ^ als eine SSerfürnmg ober auefy Serftümmelung au« isrni», -nti« anfefyen
(LXX IeooiovX, Ieooiov). Da£ bie urfprünglid^c gorm beS sJtamenS au<$ in 2 ©a 2 ff.
gSbaal getoefen ift, toirb burc$ bie 9Refyraafyl ber alten Überfefcungen (2lquila, ©tymm.,
2$eob. EufßaaX ; LXX Cod. 93 ßolmeS ebenfo ; ^tala Isbalem) ertoiefen. 9>n ber 10
®jjrontf ty& m ber urft>rünglid&e 9tame bermutlid^ beSfyalb erhalten, toeil biefeS 33ud&
toeniger gelefen unb feltener abgetrieben toorben ift. $m übrigen aber fyat bie Gfyronif,
bie jjüngfte (jübifd&e) ©eftalt ber iSraelitiföen Überlieferung, bie Regierung %£, obtoofyl fie
i$n tennt, furjtoqg geftrid^en (1 6fyr 10, 14 unb 11,1), unb naefy i|rem 3Rufter ber-
fä^rt no$ fjtutt toielfad^ bie populäre Sefyanblung ber btbliföen ©efd&icfyte. 6nblid& giebt 15
tym bie Überlieferung feine fefte ©teile in ber iReifye ber ©öfyne ©aulS. Die Sfyronif
)ä$lt i$n an ben a. D. als bierten ©otyn hinter IJonatfyan, 3Kald&ifua unb Stbinabab ;
1 ©a31, 2 nennt tfyn überhaupt nid&t, h>cil eS [\d) bort nur um bie im ftampf gefallenen
©d$ne ©auÖ (Sonatyan, Slbinabab, üRalctyifuaty) fanbelt, unb 1 ©a 14, 49, too offenbar
alle ©ötyne ©aulS genannt toerben foden, ftefyt atoifd&en x>natf>an unb 9Jtal$ifua nur 20
3$toi, ben Äloftermann mit 2tbmabab gleichen toiH. 9BBa^rfd^cinlid^cr ift jebod^ bie oben
ernannte ßrflärung beS IWamenS; bann toirb man toeiter annehmen muffen, bafc ber
9tame SDbinabab ausgefallen ift. Sluffallenb bleibt jeboety immer, ba& $Stoi an ber
&hxüen ©teile fte&t, bie nad& 1 ©a 31, 2 (gegen 1 Gf)x) 2lbinabab jufommt. S3erf$iebene
gebürtige Umftänbe fyrecfyen inbeS bafür, bafc §. ber jüngfte ©ofyn ©aulS toar, tote bie 25
Reihenfolge 1 Qfyc 8, 33; 9, 39 ju berftefyen giebt: er toirb ntd&t unter ben Söhnen
©aulS genannt, bie gegen bie *Jtyilifter fämpfen ; er erfd&eint burc^toeg als unfelbftftänbig
Xbner gegenüber, unb bon grauen ober Äinbern, bie er fymterlaffen, ift mrgenbS bie Siebe.
Da* Stter, ba« i^m 2 ©a 2, 10a jugefd&rieben toirb, (äfet ftd^ mit ben änbeutungen ber
übrigen Strahlungen nid^t bereinigen ; nad^ biefen fmb Jonathan unb Dabib 3(lter3genojfen 30
unb beim 2^>be ©aute no^ nid^t 40 ^a^re alt getoefen (1 ©a 18, 1 ff.; 2 ©a 4, 4).
Der ©aj 10 a gehört bem d^ronologifc^en ^kngia&fi an, baS jüngeren UrfJ)rung« ift
unb erft na^träglic^ in ben gufammen^ang eingefd^oben h>urbe. Da^er h)irb man in
1 ©a 14, 49 mit einer lejtberberbni« rennen unb annehmen müjfen, bafe 3«bo{et^
beim lobe ©aul« in nod^ jugenblid^em, toenn auc^ nid^t gerabe unmtinbigem Älter ge* 86
{tanben ffoL
Äbner, ein Setter ©aul« (1 ©a 14, 51 : Äi« unb 5Rer toaren ©ö^ne Sbiel«), fuc^te
nac^ bem ©iege ber 5ß^i(ifter am ©tlboa bon bem, toa« ©aul für S^rael errungen fyatte,
ju retten, toa« möglid^ toar. 6r begab ftc^ mit 3., bem Überlebenben ©ofyne ©aul«,
m baä Dftiorbanlanb, ba« bamal« a(3 ftd^erer S3eftfe ^xacU galt, unb rief ihn in SRalp 40
naim jum Jtönige aus. @3 gelang i^m aud^ bon |ier aus, feinem Scbü^tinge aHmäbttc^
bie Xnertennung ber iSraelitifd&en ©tämme ju beiffd^affen. Site i^m ge^orfam toerben
26a2,9 Oileab, Stjfer (l. vv*n für "^«R), Sefreel, ep^raim unb Senjamin ge^
nannt; baS iß in ber 2$at baö gefamte ^^el. Denn in %vba unb bem {üblicher
jelegenen ©ebiete ber Äalebiter um §ebron toar bereits Dabib als ftönig anerlannt45
toorben 2 ©a 2, 1—4. Sin bem SSoItSfönigtum, baS ©aul für bie ©tämme errungen
fctte, ^ielt man bemna$ feft, tro^bem man bie bottc grei^eit nid^t befa^. Die ©tämme
beS SBef5tjorbanlanbeS, guba eingeploffen, Ratten ftd^ aufs neue ^u einem Tribut an bie
^iltfler bereit erflären muffen; nur baS Dftjorbanlanb toar bermutlic^ bon biefer 2faf*
läge frei geblieben, toeil eS fcon ben ^emben übertäubt nid^t betreten toorben toar. xxs. toar w
olfo für bie größere ßälfte feines Sleid^S ein 33afaH ber ^^iltfter, ebenfo tote Dabib im
Süben; freiließ betraf biefe äfbbängigfett bie inneren SSer^ältnijfe nid&t. Den ©egenfa^
ftoift^en 3«rael unb ^itba, ber burd(| DabibS 93orgeI)en gejd^affen tourbe, liefen bie ^fyi-
ufter ru^ig getoä^ren; eS lonnte ifynen ja nur red^t fein, toenn bie Sctoo^ner beS 33erg*
lanbe« unter ffa^ im ©treite lagen unb [\$ nid^t gegen tyre Dber^erren teerten. SKtr 66
erfahren öon einem jold^en Äambf jtoifd^en ^Srael unb ^>uba, toie eS fd&etnt, bem erften,
bei bem £ei<$ bon ©ibeon in Senjamin (Jof 18, 25). Slbner fyatte ftdd mit ben Seuten
3.* erft ber ©renje genähert, als tym §oab mit ben Äriegern DabibS fd^on auf iSrae«
ütifd^em ©ebtet entgegentrat. 93eibe ^ü^rer t>erabrebeten mnäd^ft ein ©biel ber SBaffen,
aber bie 2eibenf4>aft ber Jtäntyfenben bertoanbelte eS in blutigen (Srnft ; SlbnerS Seute «x>
442 3*Met!|
iourben $um Stticfjuge genötigt unb nur burc$ feine perfönlid&e SKo^nung an Soab, ba«
9Jo(! au fronen, Dor ber SBernid&tung gerettet 2 6a 2, 12—32. 3)aDtb fcfcint ein beffere«
$eer befeffen gu fyaben; biefer Umftanb gab ben einzelnen Stampfen gleiche ju Shtfang
fo aud& foäter bie entfctyetbenbe SBenbung 2 ©a 3, 1. Dagu tarn für 3uba Die mutige,
5 fluge ^ßerfönlicfyfeit DaDib«, bem e« audp feit ©aul« lobe am ©lücf nid&t fehlte, toetyrenb
e« 3- n^t einmal gelang, fic$ bei feiner nädtften Umgebung in Stefoeft ju feften. Slbner
taftete ba« ßrbe ©aul« an, inbem er bie 9ti#a, ein Äeb«ioetb ©aul«, für fid& in Sin*
ft>ru$ nafym 2 ©a 3, 6 ff. $. Vermutete ba^inter ioeiterge&enbe Stafprüd^e auf ben 2$ron
(Dgl. 1 Äg 2, 22) unb ftettte beefyalb feinen Dfyeim $ur Siebe. 3)iefer na&m ben 3$er*
10 bad&t feine« ©d&tifeling« getoaltig übel unb lünbigte tym offen ben Übergang jur $artei
DaDib« an, nicfyt ofyne ftd& gegen ben SBerbac^t bur$ ben §inioei« auf feine beengen Serbienfte
um ba« $au« ©aul« &u Dertoafyren. 3>n bvc 2^at lieft Slbner bem 3)aDib ba« Angebot
machen, er toerbe ifym bie teraelitifd&en ©tämme gegen bie eiblid&e 3ufage Hnw «fl*nen
©id&erfyeit jufüfyrcn. Diefc plöfclicfye ©d&toenlung Slbner«, bie 3- ftififatoeigenb gefepefcn
15 lieft, gefyt toofyl in (entern ©runbe auf bie ttberjeugnng jurücf, baft e« Dergeblic^e SWtye
toärc, gegen ben toad&fenben Sinfluft 35aDib« Die $errfd{>aft 3« über %$tad gu galten.
2)aDib nafym ba« anerbieten im allgemeinen an, forberte jeboc$ al« Sebingung eine« pe>
fönlid&en Serfefyr« mit Slbner, baft biefer tym fein SBeib Wxfyal, bie Softer ©aul« (1 ©a
18, 20 ff.), toieber jufüfyrte. Diefe gorberung lieft StaDtb barauf burefc befonbere ©efanbt*
ao an 3. au«ft>re$en. ©ie ift ein 33etoei« feiner überlegenen ftlugbeit ®r Derfc^affte babur$
nid&t nur Slbner bie 3Rögli$feit, tyn al« @eleit«mann ber ÜRiqal in £ebron aufjufu$en,
fonbern er erlangte baburety — unb ba« toar bie $aut>tfac$e — bte öffentliche Älter*
fennung feiner ßugefyörigfeit ^u j)Cm <gaujc gfoufy bie einft burc$ feine gluckt 1 ©a
19, 11 ff. unb bann burety bie SSerbinbung ber üRtd&al mit bem Senjammiten <ßalttel
26 1 ©a 25, 44 gelöft toar. ©obalb SDtid&al toieber in feinem $aufe toar, tonnte er al«
6rbe ©auß neben 3- auftreten. $• jeigte ftety fo fd^hHK^ ober toar föon fo mac^tlo«,
baft er ber gorberung leinen SBiberfrrud^ entgegenfe^te. ®r gebot ber SKic^al, t^ren
feiten 3Rann ju Derlaffen unb ju 2)aDib jurüdjule^ren. Slbner übernahm ba$ ©deit,
)h)ang ben trauernben ^altiel bei S3a^urim am £)lberge jur Umfe^r unb erf^ien, nac^bem
ao er ftdj Dörfer mit 3$rael, felbft mit bem ©tamme Benjamin Derftänbigt ^atte, in Seglei*
tung Don 20 3Rann Dor 3)aDib in Hebron. 9?un fam ber feierliche ^ß^trag gtmfc^en
2)aDib unb 2lbner jn ftanbe unb tourbe burd^ eine Offerma^ljeit brfiegelt Sbner Der«
ffltd^tete ftd^, 35aDib« Slnerfennung ate Äönig Don feiten ber teraelitijcpen ©tämme gerbet«
jufü^ren, unb $aDib beipflichtete ftc^, für 2ttmer£ ©td^er^eit aufjutommen (2 ©a 3,
85 12—21). Slbner toar bereit« Don §ebron aufgebrod&en unb toollte nun gan) 3«rael
um ben Äönig 35aDib Derfammeln, ate $oab (Dgl. b. 21. ©. 218, 89) Don einem ItriegSguge $eim«
fe^rte unb in DoHer Unfenntnte ber getroffenen SJerabrebungen, Don SDföfttrauen unb
Slac^eburft erfüttt, Slbner ermorbete (2 ©a 3, 22—39). infolge beffen fam ber Serrat
Slbner« an 3. nid^t jur SluSfüfyrung; boc^ auc^ fein lob führte )u bem Don i^m er*
40 ftrebten QUl. ©eine Beurteilung ber bamafe leitenben ^ßerfönlic^feiten unb ber $er$äli*
niffe tourbe bur$ bie folgenben ©reigniffe DoHfommen gerechtfertigt %, ber Don ben
Derräterifd&en SSer^anblungen Slbner« nid^tö muftte, Derlor bei ber 9lad^ric^t Don fernem
lobe felbft baä Vertrauen auf feine eigene ©a$e, unb in feiner näc^ften Umgebung glaubte
man fd&on an 35aDib al« ben 3Kann Der gutunft. 3toei feiner $aiq>tleute memten i^r
45 ©lud ju machen, toenn fte burdfc ßrmorbung 3.« 35aDib freie &al)n jur $errf*aft über
3«rael fd&afften. ©ie ftablen ftd$ jur 9Rittag3jeit in ba« §au« i^re« $errn uiib ermor*
beten i^n im ©#laf. ©ein abgefd^nittene« Äau^t brachten fte eUenb« nac^ Hebron ju
3)aDib unb fteüten fid^ i^m al« freiwillige SRäd&er für bie Don ©aul i^m totterfa^rene
Unbill Dor. Slbcr 3)aDib Dergaft über bem ©etoinn, ben biefer SKorb ibm einbringen
50 muftte, ntd>t bie ©teQung, bie er al« ©c^toiegerfoj^n ©aul« auffüllen ^atte unb au£
füllen toollte: er übernahm bie $flid^t, ben fd^änblic^en 3Rorb feine« ©c^toager« ju röchen,
unb lieft bie 9Jtörber fofort töten (2 ©a 4, 1—12).
35a« ift bie 2)arftellung ber Gegebenheiten jtoif^en 3- unb StaDib, toie fte au« ber
jubäifeben 6rjä^lung 2 ©a2ff. gewonnen toerben fann. Ratten toir baneben eine cj^rau
55 miti(d;e ober benjaminitifd^e, fo toürben mir ma^rfd^einlid^ bie färben be« Silbe« per
unb ba ettoa« anber« auftragen muffen. 9?ur Derbient bie in 2 ©a 16, 5— .13 fcrDor*
tretenbe Sluffaffung, bie au«fcblieftlicfy DaDib ben Untergang be« $aufe« ©aul )ur 2a^
legt, feinen ©lauben ; fte ift offenbar Dom leibcnfd^aftli^ften $aft eingegeben. S)ie Qatipt*
fünfte ber jubäifc^en Srjä^lung, nämlich baft 3)aDib al« ©$toiegerfo$n ©aul« anmannt
60 fein tooHte, unb baft er an bem 2obe 3-3 unfd^ulbig n>ar, feinen juDeriafftg )u fein.
Sabofctf) 3femwann 443
Sie Sauer ber ^Regierung $£ toirb ungefähr ber Sauet beä babibifd&cn Königtums in
^efcron entforec^en 2 6a 6, 5, toa&rfcfyeinli4 ettoaS geringer fein. (Stotlje.
3femnann, ^o^ann, geb. ca. 1495, geft. 1574.— Duellen: ftifcftlin, Memoria
theoLhistl, 53; £>artmamt-3äger, SÖreiij; $rcfjel, AnecdotaBrentiana,CR2.93b; ©.OdmeU
ber. Württemberg. 8fref.»©ef*i#te; koffert, gnterim in SBürttemb. ?lbS3 14,634. X^eol. @tub. 6
o. S. 1881, 20. 81. f. eü. Ä© 1892, 21; ©melin, ^aflifefte ©efäidjte; (Srnft, fforrefponbenj
** $er$og3 C§riftopft.
Sfenmann, eigentlich ^fenmenger, ßifenmenger, geb. $u ©ctytoäbifcfc§all ca. 1495,
lomätyrtt 1514 auf bie Uniberfität $eibelberg, tourbe 1515S3accalaureu3, 1516 SJtagtftcr,
1523 20. Seumber 35e!an ber 2trtiftenfafultät unb toar jugleicty Siegen« ber Surfe &u 10
St. $cdob. igm September 1522 ^atte er feinen gfreunb Srenj feiner SSaterftabt als
$rcbiger empfohlen unb tourbe (toor Oculi) 1524 felbft jum Pfarrer an ber $au)>tfir$e
}u Äall berufen, obgleich er nur ©ubbiafonuS toar (§artmann^äger 1, 41). fortan
toirfien Srenj unb 3f*nmann, in innigfter, ungetrübter $reunbföaft berbunben, 24 Jjafae
lang für bie ©a<$e ber Deformation ju $att, S9renj als ber geiftige Seiter, ben ber ältere u
grtunb in feiner geiftigen ©uperiorität toillig anerfannte, ^fenmann ate ber jrcaftifd&e
Organifator. Dbtootyl 33renj am 27. ^uli 1524 flogt: ecclesia nostra difficulter
avellitur ab inveteratis ceremoniis (Anecdot. Brent. ©. 2) unb auf ben 9leic$fe
tagen gu ©l>eier 1529 unb StugSburg bon §att eine entfcfyiebenere Haltung ertoartet Serben
burfte, fo ging e3 bod^ rafd&er bortoärtö ate in anberen ©täbten ©c^toabenS, abgefe^en ao
tat Reutlingen, ©(^on 1524 tourbe baS Sarfüfcerflofter aufgehoben unb bic $ron-
lei$nam$feter abgefc^afft, an Sßetynacfyten 1525 bie ebangeltfd&e Säbenbmafytefeier unb 1526
nad) SSorberatungen 3f^nwann« mit 3lb. SEBeift in Grattefjeim eine ebangelifdfje Äird&en*
orbnung eingeführt (Anecdot. Br. ©. 6). eifrig beteiligte |id& gfenmann am Syn-
gramma suevicum Dftober 1525 unb ben Slbcnbmafyteftreitigfeiten, betoabrte fid^ aber 26
gegenüber feinem greunb 93renj ein felbftftänbigeä Urteil, i. 33. bei ben 3ugeftänbniffen
fRelam$tyon$ unb 8tem' an bie altgläubigen auf bem StetctyStag $u 3lug$burg 1530
(CR 2, 362). Site aud& für ba$ ganje §aHer Sanbgebiet eine etoangeltfd&e ftird&enorbnung
unb Berfaffung gefd&affen tourbe, trat ^fenmann 1542 ate©uj)erintenbent an bie ©J>ifce
ber Roller ©etftttctyteü, toäfyrenb 8renj unb atoei SRatäberren &u SSifitatoren beftellt tourben ao
unb fomit bie Dberfirctyenbefyörbe bilbeten. Anfang 1546 tourbe Sfenmann nad&2Bimpfen
gefanbt, um bort bie Steformation burdfoufti^ren. ©d&toere Sebrängnte braute Sfenmann
aki<$ 8renj ber ©efcmalfalbiföe Krieg mit bem fiegreid&en Sinjug beä ÄaiferS in £aH
Sqember 1546. gfenmann mu&te mit feiner gamilie in ba$ ©pital jiefyen, um fi$ ver-
borgen gu Balten. ®r fonnte erft am SWeujafyr 1547 toieber ©otteäbtenft galten. 9to<$ 35
f^UKrcrcg braute ba« 3nterim- ^f^"10«« W& W an *>em ©"tagten beteiligt, toomit
©rem ben SRat gur SSertoerfung be« Interim* aufforberte ; bod^ toanbte ftd^ ber 3orn
be« Xaifer« nur gegen 93renj, 3lfenmann fonnte feinet 3lmte« toalten, bi^ bie Spanier nad^
^all lainen unb in ber 9Rt<$aeli$fircfye SWeffe gelten. 3)o$ mufete aud^ er eine 3ctt lang
bor ben Spaniern flüchten unb tourbe bom $lat mit ben übrigen Äird^enbienem entlaffen, 40
ate fte bie Annahme be« Interim« bertoeigerten. 3m 3uli 1549 toanbte er [xd) nad^
Bürttemberg unb tourbe atebalb gum ^rebiger in Urad& beftellt, too er mit bem ^"teri*
mtflen Äo^lcr fc^toere Ääntyf e belam. 3lte ber berbannte unt> berioittocte Srenj fid^ toieber
aud feinem Serftedt berbortoagen burfte, toarb er Sfenmann« ältefte Softer Katharina
utr ©atttn, mit toeldfcr er am 7. September 1550, aber, toofyl au« 3Kifetrauen gegen ben 45
gnterimifien, ntd^t in Urad^i, Jfonbem in bem na^en Dettingen getraut tourbe. anfangt
1561 tourbe 3fenmann jum Pfarrer in Tübingen unb jum ©encralfuperintenbcnten über
ben fübtoeftlidjen leil be« Sanbe« beftellt. fortan fe^cn toir Sfenmann bei allen toiefc
ti^en S5er^anblungen ber toürttembergifd?cn Äird^e über ba« bem Stricnter Äonjil 511 über=
mi|KnbeS5elenntni^ ba3 Sfenmann famt bem jungen Seurlin (f. b. 31. Sbll ©.672,:*) 50
mit bem fä^ftfe^en SefenntniS Sluguft 1551 in Sangenfal^a gemeinfam mit ßamerariuS ju
Vi'tgleiAcn ^atte, aber audf SKelan^on unb ben fäc^fifd^en Theologen nod^ perfönlid^ borlegte
(Entft a. a. D. 1 , 261), über bie Se^rc DftanberS u. f. to. (Sgl. b. 31. ©räter 8b VII ©. 60, 27)
mittyätig. 3m ©ommer 1557 na^m öcrgog ß^rifto^ Sfenmann unb %atob Slnbreä ate
tb*0lügij(t>c Berater mit jum gürftentag in granffurt, aud^ arbeitete er an ber grofjen 55
Äpolo^ia confessionis Wirtemberjricae gegen ^Jeter a ©oto mit Sren^, Seurltn,
Äeetbranb unb 3)ietr.©d^nebf (granffurt 1561, bgl. b. 31. Seurlin ©. 673, 41). Slber man muf;
m Segiaung«Ireifen baS ©efüfyl gehabt baben, bafe ftfenmannS Straft für Tübingen nic^t
wfa ganj au^reic^e, toäl^renb ber j)raftifc^ begabte sÄann in bem bte je|t bon einem
444 3fenmamt 3flbor fco» ^ßelnffatm
fatfyolifctyen 2Cbt regierten Äloftcr Ankaufen an ber Srenj ben SBtberftanb ber legten brri
3Jlönd^c beftegen unb eine Heine ebangelifcfye Mlofterfc^ulc einrichten tonnte, ©o tourbe er
1558 £um 2lbt in ankaufen beftettt, too er in frieblicfcer ©title totrfte unb 1574, toter
3afyre nad) feinem greunb Srenj, [tarb. <S. »»ffert.
5 3ftbor SWercator f. *Pfeubotfibor.
3ftbor t)on $elufutttt, geft. um 440. — Hu8gabe:S. Isidori Peius, opera sea
do interpretatione divinae scripturae epistolarum libri V (Ä. SRoreflu«), Par. 1638, ab»
gebruef t unb um bie Isidorianae Collationes be« $. <ßofftnu« (Rom. 1670) Dermebrt in MSG
78, 103—1046; bie Kollationen SRiemet)er« (f. u.) ebenba 1647—1674. 3>a« fogenonnte Syn-
10 odicon Casinense (Synodicon adv. tragoediam Irenaei) enthält 49 Briefe 3f.« in einer
alten totetnffdöen Ueberfefcung, uon benen 13 nadj einer üatifanifdjen $anbfd)rift burd) Wanft
(Concc. Coli. 5, 758—762) bie übrigen 36 nad) Cod. Casin. 11 saec. XII in ber Biblio-
theca Casinensis 1, 1873, Appendix, Florilegium Casinense p. 7—24 tteröffentlid)! roorben
ftnb. 9We 49 ftnben fid) trofc Sflanfi« ©e&auptung, ba& einige unöeröffentltdjt feien (Praef.
16 Gencr. Vol. I, p. XVII), tm griedjifc&en gebrueften Xejt, bod) in erfjeblid) abiveid)enber
SRcifjenfolge (^otij be« $enn #. üuentin O.B., @ole«me3). Duellen: Ephraem. Antioch.
bei <ßbotiu« Cod. 228, $eff. p 247; Facund. Herrn i an. Defensio trium capitul. 2, 4 (MSL
67, 573); Leont. Byzant. Ctr. Nestor, et Eutych. lib. 3 s. fin. (GtoHanbi, B.P. 12, 699;
ift in MSG 86, 1, 1395 tueggelaffen) ; Evagr. Hist. Eccl. 1, 15 ; Steph Gobar. bei Phot Cod.
20 232, p. 291 ; Suidas s. v. ($crn&avbl) 1, 1073) ; Niceph. Call. Hist. Eccl. 14, 30. 53.
ßtttercitur: ©. £enfd)en, in AS gum 4. 3febr. Tom. 1, 468-473; @. i'e Sfcain be Stüe*
mont, Memoires pour servir ä l'histoire eccl&iastique des six premiere siecles 15, Ven.
1732, 97-119. 847; £eumann, Diss. de Isid. Pel. et eius epp., Gotting. 1737; 3. «. gtt*
briciu« (£arle3), Bibl. Graec. 10, Hamb. 1807, 480—494 (ba« üon fj. aufaefteflte «erjeUftni*
26 ber «breffaten aud) MSG 78, 1701-1708); #. 91. SRiemeljer, De Isid. Peius, vita Script»
et doctrina commentatio hist. theologica, Halae 1825 (roieber abgebrueft in MSG 78,
9—102); % $. ©luecT, Isid. Pel. summa doctrinae moralis, Herbipoli 1848; ß. Softer,
De arte hermeneutica S. Isid Pel., Cracov. 1878; SB. ©rigfjt in DchrB 3, 1882, 315—320;
©. fi. «. $ouüt), De S. Isidoro Pel Libri III, Nemausi 1885; O. »arben&etoer, *otro«
30 logie, greift. 1894, 353 f.; 3- 8fej?ler *3ungmann, Institutiones Patrologiae II, 2, Oenip.
1896, 128-143.
3ftbor bon ^elufjum, nad& ©J^raern bon äntiod&ien au« SHejanbria gebürtig, ift ein
ettoa« älterer 3eitgenoffe be« alejanbrinifd&en Patriarchen Styritt, too$l nid&t foäter ab 370
geboren, ba er föon an ben praefectus praetorio 9iufm, ber 395 gefttirjt tmtrbe, ©riefe
36 gerietet f)oi (1, 178. 489) mit ber ©td&er&eit unb bem üRaefcbrudf eine« SRoime«, ber
3lnforud& barauf §at, gehört *u toerben. 3)er gett nad& ift e« ba$er fetyr toofyl mögßt$,
hrietoofyl nid&t jjofttib $u ertoetfen, bafc ber 33if#of ©regor, an toel<$en ein ©rief 3fiboi*
(1, 125) gerietet ift, ©regor bon 9l^ffa ift, toie SCittemont Dermutct Oft tfl gfibor auf
bie Autorität be« 9ttce))^oru« ^m al« Spület be« ^o^anne« S^fofbmu« bejd^net
40 toorben, Ina« nid^t nad^t»et«(ic^ unb toofyl nur au« feiner Sere^rung für biefen großen
SWann, bem er in mancher Sejie^ung getfte«t>erh)anbt ift, au« ber lebhaften ^eilna^ne,
bie er feinen ®d&idfalen gollt, unb au« ber Äenntni«, §o^f(^ä^ung# ja ©enufcung faner
©Triften gefd^Ioffen ift (bgl. 1, 152. 156. 310; 2, 42; 4, 224; 5, 32 unb langer
©. 5). Sftbor lebte in einem bei ^eluftum an ber öfätc^en Äauptmünbuug be« 9aB
46 auf einem Serge gelegenen Älofter cd« $re«btyter unb Stbt (bgl. ^aeunbu« bon Amnione
unb ba« ©^nobifon, beibe« 3eugntjfe au« bem 6. 3a$rtyunbert, lefttere« ru^enb auf ben
SWitteilungen be« ^renäu« bon I^ru«, be« jüngeren 3«tgenoffen Sftbor«). 3n btcfar ©teflung
it, freiw ""
geigen tyn feine ga^Ireic^en Briefe al« einen ^od^angefe^enen, freimütigen, bon ^eiligem
grnfte burddglü^ten geiftlt^en SRatgeber, ©eelforger unb wriftfunbigen Sd^rer. ®te Butte
50 feine« Sfofe^en« fällt nad& @t)agriu« in bie Seit Styeobojtu« be« 3ün8e^"- 8B*^ I«W CT
aber gelebt ^at, ift jtoetfetyaft. ®ie »riefe 1, 310 unb 311 an ®jrifl unb ben Äufer
X^eobofiu« gehören o^ne ßtoeifel bem ^a^re 431 an (f. u.), ein anberer (1, 324) einem
ber näc^ftfolgenben ^afyxt, in benen Gtyrill mit ben »ntio^enern unter^anbeKe. SBetter
berab führen feine fixeren 3)ata, benn bie Briefe, au« benen man fyd fd^Re|en tooHen,
w SPbor ^abe ben2tu«brud^ be« eut^ianifd^en ©trette« unb ba« einbringen be«duttx$iam*
mu« in @g^t>ten erlebt (f. 9Iieme^er, ©. 21 ff. ; e« ftnb )um Xeil bie au$ bon Seontiu«
angeführten) enthalten feine au*brücfli$e @m?ä^nung be« Streite« unb erHären fic^ DoD*
ftänbig au^ ber Slücffid^t auf bie aleganbrinifcfye Siid^tung ber (^rifblogie, tote berat einige
berfelben nod^ an Gtyritt felbft gerietet, alfo nottoenbig bor beffen lobe 444 getönefot
60 finb. ^ftbor« ja^lreid^e »riefe enthüllen un« eine für aSe Reiten e^rtoürbige <^rifUi^e
Sftbor non $elnfutttt 446
$erfonli$teit m bem Vertreter beS griecfyifctyen 9Wön$tumS in feinet ebelften ©eftalt.
SRur in ber 3ur^i^un0 &om ©eräujcfy ber 2Belt, in freitpißiger 2lrmut unb ßntfyalt*
famfett, beren fcotyeS SBorbtlb Sobanned ber Säufer ift, gebeizt tfym bie toa^re, bie pxab
txföt ^ftlofo^ie ber jünger 6$rifti (1, 63 u. o.). 3n ben SBogen beS alltäglichen
SebenS tyd bie Seele nid^t 3Buße, ©Ott $u erlennen (1, 402), unb nur in mögltd&fter 6
BebfirfmSloftgfeit lommt fte ber göttlichen grei^eit nabe: „Sorgen toir für bie ©eele am
meifien, für ben Seib fotoeit eS nottoenbig ift, für bie35inge braußen gar nkfyt!" (2,19).
Sie Unfcerträglictyfeit beS toeltlicfyen SebenS mit ben gorberungen ber 9la$folge (Styrifti
toirb oft fo ftarf tyerfcorgefyoben, baß SWöndjtum unb ^rafttfd^e^ ßtyriftentum jufammen*
jufaDen Drohen, toie er toirflicfy einmal fagt : f} xov deov ßaadela f\ novaj[ixi\ loxi 10
nolxieia, ovöevi pkv vjzoxvmovoa Tzd&et, juexecoga de q)Qovovaa xal vtieq-
ovgävta xatoQ&ovoa (1, 129). ütatürlicfy ftetyt tym ber jungfräulid&e ©tanb fyo$
atu$ über ber rechtmäßigen @be. Slber äBeltflucfyt unb SlSfefe allein genügen nid&t,
ber Äram aller Sugenben foll im SKöncfytum getounben toerben, ade ©ebote beS
Äetnt follen barin i|re Befolgung finben. ©c^mäfyjud&t, 3orn un*> §afe an dnem 1B
9Rön$c ift fd&limmer als otyne btefen gfe^ler ber 3BangeI möncbtfcfyer ©ntfyaltfamfeit;
mdf& foll tym femer fein als ©tolj auf feine S3oHfommenfyeit, benn ni$t ber jung«
fr&ufi$e ©tanb, fonbern bie 2)emut erfyityt. 9tud^ entgegen % bie eigentümlichen @e*
fahren beS 5Dtön$tumS mcfyt, unb befonberS ermahnt er auety jur 2lrbeit. 2BaS $. ^om
3Rdn$tum forbert, muß er fclbft im fyofyen ©rabe geübt fyaben, ioenigftenS ftanb er im 20
@tru<$ großer $etligfeit unb fyatte ftcfy gegen übertriebene Serefyrung $u toefyren (1,216).
3)<mütigeSelbjifc^ä|ung, beren Äußerungen benginbruef ber Slufridjtigfeit machen, fytnbert
$n aber ntctyt, feft unb mit einem getoiffen ©efü^l fcon Überlegenheit mit feinen ßrmafc
mmgen unb ©trafreben fyerfcorjutreten. Unb in bem ©eifte, ber in btefen (Srmafynungen
toc&t, liegt bie fc^önfte ßrgänjung feiner negativen 3KöncfySmoral. 3urüc*Öcä08en bon ber 25
Seit trägt er bod& felbft bie SRot unb bie ©efatyren ber ganzen (Sfyriftenfyeit auf bem
ficqen, ftäfct, ermahnt unb (traft überall, toofyin er mit feinem fqriftlicfyen SBorte gelangen
lann, unb gerabe feine mönc^ifc^e ©teQung nimmt manchem Berbern ©traftoorte ben
mcnf$lu$en Stapel, ben eS fonft fyaben totirbe. 33on fefyr Vorteilhafter ©eitejetgt fic^
3. in feinem SSer^alten ju ßt^ill. 2Rit i^m toon änfang einig im bogmatif^en ©egenfa| 90
gegen 92eftoriud fyat er bo$ ein offene^ 9luge für feine £eibenf$aft unb Stäntefuc^t; als
ba|cr 6^riH fxc^ ruftet, feinen $au)>tj$lag gegen 92eftoriud 311 führen (431), enna^nt er
i^n fefyr ernft, nid^t blinbe Seibenfd^aft, fonbern ruhige @rtoägung entfd^eiben }u laffen
(1, 310: ngoonädeia jukv ovx ögvdoQxei, ävzuid&eia de 8X(vg ov% oga), unb )U
ahu^cr 3^* toarnt CT ^^ Äaifer freimütig bor bem Unfug, toeld&en bie unberufene 35
Ctmmföung feiner bogmatifterenben §ofleute ftifte (1, 311). 2lfö aber 6^ ^m SBers
b&ttmjjcn naebgebenb unb aufrieben, baß nur bie $erfon bed 9{eftoriu^ preisgegeben tourbe,
fic^ m jenen bogmatiföen 3ugeftänbniffen an bie Slntioc^ener herbeiließ, mußte er Von 3-
bie fRa^mmg ^5ren, fefhufte^en unb ftcfy f eiber ntd?t untreu ^u toerben (1, 324). ©anj
befonberd liegt i^m bie Sffiürbe beS ^rieftertumS, biefed foftbarften ©uteS, biefe* bon ©ott 40
angttßi4eten2ic^teö(i,32), am§erjen. 6in großer leil feiner ©riefe l^ält pflic^tbergeffenen
SeipliAen jum leil mit furchtbarem ©rnfte bie fc^toere 3Seranth)ortli^feit ifyrcr Stellung
twr. SJamentUc^ toirb ber 33tj$of @ufebiud t>on ^elufium mit einem Seile feiner ©eifU
li$teit hnmer aufd neue t>on tfym gejüd^ttgt, baß fte ed toagen, priefterlid^e Slmter um
9m ju t>erfaufen unb ju laufen, baß fte um i^rer toeltlicben 3ftecfe toiQen bie ©emein= 45
ben benommen laffen, lieber pracfytoolle ßtrcfycn bauen, aU ber Slrmen fi<f> annehmen,
tot allem aber, baß fte bur$ i^ren anftößigen ÜÜBanbel ben G^riftcn ärgernid geben. (Sr
taufet fu^ ntc^t über bie ÜDtocfyt eines im Söfen Verwarteten 2BiHenS, bie feinen ßrma^
mmgen gejxmjert gegenüberfte^t, aber bie Siebe brängt ityn immer loieber, fein toenig
•rfrlg t^erfprec^cnbed SBJerl in Hoffnung aufzunehmen (bgl. ben frönen ©rief 2, 16). 50
8efonbcrS fc^merjt eS i^n, baß burd^ bie ©ünben einzelner bie Unberftänbigen heranlaßt
toceben, an bem priefterlid^en §lmt überhaupt irre ju toerben, unb baß ber 3^^^ **s
toac^t, ob folc^e untoürbige ^riefter bie ©nabenmittel ber Kirche ^eilfräftig bertoalten
tarnten. 2)em tritt er in ©riefen an Saien milb bele^renb entgegen. 3a^Te^c untoür^
bige oba fc^toacbe ©lieber bed 3Rön$3ftanbe3 muffen ftcb ebenfalls toon tym [trafen ober 66
«a^nen laffen. Sber fein Slicf reicht toeiter. @r nimmt )\d) in jener j)atriar$alif$en
Sktfc, bie baS alte ßfyrtftentum auszeichnet, auc^ allgemein menf^hc^er, bürgerlicher unb
tJtüxtter SRot an unb fürchtet babei aud? nic^t bie ©roßen biefer @rbe. $erjli$ ermahnt
« ben Äaifer jur SKtlbe unb greigebigfeit (1,35), bon bem mächtigen SRufin aber forbert
af baß er ben ©ehmltt^aten beS $rätorS CfyreniuS (Sin^alt t^ue, bamit er nicfyt bereinft go
446 dfttar Hin $etefam
in gleiches @ericf)t mit tym lomme (1, 178), unb GtoreniuS ieftfi totrb in bor berbflen
SBetfe bon ihm geftraft (1, 174 u. 175). äußbrücflic^ betrautet er ftc^ al^ btfonberö be*
rufen, für ba3 2Bo$l ber Stabt bei ben 3Rad>tbabern fiefr gu tertoenben (2, 25). Sbenfo
aber legt er für Stlaben, bie ju ibm flieben, bei ihren Ferren gürbitte cht, nic^t obne
6 ben Ferren juöemüte $u führen, bafe fte als (Stiften feine Sflafcen baten feilten. Setojl
litterartfer; gefault unb mit ber toeltlicfyen Silbung öertraut, blidt ysfibox gtoar auf ben
unreinen (Seift ber 2Jtyttyologte unb bie Stefultatloftgfeit $eibmf$er Spekulation fcrab,
aber bod& geftetyt er ju, ba£ aus bem, toa£ bie ^i^ilofo^cn über lugenb gelehrt, au$
ber G^rift ber 33iene ^letcr) Sßatyrung tyolen fonne (2, 3), unb bog bie tvtlüidpn
io SBiffenfcfyaften, toenn fid^ bie göttliche ÜBafyrtyeit mit tynen berbmbet, 4$ren SBert
tyaben (3, 65).
3n bogmatifd&er Sejie^ung föliefet fi# 3fü>or ^ fitd&licfcen Crtyoborie, fotoeit fte
bamalä in ber grie$tf$en Äircfye fefte ©eftalt gedornten tyatte, aufrichtig unb mit Gifer
gegen ade §ärefteen an, ofyne SebeutenbeS $u geben. Sein Sntereffe toenbet fic^ gern
16 auf bie fünfte, bie ifym für ba$ fraftif^e (Sfyriftentum hric^ttg fmb, auf Sünbe, f^reU^eit,
©nabe, bie er ungefähr toie GfyrtyfoftomuS fafct, um bie gfretyeit im Sinne ber grie^ifien
Dogmatil gegen jebe naturaliftifetye 2luffaffung beä Sittlichen ju behaupten, $ier$er ge*
fyört and) feine Sefämpfung ber Se^re bom gatum (f. u.). 9lu|erbem ift ettoa no$ ju
nennen fein »rief über bie SluferftefyungSletyre (2, 43) unb feine Sefämpfung ber 2e$re
ao be$ DrigeneS Dom gaU ber Seelen (4, 163). Sebcutenber aber ift er ate Sieget. SSon
feinen »riefen begießt fid& nämli# eine grofce äafyl auf eregetifd&e gragen (batyer bie 8e*
jeic^nung auf bem Xitel feiner SBerfe). Die Sdjrifttoafyr&eit ift tym ber tytmmlifdje Scfcfe
in irbenen ©efäfeen, ben Ginfältigften Derftänblid^ unb boefc fo boDer ©ew^eitettefen, ba$
aud& ben SBeifcften barob fcfytoinbelt. Dringenb empfiehlt er au# ate 3$rberung3mittel
26 ber Heiligung Sefcbäftigung mit ber Sdjrift unb flagt über SJtangel berfelben. @3 ift frei«
li$ fcfyon ein »orhmrf, baft toir überhaupt ber »ermirtelung bur$ bie Schrift bebürfen.
#u ben 2llten, 9>loafy, 2lbra$am, §iob, j)at ©Ott nid&t bur$ SudMiaben, fonbern bur$
fid& felber gerebet, toeil er tyren Sinn rein fanb. 6rft mit bem SSerberben be$ jübtj^en
ÜtoltS tourben Schriften nötig ; unb äfynlicty ift« im 9fä. Die ä^oftel erhielten n«$8
so Sc^riftlic^e^ fonbern bie lebenbige ©nabe be« ^eiligen ©eifte«. $ätte bie ß^riften^eit
ben urfprünglid^cn Steid&tum ber ©eingaben burd^ Sreue in Setyre unb Seben betoa^rt,
fo toären S^rtften gar nid^t nötig getoejen (3, 106). Um fo fc&Ummer, ba^ toir nun
nid;t einmal bie Schrift gebrauten, tüte toir foQen. T)aö ©ef^äft be* Sudlegerd ift H,
mit ^eiliger ©efinnung an bie Schrift gu gefyen, getoiffen^aft unb felbftberleugnenb nic^t
86 unter*, fonbern auflegen, bon tyr felbft ftd^ führen ^u lajfen (2, 106. 254 ; 3, 292),
nicfyt an eiiuclne SBorte, fonbern an ben S^^lt in feinem ^ufammen^anae j^ jU ^m
(3, 136). ungeachtet Dicfer unb äfynlicfyer ber befonnenen antio^enifmen $ermeneut9
na(;cftcbcnbcn gorberungen geftattet er ft$ freiließ boc^ manche re^t toilKürli$e SWegorie
befonberd in c^riftologtfc^en Deutungen altteftamentlid^er Stellen. 9lur toarnt er au$
40 hierin bor ©etoaltfamfeit unb \v\ü befonber« in ber Sluälegung be^ 31^ ben gefdji^tücfcn
Sinn burd^ ben mt;ftifc^=J)ro^etifc^cn, bie forogla burd^ bie öeiogta nid&t aufgehoben
ober berfd^lungcn toiffen (4, 203). fflo m^ftifd^e Deutung nic^t ungcjtDungen gefepe^en
tann, foß ber (Srllärcr bei ber einfachen ^iftorifc^en Sejie^ung flehen bleiben, um nu$t
bat ^uben unb Reiben SWaffcn in bie §änbe ju geben (2, 63. 195). Übrigens fefrlt e*
4&auc^ ntc^t an itefud&en grammatifd;cr (1, 18) unb facfylid^er ßrltäruna (1, 68; 2, 150;
3, 110; 1, 114; 2, 66, an lefcter Stelle mit gelehrter Se^ung auf 3ofe|)^u«). 3n^
rejfant tft aud^ ber fritifc^e Herfucty (3, 31), ba« J>afftbe tzqiotötoxos miorjs xtioeaK
Äol 1, 15 in ba« aftibe xQonoroxog umjufe^en unb auf bie Sc^fert^attgfeit (S^riffi
ju bejie^en, gegen bie beliebte arianifd^c Senu^ung biefer Stelle.
60 Die 3ftW ber Briefe ^ftbor^ toirb bom SBerfajfer bed S^nobilonÄ unb öon ga*
eunbud bon .^ermiane auf 2000 angegeben; Suibaä fpric^t bon 3000, 9ttce}>boru3
gar bon 10000. Die «Parifer abgäbe enthält 2012 »riefe, toobei aber m bebenfm
ift, bafj ntd^t feiten Öriefe in leicht abtoeid^enber Slejenfton fid^ boppeU öorfinben (bgL
9liemet)er 41 f. unb 62—67; gefjler--3ungmann 132 91 1). 3uto«tkn ^aben jtoei
r* jefct getrennte urfprüngltc^ einen 3?ricf gebilbet (f. JiHemont 847 unb g.*3. a. a. D.)
iSnbIid> ift eä febr ipa^rfd^einlic^, ba| Diele, ftenn ntd^t bie SRe^rja^I ber Briefe un* nt^t
in ber urfprünglic^en ©eftalt, fonbern aU Don sDiöncben ^ergefmlte Äu^iüge überTtefett
finb. Die Monjcftur ^eumannd, bag bie meiften »riefe, jumal bie japlreu^en Straf*
epifteln, Don 3. nur fingiert feien, um feinen Schülern als rtyetorifctye Stuftet ju bienen,
00 bebarf für jeben, ber einige* »erftänbniä für bie barin futy offenbarenbe ^erfönli^feit
dftfcor Hott $c!nfuutt Sfibor bon ©ebtfla 447
mitbringt, feiner SBiberlegung. ®a$ Don 3. 3, 253 ertoäfynte Xoyldiov negl rov jurj
ärai dfjuiQfihtiv barf man tootyl in bem langen Srief an ben ©opfyiften §ar}>ofra$
(3, 154), ber eben biefen ©egenftanb be^anbclt, toiebererfennen. Dagegen fc^etnt ber
läyog ngdg "EkXrjvas, toorm (nad& 2, 137) bic göttliche SSorfefyung toegen beS ©lüde«
ber ©Öfen, be$ Unglüdfö ber ©uten gerechtfertigt unb (na$ 2, 228) bie 9tf$tigfeit ber 5
^eibntföen 3Jtantif nad&gehnefen fear, nicfyt erhalten ju fein, ba e$ faum angängig fein
bfirfte, au$ biefe ©c^rift in bem ©treiben an §atyofra$ toieberjufinben (fo Sarbenfyetoer).
2>te unter ben apophthegmata patrum bei GoteleriuS, Monum. Eccl. Graec.l, 488 f.
aufgeführten ©entenjen SfiborS ftnb ben ©riefen entnommen.
m. mutx t (©. Ärüger). io
3fibor PPtt ©etoifla, geft. 636. — WuSgaben: Marg. de la Bigne, <ßari8 1580; cum notis
J. B. Perez el J. Grial, Mabrib 1599; 1778 2 23be; ed. emend. per J. du Breuil «Part« 1601,
Äöln 1617; befte wa^r^aft Flaffifdje ©efamtauSgabe öon Faustinus Arevalus in 7 S3bn, 9Rom
1797-1803 ($b I unb II Isidoriana; 53b III unb IV bic Gtumoloa>n; 93b V-VII bic
übrigen Sdniften), barnadj MSL 81—83, woran |id) 84—86 ber codex canonum eccl. His- 16
panae, ba« Missale unb Psaltcrium Goticum anfliegen. 2)ie lütdjtigften (Separat ausgaben
ber einzelnen ©ebriften f. u. Sitteratur: lieber 3i'borä Seben unb ©djrifteu nor aflem bie
fd)on genannten Isidoriana üon 9lrcualo MSL 81; 9ttonoa,rapfuen oun (Sajetan, SRom 1616;
Stomefttil 1843; fcoUombet 1846; ferner ft. Antonio, Bibl. Hispan. vetus, Mabrtb 1788,
6. 321 ff.; Srlorej, Esp. sagrada IX ©.2 16 ff.; ©am*, $. ®. u. Spanien II, 2 ©. 102ff.;20
Sembfe, ©efd). o. Spanien I ©. 241 ff.; 3)alm, Könige ber ©ermaneu ©b 5 unb 6; bie litterar«
gejd)i(fttlid)en SBerte oon fJabriciuS, Bibl. lat. III, 655 ff; Bibl. medii aevi IV, 539; (Saue I,
547; Ceittier XVII, 621: $upin V, 1; CubinI, 1581; SBäfcr, ©efd). ber vom. fiitt. ©uppl. II
6. 455; 2euffel.©d)n>abe 1890 ©. 1298 ff.; ©bert 1889 I, 588 ff.; Sttontaletnbert, Wönc&e be3
«benblanb* 1860, II ©. 211 ff.; 3ödlcr Slffefe u. IWondjtum 2. flufl 1897 ©. 367 ; Bourret, 25
l'ecole ChreHienne de S^ville $ari« 1855, ©. 59 ff.; Nouvelle Biogr. gebende $ariS 1858
8b 26, ©. 57ff.;£ülb bei ©rfd) unb ©ruber; SBattenbad), ©cfaVcbtSquellen, 6. Aufl. I ®. 85 ff. ;
Voltftofl, Bibl. medii aevi 1896 33b I ©. 687; wenig bei Gtjeoalter, Repertoire 1886; @. 3f.
Wgflerö, 8eitf*r. f. Ijift. $&eol. 1855 ©. 268 ff.; ©brreS über ^önig Ütcffareb 3\v%f) 1897,
98, 99. Silt )u ben einzelnen ©Triften f. u. so
Sftbor, Siföof bon ©eoilla (über Derfd&iebcne SJlänner biefeS Samens f. 2lreDalo I
MSL 81 6. 90) ift geboren ca. 560 aus angefefyener romamfcfyer (nid&t gotifa^er) unb
tatyolifc$er ^amtlte, bie auä bem (552?) toon ben ©oten jerftörten dart^agena ftammte.
Seat ßkburteort ift unbefannt. ©ein 9?ater ^iefe ©et)erianu^, feine 5Kuttcr naefy Seanber
(MSL 81 ©. 14) lurtur, toenn ba^ aU Eigenname j\u berfte^cn ift. 6r fyatte gtoei ss
»rüber, Seanber, 576—600 Siföof bon ©ebilla, unb gulgentiuS, Sifc^of oon Sftigi, fotoie
eine ©Atoefler glorentina, bie afe -Könne ju 3lftigi lebte, ßr felbft, ba$ jüngfte ber
©efc^toifker, tourbe nadd ber ßltern frühem lob fcon Seanber, feinem berühmten ©ruber
(f. b. 81.), mit UebeboHer ©trenge mögen unb unterrichtet, toibmete ftc^ bem geiftlic^en ©tanbe
(über fem angebliches SJJönc^tum ift nichts ©id^ereS betannt) unb bem eifrigen ©tubium 40
ber ^eü. ©<&rift, ber Äirc^entoäter unb ber ^rofanlitteratur unb lourbe, toa^rfc^cinlic^ im
3a$r 600, Slai^folger feinet Srubcrö als Sifcfyof t)on ©eDiUa, bem 9KetropoIitanfifc ber
$rotwnj SJaetica (baS 3)atum mu^ bom lobeSial^r aus beftimmt toerben ; je nad^bem man
bie 40 o<tyrcr bie ^Ibefonä vir. ill. 9 i^m giebt, genau nimmt, fommt man auf 596 ober 600;
fpätcre lüaten berbienen feinen ©lauben). Sr bertoaltete fein 2lmt unter loec^felnben firefc 46
tk^en unb ^olitifc^en Ser^ältniffcn mit groger Ireue unb ftarb na$ ber Slngabe feiner
lungeren 3«tfl*w>ffen unb greunbe, Sraulio, Sifcfyof Don ©aragoffa unb JRcbemptuS,
Älenfer in SeDiUa, im 1. $af)x beS Königs (Sbinttla, am 4. 9lpril 636. lieber fein Gnbe
^aben toir einen erbaulichen Serid^t Don SRebem^tuS an Sraulio (MSL 81 ©. 30 ff.):
fetfyd SRonate lang verteilte 3J*or täglid^ 3llmofen an bie 3lrmen ; bei junefymenbcr Äranf^eit 60
berief er bie benachbarten Sifd^öfe gu fiefy, lieg ftc^ in bie Äircfye bringen, unterjog fid^
^ier frettoiOtg ber öffentlichen fitre^enbuge, betete laut um Vergebung feiner ©ünben, bat
alle äntpefenben um u^re Serjjci^ung unb ^ürbitte, empfing bic fycil. Äomntunion, Derteilte
ben Stefl feiner #abe unter bie 3lrmen, lieg fid& in feine 3^c jurücfbringen unb ftarb
4 *Xaat barauf im ^rieben, ©onft ift unä aus ber ©efd^ic^tc feines Gebens unb feiner 55
Xmtöjtt^rung toenig ©injelneS betannt. (ix toar fein Äirc^enpolitifer im grogen ©til toie
Seanber. 5Ke beränberte 3«t 60t auefy ju grogen 2lftionen feine ©clegenfjeit. 95er Ie^te,
Htoere Jtampf mit ben SlrianiSmue berührt nur noeb feine ^ugcnbjeit ; über feine Beteiligung
baran ift nietyt* ©etoiffeS überliefert. ÜJlc^r als ber 9trianiämu3 befd^äftigte Mönige unb
Slptoben ba« Problem ber Subenbefe^rung, an bem benn aud^ 3- 'n fc'"cr 2öe^c litterarifd^ go
unb in ben ©tynobalber^anblungen mitarbeitete. Slugerbem ^anbelte eS fic^ um geiftige
448 3ftbor öon ©ebilla
unb fittlicfce §ebung be« Äleru«, Drbnung be« Äloftertoefen« (f. feine regula), ber 2iturgie
(bgl. bte ßanone« ber 4. ©tyn. b. SEolebo 633 Mansi Xf 611 MSL 84 ©. 363 ff.).
Stntoefenb toar er bei ber (jtoeifctyaften) ©tynobe unter Äönig ©unbemar 610, too bic
Siebte be« ©tu^I« toon $olebo feftgefteHt tourben. auf jtoei ©tjnoben führte er ben Sorte:
5 619 ju ©etoilla unter Äönig ©ifebut (Syn. Hispalensis II Mansi Xf 556 ff.; $efefef
Gonc. ©cfd^. III, 66; ©am« 85 ff) unb 633 auf ber toie&ttgen 4. ©ünobe bon lolebo
unter ©tfenanb (Mansi X, 611 ; §efele III, 72; ©am« 90 ff.). 3)o<$ läßt ft$ au« ben
Quellen nid^t feftftellen, toietoeit fem perfönlictyer Anteil an ben gefaßten Sefölüffen unb
an ber SRebaftion ber Äanone« getyt. ^mmertyin tß Ju Vermuten, bafi bei feinem Sfafeben
10 bei Äleru« unb ftönigen fein ©influß nicfyt gering fear. 3lud^ bie ßrric^tung einer flöfteriiqen
©cfyulanftalt &u ©etnlla fdjeint tym metyr im Stücffölujj avß feiner litterariföen
S^ätigfeit unb ben SBorf Triften ber ©tynoben feiner 3*ü (can. 21 ber 4. ©ton. t>. lolebo),
al« auf@runb toirflic^erUeberlieferungjugef (^rieben toorben ju fein. ®r galt einer fpateren
3eit al« Urheber ber bifcfyöflidjen Älerifalfeminarien.
15 3-3 §auj)tbebeutung liegt {ebenfalls auf bem litterariföen ©ebiet. ©eine ©ele^rfamfeit
umfaßt äße«, toa« im 6. $afyr$unbert in feiner foanifcfyen §eimat nadfr ben ©türmen ber
SBölfertoanberung bon toiffenfcfyaftltcfyer Sitbung no$ ju erlangen toar. Sr toar, toie
Sraulio ifyn nennt (MSL 81 ©. 16) ein vir in omni locutionis genere formatus,
quem Deus post tot defectus Hispaniae novissimis temporibus suscitans ad
20 restauranda antiquorum monumenta, ne rusticitate veterasceremus, quasi
quandam apposuit destinam (= $alt, ©tüfte). 35o« fttnb einer $t\t, ba bie fpamf$e
Äirctye, bom 2)rud ber arianifcfyen §errfcfyaft befreit, auf ©runb ber SBerfö&mmg fcon ®oten
unb SRomanen im fatfy. ©iauben aufblühte in bem berechtigten ©elbftbetoufitfein, ba« bejie
aeiftige Seben ber neuen gotifdHpanifäen Nation barjuftellen, tourbe er oer güfyrex be*
25 lebhaften S3tlbung«brang«, ber ftd? naturgemäß in bie Vergangenheit richtete unb an $r
ft$ aufrichtete. Sßeber neue originale ©ebanfen, nod^ felbftftänbige toiffenfqaftUc&e gotfcfcung,
toeber föarfe Äritif nod) elegante 2)arfteHung barf man batyer bei iljm ertoarten; aber an
Sielfeitigleit be« tfyeologifd&en toie allgemein totffenföaftlidjen 3jntereffe«, an umfaffenber
Selefenfyeit, an gleiß im ©ammeln, ©netteren unb Äompilieren eine« toloffalen SBiffenä«
ao ftoff«, an unermtiblictyem (Sifer feinem Ißolf, feinen Äönigen unb bor aDem ber Äin^e mit
feinen 2öiffen«f$äfcen &u bienen, fyaben e« ifym toenige gleich, feiner juborgetyan. Unb
obgleich bie Sietfyobe be« Süc^ermactyen« bun$ 2tbf$reiben burc^au« nidjt neu, fonbern gute
anttfe Ueberiieferung fear, ift bo$ feiten einer fo e^rlkfc getoefen toie 3-, offen ju gefte^en,
baß er nichts u>oüe, atö ©Qerpte geben.
85 ©eine gefd^tc^tlic^e 33ebeutung beruht bor allem auf ben jftei @amme(h>erten, ben
libri sententiarum, ber erften Dogmatil ber lateinif$en Jtirc^e, beliebtem Se^rbuc^ unb
Vorgänger unjä^Iiger SBcrfe bleiben Sitefe, unb ben (gtymologien, ber Duelle be$ f^ra^»
lid^en unb realen äöiffenä für 3ja^unberte. ©o ift er ber große ©tfculmeifter bed sJRittel*
altera geworben. T)a^ xc\d)üd) überfd^h)änglid^e Sob freiließ, bad bem ©ele^rten unb bem
40 ^eiligen 3eitgenoffen unb Spätere ftreuten, ift für und getrübt bur$ bie SBa^me^muna
baß überaß, too feine Duellen nod) gu fontrollieren fmb, bebenßi^ große glüc^tigfeit tnS
Dbcrfläc^lic^Icit fiefy na^feeifen läßt. %)oi) läßt fiety auf bem ©runb be« Silbe« fein«
3eit ber imponierenbe ©inbrud feiner ©eftalt erflären, jumal auefy feine ^ßerfönli^feit,
fotoeit erfennbar, burc^auä gefeinnenbe 3üöc Je'ö^ ®afe ^ c'n offene« Sluge für feine
45 Umgebung, ein toarmeS £er$ für feine greunbe, fein SBolf unb Saterlanb, ein geregte«
Urteil über gcfcfyid&tltcfye Ser^ältniffe ^at, geigen manche ©teilen in feinen ©griffen unb
©riefen; bor allem ba« befannte, bie Einleitung gu feiner ©otengefdjic^te bilbenbe Elogium
Hispaniae, eine begetfterte Ser^errlic^ung ber 3wf^w*>e Spanien« unter ber 2öeftgotau
^errfc^aft. Unb felbft toenn biefe« ©tüd unecht fein foHte (f. u.) blieben anbere Äapitel
sobiefer ©c^rift neben mannen ©teilen anbercr ©Ariften 3^0"^ Hne^ ftHmifc^floti^en
SRationalgefü^l«. Die 93if$öfe im ©panien ber fat^olifd^en ©otenfonige Ratten aÖerbmg«
aud^ Urfac^e, ftcfy too^l ju füllen in bem ©taat, in bem fte bie erfle Stolle frteüen, unb
lotyal iw fein gegen bie Äönige, toelc^e toieberum bie ÜRad^t be« Staate« in ben SHenfl
ber Äird&e [teilten (t)gl. can. 55 be« 4. Äonjil« bon $olebo). Äönige toie Sleffor^) ber«
55 bienten aud? ba« banfbare £ob, ba« 3- ^m fr^nbet (hist. Got. cap. 52).
Der Siogrop^ie ^«. ift bie große SSere^rung toie getoö^nlid^ fe^r übel belommm.
Segenben umtoud^em reic^lid^ fein Seben bon ber uBiege bi« ftum ©rabe. ©ein Sater tourbe
jum dux provinciae, bann balb fein Sater, balb feine 3Rutter )u gotif^en Äönig*finbetn
unb jtoar be« Dftgoten a^eobori^, balb toenigften« eine angebliche ©c^toefler S^eobora
cojur ©attin be« Jiönig« Seobigilb unb SJtutter be« ^ermenegtlb unb 9leBareb.
3ftbor t)on Scötfla 449
3. tourbe aHmätylicfy jum f^anifd^en 9tationalIircfyenfyero« unb ade @igentümlicfyfeiten ber
foamfdfjen Ätrt^e in ÜBerfaffung unb Siturgte tourben mit feinem SRamen gebedft. ©0 läuft
au$ bte altfpantfc^e ober mo$arabif$e Siturgie unb bie ftjanifcfye Äanonenfammlung, bie
ber gfälfäung ^ßfeuboifibor« gu ©runbe liegt, ja fogar bie ©ammlung ber toeftgotifcfyen
König«geje$e unter feinem SRamen. 35afe er nicfyt nur doctor Hispaniae blieb, fonbern s
jum cmgefe^enen Seigrer ber ganzen Äird^e tourbe, t)at bann noefy ba« Sebürfni« getoeeft,
i$n römifdfcfir($lic$ ju überarbeiten. So mufcte er ein ©cfyüler ©regor« be« ©rofccn toerben,
apoftolifcger SJifar in Spanien fein unb ba« Pallium erhalten fyaben, an einer rötmfcfyen
©tynobe teilnehmen etc. 3)amit hmrbe bie in fpäteren Reiten befremblicfye I^atfac^e gebetft,
bafc bie Steuerungen jtoifäen 9tom unb Spanien &u feiner $eit fefyr fd&toacfy toaren. 2Bar 10
e« bo<$ bamal« möglich, bafc 3. ba« 5. Ronyl bon 553 nicfyt anerfannte, obgleich e« in
Stom föon gefcfyefyen toar, ben Äaifcr Suftinian einfach al« Jtefcer befyanbelte, ber ba«
Seferaitni« tum (S&alcebon umftür$en toollte (bgl. vir. ill. 4. 31 ; MSL. 83 ©. 1086. 1099),
unb unter bem Äejjemamen „Slfep^aler" eben bie Slnfyänger be« Äon$il« t?on 553 befämpfte
(»gl. can. 12 unb 13 ber 2. ©tynobe bon ©ebilla, MSL 84 ©. 598 ff ; etymol. VIII, 15
cap. 5 MSL 82 6. 306 ; vir. ill. 4). (Sbenfo <$arafteriftif$ tfc bafj g. in feinem firefc
liefen £anbbudj ben $apat gar mcfyt crtoäfynt. 3CDCnfa^^ fonnte toeber bie« no$ bie
3Ba$rne$mung, bafc er j. 83. in ber ©aframent«* unb ©nabenlefyrc nicfyt ganj forrelte
Ausführungen bon älteren übernommen fyat (Dgl. bie SSerfyanblungen über feine SRed&t*
gKubtgfett bei Streb. I, 30; SBigger« a. a. D'} 31. Slbenbma^l 93b I, 63, 4ü; 93b XVI 20
©. 311 ber 2. Slufl.) feinen Stnfe^en 3lbbrud& tyun.
S8on 3.« ©Triften beftyen toir gtoei alte, toenn audfj ni#t ganj boUftänbige SSer«
)et$niffe, ba« eine toon Sraulio, praenotatio libromm s. lsid. (MSL 81, ©. 15 ff),
ba3 anbete in cap. 9 ber viri illustres toon Iglbefon« bon Solebo (MSL 81 S. 27).
2>te Sufja^lung beiöraulio fd&eint in ber $auptfac$e cfyronologifcfy $u fein, bafyer mir biefe ju 25
©runbiegen, bot$ ber Überfu^tli^Ieit toegen mit Untertreibung breier §aubtgruj)j>en naety bem
3n$a!t, ©Triften tfyeologifcfyen, fyiftorifcfyen unb allgemein totffenfäaftlid&en Sfyarafter«.
1) Prooemiorum über I, Einleitung in 311 unb 31% bcftefyenb au$ einem furjen
Prolog über ben Seftanb be« Äanon« im allgemeinen unb fuqen prooemia, b. fy. ^nfyalt«*
angaben ju ben einzelnen Supern; Slreb. V; MSL 83 ©. 155 ff. so
2) De ortu et obitu patrum, ober de vita et morte Sanctorum utriusque
Test., furje biogra^iföe SWottjen über bibl. ^ierfonen, 64 au« bem 312, 21 au« bem SM,
begmnenb mit 3lbam, fc^liefeenb mit ben Sfyoftelfc^ülern Sufa«, 3)Jarfu«, Sarnaba«,
Innotbeuä, litu«. Die ßc^t^eit ift beftrttten toorben, jebod^ o^ne genügenben ©runb.
SlreD. V ; MSL 83 ©. 129 ff. 35
3) Officiorum libri II, getoö^nlid^ de offieiis ecclesiasticis genannt, gefc^rieben
ca. 610, eine« ber für bie Geologie unb fircfylicfye 3lrc^äoIogie toid&tigften äöerfe 3^or«.
^ad SEBert ift na$ ber SBJibmung an gulgcntiu« (©. 737) ex scriptis vetustissimis
auetorum, ut locus obtulit commentatum, in quo pleraque meo stilo elicui,
nonnulla vero, ut apud ipsos erant, admiscui, in ber %fyat eine ber felbftftänbigften 40
Schriften 3.« 35a« erfte IRnd) unter bem ©J)ejialiitel de origine officiorum ^anbelt
ban bem Urforung unb ben Urhebern ber fircfytid&en .^anblungcn, Don G^riftentum unb
Ämfc, ben Seftanbteiien be« ©otte«bienfte«, Stören, ^falmen, §^mnen, ©ebeten, fieftionen,
Sofyftetjungen, Offcrtorien, 5Reffe, ©^mbol, S3enebiftionen, Dj)fcr ftier ©. 755 bie faavtyu
pelle über ba« Stbenbma^l neben 2 au« Etym. lib. XIX, f. 0.), §oren, ©abbatfy unb 45
Sonntag, gefiten, gaften 2c. Da« jtoeite Sucb unter bem befonberen 2itel de origine
ministeriorum ^anbelt bon bem 31mt ber firdfclid&en Diener, ben Derfc^icbenen Drbnungen
ber Älerifer, »on ben SWönd&en, bon ^JJönitenten, ^""Ö^0«^/ S38ith>enf Verheirateten,
flatec^umenen, ©lauben«regel, laufe, Konfirmation. 3toci ©d^Iufefapitel über bie firc^ltc^en
©uffragien finb unecht. — 3ucrP ^w«u«flg. b. 3- 6od(?Ieu« 1534 na$ einer Trierer 50
tbji^r.; toeitere ©et)aratau«gaben $ari« 1564, 1610; SRom 1591 2c; Slreb. VI ; MSL 83
>. 737 ff; ebert ©. 597.
4) De nominibus legis et evangeliorum liber, in quo ostendit, quid me-
nioratae personae mysterialiter significent (Sraulto), offenbar ibentifc^ mit ben in
unferen §anbfc$r. unb 3lu«g. erfd^einenben Allegoriae quaedam s. Script.. aUegorifd&e 66
ftrüärung \>on 129 9lamtn unb ©teilen au« bem Sil, 121 au« bem 91% beginnenb
mit Sbam unb @t>a al« 2:^j)u« auf Gfyriftu« unb Mird^e, fc^lie^cnb mit ben 7 Jüngern
behn Sta&l be« Sluferftanbenen Qo 21, 2) al« Stojm« ber aeternae beatitudinis refectio,
eine toie^tige Duette für bie Sitteratur unb Hunft be« 5D131. — 31reb. V; MSL 83
S. 97 ff; ©frert ©. 596. go
*t&9*t*Uop*blt fflr fcfceolofltc unb Rir^c. 8. «. ix. 29
450 3ftbor bon ©ebtfla
5) De haeresibus über, bielleidjjt tbenttfcty mit bem in bot ©tymologien lib. VIII
c. 4 unb 5 gegebenen 93crjeic$nt« ber jübifcfyen unb $riftlic$en $äreften, einen Äbfcfyutt,
ber auc$ fonft öftere feparat erfcfyetnt, ober mit einem fälfdjlicty bem fiterontymu« beigelegten
indiculus de haeresibus, f. hierüber Streb. III, 86, MSL 81, ©. 633 ff.
5 6) Sententiarum libri III (na$ ben 2lnfang«toorten auety genannt de summo
bono) ba« tfyeologijd&e §aupttoerf 3j.«, ber Sitel bieHeicfyt bon *ßro«per übernommen, in
ber ©acfyc bo$ ba« erfte lateinifcfye Äompenbium ber ©lauben«* unb ©ittenle&re, meiflt in
ßr^erpten au« Stuguftin unb ©regor bem ©rofcen. 35a« 1. 9u$ ift bogmatifäen Qn^altd:
e« fyanbclt bon ©Ott al« bem summum et incommutabile bonum, tum ©otte« ©igen«
10 haften, #eit unb 2öelt, Urfprung be« 93öfen, (Sngel unb SKenfcfyen, ©eele, G&riftu«, $eiL
©eift, Sirene unb £ärcften, ©efe$, 7 Segeln ber ©c$riftau«legung, SSerfd^ieben^ett ber
beiben Scftamente, ©tymbol unb ©ebet, laufe unb Äommunion, SKarttyrtum, SBunber ber
^eiligen unb Don ben legten 2)ingen (ofyne ßrtoäfynung be« gegfeuerö). 93uc$ II unb III
ftnb in ber §auptfacfye etfyifdjen 3>nl)alt« unb jtoar be^anbelt II me$r bie allgemeine,
16 III mcfyr bie fpe^ielle 3ttoral. 3uerf* $ b*c *&&* öon b^ Äarbinaltugcnben : 2Bei«^eit,
©laube, Siebe, Hoffnung, bann Don ©nabe unb ©nabentoafyl (fyier bie ©teile über gemina
praedestinatio sive electorum ad requiem, sive reproborum ad mortem, toel$e
§infmar im ©ottfcfyalffctyen (Streite beanftanbete, f. o.), 93e!e^rung, ßampf, SRüdfaü, 3$c*r*
bilber ber ^eiligen, 3erfmrf$ung, 9fauc unb ©ünbenbefenntni«, Serjtoeiflung, ©Ott»
20 berlaffenfyeit, ©ünbc, ©etoiffen, lugenben unb Safter. 93ucfy III tyanbelt bon ben ©täuben
be« d;riftli<$en Scben«, bon göttlichen §eimfucfyungen unb Strafgerichten, bon ben 9?er*
fucjmngen be« Teufel« unb ben ÜHitteln bagegen, ©ebet, Scftüre, ^eilige unb profane, bon
Siefeten unb SJtöncfyen, Sehern unb fircfylicfyen 93orgefefeten, Dbrigfeiten unb Untertanen,
dürften, Sintern, Slbbofaten, Unterbrücfern ber Sirmen, Öieb^abern ber SBelt, ben Jreunben
26 ber Sarm^er^igfeit, ber Äür^c unb bem @nbe be« menfc$lic$en Seben«. ©o ift ed eine
bollftänbige, toenn auefy nid&t eben ftreng faftematifcfy georbnete Snbtbibual* unb ©o$ialet#f,
bie in 93ucfy II unb III enthalten ift ; unb bei ber großen Verbreitung unb bem tyotyen Sn*
feben be« 315erfe« berbient btefe« jebenfaffö einen fyerborragenben $lafc in ber @efc$ic$te
ber mittelalterlichen ßtfytf unb Dogmatil, obgleich e« fac^Ud? böllig unfelbftftänbig, au$ bie
so 2lu«füfyrung ber einzelnen Äapitel fefyr ungleich unb toemg erfd^öpfenb ift (bgl. 2. SUifL
99b IV ©. 358, 93b XIII ©. 654). — Slreb. VI; MSL 83, ©.538; ©etoaratauSgaben
bon fr Stleaumc, 5ßari« 1838, ©areta be Soaifa, lurin 1539 u. a. f. Slreb. II cap.
67. 68: Sonographie in ben ftönig«berger Uniberfität«programmen 1826 ff.
7) Contra Iudaeos libri II, ober de fide catholica adyersus Iudaeos, getrieben
86 auf SÜunfd} fetner ©ebtuefter glorentina, 6rh)ei« ber SBafyrfyeit bc4 6^rif|entumö au« ben
SKetefagungen be^ 2li mit befonberer Slücffic^t auf bie Subenfrage in ©panien (ut
prophetarum auetoritas fidei gratiam firmet, infidelium Iudaeorum imperitiam
probet.) ^ic ©c^rift ift im Mittelalter ntd^t blo« bielfac^ abgefcfyrieben, fonbern aud) in bie
ÜKationa(fpra$en überfe^t Sorben: Fragmente einer alt^oc$beutfd?en Überfe^ung aud einer
40 ^arifer ^anbfe^rift herausgegeben bon 5ßaltl?eniug, ©reifätoalb 1706; ©c^tlter, 2^efäimtf
1727 93b I; §olfcmann, Äarlöru^e 1838; SBein^olb, 93ibliot^e! ber älteften beutfe^en
Sitteraturbenfmäler »b VI, ^aberborn 1874. »reb. VI; MSL 83 ©. 449 ff.
8) Monasticae regulae über, eine mit ber 93enebiftinerregel in feinem 93erhxmbt*
fd^aft^ber^ältniö ftel)enbe, ioenn auefy bon il;r ]ad)l\d) nic^t fefyr berfc^iebene ÜKönc^öregel
46 pro patriae usu et invalidorum animis (93raulio) bon Sftbor enttoorfen, milb Rumänen
©eifteS. Über bie bon £cmanbea o^ne genügenbc ©rünbe beftrittene @<$ttyeit, über $anb«
fd;riften unb SluSgaben über baS lier^ältnis jur 93cnebiftiner* unb anberen Regeln f. 3fceb. II,
71; $olften=95roc!ic, codex regularum, äugßburg 1759,1, 187 ff.; Slreb. VII; MSL 83
©. 867 ff, bgl. ©am« ©. 108; Rödler a. a. 0. ©. 367.
50 9) Quaestionum in vetus Test, libri II ober hrie ber urforfinglic^c litel noc^
^Ibefon« gelautet ju babcnfd;cint: Secretorum expositiones sacramentorum, m^ftifc^
allegorifcbc unb moralifd;e (Srflärung au«getoäl;lter ©teilen be« SEE; enthält nur Sgei^te
au« Crigene«, iBiftorinu«, Slmbroftu«, §ierontymu«, Sluguftin, gulgentiu«, Safftanud tuib
bor aßen au« ©regor bem ©rofecn. Slreb. V; MSL 83 ©. 207 ff.
66 10) De viris illustribus s. de scriptoribus ecclesiasticis, ^fortfefcung ber gletcfc
betitelten ÜBerfe be« öicroin>mu« unb ©ennabiu«, in 46 ÄaJ)iteln 32 ÜRic^tftxmter unb
14 ©panier be^anbelnb bon ^Japft A'vftu« bi« auf bie 3*ügenoffen be« Serfaffcr« ©regor,
Seanber, aJiajimu« bon ©aragoffa. 3>em SKcrfe ^at fpäter 95raulio feine praenoUtk)
librorum s. I. hinzugefügt. 3. bietet ^ier einige toertbolle SRac^ric^ten befonber« über
eo ©panier, im allgemeinen aber befielt ba« 2öcr( au^ fe^r flüchtigen unb Oberflächen,
3ftbor bon Sebifla 451
bielfac^ fallen 9lotijen au« SRufin, ßajfiobor, 3Siftor bonlunnuna, ober au« benSBerfen
ber bcfanbelten ©^riftfteller. 3)a« Süctylein ejiftiert in bereiter 9tebaftion. — Streb. VII ;
M8L 83 ©. 1081 ff; neuefte 3lu«gabe mit eingefyenben Unterfucfyungen bon 2)aialoto«fi,
Sfibor unb ^IM01** a^ £iftorifer, in ben fircfyengefcfyid&tlid&en ©tubien bon Änöpfler,
ScfaotS unb ©jbralef 1898. 5
11) Chronicorum a prineipio mundi usque ad tempus suum über, eine
»eltttyrontf Don ber@t$öpfung bt« auf Äaifer §erafliu« unb Äönig ©tfebut (616), quanta
potuimus brevitate an ^uliuä 2(frtfanu«, @ufebiu«s$ierontymu« unb SBiftor bon
Zuimuna ftd^ anföüefcenb, eingeteilt nad) ben sex aetates mundi, eine (Sinteilung, bie
3. au« äuguftin de civ. Dei übernommen fyat. 5Dic (Sfyronif ejiftiert in $toei Raffungen. 10
Bufjerbem $at er nod& einen fürjeren 2lu«jug barau« al« cap. V feinen ßtymologien ein-
gefügt, ber oft al« felbftftänbige« 2Berf erfd&eint. — Die S&ronif f. 2lreb. VII; MSL 83
6. 1017 ff. -MG AA XI. ©. 394 ed. SKommfen 1894; Dal. 2euffek©c$toabe, Statten*
ba$ a. a. £>., ^ott&aft ©. 687; @bert ©. 598 ; §erfcberg, bie §iftorten unb Gtyronifen
3.S, ©öttmgen 1874 ; berf. in gorfd&ungen j. beulen ©cfd^. 1875, ©. 289 ff. 15
12) Historia Gothorum, Vandalorum et Suevorum (über ©cfytoanfungen unb
$cxtDc$3hmgen in ber 93e$eid&nung f. .§erftberg ©. 7), eine furje, ebenfalls in atoei SRe-
bafionen borliegenbe, meift au« fonft bekannten Duellen geköpfte, bodf) audj 5Rcue«
ent^altenbe unb in tyrer 3ufammenfaffung bod; toertbolle ©efcfyicfyte ber brei genannten
Softer, befonberS ber Ooten bon ben älteftengeiten bis jum 5. 3^r bcS Äönig« ©n>mtila(626). 20
$orau«gef$irft ift &a« nid&t in allen Äanbfcfyriften enthaltene elogium Hispaniae (f. 0.)
— Stob. VII; MSL 83 ©. 1058 ff.; MG AA XI ©. 243; beutfö in ©cföic^t*
ftywtber ber beutfd&en SBorjeit, Seidig 1887 93b 10; bgl. §erfcberg, 24Jattenbad&
a. 0. D. ; Sbert ©. 599 ff.
13) Libri differentiarum II, ba« erfte diff. verborum, ein afyfyabetifd&e« Sßörter* 25
bu$ bon fonontymen ober boefy ä^nlidfj lautenben SBörtern mit Eingabe tyrer begebenen
Sebctitung; ba« gh?eite diff. rerum enthält (Srtlärungen über begebene Segriffe au«
tbeologifc^en unb anberen ©ebieten in bunter sMföung. silreb. V; MSL 83 ©. 9 ff. ;
Sbert ©. 594.
14) Synonymorum libri II, bon $ft>efon$ au(fy a(g 1. lamentationum bejeicfynet, 90
eine Sammlung bon ©tynontymen unb trafen in gorm eine« Dialog« jtoifcfycn ber
fünbigen ©tele unb ber tröftenben ratio ober bem £ogo«, ber fte l;intoeift auf Sufee unb
Sünbenbergebung, toie bie oielen #anbfcfyriften unb ©eparatbrude (3. 33. 1472; 73; 84;
88 u. f. ta>.) jeigen, otyne 93ea<$tung feine« eigentlichen 3toed« al« 6rbauung«bud& biel
gebraust unb bocfoefd&äfct. — äreb. VI ; MSL 83 ©. 825 ff. ; 3lreb. II c. 70; (Sbert ©. 595. 35
15) De natura rerum, aud; Cosmographia etc. genannt, auf 2öunfd; üönig ©ifebut«
(612—20) berfafet unb tym bebijiert. SMe ©etyrift enthält in 45 Sap. ba« Sßifjen«*
tofabigfte aud ber ÜRaturle^re (3eitcinteilung, Somnt Elemente, §immel«förver, ©etottter,
Sibe imb Srbteile 2c.), ade« ge{d^ö))ft a veteribus viris ac maxime sicut in litteris
eatholioorum virorum scripta sunt, befonber« ©ueton, 2tmbrofiu«, ^fcuboflementinen, 40
Xugufttn. 3)te ©c^rift tourbe im ^Mittelalter btel gelefeit, ab= unb au«gefd&rieben. —
Sfa». VII; MSL 83 ©. 963 ff; über §anbfd&riften unb ©cparatau«gaben 3lreb. II
c*p. 76 ; neuefte SKu«gabe bon Seder, Serlin 1857, mit 9lad(?toei« ber Duellen ; ©bert ©. 596.
16) De numeris 1. ober numerorum, qui in s. ser. oecurrunt, eine mtyftifcfye
3abUnlefyre, be^anbelnb bie $cti)Un bon 1—60 unb ifyrc ©ebeutung in ber ©cfyrift, sJJatur 45
unb Stettgefötyte. 3)ie ©d^rift ift toid^tig für bie ©efcfytcfyte ber 3«^lcnfl;mbolif ; fte ejiftiert
ruht t& fcpeuit, nur in einer einzigen $anbfcfyrift unb ift juerft ^erau«gcgeben bon Slrcb. V ;
MSL 83 ©. 179 ff.
17) Etymologiarum s. originum libri XX. 35a« SBerf bilbct ben 2lbfc^lufe aller
twffenfdjaftli^en Arbeiten %£ ; feine anbern ©d^rtften bereiten fid^ ba^u nur tuic Jsor^ 50
^ubien ober toeitere 3lu«fü^rungen einzelner Seile. SJon % auf Sraulio« Sitten unter-
nommen, tourbe e« enbltd^ nadb jahrelanger Arbeit unboQenbet (licet inemendatum ex
raletudine tibi studueram offerre) an Sraulto übergeben unb bon biefem in 20 ©üc^cr
ängeteUt (bgl. ben »rieftoec^fel jhjift^en % unb »raulio MSL 83 ©. 909 ff). 6« ift
cnse StafatctyKopäbie be« gefamten Söiffen« jener 3«* ; 1>qc ©ad^erflärung ift immer bie 66
St^mobgte be« betreffenben SBorte« borau«gefd^idt — bal^er ber Xitel. 2)ie 3 erften
öftrer be^anbeln bie Septem artes liberales: Hb. I C^rammatü, II Styetorit unb
Dialeftif, III 3Wt$metif, ©eometric, 3Kuftf unb äftronomie, IV alebijin, V 3uri«prubeng
mb Chronologie, jum©<blu^ eine lurje SBeltc^ronif (f. 0.), VI bie ^. ©d^rift, ^nfoiration unb
lamm, ©abamente (bgl über ben ©aframent«begriff ^ftbor« 93b XIII, ©. 271 berco
29*
452 Sftbor Hott ©ebiUö
2. 2lufl. ; ftatyn, Setyre Don ben ©aframenten, ©. 12 ff.), Siturgie, DfterdjHuS unb gefte,
aber and) 33ibliotfyefen, §anbjd&riften, Sucher, ©d&reibmaterialien 2c, VII enthalt einen
fur$en 2lbrife ber Ideologie: bon ©Ott, Jrinität, gngeln unb 9Renföen, Sßairianfcn,
^ro^cten, Sfyofteln, Märtyrern, Älerifern, 3Könc$en; VIII 9teligion$geföic&tlic|e3 : Ätnfc
g unb ©tynagoge, ^Religion unb ©lauben, §ärcfe unb ©externa, ääretifer ber 3>uben w*
©Triften, ^tyilofo^en ber Reiben, Poeten, Sibyllen, -Btagier, ©öfter ber Reiben. Die
Sucher IX— XX umfaffen bie ©ebiete bc$ meltlic&en SBifienS unb Seben«, ©praep^e*
unb Realien : üb. IX fyanbelt bon ben berfetyiebenen Golfern unb Sprachen, Ämtern unb
SRegierungSformen, g^en unb Sermanbtfcfyaften ; X enthält ein lateinijfaeS Sqrilon, (&c*
10 Härung bon ca. 500 SBörtern in afyfyabetifd&er golge ; XI ^anbelt bom URenfcfcen, XII bon
ben Sieren, XIII bon ber 2BeIt, ifyrer 3ufanunen[efcung unb Setoegung, XIV »on ben
(Srbteilen, iiänbern, ©ebirgen, XV bon ben ©täbten beä 3Rorgen= unb SlbenblanbeS,
XVI bon (Srben unb Steinen, gbelftcinen unb SKetaDen, 3Rafe unb ©etoic&t, XVII Dom
2Werbau, *PfIan$en unb ©etreibearten, XVIII bom Ärieg, SBaffen, ©fielen, XIX bon
15 ©Riffen, Sauten, Kleibern, ©ctymucffad&en, XX bon ©Reifen, ©etränten, %aa& unb Scler*
geraten. — 211$ Quellen ^aben Äajfiober, SoetyiuS, 3Jarro, SßlmiuS, ©olinuS, £%in,
©erbiuS, Saftam, Sertullian unb anbete Kintyenbäter, befonberS aber ©uetonS prata
gebient. 3)ie Dcactyläjfigfeit unb Äritillofigfeit im 2luSfd&reiben biefer Duellen ertlärt fty
jum Seil barauS, bafc er bielfad) nur aus bem ©ebäctytnte naetygefetyrieben tyd (ex veteris
20 lectionis recordatione collectum, MSL 82 ©. 74). %ixx bietet aber, toaS und abfhu*
unb tounberlid) erfctyeint, inSbefonbere für bie ganje SWet^obe be$ (StymologifierenS ift
Sfibor nid)t berantroortlid? : er mar aud) barin nur ber getreue ©d^üler unb Seroabrer
ber 2llten. ^ebenfalls fyat er trofc aller ftlüctytigfeiten (SReifferfctyeib nennt tyn einen
negligentissimus breviator, diversissimas res diversissimosque auetores con-
25 fundens) mit einem in 9lnbetra$t ber litterarif$en £ilf$mittel feiner 3«* betounbcrnS*
werten äufroanb bon -Diü^c ein gut Steil antifer SBeltlenntniS unb SBtffenfcfcaft gerettet
unb in ^anblictyer $orm ber 9ladtjtoelt überliefert, fo bafe er fein SBerf noety jefct in bidem
ben SBert einer einigen, unentbehrlichen Quelle &at. SBon toclc^ eminenter fultur^iftorif^er
Scbeutung gerabe biefeS §auj)troerf 3;fü>orö getoejen ift, fe^en mir barauS, bafe basfelbe
30 nachweisbar ^a^unberte lang in allen Sänbern ber abenblänbifäen Gtyrrftentyett atö un*
entbehrliche unb unübertroffene ©cfyafcfammer weltlicher wie ßrc^lid^er SBiffenfd&aft, unb
gan$ bejonberä au$ aU bielgebramfycS £e^r* unb Sernbucty in ben ©c&ulen gebient fytt
§raban3 grofee« encr;flot)äbifd^eS SBcrl de universo (berfafet 844) ift grofeenteil« roörtlkfr
aus 3f^or^ (Stt^mologicen abgetrieben unb fte^t in §inftd^t auf »norbnung unb Ser«
36 arbeitung beS ©toffcS hinter i^nen jurüdE (f. SBerner, Stlhiin, ©. 108) unb noc$ 3o^ann
bon ©alieburr; im 12. ^a^unbert fyat 3»fiborS et^mologieen ni$t blo| felbft biel benü^t,
fonbern münfe^t aud?, ba| feine ^Definitionen in ben ©qulen auemenbig gelernt werben.
SBäre er aud^ nichts weiter geroefen als ein Komj>ilator unb $lagiariuS, fo bleibt bo<& richtig,
ioaS Srucfer (Hist. crit. philos. III, 569) über tyn fagt : Sö^unberte toären in Slinb^eit
40 berfyarrt, wenn ni^t ^ftbor ifynen fein 2id;t j^ätte leuchten laffen. — SSon ©e^aratauSgaben
ber Etymologiae ift befonberS gu nennen eine Slugeburger bom 3^te 1472# eine StoSfo
cum scholiis Vulcanii 1577 unb bie neuefte bon %. 355. Otto im Corpus Gramma-
ticorum latinorura, 33anb III, 2ei))gig 1833. 2)ie 3lbfc^nitte über Styetortf ed Halm,
Rhetores lat. minores p. 505 sq. Über bie SSebeutung beS SBerfS für bie ®ef$t$te
45 ber 5p^ilo|o^ie bgl. ^rantl, ©eW. ber Sogif II, ©. 10 ff.; über bie bon 3. benätten
Duellen f. §. 2)rcffel, De Isidori Originum fontibus, Surin 1874; Sleifferfc^eib,
Sueton. reliquiae Seidig 1860; Iraube in comment. Woelfflin ©. 198; StaWer in
Slrcbib für lat. Sejilogra^ie 33b 10 ; Älufcmann Excerpta Tertulliana, Hamburger ^Jro»
gramm 1892; #ol$er Varroniana, Ulmer 5|irogr. 1890; 2:euffel*©(&h>ab« ©. 1295;
wßbert ©. 589; 3lreb. III; MSL 82.
9luj?er biefen bon 93raulio aufgezählten SBerfen, fd^rieb 3* no$ alia multa opus-
cula unb bieleS ift ifym fpätcr unterfc^oben ober auS feinen SBerfen gured^t gemalt toorben.
93on ätrebalo finb unter bie eckten nod? aufgenommen morben bie quaestiones de Veten
et Novo Test. MSL 83 ©. 201 ff. unb de ordine creaturarum ©. 913 ff.; bie
56 übrigen, eine Auslegung bc« ^o^enliebeS, de contemtu mundi etc. tyat er in bie ät^enb.
aufgenommen. 3tu$ lat. ^Dic^tungen mürben ifym, mo^l fämtlic^ mit Unrecht, beigelegt,
f. barüber 2lreb. II cap. 81 ©. 574 ff., bie Stejte Slpfenb. 3. 16. 17. »nbere, fttyrntn
auf 3lgat^a unb anbere SWärt^rer, fte^cn unter ben mouirabifc&en §^mne« MSL 86, bei
Slume unb 3)rebeS Analecta hymnica medii aevi 93b 27 ©. 128 ; 129 ; 210. @nbfi<$
oo^oben mir bon i^m eine älnja^l bon «riefen, an Sraulio, fieubfrieb bon Gorboba,
3ftbor nott ©etoiUa 3f$lanb 453
£ellabiu$ Don lolebo, einen Duj GlaubiuS, an SlebemptuS u. a., lefctere fcon atoeifek
^aftar @c$t&ett 3)ie Sriefe bieten manches btogra^ifcfy unb jettgefd^i^tlid? Igntereffante.
&eö. VI ; MSL 83 ©. 894 ff. Über ben etwaigen perfönlid&en 2lnteil 3.3 an ber QnU
touflung imb Stebaftion ber fbanifcfyen Stturgie f. Säumer, ©efefy. beS SrebierS, greiburg
1895, ©. 244; $robft, bie abenblänbifd&e 3Kejfo fünfter 1896, ©. 390 ff. Die unter s
SJ Sorftff gehaltenen Äomüien fcon 619 unb 33 fmb in biefer ©ejiefyung fc^r mistig.
Stöe franifetye Äanonenfammlung ift atterbingS ju %.$ Reiten angelegt, aber für feine 2lutor=
fc^aft lä&t j«$ lein burd&fcfylagenber ©runb anführen. ätottenbS J^at er natürlich nichts mit
ber pfeubotftborifd&en Sammlung ju tfyun (f. ben 31. ^feuboijtbor.) Über $• ""b baä
Beftgotenrec&t f. ^elffericfc, (Sntftetyung unb ©efcfyid&te be$ 2Beftgotenred&t$, »erlin, 1838 unb 10
We Xuägabe Don ftmirwc, Fontes iuris Gernu ant., §annober unb 2eitaig 1894.
(fttageutnauu f ). ÜR. ©djtnib.
3$lattb. — Quellen: Ares Isländerbuch, f)erau3g.üon@oltf)er,#ane 1892; Biskupasögur
gefn. dt af hinu isl. B6kmentafelagi, 2 93be, flopenbagen 1858-1878 (©efdnc&te ber iSl.
9tfd)öfe M3 jur Deformation); De Saga van Thorwald Kodransson den Bereisde, IjerauSg. 15
anb überfefct oon fiafonber, Utrecht 1886; Sturlunga Saga, IjerauSg. uon ©ubbranb &tgfu§fon,
2 8be, Djforb 1878; Diplomatarium islandicum, 93b 1—6, ßopen&agen 1857—1900 (gebt
bi* 1481, wirb fortgefefct). ©tätige iRac^ric^ten über bie ©tnfü'brung beä (S&riftentumä auf
3$lanb unb bie früqefien d)riftlic&en 3uftänbe entfalten bie 3$lenbtngafögur unb bcfonbcrS
bie öefdjicbten ber norroegifd)en Könige €laf Xrtygguafon unb Olaf Ijelgi (in Snorris Heims- 20
kringla, berauSg. üon Unger, (S^rifttania 1868); bie fi heften d)riftUd)en 8afcungen enthält ber
Krutinna laga bättrin ben Grdgas (berauSg. toon SWb. Stufen, 3 93be, ßopenbagen 1850—1883);
für bie fpfitere fttU fmb üon 85ebeutung: Biskupa Annälar Jons Egilssonar, berauSg. toon
36n 6igurb3fon in Safn til Sögu Islands, 1, 15—136; Annalar Björns ä Skardsä (1400—1645),
2 ©be. Hrappsey«, 1774—1775. 26
$ülfdmtttel: Finnur Johannseus, Historia ecclesiastica Islandiae, 4 SBbe, $open*
bogen 1772— 1778 (bte 1740); ¥&ur^tur8fon, Historia ecclesiastica Islandiae (ü. 1740-1840),
topeitöagen 1841 ; (£8pölin, Islands Ärbsekur (1263— 1832), 12 SBbe, flopenbagen 1821-1855;
Wund). Det uoreke Folks Historie, 6$Bbe, Gbriftiania 1852—1863; <Sa\% üdsigt over den
noreke Historie, 4 ©be, ©^riftiania 1873-1891; für bie ältere 3eit: Sörgenfen, Den 30
nordiske Eirkes Grundlaeggelse og forste Udvikling, 2 93be, Sbpenbagen 1874—1876;
f. SRaurer, 3)ie ©efebrung beä norroegifdjen Stammes juin CSfjriftentume, 2 93be, SDtüncben,
1855-1856; Ä. SRaurer, 3$lanb oon feiner erften ßntbeefung bi$ jum Untergang be§ grei-
ftaate*, 3Ründ)en, 1874 (befonberS @. 68-97; 220-278); Björn Olsen, Um Kristnitökuna
and 1000, Reykjav. 1900; $arboe, Om Reformationen i Island (Det Kjöbenh. Vidensk. 86
8dak. Skrifter, V, 209-302; VI, 1—100); § X^xltVi «Bjarnafon, Um sidbötina a tslandi,
»c^fjaoif, 1878; Sön^fon, Um Klaustrin ä Islandi. Tim., VIII, 174-265.
©eti S^lonb Don Norwegen bcfiebelt toorben ift (nac^ 870), fyat e« nie an 33c=
ritynmg ber Äolomften mit ©Triften gefehlt. Sc^on bie erften @inn;anberer trafen auf
bem fernen 6Uanb irifd&e Slnad^oreten an, bie ftd^ aber bei ber Slnfunft ber Reiben bon 40
ber 3«fe' entfernten. 2)er 9Beg ber Äoloniften führte meift über bie brittfe^en 3nfdn>
loo man mit ß^riften in 93ertifyrung fam, i^re Sieligion fennen lernte, n;o mancher au«
pzattifätn Slürfftc^ten bie laufe annahm ober ftd? toenigften^ mit bem Äreuj be^eic^nen
Re^. ©o ftnben toir fd&on unter ben frü^eften nortoegifcfyen Sefteblem ber Qnfcl eine
Än^l (S^ripen, benen ftc^ ^ier unb ba feltifd^e angefd^loffen Ratten. ©leicfytoofyl bilben 46
btcje hn erfien Sa^unbert ber tölänbifd^en ©efc^ic^te roeber eine gefc^loffene Partei, noc^
toitb t^re Sieligton Dom Btaatc anerfannt. ^en erften 93erfud^, bie alte Sieligion $u ftürjen
unb ba* (S^riftentum einzuführen, machte 981 2tyort>aIbr Äobran^fon SSfbförlt („ber SBeit^
gereifte"), em S^länber au^ angefe^enem ©efd&le$te, ber im 3lu^lanbe für ba3 ß^riftentum
rwmen toar unb mit einem fäcfyftfcfyen ©eiftlic^en SJamenö ^riebriefy feine Sanb^leute 60
bie neue Setyre ju gewinnen fud^te. 3lHein ber 93erfud? miftglücfte; 2^ort>albr unb
fein Segleiter fanben nic^tö als ©>>ott unb §o^n, mürben fcf}liefelic| geästet unb Derlicfeen
986 bie 3nfel. 2^ort>albr ftarb fpäter in einem ruffiföen Älofter, too er naefy feinem
tobe als ^eiliger bere^rt tourbe. ©leic^too^l waren bie Semü^ungen biefer beiben
Stiffionare unb bie Begegnungen ber S$Kinber mit G^riften im ^uSlanbc nic^t ofyne 66
6infbt| auf bie religiöfen Slnfqauungen beS 93oIfeS geroefen: fte Ratten begonnen, ben
ÖUmtben an bie alten ©ötter m erfc^üttern unb fomit ben ©oben für bie neue Slcligion
$u cfcnen. 6ht SKärt^rertum l}at eS überhaupt für bie 6l?riften auf ^älanb nic^t gegeben;
man liefe i^nen tooHe SJrci^ett unb fc^ritt nur gegen fte ein, toenn fte ftc^ ben <Btaat&
gefeffen toiberfefcten. eine vlönmä^igc unb energifc^e Belehrung ber ^Slänber jum G^riften- 60
454 3*lattb
turne fanb bann unter bem nortoegifcfyen Äönige Olaf $rtyggbafon ftatt, ber bie fünf !gabre
fetner ^Regierung (995—1000) faft au«fd&lief$Iic$ ber ©infüfyrung ber neuen ^Religion in
SRortoegen unb ben $oc$terftaaten (3«fanb, ©&etlanb«infeln, gfaröern, ©rönlanb) toibmete.
5Jiit rücfftd&t«lofer Strenge fucfyte er, tote im SKutterlanbe, auefc auf §*larib fein $vtl &u
5 erreichen. SlUe 3«länber, bie ftcfc an feinem §ofe aufhielten, toufete er burdfr ttberrebung
ober ©etoalt jur Saufe ju betoegen. 311$ ®lauben«bote ging juerfl ber 3«länber ©tefnir
I^orgifefon na$ ber l^nfel, ber jebo$ balb toieber bertrieben tourbe, ba er, tote Äönig
DIafr in SRortoegen, Stempel jerftörtc unb ©öfcenbilber ftüqte. 9Refyr ©rfolg $atte ein
jtoeiter ©enbbote, ber fäd&ftjd&e $riefter 2tyanfbranbr, eine jtoeifetyafte ÜRatur, ber toegen
10 feiner Stauftuft feine §eimat batte Derlaffen muffen unb ftdjj ft>äter Äönig Dlaf anfc^lofc,
ber aber au$ in SRortoegen toegen feine« rticfft4t«lofen 6goi«mu« balb bei feinem £errn
in Ungnabe fiel. 6r erhielt ben Auftrag, auf 3«lanb ba« ©Dangelium ju prebigen al«
©träfe, toeil er fid& mit ©etoalt ba« ©igentum nortoegifetyer Reiben angeeignet ^atte.
997 ge^t Styanfbranbr na$ fflauto unb beginnt fyier fein 93efejjrung«toerf, bei bem er
16 nid>t Dor bem lobfd&lag jurücffd&recft, toenn ifym SBiberftanb geleiftet totrb. %xot$ feiner
9iücfficfyt«Ioftgfeit, troft mancher (Srfolge, lehrte aud& er 999 naep ÜRortoegen jurüd mit
ber Ueberjeugung, Dafe bie S^änber toofyl niemal« ^um (S&riftentum gu belehren feien,
©leictytoofyl toar burety Styanfbranb« Styätigfctt bie <$riftlid&e $artei auf 3«lanb toefentlij$
erftarft. Äönig DIafr tooDte auf bie 9lacfyri($t feine« ©enbboten tytn alle 3«lanber in
20 SHortoegen t'ötzn laffen, bie no$ Reiben toaren, liefe aber Don feinem SSortyaben ab, al«
bie cfyriftlicfyen ^«länber ©ijurr unb §jalti ©feggjafon tym bie 3Riffion bei tyren 2anb«*
leuten Derfyractyen. 2)iefe gefyen 1000 nac^ 3«lanb, fantmein alle Sänften, erfreuten auf
bem Sltttfyinge unb forbern ^ier 2lnna$me be« S^riftentum«. ©ie ftofcen babet auf heftigen
SBiberftanb, unb e« festen offener Äampf unbermeiblicty. 2)a fanb ber noc$ ^eibniftfce
26 ©efefcgeber ^oraetrr burd^ einen Kompromiß einen 3lu«toeg, bem fu$ bn Dorau« Reiben
toie (Efyriften ju fügen Derforacfyen, toeil fonft bie ©intyeit be« ©taate« Dernidjtet toorben
toäre. Gr fd&Iug Dor: 2lIIe Sßlänber fotttett ba« ß^riftentum annehmen unb ftc$ taufen
laffen. dagegen fottte fyeimlicpe« Opfer, gffen Don Sßferbefleifö unb 3lu«fe$en ber Äinber
na$ toie Dor geftattet fein. 2)iefer SSorjd&lag tourbe jum ©efefc erhoben unb afebalb
so lieften ftcfy bie ^eibnifc^en 3ßtänber tau\m (1000). Sticht innerer xrieb, fonbern bie SHirf-
ftdpten auf ben ©taat Ratten bie befferen Glemente ber %r\]d jur Annahme be« ß^rijienj
tum« betoogen. ©ie toar bafycr junäc^ft eine rein öufeerlic^e unb blieb e« au$, al« auf
aSeranlaffung Dlaf« be« ^eiligen 1016 bie 3«9^änbniffe, bie man 1000 ben Reiben ge*
madfjt I^attc, gefefelic^ befeitigt tourben. SJa^er touc^erte ^eibnifc^e« Seben unb alte Sitte
35 bei ber großen 2Jcenge fort, unb bie« fonnte um fo efyer gefc&e^en, ba ber flleru« toeber
organtftert noc^ unabhängig toar.
6igentümlic| ftanb e« auf 3^nb fd^on mit ber ®rric$tung ber ©otte«^&ufer. SBie
in ^eibnifc^er Rz\t ber 33eftirf«^äuptlin$ für ben Sau unb bie Unterhaltung be« lempcB
äu forgen gehabt fyatU unb biefer fetn (Eigentum toar, fo lag auety je^t ber 9mt t>m
litten gan^ in ^riDat^änben. SIber toäbrenb beim ^eibnifc^en ©oben [\d) an ben Tempel
gugleid; toeltlid^e $Jlad)t fnüpfte, tourbe biefe bon ber ftir$e gam Io«getrennt. 6« fonnte
bemnadj jeber ein ©otte«^au« errieten, ber e« tooHte. ^n ber Siegel gef^a^ e« aDerbinge
ba, too bi«^er ber Tempel geftanben ^atte. 3)er ©taat getoä^rte bem ©otte«fcufe nur
ben Alirc^enfrieben, b. fy. e« burfte bei ©träfe niemanb §au« ober ©eräte beriefen. Slba
45 ber Äird^enbeft^er fyatte auc^ für ben ©eiftlic^en ju forgen, ein Umftanb, ber ben geijt
liefen ©tanb ungemein ^erabbrücfte. 3)enn um nic^t aü^ubiel 2lu«gaben für biefen pi
baben, tourbe ber Ätrc^enberr enttoeber felbft ©eiftüc^er, betrieb aber bie« Slmt nur al«
Nebenamt, toä^renb er feinen Seftfcungen ober bem §anbel bie meifte 3^ toibmete, ober
er mietete einen ©eiftlic^en, bem er möglic^ft toenig tn geben brauste unb ber gang toie
so ein 2)ienftmann be« §errn be^anbelt tourbe. 3U W^fw aRifeftänben fam no<$ toeiter, baj
in ältefter 3^t bie ^Jriefter meift 2Iu«Iänber toaren, 2)eutfc^e, ©nglänber, 3ren. 8lu«länber
toaren auc^ bie älteften Sifcfyöfe ber $>{nfel ; e« toaren SBanberbifcfcöfe ofjnt feften Ort,
bie balb in Sortoegcn, balb auf 3«lanb ft^ aufhielten. (Srft feit berSRitte be«11.2ja^
^unbert« (1056) erhält 3«l<tnb in 3*Wf feinen erften ^eimiwen SiWof, ber tn^erborben
55 in SBeftfalen au«gebtlbet toar unb Don 2lbalbert Don Sremen bie SBeifye erhalten ^atte.
2lud^ er ^atte, ab^efe^en Don einer geringen Äopffteuer, feine fefte (Simta^me, unb fo toar
er gcjtoungen, fernen ©tfe in ©Kl^olt, feinem Däterltc^en Seftytum, ju nehmen. So
tourbe ©fätyolt ber erfte Sifd^of«fi$ ber ^nfel. geftgclegt tourbe biefer an jener ©tätte
bann burc^ 3«Ieif« ©ofyn unb 9Jac^folgcr im 3Imte, ben energtfd&en unb ftaat«flugm
eo ©ijur, ber toie fein SBater in 2)eutfcfylanb erjogen unb 1082 Dom ©rjbtföof §arttoig
3$l<tttb 455
tont Stagbeburg uim SifAof geWeifyt Worben War. $iefcr ©Uurr ftiftete bem SiStum
ba* Daterficfce @ut ©fätyolt, bamit ber 33ifd&of in £ufunft etnen feften ©t$ unb fefte
Dotation £abe. gerner führte ©igurr 1097 unter bem 99eiftanbe angesehener Häuptlinge
ben 3^nten öwf ^Icmb ein. ©eine ßrjie^ungeftätte, £>eutf#lanb, War i|m babei*
Sorbilb, unb fo befttmmte man, bafe Dom geinten ein Seil für ben Sifcfyof, einer für 6
bie ^riefte, einer für bie ©otteäfyäufer, ber bierte enblicß für bie Slrmen fei. 2)ic räum*
fi$e 9hi$be$nung ber Snfel erßeiföte unter ©ijur au$ bie ßrrießtung eines Reiten
Öiföof Sftfceä : 9htf Verlangen ber SRorblänber, Würbe für ben Sorben ber ^nfel baäStetum
&6lax gegrünbet, beffen erftcr Sifd^of, %6n Ögmunbarfon, 1106 ju 2unb bie bifd&öfltc&c
Ski&e erhielt. S)ennbem (SrzbiStum 2unb War bamafö bie^nfel untergeftellt (feit 1103), 10
nac^bem ftt& bie£ bon 33remen*§amburg abgezweigt fyatte.
3)ie Ätr^e befanb fi$ auf 3ßfonb Dotlftänbig in ber ©eWalt beä Staate«. 3)aßer
Wählte aud) bie Sanbgemeinbe ben Sifcßof. SJerfelbe Würbe bann Dom (Srzbifcfyofe ober
bem Sßapfte geweißt, Wie er felbft bie bon ben Kircßenbefijjem erf orenen ^Jriefter für ißr Slmt
Weißte. 2)iefe Äbßängigfeit be$ SMfcßofä unb ber ^riefter Dom BtaaU unb bon ^rtoafc 16
perfonen trug nic$t befonberS jur Kräftigung ber geiftlicßen Autorität bei; bie ©eiftlicßcn
Dertoeltticßen, — ßatte boeß aueß ber ©ifcßof zuweilen neben feinem geijWicßen Slmte ein
WeitlicßeS, — jinb im §inblicf auf grau unb Kinber gelungen, fieß naeß Nebenerwerb
umzufeßen, unb fallen feßliefelicß ber größten ©ittenloftgteit unb Stoßßeit anßeim. 9Boßl
(jiebt e3 feit c. 1130 ein aufgezeichnetes Sßriftenrecßt, ba$ bie ^JJflid^ten unb Sterte ber ®cift* 20
liefen unb ber ©ememben enthielt, allein biefeS braute feine Seränberung in bie ganzen
Scrfcältniffe unb ifi nur ein Seil beS allgemeinen fianbrecßteä; e$ leßnt fieß in feinem
Äcrne an bie Seftimmungen, Wie fte bis baßin ßerrfcßenb Waren. ©0 fteßt bie mittel*
alterlicße Kircße auf 3$lanb bis um 1 150 in feßroffem @egenfa$ *u ber in ben anbern Seilen
be3 9(benb(anbe3: Kein Gölibat ßerrfeßt, überall Saienpatronat, feine fireßließe gefefcgebenbe 26
Oetoalt, felbft bem Weltlichen Neckte ift ber ©eiftlicße unterworfen unb bon ber
allgemeinen ©teuer meßt auägefcßloffen. SBanbel fd?ien in biefer Sezießung einzutreten,
ab 3Äanb 1152 bem neuen ßrjbtetum SRtbaroS ($rontßeim) jugewiefen Würbe, ba
#cr bie ©rjbifcßöfe bemüht Waren, bie Kircße bom Btaak lo$zurei|en, unb alles
aufboten, um aueß bem telänbifcßen Klerus eine felbftänbtge unb unabhängige Stellung so
{u fcerföaffen. ®in Seil ber islänbifd^en Sifc^öfe reifte bem HJletrofoliten gern
bie Jjjanb unb War bereit, au$ bie islänbifd^e Äirc^e im ©inne ©regorS VII. ju
organtfteren, boefc War bie tölänbifd^e Seöölferung $u fonfert>atib, um ftc^ etwas Don ifyren
angeerbten Siechten nehmen ju laffen unb bur^ ßinfü^rung beä fanonifc^en Stentes i^r
ganbrec^t berieft ju fe^en. ©leic^Wo^l bilbete fi$ eine fir^Iic^e Partei, bie ber ©itten* 35
berberbnid unter ben Älerifalen fteuertc unb bemüht War, bie ©eiftlicfycn bon allen Welt*
Bc^en SSefc^aftigungen fernzuhalten. 3)aburc^ begann auf %$lanb ber Äam^f jWifd;en
Staat unb Äird^e, ber bie tyeillofeften SBinen ^ertoorrief unb ben Sr^bifc^of Don zRibaro«
enblic^ nötigte, bie ßügel ftraffer anzugießen unb einfach norWegifcße Sifd^öfe ber ^nfel
aufzuzwingen (c. 1238). 3)iefe traten natürlich bo^elt energifcß für ba« fanonifcfye Mird;ens 40
Ttty «n unb befämj)ften bor allem baS Saienfatronat. ©0 Waren feit ber -Kitte beä
13. 3a^unbertö bie meiften tölänbifc^en Sif^öfe 2lu«länber. 3lber aueß bie Wenigen
^ehnifeßen arbeiteten ganz *m ®ctftc be« Metropoliten, toa$ um fo leistet anging, al$
3Manb ^Wifc^en 1262 unb 1264 bem norWegifd^en Könige unterworfen Worben War
unb fomtt auefc politifcß unb Wirtfcßaftlicß Don biefem Sanbe abging. 3)azu fam, ba&46
aut^ ber norWegtfqe König bie Seftrebungen ber i^länbifcßen ©eiftlicßen unterftüfcte, ba er
mit i^rer £ilfe ben immer noeß mächtigen freien 99auernftanb auf ^lanb fieß ganz ÖCs
fügtg ju machen hoffte. Sefonbcr« ßeftig entbrannte ber Kampf zWifc^en ©taat unb Äird^e,
aU 1275 Sifcfcof ärni Sßorlaföfon Don ©fätyolt ba« neue Kircßenrecßt auf bem 2lHtyinge
bun^ufe^en Derfucßte, ba« ganz auf ^em fanonifeßen SHcc^tc fufjte unb unter bem &n- 50
Raffe beS ©rzbifc^of« Qjön Don 3)rontfyeim entftanben War. Sro$ be$ ßeftigften SBiber*
ftanbed fefcte ärni in ber ©fälßoltcr 2)iöcefc fein ©efefc bureß, unb ungefäbr 60 ^afyre
bater Würbe e« burefy König TOagnuS eiriföfon in ber Don .ftölar eingeführt. 'Durd^ bie
Stnfft^runa biefe« neuen Kircßenre^teS fyattt bie tircßlid^c ©eWalt über bie Weltliche geftegt,
bie fRac^tfteKung ber ©eiftlic|feit War ber in anberen Sänbern bcS 2lbenblanbeS gleid^. 55
$abur$ War Äer ba^ grojje nationale ^n^^effc gefd;Wunbcn, ba^ bie ©eiftltcfyen in
früherer Qnt auf 3$fonb Ö^^flt Ratten. Seftanben boefy fd^on feit früßeftcr 3e^ ™$*
nur an ben 33ifc^of«f^en, fonbern aueß an mehreren ^riefterft^en Spulen, in benen neben
©treiben, ©efang, Satein, Styetorif, ^oetif, Ideologie, 2lftronomie unb Slftrologie an&
^emrifd^e ©efeßießte eifrig getrieben Würbe, ^rieftet wie ©aemunbr unb 9lri fmb jugleic^ eo
456 3*lattb
bie bebeutcnbften ©eföid&tsforfcber $SlanbS. 3)er toid&tigjie ©fe btefer botertönbiffyn
©elcfyrfamfeit toar Obbi im ©iibtoeften ber Snjel. 3U biefat VricftaWulcn ^nn<n *
©d&ulcn an bcn Älöftern, an benen im gleiten ©inne gearbeitet tourbe. Bor ber etfta
fiälfte beS 12. ^a^unbertS freiließ l)at eS auf SjStanb feine Jtlöfter gegeben: ba* äücftt
5 ift baS 1133 gegrünbete Senebiftinerflofter ju Sfyingetyrar, bem no$ ]tdfi 9Won$fr unb
^tuei Slonnenflöfter folgten, alle bom 93enebiftiner* unb Sluguftinerorben gearünbet, feine*
bon ben £omini!anern ober grangiSfanern. 2)ie rege griffige arbeit ber ©eiftlw^, bie
bis um bie 3Witte beS 13. ^aljr&unbertS auf ber $nfel &errfc$te, fcört bon btefer 3«it an
auf ; toter 2Jtarien= unb £eiligenfult, Silber» unb Steliquienbienfi tritt an tyre Stelle.
10 Sejonbere Sere^rung burd& Sieb unb ©penbe genofe bie Jungfrau SRaria, baneben bie
Straftet ^etruS, Cannes, 2lnbreaS, ^auluS. 93on ben nortoegiföen ^eiligen ftanb Olaf
ber fettige obenan ; bon ^Slänbern toaren bie 93ifc$öfe 2$orlärr, $6n Ögmuitbarfon unb
©ubmunbr Slrafon heilig geferoetyen toorben unb genoffen allgemeine Serebrung. toi
ber reformatorifd&en Seftrebungen bertiefte ft$ ber ©otteSbienft nic&t Sluf SiJufiedk&letaii,
16 toie (Sinfyalten ber gefte, SBcten, gaften u. bgl., tütrb am meiften gegeben, fonft ifk man
iufrieben. toenn ber 2aie baS Grebo unb ^aternofter unb bieftei$t noefc baS äbe Diana
ennt. Über ben SebenStoanbel ber ßird&englieber fefct ftd& bie ©etftlidfrfeit meift fcmto*
unb brüdt über ben Aberglauben unb bie ©ittenloftgfeit baS Sluge gu. #«*$* **¥
unter bem JüeruS felbft bie größte §abfud&t unb ©ittenloftgfeit. ©eit um bie SRttte be*
20 13. 3afy$unbertS baS ßölibat eingeführt toar, fommt baS Äonfubmat gu einer Sitte,
toie eS toofyl in äfynlicfyer SBBetfc in feinem anberen Sanbe beS SlbenblanbeS ber ^faH ge=
toefen ift. ©o toirb bom ^Jriefter ©bembjörn 3$orbarfon berietet, bafe er im ÄonwKnate
ri\d)t toeniger als 50 Jtinber.unb aufeer bemfelben eine toeitere 9ln$a$l eneugt $abe. (Eine
Seffcrung in btefer Sejie^ung trat erft ein, als ben Räubern ber ©eiji ber lutfaiföcn
25 Setyre in ?[leifd& unb 93lut übergegangen toar.
$>er Deformation ift auf ^Slanb burd) prftenbefe^I auf ä^ntidfre SBeife jum Siege
berfyolfen Sorben, toie bem S^riftentume. ©eit bem 14. ^atyrtyunbert toar bie 3nW ■*
SHortoegen an 3)änemarf aefommen. 9lac^bem G&riftian III. 1536 bie Se^re 2ut$ert in
feinem ©tammlanbe eingeführt, toar er eifrigft bemüht, btefer auc£ auf 3«Ianb jur fya*
80 jdjaft gu bereifen. SBJo^l gab e$ ^ier bereite eine ainja^l ©eiftlic^e, bie in ©eutf^lanö
ober -ftortoegen unb 3)änemart bie neue Sefyre fennen gelernt Ratten unb für fie begeiftot toartn,
allem tyr (Eintreten für fte ftiefc auf ben J^eftigften SBiberftanb ber iSlänbifdbcn Sifc^öfe unb
beö tölänbifcfyen 3Joffeö. Unter jenen Männern befanb [\d) a\x$ Obbr ©ottöfallefon, ber bad
3VX nad) Sut^erö Überfe^ung in« 3tfänbtf(^e übertrug. Sefonber« ftart toar bie Ja»»
8ö teftanttjcfyc ©trömung am ©i^e be« 33ijc$of$ bon ©Kl^olt, beffen Äerr Ögmunbr, an
^oc^betagter, faft erblinbeter ©reis, ein aelotifc^er Sln^änger be« alten ©lauben« toat
3)iefer übergab, ba er ftcb nid^t ftarf genug jur Serteibigung füllte, ba« 93i*tum fenwn
^flcgefo^ne ©ijur, ber in SBittenberg ftubiert, fic^ aber nic$t offen jur lutberifc^en Se^ce
befannt ^atte. ©anj gegen (Srtoarten feinet ^flegebater« unb ber fat^olifc^en Partei an
4o beffen §ofe tritt btefer balb offen für bie neue 2e|re ein unb beginnt in feinem Sittume
$u reformieren. S«^^ 3e^ h?ar c^n S3cfc]^I ^^ Äönigö S^rtfKan III, auf bem 2UUtyin#
beriefen toorben, nad^ bem bie neue Jtircfyenorbnung auf ber 9[nfel eingeführt toerben fdte.
93ergebltcfy fud^t je^t Ögmunbr ba«; Stetum lieber an ftc^ ju reifeen. Dänifc^ Äriea««
fd^iffc führen tyn nad) Äofen^agen, Wo er balb im ©efängmä geftorben ift 9tad& biefm
45 Vorgängen fügte fi4 aud^ ber Sifd^of %6n Strafon bon $6lar, ber mit bcn 9toi*«
teuten eben erft gegen bie föniglic^e 15crorbnung jjrotcffiert tyatte. ®(eid^ta>o^( blieben et
unb bie 9?orblänber, lx>te aud^ biele ber ©fätyolter Diöcefe gut J>äpftlic^. Unb alö 1548
©ijurr geftorben toar, bertreibt 36n beffen froteftantifc^en 9lac$folger mit SBaffengetoalt,
bemächtigt fic^ be3 aStfd^ofeftubleö bon ©fäl^olt unb füfyrt im ganzen Sanbe ben alten
5«) ©Iauben unb bie alte Äird^enberfaffung toieber ein. 35oc^ balb barauf toirb er bon
J>erfönlid&en ©egnern ber bänifc^en Regierung ausgeliefert unb bon btefer Eingerichtet (1550).
9lad) feiner SSejeitigung toar ber SBiberftanb gebrochen, unb nun tourbe auf bem SUÜ^mge
1551 bie bänif$e 5tirc^enorbnung als gefe^lid^ für panj ^Slanb anerfannt. 3^^
toar aQerbingS btefer JtonfefftonStoed^fel ein rein äufeerlt$er ©c^ritt, unb baS babfütyigc
56 ÜBorgc^en ber bänifc^en Seamten trug nxtyt baju bei, bie Setoo^ner ber 3nfel fixt Me
neue ie^re ju ertoärmen. £>ie meiften Äird^ens unb Äloftergüter tourben bon i^nen für
ben bänifdjen Äönig eingebogen; fird?licf)e ßinna^men, toie ber Sifd^ofeeEnt, floffen eben«
falls in ben föniglic^en ©äcfel. 35aburd? tourben bie einnahmen ber ©riftlic$en, bie bon
ber ©emeinbe getoä^lt, bon ber SRegicrung cingefe^t toerben, jiemlic^ bürftig. infolge«
w» beffen trat Mangel an geeigneten ^rebtgern ein, unb nic^t feiten bereinte einer mebmt
3*lattb 3«mael 457
ßforreten in feinen §änben. daneben toalUUn ^uh>eiten Saicn be« geiftlid&en Slmtc«.
b ber ©pifce biefer ©eiftlic^en ftanben bie ebenfalls Dom bänifcfyen Äönige beftimmten
Nfcfcöfe bon $6lar unb ©fätyolt, bie aucfy fernerhin tote in Dänemarf ben ütcl „Sifcfyof"
ifyten. 33im biefen 33ifdjof«fi$en ift ber bon #6lar 1801 eingegangen, nadjbem bereit«
m 3lu«gange be« borigen ^afyrfyunbert« ber bon ©fäfyolt nad) ber gegenwärtigen $awpU 6
tabt SRetyljabif berlegt Worben fear. — Slucb bie ©ittenlofigfeit unter Saien unb ©eift*
id^at blieb junäcfyft noc$ bie alte. Daju tarn, bafe bie Sln^änger ber neuen Se^re
rit einem $anati«mu« borgingen, ber an ba« auftreten ber SBiebertäufer erinnert.
Bftjlcr tourben jerftört, flirren geplünbert, unb babei biele Wertbolle litterariföe ©cfyäfce
«mietet, ba man für geiftige Slrbeit unb SBiffenfcfyaft überbaust fein gntereffe fyatk. 10
So tfl toieber^olt bon !g«länbern bie Einführung ber Deformation al« ein nationale«
Bnglüä begegnet Sorben. ©rft im Saufe be« 17. Saftr^unbert« bringt Sutljer« ©eift
fcjer in bie §erjen, nad&bem burd? Pflege ber Sud^bruaerfunft (eingeführt um 1550) unb
rie ©rünfcung ber Sateinfd&ulen ju^ölar (gegr. 1552) unb ©fätyolt (gegr. 1553) ba« Wiffen*
tyaftltye Sntaefa bon neuem geWccf t Worben War. 9ttc^t unwefentlicty baju beigetragen fjatte 16
n$ ber Siföof ©ubbranbur $Ijorläf«fon bon §ölar, ber 1584 bie erfte boüftänbtge Über*
tymg ber Sibel in ber 2Jhitterft)rac$e Veröffentlichte unb mehrere Sammlungen guter
pfUtd^er Sieber $erau«gab. Die bon ©ubbranbur angebahnte geiftlid^e Dichtung erreichte
mgefä^r 100 3a^te foäter in ben *Paffton«})falmen be« §allgrimur $jetur«fon i^re Slüte.
J&eute ift 3«Ianb burd&Weg proteftantifö, obgleich naety bem ©efefce Dom %cd)tt 1874 20
»tte ©lauben«fretyeit ^errföt. 3llle Verfuge, namentlich fran^öftf^er ©eiftlic^er, ben
Ka$olici$mu3 auf ber 3nfel Wieber einzuführen, fmb mifcglücft. 3ln ber 6pi$e be«
JW&entoefen« fte^t ber 93ijd?of bon SRetyfjabif, ber auefy bie 3lufftc$t über ba« gefamte
Sxfcultoefen fyat. @ingetetlt ift ba« Sanb in 20 ^robfteten, beren jeber ein $robft bor*
jt$t unb unter bie bie begebenen Pfarreien berteilt fmb. Der Sßrobft leitet alle firefc 25
i«$cn Slngelegen&eiten in feinem ©brengel. Pfarreien giebt e« auf 3«lanb 141, benen
299 Atrien juge^ören. §erangebilbet Werben bie jungen ©eiftlid&en in ber *ßriefterfdjule
|K JRetyfjabif, auf ber fie nac$ Slbfolbierung be« ©tymnafium« brei ftatyre &u berWeilen
pflegen, um bann bon einem älteren ©eiftlid&en praftifety in ba« SBhnt eingeführt $u
»erben. ©. 3Rogf. 30
3«mael £*&?&, ©Ott erhört, bgl. ©en 16,11; 21,17; LXX 'IojuarjX) Reifet
m ©o^n Stbra^am« unb ber £agar, einer äg^tifc^en ©Habin. Über feine ©eburt
mb Sertreibung bgl. ben 31. §agar 93b VII, ©. 332. ©ara, bie rechtmäßige ©attin
Abraham«, fyatte bie Serbinbung i^rer Wagb mit i^rem ©ema^l felber getoünfAt, um
Rac$ttmunenfc$aft ju erhalten, ba fie felbft unfruchtbar toar, fab fi$ aber nac^^r bon 35
icncr mi|ac^tet unb rächte fic^ bafür burc^ Wife^anblung i^rcr leibeigenen. #agar flo^
n Me SBüfte. S)ort am Srunnen Sad^aj Stoi, ber ben tarnen babon erhielt, erfqien i^r
wi (Sngel unb befahl i^r, ju t^rer §errin jurücf ju!el?ren, berfüfete i^r aber ben garten
Befehl burc^ bie SBer^ei^ung jabllofer Slac^fommenfc^aft, ©en 16 (J). ©0 tourbe ?;«mael
x bem $aufe be« bereit« betagten 3lbrabam geboren unb in ben foäter geftifteten 99e* 40
i(^netbung«bunb al« 13 jährig (17, 25 [P]) aufgenommen. Xa jeboci^ nac^ bem SBiüen
)ci Sunbe«gotte« ^faa! alleiniger @rbe be« 93unbe«fegen« fein fodte, ^teß ber $err ben
Ibra^am, bem ber ßntfc^lufe ferner tourbe, ber gorberung feine« SBeibe« ©ara naefc
geben, toelc^e imd) ben 2lnblicf be« muntern ^fmael (?ns::: fpielenb ober tan^enb, 21,9,
bat bie jübifc&e Ueberlieferung al« bo«fyafte yieeferei gegen %\aat berftanben Serefcfyitfy 40
JL 63, 15 ; bgl. and) ©a 4, 29) eiferfüd(»tig geworben, feine Vertreibung au« bem $aufe
forberte. ©0 fam ber ©o^n ber §agar in ba« SHebier, iool?in er gehörte, in bie 5ßüfte.
Stufy nac^ biefer gezwungenen %lutyt wirb eine göttliche Offenbarung an feine 3)2utter
berietet, 1 SKof. 21 (E). 311« fie in Ser^toeiflung um ben bor Dürft berfd&macfytenben
ttnabm Oagte, rief tyr eine ©timme bon oben ju, Worauf ftc ÜBaffer entbeefte. Die« 50
begab ftcfc in ber „SBüfte Seerfeba". sJlä^er Wirb bie Ürtlicfyfeit niebt angegeben. Daß
ber Vorfall nur eine anbere 93erfton be« Rcty. 16 berichteten fei (§upfelb, Duellen ber
ScneftÄ, ©. 176 f.; Dillmann u. a.), ift ntd>t ju be^aiU)ten, ba bie Umftänbe ber gött=
ii^en Crfd^einung ganj berfd^iebene fmb unb bie namenlofe Eluelle 21, 19 nid&t mit
ber 16r 14 Sac^aj 9toi genannten ibentifefy ^u fein brauebt. Dagegen bürfte aud& ^ter 66
eine Diffonanj jWifc^en ber ß^ronologic be« P unb bem (Srjäfyler E anjuncfymcn fein.
Kai} 17, 25 (P) nämlic^ ift 3^^el bei feinem 2öegjug in bie SBüfte minbeften« fünf=
^njäbrig ju benten; bagegen bie Gr^lung©en 21 (E) läßt bermuten, bafe er fic§, Wenn
md) fieser lein ©$ofttinb me^r, bod; noc^ im garten Minbe«alter befanb, alfo nur einige
458 3$mael 3#rael, ©efötyte, btbltf^e
Safce älter toar als $faaf. Stoar f orbern bie fcebr. SluSbrücfe 21, 14. 15. 18 nic^t
notioenbig, bafe er auf ber 2Banberf$aft nocfy fcon berSKutter getragen hmrbe, abertoafc
jc^cinlid) machen fie c$ in ber 3^at. ^n 21, 14 jie^en mandje LXX fror, bie e$ au&
brücflt(fy fagt: *ai biedr}xev bti xbv (bfiov ainrjg xo nmdiov. 5Die Angabe 17,25,
Bbafe 3$mael bei ber Sefäneibung fc^on 13 jährig toar, tonn bem ©ebraudfr ber Sraber
entnommen fein, toelcfye tyre Jtnaben jutoeilen bte gegen ba8 13. $afyc unbefönitten
laffen.
2)ie befonberc Sebeutung 3^mac^ liegt in feiner 9tac$tommenft&aft imb ifcer
Stellung ju 3$rael. 2)iefelbe foQ lein 2lnre$t ^aben auf baä SBer^eiftungSerbe be$
10 ®otte$öolte (t)gl. aucfy 25, 6), toofyl aber £)anf bem Segen, ber fcon Stbra^am &er auf
ben Stammvater fam, fi<$ bolfreicfy ausbreiten. 3toölf Slraberftämme — barunter fo
bebeutenbe tote SRebajotfy (5Rabatäer), ßebar, au$ SDuma, 2Raf[a, 3#ema — toerben
25, 12—18 auf %$mad ^urücfgefü^rt. C^araftertftert totrb biefer SRad&touc&ä burcfc baS
2Bort beä ßngelS über ben 2tynfyerrn felbft (16, 12): „@r toirb ein SBilbefel fcon einem
16 ÜRenfctycn fein, feine §anb toiber jebermann unb jebermannä §anb toiber tyn !" SRetfter*
fyaft ift fyier mit toenigen ©trieben Sinnesart unb SebenStoeife jener in ber SBüpe fc&toeU
fenben Sebuinen gejeic^net, toelcfye gleicfy jenem freuen SBüftentier (§i 39, 5 ff.) in ftör*
rifcfyer giferfucfyt tyre greifyeit über alles fd&äfcen, ti)x einöbeS Jlebier allen Statten ber
Äultur Dornen unb gegen 3temte tote untereinanber in unerfc&öpflictyer ge^be leben.
20 ©rünbeten auefy einzelne biefer ©tämme, toie jjum Seil bie oben genannten, feflerc ÜRieber*
Iaffungen unb trieben Äaratoanen^anbel, fo blieben fte bo$ im ganjen jener tiefern Äultur*
ftufe treu unb lebten bon SMefouc^t unb Sßaffen&anbtoerf. 311$ 8ogenfc$ü|en {eigneten
fie fty au« toie tyr Stammbater. Sgl. 3ef21, 17 mit @en21,20. 9ta<$ 16, 12 fottten
fie toeitcr öftlic^ als ifyre 99rüber toofynen. 9Belfyaufen u. a. erflären aüerbmg* "2E -":
26 er toirb allen feinen Srübern auf ber 9tafe fifcen. Sgl. aber 23, 19; 25, 18. StoberS
gr. £ommel, 2lltiSraeltt. Überlieferung, ©. 240 f. $n ber 2#at Ratten fte bie ©äffe
ofttoärtS Don ^aläftina inne, aber aud& ben ©üben Dorn , perftföen ©olf bis naefc ber
SRorboftgrenje Sg^tenS, toomit i^re Sertoanbtfd^aft mit %#>tern (16, 1 ; 21, 9) unb
ßbom (28, 9 ; 36, 3) ftimmt. ©o breiteten fte ftety über ba« ganje nörblic^e ärabien
ao au«, toeäfyalb i^r Solfename S^maeliter für bie norbarabiföcn ©tämme über^auj>t ge*
brauet tourbc. Sgl. ®en 37, 25 mit 28. 2lu<fy 9li 8, 24 u. a. toerben bie SWibianiter
unter biefem allgemeinen tarnen befaßt. 33on 3^m^l toerben ©en 25, 12 ff. (P) jtoölf
norbarabifc^e Sölfer(c^aften abgeleitet. Sgl. über beren Ser^ältntö ju ben feturätf$en
©tämmen (25,1 ff.) ©a^ce, Monuments8 201 f. §ier toirb ber Stammbaum etfyno*
86 logtfc^er ate fonft in ber ^atrtard^engefc^ic^te. 3)a^er liegt e3 na^e, in ?^mael unb
§agar feine j)erfönltc^en ©eftalten, fonbern urforünglid&e ©tämmenamen ^u f^en, toie bie
meiften Steuern toollen. 2Ulein gerabe S^^ael ift ein uralter Sßerfonenname, ben auc^
bie altarabifc^en ^nf^rtften auftoeifen. Sgl. §omnxel, 3lltter. Überlieferung, ©. 82. 8uc$
^ier toirb alfo toie bei S^^el ber gü^rer bem ©tamme ben SRamen gegeben tydxn, otytu
40 bafe natürlich alle bie Sölfergru^cn, bie mit tym in ßufammen^ang gebracht toerben, feine
j)^t;fifc^en De^jenbcnten toären. 3)a^ ftcb^rael mit biefen teraelitifc^en Stämmen blute
toertoanbt toufete, beruht auf richtiger Überlieferung. 3)ie muäimifc^en Araber, toelc^e
^«mael mit Stoljj $u i^ren 2l^n^errn jaulen, laffen tyn in ber Äa'ba ju 3ReRa mit feinet
SWutter §agar begraben fein. 2lbulfeba, Histor. anteislam. ed. gleifcfcer, S. 24 ff.;
45 spocoef, Specimen hist. Arab. (1806), p. 6 sq.; 177, 506 sq. u. ö.; b'£erbelot,
Driental. Stblio%f (^Kaftric^t 1776) s.v. £agar, 3«mael, 3f(^a!. — SgL über3*mad
bie unter gfaaf o. S. 438 aufgeführte Sttteratur. n. Crefll
3fof 5Könc^ f. Sb VI, S. 347, 35 ff.
3draelf ©efc^icfjte, btblifc^e. — Sittcratur: Obwohl ed ju allen Seiten btn
60 Suben iuie ben (Sbriften nid)t ferne lag, bie idraelitifcfc 6)efdöidöte auf bibliftber (Srunblaje
barjufteUen, t)at ba^ SBorbilb be§ ^fftorifer^ glauiud 3ofepbu* in ber älteren 3ci* »cmd
9*ad)al)miuifl gefunben. 9lu« ber alten d)rifllid)en ^tv4e ift ju nennen bie <£l)romf be^
8ulpiciud öeucruö (f. b. %). 33g(. aud) bie tfjeologifdje Bearbeitung bed ©egenftanbe« 0011
ftiigufttnuS, De Civitatc Dci L. XV— XVII. — @rft uom 17. Safcrtjunbert an enoatftte
55 lüieber baö fjiftorifcfie Sntcrcffe baran, unb c« tüurbe bie idraelit. ®e|d)id)te nic^t feiten in
53cjtcl)uiu3 ftii ber atlgcmeinen 9Beltgefcbtd)te gefegt, fo oor ollem üon3nme8 Ufter. Annale«
V. et N. Test, Bonbon 1650. 54 (ugl. tieftet, ÖJef*. MHZ in ber d)riftl. ftir*c 6.466);
3. ». »offuet, Discolire sur Fhistoire univereeUe, <PariÄ 1681 (ogL ©b III, 339.* ff.);
4>umpljrt) ^rtbeouj, The Old and New Test, connected in the nistory of the Jews and
3*roel, ©efdjtdjte, utMtfdjc 459
neighbouring nations, 2 voll, fionbon 1716. 18; beutfd) Don A. Mittel, 3)rcSben 1721 (ögf.
Stießet o. ü.O. 8. 462); ©am. ©bufforb, The sacred and profane hist. of the world con-
nected, 2 voll, Äonbon 1727. 29; beutfd) üon %\). Arnolb, »erlin 1731 ($ieftel a. n. 0.
6. 462). (£r bebanbelt bie @efd)id)te apologetifd) gegen bie Reiften, bod) reid)t fein SBerf
nur bi« Sofuad ftuXob; fortgefefct ift eS uon (£. ©.Sänge, Söerfud) einer Harmonie ber bei* 5
ligen unb $rofanffribenten in ber ©efdn'djte ber 95*elt uon ben Reiten ber Siebter bis jum
Untergänge beS 9freid)eS SSrael, 2 93be, AnSpacb 1778. 80. — «gl. au* 3- ©aurin, Dis-
coure historiquee, Amfterb. 1720. 28 (f. b. A. ©aurtn); ferner ©tafboufe, iBcrteibigung ber
6161. ökfd), überfefrt üon Sfr. <S. föambacb, 8 93be 1752-1758; ßllientbal, $ie gute ©acbe
ber göttl. Cffenbarung 16 93be, 1750 ff. — 93on anberen mürbe bie alttcftamentlid)e ©efd)id)te 10
mit ber Äird}engefcbid)te in 93erbinbung gebradjt. So uon &riebr. ©panbeim, Hist. eccl. ab
condito Adamo usque ad aevum christ., Lugd. Bat. 1701 unb 3. 93afnage, Histoire du
V. et du N. T. 4 voll., Geneve 1708 unb L'hist. et la religion des Juifs depuis J6sus
Christ juaqu'ä present 5 voll., föotterb. 1707. Aud» ber fatljol. Xbeologe Aleranber WataltS
bat bie altteft. ©efdjidjte an bie ©pifce feiner Äirdjengefdjidjte gefteül: Hist. eccles., 8 voll., 15
$ariS 1699. Aebnücb ber ffatbolif Auguftin (Satmet ; ftebe über befjenSBerfe 93b III 6. 648, 20. —
ÖoccejuS unb feine ©djule ft)ftematifierten bie ©efdjidjte nad) ii)rem tbeologifdjen ©djema, fo
§. ©. 91. ©ürtler, Systema theol. propheticae, Francof. 1724 ($ieftel a. a. 0. ©. 532 f.).
3frei üon Äünfteleien biefer Art ift ßompegiuS 93itringa, Hypotyposis historiae s. et chro-
nologiae sacrae, Franequerae 1708. 3" ber lutber. Strebe leiftete 93oräüglidjeS fjran j 93ubbc 20
(Buddeuß), Hist eccl. Vet. Testamenti 2. voll., Jenae 1715. 19 ($ieftef, ©. 463). — 3m
18. 3a!>T&. fdjiiefet fieb an Sengeid ©djule 3tt. gr. 9?ooS, Einleitung in bie biblifebe ©c*
fdjid)te, 1770 ff. (Sbenfo fdjlicbt unb populär gebalten ftnb bie biblifa>gefcbicbtlicbcn ©ebriften
*on 3. 3. $e& (f. über biefelbcn 93b VII, ©.796 f.). 93enoanbt finb aueb bie biograpbifcben
»Über WemeljerS: Sbarafteriftit ber 93ibel, #alle 1775ff.; julefrt 1830-32. »on »erfudjen 25
in ber römifdjen Äircbe finb ju nennen 3. 3abnS Arcbäologie, Xeil 2 in 2 »ben 1800 bis
1802 unb &op. oon ©tolbergS ©efd). ber Religion 3cfu 93b I— IV, 1806 ff. — $er im aß.
gemeinen um biefe 3**1 b*rrfd)enbe Nationalismus fommt jur Sölüte in fiorenj 93auerS
&ef$td)te ber bebr. Nation, 2 SBbc 1800 unb in feiner bebräifeben Wtotbologie, 2 93be 1802.
$e fBette führte barüber btnauS. so
3«i 19. 3öbtbunbert laufen eine rationaliftifebe ober naluraliftifdje unb eine offen»
barungSglfiubige 9Hd)tung neben einanber %tx, nia^t obne fid) uielfacb einanber an&unäljern.
9?eue gmpulfe geben einerfettS bie arcbäologifdben Gntbccfungen auf bem ©ebiete be§ antifen
Orients (flegtyptologie, ?lff^riologie u. f. m.), anbererfeitS bie fritifebe Umgeftaitung ber alt«
teftamentl. ©ef(bi(bte bureb bie ©tjpotbcfen üon 9teu6, ©raf, ßuenen, SBeübaufen, meldjen fieb 35
bie meifren neuern anfcblicfeen, »ftbrenb anbere mebr ober iueniger befttmmt biefelbcn ab»
lehnen. Sir nennen auS tiefem 3eitvaum üor ädern ^einrieb Gmalb, ©efeb. beS ©oltcS
SSrael (bis auf «ar ^oebba), 7$Bbe famt 1 93b Altertümer, 3. Hufl. ®öttingen 1864-68;
C. ©ertbeau, 3ur ©ef*. b. 3*raeliten, jioei Abbanblungen, ©öttingen 1842; ©. fc. fiengerte,
ÄenQon, SoifS« unb $Religton8gefd)id)te SSraelS, 93b I, Königsberg 1844: £einvi# Riirf, 40
©eWicbte beS Alten JBunbeS, 2.93be, 2 Aufl., Berlin 1853-55; 193b 3. Aufl. 1864; gifen-
lobr. 3)aS fßoit SSrael unter ber ^errfdjaft ber Könige, 2 Xeile, fieip^ig 1855. 56; ft. A.
Dtenftel, Staats» unb 9ieligionSgefdii(bte ber flbntgreicbe SSrael unb 3uba, ttreSlau 1853;
3r. ». <&offe, ®ef*. beS Alten »unbeS, fieipjig 1863 ; Seber u. ©ol&mann, ©cfd). b. 93ol(eS
SSrael, 2 93be, SeipMg 1867: &.€>t&ifl, ©cfdj. b. 93. 3^ael (bis 72 n. Wr.), 2 Seile, Öeipjig 45
1869; A. Ihtenen, De godsdienst van Israel tot den ondergang van den joodschen staat
(bie Religion SSraelS bis jum Untergang beS jübifdjen ©taatS), §ao^m!869. 70; #engften»
berg, ©efd). beS 9?eidjeS ©otteS unter bem Alten ^unbc, 3 93be, Berlin 1869—71 ; Auguft
Sedier, fiebtbueft ber biblifeben ©efebiebte AXS, (Srlangen 1875—93; fi. ©eineefe, ©efd). beS
»olfeS 3*tael, 2 93be, ©öttingen 1876-84; 3. ©cHbaufen, ©efeb. SSraelS. I, »erlin 1878 60
(fpätere Auflagen unter bem Xitel: ^rolegomena jur ©ef*. SSraelS); berf., 3Sraelittfd)e unb
jubifcfie ®ef4icbte, Berlin 1894; 93ernbarb Stabe, ÖJefaiicbte bcS93olfeS SSrael, 2$bc,93erlin
1?87; G. Wenan, Hist. du peuple d'Israel, 5 ©be, ^ßariS 1887—93; beutfa^ u. (S. ©cbälSft)
1893; 9?. Älttel, ©efd). ber Hebräer, 2 93be, ©otba 1888-92; §• Sincficr, ©efd). S^aelS
in Cinjelbarfteflungen oon 1895 an; A. Äloftcrmann, ©efef). beS 93olfeS SSrael, ^iindien 55
1896; <L ^iepenbring, Histoire du peuple d'Israel, Strassbourg 1898; (5. §. ßornin, (9efd).
beS 33. 3^- »*>n ben älteften QdUn bis 4utr Störung 3f^uf. bura^ bie iHömer, ©bicago
1898; ^enn. ©utbe, ©efeb. beS «olfeS gsr., greib. i. S5r. 1899; 90. ©taerf, Stubien jur
»eligionS» unb ©pra«gefcbid)te b. A2, .£>eft 1. 2. Söerlin 1899; X. St. Gbcl)ite, XaS religiöfc
8«ben ber 3uben nacb Dem (Sjil, beutfd) uon .&. ©torfS, tieften 1899; W. Ööbr. ©cfd). beS oo
U. 3*t. in 8 93ortrfigen, ©trafeburg 1900. Jür bie neutcftamcntlidjc ^eriobe ift baS £aupt*
»erf ©. ©(ftürer, ©efeb. beS jübifeben 93olfcS im Zeitalter Sefu Gbrifti, 3 Aufl. in 3 »«üben,
&ipjig Pon 1898 an: A. fcauSratb, Weuteftamentl. 8citgejd)icbte. 2. Aufl., fteibelb. 1873—77;
3 Aufl., aRüna^en üon 1879 an. — 93on 93earbeitungeu beS ©egeuftanbeS burd) iSraelitifcbe
Qkfebrte ftnb a« nennen: ©. Srieblänber, ©efd). beS iSr. 93olfcS, 1848 (unuoüenbet); S. W. («
Soft ®efd>idjte ber 3Sr. feit ber Seit ber gflaffabäer bis auf unfere läge, 10 93be, »erlin
1820—47; berf., ©cfdb. bcSSubentumS unb feiner ©eften, 3 35be, Seip^ig 1857-59; £. &\y
460 3*rael, ©efdjtdjte, BiMtf^e
feib, ®cfd). b. $. 3«r. uon her Rcrftörung be« crften Xempel« bt« *ur (Sinfefrung b. SRaffab.
6d)imon, 3 Sbe, 93vaunfdnueig 1847-57; "Öforifc SRaptjall, Post-biblical History of theJews
from the close of the Old Test, tili the destruction of the second temple in the year 70,
2 voll., Sonbon 1856; #. ÖJräft, (öefd). berauben uou ben «fteften Seiten bi« ouf bic ©ea.cn»
6 wart, 11 93be, Seidig 1854- 75; «. ©eiger, $a«3ubentum u. feine ©efcfctdMe, 8 Sie, «re«lau
1864-71; S. 93äcf, @efd). be« jübifd)en Eolfe« unb feiner Sitteratur, 1878; 3>aoib Gaffel,
Urbild) ber jüb. ©efrf}. u. Sitteratur, Seidig 1879; 9fl. SBrann, ©efd). ber 3ubcn unb tyrer
Sitt., 2 9lufl., 93re«lau 1896. — $ie ©ef#i#te 3«rael« fjat aber au* in ben 3>arftellungen
ber allgemeinen $8eltgefd)id)te eine tnefyr ober weniger eingeijenbe unb angemeffene 93efjanb*
io Iung gefunben. f o in ben ©efd)id)t«roerfen toon 9Kaj $uncfer, 2. ü. SRanfe, wafpero (®efd). b.
morgeniänb. Golfer im Altertum, beutfd) üon ^ietfdjmann 1877), (Sb. SRetjer u. a.
tiefer 2lrtifel fott im toefentlicfyen nur eine äufammenfaffenbe Überfielt über ben ae«
fcfyicfytlid&en Serlauf geben, inbem für ba« 9täfyere, too möglich, auf bie ©J>e*ialartuel
bertoiefen toirb. Die Slamen, unter toelcfyen folc&e nadmife^en, fmb mit * bejei^net
15 ^auptquelle für bie i«raelilifdHübifcfye ©efcfytcr/te ift bie Öibel, befonber« ba« SEE, bon
toelctyem außer ben fyiftorifcfyen Supern namentlich aud& bie prol>f}ettfc£en in 8etra<$t
fommen. Die biblifcfyen Sucher ftnb al« fyiftorifd&e Quellen um fo toertboHer, je nä^er
iijre ©ntftefyung ben ßreigmffen liegt. 6o ift *. 93. ba« ©amueli«bud&* juberläfftger al«
bic ßfyronif * ; bo$ fann and) in ber jüngeren Quelle ft$ alte« Material finben, loa« bie
20 ältere nid^t bietet, ©o ift« in S3ejug auf bie ßfyronif in tyrem SSerfyältnt« $um ©antuet
unb Äönig«bud&*, ober beim jtoeiten SRaffabäcrbucty* im SJer^ältm« jum erften. 9lo$
um ein beträchtliche« ftefyt hinter ber Gfyronif $labiu« 3°f^ug* jurücf, abgefeben bon
ben ©d&riften, too er ©elbfterlebte« berietet. Smmerfyin bietet er jur älteren <$ef$i$te
toertboHere Seiträge al« *Pfyilo. Die talmubifqe Srabitton fommt für bie ältere §eit al«
25 Quelle gar nicfyt in 33etra$t, bagegen für bie foätjübifc^e, für toeld&e autty bie aeitgenöf*
ftfcfyen gried&iföen unb lateinifcfyen Tutoren bei juüe^en ftnb. — 3Ronumentale Quellen jur
i«raelttifc$en ©efdn'd[jte fmb, abgelesen bon ft)äten STOünjen au« ber ÜJlaßabäcrjeit, tmSanbe
felbft gar feine bon SBelang erhalten geblieben. Dagegen ift ein üRonument erfien Stange«
ber auf moabitifcfycm ©ebiet gefunbene HJlefc^aftein*. 33on ^o^em SDSerte ftnb bie ca&
so giebigen Duellen, toelcfyc bie 2ljfr/rioIogie Unb 2legr/l>tologie eröffnet ^aben, ba %$xad mit
biefen SSölfem in mannigf atyn Sejiel^ungen ftanb. ©ie^e flgfffUn*, 9lhube* (unb
S3abt;lon). 3^re monumentalen 2lufjeic^nungen bereitem im einjelnen bie biblif<$e
©efqic^töenäplung unb orientieren namentlich über ben 3ufammentyang ber Gegebenheiten,
bie ßfyronologie u. bgl.
36 Die ©efcfyicfyte §«raeß tourbe früher faft au«fölicfjliclj bom t^eologifc^en ®eftdbt«<
jmnltc bargeftellt al« Offenbarung«- ober £eU«gef$ic£te. Die« ift bor allem ber ©eft^t«^
punft ber biblifd^en ßrgäfyler felbft. 3n neuerer 3«t toirb fie oft al« bfo^e Sßrofan*
biftorie be^anbelt, b. \). ofyne SRütffid&t auf ba« befonbere göttliche SBalten barm unb ba«
$ofye $kl, auf toeld^e« bieje ©ef$icr)te angelegt toar. Die d^riftlic^e Ideologie toirb fW«
40 biefen fyöfyeren galtor im Sluge behalten muffen, ofyne barüber bie menfc$lic^ hrbtfcfcn
^cr^ältniffe unb Iriebfebern nt bernad&läfftgcn. Slufeerorbentlic^ ober tounberbar ftnb ja
nietyt bloß eimelne %t)<xtm unb (Sreigniffe in biefer ßiftorie; ba« aufeerorbentlit&fte tp bie
gruc^t, bie fte gebraut f)at: ß^riftu« unb ba« Gfciftentum. 5Ber biefe £öcr/fie Offen-
barung be« lebenbigen ©otte« lennt, ber toirb and) in ber ganjen ba^injtelenben 6nt^
45 toicfclung toeber ein bloße« Äräfteftncl nod^ eine nac^ orbinärem -Dtaßftab jure^huftuAenbe
©efd^id^tc erblicfen, fonbern biefe ßnttoicfelung burc^toaltet fe^en bon bent göttlichen ©eifte,
ber r)ter für bie ganje SBelt ein §eil jubereitete, ba« nic^t bon ber SBelt toar. ©n
©efü^l bon ber ^Planmäßigkeit biefe« göttlichen SBalten« in i^rer ©efc^tc^te fett ber Ur*
jeit Ratten bie erleuchteten ^^aeliten felbft fd^on in fcr>r früher 3e^- $&* betoetfen jl9.
60 bie jpentateud&ifd^en gr^äf^ler E, J, P mit ifyrem .ßurücfgetyen auf bie Ur* unb 3$or*
gefc^id^te. Seiner bon i^nen r>at HWa mit 9Kofe angefangen ; fte alle fa^en, um bon ber
Ürjeit p fc^toeigen, fcfyon in jener SSorjeit, too.i^re ©tämme al« Heine 9tomaben$orben
bur^ Äanaan ftreiften, bie 93orftufe i^re« nationalen Seben« unb in bem Serte^r be«
allmächtigen ©otte« mit jenen Sßätern bic Vorbereitung ber fj>äteren Offenbarungen.
65 Die in ber ©eneft« cr^är)Ite 3Sorgcfc^ic^te betoegt fidt) im Stammen einer gamilie.
Die Jamilte toar bei ben femitifd^en 3tomaben ba« ftammbilbenbe Element, unb fo er«
Hart e« ficr/, baß bie Israeliten aüe Stationen au^ ^amilienberjtoeigung r^erborgegangen
fidr) borftelltcn, toie benn in biefem 33u$e ein gamtlienftammbaum gegeben toirb, ber bie
gan$e a)lenfc^^eit umfaßt. Streitig ift in Se^ug auf jene Vorfahren 3^Ä«te fd^ft n>ie*
♦vo toeit bic gamiliengefc^ic^tc al« gefcfyicfytlic^ ju gelten ^abe, toietoett ba« genealogtf^e
©c^ema nur auf etfynograj^ifcfye SBer^ältniffe übertragen, mit anbeten SBorten bie ©e«
3$rael, ©efdjidjte, BiMifdje 461
fc^id^te ganger Söller unb Stämme in bic ©eftalt Don gamiliengefcfyictyte gcfleibet Jet.
3)oc$ fce&en fi<$ Von ben feftematifö angelegten Stammbäumen, bie ioenig pcrfönlicge«
fieben entfalten, bie ©eftalten ber (SrjVäter felbft ctyaraftervotl ab unb e« toiÜ ntd^t ge*
fingen, t^re an beftimmte Örtlictyfeiten fidj anfctyliefeenben unb red^t inbiVtbueH gearteten
ßtlebniffe in überjeugenber SBeife auf allgemeine SBiberfafyrniffe eine« ganzen Stammet 6
ober Sßolted )u beuten. Sgl. immerhin bie Siegeln, toeld^e ©utfye, ©efefy. be« 25. 3«r.,
©. 4 ff. bafür auffteHte. 2lucfy ift bic SRücfyternfyeit unb bie ©enauigfeit im einzelnen bei
btefen erklungen fo grofe, baj* fte Don ber bietytenben (Sage, feie fic fonft bie Sölfer
um ifyre totrflictyen ober Vermeintlichen Stammfyeroen unb 2lfynfyerrn fielen laffen, gänjlicty
Vertrieben fmb. 2)a« aUerbing« ift leicht erfkfytlic^, bafe toir fyier nur noefy Fragmente von 10
Überlieferung tyaben, toelc^e lange 3eit e'ne münbltcfye getoefen fein mufj. 9iur gehriffe
fcrvorragenbe ©eftalten ^aben fi$ in ber (Erinnerung erhalten, toä&renb bie toeniger in
bie äugen fottenben unb ba« Solf«gemüt feffelnben Serfyältniffe unb Gegebenheiten ifyr
entfötounben finb. 2lber folcfye ^erjönlic^feiten tote 2lbrafyam*, ber Stammvater, an
beffen Stamm ftety bie Sintoanbcrung au« bem (Su^ratlanb naefy Kanaan fnüpft, ober 15
$afob*, ber ftcfy burefy garten $>ienft in ber aramätfetyen ftrembe unter feine« ©otte«
Segen ftu ÜBotylftanb unb jum Raupte eine« gafylreicfyen Stamme« emporgearbeitet fyat,
ober 3°fa>&** bur$ ^eRen benftoürbige 2ebcn«j$icffale bie Überfiebelung be« Stamme«
nac$5&g$>ten Vermittelt tourbe, finb al« ccfyte (Srbftücfe ber Überlieferung anjufefyen, toelctye
im toefentlit&en baefelbe Silb Von tynen, ob au$ mit Variationen, enttoirf t. Sei ber 20
©ef$i$te 3°f^^ fallt für bie ©efdncfytltcfyfeit bie genaue Übereinftimmung mit ägtyptifcfyen
Ser&ältniffen in« ©etoicfyt, toie in jenem 2t. bargetfyan ift. 3um 21- Slbrafyam (ber
92ame Aburamu fommt in alten feilinfdjr. Äontrafttafeln Vor; bie ©runbform ift aber
too^l Abträm, „mein Sater ift ergaben") ift nachzutragen, bafc ber Äricg«gug ©en 14
burefc bie babtylonifcfyen Monumente in einer 2Beife beleuchtet korben ift, toeld^c biefe 6r= 25
gtylung gerabeju al« ^iftorifäe Urfunbe erfcfyeinen läfct. 2)ie tarnen ber bort aufgezählten
Könige nämlicfc, bie bem Äeborlaomer golge leifteten, fmb nid^t nur in ben Äeilinfdjriften
größtenteils nadfoetoiefen toorben, fonbern fte entforecfycn in ifyrer gufammenftellung einer
befhmmten ®ru$>e $eitgenöffifc&er §errf$er. Äeborlaomer felbft ift Äuburlugfyamar,
König von (Slam. @« entftmctyt ben ttyatfäc^licfyen Serfyältniffcn, bafc einem elamittfctyen so
terrfc^er bie gityrung jugeforoetyen toirb 14, 14 f. antratet bagegen, ber Äönig Von
»inear, in bejfen lagen biefe 3)inge fiety jutrugen (14, 1), ift ber epocfyemacfyenbe babty*
lonifcfce Äönig Chammurabi (Chammurapaltu), toelcfyer fpäter (offenbar erft nac^ bem
®en 14 er&ä$ltcn ^elbjug) Sab^lonien Von (Slam unabhängig gemalt \)at, toä^renb er
jefct no4> bem ©lamiter $eere«folge leiften mu|te. Slrioc^, Äönig von (lllafar, ift Iri-aku, 86
Äönig von £arfa, ebenfaQ« ein SafaH be« Äönig« Äuburlug^amar. Sib'al, Äönig ber
®ojim (©uti V) ift Tudchul, ber auf einer 3nf^^ft ^m 3uTammen^an9 ni^ ^em ©o^ne
be« Iri-aku ertpä^nt ift. Son bem ©en 14 berichteten 3u9e Mcfa Äönige nac^ bem
Seften geben bie bi«^er gefunbenen SDofumente feine ?2ac^rid^t. dagegen geigen fte, bafe
eine folc^e @0>ebition in fo früher $tit feineeloeg« etlüa« unerhörte« ift, h>te bieder öfter 40
behauptet tvurbe. %at boc^ fdjon lange vor 3000 v. ßl)r. Sargon von 2ltfab (Sab^=
lonien) Viermal einen 3U0 na^ ^cm 3)ttttclmeer unternommen unb an beffen Äüfte fein
Silbni« aufgeftellt, unb fein So^n unb DJac^f olger 9iaram=Sin ift nad^ Serien unb 93tagan
(Dftarabien) unb ber Sinail^albinfel gejogen unb ^at von bort Sronje unb ben garten
SHoritftein naety ^aufe gebraut. @r mufe ungefähr benfelben 2Bcg gebogen fein tote bie 46
babtylomfctyen ffirftm jur Mt Slbral^am«. %txncx ift ju beachten, ba| Äubur 5Kabuf,
ber Sater jene« 9>ri*2lfu W »$*** **>& Sanbc« SJartu" nennt, b. f). be« St;ricn unb
^aläftma umfaffenben SBeftlanbe« (= (SmoriterlanbV). Da«felbe t^ut ber etlüa« fpätere
babtylonifd^e Äönig Ammi Satana. g« erhellt überlauft au« ben ^nfc^riften unb 110$
mefcr au« ben Jeu StmamasSriefen, bafe bie Segie^ungcn atoifctyen Sabt^lonien unb 60
ftanaan Viel ältere unb engere toaren, al« man bi«^er geglaubt fyat, unb baf? lefetere«
2anb vom erfteren infolge langjähriger volitifc^er 3lb^ängig!eit aud? in Se^ug auf bie
Kultur, l 9. ben Sc&riftgebraudj ftarf abhängig tvar. Siclletd^t fällt auc^ auf bie rcli*
giöfen SKotiVe, toel^e bei Slbra^am« 9lu«toanberung toirffam toaren, ein neue« £id;t au«
ben gnfe^riften. Sa^ce unb §ommel ^>aben toal;rfäeinlicfy gemalt, ba| jene 2)^naftie 66
be« Chammurabi eine fübfemitifcfye, bejto. arabifd^e toar, bic ftd^ ettoa 100 Sa^re Vor
i^m in Sabtylon feftgefe^t fyaitt. Diefe Sübfemiten, gu toeld^en auc^ abra^am« ©efcfyled&t
fld^örte, Verloren bort allmä^li^ ifyre Sefonber^cit, auc^ i^re reineren ©ottc«vorftel!ungen.
SKbra^am, ber nac^ ©otte« 2Bittcn biefem 9lfftmilation«pro}e^ nid)t verfallen foQte, tvan-
bette au«, unb )toar Von Ur im {üblichen Sabtylonien gunäc^ft nac^ ^aran; bie« ift, ob go
462 3*rael, ©efdjtdjie, btbliföe
aucfy auf unjerer Starte ein tüciter Umtoeg, bocfy bie getoofynte ©trafee getoefen, auf toelcber
man bamafä Don Sabtylonien nad) jtanaan gog. ÜJtittelft biefeä ©tyndfconiSmuS foDte eS
nun anty möglich fein, bie £eit, in toelctyer 2lbrafyam lebte, genauer gu beftimmen. Mein
fyier ergiebt fic^ eine ©d&toicrigfeit : bie biblifcfyen Angaben toürben baju führen, tyn um
5 2000 D. Qfyx. anjufefcen, toäfyrenb man jenen Chammurabi getoö^nlitty fc^on um 3000
ober bocfy bor 2200 regieren liefe. 2)o<| fmb bie 2lfforiologen über biefen 9nfo$ iux$
ni^t einig. Bommel £at ntlefct (3118 1898 ©. 1001) c. 2100 al« baä für beibe toafr*
föeinlicfcfte aufgeteilt. — ffia| ba$ ©tücf ©en 14, bejfen 3lltertümlid^fett föon ©toalb
fyerDorgefyobcn fyat, nictyt eine junge ©icfytung ift, ftefyt nac$ bem Obigen jebenfalfc fefl
10 @b. SKctyer Witt freilief) glauben, ein jübifäer ©plant gu Sabtylon tyabe fty jene Angaben
in ben bortigen Slrd^tbcn Derfcfyafft. allein eine fo raffinierte gälft&ung toäre einem
folgen ntcfyt zutrauen. 3Kan fefye abgefetyen bon bem unbeholfenen ©til au$ bie m
jener ßrgäfylung forttoäfyrenbe @rläuterung fol$er geograptyifd&er 9lamen, bie nit&t mdjr
geläufig toaren: 93ela, b. i. $oax\ ©ibbimtfyal, b. i. ©aljmeer: @n 3Ri§j>at, b. i. ÄabeS;
16 %f)al ©etyatoe, b. i. ftönigSfyal. UnDerfennbar fyat fyier ber Srjä&ler eine alte, föriftlicfc
borliegenbe Urfunbe ber (Srgäfylung einDerleibt. @3 ift aber Don pröjjter SBt^tigleit, ba|
an bem einigen $unft, too ein ©tücf 2BeItgefc§i$te in bie ^Jatnard^enüberlieferung fcr*
einfielt, ba$ Mitgeteilte fiety als getreue fyiftorifctye Äunbe auStoeift Sietye über biefe
Segiefyungen Don ©en 14 21. §. Satyce, Monuments8 161 ff.; gr.§ommel, Sltidr. über«
ao lieferung ©. 119 ff.; 147 ff. (too jebocfc ©. 173 ff. bie Sefung $. Steife Kudur-lug-
gamar fi$ al$ Irrtum wtüiefen fyat).
2lbrafyam toirb in ber ©enefte Dom ÜBölferbater ©em abgeleitet unb erfebemt ab
beffen geiftiger ©rbe. 5)iefe 2lbftammung teilen mit tym nad) ©en 10, 21 ff. eine Steige tnm
Söllern, bie fiefy (abgeben Don (Slam unb 2ub) in ber tycit mit ben Hebräern foratfc
26 unb ftammbertoanbt geigen, ftrie bie Slfftyrer, 2lramäer unb Diele arabif^e Stämme, ba^er
man biefen ^auptftamm bis ^eute ben ber©emiten* nennt. ^ä$er £eijjt Sftratyam 14,13
„ber Hebräer", unb fo foerben in ber älteften $eit nac$ jben biblifd^en Angaben bie
Israeliten auejj fonft Don ben SluSlänbern, namentlich ben $Sig$>tern, genannt. 2)iefer
93*8riff „Hebräer" ift nad) bem angeführten Stammbaum ein engerer als „Semiten",
so aber toeiter als „SSfaeltten". ©eine eigentliche Scbeutung lä^t f\d) ntc^t mit Dößiger
©id^cr^eit feftftellcn. ©c^tüerlic^ feigen bie „Hebräer" bie ^enfeitigen al« bie jenfeitö be^
^orbanS 3Bo^ncnben ober über ben 3>orban ©efommcnen (Stabe, 6b. SDtetyer 3o*3!&
1886, ©. 11). Sielmefyr toirb bie Senennuna auf ben ©trom 6u|)^rat ftc^ bqie^en hrie
ber feilinjc^riftlid;e Ebir nari. 2)oc^ fragt fic^ babei, ob ber 2lu^brucf Dom babtytonif^en
86 ©tanbjjunlt au^ gemüngt ift : bie jenfeit« feol;nenben, ober, toaä nHt^rfc^einlic^er (DgL
©en 14, 13) Dom fanaanitijcfcägty})tifcfyen : bie Don jenfeitS ©etommenen. 3lu(^ bleibt We
5Wöglic^feit offen, ba| ber 9iame „bie S«nfeitigen" bei einem toanbemben SSolfe bei
toec^felnben geograjj^ijd^en SSer^ältniffcn auc^ Derf^ieben gebeutet tourbe. SSgL 3fr. ^ommel,
3lltter. Überl. ©. 257 ff. Stüeifel^aften 9itd)t& ift bie ©leicftefcung be« ^ebr. 'Ibrim mit
40 bem ägttyt. cApriu (f. oben ©. 358, 21) ; bagegen bürfte bie mit ben Chabiri ber Jett
2Imarna^afe(n fyradjlicfy ba« richtige treffen; nur mufe man bort nic^t f^tett an bie
Sorfafyren ber S^raeliten benfen.
SDa^ %tbm ber l;cbräi|(^cn 9?omabenfamilie in Äanaan mar na^ überetnftimmenber
Sefc^reibung ber Duellen lein leiste«, ©ie mußten öfter i^ren äufent^alt toed^feln, um
46 ^inreic^enbe -iffieibe gu finben unb trennten fic^ aud) too^l gu biefem (Snbe, toie Don Sbra«
^am unb üot erjagt h>irb, auf toelcfyen bte im Dftjorbanlanb unb am loten 3Reer an«
gefeffenen §ebräer, 2lmmoniter unb 39Joabiter, jurücfgefü^rt toerben. 9loc^ tümmerlic^er
tourDe i^re Sage, toenn ftc in $z\kn be$ Wi^toac^fe« auf ftäbtifc^ciDiKfterte« ©ebiet über»
treten mußten, toie auf baä be« König« Don ©erar ober auf ägty)>tif$en Soben, toddp*
60 fianb bie ^ornfammer be« bamalä noc^ ntd>t burc^toeg lanbtDtrtfc^aftlic^ bebauten Äanaan
Jinir. 2)a (ahm fte fidb, mie überhaupt bie ^remblinge in jener &it, Dielerlei ^ßlacferrien
unb Demütigungen au^gefe^t, toofern nid)t bie fromme ©c^eu Dor ber über allen Jfölbrn
toaltenben ©ottyeit bie Setoo^ner ui menfc^enfreunblic^erer Sefyanbhmg biefer ungebetaien
©äfte Deranla^te (®en 20, 11). 2)a6 btefc gelungen über ba« ^Küriar^alifc^e 9lo«
65 mabenlcben ein Sleflcj ffäterer, nac&mofaiföer 3Ser^ältniffe ber S^raditen )u ben Sanbefe
betüo^nern feien, ift gang untoafyrf$emlt$.
(Sine Notlage jener 2lrt toax c$ and), tod&t gur Überfteblung bed ganjen $al6b&*
ftammeä nac^ 3igD})ten führte, unb jioar nac^ bem im 9lorboften beS fianbe« gelegenen
©ofen *, bag Don @b. sJ2aDiÜe (Goshen and the Shrine of Saft el Henneh, gonbon
00 1887) aU ber fpäterc „arabifc^e ©au'' um (ba* griec^ifc^e) $^a{ufa# ^eute Saft el $erat4,
3*rael, ©efdjtdjie, BtBlifc^e 463
befKmmt toorben ift, ber bamal« no$ nicfyt fcft abgegrenzt toar. Übet ben mefyrfyunbcrt*
jährigen Aufenthalt m biefem Sanbe verlautet toenig. 2lber bie gructytbarfeit biefe« $3oben«
tarn ber SBermeljrung be« Stamme« gu gut, bet fic| fyter rafefy gu einem 33olfe ertoeiterte,
ta« freilieft fem polttiföeä ©anje« bitbete, fonbern in feine Stämme mit ifyren patriar$a*
fifc^en ©epeie^« jerfolittert blieb. Sluct) für feine geiftige ßnttotcfelung muf$te ba« 2ioIl 6
aud ber 5Ra$e be« beftgeorbneten Äulturftaate« ber alten SBelt mannen ©etoinn jie^en.
ffiäfcenb ein $eil bleiben bei ber überfommenen 2eben«tocife bleibenb, feine §erben
nadf bor ©tejtye &in toeibete, lieft ftd& ein anberer mitten unter ben Ägyptern in feften
Käufern nieber unb betrieb ädEer* unb ©artenbau (9tu 11, 5). ©o mußten au<$ bie
(Setoerbe unb 5tünfte unter ben Israeliten ©ingang finben. SBäfyrenb beifoiel«toeife in 10
ber ?ßatrian$engefc$tt$te leine fixere ©pur fcom ©ebrauety ber ©d&reibfunft fi$ finbet, fo
ntufc biefelbe bagegen in bem toielfd&reibenbcn Ägypten ben gebilbeten Israeliten — bafc
tf foCc^e gab, betoeift fetyon, toa« Don 3°^ un& ^°fc «jätyft ift — ganj Vertraut
getoorben fein. 3)ajj 3«rael fpäter^tn mefyr ßmpfänglicfyfeit unb £eiftung«fäj?igfeit in
ber Äultur betoie« al« alle feine nqd&ften SSertoanbten (6bom, 9Jtoab u. f. Id.), mag 15
mit auf feinen frühen Aufenthalt in Hg^ten gurüd^ufü^ren fein. 2lber and) für bie
bürgerlich unb fultiföe 3lu«geftaltung feiner Religion toar biefe 33orf$ule ofyne 3toetfel
tädft bebeuhmg«lo«.
Äuc$ in religiöfer $inficfyt Ijatte fid& toäfyrenb ber bormofatfd&en $eriobe bie foätere
®otte«ertenntni« unb ber tyeofrattfcfcnattonale @otte«bienft Vorbereitet. 2Ba« 3Kofe feinem 20
Solle fcerfünbigte, muft eine Saft« in beffen bi«fyeriger ©rfenntni« gehabt fyabtrt. %n ber
2$at berieten fämtliqe alte Duellen, bafe ber jpätere 93unbe«gott, ob axxö) unter anberer
Benennung, jc^on ben SBätern in au|crorbentli4er Söeife erfcfyienen fei unb fie in feinen
öunb unb 5Dtenft genommen fyabe. tiefer ©Ott ift ber unficfytbare, erhabene, feine«toeg« an
ein beffcimmte« fianbe gefeffelte, toofyl aber an getotffen Stätten, bie barum für heilig galten, 25
jty offenbarenbe, ber §immel unb Grbe bereitet fyat (®en 14, 19). @r toofynt im§immel
unb befcrrfät Don ba bie (Srbe. gr bulbet bei feinen SSerefyrern leine anberen ©ötter
neben fu$, toenn and) in feinem erhalten Stamm au« ber Jtembe importiertes ©öfcen=
tum fug emgeniftet Ijat (bgl. bie Seraphim ber Rachel). 2lud? bie Erinnerung fefylt ntctyt,
bafe Abraham au« einer SSertoanbtfdjaft au«gefd&ieben fei, bie in Abgötterei fcerfunfen toar so
Sof 24, 2. 14). Sluc^ bie übrigen SRacfyfommen 3:era^ Ratten einen minber reinen ©Ott
l er (®en 31, 53). 5Ric^t t^eoretijd^ gtoar h^ar bie ßinjigfeit feine« ©otteS formuliert,
aber al^ etngigartiger toar berfelbe erfahren unb fo burfte i^m allein gebient Serben. 6«
toar ein prattiföer SWonot^etömu«. tiefer ©Ott toaltet über bem 5Dcenfc^enleben aU ge*
ro^ter SSargelter be^ ©uten unb Söfen. Sgl. j. 93. ba$ ©erid^t über Sobom. 3U Wefer 86
SWigiim ber S5ort>äter fie^e 35ißmann, 2l(tteft. SC^eol. 1895, 6. 82 ff. 2Ba3 man bon
©temtultuä unb Xotemtömu« in ber ©eneft« bat finben tooden, beruht auf toillfürltäer
Ausbeutung unb Eintragung au$ anberen 9teligion«gebietcn. Sefonbere 2lufmerfjamfeit
berbienen bie natoen unb primitiben Sorftellungen unb Darftellungen ©otte«, toeld?e©en
11 u. 18. 19 begegnen, in fold&er Altertümlidjfeit aber in Seric^ten über bie mojaifc^e 40
anb ft>älere 3«t ntc^t mej^r borlommcn, ba^er fie am ftd^erften auf bie bormofaifc^e
6tufe jurüdtoeifen. 3xo$ i^rer linblid^en 3lnt^roj)omorp^tömen geigen biefe 2lbf$nitte bie
oben angegebenen 3ü0e erhabener ©otte^borfteQung.
3)a| in %^ten bie reinere ©otte^erfenntni« biefe« fcmitifcfyen Stamme« nid^t ge«
binnen tonnte, lägt fi$ im borau« benfen. 3tuar behielt er feine überlieferten religiöfen 46
Snfc^auungen, toel(^e öon ben äg^tifc^en grunbberfc^ieben toaren. 2lbcr e« ift burc^au«
toa^rfc^einli^, ba| namentlich bie unter ben Äg^tern lebenben Stämme t>on bem Der=
ffi^rcrif^en ^eibentum i^rer Umgebung biel angenommen ^aben, toa« au«brüdtlid; bejeugt
ip 3of 24f14; 6j 20, 7 ff.; 23,3. 8. 19. 3luf äg^tifc^en (Sinflufe führen manche
bie m 3«rael fd^on @j 32 unb fpäter^in auftretenbe ä}eie^rung ber ©ott^eit in einem 60
©tierbilb jurücf, boc^ mit jtoeifel^aftem Sec^t. Sielte Crelli, silHgem. 9lcligion«gefd^ic^te
6.269. $Jn 9etra$t fommt and) ber Äultu« be« mofaifc^en ©c^langenbilbe« 2 ftg 18,4,
ber an bie äg$>tifäe S^mbolif erinnert. 3>n ^cn bodfgeftaltigen Dämonen Se 1 7, 7 barf
man fc^toerli^ ben l>l )8o(f t>on s3Jienbe« erfennen; cl;cr toeift ba« Verbot fc^eupe^er
Unjudbt 2e 18, 23 auf eine Don bort eingebrungene Unfitte (§crobot 2, 46). 3)er fcinb= 66
fefige&rucf, ben bie ^«raeliten toä^renb ber legten *ßeriobe i^re« äg^tifd^en Aufenthalte«
erlitten, mufcte ba^in toirten, bag fie ftc^ auf i^ren angeftammten ©otte«glauben toieber be«
faimen unb ftc^ bem ^eibnifc^en Sfßefen gegenüber ablefynenber toer^iclten. aber um biefe«
Bon) )u übertoinben unb ben alten ©lauben neu ui beleben, bagu beburfte e« eine« pro--
l^eäfdjKn Reformator«, toie er bem 9iolfe in ber H$erfon be« üDiofe gefc^enft tourbe. go
464 3*rael, ©efdjidjte, btbU^e
Die in bem nacfy ägtyptifd&er Vorftcllung bemeffen, nur tyalbcibißfterten ©ofen nieber*
gclaffenen fyebräifcfyen §irten Ratten in relatiDer ©elbftftänbigfeit lange %afyxt gelebt unb
futy ftarf Dermefyrt. Da trat in ifyrer begünftigten Sage ein Umfötoung ein, al«, tote
®E 1, 8 einfach erjäfylt, „ein neuer König auffam, ber Don Sofepty n\if8 toufete." Diefer
6 SB$ec§fel ber. äg$)tifd;en $oIitif fying .pfyne 3towfd bamit jufammen, bafc unterbeffen ba«
eigentliche Sg^tertum burety Vertreibung ber §tylfo« au« bem üanbe erftarft unb ba«
Veftreben ber fterrfcfyer be« neuen Stetcfye« nun barauf gerietet h>ar, ba« ftramm ge*
orbnete ägtyptifcfje ©taat«ft>efen in Unterägtyrten fo toeit al« möglich au«jube$nen. Da*
Don mufjten bie in jenem ©au fo lange gebulbeten §albnomaben empfuiblicfc betroffen
10 toerben, mit benen man um fo lieber aufräumte, ba fte leicht eine ©tü$e für bie je unb
je Don biefer ©eite einbringenden femitifetyen ©tämme abgeben fonnten. ©ie hmrben alfo
mit £ärte jum ©taat«bienft herangezogen, too man tyre 3Mu«!elfraft bei Sauten Don
fejten *ß(ä$en unb Vorrat«fyäufern gut brausen fonnte, unb ba bie« ni$t gu genügen
fdpien, um ifyre beunrufyigenbe ©tärfe $u brechen, burefy Rötung ber männlichen ffinber ge*
16 toaltfam rebu^iert. ©o Dertoanbelte ftety ba« toillfommene 2lftyl, ba« fie emft in >t>ten
gefunben Ratten, $x einem ©flaDenfyau«, in toelcfyem fie unter hartem Drude jeufjten.
Die benftoürbige Befreiung au« biefer Äned^tfd^aft fnüpft bie einftimmige Überlieferung
ganj an bie $erfon be« ÜJtofe, batyer bie ba^in gehörigen Sreigniffe im 21. SRofe* eins
gefyenb bargefteüt ftnb. Die £eit, in toelc&e fte fallen, glaubte man mit annä^ember
20©i$crl?eit feftgeftellt ju fyaben; boefy ift neuerbing« biefelbe toieber fraglich getoorben. Die
monumentalen ägtyptifcfyen Quellen farec^en au«brücfli<9 toeber DonSofepfy noc$ Don3Rofe.
2lu$ ba« (Sreigni« am ©c^ilfmeer toirb nicfyt gemelbet, ba« freiließ für bie S^ter ju
bemütigenb toar, al« bafc Don ben im Dienfte be« ägtyjrt. ßofe« ftetyenben ©Treibern feine Gr*
toäfynung ju ertoarten toäre. Die £tyffo«periobe ift überhaupt Don ben §ütem ber ägVptifcfcn
25 Vergangenheit abficfytficfy in Dunfel gefüllt loorben. Dafc bie ^«raeliten mit ben £tyffo« felbft
ibentifety toären, hneSoftyfyu« meinte, ift nietyt ju glauben unb jene 6rjä$lung5Wanetijo« uon ber
Vertreibung ber 2tu«fä$igen, in ber fty naefj allem 2lnf$ein (Erinnerungen an ben mofaiföen
(S^obu« erhalten fyabtn, ift tenbemiö« „gefärbt unb fonft unjuberläffig. J8ei Vergleic^ung
beffen, toa« toir über bie ©efd^iqte 3ig$>ten« feit ber 3lu«treibung ber §trff°* totffen,
so fc^ien fid; bi« toor lur^em am meiften bie 3lnna^me ju em^fe^len, ba^ ber Sß&arao ber
SebrüdEung fein anberer toar al« ber bauluftige 3tamfe«IL, beffen 5Ramen fo Diele 9Ro*
numente tragen unb ber toätyrenb feiner langjährigen Regierung gcrabe auc$ ba« unterfie
3lgVPien m^ fanen Sauten bebaut l^at. ©ein ©ofyn unb Slacpfolger 3Rttntptaf) toare
bann ber $fyarao be« 3lu«5ug« (c. 1314). 2lllein fo anffred^enb biefe annahmen jtnb,
86 fo f)at ftd^ ber SBiber^ru^ Äö^ler« (I, 238 ff.) bod& al« begrünbet ^erau«gefteBt ©egen
fte entfd^eibenb ift bod& too^l bie ©iege«inf4rift SJterneptalj«, ber auf einem 3«0 ^
©t;rien auc^ $zxad 0)kx jum erftenmal biefer 9Jame auf einem äg$>tifc$en 3Wonument
nac^getoiefen) Dernic^tct fyabcn h>ill. 3jf* b\t freiließ nic^t attgemein angenommene 8e*
jie^ung auf ba« Voll 33rael richtig, fo mufe e« bamal« fc^on in jenem Sanbe gekoo^nt
40 fyaben unb ber 2lu«jug ift bebeutenb früher anjufe^en. ©o auc^ %t. $ommel, 9tt3
1898 ©. 998 ff. Dann fommt bie i«raclitifc^e Srabition toieber ju i^rem Siebte, bie
1 % 6, 1 Dom 3lu«$ug bi« ä*mt Jem^elbau 480 3^re rennet, toa« für ben SfoSjua
cttva auf 1440 führen mürbe, in bie ßeit Slmeno^i« II. (1461—1436VX toomit au(^
übereinftimmte, ba^ ÜRanet^o bie 9lu«fä^igen unter einem {tönige biefe« Flamen« Der=
46 trieben toerben läfet. Dann läge au^ leine Nötigung mefyr Dor, bie 3^ *w SÄufcter
me^r jufammenjubrängen al« bie biblifcfyen Sendete e« julaffen. 9?ur eine $auj>tinftaiq
fjjric^t gegen eine fo früfye Slnfeftung be« 3lu«juge«: ba« öftere Vorlommen be« Flamen«
SRamfe« im biblifc^en Script. Vgl. bie ©tabt »tamfe« @e 1, 11 ; 12,37; 9tu 33,3. 5
unb ba« £anb Siamfe« ©en 47, 11. Diefer -Warne mufe bod^ too^l Don einem ßerrf^et
60 ber 19. Dtynaftie ^errü^ren, loa« freiließ fd^on ftötyler, ©efc^. I, 239 f. befiritten ^at unb
#ommcl a. a. D. S. 1003 bur$ Slnna^me Don ©loffen umgebt. Da^ man ben Su«)ug
nic^t erft unter SKerneDtaty unb bie Vebrüdfung nid^t unter Saamfe« II. anfe^en barf, ba*
für foricfyt auc^ ba« Vorfommen be« ©tammnamen« Slfc^er in einer ©iege«mf$rift M
König« ©eti, be« Vater« jene« Stamfe« (c. 1350). Diefer ritymt fid[>, jenen Stamm be*
65 ftegt ^u fyaben unb }toar mug Derfelbe r\ad) bem Hontest an ben 2lu«läufem be« Sibanon,
alfo fc^on an feinem Jätern aBo^nft^e fefe^aft getuefen fein, ©ie^e SB. 3Dtaj 3Rü0er,
Europa unb Slfien ©. 236 f. Die 9(nna^me, ba^ biefer ©tamm allem Dorangejogen fei,
ift an fiefy nid^t toa^rfd^einlid^ unb ioirb bei früherer änfeftung be« äu«jug« überflüffig.
Die Dauer be« äg^tif^cn aufcnt^alt« toirb ©en 15, 13 runb auf 400 §afpt an*
go gegeben, fo bafc ba« 4. ©efc^led^t (V. 16) nafy bem äanbe ber @moriter gurücRe^ren foO.
3*rael, ®efdjidjte, biblifdje 465
2)aS ©ef$le$t ift babei tootyl $u 120 Safyren angenommen, ©enauer beftimmt ®j
12,40 t. (P) ben Aufenthalt ju, 430 Sauren. £ier lefen aber LXX: „ber 3luf enthalt
ber Sö$ne JjSraelS, ba fte in Stgtyjrten unb im Sanbe Äanaan hinten", beSgleic^en ber
Samaritaner, boefc mit Ümftellung : „im Sanbe Äanaan unb in ätg^ten". SBöre bieg bie
urforünglid&e ffcffung, fo ergäben ftd), ba nad) ben cfyronologifcfyen Angaben ber ^riefier= s
fiepen Duelle (P) ber äufentbalt ber Väter in Jtanaan 215 $afyre bauerte, für ben in
Äfften ebenfalls genau 215 igatyre. 3)ieS ift bie in ber Stynagoge getoöfynlictye Stetes
ramgStoeife (togl. auefc @al 3, 17). ßbenfo rennet ^ofe^^uö Ant. 2, 15, 2, unb ungenau
c Apion. 1, 33. R\x gunften biefer SeSart toirb angeführt, bafe bie ©efc^lecfytSregifter
C'fcpen 3a!ob unb 3Jtofe nietyt mefyr als Dier ©lieber aufjagen. £ie -Dtotter 9JlofeS fyeijje 10
enr eine Softer beS Se&i gj 2, 1 ; 6, 20 ; 9lu 26, 59. 3hriföen 2etoi unb 2Rofe fte&en
®l6, 16 ff. nur jtoei ©lieber; gtotfötenSetri unbÄoracfc, bem 3eitgenoffcn 3RofeS 9?u 16,1
ebenfalls nur jtoei; jftrifd&en ^uba unb 2lcfyan %o\l, 1 nur brei. allein hrie föon ber
erjie gaD jeigt, bei toelc&em baS 9JtifeöerftänbniS burc^jtc&tig ift, tonnen biefe ©efd&lectytS*
regtfter für bie Pönologie nietyt majjgebcnb fein. 2)a bie fyötyere 3lngabe für ben äg^tifefcen iö
luf enthalt auc& burefc ®en 15, bort felbft bei LXX, bezeugt ift, fo erlernt tyre Sefung
®5 12, 40 als ÜRac^befferung. gür ben mafforet. SCejt treten auefy Onk,, Pesch., Vulg.
ein. 3)afür fpric&t au$ bie Starte beS auSjiefyenben 33oIIcg, bie nad; allen Vericfyten
eine ju beträchtliche fear, als bafe ber in älgtypten eingetoanberte (Stamm fiefc fo fcfyneU
$atte bermetyren tonnen. 3)ie .ßä^lungSliften ^ P sJto 1 unb 26 ergeben fogar 20
ca. 600000 3Räimer, toorauS auf ein Soll Don ca. 2 9KtHionen Seelen ju föliefeen toäre.
Stomtt ftimmen aud& @£l2,27; 9lu 11,21 (fcgl. au$ 10,36) überein unb eS ift nic&t
ausgemacht, ba| biefe Eingaben anberer ßrjäblet ur^rüngüd; anberS gelautet fyabtn.
25o$ ftnb biefe ^en gatylen mit ber ©r^ä^lung Dom langjährigen Slufent^alt auf ber
Stnat^albmfel ferner ju Dereinigen, toel$e, toenn aud) bie Dafen bamalS auSgebefynter 25
unb fruchtbarer toaren als fyeute, eine foletye Stenge nicfyt fo lange ^ätte erhalten tonnen.
Siefc ©ittmann m 9lu 1 ff.
©erStoSjugigSraelS unter SKofe aus ätg^ten toirb Don ber iSraelitifctyen Erinnerung
einfthnmig als bie ©eburtSftunbe beS iSraelitifcfyen VoltStumS bejeic^net. 3Sgl. g. S. 6e 20,2 ;
$of 11, 1 tu f. to. 2)er ©efc^id^ttic^feit ber ©rjä^tung bom Sluäjuge felbft t^äte e^ leinen (Sin* 90
trag, toemt anjune^men foäre, ba| nur ber anfe^nlid^fte Seil be$ SSolfe«, tooju jebenfall«
Sofep^d Stamm gehört ^aben müfete, auf jene toon %al)te gefanbten plagen ^in a\\&
gqogen toäre unb baS 5Keer burc^fc^ritten, toä^renb anbere Stämme fi$ jc^on bor^er
na$ ber Sinai^albinfel ^m ausgebreitet unb bann ebenfalls am Sinai ft$ eingefunben
l^atten ; boc^ fehlen bafür fixere Sln^altSpuntte. (Sin intereffanteä Settenftüct ju bem 36
3Raf[enau$£ug in einer 9lac^t f. Satyce, Monuments 8 S. 249. 3Wofe fear ber SSolfe
ffi^itr, ber nac& friner genialen 3lnlage unb perjönlic^en Vergangenheit baö 2Bcrf ber
Befreiung feine« SolteS in« 2Bert ^u je^en bermoc^te, freiließ nur geftüfct auf bejonbere
göttliche Offenbarungen, bie i^m bor^er unb toäfyrenb feines SBirtenS ju teil tourben unb
auf bad benttoürbige Eingreifen ber erhobenen §anb feines ©otteS. 3)te nähern Umftänbe 40
unb Begebenheiten futb unter 3Diofe* angegeben. 9tur auf bie religionSgejc^ic^tlic^e 93e*
beutung biefer ©poc^e fei fyier ^ingen>iefen.
@S toirb allgemein gugeftanben, bafe 3Jlofe eS toar, ber bie Styntfyefe »on 3a^t)e unb
3$rael für immer bodjogen t)at. @ben bamit fyat Wofe baS gelocterte Sanb, baS bie
Mist&ert&anbten, aber jur äbfonberung geneigten Stämme umjcfylang, fefter gefnüpft. 45
laburtty, ba| er fte unter bie Slutorität btefcS ©otteS fteHte, tyat er bie iSraelitifc^e Station
gef^affen. 3^ ©runb toar bieS freiließ ©ottcS Xfyat, beS ©otteS, ber fitty in erfc^üttern^
ben SRaturereigniffen bezeugte in ^ig^ten \m am Sc^ilfmeer unb in ber SBüfte, inSbef onbere
auc^ an bem toom 3)onner toieber^allenben ©ebirge Sinai. 3lHein alle biefe au^er*
otbentlic^en Jtunbgebungen mußten boc^, um bem Volte berftänblic^ gu fein, burd) einen 50
in ©otteS^Jlan eingeteilten menfc^lic^en ©eift in i^rem ßujammen^ang erfaßt unb burefy
einen menfd^fic^en 9Kunb bem Volte gebeutet toerben. 3)iefer sJ)ienfö, gelüifferma^en ba«
3Kebtum, burc^ beffen Vermittlung ^inburc^ge^enb bie SBunbcr ©otteS erft ju Dffen^
barungen (SineS bestimmten ©otteS tourben, toar 3Wofe. Vor allem mu^te er biefe*
hmnberbare ffialten ©otteS unter einem beftimmten 3Jamen gufammenfaffen, bamit eS 55
fernem Solle einheitlich ersten. 3)iefer SfJame toar 3a^öe*. 3)a| eS ftd? babei etmaS
benten fottte, ift felbftoerftänblic^. 5Kofe fyat il;m ben Dtamen gebeutet. Ob baS nun
bie urfcrüngli^e Sebeutung bcS, loie cS fd^eint, fdjon länger öortommenben ©otteSnamenS
toar, SRofe beutete ij^n als ben, ber öollfommen fouDerän ift : „3$ bin ber ic^ bin" ober
„3tö to«*« 1« «nb je fein, ber icfc je unb je fein toerbe". SBaS baS tyeifee, tourbe allem w
nt&9wc*nopWt fftr Utoloflie unb «ir*e. 3. «. IX. 30
46« 3$roel, ©efdjidjte, biblifdje
aSolfc burcfc ben großartigen 2lnfd?auung«unterric£t bcr ©eföicfcte jener 2kae erläutert.
3>ene -Btonifeftattonen De« JBefen« biefe« ©otte^ toaren fo geh>altig, baß jeoer ©ebanfe
an einen ebenbürtigen Nebenbuhler be«felben fi$ Don felbft berbot. S« toar alfo nur bie
nottoenbtge Äonfequenj ber grunblegenben Offenbarungen, baß 9Jtofe jeben anbern Äult
6 unterfaßte. 3)er 2lu«brucf 9Konolatrie genügt tyier ni<$t. 2)iefer 3f*&&e> *tx in SKgtyrten
fo allmächtig in alle ©cbiete be« 9latur- unb 5Renf$enleben« eingreift, lote er fouDeran
über Äanaan unb anbere Sänber Derfügt, ift fo einzigartig unb unemgefd&ränft, baß, tote
e« immer mit ben fyeibniföen ©öttern unb@eiftern ftcfc ber&alten mochte, jebenfaB« femer
Don ifynen fi$ 3a^c an We ©ri*e ftdfen burfte (Ssl5, 11). 2Bie aber biefer ©Ott im
10 Sergleicfy mit bem ^atriard^alifc^cn fic§ Diel mannigfaltiger offenbarte, fo tourbe au$ fein
2>ienft nun reifer unb Dtelfeitiger, toieberum bur$ 3Jiofe, ber al« S^bed SRunb ba«
gange Solf«teben orbnete unb in allen ©tücfen mit Sja^De in Sejie^ung fe£te. $te©tytt*
tfycfc felbft, bie fortan ba« Sott mit biefem feinem ©otte Derbinbet, toirb Don Anfang an
al« ein Sunb gefaßt. 9)ie« fefct, ba überall 3a^öe ber ©tifter biefe« Sunbe« ift, einen
15 fpontanen 2lft |uIbboUer Siebe unb ©rbarmung Don feiner ©eite borau«. 9tt$t in einem
SRaturjufammenfyang \)at er Don $au£ au« $u feinem Solfe geftanben, fonbern er ift
biefe« Serfyältni« au« freier ©nabe eingegangen, nictyt o^ne eine etyifd&e gorberung baran
au fnüpfen. galten toir bamit gufammen, baß feine SRac&t feine«toeg« )KnrtiIu(arr auf ein
Solf ober Sanb befcfyränft ift, fo ergtebt ficfy, baß er fein allgemeines Ser^alten jur Sölfer=
20 toelt näfyer befonbert fyat gu einem eigenartigen Ser^ältni« mit biefem Solle. 3ft bei
Slbrafyam unb feinem ©tamm fcfyon ettoa« ä^nlictye« bagetoefen, fo getotnnt em folcfcr
©unb bocty Diel leben«Dol!ere ©eftalt in einem gangen Soße. 2)ie gorberung be« gött*
liefen SBtÖen^ h>irb fyier gu einem Solfögefefc, ba« mit bemSunbe jugleidb gegeben ift —
Dgl. ba« „93unbeebu4". $a« Solf &at nad) @g 24 bei ber feierlichen SunbeSföließung
25 burety ben ÜJJunb feiner Vertreter feine freie Auftimmung gu biefer Setyffic&tung gegeben.
35aß biefe 3)arftellung bem toirflid&en Serlauf entforeetye, ift niefct ju bejtoeifeln. Denn
nur auf eine folc^e 9Betfe lägt ft$ überhaupt bie (Sntftetyung eine« Solfötum« unter ber
Seitung eine« ^ro^^eten benfen, ber ja gar feine anbere 9Ha<£t befaß al« bie ibeale, bie
ifym bie Stellung ju feinem ©ott in ben Slugen be« Solfe« einräumte. (Sin fob^er aber
80 tourbe, frenn einmal anerfannt, naturgemäß, man fann fagen nac^ aller Analogie auf
femittfcfyem Soben, bie oberfte, unfehlbare Slutorität für ©ntföeibung aller fragen unb
©c^lid^tung aller ©treitigfeiten be« öffentlichen toie be« priDaten Seben«; unb toa« er im
gegebenen g-aH anorbnetc, ba« erlangte Don felbft ©efefce«fraft für bie äufunft 2)a«
Setf>)iel 3Kufyammet>« in 3Webina ift hierfür le^rreicty, ba bei aller Serfcbieben^eit ber
86 ^Jerfonen unb Umftänbc gerabe in §inftd^t auf ba« eben angebeutete bie Analogie mit
bem btbltfctyen Script über 3Jtofc fidj al« eine h>eitge^enbe ^eraueftellt 3flaa nennt biefe
3ufammenfaffung ber gefefcgebenben unb regierenben ©etoalt in ber Sertretung ber ©ott»
^eit „Ifyeofratie", feit 3ofej)^u« contra Apion. 2, 16 biefen 3lu«brucf gemünjt ^ot, too*
bei er aber ungenauer SBeife biefelbc folgen Serfaffung«formen toie 3$conar$ie, Srifto*
iofratie u. bgl. gleicfyorbnet , toä^renb ber Segriff ber mofaifefcen S^eofratie in feinen
9lnfprü$en toetter unb tiefer ge^t al« irgenb eine berfelben unb fo toenig t^ren &dflxxx*
puntt im rein ^ßolittfcfycn fyat, bafi fie fogar unbefc^abet i^re« ?ßringi})« mit Derfdjtebenen
bürgerlichen Scrfaffungen fic^ im Saufe ber $t'\t Dercinigen liefe. Sine Dößige Sertennung
be« ffiefen« ber bibltf^en Ibeofratie ift Doilcnb« bie immer toieber auftauc^enbe Ser*
46 toed^felung berfelben mit §icrar$ie, b. ^. ^Priefter^enfc^aft! SDagegen gehört ^im SBefen
biefer 3:^eofratie, toie fcfyon 3<>fep^u« anbeutet, bafe alle unb aDe« fu^ r\ad} ber Autorität
©otte« gu rieten ^aben, beffen SBille für alle ©ebiete be« Seben« ba« mafegebenbe ©efefc
ift. 2)a^er begegnen in ber 2fyora ciDil- unb friminalrec^tlic^e Seftimmungen neben
fultifd^en Dj)fcr= unb f^eftgefe$en, äußerliche 9{einigfeit«fa^ungen neben tief innerlichen
öo ct^ifd;en ©eboten. ©erabe biefe Sielfettigfeit ift ba« urfjprünglic^e, ba man für aDe«
%i)oxa, b. fy. 28eifung über ben göttlichen SSJiUcn, ^aben mußte, um bem Sunbc«gotte
too^lgefälltg ju leben, ©tarf tritt babei bie ©olibarität be« ^a^DeDolfe« ^erDor. 6« bttbet
für ©ott eine t>erfönii$e Sin^ett, bie gefrö^nlic^ mit 2)u angerebet toirb; bgl. Qcfalog,
©egen 9{aron« unb fonft. £a« Solf ift eine religio« einheitliche ©emembe getoorben.
56 £aß Tlo\c ben Jtultu« biefer ©emeinbe georbnet fyat, inbem er bie im Solfe Dor^anbenen
©etoo^n^eiten fanftionierte ober unterfagte, je nac^bem ftc mit bem ^^btbienfl Dereinbar
toaren, Derftc^t fic^ Don felbft. Dabei fonnten auc^ ©ebräuc^e, bie urfprünglty einen
anbern 9laturboben Ratten, eine neue Üikibe unb Sebeutung erhalten. 3)ie gürforge
3)iofc« für bie Steinzeit be« Äultu« aber gefyt fd^on barau« ^erDor, baß er ein ßentral*
oobeiligtum (o^ne ©otte«bilb!) fc^uf: bie Sunbe«labe,|e mit i^rem Seit, ber ©tifttyOttc*
30rael, ©efdjtdjte, btblifdje 467
unb allen Dpferbienji auf biefe ©tättc befcfyränlte. SBcnn auc$ ba« SSoII ftc$ jeittoeife
tDcit auf ben umliegenben Stehen jerftreuen mochte, burfte e« bocfy nur bier fd&lad&ten;
in Meter ßentralitatton allein lag eben bie Sürgfcfyaft für ben reinen SMetift 3>a^be« (&
1 7r 3 ff.). 3)ie Spriefter an biejem ßentratyeüigtum tourben naturgemäß bie Jpüter ber
attmofaiföen Äultu«orbnung, ja be« mofaifd&en SRed&te« überbauet, ba« natürlich burd) 6
Äntoenbung auf foätere SBertyältniffe ftcfy bereichern unb auty mobileren mußte, aber fo
fe$r bie ©runblage aller Röteren 9ted&t«enth>icfelung blieb, baß man überhaupt Don feinen
8efe(en ttmßte, bie nic^t bon 2Rofe gegeben toären. 93gl. m biefem Slbfctynitt befonber«
fciOmarat, SÜtt 2$eoI. ©. 105 ff.; 3ame« Stobertfon, alte Religion 3«rael«, ©.21 Off.;
236 ff.; Ätttel, ©efö. I, 216 ff. 10
SDaß auf bie religio« boc^gefoannte $eit ber erften Segeifterung ein SRücffafl folgte
unb biefer foäier na<$ ber 2lnftebelung in Kanaan unter fyeibnifd^er Seböllerung, bie ben
Sdradtten an Äultur überlegen toar, d&ronifcfy tourbe, fann nicfyt befremben. Daß e« lein
gbealbilb tft, ft>el$e$ un« Dom $ug burcfy bie 2Büfte unter 9Jtofe gegeben toirb, erbeut
auft ben bunleln ©Ratten, bie gerabe auf biefe 3eit fallen. 6« fonnte nid&t anber« fein, 16
ab baß bie au« tyrem äfltag«leben aufgetoecfte, junäcfyft bon fcfytoerem 3)rucf befreite
Stenge, bie unter bem frifd&en ©rieben ber hmnberbaren Saaten ©otte« ftcfy Hoffnung««
tooB bem großen gffifcrer angefd&Ioffen fyattt, balb bon biefer $öfye ber Segeifterung in ein
fdbßfü$tige« unb rebeflifd&e« Söefen jurüdffanf, al« bie ©ctyhnerigleiten unb ©ntbetyrungen
jty mehrten unb berlängerten. ®afyer fyatte 2Rofe balb mit Segefyrlic^feit unb Un$u* 20
friebentyeit be« gemeinen 33oKe« ju lämpfen. ©c$on auf bem SBege jum ©inai hrirb
bon beffen SWurren berietet (®jl6;2f.; 17,1 ff.), unb fogar toctyrenb be« Slufenttyalt«
am <8otte«berge toirb ein 93unbe«bruc$ (mit bem golbenen Kalb*) erjagt (6j 32), toobei
Wofe ftc^ nur auf eine Keine 3atyl *>on ©etreuen, befonber« feinen ©tamm Sebi ftüfcen
tonnte unb ba« 33oH erft burc£ Slutbergießen jur SBefinnung auf ben (Srnft unb bie 25
$eiligteit fetner SJerpflic^tung gebraut toerben lonnte. aber für lange 3eit genügte au#
töefe* Strafgericht nicfyt; bie Ünjufriebenfyeit mit bem äußerlich fümmerlicfyen Seben in
ber SBüjte trat immer toieber ju läge (9to 11, l ff.; 20, 1 ff.) unb bie 33erfü^rung ju
^eibmf$em Äültu« mit tooflüfttger Unfitte tourbe für einen großen leil be« 93olfe« ber*
bangnteboll (9ht 25, 1 ff.). 2U« e« aber galt, im Vertrauen auf ben allmächtigen S3eU 90
ftanb 3a^bed in ba« bon i^m ber^eißene Sanb cinjubrtngcn, ba offenbarte ftc$ biefelbe
mebrige ©efmnung in feigem 2Biberh>tflen gegen ben Stampf (9iu 14, 1 ff.), obgleich biefer
©Ott bereit« in ber ämalefiterfölac&t (®j 17, 8 ff.) gezeigt ^atte, baß er fein SSolf jum
Stege ju führen toiffe unb felbft ber fyeibnifd^e ©e^er 33üeam * ber Unbejtuinglic^feit
Wefe« ©otteStoolfeS 3.eu9n^ 9*en mufete (9lu22ff.). ©0 50g ftcty ber S^^^wP0"^ *&
ber ffianberung in bie Sänge. 35te Dauer be« SBüftenjuge« toirb bon ber gefamten
Überlieferung, au$ burd^ 3lm5,25, auf 40 %ai)xz angegeben. 92atürlid^ toaren fte
toä^renb btrfer langen geit nic^t in ftetiger SBanberung begriffen, äbgefe^cn bom Stuf*
enthalt um ben ©inai, ^aben fte ftc^ länger um ftabefö angefiebelt, unb bie 2Xnfxd>t tyat
bM für m, baß biefer Ort für ben größten leil beä 40 jährigen 3^traume« ber ©tfc 40
bed Heiligtum« blieb, too ÜJlofe ben ©tämmen Stecht tyxad), h)ä^renb bie nähere unb
toettere Umgebung bort reiflichere« ffieibelanb unb audp ertragfähigen Soben bot. 3Rit
jener 3)auer bon 40 ^a^ren fttmmt übercin, baß ein neue«, abgehärtete« unb glauben«^
mutigered ©efäled&t ^erantoad^fen mußte, e^e sJJtofe an bie ©roberung be« gelobten Sanbe«
benfen fonnte unb nur toenige ber au« ^ig^ten ©ejogenen biefe« erreichten. 45
TOofe felber befanb |id^ nid^t unter tynen. 9lur ba« Cftjorbanlanb, ba« nietyt eigent-
lich gum 2anb ber SBertyetßung gehörte, fa^ er fd^on im Scfi§ ber i«raeliti|c^en ©tämme.
Cr mu$fc bie Soüenbung feine« SBerte« feinem jüngeren ©enoffen, bem tüchtigen 2ln^
fü^wr (gj 17, 9 ff.; bgl. 9?u 14, 5 ff.) ^jofua * überlaffen, melier ba« SJoIt enblic^ über
ben fortan nac^ ©ilgal untoeit bon ^tx\6)o führte unb nad^ mehreren ftegreic^en ^or^ so
Soften ba« 8anb unter bie ©tämme berteilte. £aß bie fritifc^en Sejtoeifelungen ber
©eföt$tli$!eit biefe« ^raimitifc^eu gelben nid^t begrünbet finb (©tabe, ©efc^. I, 135:
3öfua fei em um iimnat ©erac^ toobnenber (Slan ; ber ©rjä^Ier J toiffe nod^ nic&t« bon
i^m), fte^e Äittel, ©efö. I, 247 f. 2)a«felbe gilt bon ber Meinung (©tabe), bie 3«rae*
liten feien gar ntc^t fämpfenb, fonbem ganj friebiic^ in ba« SBcftjorbanlanb eingebrungen. 55
Cie^e bagegen Äittel I, 266f. SBo^Ibejeugt auc^ burc^ ba« ©efer §aijafc^ar (3of 10, 13)
i^ eine ^auptfd^lac^t, bie ^jofua ben bereinigten tanaanitifc^en Königen bei ©ibeon lieferte.
Su4 im ndrbltc^en 2anbe«teil am SKaffer iWerom bepegte er ein £eer ber berbünbeten
fldntge (3of 11, 1 ff.) unb jog fid^ barauf loieber in ba« Sager bon ©ilgal jurüdf. ßrft
frätix rfi&e tt mit feinem ©tamm in bie Witte be« Sanbe« bor, too dp^raim tootynen oo
30*
468 3dmelf ©eftytye, HUifte
folltc, unb ©ilo tourbe ber fultifcf>c -äKittetyunft beS SSolfeS, toon toetyem fu$ bte oft=
jorbanifäen ©tämme nacfy Dften, bie Subäer nac£ ©üben felbftftänbiger abgezweigt Ratten.
3u ©id)em ^iclt Sofua nocfy &or feinem lobe einen Sanbtag ab, too er bte Slbgeorbneten
ber Verriebenen ©tämme jur Ireue gegen tyren ©Ott ermahnte. Dft erörtert ift bie
5 j^rage, toie ftcfy $u biefem Sendete beä Sucfyeä ^ofua ber bon Sit 1 bereite. 2Ran tyxt
in bem lefctern eine anbere, urtyrünglic^ere SSerfton ber ©rjätylung bom Smjug in Kanaan
fefyen toollen, roonacfy nid&t ba$ ganje SBolf bie Äanaaniter niebertoarf, jonbern e$ bon
Slnfang an ben einzelnen Stämmen überlaffen geblieben fei, ibr ©ebiet ju erobern.
Slflein bafe unter 3>ofuaS energischer Jü^rung juerft einige §auptföläge gegen bte SanbeS*
10 beroofyner geführt mürben, bie ftcfy jujammenget^an Ratten, um bie (Sinbringlinge abju«
toelfren, ift nietyt anjutaften. Sann blieb für bie einzelnen ©tämme noefc genug ju tyun
übrig, bie \i}i augetoiefeneS ©ebiet einzunehmen Ratten unb bie3 mc&t o^ne ©eroalt bei*
motten. 9iur erfd&lafften fte babei häufig unb jogen e$ bor, gegen 3Rofe$ 2Rafmung ein
gütliches Slbfommcn mit jenen ju treffen, Stber auc$ lefctereä märe gar ntdjt bentbar,
15 roenn bie Äanaaniter nicfyt burefy bie ©iege, bie tynen jeigten, toaS biefe 9Jomaben ber»
motten, eingeflüstert getoefen mären. Deutlich ift SRi 1 ausgeflogen, bafi beim lobe
SofuaS bte Eroberung weiter Ginjelgebiete noc§ nicfyt bottenbet, ja gerabeju aufgegeben
mar unb bie allgemeinen gegenteiligen äuSfagen toie SoflO, 42; 11,12. 18 ff.; 21,41 ff.
fmb ba^er nic^t bucfyftäbli<$ $u nehmen, ©ie^e Äittel, ©efö. I, 238 ff. 263 ff.; Öttfi
20 ju 9ti 1.
3m allgemeinen aber finben mir 511 9lnfang ber Stid&terjeit bie jtoölf ©tämme über
tyr £anb bertetlt. Dafyer mag fyier eine Überfielt über biefelben gegeben toerben. Da bie
genealogifetye ©ntypierung be$ SSolfö unter bie $toölf ©ötyne SalobS* toeber geoflrajj&tfö
noefy polittfä mit ben tyäteren 33er(}ältntffen übereinftimmt ober ftc$ axß benfeloen eraären
25 läfet, mufe fte auf bormofaifetyer SSertoanbtföaft berufen. Dagegen jeigt ftc$ toeiter&in ftetö
baä Seftreben, an ber 3toölfaafyl, meiere für bie Integrität beä 93oue$ fomboiifcty geworben
toar, feftju^alten, auefy too fie ben toirflic^en SBer^ältniffen nid&t mefcr entfprad?. Da
nämltcfy ber ©tamm ^o\^!pi} ju &toei ebenbürtigen ©tämmen ftc$ faltete, fo gab eS beren
eigentlich brei^n, toaä immerhin baburefy ftdjj au£gli$, ba| £ebi lein ©ebiet erhielt
30 ©ine ©onberfteBung nimmt er fcfyon bei ber Sagerorbnung ein 9lu 2 u. 10, 13 ff. 3m
©egen %atob$ ©en 49 tritt Sofepb nur ate ein ©tamm auf. 3Jgl. betbe SBeifen ber
ßä^Iung ®j 48, 1—7. 23—28 unb 9& 30—35. anberötoo toirb ber 3tt)ölfg^I ju*
lieb einer ber unbebeutenbften ©tämme meggelaffen, f 0 ©imeon im ©egen 3Kofe3 (Dt 3:3),
Dan 2tyf 7, 4 ff. — Die einzelnen ©tämme tüaren in Bxppm (pmzciz, LXX önpoi)
35 gegltebert, biefe in §äufer ober ^am^^n (=,,ra» obcoi), biefe roieber in einzelne ^au««
Haltungen (3of 7, 14. 17 f.). Die Unterabteilungen ber ©itöen Reifem aud^ Sater^aufer
n-Ä« n^a ober furj rns« (5RU 36, 1 ; 1% 7, 11, bgl. m 9). 2Rit biefer >>atriarc^
ltf$en, aus bem ^amilienjufammen^ang ermad^fenen Einteilung ift eine folc^e nad} ber
numerifc^en ©tärfe fombiniert. Denn für bie ©typen ftetyt aud^ ber SuSbrud Q^c-N,
40 2^ufenbe, 1 ©a 10, 19; bgl. 2& 21; 3)ii 5, 1. — an ber ©J)i|e ber ©tämme ftanben
dürften a"«"^: (6^34,31 u. fonft), aud& §äu»)ter (C^n^) ber ©tamme (5Ru 30,2)
genannt; unter biefen ftanbcu §äupter ber ©typen unb SBatertyäufer. StQgemetner tft ber
Sluäbrudf „Stltefte" (^-T-t), melier alle SSorftefyer fold^er bottlid^er einleiten bejetd&nen
fann unb nac^> feiner nähern Sebeutung burc^ ben 3ufammen^ang beftimmt toirb. Der
45 Sluöbrudf „^iltefter" für 9iorftel;er (bgl. ba^ arabifdje scheicli), ber burl^ bie ganje terae«
litifc^e ©efc^ic^te ^tnburd; in Uebung geblieben unb aud^ auf bie $riftltc$e ©emeinbe
übergegangen ift, beroeift, ba^ in erfter Sinie Sllter unb ©rftgeburt Slnfe^en unb SBürbe
berlie^en.
Ueberblidfen toir bie einzelnen in Äanaan angeftebelten ©tämme, inbem totr für^uba*,
go ber balb feine eigenen 5üege ging unb Sebi*, ben ^ßriefterftamm, mit bem e£ feine be«
fonbere SBctoanbtni^ fyattt, auf bte felbftftänbigen 3lrtifel bertoeifen. 3Sgl. ju bat jtoölf
©tämmen ^ofe^u« Ant. 5, 1,22; H. Relandi Palaestina (Trajecti Batav. 1714)
Tom. I L. 1, cap. 28; £. (gtoalb, ©efö., 3 21. I, 521 ff.; Sertbeau, 3toet «b^utM-,
©. 117 ff.; Subto. Dieftel, ©egen 3aiob« 1853; 33. ©tabe, ®ef4 I, 145 ff.; ©utfc
66 ©efd^., ©. 40 ff. ; ©taert a. a, D.
Stuben toar nad? alter Überlieferung ber erftgeborene, bur^ befonbere ©c^ulb feiner
SBürbe berluftig gegangene ©o^n %atob$ (®en 49, 3 f.). Diefe Strabttion berbtent um
fo me^r Vertrauen, ba ber ©tamm in ber nadjmofaiföen 3^ n^e ^m befonbere Sebeu*
tung erlangt i}at 311$ §trtenftamm im Dftjorbanlanb unb am Dftranb bed Zoten Weered
60 biä )um 3lrnon tyn niebergelaffen, ^at er fc^on in ber 9ti$ter}ett für bte gemetnfame
3*rael, ©eftytye, MMifdje 469
6ac$e 3SraelS fcenig leilnatyme gezeigt, SRi 5, 15 f. Später mußte baS Grftarfen SKoabS
$n feiner Unab^ängigfeit berauben. — Sin jmeiter ©teile erfcfceint ebenfalls als ©ofyn -
3atob3 bonSea: ©imeon, ber gleich Sct>i megen fyinterliftiger ©etualtttyätigfeit (©en 34)
txmt fcäierfic$en gflucfye betroffen mirb. 35er ©tamm fcfyeint mäfyrenb beS SBüftcnjugeS
Don befonberem Unglficf betroffen morben ju fein, ba bie 3äfylungSliften 9lu 1, 23 unb s
26, 12 ff. eine ftarfe 33erminberung bleiben ergeben, maS mit bem Don ©imri 9Ju 25, 14
grölten jufammentyängen mag. Um feiner ©cfymäcfye mitten fcerbünbete ftcfy ©imcon bei
ber Eroberung beS SanbeS nätyer mit 3uba, in beffen SKitte er motten fottte (9ti 1, 3).
$ie bem ©rbe ©imeonS Qof 19, 1—9 ^geteilten 17 ©täbte (fcgl. 1 Gtyr 4, 28—33) er*
fronen baneben 3of 15, 21—42 größtenteils im Sefifce 3>ubaS, ju beffen ©übftricty ge* 10
^firig. ©o tyatte er motyl gar lein feft umgrenjteS ©ebiet unb mürbe toon bem mächtigeren
guba bemale aufgefogen, meSfyalb er auq 35t 33 ganj fefylt. Utomabifierenbe Seile beS
Stammes aber toanberten meiter fübmärtS unb festen ftcfy gemaltfam in ben Sefifc bon
9BetbcpIä$en, mie aus ben merfmürbigen Zotigen 1 Gfyr 4, 39 ff. fyerfcoraefyt. (Sine allju-
fityne $^ot^efe ^at barauf 91. 35o$ gebaut: 35ie Israeliten ju ütteffa, Seidig 1864. 16
Sie&e überhaupt: ©raf, 35er ©tamm ©imeon, 3Jlei^en 1866.
9larbmärtS föloß ftc$ an IgubaS ©ebiet baSjemge fcon Senjamin an, ber jmiföen
tym unb 3ofe^ mitteninne mofynte. ©einer Slbftammung fcon SRacfyel entfyricfyt fein natyeS
ScrtyältniS ju festerem; bgl. 9?u 2, 22; 9ti 5, 14. teuere meinen, feine ©eburt in
Äanaan befage, er tyibt fiefy erft naefy Ginnabme beS SanbeS fcom ©tamme 3S°fe^ a&5 ™>
ggtoeigi. ©ein ©ebiet (!gof 18, 11 ff.) erftreefte fi$ öK formaler Streifen toom SBeften
(6rbe 2)anS) bis an ben Sorban unb baS lote 3Keer unb enthielt namentlich bebeutenbe
©tobte Cgeric^o, Setzei, 3<ntfalem u. a.). 35aS SBotynen SafyfceS jmiföen Benjamins
Schultern 3)t 33, 12 mirb gemö^nlicty auf baS Heiligtum au 3>erufalem ^joght, fcon
Stabe auf baS jiu ©ibeon. 35er ©tamm mar Hein aber tpatfräftig unb friegStücfytig, 25
berühmt bur# feine ©c^üfcen (1 Gfa 8, 40; 12, 2 ; 2 Gj&r 14, 7) unb (mit ber linfen
$anb fed&tenben) ©d&Ieuberer (SRi 3, 15 ; 20,16). 35er trofcige ©tamm geriet in ber erften
Seit nad> 3ofua mit ben Sruberftämmen in eine fcer^ängmS&otle ^be, in melier er
fafl aufgerieben hmrbe (Sti 19—21), ^at ftd^ aber balb mieber erholt unb ju Stnfefyen er*
faben. 6in ^eCb aus Senjamin, ©&ub, befreite ^Srael bom SKoabiterjod^ (9ti 3, 12 ff.) 30
unb am 6nbe ber Slic^terjeit tourbe ber erfte König aus biefem ©tamme entnommen, ber
gerabe um feiner Älein^eit toitten bie ©iferfuc^t ber übrigen Weniger reijen mochte. Slußer
auf feine entfc^loffenen Senjaminiten fonnte ftc^ ©aul too^l namentlich auf bie mächtigen
(S^aimtten fttt$en, bie au^ nad^ feinem lobe feinem §aufe treu blieben (2 ©a 2, 8 f.).
dagegen begreift ftc^, baß 35abib, ber jubäiföe Äönig, junäc^ft ben ©tamm Benjamin 35
men fic^ &atte unb ^ier faft bis julefct erbitterte geinbe fanb (2 ©a 16, 5; 20, 1).
XBem bind) bie Eroberung 3*ntfalemS, b^S er jur £auptftabt er^ob, mußte ®abib bod^
biefen ©tamm großenteils an fein §auS ju feffeln, toenn auc^ ein anfefynlicfyer 'üeil feines
®ebieteS (®Uaal, 3^°* Sct^eO jum nörblid^en SRcicfye !am. ©0 tourbe Scnjamin ein
nk# ju berac^tenber SunbeSgenoffe für £uba. 9Sgl. 1 Äg 12, 21 ; 2 G^r 14, 7, h>o bie 40
3a$t txm 280000 leichtbewaffneten Senjaminiten immerhin auffällt; 17, 17. Slucfy nac^
bem (SjU bilbete er neben Syba unb Sebi einen §auj>tbeftanbteil beS iübMen SSolfeS
(Wr 1, 5; 4, 1; 10, 9). SIS berühmte Sprößlinge beS ©tammeS fmb nodp &u nennen
Stebo^aj unb (gfter (@ft 2, 5), befonberS aber ©auluS = ^auluS, ber St^oftel, 9tö
1, 11 ; W 3, 5. 46
3>an, ©en 30, 3 ff.; 35, 25, bon Stapels SKagb S3il^a abgeleitet, fottte Mjtlty
bon S3enjamin, norbtoeftlid^ bon 3>uba baS §ügellanb unb bie (Sbene bis jum 9)cecre
betoo^nen (3of 19, 40 ff.), allein toenn au<$ 35an nad^ SKi 5, 17 einft toirflic^ am
©eflabe beS 9RitteImeerS getoofynt fyat, bermoc^te er bo4 fein ©ebiet nur ^um Ileinften
leil einjune^men unb bann gegen bie borbringenben ^^ilifter ju bebauten; 9ti 1, 34 f. w
Cr tourbe bt« ©ebirge gebrängt, unb ba fyier ber nötige SRaum fehlte, manberte jc^on in
ber erften SRic^terjeit ein großer 2eil beS ©tammeS nad^> bem äußerften 9?orben itanaanS
auS, too er bie ©tabt 2aifc$, fortan 35an geheißen (beute Teil Kadi) eroberte. 9tur
#er hn Sorben blieb ber ©tamm unabhängig, mä^renb er im ©übmeften teils Don
ben ^Uiftern unterjocht, teils mo^l bon %\x\>a aufgenommen mürbe. Gin ruhmreicher 66
©proffe biefeS fübmeftlic^en RmeigeS mar ©imfon*, in meinem ft^ bie ©en 49, 16 f. ge-
jet^nete ©tammeSart offenbart, obmo^I biefer ©pruc^ ftcfyetlic^ ni^t auf i^n ge«
mün)t ifi.
Am bebeutenbften mar neben 3u^a ÖOTt Anfang an ber auf 3°^* ft(^ aurücf-
fttyrenbe ©tamm ©t>fy rat m. 35ie beiben ©ö^ne ^of^S ober baS^auS ^ofe))^S erf^einen go
470 dfdraei, ©efättye, biblif^e
in bet älteften 3«t noc$ unter biefem Tanten aufammengefafet ©cn 49, 22 ; 3)t 33, 13 ;
9ti 1, 22; 3of 18, 5 : 17, 14. 3ln leftterer ©teile beflagen jte W W 3ofuo, bafi fte, ob*
toofyl ein ga^lreic^eS ©olf, nur Sin £o« erhalten Ratten, toerben aber bon ü?m barauf
bcrtröftet, bafe fte ben auf ifyrem bergigen ©ebiete (iegenben SBalb auSrobcn unb fo ft$ einen
6 fruchtbaren ©efife Raffen iönnten. Slber fd^on fritye ftnb bie bon 3°f3$ ftammeitben
©pbratm unb 9ftanaffe Vollberechtigte Stämme in $$xad getoorben. ©gl. ®en 48, 5,
unb jtoar tourbe ber jüngere (G^raim) ber mächtigere unb überholte feinen ©ruber (®en
48, 13 f.), toaä unmöglid^ barauf getyen !ann, bafc ÜRanaffe früher ein Äönigtum erlangt
fyabc (unter ©ibeon unb 3lbimelec$ !). 3)ie größere ©ebeutung Gp^raim« tritt f#on toäfc
10 renb ber mofaiföen 3eit tyerbor, jtoar nid&t in feiner ©olföja$I, nac$ toel$er er no<& $u
ben Heineren ©tämmen gehört, aber barin, bafe 3°fua au« feiner 9Rttte fcrtorgegangen
ift unb bann in bem centralen 9Bo£nft$, ben er erhält (3of 16) unb ber bie ganje ©reite
Dom ^orban bi« jum SKittcImccr einnimmt. $iefe$ ©ebirge Gj^raim toar biel fruchtbarer
afä ba« ©ebtrge ^uba ; bamit tying bie ftarte ©ermefyrung be« ©olle« jufammen. Sluf betbe«
iB toeifen ©en 49, 22 ff.; 3)t 33, 15 ff. £ht. 3)er Stamm foU nac$ ©tobe amalefittfcfc ©e*
ftanbteilc in ftc$ gehabt fyaben nac$ SRi 5, 14 (bgl. 12, 15), toeldbe ©teile aber toum yd
biefer Stnnafyme berechtigt. 3ebenfaltö fyat er tote fein anberer iäraelitiftye« Sfationattctoufcts
fein gezeigt unb ftcfy als ben eigentlichen fjütyrerftamm angefetyen, fotane über fein ©ebiet
fchtau« feine antoad&fenbe ©ebölferung ergoffen, ©gl. ©en. 49, 22; Sit 19, 16. Saft
20 freiließ eine grünblic^e Säuberung bon fanaanitifd&en Stemmten aud? auf feinem ©ebiete
nid&t ftattgefunben t)at, ge^t Weniger au« Sit 1, 29 al« au« ber ®ef$t$te Sichern« 3*i 8
unb 9 berbor. 3Bie ^otye Stnfprücfye bie G^raimiten im ©olföberbanb (teilten, er$cDt aud
ibren Reibungen mit ©ibeon* unb %tpf)ta* SRt 8, 1 ff . • 12, 1 ff. SluS bem ©ebtrge
Gpfyraim ging nacb 1 ©a 1, 1 aud? Samuel, ber größte gfl£rer feitSRofe, Verbot. Unter
25 2)abib muffte ber ©tamm ungern genug auf feine Hegemonie beraten. Unter ©alomo
berfuc^te ber Gpfyraimite ^erobeam eine ©ctyilber^ebung, unb nac$ bem lobe be* jfömgd
gelang e$ tym, ein um G^raim gebilbete« unb oft nac$ tym benannte« fetbftßänbtge«
Königreich ju grünben. 3)ie £aul>tftäbte beäfelben, Sichern, Styirja, ©amaria lagen auf
e^raimitifdjem ©ebiet.— ©on9R an äffe, bem anberm SofepMtamm toar etnletl dftfty
so bom ^orban geblieben, p Seil tyat er ftc^ nörblicfy bon g^^raim mebergelaffen. 9ud
9K 12, 4 tooflte man fcgliefcen, bie jenfeit« be« %lvfl\& gelegenen ©eftfeungen feien bon
bem Stamm erft f^äter bom SBeften avß eingenommen toorben. 3laq 9ai 32, 39 ff. ;
bgl. 3o| 13, 8 ff. $atte bagegen föon 9Rofe felbft bem 9Ra$ir, ©o^n 3Ranaffe« (®en
50, 23 ; 1 G^r 7, 14) geftattet, mit 3tuben unb ©ab öftlicfc bom ^luffe feine ©i$e ya
86 erobern unb jtoar liefe fid^ jener leil SRanaffeS im Sorben be« Dftjorbanlanbe« (Stefan)
nieber, nad&bem er bie ©moriter unter i^rem Äönig Dg bertrieben baut, aber aud? hn
nörblid^en SCeil be« mittleren Sanbe^ (©ileab), to^alb ©ileab 9Rac^ir« ©o^n fceijjt 3ta
26, 29 ; 27, 1 ; 1 G$r 2, 23. ©ein Stnteil toar alfo #er ein fe^r auögeb^nter. @r
reichte tüblid^ bt« jum 3<*bbof, toeftlic^ nid^t ganj bte an ben Sorban, nörblic^ btd an We
40 äu^läufer be« £ermon unb umfaßte norbofttoärt« einen beträchtlichen leil bed ^euttaen
$auran. (Sin Seil feine« ©ebiet« führte ben SRamen 3air^5)örfer (®t 3, 14). 3atr*
Reifet Urentel 3Jlana^e«, ioirb aber nad? feiner bäterlicpen Sbftammung bon ^uba ofc
gelettet, toaä auf eine ©erfd^mcljung beiber ©tämme füfyrt. 3Ranaffe fa^ ftd^ übrigen«
nie in unbeftrittenem ©eft^ biefe« toeiten Sanbe«. ©ein toeftlid^ too^nenber 3>U fc^eint
45 mit Gpfyraim o^ne ftrenge ©onberung jufammengetoo^nt ju ^aben (3of 17, 9). 3m all«
gemeinen follte ber 33aä jtana bie ©ren^e bilben, auf beffen nörbltd^er Seite bi« mm
Slarmel 3Kanaffe feinen Si| ^atte. Dfttoärt« befafe er aud) ©täbte inÄfd&cr unb3ffac§ar:
©et^ ©d^ean, ®or, Gn=35or, I^aanad^, 3Kegibbo. ^reilic^ be^aiü>teten fty bort btel«
me^r bie ftanaaniter. ©on älnfang an toar :Dlanaffe3 ^riegdtüc^tigreit berühmt ©ibeon
so gehörte bem ©tamme an.
3ffac^ar (fo richtiger al« 3faf^ar/ Sut^er) toar ein an Rafy bebeutenber ©tamm
(bgl. m 1, 29; 26, 25; l G^r 7, 5). ©eine 3tbjtoeigungen fte^e ®en 46, 13 ; 1 G$r
7, 1 ff. @r too^nte norbtoärtä bon SKanaffe in ber langgeftredten, bom Äifon burc^floffenen
Gbene $of 19, 17 ff. S)od^ toaren auefy ^ier bie ©renjen nid^t fc$arf gefc^teben, inbem
66 auä) SKanaffiten ^ier too^nten, gof 17, 11. 2luf*erbem gelang e« lange niebt, bießanaamter
au« biefer fruchtbaren Gbene, in ber fte i^re Ärieg«toagen bertoerten fomüen, ju bei»
treiben. 3)em ©tamme maa auc^ bie bafür nötige Gnergie gefehlt ty&tn, ba er ®en
49, 14 f. gefcfyilbert totrb al« ftartfnod^ig, aber aHm gutmütig unb träge, baber b«m]fa>^t*
bienft berfaUenb. 3)oc^ nahm er rütjmlic^en älnteil am ©efretungitamjjf unter $ebora
oo SRI 5, 15, unb fd&enfte bem Sanbe einen „9tt$ter", I^ola 9li 10r 1. 3n ber G^ronil
3»rael, ®efd|td>te, btbltfdje 471
toirb bie Unterfifö$ung gelobt, toelcfye bie §auptleute biefe« Stammet burcfy 9tat unb Hbat
bem Äömg Daöib getriftet bätten, ba fie ber 3«ten funbig toaren, fo bafe fie toufeten,
loa« 3ßrael tyun fottte (1 6I?r 12, 32), fei e« nun, bafe bamit aflronomifcfce ftenntnijfe ge*
meint finb ober politiföe einfielt unb Älugfyeit. 3m 3älmub toirb ber ©tamm 3ffac^r
aö ber gelefctefte gerühmt, atö bem bie angefebenften ©lieber be« ©tynebrium« berborgingen. 6
3n na^er Seriinbung mit Sffad^ar erfd&eint immer ©ebulon, beffen ©ebiet ($of
19, 10 ff.) fU& bom toeftlid^en Ufer be« galtläiföen „Weere«" (?) naef» bem Äarmel hinüber*
log, m beffen SRäbe e« auf ba« mittellänbiföe au«münbete (@en 49, 13), ba« für ifyn
tofe flfr 3ff«fa* jur Quelle be« SReid&tum« tourbe (Dt 33, 18 f.), ba ftc§ beibe am £anbel
ber 3$öni)ter betätigten. Dabei ging e« ntc^t ofyne SerfcfymeUung mit ben öeiben ab 10
(togL Sit 1, 30). Docb $at ftc£ and) ©ebulon ju Debora« unb ©ibeon« 3eit belbenmütig
gegen ftc gefölagen (9ti 4, 6. 10 ; 5, 14 ; 6, 35). 2lu$ ein nid&t näher belannter Stifter
namend 6Ion ging an^ biefem Stamme berbor (SRi 12, 11 f.). 3ur 3e^ Dabib« fanbte
©ebulon biefem Äönig fräftigen 3u&ug na$ Öcbron (1 G^r 12, 33. bgl. 40). ©onft ge*
borte biefer ©trieb, toie ba« foätere ©aliläa überhaupt, $u ben geföicfytlt^ unb tfyeofratifc^ iö
unbebeutenbften 2anbe«teilen, unb follte erft in ber Snbjeit um fo fyerrlicfyer ju Sfyren
lomtnen nadfr 3ef 8, 23.
DaSfelbe gilt toon SRa^tali« ©ebiet am SBeftufer be« ©ee« tfinnerety (toeld&e«
ihn fcom ;Ealmub gonj zugeteilt loirb), unb be« -äJteromfee« fotoie be« 3sor^an^ na^
feinen Duellen fyin. Diefe« Sänbcfyen fear fe^r fruchtbar (35t 33, 23) unb fyatte bebeutenbe ao
©tabte tote Äebefcty Qo] 19, 32—39). aber e« litt ftar! an tyeibnifd&em ©t?nfreti«mu«.
gier lag ber Diftrift, ber urforüngli<$ c-nan br» ober blofc br»n (g0f 20, 7; 21, 32;
gef 8, 23) genannt tourbe, toober ber fpäter auf ein toeitere« ©ebiet au«gebebnte
Want ©aliläa. ©utye, ©efö. ©. 5 meint, bie 5Wägbe SBilba, Butter Dan« unb 9topfc
talt«, unb Silt>a, SRutter ©ab« unb Slfd^er«, feien gerabe^u fanaanitiföe ©efd&lec^ter, biefe 26
4 Stamme bafyer nic^t fyebräifcfyen, fonbern fanaanittfdjen Urfprung«. äu« SRapbtali
aing ber gelb^err S3ara! ^ert>or (9li 4, 6) unb fein ©tamm na^m an ben Befreiung«*
fen^fen jener Sage ^ertorragenben Anteil (9ti 4 unb 5, 18). 3n bem änigmatifc$en
&pmd) ©en 49, 21 totrb 9{ap^tali mit einer flüchtigen §inbin (nad? anbern: einer
f^jianlen Xerebtntfye) zergliedert an 3lnmut unb ©etoanbt^eit, bie ftc^ befonber« in feiner so
^anbbabung ber Siebe jeige.
Der Streifen, ber ft($ nod^ toeftlicty bon 9lap^tali bon 9lorb naefy ©üb ^injie^t, toar
Äf^et jugeteilt (3of 19, 24—31) mitfamt ber Äüfte unb i^ren ©täbten (2lRo, ©ibon,
aa^rud), ein überau« fruchtbarer ©tric^ (®en 49, 20; Dt 33, 24 f.); allein toenn er auc$
fteöenloeife an« 3Reer toorgerücft ift (3li 5, 17), fo fyat er boc^ toenigften« an ber ßüfte, 36
iw> Ne ^önijier i^re Dber^o^eit Dan! ifyren feften ©täbten behaupteten, ftet« nur eine
untergeorbnete ©teQung eingenommen (9li 1, 31 f.) unb and) fonft fid? nie in bebeutenber
Seife ^crtwrget^an. — 3Bte 3lfc^er bon ©tl^a, ber 2cibeigenen Sea«, abgeleitet toirb, fo
auc^ ©ab (®en 30, 9 ff.). Seine ©t^en toerben ©cn 46, 16; 9Ju 26, 15 ff. unb
batum cttoa« abtoei$enb 1 Gfyt 5, 11 ff. aufgeführt. Da e« ein §irtcnftamm toar, erhielt u>
er feinen SBoWty öftlid^ bom 3orban (9Ju 32), unb jtoar in ber Witte jhnföen Wanaffe
unb Stuben, im eigentlichen ©ileab um ben 3a&bot unb Don ba bi« jum ©ee Ätnneret^
^m, öfüic^ bi« ©alefca (1 G^r 5, 11). Diefer Sefi^ toar lein fefter unb bauernber. 3n
ber 9tt$ter)eit tourben bie ©tleabiter bon ben Slmmonitern unterjocht, bi« ^i^^0^ * Wefe«
3oc^ abfc^üttelte, toobei and) ßpbratm bie Straft ber ©abiter au füllen belam, bie fxdb 46
ixm jenem nic^t be^ogten liefen (SRi 11, 12) Die 3Koabiter lagen auc^ oft im Äampfe
mit oen ©abitem, toie j. 33. bie 5)iefc^aftele betoetft, unb bie Slmmoniter erneuerten auc$
ft>äter i^re 3lnftjrttdS>e Qer 49, l). ©o Gilbert fd^on ©en 49, 19 ben ©tamm ©ab btcl
angefochten, aber pegreic^. äud^ unter Dabib« gelben ftac^en bie ©abiter fyerfcor mit
Sdtoencutgeftc^tern unb gajellenartiger ©etoanbt^eit (1 &x 12, 8). 60
6« mmU taum anber« fein, al« bafe in bem geograpfyifö ftarf parzellierten &mbe
Äanaan unb bollenb« bei feiner Untermifäung mit ben alten £anbe«betoofynern ba« Sol!
3«rael, al« e« nac^ 3°fua^ 2°^ ^ur(^ ^ne Gentralgetoalt mel^r be^errfc^t mar, feinen
po(stif$en 3«föwmen^ang öerlor unb fiefy in feine ©tämme ^erfvlitterte, toeld&e in bers
fc^tebener »Jeife ftcfc mit ben Manaanitern abfanben. 2luc§ bie religiöfe ©in^eit, toeld^e e« 66
toeiter^in ^au))tfäc^lic^ ^ätte jufammen^alten foUen, toar burc^ biefe« ^ufammentoofynen
mit einem län^ft ^ier angefeffenen SSolfe gcfäbrbet, ba« an Äultur ben 3gtac^ien ü^CTs
legen, toefentlufc anbere, tueit niebrigere 33orftellungen bon ber ©ottbeit ^atte, al« fte
tynen am Sinai offenbar getoorben toaren. 9Man nabm leicht bon ben ©nbeimifc^en
audf in ben 3<^bebienft folc^e ©ctoo^n^eiten auf, bie eigentlich nac^ Urjprung unb 9te eo
472 3*ratl, ©efäidjte, biblifdje
beutung fyeibnifd? toaren. ©tc^ gefd^a^ befonber« leidet auf ben Samoty, jenen bon bat
Kanaanitern fyeilig gehaltenen Dpferftätten, bie )u einem guten Seil aucty bei ben 3«raditen
in geheiligtem Stnbenfen ftanben unb baber aucfy für fte toicber Orte be$ Kultu« tourben.
5luä offener SlbfaH ju ben fanaanitifc&en ®aalen unb Slftarten toar burtfcau« ntc^t auä*
6 gefcfylojfen. 35er ftnnlicfye, oft la«*ibe SRaturfult fyatte im ©egenfafc jum ftrengen 3a$be*
bienft )u biele Steige, al« bafe niqjt ber natürliche Äang be« Solle« ftc$ bort$m geneigt
tyätte, aumal al« bte erfte (Generation, toelc^e im 9camen be« großen ©otte« bom Sinai
bie ^eiligen Kriege geführt fyatte, bafyingegangen toar. SBenn aber 3«rad feine rdigiofe
©onberfteHung aufgab, fonnte e« ni$t fehlen, ba& e« ftcfc mit ben GSntooljnem amalga*
10 mierte unb auefy national Don tynen aufgef ogen tourbe ober bo$ in f$impfli$e Xb^angtg-
feit bon tynen geriet, fdbft too e« fompaft beifammen tootynte, bottenb« too e« fu$ in ber
3)iinberja^I befanb. (Sbenfo ift leicht begreiflich, bafe too ber alte fampfe«mutige ©rift
bon ifynen getoicfyen toar, bie Israeliten ftc§ audjj gegen frifefy nac^brängenbe Stämme ttrie
bie -Dtibianiter, Slmalefiter, SDtoabiter, Slmmoniter, *ßbiltfter nid&t ju behaupten bermo$ten,
16 fo bafe ihre Sage eine rec^t traurige tourbe. 3n folgen Sertyältniffen trat eine 2Benbung
ium Sefferen ein, toenn ein bon ©otte« ©eift erfaßter £db toieber »um ^eiligen Ste
freiung«hteg aufrief unb einen Heineren ober größeren 2eil be« Solre« jur Grrtyebung
gegen ben $feinb entflammte. ®iefe 9Wc$ter* toaren bor allem 3ftetyeit«lämpfer; aber
ibre Kraft unb tyr ßrfolg lagen burd&au« barin, bafe fte ftcfc auf 3Rofe« unb 3ofua«
20 ©ott beriefen, in beffen 9tamen fie ben Kampf toagten unb bom SSolfe Vertrauen unb
©efyorfam berlangten. Utocfybem fte al« ©otteämänner burd& ben ©rfolg ertoiefen toorben,
fiel itynen bon felbft bie oberfte ©eric§t«barleit ju toie einft bem 3Rofe unb 3°^; "^
folange fte lebten, fehlte e$ alfo nidjjt an einem menf$li$en Xräger ber öffentlichen ©e=
toalt. ©olc^e „9lid&ter" toaren Daniel, (Styub*, bie <ßrop&etm 3)ebora* mit Saraf,
25 ©ibeon*, Sepfytafy*. @ttoa« anberer 2lrt toaren bie Kämpfe ©imfon«*, ba er me^r al«
@injelfämpfer benn al« 2lnfü^rer auftritt unb bottenb« eine ritterliche 3$ätigfeit fötoers
Ixd) ausgeübt fyat 9luc^ bon ©amgar toirb nur eine $dbent$at erjä^lt (Sit 3, 31), bon
anberen blofe gefagt, fte Ratten „3^ael gerietet" tüte bon Sbjan w*^ Set^lebem, ®lon
bem ©ebuloniten, Slbbon au$ 5ßireat^on (SRi 12, 8 ff.), beren ©o^eit natürlich nur bon
ao i^rer näheren Umgebung anertannt n>ar. ©ine einheitliche Sittion bed ganzen Solle«
tbirb nur noef) SHt 19—21 erjagt, toelc^e ©efd^ic^te balb nad^ 3ofua3 Stob ju fe^en t{L
©onft fiel ba« SSoH in ©tammgruty>en au^einanber, inbem namentlich ©p^ratm eine an«
gefefyene Hegemonie über bie umtoo^nenben ©tämme behauptete unb mit Sifcrfuc^t
ju tbabren ftrebte, toätyrenb ^vtoa mit Heineren Stämmen im ©üben faft gang ab*
86 gefonbert toar.
2)iefe un^eilboUe 3erfplitterung, bie freiließ burd^ ben TOebergang ber 9unbe«treue
gegen ben ©ott ^«rael« berfd^ulbet toar, mu^te ba« Verlangen nac^ einem fefteren poli*
tif^en 3wfammen^ang unb einem nationalen Dber^aupte toedfen, beffen @infeftung niefct
me^r nur bem unberechenbaren SBalten be« ©eifte« ^a^be« überlaffen toäre, fonbern
40 toeld^e« bleibenb bie Regierung bertoaltete. 9lnfä|e )u einem fold^en monarc^tfd^en Segt=
ment finben ftc^ befonber« in ber ©efd^ic^te ©ibeon« *, beffen ©o^n äbhneled^ fogar mit
bollern Setou^tfein fi$ }um J!önig auftoarf, aber nur auf turge 3C^ ^nc <*u$ räurnftc^
fe^r befd^ränfte X^ranni« über ©i$em unb Umgebung erlangte. $ie Stiftung be« tarirf«
li^en Königtum«* tnüpft ftc^ an ben 9Jamen ©amuel« *, ber nugleic^ al« ber lefcte Stifter
46 gelten fann, unter ben SJid&tern aber al« Sßriefter unb 5ßro^et eine einzigartig ^obe geißige
©tellung einnimmt. 3)ie äufeerlid^e SSeranlaffung jur Bereinigung aller politifdjen ©etoalt in
ber §anb eine« ©injigen bilbete ber ftarfe S)rucf ber ^J^ilifter *, unter bem ba« 2anb feufcte.
©aul* entfprac^ ben Hoffnungen, bie man in biefer §inft^t bon tym ^egte, unb befreite
fein Soll ä^nlicfy ben früheren „Stiftern". Stud^ lonnte i^m nic^t borgetoorfen h>erben,
50 bafe er burc^ feinen äufeerft befd^eibenen §of^alt ju ©ibea ba« Soll gebrüctt ^ätte. SWetn
in anberer Steife folgte er balb bem Seiftnel ber fyeibniföen Könige : er fa^ ftcfy felbfi al«
ben ©ouberän an, nid^t al« ben bloßen ©teübertreter be« eigentlichen König«, Sa^be«,
fo bafc ©amuel, ber i^n einft al« ben ©otterforenen gefalbt $atte, an i^m irre tmtrbe
unb t^m julefct feine enbgiltige SJertoerfung bon feiten feine« ©otte« anfünbigte. 5Da|
55 ber ©eift ©otte« bon tym getoic&en toar, äufeerte ftd^ in feiner ©etyoermut, bie i^n arg«
toöbntfä) unb graufam machte. 3luc^ erlag er fd?lte^licb im Kampfe, ben er fo Hoffnung««
boll eröffnet tyatte ; famt feinem ^elben^aften ©ofyn gonat^an fanb er am ©ebtrge ©tÜHXt
in einer 5Wieberlage bor bem (Srbfeinb feinen lob.
©d&on bei feinen Seb^eiten ^atte ©ott ben bon tym ertoä^lten 9ta#foIgcr auf bem
eo Ibron $«rad« beftettt in ©abib *, bem ©otyne Sfai« au« »et^e^emsgiÄa, ber e« al«
3*rari, ©efdjtdjte, bibltfdje 473
Ärieg«fyelb ollen juborgettyon, aber eben be«fyalb Saul« Strgtootyn gegen fic$ fyeraufbcfcfytooren
fatte unb bon tym töblicfy getyafct unb betfolgt Sorben toar. SDabib fear fctyliejjlicfy genötigt
getoefen, bie ©aftfreunbfäaft ber^tyilifter anjurufen unb tyr £e^en«mann &u toerbcn. ©rft
nadf Baute lobe lonnte er in fein Stammlanb jurücffe^ren, too er junäd^ft ju Hebron
7V, $af)Tt über ben Stamm 3>uba Äönig toar, toäfyrenb bie nörblicfyen Stämme 31t einem 6
überlebenben Sofyne Saute, Sfäböal, fic| gelten, ber in SWa^anajim jenfeit« be« gorban«
reftbierte. 9?a<& beffen getoaltfamem ©nbe tyulbigte ganj 3j«racl bem $abib, ber balb
ferne Steftbenj nad) bem enblicfy eroberten Igerufalem berlegte unb burcfy feine geniale %üt)*
rang mÄrieg unb ^rieben ba«9teic& auf bie §öfyc feiner Wad^t braute. 9lu$ in geiftiger
unb religtöfer ßinfic^t fteUt 35abib einen §öfyepunft ber ©efd&id^te bar, ba unter tym, bem 10
toörbigcn SReffta«*, b. f). bem ©efalbten 3atybe«, ber nac§ bem $er^en ©otte^ regierte,
ba« Äönigtum unb ba« Sßroptyetentum in feltener SBeife harmonierten. So ttmrbe benn
burc$ prop^etiföe« Söort feinem ßaufe ba« Königtum auf immer berbeifcen. 2lud& für bie
Jtultii«gef<9i$te toar 35abib« SBirfen Don tyotyer SBebeutung, ba er bie $unbe«labe, ba«
alte $aQabium unb ©entratyeiligtum ^«raete, nacfy ber neuen £auptftabt verpflanzte unb 15
al« ber liebliche Sänger föraett bem @otte«bienft burcfy feine Sßfalmlieber neuen Stuf*
fötmmg unb perfönlic^ geiftige« Seben einfyaud&te. 9lber erft fein Sofyn unb 9tacfyfolger
Salomo* baute bort auf getoetyter Stätte ben Tempel*, ber metyr unb mefyr ber ful*
ttfc^e 3Ktttelpunft für ba« ganje £anb tourbe unb bie« trofe mehrmaliger ß^ftörung, bie
er erlitten fytt, bi« an« ©nbe ber nationalen ©efcfyictyte geblieben ift. 3m ©egenfa§ gur 20
Regierung ®abib« toar biejenige Salomo« eine ruhige unb frieblic^e, in ber ft$ ba« 9SoIf
ju fyofyem SBotylftanbe auffd&toang. aber gerabe ber Umftanb, bafc e« nid^t me^r Don
äußeren geinben bebrotyt toar, fotoie bie ©iferfud&t ©pfyraim«, ba« fug nur ungern einem
jubäif<$en Jtönig«tyaufe gefügt ^atte, femer bie Selaftung mit Steuern unb großen jur
Ausführung ber $läne be« bauluftigen Äönig«, freiere bon bem freifyeitliebenben Holfe 26
ate Sebrüaung empfunben tourbe, — führten ju ber SReicfy«fpaltung, toeld&e bem jur ©rofc
mac&t aufjlrebenben Äönigtum 3ß*ael« ein rafcfye« ©nbe bereitete. 35a« *ßropfyetentum
felbfi, ba« gegen ben alternben Salomo getoid&tige Auflagen ^atte, ba er in falfc^er
$ulbfam!eit feinen ^Jrinjefftnnen julieb fyeibnifcfye Äultu«übungen geftattete, gab fd&on bei
feinen Üebjeiien ben erften Slnftofe ba*u (SIbia bon Silo 1 ßg 11, 29 ff.). so
9ta$ Salomo« lob trennte ficfy oer größere 3!eil be« 93olfe« („je^n Stämme") bom
bat)ibtfd?en ^aufe unb er^ob ben S^raimiten Sjerobeam* ^um Äönig bon 3«rael, toä^renb
bem SRe^abeam*, So^n Salomo«, nur ber füblid&e 2anbe«teil mit ber §auptftabt 3S*ru=
falem berblieb, in toeld^em ber Stamm 3"ba burd^au« bor^errfd^te, toenn auc^> SEeile bon
©eniamm, ©imeon, £an bamit berbunben h?aren unb ein großer %t'\l ber Sebiten ft^ 35
jum lempel gelten. Seitbem befc^beten fic^ biefe beiben Ileinen Sruberreid^e faft immer
unb nu$t feiten ftti^te ftc^ ba« fcfytoäcfyere ober unterlegene auf eine au«toärtige 3Kac^t, erft
auf bie ©ijrer, fpäter auf bie 2lfferer, unb rief fo ba« 3Serberben über ba« Sruberbol!,
aber metft auc^> über ftd^ felbft herbei. 2lucfy in religiöfer ^inftc^t toar biefe Trennung
ber^ängni^oH. Um ba« SJol! bon gerufalem unb feinem Heiligtum ab^ulöfen, errichtete 40
^erobeam golbene Sbole, S^^bebilber ju 3Dan unb Setbel unb beförberte fo ben religiöfen Styn=
(rett«mu«, bie tyeibnifcfy geartete ^ere^)rung«h?cife Sa^be«. £>ocfy blieb ba« 5j}ro})^etentum tro^
aBer 9(u«artung man^er Angehöriger biefer $unft eine geiftige 5Kac^t im ejpfyraimitiföen
Seidel ; ja ba«felbe entfaltete im Kampf mit ber paganificrenben Jenbeng ber $errfd^er
ferne grofcartigfte Energie, ^olitifc^ fam e« im nörblicfyen SKeid^ ju feiner feftcn £au«- 46
mac^t. ©ine ®^aftie folgte auf bie anbere ; feiten bermocfyte fic^ ein ©efcfylec^t burc^
mehrere ©enerationen auf bem Ifyrone ju behaupten. 35er rebolutionäre Urfprung biefer
ÄöniBd^errlid^Iett rä^te ftd& in ber ganjen Weiteren ©efc^te.
9tac^bem Igerobeam« §au« fc^on mit feinem getoaltfam tDeggeräumten So^ne 9tabab
geftür^t unb bie folgenbe 35tynaftie Sa'fa« toieberum fd^on in ibrem feiten ©lieb, 6la, 60
bertiigt towrben hrnr, toorauf ©la« SKörber Simri nad) ftebentägiger Regierung in ben
glommen feine« 3Jalafte« feinen £ob gefunben hatte, brobte eine neue Spaltung, inbem
ein leil be« 93olfe« bem übni, ber anbere bem Omri anfing. 35o<$ ftegte ber le^tere
raW Mi* Dmri« 9?ame ift fo berühmt geworben, bafe bie Äeilinfd)riften nocfy lange bom
,f^anbe Dmri«" fpret^en. SBid^tig h?ar befonber«, ba^ er eine fefte, S^fak"1 äu^erlid^ 55
ebenbürtige #mtytftabt grünbete, Samaria, too nun bie föniglic^eSRcftben^ blieb, bie borfyer
E'felt ^atte. Sein Sotyn 2l^ab* tbar gleichfalls ein tfyatfräftiger, im .Uriegc tüchtiger
ber bie Styrer mit ©rfolg befämpfte, aber im eigenen Sanbe ftcfy feiner tyrifc^en
Sfebel gegenüber um fo fc^toäc^er geigte, toel^e mit Sift unb ©eh?alt barauf ^in=
arbeitete, ben p^önijifd^en 93aal«fultu« im &mbe einzuführen, ber nad^ i^rer Hoffnung 60
474 3*raei, ©efdjtdjte, bibltfdje
ben i«raelitif$en 3a^>clultu« fcerbrängen foHte. $n biefcm Stamtf um« 2)afein berate
religion fyat @lia* bie 2Ra$t feine« ©otte« beWiefen unb bem einbringenben $eibentum
©alt geboten. Äur$ regierte nac$ 2tyab fein ©otyn 2tya«ja, länger Soram, m bem fid^
@lia« 9tocfyf olger (Slifa * nid&t ganj fo able^nenb [teilte, ba berfelbe toenigfien« ben natften
6 93aal«bienft befeitigt ^atte.
Um biefe 3eit, Wo 3ofai)^at* in guba regierte, bejtanb ein au«natym«toeife freunb-
lic^e« SBerfyältni« aWifd&en beiben SReid&en, ba« jebod? $uba nic^t jum Vorteil gereifte,
fonbern tym unb feinem Äönig«tyau« fcerfyängni«t>oll Würbe, ba Slt^alja, bie loc^ter 3fe*
bete unb ©attin be« jubäifd&en Äönig« %oxam bie Sßolitif ifrer SRutter nac$ gerufakm
10 fcerpflanjte unb mit ctynlicfyer fcerbrecgeriföer 9tüdfftd&t«loftgleit burdfoufe^en fuefcte. 3)ort
War ber Verlauf ber ©efd&ic^te gleichförmiger gewefen. 9tod& gut 3*i* be« SRetyabeam
fyatte ba« Sanb ferner unter bem @inf all be« SJtyarao ©<$ifc$al gelitten. 2)er itoeite SRacfc
folger SRefyabeam«, Slfa*, War ein fcortrefflid&er Äönig, noc$ bebeutenber beffen ©oljn unb 9lacfc
folger äofap^at*. 5Rur geigte fic$ biefer bem Sruberftamm unb feinem Äönig«$au« gegen«
15 über att^u entgegenfommenb unb *>ertrauen«felig, Wie jene unglücßi^e SSermäblung feine«
©otyne« mit jener 2ttljalja beWetft, bie beinahe bie 2tu«rottung be« gamen $aufe« $a»ib«
nad) [\$ jog. 9?ur ber fleine ^oa« entging bem ©emefcel ber tyerjlofen Königin unb
tourbe bom ^ofyenpriefter 3ojaba auferlegen, bi« biefer ben Slugenblicf gefommen erachtete,
ben bamal« fecfy«jctyrtgen ftnaben jum Äönig au«rufen ju laffen unb bie Ityrannm ab-
20 juttyun (2 % 11). — Unter %oxam fielen bie ©bomiter bom #aufe 3uba ab, ba«
einjige SSafallen&olf, ba« biefe« nod& bei ber SReid&«ft>altung behalten tfliu.
3m nörblid&en SReic^e lam ba« ©erid&t über ba« £au« Dmri«, bejto. Styab« bur$
%d)\i*, ber nad) einem furchtbaren Slutbabe eine neue Stynafüe m ©amaria grünbete,
Welche ben Ifyron am längften ju behaupten unb fein änfetyen toie&er ju mehren toufete.
25 gtoar unterlag $e^u f elbft ben ©tyrern, burefy Weld&e aud& fein ©otyrunb 9lad&foIger 3oa« fd&toer
gebemütigt tourbe (2% 13, lff. 22). allein unter 3e&u« @nfel 3oa« (2 fig 13, lOff.)
|ob ft$ bie e^raimitifcfye 3Macfyt unb lief* fofort toieber 3uba tyre Überlegenheit füllen,
beffen Äönig Slmajja, Sol^n De« iubäifc^en %oa$, burd^ einen (Srfolg über ®bom über«
mutig geworben h>ar (14, 9 ff.). 2$ollenb« unter 3^obeam(II.)*, bem britten 9ta$folger
ao 3^u«, na^m ba« e^raimitifd^e SReic^ noc^ einmal einen unerwarteten äuffc^mung. ®e«
lang c« boc§ biefem nac^ bem SBorte be« ^Jro^eten gona, be« ©o^ne« Xmttfyi]«, no<^
einmal bie alten ©renken ^enufteUen unb bie f^rifc^e unb moabttifcfye JJafallenlanbfc^Ktft
unter feine 8otmä^igfcit ju bringen (2 flg 14,25.28). allein nac$ feinem Xobe h>ar ber
3*rfaH um fo unauf^altfamer. ©^on bei feinen Sebjeiten War ber jubäifc&e $rop^et9mo«*
85 in Sctbcl aufgetreten unb fyatte gegen ben gügellofen ©inn, bie ü))j?ige ©enufefuc^t unb
bie tyimmelfd&reienben Ungerec^tigfeiten ber ©rofcen im 2anb, gegen ben ftttlu$m unb
lultifd^en äbfall Don 3a^t>e fein toud^tige« 3cwgni« abgelegt unb bie getoaltfame 33er*
nic^tung biefe« ßönig«l?aufe« t>orau«gefagt. Unb in ben legten §afyxm feiner Stegteruna
nafym ber c^raimitifd^e $ropF)et ©ofea* biefe Slnllagen mit neuer Kraft auf, ber audp
40 unter ben folgenben rafd^ toed^felnben ©etüalt^abern *u toet«fagen fortfuhr. Die ptlp
tifcfye £age ^atte ftc^ unterbeffen baburc§ bebro^lid^er geftaltet, bafe bie affertfd^en ^enfe^er
immer häufiger nad^ ©tyrien borbrangen unb g^racl i^rem Steige förmlicp einjiüKrletben
beftrebt toaren. ©^on mit ©almanaffar II. (860—825) toaren bie 3«raditen m btrelte
Serü^rung gefommen. Wjab hatte (nad) gewöhnlicher 9lu«Iegung ber betr. ^nfc^rift) im
45 $afyre 854 gegen tyn bei Harfar mitgefäm^ft (Sb I, 259, iß) unb Setyu im $atyct 842,
al« jener berfycerenb bi« nac^ 33afan borgebrungen toar, i^m loftbaren Tribut be^lt
(©Araber, KAT2 189. 208 f.). Slber biel foftematiföer al« feine aScrrganger bemühte W
3:iglatJ)ilefar (III.), ber 745—727 regierte, bie fiänber bi« jum TOittelmeer femer Jtone
untert^an ;u machen. SBä^renb %$xatl unb Suba fu^ bi«^er nur Heiner 9tai$barflaaten
so m erwehren gehabt hatten, benen fte Dereinigt überlegen getpefen h>ären, unb äfften nur
feiten gefätyrlicty geworben War, fa^> man ftdb je^t einer ©ro^mac^t gegenüber, toeÜ&e, uns
abläfftg Dorbringenb, bie tleinen Königreiche in«gefamt zermalmte, aber au$ aU biefe
furchtbare ©efa^r fc^on offenfunbig War, ^errfc^te jWifd&en S^tael unb 3uba noi^ bie alte
#Wietrac§t. 3ja, ba« toon %$xati fd^Wer bebrängte 3uba rief biefe (gröberer julefct gegen
» ba« Sruberbolf in« Sanb. 2)aju tarnen bie troftlofen 3legierung«»er^ältniffe, toel^e im
nörbltc^en SReic^ nac^ 3*™beam« %ob eintraten. 6m S^ronräuber folgte bort bem anbent
Serobeam« ©o^n ©a^arja Würbe nac^ blofe fecfy«monatlid&er Regierung tH>n einem ge»
Wiffen ©allum erfc^lagen ; biefer Wieber nac§ einmonatlic^er §errf(^aft t>on einem %m*
tyerrn SKena^em, ber ftd& lO^a^re auf bem^ron ju behaupten touftte, bo<^ nur fo, bafr
eo er bem ^ul, b. \j. jenem Xiglat))i(efar fc^weren Tribut entrichtete 2 Jtg 15, 19 f.
3*racl, ©efdjidjte, btbltfdje 475
(©dfrober KAT» 223 f.). Sein ©ofyn Sßefacfyja tyintoieber fiel balb burefy bie -Dtörber^anb
be« $eta$ (2 Äg 15, 25), ber ftcfy mit Serien gegen %vtoa berbanb unb fo bie affty*
rifefc Äataftro^e herbeiführte, beren 93oIIenbung fein 9iacfyfoIger §ofea berfd&ulbete.
3uba bagepen tyat JTtcty bon ben unter Stmagja erlittenen ©d^la^en balb toieber leiblich
erholt 3He 52iä$rige Stegterung feine« 9ta$folger« Ufta (Uajiaty), ber auc$ ben Tanten 5
Xfarja führte, gehörte, toie -2 Äg 15 unb befonber« bie ausführlichere SBerid&terftattung
2 §fft 26 erfennen läfct, ^u ben glüdfli^ften ^erioben, bie Sjuba feit ber SReid&efyaltung
gefetym tyd. Ufta nafym bie flämpfe gegen ®bom, bie fein Sater Stma^a nicfyt fyatte )u
6nbe führen tonnen, mit (Srfolg toieber auf unb befeftigte bie toie^tige §afenftabt (SlatI?.
9nd) über moabitifäe« unb ammonitifcfye« ©ebiet, ba« beim fyrfaü ber epbraimittfcfyen 10
SRa^t fi($ bon biefer freigemacht fyattt, bellte Ufta nun bie jubäifäe Dberfyofyeit au«.
SBenn bie getoö^nlicfce annähme richtig ift, bafe ber in jtoet ©ersten be« ßönig« liglat*
ßUefdr* genannte Äönig Az-ri-ja-a-u mät ja-u-di lein anberer al« biefer 2tfarja, Äönig
be3 2anbe« 3uba ift, fo fyat berfelbe fogar an ber ©pifce einer gegen Stffur gerichteten
giga fyriföer Älehtftaaten geftanben, bie freiließ im Igafyre 740 bem genannten afftyriföen 15
Orofelöntg gegenüber ben füneren jog. 3)er (entere §at bann au« irgenbtoeld&en ©rünben
feinen SRadfrejug ntc^t bi$ nac^^uba au«gebetynt. 2tu« biefem unb anberen ©rünben hotten
ober ffimefler u. a. in jenem dürften ber 3>nfd&riften bielmefyr ben eine« in ben ©enbfäirli*
3nf$riften ertoätynten norbforifcfyen Steige« fe^en. 2lucfy im ^nnem tyat ftd^ Ufta nietyt
nur um bie S3efeftigung ber ©täbte, borab genitalem«, f onbem au# um bie §ebung be« 20
SBo^lftanbe« bemüht, inbem er 35ie^ud^t unb Slcferbau förberte. dagegen toirb tym in
ber (Sfconif fdfrulbgegeben, bafc er mit bertoegenem eingriff in bie priefterlid&en Siebte in«
Heiligtum brang unb bort räucherte, loa« bie Urfac^e be« 2lu«ja$e« getoefen fei, an bem
er toatycenb ber legten ga^re feine« fieben« litt, (0 bafc feinSofyn gotyam ftatt feiner bie
Staentföaft führte. 3luc$ fctyeint gerabe bie äufeere SBofylfatyrt §offart unb üppige ©enufc 25
fuept im Sanbe beförbert ya fyaben, gegen toelc^e toie gegen bie Ungered&tigteit ber ©ro&en
unb Wältigen ber Sßropfyet gefaja* fane getoaltige ©timme erfyob. ®ie Slllein^errfd&aft
gotyam« fcfyeint bon fur^er £>auer getoefen ju fein, unb unter feinem ©otyne 2tya« brauen
bie Sßetter bon allen ©eiten über guba herein. £>er ©tyrerfönig SRejin (3te^on) bon
5Dama«t berbanb jtc^ mit bem X^ronröuber $e!ac^ ju ©amaria, um ba« babibifc^e Qavß so
ju entthronen. ®ie untertoorfenen ©bomiter unbbieftet« f einbüßen ^iiifter matten mit4
t^nen gemeinfame Qaty gegen %vba. 3l^a« aber, bem ber ©laube an Safybe WÖe,4
loderen i^m Sefaja al« ben einjig loa^ren 9lu«h?eg prie«, rief gegen bie übermächtigen
geinte ben noefc mächtigeren Sff^rer in« Sanb. iiglatpilefar (III.) rütfte im 3$**
734 ^eran, fd^Io^ ben ©^rerlönig in 2)ama«! ein, ba« lange belagert tourbe unb erft 86
732 peL 6r untertoarf bie ämmoniter unb 5Koabiter unb überjog ba« i«raeiitiid^e Oft«
jorbanlanb unb ben Sflorben be« toeftjorbanifd^en SReic^e«, o^ne ©amaria felbft ju
nehmen unb beportierte überall biele Setoo^ner, toelc^e 5)fa^rcgel er juerft in größerem
Wattab fc^eint angetoenbet ju ^aben. ßbenfo jüd^tigte er bie ^tlifter, bie ßbomiter
unb waber. 6r loul aud^ ben $efacfy getötet ^aben, ber aber bur# bie sBlörber^anb eine« 40
2anb3maime« namen« $ofea * fiel, toelc^er bem 31ff^rer fc^loeren iribut jabltc, unb al«
er ftjäter bon biefer läftigen Iributpflic^t frei ju toerben trachtete, bamit ba« ©nbe be«
9leä^e« ^^rbeifü^rte. Sei einem erften SSerfuc^ entging er noefy burd^ rafc^e Unterwerfung
unter ©almanaffar (IV.) feinem ©c^idffal. ein jtoeite« SKal aber (724) erfäien biefer §errfc^er
mit {tarier SRac^t unb belagerte ©amaria, toeld^e« atoar lange toiberftanb, aber f^Iiefelic^ 46
im Öa^re 722, nad^bem unterbeffen ©argon ben affprifd^en I^ron beftiegen l>atte, bon
ben »n^rern erobert tourbe. 2)er gröberer berpflanjte über 27000 Setoofyner ber§aupt=
pabt unb too&l aud^ folc^e bom Sanbe nac$ bem nörbüd^en 3Kcfopotamien unb 9Kcbicn.
S)a« Äönigtum na^m ein ©nbe. 9Jod^ me^r lourbe ber i«raelitif<$e ß^arafter ber 8ebö(s
(erung bertoifc^t burd^ änfteblung bon 3lu«länbent. ©0 berppanjte fc^on ©argon jtoang«* 60
toeife Sabplonier, ©^rer, 3lrabcr nad^ ©amarien ; nod^> größere Kolonien fliehen Slfar*
^abbon unb äfurbanipal borten. 3lu« biefer üHifdjung gingen bie fpäteren ©amaritaner
^erbwr. — 3n religiöfer ^injtc^t ber^arrten alle biefe norbi«raelitifd^en Könige bei ben
„©ünben ^erobeam«" unb fapen ben Sälberbienft ju Setzei al« tyre eigentliche ©taat«s
rdigton an, ber au$ abgefe^en bon bem unmofaiföen ©tierbilb burc^ beibnifc^e ©epflogen* 66
fetten berunftaüet toar. einzelne toie 3lbab Ratten fogar bem nadtten §eibentum, bejto.
bem p^önijiWen Saatebienfte Sorfc^ub gelciftet. ^mmerbin geigen Die ^roj^ctengeföid&ten
unb 4/ädfct, hob and) im SSolIe eine entgegengefe^te Unterftrömung bor^anben h>ar, bie
bon ben alten Sa^beüberlieferungen je^renb, auc^ neue Offenbarungen be« ^eiligen leben*
btgen ©otte« 3«rael« empfing, ^ene fremben, burd^ bie Stff^rer nad^ itanaan bepflanzten qj
476 3*rael, ®efd>idjte, btblifdje
Slnftcbler fyaben ifyr $eibentum ins Sanb gebracht unb fo einen neuen ©tynfrettSmuS
herbeigeführt, liefet ift jcbod) teils burdjj ben @influfe bon Suba (Sofia), teils burd& bie
größere 3äfytgleit beS eingefeffenen ©tammeS übertounben toorben, fo bafe ber 3a^oe-
bienft atiein blieb unb audp bte Silber in Abgang {amen.
6 35aS jubäifd&e Königtum erhielt ft<§ reic$li(fy 130 %afyct länger, auf StyaS*, unter
toelcfyem fem politifd&er Seftanb h)ie feine Sieligion fo ftarf gefätyrbet toar, folgte ^tefta*,
unter beffen Regierung eS ftc§ in beiben ßinfi^ten befeftigte. 3toar &a$i*lt fic$ §tefia
als afffyrifd&er Scfyenfürft leincStoegS tabelloS. allein in feiner bon tym felbfi mttber*
fäulbeten 9Jot toarf er fiefy bem ©Ott in bie Sirme, ber attein Reifen fonntc unb tym
ioburc§ 3cfaia* fdn gewaltiges, gnäbigeS SQSort julommen liefe. -Kadfr beffen Ser^eifeungen
Würbe er Don ber Uebermad&t ©antyeribS tounberbar errettet. Um fo untoeranttoortlt<$er
toar ber Slbfall feines ©ofyneS SKanaffe*, ber no<$ eifriaer als SD^aS &eibmfc£en ftultuS,
unb jtoar jefct mit Sorliebe affarifc^babtyloniföen, einführte unb über bie treuen ^aif^yt-
Propheten, meldte ft<$ bem toiberfefcten, blutige Verfolgungen behängte. Dagegen fein
ib jtoeiter SRac^folger %o$\a* liefe fk§ nochmals mit allem Srnft bie 3urüafütyrung beä Soße*
5um mofaifcfyen ©lauben unb JtultuS angelegen fein, tonnte jebo$ bie tiefliegenben Schaben
burc§ feine Sieformation nidjjt me^r feilen. ^emia*, *>** unter tym auftrat, fyit fic^
benn au$ bon Slnfang an nietyt barüber getäufd&t, bafe baS ©erid&t na^e fei 3)er tragifefc
früfye lob biefeS legten frommgeftnnten ÄönigS bei -Dtegibbo, too er bie Übermaät beS
ao Sßfyarao 9lec$o aufhalten toollte, toar ber fd&toerfte ©<$Iag, ber 3>uba treffen toimte.
SBäfyrenb ber ftegreicfce $^arao naefy bem (Supfyrat eilte, tourbe in Serufalem 3oa^aS*,
einer ber jüngeren ©ötyne %o[\a$, bureb baS Sott auf ben 2$ron erhoben (2 £g 23, 30).
©ein älterer Sruber ©Ijaüm fcfyeint fidp gegen biefen SottSbefdjlufe an SÄgtypten getoenbet
ju tyaben. %mex tourbe toenigftenS naefy bloS breimonatiid^er Regierung im ägtyptif<$en
25 §of läget ju Stibla, toofyin er ftcfy toofyl begeben ^atte, um Stnerfennung ju erlangen, ge*
fangen gefegt unb Don ba nad) SSgfypten gefd&leppt, bon too er ni$t aurüdffe&rte. ©tatt
feiner festen bie$(topter ben bem 95olfe mifeliebigen gljafim, ber ft$ jefctSojafim* nannte,
als tyren Safatlenfönig &u ^erufalcm ein, too er 11 3afae tegierte. ©etyon im 4. 3a£re
biefer Regierung tourbe bie auefy über 3"baS ©d&icffal entfc&eibenbe ©d^Ia^t bei Äar^etmfö
so gefölagen, burc§ toelc^e bie Sab^lonier baS Übergetönt in 35orberaften erhielten, äuc^
^ojafim tourbe bem 5lebu!abnexar tributpflid^tig, liefe ftc§ aber balb in SBerfätoörungen
gegen biefen ein, toaS jener oaburcfy rächte, bafe er unter beffen -Kacfcf olger 3o|ac^cn*
fjeranrücfte, $5crufalctn einnahm unb ben König, na<§ blofe breimonatlic^er Slegienmg,
famt bem beften Seil beS SSolIeS nac§ Sab^lonien abführte. 5Rebutebnejar machte no^
86 einen ©o^n ^oftaS, 3ebe!ia* (bisher SKatt^anja ge^eifeen), gum Äönia, toelc^er mx^mate
baS trügerifc^e ©ptel gegen Sab^lonien toieber^olte unb baburd^ oen Untergang beS
Äönigrei^S herbeiführte. SBä^renb er anfänglich ben ©rofefönig burc^ eine ©efanbtfc^aft
feiner Ergebenheit Derrtd^erte (3>er 29, 3) unb noefy im 4. ga^re feiner Regierung feine per*
f online äuftoartung in 33abel machte (3ier 51, 59), liefe er ft<# im 9. 3a$re bun^ bie
40 tyn ganj be^errfc^enben §äuj)ter ber ffriegSpartei ju einem fd^on länger geplanten SünbniS
mit äg^pten (Äönig §o^^ra) toiber jenen berleiten trofe aller fflarnungen ber eckten ipro*
p^eten, ^Jeremia unb ©jed^iel, toeld&e biefen Ireubruc| aufs fc^ärffte verurteilten. ®er
93ab^lonier liefe nic^t lange auf ft$ toarten. @r nafyte mit ftarfem AriegS^eer unb um«
fc^lofe bie $auptftabt, bie in tyren Hoffnungen auf ben SunbeSgenoffen am 9äl fu^ balb
46 getäufc^t falj. SBo^l machte fid^ ein ägtyptifc&eS $eer auf ben SBea unb toeranlafete fogar
bie SBab^Ionier, bie Belagerung ^^wfalemS für furje 3*it auhu^eben, allein balb toiepen
bie Slgbpter gurüdf unb ber getnb fe^rte toieber. junger unb Slot fliegen in ber ©tobt
toälpnb ber anbertfyalbjäfyrigen Belagerung aufs fyöcbfte. ®er bon Seremia immer toieber
erteilte SWatfölag, fte ju übergeben, tourbe bon 3*^fia ntc^t befolgt, ber ebenfofe^r Dor
60 ben jübifd^en Slnfü^rem tt)te bor bem graufamen geinbe jitterte. ®nblid^ erfolgte bte (St*
oberung unb balb barauf bie gänjlidjc 3^ftörung ber ©tobt unb i^reS Xempdd im
Satyre 587/586 burc^ ben gclb^crrn 9lebufaraban, toälirenb 5Rebu!abnejar felbft bamalS in
©brien toeilte, too er ju Slibla über bie treulofen §äupter beS beftegten SSolfeS ein ftrengeS
SBlutgeric^t F>iclt. 35ic ©rofeen tourben getötet, ber Äönig felbft bon bem ©ieaer geblenbet,
65 um bann in Äetten na# Säbel gcfc^leppt ju toerben. $aft alles Sott, beffm man fpto*
^aft tourbe, führte man gefangen nad) Sabtylonien, nur fieute Don geringem ©tanb
tourben mx SefteUung beS §elbeS (2 Jtg 25, 11) gurücfgelaffen. Sgl. über bie berföicbenen
Deportationen Äö^ler, ©ef^. III, 501 f. 3um ©tatt^alter tourbe ©ebalja* ein^efe^t,
ber in SKijpa feinen Slufent^alt na&m unb um toelt^en ber Äem b« SolteS ftc^ in er*
eo fpriefeli^er SEBcifc toieber fyätte fammeln fönnen, toenn er ntc^t balb baS Opfer ru^tofen
3fdrael, ©efdjidjte, biblifdje 477
3Reu$ehnorbe« getoorben toäre. 211« aucfy bicfc ©tüfce gefallen toar, flüchteten Viele naefy
8g$>ten; i^nen mußte ftcfy gegen feinen SBiBen and) Seremta ausließen. Jgerufalem *aÖ
m irümmem. ©djabenfrofye 3lad)baxn, tote bie Ebomiter, Ratten bei ber Schleifung ber
Stauern mitgeholfen unb bemächtigten ftc§ jefct toeiter ©triebe be« entvölferten unb föu£*
lofen jubäifctyen ©ebiete«. S)ie Rulunft unb ber geiftige ©c^toetyunlt be« Solfe« lag in 6
ben nodalen 50 Jfafren in ben Verbannten, meiere in Sabtylonien toeilten.
©ie unter SRebufabne^ar Söeggefüfyrten tourben im eigentlichen Sabfylonien interniert,
1 S. am gfuffe Äebar (E* 1, 1) in ber 9iä^e ber ©tabt 9?i)>pur. ©ie erhielten bort
Sanb angetotefen, fonnten ftcfy Käufer bauen, gelber gu eigener 5Rufcnießung befteBen (vgl.
3er 29, 5 ff.) unb erfreuten ftcfy innerhalb gegebener ©etyranfen freier Setoegung unbSer* 10
toaltung, fo baß au<$ fyier tyren Slteften eine getoiffe auffielt unb 3Bürbe juftanb. 3m
übrigen feljlt e« an einer eigentlichen Sefcfyreibung be« bortigen 3uftanbe« unb tyrer Er*
lebntffe toäfaenb ber 50 3>afce bi« ^urSlücßc^r, jo baß man, abgefe^en Vom Su# Daniel *,
auf änftrielungen bei Ejedjiel unb iDeuterojefaja angetoiefen ift, toeld^ lefctere« Suc§ im
legten drittel be« Ejit« entftanb unb befonber« innere 3uftänbe biefer 3«t toieberfpiegelt. is
6* ge^t barau«, toie and) au« bem Sucfy 3;^™**/ tytoot, baß manche Ejulanten auc§
jefet no<$ mit tyeibmfcfyem Untoefen ftc§ beflecften. 3u9^e^ <*« tourbe, al« ba« Sott
Vom Ztmpd unb aBen lolalen Heiligtümern mit tyren Serfucfyungen abgefd&nitten toar,
bie Äuffaffung ber ©emetnbe unb be« ©otte«bienfte« geläutert unb Vergeistigt burdjj ba«
göttliche SÖort (©efefc unb ^ropfyeten), um toelqe« man fic§ je$t $u feiner Erbauung 20
fammebe. ©er Dpferbienft jtoar, ber bi«t>er für unentbehrlich galt, mußte feiern, ba man
auf unreinem Soben unreines ©rot aß (§0 9, 3 f.; 65 4, 13). 2lBein getoiffe ©afcungen,
toie ©abbatfyru&e, ©peifeVerorbnungen, Seföneibung u. a. tourben al« Untertreibung«*
}ei$en be« Solle« ©otte« um fo toicfytiger; ber ©c§a$ ber \)l ©Triften, ben man im
6jU eifrig burcftorfc&te, tourbe um fo foftbarer, unb baß 3ö^e fä au$ öuf ftembem 25
Soben emjelnen @otte«männern offenbarte (Eaedjiel, geremia, 2)euterojefaja, 2)aniet),
toar bebeutfam. 2>a« $eibentum, toelc^e« man jefct au« ber dläfyc fennen lernte, ftiefj
aBe befferen 3^äw ^eilfam ab, bie furchtbar emftcn ©rfa^rungen, bie man fcon ©otte«
lange angebro^tem ©eric^t gemalt fyatU, blieben nietyt o^ne mächtigen ©inbrudf (ßaä) 1, 5 f.).
ffiar bad £0« ber Verbannten im allgemeinen ein erträgliche«, toobei freiließ ber ©c^men 30
über ben SJerluft ber §eimat unb bie ©efynfuc^t nac^ i^r forttoirften, fo fehlte e« boc$
fi$erli<$ aud^ nid^t an fc^toeren Anfechtungen unb Maßregelungen einzelner ^«raeliten,
unb jtoar nid^t blo« unruhiger Äöffe, fonbern aud) getreuer Anhänger beä väterlichen
©efefee«, toie ftc^ au« ©euterojefaja unb Daniel erf ennen läßt, toelcfye« le^terc S3uc^ aber auefy
enä^lt, tote ein gotteefürd^tiger ^ube burc^ feine 3Kei«fagung«gabe am §ofc ju ^o^en 6^ren 35
gaommen fei. änbedeit« nämlid^ burften bie 3;uben bei mannen Reiben eblere ©efmnung
unb aufrichtigere 6mj3fänglic^feit für bie Sefyre Dom lebenbigen ©Ott 3;«*aelS toa^rne^men,
al« fte ertoartet Ratten, unb e« tourbe butefy folc^e Erfahrungen ba« SBetoußtfein eine«
^ofittoen Serufe«, ben 3^^el an ben Reiben ^abe, getoedft unb genährt, ba« freiließ
Eigentum ber toenigen Erleuchteten blieb, toä^renb im allgemeinen bei ben frommen um fo 40
ängftlictyere Sbfd^lteßung gegen bie 33ölfertoelt Dor^errfd^te.
6ttoa 50 3^re nac^ ber 3^ftör"nÖ S er uf atetn^ erlag ba« bab^lonifc^e Steicfy felber
bem ^Jerferlönig (S^ru«*. Sd^on al« biefer feinen fü^nen 3UÖ fl*8*n ba$ l^bifc^e SReid^
ausführte (im ^a^re 547 546), begrüßte &euterojejaja in ii;m ba« 9Üerfjeug ^a^e« jur
SiföQung ber auf ben ©tur$ Säbel« jielenben SBei«fagungen unb fud&te bie ©emütcr ber 46
(Sgulanten burd^ $intoei« auf ben in Reit unb Staum unvergleichlich aBe« bc^errfd^enben
®o.tt 3«rael« )U ermutigen unb bie Suft jur^eimfcfyr ju toedfen. ©eine Sor^erfagungen
trafen ein. Säbel öffnete (538) feine Ityore bem gfdbfyerrn bc« ^erferfönig«, Ügbaru
(©obr^a«) unb einige 3Konate fpäter l^iclt jener felber feinen Einzug. 6i;ru«, ber bie 33e*
todlfentng ber ©tabt burd^ ©d^onung ju getoinnen fud^te, toanbte in«befonbere ben untere so
brüdten 3uben feine ©unft ju. C^ne 3^^fcl a«f beren Sitte, toobei fte fid) toa^rfd^einlic^
auf t^re feine Grfolge t>orau«fagenben ^ei«fagungen ftü^ten, gab er tynen fc^on im erften
3«^re feiner bab^lonifc^en §enfd^aft (538) bie ßrlaubni« ^ur §eimfc^r, genauer gur Stücf«
fe^r berer, toelc&e ben 2emfel toieber aufbauen tooBten unb jur SKieberenic^tung biejc«
Heiligtum«, toeld^e er auf aBe SBBcifc förbern tooBte, inbem er *. S. aud) t»ie von 66
xefrufabnqar geraubten \jl. lempelgeräte toieber ^erau«gab. ^£)a« Sbitt be« 6^ru« nämli$
2 Qfyc 26, 22 f.; @«r 1, 1 ff. ^at burefrut« biefen fultifc^en 3toedt im Sluge unb bie«
fttmmt mit anbertoeitigen fultifc^en Serfügungen überein, bie ßtyru« nac^ ber Eroberung
ben Säbel getroffen fyat. Unter ber ^^rung ©d^efd^ba;ar«=©erubbabcl«* (bie ^bentität
toirb freiließ nid^t aBgemein jugegeben) unb be« ^o^riefter« ^ofua, eine« Entel« be« bei eo
478 3*rael, ®efd>tdjte, biMifte
9tibla Eingerichteten §c*epriefter« ©eraja, brauen 42360 SRätmer, mit 2Beibern unb
Kinbern, Anetten unb 9Mägben, befonber« avtö ben ©tämmen 3****, Senjamin unb 2eVi
(bie eigentlichen Seviten aber nic^t $a^Ireid&, toeit Weniger al« bie ^riefte) nad) ^erufalem
auf, too fie nac$ einigen Monaten (537?) glticflicfy anlangten. Dort Verteilten fte fid)
5 über Serufalem unb bie umliegenben ©täbte unb richteten atebalb ben Sranbopferaltar
toieber fyer, um im 7. 9Jtonat bie Opfer toieber barbringen *u fönnen. Aber aul^ gum
lempelbau tourben 2lnftalten getroffen unb im 2. 3a$r ber StücHe&r (536?) ber ©runb=
ftein baju feierlich gelegt (@«r 3). Salb jeboc§ muft biefe« Unternehmen gänjli<$ in«
©todfen geraten fein, fo bafc erft im 2. 3«ty* be« SDariu« (520) eine neue ©runbftttn*
10 legung erfolgte auf ba« Setreiben ber $ropfyeten $aggai * unb©ac$arja*. $)ie ©cfyoierig*
feiten, toelcfye ba« erfte 3Ral bie §änbe ber Koloniften lafe gemalt Ratten, toaren namentlich
burdj bie ©amaritaner* bereitet, toelc^e erft Anteil an bem SBerfe ju nehmen begehrten
unb bann, als tynen bied vertoeigert tourbe, e« auf alle Sßeife hemmten, ©ol$en 8m
feetytungen toar bie 33egeifterung ber 3^üigefe^rten nic^t getoaetyen; fte toaren o^netyin
15 ftarf Don ber ©orge um bie Einrichtung tyrer eigenen £eimat in 9fofpruc$ genommen;
bafyer liefe man bie 2lu«füfyrung be« entworfenen $(ane« Von %afyc ju 3a^r anfielen.
3Kan fyat fogar naefc getoiffen 3lnjei$en beftritten, bafc überhaupt Vor 520 eine ©runbftein-
legung ftattgefunben tyabe (©Araber, SfyStK 1867, ©. 460 ff.; ©teiner, ©tobe u. a.).
allein tote Hobler, ©efö. III, 568 ff. gezeigt fyat, ift fein genügenber ©runb vin$anben,
20 ben Beriet @«r 3 ju Vertoerfen. Kofter« (bie 333ieber^er|tellung 3«rael«, beutfd^ Don
Safeboto, 1895) ftellte fogar bie ganje SRüdffetyr ber erften ®julantenfcrahxme in Xbrebe
unb behauptete, ber Stempel fei Von ben in Igerufalem gimufgebliebenen toieber aufgebaut
toorben ; auefy ©erubbabel fei nie im @gil getoefen, Wogegen boc$ föon fem Warnt 3«^^
ablegt. Sorrety enblic^ (The composition and historical value of Ezra-Nehemia,
26 ©iefeen 1896) fyat jebe Sftüdffe^r einer größeren SJolfömenge au« bem ®pl geleugnet (bie
Sßerfon ©«ra« fei (Srfinbung be« ßfyroniften !). ©ie^e aber gegen folc&e toUUftrlfcpe Äritif
befonber« ©warb 9Jt<tyer, (Sntfte^ung be« Subentum« 1896; SBeH^aufen, 9ta$r. b. ®ött
gel. ©ef. 1897; Köhler, ©efdfc. a. a. D.; Kloftermamt, @efd&. 2 12 ff. ®en jtoetmaBgen
Anfang be« %au& toill IguL Set? (§ift. (Srfl. be« atoeiten Seife be« Sefaja, aftarb. 1893)
80 burdjj annähme einer förmlichen 3^örung be« erften SauWerfeö burc^ Samaritaner unb
befonber« ßbomiter erflären. SSottenbct unb eingetoei^t tourbe ber 3iempd im 6. ^afyx
be« S)ariu3 = 516 b. (S^r. 33on ba an fehlen bie SRacfyricfyten über einen 3^raui" ^m
ettoa 58 3a^rw- 6h>alb fud^te bie Sücfe ju ergänjen, inbem er au« $f. 132 unb 89
mutmafjte, e« fei nac^ jenem 2luffctytoung eine 3^* ber Ungunft ber Werfet unb blutige
86 Unterbrücfung fotoie SSer^ö^nung burd) bie 92a$barVö(fer, 3^^^ ^n dauern unb
Stellung be« Sempete gefolgt (ßtoalb, ©ef4>.Ä IV, 155 ff.), ©ettin (©enibbabel 1898)
§at biefc §t;potljcfc toeiter ausgebaut, inbem er bie $erfon ©erubbabel« in ben Sorber-
grunb rücfte, ber feinen 5Weffta«traum am Äreuje ^abe büfeen muffen. ®oc^ fehlen baför
irgenbtocld^e ^iftorifc^e 3cu9n^e^ toa^ ^e' c^ncm f° ^od^tragifc^en Aufgang btefed ^ärften
40 rec^t befremblid^ toäre. 3lud^ eine anbere (Srgän^ung Ijat n>enig ©etoi^t: bie grie^ifd^en
Kirchenväter S^eoboret ^u (£5 38; 3joel 4; 3Ki 4, 11 unb S^eobor Von ÜRopfueftia ftu
ben beiben le^tem ©teilen) verfemen bie (SrfüUung biefer SGBei«fagungen in bie 3«*
©erubbabel«, in toelc^cr ^aläftina burd^ einen ©ftytyeneinfaU ^eimgefuc^t unb bie guben
Von ben umliegenben Golfern fyart befämpft toorben feien. 3)a X^eoboret ben ©erubbabel
46 bieje gembe übertotnben unb mit ber SBeute ben Xempef ausbauen lä^t, fo f$etnt bie
©arftcllung toefentlic^ a\& biefen SBct«fagungen geflojfen, obgleich er ftc$ aUerbtna« für
bie tyiftoriföen Slngaben auf ältere ©etoä^r«männer beruft. 3n b* 3^ be« AerreS
(9l^a«vero«) fpielt bie ©rjä^lung be« S3uc^e« ßfter*; aber über bie Stüdmtrbmg jener
Gegebenheiten, fofern tynen ein gefc^id^tlic^er Jtern ju ©runbe liegt, auf $ubäa unb
60 ^ttufalem ift ni^t« befannt. Ebenfalls toar jur 3*it be« Slrtajerje« I. bie Sage ber
Kolonie $u ^erufalem eine fümmerltd^e unb bie ätufrec^altung i^rer geistigen 33efonber*
^cit gefä^rbet. 5Damate, im 7. Sa^re biefe« König« (458) reifte ber ©tynftgelcfcte (Kta*
mit einer neuen Äaratoane von ungefähr 1500 9Rann famt grouen unb Xinbern fotoie
SBei^egaben unb ©ejc^enfen für ben Stempel al« „föniglic^er Äommtjfar" (JUoftermann)
66 nac^ ber §eimat. SBegcn feiner ®efe^e«funbe ^ angefefyen, ^atte er fu^ Vom Könige
S3ollmad^t ertoirft, bie Seftimmungen ber mofaiföen 2^ora — nötigenfall« mit Oetoalt
in bem neuen ©emeinn>efen burd^^ufü^ren ; begnügte fi^ aber bamit, burdb ernftlic^e SSor*
fteQungen unb grünblid^e Belehrungen in biefem ©inne ju toirfen. ©urd^fc^lagenben
(Srfolg ^attc er bamit too^l erft, al« aud) 9^ct)cmia*, ber löniglic^e 9Runbf<^enf ju
go ©ufa (445/444) r\ad) ^erufalem bim. Serfelbe ^atte, Von ber traurigen Sage feiner
3drael, ©efdjidjte, biMifdje 479
$oD& unb ©efmnungSgenoffen in ber §eimat unterrichtet, ftcty bom Äönig Urlaub erbeten
unb baS STmt eine« Statthalters über $uba erhalten. 3n M*f« Stellung fefete er mit
arofcer Eingabe unb S^atlraft bie SBieber&erftellung ber Stabtmauern ins Sßerf unb
führte fte in funer grift burcfy, tro$ aller änfeinbungen ber Samaritaner, bie fogar bor
$ätli$en Angriffen auf bie Sauenben fid? nictyt freuten. Seinen Setftanb Iie§ er 6$ra 6
namentlich aud? jur Steinigung ber ©emeinbe bon tyeibniföen 3Beibern unb jur 93er*
bfltytung berfelben auf ba$ ganje mofaifd&e ©efefc. 9iac$ 12 jähriger 2tntoefenfyeit reifte
Kefcmta an bat $of jurücf, lam aber fpäter nochmals unb fd&ritt ftrenge gegen bie unterbeß
emgeriffenen Ungefefclicfcfeiten ein, bie ftd) namentlich 33ornefyme ju föulben hatten fommen
laffen. Stempel unb Sabbat^ föüfcte er fcor (Snttoetfyung. 3tud^ berjagte er obne weiteres 10
einen Gnfel be3 §o^enpriefter$, ber ftcfc mit ber locfyter beä famaritaniföen dürften
SanbaOat bere&eli<|t fcatte. 9lad& Sofe^uS Ant. 11, 8, 2 ff. l)at biefer bertriebene $riefter
(SRanaffe) mit $ilfe feine« Sc^toiegerbaterS baä famaritanifc^e Heiligtum auf ©arijim
mit feiner <Priefterf$a|t eingerichtet, fttoax fcerflicfyt 3jofä>M biefe Gegebenheiten mit ber
Seföicfrte SUepmberS b. ©r.; berlegtfte alfo um ettoa 100 3^?** foäter; allein fte f fließen 16
fty na$ äußeren Snjeic^en unb innerer 2Babrjd)emltd?fett Dielme^r an baS bon SRetyemia
Sericbtete, tote au$ SBJeltyaufen (©eföid&te S. 148) urteilt, ©antäte fyaben bann otyne
3tocifc£ bie Samaritaner auc§ ben Sßentateucfy, \l)x fyeil. 33ucfc, t>on ben ^uben übernommen.
Über bie legten 3)ejennien ber ^erfer^errfd^aft fmb feine jutoerläfftgen gefcfcid&tlicfcen
Mac&ricfyten erhalten. Unter ärtaserjeä III. Ccfyuä fyat, vpie berföiebene Duellen ((SufebiuS 20
Chron. ed. Schoene II, 112f.; DroftuS, Hist. III, 7, Slbulfarabfdfc, Chron. S. 36)
mclbcn, eine Deportation bieler ^uben nac$ §tyrfanien an« füblic^e Ufer beä fafyifd&en
Sleere* ftattgefunben, ba fte ftcfy am Slufftanb ber Sßbönijier, Syrier u. a. gegen ben
$erferfönig beteiligt Ratten. Droftuä fagt bon ben Verbannten: „quos ibi usque in
hodiernum diem amplissimis generis sui incrementis consistere atque exinde 26
quandoque erupturos esse, opinio est. 3>m 3ufammen^an9 m^ bxtftn Gegeben-
Reiten tarn ber perftföe gelb^err SBagofeS naefy gerufalem unb brang bis in ben Tempel.
3ofe^u£ Ant. 11, 7, 1 berietet, berfelbe fyabt ftatt beä ^o^enpriefterä 3ofyutne$ (Socfyanan)
befjen ©ruber gefuS (!gofua) in biefe« 3lmt einfefcen tooflen. 2)ie beiben S3rüber gerieten
im Zempel in einen 2Borttoe#jel, toobei Igefuä bon !gofyanne$ erfragen tourbe. Der ao
erzürnte SBagofeä eilte gerbet unb rief ben ^rieftern ju, bie i&m ben Eingang toe^ren
tooOten: wSBie, tyr toaget in eurem iem})el einen 3Korb ju begeben? Sin ic^ benn nid^t
reiner atö ber, toeld&er brinnen erfc^lagen toorben ift?" 3um crftm 3WÖ' && #w e'ne
(Hrfttifc^e Sebeutung bed §o^rieftertumö und entgegen, tote fte tfym in ber borectlifd^en
3eit nu^t eigen toar, übrigen^ aud^ bem 5ßriefters6obej (s3laron !) burebau^ nicfyt entf^rid^t, 85
unb bamit jugleic^ eine ^inmifc^ung ber ^rembmac^t in 93efe$ung biefed 9lmted, toie
fie fortan faft regelmäßig [tatt^atte.
SUd burc^ SUesanber, ben ©roßen, bad <ßerferrei$ ju %aü tarn, bxad) aud) für ^ubäa
eine neue 3^* ««• älejanber felbft ftellte ftc$ ju ben ^uben freunblic^. 3Kag auti) bed
3of4>M ©rja^lung Ant. 11, 8, 4 toenig @efc^t<$tlic$e3 enthalten, fo fte^t boc^ fo biel feft, 40
bafe ber Eroberer t^nen getoogen toar unb fte mit fetner §errf$aft Ratten jufrteben fein
tomten. Älletn bie 3ttfirtüterung feine« SReic^ed nac^ feinem £obe unb bie langwierigen
Jt&mpfe ber Diabod^en um fein grbe tourben für fte befonberd fcer^ängniäboll, ba i^r
2änbc^en, jtotfe^en jtoei ©rofemäc^ten in ber 3)iitte liegenb, barunter forttoä^renb ju leiben
batte. i<gL S)a 11, 5 ff. 3ucrf^ bemächtigten ftc^ feiner bie 5J}tolemäcr als §erren Don 46
Segnen. a)e«$tolemäu« fcagi gelb^err na^m Serien bem Statthalter Saomebon 320 t). tyx.
ab. 3ofe)>^u« berietet (c. Ap. 1,22 fin.), ^Jtolemäu« ^abe bie Sabbatfyrufye ber %v!bm
mißbrauebenb l^erufalem eingenommen unb eine große 3)icnge ©efangener aud ^erufalem
unb ©altläa nad& %x)ptm toeggefü^rt (Ant. 12, 1; K3, 12,4). 9Jac^ ^cfatäud fyätte
er ftcfy fyättt fo freunbli^ gegen bie 3«ben gezeigt, baß Diele, unter tynen aud^ ber §ofye* 60
Irrtefkr GSjdia^ freiwillig nac^ äg^ten, befonberd Sllejanbrten, überfiebclten (c. Ap. 1, 22).
$ie* tonnte 5 3^ «a(^ \*n<* (Srobentng getoefen fein, ate SlntigonuS ftc^ jum §errn
^alafttnad gemacht ^atte, ol^ne ed lange be^au^ten ju tonnen. Qm allgemeinen berblieb
ba* £anb ben ^Stolemäcm, bie e$ nid?t übel bebanbelten; boefy bilbete ed and) Weiterhin
einen Qardapfcl jtoifc^en Stg^ten unb Styticn, ^tolemäern unb Seleuciben*, unb feit w
$to(emäu£ IL, ^i^ilabelb^ud, bauerte ber ftampf faft ununterbrochen fort. 2luc^ bie 33er*
ma^lung bed Slnttoc^ud II. mit Serenice, ber Softer be$ eben genannten äg^tifd^en
^eirfc^er9 behnrtte nic^t ben geäfften bauerbaften Jricben (Da 11, (>)f jonbern führte ju
no<^ erbitterterem 3toift. 3^ör öermoc^te ^Jtolemäud III., ©uergeted *ßaläftina, 5ß^önijien
unb einen 2W Syriens in ben neuen Kriegen (®a 11, 7— 9) ju behaupten. Stilein burc^ eo
480 dfdracl, ®efdjid)te, bibltfdje
2Intioc§uS III., ben ©ro&en, erhellen bie ©fyrer bic Dber^anb. $toax befiegte biefen
*PtoIemäuS IV. Sßfyilopator in ber ©d&lad&t bei Stap^ia an ber ^iliftdtfd^en Äfifie
(2)a 11, 10—12). 2)er ©ieger !am nac^ Serufalem, too er na$ bem III. aRaRdbaer*
buc$ 3)anfopfer barbringen, augleic^ aber ructyloS in baS Slllertyeiligfte beS Stempels ein-
6 bringen toollte, fo bafe er ftcfy mit ben ^uben grünblicfc Verfeinbete. $lad) feinem Stobe
fiel bie §errfcfyaft über ätg^ten einem 4jätyrigen ßnaben, SßtolemäuS V., ®ptptyai&, ju.
3jefct toar 2lntio<$uS erfolgreicher; fein©ieg über ben gelbtyerrn ©lopaS beim ^kmfyeiltgtum
an ben ^orbanqueDen (198 V. 6br.) braute ben größeren Seil SßaläftinaS in feine Äanb.
2luc$ ^enifalem tourbe bon ben ©fyrern eingenommen, SlntioctyuS fuc^te übrigens ju$ mit
10 ätg^ten frieblicty ju vertragen, inbem er feine Softer ßleopatra bem jefct 11 jährigen (SpipfyaneS
Verlobte unb nad) 5 §af)xm verheiratete (Vgl. 3)a 1 1, 12—17). 2ÜS äntiocftiS einen ge(b&U0
nac$ Äleinaften unternahm, geriet er in Jtonfüft mit ben Römern, tourbe bei SRagnefia
(190 V. Qi)x.) befiegt unb ju einem Ungeheuern, in 12 %a\)ttn abjutragenben Tribut
verurteilt, gn feinen ginanjnöten verfiel er auf lempefylünberungen unb fanb bei einer
16 folgen in (StymaiS ben lob (Da 11, 18 f. ; 1 3)M 8, 6 f., too jebo$ mit Unre^t bon eina
(Gefangennähme beS 9lntio$uS bie SRebe). 3$m folgte fein ©o$n ©eleucu« $$lo)>ator,
ber tfyatenloS regierte (35a 1 1, 20). 35a auefy er in ©elbnot toar, toollte er bur$ ^eliobor*
ben lempelfcfyafc in ^erufalem plünbern laffen, tooran er nad) 2 URaf. 3, 4 ff. burtb eine
tounberbare ©rfcfceinung fei Ver^inbert toorben. 35iefer $eltobor fuc^te ftc$ nad) be3 König*
20 lob auefy ber Ärone ju bemächtigen, bod) fiel fte nit^t tym ju, fonbern einem Jüngern
93ruber beS ÄönigS, ber and) beffen ©o^n nietyt auffommen liefe (Vgl. $a 11, 21). 3)iefer
2lntioc§uS IV., (Spi^aneS, fotlte für bie ^juben befonberS Verhängnisvoll toerben.
©onft i}atU baS jübifd)e SBolf ftdjj an ben häufigen SBedMel ber $errfc$aft einigem
mafjen getoöfynt. ©eine politifcfye ©elbftftänbigfeit tyatte e$ ja längfit eingebüßt unb feine
25 geiftige Eigenart toie {eine SRcligionSübung, toorin feit bem babty!omf$en @gil ber ©<$toer=
punit beS nationalen SebenS lag, fonnte eS unter ben fremben Siegenten metft ungeftört
toeiterpflegen. ©o toar eS an bem Söettftreit ber feinbli$en 9Räc$te innerlich mäft altya
ftarl beteiligt, ©eine gü^rer fugten fic$ mit benfelben fo gut als möglich abgufinben,
nicfyt feiten auefy ©etoinn aus ifyrem §aber }u jiefyen. Dagegen machte ben ernfteren $uben
so eine geiftige 3Kad^t immer me^r ju fd^affen, toeldj^e auf frieblid^em SSSege ben %olfö$ara&er
p jerfe^en bro^te, bie gried&tfd&e ©eifte^bilbung unb Sebendart. 3)iefer $eDentömuS, ber
m 3llejanbricn eine neue 5ßflan^ftätte empfangen ^attc, von too er fu$ erfolgreit^ nad)
Stfien unb 9lfri!a auebreitete, befafe auefy in ©^rien (befonber« Slntioc^ia am DronteS) unb
^aläftina jal^lretd^e ©ige, in benen er Pflege fanb. 63 gab an ber Äüfte be$ gelobten
86 £anbe$, im Dftjorbanlanb unb fonft ©täbte mit ftarlen gried^ifc^cn Kolonien, toel(^e bie
Slnfd^auungen unb 2eben$gctoo^n^eiten beberrfc^ten. 3a; w ^erufalem felbft fehlte e8 nic^t
an einer $artei foletyer §elleniftcn *, toeld^e für ba$ ©ried&entum getoonnen toaren, beffen
freiere unb lagere ©itten ber ©trenge beS jübifd^en ©efe^ed Vorjogen, bie ©enüffe ber
gried^ifd^en Äunft begierig fief? aneigneten unb überhaupt bie 9(bf^liefeung i^red jßoBei
40 gegen bie übrige 2Belt al$ bie Duelle alleä Unheil* verurteilten. Diefer gartet ftanb aber
hier toie anber^too im Sanbe eine gefe^e^treue gegenüber, toeld^e bie SSermengung mit bem
©ried&entum verurteilte (2 9Raf 14, 3) unb ftd& um fo ftrenger unb ängftli^er an bie
mofaif$en Crbnungen in i^rer 3(u3bilbung burd^ bie ©efe^eegele^rten j^ielt 3enen ®efdp
lofen (vioi jiagdvojuoi 1 tflat 1, 11; ävdgeg ävo/uoi 2,44) gegenüber begegneten fu
45 ftd^ ak bic frommen n^Tcn ('Aoidaloi 1 3Kaf 2, 42, gri^We; f. $a$monäer) 7, 13;
2 3Rat 14, 6. S)te ^ellenifttfc^e Stiftung toar namentlich bei ben politifd^ 3Rä$tigen Ver«
breitet unb ^atte and) in ber ^nefterfd^aft Eingang gefunben. Sie ßfyafibäer toaren meift
Von oben ^erab veraltet ; fte toaren bie ©tillen im äanbe, bereit e^er bat fd^limmfte ju
bulben, aU i^ren angeftammten ©lauben $u Verleugnen.
60 35afe e$ jtoifc^en biefen beiben Stiftungen ju einem offenen Slinglampf umS geben
tarn, ba3 führte jener ©eleucibe* 9lntio$u3 @p\pf)an& buxd) feine brutalen Singriffe auf
baä Heiligtum beä jübifc^en Zolles gerbet. 2Ba3 bem 93efreiungefam}>fe Vorausging, eqä^lt
2 üJlaf 4 f. 2)a3 5Wafe tourbe Voll, als im ^a^re 168 v. 6^r., nac^bem fein ©teuer*
beamter SlpoIIoniuS ^erufalem überfallen, ein ©lutbab angerichtet unb Viele Setoo^na
66 fortgefliegt ^atte, ein föniglic^eS (Sbift erfc^ien, nad^ toelc^em ber Tempel ^a^Ved bem
ol^mj)iWen $tu$ getoei^t, ©abbat^feier unb Sefc^neibung aber ftreng Verboten fem foQten.
3)er ärger beS ÄönigS über SDtifjerfolge im Jtam^fe mit äg^ten vermehrte mx^ feinen
^ngrimm, in toeld^em er nichts geringeres als bie gänglid^e Vernichtung ber Stetigum
^SraelS betrieb, ©o ift er bie Sßerfönlicfyfeit getoorben, in toeld^er bie f$embfc$aft geaen
60 ben SunbeSgott unb feine ©emeinbe gipfelte, ein SSorbilb beS neuteftamentli^en äntic^S.
3*rael, ®efdjidjte, MMifdje 481
Sgl SM 11, 29ff.; I 9Raf 1, 41 ff. 3toar fear bie 3^1 ber abtrünnigen in fo fötoerer
S«N0ung eine große. SSicIc anbere liefen ftc$ ofyne ©egentoe^r fyinfc^lac^ten unb ftarben
aBStärtyrer i&re« @otte«bunbe«. @nbli# aber gab im ^a^rc 167 ein*J$riefter $u Sföobein
We Sofung jum SBiberftanb unb ging babei mit feinen ©öfyncn entföloffen Voran. Diefe
$a«numäer*, fbäter auety SRaHabäer genannt, ftritten mit ©rfolg gegen bie fariföe Über« 6
maty. S3or allem gelang e« Iguba«, einem ©ofyn jene« ^riefter« 5Öcatt^atia^ Igerufalem
m befreien, toorauf er ben unterbrächen lempelbienft be« ©otte« 3«rael« toieberfyerftellte.
*Raä) manchen ftegrei^en Ärieg«jüaen ftarb er ben §eIbentob (161 v. 6fyr.). 3$m fate**
in ber güfyrung be« getreuen Soltek fein Sruber Jonathan, ber mebr burdjj Serecfynung
bie Unab^ängtgfeit be« Sanbe« ju erreichen ftrebte unb jur toeltlid&en ©etoalt and) bie 10
fwfameftertoürbe [vi) beilegte. sJtac§ feinem getoaltfamen lob (143) folgte ifym fein
©ruber ©hnon al« gürft unb §o^epriefter, befjen Stürben and) von ©Vrien mit 3Us
gejtönbni« bebeutenber gretyeiten an ba« Sanb anerfannt toaren. 35ie 93olr«Verfammlung
ber Suben fyattt befthnmt, ©imon fofl gfürft unb §oljcpriefter fein auf ctvig, bis ein ju*
öerläffwer Sßro^et auffiele, ber ©otte« 2BiIIen in betreff biefer 2tmter funbtyue is
(l3Raf 14, 41). 3Kan toar ftcfc alfo be« abnormen toofyl beh>ufet, ba« in biefer Über*
tragung ber &o^ejmefterli<§en SBtirbe lag. ®od) fonnte man [\d) um fo e^er in beren
Übergeben auf ba« §elbengefc$lec§t ber §a«monäer finben, ba ber rechtmäßige @rbe ber*
jelben, Dnia« IV., ein ©ofyn be« ermorbeten £ofyepriefter« Dnia« III., naefy 3tegtft>ten au«*
getoanbert ioar unb mit ©rlaubni« be« ^tolemäu« ^bilomctor ju Seontopoli« einen 20
jfibiföen lempelbienft eingerichtet fyattt, ber bi« 73 n. 6&r. fortbeftanb Qof. Ant. 12,9,7;
13, 3, 1 ff.). Irofc biefer geiftlid&en SBürbe t>erh>eltlic^ten bie £a«monäer immer mefyr.
Simon« ©o^n, ^jotyanne« §fyrfanu«, überwarf ftcfy gänjlicfy mit ben Gfyafibäern, au« freiten
We SJtyarifäer* hervorgingen unb ftüfete fic§ ganj auf bie toeltli^ gefinnte Partei ber
Sabbujäer*. 9iac$ feiner äußerlich nidpt unglüdflic^en Regierung (135—106) xerftörte ba« 25
<8ef$le$t f\6) felbft in gräuelvollen Jtämpfen feiner ©lieber um bie ©etoalt. 2lm längften
behauptete fiäf noety einer feiner ©öfyne Sfiejanber L, $annat (104—78), ein gemeiner,
Mutbürftiger ÜRenfö, gegen beffen 3tyrannei bie ^tyarifäer einen ©eleuciben )u §ilfe riefen.
Salb na^ feinem lobe fanben aud^ bie SRömer Slnlafc, ftc^ in bie forttoä^renben 3$ron*
^reittgleiten be« jübifc^en Sanbe« ein^umifc^en. ®ie romifd^en Segionen erftürmten fetyon 30
unter ^Jom^eiu« gemfalem nac$ breimonatlic^er Belagerung unb ba« Sanb blieb feitbem
(63 to. G$r.) öom SRömerrcid^ abhängig. Slud^ £erobc«*, ber ©o^n be« 3^umÄw«
Sitttpater, toar i^r SBafall. (Sr tourbe bom römifc^en ©enat im 3>^re 39 jum Äönig
kwn 3ubäa ernannt, fonnte aber erft im 5afae 37 m^ §^fc tömifd^er Segionen ftd^ ber
" " aft bemächtigen, ©eine §eirat mit SKariamne, einer ^Eod^ter be« §a«monäer= 35
^td, toerlie^ il^m baju eine fceilid^ bon ben %ubzn nur ^alb anerfannte ^Berechtigung.
$te jtoar fu^ al« guten ^«raeliten au«mh>eifen, in«befonbere burc^ feinen großartigen
XuÄau bä 3^m}>el« ju 3jmifalem, begünftigte aber ^ugleic^ bie Sinfüfyrung römif^er
Sitten unb blieb bem innerlichen SBejen ber jjübifc^en Religion gänjlid^ fremb. 9Jac^ bem
lobe biefe« begabten, aber gemiffenlofen 35efpoten (4 b. 6^r.) jetfiel fein Sfteicty nac^ feinem 40
Zeftatnent in bret leile, über toelctye feine brei ©ö^ne ^errfc^en foHten: Slrc^elau« erhielt
Jubäa, Änti^xi«* ©aliläa unb $eräa, ^J^ili^u«* bie nörblicfyen ©remgebiete. Stflein
In^etau« Vermochte ftcfy nid^t lange ^u galten. Gr n>urbe balb bon ben Römern abgefegt
(6 n. <5^r.) unb Subäa ber ^Jrobinj Serien einverleibt, boc^ unter einem befonberen römijd^en
$ro{urator, ber ju Gäfarea feinen ©ifc ^atte. 3)iefe ^}rof uratoren-(Sanbpfleger) Ratten feinerlei 46
Serftanbni« für bie ©igenart be« jübifc^cn s2Jolfe«, unb toaren ^aujitfäc^li^ nur barauf
bebaut, ba« Sanb für fic^ unb bie faiferlid^e Regierung au«jubeuten. 35ie p^arifäifc^e
gartet ber Suben fc^ürte in«gc^eim bie Unjufrieben^eit, unb fyie unb ba fam c« $u
einem Sufftanb, ber ftet« an religiöfe 3Kotive a^ellierte. Stllein gegen bie römifc^en
Soffen toar nic^t auf)u!ommen , totüfyalb man ben offenen ft airpf mieb unb ftcfy 60
mit bem Jtommen ber ©otte«^errfd^aft, bem verheißenen -Dtejfia« Vertroftete, toeld^er
biefer ^errfd^aft ber Reiben ein 6nbe machen toerbe. ®er bclanntefte unter biefen
^roturatoren ifi «ßontiu« 5ßilatu«* (26—36 n. 6^r.), melier manche Ronflifte mit
bem Solle tytitt, in ber Seiben«gefcfyicfyte 3efu <&& feine ganje innere §altlofig!eit
offenbart 66
Unterbeffen reifte ber innere SBiberfrrud^ jtoifcfcen bem freiließ mannigfach getrübten
$eotratif$en Setoußtfein be« 9SoIt« unb ben maßlofen Stnfjjrüc^en ber ßäfaren immer
me^r au«, bi« er föliepd^ gur ©nbfataftroj)be führte, ©c^on um« %cfyx 40 märe e«
bemale jum offenen au«bruc^ be« Kampfe« gefommen, al« ber f^rifc^e Segat ^etroniu«
auf ben Sefe^I be« Äaifer« Saligula ba« ©tanbbilb be« (enteren jur Slnbetung in ben eo
MtaUQmc^nopäbit fftr X^cotoaie unb Stirbt. 8. «. IX. 3 [
482 3«rael, @cfd)id)tc, btbltfd)c
Sempel Don Serufalem fefcen Wollte. 31llein ben inftänbigen Sitten be« Solled imb
namentlich bem perfönlid&en eintreten ägrijtya« in 9lom gelang e«, benÄatfer }u*3urü<f*
nabme biefe« Sbift« ju bewegen. 3)tefer ägrippa* I., Welcher no$ einmal ba« gaitje
SRctd^ §erobe« b. ©r. al« Äbnig befyerrfd&te, fu^te jenen ©egenfafc ju milbern; ba| er
6 freiließ ni$t ofyne ©raufamleit War, betamen bie (triften ju füllen. 9lac& feinem ab*
leben (44) fcerWanbelte Gtaubiu« ^vbäa Wieber in eine römifd&e Sßroöinj mit SJertoaltung
bureb einen $rofurator, ba Slgrippa« ©o^n noc& minberjäfyrig War; allein aud? ft>ater liefe
man ba« jübifdje Königtum nic&t wieber aufleben, fonbern Sigrid IL* mufete fty mit
einem befebeibeneren SRacbtgebiet begnügen (40—100 n. Gfyc.). ©r fud&te übrigen« ba« Soll
io umfonft Dom Äampf mit ben Römern aurüdfjutyalten unb blieb toäfcenb be« Striegel
biefen treu.
©ebon burety bie Sanbpfleger ftelij* unb geftu«* Würbe bie ©ebulb ber 3>uben auf
^arte groben gefteBt. 9tod& fcbltmmer War SUbinu« (3of. Bell. jud. 2, U, 1) unb
toollenb« ©effiu« gloru« (feit 65) legte e« red&t eigentlich» barauf an, ba« SSolf ju einem
15 üer&toeifelten Slufftanb ju bringen, ba er nur f o einer Slufbecfung feiner ©c&anbtyaten tonnte
toorjubeugen ^offen (Bell. jud. 2, 14, 3 ff.). ©cfylie&Iicty gelang tym bie«. 2)te 3eloten
liefen ft$ nidjt länger nieberfyalten ; fte befehlen ben Sempel unb befeftigten fieb bort;
gloru« aber fanb für gut, bie ©tabt ju toerlaffen (66 n. 6$r.). Der jur Serubtgung
herbeigeeilte älgri^pa (II) richtete niebt« au«. Slucb mit bewaffneter 3Ra$t lieg ftc^ ba
20 Slufftanb niebt nieberWcrfen. ®ie römifc&e 33efa$ung jog ab, Würbe aber gegen gegebene
3ufage auf bem SHüdfWeg niebergemaebt. ©elbft Geftiu« ©aHu«, ber mit florier $eere**
mad&t unb nidjt ohne einigen 6rfolg, gegen bie ©tabt borgebrungen h>ar, trat f$lieftft$
ben Stüdfjug an unb mürbe in einer ©$lu$t bei Set^oron öon ben Slufftänbifc^en über«
fallen, fo bafc er 6000 SKann famt bem ÄriegSgeräte einbüßte unb nur einen Keinen Seil
25 feine« £eere« retten lonnte. ^efct batten bei bem ©iege«taumel, Welker ba« SSott ergriff,
bie 3e^°ten ganj bie Dberfyanb. uRan rüftete ftcb im ganzen Sanbe jjam 9Biberftanb.
ftlatoiu« 3ofe#}u«* erhielt ben Oberbefehl in ©aliläa, galt aber ben (Eifrigeren, an beren
©pifce ber fanattföe ^ol;anne« öon ©ifd&ala ftanb, ni$t o^ne ©runb al« mattyenig unb
fltoeibeutig, fyattt baber manche 2Biberfe$ü#feiten öon tynen ju erbulben. 2>ie 9u>mer,
so Welche ber friegälunbige Skfpafian anführte, brangen gerabe $ier guerft ein unb über-
wältigten ©aliläa oftne grofte 3Kü^e (67 n. 6^r.). 3n Serufalem felbfi toütete bie
^arteileibenfc^aft nod^ toett fd^limmer al« in ©aliläa. @« tarn )u blutigen Jtam^fen
jtoifc^en ben 3el°ten unb ben ©emäfpgten, Wobei aueb bie ^bumäer mithalfen. Unter»
beffen eroberte SSefpaftan (im Sa^re 68) $eräa, fotoie bie toeftlic&e Äüfte. ®er lob
35 SRcro« toerurfaebte noc^ eine Verzögerung be« SSormarfc^e« gegen bie §aul>tftabt, ba Seftwfwn
jum Äaifer aufgerufen, erft eine abtoartenbe Stellung einnahm unb bann öon Sllejanbrien
nacb SHom eilte (im %al)xt 69). ©ein ©ofyn Situ«, ber ben Oberbefehl übernommen
batte, traf no$ Weitere Vorbereitungen unb lieg ben in ^erufalem unter fu^ ftreitenben brei
Parteien — bie 3^loten Ratten f«b in jtoei fold&e gefpalten — 3* fl^wfl» M g<g«s
40 feitig ju fc^mäcben, e^c er enbltc^, Wenige Sage bor bem $af[a$feft be« 3$^ 70, bor
ben dauern ^erufalem« erfc^ien. 35er Singriff erfolgte naturgemäß Don Sorben. ©<bon
nacb 14 Sagen War bie äu&erfte bort befinbltcbe 3Jlauer genommen, Wenige Sage barauf
aueb bie zweite burctybroctyen. 3lux bie britte, ftärtfte leiftete länger Sßtberftanb. SDber
gugletcb würbe bie £unger«not in ber überfüllten ©tabt entfefclicty. Situ« forberte tarieber*
45 bolt ^ur Übergabe auf ; aber Weber feine frieblicben Sorfctyläge no<^ feine ©c^redmittd —
er liefe toiele ©efangene um bie ©tabt l)er an« Äreuj fc^Iagen — t>ermocbten bie unglfrf*
lieben Verteibiger ba^u, t>on ifyrem verzweifelten SBiberftanb abgulaffen, t>tm tochfytn manche
noc^ äfften, ber ©ott ifyrer Väter Werbe, Wenn e« mit ©tabt unb Sempel jum äufeerften
gefommen fei, Wunberbarc §ilfe fenben. Sil« bie übrigen SJefeftigungen nad^ me^rmonat«
60 liebem fingen tro§ aller Sapferfeit ber ^uben gefallen waren, ba Wogte ber ftampf no^
um ba« le^te 93olIWerf, ben Sempel. 9lad> ^ofep^u« au«fübrlid^er Sef^reibung ber Vor«
gänge (Bell. jud. 6, 4, 3 ff.) Wollte Situ« ben Sempel fronen, berfelbe geriet aber bureb
bie unbewachte S^at eine« ©olbaten in Sranb. ©ul))iciu« ©e^eru« (Ghron. 2, 30) ba*
gegen behauptet, Situ« felbft fyabt namentlicb bie ^e^törung be« Sem}>el« beabfu^tigt
66 S)en furchtbaren Slnblict be« brennenben Heiligtum« Wie öS bie ©<^rtcfen«fjenen, bie ben
%aü ber ©tabt begleiteten, l?at ^ofe)>bu« au^ftil?rltd? betrieben, ©eine ©ipilberung t^re«
Untergange« ift eine unwägbare ^Hufttation ju ben 2Bei«fagungen be« ^errn 3efu Dem
bem ifyr na^enben ©otte«geric^t. 35te Slufftänbifd^en behaupteten nacb ibrem gaü no$
fur^e 3eit einige geftungen: ^erobeion (bei S^etoa), SRac^äru« (hn Dftjorbanlanb) unb
eo sJÜiafaba (Weftlicb Dom Soten 2)Jeer). Slber ba« ©cbidfal be« jübifc^en Staate« War be*
3*rad, «efdjidjte, bibltfdjc 3*rael, @efdjidjte, nad)bibltfd)c 483
fiegelt, unb audj ftwttere Stufftänbe öermoc^ten bem ©emeintoefen nic^t lieber }u einem
bauernben Dafem ju öertyelfen. 3^röeI 1** feitbem otyne Sanb, oljne Heiligtum, unter
bie Stationen jerffreut. t». Drefli
dfdrtel, uad)bibltfd)e @efdjtd)te beöfelbeu. Sitterafur: 9W. 3. Soft, ©efäicbte ber
3*rcaltten, SBerlin 1820—29. 9. »b. - 9W. 3. 3oft, (Befriste be« Subentum« unb feiner 5
6eften, ßpj. 1857-59 3. »be. — Dr. £. ©räfc, ©cfäidjtc ber Suben.ßpj. 1856-1870, 11. SBbe.
£ur$ bie 3wf*<tamg ^evufalemd l)atte ba« jübifdfje 3Solf ben legten SRcft feiner
©elbftänbigfeit Verloren, eS burfte unb lonnte feitfyer nirgenb« über fein ©efd&idf felber
entf$eiben, tonnte e« auety nur in geringem Maße felber geftalten ; in feinem 2)afeiu
unb ben SBebmgungen unb SBerfyältniffen beäfelben toar e« feityer (janj unb gar öon ben 10
Solfern abhängig, unter benen e« lebt unb unter bie e« jerftreut tft. ©eitler \)at e« alfo
lerne fdbftänbipe ©eföictyte mefyr. Silber trofcbem beftfct e« noety eine eigenartige geiftige,
jojiale unb reltgiöfe @nttoidfelung feinet Seben«, burety toelctye e« fi$ fcon all ben Woltern,
m beren Sföitte eS lebt, untertreibet. Unb A^n biefe innere ©nttoidfelung fyat au$ feinen
äußeren SJeftanb erhalten, fo baß e« toeber freitoillig ftcfy mit ifynen berfc^meljen, no$ 15
ttm i^nen abforbiert toerben tonnte. 2)a« jübifäe 93oIf fyat borf) mätyrenb ber legten
1900 3a^re eine eigene, innere ©efd&id?te erlebt. 2Beil e« ftd& aber unter ben Söllern
m eigener ©onbergeftalt enttoidfelte, beeinflußte e« auefy bie Söller, nid&t burety Saaten
äußerer ©etoalt, aber um fo mefyr innerlid^ burdf? bie SBirlungen feine« eigenartigen
(Seifte* unb SBefen«. Irofc feiner äußeren, politifäen Madfjtloftgfeit gehört bafyer 3frael 20
bo$ 110$ ju ben gef$i$tlid)en unb gefdJHctytbilbenben Woltern, ifym fehlen nietyt bie inneren
©ebmgungen, um einmal auefy toieber äußerlich eine SBeltftellung unter ben Söllern
§u erringen.
Äußerlich alfo gliebert ftety bie jübifctye ©efdfjictyte, toie bie ber Söllertoelt, in eine
ältere, mittlere unb neuere. $)ie ältere reicht fcon ber gerftörung 3erufa^m^ M* &um 25
Untergang be« römiföen SBeltreicfy« unb ber ftegreic^en lilu«befynung einerfeit« ber ger*
manif^en Sölfer über ben Sorben be« SJtittelmeere«, unb anbererfeit« ber mufyamebaniföen
Araber über bie afritanifd&en unb aftatiföen ©üb* unb Dftlänber beweiben Meere«. 2)ie
mittlere 3«* ecjtaeat fi$ bann für ba« jübiföe Soll bi« jum fic^reieben 2)ur$brudf? aller
politiftyen unb tuttureKen ^rinjipien, meiere Stenaiffance unb Deformation in ba$ Seben 30
ber europäif$en SSölfer eingeführt Ratten, in ber großen Äataftroji^e ber franjöfiföen Sie*
Solution. 3)a« Mittelalter bauerte bemnad^ für ba« jübiföe SSolt er^eblid^ länger, al« für
bie übrigen Jtulturttölfer. ®ie 9leujeit alfo beginnt für bie $uben mit ber Sleoolution;
fie inaugurierte aud^ für bie 3uben gan^ neue SSer^ältniffe.
©ie innere, geiftige Snttoicfelung ber 3«ben, alfo i^re eigentliche ©efc^ic^te, verfällt 86
in biefelben brei $erioben. 3" ber erften f^afft ftei^ ba« jübifc^e Soll in intenfioer ©eifte«»
arbeit ba$ große unb getoid^tige SBerljeug, bur# ba« e« ben eigenen unb eigenartigen
getftigen gwtb^ftonb, gefonbert unb unbeeinflußt öon allen Söllern um eä ^erum, ftd^ert
unb faü^t. @« errietet um ftd^ einen geiftigen SBall, burc^ ben e« feine innerfte 9latur
imb 3nbt0tbualität tocfytt unb erhält. 3)a« jübifc^e ©eifteäleben, ber^ic^tenb auf alle 40
Sirlfamteit na<^ außen, ift gam unb gar befdfjäftigt mit ber ^robuttion bc« 3:almub, ber
©^u^mauer unb 93urg feine« ©eifte«, ber ©c^afctammer feine« ©innen« unb 2)ic^tcn«,
ber ©runbfcefte feiner leiblichen unb geiftigen Seben«orbnungen. Srft nac^bem fo fein ©eift
unb £eben in fefte gormen befd^loffen loar, fonnte e« o^ne ©efa^r für feinen inneren
tkftanb auc^ am ©eifte«Ieben ber Sölfer, fotoett i^m ba^u Stoum gelaffcn tourbe, teils 46
nehmen. — 5)ie ganje jJoeite $eriobe ^inburc^ loar freiließ biefer SRaum nur ein äußerft
bef^rönfter. <8i blieb i^m faft nur übrig, bie ©elb* unb §anbel«gcfc^äfte ber SBeltoölter
unb befonber« jtoifd^en Orient unb Dccibent ju oermitteln. 2)a aber ©elb unb ^anbel
mächtige galtoren ber ölonomifc^en unb fojialen Ser^ältniffe ber SSölfer fmb, fo fyaben
bamit bie 3uben benfelben einen ^od^ioie^tigen, nod^ nid^t genug erlannten 3)ienft geleiftet, so
ben $u t^iut fem anbere« SSolt gleichermaßen im ©tanbe geioefen ioäre. Sin bleibenbe«
Serbtenfi um bie fttyere Äultur erioarben fic^ aber bie 3"ben gleic^ in ber erften §älfte
bei Mittelalter«. Sfibiföe ©ele^rte toaren e«, Joelc^e bie ©d^äfee ber altgriec^ifc^en
^tlofo^^ie, toel$e bie Araber bon ben ftyriföen CSbriften geerbt unb )\d) angeeignet Ratten,
bim^ Überfe(pingen au« bem 9lrabif$cn in« Sateinifd^e bem latinifierten, germanifc^en 66
Curojw befannt matten unb bamit bem p^ilofopj^ifc^en 2)enfen be« d^riftlid^en Sorben«
ein toefentli<$e$ eiement jum Sau feiner ©d&olaftif jufü^rten. 2)abei brauten bie 3«ben
fdbft au« ibrer Mitte leine Heine 3«^l fc^arfftnniger unb tiefer 2)enler ^erOor. 2lm ©c^luß
Mefer ^eriobe, al« für bie Übrigen Wolter fd^on längft bie 92eujeit begonnen ^atte, erftanb
31*
484 3*racl, ©efdjtdjte, nadjbiblifdjc
aber au3 bem fonft norf) ganj nuttclalterltd;, talmubifö benfenben jübifcfcen 33oß ber
moberne Denfer, ber burcty bic 2Buc$t feinet moniftiföen ©ebanfenS bte in unfere 3eit
feinen gemicfytigen (Sinflufe ausübt, ©pinoja. 60 fyaben bie !guben au$ mit geiftigen ©ütent
ben 33ölfern ben elenben $lag bejaht, ben ba$ ^Mittelalter tynen m tyrer Glitte getoäfyrte.
6 — Die fran}ö{tc^e Devolution braute ben 3uben ityre allmähliche @man)i)>ation. Damit
mufete audf? in biefer britten $criobe bei ben mit ben Stiften politifefc gtetc^bered^ügtat
3>uben bie geiftige SKactyt be$ Salmub fallen, unb bamit fiel audj tyr innerer ßalt unb
ifyr geiftigeS ©onberleben. 3Kit ungeftümer £aft unb Äraft bemächtigten fic$ bie toefc
europäifcfyen Iguben ber ifynen bisher fremb gebliebenen mobemen SBilbung, Äunft unb
10 5öiffenf$aft unb ber mobernen Denk unb SebenStoeife. !gnbem $r allgemeiner 2Bol?lftanb
fi$ \)ob, fcfymangen fiefy einzelne empor ju eminenten ^Reichtümern ober $u ben ^öd^tei
ßfyrenftellen, mie au<$ auf allen ©ebieten be$ §anbel3 unb ber ^nbuflrie tyre Äonfurrenj
balb überall brücfenb empfunben tourbe. gm ©cgenfa^ baau jeigt ifyr religiöfe* fie&en
einen unaufl)alt|amen SRiebergang, ben auefy bie fogenannte Sieform ityrer fonagogalen ©otteä*
16 bienfte unb ©ebräudfje efyer noefy beförberte als auffielt. Der burefc ba$ Vorbringen ber
Suben aber entftanbene SlntifemittemuS tyatte bie SBirtung, bajj bie gortgefd&rittenften tyr
^ubentum ganj aufgaben unb jt$ ober tyre Äinber in eine ber c&riftlidjen Air$en auf«
nehmen liefen. Site natürliche Steaftion bagegen trat bann am @nbe be$ ^^unbertS
ber .ßiontemuS auf, ber bie ©inigung ber Station, bie ©rrid&tung eined gubenftaated in
20 Sßaläftina unb bie ©Raffung einer re$tlic§ gefiederten #eimftätte für bie verfolgten ^uben
ber ganzen @rbe auf rein Politikern SSJege }u erreichen ftety jum $id gefegt fyat 2kö
neue ^a^unbert aber finbet ba$ jübi|ctye Soll in einer fokalen Setoegung unb geiftigen
©ärung, mie noefy nie feit ber 3^ftörung IgerufalemS.
Überblicfen mir nun in Äürge ben Verlauf ber jübtfdjen ©eföic&te im (Smjetnen.
26 I. Die al t e 3 eit. Der lange blutige Krieg tyatte ba$ jübifcfce fianb jur 2öüfte gemalt
unb feiner jübif^en ©inmofyner faft gar beraubt. 33esj>afian natym ba$ fianb ju feinem privat*
befifc, verföenfte grofce ©üter an feine ©ünftlinge unb greunbe, fiebelte 800 Veteranen in
ber -Jtätye ber jerftörten ©tabt an, unb ^uben, bie mieber in gubäa ftd& meberiajfen
mollten, mußten bem ©ieger ba$ fianb ablaufen. ©0 beftunb baä jübtfd&e Soll eigentlich
so nur noefy in ber grembe. ©etyon feit Satyrfyunberten toaren biele Saufenbe öon Juben
au^er fianb^ angefiebelt. Diefe bilbeten nun ben eigentlichen Seftanb ber Nation. Die
größte, reic^fte unb angefefyenfte jübifc^e 93ebölferung ^atte unftreitig Sig^pten, too fte feit
ber ©rünbung Stlqranbria^ eine bebeutenbe Stellung einnahmen. QtoÄ Quartiere biefer
©tabt toaren gang bon 3»uben betootynt unb bie brei anberen Ratten gemixte SeDölferung.
36 Da^ gan^c fianb beioo^nten mo^l über eine Million %ubm. . %n #elio}>oli$ befa^en pe
feit 200 3<^ren ein ^eiligtum, ba« i^nen baä jerufalemitifc^e erfegte. 2luc^ bie $rotnnj
Ä^rene ^atte eine biegte jübifc^e S3ebölferung ; ©l^rien, bie ©up^ratlänber, Armenien,
Werften, %n\>im toaren mit %\x\>m überfüllt, fiäng« ben ^anbeleftra^en, bie bun$ Älein*
aften, Stacebonien unb ©rie$enlanb hinüber nad^ Italien führten, toar feine bebeutenbere
40 ©tabt o^ne jübifc^e ©emeinbe unb ©tynagoge. ©ie fehlten nic^t ben $anbelä)>lä(en unb
Kolonien be^ 3Rittclmeere^. Stönfc^ §änbler folgten ben römifc^en fiegionen ben
SH^ein herunter unb hinüber nac^ ©aHien unb Sritannien. 9lom felbft befa| tD0^Iminbeftend8000
jübifdjc einfröret, h)dd)c ein eigene^ Quartier an ber über audmac^ten. Siele Ratten
eö ^ter ^u 9ieic^tum unb 3lnfc(;en gebraut, ©eit Sluguftud $eit gelten ftc^ immer ©lieber
46 ber ^erobianifc^en gamilie am #ofe auf unb Ratten ^uben fogar in ^fte Ärei[e geführt,
lebte boefy bic ^übin Sernice, bie ©eliebte be$ litud, noc^ 10 3^ lanÖ n«<v ber 3«*
ftörung ^crufalem« im faiferlic^en 5|Jalaft. 9llle biefe Millionen bon %\üxn Ratten twm
Krieg loenig gelitten. 9lur baburd^ mürben fte in 3)Ktleibenf$aft verfegt, ba^ SSwjKxftan
ben Dniaätempel in ^eliopoltö fc^lie^en lie^ unb allen 3>uben bed Sleic^ eine befonbere
60 ©teuer, ben fiscus Judaicus auferlegte, ber älnfang ber Sluöna^möfteHung unb 9(udna^mds
be^anblung ber 3>uben in aller 3Belt.
Sitten biefen 3iuben Joar nun aber tyr Sin^eitöpunft genommen, benn bira$ ben
Xem}>el maren fie mit bem §eimatlanb unb ber Väterlichen Sieligion in engftem gufammen*
fang geftanben. 6« fyätte i|nen baä ©c^idjal ber je^n ©tömme gebro^t, fte Ratten ft<^
66 allmä^lic^ unter ben SBeltVölfern Verloren, toenn ni<$t ein neuer 3Kittel^unlt für bie fyx*
ftreuten märe gefc^affen morben, ber bie religiöfe unb nationale ©emeinfefaft aufregt
erhalten fatte. 3Mä^renb ber gdoten^errfc^af t in ber belagerten ©tabt batte ber gemäßigte,
römerfreunblic^e diabb'i 3o$anan ben ©atfai ftd; in^ römiföe fiager geflüchtet. 9Qd fiofa
bafür, bafe er bem äJe^paftan bie Äaifermürbe gemetöfagt fabe, foll biefer ibm eine Sitte
60 ju gemäßen verfprod^en ^aben. Der sJtabbi bat um ni^tö, ate um bie Srkuonid, irgenbtoo
3fdrad, ©efdjtdjte, nad)btbltfd)c 485
ob gelter be$ jjübifd^cn ©efe^e« eine ©$ule errieten iu bürfen. 9tac$ bem Ärieg toäfylte
er baju Sabnefc ober 9jötnnia, eine Heine Äüftenftabt füblicfy öon 3°We- £to fammelten
fty btc ©efetoeäfunbigen, toelctye bem ©cfytoert unb ber ©Hauerei entronnen toaren. 9ln
He 6$ule fcglofj ftety bann ein SBetfy 2)in, ein ©ericfytäfyof, beffen 93orftoenber mit bem litel
Habban, 9labbi Sod&anan felbft mürbe. ®ie Hauptaufgabe beä ©erid^ofeä toar, nid&t blofe bie 6
®efefce$beobac$tung ju übermalen, fonbern fertiger mar bie Drbnung be$ ßalenberfcefen«,
bie ffeftfefeung ber 9leumonbe unb beä ganjen ©abbatfc unbjVeftctyf luä. ®ie$ fyatte früher
ba$ ©tynebrtum in !gerufalem beforgt unb allen guben ber 2Belt burdj; Sotfcljaft mitgeteilt.
Dbglet$ nun biefer ©ericfytöljof nid&t bie umfaffenben Sefugniffe toie baä alte
©tynebrtum befafc unb aud) nic^t aus 70 3Ritgliebern beftanb, fo fonnte boety bie ©age 10
entfielen, Stabbi 3fo$anan fjabt ba$ ©tonebrium fcon ^erufalem naety ^abne^ übertragen.
*" 'ibft. $at too$ bei feiner ©c^ulgrünbung nid&t bie äbftd^t gehabt, einen neuen bittet
bei religW&nationalen fiebenS für feine Nation ju föaffen, aber bennoefy lag bie
itung femer ©c&öjpfung barin, bafj eine lebenbige gortpflan^ung be$ ©efefceä unb
Pflege be3 ©efet^ftubiumS im ©eift unb ©inn be$ bisherigen ^ubentumä baburety er* 16
mdgfic^t toar. Solange baä jübifctye ©efefc gelehrt tourbe, (onnte ber jübiföe ©eift ntcfyt
auäfterben unb nic^t untergeben, $ier toar nun ber Ort, too bie ©efegeSlefyre rein, tief
unb umfaffenb getrieben tourbe, toofyin bie $uben beä 2lu$lanbeS tyre ©ötyne toieber $um
©efefredftubtum fc&idfen, toofyer fte tyre ©efefceälefyrer begießen, unb bon too fte über toid&tige
fragen (Sntföeibungen ft<$ tyolen tonnten. 20
Die ©efe^eätrabition toar aber bamate fd^on reic$ enthricfelt. ©ie teilte ft$ in jtoei
$auptbeßanbtet(e, bie £ala$a unb bie $agaba (togl. b. Slrt. -Biibrafcfy).
£ur$ biefeS ©ef^eäftubium, ba$ Don nun an ben ^nfyalt unb bie S^ätigleit be$
jäbiföen ©etfteS ausmalte, toaS tyn ganj unb gar befcfyäftigte unb ausfüllte, empfing
berfelbe feinen ganj eigentümlichen, fcon jebem anberen SSöltergeift ber 2Belt burcfcauS Der* 25
ftyebenen ß^arafter. 35iefer beftanb in einer ganj eigenartigen, aber feftgefcfyloffenen unb
hmfequent burefoefütyrten SBeltanföauung unb ftttlic^en Sebenätyaltung. 2BIH man ba^
3ubentum Dom erften ©fil btö ^um jtoeiten ba$ biblifd^e ^ubentum nennen, fo bilbet ftrf>
im |toeiten Sjil nun ein Xalmubjubentum, toobureb bie 3uben ba$ geworben fmb, toa3
fte ^cute nod^ überall ba ftnb, too bie moberne ©Übung bie Xalmubl)errf$aft noc^ nic^t 90
gebrochen ^t. 6d ift bie britte SEBanblung unb SntJoicfelungöftufe beä jtibifd^en ©eifte«,
toom man atö erfte bie borbiblifd^e betrautet. 3)ie bier ©enerationen toon ©efe^eöle^rern
btd jum Sbfd^lu^ ber Wifrfjna^ Reiften Xanaim. ©ie fünf ©enerationen bis jum 9lbfc^lu|
bed ganzen Xalmub nennt man Slmoraim ; beibe ^aben bem jübtf^cn 33ol! tfyren ß^araher
aufgeprägt burc^ bie ©c^öpfung i^ ©eifte^: ben Stalmub (f. b. 91.), mittelft beffen ben 86
Äabbmern öon bamal« an bi« ^eute ba^ jübifc^e 3SoIf ju be^errfd^en biel leidster auc^
ofrte äußere ©etoalt gelang, ate ber römifcfyen Hierarchie bie geiftige Sefyerrfd^ung ber
C^riftm^eü. 3)iefeö 9xabbinertum fyat bid ^eute bie @in^eit be^ ^ubentum^ ^u magren
mib allen ßäreften, Separationen unb ©d^temen, baä Äaräertum aufgenommen, gu ioe^ren
gettwfct. (Srft in unferer $At ^at mit bem Xalmub auc^ ba$ iRabbtnat tylafyt unb 93e- 40
beutung eingebüßt, unb bamit ift ber innere unb äufcere Swfaß be^ Subentumd unauf^altf am
eingetreten, tooburety ba« iübifd^e 2?olf unb ba« S11^*11™ frfbft bor eine neue SBenbung
üftk ©ef^tdfe^ geftedt ftnb.
Unter ben Dielen ianatm ftnb gh^ei ju befonberer 93erü^mt^eit gelangt : ©amaliel II
tmb SRabbi ätiba. 2)em erfteren, einem 9lbfömmling be« berühmten &\M, gelang e$ 46
burc^^uf efeen : 1. ba| in ber SßrajiS ber ©efe|e«au«übung bie 2lu$ft>rüc$e $illete ©eltung
Ipbm foulten, obfctyon e« ben ©efefeeöle^rern unbenommen bleiben follte, für ftd^ prtoatim
anbere 5Kemungen ju ^egen unb i|ren ©d^ülern bor^utragen ; 2. bafj neue §alad^ot nur
hmfr 9Ra)oritatöbefd^Iu| ber ®efefee«le^rer ©iltigfeit erhalten foUtcn unb 3. bafe ber Ort
ber Seföluftfaffung barüber %abnd} fein unb bleiben folle. @r felbft mar ^räftbent biefe« 60
(Senate« unb führte ben $itel 9lafi (^atriard^, gürft) unb toerfyängte rücfftc^tölog ben
8amt über alle, bie ftety nidbt fügten. 2)urd& biefe 93la^regeln blieb bie Ginfyeit unter ben
SabKnern felbft gehört. Slabbi SKfiba (f. b. 21. »b I ©. 281) aber glänjte nic^t blo«
bim^ feinen ©d&arffmn im Se^ren, fonbern au$ baburc^, bafe er ^uerft ft$ um ©ammlung
tmb Drbnung ber #alac$ot bemühte. Sefonberen SRu^m aber erJoarb er ftc^ burc^ feine 66
neue äRetbobe, tooburd^ er bie Segrünbung ber Se^rfä^c au$ ber ©d^rift gum @jtrem
führte. Seiest blo| au$ einjelnen SBorten, ©üben unb 8uc^ftaben ber ©$rift fottten
(SefeMformebt abzuleiten fein, fonbern auefy au« ben einzelnen §ädfcfyen ber eimelnen
Suic^ftaben. fingen biäfyer bie Se^rfä^e nur an einem &aax unb Ratten leine toirfli<$en
Än^alt^unlte im ©c^rifttoort, fo fear burefc 3«iba« Äünftelei bottenW aller SBiUfür I^ür eo
486 3*rad, ©efdjtdjie, uadjftiblifdje
unb $fyor geöffnet. ÜKofeS felbft, fagten feine Schüler, tyabe ftc$ im ©eifte getounbert,
toas alles einmal älliba au$ ben £ädf$en unb Äröncfyen ber Suc&ftaben feiner 2$ora
fyerauSfiügeln tocrbe.
Unter ©amaliete II. Matriarchat, am Anfang be3 2. ^a^$unbcrt3, öottjoa ftcfc atic$
6 bie ©Reibung itoijdjen ^ubentum unb Styriftentum, inbem 91. £aq>&on unb m. 3ßmael
bafür eiferten, bafe bie döangelien (©ilion) ber Triften Verbrannt toerben müßten, au$
toenn ber 9tame ©otteä barin toorfomme, unb SR. Samuels SSertoünföungSformel ber Rubelt*
Triften (Mirfat Sföinim) offiziell ben 18 ärtifeln be3 täglichen ©ebeteS aller 3uben #n*
jugefügt tourbe. Der Umgang mit Subenc^rifiten tourbe nocty ftrenger, ate ber mit Reiben
10 unb Samaritanern verboten, unb ganj befonberS toar unterfagt, ftd^ im Flamen Qefu
feilen ju laffen.
Der inneren Stärfung entforad? au$ eine äußere. 9b$ immer getoann ba$ i^ubentutn
toiele unb auc$ toornetymc Anhänger auä ben Reiben, befonberS aucb in SRom. Überhaupt
festen bie Sraft be3 SubentumS immer nocg nid&t ganj gebrochen. Äaifer Domitian
16 lieg bafyer ben fiscus Judaicus mit aller Strenge einten; auf bem Übertritt ptm
^ubentum ftanb 33ermögen3ber(uft; @jil, \a JobeSftrafe; auq ba$ eifrige ©efefceäfrubrum
ber ^uben toeefte fein 9Kifjtrauen ; er lieg unterfuefcen, ob baä ©efe| nichts Staate
gefährliches enthalte. Sein 9tac£folger SWeröa toar bulbfamer. ©r $ob bie Strafen beS
Übertritt« auf unb bie Siubenfteuer tourbe nad&ftc^tig eingebogen, toaS eine Dentmünge tw>
20 etoigte burety bie Sluff d&rif t : Fisci Judaici calumnia sublata. Dentition* 3Ktfctraaen
gegen bie 3uben tourbe unter %xa\an beftötigt burety bie tyätige $itfe, bie fte ben $ar$ent
trifteten unb baä Sorbringen beS faiferlicfcen $eereä am (Sup^rat $mberten. $artn&fig
Derteibtgten ^juben unter ifyrem Oberhaupt, bem SRofc^ @ola$ ®ürft ber ®ef<mgenf$aft)
bie Stabt TOftbiS. 3lm StigriS fonnte ber gürft öon Slbiabene, beffen ©eföletyt fton
25 bor 100 ga^ren zum Sjubcntum übergetreten toar, nur mit 9Rfitye befiegt toerben, fo bafc
bie Unterwerfung ber $art^er jugleicty als neuer Sieg über bie Suben galt, tote bie Dem«
münje eS toeretoigte : „Assyria et Palaestina in potestatem Populi Romani redaetae."
Der Sieg über bie ^ubenim Orient toar aber nur baS 3^^ &u einem furchtbaren
SSufftanb aller guben in 5äeg$>ten, Jtyrene unb Gtypem. Die raiferlid^en Segionen unter
so fiupuS tourben gefd&lagen, unb bie 3uben nabmen furchtbare Stäche an Stömern unb ©rieben,
bie in ir/re £änbe fielen. Stuf ®$ern allein follen 240000 ©rieben umaebradjt toorben
fein. 3:rajan mufete feine beften gelb^errn aufbieten: fiuciu^ QuietuS führte einen 3Jer«
tilgung^frieg gegen bie l^ttben in ben babtyloniföen Sönbern, unb 3Rartiud %uxbo gelang
e£, nac^ fd;rocren Kämpfen 9ia$e an ben ^uben be^ üDttttelmeereä )u nehmen. S^nre
86 prachtvolle Synagoge in älle^anbria tourbe bem @rbboben gleic^gema^t So mufete awS)
bie Äraft ber au^länbifc^en ^uben gebrochen toerben. 3lo4 toaren We ^uben ftleinaftend
unb Sorberfbrien^ übrig. Sie toagten nid^t felber bie ga^ne bed Stufru^rd )u erbeben,
aber bur$ i^re Unterftü^ung fonnten bie ^uben ^alöftina^ rux^ einmal ben Äampf mit
ben Römern toagen; benn bie mefftanifd^e Hoffnung erregte immer noc^ bie jübif$en
io ©elfter. 9ltö ein @rbbeben ßäfarea unb @maud, bie beiben ^agerjpld^e ber römtfe^en
©arnifon jerftorte, festen ber älugenblicf be^ Slufftanbä getommen. @r toar fo gut fror*
bereitet, bafe balb ba$ game £anb in feiner ©etoalt toar (f. 8b VII S. 318, isff. «.
über »artod^ba f. b. 31. Sb II S. 403 ff.), ^abrian mufete feinen beften gelb&enn,
3uliu^ Setoeru^, aus bem fernen Sritannien lommen laffen, um ben Slufftanb }u über*
46 toältigen. Da« toar ber leite 33erfud? ber Suben, bie meffianifctye 3^ tntt ©etoalt ber
SEBaffen }u berroirflicr^n. 3lon nun an befegränften fte fti^ barauf, um fo inbrünfUger
täglich um ba$ kommen be« SJicfftaö }u beten, inbem fte i^re ©rlöfung nur t)on ein«
göttlichen SBunbert^at ertoarteten. 3ur Strafe für ben 3lufru^r tourbe über bie ff. Stabt
unb ben Sempelberg ber $flug gebogen, ettoa« nörblid^er eine neue Stabt mit bem Tanten
60 älelia (Sapitolina gegrünbet bureg ^eibnifd^e (Sinroor/ner, ben 3"ben ba£ Sctrtten ber
Stabt bei Xobeäftrafe Verboten ; ba« X\)ox fcr/mücfte ein S(^toein«fo))f, auf bem 2em^elberg
tourbe eine Statue ^abrian« aufgeteilt, auf ©olgot^a ein Senu^tempel gebaut unb in
Seriellem eine Slbontöftatue errietet. Die ^ubenfteuer tourbe in eine Äopffteuer um*
getoanbelt, bie 93efd^neibung, ber Sabbat^ unb ba$ ©efe^edftubium t>erboten. gtoerf toar,
65 ba£ jübifc^e SSolt mitfamt feiner Religion aSmä^lid^ gan) auszurotten. Damit toar ba*
jübtfd^e Soll enbgiltig aud ber Steige ber SSölfer au^geftric^en unb ^ofitifc^ toernu^tet
^r/re ^olitifcfee D^nmac^t toar eine fo üoDIommene, ba| älntoninud $iud e* too^l
toagen tonnte, bie bratonifc^en Sieligion^erbote toieber auf)u^eben. ©d toaren ntyt
politifd^e ©rünbe, fonbern reltgiöfe Intoleranz, toenn sBiarc äurel fte erneuerte. 6* toar
eo gleicr/fam bie Anerkennung bureb bie ^uben felbft, ba^ i(?r ^olitifc^ed Seben nur me^r ber
3*rarl, ©efdjtdjie, imd)btb!ifd)c 487
@ef$i$te angehöre unb enbgiltig befd^Ioffen fei, bafe ^ei 9tabbinern, bie au« ^ßaläftina
aefommen toaren, um bic Ungunft be« Äaifer« abzutoenben, toerftattet tourbe, in ber ©d&a$*
fammer ju SRom bie fyeil. $em}>elgefäf$e, ba« golbene ©tirnbanb be« ^o^enpriefter«, ben
ftebenarmigen golbenen Seud&ter unb ben foftbaren 33orfyang be« 2lllertyeiligften zu fetyen.
©ad alle« toar für immer vergangen, bie $uben befafcen feine öffentliche nationale S3e- 6
beutung metyr, fonbern toaren nur noefy eine SReligion«gemeinfctyaft.
Am ®nbe be« jtoeiten 3<*^unbert« Belang e« 91. ^uba ben ©imon bie Autorität
be« $atriar$en über bie be« ©tynebrium« ju fefcen, fo baj$ feine ©ntfdfjeibungen ©iltigfeit
Ratten au<$ o^ne bie guftimmung be« ©tonebrium«, aber ni#t umgefcfyrt. 2)a« ©tynebrium
toerlor ba&er immer mefyr an 2lnfel)en. 2luc$ bie 2Beil)e ber Rabbiner bur# §anbauflegung 10
behauptete er ate fein SBorred^t. ©nblid& braute er auety (um 190 n. Sfyr.) bie ®efe$e&
fammlung jum äbfc&lufe, inbem er bie SJtifönafy be« SU. Slfiba enbgiltig orbnete, flutete,
abf$lo£, unb i^r burety fein 2lnfefyen bie allgemeine Slnerfennung öerfc^afftc. Sllle anberen
Sammlungen galten nun nur nod) al« Sßrtoattoerf ofyne Autorität. Dbtoofyl fein offizieller
6>b«| gefertigt unb fanoniftert tr>urbe, fo rnufc bod; angenommen toerben, bafj Don jefct i>
an bie 3Rif<$na$ ni$t mefyr blofe münblidfj, fonbern f$riftli$ fiety fortpflanzte. $)a alle«
nationale, polittföe, rec&tli<$e ©taat«leben ber gilben aufgehört ^atte, fonnte biefe« ©efefc
Ztoar nur jum Seil no<$ im religiöfen unb pritoaten fieben be« SBolfe« angetoenbet toerben;
e« fyütt faft nur einen ibealen 2Bert, bie innere 2)enftoeife unb ©eftnnung ber SJolf«*
genoffen ju bifben unb ba« @eifte«leben in jübifd&en Sahnen ju erhalten. $er ®ebrauc$ 20
ber 3Rtfc$na$ beftanb bafyer borztiglicty barin, bajj fie ftubiert, bt«futiert, fommentiert touroe,
aber ber ©eift eine« SBolfe« liegt in bem feine ©eftnnung unb feine ©itten bilbenben
©efefc unb Stecht, unb biefer jübiföe ©eift tourbe Am babur$ erhalten unb fortgepflanzt
unb bor bem Untergang gefiebert.
9Rit ber »Übung ber 3Wifd&na& tyatte fid& bie @eifte«fraft ber paläftinenftföcn 3uben 35
erfööpft. J)er ©d&toetyunft be« 3;ubentum« toanberte hinüber na<$ ben (Supljratlänbern
unb ©abtylon tourbe balb ©i$ ber neuauffommenben Stabbinerfdfjule ber 2lmoraim, al«
beren @neugm& bie ©emara ober ber eigentliche Xalmub ju nennen ift. 2Bie bie sJ9tifc$naty
W Pf Sioel, fo öer^ält ftc^ bie ©emara jur SKifc^na^ ; eS ift eine immer f ompliziertere,
bialdtif^ere, biö )ur ©op^iftit ft<$ üerfteigenbe 9lu^beutung be^ ©efe^ed, tooburd? ba^ 30
©tubtum be« ©efe^ed in« Unenblic^e anfd^tooll unb ber jübifcfye ©eift in immer engere
geffeln geleat tourbe. 2)ie erften Slmoraim finb alle nod^ ^Paläftinenfer. Unter ifynen ift
ba ^Jatnarc^ SR. 3uba II. ju nennen. 6r verlegte Den ©i^ be« Matriarchats nac^ überia«,
unb ^ier erlebte ba« SSnfäto* nod^ eine ©lanzjeit burd^ bte ©unft be« ßaiferS Älejanber
©et>eruö, ben bie Älejanbriniföen ©pigrammatifer al« ^o^enpriefter unb ©tynagogentoorftefyer 86
eben bedtoegen ber^ö^nten. SWicfyt o^ne Sortoiffen be« Äaifer« fonnte $uba II- bie peinliche
<8cri$t£taneit ausüben. 3)er Jtaifer fc^enfte aurf> bem Patriarchen großen ©runbbeft^
ttftctc in bie ©l^nagoge }u Liberia« einen golbenen Seuc^ter unb befreite bie Juben be«
vUidfi Dom 3h>ang, ftäbtifc^e ämter übernehmen zu muffen. 2)ie Beziehungen z^if^en
guben unb ftömern toaren fo intime, bafe man ber gamilie be$ Patriarchen gemattete, 40
toie bie SRömer ba« §aar zu tragen unb griec^ifd^ z« lernen, fo bafj ber 3^itgenoffe Drigene«
fty barüber m feinen ^omilien beflagt, bafe biefelben %v{t>tn, toeld^e ben G^riften mit
unerfättlic^em $affe begegneten, gegen bie gö$enbienerif<$en Reiben fo augerorbentlid^
freunblic^ Aäten. $a, vi. %uba ging fotoeit, bafe er nid&t nur^ ^eibnifd^e« Öl unb S3rot
)u ef|cn gejtatten toollte, fonbern auc$ bie Slbfc^affung be« gafttage« zum 2lnbenfen an bie 46
Serftörung ^erufalcm« plante. ®iefe fiaj^eit mochte too^l ba« 2lnfel>en be« paläftinenftfd^en
Matriarchat« tief f^äbigen unb bem Sluffteigen Sab^Ionien« z" ®ute fommen. Unter
ben toaläftinenfifd^en Slmoraim ^at 91. ©imlai al« ©efe^e be« gubentum« 613 aufgezählt,
narnlU^ 365 Serbote unb 248 ©ebote. 2)iefe 613 ©efefte ^abe 2)aDib fc^on in 11 zufammen^
gefafct, ^efaj|a auf 6 zurücfgefü^rt, SKic^a auf bie 3: SRec^tüben, 2üofylfyätigfeitlieben, 60
tn $üd)Urtt\t leben; #abafuf enblic^ fyabt ftc in bie eine Formel {ufammengefa^t: „ber
©ertöte lebt feine« ©lauben«". 33on % ©imlai toirb auq gerühmt, bafe er eifrig gegen
Wc Cbrifien ^olemiftert unb befonber« ba« Irinität«bogma zu toiberlegen beftrebt getoefen
fei — SBäfcenb 3uba« II. Matriarchat tritt nun aber Sab^lonien immer mefyr in ben
Sorbergrunb ber jjübiföen ©efc^ic^te. ^te ^uben gaben bamal« allein bem babtylonifd^en 66
2anbe geiflige Sebeutung. gn ben ©täbten 2fyamea, 5Wa^arbea, s)tifibi«, ^umbetita,
©amofata unb anberen toofynten fo biele ^uben, bafe man Sab^lonien gerabezu „Sanb
3«rad" nannte. 3Uler ^uben %avcpt toar ber 5Refc^-©aluta (@jil«fürft), m^ SBürben--
tröger be« part^tje^en SReicfö bem Slang nad) ber Vierte nac^ bem 5lönig. ©ein ©ef$le$t
tooQte *om 2)at>tbfd^en Jtdnig«^aufe abftammen. @r ^atte alle ©etoalt über bie ^uben eo
488 3fdrael, ©eföidjie, uad)bibltfd)e
beSSanbeS; ftc toar aber rein toeltlictyer 9tatur, feine geiftlidbe Sßürbe toie ba3 )>aläfttnenfif$e
Matriarchat. 91. 2lbba 9tab braute au^ gubäa bie 9Kifc£na9 na$ SJafylonien unb grünbete
ein SefyrfyauS (©ibra), too balb 1200 Schüler berfammelt toaren. SKit tym beginnen bie
babtylonifcfyenSlmoraim. ©ein greunb 9Jiar ©amuel toar e3, ber ben bon allen fj>äteren guben
5 aboptierten Setyrfafc aufftcUte: „ba$ ©efefc beä Staate« ift gütige« @efe£." 3)amit toar
ausgebrochen, bafj bie $uben bon nun an immer unb überall ft$ ben jetoeiltgen £anbe&
gefe^en ju fügen getoiHt feien, unb baft baS ©taatägefejj tyrem eigenen 9Jeligion«gefe^
borgcfye. 91. Samuel toar ber erfte 9tabbi, ber bom jubäifctyen Matriarchat atö religtofe*
§auj>t ber babtylonifcfyen $uben anerfannt tourbe. 2Bä$renb ber Regierung be$ Slfeganber
10 ©eberuS tourbe bie 400 jährige Stynaftie *>** ^ßart&et fle|Mltjtr unb baS neuberftf$e fömigä*
fyauS ber ©affaniben bemächtigte ftc$ ber £errf$aft. 3)iefe fugten bie alte Joroapri^e
Religion toieberfyeraufteHen, toeS^alb ftety Verfolgungen gegen bie ©fcijlen ju Scifibte unb
(Sbeffa erhoben. SÜber au$ bie ijuben Würben mitbetroffen, ©ie unterfagten ben 3uben
bie SluSübung ber peinlichen ©eric^tSbarfeit, fcfyloffen fte bon allen Ämtern axß, berboten
16 tynen an getoijfen perftfetyen gefttagen Si<$t im £aufe unb $euer auf bem §erbe }u ^aben.
Unter Äönig ©fyapur traten aber balb toieber beffere 3^*** «in. SDiefe Slu^egett bewerte
im Orient unb Occibent bis in bie Rtit ÄonftantinS. Senn au$ bie für bie Sänften fo
fd&toere ^Regierung beS ßaiferS SMoHetian toar ben guben günftig. 3jn ÄonftantinS
loleramebift bom $afyxt 312 toar jebermann freie 9leligionSübung geftattet. 2)ie jübifcfct
20 ^Patriarchen, SSorfte^er ber Setyrfyäufer unb ©tynagogen genoffen biefelben Siedete toie bie
$riftli$en ©eiftlid&en unb fyeibnifd&en Sßriefter. ©ie toaren fogar gefeftlicty bon ben 2Ragißrat£*
ämtern befreit. (Später aber änberte jtety ÄonftantinS Sßolitif. &ie guben fyiefeen jefct
eine föäblic^e, ructylofe ©efte, ber bie Slufnafyme bon $rofefyten berboten hxir. 3Rit bem
geuertob tourben bie bebrofyt, toeld&e bem ftubentum abtrünnige mit bem Sann belegten
25 ober mit Steinigung angriffen. 2luf bem Konzil $u 9licäa tourbe baS Dfterfcft unabhängig
bom jübijctyen ftalenber feftgefteHt, benn eS fei untoürbig, bei bem fyeiligften gejie bem
©ebrauety ber §uben $u folgen. 9ttc$tS mefyr foHten bie Sänften mit ben guben gemein
fyaben. Später Verbot ber fiatfer auc^ ben ^uben i^re ©Haben ju befd^neiben. 2tte
©Haben follten burd^ Sefd^neibung bieftretyeit erlangen. Überbauet foQten fte feine fremben
30 ©Haben beftften. Slfö bie« ©efe| nic^t« fruchtete, tourbe bie »ejc^neibung ber ©Haben mit
SobeSftrafe belegt. 3jn biefem 3)rucf fa^ ba« jübifc^e SSoIf 9Sorjeidfren für ba« Äommen
be« erhofften 3Kejfta«, bem eine SEBe^ejeit borauSge^en muffe, ©dj^on fang furfterte ba£
SBort: „I)er ©o^n ^)abib« toirb nid^t e^er fommen, bi« ft$ ba« römifc^e Stetdb jum
Gfyriftentum befennen toirb." 3)iefe 3^t festen je^t ba. aber ber Matnarc^ &ülA II.
85 erflärte : „3frae( W feinen ^Jieffta« mefyr }u erwarten ; benn bie Ser^ei^ungen ber $ro^beten
bon einem frommen, mächtigen ^errfc^er f}at e$ bereit« unter $i«fia genoffen." @r i^
bie erfte jübifd^e Slutorität, bie bte 5Keffta«^offnung ber guben ju enttourjeln unb ^u unter»
brücfen fuc^te. S)a« bab^lonifd^e ©c^utyaupt aber legte SEBiberfprudb ein: „©Ott möge e£
bem 91. §tttel ber^ei^en, einen folgen ^rrtum ausgebrochen ju ^aben." 9lod^ fd^limma
40 ging e« ben ^uben unter Sonftantiu«. ©ie Ratten ben $erferfömg ©^aj)ur II. gegen ben
Haifer unterftü^t. 2)afür ber^ängte er über fte bie ©träfe be« (S%il3, fo bafe biele nac^
Merfien au«tbanberten. ©ie ©efe^eSle^rer tburben mit bem Stöbe bebrofyt. Die ©d^ule
bon Liberias berfiel baburd^ bem Untergang. GonftantinS ©efej^e tourben erneuert mit
bem 3ufafy ^ auc§ We 6^e jJbifd^en guben unb Sänften mit lobeSfteafe belegt feL
45 Site gar bte römifd&en Segionen toegen beS }>erftfc^en ÄriegS brei Scfyrt lang m ben Stäbten
^ubäaS einquartiert h>aren, bemächtigte ftc^ ber ^uben SSerjtoeiPung ; fte matten einen
Slufftanb, ber mit ber 3ctftörung ber beteiligten ^ubenftäbte enbigte. @d toaren barunter
©ety^ortö unb Liberias, bie $auptft$e jübifc^er ©efe^eSle^re. 33on nun an toar Safylonien
ber §au^tft^ ber ©efe$e$funbe unb bie ©c^ulen bon ©ura unb $umbetita nabmen ben
60 erften 9lang ein. — 2)ie Sage ber ^uben änberte ftc£ gänjlic^ unter ber funen SVegientng
Julians, ©ein $a^ gegen bie (^riften machte i^n jum ^reunb ber *$vtom. 5Den
Patriarchen §töel nannte er feinen e^rtoürbigen ^reunb, erlief ein ^anbfd^eiben an bie
jübifcfyen ©emetnben unb traf Slnftalten, ben Stempel in ^erufalem h>ieber auhubauen.
3)er (Schutt tourbe toeggeräumt, Saumaterialien ^erbeigef^afft. J)er S3au tourbe aber
56 balb eingeteilt. S3eim SBlofelegen ber unterirbifc^en ©änge foHen fc^lagenbe 2Better bie
Arbeiter bertrieben ^aben. ^u^an^ tafc^er $ob machte ber ©ac^e ein Snbe. 3Rerftoürbig
aber ift, baf; bie jübif$en Duetten gämlic^ fd^toeigen unb ni$t einmal ben Flamen biefe*
ÄaiferS ertoä^nen. 3lud^ 3u^an^ 9toqjfolger betfubren mit ^oleranj gegen bie 3*iben.
Um baS Qa^r 400 fjat 91. Slfc^i in ©ura bie ßrflärungen, S)tefuf jtonen, ©ntfcfyeibtingen
eo unb Unterfu$ungen, toeld^e bisher münblicf) über bie 9Jlif^na^ gegeben toorben toaren, in
3*rael, ®efd>idjte, wadjbiblifdjc 489
ben ©Etilen gebammelt unb gum lalmub (ftalmub SBabli) bereinigt, obwohl er felbji ba«
gxoftt SBerf niqt ganj fcoüenben tonnte. Slbcr feine Sammlung Würbe bie ^auptfäd^lid^e
0etfnge 9ta$runa aller gilben, ftttm Jute ba« Stbelftubium für Weniger förberlicfc unb
toerbienftooH galt al« ba« ber 5Wifd&nafy, fo ftanb ba« 3Rifd&natyftubium Weit jurücf hinter
bem Seinen be« Xalmub. 2ln ben ft>i$fmbigen 3)i«fufftonen be« 2almub fd&ärfte fieb ber 5
jfibtjtye Serjfanb bon ^a^r^unbert gu §afjrtyunbert ; aber ebenf 0 fetyr fceräu&erlictyte er ba«
reßgiöfe ©enfen unb $itylen, inbem bie Stalmubfemttni« gum 9Raf$ftab ber grömmigfett
unb $etltgtett Würbe. ®ie jübiföe Sieligion aber felbft erftarrte bollenb« jur peinlichen
ßbung ber Xalmubborföriften. SBi« auf ben heutigen Sag ift ber lalmub für Millionen
tom %vbm ber Snbegriff aHer SBafyrtyeit unb 2Bei«l)eit, ©erei^tigfeit unb §eiligfeit, fein 10
6tubtum ber fixere 3Beg jum ewigen Seben. (StWa« anbere« ju ftubieren al« Sälmub,
# für ben eckten ^uben *w fixere« 3eid&en b« ©ottloftgfeit. 6« ift fdjWcr, über ben
getftigen 2Bert be« Xalmub ein gerechte« Urteil gu fällen. $ier fyabm Wir aber nur &u
lagen, Wo« er für bie geiftige (Sntwidflung ber 3>uben unb be« 3ubentum« bebeutet ; unb
ba barf nk$t öerfc&Wiegen Serben, Wo« er jur ©rfyaltung be« ^ubentum« geleiftet fyat. ib
gfir ben talmubtfö erlogenen unb gebilbeten $uben ift ©Ott unb feine Offenbarung, alters
bing« in ber gform be« SEalmub, erfte« unb fyöcfyfte« 3ntoeffe \™& Seben«, feine« 2)enfen«,
palend unb 2#un«. SlHe ®inge betrautet unb mi|t er naefc bem 9Raf$ftab ber Religion.
SDie Offenbarung ©otte« ift tym ber Inbegriff aller 3Bafyrfyeit unb ^Jrinji^ aller SBatyrfyeit«*
erfetmtm«. Sludj in ber gorm be« Jalmub ift tym ba« göttliche ©ittengefeft ein nur um 20
fo ftrengerer unb härterer ftuctytmeifter geblieben, ber fein Seben in toieler SBegieljung auf
einer aetoiffen jtttlic^en §öpe erhielt, eine -Menge altteftamentlictyer ^been Wurzeln nod&
ab lebigenbe« ©eifte«gut im jübiföen 93olf, freiließ fcielfad? überwuchert toom bieten ©eftrityp
talmubiföer ©pifcftnbigfeiten unb SBerfefyrttyeiten. Slnbererfeit« Würbe burety ben Salmub
ber jübifc^e ©eift auf einer 9teligion«ftufe jurücfgetyalten, bie metyr al« anbertfyalbtaufenb 25
Saljre ^tnter ber ©egenWart liegt, unb ber jübifege ©eift Würbe fo feft in biefe rücfftänbige
xeligumSftufe eingezwängt, bafe er für jebe Umbilbung unfähig, unb jebe SBeiterbilbung
abgeritten Würbe, geoer Serfucty einer 9tef orm fü^rt jur totalen 2luflöfung be« 3u^^tum^
fepfi 5)er lalmub ift alfo ber SBerfölufj, unter bem 3«tael bon jeber SBeiterenttoicflung
ferner Religion unb feine« religiöfen Seben« abgefc^loffen gehalten Würbe. SDer Srud^ mit so
bem Xahnub bebeutet bamit für ba« jübif$e 9iolf bie Sluflöfung unb ben Untergang feiner
Maserigen Sieligton unb bie Umtoanblung unb Sleugeftaltung feine« gefamten ©eifte«
unb Säend.
Der lalmub, ber mäc^tigfte galtor be« nac^biblifc^en gubentum«, ift babtylonifc^er
Aedunft, feftgeftedt unb abgefd?loffen im SRcid^ unb }ur 3ctt be« faffanibifd^en $erf erfönig« 86
3e«begerb I., al« ba« alte 9tom bon ben germantfe^en Golfern ^art bebrängt unb D^orb=
afrila eine Seute ber SSanbalen Würbe. 2)ie gewaltigen SBeltereigniffe unb ber ficfytbare
3ufammenbru(^ ber römifd^en SHeic^«mac^t faxten bamal« aud^ Wieber bie meffianiföen
Hoffnungen be« jübifd^en SBolte« an. 6« War eine 2öci«fagung, ber SKeffia« Werbe im
ffetnwbac^higfien Jubiläum (4200 ber SBelt, 440 n. Gfyr.) erfc^einen. 2)er Huge SR. 2lfc£i 40
fa ©ura aber erflärte: „3)er 3Keffia« fann bor bem fünfunbacfytjigften Jubiläum gewi^
ntyt lommen; erft nad^ biefer 3«t fann man fi$ ber Hoffnung, aber nityber ©eWifi^eit
^geben." Um biefe 3«* to** & oud^, bafe bie Sanbalen bie fjl. Sentyelgeräte in 3^om
raubten unb fie nac^ äfrifa fc^afften. Später foll fte 8elifar, ber ©roberer be« SSanbalen*
rekfo nad^ Äimftantinopel (534) gebraut fyabtn. 3)er abcrgläubifd^e ^uftmum aber tyabt 45
fk^ gefürchtet, fie bei ftc^ ju behalten unb ^abe fte in einer Äird&e ju Qerufalem
mebcrlwen laffen. $f}T 33erbleib ift ganj unbefannt. 9Jlit ber alten SBelt gingen
fo aud) bie alten Heiligtümer ^«rael« tooflenb« unter. 3)er Xalmub Würbe ba«
einzige Heiligtum be« jerftreuten $ol!e«. 9lud^ in ^kläftina fammelten bie Slmoraim
i^cc SErabitionen im jerufalemifc^en Salmub (Talmud Jeruschalmi, Talmud schel w
Erez-Israel, Qemara di Bene Ma'araba). 6« ift unbefannt, bon Wem unb
too er toerfa^t Würbe. — $m unterge^enben Slömeneic^ War ber Juben gage cjne \om\^
fixere. 2$eoboftu« ber ©rofee jWar fuebte fie ju f^en, Wenn ber cfcriftlidje $öbel bie
Synagogen gerftörte, aber feine guten Slbfid^ten fc^eiterten am ^eftigen aOBiberfprud^ be«
^etL ambrorai«. Slud^ ba« Siecht ber Patriarchen, Slbtrünnige mit bem S3ann &u belegen, 55
fachte er aufregt ju erhalten. SRoc^ Weniger gelang e« feinen ©öbnen $onoriu« unb
Ircabiu« bie 3uben ju fd^ü^en. 3m ^a^re 425 ^ob ber morgcnlänbifcfye .Haifer J^cobofiu« II,
ba« palafttnenfiföe Matriarchat gan^ auf, nacfybcm ber le^te ^atrtard) ©amaliel V. o^ne
männliche Srben geftorben War. Unter 2;l;eoboftu« II burfte ber Siföof (Stritt in 2lleEanbria
bie %vbai atö ber ©tabt öatreiben unb i^r Vermögen bem ^Jöbel gur 93eute geben, in eo
490 3*rael, («cfätdjtc, nad)bMifät
Slntioc^ien tourben ftc ber ©tynagogen beraubt. Die Spannung jtmfc^en 3>uben unb
(Stiften unb geöcnfcttigc gfeinbfctyaft fcat bamal« einen aufjerorbentii<$en ©rab erreicht
ÄirdfjenVäter unb SBifd&öfe, fcie 2lmbroftu«, 6l)rtyfoftomu«, äuguftinu« eiferten toiber bic
^uben ; anbererfeit« verheimlichten bie ^uben nid&t tyren #ajj gegen ba« C^riftentum unb
5 feinen (Stifter, verboten allen Umgang mit (Stiften, fogar bie Erteilung von Unterricht
in ber fyebräifäen ©praetye an Stiften. St 93ar Gfyanina burfte nur I?eimlic$ in be«
Äird&enVater« £ierontymu« .ftelle ju Setlefyem tommen, um ifyn im $ebräifc$en ju unter*
rieten, unb biefer ntu&te öffentltd^ ftc$ toegen feinet Umgang« mit ^uben rechtfertigen
bur$ bie grtlärung, bafc er bie ^uben unfagbar Verad&te, verabfd&eue unb faffe, toetl ftc
10 ben §errn in ifyren Synagogen verfluchen. — Da« dtyaläftinenftfd&e gubentum ftarb a&er
ni$t, ofyne ber 2Belt noety ein toertvolle« SBermäcljtni« ju fyhtterlaffen: bie 9Raffora§ b. $.
bie §injufügung ber totale, 2lccente, 2Bort*, ©Üben* unb ©afcabteile jum $ebratfc$en
SBibeltejte, ber au« blofcen Jtonf onanten beftanb. SCud^ ba« alle« fear bi^er nur münblicfc
SErabition getoefen unb I onnte nur burety lange Übung Vom Se&rer (Itarra, SibeCIefer) erlernt
15 toerben bur$ 9ta$ft>rec§en. Qe^t ba mit ber ©elebrfamteit auety bie Äennrni« ber ^ebrätf$en
©prad&e fogar in Sßaläftina am 3lu«fterben mar, tonnte nur bur$ genaue geftfteüung ba
3tu«ft)ra$e ber fiebere Söortlaut ber SMbel ber 3"fanft erhalten toerben. — Da« babtyloniftye
^ubentum erhielt ftd^ noc$ länger. Äönig ^iruj (470) erregte eine Verfolgung gegen bte
Suben Werften«, tooburety Diele naety %n\>\m au«juh)anbern gelungen tourben; bort
20 erlangten fte bom Äönig von Sranganor fiänbereien unb $ribi(egten, bie auf einer nodf
erhaltenen SJronjetafel in altinbiföer unb l)ebräif$er ©J>ra<$e aufgellt toerben. 3$<m ben
©flögen biefer Verfolgung flehten ftety aber bie babtyloniföen ^uben niebt me$r tdfdlt
m fyaben. ^r geiftige« wbtn erlofö. Da« @nbe ber 3*it bw Slmoraim fällt in ba«
@nbe be« 5. 3jaljrfyunbert«. ©ie tyinterliefjen ben $atmub ate ein Steige«, J" *m mm
25 feine 3ufä$e ntefyr foUtett gemalt toerben bürfen (500 n. G$r.).
IL Da« Mittelalter. ftür bie ^uben be« b^antinijc^en SReidfre« beginnt ba*
Mittelalter mit ber Regierung ^ftinian«, benn er erlief bie ©efe^e, bie gletcpfam ba«
SKufter tourben für bie Se^anblung ber guben ba« ganje SWittefoiter tymburdj. @r erlieft
ba« ©efefc, bafc jübifcfyen 3eu6m 8eÖen Soften leine ©laubtoürbiglcit beijumeffen fä.
so 2)er Übertritt toom ß^riftentum jum 3w^^wm toar ftrengften« unterfagt. ferner foUtai
bie 3uben verpflichtet fein, bie läftigen unb foftftneligen ©tabtämter ju übernehmen o$ne
bie Privilegien babon )u geniegen, Freiheit t>on ©ei|elftrafe unb @gif. „Sie Jollen ba«
^oc^ tragen, auc$ menn fte barunter feufaen, aber jeber S^re fotten fte untoürbig a&cdkn
fein." ©ie burften i^r 5ßaffa^feft nie toor bem c^riftlic^en Dfterfefi feiern, ©ie fouten bie
85 ^eil. ©c^rift in ber ©^nagoge am ©abbat^ nur griec&ifö ober lateinifdj öorlefen. ©o oft
ftcb ©elegen^eit bot, überfielen bie S^riften bie ^uben, um i$re Synagogen ju ^erftören,
fte felber }u berauben, ju Verjagen unb ju töten. Unb aud^ bie ^uben Hegen leine
©elegen^ett Vorübergehen, bie 6bri[ten ju fc^äbigen unb für bie erltttene Unbill 9ta$e
)u nehmen, toa« ibnm nur immer neue Verfolgungen jujog. S3on je^t an aber t>erf(^h)ütbai
bie orientalifc^en ^uben vom <Sd}anplat>, ber ©eföicbte ; ba« gef^tlu^e Seben bed jübifc^en
SSoße« ge^t über auf bie toeftlänbiföen ^uben. Die Spanien« ftnb bie getftig regfamfta,
toel^e nun für lange in ben SSorbergrunb treten. Die $uben Italien« bagegen treten
ntdbt befonber« ^ervor. SEBä^renb ber ©türme ber Sötterfeanberung Ratten fte biefelben
Seiben burd^umacfyen loie bie S^riften. Daju tarnen aber immer nod^> bie Äonflitte mit
45 ben ßbriften. Unter ber ©oten^errfd^aft galten in Italien immer noc^ bie ©efefee bei
Äaifer« i^eoboftu«. ©ie burften nad? i^rem ©cf^e leben, Ratten i^re eigenen Stifter;
nur burften fte feine neuen ©tynagogen bauen. Über ftönig S^eoboric^ tonnten bie IJuben
ftcf; ntebt betlagen. Die metften ©treitigteiten berurfac^te, ba| bie ^ttben immer loi^er
rfjriftlic^e ©Haben gelten unb fte burc^ bie 33ef$neibung p ^ubentum ^ttnmgen, too«
50 beibe« toiber ba« ftaatlicfj d^riftlic^e ©efe| toar. Die ^uben Ratten bamal« auc^ ben
©tlaven^anbel in ber §anb unb pflegten ungefefelic^er sBeife aud^ (^riften al« ©Batoen
ju taufen unb }u verlaufen. 6« ift felbftverftänblic^, bafj bie ^riefter i^re ©lauben«genoften
nad) 3Jl5glic^teit gegen btefe ungefe^lic^e $anblung«toeife ber ^uben )u fc^üften fuc^ten.
©onft fu^te bie h>eltlic^e unb geiftltd^e Dbrigteit bie ^uben m f(^ü|en, benn auib Ma
65 pflegte ber $öbel bie Synagogen oft ju ^erftören. Sejonber« bie ^äpfte übten ©eret^tigteit
unb Silligteit gegen fte. 911« ber berühmte 3Kinifter be« Äönig« 5DSfeobori^, Gafftobor,
feine Smter niebcrgelegt j^atte, fd^rieb er eine $falmenau«legung, toorin er bie guben bur^
^intoet« auf bie meffianifd^en $falmen ^um ©lauben an ^ejum ju beteten beftrebt toar.
^eoboric^« 9tac^f olger, ^eobatu« ^atte einen jübifc^en ^auberer unb SBa^rfogcr, )u beffm
eo trügerifc^er Äunft er oft feine Suflucfr na^m. Sil« ^uftmtan bur^ SWifar ^toTten erobern
4obte
3*rael, ©efdjtdjte, ttarfjbibltfclje 491
liefr, toe^rten ftc$ bic $uben auf« tyef tigfte, berebcten audf? bic Sürger Neapel« &u energifd&em
ffitberftanb unb berteibigten perfönlicty bic ©tabt auf« tapferfte bi« ftulefct, toeil fte mußten,
taft fie boc£ feine ©nabe ju erwarten Ratten. Unter ber Sangobarbenfyerrföaft Ratten fte
ruhige 3eüen. 83efonber« $<u)ft ©regor I, ber ©rofce, bef$ti|te fie. @r toollte, bafe
guben nur burefc fanfte Serebung, nietyt burrf) ©etoalt belehrt Serben f odten. ©etoiffenfyaft 6
toaste er iftten ba« römifd&e Sürgerred^t. !gn feincn Ö^feen 33eft$ungen in Unteritalien,
©hüten unb ©arbinien (tejß er fte nietyt bebrücfen, nur burften fte ferne ©Triften al« ©flauen
fcben. Oft unb nie umfonft toanbten ft$ bie guben Sofien« um ©d&ufc an ben Sßapft.
gür gerfförte Synagogen mußten bie ßbriften (Sntfdfjäbigung jaulen. Übergetretene $uben
aber begünftigte er, erlieft ifynen bie ©runbfteuer. Über foletye, bie nur au« irbifcfyen 10
(Shünben übertraten, fd&rieb er: „2Bir gewinnen ätoar fie nic^t, \>oty getoife tyre Äinbcr."
Stogcgen befcfcüfcte er audfr bie Stiften bor ben Übergriffen ber 3uben. 2fa bie Äönige
ber fronten, Surgunb« unb 2luftrafien« förieb er, fte feilten bem föänblictyen £anbel ber
gilben mit c^rifüi^en ©Haben ein @nbe machen. 3)en flönig SRcccareb Don ©banien
lobte er, bafc er fo gettyan fyaU. 2Benn ba« cf>rtftltd^e 93oI{ oft bie jübij$en ©Haben* 15
^anbler unb 33efi$er d&riftlictyer ©Haben mifftanbelte, fo toaren bie« feine Verfolgungen
um tyre« ©tauben« toitten.
gn feinem 2anb tyaben bie !guben (Suropa« fo feften guft gefafet, auf bie ©efe^idfe
feine« fianbe« fo großen (Sinflufe au«geübt unb felber nirgenb« einen fo bofyen ©rab
materieller unb geiftiger 8lüte erreicht, toie in Spanien. 9la<fy tyrer Vertreibung au« 20
Spanien $aben fte boety tyre fpanifd^e ©prad&e behalten, al« toäre e« tyre TOutterfpracfye,
fo bog bi« ^eute bie SRad^fömmlinge jener Flüchtlinge in Slfrifa unb ber Xürfei fcanioltfa
reben. 3a \* mächtig toirfte u)x Slufentfyalt in ©panien auf fte, bafe fte na$ bem gellen
meb>btf$en Jttang ber ©pra$e ßaftilien« ihre eigene fyebräiföe ©prad&e fetter unb Hang«
boller au«fpre$en lernten, gam anber« al« alle übrigen 3uben. Nirgenb im Mittelalter 26
baben fte folgen SReictytum uno fold&e ©Ipnftellen ftdj ertoorben, fo grofee Siebter unb
ftytbfap^en ^erborgebrad&t, h>ie in ©panien, in feinem anberen Sanb aber fyaben fte au$
fo biel erbulbet, al« in Spanien. 3Kit ©tolj unb ©c^men flauen tyeute noc& bie 3«ben
auf jene 3e** ta* SRu&me« unb ber Seiben jurücf. $)ie JJieberlaffungen ber ^uben in
Spanien mögen fo alt toie bie ber $l)önnier fein. 3Me bome^mften ©ef(|lec^ter, tote bie be« so
Äbrabanel behaupteten, bon S)abib abjuftammen ; fte tooDten fd^on nad) ber erften 3^
ftörung gerufalem« ^ingefommen fein. 3la$ ber jtoeiten feien 80 000 ©efangene na4>
6^>anten berfauft toorben. ©ranaba h>ar faft ganj bon ^uben beiwohnt unb ^iefe batyer
gubenftabt, ebenfo ba« uralte larracona. 3u^m Routen auc^ bie ©rbauer bon SColebo fein
unb biefe ©tobt galt al« jtoeite« ^erufalem. SRing«um fotten fte aud^ anbere ©täbte an« 86
aelegt faben toit in ^ubäa um ^erufalem, fo @«faluna-9l«falon, 3Kaqueba=5Kafeba, 3oJ)e«*
Stippt, ScecasSlfefa. ©ie beioo^nten bie ©täbte, befafeen aber Äcfer, SBeinberge, Öls
rffamuitgen, hatten ben gefamten §anbel in ber §anb unb befugen mit i^ren ©Riffen
ba« SReer. ®a« ®S>riftentum fam fe^r früfye nad^ ©panien. ©<bon bor Äonftanttn«
Übertritt tonnten 19 Sif^öfe unb 36 $re«btyter ju @lbira eine ©^nobe galten (305). 10
6$<m fte befc^äftigte ftd^ mit ben guben unb berbot, bafe Gfyriften i^re gelbfrüc^te bon
ben Stabbinern ber 3"ben einfegnen ließen. Sludf? bie @^e Jibifc^en %v!t>m unb G^riften
MÜc mit bem Sann belegt toerben. 211« bie arianiföen 9Beftgoten ©panien eroberten,
tonnten bie guben toieber unge^inbert i^re ctyriftlid&en ©Haben beWneiben. ßrft al« König
Äeccareb auf ber ©l^nobe ju lolebo ben arianifd^en ©lauben abfd^toor, legte er ben 3*^46
bie fd^toerften Sefd^ränfungen auf jum ©d^uft ber ß^riften unb um ba« Slntoactyfen ber
guben ju fcmmen. @r berbot i^nen d^riftli^e ©Haben ju galten. 3tuf ©Habenbefc^neibung
fbanb 35ermögen«berluft. Äinber au« 9Rifd^e^en mufeten getauft merben. Äönig ©iftbut
erneuerte bie ©efefce, aber o^ne ©rfolg. 2)a^er befahl er, bafe innerhalb einer beftimmten
grhl fämtli^e ^uben ftd^ müfeten taufen laffen, ober fte müßten ba« Sanb berlaffen. w
SBWe liefen fid^ taufen, biele manberten nad^ granfreic^ unb Slfrifa. 2)ie Sifd^öfe aber
liefern bem Äönig fagen, bafe er tfvax biel ßifer für ben ©lauben gejeigt babe, aber nid^t
nad^ Oetmffen. ©cintitta neu^m bic ftrengen ©efe^e jurücf. Unter ©ifenant fam bie
SJubenfrage toieber auf ber ©tjnobe gu Solebo (633) bor. 3ftbor bon ©ebilla fpraety ben
munbfa^ au«, bafe guben niebt mit ©etoalt bürften befebrt toerben, aber aud^ feine 65
(fyriften bürften jum ^ubentum ge^toungen toerben. 3^an9^e^e getaufte ^uben bürften
aber ntd^t jum Sw^tw"1 jurüdfe^ren, bamit ber ©laube nic^t gefcfyänbet toerbe." 9111er
mit Iguben fear ben ©etauften ftreng unterfagt. StücffaH ober ^eimlic^e Übung
Sitten unb ©efefee tourbe beftraft. 9{id»t getaufte gilben Ratten bolle Sieligion««
S)ie getauften follten im ©lauben unterrichtet toerben. Über bie religiöfen ©trete (»
492 3drael, ®efd>td)ie, «ad)btblif<f)e
fünften jener ßeit ftefye ben 9lrt.: 2Riffton unter ben $juben. Die Vielen getauften 3uben,
bte l)eimlid& bem alten ©lauben anfingen, fcaren ein ftäter Sßfatyl im gletfc& ber Ktrcfc
©panienS. 3** ©tynobe bejcfyäftigte fufy bamit; manche Könige gematteten bie Stücffetyr
gum !gubentum. 9lber Viele toollten ber äußeren Vorteile toegen ben ©c&ein beä Sänften*
s tumS beibehalten, toeäfyalb anbere Könige lieber ftrenge ÜRajjregeln gegen bie @$em$riften
übten. 911$ König ßrtoig (681) 26 fefyr ftrenge ©efefce gegen bie fyeimlid&en ^uben erliefe,
beftätigte Julian, ©rjbifc|of bort lolebo unb felbft jübiföer Slbfunft, biefe ©efefce auf
einer großen gfynobe. Die vielen laufenbe fyeimlid&er Suben bilbeten eine ©efatyr ni$t
bieg für bie Kirche, fonbern auety für ben ©taat. DaS jeigte fi<$ unter König Sgica,
to ber jtoar bie ftrengen ©efefce aufhob, aber toenig Dan! baVon erntete, ^uben unb $alfc
juben matten eine Serfd&toörung, fnüpften Serbinbungen mit ben afrifamfd&en 3uben unb
burefy bieje mit ben 2lrabem an, toeld&e bamafä 9torbafrifa erobert Ratten, um mit beten
§tlfe ba$ toeftgotifcfye 9tei$ ju ftürjen. Die 33erf$h>örung tourbe entbeeft. Die ©träfe
beä Hochverrate fear, bafj alle gilben ber Seibeigenfd&aft foHten verfallen fein. Stber e$
15 toar fcf)on ju fpät. Die !^uben 9lfrifa3 unb ©panienS matten gemeinfc$aftlu$e ©a<£e
mit bem mul)ammebanifc$en (gröberer %axxt, ber 711 bem 9BeftQ0tenrei$ in ©panien
ein @nbe machte. — DaS SerfyältniS ber !guben jum 3$Iam ift etgenartig. ©ie galten
tyn für bie jüngere Softer be3 ^ubentumä, d$ ob er ganj parallel bem ßtyrifientum
toäre. Der Unterföieb jhrijctyen Qefuö unb 9Rufyammeb lommt i^nen niefct &um Selouftt*
20 fein, barum bilben für fte Gfyriftentum unb %$lam ganj gleichartige ©ntfteßungen be$
^ubentumS, ja fte füllen jt# bem %$lam Viel Vertoanbter ate bem Sfciftentum. ©ie
tyaben noety nie mit ben (Stiften gemeinfame ©a$e gegen bie SWutyammebaner gemadbt,
aber oft genug umgefefyrt, obtoofyl ba$ 9EE lange ni$t fo Viel ttbleä über bie guben ju
fagen toeifc h>te ber Koran, unb e$ au$ bei ben 9Ru$ammebanern nidjt an Verächtlich
26 SBefyanblung ber Iguben fefylt. ©eit uralter Seit haaren bie 3juben au$ in Arabien, be*
fonberS an ber Söeftfüfte anfäfftg. 3n ©<">a unb fernen foll e$ jübifc^e dürften unb
Könige gegeben baben, bie in ©täbten, Dörfern unb ©c&löffern tootynten. ©elbft arabtfcfc
Surften Jollen bd$ 3u^entum angenommen fyaben. Dieftuben Ratten mit ©lud bieäufc
breitung be$ GfyriftentumS in Arabien ber^inbert, toeld^e Konftantin burc^ 3Riffionare toer»
ao juckte, ©rft im 5. ^afyrfyunbert belehrte ftd^ ein arabiföer 2ftirft. Die 3«ben in SRebina
unb ^abrib befa^en eine ©efe^e^fd^ule, h>ie benn aud) ber Xalmub i^nen betannt tDar
unb bie biblifc&en ©efd^ic^ten bei i^nen in ber auäfömüdfenben unb entftedenben SBeife
ber talmubifd^en ^agaba erjagt hmrben. 3Beil 3J2u^ammeb feine neue fietyre nur al^
alte Slbra^am^religion ausgab, glaubten bie ^uben an tyn, unb er üerlie^ i^nen ben 6^rtn=
36 titel „©e^ilfen". Ungläubige Slraber meinten, 5Ku^ammeb fei eigentlich nur „baö Dfjx",
bie %ubm bie @ingeber feiner Offenbarungen. Die ^reunbfe^aft bauerte aber nu^t lange,
toeil er ntc^t bad ganje jübifc^e ©efefe annehmen h>oQte, aud? nic^t bon 2)at>ib abflammte.
2)a^ fü^rt auf bie Vermutung, bafj fie einige 3«t in tym ben SKef jtad )u fmben äfften.
anfangt fuc^te 5Wu^ammeb ben ©treit ju öermeiben: „®ebet ben ©d?riftbeft$ern toeber
40 9led^t, nod^ (träfet fte Sügen". 8alb aber Veröffentlichte er eine lanae ©ura fernes Koran*
voll Schmähungen auf bie ^uben, bie er Ungläubige, ^ro^etenmörber, Serflud^te ©ottrt,
Serfälfd^er ber Offenbarung nannte. 624 fam e3 jum Krieg gegen ben jübtfc^en Stamm
ber SenUKainufa. Der ©ieger braute gn>ei jübifd^e grauen j^eim, bon benen bte eine,
Soinab, tyn Vergiftete. 5Wac^ 3Ku^ammeb« %ob bauerte bie geinbfc&aft fort, obtoo^l ft>ätcr
46 öftere bie ^uben fcieber ©^ unb ©unft bei einzelnen mu^ammebanifd^en gttrfien fanben. — -
3>n Spanien Jourben bie ftegenben Slraber überall von ben %u\>m unterftfi^ Den
eroberten ©täbten tourben ^uben ate Statthalter Vorgefeftt. ©o tourben fie Me ^ereen
in (SorboVa, ©ranaba, Malaga u. a. 9113 Starrt gegen bie §auptfiabt Stolebo log,
öffneten i^m ^uben bie %fyoxt ber ©tabt unb nahmen furchtbare Stacke an ben (Sänften.
60 Sluc^ 3:olebo Jourbe ben ^wben anvertraut. Die fpanifd^en 3uben Ratten alfo gute &(ütn
unb galten, Joie bie in Sßaläftina unb Werften atö treue Sunbe^gcnoffen ber erobern.
©ie toaren ganj frei, auc^ bie Kopfftcuer fiel toeg. — 3;n biefe 3«* fallt aud^ bie Stiftung
ber ©ette ber Karäer (f. b. 91.). Der Urheber mar 9lnan, ber in Sab^lon unb $al&ßiiia
im ©egenfa^ jum ^almubftubium auf fleißige Srforfc^ung ber ©$rift (Mikra) brana
66 unb alle ©afeungen be3 Stalmub verwarf, um nur bie Seftimmungen ber Schrift fdbp
gelten ju laffen. ßr tvar audb tvo^l ber erfte, ber unter ben guben einen Kommentar
mm ^entateuc^ fd^rieb. — 9lber auc^ bie eaentrtfd^e SDtyftit unb 9U!efe trat jett in
Sßaläftina, h>o ba3 Karäertum entftanben Jvar, auf, unb gang befonber« tourbe We 8e^re
Von ber Körperlid^feit ©otted unb vom Betatron, bem p^ilonifd^en 2ogo^, bem gtoetten
eo ©ott, au^gebilbet. Die 9lnbänger biefer D^ftif nannten ftd^ Statiner be$ ©lauben«,
3*rael, ©efdjidjte, nad)btblifd)c 493
Ba'ale Emunot; natürlich fungierten fie cuefy aU Sejcfytoörer, 2Bei3fager, SBunbertfyäter
unb Shnulettenbertäufer. SBcibe Stiftungen beeinflußten bireft unb inbireft ba$ 3u^entu^
ba£ gange SWtttelatter I?mburc$. 2)ie jübifcfye Söiffenfcfyaft aber nal)m ifyren Urfprung im
10. 3<ty$unbert in $g$>ten burefy ©aabia aus gajum. TOcfyt bloß förieb er eine SBiber*
legung ber Äaräer, fonbern er überfe^te aud) bie \)l ©d^rift in$ Slrabiföe, fte feilte ben 6
Setoetd liefern, bafc bie &l. ©cfyrift in ßinflang jofcofyl mit ber Sernunft als ber taU
mubiföen Xrabition ftetye. gn feinem Kommentar jum Sefer Jezirah, 93uc$ ber ©d&öpfung,
ober ftettte er ein ganjeS religionö-^^ilofo^^ifd^c^ ©Aftern auf, baä er in feinem £auj)ttoerf
Emunot We-Deot (943 berfafct) ausführlich barlegte. @r ift ber erfte jübiföe ftyilofopk
ber burdjj bie Slraber ju einer genaueren Kenntnis ber griccfyifcfcctyriftlicfyen Sßtyilofopljie beä 10
Oriente gefommen toar. ©ein ßtoedf ift, bie fielen ber jübijcfyen Offenbarung burc$
btalettif$en SJetoeiS als unumftöflid&e Söafyrtyeit gegen Ungläubige unb gtoeifler ju er«
gärten; bagegen fuc^t er auefy ba3 ^ubentum bon altem Sernunfttoibrigen unb ädern
Aberglauben gu reinigen. 33e(onber$ {eine Qtfyt toetft beutlicfy auf tyre ariftotelifd&e Duelle.
3m 10. 3a^$unbert begann aber au$ in Spanien eine SBlüte&eit ber jübijd&en Kultur, 15
Stffenfcfraft unb $oefte. Stm $ofe Slbbul^JtyamanS III. lebte GbaSbai 3bn=©d&<tyrut
(915 — 970); er natym ate gejcfyicfter Vermittler atoifctyen bem Kalifen unb ben cfyriftlicben
gürften 9torbft>anien$ unb (SuropaS eine fyotye ©tcllung ein unb machte feinen (Sinflufi
geltenb jur geiftigen görberung feiner SSolfögenoffen ; er toar ber ©önner ber jübifctyen
©etefyrten unb 3)i$ter, bie an ben $of gu Gorboba tarnen. 20
S)ie ^erborragenbften Vertreter biefer ftanifd^jübifc^en Kultur toaren nid&t blo jj 9Jtänner,
toe($e bun$ ausgebende #anbel$gefc$äfte reid? getoorben, fonbern auety meift 9Rinifter,
©teuetyäd&ter unb fieibär^te beS Kalifen ober anberer arabifcfyer unb berberifcfyer gürften toaren.
$ie Steige eröffnet ©amuel §aletoi ^bn^agrela, 9Jlinifter beS Serberftirften fcon ©ranaba,
geboren 993 ; er toar auglei<$ Stabbiner, ©cfyriftfteltcr unb ©id^tcr. ©ang ©elefyrtcr toar 25
bagegen 3>ona SKörinu«, mit arabijd&em 9iamen ÜMertoan 3bn=©anad&, 995—1050; er
toar ©rammatifer unb Sieget unb erfyob bie Sibelforfdfjung ju einer felbftänbigen SBiffen*
j$aft ©ein Äaupttoerf trägt ben Sitel „Kritif " (AI Tanchik) ; SJJlato unb SlriftoteleS
toaren tym mept unbefannt. Sß^Uofopl) unb 2)i#ter &ugleidfj toar ©alomon ^bn-©'ebirol.
3n arabiföer Spraye fcfyricb er fein SBerf Mekor Chajim, bie Duette beS 1'ebenS, ober 30
über ben allgemeinen 2öeltgrunb ; unäfynlicfy anberen jübifctyen Sßtyilofo^en mifc^t er nic^tö
tom relifliö^jübif4>en ©ebanten in fein ©Aftern, aufter bafe er jum Sefyuf ber Süeltfc^öpfung
aud ber göttlichen Urfubftan) ben göttlichen 2BtHen ober ba^ „2Bort ©ottrö" ^ert)orge^en
lafet, bem o^ne Mittel, o^ne Setoegung unb o^ne 3e^mo6 fc^öpfertfe^e Kräfte entquellen,
burtb toelc^e bie abtoärtdfü^renbe ©tuf enrei^e ber ©efc^öpfe ind Seben tritt ; bie le^te 86
Stufenretye btlbet ber Siaum unb bie Kötyerlictyfeit ; in ber Witte liegen bie allgemeine
Setoernunft, bie SBeltjeele mit ben (Sngeln unb ©eiftern unb bie Statur. 2Bir fe^en
fc^ott barau^, toelcbcn ß^arafter biefe $9ilofoj)^ie trägt: e$ ift ein ©^nfrettömu« au«
Xeuptatontömuä unb SKriftoteltömu«. Der fons vitae ^bn=©'ebirofe iourbe 100 ^a^re
bater tne fiateinifd^e überfc^t unb toon ben ©c^olaftüern fleißig gelefen unb benu^t. 40
Sac^ia 3bn»$ahiba fetyrieb eine „Anleitung ^u ben inneren $fli<$ten", bie in ^latontfc^er
SWefe fltpfelte (1050—1060). 3n ber erften£älfte be« 11. ^a^. lebte auc^ inSrotyeS
ber burd^ feinen 35ibelfommentar berühmt geworbene SRabbi ©c^clomo^ 3^ö!i, befannt
unter bem 9lamen SHafc^i (f. b. St.). ©ein Kommentar ift fo beliebt, bafj bie öon guben
gebmeften ©ibeln i^n ftetä bem Sibeltqt jur ©eite bruefen, unb bi« ^eute mirb er fcon 45
bar jübifc^en 3u9m^ immer ^ugletc^ mit bem Stbcltcjt gelefen unb ftubiert. — Unter
ber SRenae ber ^ebräifd^en 2)td)ter bed 11. unb 12. ^ci^unbertS ragt am meiften ^erbor
Je^uba »alet)i (1086—1145). @r ift ber gröfjte jübifc^e 2)ic^ter aller ^a^unberte.
Seme« Serufed Slrjt bietete er in ber ^ugenb fiiebcöliebcr, jang Don SEBein unb greube
unb erfaim Sflätfet; fräter toei^te er fic^ ber religiöjen ^ioefie unb feine ßiondlieber ^s w
bmern an bie ^falmen. Soll inniger ©efüfylätiefe trauert er um bie erlofcfyene ^errlid^s
fcit 3">n«. $iefe lieber ^aben i^n für emige $Ätm jum 9tationalbic^ter be^ jtibifcfyen
Sottet gemacht ^n arabifd^er ©prac^e fc^rieb er and) in 3)ialogform ein ^^tlofop^ifc^-
atoologettWed 3Ben über ba$ ^ubentum unter bem Stitel „Chozari". 9leligion^lo(e
^üof^ic, 6^riftentum unb $$lam merben mit bem ^ubentum berglic^en unb le^terem 66
ber$ret* guaeteilt, toeil e« meber auf ©pefulation noc^ unertoei^lic^en Vorgängen, fonbern
auf ber einfachen, ^iftorifd^cn, Don Slugen^eugen betoä^rten I^atfac^e be^ tounberbaren
Su^ugd ber 3*raetiten au^ Stg^ten beruhe. Sei allem n>irb aber bie unbebingte 2Bai?r=
beit ber Sibel borau^gefe^t. Slu^ ihr toirb bann bie ^enlic^feit bed ^ubentumä unb bie
wijftgttt^feit bed jübifegen SSolIed abgeleitet, auf ba^ fi$ bon Slbam ^er in ununter- 00
494 3*rad, ©efdjtdjte, uacfybiBKfte
brod&ener golge bie bollfommene Sugenbfyaftigfeit be$ ©tammbater« ber 9Wenfd$ett un*
toerminbert öererbt l)at, fo bafj ba$ jübitöe Sott baä £erj unb ben Jlern ber 3)tenf$$tit
bilbet, ba$ auSföliefjlicty für bie göttliche ©nabe unb befonberS au$ für bie tyxopfflUn?
gäbe befähigt ift. 60 bilben bie ^uben eine ßtoifd^enftufe jtoifd&en ben @ngeln unb ben
6 übrigen -Kennen, treten ©lieber anberer SSötter junt Igubentum über, fo betommen jte
jtoar Seil an ben äufeeren Segnungen ber Israeliten, fönnen aber nie ben $otyen }>ro*
jpfyetifcben ©rab ber geborenen 3>uben erreicht. 3$rael ift aucfy ber Jtncd&t ©otteä, bem
aHe Jtranf^eit unb alle ©ctymerjen ber SRenfd^eit aufgelaben ftnb. 2)ie 3"ftöntng
SJerufalemS ift eine tounberbare, göttliche SSeranftaltung, um bie SSölter ber Srbe mit
10 jübifdjem ©eifte ju burctybringen. 2Benn baä erreicht ift, totrb bie 28elt bie $o$e S3e«
beutung 3>£rae($ erfennen unb bie jübifäe Nation als Trägerin beä Sic&teä efyrcn. ©0 iji
£alefci ber Segrünber ber befonberS in neuefter 3^* bon mobemen SRabbinern geprebigten
3bee bon ber „SEBcItmiffton ber ^uben" unb ber unberglei$Iic&en jübifc^en Stoffe („The
race is all"). 2)ie ©efynfudjt na# 3ion führte §aleöi im älter no<& nad& bcm getobten
15 &anb. ©ein JobeSjafyr unb feine ©rabftätte ftnb unbetannt. — §toei Safyxifynlt ftxiter
juckte Slbrafyam 3&n=£)aub toieber mit §ilfe ber ariftotelifd&en ^tlofoptyte bie afletmae
SSernünftigfeit unb SBa^rfyeit be$ 3u^entum^ iu ertoeifen in feinem 3Berf „$er tytyjte
©laube", jugleicfy »erfolgte er ben 3*™*/ b*e SBillenSfretyeit $u begrünben. — ©ne ber
bebeutenberen jübifdp ©röfeen ift au# 2lbrafyam 3bn*@Sra au« 2olebo (1088—1167),
»ein fcfyarfftnniger Äritifer, aber jugleid^ abergläubiföer 3tftroIog unb Äabbalift ; nacfc toetten
Steifen im Orient, fcfyrieb er in Italien feine Äommentare )u einzelnen biblifc^en Supern ;
bie toic^tigften ftnb bie jum ^entateuc^ unb ju %tfa\a, toorin er fc&on feine äto^f** <**&*
]pxad), ob bie Kapitel 40—66 \>om felben aSerfaffer hrie 1—39 tyerrti&rten. ©eine plfiLo*
fopfyifaen ©Triften aber finb ofyne 2Bert. — 3)en allergrößten Stutym aber ate Schrift*
26 unb ©efe^eSfunbiger unb jugleicty als ^ilofopty erwarb ficty SJtofe ben SRaunun, getoö&n*
lid) 3Raimonibe$ genannt (1135—1204) (f. b. 21.). SDiaimonibe* bitbet ben getfttgen
§ö^e)>unft ber 3uben be$ SKittelalterS. 3Kit feinem lob 1204 beginnt ber Serfatt.
Denn nur toenige ^a^rje^nte (1232) nac^cr beginnt nid^t bloß bie SSerfefcerung unb ber
S3ann gegen be$ 9R. j^tlofopljiföe ©Triften, fonbern au$ bie hnmer parier toerbenbe
so geinbfcfyaft ber Slabbiner gegen aHe ^tyilofo^ie unb i^r ©tubium. ©ie 3uben aller
Sänber teilten fwty in ÜRaimuniften unb Slntimaimuniften unb jelbft bie einzelnen ®e=
meinben falteten ftc^. äte aber fcoHenbä bie Äabbala bie ©elfter beftricfte, ha tonnte
Slabbt 8en=3lberet 1305 ben 8ann über alle« ©tubium ber Sötffenf duften au^fpre^at
3)i« ^üofop(?if$m 3lu^Icgcr ber ^l. ©c^rift feilten öerflud^t unb i^re ©Triften pxm
36 ©d^eitcr^aufen verurteilt fem. 33en*3lbcret gefiel fid^ in ber Igubentyeit in ber SRoBe feine*
3citgenoffen, Sonifaciue' VIII. Sluc^ ^ier gefc^a^ e« na^ bem jübijc^en ©Jmdjtoort:
SÖie c^ fic^ (ftrifteit, fo jubelt e$ ftd^. ©eitbem tyaben Suben ntc^tö me^r für »Übung
unb SBijfrnWaft gdriftet hü auf ©pino^a. — ©0 günftig bie Stellung ber guben anfang«
in ben mu^amimbamtc^en ©taaten ©panien^ getoefen toar, fo ungünfkig geftottete fic fu^
40 flpätcr unter bei £tfrrf*aft ber 3llmo^aben. 3)ie meiften mußten ben S^lam annehmen
ober auäteanbenv 3)aber bcgttnftigten bie 3juben bon nun an bie ftegretd^ borbringenben
ß^riften. ©0 leifteten bie 3uben öon ©eüilla bem Äönig Sllfonfo X. bei ber Eroberung
ber ©tabt SJorfd^ub. 3um ®ant bafür burften fte brei 3Ro\qcm m Synagogen um«
tvanbeln, ber faftilijc^c König gab i^nen 2lcf er unb übertrug mistige ©taatöämter an Suben.
45 ©leicfyoofyl erlief er 1260 eine ©ef^fammlung für Äafttlien, toorin bie alten toeftgattfe^cn
S3eftimmungen gegen bie 3"ben erneuert mürben; fte feilten feine neuen Synagogen bauen
bürfen, feine djriftlic^en 3)icnftboten galten, am §ut ein farbige« 3(b)eic^en tragen, am
Karfreitag ftcf> nic^t öffentlich fefyen laffen u. bgl. dagegen toar auc^ ben Sänften Der«
boten, ©tynagogen gufc^änben, ^uben mit©eh)alt ju taufen, an jübtfc^en Feiertagen fte t?or
60 ©erid?t )u jieben, bei jübifc^er ßibeäleiftung emiebrigenbe Zeremonien )u forbern. 3)o<^
blieben biefe ©efe^e lange $t\t nur in ber X^eorie giltig, ni$t in ber ^ra^td. 3n
Siragonien erflärte fie Röntg 3aVme I- h^ f^nen Äammerfnec^ten; babunfy toareti fte ber
JBiUtür be^ Stbel^ unb bed Äleru^ entzogen. Unter i^m fing auc^ ber 3)omintfaner*
general SRa^ntunb bon 55ennaforte feine 3Wiffion unter ben 3uben an (f. ben Art „SJäffum
&6 unter ben guben"). Stuf Slnregung beg $a)>fted Giemen« IV. hntrbe auc^ 1264 «nm
3atyme I. ber S3efe^l gegeben, baf$ alle d^riftenfeinblic^en ©teilen im lalmub gefbi^cn
Serben müßten. 2)ie« fear bie erfte Xalmubcenfur. Dagegen begann in Äaftüien mit
ber Regierung SllfonfwJ X. für bie ^uben ein golbene« 3^^^- ©ie tourben an ben
§of unb in ^o^e älmter berufen unb famen gu 5Kac^t unb 9teidbtum. £0$ liefe
eo 3tlfon3 XI. 1336 auf Denunziation be« ^rofel^ten Sllfonfo bon Surgo« ^m ba« ©ebet gegen
3fdrael, @cfd)td)tc, narfjbtblifdje 495
Mc 3Rtmm (ftefeer, 9tajarener, gfyriften) bei ©träfe Derbteten, ©elbft al« ber fd&toarje $ob
ftaftüien berfyeerte unb fogar ber Äönig 2llfonfo XI. an ber ©eu$e ftarb, fyat bod) nie»
manb in Äaftilien, tote fonft überall in ber 2öelt, bie ^uben bafür beranttoortlicty gemacht.
Unter 3)on $etro (1350—1369) aber ftieg (Sinflufe, SRad&t unb SRetd&tum ber $uben in
Äaffclten twe nie jubor unb nirgenb anber«too. 3)er Untergang biefe« Äönig« 50g aber 6
aud) bie $uben m feinen ©turj. S3ei ber Eroberung $olebo«, be« abenblänbifd&en
Serufalem«, bur$ #einric$ II. tarn ber gröfete Seil ber jübiföen Sebölferung ber ©tabt
um, bic übrigen be« Sanbe« tourben geplünbert unb gebranbföafct, biete gingen jum
S^rtjtattum über. ©leictytoofyl übertrug and) 2)on §einrid; bie einflufereicfyftcn 2lmter an
guben. ^Dagegen betlagten ftd& bie Sorten 1371 um fo mefyr über bie 3Racfyt ber ^uben 10
im Sanbe, befonber« toeil ber ©teuerpäc^ter be« Steige« ein ^ube toar, 2)on Sofepfy $i$on.
35er Äönig mufete eintoifiigen, bafe $uben leine foanifdfje 3lamm tragen unb bafür ein
Xbget$en an ber Äleibung anbringen mußten, toie einft ^nnocenj III. borgefetyrieben fya&e.
Um ben jübifd&en 3Bud&er $u befämpfen, erliefe er au<fy ben cfyriftlid&en ©d&ulbnern ein
Drittel i^rer ©Bulben. 2lu$ orbnete er auf Anregung be« $rofeltyten 3ofyann b. Sofias 15
boßb 1375 )u Slbila eine grofee 3)i«£utation an, too im Seifein bieler Stiften unb 2Ro«lim
9L Go^en be Xorbeftfiaä gegen Sodann b. SSallabolib ba« Igubentum berteibigte. ©leiefc
jeitta berfafeic ©d^cm^ob au« lubela, ber fcfyon $u Sßampeluna mit bem Äarbinal $ebro
be 2una, bem foäteren tyäpfo »enebift XIII., bieputiert fyatte, um 1380 ein SBerf, Eben
Bochan, toorin er afie Setoeife au« 33ibel unb lalmub, toelcfye für ba« Gtyriftentum 20
boraebra$t tourben, $u toiberlegen fucfyte. 3lm meiften aber föabete ben ^uben tyr eigene«
(Skbafcen, bafe fte fiety am £of in bie Stetyen ber ©rauben brängten unb burety Sßucfyer
ba« Soll aussaugten, ©elbft 3uben betlagten bie unau«ftetylid&e ©elbftfud&t unb Habgier
ber jübtföcn SJeamten unb Steigen. $ftaaf ben ©tyet^et fd&rieb : „Sin biefen @ebre<$en
faben We jübifdben Surften, Slbligen unb Steigen bie meifte ©tyulb ; fte ftnb nur auf tyre 25
Sfrre unb tyre Steid&tümer bebaut, auf ba« Slnfefyen i^reö ©otte« nehmen fte Jüenig 9lüdt«
|u$t" ©alomo älami jc^rieb in feinem äßamungäbrief : „SBelc^e an ben ÄönigS^öfen
berichten, treibe bie ©d^Iüffel )u ben ©taatöftyö^en fyabcn, tyun ftolj auf tyre ©tefiung
unb SReitytum, bauen $aläfte, fahren in $radt)ttr>agen, reiten auf reic^geftymüchen 3RauU
efdn, fc^mücfen grauen unb 34)c^ter toie gürftinnen, ftnb gleitygiltig gegen Sieligton, 90
fritynen bem SKüfeggang, futyen ©teuerfrei^eit, lieben Janj unb ©j>ielr beraten bie
Jtabbmer, leben in 9ceib unb 9Jli|gunft, berleumben einanber bei ben Königen unb dürften."
Kein Sßimber, bafe je^t au$ in .Haftilien ba« 93olf ft$ gegen ben jübifc^en Übermut
a$ob, fo ba^ ed ju Sliröf Leitungen gegen bie Quben !am. ©0 entftanb 1391 in ©ebtfia
bie ato 3ubcnfyefce, bie nur burc^ löniglitye £rutt>en unterbrücft Serben fonnte. 3lber 35
btei SRonate fjiater tpurben bei einem neuen 2Solteaufftanb 4000 ^uben getötet, i^re
Seibar unb Äinber an 3Ko»Iim berfauft unb 2 ©tynagogen in Äird^en bermanbelt. Sine
grofre 9Renge %vfom aber liefe ft# taufen. 3)aju gehörte au$ ©amuel abrabanel. 3n
Socboba unb SDolebo unb tttoa 70 anberen ©emeinben geftyal^ baS ©leiere, unb grofje
Stengen bon ^uben traten f<$einbar jum S^riftentum über. 9luc$ im 9teic^ 9(ragonien 40
traten biefelben Verfolgungen ein, fo bafe nur bie jübij^e ©emeinbe bon SBiurbiebo bers
(d^ont blieb, dreiviertel ^a^re bauerten bie 3>ubenme^elcien unb laufen, fybod) tourben
Wie Zaufenbe bon jübifdben ^^nö^täuflingen (Anusin) je länger je mefyr eine ©efafyr
fftr ftirc^e unb Staat, benn ber SWorb i^rer s^ermanbten unb greunbe Jüar nic^t geeignet,
fie bon ber HBa^eit be^ GtyriftentumS innerlich ju überzeugen ; tyr ^eimlid^er §afe gegen 46
Sfctftat unb ß^riftentum fteigerte ftd^ mit jeber neuen Verfolgung ; äufeerlicty matten fte
aOe Ceremonien be« c&riftltcfyen Äultu« mit, ^eimlid^ aber gelten fte um fo fefter am
^ubentum unb lalmub, unb bie Sefyörben liefern fte gefahren. sTOan nannte fie 5teus
Triften ober aui SKarrano« (bon Siaranat^a, 1 Ro 16, 22, toaS aber nic^t gu erflären
ijl: „ Der ^err rommt", fonbem mit ©rä^ al« c^albäifc^e gorm s)Jiac^aramt^, „5)u bift 50
gebannt", entft>re<$enb bem gried^ifc^at Slnat^ema). 2)a3 J5olf betrachtete fie mit 9Rifetrauen
tmb ^fete fte ärger a($ bie ^uben felbft. 9lber e$ gab auc^ 9teuc^riften, bie ein toa^rer
(Kfer für bie Sefe^rung i^rer ©ruber befeelte; fo ber 3lr$t Stftruc Maimud^ au« $raga,
ber yu ben ©äulen be« ^ubentum« gehört fyattt, aber a(« glaubiger ©I>rift allen (Sifer jur
Sd^rung feiner Srüber antvanbte. Dk einflufereic^fte ©tedung aber na^m ber SRabbi 65
©alomo fiebi au« 93urgo« ein, al« 6(;ri(t $aulu« Surgenft« be ©anta Waria genannt
(1353—1435). §od&angefefyen al« ftreng ortfyobojer Slabbi trat er 1390 jum (^riftentum
ober unb pubierte ju ^Jan« Ideologie. 3um Sßrieftcr gemeint, ging er nac^ 3tbignon ju
Senebilt XIII., ber ibn jum Äanonifu« bon ©ebilla ernannte, ^einriety III. bonÄaftilien
überhäufte t^n mit ©unftbejeugungen. ©egen ibn fd^rieb GfyaSbai 6re«ca« 1396 einen eo
496
3$ttic(, ©efdjidjtc, nnrljbiblifdje
petemifdKn Iraftat, in bon er bic d?rifüicfycn Dogmen einer Warfen flritif unterzog,
^aut Don SuigoS aber mürbe juerft 93ifa>f üon ßartagena, bann Stander t»on Äaftifiei
unb©ebeimrat jpcinrit$3 IM. Sbii 'Jubcn faben in ifjin ifyreu ftrinb, toxi! er feine 3ubc
in Ämtern bulbete utib eifrig an ihrer Sefebrung arbeitete. Den gleiten Gifer eutfaltei
t> ,\ofua itornui, alä(5bri[t ©eronimobe teanta §6 genannt, teibar^t btSSßapfttS&etiebtfi XII
Muef? ber Bufiprebiger Statte Jemr, ber mit feinen SBüfcerfcfyarcn (Spanien bura)jo
tyiett Mffkmäprebigten in bm ©puagogen, in benen er yotemtfö gegen ba3 ^ubentun
betonte« aber gegen bie ^euaViften auftrat. ^D^it bem .Urem in ber einen §anb,
illjora in ber anbern, forberte er mit erhobener Stimme bie 3ubcn aufr ftc^ tinter
io Swuj ju fammeln. ©letcfoeitig erlieft bie ffiegeutfdmft bd Steäpei ein (Ebift ijon 24
titeln, toonacb bie JJntai in befonberen Cuariiercn Juanen mufeten; >>anbtncrle un
Stiflnrifunft, ©efaSäfte mit Gbriften, djriftliaje Dienftbuten unb alle Erntet Mm ihnen
boten, bie eigene @erid)töbarfeit tourbe aufgehoben; fie mufften eine befonbere ±radrt an
legen mit totem ^ubenabjeu^en; fte burften ben Öart nidjt abfcbecien unb ntc$t fid1 Dun
ib J>cif$en laffen; SSaffentragen unb Sluätoanberung toar beraten . %l$ nun aud> bas vl>tflf
gegen bie Juben awfftänbe machte, gingen uiclc laufenbo uon 3ubeu in allen Stattci
Spanien* jum ßbtiftentuin übet. SDie ^nagogen tmttben in Mitten öertoanbelt, f$a
liefics beunrftc Retters auftreten in 3(ragonien. Snblia) orbnetc Senebtft XIIL, ber
*liifa abgefegt juorben, aber in Spanien noa) anerfannt tyar, eine Imputation an, &u
»tanke 1412 in £orbofa gehalten, §m biäputierte ^oftia Sorqui mit bm IG b^f
ragenbfien Rabbinern, an beren Spi^e ber 91 ab ht Don SJibal Ben ^Bentocnifti ftanb.
bauerte 1 oafyr unb 3 Wonatc in 68 ©jungen unter 9}orft| be* Sßapftc* ©enebitt XIII
unb feinet £*ofe£. @£ tft bie merftoürbigfte unb bebeutcnbfte rcligiöfe Disputation, bic
gehalten tourbe. ^Ran bi&puiierte aud? über ben Xalmub. Die $ötge toar, ba| 1415
36 Jöenebift burd? eine SÖulle ba£ Scjcn beä Xßfaiub uerturt unb i^n |u üernid>teu fud?t<
äud) bie fa)anbbaren Schriften über bal l'ebcn 'Jefu, bejonbei* bie S^rifc Mar Mar Jesu
mürben Verboten. Sun fam eine $nt eifriger unb $$iga ^olauif ^oifaScn ^uben un
ß.E)riftcn, tr>o^on alle flanjetn in Hirnen unb ©i>nagogen n)iberl)a[lten. %)mn ber "
fe|rungöeifer ber Dotuinifaner unb mancher ^Jrofel^ten nötigte bie ^nben ^x SeÜ
»o uetteibigung, %lü$ bie Vitteratur mürbe nun üor^üglia) apologetife^ unb polemifcb. ilc
in feinem 82. Üebenäjafyr ^etfafete *JJflul t>on 33utgo§ eine Siieitfcbtift scrutiiiium scrip
turarum; ebenfo bet greife SjSrofetyt 3^" be Stpanja u, a, I4fiu erfriert üüu 3llfonic
bc Spina ba^ grefee 3Üetf : Fortalitium fidei, „©taubenefeftung/' toorin alle antijübifd
^olemif Rammen getragen tvax> 2lber aud? ^uben njaren nic^t mü|tg. Ton Hiba ,\bn
SB Vabt unb ^ofctf SÜbo, 3ofep^ 3bn=Sa^nit=iüb („3n>eifel an ,V1u Stdigton"), (Shaiti
3bn=3JIufa {„Sc^itb unb Sdvnjert")^ Suran unö fein Sofjn unb üiele anbere boten alu
Kräfte auf ,^tr SBctteibigung be^ ^iibentuino unb Süiberlcgung be^ ßbriftentumd. 3)ei
gegenfeitige ^a| \i?urbe baburd; nur i>evfdiärft. 1142 erlief* bann ?ßayfl ©ugen IV. ein
iluHe an bic Btfd>fe um Äaftilien unb üm\t ituniu er i^nett bie alten fiircha
40 gegen bie ^>uben einfdwrfte. Sonig ^iian IL ,vu>at erlief ein 3)efret j^um Sdni^c b<
felben, ober feine Autorität reichte nia>t toeit unb bie getubfeligfeiten bauerten fort. iHbcr
aud; geiftig mad;te fia) ein Stüdtgang ber ^uben Spanien^ geltcnb. 7)h -Dic^tfunft fanf
unb bie 3iHffenfd;afteu luurben immer melii üetpont, benn bie Rabbiner eiferten urun
eiufdiiebeiur gegen ttjr ©tubium, lüeil baburaS ber Slbfall i>om ,\ubentum begilnfttgt ipcri
45 Tagegen n>urben nun ©aSrif ten ber grölen £a)olaftifer, beö lboma£ üon stquin, W
2)un^ Scotuä unb 93JiIt?cIm üon Oceam in3 .s^duaifdic übetfe^t, sJIueb mehrten fui bie
ä(nbänc[er ber .ftabbala, n^a^renb auf bem ©ebiet be^ lalmubä niditß 3iamhafte<5 mehr
geleiftct iuurbe- Dageaen blühte immer no^ unter ben .'Jubcu bie ärjtlid^e Munft, wobui
fte Jürftetv 3(b[igen unb AUerifern unentbebrlid) iuaren \n ber 2. ^alftc btf I
bü ^unbert^ traten auefy in Spanien bie 331utbefa)ulbigungen, ba| ^uuen (Hivtftcnlini
morbeten, auf, unb obtoo^ bie fonigtidben ©eriaSte icbeämal bie Slngeflagten freifpn "
nuifsten, ^örten bie 3tnf lagen boc^ niefct auf. 91 ua) 9infeinbungen unb Verfolgungen
^eua^riften imirben immer häufiger, Jucil biefe bie einflu|reidj[ten unb einträgliebften Sta<
amter inne Ratten. 5)tan fagte üon i^nen, bap fie \ify atä unter iigtyptcrn tebcnb
55 trachteten unb e£ baruin für erlaubt Enelten, bic 6f?riften (9tgupter) ^u betrügen unb öi
^ubeuten ; ihren Minbetn fugten fie ba«f Tauflpafier trieber ab^umafd?en. Den SSJeubepU]
in ber ©efc^iaSte ber !Juben Spanien^ bilbete aber bie §eirat ber ^nfantin ^fabcBfl tei
ÄaftiHen mit bem Infanten Ton ^ernanbo \>m\ 3£ragonien 14(i^. ^u fta^ifiöt m
Slragonien gab e^ ßimbfrttaufenbe tion SKananen, ©egen fie §aUn jene beiben auf Sli
eo ftiften ber Sominifaner unb mit ^uftimmimg beö ^apfteJ ©%tuS IV. bie ^nquifttbn
3*rnel, ©efdjtdjte, nadjbiblifdje 497
angeführt, 1480 junä<$ft für Sevilla. Sofort füllten ftcfy btc ©efängniffe unb f<$on
4 Xajge nad& ber (gmfefeung tourben 6 -Karranen gum geuertob Verurteilt. 9teu<$riften unb
Spanier tourben aufgeforbert, innerhalb 3 Xagen alle be« ^ubaifieren« Verbärgen am
geigen, unb ein lange« Verjeic^ni« jaulte alle 33erba$t«grünbe auf; gum Veiftriel: toer
am #üiienfeji Von 3>uben ©efd^ente empfing, fear felbft be« ^jubentum« Verbäd^tig. Unter 6
ben erften ber Verbrannten toar gleich aud? ber reichte aller SWarranen, 2)iego be Sufon,
ber 10 Millionen befafj. Vom Januar 1481 bi« -November bleiben i^afyre« ftarben
298 SRarranen be« gfeuertobe«. 3m ßrjbietum ßabij toaren e« im felben $at)x 2000
jubtf^e ftefeer. äuc§ fetyon Verftorbene Würben auegegraben unb ifyre ©ebeine verbrannt,
iljr Vermögen aber ben ßrben genommen unb tonfi«$iert; bie -ftadjtommen jelbft lonnten io
nie me^r ein ßtyrenamt erhalten. Viele flogen nadj ©ranaba, Portugal, Stfrita, Italien.
6elbft Stjtu« IV. tabelte ba« Vorgehen ber Snquifitoren unb lehnte ba« ©efuc§ gerbinanb«
ab, für bie übrigen Sänber ber Ärone aufcerorbentlid^e Äefcertribunale $u errieten.
1482 kpurbe Storquemaba jum Dberinquifitor ernannt. Valb erhielt ba« Tribunal ba«
Privileg, ni<$t an bie formen be« gemeinen 9te<$t« gebunben ju fein, unb tourbe auety 15
(Ulf Siragonien au«gebefynt. Äein 33ifd>of, ber von ^juben abftammte, burfte al« SRid^ter
fungieren. 3n Valencia unb fterrol brauen 1485 Volt«aufftänbe gegen bie ^nquifttion
au«, bie nur mit ©etoalt erftteft toerben tonnten. $n Slragonien fugten bie fyöcfyften
SBürbeniräger unb ©ranben, toel<$e von ^uben abftammten, bie 3>nquifition«tribunale )u
$nbern unb )u Vereiteln. 3)ie ßrmorbung be« Dberinquifitor« 9lrbue« in Saragofja Ver= 20
fjblünmerte aber nur ba« £0« ber SWarranen. 200 9?eu$riften tourben Verbrannt, eine
Stenge ju etoigem Werter Verurteilt, barunter 2lblige, Älerifer, grauen, ben Verfrorenen
bie $änbe abgehauen unb fie felbft gelängt, Selbft gegen ben Vijetanjler Von Siragonien,
älfonfo be GabaHeria, tourbe ein ^ro^ef* angeftrengt unb ebenfo gegen 2 Vifdjöfe jübiföer
äbfunft; leitete f$ü$te nur ifyre lirdjlictye Stürbe, erfteren feine Vornehmen Verbinbungen, 25
benn alle feine Söfyne unb Softer toaren an fyofye Slblige verheiratet unb einer feiner
Sö^ne $atie be« Äönig« @nfelin, eine Vafe be« nachmaligen Äaifer« Äarl V., jur grau.
$a bie 3nqu^on b*n eigentlichen ^uben nicfyt« anfyabtn tonnte, Von biefen aber Viele
in tyo^en @taat«ämtern toaren, urib toeil Von tynen bie 2Rarranen ^eimlicty unb offen
unterfingt tourben, fo brängten bie ^nquifttoren ba« Äönig«paar |$on 1485 &u einer teil« 30
toetfen Eintreibung ber 3>uben au« Slnbaluften unb namentlich au« (Sevilla. 2lm §of
Wbft aber na^m ber berühmte unb gelehrte SRabbi ^faat Slbrabanel eine ^o^e unb ein*
flufcretctye Stellung ein. ©eboren 1437 in Siffabon, vertvaltete er juerft bie ginanjen be«
König« von Portugal, Sllfonfo V. Sil« gmmb be« §ergog« von Sraganja mufete er
na^ ©Jwxnien fliegen, ^ier fc^rieb er Kommentare ju ^ofua, 9iic^ter unb ben beiben 36
Samuelbüc^ern. ®ann tvurbe er Jinanjminifter ber tat^olifd^en fiönige unb blieb 8 Ja^re
in biefem ämte tro^ ber tanonifd^en ©eje^e unb tmebertyolter 6orte«befc^lüffe, bi« 1492 am
31. 3Rär) ganj plp^lid) unb unerwartet ba« @bitt erfc^ien, tooburd? alle ^uben ber Königreiche
S Milien, »ragonien, ©ijilien unb Sarbinien bei £obe«ftrafc be« ^anbe« Verliefen tourben.
e 3uben mußten au«tvanbern innerhalb 4 Monaten ; $ab unb ©ut f ollten fie mit* 40
nehmen bürfen, aber ni$t in ©olb, Silber, ^ün^en ober in bem 3tu«ful?rverbot untere
liegenben fflaren. Sil« ©runb ber 3lu«tveifung toirb nic^t üBucber ober ^oftienfe^änbung
oba Ätnbermorb angegeben, fonbern toeil ber SlüctfaH ber 5Keuc^riften in ben jübif<$en
Unglauben im Umgang unb Verleg mit ben Juben feinen legten ©runb ^abe. Um bie«
Übet ju vermeiben, ^abe man bie ^ubm in befonbere Quartiere verliefen unb gegen bie 46
Xeuctyftfken bie ^nquifttion eingeführt ; aber ba« Übel bauere fort )ur Sd;mac^ be« ^eiligen,
tat^olifc^en ©lauben«, tveil bie ^uben aüe Wtyc anh>enben, bie 9leu$riften m verführen
unb Vom ©lauben abfrenbig gu machen. 3)a^er fyabt ba« A5nig«paar nac^ Beratung mit
einigen fttrfynfürfiten, ©ranben unb ©ele^rten befc^loffen, alle ^uben au« allen Btaatm
pi Verbannen. 2lbrabanel Vertyrad? ben Königen bie allergrößten ©elbfummen, Juenn fte 6i
ba« (Sbitt jurücfnä^men, aber Xorquemaba foü i^nen ba« firu^ifij vorgehalten ^aben mit
ben Sorten: ,,3uba« fyat ßtyriftu« für 30 Silberlinge vertauft, ©urc Reiten tooUen i^n
für 300000 Shitaten verlaufen. §ier ift er, nc^mt unb vertauft i^n!/y 3)ie 2tu«toeifung
toiabe Vollzogen. 2)ie 3"ben toanberten äße au«, toeil bie Xaufe fie boc^ nur in bie
$änbe ber ^nquifttion geliefert fyätte. 9lad^ Slbrabanel betrug bie 3<^I ber 2lu«getriebenen 66
300000 ©eelen. Sie toanberten nac^ Portugal, SRavarra, Italien, SJaroffo unb in«
türftf$e 9tet<^. 35ie gürften euroj)a«, aud& ba« Parlament von $ari« tabelten bie SJlafr
regebt ber Iat$olif($en Äönige, unb ber Sultan Sajaftb bemertte: „$\)t nennt gernanbo
einen tlugen Äönig, er, ber fein Sanb arm gemalt unb unfer &mb bereichert ^at."
Qpanun ty& auc^ tveber geiftig noc^ moralifefy no4 ötonomifc^ ^inen ©etvinn von ber so
nt&*nt*Uoptolt fflr Ideologie unb Äir<^c. 8. «. IX. 32
498 3*rael, ®efd)td)te, nadjbibUfefc
Vertreibung Jetner guben gehabt. @S ift aber probibeniett, bafe bie guben im felben
3afyr aud ganten bertrieben mürben, too burcty fpanif<$e ©cfciffe Omenta entberft tourbe;
e« läfet ficfc nic&t fagen, tote bie ©efd&icfe ©panien« unb ämerifa« ft<$ geftaltet Ratten,
toenn bon biefer Sntbecfung aud) no$ bte intelligenten unb geföäftSgetoanbten 3uben
6 profitiert Ratten ; biedetd&t toäre bann 3Ra$t unb 9tei<$ unb SEfyron ©partim* ganj in
jübiföe §änbe übergegangen. — 1496 ftedte ber Äönig 3Wanoel Don Portugal ben 3uben
burd^ ein Sbift bie SUternatibe, fi$ enttoeber taufen &u laffen ober auäjutoanbern. Siele
laufenbe toanberten au«, Säufenbe tourben getoaltfam getauft, Diele #unberte töteten fty
unb tyre SBeiber unb Äinber, um ber 3^angdtaufe *u entgegen.
10 ^mfränfi^cn Steige begünftigte Äarl ber ©rofee bie!guben, toeil jte bie einzigen
§anbel«leute im Sletd^e toaren. 2tu$ ber ©efanbtfäaft an §arun al StafAib gab er
einen 3>uben aß ^olmetfc^er mit, ber nac§ bem 2obe ber ©efanbten bie ©efdpäfte fährte
Unter fiubtoig bem frommen unb (einer jubenfreunblic^en ©ematylin gubity jjpteltcn fte am
§ofe eine grofee Snode unb matten für ifyre Religion ^ßroßaganba. (Stnen um fo
iö energifcfyeren ©egner aber fanben fte im Stföof Slgobarb bon Styon, ber ben (Sinfbtfe ber
^uben am §ofe unb im Sleid^e ju brechen fuc^te. Da« Äonjil fcon 3Jleauj erliefe eine zRctye
bon Seftimmungcn, tooburefy bie alten fanonifd&en ©efefte gegen bie $uben toieber in Äraft
treten foQten. Die Sifcfyöfe erinnerten an bie Sefdjlttffe ber Stynoben bon ägbe, SJtacon
unb Orleans, an ein @bitt be« merotoingif<$en Äönig« Styilbcbert, an bie ©efefegebung
20 S^eoboftu«' II., an ba« Äonjil bon Saobicäa unb an bie toeftgotiföen ©tynobalbqctylüfie;
allein fie fonnten it^re Seftimmungen bei Äarl bem Äafylen ni$t burd&fefcen. Um fo öfter«
lamen 2tu«f$reitungen be« 93olf« gegen bie ^wben bor. 3n louloufe beftanb ba« Stecht,
bafe ber ©raf afljctyrlid) am ©Karfreitag bem SBorfte^er ber jübiföen ©emeinbe eine Dfyc-
feige geben burfte. (Später tauften ftcfy bie ^uben babon loö burt^ eine jä$tlu$e Jtögabe.
25 Ueberad toaren fie ber SBidfür ber Slbligen, dürften unb Prälaten freigegeben, #ugo
Sapet« $ob 996 tourbe auf Siedlung ber 3uben gefegt, toeil er einen jübiföen Setbarjt
fyatte; fd&on bamal« berichtigte man bie %ubm, bafe fte böfe 3<wbermittel jum 92a$tetl
ber (Stiften brausten. 1010 liefe ber Sifd&of bon Simoge« einen -Jttonat lang feinen
^uben bie DJieffianität $cfu au« ber ©c^rift betoeifen ; ba fie ft<$ aber trofcbem ntd^t taufen
ao liefern, bertrieb er fie. 3)ie #auptgemeinbe ber %\ü>tn ©übfranfreic^ toar 9?arboime, too
and) bie fXaImubftubien blühten. 1049 tourben in S^on bie 3"ben erfragen unb ifyct
©üter ber Sirene ausgeliefert. Site 1065 bei einem Jtreujjug gegen bie SWufyammebaner
auc^ bie ^uben bernic^tet toerben fodten, fanben fte ©<$u$ beim ©rafen Serengar bon
9tarbonne unb bei ber ©eiftlic^feit. £)te jübifd^e ©emeinbe }u Sorbonne beftanb au$
36 300 gamtlien, unb unter tynen erlangte bie Familie ber Äimc^i befonberen Slu^m al£
©rammattfer ber ^ebräifc^en Spraye. Der ©tammbater Qofe^ Äimc^i blühte 1150—1170.
©ein ©o^n 2)aüib Äimd^i (1160—1235) tourbe ber £e|rer ber fcbrätfcfcen ©jwac^e für
ß^riften unb Sutw ßuropad, aber er ftü^te ftc§ auf bie grofeen SBerle 3bn*©'anacfö
^bn^'ifatitta« unb ^bn^^ra«. ©ein SBerf trägt ben Sitel Michlol : er unterföieb juaft
«0 bie langen unb turjen SBofale unb braute bie SSotaltoanblungen aum SBerftänbnte.
1160 tourbe gu Segicrö jtoifäen G^riften unb guben ein Vertrag gefc^loffen, bafe bte
Sänften nid^t mel^r toie bieder am ^ßalmfonntag bie %vbzn überfallen unb mife^anbeln
bürften, bafür aber bie ^uben jä^rli^ 4 ^5fb. ©über jaulen fodten. 2u(^ SKontjjeHier
befafe eine grofee ^u^^gemeinbe ; ebenfo Sunel, toelcfyeS feinen Slu^m bur^ bie gelehrte
46 gamilie ^bn^Iibbon erhielt. $m 12. Sa^mnbert taufte audj in granfreid? jum er^en
ÜKale baS ©erüd^t auf, bafe bie ^uben ^ur Dfterjeit ß^riftenfinber fc^lac^teten, um i$r
Slut am ^ßaffa^feft au gebrauten. Die« benu^te Äönig ty1)\l\W äuguft, um im ^afyct 1180
alle 3uben fernem SFtcid^cö einguf erfern, bis fte i^m 15000 3Rarf ©Über jaulten, jugleic^
tourben ade ©Bulben an ^uben für nichtig erflärt, nur bafe 'U ber ©$ulb an ben ^«Shtd
50 befahlt toerben mufete. 1181 Vertrieb er fte ganj; i^re ©üter berftelen bem Äonig, bte
Synagogen ber Äir^e. ©in anbermal liefe er 100 Suben Iebenbig berbremten. S35ie beim
erften Areunug bie ^uben 3)eutf$lanb$ berfolgt tourben, fo gefc^ beim jtoeiten baSfelbe
in granfreie^. 3m 9«njen Königreich aber galt ber ©a$, bafe ba« Vermögen ber guben
bem Saron gehöre. Die (Sbelleute berfauften einanber i^ren 33effe „an ©ad^en unb
66 Suben". — 3ur felben 3eit, al« in ber Gfyriftentyeit ftd^ neben bie ©c^olaftil bie 3W#f
ftedte, entftanb aud^ unter ben fübfranjöftfc^en ^uben neben ber f^Kmifd^jübifc^en ©$ofafKf
be« 5JRaimonibe« bie m^ftifc^e ©efyeimle&rc, ^cofop^ie unb 2Jlagie ber Äabbala (f. b. 8C.X
©ie fyat nic^t nur je länger je mefyr bie jübifd^en ©elfter bi« in unfere 3«t hinein beein»
flufet, benn bie mobernen C^affibim 9lufelanb« unb ©aluien« ftnb nur bie legten Äabbaltften,
go Jonbern fte fyielte auc^ je länger je mefyr eine grofee Slode im Ser^ältni« jtoifc^en ^uben
3f8rael, ©cfdjidjte, nadjbibltfdjc 499
unb Triften. Die c^riftlic^e SÖtyftif frar nid&t oljne Sinflufi auf bic ßntfridfelung ber
Jtabbala, unb fo entftanb unb befeftigte ftA bie SHeinung, frelc&e befonberS bon Sßrofefyten
gefegt unb behauptet tourbe, bafe auS bcr flabbala unb bem fabbaliftif<$ erflärten $almub
pcp bte SBafyrfyett beS ßfyriftentumS unb borjüglicfy bte fiefyre bon ber Dreieinigfeit, ber
®ot$eti beS SRefftaS u. a. erfreifen lafje. Set allen Disputationen , öffentlichen unb 5
pribaten, foieltcn batyer fortan fabbaliftifc^e ^beengänge eine grofce Soße, 2lnbererfeitS
überteuerte unb berbrängte bie fabbalifttfc^c Denffreife immer mefyr bie pfyilofoj^iföen
Strebungen ber guben. Die autoritätsgläubigen, ftrengen Salmubiften franbtcn fic§ immer
fympa$tf$er ber Äabbala $u, je feinbltcfyer fte bie 9Kaimuniften unb tyre SJtyilofobfyie be-
fämpften unb ästeten. 3ur änerlennung unter ben 3>uben bertyalf aber ber Jtabbala 10
ganj befonberS, bafi ber berühmte 9?ad&mani fie als ectyt jübiföeS SneugniS anerfannte
unb empfahl, berfclbe 9lac§mani, ber baS Unjübtf$c ber 9Jtoimunif$en 9teligionSj>fyilofopfyie
fo Har unb föarf erfannte unb berurteilte. 2Bie fefyr bafyer aucfy baS moberne gubentum
bie Äabbala bon ftd> abjufäütteln beftrebt ift, (0 tDtrb bocty ein unparteiiföeS Urteil fagen
muffen, bafc fte ferne fol<$e, ben jübifdpen ©eift ^afyrtyunberte lang gefangcnnefymenbe SJlac^t 15
$fitte teerben fönnen, toenn fie nic^t trofe ben aleEanbrinifc^neuplatonifc^en unb c&riftlic&s
mtyftf jcfyen (Sinfrirfungen ed^t jübifd&en UrforungS fräre unb bem jübifc^en ©eift entftwi^e.
ffieü fte bie bem Igubentum unb ialmub unb bef onberS ber #agaba genuine unb homogene
ffictSfyeitSlefyre ift, barum aHein fonnte eS tyr gelingen, bie bem Igubentum frembe,
ariftotelifcfcarabifcfye SJtyilofo^ie beS SDGaimonibeS )u berbrängen unb im jübif$en ©eift 20
Si enttourjcln. Die ftärffte 2Ra<$t beS unbcrfälfcgten 3>ubentumS bilbet fyeute freber baS
cforntjubentum nod& ber SalmubiSmuS, fonbern ber fabbaliftifcfye GfyaffibiSmuS. 9Kag
man ba^er au$ bie Jtabbala als eine geiftige Vcrirrung berurteilen, fo bleibt fte bocfc ein
c$t jübtföeS ©eifteSerjeuaniS, ber §auj>tfa$e na<$ tyerauSgefrad&fen auS unberfälföt
jübtftyen $rtmijrien. Deshalb ftetlte aud& mit SRed&t ^alob ©erunbi (1243) bie Äabbala 20
birelt ber ^ilofo^ie entgegen als e$t jübifäe SBetSfyett gegenüber ber Sefyre ber Äefcer
unb ©efe$e$berä<$ter. — 2Iuc§ beim britten Äreu^ug 1236 überfielen bie fran$öftf$en
Areu)fa$rer bte guben in 2lnjou, *|}oitou, ängoulfcme, Sorbeaus, ©aintS u. a. D. $a)>ft
®regor IX. aber erHärte in einem ©enbföreiben, ba^ bie Äirc^e toeber bie Vertilgung
not^ getealtfame laufe ber Suben toünf^e. Um biefelbe 3*ü erregte aud^ ber ^irofel^te 30
Zittau* Dänin eine heftige Agitation in granfreid^ gegen ben Xalmub. ©regor IX.
beauftragte ben 33if<$of bon 5ßariS mit ber Unterfud^ung, ob ber ^Ealmub toirtlid^ bott
S^mä^ungen gegen ß^riftum unb feine SKutter fei, bie ^1. ©c^rift berbre^e unb unh>ürbige
Sorfteflungen bon ©ott enthalte. DaS Tribunal berurteilte ben Xalmub )ur ißerbrennuna.
Kadj einer Disputation bor bem jtan^er ber Uniberfttät $ariS unb bem tönigli$en ^ofess
tourbe baS Urteil beftätigt, unb 1244 tourben 24 Saftfragen boU lalmubqem^larcn auf
einem $lafee ber ©tabt bcrbrannt. Dies gefcfyafy xur felben 3C«^ a^ bw Suben felbft
burc^ bte Domimfaner unb ^ran^iStaner bie ©Triften beS SJtaimonibeS berurteilen unb
berbrennen liefen. Subfrig ber heilige führte aud^ 1269 für äße franjöftfd^en Quben baS
gelbe 3ubenabjeid^en ein, baS fte auf ©ruft unb SRüdEcn tragen mußten bis ju i^rer 40
gänjfi^en Vertreibung aus g-nmfrctcfy. ©^limmer berfu^r ber gcfoalttfyätige ^ifilipp IV.,
ber Sd^öne. 1306 erlief* er fyeimlicfy ben Vefefyl, alle gwben gefangen ju nehmen unb
auS granfreid) ju bertreiben. 2Ran lie^ ben 3uben nichts als bie fileiber auf bemfieibe;
©olb, ©Über unb Äleinobe befam ber Bönig. 100000 Seelen f ollen beS SanbcS ber=
toiefen toorben fein. SKand^e gingen jum G^riftentum über, fo bie game ©emeinbe $u 45
loulcufe. Allein im ©ebiet bon Orleans ertrug ber Verlauf bcr jübifajen ©üter bem
JBntge 337 000 granfen. Doc^ erreichte ber Huge ^ube Waneffier be Vefou, bafe fe 1360
{urüdKej^ren burften unter fe^r günftigen Scbingungen. (Sin ?ßrinj auS föniglic^em ©eblüt
tourbe 'ifyc eigener Dberric^ter, fonft Rotten fte eigene ©eric^tsbarfeit. Der ©efralt beS SlbelS
unb ÄleruS tourben fte entzogen, ©ie burften ©clb mit 80 o;0 auelei^en unb befafjen anbere so
$rttrilegten. Unter Rar! VI. frurben fte naety bielen Slnflagen fregen übertriebenem Söudber
yam legten ÜJlal auS gfranfreid^ 1394 bertrieben; bod^ burften fte babei freber an ©ut
no$ 2«b gefc^äbigt toerben. 9ln einigen Orten aber, frie j. 95. Xouloufe unb SMarfeille,
tourben taubem jübifd^e ©emeinben gebulbet. Slud^ fcfyüfcte fie ber ^Japft im ©ebiet bon
Xbtgnon. 66
3n ©nalanb famen nac^ ber@roberung burd^ bic Normannen unter SBil^elm bem
(Eroberer audp 3*»^ bauemb ins Sanb. ©cfyon SBtl^elm bcr Slote, ber ©ofyn beS
(Eroberers, lte| ein SeligionSgeferäcfy jfrifd^en 3«bcn unb Stiften abgalten. Die %vbtn
befanben füf in (Snglanb in fe^r guter Sage, unb manche gelangten bamalS fcfyon in
Sonbon ju großem iRei^tum, fo ba^ i^re Käufer ft$ frie !5nigli(pe $aläfte ausnahmen, eo
32*
500 3*rael, @cfd)id)tcf nadjbibltf^e
3lm Ärönungätage Slid^arb^ 1189 tourbe bie Sufye jum erftenmal geftört 311^ au$ bie
Stuben beä SanbeS ifyre #ulbigung$gef<$enfe überbringen toollten, überfiel fte ba$ SSott in
Sonbon unb bann in allen ©täbten, beraubte, mij#anbelte fte unb fölug au$ manche
tot; biele tourben in tyren Käufern Derbrannt; eintge töteten fu$ felbfi, um ber laufe
5 ju entgegen. Äönig Stic&arb Sötoenfyerj aber tiefe bie ärgften Sumultuanten tyinriifcten
unb bie Unberlefcli<$feit ber 3>uben bertünben. Söctyrenb feines Äreu^ugeS aber erneuerten
fic§ bie ÄratoaUe toegen be$ SBud&erS ber 3ubcn. %n tyoxt berföanjten fte fi<$ in ber
33urg, unb aU fte feine SRettung ^offen burften, jünbeten fte bie S3urg an unb töteten ftc$
felbft na$ einer 2lnfpra$e ityreS SRabbi Qom lob atö Soignty. Sofyann o^ne Sanb
10 erprefete ©elb Don ben ^wben. 1216—1272 unter §cinric$ III. tourben tynen in fteben
^afyren 10 -iKillionen grranten abgeprefet. Sluetoanberung tourbe tynen berboten; au$
burften fte toeber in ifyren Stynaaogen taut beten, nocfy neue erbauen, dagegen ^ob ber
Äönig ba$ ©efefc auf, bafe getaufte $ubcn ifyreS Vermögend berluftig gingen. gn Sonbon
errichtete er ein 6onbert=#oufe ju aufnähme bon ^Srofefyten (f. b. 2l. : -Dtiffton unter ben
16 ^uben). DaS engltfcfye Parlament erliefe 1275 ein ©tatut, baä ben Suben ben SBud&er
unterfagte ; unb bei ©ctyulbforberungen foOte nur bie §älfte ber ©cfculb burd) ©jefution
eingetrieben toerben tonnen ; auc§ ba$ 3ubenab$eic§en tourbe eingeführt unb eine befonbere
Subenfteuer. Doc§ blieben bie ^uben ©igentum beä ÄönigS unb burften Käufer unb
§öfe laufen, Sänber in $a$t nehmen unb ßanbel treiben. ^m Sflfa* 1278 gtrtulierten
20 biele falfctye s3JJünjen; man gab ben 3>uben fecfyulb. 3>n b** Wafy be$ 17. Ottober liefe
ber Äönig alle 3uben beruften unb 293 Suben tourben ber galf^münjeret überführt
Sie tourben gefyenft. 3?un tarnen auc§ bie Slntlagen auf ©rmorbung bon ©Triften*
tinbern, Säfterungen ber ©otte&nutter unb beä ÄreujeS. 1290 erliefe ©warb ein ©bilt,
tooburc^ alle IJuben aus ©nglanb berbannt tourben. äße Sßfänber mußten fte $urüct
26 geben unb ifyre §abe bertaufen. 16000 Subcn berliefeen baS Sanb. ©eitbem blieb 6ng-
lanb ben 3>uben berfälofjen, bis Gromtoell eine neue Orbnung ber Dinge in ©nglanb
einführte. @r unb feine „^eiligen" ertoarteten ben balbigen ©tntritt be$ taufenbjäljrigen
SteicfyeS, in toeld^em ben $uben eine grofee Soße jufalle. fttoax tonnte er trofc aütter än=
ftrengungen beim Parlamente bie SRüdberufung berauben nad) ©nglanb ni$t bur$fefcen,
30 aber er gemattete einzelnen ftcfy in ©nglanb nieberjulaffen; e$ toaren ^au^tfäc^lic^ fpantftye
unb portugiftfeije SWarranen, benen in Sonbon ein eigener Segräbnteplafe eingeräumt
tourbc. S3ei biefen SSer^anblungen ftriclte ber Slmfterbamer 9tabbi SKanaffe ben $$tad
eine grofee SRofle. 3" f«n« ©c^rift „3)te Hoffnung g^raelS" fe|te er bie gbec be« tünf^
tigen mefftanifctyen iKeic^eS au^einanber, betonte bann aber audj, toelc^e SBorteüe eS ©nglanb
35 bringe, toenn eS bie $juben gulaffe, toeld^e bie gefäiefteften Vertreter bed ©rofe^anbeU in
ber ganjen SBJelt feien. 3n 1>vc „Sc^u^fc^rift" toiberlegte er bann alle SSortoürfe, bie
man gegen bie guben borbrad^tc, befonberd aber ben, bafe fte ©^riftentinber an Cftern
{c^lac^teten. ©r proteftiert nic^t blofe gegen biefe Serleumbung, fonbern fityrt Setfjjiele
an, bafe bi^er alle Slngetlagten Ratten enttoeber fofort freigefpro$en toerben muffen ober
40 na$ i^rer Einrichtung als unfc^ulbig ertannt toorben feien.
^n Italien erlitten bie ^uben ntcfyt biefelben garten ©d^icffale, toie in ben übrigen
Sänbern ber ©^riften^eit ; bon ^ntereffe ift ba$ S5er^alten ber tyäpfe tynen gegenüber.
1078 erliefe ©regor VII. auf ber Äirc^enberfammlung gu SRorn ein tanonifc^ed ©efe^,
bafe bie §uben teine ben ©giften übergeorbnete Stellung einnehmen burften. Unter
46 Sllejanber III., ber einen jübifc^en ginanjbcrtoalter au« ber gamilie bei 3Ranft fpttt,
toaren bie S^ben abgabefrei. Sluf bem Saterantonjil 1179 tourbe ben ^uben nur ber»
boten, $riftli$e Dienftboten )u galten. 3lud^ ©Triften burften fortan al$3cugen gegen guben
bor ©erid^t auftreten. Dagegen tourben alle ©etoaltt^ätigteiten unb errungene Saufen
berboten. Unter ben Normannen in 9lea)>el unb Seilten toaren bie 3"ben no<^ toeniger
60 befc^räntt, fonbern Ratten gleite SHcc^te toie bie ©^nften. Die grofeen c^riftlicfyen ^anbel^
ftöbte 9?orbitaIien3 Ratten nur toenig ^uben; mel)r lebten in SKtttel» unb ©übitalten. 3n
feenebig lebten im 3a^tc 1152 bodj 1300 %\x\>m\ in 9tom bagwen 200 Mamillen; in
Neapel 500 unb in 6aj>ua 300, Salerno 600, Sarent 300, Ctranto 500 gamilien;
Palermo befafe fogar 1500 gamilien. Dod^ jeic^neten ficty bie italienifc^en %ut>en nie
66 toeber burd^ jübifdpe noc^ toeltlic^e ©ele^rfamteit unb Silbung atö. ^nnocenj III. erliefe
1199 eine befonbere Constitutio Judaeorum, toorin er bie getooltfame Saufe bon
^uben, Beraubung unb Sötung obne Urteil, 6$änbung i^rer Segräbnt^lä^e unb
Seid^name, 2Jlij#anblung an i^ren gefttagen berbot. Segrünbet toaren biefe Verbote bur^
bie 3tnft$t, bafe bie ^uben nidjt burften ausgerottet, fonbern müfeten für ibre tünftige
60 Sete^rung erhalten toerben. ©regor IX. beftätigte 1235 in einer 93uDe bie Konfütution
3*r<tet, ®cfd)irf)te, narifjbttßfrifje 501
be« Sßapfte« Snnocenj. Stuf bem großen Äonjtl Don Styon 1247 erliefe ^nnocenj IV.
eine SuDe an bie beutfd^en unb franjöfifd^en Ätrcfyenfürften, toorin ju atlererft offiziell bie
fallen Slitföulbigungen gegen guben toegen 9)torb« bon Gfyriftenfinbern hnberlegt unb Ver-
urteilt toerben: „einige @eiftlic|e unb dürften, Sble unb Wältige eurer Sänber erbenfen,
um ba« Vermögen ber guben ungerec&tertoeife an ftd& $u reiben unb ftcb anzueignen, 6
gegen fte gotttofe Satfäläge unb erfinben Slnläffe. ©te bieten tynen fälfcfylic^ an, al«
toeim fte tax ?ßaffafoeit ba« ^>erj eine« ermorbeten Änaben unter ftdj teilten. 2)ie Sänften
glauben, bafe ba« ©efe^ ber guben ifynen fold^e« borfc&reibe, toäfyrenb im ©efefc ba«
©egentetl offenliegt. !ga fie toerfen bo«fyafter SBetfe einen irgenbtoo gefunbenen Seic&nam ju.
Unb auf ©runb folc^er unb anberer ßrbtc&tungen toütcn fte gegen biefelben, berauben fte i0
tyrer ©üter, otyne förmliche Slnflage, otyne ©eftänbni«, ofyne Ueberfüfyrung. 3m SBtber*
foruefc mit ben i^nen Dom apoftolif<$en ©tufyle gnäbig gehörten ^ribilegien, gegen ©Ott
unb feine ©ered&tigfeit, bebrüdfen fte burc§ 9tofyrung«entaiefyung, Äerferfyaft, an&ere Quälereien
unb ©rangfale bie Suben, legen ifynen ©trafen auf unb berbammen fte aufteilen fogar
C^Cobe, fo bafe bie 3uben, obgleich unter d&riftlic^en Surften lebenb, bod& fölimmer 15
n fmb, afe tyre SBorfafyren in $Äg$>ten unter ben ^araonen. 33a toir fte nid^t
Sjuält toiffen tt>oDen, fo befehlen toir, bafe ifyr euefy ifynen freunblicty unb gtinftig jetgt.
o tyr ungere^te Singriffe gegen fte toatyrnefymet, fo ftetlet fte ab unb gebt nic^t ni,
bog fte in 3ufunft kurt^ foletye unb äfynlic^e Sebrüdfungen fyeimgefuc&t toerben. 33ic 93e*
brfider ber guben fotten mit bem Kirchenbann belegt toerben." $n e*nem ©^reiben an 20
ben Äarbutallegaten Dbo bon $ari« befahl auety 3nnocenJ ivv baß ber Salmub ju
bulben fei, fotoeit e« otyne 93erlefcung ber d^riftlid^en Religion gefd&efyen lönne, unb bafe
bie eingebogenen (Sjemplare ifyren Eigentümern iurücfyugeben feien. 3ebo<$ betätigte bie
bon Dbo emgefefcte Äommiffton, ju ber au<$ Sllbert b. (Sr. gehörte, bie 93erbammung unb
berbot bte Stüdfgabe ber tonft^ierten ©semplare. — Sil« 1348 ber fd&toarje £ob feine 25
Dtfer forberte, tourben bie 3uben ©übfranfreid^, bann bie ©Manien« unb ©abotyen«,
baim bie am 9tyetn unb in ber ©d^toeij ber 93runnenbergtftung befctyulbigt, h>e«fyalb
laufenbe Don gilben gefoltert, ermorbet unb berbrannt tourben, ba erliefe ^$aj)ft 6le^
mens? VI. eine SJutte, toorin er bei Slnbrofyung be« Äirc^enbanne« unterfagte, fte o^ne
tid^terKAed UrteU ju töten, getoaltfam ju taufen ober ifyre ©üter m rauben. 33oc§ ^atte 30
bie Surfe nur geringe aBirlung. SRortin V. erliefe gleid^foB« eine Sutte 1419 ju ©unften
ber Suben: „®a bte ^itben ©otte« ©benbitb tragen, ifyr Überreft einft feiig toerben fott,
unb fte unfern ©d^tife angefleht fyaben, fo beftimmen toir nac^ bem 93eift>iel unferer Sor^
aeatger, bafe fte in i$ren ©^nagogen nicfyt beläftigt, i^re ©efe^e, Sed^te unb ©etoofyn*
pett nic^t angegriffen, fte nid;t mit ©en>alt jur 'laufe gelungen, axuf) nic^t jur geter 35
ber c^rtftlu^en gefte angehalten, feine neuen Slbxeic^enju tragen genötigt unb ifyr gefqäft^
lid^er SSerte^r mit ß^riften ni^t ge^inbert toerben foUten." 25te 5KiIbe biefe^ $a})fte$
mag mit beranlafet toorben fein burety ba«3Serfa^ren feine« ©egcnpaj)fte« 8encbift XIII. in
6j>anien (f. ob. ©. 496, 1 8). (Sugen IV. beftättgte guerft bte 95ufle feine« Vorgänger« Wartin V.,
bann aber 1442 erliefe er ein fd&arfe« ©^reiben an bte Sifd^öfe bon Äaftilien unb Seon, 40
toorin er alle gnbulgenjen feiner SSorgänger aufhob unb bie alten lanonifd^en Sefd^rän«
fungen no$ berfc^ärfte. ©ein 9?ad^foIger 9Jtfolau« V. fyob bie ^Iribilegien ber italieniföen
3uben auf unb be^nte in ber SBuHe bon 1447 bie SJefc^ränfungen, toelc^e Sugen IV.
för Äaftilten feftgefe^t, auc^ auf Italien au«. 2)er granji«!aner unb eifrige Sufeprebiger
3o^. be 6aj)ifirano tourbe mit feinen Drben«genoffen jum SBoHftrecfer ber 95utte ernannt. 45
1451 belmte er bie95utte Sugen« IV. auf gang©banicn au«. ©einÄarbinaIIegat5JtfoIau«
ßufamt« fc^ärfte auf bem ^Jrobinjialfonjil bon Bamberg ben 33cutfd^en bte fanonifd^en
©{jungen gegen bie gilben c{n un^ Verbot ben Sänften, bei %vtom ©elb auf $in« gu
leiten. SU« 1475 ber Änabe ©imon ju Orient ertrunfen toar, tourben bte 3"ben be«
3Rorbe« befd^ulbigt, unb man forberte bie §eiligfore$ung be« fttnbe«. 5Jid^t nur ber $oge 50
bon Senebtg erflärte ben 5Korb al« erlogen, fonbern au<$ $a^ft Stjtu« IV. bertoeigerte
ftanb^aft bie ^eilißfjjred^ung unb berbot, ben ftnaben al« ^eiligen gu bereden, ^tic^t«*
beftotüeniger berbrettete ftdj> bie SBerefyrung bi« nad^i g^anffurt a. 9ft. 95ei Stnfü^rung ber
3nquifttion in Sbanien gegen bie Warranen emffa^l er juerft SKilbe, gab aber bann bem
drängen ber fatgoliföen Könige nad^ unb beftättgte inre Stnfü^rung. Wad) ber SSer- 55
bannung ber 3uben au^ ©panien unb Portugal fanben fte am elften 3uPuc^t ^n *>m
tftfüityn Staaten unb in ber Xürlei. SlUe ^äpftc jener Betten, SUejanber VI, 3uliu« II.,
2eo X., (Semen« VII. Ratten jübtfd^c Seibärjte ; Äarbmäte unb tttrd&enfürften folgten i^rem
Setztet 1516 führte man in SJenebi^ juerft ba« ©fyetto ein, ba« befonbere $uben*
quartier, ba« in ©eutf^lanb längft tibltc^ toar. 3m ?5fefferIornfc^en #anbel begünftigte eo
502 3*rad, ©efd)id)te, uad)b'Mifo
2eo X. bie 3)rudKegung beS 2olmubS, ni$t feine Verbrennung. 3lud& ©ernenn VII. toar
ben 3>uben günftig gefinni Stoax fe^ftätigte er 1531 bie Sinftfynmg bet Ignquifttum m
Portugal ; aber fd&on 1532 erlieft er ein Srebe, tooburdfr er bis auf toeitereS \fyc SBer«
fahren einftetten tieft. 1533 erlieft er ein jtoeiteS 33rebe ju ©unften ber portugieftfcfceu
6 ÜRarranen : „ba fte mit ©etoalt jur laufe gefd>le^pt korben, fo tonnen fte nicpt als ©lieber
ber ßir$e gelten, unb fte toegen Ackeret unb 3CbfalI beftrafen, Riefte bie $rin)i)rien ber
©ered&tigfeit unb Sifligleit erfcfyüttern." SlnberS fei eS aber mit tyren ftinbern, bie frei*
billig bon ben ßltern jur Xaufc gebraut toorben, fte follten als toirHicfce Sänften gelten;
toeil aber toenig cfyriftltd? erlogen, follten fte mit SHilbc im ©<$oft ber flird^e erhalten
10 toerben. 9Ro<$ auf bem Totenbette 1534 erlieft SlemenS ein neues Srebe, um bie £te
freiuna unb £oSft>re<$ung ber eingeferferten SJlarranen energifö )u forbern. 3foc$ ^Jaul III.
begünstigte bie Suben fo fefyr, baft man fagte, ©Triften feten nod& Don feinem ?ßai>fie mit
fo biel ©nabenbejeugungen, Privilegien unb 3ugeftanbniffen befcfcenft toorben, toie bie
3uben bon biefem *ßapfte. ©ie feien bon tym mit Gtyrenred&ten unb SBo<^aien ntyt
15 bloft auSgeftattet, fonbern fogar bewaffnet toorben. 3luc$ fein Scibant toar ein gube.
SDur<$ einVrebe bon 1535 erteilte er allen ÜJlarranen Slbfolution unb befreite \fyctt 1800
aus ben Äerfern in Portugal. @nblic$ 1536 erreichte Äarl V. bon ?ßaul III. bie ©anttio*
nierung ber 3>nquifttion, bod& nur mit allerlei Vefd&ränfungen. 2)ie SfypeOatton an ben
))ä))ftli^en ©tutyl fotlte au<$ ben Bananen geftattet fein. &te fe^r günfüge Sutte bon
20 1539 tourbe ni<$t ausgeführt. 2lu<$ bie folgenben Sßäpfte fyaben bie Snauifttion me^r
nur als beftefyenbe ^atfacpe, benn als gef efelid&e Snftitution gebulbet, unb SlemenS VIII.
miftbiBigte fte öffentlich unb erlieft eine allgemeine Slmneftie für bie berurteilten 3Rarranen.
SllS unter %ulm$ III. ber ftrenge Äarbinal ßaraffa bie ^nquifttion für bie gange fatyo*
lifd&e 2Belt eingeführt fyatte 1542 unb bie Senf ur f Dörfer geübt tourbe, entbrannte au$
26 in Stolien ber Äampf um ben $almub. 2Ser Äonbertiten, bon benen einer, ©alomo
Stomano, bem ^efuitenorben beigetreten toar, benunjierten ben SLalmub toegen ©$tnä$ungen,
unb baft burd) feine $errf$aft bie maffenfyafte Belehrung ber 3juben ge^tnbert toerbe.
Obgleich 3u(iu^ III., ber gtoei jtibifäe 2trjte fyatte, ben ^uben günftig toar, muftte er
1553 bo$ baS VerbammungSbefret untertreiben. 2lm jübifäen 9leuja^rStag tourben
80 alle ^Almubegemplare inStom berbrannt; beSgleid^en bann in ganj Italien biele ^Eaufenbe
bon @|cmplaren, baju unterfd&iebSloS äße fyebräifd&en 93üc$er, bie man fanb, fo baft
Julius III. bur<$ neues 2>efret berbieten muftte, anbere ^ebräifdbe Sudler, als ben 2ä£
mub, ju bcrbrennen ober bie 3juben $u miftfyanbeln. Unter SfitarcettuS II. toären bie
^uben in ^olgc falfc^er 2lnflage toegen ÄinbSmorbS faft aus 9tom bertrieben toorben,
86 toenn nid&t ber Äarbinal Sllej. garnefe bie c^riftlid^en SKörber entbcdEt ^ätte. SJJaul IV.,
Garaffa, ein ^eftiger ^ubenfeinb, legte ben römifc^en ©^nagogen ben Iribut bon je
)e^n Zutaten iä^rlid^ auf )um Unterhalt beS Jtonbertiten^aufeS unb fc^ärfte 1555 bie
alten fanonifcpen ©efe^e gegen bie 3«ben ein. @r unterfagte, bie 3****** *,§***" ju
nennen, liegenbe ©üter ju be^en, Slr^te ber Gfyriften )u fein u. f. to. @r jtoang auc^ bte
40 ^uken gu JJro^nbienften beim Söau ber ©tabtmauer gegen bie ©tHtnier, bie er „berborbenen
©amen bon 3uben unb 5JRauren" nannte. 1555 überanttoortetc er fämtlic^e Warranen
ju 2lnlona, toelc^e bon feinen Vorgängern gnbulgengen erhalten Ratten, ber ^nquifttion
unb fonfiSgiertc t^re ©üter. 1556 tourben beren 24 berbrannt, bie übrigen flogen. 2)er
©ultan ©uleiman aber forberte bie greilaffung ber türlifd^en 3Rarranen in änlona unb
46 ber $aj)ft muftte nachgeben. 35ieS ift auc^ bie *$t, too biele STOarranen, um ftc^ bor ba
2;nquifttion }u ftc^em, in 3)iönc^Sorben eintraten, toobei fte ben gfranjiSlanerorben unb
befonberS ben 3^fwitenorben beborjugten, fo baft Sßaul IV. bur^ 3)eftet bie aufnähme
bon folgen berbot, bte bis im bierten ©lieb bon ^uben abftammten. Unter $aul IV.
tourbe aud) jum erftenmal bie ßau^tfc^rift ber Kabbala, ber ©o^ar mit SetoiOiguna ber
60 ^nquifition gebrucft, toeil feit 9kucf)(tn unb $ico b. SJtiranbola ber allgemeine ©laube
berrfc^te, bie Äabbala unb befonberS ber Bobax enthalte bie SJtyfterien beS (S^riftentumS.
S)ie ^uben bagegen tooDten ben Sann auSfpre<$en über bie, toelc^e i^n Veröffentlichten,
toeil ber ©o^ar jur Äe^erei fü^re. $au!S 9lac^folger 5ßiuS IV. milberte bie garten S3e^
ftimmungen feines Vorgängers einigermaften, }. 33. burften bie S^ben aufter^alb ber ©tobt
66 baS gelbe 33arett ablegen. @r gemattete auc^ 1564 ben 2)rucf beS jenfurierten lalmub, ber
juerft in Safel erfd^ien, 1578—80. SRed^t fc^limm erging eS tfyten aber unter bem
2)omtniIaner 5ßiuS V. 1566 berfd^ärfte er bie Seftimmunpen $aulS 1VV &ob bie SRilbenmgen
^iuSIV. auf: 3n 9lom burften bie^uben nur no<$ etne einzige Synagoge bepien. 1569
bertrieb er fte aus ben päpftltd&en Staaten mit ausnähme ber ©täbte 9tom ux& Xnbna.
go ©regor XIII. 1572—85 unterteilte fämtlic^e ^uben ber 2fnqutfttum, berbot benZalmub
3*r<tel, ©efd)trf)tef nad)btbUfrifje 503
unb orbnete an, bafj c^riftltd^c ©eletyrte in tyebräifcfyer ©pra<$e an ben geiertagen in ben
Synagogen SefefaungSprebigten galten foUten. Den ©efyalt biefer $rebiger mußten bie
§uben felber aufbringen, dagegen erfyob ©regor Äonbertiten in ben Slbelftanb. ©ein 9lacfc
folget ©i#u$ V. tyob bie Sefäränfungen feiner Vorgänger 1586 auf, gemattete tynen
*ReKaion$frei$eit, berbot, fte ju ©flauen ju machen. 9tur bie 3^ng^rebigten liefe er 6
befielen. Siemens VIII. toieberfyolte baS SBerbannungSbefret unb bie -äRaferegeln feiner
jubeitfembli$en Vorgänger 1593. ©eitbem tyaben ft$ bie ^äpfte nietyt metyr offiziell mit
ben 3uben befaßt, nur bafi $iu$ IX., 1870 bei Gelegenheit ber (Sinlabung gum batifa*
ntf$at ftonjil auf Anregung #oeier franjöftfäer Äonberttten, ber Srüber Seemann, aud&
an bie Suben, toie an bie Sßroteftanten, bie Slufforberung richtete, ftc$ jur Iattyolif<$en 10
Stinte )u belehren. %m Äönigreic§ Italien aber ftrielen Suben eine tyerborragenbe Stolle.
S)er Äommanbant bon 9tom, ®eneral@raf Dttolengtyi, ift igube, feine Voreltern fmb 1540
aitd Ettlingen nac$ SRailanb eingetoanbert.
3n Deutfc^lanb erlitten bie ^uben bauemb bie elenbeften ©c^idffale. 3m ®e*
fofoe ber römif<$en Segionen mögen fte guerft in bie Kolonien am Styein gefommen fein, iö
©d?on im 4. %afyfy. toaren fte nad&toeislicty in Äöln. Die meiften aber toanberten unter
ben fränfiföen Äönigen ein. Unter Äarl b. ©r. finben toir fte in SKagbeburg, -Werfe*
&u*B, SRegenSburg. 9la$ germanifäem Siebte galt für bie 3"ben tyr eigene« 9te<$t, toie
tyre eigene Sieligion; fte toaren gremblinge ofyne Bürgerrecht, ftanben unter beä ÄaiferS
©<$u$ unb mußten toie alle gremben für baS Stecht bauernber 9iieberlaffung bem Äaifer, 20
toie ben dürften unb ©täbten befonbere ©teuer jaulen. 3>nbem M* Äaifcr fie aß iljre
Äammerfnettyte erHärten, famen fte unter befonberen faiferlid&en ©<$u$. Die beutfd&en
3uben toaren, toie äufierli<$ in niebriger Stellung, fo auc§ geiftig ofyne Silbung • tyre
Xalntuble^rer erhielten fte bom Sfoälanb. ftaifer §cinric§II. Vertrieb fie au« 3Raing,
bo<$ burften fte fd^on im folgenben %a\)tc jurücffe^ren. Sn.Speier betoofynten fte bamalä 25
einen befonberen ©tabtteü, befafjen ©arten, ÜBeinberge, 2lcfer unb toiber ba$ $riftlic§e
Stecht aud) cfriftlic^e ©Haben. 3#r Quartier, mit SJlauern gefctyüfct, burften fie gegen
angriffe berteibigen. £einricty IV. berbot bei ©träfe bon 12 $fb. ©olbeS, ^uben j}toang$*
toetfe &u taufen. (Sin ©etaufter berlor baS SrbföaftSred&t. 3n $ro&efjen jtoiföen !guben
unb ©Triften galt jübif<$e$ 9ied^t. Kein !gube burfte jur geuer* ober Sßaffefyrobe ge* »
itoungen toerben. Sil« ber erfte Äreu^ug 1094 ge^rebigt tourbe, trat aud) bie erfte 33er=
Tilgung gegen fte ein, bie jjjeinbe be« Äreuje« G^rtftt; fte tourben i^rer §abc unb be«
SeoeitS beraubt. 3n 3^« ^ fo$ barum bie gange ©emeinbe taufen; bo<$ blieb nur
i^r Stabbt SKic^a bem ß^riftentum treu; bie übrigen lehrten balb jum ^wbentum jurüi.
3n ©jmer lamen 140 gamilien um mit 800 ^erfonen, Don benen ein Seil ftc§ felbft 86
ben aib gab. 3n 3R«inj fonnte ber ©rjbifd^of bon 1300 ©eelcn nur 60, im Dom
Verborgen, retten. Der Sranb ber ©^nagoge legte au<$ bie ©tabt in Slfc^e. SBor bem
©fftnbel ber Äreujbrüber fugten unb fanben bie 3iwben überall ©$u$ bei ber ©eiftlic^-
fett Seim jtoeiten Kreujjuge aber fanben fie nid^t me^r benfelben ©$u$ bei ben ruhigen
Bürgern unb ©etftli$en, tote im erften, toeil ber Wönd) Slubolf toon ©tabt $u ©tabt 40
ben Äreu^ug gegen bie 3uben ^rebigte. Äonrab III. aber räumte i^nen bie 95urg Nixen:
berg unb anbere Surgen gum ©c^ufee ein; beägleic^en ber ©rjbifd^of bon Köln bie
Singen SBolfenburg unb ©ta^lccfe. Der Srjbifc^of bon ?Kainj na^m fie in ben eigenen
Zoloft auf. Sern^arb b. Slairbau; aber tarn felbft nad) Deutfc^lanb unb betoog ben
Wtod), feine iKorbjJrebigten einstellen. Die jjürften unb bie ©eiftlic^Ieit aber liefen ftc^ 45
ben ©c^ufe ber ^uben gut be^a^len. 3ln SBei^nac^t mu^te bem Äaifer ein gülbener
Pfennig 5cot)ffteuer bon jeber $erfon be^a^lt toerben; aufeerbem bejog ber Äaifer bie
Aälfte ber $ubenfteuer, toelc^e bie ^\x\>m an ben SanbeSfyerrn ju jaulen Ratten ; beim
9cegierung«antritt be« ÄaiferS bejog er aber bie ÄrönungSfteuer, toeld^e ein Drittel i^re«
gefamten Sermögen« au^mad^te. Dafür aber toaren fte bie ^immä&eamten ber dürften 60
unb ^oben ©eipüii^en. gn ©Rieften bei Sre«lau befafeen guben ganje Dörfer unb bie
ba)u gehörigen Seibeigenen, ©e^r ^äufig toaren feit bem 12. ^afyrbunbert bie Slnflagen
to^en (S^riftenmorb, toa« allemal Sföiftyanblungen unb Seraubung aÖer guben be^ Sanbeö
S: golge fcatte. ©0 liefe Mj.8. ber ßrjbifc^of bon Äöln 42000 5K. ©ilber unb
ifer ÄrtAric^ Sarbaroffa 500 9M. Su|e be^a^lcn. äte Sarbaroffa feinen Äreujj\ug 66
unternahm, fälofi er bie 3lwbcn au^brücflid^ in ben Sanbfrieben ein. Unter §einricfy VI.
toteber^oben ftc^ bie gräfclid;en ©cenen in ben St^einlanben, toobet immer Srmorbung bon
Sänften bie änllage bilbete. 3n einigen fällen tourbe ben ^wben ©d^abenerfafe geleiftet
unb kourben bie berleumberifc^en änfläger beftraft. Iro^ allen SBerfolaungen gab e$ aber
auif xn Deutfölanb umd ^a^r 1200 ^uben, toel$e an beutf^er Kultur regen Anteil eo
504 3§rad, ©efdtfdfjte, nadjbtblif^e
nahmen, ftnb bod& bie beutföen -Dtinnelieber be« 3;uben ©üfjfinb Don Irimbac^ in bic
Sieberfammlung bcr Wmnefänger aufgenommen toorben : fed&« lieber, barunter ein betttf<$er
<|}falm, ftnb Don ifym erhalten. Unter Äaifer griebricg II. tourbe ba« lanonifc&e ®efe$
burcfygefüfyrt, bafe %ubtn feine öffentlid&en SÄmter befleiben burften ; au# föärfte er ba«
6 jübiföe 3lb$ei(£en, ben gelben §ut, ein. $erjog griebri^ I. von DefterreUfc bageaen erlieg
ein Statut mit großen Privilegien für bie ^uben. anflogen gegen 3uben büiften nicfct
angenommen toerben, h>enn nic^t au<$ ein jübiföer 3«wge beigebracht tverbe. Suben foDten
nur Don !guben gerietet toerben; aucfy fottten fie allerorts freien #anbel unb Shtrcfyug
tyaben. 211« gu gulba fünf junge ßfyriften ermorbet tourben, f«$te gfriebric^ II. eine
10 Unterfu$ung«fommiffton ein von ©elefyrten, um ju entfcfyeiben, ob bie Suben tovdlid}
Sfyriftenblut m tyrem $afjafy brausten. 5Die Stifter entfc^ieben untwrteifcfc, fie fönnten
nie^td ©etoijfe« barüber entfctyetben. ©o beruhigte ft# ber gorn be« Äaifer«. äuc$
SRubolf toon §ab«burg erlieft bie (Srflärung, bajj e« ntd^t toa^r fei, baft bie jjuben vom
%mm eine« toten Sfyriftenfinbe« am $afjafy je&rten. Irofcbem toiebertyolte ba« SSoß
15 aud? unter feiner Regierung $u SMaina, Stünden, Dbertvefel biefelben anflogen tum Qtixi
ber Beraubung unb @rmorbung ber !guben. $arum toanberten bamal« toiele §uben caü
Wlami, 9Borm«, ©pcier, Oppenheim au$, um nacb 3;erufalem Ju 8$*n, h>o, toie bie ©age
ging, ber -Bieffia« erfcfyienen fei. 1298 fam in Sftötthtgen in gfranfen bie neue 8ef<$ut
bigung auf, bafe bie !guben eine #oftie im SKörfer jerftofeen Ratten, toorau« bann 33lut
20 gefloffen fei. Unter Slnfüfyrung be« SRitter« SRinbfleifö tourbe bie ganje 3ubengemetnbe
bafelbft bem geuertob überliefert. 6r jerftörte fo auc§ bie großen ©ememben in 9iünt*
berg unb SBüriburg. gn 9iegen«burg unb 2lug«burg fc^ü^ten fte Sfirger unb JRat ber
©täbte. 3Me Verfolgung erftrecfte ftd^ bi« nad) Öfterretc^ unb raffte 140 ©ememben mit
100 000 ©eelcn ba&in. älbrecfyt I. legte bafür ben ©täbten fcofye ©trafgelber auf unb
26 nafym bie $uben xn fanen ©$u$. 33ie jtvang«toeije ©etauften burften toieber jum
gubentum gurücffc^ren. !Jm Vierzehnten Iga^unbert fam eine neue öeföulbigung auf,
tvelctye ben 3>uben bie fd^retflidpften $obe«qualen eintrug. SBon Slften $er verbreitete
bcr fötoarje 4ob feine ©d^recfcn über ganj Europa. 3m ^eftlid^en ßurojxi aber öer*
breitete ft^ ber Verbaut unb bie Sefd^ulbigung, bag bie ^uben bie Srunnen unb
30 Quellen vergiftet Ratten. 35ie mächtigen ^uben ju Solebo fottten burd& ganj Quxvpa
©enbboten mit ©ift getieft ^aben. $)a« ©ift befiele au$ Safiliöfenfleif^, ©ptnnen,
gröjd^en, ßibed^fen Vermifd^t mit ß^riften^erien unb §oftienteig. 35ie ©eri(^tötnbunale
befc^äfttgten ftep ernftlid^ mit biefem 3öa^n, oer Saufenben toon ^ubm bie entfe^lu^ften
Folterqualen eintrug, jumal ba bie 3>wben, toeld^e überall abgefonbert too^nten, toon ber
35 ©euc^e Viel mefyr toei^d^ont toaren. 35er $er^og SlmabeuS toon ©atootjen er^refete bun^ bie
golter alle ©cftänbnifje, bie man toünföte. 33ie ßnt^üllungen tourben jrcotoloDiert unb
bie ©d^lad^toj)fer toerbrannt. $n Sern erpreßte man biefelben ©eftänbniffe tinb toet*
brannte bie 3uben. 2)ie ©eftänbniffe tourben toom 9tat ber ©tabt nad^ greiburg, Safd,
Strasburg, Äöln getieft. 3n3üric^, ©t. ©allen, Sinbau, ©c^aPaufen, Äonftanju. a.C.
40 tourben bie Sieben teils toerbrannt, teils gefoltert, teitö toertrieben. 3)er SBJa^n unb
^uben^a^ toar ftärfer, ate ba^ bie beiben Süllen Giemen« VI. Ratten toe&ren fönnen. 6in
G^roniff^reibcr aber berietet : ,,^a« bare ©elb, toeldjjeS bie ^uben Ratten, toar ba« ©tft, ba«
fte tötete/' %n Strasburg tourbe bie ganje 3>ubengemeinbe auf bem Äir^^of toerbrannt. 3n
SBorm« unb granffurt toerbrannten bie 3>uben ftc^ felber. 3n @*fu*t, ©ifenac^, ©ot^a,
45 8re«lau, 2lug«burg, SBür^burg, SKünc^en tourben alle 3*»ben toertilgt. Slud^ in SEBtcn
tötete fiefy bie ganje ©emeinbe felber. 6« ift unmöglich alle Orte unb alle gretoel auf*
Julien, benen bie ^uben erlagen. Mein tro^bem an Vielen Orten SRagiftrate unb Sürger
befc^tvoren, in tyunbert ^al)tm feine ^uben me^r jujulaffen, fonnte man fte nirgenb ent*
beeren unb berief fie f$on nad^ Wenigen %a\)Ttn jurüd. !gn ^ golbenen Sufie touibe
60 1355 allen Äurfürften für alle 3eiten ba« SRed^t erteilt, Suben aufeune^men. 1368
tourben fte toieber naö) Strasburg, 1352 nad) Nürnberg, 1353 nac^ Sien, 1354 na$
@rfurt, 1365 nad) Safel, ebenfo nad) ^ürief) unb öeilbronn jurüdf gerufen. ®(eic^U>o^
tvurben fte immer mefyr burc^ Slbgaben bebrüdtt; au^ bie Slnflagen auf Äinb«morb unb
^oftienfe^änbung hörten nic^t auf, unb balb tvurben fie aud^ toieber tvegen 2Buc^er toer>
66 jagt, ßaifer SBen^el erflärte burd; @bift alle ©Bulben an jübifc^e ©laubiger für er*
lof$en. 2)tc &rieg«jüge gegen bie $ufftten begannen and) immer mit Verfolgungen ba
3uben, toelc^e benfelben ©elb unb ©äffen fouten geliefert ^aben. SKartin V. unb Äötfer
©igi«munb fugten fie Vergeblich in ©c^u^ ju nehmen. Überall bro^te i^nen bie 9ht«*
rottung, unb überall beteten fte barum um ben ©ieg ber $ufftten. 3)a« Softer SUmfjä
60 befc^äftigte fi<±> in ber 19. ©i$ung mit ben ^uben; e« fc^ärfte bie fanonifc^en Scfrhn*
3*rael, ©cfdjtdjtc, nadjbtbltfdje 505
mutigen ein, nötigte fte gum Slnfyören Don SefefyrungSprebigten unb toerorbnete, ba| an
ben Umtoerfttöten $ebräif<$ unb * c^albäifct) gelehrt toerbe, um beffer an ifynen miffionteren
m föttnen; flontoertiten foDten begünftigt toerben, aber fte foHten übertoad&t toerben, bafe
fte nic^t unter einanber heiraten unb bafj fein sJJtarranentum entfiele. Sitte btefe Sc-
fthrammgen toeranlafcten bie ©ö^ne beS Äontoertiten *ßaul to. 93urgoS, toel<$e als ab? 6
gefanbte beS ÄönigS Don Spanien am Äonjtl teilnahmen. — ^nbtreft unb unabft<$tlic&
ftnb bie Suben au<$ am (Sntftefyen ber Sieformation beteiligt, benn ber *ßfefferforn^anbel
tyütt unter ben ©ebilbeten DeutfölanbS föon eine mächtige, antillerifale Partei m*
fammengebraetyt. 3htf ©runb einer Denunziation bcS Äontoertiten *Pfefferforn Ratten bie
Dommifaner ju Äöln einen tJelbjug gegen ben Stalmub begonnen. Sin X 9teu<$Iimo
fanben fte einen energifd&en ©egner. Denn biefer glaubte, in Salmub unb Äabbala fei
bte göttliche Sßtyilofo^ie, bie SßeiSfyeit ber $atriar<$en m finben. „Keine SßeiSljeit, meinte
er, mac^t uns getoiffer über bie ©öttlid&feit Sfyrifti, als Äabbala unb natürliche Sföagie."
3n jtoei ©driften „35om tounbertfyätigen SBort" unb über „bie fabbaliftiföe Äunft" fefcte
er ferne $alb jübiföe, tyalb <$riftlic&e S^eofopfyte auSeinanber. SR. meinte fogar, bafc in ben 15
Sorten unb Suc^ftaben ber fyebräifd&en Stbel eine magif<$e ©etoalt tootyne, toelctye tiber=
ixbtfc^e ©etoalt biete, ©egen 3t. trat ber ^rofefjor unb ©laubenSinqutfttor %al #ocfc
fbraten in ber ©cfcrift auf „ßerftöruna ber Äabbala". 3U btefem Sampf um bie Äabbala
gefeilte fu$ ber um ben lalmub. $fefferforn fyatte §egen bie 3iuben atoei Schriften ge*
förieben „Subenbeicfyt" unb „^ubenfetnb" unb toon ftatfer 3KajtmiIian 1509 einüRanbat»
an aDe jjuben beS 9tei<$eS erlangt, bafj fte tyre d&riftenfeinblid&en 33ü$er „unfrem Diener
unb be8 Stet^eS ©etreuen" $fefferforn ausliefern jollten. 3n e^ncm floatm SManbat
tmtrben ^o<^ftraten, SReuc^lin unb ber Äontoertit SSiftor to. Äarben unb einige Unitoer-
fttaten m einem ©utac^ten aufgeforbert. Steud&lin gab feine Meinung batyin ab, ßfyriftuS
fabe fe&ft ben Xalmub ju betoatyren geboten, toeil aus fym aud) äeuguiffe für bie 25
cfcifHicbe SBa^rfyett tonnten gewonnen toerben. SBegen ber feltfamen Dinge barin bürfe
matt tyn nic^t toerni<$ten, benn mit ber menf$li<$en Vernunft muffe Aberglauben unb
3rrtum toerfnüpft fein, bamit bie Sted^tgläubtgen baran erftarlen formten. ©$Iiefjli<$
toutbe bie ©ac^e auf ben Slei^tag toertoiefen. Sleuc^lm aber fd^alt ^ßfefferforn einen
„Süffel unb 6fel" unb afe ißfefferlorn gegen SReu^lin einen „^anbfpiegel" beröffents so
Gifte, entgegnete SReud^lin mit einem „3lugenftriegel". Site gar Sleud^lin beim ©rgbif^of
bim SRainj „irriger unb un!ir$li$er Seiten" angeflagt tt?urbe, erhoben ftd^ fämtlic^e
ßumaniften Deutfc^IanbS für tfyn unb gegen bie Aölner unb erregten einen ©türm ber
dntrüftung ntd)t blo^ gegen bie Dominitaner ^u Köln, fonbern gegen bie gange ©eift*
lifftett unb Jtirc$e. ©0 fanb Sut^er einen günftigen Soben. Den ^[uben aber l/at bie 35
Deformation ttriber i^re Hoffnungen feine SSerbefferung ityrer Sage gebraut. Sut^er felbft
jtoär fptadf ftc^ anfangt gu ©unften ber ^uben au$ in fetner SluSlcgung be« 22. 5|JfaIm«
1619: „3$ bitte oiö) barum, fagt mir, toer toirb ju unferer Religion übertreten, h>enn
ö au$ ber atterfanftmütigfte unb gebulbigfte 3Jtenf<$ toäre, toenn er fte^t, toie fte fo
groufam unb feinbfelig unb nic^t aQein nid^t $riftlt<$, fonbern me^r als t>kt)\\d) toon un$ 40
tralttert toerben? Die meiften SßafftonSprebiger t^un nichts anbereä, als bafe fte berauben
SRuttoitten, ben fte an ß^rifto toerübet, fe^r fd^toer unb gro^ machen unb bte §erjen ber
©laubigen toiber fte erbittern." 9lo<fy berber fj>rac^ er ftc^ gegen ben Jliibenfyajj aus in ber
€tyrift: „Da^ gefuS ein gebomer ^ube getoefen" 1523; er empfahl an\tatt ber ^ctyfte
©«f^ 8^^ P* bet d^riftlic^en Siebe ©cjc§ jpi üben, fte freunbli^ annehmen, mitlaffen 45
n>erben unb arbeiten, bamit fte Urfa$e unb 9taum gewinnen, bei uns unb um uns ju
fem. 3n fpäteren %atyctn bagegen fd^rieb er, toie aud& fein ffliberfad^er Dr. ®cf, eine
pefttge Schrift gegen bie guben : „9Son ben Qjwben unb tfyren Sügen", toa^rfc^einItd(> toeil
<aid) m Deutfd^lanb, tüte in (Snglanb, unter toielen ßtoangelif tyn feine ßlarbcit über i^re
©tdlung gum 311 ^errfd^te unb eS toiele „3"^^^" (judaizantes) gab. 6r fagt im so
Eingang, toeil bie elenben unb ^eillofen Seute ftcfy unterfingen, G^riften an ftc^ $u locfen,
trotte er fte toarnen, ftd^ nic^t toon t^nen narren gu laffen. Die 3iuben ftnb untoerbeffer*
Itc^, ber leufel tyat fte ins Sanb gebraut ; fie ftnb uns eine fd^toere Saft, h>tc eine ^Jlage,
5RefKIena unb eitel Unalücf. (Sr lobt, ba^ fte px feinen Sebjeiten auS ber ganzen böfymifdjen
Jcnnie, ÄegenÄburg, 5)tagbeburg u. a. D., toie aud^ aus granfreiety unb ©ganten feien 65
Vertrieben toorben. 3llle alten ©efd^ulbigungen bringt er aufs neue toor. dürften unb
©tobten unb ©eiftlic^en rät er bie fyärteften N3Jta6regeln gegen fte an. SBenn er ©etoalt
über bie guben ^ätte, toürbe er i^re ©cle^rten unb Seften toerfammeln unb i^nen mit
ber Snbro^ung, „i^re 3un8en hinten am ^alfe ^erauS^ufc^netben, ben SetoeiS auf*
legen, bafi baS ß^riftentum nic^t einen einigen ©Ott, fonbern brei ©ötter le^re." eo
i
506 3*rtel, ®efd>tyte, nadjbtbltf«*
Äarl V. aber beftättgte 1544 bie ^Privilegien ber 3uben unb fprad& fte Don ber ©cfytlb
be« Styriftenfinbermorbe« frei. §oc§berbient um bie Äemttni« be« $ebräif$en unter
ben Ctyriften fyat ft<$ SRabbi Slia fiebita, bon beffen beiben $rijtlic$ geworbenen
Söhnen einer in ben ^efuitenorben trat, gemalt; Äattyolifen unb $rotefbanten lernten
5 bon tym unb ©ebaftian fünfter überfefcte feine ©rammati! in Sateiniföe.
Unter ben fteten Sef<$ulbigungen unb Verfolgungen, Seraubungen unb Schlächtereien,
benen feit bem 14. 3afy#. We 3u^m in gang Europa au«gefefct toaren, fonnte geifäge«
fieben nur fj>ärltc§ gebeten, gumal i^re Rabbiner felbft $&tlojoJ>$te unb freie 2Biffen*
f$aft al« gu Äe^erei unb ßfyriftentum fityrenb, in ben Sann getgan Ratten. 9R<$t einmal
10 ba« Salmubftubtum gebieb in 2)eutf$lanb, unb in ganj ©uropa berfanfen bie 3ubat je
länger je mefyr in Aberglauben, SR^ftif unb SRagie ; etngig ba« ©tubium ber Äabbala
blühte unb begünftigte ©<$toärmerei unb ganati«mu« aller Slrt, befonber« feit ^faalSurja,
geft. 1572, fte nun tyerrföenben ©eift im Subentum gemalt tyatte. Stagu erging ft^ bie
$I?antafte be« Solfe« immer metyr in ben fe&nfüd&tigften 2Refjta«$offnungen. ge mefr
15 Glcnb unb 9?ot be« ,,©olu«", ber ©efangenfc&aft, ftieg, um fo nätyer tarnte man ba«
Äommen ber ßrlöfung. aber toctyrenb feit Sar*Äo<$ba mefr al« 30 falfcfc SRefftaflc,
befonber« im Orient, mit bewaffneter §anb bie Befreiung Ratten bringen ioollen unb
aucfc in ©uropa fcfyr oft bie ^uben ftc^ auf« tapferfte gegen tyre geinbe toerteibigt Ratten,
fo toar feit bem 14. 3<*fy$unbert unter ben forttoäfyrenben graujamen Verfolgungen bei
ao ben europäiföen ^uben fo f efyr aOe 3$at!raft unb alle« ©elbftoertrauen gefötounben, bafr
fte tyre ßrlöfung nur no<$ bur$ göttliche SBunber erwarteten. 3)ie« geigt gang befon-
ber« \\)x Verhalten beim Auftreten be« fallen SReffta« ©abbatai 3etoi, 1626 in ©ntyrna
geboren, Oon faanifdjer äbfunft. @r ftubierte lalmub, me^r nod& Äabbala, unb lebte aä
Sielet unb galt afe junger ^eiliger, ©ein Sater War Agent ^oHänbiföer unb engltfcfcr
25 Äaufleute. 2>ort fyörte fein Sater oft bom lOOOjätyrigen !Rei<$ reben; e« ertoarteten näm*
li$ bamal« biele tyoDänbiföe unb englif$e ©giften beffen Äommen auf« Satyr 1666,
loa« aucty ben ^uben neue $errli<$Ieit bringe unb fte na$ Serufalem gurüdfü^re. Stfefe
fctyftärmerifctyen Setyren fafjte ber junge Babbatax begierig auf, unb fo erfragte in tym
ber SBatyn, bie SRotte be« 5Reffia« falle itym gu. 1651 toarb er in ben Sann getyan unb
so au« ©mtyrna berjagt. 9ladb 15 %afycm trat er auf« neue auf unb toarb mit Den retten
■Diitteln feine« S8ater« ficty Anhänger. Salb fabrigierte er ^ßro^egeiungen. 3n ©alonu^t
trat er lütyn al« 3Reffta« auf, toarb aber ebenfaD« berbannt. 3)a ba« 5fc$r 1666 natye
rüctte, begab er ft$ nacty ^erufalem ; ein anberer ^ube übernahm bie Solle be« SBa«.
6r fanb bei feinem abergläubifctyen unb untoiffenben Solle überall ©lauben. Surc^
85 Äafteiungen bereiteten bie %ubtn ftcty in allen ßänbem bor, um be« ÜReffta« toürbig ju
fein. 1665 liefe er ficty in ©mtyrna t>om Solle tyulbigen. 2Ran feierte bie au«gelaf|enJKn
jVreubenfefte unb ber Taumel ergriff bie gange 3ubenf$aft @urot>a«. Salb gefeilten ft^
Sergüdungen bagu, unb oifionäre 3uftänbe. 3U Hamburg tangten felbft alte Stabbina
mit ber Xtyorarolle im 9lrm in ber Synagoge, mit ^uben rüfteten ftcty gum Slu&ug
40 nacf? 3eru[alem. ©efanbtfctyaften überhäuften ©abbatai mit ben reictyften ©efctyeraen.
§ättt er Äraft, 5B3iUen, SKut unb Serftanb befeffen, er ^&ttc grofec Sertoimm^ anrieten
fcnnen, aber er begnügte ft<$, 3lnbetung gu »erlangen unb gu fagen: „®ott glet^eS^^
er fei ©otte« eingeborner ©otyn. Slber ber ttirfiwe Rabi in ©ntyrna fc^iate i^n 1666
nad) jtonftantinopel gum ©ultan, ber itym ben freien Sturban auffegte unb ein grüne*
45 Äleib bagu gab. Sil« 2Jletyemeb ßffenbi tourbe er aRatymub* IV. 3^ür^üter. ©ie (Snt*
täufctyung uub Sefctyämung ber 3>uben überall toar fur^tbar; bon ba an fear et um
ityre Hoffnungen gef<|etyenunb ber 3Reffia«glaube berlor feine SBurgeln aOmä$li$, toenigfteitf
bei ben ©ebilbeten. aber bei ber fanatijc^en SRaffe be« Dften« bemächtigten M anbete
Setrüger ber Setoegung. 1720 trat in ©aligien ßantiu« Seibotoiq, genannt gronf, auf
so mit ber Setyau))tung, er fei bie friebergeborne ©eele ©abbatai«. ©eine ^tntyanger festen
ben ©otyar an bie Stelle be« Xalmub. 35ie Rabbiner fpra$en ben Sann Ober bie Seftt
Dem Sifctyof bon Äamienice erflärten fie, bafe fte an bie S>reieinigfeit glaubten, toe«^alb
er futy ityrer annabm. gn einer 3)i«putation mit ben Jalmubiften lonnten biefe tarnen
leine ©eletyrten entgegenftellen ; batyer tourben fte al« beftwt erHärt; fte mußten 5000 fL
55 ©träfe jablen unb an 1000 ialmubeEempIare mürben oerbrannt. 9htr bie Stbel unb ber
©ol^ar jfottte ben Iguben geftattet fein. Unter Äönig «uguft III. t>on ^Solen ließen fte
[xd) auf $rant« diät ade taufen. Der Mönig felbft fear %xar\U laugte. Salb aber
tourbe %xani al« Setrüger entlarvt. Ülaty 13 jähriger ^aft bur^ bie Stuffen befreit, fe(te
er nod) 20 Jahre feine religiöfen Betrügereien in Öfterretc^ fort 9loc^ fcute foH e« unter
60 ben ftatyoliten Siebenbürgen« 3latyommm bief er ^ranüften geben, toetifc jübtfc^e ©ttten
3*rael, ©efdjidjte, nadjbiblifdje 507
pflegen unb $eimltd& ben ©abbatty galten. 2lu« ben ©abbatfyanern entftanb au<$ bie in
unferer 3*i* unter ben guben Sßolen« unb SRufjlanb« fo mächtig geworbene ©efte ber
(Sfcffibtm. 3fa Stifter ift guba ßtyafftb (ber fromme) au« 2)ubno. 35on ben ortfyo*
bojen SRabbinern Verfolgt, toanberte er mit 1500$erfonen um 1700 na<$ Sßaläfttna au«.
Sie tarnen aber um ober mußten jum 3«lam unb ßbriftentum übertreten. 2)ie ©efte 6
aber lebte in Stufclanb unb Sßolen toeiter. §icr h)urbe ifyr 9leuftifter 3«rael, genannt
Saal ©$em, au« Sttbauen, ber al« SBunbert^äter unb Sßropfyet galt. 3)urcb 2)ob 93eer
aud Sonnten toarb bann bie fünftlicfy, au<$ burcf) SBrannttoein ftimulierte (Stftafe unter
fyten fyetmifö gemalt, fo bafj ityre 3ufammen{ünfte aucty in Orgien ausarteten. 2)ie
SBunberrabbt ftnelen eine grofee Stolle bei tynen noc§ tyeute. 33er ©ofyar gilt tynen am 10
fytyften unb bun£ 9l«!efe, ©ebete unb ©efefcesftrenge fuc&en fie ba« Äommen be« SKefftaö
ju beförbern. ©ie ftnb fyeute bie mächtigen £üter altjübifc^en 9Befen« mit allem Slber*
glauben unb 3fanatt«mu«, bie ben inneren SSerfaK unb bie geiftige 9lrmut be« jefcigen
3ubentum« lennjetc^nen.
SBafrenb fo bie p$antaftifd&fte ©d^toärmerei unb ber fraffefte Aberglaube ifyre Orgien 15
feierten in ©abbatai gttoto 9Jteffta«traum, lebte gletdfoeitig in 2lmfterbam Sarucfy ©Jrinoja
(Gäpinofa) 1632—1677. @r ift berSetoei«, bafe bei aller geiftigen Zerrüttung unb allem
inneren Serfall ba« jübtföe SSoIf immer no<$ ©eifter toon bober ^ntetltgenj fyerfcorjubringen
tKnmxfye, freiließ im ©egenfafe ju ben fyerrfd^enben ©eroalten, bie einen folgen ©eift in
ifaer SWttte niefct ertragen fonnten. Sticht blofj bur<$ ben Sann, fonbern aud& bur<$ ge- 20
meinen -DtorbDerfud? fuc^te ba« bamaltge ^ubentum ftc§ eine« folgen Center« ju ent*
lebigen, benn felbft bie foanifdben Suben, benen ©jrinoja entftammte, toaren gang unb
gar bom engherzigen ©eift fepmufeiger polnifd^er Rabbiner betyerrföt. 3m 17. unb
18. 3atyr$unbert nämli<$ toar $olen ©<$frerjmnft unb Sentrum be« jübtfcben Solle«
getoorben. 25
$olen tourbe nämlt<$ fett bem 14. Jtafyrfyunbert bie 3uflu<$tftätte aller Verfolgten
toefHufcn, befonber« ber beutf<$en guben. Stauer forec&en aud& bi« fyeute alle polniföen
unb rufftf$en 3uben bie beutfd^e ©praetye in einem mit fyebräifc&en unb au<$ Wenigen
pobtitöen unb rufjtfd&en 2Börtern genügten Jargon, bw fogar für profane ©egenftänbe
aud} £ttteraturfpra$e getoorben ift. ©ett bie polniföen 3uben aud) ba« geiftige rote ba« ao
ranneriföe Übergetönt unter bem jübif$en Soll erlangten, teilen ft$ bie ^uben in 3l$*
lenaftm, beutfd^olnifc^e, unb ©ep^arbim, fpanif($e ^uben (©^antolen). ©d^on frü^ {amen
ma bem bt>j<mtimfc^en Sleic^ ftuben in bie ungarifd^en unb polmföen Sänber. ©regor IX.
nötigte ben JKhtig Slnbrea«, ^uben unb Wufyammebaner t»on allen Ämtern au«)ufcplie^en.
1235 mu|te ba« 93erf)>red^en erneuert toerben unb 1279 auf bem Äon$il toon Ofen festen 86
bie unaarif$en unb jüb^olnifc^en ^ird^enfürften ba« 3ubenab)ei$en, ein rote« Stab an
ber finfen Sruft, burc^ unb @ntlaf[ung aüer jübifd^en $äc^ter unb 9lngefteQten. .Honig
SuMoia bon Ungarn bertrieb fie bann ganj au« feinem Sanbe ; fie toanberten nac^ Sö^rten
unb ßjterreic^. 3n 9Men bagegen begünftigte fie 6aftmir ber ©rofje; er beftätigte 1334
bie (Befcfee, toelc^e 93ole«lato $iu«, §er&oa Don Äalifcb, 100 Sa^rc früher ju i^ren ©unften 40
edaffen patte, unb be^nte fte auf gang ^polen au«. 3)ie« ©efe^ beftimmte auc^, bafe 5?ers
urteüun^ toegen ß^riftenlinbermorb« nur ftatt ^aben bürfe, roenn aufeer brei <$riftlicfyen auc^
taei jübtjc^e $eu$m toor^anben feien. Slud^ tourben bie G&rtften bcrpflic^tet, 3u^cn ^m
ÄaB be« SWorbanfaH« ju ^ilfe gu fommen. JVreilid^ mufetc er 13 3a^rc foäta: i^ren
Sturer burc^ ©efe^ beföränten. Sßä^renb ber $eft fielen in ftalifö, 5lratau unb ©logau 46
Subenme^eleien toor. SDie ^ubm burften bie 8anbe«trac^t# golbene Äetten unb $>egen, in
$ol«n tragen. 3)a e« in ^8olen nur abelige unb Seibeigene aab, bilbeten bie %vfr>m
\tym bomol« allein ben ©eroerbe- unb §anbel«ftanb unb hmren oem Sanbe unentbe^rlid^.
1447 betätigte 6apmir IV. i^nen nid^t nur gleicbfaü« alle i^re SRed^te, fonbern erweiterte fte
no^, inbem bie lanonifetyen ©efe^e unb bie be«' Safcler Monjil« aufgehoben tourben. §ür w
6^riftenttnbermorb mußten oier jübiföc 3*\i$m bor^anben fein ; auf falfcfye änflage gegen
Auben jhinb Iobe«ftrafe. liefen Segünftigungen gegenüber liefe ber Äarbinal ^bigneto
Dle«nicf toon Ärafau ben ^önc^ Sa^tftrano, bie ©eifeel ber Qubcn in ganj Suro^a,
toie feine Sobrebner tyn nannten, fommen, ber jugleic^ gegen bie ßufftten prebigen follte.
1464 mußte ßaftmir alle ^Privilegien ber ^uben jurüdtne^men. 3luc| tourbc eine befonbere »
^ubentrac^t eingeführt. 3m 16. Satyrfy. bagegen befafeen fte toieber oiele SRec^te, ftoUlpaty
unbörannttoembrennereien toaren ganj in i^ren ^änben, tote auc^ faft ber ganje §anbel
tmb bie J^anbtoerte, benn ba« ©tatut (Saftmir« IV. toar einige %ai)Tt fpäter toieber ein«
«fü^rt toorben. ©eine ©ö^ne 3<>^ann 3llbert unb 3llejanber toaren iJ^nen jtoar feinb«
U^, aber ©ifltemunb L, 1506—1548, fd^ü^te fte träftig. ^^re Sertreter beim Äönig w
508 3*roel, @efd)td)tc, nadjMMrWe
toaren bie är^irabbiner. @rft emgehxmberte beutfd&c Rubelt ty&m aber bamal« ba« "Xalmub*
ftubium in Sßolen gut Slüte gebraut, toie fte auc$ bamal« bie beutfefce Spraye für bie
Suben $olen« gur &errf<$enben matten; nur bie guben Sityauen« unb Dftyolen« be*
hielten bie littyautfäe unb rufftfc&e ©fcrac^e. Um biefe $ät fcat aud) ^ofepb Äaro im
6 ^aläftinenftjdjen ©afet ba« ©efe£e«toerf toerfafet, ba« im praltiföen geben ade anbeten
Salmubtoerfe fcerbrängte unb bi« tyeute bie 9torm alle« ©efefce«leben« geblieben iß: ber
Schulchan Aruch ; bie #errf$aft biefe« 33u($e« rorrb ^eute nod& bur$ bie SRabbmer Solen*
aufredet erhalten, benn feit bem 16. Satyrfyunbert ftnb bie polnifdjen $almubf#ulcn bie
berüfymteften 6urot>a« geworben, t>on Denen fogar bie beutfe^en guben $re Rabbiner be*
io gegen, obtootyl fte fem einzige« bebeutenbe« Jalmubtoerf ^erborbrac&ten; um fo größer
fear aber ihr ßifer, überall lalmubföulen gu errieten unb bie flenntni« be« Xalmub
unb Schulchan Aruch gu Verbreiten, dagegen Sibelftubien unb Sibelfenntni* towrbe
gang bernad&läfftgt. sJlur ein ^ertoorragenbe« SBerf entftanb in $olen. 3faa! %xoTx (bei
Sßilna), berÄaräer, toerfafcte 1593 bie Schrift Chisuk Emuna Sefeftigung be« ©tauben*.
15 Siefe« 2Ber!, hervorgegangen au« 9teligion«gefin;ä<$cn mit (S&riften berföiebener SBeterate
niffe, gilt bis tyeute al« Slrfenal fotoofyl jur Serteibigung al« gum Angriff be« ^uben*
tum« gegen ba« ßfyriftentum. 3n getiefter SBeifc fu^t e« befonber« 3Biberfrrü$e
in ben ßtoangelien gu entberfen. 6« tourbe au« bem #ebräifctyen in bie ftxmifcfce, fotctnifcfa
beutf<$e unb frangöftfc&e ©J>ra<$e überfefct. Sin £crgog toon Drlean« färieb eine SBiber*
20 legung. 2)er lefcte Äönig au$ bem ©tamme ber gagcllonen, 2Blabi«lato IV., toar ben
^uben befonber« getrogen 1632—1648, unb ber fyofye Slbel blieb in feiner 2U>fyängigfett
toon ben ^uben and) im 17. ^a^rty., ja bie guben bilbeten red&t eigentlich einen Staat
im Staate burefy bie ©tynobe, toelc^c alle 3>uben be« gangen Steige« einte unb jtoeimal
im $atyre in Sublin unb 3>aro«lah> tagte. Sie Sabbiner b^errföten SDenfen unb Seben
26 ber 3uben gang unb gar. %l)x lalmubftubium tourbe aber immer r>erf<$robener unb ber*
breiter unb ertlügelter : Gfyarafter unb fxttlid>eö Setou&tfein ber po(nif$en 3uben ttmrbe
babur<$ grünb(i$ fcerborben ; Serfdbmtytljeit, ©pifcfmbigfeit, 9%e$t$aberei unb Steigung ;u
gcifllofen 9Bi$eleien, Sift unb S3etrugf ^anati«mu« unb ^euc^elei, Aberglauben unb gri^
toolität tpurben ^erborragenbe ß^arartereigenfebaften ber polniföen gwben unb brüdten je
so länger je mefyr bem gangen jübifcfyen Solle ben ©tem^el ber SBert ommen^eit unb Säimner-
lid&fett auf. 35enn bei ber überau« ftarfen 93erme^rung ber polnifc^en 3"ben fanb immer
lieber eine ftarte SRücfhJanberung nac^ bem tt>e[tltcr)en Suroßa ftatt, fo ba^ mit ausnähme
ber ©^aniolen fämtlid^e euro))äif(^e ^uben ben polnifc^en G^arafter annahmen, toobur^
fte ben anberen Söllern um fo ber^a^ter tvurben. 9ln bie ©teile ber eblen SBürbe M
85 orientaltfd^en Gl^aralter« trat bie tyinterliftige Ärie^erei bc« flatoif^en. — 90« im 17.3<*W-
bie 3iwben ftc^ mit bem 2lbel unb ben ^efuiten fcerbünbeten jur ÄnecJ^tung ber f($tömas
tif<$en Äofalen in ber Ufränc uub biefe unter 3lnfü^rung ß^mielnidi« bie $olenbeere
fd^lugen, Würben Diele Xaufenbe toon %vben niebergeme^elt. Wuti) ber rufftföe unb \iftot-
bifc^e Ärieg unter Äarl X. begimierte bie Iguben. 3n 1>™ %cfyTm 1648—1658 Jollen
40 600 000 jübiföe gamilien umgefommen fein. 33amit toar Slei^tum unb SRac^t auti) ber
polnifc^en ^uben gebrochen. 2)cr Untergang unb bie Teilung $olen« )erf$Iug cwt) bie
ßin^eit be« ^olnif^en 3wbentum«.
III. SDic 92eugeit. 9lm @nbe be« 18. ^a^. ^atte ba« jübifc^e Soll unb ba*
^ubentum ftd^ überall in ber 2Belt aufgelebt, unb ^atte eine aUgemeine getfH^e Ser»
45 fumpfung unb religiö(e Sertoilberung $la| gegriffen, ©ottte ba« Soll nxd)t gängig bem
Untergange getoet^t fein, fo beburfte e« einer geiftigen SBiebergeburt unb einer totalen
inneren unb äußeren Umgeftaltung. Sie innere begann in &eutf$lanb burt^ Stoje«
ÜJtenbetefofyn, bie äußere burd^ bie ßmangtyation ber $v!t>en m granfrtic^. Darum be*
ginnt mit bem 19. 3afyrfy. für ba« jübtfdje Soll eine bur^au« neue (Spoty feine« geben«
60 unb feiner ©eföid&te.
2)er große Äurfürft griebrid^ SBil^elm Ijatte au« eigner ^ntttattoc ftc^ entföfoffen,
50 jübiferpe Familien au« 2Bien tommen gu laffen unb in Sranbenbura aufgun^mm.
©o beftanb aud) in Serlin eine fleine ©emetnbe bon ©^u^juben. ßter|er fam SRofc*
3Kenbel«fo^n, geb. 1729 gu 2)effau, ber, mit Seffing befreunoet, ftd& ©ilbung unb p^ilo»
65 fo^lnfdjc Menntniffe ertoarb. ^sn ber sJ^etbe ber ^ßo^ularp^ilofo^en toarb er ein gern ge*
lejener ©d^riftfteller, ber befonber« burc^ feine ©(^rift über btc Unfterblt$fett ba Sede
aueb bie bantbare älnerfennung bieler S^riften gewann, ©ein Seiflptel h>erfte bie %a<fc
a^mung anberer junger ^uben, unb balb em>ad^te ein Surft na$ Silbung unb ©iffen=
fc^aft. ß« bilbeten ftd^ ba unb bort Mreife fold^er, tvel^e ft$ am lalmubftubium rn^t
60 mefyr genügen ließm. Xiefgc^enb fear bann bie SBirfung, n>eb^e feine Überfefcung ber
3*rnel, ©efdtfdjte, nadjbiMifdje 509
fünf Siu^er 3Rofe3 in bcutföe Spraye auf fein SBolf ^attc. Sie toar mit fyebräiföen
Settern aebrucft, toeil bie !guben nocfy nirgenb in Deutfölanb beutf<$e Schrift lefen lonntcn.
Die Slabbmer aber verboten bei Strafe beS 93anne« ba« Sefen biefer Überfefcung. aber
bad Verbot blieb toirfungälo«. Sin biefem Sucfy aber lernten bie beutf<$en ^uben bcibe«,
bie beutföe Sprache unb bie Urfunbe tyrer Religion. Seitbem entftanb ein ©efcfclec^t 6
)übtf$er ©c^riftfteller unb Agitatoren, bie fi$ bie Slufgabe ftettten, tyr 93olf au« feiner
äbgeföloffentyett $erau«jufityrcn, mit mobemer Silbung unb Söifjenfdjaft belannt ju
machen, bie jübifd&e Sieligion toon Aberglauben unb totem Scremonienbienft $u befreien
unb mit bem mobernen Denfen unb Seben in ßinflang gu bringen. So ift e« boc$ eigent*
ltd} bie 33ibel getoefen, toelc^e ben Slnftoß gab, ben ©eift ber 3iuben Dom %o$ be« %ci- 10
mub ju befreien unb tym neue« 2ebm eingu^aud;en. SR. felbft aber fyatte biefe S3e*
toegung fetnestoeg« beabftc^ttgt. SCBtc fcfyon auf SR. fo Ratten aber Stouffean, Voltaire,
%*Rw&r Jtant# #erber unb fpätcr ©oetfye unb Spider ben allergrößten geiftigen ßinfluß
auf ba* junge ©efc^Iec^t, unb alle befeelte bie 2tbftd;t, ba« Subentum gu reformieren, tym
emen neuen ©eift einzuflößen. $n granfreic^ tourbe nac$ langen Verfyanblungen, in benen 16
bie Suben burc$ ÜRirabeau unb ©rSgoire gegen bie ^rotefte ber (Slfäffer unterftüfct
tourben, am 28. September 1791 ba« ©efefc angenommen, burc$ toelctye« bie ^uben für
al€t$bere$tigte öürger granlreic^ erllärt mürben. 3m 3a^c !808 aber mürbe bie
®Ie«$berectyttgung für bie ^uben be« (Slfaß aufgehoben. $ur Honftituierung ber ^uben
berief am 26. 3uli 1806 Slapoleon 100 jübiföe Slotabeln na$ <JJari«. Der Äaifer leate 20
tynen 12 ^fragen Dor, toon beren Seanttoortung ityre Stellung im BtaaU abhängen foute.
3m folgenben gafyre fefcte bann ba« Stynebrion für bie 3>uben bie Äonfiftorialtoerfaffung
feft, bie £eute nod? m^ranfreie^ gilt, infolge beffen erflärten auc§ alle Styeinbunbftaaten
bie^uben für gleichberechtigt unb alle 2änber unter framöfiföer £errf$aft. Selbft Preußen
getoetyrte 1812 tyre Emanzipation, otyne fte aber au«jufül?ren, unb fogar in SRecflenburg 26
erlangten fte einige Siebte, gn granlfurt erfauften fie fic$ um 400000 fl. bie ©leiefc
berec^ttgung. Allein gleich na<| ben 93efreiung«friegen trat bie 9iea!tion ein. Die freien
©tobte, felbft grantfurt, fyoben bie gemährten Siedete auf, unb3lrtifel 101 ber Sunbeäafte,
toonaefc fie bie erlangten Siechte behalten foUten, fonnte fie ni$t fd^üfcen. 3n Öfterreid)
bageaen fu$r man fort, bie reiben S.uben m abeln unb bie Slrmen unter bem Drudf |\u 30
betonen. 3« ^ranfreic^ bagegen behielten fte tt^rc Siebte unb in Snglanb erhielten fte
Slatun, ft$ fol^e }u erfämpfen. ^n ben meiften Staaten 2)cutjd;lanbö na^m au$ ber
Staat bis jübifc^e Sieligionätoefen unter feine Auffielt unb Seitung. Unter ben !^uben
aber entftanb eine merttoürbige Setoegung. Stanc^e, ftie 3J2enbel^fo^n^ Siac^tommen,
aingen fofort jum S^riftentum über, anbere, toie ^rieblänber, unter^anbelten mit ©eift- 35
uc^at, tote toentg fte bon ben Dogmen annehmen müßten, um ftc^ taufen ju (äffen. 2Bieber
anbere, tote 3<tfob$fo^n, errichteten in Jtaffel unb Hamburg Sleformf^nagogen mit beutfd^er
$rebtgt unb ©ebeten, Orgel unb proteftantifc^em ^farrtalar. Doc^ tonnte bie^ SlUeö fte
nk^t t>üt bem Sturm be0 3ubenfytfte3 f^en, ber 1819 juerft in SÖür^burg loebrad^ unter
bem ©efc^rei pfy ! §ej) ! 9)Tan plünberte unb mißbanbelte bie ^uben, btö sDitlttär bie Stu^e «o
^er^eOte. Diefe SUtefd^reitungen toieber^olten ftcfy in ben Stäbten Süb» unb Wittel-
beutfc^lanb^. Die neumobifc^en Xempcl aber tourben toon ber Stegierung al^ „unjübifd^"
aefc^lüfjen unb bie beutfefce ^rebigt Verboten. Die ftolge toar, baß immer mc^r !Juben
M taufen ließen; in Berlin bi^ über 200 im $afyre. 3lnbcrerfettö bilbete [\d) aud) eine
ortyoboce gartet, toelc^e allen Steuerungen ab^olb, fototet aU möglich Dom alten 3^ben- 46
tum unb fvnagogalcn Siitud toa^ren toollte. Die Sieformer aber bereinigten fic$ 1819 im
„Scrcin für Äultur unb SBiffenfc^aft be« 3ubentum«". 3^r ttyätigfteS unb gelel^rteftc«
©lieb toar Seopolb 3«nj. Dod^ braute biefe Partei nid^t^ Dauerhafte« gu ftanbe. §eine
*erft»ttete bie „gute, reinliche Sieligion, biefen SRofaifgotteebienft mit ben ortljogra^ifcfyen
beulen ©ejängen unb gerührten ^Jrebigten", benn i^m toar, toie feitfyer Saufenben, so
baÄ ^wbentum „gar leine Sieligion, fonbern ein Unglücf". (Sine neue SBenbung trat erft
ein burc^ SKartu« ^oftö ©ef<$ic£te ber brachten 1820—1829 in 9 Sänben ; au«
biefem SBert lernten bie mobern gebilbeten 3>uben erft toieber i^re Vergangenheit fennen,
fo bafe fu^ in tynen toieber iübif^e« 93etoußtfein regte. Die« tourbe nod^ gefräftigt burc^
3un|end ^St^nagogale $oefie" unb „bie gotteäbienftlic^en SSorträge ber ^uben". ^e^t 66
mtftanben grünbli^e ^orfc^ungen über ba« ^ubentum unb feine ©efc^ic^te. tfro$mal
lehrte ba« 3u^entum ^ ^iftoriföe (Srfc^einung toürbigen. Stapoport unb Suuatto er-
toarben ft^ bur^ ibre ^iftorifd^en unb grammatifc^en ^orfd^ungen große £$erbienfte.
Stierer grünbete auc^ ju ^abua bao erfte Siabbinerfeminar 1829. Diefe toiffenfc^aftlic^e
Stiftung geitigte eine gemäßigtere unb mefyr ^iftorifc^e, toeniger rabüale Sleformbetoegung, 60
510 3*rael, ®efd)id>tc, natf>biblif$e
an bereu (Stifte ^Ibrabam ©eiger trat; tyr^tcl toar 3fortbilbung be$ gubentumS. Äufeer*
orbentlicty günfttg mar aber für ba$ auftreten ber ^juben bie SRebolutionäperiobe, toefcfc
tyren Slnfang 1830 in gran!reic§ nal?m, too £ouiä ftyiliw mit $ilfe be$ $aufe« SRotfc
fd&ilb bte Vourbonen ftünte. 9la<$bem fäon 1830 in bcr Deputiertenlammer ber Antrag
6gefteQt toar, bie jübifd&e Religion atö öffentliche anjuerfennen unb ihren Äuliuä au3 &taa&
mittein ju beftreiten, nafym am 1. Januar 1831 aud& bie $air$fammer bie bottftanbige
©leicfyftetfung ber Sjuben an. 3n Deutfälanb jtoar tyatte bie Sulirebolution borerfit nur
bte $o!ge, baß neue ©etoalttfyätigfeiten gegen bie guben berübt Würben unb ber Volte«
fyaß fiefy fteigerte, aber je metyr ber fiiberaltemuS unter ben ©ebilbeten SBurjel faßte, um
10 fo günftiger h)urbe bie Stimmung für ©man^ipation, unb !guben, toie 6eme, Vörne,
©abriel Stifter u. a. fugten bur<$ tyre litterartfc&e 2Birffam!eit für ben SiberaliämuS ju
arbeiten. Die ^Regierungen aber behielten fi$ no$ ganj ablefyienb ; berbot boefc griebru$
SBityelm III. bur$ ÄabinetSorbre Dom 10. Sluguft 1836, baß Suben c^rtftlic^e Vornamen
führten, unb befahl, baß fie amtlich ntd^t „mofaifäe ©laubenägenoffen", fonbern fölttyU
16 toeg „^uben" ju nennen feien. Durc§ biefen Drucf bon unten unb oben tourben btele
^uben jur Saufe getrieben, toeil fie an ber 3uftmf* i^red VolfeS berjtoeifelten unb $re
moberntfterte Religion ifynen feinen #alt me^r bot. Da trat plö$li<$ ein Sreignte ein,
toelctyeS bie ^ubenfrage $u einer europäiföen Angelegenheit machte. $$n DamaStuS, ba*
5000 jübifctye gamtlien jäfylte unter 20 000 ßintoo^nern, berfd&toanb am 5. Februar 1840
ber Äaj)ujinerguarbtan lomafo mit feinem Diener. Die fieben angefetyenften unb reiften
ao^uben tourben be3 ÜJlorbe^ auä religiöfen ©rünben befäulbigt, (jefänglic§ eingebogen
unb gefoltert, tyre #äufer mürben geplünbert unb jerftört, um bie £ei$e beS ^ßater* aufs
ntfinben. Stuf mit ber Wolter erpreßte Denunziation tyin tourben bann anbere borne^me
Jjuben unb Drei Rabbiner beruftet. Da unter erfteren ein öfterreic^if^er 3ubc toar, ncfyn
^ fic§ ber öfterreid^tf^c Äonful ber ©ad^e an unb enthüllte in feinem ftonfulatöbertyt bie
bom franjöfiföen Äonful unb franjöfiföen Äapujinern gegen bie Silben geführten 3«*
triguen. Irofebem tourben bie guben jum $obe berurteilt. Da trat ber greife 9bolp$e
Srömieuj in sJiari« für bie 3juben ein unb toußte eS im Vunbe mit 9lot$f$ilb, SRonteftore,
©alomonS unb ©olbfömib bei £oui£ $^ilit>)) unb £orb $almerfton unb TOettemi^
so ba^in ju bringen, bag ^ranfrei^, (Snglanb unb £)fterrei$ ben 6^u^ ber guben gegen
bie Unmenfd;lic^feiten in bie $anb nahmen, ©ie erregten e$, ba| ber Stjelonig bon
sÜg$>ten, SJle^emeb äli, einen ©erid^t^of au« benÄonfuln bon Öfterreic^, Sngtanb, Stufe«
lanb unb ^JJreufeen einfette jur Unterfu^ung ber ©ac^e. 9lur 3rrantrei$ unter 2^iert
3g trat jurüd unb unterftü^te bie Partei ber jubenfeinblid&en Rlerilalen, jumal ba ber fron*
ftöfifege Jtonful in Dama&uä aU ber eigentliche Seiter ber Verfolgungen ertaitnt tourbe.
^m englifdjen Parlament aber traten Stöbert $eel, £orb ^Jalmerfton unb Sorb ÄfHdp
für bie Unfc^ulb ber ^uben ein, unb bie Königin SStttoria fteHte 3Jlonteftore ein englifc^rt
©taat^jdjtff jur Serfügung, um nad? Slleianbrien ju reifen. @r unb Sr6mteuc lonnten
enbli$ $toaT nic^t bie Stebifton be$ ^rojeffe^, aber bod> bie greilafjung ber Verurteilten
40 erlangen, benn 3Rel^emet älli beeilte ftd^, um nid;t bem Drucf ber ©rofmäc^te nachgeben
tu muffen, fie fc^leunigft ju begnabigen. Durc^ biefe^ (Sreigni* tourbe aber bad iübiMe
Setoufctfein unb ©olibarttät^gefü^l ber Suben (SuropaS bebeutenb geh>ecft unb geftörn,
ja bie lofe SBcrbinbung mit ben orientalijc^en guben tourbe fefter getnüpft, mbem Qxb
mieuj ben Slnfang machte, im Orient moberne ©c^ulen für bie^uben }u grünben. Die*
45 SSJerf führte bann bie bon tym gegrünbete Alliance Israelite universelle gu ^ortö mit
reichen Mitteln im gangen Orient au3. Die 9tüdreife 3Rontefiored unb Grämteus' mar ein
toa^rer Srium^ug. 3um erftenmale füllten fic^ bie 3uben ganj (£uroj>a^ ein^. Sie
äufcerltd? aber biefe (Sin^eit toar, geigte bie erfte Siabbinerfvnobe )u Sraunfötoeig 1844,
Wo unter ber Autorität ^olb^ieim^ bie rabifalften 9teformbef^lüffe gefaßt tourben, toebtye
60 ben ^roteft ber übrigen Rabbiner hervorriefen ; baä ^a^r 1848 mit feinen Sebolutionen
in $artö, 2Bieu, Verlin, Italien unb anberen £änbern braute überall ben bott^en Äibera^
Itömu* jurn ©ieg, auf beffen Programm auc^ bie (Smangipation ber ^uben ftanb. SieU
nun tourben aud? in bie Parlamente getoö^lt unb erlangten einflußreiche Stellungen, unb
mit bem frg$fenben SBo^lftanb eigneten fie fi$ aud) immer me^r beutfe^e Vilbung an. fbA
66 ber neuen sÜra bon 1854 frieden fie in ben Parlamenten, feit 1866 im beutf$en ^oD1
Parlament eine große Stolle, £a3fer unb Vamberger beeinflußten bie ©efe^gebung. SRit
bem 3a^re 1870 aber trat eine Sleaftion ein. 3Kan füllte i^r Übergehm^t, emjjfanb ben
9laffenunterf$ieb, ihr Vorbröngen empörte. 3ltö and) jübif$e Sitteraten bor ber cprifUtftyen
Religion nid^t $alt matten, erfyob ^ofprebiger ©töcfer 1879 ^Sroteft (Sd bilbete fiA in
co Deutf$(anb ber Slntifemittömud, ber ftd) balb über anbere Sänber berbreitete. $n %tß>
3*wef, @efdji4te, nad)btbttfc^e Italien, fird)Ucf)=ftattfttfd) 511
lanb, tt>o fie auf 3—4 3Mionen ft<$ bermefyrt Ratten, hmrbe ba« ©efefc ftreng ausgeführt,
bafe fie mqt hn ^nnern, fonbern nur in ben früher polnifc&en sjjrobinjen tootynen burften.
3n biefen aber berbrannte oft ba« SBolf bie ^ubenquartiere, fo bafe Jaufenbe auätoanberten.
9u$ tmrb in Stufjlanb nur ein geftriffer *Pro$entfa$ Don $uben an ben ©d&ulen unb Uni*
berftiaien jugelaffen. 3n Rumänien fmb fie ganj auSgeföloffen unb bürfen auc§ feine 6
eigenen Spulen errieten, 3>n SBien, too fie allmächtig toaren, tarn e$ &u einer totalen
Umgeftalhmg be$ ©tabtrate« in antifemitifetyer Stiftung. 3n Sfanfreic^ tveefte ber 35reifufc
banbd ben Sfotifemittemu«. 3>m ©efü^I ber gän^Iic^en Unftd&erfyeit ifyrer Sage grünbete
Dr. $erjl in SBien 1897 bie Partei ber .ßioniften, toeld&e bie Errichtung eine« jübifcfyen
Staates in Sßaläftina anftreben, ber allen verfolgten 3>uben eine recfytli<$ gefiederte §eim* 10
fiatte bieten foQ. $eman.
dfttla f. Sb III 6. 26,i8.
Stalten, fird&li#sftatiftif$. — Sttteratuv: Annali di Statistica, Serie 2* Vol. 4
unb 15; Relazione del Direttore Generale del fondo per il eulto (Antonio Tami) sulle
attratä e pasaivita delle parrocchie e delle mense vescovili del regno d'Italia, Dicembre 1896 ; 15
ReUzione (29*) della commissione centrale di sindacato sulla amministrazionc dell' asse
eccleoastico dal l.Laglio 1897 al 30 Giugno 1898 : Carta delle circoscrizioni ecclesiastiche ;
Annnario Statistico Italiano 1886: Culti. «ßfipftlidjer #offalenber 1899. 3)ie neueften
3o^reSberid)te ber üerfdjiebenen coangelifdjen $tivd)engcmeinfd)aften uon 1898 unb 1899;
ff. ffiönnefe : UcbcrfidjtSfartc über bie eoangelifeften ©emeinben in Stalten, 2. %uf(. Annuario 20
Evanzelico 1899.
Kaum in einem anberen fianbe l)at bie le$te §älfte bc« ^a^r^unbertö fo getoaltige
po(tttf$e SBeranberungen mit fi<$ gebraut hrie in bem fianbe, ,,ba« 9Jteer unb Silben
fäuinen". 8eareiflic§erh>eife mujjte ba« für bie fir<$li$en 33erfyältniffe bon ben tief ein«
fc^neibenbften folgen (ein. 2Bcnn ^ä^ftttc^e Schmeichler ben Styllabu« $iu«' IX. bom 26
8. Staember 1864 einen „9Jtarfftein in ber geitgefd&ic&te" unb einen „SBenbetmnft ju
einer Sßelfyeriobe mit no<$ ungeahnten (Snttoicflungen" nannten, fo gilt ba« in biel
treffenberem Sinne Don ber „99reccia bei $orta $ia", bur$ toel<$e am 20. September 1870
banf ber beutje^en Siege auf granlreic^ ©efilben bie italienifdjen Xrupben m ber „etoigen"
Stoma tyren (Knjug gelten unb ber toeltltc^en £errfcfyaft ber $äj>fte ein unrühmliche« ao
Snbe bereiteten. ®ie römifcfye Äircfye, toelc^e fo gern ftc§ al« feftefte Stüfce ber Staaten
anprttß, fonnte tyren eigenen „Äir<$enftaat" ni<$t galten. 35enn nur 1507 Stimmen bon
ben 167 OCM) berechtigten Stimmen ber fattyolifcfyen SRömer im Äirctyenftaate ftimmten beim
$lcbf*}tt am 2. Oftober 1870 bagegen, bafe ber flirc^enftaat bem Königreich Italien eins
Dcrieibt unb SRom bie #au}>tftabt be« ©efamtfönigreic^e« mit bamal^ runb 27 Millionen 86
(Smtoobnem unter ber nationalen Irifolore unb bem milben ©cepter be« fabo^jo^en
Ronig^aufe^ tourbe. 93on ben jejt 32 3RiHionen Setoo^nem be^ Sanbe^ finb alle bte
auf einen Reinen 93ru$teil römifcfcfattyolifctyen ©lauben^. 3m 3a^re l"6 toaren
31290061 Äat^olilen ermittelt. 3)ie SSoIföjä^lung bon 1871 ergab: 26 662 580 Äa^
t^oßbn, 58651 ©bangelifd^e, 35356 3iuben unb 44567 anbere Selenntnifje ; biejenigeio
bon 1881: 28359 628 Äat^olifen, 62 000 ebangelijd^e, 38 000 $ubcn. Ü^on le^teren
befanben fic$ 6543 in 5ßiemont, 573 in Si^uricn, 3000 in ber Sombarbei, 5500 im
Senctiantfi^en, 5400 in bergmilia unb SRomagna, 103 in Umbrien, 2500 in ben SKarfen,
7500 in ioäcana, 6500 in SRom, 300 im Stcapolitanifäen, 9 in Simulien; toie man alfo
fie^t, giebt ed in ber füblid^en ^älfte ^talien^ faft gar feine. 35ic ^ubw in SRom befugen 46
bort hn früheren ©^etto 5 Synagogen, 3 mit italienifd^em, 2 mit fpantjcfyem SRttu^.
3m nac^folgenben befc^äftigen toir un^ bom firc^Ii^sflatiftifd^en ©tanbj)unfte au«
nur etngeljenber mit ber römiJc^ = fat^o(if(^en unb ebangelifd^cn .Hirc^c Italien«,
ba bie Sln^nger ber grie^ifc^'fat^olifc^en ftird^e nur in dkapd, 3Heffina unb
»arletta fdrmltc^e ©entetnben nebft Kirnen ^aben; fte fmb uniert. 60
Si« 1848 na^m in allen Btaatm ber apenninifd?en §albinfel, ©arbinien mitein*
beariffen, ber Äleru« ber römifc^en Äird^c famt ben religiöfcn Drben eine äu^na^me«
ftdDUmg ein. Sie toaren frei bon ber h>elt(ic$en ©erid^töbarfeit, bon &taat& unb ©runb»
fteuem, aenoffen ja^lreio^e anbere 3^mwnitäten unb Ratten bie öffentlichen Unterrichte
tskt SBofJU^&tigfeitdanftalten ganj in ifyrer §anb. 3)a« Äönigreic^ ©arbinien jjing in ber 66
Seuorbnung ber 3)mge boran unb ^>at me^r ober toeniger ©eift unb ^n^alt fetner öefeft«
gebung fttfter auf ba« ganje Stöniareic^ Italien übertragen. Wit Öefc^ bom 25. 2luguft 1848
tourben nebft ben ^efuiten auep bie tarnen bom |l. ^erjen §tfu au« bem farbinifdben
Staatsgebiete audgefc^loffen. Da« @efe$ bom 1. SKärj 1850 unterteilte aQe firc^lt^en
512 Stalten, ttrdjU<H«t$if4
2Bo<&ätigfeit«anftalten ber auffielt ber ©taat«be^örben. 3)ie gfretyeit bon toeltlufcr
@eri$t«barfeit unb öffentlichen Saften unb abgaben tourbe für ?ßriefter unb Klofterbrüber
(2Belt« unb Drbcnögciftlic^feit) burc& ©efefe bom 9. äpril 1850 befeitigt. @m anbete«
©efefc bom 4. ^uni 1850 betbot ben geiftlic^en ^nftitutionen, ©eföenfe ober $ennä$t«
6 nifje otyne föniglidje ©ene&migung anjunefymen, toätyrenb ba« ©efefc bom 23. 3Rai 1851
auf bte ©infünfte ber „toten §anb" eine jätyrlictye Steuer legte. 92atürli$ na^m ber
Aleru« biefe einfäneibenben ©efefce nid^t fo ru&ta tytn unb toeJ^rte ftc$ in ber treffe tote
im Parlament, auf ber Kangel tüte im 33ei$tftu^l au« Kräften bagegen, fo bafe am
5. 3ult 1854 ein neue« ©efefc erfd&ien, toelc^e« tyarte ©trafen für alle biejemgen feftfefcte,
10 toelctye barauf ausgingen, ©qefce unb (Sinrw^tungen be« Staate« berä$tli$ ju machen.
■Dian rnufe ftaunen, too&er ein ßabour ben 9Jiut najjm, angefügt« granfeeiety« unb ßfter«
reiety«, mit benen ber SSatilan im Sunbe toar, biefen „Kulturfantyf" $u beginnen unb
burcfyjufüfyren. 2lllein bie Politiken 3Scrfyältnif[e GuroJ>a« unterftüfcten tyn in befonber«
günfttger SBeife. ©o braute benn 1855, ba« ^a^r be« Krimfriege«, in Sarbinien ba«
16 ©efefc bom 29. 2Rai, fraft bejfen innerhalb ©arbimen« alle religidfen Orben unb SSereme,
fotoeit fte ftc$ nic^t mit $rebigt unb ©eelforge ober mit Unterricht unb Kranfenpflege
beföäftigten, aufgehoben unb ityre ©üter unb Sertürner bom Staate eingebogen tourben,
um au« beren ßrlö« eine befonbere, bon ben ftaatlic^en ginanjen unabhängige Kir$enfaffe
für Kultu«jtoecfe (cassa ecclesiastica) )u bilben. Sin 3luffic$t«rat, befte&enb au« 3 ©ena«
20 toren, 3 deputierten unb 3 anbern bom König ju ernennenben SHitgliebem toar ber«
bflictytet, mittel« jätyrlidjen 93eric£te« an ben König über bie SBertoaltung biefer Kir$en!affe
?Re$enfc$aft ju geben, toelcfye anbererfeit« bie jafylreic^en unb lebenslänglichen $enfionen
für bie borgef unbenen 3Rön$e unb Tonnen, toeldje i&r gemeinfd&aftlic^e« Sebcn, bie Settek
orben felbft ba« Setteln, fortfefcen burften, fotoie bie ©e^älter ber ©eiftlic^en bon auf«
26 gehobenen ©tift«ftrc$en unb ^frünben ju beftreiten fyattt, auefc bie Soften für bie fort«
bauemben ©otte«bienfte in ben aufgehobenen ©tift«fird&en unb Klaftern nebfi $farr«
befolbungen unb anberen auf tynen bon früher tyer rutyenben Saften (*. 9. bte 3efytten«
entfctyäbigung an bie ©eiftlidjjfett ber ^nfel Sarbinien) übernahm. $ugleic$ tyatte bie
„Kirdjenfajfe" bie SSetyflic^tung, bie geringeren $fanbefolbungen bi« auf lOOOSire jätyrluty
80 gu bringen. Sluf ©runb biefe« ©ejefce« bom 29. ÜRai 1855 tourben im Königreich Sar-
binien aufgehoben: 274 3Könc$flöfter mit 3733 Orben«* unb Saienbrübern, fotoie 61
9tonnenflöfter mit 1756 ^nfajfen, im gangen alfo 335 Klöfter mit 5489 Setoolpnent.
SSon ©tift«fir$en tourben 2722 ^frünben eingebogen. 2)ie bamit aufgehobenen Kirnen«
guter betrugen ettoa ]U ber borfyanbenen, bodj mußten bie anberen '/, borläufig befielen
36 bleiben, toeit für ben 8ereic$ be« Unterrichte« unb ber Kranfenpflege bie laienhafte boD«
ftänbig fehlten. $em juckte ba« ©efefe bom 22. ^uni 1857 über „Drbnun^ unb 8er*
toaltung be« Unterrichte«'' fomie ba« ©efe£ bom 20. ^uni 1858 über ^(Smc^tung bon
Se^rerfeminarien" abhelfen.
2)er ©ang ber politifc^en greianijfc geftattete e«, ba« ©efe^ bom 29. 3Rai 1855
40 burc$ betrete ber löniglic^en ^ommtftarien auf bie einverleibten ianbe«teile Italien« au««
uibe^nen. ©o tourben 1861 aufgehoben: 1. 3n Umbrien 197 3Rönd^Köfter mit 1809
Orben«« unb Saienbrübern, fotoie 102 92onnen!löfter mit 2393 3nf äffen, im gangen alfo
299 Älöfter mit 4202 Setoo^nern, bagu 836 ^frünben bon ©tift«Krc^en ; 2. m ben
SKarfen 419 Älöfter mit 5678 »etoo^nern (292 Klöfter mit 2950 ÜRönc^en unb 127
46 mit 2728 Tonnen)* 3. im 92eapolitanifc^en 1022 ftlöfter mit 16 280 Setoo^nern (747
Klöfter mit 8787 9Jtönc§en unb 275 mit 7493 Tonnen). 2)arau« Pojfen in bie ^ir^oi«
fajfe" Kirc^engüter im SEBerte bon runb 300 Willionen mit einem jä^rli$en ertrag bon
runb 15 SWiflionen.
&a« im 3Jiärj 1861 gebilbete Hönigreic^ Italien, mit einer fefyr bebenflic^en ginanj«
(o läge au« Stnla^ ber großen für bie nationale (Sin^eit gebrauten Opfer, orbnete bur$
©efe^ bom 21. Stuguft 1862 an, baft bie eingebogenen Kir$engüter au« bem 9eft( ba
„Hirqenlaffa" in ben be« BtaaU^ übergingen, toel$er biefelben beräu|ern unb eine ent«
fbrec^enbe sJtcntc mit 5°/0 beregnet ju ©unften ber „Kir$enfajfe" übernehmen foDte.
(Sin Seric^t bom $a^re 1877 giebt ben 2öert ber bom Staate übernommenen Kir^en^
66 guter auf 380589517 Sireital. an, bon benen für 87900000 no$ ni$t berfauft toaren.
Srtoä^nt fei fyter and) ba« ©efe$ bom 10. Sluguft 1862, toelc^e« beftimmte, bag fämtlic^e
ben 1436 Ürc^lic^en Qnftituten in Sizilien gehörigen Sänbereien in planen bon
10—100 Äeftaren in bauernbem Qxbpaty an $ribate gegeben toerben mußten. G«
^anbelle [ity um nic^t toeniaer al« um 192000 $ettare! Wod) e$e bie« ©efe^ burdj^
go geführt toarf orbneten bie ©efe^e bom 7. ^uli 1866 unb bom 15. äuguft 1867 „über
Italien, Itr^Ii^.ftattftif^ 513
bie SReuorbmmg be$ lird&lid&en Vermögen«" bie 2luföebung ber Älöfter unb Äird&engüter
för ba8 flome Äönigretty (bis auf ben Äirc^enftaat, bie Stabt 3lom unb bie'^u biefem
JtB$enfprengel gehörigen SBorftäbte [sedi suburbicarie], für toelc^e erft ba3 ©efefc bom
19. 3ufw 1873 biejelben Slnorbnungen, aber toegen ber befonberen Umftänbe in ettoaS
milberer gönn braute) an, inbem e$ jugleic^ aflen ^nfaffen ber aufgehobenen geiftlic^en 6
unb toeltltdpen Orben unb Vereine (Sruberfcfyaften) bie Ausübung alfer bürgerlichen unb
politiföen Siebte jufpraety unb eine jäfyrlid^e einnähme je nafy bem Sllter ber berechtigten
bmi 360—600 Sire (bie 2Rttglieber ber Settelorben erhielten 250 Sire) jufu$erte. 2)a&
fette ©efefc bertoanbelte bie bisherige „Ätrc^enfaffe" in einen „ÄultuSfonbS" (Fondo per
il eulto), beffen einnahmen im toefentltd&en au3 ber 5°/0 9tente beftanb, toeldje ber Staat 10
ffir bie eingebogenen unb beräufjerten $ird&engüter ju leiften §atte, toätyrenb er bafür alle
Sbtägaben für nrcpc&e sjtoecfe Oßenftonen, ©e&älter, Saften, Unterhaltung ber ©ebäube)
beffatt. SSon ber @injtebung auägeföloffen blieben {amtliche ßird&en unb Kapellen ju
gotteäbienftlic^em ©ebraudj mit 3ubefyör unb ©c^muef, ferner bie bifööflicfyen Slefibenjen
nebft bamit berbunbenen amtlichen ©ebäuben toie ^riefterfeminarien unb biejenigen Älöfter, iö
todty ben ?ßrobinjen ober Kommunen für öffentliche jjtoecfe (Schulen, Slfole, ßofjntäler)
fibertpiefen toorben toaren. Serüfymte Slbteien toie bie bon 3Montecaffino, Sa 6aba,
€. SWartino beüa ©cala, 2Ronreale, ßertofa bei $abia Waren ebenfalte bon ber (Sin*
jie^ung aufgenommen unb tyre Unterhaltung toegen ber monumentalen 93ebeutung biefer
Stiftungen bom Staate au« bem ÄultuSfonbS übernommen, 6nblic§ belegte baä ©efefc 20
bom 15. Shiguft 1867 fämtlic^eS Äirctyenbermögen, fotootyl ba$ eingebogene toie beftefyenbe,
mit einer ©taatSfteuer bon 30°/o. Äeine ftrage, bafc bie« ©efefc in erfter Stme ber Stuf*
befferung ber ©taatSfinanjen biente, toeldpen ein ertrag bon ettoa 400 Millionen avß
ben eingebogenen Äircgengütern juflofe, toäbrenb fte bem „ÄultuSfonbS" eine jäfyrlic^e Stente
bon 8252 533 Sire (naefr Slbgug ber ©teuer nur 7 942 609 Sire) ju leiften Ratten. 3jm 25
übrigen lam ber „ÄuItuSfonbS" burety bie 30projentigeStaat«fteuer um ein bollee drittel
fetner einnähme unb bamit in ein arge« ©ebränge, toeld&em föliefclic^ fo abgeholfen tourbe,
baf ber Staat ba$ ftänbige 3)epjit be$ „ÄultuSfonbS" (bon 1868—1884) au« feinen
atmein beefte.
SBie fc&on ertojtynt, tyat ber burc^S ©efefc bom 15. 2tuguft 1867 gefd&affene 28er* so
toaltungärai beä fird&lic&en Vermögen« (commissione centrale di sindicato sulla
amministrazione dell* asse ecclesiastico) laut § 8 beä genannten ©efefceS ber
5Bt|>uiiertenfammer jjä^rlid^ einen Serictyt über feine 3#ätigfeit borjulegen. $)er neuefte,
am 14. gebruar 1899 borgelegte unb bis jum 30. Sunt reicfyenbe (29.) Sericfyt bringt
folgenbe ßrgebniffe: a) %n Sefifc genommen bom Staate finb 44376 Jtirc^engüter mit 35
einer ©efamtrente bon 32885023 Sire, nämlic^ 2184 filöfter mit 11671931 Sire
unb 42192 geiftlid^e ^nftitute mit 18213092 Sire; b) tyrer »eftimmung erhalten blieben
18944 fttre^engebäube, Seminarien, Sifc^of^e, ßanonifate unb Stat)lan^frünben mit
einer ©efamtrente bon 25485377 Sire. 2ln bie ^robinjen unb ©emeinben bed König«
«eufcd toaren 1959 ftloftergebäube im SBerte bon 31587 871 Sire abgetreten toorben 40
fbarunter für 25989227 unentgeltich !) 2)er Staatefteuer bon 30°/0 unterlagen 297 @r^
bätümer unb Stötümer, 319 ^riefterfeminarien, 401 2)omfaVitcl, 2590 ftanonüate unb
20703 Pfarreien; bagu bon ben aufgehobenen Äird^engütern 1737 Älöfter, 1492 Stifte
finden fotoie 21474 geiftlic^e ^nftitute, im gangen 49 013 9le^tgfubie!te (enti morali)
ober nmftifd^e «PerJonen, bon toelc&en auf ©runb be« ©teuerfa^eS (30°/o) ber Staat 46
jtyrftty 10274207 Sire begießt. %ixx 3toecfe bc« Staate« (Äafernen, »erloaltungggebäube)
toaren 217 Äirtfcngüter (meift Älöfter) imSKerte bon 11 571 836 Sire btö 30.;vsuni 1898
benüfct. Sta liegenben ©rünben toaren noc$ nic^t berfauft 1 1044 Slnteile (lotti) im SSerte
bim 13472852, baju nod^ nid^t aufgeteilte ©runbftüie im SBerte bon 4 607512, m&
gefamt alfo ©runbftücfe im 2öerte bon 18 080364 Sire. 2)a laut ©efe^ ber 5lau^rei^5o
ber Äirc^engüter auf bem SBege ber 3lmortifation getilgt toerben tann, fo ift ber Btaat
bä 1915/16 no^ bei Ääufern bon Kird&engut ©laubiger bon 22 765565 Sire (30. ^uni 1898).
SBtr ttfiefjen mit ber amtlichen 3«iömmenfteHung ber bte gum 30. 3uni 1898 ber*
uttfterten Jttrtbengüter •
$robtnj: «iemont Anteile: 15141 33crf auftrete : 64 689 653.68S.it. 66
„ Sigurien
„ Sombarbei ,
„ 3Senetien ,
„ ßmilia ,
SatuS: Slnteile: 57 352 «ertaufebrei«: 217 361627.69S.it. co
tttMictnopAMc fflr Zoologie unb fttreftc.
15141
6 038
13 417
15 828
6 928
SSerfauffyteiä :
n
11
64 689 653.68 S.
11068 989.12 „
52 092 907.77 „
37 686 383.20 „
51823 694.02 „
it.
11
11
11
11
57 352
;<*c. 8. «. ix
S}ertaufej>rete:
217 361627.69 S.
33
it.
514
StaUen, fir^H^.ffarifHfd)
10
Übertrag :
Sinterte:
57 352
SBerfaufäprete:
217 361 627.69 2. it
binj: Umbrien
tf
3 378
//
15 956 395.93 „ „
SKarfen
ff
3 017
//
22 879 217.91 „ „
„ Joäcana
tf
5 354
//
48 586 278.64 „ „
„ Satium
tf
9 858
//
26 296 068.14 „ „
„ »brüten
tf
12 203
ff
19 462 094.18 „ „
„ ßamponien
ff
21596
ff
71083 882.08 „ „
„ pulten
ff
24 627
ff
79 818 89150 „ „
„ SaftKcata
ff
6 378
ft
20143 402.77 „ „
„ ßalabrien
ff
8 668
ff
33 911153.38 „ „
„ Seilten
ff
11571
ff
51304 742.52 „ „
„ ©arbmien
ff
Sinterte:
6 575
ft
14507 722.83 „ „
Sufammen :
170 577
SSerfaufStorete:
621 311 477.37 2. it
17 302 350.80 2.
6 658 047.80 „
260 000— „
306 729— „
: 24 527 127.60 2.
99 896 608.40 2.
27 310 512.40 „
24 715 321.60 „
695 91650 „
7 580 000— „
1988 047.20 „
t 133 394.07 „
57 976 78350 „
24 527 127.60
220296 583.07 2.
220 296 583.07
3m ganjen: 2.
244 823 710.67
3)o$ batf nun nid&t überfe^en toerben, toeld&e Seiftungen auf ber antern Seite bem
15 „ÄultuSfonbS" oblagen. 2)iefetben betrugen am 30. Sunt 1897 :
a) 93leibenbe Saften:
gür 1. Sßenftonen, Renten u. f.to.
2. fromme Stiftungen
3. Segate
20 4. Öffentlicher Unterricht
3m ganjen:
b) 2aufenbe 2aften:
%üx 5. Unterhalt ber SKönd^e unb Tonnen ber auf«
gehobenen Älöfter
25 6. %a$x&xenten an ©teHenintyaber bei ben auf
gehobenen ©tiftäfiretyen
7. ^Pfarrge^ätter unb «Rufdbüffe
8. 3uföüjfe ju StföofSgetyältern
9. Seiträge für Öffentlichen Unterricht
so 10. Unterhalt ber Äirc^engebäube
11. Ryrüderftattung fcon 2tuSfteuern ber 3?onnen
12. SJeitere 3ufcfyüffe $u ^farrbefolbungen
3m ganjen:
85 ©elbftberftänblicty toerben biefe 2luägaben burd& Xob ber (Empfangsberechtigten fron
3a^r ju 3a^r geringer. Slber man fietyt bo$, bafj bie ©injie&ung ber ßtre^engüter md/t
blofi in „tflaub" fcon feiten beä Staate« beftanben fyat. ©o mu| aud) erträ^nt toerben,
bafj ber „ÄultuSfonbS" mit Unterftüfcung ber ttalienifd&en Kammer ftetä beftrebt toar, bie
*ßfarrbefolbungen beä nieberen ÄleruS, toelc^e j. 33. im früheren Ämtyenftaate (!) nur
40 jttnföen 266 unb 532 Sire jäfyrlic^ ftc$ betoegten — audj> ein c&arafteriftifc$e$ Setzen
päpftlicber SRegierungätoeiefyett — attmctylic^ bur^gängig t>on 500 auf 800 2ire )u bringen,
toä&renb eine toeitere ©rfttyung bis auf 1000 2ire (©efefc Dom 30. 3«ni 1892) in
3tu$ftc$t genommen ift. %üx biegen 3toecf allein fyat ftety bie SKuSgabe be3 „ftuttufr
fonbS" Don jä&rlic$ 300000 Sire (1887) auf 3200000 Sire (1897), alfo um ba«
45&efynfac&e gefteigert. 1896 fcertoaltete ber „5tultu3fonb3" bei einer Setöutrung txm
31290061 flat&olifen 20183 Pfarreien (bur$f$nittli$ fommen alfo 1551 Seelen
auf jebe $aro$ie), benen er ju tyren einnahmen Don 25331187.90 fitre an 3$itt*
entföäbigungen 242 484.20 Sire unb SefolbungSauföüffen 1 567 741.51 2ttc, im jmqcn
1810235.71 Sire noefr leiftete, toelc&e ©umme mit ben ©runbrenten |u Saften be«Äultu&
eofonbS (1730888.51) unb ben ausgaben für gotteSbienftlicfre 3toe& (254105.43) auf
runb 3 700000 fteigt.
©elbft ju ben 258 ßrjbtetümern unb Stetümern beS Äönigtetc&eS (aufgenommen
begto. nic^t mitge^lt ftnb ^ier nur baS Saturn 9)om mit feinen 6 ©uburbicariaten),
toelc^e eine ©efamteinna^me toon 5133 769.37 Sire fyaben, fyat ber 5lultu«fonH überall ba,
55 too ba$ @in!ommen infolge ber neueren ©efeggebung (3e^ntabl5fung, ©taatdeinlommen«
[teuer u. f. fr.) unter 6000 Sire jctyrlty gejunlen ift, entf^rec^enbe 3ujc^üffe im ®cfamt«
Stalten, KtdjHdj.ftaHfKfdj 515
betrage bon iäfyrlicty 112 431.58 fitre ju leiften. 2)iefe3afylen ergab ber breijäfyrige 2)urcfc
fänttt ber „Steuer ber toten £anb" für bie Satyre 1895—1897. 2luS ber ©cfamtetn=
natyne ber 258 »iStümer (5246200.95) ergiebtftcfy jür jebeS einzelne 93iStum eine 2)urcfc
f<$mttSeinna£me bon ja^rlicty 20334.11 Sire. 2)ie größte 3«^einna^me fyat berSifd&of
toon@irgentt (©ijilien) mit 157596.59 Sire. 2)ie fleinfte gafaeSeinna^me W berSiföof 5
bon $orto SRaurijio mit 6160.21 Sire.
Stoi 81. 2)ejember 1881 jaulte baS Königreich stalten (3lom unb bie ©uburbteariate
einbegriffen) 274 2)iöcefen mit einer Sebölferung Don 28 359 453 Äat^oiiten in 20464$a*
rotten mit 55263 Ährd&en unb Jfapetten fotote 76 560 angepeilten Pfarrern. 2)abon
entfielen auf Sßiemont: 18 2)iöcefen mit 2347 *ßarod&ien, 7149 flirren unb ÄapeHen 10
fotoie 6838 «Pfarrern; Sigurien: 5 2). mit 707 $., 1712 Ä. fotoie 2245 SJSf.; Sombarbei:
11 2)., 2506 $., 5291 Ä. u. 6315 $f.; SSenetien: 112)., 1691$., 3609 Ä. u. 5107 $f.;
@mttta: 20 2)., 2393 $., 3475 St. u. 5280 $f.; Umbrien: 17 SD., 1381 $., 2831 «.
unb 2251 $f.; Worten: 20 2)., 1243 $., 3558 Ä. u. 3579 $f.; SCoScana: 23 2).,
2879 %, 6416 Ä. u. 6232 $f.; Satium: 24 2)., 523 $., 1950 Ä. u. 3327 $f.;is
8bru»en: 12 2)., 804$., 2729 Ä. u. 2770 $f.; ßampanien: 34 2)., 1545 $., 5518 «.
u. 12197 $f.; Julien: 25 2)., 381 $., 2034 ft. u. 5341 $f.; Saftlicata: 8 2).,
163 $., 785 Ä. u. 1575 $f.; Galabrien; 16 2)., 846 $., 2099 Ä. u. 3977 $f.;
©ijilicn: 19 2)., 658 $., 4700 Ä. u. 8378 $f.; ©arbinien: 11 2)., 379 $., 1407 Ä.
u. 1148 $f. 20
3m Sfafölufc hieran fei ertoä^nt, bafi baS SKinifterium ber auStoärttgen angelegen-
betten 1871 bie ftety ber im 2luSlanb lebenben ^Italiener m^ ca- 477000 ermittelte,
barunter 1361 römifd&e ©eiftlic^e. 2)a bie aufgehobenen Drben als „freie SSereine"
(libere associazioni) fortbestehen tonnen, fo ift eS ni$t )u bertounbern, toenn eS gegen-
wärtig immer no$ ca. 40000 3Rönc$e unb Tonnen giebt. 26
SJebor tohr nun auf bie befonbere ©tatifti! ber römifd&en Jfircfye in Italien, tote fte
^ierarc&ifö georbnet ift, eingeben, fei ertoäfynt, bafj baS ©taatSgrunbgefefc beS Königreiches
Italien in § 1 feftfejt: „35ie ©taatSreligton ift bie römif$=fatfyolif$e, bie anberen Äulte
finb gebulbet". Snfolgebeffen geniefjen alle nicfytfatfyolifcfyen Untertanen freie öffentliche
SeligionSübung unb ftefyen im ©enufj ber bürgerlichen unb politiföen SRed^te hinter ben so
Äatyoliten nidpt jurtief. 2)urc$ ein bezügliches ©efefc tourbe 1873 bie 2luffyebung fämt*
lieber ttyeologifäer ^atultäten an ben 17 fianbeSuniberfitäten berfügt. 5Da bie ftanbeS*
amtliche ©efefcgebung bon 1866 namentlich ^inftc^tlic^ ber (Sfycfd&liefjungen ©d&toierigfeiten
begegnete, infofern ein grofjer $eil ber (Seeleute teils auS UnfenntniS, teils biederest bom
$riefter beeinflußt, fidp nur mit ber Trauung begnügte (bon 1866—1877 tourbenss
2387212 Trauungen, aber nur 2248947 bürgerliche (Schließungen gejault, fobafc
138265 (S^en gefe^lic^ ungültig toaren!), fo hmrben 1879 ©trafbeftimmungen eingeführt,
Me aber bem Übel nic^t fteuerten. Seim Seginn beS ^a^reS 1899 fotten an 500000
ungefeflic^e @^en in Stalten bor^anben getoefen fein, fobag an t>erfc^ärfte ©trafbeftimmungen
getagt toirb, namentlich für jeben $riefter, ber eine Trauung bornimmt, efye bie bereits 40
»ottjoflene bürgerliche ©^efc^liefeung nac^getoiefen ift. Dbtoo^l bie SanbeSbertretung bafür
anraten toürbe, fyat boc^ bie Regierung nic^t rec^t ben 3Jlut, bur^ugreifen. SemertenS«
loert ifi auc^, bafe tro$ beS neuen ©trafgefe^eS bon 1888 (eine aßeiterfü&rung beS \>i&
mimteftf^en ©efejjeS bom 5. %ul\ 1854), toel<$eS ftrenge ©trafen für äße Agitation gegen
bie Unbme^lic^feit beS ©taateS au$ bon feiten ber ©etftlictyfeit enthielt, bennoc^ 1898 45
$ier unb ba Heinere Slufftänbe unter Beteiligung ber ©eiftlic^en borlamen.
9li<$t minber toie^tig für bie Sejietyungen beS italienijc^en ©taateS jur römifc^en
SBsdft ip baS ©efe^ bom 13. 9Rai 1871 „über bie ©arantien betreffs ber Unabhängig*
feit be* ^<H)|ieö unb beS fyL ©tu^leS". 2)ieS ©eje$ tourbe, loie einer ber bcbeutenbften
©taatSmänner Italiens, 2Karco 3Wing^etti, in feinem Suc^e „©taat unb Äird^e" (bei §öt>li, so
SRailanb 1878 erfd^ienen) auSeinanberfefct, nottoenbig, um bie burd^ bie 1870 erfolgte Seftfc*
na^me 9tom3 bon feiten ber Stöliener betreffs ber Unabfyängigfeit beS 5{5aVfteS beun*
ru^toe tuxvp&tyty Diplomatie ju befriebigen. 2)erfelben galt ja bie toeltlicfye Äerrfd^aft
beS Oberhauptes ber römif$en Kirche als ein unbestrittener ©laubenSfa$ unb mit Sef orgniS
ertwg fte We SRödic^leit, bafe SRom jur §auj>tftabt ^talienS bur4> ben unauffyaltfamen 66
0aii0 ber Sretgniffe getoorben, bem $aj)fte feine §eimat me^r bieten, fonbern i^n jur
SudhHmberung beranlaffen tonnte ober bafj gar bie italienifc^e Regierung baS bon ben
Silomaten ^oc^gef^te „§aupt bon 200 Millionen fat^olifc^cr ©etoiffen" feinen ©onber*
intereffen bienftbar machte. Dber^of^rebiger beS ÄönigS bon Italien lonnte ber angebliche
Sac^folger $etri fc^toerlic^ toerben. 2)aran lag au$ ber italienifc^en Regierung ntd^t eo
33*
516 Stalten, Hr*lty-{ttti|Kf4
baS gertngfte, freierer ber $ai>ft unbebingt ber unbequemfte unb unangenctymfte Untertban
War. ©o War fte gern bereit, tfym unb feinen ^reunben in ber SBelt t>oQe 93ürgfc£aften
für feine gretyeit unb Unabfcängigfeit in allen ftrc$lic&en Angelegenheiten ju gemimt
2)emnae$ beftimmte benn baS „©arantiegefefc" bom 13. 5Rai 1871: ,,3)te Sßerfon
6 beS ^Sapfte^ ift fyeiltg unb unberle$lt<$ ; Singriffe auf ben Sßapft fotoie Slufreinmgen baju
toerben ebenfo beftraft tote folcfye auf ben Jfönig; Seföimpfungen unb öffentliche 8e*
leibigungen beS $at>fteS mittele Sieben, Späten unb treffe toerben mit ben in 9. 19 beS*
felben ©efe^eS beftimmten ©trafen belegt; bie Srörterung religiöfer 2)inge tji öolU
fommen frei; bie italienifctye Regierung ertoeift bem ^Ja^fte im ©ebtete beS Äönig*
loreid&eS bie einem Souverän juftefcenben Gtyrenbejeugungen unb betoafct tym ben Don
ben lat^olifd^en Souveränen guerfannten S^renborrang ; ber Sßapft ift frei, bte fcr-
fömmlicbe 2lnja§l bon 2eib= unb ^alafttoactyen ju galten, obne bafc baburc$ bie
Verpflichtungen berührt Serben, toelcfye biefe ben ©efefcen beS Äönigreic&eS gegenüber
fyaben; ju ©unften beS 1)1 Stuhle« toirb eine jctyrlicfce Rente bon 3225000 2tre als
15 Dotation auSgetoorfen. 2Rit biefer ©umme, toelcfye ber im römifc&en Subget (beS früheren
JttrcfyenftaateS) unter bem Xitel: „ä. 2lJ>oft. Sßaläfte, $. .Kollegium, firdjltctye Kongregationen,
©taatSfefretariat unb btylomatifcpe Vertretung im SluSlanbe" entftme^t, ift beabftc^tigt,
ben Unterhalt beS 5J3at>fteS tote bie begebenen fir$lic$en Vebürfniffe beS tyL ©tu$leS,
bie Saufoften ber apoftolifd&en $aläfte nebft 3u&$ör, bie Sefolbungen, Ruhegehälter unb
ao ^enftonen ber 2)ienerfdj>aft unb ber aum päpftlic^en $ofe gehörigen Sßerfonen, fotoie bie
(Spaltung ber bamit berbunbenen SKufeen unb Vibltotljef (©etyälter unb $enftonen ber
bei ifynen angefteHten Seamten eingefroren) ju beftreiten. 3)ie genannte Dotation toirb
in bem großen ©$ulbbu$e beS ©taateS in gorm einer immertoä^renben unb unberäufter*
liefen Rente auf ben Ramen beS $1. ©tufyleS eingetrieben unb toirb auc$ toätyrenb ber
25 ©rlebtgung beS fyl. ©tufylcS gur Vefrtebigung aller nottoenbigen Sebürfniffe ber römtfefcen
Äirc^e fortbegabt, ©ie ift bon jeber ärt ftaatlictyer, j>robht$ielIer ober fommunaler
©teuer ober Saft frei unb fann audj in bem gatte ntd&t bermutbert toerben, bafc bie
ttalteniföe Regierung foäter ft$ entföliefjen foute, bie 2Kufeen unb bie Stbltotyet für
eigene Segnung ju bertoalten. 2lufjerbem Verbleibt bem Zapfte ber Rteftbrauc$ ber
so apoftoüföen Sßcuäfte beS Vatifan unb Sateran mit allen baju gehörigen ©ebäuben, ©arten
unb ©runbftücfen fotoie ber SSilla Gaftel ©anbolfo mit all tyrem $ubd)&T. 2)iefe ißalafte
ftnb nebft 3Jlufeen, Sibliot^ef, Äunft* unb 2lltertum$fammlungen untoeräufeerli^, abgabefrei,
unb tonnen gu öffentlichen 3^^» nic^t egjropriiert toerben. SBä^renb ber ©rlebigung
be$ t>äpftlic^en ©tu^le^ barf feine ritterliche ober }>olitif^e Se^örbe au« iraenb tpelc^em
86 ©runbe bie perf online grei^eit ber Karbinäle ^inbern ober bde^ränten. ©ie Siegterung
trägt ©orge, bafj bie Serfammlungen be£ Äonllabe unb ber aujemeinen Äird&en&erfamm*
lungen burc^ feine äußere ©etoalt geftört toerben. D^ne bie @rmä$ttgung be^ ^ßapfte^,
be« Äonflabe ober Äongil« barf fein <&>taat& ober $olijeibeamter jur 9u«übung feiner
SMenftobliegen^eiten ben $alaft ober bie £)rtli$feit betreten, ioo ber $at>ft bauernb ober
40 geittoeilig ftc^ aufhält. 6« ift Verboten, §au«fud^ungen ober Sefd^lagna^men Don papieren,
Urfunben, Supern unb SRegiftern in ben rein fird&liqjen 3)ienpräumen unb ^xi^füic^en Äon*
gregationen bonune^meu. 3)er 5J5aj)ft ift tooHfommen frei, alle feine getjUic^en ämtÄs
gef^äfte au^uüben unb alle amtlichen Verfügungen an ben ßtrd^üren Storni anklagen
3U laffen. Sie ©eiftlid^en, todfye bienftlic^ mit ben geiftli$en Slmtö^anblungen tö
45 |l. ©tu^le« ju t^un ^aben, ftnb be&oegen fetner Veläftigung, Unterfuc^ung ober Seauf*
ftc^tigung burc^ bie öffentlichen ©taatöbe^örben unterworfen, ^eber mit einem geiftltcfcn
Slmte in 9lom betraute äludlänber geniest alle perfönlic^en ©utyerfyetten, tute fte ben
italienifc^en Staatsbürgern traft ber ©efe^e be« Königreiche« jufie^en. 2)ie bei ©r. $eiltg'
feit beglaubigten ©efanbtcn auäänbifc^er Regierungen genießen im Jtöntgreu^e alle $or>
50 rechte unb ^rei^eiten, bie nac$ bem ^Bölferrec^te biplomatifc^en Vertretern jutommen.
Seleibigungen gegen fte ioerben mit benfclben ©trafen gea^nbet tote bte gegen ©efanbte
auswärtiger Wächte bei ber italienifc^en iRcgierung. 3)er tyäp\t Derte^rt o^ne jebe (Sht-
mifc^ung ber italienifc^en Regierung mit ben 33if$öfen au« ber ganjen fat^olifcfycn Sielt
3u biefem 3^ecfe fte^t c« i^m frei, im SSatifan ober fonft einer femer Sleftbengen $ojl*
55 unb Xelegrap^enbureauä einzurichten, Welche Beamte nac^ feiner äBa^l bebtenen. 5Da«
t>ät>ftlic^e *ßoftamt fann bireft burc^ gefc^loffenen $oftbeute( mit ben ^oftämtern be«
Stuelanbe« berfe^ren ober auc^ feine 93rieff$aften ber italtenifc^en $ofl übergeben. 3n
beiben fällen ftnb bie mit Stempel beä päpftlic^cn ^oftamte« berfe^enen 3)e^efc^en ober $oft=
fachen im italieniföen Staatsgebiete öon abgaben ober floften befreit 3)te im -Kamen beö
60$a))fteS abgefanbten ftouriere ftnb ben .ViabinetStourieren ber auswärtigen Regierungen
Stalten, firdjUdHtaHftifd) 517
glekfaeßeflt. DaS päpftlic^e Telegrafenamt h>irb auf ©taatSf often mit bem $elegrat>fyennefc
beS Königreiches fcerbunben. Die bom päpftlic^en Telegrafenamt als Telegramme p&pfc
Bifcen DienßeS getenmeid&neten Depefc&en toerben tote ©taatstelegramme bej?anbelt, tnbem
fie bie Vorteile berfelben genießen unb frei fcon jeber ftaatlid&en abgäbe ftnb. Diefetben
Vorteile genießen bie Depefc&en beS $Pai>fteS ober bie auf feinen Vefe^l ausgefertigten, 6
toenn fte mit bem ämtsftegel beS fyl. ©tufyleS berfefyen bei irgenb einem Telegrafenamt
beS Königreiches aufgegeben toerben. Die an bem ^ßa^ft genuteten Telegramme ftnb frei
bon jeber %a&, toelc&e ber 6mJ>fänger *u jaulen tyätte. Die ©eminarien, 2tfabemien,
Auflegten unb anbere *ur 6niej)ung uno SluSbilbung ber ©eiftlid&en gegrünbeten fat&o*
liföai änftalten in ber ©tabt SHom unb in ben fec^S juburbicariföen ViSttimern unterftetyen 10
<md) in 3ulunft auSföließlic^ bem i}l Stuhle ofyne jebe ßinmiföung ber ftaatlic^en ©$ufc
beworben. äbgeföafft ift jebe bef onbere Vefd&ränfung ber freien Ausübung beS VerfammlungS*
rechtes ber 3Ritglieber ber fatfyolifc&en ©eiftlicfyfeit. Die Regierung berjid&tet auf baS Siecht
ber at>oftoliföen Delegationen in ©ijtlien, unb im ganzen Königreiche auf baS ßrnennungS*
ober VorfölagSrec^t bei Verletzung ber työfyeren Kircfcenämter. Die Vifctyöfe fyaben bem 15
Könige leinen @ib *u (elften, ßöfyere unb niebere Kirc^enämter fönnen, mit SluSnatyme
ber ©tabt 9tom uno ber ©uburbicariate, nur an Staatsbürger beS Königreiches fcerliefyen
traben. §tnfie$tlic& ber ©teilen fömglictyen $atronateS ift nichts geänbert. DaS fönig*
li<$e „Sjrequatur" unb „$lacet" toie jebe anbere gorm ftaailiqer ©ene^migung jur 33er«
öffentlidjung unb Ausführung ber Verfügungen ber firc&lic^en Vefyörben ftnb abgefd&afft. 20
3ebo$ unterliegen, folange baS ©onbergefefc über Reuorbnung unb Vertoaltung beS
Jctn^enbermdaenS im Königreid&e no<$ nicfyt erfäienen ift, bem föniglictyen ßjequatur unb
*ßlacet alle Verfügungen ber fird&licfyen Vetyörben, freiere ft$ auf Vertoenbung ber Kirchen*
guter unb Vefefcung ber fyötyeren unb nieberen Sßfrünben bejiefyen, ausgenommen bie ber
©tobt 9tom unb Ber ©uburbicariate. Vefte^en bleiben bie Veftimmungen ber &taat& 25
gefe|e über Stiftung unb Veftanb ber geiftlicfyen ^jnftitute fotoie über Veräußerung tfyrer
©üter. gn geiftlictyen unb in DiS*tyltnar*2lngeIegen&eiten ift tflage ober Berufung totber
bie 6ntfc$eibungen ber fir$lic$en Ve&örben nid^t geftattet, boc$ fielet (enteren auety feine
itoangStoeife Durchführung i&rer Verfügungen ju. DaS ©rfenntniS ber rechtlichen folgen
fotootyl biefer als anberer Verfügungen ber firctylicfyen Vefyörben unterftefyt ber 9tec$t- 90
fpre$ung beS ©taateS. 3lu<$ ftnb berartige Verfügungen toirfungSloS, toenn fte ben
©taatSgefajen ober ber öffentlichen Drbnung toiberftreiten ober $rtoatrec$tefcerle£en ; enthalten
fte ein Vergeben, fo unterliegen fte ber gefeilteren ©träfe. 3n aü™ Angelegenheiten,
todty (Segenftanb beS gegenwärtigen ©efe^eS ftnb, berlieren bie noc^ geltenben Se=
fthnmungen t^re 9lec^tStraft, infotoeit fte mit biefem ©efe^e in 2Biberfpru<$ [te^en.y/ 86
Z^atfac^e ift, baß fotoo^l $iuS IX. toie fein 9ia$folger im Vatitan bieS ©arantie-
aefe^ ber „fubal^tnen" ^Regierung nic^t anertannt l)at, baß alfo bie Jturie grunbfä^lic^
fcute noc^ als fernbliebe 9JJac^t bem italienischen ©taate gegenüberfte^t, toaS fte jebo4
triebt ^inbert, alle i^r toillfommenen Vorteile beS ,,©arantiegefe$eS" auSjunü^en. Die
jä^rBdpe SRente t)on 3' 4 Millionen £ire ift bisher freilieb nic^t angenommen toorben. 40
Dte Ualtenifd^e Regierung ^at barum befttmmt, baß biefe ©umme 5 3a^e ^ng jur
Verfügung beS $aj)fieS fte^t, nac$ 3lblauf berfelben aber an ben ©taatsföafc gurücffällt.
Dagegen mac^t ber $<tyft bon ber i^m ^gefiederten ©ouberänität, Unabbängigfeit unb
Unierie^lic^Iett ben auSgebe^nteften ©ebraud^. Vetont muß toerben, baß baS „©arantie*
nur bte ttalienifqe Slegierung binbet unb außerhalb beS italienifc^en Staatsgebietes 46
ffftänbtt$ leine ©iltigleit fyal Völlerrec^tlic^ lann ber $apft o^ne toeltlic^e §err=
gar nic^t anberS angefe^en unb be^anbelt toerben toie fonftige bejjoffebierte dürften,
b. ^. er $at toeber ©ouberänität noc^ ©efanbtfc^aftSrec^t. 3m übrigen jeigt ftc^ bie
ttaltentföe Regierung in biefem „©arantiegefe^" (nad^ ^JJrofeffor Dr. t)on §ol^enborffS
Urteil „ein in ber gornt beS ©efe^eS gemachtes VertragS^ängebofO jiemlid^ freigebig in so
ber Verletzung t)on Vorreiten an Ürd^lic^e ^nftitute (^ßapft unb ©uburbicariate) fotoie
in ber Serjtd&ttetftung auf SRed^te, bie ber ©taatSregierung unbebingt juftanben (bie oberfte
Oktoalt nac^ lanonifd^em Siecht in ©Milien, toie fte laut Vutle UrbanS II. bem Äönige
biete 2anbeS jufte^t) bejto. Don Regierungen anberer lat^olifc^er Sänber unbeftritten be*
anfcmfy unb ausgeübt toerben. Wad) beinahe einem ^Rentenalter fann man fagen, baß 66
bie europäif$en 3Jcäd^te ben burcr; bie Vefe$ung SRomS unb baS ©arantiegefe^ gesoffenen
Ruftanb t^atfä^lid^ anertannt ^aben, baß aber auc^ ber Vetoeis erbracht ift, baß ber
$a|jft jur (Erfüllung feines geiftlid^en älmteS eine toeltlic^e ©errfd^aft nicf)t brauet. Da
ffat fyabxt (Surci ein beffereS Urteil als bie manniafac^en bifc|öflictyen Hirtenbriefe unb bie
9efc|flüffe ber Aatyolitenberfammlungen (bgl. beffen ©Triften La nuova Italia cd i co
518 Stalte», ftrd>Hef)>ftarifhfef)
vecchi zelanti, 1881 unb II Vaticano Regio, tarlo superstite della chiesa
cattolica, 1883).
35er gegentoärtige sßapft Seo XIII., toeld&er bie offiziellen $itel fü&rt „©teltoertreter
gefu Gtyrifti, SRad&folger beä Styoftelfürften, Dbetyriefter oer allgemeinen Ätri&e, $atriarc$
5 be$ 2lbenblanbe3, $rima£ t>on Italien, (grjbifc&of unb 2Wetroj>olitan ber römifcfcen Sßro*
binj, Sifd&of fcon 3lom, Souverän be$ toeltlid&en 33eft$e$ ber ^eiligen römifc^en &ir$e",
ftanb 2)ejember 1898 an ber ©fetoe eine« ÄottegtumS bon 75 Äarbinälen (6 Äarbinat
bifööfe, 53 Äarbinatyfarrer, 16 ftarbinalbiafonen, nadf Dr. #üföfamt> bie „päpftltd^cn
*ßrinjen", toeil au$ tynen ber künftige SPapftfönig fyerborge^t), 14 Patriarchen btiber Sitten
10 (8 lat., G morgenlänbifd&e), 192 eqbifc&öfen (174 lat., 18 morgen!.), 776 »if^öfen
(723 lat., 53 morgenl.) mit SDiöcefen, 17 Sifööfen o&ne 3)iöcefen. SBirflty bor&anben
toaren am 16. 2)ejember 1898: 57 Äarbinäle, 13 Patriarchen (bafcon 3 Äarbinäle), 862
lat. ©r^Bifd^öfe unb Sifd&öfe (babon 31 Äarbinäle), 54 morgenl. @r$bif<$öfe unb Sifc&öfe
(bafcon 4 Patriarchen), 14 Sifctyöfe ofyne 3)iöcefen (2 babon Äarbinäle unb 4 Xüular*
16 bifd&öfe), im ganzen alfo 1329 SBürbenträger. Unter bem gegentoärtigen ^ßapfte (Don
1878 bis 1898) tourben begrünbet: 2 Patriarchate, 30 grjbfetümer, 100 «tetümer,
2 Slbte o^ne SDiöceje, 2 aj>ofr $elegaturen, 68 apoft. SSifariate unb 30 apofl träfet
turen ! daneben beftefyen 40 SWönd^orben, 18 Settelorben, 8 ©emeinfd&aften »on Orben&
geiftlid&en, 35 ftrd^Itcf>e Kongregationen unb 6 geiftlic^e ^f^^* ®m #offtaat be$
2o*ßapfte$ bilbeten am 16. SDeg. 1898: 4 ^alaftfarbmäle (ber SßrobatariuS, ber Staate
fefretär, ber ©efretär ber Sreben unb ber ber SDtemorialien), 4 Sßalajtyrälaten (9Rajor=
bomuS, Äammerfyerr, Slubitor, Sßalaftoertoalter), 9 toirfl. ©etyetme Äammertyerren, 1 ©afriftan
(Lüfter beS $apfte$ bei feinen amtlichen Munitionen unb Pfarrer ber apoftolifc^en $aläfte,
2Xtularbif$of bon $orj)^reon), 1 ßeremonienfefretär. Staui lommen bie gü$tret$en
36 „§au^rälaten ©r. £eiligfeit": 11 Patriarchen, 53 grjbif^öfe unb 93 »tfd&öfe als 8ffU
ftenten beim päpftlic^en 2#ron, 1 SBijefammer^err ber römifdfren Äirdfc 2 fürftl. 3$rim*
afftftenten, ber ©eneralaubitor, ber ©eneralfd&ajmeifter, ber ÜRajorbomuS, ba$ ÄoHegium
ber apoftoKfctyen ^ronotare (291), ber Äommanbatore bon ©. ©Jnrito, ber Dtreftor ber
Äanjlei, 18 SSlbtc ohne 2)iöcefen, 22 DrbenSgenerale, berSReifter bom f). £otoij, 8 Sßrä*
so loten ber römiföen mota, 1 SEReifter be$ 33atifan$, 10 ÄamleijNrälaten, 81 Sßrälaten bed
J>äj>ftl. ©eric^t^ofed, 19 Prälaten Slbbrebiatoren, 12 toäpfttictye (Seremonienmeifter, 293
toirfl. ©etyeime Äammer&erren, 735 überfällige ©ety. Äammertyerren (©brenfammer^men
in abito pavonazzo), 6 Slbbofaten be^ ^. ÄonftftoriumS, 178 ©e^eimw^läne, 1 $ca&
^ofmeifter, 1 Irud^fefe, 1 Seibarjt, 33 Suffolanti b. i. Sänftenträger, 8 Sßrohiratoren,
86 l ^rebiger, 1 33eityt>ater, je 1 2)om^err bom Sateran, SSatifan unb SRaria Staggtore,
bie toäj)ftK4e Äaj)eDe (2 KapeCmeifter, 8 ©oj>rane, 6 Stlte, 9 Senöre, 8 »äffe), 18 Wefc
^riefter, 10 Dbert^ürfc^Hefeer, 18 ©tabträaer, 7 oj>o[t. »oten. — S)ie ^ftL »ala^
bertoaltung begreift au$ Sie Datifanifd^en uJlufeen unb ©alerten, tote Stbliot^ef, md^o,
©terntoarte unb 2)rucferei in ftc^. — 3)ie ^eil. Kongregationen fuib folgenbe: gnqui*
40 fttion (mit bem Sßatft al^ SSorft$enben, 10 Äarbinälen, 28 Äonfultoren. 6 Dualtfilatoren
unb 9 Dfftjialen); Konftftoriale (mit bem $ty>ft ate S3orft$enben, 11 Äarbmälcn, 4Dffi*
jialen); 5päj)ftli(^e Kommiffton jur Bereinigung ber getrennten Äird^en (^aj)|i Sorfifcaiber,
10 Äarb., 2 ©efr., 8 Konfultoren) ; Visita apostolica Oßotft Sorftienber, 5 Äarb.,
2 Äonfult., 5 Dffij.) ; »ifc^öfe unb DrbenSgeiftlicfre (Äarb. aSannuteOt 8orfv 29 Äarb.,
46 2 ©efr., 35 Äonf., 9 Dffn.); Äonjil (Äarb. ängelo bi $ietro Sorf., 29 Äarb., 2 Sek.,
8 Dffh., 11 Prälaten) nebft SRebifion ber ^rotrimiattonjile (Äarb. bi $ietro S3orf., 8Äto*.,
1 $rof efretär, 30 Äonfultoren) ; Sifd^öfl. $aläfte (Äarb. «ßaroed^i SBorf., 1 »rof efretär) ;
Drben^riefter (^a^ft SSorf., 1 ©efr.) ; Äir$L Immunitäten (Äarb. bi $ietro feorf^enba,
2 Äarb., l^rofefr. unb lÄonf.); Propaganda fide (Äarb. Sebo<$oh>3fi SSorf., 27 Äarb.,
60 2 ©efr., 35 Äonf. 7 Dffij.); Camera degli Spogli (Äarb. SannuteDi, SSorf., 1 Äanjlet*
d^ef unb 1 ^rofurator); Snbej (Äarb. ©tein^uber SSorf., 27 Äarb., 34 Äonf., 5 Stete
toren, 2 Dffij).; Sacri riti (Äarb. 3Kajjetta SSorf., 31 Äarb., 8 «ßrälatofpjiale, 20 Äonf.,
6 -äKitgUeber ber Siturgifc^en Äommiffton, 10 Dfm.) ; (Seremoniale (Äarb. Orqjlia SJorf.,
15 Äarb., 1 ©efr.); Älofterjuty (Äarb. BannuteUi Sorf., 12 Äarb., 1 Sek, 1 Off.);
» Snbulaengen unb Reliquien (Äarb. ©otti 3Sorf., 33 Äarb., 1 ©efr., 16 Äonf., 3 Off.);
8ifc$oF$t>rüfung (2 Äarb. für Geologie, 2 für Äird&enred&t) • SBertoaltung ber ?JcterSfin$e
(Äarb. SRamj)oUa SSorf., 5 Äarbinäle, 1 ©efr., 26 Off.); aRofaiftoerlßätte (l »orf. unb
1 3)ireftor); Sauretana (Äarb. Slam^otta Sorf., 13 Äarb., 1 ©elr., 3 Off .) ; 3bi|erorbent*
Uc$e firc^I. 3lngelegen^eiten (Äarb. Dreglia Sorf., 14 Äarb., 2 ©elr., 11 Äonf.. 5 Off.);
eo ©tubien (Äarb. ©atoHi Sorf. 31 Äarb., 1 ©efr., 13 Äonf., 6 Off.); Äarbinattommtffion
Stalten, ftr^(i(^ ftattfHfd) 519
für bie»efefeung ber ital. »ifd^of^fi^e (Äarb. Varocd&i SSorf., 5£arb., 1 ©cfr.) ; Äarbinal*
lommiffton für gefd&u&tltd&e ©tubten (Äarb. 5ßaroc*t SSorf., 4 ßarb., 1 ©efr., 9 Äonf.).
»poftoliföe Spömientiarie (Äarb. SBerga SSorf., 16 SRitglteber); Sl^oftolifc^e Äanjlet (Äarb.
Wettet SSotf., 8 ©eir., 18 äbbretoiatoren, 6 ©telfoertreter) ; 2fyoftoliföe 2)atarie (ßarb. 6
SKafeOa «Probatariu« mit 28 SBertoaltungäbeamten unb 28 g#ebienten) ; SRömifd^e 9tota
(8 Xubitoren); Sfyoftoliföe dämmeret (Äarb. Dreglia Ramerlengo, baju 1 fteHt>er=
tretenbet Jtamerlengo, 1 ©eneralaubitor, 1 ©eneralfd&afcmetfter, 10 ©cifuid^e) • !ßä)>ftl.
®eru&t3$of (1 ßarbmafyräfeft, 5 Seifiger, 66 Sleferenbare) ; $alaftian*lei (ßarb. StampoHa
Staa&fefr., fem ©tettoettreter unb 8 Dfftj.); Äanjlet ber Srefcen (Äarb. 3Racd&i SSorf., io
fein SteBtoertt. unb 12 Seamte, baju 2 ©efr. für Sretoen an gürften, 2 ©efr. für lat.
»tiefe, 5 ©efr. für 2Wemorialien) ; Äanjlei beS üRonf. Slubitor mit 11 »eamten; Väpfll;
ffio<yätigfeit mit 7 Beamten.
SEfyfÖidfre Nuntien unterhielt am 16. 2)ejember 1898 ber $. ©tu&l in 2Bien,
SRütupen, Srüffel, Sßetrojwlte, Sogota, Sima, Var&, Sujemburg, $aag, Siffabon, Sara«
cad, 3Rabrib. 16
SSon auStofatigen Staaten Ratten am 16. 3)e*ember 1898 Vertreter beim päpftlid&en
Stuhle: Öflertei(fcUngarn, Sofern, Selgien, 93oltoia, Sraftlien, ßfyili, Kolumbien,
%nn!rei$, SRonaco, Nicaragua, V**u, Portugal, Sßreufjen, SRujjlanb, ©. Domingo unb
Manien.
S)a$ SBifariat ber ©tabt 9tom mit Äarbtnal V<*rocc$i atö ©enerafoifar be$ tyatftö ao
y$lt 40 Seamte unb beauflagt 49 ftäbtifd&e unb 9 borftäbtifäe Pfarreien.
3)er päpfUicfre ©tu&l unterhält in 9tom 1 Untoerfität (Styeol. gafultät mit 12 $rof.,
3urifftfctye mit 18 Vr°f-, ^ilofo^^ifc^e mit 8 $rof. für morgenlänbifäe Sprayen unb
10 anbeten $rof.), 1 @tymnajium(2i;ceum) mit 9 Se^rern unb $rog^mnaftum mit 12 Sehern,
eine 9iealf$ule (9 Sebrer), ein ^nftitut für fac$toiffenf$aftlic&e Sttteratur (5 Setyrer) unb 35
11 SOabemien (2#eotogifc&e, Siturgiföe, 2lrc$äologtfc$e u. f. to.). gerner: bie Pontificia
Accademia dei Nobili Ecclesiastici (SSölterrectyt, ©taatSöfonomte, fircfylidje Diplomatie,
frembe ©proben) imb 6 ©eminarien (Pontificio-Romano, Pontificio-Provinciaie,
Vaticano, tytiwfyaid, grancefe, 2lmbrogio=6arlo). Äirc^licfye Kollegien finb : ba$ Ur-
bano de Propaganda fide (fyat ba$ Siecht, ben 35oftorgrab ui fccrletyen), Almo Capra- ao
nicense, 35eutf^*Ungarifc^e«, ©riectyiföeS, 9tottyenifc$e$, ©djottifcfyeS, 3#änbiföe3, @n8s
fif$e&, XmerilanifdjeS, SelgifctyeS, Pio-Latino-Americano, $eutomfc$e$, SDL^rifc^e^
Pio-Inglese, SßolniföeS, 3lrmemfc$e$, SöfymtföeS, ©pamfd&eS, ßanabifcbeS, SDtaromtiföeS.
Dajtt tommen nod) 8 Kollegien, freiere bie Verriebenen Drben unterhalten, hrie Collegio
Romano (^ejuiten), 3$oma8 bon älqutn (35omtnitaner), 3lnfelm (Senebütiner), gran« 86
c«8co (gtanjtdlaner füt §eibenmiffionare) u. f. h>. (Snblicty no(^ 3 §ofpije (2 für Äon*
wrtietenbe, 1 füt SBaifen).
95an ben 823 Kitten in ber ©tabt 9tom gelten 7 ate §auptf treten, nämlic^ : ©.©io*
tarati m gatetano C^aupt unb üföutter aller Kirnen", bie Äatyebrale Slom^), ©. 5JJietro
in Saticano, ©. SRaria ÜRaggiore, ©. $aolo fuori le mura, ©. Sorenjo fuori le 40
mura9 ©. ßtoce in ©erufalemme unb ©. ©ebafttano fuori le mura. Die erften toter
finb jugleidb bie 3w6iläum^Krd^en. 3)aju fommen 53 SXtularfmtyen bejto. Äarbinal^
Hotteten unb 16 jcarbinaläbiafomen.
^ietatc^ifd^ teilt ftd^ bie römifcfcfatljoliföe Rirt^e Stalien^ ein: I. a) Diöcefe SRom
mit 77 Parteien; b) 6 ©uburbilariate b. b- öorftäbtif^e Karbinalbtötümer : 1. Sllbano«
mit 11 ^fatteien, 2. fttafteatt (8 Wf>%t 3. C(Ha*»ettetri (14 $f.), 4. ^aleftrina (24 $f.),
5.*otto (7 Sßf.), 6. ©abina (32 ^f.).
IL ®em f). ©tu^le bireft unterteilt fmb folgenbe ßrjbi^tümer unb Siätümer: 3n
»giitien: S3fet. guni^arjami (102^f.); inSJenetien: (grjb.UbinefU^^f.); im früheren
JRt^cnßaate: ffit|b. ßamerinö (180 #1 ^etrara (89 $f.), ^eruflia (199 5{5f.), Spoleto so
(170 $f.), 8Utftpiat»enbentc(12¥f.)t SBatri (16^5f.), Slmelta (20 K), Slnagni (21$f.),
«newia (875JJf.), »«coli (105 ^f.l, »fprt (36 W, Sagnorea (24 Vf.), 6«tta bi GafteOo
(166 $f.), 6itta beOa $iebe (35 ^f), Gimta 6aftettana(31 $<% Gwneto (17 Vf-)/J«s
wumo (41 Vf)/ S«no (46 VfO, ^«cntinD (19 Vf.), goligno (57 ffii, ©ubbio (67 Vf.),
ftefi (23 Vf-X 9Rontefia«com (18 VfO, sJ^tni (40 Vf.), ^Wocera (85 Vf.), 3?orcia (103 Vf.),»
Oiieto (57 Vf.), Dftmo (37 Vf ), V^ßgio SWirteto (37 Vf.), ^ecanati (19 Vf.), SRieti
(161 Vf.), ®egro (15 Vf). ©uttWIevi (35 Vf), 2*rni (16 Vf), Serracina (26 Vf.),
2tooR (41 Vf.), lobi (101 Vf), ^reja (10 Vf.), SSeroli (37 VfO, ^terbo (34 Vf.);
in Zotoam : ®nb. Succa (234 Vf), 23i$t. ärewo (326 Vf.), Gortona (49 Vf), 2R<mtal*
dno (34 Vf.). Sfamtetmlciano (18 Vf); »n ber®milia: 33tet. SSorgo ©.2)omino (52 Vf.), eo
520 Stalte«, Krdjlty*fUitijKf$
SJJarma (316 §L% Vtacenyt (359 SJ5f.); im 9M>0Rtttmf<fat : @rjb. »malft (54 $f.),
«quila (138 wS9 Gojai&a (100 $f.), ©aeta (39 $f.), Stoffano (39 $f.), »tet «quino
(69 $f.), Sfoerfa (53 H), Ga&a*©arno (30 SJ5f.), goggia (8 $f.), ©ratrina (9 $f.),
6. 3Barco (64 H& Warft (76 $f.), 3Mfi (13 $f.), 2Rileto (132 $f.), SMfetta (8$f.),
6 SKonotooK (8 ^f,), SlörW (15 $f.), $enne*2ltri (97 *Bf.), leramo (124 $f.), Irtoento
(59$.), Irota (10qji)f aSafea=©ulmona(58?JJf.); auf©ijUim: @rjb. Gatania (49?J5f.),
Stet. ätcUSReaCe (27 *f}f.).
III. 3Jlctroj)oUtanfiAe mit ben baju gehörigen ©uffraganaten fmb: Xcereny^SRatera
mit 114 Pfarreien (©uffr. 2lnglona*$urft, $otema, Iricarico, SSenofa): SaruGanofa mit
10 35 $f. (Gonberfano, 3tut>o*93itonto); Senetoent mit 410 $f. (SKtfe, »rtano, 3t«coß*Gerig*
nola, 2foeflino, Sojano, 33ot>ino, Sarino, Sucera, ©. ©ebero, ©. Slgata bei ©oti, 3#efe,
Sermoli); Bologna mit 634 $f. (gaenja, Smola), »rinbifi mit 18 *ßf. (Offamt): Gag*
Kari mit 155 $f. (©alteUt^uotoo, Sglefta«, Dgliaftra); Ga^ma mit 307 $f. (&a\aw>t
Galdeano, Gaferta, 3fernia*aSenafro, ©effa); Gbieti mit 115 $f. (3Saffa>); Gonja*Gam:
15 J>agna mit 67 $f. (Sacebonia, 3Ruro, ©. 2lngeu> bei Sombarbi); gfernto mit 247 $f.
(ÜWacerata^olentino, 2Rontalto, 3li)>atranfone, ©.©eberhto); gloreng mit 1343 $f. (ftorao
©. ©epolcro, Gotte,jföefole, SRobigliana, ^iftoia^rato, ©. SKiniato) ; ©enua mit 913 $f.
(SUbenga, 33obbio, 93rugnato, ©afcona*9?oli, $ortona, SSentimialia) ; Sanciano mit 19 $f.
(Drtona); SKanfrebonia mit 13$f.(93iefti); SKeffina mit 229 ^Jf. (St^xiri, !Rtcofta, $atti);
ao SKailanb mit 2376 $f. (Sergamo, 33re«cta, Gomo, Grema, Gremona, 2obi, SRantua, *J$atria);
SRobena mit 640 $f. (Garpi, ©uaftaHa, Wlafta bi Garrara, SReggio gmilia); Stmtreale
mit 111 $f. (Gattanifetta, ©trgenti): 9?eai>ei mit 202 $f. (Slcera, 3«#ia, SRola, $o»uoli) ;
Driftano mit 116 $f. (2tle«*2;erralba) ; Dtranto mit 124 *ßf. (©aHipoU/ Secce, Uaento);
Palermo mit 104 $f. (Gefalu, SRajjara, Xratoani); Sßifa mit 464 $f. (Siborno, *|Je«cia,
25 sßontremoli, 93olterra); Stabenna mit 429 $f. (Sertinoro, Gertria, Gefena, Gomac^to,
gorli, 9tunini, ©arftna): SReggto Galabria utit 466 $f. (33oba, Gaffano, Gatanjaro, Go*
trotte, ©erace, SRtcaftro, Scicotera^ropea, Dwribo, ©quillace); ©alento-Xcerno mit 376$f.
(Gat>accio*a3attor 35iano, 5Karftco; SRocera bei SJJagani, Slugco, ?JJolicaftro); ©. ©eberina
mit 45 $f. (Gariati) ; ©affari mit 126 $f. (3Iabero, am^uria«, 8ifat^io, Sofa) ; ©tena
somit 255 $f. (G^iufu^ienja, ©roffeto, SKaffa Maritima, ©atxma^itigliano); ©traeufa
mit 111 $f. (Gattagirone, Sloto, $iajja); ©orrent mit 61 5ßf. (GafteOamate) ; laraitto
m. 41 $f. (Gaftellarteta, Dria); lurin mit 1247 $f. (Slqui, »Iba $om»>eaf Sofia, 3p,
Guneo, goffano, Sörea, 3Wonbot)i, ^inerolo, ©alujjo, ©ufa); Iratti mit 24 $f. (Siice^Iie,
Slnbria); Urbino mit 447 $f. (Gaali^ergola, goffombcone, 5WontefeItro, $efaro, Sntts
86 gaglia, Urbania-S. Slngelo bt S3abo) ; Senebtg mit 1497 $f. (Äbria, 8etttmo*g«Itre,
Geneba, G^ioggia, Goncorbia, 5ßabua, Irebifo, SSerona, SBicettja); SSerceSi mit 892 $f.
(Slleffanbria bclla $aglta, SieDa, Gafale, 9lot>ata, Sigeöano).
IV. 3lbtcien unb ^rälaturcn o^tte 2)iöcefe fhtben fid^ 11 in Italien: 3Utamura=
Äquatotoa, 3)tonte Gafftno, SKonte SSetgine, Slonatttola, ©. SRartino al 3Ronte Guntno,
40 ©. $aoIo fuori le mura (bei 9tom), ©. ©afoatore (bei 5Kefftna), ©. 2ucia bei SRda,
©. irinitä beffa Gafca, ©©. aSincenio eb 3lna[tafto alle tre gontatte (bei 9tom), ©ubiaco,
toelc^e im ganjen 172 Pfarreien jaulen.
SmSlnfd^lufe hieran ertoä^nen ttrir, bafi aud^ in Italien eine Keine aItlat^oltf$e
©emeinfe^aft befte^t, toelc^e bur^ ben früheren ©omlerrn bon ©t. $eter in 9lom, ben
45 ©rafen §einrtc^ t)on (Sampeßo in ben a$t£tger gabren in« Seben gerufen tmtrbe. 3n
9lom fetbft arbeiteten Gam^eDo unb ©abarefa junädftt bergeben«. Se^terer teerte reu=
mutig mr römifd^en ^Ja^ftlirc^e jurücf, aber erfterem gelang ed bi« ^eute, in berföiebenen
Orten oe« Sanbe« feften gu| ju faffen. Gam^eHo tft erteilter 8ifc^of ber Ualiemf^en
SUtfatyotifen („Chiesa Cattolica Italiana"), t)on Siföof Dr. ^erjop in ber S^toetj 0t*
so biniert. %t)xn jur ©ette fielen ber bifiöflic^e S8ifor $rof. Gicd^tttUSuriom unb ein
©^nobalrat. Btdfö altlatpoltfd^e ©eiftlic^e unb ein Gbangelift betiorgen neun größere
unb fletnere ©emeinben mit eth)a 1000 Stn^ängern. Sie nam^aftemn ftnb: Itmme
Oßroö. Perugia, 93ej. SCerni), SDofcabola (^Jroö. glorenj, 9ej. 3locca ©. GaSctano), ©. Situ
gelo bei Sombarbi (^Jrob. 3löeIIino, 5princij>ato ulteriore), ©. 9temo (Stitriera Pimente).
56 Kleinere ©emeinben in : Gaftelbilago, GaftigRone, 5{k4>igno, ©. Sernarbino, ^ailombare,
6. SSito, 3Sentimtglia unb Gamporofjo. 3?euerbing« tft aud^ San SRiraglta in ^iacenja
bieferS3eh>egung beigetreten unb fonnte im Sejember 1899 in eigner Sttipdlt burt^ $rof.
©iamporcari toieberum altfat^olifd^er ©otteöbtcnft in SRom begonnen toerben.
Sie ebangelifd^eÄirc^e in Italien fefct ftc^ gur^dt )ufammen au« ber Mannten
eo „28albenferfirc$e", ber Weniger belannten „Göangelif^en italienif$en Äir^e" unb einigen
Stalten, KrdjlidHtatifKfd& 521
anberen fir$lic$en ©emeinfcfcaften (2Be$lefyaner, amcrifaniföe SHetfyobiften, Saptiften),
todäft üft Sofern auälänbitöen SWiffionen banlen.
a) 3)ie SBalbenferfirctye. 3)tefe aus ©übfranfrei<$ im beginn be$ 13. %ai}xf).
nacb ben 3$älern ber cottifd&en Silben gefommene im ©egenfafc $ur römifcfyen Ätrcfce ftetyenbe
Seite („lo pöble de li paures" b. i. SSolf ber 2Irmen) erflärte ftc$ auf ber Stynobe 5
m ßianforan 1532 gu ben ©runbfäfcen ber fötoeherifcfyen, namentlich ©enfer Sieformation.
feurd? fd&toere SSerfolgungen $inburd& (Dftermefceleien am 24. 2tyril 1655, Vertreibung
au$ ben 2$älern 1686, „la glorieuse renträe 1689) erhielten fte ftc§, bis ba$ grie*
ben«ebtft tyreägürften SBiftor SlmabeuS (23. SM 1694) äußere Slutye unb bie SSerfaffung
beä Äömgroc$e8 Sarbinien (17. gebruar 1848) ^Religionsfreiheit, ja im Staatshaushalt 10
foaar eine UnterftüfcungSfumme t>on jäfyrlicfy 6462 2tre braute. Sie gä^Ite bamalS 18 (Seift*
Kdpe m 15 ©emeinben ber ju Sßiemont gehörigen S^äler bon Sufema, 3lngrogna, ^Jerofa
unb S. SJtartino, nämlic^: ängrogna, Sobbio^ettice, SKafeHo, ^errero, ^omaretto,
$rali, Sßramotto, Sßraroftino, Sloboretto, Slorä, S. ©ermano, S. ©tobanni, $orre ^ettice
$UIar*?ße&tce unb SSiQa Secca. §ierju ftnb naefy 1848 bie ©emeinben in ber Ärete* 15
ftabt $mero(o unb ber $$rot>injiatyauJ>tftabt Xurin gefommen. 2)iefe 17 ©emeinben „ber
2$&Ier" fcerben gegenwärtig fcon 22 ©eiftlid&en toerforgt unb jäfylen ca. 13 000 Seelen
(no$ berSo^Iung 1881: 11641 S.) mit 4571 glementarföüiern unb 3520 Sonntag**
föülent Sa* 1835 in $orre $eQice gegrünbete, 1898 ben ftaatlid&en Slnftalten gleich
geßeOte ©tynnaftum fyd 8 Se^rfräfte unb ca. 70 Schüler, baju eine Sibliotfyef fcon ao
20000 Sänben im „2BalbenferI?aufe". (Sin *Progtomnaftum mit 5 Sehern unb 32 S($ü*
lern beftnbet ftd& in Sßomaretto, eine työfyere Söcpterfäule mit 10 Sehern unb 32 S#ü*
lermnen in iorre $etttce. Slufjerbem beftefyen je 1 2BatfenI?au3 in $orre ^Jettice, $oma*
retto unb 2torin, 1 SiecfyentyauS in S. ©ermano. Sie 1855 in £orre sjkttice gegrün*
bete „S^eologifd&e Sd&ule" (jur 2lu3bilbung ber ©etftlid&en, toelcfye früher in ©enf unb 26
Saufanne tyre tyeol. Stubien betrieben) tourbe ber italtemföen S^ad^e toegen 1860
tta$ gioreng toerlegt. Sieben SBalbenfem (©etymonat, ä. Sletoel, ©. $. Stebcl) unter*
rUteten an tyr au$ ÄuSlänber (Sfyni, Stönnefe). ©egentoärtig i)Ot bie Schule 3 5ßro*
fefforen unb 10 Stubierenbe. Sieben ben alten ©emeinben in ben Styälern finb burety
ba* fett 50 %dfytm betriebene (SfcangelifationStoert burd? ganj Italien tyin neue äöal* 90
benfergemetnben entftanben. 2)tefe, 48 an ber ftatyl, mit 47 Stationen ©ilialgemein*
ben) umfaffen 5600 ertoac&fene ©lieber (comunicanti), bie Don 44 ©eiftlic^en unb
18 (Sbongeliften öerforgt toerben. 3)ie mit biefen ©emeinben fcerbunbenen ßlementarfd^ulen
baben 2771 Spület mit 66 Sehern unb Seherinnen. 3n ben Sonntag^ulen ftnb 3561
S$ükr. 2)ie ^efamte 3Balbenferfird^e toirb t>on ber Vertoaltung*' unb 3luffu$t3be^örbe 35
htt „lafel" geleitet, bie avß 5 öon ber jäfyrüc^ im September ju Sone $eDice tagenben
SJ^tobe gehalten SMitgliebern unter bem SBoftrfc be* „SRoberatore" befte^t. Seit 1861
toirb bad @tttngelifation3gebiet mit feinen neuen ©emeinben tton einem ebenfalls burd^
bie S^nobe jja^rCtd^ getoä^lten „ßt)angeKfation*fomit6" (8 SMitgiieber) öertoaltet. 2)ie©e*
metnben, tpeld^e feit 1875 eine eigene &ir$enorbnung fyabert, ftnb in 5 Sejirfe geteilt : 40
1. ^iemont^Siaurien-TO^a mit 15 ©emeinben unb 12 Stationen : Goa^e, Sufa, Sour*
tmfyeur, 2a Satte, 3lofta, ßbam^ be $raj, fyxta, SSal bi Sroffo, Gourgnö, 3:orrajja,
Sidla, Pebicabatto, lurin, SRarentino, Gafale, ?5iatramara^i, Guneo, 2)emonte, lenba,
9K)ja, SJattecrojta, S.Slemo, Samj)ierbarena, ©enua, (SJ^iaoari, %atoak (1748 ßommuni*
fönten, 526 Schüler in ben ßlementarföulen unb 882 in ben SonntagSfd&uIen). 2. 2om* 46
tabet»$eneüen;(£milia mit 10 ©emeinben unb 13 Stationen: SMailanb, 6omo, S. Rebele,
£ugano, Ärogno, S3re«cta, gbolo, 6aftigIione--©uibinolo, SDtantua, Steuere, Sorgofranco,
Ouaftatta, SSerona, SBenejia, 3:rebifo, $eberobba, ijioffabro, 2lnbrei*, Ubine (1074 Ä.,
20 &*©(&. unb 336 S.*Sd^.). 3. 2:o3cana=Sarbinien mit 6 ©em. unb 6 Stat. : ?cIo*
renj, 2ucca, Sarga, s^ifa, Siöorno, ^Jiombino, %\ola SKabbalena, Saffari, 39Wa^# ™o 60
SRarina, ^ortoferrajo (1028 ft., 721 ei.^S^., 708 S.--Sc^.). 4. Slom^eaije^SJlarfen*
Ämt»en*5^uKen*6aIabrien mit 9 ©em. unb 2 St. ; Stom, SJeapel, ^Joggio SJlirteto,
Äncona, Sd&iabt, Gorato, Srinbift, 2eccc, Stocca SntyttWe, Saranto, Sari, SRottoIa,
©ioia bei Sötte (872 St., 8iei.*S4, 470S.*S4). 5. Sizilien mit 8©em. unb 14 Stat.:
WefftnaJ@aIIico, Sarcettona,' ^li(aj)o, Gatania, ©iaue, S.'SRaria bi Stcobia, S^ralud, ^(oribia, 66
Stoto, SRobica, Slaaufa, SSittoria, Slieft, (Saltanifetta, (Saftrogioüanni, s^ietraj>ei^ia, ©rotte,
©trgenti, »abia, Palermo, Zxctipam (874 Ä., 1423 öUSc^., 1165 S.--S*.). 35ie SBal
benferftrAe unterhalt 18 Äofyorteure jum Serfauf öon Sibeln unb ebangelifc^en Schriften.
b)2)ie @DangeIifc^e 3talienif$e ^irc^e. ü)iefe Itir^engemeinfc^aft, h>eld^e
laum fo mele ^a^rje^nte, tote bie 2Balbenfertir$e ^^unberte jä^It, entftanb burc$ ben er
522 Stalte«, KrdjHdKtatifHW
im %af)xt 1870 gu 9Hailanb fcollgogenen organifd&en ßufammenfd&lufc fcon 23 ebangdiföen
ffiingelgemeinben, toeld&e fi$ meift burcty Stbellefen unabhängig t>on ber 9Batbenfer*@t>an*
gelifation fyier unb ba im Sanbe gebtlbet Ratten unb il?r Sebürfnte na$ fefter tircfclic&er
Drbnung beliebigen tooHten. 2)ie 1870 in ÜJtailanb gebilbete Äirt^e nannte ftcty : „greie
5 italieniföe ßirctye", nic^t, ioie getoiffe ©egner bitetoiHig auSftreuten, aus ratumalifttj$en
2lntoanblungen in ber Sefyre, fonbern lebiglicb, um ihre Trennung Don $a))fttum unb rö*
miföer §ierar$ie Kar gu fenngeidjnen. §atte fcfyon bie ©enerafoerfammlung 1870 ein
SefenntniS in 8 ©runbartifeln aufgeteilt, fo nafym bie näcfyfte ©enerafoerfammluna 1871
in ^orenH ^ne SSetfaffung in 21 ©runbartifeln an. SluS jeber Mk biefer ©runbartüd
10 fyriqt gefunbeS, bibliföeS unb praftifc^e^ (S&riftentum unb bem entft>rec$enbe$ et>angdifd*3
©emrinbeleben. 2)urd& fönigl. 3)e!ret Dom 2. %\xl\ 1891 hmrbe biefe Äircfce unter bem
tarnen „Chiesa Evangelica Italiana", toie fie feitbem Reifet, bon ber italientf^en SRe*
gierung alä guriftifcfye Sjlerfon anerlannt. 35ie Seitung biefer Äircbe liegt tn ben #anben
rineS au« 5 (toon ber jäfyrlic^ im Dftober gu glorenj tagenben „©enerafoerfammlung ge*
16 toasten) ÜRitgltebern beftetyenben „gtxmgelifationSlomttee," todd&eä brei beutle dfycmm'iU
glieber (Sup. Sic. SRönnefe=©ommern feit 1877; Suj>. a. 3). &fd&er*5Reutoarp feit 1891;
£ofyrebiger D. SRogge feit 1898) gätylt. 2)ie Äird&e felbft befte&t gegentoartig au$ 36 ®e*
meinben unb 45 Stationen mit 1831 ertoac^fenen ©liebern (comunicanti), bie tnm
14 ©eiftlic^en unb 17 @toangeliften berforgt toerben. 3)ie ßlementarföulen biefer Äir^e
ao jaulten 944 Schüler unb 38 Sefyrer unb Seherinnen. 3« ^m Somttagäföulen finb
1276 Schüler, (Sine „2:tyeologifd&e Schule" gur SluSbilbung ber ©eiftlicfcn beftanb fcon
1877—1891 in SRom, feitbem ift fte nacty gloreng öerlejjt. (1$ unterrichteten an berfdben
in 9tom : ©abaggi, $enberjon, JRönnefe ; in gloreng : gtfd^er, Stobio, Sefftng. 3)ie gange
(Sfcangdiföe Stalienifcfye jtird^e gerfäflt in 10 Segirfe : 1. Sßiemont mit 9 ©emeinben unb
26 3 Stationen : Saffignana, Suff oleno, gara 9?ot>aref e, Stonco ßanafcefe, lurin, Salmuccia,
Gtoiaäco, Jfrafjo bi ScopeHo, Drmegiano, Stoccajrietra, SRoffa, Sarallo; 2. Sigurien mit
2 ©em.: ©enua unb Sabona; 3) Sombarbei mit 4 ©em. : Sergamo, Gtytafcenna, SJtai*
lanb, Sonbrio ; 4. Senetien mit 3 ©em. : $refcifo, Ubine, Senebig ; 6. @mtlia mit
1 ©em. : Sologna; 6. ^o^cana mit 7 ©em. unb 5 Stat.: 3lrena, ßarrara, (Stfane&o,
so glorenj, Stborno, $tfa, 5JJiftoja, ^ontaffer^io, S. SKarco alle 6aj>t>eHe, S. SRaria
bei ©iubice, Lorano, Ulibeto, 3am6ta; 7. 9tom mit 2 ©em. in &om; 8. Wtotyd
mit 1 ©emeinbe in Neapel; 9. Simulien mit 4 ©emeinben unb 2 Stat: Sari,
SWarg^erita bi Sabota, 2Rottola, ^alagiano, ^Earanto, Irani; 10. Sijttien mit 2
©emeinben unb 1 Stat. : Palermo, S. Stefano bi Gamaftra, Scidt 3)ie @t>anaeltf$*
86 Stalientfc^e $\'\xd)c unterhält 85loIporteurc jum Serlauf bon Stbeln unb efcangdif$en Sänften.
c) 3m 2lnfd)lufi hieran ift ;/bie greie #riftlid)e5tird&e" ju ertoä^nen, bereu 9Rit«
glieber pfymou$iftifc$en Stanb))unft einnehmen unb in etlichen 20 ©emeinben gefammdt
ftnb. 3)o$ lä|t [xd) eine Statifti! ni$t geben, ba ed nid^t möglich ift, nähere Angaben
ju erlangen.
40 d) 3)ie (englif^en) 2Be£letyaner ebangelifteren feit 1861 in %tal\m unb jaulen
gegenwärtig 1616 ^ommunitanten in 52 ©emeinben unb Stationen, toel$e eingeteilt ftnb
in a) 9lorbbe}irt mit 12 ©eiftlic^en unb 10 (Sfrmgeliften unb 27 ©emeinben unb Stationen
in: 93ologna, Safalmaggiore, ßremona, 3)omoboffola, Rerentino, gontebibo, ©enua,
©rabeHona^oce, %ntxa, Pfeile, Suino, SKmano ^ttferiore, 50iailanb, TOontorfano, Omegna,
46$abua, 5JJarma, $iacemaf 5|Sonteterra, 9lom, SjJegia, 33arefe, Sicenja, 33icobeöignano;
b) Sübbejirf mit 11 ©eiftlic^en unb 9 Gtoangeliften in 25 ©emeinben unb Stationen
in : Slquila, (Saferta, GafteQamare Stabia, Satania, Gatanjaro, (Sofenga, 3Rarfala, Stefjtna,
9tea))el, 3loto, Palermo, $oten^a, ^ojjuoli, Salerno, 6apua, StyrafuS. gm gangen toerben
892 eiementarfd^ülcr unb 1180 Sonntag^üler bon ben SBeSlelpanem gejä^U. 3n3ntra
60 ^aben fte ein 3Baifen^au^.
e) 2)ie (amerifanifc^e ß^f^MO^W^^obiftenÜrc^e ebangdiftert in Italien feit
bem ga^re 1873. Sie jätylt 1482 Äommunitanten in 12 ©emeinben unb 40 Stationen,
toelc^e 25 ©eiftlic^e unb 6 ßbangeliften berforgen. 32 Se^rer unterrichten in Sagefe unb
äbenbfc^ulen 795 Schüler. 3)ie Sonntagdf^ulen befugen 1063 S^üler. 5Dte ,,2^eo«
66 logifc^e Schule" biefer Äircbe mit 9 Se^rfräften befinbet jt$ in 9tom, h>o au$ bie Seitung
in dnem ftattlidben S3au i^ren 3entra^ft ^at- ßird&en begto. Stationen ftnb in: Äbria,
Slleffanbria, Slteffa, Sari, Sologna, 2)ot)abola, $loreng, %0Q&a> födh ©enua, Statlanb,
9teat>el, Palermo, $at)ia, Perugia, ^Jifa, ^ontebera, Sleggio ffimtlia, 9lom, S. Wanano
DUbeto, Seftri, S^inaggola, lernt, £urin, Senebig, Senofa (bagu in ber Sctypeig: ©enf
60 unb Saufanne, in Üfterreicfc: SErieft).
Italien, ftre^id) ^ttftife^ 523
f) 2)ie bereinigten 33aj>ttften (amerifanifäe unb englifd&e), toelcfye fett 1870 unb
1871 in Statt*« ebangelifteren, jaulen 1430 ©Reber in 31 ftavtyU unb 50 SWebenftationen
mit 37 Sbangeliften unb ©eiftlid&en. 5 Kolporteure fmb für 93ibel* unb Sc&riften*
berbrettung t$ätig. Stationen ftnb in : Sari, 33o3coreale, ßagliari, @alitri, Sarpi, Qaferta,
ftbrenj, ©enua, ©rabtna, SgleftaS, Siborno, -Diacomer, 2Reana, SKtglianico, SWatlanb, 6
fReatod, Palermo, Sßorttci, Stom, Sampierbarena, S. Stemo, Saffari, Sufa, $urin, Sorre
$cUtce, Senebig.
g) Unrnögli^ tönnen totr eine ber blüfyenbften ebangeltfctyen ©emeinben Italiens
übergeben, bie feit 1873 beftefyenbe „Sbangelifäe 3Jtilitärgemeinbe in Stom", beren 3R\U
glieber ben berfd&iebenen ^Regimentern ber ftarten römtjfyen ©amifon angehören unb 10
beren rühriger «egrünber, ber leiber 1898 beworbene 2. ßapelluti, im Slnfölufj an ftel883
einen Unteroffijierberein unter bem Partim „3Jtartin Suttyerberein" grünbete. 6tne Unters
offijierföule unterhält biefe ©emeinbe föon lange, äufjerbem pflegt fie burety tyren ©eift*
liefen (ßapettinte SRacftolger ift Garlo 2Jhtft getoorben) für tyre ©lieber toäfyrenb be$
Sommer« in ben großen ^elblagern ebangeltföe ©otteäbienfte abgalten $u laffen. (Sine 16
unabhängige ebangeliföe ttalienifcfye ©emeinbe, 1874 begrünbet afö Filiale ber beuttöen
©emeinbe in »JJorenj bon bem bamaligen Pfarrer berfelben ß. SRönnefe, befinbet ftd$ in
Siena unter ber jefcigen Seitung beä Dr. ßomanbt in ^lorenj mit Äircfye unb einer
(Sfanentarföule mit 80 Schülern. 3)ie SonntagSfcfyule fyat 90 Schüler unb Schülerinnen.
tafenmifpon totrb getrieben in: Satania, ©enua, Siborno, Neapel unb -Diefftna. ao
in felbftftmtbigeS ÜRifftonStoerf unterhält ber ßnglänber Slarfe in ©Jjejia, ärcola,
SeOtmo, Sebanto, ÜRarola, Sßorbenone, Seren. 3m öfteren Drte toie in ßampiglia,
Sebocco unb SKarola ftnb Spulen mit 980 Schülern.
3Son anberen Unterrictytöanftalten unter ebangelifcfyer Seitung ftnb ju nennen: §öfyere
3fr$terj$ulen in ftlorenj (ftaiferStoertyer 35iafonifjen=3lnftalt mit 2llumnat, 12 Se^rträfte, 26
80 Schülerinnen), SReapel (grl. ©. unb §. »e# mit 202 Sc&.), 3lom (Sftttuto änglo*
Smericano mit 12 S. unb 73 S#.). ferner bie ßlementarfd&ulen ber 3Kif$ GarrufyerS
in $ifa, S. Wickele begli Scalji unb SifaneDo bi ©^ejjano.
SBon tootylfyätigen ttaftalten ertoätynen hrir: 1. 2)a3 SBaifenfyauS unb SlettungSanftalt
für Änaben unter Dr. Somanbi mit tttoa 60 internen unb 45 (Jjternen in glorenj. 30
2. S)a3 SBaifen&auS gerretti für SWäbctyen in gflorem mit 40 internen. 3. Sftituto ©oulb,
Crjie&ungSanftolt für Knaben unb ÜRabc^en in $om. 4. Slrbeitöfd^ule für grauen in
Zurm. 5. 33otyce SKemorial ßome, SBatfenfyauS für Änaben unb 9Räb$en in SßaHecrofta.
6. (Sbangeliföe SRettungSanftalt ber 2Rr$. §ammonb in SSenebig.
Jtoibtmniffum hrirb in SRom getrieben. 86
^üngling^eretne, bie als „Federazione Nazionale della Associazioni della
Gioventu Cristiana11 berbunben unb organiftert ftnb, befte^cn in ^iemont (3lngrogna,
«obKo 5ßellice, 3Kaffetto, ^inerolo, 5|Somaretto, $rali, ^ramotto, ^Jraroftino, Slorä,
S. ©ermano, S. ©iobanni Sujema, lurin, Jorre ^iettice, SSillar $eHtce, SSillafecca), in
ber Sombarbei (Sreftia, ?Kailanb), in 2>enetien (Senebig), in ögurien (Sabona), in 40
Zoäcana (glorenj, Siborno, 5ßifa, S^ejia), in Umbrien ($ettorano ful ©ijio, ^oggio
5Kirteto), in Satium (Slom), im -Heapolitamfcfyen (sJZeaj)eO, auf Sizilien (Palermo, SRieft).
3m ganzen: 50.
SDane^enSfaffen (societä di mutuo soecorso) ftnben ftc^ in ben ebangelifd^en ®e*
memben bon gloren), ©enua, sJJlaUanb, 92eat>el, 9tij^a, 9lom, Spe^ia, SStcobeQignano. 46
(Rne italienifd^e Sibelgefettf^aft tourbe 1871 in Slom gegrünbet. Sonft bienen ber
CiWtoerbreitung nod^ bie englifd&e unb fc^ottifc^e »tbelgefeujc^aft. (Srftere unterhält
33 Poljjorteure unb Slieberlagen in glorenj, ©enua, Siborno, SRailanb, SRea^el, SRom.
SedaufMteDen beftnben jfä aufeer an ben ebengenannten Drten noc^ in: ß^ieti, ßerignola,
Gimeo, $ineroIo, San Slemo, Seftri ^onente, 2urin unb 3!orre ^ellice. SBä&renb 1882 so
berfauft tourben 6990 Sibetn, 17 631 3?eue Icftamentc unb 33 651 Scfriftteile, toaren
cd 10 §afae ft>äter (1892): 7132 33., 15322 91. 1., 140183 Sc^riftteile unb nac^ ber
le^en 8ufammenfteHung bon 1898: 6163 93., 18538 31. Z. unb 104176 Sc^riftteile.
Seit 18^0 ffdt bie englifd&e a3ibelgefellf^aft in Stalten Verbreitet : ca. 3 000000 Sibeln
bejto. Steue ieftamente ober einzelne Seile ber £1. Schrift. 2)ie fc^ottMe 93ibclgefetlj($aft 66
unterhält 15 itolj)orteure unb §at bon 1888 bte 1894 (alfo in 7 ^ttyra*' morüber un«
ein «a^toei« borltegt) berfauft: 6708 93., 15337 %X. unb 73572 Scfctftteile. — 3)ie
1855 in gforenj gegrünbete „Stalieni^e Iraftatgefedfc&aft" beft^t in Jylorem eine
2>rucfoei (Tipografia Claudiana) nebft reichhaltigem Verlag, unb offene S^erfaufdläben
in gfrren), ©enua, Siborno, SDlailanb, 9iea^elr Palermo, ^inerolo, 3^om, Surin unb *>
524 Stalten, firdj(idj*ftattfttfdj Italien, reformatorifdje ©etoegmtgen
%om $cBice. #ier erfd&etnen an regelmäßigen ebangelifd&en ß^^riften: 1. L'Italia
Evangelica (toöc$entlic$e$ gamilienblott mit Sßuftrationen) ; 2. L'Amico dei fanciulli
(Sttuftrierte 2Ronat$förift fürÄinber); 3. L'Amico di casa (SSolfötolenber, 35000 jä&rl.
2lufl.) ; 4. La Strenna dei fanciulli (Äinberfalenber) ; 5. 93iblifc$er Slbreifjfalenber. 5Dtejer
6 italteniföen SraftatgefeDföaft banft bie getarnte iialienifd&e ebangeliföe Äir^e faft au&
nafymSloä tyre aafylreictye polemifctye, erbauliche unb hriffenföaftlidje Sttteratur. 2>aneben
fommen bie Seiftungen ber in lurin befte^enben Jraftatgefettföaft bei Sapttften gar mc$t
in 93etrad^t.
9?on ber periobifö erfd&einenben ebangefifctyen italtenifctyen treffe jmb not$ &u nennen :
10 1. La Rivista Cristiana (totffenfctyaftlicfye 3Ronat3förift , aui) mit Settrögen bon
beulten Ideologen, toie Senratlj, eije, Stönnefe, 2Bitte); 2. Le T&noin (ämtylufc*
2Boc$enblatt ber franjöftfc^ rebenben alten SBalbenfergemeinben in ben X^älern); 3. II
Bolletino (Kirchliches 2Ronateblatt für bie SBaibenfergemeinben auf bem ©iangeltfationS*
gebiete); 4. II Cristiano (Ätrcfylid&eS 5Ronai$bfatt ber freien d^rtftltc^en fttrdpe); 5. 11
16 Piccolo Messaggiere (ßir<$li$e$ 2Ronat3blatt ber eöangelifctyen italtenifcfcen Ätr^e);
6. La Civiltä Evangelica (£irc$lic$e$ 3Konat3bIatt ber SBeSletyaner); 7. L'Evangelista
(£irc$lic$e$ SBoc^enblatt ber 2Ret$obiften); 8. L'Aurora (3Huftrierte SBoc^enf^rtft för
Äinber); 9. II Testimonio (ßtrc$lu$e$ SRonatäblatt ber ©aptiften); 10. L'ape biblica
jur Vertretung be$ ÄonbijionaliSmuS. — 3m änfölufj hieran ift *u nennen : II Labaro
20 (Äir<$li<$e aftonatSförift ber altlatyoliföen Äircfce in Italien). Sfofeerbem fceröffentlu&t
ber JBunb ber italtenifcfyen ^ünölingSbereine ein 2Ronat$blatt.
Slbgefefyen bon ben italienifd&en ©emeinben bürften tyier nocfc ertoä^nenätoert {ein bie
cbangeltfcfyen ©emeinben beutfcfyer $unge *n 3^en- 2B*r ftnben fte in: Sari, Set*
gamo, $loren$, ©arbone, ©enua, Stoorno, üRefftna, üföailanb, 9leal>el, Palermo, SRom,
25 6. SRemo, SSencbig. Sie jmb $um Steil ber preuftiföen Sanbeäfircfce angeföloffen. ©eutfcfc
©oiteäbienfte finben jeittoeilig ftatt im hinter in: Slncona, Settaggio, Sologna, ßa}m,
Gatania, SRertri, Depebaletti, ^attanja, $egli, 3ty>affo, Saormtna. 2Jon Neapel au$
toerben nocty 2 Filialen in Salerno unb Scafati fcerforgt. 3)ie beuttoen ©eiftlid&en Italien*
fcerfammeln ft$ jäfyrltcty in einer Äonferenj (feit 1880). 6in Krcglic^eS 5Ronat$Matt für
80 bie ©emeinben beutföer $unge ht Italien, namens „SJJauluS" (1889 — 1892), ging leiber
toieber ein, als fein Segrünber unb Herausgeber (SRönnele) in bim 3)ienft ber $etmat&r$e
aurücf!el)rte. Spulen unterhalten bie beutf^en ©emeinben in Floren), ©enua, SRefftna,
3)tailanb, Neapel, Palermo, 9tom. Kranfen^äufer ^aben fte in glorenj (SSiüa Setania),
©enua, 3Wailanb, sJlea}>el, Sflom (6afa ^tar^ea). 35er ebangelifd^e gfrauenberetn in Äom
86 unterhält feit 1885 2, je^t 4 ÄaiferStoertfyer ©ialoniffen für Slrmen«, Äranlem unb ®e*
meinbe^flege ; SKäbc^en^eime ftnb in 5'orenJ (3Karien^eim), ©enua, ^Railanb, Neapel,
SRom (2)iafoniffen^eim) ; ein See^of^ij in San SRemo unb ein Seemännern in ©enua.
Ä. Wimtefe.
Italien, reformatorif4>e Setoegungen im XVI. 3a^r^un^ert. — 5)ie
40 ©djriften ber 4)auptträger ber Deformation unb bie SJearbeltunaen i^rer ficbenÄgefcftt^tc finb
in ben betr. 9Crtt. (©aracciolo, ©urione, Ol. 9J?orata, Otftino, Sßaleario, Renata »on gerrara,
©pieva, 33alb63, ^ergerio, ^ermigli) uerjet£ftnct. ^on bem „Trattato utikssimo dd bene-
fizio di Gesü Cristo croeifisso verso i Christiani", beffen Serf affer 3)on tBenebetto aud
^antua fonft unbefannt ift, finb nad) unb nad) mehrere Aufgaben au9 bem XVI. Safer*
46 feunbert aufgetaucht ; bie befanntefte: „Vcnetiis apud Bernardinum de Bindonis, Anno Do.
MDXXXXIII", tum melier (Sfiur^iU Sabington, ßonbon unb Gambribge 1855, einen gae*
fimile;$ruct gegeben f)at (baju ein foldjer uon ber fran^önfefeen tludgabe bei 3- 1551 unb
ber ?lbbrucf einer l)anbfcbriftl. cngltfcfjcn Ueberfe^ung Don 1548, nebft oibliograpfeifefeen S9ad)*
roeifungen); t)gl. boju ^Keufd), 3nbej I [1883] 6. 383 f. unb bie 9cad)tueifung einer Vu<M.
60 üon 1546 in 53bömer« 9lrt. $alb<53 in ber 2. 9luff. ber SReal-dnc^H. ©b XVI. 6. 288.
Auf mehrere Schriften au§ unferm Sereicfee öat erft ba% $orfommen iferen Xitel in ben
gleichzeitigen Indices librorum prohibitorum (bcf. bcS^nbej oon ßucca 1545; be« 3nbejüon
©iou. beHa (Safa 1549; ber 3nbice3 uon ^ailanb unb Senebig 1554; $aul* IV. Don 1559
u. f. id., alle bei SReufd), $ie Iodices libr. proh., $tbl. be* litter. herein» in Stuttgart,
66 1886) aufniertfam gemalt; anberc fehlen aua^ in biefen, j. 93. bie Parafrasi beÄ Strginio
unb ber Dialogo be^ SRiccamati, f. u. 3m allgemeinen giebt föeufd), Snbcj 1, bef. S. 373 ff.
inftruftlue 3Binfc. Egl. au* be8 5Rcf. ^lieber bie Duellen ber ital. ffief.-akfa." ©onn 187&
6eit bie bortige ftufftetlung erfcfjien, hat defonberd bie Rivista Criatiana (^loreiu 1873 bi«
1887; zweite Serie ah 1899) fid) bie görberung unfereS ®eaenftanbe« angelegen fein Iaffen.
60 &ür bie3a^re bi* 1875, bann wieber 1876-79 iftr u>a8 in t^r unb aujer t&r erfc^ien, bar*
ben SRef. in S$t® (I, S. 613-626; IV, ©. 394-413) bejubelt worben; für ben tteft »gl.
Stalten, reformatorifdje Bewegungen 525
£b38 btö 1887 unb weiter. 23id)tigere neuere ©rfdjeinungcn: 3)e &eua, Storia docuni. di
Carlo V. in correlazione dall' Italia vol. III (Venezia 18G7) ; IV (Padova 1881); V ($o-
iogna 1894) reidjt bis 1552: bcrf., Degli Eretici di Cittadella (Atti dell' Istituto Veneto II,
IV, 1873); berf., Giulio di Milano (Arch. Ven T. VIII, p. 1); 3. könnet, R&its du
XVI« siecle; Derniere Re*cits d. s. e. (<ßari3 1876). S3on ifjm nod) uerfd)tebene ©injcl- 6
beitrage im BulL ... du Prot francais (^SariS) ; (£. SUtafi, I Burlamacchi e di alcuni documenti
intorno a Renata d'Este, duchessa di Ferrara (Bologna 1876) ; (5. fWicotti, La Kivoluzione
Protestant» (Xurin 1874); <£antü, GL* Eretici d'Italia 3 ®be ($urin 1864—66), rei$ an
jufammengewürfeltem Stoff, aber ungeorbnet nad) gorm unb Urteil. @inige8 bei: o. SReu«
mont, Sittoria ©olonna (greiburg 1881) II, 1: JReformat. Xenbenjen in 3talten, 6.117 bi8 10
132; ugl. Carteggio di Vitt Colonna edd. SRüüer unb gerrero, Torino 1889. $a3 in lang-
famem gfortfdjreiten ber $ublifation begriffene SBert be3 9Jt. ©onuto (Diarij), weldjeS im
Saftr 1899 bis $um 3at)re 1530 gelangt ift, bietet Wotijen. föei*ii$ere8 Cluellenmaterial enU
galten gontana« Docc. vatic. (Arch. d. Soc. Rom. 1892) u. Ren. di Ferrara (1892- 93). «u3
ben gleichzeitigen SnquifitionSaften ift mancherlei veröffentlicht roorben : uon SRanjoni ber 16
Estratto del processo Carnesecchi; uon (£omba in ber Riv. Crist. bitten beS S. Uffizio in
$enebtg; uon ©erti beSgl. unter bem Xitel „Di Gio. Vaktes e di taluni suoi discepoli"
(Reale accad. dei Lincei, anno CCLXXV [9tom 1878]; uon bem 9ref. bie Sentenzen be8
$rotofonbucbe3 ber römifdjen 3nquifition uon 1564—67 (Riv. Crist. 1879—80, foruie einige
in ©earbcitung: Beilage $ur 2111g. #tg. 17. SWärj bi« 15. 9Hai 1877); uon ^afferini ein ao
glorenttner Urteil uon 1531 (Arch. stör. ital. 1879, I, ©. 337 ff.), «ud) bie neue (Serie
ber Riv. Crist. 1899 unb 1900 bietet einiget: über $ero ©elibo uon Salla, »riefe Dd)ino8
unb einen uom Sarb. ©I)i3lieri, ueröffentitdjt burd) ben 9?cf.. einen S3vief be§ 93alb63 mit*
geteilt uon ©öfcmer; ßomba gicbt eine „conferenza" über 3ulia ©on^aaa im 9lnfd)luf$ an
bie Sonographie bc« Wef. (#alle 1900). $urd) alle biefe Arbeiten unb Erweiterungen beS 26
Wateriald finb bie älteren $)arfteüungen antiquiert, inSbef. SJTSrie, „History of the Refor-
mation in Italy" (@binburgb 1827; 3. Aufl. 1856; beutfd) uon griebricb, 1828; au* in fran*
^ofifc^er unb italienifdjer Ueberfefcung) unb 9ttr3. $oung, The lue and times of Aonio Pa-
leario (ugl. b. Art. $aleario) unb bie bauon abhängigen $arfteHungen. Aber eine befriebigenbe
neuere Gtefaintbarfteüung, meiere übrigens mit SRufeen einige ältere Arbeiten unb $ublita* 80
tionen uon Xotumenten wie©erbe$, Specialen Italiae reformatae unb 6cbel&orn$ uerfcfyiebene
©eittfige in ben „<£rgöfclid)ieiten" (1762-64, III) fowie ben „Amoenitates histEccl. et lit."
(1737) unb ber größeren Sammlung ber „Amoenitates" (1725ff.) uerwerten fann, fet)ltnod).
SBa$ bi$ in bie legten 3al?™ über bie Anhänger ber SHeformation im SSenetianifdjen ge*
fammelt unb jur S)arftellung gebradjt warben mar, ift burd) (Somba in bem reichhaltigen 85
2. ©be be$ SBerfeS „I nostri Protestantin (girenftc 1897) nieberge legt worben; ugl. baju
ttfiS 1898, ®p. 19-23. $er jüngfte, febr fd)ä&enS»uerte ©eitrag " ift AgoftiniS „Pietro
Carnesecchi e il movimento Valdesiano" (Firenze 1899). $Benu italicnifc^e ©eletjrte in ber
Art toie bie beiben lefcgenannten, weiter auf itnferem ©ebiete arbeiten, fo toirb ber Vorwurf
uerftummen, bafe bie Rremben allein e8 feien, meiere bie Erinnerungen ber reformatorifdjen 40
Bewegung be8 XVI. 3<rf)rijnnbcrtä fammeln, uon tueldjer S)e ßeua mit 8*ecöt fagt, baj* fie
3talien nidjt weniger jur (£^re gereiche, wie bie gleichen ige S31üte ber $3i ff cnf haften unb
ftünftc.
SBte erfolgreich auef^ bie ©efcf/ictyiSforjcfyunö ftdr> auf bie Älarftettung § be« ^olttijc^en,
gefeflfc^ftltc^en unb lünftlertfc^en Sebend in Italien in ber $eriobe bed Übergangen t)om 46
tRtttelaltet jur SReucn Rtit gerietet unb tote 3utoerISfft9ed unb UmfaffenbcS fte ba auc^
au» ben reufyi$ flic^enben DueQen gcfcf;öpft fmt, fo fann man bod; ntcr)t fagen, ba| be=
Mty ber allgemeinen religiöfen 3uftänbc ber nämlichen Qcit aui) nur annä^emb ba^
©feio>e gelciftet fei. 3toör fm*> ftx ^ag auftreten unb bie ©nthncfelung ber reforma*
torifc^en SJetoegung felbft nac^ unb nac^ fefte Sttd&ttmnfie gewonnen toorben, unb bie bo
ßaii^tl)erfonen, toelc^e Präger ber Setoegung toaren, fyat man in fymreic&enb Haren Sic^t
fSeDcn lönnen; and) finb bie meiften ütterarifd^en SKcberfc^läge, toelc^e bieSetoegung ^er«
totgebracfyt, ber allgemeinen Äenntntena^me toieber unterbreitet toorben. 3lber eine ber
toufyiflften, ja bie lapitale SSorfrage, toclc^e gefteßt toerben mu|, fc^eint mir gar $u fe^r
auficr ac$t geblieben ju fein. 3n^em man nämlid^ immer nur bie ergreifenbe ®efc^ic^te 66
ber antirömtfe^en refortnatorifd&en Setoegung »erfolgte, toie fte, getragen Don ^ertoorragens
ben SRännern unb grauen in Keinen, auSertoctylten unb geiftig ^oc^ftebenben Äreifen ftd^
boflpg, unb baneben tt)ma nod^ einige in borfic^tiaer SUeife ind 3Bert gefegte burc^aud
im frr^lic^en Sahnen bleibenbe 5?erbefferungnberfuc|e jur i)arfteDuna braute, lie^ man
aetoölmli^ aufeer ac$t, toie benn bie grofee ÜRaffe ben Wolfen fieb ju ber grage ber go
Äir^em)crbefierung gefteßt l)at unb ibrem religiöfcn ©tantymnfte gemäfe ftc^ ftefien
mufüte. 5)er treffliche italicnifc^e §iftortrer 3)e 2eba lommt bei ber ©rörterung ber JJrafle,
toarutn bie Sieformation trofc vieler günftigen 2Komente bod^ in Italien leinen ©oben ge«
fnnben ^abe (Storia di Carlo V etc., III, 5, 1, Padova 1875), ju bem otterbingS
526 Stalten, reformatorifdje Setoeguugen
richtigen Schiffe, bafj im ©runbe „ber 5Rangcl an ©tauben" baran ©d&ulb getoefen
fei. Slber tnbem er im ©lief auf bie religiöfe Sage ber geh ju biefer Sfottoort ge*
langt, fafct er Diel ju fetyr lebtgltcfy bie Streife ber ©ebtlbeten, bei benen fiumani$mu3 unb
©fep tijiämuS im toeiteften Umfange tyr 2Berf getfyan fyatten, in« äuge unb lägt bie Unter-
6 fuc^ung ber $rage, tote e$ mit bem religiöfen SSebürfniffe unb bem religiöfen Seben ber
Srofjen 9Maffe befteHt fear, bis auf 2tnbeutungen ganj au$ bem Stiele. Äucfc ber ein*
eimiföe proteftantifdjje ©efd^td^töfd^reiber ber Sieformation in Stoßen, ?ßrofeffor (Samba
in ^lorenj, totbmet in ben fefyr beac^tenätoerten Ausführungen feiner „Einleitung" jum
jtoeiten Sanbe (I nostri Protestant^ II, Firenze 1897) biefer grage nid&t bie ge*
10 büfyrenbe eingetyenbere Unterfud&ung. Unb in ber eben erfetytenenen ©djrift Don Slgoftmi
über ^ietro ßarnefecc^i, toeld&e im übrigen auSgejeic^net ift burdfc umfaffenbeS unb förbernbeä
«DueHenftubium fotoie bur$ ein DerftänbigeS Urteil bei f effelnber 35arfteüung, toirb biefejtage
bannt abgetan, baj* als t^rifc^e Vertreter beffen, loa« bem bamaligen Solle SReligion
getoefen, jVoei abergläubtfcfye unb trofc ibrer irreligiöfen ©runbric&tung bo$ ber Ärn^e
15 gegenüber äufcerft bebote Figuren in 9Jcac$iaDelI$ „Mandragora" ^ingefteQt toerben.
2)arin liegt ja allerbingS ein Rom Söafyrfyeit. Slber fo leicht tote bei Ägoftim lagt fty
bie $rage bo$ nicfyt erlebigen, fttrin e$ foreetyen anbererfeitS fetyr ftarle Momente für
eine religiöfe Unterftrömung in ben breiten ©c$ictyten beä italtenifäen Solle« *ur 3«* ber
SRenatffance, bie, toenn fte ri<$tig unb erfolgreich geleitet toorben toäre, ein (gelingen re*
20 formatoriföer SBerfud^e beS &ir<$entoefen3 nicfyt afe unmöglich erfd&einen laffen.
3Jtoc$te bei ber äußeren Äird&lic&feit ber großen 2Raffe nod& fo Diel gebantenlofe @e*
toö^mmg an bie hergebrachten formen mittoirten, fo beruht bie bauernbe unb im alt
gemeinen toiberft>ru$3lofe Eingabe an bie ^orberungen ber Äirc^e, ba$ ^eft^alten an bem
regelmäßigen ©ebrauc^e ber ©nabenmittel, inäbefonbere aber bie burdfcreifenbe Überzeugung
25 bon ber Unentbefyrlicfyteit ber ©aframente jur §eiteerlangung bo$ jtoetfeteo^ne auf einem
religiös beftimmten Untergrunbe. 3)ie 9ln|önglic^!eit an bad Äirc&entum unb feine 2)ar*
bietungen toürbe ju einer böllig leeren ©<$ale, bie bann §ätte abfallen muffen, tymab*
gefunfen fein, toenn nic^t bie üftenge in Jenen formen ttyatfäd&licfc bie S3efriebigung eines
religiöfen SebürfniffeS gefunben fyättt. 9Jlan fann fagen, baß ber 2Beg, ben bie Än$e
so $u beffen Sefriebigung eingebogen fyatte, toett abführte bon ber einfachen geraben SSnie
c^riftltcfyer Stta^ett, bafe j. 93. bie Irangjubftantiation^re ein fe^r materialtfterteS reli«
giöfeö 2)enfen öorauögefe^t unb förbert — aber man toirb gefte^en muffen, baft ein refi*
giöfe^ SBebürfni^ l?ier ju ©runbe liegt, unb bafe ein fol$e3, toenn ed fu^ baö ©mgefcn
göttlicher unb bamit erlöfcnber Gräfte in ba« ^nbibibuum (ebiglid^ als t'toftfc^ t>ermtttelt
35 borftetten fann, fyier in ber %fyat bie faft fyanbgreiflicfyen ©arantien für bie SHealität folgen
eingeben« finben toirb. 3Bennba^erSurcf^arbt(Äultur ber SRenaiff. [2. 3lufl. 1869] ©. 373)
^erbor^ebt, bafe „bie 3lb^ängigfeit Don Segnungen unb ©aframenten ftc$ bei bem gläubigen
SEeile beä 93olfeg Don felbft Derfte^t", fo ift babei ju tonftatieren, bafc biefer „gläubige"
leil t^atjäd^üc^ bie übergroße 3Jle^eit in ftd^ befaßte.
40 3luf bem ©oben berjelben SReligiofttät toirb allein bie eminente SBtrfung großer $res
biger ber $t\t erllärlid^. Sie regen ba£ bor^anbene religiöfe ©efü^l nic^t feiten btd )u
ben äu^erften @£trabaganjen auf unb toeifen \tyn ben freiließ unferer geläuterten ©mft^t
als bebent(i$, oft als gefä^rlic^ erfc^einenben 28eg. S)a ift fogar in ben Florentinern
fobiel Don religiöfem Untergrunbe nod^ Dor^anben, bafe fte einem ©abonarola gegenüber
45 totllenloä toerben unb nun anbeten toaä fte berfolgt, anjünben toaS fte bis bafym für baS
303ertDollfte gehalten ^aben. Unb ftärfer noefy ate in biefem ,,©J>ötterbol!e" ift in ben
übrigen Stämmen Italiens baS religiöfe Sebürfntö in jenen 3^«* getoefen.
^aftor ^at in ber Stnleitung feiner „©efd^ic^te ber $äpfte feit bem SluSgange be*
2KittclalterS" (93b III) noc^ eine lange Steige Don 3eugniffen für ben „religiöfen Sinn1'
60 be$ SolfcS (freiließ aud) für ben abergläubifc^en, in ^rreligiofttät umfc^laaenben ty& er
bie nämliche 93e^eid^nung) beigebracht. (Sr giebt SluSjüge, bie Med erhärten foDen, aud ben
S)iarien unb Snefen eined Sanbucci, SRuceUai, 2Koreui unb S3elcari (©. 12 ff.), au$ bie
©rjie^ungdle^re bed SSegio Don 1491 (S. 21) unb ßaftiglioned „Cortigiano" mufe ebenf o
baju btenen, toie baS SSorbanbenfein ja^llofer Seic^tbüd^lein (©. 26). 3Jor aBem aber
55 toirb auf bie Äirc^lic^feit ber Swn^ß^offenfc^aften, ber SSrüberfd^aften, bie toetie Jkrbret*
tung bed „britten DrbenS" ^ingetoiefen. Sefonbere arten Don „®ebotionen", SSorfü^rung
geiftlic^er Sc^aufpielc, inebefonbere Don ^afftonäftrielen, bann bte großartigen Stiftungen,
bie Schöpfungen ber religiöfen Äunft (S. 50 ff .) beteiligen* unb Steliquienrult (©.63 ff.),
bie SluSgeftaltung Kreier gefte unb aßaDfa^rten (S. 66 ff.). 3We« ba« ifl ja in ba
go Xfyat ein Seleg für baS 3!or^anbenfein religiöfen Sinnet in ben breiteten ©c^k^ten beS
Stalten, reformatorifdje Setocgnngen 527
Sollet. Aber gerabe biefe legieren gormen, in benen man folgern ©inne S3efriebigung
bot* geigen burc$ tyre unerhörten 2lu«toüc^fe unb ben grengenlofen Aberglauben, ber babei
mitgebt unb nur ju oft abft$tli$ gehegt totrb, toel$ eine 33eranttoortung auf ber römi*
j$en Rvtfy ba laftet, too bie Pflege, Säuterung unb Äräftigung be« religiöfen ©inne«
in gfrage lommt 2)a« „d&riftlid&e Stauen" in biefer $orm birgt ebenfoviel £etbnif$e«, 6
tote ba« „und&riftlidje Italien", toie bie „föranlenlofe ßnttoicfelung be« SnbiVibuum«"
e« nad> Sßaftor (III, ©. 72 f.) hervorgerufen tyaben foll. 2lu« bem Vorftetyenb »u«*
geführten gefyt jebenfall« foviel mit ©id&ertyeit fyerVor, bafe eine Unterfuc^ung barüber, toe««
falb bie Sieformatton in bem Italien be« 16. 3;al?rfyunbert« nid^t burd&gebrungen ift, nic^t
baVon ausgeben barf, bafj religiöfe« Sebürfni« nid&t in genügenbem 2Raj$e im nieberen 10
Soße toor$mben getoefen fei. Unb toenn toir ettoa« f?ö^er in ber ©fala ber Silbung
greifen, fo ift audp ba beffen SSorfyanbenfein getoifc nicfyt ju leugnen — Vielleicht ift aber
boc$ aucp in biefen bie „religiöfe Äonfufton", Von toelcfyer jum %al)xt 1513 ber Äultur*
^iftorifer ber SRenaiffance (©. 442 f.) ein bejeic^nenbe« S3cif^>ieC anführt, fyinberlictyer für
bie ShtSbrettung ber ^Reformation getoefen, al« ber einzige birefte Singriff, toelctyen ein 15
j^UofoVtycrenber #umani«mu« gegen eine ber religiöfen ©runbletyren gerietet fyat —
näntltc? bie Seugnung ber Unfterblicfyfeit ber ©eele. dagegen toaren bie ©d&toierig«
leiten toeaen ber äußeren SBertyältniffe ber Kirche unb ityrer Vertreter, in«befonbere toegen
ba jwlitifoen Sebeutung be« $Paj>fttum« für Italien fo grofj, bafe bie erforberlid&e un-
geheure Summe Von (Sntfagung e« Von vornherein jtoeifelfyaft machte, ob bie Nation al«ao
fak^c je für bie Sieformation ju fyaben fein toürbe, fo lange jene SBertyältniffe beftänben.
Irofc oBebem ift an Verfd&iebenen ©teilen ber SBerfucfy gemalt toorben. SReforma*
torifc^e »ejteebungen (Vgl. be« SRef. gulia ©onjaga, §aCe 1900, ©. 63 f. ) ftnb jenfeit« ber Sltyen
feit ben jtoamiger Sauren be« 16. Safyrtyunbert« hervorgetreten, nad^bem ber SRuf nad&
Skfferung be«Ämbentoefen« in früheren Reiten bort lauter noc$ al« anber«too erfüllen toar. 25
Da in Statten bie ÜRifjftänbe im Äirc&entoefen minbeften« ebenfo fömerjlic^ entyfunben tourben
tote bei und, {0 brauet nid&t bie SBorfteßung gu entfielen, al« ob man bie in 2)eutfd&*
lanb erhobenen Söefd&toerben erft borten übertragen tyabe. 2lHerbing« ftnb jene erftenSBe*
ftrebungen SReflege ber Setoegung in ®eutfölanb, bie bort unten künftigen ©oben finben.
2)am ba in Italien bie totffenfd&aftlicfye Äritif viel älter unb mel Verbreiteter toar ald so
norblic^ von ben äl})en, fo h>ar auc^ in biefer §inftd^t ber Soben beffer Vorbereitet atö
unter une. Son ber reformatorijc^en 33etoegung in 3)eutfc^lanb aber unterf^eibet fi$ bie
faft gleid^geitig jenfeit« ber Sllpen gu Sage tretenbe trofc Vieler Berührungen in jtoei toefent*
fielen fünften. 3unäc^P *P & m %tal\m feine folc^e, bie mit unmiberftefylictyer ©etoalt
bad Sott ergreift unb fo getoiffermafcen Von unten naefy oben, freilidb^unter ber Seitung .%
geifäga ^ü^rer ber Station, ifyren JBeg nimmt. üDie ^erVorragenben Männer, toelc^e atö
bie (Srften bort hervortraten, um bem Sebürfniffe nad^ Sefferung SRaum ju Raffen, fte^en
jun&^ft Vereingelt ba — bie üRenge verfte^t fte ni$t unb bleibt i^rem $ornefymen gegen-
über teilna^mdlo«. 3n le^ter golge muffen fte ja getoiffe Slnfprüd^e, toelc^e ba« 5ßaj)fttum
motzte, Verneinen, alfo beffen fälfd^lic^ gewonnene Slutorität befämjjfen — bamit aber 40
lommen fie in Äonflift nid^t allein mit taufenb gntereffen, bie von SRom au^ge^enb alle
&taa!km unb alle ©cfyidjjten 3*alkn$ umfpannen, fonbern fte ge^en audj vor gegen eine
Stmk^tung, toel$e ber italienifc^en Nation tro( ad ihrer Mängel von iBert ift, toeil fte
i^r ein eingtgartigeS ©etoid^t unter ben SSölfern be3 Slbenblanbe« juft^ert. 3)a« ^ßapfttum
toar bamalä längft au« einer über ben Nationen fte^enben ürc^licpen Einrichtung gu einer 45
nattonatüalienifd^en Politiken 3«ftitutioT\ getoorben — h>er tooßte e« ba auf fi^ nehmen,
bie Sorteile abjufd^neiben, Vuelc^e fo von 9tom au« in taufenb Bächen unböäc^lein burd^
bie ganje £albmfel abjufliefeen pflegten ? Offenherzig, jebo$ nic^t jur eigenen 6^re, ge*
fte^t ba« ber ^iftortfer ©uicäarbini in ben erft in neuerer 3eit belannt gemalten Ri-
cordi politici e civili (ed. Canestrini, Firenze 1857, I, p. 96): „3$ glaube !aum, 50
bafj rrgenb jjemanb größere« üRigfaden ^aben fann al« ic^ an bem Gtyrgeij, ber §ab|ud?t
unb bem unfittlid&en fieben toie bie^ßriefter e« führen; an ftc^ fc^on ift jeber biefer geiler
ju Raffen, aber noeb toeniger bürften fte Vorfommen bei ©old^en, bie fo t^un, al« ob i^r
Üeben in birefter S3ejie^ung ju ©Ott ftänbe; auc^ [\tti> biefe geiler einanber toiberftrebenb
unb Verraten bei ben Irägern ein ganj abfonberlic^e« 35Jefen. Srofc attebem fyat meine se
anrtlk&e ©teBung ju mehreren $ä))ften mid^ in bie 9?otn>enbigfeit Verfemt, um be« eigenen
^ntereffe« toiOen an beren ©röge ju Rängen: toäre biefe Südficf)! ntc^t Vor^anben ge*
toefen, fo ffitot \d} Sutyer mer;r al« mic^ felber geliebt, nicfyt um mic^ Von ben SSor«
fünften ber d^rtftlic^en Religion, toie fie nun einmal in«gemein erflärt unb Verftanben
totrb, Io*)uina$en — fonbern um jene SBanbe von Söfetoic^tern )u bem gebraut ju fe^en, 00
528 Italien, reformatorifdje ©etuegmtge«
toa« tyr gebührt: nämlicty enttoeber ben Saftern ober bem Smfluffe tyrer Stellung gu ent*
fagen." 2)enfelben ©ebanfen brüdft ©utcciarbini aud& im 346. SRicorbo (ebb. ©. 203)
au«: „3$ tyabe, fotoett meine näd&ftliegenben 2Bünfc$e in Betraft fernen, immer bat
Untergang be« ittrcfyenftaate« tyerbeigetoünfd&t — unb ba fyat ba« ©d&idEfal jtoei $äpfte
s gebraut, für beren ©röfje ic$ alle« Streben unb alle Straft &abe auftoenben muffen ; toäre
\d) nicfyt fo gebunben getoefen, fo fyätte id) SKartin 2ut£er mefyr al« mi<$ felber geliebt in
ber Hoffnung, bafj fein äfatyang biefer frevelhaften SPrieftertyrannei toenigften« bie gCügcI
befcfyneiben fönnte."
®ur$ folcfye (Srtoägungen fonnten freiließ ernfte ©emüter ntdjt abgehalten feerben
10 bon jebem 93erfuc$e ber Sefferung bon SReligion unb Äird^e. Aber ber ©ebanfe felbffc
ftänbtgen SJorgefyen«, toenn bie berufenen Vertreter tyre 2Rittoirtung Verjagten, mufcte
naturgemäß Leiter jurücfftefyen al« anber«too. !gn ®eutfc$lanb unb ber ©d&toetg ift bie
93eh>egung, toeil bie berufenen fircfylicfyen Organe jegliche 3Rittoirhmg ablehnten, fefyr balb
au$ einer innerftr$lic$en $u einer gegenfircfylid&en geworben, bie, o$ne fid& bun$ b<ö
16 Sefte^enbe beengen ju laffen, fiety nun nad& et>angelif$sbiblif$en ©runbfä$en au«*
geftaltete — in Stalten §at fiety biefer $ro$ef$ in einem bie Station umfaffenben Umbetfe
nietyt vollzogen, jebenfatt« ift bie S3etoegung bort biel länger al« in JDeutfölanb in bem
©tabium innerftrctylicfyer SReformberfuc^e geblieben.
SDie folgenbe 2)arftcßung gilt ber Deformation in Italien in tyrer ©efamterfdjKtmmg.
20 ©te toirb bejüglt^ tyerborragenber Vertreter tote Saracciolo, ßurione, Dlimpta SRorata,
Dctyino, Sßaleario, Renata von gerrara, ©piera, 33alb6«, SSergerio, SSermigli auf bie ©tmel=
arttfel bertoeifen, bagegen fyier eine 2lnjafyl bon Weniger befamtten ober bebeutenben Jßer*
fönlid&leiten namhaft machen. @« toirb fic$ auc£ an biefer ©teile änlajj bieten, aber
einige litterarifcfye 9lieberf<$läge ber S3etoegung ju tyanbeln, toeld&e bort mc$t einge^enber
25 beforocfyen toerben. —
3jn Valien fällt, ganj abtoeid&enb bon $)eutfc$lanb, too betbed beifammen liegt, bie
©tätte, an toel$er bie erften Regungen ber Deformation bemerlbar toerben, toeit ab Don
berjenigen, bie fctyliefeltcty boc$ ben inneren tfyeologtfc$en ®intyeit«i>un!t ber Setoegung bar*
ftellten. $ener Kc9* im Sorben — S3enebig; biefer im ©üben ber $albinfel — 9ceaj>d.
so Sei ber 3)arfteHung toirb e« ftcfy jebo$ empfehlen, im allgemeinen bie $ronologif$e golge
inne ju galten unb fo mit bem -Korben ju beginnen. 3)enn ^ier reflehierten guerft bie
in 2)eutfc^lanb feit Sut^etö X^efenanfc^lag in ben toeiteften Streifen lebenbia geworbenen
gbeen. SDie beutf^en Äaufleute pflegten in SSenebig }>erfönli($ i^re Smlaufe gu machen
— fte ftnb e« getoefen, meiere bie erften 5lac^ri(^ten, bie Setoegung betreffenb, über bie
85 2ltyen brauten (t>gl. m. SReform. in SSenebig, §atte 1887, passim). ®ie benetianifc^e 3le=
gierung geftattete im ^ntereffe be« §anbete ben gremben in i^rem ©ereile eine größere
grctyeit fclbft bejüglid^ religiöfer Slnft^ten. grü^e fc^on fernen ©Triften Sut^er« m bie
©tabt. Jrcilicfy blieb bie ©egenh)irfung nic^t lange au«. Unter bem 31. 9Rar) 1521
fud^te ber ^äpftlic^e &gat beim ©enat um bie Erlaubnis nad^, bie Sutle gegen 2u$er im
40 ©ebiet ber 9te}>ubltf ju beröffentlic^en — ba« hmrbe geftattet, t^at aber be^reiflic^ertDetfe
bem fyetmlic^en £efen ber ©Triften beä Reformator« feinen gin^alt ©o gmg ber fiegat
benn immer toieber gegen biefe bor — für 1524 unb 1527 laffen ju$ öffentUAe 35er*
brennungen bon SleformationSfctyriften metft beutfe^er §erfunft nat^toeifen (®lje, ©efc^. b.
prot. Semegung :c. in SSenebig [1883] ©. 3 f. gtebt bie Sitel na* Mscr. Lat. XIV,
45 cod. 201 ber -KarcuSbibl.). 3« Wittenberg toar man über bie Vorgänge in Sendig
ntd^t o^ne 9la$x\ty OPlamfc an ben SEurfürften 22. 5Wärg 1524, bei görpemann US 168;
Sutyer an 3n>ifling, 7. 5Wärj 1528, bei be 2Bette V, 289 unb SnberS VI, n. 1296).
SSon SSenebig auö ertönte auefy toarnenber 3uruf# a^ 3Relanc^t^on [\d) in äug^burg 1530
aHju geneigt geigte, auö politifc^en 9lücffi$ten bie ^roteftantifd^e ^rei^eit )u opfern (bat
uobeS Ref. „Sucio $aolo SHofctti" %\>xty 1882, ©. 179 ff.). SBenn fo toon bort au« an
greunb ber ebangelifc^en Setoegung feine ©timme er^ob, fo fmb toir auc^ im Sefife
einer gleichzeitigen ^)arfteQung über jene au« ber $eber eine« ber erßärteften geitibe ba>
felben, nämlid? be« bamaltgen SSifc^of« unb fpäteren Zapfte« Saraffa ($aul IV.). Steffen
inftruftiber S3eric^t an Slemen« VII. führt au«, baf; bie Verbreitung te(erif$er Slnfu^ten
66 unb ba« £efen Verbotener ©Triften in ÜBenebig bebenf(ic$ über^anb genommen ^abe. %6U
feien e« „Slpoftaten^, b. \). um^erfötoeifenbe, teil« noc^ in ben ftlöftent lebenbe 3Ron^e.
(Sinen mac^t er namhaft, ^rä ©alateo, „beffen Angelegenheit ©e. ßeiligleit im legten
^afyrc mir übertoiefen bat'', ben auc^ ba« !^nquifttion«geri(^t al« rüdfälltgen Jtetyer (ynn
Xobe) verurteilt ^abe, an bem jebo$ ber ©enat bie ©träfe )u boO)ie^m ftd^ toeigere (bgL
eo Riv. Crist. 1878, ©. 281 ff., too bie Information abgebruclt ift).
Stalten, reformatorifdje ©ctocguugen 529
©irolamo ©alateo toar fomit ber erftc SScrtreter ber ^Reformation, bcn bie@egner
auf« Äorn nahmen. 1490 in SSenebig geboren, erlangte er, frity in ben granjiSfaner*
orben getreten, bie Stellung eine« Sefyrer« ber Geologie, gn *ßabua berfünbigte er mit
<SrfoIg bie reine bibUjcfye 2etyre, tourbe benumiert, aber freigefproc^en unb prebigte toeiter,
bi« ßaraffa tym bie ßanjel verbieten liefe uno im 2Rai 1530 ben jtoeiten mit 2obe«ftrafc 6
abföltefeenben Sßrojefe gegen tyn einleitete. $)er Senat §at fiety bauernb getoeigert, biefe
boUjjietyen ju laffen: naefy ftebenjätyrigem hartem Werfer lieg man ©alateo in ba« fiau«
eine« @belmann« hinüber jiefyen unb innerhalb ber bort jugebrad&ten brei %a!()rt berfafete
er eine „Sfyologie", toel^e erhalten ift (@#>l. in ber Unib.^Bibl. in ÜRünd&en, 2lbföriften
im Museo Correr in SBenebig unb in ber Guicciardiniana in fjtorenj), toäfyrenb feine 10
anberen ©Triften berloren ftnb. ®er fromme ÜRärttyrer ift boc^ toieber in ben Rerfer
gebraut toorben unb bort 1541 gottergeben unb freubtg geftorben. gn ber „Styologie",
toet$e Sufebio Salarino mit biograpfyifcfyer (Einleitung fyerau«gab (Sologna 1541), tritt
un« auf ber einen Seite ber (Sinflufe beutfd^reformatorifctyer Sefyren, auf ber anbern ba«
Seftreben entgegen, bie alte Terminologie ju betoafyren unb bie neugewonnene 3tn= 15
töauung al« ben richtigen Sinn jener erft erföliefeenb barjufteHen. So fuetyte er bei ber
2efcre toon ben „guten Söerlen", bei ber bom fjegfeuer u. a. immerhin einen reltgiöfen
Äern ut retten — aUerbing« bon 2Renföenberbienft toiß er nietyt« toijfen — unb fo ftefyt
er aud) betreff« ber SBorfyerbeftimmung, be« freien 2Bitten«, ber Saframente, ber ^eiligen«
unb Silberberefyrung fotoie be« SIblaffe« im ©runbe ganj auf rcformatorifcfyem 93oben. 20
3n ßaraffa« obigem S3eri$te toerben noc^ jtoei al« Äefcer mit Flamen genannt: $rä
©ortolomeo unb %tä äleffanbro. 2)er erftere ift anbertoeitig toofyl befannt. (Sr fyiefe
SBartolomeo gonjio, ftammte au« SSenebig, toar ^riefter im grami«fanerorben unb
taucht jum erftenmale 1529 auf, too er in ber Stir^e S. ©eremia in Ssenebig eine $re*
bigt in ber ^aften^eit fyielt, bie ifym Su«penfion bom Sßrebigtamte ju^og. ®a enth>id^ er 25
unb ging nac^ 9lug«bura; borten liefe il?m 1531 ber benetianiföe ©efanbte beim Staifer
iux£ einen geheimen Stuftrag be« Raffte« jugefyen, bem er offenbar auc^ entfprod^en fyat.
Stit gü^rern ber $roteftanten fucfyte er Serbinbungen: fo förieb er an Sufcer, ber and)
„bem au«gqei$neten unb frommen Geologen" im3)ejember 1531 antwortete (bieSriefe:
Biblioth. Marciana, lat. class. XIV, cod. 201, fol. 188 f.). ®er al« päpftlid&er Segat so
1534 3)eutf$lanb burd&reifenbe Sifcfyof $ier $aolo 33ergerio (f. b. 2t.) föreibt unter bem
27. Suguft b. 3- bon einem in 9lug«burg ftcfy auffyaltenben benetianifcfyen 9Jtön(§e, ben
man ein Süd^lein „Correttion del Stato Cristiano" ^abc „far componer nella
lingua nostra" — ba« Süc^lein ift 2ut^er« Schrift „Sn benSlbel"; ber Wond) fd^eint
fein anberer al« gonjio ju fein (t>gl. 3^© IV, 467 ff.). — gretltc^ ^at $onjio feine 35
Shitorfc^aft ber ttberfefcung entfe^ieben in Slbrebe gefteHt (bgl. m. ©efc^i^te ber# SRef. in
Senebtg S. 116) unb einen anbern 9Kinoriten, grä lommafo bi 6a|ale, al« Überjefeer
bejeic^net — , tooju ber 9luntiu« bemertt, bafe er ber 2lbleugnung feinen ©lauben beimeffe.
3)amal« alfo ta>ar gonjio nad^ SSenebig jurücfgef el;rt, Don Wo er nad^ ^)almatien, bann
im auftrage be« State« ber fttyn na$ ilonftanttnopel ging unb enblid^, al« Sßaul III. 40
ben ^afrfüicben Stu^l beftieg, mit einem Safoofonbuft in SRom erfc^eint (1536), um fieb
»nm jebem SSerbac^te ju reinigen. 3?oc^ ^ielt man tbn jahrelang ^in, liefe i^m jeboep
äufeerltc^ grei^eit. So tourbe er toieber an berfc^iebenen Stellen im fird^lid^en ®ienfte
bertoenbet, u. a. 1546 unb 1547 in $arfa, aud^ in 9lom bei S. Spirito in Saffia. ®r
berfafete in biefer 3e^ e^ncn Seitfaben für ben Unterricht ber 3iugenb in ber Religion 45
(Catechismo interlocutorio, in 2)ialogform; liegt bei ben älften im 3Jenet. 2lrcfyib,
groben giebt ßomba, II, S. 106 f.) unb toirfte jahrelang al« ^e^rer, au(^ in ^ßabua,
bon too i^n neue angriffe ber ^n^uifttion bertrieben, enbli(^ in 6ittabeHa unter falfc^em
3?amen. 2)ort tourbe er im -Blau 1558 in ber Sd;ule felbft behaftet unb tro$ aller 9e^
mü^ungen ber i^n tyoctyfcfyäfcenben Sürgcrfc^aft bem Tribunale jur Aburteilung übergeben. 50
6me 3wfammenftettung toon 44 „3^^^^"" «u« bem Äated^i«mu« unb einer 1556 ber^
fafeten 3Jerteibigung«fc^rift be« g. biente al« Unterlage für bie Slnflage — fein ©eringerer
ffat jene beforgt, al« ber bamalige ^nquifttor bon aSicenja, %dkt 3Kontalto, f^>ätcr $aj)ft
al« ©ijtu« V. So finb brei ^Jä^ftc babei beteiligt, toenn ^on^° Jum 3Kärtvrer tourbe
— aufeer bem ebengenannten ber ^Sapft ^ßaul IV., jein alter $emb, ber ben ^ro^efe toieber 65
eröffnen liefe unb $iu« IV., unter beffen birefter 5Ölittoirfung (bgl. bie sJtoc£toeifungen be«
9tef. in Riv. Crist. 1899 S. 178) ber tötlicfye Slbjd^lufe erreicht tourbe. Über bie er*
gretfenben Sinjetyeiten ber legten 35Jod^en f. m. Reform, in 3}enebig, S. 64 ff., ßomba«
Protestant! II, S. 99 ff. unb $e Seba, Gli Eretici di Cittadella (Atti dell' Istituto
Veneto 1873, p. 679—772). gonjio« 3lj)^ell an ben Senat teilt Somba, a. a. D. eo
KccHNc^aopAbic ffir Geologie unb Sttrty. 3. «. IX. 34.
530 Italien, reformatorifdjc ©etoegimge*
©. 102—105 mit, bon feiner „Fidei et doctrinae ratio" giebt er ©. 108 ff. eine
Überfielt.
Snjftriföen Ratten, feit ßaraffa 1532 jenen 93eri$t erftattet, bie ßerfer ber %nquu
füion fieg für mannen Stnfyänger ber reformatorifetyen 8etoegun$ geöffnet. Qtoax tfi gu
sbiefen ber in SBenebig lebenbe Florentiner SIntonio Sruccxofi wum ju jaulen —
toenigftenS toetyrt er ben SSerbad^t ein folcfyer gu fem, ftetS toeit toon fu$ ab — ; gber
trofcbem I?at er burefy feine bei ©iunti erfcfyienene Überfefeung beS 9EES, ber 1532 au$
bie beS 312 ,,nac§ bem fyebräifcfyen ©runbtejte" folgte (Konig graml. getoibmet), ber
Setoegung nietyt untoefentli^c SDienfte getyan. SBruccioli lebte in ißenebia als ägent,
10 b. fy. fibermittler Politiker 9?euigfeiten, beS §enogS ßoftmo (bgl. m. Ausführungen in
Riv. Crist. 1879, 2 u. 3, fotoie bie Weitere Öitter. bei Gomba a. a. O. ©. 117 f.).
dreimal fyat man tym ben^rojefj gemalt;- toenn eS emft tourbe, toiberrief er. am 10.35e*
jember 1566 ftarb Sruccioli toermutlicty boeb im ßerfer ber Snquifttum — er toar ntc^t
au« bem $ol$e, aus bem 2Jtärtyrer emportoactyfen (togl. ©. $. $onS in Riv. Crist.
16 1875, fasc. 5, 7).
©anj anberS Verliefen bie Sßrojeffe gegen %xä Salbo (Ubalbo) Supetino aus
9llbona in ^ftrien, toelc^er im Df tober 1541 bor bem Tribunale erföien, bemmgiert, im
3)ome ju ßfyerfo Äe^ereien geprebigt ni ^aben. Sr toar 1502 ober 1503 geboren, einer
Vornehmen gamilie entftammt unb $rotoinjial im ftranjiSfanerorben. auf feinen 9lat
aoänberte fein SReffc 9KattbiaS SBlacicfc ©laciuS, f. b. 31. »b VI ©.82,89) ben gntfölufi,
auc^ in benDrben ju treten unb ging 1539 na$93afel, bann nadj Tübingen unbSBitten*
berg, bereits bur$ längeren Slufent^alt in SBenebig für bie reformatorijc&e Setoegung m=
tereffiert. SupetinoS „Äefcereien" ftettten fiety in ben 3Ser^ören toor ber ^nquifttion (SCuS*
jüge giebt Somba, auc$ aus ben 2lften ber foäteren SProjeffe, Riv. Crist 1875, ©.6 ff.)
25 als tbeologifd^e anfielen fyerauS, bie mit ben e&angelifdfcbtbliföen übereinftimmten. £er
$ro$efj machte grofceS Auffegen ; fogar toon $eutf$(anb aus, too JJlaciuS ftd& für ben
Ctyetm bemühte, Dertoanbten fieb b°b* §erren, barunter felbft ber Äurfürft toon ©ac^fen
(26. 3>uni 1543) für tyn unb erbaten feom 2)ogen $ietro &mbo feine fceifaffung.
ftlactuS felbft fyattt ben ©rief übertraft unb ben Dfyeim nebft einem anbern fec$jigjä$rigen
so ©efangenen ber ^nquifttion in beren Äerter aufgefpürt (3Ä© 1877, ©. 152). 5Da aber
Supetino fi$ toeigerte )u toiberrufen, blieb bie ÜBerftenbung o^ne Srfolg: er fturbe ;u
(ebenSlönglid^em ©efängntö unb )ur 3aWun0 üon ^unbert ^ufaten Verurteilt ©ein le^ted
3Bort toar eine Berufung auf ein !ünftigeS freies ßongil — bie 2lnttport bilben gtoei
fernere 5Projeffe gegen ben ©efangenen; 1547 toirb er jutn lobe t>erurteilt, aber, ba ber
85 ©enat bie ßintoiKigung $ur 2luSfü^rung nic^t geben tooöte, Vorläufig hn Jterfa belaffen,
„bis er feinen ©inn änbere" — erft beim britten $rojefe 1555/6 !am bie 3«t# too ber
Senat bereit toar, ber Sturie au$ jene Äonjeffton ju machen. — ©leic^jeitig mit Su^etino
im 3>afyre 1541 finben toir in bem Äerfer ber benetianifd^en ^nquifition ben beKebten
$rebiger ©iulio bella Stöbere aus SWailanb (t>gl. 3)e Sctoa, Q. da Milano, Arcb.
4oVen. VII, 1; 6omba, I nostri Prot. II, ©. 151 ff.), bem 9luguftmer*®remitensDrben
ange^örig. SDie Sitten feines ^rojeffeS ftnb bie älteften, freiere baS Slr^h) ber grari auf'
betoafcrt ©iulio batk bei ßurione (beffen Suf enthalt inSBenebig f.SJb IV, ©. 351,4») ge*
too^nt; baS unb getoiffe 9tu|erungen in feinen ^aftenprebigten madbten i^n tKrbäc^tig,
aber er reinigte fu$ burc^ eine „abjura", o^ne boc^ loSgufommen. ©a trat 1542D$ino
45 für i^n ein (f. b. 31.) — ob man itym barauföin ©elcgen^eit gab ju enttoeid^en, bleibt
ba^ingefteüt ; toir finben tyn nod^ im nämlichen ga^re in Seltlin, too er erfl mehrere
3afce als Se^rer, bann feit 1547 in ^ofdjiafco als ebangelifc^er Sßrebiger bis 1571 toirfte
(be 5ßorta, Hist Eccl. Rhaet. II, p. 40 f.). Seiber fc^einen bie unter bem 9tamen
Girolamo Savonese herausgegebenen ^rebigten ®.S (ogl. SReuft^, 3**** h ®- 377)
60 verloren ju fein ; einige ^Briefe aber t>on i^m an ©ir. 9lUegretti (ögL m. SBiebertäufer hn
SSenet 3:^©tÄ 1885, ©. 32) unb brei Straf täte fotoie einiges anbere ift afydUn (©tobt*
Sibl. in 3ürid) D, 351 ; bgl. Somba a. a. 0. ©. 167). Ob bie „Pie et Christiane
Epistole de gratia Dei da Monte Santo" (9leuf$ a. a. O.) i^m jugetyteen, ift )toetfel<
^aft (bgl. 6omba, Prot, II, 180 ff.).
65 3ln ben 3lamtn SupetinoS fnüpft ftcfy, toie toir fa^en, ein Vergeblicher, m fetner 9rt
einiger, ©$ritt bon Witgliebern beS ©cbmalfalbifc^en SunbeS )u ©unften eines ©laubenS=
genoffen jenfeit ber Sllpen unternommen. 2)urc^ 3ln^änger ber Deformation m Italien
toar berfelbe herbeigeführt toorben. „Srüber" auS SSenebig, S3icenyi unb Xrcbtfo, traten
1542 mit Sut^er in brieflichen 2?erfel?r unb toeifen uns fo auf einen gehnffen 3Jerbanb
«so ^in, ber bamalS unter ben (Sttmgelif^gefinnten innerhalb beS benetiam{$en 3)ommtumS
Italien, rcformatorifdje Setocguttgett 531
befianb. SSicr ©d&reiben bcrort au« ben Iga^ren 1542 bi« 1544 fmb erhalten, jtoei au«
Senebta unb jtoei Slnttoorten Sutyer« (f. m. SRef. in 25en. ©. 21 ff.). 3n bem 93erfaffer
ber ©abreiben jener „Srüber" lernen hrir einen ber bemerfen«toerteren SBertreter ber eban*
geltföen Betoegung lernten: Salbaffare Slltieri au« 2lquila im 9?ectyolitamf<$en, feit
1540 ©elretär be« englifctyen ©efanbten (Sbmonb fiarbel. Da« jtoeite Schreiben an 6
fiut^er, bom 30. Sluguft 1543, ifi für ben ÜRann felbft ctyaraftcriftifö: loa« er erbeten
unb erreicht tyat, ift bocfy fefylgefcfylagen — Doge unb ©enat fyaben bie gürfprac^e ber
©$mattalbener abgelehnt. ältieri bemüht fiep nun, bie SEetlnafyme Sutfyer« unb ber
Deutf<$en an ber Setoegung in Italien unb tyre Hoffnung, bafj dtoaS au$ jener Serben
tfotnt, aufregt )u erhalten — er tfyut ba« aucty in feinem perfönlictyen Sntereffe, ba er 10
fieser fd&on bamal« ben äBunfcty fycgte, bie Vertretung be« ©d&malfalbiföen S3unbe« beim
Senat )u übernehmen. 3m 3ö^re 154C $ ^m ^aS lefetere gelungen — nur für fur^e
3eit, ba ber jätye ©tur j be« 93unbe« fcfyon nafye beborftano, ber feine Sfaftettung hinfällig
machte. Dann finben toir ityn noc^ in SBerbinbung mit Sußinger (bgl. 2Jietyer, Die eb.
®em. in 2ocarno, I [1836] ©. 465 ff.); in ber ©d&toeij berf Raffte er fi<$ perfönli<$ 15
(Smj>fe$Iung«f<$reiben an ben ©enat — aber bie $z\Un fraren auc^ in SJenebig jefct
anbcrS getoorben : man tooHte tym nur unter ber für ifyn unannehmbaren Sebingung bat
ferneren Aufenthalt geftatten, toenn er fu$ offen jur fatfyolifctyen flirre befenne. ©0 jog
er im ©ommer 1549 ab, mit 2Beib unb ßinb, gang mittello«. (Sine 3«t lang getoäfyrte
tynen ein greunb, Ugoni in ßalginato bei Sergamo, llnterfunft. Den legten SSrief richtete 20
er an SuHinger unter bem 10. 2Rai 1550. Dann fetylt jebe 9toctyric§t bi« auf bie lefcte
Änjeige bon greunbe«&anb an ben äüricfyer Reformator: „Salbaffare ift im #errn tnU
fölafen im bertoic&enen SKonat äluguft." (2lltiere ift jum ©egenftanbe einer ©tubie gemalt
toorben bon 6. 211fr. §afe SprSty III, ©. 468-517, ju ber in 3Ä@ IV, ©. 401 ff.
me$rfa$e Äorrefturen.) 25
Der jä^e ©turj ber proteftantiföen Partei in Deutfölanb bttre^ ben ©c$malfalbif$en
Ärieg machte ftety al«balb au$ jenfeit« ber 2llpen fühlbar, ^unädtft in Senebig« 93er«
galten gegenüber ber römifcfyen Äurie, bie ja im Sünbniffe mit bem Äaifer geftanben unb
jefct eine fo bebeutenbe ©teile in Stalten getoonnen fyatte, toie feit 3;uliu« II. nicfyt metyr.
(Sm @rla& be« Dogen 5^ance«co I)onato bom 22. 2tyril 1547 Wärfte ben brei „Savij 30
suireresia" (bgl. barüber b. ä. ^nquifition oben ©. 159, 11) fleißige sJRittoirfung bei bem
Vorgeben ber Snquifition ein (meljrfacty gebrueft, u. a. bei ßantü a. a. 0. III, ©. 134).
greuu? tlagte man bo$ bonSlom au« unaufhörlich: ^uliu« III. behauptete einmal 1550
bem benetianifc^en Drator gegenüber, fein §au«fyofmeifter fei im ftanbe, unter ben 93e*
too^nern Senebig« taufenb namhaft ju machen, tbeld^e ber anabaptiftiföen ©ette ange- 35
hörten. Db ^ier nid^t ettoa — bie 3^^lenangabe felbft mag ba^ingeftettt bleiben — alle
9(nttrömif$en gufammengefa^t fmb, fann nic^t tooi)l entfd^ieben toerben. ^ebenfaK« gab
ba Doge bem Drängen bon Rom au« auf f$ärfere« Vorgehen nacb unb jtoar mit fo
gutem (bfolge, ba£ man im Oft. 1551 meiern tonnte: bie le^erifcpen ^erfammlungen
in ber ©tobt ^aben aufgehört unb biele ^aben öffentlich abgefd^tooren. Unb ebenfo ener- 40
gifc^ toar man im Dominium borgegangen. (Sin 93efölujj be« Säte« ber .fte^n bom
21. Ohober 1548 (bei Gantü a. a. 0. III, ©. 134 ff.) föärfte ben SReftoren berStäbte
$abua, Irebifo, Ubine, 3#tre, ßibibale, Gapobtftria, Slbria, ß^toggia, SSicenja, Sergamo
unb 9re«cia xeilna^me an bem 9tocfyforfd?en nac^ Äe^em unb ber Seftrafung berfelben
ein. 9leue Verhaftungen toaren bie ^olge; barunter in ßittabella bie bon $ietro46
S^egtali unb grance«co ©piera. 3ener toar Won 1542 eingeferfert unb gu
lebenllänglic^em ©efängni« verurteilt loorben; ad^t ga^re blieb er in §aft — bann
leitete ber tobmübe ©rei« Stbfc^toörung, nämlic^ berjenigen ^feberifd^en" ©c^rift, in meiner
er ftym bor Sut^er« Stuftreten bie Rechtfertigung au« bem ©fauben gelehrt ^atte (fic be-
finbet füfi auf ber 5Karcu«bibliot^ef; bgl. SSalentineHi, Bibl. manuscr. I, 2, p. 110, bo
unb De Seba, Gli Eretici di Cittadella, Atü dell' Ist. Ven. II, ser. IV). 2Beit
größere« Auffegen machte ber %aü be« ©piera (f. b. 21.). 211« ein toarnenbe« 33eift>iel
pat Sergerio, ber ebenfo toie ber oben angebeutete „^ßiemontefe" (nämlic^ ber 2lrjt 5Blatteo
©ribalbi [bgl. **it 21. 93b VII ©. 159]) an feinem Totenbette in s#abua ftanb, biefen
gaU ber t)ea$tung aller unterbreitet (La historia di M. Fr. Spiera . . . s. 1. 1551, 65
berfafct am 7.Dej. 1548, abgebrueft in: Bibl.della Rif.lt. II, gloreng 1883). 2luc^ bon
einem anbern äugenjeugen, bem ©Rotten ©cringer (Enrico Scoto), tourbe ber %a&
f$riftlic$ niebergelegt unb bann mit ßinleitung Galbtn« bin«u«gegeben (Exemplum me-
morabile desperationis in Fr. Spiera . . . ©enf 1550). — Da« untoeit bon 6üta*
bcOa gelegene vaffano tyd ebenfaQ« einen bea$ten«fterten Vertreter ber Deformation auf* eo
34*
532 Italien, reforwatorifdje ©etoegmtgett
jutoeifen. grance«co SRegri au$ Vaffano (DgL m. @efd&. b. SRcf. in Venebig ©. 49 ff.;
Gomba, Protestanti II, 297 ff.), ber fu$ auf bem ©ebiete bcr Sitteratur Vorteilhaft $&
borgettyan fyat, tritt unter fefyr romantifdjen Umftänben in unfer ©efic^töfelb. ©eboren
um 1500 aü« angef ebenem @efc$lec$te, toarb er bur$ ungltidflit&e Siebe jum ©tntritt in
5 ba« 93enebiftinertlofter in $abua beranlaßt. 2)ie Umftänbe, unter benen er e« flüchtig
toieber Verlanen fyaben füll, fd&ilbert Verci, Memorie stör. crit. (Raccolta Caloger. 1,
XXIV [Venebig 1773]). 3uberläffige« über tyn työren toir erft im «uguft 1530. 92egrt
fcfyreibt nämlicfy bon Strasburg au« an SRofeUi in Venebig, bcr foeben bie ernfte 3Jla$mutg
an ÜRelanctytyon toegen feiner ©eneigttyeit gu aHjugroßen Äonjeffionen $atte ergeben laffen
io(bgl. m. Darlegung in %pT?ty 1881, 6. 179 ff.): (Sr tyabe tym toegen ber Unfid&erfcit
ber briefli<$en Verbinbung ni<$t geantwortet; übrigen« tyabe er betreff« feiner ©cfcicffale bei
einer berftofylenen Steife naefy Dberitalien in ber legten gaftengeit berföiebenen „Vrfibern"
münblicfye Mitteilungen gemacht — lauter Angehörigen be« geiftli$en bqto. 3Rön<$«ftanbe«,
atö $abua, au« Vaffano, au« Vicenja (ber Vrief in Riv. Crist. 1874, ©. 122 ff.).
15 3n ben folgenben gafcrjetynten befinbet ft<$ bann 9iegri in S^iabenna, al« 2e^rer; er ift
verheiratet unb in Verlegungen mit 2Rainarbo, bem ebangeliföen Sßräbifanten — Ve*
«etyungen, bie freiließ getrübt hmrben, al^ 9legri ftd^ einer Stiftung jutoanbte, gegen toelcfc
ber ortfyoboje SKeinarbo anfämpfte. ®a un« tyter jum erftenmal eine bebeutfame tjjeologifcfc
SMbergena bei einem Vertreter ber reformatorifcfyen Vetoegung in Stoßen begegnet, tote
20 fie balb um fiefy greifen unb auc§ für bie Vetoegung felber bertyängni«boH toerben foDte,
fo mag fyier ba« auftreten ber rabilalen Stiftung beleuchtet toerben, toenn au$ SRegri
feine«toeg« ber Slnfänger ober ber fyerborragenbfte Vertreter berfelben getoefen ift.
3u 3lnfang ber bierjiger Iga&re fanben rabifale ttyeologifäe Stiftungen einen energifc^en
Vertreter in bem ©kutaner Gamillo Stenato (bgl. m. 9tef. in Venebig ©. 76 unb
2oXrec^fel, 3lntitrin. II, ©.85 ff.): bie ^ßräbeftination bilbet ben 3Rittelj>unh feine« ©tftem«;
toer „ertoä^lt" ift, $at ben „@eift", toer tyn nic&t fyd, ftirbt; bie Ämber be« ©eifte«
fd&lummern nur im lobe, um fobann in eine neue gorm be« S)afein« ju treten. 2Ber
ben „Seift" fyat, bebarf be« ©efe^e« nietyt; bie ©aframente bilben nur ©mnbilber bon
SBerten, toeld^e ben ßrben be« Stetere« föon berliefyen finb — fo ift ba« Äbenbma^l ein
so ©ebäcfytni«mafyl, ein 3ei$en, *>aß W* gläubige ©eele ßfyriftt Seib unb Vlut geniest —
bie Saufe nic^t« al« bie Ve^eugung ber Ifyatfacfye, baß ber äBiebergeborene ben alten
2Jienfcfyen abgelegt fyat. ©aß biefe Sluffaffung jur SJertoerfung ber Äinbertaufe führen
mu£, ift flar, unb fo fyat man ben Vertretern ber gefamten Stiftung aud^ in Italien ben
toon Sinem, unb nid^t bem ^auptfä$li$ften, üRomente herüber genommenen Siamen ber
36 % ä u f e r angeheftet. 3)ie obigen unb ä^nlic^e fielen brangen im Sauf ber toiergiger
$afyre in Italien ein ; unfere Äenntni« i^rer Verbreitung beruht faft au«f<$liefeli<$ auf
©eftänbniffen, h>eld^e bor ber römtf$en ober benetianifc^en ^nquifition gemalt toorben
fmb. ©o erfd&ien bor biefer am 30. ®ejembcr 1553 Senebetto ^orio (alias 3)on 2o^
renjo Sigani), um folgenbc« ju gefte^en: er ^abe bor 18 ober 20 Sauren fein Älofter
40 (SKonte Dlibeto) berlaffen, an berf^iebenen fiir^en al« Kaplan fungiert, fei bann 9 3a$re
lang $au«fa)>lan be« dürften bon SBiftgnano geh>efen, fyabt ftd^ enbli$ nad^ Venebig
unb be^uf« mebijinif^er ©tubien nac^ $abua begeben unb aujjer „lut^erifd^en", bie i^m
fcfyon in 9ltaptl eingeflößt n>orben, auefy „anaba^tiftifc^e" unb „teuflifc^e" 9Reinungen in
ftcfy aufgenommen. ®ie „anabaptiftifd^en", toelcfye ftc^ im toefenöic^en auf bie G^riftologie
45 unb ©aframent«le^re begießen unb ben focinianifd^en fe^r naty fommen, ^abe er burd^ einen
9lbt ^ieronimo Sumle (VujjaQa) unb anbere in Neapel nad^ bem lobe be« Valb6«
(f. b. 91.), bie „teufliföen" — baß ber toafyre 5Keffia« erft fommen toerbe, baß mit bem
Seibe auc^ bie ©eele fterbe, ©ott aber feine ßrtoetylten toieber auffteefe — burc^ einen
granjofen grä SKatteo unb einen 6js3luguftiner, grance«co SRenato, in fre^ aufgenommen.
60 2Bte bie „anaba^tiftifc^en" fielen in ba« 9Zeaj)olitanifc^e gefommen feien, tyfren toir au«
einem anbern, fcfyon 1551 bor bem ^nquifitor ju Vologna abgelten ©eftanbniffe, in
toelctyem 2)on ^ietro SKanelfi au« ©. Vito folgenbe« mitteilt: „Von $abua atä" —
ÜJtanelfi frrid^t bon bem Vorfyanbcnfein einer „chiesa d'Anabattisti" bort, alfo eine«
3)JittellpunIte« ber täuferijcfyen Vetoegnng — „^atte man einige, um fie bem brofcnben
to Vorgehen be« Segaten $u entreißen, nac^ 9?ca^ct gefc^idft, barunter jenen Vujale, ber bie
„chiesa" leitete unb ber auf eine $frünbe bon 1000 ©cubi beraten mußte, al« er in
bie ©emeinbe eintrat. (Wanelfi« „Deposizione" in Arch. di Stato, Venezia, Inqui-
sizione, busta 9.)
Vetreff« ber c^riftologifc^en unb anberer fragen loaren bod^ in biefen Äreifen fiarfe
6> aHeinung«berföiebenfyeiten ^errfc^enb. ©o bejd^loß man, ben Verfug ber ©migung ju
Stalten, rcformntortfdje ©ctocgmtgcu 533
machen unb &toar burcfy gemeinfame Vefpredfmng : ein förmliches ßonail ber Käufer
berfammelte ftcfy im ©eptember 1550 in Venebtg (f. b. SRätyere in m. ©efety. ber SReform.
in Venebig, ©. 78 ff.), hieben Vertretern ber (Semeinben au« ber ©c$h>eij, befonber«
©raubünben, finben h)ir fold&e au« Vicenja, Srebifo, *ßabua, Verona unb anberen
©täbten; aud& granceäco 9iegri unb Gelio ©econbo Gurione (f. b. A. Vb IV ©. 353) 6
fehlten nid^t — im ganzen toaren e« gegen fedjföig, bie unter forgfältigfter ©etyeimtyaltung
berieten. 3n b« %*%* *&$ ber Sßerfon Gtyriftt entfäieb man ft$ gegen bie Jungfrau*
lu$e©eburt; bie oben beaegnenbe Seljre bom ©eelenfcfylaf nafym man ntigt an: ftatt tyrer
hrirb gelebrt, bafj bie Aufertoedfung nicfyt ben ©ottlofen, fonbern nur ben frommen (@x-
toasten) ju teil toirb. Äurj, in aßen fragen ftegte bie rabifale Stiftung, unb bem Ve* 10
föluffe entforec^enb, bafj, toer ben Artifeln nicfyt juftimme, au« bem Verbanbe au«gefctyloffen
toerben foü, trennte ft$ tfyatfäd&licty ber Vertreter bon Sittabeßa bon bem Verbanbe. ©o
laufen nun in Italien brei antirömifcfye Sichtungen unb fird^lic^e Vilbungen nebeneinanber
&er: bie ort$oboj*reformatorifc$e („luttyerifcfye"), bie täufertfcfcrabifale unb bie täuferifefc
gemäßigte, toelc^e blofc in ber Sauflebre unb =$ßraji« bon ber orthogen abtoeid&t. Sem 15
3toifte biefer brei Stiftungen, bie fiep gegenfeitig ben otynefyin fötoer ju bearbeitenben
©oben ftreitig matten, berbanft ber $roteftantt«mu« bießeicfyt md)t nodp al« ber rofyen
©etoalt, bafc er in Italien bie ©türme feit ber 9Jlitte be« 3a$rjpmbert& nid^t fyat über*
bauern fönnen.
greilicty na^m au$ bie Verfolgung, feit SßaulIV. (1555—1559), befonber« aber feit 20
$tuS V. (1565—72) ben päpftfic^en ©tul?l innehatte, auf aßen ©eiten $u. $)ie ®nt*
Füllungen eine« SDtanelft unb Sijjani Ratten fcfyon unter ^uliu« III. ganje Siften bon
„Stitfdpulbigen'' ergeben, unb ba« 9ie$ toar unter Vetyilfe be« toeltlidjen Arme« über
(Smjelperfonen unb ganje ©emeinfc&aften gejogen Sorben (bgl. m. ©efety. b. SRef. in Ve*
nebig ©. 84 ff.); nur ein Vructytetl fonnte fu§ burety bie ftluc^t retten. SBenn auf bem 26
„Äonjtt" offenbar bie 5Ble^eit, ja bi« auf einen Vertreter äße ber rabifalen Stiftung
angehört fyatttn, fo richtete ftd; infolge ber ®enun$iation 2Ranelfi«, ber natürlich über
biefe am beften Vefcfyeib ju geben toujjte, bie öaupttfyättgfcit ber ^nquifttion junäc^ft gegen
bertn Angefyöriae, unb fo fommt eS, bafj im Sauf ber näctyften S^^te ba« 3a&lenöei$ältni«
ber beiben Sichtungen fid^ gerabe umgefefyrt gestaltet f)at ®af$ aber bie ©emäfjigten 90
Verbreitung unb £alt gewannen, berbanften |te ber Verbinbung, toelcfye jtoifcfyen i^nen
unb bem SRittel^unfte be« gemäßigten Säufertum« in 3Kä^ren, ben fyutertfcfyen Vrübern
^ergefieDt tourbe. darüber giebt um ba« %aty 1559 ein Angehöriger, ©iulio ©l^er»
lanbi (fälfd&Ucty ©uirlanba im ©rofeen 9)tärtyrerbuc^ genannt), geboren 1520 in©})refiano
bei $rebifo unb 1549 burc^> Siccola au« 2lleffanbria toiebergetauft, äu«funft, fofern er, 35
atö 3R<$ren nad^ Italien jurücffebrenb, ein un« erhaltene« Ver jeic^ni« ber Slnbänger ber
gemäßigten Sichtung mitbrachte, toeld^e« burd^ Angaben in feinem ^rojeffe no4 erweitert
tourbe. SBir lernen ^ier lieber biele Anhänger in Venebig, $abua, Vicenja unb in me^r
aö 60 Drtfc&aften be« dominium« auf ber einen ©eite bi« Vergamo, auf ber anbern
bte Ubine, ©örj unb trieft fennen. 2)a« Urteil gegen ©^erlanbi lautete auf $)egra* 40
bation unb @rtränfung. 9to$ e^e btefe« Urteil au«gefü^rt frurbe, braute man in ba«
n&mli$e ©efängni« ben 5Rann, toelc^er bor @I)erlanbi bie SRefte ber gemäfctgfctäuferifd&en
Stiftung gefammelt unb jum Sfafd&lufc an bie „©emain" in 9Wctyren ^ingefü^rt fyattt,
nämlic^ grance«co bella ©ega, einen ber frömmften unb geiftig tjöctyftftetyenben
laufer. 45
tiefer befanb ftd^ unter ben bier 3tnabaj)tiften, beren (Sinlieferung ber Suntiu« Sa))U
lujn am 12. September 1562 an ben Setter be« gefamttn ^nquifttiondtoefen« in 9lom,
ben Äarbhtal ®^i«lieri, fpäteren $apft $iu« V. melbete (2lrd^tb ßafilupi in 9Jtantua,
Copialettere, registro, LXXXI, ungebrueft); über feinen lange Eingebogenen ^ßrojef;,
ber mit Srtränlen enbigte, bgl. m. „Söiebertäufer im Venettantf^en", 2b©tÄ 1885, 1. 50
9Rit tym hmrbe noc^ ein jn>eiter t>on ben bieren ju gleichem lobe gebraut, Antonio
9li)etti, am 9. Februar 1565.
3m dominium ber SRepubltf n>ar bie Vetetligung an ber Sieformation eine ungleiche,
aber man tarnt faaen, bafe feine ber größeren ©täbte gan^ au«gefc^loffen blieb. Au«
Verona flammte $aolo Sajife, meiner bon Succa au« 1542 fein Vaterlanb berliefe, se
um We«fett« ber Alpen feine« ©lauben« ju leben unb ben toir bann al« ^Profcfjor ber
grie^ifc^en ©prad^e in Strasburg finben. 3n W« 3a*?re 1550—1559 fielen teil« 5ßro*
jeffe gegen „Sut^eraner" in Verona, teil« finben toir fold^e al« Flüchtlinge in ©enf (bgl.
©aliffe, Refuge s. v. Verona). Unb bie legten ^Jrojeffe toegen ,,Sut^erani«mu«" bort
ongeftrengt, fernen in bie 3aF)re 1567 bi« 1585. Ve)üglic^ Vre«cia« ^atte \d)on GIe= so
534 Stalten, reformatortfdje ©etoegmtge«
mens VII. 1528 Älage erhoben unb energifd&e #anbfyabung berSnquifttion bedangt (bgl.
m. ©efö. ber 3lef. in SJenebig ©. 103f.); bon bort ftammte ber ©raf Gelfo SWarti*
nengtyi, ber ctynlicty tote Sajife bunfc SermtgliS (f. b. 31.) ©nflufi in Succa auf bie
Seite ber ^Reformation geführt nun feine tyotye Segabung m tyren 2)tenft ftettte (bgl.
6,>Jan$iS Urteil über ttyn: m. @ef$. b. 3tef. in SBenebig ©. 104 f.) als Sßrebiger ber ita*
Itenifd&en glüctytlingSgemetnbe in ©enf bon 1552 bis ju feinem iobe 1557. §ter fanben
fief? auety anbere um beS ©laubenS toillen ftlüctytige auS BreScia ein, ttnfyrenb bie 3n*
quifition atoitöen 1543 unb 1567 eifrig unb erfolgreich bort toirfte. 3n öergamo ergriff
ber Sifd&of Stypomano f$on 1527 unb 1533 SWafjregeln gegen bie Äefcer (bgL 3Ä® I,
io©. 624 f.); 1537 tourbe ein #auj)tbertreter ber lutyerifcfcen 2e$re, ©iorgi be' SSabaffori
eingeferfert, enttoiefc aber. ®er 1547 ernannte S3ifc$of ©orango !am felber in 93erba#t
unb fam in heftigem äufammenftofj mit bem „Frä Michele delT Inquisizione", nam*
liety ©fytSlieri, foäter Sßa^ft $iuS V. 9foS ber SRctye bon Sergamo ftammt aua) ©iro*
lamo >$ar\d)i (geb. 1516 in Stljano), feit 1552 $rofeffor ber Geologie in Strasburg,
16 einer ber fyerborragenbften Geologen beS 16. Sa^unbertt, toelcper 1590 in 9taiftabt
a. b. fiaarbt ftarb (f. b. 91.). SJreijeljn 93ergamaSfen finben toir $hrifc$en 1551 unb 1587 als
3Rttgueber ber ©enfer glüc^tlingSgemeinbe. „Sutyeraner" auSStcenja begegnen mc$t feiten
in ben IgnquifttionSaften ; baS eble @ef$le$t ber 3$ene [teilte beren gtoei, bie ©tafen
©iulio unb Dboarbo; um 1550 toaren jtoei Sßriefter als Äe^er in Unterfu$ung — in
ao ©enf fugten jtoif$en 1554 unb 1589 me&r als bierjtg SBicentmer, too^l meiji auS xtlu
ligiöfen ©rünben, eine 3^"^*- dagegen fmb bie fog. „Sicentinijtöen ßollegia", b. $.
angebliche Sefprecfyungen fojinianifcfy unb antttrinttarifcy gerichteter Italiener, toel$e 1546
bort ftattgefunben baben fouen, fetyon bon^rec^fel (äntitrinitarier I, 391 ff.) als berÄritif
nicfyt ftanbljaltenb ertannt toorben (bgl. baju m. „2Biebertäufer im Senetiantfd^en" Zb@tö
25 1885). 3)ie ©tabt mit ber $o$f$ule, nämlicfc <ßabua, &aben totr bereits als fruchtbaren
Soben für bie S3etoegung fennen gelernt <Saracciolo nennt fte im „Compendium In-
quisitorum" baS „Äefcerneft") ; 19 $erfonen bon bort ftnb in bie ©enfer ^lüd&tiingS*
gemeinbe eingetreten. 3)aS größte 2luffetyen machte baS ©ctyicffal beS in fßabua [tubieren=
ben $omponto Sllgert aus -Kola, ber übrigens nac$ $antaleon (t>g(. Hist. Rerum
so in Eccl. gestarum II, f. 329 sq.) bie ebangelifd&en 3lnf$auungen, toelc^e t^n fc^Iie^Iic^
auf ben ©Weiterlaufen führen foQten, bereits aus ber §etmat mitgebracht. ^Jmttaleon
brudft ben i^m burd^ ßunone übermittelten ©rief beS Stlgeri öom 21. 3ufi 1555, ber
fein ©laubenSbelenntniS enthält, ab. Über bie beutfd^en ©tubenten in $abua unb baS
SSer^alten ber Sn^wif^on gu tynen §at $rof. S5rugi in ben Atti del R Instituto Ven.
86 LH ser. VII ßuni 1894) gefyanbelt. 9Jatürlic^ loaren um bie ÜRttte beS 3<i^$unbert3,
too juerft bie ßonfeffton berfelben ©egenftanb amtliAer Beobachtung ift, rtele ^Sroteftanten
unter i^nen ; man tonnte baS ni$t fyinbern unb h>ollte junöd^ft nic$t barüber ^utauSge^en,
ba| fte toenigftenS „fatfyolifcfy leben" fodten unb bafe bei ettoaiger Promotion ein Se^
lenntniS ber 3«g^örigfeit jum fat^olifd&en ©lauben abgelegt toer*e. Igugenblic^er Über*
4omut machte [\<fy injtoifd^en aueb gegen fa$o!if$eS äBefen geltenb; meift blieb eS bei ge»
legentlic^er SScrma^nuna ober SRepreffion bon feiten beSSifcbofS. Stber awä) emfteregäue
famen bor: am 23. War} 1571 liefe bie ^nquifttion ben SRagifter Saltbafar SEBe^bacfer
aus ©teiermarf toer^aften ; Deputationen ber ©tubentenfe^aft bis an ben SDogen unb SJcr-
toenbung beS ß^erjogS Äarl bon Öfterreicb Ralfen nic^t — an £ilfe berjtoetfdnb fd^toor
46 SBe^bacfer feinen ©lauben ab, erhielt aber tue ^rei^eit nic^t toieber, e^e ein auSbrücflid^r
®rla^ $iuS V. bieS gemattete.
93on $abua in nörblicfyer bejto. norboftlic^er Stiftung toeiter baS dominium über«
bltcfenb, haftet baS ®ebä$tniS reformatorifc^er S3etoegungen nod^ an mehreren Statten :
junäc^ft an 3:rebifof too fc^on „Srüber" ftc^ mitailtieri bereinigen; ou$ anbere Orte ber
60 Irebifaner ÜRarf tote ©preftano, ßrefpiano, ßonegliano unb ©errabatte begegnen in ben
benejianifd^en 5ßrojeffen, toie fte unb biele auety anbere auf ber 2ifie ©^erlanbiS figurierten.
S)ann bon ben ©täbten: Settuno, toelc^eS einen SHärtyrer auftoeip mit tarnen ©iulio
SRarefto, ber in $abua ftubiert unb promoviert fyatti unb in Seiluno als ©uarbian beS
grangiSfanerflofterS lebte. 3^n benunjterte ein DrbenSgenojfe unb früherer greunb, Do*
66 menico ^ortunato. Der ^rojefe tourbe in Bologna geführt, unb auf eine Sietraftatton bin
fer/iefte man ^Rarefto na^ $okn, too er in 93erür/nmg mit SiSmantn, bem reformfreunb^
liefen Seic^tbater ber Königin Sona ©forja fam. ®tn bon biefetn angeratener Xufentbalt
in ber ©c$toei& ftürjte 9J?arefto in neue Ungetoijfteiten — aber 1560 noc$ fd^cribt er,
naa) firafau ins fflofter jurücfgefe^rt, an einen feiner Oberen: „3$ $abe mic^ tarieber ju
go ©ott getoanbt unb lebe fatyolifö" (bgl. 6antü, Eretici III, 168). SBtr toerben tbn
Italien, reformatorifdje ©etoegnuge« 535
nad& befmitiber äbtoenbung bom fatfyolifd^en 2ßefen bor bem römifctyen ©erid&te toieber*
finben. — 8ud& in bie alte SWarfgraffcpaft griaul toaren bie neuen fiefyren gebrungen.
Antonio SattifteHa fyat in „II Sant' Offizio e la riforma religiosa nel Friuli"
(Ubtne 1895) Rötere« gegeben auf ©runb eine« nic^t Weniger al« eintauf enb SProjeffe
jtotfcfcen 1551 unb 1647 umfaffenben Regeftenbanbe« ber Stabtbibliotfje! in Ubine (No- 6
vu8 über caasarum S. officii Aquilej). 33et ber ftrengen ®urc§füfyrung ber !gnqui*
jition burd& ben SBtfor 2Raracco, „ber feinen Untergebenen 2lrgu«augen toünfd&te, tourbe
iene grofee 3^1 erreicht: ^riefter, Strjte, 3urtßen, Notare, ©Treiber, Sefyrer, §anbtoerfer,
Krämer, ganbleute, grauen ber unteren ©tänbe — bon aßen ©eiten toerben fte fyeran*
geholt, toofyin irgenb SSerbac^t ober Denunziation toeift. Gibibale, ©enora, ©pilimbergo, 10
$orbenone liefern bie Ignfufyaten. äuefy ein 2lu«länber, 2lmbrogio Gaftenario au« Gurebta,
tourbe gegen Gnbe ber 60er ga^re jum SKärtyrer. Unb noefy toeiter gegen Dften, auf
ber anberen Seite be« Rorbjtyfel« be« abriatifd?en 2Jteere«, ber §albinfel Sftrien, bie ba*
mal« jum Dominium ber Republif gehörte unb in lebhaftstem 33er!etyr mit 3Senebig ftanb,
toar bie reformatorifcfye Scbrc Verbreitet. 3)er Sifcfyof Sßier 5ßaolo 3Sergerio bleibt ba ftet« 16
bie ^auptyerfon, aber audp fein Sruber 2lurelio, ebenfall« 8t[cfy>f, unb mehrere anbere
Stttglieber feiner ^amilie traten über; ein Stoffe namen« Slurelio ift ergriffen toorben unb
tyd abgefc&tooren m Gapobiftria, ber einftigen Refiben$ be« D^eim« am 16. ÜRai 1559.
Son Gapobiftria berbreitete ftd^ bie Setoegung naety Sßirano unb $o!a, über bie ^nfeln
be« Duamero unb tiefer nad) ©üben an ber balmatinifcfyen Äüfte entlang, ja bie bene« ao
tianif<$en $errf$aften auf Gorfü, Greta unb Gtypern blieben nicfyt frei, ©inen glänjenben
Renner unb 2e$rer ber grie$if$en Spraye unb Sitteratur, toelctyer auf Greta geboren
toar, granceSco 5ßorto, bielfacfy in Den 3>nquifttion«aften ber 3«* begegnenb, fmben toir
1559 im fixeren #afen in ©enf, ba« fo bielen föliefjltc^ eine 3uf^9* geboten &at. —
2to$ ber relatiben ©elbftftänbigleit ber Setoegung im SSenetianifdpen fyaben toir eine 36
anbere ©tobt ber Jpalbinfel, unb ^toar Reapel, al« ben eigentlichen inneren 2Rittet unb
(EuityeitSjmnft ber Reformation«berfu$e in Italien bejetcfynet. Damit ftimmen bie toenigen
unter ben jeitgenöfftfd&en ©egnern ber Sieformation, toelcfye ifyren ©efefciefen auf.ber^alb*
tnfel im 3ufammen^ange nac^gefyen, ). 93. ber S3iograj>ty Sßaul« IV., Garaeäolo (Vita di
Paolo IV., 9D?ffr. im British Museum unb anberStoo) überein, tnbem fie gan* richtig so
fcftm$eben, bafe bo$ feine anbere ©tätte al« Reapel ba« eigentliche „Reft ber flefeerei"
getoefen fei, bon too au« fte fiety burety bie ©d^üler eine« fe^eriföen Se^rer« im ganxen Sanbe
Verbreitet ^abe. 2Benn toir nun al« begeifterte unb überjeugung«treue ©d^üler biefe«
TOeifler«, be« Suan be 3Salb6« (f. b. 31.) einen $ietro 3Kartire aSermigli (f. b. St.), einen
Sentarbino D$tno (f. b. 21.), einen $tetro Garnefecc^i, SJtarcantonio glaminio unb Sene^ 85
betto bon 9Rantua, ben Serfaffer be« „Benefizio die Gesü Cristo croeifisso", nennen, an
bie fic^ noc$ eine Sln^l ^erborragenber aber nid^t toett^in toirffamer 5Blänner — barunter
ein Storno ©aleota, ©iob. grance«co b'Sllbi« bon Gaferta, Sernarbino ©argano bon
SCberfa, ber SWarc^efe bon SStuafranca, bann ©iobanni Sujio (irrtümlich 9Roßto genannt),
$mn)>eo be* SWonti, ®onato SRuIlo, ©aleajjo Garacciolo unb biele anbere — anföliefien, fo 40
Globen toir bamit biejenigen bejeic^net, toeld^e bie eigentlichen Iräger ber SReformatton in
ßan) ^tollen, jum ieil and) in bem Serctc^c SSenebig«, getoefen ftnb. SDafe ber bon
i^nen bertretene t^eologifd^e 9lu«gang«puntt ein einheitlicher toar, berbanlen biefe SRänner
bem gmpulfe, toeld&en 93alb^« auf fte geübt fyat. Unb bie Gin^eitlic^feit feiner toie auc^
i^rer reformatorifd^en Slnfc^auungen liegt toteberum in ber centralen ©tettung befc^loffen, 45
toelc^e bie Se^re bon Rechtfertigung burd^ ben ©lauben auein burety i^n erhalten pat.
5Demt bon ^ier au« getoann bie gan^e praltifc^e Setbätigung i^ren Unterbau, ^ier liegt
ber Regulator be« neuen religiöfen £tbzn$ bor. $aoei mochte e« fc^einen, baf) bon ^ier
au« eine in ben ©renjen be« tat^olifc^en Jttrc^entum« fic^ ^altenbe Reform möglich toäre
— Salb^« felbfi ^>at bie fielen unb Ginrid^tungen ber latfyolifcfyen Ätrd^e btreft nic|t an« so
gegriffen, $at auc^ nie 33eläftigung burc^> ürc^lic^e 9luffic^t«organe erfahren.
©o toirb man benn ben Slicf auf feine im praftijcben firctylictyen SBirlen fte^enben
©c^üler rieten muffen, toenn man erfahren möchte, toa« bie Vertreter ber Reformation
in Italien tooQen unb auf toeld^em ffiege fte borge^en. ^ebenfaQ« gehören )u ben left^
teren biejenigen frommen ftleriter unb Säten ni$t, toelc^e bon manchen frü^er^in too$I 65
an We ©J)i^e aller SBerfuctyc ftrd^lid^er Serbefferung gefteÜt tourben: bie Heine ©c^ar berer,
toeMfc )u 2eo« X. 3eit in Rom ba« „Oratorium ber göttlichen Siebe" grünbeten. 2)a«
fwto natürlich teine Schüler be« SSalb^«, ftnb auc§ leine Reformatoren, bie eine neue re*
ligiöfe ©runblage legen toollen, fonbern fte tooQen in betouftter älble^r bon ber unfir$*
liqen Strömung jener 3eit bie befte^enben formen burc^ i^r eigene« Seiftriel toieber ju go
536 Stalten, reforraatorifäe ©etoegttitge«
ßfyren bringen unb benfen ntd&t baran, Äritif an jenen ju üben ober gar Säuberungen
fyerbeintfütyren. Grft ein ^a^elpit ettoa nacfy bem furd&tbaren @eri$te, toelttye« 1527
über $tom erging, treten an berfdjiebenen ©teilen in $tai\tn 9teformberfu$e gu Üage.
ÜBenn aud& 9SaIb4« felbft bie Äonfequenjen bejüplid^ be« Ätrd&entum« fetner $eit nu$t
6 jie^t, toenn er „bie 2Jienf$en reformieren toitt, mc$t bie Äird&e" — toer toitt eine not*
toenbige, in ber ©ac^e felbft begrünbete Folgerung unterbinben? lommt fte nid&t bei tym
jur 2lu«toirfung, fo bei feinen @eftnnung«genoffen, feinen Schülern. Unb Vertreter ber
3ntereffen ber römtföen Sirene in SReapel, 3#eatiner, tyaben fd&on in bem erften §afyct
ber 2Birffamfett be« 35alb6« eine förmliche pribate Überwachung eingerichtet. Star! V.,
10 bon SEuni« ftegretcfc aurüdffefyrenb, toar bamal« gerabe in Siegel: unter bem 4. gebruar
1536 erlief er ein Gbift, baft niemanb mit Äefcern ober 93erbac$tigen umgeben bürfe
unter ©träfe an @ut unb 33utt, unb bei ber äbretfe empfahl er bem aSijdönig befonbere
äufmerffamleit naefc biefer ©eite fytn. ÜRacfcbem ber Äaifer Neapel toerlaffen, lief eine $e*
numtatton bei bem SSijelönig ein gegen ben beliebtesten gaftenprebiger, ben toom ftaifer
15 felbft mit Setfatt gehörten 33ernarbinoD$tno (f. b. 31.). ®iefer bilbete, fo lange
ifym fein 2lmt ben Aufenthalt in 9teaj>el geftattete, eine« ber tyertoorragenbften ©lieber be«
um Salbä« fid^ öerfammelnben Äreife«; 1536, 1539, julefct 1541 jutben hrir \fyx bort,
h>o tym im (enteren %atyct au$ bie ÜBtirbe be« ©eneralate« im Orben )u teil tourbe.
2Bie großen Gmflufc kalbte auf feine t^eologifc^en änfcfcauungen gehabt, geigen feine
20 ©Triften, ftreilicfy fyat er fu$, bor bie entfd&etbenbe $rage gefteÜt, ob man äufterli$ bem
fatfyolifctyen ßird&entoefen no$ angehören bürfe, beffen toefenÖid&e Selpn unb Gtnrittytungen
man negiert, balb anber« gefteßt al« berSMeifter, bem biefe grage in ibrer 3toeifc^neibig*
feit faum entgegengetreten ift: er F?at SBaterlanb, ^reunbe, Gfyren, alle« toerlaffen, um
feinem ©lauben leben ju fönnen. SReben Dd&tno bitbete $ietro SRartire SBertnigli
25 (f. b. 21.) ba« tyeologtfd& unb fird&li$ fyertoorragenbfte ©Heb be« Äreife«. Gin gfloren*
tiner au« eblem ©efcfylecjjte, 1500 geboren, fett 1516 im Drben ber ätuguftiner^or^erren,
betrieb er afabemtfcfye ©tubten in SJJabua, tourbe mit !aum 30 Sauren „^Reformator" be«
Drben«, in bem er burety umfaffenbe tfyeologiföe S3ilbung fyertoorragte, unb toirfte in 5Reaj>eI
al« ^Jrior be« großen Älofter« ©an $tetro ab 2lram. Slucfc auf tyn getoann £alb&
so entfd^eibenben Gtnflufe. 3)te 2Btrffam!ett SSermiglte in Succa, toeld^e ftety unmittelbar an
bie in Neapel anfc^Iog, !ann al« eine reformatoriföe im proteftantifd^en ©inne begegnet
toerben; ba| er bort Gelfo SRar^inengfyi au« Sre^cia für gleite 9lnf$auungen getoamt,
lourbe ertoäbnt. Über ben ©eift, in toelc^em SBermigli toirfte, aiebt feine „Semplice
dichiarazione sopra i dodici articoli della Fede cristiana , äu^funft, toelcfye er
36 für feine Schüler unb ©laubenägenoffen in Succa nieberfc^eb, furj nat^bem er, um ber
^nqutfttton }u entgegen, 1542 glei^etttg mit Dd^ino fein SSaterlanb fytitt berlaffen muffen.
Slud^ anbere SRänner, toeld^e tn ber ®eföt$te ber Sieformation in Stalten eine
©teile einnehmen, fanben fxd) m bem Greife um SSalb^ gufammen. 3Rarcantonio
g (am i n i o au« %mola (togl. ©c^el^orn, Amoenit. hist. eccl. II ; M'Crie, History . . 1856,
40 ©. 103 ff.), ein toeid&e«, fromme«, poetifc^e« ©emüt, lebte in SReapel bon 1538—1541. 90«
feiner ©tiltft anerfannt, gab er bem bie ©ebanfen be« SBalbä« au«fpred^enben, bem
Ärctfe be«felben im Weiteren ©inne entfrroffenen Süd^Ieht „S8on ber SBo^It^at ßbrifki"
feine flafftfd^e ^orm (bg(. ü. ba«f. unten), glaminio ift ber Vertreter einer ganzen Klaffe,
ja ber gro|en 5Ke^rja|l fetner gebilbeten, religio« intereffierten Sanb«leute, toelc^e bie
45 -ftottoenbigfeit grünbltc^er Reformen be« ßird&entoefen« loo^I einfe^en, aber burc^ taufenb
^äben aud^ jperfönltd^er Sejie^ungen ftd^ afyalttn laffen, öffenüi^ eine Hare unb ent=
fc^iebene ©teuung ju nehmen (über f. Srief betr. bie 2ran«fubftantiation f. m. 3ulta ®on*
jaga [§aße 1900] ©. 121, 21. 25). SWefaerc 3KttgIieber be« 5Rea^eler Äreife« [vrib f»)äter bur$
bie ^nqutfttton baju gebrängt toorben unb ^aben mit bem $obe i^re eban^elifd^en lieber»
60 Beugungen gebüßt, ©o ber ^äpftltd^e ^ßrotonotar Sßietro ßarnefecc^t au« ^brenj.
2lm ©ei^nacbt«borabenb 1508 geboren al« ©o^n eine« angefe&enen Kaufmann«, ftanb er
in freunbf$aftli$en Seiic^ungcn jur ^amilie ber 3Rebici, bon benen ©iobanni al« fßapß
Giemen« VII. i^n ju jjober ©teile erhoben j^at. 3n *>tm ^aufe feine« Obeim« mütter=
lic^erfett«, be« Aarbtnal« Sernarbo 2)otn^i in SRom erlogen, eignete ber begabte 3üng*
56 ling ftc^ bie bumantftifd^e Stlbung ber 3*\t an. 3>n bem unglüdlic^en %afyct be« ©aeco
bi Stoma, 1527, flüchtete ßarnefecc^i in bie Saterftabt, teerte aber batb na^ Slom gurittf
unb erftteg nun auffattenb frütye bie Stufenleiter firdj>Iic^er Ämter. @rfl Siotar, baim
s^rotonotar bei ber Äurie, lourbe er 1533 fogar erfter ©efretär be« ^Ja^fke« unb reiefr
au«geftattet mit ^frünben, barunter bie Slbtei bon ©. SWaria in ©abetto in ber ©iöcefe
co Slbria unb bie bon ©. $iero in @bo!i. Xaö 9lmt be« ©efretär« toar eine« ber f^toierigßen
Italien, reformntorifdjc Sctocflungcn 537
in bcr jKtyftlid&cn Sertoaltung ;: in ben ga^ren 1533 unb 34 l;at ßarnefccd^i bic Stör«
rcfoonbenj mit ben SRuntien führen muffen, j. S. mit bem naefy ®eutfcfylanb gefanbten
$ier $aoIo Sergerio (bgl. 9luntiaturberic$te tyer. b. $rieben«burg I, 1, ©otya 1892).
Unb barüber ^inau« lag no$ bie Seranttoortung für bie $orm alle« beffen, toa« bie
Ranglet berliefi, auf tym unb bamal« ein großer Seil jener labierenben *ßolittf, toclctye 6
bei mangelnben Machtmitteln bem ^apfttum be« 16. 3>a^r^unfeCTtö aß^n übrig geblieben
toar. Sei ber 3ufammenfunft m^ %wnh !• in ÜRarfeiße, bic toieber eine antifaiferlidje
©d&toenfung be« Sßapftc« bebeutete, toar Garnefeccfyi jugegen — fyier getoann er auc§ bie
©unft ßaterina« be SWebici unb einflufereid&cr ^erfönlicfyfeiten bom franaöftfcfyen §ofc,
bcr tym ftKtterbin, afe bie 2Bogen religtöfer Verfolgung jenfeit« bcr Silben fyöfyer gingen, 10
Iänacre 3uPU(yt fi«toätyrt M- Garnefeccfyi fannte Salbä« fäon feit beffen erftem 9tuf*
entgalt in 9tom — „aber al« Ideologen", fagt er in einem ber Serfyöre, benen bie 3jn*
Snifttton tyn unterwarf, „\)cbt i$ ifyn erft in Neapel fennen gelernt. 2lu« unferer
eif$K$en ftreunbföaft tourbe ba eine getftlic^c, fofern fein ganje« Dichten unb Sractyten
in bem ctyrifMid&en Seben unb bem ©tubium ber ffl ©cfyrift aufging. 28a« mic^ aber iö
m tym ^injog unb ifym mein game« Vertrauen getoann, toar ber Umftanb, bajj Sernarbino
D$mo, todetyer bamal« unter allgemeiner Setounberung in 9teapcl prebigte, tyn in fo
fafjcm ©rabe fctyiftte" (bgl. m. Senarb. Dc^ino, 2. 2lufl. 1892, ©. 62). ©afe Garnefeccfci
in ^önß^e Schiebungen ju Salbä« trat, berbanfte er ber fc$on genannten 3 ulia @on*
jaga, mit ber toir Salbä« feit ©epiember 1535, too er fie in gonbi befugte (bgl. m. 20
gulia ©onjaga, ©.41 unb ©.113,31.6—7) unb befonber« feit ;Julia« Überftebelung nai)
5Rea}>el# toeld&e im ®ejember 1535 erfolgte, in engen Sejietyungen fefyen. ^nlia, eine
©onjaga au« ber 2Jiantuaner Nebenlinie, bon feiten tyrer Urgroßmutter Sarbara §ofyen=
joHernfctyem ©efc$lec$te entfproffen, toar 1513 geboren unb no$ al« fyalbc« Äinb bem
Sefjxiftano Golonna berlobt unb angetraut; bann -im 15. 2eben«ja^re fetyon bertoittoet 25
lebte fie mit tyrer gleichaltrigen Stieftochter gfabeßa (Solonna auf ben colonnefiföcn
Seftyungen in $attiano, bann ftonbi bejto. gtri, fafy ftety aber naety einem in ba« %ai)t
1534 fattenben Slaubberfuc^e be« ßorfaren ß^airebbin Sarbar off a, ber auc^ tyrer 5ßerfon
galt, jur Überftebelung nac$ 9lecn>el öeranlafet, too fte, feit 1537 im Älofter ©an grance&o
too^npaft, fid^ ber @r)ie^ung tyreä Steffen Sefpafiano toibmete. Süenn ^ulia fu^ gänjlid^ so
ber ©eelenfü^rung be^ Salb^ Eingab, fo bafe nac^ beffen 1541 eingetretenem lobe eine
Stttoria ßolonna i^r bon Siterbo au« ben SÖunfc^ auäbrüdfte : . . „toenn i$ ©elegen^eit
fäH, J>erfönlic^ ^fyxm na^e m fein unb erft im toatyren ©inne ba« ju lernen, toaä ©Ott
burc|f au^gneic^nete 2Jtittel" (b. 9. burc^ ben Umgang mit S3alb63 unb beffen ©efinnung^
aenoffen) „w/nm mitgeteilt ^at" (bgl. m. 3julta ©onjaga, ©.116, 91.23) — fo ^atss
yulia ba3 SBermäc^tntö be« üReifter« treu betoal)rt, unb ^at für bie späteren %at)rt i^re«
Seben« toieber in bem Planne, ben einjigen Sertrauten, auf gleichem religiöfen Soben
jkfcnb, gefunben, ben fte feinerjeit in bie perfönlic^en Sejie^ungen gu Salbää eingeführt
^atte — in Sßietro ßarnefeed^i.
9u|er ^ulia ©onjaga finb auc$ anbere eble grauen bur$ Salbö« beeinflußt toorben : 40
bem Äreife tn Slea^el gehörte %ul\a$ ©c^toägerin (Eoftanja b'äbalo« an, fotoie ^fabella
KanrUjuesSrifegna, bie ftiäter über bie 3llpen xog, um bort tyrem ©lauben ju leben.
3£r toibmete Gurione bie erfte 2lu«gabe t>on Dlimpia 5Blorata« ©Triften, Ddpino fein
fflert über bie ©egentoart g^rifti im 2lbenbma^le (f. m. Dc^ino, 2. Slufl. ©. 322, n.41).
fRcfer no<^ aö fie ragt ^erbor Sittoria ßolonna, toeld^e auc^ bon ber Salb&fcfyen Se^re 45
fiar! berührt toar, aber in bem älugcnblicf jurücf trat, afe fte getoa^r tourbe, bafe bie
idmtf^e Ätrd^e jene unb ifyre Äonfequenjen t>on ft<$ ftiefe (t>gl. ben 91. Dc^ino). 9lid^t in
birefter Sqte^ung gu Salb^, aber in engen Schiebungen ju Dc^ino unb be^alb feätcr
berte^ert futben toir ßatarina Gibö, bie^er^ogin bon Gamerino, ber jener fcfyon 1539 in
ben „Seite dialoghi" (1, 2, 4 u. 7 im Testamen to) ganj ebangelifc^c ©ebanlen Ici^t. eo
3Me biefe grauen aber tourben an illar^cit unb ©ic^erbeit ebangelifd^en ©lauben« Don
ba an ber ßerjogin SRenata *>on gerrara« (f. b. 21.) §ofc lebenben Dlimpia gulma 3)iorata
(f. b. ».) übertroffen.
3)te erften ©daläge ber SReaftion nac^> bcr ©rünbung bc« ©ant' Uffijio in 9tom
1542 Ratten nur einzelne getroffen, freiließ bie gü^rer. ßinc umfaffenbe SQ3irfjam!eit ^at 56
erp 3ultu« III., bann befonber« $aul IV., bon 1555-1559 «ßaj)ft, feinem 2iebling&
inftttute eröffnet %&t tourbe auefy Gamcfccd^i borgelabcn. Gr fyattc, toie crtoäbnt, ftc^
jahrelang allen 9?ad$eHungm burc^ einen 9lufcnt^alt am franjöftfc^cn $ofe entjogen.
Seit 1562 finben toir i^n toieber in Scncbig al« geheimen ^iroteftanten, ber mit folgen
allerorten in Serbinbung ftc^t. Der burd) ©iacomo SRanjoni veröffentlichte 9lu«)ug au« w
538 Italien, reformatortfdje ©etoegungett
feinem Iefeten Sßrojeffe (Miscellanea di Storia Ital. T. X,, £urin 1870) jeigt ifyn feit
1555 toieoer mit $ulia ©on^aga in SBerbinbung, imb bie bort mitgeteilten jtoif<$en biefen
beiben getoecfyfelten ©riefe bilben befonber« in ben Qafyxtn 1557—1560 eine faft ununter*
brod^ene Äette (bgl. m. %\A\a ©onaaga ©. 88). SBenn @arnefecd&i jtd& junäc&ft nod) fu$er
6 glaubte im ©ebiet ber Kepublit SSenebig, ja toenn er, 1557 fd&on jum jtoeitemnale bor
ba« Tribunal naefy 9tom citiert, fiefy toeigerte ju erfd&einen, unb barauf in contumaciam
unter bem 6. Slpril 1558 verurteilt tourbe — fo fyat er bod& nad& bem im Sunt 1559
erfolgten $obe be« ftrengen Sßaul« IV., lt>o bei einem Slufrufyr gegen bie gjnquifttion
auä) bie t^n belaftenben SDotumente bernietytet toorben toaren, bie günfttge (Gelegenheit
10 benufct, um fic^ öon bem SSerbilte be« ©ant' Ufftjto frei gu machen bejto. ba«felbe auf*
fyeben $u laffen. 3U *>cm 3*°^ *e&te cr fc** Sf*™0* 1560 m S^om; nod) 1563 ftnb
©riefe bon tym an gulia bon bort au« gefd&rieben. gretli<$, toenn Sarnefec^i auf bie
Äunbe bon jenem 3lufrul?r befriebigt fd&rieb: „bie 3nflui^°« if* be«jenigen Stobe« ge*
ftorben, ben fte fo oft anbern zugefügt fyat, nämlicfy be« gfeuertobe«" (Estr. del Proc
16 di P. Carn.) — fo follte fi$ bafb jeigen, bafj ber neue 5ßapft, Sßiu« IV., in biefer grage
nid&t geneigt toar, milbere ©aiten aufzugießen, ba er ben erbarmung«lofeften Äefeerfeinb
3Kid^aele @fyi«lieri an bie ©pifte ber Sittton [teilte unb mit unbefd&ränfter SBoBmac^t berfaß.
Unb al« nun Sßiu« IV. im iejember 1565 ftarb, ba richtete |icß bie 2Ba$l auf eben
jenen, ber fofort bie SRefcifton bieler Sßrojeffe, auc$ be« gegen Garnefecc&i einp geführten,
ao anorbnete. 3*$* tourbe and) befohlen, einen folgen gegen 3ulia ©onjaga einzuleiten —
nur ber 2ob (im 2lpril 1566) \)at fte bor beffen Qualen gerettet 81$ $tu« V. fu$
6infi(ßt in tyrem Srieftoec^fel mit Garnefecd&i berföafft tyatte, nef er au« : „$ätte xd) rec^t*
aeitig ©inblicf in benfelben befommen, fo toürbe xd) fte tyaben lebenbig berbrennen laffen \u
Üöa« mit ißr nicfyt mefyr gefcfye^en tonnte, ba« blieb tyrem f^reunbe aufbetoafyrt S)iefer
25 toar, nacfybem er and) nod) einmal 3julia bei einem Sefud&e feiner SCbtei Sbnli ge*
feßen fyatte, nad) 33enebig $urücfgetetyrt. $ort erreichte tyn bie 5Rac$ri<$t bon bem lobe
*ßiu«' IV. unb bon ber 2Baßl be« unberfötynlic^en @fyi«lieri jum Sßapft Garnefeccfci be*
gab [xd) nad) glorenj. SBenn er glaubte, bort fieser ju fein, fo follte er bitter enttäufät
toerben — §erjog ßoftmo lieferte ißn au§; ber ©efangene tourbe am 3. 3uli 1566 —
so einen lag, efye ber eble Neapolitaner ^Jompeo be SRonti ate Äe^er bei ber ©ngetebrücfe
enthauptet tourbe — naeß SRom gebraut. ®er §erjog berfud&te bergebliA, bur^ feinen
Vertreter beim 5ßapfte günftigen ßinflu^ auf ben $rojefi ^u üben, beffen 3tften ben Sm
getlagten allerbing^ als einen Wann zeigten, ber bie 3)tnge abfc^toäd^en ober )u feinem
Vorteil beuten mö^te, ber bann aber fctyliejjlicß boeß ertlärt, bafi er in bem ßau^tartitel,
36 nämlicfy bem bon ber ^Rechtfertigung, bie Slnföauung be« 3Salb4« fefißalte. 8lm 21. ©ep»
tember 1567 tourbe ißm unb 16 anbern in Santa Maria sopra Minerva ba« Urteil
bertünbigt : er foll begrabiert unb bem toeltlic^en 9lrm (bem ©obematore bon 9lom) über»
geben b. f). burd^ biefen Eingerichtet toerben. SSJä^renb in ber ©afriftei ber fiirc^e bun^
ben Sifd^of bon 3Ktranbola bie fc&redttictye ^ßrojebur ber ®egrabation bor ft# ging, toarf
40 ber Florentiner ©ejanbte ftc^ bem ?ßapfte ju ^6^^ um $n iux SRilberung ber ©entenj
ju betoegen — bergeben«: am 1. Df tober tourbe Garnefecd&i jugleic^ mit bem un« fd^on
betannten ©iulio SKarefto au« SeHuno auf ben 3lic^tpla$ an ber ßngetebrüdfe geführt,
bort enthauptet unb auf bem bereitfte^enben ©Weiterlaufen toerbrannt.
33on ben fec^je^n ^ßerfonen, toelc^e jugleid^ mit ßarnefeed^i tyr Urteil empfingen, toar
46 ein £etl bon Üteapel au« in bie ©etoalt be« römif^en Tribunal« geliefert toorben. Da«
mag un« abföliefeenb auf bie Verbreitung ber $Balb6«fd&en 2e^ren im ©üben ber Äalb*
infcl gurücffü^ren. 2)er erfte 3?erf uefy energifd^er Unterbrüctung fällt in ba« nämliche 3abr
1547, in toeld^em c« ber Äurie gelang, für ben 33ereic$ ber Slepublil 3?enebtg f^ärfere
ÜRaferegeln bur^jufefeen. 3toifd^en SKom unb bem SBijetönig öon Sleapel, Don $ebn>
w be iolebo, toar bie 3?erabrebung getroffen toorben, bafe ba« 3nquifttion«mftüut organtftert
unb bem ©ant' Uffaio in 9tom angegliebert toerben follte. S)a nun ba« untere m
toid^tigen fünften bem fpaniföen nad^gebilbet toorben toar, fo entfianb We Sefür^tung,
bafe e« fi^ babei t^atfäd^lid^ um eine ßinfübrung ber fpanif^en ^nquifttion (f. b. C
oben ©. 152) tyanble — unb ba erinnerte fity bie Sebölterung, ba^ fd^on einmal, 1510,
65 folc^ ein 38erfud& gemalt unb bom 33olte vereitelt toorben toar (bgl. baut m. §vüa
©on^aga ©.80 ff. unb Slmabile, Inquis. di Napoli I, 196 f.). ©o er^oo man fty
and) bie«mal unb mehrte ba« ©$recfgefpenft ab. Sber toa« erreichte man? 3e^t
tourbe ber Steorganifator be« römif^en ^nftitute«, ©iob. Sßietro Garaffa, jum (Srjbiwof
bon Neapel ernannt, unb fein 3Sitar toar ein ©ijilianer, ©cipione Sebtba, ber ft© aö
oo einen ber ^eftigften ^erfeinbe ertoie« unb ber 1553 al« „xommiffar ber 3nquifttton"
Stalten, reformntortfdjc ©ctocgnngen 539
mit ber Sefugni« befteHt tourbe, bic im 33ereicfyc be« ftönigreicfy« SJerbäd^tigcn nac$
Som jur Aburteilung gu fcfyicfen ! So faty man benn, toie 2lntonio ßaracciolo in ber
fanbfcgriftlicty bor^anbenen 2eben«beföreibung Sßaul«' IV. mitteilt, fefyr fyäufig bie 3>n*
quifitü>n«bar!e mit ©efangenen ben §afcn bcrlaffen, um biefe naefy Dorn gu bringen, unb
barunter toaren biele (Sbelleute, ja SBertoanbte be« Sßapfte« felbft, bie er nic^t fronte. 6
2K* &<)$ ber 9fofyänger be« 9Salb€^ in Neapel begiffert Garacciolo auf 3000, „barunter
biele Sd&ulmeifter" — ntd^t 3000 Sd^ulmeifter (!) toie SRanle irrtümlich gelefen tyat.
Xufcer ben fefcon ©enannten mögen für bie erfte 3^ al« ßauptbertreter no$ genannt
traben: Sormgo SRomano, ben man 1549 lieber in -Kea^ef finbet, 2tyoßonio 3Kerenba,
9Don ©ermano uRinaboi«, SDonantonio Stltomari (bgl. m. gulia ©ongaga S. 125) unb ber mit 10
$aul IV. bertoanbte ©aleaggo ßaracciolo (f. b. 31. S3b III, S. 723). 2U«2olebo 1553 ftarb,
boffte man auf SRilberung be« Sorgefyen« ber ^nquifition — bergeben«, ba bem Äarbinal
$a$eco ba« Sigefönigtum gu teil tourbe, ber mit gleicher ©d^ärfe fortfuhr. ®a& e« unter
bem ghmten feit 1556 amtierenben 9iac$f olger ^ßacfyeco« nic^t beffer tourbe, betoäfyrt
fefan beffen SRame : e« ift ber berüchtigte £ergog bon Sllba. Unter tym Verliefe im 15
Oftober 1557 ber SWarqui« b'Dria, §err bon ^rancabitta, ba« Sanb, um in 2)eutfalanb
feinem ©tauben gemäfc leben gu fönnen. 6rft tn Nürnberg, bann nac§ langen S^T^rten
felbß btö Äonftantinopel unb äBilna finben toir ifyn in SDamig, too er 1597 ftarb, bie
Gtabt gum (Srben eine« £cile« feiner Sibliot^e! beftellenb. Site ber SRarqui« fein 93ater*
lanb toerliefi, fjattt $aul IV. foeben mit ben Spaniern ^rieben gefcfyloffen ; bon nun ab 20
toibmete er all feine 3*ü unb Äraft feiner 2iebling«fööl>fung, ber 3jnquifttion. @in
mrofeer Schlag foQte toieberum erfolgen, um allen Dichtungen, bie nidjjt in feine reaftionären
Sahnen einmünbeten, ein 6nbe gu machen: ben Neapolitaner 3lbt SBittamarina, ben §au«*
tyofmeifter be« ßarbinal« SKorone, natym er guerft gefangen, bann machte er bem Sifc^of
San gelice bon 2a 6aba unb bem Starbinal SKorone (f. b. 2t.) felber ben $rogefe, unb 25
au$ gegen ben Äarbinal Sßole (f. b. 31.) tourbe ba« ÜBerfafyren eröffnet — freiließ gu
fyät, ba biefer ingtoifd&en geftorben toar. 2)er Sturm toütete auc$ im Süben ber §alb*
iirfel — bie S3arle ging toieber tyin unb ^er; tarnen bon bamal« Verurteilten (jtoei jum
r ertobe, bgl. ämabile, Inquis. di Napoli I, 230) beneic^net ba« 3Kemorial bon
Giovanni decollato in $om in größerer 9lnjal;l. ®afe bie Srleicfyterung nac^ 30
?JöuI« IV. %ctot nur eine getttoeife toar, tourbe f^on bemerft: genaue 9ta<$ricfyten über
ba« Vorgehen in ben beiben lefeten 3lmt«ja^ren ^iu«' IV. unb ben erften $iu«' V. an ber
entftf&etbenben Stelle in SRom gtebt uni für 1564—1567 ba« SßrotofoIIbuc^ ber bortigen
gnqutfition (Rivista Cristiana 1879—80).
3n bie Stotfd^engeit, unb jtoar in 1560 unb 61, fiel eine furchtbare ©reuelt^at in 36
9Roffe gegen ebangelifety ©eri^tete im Äönigrei^ Neapel — bie 3lbfd^lac^tung ber 2Balbenfer
in ben feit bem 13. ober ber 1. §älfte be« 14. ^r^unbert« befte^enben Kolonien in
6. ©tfto unb 8a ©uarbia (f. b. ä. SEBalbenfer). SDort toar ber geheime Äult na$ 2lrt
b« S3oter ftet« bur$ geiftlic^e gü^rer, toelc^e au« ben 2^älern ^iemont« gef^ieft tourben,
aufregt erbalten toorben. !ge|>t erftrebte man, fc^lec^t orientiert über bie allgemeine Sage, 40
toefa^e folgern Streben ungünftiger toar al« je, unter grüfyrung be« feurigen Subobico
Saftpiali bon Suneo, öffentlichen ®otte«bienft unb gab baburd? ben ^einben Slnlag jum
dtnfcj^reiten. $a«quali tourbe gefangen naeg Sofenga, bann nac^ Neapel, enblic^ nad^
Stom gebraut unb ba« ©eri<$t erging über bie ganje ©emeinfe^aft (bgl. Slmabile, Inquis.
di Napoli I, 235 ff., too eine ejaftc jum 2eil auf neue« ÜRaterial geftü^te 2)arftellung). 46
Xm 16. €*}>tember ift $a«quali auf bem un« fcfyon be!annten ^piaft an ber @ngel«brücfe
lebenbig berbrannt toorben. ßtoei anbere „ministri" ber Söalbenfer braute man auc^
tlooe: Stefano 9legrini unb ©iacomo SoreHi. Unb ba« toar nur ber 2lnfang ju
i f^redtli^en Slutbabe, toclcfye« im einzelnen gu befc^reiben bie ft-eber ftd^ fträubt. 2)a^
emgeute aud^ ba« 2anb berliefeen, um in ©enf eine 3uffo$t gu finben, bejeugt ©aliffe so
(Le ref. it de Genöve p. 160, 165), ber bor unb nac^ bem Slutbabe ettoa« über
JtoöttMJ ^erfonen namhaft mad^t, bie au« Mabrien gefommen toaren. Sebeutfam ift,
oa| bamal« bei bem SHacfyfoüren ber ^nquifttoren nad^ „9Kitfc$ulbigen" auc^ bier Ort=
\qqim in Simulien, barunter 3Konteacuto unb SMturara, al« angefteeft befunben tourben
— au$ bon ^ter flüchteten 1563 unb 1564 einzelne nad^ ©enf, toäl)renb ber mit ber 66
Unterfuc^ung betraute Sifc^of bon Sobino, toie e« fc^eint, milbe borging unb bie 33etoofyner
nur mit lanonitöen Strafen belegte.
über ber ©efctyicfyte ber Deformation in Sigil ien fcfytoebt noc^ ein faum an einzelnen
fünften gelittete« 3)unfel. ß« giebt immerhin gu benfen, bafe bie ^o^ulärftc atter
itaßemfd^reformatorifd^fn Schriften, nämlid^ ber „Trattato utilissimo del Benefizio di eo
540 Stalten., reformatortfdje Setoegmtgeis
Gesü Cristo crocifisso" in bem Scnebiftinerflofter in ßatania („presso il monte
Etna" Reifet eS in Garnefecd&iS 2luSfage im SSer&ör Vom 21. äuguft 1566, f. Est. del
Processo ©.202) getrieben tourbe — aber bic 9totuen über SBertreter ber Setoegung
fmb fc^r bürftig. 2luS einer Slb^anblung Von Sa 9Jcantia, Origine e vicende delT
5 Inquisizione in Sicilia (Riv. stör. ital. 1886, ©. 481 ff.) ergiebt fi$, bo| Äarl V.,
als er 1535 fiegreiefy Von XuniS jurücffefyrenb, Palermo berührte, auf bie Klagen ber
^nfclbetoofyner fyin bie Privilegien ber Sjnquifttion auf fünf 3a£re fuSpenbierte. 3nbem
fie bann feit 1541 toieber in ber alten 2Beife einfette, toaren eS ju ben früher faft au&
f$liej$lic& belangten „neofiti giudaizzanti" auefy anbere, „luterani", toelc&e fie ergriff:
10 als man am 30. 3Jtai 1541 in 2Reffina einen „Auto de fe" Veranfialtete, toaren unter
ben 22 Verurteilten brei folcfye, babei ein $rä ^ßerrued^io au« bem britten Drben beS
fyl. $ran*. 9la$ ber 1546 erfolgenben (Srneuerung i^rer ^Privilegien &at fie bann no<$
eine Steige Von SlutoS veranftaltet, bei benen „Sutfyeraner", einmal aud) ein äfatitrinitarier,
begegnen, ©o 1551, too ber ^riefter 2)on ^5ietro bi ©iangroffo, ferner grä gtanceSco
16 *ßagliarino unb $rä Slntonio ßarufo, 1553, too ber (ut^erifd^c ,,§ärefiard&'' @. 33. 3ms
peKigari u.a., 1555, too Slguccio ©iufto auS SReggio, 1586, too ber Sßrieftcr @. @. ^etrone
au« ©tyrafuS jum 2obe verurteilt toerben. (Snblicfy tourben 1563 jtoei „Sutyeraner", ein
granjofe namens Saubon unb fJfranceSco ©(^ittace (©quiHace), auS SWefftna hingerietet
unb Verbrannt. Qn bie 3toif$*näeü fW M« gluckt ni<£t toeniger Shilianer na$ ©enf
20 unb jtoar: auS s))iefftna gftanceSco StobeSco 1551, ©iulio Gefare $aScali („nobile")
1555, -Jtarbo bi 3Ka^io u. a. 1558, benen noc§ bis 1573 mehrere folgten; auety auS
Palermo, 9?oto u. a. 0. finben fic§ Flüchtlinge ein, unb ber obige 9tame ©cfciDace als
ber eines folgen begegnet bei ©aliffe ©. 167 ettoaS Veränbert jum 3afr* 1584.
SEBenben h)ir unferen 93lidf toieber naefc 91 om unb SWittelttalien, fo giebt eSauS
26 bem gafyre 1565 ein juVerläffigeS $eugniS baVon, toie eS in bem fterfer ber S^ifto011
in SRom juging: "bie Relatio vera et solida de captivitate Romana Philippi
Camerarii et Petri Rieter, toelcfye in ©cfyelfyornS „De vita, fatis et meritis Phil.
Camerarii, Norimbergae 1749 abgebrudt ift. 3)iefe beiben 2)eutfc$en, Von benen ber
eine baS Dpfer einer SSertoecfyfelung getoorben toar, fyaben. jtoei SDtonate im fterfer $u*
so gebraut, bis bie energiföc gürfprac^e SWajimilianS II. fie befreite, unb fyaben ftify bort
ber freunbltcfycn §ilfe beS gleichfalls eingeferferten ber Einrichtung entgegenge$enben
^ompeo be sDionti erfreut. ßamerariuS fdjUbert bie föauerlic^e ßofalität : er felber ift im
oberen ©efängniS, too man „toie im 93acfofen" ftfet; anbere fmb im untern, einem fo
feuchten Socfy, bafc er nic^t Verfielt, toie 9Jfenf<$en in bem ©rabe emittieren fönnen.
86 9iun fommen 3Rön$e jum „Sefe^ren", einmal $etruS EanifiuS, meift aber ©omimfaner ;
unter ben ©efangenen finb auefy ©pione („mosche", fliegen, genannt) u. f. to. SamerariuS
fonnte fi$ ©lüdf toünfd^en, baj ^iuS V. noc^ nid^t am Sluber toar — ber lieg feinen
me^r loS. 2lm 23. 3uni 1566 toar „öffentliche Slbfc^tvörung" meift von ©übitaTtenern
mit Verurteilung ju eitrigem Werfer ober ©aleerenftrafe ; barauf SSertünbigung beS Urteils
40 gegen ^ßompeo be 5Konti. SSon ben 15 Verurteilten toar einer abtoefenb — fem 8iD)
tourbe Verbrannt, ßinen jtoeiten großen „©laubenSaft" unter $ßiu« V. — nämltc^ vom
21. ©eptember 1567, too Garnefecc^i nebft 16 anbern Verurteilt tourbe — ^aben toir
bereits ertoä^nt. 3DaS fmb freiließ nur Vereinzelte S)aten auS ber umfangreichen 3^atig»
feit eines ^nfütuteS, ^ejjen gQSirlfamfeit nur fe$r teiltoeife unferer ÄenntntS unterliegt unb
46 Von beffen Urteilen nur biejenigen in gefc^loffener ^olge Vorliegen, toelc^e baS nac^ ^Dublin
Verfd^lagenc 5ßrotofoöbud^ Von 1564—1567 enthält, toä^renb bic in ben iräpftlic^en
Sammlungen aufbetoa^rten auc^ ^eute noc^ geheim gehalten toerben. 38on ber Ämrufc
hing breier „Smarterer" unter Julius III. in SRom melbet ber „toafyfyiftige öeriew" beS
jjfranjiSfuS ©c^toarfe (auf ber Sremer ©tabtbibl.) — jene toaren ^antno auS gaeitia,
60 SDomentco auS Saffano unb ein äluguftiner ^ulianuS ; unter baS nämliche ^ontifiEat
fiel baS Martyrium beS ©tovanni 93u&io (WoQio) auS 9Jlontalcino unb eineS SBebecS
auS Perugia (1553), Vgl. Riv. Crist. 1873, ©. 252. 3)er TOärt^rertob be« Alen unb
ftanbfyaften Jünglings ^omponio Sllgcri (f. oben) toar baS erfte Sranbopfer, toddp*
$aul IV. als 5ßaj)ft ber Uniformität feiner Äird^e barbracfctc (Vgl. $eter, Pomp, de Algerio,
es ©enf 1896). SBieviel Material übrigens 9lom unb ber Äird&enftaat felbft für bie 2^igWt
beS ©ant' Uffijio geliefert ^at, läfet fic^ nic^t me^r feftfteCen. aber bie $fatfac&e, ba|
bei bem Xobe tyauU IV., 1559, als bie äöut beS 3SolfeS bie öftren beS ©efängniffeS
ber 3^<|wiption erbradfc, nid&t toeniger als 70 fiefter befreit tourben, laftt auf ben Um*
fang ber Slftion fcfyliejjen, bie fic^ freiließ bort an ber GentralfteHe aud^ auf anbere 2anb*
60 fc^aften Italiens erftreefte, fofern beren Cbrigfeiten bem 3Bunf$e ber Auslieferung Von
Italien, refortnatorifdje ©ctoegmtgen 541
„Äckern" naety Stom golge leifteten. $)a« ftönigreiety SReapel toar in biefer Sejtc^ima,
toie toir fa^en, am toißfctyrigften; an ben 9tat ber 3^n *n Stoebig ergingen äfynlidpe
äufforberungen meift bergeben«; bie Heineren Staaten beugten ftcfy etyer, tote un« 6ar*
nefec$i« Seiftriel geigt.
3ufcerläfftge, toenn aud& nicfyt bollftänbige 31u«fünfte über bie Ifyätigleit be« römiföen 6
ßentralmftitute« geben bie ©^reiben, toelcfye jtoifcfyen ber Sturie unb ben Nuntien in ben
itaUcmföen Staaten getoccfyfelt toorben fmb. $ür bie ©efcfyicfyte ber Sieformation in
Senebig ifl batoon burfy ben SRcf. bereit« ©ebrauefy gemalt toorben (togl. a. a. D. ©. 116).
Seiber giebt c« no$ feine SSeröffentlic^ungen biefeö -Btaterial«, ba« allerbing« für unfere
$eriobe fetyr lüdfenfyaft toorfyanben ift, jum Seil auefy fc^r fpät einfe^t. 10
Über bie Verbreitung ber etoang. iöetoegung in Solana togl. b. 21. Dc^ino, Sßaleario
unb SSermigli; über gerrara bie 31. Slenata toon gerrara unb DUmpia SRorata, über 9)to«
bena ben 8. -Ötorone; über ba« 5)iailänbif(§e ben 91. Sorromeo 53b III, 334 f. ; ju Gremona,
Grema unb Somo togl. Riv. Crist. 1876, ©. 130 f. Sine einzigartige ßrfegeinung —
ÄuStoanberung eine« beträchtlichen fompalten Seilet ber Setoofyner einer Drtfcfyaft um 15
be« etoangelifd^en ©lauben« toißen — bietet bie Socarner ©emeinbe im Sjafyre 155b-
Dbtoofcl ber Stoben, auf bem biefer ßjobu« ftety abhielt, bamal« h)ie auety fyeute noc$ jur
Scfctoeij gehört, fo fyat fiefy bo<$ bie bortige Setoegung im Slnfd&lujj an bie italienifdfc
reformatoriföe enttoicfelt (togl. b. 31. 33ullinger, III, 542, r> ; aufcer ber bort angegebenen
2ttteratur: Riv. Crist. 1873, 115ff.; 156ff.; 2ty3$ II, ©.204; IX, ©. 220). SDen 20
etften au« $iemont hervorgegangenen Vertreter lernten mir in ßurione (f. b. 91. 93b IV,
6. 353) tennen. ©ein ftreunb unb ©efinnung«genoffe Slgofiino 2Jiainarbo tourbe 1538
in Sfti eingeferfert, entfam aber unb verbreitete 1539 etoangelifcfye fielen unter ben
Stubenten in$atoia; 1542 bertrieben, totrfte er toeitcrfyin al«$rebiger in ßfyiatoenna, too
er au$ ben rabifalen lenbenjen italieniföer ^Jroteftanten SBiberfianb leiftete (f.o.). ßinige 25
toalbenftfd&e SPrebtger finb, abgefe^en Don ben Cpfern ber Verfolgung in Äalabrien, au$
in $iemont ju SDtärttyrern getoorben, barunter ©obofrebo SSaraglia, toelcfyer 1558 in Surin
ungerichtet tourbe. Um biefe 3«t begann bie 3lu«toanberung Stoangelifd&er au$ ©atootyen
unb SJJiemont, jum Seil nadp gr^anfrei^ unb Snglanb, meift aber naety ©enf (togl. ©aliffe,
Äefuge, ©. 111 — 126) auj$erorbentli$ ja^lreicty ju toerben. %üx bie burc^ $iuä V. aud^ao
in btefen ©trieben neu angefaßte Verfolgung bietet ber Srtcftoed^el biefe^ ^apfte« mit
bem ^er^og Smanuel ^ilibert, foh)ie bie Nunziatura di Savoia (SSatif. 3lr$to, un^
gArudt), toelc^e jebod^ erft mit 1568 einfeftt, 3Katerial. & ergiebt ft^ barau^, baj ba-
mafö bie alte ©räfin toon 2enba eine §auptftüfte ber „Hugenotten" bilbete (t)gl. „Gli
Eretici di Tenda in: Riv. Crist. 1884, ©.256—274), toie benn über^au^t t ber 36
ißiütcftanttemuS bort feine §au})tbertreter auö $rantrei(§ erhalten m ^aben fc^eint. Über
We SSalbenfer im allgemeinen, unter benen ber Sejuit Slntonio ^Soffetnno (f. b. 31.) bad
9dfc&rong$toerf betrieb, bgl. man ben betr. Slrtifel. 9luf rcligiöje S3etoegungen in ber
foäter mit ©abo^en bereinigten Skpublif ©enua läfet bie meljr ate 60 3?amen au«
(Sfatua, ©abona, ©an SRemo u. f. h>. umfaffenbe Sifte bon Galanten bei ©aliffe (SRefuge, 40
S. 149—151) fdfrliejjen.
©te S)arftettungen ber $rofan= unb flird^engefc^tc^te ber SRepublif berfagen freiließ
bofltg, toenn man fie um ©enauere« befragt. JieuerbingS aber ^at 3K. SRofi au« bem
6taat3ar$to in ©enua, toeld^eS Slften über bie Snqutfttion unb bie ßorrefponbenj ber
Se^mblif mit köpften unb ^arbinälen enthält, einige« beigebracht (bgl. La Riforma 46
rd. in Liguria . . . fin all' a. 1567 in: Atti della Soc. Ligure di Storia patria,
XXIV, ©. 555—726). 2)tc älteften 9Jad^rid^ten über SWe^rejfion ber „peste",nämlic^ ber
Jteftem, ge^en auf 1540 jurücf, unb jtoar ift einer ber ßrften, toelc^c belangt toerben, ein
®raf ®iacomo gie^i, ber fid& gegen Slblafe, Silber^ unb 9teliquientoereljrung u. f. to.
au«gef)?ro<^en $at. Sieben i^m jtoei anbre, barunter ein 3ty ot^eter, toeid^er in feinem 60
£ab«i ein Äontoentifel bon „fiut^eranern" öcrfammelt ^at, beffen Rafftcrer er felbcr toar.
Skibe unterwarfen ft(^. ein 3?otar, ©iob. Satt. $onte, l)at ftc^j ätynlicty toie %töfy au«-
gef^mx^en unb Sutfyer unb 9Keland^t^on gelobt — man jtoingt i^n, ju retraftieren.
Unb fo ae^t bie Snqutfition toeiter t>or: gegen Üiiccolo Gafcro, gegen einen 3)ominiIaner
©iacomeÖo u. a., Verbietet 1543 bie ©driften Dcbino« unb überhaupt alle „fefceriföen 56
©Triften". 3m Sa^re 1553 forbert bie Regierung' felbcr ^cfuitenfcfyulen ; 1560 berfpric^t
fic bem Äarbinal ®^i«Iieri au«gtebigfte Unteqtü^ung, unb bie Morrfoonben^ mit Som
Itigt, ba^ biefer mit ber SRepubltf jufrieben toar. 1565 toirb auf Denunziation gegen
einen ©omintfaneqjrebiger au« £et>anto ^in ein ^5roje| eingeleitet, über beffen 3lu«gang
n%rcd fe<. dagegen fmb toir über bie Iefcte bon iHofi berührte ©ac$e (©. 620 ff.) go
542 Stalte», reforraatortfdje öehiegmtgett
burd& tyn genau unterid&tet. am 11. Dftober 1567 toaren burdfc SRom m ber Sticfc
tung auf ©enua einige ^Eefeer pafftert, auf beren (Ergreifung bie Äurie grofce« ©etoUfct
legte, unter ifynen Sartol. Sartoccio au« Sittä bi Saftello, ein fett 12 3a$ren in ©enf
anfäjftger febr gearteter ©eibenfyänbler. $rofe energifd&er 9teflamatton bon ©enfer ©eite
6 fyer hmrbe Sartoccio im Januar 1568 an &om ausgeliefert. Unb toä&renb biefem ber
^ro^ef* gemalt iourbe, ber im 9Rai 1569 bamit enbigte, bafc er nebft brei ober toter anbern
bem toeltlicfyen 3lrm (jur SSolIftrecfung ber £obe«ftrafe) überliefert unb felbft lebenb ber*
brannt hmrbe, na&m aud& bie Stfyätigfett ber ^nquifttion im ©enueftfe^en neuen 3&tf*
fa^ioung unb erftidtte bie legten Steguugen ber reformatorifa)en Setoegung.
io Über bie bebeutfameren litterarifetyen ©rjeugniffe ber Deformation m
Stalten ftnb bie ©^egialartilel über bie betr. Tutoren $u Dergleichen. Sine Stejnrobuftion
fleinerer reformatorif^er Schriften fette ft$ bie Biblioteca della Riforma Italiana
jum #iel, bon ioeld&er 6 ©anbeten (glorenj 1881—86) erjc&ienen ftnb: fte bietet Sänften
bon SBalbö«, SSergerio, Dd&ino, SBermigli u.a. 2)a« ßrjeugni«, n>eld^ed am meiften atof*
ir, fetyen gemalt l)at, ift ba« treffliche 33ü$lein „93on ber 3Bo<yat 6&rifti". Sern litet
begegnet faft in allen Sßrojeffen: ioer e« beftfct ober gelefen fyat, ift in tyo^em ©rabe
ber ßefceret berbäd&tig. Sänge Reit fyat man (juerft ©c^el^orn, Amoenit. Hist. Eceles.
et Lit. 1737, p. 156) ba«felbe bem Sßaleario jugeförieben (fo auc& ©erbe«, Spec.
It. Ref., p. 315; 9Jt. 'Grie unb Xtrabofd&i, Sonnet, 3ttr«. §)oung unb G&. @$mibt in
20 ber 1. Slufl. ber 316). aber Stanfe OPätfte I, S. 92, 6. ÄufL) tyd Wcdft, toenn er
nad& bem Compendium Inquisitorum be$ 91. Garacctolo btelme^r „un monaco di
San Severino" in Neapel al« ben SBerfaffer bejeicfcnet; toie bied au$ Garnefecctyt im
$roje& (Estratto p. 102) t&ut unter Nennung be« Siamen« feine« 93erfaffer« (Don Be-
nedetto de Mantova) unb n>te bie« ber SKärtyrer ©iob. grance«co b'Slloi« au« Gaferta
2r> bezeugt (bgl. beffen 2lu«fage in Arch. della Soc. patria III [Stom 1880J ©. 469
n. 8). 3)iefe ©egrift giebt bie religtöfen 3lnfo)auuugen, tote fte in bem Äreife be« 33alb&
tyerrfd&ten, beutli* toieber. 3U Anfang ber &ter$iger 3atyre be« 16. 3a$r&unbert« gebrudti,
im Sauf ber näcpften Qa^re in 40000 Gejentylaren (x\a<fy SJergerio) in Stalten Derbreitet,
befämpft j. 33. bur$ SKmbrofto Gaterino (f. b. 21. Äatfyarinu«) unb faft bemühtet, fyd
ao fte neuerbtng«, feit ifyrer Slufftnbung in Gambribge unb 3Bieberberöffentlic£ung bunb
Sabington (Gambribge 1855) toeite Verbreitung in bcrfc&iebenen Sprachen erlangt
gaft ebenfo oft U)te ba« „Senefi^io" begegnet in Snquifttion^rojeffen ba« „Sommario
della Sacra Scrittura" — auo) fein S3ejt$ ober feine Seitüre gilt als fötoertotegenber
SBerbaa^tSgrunb. SBieber gebrueft tourbe ba« 93üa)lein in ber Riv. Crist. 1877 bun$
:t-> (Somba unb fe^arat — bann ift ber 9tef. i^m nachgegangen unb ^at entbeeft, bafe toir e«
^ter nur mit einer Überfettung, nid^t einer urft>rüngltc$ italienifc^en Schrift ju t^un ^aben,
ba^ ötelme^r bie Crigtnalfd&rift, au« toela^er auc^ eine franjöftföe unb englifefce gww
erfloffen ftnb, in mittelnieberbeutfa^er (^oHänbifa)er) Sprache abgefaßt toar (DgL Senraü),
SDte Summa ber #. Schrift, %px?fy VII, 127—159; VIII, 681—705; IX, 328 tos
4i)345; ferner beff. 2lu«gabe ber „Summa" in ^beutfa) (Seifyig 1880); tKtn Formens
bergen, Mon. Ref. Belg. [Oeconomica christiana etc.], Setben 1882; über eine S5e=
ftrettung ber ©o)rift burc^ Slmbrofto Gaterino bgl. b. 91. Äatyarinu«). — 33on ©iot>.
granc. iürginio, ber fonft in ber SReformatton«ge|(tyic$te S^lien« feine Slolle \p\dt, er*
erfd&ien 1565 in S^on eine „Parafrasi sopra le Epistole di S. Paolo ai Romani,
4r, Galati e agli Ebrei. 2)iefe, ber §er^ogin SRenata bon gerrara getoibmete Schrift ijt
neu gebrueft in ber Bibl. d. Rif. It. 33b VI (glorenj 1886) 6. 43—156. — ®n
„Dialogo" öon ©iac. 9ticcamati Dffanefe ift burety D. ßoeorba in ber ^eitfe^rtft WD
Seminatore", 9tom 1877 I— IV, neu gebrueft toorben. 3)iefe« SEBerl eine« fonp un»
befannten Serfaffer«, 1558 gef abrieben, btlbet eine rec$t gefältelte }>rotefiantifc^e Jtontrober«*
r>ofd&rift; über eine fürjeregorm be« „Dialogo" auf ber SBiener ^ofbibliot^d unb über ben
iserf. bgl. Riv. Crist. 1882, 6. 275—277, too Mitteilungen bon ®b. »d^mer tmÄer*
gegeben Serben.
Über bie Sitteratur ber Sieformatton in Italien toäre eine 3uiammwf^"ng "*
»oünfe^t, toie fte 6b. SBötymer $x bie fpantje^e in ber Bibl. Wüfeniana (II 8ber 1876—83)
r,5 gegeben fyat. Material baju bietet bie Riv. Crist. passim unb befonber« ber Catalogo
della Biblioteca Giucciardiniana mit feinen 9ta(£trägen (Firenze 1877). 3n bt^er
Sammlung ift bereinigt, loa« ©raf $tero ©uicciarbini in langjährigen Semü^unaen an
fi$ bringen fonntc unb loa« er bann ber SRationalbibliotfyef in ^orenj toerma^t ^at
gorfd^ungen über ba« ©ebiet ber ©efa^ia)te ber Steformation in Stalten toerben in tyr
ci> ftet« bie reia)^altigfte litterarifc^e Sei^tlfe pnben (bgl. 3Ä@ IV, ©. 412). 0e«fi^
3taUemftf).fötI)oHftf)e fiirdje 3?titrÄa 543
SMitmfä'Ufyol Sirdje f. oben ©. 520, 43.
3taliemfd>e »ibelfiberfefcung f. 93b III, ©. 140, 32 ff.
3tnräö. — ßitteratur: Gunter, De rebus Ituraeorum 1824; ß. SRitter, (Srbfuube
XVII. i, 6. 14-16; <S. ©c&iirer, ©efd)id)te be« jübifäcn «olfe« im Scitaltcr 3efu <£t)dfü
I (1890), 593-608; ÜB. ffrenfel, 3°fepl)u8 unb fiuta« (1894), ©. 90—95. 5
3te 9tame be« SBolIe«, 3turäer, ift älter al« ber 9tame be« Sanbe« 3. 2)cnn
3turäer ift ibentifö mit 3etur ©en 25, 15 (1 6&r 1,31), einem ©o^ne 3«mael«, b. ty.
einem Stamm ber forifd^arabtfd&en SOBüfte. 2)ie ©egenb, in ber er feine gerben toeibete,
lägt fic£ einigermaßen banaety beftimmen, baß er ©en 25, 15 neben Styema genannt toirb.
Diefer Sebuinenftamm fyängt toofyl ofyne fttotfyl mit bem Orte Teimä gufammen, ber 10
am iueftlicfcen SRanb be« 3ßebfc$b tttoa in ber SWitte jhnfd&en 5Kebina unb ber Cafe
Dschöf liegt unb neuerbmg« burd& bie bort gefunbenen 3nWrif*en a^ ^n ©i£ alter
Rultur befannt getoorben ift. gerner toirb 1 Gfyr 5, 18— 22 erjagt, baß bie oft*
jorbanif$en Stämme 3^rae^ xn ^vc Dorqrilifdjen 3cü e'nen ftegrei$en Äricg gegen
3<tur unb anbere SBtiftenftämme geführt Ratten. Diefe muffen bafyer fc^on bamal« mit 15
tyren gerben bi« an bie Dftgrenje be« i«raelitif$cn ©ebiet« Dorgebrungen fein unb ifyr
Seibegebiet toeftltcfc unb norbh>eftlic§ Don ber Dafe Dschöf bi« an ba« ©ebiet be« 3a&s
bof (^eute Nähr ez-Zerkä) gehabt tyaben. 3Rtt biefer ©egenb tyat bie 2anbf$aft unb
ba« 5Reic& 3. £c 3, 1 nichts ju tyun. 5Hämli$ am @nbe be« 2. 3al>rl>unbert« Dor 6l?r.
fämpft ber tyaSmonäifc^e König äriftobul I. (105—104) gegen bie 3*uräer unb eroberte
Zeile tyre« ©ebtet«, toie 3°f^^u^ u*ito Berufung auf ©trabo unb SSmagene« erjagt
Antiq. XIII 11, 3, unb ©trabo läßt e« nid&t im 3toeifel, baß bie 2Botynftfce ber3turäer
utr 3rit, öÖ bie 9tömer nac§ ©fyrien famen, unb auefy Won Dorfyer im Libanon unb 2lntt*
Ubano« toaren. 6r bejeicfcnet fie al« Setoo^ner be« ©ebirge« an ber ßbene 9Waffoa«, bie
bei Saobicea ab Sibanum (= XeH ÜRebt -Biinbu am ©ee Don Hömp) beginnt unb Gtyalci« 25
(toaW*«nIW 'Andschar ftiblic^ Don Ba'albek) einfließt.' 3Sgl. ©trabo XVI 2, 10.
18; $otyb. V 45 f. 2)ie ebene ÜRaffea« (ÜRarfea«) ift bemnad^ bie Sttcberung jtoijd&en
Libanon unb 2lntiltbano«, unb biefe @ebtrg«$üge fmb e«, bie al« üßotynftfce ber 3^uräer
nac^ ©trabo unb s#otybiu$ ju betrauten ftnb. SDaS ©leid^e ergiebt ein ©a$ ber be^
lannten, getoö^nlic^ auf ben Statthalter Duiriniu^ belogenen 3nf<vrift, in bem ein Untere so
felbfcrr be^ Duiriniu^, D. 3lemiliuö ©ecunbu^, öon fid^ fagt, baß er auf einem 5?rieg&
juge gegen bie S^wer auf bem fiibanon eine ^ftung erobert fyabe (5Rommfen in Ephe-
meris epigraphica IV, 1881, ©. 538). Diefe beftimmten angaben fließen anbere
$crfu$e, bie So^nft^e ber 3l"r«er für bit 3C^ G^rifti ju beftimmen, au^ ; fo j. 83. bie
Annahme be« ßufebiu« Dnomafticon (ed .be 2agarbe) 268. 298, baß fid^ 3- mit 2rac$oniti$ 30
beder ober bie SwfammenfteHung mit bem SRamen ber ebenen Sanbfc^aft Dschedür füb=
toefUü^ bon Damaöfu^ ober ben i^orfc^lag 2Se$ftem3, baß bie Jetrarc^ie 3- *>** §b^e
unb bem öftlic^en 3lbfyang be« Drufengebirge« (Dsohebel Haurän) entfpred^e.
9Won ^at baran feftju^alten, baß 3*tur unb 3tur^er benfelben ©tamm ober bie^
fette SSölferfc^aft meinen, unb ben SBecfyfel ber fcon i^nen behaupteten ©egenb mit bem 40
Sorbringen ber Araber nac$ Sorben in SSerbinbung ju bringen. Söaren fte bi« an bie
(Brenje bed f^rifc^en fiulturlanbe« gelommen, fo fugten fte bann auc$ in biefe« hinein«
zubringen unb bort Heinere ober größere felbftftänbige ©errfcfyaften ju grünben. S)a« be-
beutete für bie sJiomaben ben Übergang jum feften s33o^nen, )ugleic$ aud) eine '^er-
mifc^ung mit ben Don tynen Dorgefunbenen 33ett>ol?nern be« Sanbe«, bie bamal« aramäifö 45
brauen. 3)arau« erllärt e« fW, baß Slamen, Sprache ober ©ebrift in folgen Don Arabern
frirt Werten ©ebicten nic^t fofort einen rein arabifd^en G^aralter tragen, fonbern noc^
aramäifcb erfc^einen, toenn auc^ in Derfc^iebenem ©rabe. ©0 ift e« bei bem arabifäen
Stamm ber Jlabatäer, bie fiefy auf bem ©oben be« alten @bom feftfe^ten, fo auc^ bei
ben Skiern, bie in bie ©ebirge äntilibano« uub Sibanon einbrangen. 2öir pnben bei so
ben 3turäern Diele aramäifc^e 5ianten ; bennoc^ toirb ber ©runbftocf biefe« SBolfe« arabiW
getpefen fein.
3./ ber ÜRame be« Sanbe«, fyängt mit biefen JBobnftfeen ber 3to*cier jufammen.
S)er «fte ^errfc^er ber gturäer, ^cn to'lx fennen lernen, ift ^tolemäu«, ©o^n be« SKen-
nau«. ©r regierte ettoa Don 85—40 Dor (S^r. 6r fd^eint burd^ (Eroberungen bie©renjen 55
feine« Steige« ixtmlid) toeit au«gebe^nt &u ^aben. einige ©täbte an ber 9Keere«ftifte ge«
hörten ibm, uno imDften bebro|te er Dama«fu« (Josephus Antiq. XIII 16,3). 9tac$
©üben 9m gehörte i^m bie ©egenb an ben 3<>rbanqueUen. 3ur 3eit ^ ^monäifc^cn
544 Sturäa 3fuatt b'JWl«
Königs Slrtftobul I. toaren bic 3*uräer ©rcnjnad&baren bcr guben, in bem fäon oben
ertoälmten Äam}>fe biefeS Königs gegen fte toirb e3 ftc$ toafyrföeinlicfc um ©afilaa ge*
fyanbelt fyaben. an ^ßotnpejuä jaulte biefer ^ßtolemäuS taufenb Talente, um [ein ©ebiet
bor ben SHömem ju fiebern (Jos. Antiq. XIV 3, 2). 2)ie legten $a$monäer fanben
5 bei ifym 3uffu$t uno Unterftüfcung. ©ein Sofyn Scania« toirb bon 2)io ßafftuä (49, 32)
gerabe^u „König ber 3|toräer" genannt. 6r tourbe auf 33efel?l beä ätatoniuä 36 bor Gfyr.
hingerietet (Jos. Antiq. XV 4, 1). 3>n ber jäteten $t\t finben fiety nur noefc einzelne
SRefte beä großen 3tu*ättreid&3 mit ber #au£tftabt Gfyalcte. 6o bie #errfcfcaft Sbtfene
(f. b. 21. 93b I, ©. 99 f.), über bie nac$ 2c 3, 1 ber Sierffirft Scania* gefcrrföi tyd.
10 gerner ba$ ©ebiet beä Soemus 38—49 nad& Gfyr. toofyl nörblicfc öon ^eliopoliä, ba$
©ebtet bon SfyalciS, ba$ ber Kaifer GlaubiuS 41 naefc Ctyr. einem §erobe3, bem @nfel
§erobe3 b. @r., fcfyenfte, unb ba3 ©ebtet be$ 3cnoooru3, bon bem Josephus Antiq.
XV 10, 1 unb Bell. jud. I 20,4 fagt, bafj er bie ehemaligen Sefifcungen be$ Styfaniaä
(bon Älcopatra) gepachtet fyabe. 3lad) bem lobe ber SUeopatra ift er tributpflichtiger
15 Sefyerrfcfyer biefeS ©ebieteS geblieben, unb als er felbft ftarb (20 bor G&r.), tarn (ein
Sanb an £erobe$ b. ©r. (Jos. Antiq. XV 10,3; Bell. jud. I 20,4). »ei biefer
©elegenfyeit nennt ^ofepM a^ fein ©ebiet Ulat^a unb $aniaS, b. i. bie ©egenb an
ben Duellen unb bem oberen Sauf beS 3oroan3 (&fll- ©aulanitte VI, 380,«). $abur$
tuirb eine anbere 3lad)x\d)t be$ 3>ofe}>fyu3 berftänblicfy, bafc nämlicfy biefer ^ob**11* We
20 SRäuberbanben in ber £rad&oniti$ unterftüfct fyabe (Antiq. XV 10, 1 f.) ; fein ©ebiet grengte
an bie £racfyontti$. 9la$ bem 2;obe$ §erobc$ b. ©r. fähig Sluguftuä einen Seil beä
bon 3en^boru^ befyerrfctyten ©ebtete (jebenfalte $ania$) ju bem 9leic$ be$ SSierfürften
$ßfyiliWu$, baä fyauptfäcfylicfy 33atanäa, Xractyonitte unb 3luraniti$ umfaßte (Antiq. XVII
11, 4; Bell. jud. II 6,3). ^fyUippu* fpA ba^er über einen Seil be3 alten gturäer*
25 ret^ gefycrrfcfyt. Danach toäre e$ eine freiließ ungenaue, aber ntd&t gam unrichtige 3to*
aabe, toenn ber (Sbangeltft 2c 3, 1 für ba$ ga^r 28/29 nac§ G&r. $Pw>u3 ate 9Sier=
fürften über $. unb Irad&onitiS bejeid&net. §erobe$ fß^tltppud regierte bon 4 bor Gfpc.
—34 nad& G^r. $«t|e.
Suan be »öila, a^fetifd^er ©d^riftfteller, geft. 1569. — Sitteratur: (Sine
30 üoUftftnbige ^u^go^e feiner ©djriften evfdjien in 9 Duartbänbcn 1757 in Wabrib, na^bem
eine minber üoUftftnbige ebenb. iljr uorau^gegangen war. SSon bem 3)ialog De los malos
lcnguages del Mundo, Demonio y Carne, war 1556 ein nieftt autorifterter S)ru(f erfeftienen;
ba§ neranlaftte 3. felbft $u einer neuen «uögabe, ber balb (1577, 1579, 1581, 1604 u. f.w.)
anbere folgten, aud) in italienifdjen (1610, Moni), englifc^en (1620, fionbon) unb franjöfifc^en
85 Ueberfe^ungen (unter bem Xitel : Christiana Institutio). Sein ^auptwerl. ebenfaQd in jatjU
reiben 6epavatau§gabcn unb Ucberfe^un^en crfdjienen, finb neben ber a$!etifd)en 6d)rift
audi filia („$)öre, Xodjter", ^ßf 44) bie Cartas espirituales (Epißtolario espiritual), juleft
im XIII. Söb ber Biblioteca de Autores Espauoles (^Kabrib, 8fiioabeneira 1850) gebrudt.
@ine beutfdje Ucberfejung \?on 3.3 ©erfen gibt gr. 3. Scftcrmer (I— V, 9Jcgen«b. 1«56 bi*
40 1877). fiui§ be ©ranaba ftat i^m banfbar ein 6iograpf)ifd)e8 $)enlmal gefef t (Obras del
V. P. M. Luis de Granada, «äflabrib 1849, T. III, p. 451-486); bann |at 9*ic. Antonio
(Bibliotbeca Hisp. Nova, I, 639—642) if)n einge()enber be^anbelt unb litterartfdje ^ad^wei*
fungen gegeben, aud benen bie 93ebeutung beö uRanneS für bie religiöfe ©ewegung ber 3e*l
nod) flarer ^crüorge^t.
45 3uan be Slüila, ben bie fpätere 3^^ ^cn Slpoftel 3lnbaluften$ genannt fyd, ftammte
au^ einer angefefyenen gamilie be« ©täbte^en« ällmoböbar bei Gam^o im ßrjbUtum Solebo.
1516 be^og er bie Untoerfttät Salamanca, um nad^ bem Söunfäe ferne« SSatei« bie
SRed^te ju ftubieren. 3lber er glaubte balb, ©otteä 9luf in eine anbere Saufba^n )u txr*
nehmen, fefyrte nac^ §aufe jurücf unb führte brei 3a^ ^ng, getrennt tum allem Um«
00 gang, ein aefetifcfcbef<$auli$e$ Seben. 6in burc^reifenber gframiStaner, ber erftaunt Don
i^m l?örte, gab ben eitern ben 9tot, t^n jum ©tubium ber Geologie nadb SUcaM ju
fenben. 2)ort führte Domingo be 6oto ben feinfinnigen, bur$ ein mufterpafted 2e6en
ftd^ au^jeid^nenben Jüngling in bie 2Btffenf$aft ein unb gehxinn an tym nic^t nur einen
ber begabteften, fonbern auc^ ben liebenbftcn ©c^üler. Site 3uan *n f^ner 33aterflabt
66 nac^ bem iobe feiner ßltern bie erfte ÜReffe la^, jeigte er feine Stiftung barin, ba^ er,
ftatt naefy ber Sitte bcr 3eit ein geftmafyl ju beranftalten, mx geier bed ^£age« jtoölf
2lrme Heibete unb betotrtete. 3n ba^ 2lmt eingetreten, toarf er fid^ mit (gifer auf bie
Sßrebigt, für bie er fo begabt toar, bafi er balb ate ba$ 3Jhi[ter eine« ^rebigerd galt
2)en ©ebanlen, nadji Cftinbien au^ulwanbern, gab er auf bte SBorftettungcn be3 6rj*
go btfe^of« bon Sevilla, Sllfonfo SRanrique, ^in auf, unb unter ftet^ )une^menbem SrifaDe
ftttatt b'tfotla 3?itbeljal>r 645
betrat er nun in t>erf<$iebenen Stäbten Spanien« bie Äangel. Wt 29 Sauren juerft in
SetriHa aufgetreten, toirfte er neun ^afyxt in biefer 2)iöcefe, bann in Sörboba, ©ranaba unb
anberen Orten. 6r l?atte bic ®abt, bun$ ein einziges Söort, bura) einen Slicf baä
geuer in ben £erjen feiner §örer ju entjünben ; er, ber felbft bei 93eginn feiner 2auf=
ba$n fein ganjeä 6rbe ben Slrmen gegeben batte, mochte mit befonberem SJac^brudf 5
gegen ben 2up3 unb bie Überfa^äfcung unb ©efafyren bes SReio^tumS prebigen. 2)aS
ältere gab SfJeibern 2lnlaf$, tyn bur$ bie ^nquifition belangen $u laffen. Sefragt, öer=
tetbigie er fta) nic^t — ba fyracfy man tyn frei mit SHücf ftc^t auf fein eEentylarifd&eS £eben.
3Rit fünfjig Sauren toar fein 2eib gebrochen bur$ bie unabläfftgen änftrengungen beä
StyoftolateS, bie nid&t feiten jtoeiftünbigen $rebigten unb ba« übertrieben aätetifa^e Seben. 10
3e$t toirfte er bur<$ ©rma^nung unb Selefyrung engerer Äreife, inäbefonbere ber -Btönd&e
in \fycm Älöftern ringsum, fotoie bur$ tfycologifa^e äbfyanblungen unb ©riefe. Sitte 3lm
erbietungen fyöfyerer fira^lia^er Stellen fd&Iug er au«, fo biejenige beä @nbifc$of$ 2toalo3,
$n gum Äanonifuä in ©ranaba ju machen, unb fogar bie be£ König« ^S^iltpp II., ber
Üpi auf ben bif$öflic$en ©tubl Don ©egoöia, bann auf ben erjbifd&öflia^en Don ©ranaba 15
ergeben wollte. 3lm 10. ÜRai 1569 ftarb 3uan in 9föontUla in bem §aufe feine«
SSeretyrer«, be« 3)tarqui« be Sßriego. 3»uan be 2)io«, Stifter bc« Drben« ber barmherzigen
Srüber, ber $1. Stanj 33orgia, Sui« be ©ranaba unb fromme grauen, bie fu$ an feinem
geben unb Sterben erbaut Ratten, festen i^m in ber 3;efuitenfir#e kort einen ©ebent*
ftein : Magistro Johanni Avilae — Patri optimo, Viro integerrimo — Deique 20
amantis8imo — Filii eius in Christo — Pos(uerunt). ©ettrail).
3nan be £orquemaba, Äarbinal, aeft. 1468. — - ßitteratur: lieber feine $al)l»
reiben Schriften giebt Wie. Antonio, Bibliotheca Hispana Vetus, T. II, ©. 288—293 genaue
ftuätunft. 2)ie n>id)tia,ften finb : In Gratiani Decretum Commentarii, 5 2le. (4 ©be,
8enebig 1578); Expositio brevis et utilis super Psalmos (9Rom 1476; iHain& bei § djöffer 25
1478, u. ö); Quaestiones spirituales super Evangelia totius anni (9Srircn 1498, ßljon
1509 u. b); Summa Ecclesiastica : I. De uni versa Ecclcsia; II. De ecclesia Romana et
Pontificis Primatu; III. De universalibus Conciliis; IV. De Schismaticis et Haereticis
(Salamanca 1550, beliebig 1561); Revelationes Sanctae Birgittae ex commjssione Sedis
Apost recognovit et Apologiam apposuit (f. Biblioth. Hisp. II, ®. 290). Slufjerbem 30
oerfafjte er ©treitfdjriften ge^cn bie Wntifurialiften in SBafel, Xraftate über ©cüjiuaffer,
XranSfubftantiation u. f. n>., üon betten einige banbfdmftiid) auf ber Sibliottjef üon S. Maria
sopra Minerva in 9tom oovfyanben finb. (Sr felbft ift in ber anftofjenben $ird)e beigelegt. Sein
Seben ift befdjrieben Don: Xouron. Histoife des hommes illustres de l'Ordre de St. Domi-
nique, $ari3 1743; GiaconiuS, Vitae etc. Pontiff. et Cardinalium (T. II, p. 91(5 sqq.). 86
6tcpb- fiebererS w5)er fpan. ^arbinal 30I5. Sorquemaba unb feine ©djriften, Tübingen 1879"
ift eine fompilatorifc^e Arbeit eineö im Äuriali§mu8 befangenen Geologen.
3o^anned be lurrecremata, einer ber fyerfeorragenbften Prälaten ber fat^olifa^en Äircfce
im 16. Sa^r^unbert, ben man nid&t mit bem ^nquifitor 2tyomaS be lorquemaba Der«
Dertoec^eln barf, toar 1388 in SSatlabolib geboren, trat in ben Dominifanerorben unb 40
begleitete, öor atten bunfy feine 3)eüotion unb ©ele^rfamfeit ftd& au^jeid^nenb, ben Drben^
obem $. 2ui« jum Äonftan^er Äon^il. 3Son bort nao^ $ari« jur i*ollenbung feiner
Stubten geje^idt, erroarb er ben 3)of torgrab 1423, unb foll bamate auo^ eine jeitlang an
ber ?Barifer Sa^ule gelehrt l^abcn, btö U)ir tyn als $rior feinet Älofterö erft in Waüa*
bolib, bann in lolebo toieberfinben. 1431 lie^ ßugen IV. ifyn nac^ SHom fommen, er- 46
nannte i^n gum Magister sacri palatii unb jum Ideologen auf bem Äonjil ju 33afcl.
2)ort trat 1. auf ate unermüblia^cr SSorfämpfer ber Äurialiften für bie toeiteft ge^enben
Änfl>rüa)e be« römifcfyen Stuhle«, ßr ftanb mit an ber ©ptfce berer, toclcfye Safel öer^
liefen, um ein neues gefügigeres Äon$il in gerrara ju galten, toie er benn überhaupt
feine gan^e ^raftifa^e unb einen Seil feiner fa^riftftellerifdjen 2tyätigfeit in ben 2)ienft ber 60
abfolutiftifo^en römifa^en ^bee geftellt fyat. 1439 erfolgte feine Ernennung jumftarbinal,
1468 ftarb er in SKom. s))l\t ben ^erüorragenbften ©elej^rten feiner 3eit, bem Äarbinal
Seffarion, glabio 93ionbo u. a. ftanb er in freunbfa^aftlia^en Schiebungen. ©enrat^.
^ttbeljafyr, Jubiläum. — n. Nagelmaker, De Jubilaeo sive indulgentiis et plenaria
remittione dialogus Antv. 1576; g. 6.üöfflcr, doppelte ^adjvidjt Don ben römifdjen Sl'irdjen» 66
3ubel*3al)rcn je., i?cipjig 172C> (öafclbft ©. 33f) eine ßufammrnftcüung ber älteren üittera»
tur); Eus. Amort, De originc, progressu, valore aefruetu Indulgentiarura. Aug. Vind. 1735;
Maoni, Domenico Maria, Istorin degli Anni Santi del loro prineipio fino al presente del
MDOCL di Firenze 1750; ©regoroüiu«, (Öefd)id)te ber Stobt s.Kom im Mittelalter 83b 5ff.;
^enr^ (S^arled £ea, A History of Auricular Confession and Indulgences in the Latin oo
Hul»9nt)tlop&bit für Geologie unb ftirge. 3. «. IX. 35
546 3ubeljoljr
Church vol. III, fionbon 1896; $uftor, ©cfdndjte ber «ßäpfte im 3eitaltcr bcr ftenaiffancc,
grciburg 1886 ff.; ». bc ©aal, $aS tjciligc 3af)r in ftom. ©efdiidjtlidie 9tad)rid>ten über bic
3ubitäen, mit befonbcrcr SKüdf|id)t auf bcutfdjc (Srinnevungen. Unter $3enu$ung ungebruefter
Oueüen 2. Muft., fünfter 1900; $. £. SirauS, 3)a§ Anno santo. ©eil. j. «flgem. 3eitung
6 1900. Er. 26. 50. 76. 99. 125. 148; 5r. Geringer, $ie Slbläffe, ifjr SBefen, unb (Bebrand)
11. 5IufI. Sßaberborn 1895; Ritus servaudi in aperitione et clausuni portae sanetae. Ro-
mae 1775.
Unter ^ubeljaljr, römifd&em Jubiläum, fcerfte^t man eine (Sinricfctung ber romifdfren
Äird&e, beren ßntfte^ung im engften 3«fammen^ang ftetyt mit ber im Verläufe beS 9Rütefc
10 altera immer mefyr roacfyfenben Neigung ber ©laubigen, nad) 9tom $u ben ©rabern ber
Styoftel px pilgern, bie teils infolge ber bafür toon ben Zapften toertyroc^enen Slbläfje teil«
infolge ber 9iot ber 3*ü unb btx baburefy beförberten fird&licfyen 2)ebotion gegen @nbe beS
13. 3&W"nbertS eine bis bafyin nie beobachtete §öfye erreichte. 9lamentli^ in ben legten
Xagen beS fcfyeibenben Sa^r^unbertS brängte ftc$ eine immer größer toerbenbe SRengc $u
15 ber 2fyoftelfird&e unb jur SJere^rung beS 8c$h>eif$tuctyeS ber fyl. 93eronifa, toelctyes für bie
frommen auSgeftellt rourbc. 2)cr 3u*auf fcwgröfcerte fic^ fcon 3:ag $u %a$ bureb baS
immer weiter bringenbe ©erüctyt, bafc am erften läge beS !Ja^reS ein fcoUfommener äblafc,
an ben fpäteren ein folcfyer bon bunbert ^afyren ju ertoarten fei (primo centesimi die
omnium eulparum sordes deleri, caeteris annorum centum indulgentiam fore.
ao ©o nad& bem 33erid&te beS gleichzeitigen ÄarbinalS ^alobuS Stcpfyaföi SajetanuS de Jubi-
laeo BM XXV. 936). Söoljer baS ©erüdjt fam, läjjt fid& niefct fagen; fid&er ift bagegen, bafc
eS auf leinerlei Irabition beruhte unb bic Don $apft 33onifatiuS VIII. fceranlafeten blaty
forjcfyungcn im SSatifanifc^en Slrcfyto nichts barauf 33ejüglicfyeS aufliefen, aber ein alter
SWann, ein Sauer, ber me^r als fyunbert ^a^re jaulte, bezeugte, bafe fein Sater fcor $un=
25 bert 3>atyren, um 9*ofien 2lblafj ju geroinnen, na<$ 9tom gefommen fei unb ityn ermahnt
fyabe, falls er eS erlebe, boefy ja beim näcfyften 3j^r^un^ertanfang ben fraglichen Stbla^
ju erroerben. -Kun fanben fic$ aud& anbere, bie baion ettoaS toiffen tooUten. Daraufhin
beftättgte ber Sßapft, allcrbingS erft naefy itoei ÜRonaten burefy bie 93uHe Antiquorum
habet fideji fcom 22. gebruar 1300 auf ©runb glaubroürbtger 6r$ätylung alter 2eutc
so bie früher ben pilgern gemährten 2lbläffe unb getoäfyrte ju größerer SSerefyrung ber Sfpoftel
$etruS unb *ßauIuS für baS feit SBcitmacfyten begonnene ^afyx 1300 unb für jebeS fom=
menbe ^afyrfyunbcrtjaljr vere poenitentibus et confessis, vel qui vere poenitebunt
et confitebuntur non solum plenam sed largiorem immo plenissimam omnium
suorum veniam peccatorum, unb |\roar ben Stömcm, toenn fte brei^ig läge lang,
85 ben gremben, roenn fte fünfeefyn läge lang bie 33ajtli!en ber Slpoftelfürften $etruS unb
unb ^auluS bejud^en roürben (Extravagantes communes lib. V. T. 9 c. 1 bei Sommer
Corp. juris, canon. II, 1193; StatmalbuS, Annales eccl. ad annum 1300 § 4).
Da bis bafyin trofc ber gmwljim beS älblafetoefenS im 13. Safyrfyunbert bie $ö^e beS ge=
roäfyrten älblaffeS für ben Scfud^ ber römifcfyen Kirnen, toie neuerbingS hrieber fonftatiert
4orourbe (ögl. Sea a. a. D. III, 197 f.), fi$ im lüften gaHe auf 7 3a$re erftreefte, be-
greift eS \xd), bafe bie ungcroö^nlic^e 3"bulgen$ SonifatiuS1 VIII. aumal in tyrer fe^r
mi^crftänblid^cn Raffung, bie beim 3Solfe bamalS roie fpäter bie 3?orftellung ^etüorrufen
mu^te, bafe eS fiefy um roirlltc^c Vergebung bcr ©ünben l^anble, febr großes 3luffeben
mad^te. (Über baS Söefen beS ^ubtläumSablaffeS, fpe^iell bie 5ormel a poena et culpa
46 pgl. b. 81. „^nbulgen^en" oben 8. 83 ff.), iölan i)at bafyer immer nac^ ben befonberen
•Btottoen gefragt. 916er roenn eS nicfyt lebiglic^ 6igennu§ mar, roaS getoifc bem Gbarafter
beS $a))fteS nidjt U)iberjprec^en roürbe, roirb man (gegen ÄrauS, ä. 3^- Seil. 9tr. 76
8. 3) fc^rocrlic^ ein anbereS SWotto annehmen bürfen, als roaS bie römifc^e Äir^e bis in
bie neuefte $t\t toeranlafjt ^at, jebe auc^ no^ fo ungeheuerliche, in ber ^olfSreltgton auf«
so gefommene neue älnbac^t $u fanftionieren, nämlic^, baburd^ bie 3)eöotion jiu förbern. Uiu"»
ber ßrfolg toar nad; bem Urteile bcr ^citgenoffen ein fe^r großer. Sie SRenge ber $ilger,
bie in 5Rom jufammenftrömten, um bie ©naben beS Anno santo ju ertoerben (ögL ouc^
bie Sefc^reibung bei ©rcgorofciuS V, 547 ff.), unb ber 3^0 jur Su^e, ber ftc$ barin jeigte,
machte auf rocite Ärcife großen ßinbruef, ber ftc$ au^ in 2)anteS göttlicher Äomöbie
65 roicbcrjpicgelt. 2)er florentmifdje G^ronift ©ioöanni SSiUani , ber burc$ ben Sefu^
SWomS in ber ^ubiläumS^eit ju feiner florcntinifcfyen ©efc^id^te angeregt tourbe, ^atte bie
(Simpfinbung, ba^ bamit für &om eine neue ©lanjjeit beginne. Unb bie päpftft$e ©nabe
erhielt ifyrc Krönung, als SonifatiuS am legten Xage beS Jubiläums burc^ einen Jtarbtnal
ben fraglichen 2lbla| auc§ ben auf bem SBege ju feiner ßrlangung ©eftorbenen ^utpenbetc
60 (Item placet ipsi Domino nostro Summo Pontifici et vult quod omnes Uli qui
3ttfieljal)r 547
venerunt ad indulgentiam concessam per eum et mortui sunt in via vel Urbe
numero dierum taxato in ipsa indulgentia nondum decurso, plenam indulgen-
tiam consequantur. 33ei 3>afobu« ßajetonu« in BM XXV, p. 944), beim bafe bicfc
päpftfic^e äu«laffung entgegen bei gelungenen Don Sea (III, 338) unb Don 31. $aulu«
($er »blafe für bie Serftorbencn im Mittelalter, $ffl) 1899, ©. 19 f.) berteibigten 2tuf* 6
faffung, ba| ber ^ßa^ft nur bie ©rllärung abgebe, bafj jene ben Stblafe gewonnen Ratten,
trielme|r im ©inne einer SBerleifyung $u öerftetyen ift, fdjeint mir au« bem äßortlaut mit
SJefümmtfyeit ^erborguge^en. 9iatürli$ toaren, tote äße Quellen bezeugen, burcfy bie Opfer
ber gfremben bem ^>ä]pft(td^en ©cfyafce fetyr bebeutenbe ©ummen jugefloffen unb aucfy ber Söo^l-
ftonb ber SSürger, bie nac$ bem Urteil 93itlani« ade reicty getoorben toaren, fyatte fxdf merflicty 10
gehoben. 3Ran begreift ba^er, bafj bie ©rinnerung an bicfc golbenen &t\tm in bem öon
ben köpften berlaffenen, bertoafyrloften unb fceröbeten 9tom ben 2öunj$ erregte, fie balb
toieberfe&ren &u fefyen. 6r öeranlafete bie SRömer eine ©efanbtfcfyaft im IJafyre 1342 an
Semen« VI. nac$ älbignon ju fcfyidfen, um ifyn ju betoegen, bie ^eier be« Jubeljahres
auf ba« je fünfeigfte %al)T fcftjufc^en unb e« alfo fd&on 1350 toieber feiern ju laffen. 16
Sie fteBte tym öor, fyunbert $ai)tt fei eine lange $t\t, bie nur toenige in ifyrem Seben
erreichten, bafe alfo gar ötele bafyin ftürben, ofyne ber fcollfommenen SSenetyung aller ifyrer
©ünben teilhaftig gu tocrben. Unb bieje Don ber fyl. Sirgitta öon ©cptoeben unb aucfy
fron Petrarca unterftüfcte Sitte fanb ©efyör. 3n ^et 93uUe Unigenitus Dei filius Dom
27. Januar 1343 — e« ift biefelbe, toeld&e 1518 ber Rarbinal Sajetan gegen Sut^er in ao
äug«burg fyeranjog, um bie SEfyeorie, bafe ber 3lblafefctya$ au« bem Ißerbienfte ßfyrifti, ber
SRutter ©otte« u. f. to. befte^e, al« ftird&enlefyre ju betoeifen (Rainaldus ad annum
1343 n. 11), fefcte er in Stücfftfy auf ba« altteftamentlid&e Jubeljahr (f. b. 3t. ©abbat^a^r) ba«
Ja^r 1350 unb jebe« folgenbe fünfjigfte %atyc al« Jubiläum«ia^r feft, inbem er ben ju
befuc^enben Äircfyen no<$ bie Sateranfirc^e beifügte unb bie fcfyon befannte Seftimmung, 26
bafe ber äblafe au$ benen $u gute fommen toürbe, bie bor (Erfüllung ber 38orau«fe$ungen
fierben toürben, bafyin ertoeiterte, bafe er aucfy benen jutommen follte, qui post iter ar-
reptum impediti legitime quo minus ad urbem illo anno valeant pervenire.
Wogegen toirb, obtoo^l in jener 3*it entftanben unb toeil für ec$t gehalten Don großem
Selang für bie Setoegung, bie bei Baluzius vitae paparum p. 312 ff. unb Muratori 80
SS IV, 2, 584 fic$ pnbenbe Sülle Ad memoriam reducendo bom 27. 3uni 1346,
bie jc^on äntoninu« fcon glorenj Tit. 10 c. 3 § 6 für untergefd&oben erflärt, toorin ber
Stopft u. a. ben (Sngeln befiehlt, bafe fte bie ©eelen ber auf ber ^ßilgerreife ©terbenben
bom gegefeuer ganj rein in bie §errlic§feit be« ^arabiefed führen foHten (bgl. barüber
bieöemerfungen bei Sealll, 303), für unecht ^u galten {ein. %n ber Sülle Unigenitus 86
fmbet fic^ nun, fo toeit icf> fe!?e, ^ucrft, alfo fe^r nachträglich, bie Segie^ung auf ba«
jubiföe &abbaU ober ^jubclja^r, toeld^e fettbem jur ©egrünbung übli^ getoorben ift, fo
bafc man fe^r mit Unrecht, toie nod^ 2)e Söaal ©. 2 unb Geringer ©. 460 tfyun, fd^on
bie ©tnfüfyrung be« ^»ubelja^ aU „eine Übertragung jener mojaifc^en Slnorbnungen auf
ba3 ©eiftige" auffaßt. 3:ro^bem bafe ber fd&toaqe 2ob einen großen Seil (SuropaS beci- 40
miert fratte, tyfylipp t>on SBaloiö, im Kriege mit (Snglanb, jcbe SBaUfa^rt nac§ 9tom ober
ScmtoofteHa unterfagte, allenthalben, namentlich je nä^er man ber etoigen ©tabt fam,
Ääuocrbanben bie SÖege unfic^er matten, fo toar boc^ bei biefem jtoeiten, 1350 gefeierten
Jubiläum ber 3U5U9 ^^r Wq& nod^ größer al« ba« erfte 5Kal, unb ber Florentiner
Watteo 35iUani, ber 93ruber ©iofcanni« fann nid^t genug bie Slnbactyt, Demut unb 46
©elbftoerleugnung ber §unberttaufenbe t>on SBallfa^rern fd^tlbern (Muratori Scriptores
XV, p. 56). SllerbingS mufjten bie ^uSRom gebotenen ©nabengaben um fo erftreben«-
toerter erföeinen, al« bei biefem Jubiläum jutn erftenmale, toa« feitbem fte^enb getoorben
ifi, für bie 3«t beä Anno Santo äße anbem ^Mött^a* fufpenbiert tourben. älu^ers
bem fonnte, toaS feine geringe Sodterung ber tircfylicfyen Di^iplin bebeutete, im ^ubelja^r 60
jeber auet o^ne Erlaubnis feine« 25orgefe^tcn bie Pilgerfahrt antreten : ber SBifc^of brauste
tiUty bie ßrlaubni« be« ^cipfte«, ber itlerifer nic^t bie feine« Jöiföof«, b« ÜJlönc^ nic^t
bie feine« %bt& ober $rior«, unb fogar bie Gfyefrau fonnte, toenn fte gegen ben SBillen
t^re« SKanne« bie SBaUfa^rt unternahm, obtoo^l fie bamit fünbigte, bie öerfprocfyenen Sit*
bulgenien getoinnen. ^erfonen t)on ©tanbe burften j\u $ferbe reifen, unb foletye, bie 66
einen legalen 38cr^inberung«grunb Ratten, lonnten auc^ burefy einen Vertreter ben SSblafe
ertoerben (8ea III, 203 nac$ 9iotti, opus remissionis fol. 11). (Sine anbere 9leue«
nmg, bie tyäter größere 3lu«be^nung getoann, bahnte fi$ bamal« an, inbem ber Sßapfi,
hHi^rfc^tmli^ gegen nic^t geringe 3<u)hm9*K/ im^a^re 1351 auf i^re33itten benÄönigen
^ugo t>on Gbpern unb ßbtoarb t)on ©nglanb, bem $erjog .§einri$ Sancafter, ben Königin^ »;o
35*
548 dubeijaljr
wen 3fobella bon granfreicty, P^tltpt)tne bon ßnglanb unb (Slijabcty bon Ungarn bie 3ubi=
läumdinbulgemen aud& otync Pilgerfahrt getoäfyrte, ebenfo ben auf bem Äapitel $u 8afd
fcerfammelten äluguftincreremiten unb bau ßrabifd&of fcon Srinbift afö 9hmtiud bon Si*
äilien für 30 $erfonen, (enteren gegen 3a^un9 bcf[cnr toa« bie Pilgerfahrt gefoftet fcaben
5 toürbc (2ea III, 205).
3Ud ©regor IX. im 3afyre 1377 na$ SBom &urücffe$rte, fod er auf ben SBunfö ber
SKömer ben SjJlan gefaxt Ijaben, bad 3u^c4a^r a«f *>a$ ie breiunbbreifeigfte §af)r feftjufefren,
aber erft Urban VI., ber in feiner ©clbnot guten ©runb fyatte, auf neue ^üfdqueBen
&u benfen, unb bamit feine Dbcbien$ befeftigen toollte, föritt ba$u, inbem er in ber
10 SöuDe Salvator noster auf bie Äür$c bed mcnfcfylidjcn fiebend unb ben ©rlöfungdtob
Gtyrifti im 33. Sebendjafyr öertoied. 3U9^^ toutte *x*d näd&fte 3ubeljafyr für bad 3?$*
1390 angefünbigt (Eus. Amort, de Indulgentiis P. 1. p. 84). äuefc biefed britte
Subelja^r braute trofc bed Scfytdmad bem päpftlic^en Stuhle fe^r biel ©elb ein, aber
bamit nid&t aufrieben (bgl. Sfyeobor b. 9iiem, De schismate I, c. 68), fanbte Sonifatiud
15 feine (Smiffäre fd&on toäfyrenb bed 3ubiläumd unb bann nod) Qa^re nac^er in afle
$robinjen feiner Dbebicn^, um feine Slbläffe für ©elb an ben Wann $u bringen, toorüber,
toeil bie Äommiffare um bed ©efcfyäftd toitlen tyre firc^li^en unb fittlicfccn Stnforbc*
rungen an bie ©laubigen möglic^ft fyerabftimmten, fc^on bamald Diele klagen laut tourben,
fobafj ber Sßapft $u ftrenger unb graufamer 93eftrafung einiger feiner Slgcnten fdnreiten
2omufete (£ea III, 65 ff.).
9lad> ber Vorförift Urband VI. liefe SDtartin V. für bad 3a$r 1423 ein (IV.) 3u*
biläum anfünbigen. älber bie Stimmung fear eine anberc getoorben, unb cd entforac^
ber nietyt am toenigften fic$ gegen bie finanzielle Sluebeutung ber Hölfer bunty bie Äurie
ricfytenben Ojtyofition, tote fte &u sJ5ifa unb ßonftan^ laut getoorben, toenn man fc$on
25 ^tcr unb ba babor toarnte, burc$ 93efuc$ bed 3u^Äumd bad ©elb aud bem Sanbc ya
tragen, unb Vorfrage machte, toie man burefy Übernahme cntfprecfyenbcr (Entbehrungen
bad 3ut>tfäum spiritualiter perficere unb bie gleiten ©naben ertoerben tonnte (»gl.
©erfon, Opp. ed. SDu^in, Slntto. 1706 II, 523). SBcnn ed überfallt offiziell gefeiert
tourbe, toad mefyrfacty be^tueifelt toorben ift, fo folgten boety längft nietyt fo Diele ber
so Ginlabung, ald bied früher ber %aü getoefen toar. dagegen toarb bad V. t>on Stifte
laud V. gefeierte Jubiläum, ber toieber ^ur alten Drbnung bon fündig S^1^11 gurücfe
febren toollte, unb ed barum für ba$ %a\)x 1450 anfagte, toie cd fein follte, ju einer
älrt üon ©iegedfeft für bad ^a^fttum, bad ^um erftenmalc ftcfy bei biefer ©elegcn^eit
feiner s3J{ad&t über bie gange ß^riften^eit behmfjt toerben fonnte. 3lad) ber ©c^ilbcnmg
35 ber 3e^9en°Rm toaren trofcbcm, bafe toie faft jebcdmal mit ben pilgern auc^ bie Sßeft in
Stom einbog unb am 19. Dejember beim@ebränge auf ber ©ngclbrücfe gegen jtoetyunbert
3)knfc^cn umtamen, bie Sparen, bie fi<f> nad^ diom brängten, um ben älblafe }u gewinnen
unb bem Raupte ber toieber geeinten ß^riften^eit i^rc Serc^rung bargubringen, fester
unermeßlich unb ber 3uf*ujj an ©elb ein nie bagetoefener (togl. ^aftor, ©efc^. ber $äpfle
40 I, 322 ff.). Unb bie ißerldngerung bed ^ubclablaff^ auf bie näcfyften %abxt unb feine
SBerlünbigung in ben einzelnen Sänbcrn burc^ mit reiben 3SoDmad?ten berfefyene Legaten
— in 3)eutfd^lanb crfcfyien 5Rifolaud ü. 6ufa — toar bon ber größten Scbeutung bafür,
bafe bie Sanbe gtpifc^ien ben SSölfem unb bem ^)iaj)fttum fi(fy enger Inü^ften ald je. grcüüty
begann bamale auc^, allerbingd mc^r aud nationalöfonomifc^en ald aud rcligiöfen ©rünben,
45 ber litterarifd^c ^Jrotcft gegen ba^ 2(blafeh)cfcn fid; gu ergeben, ber feitbem nic^t toieber üer*
ftummen follte.
^iaul II. toar cd bann, ber am 19. 2tyril 1470 buix^ bie 33uOe Ineffabilis (bei
Amort. I, p. 91) in Stütfftd^t auf bie ftürge bed Sebend, bie häufigen Seuchen, Stürlen^
friege :c. ben 3h>^cnraum für bie geier ber Jubiläen auf 25 3a&tc feftfe^tc. trad feit»
60 bem firdjlidjc Drbnung blieb. So tourbe unter Si^tud IV. im 3a^re I475 ^^ VI. 3«*
biläum gefeiert, boefy fanben fic^, obtoofyl ber ^ia^ft grofee Vorbereitungen traf, um ben
3lufcntfyalt in 9lom angie^enber gu machen (^}aftor II, 459 ff.) unb nicfyt gerinac Grleicfc
terungen getoä^rte unb ben pilgern gelehrt tourbe, toer burc^ bie golbene Pforte (,,\nt
tfyat man nur in ben gnabcnrcicfycn vxsa^ren auf") ge^t mit Slcue unb anbaut, ber ift l^ig
66 t)on feinen Sünbcn \vk ein -Dtcnfcfy, ber erft getauft ift, unb man audj für bie Seelen ber
Jöcrftorbcncn burd; bie Pforte geben fönnc (aud bem SHombütfylein bei ^aulud 3^ 189**
S. 174), bcröcfud? üerbältnidmäfeig gering. Von größerer Sebeutung toar bad VIl/3ubd*
\a\}x im ^abre 1500 unter SUc^anber VI., ber auefy in 2lnfnü^fung an bie IrabitionP)
bad bä Eröffnung unb Sc^liefeung bcdfclbcn ^u beadjtenbe Ritual feftgefteHt fyat, toel^ed
*> bid je^t im großen unb ganjen beibehalten toorben ift (bie betreffenben SuQen bei
3fubelj<tf)r 549
Burchardi diarium ed. Iljouafnc, $ari« 1884 II, 584 ff. @benbafelbft ©.596 ff. bie
genaue Sefcfyreibung bei (Zeremonien).
am ÜBorabenb be« 2Betynac£t«fefte« voßjiefyt bcr $al>ft bic feierliche Eröffnung ber
^eiligen Pforte. 6in Vorgang, ber toal?rfc$einlic$ $uerft Don Sllejanber VI. Vorgenommen
toorben ift ßßaulu« a. a.D. ©. 175 ff.). $u biefem gtoeef läfjt er ftc$ in Vollem Ornat, 6
btc breifad&e Ärone auf bem Raupte, eine vcrgolbcte Äerje in ber #anb Vor bie feit bem
legten Jubiläum Vermauerte $forte in ber 33orbaße ber $eter«firdje tragen. 33on Ijier
entfenbet er &unäc$ft brei Sarbinälc al« feine Segaten, um bei ben brei anbern §au£tfirc§en
St. Sßaul, ©t. 3jofyanne« Vom Sateran unb ©t. 9Raria ÜRaggiore bie gleiten 6ere*
monien Vorzunehmen. -Kacfybem bic ©änger ber Vctyftlicfcen ßapefie ben ^Sfalm Jubilate 10
Deo omnis terra (naefy ^Bf 66) gefungen fyaben, fd&lägt ber $ßapft mit einem (urforüng*
li<$ gan$ gehenließen, jefct reidj vergoldeten) Jammer an ba« Von innen jum 3u*
jammcnbrec&en Vorbereitete 9Jtauertoerf, unb tritt naefcbem von innen burety §anbtoerfer bie
Ißfire Völlig eingeriffen ift, al« erfter burefy bie ©nabentfyür, bie bann ba« ganje %afyx
&mburc$, bi« fie unter entforeetyenben Seremonien toieber gefetyloffen toirb (Vgl. SRötfyen is
S. 77), lag unb 9la$t Von $rieftern betoacfyt, offen ftefyt. 5Da ber 3U3U9 ^tx $itger
toegen bcr Ungunft ber ^Atm ein verfyältni«mä|ig geringer toar, ermäfjigte ber $aj>ft
bur$ eine 33utte Vom 4. 9Rärj bie 2ßatlfafyrt«$eit für $rembe auf 5, für (Sinfycimifcße
auf 7 Xage für ben %aÜ, bafe fie ba« baburdp erfparte ©elb *um Vierten bejto. achten
leile opferten unb gab ben Seictytigern fefyr toeitgeßenbc garultäten (Amort. I, 94), 20
beßnte fogar ba« Jubiläum bi« (Spipbanien au«, ofyne jebocfy grofje Grfolge ju erzielen.
Unb ba« ©elb, toa« frühere Sßäpfte jur iscrfcfyönerung 9iom« Vertoanbt Ratten, flofj größten-
teil« in bie Äaffen ßefar Sorgia«. 2ßie bei früheren ©elegenljeiten hwrbe aueß bamal«
in bem folgenben ga^re ber 3ubiläum«ablafe in anberen Sänbern Vcrfünbet.
©ine« ber glan$lofeften toar ba« von Giemen« VII. unter ben 18. 3)eäcmber 1524 25
angefünbigte VIII. Jubiläum vom 3>al?re 1525> bemerfenetoert nur burefy bie feßarfen
8u«laffungen, mit benen Sut^er (621 29, 297 ff.) bie pätftlicfyen ^nbiftionebuDen paropfyra*
ftertc 3)a« IX., toelcfyc« noc$ $aul III. 1549 Iura vor feinem lobe proflamiert fyatte,
tonnte, ba fein 9ta$folger 3"Ku$ «ft am 22. gebruar 1550 gefrönt Ivurbe, erft am
24. gebruar eröffnet toerben. ®a« ja^lreicty befugte X. Jubiläum vom 3^* 1575 unter so
®regor XIII. brachte bic fpäter ftatutarifc^ geworbene Neuerung, ba^ bie ^nbiftion«buHe
in bcr 33or^aHc ber $eter«firc^e am §immclfafyrt$feftc unb bann tvieber am 4. 3lbvent&
fomitagc öffentlich Verlefen unb fobann in Slbfd&riften an ben Spüren ber Vier QavtyU
finden angeheftet tvurbe. Unb al« Ginflufc ber reformatorifd^en Setvegung mufe e$ be*
jcic^net toerben, ba^ bei biefem Jubiläum, tvä^renb beffen Dauer bie römifäen ©obalitäten 35
eine fe^r bemerten«tverte ©aftfreunbfe^aft gegenüber ben gtemben übten, unb ba^ ba« %atyc
über ßuropa au«gebe^nt tourbe, tro^ tüefentlic^er 6rlcid^terung Von ©clbja^lungcn nic^t«
ju lefen toar (Amort. I, 104). 3n regelrechter Crbnung fanben bann in ben %afycm
1600 (XI), 1625 (XII), 1650 (XIII), 1675 (XIV), 1700 (XV), 1725 (XVI), 1750
(XVII), 1775 (XVIII) bie ftrcfylicfyen 3u&iläen ftatt, ofync bafj fie eine befonbere 93ebeu* 40
tung für bie römifäc Äirc^c $ti)abt Ratten. Dagegen gematteten bie 3^wmftänbe nic^t,
im $a&re 1800 ein Jubiläum ju galten, unb ba« XIX. Vom ^a^re 1825, toelc^c« $aj)ft
2eo XII. proflamierte, fanb aufecr^alb SRom« unb Italien« ]tfyc toenig leilna^me, unb
erfl nac^ 75 jähriger ^Saufe I?attc ^eo XIII. ben ÜRut, burefy bie SuDe Properante ad
exitum Vom 11. ÜRai 1899 (Vgl. Analecta ecclesiastica. Revue Romaine 1900 46
p. 185. ©eitere barauf be^üglic^e päj3ftlic^en ®rlaffc p. 336. 368. 446. 497. 501) ein
neue« Jubiläum anjufünbigen, ba« benn auefy amSSorabenb be« 2Beifynac§t«fefte«.mit bem
üblichen ^Sompc eröffnet tourbc.
SJon biefen eben bcfcfyriebenen 3u^^äcn unterfc^eibet man noc^ aufcerorbentlicfye 3«s
Klacn ober richtiger aufjerorbentlicfye, nic^t mit einem 3u1^^äum^ia^r jufammen^ängenbe 50
3ubiläum«abläfje, indulgentiae ad instar Jubilaei, indulgentiae plenariae in
forma Jubilaei, bic bie $ctyftc au« irgenb toclc^cm 3lnlafe ober befonber« toie^tigen
®rünben „bie aber immer ba« allgemeine SSJobl bcr $ird>e betreffen foDen", jur 3lbtoen«
bung von ©efa^ren, bei ©clcgen^eiten befonberer fircblic^er slsorfommniffe, in neuerer $t\t
aueb ^äupg na<^ ber Ifyronbcfteigung au«fd?rcibcn. 2Bann biefc Übung angefangen fyat 66
(3Öt^Kn, ©. 83, ber bi« *um v;abrc 1870 68 aufeerorbentltcbc Jubiläen jä^lt, lä&t pe
mit bem Von £eo X. 1518 für ^olcn au«gcfd>riebcncn 3ubiläum«ablaf$ beginnen, anbere
erfk mit bem 3>al?re 1585), ift unfid^cr. 2>ie legten 8ei|>ielc bavon fmb ba« Jubi-
läum, toelc^e« £eo XIII. am 12. sütär^ 1881 au«jcbricb, „um von ber Sarm^erjigleit
be« allmächtigen Wotte« §ilfe unb Sciftanb in ben fd^toeren sJJöten unb Iroft unb ©teirfe w
550 3ubcljaf>r 3ub
im ßampfe gegen bic jafylreid&en unb mächtigen Feinbe ber Äircfye gu erlangen", unb
enblicty ba$ aujjerorbentlicfye 3^^um *>om 3aW 1886> "um ^ur4 jS^1***** &CT ßöniöin
beä fyl. SRofenfranjeS befonbere #ilfe in ben 2)rangfalen ber Äircfce ju erhalten."
äßäfyrenb bei ben orbentüdjen Jubiläen bie ©etoinnung bed SblaffeS an Seilte, Äom*
5 munion unb 93efuc$ ber Atrien gefmtyft ift, fommt; bei ben aufjerorbentlictyen m ber
Siegel aU bejonbere Sebingung Mafien unb „2Hmofen" bm^u, toorin tyre f^egielle 33e*
beutung liegt. S^eobor Stofbe.
3ubeljat|r bei beu Hebräern f. b. 91. 6abbatfyjatyr.
3itbU8en, »udj ber f. b. 21. *Pfeuboj>igra^en.
10 3«*f 2eo, geft. 1542. — üuellen: $er fjanbfäriftlidje $ad)la& unb ber »rief*
toedjfel finb nur jum fleinften Seil erhalten. SUte Vita tum bem ©obne 3ofjanneS 3ubt
De vita et obitu . . . L. J. . . . farrago 1574 (unfertige, mit 93orfid)t ju benufcenbe ctoff«
fammluna), gebrueft Miscell. Tig. 3 (1724), 1-82, 8ufä|e 83/138. §r(ei&iae ©iogra^ie
üon C. ^eftalojjt, in SSätern unb Eegrünbern b. ref. &.IX (Slberfelb 1860); banadj in ber
15 ^auptfadje ber folg. &rt. 3Me Schriften 2. 3. öer^eidjnet in ©efjnerS ©ibl. 3)te wettere
fiitteratur bei ^eftalo^i, in ben 9?adjroetfen im $tnf)ang.
2eo %vä), ber fyerborragenbfte -Blitarbeiter 3toingli$ unb tyäter SBuUingerS, hmrbe
1482 ju ©emar im (Slfafc geboren, ©ein SSater toar ein toürbiger ^Jrieftcr unb toenn
auc$ mc$t legitim, eines SßeibeS Wann. Den Familiennamen 3U*> mieb 2eo beä ®e*
20 foötteS toegen in feiner 3ugenb. 2luc$ tourbe er öom Raffte berechtigt, fu$ 2eo Äefler
$u nennen, gab jeboety biefen tarnen, tootyl eben bem Raffte jum Sroft, ft>äier toieber
auf unb fd&rieb futy im $)eutfc§en 3iib, \m 2atemifctyen 3ubä. 2)ie 3ürictyer freiließ
biegen i^n nietyt fo, fonbern „9Keifter 2eu", unb btefe SBerbeutföung feines Xaufnamend
blieb bann feinen -Kac^fommen als Familienname.
26 3n ber ©c^ule $u ©c^Iettftabt genofc 2eo bei Grato trefflichen fyumaniftiföen Unter-
richt. 3n S3afel, too er 1499 immatrifuliert tourbe, fcfceint er ftc§ junäd^ft ber §eilhinbe
gugetoanbt $u fyaben; er braute bie gtoei erften 3afae feine« bortigen Aufenthalts bei
einem 2tyotyefer ju. 2)te 2uft jur Geologie tourbc namentlich burefc bie SBorlefungen
be$ %\)oma$ Sßtottenbac^ über ben Stömerbrief in i^m getoeeft. 3U ^m Füfeen biefe«
so gelehrten unb reformatorijd^ gefmnten ÜRanneS traf er mit 3^^9li gufammen unb jcftloB
mit biefem einen innigen greunbföaftSbunb. Seibe magiftrierten (^toinßK 1506, für 3ub
ift bie 3^8^ ungetoi^), unb tote 3to*n9^ n*en feinen Stubten ein ©c^ulamt bei
6t. 3Kartin öcrfa^, fo %vb ein 2)iafonat bei 6t. 2$eobor. 3m j^eiten 3^je^nt be*
16. 3a^unbert« finben toir tyn aö Pfarrer ju 6t. $ilt im 6lfa|, bei §oc^ unb
86 fiebrig „lieb unb toerrüfymt feiner 2efyr unb Äunft ^alb". ©ort erreichte i^n hn S)es
jember 1518 ein ©rief be« eben naefy 3Ü^ berufenen 3to^n9^ m^ ^er Bitte, fetnSRac^
folger in ©nfiebeln gu toerben. Für ba$ an bi^em toie^tigen $unlt angefangene SBcrf
^ätte ^toinoli leinen geeigneteren 3)tann finben lönnen. 2eo h>ar al« 2anb«mann bed
Slbmintftrator« 2)ietbolb bon ©erolb^ecf bei biefem bon öorn^erein persona grata.
40 Unb toie fe^r er mit 3^0^ einig ging, erhellt barau«, bafj er feinen erfien ^Jrebigten
in einfiebeln bie 3lu«legung 2ut^er« über baä Unjer SSater ju ©runbe legte. Sieben ben
i^m obliegenben 9lmtögefd^äften, ju benen auc^ bie 6eelforge in einem na^en F*auenflofter
gehörte, la« er, öom äbminiftrator aufgeforbert, mit ©eiftlic^en patriftifc^e Schriften unb
überfe^te eifrig lateinifd^e $raftate, beren ^nfyalt ber ^Reformation 9Sorj$ub leiftete, in
46 befonber« toirfungätooder SBeife be^ ©ra^mu^ expostulatio Jesu ad hominem suapte
culpa pereuntem unb 2ut^erö de votis monasticis. Äein SQäunber, bafe 3to^nÖ^ ^e
erfte ©elegen^eit, ben tüchtigen ÜRitarbeiter für 3"^^ gu gewinnen, mit gruben ergriff.
2lte bie ^Pfarrftetle ju &t $eter frei tourbe, lub er, be« ßrfolge« getoife, 2eo ju einer
©aft}>rebigt ein, unb biefer n>urbe benn auc§ am 6onntag bor ^fmgften 1522 Don
60 ber ©emeinbe getoä^lt.
9Joc^ e^e er, auf 2i$tme& 1523, fein 3lmt antrat, leiftete er ber Deformation in
^ürid^ faft unbetou^t einen großen 3)ienft. Site nämlic^ ber bortige Sluguftmeiqmor bie
aSerf^eiligfeit toerteibigte, fiel itym 2eo in« SBort, unb biefer SBorfoH gab ben legten 8n«
ftofj ju ber bon 3toingli getoünfd^ten 2)tej)utation. Sei bcrfelben forac^ fic^ 3ub unum«
66 hnmben ba^in au«, ba^ auc^ er nid&tS ate ,,ba« ^eitere unb lautere ßtoangelium" pr^igen
unb allem toiberftreiten toerbe, toa« nic^t „mit göttlicher 6c^rift toa^r^ftig bargebra^t"
toerben fönne. Unb biefem entfd^iebenen Sluf treten entfpracfyen feine ^rtbigten; fie froren
3ub 551
noc$ feinet ©ol?ne« 2lu«brucf „gefallen unb gefctymaljen". $m übrigen aber tootlte er
bie ^Reformation niefct ungeftüm burctygefüfyrt toiffen. ©o gab er 1523 eine beutle
laufformel tyerau«, toelctye, „um bie ©cfctoad&cn nicfyt $u bertoilben", ben alten an*
fefauungen in ebenfo föonenber äöeife Segnung trug, toie ba« gleichzeitige erfte Sauf*
büc&lein Butler«, gjmmertyin föuf <* and) ba Slaum ju Weiterer reformatortföcr QnU 5
toiefdung, inbem er au«brücflid? erllärte: „too man aber fann, ba gebraute man biefe«
8üd&lein gar nic$t unb bleibe bei ber %oxm, bie ßfyriftu« jum laufen gegeben fyat, ba er
ftnradj: taufet fte auf ben -Kamen be« Sater«, be« ©ofyne« unb be« fyl. ©eifte«!" Diefem
laufformular fügte er noety anbere ©tücfe für ben firctylicfyen ©ebrauefy bei, eine furje
(Ermahnung an ba« Soll bei lobeäfätten, ein ©ebet für ben fonntäglicfyen @otte«bienft 10
unb einen ©egen bei ßtyefd&liefjungen ; ba« ©anje ift ber 2lnfang jur 3ürc$er Siturgie.
Unfcerbroffen arbeitete Seo barauf I?in, ,,bafc oon ber alten Sefyre unb äßeife täglich ein
Seif abftmnge unb ba« ganje SPapfttum in fic§ felbft verfalle". Sei ber feiten 2)i«pu-
tation, Oftober 1523, ftano er 3^9^ m^ ©efd^ic! jur ©eite, ebenfo im Äantyf gegen
bie SBiebertäufer unb im 2lbenbmafyl«ftreit. 3n ^em Intern nafym Seo infofern eine 15
eigentümliche Stellung ein, al« er in atoet ©Triften, juerft anonym, bann mit Nennung
{eine« Flamen«, folefce 3lu«brücfe bon @ra«mu« unb Suttyer über ba« 2lbenbmafyl beleuchtete,
an beren §anb eine Serftänbigung J>ätte angebahnt toerben tonnen. Sei biefer ©elegen*
fcit äußerte er ftefc jum größten SÄrger bon 6ra«mu« bafyin, Cutter fyabe boefy eigentlich
nur ba« in berbem SDeutfcfc toirflicty geleiftet, toa« jener bortyer in elegantem Satein otyne ao
ßrfolg berfueft.
.Stoingli mochte Don reformatorifcfyen Söerlen unternehmen toa« er toollte, ftet« lonnte
er auf bie treue unb felbftlofe sDii$ttfe Seo« jäfylen. 211« er an ben Sifcfyof bon Äonftanj
unb an bie Xagfafcung über bie ^ßriefterefye fcfyrieb, unterjeicfynete Seo nicfyt nur mit, fonbern
tyat im §erbft 1523 ofyne Zubern ben füfynen ©cfyritt, fid} mit einer 9?onne au« ber 2lu 25
bei @inftebeln öffentlich trauen ju laffen. 311« 3^^n9^ 1525 ^c fogenannte „$ro^e^i"
einrichtete, trat Seo mit feinen reiben ©pracfyfenntmffen toitlig auc$ in biefe älrbeit ein;
er übernahm bie Seftion be« fyebräifdjen iejte«, unb $eßifan berichtet: is primus fuit,
quem hebraea legere audissem. 211« $ru<$t biefer collegia biblica entftanb bie
3ürd&er Sibelüberfefcung, unb ber @efcfyicfyt«fd&reiber berfelben (5Ke^ger, ©efety. b. beutfetyen so
Bibelüberfefcungen in ber fätoei^reformierten fiirc^e, 1876, ©. 68) fte^t nid&t an, Seo
3ub al« bie ©eele biefer großen 2lrbeit $u be$ei$nen. SBenn 3^^^ abtoefenb ober mit
®efc$äften überhäuft toar, fo fyalf ifym Seo mit Sßrebigen unb Schreiben au«, ©benfo
btente er bem greunbe litterarifcfy, inbem er einerfeit« beffen ©c^riftau«legungen ^erau«=
$ab, anbererfeit« beffen fd?on gebruefte ©Triften für ba« Solf in« 2)eutjc^e, bcjlo. für 86
anbere Nationen in« Sateinifd^e, überfefcte. 9lic^t o^ne SRed^t ift barum fein Ser^ältni«
ju Ä^inQli mit bem toon 3Kelanc^t^on m Sutfycr in parallele gefegt toorben. 2Bie biefe
m aBittenberg, fo fielen jene in 3ürid(> bor ben 2lugen ber s)Jlit- unb 9iac$toelt unjer«
trennlic^ beifammen. ^^re ©egner fangen be«^alb auc^ ein ©d&mäfylieb: „ber 3^in0^
unb ber Seu — bie ^anb eine gmeine Sulfd&aft — bie iffet $aber unb §eu" ; auein bie 40
Änttoort blieb nic^t au«: „3)er 3^in9^ un^ ^uc Seu — bie prebigenb'« ©bangelium —
bafc'« mannen ß^riften freu".
Qc&tt Seo toä^renb neun ga^ren al« 3^01^ treuefter ©e^ilfe getoirft, fo fafy er
fic^ nac^ ber ©etylaetyt bei fia^el, loenigften« auf einige Mt, allein an bie ©pi$e ber
^bc^erÄirc^egeftellt. 2)ieSage toar fritifefy. 3)ie fc^on längjt im ©tiHen auf ben günftigen 46
3tttyunft ^arrenbe D^poption tourbe nad^ 3to^n9^^ 2ob toad}, unb ber boHe ftovn ber
„fymfvbtivc'' unb ber geheimen 2ln^änger SWom« entlub ftety auf bie noc^ lebenben §äupter
ber Sieformation, in erfter Sinie auf %ub, ber fo energifefc toie 3^n9^ Jum Stiege ge«
raten ^atte. 2)er 3ür$er §aiH)tmann bro^te, fobalb er fyeimfomme, ben Pfaffen Seu ju
erftec^en. Seo ^ielt ftd^ be«^alb auf 2lnbrängen feiner fjreunbe über bie ftürmifcbften 60
läge berborgen; bann aber trat er na$ $ellifan« 2lu«brucf „an ba« ©teuer ber Äirc^e
unb ^telt bafelbft mit um fo größerer 2:reue, Sapferfeit, geftigfeit unb SBac^famteit
Stanb, je gefahrvoller ber 3uftan^ btx Äircfye ju jener 3e^ toax". 211« jeboety ber SRat
mit ber Sitte an tyn gelangte, bie ©teile 3toingli« ,^u übernehmen, ba erflärte er (toie
auc^ fjKiter auf einen Suf nac^ Ulm) , ba| er ftcl> toofyl ju ^Srebigt unb fc^riftfteHerifc^er 66
Slrfceit, ntc^t aber jur ßird&enleitung, tüchtig fü^le. 6r empfahl in erfter Sinie Defolam*
jKib, unb al« biefer ablehnte, fteinri^ Suflinger, toeld^er bann auc^y getoä^lt tourbe. Unb
nun ftanb Seo bem 22 ^afyxt jüngeren Suttinger bei bem 2lu«bau ber Äirc^e in gleich
felbftlofer unb erfolgreicher Seife $ur ©eite, toie Dorbem feinem vvsugenbfreunbe 3^ingli
bei beren Segrünbung. m
552 3ub
3unäc$ft toar e« Seo« eifrigfte« Bemühen, bic Seiten, toelc^e tym au« ben erlittenen
■Kieberlagen entgegentraten, ju Dertoerten. 3n einer Steige Don ©utacfyten an Buümger
ftettte er nac$ biefer Stiftung folgenbe ©runbfäfee auf: bie Sieformation foHe Don J>oli*
tifc^cn ©inflüffen möglictyft befreit toerben; bie Äir^e muffe freien 9taum befommen zur
5 SrfüUung ifyrer fetbftftänbigen aufgaben, namentlich ber Äirt^enjuc^t, auf toelcfc er, ä$nli#
tote Sabin, großen SBert legte; obrigfeitlictye Äird&engefefce, toelcfye Don ber ©emeiiibe
nid&t faftifdj, fonbern blofj fttllfcfytoeigenb anerfannt feien, bürfen bon ben Sßrebigern nie*
mala fanftioniert, fonbern lüften« als nottoenbige« Übel gebulbig getragen toerben. 3)iefe
gorberung gegenfeitiger Unabfjängigfeit Don Strebe unb Staat ift fetyr bemerfettötoert.
10 2tu$ }>erjönltcfy trat er für fie ein. Site er im Sommer 1532 infolge einer ber Dbrigfeit
fd^arf ins ©ehriffen rebenben $rebigt be« 2lufrufyr« angeflagt tourbe, begrünbete er bor
bem SRat fein gute« Stecht mit gro|er Unerförodfenljeit, inbem er zugleich erflärte, bie
#unbe müßten toofyl bellen, toenn bie §irten eingefc^lafen feien, unb bie SBa&rbeit, toie
er fte gefagt, maefce feinen 2lufrufyr, fte fud^e im ©egenteil ©elbftfytlfe Don feiten beS
15 gemeinen Planne« ju Derfyinbern. Die golge toar, bafc ber 9tat nachgab unb toenige
2ßo$en nad)^er bie Don Seo unb BuHinger gemeinfam aufgearbeitete neue Ährd&enorbramg
otyne weitere« genehmigte (3lbbrucf bei @gli, Slctenfammlung Str. 1899).
^nbeffen begnügte ftdj Seo nidjt mit einem folgen praftiföen SRefultat; er tooöte
allen 3toan9 *n ®touben«fa$en aufgehoben toiffen. ©o geriet er, ^um Xeil unter bem
ao beftriefenben ©influfc bon ©ctytoendffelbt, in einen freifird&lid&en 2)oftrtnari«mu« unb toäre
eine 3^* 'an9 m ©efa^r geftanben, ber ©eftiererei anheimzufallen, toenn nic^t SuDinger,
au« guretyt, biefe feine §aubtftüfce ju verlieren, teite felbft ifym BorfteUungen gemalt,
teil« bie ©trafjburger greunbe um tyre toirffame ^nterbention angerufen l^ätte. 3toar
tonnten Gapito unb Bufcer fo toenig ate Bußmger bie primipielle Berechtigung ber Don
26 Seo $ub aufgehellten ^oftulate leugnen, jjeboc^ Dermocfcten fte ifyn bon ber Unfruchtbar?
feit unb 3no$>ortunität ber praftiföen Äonfequenjen ju überzeugen, fobafe er ben Ber*
fefyr mit ©ctytoencffelbt gänjlic^ abbraety. Um fo reger ftmrbe nun bie Äorrefponbenj
jhrifcfyen Seo unb Bufcer. Unb jtoar tarn jefct bie Steige be« SBarnen« an ^ub, ber,
entfefct über Sutfyer« erneute« ©^reiben gegen 3*^9^ un*> Defolampab, fic£ um beren
so Ste^tfertigung eifrig bemühte (f. b. 31. BuHinger, 93b III, ©. 544) unb bie S3ertrauen&
feligfeit ber ©trafcburger gegen ben gum „neuen $ßapft" toerbenben ^Reformator niebt
begreifen fonnte. 3n f^nen Briefen an Bufcer u. a. proteftierte Seo f orttoälfcenb cnergifö
gegen äße falfd^en Vermittlungen unb jloeibeutigen gormein. 3tn ben 95er^anblimgen über
bic geftfteHung ber erften ^elbetifd^en iionfeffton na^m er in äarau unb Safel f)ett>ou
86 ragenben 2lnteil. 6r toar e« auc^, # ber ba« urfarünglicty lateinifd^ abgefaßte Sefenntni«
in«2)eutfd^e übertrug, toorauf biefe Überfefcung jum aut^entifc^en iejt ertlärt tourbe; togl.
SRieme^er, Collectio confessionum, p. XXXIII sqq. unb 105 ff.
Überhaupt leiftete Seo ^ub al« Überfefcer 9lu|erorbentlic^e«. $eBifan fagt richtig:
utilissima transtulit admodum feliciter. Stb^efe^en Don einer beulen Bearbeitung
40 ber „inritatio Christi", ber auguftinifd^en ©d&rtft „de spiritu et littera" unb Don
Übergebungen gleichzeitiger älutoren, bon freieren er fagt, er fei ftcfc unb allen ©laubigen
ju 92u$ gleich einer Biene Don Blume zu Blume geflogen unb fyabt au$ jeber ettoa«
$onig geholt, ift ^ier normal« auf bie 3^er Bibelüberfe^ung aufmerffam zu machen
(f. oben u. Bb III, ©. 77), an toelcfyer Seo bon 2lnfang an bie Hauptarbeit beforgt ^atte,
45 unb toeld&e er bon 1538 an unter Beihilfe be« bef ehrten %\\\>m 5Kic^ael Slbam normal«
SBort für SBort mit bem ©runbtqrt Derglid^. Slu^er biefer beutfe^en Bibelüberfefcung fyd
ftd^ Seo ^ub aber namentlich burc^ eine mit Stecht Diel gerühmte, forgfältig gearbeitete
toi. Überfe^ung be« 212« Derbicnt gemalt. 3)iefelbe ift al« ba« $au£ih>erf feine« 8*en«
Zu betrauten (Dgl. Bb 111, ©. 52, 47).
60 3n ber 3"^^ Äird^e gelten fein Slnbenfen befonber« au^ feine Satec^temen
lebenbig, z^ei beutfetye, ein größerer (^ßriDatarbeit bon Slnfang 1534) unb ein fleinerer
(im Sluftrag ber ©^nobe Dorn #erbft 1534 bearbeitet unb furz &ernac£ erfebienen, DgL
©oofeen, de heidelb. Catech. 1890, ©. 40 f.), unb ein lateinifefcer für ba« ©tymnaftum
(1538). SKand^e ber prägnanteften 2lu«brücfe berfclben finb auc^ in neuere Äate$i«men
55 übergegangen, nid^t aber bie eigentümliche Ginric^tung, bie Seo getroffen $atte, ba| nämlid^
ber ©etiler („jünger") fragt unb ber „Sefyrmeifter Beriet unb Änttoort" giebt. 8uf
©runb Don Seo 3«^ fleinerem beutfrf)cn Äatec^i«mu« tourben in Süxii) 1541 regel*
mäfeige öffentliche Äatecfiifationen in ber Äirc^e eingeführt. Bon i^m flammt auc^ ein
2Banbfated&t«mu« au« bem .^a^re 1525 (©efffen, Bilberfatec^i«mu« ©.203; franjöftfc^e
60 3lu«gabe publiziert Don 91. ^luri, in Zwingliana ©.21, bazu DgL ebenba ©. 56 u. 124).
3ub 3ttba, Sotjn 3a!obö 553
3n feinen legten SebenSjotyren erhielt 2eo mehrere Berufungen in« SluSlanb. SWetyr
ate jur Steorganijation ber Uniberfität Tübingen, für bie ifyn Slaurer getoinnen tooHte,
fcätie er ftcfc &ur 2)ur$fütyrung ber Steformation in ben el|äfeifc$en Seftfcungen SBürttem«
bcrgä ^mgejogen gefüllt; allein ber 9lat Don 3üric$ tooHte ihn nicfyt miffen. :öian
f^aihe Vjm ba$ Bürgerrecht unb berbeffcrte feine bislang tümmerlicfye Befolbung, bei 6
toeldfar er otyne bie SKnftrengungen feiner bortrefflictyen, in $imd) nur „2Rutter Seuin"
genannten grau nicfyt einmal ärmlicty fyätte leben, gefcfctoeige benn 3lrme unterftüfcen unb
faltige ©laubenägenoffen beherbergen fönnen. 2)afj man aud& an ßrleicfyterung feiner
Ämtebürbe ^ätte benlen f ollen, tourbe man erft getoatyr, als am 19. 3wni 1542 fein
fcfctoadjcr Äötyer ber Überanftrengung erlag. SSier läge bor feinem #infc$ieb berief er 10
aDe feine ämtsbrüber ju fu$; in großer 3)emut unb boll Steint gegen ®ott rebete er m
tynen bon feiner ganzen Saufbatyn, empfahl tynen bie©orge für bie ßirctye unb bieSJoifc
enbung feiner lateinifd&en Bibel, ^n beren Borrebe tyat tym BuHinger bann au$ ein
fööneS 2)enfmal gefegt. 2)er 9tod?folger im Pfarramt tourbe Stubolf ©ualityer (f. b.
». Sb VII, ©. 222). »entfärb ffliMenbad) t (©. <5flU). 16
3uba, ©o^n 3;alobS unb iSraelitifcfyer ©tamm. — fiitteratur: 3. $.
fiurfc, ©efeft beS SUten 93unbeS, I, 3. 9luft-, Berlin 1864; £. ©toafb, ©efd). beS SolfeS
3$rael*, ©öttingen 1864 ff. ; 3. SBeübaufen, De gentibus et famiiiis Judaeorum, ©öttingen 1870 ;
«. toller, fieljrbu« ber bibt. ©ejd). 913:, I, Erlangen 1875 : $3. Stabe, ©efd). beS SSolfeS
3*roel. I (Berlin 1887), @. 157 ff.; SR. ftittel, ©efd). ber Hebräer, I, ©ot&a 1888; £. SBincfler, 20
©efd). 33TaelS, I (Seidig 1895), @. 24 ff. ; ©utfje, ©ef*. beS SSolfeS 3$raef, $reiburgl899;
8. 6tfirf, ©tubien jur Religion«* unb ©pracägefd). beS Sl£, »erlin 1899, I, 6. 89 ff.;
ferner bie Kommentare $ur ©eneftS unb bie &rtifel S^ba in ben ©ib(ifd)en .fmnbtoörter«
büdjern.
$er SRame ^"^r, ein Dom impf. hoph. abgeleitetes dornen, bebeutet £obj>reifung 26
unb jtoar ©otte^ (@en 29, 35) unb toar bielleictyt urfprünglid& mit einem ©otteSnamen
jufammengefefct ; boefc toirb ©en 49, 8 ber SJJreiS auf ben Präger beS SRamenS jurücf*
getoenbet Unter ben fpäteren 3>uben, namentlich ben Sebiten ber nac^eplifd^en, maffabäifc^en
unb neuteftamentlicven $eit, toar ber Warne fe^r getoöfynlicty; feine arägifierte §orm ift
$uba$. ©er Stammvater ^juba toar nad& ©en 29,35; 35,23 ber merte ©o^n ^afoböao
wtb ber Sea. $0$ geniest er frü^e ein mafcgebenbeS älnfe^en unter feinen 33rübern unb
rürft aDmä^Iic^ in bie ©teile be$ ©rftgeborenen ein. 2)afe Stuben unb ^uba in ber ©e»
fc^te Sofef« abtoec^felnb als Söortfüfyrer ber 93rüber erfc^einen, erllärt bie QueHenanal^fe
aitö ber ftreujung eines norbiSraelitifc^en (E) unb eines jubäifc^en (J) Seric^tS. 95gl.
®en. 37, 22 (E) 26 (J); 42, 37 (E); 43, 3 ; 44, 16; 46, 28 (J). $abei jeic^net ftc^ 86
3uba bor feinen Srübern burefy einen gtoar nic^t flecfenlofen, aber ebeln unb juberläfftgen
fotoie tfyatfräftigen 6^>arafter auS. 3n Weniger günftigem ^ic^t erfc^eint er R. 38. 2)oc$
läfet au$ biefe ©efcfyictyte bei bunfeln ©c^attenfeiten toenigftenS IJiibaS ©cred^tigleitSgefü^l
uiä ©elbftübertoinbung erfennen. ÜRancfye Äritüer fe^en in it. 38 eine Unberlic^e Maris
fierung be3 jubäifd^en ©tammbaterS burc^ ej)^raimitifd^e lenbenjbid^tung. 2lllein eS ift 40
bo(^ äu^erft untoafyrföeinlicty, bafe biefer ©tamm, ber in ber golgejeit ber eigentliche #üter
ber ^l. Überlieferung tourbe, feinen eigenen ©tammbaum ftdj bon feinen ©egnern foHte
^aben jurec^tmac^en laffen, unb ^toar gerabe ben ©tammbaum, beffen großer ©proffe
Dabib toar! Ober follte man gar eine birefte ©d^mä^- unb ©4mu^rift toiber 5Dabib
m bie ©ammlung ^eiliger @efc^id[>te aufgenommen l^aben, loie ©eineae (®ef^. beS 3SolfeS 46
3*rael I, 54 ff.) toiU? slsielme^r ift an biefe« ©tue! bei ber Beurteilung ber 5Kafeftab
anjulegen, ben feine altertümlichen ©itten an bie §anb geben. 2)abei fd^toinbet mancher
Änftofe, toie Slie^m im Siblifcfyen §anbtoörterbuc^ gejeigt l)at. SBenn aber noc& genug
mcnfi^lic^e ©ünbe unb Unreinigfeit gurücf bleibt, fo ift ba$ ein SeloeiS baf ür, ba| toir ^ier
feine ibealifterenbe Dichtung, auety nic^t „eine im 3ntereffe ^ubaS gef^riebene ©tamm^ 60
gefc^ic^te", fonbern ed^te, ungefd^minfte Überlieferung bor un3 ^aben. (Sine anbere ^age
ift, ob unb toie toeit man biefe Ucberltcferungen als Jamiliengefc^id^te anfefyen lann. ©ab
eS über^auj>t eine $erfönlicf>feit beS 9lamenS 3uba, ober ift bieS nur ein 2typu3 beS fo
benannten ©tammeS? SHäfyrcnb man früher biefe ßrjä^lungen rein perfönltd^ berftanb,
ift man in neuerer $cit geneigt, auc^ bie pcrfönlid&ften Rix$t berfelben auf ©tamm- 66
ber&ältmffe ju beuten: Ter Slbuüamiter ß^ira, bei toclc^em yuba mo^nte (©en 38, 1) ift
ebenfogut ein fanaanitifc^er 6Ian toie feine ©#toiegcrtod>ter I^amar. 9luS ber SSerfc^meljung
mit biefen lanaanitifdben Stämmen gingen 5 jubäifcfye GlanS fyerbor: in älterer $at (ix
unb Dnan, foäter ©cbela, noc^ fyäter $ereS unb ©erac^ (©tabe I, 158). ®S gehörte
immerhin eine eigenartige ^tyantafie ba^u, biefen ©actybertyalt in jene §iftorie umjubic^ten. go
554 3ttba, Soljtt ftafob*
3utreffenber toirb e« fein, bie gefctyicfytlicfye $erfönlic$feit be« ©tamm^aupte« nicbi anju-
taften, toeld&e fo d&arafteriftifd&e §üge bietet. 2)ie ©r^ä^lung Ä. 38, toelc^e nebenbei jeigt,
bafc ba« Seöiratredjt in biefer früfyeften 3«* noc§ ftrengere ©eltung fyatte ate fpäter hn
©efefc ($)t 25, 5 ff.), betoeift aber aueb, bafc in ber britten ©eneration ber in Äanaan ein=
5 getoanberten gamilie eine ftarfe SWifcfyung mit tanaanitiföem 93lute ftattgefunben tyd, unb
jtoar gerabe bei bem leile, ber in ber foäteren ©efctyicfcte am jätyeften 3«rael« ©igenart
behauptete, ©eine Energie unb ein getotffe« treue« gehalten am Siecht fyat ber ©tamra
Don feinem ätynfyerrn geerbt. Seibe« ift, toie einft ben Srübern bleiben, fo fijäter
fd&toäd^eren ©tämmen, toie ©imeon unb befonber« Senjamm $u gute gefommen. $er
io©egen 3;atob« überträgt (®en 49, 8—12) feierlich bie 6rftgeburt«toürbe fcon Stuben
auf ^wba mit motivierter Übergebung öon ©imeon unb fietoi. ©r föilbert ben lötoen*
mutigen lünftigen #errfcberftamm in feinem an Söein unb 3Wilc& reiben Sanbe. SSgL
1. ©fr. 5,2, too ba« ©rftgeburt«red&t fo berteilt ift, ba& $ofe^ jtoar ba« bem ©rfc
geborenen jufommenbe bojtyelte ©rbteil, 3uba,taber ben Primat erhielt.
15 2)er ©tamm %vti>a entfaltete fid) in älgtypten rafefy jum boltreid&ften m 3«rael.
Dorthin toaren 3 ©öfjne $uba« gebogen: ©cfyela, $ere« unb ©eraefy, fotoie 2 ©nfel:
Gtye«ron unb Sfyamul, ©öfyne be« $ere$ (®en 46, 12). ©o bilbeten ftc$ 3 §au$U
gefriedeter be« ©tamme« unb 2 Nebenlinien (9?u 26, 20 f.). 3lu$ 1 ©fyr 4, 1 nennt 5©e*
fctylecfyter, aber ftatt ©erad& eine ©eitenlinie bon tym, $armi (ftof 7, 1) unb baneben Gbur
20 unb ©c^obat, toclcfyc beibe ftcfy bon SI?e«ron unb beffen ©pröfefing Äaleb abjtoeigten. 2>ie
3lngaben über lederen jeigen ein toeitere« 3ufammcntoac§fen 3«^^ mit einem ra^fe
i«raelitifd&en ©tamme (ßeniffiter, f. b. Sl.ßaleb). $er Stammbaum 1 6^r 2, 3 ff. $at befonber«
ba« §au« 2)abib« im Sluge, toelcfye« Don Gfye«ron, näfyer -Kac^fctyon (bem ©tammfürften
beim 3lu«jug 9?u 1, 7; 7, 12) abftammte. 93gl. übrigen« ©toalb, @efd&. I, 523 ff. 8ei
36 ber erften 33olfö^lung nad? bem 2lu«jug ftnb 74 600 3Ränner (9tol, 27), bei berjtoeiten
76500 (9tu 26, 22) für 3uba angegeben. 3)afe ber ©tamm bie erftc Stellung unter ben
3lu«$ie^enbcn einnahm, ergiebt bie Sagcrorbnung SRu 2, 3. $m Weiteren Verlauf ber
Sßanberung unb bei ber Eroberung Kanaans trat ber tfyatträftige Raleb an bie ©jrifce
feine« ©tamme« (9tu 13, 6; 34, 19). 3lad) ^jofua« £ob foHte auf göttliche« @e$ei£3uba
ao bie gfüfyrung übernehmen im Stampfe toiber bie gtoar mebrfac^ gcf^lagenen, aiber bo<$
gro^enteil« nod^ im Seft^ be« £anbe« befinblid^enÄanaaniter, SKic^ter Ä. 1 ; t>gl. ebenfo 20, 18.
6« ^anbelte ftc^ aber babei nietyt fo faft um eigentliche älnfü^rung bei gemeinfamem Äampf
al« trielmebr um bie (Sröffnung ber geinbfeligfeiten, inbem nac^ altertümlichem ©lauben
e« öon toi^tiger Sorbebeutung toar, toie unb t>on toem biefelben au«gingen. Cbtoo^l
36 manche eine umfaffenbere, länger anbauernbe friegerif^e Styätigfeit be« ©tamme« ^^ba
p SBobl ber übrigen anjune^men geneigt finb ((Stoalb a. a. D. II, 400 ff.), fcfceint er
ftd^ boefy toefentlic^ auf fein eigene« ©ebiet unb ba« be« angrenjenben ©imeon, mit bem
er [\<f) nätyer t>erbünbete, fotoie ba« ebenfatl« in näctyfter SJad^barjc^aft liegenbe Territorium
Benjamin« befc^ränft ju ^aben, b. Ij. auf ben ©üben be« Sanbe«. liefen aber na^m er
4oäuj$erft energifd^ in Singriff, toie SKi 1,4—20 jeigt; nur in ber -Kieberung tonnten bie
geinbe, bant ben eifernen SBagen, fic^ galten.
2)a« eigentli^e ©tammgebiet %uba$ ift 3°f 15, 1 ff. umförieben unb befc^rieben.
2ßie getoö^nlic^ toirb e« ^ier nac^ 4 §au£tteilen benannt. I)en ©runbftocf feine« Seftfce«
bUbet 1. ba« ©ebirge 3juba 15, 48 ff.; Dgl. fc^on 11,21 rrrm nn, bie öon 3iorb na*
4ö ©üb fxd) erftredf enbe Verlängerung be« ©ebirge« ©p^raim (bgl. b. ä. ?5aläftina) ; im
mitten biefc« §ügcl^uge« lagen 3u^a^ toie^tigfte ©täbte: Rirjat^ 3ear'm# S^fa*111
(f. barüber unten), Set^le^em (fetjlt im ^ebr. Icrt, bagegen ftetyt e« 33. 59 in LXX,
toelc^e überbauet 48 ©täbte ftatt ber 38 nennt), Hebron (Raleb« ®rbe), 3)ebir (Dt^niete
©roberung). 2. 2)ie SBüfte ("-"*:) ^uba (3of 15, 61 f.) nannte man bie öftlic^e felftge
so §albe be« ©ebirge« bi« &um toten 3Jieer hinunter, eine öbe, toenig bebötterte, abaefc^en
t>on einzelnen fünften toie ©n ©ebi nur für 33ie^ud^t geeignete ©egenb. 3. 3)er tltittag
(3*:) guba« (15, 21 ff.) bic& bie füblid)c Slbfenfung be« ©ebirge«, ba« [\$ allmä^li^ in«
toüfte ©bomiterlanb verliert, gleicbfall« unbebeutenbe«, toenn aud^ «einlief au«gebe^nte«
£anb. ^ier tourbe ber ©tamm ©imeon naefy 3°f 19, 1 ff. in ba« (Srbteil ber Jlmbcr^uba
66 aufgenommen. SSiel toie^tiger unb fruchtbarer toar 4. bie SJieberung (nbeti) 15, 33 ff.,
bie prächtige, triften^ unb ftäbtereic^e ebene nac$ bem ffieftmeer ^in. SlQein gerabe biefe«
befte (Gebiet blieb jum größeren Seil in ben £änben ber $^ilifter, toelc^e ^ier i^re Streit*
maetyt entfalten unb i^re feften ©täbte ©fron, 3l«bob, ©a^a u. f. to. bel^au^ten tonnten. —
2)ie ©renje be« ©efamtgebiete« toirb 15, 1—12 gebogen. Öftlic^ follte fte bur^ ba«
60 tote 9Jteer bi« jur 3o^fln»nünbung, toeftlic^ burety ba« ÜJlittelmeer gebilbet toerben. 3Me
3fnb<t, Sofjti %aUb» 555
©übgrenge, gugleicfy SReid?«grenge, fotttc Don ber ©übfoifce be« toten ÜRcere« in fübtoeft*
lieber Stiftung bi« fübtoärt« Don Stabe« 33arnea ftc$ fyingieljen, um bann in bat ,,8a$
äglflrten«" (SS3. et 2lrifd^) au«gulauf en. 2)ie SRorbgrenge, meiere ben ©tamm bon Benjamin
trennte (bgl. 18, 15—19), jrieg Don ber ÜRünbung be« ^orban« in forgfältig beftimmter
Stnte toefttoärt« 6tö gum Stogelbrunnen, ber in unmittelbarer -Käfye 3«nifölem« füblic^ bor 5
bcr ©tobt gelegen ift, lieft alfo biefe felbft bem ©tamme ^Benjamin. @« ift jeboet) begreiflich,
bafe bte^ubäer, ber bortämpfenbe ©tamm, auc$ an biefer in unmittelbarer 5Rä^e liegenben
©tobt ftcfc berfucfyten. SBäfyrenb aber SRi 1, 8 melbet, fte Ratten biefelbe berbrannt, ftnbet
ft$ 3of 15, 63 bie üRottg, fte Ratten fte nid^t einnehmen lönnen, fonbern bort mit ben
Sebujttern gufammen getoofynt. 2)a«felbe fagt SRi 1, 21 bon ben Senjaminiten. $)rei 10
berfd&tebenc Seri^te amunefymen, ift jebocfy nid&t nötig, ba bie fd&on bon Sofa'M
(Ant. 5, 2, 2) getollte Vereinbarung ftc| in jeber #inftdjt empfiehlt: Die ^ubäer ber*
brannten einen leichter gu nefymenben ©tabtteil; aber bie äufcerft fefte g^n^burg blieb in
ben £änben ber 3*&uftter. 2)enn auefy ba« 3ufammento0^nen &« 3ubäcr unb ber nadfc
rüdtenben Senjaminiten mit ben igebufttern fefct borau«, bafe e« berfcfyiebene ©tabtteile 16
gab. — Safe gum ©tamm %vtoa nod) eine ßnflabe oftlid^ bom IJorban *m ©tamm
SKanaffe geregnet toorben fei, fyat man au« 5°f 19, 34 /,3u*>a am 3ort>an" öcfc^Ioffen
unb bie« bom 93egirf ber 3«ir«börfer berftanben, ba naety 1 Styr 2, 21 ff. %a\x eigentlidb
ein ©pröfeling biefe« ©tamme« toar. älllein ein politiföer 3ufammentyang beftanb fötoerlicp
gtotföen 3>uba unb btefen „©ileabiten," bie allerbing« im ©tamm SWanaffe eine gctoiffeao
Sonberftettung freuten eingenommen gu fyabm. Hgl. auefy 91. Äöfyler, ©efefy. I, 490 ff.
gute aM>elIatibe ©eutung jene« murr berfu^t SBefcftein im (Srjfur« gu Deltofö, &\a\a,
3. SufL, ©. 692 ff. 2)a«felbe fe^lt übrigen« in LXX unb beruht toofyl auf $er>
betberbni« (Dublette bon ywi).
SSiel toeniger grünblicfy räumten bie übrigen ©tämme, bie ftcfc um ba« §au« Sofep^« »
fdjarten, mit ber tyeibnifcfyen 93ebölferung auf (SRi 1, 22 ff.), toe«ljalb fte auefy in ber SRic^ter«
gett metyr bon ben allmäfylid& erftarfenben geinben gu leiben Ratten. 3uba bertyarrte ba*
gegen in biefer ^ßeriobe im allgemeinen in feiner geftd^erten ©tellung unb mifd^te ftcfy
toentg in bie toed&felboüen ßämpfe be« Sorben«. 9Jur ber Stifter Daniel (3, 9) unb
3bjan, ber Settyletyemite (12, 8 ff.), gehören tym ftc&er an (bgl. auc$ Gtoalb a. a. D., ao
II, 447 ff.). 2)afe er immerhin an ben Seiben unb Ääntyfen, bef onber« am ©^luffe jener
3ett, aud^ beteiligt toar unb feine befonberen fiäm^fe )u befielen fyatie, betoeift g. 93. aud^
10, 9; 15, 9 ff. ©in nic^t anjufe^tenbe« 3^9«^ fto 3uba« folibarifd^e SBerbinbung mit
ben übriaen ©tämmen in ber früheren SRic^terjeit ift ba« 20. Aap. (©ie^e gegen bie
fnttfcfc Sertoerfung bon 9ti 19—21, öttli Äom. ©. 302). dagegen na^m er ni^t teil 86
am Ärieg gegen ©ifera, unb e« n>irb i^m ba« aueb nod^ im Sieb ber 2)ebora (9li 5) nic^t
berargt, ebenfotoenig an ©ibeon« Kampf toiber SRtbian. 9Jamentlic^ ber Umftanb, ba^
Debora fein fernbleiben bei erfterem Slnlafj nid^t rügt tute ba« anberer ©tämme, geigt,
bog Suba politifö bon ben um ba« $au« 3ofep^ gefebarten ober bon tym abhängigen
©tämmen ifoliert War. Ob jtoifdjen feinen Seft^ungen unb benen ber ß^raimiten ba- 40
mal« no<$ fanaanitifc^e bon S3elang lagen (©labe), ift bagegen fragtoürbig. ©i^erlic^
lä^t ft^ nid^t mit äßincfler au« jener ©onberftellung fc^liefeen, bafs %uba bi« auf 2)abib
gar fein i«raelitifc$er ©tamm getoefen fei. Slber biefer ©tamm trat auc$ unter bem
Königtum be« 33enjaminiten ©aul nod^ toenig in ben itorbergrunb unb ift 1 ©a 11,8;
15, 4 in bcrfyältntemä&ig geringer ©tärfe beim §eer bertreten, bod& h>urbe bie« gang 45
anber«, feit ©abib, ber 93etl^le^emite, gur itönig«h)ürbe gelangt toar. 2)erfelbe fyatte ft($
anfänglich bor ©aul« 9ta^fteQungen in bie einöben ©triebe ^uba« geflüchtet unb bort
o^ne Ätoeifel manche Regierungen angefnüpft. 9lac^ ©aul« lob mar er bann in bie
^auptftabt §\ä>a$, §ebron, eingebogen unb bort guerft au«brüdtlid^ nur gum Äönig „über
ba« fyutö 3u^a" öon ^^n 3Rännern 3ttba gcfalbt Sorben (2 ©a 2, 4. 7. 10), toä^renb so
bie anberen ©tämme nod^ gu $fd&baal, bem ©ol?ne ©aul«, gelten, fo ba^ .Hrieg gmifc^en
ben Seilen be« ÜBolfe« au«brad^. Srft nac^ unb nad> ging gang 3«rael auf 2)abib über
(2 ©a 3—5). @po(^emac^enb toar fobann bie Eroberung ^erufalem«, toobur^ 2)abib«
Königtum einen fefteren 3JJittclpunft bon größerer ^ragtoette erhielt, toobei e« ftc$ auf
ba« ^au« §uba bome^mltd^ fluten fonnte. ison ba an ift ^erufalem bie öauptftabt 66
jpegim auc^ für guba geworben. 3^ar ^erfuc^te nod^ 3lbfalom eine SReaftion ber füb=
jubätföen ©lemente bon Hebron au« in« Söerf gu fe^en (2 ©a 15, 7 ff.; bgl. 19, 11 ff.);
aber gefährlicher toar für ba« £au« Dabtb« ba« garere aBiberftreben ber ftoljen
ej>^raimitifc^en Stämme, bie ftcfy nur bureb bie erftaunlid^en (Srfolge S)abib« unb ferne
}>olittfc^e ttlug^eit beftimmen liefen, einem '^ubäer gu ge^or$en. 3luc^ ©alomo« ©eift ou
556 3?nba, @of)ts 3*fob$ 3nb*a
mar allju überlegen, feine Regierung ju großartig, ate bafe ein ©ebanfe an 90>fall $ätte
auffommen fönnen. 2)oc$ glimmte ba$ geuer unter ber 3lfc$e, unb bie brücfenben Saften,
toeld&e feine $rac^t(iebe bem Sanbe auflegte, toaren baju geeignet, ben 3Bibertt>iHen gu
nähren, ©letcfy nac$ ©alomoä Sob !am e£ jum berfyängntebouen 2tu3bruc§, mbem aOe
5 Stämme aufeer !guba unb einem Seil t>on Benjamin bem übermütig auf fem @rbre$t )xx$enben
©ofyn unb SRactyfolger ©alomoS, 9tetyabeam, ben Oeljorfam fcertoeigerten unb ftc$ einen
©onberfönig tollten, nic^t ofyne •pro^etiföe ©anttion. 33ottftänbig unb gefäloffen tft
nur ber ©tamm guba bem #aufe 35at>ib3 treu geblieben, bafyer bie SBBetefagung
1 Äg 11, 31. 36 tym nur einen ©tamm läfet, bagegen bem 3erobeam jeljn gtebt, fo baj&
10 ber äuäbrucf „3efynftämmeretd&'' berechtigt tft. Benjamin, toe&$eS 1 Äg 12, 21. 23 neben
3uba erföeint, tourbe geteilt ; boc§ tyatte e$ mit guba gu fefyr einen gemeinfamen 3?iitet-
jjunft in gerufalcm, um ntd&t, trofc feiner früher gegenfä^lic^en Stellung gu biefem Stamme,
in ber #au£tfac$e bei tym gu verbleiben. Unb abgefefyen batoon, bafc ba8 urfprungli^e
©ebiet bon 2)an unb ©imeon, toelcty lefcterer in 3uba teiltoetfe aufgegangen toar, gu
16 3uba gefälagen tourbe, tyaben fu$ auc$ bie Sebtten gum größten ieil bem füblic^en Steige
gugetoanbt. 2)ie toettere ©efc^ic^te be3 „£aufe$ 3uba," toeld&eä fortan ein Jtömgreufc
toar, fte^e im Slrttfel „3«rael" unb unter ben SRamen ber eingelnen Äönige. 2)er ©tamm
3uba prägte biefem füb(t$en SReic^ im allgemeinen feinen (Sfyarafter auf. ®S btlbete eine
fefter gefc^loffene (Sinfyeit um baä §au$ *33abib$ unb ben iempcl ©alomoS. 3)em Um«
ao ftanbe, ba& eine legitime Safte unb größere ftttlic^e ßnergie borfanben toar, toeldj>e ber
SBerberbnte länger toiberftanb, berbcmfte e$ trofc feiner Älein^eit einen längeren Seftanb.
3luc& getoaltige *Pro:ptyeien ftanben nocfy in ber golgegeit au« biefem Stamme auf, fo jeben*
falte 2lmo3, Sefaja, 2Rictya; bieDeid&t aud& Dbabja, $oel, ÜRa^um, Sefanja, §abaHutu.a.
2)ie gä^e 2xeue beS Stamme« ^uba betoieS ftc§ auc§ bei ber SRticffetyr au« bem ®pl,
26 toobei er toeitau« ben größten Seil ber tyetmte&renben ©planten fkellte. $tt>ax toerben
auc§ bon ben epfyratmitifdjen Verbannten manche bem neu errichteten ©otteäftaat toteber
gugetoanbert fein. Docty toaren ba« metyr 2lu«na^men. SBenigften« berfk&ert gofe^uS
Ant. 11, 5, 2, bie 10 Stämme befänben ftd& bi« gu feiner 3eit unjäpg an 3Renge jen-
feit« be« @uj)^rat, toobei immerhin gu bebenfen, bafe ein großer leil ber Sebölferung
so über^au^t nid^t in« @jil gefc^le^pt tourbe. SBegen 3>uba« Sor^errfc^en bei ber neuen %t=
ftebelung um 3^«f«^m ^urbe fortan ber 9lame „Suben" für Hebräer ober 3«raeliten
über^au^t gebräuchlich. Sgl. übrigen« föon %tx 34, 9. §äufig finbet fic^ biefe Senennung
in ben nac^ejtlifd^en Supern, aucfy im 9leuen leftament, befonber« im 3ofyanne«etKmgelium.
3)ie ^öd^fte S^re aber, toeld&e bem Stamm 3uba gu teil tourbe, tft bie, bafc er ben 9Reffta«
86 ber Söclt fd^enlen burfte, ber al« „Sötoe au« bem Stamme 3uba" O^t 5, 5) bie SBelt
übertounben unb eine etoige §errföaft eingenommen ^at. ». Crelt.
3fnbSa. — fiitteratur: 33. 6tabe, ©efäicftte be« SSolfe« 3«rael II (1888), 139 ff.;
2B- ©, Softer«, Het heretel van Israel in het perzische tijdvak, Selben 1893. $)eutfd) oon
Sl.©Qfeboro: Die SBiebertjerfteaunQ 3«voel« in ber perftf^en fßeriobe, ©eibelberg 1895; ebuorb
40 SWeljer, Die GntfteQung be« gubentum«, 1896; g. 3Beat)aufen, 3*racütifc6e unb jübifdje ®e»
Widjte1 (1897), 222 ff ; #. «Biürid), 3uben unb ©rieben oor ber matfabfitfeften (Srbebung,
©öttingen 1895; 6. ©4ürer, ©efd)i«te be« jubif«en »olle« im 3eitalter 3efu ö^rifti l\
1890; il", 1898; £ 9Manb, Palästina ex monumentis veteribus illustrata 1714; ®. ®u£rin,
Description de la Palestine I. Jud£e 1-3, $ari« 1868,69, II. Samarie 1-2, 1874/75;
45 2f)omfon, The Land and the Book. Southern Palestine and Jerusalem, Sonbon 1881;
Central Palestine and Phoenicia, Bonbon 1883 ; The survey of Western Palestine, Memoire
of the topography, orography, archaeology. By C. R. Conder and H. H. Kitchener, VoL III :
Judaea, ionbon 1883, Vol. II, Saraaria, 1882; ba^u Map of Western Palestine in 26 Sheete,
fionbon 1880; ferner The Redueed Map in 12 Sheets, Sonbonl884; Old and New TesU-
60 ment Map of Palestine in 20 sheets 1890; in 12 sheets 1890; ©öarle« (I(ermont«®anneQUf
Archaeological Researches in Palestine during the years 1873—1874, Vol I, fionbon 1899,
Vol. II, ifonbon 1896; Onomastica sacra Pauli de Lagarde studio et sumptibus alterum
edita, Gottingae 1887; 9lb. Neubauer, La Geographie du Talmud, ^ari« 1868; £b. Wo«
binf on,^Qlöftina ( 184 1 ), II, 314 ff. ; III, 188 ff. ; berfelbe, teuere biblifdje arorfdjungen ( l&>7), 179 ff.,
66 345 ff.; X. iobler, Xopograpbie üon ^erufalem II: $)te Umgebungen, ©erlin 1854; berfelbe.
dritte ©anberung nad) ^aläftina im 3a^rc 1857, ©otfta 1859; uan be Selbe, SReife burd»
@t)rten unb s$alnftina, 1851 unb 185*2, 2 $be, i'eipsig 1855; 3ame« ginn, Bayways in
Palestine, fionbon 1868; Ä. Rurrer, ©anberungen burd) ba« ^eilige Öanb1, 8u"d) 1891;
©ibellejtfon, tjerau«geg uou ®. ©dicnfel, 5 S3be 1869—1875; ^anbiwörterbu* be* bibftfc&en
60 Altertum^, berau«geg. oon 6b. föiebm, jiüettc Auflage üon ©aetbgen 1893 94; O.dberd unb
§. ®utt)e, <Pöl«ft»na in ©ilb unb »ort I u. II, 1883,84; JJ. $uf)l, ©eograöbie be« «Iten
3«bäa 557
$aläfiina 1896; £. gifdjer unb $. ©ntlje, .fcanbfarte Don $aläftina, ßeipaig, SBagner unb
$ebe$; bicfelben, SBanbfarte uon Sßaläftina, ebenbafelbft; £. Dort, Atlas voor bijbeische en
kerkelijke geschiedenis 1884; SR. oon SHicfe, ©ibelatlaä8, 1895. — 3^r Sage tion ÄbuIIom:
£&. 6lermont.@anneau in Revue archeologique, Nouv. Serie XXX (1875), 231 ff.— 8"
Hebron : SW. bc SSogüe* unb 6. SRenan, Macpela ou tombeau des patriarches a Hebron, fiau* 6
fanne 1869; (£rm. Sßieroiti, Macpcla ou tombeau des patriarches ä Hebron, ßaufanne
1869 ; ©. 9?ofen, $ie Sßatriardjengruft $u Hebron in berliner 3eitfd)rift für allgemeine
fcrbfunbe XIV (1863), 369—429, XV (1864), 160-162; berfefbe. lieber baS £&al unb bie
näcbfre Umgebung ©ebrond in 3bm© XII (1858), 477—513; Histoire de Jerusalem et
d'Hlbron depuis Abraham jusqu'ä la fin du XV. siecle de J. Chr., fragments de la chro- 10
nique de Moudjir-ed-dyn, traduits sur le texte arabe par Henry Sauvaire, ^artS 1876;
Comte Riant in Comptes Rendus des S^ances de TAcadömie des inscriptions et belles
lettre« 1886, 57—63; ©ullje, bie Untcrfudjung be« <)kiriar djengrabc« in Hebron im %atixt
1119 in 3b^9S XVII (1894), 238 ff.— 3u «tafaba: $. be ©aulen, Les ruines de Masada,
beutfö im SRaflajin für fiitteratur be3 SluSlanbeS XLI (1852), $r. 35; «. $uc be guttneS, 16
Voyage d'exploration ä la Mer Morte etc., 3 SBbe. «ßari« 1871—1876. — 3um Gretnuft:
fclpljonfe ßouret, La Palestine sous les empereurs Grecs (©renoble 1869), appendice: Liste
des monasteres fondds en Palestine depuis Constantin jusqu'ä Tinvasion des Arabes;
3L t>on SRic&; 93tbclatla$3, $ejt 32 f.; berfelbe in 3b*® XII, 19-23; XV, 212-233; gur
fogenannten #öt)le üon ttbuUam »gl. Jobler, Xopograptyie »on Serufalem II, 509 ff. — Qu 20
©ilgal: ^ermann 3fd)öffef ^Beiträge jur Topographie ber weftlidjen gorbanöau, Serufalem
1866.— 3u Stetfjptmge: Sfermont ©anneau in Revue archeol. Decb. 1877, 366—388.—
3u emmouö: 3. 9?. 6cpp, 3erufalem unb ba% ^eilige üanb* I, 54- 73; g. ^>i^tg# ©efd)id)te
3$racl$ II, 628; $erm. 3fd)offe. Sa« neuteftamentl.^mmauS, ©cfiafffjouien 1865; JK.JBufeOi,
Illustrazione del Santuario d'Emmaus, JJioorno 1888; 9tt. 3- ©duffer8, Amwas, ba« 25
fcmmau« bed tjl.Suca«, greiburg 1890; »gl. ba$u JRücfert in %t>tcl Guar talfdn*. 1892, 558 ff.
unb ©utfcc in 3b*® XVI (1893), 298 ff. — 3ur Sage »on ©efer: <EQ. (Slermont ©anneau
in Bulletin de la Soctete* de Geographie Se*r. VI, T. 5 Ovaria 1873), 123 ff., ferner in Aca-
demie des Inscriptions et Beiles lettres. Comptes rendus des sdances de l'annee 1874,
Ser. IV, T. 2, 201. 213, $ule&t in Archaeological Researches in Palestine 1873/74, II so
(fionbon 1896), 224—275. — Uebcr bie £age ber »erfdiiebcnen 9Kijpe in $aläftina frtt ge-
bonbelt ß'abbtf ffiaboiffon, Les Maspeh. Etüde de Geographie ex£g£tique touchant les
difflrentes localit^s de ce nom, $ari8 1897.
$er folgenbe toifel bebanbclt I. ©efdn'cfite unb ©renjen Subä'aö ©. 557-561, II. ba8
©ebiet 3ubn* ©. 561—573, inäbefonbere Hebron 6. 564—659, III. ba§ ©ebiet ©enjaminS »r,
6. 573—580, IV. bei« ©ebiet Sana ©. 580—582, V. Xeilc beS ©ebieteö ep^raim
6. 582-584 unb VI. bie Xopard)icn 3ubaaä noeft 3ofep()Ug unb $Uniu3 ©. 584 f.
I. ^vfoäa ift bie bei ©rieben unb Satemern übliche Se^cio^nung be^ Don 3"ben betpobnten
2anbc^ (jj 'Iovdaia x<oga 3Jk 1, 5 ober r) 'lovdaia yfj 3o 3, 22 ; 2 Wlat 1, 1 ij yÄQa
TYjg 'Iavdaiag). 2)a ber 9?amc unter ©rieben entftanben ift, fo ^at er bie na($erjlifcfyen 40
2Öo^nfi§e ber gilben in ^aläftina ettpa Don 300 bor G&r. an im 2luge. Söelc^e vkufr
be^nung biefe bamalä gehabt ^dben, tptffcn h)tr au£ bireften 3«U0niflen nid^t ; toir fönnen
nur av& älteren unb jüngeren 9ta$ricr/ten ben Umfang be$ im 3. 3a^r^unbert etwa
t»n bei jübifa^en ©emeinbc um 3;enifalem betpo^nten ©ebieteö erfdr)Ite^en. 2)ie älteren
9?a<$nc$ten finben toir im 33u$c 9Je(>emia, bie jüngeren in 1 unb 2 3Raf. 3m SBua)e 45
sJleb ift für biefen $m$ nia)t ya Derlüerten 11, 25—36, ba biejeS Stürf Dom (S^roniften
bau^tfäa^lia^ naa^ 30f- 15 unb 18 gearbeitet unb an bie 9iacfyrtd?ten au3 naa^cjUifa^er 3«t
angehängt toorben ift. 3Bta^tig finb bagegen bie Slngaben in 9te^ 3 unb 7 (= @3r 2);
fie frimmen nic^t untereinanber überetn, gerabc babura) fmb fie le^rreia^. 9ier/ 3 jetgt
vm& ba^ ©ebict, ba$ ganj ober übertpiegenb bon 3«bcn beroobnt unb b^alb bem 50
au^erorbentiid^en Statthalter sJJebemia unterfteHt h?ar; 9Je^ 7 hingegen jätylt nur bie^
jenigen Orte auf, beren Setpo^ncr fia^ jur Haltung be^ ©ejeje^ unb ber, übrigen 3Jor=
fünften, bie bei ber ©rünbung ber naa^ejilifa^en ©emeinbe vereinbart tpürben, feierlich
öet^flic^teten. 3n 9M 7 finb bura^au^ nta)t alle bie vxsuben genannt, bie in bem ©ebiet
tom 9teb 3 fcorf/anben U)aren; benn c« fa^loffen fid^ anfangt nic^t alle um ^entfafon 66
too^nenben 3uben ber neugebilbeten Äultu^gcmeinbe an. @ö finb in 9lefy 7 aber auc^
Orte genannt, bie ju bem ©ebiet Don 9Jer; 3 rt>ar;rfc^cmlic^ nia^t gehört f^aben, j. S. Sob,
$abib unb Cno 33. 37 ; auefy ba^ ift h?or;l berftänblia), ftxil fia^ an bie neue Äultuägemeinbe
au^> folc^e 3"ben anfa^loffen, bie aufcerfyalb, aber boa^ in ber sJiäfye be« gefcr;loffenen jjü»
btf^en ©ebiet« too^nten. tiefer Untcrfcr)ieb aroifer/en ber 3w0^örigfeit gum jübifc^en eo
Stamm unb ber 3u0«^rigfctt jur Äultu^gemeinbe hielt fic^ in ber Umgebung Don 3er«8
(alem nic^t lange. ®ie Silbung ber Hultuägemeinbc l^atte Srfolg tpie i^re balbige 9ta(^
a^mung in ©ic^em auf« beutlictyfte ^eigt, unb tpieberum fear cie 93ilbung ber famaritifc^en ©e-
558 Sttbfta
mctnbc für bie iübifcfye ein Slnlaft, auf bte Benneljrung tyrer eigenen 9Jlitgtieber bebaut
ju fem. Satyer eroberte bie $?ultu«gemeinbe bon Serafalem in bem 1. 3ja$r$unbert na$
i&rer ©rünbung tootyl ba« getarnte ©ebiet, ba« eine gang ober bo<$ na&eju geföloffene
Sebößerung bon jübifäer äbfunft fyattt. 2RU anberen Sorten : bei Unterföieb toon 9ld) 7
6 gegen 9?ety 3 glicfy ficfy bafyin au«, bafe ba« ©ebiet be« jübifcfyen Stamme« 9lety 3 $u*
gleich ba« © ebiet ber jübifäen 5?ultu«gemeinbe tourbe; fyier unb ba toirb burdj bte am
äietyung«ftaft ber (enteren ba« jübiföe ©ebiet um ^erufalem nodjj erweitert toorbcn fein.
Siefe Sage ber Singe totrb und bunty 1 unb 2 üRaf bezeugt. Sie ©renken be« jübtfc^cn
©ebiet« becfen ftcfy jiemli($ genau mit ben sJiefy 3 bezeichneten ©egenben. 3m ©üben
loift bie ©renje »et&jur (Setyfura) 1 3Wa! 4, 29. 61; 6, 31 : 2 2Wa! 11, 5; tri. 9feb.
3, 16. 3»" Sorben lag Set^oron an ber ©ren^e 1 ÜÄaf 3, 16, im Sßeften dmmau«
(ba« heutige eamwäs) 1 3Kaf 3, 40, ba« 25. 42 föon al« jübifö be$ei<$net toirb ; bgL
SRefy 3, 15 ; 17 f. 9. 12. Srgänjt toerben biefe angaben burcty ba« 33eraei($ni« ber gelungen, bie
»ac$ibe« um 160 b. G&r. „in ^ubäa" ^erfteDen lägt 1 9Ra! 9, 50ff., Sericfco hn Dften
16 (5Wety 3, 2), @mmau« unb ©ajara (©efer) im 3Beften, Set^oron unb Setzei im Sterben,
Set^ur im ©üben. Sie übrigen $toei ober brei Drte fmb au« berföiebenen ©rünben nw^t
mit ©ic^erfyeit gu beftimmen. 3n Setreff ber erften -Kamen fcfytoanft bie Sedart jtoiföen
xal ttjv Oa/uvadä <Paga{>d)v unb x. t. 0. xal &aQa&a>v. 2Benn auc$ Joseph.
Antiq. XIII 1, 3 ber jtoeiten folgt, fo ift für 1 3Raf otyne 3toeifel bie erfte beffer be*
20 jeugt. üJtan fann nicfyt anber« überfein al« Styamna (3$imna) bei Sßtyaratyon unb tyü
ba« bon bem Styamna berftanben, ba« ettoa 15 km nörbli$ bon Set^oron unb rämallah,
hingegen mefyr al« 20 km füblicfy Don fer'ata bei näbulus (©utyem) = ^S^orat^on
gelegen ift (©. 583,is). 6« faßt fc^on auf, bafe man ben unterfcfyeibenben 3ufafc ftr Wef c* 2$amna
Don einem fo toeit entfernt liegenben Drte hergenommen tyaben follte ; ba« SebenHicft'tc
26 aber ift, bafe biefe« Ifyamna bamal« nad) 1 3Raf 11, 34 nicfyt ju $ubäa, fonbern gu
©amaria gehört fyat SBSeber biefe« If^amna nocfy ba« fei'ata bei ©ic&em gaffen in ben
3ufammenfyang bon 1 5Ka! 9, 50 ff. 6« giebt nun jtoei Drte SRamen« i^imna in bem
jubäifd&en ©ebiet, ba« eine bei 95et^ ©eme« unb ba« anbere jtoif^en bet nettif unb
Set^le^em; ob ein« bon biefen gemeint ift, mufe unentfe^ieben bleiben, ebenfo bie
80 Seutung bon ^f^arat^on. äufeerbem hrirb noc^ ber Ort Teqxov genannt (Josephus a. a. C.
Toxdav), ben man toof^l auf ein fyebräifctyc« n^^n ^at jurücffü^rcn toollen. ©ic^erlic^ toäre
bann nur an ba« 3of. 15, 34(©. 564, u) genannte gu beuten. 3Bie e« fic^ mit biefen jtoei-
felfyaften Drten and) ber^alten mag, bie §auptfacfye fte^t feft: nodj> um 160 toor 6^r. ifl
ba« jübijctye ©ebiet im toefentlic^en ba« Don 9iefy 3, nur im Sorben unb ffleften ^aben
86 ©rtoeiterungen ftattgefunben.
Siefe« ©ebiet teilte unter bem ^erferreic^e toie unter ber §errf<$aft ber ©rieben bte
©efd&idfe be« füblic^en Serien«. Waty bem lobe Sllejanber« be« ©rofeen legten ^uerp
bie ^Jtolemäer bon Stg^ten au« i^re §anb barauf. ©ie behaupteten e« mit tunen Unter=
brec^ungen bi« 198 ; ber ©ieg Slntio^u«' III. bei $anea« braute ba« füblicpe ©tyrien
40 unb bamit auc^ ^ubäa enbgiltig in bie #anb ber ©eleuciben. 6« bilbete einen Seil ber
$robinj ßoclef^rien 1 3Rai 10, 69 ober Goeleforien unb ^työnijien 2üRa! 3, 5; 4, 4;
8, 8; 10, 11—13. 93ermutlid> Ratten bie Äönige ben ^uben au« SRücfftc^t auf i^re Sie*
ligion bi« $u bem raupen ©ingriff Slntioc^u«' IV. (Spip^ane« 168 bor S^r. toettgebenbe
33orrec^te ber ©elbftbermaltung geftattet. Sie 3ri$en ber Slbf^ängigfeit beföränften fieb
45 auf regelmäßige 3ö^ut19 bon 3lbgaben, bie ber 33efefyl«fyaber ber öurg in ^«nifölcm nacb
2 Wat 4, 28 einrieben pflegte, auf eine frembe Sefa^ung in ber 93urg Don ^orufal«"
unb auf bie .^)eere«folge. Sie (Sr^ebung ber $a«monöer machte aflmäfylicfy biefer Stellung
3ubäa« ein 6nbe (t>gl. ba^u bie Slngaben 1 3Kaf 10, 6. 25—45 ; 11, 28—36 ; 13, 36—40).
Ser griedjifcfye 9?ame 'lovdata ift ebenjo toie ba« SlbjeftiD 'Iovdaiog niefrt auf
60 f^ebräifc^e« ^~rt unb "l^"!, fonbern auf aramäifc^e« ","^f stat. emph. plur. ^tttt
@«r 4, 12 ; Sa 3, 8 ^urüdjufü^ren. Sie älteften fixeren 3euÖm *>** griec^ifc^n
9tamen« treten gegen 6nbe be« bierten borc^riftlic^en Sß^^wnbert«, gleidfoeitig mit bem
93eginn ber griec^iföcn ^errfc^aft über ben Orient, auf. Sa« graament be« JUeax^o« Don
©oli (um 320) ftefyt bei Josephus contra Ap. I 22 oHerbing« neoen mehreren betbä^ttgen
65 3eu9en> tpirb aber bennoef) al« juberläffig gelten bürfen. SBöHig jtoeifeUo« ifl e« aber,
ba^ fic^ l^eoj)^raft unb^elatäu« bon Slbbera in ifyren ©Triften mit ben3uben tyrer3«t
befc^äftigt (>aben (bgl. §. SBillric^, ^uben unb ©rieben 43 ff.). 93ea#ten«n>ert ift ber &ptafy
gebrauch in lSJlat. ^n biefemSuc^e finbet fi($ neben ber grie^ifc^Äorm'/tw'Axia autb
bie ^ebraifterenbe Iovda, unb jtoar biefe lefetere häufiger al« bie erftere (22 mal gegen
60 17 mal). %n 2 üRal finbet fiety bagegen au«fc^liefeli(^ bie griec^ifc^e %vtm.
3«bäa 559
SS gehörte ju ben folgen ber fyaämonäifctyen (Srfyebung, bafc 3. über feine urforüng*
liefen ©renken toeit tyinau3touc$$ unb fiety im Saufe ber |$eit an engerer unb toeiterer
Sprachgebrauch be£ SBorteS bilbete. 3)ie ßreigniffe laffen ba$ als ganj begreiflich er»
fdjfinen. URit bem §a$monäer Jonathan beginnen bie jübifctyen ©ebietäertoerbungen.
SUejanber 33ala$ überdies tym 147 bor ßfyr. bie ©tabt ßfton mit tyrer Umgebung, 5
S)emetriu8 II. 145 brei im Sorben unbSBeften an baä jübifcfye ©ebiet angrenjenbe, bisher
m ©amarien gefyörenbe Sejirfe (vo/äoi lSKafll, 28. 34), fo bafc ba$ bon ^onat^an be*
parföte ©ebiet nun als bier 33egirfe gerechnet toirb 1 9Ka! 11, 57. SMefe Öejirfe tyiejjen
nad) bem 9lamen ifyrer §auptorte 2tyfyerema, Stybba unb -Hamatyaim. Stytyerema (9A<pal-
Qfjuä) faßt tpa^rfc^einlic^ ^ufammen mit bem großen $orfe 9Eq>Qaei[i, Efraea, bo$ bon 10
gufebiuS unb §ierontymu£ im Onomasticon 254. 118; 257. 121 auf 20 römifcfye
Steilen nörbltd) fcon ^jerufalem, b. i}. in ber ©egenb ber heutigen Orte sindschil unb
lubban, ongefe^t toirb (tpo^I berfetyieben bon bemßfrem, ba3 nad) Onomasticon 94 fünf
römifd&e 3Reilen öftlicty bon Setzei gelegen tyaben foQ). Stybba entforicfyt bem Sob be$ 3133
(gär 2, 33), bem heutigen ludd (©.584, 7), unb 3tamau)aim, baä Slrimatyia be8 31%, ift nad& ben 15
angaben beä (SufebiuS unb §ierontymuä imOnom. 225.96; 288. 146 (Pejmpig, Remph-
this) tt>a^rf$einli$ ba$ heutige rentls, 14 km norböftlicty bonßtybba unb 9 km toeftücty
bon tibne (= Ifyamna fcgl. ©. 583 , 15). 2)er 2öunf d) nad) 6im>erleibung bief er brei Sejirfe grün»
bete fvd) fcermutlicfy barauf, bafe ifyre Setoofyner ber 9Ke^a^l nad) §vtom toaren unb
toegen tyrer religiöfen 3u0*fyörigfeit &u 3jerufalem auefy ben politifcfyen 2lnfc$lu| toünfäten. ao
Halb barauf tourbe Set^ur an ber ©übgreme ben ©eleuciben entriffen 1 9Kaf 11, 66,
um 142 3owe (3afa) befefct unb bann jubaifiert 1 3tta! 12, 33; 13, 11. 2)a$felbe ge*
\dpi) mit ©ajera (©efer) 1 5Kaf 13, 43 ff. (bgl. 14, 33 ff. ; 15, 28). Cannes $y*
canuS (135—105) eroberte 9Kebaba unb ©amega im Oftjorbanlanbe, untertoarf bie ©a*
maritaner um Sichern, fpäter auety bie ©tobte ©amaria unb ©ctyttyopoliä, im ©üben bie 35
Jbumäer unb fctoang fie, bie 93efcfyneibung unb baä jübifctye ©efefc anjunefymen (Jos. Antiq.
XIII 9, 1 ; 10, 2 f.). äriftobui I fämpfte gegen bie gturäer (f. oben ©. 543) unb nafym
tonen ein ©tüdE tyreä ©ebieteä ab, beffen Setootyner er jubaifierte Antiq. XIII 11, 3;
toaljrfcfyeinlic& ift bamit ©aliläa gemeint. 3llejanber 3>annäu3 machte namentlich im Oft*
jorbanlanbe bebeutenbe (Eroberungen bte in ben Dschölän hinein nörblicty bom Jarmük, ao
ober auc§ am -Kittelmeere untertoarf er 9taj)l?ia, ant^ebon unb ®a^a Antiq. XIII
12—15, bef. 15, 4. $ie Slnorbnungen be^ ^ompejuä 63 bor ß^r. löften biefeS jübifc^e
Steid^ auf. 2)te ni$tjübifd?en ©täbte an ber Jtüfte unb im Oftjorbanlanbe tourben mit
ber gftetyeit befc^enft, ber §o^epriefter £tyrcan behielt nur ba^J toirßid^ jübifctye ©ebiet
(ni(^t 5. 93. ©amarien) Josephus Antiq. XIV 4, 4 ; Bell. jud. I 7, 6. SBelctye ©egenben 86
biefeä umfaßte, geigt bie Stufjä^lung ber fünf Sejirle, in bie ©abiniuä 57 bor 6^r. ba«
bfcfcr bon §^rcan bertoaltetc Sanb für toenige Sa^re teilte : ^^ufalem, S^ric^o, ©ajara,
ämat^, ©epp^oriö. 3)ic erften brei entfprec^en bem eigentlichen ^\ü)äa, abgefe^en bon
3bumäa, baä bon Sintipater bertoaltet tourbe ; Slmatfyuä ift ber bamalige §auptort be^
®ebtetö $eräa (f. biefen Slrfifel), ©epp^oriö bie ^auptftabt bon ©aliläa (Antiq. XIV 40
5, 4; Bell. jud. I 8, 5). §erobc$ al$ Äönig ber ^uben (37—4 tiox ß^r.) betyerrfcfyte
auc^ tpieber ©amarien, erhielt 23 bor (Sfyr. bie X^anbfc^aften 93atanöa, 2luraniti^ unb
Irac^oniti^, femer 20 bor Gfyr. bie ©ebiete Ulatfya unb ^aneaö an ben ^orbanqueDen
Josephus Bell. jud. I 20, 4; Antiq. XV 10, 1. 3. s)lad) feinem Job famen ©aliläa
unb tyezäa an $erobc^ Slntipae, Satanäa, Irad>oniti^ unb äluraniti« an ^ilipbuä, toiä)-- 45
rtnb SlrctyelauS mit bem 2itcl iktynaxd) ^jbumäa, vx\ubäa unb ©amaria erhielt, vlad) feiner
Äbfe^ung (6 nac^ ßfyr.) tourbe biefcö ©ebiet ber ^romn^ Serien hinzugefügt, ]eboc$ unter
bie befonbere SSertoaltung eine^ ^?rofuratorö (tmxQOJios, Sanbpflcger) auö bem SRitter*
ftanbe geftellt, ber feinen ©ij in ßäfarca am üfficer l^atte. $iefe ©teHung im römifc^en
Seiche tourbe, naetybem 2lgrij)pa I 41—44 naefy CS^r. ba^ ©ebiet feince ©rojjbaterS §erobe^ so
beö ©ro^en toieber al^ Aönig be^errfc^t hatte, au$ auf bie übrigen Steile beä jübifc^en
Sei^ au^gebe^nt. Sei beginn beö jübifd)en Slufftanbe^ jeboc^ tourbe baä ©ebiet bed
ftrieged bon ber s^robin^ Serien üoQig getrennt unb s~8e$pafian aU befonbere $robinj
übertoiefen, bie ben tarnen Ax\ubäa erhielt (lacitu^, Hist. II, 5; Corpus Inscr. Lat. III,
S.857, Dipl. XIV unb 5Rr. 2830). 3)er »efep^aber ber 10. Segion toar $uglei$ ©tatt» 66
kalter ber^Jrobing; er refibierte in ßäfarea amÜJJeer. Diefc Orbnung blieb auefc na^ ber
Öeenbigung be« Äriege^. $m 2. §i)x\). (bgl. Ptol. V, 16, 1) fam neben $u\>äa ber 5Rame
Syria Palaestina in ©ebrauc^, unb feit bem 1. vxsabr^. tourbe $aläftina allein üblid;.
®ie ©a)riften be^ ^ofep^u^ liefern un^ bie ^Belege für ben engeren unb toeiteren
S)}raa)gebraud;, ber ftc^ auf ©runb ber foeben angeführten gef$i$tli$en Vorgänge ge= 00
660 3ttbäa
bilbet &at. ®r unterföeibet 3ubäa Don ©amarien Antiq.XII 4, 1; XIII 2, 3; XVII
11,4; unb befonber« fd^arf Bell. jud. III 3, 5. ®r fefct 3. für ba« SReicfc ber£a«monäer
unter 3otyanne« $tyrcanu« Ant. XIII 11, 3, ober unter Sllejanber 3annäu« XIV 5, 2.
®r be^eic^net bamit ba« ©ebiet be« £o^en})riefter« §tyrcanu« (II) Antiq. XIV 11, 2;
5 13,3 ober ba« 9teid> be« §erobe« XVI 2, 1 ; 10, 4 ff. ober ben Seil ber *{Jrot>m$ ©Drien,
ber jeit 6 naefy Gfyr. burc$ Sßrofuratoren Dertoaltet tourbe Antiq. XVIII 1,1; 2, 2 ;
XV 11, 4, ober enblicfy ba« bem 3Se«j>aftan übergebene ©ebiet Bell. jud. III 7, 3; 9,1,
bie römiföe <ßroDin$ 3. Bell. jud. VII 6, 1 ; 8, 1. üReint er 3. im toeiteften ©inne,
jo föreibt er toofyl „ganj 3ubäa" Antiq. XV 1, 1 ; XIX 8, 2. ®iefer toeitere ©pra(fc
10 gebraut maetyt auefy Derftänblicty, toa« auf ben erften Sinbrudf tyin befrembet, nämlid? bog
3ofe})tyu« 3- auefy einige 2Me gerabeju für Jtanaan fefct Antiq. 1 6, 2 ; 7, 2; IX 14, 1.
Sei cfyriftlictyen ©d^riftfteQern ber erften 3a^r&unberte finbet jt$ ba« ©leiere, beiDrigene«,
SertuHian, ßufebiu« (Onom. ed. be Sagarbe 207. 249. 284), $ierentymu« u. a. (DgL
SRelanb 35 ff.), ©eograpfyen unb §iftorif er brücfen fi($ in berfelben SBeife au«, j. 93. ?ßtolem.
16 V, 16, 1; Dgl. 15, 6—8; ©trabo 16, 749 ff.; SD. 6aff. 37, 16; 47, 28.
Über 3- im Weiteren ©inn ift fyier nic$t gu reben. S« tyanbelt jicb in biefem Slrtifel
um 3- im engeren ©inne, toie e« Don ©amaria, ©aliläa unb $eräa untergeben gu
toerben pflegt (Dgl. bie betr. 2lrtifel). $ür feine Abgrenzung fommen teil« bie angaben
be« 3ofep^u3, te*l« W* angaben im 2älmub in Setracfyt. 3ofeptyu« bejeid&net Antiq. XIV
ao 3, 4 Äoreä al« bie nörblicfyfte ©tabt 3 -ä. 2)iefer Crt entftme^t bem heutigen karfiwfi
im unteren wädi färca, ettoa bem nähr ez-zerkä ober 3^°' gegenüber (3Wß93 IV,
245 f.). ferner ergiebt ftety au« ber Slufjctylung ber einzelnen Sejitfe, bie bei 9eghm
be« großen Kriege« gegen bie SRömer befonberen 8efefyl«tyabern unterteilt tourben (Bell,
jud. II 20, 4), bafe ber Sejirf Ifyamna unb ba« ©ebiet Don ©op&na unb äfrabattenc
20 noefy ju 3. geregnet tourben (f. auefy III 3, 5). 2)er ©renjort gegen ©amaria, ber Don
Josephus Bell. jud. III 3, 5 angegeben toirb, Slnuatfy Sorfaio«, lägt ft<$ DieQei$t mit
ber heutigen chirbet berklt 3 km norböftlidj Don el-lubbän jufammenjufteBen. Xuf
bie $tynlicfyfeit be« Tanten« ift nicfyt Diel 2Bert £u legen, toeil bie bei ^ofep^u« überlieferte
fjorm Sebenfen erregt. Slber ber tylafy empfiehlt ftcfy jebenfaü« infofern, al« er an ber
90 alten ©trafje Don 3enifalem naty ©idjem unb ©amaria liegt unb nacb ben Serfcältntffen
ber Dberfläcfyengeftaltung toofyl bie 9?orbgren^e ber Sejirfe Sltrabba unb ©opfcna bejek^nen
fann. 3Kit 3ofepfyu« ftimmt ©ujebiu« überein, toenn er Onom. 214 fagt, bafe *Axgaß-
ßeiv bie 3?orbgrenje 3« ^ilbe. 3)er lalmub nennt ein 3)otf "•k: nir ober ^t? al«
©ren^unft gtpifc^en 3. unb ©amaria; Neubauer (©. 57) meint baju, bafc man e« toegen
86 ber älefynlictyteit in ben Sauten mit 2lnuatty be« Sofe^u« ibentifi^ieren bürfe. 3la$ 9Beften nu
toirb ferner Dom Salmub (9leubauer 86) Slnttyatri« al« ©renjftabt 3-^ genannt. SDiefer
Ort lag, toie ©. 584, 30 nä^er au«gefü^rt ift, h)a^rf(^einli(^ an ber ©teile be« feurigen
kal'at ras el-fain norbtoeftlic^ Don^öfa, nörblicty Don fit^bba. ©udj>t man nun eme$$er=
binbung gtoifc^en ben bi«f^er genannten fünften ber 9lorbgren^e fcrjuftellen, fo ergiebt
40 p(^, bafc biefe Don Slfrabba, bem heutigen fakrabe, an bi« na(^ Slntipatri« fu^ an bem
I^ale entlang gebogen ^aben toirb, ba« unter bem SJamen wfidi der ballüt m bie
Äüftenebene ^inau«tritt. Ob 3- ^m engeren ©inn um ben 3lnfang unfercr 3eitred^nung
auefy ein ©tüd ber Äüfte cingcjcfyloffen ^at, ift jtoeifel^aft. 2)er §a«monäcr Simon ^at
too^l 3°We unterworfen unb jubaifiert 1 3Waf 12, 33; 13, 11. ^ompeju« fyd fie ben
46 3wben genommen Jos. Antiq. XIV 4, 4 ; Bell. jud. I 7, 7, Gäfar jurürfgegeben Ant
XIV 10, 6. 3lu« bem Sefifc be« 2lr$elau« (Bell. jud. II 6, 3) fam fie unter romtf$e
^Jrofuratoren ; fie mufj bamal« in ber Wefyrjafyl jübtfc^e (Sintoo^ner gehabt fcaben, ba ^e
toä^renb be« jübifc^en älufftanbe« guerft Don Seftiu« ©adu« unb banad^ Don 3?e«pafian
erobert toirb Bell. jud. II 18, 10 ; III 9, 2 ff. Seit ber 3eit hrirb too# bie ^eibntfe^e
50 SeDölferung in 3We überwogen ^aben. 3lud? in 3^w«w toirb ber jübifcfc S5ruc^teil
ber SeDölferung ber ftärfere getoejen fein ; 3Se«j)afian mufe fie ebenfaD« glDCtmal unter»
toerfen (Bell. jud. IV 3, 2; 8, 1), unb nac^ ber ßerftörung 3erufalem« burd^ ütu«
toirb 3amnia ber geiftige 5Wittelpunft bc« 3ubentum«. Slber bie Slrt unb SBeife, toi«
Josephus Bell. jud. III 3, 5 biefe beiben ©tobte neben ben altjübiföen SEojxir^ien
55 nennt, jeigt boc^ beutlicfy, ba| fie ju bem eigentlichen 3- n^ gehören (Dgl. 81© 12, 19;
21, 10), toenn auefy bie ScDölferung bort ber SKe^rga^l naä) au« 3uben beftanb. 3Ran
barf bagegen nic^t bie cbenbort befinblic^en beiben ©ä^e anführen, nämlic^ ba^ 3- W
in bie ©reite Dom 3°*ban bi« 3°W>e «u«bc^nc, unb ba^ bie 2Rcere«füfte bi« ^Jtolema»
ju 3- ö^öre. 3)er le^tere ©a$ pafct auf VA\. im engeren ©inn gar ni^t; er la^t ji*
60 nur Derfte^en, toenn man 3- <*** ^ ü°n tömiföen fianbpflegem Dertoaltete ©ebiet auf-
3tt»8a 561
fafrt, toie toenn ^ofepfyuS ßäfarea am 9Reer bic bebeutenbfte ©tabt in 3. nennt (Bell.
jud. III 9, 1). 3n berfelben SBScife ift auefy ber erfie biefer beiben ©ä$e ju Derftetyen.
Die ©renjDerfyältniffe toeftlicfy Don ber Sinie 2lnti^atri^2^bba toaren fcptoanfenb: bic
jübiföe SeDölferung übertoog, aber ba$ 2anb toar nicfyt altjübifcfy. — Die SBeftgreme be$
eigentlichen 3>ubäa beftimmt fi$ einerfeite nad) ben Stoparctyien, bie 3°fä$u$ auftaut: 6
Sfybba, 3lmmau3, 93etylettyepba unb Sburnäa (93etfyletye^a ift toafyrfd&einlid? Bell. jud.
III 3, 5 in $fcHa Derberbt Sorben ; Dgl. IV 8, 1 unb Saurer II s 181 ff.). Slnberer*
feitö ift baran tu erinnern, bafj Don ben pfyiliftäifd&en ©täbten nur einige im Sefifc ber 3>uben
toaren. (Sfron fam fc$on unter bem §a$monäer Igonatyan an 3>ubäa lSKaf 10, 89, SUbob
gehörte unter SUejanber ^annäuS unb unter §erobe$ jum iübifd^en Stocke Jos. Antiq. 10
XIII 15, 4; XVII 8, 1 unb mufetc Don 3Se$pafian unterworfen toerben Bell. jud. IV
3, 2, Stefalon ift niemals Don ben ^uben bedungen toorben, 2lnt^ebon tourbe t>on
Äuguftuä an §erobe$ geföenft, ebenfo ®a^a Antiq. XV 7, 3; nadj beffen lobe tourbe
®(%a, Dielleicfyt auety Slntfyebon %ux $roDin$ Serien gefcfylagen Antiq. XVII 11,4 (©c^ürer
II* 87. 91). — Den {üblichen Seil %.$ bilbeten bie lopar^ien ^bumäa unb (Sngebi 16
Jos. Bell. jud. III 3, 5. $ofe^u$ nennt als ©renjborf gegen Arabien ijarban, beffen
Sage unbefannt ift. 33ermutlic$ &at man e$ auf ber ©renjlinie ju fudben, bie $of 15
unb 5Ru 34 für ba$ ©ebiet Don $uba im ©üben gebogen toirb (f. b. S. 3?egeb). Die
©renje toirb naefy biefer ©eite fyin ftets gefetytoanft tyaben, toeil fyier jum 5EeiI 3Jomaben=
flamme Rauften. — Die Dftgren^e ift eine natürliche : baS lote Sffteer unb ber $orban. 20
SCuf biefe ©eite fallen bie ioparcfyien (Sngebi, §erobeion unb 3*nc$o.
II. Die Sobenbefcfyaffenfyeit be$ fo umfdjriebenen ©ebietö toirb im #ufammen&ang in
bem Slrtifel ^aläftina bargefteüt toerben. 2ßir fennen eine grofce Slnjagl feiner alten
Drtfc^aften, ba gerabe über bie$ {übliche ©ebiet ^JaläftinaS bie Duellen nid^t faärlicfy
fliefeen. 9tacfy bem 211 tourbe e$ betoofynt Don ben ©tämmen $uba, Benjamin, Dan 25
unb einem 2etl 6p&raim$. beginnen toirmit bem 9Jamen $ u b a. 3n3°f 15,1— 12 toerben
bie ©renken biefeä ©tammeä im Sorben unb ©üben genau angegeben. Irofcbem finb toir nicf)t
im ftonbe, biefe Sinien auf ben guten Karten, bie unä jefct $u@ebote ftefyen, genau naty
|U)ie^en, ba ju Diele fünfte un$ unbefannt fmb. 2Jtan barf bie Angaben auefy nid^t fo
auffaffen, als ob fte eine jtoifdjen ben ©tämmen unDerrüdfbar feftftefyenbe ©renjlinie be= so
jteic^neten, bie in ber Söirfltctyfeit Don fyüben unb brüben unantaftbar getoefen toäre. Die
©renjangaben fmb Dielmefyr eine gelehrte Slrbeit, bie aus älteren Duellen, Dielleic^t auefy
ax& ber ©egentoart jufammengefteUt fyat, toaS urfprünglic^ gan& Derfc^iebenen &\tm
jufam. @S ift *. 93. fcf^toer nac^jutoeifen, toann bie ©üb= unb bie 92orbgrenje 3ubaS gleid^-
leitig ben in ^of 15 angegebenen Sauf gehabt f^aben foHten. ©tamm $uba unb 9lei^ 35
3uba finb nic^t auSeinanber gehalten; toätyrenb fonft Seerfeba ate ©übgrenje 3ßK*el$
B^/ ßwft ^w bie ©übgren^e tief in bie {übliche SBüfte hinein. 9ln einer ©teHe tritt
au$ beutlid) ein t^eoretifc^er, lefyrfyafter 3"g ^«Dor: ber Serfaffer toiH nief^t barfteDen,
toie e^ toirÜicfy getoejen ift, fonbern tote e$ fein f ott. 9lämlicf) ate Söeftgrenje beö ©tamme«
3uba giebt er ba$ 3Wittelmeer an 93. 12. 3öir ^aben aber oben gefeiten, bafe nur unter 40
Xleganber Jannäu^ unb unter Aerobe^ beqt ©ro^en ein Heiner SEeil ber Äüfte ju bem
jübifc^en Steige gehört fyat. Da« toar für ben SSerfaffer no^ nic^t Dortyanben. ®r
benft DieBeic^t baran, bafj bie ^J^Iifter mehreren baDibif^en Äönigen in ^j^wfölem ^aben
Tribut aatylen muffen, unb gte^t ba^cr bie ©renglinie bte an ba^ 9Jleer, b. ^. er forbert
bie« ©ebiet für 3uba (Dgl. au<$ Dt 34, 2 ; 11, 24). 6« beruht ba^er auf einer fallen 45
©infe^ung biefer 3lngaben, toenn man ibnen einen ^ofyen gefc^ic^tlic^en SSJert beilegt. 9lur
ungefähr fbnnen toir ber DarfteHung be« 93erfaffer« folgen. Die v3Jorbgrenje beginnt SB. 5
bei ber 9Künbung be$ ^jorban« in ba« lote -Dieer, läuft toefttoärt« über 33ct^ §ogla
(= ka^r hadschla) bem ©ebirgf ju unb erreicht über ben Slnftieg Don äbummim
(= taTat ed-damm) bie SRogelqueHe (== blr eijüb) fübltcfy Don ^erufalem; burefy ba«60
^hmomt^al fteigt fie jur SBafferfc^eibe empor, ^te^t ftc^ über Äirjatty ^earim nadj> 6be=
falon (= kesla), 93et^ ©eme« ('ain schems) unb Ibimma (= tibne) unb toeiter über
(Elron (= e&kir) unb Jabneel (^= jabne) an bie sJKeere$füfte Ü. 11. 3Ran beachte
ben 9(bftanb biefer 9?orbgren$e ^uba« Don ber oben gezogenen 3Rorbgrenje Sw^^a« ! 3ur
Sfibgrenje 3of 15, 1—4 DgL b. 31. 9Jegcb. 66
3n bem altteftamentlidfjen ©ebiet 3"ba, fotoie e$ bie Dorejilifc^e $t\t fennt, tootynten
burc^au« nic^t allein 3"bäer. Diefe galten i^re ffio^nfi^e ^auptfäc^lic^ in ber ©reite
t»n »etyleljem, befonber« Don biefem Drtc abtoärt« naety Üüeften ju (Dgl. bie 33ertoanbten
DaDib«). ©ie toaren nic^t SMblutiäraeliten, fonbern hatten fic^ im Sanbe felbft mit
fremben SJeftanbteilen Dermifcfyt. Die brei großen ©cfc^lcc^ter 3uba$, ©ela, $erej unb m
fteaUCnctriopfibte für Geologie unb Rixd)t. 3. H. IX. $Q
562 dttbfta
©era^ (@en 46, 12), toerben ©en 38 au« ber 33erbinbung 3uba« teil« mit ber flanaa*
niterin ©ua, teil« mit ber 2$amar abgeleitet, bie bieüeicfyt auf bie an ber ©renje be«
SRegeb gelegene ©tabt (unb©egenb)3tyamar(5a47,9 }u beuten ift unb auf femfttifctye ober
jeratymeelittföe SBeftanbteile tyintoeift, bie bem aurüdfgetyenben Stamme 3uba neue« fceben
6 jugefütyrt fyaben. Sin $eil ber Daniten, bie im ©üben ftfcen geblieben froren, ging all*
mätylic$ in bem ©tamme 3uba auf 3of 15, 33 unb 19, 41. Seiter fübli<$, um Hebron
unb Debir, tootynten bie aafylreictyen ©efcplec&ter ber Äalebiter unb fienijtter (f. b. St. flalcb), xwdf
f üblicher bie Äeniter (f. Rain) unblgeratymeeliter. 9lamentli$ Äaleb ^ätte nac^ feinem SSefft too#
2lnft>rucfy barauf gehabt, al« felbftftänbiger ©tamm in 3«rael gejault ju toerben. Slber bie
lo einbrudföboKe Sßerfönlic^feit Dabib« unb fein rafcfye« ©lue! naety bem Xobe ©aul« be*
toirften, bafc bie jubäifctyen ©efcfylecfyter bie gityrung im ©üben Äanaan« übernahmen,
^nfolgebefjen tourbe für ba« gefamte f übliche ©ebiet ber 5Wame 3uba üblich $of 15. 9lt$&
beftotoeniger erhielten ftc§ namentlich bie Jtalebiter in boller ©elbftftänbigteit bi« über ba«
Sjil tyinau«. %n biefer 3«* treten fte un« toieber bei einer 33erföiebung ber 93etoo^ner
16 be« ©ebiet« ^wba entgegen. Die Sbomiter (f. V, 169 f.) brangen Don ©üboften fcr im
SBeftjorbanlanbe bor unb nötigten bie Äalebiter, bor tynen naä) 9lorben tyin ^u freieren.
Die (Sntbölferung, bie bie ©egenb um 3>erufalem burefy bie üRafcregeln 92ebucabneyn«
erlitten fyattt, ermöglichte e« Ujnen, bort neue Sßotynfifee $u finben. Sie liefen fi$ tyxifyU
fäc$lic$ in 35etyletyem ober überhaupt in ber fianbföaft ß^ratty nieber 1 Gtyr 2, 42 ff. 50 ff.
20 Später berfctymolaen fte böHig mit ber jübifcfyen Äultu«gemeinbe. Da« bon tynen ber*
laffene ©ebiet erhielt in ber ^olgejeit feinen tarnen bon ben neuen ebomitifd^en 35etoofc
nem, in griectyifcfyer $orm $bumäa. 3n ber 3e^ b*r maffabäifd&en ©r^ebung lief bie
©renge jtoiföen ben Swben unb ben (Sbomitern bei 33etfour (f. oben S. 558, io).
Die Überfielt ber Drtfctyaften 3uba« $of. 15 ^erlegt ba« garne ©ebiet in bier %üt,
26 in ben 9?egeb, in bie ©eptyela, in ba« Berglanb unb in bie SEBüfte. Über ben natura
liefen Unterfctyieb biefer Seile f. Sßaläftina, über bie Orte be« 9legeb f. 9iegeb. 3n ber
©eptyela toerben nad) bem urfiirünglictyen %qct brei ®ru$>en, nad) bem erweiterten Ixgt
33. 45—47 bier ©rupfen bon Drtfctyaften aufgeführt Dabei toirb untergeben jtoifcfyen
^? unb "^n ; biefe« ift ber offene Ort, jene« ber burefy eine üRauer gefctyüfcte Ort, ber für
so bie offenen Orte ben URittelpuntt bilbet ; bafyer toerben bie offenen Orte überhaupt ni$t
genannt. Die übliche SBiebergabe im Deutfctyen, ©täbte unb Dörfer, trifft ben Unterlieft
nic^t red^t. Die erfte ©ruppe umfafet nad) 33. 36 bierje^n ©täbte, in 33. 33—36 fmb
aber fünfge^n ©täbte aufgellt; ber g^ler ftedt enttoeber in Slbit^atm, ba« bie LXX
nietyt lennt, ober in ©eberot^aim 33. 36, toofür bie LXX „tyre®e$öfte" fe^t. Die Orte
86 lagen am 9lb^ang be« 33erglanbe« unb im ^ügellanbe toeftlic^ bon ^erufalem unb Set^
ledern im ©ebiet be« wadi e^-sar&r unb be« wädi es-sant. ^olgenbe bon tynen ftnb
belannt. (Sft^aol unb 3area (richtiger 3orea), bie 3of 19, 41 al« ©täbte Dan« ber-
geic^net finb, liegen nörblic^ bom wadi es- sarar unb entfpred^en ben heutigen Beinen
Orten aschuwa' unb ^ar a. ©u^rin fyai aschuwa' mit ßft^aol be«^alb jufammen=
40 gefteQt, toeil er in bem benachbarten bet ralab bon einigen alten ßintoo^nern erfuhr, bog
aschuwa' früher ben 9lamen Aschuf al ober Äschtu'al getragen ^ätte (Iud§e II, 137. 382).
33eibeDrte Joerben SRi 13,25: 16,13 mit beröef^te be« ©tamme« Dan in 33erbmbung
gebraut; 3or«ö toirb SRi 13, 2 al« Die £eimat ©imfon« genannt unb 2 6^r 11, 10 al«
eine ^eftung SRe^abeam« ertoäfynt. ©ie entfpric^t tool ber ©tabt Sarha ber 'Amarna-
46 lafeln. ©anoa^ 3J. 34 barf mit chirbet zänüca jtoifc^en wadi ep-sarar unb wadi
es-sant ^ufammengeftellt toerben. ©übtoeftlicty liegt chirbet jarmük, ba« nad^ bem
Onomasticon be« (Sufebiu« 266 mit ber ©tabt garmuty 33. 35; 10, 3. 5 23; 12, 11
mi berglcictycn ift. Die ©tabt SlbuDam, bie fclbftberftänblicty nic^t bon ber Sergfefte
2tbuHam (1 ©a 22, 1 ; 2 ©a 23, 13 k. ju trennep ift, mufe nac^ ber Shtfja^lung
6o3°f- 15 am wädi es-sant gelegen ^aben (bgl. 9iel> 11, 30). (Slermont ©anneau ^at
mit großem ©c^arffinn i^re Sage an bem §ügel schech madkür toeftlic^ tooij! wödi ep-
sür unb eine Umbilbung i(^re« tarnen« in chirbet e\d el-mije na$)Utt>eifen berfuc^t
dlod) Sufebiu« fennt ben Ort 10 römtjck teilen öftlic^ bon ßleut^eropoli«. ©o^o ift
ofync 3^e^c^ m^ chirbet schuweke am ©übab^ang be« wädi es-sant ibentifö (bgl
66 1 Sa 17, 1 ; 2 Gfcr 11, 7 ; 28, 18). Die $toeite ©ru^e 3J. 37-41 jäfrtt 16 ©täbte;
nac^ ben toenigen Orten, bie toir nac^toeifen tonnen, ift ju fd^liefeen, ba^ fte toefttty
unb fübtoeftlic^ bon ber erften nac^ &a^a ^u gelegen tyaben. SUliipe 38. 38, „bie SBarte",
barf nac^ bem Onomasticon 279. 139 in bem fyoetyragenben «alffelfen tdl es-safije
am gufte be« 33erglanbe« neben bem wadi es-sant, toeftlid^ bon chirbet schuweke
6ü angenommen toerben. £a$i« 1>. 39 fud>t man neuerbing« in teil el-hesl, ba« bur^
3ttbfta 663
bic 9tu3grabungen Don glinberS Metrie 1890 als alte DrtSlage unb ^eftung ertoiefen ifi.
Sackte toirb fetyon in ben 'Amärna-Iafeln als ©ifc eine« fanaanitifäen $errfcfyer$ er«
toalptt. SRetyabeam befeftigte bie ©tabt 2 6fyrll, 9; ber jubäifäe Äönig Slmajja tourbe $ier
getötet 2 6$r 25, 27. 3)ie Belagerung ber ©tabt burd^ ©anwerft 2 Äg 18, 14; 19,8
ifk auf ben afforiföen 3)enfmälern bargeftettt. Slucfy 9?ebucabne$ar eroberte fte 3er 34, 7. 5
©glon 33. 39 beat fid^ mit ber untoeit nörblicfy gelegenen Stätte chirbet cadschlan.
2a$ma3 (ober fialjmam*) 33. 40 I^at man mit chirbet lahm füblic$ Don bet dschibrln
gufammengeftellt. 2)ie britte ©ruttye SS. 42—44 jätylt neun ©täbte, nai) LXX %tt}n, ba
jte 33. 44 ftatt 2Jlarefa bie beiben Drte Ba^rjgdg unb Alkcbp aufführt, ©ie fetyemt in
ber ©egenb Don bet dschibrln angefefct toerben ju muffen. Sibna 35. 42 toar 6uje* 10
6tu$ noc& befannt; fte lag naefy Onom. 274. 135 in ber © egenb Don (SleutfyeropoiiS
unb §iefi bamatö A6ßova, Sobna. £eute ift fte DerföoHen. Alegila 35. 44, auefy in ber ®e*
föxdflt S5aDibS ertoäbnt 1 ©a 23, 1—13, hrirb Dom Onom. 270. 120 unter bem Tanten
Krjia, Echela fteben römifcfye Sföeilen öftlicfy Don ©leutfyeropolte angebt unb toürbe bem*
na$ ber chirbet kilä am oberen wadi e?-sür entforeytyen. 2Iber biefer Ort liegt nid&t 15
in ber ©epfyela, toie bo$ 3jof 15, 33 forbert, Jonbern im 35erglanbe. 3)ie £age ÄegilaS
mufc bafcer minbeftenS ^toeifetyaft bleiben, ©benfo ftefyt e$ mit 9lejtb 33. 43, ba$ Dom
Onom. 283. 142 in bie gleite ©egenb beä 35erglanbe$ Dertoiefen unb bafyer ^äuftg mit
bet napib gleicfygefefct toirb. 2lc§ftb (ober (Sfyeftb ©en 38, 5 untoeit Ifyimnat) toirb im
Onom. 301. 112 auf bie Stuine Xaaßi im ©ebiet Don Sleutfyeropoliä bei äbullam be* ao
jogen ; fcielleidjt entfprid^t ifyr ber heutige 9tome eain el-kezbe nörblkty Don wadi es-
sant. 3)ann toürbe ber Drt aber nic$t in bie britte, fonbern in bie erfte ©rujtye ge*
^ören! -Karefa toirb Dom Onom. 279. 139 auf tfotx römifcfye 9Reilen Don Sleutyeropolte
angefefct; man Dergleicfyt bafyerbie füblid^ Don bet dschibrln liegenbe chirbet merasch.
6$ tourbe Don Ste^abeam befeftigt 2 6^r 11, 8 unb toar 14, 9 ber Drt, too ber ju« 25
bätfe^e Äönig äffa gegen bie ßufctyiten fämpfte. sJiacfy Josephus Antiq. XII 8, 6
(Dal 1 3Raf 5, 66) jog IJubaS Don Hebron nad) 2tebob über biefe ©tabt. ftanai) läfrt
ftep Dermuten, bafj fte bie ©teile be£ Röteren 35etogabra (Sleutyeropoliä, bet dschibrln
5. 573,4) Dertreten fyat. ©ie toirb Don 3ofej)^u« toieberfyolt ate eine ©tabt in ^bumäa
genannt Antiq. XIII 9, 1; XIV 4, 4; 13, 9. SDie Dierte ©ru^e 38.45—47 nennt so
dfron, ääbob unb ®a%a; über fie Dgl. ben 21. ^J^ilifter.
2)te Drtfc^aften bc^ ©ebirge^ Don 3uba finben fi(^ 38. 48—60 in fünf ©rupjpen, ju
benen aber nati) LXX eine fec^fte ^ingu^ufügen ift. 3*°^^^ 35^ 59 un^ 60 jä^It bie
grie^tfe^e Überfefcung elf ©täbte auf, bie ofyne 3toe'M urf}>rüngli(^ im ^ebräij^en lerte
geftanben ^aben (f. u.). 2)ie erfte ©ruppe 3S. 48—51 gä^lt elf ©täbte unb ift fübluty ss
Don Hebron, jübtoeftlid^ Don bet dschibrln $u fu(^en. ©amir 33. 48 fyat ©u^rin mit
schirbet sömara fübtoeftlic^ Don Hebron jufammengefteDt. ^a^'r (au(^ 3at^a * Gfa
6, 42) lag na<$ Onom. 266. 133 unb 255. 119 in ber füblic^en Sanbföaft 2)aroma
(j. ^aläftina), 20 römtf^e Weilen Don @leut^eroj)oli^, ein grofjeS ß^riftenborf. ^dfu
pafct bie Stuine fattlr füblic^ Don §ebron infofem, ate fic^ bort Überrefte einer fttr<$e 40
finben; bie Entfernung beeft fic^ nic^t ganj. ©ie toirb auc^ 1 ©a30, 27 unter benDrten
genannt, benen ®aDib Anteile Don ber Seutc ber 2lmaleliter jufanbte. ©oc^o beeft ftc^ mit
chirbet schuweke nörblic^ Don fattlr. 3)ebir 3S. 49, ba« au$ Äirjat^ ©anna unb Äir-
jat$ e^er genannt toirb 9jof 15, 15; 9tt 1, 12, toar eine lanaanifc^e Äönigöftabt Don
einiger Sebeutung, bie nac^3°15 u"b SRi 1 Don bem Äenijtter Daniel (f. Äaleb), na($30f 46
10, 38 f. Don 3ofua erobert jein joD. 3)a ba« Onomasticon nid&te über bie Sage be«
Orted jagt, fo ftnb toir lebigltd? auf 3Sermutunaen angetoiefen. 33on biefen empfiehlt jtc^
am meijtenbie, toelcfye 25ebir in bem3)orfe ed-aahanje fucfyt, einem h)i(^tigen Hreu^ung^
purdt ber 333ege fübh>eftli($ Don Hebron unb einer atocifelloS alten Drt«lage. Slnab 3S. 50
ift fcute f anäb, 5 km jübtoeftlic^ Don ed-dahanje; fo ^ci^en^toei SRuinenftätten in geringer w
©nifernung Don einanber. 3Me ©taDt f oK einft, tote auefy 3)ebir unb §ebron, in ben ftänben
ber fagen^aften Slnafiter getoefen fein, beren Sefiegung Don 3°fua erjäfylt toirb 30 11,21.
(Eft^ento, aud^ 1 ©a 30, 28 ertoä^nt, entfprictyt bem 3)orfe es-semtfa öftlic^ Don chirbet
schuweke, too ftc^ Derjcfyiebene alte 33aurefte finben; nac^ bem Onomasticon 254.119
log e$ tote %ati)\x (f. oben) in ber Sanbf d>aft 3)aroma. 3lnim Derftefyt ba^ Onomasticon 55
221. 93 Don bem J)opj)elort 3lnca in SDaroma 9 römifc^e ÜKcilen füblicty Don Hebron,
unb biefer entftnricfyt ben ^toei benachbarten JRuinenftätten el-ghuwen el-gharbije unb
esch-scherkrje (ober el-ghuwen el-föka unb et-tahta) füMicf; Don es-semü'a.
2)te gtoeite ©ru))j)e % 52—51 umfaßte 9 ©täbte"; fte liegen nörblicfy Don ber erften
Qfaifyptr ftWfefc" 06er auc^ Hebron in if^re §al)l ein. 3lrab (-^«) Reifet ht ber LXX 60
36*
564 3itbfa
Aiqefi ; e« toirb Don @ufebiu« im Onomasticon al« 9Egetuiv&a aufgeführt unb afe em
Dorf im Daroma (f. oben) beaeietynet, toäfyrenb $ierontymu« afe ©ttctytoort nad? bem
fyebräifd&en @reb fefct unb ben Ort, im 3lnf<$lufj an (Sufebiu«, mit #eromit£ nifammem
ftettt. @iner ber gelben DaDib« totrb 2 ©a 23, 35 al« Arbiter (b. i. au« »rab) auf*
b geführt; boefy fyat bie LXX fotoie 1 6^r 11, 37 ben 92amen anber« gelefen. @nglif$e
$orfcfyer Dergleichen bie unbebeutenben krümmer er-rablje öftlicfc Don bem gleich ju er»
toetynenben ed-döme. Duma entfpricfyt bem heutigen ed-döme nörblt<$ Don ed-daharlje
(f. oben), einer bebeutenben SRuinenftätte, too noefy alte ©runbmauern, f^fengräber, 6U
fternen unb §öfylen Don ben einfügen Setootynern erjagten, ©ufebiu« unb §ierontymu«
10 nennen Duma Onom. 250. 116 ein fefyr grofje« Dorf im Daroma 17 römiföe 3Reilen
(ober 25 km) Don @(eutyeropoli$ ; btefeö SDtafi trifft ungefähr auf bie (Entfernung be«
heutigen, ed-döme Don bet dschibnn (j. S. 573, 10) &u. Die SeSart Stoma (trö*), bie
fidj m einigen fyebräiföcn §anbfcfyriften unb in ber LXX finbet, tyd toenig SBa^rf^ein-
lidjfeit für ftcfy. Setl? %t)a$pücfy ift ba« hochgelegene Dorf taffüh 6 km toeftlic^ Don
16 ßebron an ber alten Strafje burety ben wädi el-afrandsch naefy "bet dschibrln. ©«
ift Don 2Beinbergen umgeben unb beftfct gute Quellen naefc SBeften ju. 3Ute SKauerrefte,
(Sifternen nnb §öfylen betoeifen, bafe ber Ort föon in alten QtxUn betoo^nt toar. 1 Gfyr
2, 43 toirb 33aM>u<$ al« ©otyn Äaleb« aufgeführt, b. fy ber Ort toar, e^e fiefc bie @bo*
miter tyier feftfefcten, Dom Stamme Äaleb befc^t. Seine Don SRatur toictyige Sage toirb
20 baburety bezeugt, bafc tyn ber tyrifdje $elbfyerr )Baf($tbe« utm ©cfyufce ber in ba« Scrglanb
fityrenben ©trafen befeftigen läßt 1 Sföaf 9, 50 (Se^on in ijubäa Dgl. .©. 558). ®t toirb im
Onom. 235. 260. 104 al« ein ©renjort jtoifd^en $atäftina unb Ägypten bejeic&net unb
14 römifcfye ÜKeilen (ettoa 21 km) Don ber ebene SRepfyaim (naefy ©üben ju) angefefct,
toa« ungefähr au ber Sage Don taffüh ftimmt. 2ln le£t er ©teile unter ben neun ©tobten
25 biefer ©nippe fte^t ba« tootylbefannte Hebron ober Ätrjatfy Slrba; im ganjen fönnen totr
Don biefen neun ©teibten bemnaety nur brei mit ©idjertyeit nacfytoeifen; unter tynen ift
§ebron Don größerer SJcbeutung.
Hebron nafym benSRu^m eine« fyotyen älter« für ftc^ in^nft>ru#; toir lefen fRu 13, 22,
bafj biefe ©tabt fieben Satyre früher al« 30önf *>• i. 2iani«, in Slg^ten erbaut toorben
so fei. Diefe merftoürbige 9tacfyri<$t fönnen toir bisher nur Don ben äg$>tifc£en Denhnälern
a\x$ ein toenig beleuchten. 2luf ifynen toirb $ani« fetyon für bie $ät*n ^ Q^m SRei<£«
Dor bem einbringen ber §tytfo« bezeugt, man ^at ben Jlamen be« Äönig« ?($c$ri,$ I. au«
ber feebften Dtynaftie auf einem ©tein in lani« ^efunben. 2lber eine toirttic^e 93ertoer*
tung jener dlatyxify ift un« bi« ^eute nic^t möghd?. Dem fyofyen SQter ber ©tabt ent-
86 \pxxa)t e«, toenn un« Hebron a(« bie §etmat mancher ©agen entgegentritt 38a« un«
im 312: baDon aufbetoa^rt ift, betrifft teil« bie ©eftalt Abraham«, ber in 3Kamre (f. ©. 568, 1 7)
fein3*lt gehabt fyaben unb in ber^ö^Ie DonSWac^pela (f. ©.566, 17) begraben toorben fein
foD, teil« bie äöeften Setoo^ner ber ©tabt. äl« folc^e toerben 3lu 13, 23 unb Sit 1, 10
brei @nafitergef$led&ter bejei^net, Sl^iman, ©efai unb Sfyalmai ; fte ftnb Don bem Stamme
40 Äafeb (f. b. 3(.) befiegt unb tyre«93efi$e« beraubt toorben SRi 1, 20; 3of 15, 14 (14, 6 ff.).
Diefe @nafiter, ein s^oIt«ftamm unbefannter §erfunft, toerben Don ber ©age aU ge^
toaltige SRiefen betrautet SRu 13, 32 f.; Dt 2, 11 ; al« i^r 3Jater gilt 2rba 3of 15, 13;
21f 11, ber getoaltigfte Don allen 14, 15. Diefe lefctere angäbe fi^eint ein junger 3"9
ber ©age $u fein, ba fte ben älteren 92amen ber ©tabt, jtirjat^ Slrba, in bem ©hme
45 „©ta&t be« älrba" erllären toiB. Die SRu^tigfeit biefer ©rflärung ift fe^r jtoeifetyaft; fte
Derträgt fic^ jebenfaD« nicfyt mit ber anberen gorm be« tarnen«, in ber -?"?» ben ärtiW
fat, -s-wxn n^p. @en 35, 27 ; 9ie^ 11, 25. %ixx biefe 3?amen«form fann Dteileicfrt b«
Deutung „sJSierftabt", „©tabt ber SBierjafyl" in Öetrad^t lommen. ©ie ift Don Gtoalb
(©efc^ic^te 3«rael« 8 1, 494) geäußert unb Don gurrer (Sibellejiton II, 628) ba^in ai*
60 geführt toorben, bafj bie ©tabt urf^rünglic^ Dier Familien umfaßt ^abe, bie in Dier ab=
gefonberten Quartieren too^nten, tote man noc^ ^eute Dier Stabtteile unterfc^etben loratc
^ter^u ift jeboety ju bemerfen, ba^ ba« 211 Don brei (Snafitergefd&tet&tent in $cfcron r^ct
(f. oben), fotoie bafe bie jeftige ©tabt in fieben Quartiere eingeteilt tohrb. »ei $ieroify*
mu«, Peregrinatio S. Paulae, ftnben toir bie too^l auf jübifc^e ©ele^rte gurüdge^enbe
56 2lngabe, bafe Äirjat^ Slrba bie ©tabt ber Dier -Diänner bebeute, nämlicfy Slbra^am«, gfaafc,
^afob« unb 2lbam« (ober Äaleb«). 3Jle^rerc bem $riefterfobej ange^drige ©teilen, nämlt^
(8en 23, 2 ff. ; 25, 10 ; 49, 32 (Dgl. 9Ju 13, 29), nennen bie alten »etoo^ner Hebron«
§ettt^er; mit toelcfyem Sec^t ba« gefc^te^t, unb toelc^e Sluffaffung ber ^eti%r bem
&u ©runbe liegt, ift jtoeifel^aft (f. Äanaaniter). 3ur 3^ *>& SM^M «johlten bie
üo ibumäifc^en Öctoo^ner Hebron« fogar, bag i^rc ©tabt älter fei al«3Rem^t« in äig^ten;
3«bäa 565
man beregnete tyr älter bamal« auf 2300 ^aljrc (Bell. jud. IV 9, 7). §ebron barf
ba^er ate eine fefyr alte, Wenn nietyt gerabegu al« bie ältefte ©tabt be« füblictyen ©ebirge«
gelten. S)ie natürliche Sage be« Orte« läfjt ba« Wofyl berftetyen; er liegt in ben oberen,
luxfc ntd^t fetyr tief eingefetynittenen anfangen eine« Ityale«, beffen §auptrid&tung nad?
©üben gc^t, parallel mit ber Söafferfctyeibe. 3)ie Umgebung ift eine befonber« naety Sterben, 5
<md) nad) Dften I)m anfteigenbe fruchtbare Jpocfyebene mit einer burcfyfc$nittlid&en $öfye bon
950—1000 m. 3m Often unb Sorben Wirb fte bon bem 93ergrü<fen, ber bie SBaffer*
fc^eibe bilbet, überragt; naety ©üben ift fie burefy mehrere §ötyenjüge unb tiefe S^äler
geföüfct; nad& SBeften eröffnen mehrere 2^äler einen nietyt fctywierigen Slbftteg jur Äüfte
#n. 2)iefe $ocfyebene bot ben geeigneten Ort gur Bereinigung unb ßremung ber 2Begc 10
tum toier ©eiten fyer : bon SRorben führte bie an ber Sßafferfctyeibe entlang laufenbe ©trafte
auf fte )u, bon heften fyer münbete bie ©trafte au« ®a%a, bon ©üboften eine äa$)tifc§e
Strafte über Seerfeba, bon ©übWeften ber alte §anbel«Weg bom SRoten ÜKeere. Sstelleictyt
fyd biefer Umftanb, baft fcier alte ©trafen fyier jufammenlaufen, ben Slnlaft $u ber 83e*
nemumg Äirjaty „Slrba" gegeben. Hebron mit feiner §oc$ebene War jugleid) bie ©tätte, 16
too man naefy ben ©efafyren einer SßüftenWanberung juerft toöüig fixere unb bequeme
Soft nehmen, bor einer folgen bie erforberlictyen Vorbereitungen treffen fonnte. 3)ie alten
^anbete* unb 33erfe^r«Wege fyaben ba« Sntftefyen ber ©tabt auf ber fruchtbaren $ocfyebene
herbeigeführt. Über ben Steffel berSRamen ftirjatfy Slrba unb Hebron fyat §ommel eine
SSermutung au«geft>roctyen, bie fyier ermahnt Serben mag. @r meint nämlic§, baft bie au« 20
ben Slmarnabriefen belannt geworbenen Gtyabiri ber ©tabt ben neuen SRamen Hebron
(urft>rüngli$ Sfyabiran, b. i. ßbabiriftabt) gegeben Ratten, unb ftettt ßirjatfy ärba mit
bem in ben Slmarnabriefen fcorfommenben Ortsnamen SRubütt uifammen (3llti«raelitifc$e
Überlieferung 232 f.). §. Sßincfler hingegen nimmt an, baft ftirjaty Slrba „©tabt be«
(®otte*) 8Crbar// bebeutet unb urfprünglidb mit §ebron gar nichts ju tfyun fyattt, fonbern 26
in ®aliläa lag, ber eigentlichen §eimat Abraham«, ber ©naliter unb §etyiter (©efefy. 3«r.
II, 38 f.). 3lnbere fyabtn §ebron mit ^n, ^?n jufammengeflellt.
Da« 93uc$ 3ofua ftellt bie (Sroberung Hebron« burc$ bie $«raeliten fo bar, baft 3ofua
an ber ©pi$e be« ganjen 33olf« nacb ber Seftegung ber fünf berbtinbeten Äönige fcon
3erufalem, Hebron (Äönig £ofyam), 3armut$, Sactyi« unb ©glon bie ©tabt erobert unb so
bie Sebölferung bem Sänne übergeben fyabe 10, 36 f. SRi 1, 10 bagegen fetyreibt biefen
<£rfolg bem ©tamme $uba Bu- 33eibe« totrb ni^t ba« SRic^tige fein. 3)a fj)äter
ber Stamm üaleb in unb um §ebron too^nt, fo tohrb ftcfy biefer felbft too^l bon ©üben
^r m ben Seftfc be« ©ebiete« gefefct fyabtn, ein Sorgang, ber auc$ in ber je^igen ©eftalt
ber Äunbfctyaftergeföicfcte (5Ru 13 f. ; 3)t 1, 20—46) noc^ burd&föeint. 3m 3ufammem 85
^ang mit ber fpäteren ©efd^id^t«auffaffung nafym man freiließ an, bafe 3°fua bau ©ebiet
um Hebron bem ©tamm Äaleb jugetoiefen ^abe 3<>f. 15, 13—19; 14, 6—14; togl SRi
1# 10—15. 35ie Weitere ©efcfyicfyte §ebron« ift nur toenig befannt. 9?ac§ bem Sobe
©oute erlangte 35atoib in §ebron unb ben zugehörigen ©täbten SBo^nfi^e für fkfy unb
feine Seute, ba er mit ben Äalebitern Derfd^toägert unb befreunbet toar. §ier Junten bie 40
3ubaer i^n auf, um i^n »um ©tamme«!önig gu falben 2 ©a 2, 1 — 4. Slbner, ber
SSetter ©aul«, ber^anbelte ^ier mitSDatoib 2 ©a 3, 20 ff. unb fanb burdj> $oab(f. o.©.218)
feinen lob im 2^ore ber ©tabt ; Dabib toeranftaltete i^m ein e^rentooHe« Segräbni« unb
liefe au# ba« $auft 3«bofety« (f. b. 31. oben ©. 442, 47) fpäter in 2lbner« ©rabe bei=
fe^en. an ben üRörbem ^«bofet^« Dott^og SDat?ib fyier bie ^Jflic^t ber Slutrac^e für bie 45
Familie ©aul« unb lieft ifyre Derftümmelten Seiber an bem %t\ti) in $ebron auffangen
2 ©a 4, 8—12. @« giebt gegenwärtig ^toei grofte alte^eic^e in ber 3tyalfofyle, bie t>on
ben toerföiebenen ©tabtteilen umgeben toirb, einen oberen unb einen unteren. 2Babrfc$ein*
li$ ge^t einer bon i^nen bereit« auf bie Reiten 3)aDib« aurücf; toelc^er? ba« h)iD man
in Hebron nod^ genau h>iffen, nämlicfy ber untere, ber ber größere Don ben beiben ift. 50
AI« ®abib nadj> einem fiebenjäbrigen Slufent^alt in Hebron Scrufalem jum ©i^ feine«
SJoB«tönigtum« machte, ging bie Sebeutung ber ©tabt für bie ©eföid&te S^^el« gurüd.
3)er Slufftanb Slbfalom« begann in §ebron, aber ^u beffen (Sntfc^eibung l)at e« nic^t«
betgetraaen(2©al5, 7 ff.), me^abeam befeftigte Hebron 2 (S^r 11, 10, ofyne 3^fel Wegen
ber SBiqjttgfeit feiner Sage. 3Son ben toorejtlijcben Setoof^nern Hebron« unb feiner Umgebung 66
banbelt 1 6^r 2, 42—49 ; bie .^auptjtpeige ber Äalebiter Werben bort aufgejagt, barunter
ßebron unb anbere Orte (f. Jtalcb). 3n ^ 3e^ ^& ©jil« ober balb nadj i^m bemä^
tigten fu^ bie ßbomiter (f. b. 31. Söb V ©. 169,ßoff.) ber ©tabt unb tyre« ©ebiet«. ®in
Üil ber Äalebiter Wid^ nac^ s)iorben fyn au«; benn Wir finben in ber nactyqrilifcfyen $<it
bad lalebüiföe ©efc^lec^t §ur in ber Sanbfc^aft (Spbrat^, bie fid^ etwa bon Äirjaty eo
566 3ubaa
3eartm bis na$ »etyle&em (f. b. 31. 8b II ©. 667,27 ff.) auSbefynte (bgl. 1 6$r 2, 19.
50—55 ; 4, 4 unb ben 21. Raleb), unb einen feiner 3^0* *n 3«wMem f^bf*# nämlufc
SRe^aja SRefy 3, 9. Hebron toar ebomitifä getoorben unb blieb e$, bte 3uba3 9Raffa:
bäuS um 164 bor Gtyr. bie ©tabt unb tyre Umgebung borüberge^enb unterwarf unb 3o=
5 fyanneä §tyrcanu$ naq 128 bie (Sbomiter überhaupt mit bem jtibifäen SRcic^ bereinigte
lüJiaf 5,65 u. 6. 559,26. gfreilicty tourbe ber SBeftfc Hebron« in ber 2#eorie Don benSuben
nid^t aufgegeben. 3m *ßrieffcerf obej toirb e$ $of. 20, 7 als eine 3ufluc$t$ftabt, 21, 11. 13
afe $riefterftabt aufaefü&rt (-= 1 S&r 6, 40. 42) unb Dom 6&roniften 5Re$. 11, 25 (m
Slbfyängigfeit bom $riefterfobej) felbft jur Reit ©erubabelä aU jübifö ausgegeben.
10 ©er alte 92ame beä DrtS ift tyeute verloren gegangen. ©ie ©tabt, bie jefct ben $la£
beä alten Hebron einnimmt, Reifet el-challl ober üoftftänbig challl er-rahmän, b. i
greunb be$ Sarm^erjigen [©otteä]. ©emeint ift bamit Slbrafyam, ber bereit« 3Ö 2> 23
mit biefem SBeinamen ausgezeichnet toirb. 2Benn fcfyon biefer SRame ben jefcigen Ort mit
bem 2ßofynfi$e Slbra^amS nad^ bem 312, nämlicty §ebron, in Serbinbung brmgt, jo toirb
15 bie ©leid^eit ber beiben Stätten nocfy metyr baburd& gefiebert, bafc ba£ merftoürbige
Sßatriarcfyengrab ©en 23 Don ber Überlieferung o&ne jebeS ©d&toanlen bis ^eute in el-
chalil aufgetoiefen toirb. 9laä) ©en 23,9. 11. 17 toar biefeä ©rab eine fiö^le; fte ge*
fyörte ju einem <&tüi £anb, ba$ in ber makpelä Dor SKamre, b. i. toatyrf<$einlid& dftlid^
Don SJtamre lag. Makpela fcfceint bemna^ ber 9lame einer ©egenb getoefen ju fem;
»feine SBebeutung ift unffar (bgl. ©. 567,23). SDtamre toirb ©en 23,19 burefc Hebron er*
Hart, unb ebenfo mufe tootyl ©en 35, 29 berftanben toerben. ©emnacfc fyätte bie ©rab*
tyityle ber ©tabt §ebron gegenüber gelegen, Hebron ober Sföamre im SBeften, bie £öble
im Dften. ©a3 entforid&t ben gegentoärtigen 33ertyältniffen nid^t: ber größte Zeil ber
©tabt liegt auf ber öftlicfyen ©eite be£3#afe$ unb ba$ mu$limifd&e Heiligtum, el-haram,
26 an bem Dftranbe biefcä ©tabtteilS. 2Ba^rf($einlic& ftanb im Slltertum bie ©tabt ober
toenigftenS ber größere leil ber ©tabt auf ber SBeftfeite beä Ü&ate bem heutigen haram
gegenüber. ©ort ergebt fU$ ein breiter §ügel, ber ben Flamen er-rumeiett trägt ©ein
©oben ift rei$ an §öf)len unb Sifternen, man finbet bort bie Stefte Don fe^r alten
dauern unb Don jüngeren ©ebäuben; er ift bemna<$ in früheren >{e\Un betoo^nt ge*
so toefen. Senjamin Don Subela (12. ^ß^unbert) unb SBrocarbuS (14. 3[a^r^unbert) reben
auc^ no$ t?on ben Spuren einer alten ©tabt „§ocfc§ebron", bie auf biefer §ö^e gelegen
^abe. Dort toäre nad^ ©en 23 üRamre anjufe^n. Um auf bie §ö^le in ber mak-
Selft jurüc{}utommen, fo fotten naä) bem 21X bort beigelegt fein: ©ara ©en 23, 9;
tora^am 25, 19 ; 3faaf, SRebeHa, 2ea 49, 31 unb 3a!ob, beffen Seic^nam nac$ ©en
35 50, 1 ff. funftgereetyt einbalfamiert tourbe. 3)ie nädjfte 9Jac^ric^t barüber liefert un« 302
fe^^u« Bell. jud. IV 9, 7 : „bie ©rabmäler (ber gamilie 2lbra^am«) toerben rux$ l^eute
in biefem ©täbtcfcen (Hebron nämlic^) gezeigt, au$ fetyr f^önem SJlarmor unb ^räc^tig
gearbeitet". 3)er t>on i^m gebrauchte Sluöbrucf /ivrjjLieTa nötigt burd^aud nic^t, an fünft;
fcoQe Sauten (SDenfmäler) ju benfen; er toirb in ben pfeifen attynxtrit ®xablammcm
40 bejei($nen, tttoa mit einer berjierten &ront, toie bie fogenannten Gräber ber Jtönige ober
bie ber Sudler im Sorben t>on 3erwfakm- ®tö Kp* W m^ ^er w(W*" toon Ate» 23
noc^ Dereinigen. SQBenn aber ber $ilger bon Sorbeauj 333 n. <§fyc. melbet, in ^ebron
fei memoria per quadrum ex lapidibus mire pulchritudinis, in ber bie @r)bäter
beigebt feien, fo ift baS bie erfte gtoeifellofe Bpxxx bon Sauten an biejer ©tätte. Son
45 toem fte ^errü^ren, fügt ber $ilger nic^t bin^u. Stntoninud Wärter ertocfytt 570 n. ßbt.
bort eine tnerfyallige Saplifa unb einen in ber -Kitte offenen #of, ber burefc eine ©Ironie
in jtoei, für Stiften unb ^uben bestimmte SRäume geteilt jei; biefe« Sautoerf mu| bem*
naq unter ber £errj($aft ber bi;jantinifc^en Äaifer, biellei^t bon einem berfelben, errietet
toorben fein. 6« ift im fiebenten 3<* W^unbert in ben Seft|ber SDtuSlimen übergegangen,
60 barauf an bie Äreujfafyrer unb bon biefen toieber an bie STOuäimen gefommen ; e£ ^at
auf biefe SBeife toieber^olt ben SBed^fel ^mifeben &ir$e unb Wofd^ee bur^gemad^t. Suc^
finb anbere Seränberungen mit ber einricfytung be^ $la^ boraenommen, bie jebo<$ nur
ium Xeil befannt finb unb fi$ f?ter ntc^t ber Steige nad^ namhaft machen laffen. So fott
i^ier nur noc^ eine furje ©c^ilberung ber jefcigen Sefc^affen^eit be« haram gegeben, unb
ob biefe mit einigen gefcfyid&tlicfyen 33emerfungen t?erbunben toerben. ©er ^eilige ?Plo|, ein
oblonger SRaum Don 60:34 m, ift fcon einer ftattlid^en 3Rauer umföloffen, bie etoa 18m
fyo$ ift. 3^r oberer %t\l ift ein 2Berf ber Wudltmen. ©ie Ratten aut^ auf bie trier ßdfen
Dier 3Kinaret^ aufgefegt; bo$ fte^en je^t nur noi) jtoei t?on i^nen. ©er untere Zeil ber
SJlauer bi« gu einer burdrfd&nittlic^en §ö^e Don 12 m ift alt unb fefyr forgfältig ^qgefteBt
60 ©ie ©teine ftnb fc^ön behauen unb jum Xeil fe^r grofe; einer ift über lim lang unb
Sfnbfta 567
mtfyc at« Im fyoty. Die innere %läty be« haram liegt ettoa 4,50m tytyer al« bie
toeftlu$ benachbarte ©trafee ber ©tabt. 35er 3u9an9 Ju $r befinbet jtcfy gegentoarttg an
ber Dftfeite. SJlan fyat nämlid^ in neuerer fyttt an ber füblid&en, öftlic^en unb nörbltd&en
Seite m einigem äbftanbe Dom Heiligtum eine jtoeite üRauer aufgeführt unb ben Staunt
$tmf$en beiben SDtauern al« bequemen 3ugang ju ber fyö^er gelegenen $Iäd)e be« haram 6
eingerichtet Sluf jtoei Freitreppen im SRorben unb ©üben ber alten JRingmauer fann
man ben öfüic^en 3u8an8 jum ^eiligen Sejirf erreichen ; bod& pflegt nur bie füblidje treppe
ben 33efud&ern offen ju fielen. Da« öftlic^e %f)ox füfyrt burety bie Ringmauer, bie tyier
2,60 m ftarf ift, in eine hoppelte, Don ©pifcbogen übertoölbte £aHe; in ibrer füblic^en
§älfte beftnben fid^ jtoei ac^tedfige ÄapeDen, in benen bie Äenotap&e be« Slbratyam unb 10
ber ©ara fte&en. 35er erftere, ettoa 2,60 m lang unb 1,20 m breit, befielt avtö üRauer*
toerf, ba« mit SDtarmorplatten bef leibet ift; fcfytoere, f eibene Decf en füllen tyn ein. 3jpifc^en
biefen beiben ©d&augräbern öffnet [\$ fübtoärt« ber Eingang in bie eigentliche SRoföee.
©ie nimmt ben gefamten füblid&en SRaum be« geheiligten Sejirfe« ein. Sjfyct 2lu«beljnung
beträgt Don Dften nad& SBeften 28 m, Don SRorben nad& ©üben 21m. ©ie ift burd& bier 15
parte Pfeiler mit Dortretenben ©äulen in brei Don ©pifcbogen übertoölbte fallen ober
©c^iffe (alfo neun ©etoölbe) eingeteilt. Diefe ©cfyiffe fmb Don ungleicher norbfüblid&er
Srette, ba« filblid^fte !?at bie geringfte Sreite. &m mittleren ©$iff fte&en bie ©rab*
gebäube für 3faaf unb SRebeßa, an bie füblicfyen Pfeiler angelehnt. Unter biefer 3Rofd&ee
fofl ftc$ bie $ityle mit ben ^atriarebengräbern beftnben. 3Ran bejeie^net in bem {üblichen 20
unb in bem mittleren ©d&iff je eine ©teile als Zugänge }u tyr. Der eine foQ in bie
toeftßc$e, ber anbere in bie öftti$e fefyh führen ; man fprictyt nämlicty fdbon feit ber grie*
$if$en unb lateiniföen Überfefcung be« 2EE Don einer 'Doppelte (fiut^er: jtoiefad&e
tö^le; lat spelunca duplex) auf ©runb einer jtoeifel^aften Deutung be« fyebräifd&en
Jorte« makpeld. Diefe beiben 3ugänge fmb burefc Steinplatten in ber ^flafterung be« 26
Soben« berfd&loffen. (Sine britte Öffnung befinbet jtdj in bem nörblicfyen ©<$iff, fte gleist
bem 3Runblod& einer ßifterne unb ift toie biefe« mit einem ©teine jugebedft. Durdp ba«
2od) biefe« ©tein« fyat man bei ber legten genaueren Unterfud&ung 1882 (f. unten) mit
§ülfe einer Sampe feftgeftettt, bafj ftc§ Darunter ein leere« ©emaety befinbet, beffen SBänbe
unb Dedfe jum &etf Reifen ju fein föienen, unb an beffen füböftlic^er 2Banb ein 2$or so
btmtdt tourbe, baä grofee 9t^nlic^feit ^atte mit einem ©ingang in altegelfengräber, Joie fte
ftc^ häufig in ^aläftina finben. Serläfet man bie 9Roföee in nörbliqer Stiftung unb
fc^reitet burc^ bie oben ertoätynte 33or^aDe, fo gelangt man auf ben offenen £of be$ ha-
ram. ®r umfaßt nur einen Meinen SCeil ber nörblicfyen ^älfte be« Sejirf«. Da« nörb-
Kc^e @nbe ift burd^ mehrere ©ebäube au« ber neueren £eit bebeeft. @in« Don i^nense
enthält bie Äenotap^e ^afob« unb ber £ea. Da« ©rab Sofepb« — felbftDerftänblid^
toieber ein ©d^augrab — befinbet ftc$ in einem 9lnbau, ber erft nad^ ben &reu))ügen
(1393) an bie äußere SRorbtoeftcdfe ber frönen SRingmauer be« Heiligtum« angefügt toorben
ifL Diefe Äenntni« be« je^igen Heiligtum« Derbanfen toir ben Beobachtungen, bie feit
1862 bei Sefud^en Don feiten fyoc|geftelIter ?Perfonen au«gefü^rt Joerben fonnten. Denn 40
bie fanatifefy gefinnten 3Ru«limen Hebron« Dertw^ren jebem „Ungläubigen" ben ©intritt
in bieSRofd^ee; e« toirb nur geftattet, bie füblid^e Freitreppe ^inan^ufteigen. Durd^ befon^
bere @rlaubni« be« ©ultan« erhielten Rutritt 1862 ber <ßrin) Don Sale«f 1866 ber
TOarqui« Don Sute, 1869 ber Äronpnn$ Don ^reufeen unb 1882 bie ^rinjen albert
SSictor unb ©eorge Don SBale«. Über ben S3efudj> be« ^rinjen Don SBale« ^at ber 45
preufcitoe Äonful Dr. ©. SRofen, über ben Sefud^ ber englifc^en ^Jrinjen 1882 ber eng*
Itfc^e Offijier unb $aläftinaforfc^er 6. SR. Gonber berietet (f. bie Sitteratur). 2lud& ^at
im Sa^re 1119 eine Untersuchung be« $atriarc^engrabe« burc^ (ateinifd^e üRönd^e ftatt=
gefunben, über bie toir Öeric^te fennen. ©ie beftätigt, bafe e« unter ber 9Jtofcfyee (Äird^e)
unterirbifc^e ©emäc^er unb ©rabfammern giebt ; aber leiber ift fte nic$t genau genug ge* 50
fü^rt toorben unb unDoDenbet geblieben, fo baft fte w« fein beutlic^e« S5ilb liefert.
%ki& Ältefte an bem je^igen haram ift ofyne 3toeifel bie ftattlic^e SRingmauer. ©raf
3R. be SSogtiä ^at in feinem ^Jrac^ttoerfe Le temple de Jerusalem ($ari« 1864),
©. 4 ff. bereit« Darauf aufmerffam gemalt, bafe bie 93e^anblung ber ©teine jefyr ber«
jenigen gleist, bie an ber jüblicben 3Kauer be« haram in ^erufalem toafyrjuneljmen ift, 66
genauer gejagt an ben©tücfen, bie bort unmittelbar über ber©^t liegen, biebeSogüö
too^I mit Siecht Don §erobe« bem ©rofeen herleitet. 9?ac$ biefem SKernnal toürbe man
bie Stauer efyer ber Reit nac$ $erobe« al« ettoa biefem felbft auftreiben. 3uö'^ fäOft
m« ©etoity, ba^ ^ofepl;u« Don einem Sautoerf an biefer ©tätte nodj> nicfyt« ju toiffen
fc^eint, aber ber ^ßtlger Don Sorbcauj bereit« Don einem folgen rebet ; bielleic$t entfprid^t go
568 3ttboa
ba« Sierecf (quadrum), Don bem er rebct, föon bem Umfange be« iefcigen Segirf«.
2)ie Don Slntoninu« SRartyr ertoätynte Safilifa fönnte auf bie fyiten 3uftinian« gurücf-
gefyen. 3)a bie jefcigen ©äulenfapitäle an ben Pfeilern gum Seil nod& btjgantmtfcfce 3«$s
nung fyaben, fo ift man geneigt, ficfy bie Safilifa bereit« an ber ©teile ber 2Kof$ec iu benfen,
6 al« bie ältefte Vorgängerin be« jefcigen Saue«, ber bemnac§ getoiffe ©tücfe be« älteren @e*
bäube« in jtcfy aufgenommen fyätte. 9Jtit biefer annähme ftimmt bie Angabe be« ©amuel
Sar ©imfon um 1210 gut überein, bafe nämlicfc „ba« ^eilige $au«" m Hebron Dor
600 Qafyren erbaut toorben fei. Sie unterirbifcfyen (Sänge, ©emäctyer unb ©ctt>öDbc, Don
benen bie Sendete über bie Unterfuctyung be«3a!?re« 1119 reben, toürben bem(jemäj$ eben=
10 fall« btygantiniföe Slrbeit fein. Sin eine Veränderung be« Umfang« be« ^eiligen Segirf«
in fpäterer 3*it fann faum gebaut toerben; benn bie eigentümliche Slnlage unb©nteilung
ber einfügen Äircfye (jefcigen 9Dtofd&ee) — ba« Jetylen einer Styjt«, bie Stiftung ber Steife
Don ©üboft naefc SRorbtoeft, bie Teilung in neun Sieredfe, Don benen bie mittleren brei
faft quabratifety finb — legt ben ©(tylufc nafye, bafj fu$ ber Saumeifter be« erften d&riffe
16 liefen ®otte«^aufe« über bem ^atriarc^engrabe bereit« an fefte ©c$ranten gebunben fafy,
nämlit^ an bie Ringmauer be« haram.
©<$on oben ift Don ber Sage SDtamre« bie Siebe getoefen (f. ©. 566, 20). 9Rit tyr
Rängen bie (Sieben (ober Serebint^en) 3Ramre« gufammen, neben benen Abraham nac$
bem ^e^obiften fein 3elt auffd&lug ©en 13, 18; 18, 1. 3ft SRamre nad& ©en 23, 19;
20 35, 27 ein Ort gegenüber bem $atriarcfyengrabe, fo tyanbelt e« "fiety um ^eilige Säume,
b. ff. um eine Äultu«ftätte neben biefem Orte, Slnber« fteDt ©en 14, 13 bie Qadjt bar:
9Ramre, fotoie Slner unb @«fol finb 3lmoriter in $ebron, gu benen Abraham in
einer Slrt Don ©d&ufcDei&ältni« ftefyt. @«foI fällt toofyl gufammen mit bem Orte <S«fol,
nad& bem ba« %i}d genannt ift, bi« gu bem bie Äunbfäafter Dorbrangen 9lu 13, 23;
25 32, 9; ©t 1, 24. t)iefer Ort beeft fub toa$rföeinlid& mit bem heutigen bet iskfthel
6 km norbtoeftlicfy Don Hebron ; §ierontymu« ertoäljnt ®«f ol in ber Peregrinatio S. Pau-
lae am SBege jtoifd&en Setfygur unb Hebron. $)afc nun SJtamre unb (S«fol Dttönamen
fmb, foricfyt n\d)t gu ©unften ber Darfteilung in ©en 14. 3)a« Äapitel nimmt aud>
fonft eine ©onberfteuung unter ben Duellen ber ©eneft« ein, e« toirb neuerbing« meiften«
so al« jung angefetyen ; batyer Derbient bie anbere Darftettung ben Sorgug. 9Jlan fyd ferner
Slner mit ber §ö^e ne'ir im Söeften Hebron«, 3Ramre mit chirbet unb eain nimre im
Sorben ber ©tabt Derglid&en ; aber biefe ©leietyungen finb an fu$ unftc^er, unb bie leitete
toürbe gu ben Slngaben be« Sl^E über bie Sage Don üRamre gar nic^t paffen. 5Benn h)ir
ba^er bei biefen fielen bleiben (t>gl. ©. 566, 20), fo erübrigt bie %xa$t, ob fid^ fonft eine
86 juberläfftge 9iad^ri^t über bie ®i$en 5Kamre« finbet. 3)ie LXX feftt ftatt be« Plural« ben
©ingular Ögvg (giebe ober ^eiliger Saum überhaupt), unb aud) ^ofep^u« läfit Slbra^am
Tiegl rrjv 'Öyvyrjv xaXovuJvrjv dgvv bei Hebron too^nen Antiq. I 10, 4. ©tefe feit-
fame Benennung geigt, ba^ toir e« mit einer Don ÜDttytyu« unb ©age umtoobenen ©tätte
gu tfyun ^aben. Ogtygifö bei^t bei ben ©rieben überhaupt „uralt, nefengro^'; aber
*o ^ofep^u« feftt ni(^t ba« Slbjeftto. 3)ie Übertragung be« dornen« 'Qyyyrj auf einen Saum
bleibt rätfel^aft. 6« fyanbelt jt(^ boti) too^l um bcnfelben ^eiligen ©aum, toemt 3<>fe>)^u«
Bell. jud. IV 9, 7 ergäbt, ettoa fec^« ©tabien Don Hebron geige man eine fe$r grofte
Serebint^e, bie fo alt toie bie SBelt fei. 35er Sßecfyfef Don @ic^e unb Xerebmt&e fättt
nid^t in« ©etoictyt gegenüber bem anberen Umftanbe, ba| in beiben ©teilen ein uralter
46 unb fagenbentymter Saum gemeint ift; e« toirb rid^tig fein, an einen unb benfelben Saum,
nicfyt an Derfc^iebene Säume gu benlen. 5Kan ^ielt an biefer ©teile Dielbefu^te "BJärlte
ab. ©0 lieg $abrian nac^ bem Stufftanbe Sar Koc^ba« eine fo groge 3a^ öon 3uben an
ber Serebintye bei §ebron Derfaufen, bafe ein jübif^er ©IlaDe ntc$t me^r galt al« ein SJJferb
(Chronicon paschale ed. 2)inborf I, 474; $ierontymu« gu ©acb 11, 5; 3er 31, 15).
60 sJJeben tyr toar eine berühmte fyeibnif^e D^ferftätte, bie ber Äaifer Äonftantin jerftören
unb burc^ eine d&riftlictye Kirche erfe^en lieg (gufebiu«, Vita Const. 3, 57). SSSaw^Kin5
li$ ift biefer Wagregel aud^ ber alte Saum gum ODfer gefallen; benn ^ierontymu« fagt
im Onomasticon (ed. be Sagarbe 114), baft ber Saum bi« gur 3*tt feiner ^ugenb mib
ber §errfc^aft be« Äonftantin noefy gegeigt toorben fei, unb rebet in ber Peregrinatio
66 S. Paulae nur Don ben ©puren biefe« Saume«, bie not$ gu fej^en feien, tiefer Saum
toar bie le^te ©tation amSBege Don^emjalem nati) Hebron, gtoei römiföe 3Retlen (3 km)
Don §ebron entfernt CPilger Don Sorbeauj 333). 2)iefe« 9Rag pa|t DoKommen auf bie
©tätte, bie freute rämet el-chalil Reifet (b. t). Rama Slbrotyam«). ©ie liegt 3 km nörb*
lid^ Don Hebron, f^oc^ unb frei auf ber 3L*afferf treibe (1020 m), öftlic^ t>om SBege naefr
60 Jerufalem, 3Wan fte^t au^ bem Soben noefy gtoei bi« brei Sagen Don f$önen, forgfältig
3ubSa 569
gefd&id&teten (Steinen fyerborragen, bie bielleidjt einft ju ber SRingmauer beS ^eiligen SejirfS
gehört fcaben. SBeiter öftlicty fmb bie SRefte einer großen Äircfye bemertbar, toatyrföemlicfc
ber Sajtlifa, bie Äonftantin fyier §at erbauen laffen. Dr. ©. SRofen fyörte 1856 eine 9Jie-
benmg öftli<$ bon ben merftoürbigen ©teinfcfyicfyten challet butmet er-räme nennen, b. i.
9ßeberung bei ber lerebint^e bon 9tama — offenbar noety eine Erinnerung an ben längft 6
berfdjtounbenen Saum. Die englif$e Karte (bon 1874/81) jeigt bagegen eine challet el-
butme toeftlicfc bon rame. Seit ben Äreu^ügen fanb eine anbere annähme Seifall.
9R<m beginnt nämlic^ mit bem brennten ga^unbert einen {üblicher ftetyenben Saum
als bie SKbra^amSeic&e ju bejeid^nen (too&l juerft bei bem üJWncfye Surc^arb 1283). DaS
ijt bie fceute nod& nicfyt ganj abgeworbene ballutat sibtft neben chirbet sibta im Söeften 10
beS wftdi et-tuffah. Die Örtlicfyfcit gehört jefct ben Stufjen, bie neben ber im SBinter
1888/89 bom ©türm gebrochenen @i$e ein &ofoig unb einen 2luSfic$tSturm gebaut fyaben.
0$ne QtottfA M r&met el-chalil bie toirllic^e Überlieferung für fi$; 3of^u^ j. S.
er^lt bo<$, toaS man in jübiföen Greifen bamalS barüber teuft*. Dafe jene Slngaben
bem SEE gut entforäcfcen, !ann man nicfyt fagen. 2luS ben Sieben ift ein ^eiliger Saum 15
geworben; bie LXX änberte toafyrföeinlicfy bie Benennung beS DrtS mit Stüdfftctyt auf
bie bamalige Sefcfyaffentyeit. Slucfy ift bie Sntfemung ber foäteren lerebintfye bon Hebron
reU$Iic$ grofc bafür, bafc fte naety biejem Ort benannt fein foHte. SieQeic^t erflärt ju$ ber
ttnterföieb bur# bie nafyeliegenbe annähme, bafe in alter $eit ja^lreic^e gießen ober lere*
binden, ein Heiner SBalb („§ain 9Jtomre"), bidjt nörblicty bon Hebron borfjanben toaren, 20
bofc aber in Röteren ^a^unberten nur no$ ein gewaltiger alter Saum, bie dgvg ber
LXX k., übriggeblieben unb ber einzige Iräger ber alten ©agen getoorben toar.
DaS jefcige Hebron, el-chalil genannt (f. ©. 566, 11), verfällt in fieben Quartiere unb
jätyt 18—19000 ©intoo^ner. Darunter befmben fic^ ettoa 1500 Suben, bie brei ©tyna*
gogen beftfcen; alle übrigen ftnb -äDtuSlimen, bie fidj gegen frembe ßinflüfje fanatifdj ah 26
föliefcen. 3>n ber fruchtbaren Umgebung bemerft man gatylreictye SBeinberge. abgeben
bon 2Wer* unb ©artenbau befcfyäftigen flc^ bie ©ntootyner mit ber 3ubereitung bon
SBafjerfctyläuc^en, mit ©laSbläferei unb mit §anbel£gef$äften in ber 2Büfte fübli<$ unb
fübdfttid^ bon ber ©tobt. Diefe fieute gießen alfo jum Seil noety biefelben ^anbelspfabe,
bie emfi ©alomo unb Ufia befyerrfctyten. so
ßefren toir nun &u bem SSer^eid^niö ber ©täbte in Iguba jmrücf, baS toir oben
©. 564 berlafjen tyaben. Die britte ©ru})})e bec Orte auf bem GJebirge 3uba umfafct
ic^n Stäbte (nad) LXX neun f. unten), bon benen toir bie erften bier fieser nattyoeifen
föimen. 3^re 2a0e Je*0^ *>afe ^iefe ®üfipt ungefähr öftlic^ bon ber jtoeiten unb nörblic^
bim ber erften gefugt toerben mufe. 3Kaon toirb 1 ©a 25, 2 als bte §eimat be$ Aale- 86
biten Slabal genannt (bgl. 1 Gtyr 2, 45), ^eute chirbet unb teil ma'ln, ein an ber
ffiofferft^eibe gelegener ©tyfel 880 m mit alten ©runbmauern, §ö^len unb ßifternen.
Die „SBüjie (bon) SJlaon" 1 ©a 23, 24 f. bejeid&net toa^einlid^ ba« füböftlic^ angren^
jenbe ®ebiet Äarmel (ßarmel) toar ebenfatt« Scfi^ 3Rabate 1 ©a 25, 2. 5 unb na$
1 Sa 15, 12 ber Ort, too ©amuel bem Könige ©aul entgegentrat, als er bie 3lmalefiter 40
beftegt &atte. Die ©tätte fyat ibren alten 3?amen behalten, el-karmal, 11km fübli<$
bon Hebron, 819 m ^o(^ an ber SQBafferfc^eibe gelegen mit bebeutenben SRuinen, barunter
bon jtoei Äirctyen. 3?ac^ bem Onomasticon 272. 302 (bgl. Notitia dignit. I, 78 f.)
log fcter dne römifc^e Sefafcung; fie foHte offenbar bie fyier ftc^ freujenben ©trafen be=
toac^en. ©i))^ gleichfalls !alebitif(^ 1 Gfyr 2, 42, toirb in ben ßnäfylungen über bie 3}er= 45
folflung DabibS burc| ©aul ertoä^nt 1 ©a 23, 19 f.; 26, lf. SRetyabeam befeftigte bie
©tobt 2 6^r 11, 6. (SS entforiebt ber gütige teil zlf füböftlicty bon §ebron an ber
SBaffcrfcfceibe 878 m mit einigen geljengräbern. Die „§eibe" (fofiut^er) in ber SBüfte
bon ©i))^ toirb toofyl richtiger als DrtSname betrachtet, fyebr. "?7n, bem bielleid^t bie
heutige chirbet choresä entfpric^t, eine Irümmerftätte 3 km füblic^ bon teil zlf. 3°fw
15f 23 toirb ein anbereS &ty\), baS fübli^er lag, im -Kegeb, gemeint fein. 3uta, eine
^rieperfiabt 3of 21, 16, Reifet ^eute jutta; baS ift ein grofeeS Dorf (837m) füblic^ bon
Hebron mit fteinernen #äujem, alten (Sifternen, Äeltern unb gdfengräbern. Die ßin^
too^ner bef^en grofee gerben (17000 ©cbafe). Über ^efreel bgl. Sb VIII, 733, n ff.
©anoaty toirb too^l mit ber auSgebe^nten SRumenftättc chirbet zanüta 12 km füblid^ 66
bon jutta gufammengefteKt ; bod? foKte man bann biefen Ort feiner Sage naefy in ber
erften ®ruty>e S. 48—51 ertoarten. 3u Äain, baS man in chirbet jakin jüböftlic^
bon Hebron fud&t, bgl. ben Slrt. Main. Seibe SRamen, ©anoa^ unb Äain, fmb in ber
LXX *u einem SRamen Zaxaväe.t/u berbunben; ba^er toerben bort nur neun ©täbte in
biefer Q&vuppt gejault. süon einem ©ibea in biefer ®egenb (1 Gtyr 2, 49), „in bem oft* w
570 Sttbäa
liefen Seile $)aroma$" (beS ©üblanbeS), toeife nod& baS Onomasticon 246. 128; fceute
ift bic ©pur bobon noc$ nid&t toiebergefunben. 8u($ ein Styimna in biefem Seil beS @e*
birgeS tft unbefannt.
S)ie vierte ©ru^e 33. 58 f. jctyli fe$S ©täbte; fte ftnb nörbli<$ bon ber ahmten
6 unb britten, b. f). nörblic$ Don $ebron, $u fixeren, fiotyul futbet fu$ unter bem alten
Flamen halhül 9 km nörblid^ bon Hebron, ein ftattlicpeS Dorf mit einet Duelle, gelfen-
gräbern unb alten Sföauerreften, 997 m. Setty 3ur (8et^ 3uraX bon SRefcabeam befefHgt
2 6$rll, 7, toirb lS&r2,45 als falebitifä aufgeführt unb 9fc$ 3, 16 ate jübiföer
Doppelbe^rf genannt, ^n ben SKaffabäertriegen foielte eS eine mistige Stolle als be*
lofeftigter ©renjort 1 üttaf 4, 29. 61; 6,31. 50; 9, 52, bis eS bon Simon 140 b. G$r.
mit bem jübifd&en ©ebiet enbgültig bereinig^ mürbe 1 ÜRaf 11, 65; 14, 7. 33. $er
9tame &at ft($ bis fyeute erhalten: bet pur liegt 25—30 km fübfi<$ bon ^erufatem
nafye toeftli($ am SBege nad& Hebron, 966 m, burq SKauerrefte, ^Ifengräber imb einen
Storm aus bem Mittelalter als alte DrtSlage fenntltcfc. 3ln ber anberen Seite beS SBkgeS
16 liegt bie reic$lic$e Duelle cain ed-dirwe, an ber na<$ bem Dnomafticon 235 ^iliplmS
ben ©unud&en aus üRofyrenlanb getauft fyaben fott. ©ebor toirb ate bie ^eimat einiger
Ärieger S)abibS genannt 1 6§r. 12, 7 unb toar naefy bem @jil bon Äalebitern betoo&nt
4, 4. 18 (1 Gfyr 4, 39 toirb richtiger ©erar gelefen). ®S toirb mit bem heutigen chirbet
dschedür 911m, einer alten DrtSlage nörblicty bon bet pur, jufammenfatten. SJefy Xnot$,
20 baS toa^einlic^ „Heiligtum ber (©öttin) änaty" bebeutet (bgl. Sety Stnafy £of 19, 38) iji
mit chirbet bet 'ainün berglu^en toorben, einer alten DrtSlage mit SRauerreftat, mit
ber SRuine einer Äafcette, mit einer Duette unb einem $ei<$ ; fte liegt fübößli<$ bon halhül
an ber Söafferföeibe. üRaaratfy unb Sltfyefon fmb unbefannt.
3)ie fünfte ©ru^e ift nur bur<$ ben griecfyifcfyen lejt (LXX) uns erhalten toorben ;
25 bafe fte ate ein echter Seftanbteil beS UrtejteS amufc^en ift, teuftet auS ben befamtten
Ortsnamen, bie fte enthält, jur ©enüge ein. 93on ben elf ©täbten laffen fu$ ac£t be*
ftimmen : barauS ergiebt ftc$, bafe baS ©ebiet biefer @ru$)c nörbli<$ bon ber borigen, um
Settern unb bis in ben SBeften ^erufalemS, anheften ift. S^cfoa toar bie §eimat
beS sproßten SlmoS 2lm 1, l, beS bon $oab $u Dabib gefanbten SBeibeS 2 ©a 14,2ff.
30 unb eines gelben 2)abibS 2 ©a 23, 26. $etyabeam befeftigte bie ©tabt 2G$r. 11, 6, bic
füblidb bon ^erufalem 3er 6, 1 unb am Staube ber 2Büfte lag 2 Gfyc 20, 20. 26 ; 1 2Raf 9, 33.
3)ie ßintoofyner toaren nad) bem 6pl Äalebiten 1 Sbr 2, 24; 4, 5 unb beteiligten fty
mit SluSna^me tyrer Dber^äufter an bem üRauerbau 9ietyemiaS in 3wuföl«w 9le^ 3, 5. 27.
3e$t fmb no(^> Stuinen beS DrteS bor^anben, SRcfie einer cfcriftlid&en Äird^e, 6tftemen unb
86 ©räber; er Reifet tekü'a unb liegt 16 km fübli($ bon Serufalem (bgl. Dnomafticon 261. 156;
254. 119). 3)aS ©rab beS 2lmoS tourbe bort bis ins Mittelalter gejeigt. ep^rat^a
toirb im grie($iföen lejt mit Set^le^em gleic^gefe^t, ä^nlit^ toie m ben ©loffen
®en 35, 19 ; 48, 7 ; boc^ läfet ftd^ jtoeifeln, ob ^^rat^a, fonft 9?ame einer Sanbf<^aft,
aud^ 3Jame einer ©tabt getoefen ift (bgl. II, 667, 27). Sßeor (grie^. $ayd>Q, bgl. ®en 36, 39)
40 lag na<$ bem Dnomafticon 300. 123 in ber 9Wtye bon SSefylefyem unb bedt ftc^ mit ber
alten DrtSlage fäghür 915 m an ber ÜBafferfcfyeibe. ®tam (grie<$. Ahdv,Ahdu; ^ebr.
2t:^) tourbe bon Stetyabeam befeftigt 2 6^rll,6 unb toar nai) bem ®jil bon Äalebitem
betoo^nt 1 6^r 4, 3. 3^r 5?amc 'l* *n r**n Catön füblidj> bon ben falomonif^en Zeilen
(VIII, 682, w) erhalten ; ba^er ift toafyrföeinli<$ auf biefen Ort bie Angabe beS 3«>f<»>^
46 Antiq. VIII 7, 3 ju beilegen, ber ein ©tarn 50 ©tabien bon ^erufalem bei ben ©arten
©alomoS ertocüjmt. Rulon (griec^. KovXdv) entfpricfct biellei^t bem heutigen kalönije,
einem norbtoeftli^ bon ^erufalem an ber je^igen ©trafee naety $a$a gelegenen 3)orfe ; boc^
toollen anbere ben heutigen tarnen auf baS lateiniföe colonia jurüd^ren (©. 580, 11) unb
betrauten i^n ba^er ni^t als alt. ©oreS (grie<$. 'Ecoßrjs, 2(oqtis) ift toofyl ba* gütige
60 särls, ein 3)orf im ©üben ber ©trafee bon %a\a nac^ 3erufalem, 15 km toeftiic^ bon
biefer ©tabt. Äarem (Kagejut c-2) fd^eint baS anfe^nlid^e 35orf eain karim 7 km
toeftlic^ bon ^jerufalem ju fein. @S toirb bon lateinif<$en unb griej^ifc^en (rufftf<^en)
pilgern biel befugt unb trägt auc§ ben 9?amen ©t. ^o^ann, toeil ^ier bie @ltern 3|t>^nnei
beS Käufers, 3a^öriaS unb Slifabet^, gctoofynt ^aben unb So^anneS ^ier aeboren fem foD.
66 ©eit ber 3eit ber Äreu^üge i)at man nämlicfc ^ier bie „©tabt !guba" Sc 1, 39 gefugt,
bie anbere jebocfy mit bem oben (©. 569, m) genannten 3"^ gufammenjiellen toollen.
Setter {OeWjg, Bai&rjo) ift nadj 1 @Sr 5, 17 axxi) ®Sr 2, 20 für -*3 unb 9Je^ 7,25
für *i-n;. einjuje^en, toar alfo naefy bem Gjil toieber ein jübiföer Ort. 9lad) Eusebius
hist. ecd. IV, 2 unb nac^ bem lalmub tourben bie gü^ifer beS jübifd^en XuffianbeS
60 unter #abrian 135 in Setter beftegt. 2)er sJJame bittir ^aftet ^eute an einem auf peilen
fttbäa 571
geteterraffen gelegenen 35orfe 10 km fübh>eftli($ Don Serufalem; dfte ^Bauern unb 93rud&*
ftüdfe Don ^nföriften ftetten feine militärifd&e Sebeutung aufcer Ätoeifel (bgl. Clermont
Ganneau, Archaeological Researches I, 463—470). -äRanodpo tyängt h>a^rföemli<$
mit bem jjtibifd&en ©efölecfyt ber Wlanafytbxta: 1 (Sfyr 2, 52. 54 jufammen, aber bie Sage
be$ DrteS ift unbefannt. 6
3>ie fed^te ®rufl>e 33. 60 umfafct nur jtoei ©täbte, Äirjatfy Saal ober R\x\ati) Searim
unb #arabba. SBenn ftd& auefy nur bie erfte ann&^ernb beftimmen läfct, fo ftefyt bo$ bie
2age biefer ©nippe im SBeften Don ^erufalem aufcer grage. Der 9teme be$ Ort« toed&felt.
Sieben ben oben genannten finbet fi$ Saala gof 15, 9—11; 1 Gtyr 13, 6 unb »aale
§e^uba 2Sa 6,2; $. Dort fyat barauS ben ©d^Iufe gebogen, bafc ber Dottftänbige 9tame 10
tftrjatij »aal (Saale) ^e&uba gelautet $abe, b. i. ©tabt beS ßerrn (©otteS) Don $uba.
ftirjatfy ^earim gehörte nad£3of9, 17 ju bem ©täbtebunb ber ©ibeoniter, ber Don^Örael
einen SSertraa *u erringen toufete. Sängere 3e^ toar ^ort bie ^eilige Sabe, bte fte &abib
nad? feiner SRcftbcnj falte 1 ©a 6, 21 j 7, lf.; 2 Sa 6; $f 132, 6. 3er 26, 21 hrirb
Jt 3. als bie Heimat beä $roj)^eten Urta genannt. @3 gehörte $u ber Sanbföaft $tf)xati) 16
(Dgl I, 667), bie na$ bem ©jil Don üalebitem befeftt toar 1 <§fyc 2, 50. 52 f., unb hrirb
(SSr 2, 25; SRefy 7, 29 ju ben Orten ber jüDifcfcen ©emeinbe geregnet, ©eine Sage ift
nk&t pd^er ju beftimmen. ©3 lag an ber ©renje jhriföen 3uba unb Benjamin, toeftlicty
Donftej^toa^ (liftÄ?)r öftlty Don G&efalon (= kesla), füblid^ Don Set^oron^of 15,9;
18, 14 f.; nac$ 1 ©a 6, 21 oberhalb Don Sety ©emeS (Dgl. 9K18, 12 öftli$ Don JJarea»
unb gftyaol); ™$ bem Dnomafticon 271. 109; 234. 103 9 ober 10 römiföe 9Reilen
(ettoa 15 km) naefc ber (alten) ©trafce Don ^erufalem nad& 2)io$£oli$ (Stybba). 9Jad& bem
9Sorf<$lage Don @b. SRobinfon hrirb häufig ba3 grofce Dorf karjet el-'ineb ober abu
ghösch (fo genannt nad) einem mächtigen 35orfföe($ im anfange beS 19. 3afa&unbert3)
12 km Don 3«ufalem an ber heutigen ©trafee nad) 3afa für bie ©tätte be$ alten Äirjatb 25
Searim angefe^en. 6. SR. ßonber hingegen glaubt ben Ort in chirbet earma füblug
toom heutigen w5di es-^arar hrieber gefunben ju fyaben ; bod^ hriirbe naefy biefer 2lnnatyme
bie ©reme ^hriföen ljuba unb Senjamin ju toeit ftiblic^ faDen. 3°f 18, 58 hrirb ber
Ort )u »eniamin geregnet.
3ß« lefeter Seil be$ ©ebiet« Don 3uba toirb enblicfc 3of 15, 61 f. bieffiüfte genannt,»
b. ff. ber öftlicfce Slb^ang be$ ©ebirge« nac^ bem Soten 9Keere ju (Dgl. ben 21. ^aläftina).
3n biefer ©egenb nennt ber tyebrmföe Sejt fed^, bie LXX mit ftarfen äbtoeic^ungen
aud^ in ben einjelnen tarnen fteben ©täbte. S3on i^nen lafjen ftd^ jtoei na^toeifen.
3He „©aljftabt," ^ebr. riytsrr^^9 lag toa^rfc^einlt^ im ©algtbal, baä bur^ toieber^olte
Äampfe gegen bie (Sbomiter befannt ift 2 ©a 8, 13; 2 5?g 14, 7. ©ie ift bafyer im 86
©Oben na$ ber ebomitifd^n ©ren^e Ijm ju fud^en unb entfrri^t bem heutigen teil unb
chirbet el-milh im wSdi el-milli 25 km öftlicfy Don Seerfeba (f. ben 21. SRegeb). ©ngebi,
b. i. bie SodfgqueHe, lag am 'loten üReere 6g 47, 10 unb toar nad^ bem Dno«
mafücon 259. 122; 254. 119 ein fefyr grofee^ Dorf. ®er Sterne ift an ber Duette be$
Ort« bis tyeute haften geblieben, cain dschidl. ©ie entringt nörblicty Don ber 5)iünbung 40
be* wädi el-caredsche auf einer 120 m über bem ©piegel be^ loten üReereS gelegenen
Zmaffe. hieben i^r finben jtd^ noc^ einige 9)toucrrefte, ©j)uren ber alten Drt«lage. Sin
fWfar 3Wjai>)fab fü^rt am inneren Stanbe ber Äli^pe abh)ärtö unb ift noti) ^eute ber
r*tetoeg jtoifd^en Serufalem unb Äera! in TOoab toie f(^on im 2Utertum 2 6^r 20, 2. 16.
ältere 9lame be« Orte« fott nad^ ©en 14, 7 unb 2 6fyr 20, 2 §ajejon 2$amar ge* 46
ttxfen fem; er bezeugt ba« SSorfommen Don Jahnen (Dgl. Josephus Antiq. IX 1, 2)
an biefer ©teile. 3)ie Sßemberge ©ngcbi« toerben $8 1, 2 gerühmt. 3)aDib fuc^te in
ben gelfen ber Umgebung ©$ufc Dor ben 9Serfolgungen bur(^ ©aul 1 ©a 24, 1 f.
2)er ^ier befpro^ene Seil ber Ort^lifte ^uba« umfafet — abgefe^en Don bem ©äblanbe,
bem 9?egeb — 94 „©täbte." ©cfyon nacb biefem 2(u«bru(! ber Sifte barf man nic^t baran so
beiden, bafc fie alle Orte $uba3 enthält. 2lber felbft h>enn man nur bie bur(^ Surm
unb Steuer gefegten Ortf^aften ^uba« in ber Sifte fudjt, fo toirb man auf einige Südfen
aufmerlfam. ©0 hrirb bie Don SRe^abeam angelegte geftung 2lboraim 2 Qfyx 11, 9 niebt
genannt, toä^renb bie übrigen 2 Gfyr 11, 5—12 aufgezählten 3tfhm0at ertoä^nt fmb.
SHcfc ©tabt hrirb autty bei bem .Hrteg^uge Irtypfyonä gegen ben §a«monäer ©imon ge* 66
naratt l 9Ka! 13, 20 fohrie öfter bei ^ofe^uä in ben fürjeren formen 2lbora unb
3)ora Aütiq. XIII 9, 1; 15, 1; XIV 5, 3. ©ie ift ba$ gütige dura, ein grofee«,
<|ueffcnreid^e« Dorf mit ftelfeitgräbern unb alten Saureften 10 km fübtoeftlicfy Don^ebron.
Unter ben ^lrei(^en Drtenamcn in 1 6l^r 2 unb 4, bie hrir nid^t alle erlennen, ge^
f^toeige benn beftimmen fönnen, mag tei^t auc$ noc^ eine „©tabt" (4, 12) fteefen, bie eo
572 3fstba<t
in 3of 15 ntd)t aufgellt ift. SDa« 1 <5&r4,22 ertoä&nte Äofeba becft fic$ h>afcf$eiitli$
mit chirbet kuweziba norböftlicfy bon üalhül.
3Jn fpäterer 3eit erlangen nocty einige Orte 2Bi<$tigfett, bie früher nid^t genannt
toerben ober erft jüngeren Urforung« ftnb. 3)a« lefctere trifft auf eine ©rünbung #erobe«
5 be« ©rofeen ju. Sttoa 60 ©tabien füblicfy bon 3jemfalem legte biefer eine ©tabt £erobia
unb auf bem natyen §ügel eine 93urg ((pgovgiov) an, bie er mit prächtigen ©ebäuben
unb türmen fcfymüdfte unb §erobium nanntt (3ofep&u«, Antiq. XIV 13, 9; XV 9, 4;
Bell. jud. 1 13,8; 21,10). SDie krümmer biefer Sauten finben ftcfc auf bem dschebel
el-furedls ober bem granfenberg fübtoeftlicfy bon Settern. ©<$i<f $at biefe ©tatte
10 3b$33 III, 88—99 betrieben unb fte foo^l mit SRecfct al« ben Ort be$ei<$net, an bem
§erobe« nacfc Antiq. XVII 8, 3; Bell. jud. I 33, 9 beigefefct tourbe. Unmittelbar
über bem SBeftufer be« loten SDteere«, 16 km füblicty bon (Sngebi (f. oben), liegt bie
Sergfefte SDtafaba $ebr. "*"-), bie erft burefy bie ©eföic&te be« Aerobe« befannt toirb,
aber föon bon bem $a«monäer ^onattyan angelegt toar. §erobe« braute auf biefer enfc
15 Iegenen unb fd&toer zugänglichen ©tätte feine gamilie bor ben Sßart^ern unb bor Slntigonu«
40 b. G&r. in ©id&ertyeit ßofe^u«, Antiq. XIV 13, 8 f.; Bell. jud. I 13, 7 f.). 3u
beginn be« jübifcfyen Slufftanbe« bemächtigten ftcfy bie fogenannten ©ifarier unter ftüfcung *
be« ©aliläer« ßleafar ber J^eftung. 9toc|bem ^erufalem gefallen toar, tourbe fte nad)
fyelbenmütiger SBerteibigung burd) 2. glabiu« ©ilba am 15. Styril 73 erobert. Die ge?
20 naue Beitreibung, bie Sofej^u«, Bell. jud. VII 8, 3 f. bon biefem Orte liefert, tft nac$
ben erften @ntbe<fern, @. ©mitlj unb @b. SRobinfon, bon ben 33efucfcern toieberfcolt al«
juberläfjig beftätigt toorben. §eute Reifet ber böllig berlaffene ©tyfel es-sebbe; bie
krümmer auf bem ©tyfel rubren teil« au« ber 3eit be« §erobe«, teil« au« ber fixte
römifcfyen 3eit, teil« bon ben Äreujfa^rern tyer. 3jn *>cm nörblid^en Seil ber SBüfte 3uba
25 ^albtoeg« jtoifd&en ^enifalem unb bem loten 9Reere finben jt$ einige Stutnen, bie ben
Flamen bet ober chirbet hudedün tragen. 3)iefer sJlame erinnert an ba« irrm rrn be«
Xalmub, tootytn am grofcen ©ütynfefte ber gwben Se 16 ber ©ünbenboef geführt tourbe, um
bort in ben 3lbgrunb geftürjt ju foerben (3b$ III, 214—219).
2)er nörblictye Seil ber Söüfte 3Juba bi« in ba« alte ©ebiet be«©tamme« Benjamin
so (f. unten) hinein, ettoa bon 3$etoa im ©üben bi« Setzei im Sterben, toar bom bierten
bi« jum jiebenten ^a^unbert burdj Xaufenbe bon Sinfteblern unb 9Jiöncfyen beöölfert,
bie teil« einzeln in böttiger Slbgefd^ieben^eit bon anbern, %il« unter gemeinf^aftlic^er
Oberleitung in fogenannten Sauren, teil« in abgefd&loffenen ©ebäuben (Gönobien ober
5ölonafterien) ftd) bem ©ebet, ber Betrachtung unb ber arbeit toibmeten. 3Son aOen
35 biefen Einlagen ift freute nur nod) eine erhalten, nämli$ mar saba, ein bon etfta
50 griec^ifc^en SRönc^en betbo^nte« Jtlofter. @« liegt unmittelbar am [teilen abrang ber
©d^luc^t be« üibron (wadi en-n5r) in tbilber ©infamleit brei ©tunben bon ^etufalem.
@« tburbe bon bem ^l. ®aba^ um 478 nad) (tyx. gegrünbet. ^ie ÜJtönd^e führen ein
fefyr ent^altfame« Seben unb fte^en unter einem im Älofter too^nenben re^s (ettoa ^Jrior),
40 ber feinerjeit« bon bem gried^ijc^en Patriarchen in 3jetufalem abfängt. 3Bir fennen bie
■Kamen bon eth>a 50—60 Sauren unb ßönobien, bie fi<^ bamal« in bem angegebenen
©ebiet jtüifd^en bem ^orban unb bem loten SDteere im Dften unb ber 9Q3afferfc^etbe im
Sßeften befunben fyaben. SDie älteften ©rünbungen ge^en auf Gljariton jurücf, nämlic^
bie Saura $^ara im wadi fara 12 km norböftlid^ bon ^erufalem (um 320), bie Saura
46 ®uta ober Saura (Sfyibii in ben §ötylen be« Serge« 3)ufa (je|t dschebel karantal) bei
3jerid^o (um 335) unb bie Saura ©utta ober Saura be«Styariton bei S^efoa (340—350),
je^t mugharat charetün. S)iefe« großartige ^ö^lenlab^rint^ frurbe irrtümlich in früherer
3eit al« bie „$öble" SlbuQam angefe^en, toätyrenb e« ftd^ im %% ftet« um eine Serg-
fefte biefe« 9lamen« ^anbelt (bgl. ©. 562, 48). Sefonber« berühmt toaren bie Saura be«
60 Sbt^miu«, um 429 gegrünbet unb 482 ober 484 in ein ßönobhim umgehxmbdt, jefct
chän es-sahl ober chan el-ahmar öftlid^ bon 3erufolem; ferner bie Saura unb ba«
Gönobium be« Sfyeottiftu«, bon (Sut^miu« unb feinem ©enofien 2^eottijhi« um 410 ge*
grünbet, je^t der mukellik öftlid^ bom borigen; enblid^ ba« Gönobium be« Z^eobofnk,
bon 3^eobofiu« Gönobiarc^a 475 gegrünbet, je^t der dösi ober der ibn robed öfttiefy bon
56 Set^le^em. S)a« gan^e ©ebiet tburbe ber eg^ixog, lat. Eremus ber fyl. ©tabt unb M
^orban« genannt (Solitudo sanetae civitatis et Jordanis); ber öbefte, ^oc^liegenbc
leil nafyt über bem Xoten 5Weer ^ic^ ber jiavegrjjuog (Paneremus). infolge ber 6r*
oberung be« Sanbe« burc^ bie Slraber h>urbe ben ^tönd^en ber Aufenthalt in biefer ©egenb
unmöglich
60 9luf bem tbeftlid^en Slb^ange be« 93erglanbe«, faft fd^on an feinem gfug, ift in ben
3nbäa 573
crfken 3afy#unberten unferer 3«tred&nung eine ©tabt entftanben, bie jur $üt be« Sufebiu«
unb $ienmtymu3 grofje 33ebeutung für ba« füblidje ^aläftina gehabt tyaben mufj, ba fte
im Onomaftiton na$ tyr bic Sage bteler Orte beftimmen. ©ie führen fte unter bem griec^.
SRamm ©leuttyeropoli« auf ; biefer finbet ftcfy juerft auf ©tabimmnen au« ber 3eit be« Äaifer«
©epthmu« ©eberu« 202/203. 2)a fi$ bie ©tabt auf ber SRüdfjeite biefer Zürnen Lucia 6
Septimia Severiana nennt, fo ift anjunefymen, bafe biefer Äaifer bei feiner Slntoefenfyeit
im Orient um 200 nadjj Qfyx. tyre -Weugrünbung unter bem 9lamen ßleutyeropoli« be*
fohlen tyd. 2)er Ort fyiefi früher bet gubrln, "p-oii mn in ber Doctrina Addaei
(3tfß2$ I, 225) unb im Salmub (5tteubauer 122), bei Sßtolemäu« IV, 16 BanoyaßQa;
biefer alte 9Jame tyd ftd& bi« fyeute im 3Kunbe be« SSolfe« erhalten: bet dschibrin, io
toäifcenb ber gried&ifd&e mit bem @nbe ber griec&ifcfyen £errföaft fcerfd&tounben ift. ®p\*
ptyaAv& flammte avß bem ©ebiete biejer ©tabt, uno au« ber fttit fcom 4. bis 6. Satyr*
tyunbert lernten totr mehrere Sifctyöfe t>on Gleuttyeropoli«. ©ie lag an bem Äreujung«»
punft bteler ©trafen jh>ifc^en ®a%a unb Igerufalem toeftlicty Don Hebron unb bertrat bie
©teile be« alten Wlaxtfa (©. 563, 23) ober 3Rariffa, ba« fcon ben ^artyern 40 bor 6tyr. 15
jerftört tourbe (S^fep^u«, Bell. jud. I 13, 9). 9tacty ber (Eroberung ber Araber ging feine
Sebeutung ^urüd. 6« tourbe 797 burdj räuberifetye ©arajenen fcertoüftet. S)ie Äreu^
fairer befeftigten ben $unft 1134 toieber unb pflegten ityn ©ibelin m nennen. 3)er
Sultan SBibar« eroberte ifyn 1244 enbgiltig gurücf. -Kocty jeftt finb SRefte einer 93urg er»
galten, über beren §aupttfyor eine arabifetye Snfcfyrift Oom §atyre 1551 ftetyt; bemnattyao
toirb bamal« eine (Erneuerung alter 2öerfe burety bie Surfen ftattgefunben Reiben. sDJerf=
toürbig ftnb bie au«gebefynten §ö^lcn, bie ftcfc in ber Umgebung be« heutigen 3)orfe«
finben. -Wic^t toeit öftlicfy bon bet dschibrln liegt chirbet el-biss; biefer 9lame er«
amert an kefar bisch be« lalmub unb an ben befeftigten Ort Katpagaßig ober Xa-
paßte (fo bei SRiefe) Igofe^u«, Bell. jud. IV 9, 9, ber fcon Gereali« belagert tourbe. 26
Storbtocftlicfc t>on bet dschibrln fte&t auf einem §ügel ba« 3)orf dikrln, unb tfym
gegenüber liegt chirbet dikrln mit Oielen Gifternen, Srunnen unb unterirbif$en (Sängen ;
ed ift ibentifdj mit kefar dikrln, ba« im ialmub al« ein ftarf befcölferter jübiföer Ort
genannt toirb.
III. 3>ubäa umfaßte in ben ©. 560 f. angegebenen ©renjen nidjt nur ba« ©tammgebiet 80
§uba«, fonbern au$ bie ©ebiete öon Senjamin unb $an fotoie Seile be« ©ebiet« fcon
Sp^raim. SSon biefen ift junäcfyft ba« ©ebiet Benjamin« ju befarec^en §of 18, 11 ff.
©tute ©übgrenje fällt fcom 3>or^an im Dften bi« ftirjat^ fyaxim (©. 571, k) im 9Beften
mit ber fRorbgrenje 3^« jufammen, %o\ 18, 15—19 ; 15, 5—9, bie SBeftgrenje läuft
tom Äiriat^ Searim norbtoärt« bi« j\um unteren 33etfy .^oron %o] 18, 14, bie 5Jorbgrenje 86
g^t bon bort über Setzei unb !geric^o bi« jum 3Jorban ^inab 12 f., bieOftgrenje ift ber
Jjorban 20. 2)ie 3lu«be^nung biefe« ©ebiet« beträgt bon Sorben nad^ ©üben ettoa
40 km, öon Often nac^ 3Beften eth>a 50 km, feine ©röfte toar bemnad^ gering. 2)ie
Umgebung fcon ^erid^o toar fe^r fruchtbar, ber öftlic^e älbfall be« ©ebirge« untoirtlid^ mit
Sudna^me be« toafferreic^en wadi fara, ba« §od)Ianb toafferarm unb toenig ergiebig, 40
abgefe^en öon bem Sanbftric^ jtoifd^en Setzei unb 33et^ §oron. Son SBeften unb
Sterben ^er ift ba« ©ebiet fdjtoer jugänglid^ ; e« ift ba^er begreiflich, toenn Die 93enja*
miniten al« triegeriWe unb raubgierige Seute gefd^ilbert toerben ©en 49, 27 ; 9ft 20, 16.
SBknn aud^ bie SDarfteDung 3o{ 18, 11—28 bem Sßriefterfober. angehört, fo fott fxe boefc
o^ne 3toe*fc' füt bie &orer,ilifc$e 3«it gelten. 2)ie 3)arfteHung ^at ftd^erlid^ ältere Quellen 46
bemiftt SJergleic^t man fte mit ben p oliti{c^en SSer^ältniffen, fo ftb&t man auf ja^lreid^e
©c^toierigfeiten. 3)ie ©renje jtoifd^en ben Steigen ^uba unb J«rael f)<d me^rfad^ ge*
f^toanft. ©ie fte juerft beftimmt toar, läfet ftdf> ungefähr barau« erfctyliejjen, bafe 3tjalon,
fübtoeftli^ öon 9et^ §oron, eine ^eftung 9te^abeam« toar. 3l^ia, ber ©o^n 9te^abeam«,
fott freiltd^ nad^ 2 Gtyr 13, 19, Setzei, gjejana unb täpfyxon mit feinem Steige bereinigt 60
baben. ©ein 9lac^folger 3lfa bagegen fonnte ba« Sanb nur bi« 3Ki^a unb ©ibea S5en-
jamin«, alfo ettoa bi« jum wadi es-suwenit, belauften, obtool;l er ben Slngriffber Slramäer
w>n 2)ama«fu« gegen 3&ael herbeigeführt i^atte. %ixx bie ältere 3^ *>e« Sleid^e« guba
trifft e« ba^er nic^t &u, toenn 1 Äg 12, 21 9le^abeam al« ßönig über Suba unb Sen*
iamin bejeid^net toirb; ba« ge|^tlic^ Süchtige fte^t 12, 17. 20 unb 11,32. 36: 9te 66
^abeam Jjerrföte nur über ben ©tamm 3uba. 916er nac^ bem @nbe be« nörblid^en
9teic^ fc^eint ftc^ bie Siorbgrenjc 3juba« bi« nac^ Setzei au«gebe^nt ju ^aben gef 10, 28 ;
2 Äg 23, 15. 19 f.; 2 6^r 34, 29—32. Mx biefe 3eit toirb e* ungefähr jutreffen, bafe
bie batoibifc^en Äönige 3"ba unb Senjamm be^errfebt l^aben. sl«ellei4t ift bie SRorb*
grenjc Senjamin« vVf 18 mit SHücfficfyt auf biefe $eit beftimmt toorben. 3u benfen giebt oo
574 dfuMia
ferner bie 6inf$ließung ^erufalemä in ba« ©ebiet Seniamin«; benn bie ©renje hrirb
3of 18, 16 bur<$ ba« Ztyd $innom (VIII, 669) unb über ben Srunnen Siogel (VIII,
671) gebogen. 2lu« ber Sßolitit 3)abtb« läßt fid& too^I begreifen, baß er 3*n*falem nic&t
ju 3uba fd&lug, obtoofyl er e« mit feinen Seilten erobert tyatte (VIII, 676); aber e«
5 toürbe ben 3ntereffen be« Königtum« bo<$ $utoiber getoefen fein, toenn bie JRejtbenjfiabt
bem ©ebiet irgenb eine« anberen Stamme« einverleibt toorben toäre. 3)ie SSer^aUniffe
nacfc ber Teilung be« SReicty« lagen erft rec^t ni$t fo, baß bie £auj>tftabt 3uba« al«
benjaminitifä fyätte bejetd^net toerben tonnen. SDenn bie Seile Benjamin«, bie bauernb
*u3uba gehörten, toaren fo unbebeutenb, baß fie unmöglich ben Stamm vertreten tonnten;
10 felbft ba« fruchtbare ©ebiet von 3eri$o gilt 1 Äg 16, 34 al« i«raelitifd&. 3)aß 3erufalem
nic&t afe jubäifcty geregnet tourbe, tyielt man feit ber 3«* 2)abib« fefi 3)a| man e«
al« ein Stüdf Senjamm« bezeichnete, erflärt ficf> toa$rfcfyeinlid& atö ber $<&, tn ber ba«
benjamimtifäe ©ebiet im großen unb ganzen toirflicty ju bem Steige 3uba gehörte, b. $.
au« ber 3*i* nac£ bem Untergange be« Steige« ^«rael, al« man mit Stecht babon fpre$en
15 tonnte, baß ba« $Rei$ ^uba ba« ©ebiet jtoeier Stämme umfaßte. 2>arau« toürbe ft$
ergeben, baß für bie ©renjangaben in %o\ 18 ber Stamm jtoar bie ©runblage bilbet,
baß aber auf Politiken SSer^ältniffen beru^enbe Styeorien bie Slbgrenjung be« ©ebiet«
beeinflußt fyaben. 9Da« ©leiere läßt fic£ an ben ©renjbeftimmungen für^uba beobachten:
ber Stamm bilbet bie ©runblage, aber bie Slbgrenjung namentlich im Süben unb SBeftcn
aoift mit SRücfftc^t auf bie polttifd^en aßac^tber^ältniffe be« Steige« 3uba erfolgt (©. 561,32 ff.).
$te 3°f 18, 21—28 aufgemalten Stäbte Senjamtn« jerfatten in jtoei ©nippen, in
eine öftlicfye Don jtoölf Stäbten SB. 21—24 unb in eine toeftUd&e bon bier&etyn ©tobten
SS. 25—28. 3tn ber Stifte ber öftlictyen ©ru^e ftefyt 3eri$o. ©er SRame biefer Stobt
toirb im 31$ teil« '■w (^entateud^ unb £agiogra^en), teil« th^ ober 'ts?: (3of),
»aud^nrp1:^ 1 Äg 16, 34 getrieben. LXX fe|t bafür 'legtzco, Strabo 'legixovg;
bei ben Arabern Reifet fie erlha ober rilia Sin einigen Stellen be« 3EE toirb fte
au# bie ^almenftabt genannt 2)t 34,3 ; 9ti* 1, 16; 3, 13; 2% 28, 15; tyren 3tei<fc
tum an Jahnen rühmen auefy *piinhi« (Nat. hist. 5, 14) unb lacitu« (Hist. 5, 6).
3ur 3e*t boc ßintoanberung 3«rael« foll fie unter einem Äönig gefianben ^aben 3of
ao 2, 27; 6,2; 12,9. 3m SSudfre $oj (6 u. 7) totrb außer tyrer tounberbaren (Sroberung
auety tyre böttige 3wftörung burd^ 3°fua ajä<. ©«ß 3°jua «»«* %lud) auf ben Neubau
ber (?tabt gelegt tyaben foll, ftimmtju ben fonftigen gefdyic^tlic^en 9lac^ric^ten nic^t rec^t
Quin Sit 3, 13 tüirb fte bon ben 5Koabitern toieber erobert, unb jur 3^ 2)atoib« ift fie
betoo^nt 2 Sa 10, 5. 2)o$ tüirb 1 Äg 16, 34 in »erfüllter ffieife, toie e« fc&etnt, barauf
35 angef))ielt, baß bie neue SBefeftigung ber Stabt bur$ diel au« Setzei nid^t ofyne Sc^eu
bor bem 3orn ^tx ©ott^eit ober o^ne folc^e Unglüd«fälle, bie man auf ben göttlichen
3orn jurücffü^rte, bor ftd^ gegangen ift. 3ur 8* ®'ia^ un*> ©lifo« ^atte in $znd)o
ein SSerein bon 5ßroj)^eten feinen Si$ 2 % 4, 5 ff. Sei ber Belagerung bon Saufafon
587 tourbe ber jubäi^e Äönig 3ebctia, ber fid^ jenfeit« be« ^orban« in Sit^er^dt bringen
40 toollte, bon ben Sab^loniern bei ^ericfyo eingeholt unb gefangen genommen 2 £g 25, 5;
3er 39, 5. Stocty bem @jil beteiligten \id) bie ßintootyner ber Stabt an bem 3Rauerbau
5Re^emia« 9Je^3, 2 unb faloffen ftc^ ber jübif^en ©emeinbe an 9te$7, 36; (S«r2, 34
(bgl. 9}efy 12, 28). vv>n ben Kriegen ber §a«monäer befeftigte Satc^ibe« bie ©tabt gegat
3onat^an 1 9Raf 9, 10. Simon tourbe bei einem Sefucfye bon 3eric^o auf ber Burg 3)o!
45 (f. S. 579, 7) bon feinem Sc^toiegerfo^n ^tolemäu« ermorbet 1 3Wt 16, 11 ff. ?Point>eiu«
berührte auf feinem 9Karfdje bon 3)ama«tu« über SSet^fean unb Stlejanbrium (S. 582, in)
nad& 3erufalem 63 bor 6^r. bie Stabt Jos. Antiq. XIV 4, 1 ; Bell. jud. I 6, 6.
©abtniu« machte 57 bor (Sfyr. &x\d)o jur $auptftabt eine« felbftftänbigen Sejirt«, jeboeb
nur für toenige 3a^re Antiq. XIV 5, 4; 6, 4; Bell. Jud. I 8, 5. 7. 3Wii$erobe* b. ©r.
60 begann eine neue $eriobe ber Stabt. 3lntoniu« fyaüt ber äg^tift^en jtteopatra 3^4°
jamt feiner fruchtbaren Umgebung übertoiefen; bod^ §erobe« toollte ben toertboHen 2anb«
ftric^ nic^t au« feiner §anb geben unb fid^erte fiety burc^ eine ?Pad^t bon 200 Talenten
jä^rlid^ bie eintünfte biefer ©egenb Antiq. XV 4, 2 ; Bell. jud. I 18, 5. @r ber*
jcfyönerte bie Stabt burefy anfe^nlic^e Sauten, burd^ ein Ityeater, ein Xmpbtt^eater unb
66 einen §ty}>obrom Antiq. XVII 6,3. 5; 8,2. 3lud& muß er ein SBo^npau« bort be«
feffen ^aben, ba toieber^olt bon feinem 3lufent^alt in 3^° We Siebe ifi 2ttefe ©tabt
be« §erobe« fd^etnt ettoa« füblid^er al« ba« alte ^erid^o gelegen }u ^aben. 3)iefe« lag
nämlicfc nad) Bell. jud. IV 8, 3 in ber 9iätye ber burefy (Slifa gefunb gemalten Ouelle,
bie o^ne 3toeifcl mit bem heutigen fain es-sultan unmittelbar am guß be« Serglanbe«
eo (2 km norbtoeftlid^ bom je^igen Orte) tbentifc^ ift. Nun finb gegenmärtig auc^ an ber
3fittfta 575
füblicfcn ©eite be« wadi el-kelt jatylreic&e ©puren alter SDtauern unb SBafferlettungen,
fotoie bic SRejic eine«, großen &etd&« (birket müsa, 172 m : 143 m) bemerfbar; barin
ftnb toa$rf<$emlic$ bie Überbleibsel ber tyerobiamfcfyen ©tabt gu erblidfen. ©ie lag nad)
Jos. Bell. jud. IV 8, 2 f. 60 ©labten (b. i. jtoei ©tunben; 11 km) bom ^orban unb
150 ©tabien (b. t. fünf ©tunben ; 28 km) bon 3erufalem entfernt, ©ie toar bamal« 5
hn heftigen aufblühen begriffen ; biete SBafferleitungen au« bem wadi el-kel bon cain
es-sultan unb ou« bem wädi en-nawai'me befruchteten bie ©egenb, bie tote ein ©orten
©ottc« reiche (Srträge an Satteln, Salfam unb §enna (Styperblume) abtoarf Jos. Bell,
jud. IV 8, 2 f. ©tr 24, 18 (14) rebet bon 9tofen in 3erid&o. @« ift ftrettig, toelc&e
$fbnje bamit gemeint ift. Der griec^ifd^e 2lu«brucf (pvxä gödov lä|t junäcfyft an 10
totrBic^e JRofen benfen, bie toofyl erft in perftfdjer ober gried&tfdjer 3^t in Sßaläftina
eingeführt toorben fmb. Die forifd&e Überfefcung (*n~i ra^r) fyat jebo$ an ben Oleanber
gebadet, ber an allen Säcken *{Saläftina« häufig toäc^ft. 2luc£ fommt in 9etra$t, bafi
c« in Serien manche Slrten bon toilben $ecfenrofen giebt. 2Ba« man ^eute irrtümlicher*
toetfe „^erietyorofen" nennt, f?at mit all biefen ^ßflanjen nic^tö ju tfyun. sJRan berfte^t 16
barunter in ber Segel eine ßruetfere, bie Anastatica hierochuntica, bie bie auffallenbe
Cigentümlic&feit beftfct, bafj ftc$ bte 3to^0e &« tJrud&tfrone öffnen, fobalb man ben
Stengel in« SBaffer taucht, bafc fte in troefenem 3"ftanbe bagegen fid& toieber fd^liefeen.
5Reuerbing« fyat man jeboety eine anbete in ber Umgebung bon Igericfyo unb am loten
5Keere borfommenbe Sßflanje, ben Asteriscus pygmaeus, al«. bie toatyre ^erid&orofe ber ao
mittelalterlichen Sßilger be^eic^net, ba gerabe fte in ben SBappen mehrerer franjöftfd&er
8bel«gefc$le$ter al« bie SKofe bon ^jeriebo bargefteQt fei. Slucty fte fyat bie eigentümlich
feit, bafr ftc^ ifyre Mätterartige grudjtfyülle na$ Befeuchtung mit SBaffer in funer 3*ü
öffnet — Die ©tabt be« £erobe« ift e«, bie ftefu« auf feiner legten Steife nadp $ttu*
falem berührt $at 9Rt 20, 29 ; 2Jtc 10, 46 ; £c 18, 35. einige ©Komoren an ber 26
alten JRömerftrajje erinnern noety tytutt an bie ©efdjid^te bon 3<K&äu« Sc 19, 1. Der
35kg bon ^erufalem nad) ^erid&o ift au$ jefet leicht unftcfyer, ba er buref) böQig un=
betoo^nte ©egenben fityrt (bgl. Sc 10, 30). 9cac$ bem Dnomaftifon be« ßufebiu« unb
§ieronlpnu« (265; 131) ift ba« tyerobianiföe %mi)o bei ber Belagerung Serufalem«
— gemeint ift toofyl bie bom 3ö!&re 70 — jerftört toorben. Sieben ben ©puren ber so
älteren ©tobte ftanb bamal« eine neue ©tabt, in ber fpäter aud& ber Äatfer ^uftinian
eine Äirc^e unb eine Verberge baute. !gm ftebenten Safr^nbert tourbe 3^° toieberum
jerftört, enttoeber burc^ bie Werfer ober burefy bie Slraber. 3)iefe le^teren pflanzten ^ier
3u<ferro^r an. 2)ie Äreujfafyrer grünbeten einen neuen Ort unb übertoiefen bie dm
fünfte ber Umgebung an bte &ir$e be£ M. ©rabe^. Son biefen mittelalterlichen Sauten 86
ift nod) ber untere 5teil eine« Surme« erhalten, ben bie abenblänbifc^en ^ilger feit bem
fünfzehnten ^a^r^unbert §au« be$ 3ac^äu« ju nennen pflegen. Sieben tym befinbet ftc^
ba« heutige Dorf eriha ober rfhä, elenbe, fc^mu^ige ^ütten, bie bon einer benommenen
Sebölferung betbo^nt toerben. Sieuerbing« ^ebt ft^ bie fiultur beö ©oben« ettoo«. Die
%if[en $aben eine Heine Äird^e unb ein £oft>ij gebaut unb einen too^lbetbäfferten 40
©arten angelegt, in bem SBeinftöde unb ^almen herangezogen toorben. Der türfifc^c
Sultan, bem ba« game S^^nt^al bom ©ec Liberia« bi« utm 3;oten SJleere gehört, ^at
in Seri^o eine ber SÜefyörben eingefe^t, bic biefen feinen sBefifc beauffic^tigen. 3n ^CT
Umgegenb bon 3erid^o toad^fen ja^lreic^e Dornfträud^er (Rhamnus), beren apfelartige
grüßte (arabifö döm) gern gegeffen Serben. Die Segenbe h>eife gu erjä^len, ba& au« 46
ben furd^tbaren ©tad^eljtocigen btefer ©trauter einft bte Dornenfrone 3cfu geflochten
tourbe (Zizyphus Spina Christi), ©e&r ^äufig toerben bie 3h>eMJc ^efa 3)orn-
fträueber gur §erftellung bon 3«unen bertoenbet, bie für gelber unb ©arten in ber %\)at
eine unburc^bringlic^e ©djufctoanb bilben. 3lu« ben hjallnu^artigen grüßten be« zak-
küm-Soume« (Balanites aegyptiaca) bereiten bie älraber ba« fogenannte $a<l)äu$'öl &o
unb belaufen e« an bie ^ilger al« „Salfam bon 3^*0". Der Saum hnrb ba^er
aiu^ ber falfc^e SBalfambaum genannt, ^n ben $eden toäcfyft eine 2lrt 9iac^tfd^atten
(Solanum sanetum, arabifc^ Ladak); bte grüßte gleichen einem älpfel unb ftnb oft
fdlföltcty ol« @obom«äpfel bezeichnet Sorben. Der ed)te ©obom«opfelftraudb (Asclepias
gigantea, arobifc^ foschr), beffen prächtig au«fefyenbe grüßte bei leifem Drudt planen 66
unb burc^ i^re böHige Seerc übenafc^en, fommt noc^ an ben Ufern be« lote« 9Jteere«,
ä- 93. bei gngebi, bor; fc^on ^ofeplju« erjäblt bon i^m Bell, jud, IV 8, 4.
$er gtoeite Ort in ber öftlid^en ©ruppe bon ©täbten Senjamin« 3<>f 18, 21—24
tfk 8et^ §agla, richtiger Setl^ .^ogla (nran r^z). (9r lag an ber ©renje 3>uba« unb
Senjamin« 3of 15,6; 18, 19, nad; bem Onomasticon S5 brei römifd^c Weilen bon w
576 3fsttfta
Swtcfyo, ^toci bom gorban entfernt. $er 9lame fyat ftcfc bort m 'ain hadschla, einer
Duelle mit SRauerreften, nnb in kanr hadschla erhalten. Severe« ift bie SRuine eine«
Älofter« (trielleid&t Penthucla?). " Setfaraba, fyebr. ^???\i iraf lag in ber 'araba, in
ber ^orbanebene, unb ift beäfyalb fcon bem gleichnamigen Orte in ber SBBüfte $uba« %tf
5 15, 61 berfd&ieben; feine Sage ift unbefannt. .ßemaraim berftanb ©b. JRobinfon bon ber
Do^elrume chirbet es-ßamra 10 km nörblicfy Don cain hadschla: boc$ toirb man
e« nad) 2 G&r 13, 4 richtiger auf bem ©ebirge fübltd) bon Setzei fud&en. Setzei ift ba«
jefcige hochgelegene 3)orf betin 881m, ba« im ©üben unb Often bon SC^älern, tm 8lorben
unb SBeften bon ben ©tyfeln unb ber §ocfyebene ber 2Bafferfd&eibe umgeben ift $er
10 »erg bon Setzei 1 ©a 13, 2 (3of 16, 1?) ift ber nörblic^ nad& bem teU 'a$ür (1011 m)
fidj erftreefenbe SRüdfen, ber bie Uebergänge nad) ©icfyem (nabulus) befyerrfd&t. 3m ©üben
be« 3)orfe« befinben fiety bie SRefte eine« großen leiefy« unb einer Äreujfafcerfirc&e, norte
öftlicty bei burdsch betin bie Sluinen eine« Älofter« mit einer Äirctye, bie too^I au« ber
b^aniimfd&en 3«* fyerrütyrt. 3)a bon burdsch betin au« ba« ^orbantyal fi^tbar iftr
15 fo fctyeint biefer Sßunft ber Äultu«ftätte $u entfored&en, too Abraham nad& ©en 12,8;
13,3—10 bie !gafybeberetyrung in Äanaan begrünbete unb auety Safob einen halftern
unb Slltar errichtete ©en 28, 18. 22; 31, 13 ; 35, 17. 14f. tiefer Äultu«ort (E'T? ®<n
28, 11 ff.) trug urforünglid^ ben tarnen Setzei (b. i. irjau« ©otte«), toeü ©Ott bort
tootynte 28, 17 ober — nad) jüngerem 2lu«btucf — toeil ©ott bort !gatob erfdnenen toar
20 (35, 7. 15). 6r lag aufiertyalb be« bon3Kenfc$en behauten Ort«; benn bie ©ottyeil tootynt
für ftd). Später tourbe aber ber -Warne ber Äultu«ftätte auf bie neben tyr liegenbe ©tabt
übertragen, bie früher £u« gereiften tyaben foQ SRI 1, 23. Setzei ttmrbe Dom Stamme
3Jofe^ burety Serrat erobert 9ti 1, 22—25, to%enb nad& 3jof 8, 17 bie ©nna&me ber
©tabt, bie al«©i$ eine« fanaanitiföen Äönig« beaeid&net toirb 12, 16, mit bem^afl SR'«
26 in 33erbinbung ju fielen fd&eint. @« totrb al« ©renjftabt jtoifd&en bem ©ebiet 3<>fa>&*
unb Benjamin« genannt 16, 1 f. ; 18, 13 unb 1 G&r 7, 28 — anber« al« $of 18, 22 —
ju Qpfyxaim geregnet. 3n ber -Wabe ftanb bie Älageetctye, unter ber ba« ©rab ber $ebora
gezeigt tourbe ©en 35, 8. SBatyrf<$einlid& mar e« ein« ber älteften Sa&befyeiligtfimer auf
bem ©ebirge, toenn auc$ bie Slngabe 3ti 20, 27 b unb 28», bafj bie 33unbe«labe bort ge*
so ftanben fyabe, im ©inne be« $riefterfobej eingefügt, feinen ©lauben berbient 3er05
beam I. bertoanbelte e« in ein töniglicfye« Heiligtum mit einem %tmpd unb einem ©tier*
bilbe 1 Äg 12, 26 ff.; 3lm 7, 13. 3)ic ©itte be« 3e^nten fear ^ier ft^on bot ben 3eiten
be« ®euteronomium« üblicfy 3lm 4, 4 ; ©en 28, 22. SBon bem ^ro^^etenöerein, ber in ober
bei SBettyel feinen ©i$ ^atte, ift 2 Äg 2, 3 ff. bie Siebe. 2>ie $ro^eten 2hno« unb ßofea
85 beaei^neten ba« bortige fultifäe treiben ^drael« al« Abfall (31m 4, 4 f.) ober al« »aal'
bienft ($of 6, 10; 10, 5. 8. 15; 13,2), h>eil für ba« Soli bie Religion SafaeS in bie
fanaanitifd^en Äultu«fttten aufging. sSlan hemmtet h)o^(, ba| ba« Heiligtum bun^ bie
äff^rer 722 jerftört tourbe. 6« fc^cint aber boc§ balb toieber befugt unb fcergeftellt h>orben
ju fein, freiließ nid)t al« löniglic^e« Heiligtum. Denn ber bon ben afferent jurücfgefanbte
40 ^a^be^riefter, ber bie fremben Jtolontften in ber 3a^bebere^rung untertoeifen foUte, nabm
feinen ©i| in Setzei 2 Äg 17, 24 ff. 2)a« gefc^a| toatyrföeinl$ unter «ffurbani<)al na<^
647 (@«r 4, 8—10). SKie 2 Äg 23, 15 erjagt, t)at ^ofta bei feiner Äultu«reform auc^
bie ^eilige Btättt in Setzei jerftört. $a« ift ni^t untoa^rfd^emlid^, toeil biefer Äönig
bamal« bei bem SRücfgang ber aff^rifd^en SDiad^t bie ©rengen feine« ©ebiet« bi« ba#n
45 au«gebe^nt ^aben h>irb(©. 573,.% f.). 3?ad^ bem gjil fc^lofjen fic$ bie Setoo^ner Setzei«
an bie jübifd(>e ©emeinbe an 9le^ 7, 32 : ß«r 2, 28. gn ben Äriegen ber 9RaHabäer tourbe
e« bon Safc^ibe« befeftigt 1 9Jtaf 9,50; Jos. Antiq. XIII 1,3. ©J>äter ift e« al«
Heine ©tabt befannt Jos. Bell. jud. IV 9, 9 ; Onom. 230. 100. 3)ie Umgebung ift
fetyr fteinig. 9Jörblt^ bom Orte befinbet ftc^ eine eigentümliche gelfengruW)^ in ber man
60 einen alten ©teinfcei« (Gilgal) erfennen möd^te. Steint SS. 23, ^ebr. c^nyrj, LXX Akb,
toirb ^äupg al« ibentifd) mit Sit (f. ©.579, 21) angefe^en; aber bie ©leic^fe^ung mufe um
geiotfe bleiben. §a^fara ^ei|t in LXX <PaQä, toä^renb Sut^er ben tyebräi$en SlrtiW
("^-^) beibehalten l>at. Die griec^i{c^c ^orm be« SBort« erinnert fofort an chirbet
fära im h?aff erreichen wadi färä 15 km toeftlicfc bon 3^°» to0 ©w»«m Sor ®iow
56 69 naefy 6^r. feine Vorräte in ben aafylreicfyen §ö^len unterbrachte Jos. Bell. jud. IV
9, 4. 2)o$ giebt bie füblic^e Sage biefe« 3$ale« 3lnlafe ju Sebenlen aegen biefe 3«s
fammenfteHung. £)p^xa hrirb im Onomasticon 222. 94 mit bem $orfe 'AwgJjk ober
(Syrern fünf römtfe^e teilen (= 7—8 km) öftlicty bon Setzei gleufoefefet 3)o« toürbe
ungefähr auf ba« heutige grofee 3)orf et-taijibe (869 m) norböftlid) »on ©etbel $u treffen;
60 bo^ liegt c« h>o^l fdjon jenfett« ber Slorbgrcnje Senjamin«, tute fte 3°f lftr 12 f. an*
3toMa 577
gegeben ift. Diefe« Cpfyra, ba« au$ 1 Sa 13, 17 crtoätyni hrirb, ift iuafyrfd&einlid&
ibentifö mit g^ton 2 Gfyr 13, 19 fototc mit ©bfyraim 2 @a 13, 23. Diefe« e$>$raim
ift tooljl aud) 3° H/ 54 gemeint fotoie Jos. Bell. Jud. IV 9, 9. Dagegen ift ber Ort
'AqxdQejua, beffcn Sejirf nebft benen bon Stybba unb 9tamat$em an ben §a«monäer Sonat^an
abgetreten tourbe 1 SÖlat ll,20ff., nac$ Onom.254. 118 toofyl nörblicfcer ju futyen (bgl. 5
6. 569). 33on ben SS. 24 genannten Orten ber öftlid&en ©nippe ift nod& befannt ©aba ober
©eba, b. i. ©ibea Benjamin«, ba« nadj> 1 6a 13, 16; 14, 2 ff. SMid^ma« (6. 579, ie) ge^en*
über lag unb bon ifym burety einen tiefe 6$lud)t getrennt toar. Sieben ber gorm ©tbea
bmmt 1 6a 14, 6. 2 ; 13, 16 bie gorm ©eba Benjamin« bor. ©« entfi>ric£t ba« heutige
Dorf dscheba' (677 m) mit §ö&len, Gtfternen unb alten SWauerreften füb(i$ bom wftdi 10
ee- suwenlt, einer fteiltoanbigen 6<$ludjt mit Alicen bon 120 m $ötye. SSon biefem
©eba ober ©ibea Benjamin« rft berfdjieben ©ibea(tty) 6aul«, ba« in ber toeftltc&en ©nippe
8.28 ertoäfcnt ift (bgl. 6.578,34).
Die toeftlic&e ©nippe ber 6täbte Benjamin« gof 18, 25—28 umfajjt im fcebräiföen
Xejte biene^n Stäbte, nai) LXX, bie in SB. 27 unb 28 me^rfaefc ftart abtoeid&t, breije^n 15
6täbte. Der erfte Ort 33. 25, ©ibeon, toirb in ber ©efcbicfcte 3«rael« nic^t feiten er*
toä^nl Die (Sintoofynerjctyaft ftanb jur $eit ber teraelttifqen ßintoanberunfj m$t unter
einem Könige, Jonbern bilbete mit Äapljira, Beerotty unb Äirjaty gearim einen 6täbte*
bunb, ber jic& nad& 3°f 9 f. burety eine Sift ben grieben bon 3«rael ju erlaufen toufjte.
Die Betoofyier toerben auc£ 2 6a 21, 2 al« ;Wic|ti«raelitcn bqetdmet, fte toerben ^of 20
9,7; 11,19 §etoiter (f. Äanaaniter) genannt, ©ibeon galt al« eine mächtige 6tabt 3of
10, 2. 6« ift batyer begreiflich, $ugleid& aber aud) letyrreic^ für bie ftreng i«raelttifd&e
Haltung 6aul«, toenn er bie Vernichtung biefer ^remblinge inmitten be$ 6tam-
med Benjamin geplant f)at 2 6a 21, 2 f. Sei ©ibeon entsann ft$ ber erfte Mampf
jtoiföcn ben Äriegern ftoab« unb ben beuten Slbner«, bon bem mir erfahren 2 6a 2, 12 ff. 25
Datrib berfolgte bie Sßtyilifter bon ©ibeon bi« in bie Qibtnz bei ©efer ^inab 2 6a 5, 25
(mo nacb 1 tyx 14, 16 unb ^of 28, 21 ©ibeon ftatt ©ibea }u lefen ift). Sei bem
großen 6tein bon ©ibeon tourbe Slmafa burety 3foab (f. ben 31. oben 6. 2 18 ff.) er«
morbet 2 6a 20, 8, unb auf bem Serge 3afyh>e« bei ©ibeon lieg Dabib jteben 9lacfc
tbmmen 6aul« jur 6ü&ne be« bon biefem gegen bie ©ibeoniter begangenen Unrecht« so
töten 2 6a 21, 3 ff. ($um £q:t bgl. bie Kommentare). 6alomo braute bort fein erfte«
Opfer bar, toeil ft$ bie Dpf erftätte burefc tyre ©röfee au«$eid&nete 1 Mg 3, 4 ff. ; 2 Gtyr
1, 3. 13. 3la$ ber fpäteren, burefy ben ^riefterfobej beeinflußten äuffaffung foD bort
bie 6ttftS$tttte geftanben ^aben 1 g^r 16, 39; 21, 29. §ananja, ber ©eaner ^ere^
miad, toar au« ©ibeon gebürtig 3er 28, 1. Die (Sintoo^ner beteiligten fteg an bem 35
IRauerbau pernio« 91$ 3, 7. Ru 31$ 1, 25 bgl. 6. 570, 57. Der Ort, nad& ^of
" " '" ~ ?eft "' *
in ber Stiftung auf Set^ §oron ju y;o|
na4f Jos. Antiq. VII 11, 7; Bell. jud. II 19, 1 biergig ober fünfzig 6tabien
21, 17 eine ^riefterftabt, lag toeftlicfc bon ^eric^o unb Stti 3jof 9, 3, einen 9tacfytmarfd&
*va ©ilgal am ^orban entfernt in ber Stiftung auf Set§ §oron ju 3of 10, 9 ff.,
(b. L anbert^alb bi« gtoei 6tunben) nörblicb bon ^^uf^lem unb na$ bem Onomaftifon 40
243 bier römifd^e teilen toeftli^ bon Setzei bei 9tama. Danach ift ba$ heutige
Dorf ed-dschib 8—9 km nörblicfc bon !gerufalem bie 6tätte be« alten ©ibeon. 6«
Hegt auf ber nörbli$en $ö^e eine« Do^el^ügel«, ber ring« bon f$malen (Sbenen um-
geben tft, fya ad)t Duellen unb jablreic^e $tl\ engräber. Unter ben alten s})iauerreften ftnb
bie einer ftreu)fa^rerfir$e bemerten«n)ert. Der Xeid^ bon ©ibeon 2 6a 2, 13 (3er 4 1,12) 46
ift bermutlicty ba« in ben geljen gehauene Seden an ber füDtoeftlic^en Seite be« Dorf«.
SRama $ebr. ?????, b. i. bie £öfye) lag nörblid^ bon 3«wf«lcw unb ©ibea (6aul«) 9li
19, 13 ; 3*f l°/ 29# an te norbtoärt« fü^renben 6tra|e. 6« toar jur &\t ber Könige
Saefa unb Slffa ein©ren)ort $toif$en %$xad unb ^uba, bon jenem befeftigt unb banac^
bon biefem geföleift 1 .Hg 15, 17ff.; 2 6^r 16, 1—6. 9tod> ger 31, 15 mufe ftd& ba« so
©rab fflaSfüi (f. unten) in ber 9iä^e befunben haben. Waty ber Eroberung bon ^eru«
falem 586 tourben bie jum @£tl verurteilten ^ubäer bort gefammelt. Später föloffen
fk^ bie SJetoo^ner ber jübij^en ©emeinbe an (£«r 2, 26; 31$ 7, 30. Da« Onomasti-
con 287. 146 beftimmt feine Sage auf fet$« römifcfyc SKeilen nörblic^ bon gerufalem
Setzei gegenüber. 6« ift ba« heutige Dorf er-rAm 9 km nörblicfy bon ^erufalem, in 65
bem man beutli<$e Spuren einer alten Ort«lage ma^rnimmt. Seerot^ (b. i. Srunnen)
gehörte nac^ 3°f 9, 17 ju ben 6täbten, bie ftc^ bon 3«rael Vertrag unb Seben ju er*
ringen tou^ten (bgl. oben unter ©ibeon), tourbe aber nad) 2 6a 4, 3 bon feinen Setoo&nem
bor ben Senjaminiten geräumt. 6« mar bie £cimat ber üDtörbcr 3*ofet^« (f. b. 91. oben
6. 442) 2 6a 4, 2 fotoie eine« babibifcfyen gelben 2 Sa 23, 37 ; 1 G^r 11, 39. Die eo
||«S»«HC9nopftbie für Geologie unb fttrge. 3. 91. IX. 37
578 3ubäa
Schöner fd^loffen ft$ nacfy bcm @jil ber jübifcfyen ©emcinbc an @Sr 2, 25 ; 9le$ 7, 29.
@S lag nad) bem Onomasticon 233 unterhalb ©ibeonS fteben römifd&e ÜJteilen Don 3**
rufalem entfernt am 2Bege na$ SRicopoliS (b. i. 'am was ©. 581, 41). ©emetnt ifk bamit bte alte
©trafee, bie bon 3erufakm über ©ibeon unb Setfy £oron in bte toeftlt^e ebene führte.
5 2)anac§ mufe Seeroty eine römifcfye SBteile tuefttic^ ober norbtoeftlicfc bon ed-dschib (f. o.)
gefudjt toerben. @ine folcfye Sage yafy beffer ju ber Stetyenfolge, in ber biefer Ort 3of
9,17; 18,25 genannt toirb, als btefiage bon el-blre, baS ftdj ettoa elf römifd&e SRetlen
nörbltd) bon Sewfalem in ber 9läfye bon Setzei befinbet. $lad) bem SBorfölage bon 6b.
Sttobinfon, Sßaläftina II, 347 fyat man in biefem Drte, ber an ben SRuinen einer Äreu^
10 fa^rertird^e fenntlicty ift, fyäufig baS alte 33eerotfy angenommen. 9Ri#c tourbe bunfc 9fja
als @ren#unft gegen 3Srael befeftigt 1 % 15, 22 (3er 41, 9) unb fear nad) 586 ber
©ifc beS bon 9iebutabnejar eingelegten Statthalters ©ebalja 2 Äg 25, 23. 25; 3er 40 f.
@S foirb 1 ©a 7, 16 als eine 9tid>tftätte Samuels unb 9N 20, 1. 3; 21, 1. 5; 1 6a 7,
5 ff.; 10, 17 als Ort größerer SBerfammlungen 3graelS genannt. SKety 3, 15 trägt ein
16 jübifcfyer Sejirf bon ifym ben -Kamen ; in ben Slnfängen beS maflabäifc^en ÄufftanbeS
btlbete eS ben 9Kittetyunft ber Setoegung 1 3Kaf 3, 46. (SS lag nafyt an ber Strafe
jtoifcfyen ©icfyem unb 3*™?^*™ 1% 15, 17. 22; 3er41* öffv bem lefcteren Drte gegen*
über 1 9Mat 3, 46 unb nad) bem Onomasticon 278. 138 bei Äirjaty 3earim (©. 571).
$lad) bem 3Sorf daläge 6b. SRobinfonS, Sßal. II, 361 pflegt man in bem hochgelegenen nebi
20 samwil baS alte W\$c ^Benjamins anjufefcen. $iefe bon 3^nt{Alem auS fu&tbare #öfc
(895 m) liegt 3 km füblid) bon ©tbeon, trögt einige Käufer unb eine muSlimtfäe IDlofcbee,
bie baS ©rab beS $ropl?eten ©amuel enthalten foQ. 9Wan fud^te nämli$ tyier föon in
ber b^antinifc^en Seit §auS unb ©rab Samuels, baS Stoma ober Stomatyaim beS SßS
(bgl. ©. 583,23). ®aS Gönobium beS <ßro^eten ©amuel tourbe bereits bon bem Äatfer 3ufti*
25 nian erneuert, unb bie Äremfafyrer erbauten an ber (Stätte eine Ätrd^e ©t. ©amuel, bie bim
ben Muslimen in eine 5Kofq>ee bertoanbelt mürbe. Äa^ira (bgl. unter ©ibeon) toirb nur
nod) @Sr 2, 25; 5Re^ 7, 29 als ©lieb ber nacfyeplifd&en jübifd^en ©emeinbe ertoä^nt; jefct
Reifet ber Ort kefire, nörblid) bon ßirjatty 3Cör^m- 3K°Ja to"* m Salwiub (Radxaux
152 f.) auf kulönja, baS heutige kalönije (©.570,46), gebeutet, unb bieaWifc&na Succ
ao 4, 2 ergäbt, baft man aus einem Drte SWoja unterhalb S^uMe™* Sacfctoeibenjtoeige
}um Saub^üttenfeft ju fyolen ^ftegtc. $te ©enealogien 1 Gfyr 2, 46; 8, 36 f. leimen
ebenfalls ein ©efdjledfjt (ober einen DrtSberbanb) 9Dto$a. 3)aS heutige bet mizze bei kg*
lönije fyängt fc^toerlic^ bamit gufammen. 3ela 33. 28 h)irb 2 ©a 21, 14 als ©rabjiätte
©aulS genannt, ift aber nic^t befannt. Über 3erufalem bgl. VIII, 666 ff. ©ibeaty ifl
86 im Unterjd&iebe bon ©cba SS. 24 ©ibea ©aulS. 2)iefeS lag nad& 3ef 10, 29 bei bem
oben beferoctyenen SRama. 3luc^ bie ßrjä^lung 9li 19 f. forbert ein ©ibea ober ©eba in
Benjamin an ber ©trafee auf ber ffiafferfd^eibe jtoifc^en 3«rufölcnt unb 9tama (20, 4. 10);
bort muf* aud) baS bon Slffa befeftigte ©eba 1 % 15, 22 gefugt toerben. (SS lafet jtd?
ba^er bie Slnna^me, bafe eS jtoei Orte mit sJiamen ©ibea ober ©eba in Benjamin ge-
40 geben j^at (1 ©a 14, 16; 5Ri 19, 14), nid^t umgeben, unb jtoar tourbe baS {üblichere, in
ber 9Jä^e bon 3*™falcm gelegene jur genaueren Untertreibung ©ibea(tl^) SaEulS genannt
3ofe^uS beftimmt beffcn Sage Antiq. V 2, 8 auf 20 ©tobten, Bell. jud. V 2, 1 auf
30 ©tabicn (b. i. eine ©tunbe) nörblidj bon 3cnifalem. 3)öS trifft }u auf tulel el-föJ,
einen fünftltc^en §ügcl ettoa in ber 5DJitte gtoifc^en 3^1^«" wnb er-ram (3bm® XII,
46 161 ff.). 3)ie (Snglänber ^aben in bem ^ügel graben laffen, bod) nichts bon Sebeutung
gefunben. 2)er le^te 92ame 9.1 28 Mirjat^ ift bielleid^t betftümmelt auS bem boflftänbigm
tarnen Sirjatfy %tax\m ; ber fd^on©.570,6ff. befaroc^ene Ort toäre bann ^ier jum ®Äd
SenjaminS geregnet toorben.
Slucfy biefeS SJerjetc^niS ber „©täbte" Benjamins fd^eint ebenfotoenig tote bie Säfte
60 ber „©täbte" 3ubaS boUftänbig )u fein (bgl. ©. 571,™ ff.). 3)ie folgenben Ergänzungen bt*
treffen teils bie biblifcbe, teils bie faätere $t\t 3n ber 3orbanebene lag baS bctaraite
unb bielgenannte Heiligtum ©tlgal. 2)a eS im |>ebräif$en meift mit bem ärtitd ge^
bxaudjt h>irb (-^"X f° *f* ^aS 2ö°rt urfprünglic^ nic^t ein Sigenname; eS bleutet
toafyrfcfyeinlicfy ©teinfreiS. SDte Erzählungen, bie toir über biefeS §eUigtum beft^en, toetfen
66 [elbft auf biefe SBebeutung ^in : nac^ 3of 4, 3. 20 liefe 3ofua in ©ilgal, ber Stätte M
iSraelittfdjen SagerS im SBeftjorbanlanbe 4, 19; 5, 10, jtoölf aus bem Sorbanbctt wit«
genommene ©teine aufrichten — bermutlicb bie iSraelitif^e Deutung ber ben ©ilgal Kl*
benben heiligen ©teine. §ier foll auefy 3°fua bie Sefd^neibung %$xad$ boUjogen ^aben
3of 5, 2—9. £>er Ort toirb als ÄultuSftätte oft ertoä^nt, er ift auc^ m bem 8u\a$
oo^Dt 11, 30 gemeint; ob aud) 2 Äg 2, 1; 4, 38, läfet ftd^ be}toeifeln. ®r lag Jtotf^en
> 3fttMa 579
3eri$o unb bem 3orban, nad) Jos. Antiq. V 1, 4 icfyn ©tobten (ettoa 2 km), na<$
Onom. 233. 102 jtoei römiföe 9Men (3 km) bon ^eric^o entfernt. £. 3fd&offe &at
1865; 66 amSBege bon bergfurtty bei hadschla nai) cain es-sultän, 7 km bomlgorban
unb 2 km öon 3^^°» *>m 9tam*n teil dscheldschül gefunben, eine unbebeutenbe 6r*
Ijebung be«33oben« mit geringen Saureften; ßonber fanb 1873/75 einen verfallenen %Äd) 5
mit bem -Kamen birket dschildschülije, toätyrenb gegenwärtig jebe ©für be« alten
Samen« berfd&tounben ^u fein föeint. SBon ber geftung 3)of , too ber $a«monäer ©imon
btrc$ feinen ©d&toiegerfotyn ^tolemäu« ermorbet h>urbe 1 9Haf 16, 15 (Jos. Ant. XIII
8, 1 ; Bell. jud. I 2, 3 Aaywv), &at ft<$ ber 9Jame erhalten in cain dük am norb*
öftficpen gfufi be« dschebel karantal. tiefer Steg trägt in ben angaben über bie alten 10
$riftli$en Älöfter bieferOegenb ben tarnen 2)ufa (©.572,45); aucfy bie Sempier befafcen
eine Heine fjcftung 3)uf auf bem ©tyfel be« Sergej too no$ ©runbmauern bon tyr fo*
toie Don einer fleinen JtapeKe borfyanben {tnb. 33ielleicfyt fyat bie alte ^eftung ebenfalls
bort geftanben. SCuf bem öftlictyen abrang be« Serglanbe« am 9torbranbe be« tiefen
wadi es-suwenit ftanb ber au« ber ©efd&id&te 3jonatyan« 1 ©a 13 f. belannte Ort 15
3Ru$ma3. ©eine Setootyner fd&loffen fi<$ ber nac&ejilifd&en jübifd^en ©emeinbe an @«r
2, 27; 9le$ 7, 31. ©päter (156—152 b. S^r.) too&nte ^ier ber §a«monäer gjonatyam
1 SWaf 9, 73; Jos. Antiq. XIII 1, 6. @« entforkfct ba« heutige Heine 3)orf mach-
mas. 3ßörbli<$ babon liegen bie 9tuinen bon makrön, bie an ben Ort 9Wigron 3>*f
10, 28 erinnern. 3n to Wäty be« großen 3)orfe« der diwan fyat bie bon Igofua er* 20
obecte toiaanitifd^e Äönig«ftabt 3li gelegen (3of 7 f.)- Dbtootyl fte ju einem „etoigen ©tein*
fcmfen" 3of 8, 28 f. jerftört tourbe, erföeint fie bod& 3ef 10, 28; @«r 2, 28; 3te& 7, 32
hrieber unter bem tarnen Ajath ober Aja. ©ie lag öftlt$ bon Setzei ©en 12, 8; 13,3.
gtnn unb bon be Selbe fähigen 1852 ben teil el-hadschar (abgelürjt et-tell) 2— 3 km
öfBi* bon betin bor, ebenfo ©ellin 1899 (3Jlt unb 9lacbr. b. $33. 1900, 3), toätyrenb 26
6b. Stobinfon unb ßonber in chirbet hei j an füblicty bon der diwän ba« alte Sit fu$en.
$a$ Sellin bagegen toäre an biefer ©tätte, bie er chirbet ed-dschir nennen fyörte, ba«
alte Bet&atoen an$ufefcen. 2)ie« toirb 3of 7, 2; 18, 12 f. au«brücHid& neben Setbel ge*
namxt unb au$ 1 ©a 13, 5; 14, 23 als ein Ort im sJtorbtoeften ober üBeften bon SHicfc
ma« ertoctynt. SBenn aud) §ofea biefen Siamcn tyottenb für Setzei gu gebrauten fcfyemt so
ficj 10, 5; 4, 15; 5, 8 (bgl. 3lm 5, 5), fo ift bo<$ an ber Gjiftenj eine« alten Orte«
$e$ah>en nic^t &u jtoeif ein ; freiließ lägt er fi<f> nic^t fieser nad^toetfen. 9lorböftlid^ bon
der diwan trägt eine felftge $itye ben Flamen rammön; er erinnert an ben Reifen
SKminon, loo^in einft bie Senjaminiter geflogen fein follen 9tt 20, 45 f. ©üblic^ bon
bem ©. 577 befangenen dscheba' liegt ba« SDorf hizma ; e$ entfarid^t bermutlic^ bem 86
fcfrüföen Orte a^mabet^ ®«r 2, 24, ber nad& 5Re^» *12, 29 bon lempelfängern betoo^nt
tourbe. ©er bollere sJlame lautet Beth Asmaveth, 9leb 7, 28 al« jübiföer Ort nac^ bem
@jil genannt @ttoa$ füblid^er liegt chirbet calmit, in ber man bie Sßriefterftabt Sllemet^
1 Qfyc 6, 45 ober Sllmon 3°l 21, 18 tbieber erlennen barf. Slnat^ot^, ebenfalls eine
$riefta#abt ^of 21, 18; 1 (S^r 6, 45, aud) nad) bem 6nl jübifd), bie ^eimat be« ^ro^ 40
treten geremia 3er 1, 1 (bgl. 1 ftg 2, 26), entftmc&t bem Ileinen ®orfe 'anata !aum
eine ©tiuibe norböftlic^ bon ^ttttfalem. 2ai[a %z\ 10, 30 bermutet ban Mafteren in bem
je|igtn 3)orfe el-fis5wTje (^b^SJ XIII, 101). »aburim lag nac^ 2 ©a 16, 5; 17,18;
19, 17 an bem alten 2Öege bon ^crujalem nadf> ^eric^o, ber an ber 9lorbfeite ber Stvtypt
be* Clbergeä borbeifü^rte; über feine bermutlic^e Sage fyat ebenfalls ban ftafteren forg» 45
fältige Unterfud^ungen angeftettt (3b^ XIII, 101 ff.) 5Woc^ fmb jtoei Drtf^aften am
Delberge gu ertoäbnen, bie in ber ©efd)td)te ^eju borlommen. Set^anien lag an ber
römiMKn ©trafee bon ^erufalem nac^ ^erid^o (sJWc 11, 1 ; 10, 46; Sc 19, 29; 18, 35;
19, 1), bie fty, äbnlicfc toie ber heutige 2öeg, am ©übab^ange be« Clberge« tyinjog, unb
öoar 15 ©tabien (ettoa 4 km) bon ^"faton 30 11, 18, alfo fd^on an ber Oftfeite be« 50
Saged. 2)er Ort ift ftet« befannt geblieben unb fd&on frü^ (Onom. 108) burefy Den!«
m&Ier, Stinten unb ttlöfter au^gc^et^net toorben. @r fyeiftt beute el-razanje, b. i. Sa-
ysium, Ort be« Sa^aru«. ©egentoärtig toirb ba« unterirbifc^e ©rab be« Saiaru«, ba«
Göjtob be« Sajaru« (au« ben .Hreu^^ügen?) unb ba« $au« ber "Diana unb 9Kartfya ae=
}ci0t. 3)a« fmtnblic^ gelegene 2)orf toirb bon Wu«limen betoobnt. 9?id^t toeit bon S3e= 66
tfrmien lag »et^^age (b. i. geigenort) ebenfaU« auf bem Ölberg sJJit 21, 1 ; 3Wc 11, 1 ;
Sc 19, 29, bieDeid^t fc^on a\i\ ber Dftfeite i'c 19, 37. 3ur 3^ ber Mreujfabrer jeigte man
feilte ©tätte in ber Witte $totfd)en Bethanien unb bem ©ipfcl be« Ülberg«, toie au« einem 1877
bort entbedtten, mit ^flwren unb ^nf^ritten berjierten ©tein berborgel?t. ßlermont Oanneau
bie alte Sage in bem je^igen Dorf kefr et-tür auf bem Oi^fel be« Ölberg«. go
580 Subita
3>m ätteften ober 9iorbroeften SerufalemS foö nac^ einftimmiger annähme bar Über*
lieferung baS Dorf (SmmauS, roo ft<$ gefuä nacfc feiner Sluferfite^ung )toeien fetner jünger
ju erlennen gab Sc 24, 13 ff. Die geroö^nlid&e Sedart Sc 24, 13 läfet eS 60 ©tobten
Don IJerufalem entfernt fein; fie ift fo gut bezeugt, bofc bie Sedart beS Codex Sinaiti-
6 cus 160 ©tabten als eine abftd&tlicfye jtorreltur betrautet roerben barf, bte ben Ort auf
bte ©tabt @mmau&9iitot>olte (©.581) bejte^en roill. gür ba3@mntau3 beS ©bangdiumS
fommen jroei Orte in Setrad^t 3°fa>M erroä&nt Bell. jud. VII 6,6 ein 30 ©tobten
bon ^erufalem entferntes @mmau8, ba$ SBeSpaftan 72 na$ G^r. 800 auägebienten römi*
feiert ©olbaten jugeroiefen &abe. Da nun ber lalmub ein kölönja (lot colonia) bei
10 ^erufalem nennt, ba3 früher möpa getieften tyobe (bgl.©. 578, 28 ff.), fo grünbeten borauf
giftig unb ©e$) bie SBermutung, bafc ba$ Dorf kalönije, 34 V« ©tobten bon ^entfalem
enlfernt, ba$ Don SufaS ermähnte (gmmauS fei. SlnbererfeitS fte^t fejit, bafe bte ttreu^
fairer 1099 an ber alten, bon $afa nad& Serufalem fütyrenben ©trajje fite ben heutigen
Ort el-kubebe ben Tanten castellum Emmaus borfanben. Diefer tft minbefken* 62»lf,
15 työdjftenS 64*/5 ©tobten bon ^erufolem entfernt. Dort ftnb nod& Ruinen einer Arot)*
fa^rerfircfye borfanben, beren ©runblmien bie ^unbamente eine* älteren Saud, trieKetyt
einer Äircfye aus b|föantimfd&er 3*ü, burc&fctynetben. SDiefer jtoette Ort f$eint bemnoi^
eine roirtltcfye Überlieferung für ficf> nt Ijaben, roätyrenb bte annahmen, bie für kalönije
geltenb gemalt roerben, unftetyerer 2lrt ftnb; nämlid) bafc ber alte SRame möpä in 6m-
90 maus roieberllmge (ber Xalmub färeibt ciar:« !), unb bo£ ber Ort roegen ber bort oitge*
ftebelten römiföen Veteranen colonia genannt roorben fet. Sonber tyat toegen angeblicher
2letynli$fett beS 9lamen8 bie Stuinenftätte el-chamasa roeftli$ bon 9e$W^em gerbet?
gebogen. Snbltd) mufi im änfölufj an bo$ ©ebiet SJenjaminS no$ bie ©tätte be£©rabe*
ber ftabel beforodp roerben. 9tad) ©en 35, 16 unb 21 ftfarbt Stapel jtoifd&en Setzei unb
26 SMigbal @ber (b. i. ^erufalem W\ 4, 8), alfo nörbli<$ bon ^erufalem an ber bonSetyd
tyerfommenben ©trage. Daju paty ^eT 31, 14 (15) infofern, ote bteJtloge ber Stammet
mutier bei Stoma (©.577,47) erfcballt, foroie bie Angaben 1 ©o 10, 2, beren genaue De»
tung freilief? nid^t möglich ift. Ttan erwartet aud) bon bornberetn, bog baä ©rab Stapels
in bem ©ebiet ifyrer ©ö&ne, 3Sofä$ un^ Benjamin, liegt. Dem roiberftoric^t nun bie
so ©loffe ©en 35, 19; 48, 7, bie ben SRamen (S^raty (bgl. II, ©.667,85) auf Settye^em in
3uba beutet unb baä ©rab bemnaety in bie nörbltc^e Umgebung biefedOrted berlegt Die
gleite Slnna^me liegt 3Rt 2, 18 bor, unb noc^ ^eute roirb 9lo^eld ©rab (kubbet r&hfl)
am 9Bege bon ^erufalem nad) Settern gegeigt. @3 ift ein quabrattfc^ Ausgebaute
au^ bem jmölften ^a^. mit einem mobernen .Henotap^ im ^nnern unb einigen Xnbauten
86 im Dften, bie au£ bem neunzehnten ^a^rbunbert ftammen. Dtefe Stätte tfl alfo ber^altmfc
mägig alt, aber [\t fann ntc^t bie urfprünglicfy im 31% gemeinte fein. Dr. ©<^üf tyd
3b$Ui IV, 248 f. borauf aufmerffam gemalt, bog ba$ muäimif^e Heiligtum kubbet
rabd eKaztz norbtoeftlic^ bon ^erufolem gtoifc^en bet sürlk unb cd-ka^tal btdtoetkn
aud? kubbet rahil genannt toirb. Diefe Örtlic^feh entfpric^t beffer ben älteren Xngaben
40 im 91X, liegt aber jtcmddj) toeit naty 3Beften bon ber ^auptftrafee neben ber SBafftrf^eüx,
bie boc^ ©en 35, 16 ff. gemeint ift.
IV. Der gufr btö©ebirge^ unb bie 9lieberung imSBeften be^@ebietd Don ©enjamin
roirb 3°f 19# 40—46 bem Stamme Dan jugeft^rieben. Die ©rengen feine« ©ebtetf
roerben nid^t angegeben, (onbern nur feine ©tobte aufgellt SEBtr tonnen jene jebixj
46 bana$ beftimmen, bag feine Dftgrenge mit ber SBeftgren^e bon Benjamin (©. 573), feine
©übgrenje mit bem roeftlic^en Seil ber 9?orbgrenge ^ubad (©. 561) unb feine Storbgrenje
mit bem roeftlid^en Seil ber ©übgrenje G^braim^ jufammenfädt. Diefe leitete läji W
freiließ nad) ^of 16, 3 (bgl. SS. 5 f.) nur ganj allgemein beftimmen: bon 9e$ fyxw
foO fte über ©efer (f. unten) and 3Reer ge^en. ©efer liegt füblt$er ab bie ftüftmflabt
60 3afa, bod^ roirb bad ©ebiet bor biefer 3of 19, 46 *u Dan geregnet. Diefe le^tm
ätngabe ift gugleic^ bie eimige, bie über bie ^ieftgrenje Dond einen beutltyen SBtnf gtebt
iüetftebcn laffen ftd^ biefe betben Slngaben entroeber mit §ilfe ber annähme, bafe bie Ott»
fdmften Dand fein gefc^loffened ©ebiet btlbeten, fonbem in mehrere bonetnanber getremttt
©ebiete gerfielen, ober ed liegt bie ©ac^e fo, bog bie Sufjäblung ber ©täbte $of 19, 41
66 bid 46 anberen, biedeid^t t^eoretifc^en ©eftc^tö})unften folgt 3n biefe ©c^toierigfetten Iä|t
fid) (aum genügenbed Stc^t bringen, ba ber Stamm Dan in biefer ©egenb ^öc^ftend nur haf
^eit feine ©elbftftänbigfeit behauptet bat. 3tu3 3fti 1, 34 f. ift näntlic^ |u entnehmen,
bag bie Daniter, bie dii 5, 17 am 3Reere3ftranbe roo^nen, bon ben Slmorttern gegen ba*
öerglanb gebrängt rourben; ferner erzählt 9ii 18, ba^ 600 9Rann bon i^nen an ben
oo ^orbanqueüen eine neue ^eimat finben, unb enblic^ roerben mehrere bon ben gu Dan gc»
3ttboa 581
regneten Crtfc&aften an anbeten ©teilen teils als jubäifö, teils als epfyraimitifd? ange*
fefcen. Sei ber Bilbung ber jWei Steige ^Srael unb 3uba fd^etnt baS bamtifctye ©ebiet
tcib bem einen, teils bem anbeten ^gefallen ju fein. $ie beiben guerft genannten Orte
3«ea fte&r. por'A) unb gftyaol Serben 3>of 15, 33 als jubäiföe beieic&net (bgl. ©. 562),
toäfrtnb bo<$ 9ti 13, 20 unb 18, 12 jeigen, ba£ gerabe fte mit ber ©efd&ic&te ber3)aniter 5
eng jufammen^ängen. %x ©emeS Wirb mit 33etfy ©emeS, einem Ort an ber 5Rorbgreme
3ubaS 3o 15, 10, ibenttfö fein. fciefeS Wirb in ber ©efötd&te ber ^abe 1 ©a 6, 12 ff.
erwähnt, ebenfalls in bem Kriege jWtfd&en 3oaS Don 3>Srael unb Slmajja bon 3>uba 2 Mg
14, 11. 13. 8tyaS foQ eS an bie <P#lifter berloren fcaben 2 G&r 28, 18. 9tac& Onom.
237. 106 lag eS öftlid? Dom Junten SJieilenftein ber ©trage @leutyeropoliS*9iitol>oliS; baS 10
trifft )u auf rain schems am ©übranbe beS wädi ep-sarär, ^eute ein unbewohnter Ort
mit toenig Stumen. @S liegt nur Wenige Kilometer füblicfcer als sai'a, baS ftaxta ber
SibcL ©aalabin ober ©aalbim, and) ©aalbon (bgl. SRi 1, 35; 1 Äg 4, 9) bat man
hriebertyolt bon bem heutigen selbit fübWeftlicfc bon 39etty§oron (©. 583,32 ff.) jufammen*
gepellt ; toxfc ^at ber Ort wo&l ni$t fo Weit nörblid^ gelegen. Sljalon war naq SRi 1, 35 bon i5
§tf*P$ unterworfen; eS Würbe bon SRefyabeam teils gegen bie $fyilifter, teils gegen IgSrael
befeftigt 2 6$r 11, 10, aber unter 9tyaS bon ben $tyilifiem erobert 2 6^r 28, 18. @S
gilt balb als Sebitenftabt in ®an 3of 21,24, balb als 3ufluc&tS= unb Sebitenftabt in
(q^raim 1 6tyr 6, 54, balb als benjamimtifö 1 Gfr 8, 13. 9ta$ bem Onom. 89; bgl. 225. 95
lag eS jWei rdmiföe teilen öftlic^ bon @mmauSs9tttopoliS, na<$ Qof 10, 10 ff. in ber 20
98&&C bon Sety £oron. ©atyer entftmc&t baS heutige £>orf jalö 3 km öftlicty Don fam-
v&s. S)ie ebene (2uü)er: %tyd) Don 2ljalon liegt nörblid^ bon bem Orte unb fyetfet
feilte merdsch ibn *omer. I^imnat^a (türjer I^imna) ift Watyrfc&etnli<$ mit bem
3o 15, 10 genannten ©renjorle 3ubaS ibentifc^ unb lag bemna^ Weftlicfy Don Setfy ©emeS.
SS entftmdpt bie jefctge SHuinenftätte tibne Weftlicty Don (ain schems im ©üben beS25
wadi ep-sarar. 2)er Ort föeint Don ben Stiftern (9ti 14, lff.; 15,6) unb ben
3ubäem (2 Gfyc 28, 18) Wieberfyolt umftritten geWefen ju fein. 93on ©anwerft Würbe
er na$ ben afferiföen Angaben 701 erobert, ©fron ift bie bekannte SJtytlifterftabt,
bie 3°f **>> 4Ö öuc& ^em ©tamme ^uba jugeeignet wirb, aber Weber biefem noety ben
SDanitcn gehörte (Dgl. ©. 563,ni unb *Jtyilifter). (SUl&efe, eine Sebitenftabt 3of21,23, enfcao
fyrity bem Orte altafcu, Wo ©an^erib 701 ein feinblid&eS §eer jurücffölug. @S mufj
nk^t weit Don ©fron gelegen ^aben, aber feine Bpnx ift Derloren. ©tbbetfyon, ebenfalls
SeDttenftabt ^of 21,38, Würbe Wieber^olt Don ben Königen beS 5Rorbreid&S belagert (1%
15r 27; 16, 15. 17), um eS ben ^iliftern ju entreißen; feine Sage ift noety nic^t Wieber
gefunben Worben. tyfyub 93. 45 ^at man mit bem heutigen ®orfe el-jehudije nörblu^ 86
Mm g^bba unb öftlic^ Don %afa Derglid^en, Sne Sara! mit ibn ibrak bei 3afa. Diefe
beiben le^teren Orte Würben fc^on norbWeftlid^ Don ber 3°f 16, 3 bezeichneten ©übgrenje
C^roimS liegen; eS ift bafyer febr zweifelhaft, ob i^re ^elbmarfen mit bem ©ebiet ber
SB. 41 — 43 genannten ©täbte Dans jufammenge^angen ^aben.
Stu^erbem ftnb nod^ }Wei Orte innerhalb beS eben befpro$enen ©ebieteS m erwähnen. 40
ffieftlic^ Don jalö, bem alten Sljalon, liegt baS Heine Dorf famw&s, beffen92ame einem
«mmauS (aälmub: c-w:», ciwy?ir) entffric^t. 6S Rubelt ftc^ ^ier um baS in ben
Kaflabäerfriegen nic^t feiten erwähnte (SmmauS ober SlmmauS, baS ^ofep^uS Bell. jud. II
20, 4 füblicfc Don I^amna ober S^irnna (f. ©. 583, 13) anfe^t, Antiq. XIII 1, 3 eine
©tobt nennt unb Bell. jud. III 3, 5 als $auptort eines Se^irfS begännet. Wad) 45
1 9Raf 3, 40 ff. lag eS am 2Beftranbe beS SerglanbeS (Jos. Antiq. XII 7, 4). ®or*
giaS würbe ^ier 166/5 Dor 6^r. Don 3JubaS üJlaRabäuS gefd^lagen 1 3Raf 3, 40 ff.,
bon SatytbeS Würbe ber Ort 160 befeftigt 1 3Jiaf 9, 50. 3u Slnfang beS britten 3<u>
(wibertS nac^ @^r. erhielt biefeS (SmmauS ben s3iamen 9tito})oliS, ben (SufebiuS unb $iero-
ntomitS im Onomaftifon häufig gebrauten (Dgl. ©d^ürer, ©efc^i. b. jüb. SSolteS * I, 537 f.). so
Son ber einfügen Slüte beS Orts jeugen bie Ruinen einer .Uircfo aus alter Seit. 2)er
jtoeite Ort ijl ©efer ober ©afer (auc^ ©a^ara). 3^r Äönig §oram foll gegen 3<>fua ge«
ffanpft ^aben ^of 10, 33. $ie 5lanaanitet behaupteten [\d) in ibr 9li 1, 29, bis ber
tyaxao Äg^tenS jur Mt ©alomoS fte eroberte unb als SMitgift feiner $od&ter, bie
©almno gratete, Wenfte 1 5tg 9, 15—17. 2)ie ©tobt wirb gof. 16, 3 als füblid&ew
©rtnaftabt StofepbS genannt unb and) fonft ju ®)>bxa'\m geregnet 9ti 1, 29 ; 1 tyx 7,28.
»0 Säritenftabt ber Äe^atiter gilt fte ^of 21, 21; 1 G^r 6, 52. ©ie Wirb oft erwähnt,
Wenn eS ft^ um Singriffe auf baS ©ebirge Don SBeften tyer ^anbelt: in ben Sß^ilifter«
Wegen StaDibS 2©a5,25 — I6^r 11, 16; 1 G&r 20, 4 (anberS 2 ©a 21, 18), foWie
in ben 3Ka«abäerfriegen 1 9ttaf 7, 45; 9, 52 ; 13, 43 ff.; 14, 7. 34 ; 15, 28. 35; eo
582
Jubfin
i
m
•4
10! 1. 19.21. Clcnnont Ükttlrtcftu bat etina tj km meftlid? von ramwas bic ^utnmjtattc
teil ed-dschezer entberft unb baburd? bie Sage be^ alten Crle3 feftgeficllt G3 fmfccn
fict? bort Spinal alter ©efeftigungen unb SJnfdjriften im anftei>enben Seifen, bie "" -"".
b. i. ©ren^e toon ©efer, gebeutet toerben unfe ttjabrfcbeiiilia*! ber maifabatfäen $tit m
h Quoten. Sei ben Srcunfa^tern bi*6 ber Crt HBiim$ ©ifart
V. T5et nörbüdjfte Xcil QubäaS na$ ben ©> 560 f. befproaSeneu ©tenjen umfaßte enr
lieb einige leile bef ©ebteteö tS p§ r a i m, faäbrenb bic übrigen £u Samaria (f. b. 1
rennet nmrben. Über fclefe ©egenben fehlen im 911 bie Crt^Iiftcn (ügl ^ef 18)
tonnen batyer nur bie Orte genannt loerben, bie gelegentlich im %% unb anbeten altm
10 ©driften genannt toerben. %m ^orbantbal ermahnt Jofepbu^ bie ©tabt ^ihafaefit, toc
^exobeä *u Uf?ren (ein« ttaftal ^hafael erbaute Antiq. XVI 5, 2; Bell, jud I i
©päter Jtbenfte er fte feiner ©efm>eftcr ©alome Antiq, XVII 8, 1» unb i>on biijtf
laut (ic in ben Sefn) ber flaiferin \\ulia £ima Antiq. XVIII 8, 2j Bell. jud. II 9,1
lie Stutneuftätte chirbet faea'il bat ben alten Wanten betoabrt. ©ic liegt füblid) bein
i& kam gai-tabe, ber fid? bod? über ba£ ^orbant^at erbebt (379 m). SMjen ©tpfcl frenic
bie ^eftunß SUqranbrium, bie ^ofe^uS f^n für bie ^eti ber Königin tUer
(75 — f>7 bor tSbr.) ermähnt Antiq, XIII 16, 4, ©ie ftielte in ben ÄämVfm bei
pejus unb@abiniu# eine rotd>ttge SHotte Antiq. XIV 3, 4; Bell. jud. I 8. 5, ?.
Koren ber Antiq. XIV 3, 4 alä ©ren^ort JubaaS genannt hürb, eutforiefrt bem beaticjüi
20 karawa am unteren wadi far^a (3b$S IV, 245 f.). Stuf ber ööbe brö ®ebirgc& fc
yAbnft ba£ ®orf 'akrabe (023 m) bie Sage be3 Don ^ojcpfyus Bell, jud. III S, 5 $
toxu)nten Slfrabaita, baä (Jufebiuä unb §icrotn>mu& im Gnom. 214. 87 *JbtQoßfli
unb Slcrabbi nennen. £a£ nörblüfc babon gelegene jfnüii entf|>rid^t bem x\p!
nannten ^anoab, pa£ ebenbert genannte Ihaenath Silo barf melfeu+t t>m\ Um w
2& närbtiajeren tarna toftanben toerben (bgl, Gnom. 261. 166), £icfe beiben Drte i
3of 16, t> bereite aU fünfte ber 9iorbgren^e (Sv^raimö be^eic^net jti fein, *Ea ber na*
^Ifrabfttta genannte öejirf Sifrabattene no$ mtt ^u Qitbaa geborte (S+ 584), fo n>an
^ier an ber Dftfeite ba£ gefamte ©ebiet G^^raim6 fpäter an 3ubäa gefallen, 3tuf ber SSrit-
leite be^ ©ebirge^ mar bal rtic^t ber gaÜ. 2)er toon 3^l^ug Bel'* JUfi* Irr %
so nannte ©renprt pi^enSamaria unb ^ubäa, Borkaios, entf)jna;t melleicbt bei beulen
SRumenftätie berKit, bie an ber Sübjeite be^ bon 'akrabe ^etöMommenbcn widJ
buBcharat ober witdi isclfar gelegen ift, tiefem ä^ale folgte, toie eö j6eintr
^Rorbgreme 3lt^aa^ *n hjeftlidier 9lie|tung auf 2inti^atri^ {©. 584, »•) ju, iüdbtcnb ,
16, 8 aii 5fürbgrenje öpl)raim£ baö 'Xtjat (ber $Üqo)) Rana be^cic^net tvirb, ben
36 bon btm heutigen wadi k na, ettoa 10 km nörbliajer, ju bcrftcfyen pflegt, ©iibtoeftl
ton chirbet berklt liegt baö T^orf el-lubban mit einigen ^elfengräbern ; e& cntfvn«!1:
bem altai Sebona 9ti 21, 10. *Ro(^ tveiter fubfid; am 2Sege na* Jcrufafein
anfebnlia^e I)orf sindschil. 2)cr sJtame liefert ein üBeiftrid für bie nicht häufv,
fommenbe ßrfebetnung, ba| Benennungen au^ ber Mmijfa^rerjeit arabiftert u>orbcn
iobenn sindschil gebt prücf auf ben ©rafen Slaimunb bem ©aint 0ille#f nae^ bem hoi
23orf ^Clafale ©t. ©illes" genannt hnirbe, öftli^ fcon bem genannten JBfflc liegt seilim,
ba« ©ilo brö UZ& Slafb nae^ ber S3efe$ung beä i'anbet^ fteffti ,V>rael biet fem w:
nebnifte^ ^eitigtttm, bie £abe, auf, baute für fie einen £enn>cl unb übertrug bejien Ste
bietmng ber prtefterlidjen Jamilic (Site ^of 18, 8—10; 1 ©a 1—3. liefet %m\^
Ab an bem Samuel für ben ^nefterlta)en ^ienfi erlogen h>urbe# (cbeint in ben ^Ubilifterfriwoi
fa)on bor ber .geit ©aul§ ^erftört (Jet 7, 12, 14) morbeti $a fein, 1>enn bie
an bie SJtyiltfter berloren 1 6a 4, 3 ff. unb fam ni*t naa? Silo inrild 1 Sa
bie 9f2a(^Iommen üli^ ftnb unter Sau! an bem Heiligtum in 9tob tbatig 1 Ba 21,
^h)ingenbe ©rünbe hjerben fte Silo nid^t berlaffat" tjühm, 5)er $ro£f>et mia tuat in 8ile
60 tu öaufe 1 Äg 11, 21»; 12, 15. $m bic Slnfcbauungen beä ^Jriefwriobq gilt ©ilo aU
ber Ort, n)o bic ©tif tetjütte ftanb unb bie Serteilung be# £anbe£ burd& ^ofua unb &ta\u
Donogen tüurbe^of 18,1; 19,51 (baL20f.), fco audj bic liolfsgcmrinbc f«fc t?erfamnitlt«
^of22,12; 9H21,12. ©ilo lag na^9ii 21, 19 norbOa) üon Setzei, öftlidb feon bfrStraje
jtüifa^en ©tc^em unb ^erufalcm unb füblid^ üon i'e&ona, nad) bem Önom. 293, i
6"> Sfrabattcne, 10 römifa^e IDieilcn (15 km) üon s3ieapoli^ entfernt; biete eingaben |*al
gan^ $\it |U ber Sage be# berfaüenm unb üerfteeft gelegenen '^orfee seilün, ba*3
lia^e ©puren bcS 2Uterium3 aufmeift, aber eine beftiimnte 3u$funft über tu
alten J&eiligtume nic^t bietet. 3)Ian halt n>o^t eine gtoftc ^erraffe im Worten :
für ben ©tanbort be^ igraclitifcbm Semvete. ^m 3lkften ber ©trafec t>on nabu)
eo nach ^erufalem, fübtoeftlic^ uon eMubban (f. oben) liegt ba£ ^orf dschild^lnlja
i«|ni
Mal
3uboa 583
2hm^ alte (Stfternen al« Ort be« älltertum« fenntlicty, erinnert e« burefy feinen 9tamen
cot ein tyebräifcfce« ©ilgal. §äufig §at man babei an ben Ort biefe« 9lamen« gebaut,
ber 2 Äg 2, 1 al« Sofort @lia« unb Glifa« unt> 4, 38 al« ©ifc eine« $ro$eten*
beretn« genannt ift, tootyl nur toeil man nad) einem ©ilgal in ber SRätye Setj&el« fud&te.
$u bem „§inabfteigen" nad& Setzei 2 Äg 2, 2 pafy bie Sage be« Orte« m$t, ba er 6
tiefer Regt al« Setzei (774 m gegen 881 m). ^Aocfc ^at bie LXX „fte lamm", beutet
alfo einen ßöljemmterfcfyteb beiber Orte nic^t an. ©übliefy babon liegt rain sin ja, ein
fleine« 3)wf, in bem ®[ermont=®anneau (Journ. asiat. 1877, 490 ff.) Sefana be« 31$«
tokber erfannt fyd. 3)er Äönig Slbia bon 3u*>a getoann biefe ©tabt bon Igerobeam I.
bon 3$rae! 2 6l?r 13, 19 ; 15, 8. 3jn ker SRä^e liegt dschifna, ein Heiner 3)orf mit 10
Äuinen einer alten @eorg«Kn§e unb einer 33urg; e« entfernet ber bon 3>ofel>fyu« öfter
ertönten ©tabt ©op^na Bell. jud. I 11, 2 ; III 3, 3; V 2, 1. 2Beftnorbfoeftlic& bon
biefen Orten liegt eine Stuinenftätte tibne, bie einem fyebräifcfyen S^imna entfprtd^t. 1 2Jtaf
9,50 unb bei 3ofepMAntiq. XIII 1,3; XIV 11,2; Bell. jud. III 3, 5; IV 8,1 toirb
ein a^amna ertoätynt, ba« bon Safcfyibe« 160 bor Gtyr. befeftigt tourbe unb ^auptort iö
einer jübifd&en Zopaxfyt h>ar, bie neben ©ob&na, ßtybba unb 6mmau« genannt toirb.
S)aS füfat in biefe ©egenb. $a« Onom. 260 f. 156 f. fennt ein grojje« 3)orf 2$amna
(2$amnatMara) im@ebiet bon $io«}>olt« (Stybba) mit bem ©rabe !gofua«. $a« ift^hn^
na$ ©eralj 3of 24, 30; 19, 50 ober Xfymnati) §ere« 9ti 2, 9, 3jofua« Srbbefifc unb
©rabftättc. Unter ben gfelfengräbern be« gütigen tibne jetc^net jicty eine« burdj feine 20
©rufte unb ßerftellung«toeife au«; 200 Heine 9Jiföen für Samten an feiner 2lujjenfeite
betoetfen, ba| e« in £ofyer SSere^rung ftanb. 2Batyrfäetnlid& ift ba« bie ©rabftätte, bon
ber im Onom. bieSRcbe ift. Untoett nörblid^ liegt bot rlma; ber Ort toirb unter biefem
tarnen im $almub (9teubauer 82) ertoätynt unb toegen feine« SBeine« gerühmt, gurrer
fuebte #er ba« 9tama ©amuel« 1 ©a 16, 13; 19, 18 ff., ba« 1 ©a 1, 1 Stomatyaim, 26
1 Stat 11, 34 9tama$em unb 3Rc 15, 43 SIrimatyia genannt h)irb. $a«Onom. 226. 96
berfefct e« in bie 5Rä^e bon 2)io«poli« (in regionem thamniticam, f. oben), 288. 146 nad&
FefJplg, SRem^tfyi«. 2)a« märe ber heutige Ort rentis, 10 km bon tibne in toeftlidjer SRicfytung
entfernt, offenbar eine alte Ort«Iage mit Giftemen unb gelfengräbern. Slnbere ©ele&rte,
toie ©raf in ©tÄr 1854, 858 ff. unb 9Jtü$lau in JRie&m« £anbtoörterbud&, galten ba«ao
Stoma ©aul« für ibentifefy mit bem oben ©. 577, 47 ertoäfynten Slama nörblicty bon ^vcu*
falem. ©ttoa 15 km f üblicher liegen §art am Slanbe be« Serglanbe« bie beiben Orte
bet cür el-fökn (617 m) unb bet 'ür et-tahta (299 m), ba« obere unb untere 93et&
Äoron be« 2l$«, bie al« ©renjorte 3>ofepf>« gegen Benjamin 3of 16, 3. 5; 18, 13 im
Stoßen ber SBafferfc&eibe genannt toerben. ©ie liegen 40 SKinuten bon einanbersö
entfernt unb ftnb burefy bie noc^ erfennbare alte ©trafee berbunben, bie bon 3<nifAl^n
nad) 9ntipatri« unb (Säfarca (Jos. Bell. jud. II 19, 8) ober fübh>eftli$ naö) 9l\topoli$
führte (Onom. 233. 102). 9tamentlid& ba« obere 93et& §oron be^errfd^t biefe ©trafee
unb toat ba^er ein biel umftrittener s?unft: im .Uriege gofua« gegen bie Äanaaniter 3<>f
10, 10 ff., ber SJtyiüfter gegen ©aul 1 ©a 13, 18, be« §a«monäer« !guba« gegen bie 40
©eleucibcn 1 3Ka! 3, 61 ff. ; 7, 39 ff., ber 3juben gegen bie SRömer unter Geftiu« Jos.
Bdl. jud. II 19, 8. 95eibe Orte tourben ba^er tüieber^olt befeftigt bon ©alomo 1 Äg
9, 17 ; 2 Gtyr 8, 5 ; bon ben ß^raimiten ©eera 1 6^r 7, 24, bon bem §a«monäer
gmwt^an 1 9Kat 9, 50; bgl. 3Jub 4, 4. 33ety $oron tüirb 3of 21, 22; 1 tyr 6, 53
al« le^atitifc^e Sebitenftabt in Gp^raim be^eid^net. @« toar bie $eimat ©anebaQat« 5Rc^ 46
2, 10.19; 13, 28. s]Rorbfoeftlid& Don 33etf>$oron, faft fd^on in ber ebene, liegt ba« Heine
S5orf el-midje mit SReften bon alten ©rabbauten. §ier fuc^t man je^t getoöfynlid& nad^
©u^rin unb ßonber bie §eimat ber gamilie ber §a«monäer 1 9Ka! 2, 1, für bie ©imon
bort ein®rabmal bon fteben ^ramiben errichtete 13, 25 ff., ba« no$ im Onom. 281. 140
befannt ift; bgl. Jos. Antiq. XIII 6, 5. 2)od) Tmb neuerbing« bon £e 6amu« in berw
Revue biblique I, 109 ff. ßintoänbe bagegen erhoben Sorben.
3ted) fxnb einige in ber (gbene toeftlicfy t>om Serglanbe gelegenen Orte ju nennen,
ba fie in ber fpäteren ßeit ^u ^wbäa geregnet tourben. 3)ie Ort«liften 3°f 15 ff- nennen
lernen Don biefen Orten. 3)arau« folgt jebocfy nic^t unbcbtngt, bafe fte in älterer 3eit bon
3«raeliten nic^t befe|t getoefen finb. 93emerten«h>ert ift t)ielme^r, teil« bafe bie Drt«lifte 66
)ii 3)an 3of 19, 40—46 boefy Orte al« i«raclitifd^ aufführt, bie in ber Sfttye bon %afa,
tote e« f(^eint, ju Jucken finb (S. 581), teil« bafe bie Drt«lifte ju Gtpfyaxm fefylt. 9la$ ben
3©f 16 für ßppraim gegebenen ©renken hjürben aber bie Orte, um bie e« ftcfy ^ier ju=
n&bft ^anbelt, innerhalb be« cb^raimitifc^en ©ebiet« gelegen fyaben. 3Jermutlidf> ift um ben
Skfifc biefer Orte jtoifd^en %$xaci unb ben ^tyiltftern ^äufig gefämj)ft h>orben. ©0 j. 33. 60
584 3ftt*8a
um ©imfo, ba$ na$ 2 Gl?r 28, 18 unter StyaS Don ben ?ß$tliftern erobert tourbe;
e3 lag an ber ©teile be3 jefcigen 3)orfeS dschimzfi nörblicfc Don bem alten ©ejer
(©. 581,52). $abib toirb @3r 2, 23; 5Re^ 7, 37 neben bem gleich ju ertoäfytenben 2ob
ju ber nad&ejiltfc&en jübifäen ©emeinbe geregnet. 6$ betft ftd) toa$rf<$emlu& mit 9bi$a
5 be$ Onom. 220. 92 öftlid) bon DioSpolte unb bem heutigen &orf el-kadithe, in bem bie
SRuinen einer alten ©tabt toatyrjunetymen ftnb. 23te(Iei$t ift auc$ Don biefer Statte baS
Slbtba 1 ÜRaf 12, 38; 13, 13 ju bergen. Sob mürbe naefc 1 6&r 8, 12 Don bem
Senjaminiten ©amer gebaut (toann?); e3 ftnrb @3r2, 33; 9le$ 7, 37 )u ber na<$cgtttföen
©emeinbe geregnet unb 9le$ 11, 35 ebenfo tote £abib unb Dno als benjamtnitifö be=
10 $etc$net. Srft 145 Dor 6br. tourbe Sob, griec^ifö Avdda, nebft feinem Bejirf an ben £a&
monäer gonat^an Don ©emetriuS IL abgetreten 1 SJtaf 11, 34. $n ben Streitigsten
mit ben ^Römern l)atte Stybba Diel )u leiben ; Gäfar gab 48 Dor <5frr. ben ^ttben tyre
Steckte für Stjbba aurücf Jos. Antiq. XIV 10,6, 6affm8 aber berfaufte 44 bie »etooftier afe
©Haben XIV 11, 2, äntoniu« orbnete 42 tyre greilafjung an XIV 12,2 ff.,<5efKuä®ailu«
15 jcrftörte ben Drt Bell. jud. II 19, 1, bem 33e$J>afian tourbe er freforiDig übergeben IV
8, 1. 3)er Sfyoftel ^etruS feilte in Stybba ben 2toea8 31© 9, 32 ff. 9la$ ber 3erftörung
SerufalemS 70 nad& 6^r. tourbe Stybba ein ©ift jübifd&er ©ele&rter, j. 53. be3 dt gRefer.
3m 3. 3;atyrljunbert erhielt e$ ben 9tamen ©ioSpoliä ; toir fennen eine Slnja^C JHfäflfe
ber ©tabt. Ueber bie Se^re be3 5Pelagiu$ tourbe $ier 415 toej entließ )u beff en ©unftot Der*
20 tyanbelt. ©d&on frttty tourbe in Stybba bie Segenbe Dom ^eiligen ©eorg (VI, 538 f.) lolali*
fiert, bie ©tabt tourbe ate feine ©eburt& unb ©rabftätte bejeic&net unb tymgu@$ren eine
Sttrc&e errietet, bie, toenn and) in me^rfac^er Erneuerung, bi£ ^eute erhalten geblieben
ift. £er alte -Warne beä DrteS ift no$ fyeute gebräu#li<$, ludd ift eine Heine, Don 9Ru&
Urnen unb ©rieben betootynte ©tabt mit frönen ©arten untoeit ber jefcigen ©trafce Don
25 3^ nft$ 3eru^em- 8(tt bie üWuSlimen 716 bie neue ©tabt er-ramle m ber 9Mb«
grünbeten, na^m bie Sebeutung StybbaS ab. Sieben gtybba ift ®3r 2, 33; 9te& 7, 37;
11, 35 ber Drt Dno genannt, ben ber Senjaminit ©amer na<$ 1 <5frr 8, 12 befeftigt
faben fott. 2Jtan Dergleid&t ba$ heutige kefr 'ana, ein Heine« Dorf 9 km norbtoeftlidj
Don ludd. Sin ber 9torbgrenje beä Röteren Subäa lag eine Don $erobe$ b. ©r. ge*
30 grünbete ©tabt, bie er ju (Sfyren feinet 93ater$ 2lnttyatrte nannte Jos. Antiq. XVI 5,2;
Bell. jud. I 21, 9. ©ie toirb 31© 23, 23—32 als ©tation beS Don Serufalem na#
Gäfarea geleiteten Slpoftcte SßauluS genannt. 9fa$ bem $ilger Don Sorbeaus lag ftc
10 römifqe teilen nörbltd) Don Stybba, nad& bem Onomasticon 6 römiföe SRetten füb=
lief) Don ©algultö, bem heutigen $orfe dschildschülije in ber (Sbmt norböfttt$ Don
36 3öfa. 3)a Igofe^uS ben großen SBaffmeid^tum ber ©tabt ^erDorbebt, fo ift e^ laum
jtoeifel^aft, bafe fte an ber©tätte Don kalcat ras el-ain gelegen $ot, ba too ber nähr
el-raudsche jein SBaffer fammelt. ®em fte^t freiließ entgegen, bafe nac^ Jos. Antiq.
XIII 15, 1 bie SRamen Xaßegaaßä (ober KacpaQoaßS) unb äntipatrte gleic^gefe^t
toerben. ^ener Drt ift noef) fyeute ate kefr saba befannt; er lie^t 10 km nörblicb Don
40 kal'at ras el-'ain in einer toafferarmen ©egenb. ^Bielleic^t erlebtgt ft$ bie ©^toierig-
feit bur<^ bie annähme, bafe 30ffl>^w^ ext biefer ©teDe ba« ©ebiet ber betben Drte
im Sluge fyat
VI. 3um ©d^lug mögen bie elf %o)p arc^ien oberSejirfe aufgellt toerben, bte^ubäa
nad) ^ofe^M Bell. Jud. III 3,5 umfafet bat: 1. ^erujalem afö ^au^tftabt bed gan)en
45 ©ebiet« unb als erfter Segirf , 2.@o^na@.582,i2, 3. 3lfrabatta (©. 582,22), 4. 2b««na
(©.583,16), 5. itybba (f. o.), 6. SlmmauS (©. 581,41), 7. ^etta (f. unten), 8. Sbumäa
(©. 562, iöff.), 9. (gngabbai (@ngebi ©. 571, 37 ff.), 10. ßerobium (©. 572, 7 ) unb 1 1. Seri^o
(©. 574,28). ^ßliniu« nennt Hist. nat. V 14, 70 jeb" Styord&ien. ©eine Äuf^lunö
ftimmt ntd^t ganj mit ber bei 9jofet)^ug überein. Sr nennt 2—6 unb 10—11, fügt
50 aber aufjerbem Fnn^u %opka (Se^trf Don 3°^c ober ^afa), 93et^oIet^)^ene unb Drtne.
3)iefe (entere, gried^ifc^ fj dgeivt} (ba« 93erglanb), ^at bei t^m bie ^auptftobt ^«rufalem,
fällt alfo mit ber erften Sofarc^ie be« SofepfyuS jufammen. Set^oletto^a toirb <m$
Bell. jud. IV 8, 1 al« jubätftf>e Sto^ard)ie genannt. ^Bermutlic^ enttymept ber ^au^torl
33et^oletej)^a ober 93ettyletepi?a bem heutigen bet nettrf nörblic^ Don ber©. 562, m ertotyitten
55 chirbet schuweke (©oc^o), toeftlid) Don 8etblel;em am Sianbe be« ©ebirge«. 9Rit
biefem Drte tyat man too^l mit SRecbt baä biblifd^e Wttopfya jufammengeftettt, baö @&
2, 22 ; s^eb. 7, 26 £u ber nac^e|ilifc^en ©emeinbe gegä^It unb au(^ atö $etmat enqebter
«Jänner (5. 8. 2 ©a 23, 28 f. ; 2 Äg 25, 23 k.) genannt toirb. 3ßafrf*«nltt$ N
man biefen Sejirf an ©teDe be$ unter (7.) bei^ofep^u« genannten $ella etngufe|cn; beim
60 ^JcHa im Cftjorbanlanbe (f. $eräa) gehörte nitbt ju fyvbäa im engeren ©time. 2)a
3fsttfta 3fitba* ©oltlättS 585
öejirf Don 3ope bei Piniu« toirb irrig ju ^ubäa gegäfclt fem, ba biefe ©tabt jelbft*
ftönbig toar (togl. au<$ o. ©. 560,42 ff.). Dte Sejirfe be« <ßliniu« betätigen batyer bie 2luf=
utylung bei Sofe^u«, *>«* aufeerbem 3ftumäa (8.) unb ©ngabbai (9.) fu&erli<$ mit
Steigt gcnaiuit fcat. 9lad) biefen 33ejirfen ift bie Slbgrenjung Subäa« in biefem &rtifel
erfolgt. Über bie an ^ub&a grenjenbe Äüfte f. bie ärtifel SJtyilifter unb ^^önuier. 5
3ubaS, ber GI?ronograj)$, um 202. — Sgl. Ä.£arnacf, ©efd)td>te her alttfcriftl.
Bitteratur 1. fietpfttg 1893, 327. 765 f.; «. <3$(atter, %tx (£&ronograpt) au« bem geinten
Safae «ntontn«, in £U 12, 1, fipj. 1894 (baju St. <£rbe« in 2^88 1895, 9h. 16, 415 bi*
418); ©. Artiger, ©efd). b. altdjriftl. Sitteratur, &rb. 1894, 138. io
!Rac$ @ufebiu« (Hist. Eccl. 6, 7 ; $ierontomu« Vir. 111. 52 föreibt @ufeb au«) fcat
ein ni<$t toeiter befannter !guba« in einer ©cgrift eis rag naga reo AaviffX tß&oM-
xovza ißdouddag auf ©runb ber banieltfc&en ^ro^^eiungen <$ronologtföe Serag*
nungen angeftettt, bie bi« jum 10. 3a^re be« ©eberu« (202) reiften, unb bie SQieber^
fünft be« $errn für bie näc&fte äutunjt getoei«fagt. ©glatter ibentifijierte, inbem er ein 16
Serfe^en Sufeb« annahm, biefen 3iuba« mit bem fcon Giemen« ö. SHejanbrien (Strom. 1,
21, 147) ertoabnten unb für feine Berechnungen benufcten (S&ronograpljen au« bem
10. 3a$re be« Sfotoninu« OPiu«), b. i. 148, unb glaubte, biefen Sfyronogra^en auety bei
2$eot>$ilu« (ad Autol. 3, 24—28), lertullian (adv. Jud. 8), Drigene« (var. loc.) unb
gpipfaniu« (Haer. 29, 4) nac&toeifen ju fönnen. 2lu(§ mutmaßte er, ber bergeftalt er* ao
fcbloffene ßtyronogra^ möchte mit bem legten ber jerufalemifäen Sifd&öfe au« ber 93e*
fqneibung gleiten SRamen«, angeblich einem Sertoanbten ^jefu, ibentifd^ fem. äße biefe
$tyot$efen ftnb ^infößig, fd&on toeil man burd&au« ni$t beredet ift, ein SSerfe^en ©ufeb«
anjunefrnen unb ju bergeffen, bafc ber fyiftorifcfye 3uba« in einer Reit ber Verfolgung
f$rteb, alfo l)öd&ft toa^rf$einli$ gerabe in bem Satyre, gu bem Sufebiu« feine Stiften) 36
angemerft fyat ©. Ärfiger.
3nba* ©aliMn«, im 5RSC ertoetyni ä@ 5, 37 (in ber Siebe be« ©amaliel), bei So*
fatyä antiqu. 18, 1, 1—6; bell. jud. 2,8,1; togl. antiqu. 20, 5, 2; b. j. 2,17,8.
— 9Q« bie Don Sluguftu« angeorbnete, jur 3"* *>** forifd&en ©tatt^alterfc&aft be« DuU
riniu« in Sßaläfitina burcfygefüJjrte ©c&afeung Dom jübtfd&en SSoife jjtoar mit ftarlem SOSibcr* so
{beben, aber ofyne offenen Sßiberftanb Eingenommen fear, orgamjterte in ©aliläa, fo be«
richtet ^of^u«, ein getoiffer !guba«, gebürtig au« ©amala tn ©aulaniti«, aber allgemein
„ber ©aliläer" genannt, in SBerbinbung mit einem Sßfyarifäer ©abo! einen S8ol!«aufftanb,
toekber au« tieferem religtöfen 3RotiDe entf^rana. $ie in ber ©d^a(ung ju fcoHem 9(u««
bnuf getommene Untert^änigteit be« jübifdjen Soße« unter römifc^er ^errfc^aft tourbe al« 85
eine Jtne$tfc$aft enü)funben, n>eld)e mit ber Seftimmung be« SSoIte« jur ©elbft^enlic^feit
unter ©otte« ^errfqaft in fc^Ied^t^in unverträglichem ©egenfa^ fte^e. 3n ^tx äBürbigung
biefer Setoegung al« einer religtöfen treffen bie beiben DueQen jufammen. 3m übrigen
jeiat fu^ bei ber SSergleid^ung eine d^raf terifttfcfye 3Serfc^ieben^eit ber 3luffaffung. ©amaliel,
tod^er öon ^uba« fagt „er tarn um", öon feinen Sln^ängem „jte tourben alle jerftreut", 40
fteOt biefe Setoegung auf gleite Sinie mit einer früheren ebenfall« tragifd^ enbenben SSlufftanb««
Unternehmung religiöfer älrt unb bertoenbet fte al« ®efc$id^t«£eugni« bafür, bag e« gefa^r-
bringenb ift, ftd^ bem SBillen ©ottc« ju toiberfe^en (f . ba« 9tctyere in bem ä. ,,3^euba«").
Sofe^^u« bagegen, toeld^er t>on bem @nbe be« $uha$ unb feine« Sluffianbe« nic^t« mit^
teilt, betrautet biefe Gegebenheit al« älnfang unb erfte £eben«äu^erung be« bon ba an 46
bauernb im SSoHe gärenben unb fpäter unter ©efftu« gloru« offen au«brec^enben 3^°5
tiftmi«. ©iefe feine Sluffaffung entffrid^t feinem ©tanbp unlt gefd^ic^tli^er Setrad^tung
unb ftüftt fu^ mabrfc^ctnltcf) mit auf bie 3^atfa$e, bafe in ben Röteren 93en>egungen
gegen bie Sldmertyerrfcfyaft zbm biefe« 3uba« ©ö^ne eine fyerfcorragenbe SRolIe fpielten.
Saaegen entftmd&t bie in ber Sebe be« ©amaliel borltegenbe Sluffaffung eben bem ©taub* so
antrat be« ©., ju beffen &\t t>on einer 92ac^n>irfung jene« Slufftanbe« äu^erlic^ m$t«
bemerfbar toar. 2lud) an biefem fünfte jeigt ftc^, ba^ ber^Berf. ber 91©, bon 3^fe))^u«
unabhängig, feine Äenntni« jübtfd^er ©efd^id^te am eigenen Duellen feböpft. — 3)ie tyco*
nologifc^e 5fc£ierung be« in Siebe ftefyenben ©retgniffe« l^ängt Don berjenigen ber Duirinis
fc^en ©ifcafcung ab, toelc^e nad) ben neueren bebeutfamen Ermittelungen Don 3a^n (^3 w
1893, ©. 633—654; bgl. (ginl. in ba« 31% II, ©. 395 ff.) nic&t in ba« «a|r 6 7 na$
5^r., fonbern in ba« ^a^r 4/3 b. 6^r. ^u fe^en fein toirb. D. ft. e^wibt.
586 3fitta* 3frf)ariotfj
$ubaS ^fdjariotf), bcr Serräter $efu au« bcr $(^1 bcr $toölf unb atö folctye* «nc
befonber« rätfeltyafte ©rfd&einung ber eb. ©efcfytd&te.
3)ie auf tyn bwüglic&en neuteftamentltd&en ©teilen ftnb folgenbe: 1. @rtoä$mmg im
9tyoffclberzeid&ni«: 2Rt 10, 4; 3Rc 3, 19; Sc 6, 16. 2. ©elegentlic&e Bezugnahmen im
5 @b. So 6,64. 70f.; 12, 4 ff.; 14, 22; 17, 12. 3. ©efd&ic&te be« Serrate«: 3Rt 26,
14—16. 21—25. 46-50; 2Rc 14, 10—11. 18—21. 42—46; Sc 22, 3-6. 21—23.
47—48; 3o 13, 2. 10—11. 18—19. 21—30; 18,2—9. 4. Scripte unb 9tefle£umen
über fein @nbe: üJit 27, 3—10; »@ 1, 16—26. Über ba« lefctere finbet fu$ nod>
eine anbertoeitige Srzäfylung in einem Fragment au« bem vierten Su$ be« $apia« er*
io galten u. a. in ber Catena ad Acta S. Apostolorum (ed. Cramer» Oxon. 1838,
p. 12 sq.) unb bei Ityeo^Iaft ju 21© 1, 18 f., abgebnull u. a. in Patram apostolic.
opera rec. ©ebfyarbt, §arnadf, 3afyn. Fase. I, part. II appendix: Papiae frag-
menta III. 3n .eincrn oberen gfragment be« Sßapia« (ibid. fragm. I) toirb bon §•
eine gelegentliche Sufcerung ber 3^rifrffu<^t nebft ber Slnttoort l^efu mitgeteilt.
16 9tur ber aJtitapoftel So&anne« fd^reibt einigemal (6, 71 ; 13, 2. 26) ben bollen
Flamen 'Iovdag Zl/Movog 'IoxagicoTtig (ober toie toenigften« an 2 ©teDen bie urforfing*
lid&e SSI. fein toirb 'Ioxgiqkdtov), beffen pattyetifd&e Sänge bem tiefernften ^Eenor jener
©teilen entftmd&t. 2)er getoötynltcty gebrauste Seiname ift 'IoxaQicoTrjg, toofür ftc$ bei
3Wc (3, 19; 14, 10 unb barnad? and) Sc 6, 16) nad) toa$rfd&einltd& urforünglic&er Sä.
30 bie nid&t gräeifterte gorm 9IoxaQid>& finbet, gu toeld&er ftd& jene behält, tote lotcoßos
Jos. Ant. VII, 6, 1 ju n- tra (LXX 'Ioxcüß) 2 ©alO, 6. j?terna<$ ift nic&t jtoetfefc
fcaft, bafi, toie fetyon ba« in alten §anbföriften ft$ finbenbe ©lofjem änd Kagvcorov
borau«fe|t, ber 5Rame „üJtann (Sürger) bon Stariotty" bebeutet, toomit ftc$ au$ erflärt,
bafc er bei $o balb auf ben ©otyn unb balb auf ben Sater bezogen toirb. änbertoettige
26 Deutungen be« 2Borte«, toelc&e SBmer, 912BS s. v. I, 633 aufführt, ftnb antiquiert
$em Kaoubft nun entforicfyt unter ben belannten SRamen £aläfl Drtföaften riv*yp: Qof
15, 25), SRame einer ©tabt im ©t. %vha, toelcfye in ber jefcigen SRuinenftätte el-Karje-
ten füblicty bon §ebron toiebergefunben ift, aufierbem nur no$ ba« heutige Äurijut ober
Äariut im nörblidjften 3>ubäa. 2Bar fomit $. ein ^ubäer, alfo ber einzige IJubäer in b«n
so fonft gang galiläifctyen (31© 2, 7) Süngerfreife $e\\i, fo erßärt ft$, bafi tym gerabe biefer
Setname blieb, au« feiner 2lu«nafym«ftetfung ^inftd^tltd^ ber §erhmft.
3)ie fonoptifd&e Überlieferung über %., fotoeit fte ben brei @bb. gemeinfam ift, be*
fd&ränft ft<$ auf toenige §au£tmomente. ©ie bietet leine 2)ata au« ber früheren Rät,
toeld^e auf ben Serrat borbereiten Knuten, fonbern fefct o^ne toeitere« mit ber ®rjä$lung
86 ein, toie hirg bor bem Sßaffafyfefte, al« bie jeruf. Solfö^äu^ter entfd^loffen toaren, fu^ ber
^erfon %tfu mit Sift ju bemächtigen, um i^n au« bem SBege gu räumen, 3- *fc*n ä^s
jtdjten entgegentam, inbem er f\<fy freitoiOiig erbot, gegen eine ©etbfumme i^nen 3^fum
tn bie §änbe ju liefern. ®abet geben toenigften« Sc unb namentlich 3Rt beutlid^ ju er=
lennen, bafe e« ©elbgter toar, toeld^e ben 3- trieb, alfo nid&t ettoa betoufete ©egnerfc^aft
*o g^gen 3j*fum, nid^t bie äbjtd^t, i^n ber ©etoalt ber ^einbe freizugeben. 3m ^inblic!
alfo auf ben 3lu«gang erfc^eint % bon borne^erein al« SBerfjeug tn ^ö^erer §anb, toie
benn Suta« mit ben einfityrenben ffiorten elorjX&ev 6 Zaravag elg Iovdav gerabqu
ber Überzeugung Sluäbrud giebt, ba^ 3- ^ncr einzigartigen (Sintoirlung be« toibergött=
liefen ©eifte« unterftanb, bermöge beren er in Serblenbung herbeiführen mufete, toa« er
46 ntd^t beabft^tigte. 3m heiteren ift ba« 3ntereRe ^^ fonopt. Snä^lung auf 3«fu ©teBung
Zu biefer J^atfac^e gerietet, ©ie ift ibm nid^»t unertoartet gefommen, fonbern er $at,
toä^renb guba« noefy erft einen jjajfenben 3^4>unft abtoaxttt^, unter ber ^affa^mabl^it
mit boüfter ©ic^er^eit borau«gcjagt, einer ber 3toö'f roer*>e ^n «uÄwfcni; ate fte alle
jeber für feine $erfon in z^cifdnbcr ^ragc ber Überzeugung SluSbrucf gaben, bafe un-
60 möalid) einer au« i^rer Witte ^tcju fä^ig fein lönne, Ij>at er bennod^ nac^brücflic^ ba«
Unfaßbare aufredet erbalten, baf; einer biefer feiner 9Jä4ftbertrauten, ein 3Ttfc^enoffe, e«
t^un toerbe. ©omit ift bie« fc^einbar unberftänblic^e @reigm« bod^ Qefu al« etn fd^Iec^
^in nottoenbige« im borau« getoig getoefen; er fyat ftc^er getou^t, ba| e« mit ber in ber
©c^rift bezeugten göttlichen Seftimmung über ifm im @inflang fte^e: ber burd^ fatanif^c
66 Sintoirfung herbeigeführte Serrat be« 3- ^ar f^r 3^ Setoufetfem lebiglic^ nottoenbige«
SKittel zur Scrtoirflidiung be« göttlid^»en SRatfc^luffe«. ©o ift beim aud> bie äuSfityrung
nic^t o^ne S^fu 3Kittoirtung erfolgt. 2Bäfyrenb bie Solf«^äm)ter au« <$ur$t bor einer
Solföer^ebung ba« g-eft borübergeben laffen toollten, ift unmittelbar nad& ber ^Jaffa^mabl»
Zeit, bei toeldjer ^cju« bie 3lu«lieferung borau«fagte, gerabe in ber 9la^t auf ba« »ep,
eo 3* "n ^ ©^t^e einer bon ben Solf«bäuptern mitgegebenen ©^ar erfebienen. 3)en Trau-
Sfitba* 3fd>ari0tf} 587
falen äufammen^ang beutet 3Kt nod& beftimmter an burefc bie 9iotig, baß %tfu$, al« 3-
m Vcrftetlung fragte: „boc§ nid^t etwa id& bin«?", itym mit au«brücflid&em 3a antwortete.
3nbem er tym fo bie gurd^t einflößte, baß fein Vorhaben 3*fu befannt geworben fein
unb vereitelt Werben möchte, Würbe 3- ^ur öefd^Ieuntgung gebrangt; and) begab ftd^ ^efuö
in ber Stacht Am an benjenigen Ort, Wo er erwarten mußte, toon 3- gefugt gu Werben 6
(2c : xatä to £&og). 6« ift 3*fu 93*** geWefen, baß er no$ gum jjfefte feinen geinben
überliefert Würbe. 3n ^taug <*uf ba« Verhalten be« 3. berietet bie ©rgäfylung nod&, baß
er, ben ßäfdjern ba« toerabrebete 3e^m ge&wb, 3efum K|te. 3)ie auffoBenbe -JRilbe,
mit toelcper^efud tym ba« §eu$lerifc$e btefcö ©ebafyren« toorfyielt (Sc) ober toerwie« (9Rt),
läßt fd&ließen, baß ba«felbe nidjt avß fd&amlofer gredj^eit entfiirang, fonbern wofyl au« ber 10
naefc ben Vorgängen bei ber <ßaffatymafylgeit begreiflichen gurd&t t>or einem 2lu«brucfy ber
ßmpörung feiner SDtitjünger gegen feine Sßerfon, Wenn er nicfyt beim §inantreten feine
feinblicfye äbficfyt bewußte. 2Xud) hierbei erfd^eint er nid&t al« entfd&iebener VöfeWtdjt,
fonbern als einer, ber, ofyne e« eigentlich gu Wollen, infolge unfeRger ©cfywäd&e batyin
gerät, bie empörenbfte ©cfyanbttyat gu begeben. ®em entforetfyenb ift ba« SBetye be«fterrn 16
über ityi niefct foWotyl eine ftrenge Verurteilung feine« 2^un«, al« bielmetyr eine Älage
über fein unfelige« ©efcfyicf, SBerfgeug be« Senate« *u fein.
Vergleicht man mit biefer ftynopt. 3)arfteIIung oie jofyanneifd&e, fo fcfyeint fid& gu er*
geben, baß 3° i*ne dte befannt borau«fefct unb nid^t foWotyl eine eigne Darflettung be«
gangen Hergang« geben, als bielmefyr jene teil« in (Singeltyetten erläutern begW. richtig* 20
pellen, teil« burd^ anberWeitige, tym au« allgemeinen ober perfönlicfyen ©efufytepunften
Wichtige 3ü0e ergangen WiQ. 2)aß unb Wie 3- bagu !am, ftd) ben fteinben 3*fu gur
Verfügung gu ftetten, berietet $0 nid&t; aber mit 5Rücfjtd&t auf bie ftynopt. (Srgätylung
gefd&ie^t e« wo^l, baß er in ber Srgätylung toon ber ©albung 3efu (12, lff.), otyne baß
ein anberer Slnlaß erficfytlid& Wäre, bie @inft>rac$e be« 3. mit ber Vemerfung begleitet, 25
Wefelbe tyabe ifyren Wahren ©runb barin gehabt, baß 3- biebifd^ War unb au« ber unter
feiner Verwaltung ftetyenben Äaffe ©eiber gu entwenben pflegte; ^iemac^ erfd^eint e«
leichter erflärlid^, ba^ 3- au^ ©clbgier jum Verräter 3^fu Würbe. (Sine au«brüdflidS[e, ae*
totffermafeen berid^tigenbe Vejugnatyme auf ba« Iufan. etorjtöev oaraväg bürfte in 3°
13, 27 borliegen, Wo ber gleite 2lu3brucf gebraucht ift (ba« jo^. ®o. ^at fonft ntc|t so
oaiaväg, fonbern diäßoAos, unb ber gange 3tu«brudf finbet ftd^ im 9KE nur hier bon
nic^tleiblid^er fatanifd&er SinWirfung gebraust). SBä^renb 2c ben Verrat überhaupt einer
^ftgefteigerten fatanifd^en ©inwirfung jufd^reibt, Will 3° n%f batyin unterfd^ieben Wtffen,
ba^ bie teuflifdje SinWirfung jWar bon Vorneherein ftattfanb (13, 2), aber erft nad& bem
8if[en ibren ©i^fel erreichte : erft nad^bem % biefe« 3^^ öHemäd^ften Vertrauen«^ 86
ber^Utniffe« un^erü^rt Eingenommen ^atte, War er jener äufjerften ©inwirfung jugänglidb.
3o faßt ^iermtt gegen mögliche« 9Rif$l>erftänbni« feft, ba| 3- Wefer (SinWirfung nic^t
unterlag, o^ne felbft fic$ bafür t>räbi«j)oniert gu ^aben. Vei ber ©efangenna^me erwähnt
3o niefct« baöon, bafe 3- ^^ ©äfd^ern boran auf 3^fum gutrat, um mit bem Äufe ba«
3et$en gu geben, aber er nimmt m. 6. barauf orientierenb Stücfftdjt, inbem er 18,5 bie 40
fonft unberanlafcte Vemerfung mad^t, bafe, al«3efu« ber©<Ear entgegentrat, 3- 6« M*f«
ftonb; er fe|t al« befannt öorau«, bafe 3- gunä^ft berfelben öoraufgegangen War, unb
Witt beamtet Wiffen, ba^ er bann boefy mit ber ©d^ar gufammen toon bem nieberfc^metterns
ben ffiorte be« §erm getroffen Würbe.
Die Wichtigeren ßrgängungen ber tynopt. ©rgä^lung bur$ 3° fmfe folgenbe. 3"*>em 46
|o bie Vorau«fagung 3^fu b« b*x legten WaMgeit mit , benfelben SQSorten Wie 3Rt unb
Rc toiber aufnimmt (13,21), ftifyrt er biefe« ÜJloment nod^ Weiter au«, ©cfyon bor biefer
bireftefken 2tu«fage ^at 3efu« in ben Sieben jene« 2tbenb« Wieber^olt (13, 10 f. 18 f.) gu
erlernten gegeben, bafe er ben Verrat be« 3. fcorau«Wuftte, ja bafe er fcfyon bei ber äu«*
Wa^l ber 3toölf ben 3- burd^fc^aute unb feinen Verrat &orau«fafy (bgl. aud& 6, 70);60
gegenüber bem Vebenfen, Wie er bann ben 3- fa&* erwählen fönnen, fyak er auf bie
©egrift öerwiefen, al« Welche gerabe fo gur örfüDung fommen fottte; unb gefagt fyat er
bie« ben 3üngern naefy eigner ©rflärung gu bem @nbe, um fte gegen ben Ktorifel an
femer ^Jerfon gu fiebern, ben t^nen ber ©intritt be« Unfaßbaren enegen mö^te. Sluc^
für fein eigne« VeWufitfetn ^at er gegen bie Ibatfacfye, baß einer toon benen, bie i^m ber 66
Vater gegeben, berloren ging, einer ©lauben«ftärfung beburft unb fte barin gefunben,
ba| bie« bie in ber ©egrift begeugte göttliche Veftimmung War (17, 12). 3)tefe 3Jlit*
tetlungen fmb bon bem gleiten ^ntereffc getragen Wie bie ftynopt. 3Kitteilungen t>om
legten ÜRa^l, unb Wollen möglid»ft flar unb ftd&cr fteHen, baß ber Verrat be« 3- für ba«
Vewußtfein 3«fu nieftt übenafc^enb fam, fonbern Wiber ben 2tnfc^ein al« bem Statfd&luß fio
588 3itba* dffdpriotl)
©otte« entft>re$enb borau« erfdnnt h>ar. — SBtynlicfc ber&ält e« ft$ mit ber jofc. (Srgängung
be« fono^t. Sericfyt« bon ber (gefangennähme. 2Bie bie ©tynoptifer HarfteHen, bafe bie
2lu«fü&rung be« $lane« m$t o^ne 3efu eigne pofttibe ©nttrirfung gefc^a^, unb bamit
p Setoufetfein bringen, bafj er ba« Serfyängni« mit freiem 2Bifien $at über ftd^ lammen
6 laffen, fo toill 3o bte« Moment ber gretyeit ber ©elbftyingabe no<$ ftärfer ^erborfcben
(18, 4 ff.): nicfct ofyne Weitere« ift auf ba« 3etc^cn be« 3- bie ©efangennafyne erfolgt,
fonbern 3efu« fyat felbft, ber <5d>ar entgegenlommenb, fic^ angezeigt, unb biefe ©dbjfe
anzeige tyat wnäd&ft bielmefr bie SBirfung gehabt, fte gur (Gefangennahme auger ftanbe
gu fefcen, fooaft 3efu« mit toiebertyolter ängeige iljnen tyre Dtynmacfct p Setoufetfein
10 bringen tonnte. 3° fügt einen SRebengug bei, kodier bie ©elbftyingabe yeju al« ©runb
ber ©rrettung ber Seinen erföeinen lägt. — ähtfeerbem ertoeitert er bie ©efdjtdjte bom
Sertauf be« testen ÜRatyte« burefc einige teben«bolle aber minber tok&tige Rüge, tote er al«
nä^er beteiligter fte einzufügen in ber Sage unb interefftert toar, nämlicp tote er felbft,
bon Spetru« aüfjjeforbert, 3efum bat, bie $erfon be« Serräter« gu begebenen, unb ein
16 SDfcerfgeid&en erstell, unb tote bie Slufforberung ^efu an 3- bon ben übrigen Jüngern
nic^t berftanben unb berfd&ieben gebeutet tourbe; au« lebenbiger perfönlid&er (grimterung
enblid^ bergegentoärtigt er ben entföeibenben, fdSKtuerlid&en 9Roment, ba 3. bad 3to*mer
berliefe, um fem 2Ber! gu fyun (18, 30).
SBätyrenb nun bie übrigen ®bb. bie ©eföicfcte be« Serrate« mit ber ©efangemta^me
30 abfd&liefjen, ift ÜRt burety fein befonbere« ^ntereffe an ber alttefiamentlt<$en 3Bei«fagung
unb an bem ©eföid be« jttbiföen Soße« veranlagt, no<$ toeiter gu berfolgen, toa« au«
bem Serräter jmb au« bem Serräterlotyne getoorben ift. $o$ totrb babei be« Senate*«
eigner 9lu«gang me^r nur beiläufig ertoäljnt. 3m (SinHang mit ber Sorau«fefeung, bog
3- nid^t au« geinbfd&aft gegen 3efum Serräter tourbe, berietet 2Rt, bafc er naep erfolgter
25 Verurteilung mit reuigem Selenntni« ber ©d&ulb ba« ©elb ben SoEte&äuptern gurüdgeben
toollte, aber al« biefe bie gurüdnatyme bertoeigerten, in Sergtoeiflung ba«fetbe toegtoerfenb,
ftc$ gurüdgog unb bann mit bem ©trid ftcfc felbft entleibte. 3)ie $arfteäung«ta>etfe biefe«
Su«gang« toeift gurüd auf bie altteftam. (Srgätylung bon Styitoptyel, bem Verräter Ztabtb«
(2 ©a 17), unb toill auf ba« gtoiftpen beiben befte^enbe Sertyältm« toonXfym« unbSntU
so tV))u« aufmerlfam machen. 2)te §auj)tfacbe aber ift für ben @nä^ler bie Strt ber $er*
toenbung be« ®elbe«, in toel$er er eine bem jübtfdjen 3Sol!e %lwfy bebeutenbe Erfüllung
toei«fagenber altteftamentlid^er Vorgänge erlennt, nämli^ barin, bog ba« fcon 3- ""
lerntet ^ingetoorfene ©elb im Setrage bon 30 ©elel bon ben Äjojjenjnriefiern al« un^eilig
baju bertoenbet tourbe, ben inf olgebeffen „Slutadter" genannten 2äj>ferader gum Segräbnt««
86 p IcA für bie gremben anjufaufen. gür biefen $un!t, einen ber fötoierigften auf bem
(Gebiete ber Regierungen gtoifd^en altteftamentlid^er 9Bei«fagung unb neuteftamentlid^er @r»
füllung, ift borne^mlid^ gu bertoeifen auf bie ^Darlegung bon ^ofmann, 9Bei«f. unb (Sr*
füüung II, 121 ff.
2tnber3 lautenbe eingaben über ben 9lu«gang be« 3* f^^cn f^ m ber Sebe be«
40 $etru« 91© 1 (33. 18 f.), nämli$ bafe 3. [t* für ben Serräterlo^n ein ©runbftüd taitfte,
bafi i^m bei einem %aü ber Saud) platte, fobafi feine Singetoeibe berfd^üttet tourben,
unb ba^ um be«toillen jene« ©runbftüd bei ber jerufalenufcfcen SeböRerung ben Flamen
,,Slutader" führte. 3)a« Ser^ältni« gtoifd^en ben beiberfeitigen angaben gu beftimmen,
ift ein ntd)t untoie^tige«, nid^t leiste«, bielber^anbelte« Problem ber neuteftamentli^en
45 Jtriti!. ©ie 3Rög[ic^Ieit, fte gu bereinigen, fyängt bornebmli^ baran, ob ©runb tfi ju
glauben, bafe betjentae, toeld^er bie petnnifc^e 9^ä>e reprobugiert fyit, bie gefc^ic^tltt^e 6t=
tuation berfelben rieptig erfaßt fyat. Unter biefer Sorau«fe|ung ift gu beaqten, bog
$etru« md)t in ber Vage toar, ben Serfammelten unbelannte X^atfac^en gu ergäben, fon*
bern an befannte 3)inge erinnernb fte in ein folc^e^ £t$t gu fteDen, ba| fte gur Unter=
60 läge für ben Sorfd^lag, in toelc^en feine Siebe au«gebt, nämli^ gur Segrünbung ber
Slottoenbtgfett, bafe an be« 3- &*&* «n anberer al« äpoftel trete, btenlic^ toaren. Dornt ifl
gunäc^ft in Sejug auf ben ftauf be« Slder« gu urteilen, bafe ber bei TOatt^äu« berichtete
t^atfäc^ttd^e Hergang bon $etru« eine bem £toed ber Siebe entfpre$enbe unb nic^t tat«
begreifliche Umbeutung erfahren fyat. ferner ift man in Segug auf ba« (Sttbgcfötd be«
55 3. gu ber jptypotyefe genötigt, baj$ burcp irgenb einen 3toifd^enfall ber Seib be« ©r^ängten
^erabgeftürgt ift.
2)ie papianifc^e 2)arfteDung bom 6nbe be« 3- $ bon 3^n genauer tmterfwfct
toorben (SC^StÄ 1866, ©. 680—689, in ber 3lbfyanblung ,,?Ja})ia« bon ^ierapoli«"). (fr
Sjelangt babei gu bem für bie ©eföic^te be« Äanon« toi^ti^en ®rgebni«, ba^ biefe JJar*
ieQung au« bem ^ntereffe entf)>rungen ift, bie fd^einbare Qtffereng gtoifc^en ben Angaben
$nba* dffdpriofy 3fttbad6rtef 589
bei 3Rot$äu« unb bei 2ufa« au«pgleic$en, toonacty alfo ^apia« bie ätyoflelgeföid&te ge*
lannt ty&m müßte. 3)em ift toiberft>ro<$en Sorben bon Dberbed in ber 3to3$ 1867,
©. 39 ff.
£ad Siötfel^afte be« «erratet be« 3j. M eine Steige betriebener |>foc$ologifd&er gr*
flarungäberfud&e beranlaßt, toelcfce bei äöiner 919B93 s.v. 1, 635 f. nätyer erörtert toerben. 5
Sgl. £aub, 3uba« 3f$ariot (brei £efte, 1816—1818), £eft 1, ©. 20 ff. 3n ber fcauk
f<$en @$rift bilbet bie SBürbigung be« ©errate« be« 3- nur *>i* &"}* ©nlettung ju 9e*
tra$tungen „über ba« 33öfe im ©ertyältni« nun ©Uten''. 3)ie populäre ©orfteDung frm
bem ©erräter 3* äÖ eincm 2lu«bunb aller Soweit unb ©errud&tyeit finbet tyren 3lu«brucf
in bem 2Berle be« Abraham a ©ta. Glara. gjuba« ber 6rfc45ctyelm für efyrlid&e Seufy 10
ober : eigentlicher @nttourff unb £eben«»©efd&reibung be« ;>fcariotif $en 93d^n>t<^t, 4 ©be,
©aljburg 1686ff., 4°. D. ft, 6d|mibt.
Sfeba* SRattaba«« f. ©b VII ©. 465,aoff.
SnbaSbricf. — fittteratur: ©tele« uon ber jum Art. „Salobu« im 9*£" ©b VIII
6. 571 angeführten ßitteratur be&iefet fid) auf bie ©rüber be« #errn überhaupt unb audj auf 16
ben 3©. »ußerbem finb r^ier ju nennen bie Kommentare gu bemfelben uon Stier 1850,
«rnaub 185t 9tampfl854, JJronmü Der 1871, ftetl 1853. Schott 1863, «übl 1887, o.@oben*
1899 unb bie Sdjrift uon ®j>itta, <Der 2. ©rief be« $etru« unb ber ©rief be« Suba« 1885.
2)tefer ©rief, einer ber &um neuteft. Kanon gehörigen fteben fatyoliföen ©riefe, ift
na$ ber Slbrejfe (25. 1) bon 3uba«, einem Anette be« 3(efu« 6fc, einem ©ruber be* 20
3atobu«, gefd&rieben. 3)er ©erfaffer nennt fid^ alfo tyier m$t Styoftel unb er giebt fty
aucb im toeiteren Verlaufe be« ©riefet nirgenb« al« folgen ju erfennen. ©ielme&r be*
toeift er, baß er e« ntd^t ift, toenn er feine Sefer an bie SBorte errinnert, toelcfce bon „ben
Sfyofteln unfere« £errn $efu« &W öortyergefagt feien (SS. 17), unb toenn er ftd^ ald
einen ©ruber be« 3jafobu« einführt, inbem er fo feine *>ertyältm«mäßig geringe Autorität 26
bunfc bie työ&ere feinet ©rubere ju ftüfcen fuc^t. $ft e« f$on banad^ me^r al« toafyr*
f$emli$, baß ber 3}crf. bon bem 2lj>. !guba* ßebbäu« berfcbieben ift, fo toirb bie« boüenbS
umtoeifetyaft bur$ ba«, toa« über feinen ©ruber feftyufteQen ift Senn ber 3afobu£,
beflen ©ruber fic^ !guba* nennt, tonn lein anberer fem al« ber einzige ÜRann biefed
92amen£, ber in ber apoftot. Äircfye bebeutfam hervortritt, berjjenige 3afobu^ ber ald eine so
ber btei ©äulen ber jubenc^riftl. Äird^e, ate aSorftetyer ber ©emeinbe t>on 3*nifafem unb
ate ©ruber bed $errn belannt ift. 3)afe aber bie ©elbftbejeicfytung ©ruber bed %al tum
einem unbefannten SSerf. (^ülic^.) 9iamen3 $uba$ in bilbli^em Sinne als @rfa( für ben
©rfc^ofdtitel gebraust fei, ift gan) untoa^rfc^einlic^. $er in ber Slbreffe unfere^ ©riefe«
gemeinte ©ruber beöfelben ift alfo ber 3uba$, ben bie @m>. (3Rt 13, 55 ; 3Rc 6, 3) tote 86
$*gcft>pu3 (bei Sufeb. Jt® 3, 20) al3 ©ruber b. §. nennen; er gehört mithin ntd^t ju
ben 9)>)>., fonbem )u ben leiblichen Söhnen berSRaria, ber 9Rutter be^ $erm, au« i^rer
<tyt mit M^f ü* todty bereit« 93b VIII, 574 ff. bie ©rüber be* $. über^au^t er*
toiefen finb. 2)em ällter nad? fd?eint unter biejen ©rübern b. $., beren Stellung ju
3efu* ft^ too^l toef entließ gleichmäßig enttoidelte (t>gl. Sb VIII ©. 578, * ff., 579 ff.), na# ber 40
Stellung ber tarnen 3Rt 13, 55; 3Jtc 6, 3 gu fd?liefecn ^ubae jünger al« ^afobu« ge^
toefen m fein. — 3)aß aber % toie fein Sruber 3^fobu« fiety in ber Slbreffe nur als
3efu(Hjr. Knecht, nic^t al« beffen «tuber bejeic^net, ertlärt \\% ^iertoie bort (bgl. Sb VIII
©. 578,64) bollfommen au« ber begreiflichen ©c^eu, ben Sefern gegenüber eine leibli^e
(Sleic^fteüung mit bemjenigen geltenb ju machen, bem er fi$ nic^t toeniger al« fte geiftlicb 46
unterorbnete. Safür nennt er ftcb be« ^al ©ruber um f 0 lieber, ba er bamit äuglet^ auc^
an beffen ©enbfc^reiben erinnert. 3)enn an jenen ©rief be« ©ruber« f oQte fl$ fein eigener
in mancher Sejie^ung anfd?ließen. fflie jener ift audj ber 3© aller t)erf5nlid^en ©ruße
unb 9lott)en etUbe^renb ntd?t an einen lofal begrenzen Seferhei« gerichtet unb barum
md)t ein ©rief im eigentlichen ©inne, f onbern ein für toeite Areife ber &ir$e beftimmte« so
^aftorale« Stunbfc^reiben. Slber feine ©eftimmung ift nod? toeiter al« bie be« 3^°^^
briefe«, er ift nic^t toie biefer nur an bie außerpaläftinenftfc^e $riftgläubige ^ubenfdbaft
gerietet, fonbern an äße „in ©Ott bem ©ater ©eliebten unb in ;Vf. 6^t- betoatyrten ©e»
rufenen", alfo an bie au« Reiben unb ^uben berufene Gfyriftentyeit innerhalb unb außer*
balb ^aläftina«. Unb ber ©rief enthält nic^t«, toa« ju einer ©eföränfung biefer toeiten 66
Slbreffe berechtigte. 9lm toenigften ift eine fol$e in nationaler ©egie^ung juläffig. Sber
auc^ bie Sefer nur in einem befonberen l'anbe toie in Sßaläftina (©d^mib, ßrebner, Äugufti,
Ärnaub, ffliefinger) ober in Äleinafien (fo bie meiften) ju fuc^en, ift toiUfürlicty. äuc^ bie
590 3nba*trief
93erüdffid&tigung lofoler aScr^ältniffe, bie freiließ ben ganzen $93 burefaie^t, nötigt baju
nietyt. Denn äfynlid& tote im 3afobu«brief ftnb fie Von bet Slrt, bafe fte für bie ganje
$ro$e ^ntereffe tyaben, unb toerben bem entforecfyenb betyanbelt. £ö<$ften« bte 33eran=
laffung be« $93 toäre au« jenem ©runbe al« eine lofale gu be^eid^nen, aber Vollfommen
6 jutreffenb ift auety bie« nid^t. Denn ber 93erfaffer tyatte bereit«, e^e ein befonberer Slnlafj
tfyn baju aufforberte, tootyl nur burefy ben 93organg feine« 93ruber« betoogen, ernfttty ben
$lan gehabt, in bie Gtyriftentyeit eine ©etyrift au«gefyen gu laffen, bie unter folgen Um-
ftönben einen feljr allgemeinen $ntyalt erhalten mußte, nämlicty „über ba« ^eil" tyatte
fyanbeln foHen (93. 3). Unb er toar bann nur $u einer ©pejialifterung biefe« Spalte«,
10 nid^t ju bem Vorläufigen (5rfa$ einer beabftctytigten au«füfyrlictyeren Schrift bur$ biefen
furjen 93rief (ßatyn I, 76), genötigt toorben, al« befonbere lofale 6rfc£einungen in ber
Äirctye hervortraten, bie 93erücffu§tigung verlangten. 2lucty biefe @rfd&einungen erinnerten
an bie 3?erfyältniffe, toelcfye ben 3afobu«brief veranlaßt Ratten. Denn biefer toar gegen
eine i*ertoeltlictyung gerietet, toelcfye tootyl au« ben £eibencfyriften unb ben 3uben$riften
15 gemeinjamen ©efa^ren einer auf ben erften 2luffctytoung be« cfyriftl. £eben« folgenben @r=
fd^Iaffung hervorging, aber ftd? teiltoeife burd? Berufung auf bie paulinifetyc Setyre gu berfen
ju$te, alfo bie erften Seime eine« 2lntinomi«mu« enthielt. 93on eben biefem aber ftnben
toir eine befonber« aufy tfyeoretifd^ enttoicfeltere gorm im 393 berücfft$tigt. 3unäcfyft ift
e« auefy ^ter ^rattifc^ ftttticfyc 93erberbni«, bie $. tonen vortoirft, vor beren treiben fem
20 93rief toarnen toitt. ©te leben in fleifd&lidfjer Unreinheit (93. 8), Vielleicht fogar in toiber*
natürlichen Saftern (Safyn), rieten ftety felbft burefy ftnnlicfce ©enüffe ju ©runbe (93. 10),
fdjunaufen fd&amlo« bei ben ctyriftlid^en #iebe«malen (93. 12) unb toanbeln nad& i$ren 8e*
gierben (93. 16). 3lber man barf fte nietyt bloß al« rein praftiföe Sibertiner betrauten
(be SBctte), fonbern e« ift beutlicfy, bajj fid? mit ben praftifetyen Irrtümern bogmattf^e
25 verbanben (toa« begrenjt auefy 93leef, Steufc, 93rüdfner, .§ofmann, §ut^er jugeben). 3a man
toirb jene Seute aud& al« Se^rer (3a^n), im ©inne be« ^93 alfo (toa« §utyer, £ofmann,
u. a. beftreiten) al« Srrle^rer be^eid^nen muffen (Dorner, (Sntto. b. fie^re V. b. $erf. G$r.
I, 104). Denn e« ift bie 2Rafynung an bem itynen ein für allemal überlieferten ©tauben«;
in^alt feftjutyalten, toa« 3uba« burdjj ben §intoet« auf ba« auftreten jener Seute begrünbet
so (93. 3. 4). 9ßenn fie alfo in biefem 3ufammentyange ^ j0i^e bejeic^net toerben, toelctye
bie ©nabe ©otte« in 2lu«gelaffenl?eit verleben unb unferen einigen dürften unb ^errn
§efu« ß^riftu« verleugnen, fo mu^ beibe« al« offen au«gef)>roc^ene ^rrle^re gebaut fem.
©ie Ratten bemna^ ben ©runbfa^, ba^ bie göttliche ©nabe unb ber baburtfc ^ervor=
gerufene SBcfi^ be« göttlichen ©eifte« (Vgl. 93. 19) bie Vottfte, auefc jur Unftttlic^fcit be=
86 red&tigenbe, grei^eit getoä^re, unb fie behielten benfclben nic^t für ftd^ (9tüf<$l), fonbern
maebten i^n offen geltenb. Die 93erleugnung §tfu (S^r. (93. 4) aber fönnen fie ni<$t mit
bireiten SBorten au«gefj>roc^cn tyaben. Denn toenn auc^ i^r Sluftreten ben Reim von
©Haltungen in ftd? trägt (93. 19) unb too^l auti) „auffäfftge« 93er^alten gegenüber ben
©emeinbevorfte^em" bamit ftc^ Verbanb (vgl. ftafyn), fo gehören fie boety nod^ äu^erlid^ ber
40 $r. ©emeinfd^aft an aud^ burc^ 93eteiligung an i^ren Siebe^malen, alfo überhaupt intern
Äultu« (93. 12). 9Kotyl aber führte i^re Se^re $u einer 93eeinträc^tigung ber einjigartigen
äBürbe oiefu. 28enn bann ba« (entere i^nen nod^ einmal Vorgetoorfen unb bamit bie
Sefdjulbigung verbunben toirb, bafe fte ba« gleifc^ Verunreinigen, fotoie ba^ fte ^errlicb^
feiten läftem, unb ba^ fte ba« alle« „träumenb" t^un (93. 8), fo finb ^ier offenbar trau*
46 merifd^e ©pefulationen gebaut, au« benen fotoo^l i^r unftttli^er SBanbel toie i^re 93eein=
träd^tigung ber £errf$erftcllung 3cfu un^ e'ne 93eföimj>fung ber Sngel hervorging. Unb
tote auf bie (SngeJ ©otte« fcfyeinen fte aud^ auf biefen felbft jur 93egrünbung i^rre« Siba*
tini«mu« burd^ bualiftifc^e X^eorien einen ©Ratten getoorfen ju ^aben, ba J. gum ©bluffe
bie ©in^eit ©otte« fo ftarf betont. — Diefc @rf($einung ift nun fielet nid^t eine« ber
50 gnoftifc^en ©tyfteme be« ^toeiten ^^^^nbert«, auc^ ni$t ba« ^arpotratianif^e, toelc^c«
fc^on Giemen« 311. j>roVtyetifc§, neuere, toie©c^enfel, s]Jtongolb unb §rl^mann erfa^rung^
mä^ig tyier gefd^ilbert fanben. Denn ju biefem gehören toie ju ben anberen fj>öteren®es
ftaltungen be« ®noftici«mu« fo au«gebilbete Se^ren bualiftifd^er Slrt, ©e^eimtrabitionen
unb magifc^e .Uultu«gcbräuc^e, bafe bte Sorfteüung al« ungerechtfertigt erfc^eint, ba 393
53 fyätte jur 93cjeic^nung bcrfelben nur um bie gorm ^ö^eren Altertum« gu toaü^en (£ol$nt)
ftc^ mit feinem ganj leifen unb allgemeinen 2lu«brücfen begnügt. Dafe bie vom 39 be«
fämpften ©egner burc^ bie ßinteilung ber SKenfcfyen in 5Pneumatifer unb Sßfodjifer (93. 19),
al« ©noftifer ber nac&c&riftl. $t\X ertoiefen toerben (3ülid^er) ift unbegrünbet. Denn biefe
Untertreibung auc^ in 93erbinbung mit einer $riftlic|en grei^eit«le^re ift bereit« von bem
60 9lp. s)iaulu« (1 Ao2, 14 f.) aufgeftellt unb mufttc nottoenbig famt feiner Öntgegenje^ungtwn
3<
lel
3fnbaSbrief 591
©torfen unb ©<$toacfyen fofort übertrieben toerben, fobalb, toie e« bereit« jur 3ett be« Styoftel«
gefc^aty, bie }>aulimföe gfreifyeitöletyre einer mifebräucfylid&en Übertreibung anheimfiel. 33iet
me^r fte^t bte nod& borfyanbene Äultu«gemcinfctyaft gtoij^en ber §rrlefyre be« §33 unb ben
c&r. ©emeinben (3?. 12) einer ^bentifijterung berfelben mit ben ©noftifern ber nacfyapoft.
,eit entgegen. 2lber in Die erfte 6ntftefyung«gefctyicfyte be« @noftici«mu« gehört bie l^rr* ß
!e&re be« 3® aüerbing« hinein unb jene ift, nad& bem fpäteren SRefultate ju urteilen, al«
eine jo reiche unb bunte &u benfen, bafe toir gar nic&t ertoarten tonnen, au« ben im 3*er«
Ijältm« baju jetyr foärlicfyen Duellen jene ^äretiföe Stiftung genau in berfelben ©eftalt
nod) einmal rennen ju lernen. 9?ur nad) bertoanbten (Srfcfyeinungen toerben mir ju fud&en
faben. Die toefentlid&ften ^aftoren jur Silbung be« jäteten ©noftici«mu« fyat nun ge? 10
toife ba« gubend&riftentum geliefert, bem bon ber alejanbrinifctyen 9leligion«l>fyilofol>fyie unb
bom @ffäi«mu« tyer Äeime bualiftifc&er unb felbft antinomiftifd&er lenbenjen jugefütyrt
tourben. ©etoife nic&t otyne ©runb berietet $egeftw (bei (Sufeb. H© 4, 22), bafi in ben
€tyriftengemeinben ^ßaläftina^ nac§ bem lobe be« ^afobu« ftd) SBirrniffe btlbeten, bie er
mit bem fpäteren @noftici«mu« in birefte 35erbinbung bringt. Unb in ben ^rrletyren *& 16
Äolofjerbrief e«, benen ber Sßaftoralbrief e unb bem Äerint^ fetyen toir eine $ufammentyängenbc
(Snttoicfelung eine« in ben erften beiben (Srfd^einungen and) libertmijd? gefärbten bualiftifcfc
foiritualiftifäcn 3(ubencfyriftentum«, ba« in mancher SJqiefyung an bie Sjrrletyre be3 $8
erinnert. Stber boefy barf man bie (entere nietyt al« rein lubenc&riftlictye benfen (tote ©etymib,
Srebner, Sluguftt, Strnaub, 2Biefinger, ©rau tfyun). 3$on jubend&riftl. ©runblage, bie bort 20
überall hervortritt, ift fyier nicfyt« $u fpüren. 3$iclmefyr loeift bie Berufung auf bie gött*
lic^e ©nabe gur Rechtfertigung ber ßügclloftgteit auf eine bedeute Übertreibung ber pau*
liniföen fjrei|eit«lefyre. Unb auf paulinifcty Ijeibencfyriftl. Urfprung fütyrt auety bie Sinologie
&toeier anberer ftrirfliety bertoanbter (Srfctyeimmgen. 2)ie eine ftnb bie forinttyiföen Stber*
tiniften, meiere bon bem pauliniföen ©runbfafce „alle« ift erlaubt" au«gebenb, im ©egen* 26
fafc gegen jübifcfye ©efefclictyfeit unb @lauben«enge in tyeibnifd^e Sitte unb 3)enfart
jurädtpelen, inbem fte ftcfy bor bem ©enufe bon Dpferfleifcfy unb ber leilna^mc an Opfer*
ma^etten ni$t freuten, bie £iebe«ma^le burc^ Stynaufereien nad^ 9trt ber ^eibnifc^en
fiultbereine enttoei^ten unb bie c^riftlic^e 9tuferfte^ung«le^re fptritualiftifd? berflüc^teten
(bgl. auc^ 3^n)- ®'c anbere ©rfc^einung fmb bie 3?ifolaiten ber Sl^oiEal^fe, bie gleicfc so
fall« be« ©enuffe« bon Dpferfleifd^ unb ber Unjuc^t, aufeerbem aber ber Anmaßung be*
fcfytlbigt toerben, bie liefen be« ©atan« erfannt ju ^aben, alfo toofyl i^r gügelloje« ^eib*
n\\^m ©etoofynljeiten ergebene« Seben burc^ bualiftifc^e Styeorien ju rechtfertigen fugten.
Die festeren gleiten ben ^rrle^rem be« 9(S in ber %fyat fo jetyr, bafe man biefe mit
jenen in 3ufammen^ang bringen (I^ierfc^, £utyer, ©malb, $ai}n)f nämlid^ für eine Weitere 86
®nttoicIelung«form jener Richtung erflären mufe. Übrigen« tonnte ftd? biefer §^er^ault-
ni«mu« mit jenem f))iritualiftifc^en ^ubai«mu« nad? 9lrt aller @£treme berühren unb mit
tym jur Silbung be« ©noftici«mu« mittoirfen. Unb möglic^ertoetfe tonnen fic^ bereit« in
bem burefc ben $$9 re))räfentierten @ntn)ictelung«ftabium t^atfäc^lic^e SKifc^ungen boDjogen
^aben. ^ebenfaU« mu^tc^., rnenn auc^ gunä^ft eine beftimmte ^äretifc^e ©eftaltung, bie 40
toir bann in Äleinaften gu fucfyen ^aben, feine äufmerfjamfeit auf fid& gebogen fyattt, e«
bo<^ toiffen, baft überall in ber Äircfye, in ^aläftina unb au^er^alb, unter ^ubenetyriften
unb ^eibenc^riften, bie Reime äfynlicfyer (Sntmictelungen bor^anben maren. Unb eben barum
ging ber 3^ecf be« ^33 ba^in, in bie gejamte .Htrc^c eine ffiarnung bor ben bezeichneten
Srrlebren unb eine ÜJtefynung jum treuen geft^alten an ber apoftol. Irabition au«ge^en ts
in laflen (3S. 3. 4). Dem emforiebt ber ^n^alt ber furjen ©d^rift. sJladd bem ©rufe
(3$. 1. 2) unb (Singang 01$. 3. 4) folgt bte Öegrünbung be« Sa^e«, bafe bie ^rrlefyrer
fc^on im borau« berurteilt ftnb (3?. 5—19). 3un^P toerben au« ber ©efc^td^te brei
grofce S3eifpielc , fernerer SJerge^en unb entfered^enber fittlic^cr Seftrafung entnommen
(S. 5—7), bie Sitynlictyfeit be« ^:ebel« bei ben grrtefyrcrn bemerlt (93. 8), unb tyrer Über« 60
fcbung au« ber ©ejc^ic^te ein Seifpiel größter Sefc^eiben^eit gegenüberftellt ($. 9), toorauf
tyr SBefen unb treiben nä^er gejdjilbert h)irb (35. 10—13). ^ann hrirb baran erinnert,
bafe ba« auftreten folget gottlofen üdeute fomo^l bereit« bon $eno$ al« bon ben 9fyofteln
»>orau«ge|agt fei, toomit neue (Sljaratteriftif ber ^nle^rer berfloc^ten ift (3J. 14—19). 9luf
einige nähere SBeifungen, mie bie gläubigen Gfyriftcn ftc^ ben s^erfü^rern unb 'Herführten 66
gegenüber ^u bereiten tyaben (is. 20—23), folgt al« ©d&lufe eine bolltönenbe Dojologic
(^. 24. 25). — $ür bte 3lbfaffung«$eit biefe« 93ricfe« läfet ftc^ au« feinem «er^ältni« ju
anberen ©Triften, bie teil« in fym benu$t ftnb, teil« i^n benubt fyaben, faum etta>a« ent-
nehmen. 3)enn ba« 93uc^ §enoc^ (bgl. b. 21. ^Pfeube^igr. b. 211), bem nic&t uur bie
3J. 6 angebeutete ©eföicfyte, fonbern auc^ i>. 14. 15 eine gan&e ©teile faft toörtlicfc miteo
592 3nbadbrief $uU, ber etotge
au$brüctU$er ßitation entnommen toirb, ift m<$t auf ©rub be« 3* Don einem ßfrijttn
oerfafjt (£ofm., 9tyilit>l>i; bgl. bagegen 3a^n I, 106), fonbern feinem älteren ©cflanbteile
na$, bem bie #er gemeinten Steifen angehören, mit bolllommener ©i$er$ett in bie 3«i
ber erften ^Waffabäerfürften (Sücfe, (Stoalb, 3)ittmann, Jtöfüin, $ilgenfelb, Sangen, ©<$&.)
5 toa^rfegeinlicfc in bie Regierung be« >natyan &u beilegen (©iejfert, De apocryphi
libri Henochi origine et argumento 1867). Die „Assumptio Mosis", bie toofjl
©. 9 benufct ift (obföon e« fyier aud& möglich toäre, bafc beibe Schriften unabhängig fem
einanber auf bie jttbifd&e Srabitton aurüdfgetyen), ift bermutlid? 44 n. S&r. berfafct Unb
bie ©elanntfd&aft be« 3- mit ©tiefen be« SPaulu«, bie atö ber häufig gang paulimfö gc
10 färbten äitfbrudtetoeife be* ©riefe« fyerborge&t (bgl. ©. 24f. mit Stö 16, 25. 27) Moetjl
nur beffen na<fy>aulinifd&e Sntftefcung. ©on bem 2. $etru«brief aber, beffen äb^ängigfett
bom 3© g*g*n bie entgegcngef efctc Slnföauung ber älteren unb toeniger teueren fd>on t»n
Berber, $ug, (Sid^orn, Srebner mit uniotberleglic&en ©rünben betuiefen unb bon (Suerkfc,
©lee!, Slrnaub, Sleuft, SBiefinger, ©rüdfner, SBeife u. a. anerlannt ift, läfct ft$ bie SDfc
15 faffung«jeit fo toenig ftd&er angeben, bafj man fte für bie 3^ef^mmun0 *>** 3$ ^
benufcen tonn, ©benfotoenig fyat man ein Steigt, mit ©ueridfe, Stier, Xrnaub, ©teet,
barau«, bafc unter ben Seiffielen fd&toerer ©otteägerid&te ©. 5 ff. bie äerftörung ^erufa*
lern« nitbt genannt ift, nt föliefeen, bafj ber ©rief nocfy oor biefette fällt. SDcnn e* toar
(h>tc au4 ©rüchter, $utg, £ofm., SBief. anerlennen) nid&t bie minbefte ©eranlaffung, fte bo
ao ju ertoätynen, too brei beliebige ©eiftriele für ©eftrafung beftimmter grebel genannt traben,
©ielmetyr toeift mehrere« in bem ©riefe über bie ^erftörung ^erufalemö fyütau« in bie fpätae
geit be« aj>. Reitalter«, namentlich bie (Srflärung, jur ©efämpfung ber ^rrle^rer genötigt
ju fein, toonag ber angefe^enere ©ruber 3^obu« (geft. c. 66 na$ 6br. fcgl 8b VIII
6. 581,a) tootyl nic$t meijr am Seben toar, bie (Sritmerung an bie 2öorte ber ätyofld
26 al« gröjjtenteil« offenbar fd&on 3)atymgefd&iebener unb bie enthriefeßere ©eftalt ber Stäche
im ©er|ältni« ju ben SRifolaiten ber (68 ober 69 na$ S$r. getriebenen) Styoialty^
Ungefähr toirb man banad^ ben 3© in bie 3eit t)on 70—80 berlegen. 911« enbtenmn
feiner Sbfaffung ift nämlidj bie 3e^ 2)omitian« )u betrauten, unter bem 3* na<^ $$*
\ty (Sufeb. H© 3, 20) ni$t me^r lebte, ©o tuemgften* unter ©orau«fe^ung ber öd^
so I?eit be« ©riefe«. 3)iefe aber mit Sutfyer, ©rotiu«, ©emier, ber ganjen ©aurfd^en S^ule,
aud^ ©djenfel, 3)langolb, ^ol^m., ^ül. u. a. entft^ieben m beftreiten, ift man ntyt genötigt
(bgl. b. ©oben). Sie 3eugniffe be« tirc^l. SUtertum« finb freiließ fc^toantenb, h>a« au$ Sut^a
gegen bie S^t^eit anführt. 3m Kurator. Jtanon toirb er genannt, aber al« nic^t bon
3. felbft gefeprieben. XertuQian unb Giemen« t>. Sil. ertennen tyn an, Oriamed citiett
86 t$n, aber ertoä^nt ©ebenlen gegen feine ©t^eit, ebenjo toie 3)ib^mu« b. SU. ffiie fk*
fd^itt^a in ij^rer urfprünglid^en ©eftalt fyat i^n nid?t aufgenommen, Sufebtu« rechnet i^n
ju ben Slntilegomena. 9lo^ $ierontymu«, ber feine Slnertennung herbeiführt, fagt, baj er
toegen be« tipotfypfyfäm ßttat« bon ben meiften bertoorfen toirb. ^nbeffen bie« Sd^toanlen
erflärt ftc^ auc^, menn ber ©rief ufyt ift, barau«, bafe ber i^erfaffer tein Styoftel iji, unb
40 bie apoh^p^ifd^en ditate anftö|ig toaren. ©ad^lic^ berechtigt ift le^terer Stnftofe nu^t
3)enn bie Meinung, ba^ bie eifrige ©enu$ung tyotfypt)<x ©d^riften nic^t urapoftoltften
©efe^maef berrate (^üli^er), ift gef$i$tli$ garniert }u begrünben. Sie Unterföiebung
aber be« ©riefe« unter bem 9iamen eine« fo h>enig tyerborragenben 9Ranne«, tpie cd ber
©ruber be« §errn, ^. toar, ift fc^toer erflärlid). Überhaupt ift eine gälfc^ung Wtoer an*
tfjune^men, ba ber ©erf. „fic^ nic^t bie geringste üJlü^e giebt, al« apoftoliföer ÜRann )u
erfd^einen" (Sülic^.). ©ieffert
3nbe, ber etoige. — 9lu$ ber ungemein reiben üitteratur über ben „eitrigen 3uben*
tann tjier nur ba« Sictjtigfte erroä^nt roerben; für roeitere« ift auf bie g(etd) ju nennenbe 6<ftrift
oon SReubaur, ®. 103 ff. ju oerroeifen. 3" ben großen enenfiopfibien erfdjeint er feit TOoreri,
60 ber einen ?lrtttel Juif errant t)at unb ftd) auf Galmet, Dictionnaire de la bible, beruft;
dalmet erjötjlt root)l juerft, baß ber erotge 3ube in Hamburg geprebigt babe. 9icd)t braudp
bar finb bie Angaben in %ot). 3af. 8(i)ubt, 3übijd)e ^ertroürbigtetten, «b 1, gfrff. u. £^|.
1715, 6. 488 ff. unb «b 3, 6. 308 ff. ; bter ift aud) f(^on ber »eri^t be* 9Kattf)äu« *ari#
über ©artap^ilu« abgebrueft. — 3. ©. Xt). ©rä&e, $er Xann^fiufer unb ber eroige gube.
66 2. Aufl., 5)re«ben 1861, muß oorfid)ttg benu^t werben, ba utele Ungenaui gleiten unterlaufen.
SJerbinonb 33ä§ler, Über bie ©oge oom ewigen 3uben, ©erltn 1870, giebt eine fe$r an-
fpredjenbe Deutung ber „®agc"; griebr. ^elbig, 3)ie 6oge oom eroigen Suben, tljre poetifete
©anblung unb $ortbilbung (in 93ir^otu unb £>ol jjenborff , Sammlung oon SortrAgeit,
Serie IX), ©erlin 1874, giebt oon 6eite 8 an eine cingetjenbe Ueberfid)t über bie neueren
60 poetifcfyen Bearbeitungen ber „Sage" feit ©d)ubart. — (£t)arle« ©d)öbelr La Legende du
3nbe, ber ewige
593
Jtiif-erraiit. ivni* t8?75 Nation $ovt§fl tri juif emurt in 5it Eocyelop&lk de* Scia&oet
religieunefl unb bcmiuä a($ Viiuicibvurf $art? 1880; i,'. ^tciitnuir, 3)ie Sage imm ewigen
3uben, Seidig IK#4; oa^u inm beniielbeu Sfteite *Dii Heilungen über bic Sage vom ewigen
3 üben, ebrnba 1893; unb fobaun beibcä gufmmuen «I» V. $1 uägabc bes erften SSerfed, i'vj.
1893 ijerauägegeben ; ©oebefe, ÜJrmibrife ber &efd)idite ber beuf(rf)en Eutitiuig, 2* Httft., U, &
S, MÖf,
Über ben Urftmmg ber (*5efdnd>te Vom eitrigen 3ubc«, urie biefclbe ftd; in bem nadt
bem breifjigjäfyngen Stiege in L3)eutfd?faub in einer überaus großen Stnaafjt Von meift
red?t fd^ledjten Druden Verbreiteten i^olföbudje („gebrudt tn biefem 3a£r") üorfinbet, ifi
bie ^forfefuing noch uid?t abgesoffen. ߀ barf jebodi aB ausgemalt gelten, baft oteft ra
©efefyiebte in biefer ©cjtalt flum erftenmal in einer (leinen Schrift auftritt, bie in rvenigftenä
fünf uafebiebenen Druden, loeübe olle mit ber 3at)rcö^al>l 1602 bc^idmet fütb, Vorf/anben
ift. Der ^itcl beginnt hier mit ben ©orten: Äurjje 3)efdjreibiiitg nnb ©rjä&Lung von
einem Rubelt mit vJtamen älbasVeruä u, f, f. ; bie (Srjäbhing füllt mit beut ^itel unb
einem anfange, ber in bem einen biefer 3)rude fehlt, ad^t Seiten Hein Quart, alfo gerabe ifi
einen mn. (Sine biefer Sluägaben ift angeblich #i Serben bei Ghriftoph iireute gc*
brudt; aber biefc Singabc ift eine fingierte; ein ®rutfer ober Sudj>r)änb[er biefeS Samenä
ift in Etilen niebt nacfyneisbar unb ber $}rud ift fein ^oHänbifdjer ; bic Samen roeifen
alle brei auf bas Sciben Sfefii r)in. 1>ie vier anbern SluSgaben tragen bic $escitr/nung
„gebrueft }u Sauden bei &>elfgang Sua)naay ; baft bas aud? eine fingierte angäbe iftF^
fann nict/t bcvaurifelt werben; aud) Unmut ber Same Saujjctt für SJubiffm um jene #eit
auf $rudtoerfen uoerj nic^t Vor, !jtt btefen Druden, bie fü gut Irrie toörtlicfy übereilt*
ftimmen, hrirb nun erja^U, bafj ^aultrö Von @i^en/ 3Jifcr/of Von Sdriesnrig, bem 5Beri<$t=
etftarter unb Dielen anberen mitgeteilt habt, er, ^auluä von (£i$en, fnabe beit erpigen
^üben im ^afyre 1512 in Hamburg gcfcr)en unb gefrrecr/en* Ter ,\ube, ben bwi (fü)en 25
juerft in einer Uirdie fa^ fagte ton fict)f er rmfie äba^Derus, fei jur 3C^ ^V(u ©ä)ufter
tn .Jerufalem getoefen, habe, hjeil er e^ nuftt beffer gewußt, mit ba^ crueifige über
'^efum gerufen unb bann, al3 3efti« unter feinem Hreuje vor fetner A\au^ür üarbei-
ntgen fei unb fta) ctnjaö an fein {Saud anleimte, i^tt mit garten ©e^eltmarten fort=
getüiefen, vorauf Je(u^ ibn feft angefe|en unb ihn ungefähr fo angerebet habe: „$& roill 30
fielen unb ruhen, bu aber (oltft geben." Scitbem Ijabc er feine Stube, fembern manberc
in ber SBJett herum, ißaulu* Von di^en habe it?n bann itoa) mit bem iRcftür ber Schule
;u Hamburg (— rKeftor 3ü^auitci ^ax bamalö Watt^äu^ Dcltu#, beffen Same aber
md>t genannt roirb — ) namentlich über Daten au^ ber Orientalin en ©efcfttdjte befragt
unb ein crftaunlid^e^ Süifjen bei üjm gcfuuben, ®et !Jube roirb fobann feiner ©eftalt B
unb feinem benuitigen Sinne nach tueiter befdirieben; Dem feinen (frlebniffen mirb nur
erjagt, ba& er ^unbert^^re nun) vVfu Äreu^igung mieber in ^aläftina geivefen fei unb
3erufal«m jerftöirt gefunben habe, unb ferner in bem ja>n ermahnten Sln^ange, ha% er im
3abrc 1575 ober furg vorher in Spanien gefehen jei, 2)er Üeria?t ift unterfebriebert :
„Saturn <3djleflh% ben 1*. 3U"» 1594"f wofür in bem angcblia) aus l'euben ftammen= iß
ben Trurf, tr>abrfä>einlia) irrtümlich, ba fonft bie vorher genannte ^afjreSjahl i:>7ö un=
begreiflidi tote, 1564 fte^t, — (Sine jmeitc Mei^e Von 35rurf|d;riften über ben cu>igeu
,\ueen t>at ben IM: „2öunbnbarlidicr Script von einem Quben aul 3erulalcm bünig
unb Sl^a^veru* genannt, ruddici Vorgiebt, aU fei er u. f. f."; in biefen enthalt ber$crid»t
n?efentlt<^ biefelhen eingaben, mic in ben erftgenannten 3?rudcn, nur baft nod? einige *s
fVatere Srftheimtngcn be^ ctDigen^uben/bte naa) 1594 ftattgefunben haben follen, gauj furj
ettoä^nt rverben; ber Seritrtt ift l;ier unterjeia^net: Dan^g, ben 9. v\uH 16JD&, SD. 3B- ^ ,
(ibriifoftomu^ö Uubulaeu^ 9iSefäri?aluä. ^tujugefügt ift bann eine „(Erinnerung an ben
^riftlia)cn iefer Von biefem 3uben'J, bie eine erbaulid?e ^Beurteilung ber ©efc^iajte, teilrueife
eine Apologie ihrer ©laubtuürbigfeit enthalt. I>ie meiften ^Drude biefer Älaffe (>ahen auf 00
bem Titelblatt eine älbbilbung be^ emigen ^uben, auf nxldjc fie^ slWrfe auf ber Sfüdffeite
beS Titelblatts begießen; vvrn ober hinten ift meiften^ hinzugefügt: „Srftlic^ gebrudt p.
l'et;ben bei (Sfjriftoff Greufeer, 9(nno 1602", 6tite 9lngabc über ben eigenen 2)rudort
unb fcnö eigene SDrudja^r enthalten fie anfänglich nic|t ; bie von ©rnjjc in feiner Biblio-
theca magica, l'eipjig 1 843, ©, 93 ermahnte, „Vcipjig 1(J02" batierte ^u^abe, bie 65
uac$ i^rem ^itet ^u urteilen Inerter gehören iüürbe, fo;>eint nid^t ju eriftieren (ß)rä^e
t>at toa^rfc^einltd? fid; bureb eine hanbjd;riftlia)e angäbe (Sbcrtä ine leiten (äffen,
boc^ Vgl. aua? ßbert im Sepbn unter Sr. 10982). — 3luf bic fpäteren 3Iu^gaben
unb 3>rudc beä „eroigen ^uben" lann ^ier nidjt tveitcr eingegangen merben ; 60 ge-
nüge gu fagen, baft c^ n^aS Vier ober fünf verfdüebene Slrtcn Von fvätcren Druden *
KfOhtfnct?flüt?aMe für ^cobflU unb ttlräe. 3. H. ix. :;S
594 3fttbe, ber emtge
giebt, bie am einfachsten fid& na* bem Saturn, bad unter bcm Senate fte^t, unter*
Reiben (äffen, aber au* im Xitel, ber gulefct meiftenS: „©rttnblt^e unb toaföafttge
Delation" beginnt, unb burcty bie 3utbaten bon einanber abmeieren. ©er 9eri$t fettp,
ber im toefentlictyen ftcfj immer böHig gleich bleibt unb nur burd& eine Sufgä^lung neuerer
r> ©rfcfyeinungen bed etoigen Suben, ber feit 1602 forttoäljrenb balb fyier, balb bort gefefcen
toirb, erweitert tft, toirb ft>äter ni$t me^r aud ©cfyledtoig ober Sangig, fonbern meiftend
aud 9tefel, b. i. SRebal, batiert, übrigend gang ebenfo unterjd&rieben tote bei ben 3>ru<fen
ber gtoeiten Steige, nur bafc ber 9lame bed Dubul&ud manchmal ein toenig beränbert tft,
fraä jebod) nur auf 3)rucffefyler gurücfgufütyren fd&eint. — Sud biefen ft>ateren Sudgaben,
10 bor aüm benen, in toeld&en ber Seric&t „Stefel, ben 11. SRärg 1634" batiert tft, bon
toelcfcen ed nun aud& guerft ©ruefe in Dttab giebt, ift bann bad fd&on ertotynte „SoDfe
bud&" abgebrueft, beffen einzelne Sudgaben fi$ jeher JtontroHe entgie^en; bie Staaten
toerben tyier attmctylicty fo entfteüt, bafe g. 33. aud „bon ®i$en" „£i$" getoorben ift u. f. f.
— 2)afe biefer etoig toanbernbe 3ube furgtoeg ber „etoige 3ube" genannt toirb, tote jefct
15 unter und allgemein übliefy, gefäietyt unfered 28iffend guerft in einem 3)rucfe ovA bem
3(a&r 1694 (angeführt bei SReubaur ©. 90 unter 9&. 31). — 3)te Verbreitung ber <8e=
fcfyicfyte bom etoigen 3>uben bon Deutfcfylanb aud na$ ^rantrei$, too g. 93. hn 3c$re
1609 in Sorbeauj eine Überfefcung erfdjien, unb nic^t biel fpäter auc$ na$ fioltanb, fann
hier nttf)t toeiter berfolgt toerben; ebenfotoenig tann tyier auf bie btelen bic$terifc$en 8e=
20 arbeitungen, toelcfye fie in SSerfen unb in Sßrofa feit ettoa 100 $afyctn gefunben ty&, ein-
gegangen toerben. 9?ur bad möge no# gefagt toerben, baft ©imroef in feinen 95ofe
büc&ern, 93b 6, ftranffurt a. 3JI., 1847, S. 417 ff., unb au<$ in einem ©imelbrucf 0,9*
brueft in biejem 3>afjr") baraud, bie ©efd^ic^te naety bem oben ertoäbnten, fog. Seltener
3)rucf mitgeteilt §at, unb bafj unter ben anberen neueren ©ruefen ft$ bie hn 52. #efte
26 ber Otto SBtganbjcfyen Sudgabe beutfdjer 33olfdbüctyer burefc engen Snfd&Iufc an bie erfün
Drude bon 1602 audgeicfynet.
Unfere Snfid^t bon bem erften 93etannitoerben ber @efd?ic^te Dorn etoigen $ubm im
^abre 1602 bebarf aber no* toeiterer Segrünbung. 3)afj bor 1602 in $)eutjd?lanb fi^
feine Bpnx bon einer 8efanntfd?aft mit i^m finbet, bafe äut^er unb $<m$ &adfi, bon
so anberen gu fc^toeigen, tfyn nic^t fannten, barf ald gugegeben betrautet toerben. Dagegen
toirb mebrfacfy be^au)itet, ed fei fc^on im 13. 3<w^wi*^ in granfrei^ ober (Snglcmb
bon i^m bie Siebe. @d ergäbt nämlic^ SRoger bonSBenbotoer (bgl. §öd)<x III, ©}>. 2185;
geft. 1237) in feinen Flores historiarum unb naefy i^m audfü^rlu^er Watt^äud $arid,
ein ßnglänber, ber tote Sloger 3Wönc^ gu ©t. SIban toar unb im 3a^re 1259 ftarb (DgL
36 ^öc^er III, Sj>. 1261), in feiner historia maior (in ber Sudgabe Londini 1640, fol.,
©.351 f.; bgl. auc^ Sieubaur ©. 108 f.) beim Sa^re 1228 bon einem 2$ürffe$er bed
^ontiud ^ilatud namend 6art^i(ud, berfelbe §(&* ^efum, naebbem bad Urteil über $n
gef^roc^en, mit ber gauft gur 6ile angetrieben unb gefagt: Vade, Jesu, citius vade,
quid moraris? toorauf ^efud fid^ ernft nac^ i^m umgefe^en unb gef proben tyibe : Ego
40 vado, et exspeetabis donec veniam. ©eitbem toarte (Sarta^ilud auf bie SBieb^:^
fünft bed §errn. @r habe [\d) bon Snaniad taufen Iaffen, ^e , f eitbem 3°fä?ty unb
lebe nod& in Srmenien. ffienn nun auc^ biefe ©efäid&te größere S^nli(^!eit mit ber
bom ctoigen IJubcn ^at, ald bie ©age bom etoigen So^anned, bom (Sliad, ber noc^ lebe,
bom 3jofanne$ Suttabeud unb bie bom 3*rib Öar @lia (über festeren, ben f(^on SRoreri
46 im 3)ittionnaire unb ©räfee im @rf$ unb ©ruber gur Sergleiqung ^erangie^en, bgl
^erbelot, orientaüjc^e öibliotyef) unb biele anbere (Srgä^lungen, über bie -Keubaur in bem
genannten SBerfe berietet, fo ift boety ßartap^ilud erftend fem 3ube, fonbern ein Gfyrtft
unb bor^er toabrfcfyemlicty ein ^eibe getoefen, toed^alb Seffing i^n einen „etoigen Reiben"
nennt (bgl. Seffing, Sebcn bon feinem S3ruber, 93b 3, ©. 337, unb äBerte, Sudgabe
60 $empel, Ob 19, ©. 553), unb gtoeitend toanbert er ntd?t etoig in ber Sßelt ^erum, fonbern
bleibt ru^ig in Srmenien; beibed aber, bafe er ein 3ub« ift unb ba^ er etoig toanber»
mufe, ift gu c^araftenftifd), ald bafe ber „etoige $ube" einfad? für ßarta^^Uud Qäfl&ton
toerben fönnte. Über biefen Scrid)t bed *ßarid fübrt auc^ nic^t fyeraud, toad $b^W
TOoudfed, Sifd^of gu lourna^, geft. 1283 (bgl. 3jöd&er 1. 1. ©}). 720), ht feiner chro-
66 nique rimäe, v. 25485 ff., in ber Sudgabe bed Sarond bon Seiffenberg, Tome II,
Bruxelles 1838, 4", ©. 491 ff. (abgebrueft bei SReubaur ©. 109 f.) anführt, obfe^on ber
eben genannte §eraudgcber in ber (Stnleitung gum 2. S5be, ©. LXXXV ff., bie Angaben
sHJoudfed' o^ne toeitered la vieille lägende populaire du Juif # errant nennt & ip
boebft untoabrfc$einli$, ba| bie historia maior bed ?ßarid, toelc^e guerft 1571 in fionbon
6o gebnieft unb fobann 1589 in ftüxxd) nac^gebrueft ift, ober nun gar, ba| bie SJehn*
$nbe, ber ewige 3tobfon 595
$nmif ÜRou«fe«, bem 93erf affer jener im 3^re 1602 gebrueften „furgen S3efc$rei*
bung u. f. f." befannt toaren; er mürbe, imgalle er Vonbiefen älteren (Srgctylungen ettaxtö
getoufet tyätte, toenigften« einen #intoei« auf fte ftd& ftd&er nid&t tyaben entgegen laffen;
namentlich toäre ein fold&er bann auefy in ber „(Erinnerung an ben ^riftlid&en Sefer" gar
fe^r an feinem $la$e getoefen. Dafc trofcbem eine auffaüenbe SBtynlidjfeit jn>ifc^en biefen 6
©rgä^lungen unb ber vom etoigen guben befielt, ift beutlicfy ; ber SSerfaffer ber ©rgä^lung
Vom etoigen ^uben mag auefy gang allgemeine Erinnerungen an jene älteren @nä|lung&
ftoffe Vernommen tyaben; bie gang eigentümliche ©eftalt aber, in ber bie (Srgäblung bei
tym auftritt, verletzt tyx einen felbftftänbigen bebeutenben SBert. Denn bafe tun: e« $ier
au$ nic^t mit einer aHmäfyltd? im 33oIfe vorgenommenen Umgeftaltung einer altern ©age 10
ober einer fird&licfyen SSolföbic^tung (fo ©oebefe a. a. £>.), fonbern mit ber ©rfinbung eine«
einzelnen gu tyun fyaben, fd&ctnt u. a. au« bem plö$li$en auftreten ber @rgä#ung fyer*
vorgugefyen ; SReubaur (©. 11) nennt ben SSerfaffer einen SRoveHiftcn. Die Srgäfclung $ebt
ft$ au« einer großem Slngatyl in ben %ofyxm furg vor unb furg nad& 1600 erschienenen
Heineren ©rgäfclungen unb Betrachtungen Vorteilhaft fyerau« ; teilt fte au$ mit iljnen bie 15
apologettfcfye lenbeng, auf bie aud& namentlich bie verfd&iebenen Anfänge fyintoeifen, fo
übertrefft fte fte boc§ an SBert unb Sebeutung.
Darf bemna$ behauptet toerben, bafe ber etoige 3u&e 3tya«Veru«, fotoeit bi«tyer er«
mittelt toerben tonnte, erft im $afyre 1602 unb gtoar in ben oben genannten Drudf*
fd&rtften in ber Sitteratur erföeint unb vorder tootyl überhaupt nirgenb« befannt toar, fo ao
befommen bie fragen, toer ber i*erfaffer ber (Srgätylung fei unb toorauf bie gang i>ojttive
Se^aubtung, baft $aulu« von (Sifeen ben 8tya«Veru« im $atyr 1542 in Hamburg gefefyen
$abe, fu^ grünbe, ein befonbere« ^ntcreffe. Der SRame be« feit ber gtoeiten Steige Von
Druden al« SSerfajfer (ober Herausgeber?) genannten Gtyrtyfoftomu« Dubuläu« 2Beft*
ptydvß ift bod& tootyl al« $feubontym aufgufaffen ; aber toer ift hinter biefem Sßfeubontym 35
verjtetft? 2Bir tonnen tyier nur fagen, bafe eine äfattoort auf biefe fragen nod? nid&t ge*
funben ift, fo toeit un« befannt getoorben; nod? gang unftetyere Vermutungen, bie bo$
bid^er fein ft<$ere« SRefultat ergeben, fyier mitzuteilen, verbietet u. a. föon bie nottoenbige
Stenge, bie biefer 3lrtifel einhalten mufj. ®enug, ber Urf^rung biefer ©efc^ic^te, bie o^ne
^frage je^t eine ber populärften unter un« ift, unb bie gu Vielen tiefen Deutungen unb so
gefäi<tyt«i>l?Uojot)^ifd?en ßonftruttionen ben ätnla^ gegeben §at, aud? ben größten Dichtern
al« ©toff, ber einer f oetifc^en Bearbeitung tvert fei, erfc^ienen ift, liegt noq> im Dunfei.
Über $aulu« von @i$en, ber im Ja^re 1555 ©u^erintenbent unb Lector Pri-
marius am Dom gu Hamburg toarb unb 1598 al« Sifc^of gu ©c^ledtoig ftarb, ber
auc^ tohrflW& gang gut 1542 (nid^t 1547, toa« f^äterer Drudffe^ler ift) als ©tubent von 86
Wittenberg au« feine ßltern in Hamburg befugt ^aben fann, — ber aber auety, fo Viel
un« befannt, in feinen ga^lreic^en ©Triften be« ctoigen 3u^«n n^e gcbenlt, — Vgl. bie
8b8, »b 6, ©. 481 ff., tvo au$ ©. 484 f. feiner SSegie^ung gum etoigen ^uben gebaut
trnrb. duxi »ernenn.
3rte«^ripen f. 93b V ©. 125 ff. 40
9nbtntntffton f. 3Kiffion unter ben 3u*>*n-
Indicimn »eo. Petram f. 33b I ©. 73 1,54 ff.
3**itl> f. ©b I ©. 644, ™.
Sfitbfon, 3lboniram, geft. 1850. — fiitteratur: ^Biographien uon 3. ©(entent,
Vu6um 1851; grranci« s©at)lanb, SBofton 1853; sJJ?r«. £>. (5. Souant, «ofton 1856 ®on 46
feinem 6o&ne abwarb 3., i»enj^orr 1883- SB. 6. SRidjarbS, ©ofton 1890 u. a. 89L ®a*ler
TOff.sWagajin, 1858 6. 305 ff. u. 18G4 @. 22 ff.
Stbon. 3., ©otyn eine« inbepenbentifd^en ^aftor« gu ^tymoutty in 3Raffad^ufett«,
tourbe geboren 1788. Unter puritanifd^en formen auftoad^fenb, jeigte er fd^on frü^ eine
auj&erorbentlt<$e Seaabung, aber and} Viel e^rgeig. ©eit 1804 ftubierte er gu SlnboVer so
mit glängenbem @rfolg, bü^te aber feinen Sibelglauben ein. ©ein 3^ ^ar, ein grofeer
Wann gu toerben: er fötoanftc, ob al« 5Politifer ober al« Dieter. Durc^ tounberbare
gfi^nutgen, namentlich ba« gang unerwartete 3ufömmentreffen mit einem fterbenben J^reunbe
r^er ©efinnung, fam er gu einem völligen Sbructyc mit feiner bi«tyerigen Seben«nd^tung.
bem erftarrten gormali«mu«, ber fd^on lange bie Äirctye 3leu--6nglanb« be^errfd^te, 66
38*
596 dtobfon 3üngling#t>eTriue
begann bamal« ein neuer ©eiftc«früfylung fid^ $u regen, in bem bolb ber 2Riffu>n«gebanfe
fräftig fyerbortrat. $. m^ 1>™ anbern jungen -Dtännern, gab 1810 Veranlagung &ur
©rünbung ber großen, fongregationalifttfc&cn „Amerifanifcfyen SMiffton«gefelIfc&aft" Ameri-
can Board of Commissioners for Foreign Missions). 3)a bte ÜDtittel fehlten, um
5 fe<fy« 3Hänner, bic fic§ für ben 9JKffion«bienft angeboten Rotten, au«$ufenben, tourbe 3-
nad? ©nglanb gefcfyidt, um bie SKithnrhmg ber Sonbon M. S. gur ©rünbung einer neuen
SJRijfion in Afien ju gewinnen. <8« gelang bie« nic^t. Unberrk&teter ©a$e mufete er
Fjeimfetyren, tourbe aber nun toom Voarb felber al« 3Jlif(ionar nad? ^nbien ober Varma
gefanbt, nad^bem er jubor ftcr; »erheiratet fyatte. Untertoeg« tarn er ju ba^ttftifc^en Sin*
io fcfyauungen unb al« er in Äalfutta (anbete (1812), löfte er feine Regierungen jum Voarb,
inbem er famt feiner grau in ©irampur bei ben englifetyen Vaptiften fiefc taufen liefe.
Vom ©ebiete ber britifd&en oftinbifetyen Kompagnie au«getoiefen, tarnen fte 1813 naefr
TOauritiu«, too fte unter ben ©eeleuten unb ber Vefafcung arbeiteten. Von ba gingen
fte bier 9Konate fpäter naefy Stongun in Varma, too bereite fcfyon $ubor bon englifdjen
16 Vaptiften ein Anfang gemalt toar, ben $. toieber aufnahm. Salb barauf hnirbe in
Amerifa bie American Baptist Missionary Union gegrünbet, in beren 3>ienft er
eintrat. 3)ie ©prac^fd^mierigfeiten tourben übertounben. 3lad) fedj^ Sauren gelang e«
ben (Srftling ber Varmanen ju taufen. Von 1824—26 hmrben bic arbeiten burety ben
erften Krieg ßnglanb« mit Varma unterbrochen. 3. toar gefangen unb ^atte unglaufe
20 licfye Seiben $u erbulben. 2)iefe« sJJiarttyrium, in bem tym feine tyelben^afte grau, ob=
gleidj» nicfyt eingeferfert, jur ©eite ftanb, §at biel beigetragen, feinen SRamen bei ben
ebangelijctyen s3Jüffion«freunben in allen ©rbteilen berühmt gu machen. (Srft na$ $n>ei
3afyren tourbe er befreit unb mufete fogleicty al« SDolmetfdjjer bei ben gtiebenetoer^anb*
hingen bienen. 2)amal« ftarb feine grau. $)ie SHiffion tourbe in ba« britifdj getoorbene
36 ©ebiet berlegt. A\ toirite in SKoulmein mit Voarbman gufammen. Von bort machte er
auf bielen Steifen Verfuge Anfnüpfungen im Innern Varma« ju gewinnen. Um jene
3eit fanb man Eingang bei bem unterbrüdften Volfe ber ftarenen, unter bem bie SRiffion
balb überrafcfyenbe ©rfolge erjielte. 3. aber blieb bei ber arbeit unter ben Sarmanen,
in beren Spraye er 1834 nad& 17jäfyrtger Arbeit bie Vibelüberfefcung boüenbete. Spater
so arbeitete er toieber in SRangun, too er im auftrage ber 3Hiffion«gefellfc£aft bie Äu«arbei*
tung eine« barmanifcfyen 5H$örterbucfy« begann, bie er auf einer @r^olung«reife na$ ben
Ver. ©taaten begleitet bon jtoei eingeborenen ©etyilfen fortfefcte, ©eine ätoeite grau
mufcte er auf ©t. §elena begraben. 6r felbft toar feljr elenb ; aber befugte grofce Volfe
berfammlungen, ju benen er flüfternb rebete, inbem ein greunb bie 2Borte laut toettergab.
35 ©eftärft teerte er 1846 auf fein Arbeitsgebiet gurüd mit feiner britten grau, fyaupu
fäcfyltd? galt feine Arbeit bem 2Börterbu$e, ba« er jebod^ nic^t metyr boDenben foütc
©c^toer franf fuc^te er Vefferung burc^ eine ©eereife, ftarb aber auf ^o^er ©ee 12. 2tyril
1850. ^.« birefte 3J{iffion«erfolge toaren nid^t eben bebeutenb; boi^ ^at er einige bar-
manifd^e ©e^ilfen ^erangebilbet unb einige |unbert Varmanen in d?riftlic^e ©emeinben
40 gefammelt. Slber ba« bubbj^iftifd^e Volf bilbet für bie 3Riffion«arbeit einen fe^r garten
Voben. 9?a$ me^r al« 80 jähriger Arbeit fmb boc^ erft einige über 4000 au« bemfelben
gefammelt, toä^renb bic VaJ)tiften au« ben Äarenen 34 600 Ährctyenglieber gä^len. ®od)
befte^t nun in ber alten £auj>tftabt be« je^t britifd^en SMeic^e«, 3Kanbale^ eine barmantfäe
(i^riftengemeinbc mit einer ©cbäc^tntelir^e, bie 3.« -Jiamen trägt 9i. ©runbemtitu.
45 Jüngling« », ©efeUen* nnb Arbeitervereine r ebangeltfc^e unb tatyoHfdje. —
1. 3ünglinö«oerein. a) allgemeine«. %t). <5d)äfer, Üeitfaben ber inneren Wifrion*,
Hamburg 1893 3. 91 ff ; ^föurfter, $te fieljre uon ber 3nn. Wiffion, ©erlin 1895; ^«"«»9
(Sdjäfer, (Suanac(ifd)e3 9So!l«leiifon 6. 353 ff.); 4)efefiel, ^)ie «Wiffion an ben Sünglingcn ?c,
Berlin 1864; Stedme^cr, 5)ie ^raji« be« 3üngling«üerein«*, ©remen 1896; Ä. Shrummadjer,
60 2)ie ei). 3ünglin(\«oereine in ben üerfdjiebenen fiönbem ber @rbe, ©Iberfelb 1881 ; Ä. Skrum*
macfjer, Seben«bilber oon greunben unb görberern ec. 3üngling«oereine, Slberfelb 1882;
Ä. ^rummad)er, 3)ie eü. SünglingSoereinc (©ftriftl. Vereine junger 3Rönner) (llberfelb 1894;
(^efd)id)te ber djriftl. 3üngling«ocreine (3)q« golbene ©udj) uom Internat. (Sentraltomttee ber
cbriftl. 3üngüna«uereine in <&enf; Seifert, (ä)rü&e au« ber $>eimat, ^rjä^lungcn, Briefe 2Cr
66 iöerlin 1868; ftörner, 5)ie eu. 3üngling«uereine, ©erlin 1874; ginbetfen, 5)ic e». 3üng»
lingeucreine, et. Petersburg 1884; 3). u. Cerfen, 5)te Süngling«oereinc in 3)eutfd)lanb,
.^ctlbronn 1886; Seitfcftrift : Berlin unb Xfttele, 3)er 3üngling«üerein, ©erlin 1894 ff. ; Sie*
metjer, "©ecfftinimen unb Sbeale, ©ortväge für 3ünglingeüeretne jc, ©remen 1896; 3««fl*
ling«feftprebigtcn uon 3)üvfelen 2c, ®üter«(ob, ©ertel«mann 1880; ©erlin unb £()iele, €eib
w männlt^ unb feib ftarf! geftprebtgten unb 9lnfprad)en, ©erlin 1896; 6(ftäfer, JHeben unb
^rebigten vom ©ebiet ber 3)tatonic unb Snnercn ^Wiffion*, fieipjig 1890, III, 8. 215ff.;
3üngItng*oeretne 597
3<Wfer, Die 3nn. Wiffion auf ber flanjel, 9Wünd)en 1897 @. 157 ff.; Sebmann, gfeftreben
Dorn Gebiet Der 3un. SRiffion, üp$. 1875 ©. 210ff., 317 ff. ; ©c&loffer, Sieben im gfreien ic,
Jranffurt a. 9R. 1881 ©. 177 ff.; €f)h), (Bei toacferic., Seipjig 1886 passim; Wittenberg, #abt
bie ©ruber lieb! ©erlin 1898 @. 250 ff., 488 ff.; Katalog ber 3üngling8*©ereinS-Sitteratur,
©erlin. ©udfcbanblung be$ Oftbeutfdjen 3ünpUng3bunbe3; Mennig, Ein (öang burd) bie 5
3üngltng3oerein8lftteratur (^farvboie 1898 9ir. 2 u. 3). b) einzelne ©ereine, ©er*
ein «gebiete unb 8fr age n. 3 £• 3-, ©rudtftürfe qua ber 3ub.«$eier be8 eo. SünglingS*
oerein$ in ©afel, ©afel 1875 ; 50. 3abre3berid)t be§ eo. £anbtoerferoerein8 in Sftündjen für
1897/98, Wunden 1898; &ux Erinnerung an ba3 50 jährige gubiläum beS meftbeutfdjen
3üngüng«bunbe$ (3ünglingSbote oon Suptbt. ßrummafler, Elberfelb 1898 9h\ 35) ; Sarorenj, io
Denffdjrift &ur gfeier be« 50 jätjrigen ©eftebenS beS alt. eo. SünglingS* unb 9Ränneroerein3
in Stettin, Stettin 1893; Seibel, Die eo. Männer; unb 3üngling3oereine Sadjfenä, DreSben
1885; St. Ärumntadjer, ©ebeutung unb Aufgabe ber eo. SünglingSoereine in ber ©egemoart,
Nürnberg 1883; Sßebinger, 3n toeldjer SBeife tönneu bie ^Kitglieber unferer günglingäoereine
ffir baS 9iei<4 ©otteS t&ätig fein? Elberfelb 1882; Euno, Die Erbauung in ben günglmg«- 15
Dereinen, ©erlin 1885; SBeibauer. Da3 firdjl. Slmt unb bie eo. SünglingSoeretne, Hamburg
8894] ; $afcfd)fe, Sociale 9Bo!)lfabrt3einriaVungen für eo. Männer« unb 3üngling3oereine,
reSlau 1898; 3Rid)aeli3, Die Pflege ber 3ugenbabteilungen , ©erlin 1891; Xbiermann.
JunglingSoereine auf bem Sanbe (Sdjäfer, ©tonatäfaVtft für Snnere SRiffion XVIII, 1898
5. 353) ; 3üngling3oereine auf bem fianbe (TOittcil. beä ©ranbenb. <ßroo.-9lu8fdmffe3 1894 20
6. 353; 1897 ©. 598); Seippel, Die «ßueftt in ben ©ereinen; Solbatenmiffion OünglingS-
oerein 1895 @. 161); Dröner, Der f leine föatgeber für ©rünbung, fieitung unb Pflege oon
eo. 3ujjenboer. in Deutfdjlanb; oiele Auf ff. im „3üngling3oerein", in ben ©er tjanb hingen
ber SunglingSoereinSfonferenjen.
II. ©erroanbte ©eftrebungen. a) 3"8enboereine ogl. bie aflgem. Sdjriften ; 25
Äopp. Der Sugenbgeiftlicbe (Sdtffer, 3Ron. für Diaf. u. 3nn. TOtffion II, 1878 6. 319 ff.);
ScMfer, Seitfaben ber 3nn. SRiffion8, @. 91 ff. b) Ebriftl. ©erein junger tfauf*
leutc. Sauled (Sdtffer, 9Ron. f. Diaf. u. 3nn. SHiffion IV, 1880 <5. 56 ff); Sdtffer,
Öeitfaben ber 3nn. TOiffton *, 6. 103. c) EbrfftL ©erein junger Gönner. 0. 9&otr>
fir<6 (fjlicg. ©Ifitter au3 bem Rauben £aufe 1884); 0. öaffell, Die (fcriftl. ©er. junger 80
Gönner in Deutffllanb, Stuttgart 1898. d) Enbeaoor*©er. Mennig, Die Enbeaoor*
oereine unb bie beutfdKO. ßirfle, ©erlin 1894.
III. Die fatbol. ©efellenoereine. Sdjäffer, Bbolpb ftolping, fünfter 1880;
6<Wfcr über Äolping (Scoäfer, Eo. ©olfälerrton S. 399) ; #ennig über @ef.-©er. (Sdjftfer,
fco. ©oltölerrton S. 264); <ßaul Debn, Die fatfjol ©efettenoereine in Deutjcfclanb, ©erlin 35
1882; 9iiebmüller, Ebronif be3 fatljol. «rbeiteroerein« 9lugöburg 1874—99, BugSburg 1900;
^reÄberitöt be« tat^ol. ©efeflenoer. in ^öln oon 1899; $anbroörterbuc& ber Staat^toiffen-
feftaften oon Elfter k. m, S. 837 ff.
IV. Arbeiter oereine. fflablenbert (S^äfcr, Eo. ©olfSlej. S. 37); ©eber, 3ur
(iefeftieftte ber «rbeiteroereine (Äu« ber Arbeit ber freien tira^l. foi. Äonf. I, 1898 6. 86 ff. ; 40
a)®oangelifdie Arbeite ro ereine. Deutelmofer, Die eo. ?lrb.-©er. in SBefrpbalen*,
Woabeburg 1890; 3Beber, Die eo. 9lrb.*©er., tbre ©ebeutung unb BuSgeftaltung. ©erlin
1890; »eber, ?ratt. Mmoeifung für ©egr. unb Seit. eo. ttrb.»©er., Seipjig 1890; 3Beber,
©erid)t über bie eo. 9lrb.-©ereinSfa(be 1897/98, Hattingen 1898; «rnbt, ©eri*t über k.
1898/99, Hattingen 1899; ©a« motten bie eo. ?lrb.»©er.? (Wr. 175 ber &lugbl. be§ ©er. 4o
für eftrifil. ©olf«bilbung, 9Küncöen=©labbacb) ; Weber, Wnfpradien für eo. Arbeiter*, ©ürger-,
Bol!d> unb ^Äänneroereine, ©üterdlob 1891; Sorenj, $)a«bbud) für eo. $rb.-©er., ßeipjig
1892; Statifti! ber eo. Slrb.-©er. (©«äfer, 3Äon. f. 3nn. 9Kifrion 1896 6. 185 ff.); ©urfter,
2eftre oon ber 3nn. 9ttiffion, ©erlin 1895, S. 113, 163, 247; ©öttinger «rbeiterbibliotbef
1893 ff. ; 9M)einif<^eftp^ifd)e ^rbeiterbibliot^et, Hattingen 1893ff. - b) Äatbof. «rb.» 60
Bercinc. ©ongar$, Da§ fatbol.-foj. ©ereinStoefen in Deutf^lanb , ©ürjburg 1879;
Si(e, «rbeitertoobl, Organ k., Äöln 1881 ff.; bafelbft ©tatiftif 1897 S. 97 ff.; ©ruber, [Äat^.]
taatdlejifon I, 41 6 f.
I. ©er^ttnaUngStoerein. 2)erXrieb ber ;^ugenb jum 3^mTnenWwfe mitSIeid^«
aefteDten unb (Sleidpalterigen, bie ©orge oon Eltern unb ©eelforgem namentlich für bie aflein= 56
fte^cnbe, in ber fjrembe befmblicfye, ber SSerfü^rung au«gefe|te ^Jugenb, ber äBunfcfy d^riftlic^er
©oltefreunbe, bie $ugenb Dor ben ©cfabren bc^ 28elt= unb gettgeifte« ettt>a in ber befonberen
®eftalt ber Slebolution^gebanfen, ber Soxialbetnofratie, ber Äird^enflud^t ju föüfcen : bie«
unb ä^nlic^ ift ber ÜJlutterboben, au« oem bie 3üngUng$toereme ungefähr im Sritraum
ber legten ^unbert 3^^e entftanben fmb, toobei ba« erftc drittel beä ^a^r^unbert« nur eo
ben (Sebanfen unb gam bereinjeltc Äetme ertoac^jen, ba« jtoeite 3)rtttcl bie Vereine
m ben ber ©ad^e gtinftigeren ©egenben reichlicher emporfommen läfet unb ben erften
3ufammenfd^lu^ in Sünbniffcn unb mit bem allen bie Sertoertbarfeit unb Sebcutfamfeit
be« ©ebanfenS für toeitere Äreifc ^u erfennen giebt, ba« britte drittel ben foftematifctyen
©etneb, bie Durcharbeitung ber einzelnen fragen, bie internationale 33erbinbung bringt r«
598 äftngluigdfcertute
unb bamit ben 3üngling«t>erein al« einen t>tclfac^ ntd&t unfertigen %attox be« d&rifttufc
fojialen geben« erfeeift.
Die erflen Keinen Vereine Ratten im toefentlid&en ein jrietiftiföe« ©epräge, feie e«
ben Kreifcn ber ©titten im Sanbe, avß fcenen fte ftc§ remitierten, entforadjj, fo ber bon
5 Pfarrer -JRetyenrod in Safet 1758 begrünbete, ber gefeö^nlicfc al« ber erfle genannt feirb.
@ine Reine 3atyl bereinigte jtcfc auf folgenbe ©afcungen : 1. genau bei ber Setyre be«
Söorte« ©otte« unb bem apoftoliföen @lauben«be!enntni« }u bleiben, 2. alle ©etttereret
unb fea$ baju bertciten tonnte, gu meiben, 3. ein jeglicher foHtc e3 reblic^ mit ®ottr mit
ft$ felbft unb allen -JRenfd&en meinen, 4. jeber foute bie ftretyeit l^aben, ja betyfTtcfttet
10 fein, ben anberen gu ftrafen unb ju erinnern, 5. jeber foute fid& infonber$eit ber Ser*
f$feiegen$eit befleißigen, bamit ba« gute Auftauen gu einanber fead&fe. Der betannte
K. $. ©Mittler fear fyäter ein ©lieb Dief e« Kreif e«, ber jtcfc mbe« na<$ ettoa 50j%igem
Seftetyen auflöfte. Salb aber trieb ba« Sebürfni« einen neuen Serein fcertoor. Stnen äfcn*
liefen Styaratter trug ein 1817 begrünbeter, bi« gu 50 9KitgKcbern anfeacfcfenber Seretn nn
15 faauß be« §of!ammerlüfer« (Sngelmann in Stuttgart. @r fear &aut>tf&c$li($ eine @ebet«gemetn=
fcfcaft. Son reifem ©egen fear ber 1816 in (Slberfelb bon $aftor Döring (1783—1844,
and) al« Dieter geiftl. Sieber befannt, bergl. 0. Krau«, ©eiftlic&e Sieber im 19. 3afc
bunbert, Darmftabt 1863 unb K. Söl«, Döring« Seben unb Sieber, Saroten 1861)
begrünbete herein. @r pflegte ^uptfätyli$ bie Siebe gurSRiffton.— ffi«9kjior Stallet ben
20 Safeler Serein lernten gelernt $atte, richtete er 1834 einen ctynltd&en Serein tnSremen ein,
beffen Statuten bie ©runblage berjenigen ber feeftbeuttöen Sereine gefeorben ftnb.
Son Sremen au« befam bie ©a$e im Sßu^pertBal einen neuen fcäfttgen Smpul«
gum $hteintreten in (vettere Kreife unb gu ftrafferer Serfajfung. Der Kaufmann 6. %.
Klein tyat in btefem ©inne bem Serein über 50 Satyre gebient. Die beghtnenbe Arbeit
25 2Btc$ern«, fpäter fein Stuf gur inneren SBiffton, beren organifterte unb organifierenbe
3lrbeit, bie -JJKtfeirfung bon SReifeagenten ber inneren -JRiffton feie $efefiel (fcgL €x&äfer,
(Söangel. Solfölejfton ©. 322) gaben ber ©aepe einen ftarlen Erieb ber Serbrettung unb
fteHten fte in ba« Su$t ber Öffentlid&feit. 5Dlan ftellte tyeologiföe unb anbere Seruf*
arbeiter foegieü für bie 3üngling«facfye an (1857), unter beren erfken geittoeiltg au$ ijefe=
so fiel fear. Die 3üngling«bünbnifie (»Jufammenfcfytuß ber eingehen naety Sänbern unb fjro*
bingen aufeinanber angefeiefenen Seretne) entftanben : 1848 ber r$rinifcfctoeftfälif($e 3fing=
Img«bunb, 1856 ber oftbeutfd^e ; ebenfo erfolgte 1853 bie Silbung Don Krei«t>erb&nben
benachbarter Sereine.
Die Rz\t be« foftematifd&en Setrieb« unb ber metfyobiföen Durd&btlbung fd^uf junä^ft
35 bie SerDollftänbigung be« Sünbni«ne(e« (1869 entftanb ba« fübbeutfd^e Sünbnt«, 1878
ba« fä#f(^e, 1880 ba« norbbeutfd^e, 1884 ba« elfa^lot^rfatgtf^e, 1887 ba« füboft^beutf^e
ober fc^leftfd^e, 1890 ba« t^üringifc^e) unb enblic^ al« ©pi^e be« ©angen feit 1896 eine
©efamfeertretung aller beutfd?en ebangeliföen ^üngling«^ereine unter bem Sorftf be« um
bie ©ad&e ^oc^berbienten ©utoerintenbenten Ärummac^er in ®lberfelb ([1830—1899]
40 t>ergl. ©c^äfer, Sbangel. Solföle^ifon ©. 425). ©elbft eine, feenn au$ lofere, internatto«
nale Organifation ift erfead^fen: feit 1855 |ält man etfea alle 3 Sa^re internationale
Konferenzen; 1878 fe^te man in ©enf ein internationale« Komitee ein, feelcfeem jtoei
Slgenten bienen (Gl)arle3 ^ermaub unb 6^r. $^ilbiu«). Son feiten be« fremblfinbtf^en,
namentlich engliföen unb amerilanifd^en ^üngling«k>erem«feefen«, ba« ft$ fräfttg entfeideb
45 ^atte, fyat manche f^orabifc^e, oft einflußreiche, teil« günftige, teil« ungünfttge 3öirhing
auf bie beulten Sereine ftattgef unben ; jene« Komitee ift em jfear ni$t fd^r fetrffame«,
aber boc^ legitime« Sanb, ba« alle umfd^lie|t. Der §au)>tunterf$ieb ba au«lanbif^en
unb ber beulten Sereine befte^t barin, baß man bei jenen ein entföeibenbe* ©efei^t
auf eine mifftonierenbe X^ätigfeit ber ätitglieber nac^ außen legt, bei biefen nic^t, Dtd>
50 me^r bie ©teQung baju ben eingehen überläßt ; baß jene Sereine alle Denominationen
gleichberechtigt fem laffen, bie beutfe^en unb mit tynen bie ßanbinabifc^en Seretne aber
fi$ i^ren jefeetligen £anbe«!ird^en berbunben erachten. — 3Kit bem großen 9EBad^dtum
unb ber äußeren Draanif ation ging bie Durcharbeitung ber inneren fragen unb bie Dtffc
renjierung ber t>erf(|iebenen Strömungen im Serein«leben gleiten ©djriti fragen be«
55 Sercin«leben« feurben an ber £anb ber ©rfa^rung auf berfd&iebenen Konferenzen Um
gefteQt unb bie ^ugenbabteilungen, Sereine für junge Kaufleute, $riftli$e Seretne junger
sJKänner, ©nbeabortoereine löften ftc^ früher ober foäter al« befonbere 3^0e öom $«upk
ftamm ab, bie ^Jü^lung me^r ober feentger befea^renb ober löfenb.
„©egenfeärtig gehören bon ca. 1800 beutfetyen 3üngling«bereinen ca. 1400 ben neun
60 obengenannten Sünbnijfen an. 3^nen bienen 14 ^tungen, 40 eigene ©ebäube, 25 Sc
3$itglt!tgd*emne 599
betöre unb Stgenten. ©emcinfameS nationale« äBatyrjeicben ift fc$h>arj*h>eifcrote$ ©c$ilb
mit golbenem Streuj unb bem Söatylfprucb $f 119» 9" Sta* internationale Äomitee „ber*
tritt ca. 5500 Vereine mit etloa '/* SRiHion 9Jtitgliebern" ($ennig im Bolfölqrifon
S. 354).
Art unb ^iele beä beutfcfyen SünglingäfcereinSlebenS foric^t bie @tfenac$er flirren* 6
tonfereng 1896 in folgenben SBorten avß : „2)ie fräftige Pflege unb gefunbe SUtägeftal*
tung ber Sünglmgätoereine ift für We ^ulunft ber Äird^e bon befonberer Bebeutung. ©inb
biefelben aud& an fty feine fir$li$e @mric£tung, fo ftnb fte borf) nt einer folgen in tyrem
eigenen Sntereffe au&ubilben burd& Smorbnung in ben <ßaroq>ialberbanb, bur$ treue
Pflege fettend be$ geiftlic^en 2lmt$ unb Beteiligung ber lird&lic&en ©emeinbetoertretung an 10
berfe&en. iDringenb ju toünfd^en ift, bafj bie ^üngling&ereine fw§ auc§ m ben Sanfc
gemeinben einbürgern."
3)ad BereinSleben entfaltet jt$ nad) Ernten bureb (Srbauung, Belehrung, Untermal«
tung. ©otteS ©ort ift na$ bem 2Bablft>ruc$ $f 119, 9 ©runblage, 9ffitte$utrit, Siegel
ber Berehte. ®3 toirb bon ben SRitgliebern ertoartet, bafe fte fleißig $ur Äirctye getyen. iö
3m Beretnälolal toirb ifynen ©otteä SBort in befonberen Bibelftunben unb Bibelbeforecfc
ftunben, in anbauten an ben au$ burc$ anbereS aufgefüllten BereinSabenben, bei Berein&
feften in ^rebigten unb Slnfprac^en nafye gebraut, hierin fyat ba$ BereinSleben feinen
tou^tigften (S&arafter, tote bie ©rfa^rung geigt, ba| mit ber Bernacfyläffigung biefed Sie*
menteS ber (Srnft unb bie Äraft fätoinbet. gnbejfen fott baä SReligiöfe nid^t ber einige *>
intydt, fonbem nur ber alle« burc^bringenbe ©eift beä BereinStebenS fem. — 211« jtoetteä
Clement tritt ba$ belefyrenbe unb bilbenbe fyimu. Dafür forgen bie BereinSbtbliottye!,
mancherlei Surfe: SRad^ilfeunterrid&t in ben Bolföfc|ulbi$cit>linen, Buchführung, fttiä/Mn,
granjöftfö, (gnalite unb jablrei^e Borträge potmlärstoiffenföaftlid&er 2lrt au« ben @e*
Meten ber ©efepupte, SRaturfunbe ; enblttf) ber ^ragefaften, 35t$fuffton& unb Dcflamier* 36
Übungen. Der eigentliche Unterriebt pflegt bie (rf)toäd>fte Seite be$ BereinSlebenS nt fein,
inbem man nur feiten mit ben anbertoeit bortyanbenen Se^rfräften unb Se^rmitteln ton-
tarieren tonn. — Beffer pffcgt'3 bagegen mit ber Unterhaltung befteHt gu fein, toenn man
ben SRafiftab ber t^atfäcbUc^ am herein ft$ beteiligenben ßreife anlegt. 6« fyanbclt ft<$
babei um SDtuftf (fotootyl ©efang als Spielen namentlich bon BlaSinftrumenten) in $aftor so
Bolfathtg« Berein begonnen unb ^auptfäc^ltd? burdj bie beiben $aftoren Äutylo, Bater
unb ©olpt geförbert (bgt. ©d&äfer, »genbe ber inneren 3Kiffton, Berlin 1898 I, ©.8 ff.;
38 ff. unb 141 ff.), Junten, ©piel (toobei jebeS ©piel um ©elb au^gefc^loffen), maneberlei
Äefte ©amilienabenbe, SRuftiabenbe, t>atriotifd^e unb Berein^fefte, Borfü^rung öon Sid^t-
btlbern u. f. to.). 86
©ang o^ne 3Birtung nad) äugen toirb toofy fein enttoideltertö Berein^leben fein.
SBo üic^t ift, ba leuchtet e^; too geuer ift, ba toärmt e«. Diefe SBirfung lann eine birefte
unb beabft$tigte ober unbetvu^te unb inbtrefte fein. 3Ran fyat t>om beutf^-ebangelifc^en
©tanbputtit Diel einjutoenben gehabt unb no<f> eingutoenben gegen eine SBirtfamreit ber
erfteren ärt — namentlich für $ünßKn0** ^ no$ toerbenbe SRänner unb toerbenbe G^riften *o
ftnb, manche noc^ fe^r unreif. 2)a$ englifd^samerifanifd^e drängen auf Betätigung toirb
cbenfo t^erfe^rt fein, afö bie öngftli$e beutfd^e Blöbigfeit. $Ran muft nur affe^ bergleic^en
nüchtern, befebeiben unb treu betreiben, bann rutyt ein©egen barauf. ©erabe in unb mit
anaemeffener Slrbeit erftarft bie Äraft, n)%enb forcierte, met^obiftifd^e SBirferei ben 6^a*
raner unb ba3 d^riftlic^e Seben fc^äbigt (bie 3Jtithrirtung am inneren Berein^leben je 46
no4 Äräften ift fetbftoerftänbüc^). 3te Bcifoiele be« SBirlen«, ba«, gefunb geleitet, ^eilfam
ift, möchte ju nennen fein : Sßrebigt* unb ©d)riftentoerteilung, §elferbienft in ber ©onn*
tagäfäule, namentlich auc^ §ilfe bei ber ^ürforge für eimelne ©ruppen junger Seute.
9Wan toeife ja, hrie toirffam auf bie 3ußen^ garobe ber (Sinflug ber 3uÖm^ *ft- //$ic^n
gehört ft>egidl a) ber ©ienft in ber ©d^rippenfirc^e [leiblicher unb geiftli^er ^Üf^bienft an w
Arbeits unb Dbbacblofen Berlin«, bgl. ^ennig in ©c^äfer« Boßdle^iton 656 f. J. b) $ie
ftftrforge für bie eintoanbembe männlid^e 3>ugenb in Berlin (feit 1897) unb anbem©rofc
ttabten. ÜRitglieber ber ^üngling«bereine fucfycn alle na<ty Berlin gugejogenen auf, um
jk jur Beteiligung am djriftli<$en Beretn«leben einjulaben. c) Die ©olbatenmiffton feit
1891. SÜle Bereine fenben bie 3lbreffen i^rer jum §eer eintretenben 9Kitglieber an bie 65
(SentralfteHe ein. 3>tefe fteQt bie ©olbatenlifte jujammen. ©ie ermöglicht Aufenbung ber
Bunbedorgane an bie jum §eerc eingebogenen TOitglteber unb 3ufammenWufe berfdben.
3n 3Re^, ©ieben^ofen, .Höln, Soblenj ftnb ©olbaten^eime eröffnet unb Pfleger angeftellt.
d) 3)ie ÄeDnermiffton, ^ie unb ba namentlich burc^ ©c^riftenmiffion, aber auc^ burety Ber-
anftaltung befonberer fieQnert)erfammlungen. e) $te Pflege ber Bäder, bie nur an einem so
600 3ffiitgHttfj8toerettie
2Bod&entag 3rreijeit Robert" (ßennig in ©dfräfcrä SSoltelejtfon 354). @S toerben fidj >u
fold&er immerhin nur afö £ilfgbienft ficfy barftellenben Slrbeit bie bereifteren geneigt unb
geeignet &eigen, namentlich audj fold&e, meiere greubigteit Ijaben, foäter afö SJerufSarbeiter
in ber äußeren ober inneren SRiffion ttyätig ju fein. üDtan jä^lt bergleid&en 93erem$mitgUeber
6 tttoa 1700 im Saufe ber 3ja$re.
2lucfy auf bem ©ebiet ber Sßo^IfabrtSeinricfytungen unb ber fogialen Mfe $aben bie
S3ereine für ifyre SKitglieber fcfyon mandpeä §eilfame gefd^affen, ba$ bielletqt in unferem
fojialen geitatter berftärfte Pflege bebarf unb erfährt. $a$f$fe (bgl. in ber 2itt.) rennet
batyin : ©pargelegen^eit, SlrbeitSbermittelung, SBotynungSnac&toeiS, 3Rit$tlfe bei £e£rling&
10 unb ©efellentyeimen, 93au bon ^amtlienfyäufern, 6rtyolung$tyeimen, Unterftüfeung& unb
©terbefaffen. Seifjiiele : bie ^Berliner Äranlen* unb ©terbefaffe für ebang. Männer- unb
SünglingSbereine ga^lte in 5 gafyren ca. 60000 3RI. an Äranfen* unb ©terbegelbern,
ber UnterftüfcungSberein Sruberliebe in ßlberfelb in 6 Sauren ca. 90000 3Rt. aus.
II. 21Ö bem IJünglingSberein bertoanbte SSereinSbeftrebungen, ja afö
16 ©eitenfd^ößlinge avß bemfelben ©tamm finb bie Sug^bereinc (8e$rling3toereine), bie
cfyriftlicfyen SSereine junger Äaufleute, bie cfyriftlicfyen Vereine junger SDlänner, bie <SnbeaDor=
bereine angufe^en.
3>ic ^ugenbbereine tyaben ft$ naturgemäß bon ben 3jünglingSbereinen abgejtoeigt
3uerft nafym man junge Seute nic^t bor bem 17. Sebenäjafyre auf. Sann natym man
20 fte auf, toeil man e$ nid&t beranttoorten lonnte, fie fiefy felbft ju überlaffen in jenen 3a^ren
unmittelbar nadfj ber Konfirmation. 3"^^ We Änaben pafytn nietyt &u ben übrigen
3Kitgliebern be$ SSereinS, fd^on beä berfd&iebenen 2Uter$, aber aud& beS Untermiete toegen,
toelctyer jtoifcfyen Setyrlingen unb©efetten fonft ftreng aufregt erhalten toirb. 9tamcntlic& in
größeren Vereinen ertoudjifen au$ ber -JRtfd&ung biefer bteparatenßlemente mancherlei ©^toierig^
26 feiten, ©o ftfmf man befonbere 3ugenbabteilungen,3ugenbbereine, in toeld^en fu$ ba$ 33erein&
leben na$ bem alter ber -Dtitglieber mobtfi$iert. @ine befonbere Ausprägung $at bie Pflege
be£ ^ugenbbereind in Stuttgart gefunben. DaS bortige SugenbtoereinätyauS, feit 1867, m
feinem jefcigen Sieubau feit 1876 beftefyenb, ift eine intereffante ©tätte bielfeitiger ^ugenb;
Pflege, beren §auj)taugenmer! bie Setyrlinge (incl. gabritarbeiter, ^au^burfc^en, Ausläufer)
so bilben. 63 ift 2Bo^nftätte, ßoft^aud, SSereinälofal für mehrere fyunbert junge Seute. Slucb
©d^üler työfyerer Sefyranftalten fammeln ftd^ fyier ju SSorträgen unb SDtuftt. daneben be*
ftc^t eine ja^lreic^ befugte Äleinfinberfd^ule. 2lußer §au3eltern ift ber „gugenbgeijUid^e"
(feit 1863 angeftettt namentlich auf Anregung be$ ^rälat Äapff, bgl. ©c^äfer, ©iangel.
3Joltelejifon S. 364) ber j>erf online 2RitteIpunft ber 2^ätig!eit, bie ftc$ aber nu^t auf
85 ba$ Serein^^au^ befc^ränft, f onbern auf bie gef amte Sug^tö erftrerft, toelctye o^ne gamilien-
anfc^luß in Stuttgart toeilt (bgl. ©d^äfer, 2)ie 3jnn. SRiffion in ber ©d^ule *, ®üter^lo^
1900 ©. 28 f.).
Die djrtftlicfyen SSereine für junge Jtaufleute berbanlen i^re (Sntfte^ung ben fyöfyeren
Silbungds unb ben eigentümlichen ©tanbe^intereffen ber betreffenben jungen Seute. 2)öc&
40 tperben bie erfteren metyr aU bie le^teren berücffic^tigt, benn man nhnmt auc^ 3Rit*
glieber au^ anberen alö ben faufmänniföen Ärcifen auf : bie Segrünbung erfolgte hn
3;a^rc 1848. 3tör.e Sntmicfelung toax nid^t fe^r fräftig. SKan ^atte eine getoifle ©#eu
bor ber größeren ÖffentKc^feit unb überließ baä ^elb ben toeltlid^en „faufmännifc^en S5er=
einen" (bgl. ©d&äfer, ®b. 9JolföIejifon ©.368 f.). ©^ giebt ettoa 10 bergl. SSereine, toelc^e
46 ftcfy ju einem 93unb jufammengefc^loffen ^aben.
„Die d^riftlid^en Screine junger -Dtänner fmb ^^^gling^bereine nac^ amerifamf($em
3)fufter" (Ärummac^er, Die eb. 3>ünglmg$bereine 1894 ©. 196). Der Deutfc^amerilaner
^ri^ ©d&lümbad^ (erft Slt^eift, bann TOetfyobift, bann ©eneralfefeetär ber beutföen 3üng«
lingöbereine 3lmerifa^, bann Sföitglieb ber unierten ©^nobe be^ SBeftenS k.) tyit fie 1883
60 in Berlin eingeführt. Unter ariftotratifc^er ©önnerfc^aft unb mit reichen ©elbmttteln aufr
geftattet, Reiben fie in einer Slei^e beutfe^er ©täbte (Singang gefunben unb große Sü^rigfeü
entfaltet. Die ftattlid&en Solale Reifen toerben. 3?ac^ englifc^=ameri!anifc^er SKrt legt man
einen großen sJiad^brudf auf baä SBirfen ber SSerein^mitglieber. Der !tr$ßd>e ß^araftet
biefer Vereine ift ber ber (Sbangel. Slllianj. Um jebe Äraft am geeignetem ^Ua^ m be*
65 benufeen, teilt fiefy ber SSerein in berfc^iebene Äommifftonen : 6m}>fang«!ommifponr unter-
rid^tötommiffion, gremben^ unb Äranfenbefud^efommiffion u. f. to. man treibt bie c^riP*
liety anregenbe Arbeit unter ben ©ädern, ©olbaten, Äcttnem, ©ärtneraejiilfai, ©tr<ißen=
bafynangcficllten. Um ben loirfenben, engeren ÄreiS ber eigentlichen 3KitgliAer betoegt
fi$ ein Weiterer, ber \id) ju ben Darbietungen be^ Seretn« im toefentlic^en em^fangenb
«30 ber^ält. — Der erftc berartige SBerein cntftanb burc^ ©eorge aBilliamd 1844 in Sonbon.
3nttglut<i$toerettte 601
3n Ämerifa fyat biefe 33eretn«form feit 1851 eine grofic SJebeutung gedornten. Die ^5rä=
(tbenten ftnb 2aien, nicfyt ©eiftlictye.
Die @nbeabor= (in fd&lhnmem Deutfö) auety „93eftrebung«bereine" genannt (genau :
Young People's Societies of Christian Endeavor, hirj G.E.) ftnb 1881 bon^aftor
Glarf in $ortlanb (Maine) begonnen toorben. 1892 unternahm ßlarf im ^ntereffe ber 6
Sac&e eine SReife um bie Sßelt mit großem (Srfolg. Die aufgäbe ber Vereine ift eine
lebigltdfr reßgiöfe. Unter ber Sßarole „gür Styriftu« unb bie Äiraje" toiD ber SSerein unter
feinen Mitgltebern ein ernfte« $riftli$e£ 2eben förbern, fte in $rift(i$er ©emeinfctyaft er=
galten unb jur Slrbeit im äBeinberg be« öerrn anleiten. Man läfct jeben Mitglieb feiner
Denomination fein, ftettt aber bie Unterfcf tebe jurücf. Man untertreibet afttoe, freunb* 10
fc^aftltc^e unb ßtyrenmitglicber. Seibe ©efcfylecfyter ftnb bertreten, boety ift bie« ntc^t toefent*
licfc. Da« Sßefentlictye ift bie Übernahme unb monatliche Erneuerung eine« ©cltibbe«, ba«
)u ernftcfcriftlid&em Seben &erj>flic§tet. Slucty fyier beftefyt eine Arbeitsteilung „in ben Ko*
miteen" (Mitgliebfctyaft«*, @ebet«berfammlung«*, Unterhaltung«*, (S^ehitte*, ©onntag«fd&uk,
©nlabung«*, Miffton«*, Muftfc, 2itteratur=, Unterftüfeung«*, 33Iumen!omitee). Dem @an$en 16
haftet eine bielgefd&äfttge, beräufeerlic&enbe, unferen lird&lid&en SSerfyältniffe ftc^ fd^Ied^t ein*
fügenbe Strt an.
III. Die fattyolifcfcen ©efellenbereine, ba« Sßenbant ber eto. Jüngling«*
bereine, ftnb eine ©c&öpfung be« trefflichen „©efellenbater«" Kotying (1813 — 1865). @r toar
felbft äanbtoerfer getoejen unb fyatte jtd? mit mel Mütye jum $riefter burd&gearbeitet. @r toerftanb 20
feine früheren ©tanbe«genoffen, enannte tyre 9lot, toufete einbringt münblidj unb förift*
lid& ju $n*n V* x&tn, fyatte bie ©abe ju organifteren unb toermocfyte eine gefcfcloffene §eere«*
ma$t 9tom« au« ben §anbtoerf«genoffen &u machen. Der ©efeHen&eretn ift eine ber
toenigen praftif$s$riftli$en Organifationen ber ©egentoart, auf toeld&e bie römtfe^e Kird&e,
berat Seiftungen auf biefem ©ebiet fyäupg überf$ä$t toerben, ftolj fein !ann. Die 2tn- 25
fange (me^rfad^ unter anberen tarnen) getyen auf« gatyr 1845 resp. 1849 ^urücf. „Der
>($räfe« mufe immer ein *ßriefter fein. @r hrirb toont Diöcefanpräfe« im gtnberftänbni«
mit bem ©efamtborftanbe be« Sofalberein« bem Diöcefanbifcfyof borgefölagen unb bon
biefem beftätigt. Um tüchtige $räftbe« borgubitben, toollte Kolj>mg auety eine befonbere
$riefterfongregation für bie ©. begrünben. Da« gelang tfym nid&t ; bagegen fyat er ben so
©efeBcn im „Styeiniföen SBolföfreunb" ein Organ, ben Spräftbe« in ben „Mitteilungen
für SPräftbe«" ein Mittel jur gegenfeitigen görberung in ber Arbeit geföaffen. 9lm beften
aelana bie fird^lic^e (Singlieberung ber ©. Die ©a$e mürbe al« Diöcejanangelegen^eit
betrautet, ©amtliche ©injetoereine ftnb ben Diöcefantyauptbereinen, biefe ben Sentral*
vereinen (Äöln, 9Künd^cn, SBien) untergeorbnet unb re$enfc$aft«t>fUcfytig. Der $räfe« be« 86
Kölner herein« ift ftuglei$ ©eneralpräfe« aüer ©. ,Hirc^lid)er Patron ift ber ^eilige
9lä^rt>ater 3°f^^ SSereine^eiligtum bie 3Jlinoritenfirc^e in Äöln, ßofying« ©rabftätte."
Shi ben ©efeHen^oft) ijen (ä^nli(| tote bie ebangelifd&en SSereine an ben Verbergen jur
ßehnat unb ben ebangelifd^en 93erein«^äufern) ^aben bie ©. i^ren lolalen 3Rittelpun!t.
gtnen ©inblidf in bie fonfreten SJer^ältniffe be« toie^tigften SSeretn«, be« 5lölner, getoä^rt 40
ber 3ubeiberid&t pro 1899. „Da« §auptgetoicfyt legte ber SSercin, ben 3>TUentionen
feine« feiigen Stifter« entfj)rec^enb, auf SBedtung unb Pflege be« religiöfen ©inne«
feiner 9Kitglieber. SBenn au« bem ©efeDenberein ein glauben«ftarfer 9Kittelftanb er«
ftmefeen foQ, bann fann ba« ja nur auf bem 93oben ber Religion unb bur$ )>rattifc^e
®lauben«bet^ätigung gefc^e^en : fämtlid&e SSeranftaltungen be« ©efeüenöerein«, h>eld^er Art 45
fte aud? immer fein mögen, foDen biefem ^toede bienen. ©emeinfc^aftlic^e ^l. Kommunionen
an ben Montagen be« ganzen Qja^re«, geiftlic^c (Sjercitien, ba« ftnb bor allem bie Mittel,
burefc toelc^e ber Äölner herein feine Mitglieber gu braben, latfyolifcfyen Männern ^eran«
gubilben ftet« gefugt ^at, unb ba^ fein ©treben nic^t o^ne Erfolg geblieben, ba« betoeift
We gro^e 3aW *$t fattyolifcfyer §anbtoerI«meifter, bie au« feinen Steigen ^erboraegangen w
ftnb. Die leilna^me an ben gemeinfc^aftlic^en ^l. Kommunionen, toeld&e viermal iä^rlic^
^attfinben, toar im 33orja^re eine burd^au« jufriebenfteüenbe ; bei ber legten, am
10. Dezember, fanben ftd^ 860 Mitglieber am %\\$ be« §errn ein; bie geiftlicfyen Übungen,
toeb^e gur SSorberettung auf bie ^eil. Ofterfommunion burc^ einen Drben^riefter gehalten
tmirben, toaren überau« ftarf bejud^t. 2lu$ bie Beteiligung am fonntäglid^en SSeretn«* 65
gotte«btenfte, fotoie an ber jeben gleiten ©onntag im Monat ftattfinbenben feierlichen an*
bac^t in ber Minoritenfirc^c gab ju Klagen feinen Slnlafc. Sine nic^t geringe ftabl bon
3Jerem«mitgliebern fd^lo^ fic^ gur „etoigen Slnbetung" jufammen, toeld^e ebenfall« jeben
Sonntag in Minoriten ftattfanb ; fte ertoie« fid^ al« ein bortrefflicfye« Mittel, bie monat=
li$e ober ^toeimonatlic^e Kommunion ju beförbern. 3ln allen größeren religiöfen §*ier= eo
602 3ftttglhtg*fceretne 3Wfo» G*f«*htt
Itdjfetten in bcr 9ßtnorüettfirc$e, j. 33. beim etoigen unb 40ftünbigen (gebete, no$m ber
SSerein in corpore teil, ber aSereinSctyor bertyerrlid&te btefeüben bur$ ©efangbortrdge.
Sei ben SReligionSborträgen ertmeS ficfc ber SSereinSfaal — er faßt 800 $erfonen — fefa
fcäufig al$ ftu Rein". 9(n ben Slbenben ber ©onn* unb Vertage tourben bon ®äfttttfcn
6 unb Säten Vorträge beleljrenber unb untertyaltenber 2lrt gehalten unb bann ben SRitgfies
bern eine angemeffene (Erholung geboten. „Saufdjenbe gfefte feiern ift ntt&t ber $&*&
beä ©efellenberetnS ; er fott bielmetyr mit barem arbeiten, baß ber übergroßen SSergnügungä*
fud^t, toeld&e bie Signatur unferer 3«* getoorben, unb bon ber befonberS bie 3*10"^ «*
griffen ift, gefteuert toerbe." 9tatürli$ tourbe baS 50jä$rige ^ubelfeft be* ^auptbereinä
io „großartig" gefeiert. „3m übrigen betoeaten fu$ bie gefte beS SSereinä in btefem $afyct,
tote ßetä, in einigermaßen befd&ränltem Stammen. Sin 9lacbmittag3auSfIug ber 3Ritglieber
im ©ommer, eine Sluffütyrung religiöfen ^n^altä m b*n SBetynad&tStagen, einige 9benb*
Unterhaltungen in engerem Äreife — ba£ toaren bie SBeranftoltungen toeltlic&en S^aratter*
feitenä be3 Kölner ©efeQenbereinS." Um fo größeren SBert legte ber üßerein auf bie ge*
16 toerblid&e gortbilbung feiner 9Jtitglieber. ®S beftanben unb arbeiteten eine gange Shiga^I
gac&abteilungen in bief er Stiftung ; f o bie @t. SlntoniuSsSäcf erabteilung, fo bie Abteilungen
ber ©d&neiber, ©c&reiner, 9Jtetallarbeiter, ber ©attler unb Saferer, ber 3Mer unb Sin*
ftrektyer, ber ©$u^ma$er, ber gra^ifc^en ©etoerbe. Sei ber Jubiläumsfeier fanb eine
tootylgehmgene SluSfteBung \tatt. 3m StrbettSnac&toeiS tourben 1611 OefeDen ©teilen ber*
2of#afft, bie ©t. ©ebaftianu&Äranfenfaffe jä<e 1100 9Jtitgltebcr unb e$ tourben über
10000 3KI. als flranfenunterftüfcung berauSlagt. £>ie Spar* unb Ärebtttoffe (®.m. b. $.)
fydtt einen Seftanb tum 240000$!. unb 800002R!. Sinlage im3a&r. 2>ie SBofaung*
genoffenfc&aft (@. m. b. $.) befifct 2 Käufer mit 23 ^amifientoo^nungen. 3>ie beiben
(Sefettentyoftritien beherbergten 350 ftänbige ÜRitglieber unb 2400 burtyeifenbe ©efcöen.
36 3n beiben Slnftalten tourben täglich ftufammen 7002Ra#jeiten Verabreicht S)ie ©t ©tante
lauäfongregation für Sprünge gä^Ite 80 ÜJlitoKebcr.
IV. 3)ie ebangel. unb lattyol. ärbeiterbereine gehören mit i&ren 8eftre=
bungen eigentlich metyr bem fojialen Seben an (im Unterföieb bon bem $aut>tfa$(t$
religiö&firdjlic&en Sereicfc), fobaß in biefer räumlich überaus befc&ränlten Mitteilung
so barüber nic&t einge^enber ge^anbelt toerben lann. 3*0(& $ °^en ^ne Sttteraturfiber*
ftd&t gegeben, toelc^e ettoaigen 3ntere^enten ju toeiterer Äunbe ju Reifen k>ermaa.
Julian SSfarini ober (Sefarini, geft. 1444. — ©Triften finb uon (S. nid)t uor-
^anben. Ueber d. tjanbeln 9tegibiu$ (JtjarleriuS, De morte J. Caesarini, in Baluzius Mise.
86 T. III. ; diacontu«, Vitae pontificum et cardinalium Tom. II, coL 861 sqq. ; g. o. Skjolb,
Äönig ©igmunb unb bie ffleidj«friege flegen bie ^uftten, 3 %bt., 3Jlündjen 1872—1877;
©efele, <£onciltenaeft&. ©b VII an mehreren 6t.; 6arof ©e|*. $olen«, IV. ©bf 6.348;
«. fcefarini, Sultan, in ©e^er u. ©ehe« Ätrtftcntejifon. 2. «ufl. III. ob, Sp.26— 28 (oon
$efele), bafetbft toirb audj cttiert eine ^Biograp^ie (S.ö, oerfaßt \>on bem Florentiner SBed--
40 pafiano, 9iom 1763.
6. ftammte aud einem borne^men ®efd^Ied^te Stoma. 2)ur$ feine erfolgreiche 2e^r-
t^ätigleit, loeld^e er al$ ^umantft unb 3urift an ber Unberfttät tßabua entfaltete, lenitte
er bie Slufmertfamfeit ber römifc^en Jturie auf ft$, fo baß er an biefer )u ben ^öc^ften
ürd^Iic^en SSBürben emjjorftieg: ben nod^ jungen 2Rann er^ob 1426 V(H>ft SKartin V.
45 nun Äarbinal ; unb felbft im Äollegium ber Sßutyurträger erftieg er bie ^fte ©tufe, aü
$apft @ugen IV. t^n jum jtarbinalbtfc^of t>on gra^catt (bem alten Zuäftilum) machte.
defarini fear eine ni$t bloß juriftifd^, fonbern and) bi))lomatifc^ befähigte 3latoxt; \*8fyJb
bertoanbte i^n bie Äurie bei ben tyeifelften 5Kiffu>ncn. 9loc^ bon 3Wartin V. }uin ^cä*
fibenten bed Safeler ^omitö ernannt unb bon äugen IV. in biefer @igentöaft betätigt,
r>o na^m er an bem {$impfli$en Äreu^uge gegen bie »Söhnten 1431 teil, auf bem er aber
als 3ftt$Itng jogar feine JtreujbuKe unb ben ftarbinal^ut an bie Söhnen berlor. Seil
©eptbr. 1431 befanb er ft$ inSafel, Wo er burc$ fluge 5Rac^giebigfeit bie ©u)>erumtätdgeiüfie
ber ftonfttläbäter burc^ feine 2reue gegen *Rom ju paral^fteren berftanb, bt£ bie liberale
Partei burc^ tyre Oppofition gegen bie Aurte if?n fo berftimmte, baß er 1438 m (Eugen IV.
05 nadj gerrara ging. SBä^renb er burc^ btefen ©d^ritt baö ©c^idrfül ber Sajela ©^nobe
beftegelt tyatu, hrirfte er auf bem Uniondfon^tl ju ^errara 1438 unb bann 1439 in
Floren; mit mächtiger SBerebfamfeit ^u gtmften ber römifd^en ftirefc. 9Kc^t lange nac^
^eenbtgung biefer ©tynobe fd^tdte ibn ber $apft ah Legaten nac^ Ungarn an ben Äorng
SBlabtelato, ben er ju einem großen 3w0« 0«0e« M< dürfen beranlaffen foHte. 3« ^
60 %l)at braute Gefartni im 3a^rc ^ l-°> cincn &XKQ 9e9en ben Srjfeinb ber S^rtften^eit ^u
Julian (Sofort«! Julian ton (gtfomtm 603
ftanbe; aber er teilte babei bad ©efd^ief be$ unglücflid&en Äönigä. Site nämlicfc SBlabtelato
am 10. SRobember 1444 bei SBarna gefallen toar, unb bie tiefte ferne* Jtreu$eere3 ^eim«
toartS flogen, mufete auefc ber päpflltd^e Segat fein £etl in ber gluckt fliegen. Slbcr ^ier*
bei fanb er an ber unteren Donau feinen Stob bur$ 9Jteud&ler$anb. Die angaben über
fem SebenSenbe lauten berf Rieben; am gangbarften ift bie SKnna^me, bafj er bei bem 5
Üeberfefcen über bie Donau bon bem gä^nnann au£ £abfucfct erfragen toorben fei.
$. Sfdjatfttt.
3ttiton Hott ©flanum, um 420. — Quellen fmb uotnebmlid) ÄuguftinS SBerfe.
9b X (MSL 44. 45 IM er auefc 6p. 1736 ff. weitere üueflenauSaiige über Sultan]) unb II
(MSL 33) ber SRaurinerauSgabe, unb bie ©ebriften be8 SRariuS SRercator (MSL 48), ber 10
nmt)rfd)etnltd) aud) ber Ueberfefcer ber ©riefe beS SRefioriuS an (Söleftin bon SHont ift (ebb.
6p. 174 ff.). $aju fommen nod) Angaben bei SSincenj üon Serinunt, ?ro8per unb ®enna*
biuS (De vir. ill. 45) ; einzelne* anbere f. u. — fjür bie Sitteratur &gf. b. Ä. „SlitgufNnuS"
(8b II, 257 ff.) über Siflemont, £. g. SBigaerS, ©inbemann, ©oefcinger, £. Deuter u. a.,
unb „^elagiuS" über ©amter (abgebrueft MSL 48 6. 255 ff.), 3. ©. $o&, Wort«. $3ol$, 16
tüftle. SBörter. Olafen u. a. Quki^i 2i. ©rudner, Julian t>on ©flanum, fein fieben unb
feine ßefcre. (Sin Beitrag jur ©efd)i*te be£ ^elagianiSmu«. £U 15, 3a, fieipftig 1897.
Julian ift ber begabtefte unb fonfequentefte SSorfämpfer, „ber ©tyfitematiler", be$
^elagtamSmuS getoefen. Slud^ über fein perfönlid&e$ Seben ftnb hrir, namentlich burdfr
Shtguftm, unterrichtet, ©eine $eimat toar äpulien (MSL 45, 1542 te Apulia genuit), 20
too er au$ bornetymem ©efd&led&t tootyl480— 490 geboren fein bürfte (Sruaner ©. 14 f.);
feine #oc$jeit mit 2fata (?), berlodbter h>al?rf$einli$ be$ SiföofS SIemiliuS bon Senebent
(um 403), fyat SßauIinuS bon 9lola (GSEL 30, 238) befungen, äuguftin, feinen @Item
tofreunbet, fufc frity für tyn interrefrtert (0. Jul. 1, 12. MSL 44, 647. ep. 101, 4. 33, 369).
8u$ in ber flafftfd&en Sitteratur gut gebitbet, fyat er bei ÄriftoteleS jene Dialeftif gelernt, 25
bie er jpäter fo gefd&idft unb fo gern übt. SRoA jugenblicg h>arb er Sifd&of bon @ffa*
man bei »enebent unb fc^eint grofceS Slnfeljen genoffen )U tyaben. Srucfner fett nod? in
bie 3eit f*w* St>iffopat3 jene feine 9KiIbt$ätigfeit bei einer Neuerung, burd& bie er ftc&
bide an^änger ertoarb ; biefleic&t gehört fte bodp in eine fpätere 3*** (©ennab. 45). 2Bie
fyt ber SßeiagiantemuS getoann, toiffen toir nid&t ; berf elbe entfpradj feiner ganjen, nic^t ao
relioiöfen, fonbern berftänbigen 9?aturanlage. 5Kit 17 anberen S3ifc|öfen ^jtaltend toarb
3uuan 418 burd^ ein (Sbift be^ ^aiferd ^onoriud unb bie epistola traetatoria bed
römifd^en Sifc^ofd 3pftmu^ atö feiner bifcpöflid^en Stellung gebrängt unb avß feiner
^etmat bertrieben. )Bon feinen ©enoffen mit tyrer 3lnh>altfc^aft betraut (Aug. Op. impf.
1,51 MSL 45, 1073), tyat er nunmehr biegü^rung be^Äampfe« gegen ben SutguftmiSmuS 86
auf ftd^ genommen. ©0 ^unäc^ft in feinem ©rief an Sifd^of SRufu^ bon S^effalonic^,
refonfiruiert bon ©arnier (MSL 48, 534) : bem tyäretifd&en 9Kanid^ätemu« feiner ©egner
ftellt er ^ier feine Setyre über bie göttliche ©d^öpfung jebe« einzelnen 3JlenWen, über @$e,
©efeft, aSBitten^frei^eit, Saufe gegenüber. 3m 9lnfd&Iufj baran, aber too^I nid&t bon Julian
felbft (Aug. Op. impf. I, 18. 45, 1057), ift ba$ Stunbföreiben an bie SM&änger be« 40
%daQiv& in Italien berfa^t. S)agegen toarb ein fd&on früherer 33rief 3wKa«^ an k*n
Cornea 38aleriu« äuguftin änlafe ju feiner ©d^rift De nuptiis et coneupiscentia I,
gegen bie toieberum nod^ im ©ommer 419 Julian bie bier Sudler feine« SBerfeS Ad
Turbantium richtete (jum leil aufgenommen in äuguftin« ©d&rtften C. Julianum 11.
VI unb De nupt. et conc. II, bgl. auc^ ba« Op. impf.), tyr §aupgebanle bie natür* «
Itc^e ©tite be« SKenfd^en, berbürgt burd^ feine (grfd^affung bon ©Ott; Stuguftinä Se^re
fc^Ite^e bie äkrtoerfung ber @^e in ftd^. ©egen 9(uguftin« jtveite 9lb^anblung De nupt.
et conc. tyd bann Julian, bon I^eobor bon ^Jiopfbeftia aufgenommen, a$t Sudler an
^bmtd genutet (6 babon bodftänbig erhalten bei Aug. Opus imperfectum, MSL 45 ;
med Op. impf, ift fortan citiert, h>o ber 9lame ber bertoerteten ©d^rift Slug. nid^t ge« 60
nannt tfi). (S$ ift Julian« bebeutenbfte ©d^rift, bott perfönlic^er leibenfd^aftlic^er, ja ge«
b&fftger $oIemi! gegen äuguftin, aber aud& au«gcjeicbnet burd^ bialeftifd^c ©c^ärfe unb
Äonfequenj ber ©ebanfen; fic bilbet bie eigentliche SQueDc jur ÄenntniS ber Ideologie
gttliand. ©eine unb feiner ©enoffen ©emüijungen am §ofe be« Äaifexd S^eoboftu« II.
um SJe&abttitierung toaren o^ne Srfolg, unb namentlich SRariu« 9Kercator beranlafete 66
feine Vertreibung au« Äonftantinopcl. ^n (Spfyefuä ift 3ulian au«brüdtlid^ berbammt toorben.
Unter ©ijtu« bon 9lom fott er fein Si^tum bergeblid^ hrieber ^u erlangen gefugt ^aben
0Pro3J>er, Chron. I, 402). 5Jad^ nidjt me^r ju fontroHierenben unb berbäd&tigen an*
gaben be« aSigneriu« (bgl. MSL 48, 296 f.) fott Julian bann bei gauftuS freunblid^e
aufnähme gefunben unb bi« ^ur $eit be« g«^^^^ (•) 0e][e^t fakn* in ©ijilien att eo
604 Julian taott (Sflamtm
©<$ulle&rer geftorben fein, ©ennabiu« feftt bagegen feinen lob unter jtatfer Stalen*
tinian III. an. — @ine« Äommentar« Julian« Jum £o$enlieb gebenlt Seba hxmtenb
im (Singang ju feinem eigenen Äommentar (aud& MSL 45, 1740 ff. 48, 624 ff.). $>a«
erfte 93ud&, De amore unb ebenfo ba« ^toeite, toelc^e« bie ©rflärung be« £otyenlieb« um*
6 fafet *u Ijaben fd&eint (93rucfner ©. 72 f.), enthielten cfyarafteriftifd^e äu«füfyrungen gegen
bie ©nabe, über bie 93eba berietet. 2)erfelbe referiert auc& (Praef. 5 ©. 1745) über
bie gleichen ©ebanfen in einem ÜBerf Julian« (bem er freiließ ebb. 6 ©.1745 f. ou$
ben Srief an bie ®emetria« jufäretbt) De bono constantiae. Sine« Liber alter-
cationis ambarum (SKuguft. unb ^uliand) partium defendentium (Opus imperf.?)
10 gebenft and) ©ennabiu«.
%üx Julian ift bie @runbborau«fe$ung, bafe bie ©ünbe ©ac&e be« SBillen« unb mdjt
ber SRatur ift. S)er SBille fefct toieberum bie Sßafylfretyeit borau« unb biefe befielt in
admittendi peccati et abstinendi a peccato possibilitate (1, 78.82 ©. 1102 f. 6,1)
©. 1515). 35urd& bie in feiner geiftigen 9Jatur befc^Ioffene ©obe ber 3Bitten«fretyeit
16 trögt ber 9Kenfd& ©otte« 8ilb an ftd^ (3, 109 ©. 1293) unb ift ebenfo ©Ott bertoanbt,
hrie er femer ftnnlid&en SHatur nad& bem SCier bertoanbt ift (4, 39 ©. 1359, bgl. 8eba
4 ©. 1741). 3m faien SBitten aber fyat er fo fefyr bie ftete 3Röglid&feit ju tooden unb
ntd&t ^u toollen (3, 110 ©.1294), bafc felbft ein eigentliche« 9Rotibiertfein feine« 2Bollen«
$u bernetnen ift (1,47 ©. 1067), ba e« fid^ babei bielmefyr um einen motus animi
20 cogente nullo (5, 40 ©. 1476) fanbelt. 35ie felbftftänbige fittlic&e ^erfönlic^feit be«
ÜJlenfd^en (al« capax virtutis et vitii 1, 79) foU burd& biefe gä^igfeit (possibilitas)
ftet« fo ober anber« $u fanbeln, biefe „fd&toebenbe 2BtHen«fretyeit" (Älafen ©. 230),
garantiert fein (libertas arbitrii qua a Deo emaneipatus est homo 1,78 ©. 1102)
obföon fie allerbing« tfyatfäd&Iicfc burd& biefe Unabfyängigmt be« einzelnen ffiüfen«entfc&luffe«
26 bonemerftttIic^cnSefttmmt^eitbe«2Biaen«(r)#45ff. ©. 1481 ff. 6, 11 ©. 1519) unmöglich
gemacht totrb. 2lu« jener Sluffaffung ber SBüIen^frei^eit folgt, bafj fte ein unverlierbare« ©ut
tft, ba« au$ bur$ bie ©ünbe {einerlei 93efc$ränf ung erfährt ; Vielmehr lib. arbitrium et
post peccata tarn plenum quam fuit ante peccata 1, 91 ©. 1108, bgl. 1, 106
©. 1120). 9ii$t naturae status, fonbern nur meriti qualitas toirb burd& bie ©ünbe
30 geänbert ; bafyer fann ber üffiiüe ftet« ebenfo bon ber ©ünbe ablaffen unb toieber ba« ©ute
tfyun, toie er bon ber ©ered&tigfeit toeid&en fonnte (1,96 ff. ©.11 12 ff.). 6« liegt im
Segriff ber ©ünbe als eine« 303erf eS be« SBiden«, bafj fte nur bei böüig freier SBa^l gefc^en
Iann(2, 17. 28 ©. 1148. 1153): imitatione trahitur, voluntate committitur, ratione
arguitur, lege ostenditur, aequitate punitur (2, 74 ©. 1173). 2Bie bie naturalia
36 necessaria, fo fmb bie voluntaria ftet« possibilia (5, 63 ©. 1500). — 3U äugufttn« 6rb-
fünbenlefyre h>eife fi$ bafyer Julian in bölligem ©egenj a$. ©te ift ein 2&berfpru$ in ftcfc
felbft, ba nur bei gretyeit ber (Sntföeibung e« eine ©ünbe unb SBerfd&ulbung geben fann (4, 76
©.1382. 90 ©.1391). 35ie®rbfünbe aber ift ein peccatum naturale (1,24 ©. 1060),
batyer unmöglich (4, 93 ©. 1393 si est naturale peccatum, non est voluntarium, si est
40 voluntarium non est ingenitum. istae duae definitiones tarn contrariae sibi
sunt, quam contrarium est necessitas et voluntas; bgl. 1,72 ©. 1096. 3,67
©. 1278. 159 ©. 1312. 4, 103 ©. 1397. 6, 21 ©. 1548). Voluntaria tonnen mental«
m naturalia toerben (2, 105 ©.1185), unb Äinber toeil nod& o^ne SBitten gar nid^t fünbig
fein (4, 120 ©. 1413. 1, 47 f. ©. 1067 ff. 4, 103 ©. 1397. 116 ©. 1410). ®« ift bolt
46 fommener Unfinn, bie lugenben ber Reiben $u leugnen (C. Jul. 4, 26 ff. ©. 751 ff.). Xuguftin«
Setyre ift ganj manic^äif^, ba nur ber leufel ber ©djöpfer unb §err einer böfen 9iatur
fein fann (2,32 ©. 1155. 3,67 ©. 1278 unb oft, befonber« 5,25ff. ©.1462 ff.; aba
bgl. aud& ^.35. 3,154. 6,14) fud&t Julian ben 9Jacbh>ei« für ben 9Jtamd&äi«mu« «ugufHn«
ju geben. 3a n°$ fd^limmer al« Manrt mad)t SKuguftin ©ott felbft jum Urheber unb
öoTOe^rer ber ©ünbe (1, 116 f. ©. 1125. 3, 161 ©. 1314 u. a.). 3lber ©ott ifi noc^ \t$
ber ©c&öpfer ber 3?atur eine« jeben SJtenföen, biefe ba^er gut (3, 154 ©. 1309. 162
©.1315. 4,21 ©.1348). 3Benn bon 9?atur bö«, toäre biefer gar nid^t erlöfungSfä&ig'
(3, 188 ©. 1329. 208 ©. 1335); bie ©c^mä^ung ber 9tatur toirb bal^er auc^ jur 2eug*
nung ber©nabe(3, 189. 196). — ®ie trabucianifd^e ©rbfünbenle^re totberftreitet and) ba
66 ©erecfjtigfeit ©otte«, ba fte tyn belohnen unb ftrafen lä^t, toa« nic^t Qaty ber jfrreibett
unb eigener ^erfc^ulbung ift (5. 8. 1, 57 ©. 1079). ©te ift ba^er eine gegen Sfceligion
unb 3Koral berbred^erifc^e Se^re (3, 67 ff. ©.1278 ff.). 2>ie ©ered^tigfeit ©otte« ifi aber
ber oberfte, allgemein anerfannte ©runbfa^ (iustitia, sine qua deitas non est ; quae
si non esset Deus non esset 1,38 S. 1061; 1,57 S. 1079. 3,2 ©. 1249), unb ber
«o 2Biberft>rud& mit ibr genügt föon jur SBiberlegung ber ©rbfünbenle^re (1,27 f. ©. 1061.
Julian non ©flanmtt 605
1,50 ©. 1072). SBornetymlid; im 3.$}u$ an %loxu$ ffat Julian ben 9tac£h>ei« hierfür
unternommen (3, 2 ff. ©. 1249 ff.). S)t24, 14ff. 2% 14, 5 f. 30 f. gj 18 finb ibm
fonnenflare 3eu0niffe *** S^rift bafür, bafe Vol^n unb ©träfe burefc ba« eigene SSer*
galten eine« jeben bebingt ift; aber aud& an SRö 5, 12 ff. fud&t Julian ba« ©letd&c &u
geigen (2, 44 ff. ©. 1160 ff.). 2Benn ©Ott tyut toa« er toiH, fo tyut er loa« er foll (133 6
6.1132). SRur bur$ ben eigenen SBillen toirb man ein Äne^t ber ©ünbe (2,229
5. 1244). 2Ba« <5aty be« äUiQen« ift, fann nie ©aetye be« ©amen« toerben (2, 194
6. 1225, togl. 6,9 ©. 1515). Unb toie fottte ein gute« ©efd&öpf feine bona naturalia
einbüßen, ba« burefc eine freie 3BiQen«t^at herbeigeführte Übel aber unverlierbar fein
(6,18 ©.1541), bie anerfctyaffene gute 93eföaffenfyeit be«9Wenf$en beränberlidj, bie fpätere 10
glimme unberänberlicfc fein (6,19), unb $toar jufolge loeniger SBorte be« Teufel« (6,20)!
3)ie ©ünbe «bam« toar eine fc^r Heine (6,23 ©. 1554, ögl. 6, 41 ©. 1604). @« ift
työrid&t ba«Übel in ber SBelt, loie bie ©eburt«fc^mer^en be«2Beibe«, auf ben %aü aurücfe
zuführen (6, 25 f. 29 ©. 1559 ff. 1577). 2>er Stob ift niefct« ©glimme« unb mit ber
Jtreatürlid&fett be« 2Renfd&en gegeben (6,27 ©. 1568), unb fein ©etyorfam fyättz Slbam is
nic&t unfterblidfr gemalt (6, 30 ©. 1579); bielmetyr si mors esset universo poenalis,
esset quoque universa resurrectio praemialis (6, 36 ©. 1591). — ®ie 2etyre bon
ber Srbfünbe bernid&tet aber and) bie #etligfett ber @tyc (1,61 ©. 1081. 2, 24 ©. 1151).
3m Unterfd&ieb toon ber affetifd&en Haltung be« $elagiu« (§arnacf, 2)© III, 175 f.) $at
Julian bie ©ottgefälligfeit ber @fye febr energifd^ vertreten, toenn föon and) er bie ge* ao
föle$tlid>e (Sntyaltung al« ba« §ötyere beurteilt (C. Jul. 3,42 ©. 723; ögl. 33eba 5
©. 1741). Durcfy bie (Sfye ift aber auety bie bereit« im ^jkrabie« borfyanbene (1, 71
©. 1094) ®ef$Ie$t«Iuft al« ein ffierf ©otte« $ur üReljrung be« menfölid&en ©efd&led&t«
gerechtfertigt (De nupt. et conc. 2, 15 ©. 154. Op. i. 3, 167 ©. 1317. 4, 7—44
S. 1343—64). äuc$ bie ©d&am ift fein ßeid&en ber ©ünb^afrötat (*, 30 ff. ©. 1353 ff.). 26
3luc& Gtyriftu« fyatte, toeil ein hnrflicfyer SRenfcfy, Äonfupi«cenj (4, 57 ©. 1373 non minus
homo quam verus Deus nihil de naturalibus minus habuit 80 ©. 1385). 9Bar
aber in ßbriftu« {ein naturale peccatum, fo toofynt e« and) unferer Natur nidjt ein
(6, 35 ©. 1589); galten für ityn md)t bie gleiten ftttlid&en Sebingungen toie für un«, fo
faim er un^ lein SJorbilb fein (4, 87 ©. 1387). 35un$ 2lbam fann ber 3eugung«aft ^
nid&t Derberbt fein, ba 6^>riftu« an ben officia genitalium nid&t« geönbert tyat (2, 137
©. 1198).
33ie »ebeutung ber ©nabe ©otte« (ögl. Älafen ©. 254 ff. 269 ff.) toiU Sulian be«*
falb nid&t bernetnen. 35ie leibliche unb in«befonbere bie geiftige 3u«ftattung be« SIRenfc&en
ift ein SBerf ber ©nabe (1, 94 ©.1111 gratiam ergo Christi multiplicem confi- 86
temur. primum munus eius est, quod facti ex nihilosumus; seeundum quod
ut viventibus sensu ita sentientibus ratione praestamus, buxd) ba« 93ilb ©otte«,
ju bem ber freie SBiUe gehört). 2lud& ben SSerluft be« angeborenen meritum inno-
centiae toiH er ntdjt leugnen (6, 19 ©. 1543). 35ofyer accej>tiert er toa« bie ältere 2$eo*
legte über einen gortfcfyrttt ber göttlichen $eil«h)irffamfeit gelehrt ^atte. ©c^on burc^ 40
ba« ©efefc (bgl. 2, 70 ff. ©. 11 72 f.), in toottfornmener ffieife aber burefc ß^riftu« ift eine
9Re^rung ber ©nabe erfolgt (1,94 ©. 1111 ipsi etiam gratiae benefioiorum quae
nobis praestare non desinit augmenta reputamus. ipsa gratia legem in adiutorium
misit . ., ut rationis lumen quod pravitatis exempla hebetabant et consuetudo
vitiorum multimodis eruditionibus excitaret atque invitatu suo foveret. ad . . 46
gratiae . . plenitudinem speetavit, ut verbum caro fieret, um burc^ feine Siebe
(Segenliebe $u ertoeefen unb ben ©efyorfam ba« eh)ige 6rbe ju toer^ei^en). 3efet fönnen
ntc^t nur legis, sed etiam evangelica praeeepta erfüllt toerben (^eba 7 ©. 1743).
3n ber ^laufe aber hrirb Vergebung ber ©ünben unb älnreijung jum ©uten gefd^enft.
SUfo fe^It e« bem guten 9Biflen nic^t an mittoirfenben göttlichen §ilf«ertt>eifungen (1, 95 60
S. Hilf. 111 ©.1123); auf unjä^lige SBeife toirb er öon ©Ott unterftüfct: prae-
cipiendo, benedicendo, sanetificando, coercendo, provocando, illuminando (3, 106
S. 1291). älucfy bie Äinber — obtoofyl unfc^ulbig, toeil noc^ ofyne SBiUen (1,47 f.
©. 1067 f. 2, 18 ff. ©. 1148 f.) — bebürfen toegen tyrer ©ebred^ltd^feit ber göttlichen §ilfe
(3, 146 f. ©. 1306 f.). Unb auety bie Äinbertaufe ift burc^au« nottoenbig (3, 149 ©.1308), 66
ba fte bie gut geföaffenen Äinber burc^ 6rneuerung unb 2lboption ju befferen mad^t (3,151).
Aber behaupten, bafe bie Äinber ber Vergebung bebürfen, Reifet bie ©ered^tigfeit ©otte«
befubeln (1,54 ©. 1077). 2>ie „sJKe^rungen ber göttlichen SBo^aten pnb nü^lic^ unb
nottoenbig, obtoobl lugenb unb ©ünbe ftet« ©ad^c be« freien SMiHen« bleibt" (3, 163
S. 1316), bem bie adiutoria gratiae ©tüfcen barreic^en (3, 111 ©. 1296 admini- oo
606 Julian Hott QRtitttm Julian bon $alifar»*ft
cula quamdiu eis voluerit inniti). 3)aS adiutorium beS ©etfieS toirb praece-
dentibus nostris studiis et meritis baju gegeben, ut genus humanuni (ntcj^t blofi
bie no^e ©te^enben) arctius diligamus (Scba 6 ©. 1742). Sine burdj 9lbam berberbte
9tatur fycdtt aber burcfc SfaiftuS Teilung finben muffen (2,90 ©. 11 77 f.), benn fonft
5 übertrifft bte ©c&ulb bie ©nabe (2,96 ©. 1179). $eboc$ nid&t bie Statur, fonbern bie
2Ber!e beS gfleifdjeS §cd GfyriftuS geänbert, um bur$ fein Seiftriel uns geregt &u machen
(8eba 7 ©. 1744).
Julian bertritt ein einheitliches moraliftif#eS ©bftem, nur mit unbermeibli$en 3n*
fonfequenjen auS Slnpaffung an bie fird&lic&e Überlieferung. @r ift babei beftrebt, feine
10 änfcfynuungen auS ber ©d&rift ju belegen unb ger)t namentlich auf bie Don Shtguftin tyer*
angebogenen Slbfönitte beS StömerbriefeS (5. 7. 9) aucfc feinerfettS ein. 3#m ftefct fcffc, bafe
bie ©c^rift red&t ausgelegt (er betont bte proprietas verborum, 2,70 ©.1172) fym in
jeber $infu$t Stecht giebt. aber ollerbingS ift ifym boc$ nid&t bie ©cfcift bie le|te unb
|ö#e autorität, fonbern fttyer als ©$rift unb Srabition fte$t bie Vernunft (bgl C.
15 Jul. 1,29 ©. 661 primo loco ratio, deinde scripturarum munivit auctoritas,
et . . sanctorum virorum semper celebravit eruditio. 35ie ©cfyrift taxm btel*
metyr niemals bem toiberftreiten, toaS bie Vernunft lefyrt (2, 16 ©. 1148 quod ratio
arguit non potest autoritas vindicare). Die ratio fteKt Julian in ben Sorbet;
grunb feiner SetoeiSfityrung. (Sr bermifjt fte bei feinen ©egnern (3.8. 2, 123 ©. 1194.
ao 14 ©. 1147. 37 ©. 1157), berfteft ober felbft bie SMeftif birtuoS ju fanb&oben.
f^retlid^ meint er nun aucfc mit logifö jutreffenben ©d&Iüffen alle fragen cnbgilttg
entföeiben ju formen; bie richtige Folgerung auS Ober* unb Unterfafc (Setftnelc bei
Srurfner ©. 97 f.) erlebigt bie ©ac&e. 35aS ©ebäube ber Vernunft fann niemanb um«
ftofcen (4, 116 ©. 1410). Die religiöfe Senffreife äuguftinS ift tym böHig unberftanb«
25 licfc ; tym genügt Älartyeit unb golgeri^tigfeit beS 35enfenS unb trofc mannigfacher griffe
lieber Verbrämung ftoifd&e 9Jtoral. ©0 ift feine ©tärte jugleic^ feine ©$trä$e, unb
§arnacf fyat (3)©s III, 188) richtig geurteilt, bafc bie ganje änföauungStDetfe Julian*
„bon einem oben Formalismus (ÜBegriffSntytfyologie) be^errf$t" unb tyrem iimerften
SBefen na$ „gottlos" ift ; er erblich ba&er (©. 186 3t. 2) ben eigentlichen ©cfclüffd $u
so tyrem SSerftänbniS in jenem oben ©. 604, 23 citierten ©a$ — er le^rt aflerbingS fonft
nid&t toieber — roonacfc „ber freigefctyaffene 5Renfd&" „mit feiner ganjen ©p^äre ©ott
felbftftänbig gegenüber" fte&t. &*«»etfd).
Julian bon $altfantaft, geft. nad& 518. — Sgl. <5&r. SB. 8f. SBal*« Entwurf einer »oll*
ftänbigen fctftorte ber fte&ereien u. f. m. 8, ßpjg. 1778. 55U ff. 886 ff. ; 3. (E. ß. ©tef eler, Commen-
36 tatio, qua Monophysitarum veterum variae de Christi persona opinionee . . illustrmntur,
2 Sie. ©öttingen 1835. 38; $. Ufener, 3. u. &., in $. ßief mann, datenen. ^retburg i. S3r.
1897, 28-34; berfv Hu3 3. ü. $., im »tyein. 3Ruf. 55, 1900, 321—340; t>gl. aufeerbetn bie
3)ogmengefdji«ten (4)arnacl 23, 386 ff.).
1. Über £tbtn unb $erfönli$teit Julians ftnb totr nur bur$ bürftige 9btijen
40 unterrichtet. 9lS ©tfc^of bon ^alüarnaffuS in ftarten beteiligte er ftc^ mit bem fpäteren
^atriar^en bon 9lntio$ten ©eberuS an ber ^ntrigue, bie 511 ftum ©turje beS $atri«
arc^en 5KaceboniuS bon Äonftantino^el führte (Theod. Lect. 2, 26 M8G 86, 1, 197).
Sei ber großen antimonop^r;fitifc$en JReaftion ju ^Beginn ber Regierung ^ufttnS I. toobl
noc^ 518 bon feinem ©i^e bertrieben, begab er ftd^ na$ 9lle|anbrien, n>o er in bem bor
46 ben 2^oren ber ©tabt gelegenen ftlofter fönaton feinen SKufent^alt na^m (Leont. Byz.
Sect. 5, 3 MSG 86, 1, 1239 ; *u @naton bgl. Zach. Rhet. Vit. Sev. ed. <S>pan\iti),
überfeftt bon 3lau in Rev. de TOrient chr6t. 4, 1899, 348). $n 3Uej<mbrien traf
er ben feit ©ej>tember 518 gleichfalls bertriebenen ©eberuS, unb eS entfjKtnn ftc^ )tmfc^en
beiben eine Äontroberfe, beren 98eranlaffung bei Liberat. Breviar. 19 (MSL 68,
60 1033 f.), Leont. 1. c. unb Sever. Aschmon. (SRenaubot, Hist. Patr. Alex. 132)
ni$t gan^ gleicf/lautenb er^It h>irb, über bie $rage, ob ber Seib G^riftt träfcotb
feines SBanbelS auf 6rben ä<p&aQtov ober <p&ciqt6v (f. unten) getoefen fei. SBa^renb
©eberuS für bie jtoeitc Slltematibc eintrat, fe^te ftd& 3uKan für bie erfte cm unb
geh>ann für feine 3luffaffung in 9lle|anbrien unb barüber fyinauS ^Ireic^e Sln=
60 ganger. 3n älle^anbrien führte ber ©treit fogar leittoetfe ju einer Airc^entratnung :
bie ^ulianiften tou^ten es na$ bem Xobe beS Patriarchen ümottyeuS IV. bur^
jufe^en, ba§ ftatt beS orbnungSmä^tg geh>ä^(ten X^eoboftuS tyr Äanbibat ®aj|anuS
ben ^atriard^enftu^l beftieg, ben er freilief; f$on naef; toenigen ÜKonaten ruieber beriafien
mu^te (Liber. 20; Leont. I.e.; Theoph. Chron. ed. de Boor 222, 13 ff. 241, 6 ff.;
Julian tjott $alttantaft 607
Vict. Tonnens. Chron. ed. MG 199 [fälfd&lid& jum $a$re 539]). SJeibe «Parteien,
I^eoboftaner unb ©ajaniten, befetybeten ftcfy tyeftig. 3lod) im 7. ^o^unbert gab eS in
£gty>ten ©ajaniten (Sophron. Encom. Cyr. et Johann, bei ÜRai, Spicil. Roman. 3,
174 f. 179. 386). 9la$ g^ann bon (S^efuS (bgl. affemani, Biblioth. Orient. 3,2,
455 — 459) brauten äntyänger Julians beflen Sefyre naety (S^efuS, orbinierten bort einen 5
e$mm Siföof, Sßrofop, unbtoufcten auety noefc na4 bejfen $obe für Verbreitung tyrerfie^re
bis na$ Arabien (£imjartten) unb Armenien Sorge 31t tragen. Juliane foätere ©d&idtfale
ftnb unbefannt, ftd&er nur, bafj er ntd&t na$ #alifarnafj jurüdtfe^rte. 2tyeo^aneS(217,6
de B.) gebeult ferne« Ramend nod& einmal in gufammenfyang mit ber fonftanthtopolita*
mfc^en ©tynobe bon 536, Wo man baS 3htau)ema gegen tyn hrieberfyolte ; ob er bamalS 10
iuh$ lebte, lägt ftcfy au« ber Stelle nic^t erföliefeen.
2. S3on Julian« tfyeologifctyer ©d&riftftellerei ift nur ein Seil erhalten geblieben.
Da« umfangreiche Sucfy, in bem er feine anficht gegenüber ©eberuS ausführlich begrünbete
(f. bie fogen. Äird&engefd&ic^te beS Zach. Rhet. 9, 13, überfefct bon ätyrenS unb Ärüger,
2eipjig 1899, 6. 182, 2 ff.), fd&cint berloren ju fein. 5Rur bie »riefe, bie erbamolS mit 15
bem ©egner toed&felte, blieben in ber feriföen Überjefcung beS SiföofS ^JkuluS bon Satti*
nicuS auS bem ^a&re 528 erhalten (Cod. Vatic. 140; Cod. Mus. Britt. Addit. 17200
[SBrig&t, Catalogue 554 ff.]; bie beiben erften ©riefe 3 A mit ben antworten beS©eberuS
ou$ bei Zaeh. Rhet. 9, 10—13 ©. 178, 16—187, 25); aufcerbem in Cod. Vatic. 140
ge$n 3htott)ematiSmen, bie in äffemaniS Bibliothecae Apostel. Vatic. Codd. MSS ao
Catalogus 1,3, Rom. 1759, 223 ff. mitgeteilt unb Don 93ert^eau bei ©iefeler 2,5f.
m$ Soteiniföe überfefct ftnb (bgl. baS SRefumc bei 2Bald& 575 ff.). SReuerbingS tyat Ufener
(bgL aud& <£. Sratfe in StySöl 1893 9Jr. 22) nad&gehrief en , bafc ber bem DrigeneS ju«
getriebene unb unter beffen SBerfen (ed. ©enebrarb, *PariS 1574) in ber lateinifäen
Ueberf^ung beS Soad&im SßerioniuS aebruefte Kommentar ftum §iob ein 2Ber! Julians 25
ift 33te in minbeftenS jtoei §anbfd&riften (Cod. Paris. 454 unb feiner äbfd&rift Cod.
Berol. PhiU. 1406 ; über bie ffiobrföeinlid&feit, bafj eine [toelcfce?] römiföe £anbfc$rift,
in ber ber Äommentar otyne einen SSerfaffernamen erhalten ift [bgl. 3Jlai, Nova Biblioth.
1, 112 91. 2J, bie Duette biefer beiben MSS fei, f. Ujener340) erhaltene Slrbeit ift nad&
Ufener im ganzen jdjlic^t unb einfach, in ber (Sjegefe anttoc&eniföer (Sinflufe unberfenn* so
bar. SSon ^ntereffe ift bie in ben Kommentar Verflochtene, an §i 38, 7 angefnüpfte @r=
örtertmg über ben ©lauben ber 2lftrologen unb bie menfc&Ud&e S&iHenSfretyeit, beren %t#
Ufener 326—335 herausgegeben $at.
3. lieber bie Sebeutung ber bon^;. aufgeworfenen Streitfrage als einer^tyafe
beS SWonopfyfttiSmuS im allgemeinen ift in bem biefer 93eh>egung befhmmten Slrtttel ju 85
banbeln. §ier muf; eS genügen, bie grage in Julians @inne gu fteQen unb $u erörtern.
Leiber beft^en toir eine aut^entifd^e Interpretation aus feiner geber ntc^t: bie Slnat^cma-
tiSmen ftnb fioax eine toerttootte Duelle für baS, toa$ Julian als i^m fälfc^lic^ jugeföoben
ablehnte, tragen aber jur pofititoen @rläuterung feiner X^efe fo gut tote nichts avß, unb
au$ ber ^iobfommentar fd^eint in biefer Sejietiung taum StuSbeute ju getoä^ren ; toodenbS 40
bie ©riefe belegen ftd^ nur in SlUgemein^eiten, ba fie überall bie Kenntnis beS Sucres,
baS fte Begleiten, fcorauejefcen. ©omit finb hJtr jumeift auf gegnerifd^e Beriete an-
getoiefen, bie mit SBorfid^t ju benu^en angeftc^tS ber in ben tfyeologifd&en ©treitigfeiten
ber alten Äirc^e beliebten Honfcqucnjmac^erei geboten ift. 3lm h>ertt>oBften finb unter
biefen bie Semerlungen beS ÜeontiuS t>on 93^an^ (bejonberS de sectis 10 MSG 86, 1, 46
1260 ff.; j. auety bie (Srörterungen beS feiten Sucres ber ©c$rift ctr. Nestor, et
Eutych. MSG 1346 ff.), mit benen fic^ bie übrigen Duellen (Fulg. Ferr. Ep. 18 MSL
65, 493 ff.; Timoth. Presb. de reeept. haeret. MSG 86,1, 44. 57; Anastas.
Sin. Hodeg. 23 MSG 89, 296-305; Joh. Damasc. haeres. 84 MSG 94, 753 unb
fid. orthod. 3,20. 28 MSG 1081. 1097 sqq.; Niceph. Call. Hist. Ecd. 17, 29 w
MSG 147, 293 ff., bem Leont. Sect. vorgelegen ^at) toofyl bereinigen laffen. äud^
bie ©egenbemerfungen beS ©etoeruS (f. ©iefelerS erfteS Programm) unb bie bon äffemani,
B. O. 2, 168 gebrueften Sä^e beS bem Julian nafyeftetycnben 5ß^ilojenuS (tenaja) bon
JpterapoltS (9Jlabug) ftnb ^eranjujie^en.
3unäd^ft ift jtd&er, bafe unjere beutjd^en SluSbrüdc unbertoeSlic^ — t>ertt>eSlid^ ober 66
mtocrgänglid^ — öergänglid^ bie jtoif^cn Julian unb ©etoeruS jur ©rörterung fte^enbe
Sebeutung bon äcp&agxog <p&aQx6g nicfyt nur unboBfommen, fonbern unrichtig unb
fmnbemnrrenb toiebergeben ; freiließ fanb fd^on SBalc^ (©. 620 3lnm. 2) lein Sffiort, baS
„boHtommen baju gefc^idt^ fei. (S6en SBald^ ^at aud^ barauf aufmertfam gemacht
(S. 624 3lnm. 2) , bafj bie ©treitenben faza&rjs unb äq^agioq gleic^bebeutenb ge^ eo
608 Julian ton $alifartsaft
brausen, enbltdj and} barauf (630 21.3), bafc man bcn ©inn ber griectyföen Wörter
richtiger mit incorruptus unb corruptus (fo Vict. Tonnon.) atö mit inoorrupti-
bilis unb corruptibilis (fo Liber. unb Fulgent.) Wiebergiebt. ©3 ^anbelle futy, tote
SeontiuS (bgl. audj Joh. Damasc. unb Niceph.) barlegt, bei bem ©treite ntc^t um bic
5 <pdogd, Welc&e in ber gänjlictyen äuflöfung beS ÄörperS in feine ätome befielt (^ 7iavreiijg
didXvoig xov oojfxaxog eig xd oxoi%ela, It; cov ovvex&h] Sect. 10, p. 1261). Stafj
in biefem ©tnne ov% imejuetve qpdogdv xo ocojua xov Xgiaxov, gaben ja alle Zoll ju.
@S tyanbelte fi$ bielmefyr um bie <p&ogd, Welche in ben äv&giomva jzdih), ben un-
fünbltctyen ©djwac&feiten be$ menfeplidjen ÄötyerS, b. fy., Jüngern, dürften, 3Rübefein,
10 ©#Weife, 3#ränen, SJlutbergiefjen u. f. W. beftetyt. Diefer „SJerberbttyeit", bie ein be*
fonbereä G^arafteriftifum ber menfd&lic&en SRatur naefc bem ©ünbenfatte bilbet, fei (S&rifiti
Seib nic^t unterworfen geWefen. S)er ©ajanite, mit bem Sbiaftafiuä L c. 301 feinen
Drttyobojen bteputieren läfjt, fagt: ei xal iddxgvaev 6 Xgioxdg xov Ad£aoov, cLU9
oga, 8xi <bg äq^&agxov xo ddxgvov avxov xal üelov xov vexgov ijyeigev xtx.
15 $war fyat an^ er gehungert unb gebürftet, aber er tfyat e3 weil er Wollte, niefct frei! er
mufete (dvdyxfi (pvoeoig Leont. ctr. Nest, et Eut. p. 1329), unb er Wollte, tarn! er nur
fo unä bon ber „93erberbtljeit" befreien tonnte (Myco oixovojbuag xov Xdyov hptevxog
xdjiadelv I.e.). ®afj er eben um unä ju erlöfen, einen „berberbten" Äörper $ätte beftoen
muffen, tote feine mono^fitifd&en unb orttyobojen ©egner toon im allgemeinen tbentifepen
20 SBorauSf jungen über ben (SrlöfungSgebanfen au$ behaupteten, gab Julian nic^t ju. 3N
festen e$ unmöglich ju glauben, bafc ein unb berfelbe <p9agx6g unb ä<p&agxog geWefen
fei (bei Zach. Rhet. 9, 12 p. 180, 26 f.), unb im £iobfommentar ^at er in einer inter*
effanten SluSfü^rung ben ©a$ gebilbet: äydagxog 6 yewr\aag cbg dMvaxog, ä<p&ag-
xog de xal 6 yewrjfteig xaxd xrjv oixeiav d£iav cbg ^ovoyevrjg deog (Ufener 322,
26 1—6). Srofcbem fafy er fufc nietyt genötigt, bie Setyre bon ber $Befen$glei<$$eit be$
Selbem gtyrifti mit bem unferigen $u leugnen: baä ©egenteil tyat er in feinem 6. 9na*
t|emati$mu$ na$brücf(i$ berWorfen, unb ber gulianift, ber bei SeontiuS bon bem Drtyo*
bojen einem SSer^ör unterworfen Wirb, antwortet auf bie grage be$ ©egnerS, ob ßfyriftuS
ben ganzen SRenfd^en (8Xov xov äv&gajjzov, xov ix owfiaxog keyco xal ywzfte ^°/'*
soxrjg xe xal voegäg ovyxeijbievov) angenommen tyabe, Weil er boefc ben ganjen SKenf^en
erlöfen Wollte, xcß 6/uolco xo 8/ioiov dvaxa&aigtov, bon ganjem §er^en mit 3^. ^ie
julianiftifd^e Argumentation ge^t befonberä beutlta) aud bem ©rud?ftücf be£ ^P^ilofcn^
^erbor (1. c.): Gfyriftuä Würbe b^alb 5lRenfc^enfo^n genannt, Weil er ein ©o^n jene«
neuen Ulienfc^en War, ber bor bem ©ünbenfaQ War, inbem er einen folgen Seib unb eine
86 folcfye ©eele bei ber Vlenfc^werbung annahm, wie 2lbam bor bem gaJDle ^atte. ^t in
bem Wenden nad) bem gaUe breierlei gu unterfd^eiben : 3Jatur, ©ünbe unb ©träfe, fo
bat jWar ß^riftu« mit ber ©ünbe ni$t3 gemein unb ©träfe, Seiben unb Sob tyü a
freiwillig übernommen; aber an unferer SRatur fyat ba« SBort ©otted änteü genommen,
ba er ftc$ mit Seib unb ©eele bereinigte. 35arau$ folge, baft ß^riftuS be« Wlcnfätn,
40 Wie er bor bem gafle War, ©ofyn fei, nic^t unterworfen ben Reiben unb nic^t ben 8e*
bürfniffen (f. o.), bafc er biefe bielme^r beftimmungSgemä^ (dispensative überfe^t äffe»
mani, alfo xaxd oixovojuuav), aber freiwillig unb nic£t gezwungen übernommen ^abe,
Wä^renb bie übrigen SRenfc^en auc^ Slbam^f ö^ne, bo$ einem folgen Seib unb einer folgen
©eele unterworfen feien, wie fie nac^ Slbam^ %aÜ ba Waren.
45 liefen unb äfynlic^en Argumentationen gegenüber Ratten bie ©eberiancr tnfofem
feinen leisten ©tanb, als fie mit tyrer Se^auptung, bafc auc^ G^riftu« einen ben Statur*
gefe$en unterworfenen Seib gehabt fyabt unb fein Seib nad^ ber 2luferftefyung auet in
biefer Sejic^ung ätp&agxov geWefen fei, i^re monop^fütfe^e ©runbjpofüion, bie Se^re
bon ber einen gottmenf<$li«$en 9?atur in (S^rifto, gefä^rbeten unb ben gultaniften Sbitafc
60 ju bem Vorwurfe gaben, bafc fie „^ß^t^artolatren" feien. ®$ barf freiließ ni^t ffiunba
nehmen, bafe fie i^rerfeit« gegen Julian unb feine« ©leiten ben 9Sortourf be« ®ofcti«*
mu« erhoben, ber feit ber alten ©nofttfer 3«*^ gegen berartige c^riftolcflific Suf»
faffungen gang unb gebe War unb tnäbefonbere gegen Vorläufer 3uUand, Wie Sutydp*,
®io«fur unb limot^eu« 9lcluru$ üblich geWefen War. 3>ie Segnungen „ftpifäaxto'
66 bofeten" unb „^tyantafiaften" finb an ben Suliamften Rängen geblieben. 91iu^ ^aben
gewiffe ©rubren ber ^ulianiften Äonfcquen^en bertreten, bie bem Urheber ber Streitfrage
fern lagen (über bie Slftifteten u. a. f. b. 31. sJJtono}>tfyftten). 3)ie ^Jolemif ber ©eDerkmar
ift babei bon ber ber Drttyobojen faum toerfd^ieben gewefen: Wenn e8 galt, einen gemein-
famen rabilalen ©egner ju be!ämj)fen, famen fi(£ bie Parteien, Wie berfc^t^en ifrt
oo ©runbftimmung fein mochte, fefyr na^e. älnbererfeitö gab e^ auc^ unter ben Drt^obojtn,
Julian Hott $aUf<mtafs Julian, ftatftr 609
b. &. unter ben Sty^ftten, ,^^t$artobofeten". 35a« atoeite93uc& ber ©d&rtft beSSeontiuS
ctr. Nest, et Eutych. ift gerietet ngog xovg ix xä>v fj/ueregeov nQoa&efxevovg xf\
xat&p&OQfiivfi tcov ä(p^aqxodoxr}X(bv (seil. yvcbfXYJ), unb Äatfer 3ufttman fa* gegen
Snbe feine« SebenS bem äpfctfyartobofettemuS jugeneigt, ofyne bafj man beSfyalb an feiner
Drtyobope ju jtoeifeln ein Stecht fyättc (f. b. 31. Suftiman). ©ctoifc fonnte e$ aud? auf 5
einen Drtyobojen (Sinbrucf machen, ba& bie unfünblid^en <S(fytoad$eitcn, bie eben bo$
eine golge be3 ©tinbenfalleS toaren, Gfyrifto beizulegen „fDtber bie tbm föulbige @^r«
erbietung laufen toürbe" (2Batd> 633), unb roenn ^uftinian, tote Ev'agr. H. E. 4, 39
f<$reibt, äcp&agxov xo oebua xov xvqiov xexirjxe xal xöjv (pvoixcov xal ädiaßXt)-
x(ov (tabelfreien) na&cbv avemdexxov, jo foar ba$ ni$t nottoenbtg unort^oboj. 3luc& 10
„f)obm btefelben Seute, feelc^e fi$ über ben 2fyf/tfyartobofettemu$ ereiferten, bo$ nie 8e=
beulen getragen, bon bem S3Iute ©otteS $u forec^en unb fic§ ba$ Slut real als göttlich
;u benlen" (#arnacf 387 31.). 35enno(fy hnrb man, angefid&tö ber bauernben unb er«
folgreic^en Dppofition ber Äird&e, nur bebingt im 3lp^artobofcti3mu3 mit ^amaef bie
lonfequente äuSgeftaltung ber griec^ifd^en (Srlöfungälefyre erlernten h>oDen. 15
@. Artiger*
Julian („äp oft ata"), ber Äaifcr, geft.363. — Juliani Imp. quae supersunt
praeter reliquias apud Cyrilluin omnia, rec. $>ertlein, 2 Voll., Lips. 1875. Juliani Imp.
ubrorum c. Christianos quac supersunt, coli. ß. 3» Weumamt, Lips 1880 [beif., 3)eutfct)c
Ueberfefeung 1880; bajuDuerbetf in ber Xt)ß8 1 881 9?r. 11; ftlimet, Coniectanea in Julianum 20
et Cyrilli Alex. c. ilium libros, S3re3lau 1883; ©oflroifcer, Observ. crit. in Juliani Imp.
c. Christ, libros. (Srlangen 1886]. (SinigeS 9?eue ift feitbem rnnaugeiommen, f. j. ©. benörief
an ben Dberpriefter £&eoboru§ i. Styein. *Huf. $5 42 6. 24 ff. unb bie uon ^apabopuluS
entbeeften ©riefe, oor aCern aber Bidez et Cumont, Recherches sur la tradition ms. des
lettres de l'emp. Julien. Extr. du T. LVII. des Mdmoires couronn£s . . . publies par o-,
l'Academie Royale de Belgique, Bruxelles 1898 [baju Weumann i. b. £&»£ 1899 Er. 10).
Sie filtere Sitteratur finbet fidj in bem u>eitfd)id)tigen unb bod) nid)t fritifd) 5uoerläffiaen
SBerte üon «. SRücfe (gl. (El. SufianuS. Wad) ben Cuellen. 2 93be, ©otfca 1867. 1869)
t>er$etd)net. 9iod) immer finb Xiüemontö M^m. pour servi? ä l'hist. eccl. des (5 preni.
si^cles (^art^ 1693) unb Hist. des Emper. Rom. T. VI, fetjr braud)bar, forote gabriciu«, :«>
Biblioth. Gr. T. VI, p. 719 sq. 6eit Weanberd Sonographie (Äaifer 3ulian unb fein Seit*
alter, SJeriin 1812; f. aud) Ä© ©b II. 1 [1846], 6. 67 f.) finb befonber* *u nennen : SBiflgerS,
3ulian ber «btriinnige (ffitf) 1837, ©. 1, 6.115-158); leuffel. De J. imp. relig. christ.
contemtore et osore, Tubing. 1844 ; berf., §lrti!el M3u(ianM in ^aulnä Üieal'lSnctjflopäbie,
IV. ©b [1846], S. 401 f.; berf., Sur ©cfdjicftte beö flaiferä Sulian (©djmibt* Stfd)r. für :jr,
<»efd). ©iff. 1845); berf., Äaifer 3ulian u. f. Beurteiler im IV. 3al)rg. u. ^ru^' «itteratur*
tjiftor. Xaf d)f nbud) ; f. aud) (gef. ^(br)anbl ; Straufe, 2)er 9iomantiter auf bem X^von bor
©fifaren ober 3«Iian ber abtrünnige, 1847; G. u. fiafaulj, Unterg. b. $)eacni^muS 6. 59 f.;
^oljroart^ 3"liön ber $T6trünnige, greiburg i. S3r. 1874; forgfättig unb 5um Xc\\ gegen
teuffei unb SRütfe: SRobe, ©cfrf). ber sJJcaftion ^aifer Sulianö gegen bie ftirdie, 3ena 1877; 10
fteOerbauer, @fme ber ©orgef^idjte 3utian« ßaljrbb. f. flaff. $t)üof. u. ^äbagogif 1877,
XI, 1, 6.81—121) cf. berf., Jtaifer SulianS Regierung, fienipten 1876; Jorquati, Studii
storico-critici sulla vita et sullc gesta di Fl. Cl. Giuliano sopraunominato TApostata,
Roma 1878; «Ifionom, 2)er ilaifer 3. u. f. BertjältnU j. (Jbriftentum [ruffifdj], Stafan 1877;
ÄenbaQ, The emperor J. : paganism and Christianity, With genealogieal, chronological 4ö
and bibliographical appendices, Bonbon 1879; Heinere 9(uffci$e uon sJJ2angolb (Stuttgart
1862), 6cmifd) (1862), {Jribler (1869) u. in b. 8«jXö 1861. Sit ogl. aud) C>. SRid)tcr, 3)a3
roefrrömifebe töeicty u. f. tu , SSertin 1865; 6ieüer§, 3ur röm. Äaifergefd). 1870, 6. 225 f.;
Seben beS fiibaniu« 6. 85 f. Äatbolifdj: 91. be ^roglie, L'dglisc et l'empire Romain au
IV« siede, 4° 6dit., ?nri« 1868, T. III u. IV; 91ucr, 3. ber abtrünnige im Äampfe mit »>
ben «ir^enofitern f. 3t.. Sien 1855; ©irfcll, S^^ H. % 1878 6. 835 ff. (bie ©ebidjte
(fcpfjracmS gegen Su^an). 6pejiell über 3-ö pt)ilofopt)ifdie unb tlieologifa^e Slnfdwuungen :
ßen(e, De theolog. Jul., Heimst. 1777; sÄücfe, De Jul. imp scholis Christianorum infesto,
Schleusing. 1811 ; ($. u. ^erroerben, De Jul rel. christ. hoste codemque vindiec, Lugd.
Bat 1827; ©. 6d)U^e. De Jul. Ap. philos. et moribus, 6tralf. 1840; ^aüilie, J. l'Apost r»
et sa philosophie du polyth&sme, ^ariö 1877. Unter ben arbeiten ber legten 3a*)rc finb bte
oben genannten üon Weumann unb uon ^Bibej-CSumont bie bebeutenbften, f. ferner bie sUlono»
grapbie üon Alice ©arbner, fionbon1895 unb bie (©tbbon u. 8d)Ioffer tjorau^fepenben) großen
feerfe jur ©ef(6irf)te be* 4. 3at)rl)$. oon ))?anfe, 6d)i0er, ^öoifficr u. SBiftor 6d)ut6e. 9lu§ ber
(jro&en 8aM ^cr SpeiialunterfuaSungen feien mit Uebergebung ber quellenfritifdjcn. erege« w
tifdjin, frieg*gefdjid)tltd)en u. f. xo. genannt: 38. 6d)iüarj, De vita et scriptis Juliani Imp.,
»onn 1888. rtbcflcr: „©eiüci^ be§ ©tauben^" 1888 3. 41 ff. 101 ff.; fiargajoni u. ^arifio i.
b. Rivista di Filologia XVII, 1889 p. 289 ff. ; .^afcncleuer in bem SBerf J[\\$ ©efeft. u. Äunft
be« (S&rtftentumä" I, 1890; 53artcnftein, Sur Beurteilung beö Äatfer* 3ul., öavjreutl) 1891;
ÜMl«9iic4nopAM( für Geologie unb Rtrdje. 3. «. IX. 39
«10
3'iiliniTf Sfliicr
«Mer, Itw Enm. Julian and th^ Jtsw* in 3Ü*R 1893 3u!l> n> f>!)1 ff ; OCi 1 1 itcr-9Öobfh ■»«
Eofc btS ffaffers Sultan im ¥tfloLoau« 14, ©.561 ff.: Kaum*, 3fr bie tfeutojuft. CohorUti»
ad Gr, eine gtrdifdjrfft gegen Julian V l, h. $\täU ©b 38 3. HÖjf. 9lröm5,'£inf feie*
ettliand unb ifjre «otlfiufcr, L b. gJtO ©b 16 8. 45ff,; »röitt&i, Stutncn ftti b, Werfen
liHünS, <iidifiaii 1897, - tfm 3d}rifijtcllciei Julian* iibeibaupt »gl. liljrift &cjd) b. Orte*
BflüU 2.*nfL L8Ö0. 0.6781.
Alaniu* Slaubiuö ^ulianuä (fo auf tOtüngen) bar geboren ju Sonftarttintfpel m
^Jabre SSI nad? beut 20. h\uui (©eburtgtaa; ifi nicfcl fhfet), Sofa M Juüue ftonftantiu*
eines jüngeren Stiefbruberä be3 Äaiferi ttonftantin b, ©r., unb ber SafUina, befiel
.jlueiterSemafylin. Xu Duellen übet bic Äcgicrungsjcit, ^olitif unb EDenfad Julians finrnnen
10 in Betraft 1. Jene eigenen SBcrfc. Tic Überlieferung (aufgefaßt burASibcjtmbGumonu iß
nanüddt unb imgcnügeitb, biederte lücfenbaft Über bie CbnutolDgie f. Teuffei in i-
Wealcucfcflopäbie, Ob IV, S. 415f. SRnm. 2, bic llioiiograpfyic ton 3J?ütfc unb cnqdnt
Spejialunterfudmngcn. Überliefert ftnb aa?t Sieben (jtoei fiübreben auf Äenftanthi*,
auf mi ttaiferin Gufebia, je dm auf bic ©on«e unb bic Magna Mater, jtoei über ben
15 üjafjren gtmiämui, eine Twftrebe für fid> felbft beim 3ibjd?cibcn bc§ SaöuftiuS), ein
längeres Schreiben an X^cmifttu« unb ein foltbcS an bie Sit^ener, baS Sbmfcüfion
{KahaQet), eine Sdjrift, in lpdä)cr Julian bie biifbrbenen Maifcr bei einem ©ajimabk
im Otymp jufammentommen läfjt, ifcte Jveljler unb Saftet geißelt unb bie uerbieuteftcti
unter üSnen fennjeiriSnet. <Die Schrift gipfelt in einer 3JerherrliäSung be3 pbüofop^iftbcn
20 Haifcrä State Slurel; ber tpeibifaV Mcnftantin mu| ßlf Trt/pbe unb Slfotia, in ton
®cjettfcr)aft ftd? aua) ber Sünbcnl;cilanb befinbet ferner ein faiprifa^cr Traftat unter
bem Titel „SKifopogon" (ber SSartljaffer), getrieben im Anfang be* Jahres 36)
Slntbdjien, eine nnfcige, jum Teil fcjjr rrcfjcnbe, aber audj felbftgcfäflige G^arattcriftil
feiner eigenen ^erfon, namentlich feinem p!nlofi>pbtfd)en JöabituS gegenüber fpottfüe^ttgcn
3& Angriffen entbalknb unb omn Stanbpunft bcS OberpricfterS auS bie ebrtfüteben 9M
gungen bet MnttDc^ener gei|elnb unb bebrauenb, SBon (einen Briefen finb je|t über
acfr/t$ig betannt; einige brn biefen finb uneebt übet boa) frttijcb üerbaebtig; fte frnb faft
jäintlia) h)ätjrenb feiner Stegierung^sett gcfa)nebcn unb bilben bic ^auptguefle für bic
rtenntni* feiner ^JJoUtit unb ^ilDfDp^ie (für fein lierftältniS }u ßl;riftentutn unb ftitfy fommen
ao namentlich bie Srief* 0—12, 25—27, 31, 36, 37, J,\ 43, 45, 49, 51, 52, 54, -
[75], 78, 79 inSBetraa)t; ba^u baä febv intereffante 'Fragment [^ertlein 1§ ©. 371 — SM]).
Unbebcutenb fmb bic fünf ßpigrainme ; baä Örieffragmcnt be^ ©aßu^, n)dd>« bei ben
Sßttfen 3ulian§ abgebrueft imrb, in torf^em ber ©ruber bor älbfalt tn>n bem (Jbriftentnn
toarnt, ift fcjnucrti^ eebt. 8on Stiidjtigfcit finb bic im Codex Theodasianus jufönnnc
85 geftellteu (Srlaffc 3u^fll1^# VDele^c Den feiner raftbfen 5tl;iitig!cit auf beut ©ebicte
öefe|jgebung jeugen, fieiber bereit toir bie <£ct)rift ^ulian^ xarn fäHarmäb» t»oU
ftänbig nid/t mehr, bereit Sluöarbeittmg ben Statte in ben legten 'Bionatcn jciueo Bcfcfrt
tuellcia^t fegar no4 auf bem ^erfer gelbsuge bcfä)äftigt l)at. 2)tc umfangreict?ni ^ra
mente (tStiriQ^ ^c^n 93üd?ct gegen Julian finb faft bie ein jige Dudle) hat v)tcumann
*o oben) gefatnmelt, recenfiert, überf<$t unb fommentiert 2. bie betbnifdxu 2itrifiuelle:
Unter ben .§iftorifcnt fümmen namentlid) in ^etratbt Smmiauu« 1DlarccDmu*P t^utropiu
unb ^ofimuö. 2)ie Öericbte bc^ elfteren bürfen aH bic AjaupttiueUe fitr bie Henntnts
äußeren SJcrlaufe^ ber @efcfyiä)te bcö Haifer^ gelten. 31mmianu# ift gcu>i& cm Sc^rif:
fteüer r>on fyiAet Unparteilia)feit unb er ift Reitgenoffef gum xcil lugcnjcugc, tuie
46 tSutropiue^. ©s f^ei^t aber fein Snfel^cn mi&brauctcn, tuenn man feinen Angaben ^ab
reiche argumenta e eilen tio gegenüber glaubirjürbigen 91aä) nagten auö an bereu Scbrifi
ftellern entnimmt 30Pmu* T^rcibt mit untjcr^o^leuer 3nmpatbte für ben ^teftaurator I
$dfcnißmu& SKeniges nur bietet Jlureliuö iBittor. Unter ben iRebnern unb Sit t erat en
öpr allem Sibaniue ju nennen. Sieben üdu feinen Sieben be vi eben ftd> bire!t auf bei
6o Sfaifer unb enthalten febr fä)ä£bare3 ^£ateriaL vibaniud bat fic^ im ganzen bei fet»
SSerd^nma für ben Äaifer boa? bPn Übertreibungen unb Schönfärberei fenigebaltcu.
3>crfia)t finb bie ^adiriditcn be^ (Sunapius (in beffen St>pbiftengefd>iducn, l nameniltd
bic Vitae Maximi, Oribasii, Prohaeresii) unb b<?r ^oncg^riler (Wamertinuä) %u
uu|$cn- 3+ Tic c^riftlicben Sdiriftfteüer, IIa Ia|t fia? nic^t leugnen, bafe btefe faft fäw
&5 tid? burdi ibren ö«(i unb 2(bfdjcu gegenüber bem Äaifcr |u tertben»idfen (rntfkUunaei
unb bb^lniHigen Vügen gefubrt morben finb; minbefteu^ babcu fte jeber 5%erleumMnt
nüllig unb leichtgläubig i^r Dl?r geliehen, $lui auf fe^r luric $t\t ^at btc JHüdberufuJu
bet ortbüboEen ÜÖifa^öfe ein güuftigeö Urteil für Julian bei biefen (3, ^ $i(ariu4) emnrft
Tic fittlid)e Stufe, auf melcber t^ie SJäter ber ftirdw im feierten Ja^rbunbert mit u
Od üluSiMljmen ttü^ ober tnelinebr bei aller SBeltfltid;! ftebcu, offenbart fid> (r)arnfteriftn"di
3itKatt, fiatftr 611
bem 2Kangel an bem ©inn für ©ered&tigfeit, an bem fic äße leiben. sJ)ltt bem Regulator
ber antifen Äultur, bem berftänbigen 3Jiaf#alten, fyabcn fte audj jenen Sinn eingebüßt.
2)iefer SSerluft toax um fo bertyängniSboller, als baS prafttfcfye üeben im ©emeinberfepr,
in bem cwfy fte fi$ betoegten, no$ immer allein bon bort^er ftttlicfy unb d&arafterboll
gestaltet toerben tonnte; eS fyatte ftcfy in feinen ©runbjügen für niemanben geänbert, nur 6
toar eä auSgetoac^fen unb bertoilbert ; baS (Styriftentum aber, h>ie fic eS auffaßten, gab nur
toeüflüctytige l^mpulfe unb fyatti bisher nidjt bermoc^t, irgenbhrie burcfygreifenb ben fttt*
liefen ©ememberfefyr im ©rofcen neu ju regeln unb $u centralifieren. 2luf bem ©ebiete
ber firc^ltctyen ©efd&id&tfcfyreibung bilben bie jtoci berüchtigten Sieben ©regorS bon Stajtanj
auf Sultan, ftwfl* Beitgenoffen un*> Sefannten, baS ©egen= unb ©eitenftüdt $u ber Vita 10
Constantini beS (SufebiuS. 35en ©regor i}at bielleicfct niemanb übertroffen; aber ade
fabat tym nachgeeifert. Unter ben #iftorifern, bie iunä$ft inSetrac^t fommen, fyat felbft
©ofrateä $ier bie ©erec&tigfeit beifeite gefegt. Stufin gebührt als ßeitgenoffen für feine
Angaben ber erfte Slang; bann folgen ©olrateS, ©ojomenuS, SE^eoboret. Slucfy bie
gragmente auS ber $ird&engefcfytc$te beS ^tyiloftorgiuS fmb bead&tenStoert. (Sinjelne 9lafy 15
rieten finben ft$ bei SltfyanaftuS, ben ÄaWabojiem, ßjri^aniuS, DptatuS (II, 16. 17),
SlfieriuS, ©3>rtyfoftomuS, I^eobor Don SRopfuefte, ßtyrtll, 3joty. bon 2)amaScenuS, 2$eo*
tfianeS, Sß^ottuS, ©uibaS, bei £ilariuS, 2lmbroftuS, SluguftinuS, §terontymuS, DroftuS,
gacunbuS u. a. 35ie biet ©ebiete SptyraemS gegen Julian, freite no<$ im ^atyre 363
berfafct fmb unb toertbolle 9lott&en enthalten, f)at DberbedE (Ojforb 1865) forifety, »idtell 20
($12$ II, 2 [1878] ©. 335-356) beutfö ebiert. 5Der (entere &at ©. 335 auf legenba*
nföe Scripte bei ben ©tyrern tyingetoiefen (bgl. Slölbefe in b. ßbm© XXVIII, ©. 263.
660). £egenbarif$er ©toff finbet fidj audj in ben griec^ifd&en, lateinifd&en, topttfd^en u. f. to.
£eUiflenfalenbern. #u bergleicfyen fmb enblicty auc§ $onaraS, SebrenuS, bie fpäteren
btyjantimfc^en ßfjronogra^en unb bie bon 2anb (Anecdota Syriaca I) herausgegebene 26
fortfefc ^ortfe^ung ber eufebianifcfyen Gfyronif. 35ie angaben ber fircfylic^en ®tftyd}t&
f$retber ftnb nadp bem ©efagten mit SSorftcfyt ju benufcen; aber fte fmb auep nid&t
)u unterfertigen. allgemeine Siegeln über bie rid&tige 3lrt ifyrer 33erh>enbung laffen \id)
ntc^t auffteHen. ©ie ergangen ofyne3toeifel bie fyeibniföen Scripte an fe^r Dielen ©teilen,
tote fte benn auc^ gu einem ntcf)t geringen Seile nachweisbar auf urtunblic^em SKaterialc 30
berufen.
©ine unt>artettf^e Äritil ber StegierungSjeit 3"^an^ un^ fe»nc^ SSer^ältniffeS jur
Ätn^e ^at für bie Äirctyengefd^tSfdjreibung merft ©. 2lrnolb eröffnet (Äircfyens unb
Ke^er^iftorie Sb I [1700] ©. 138 f.). ©eine Stuffaffung ^at aud& l^ier toie fo oft bis
ju Sleanber unb beffen 3^0*™ fortgetoirft. Slber bie uniüerfal^iftorifc^e ^Betrachtung, 96
ju toelc^er Slrnolb bon ber flerifalen unb fonfefftonetten fortgefd&rittcn ift, toirb bo^
tmeberum bon i^m felbft burd^ feine pietiftifcfyen unb fpie^bürgerlic^en ©ebanfen einge^
färänft unb berfümmert. 3)ic ©^mpat^ie, mit toelc^er ^ultan^ ^Jerfönlid^feit bon ben
meiften ©efd^ic^tSfc^reibem feit bem borigen ^afyrtyunbert mit Siecht be^anbelt toirb, bie
Setounberung, toeld^e feinen lugenben tote feiner Silbung gesollt n>irb, fyabcn eS oft ber- 40
geffen laffen, bafe bie ^Joliti! biefeS 2Be(tbel)errfd^erS in tbren ftkkn p^antaftifc^ , ja bon
iebem ©eftc^tS^unfte auS gcmeinf(^äbli(^ geh>efen ift, ferner, bafc bie 3Kittcl, bie er an*
toanbte, gtoar feiten unerlaubte, aber meiftenS un))rattifc^e, tt;n unb feine ©a$e bei ^reunb
unb ^eatb — bie ^B^ilofop^en ausgenommen — biSfrebitierenbe toaren. 3Son ben älteren
#tftonfern ^at ©ibbon in feiner geiftboden, aber fd&itlemben Earftdlung biefc Seite n®$ x>
am meiften getoürbigt (f. bie Überfe^ung feines SBerfcS bon epurfdnl [ieipjig W*2\
•8b III, ©. 180 f., 93b IV, ©. 116 f.," Sb V, ©. 1 f.); in ber neueren ©cttt^t«Wwibung
ift fte in fteigenbem 3Jlafee gu tyrem Sichte gefommen. aber auc Dteditfertigung
julianS: bie ^o^en SJorjüge feines S^aralterS fmb fein Eigentum getuefen; für [eine nidjt
gerinaen unb offenfunbigen ^etyler unb Mängel ift bor ädern feine (Jrjiefyung, feine $nt 60
unb Umgebung beranttoortlid^ ju machen.
©Itye beS Gebens 3"I^nS. 3)ie ©ö^ne ÄonftantinS traten im %af)rt 337
bie Slegierung an unb toei^ten fte ein burd^ eine -Miebermefcclung i^rer männlichen 35er«
toanbten. ^w'^nS 3Sater unb ältefter Sruber fielen i^nen jum O^fer. Ü>erfc^ont blieb,
auf SBunfc^ beS ßonftantiuS, Julian um feiner garten ^uaenb, fein älterer ^albbruber 66
©alluS um feiner Jtränflic^feit Tillen, tiefer tburbe beroannt, 3. blieb fyöcftft toafc
fc^etnlid^ in Äonftantinopel. 3)ie Cberaufftd^t über ifyn führte fein Weitläufiger Ser-
toanbter, ber bem ÄonftantiuS ergebene SJifc(>of 6ufcb bon Slifomcbien (Äonftantino})el).
3n bem (Sunuc^en 3)iarboniuS erhielt ber Stnabc einen ^Jäbagogen, beffen er felbft fpäter
fotbic SibaniuS mit Hob gebaut haben. 3)JarboniuS toax gh)ar äuf*erli$ ein ß^rift; aber«»
39*
612 Julian, Äotfct
feine Sbeale feinen bie ^eUernftifd^cn gcloefen ju fein. SRacty allem, loa« hrir Don tym
loiffen, fyat et, bielleid&t ohne e« ju tootlen, ben ©runb gelegt für bte Sfofcbawmgen,
benen ftd& 3* nacfymal« jugetoenbet tyat. aber et $at in bem Änaben auc? bte eble
Segeifterung für ba« ©roße unb ©ute erloecft, toelc^c ben 3Wann audgegetd^net fyat
6 ^. ift ni$i für ben %bxon erlogen toorben: ba« loar fein ©lücf unb fein 3Rißgef$icL
3m ga^re 342ftarb(Sufebiu«; ber mißtrauifäe &ufer t>ertt>ied bte Srüber in ba« ©cfrloß
SiaceUum in Äaltyabojien ; fte foUten ber ^auptftabt fern bleiben. ©eety« ^afyct fcben
fte bort jugebracfyt; ifyrem £eben fehlte äußerlich nid&t«: aber ftetoaren boety berbamtt unb
fern bon ifyren gfreunben, bor allem abgefcfynitten bon jebem genußreichen SSerfe^r unb
10 bon ben ©tubien, bie 3. lie& gewonnen fyatte. 3$ren Umgang bilbeten bie greunbe üjrre«
Setter«, cfyriftlic^e Älerifer. 2)er pfyantaftebolle Jüngling la« bie Sibel, fdjrieb religiöjc
Sudler ab, baute unter anberem bem ^1. 2Rama« eine Stafette unb foH felbft al« 8or*
lefer beim ©otteSbienft mitgetoirft fyaben. S)ie SBa^eii biefe« Senate« borau«gefe|t,
ift e« toafyrfc$emIic&, baß $• W* laufe erhalten tyat, loa« Gtyrill fojjar beftimmt ttriffen
15 loiU ; — benn naefy einer ©teile bei ©ofrate« (V, 22) fam e« nur m älejanbrien bor,
baß Äated&umenen Seftoren tourben. 3>nbeffcn bte üRöglicfyfeit einer Slu«na$me totrb aud)
fyter offen gelaffen loerben muffen. 3- foh>^e f«ne ßeitgenoffen reben bon feiner laufe
niemals 6« fmb ja in jener Übergang«ej>ocfye manche ©eltfamfeiten borge! ommen ; bte,
baß ein faiferlid&er $ring bor feiner Saufe junt Settor gefreut toorben, märe noc$ ni$t
20 bte größte ; bie Sered&ttgung $ur öffentlichen ©cfyriftberlefung fonnte tym ja auc$ otyne bie
2Bei|e }um 2lmte eine« fieftor gugeftanben toorben fein, 3ebenfaC« aber ift fein ©runb
$ur 2lnna^me borfyanben, baß 3. bamal« in feinen religiöfen Slnfc^uungen bereit« finden*
feinblicty geftimmt loar. Um ba« $afyr 350 burften bie ©ruber 3RaceHum berlafien, ja
©allu« tourbe fogar im üRär$ 351 jum Gäfar ernannt. 3- btQab ft$ nad& Äonftantmopel
26 unb fonnte toieber feiner -Neigung nadj ftubieren. ®r lj>örte ben ©rammattier SRifofle*
unb bie ÜBorlefungen be« d&riftlid&en ©opfytften ßfeboliu« über Jtyetorif. £>er lefctere, bem
ÜBinbe be« #ofe« jugänglid^, fyat ben 3ünöling jur Serac^tung be« ^eSentömu« anleiten
tooden, nad^mal« ift er felbft $eibe geworben. 3ule(t, nad^ bem lobe Julian«, erflärte
er ftcb für bumm geworbene« ©alg unb teerte in bie 5fttd?e ^urücf. 2)em Äaifcr erfd^ien
so ber Slufent^alt be« $rinjen in ber ^au^tftabt balb gefä^rlic^ ; er tourbe angen>iefen, ft$
nac^ 3lilomebien ju begeben. 35ort hjirfte Sibaniu«; allerbing« ^atte 3- terfrttt^en
muffen — bielleic^t bem Äaifer felbft — beffen Vorträge ntc^t ju ^ören; er fytt fte ge^
lefen. 3Jlit 9te$t ^at man 3« SReifc nadj 9tifomebien bie ber^ängntebollfte Ja^rt feine«
fieben« genannt. §ier in 9Jifomebien, bann in ^Jergamum, enblid^ in (Spfyefu« ift er bon ben
85 bebeutenbften ^elleniftifc^en 2e^rem ber 3«t in bie neu^latonifd^e Sßtyilofo^ie unb 3Jlanti!
eingehjei^t toorben. 3W SKajimu« beftimmt, ift er noc& im %a!fyct 351 förmlich, aber
in ber ©tiUe, ^um §eibentum übergetreten. I)er Äaifer, loeld^er bie lemjjel gefd^loffen,
bie Dpfer berboten, ben alten ©ötterbienft faft f$on bemic^tet ^atte, toar auc^ ber
SKörber feiner SJertoanbten, ber geinb feine« £eben«. 9Jun loaren bem S^ngling bie
4o3lugen geöffnet: er ]av) bie alten ©ötter auf= unb nieberfteigen. Sie Iräumc ber£i$tcr
unb bte ©Refutationen ber ^tyilofoptyen tourben i^m jur lebenbigften 2Bafyrfyeit. 3n ^>an
3Jeu})latont«mu« offenbarte fid^ i^m ber gange Steic^tum ber fyöcMten %btak be« 3ütcr*
tum«; in tfym allein fanb er bie fyelleniftifcfye ßibilifation ftd^ergefteut. för ^at e« ntd^t
anber« getoußt, unb niemanb fonnte e« tfym fagen, toa« au« ber SReligion, ber }>raftifc^ai
45 ^ilofo^te ber SSäter im 9ieu^latoni«mu« in Sßa^ctt geworben toar: ein t^eologifc^c«
©Vftem, in feinem ©runbriß, 3^ec^ un*> 2lufbau h>enig bon bem ber alejanbrinifcjKn
unb bvjantinifc^en „©aliläer" berfäieben. 3)te SDic^ter unb ^P^ilofop^en, für bie er
fc^toärmte, ^aben e« U)eber gefannt noeb beburft, unb bie Kultur, bie e« angeblic^ fc^ü^en
unb hjeiterfu^ren foHte, ift bon tym berh)irrt unb aufgefogen toorben. Slber bie ©tun=
50 mungen, 3^e uni? ^Rct^imen Julian« entfprac^en felbft nic^t benen feiner gelben, fonbem
toaren mobern. @r v)ätu fte faft fämtlid^ aud? au^ bem S^riftentume, lote e« bamal« loar,
legitimieren fönnen. g« loar — t^eoretifc^ betrachtet — lebiglicfc bie gried^tfe^e TOyt^ologic
unb 2ötffenfc^aft, bie c« i^m angetfyan ^atte unb bie er nun gegen bie d^riftltc^e etm
taufcfytc. 5Die ©c^icffale be« Seben«, ^^antafte unb®rjie^ung tyaben i^n ju jener geführt;
55 un(^lige anbere gleic^geftimmte fyabtn fte bamal« unb früher gu Gtyriften gemacht ®ie
^lu«etnanberfe^ung mit ber Sßergangen^ett, mit ber ©efc^ic^te, loar auf beiben ©etten
faft gleich fc^loiertg unb gleich leicht; unb loar audj ba« 3Raß ber t^eoretifc^en Selb^«
täufc^ung im neufclatonifäen Säger ein geringere«, fofern ein feftere« 33anb griec^MK
s3.>h;t^olo0ie unb Kultur mit neuplatonifd^er ©pefulation berbanb : einfacher unb gefd^loffena
Co loar bte 2tteltanf$auung ber fircfylicfyen 2 Geologie unb ber ^eQenifc^en Überlieferung eben«
3ttUatt, Äaifer 613
faß« ange^ßt. ®ie große Slufgabe, ben #elleni«mu« ju reformieren unb ba« ©tyftem
feine« Vorgänger« abjuttyun, fd&eint bem Sßrinjen fd&on in SRifomebten unb Spfyefuä bon
feinen greunben borgeftellt Sorben $u (ein. ©ie tonnten um jum Sßtyilofo^en unb jum
Hüftgeug tyrer Sßläne, nid&t aber jum ©taat«mamt er^ie^en. 3. tf* seitlebend in ber
äb&ängtgfeü bon Urnen, i^rer greunbfd&aft toie ifyrem Seifall geblieben, jufrieben unb 6
beglücft in bem SJetoußtfein $m 3uftimmung. Ob er fd&on in TOfomebten naefc bem
I^rone begehrt fyit, hriffen toir nidpt beftimmt, bürfen e« aber bermuten. 3Mc tyn für
immer gefangen unb ertoorben Ratten, feinen ifym a\x<f) bereite 33erft>red&ungen für ben
gafl ferner 3#ronbefteigung abgenommen }u tyaben. gm 3^*354 Itc^ Äonftantiu« bcn
®attu« $inrid&ten ; auefy 3j. tourbe gefangen gefegt unb naety 3Railanb jum §ofe gebraut, to
ßrft natfc einem falben Safyre, unb nadjbem bie Äaiferin ftc§ für ifyn bertoenbet fyatte,
tourbe er entaffen unb erhielt bie Erlaubnis, naefy Sitttynien jurüdtjufetyren. Salb faßte
ber Äaifer erneuten Verbaut hriber tyn; aber er beruhigte fidp toieberum. !g. erhält bie
grlaubni« (©ommer 355) naefc Sitten gu getyen; lein tyalbe« 3jafyr ift er bort getoefen
(bie Slnna^mc eine« jtoeimaligen Aufenthalte« bafelbft ift fetyr unftd^er). Über fein Seben 15
unb feine ©tubien in Sittyen fmb toir einigermaßen unterrichtet. 5Die ©ebanfen unb
$läne, bie er in Älemafien gefaßt tyatte, mußten tyier reifen ; aber er mußte auety bie
Sötte fortfbielen, gu fd&einen, toa« er nietyt fear, unb ba« Igntereffe feine« Seben« gu ber«
bergen. 3lu$ in ätfyen tyat er mit ben bebeutenbften tyelleniftifctyen Setyrern pdrfönüd^
angeknüpft unb tyat ftety in bie eleufiniföen 3Jtyfterien einfreityen (äffen. Sereit« im Oftober 20
356 finben toir ityn hrieber in Dberitalien. ®er Äaifer brauste einen Säfar unb gelb*
tyatn gegen bie (SmfäUe ber ©ermanen in ©aflien unb 3- geigte fi$ itym auf ben 9tat
femer ®ötter bon nun an gefügig. 3n W* nun folgenbe 3eit fallen feine Sobreben auf
Äonftantiu«, ein traurige« 3eugni« &** berfommenen $t\t, in ber felbft ein ebler 9Jiann
folc^ed übernommen tyat. Julian erhielt im 9iobember 355 bie Gäfarentoürbe unb ging 25
iuxfy im SBinter naety ©aflien ab. Ungenügenb au«gerüftet, fort unb fort beargtootynt
bon feinem SBetter, gehemmt burefy biele 2Biberh>ärtigfetten tyat 3>- Hi einer metyr al«
bierjäfyrigen angeftrengten unb rutymbotten Iriegerifctyen 3^ätigfeit feine aufgäbe gelöft:
er tyd ©attien gefäubert, bie SUemannen burety loiebertyolte (SinfäHe in ityr ßanb gegüctytiat,
im #eere ftety 2lnerfennung unb SSertrauen ertoorben. 5Den SOBinter 359 auf 360 brachte 90
er in SßariS ju. S)ort empfing er ben 33efefyl, feine beften Irut)J)en in ben Orient gu
Äonftantiu« abgufenben. ©eine ©olbaten antworteten, inbem fte ityn felbft jum Sluguftu«
ausriefen. @3 fctyeint toiber ben SBiQen ^.« gefctyetyen }u fein; er felbft fyat in biefer
©attye biel SKäßigung ober Älugtyeit an ben %a$ gelegt. 6r Weigerte ficty guerft, ließ
futy aber bann bo$ frönen; gugleicty fe^te er ben Äaifer öon bem ©ef$etyenen inÄenntni«86
unb erbat beffen Sintoilligung, otyne ftety noety felbft ben litel 2luguftu« beizulegen.
ÄonftantiuS bertoeigerte bie ©anftion unb glaubte ben (Smpörer mit bem ©d&toerte ant^
tDorten ju muffen. 3jefct ertyob ftd^ auety 3. 3u SSienna 360361 rüftete er ben Ärieg ;
ba« 6))i>)tyanicnfeft 361 tyat er nodj in ber Äirctye gefeiert, bann toarf er bie üülaSfe ab.
2)er Ärieggug fodte unter bem offentunbigen ©etyu^ ber ©ötter ftetyen. ^n Silmärfctyen 40
brac$ er auf; bie SBeifungen feiner ©ötter begleiteten ityn unb fcertyießen ©ieg. 2Bo er
bun^jog, ließ er bie gefetyloffenen 2:emj>el öffnen. $n fürjefter 3eit ftanb er in Qltyrien
an ber ©renje Ityracien«. 3)er Äaifer gog itym öon ©^rien au« entgegen; aber feine
läge toaren gegätylt. 2lm 3. 9lot)ember 361 ftarb er in ßilicien. ®« tyieß, er fyabt
Sultan, ber nad^ fctynellem 3uge gule^t boety gezögert tyatte, ftd^ ber $au^tftabt ju nätycrn, 45
no^ jum Slactyf olger ernannt. Sm 11. 2)egember 361 30g 3. in Äonftantinoj)el ein; er
toar SJttemtyerrfdfjer unb niemanb ertyob fiety toiber ityn. 3)en SQSinter über blieb er in ber
^auptftabt, bamit befd^äftigt, bie ©runblagen für toeitgefyenbe Reformen im Steige ju
legen, ©d^on aber betrieb er gleichzeitig in unnötiger 6ile bie Vorbereitungen für einen
8^JUÖ fl^en bie Werfer. 3m ©ommer be« %afytö 362 begab ftety 3. über Äleinafien, w
Ido er toenig erfreuliche ßinbrücfc t)on bem Grfolge fetner bisherigen 5Religion«politif
empfing, naep Slntioctyicn, um bie Lüftungen fort^ufe^en. 8alb geigte e« ftety, baß ber
Wilofopty auf bem ityrone nirgenbhjo Weniger ©^mpattyien ftety ju getoinnen öermoctyte
al« bei ber aufgeregten, leichtfertigen unb fpottfüctytigen Sebölferung 2lntioctyien«. ©ein
Auftreten erfdjpen abenteuerlich unb feltfam, feine Srlaffe fleinlicty unb läftig. S)a« Volt 66
ra^te ftd^ an bem Äaifer burdj ©pott unb burc§ oftenfible« SSer^ö^nen beffen, toa« i^m
heilig toar. 5Der d&rtftlic^e Teil ber 33eöölferung fing bereit« an, fefyr bebenflic^ ju
bemonftrieren ; 3. ergriff SHepreffalien. Wan beleibigte ftety toon beiben ©eiten. 35aß ein
Äaifer toie ein (Stynifer lebte, al« ein s^^ilofop^ regieren Wollte unb al« felbftgefä&iger
^ournalift auf ben SRartt ^inabftieg, um ©pott mit ©pott ju begegnen, ba« mußte 00
614 3ttltmt, Äaifer
feinem Slnfetyen gefährlicher toerben als ade ernften Züchtigungen, bie er berfyänaen tonnte.
9lm 4. 3Rärj 363 berliefe 3. bie ©tabt, um ben Krieg au beginnen. „Sei feinem 3Ü>*
guge führte er feine ©öfter unb bie ©ötttn (Sirene) mit \\<fy, bte er gegoffen unb in Srj
gelleibet fyatte, bagu $auberer unb üBafyrfagegeifter, unb alle ©ötyne beS !grrtumS geleiteten
5 ü}r\ mit ifyren ©ebeten." 3taf$ unb füfyn, tote eS feine Slrt toar, rüate er bor, ade
©trafen eine« gfelbjugeS felbft teilenb unb babei nod& Doli lebhaftem igntereffe für feine
©tubien unb großen stteformpläne. 3lad) einigen glüdflic&en ©efed&ten traf ibn in ber
©cfylactyt am 26. $\m\ 363 ein ©peer in ben Seib unb toenige ©tunben barauf t>erfc^ieb
er, fanft unb ftill; eine 2lnorbnung toegen ber I^ronfolge ^at er nic^t erlaffen. 2)aS
10 SSerfyängniS feine« XobeS ift bielfacty berfd&ieben ausgebeutet toorben. Qtptycacm StyruS, ber
nod) im 3jal>re 363 feine ©ebic^te gegen 3. geförieben tyd, toill toiffen, bafc ^. an feinem
ÄriegSglücf unb an feinen ©öttern ber^toeifelnb abft$tli$ feine Lüftung ausgesogen $abe,
„um löblich getroffen ju toerben unb ju fterben, ofyne bafj bie ©aliläer feine ©<$mac$
fefyen möchten." 2)er ©peer traf; „ba toanb er fiefc ftötynenb unb gebadete beffen, toeß
16 er ben Äird&en bei feinem 2lbjug brieflich angebro^t tyatte"(Carm. III; f. SSidfetta. a. C.
©. 349 f.). 3Mefe ältefte gorm ber Segenbe toar bisher nic^t befannt. 3la% ^iloftorgiuS
ift 3. unter Säfterungen feiner ©ötter geftorben (VII, 15). 3$eoboretS toeltbefaraiter
Seric^t (III, 25), na$ toelc^em ber Äaifer fterbenb gerufen tyaben foH : „3)u tyrfk geftegt,
©aliläer", ift eine gortbilbung ber bur$ ©pfyraem überlieferten Segenbe. 3Bicfytiger tft,
20 bafc Werfer, tote 2lmmtan berichtet, bereits am läge na$ bem lobe beS ÄaiferS bie SRömer
als Verräter an tyrem eigenen Äaifer gefd&mäfyt Ratten; benn eine römifc&e Sanje hätte
ben Äaifer burd&bofct (XXV, 6, 6). SDiefeS ©erüd&t fefcte ftcfc im Steige feft, unb balb
tourben bie G^riften im #eere beranttoortlicfc gemalt. SibaniuS fyat in feiner ®ebä$tm$*
rebe biefem SSerbac^te SBorte geliehen. Keiner ber Ätrc^en&iftorifer tyiX bagegen Skr«
26 toa^rung eingelegt, ©regor bon SRajianj, SRufin, ©ofrateS laffen eS baftngeftettt, ob ein
römiföer ober perftfd&er ©olbat baS töblid&e ©efdjofc gefenbet. ©o^omenuS aber, ber be*
Rauptet, Julian fei unter SSertoünfcfyungen gtyrifti geftorben, fud&t auSbrücHicJj ben 38er*
bacfyt beS SibaniuS ju begrünben unb fyat bie ©tirne, ben <$riftlic$en 9JJeud?elmörber ju
greifen. Segenben toie bie, bafe ber fyl. 9JterfuriuS bom $immel tyerab ben TOorb bou*
80 bracht unb ätynlicfye, fyaben in ber fbäteren $z\t getouc&ert. 2)ie Beurteilung beS ©ojo*
menuS lefyrt, bafe Triften ber %l)at fäfyig getoefen fmb. 9lber me$r lä^t ftd^ nic^t fagen.
5Die unber^o^Iene g^eube ber ß^riften über ben 2ob i^reS geinbeS gabjebem böfen ®e=
rüc^t Sla^rung. ^nbeffen ber 5Korb felbft ift fe^r jtoeifel^aft; benn 1. Si^nlic^e ©erüc^te
entfielen angeftd^tS eines furchtbaren, unertoarteten ©d^lageS fe^r ^äufig. 3)aS Soll toiB
86 nic^t glauben, bafc in folgen gällen ettoaS ©emeineS bie Urfacfce getoefen fei. 2. Julian
toar ein fü^ner ©olbat, ber ftc^ felbft ni^t feiten in ©efatyr begab. 3. Julian —
unb baS ift baS SBic^tigfte — ^>at felbft leinen 33erbad&t in biefer ^inftd^t au3geft>ro$en ;
nad) Slmmian fyat er ber ©ottfycit nod) gebanlt, ba^ er nid^t clandestinis insidiis
fterbe. 4. @utro))tuS fagt beftimmt, ber Jtaifer fei burd^ ein feinbli$eS ©efc^og getroffen
iotoorben; @))^raem toeifi eS ebenfalls nid^t anberS. 5. Strofc ausgefegter Selo^nung fanb
ftc^ unter ben 5ßerfern alterbingS ber Später nic^t; bielleid^t lebte er felbft nufct mebr —
bieS tourbe bon ben Werfern ju bem fcfymäfylic^en Sortourfe auSgenu^t, tourbe befannt
unb l)at ben Slnlafe jur Silbung ber Segenbe gegeben (Am. XXV, 6, 6. Lib., tuqi t.
njuüjQtag II, 32. 34. 46 sq.). aber felbft bie 9Köglid&feit beS 2Reud&elmorbeS juge«
46 ftanben, fo ift baS toeitere Iebigli$ na^e liegenbe Äonjeftur. SibaniuS bringt au$ nvtyt
ben geringften 93etoeiS bafür, ba§ gerabe ein Gfyrtft baS ©efd^o^ gefenbet (f. auc^ leuffel
in ber Slealenctyflopäbie ©. 406 f. unb »üttner^SQäobft a. a. D.). Seftattet tourbe Julian
in Iarfui>, tief betrauert bon feinen greunben, beren Hoffnungen mit tym erlogen; ben
ß^riften fd^ien nun toieber bie ©onnc faiferlid^er ©unfi 3. ^at feinen ©o$n ^mterlaffen.
60 ©eine ©ema^lin §elena, bie ©d^toefter beS ÄonftantiuS, toar föon hn Sffimter 360/361
ju ^Bienne aeftorben.
Die SReftaurationS^olitif Julians unb bie Steaftion gegen bie <$rifl*
lic^eJtirc^e. 2)ie SReftauration beS ^elleniSmuS toar bie erfte ©orge beSßaiferS bei feinem
Regierungsantritt, unb fte blieb eS btS ju feinem 2obe; in i^r fa^ er bie eigentliche Aufgabe
55 feines SebenS. 9iac^bem er bie $auptftabt betreten, fäuberte er juerft ben ^kilaft bon bem
§ectc ber Höflinge unb ©c^maro^er. Stele unb manche ber $5qiftgefteIIten Ratten fi$ 93er»
brechen ^u fd^ulben Common laffen. §icr berfu^r er fcfyarf bis gur §ärte. 3luc^ berer gebaute
er, bie jum lobe feines 95ruberS ©aHuS mitgetoirft, unter beren Stänten unb ^ntriguen
er felbft $u leiben gehabt fyatte. ^n toenig ffiod^en fyattz ber §of ein böQig anbereS
60 2Juö|efyen. Die neu^Iatonifcben $^i(ofo^ben eilten nac^ ber ^au^tftabt, unter ibnen
3»lüm, Satfer 615
SÄasimuS, tyr geiftiger güfyrer. ®er Kaifer toar aucfy afe Äaifer gang bcr 3ßre. 3te
©ötterbienft foute tmeber bcr pribtlegierte ÄultuS derben, unb gtoar bcr ©ötterbienft in
jeher überlieferten gorm. 3unäcfyft tourbe bic Öffnung aller gefc^Ioffencn Tempel geboten,
bagu ber SBieberaufbau aller zertrümmerten ober fyalb gerftörten ©otte^äufer. 35ie fonftegierten
lempelgüter unb «©ctyäfce foflten toiebererftattet toerben. „2Ber i)at je fo biele ©öfcen* 6
altäre errietet? toer fyat je alle 35ämonen fo I?od& geehrt? toer fyat je fo fe^r alle leufei
gu befänftigen gefugt"? ruft ber $1. (Sptyraem (Carmen IV). 35or allem lag e3 bem
Raifei* am #crgen, ben gangen Dpferbienft lieber in ©ang gu bringen. Unermüblicfc ift
er in Srlafien unb 2lnorbnungen getoefen. 2öie er felbft in jeinem <ßribatleben in p ünn*
fünfter ©ehriffen^afttgfeit ein beftimmteS Ritual befolgte, in ^eiliger ©cbeu Opfer unb 10
Spenben boBgie^enb, fo foflten aud) afler Orten bie alten Äulte toieber aufleben unb
Reuige @fyrfur<$t bor ben ©öttern aller ßenen erfüllen, bie 2lrt aber, tote 3- föx ^e
geicrli$!eit unb ben ßrnft be$ gangen ÄultuStoefenä fyat geforgt hriffen tooHen, geigt
fofort, bafc tym tyteit borfd&toebten , bie bem antilen öffentlichen ÄultuS fremb
toaren. Wan fann e$ mit einem SBorte fagen : bie angebliche Steftitution bc$ iö
antilen ©ötterbienfteS gefdjjaty naefc bem SBorbilbe getoiffer TOtyfterienfulte unb in ber
äU>ft$t, ade alten Äulte in einer 3lrt bon Jjeibniföen 9lei$3ftrc$e gu bereinigen. 2ltte
SÄid&tlinicn unb SBertfd&äfcungen, bie baä SteftaurationStoert beä flaiferä bestimmen,
finb ben SJtyfterien entnommen, ^n tynen aber, toeld&e im Slltertum bie 3lu&
Übung beä öffentlichen, ftaatlid&en Kultur begleitet fyaben, finb ftetä religiöfe Snter« 20
cjfcn unb 3iele berfolgt korben, bie gu benen, freiere in btefem gepflegt tourben, bi$*
parat toaren. ©ottte nun baä gefamte öffentliche Seben burd& bie gftömmigfett, tüte fte
bie 3Jtyfterienfulte befyerrfäte, btegipliniert toerben, fo bwetd&net biefer Sßlan nicfyt eine 9te*
aftion, fonbern eine Reform im eminenteften Sinne. SHeaftionär ift nur bie Stüdffefyr gu
ben alten ©öttern; aber bie aSfetifd^pietifttfd&e unb mtyftifdfcfytoarc&ifd&e ®iSgiplinierung 20
unb Drbnung be$ Äultuä, ber ÄultuSgemeinbe unb ber Sßriefterfd&aft toäre einer Umgeftal*
tung aller 9SerI?ältniffe gleicfygefommen — eine unerhörte Steuerung, bie im Slltertum lein
Sorbilb gehabt tyat — 2lnfä$e unter 3Ka£iminu$ S)aga aufgenommen — biel fpäter aber
im $riftlt$en Mittelalter ftd& teilh>eife realisiert fyat 3Ran mufc bis gu ben Reiten ber
cluniacenftfc^en Sßäpfte unb dürften unb toeiter m bie ©eföic&te beS 3R3td fyinabftetgen, so
um auf einem anberen ©oben erft tmrflid) fölagcnbe parallelen gu finben. 3Jlan fann
eintoenben, bafe, h>a3 am ©ötterbienft um bie 9Jcitte bed 4. ^a^rfymbertft nod^ lebend
Iraftig toar, f^ bereite in bie formen ber 3Jtyfterienfulte unb s^römmigfeit gelleibet fyatte,
unb bafe mithin Julian natürlictyertocif e auc^ feine SReaftion in biefe Sapncn lenfen mufete ;
mbeffen ift entgegengu^alten, ba| in bem üKafee, ate ber ©ötterbienft im 9Jtyfterientoefen 86
fk^ berflärte unb berfümmerte, er ftd^ aud& ben ÜKaffen unb bem öffentlichen Seben ent=
frembet ^atte. Siefeä in ben öffentli^en ©taatöfultu« umgutoanbeln unb bamit ba^gan^e
Ser^ältnid bon ©taat unb Religion, h>ie eö in ber antiten &it ge^errfd^t ^atte, gu mobt=
figteren, toar fafttfc^ eine SReformation, bie nur aufgezwungen Serben lonnte. 35a« fyat aud^
Julian reid^lic^ erfahren. 2)a$ ^eibniWe SSolf beredt [xty feinen Sßlänen gegenüber, bie 40
er in einer Steige laiferlid^^o^epriefterlid^er Srlaffe barlegte, faft burd^ge^enb« fü^l unb
tnbifferent, ja fe^te i^nen gerabegu SBiberftanb entgegen. ®3 offenbaren fufy aber bie re=
formatorifd^en lenbengen be« Äaifer« namentlich in feinen Slnorbnungen über bie Sluf«
na^me in ba« ^eibentum unb über bie 35tegiplinierung be« 5ßriefterftanbe«. §ier gielt 3-
barauf ab, eine eigentümliche Äultaemeinbe unb einen bejonberen Sleriferftanb gu fd^affen, 46
beibe o^ne birefte Regierungen auf ben ©taat (bie Seftimmungen : 1. ber SBieberaufnafjme
in ba« ^eibentum jotten geh)iffc Geremonien borange^en; nur bie geiftig unb förperlid^
©eteinigten foHen ben ©öttern ftd& nafyen bürfen. 2. 2)ie ^ßriefterfd^aft foll ate abgeftufte
unb ftreng fontroHierte §ierarc^ie organifiert toerben : bcr Äaifer afe ^Jontifcj 3Kajimu«, in
ben SProbingen Dberpriefter (^eibnifc^e 3Ketropoliten) ; i^nen untergeorbnet bie ^ßriefter 60
ber S)iöcefe. 2)ie felbftftänbige SBürbe bcr 5[}ricfterfc^aft gegenüber ben Staatsbeamten
toirb audbrücflid^ fonftatiert; felbft nic^t bem Aaifer gebührt im Xempel gegenüber bem
fungierenben ^ßrieftcr, bem Mittler gtoifc^en ©öttern unb 3Jtenfd&en, bie @^re. 3. 35er
Äleruä foQ fu^ burc^ eine befonbere ©ittlid^feit au^geic^nen, unb be^utfam foH man bei
feiner SBa^l berfa^ren. 2)ie ^5riefter fotten ben beften ©täuben angehören, nid^t gu reiefc, 66
aber aud^ nic&t gu arm bürfen fie fein. 3$eater, ©c^aufteHungen, SBirtö^äufer foHen fte
bermeiben; ^erborleuc^tenb burc^ ©otte^furebt unb SKenfd^cnfrcunblic^Icit foBen fte ein
Sorbilb aller fein. 8luf i^re %xad)t, i^ren SBanbel unb Umgang fyabm fte gu achten;
fromme aSfetifc^e S5etrad)tungen, p^ilofop^ifc^c Schüre, religiöfe ^mnen toerben i^nen
anempfohlen ; ty? pribate« £eben f oB burd) beftimmte Setftunben geregelt fein. UnU)ürbige 60
616 Julian, Satfer
SPriefter foHen abgefegt Serben. 4. ®ie Sßricftcrfd&aft foU fid^ ber ©emeinbearmenpflcgc
Wibmen. 3)er ßaifer ift felbft bereit, berfelben einen #eil ber ©taatSeinftuifte 311 biefem
äWecfe gu überladen. — 2)ie 9?a$a$muna ber fird&lic&en SMSjiplin liegt auf ber £anb;
3. tyat au$ betreiben, 5. 93. in Vejug auf bie Armenpflege, bie er bei ber ßtr$e unwillig
6 beWunberte, fein #e^I gemalt; anbere Übereinstimmungen ftnb mittelbare, fofern bie
3Jtyfterien früher fq>on au$ auf bie !irc&lid?en 3>nftitutionen emgeWirft Ratten), ©efcr richtig
fyat ©ojomenoS bie SteligionSpolitif be$ JfaiferS d&arafteriftert, Wenn er fc^retbt (V, 16):
„®a Julian aber annahm, bafc baä Gtyriftentum feinen Veftanb auf bie SebenSfüfrung
unb bie bürgerliche Orbnung (einer Sln^änger grünbe, ^atte er bor, überall bie ^eHemföen
10 Stempel mit ber bem Gtyriftentum eigentümlichen ©nrid&tung unb Orbnung au£$uftatten.
(Sr Wollte ftanjeln unb S^renfifte errieten, Sefyrer unb Vorlefer tyellenifc&er ®lauben£fä$e
unb ©ebote anftellen unb feftgefefcte ©ebete für beftimmte ©tunben unb $age anorbnen.
6r beabftd&tigte, Älöfter für 9Ränner unb grauen, bie ft$ ber 5{tyilofop$ie gugetoanbt
Ratten, ju grünben unb ben ^eQenifc^en ©lauben bur$ (Sinrid&tung \>on Unterfunffeftatten
löfürgrembe unb Settier unb burd& anberWeitige menf$enfreunbli$e grürforge für bie armen
Su Dertyerrltcfyen. gür freiwillige unb unfreiwillige Vergebungen Wollte er naety ber Se^re
»er Gfyriften eine gorm entfpred&enber äurecfytwetfung auf ®nmb DorauSgegangencr 9teue
feftfefcen. 9ii$t jum minbeften aber fou er bie Empfehlungen in ben bifööflic^en ©riefen
nadfoeafymt fyaben u. f. W."
20 SOBte aber behielt fufc ber Äaifer uir Äird&e? Wü Stecht i)at man gu untertreiben
begonnen jtuifc^en bem, Wa3 3- getoout unb bem, Waä er get^an tyat, refp. toa£ unter
feiner Slegterung gefd&efyen ift. ßbenfo ftnb bie einzelnen $^afen feiner Stegierungäjeit ju
untertreiben, fttoax fyat fufy feine ^ßolitif im Sßrinjipe bis $u feinem 3u0e 9*8«* bie
Werfer nicfyt geänbert; aber in feiner ©timmung Würbe ber Äaifer immer geretjter, unb
25 ba$ Wirlte aud) auf feine (Srlaffe. SBiber ifyren SBiUen bezeugen au$ bie Äinfcenbäter
felbft, ba& Don einer Wirflid^en Verfolgung ber Äird&e unter 3- nid&t We Siebe fein tonn.
%Son einer „blanda persecutio inlicens magis quam impellens ad sacrificandum"
fprid&t #ierontymu$; ätynlicty aud) ßptyraem, äfteriuS u. a. ®. ärnolb fyat ba^er ganj
rec^t, Wenn er fagt: „3$ finbe jum Wenigften fo Diel unc&riftlictye unb ärgerliche Sc*
30 jeugungen ber Triften gegen biefen Äaifer, bie ifyn nietyt anberä ate aur Verfömä^ung
unb Verfolgung aller guten 3)inge bringen lönnen . . . 3)ie 3^ten ^ ß^nften unter
gultano ftnb nic^t fotoo^l ju ben Verfolgungen al« ju einiger Unterbrüdfung }u rennen;
angefe^en jener me&r toon ibnen an Verachtung, Übeln SRad^reben, Vefc^ulbigungen u. bgL,
aU fte toon i^m gelitten ^aben".
36 3. tooDte leinen Rfrang jur Vele^rung ausüben; benn Überzeugungen follten nic^t
aufgebrängt frerben. wapi ftanb i^m fein eigener ©laube, ber fxcp i^m ja ni$t nur ak
ßultu^ barftedte, Diel ju fyod). Slber bie SRenföen, mit benen er e3 ju ^un batte, flan--
ben biel ju tief, um feine ^tak unb feine 6Jetoiffen^aftigfeit ju berfie^en. ?Rur einem
2)e«poten tonnte bamal« tttoa* gelingen. ®a^ ß^riftentum, toeld^eö 3. al« ©ottloftgfeit
40 fcerabfd&eute, al^ eine Religion ber Seic^tf ertigen fyafyt, für ^or^eit, 2ßa^nftnn unb
toieberum für bemitleiben^toerten ^^tunt ausgab unb ate einen entarteten ÄultuS gefc^iebt^
lofer Varbaren berfpottete, biefe^ ß^riftentum, jerfpalten in fi$, nur jufammenge^alten
burc^ einen fyerrfdjfüdjtigen Sleru«, follte an feiner eigenen Slrmfeligleit erfterben. 8We
9Jia^rcgeln 3 •* in ber erften ©poc^e fetner ^Regierung [äffen ftd^ ööllig aud bem Sefheben
46 erflären, ben ^eSentömu^ lieber aU bie privilegierte Religion m reftituieren unb ber
ßircfye bie i^r geworbenen Vorreite ^u nehmen, darüber ift §. niept ^inau^egangen,
unb bei ber 3)urc^fü^rung biefeö ^Jlane« ftanb bem Äaifer lein berbürgte« Stecht hn SBege.
©inb babei in einzelnen gälten Ungerec^tigfciten unb Überfd&reitungen öorgelommen, ^aben
Verlocfungen jum Übertritt burety ©c^meic^elei, Überrebung unb Prämien nid^t gefehlt, fo
60 fann ber Äaifer fcfytoerlicfy bafür t>eranttvort(ic^ gemalt toerben, Wäre feine Xolertfnj auc^
nod) tabellofer geWefen, al3 fie ed faftifd^ War. üDtan fann ftd^ Vielmehr nur tmtnbern,
ba& 3- in einer 3^t lolerang bewährte, Welche biefclbe überhaupt nic^t tonnte unb ernty
nicfyt ertrug (Veftimmungen : 1. im §eere: 2lbfd^affung ber ilreujedfc^nen. @utfü^rung
Don fyeibniföen ©mblemen. Säuberung ber ^ßrätorianergarbe [nid^t be8 gamen §eerö]
66 Don ©Triften. 2. Slm §ofe unb in ber ©taat^DerWaltung : äbfefcung unb Entfernung ber
c^riftlic^en Veamten. I)er itatfer läfet fein Stanbbilb, bem öffentltd&e Verehrung $u be»
^eugen War, mit beibnifcfyen 3lb^eic^cn Derfe^en. 3. 35ie ^JriDilegien Werben bem Älent^
unb ber Äird&e entjogen, fo Dor allem bie Unterftüfeungen aud ©taatdmitteln, bie fogar
teilweife jurücf bejaht Werben mußten: Weiter bie 5ted^te ber ©erid^tdbarleit, foWie eine
60 fold^e bieder eingeräumt War, ber leftamentdaudfertigungen u. f. W. 2)ie Stirnen bfirfen
Sultan, Saifer 617
feine (grbfcfcaften mefa annehmen. 2)er ÄleruS toirb toieberum fteuer* unb befurionen*
tfficfctig. 3)aju ber Sefetyl, bafe bie jerftörten Semmel auf Äoften ber 3**ftörer, alfo ber
c&riftlidpen ©emeinben ober (Sinjelner in tynm, toieber aufzubauen feien. Sffle ctyriftlictyen
^arteten [aud& bie 3)onatiften] toollte ber Äaifer gleid^ befyanbelt toijfen. ©o tyat er gleicfc
bei feinem Regierungsantritte bie verbannten ortfyobojen SHfcfyöfe jurtiefgerufen unb i|nen 6
$r (Eigentum lieber erftattet. 3n baS 3Imt fonnte er fte natürlich m$t toieber einfefcen,
ofjmt felbft Sßartei ju ergreifen. SDiefe ÜJiafjregel entforad^ ben ©runbfäfcen beS Äaifer« ;
man $at aber Don alterSfyer gemeint, er tyabe bie ©leid&bered&tigung ber 33efenntnif|e pro*
Hantiert, um ben inneren ^toift unter ben Sfyriften $u föüren ; beS&alb Ijabe er au$
gnofttföe Selten unb ©ctyiSmattfer gefcfyüfct. @S ift bieS nid&t unmöglich, bei ber Äun« 10
fu&ttgfeit ber faiferlid&en $olitif, aber bocg nicfyt toal?rfcfyeinlid&. 2)ie ÜRaferegel ertoieS fiep
übrigens als fetyr günftig für bie Äirctye; benn bie fünftlid^e ^arteibilbung, in toelcfye baS
SReligionStoerf beS ÄonftantiuS fcbliepcty ausgelaufen toar, Derfcfytoanb unb bie fernblieben
Sefermtniffe ftanben fi<$ mit einem ©daläge tn ifyrer toatyren ©tärfe gegenüber).
Slm 17. 3wni erlief 3- *>a$ berühmte ©cfyulgefefc, naefy toelcfyem Äanbibaten beSfietyr* 15
amteS erft bie ©enefymigung ber ©emeinbebefyörben, ref}>. bie Seftätigung beSÄaiferS ein*
^olen foBen. 2)aS ©efefc erfcfyien religiös neutral, fcfylofe aber fafttfcfc bie ßfyriften Dom
2etyramt, ben fyofyen ©d&ulen unb ber Söiffenfd^aft aus. 3)em Äaifer toar bie 9JtytIjologie
in p$Uofopl?if$er SBefyanblung ©laubenSfacfye, unb eS toiberforaety feinem frommen ©efityl,
bafc Ungläubige ben religiöfen ©toff als gabeln traftierten. 3u9'e^ fd^äbiate er freiließ 20
bie Äirqje fo auf baS empfinblid&fte, inbem er ben tyerfömmlicfyen ^ilofo^ifctyen unb pfyu
lologitten ©toff tyrer SBetyanblung entzog. ÜJlan fyat nachmals behauptet, 3. $°bt ben
Sefuc? ber ©<bulen ben (Stiften Verboten; aber baS ift toafyrf$einlic$ ein 5föifjberftänbniS.
3u ben ÄampfeSmittcln beS ÄaiferS gehört aud& feine ©d&rift „©egen bie ©Triften" (baS
erfte 33u<$ bejtfcen toir faft bottftänbig, Don bem jtoeiten einige Fragmente, bon bem britten 25
fo gut tote nichts), bie er nicfyt lange bor feinem @nbe fyat erfctyeinen laffen. 2ln ©aefc
hmbe unb ©cfyarfftnn fann jte ftd? mit benen beS 6elfuS unb *ßor^riuS nid&t meffen
(baS Verhältnis &u Sßorp^riuS bietet ein noefy ungelöfteS SRätfel; ob Julian ben GelfuS
gelefen $at, ift minbeftenS jtoeifelfyaft). 2)aS3^ema ber©cfyrift ift „8n reav FakXaicov
fi oxevcogia jzXdo/na lorlv ärftgamcov vno xaxovQytag avvre&iv' i^ovoa uev ov- 80
okv #«bvf äjioxQtJoa/uivrj dk to5 qjdopv&q) xai Ttaidagicodei xal Avotjro) rrjg
tpvxfis /hoqUo ttjv xeQaraXoyiav eis nitrnv rjyayev AXrj&eias". 3n 95e5wg auf ben
religiöfen ©tanbpunft Julians unb feiner greunbe fotoie t^re ©efd^iqtS))^ilofo^^te lernt
man aus berSd^rift Diel, inSe^ug auf bießircfye fe^r toenig. ffit toirflictyen ©d^toäc^en
toerben nur feiten getroffen. SBo^l begreiflich ift Julians ^ilofemitiSmuS. 86
an Slntioc^ien unb Don äntiod^ien aus ^at ber Äaifer eine Steige bon Slnorbnungen
ntfd&eibungen erlajfen, toelc^e ben Slnfc^ein ertoedfen fönnen, als loollte er bie bisher
verfolgte $olitif berlaffen; er fyat ^ubem Vorgänge auSbrücflid^ ober ftillfötoeigenb ge^
billigt, toelc^e fein geregter ©inn nid^t gut^eifeen burfte. 3n^effen ^c9* b°$ Sur 3m8
na^me, ber Äaifer fyabt baS ^ßrimip feines bisherigen Verfahrens gegenüber ber Äird&e 40
änbern toollen, !ein ^inreid^enber ©runb Dor. Sluf ©c^ritt unb ^ritt gelränft unb Der*
le$t, nidbt o^ne feine ©cfyulb DerJ^ottet, in feinen legten fielen unberftanben, ungebulbig
unb unHug ^at er forttoä^renb jtoijc^en Uityartetlicfyfeit unb änfä^en ju Quälereien ge*
f^toanlt. Slu«^ ©d^meic^eleien tyat er nicfyt gejebeut, toenn er fte Vorteilhaft fanb. §n
unruhiger ©efd^äftigfeit blieb er faltig t^atenloS unb erftiefte in Dellamationen unb iro* 46
nifc^en Steflejionen bie @ntjc$loffenfyeit gum §anbeln. ©elbft ÜJlittel ber Unterbrüchmg,
bie ©rfolg Derf}>red^en tonnten, tourben in feinen §änben ju ftumpfen 3Baffen. ©ein §o^n
gegen bie „©aliläer" fteigerte beren ©elbftgefüfyl, feine SSerfucbe, baS c^riftlid^c Soll bon
bem ÄleruS ju entfernen (©rlaffe nac^ SSoftra unb ailejranbrien), toaren ju vereinzelte unb
Ratten jebenfaBS im ganzen feine 2öirfung. 3- tollte feine TOärt^rer machen; aber er 60
t^at gerabe fo Diel, bafe man ftrc^li^erfeits mit ber „Verfolgung" prallen fonnte. (Sfyljraem
toenbete baS fo, ba^ er fagt (Carm. 3), „als ber Äaifer ben 9Rut ber Ctyriften erprobt
^<rtte, ^örte er fdfjlauertoeife auf, um nid^t i^ren IriumM nod^ ^enlic^er ju ma^en".
Die ©eföictyte mit ben ©ebeinen beS fyl. Sab^IaS unb bem Sranbe beS SJap^netemfelS
fd^lug gan) &u Ungunften beS ÄaifcrS aus. $ier, h>o Julian mit aller ©trenge gegen 55
bie ^npertinenj beS cfyriftlictyen Volles ^ättc einje^rciten muffen, geigte eS pd^, ba^ Äraft
unb (Sntfd^loffen^eit i^m mangelte. 2Benn er anbererfeitS ©täbten, bie feine $ilfe gegen
äußere 5«nbe begehrten, bieje nur unter ber Vebmgung ber Sieftitution beS §eibentumS
uifagte, unb babei mit ber ent^ie^ung jcben 3Bol;ltoolIenS bro^te, fo lann eine Derfefyrtere
^Jolitif fc^toer gebadet toerben. 3}afe in 9tiftbiS jeittoeilig baS ^eibentum toieber öffentlich üo
618 Sultan, Äatfer
eingeführt tourbe (@t>^r. Carm. 2), änbert baran nickte. Slud^ gegen einzelne G^riften
jeigte er ftcty mefyr unb metyr ungerecht; aber e3 mochte tym Srnft fem, toenn er bie
Sfyriften bor ©ericfyt mit ifyren eigenen Söaffen fölug ; fte burften ja lein ©d^toert tragen,
alfo mußten fte bon Stifter* unb 93ertoaltung3feoften auägeföloffen fein; fte mußten afle$
6 Unrecht fötoetgenb erbulben, alfo feien fte al3 Kläger abjutoeifen ; fte mußten arm bleiben,
alfo Ratten fte ju jaulen u. f. to. 3Iu8 ben Sruqftüdfen ber ©treitförift Julians gegen
bie Soften erfetyen toir, bafe er baä Styriftentum feiner $eit bur$ ben £intoei$ auf ba$
urforünglicfye, biefeä burcfc ba$ ^ubentum, biefeS burcfc ben ©btterfultuS befämpft f)at —
e$ ift nid^t untoatyrf($einlid&, bafj er biefer litterariföen SBefämpfung and) in feinem Ser*
10 galten in einzelnen praftifcfyen gälten golge gab. ©eficfcert ift in biefer £inftc&t bie9iacfc
rid^t, bafc er bie Sage ber %vfotn — ifyre Religion toar ifym, toie anberen bor tym, nur
im ©egenfafce jur dpriftlicfyen toertboll — erleichtert tyd. @r tyob bie brüdfenben Steuern
auf, refoeitierte bie jübifctyen (Sitten (fo föeint er befonbere SWünjen mit einem ©tier*
bilbe für bie Iguben fyabzn prägen ju laffen: Gtptyatm, Carm. 1); ja er gab fogar
15 furj bor feinem SluSjug jum Sßerfcrfrieg ben Sefetyl, bafc ber Tempel auf ©taatsloften
toieber erbaut toerbe, jubem berfyeifeenb, er toerbe felbft nacb Igerufalem fommen unb ben
©ott bort bereden. Sin ber Überlieferung, bafe ber fd&on begonnene 95au burcfc ein @rb*
beben jerftört Sorben fei, toirb ftcfj fcfytoerlid& $toeifeln laffen. SBaS er fonft nocfc in biefem
Zeitraum getrau fyat, baS beftätigt alles ben ©inbrudf, bafe biefer fc&toärmerifcfce Siegent
20 nur bort entföloffen, ja fogar rüdfftcbteloS unb tyart fein ober bielmefa feinen lonnte,
too er $ugleid& paffto bleiben burfte. vSlan toirb batyer jtoar nie leugnen lömten, bafe Ujn
toirflic^ ein 9Rafj bon ©erecfytigfeit auszeichnete, toeld&eä man bei ben S^^offa11 ***=
geblid& fuc&t; aber baö, toaS an itym als Stogenb erföehtt, iß $u einem Steil ©$ta>a$e
beS ©c&toärmerS unb Unmännlicfyteit beS toerbilbeten 3^Ö^n^ buc ?{tyilofob&en. Sajfrer
25 aud& baS june^menbe ©d&toänfen. ÜJlan lann eS nur mit SWitleib lefen, ba£ ber Äatfer
anfing, tumultuarifd^e Sluftritte gegen bie (Sfyriften in ben ^robtngen fttllfötoeigenb ober
auSbrüdflicty ju billigen, bafe er untoerfyofylen ^reube baran fyattt, toenn beibnifcpe Seamte
if^re ^nftrulttonen überfd^ritten, ^u ©etoaltmafjregeln griffen, ober toenn Ritdpn unbSRär*
t^reraräber gefc^änbet tourben. Sie traurigfte Urlunbe in biefer $inftc^t ift baä Sbitt
ao be« Äaifer« an Die Sllejanbriner nad^ bem sIJtorb an ©eorgiu«. 2)er oberflächliche label,
ba« Derftecfte 2ob, baS baran gefnüpfte Verlangen, i^m bie Sibliot^e! be« ©rmorbeten m
überfenben: 3CEc^ ift gleich unfaiferlid? unb toirft gleich p einlief. Sie 9ta$ri$t, toelo^e
©olrate« bringt, ber ßaifer ^abe angeorbnet, bafe jeber, ber nid^t opfern toolle, eine ©teuer
an ben giäfuS mr Seftrcitung bed Äricgc^ gegen bie $erfer ;u be^a^len tyabt, totrb i^t
35 t?on fielen ftritifern bec^toeife(t. ©ie erf^eint nid;t fo unglaubtoürbig, toenn man bebenn,
bafe ber bigotte $Jtonaxä) ben ©ieg burefy bie ßjiftenj ber ©ottlofen im Steige ernftli^
gef%bet fefyen mu^te. Da§ bie Serorbnung auäjgefüfyrt toorben ift, barüber ifl freiließ
nic^tö belannt. ©^lie^lid^ |ängt ba$ Urteil über biefe 9lac^ric^t Don ber ©ntfc^etbtmg
barüber ab, ob man ben Senaten ber Hirc&enbäter ©lauben fc^enfen totll, bafe $. mit
40 energifd^eren SRa^regeln gegen bie ßir$e gebro^t Ifabt, toenn er au3 bem Dften jurücRe^ren
toürbe. 3Ran be^anbelt biefe Slngabe btö ©regor, 9lufin, Optatud unb ^ierottymu* je^t
meiftenö ate eine ßrfinbung. %n ber I^at lag fte nabe genug, aber anbererfeit» ifk ju
ertoägen, ba^ auefy ©p^raem fie bezeugt. 6r fa$t Carm. 2 au^brüdHic^: „Sei feinem
äbjuge ^atte 3- b«n äBai^en gebro^t, er toerbe t^n bei feiner SRücffe^r mit bem Sorn*
45 geftrüpp feine« Jpeibentum« bebedfen", unb Carm. 3 fpric^t er Don Briefen, in benen 3-
bei feinem älb^uge ben &ir$en gebro^t fyabt. Sie 9la^ric^t totrb alfo toobl irgenb toeb^en
©runb baben, aber toir toiffen nid^t, toelc^e Srobungen unb in toel$em Umfange ber
.Haifer fte erlaffen f?at. Sie @d)tbett bed 33riefe3 an Saftliud bleibt fe^r Mcbä^üg.
©o mufe bie ftiaat, ob ber Maifer entfd^loffen getoefen, feine Sßolitii gegen bie Stirere na$
so Seenbigung be« $erferlriegc« &u änbem, offen bleiben, könnten toir fle beanttoorten, fo
toärc toiel jur Beurteilung Julian« getoonnen. Slber allgemeine ßrtoägun^cn erfe^en bie
l'ücfe ntd^t. Ser s3)ionard^, auf bem Sfyrone fo unglüdtli«^, ift ben toürbtgflcn lob ge»
ftorben: er ift babor betoa^rt geblieben, fid? felbft untreu ju toerben, in feinen ©c^toa^en
au^jutoac^fen unb ft$ in bie ©rbärmlic^feiten unb Safter feiner 3eü J« berftridten. Unb
55 fo fyat er aui) ein Stecht barauf, bafe tyn bie ©efc^iid^te aU ben getäuföten, dein $$*
gonen einer fcerfunfenen großen @po<|c ber 9Renf^eit im 2lnbenfen erhalte, bafe pe i^n
ebre aU einen 3)iann, ber Derfud&t ^at ©erec^tigJeit ju übm unter äeitaenofjen, bei benen
biefe lugenb öerfebtounben toar. Ser^ic^ten totrb fte barauf, tyn afe Vorläufer einer
neuen &e\t ^u feiern, ober i^m gar bie ©efinnung unb ben 2Rut be« SUiftlärerS anju*
eo bieten ; auety nic^t neben einem ÜKarc Slurel toirb fte i^n fteQen.
Sttliais, Saifer Julius I., $a*ft 619
„2Bte eine Söolfe ift er Dorübergegangen". 3)ie Äird&e tyat au$ biefer (Spifobe ibrer
®ef$i$te nichts gelernt, bielleic^t au$ nichts lernen lönnen. 8b*lf $arnacf.
dnlittd I., $apft, 337—352. — Guelien: Catalogus Liberianus ed. SWommfen
MG Auct antiqu. IX, p.76; Liber pontificalis ed. 9ftommfen I, p. 75 f.; ed. Duchesne I,
p. 205; $ie ©riefe MSL VIII, p. 858 ss.; 3affe* P, p. 30 ss. SBeitereä f. b. 91. Briantömuä, 6
«tbanafiuS ©b 2, ©. 6 ff., 194 ff. — ßitteratur: gangen, ©ef*. ber römifrfjen ffirdje MS
Sllfht« III., 6. 424-459; ©rifar, ©efcf>id)te 9iom8 unb ber köpfte im 9JW I, ©. 253 f.;
DchrB III, p. 526-532; Jungmano, Dissert. selectae in hist. ecclesiast. II, p. 7—31;
Rivington, the primitive church and the see of St. Peter p. 173 ff., 467 ff.; Brieght, The
Boman see in the early church p. 81 ff. ; grie briet), 3ur ölteften ©efd). beö ^rtmateS in ber 10
Äir*e, ©. 160-180.
3uliu3, ber $rabition naefy ber ©otyn eines SRömerS 9tamen$ StufticuS, beftieg nad&
auffäuta langer ©ebtebafanj am 6. gebr. 337 ben römifd&en ©tutyl. £)te $Racfyri<$ten über
feinen $ontiftf at finb fetyr ft>ärlid&. -Kur atoeierlei tritt flar in ber Überlieferung fyerDor:
bie Bemühungen be£ SßapfteS um bie geiftlicfye SSerf orgung ber ftarf toad&fenben römifd&en 15
©emeinbe — er baute nic&t toeniger als 5 neue Äird^en — unb fein Steinalten im
arianifc&en ©treite. 9tom toar bisher Don biefem Streite nid&t berührt toorben. 3luc&
Julius fyit fi$ nid&t auä eigenem antriebe eingemiföt; er entfd^lofe fiety baju erft, als
beibe Parteien ifyn aufforberten, ftd& über bie ftrittigen ^fragen ju äußern. 3uerft **<**
eine fol^e Slufforberung an tyn fyeran Don feiten ber (Sufebianer. ©ie fd&idften im $afytt 20
338 brei orientaltfd&e Älerifer naety SRorn unb erfuc^ten ifyn um feine Stimmung ju ber
äbfefcung be$ SltyanaftuS unb ju ber ©rfyebung beä ^Siftuö auf ben ©tutyl Don 2llejan-
brien. SJber tun banaefy ersten in 9tom aud) eine ©efanbtfäaft beä SttyanafiuS. Stuf
bie Äunbe Don iprer äfofunft Derliefc ber fjütyrer ber eufebianiföen ©efanbten aföbalb bie
©iabt. ®ie beiben übrigen fonfrontierte ber Sßctyft mit ben SBoten be$ SltfyanafmS. Diefe 26
aber trieben tyre ©egner, hrie er behauptet, fo in bie @nge, bafj biefelben ben 9lntrag
ftefiten, bie ©ac&e auf einer neuen ©tynobe noefy einmal boraunefymen. Julius ging bereit*
toittig auf biefen 9Sorfc$lag ein. 9loi) bor SDtärg 339 fe$te er 3lt^anaftu5 ^ierüon in
ÄenntniS unb erfud^te i^n ^ugleic^, ben Ort ber neuen ©^nobe $u beftimmen. Slber in^
2ta)if(^en tnaren bie Sufebianer im Sunbe mit ftaifer Jtonftantiud ju ©etoaltt^aten über« 90
gegangen: berette um Dftem 339 langte Slt^anafiud als glücfytltng in 9lom an. einige
3«t barauf trafen bort aud^ anbere berbannte 9licäner ein, barunter -KarceH bon änc^ra.
®ie freunblid^e aufnähme, bie alle biefe 5Känner in 9tom fanben, mac^t e« begreiflich
ba^ bie ©ufebianer in tränlenber gorm bie ßinlabung be« Julius ju ber beabftd^tigten
©^nobe ablehnten. 9lte bann biefelbe enblic^ im §erbfte 340 in ber Äird&e be^ 5ßre«= 86
b^terd SSito ju 3lom jufammentrat, fprad^ fie, toie ju erh>arten ftanb, 2ltbanaftuS unb
3RarceD bon allen toiber fie erhobenen SBefd^ulbigungen frei, ^uliuä felbft teilte baö im
luftrage ber ©tynobe in bem berühmten ©^reiben an glaciHu« unb ©enoffen ben Orientalen
mit 3)ie« ©^reiben ift mit Stecht alg „ein TOciftertoerf bifd^öflid^er ^i^lomatie" be^
)et$net toorben. Db\voi)l ber ^ßa^ft ben Orientalen feinen 33ortourf erft>artt tnirb er bod^ 40
nie t>erle$enb unb un^öflid^. ©ac^lic^, ba« ift cfyarafteriftifd& für bie^rajte be« römifd&en
©tu^led, beurteilt er bie Streitfrage burd&auä öom ©tanbj)unfte be^ fird&licfyen Sed^te«.
3)aburc^ fa^ er fid& aber aud^ genötigt, fein eigene« SSorge^en red^tlic^ ju begrünben. ©0
behauptet er, um bie äBieberaufnafyme be« SSerfa^ren« gegen Stt^anaftu« unb ÜJlarceH ju
wd^tfertigen: fc^on bie grofje ©^nobe Don SRicäa fyabe bie 9let)ifton ber Slften einer 45
©tynobe burc^ eine anbere ©tynobe geftattet. 2lHein unter ben .HanoneS Don SRicäa ftitbct
fty leine berartige Seftimmung. Diefe Sefyauptung ift alfo toa^rfc^einlid^ auö ber Suft
«griffen, ©ie entfj)ri(^t ferner aud& nic^t bem bamaligen ftrcfylic&en ©etoo^n^eitöred^te.
5Dnm biefed lannte, foDiel h)ir toiffen, nod^ {einerlei Sted&tSmittel gegen f^nobale ßnt*
(Reibungen. Söeiter be^auj)tet 3U^U^/ um üu rechtfertigen, bafe gerabe er bie 2Bieber= 50
aufnähme be« SJerfa^ren« in ber ©ad>e be« Slt^anaftu« eingeleitet f^atte: e$ fei ©itte, ba^
bei Anflogen gegen Sifcfyöfc ober bei Slnflagen gegen ben Sifc^of Don 2llejanbrien —
ber Suf^ww^^nfl erlaubt beibe Schiebungen — bem Sifd^of Don 9tom Serid^t erftattet
toerbe, unb bafe bann Don ^Hom au« (evßev) Derfügt toerbe, h)a« Siedeten« fei (rd dixaia
ögßeo&ai). @r tt>iU bamit anfd^eincnb rxod) ntcfyt für ben römijc^en SBifcpof in causaese
maiores ober in Sßrojefien gegen ben Sifd^of Don Sllcranbrien ba« Stecht ber oberften
gntföcibung beanf^rud^en. (£r forbert nur, ba§ ber römifc^e SSifc^of Dor ber (Sntfc^eibung
um ein 9ie$t3gutad)ten angegangen h>crbe. älber aud) in biefer Sefc^ränfung entftm$t
feine 8e^aui)tung nid^t ber anerfannten firc^ltc^en ©etoo^n^eit. 9lur fotoeit SKlejanbrien
620 3«tt«3 I-r $«W
in grage fam, fonnte ein Sßräjubig für ben ©a$ angeführt toerben: bie 6ntfc£eibung beS
Qioityfui* Don 9tom in Sachen beS ©tontyftuS Don älejanbrien. 2)a$ ©erfahren be$ $apfte3
toar alfo rec&tlic$ gtoeifelloS anfechtbar. 2)aS betoeifen gerabe bie ©rünbe, bie er gu feiner
^Rechtfertigung anführt. — 35er ©rief beS Julius ift benftoürbtg als eine überaus Hare
5 Darlegung ber SRec^töfrage unb ber römtfcfyen Slnfprüctye, aber ben 3toe*> ^OT SujiuS mit
tym Detfolgte, bie Steftitution beS atijanaftuS unb -KarceH, erreichte er ni#t bamit. 9$iek
mefyr Derfcbärfte er bie Spannung gtoifdjen Orient unb Dccibent, SRom unb Äonßantinopel,
too ingtoifctyen @ufeb Don 9lifomebten 93if$of getoorben toar. 3)aS geigen bie SBerfcanb*
lungen ber Äird&toetyfynobe in 2tntioc£ten im %afyxt 341. gm folgenben ^ar/re befoog
10 bann nid&t Julius, fonbern in erfter fiinie tootyl #oftuS Don (SorboDa ben Äatfer ßonftanS,
gur ^Beilegung beS ©treiteS bie ^Berufung einer neuen allgemeinen ©tynobe gu betreiben. 3m
£erbfte 343 trat biefelbe ui ©arbifa gufammen. Julius toar nid&t antoefenb. 3tter bie
©tynobe ftanb bocr) unter Dem ©inbruae ber S^atfadfo bafe ber ^ßa)>ft ber mä^tigfte 3fa*
toalt ber 5Ricäner fei. 2)aS geigen bie berühmten canones 3, 4, 5 (7). ©ie pnb er*
15 (äffen, um ben Derfolgten 9fieänern gegen bie Urteile antinicänif^er ?ßroDingialfoiu>ben einen
ftcr)eren 5iecr)tSfctyu$ gu Derfc&affen, unb gugleicfc um einige, in ber entgegengefefcten Stbfw^t
erlaffene, Verfügungen ber Ätrd&toetyfonobe Don 3lntio$ien, beren ©influfj au$ fonft in ben
canones Don ©arbifa gu bemerten ift (Dgl. c. 1. 2 mit Slntioctyia 21, c. 8—12 mit
9lntio$ia 11. 12), gu parieren. IjSatU man gu 3lntto$ia ftrift unterfagt, baS »erfahren
20 gegen einen abgefefeten SBifc&of auf einer anberen ©tynobe toieber aufgunebmen (c. 4. 15),
fo Derorbneten bie aSäter Don ©arbifa im ©egenfafc tyiergu: 1. 2)er SMföof Don SRom ift
befugt, auf Stntrag ber Parteien bei ®epoftttonSfIagen gegen SBifctyöfe bie SOten gu begufc
achten unb na$ bem SluSfaH beS ®utaifyttn$ bie Klage gu erneuter SSer^anblung Dor bie
©tynobe ber benachbarten $roDing ju Dertoeifen; 2. eS ift ü)m freigefteOt, gu biefer
26 erneuten SSer^anblung römifctye ftlertfer abguorbnen, toclc^e als ftimmberec^ttgte Stifter
angufe^en finb. 2)er $apft fann alfo nid&t ettoa toie bie canones fpater interpretiert
toorben finb unb nocfy ^eute interpretiert toerben, motu proprio einen $roge& Dor fem
^orum gießen, er fann 3. aucr) nictyt motu proprio bie SßroDingialfonobe gur &e$enf$aft
gießen, unb 4. er fann nicfyt na$ feinem SBelieben baS neue ©ericfyt fonfKtuieren. 6r barf
so lebiglicty auf Antrag ber Parteien ein SRec^tSgutac^ten abgeben unb römif$e Slerifer als
Stifter gu bem neuen ©erkr/t belegteren, ^araud ergiebt ftc^ : bie ©eroalt, bie ba* Äongü
bem Zapfte, nic&t guliu« aDein, toie noc^ 35öHinger meint, einräumt, ift toeit befdfränfter,
aU bie ©eit)a(t, meiere ba3 ^ongil Don ß^alcebon für cü)nli$e ^afle ben @£an^en unb
bem Patriarchen Don Äonftanttnopel iufprid^t (Dgl. c. 9 Gfyalcebon). 9tber bie Sebeutung
86 ber Manone^ beruht auc^ garniert au) i^rem tyatfä$li$en ^n^alt, fonbern auf bem ®e*
brause, ben bie römifc^en iöifd&öfe toiberred^tlic^ baDon gemalt ^aben, inbem fte 1. biefelben
bem Äongil Don 9iicäa unterfd^oben, unb 2. eine oberftri^terlid^e ©etoalt über bie @e
famtfird^e barau^ folgerten. — @3 fc^eint nic^t, ba^ ^uliuä in bie Sage fam, Don ben neuen
SBefugniffen, bie auc$ in ber oben angegebenen Sefd&ränfuna eine er^eblic^e 33erftofung
40 ber rechtlichen Stutorttät be« römifc^en ©tufyleä bebeuteten, ©ebrauc^ gu machen. $eim
fc^on im©ommer 344 trat in ber Äirc^enpolitif bc« Äonftantiug eineSBenbung gu©unflen
ber SRicäner ein. 2)ie 5ßerfon be^ SßapfteS, auf bie fic^ btö^er aDe SBlidEe gerietet Ratten,
fte^t bar/er Don nun an nic^t me^r im SJtittelpunfte be^ fortbauernben *ßarteifampfe$.
SBir ^ören, t>a$ er 346 SltyanaftuS auf ber^eimreife nac^ bem Orient in 3tom begrüßte
46 — er gab i^m beim 9lbf$teb ein febr ^erglic|e^ ©^reiben an ben &leruö unb bad $oD
Don Sllejanbrien mit, toeld^e« barum fe^r bemafen^loert ift, toeil e$ gang Don ©d^mä^ungen
unb italäfterungen ber ©egner frei ift — SBir fyören toeiter, bafe er einige Reit barauf
auf Slntrag einer 3Wailänber ©pnobe bie Stecfytgläubigteit be^ Urfacurö unb Solenn prüfte
unb biefe beiben geiftlic^en ©treber toieber in bie Äirc^engemeinfd^aft aufnahm: Dad i^
50 aDe^. 3Der Der^ängni^Dollen 2Benbung, toclc^c ber ©ieg be3 Jlonftantiud über 3Ragnentiud
in ber Krcfylicfyen Sage nad^ ftc^ gog, h>arb er gur redeten ^eit burc^ ben %ot> eiüriuft,
12. 2lpril 352. — 35ie eingigen ©Triften, bie toir Don Sulutf beft^en, ftnb We beiben
oben ertoäljnten Sriefe an ^lacilluS unb bie älejanbriner. gtoei anbere S3riefe an bie
Orientalen in ©adjen be« Slt^anaftu^ [\nb gälföungen ^ßfeubo^fibor« (^aff^ 195. 196X
6r> ebenfalls gefälföt [xnb bie Saffe 189—194 ertoä^nten »riefe: fie fmb Don SpoDi*
nariften fabrigiert. Slnbere Don©ennabiu« unb Don%2eontiu^ Don Stygang genannte ffi*
Jc^ungen berfelben §erfunft fmb nicfyt auf unö gefommen. SDagegen bqu)en toir nod^ 10,
ebenfalls Don fpätercr ^anb ^errü^renbe, decreta, ^affö 197—206, unb eine ebenfalls
Julius' 9lamen mit Unrecht tragenbe Siturgie, toel^e bie f^rifc^en 3<*>biten benu^t ^faben.
60 $)ie ÜDtenge biefer Jälfd^ungcn unb ^jeubepigrap^en geigt, toel$en @inbrud bte ebenfo
3ultit$ L, $<tyft 3uliuö n., $<tyft 621
fefte, tote fluge Sßolitif be« ^atfte« auf NiKit= unb 9tad&toelt gemalt, unb toeld&e SJerftär*
hing ber tJäpfttid&en Autorität fic $ur goige gehabt ^at. ©$on frütye hmrbe barum
^uitu« in Stom al« ^eiliger Derart (lag: 12. 2tyril, fetyon im Martyrologium Ro-
manum). #. »B^wen
3ttImS IL, $aj>ft toon 1503—1513. — Oucllcn: $ie 93uOen Suliu« IL finben 5
fid) bei Cherubini, Magnum Bullarium Romanum, Lugd. 1655, tom. I, p. 477 88.; baju:
SBrofdi. S)epefd)en uom römifdjen £ofe $ur Seit flleranber« VI. unb 3uliu«IL, in 4)31877,
©. 293 ff. ; berf., $apft Suliu« II. f. u., 93etlagen (Sichtige Slftenftütfe au« b. gelt 3ul.IL);
ftatubon ©roron, Calendar of State papers, Venice t. I unb II, fionb. 1864 88. ; $e«jar«
bind, Negociations de la France avec la Toscane, t. II, $ari« 1861 ; 3Racd)iaoeQt, Lega- 10
aone alle Corte di Koma 24. Oct. — 16. Dez. 1503, legazione seconda, 25. Aug. — 26. Dez.
1506, in 9Racd)iat>efli, Opere, Firenze 1813, t. VI, p. 36488.; SSettori, Sommario deüa
storia d'Italia dal 1511 al 1527 (Arch. Stör. Ital. Append. VI, p. 261 ss); ©uicciarbini,
Historia. d'Italia, 1. Visa.; Diarium Johannis Burchardi ed. Tnuasne, $ari«1883f.; Dia-
rium Paridis de Crassis, p. I — IV ab anno 1506-1513, ift toertooü, nur l)anbfd)riftlid> 16
Borfcanben, bod) uielfad) von ben gorfdjern bennfet; 6t. ©elai«, Histoire de Louys XII.,
mise en lumiere par Godefroy, $ari« 1622; Pauli Jovii Historia sui temporis, Basileae
1517, passim; <ä)eront)mo (Jurita, Historia del Key Don Hernando el Catolico, Saragoca
1585. ($)te ©laubroürbigteit ber genannten ©ebriftftefler unterfud)t Staute : 3ur Srritif neuerer
©efd)id)tfd)reiber, 2. Muff., ßeip$ig 1874). 93iel Material finbet fid) aud) bei föaünalbu«, 20
Annales ecclesiastici ad ann. 1503 — 13.
Sitteratur: ©palatin. fieben 3ulü, abgebrutft bei $en$el, 93erid)t uon ber SReformat.,
8b II, ©. 1 1 ff. ; Historia Platinae de vitis pontiff . Rom., bearb. uon Onupljrio $anoinio,
Coloniae Agrippinae 1626, p. 343 ss.; Vitae et res gestae Pontiff. Rom. . . . Alphonsi
Ciaconii opera descriptae, ab Augustino Oldoino recognitae , tom. III, Romae 1627, 25
p. 21988.; ©br. S. $r. Said), ©ntnmrf einer uoUftänblgen fciftorie ber römifdjen $äpfte,
(ftottingen 1758, ©. 370ff.; »rcbibalb 93on?er, Unparttjeiifcbe fciftorie ber römlfaen $äpfte,
X, lf ausgearbeitet uon SRambad), SRagbeb. unb £eip$. 1779, 6. 3 ff.; töo«coe, fieben unb
»egierung fieo X. 93b I, ßeipj. 1806, ©. 390 ff.; 3fr. ö. SRaunter, <&efdj. Europa« feit bem
dnoc be« 15. 3a(r(.f 1. 93b., fieipj. 1832, ©. 50 ff.; Säger, Ueber ftaifer äRajimilian« I. »>
«erbfiltnt« jum ^apfttum (©S91 12, Sien 1854, ©. 195 ff., 409 ff.); ©ngentjeim, ©efd).
ber fcntftefjung unb Hu«bilbung be« flirebenftaate«, 2etp*ig 1854, ©. 388 ff.; £an$, «ften»
ffcücfc unb «riefe jur ©efeb. Äaifer tarl« V., $b I, Einleitung, Sien 1857, ©.73 ff.: Neu»
mont, (Bef*. ber ©tobt SRom. III, 93erl. 1870, ©. 10ff.; S. 93öf)m, £at flaifer SKarimU
lian L im Sab« 1511 Sßapft werben wollen? in bem 8. SabreSberidjt über bie fiutfenftäbt. 35
öemerbefc^uie in 93erlin, 93erlin 1873; fi. u. Dtante, 3)eutfdje ©eieb. im 3citalter b. SReforntat.,
5. Hufl., 1. 93b, fieipj. 1873, ©. 117ff.; berf., $ie römifd)en köpfte in ben legten 4 Sa^r*
^unberten, 93b I, 6. $lufl.. ßeipjig 1874, @. 35 ff.; berf., ©efcbidjte ber romanifdjen unb
germanifdjen Wolter Don i494 bis 1514, 2. «ufi., fieip^ig 1874, ©. 21 3 ff.; ©regoroüiuä,
öef*. ber ©tobt 9tom, VIII, 3. Hufl., ©tuttg. 1881 ; Sattenba«, ©efd). be« röm. ^apft» 40
tum«, 53eri. 1876, ©. 297 f. ; ©c&önberr, 3)er ^rieg Äaifer ^ajimilian« I. mit 93enebig 1509,
Sien 1876; ©urtf&arbt, $ie Kultur ber SRenaiffance in Stauen, 3. Aufl., 1.93b, fieipj. 1877,
6. 112 ff., 231 jc; 93urctf)arbt, ©efd). ber SRenaiffance in Stauen, ©tuttg. 1878, ©. 11 ff.;
*a*quaie «iliari. iRic. 9Rac*taüeai unb feine 3eit, überf. üon Wangolb, 1.©b, fieipj. 1877,
©. 388 ff.; 93rofd), $apft Suliu« IL unb bie ©rünbung be« ^ird)enftaate«, ©otba 1878; 45
3>aü. grr^br. ©traufe, Ulr. oon fcutten, 4. Aufl., 93onn 1878, ©. 68ff.; e. oon $>bfler, 5)ie
Tomanifcbe Seit unb ibr «erliöltni« ju ben ^Heformibeen be« Mittelalter« (©SW 91, 1878,
©. 493 ff.); 93rofcb. ©efdj. be« Äirdjenftaate«, 1. 93b, ©otlja 1880, ©. 23 ff.; (Sreigbton,
History of the Papacy, vol. IV, p. 54—176, Sonbon 1887; s^aftor, ©ef«. ber $äpfte, III
(1484—1513), greiburg 1895. 60
®tultano beHa SRoöere tourbe in Sllbi^ola bei ©aöona im 3<*fyre 1443 al« ©o^n
unangefe^ener Seute, be« SRafael SRoöere unb ber 2:^eobora 5Kanerola, einer ©riea^in, ge«
boren. 35a^ ba« ©efd&lea^t biefer ein mit ber gleichnamigen ^oc^abligen gamilie öertnanbte«
getoefen, ift eine 33ei}auptung, bie nur bem Umftanbe i^re Gntfte^ung öerbantt, bafe ©iu*
liano toie früher fein Dnfel ^rance«co (Sijtu« IV.) ben ©tufyl $ctri beftieg. ©iuliano 55
f$eint guedft feinen S3eruf im Maufmann«ftanbe gcfua)t ju f^aben, bi« fein JJfyeim ^ran*
ce«co Äarbinal rourbe unb fomit bie geiftlta^e ^aufbat^n beffere 3(u«ftc^ten bot, al« bie
laufmännifcfye; 1471 rourbe er Äarbinal Don ©. ^Jietro ab Sincula, )eboa^ nia^t in ba«
btfonbere Vertrauen ©i|tu« IV. aufgenommen, roeld^e« bamal« ©irolamo SRtario, eben*
fall« ein na&er aSerroanbter, ungeteilt befafc. SBobl rourbe ©iuliano freigebig mit ^ßfrtinben eo
bebaut, aber im I)ienfie ber .Uurie nur feiten gebraust ; Dtelleia^t eraaStete man i^n, ba er
bietym imS<^re 1474 gefteHtc Aufgabe, al« Jpeerfü^rcr ßtttä bißaftello ju erobern, nia)t
622 Salin* IL, fm
jur 3wfricben^cit be« $apfte« gelöft, für unfähig, bie bertoidfelten ©efd&äfte ber ftir$e ju
führen; erft im Igaljre 1480 toarb tym toieber eine Negation anbertraut, bie tyn auf jtoei
3atyre naty ^ranfrei^ an ben §of fiubtoig« XI. braute. 3Rxt bem rucfclofen ©unfähig
be« $a£fte«, ©irolamo SRiario, lieft er fid> mfotoeit ein, aß er ftd> anbeijcfytg machte, ba«
5 äbel«gefcfyla$t ber Golonna, ju benen er in einem natyen 3$erfyältni« ftanb, bem Äönige
Don Neapel abtoenbtg unb in ba« fiager biefe« 3lfy oten StEtu«' IV. ^inüberjujte^en. 3U«
aber bie Golonna. toetl fte bie bäpftlicpen 2lnerbietungen jurüdfgetoiefen unb fiq in eine
blutige gfe^be mit bem ©efcfylecgte ber Drftni, ba« auf ber ©eite ©tjtu«' IV. ftanb, ein-
geladen Ratten, ber toa^rtyaft entfestigen Städte be« ©irolamo Sltario au«gefe$t toaren,
10 ba na^m ftcfy ©iuliano unerfdbrodf en unb nad^brücflic^ ber #artbebrängten an. (Sine lettenbe
Stolle fpielte ber Äarbinal Don ©. Sßietro ab SSincula unter 3ro*ocenj VIII., ju befien
©rtyebung er ba« meifte beigetragen fyatte ; feinem (Sinflufc toar e« jujufcgreibcn, tafr biefer
$aj)ft in bem Mampfe ber neapolitamföen Sarone gegen tyren ßönig gmante fite jene
Partei ergriff (f. b. 31. Snnocenj VIII. oben ©. 138, 2). (£« e&rt aber ben Äarbtnal
16 SRobere, bafc er ftcfc nicfyt billig fmben liefe, nacty bem lobe gsnnocenj' VIII. SUeganber VI.
mit ber ftiara ni fömücf en. @r toiberftanb ber Seftec^ung be« fd&amlofen Sorgia ; unb
toenn auclj ber $apft 1493 ©iuliano alle feine ©infünfte garantierte unb ©utyer^ett jujagte,
bie 3lu«föfynung toar nur eine fcfyeinbarc, fd^on 1494 flo| StoDere ^eimlicty nacfc granrreu$,
fein Seben Dor bem ©ift unb bem 35ol$e Sllejanber« VI. in ©tctyerljeit ju bringen. #ier
30 am Jpofe Äarl« VIII. fefcte er alle« in 93etoegung, um ben Jtönig für einen gug na<$
Italien jum ßtoecf ^vc ©rtoerbung Steapel« unb ber Slbfefcung SUejanber« VI. ju ge*
hrinnen. JBofyl unternahm .ftarl VIII. ba« SBagftüdf, bie (Eroberung Neapel« gelang,
. aber ber fefynlic&fte SBunfö ©uiltano«, ber $ro$efj gegen ben ftmoniftifc&en Sßapft, ging
nic&t in ©rfüttung; e« gelang 3llejanber VI., ben Äönig Don gfranlreic^ burc£ grofce Qa*
26 geftänbniffe taub ju machen für bie Statfd^läge be« erbittertften ©egner« ber SJorgta, be«
«arbinal« Stöbere. 3n *>em 9fo«gleicty mit bem Zapfte fyatte Äarl VIII. Don SUejanber VI.
für ©iuliano folgenbc« au«bebungen: fernere« Serbleiben in feiner amtlichen Stellung,
ungefyinberte Stornierung aller feiner *ßfrünben, ungeftörten unb fixeren Aufenthalt in 9tom.
Slber felbft auf biefer ©runblage toollte berÄarbinal feinen ^rieben mit äUeganber VI.—
aobeffen offene ^einbfd^aft ifym Weniger gefä^rlic^ bünfte al« bie in einem SreDe jugefic^erte
fjreunbfd^aft — bo$ noc^ nic^t machen. »JJolittfcfye Älug^eit, nid^t ettoa äbjc^eu Dor bem
nic^tötoürbigen SSerbrec^er auf bem ©tufyle $etri, liefe i^n bie 2luSfitynung ^inau«f Rieben :
fte erfolgte erft im ^afyre 1498, al« bie toactyfenbe Slad^t be« $apfte«, mit bem ficfc au<^
ber -Nachfolger Äarl« VIII., Subtoig XII. Don granfreidj, au«einanbergefe|t, tf^n felbft in
36 ^ranfreid^ ju erreichen brofyte. @r übernahm je|t bie für tyn h>enig e^renDoBe Stoße
eine« §eirat«agenten für 6äfar S3orgia, ben ©ofyn Sllejanber« VI., \a noc$ me^r, er liep
ftd^ bereit finben, ein Sünbni« jtoif(|en bem Sßapft unb bem Äönige Don granfreid^ auf^
Juristen, h>eld^e« über Italien neue« Ärieg«Derberben braute. 3*^ Sllejanber VI. traute
>em Äarbinal nicfyt, er fud^te fc^on im ^a^re 1502 jtDeimal fic^ mit äift feiner ju be»
40 mächtigen; ber ben gadftrtcfen be« Sorgia gUicflic^ entronnene ©iuliano fa^ |t(^ genötigt,
em 33erftecf ^u mahlen, ba« er fo geheim ju galten hmfete, bafe alle Slnftraigungen be«
Sßapfte«, feinen äufent^alt«ort ju ermitteln, otyne ©rfolg blieben. @rft ber lob alegan*
ber« (1503) geftattete iljm, unb bie beDorfte^enbe $apfth>a^l erforberte bringenb bie 3Wid*
le^r nacfy SRom. Slu« bem ÄonflaDe ging al« Sßapft 5ßiu« III. ^erDor, ber aber nur 26
46 Sage pontifi&ierte. %t%t befanb ficfy ber Äarbinal Don ©t. Sßietro ab SSincula am 3^
feiner SBünfqe: am Äbenb be« 31. Dftober« Dereinigten ftd^ bie Stimmen ber Äarbinälc
auf ben jje^t 60 jährigen ©iuliano Stöbere, ber, um bie au« ©panien gebürtigen ©lieber
be« fyeil. Äollcgium« ju gewinnen, ftcfy ju bem crniebrigenben Serf^ret^en Jatte Derfteben
muffen, 6äfar Sorgia ben ferneren 93eft$ ber Don i^m bur$ Serrat unb 9Rorb getoonne«
60 nen Stomagna nid^t ftrettig ju machen : unb ba« Seugni^ glaubtoürbiger ßeitgenoffen lagt
h)o^l leinen 3^eifel übrig, bafe Derfc^tDenberifc^ aufgeteilte ©elbfummen bem ©iuliano
StoDere bie 2Bege jum ©tu^le $etri geebnet, gür bie ^o^e SBürbe mo<^te tyn too^l au^
emffo^len ^aben feine Ityatlraft, bie ^efttgfett feine« Styarafter« unb feine oft erprobtt
ftaat«männif$e Begabung, mi)t aber ettoa glängenbe Sugenben, an benen fein bisherige*
66 Seben fc^r arm getoefen — ben fmnlic^en äu«fd^n)etfungen Ijatte er bi« ju bem ©rabe
gefrö^nt, ba& fein Körper ber burd^ fte berurfaebten Äranf^eit gu erliegen bro^te. Der
3)ienfte, bie ßäfar 93orgia i^m bei feiner SBa^l geleiftet, eingeben!, überhäufte ^uTni« II.
— fo nannte fiefy ber StoDere^apft — feinen früheren ©egner in ben erften Zagen feine«
^iontifilat« mit Setoeifen ber greunbfe^aft, bie aber nur bi« jum 22. 9fo>ember 150:3
60 toäf^rte, bi« $u bem 2lugenblidf, ba bie tfircfye bie äu«lieferung feiner feften ©<^ldffer in
3toKitS TI , $<tyft 623
ber Stomagna bon bcm fyartbebrängten Sobne Sllejanber« VI. verlangte ; bie Serc(£tigung
)u biefer gorberung leitete ^uliu« II. au« feiner $flid&t ab, jene Surgen ber Äird&e ju
«galten unb ben Übergang berfelben in ben Seftfc ber Senetianer, toelc^e fie bem Rannen
ber SRomagna, &ugleic$ aber ber §errfdjaft be« ^Ja^ftc^, entreißen toollten, ju bereuten.
2)en bie £erau«gabe feiner Sctylöffer bertoeigernben Sorgia liefe 3U"U3 (29. -Jtob. 6
1503) gefangen nehmen, nadj SRorn führen, unb gab ifym bie gftetyeit erft bann toieber,
al« er ben ttaftellanen feiner Surgen bie Übergabe berfelben an bie Sebollmäctytigten ber
tfurie befohlen. 911« nun bie Senetianer fortfuhren, auf Äoften ber ftircfye fi$ in ber
SRomagna au«$ubefynen, unb bie päpftlidjen ßrmatynungen, bie in ber SRomagna bereit«
ertoorbenen Drtfcfyaften bem Studie $etri jurücfjuerftatten, unbeachtet Helen, fud^te 10
3uliu« II. ein Sünbni« jtoifcfyen ben fyerborragcnbfien Staaten gegen bie beneatanifd&e
9tq>ublit &u ftiften. am 22. September 1504 föloffen bie Setyerrföer 2)eutfd&lanb« unb
§ranfrei<$«, 3Jla£imilian unb Subtoig XII., auf Slnftiften be« Zapfte« einen Vertrag, beffen
©pifcc gegen Senebig gerietet toar; biefe .Koalition fyatte jur golge, bafe bie Signorie
aOe in ber Slomagna gewonnenen Seftfcungen — mit 2tu«nafyme bon Stimini unb $aenja ib
— 3ulhi8 II. gurtidfgab; ntcfyt für fein ©efölecfyt unb für feine 5Repoten beanfpruegte fte
ber Sßapft, fte mit anbertoeitigen (Srtoerbungen ju einem ber ßirctye unb tyrem Raupte
untertoorfenen Staate )u bereinigen, War ba« giel, toeld&e« tym bei feinen ©roberung«*
planen öorfdjtoebte. Um ben Sßlan ber Segrünbung eine« Äircfyenftaate« jur 3lu«fütyrung $u
bringen, berfd&mäfyte er e« nic^t al« gelbfyerr an ber Spifce eine« $eere« gegen bie Scannen 20
tom Sßerugia unb Sologna ju jiefyen; betbeStäbte ergaben ft$ tym im 3. 1506. Um nun
au$ bie legten Senebig berbltebenen Stäbte in ber SRomagna ber Stepublif ju entreißen
unb fte bafür, bafe fte bafante Sifd&of«ftüfyle befefct unb ben Äleru« befteuert tyatte, ju be*
{trafen, toar er beftrebt, Italien bon neuem &um lummelplafc beutfcfyer, franjöftföer unb
fpanifc^er Sölbnerföaren ju machen. Sei ber 2öat>I ber 9Rittel nidjt« al« fernen Vorteil 26
)u State jie^enb, gelang e« §uliu« II. burd& 3^^^^%^ un*> 2^9 dfe* ***# We bi«fyer
toerfehtbeten Äönige Don £)eutfcfylanb, gfranfeeicfy unb Spanien au«$uföfynen unb fte am
10. 2)ej. 1508 in ber tiga bon ßambrafy ju einem &f gegen Senebig &u bereinigen.
Auf bie bon tym bem Untergang getoetyte Stepublil fd&leuberte ber$apft am 27. 2lpril 1509
ben Sann ; etne gegen bie granjofen verlorene Scplac^t jtoang biefelbe balb, 3iuliu« II. 90
bie bon tym beanfprud^ten (gebiete in ber SRomagna ^erau«jugeben unb um Slbfolution
gu bitten; biefe tourbe gewährt; ber $apft aber trennte fiefy nun bon beräiga bonßam^
taal^ unb fc^lug fi$ auf Seite ber Senetianer gegen ben König bon grantreic^, ben er
bo<$ felbft nac^ Italien berufen. Se^r teuer ^at bie Signorte bie greunbföaf t be« ^apfte«
erlauft; )u ber Überlaffung ifyrer romagnolifc^en ©ebiete mufete fie ba« Serfprec^en eine« 86
Ser}ic^te« auf bie Sefefcung erlebigter bifd^öflid^er Si^e unb auf bie Sefteuerung be«
Kteru« ^in^ufügen. 3)ie gleite Erbitterung, bie 3uliu« II. bi«^er gegen bie Senejianer
erfüllt, befeelte i^n jefct gegen SubWig XII., bem er einen gefährlichen SBiberfac^er in
$emri$ VIII. bon ©nglanb unb frieg«geübtc ©egner in ben Sc^toeijern ju fd^affen [\$
angelegen fein liefe. 3)er Serfuc^, gnglanb mit granfreid^ ju berfeinben, mißlang unb 40
ber bon ben S^ftei^ern unternommene ,Urieg«aug blieb refultatlo«; auc^ ba« Unternehmen,
bw ©^°9 8lfon« bon ©fte, ben Scberrfc^er gerrara«, für feine Sunbe«genoffenf$aft mit
granfreic^ 3U ftrafen unb ^^ara bem Äirc^enftaate cinjuberleiben, ^atte nur ben 6rfolg,
bafj 3uKug 'n Sologna — toofytn er ftc^ begeben, um ben Mampf gegen gfa^ara mit
größerer ©nergie gu führen — beinahe in bie ©efangenfc^iaft ber granjofen geraten toäre. 45
um ben Sßapft in Sc^ac^ ju galten, berfammelte £ubh)ig XII. im Sept. 1510 in lour«
eine ©ipnobe ber fran^öftfe^en Sifc^öfe, h>ofelbft man befdjlofe, 3"^^ U- fernerhin ben
ftr$li<$en ©e^orfam ju berhjeigern unb fi$ mit bem Maifer -Dlajimilian in« ©inberne^men
tu fe^en in betreff eine« ju berufenben allgemeinen Äonjil«, h)eld^e« atöbann über ben
$apft bie Stbfe^ung au«jufprec^en babc. Sluc^ in Italien, felbft im Äarbinaltollegium, go
füllte man enblicfc bie Sc^anbe, bie bem Stuhle ^5ctri baburc^ angetan tourbe, ba| ftd^
ber SteDbertreter be« Slpoftclfürften in einen nur auf ßroberung«lriege unb auf Slutber«
gießen bebauten gelbf^auptmann getoanbelt l;atte; fünf Marbinäle bcrliefeen ben 5ßapft,
gingen na$ 3Wailanb, bem Hauptquartier ber granjofen, ein Sd^i«ma ftanb bebor. Db
yuliu« II. aud^ bie ©efa^r geJannt, bie feinem 2:l>rone bon feiten ÜJlajimilian« I. bro^te, 66
toiffen toir nic^t. 6« finb un« brei Schreiben be« Äaifer« erhalten, in benen er ben toun«
berfam flingenben $lan enttoicfelt, ft^ felbft al« $apft in ben Seftfc ber liara $u fe^en,
alfo Äaifertum unb ^apfttum in einer §anb ju bereinigen. $er $a|, ben gwliu« II.
ht Stauen, fjrantreicfy unb £)cutfd>lanb auf fic^ gelaben unb bie bamaligen Sertoidflungen
unb Ärieg«toirren Heften üDtactmiltan bie 2lu«fübning biefer pl^antaftifc^en 3bee möglid^ er^ 00
624 3ultis* IL, $a*ft
fcbemen. 9li$t3 toar im ftanbe, Julius II. in feinem Sor&aben, grerrara bem £crj|og
Sllfonfo gu entreißen, ju beirren; bie (Sroberung ber Stobt toar aber ein laum bur$)u-
füfyrenbeS SöagniS o^ne vorhergegangene ßrftürmung 9Riranbola$. 9Ba$r$aft fcfcouber*
erregenb ift ba$ Silb, toie biefer $aj>ft, mitten im SEBinter in ben Seiten ber Von feinb*
slu^en Somben bebro^ten Sölbner ftetyenb, bie ermübenben Sparen jum &amj)f e anfeuert,
bie entfe$li$ften Drohungen gegen bie belagerten auSftößt unb fdj>ließli($, tpeil er e$ nic^t
abtoarten tarnt, baß bie X^ore ft$ öffnen, burcty eine Heine Srefc^e in einem bölgernen
Mafien ftcfy fyinauftoinben läßt. (Snblicfc ereilte bie 9lemeftä ben nur nac$ Vergrößerung
be$ Äirc&enftaateS ftrebenben Julius II. Sologna fiel in bie Jpänbe ber gframofen, ber
10 $erjog Von Urbino, ein 92effe beä ^a^fteö, ermorbete auf offener Straße einen Julius II.
befonberS vertrauten Äarbinal ; bie fünf föi3matif$en Äarbinäle beriefen im SinVerfiänbmS
mit SRajimilian unb Subtoig XII. ein Äomil nacty^ifa, toelcfyeä aud& im SRoVember 1511
fyier jufammentrat. Um baS Slnfeben beSfelben ju untergraben, fagte ber $apft für ben
19. 2tyril 1512 eine ßird^enverfammlung in SRorn an, unb um enbluty biegramofen aus
15 Italien iu Vertreiben, bringt er 1511 bie „^eilige 2iga" juftanbe, an ber ftc$ tferbinanb
von Spanien unb bie Senetianer beteiligten. 2)a$@lüct berSc$lac$t entföieb )u©unftai
grantrei<$$, bie ganje Stomagna, an beren Srtoerbung 3uliuS II. feine 3ett unb Mraft
äe£t, ging verloren, ©rft als (Snglanb unb ber Äaifer tyren Seitritt ju ber ^l. 2iga
lärt Ratten, gelang e3 biefer Vom Zapfte geftifteten Koalition, bie gxanjofen ju einem
2o3Jüdfjug über bie ätlpen ju fingen; fte fefcte benn aud& $ul\vi$ II. in ben Stanb, bie
türjlicfy verlorenen Steile ber SKomagna jurüctjugetoimten unb bem Von tym gegrünbeten
Mircfyenftaate Sßarma unb *ßiacen$a binjujufügen. Site tyn am 20. grebruar 1513 ber
beVorfteljenbe lob eine Überfd^au über ba$, toaS er toäfyrenb feine« $ontififat$ geleiftet,
galten ließ, foH ifyn tiefe Steue über feine 9Rißregierung ber Äirctye erfaßt unb er fein ®e*
25 föicf, baä tyn auf ben päpftlictyen Stufyl gerufen, betlagt fyaben.
$at aud) biefer bie 35ölfem>elt mit $aß unb Mrieg erfüdenbe $aj>ft ni<$t einen
einigen 3U9 aufeutoeifen, ber \xn$ an ben erinnert, beffen Stellvertreter ju fein er ft$
rühmte, an feinen tarnen ftnb bod& etoig bauernbe Schöpfungen getnüpft, bie tym in ber
©efcfyic^te ber Äunft Unfterblic^teit fiebern. Sramante, SRic^el ängelo, iKafael £aben in
so feinem Dicnfte tyre 9JJeiftertoerte gefcfyaffen, an ifyren arbeiten beteiligte er ft<$ mit jener
inneren ©lut, bie tyn trieb, alle ipinberniffe — motten fte in bem feften ©eftein ber be*
lagerten Surgen feinem §cere ober in ber $ärte be$ ÜWarmor« feinem Äünftler ent=
gegentreten — im Sturm &u überhnnben; inbem er ben Sleubau ber $eter$fad?e
unternahm — er übertrug i^n SBramante — unb burety reid^lid^ erteilten Sblaß bie
36 Summen für benfclben flüfftg ju machen fuc^te, ^at er ben äußern ätolaß ju bem an bie
SSoDenbung Von S. Sßeter fid^ fnüffenben Slblaßftreit gegeben; mit bem bie Sieformation
Sutyerä ifyren Stnfang nimmt, ^uliu« II. fycd fid> um bie .Hunft auefy burc^ bieSegrüm
bung be« Vatilanifd^en 5Jiufeum« bie größten 33erbienfte ertoorben; auf feinen Sefe^l fanben
jene Ausgrabungen in 9lom ftatt, bie unter anberem bie ©ruppe be^ Saofoon bem S^utt
40 ber Spermen be« ütu« entriffen. Iro$ ber gewaltigen Slueigaben, bie tym feine unauf*
^örlic^en ,Hricge, feine vielfachen Sauten, bie ben fyerVorragenbften Äünftlern get^rte Se^
fc^äftigung verurfac^ten, hinterließ er bei feinem lobe ber Äirctye in ©elb, toftbaren ©eräten
unb ßbclfteinen einen Sd&a§ Von ca. 400 000 2)ufaten. Die gurücf^oltung, bie er feinen
SRepoten gegenüber beobachtete, bie Sp arfamleit, Welche i^n ben 5ßrunf unb bie Völlerei
46 feiner Vorgänger Verf^mä^en ließ, batten tym bie Sluf^äufung einer fo tyo^en Summe
ermöglicht. Die Urteile ber W\U unb yiafytodt über ^uliu« II. ftnb toeit auöeinanber
gegangen. 2Bäl;renb ein anonyme«, noc^ ju Seb^eiten be« ^}a^fte« verfaßte« fatyrifc&e*
®A^t für feine Seele tyn einen leufel nennt, ben SfyriftuS burd^ feine ättmac^t in einen
ßngel be« Sic^tö verh>anbeln möge, toäfyrenb §utten i^n be^eic^net als einen $trten in
60 SöolfSgeftalt, aU einen „Sanbiten, ben fämtlictye fiafter befletfen" unb atö „bie $eft W
?Kenfc^engefc^led^tg, beffen arbeit lob, beffen (Sr^olung bie fäänblictyfte älu«fc^tDeifungM
ift, toc^renb Sut^cr, ber jur 3^it Su'^ H. Sftom befugt ^atte, i^n einen „Slutfäufcr",
ein „gräulich gewaltig SBunbertier", einen „graufamen SBüterid^" fc^ilt, fo ^riefen i^n
italienifc^e Dieter als ben gewaltigen Sänbiger beS Sötoen \>on S. 3Harco, ab einen
65 Reiten 3Kar«, ate ben Sertcibiger Italien« gegen bie Sorben ber Sarbaren, ©ctoift fpt
Settori, ber 3c^9cnoffe Swiiu« II., rec^t, toenn er von biefem ^}a^fte fagt, „fu^erluptDar
er mcF)r glüdflic^ als flug, mcF)r fül?n als fräftig". Stafael ^at ^uliu« II. gemalt —
eins ber pacfenbften Sßorträtbilber, bie cS giebt. 9Jterttoürbig, baß ba ber 3Rann, toelc^er
nie Mufyc fanb, bargcfteHt ift, toie er fern Vom Üärm be$ Äriege« im ärmftu^l ru^ötb
co fi£t — baS §au})t geneigt, tief in ©ebanfen, nur baS Sluge mit ben brol^enben bieten
3ultit3 II., $a*j» Sitliu« III., $a*j» 625
Stauen barüber ein 3eu9c unbeugfamer ßntfd&loffenfyett unb 2$atlraft. Slber aud& fyter
— e« ift bie SRutye bor bem fommenben ©turnt, ben bie breite ©tirn fäon überbentt, er
f($aut rücftoärt« auf ba« roa« ifym gelungen ift unb fcorroärt« auf neue Mampfe.
Süffel f (JBenrot*).
3ttlut3 III, $aj)ft Don 1550—1555. — auelien: $ie »uüen biefe« Zapfte« 5
finben fid) bei Cherubini, Magnura ßullarium Romanum, Lugduni 1655, t. I, p. 778 sq.;
Rainerii liber de creatione Julii III., Rom. 1550 (Vergcrio) AI Ser.mo Re d'lnghilterra'
Eduardo VI della creazione del nuovo Papa Giulio III e cio che di lui sperare si possa,
1550; ba«f. franj., Des faitz et gestes du P. Jules III. et ce qui se peut esperer de ce
Concile, lequel il pretend commencer ä Trente, 1551 ; (Sergeriu«) De idolo Lauretano, io
quod Julium III Rom. ep. non puduit in tanta luce Evangelii undique erumpente veluti
in contemptum Dei atque hominum approbare, 1553; (SSergcriiiw) Consilium quorundam
Epi8Coporum Bononiae congregatorum, quod de ratione stabiliendae Romanae Ecclesiae
Julio HI P. M. datum est 1553; bab biefe Schrift nid)t uon ben brei 93tfd)öfen abgefafjt,
uielmefjr auf ityren tarnen uon einem (Segner ber $urie jur Serljötynimg be« $apfte« ge» 15
fälfcfct tft.ftat fd)on le <ßlat errannt unb ift uon ©iefeler, Sebrb. ber Äirdjengefd). III, 1,
Bonn 1840, @. 372, 9lnm. 38 uon neuem Ijeruorgeboben roorben: als iljren &erf affer fjat
aber erft ©ijt ben SSergeriu« ertuiefen (ugl. ©i£t, SSergerinS, 2.'Hu«g., 39raunfd)to. 1871,
5. 295 ff.); Vitalis, Elogium Julii III et Cardinalium ab eo creatorum, Rom. 1553; Paolo
Sarpi, Histoire du concile de Trente, par Pierre-Francois le Courayer, t. I, Slmftcrbam 20
1736, p. 554 sq., t. II, p. 5 sq. ; ^allauicini, Vera concilii Tridentini historia, pars II, Ant-
verpiae 1670, p. 207 sq.; ftibier, Lettres et M6moires d'estat, $ari« 1666, t. II, p. 252 sq.;
bie ücnettanifdjen ©erid)te uon 3)anbolo in 9llb6ri, Relazioni degli ambasciatori Veneti al
aenato, Serie II, 53b 3, p. 347 sq.; bie 3)etoefc&en be« florentintfdjen ©efanbten ©erriftori
bei (£aneftrini, Legazioni di Averardo Serristori, Flor. 1853, p. 207 ss.; 3RaffareUi, 25
Diarium sacri concilii Tridentini, bei $>öflinger. Sammlung u. llrfunben jur ©cfd). b. Äon*
jil« uon Orient. 1. ©b. Wörbüngen 1876, 1. 2lbt., ©. 66ff.; 'ättaffarelli, De Pontificatu
Julii HI. diarium, ibid. ©. 259 ff. ; ©leiban« SRcformation«gefd)id)te, überf. uou ©emier,
3. 93b, fcalle 1772, ©. 363 ff.: ßan$, $orrefi>onben$ beä Äaifer« tfnrl V., 3.55b, fieiuj. 1846,
6. 1; fiämmer, Meletematum Romanonim mantissa, Ratisbonae 1875, p. 156 ff.; u. SDruffel, 30
©ettrfiv\e $ur SReic&Sgefd)., 1546- 1551, s3Kiindjen 1873 unb 1875; Slbriani, Istoria de suoi
tempi, Venet. 1637, p. 494 ss.; Historia Platinae de vitis Pontiff. Rom. . . ed. Onuphrius
Panvinius, Colon. Agrippinae anno 1626, p. 385 ss.; ©iaconiu«, Vitae et res gestae Pon-
tiff. Rom. et S. R. E. cardinalium ed. ab Aug. Oldoino, t. III, Rom. 1677, p. 741 ss.;
9tatynalbu«. Annales eccles. ad a. 1550—1555 ; v4$alatiue, Gesta Pont. Rom., t. IV, Venet 36
1688, p. 16188.; etc.
Sitteratur: ©fir. SB. gr. SBalcb, ©nüuurf einer uoüft. #iftorie ber rb'm. Raufte,
2. «u«g., ©öttingen 1758, ©. 387 ff.; 5lrt&ibalb $o»uer, Unpartf). fciftorie ber ttöm. köpfte,
10. tl.. 1. Hbfän., aufgearbeitet uon SRanibacb,; Sttagbeburg unb ^eipjig 1779, @. 1 83 ff . ;
©udtöolfr, ©efdji*te ber Regierung frerbinanb I., VI, Sien 1835, ©. 451 ff.; ©olban, ©efdj. 40
be* $roteftanti«mu3 in Sranfreicb, I, fieipj. 1855, ©.226 ff ; Pctrucelli della Gattina, Hi8t.
diplom. des conclaves, t. II, *|3ari« 1864, p. 23 ss.; 3ftaurenbred)er, $arl V. u. bie beutfdjen
$roteftanten 1545-1555, Eüffelborf 1865, ©. 216 ff.; ffieumont, ©efd>. ber ©tobt fflom,
ni, 2, ©erl. 1870, ©. 503 ff.; 9?anfe. (Snglifdje ©efdjidjte, uorneftmlid) im 17. 3a&rf)unbert,
1. »b, 3. «ufl., ßeipj. 1870, ©. 194ff.; Tarife, 2)cutfd>e ©cf*id)te im Zeitalter ber föefor- 46
mation, 5. 33b, 5 ?(nfl.. fieipj. 1873, ©. 79 ff.; föanfe, SDie römijcDen ^äpfte, 1.93b, 6. 9luf(.,
Seipiig 1874, ©. 177 ff.; 9Ral)nicr, Etüde historique sur le concile de Trente, <j$ari3 1874,
p. 586 ss.; ^aftor, 3)ie fird)ücf)en SReunionöbeftrebungen luäfyrenb ber Regierung Äarl V.,
fjreib. im ©reiSgau 1879, ©. 418ff. ; W. 93roid), ©efd). beö Äirdjcnftaatd, 1. «b, ©otba
1880, ©. 1 89 ff. ; 3)e fieua, La guerra di Papa Giulio III contra Ottavio Farnese, in go
Rivistastor. Itai. 1884, p. 632 sq.; berf., La elezione di Papa Giulio III, ibid. 1884,
S. 22 sq.; berf., Storia doc. di Carlo V etc. (5. <8b, 1890). * '
rt. Xribentiner Äonjil angegebenen CueDen unb Bearbeitungen.
©tobanni 3Maria bei s)Jtontc roar im 3«^re 1487 in SRom al« ©o^n eine« ange*
fernen Sec^t^gele^rten geboren ; bafe er bie geiftlic^e 2aufbal;n etnjd^lug, bie i^n rafd^ 55
txm ©taffei ^u ©taffei auf ber bterardnfcfycn Seiter hinaufführte, roar mit burefc bie fyoty
angefefyene Stellung feine« Cnfel« Antonio bei 3Ronte bebingt, be« (Srgbifd^of« Don ©U
ponto unb fiteren ÄarbinalpreöbtyterS Dom litel ©. ^rajebi«. 35en jüngeren bei 9Ronte
er^ob 3uKu3 II. auf ben (Sr^ftu^l Don ©iponto, al« berfelbe burc^ Äreierung be« oben«
genannten Slntonio jum ffarbinalpre«b^ter frei rourbe. 911« SIemen« VII. mit bem faifer« eo
liefen Äeere, ba« 1527 9tom gebranbfd^a^t fyattc, enblic^ ein Mbfommen traf, roar ber
(Sqbtfcpof toon ©i^onto eine ber ©eifeeln, bie mit tyrer s^erfon für bie Erfüllung ber
paMÜu^en Verpflichtungen hafteten. 3n 2obe«gcfal;r fc^roebte er, al« bie £anb«fnec$te,
erbittert, bafe ba« Dom ^Ja^ftc au«bebungcne Söfegelb nicfyt au«beja^It roarb, ©algen auf
ftcftUfeKtfbp&bic für Geologie unb flirre. 3. «. IX. ^q
626 3isltis3 III., $<tyft
Gampo bi gfiori aufrichteten, um bie ©eifteln bie SSerfäumm« Giemen« VII. büften $u
laffen. *ßaul III. freierte ben ©rabiföof, bem er bereit« fötoierige aufgaben unb Ämter
gugetoiefen — eine Negation in Bologna, bie Stellung eine« Slubitor« ber apofloliföen
Äammcr, eine ©efanbtfcfyaft an Karl V. — im %ai}xt 1536 jum Äarbinalpre«btyter ; tyn
5 ernannte ber Sßapft neben Gerbini unb $ole ju feinem Segaten auf bem 1545 eröffneten
Äonjil bon Sribent; al« folcfyer fyat er auf ber Ätrcfyenberfammlung aHe?ßläne be« Äaifer«
ju burc^freujen gefugt unb ftcfy ben #aft Äarl« V. in bem ÜJtafte gugegogen, baft biefer
ben Äarbinal 9Ronte in einer Slntoeifung an ÜJtenboja für bie nad^ bem am 10. IRobember
1549 erfolgten lobe Sßaut III. beborftefyenbe Sßctyfttoafyl au« ber Qaffl ber Äanbibaien
10 für ben ©tutyl Sßetri ftrid&. SDennod) ging ber bom Äaifer 2tu«gefc&loffene burd? ein Rom-
jjromift ber farneftf^en Partei mit ber franjöfiföen am 7. Februar 1550 al« 3julhi« HL
au« bem Äonflabe fyerbor. ©ofort nac$ feiner (Srtyebung gab er bem Äaifer beutlid^ pi
berfte^en, baft er feine Dppofition gegen ifyn aufgeben, fi$ tym auf« engfte anfcfclieften
tooÜte; f)atU ber Äarbinal bei 9föonte bon ber bon Äarl V. geforberten gortfefcung be«
lsÄonjil« in Orient nicfyt« toiffen Motten — ber SJJapft 3[uliu« III. lieft bem Äaifer bie
Sßieberaufnafyme ber Äonjil«berfyanblungen anbieten. 8(1« au<$ ba« Äarbinaltottegium fü$
mit biefem Sßlane einberftanben erflärt fyatte, fefcte ber^apft in einer Sufle bom 13. 9?ot>.
1550 bie Söiebereröffnung ber Äirc^enberfammlung auf ben l.üKai be« folgenben §abt&
feft. £)iefe« (Singetyen auf bie fatferlicfyen SBünfcfye Ijatte eine fi$ immer ertoeiternbe 6nfc
20 frembung %\dm& III. bon £einrid& II. bon granfreicty jur golge. 911« roterer ein
33ünbni« mit ben gfarnefe gegen ben Äaifer einging, fteHte ft$ ber $apft auf bie ©eite
Äarl« V. SRögen aucfc bie Drohungen ^uliu«' HI., £einri$ II. bie Äönig«frone fraft
feiner p ctyftlicfyen 3Kadjtbottfommenfyeit &u nehmen, nur au« ber SluftoaUung entftmmgene
Drohungen getoefen fein, fte bezeugen bocfy, toie feft ficfy ber^ßctyft an ben Äaifer anfc&loft;
25 bem fatferlic^en ©efanbten tonnte er mit aller ©ntfcfyiebenfycit erflären, e« fei fein 9Bifle,
ba« nämliche ©c^iff mit ©r. SRajeftät $u bcfteigen, unb ft$ bemfelben ©lüde anjuber*
trauen. 3)oc$ al« ber am 15. 3<*nuar 1552 ju Styamborb gefc&loffene SSertrag $nrifc$en
bem Könige oon 3franfreic$ unb bem beutfcfyen gürftenbunbe unter bergü^rung be« treu*
lofen SHorifc bon ©ac^fen, Äarl V. ju einem gleichzeitigen Äampfe am 9tyem, in %yctA
80 unb in Italien nötigte, al« bollenb« ber Äurfürft bon ©ac&fen ben Äaifer am 19. SRai
1552 jur gluckt axx^ !$nn«brudf jtoang, ba muftte ft$ aucfy 3U"^ m» t™ 9tyml 1552
$u einem Slblommen bequemen, toelc^e« ben garnefe i^re SBefifcungen, bie fte Dom Raffte
ju fielen Ratten, garantierte, unb bem Äriege mit gfamlreicp burd^ ben äbfölufj emd
ih)eijä^rigen SBaffenftillftanbe« ein borläufige« 3iel fe^te; um biefelbe Seit, am 15. 2fyrü,
35 fpra$ ber $a^ft bie 9luf Hebung be« Äon$i(« a\x^, bie i^m übrigen« ni$t fe^r ungelegen
fam, ba bie Sieformfrage einer (Sntföeibuttg — infolge be« faiferlid&en Übergetoicpt« —
entgegenfa^, bie ^uliu« III. ni$t« Weniger al« genehm kuar. SDer unglücflic^e süu«gang,
ben ber im ffiaffenbünbni« mit bem Äaifer geführte Ärieg genommen, lieft 3ußu« III.
auf jebe« entf^iebene Eingreifen in bie italienifc^en Söirren h)ä^renb ber legten 3^
40 feine« Sßontifitat« berjic^ten. ÜJlac^te er auc^ noefy einzelne Serfuc^e, bie Äirc^e auf bem
2Bege bon Äommiffion«beratungen ber Äarbinäle ju reformieren, ba« SRefultat biefer ©er*
^anblungen h>ar boefy fein er^eblic^e«. SBä^renb be« $onttfifat« ^uliu«1 III. ereignete
ficb in dnglanb bie SRücRe^r ber Äird&e jur römifc^en Dbebienj. 2)er Sßapft fanbte ben
Äarbinal SReginalb Sßolc, eine treffliche unb für ben in« Sluge gefaftten 3to<^ f^ Ö^5
45 nete ^erfönlic^feit, an ben englifc^en §of. Da« Parlament toar nur unter einer 8k
bingung bereit, ben ^3a^ft an^uerfennen, in bie ftc^ bann auc$ %ulivß III. fügte: bem
englifcfyen 2lbel bie burd^ Äauf unb ©c^enfung in feinen S3efi^ übergegangenen &ix$en>
guter auc^ für alle 3u^nf^ 5U belaffcn. Um biefen $rei« traten bie englifAen 2orb$
bem $a})fte ben ©efallcn ber (Srneuerung ber Äe^ergefe^e. ^ulxui III. toar reine tj^
so fräfttge, groften ftidtn nad^jagenbe SRatur ; er lieft ftcfy eine fyerrlictye 98itta mit brackigen
©arten erbauen, um fyier ganj feinen Steigungen ju leben. 2)aft fein ftttU$e$ ^eben tw
unb nac^ feiner (Srljebung auf ben ©tu^l $etri feine ftrenge Beurteilung toertragt, fte^t
burc^ bie 3lu«fagen bieler 3cü0woffen fcfr D& w unnatürlichen Saflern, beren uyn ni^t
bloft 33ergeriu« bejic^tigt, ergeben getDefen, läftt ftcfc nid^t mit ©ic^erl^eit feftfteOen. ©ein
56 3Serfyältni« ju bem Jüngling 3nnocen^ einem ©affenbuben au« SJJarma, ben er mit 9e»
toeifen fetner ©unft überhäufte, balb nac$ antritt feine« 5ßontifi!at« jum Äarbinal tn$
be« ©inffruc^« be« ^eiligen Äottegium« er^ob unb ben er ungeachtet feiner ©ittenlofiglcit
au« bem Ärcife feiner Vertrauten au«jufc^lieften nicfyt bie feelifc^e Äraft befaft, biefe* SBer*
^ältni« t)at ben älnlaft ju ben unfauberften ©erüc^ten über bie Safter^aftigteit be« $i#ed
oo gegeben. SDiefcr etllärtc £iebling ift ntcfyt ber einige Unkuürbige, an ben h>ä^renb biefe^
3tt!iit0 ni., $o*fit dfttltud «frilairoS (Scght* 627
$ontifi!at$ Kr$lic$e SBürben unb ©üter Derfd&enlt toorben ftnb. ©eine SUertoanbten fiattett
ber Sßapft mit 93i«tümern auS, Derliety tynen Ehrenämter in SRom, treterte fte ju Äarbi*
itälen. Julius III. ftarb am 23. ÜJiärj 1555, nad&bem er nod) furft Dörfer ben Äarbmal
Worone afc feinen fiegaten naefy Deutfd^lanb gefanbt, bamit er auf bem 9tei$3tage ftu
Augsburg bem SReligionSfrteben eine SBenbung gebe, bie Deutfctylanb naefc bem SSorbilbe 6
gnglanbS in ben ©$ofe ber römifd&en flirre utrücffüfyre. Die Deutfc&lanb am nac^al*
tigften, aber au$ am naebteiligften beeinflujfenbe ämt^anblung %\il\u& III. toar bie
1552 ausgeflogene Seftätigung beä Don 3gna& Sotyola gegrünbeten ColJegium ger-
manicum in 3tom; ben ©pott feiner ^eitgenoffen, inSbefonbere beS SSergeriuS, rief er
berDor, ote er ba$ heilige öauS m Soretto mit einem $rtotlegium auSftattete. 10
(8**ffei t) »eitroi*.
Snlin» gfritamtö @egtud, geft.nad&140. — Ausgaben: ©allanbiT. II;9toutf),Reliq.
88*T.1I; Migne T. X. baftii $ttra, Anal. SS II, p. 291 f.. IV p. 71.337. — Sitteratur:
Xtflemont, Mem. T. III p. 254 sq.; S)u ?in, Nouv. Bibl. T. I,p. 115; (£aüe, Hist. litt, p.68;
3abriciu3*£>arle&, Bibl. Gr. T IV p.240sq.; ^ö^er, ^atrologie. ©. 577 f.; ©elfter, (SejtuS 16
3uIiuS «frtfanu* unb bie bt)jantinif*e e^ronoflrapljie, 2 *8be, fieip^ifl 1880—1898; töic&arbfon,
Bibliogr. Syn., 6. 68 f.; fcarnaef, «Itflriftl. 2itt.*©efd). I <S. 507 ff., II 6. 70 ff. 2>ie Ar.
beiten jur Gnjronograpf)ie fie&e bei ©elfter, baftu 6d)ürer in ber $$(&, 33b II, ©. 3 19 ff;
©Jutta, 3)er ©rief beS 3. «."an Ariftibe«, $allt 1877. lieber ba$ SerljältniS ftu ^ippolt^t
fiefce SRoinmfen, (Sljronograpf) ü. 354, @. 595 unb JJrlcf, Chronica minora, p. XXX Vqs. 20
3u ber avayQarprj 'OXvfvr. f. bie Sitteratur bei Nicolai, ©riedj. fiitt »©efdj. II, 6. 584 unb
9iutger$, Africaui VXv/ijt. avay$a<ft) etc., Seiben 1882. @d)nmr&, $ie tfönig&liftcn bed
«ratoft^ene* u. f. to. in ben Ab&. ber ff. ©efeUf«. ber SBiffenfd). ftu ©ötttngen XI, 2, 1894.
3u ben Ktoroi f.SBincent, Extr. des mss. relatife & la geometrie pratique des Grecs., $avi$ 1858 ;
(lemott, Unterf. über bie Duellen, ben $erf. unb bie AbfaffungSfteit ber Geoponica (berliner 26
Stubten f. claff. $6ilo(., 33b I, 1883 f., 6. Iff.); ©ecfl), Ueoponicorum codd. mes. Acta
semin. philol. Erlang. 4 (1886) p. 261 sq.; Srieber, Äritifdje beitrage ftu AfrifanuS (Auf*
ffife. SurtiuS geroibmet 1884, S.67ff.); Mufti in b. Neuen 3a(>rbb. f. qtyüol., $b 155, 1897,
6. 288. (©eitere fiitteratur über bie AWo* f. bei Artiger. ®c|dj. b. alttebriftl. ßitteratur
SU 156, cf. Ärumbacfcr. ©ef*. ber bljftont. fiitt. 2. ttufl. 6. 261 ff.) — <Hacf>ri*ten über 80
3.». bei Crigeneö, (SufebiuS (h. e. VI, 31, cf 1,6,2; 1,7), $ieromjmu3, ^otiu« (cod. 34),
Sutbad iL {. w.
3Srm bem Seben be«. 3- 21- x$ tvtni^ befannt unb toon feinen SBerfen toentg er»
een; benno«^ läfjt fi^i feftftetten, ba^ er „ein sJJtonn toon nüd^temem 33erftanbf felbft*
bigem SBtffen unb nic^t unbebeutenber SDarfteQung^gabe" gelvefen ift; man barf nod) 86
me^r fagen : er h>ar einer ber auSgcfteicfynetften ©ele^rten unter ben 3Sätern. ©ein $auj>t*
toerf, bie ßbronograf^ie, ift in ben SBerlen ber 9lu3f$reiber, namentlich @ufebd, untere
gegangen; aber e3 lä|t ftc^ noc^ erlernten, ba^ e« nid^t nur bie Söunel ber gefamten
c^rifÜid^en G^ronograj^ie getwefen ift, fonbern auc^ bezüglicher ate aDe SBerfe ber 3laty
folger. 40
9L\ß SCfrtla (Sibtyen?) gebürtig unb öielleic^t urf^rtinglk^ Dffiftier, na^m er nac^ ber
oft#o§nif#en @ö>ebition be« ©eöerud (195) feinen 2luf enthalt in (SmmauS (= 9ttfopoliä);
ca. 215 ^ing er naety älejanbrien, um bei $eraflaö ftu ftubieren. 5Rac^ 6mmau« fturü*
geteert, ging er im Auftrag feiner Mitbürger nad^ Slom in Angelegenheiten feiner $eimats
fr^* Ö- 3- tö ©lagabal ober 2llejanber). 3m 4- 3a^r ©lagabate veröffentlichte er feine 46
G^tonograj^ie, unter SHejanbcr, bem fte geh)ibmet ftnb, feine KeoroL 3)er Srief an
Drigeneä, ber iut^ erhalten ift, ift öon 21. in ^o^em Älter öerf afet : er nennt ben DrigeneS
in U>m ,,©o^n". Db er je ftlerifer gemefen ift, barüber lägt ftd^ (tro^ ber 93efyauj)tung
fbäter 3euflcn) J^eifeln. sJlicfyt nur ftu bem Äaifer ällejanber, fonbern noc^ me^r ftu bem
KdnigSfyaufe Don ©beffa (2lbgar VIII) ftanb er in freunblic^en Seftie^ungen. ©eftorben mag eo
er balb nad^ 240 fein; fein ©eburtejabr n>irb um b. 3- 160 liegen. 6r ift einer ber
toenigen alten gried^ifc^en 33äter, ber, toie Drigene^ Sejie^ungen ju 9lom gehabt ^at, unb
baS tft feiner ß^ronograp^ie ju gut getommen.
3n biefem Söerl (5 9393> fyat f\d) bie a^ologetifc^en fttotdtn bienenbe Unterfud&ung
ber Daten ber SBeltgcföicfytc ^ur miffenfc^aftli^en entloicfelt, ohne ftd& toon ber urffrüng= 66
liefen Sttftc^t ftu entfernen. §n fünf Supern (Dom britten an j'bnctyronijtifcfy) ift ber ganje
©toff mit guter ÄenntniS ber profanen unb jübijdjen (^uftug Don 2iberia«) Vorarbeiten
be^anbelt. ©afe in bem fünften Sucfy bie ©tfc^of^liften für 9lom, Sllexanbrien unb
Äntioc^ten gegeben toaren unb (Sufcbiu^ biefelben Don bort entnommen fyat, fyabt \d) in
meiner Chronologie gezeigt. Die gragmentc be^ 2öer!^ toerben bemnäc^ft Don ©eljer go
herausgegeben toerben; bie Sloutfyfcfye ©ammlung ift unDoßftänbig. ©elfter tyat gejeigt,
40*
628 ftutütd SlfrtfairoS ©egtuS 3fitltit$ Gdjter
ba{* bie Rötere btaantinifd&e (S&ronograpbie nictyt nur burcfy SSermittelung be« ßufebiu«,
f onbern aud& btreft auf 31. fu^t. Seiber ift ba« 33ertyältni« ju §iJ>l>oltyt noc$ nic$t öar
gefteHt.
Über bte Keoxol f) Ilagdöo^a (14? 24? Sucher) ftnb toir j. £. noety fölecfcter untere
5 richtet als über bie Gtyronograbtyie ; Mitteilungen über ba«, toa« erhalten ift, ju machen,
ift otyne regten 2Bert, ba bie Unterfud&ungen no$ in ben anfangen fteden. (®ine
Ueberftd&t fyat SJJreufd&en in meiner altd&riftl. £itt.s@ef<$. 1, ©. 503 ff. gegeben.) $a« SBerf
föeint eine Slrt bon (Snctyflopäbie ber realiftifetyen 2Bif|enf$aften, ber angetoanbten 3Ratbe=
matif unb ber $ed)mf getoefen ju fein, j. %. angefüllt mit furiöfen, läwiföen, mtrafuföfen
10 unb anftöfcigen fingen (toef#alb 21. als 33erfaffer in 3^^ 8eä°Öjn $)• SJäröffentluty
ftnb btetyer Slbfcfynitte $um Sanbbau, jur 9Refjfunbe, &ur laftif, jur 3Keb^in unb 25eterinär=
SBlebijm, $ur ©efyeimmittelfunbe u. f. to.
2)ie beiben SBriefe — an Slriftibe« über bie ©enealogien gefu (nur fragmentarifö
erhalten) unb an Drigene« über bie ©ufannagefd&id&te — ftnb Äleinobien fritifdjer ^iftorifdjer
16 Slrbeit, obtoofyl 31. nur im jtoetten ©rief eine richtige 2$efe fcertritt. 2lu« bem erften
Srief ergiebt fi$ u. a., bafe Slfrifanu« (toie #egefiM>) noefc 9?a$forfcfyungen über bie leib*
liefen SSertoanbten 3efu angefteüt ^at. 2)ie 2lnttoort be« DrigeneS auf ben jjtoeiten SJnef
ftidfjt unvorteilhaft bon biefem ab.
©inige« foricfyt bafür, ba£ 31. ba« Apologeticum SertuHian« in« ©rieebifc^e überfefct
20 fyat (f. Sejte unb Unterf. VIII, 4). 2Ba« ifm fonft beigelegt toorben ift, ift alle« un-
fieser be$to. unglaubtoürbig (f. meine ältcfriftl. £itt.s@efö. I, ©. 513). *. $ar»a<f.
Julius @d)ter,93ifd&of,geft. 1617, unb bie ©egenreformation inffiürjburg.—
SBudjinger, 3uliu« (Steter uon sJttefpelbrunn ; SBegele, ©efd)id)te ber Uuiuerfität t&ürjburg;
berf. in b. 91b93; Soffen, $ie angeblichen prot. Neigungen beSSMfdjof« 3ultu« Sdjter oon SBürj*
26 bürg Ob© 23); bitter, $eutfd)e ©efd)td)te im tfa *>er ©cfjenrcformation I, 6. 624 ff.; 2)üj
bei fee^er unb Seite; ©oe&, ^Beiträge pr ©eftfycftte ^er^og &lbred)t« V. unb be« ßanb*berger
33unbe«. — 5J)ic juüerläjfigften SRadjridjten über 3"liu« ikdjterö fird)Ud)e ©altung geben, fo
lange feine eigenen Äorrefponbenjen uod) unueröffentlidjt unb unbenufct ftnb, bte oom Sßreufj.
f)ift. Snftitut in 9?om unb Don ber ©örreÄgefeüf^aft herausgegebenen 9?unttaturberid)te:
3o£mnfen, S)er Äampf um tbln, 1576—1584; berf, $er 9?eid)«tag ut 9*egen*burg 1576. ber
$acificationStag ju ftbln 1579, ber ^eid)dtag ju 9lua§burg 1582; fecfjentjafe, 3)ie fübbeutfdK
Nuntiatur beö ©rafen s$ortta 1573/74; Scftroarj, 3)te Wuntiaturforrefponbenj ftafpar ©ropper«
1573—1576; (S^feS, $ie Äölner Nuntiatur 1587—1590. — kleinere Beiträge jur ©cf^te
3uliu8 ©d)ter3 pnben fief) im 5lr«iü b. l)tft. SS. für Unterfranfen, bef. in «b 41. Sgl. o.
36 Sb II @. 375 ben ftrtitcl 93altt)afar uon 5)ernbad) unb bit ©egenreformation in gulba.
SSielfac^c Sejie^ungen ^aben t?on Slnfang an jtoifc^en ber Deformation unb bem
Stetum SKürjburg beftanben; ber neue ©amen fiel audj fyier auf fruchtbaren ©oben —
Ulri$ Don ^utten, fiarlftabt liefern ben 33etoet£ bafür; aber eine allgemeine Xuftrettung
ber ^Reformation gelang infolge ber ablefynenben ^^^"9 ^ Dbrigfeit boc^ nic^t. @ijl
40 feit 1540, naety bem lobe be$ i^nen h)enig günftigen SBifc^ofÖ Äonrab IL, ift für bie
Slnfyänger ber neuen fielen eine gute 3^* angebrochen; fotoo^l Sif«^of Äonrab IV. fron
Stbra (1540—1544) tute no$ mc^r »iWof 39Jelc^ior 3obel (1544—1558) liefen ben
froteftantifc^en 2lnfcfyauungen freie Sa^n. Sürgertum unb 2lbel löften fid^ jum größten
Xeite bon ber alten Äird^c loö unb befe^ten bie t?on tfynen abhängigen ^ßfaneien mit
45 lut^erifc^en ^rebigern; bie ^nftitutionen ber fatfyolifcfyen Stirere tKrftelen, Dor allem bie
cHlöfter, unb bie SBeltgeiftli^teit bertoa^rlofte unb glitt mit fielen tyrer ©lieber fachte in
baö neue ga^rtoaffer hinein, ßin^elne Stäbte, toie ^arlftabt unb SWünnerftabt, loaren
faft gan$ lut^erifc^ ; anbere, toie bie §auptftabt SSünburg, jaulten in ber Sürgerfc^aft unb
im State me^r ^5roteftantcn aU Äat^oliten. Sifcfcof griebri^ Don SBJirdberg (1558—1573)
60 fyat, obwohl Don ganj anbern Slnfc^auungen erfüQt, biefen 3?er^ältniffen faft o^nmä^ttg
gegenüber geftanben. ©r toar, h)ie fein §ofmeiftcr 1562 bon i^m fagte, in ber Religion
„cttoaö heftig/' aber er toar loeber toiHen^ftarf genug, gegen bie Slbtrünniaen mit fenft
cinjuje^reiten, noefy ^ättc er bie redete 2Höglic$feit baju gehabt : ba« ©tift befanb {U( nad^
ben Seiben be« 9Karfgrafenfrieg$(1553 54) unb nac^ bem ©rumbac&fäen Überfall (1563)
66 in einem fyilflofen Derfd^ulbeten ©tanbe — griebriefy felber toar fein guter sBertoalter —
unb bie Äräfte ber fat^olifc^en SReaJtion begannen ja überhaupt ftc^ eben erft ju fdmmeln,
getftig unb p olitif^. ^mmerfyin fyat Sßifc^of griebric^ get^an, toaS ftc^ einfttoetlen t^un
lie^: er fcfylofe fid^ ^olitifc^ fo eng toie möglich an söaiern an — fcon feinem Äan^ler
£>ellu fonnte man jtoeifeln, ob er in baierifd^en ober in toürjburgtf^en I)ienften fianb,
üo fo totelfacfc fyat i^n üv^oq Sllbred^t bei ben ÜBerfyanblungen jur ©rtoeiterung be« £anb&
3isKis* (gdjter 629
berger 93unbe3, bem autfy bcr Sifcfyof mit ßifer angehörte, bertoenbet — unb griebric^
tyd farner in richtiger ßrfenntniS be$ ^auptübete bie crftcn ©runblagen jur (Erneuerung
bcr ©eiftlic^feit geföaffen. ©r fyat föon fetyr früfy, 1559, an eine Serufung ber ^efuiten
gebaut, 1561 eine ^ö^ere ©cfyule $u grünben berfucfyt, bie freiließ nad& gtoei %af)xtn fdjon
ftrieber einging, unb 1567 bertoirflicfcte er trofc beS 2Biberftanb3 feinet 2)omIaJntel$ bie 5
©runbung eine« 3jefuiten!olIeg$ in ÜBürgburg mit jugefyörigem ©fymnafium unb einem
Äonbift für unbemittelte 3ö9^n0c- ®a* ^ax bie toicfytigfte ©aat für bie 3ufanft. Aud&
bafe gfriebricfc folc^e SRänner, toie eS fein Sanier #ellu fear mit feiner Stüfyrigfett im
^ntereffe ber fattyolifcfyen ©a$e, mit feinen Serbinbungen in 9Ründjen, Irier unb 93rüffel,
um ftdj tyattt, jeigt, toaä er gern getoollt tyätte. @r lieft 1569 bie 2)efrete be$ ÄonjilS 10
bon Orient im 33tetum Veröffentlichen f er ftettte eine SBifttation ber Älöfter an, er
befahl ftrenge SBeauffk^tigung beä 93üc$erberfaufS — aber fcfyliepcty blieb gegenüber allem
ffiiberftanb, ben er niebt ju übertoinben bermod&te, bem entmutigten -Kanne nur ba$
©ebet, bafc ü)m ein ftärlerer 5Ractyfolger gegeben toerben möchte. 9lod) auf feinem legten
Äranlenlagcr regten ftcfy feine Reiften fierjenStotinföe : er toolle bie gange 35iöcefe bon 16
Äefcern fäubern, untoürbtge *ßriefter niegt mefyr bulben, nur fattyolifd&e State unb ^Beamte
bertoenben, bie Irienter SDefrete burcfyfüfyren, für ba$ ©d&ultoefen nod& beffer forgen, bamit
niemanb aufjer 2anbe$ gu gelten unb ft$ fefceriföer Anftecfung auSgufefcen brause.
Slfö er am 12. Dftober 1573 ftarb, toar ba$ ©tift noefc immer im übelften 3ufton^;
toeber bie toeltlid^en no$ bie geiftltd&en Angelegenheiten toaren bon griebric^ bortoärtSao
gebracht toorben. ©elbft baä ^efuitenfoHeg entfaltete bamafö nod& nid&t bie getoünfcfyte
SBirfung : bie Abneigung gegen baä felbftftänbige unb felbftbetouftte Auftreten ber Sjefuiten
toar ntd^t nur beim SDomfapitel unb bei ber Sebölterung, fonbern fogar beim Sifcgof unb
feinen SRäten gu grofe, afö ba& ein ^lanbollc^ 3ufammentoirfen aller reformfreunblid&en
Äräfte föon ^ätte ftattfinben lönnen. Die gfrage, toem ba$ ©tift in 3ufanft gehören 25
toerbe, bem SßroteftanttemuS ober ber iatfyolifctyen Äirctye, fying in fyotyem ÜJtafee Don ber
$erfönlictyfeit be$ m\x gu toetylenben 93ifd&ofS ab — baä toufcte man in TOünctyen unb in
SRom unb fud&te be^f^alb, feit man Don griebrid&S gefä^rli^er Jtranfbeit erfahren fyatte,
eine gute Sleutoa^l borjubereiten. 9lber no$ e^e eine (Sintoirtung Don 9tom f^er erfolgen
lonnte, tourbc am 1. Dezember 1573 — bieHeid^t aDerbing« mit 3u^un e'ne^ antoefenben 30
baierifc^en ©efanbten — einftimmig ber jugenblic^e Dombed^ant ^uliu« (Setter bon 3Wef^el=
bnmn jum Sif^of getoä^It. ©« l^at ft(^, toie toir au$ 3U^U^' eigenem SKunbe toiffen,
anfangt ein SBiberfbruc^ gegen feine ÜBabl geregt, aber fte erfolgte bann boety einftimmig,
obtootyl er umtoeifel^aft ber Äanbtbat ber ftrengen SRid^tung gen>efen ift.
3uliu$ @d^ter, au« altem fränlifc^en, in mainjifd^en 3)ienften fte^enbem ©efd^lec^te, ss
toar am 18. 5Kärg 1545 auf bem ©ebloffe sBJef^elbrunn im ©peffart geboren, al« jloeiter
So^n be$ mainjifd^en ?Rat& $eter ©dpter. SSater unb ÜJlutter toaren bem alten ©lauben
läc treu geblieben; fo gefc^ab aud^ bie (Sr^ie^ung ber Äinber im ©eifte ber fattyolifcfyen
Jtm^e. Äanonüate, bie ^uliu^ 1554 in SBür^burg, 1559 in ÜJlainj erhielt, ^aben too^l
bie SKtttel ju einer ungetoö^nlid^ auSgebetynten Sluäbilbung getoä^rt: er ^at Don 1560— 1569 40
in SRainj, fiötoen, I)ouai, SßariS, Singer«, $at)ia unb 9lom ftubiert — an lauter ^ßlä^en,
too We alte Äir^e ^errfd^enb geblieben toar. 2118 Sigentiat ber Steckte unb mit etner
Silbung, bie fyäter oft an ibm gerühmt tourbe, ift ^uliu« 1569 na$ SQBürjburg getommen
unb al« afttoeS SKitglieb in« Domfaj)itel aufgenommen toorben. ©otootyl feine Segabung
toie bie ©eringtoertigfeit ber anbern Ma^itulare geigte ftd^, ate er — ber jtingfte im 45 •
Äajntel — fc^on im ^rü^ja^r 1570 p £)omfcl>olafter, im Sluguft bleiben %ai)xtö xum
Sombe^anten — bem toie^tigften Slmte be« Äapitete — unb bann mit 28 ^arjren
gum 93if$of getoä^lt tourbe. @r toar nod? ntd^t einmal $riefter; auf feine Sitte i}in
toar er 1571 jtoar nic^t förmlich, aber boefy ftillfc^toeigenb babon btefenftert toorben.
Seicht toar bie Aufgabe nid^t, bie ifym je^t noc^ bor bem ÜJianneSalter gitftel : ein so
berföulbeteä, fc^lec^t bertoaltetc« ©tift mit einer gur größeren §älfte proteftantifö ge^
ftmtten Sebößerung, einer unbrauchbaren, toeil ungebilbeten unb unftttlic^ lebenben ©eift«
li^feit, mit einem jtoar nic^t froteftantifc^en, aber bod^ alle fird&lid&en SSerpflic^tungen
beniad^läffigenben unb um be$ ertoünfe^teren toeltlic^en Seben^ toißen jeber Sleform ab-
geneigten 3)omfaintel toar ba^ ßrbteil, ba« ber -Keuertoätylte antrat. §atte er ein fefteäw
Programm, ben 3Kifeftänben abgubclfcn, toar er mit 3kd^t eine Hoffnung ber ftrengeren
Partei, toar baS anfängliche 30^°^/ ^a^ an ^m bemerft tourbe, nur bie fluge 9Sor«
bereitung auf ben entfd&eibcnben Schlag *
S)ie tjtage nac^ ber fircfjlid^en ©tellung IguliuS G^ter« ift, nac^bem fie eine 3eit
lang umftritten toar, jefct ungtoeifelbaft fo ju beanttoorten, bafj er niemals ^roteftantifd^e go
630 3iiIiitS ©djier
Steigungen gehabt fyat, fonbern bafe er ftetS bcr fatfyoliföen Äirc&e mit 6ifer anfing. 2)a$
toenige, toaS man als ©puren proteftantiföer ©tympattyien beuten ju tonnen glaubte, fytt
einer ftrengeren Prüfung nietyt ftanb gehalten; bagegen tyaben ftety bie S^Ö^n* terme^rt,
bafe Julius fc^on im erften ^a^rje^nt feiner Regierung bie (Srtoartungen bä tir$li$en
5 Steformpartei mit Siecht auf fu$ lenlte, toenn er ifynen and) no$ nk$t in bem 5Rafee ftrie ftnitcr
entfpraef?. ©djjon bor feiner SBatyl galt er bem 9hmtiu3 ©rojtyer als ber eimige geeignete
Äanbibat; aBe Säuberungen, bie naety feiner SBatyl Don tfym gemalt toorben ftnb, ftimmen
barin überein, bafe er ein aufrichtiger Statyolif fei, bon bem man ba$ befte ^offen bürfe.
©o fam e$, bafe man in 9tom feine SBafyl mit tyotyer SBefriebigung aufnahm — bie bei*
10 natye für alle beutfäen Stetümer befürd&tete ©efa&r ber ©ähilarifierung galt hn Äugen»
blief für Söürjburg als befeitigt. Urteilten bo$ felbft bie ftrengflen unb mafegebenbften
ber Äritifer günftig über 3uliu3: ber SRehor be3 SBürgburger 3*fuitenfoflege3 tonnte ü>n
im #erbft 1572 empfe^ten; an$ bem ©ommer 1575 liegen jtoei anbere ^g^tff* bon
Sßürjburger ^efuiten bor, bie feinen ©ifer für SBieber^erfteQung be$ morgen Ämtern
15 toefenS, für $eranbilbung befferer ©eiftltc^en rühmen — fyatte er fiety bo$ aud) bor feiner
Sßrieftertoetye unb Äonfelration jum 93ifqof (^fingften 1575) burdj geiftlicfce (Sfccrjitien bei
ben ^efxtiten borbereitet unb bann neben einem SJranjiSlaner and) einen 3>efuiten jum
Seid^tbater angenommen, alle an$ ben folgenben ^a^ren ftammenben Urteile über Julius
betätigen immer toieber ba$ gleite: bafe e$ tym ernft toar mit feiner ta$olif$en ©ejwnung
ao unb baf$ er fte gern betätigen tooßte. SBctyrenb man ifyn beä^alb auf lattyolifefrer ©eite
überaus tyod& f$ä$te, fprid&t baä Urteil proteftantiföer Äreife au« ben ©orten be$ Äur*
fürften bon ber Sßfalj bon 1576 : Julius f« «n 0*ofctt S^to w* m^ biefem 2eufd&
gefc&meife ganj unb gar umgeben.
9tu$ feine 2#ätigleit in ber 9teic$$J>olitii beftätigt, toaS man fatyolifdfrerfeitS bon
26 tym backte ; er tyat ftety eng an bie tatyoliföen ©tönbe be$ SReid&S angefaloffen unb
mit tynen bie gemeinfamen Igntereffen bertreten: fo auf bem SRegenSburger Seid&Staa bon
1576 gegenüber ber greifteHung unb ber ©ellaration Ä. gfarbmanbS, fo auf bem StugS*
burger Sneic&Stag bon 1582 im SDlagbeburger ©efftonäftreit unb in allen bie Sieligion be*
rüfyrenben fragen. 3luf8 engfte fyat f\d) Julius bor allem an SSaiern angelehnt; bie
so $olittf feine« Vorgänger« f ortfe^enb tyat er bem fianbäberger SBunbe bis ju beffen 8u&
gang (1598) als ba£ eifrigfie SRttglieb neben SBaiern angehört unb bie äufrec^ter^altung
unb ©rtoeiterung be« Sunbe« immer toieber befürtoortet, — nur mit Sebauern fyit et
fc^lie^lid^ ber Stuflöfung jugeftimmt. Saiem^ ^ßolitit fcat er tm Rölnifien fttaie botn
erften 5Koment an unterftü^t; feine frühere greunbf^aft mit Äurfürft ©ebhiu ^at i^n
86 nic^t baran getyinbert, unb e« h>ar ein bollftcmbiger S^11111/ Jucrni einzelne ^roteponten
ftd^ bamal« Hoffnung auf ifyn matten, — d wax lebiglt^ btc OTtfebeutung einer 33er»
ftimmung, bie i^n 1582 in äugSburg im SlugenHid aBerbing« ergriffen Ijattc, ald i^m
ÜJlabrujjo im Sluftrag ber Äurie be« fulbiWcn §anbcte &«[ber heftig |ttfe^teP wmtt/[ man
i^m gerabe bamate auf bem 5ieid&3tag toegen feiner energifc^en Haltung gegenüber ben
40 ^roteftanten befonberä bantbar fyättt fein muffen. SJKt biefer fulbif^cn Slngctegcnbeit ^angt
aBe« jufammen, toa« 3lnla^ ju ber Vermutung geheimer ^roteftantif^er 52eigunflcn gegebei
^at, mit i^r aud^ ber einjige offenbare 9Dlafd, ber auf feinen Gharafter faßt — beim um
einen geiler nic^t einjugefte^en, ^at er bie SBa^eit in bielfac^er SBBeife gebeugt.
2)er ©runb, toarum §vlm$ 1576 auf ba$ anerbieten ber fulbifcjlen Stänbe, bei ber
45 äbfe^ung be« SlbteS Salt^afar bon Dernbac^ mitjutoirfen unb fem Slac^folger ju toerben,
einging, fear ftd^erlicfy lein religiöfer : antilat^olifd^e äbjtc^ten, toie Slitterfc^aft unb ©tobte
ber Sleid^abtei gulba fte Regten, ^at 3uliu« niematö gehabt; hn lat^olif^en ^nterefft
aber, hrie er fräter borgab, lonnte er boefy unmöglich ^anbeln, toenn er bei ber SSerbrängung
be« fird^lic^ eifrigen unb teineätoegS fc^toä^ltc^en Slbte« mittbirtte. ©er trribenbe ©runb
60 h?ar bod^ bielme^r nur ber, ba^ Julius bcr fid^ ^äufig h)ieber^olenbcn ©treittg!etten jtotf<^en
feinem SBi«tum unb ber tym jh?ar unterftettten, aber bennoc^ al« reic^dunmittelbar felbffc
ftänbigen Slbtei ein für allemal ein 6nbe machen tooßte, inbem er btefe f^etnbar fo
günftige ÜJlöglic^Jeit einer (Sinberleibung ergriff : ein jugenblk^ borfc^neBer (Sorget) fyd i^
babei angereiht. @r ^at im :gimi 157g \n §ammelburg )>evfdnltd^ mitgeholfen, ben ge»
00 fangenen Slbt fax 3lbban!ung ju fingen ; er fyat bie äbminiftration angetreten unb twi)
allen ©eiten fnn berfünbet, bafe ber Slbt freih)iüig jurüdfgetreten fei. ©er \vafyct Sacfc
bereit blieb nid^t lange berborgen, unb al^ Salt^afar ftc^ befötoerbefübrenb an itatfer
unb ^ajjft toanbte, tft bie ©ntrüftung über Julius \n ^ fat^olifc^en Steigen eine all*
gemeine getoorben. 35er ftaifer ^at bie ^ammelburger Slbmac^ungen für nichtig erflätt
60 unb feit 1577 bie 3lbtei in ©equeftration genommen, btö ber Streit bor bem 3to$e*
3isltis* gdjtcr 631
fammcrgerictyt entfa^ieben fei. 2)afe ein 9te$t«Derfafyren eingeleitet würbe anftatt ber un*
mittelbaren SBiebereinfefcung bc« 2lbte«, barin lag noa) immer ein (Srfolg bc« SBifc&of« —
er banfte e« wo# ber ©unft, bie tym Stubolf II. wibmete. 93i« $um %atyt 1602 ^at
fu$ ba« aeria)tüd?e SJerfafyren tyingejogen: ba erft erhielt ber 3lbt fein Doffe« 9te$t gurüdf.
Sucp bie Äurie fyai ftd& natürlich Dom erften Slugenblidf an bei liefern §anbel fdfcoff 6
gegen 3uliu« geftettt; man liefe fta) burefy ben Don ^uliu« naefy SRom gefa)idften ©efanbten
niept überzeugen, bafe nur auf biefe Sßeife bie Slbtei bor bem 5ßroteftantt«mu« ^abe gerettet
toerben fönnen. ÜJla^nungen unb 3Drofyungen ftnb in ben nackten 3>afyren unau«gefefct
Don 9tom au« an ^uliu« gerichtet worben, bamit er ba« ©efa^etyene felber rüa*
gängig ma$e. 10
3uliu« blieb jebo$ tyartnäcfig babet, bafe er für fein gutes 9te$t unb für feine ßtyre
einzutreten tyabe: ber Slbt fyabe tyn freiwillig jum 9ta$folger fyabtn toollen unb ade
ftxtteren 3lu«ftreuungen feien beleibigenbe SSerbrefyungcn ber SÜBafyrfyeit! 3jm Saufe ber
§afftt fyai 3uliu« feine Meinung in Derfa^iebener SEBcife au«geft>roc&en : 1577 unb 1579
faate er pä>ftli$en SRuntien, ber Slbt tyabe tyn felber gerufen unb tyn mit £inwei« auf bie 16
gefa^rbro^enbe Sage ber 2tbtei um Übernahme ber Slbminiftratton gebeten, unb um ben
greunb atö SSerlegen^eit au befreien, fyabe er fa^liefelia) jugeftimmt; 1589 bagegen fd&rieb
er naefc SRom, er fei Dom ätbte Untergängen worben, inbem biefer $m nur bie Entwirrung
einer Derroidelten ©acfye Ijabe jufd&ieben toollen. Unwahr ift beibe«! 9föan toar in 9tom
erbittert über Julius : feine £artnäcf tgf eit überfteige alle erlaubten ©renken unb beriefe ao
bie bem ffl. ©tutyle fa)ulbige Gtyrerbtetung, fa)rieb ber Äarbinal Somo 1579 an ben
beutfäen 5Runtiu« Saftagna, unb ÜKabru^o erhielt 1582 in fetner ^nffruftion ben Auftrag,
ben 39ifc$of auf feine wafyre (Styre, auf bie 9täa)ftenliebe unb auf ben ©efyorfam gegen
ben ©tellDertreter Gtyrifti fyinjuweifcn. 5Kit ben 9tu«etnanberfefcungen jhrifcfyen SDtabnmo
unb 3ultu« in 3lug«burg (Sommer 1582) ^ängt ba« ©erüa^t ^ufammen, ba« fur^ nac^per 26
über bie abfluten be« SBiföof« entftanb unb ba« man in ben Äreifen be« wetterauifa^en
Abel«, am £ofe be« Äurfürften ©ebfyarb Don Stöln unb be« protejtantifa^en @rjbifa)of«
Don Bremen tyoffenb aufnahm : al« SMabrujäo ibm einmal alljubeutlia) bie SBatyrtyeit gefagt
unb bie äufKrorowa, be« Raffte« jur Se^au^tung ber 3lbtet ate gän^lia^ au^gefa^loffen
bejei«^net ^atte, mar Julius barüber fo auö ber gaffung, bafe er erregte äufeerungen ge* ao
t^on ^en mag — SBebeutung für feine fernere Haltung Ratten fie freiließ nia^t. 3fad{>
bie ®ro^ungen3lom« Derroirf listen fta) nia)t; man f^ielt mit ber©trenae, bie man gerne
gebraust fyättz, bennoa^i ^urüd: beS Stf^ofS ©eftnnung, fein Gif er für bie fat$oiifa)e
©a^e toar im übrigen ju mertDoQ, al« bafe man i^n gam bor ben Äopf ftofeen tooUte.
©o liefe man fa^liefelid^ bem SRecfytSDerfafyren, bem fia) ^mxui aHein unterwerfen tooUte, ss
feinen Sauf.
@3 foflte ber 5Raa^roeiö erbraa)t werben, bafe Don ^roteftantifa^cn Steigungen bei
^ufiuä mit Siedet nic^t geffroa)en iüerben !ann. 2öenn trofcbem ein S^^J^^t lan^ Don
einer hrir!Ii$en ©egenreformation in 3Bür^burg nod) nichts ju fpüren toar, fo lag eS etnmal
baran, bafe bie $ilf$fräfte für ein jolcfyeS Unternehmen noa^ fehlten — bie Don ben ^efuiten 4o
geleiteten ©d&ulen foHten fte erft fyeranbilben — Dor allem aber, bafe Julius felber feine
©eftnnung no$ nityt in energifa^e 2fyat urmufe$en wagte. 6« fyal f\d) in ifym in biefem
erfien 3a$rje^nt eine innere ßntwidKung Doujogen: eine Steige Don fe^r Derfa^iebenartigen
©rünben ^aben jufammenwirlenb i^n erft ^um wahren ÄämDfer für bie ©egenreformation
aema$t ©ein ganjc« ffiefen mufete fia) offenbar burc^ ©rfa^rungen erft feftigen — an* 45
fangd ifl tro^ feiner gutlira)lia)en ©eftnnung weber eine Hare einftdjt in bie fir^lia^e Sage
unb bie fta) gegenüberfte^enben Kräfte no$ ein aHju grofeer 3Wut jum ßanbeln ju ff üren.
®r fd&eute j. S3., obU)o|^l man tfyn Don SRom au« me^rfac^ ba^u ermahnte (1575, 1577),
bie Spaltung einer Diöcefanf^nobe: er meinte, nur ein gemeinfameS SSorge^en aller SBifa^öfe
fetner 5ßroDinj lönne etwa« nü^en, ber einzelne würbe ftety bei folgern 33orge^en ben töblia^en 00
£afe ber proteftantifa^en gürften jujie^en. ©infa^reiten gegen bie Derbäcfytigen ober offenbar
fe^erifc^en ©eiftlicfyen be« ©tift« fd^ien i^m unmöglia): gan^e ©egenben würben baburd^
Don ©eiftlic^en entblöfet werben, ba ein (Srfafc junäa^ft nia^t Dor^anben fei. Slucty wagte
er nic^t, Don allen Beamten beS ÄerjogtumS, wie ber SiuntiuS ^}ortta 1577 mahnte, ben
Sib auf ba« fatfyolifc^e ©lauben^befenntni« ju forbern: ba« gefyc befonber« au« 5Rücffta)t6ö
auf bie qbeligen ^amilien nia)t, Don benen feine mebr rein tat^olifa^ fei unb benen boa)
getariffe Sfotter nia)t Dorent^altcn werben fönnten. 3n femer näa)ften Umgebung blieben
no<$ fo eifrige 5ßroteftanten Wie ©eorg ^ubwig Don ©ein«^cim. SJüdfu^ten auf ben Slbel
unb auf bie 1573 befcfytoorene SBJa^Hap itulation gelten ^uliu« aua) bemÄafitel gegenüber
jurüd. 5Ro$ 1582 überfd;ä^te er ben bei gröfeeren Sieformen ^u ertoartenben SfiJiberftanb eo
632 3itliu$ gdjtcr
fo fetyr, baß er ftd^ bei SDtabrujjo, bem er über bie -Dtängel in ;J0G feiner Pfarreien bc*
richtete, ein pä)>ft[tc^ed 93ret>e au«bat, ba« ifyn felber toegen be« fetylimmen .guftanb« feiner
3)iöcefc tabeln, Ujm eine SBifttation unb Prüfung aller an$ufteßmbm@eiftlic$en auferlegen foUte;
einleite« ätynlid&e« 93rebe bat er an ba« Kapitel $u richten — er tooQte gegenüber Kapitel,
5 Klöftern unb SRittcrfd^aft babureb gebetft fein, toeil man itym fonft „Steuerungen" bortoerfen
totirbe. 3)ie Kurie l)at biefe Sreben gang nad& bem SBorfölage be« Siföof« au«gefteUt
3Ran ftefyt, toie ängftlic^ 3uHuö noefc 1582 fear! 93i« ju getoiffem ©rabe Ipt too# auefc
bie fulbiföe Angelegenheit fyemmenb getoirft: bie 2Bür&burger l^efuiten meinten 1577,
toenn $juliu« nur erft au« biefem #anbel tyerau« toäre, fo toürbe er bielleic^t 3)inge für
10 bie Kirche berrid&ten, bie ft$ anbere in 2)eutf$lanb nodfj nietyt gefragt Ratten. $ie 3Ser=
toidflung mit $ulba tyat bie ©ebanfen be« 93ifc$of« jahrelang fo ftarf befääftigt, bajj
er für ein anbere« große« Unternehmen nic&t frei genug fear; fte ift aber anbrerfeit« toobl
au$ einer ber Antriebe getoefen, bie $juliu« 1585 &um ©jerutor ber ©egenreformation
Serben liefen: er tonnte, fo fyartnäcftg er ftety auc$ toeigertc, fein Unrecht einjugeftefyen,
15 ftd& bod& nidjt ber^lcn, baß er ftcfy bei ben ftreng ©efinnten unb bor allem in 9tom
fd&toer gefd&äbigt tyabe, unb er mag berate einen beutlidjen 33etoei« feiner guten Abfuften
für ertoünfd&t angefefyen fyaben. 2)ant fommen nun freiließ noety anbere, bießetc^t ebenfo
fertige Erfahrungen : bie ©cfytoäd&e oer proteftantifd^en dürften fear auf ben beiben 5Reu$&
tagen bon 1576 unb 1582 unb bor allem bei bem mißglücften SBerfuctye Kurfütft ©eb^arbS
20 bon Köln fo flar tyerborgetreten, baß 3>uliu« tootyl leine ©orge metyr bor ifyrer (stnmiföung
empfand. Aud& ba« ift ni$t ' ju unterfd&äften, baß feit bem ^Regierungsantritt ©regor« XIII.
(1573) bon feinen Sluntien eine unermüblid&e Arbeit ber ©rmatynung unb Anfpornung
berri<$tet toorben ift, bie ben Kleinmütigen ÜBut machte, auf bie erprobten SBege
fyintoie« unb ba« ©efütyl be« feften Stüdtyalt« an ber bortyanbenen lat^oliföen Partei
25 ftärfte.
©o ftnb e« gleichmäßig politiföe Erfahrungen, Anmaßungen bon außen, bie 2ebre
eine« Mißerfolge« unb ba« Reifen feiner $erf önlic&Iett jur boHen Entfaltung, bie 3uliu« oft
mit ber !ßeit an bie entf$eibenbe Aufgabe feine« Seben« herantreten (äffen. greilid^ toai
in ben $afyxtn bortyer bo<g mancherlei fd^on gefdfjefyen: 1574 toar bie Senebiftinerabtei
so Sang reformirt toorben, 1575 mußten alle Konfubinen, felbft bie ber Äanomfer, bie Stobt
SBürgburg berlaffen, 1577 Würben 14 ^räbifanten au^ bem ©tifte berjagt, obtootyl 3wlu^
babei ©orge bor bem Abel fyatkt; 1581 toar ein SSorftoß ber Slitterfc^aft, bei bem e« ftcfy
neben ber Klage über lanbe«$errli$e Übergriffe in abelige Steckte aud) um fird^lic^e 9e*
fd^tberben ^anbelte, erfolgreich abgeh)iefen tborben: bie 9titterfd^aft {tagte über Verlegung
35 be« 9leligion«frieben«, berlangte SBiebereinfefcung ber bertriebenen 5Prebiger, Abfc^affung ber
Sjefuiten, ©eftattung ber 6^e für äße Sanbgeiftlid^en ; aber !guliu« k^nte biefe ©inmif^ung
in bie 9teligion«angelegentyeiten, fc^roff ab unb bie Stitterfdjaft toagte leinen Weiteren SBiber-
fpruc^ — gugleic^ ein 3c^m/ to'c toeniö Suliu« auf bie ©tänbe be« §od&ftift« Slücfftc^t
ju nehmen gelüillt tvaxl S3er^anblungen über eine Steform ber ©eiftlic^Ieit ftnb fd^on
40 feit 1582 mit bem Kapitel gepflogen toorben, aber an beffen SBBiberftanb gefc^eitert: jebe
Reform, meinte ba« Kapitel, toerbe bie ©eiftlic^en nur bem $roteftanti«mu« boDenb« in
bie Arme treiben. 3)a« SBid^tigfte aber ft>ax, fta« ^uliu« bi« gegen Wxttz ber adliger
Sa^re auf bem ©ebiete be« Untenic^t«it)efen« gefd^affen ^atte. 6« fcfytoebte i^m bon
Anfang an bie SBicberrid^tung ber Uniberfität, bie emftmal« gu SBürjburg beftanben ^jatte,
45 bor; aber ber Sßapft, ber feine 3wfö^^wng bam geben foHte, tt>ottte 1575 tro^ prinzipieller
©ene^migung nid^t biel babonlüiffen: erft muffe 3jefuitenfolIeg unb ©bmnaftum unb Spriefter-
feminar boQpnbig feft ftefyen unb ausgebaut Serben. Au$ ba« ^omtapitel tüar gegen
ben tylan, toeil e« bie ^efuiten ntcfyt al« Se^rer unb Seiter an ber Uniberfität ^aben
toottte. 9ta$bem ^uK«^ ben päpftlid^en SBünfc^en nac^gefommen h>ar, unb feit 1578
60 ba« Sßriefterfeminar neu organiftert fyatte, ^at er bie SSertbirflic^ung feine« SiebltngSplane«
1581 feft in« Auge gefaßt unb bem Kapitel jum Jrofce — er ignonerte e« ganj — am
2. Januar 1582 bie neue Uniberfität mit einer tyeologif$en unb p^ilofop^ifcpen ^fultät
eröffnet; ba« t^eologifd^e ©eminar h)urbc je^t mit ber Uniberfttät bereinigt 8i« alle
^afultäten eingerichtet unb ein eigene« Uniberfttät«gebäube errietet fear, ftnb no$ bei«
66 nafye 8 3>a^re bergangen ; bie SSorlefungcn ftnb injtoifd^en im Kolleg ber 3*fuiten, benen
ber ftärffte (Sinfluß auf bie Uniberfttät $ufiel, gehalten toorben. ®a« ©omfapitel fügte
ftcfy feit 1585. ßine 3Rufteranftalt ber ©egenreformation h>ar Wer errietet toorben;
fat^olifc^ mußte alle« fein: Seljrer, ©d^üler unb SBiffenfd^aft. An ©tubentenja^l rafc^
aufblü^enb ^at fte bem S3i«tum bor allem bie ©eiftlidjen unb Beamten geliefert, bie man
60 jum ßrfa$ einer glauben«f$toac$en ©cneration brauste.
3itUtt* @d)tcr 633
SKit biefer ©eneration ein für allemal aufzuräumen, ift ber 3iüc* ^ AtorgetyenS,
ba$ ^5uliud 1584 begann unb ba$ ber energifd&fte äluebrudt ber ©egenreformation im
£od&ftift SBürjburg tourbe. 2)er (Srlafc einer neuen Äircfyenorbnung (1584 lateinifcfy, 1589
in ettoaS beränberter ftorm beutfefy gebrutft) fyat ber ©eiftlid&feit juerft ityre Sßflicfyten im
Seifte beä Xribentiner Äonjifä einbringt vorgehalten unb bie lircfyhcfye Drganifation ttrieber 6
ftraffer angezogen. 3Dann Würben alle lutfyerifcfyen $rebiger aus bem Sanbe entfernt —
an 170 fouen e$ getoefen fein — unb auefy bie übrigen ben firdjlicfyen SSorf Triften nid&t
entfrrettyenben ©eiftlid&en tyrer Stmter beraubt unb burefc $uberläffigere (Slemcnte erfefct.
35ie trcoteftantitöen ^Beamten Würben cntlaffen ; beä 93ifc$of3 näd&fte Umgebung befam jfl&t
ben ftreng fatboliföen ßfyarafter, toie ityn bie £oforbnung bon 1614 foäter in SBorten 10
toiebergegeben j)at — ^roteftantijd?c ©efinnung machte jefct auc$ ben SKbel unbrauchbar
$tm §of= ober ©taatäbienft. (Sine 33ifitation ber gefamten SDiöcefe richtete fiety gegen alle
jproteftantiföen ©lieber ber Sebölferung : ^uliuä pat fie felber jum größten Seile au&
geführt unb begleitet bon einigen Seiten bie eigene Autorität nur 33efefyrung ber 3lb*
gefallenen eingefefct. SRit ben Heineren ©täbten tourbe begonnen (1585) unb mit ber 16
#aul>tftabt (1587) baä SBerf beföloffen. Überall matten gütliche 2lufforberungen ben
Anfang, bann folgten Seletyrung, 3toang Jum Sefud^ ber SJteffe unb älnbro^ung bon
Strafen; 1587 mufete auätoanbern, toer fiep niefct fügen toollte. 3ure^m un*> brotyen
fcatte natürlich biel grfolg: im Saufe bon 3 %at)xm fmb tttoa 100000 belehrt toorben.
Aber ein paar fyunbert finb boety ityrer Überzeugung treu geblieben unb tyaben bie 2lu& ao
toanberung borge^ogen, obtoofyl fte babei au$ nod^ ein drittel tyreä S3ermögen3 bem
Sifd&of tyinterlaffen mufeten! (Sä tourbe geforgt, bafe alle SHagiftrate in ben ©täbten, alle
2e$rcr an ben Spulen fyinfort fat^oltfc^ toaren, bafe überall ber Äirctyenbefucty ber Unter«
tauten genau überfragt tourbe.
3uliu$ tyat ben ©türm ber (Sntrüftung, ben er burefy fein üBorgetyen auf proteftantifetyer 26
Seite tyerborrief, rutyig Eingenommen, glugfdjriften erföienen gegen tyn; bie fränfifäc
Stitterföaft proteftierte, aber otyne ernfte Stad$altigf eit ; bie Äurfürften bon ©ad&fen, ^jfalj
unb Sranbenburg, ber Sanbgraf bon Reffen, bie SRarfgrafen bon S3ranbenburg unb bon
©oben, ber gürft bon 2lnl?alt fyaben ifym f$riftlid& ober fogar burt§ ©efanbte 3Sor^aIte
gemalt, einige tyaben ftd& auety mit tyren S3ejdf)toerben über 33erlefcung beä SteligionSfriebenä ao
an ben Äaifer getoanbt — Julius blieb babei, bafe er nur tfyue, toaä itym ber 3leligion&
frieben erlaube. 6r t)at bamatö bie 93ebeutung biefer ^roteftantifc^en (Srma^nungen nic^t
me^r überföägt; er backte h)o^l ba^ gleite, h)a^ er 1589 bem &aifer im ©tra^burger
^anbel riet: er möge nur tfyatfräftig mit Sßoenalmanbaten unb ©equeftration borge^en,
bie £roteftantifc$en dürften Würben be^^alb nic^t ju ben SBaffen greifen. Slud^ füllte er 86
Pari genug ben Stüdtyalt, ben er befa^: §er$og SBil^elm bon Saiern fotoo^l toie ber
$aj>fi ^aben i^m §ilfe jugefagt, toenn er ber Sieligion falber angegriffen Serben follte;
beS Äat|erö ©unft toar t^m ficfyer.
5Ktt ber Unterbrücfung be« ^}roteftanti$mu$ ging §anb in §anb bie Sieform beä
alten Äirc^enloefeng. S)ie neue Äirc^enorbnung gab neben bem, toaä ba^ ^erfönlic^e Scben 40
ber ©eiftlic^en betraf, SJorfd^riften über ben ©otteSbienft, über ben 93eft$ ber Äirc^en, über
bie (Smljaltung ber Äonzitebefd^lüffe ; bagu famen neue berbefferte 2lu«gaben ber gotte^
MenfUictyen Sucher, ber Srebiarien, ©rabualien, 2lnttyfjonare, ^Pfalterien unb 3Kiffalen —
3uliuS felber terieb baju einfd^ärfenbe 3Sorreben. 2)afe ber 33ucb^anbel nur eintoanbfreie
Sudler bertreibe, h)urbe fontrolliert. 35ie Älöfter fpürten ebenfalls bie energifefc beffernbe 46
^anb bed 2anbe$fyerren : baö Vermögen ber unh)ieberbringlic^ berfallenen h)urbe befferen
ßtpeefen (Uniberfität, #oft>ital) gugetoanbt, bie lebensfähigen bagegen toieber ^ergeftedt,
mit SSifitationen fd^arf übertoacfyt unb tüchtige hjeltlic^e Sertoalter eingefefct. ©elbft an
bad Äapitel toagte fic^ Juliu«, toenn auc^ ofyne ©c^roff^eit, mit Sieformen ^eran : bie
3tejtben#>flic$t lourbe eingefc^ärft, bie 2lufna^mebebingungen ftrenger gemalt unb ber (Sinflufc 60
be« Sift^of« auf bie S3efe^ung erlebigter ©teilen erweitert.
SBa« baS äufeerlic^ auffallcnbfte Äenmeicfyen beS na^tribentinifc^en JfatEoIi^iSmu«
tourbe, fanb aud& burc^ ^uliu« je^t bie eifrigfte Pflege : ^rogeffionen unb 9Jtorienanba$ten,
(Sttoerbung unb ^om^^afte Sercfyrung bon Sleltquien, ©rünbung unb Segünftigung bon
getftltc^en Sruberfd)aften. 66
§inter ben fräftigen unb grellen garben beS ötlbeS, ba« bie 2)iöcefe feit 6nbe ber
a^tgiger 3öfa* gch)ä^rte, traten bie legten bcfcfyeibenen SebenSicic^en beS ^roteftanttemuö
an ber ober jener ©teile be$ ©ttfteä ^urüdt; einzelne bom Slbel toiberfefcten ftc^ nod^
längere 3^ un*> 9*ePc buc Sieformatton fyabm fiefy in bie 3C^ ^tx furzen ©^toeben^
^errfd^aft (1631—1634) unb bon ba toieber bis 311m beginn ber Sleligionäfretyeit am eo
634 Nullit* (gdjttr ^untltnd
äfofang be« 19. 3a^unbcrt« fyinübergerettet. 3m allgemeinen aber ging e« in 28firjburg
tote überaß, too bie (Segenreformation energtfä burc&geffityrt tourbe: bie Sefcölferung toar
föon in ber näctyften ©eneration böllig fcertoanbelt, ber Äirc^e unb ben 3efuiten mit $m*
gebung augefyan.
5 Umtoeifeltyaft ift ba« geifttge unb materielle geben be« 33i«tum« SBttrjburg burd& bie
©egenreformation eingeengt toorben: toifjcnföaftlicty fyerborragenbe« ift &. 8. toon ber
Uniberfttät nietyt ausgegangen. 2lber toa« innerhalb ber engeren ©ptyäre geleiftet toerben
tonnte, fyat guliu« — mit feiner energifefcen unb ftttenreinen Sßerfönlutyfeit ba« Softem
belebenb — jebenfall« geleiftet. 35er toirtföaftli^ jerrüttete guftanb, in bem erbadStetum
10 übernommen tyatte, ift in einer 3*ü langen gerieben« bur# fem ©eföicf befeitigt toorben:
bie Sertoaltung tourbe georbnet, bie ©ctyulbenlaft ertyebltd& toerminbert, öerpfänbete ©fiter
eingelöft, bie StectytSpflege öerbeffert ; ba« Unterricfctetoefen tourbe burd& Anlegung fcon $olfe
faulen auf bem Sanbe au«gebel?nt. ©ott gebe und ^ranfen toieber einen folgen SSater
unb §au«tyalter, fyat ein fd&lictyter ffiürjburger Sürger bei 3uliu« gefcter« lob (13. ©ept. 1617)
iö in feinen §au«falenber gefcfyrieben. — &a« fegen«retdjfte unb bauernbfte Denfmal bleibt
neben ber Untoerfttät, bie freiließ f^äter i^ren urft>rfingli<$en fir#lid&en (S&arafter $u i^rem
©lücf boüftänbtg berlor, ba« 3uliu«fj)ital, ba« 1576 au« bem Vermögen be« Verfallenen
Älofter« £eiligenü)al gegrünbet unb bon 3uliu« mit gröfeter ©orge geförbert tourbe. 2>ie
2iebling«ftofungen be« 33if<$of« (Spital mit flirre, Untoerfttät mit ftird^e) fotoie bie
ao SBieber^erfteuung ober 9leugrünbung bon tttoa 300 Äird&en im 33i«tum, bie (Erneuerung
be« SBttrjburger 35om« unb be« burd>. Sranb jtoeimal beföäbigten ©d&loffe« 3Rarienberg
^aben auety ju einer reichen 33autfyätigleit unter feiner Regierung geführt.
©o ift ba« §od&ftift bur$ 3ultu« in jeber SBeife gehoben unb bur$ ihn )u einem
anfefynltd&en %aitox innerhalb be« Steige« unb feiner Parteien gemalt toorben. Die von
26 Anfang an eingenommene Stellung in ber 9leidj«j)olitiI tyat 3uliu« auety in feiner ft>ätern
3eit f eftgebalten : er ift bei allen (gelegensten eine ©tü£e, oft auc§ ein %ütym ber fa*
tyoltfd&en Partei getoefen. 35er enge 3"fammen^ang mtt ber baieriföen Sßoliti! blieb
befielen; mit §er^og 3KajimiIian toar er 1609 ber ©rünber ber £iga unb bann mit feiner
©nergie unb mit ben toermefyrten Gräften feine« 93i«tum« eine« ityrer toertoollften HJtit*
so glieber. ©alter Ölte«.
Stornier« tourben früher fpotttoeife bie cafoiniftifd&en -Dtettyobiften in 5Bale« genannt,
toeil jte tfyre innere (Srregung nid&t blofe in 2lu«rufen, toie fi* in mettyobiftifc&en SJerfamm*
lungen getoöfynlid& finb, äußerten, fonbern auety „bor greuben tyüpften unb prangen".
Solche efftatifd&e ©rf Meinungen traten juerft ettoa 1760 in ben toelföen TOetyobiftenfreifen
86 *u Sage unb verbreiteten ftd& rafö mit anfteefenber ©etoalt, fo baft fte too^I eine 3«*
lang al« c^arafteriftifc^ für biefelben gelten fonnten. 3Ran berief fu§ jur 9led^tfertigung
auf Sc 6, 23; 31© 3, 8, unb 2 ©a 6, 16. %n neuerer Reit ift aber mefr 5Rfi<&tern&eit
^errf^enb getoorben, unb ber 3Kettyobt3mu«, bem bie 3Ke^rja^l ber @intoo$ncrfc$aft toon
SBale« juge^ört, nimmt bort eine toid&tigere ©teDung ein afö felbft bie ©taatöthd^e,
40 bie« auc$ barum, toeil er ber 2anbe«ft)rad9e alle« dltqt toieberfaJ&ren läfet. 33gl. Hi-
story and Constitution of the Calvinistic Methodists Drawn up by their own
Association Ministers, 1827. C ©$•€! f.
3uniüuö, um 550. — ^udgaben: 3. ®aft, Saf. 1545; $arid 1644. biefe 3u3*
flabe abgebrueft in MSL 68, 15—42; $. Äifm, Jun. Afr. instituta regularia divinae legis,
46 Frib. Br. 1880. 2$q1. ©. Äitjn, X^eobor uon 9Wop|ueftia unb 3un. «fric. als (Sjegeten, greib.
1880 (im?lnbaiig 465-528 ift au* bie ©4rift abgebrueft); ©. 6almon in DchrB 3, 1882.
534 f. ; Sl. SRaW«, fie^rcr unb ©etiler bei Sunil. «frtc, in ^Radjr. b. ®ött. ®ef. b. ©iff.,
1890, 242—246 (©eitrag jur Jejtfritif). — $ie bem 3. ^uweilen jugef^riebene Meine ejf
getifc^e ^Jb^anblung: commentaria in tria priora capita Geneseoe bilbet ben Anfang bed
60 Ülenefiätommcntar« in 93ebaö Werfen, too bie uorange[d)icfte 3uf4nft an einen 9bt %cca ge*
richtet ift (ugl. 3. «. grabriciuö, Bibl. Lat. ed. 3Kanfi 4, Patav. 1754, 205).
^untliu« (Junillus, '/otWos), au« 2lfrifa gebürtig, beffen 8ui$ instituta regu-
laria divinae legis (bt«f?er fcil(d)lid) nad) ber Überförift be« 1. Äa^itei«: de partibus
divinae legis genannt) nad) einem letle feine« ^n^alä getoö^nltd^ ju ben erpen 8n»
66 fangen einer btblifcfycn 6inleitung«toiffenfc^aft geregnet toirb, gehört in ba« 6. ^a^um
bert al« 3^9^offe 6affiobor«, toelc^er i^n (institutt. div. Ject* 1, 10) unter ben intro-
duetores sacrae scripturae an le^ter ©teile aufführt, ältere bejeid^nen i^n unnötig
al« Sif^of; er ift bielmetyr al« ^o^er ©taat«beamter (vir illustris f. Fulgent. Ferrand.
dttitütitd 635
Bei ä. 3teifferfd&eib, Anecdota Cassinensia im 93re$lauer SeftionSinbej, SBinter 1871/72,
©. 7) in ftonftontinopel unter ^uftmian, nämlicfy als ber bon fyxotop in bet Historia
arcana 20 ertoctynte quaestor sacri palatii an^ufe^en (f. Ätyn 222 ff.). £ie ertoätynte,
©cfcrift ^at er toatyrfcgeinlidj 551 bem S3iföof $runaftu8 bon #abrumetum getoibmet,
ber in ben ©irren beS SDreifapitelftreiteS (fietye b. ärt. 8b V 6. 21 ff.) nad& ßonftan* 6
tinopel gefommen unb bort in SBeaietyung $u feinem bornefymen SanbSmanne getreten toar,
unb beffen 5Rame ftcfc aucfy unter Dem Constitutum be$ SBigiliuS (553) pnbet. $n bem
borauSgefd&idtten Sriefe an biefen fagt SuniliuS, bafc er baä folgenbe einem Sßerfer namens
$aulu£ berbanfe, ber in ber berühmten ©ctyule ju 9liftbte feine 33ilbung empfangen
fyabt. 3Rxt größter SBafyrfd&einlicfyfeit tyaben totr in biefem ben Sßauluä au$ 33afra (Saffora) 10
am ügrte, ©ctyüler beä -Kar 2lba3, nad^er (naefytoetelic^ fd&on 553) SKetrop olit bon
9liftbi3 (3. 6. äffemani, Bibl. Orient. III, I, 87. 435. 632; III, 11,928) ui fe&en,
ber ate Untertan be$ perfifd&en SReic^eö Sßerfa genannt toirb, nid&t ben als 33erfaffer ber
£ogit befanntm $aulu$ $erfa (9tffem. 1. 1. 11,414; III, I, 439; Sanb, Anecd. Syr.4,
Lugd. Bat. 1875, 1—30. 99—113), ber aud& nidjt (nad& *Reftle3 SSermutuno, f. 2ty£8 16
1876, 9k. 26) mit jenem ibentifoiert toerben barf. $aulu3, ber ©c&üler be« 2Rar 2tba$,
tft bon ^wftinian ju einem ©eft>rä$ über bie ©runbletyren be8 ©laubenä tyerangejogen
toorben («ffem. III, I, 632, bgl. 88) ; bamalä toirb ^uniliuS tym belannt getoorben fein.
SPrhnafhtS felbft tyat bon Suntliuä berlangt, ba| er baä bon SßauIuS empfangene &om*
penbium jur Einleitung in baä tiefere ©d&riftftubium au$ anberen mitteilte, unb ju biefem 20
3toeif fyd 3uniüu3 e3 (junäcfyft auä griedjifd&er SSorlage beä urfartinglid^ fyrifd&en 2Berfe$
fiberfefcenb) jufammengeftedt unb in bie gönn bon grage unb älnttoort gebraut. Z)ie
©dfrtft enthält nun in ben beiben Supern, beren Abteilung übrigeng feinen inneren ©runb
tyd, SRegeln, eine metj?obifc$e (Sinleitung in bie $1. ©Triften naefc #orm, Umfang unb Snljalt,
alfo ifagogifd&en unb bibl. ttyeologifd&en, reft>. bogmatiföen©toff. ©0 tyanbelt ber erfteleil, 33u<$ 36
1, 1 — 10 bon bem, toaä na$ feinem Sluäbrucf *ur superficies dictionis gehört : bon bem
Untcrfd&ieb ber Siebegattungen, toonaefy er bie fyiftorifctyen, \> roptyetifdfjien, ft)ri$toörtli<$en unb
einfach Ie^renben Sucher unterfc^eibet unb aufjätylt, bon ber berfd&iebenen Autorität biefer
Schriften (bie tyier in Setradbt fommenben ©Triften ftnb teils bon bottfommener, teil«
bon mittlerer, teils bon gar feiner Autorität), bon ben Serfaffern, bom Unterfd&ieb poe* »
ttfd^er unb profaifc^er ©Triften, bon ber älufeinanberfolge beiber leftamente. 93efonber$
bemerfenStoert ift, ba^ unter ben fanonifäen ©Triften ^iftorifc^en gn^altö im 312 bie
9393 1. unb 2. $aral., !gob, ®*f« (wit 9iefyemia), öftrer nid^t aufgejagt, fonbern mit
Subita, 1 unb 2 9Jlaf (nad^ Äi^nS 2:eEtrejenfton au^ SobiaS) als Slntilegomena (ad-
jungunt plures) ober libri mediae auetoritatis (c. 7) begegnet finb, unter unriefc 86
tiger Berufung auf bie bon §ierontymuä bejeugte Meinung ber Hebräer, toelc^er nur eine
Stemmte«™ an bie Stellung ber ^agiograjtya ju ©runbe liegt. @S ift aber nactytoeiS*
l\d) bie Sfopd&t I^eoborS bon 3Kopfueftia, bie hierin, toie in ber SSertoeifung be3 (mit
bem 8ud^ ber 2Bei$I?ett gufammenaeftellten) §o^enliebeS, be« SriefeS %atob\ mit 2 ^Jtr,
3ubaS, 2. unb 3. %o, unb ber Offenbarung (de Johannis Apocalypsi apud orien- 40
tales admodum dubitatur) unter bie Slntilcgomena, auSgefprod^en toirb. 35ie$ ^at
feit Sraftc^eHe, Expurgatio biblioth. s. patrum, Rom. 1607, 66, unferem äutor
manchen Sortourf jugejogen. 3)iefelbe unbeftrittene Autorität in ber forifd&en Äirc^e läfet
m aber burc^toeg erfennen auc^ in Dem itoeiten Xeil, 33uc^ 1, 11—2, 27, ber einen
UeberblidE über ben Sefyrinfyalt ber fy. ©d^rift giebt, unb jtoar unter ben Stubrifen: 1. de 45
deo : SBefen, ^Jerfonen, Siäirfung^toeifen, SSer^ältni^ ju ben ©efc^öpfen, nämlid^ begriff-
ßc$e$ al« ?5rinji^ ber ©igenfd^aftöbeftimmungen, ber ©a$e na4 gufammcnfallenb mit
ber via eminentiae unb negationis ; 2. de praesenti saeculo : ©c^ö^fung, Slegie*
rung (^icr auefy bon ben berf^iebenen Slrtcn göttlicher ©efe^e), bon ben natürlichen Dingen
unb tyren 3uftänben, .bom freien SBtllcn ; 3. de futuro saeculo : b. ^. bon ber offen- so
banmgSgefcyid&tltc&en Öfonomic ®ottä, bon ©rtoä^lung ober Berufung (aeeeptio s. vo-
catio), bie in 10 ©tufen, aU Slnna^me 2lbra^am«, ber brei Patriarchen, be3 ©tammed
3uba, be« aSolfe« in Ägtyrten, 2)abib«, be« öaufcö Dabib«, ber SRücffe^r au^ bem @jil,
ber Ännabme ^efu ß^rifti na$ bem ^leifc^/ enblid^ ber Berufung ber Reiben berläuft ;
auSfttyrlicg toirb bann bon ben 2fyt>cn* bon ben ^}rop^e;eiungen (befonberö cingefyenb), 65
enbiid^ ben ©rfolgen biefer 2vtyen unb ^ßrop^e^etungen teife in ber ßeit, unter ©efe§ unb
©nabe, teite in ber ©toigfeit gefproc^cn. 2ln biefen intereffanten 2lbrife fc^liefeen fic^ no<^
|um ©d&Iufc einige l)ermeneuttfc^e Regeln (c. 28), ©rünbc für bie :^nfj)iration ber ©c^rift,
eijentli<^ für i^re ©laubtoürbtgfeit überhaupt (c. 29), enblic^ eine jicmlic^ äu^erlic^e 8e^
fhmmung be$ aSer^ältniffeö bon ratio unb fides. 28. 9Möüer f (©. ärftger). u»
636 3ut"tt*
3nnm«, granj, gcft. bcn 13. Dftober 1602 a. ©t. — Vita nobil. et crad. viri
Franc. Junii ab ipso conscripta, in lue. ed. a Paulo Merula, Lugd. Batav. 1595) Etsaling.
1769. 9lud) in bcn üerfdjiebenen ©bttionen ber Opera Junii, foroie in Gerdeaü Bcrinium
antiq. Tom. I, ps. II, Gron. et Brem. 1749. Wild) in beutfdjer unb engfifdjer Ueberfeftung.
ß Levensbeschrijving van beroemde en geleerde Mannen, VI, Amsteld. 1733. La France
protestante; Söatjle, Dictionnaire hißt, et crit; ©laftu«, Godgeleerd Nederland ; 93. b. fia,
Biogr. Woordenboek d. Nederl ; ©epp, Godgel. Onderwijs in Nederl. I, Leid. 1873 ; 3- %
Stficeron, Memoires, Tom 16; 3- ©. be (Srane, Oratio de Vossiorum Juniorumque familia,
Gron 1821 ; g. ©omari, Oratio in obitum Fr. Junii, Lugd. Bat. 1602 ; Siegenbeef, Ge-
10 schied, der Leidsche Hoogeschool; 3ofj. 9icit«ma, gr. Snniuö. ©ron. 1864; ^BClfr. Staüaine,
Fr. du Jon., <ßari« 1882; gr. 28. <£uno, «Blätter ber ©rinn, an Dr. Äafp. Dleotanu«, »armen
1887; berfelbe, gr. 3uniu« ber ältere, <ßrof. b. Stjeol. unb $aftor. ©ein Seben u. Wirten,
feine ©Triften unb ©riefe. sEMt bem 93ilbui« unb einem gafftmüe be« Suniuö, fcmfter*
bam 1891.
tf gfranj 3un'u^/ eigentlich bu 30n> ®^n be« 35ionty« bu !gon, Neffen SSater 2BU*
Hm *>u %on, §err bon 2a Soffarbinfere bei 3ffoubun, unter Subroig XII. in ben äbel«=
ftanb erhoben mürbe, tft geboren ben 1. UM 1545 a. ©t. gu 93ourge« im 3)et>artement
Sfyer, granfreia^. 93i« jum 12. £eben«jatyre rourbe er roegen feiner ©cfyroäctyßc^feit im
§aufe feine« 93ater«, ber föniglid&er SRat unb Ärieg«fommif|är roar, burety Spribatunter*
20 toeifung tyerangebilbet. 3n ^vc öffentlichen ©$ule, ber er nunmehr übergeben tourbe,
roarb tym eine unmenfa^lic^e 93el?anblung Don fetten eine« rotyen 24rer« ju teil. ®o<$
ertrug er biefelbe mit aQer ©ebulb, um nicfyt feinen Don tym heftig geliebten Sater mit
Slagen ju betrüben. $n feinem 13. %afyxt begann er ba« ©tubium ber 3tea)te bei £ugo
2)oneHu«, ftedtte aber baSfclbe balb roieber auf, um auf bem ©tymnaftum gu fityon bie Süden
26 feiner fyumanifttfa^en SSorbilbung au«gufüQen. §ierfelbft fanb er ftc& umgeben Don 3ier*
fütyrungen jur Unftttlictyfeit foroie jur 2ltbeifterei. 35en erfteren begegnete er ftegreic^,
roätyrenb er ben leiteten unterlag. Sin 33oIf«aufrutyr führte $n au« ber ©tabt auf«
2anb, roo ein frommer Sanbmann tyn auf feine Serrirungen aufmerffam machte. S)er
93efucr) eine« ref. ©otte«bienfte« unb bie Unterrebungen feine« 33ater« beranlafcten tyn, ein
so 9leue« Seftament auf juf ablagen, ©ein äuge fiel auf ba« 1. Äapitel be« So&anneSetxtn*
gelium«, ba« ityn erfa^ütterte unb gum lebenbigen ©lauben braute. 6r 30g nun nad& ©enf,
roo er na$ bem 2obe feine« 33ater«, ber bon bem fanatifd&en ^apiftifa^en Santyagel $u
Sffoubun bei einer Unterfud&ung ifyrer ©reAiclttyaten erfdjlagen würbe, fi<$ bem ©tubium
ber Ideologie tpibmete. Unter unfäglta^en Sntbe^rungen lebte er ^ier bi« jum 9lpril 1565, ba
36 tyn bie hjaDonifd^e ©emeinbe bon Slnttoerpen ju i^rem ^rebiger berief. SUttt feinen 2lmt«*
brübern tourbe er in biefer ©tellung oft berfolgt. Öfter« frrebigte er beim ©drehte ber
flammen, in benen bie -Biärttyrer be« reformierten ©lauben« ü)ren 2ob fanben. 5Rad^^er
ftnben hrir i^n unter ben ^e^ptebigern jener Xage. 6in ©lauben«befenntni«, ba« er im
Sluguft 1566 für feine ©lauben«genoffen auffteDte, geugt bon bem Stnfetyen, ba« er ge=
40 nofj. 2lua^ rourbe er gur Slebifton ber Äonfeffion«fc^rift be« ©uibo be 93raty (ber Belgica)
au«erfe^cn. ©egen bie Silberftürmerei trat er mit aller ©ntföiebentyeit auf. Iro|bem
gelten i^n bie ©egner für einen Slnftifter berfelben, ba^er er ftd& täglich bor 3Rac^ftettungen
^üten mu|te. hierauf tüirfte er einige 3eü int Simburgifa^en. Slömifa^e unb Änaba^
tiften bereiteten i^m aber biele §inbemiffe. Um Cftem 1567 begab er ftcfc auf bie gluckt
45 @r rourbe $aftor bei ber roaDonifd;en ©emeinbe ju ©c^önau in ber Äurpfah, h>o er,
naa^bem er ungern ben ftefoaug be« ^rin^en SBil^elm bon Dranien naa^ ber 6^amj)agne
mitgemad&t, mehrere Sapre litterarifa^en SÜrbeiten fic& toibmen unb mit 3)at^enu« unb
ßoloniu« für bie ^fäljifa^en grembengemeinben unb beren Autonomie t^ätig fem burfte,
3m Qa^re 1573 berief ber Äurfürft griebria^ III. 3uniu« nad^ §eibelberg# um ben 5J$ro*
50 feffor ber altteftamentltd^en Gjegefe Immanuel 3:rcmelliu« bei feiner lateinifcben Ueber*
fefeung be« 213^« m unterftü^en. 3)iefe feine Mitarbeit gab ü)m in ber 5°*8e 3Seran*
laffung ^ur 93eröffcntlid^ung be« 1. Sriefe« ©t. 3°^nne«, ber 3tyoftdgef($i<vte unb ber
beiben Äorint^erbrtefe na$ bem arabtfe^en Äobej be« 9KE«, foroie ju einer ^ebräifd^ai
©rammatif. 9to$ bem Xobe be« genannten Äurfürften mu^te er ber lutyerifd&en 3le=
.75 aftion Subrotg« VI. roeia^en unb rourbe bon bem SPfaljgrafen 3<>^ann Äaftmir cai ba«
bon bcmfelben neugegrünbete reformierte Casimirianum ju 9?euftobt a. b. #aarbt berufen.
33alb barauf aber übernahm er bie ^Srebigerftelle ber SBauonen in Dtterberg, roo er fem
fpäter für ba« ©^nobal^ unb $re«bi;terialroefen ej)oa^emad^enbe« SBerl: Ecclesiastici
sive de natura et administratione ecclesiae Dei libri tres fetyrieb. 3m 3un^ 1582
60 te^rt er m feiner ^rofeffur nad^ 9leuftabt jurüa* unb jie^t 1584, nac^ bem lobe Subroig« VI.,
mit Ineftger §oa^fc^ule na# ^eibelberg. 'Jm 3^^re 1588 giebt er in lateimföer Über*
3umttd ^urteil 637
fefcung be$ fturopafoten ©eorg GobinuS SBerf de officialibus palatii Constantino-
politani, ober nadj einem toerftümmelten Äobej, toie er 311 fernem ßummer ju fpät betnerfte,
heraus, toorüber Um ber gjngolftabter 3*fuü 3afob ©retfer öerfoottct. 2lud& fonnte 3-
burd^ eine Vermeintliche ^toeite SluSgabe biefeä SBerfeS nacfy einer Slbfäfoft be3 beften
Äobes, bie er auf ber £etbelberger Untoerfttätöbibliottyef, beren fieiter er' eine £eit lang 5
toar, gefunben, burcfy ©d^ulb be3 33er(eger3, ficty nia^t retablieren. 3m $atyre 1592
folgte er einem Stufe an bie Untoerfüät Seiben, an ber er bis ju feinem (Snbe unter großem
3ulaufe lehrte. (Sr ftarb am 13. Dftober 1602 a. ©t. an ber $eft.
guniuä l)at ftcfy in ber tfyeologifcfyen SBifjenfcfyaft einen nia^t unbebeutenben Flamen
ertoorben. ©eine ja^lreid^en ©Triften, toorunter aua^ mehrere j)fyüo[ogif$en unb ^ifto= 10
rifd&en gn^alteS fiw befinben, finb fämtlia^ in unfcrer obengenannten SRonograptyie aufs
geführt. Seine ftommentare 311 einigen Supern be3 2133 fyaben grofjc 2lner!ennung bei
feinen 3eitgenoffen gefunben. 2)ie Parallela sacra finb fogar bajmbreäjenb auf biefem
©ebiete getoefen. %üx bie ©ad^e beä *Proteftanti$mu3 ift er mit grofjem @efa*>ia*e gegen
bie ftir$e Stoma aufgetreten, toie feine ©Triften bezeugen, bon benen Admonition Chre- 15
stienne unb fcor aÜztt feine Animadversiones £u ben ÄontroöerSfd&riften be$ Igefuiten
Seilarmin am befannteften getoorben ftnb. 2113 2tyoIogct ber cfyriftücfyen Söa^eit fyat er
futy in Defensio catholicae doctrinae gegen bie Slntitrinitarier tyertoorgetfyan. 9lu$
gegen 3lrmtniu3, ben 3nbepenbenttemu$ unb anbere lircpa^e Abnormitäten ift er, trofc
feiner großen griebenäliebe, energifa) Vorgegangen. Le paisible Chrestien ou de la 20
Paix de TEglise Catholique, einige Monate Vor bem SibfaD §einricfy3 IV. (Von $ranf*
reuty) toom ^SroteftantiSmuS gefcfyrieben, befyanbelt bie $bee einer vom^Papfte unabhängigen
gatttfamfcfcfat^olifa^en ftircfye. %üx SDeutjdjlanb erfcfyien biefe ©d^rift (ateinifcfy unter bem
SXtel Eirenicum mit einigen ÜKobiftfationcn ; bie Sutfyeraner toerben barin gegen bie 9te*
formierten ju brüberlid^cr ©eftnnung aufgeforbert. 2)aä 2lnfefyen unfereä ©elefyrtcn toar 25
unter feinen ©laubenägcnoffen f efyr grofe, toic bie 3Kenge Von ©utactyten bezeugt, um toelctye
er von firc^lic^cn Korporationen unb ©tynoben Verriebener Sänber gebeten tourbe. Obs
gleich in feinen jüngeren gafyren «in gtönb beä toeiblidjen ©efctylecfyte, fyatte er ftcfy Viermal
bo$ Verehelicht, ©ein ganje^Seben fyinburxfy fyatte er mit einer grofeen ©cfyüa^ternjpeit gu
lampfen. Sachen toar i|m jutoiber. Sein Urteil fear bei aller SWilbe unb Sefcfycibenfyett 90
ftetä prämiert unb nie fcfytoanfenb. Dabei befofe er bie (Slafttjität be$ ©eifteä, auety mit
SfaberSgefumten freunblicfy verfemen ju fönnen, toaä folc^e öftere ju bem unrichtigen ©#Iufe
Verleitete, fte fönnten ftc^ auf i^n aU i^ren ©etoä^römann berufen. 3n f^ner tfyeolo*
giften Überzeugung ift er ftete ein genuiner Schüler be^ großen 6alVin gemefen. Sein
gleichnamiger Sofyn, geft. 1677 ju Sffiinbfor, fyat eine c^oc^emac^enbe S3ebeutung für bie 86
(gntttnctelung ber germanifd^en Spractyftubien ftd^ erioorben. Smto.
Furien, 5ßierre, geb. 1637, geft. 1713. — fittteratur: De Chaufepi^, Nouveau
dictionnaire historique et critique pour servir de Supplement ä celui de Bayle, ^Imfterbam
1750; ©ebiniber #aag, La France protestante, s^orid 1816; (St). fBeife, Histoire des r£fu-
eies protestants de France, ^ßartö 1853, 2 SBbe in 12°; 6. (L ^^gnin, Pierre Jurieu, 40
Strasbourg 1854; VI. 6ai)oue, Littörature francaise ä l'^tranger, <|5anS 1853; Scan SRou,
M^raoireö ine^dits etopuscules, <pari§ 1857. 2 5Bbc in 8°; 6. pan Corbt, P. Jurieu, Historien
et apologete de la Reformation, Geneve 1879; 91. Sdjroeifcer, ©efrfjic^tc ber reformierlen
dentralbogmen ; ©aiget). 9lrt. über 3"ricu'ö Streit mit ^ajon in Revue de theologie de
Strasbourg XIV, p. 335; Jvanf ^unuy, Les prfcurscurs franyais de la tol^rance, Döle 45
1880; unb ?lrt. in fiidjtenbergerä ©nci)flopäbie; Art. J. Bonnet, Bulletin d'Histoire du Pro-
test, francaiß, t. XXXIV, p. 404; 3. 2)eni3, Bayle et Jurieu in ben M&noires de l'Aca-
demie de Caen, 1886 ; ?Ufreb SHebeQiau, Bossuet historien du Protcstantisme, $ari§ 1891 ;
3- ©. Äon, Bayle et Jurieu, dans le IV vol. du Bulletin de la Commission de rHistoire
des Eglises Wallonnes 1890; ^ic^elet, Histoire de France, 33b. XIV 6. 407. 50
5J$ierre 3- fear, nu* Satyle, ber bebeutcnbfte Ifycolog unb häftigfte Äontroberftft
unter ben franjöfifa)en Reformierten am 6nbc be$ 17. 3a^un^crtö- ©einS3ater, eban«
geltfcfcer Pfarrer gu 9Ker bei 33loiä, ^atte fta) jc^on ate Montroberfift au^gc^eic^net. 3)urd^
ferne ÜKutter toar er 6nfel be^ berühmten Ideologen % Du 3Koulin. (Ir ftubierte 5ß^i*
lof^te unter S)rouet auf ber Slfabemie bon ©aumur unb Ideologie gu ©eban, too er öö
ben Sorlefungen bon 3)u3Koulin unb Vcblanc be Seaulieu betoo^nte (1656—58), bann
bereifte er bie Jlieberlanbe unb ßnglanb. 3m toteren ^anbc fefcte er feine t^eologifd^en
©tubien unter Seitung feinet C^cim^ SHiüet fort unb empfing bie anglttanifcfye Drbinatüm.
— 3la$ granftetc^ in bie uäterlicfye ^ifarrftcUe |\urüa*gerufen (1659; 60), liefe er ftc§ bie
heimatliche Drbination erteilen unb blieb in biefem älmte bi^ 1674, mit Sluänatyme eined 60
638 3tt"fis
gatyreS, Wctyrenb beffen er bie ©emeinbe bon 9$\tfy'-k%tanqa\$ auS^ilfSioeife bebieitte,
Wo et ftc$ bie 2ln$änglic$feit bon allen erwarb. 3m 3öfae l674 iwfa1 CT ein*1* Sftuf
bon ber Uniberfttät ©eban ate $5rofeffor ber tyebräiföen ©prad&e an unb tourbe bafelbft
au$ balb ate ^ßrebiger angebellt. 9(13 35o$ent tote ate $rebiger entft>ra$ 3- ^«n ©**
6 Wartungen fo fefyr, bafe 93atyle, Welcher bur<$ feine SBermittelung eine p^Uofop^iftye Ütfyc-
[teile in ©eban erhalten fyattt (1675), tyn ate „un despremiers hommes decesiecle,
le premier de notre commuuion" bejeid&net fyat. Sföäfyrenb ber je^n %atyct, bie er
in ©eban berbrad&te, liefe er feinen ber angriffe bon Slrnaulb, Soffuet, 9Raimbourg, Sticole
u. f. W. gegen ben SßroteftanttemuS borübergefyen, ofyne fte ju Wiberlegen. 3m g. 1677
10 reifte er na<$ $ßari$, um an ber Äonferenj über ben SßajontemuS teiljune^men. 3m Safytt
1680 fd&lug er einen bringenben Stuf ber 2Battonifd&en ©emeinbe gu SRotterbam aus, um
auf feinem Soften ju bleiben. (Srft im 3uli 1681, ate bie Slabemie ju ©eban auf*
gehoben Würbe unb gerabe für Um ber Slufenttyalt in granfrei^ gefätyrlid^ geworben War,
begab er fiety naety SRotterbam, Wo man für tyn, neben einer Sßfarrerftelle, no# eine 5J$ro*
16 feffur an ber „Ecole illustre" grünbete. SSon l;ier au$ arbeitete 3. mit unberbroffenem
Sifer an ber Rettung ber reformierten Äirc^e gfranfreictyä, burd& feine ©Triften, Wie bur$
feine gürforge für bie Verbannten $refei$er. — Site im Dftober 1685 baS @btft bon
SRanteS aufgehoben Warb unb eine SRenge bon SftefugteS in ben -Jiieberlanben 3^^
fugten, Würbe 3- ^wc erfte Reifer für biäe unb er bertoaibete feinen (Smflufe bei ben
ao £äuj)tern ber SRtyublif, befonberä bei bem $rinjen bon Dranien, fotoie bei ber #erjogin
Don SraunfcfyWeig, h>elc^e burefy 3- re^c ©penben an bie bebrängten ^ffle^ünge gelangen
lieft. — 2Bie anbete Ideologen (bgl. SomeniuS), tourbe er bur$ bie traurige fcfa^rung,
berbunben mit eifriger Jöoffnung auf bie 3^"^ ^ ebangelifc^en ©laubenS, beranket,
in ber apofal^ptifc^cn ^ro^etie baS, Waä er Wünfcfyte, ju fu$en, tote er au$ ftcfc ettoaS
25 fpäter bagu tyinreifeen liefe, föwärmerifcfye Sßroptyeten beä 3)aupbin6 ate Beiden balbtger
fierfteüung ber reformierten ftircfce &u überfd&äfcen. — ©0 lebhaft ftcfc 3- *>** framöftföen
©eiftltd&en annahm unb bie 2lu$fitynung mit ben Sutfyeranern betrieb, ebenfo eifrig be=
föränfte er bie Stoleranj auf biejenigen, treibe bie ©runbbogmen bea reform, ©(aubett&
betenntniffeS feftfyielten. ^olglid^ fcfylofe er aus ber c^riftlic^en ©emeinfd^aft au3 bie Slrminianer,
ao ©oänianer unb ^ßajoniften. 2>a bie lederen i^re 2lnftd?ten in Snglanb unb ^oüanb ju
berbreiten fugten, tt>urbe eine SBaHonifc^e ©^nobe (1686) inSRotterbam jufammenberufen,
too auf 3-S anraten bie ftrengften SKaferegeln gegen fte getroffen ipurben: ber Umformt
tätöaft follte bon jebem tüadonifc^en ©eiftlic^en unterzeichnet tt>erben. — gur 3^t be«
SR^to^fer grieben« (1697) bot 3. alte« auf, bie proteftaniiföen SWäc^te für bie 9*efor=
86 mierten in gtanfreic^ &u intereffiren, |ebod^ o^ne ©rfolg. 3**^™ mahnten i^n bie ©e*
brechen be« altera ein SBBerf $u befc^leunigen, an bem er lange gearbeitet tytitt, feine
©efddic^tc ber Dogmen (1704—5). 3Son ba an tyielt feine gefd^toäc^te ©efunb^eit $n
bon ber 2lrbeit ^urücf; er ftarb 11. 3<muar 1713 im Sllter bon 75 3^wn# m Motten
95efi^ be^ ©lauben^, melden er fein ßeben lang befannt unb berteibigt tyittt.
40 2Bir trollen nun §.$ Meinungen über einige §auj3t^untte ber Dogmatil erörtern,
nämli$: bie ^eitele^re, bie flircfye unb bie loleran^. 3* berteibigte gegen Slrnaulb unb
SRicole bie jüngfte 501^e^ h>clc^c bie 2)ortre$ter ©^nobe ber fie^re bon ber ^Rechtfertigung
burc^ ben©(auben gegebenste. 1. 3)afe ber ©laubige, nac^bem er gerechtfertigt toorben,
bie ©erec^tigEeit mtyt mefyr berlieren fönne. 2. ^)afe jeber Srtoä^lte }ur ©etoife^ett feinet
46 ^eileä ju gelangen bermöge. 3)ie genannten römifd^en Geologen behaupteten, bafe folc^e Dog-
men ber Sittenlehre berberblic^ feien, bagegen bereift 3* (Apologie pour la morale des
R6form6s), bafe biefe Se^re mit bem etilen ©efe^e übereinlomme; ja felbft, bafe fte
bie ^röfeten Sugenben erzeugt tyabt. 2lnbererfeitö ^atte 6l.$ajon, 5ßrofeffor an ber füa-
bemte ju ©aumur, bie SDortrectyter Se^re ju milbern gefugt, inbem er lehrte, bafe bie
50 göttlid&e ©nabe, obgleich untoiberfte^lidj», ben ©ünber o^ne feinen fflißen mcfct ^eüen
fann. @r jc^rieb ber ^rebigt be^ ©otttötoorte^ beftimmenben Shtflufe ju, ba ed nü^t
nur in ben Seelen toeilen, fonbern au$ in biefelben ben ^eiligen ©etft emflöfeen tömte.
— 3- antwortete, bafe er bamit nic^t erflären fönnte, toarum ©Ott jtoifd^en bat ©malten
unb ben Ükrbammten einen Unterfc^teb mac^t, unb ^ielt ©otted unWbingted 2)etret unb
66 unbefiegbare ©nabe feft (Beautä de la nature et de la grftee 1687). — 3n Scfreff
ber Äirc^e ^ält 3- bie „via media" atoifcfyen ben ßjtremen. ©r bertoirft ebenfo benSBe«
griff ber 3«be}>enbenten, ben fog. ÄongregationaltemuS (De la puissance de TEglise)
toie ben ©runbfofe ber römijcfcfatfyolifcfcen Äirc^e (Du vrai systöme de l'Eglise). 3n
feinen, toie in 6albin$ äugen, ift bie toafyre M. an biefen gipei 3*$*" erfennbar: ber
90 ^rebigt be£ reinen ©otte^toorte^ unb ber redeten Verwaltung ber ©atramente. ©ie barf
ftnriett 639
jtcfc felbft burc§ Vertreter be3 d^riftlid^cn Sollet regieren unb fyat ba8 Siedet, atte bie*
jenigen auSjuföliefeen, toelcfce baä ©laubenSbefenntniS ni#t annehmen. ©}>äter aber
tourbe 3- genötigt, um Soffuetä ©intoürfe &u toiberlegen unb neue Sebürfniffe ju be*
friebigen, feinen Segriff ber St. $u erweitern (f. Lettres pastorales). SSon nun an ift
tym bie Ä. nic^t mefyr auf eine einjige Äommunion befcfyränft, fonbem fte fc&liefct in fu$ 6
aJDie getrennten Ä.*@emeinben ein, toelctye bie ©runbtoafyrfyeiten be$ ßtyriftentumä feftyalten
(f. De pace inter Protestantes ineunda consultatio, 1688).
3n S3ejug auf bie loleram bat 3- no<$ metyr in feinen -JWeinungen gefötoanft.
3n feinen Schriften gegen SV^uiffeauä „Räunion du Christianisme" unb SatyleS Com-
mentaire philosophique, fyat er ityre gremenlofe Xoleranj aß toeber efyrlicty noefy ber 10
<&rtftttd&en Setyre gemäfe toertoorfen. 2)enno(p fyat 3. in feiner Politique du Clergä de
France behauptet, bafc, h>eit entfernt bafc bie Solerang Unruhen be$ Siotteä in einem Sanb
erzeugen lönne, im ©egenteil biefelben baber fämen, bafj ber §errföer bie SBerfctyieben*
$ett ber ©laubenämeinungen ntcfct bulben tpollte. „SDer SRömifcfcfatfjoliföe in 3franfreic$,
fo fcfcrieb er, ber ^Reformierte in ben 9lieberlanben follten fcon i^ren fianbäleuten jagen: „@ure 16
Äeligion ift ein unbefiegbareä §mbernte $u (Surer Seförberung". ©d&Iiejjlic§ in feiner
„Histoire du Calvinisme et du Papisme" machte % einen Unterfäicb jtoifd^en ber
toeltli^en unb ber geiftlicfyen 9Hacfyt. 3m 9tatnen ber jtoeiten forbert er bie boDe @e*
toifienäfretyeit. 2öa3 aber ben öffentlichen ©otteäbienft betrifft, fo foll bie ÜRe^eit beä
SJotteS entföeiben, benn ber #errfd&er ift nur ein 2lbgeorbneter ber 9Jolföfouberänität. — 20
2)amit fommen toir ju 3.3 politifttye Slnftd^ten. ©eit Sa StocfyeHeS %aü toar ber repu«
blifaniföe ©ärungSftoff unter ben frangöftfe^cn ßatoiniften erlofd&en, ßubtoig XIII. unb
fiubtmg XIV. Ratten feine treueren Untertanen als bie Sieformierten. Slber bie 93er*
lefcung be« ÜRanter ©bifteä — eines ©runbgefefceS beä ÄönigreicfyS — burd& ben ftönig felbft,
brachte mehrere Sßroteftantcn, toie $. 33. !gurteu, bafyin, an bem göttlichen Siecht ber Äönige 25
ju gtoeifeln unb ben ©runbfafc ber SBoltefoutoeränität toieber aufzunehmen. „@3 mufc", fo
farieb er, „in ber ©efeüfdjaft eine ©etoalt geben, für toelc^e e$ nietyt nötig fei Siecht ju
baben, um ifyre Saaten giltig gu machen". 9?un befielt biefe ©etoalt nur in bem Solle.
Xa$ 33oH allein macfyt bie #errföer, inbem e$ itynen bie Obergewalt mitteilt" (f. R6fle-
xions sur la cruelle pers^cution). Wad) biefen Zitaten ftnb toir berechtigt ju fc^lie|en, 30
ba^ 3- ^n Vorläufer ber mobernen 2)emofratie geioefen ift. ©lei(^tt)ie biele ©ebanfen
SJoltaire« fc^on in 35a^le« ©Triften borlommen, fo finbet man in 3. ben Äeim Don 9touf|eau8
Contrat social.
SBBerle. 35a biele Streitf Triften jener 3C^ ol^ne SSerfaffernamen erfd^ienen, ift e$ gu*
toeilen fc^toer einige berfelben 3. mit ©eioi^eit juguje^reiben. g^ ift bie^ ber gaü mitss
ben „Soupirs de la France esclave qui aspire aprfcs la liberte" (1689—90). 6ine
genaue 3}erglei$ung mit ben „I^ettres pastorales", toeld?e %.$ ec^te 3BerIe ftnb, ^ot
mid^ übeneugt bafe beibe Sucher bon bemfelben Serfafjer fein tonnen.
A) SÜBerfe über bie Dogmatil unb bie ^olemü. 1. ©egen bie SRömif^
Äat^oWen: Apologie pour la morale des R6form6s. Quävilly 1675 in 8°; Pr6- 40
servatif contre le changement de religion, iHouen 1680 in 12°; La politique du
Clerg6 de France, Slmfterbam 1680; Examen de TEucharistie del'Eglise ro-
maine, Slotterbam 1682 ; LeJansöniste convaineu de vaine sophistiquerie, älmftb.
1683; L'esprit de M. Arnauld, 2)cbenter (Slotterbam) 1684 (2 vol. in 12 ); Re-
flexions sur la cruelle pers^cution que souffre TEglise röformöe en France, 45
1685; Pr6jug6s legitimes contre le papisme, Slmfterbam 1685; Le vrai Systeme de
l'Eglise et la v^ritable analyse de la foi, 3)orbtr. 1686 ; Lettres pastorales adressäes
aux fideles de France, 5Rotterbam 1686— 89; Traites sur la thöologie mystique,
le qui&tisme 6tc., SWotterbam 1699. 2. Sieformierte ober Sutfyeraner betreffenb : Examen
du livre de la r&inion du Christianisme, Orleans 1671 in 12°; Lettre sur le go
baptöme, ©eban 1675; Trait^ de la puissance de l'Eglise, Qu6villy 1677; Traite
de la nature et de la gräce, Utred^t 1688; Des droits des deux Souverains en
mattere de religion, SRotterb. 1687; De pace inter Protestantes ineunda consulta-
tio, Utrecht 1688; Tableau du Socinianisme, ilaftctyt 1691 ; Defense de la doctrine
universelle de TEglise, Sotterbam 1695 in 8°. B) ©efcfcicfyte unb ^olitil: öö
Abr^g^ de T Histoire du Con eile de Trente, Genfcve 1682, 2 vol. in 8°; Histoire
du calvinisme et du papisme, mis en parallele, Stotterbam 1683, 2 vol. in 4°;
Relation de ce qui s'est fait dans les affaires de la religion Reform6e, 1898;
Histoire critique des dogmes et des eultes bons et mauvais, 2lmfterbam 1704,
in 4°. C) ßrbauung unb äpotal^tif: Traite de la d£votion, Stouen 1674; 00
640 gurten 3nfKn ber ©nofttfer
L'accomplissement des proph£ties ou la delivrance prochaine de l'Eglise, 5Rotter*
bam 1686, 2 vol. in 12°; Lapratique de la dßvotion ou traite* de l'amour divin,
Stotterb. 1700; Pensees sur la mort, SRotterbam 1713; Sermons, Genfeve 1720.
Sottet-äRa«**.
6 ^ttfiitt, ber ©noftüer. — Duellen: £tppolt)tu3, Philosophumena 5, 5. 23—28.
10, 15fin. ($unrter=©d)neiberoin 6. 130, 33-35. 214, 98—232, 7. 516, 6—518, 43). Sgl.
9fr. H. ßipfiu«, «rt. ©nofticiSimiä in ©rfd) u. ©ruber« «flg. (Sncljflopäbte L^eft., 71. Seil,
fietps. 1860, 253—256 (SonberauSgabe S. 74 ff.); 2B. Völler, (Öefcb. b. ffoSmologie in ber
grie#. ßird)e bi* auf OrigeneS, ,&QUe 1860, 241—248; 91. §ilgenfelb, $er ©nofticiStnu« u.
10 bie ^ßf)tlofopf)umena, in 3ro$& 5. 1862, 446—452; berf., 3)te ßefcergefd). b. Urdjriftentutn«.
ßpj. 1884, 64. 67. 270—277; ©. ©alnton in DchrB 3, 1882, 587-89; berf., The Cros«-
References in the Philosophumena, in Hermathena 11, 1885, 389—402; ö. ©täfyelin, 3)ic
gnoftifefcen üueflen $ippo(gt3 in feiner £)auptfdjrift gegen bie ©öretifer (£11 6, 3. #.), Spj.
1890, 1-108 pass.; Ä. fwrnad, ©efd). b. altdjr. ßitteratur 1, Spj. 1893, 169. ©et beut
ib Ueberblicf über baä Softem ift fteflenioeife ber ©ortlaut be3 Art. oon 3. Sacobi in ber
2. Vuß. biefer ©nctjflopäbie, 93b V, S. 241 f.. benufrt roorben. »gl. aujjerbem ben Slrtttel
Opf)iten.
2)er ©noftüer 3>uftm ift un« nur au« ber 2)arfteHung §i$>otyt« bdannt, bie u>n
im allgemeinen atö )u ben Otiten (f. ben 2t.) gehörig erfennen lägt. 3lu$ fein Softem
20 fefct ein mit brei ^rin^ien, gtoei männlichen, bem „©uten" unb bem „93ater atteä @e*
toorbenen" (au$ (Slofyim), unb einem toeibltd&en, ber „(Sben" (©bem, au$ $«rad genannt),
bie bis jum ©ürtel Jungfrau, unten ©erlange toar, entft>re$enb bem üJl^t^uö bei §erobot
4, 8—10. Offenbar ift babei ba« erfte Sßrinaty al« ba« übergreifenbe gebaut, ber etgent*
lid&e Urgrunb, in bem bie gbee unb ba« Sorljertoiffen aller 2)inge bcfdjloffen liegt, toäfc
25 renb (Slofyim al« ber jufünftigen 2)inge unfunbig, (Sben gar al« ben Seibenföaften untere
toorfen unb „boppelfinnig" gefa^ilbert toar. Slofyim unb ©ben Vertreten bie 3^ *&
Urmenfcfyen al« bie allgemeinen ^rin^ipien ber fufybaren ©cfyöpfung. 2lu« i^rer Siebet
gemeinfcfyaft entfielen $toölf „Väterliche" unb jtoölf „mütterliche" (Sngel, bie in ibrer ®e*
famtyeit ba« *Parabie« (®en 2, 8) barfteüen. $ur$ SSermittelung biefer @ngel toerben
so nun au$ ben ebleren teilen ber (Sben bie -SJlcnfdjen, au« ben uneblen bie Xiere gebilbet.
S)em 9Henf$en giebt oben bie ywxrj, (Slofyim ba« 7zvevua. 3lDe 9Kenf djjen befifcen e«
unb unterfd&eiben jidj bafycr nur je naetybem fie ftd^ bem SSater ober ber xriotg (b. i. 6ben)
jumenben. 3)er ©eift ftrebt nac^ oben, auc^ ©lo^im, ber, tote er au« ©ort hervorgegangen ift,
gur Steckten be« SSater« aufgenommen toirb, nac^bem er einen @ib gefroren 1)(d, feine
35 @rfcnntni$ ©otte« geheim ju galten unb nic^t gur „©d^öpfuna" abjutoei^en. Sben, toon
eio^tm berlaffen, erfüllt bie SBelt mit ©ünbe, §vxtum unb Übel, unb !ämj)ft mit Slo^im,
i^r jur ©eite bie mütterlichen 6ngel. SBäbrenb bie Väterlichen (pneumatifc^en) Sngel
altteftamcntlid^e S3ejeid^nungcn (9Kicfyael, 3lmen, 93aruc^, ©abrid u. f. tt>.) ^aben, tragen bie
mütterlichen ^eibnifc^e tarnen (S3abel, 3lc^amot, 9ka«, ©atan, ^barao u. ä.). Unter ben
40 fcäterlicfyen Engeln ftnelt Saruc^, beffen SBiberf jjiel unter ben toeiblid^en (Sngeln bie Solange
ift, eine befonbere SHolle. ^^n fenbet 6lol;im bem von ber ©erlange verfolgten ^Jneuma im
5Wenfd^en jur §ilfc. 2)urc^ i^n offenbart er fid> 3Kofe« unb ben $ro}$etcn, bie aber
fämtlid^ burc^ Oben Verlocft unb betört toerben. ©etäufcfyt, toenbet fxd) Sarud^ an ba$
§eibentum unb finbet in §erafle£ einen $ropr;cten, ber nun gegen bie nieberen 6ngel
4ö feine jtoölf l^aten Verrid^tet. 3lber felbft er erliegt ber (Sben (8abel-2fytyrobite afö Cm*
pfyak). ©q erfcfyeinen ^ubentum unb ^ctbentum nur al$ bie unreinen i^orftufen, bie
unter bem Übergetoic^t bc« ftnnlidden, pfyctyifcfyen Seben« fte^en. ®nblid^ toirb 9arud} w
Sjefu«, bem ©o^ne ^ofep^ö unb ber 3Karia, gefanbt, ber ber ©erlange totberfte^t. ®c
belehrt bie 3Kenfc^en über i^r 93erfyältniä ju ©lo^im unb ©ben unb über bae, toa« fem
50 toirb. 3Me ©erlange betoirft feine Äreu^igung, toeldde bie <3tiii gäbe be« ©eifte« an ßlobim,
be$ 8eibe« unb ber ©eele an (Sben $ur golge ^at. ©o toirb SrbifdbeS unb ^immlifc^e«
gefonbert. 2)ie aber, bie in bie 3Jtyfterien ftd^ eintoei^en laffen, muffen ben @ib Slo^im«
fc^toören, nietyt umgufebren Vom „©uten" ^ur „Äreatur", bie SD^fterien ju betoa^ren unb
fie niemanben gu venaten. 2)ann ge^cn fie ein jum ©uten unb trinfen vom gebend
65 toaffer, bie ©eifte^taufe tritt an bie ©teile ber SBaffertaufe. „Sluf Vtde Äefeereien bin ic^
geftofeen, leine toar fd^limmer ate biefe", fc^liefet §tppol^t ; i^m fehlte ba« iürgan, in ben
tiefen ©inn folcfyer tounberlia^ geftalteten ffieltanfd^auung etnjubringen.
3)iefc ©ebanfen toaren in einem naefy ber §auptftgur „Saructy" betitdten Suc^e
Vorgetragen, ba« bem ^typofyt belannt toar unb au« bem er einen SCuäjug giebt 9et
60 ber Beurteilung ift nun nid&t au^er Slc^t gu laffen, bafj §^}>ol^t« Sentit gu benjentgen
3«fHn ber ©uofHIcr SufHtt ber ÜRärttjrcr 641
äbfönitten ber ^^tlofo^umena gehört, bie bon Salmon unb ©täbclin mit guten ©rünben
ate friiifö fcerbäc^tig in 2lnftmic$ genommen toorben fmb. 2)odp fommt felbft ©tä^elin
(<S. 97) ju bem ©d&luffe, bafc ber Sendet, trofc beä öollftänbigen ^langete an onberen
angaben, glaubtoürbiger fei atö anbere, j. 8. ate ber über ben 2lrabcr SRonoimoä (Phi-
los. 8,12—15), mit bem er triele 93erül?rung$j)unfte tyat. 3ft <*&** *><* Sericfct im toefent* ß
K$en glaubtoürbig, fo ift jebenfattS mit §ilgenfelb unb ©almon bie 2lnft#t toon Styftuä
abjuhmfen, ber in bem Styftem 3uftin3 dnc *>er älteften formen ber ©noft^ inäbefonberc
in bem juftmifd&en ©lofyim bie ältefte gorm beä gnoftifdjen 35emiurgen ertennen mottle.
2)ie öon &. tyerfcorgefyobenen Berührungen ahrifctyen ber juftiniföen ©nofte unb ber Sefyre
ber pfeuboclementimfdjen §omilien finb nidjt fo ju öertoerten, aß fei auefy für %u\t\n ba$ io
(S^riftentum noety baä toafyre gubentum. SSielmefyr erfcfyeint bei tym ba$ ^ubentum a^
eine Sorftufe bef SlpftentumS, bie noc$ unöoDfommener ift als bog £eibentum. Unber*
Icnnbar ift bie $tynüc$feü mit ben ©ebanfen ber „©noftifer" beä 3jrenäu3 (adv- haer-
1, 30, 1—31, 2). 2)em 2lrtifct über bie „Otiten" mufe e$ überlaffen bleiben, bie ge*
f<$i4>tli<$e Stellung ber juftiniföen ©nofte genau ju beftimmen. 35afe fie nietyt ju ben 15
frühen, etyer ju ben fräteften formen ber ©nofte überhaupt gehört, bürfte fieser fein.
©. ftrüger.
3fufHu ber 9Rfctyrcr< — Ueber bie Sluägaben oon Robert 8tepfjanu3 ($ar. 1551),
@qlburg (fcetbelb. 1593), WoreHuS (<ßar. 1615 [1636])f ©rabe (Ojforb 1700) unb bie flu«,
gaben einzelner SBerfe, ogl. ©. 6. SRidjarbfon, Bibliographical Synopsis in The Antenicene 20
Fathere (©uff. 1887) 8. 21. $ie Benebifttner=2luagabe bat unter Beifügung roertooüer
Unterf Übungen $rubentiu3 Sttaranuä beforgt (s£ar. 1742, Slbbrutf Beneb. 1747). $ie MS
jefrt befte ift bie öon 3.(5.^. Otto (3Bbe, 3ena 1842-48; 3. 51.1876—81 in 5 Eben). Sei
TOgne 99b 6 (<ßar. 1857). gu ©runbe liegt für bie Apologien unb ben Dialog nur Cod.
Par. gr. 450 a. b. 3. 1364 (baju bei Otto für «pol. I c. 65—67 Cod. Ottob. gr. 274 saec. 15), 25
melier ein Corpus opp. Iustini repräfentiert, freilieb jumetft unedjter Schriften, tote bie$
bei bem ettoa gleichzeitigen nunmehr oerbrannten Argen tor. 9 burdjtoeg ber gaÜ roar. 3)a$
gragment au$ De resurrectione ift juerft oon $. £aUoij in feiner Sita 3uftin8 (5)ouai 1622)
beTauSgegeben loorben, oon £equien in ben SBerfen be$ SobanneS 0. 3)ama3fu$ ($ar. 1712)
II, 756 ff., xulefct oon $. $oü in „gragmente oornicänifdjer Äirdjenoäter au« ben Sacra 90
Panülela" (fipj. 1899. 2U 9*& 33b V, 2) ©. 36 ff. Son ben 8onberau«gaben ber Apologie
ift bie lefcte oon ©. Ärüger in ber ,,©animlung firdjen« unb bogmengeic^ic^tlicber Ouetten=
feftriften.* greiburg 1896. Ueber bie Ueberfefungen inS fiateinifa^e, 3)änifcbe, ©nglifdjc,
3franäörtf4e, 3)eutfd)e, Stalienifdje unb SRufftfcbc ogl. SRobertfon a. a. 0. ©. 21 f. (Sbenbort
(foroie bei ^ßotttjaft, Bibl. hist.4 1411, Krüger unb SBarbenfyetoer) aueft über bie ßitteratur 33
(UebeTgangen Spring, ^beologie 3nftin3 in ber fiinjer X^eol. pra!t. Ouartalfdjr. 1884—86;
mir unbefannt). 34 madje batjer nur namhaft: Xiflemont, M&noires etc. II, 344 ff.; ©. ©.
Sänge, «uSfü&rl. ©efd)id)te b. Dogmen. 1796; ©emiW, 3uftin b. 3K., 2 53be, Breslau 1840—42;
Otto bei (Srfdj unb ©ruber II, 30 ©. 39 ff. ; Höfling, 2)ie Se^re ber alt. Äirc^e 0. Opfer,
<£rl 1851, 8. 43 ff.; föitfd)l, (Sntftebung ber alt!atf)olif4en Äird^e2, 53onn 1857, 8. 298 ff. ; 40
C. »etjfäder, 3b2t) 83b 12, 1867; befonberä ^W. o. engel^arbt, S)a§ ß^riftentum Suftin«
b. SR., Unterfu^ung über bie Anfänge ber fatbolifdjen ©lauben^letjre, 6rl. 1878, unb in ber
2. «. biefer ©ncoflopäbie (5)agg. %. 8täblin, Suftin b. 3K. unb fein neuefter Beurteiler,
gpj. 1880); %f). 3a()n, 3^Xb 1875, 3^© 8, 1885, 1-84; ©efa. b. neutcftatnentl. Äanon« I, 2,
(&rt. 11. Spj. 1889, 8. 463 ff.; 3)iecfboff, 3"ftin, «luguftin, ©ern^arb unb fiut^er. @nt* 45
»icflung^gang c^riftlic^er ©air^eiiöerfaffung, Üpj. 188*2; ©ornemann, 3)a« Jauff^mbol 3- b.
9R., 8JI© 1879, 8. 1 ff. ; ^arnnef, 5)ie Uebcrlieferung ber grietbifefcen Apologeten be« 2. 3a^b.
in ber alten Äir^e unb im Mittelalter, üeipjig 1882 (XU I, 1) 8. 130 ff.; $ogmengefa.s I,
464ff. 482ff. ; ©ef*. b. altdjriftl. fiitleratur I, 99ff. II, 274ff. 508ff.; 3)ie pfeubojuftinifdje
SRebe an bie ©rieeben (ber jt)rijd)e lejt ift Ucberie|jung einer freien Bearbeitung). 853^1 1896, 50
S.627ff.; Ueber 3)räfefe« ?luffäfe f. b. 21. SlpoMnariö oon fiaobicea I, 671 ff., ^. 8. £oOanb,
DcbxB III, 560ff.; gr.goofS, 5)ogmcngeid).8, ©aOe 1893, 8. 75 ff. ; (5. (Sleineu, 3)ic religion«=
p^üofopt)if(fte ©ebeutung be^ ftoifcb«c^riftli(t)en Giibfimoni«mu« in 3- Apologie, Seipjig 1890;
»offe, $er prÄejtftente ©briftuö beö 3., ©rcifäio. 1891 ; 5S. glemming, 3ur Beurteilung be8
«^riftentum« 3. b. 9R., Üeipjig 1893 ; & Beil, 3- b. W. u. $bilof. Rechtfertigung be* w
C^iftenfum^ oerbeutfefet, 8trafeburg 1893; (Slter, De I. monarchia et Aristobulo Iudaeo,
Bonner Programme 1893 u. 94; C. Barben^etoer, ^atrologie. greiburg 1894, 8. 87 ff.;
©. Ärüger, ©efc^ic^te ber altcöriftltcften üitteratur in ben erften brei Saljrtjunberten, grei»
bürg unb Seipjtg 1895, 8. 63 ff., unb Wacfcträge 1897, 8. 18 f.; 9t. 8eebera, fie^rbu*
ber 3)ogmengefc^icöte, (Sri. u. £pj. 1895, 8. 69 ff •; 2l&berger, ©efeb. b. cbriftl. 6§djatologie ^
innerbalb ber oornicänifdjcn 3eit, greib. 1896, 8. 116 ff.; G. be gone, De Tinfluence du
Timee de Piaton sur la theol. de J., ^Sar. 1896; g. Gmmcricb, De I. phil. et mart. apol.
altera, fünfter 1896; B. Batiffol, L'auteur v^ritable de Tep. ad Zenara et Serenum (ber
nooatianifdje Bifdjof 8ifinniuö in Äonftantinopel um 400, Rcv. bibl. internat. V, 114; %i).
tcÄl^ndjrioMbie für Zoologie unb Äircfte. 3. «.IX. 41
642 3ufHu ber 2Rärtyrer
Sctjofer, $ic Slpologic 3uft. b $ljii. u ^- in littcrar^iftorifdjer «ejiebung (als Ziehe), SNQS
©uppletnentljeft 1897; bagegen (£. SRaufdjen, 2)ie formale (Seite ber Sinologien 3uftinä,
21)0© 1899, ©. 188- -206; W. «al, $er ßogoS IL ©eftfc. ber ßogoSibee in ber dmftlicfcn
Sittcratur, fieipjig 1899, 6. 242 ff. ; &. Stattenbufd) , $a8 apoftolifdje 6t)mbol II (1900),
6 279-298. 348ff. unb oftmal« 508—984. — SB. ©ouffet, $ie (Suangeliencitate 3uft. b.
W., ©btt. 1890 ; 91. ©albus, $a3 ©erljöltniS 3- b. 9tt. ju unferen fönoptifdjen Süangelten,
fünfter 1895; 3. flutte, ©laubenSregel, Ifl. ©djrift unb SaufbetenntmS, Spj. 1899, 6.419ff.
I. Die ©cf)riften. ^uftin toirb juerft, unb jtoar al$ d dav/iaoiwrarog 'Iovorivog,
bon $atian ertoäfynt (Orat. 18. 19), ber ein jonft unbefannte« SBort 3uftin3 (loocivm
10 xovg dal/uovag Xyoxaig) citiert unb berichtet, bafc ber 6r/nifer 6re$cen& ir)m SRactyfteEungen
bereitet fcabe. 3renäu$ rebet Adv. haer. 1, 28, 1 (bgl. guf. St® 4, 29) tum feinem
■Dtortr/rium unb fcon Laitan afä feinem ©cfyüler; er beruft ftet) jtoeimal auf ifyx (xaxw
\6] 'lovoxZvog 4, 6, 2. 5, 26, 2) unb ertoeift fid^ toon^uftin abhängig, befonberS 3,2,3
unb ftragm. 43 fcon 2tyol. 1, 12 gnbe (bgl. §arnadf, £itt.=@efcr). I, 100). ^ertuflian
16 nennt Adv. Val. 5 ben Iustinus philosophus et martyr aU ben älteften ber ftefeer*
beftreiter. ^typolr/t fttyrt ifa Philos. 8, 16 afä ben „9Härti?rer" an, bgl. *ßfeubotett 26.
93ermutlicfy nennt auefy er im fog. „Keinen itabr/rintfy" (®uf. Ä© 5, 28) ben tytftm Dorne
an unter ben früheren Sefennern ber ©ottfyeit ßbrifti. 3Retfyobiu3 \pt in feiner ©cfyrift
De resurr. II, 18; I, ©. 232 ed. 93onn>. fiep auf 3uftin berufen: 'lovoxivog ii 6
20 NeajioXixrjg ävrjg ovxe xeo XQ°V(P nÜQQO) <&v to>v äjioox6Xa>v ovre rfj Agerij.
Datyer fonnte ßufebiu« (£@*4, 18, 9) mit Stetr/t fagen, 3uftin3 ©d&riften feien ajiovdfjg
fi£ioi xal xolg naXaidig getoefen. 3uerf* Scannt h)irb Don 3renäu$ beä Srftxa ©$nft
gegen SKarcion (4, 6, 2); 3RetfyobiuS citiert eine bie JJfrage naety ber Sluferfte^ung be*
treffenbe Stelle. ©ufebiuä fyat bann fcr)r ausführlich über igufttn getyanbelt (fcgl. au$ bie
26 gfyron. ad ann. 2156 Abr. unb ad a. 2168 Abr., freiere Stellen $arnacf, SDie ÜberL
u. @. b. gr. 3tyol., %VL I, 1, ©. 142 f. ä. auf 3uliu$ äfrilanu« jurücrfityrt). $n ber
Ä@ nennt ©uf. 4, 18, 1 bie 2fyologic an 2lntoninuä $iu$, beffen ©ötyne unb ben ©enat,
eine 2. Styologie an 3Rarf Slurel unb 93eru3, 3. einen Adyog ngdg 'EMrjvag, eine Äufc
einanberfefeung mit ben griecfyifcf/en $^iIof optyn über bie 9tatur ber 35ämonen ent^altenb ;
30 4. einen "EUy%og nqog "EMrjvag, 5. IIeqI &eov jbiovagxlag, in toeld&er auc^ S^fi11^
auä tyeibnifcfyen ©c^rtftftellern bertüertet toaren (togl. lert., De test. an. 1); 6. eine ©<fyrift
Ydkrrjg; 7. Ilegl yvxfjg in fc^ulmä^iger gorm, toorin bie Meinungen ber grie^ifd^en SJtyüo*
foppen mitgeteilt tourben, beren 2BiberIegung nebft ber Darlegung ber eigenen Änfc^auung
in einer anberen ©djrift folgen follte; 8. ben Dialog mit Irt/$on. 3lod) biete anbete
36 2Berfe S^ftin« feien im Umlauf; au« ^wwuS fennt er bie ©djrift Tlgög Afagxicora,
au« 2tyot. I, 26 3uf«n« ©^ntagma toiber atte §äreften (Ä© 4, 11, 10). 8Ü#majtu*,
C. gent. 9 ift Don 2tyol. I; 29 abhängig. ®i)ipr;aniu« gebenft haer. 46, 1
3uftin3. ftieron^mu« De vir. ill. 9 ^at 6ufeb« Sericpt nur burdd ben S^ftum, 3M*?1
tyabe bie Slpofal^ kommentiert, r>ermcfyrt; auc^ feine 93emerfung ep. 70, 4, bafj Sufrin
40 gefd^rieben ^abe defendens ignominiam crucis et resurrectionem Christi ift too^l
nur $^rafe. 9tuftnu« fyat ba« latetmjcfye Original bed ©riefet ^abrianö ber 9^>o(ogie
3uftin« entnommen. Roxtan fennt fein 2lbcnblänber me^r bie ©Triften 3>uftin$, aber
auch bie ©rieeben fcrjöpften il)rc jtenntni« ^umeift au« ^renäu^, @ufebiud ober aud unters
gehobenen fflerfen. I^eoboret nennt 3"ftin neben 30n<tt%3> ^JoIr;tart), 3renättö «^
46 $tW>otyt (bgl. ob. Sb 8, 127, r.o). Da« Chron. pasch, ad ann. 165 p. 482f. ift tneflei($i
in ber Datierung be$ ^tart^rtum« auf 165 felbftftänbig ($amacf, 2itt.*©ef<^. 1, 105) Über
^rofop bon ®a%a f. u. 2lnaftafm$ ©in. (MSG 89, 962) nennt ^uftin unter ben 33äiern, bie b<tf
5ßarabie« auf bie Äir<$e beuten (neben $^)ilo, 5(kn>ia$, S^näu«); er unb Ämbropu^ Ratten in
i^ren ©Triften Elg rb if-aYifiegov bie 2ßorte au« ©jedne! über ba« ^immlif^e ^arabie« an*
60 geführt, unb er \)abt bie Vernünftige ©eele be« 2Henf$en unb feine fünf ©inne bie fe<$$
äöerte be« 6. läge« genannt. Seontiuö, Adv. Eut. et. Nest. 2 bringt (bei Otto» III, 256)
ein Fragment ix xov Kaxä 'EUrjvwv, 9Harnnu$ 6onf. (bei Otto* V, 372) jtoet fol^e
ex xov flgbg Evqpgdoiov oocpioxtjv jieqI ngovoiag xal moxexog lovov. 8u« De
resurrectione teilen bie Sacra Parallela mehrere ^fttgmente mit; ebenfo feiere (^oB,
65©. 4i) ff.) au$ einer ©cfyrift gegen bie 3^cn/ öu^ angeblich ber 1., 2. unb 5. Apologie u.a.
Da ber Serictyt be$ $l?otiu$, Bibl. cod. 125, im 2. Seil gufebiuS entlehnt ift, föeiitt ti
ftcb hier burcfytoeg um anbere ©Triften ^u fyanbcln atö bie $^otiu3 felbft befannt getoorbenen
bc^ 1. leil^ (fo ^arnaef SIU I, 1 ©. 150 f.; anber« §ilgenfelb, 3h>2^ 1883, ©. 35 ff.),
unb e^ ift nicfyt unmöglich, bafe unter ber 'Anokoyia vtieq Xgumavüv xal xarn
«50 rhUi'jvcov xal xaxä 'Iovdaia)v ^uftinS Sinologie unb Dialog &u Derfle^en fmb. ^agW
3ufHn ber 9Rftrtyrer _ 643
untergeföoben ftnb bic afä juftinifcfy toeiter citiertcn 2Berfe, nämli# baä hriber bie beibcn
erflen Sucher „ber p^fttatifd^en 93orlefung" (rfjg (pvoixfjg äxgodoewg) ober gegen gorm,
Stoff unb aSereintgung (xaxä eiöovg xal vSLrjg xai oregfjoeayg), naefc SßpotiuS auc§
gegen ben „fünften Äörper" unb bie „etoige 33etoegung" (xarä rov jitjumov oco/narog
Sjuoiwg xal xarä rfjg dxöiov xivrjoewg) be$ SlriftoteleS gerichtete, unb bie „fummariföen 6
2öfungen ber toiber bie Sieligion borgebraefcten QtottfttfxaQtn" (KecpaXaiojöeig bidvoeig
djzogiwv xarä rfjg evoeßeiag). — 3n ber Sammlung altc^riftlicfcer apologetifc^er ©Triften,
bie ber 93iföof 2lret&a$ (bgl. 33b 2, 1 ff.) beranftaltete (erhalten im Par. gr. 451), finben
jt$ au$ jtoei ©Triften unter ^uftinS tarnen, bie eine beginnenb 'Iovorivog Zriva xal
Zegrjvco roig ädekqxng xaigeivt bie anbere ber Aöyog nagaiverixog jzgdg e'hlXr\vag. 10
3n Mutin. 3. D. 7 saec. 11, einer 2lbf$rift be3 Par. 451, unb fommt no$ tyinju bie
jEx&eotg 7uoiso)g tjroi negl rgiddog, bie föon burefy ben Cod. Coisl. 120
saec. 10, in ber ftyrijcfyen Bearbeitung, in ber Patrum doctrina au$ bem 7. 3afyr*
frmbert unb in allen griet&iföen §anbfcfyriften Suftin gugefc^rieben toirb. Die Samm«
hing Juftinifc^er Söerte im Par. 450 enthält naefy Ad Zenam et Serenum, ber 16
Cohortatio, ben Styologien unb bem Dialog no# tpeiter De monarchia, bie Ex-
positio reetae fidei, eine 'Avargojztj doyjudrojv nvcov 'Agiororefoxcov , bann
'Eganrjoeig %giariavvxal ngog rovg "Etänvag, 9A7toxgloeig ngbg rovg ög&odö£ovg
tuqI nvww dvayxalojv Crjrrj/Mzrcov unb 'Egcorfjoeig ngog rovg Xgionavovg negl rov
äoüifidrov xai negl dvaordoecog vexgebv mit 2lnttoorten, toorin ftcfy noc§ ol;ne Slufs ao
f<^rift beS SltyenagoraS Ilegl ävaordoewg vexgebv anliefet, $n ber ©trafcburger
fianbfcfyrift Gr. 9 tt>ar mit "De monarchia, Cohort., Expositio nod) eine ©c^rift
tlgog TSIXrjvag unb ber 93rief an Diognet mit rov avrov als juftmifö berbunben ; bie
erftere toirb burefy Cod. Nitr. Mus. Brit. Add. 14658, auä bem 7. ^a^unbert, einem
9mbrofht£ jugetoiefen; §amatf, ©3321 1896, ©. 640 ff. fyat toafcföeinlicty gemalt, baj$26
ein SlmbroftuS ber grtecfyiföe Bearbeiter ber urforünglidjen ©cfyrift ift. (Über Fragmente
unter SuftinS Slamen bgl. §arnacf, £itt.*©efö. I, 109 ff., £oß 49 ff.)
Die Unec^t^eit ber metften biefer ©Triften fiefyt aujjer 3^?**- 3Me ^Ex&eaig negl
rrjs dg&od6£ov morecog fj negl rgiddog fyat Dräjcfe in tyrer förderen gaffung als Söerf
bed SpoDinariö bon Saobtcea herausgegeben unb gu ertt>eifen gefugt (2U VII, :j. 4, so
©. 158 ff. 353 ff., bgl.3tf@ VI, ©. lff., 503 ff., ^co%ij 26 ©. 481). 3lber nic^t einmal
bem StyoDinarte fann fie angehören, bgl. ©pafffij, S^oll. b.2. ©., 1895 (rufftfö©. 282 ff.);
auc^ ift bie längere SHecenfton bie urforünglidje (gunt, I^SD© 78, 1896, ©. 116 ff. 224 ff.).
Die gormel ©. 360, 30 f. qwoeig de dvo, t) jukv vneg {mag, f} de fjjLierega fc^eint
in bie 3*ü n*$ *>ei" (Styalcebonenfe ju ioetjen ; im 6. ^aMwnbert h)irb bie Schrift ent* 85
jianben fein. SKuc^ ber Aöyog nagaivexixog ngog "EMrjvag ift jtc^er nic^t juftinijc^,
f6on toeil er bie ßbronif be^ Julius 2lfri!anu« bertoertet ^at (2l^ton« SluSgabe ber
9poU>^\t ©. 294, ©djürer 3«© II, 3 19 ff.); freilid^ fat i^n fc^on ©te^^anu« ©obaru«
(bei ^tyotiuS, Bibl. cod. 232) im 6. ^al^unbert ^uftin getrieben, unb baä ©leid^e
t^un aEe §anbföriften unb bie Sacra Parallela. Die Cohortatio fuefct bie Söiber* io
\pxüd)e bei ben ^eibnijc^en Dichtern unb ^^ilofo^en na^utoeifen ; tyren Sefi^ an SBa^r»
^Kttdertenntnte berbanfen fie aber bem 212. Den nnrflicfyen 2lutor erblicft auc^ ^ier
Drafele in ä^oainart« bon Saobtcea (3R@ VII, 1885, ©. 257 ff., 3fyoU. t>. S. 83 ff.),
SSoIter (3tt>3;^ 26, 1883, ©. 180 ff.) in aipoBinarte bon ^terapoli^ anbere in anberen.
Diel«, Doxographi graeci, 1879, ©. 17 (66) läfet bie Cohortatio burc$ ben ^feubo^ 45
riutard&iföen Slu^ug au^ ben Placita be« Sletiu^ hervorgerufen fein; anbere fe^en be«
fonberö Cap. 11 ^orjjfytyriuS berürfftc^ttgt (Dräfcfe, ©pafffij). Den SJrief an 3wa^ unb
©erenuä (eine Ermahnung ju c^riftlid;em i'eben) glaubt Satiffol (a. a. C.) bem notoatianifäen
Stfc^of ©ifinniu« um 400 gutoeifen ^u fönnen; über bie äbfyängigfeit biefe« S3riefe« bon
SemenS 3Uej. ^äbagog. 2, 2 f. §arnacf, %itU®tfify. I, 113 f. 3n De monarchia ftnb w
im ©iberfpruc^ mit (SufebS älngabc IV, 18 (i)v ov /tovov ix rcov nag' fj/uv ygawtov, (LUd
xai ix rebv 'EXkrjvixajv owionjoi ßißA(a)v) nur 3cu9n*flc fyeibnifdjer ©(^riftfteller ber*
teertet, meift gefaxte Dic^tcrftellcn, jum (Srioci« ber (Sinfyeit, ©erec^tigfeit unb äebürfntö«
lofWeit ©otte* unb ber 5Rtd^tigfcit ber ©ötter. öarnaef, 2itt.5©ei^. II, 512 tyält bie
Sbfaffung burc^ 3uf"n ™fy für au^gcfc^loffcn unb ba« 2. ^^r^unbert als (Sntfte^ungSs 66
10t für hmbrfd&einlidj. 2ln eine gälfcfyung unter 3iuftinS tarnen (fo Slter) ift nic^t gu benfen.
Der SSerfaffer ber Heineren ©cf>rift Ilgdg "EMrjvag fann, fc^on ioeil bon ber Oratio
lotionS abhängig, nicfyt h>o^l ^ufttn fein; §arnacf a. a. D. ©. 51 6 f. toeift jte ben
3<^ren 180—240 &u. Über ben »rief an Dtognct ögl. 93b IV, 675 ff. Die (Scheit
ber fog. beiben Apologien unb bc« Dialog« toirb bagegen aUfeitig anerfannt. ©ie ftnb nur 00
41*
644 3uftitt bcr 2Rärtyrcr
burd^ Par. 450 überliefert. 2tber bic Styologie fennt als 2Berf gufttn^ rnd&t nur ßufeb
(Dgl. §arnacf, SitUSefö.1, 102f.), fonbern toaf>rföeinlid& föon 3Ketyobiu$ De res. 2, 18,9
(f. o.) unb fd^on Zatian fommt auf bie Don %\x\t\n Ap. II, 3 ertoä^nten Stnfeinbungen
ju f^rec^en. Die Seeinfluffung be$ 2ltfyenagora$, 3$eot>$üu£, ^feubomelito (for. Styologte)
5 unb befonberä SertullianS im 2fyologetifum burefy %\x\t\n fyat £arnacf (£itt.s©efd&. 1, 100)
betont, unb in aMittö äfyologie tyat föon baä Chron. paschale (ed. Bonn. ©. 483)
©puren Don ^uftin Dorgenommen. (SufebiuS rebet Don jtoei Sinologien, aber bie beiben
erhaltenen Sinologien fyat er als eine einige gelejen unb benufct (§arnacf, 311 1, 1 ©. 143 f.),
tüte benn tfyatfäcfylicfy bie jtoeite nur ein 9lacfytrag jur erften ift unb mit btefec eine 6im
10 $eti bilbet (3a^n, £arnacf gegen .«rüger %px%l) 1890, ©. 579 ff., 2ty23 1892, ©to.297ff.;
ju @mmerid}$ §typotfyefe einer §injufügung bei einer 2. 2lu3gabe Dgl. §arnacf, 2itt.s©ef<». 11,275)
$u betrauten ift. Die ^bentität beä 9Serfaffer3 Don Sinologie unb Dialog tft fepon bunfc
bie Se^ugna^mc auf bie erftere Dial. c. 120, aber auefy burc§ bie toeitgefyenbe Übcrcin-
ftimmung gefiebert. Slucfy jeigen fi$ ^renäuS unb lertuHian, Adv. Marc. III Dom
15 Dialog abhängig (§arnacf, 2itt.--@efö. I, 100). 3atyn, 3Ä@ 1886, ©. 37 ff. tyd nafy
getoiejen, bafc ber Dialog urjprünglidj in $toei Sucher jerfiel (Dgl. au$ baä Semma im
Cod. Rupef. bei §oü 3lx. 102 ix xov ngög Tgvqxova ß koyov), bafe ba^er (ebeitjo
toie ber (Singang) in Cap. 74 ein gröfjereS ©tücf Verloren gegangen ift; ferner, bafc ber
Dialog toofyl auf einen gefdncfytlicfyen Vorgang in gp^efuä (Suf. tt@ 4, 18, 6) jurüdgretft
20 unb bie $erfönltcfyfeit bc$ Sftabbi larpfyon Dertocnbct ift, aber in burc§au$ fjellenifterter
©eftalt, toie benn auety bie 2lu3cinanberfe^ung toefentlidj mit fyeibnifd&en Siebenten ftott
fyat. — Ungleich metyr als Sinologie unb Dtalog ift liegt ävaoxdoecog angeatoetfelt Stur
in ben Sacra Parallela finb relatiD umfangreiche Fragmente erhalten (bei §oH 9ir. 107— 1 10),
bie aber feinen ©c$luf* auf ben Umfang ber ©$rift jelbft ermöglichen, ©d^on Dor jenem
26 tJforilegium aber toirb Don $5rofop Don Oia^a (ettoa 465—528) unter ben ©egnem ber
Deutung Don Gen. 3, 21 auf ben £eib namhaft gemalt „Suftin ber *Jtyilofo$ unb
Märtyrer in bem 33ud) liegt avaoxäoeayg" (Dgl. 3atyn, ©. 20). 3ttet$obiu$ beruft fty
De resurr. II, 18, 9 ff. für bie (Srflärung Don 1 Äo 15, 50 auf 3uftin, unb c$
ift ba3 9fäd?ftliegcnbe an eine ©cfyrift über bie Sluferftefyung gu benten, jumal baä ßitai
so bei 9Hetfyobiu3 fidj aud) im SluSbrucf (nahyyeveoia für bie Sluferfte^ung tote Dial. 8.*>
unb^enäu^ nurV, 2 — 13,5) mit ben Fragmenten berührt föafyn, ©. 30 f.); auc^ fot^tige,
jebo(^ feine fprac^ltc^en, Regierungen befte^en jtotfe^en 2Ret^obiu^ De resurr, unb ben
Fragmenten ber Sacra Parallela au$ Suftin (Dgl. 3Ket^., De res. II, 20 mit $ott
3ir.l07, 148 ff. ; 1,43 mit 107,195ff.; 1, 30, 3 mit 107, 270: 1,41,1 mit 107,273;
35 I, 50, 3 mit 107, 288; I, 53, 3. III, 5, 7 mit 109, 1 ff.). Die gleiche @rflärung Don
1 Äo 15, 50 begegnet auefy bei 3jttnäu3 v/ r>> 9* 4, unb biefe toie anbere 33erü$rungen
in bem gleiten 3u^mwen^an9 (v, 2—13, 5) machen eine litterariföe äb^ängigleit be^
felben Don l^uftin De resurr, fc^r toa^rfc^einlic^ (3afyn, ©. 13. 31). Der unDerfetmbait
litterarifc^c 3ujammen^ang gtoifc^en JertuBian unb ben Fragmenten Don De resurrectione
40 tann nur auf einer Ikrtocrtunö be^ ©rieben bur^i ben Lateiner berufen (gegen Soufjet
©. 124 ff., bgl. £amacf, 2itt.=©e^. II, 509), ber ctynli$, nur noc$ ftärfer, tote bie
Sinologie De resurrectione benu^t ^at; bei ij)m fe^rt au^ (De res. 7) bie Don fyafap
bei 5>uftin Dorgefunbene erflärung Don ©en 3, 21 toieber (Souffet, ©. 124). 8Bte
guftin ift er ©d;üler be$ ^Jt;t^agora^ unb $lato (§amacf a. a. D., ber aber juglei<$ no^
46 Öebenfcn gegen 3uf^n äufeert). 6ine genaue Unterfuddung über baä sJSer^ältn» Don De
resurrectione ju 3lpologte unb Dialog ftefyt noc^ au^; aber jc^on jefct barf bie 3Ui
ge^örigfeit Don De resurrectione an ^uftin als begrünbet beurteilt toerben. — Do*
Zvvxayixa xaxä Magxiwvog (^ren. IV, 6, 2, Dgl. @uf. IV, 17. 26) tft Derloren.
6benfo baö Zvvxay^ia xaxä naoebv rc5r yeyevtjjbtevcDv atgeoeojv, auf bad 3uftm felbP
60 Dcrtoeift (2lp. I, 26) ; ^egefi^pu« fc^eint e$ benu^t gu ^aben (§arnacf, gur Uudienhitif
beS ©nofticiSmuö, üeip^iQ 1873, ©. 6 ff.), DieDeic^t auc^ SjrotäuS unb Xertußian
(§arnacf a. a. D., ©. 41 ff., 57 ff. unb 3^ 1874, ©. 160. 223); über ben mutmafc
liefen 3n^a^ I^t bic Sinologie nur toentg erfc^lie^en.
Der Dialog ift fpäter afe bie 2lpologic gefddrieben; Dgl. bie Berufung auf bie Itifim
65 Dial. 120. SBenn in ben Ser^anblungcn be« Dialog« ber jübtfdje Jtrieg ate rvr
yevoptevog bezeichnet toirb, jo ergiebt fic^ barauä noc^ ni(^tö für bie Slbfaffung^eit beÄ
Dialog« felbft (3'a^n, ©. 49 f.). — Die SlbfaffungSieit ber Sinologie lägt ft^ mit relattDer
©cnauigfeit feftfteücn (3aK Formungen VI ©. 8 ff . 364 ; §arnact, £itt.s©ef$. II, 276 ff.).
Die Slbrcfjc bcr 2tyologte an äntoninu« ^}iuo, sJ)tart Slurel unb Suciuö SSerud ergiebt bie
(» 3a^rc 147— Kil. eine nodj beftimmtere Dattenmg ermöglid^t bie Sejugna^me ApoL 1, 29
3ufHn ber SRartyrer 645
auf bcn Statthalter Slgfypten« %qI\%. Die« mufc Suciu« fllunatiu« $cli£ fein, bcr nac§
ber Urtunbe 9?r. 237 in The Oxyrhynchus Papyri II ed. Grenfell and Hunt
©. 141 ff. am 13. September 151 $räfeft tgtypten« toar. Offenbar aber ^anbelt e« ft$
bei Sbfaffung ber Sinologie um ein ßreigni« ber neueften 3«t ; ßufeb« ßfyronif f efct bic
Angriffe be« ßre«cen« in ba« $a^r 152/53 (£arnadf, ©. 278). Die fog. 2. Slpologie 6
ifk al« ansang beigegeben toorben, beranlafet burc$ Vorgänge, bie inaftrifdjen in 9tom bor
D. 2oHiu« Urbicu« ate ©tabtpräfeften (er fear e« früfyeften« feit 150) ftattgetyabt Ratten
(II, 1 f.). 81« ©tabtpräfeften jeigt biefen auc§ bie Sinologie be« Stpuleju«, toafyrföeinlid^
bor bem Sa^r 157 (Mn, ©. 11 f.).
Die Sinologie tottt bor ben ate fromm unb ?tyilofoptyen gefeierten Äaifern ben 9Jacfc io
toete liefern, bafe bie ßfyriften ju Unrecht Verfolgt Serben, ba fte bielmefjr Vertreter e^t
$tfofoptyifc§er fiefyre unb Seben« finb. — Über bie ©lieberung biefer äpologie ift biel
gefcanbelt toorben. SBefyofer« 3Serfuc$, fie burdfj §eranjie^ung ber für bie 9tyetorif geltenben
©runbfä^e feftjuftellen, rnufe fo biete Slbfötocifungen borau«fe$en, bafe er fd&on baburd&
unburdpfütyrbar toirb. 33ielmefyr fyat $uftin offenbar nur im allgemeinen einen beftimmten 15
(Sebanfengang in 8u«ftcfyt genommen. Aap. 1—12 giebt ben Setoei« mefyr borläufig unb
negatib : Die 8nHagen gegen bie ßfyriften fmb in religiöfer unb ftttlid&er Äinftd&t ungerecht.
Diefer, im ©runbe fc^on genügenben (12, 11) SRed^tfertigung ber ßfyriften folgt bon Jtap. 13
an no<$ eine au«fütyrli#e Darlegung beffen, toa« e« um ba« ßfyriftentum ift. Die ßfyriften
finb bie toatyren 33eretyrer ©otteö, be« ©djöpfer« be« Sitte, mit ben feiner allein toürbigen ao
Cpfern be« ©ebetö unb be« Dante unb fte beftfcen ate Setyrer feinen ©ofyn, bem fie bie
Streite ©teile neben ©ott geben. Durdj biefen ^aben fte bie Anleitung gu bofffommener
©tttlid&feit empfangen, toie bie« bie SBorte ßfyrifti unb ba« Seben ber ßtyriften bezeugen,
öcarünbet aber ift bie ©ittlid&feit ber ß&riften auf ifyrer ©etoiffteit ber Sluferftefyung, bie
mc9t hmnberbarer ift al« ba« SBerben be« 9Jtenfd>en. S3on befonberer Sebcutung aber ift 26
für ^uftin ber ©laube an ben üRenfcfy getoorbenen Sogo«, Aap. 21 f. 2Ba« baran irre
§u mad&en broljt, beruht auf Setrug ber Dämonen (23—26); im ©egenfafc baju ttrirb
iux$ toeiter bie ©ereefctigfeit ber ßfyriften gefäilbert (27—29). Dann aber bringt Suftin
ben Setoei« für ßljriftu« ate ©otte« ©ofyn au« ber alttcftamentlictyen 2Bei«fagung, bie an
tyn ju glauben jtoinge, ba fie in allem einzelnen feine« Seben« erfüllt toorben (30—50); ao
ber Xrug ber Dämonen fann baran nicfyt beirren (54—57); aud& ^Slato fyat bon 3Hofe«
gelernt (58—60). $n ba« gotte«bienftlid>e Seben ber ßtyriften (2aufe, abenbma^l,
6onntag«gotte«bienft) getoäfyrt 61—67 einen ßinblicf. DerSlnl^ang in ber fog. 2. Slpologie
aber jeigt in Slnle^nung an neuerliche SSorlommniffe ba« Ser^alten ber ß^riften in ben
Serfolgungen unb bie Dämonen al« bie Urheber ber Verfolgungen ber ß^riften. — Der 35
Dialog fuetyt nadf> ber ßinleitung Aap. 1—9, junäc^ft gu aeigen, bafe ba« ß^riftentum ba«
neue ©efefe für aDe 5Kenfc^en ift (10—30), fobann bcn ©lauben an 3efu« al« ben ßtyrift
au« ber ©d&rift ju begrünben (31—108); ber ©d&lufe 109—142 geigt, bafc bie ß^riften
ba« toa^re 3Sol! ©otte« finb. — Die Fragmente au« De resurrectione beginnen bamit,
ba^ bie ®a^r^eit, ©ott ber 3Sater be« 2tll« unb fein ©ofjn 3jefu« ß^riftu«, ber i^nfunb 40
aet^an, [\d) felbft 33etoei« ift, bafe e« aber toegen ber ©c^ioaqcn nötig ift, in eine Über*
jü^rung ber ©egner einzutreten (§oD, 5Jr. 107, 1—40). Dafjer ioirb nun gunäc^ft jur
SBiberlegung ber gegnerifd^en ßintoürfe (bgl. 107, 63 ff.) nad) 2lblefynuna berfe^rter Äonfe^
quenien gegeigt, bafe bie 2luferfte^ung be« gleifd^e« toeber unmöglich noq ©otte« untoürbig
tji (5fe. 107, 41—264), unb bafc au^ ba« MeiW ber Ser^ei&ung nid^t entbehrt 45
(107,265—324). Die« Fragment bietet fxc^er niqt ben Anfang bon De resurrectione
(tyafyn, 3^® 1885, ©. 25 f.), aber gehört offenbar bem einleitcnben Seil an; bagegen
bient ^Tagment 3lx. 108 (über bie Sude gtoifd&en beiben $at)n ©. 26 ff.) bem pofitiben
Sac^toei«, ba| ba« gleifd^ ba« §eil ^u ^offen ^at (bal. 107, 65). 3efu SCotenaufertoedungen
unb feine leibliche äuferfte^ung toerben hier angeführt (sJ{r. 108). Die 2luferfte^ung ift w
notloenbig eine foletye be« ©efadenen, alfo be« ^eibe«; ba« SBifjen um fie ift ba« 9teue
gegenüber ber p^ilofoptyifcfyen (Srfenntni«; fie folgt auc^ au« ber 2lufgabe fittlic^er 35e*
toaifcung be« Seibe« (9lr. 109).
2. Die Ideologie. s)iad^bem fc^on ftlaciu« „gledten" in golge p^ilofop^ifc^er ßinflüffe
an 3nfKn loa^rgenommen ^atte, haben ©emier unb ©. ©. Sänge — biefer in Setreff 66
ber Slpologie — guftin gan^ gum Hellenen gemalt, ©emife^ unb Otto ifyn bagegen im
toefentfidjen bertetbigt. ©egenüber ber 93aurfc^en ©c^ule, ber ^u\im al« 3ubenc^ri|t galt,
ty& 8. Slitfc^l betont, bafc 3uftin al« .öeibenc^rift bic altteftamentlic^en religiöfen SSorau«*
feteingen ber paulinifd&en Sc^re nic^t berftanben ^abe; barau« crfläre ftd^ fein „ab«
gef$to&$ter" $aulini«mu« unb feine gef^lic^e Denftoeife. 3R. b. Sngel^arbt ^at bie« 60
646 ditfHit bcr SRftrtyrcr
(unter ÜBiberfprucfy befonber« ©tetylin«) an bcr gangen 3lnf($auung«tocife 3ufün$ m *&'-
feinen naefoutorifen berfud&t. @r zeigte an bcr Styologie unb bem Dialog, bafi ^uftin«
,,©otte«[efyre, feine gretyeit«* unb ©erecfctigfeit«le{}re, feine SBorftellungen Don ber ©nöfung,
bon ©nabe unb 33erbienft" bie 2lbtyängigleit befunbe „bon ber religütefittUc^en Dent=
5 toeife" ber „burd& platonifcfye unb ftoifd&e Sßbilofopfyie beeinflußten grted^tfd^ gebilbeten
Jpeibentoelt be« 2. ^r^unbectö". Dennocty aber fei 3ufün S^rifl bur# „rücfyalttofcn
2lnfdjlu| an bie Kirche unb an ben ©emeinbeglauben, unbebingte Slnertenttung ber
Autorität be« 2llten leftament«, . . bor aQem" bur$ ben „©tauben an Gtyriftu« afe an
ben im $leif$ erfd&ienenen ©ofyn ©otteö be« SBeltfööpfer« unb bie Anbetung be* ge*
10 treusten unb auferftanbenen ©rlöfer«" ; baburefy tyabe er „ben $eibnifd&en, au$ in ber
©nofi« feftgefyaltenen Duali«mu« prnqitneO übertounben".
3W. b. ©ngelfyarbt« Unterfud&ung ift al« ber toertboDfte Seitrag jum Scrftänbnte
Suftin« $u beaeic^nen, toenn au<$ feine ßrgebniffe einer getoiffen ©rgän&ung bejto. sBlobis
ftlation bebürfen. Der apologetiföc fttotd Suftmd ift työ^er emaufd&äfcen ; aber au$ ftym
15 b. (Sngetyarbt fyat ben größeren 2lnfc$lu& ^uftin« an ben c^riftlic&en ©emeinglauben im
Dialog tyerborgefyoben. 3n De resurr, fpric^t e« $uftin birelt au«, bafe e« nur toegen
ber brausen ©tetyenben einer hriffenföaftlic^en 33etoei«füfyrung bebürfe; £oH, 9tr. 107, 159f.
et ydg Jigbg moxovg, avxagxeg fjv Ajzoxgiveodat xb bxi jzemoxevxausv. Da^er ftnb
bie letber nur furgen Fragmente au$ mcfctapologetif^en ©Triften nac$brüali<$ )u bertoerten.
20 SBirb bemnad^ ba« „ßtyriftentum" ^uftin« au« ben Steften feiner litterarifcfcen 3#ätigfcit
noefy niefct unmittelbar beutti#, fo geigen fte bod&, toie feine tyeologifd&e SReflejion burefc
feine f^ilofop^ifc^en 33orau«fefcungen beftimmt ift.
3>n bem ©ingang be« Dialogs erjätylt ^uftin, toie er in ben begebenen Sߣilofo|>&ens
fluten ber ©teuer, tßeripatetifer unb Sßtyttyagoräer bergebtic^ bie $ur ©lüdffeligteii füfyrenbe
25 @otte«erfenntni« gefugt fyabe (bgl. aud? bie älften feine« ;Dtartyrtum« 1 : omnium dis-
ciplinarum genus discere conatus sum, omnemque eruditionem expertus).
Die 33eföäftigung mit ben gbeen $Iato« aber fyabt feinem ©eifte glügel gegeben, bunfc
fte fyabe er gehofft gum ©djauen ©otte« gu gelangen, ©in itym am 9Keeredftranb be=
gegnenber ©rei« aber fyabe ij^n belehrt, bafj nid^t burc^ menfd^Iic^e« goifc^en, fonbern nur
so burc^ Offenbarung ber hnrttidje ©Ott erfannt loerben fönne. ©ott ^aibe ftc^ aber bun$
bie^rop^eten offenbart, unb i^re SBorte feien burc^ bießrfüDung i^rer ÜBetefagungen be«
glaubigt. $uftin fanb bie« burd; eigene Prüfung beftätigt. ÜRacfc-ber Sinologie (II, 12)
^aben tyn bcr SBanbel ber G^riften unb ber 9Kut ber 3Kärt^rer bon ber Ungercc^tiglcit
ber aSortoürfe gegen fte überführt. Den bon itym ertoä^lten Seruf eine« ffianbertorebigcö
36 fyd er im ^^Uofop^enmantel au«geric^tet. ©o fuc^t er auc^ in feinen Schriften ba«
(S^riftentum al« bie toa^re ^tlofoj)^ie (b. \). als bie redete £e^re bon ©ott unb göttlichem
Seben) bar^ut^un. Darin liegt itoar, ba^ fein 2ob ber ^Uofo^te bem (S^riftentum gilt,
aber .bod& aud^ fc^on eine Slnenennung ber 5P^ilofop^ie. 2luc^ 3uftm ^at bie SReimmg
überfommen, ba^ bie ^eDcnifc^en $^ilofoj)^en i^re toefentlid&ften ffia^r^eitömomente ben
40 ©d&riften be« Stlten Seftament« entlehnt, ja au« biefem enth>enbct Ratten (Ap. I, 44. 59 f.).
SKber gugleic^ fyat er bie ftoifd^e £e^re bom Xöyog oneQfjLotixdg ftc^ ju eigen gemalt;
barau« ergiebt ftc^ i^m bie $^ilofojp^ic al« eine SBirfung be« 2ogo« (j. 8. Ap. II, 8),
ja bei feiner ©leic^fefcung bon GfyriftuS unb 2ogo« (f. u.) cht unmittelbarer äufammen*
^ang ber 5p^ilofop^ie mit ßfyriftu«. %ü\tin trägt ba^er feine S3ebenfen, ©orrate« unb
45 ^eraflit für ßfyriften ju erflären (Ap. I, 46 xal ol juezä Xöyov ßtcoaavxeg Xgumaroi
eiot xäv ä&eoi kvojiuoßrjoav, olov h e'EXXrjoi juev Zoyxgaxrjq xal 'Hgdxlettos xai
ol o/ÄOioi aireoig, h ßagßaQOig de 'Aßgadju etc. II, 10 Xgi<n(p de rq5 xai \mb
Zo)xgdtovg &n6 jbiegog yvcoodevn). 3uf^n^ i3}?c* ^ ^a^^ frriliep, bie abfolute 8e»
beutung S^rifti barju^un, fobag ade«, h)a« bon SBa^eit unb Xugenb je bor^anben ge>
6o toefen, auf i^n jurücfgefü^rt toirb (©ngel^). ©. 113, anber« 3laQ II, 261 ; bgl. au$ Ap.II, 13
ooa ovv Jiaga näoi xakcbg eXgrjxai, fjjucöv td>v Xgioriavärv lozi). Da^er ^aben
$fytlofot^en unb ©efe^geber nur über leile be« fiogo« berfügt, toä^renb in Gl?nftu« ba
gange 2ogo« erfd^ienen ift (Ap. II, 10 /leyaXeiörega /ukv ow Jidarjg äv&qamtiov
diöaaxakiag cpaivexai xä yjuexega diu. xb Xoyixbv xb olov xbv qxxvevxa m tjjtidc
66 Xgioxbv yeyovevai, bgl. II, 8 unb I, 46 Xoiaxbv xbv jigcoxoxoxov xov &eov . . ioyor,
ov Jiäv yevog ävögamtov /uexioxe). "Die UnboDtommenfyeit ber aufeer^riftltc^en
^S^ilofo^ie, ihre Sefcfyränfung auf einen flcincn Ärei« unb ber SBiberf^mw^ ber ^Meinungen
in i^r ift barin begrünbet (Ap. II, 10 inetdij de ov ndvxa xä xov köyov tyy(og<oar.
og eoxt Xgioxbg xal ivdvxia iavxoig nokXdxtg ebiov. II, 13 ov% Sxi äiXdtgui Am
60 ra IIkdxo)vog diddy/xaxa xov Xgioxov, äi£ oxi ovx loxi Tidvzt] ö/uoia . . Bcactog ydg
3uftttt ber Märtyrer 647
tig and fiegovg rov OTiegfxanxov detov koyov 16 ovyyevkg ogcbv xaXcög tq^My^aio).
Sic fcermocfyte jtoar ben rechten 93egriff fcon ©Ott ju finben, aber nicfyt ben toirflictyen
®ott $1 erlennen (Dial. 3). 35iefe @rfenntni« fann bielmefyr nur burcfy Offenbarung ge*
nommen toerben, jumal ba bie 35ämonen ftet« bemüht fmb gum Irrtum, in«befonbere
bem ©öftenbienft ftu berfüfyren. SBctyrenb bie Reiben um biefe« ©öfcenbienfte« toiHen bon 5
bem toabren ©Ott berlaffen toaren, befafeen Suben unb ©amariter ba« tynen burety bie
Sßrop&eten gegebene ©ort unb erwarteten Gbriftu« (Ap. I, 53). SSoHfommen toar freiließ
awfy bie ben ^uben burefc ba« ©efefc gefcfyenrte ©rfenntni« noety nietyt. ®a« ©efefc enthielt
neben ben auf toafyre @otte«fur<$t abjtoecfenben unb bem etoigen 2BiHen ©otte« tau
fored&enben ©eboten unb neben bem auf ßfyriftu« 2Bet«fagenben au$ burd& bie ^er^enS* io
^artigleit ber !guben bebingte SBorfcfyriften (Dial. 44 rlg jukv hzokrj elg deooeßeiav xal
dtxaioJiga£iav öiexezaxxo, xlg dk ivxoXi] xal ngä^ig 6fioia>g eigrjxo fj elg fivaxrigiov
xov Xgiorov fj öiä xb oxkrjgoxdgdiov xov Xaov vjluov. (Sbenfo Dial. 45. 67). 3)iefe
fcören, toeil pöbogogifd? bebingt, mit ßtyrifti (Srfc&einen auf (Dial. 27. 43. 46). 3)ie 33e=
ftyietbung foHte 3;«rael für fein ©ericfyt tenn^eic^nen (Dial. 16. 19). ©cfyon bie frommen 16
bor abrogant« Sefcfyneibung unb ben mofaifc&en ©abbatgefefcen betoetfen, bafe oiefe mit
toafcer ©ereetytigfeit ni$t« ju tfyun fyaben (Dial. 92); fyat boefc ©Ott ftet« bie gleiche
©erec^tigleit getooHt (Dial. 30 6 öebg . . xd avxd öixaia . . Ttdvxag del didd£ag,
bgl. 28 xd aloyvia öixaia unb 45 01 xd xa&oXov xal <pvoei xal alcovia xaXd
bioiovv eidgeoxoi eloi xeo #cg5). 3)ie Opfer foHten %$xatl bor @ö$enbienft betoafyren 20
(Dial. 19. 22), Babbat iinb ©peifegefefce e« an ©ott erinnern (Dial. 20 f. 92). 35ie
Nomonen faben ba« jübtfcfye „fleifc|lidje" (Dial. 14) SBerftänbni« be« 911 berurfaetyt;
$atfä$lid? gehört ba« 212 ben G^riften (Dial. 29 h xolg vuexigoig . . ygdfifjiaoi,
päXXov dk ov% v/nexigoig, dXX' fjfurigoig). $)urd& bie Sßro^eten ^at ber iJogo^ unö
gelehrt (Ap. I, 59 Jtagd %<bv fj/ueiegtov dtdaoxdAcov, Xiyojxev xov Xdyov öia rcov 26
nooqmxoyv). Xrägt {c^on ba^ burc^ bi^ $ropl?eten ^Uerfünbigte ungemifd^t etoigen
6|arafter (Dial. 30), fo ift e$ boefy (S^riftu^ ber neue ©efe^geber (Dial. 14), ber in
feiner SRenfötoerbung bie boQfommene, getoiffe unb ollen zugängliche (Srfenntntö ©otted
imb ber fea^ren ©ere^tigfeit gebracht fyat. $)urd> t^n ift ba^ neue ©efefe mit ©otted
etoigen unb allen giltigen Drbnungen in bottfommener SBeife funb getrau (Dial. 93 rd du
. . del xal di SXov öixaia xat näoav dixaioovvrjv nageyei h navxl yivei dvdgd)7za)vr
09L Dial. 67). ffiefentlicfc ate ber „Sc^rer" (Ap.I, 4. 6."l2f. 15. 19. 21. 32. II, 8)
unb neue „©efefcgeber" (Dial. 12. 14. 18, togl. 11. 24. 67. 122) ift G&riftuS ber ©riöfer.
Xb fofatyer $at er ba^ geiftige 2ßefen ©otte^ unb bie redete SQBeife feiner SSere^rung offene
bartf bie 5Jtöglic&feit ber Sefe^rung unb in ber Saufe Vergebung ber bergangenen ©ünben 36
2U empfangen bargereicfyt unb bie fortan fünblo« fiebenben be^ So^nö im unbergänglic^en
Sein bei ©ott berftc&ert (Ap. I, 13—19). ^uftin jagt, bafe toir „im ©lauben burc^
ba^ Slut unb ben iob ß^rifti" gereinigt toerben (Dial. 13,togl. alfia ocotrjgiov Diäl^ ,24).
9t tyd aud? (Dial. 100) ber @ba sSiaria gegenübergefteUt, burc^ beren @o^n bie Über?
toinbung ber Nomonen unb bie @rrettung ben ©laubigen gebracht ift. 3n ^em bon 40
Srcnäuä erhaltenen Fragment (adv. haer. IV, 6, 2, bei Guf. Ä© IV, 18) betont ^uftin,
bafe ber eingeborene ©oi^n beä Schöpfer« ber SBelt unb beä 3Kenfc^en ^efommen ift, suum
plasma in semetipsum recapitulans, unb baft eben bie« bem c^nftlic^en ©lauben ben
feßen ©runb barreic^t. $5er ©cbanfe einer ^eitööf onomie , einer SBieberfyerfteHung ber
burc^ bie ©ünbe gerftörten ©otte^gemetnfe^aft ift alfo %\i$m nid&t fremb geloefen, unb 45
föon er ^at bemnad^ ben ,,©ang ber ©efcbid>te be^ menfe^aetoorbenen 2ogo$ afö eine
Äette ^eildgefc^ic^tlic^er bie ©ünbengeföidf^te be« Wenfc^engefcflec^tö paral^fterenber unb
Me 9Kenf(^^eit neugrünbenber^eitoeranftaltungen aufgefaßt" (.§amacf,3)ogmengefcfy.s 1,500).
2>a^tng^fteIIt mufe babei bleiben, ob er tnfofern „ber erfte . . noc^ unftd^er taftenbe firc^iie^e
J)ogmatiIer" ift (§arnacf a. a. 0.), ober ob er fi<$ toielme^r ^ier ©ebanfen angeeignet fyat, 50
bie bereit« in ber fleinaftatifctycn Mirc^e loirffam toaren. 3ft e« fc^on c^arafteriftifc^, bafj
guftin im 3)ialog barauf tjergtd^tet bat, toon einem oTieo^a Xöyav in jebem 9Jtenf$en
m reben, fo ^>at ^juftin offenbar in ben nic^tapologetif(|en (Schriften an bie ©teile beä
$laä)tot\fö ber 3Sernünftigfeit unb be« moralifd^en SBerte« be« G^riftentum« eine Setonung
ber ertöfenben ^atfad^en be« Scbcn« (Sbrifti treten laffen, nur Riffen toir nicfyt, in toel^em 55
Umfange bie« gefd&e^en unb in tote toett bie Srlöfung«le^re be« grenäu« bon tym ab«
bangig ift. (3)a« ^ragm. 5 1 Otto III] bei fieontiu« ob. ©. 642, »1 mit feiner enttoidelten
®rtöfung«le^re ift toof)l fieser md)t juftinifd^, öngel^. ©. 432 f.; gegen £ilgenf. 3to^ 1883,
S. 28). 3f* für Csuftin bie toefentltcfyc ®ab^ ber (Srlöfung neben ber ©nenntni« bcr
ßin^eit unb be« geiftigen Siicfen^ ©otte« ba« unvergängliche ©ein bei ©ott, fo betunbet üo
648 SufHn bcr »Wrtyrcr
bcr Sfyrift bocfy a\xä) föon jefct feinen §ett«befi$ bur<$ Übertombung ber Dämonen
(§arn. 1, 502). Ap. I, 32 rebet ^uftm öon einer @mtoo&ung be« gogo« in ben ©laubigen.
3lbcr bennoefy befyerrfcfyt bie Ideologie ^uftin« ein moraltftiföer ©runbjug. 5Det ©taub*
ift ifym nur bie Uebeneugung t>on ber ©ottcöfo^nfc^aft S^rifti unb t>on ber 2Ba^$eti femer
6 gefyre (fcgl. to. (Sngety. ©. 188). @r „macfyt nietyt geregt, fonbern ift nur bie SorauSfcfcung
ber ©erecfytigleit, bie burd& geiftungen, burefy SReue, ©inneSänberung unb ftinblofen ©anbei
nad& ben ©eboten ©otte« unb ßfyrifti au ftanbe fommt. SRur fofern ber ©laube fclbft
f$on freie ©ntfcfyeibung für ©ott ift, §at er ben SBert einer rettenben %fyai unb jtoar
Don folcfyer Sebeutung, bafe man fagen fann, abrogant fei burd& ben ©lauben geredet ge^
10 toorben. 3n SBirflic^Ieit gefcfyafy e« aber burety uecdvoia. Diefe Stuffaffung be« ©lauben«
fyängt gufammen mit bem ©ebanlen, bafe bie gefyre 3*fu (Stoangelium ift (bgl. fcier^u au<$
ßngelfy. 194), fofern fte jur 93ufee ruft unb Sofyn fcerfyeifet, ober toeit fte Slntoeifungen
mr SBere^rung be« toafyren ©otte« unb jur 93efferung be« geben« enthält unb für Stcue
Vergebung, für ^eilige« geben Unfterblicfyfeit in äu«ft$t ftellt". Suftin fctoeifelt niefct, bafc
15 bie Äenntni« tyiertoon „au«reid&t, um ben 2Rcnföen jur Um!e$r gu betoeaen". ,,2)a«
göttliche ©efefc ift au«reid&enb &ur ©rlöfung, toeil bem ©ünber in feinem freien SSJiBen
ba« Vermögen ber ©ef^erfüttung innefoo&nt" (toon (Sngelij., 91®* VII, 323 f.). 35a$cr
bejtefyt ftd& auefy bie Vergebung in ber $aufe nur auf bie öor berfelben begangenen
©ünben, toäfyrenb ber 2Renfd& fortan burety fünbtofe« geben ftc& be«©ein« bei ©otttoürbig
20 machen foH. ©benfo betätigt ber (S&rift in ber ©ud&ariftie feine ^römmigteit burefc ©ebet
unb Erbringung fcon 93rot unb jffiein. @r empfängt bafttr „bie burd& ein öon ßfcrifto
gelehrte« @ebet«toort gefegnete 9tafyrung, toelcfye gletfc^ unb 33lut be« fleifägetoorbencn
3;efu« ift, unb öon toeld&er unfer 33lut unb ftleifcfy umtoanbelung«toeife (xatä fieraßolrjv)
genährt toirb" (Ap. I, 66). 3n f^ner &$** toe*fe f^ 3>uftm *n Überemfttmmung mit
26 ber ganjen Äircfye. 5Rur in Sejug auf ba« 3Mennium fennt er einen ©egenfafc in ber
rechtgläubigen Sirene unb in ber Seurteilung'be« milberen 3uben<$riftentum«. @r feiner*
fette ift bereit bie ^ubend&riften anjuerfennen, loeld^e bie ©efe^eöfrei^eit ber ßeibenc^riflen
nid^t antaften, aud^ loenn fte in Sfyriftuä nur ben SDteffiaS, nod^ nid^t ben ©o^n ©otte*
erblicf en. 3)ie anberen Igubend&riften gelten aud^ i^m nid^t für G^riften. ©einem ©^Uiaömud
so fehlt bie 93e)ie^ung auf baö jübtjd?e Soll, aber er hält feft am 3RiIennium unb überhaupt
an ber altd&riftlid&en ß^atologie (äl^berger 140 ff.). Irägt bie« ebenfo gur SBatyrung be«
d^riftlic^en 6^ara!ter« feiner Geologie bei, loie fein Semü^en ein 93erftänbnte ber Sr«
löfung^tbatfa^en mit feinen ^ilofop^ifd^ beftimmten Slnfc^auungen *.u t>erbinben (bgl.
Dial. 3Öf. olxovojuia rov nddwg), fo erfc^einen boefy in ben erhaltenen ©Triften bie
sölefeteren afö bie ma^gebenben. §ier ift „Sater bcr SQScIt" bie ftetyenbeSejei^nungQotteS;
beffen SBeltbejie^ung vermittelt ber gogoä, SWenfd^ geloorben ift biefer toefentlic^ ber Sekret
unb ©efefcgeber, unb bie annähme feiner gefyre, SReue unb lugenbübung ftnb ber 3B«g
jur UnDergänglid^!eit.
Suftin« ÜBertoertung be« gogo^begriff« ^at ftet« bie äufmerffamfeit auf fi^ gelenß.
40 (Sine birefte Slb^ängigteit öon ^tytlo läfet fi4> m. @. nicfyt erloeifen (gegen Stoß I, 281 f.),
benn unmittelbare Sejie^ungen ftnb nicfyt toor^anben. 3)er gogo«geban!e toar offenbar
in ber gebilbeten 2Belt Verbreitet, unb auc^ bie Sejeic&nung be« ©o|ne«©otte« al^gogo«
fc^on gubor in ber Mirche übltc^. aber bcnno$ bleibt bebeutfam bie ©lei$fe$ung be^
gefd^td^tlic^en S^riftu« mit ber in ber gangen SBelt toir{famen SSernunfthaft, tooburc^ m
45 felbft alle Söäa^r^eit unb lugenb für bie ßfyriften rellamiert unb bie Sfoftofc erregenbe
SBere^rung ß^rifti ate ba$ loa^r^aft Vernünftige ^ingefteHt tourbe. ©erabe für biefen
ßrtoei« be$ SRed^te« ber 2lnbetung (S^rifti bebient ftd^> ^im b& gogo^gebanlen«. Gtyrifhtf
ift ber 5)Jenfd^, loeld^er ber gogoS ift, toon ©ott als $ringij> ber SBJdtfc^öpfung erjeugt,
bcr anbere ©ott neben ©ott (Ap. II, 6), nid&t eloig aber toorgeitlic^ (6ngel^., ©. 119 f.,
5o£atyn, 9RarceC t). 2lnc, ©. 229 f.). 2Bo ^uftin aber bie ©ott&eit be« Srlöfer« unb fein
1.55 ff.), *
Ser^ältni« jum Vater be^anbelt (Dial. 55 ff.), ba gefd^ie^t bie« ni<$t mit $ilfe bergoao*
ibee (boefy ögl. Dial. 61 yeyewrjxe dvvafilv xtva l£ iavrov loyixrjv, au<£ 62 rd dato
rov Tiaroög TTQoßkrjfrh yevvriua), fonbern an ber §anb beä 91%; einen mefentfic^en
»eftanDteil ber ge^re bon ß^rtftu« btlbet fie für tyn ba^er nic^t (ö. ©ngel^. 283f.).
ööUngcflärt bleibt ba« Vcr^ältni« toon gogo« unb©eift; bie Offenbarung an bie ^Jro^^eten,
fonft als aBert be« pro^etifcfyen ©eifte« bejeic^net, erfolgt Ap. I, 32. 33. 36. II, 10.
Dial. 61 u. a. bur$ ben gogo«. $ie Einfügung ber (Sngel in bie trmitarittc gormel (Ap.Ir6)
totll nur bie ©efamt^eit beffen namhaft machen, n>a« ©egenftanb ber Verehrung ber G^nften ifl
35tc ctyologetifcfye Orientierung ber ©ebanfen ^uftin« tritt audj in ben nod^ erhaltenen,
60 fid^ burd^ i^ren ^nl/ait al« ec^t legitimierenben äften feine« SWartyrium« (AS Apr. IIf 108 ff.
3itftitt ber 9Rartyrcr 649
Ruinart, Acta mart, Stegcn«burg 1859, ©. 105 ff.) m 2age. 2lu$ ^icr fielen bie
getßtge 93ere$rung ©otte«, gfyriftu« ber Sefyrer bcr ©eredptigfeit unb ba« utfünftige #eil
tm SWittetyuntt feine« d&riftlid&en Sefoußtfein« (cap. 1. 2. 4). Der 2Rann#aftigfeit feine«
auftreten« m Styologie unb Dialog (j. 93. I, 2. 8. II, 3. Dial. 80) entforid&t bie um
erf$rodene Rvtoetfvtyt (4 non opinor . . sed scio, et hoc tarn certum habeo, ut nihil 5
dubitem) feiner Seranttoortung unb bie greubigfeit feine« 2Rartyrium«. Da«felbe tyit
ttym bie au«geid&nenbe Benennung be« 2Rärtyrer« eingetragen. 6« fanb ftatt unter bem
©tabtyräfetten SRufticu«. Da biefer bie ?ßräfcftur nid&t früher al« 162 angetreten unb
Dar 168 geenbet tyat (3afyn, gorf jungen VI, 14), fo muß 3uftin in bief er 3eit Märtyrer
getoorben fein. 3;uftin fear je$t jum jh>etten 2Ral in SRorn (Acta mart. 2) ; feiner erften io
Äntoefentyeit bafelbft gehört feine 2tyologie unb tootyl au$ ber Dialog unb Adv. Marc. an.
Die Stellung be« 2Bei«fagung«betoeife« in 3uftin« 2tyologetif läßt fd&on feine SBerfc
legung auf bie ©cfyrift be« 212; ertennen. Sie ift ba« burdfc ben fyL ©eift red&t eigentlich
für bie Triften gerebete 2Bort ©otte«, al« folc&e« burefy bie (SrfüHung ber 2Bei«fagung
unjtoetfeltyaft bargetfyan. SReben ba« propfyetifdje 2Bort tritt aber al« ein ntcfyt minber 16
göttlid&e« ba« ber 2fyoftel (Dial. 119 xfj (pcovfj xov öeov xfj did xe xcbv cbioax6Xa)v
xov Xgtaxov kaXrf&eiori . . xal xfj diä xcbv Tigocprjxcbv xrjgvx&eiofl fj/uv). älud^ bie
Jlufjeicpnungen ber ai^o^tel toerben im öffentlichen ©onntag«gotte«bienft beriefen (Ap. 1, 67
xä äjiojbivn/biovevfiaxa xdry äjrooxdktov T] xd ovyyQ&fiuaxa xcbv ngocprixcov äva-
yivcooxexai). 'Ajiopvrj/biovevjLiaxa ift bie regelmäßige, offenbar au« SRücfftdpt auf feine 20
ni<$tc$riftli$en Sefer t>on 3wftin getoäfylte 35ejetd^nung für bie Gtoangelien (Ap. I, 66 ol. .
äjzooxoÄoi h xoig yevojuivoig vri avxcbv chtofivrjfiovevfjiaotvt ä xakeixai evayySAia).
3uftm giebt aber beutlicfy ju ertennen, baß biefe im cfyrtftltcfyen Sprachgebrauch anber«,
nämli$ xd zvayyihov (xä evayyiha nur Ap. I, 66) genannt toerben. 211« äutorität
!amt Suftin fte aud) im Dialog nid&t in gleicher SBeife toertoerten toie ba« 213:. Stur 26
bie« ift für ifyn im eigentlichen ©inne „bie ©d^rift," obfd&on toenigften« Dial. 49 9Rt 17, 13
einfach mit yiygamai cttiert toirb, ofyne ba« Don 3uftin fonft hinzugefügte h xöig
äjw/LivTjpovevuaoi xeov cbioaxoXcov (Dial. 100 — 106 ; bgl. bef. 3a^n, ©efeg. b. Äan. I,
469 ». 2). 2lber be«falb ftefjt bod& bie 2lutorität ber 2fyof™ «* tdqt» hinter ber ber
SJroj^eten jurücf (@ngefy. 333 f., Äunje 422). Denn „bie 2fyoftel ftnb bie fcfyon im 21$ so
angefttnbigten unb bon 3efu$ au«gefanbten SBertünbiger ber juerft toon 3efug flw«-
gefiprod^enen neuen Offenbarung" (3«^n, ©. 520). 3^re Autorität beruht alfo aunäc^ft
barauf, baß ifyr SBort „bie 2e^re be« göttlichen Sogo« ift unb bie 2lu«fj>rü$e Gprifti in
aut^entifc^er 2Beife loiebergtebt" (6ngel^., Sl@ 2 VII, 322). ßu folgern ßeugni« ftnb fte
aber au<$ bur^ eineÄraft be« ersten G^riftu« au«gerüftet toorben (Ap. I, 50. Dial. 42), 86
unb botyer geben fte jugleicfy ba« grunblegenbe SSerftänbni« ber ©rfepeinung G^rifti uiü)
feiner Saaten (Ap. 1, 40. 49). 3^re 2lugenjeugenfc^aft loie biefe eigentümliche Sefäbigung
öerlei^en ibnen i$re 2lutorität«fteHung unb machen fte ju Sebrcrn ber ßbriftenfyeit. „Durcp
fte ift Gtyriftu« ber SBelt gegenwärtig, o^ne tyre Se^re giebt e« leinen ß^riftu«" (@ngel^.,
ß^rift. Suft. 334). ©olc&c Se^rer ftnb fte toorne^mlid^ burefy bie ©bangelien. 3ft S^uftin« *o
Sht«brud«h}eife Dial. 103 eine genaue, fo bezeichnet er biefe bort al« bon 2l)>ofteln unb
©$ülern ber 2l^oftel berfaßt. 2luc^ fd&on ba« Diateffaron ^atian« fließt e« fo gut loie
au«, baß 3"ftin an anbere ßöangelien al« bie bier befannten gebadet fyaben follte. SBa«
er vorträgt, entftammt h>ef entließ 5)it unb 2c, aber Dial. 106 toirb beutlic^ ÜKc 3, 17
Dertoertet, unb nur mit Unrecht ^at man ^ier bielmefyr einen §inh>ei« auf ba« Sßetru«- 45
ebangeltum erblidft. 3Rit großer gmfyeit öerfä^rt aber ^uftin bei ber Söiebergabe ber
©orte ber ©bangeliften, beren lejte er unbefangen toermifcfyt ober ungefc^eut umgeftaltet.
Die Segugnatymen auf ba« 3«>banne«ebangelium ftnb unberfennbar (ögl. Ap. I, 61 mit
3o 3, 3 ff., I, 6 mit > 4, 24, Ap. II, 6 mit 30 1, 1 ff., Dial. 63 mit 30 1, 13,
105 mit So 1, 1. 18, 88 mit > 1, 2t». 23, 94 mit 30 3, 14f.; baju 3abn a. a. D. I, 60
522 ff.). Daß er bennoefy bie $ermh>orte nur ben ©tynoptifern entnimmt, beruht auf bem
anber«artigen G^arafter bcr jofyanncifd&en Sieben. — 211« inf^iriertc, toeil ^rop^ettfe^e
Sdjnftft ätiert 3uftin unter 9tomennennung i^rc« 3Scrfaffer« bie 2lt)otal^fe Dial. 81.
Stockt fc^on bie 93eftreitung be« 9Karcion eine Stellungnahme ju ben ^aulinifc^en ©Triften,
bie ber ft>äteren fir<^lid^cn entfprad), burc^au« n>a^rfc^einlic^, fo fyat 3uftin aud) na<fy 66
Wet^obiu«, De resurr. II, 18, 9 au« 1 Äo 15,50 feine 2luferftefyung«letyre ju begrünben
gefugt Auf 3tö, 1 Äo, ©a, Qpb, ,Uol, 2 Zf) finben fid? bei 3uftin gefiederte 93ejug*
nahmen, bieUeic^t auf W\, lit, 1 Xt, bagegen feine auf 2 ,tto, 1 %f), $^i, 2 2i. 2lu«
ä® l, 9. 11 fc&öpft 3ufttn De resurr. 9 9Jr. 108, 24 f. Den ^ebräerbrief muß 3uftin
gelannt ^aben (3a^n I, 576 ff.). 2luf 1 30 3, 1. 2, 3 toeift Dial. 123. Über mc^reo
650 3uftitt bcr äRärtyrer ^ufttutou I.
ober minber toafyrfd&einticfye 93ejietyungen gu 1 $o, 1 *ßt, $a bgl. Rafyn I, 576. ^"ftm
tyat auefc unbebenflicfy apofa^e Überlieferung t>crtt>ertct. 2Bie e$ fc$eint, benufcte er fd^on
baS ^rotebangeltum ^afobi, bieHeid&t ein Stfyomaäetoangelium (3al?n I, 539 ff.) unb bie
Acta Pilati (Ap. I, 35). Slucfc bie Dibad&e fd&eint er ate apoftoltfäe ©cfcrift $u ge*
5 brausen (Ap. I, togl. £afyn M® 8, 66 ff.). — 6« ift nid&t me&r gu entfcfctbcn, toann
SDtarcion jur ©Übung feine« ftanonä gefetyritten ift, aber irgenbttrie mufe boc$ bie 3lu&
einanberfefcung mit tym 3uftin genötigt fyabtn, über ben Seftanb, bie äbgrengung unb bie
33ebeutung ber neuteftamentKd&en ©driften ju remitieren. Sei ber Sefdjaffen^ett ber n-
^altenen Schriften ^uftinä (äfet ftd& jeboety nid&t feftfteDen, in tote toett ^uftm ein bog*
10 matifd&ee Igntcreffe an ber Sammlung neuteftamentlid&er ©Triften gehabt fyat unb t^m
bie SBebeutung eine« neuteftamentlid&en ÄanonS gum Setoufetfem gefommen ift ©o«*etfd>.
^ufthnan I., ojlrömifd&er Äaifer, 527— 565. — ßttteratur: SaL Gbw.
(Gibbon, The Decline and Fall of the Boman Empire, Vol. 4, fionb. 1788, neue Uudgabe
von 3. $. «uty Vol. 4, fionbon 1898; (£br. SB. gr*. SBald), @ntnmrf einer DoOft. fcntorie
lob. Äegere^en u. f. id., 6.-8. 93b, Seidig 1773—78 (beibe SBcrfe noeb beute unentbehrlich);
fiebeau, Histoire du Bas-Empire, eU Saint-Martin, Vol. 8 unb 9, $ari3 1827. 28; 6. 3-
n. ©efele, Gonctliengefd)id)te, 2*, fjreib. 1875; 3. »rljce, Justinianus I., in DchrB 3, 1882.
538-559; fi. u. föanfc, 2Beltgefd)tcbte, 4. Xeil. 2. 9lbt., £eip*ifl 1883; $. ©. Äleton, Keizer
Justioianus I en de christelijke kerk, in Theol. Studien 4, 1886, 383—396; $.<Sd)ulfce, Gk*
20 fetytite b. Untergang« b. gried)ifd)*römifd)en #eibentum3 1, 3ena 1887, 434-459; 2. 1892,
vv. 11.; g. fioofS, fieontiuS u. S3ngang. in %U 3, 1. 2. fceft, fieipj. 1888; 3. ©. $uri), A
History of the Later Boman Empire, 2 Voll., Lond. 1889; fr. flattenbufefc. Sebrb. ber »er-
gleicöenben ftonfeffionSfunbe, ^reib. 1892, 199 f. 262 f.; #. SRütter, Äir*engefdn*te, frretb.
1892, 274—278 (ugl. aueft bie 93emerhingen in be§f. Äb^anblung: Die ©renje jroifdien Älter-
25 tum unb Mittelalter in ber $ird)e in ben $3 60, 1887, 264 ff.) ; $. 3oer§, ®ie 9*ci*«politit
ßaifer 3uftinian$, ©ie&en 1893; St. £arnacf, fiebrb. b. $ogmengef*tcöte 2», Sfreiburg 1894,
389 ff.: «. Äned)t, Die SReligton^poIitif Äaifer Sufttnian« L, 3Bür jburg 1896 ; ©.^.©utton,
The Church of the Sixth Century, Lond. 1897 ; .^. ©cljier, 2lbri6 b. b^^antinifeften Äaifer«
gefd)id)te, in St. $rutnbad)er$ ©cfd)id)tc ber bn^antinifdjen fiitteratur, 2. Aufl., HRün^en 1897,
so 928 ff. ; g. Dtefamp, Die origeniftifdjen ©treitigfeiten u. ba$ 5. öfumenific Äonj^il, fünfter
1899. — Der ftobej (C) ift nacb bcr Slu^gabe uon % Krüger, Berol. 1877, bie 9*oocacn(N)
naef) ber uon C. E. Zachariae a Lingenthal (Imp. Justiniani PP. A. Novellae quae vocan-
tur sive Constitutiones quae extra codicem supersunt ordine chronologica digestae), 2 Tom.
Lips. 1881, zitiert; bie bei ben N. in eefigen klammern fteljenben 8iffcrn finb bie CfrbnungÄ»
85 nummern uon 3acf)artae. SSgl. aud) bie ju ben 9lrt. Dreifapitelftreit (8b V 6. 21), SRono-
p^l)ftten, ^eopajdjiten u. a. angegebene Citteratur.
Ueberficftt: 1. ungemeine«. 2. föeligionSpofittf : ^er^alten gegenüber bem ^eibentum,
bem Subentum, ben 6amaritanern unb ben SWanic^äern. 3. ftirdjcnregiment. 4. Äircftcnpolitil.
5. X^eotogie.
40 1. gfatnuS 3lnictuö 3u^anu^ 3 u Pi n x an u * (f° btx offizielle UteO ftammte au« laure*
ftum (je^t %aox), einem an ber tf>racifd&en ©renge unfern ber gfcfhwfl Seberiana (35aber),
füblic^ uon Slupi (Ue^füb) gelegenen Rieden in ^fltym« (Proc. Aedif. 4, 1 ed. Bonn.
266, 15; Malal. Chronogr. ed. Bonn. 425, 9; togl. §. Äiepert, Formae Orbis An-
tiqui, Berol. 1894, Tab. XVII, 33uty a. a. D. 8b 2, ©. 7, «nm. 1 ; bei btefem
46^cc^en [^«^' <*fab xo x<i>Qt'ov Proc. 1. c] erbaute 3- äÖ Äaifer bieStabt Justiniana
prima unb machte fte ^um6i^ eine^ ©rjbijd^of« [f. unten ©. 655, 37 J). Die Sc^auptung
flatoifd&er 2lbfunft, bie ftc^ bi^ tn neuere 3>arfteflungen ^ineinjie^t, ru^t lebiglicty auf ber
angeblich uon bem ^ßrcäbtyter Sogomil (I^eop^ilu^), einem angeblichen 3^9^noff^n unb
ÜJe^rer be« Äaifer«, oerfafcten 8iograp^ie. teuere gorfd&ungen (3- Sr^ce, Life of Jasti-
go nian by Theophilus, in The English Historical Review 2, 1887, 657—686 unb
im Archivio della Societä Romana 1887, 137—171 ; tneitere Sitteratur bei Ä. Ärum^
badjer, ©efc^. b. b^ant. Sitt., 2. 3lufl., 3Rünc^en 1897, 237) faben biefe 2eben*cf<^reibung
al« eine im flafcopfyilen Sinne unternommene gäljcfyung, too^I erft be« 17. gafyr^unbcrtS,
erliefen. Damit ift auc^ 3ufti™an$ angeblicher eigentlicher 9lame U})rauba mitfamt ben
56 baran gefnüpften Folgerungen hinfällig geworben. 21K ©eburtgja^r toirb auf ©runb
einer 5ioti^ be$ 3onara^ (Epit. Hist. 14, 5 ed. Bonn. 3, 151), toonac^ 3. bei femer
I^ronbefteigung 45 3aF)rc alt getoefen fei, 482 (483) erfc&loffen. 2Bo^I in früher 3ugenb
nach ber Stctcfyebau^tftabt gef ommen, fcfyeint er bort ben getoö^nlic^en SJUbungägang, Ipaipt*
fäd^lid) mit juriftifc^en unb pbilojopfnfd^en Stubien befc^äftigt, burc^Iaufen ju ^aben. Da|
wer ba« ©riccfyifc^c lebenslang mit frembem 2lccente f>>rac^, bezeugt ^Jrofoj) (Hist. Are. 14
p. 88, 3). 2tl$ ©c^tüefterfo^n (Theophan. Chron. ed. de Boor 173, 16) be$ in
^o^em 3lnfel/en ftefyenben ©enerafe i^uftin ^at er rafä, auc^ mtlitärifc^, .Vtarriexc gemalt
Suftinitut I. 651
SKü bem 9legierung«antritt be« fyöfyerer Silbung baren unb jetner fcfytoierigen Stellung
nic^t getoad&fenen Dfyeim«, im !gabre 518, eröffnet ftdj bem Steffen eine grofee ßuhmft.
SBon Anfang an &at er, toon ©tufe ju ©tufe fteigenb, bei hrid&tigeren Slltionen bie §anb
im Stiele gehabt. 521 Konful, ftKtter Äommanbeur ber Dftarmee, toar er lange ber fa!*
tiföe Siegent, betoor Suftin tyn am 1. äpril 527 jum SWitfaifer annahm. sJiadp toter 9Ro* 6
naten, am 1. Sluguft, toarb er Sllleinfyerrfcfyer. $)ie 38 3>afyre fetner ^Regierung — er
ftarb am 14. SRotoember 565 — fyaben in ber ©efäid&te be« b^jantinifd^en SRcid^eö unb
jetner Stirere (Spod&e gemalt unb fmb toon unitoerfaler Sebeutung geworben, ©in ÜKann
toon ungetoöfynlic&er 2lrbeit«fraft, in fyoEjem Sölafee entfyaltfam, in ber SBafyl fetner 3RttteI
ffntyelto«, leutfelig unb beh>eglid(j>, fetylau unb un$utoerläfftg — beim Slufftanbe ber TOIa 10
fcmrbe bie Stnflage auf SDteineib tym in« ©eftcfyt gefd&leubert. 3jn feine fyäu«tid&en 93er*
Jjältniffe unb in ba« ©etriebe am £ofe fyat ber Klatfd? in ©eftalt ber älnefbota be« Der*
ärgerten *ProIoj> bie SRacfytoelt unerfreuliche ©lief e ttyun laffen: aber Ifyeobora, bieÄaiferin,
toar trofc ifyre«, toenigften« bor ber 6fye, mefyr al« atoeifetyaften 2eben«toanbel« unb tro£=
bem fte an ©ftupelloftgfeit ben ©atten toielleictyt no<| übertraf, eine aufeergetoöfynlicfy h>eft* 16
bltdtenbe grau, beren flugem 9tat in ben fingen ber äußeren h)ie ber inneren Sßotitif ju
folgen bem Äaifer nic^t ntr Unehre gereifte. 93or ber SBelt erfd&einen nur feine großen
Seftrebungen. 3ftn «füllte ber ©cbante, ba« römifcfye SReicfy in alter $errli$feit unb im
alten Umfange toieber ^erjufteHen. ^xiftintcxn ift ber lefcte ber ^nty^atoren, ber e« Der*
fu<$t fyat, biefem 3iele mit Äonfequenj nadfougefyen unb ber e«, freiließ mit ungeheuren 20
Dpfent unb ofyne bafe ber (Srfolg ein bauernber getoefen toäre, toenigften« für eine furje
3«t erreicht tyat. liefern $iele galten feine großen Kriege, toornefymlicfy im SBeften, too
ber ®mflu| be« oftrömifd&en Äaifer« mefyr unb mefyr bafyin gefcfytounben toar. 3)arum fyat
er bie germanifd&en 33ölferf$aften, bie ftdj in ^Ifrifa unb Stalten anfäfftg gemalt Ratten,
niefct im ruhigen 33eft§e be« bur$ (Sroberung Grtoorbenen laffen mögen, f onbern SSanbalen 25
unb ©oten burdfc Seltfar unb SRarfe« ben Untergang bereitet. 3)er ftd& immermefyr er-
bebenben 2Ra$t be« römifcfyen ©tufyle« ift er nod& einmal #err geworben. 6r fyat ba«
&ei<$ gegen äußere ftetnbe nad) Kräften gefcfyüfct burdj Einlage toon fteftungen an ben
©remen, burefy §eerftrafeen unb Srücfen. ©ine getoaltige Saut^ätigleit auc^ im 3nnern
läfct feine ^Regierung in befonberem ©lanje erfd^einen : ©täbte entftanben, Äird&e auf Äird^e, so
Älofter auf Älofter. Unb toenn Kriege unb Sauten Unfummen berfd^langen unb bie
Steuerzahler über bie Unerfättlid^feit beä %\$t\i$ murrten, fo toiffen bie Quellen boc£ aud^
baöon 3U reben, ba^ bie faiferli^en ?£onb3 bei öffentlichen Äataftrof l^en, an benen bie
3«t reti^ toar, oft genug in toaljrfyaft großartiger SBeife jur 3Serh?enbung famen. 3Son
bem ©runbfafc getragen, baß ba« Seftefyen eine« ©emeinto^en« auf SEBaffen unb ©efefcen 86
beruhe (f. baä ^Sromulgation^ebift be« ßobej de Justiniano Codice confirmando,
Ärüger 2, 18 ff.), tyat er ber ©efe^gebung ein er^te« Slugenmer! ntgetoenbet unb ftd^ mit
ber Äobififation be« römifc^en ^Ke^te« ein bleibendes 3)en!mal gefd^affen: ntd^t eine freie
gefeftgebertfd&e ©c^ö^fung, fonbern ©id^tung unb ©ammlung ber alten unb neuen
SKecptäqueHen fyat er babei bcabftctyttgt unb burc^gefü^rt (%$x$ 22). 6« ttmrDe bie 40
biefem ärtifel gefegten ©c^ranfen toeit überfc^rciten, toollten h)ir öerfuc^en, 3uf*in^an^
X^ätigteit auf atten biefen toeitüerjtoeigten ©ebieten im einzelnen banuftetten unb einer Krittf
^u unterbieten. Sebigltd^ feinem Eingreifen in bie religiöfen unb firc&licfyen Setoegungen,
mit ben 3Kitteln ber ©efefcgebung ober ber ^Jolitif, fyaben h)ir nachuge^en. 9lber felbft
eine umfaffenbe 3)arfteDung ber Ätrd^en^olitif be3 Äaifer« liegt aufeerpalb unferer Aufgabe, 46
ba fortgefe^te Äottiftonen mit anberen 2lrtifeln, in benen biefe ^Jolittf be^anbelt toerben
mu|(35reifa^itelftreit, -JRono^tyften, St^eopafd^iten u. a.), fonft unt>ermeiblid& toären. 3m
Sorbergrunbe foll bie ©efe^gebung unb bie Erörterung ber perfönlicfyen ©teHung be«
Äaifer« inäbefonbere gu ben l^eologtfd^cn g^agen fielen. Juftinian« religiöfe unb fird^=
ltt$e ©efe^gebung ift enthalten 1. im Codex Justinianus (C), b. \). ber im %afyxt 529 60
erftmolig, 534 in öerbefferter Auflage berau«gegcbenen ©ammlung ber .Haifergefe^e, näfyer
m einigen Titeln be« erften Sud;e« biefe« Mobec, «"b 2. in ben Novellae Constitu-
tiones, b. \). ben 5lad^trag«gefe^cn j^um Kobej, bie ber Kaifer toon 535—565 fyat au«s
ge^en laffen. 2luf bie ^Joltttf unb auf bie perfönltd&e ©tcHung bc« Äaifer« fällt toeitere«
«id^t au« einer 2ln$afyl üon ©riefen, Grlaffen unb 2lbfyanblungen firc^enregimentli^en 65
unb tfjeologifcfcen 3n^a^^^ ^^e/ tl,enu auc^ *m «njelnen %aüt fein fc^riftftcllerifc^er 2lnteil
fu^ nic^t genau toitb feftftellen laffen, in jebem fiaüs auf feine ^tuttati&e ^urücfge^en
vaib eigene« Ur.teil aud^ in tf>cologifc^en fragen toorau«fe|en (f. unten).
2. ^uftmumS gfleligion«j)oliti! ift toon ber intyeratorifd&cn Überzeugung ge-
tragen, ba| bie Sin^eit bc« ^Kcic^e« btc ©in^eit be« ©lauben« jur unbebingten 33orau«fe$ung en
652 3itftii!t<ttt I.
fyabe. ®afc biefer ©taube nur ber ber äyla (äyicordrrj) xov &eov xaftokxij xat (IttootoXix*]
ixxXrjaia (1. 5 C. de s. tr. 1, 1; N. 132 [147] 2, 244; üb. adv. Orig. MSG86, 1,
947 A u. ö.) fein lonnte, ift felbftoerftönbltcfy. ©o toirb benn and) ber Äobqr mit betn iitd
de summa trinitate et de fide catholica et ut nemo de ea publice contendere
5 audeat eröffnet, unb tmeberum fte^t an ber ©pifce be3 STttelö jener Srlafc ber Aaifer
©ratian (f. b. 21. 93b VII, 65, i ff.), Valentinian unb l&eoboftuä, bafe alle tyre Untertanen ber
tattyolifd&en SReliaion ju folgen fyaben (1. 1 C. de s. tr. 1, 1). 2lnber3gläubige $aben e$ an Seib
unb Seben füllen muffen, bafi ber 5J5rojefe, ber mit ber faiferlicfcen ©efefcgebung feit
ÄonftantiuS eingeleitet toorben toar, nunmehr energifefc $u @nbe geführt toerben fottte.
10 3)er Äobej enthält gtoei (Srlaffe, toelcfye bie ttöHige (Sntred&tung be$ £elleni$mu$
and) im bürgerlichen Seben bewerfen: 1. 9 C. de pag. 1, 11 toeift ade Se&örben an,
bafür ©orge $u tragen, ben ©ottloftgleiten ber tyellenifdjen Sieligion (rd xfjg 'EXitjvixrjg
&Qrjoxeiag äoeß^/mra) mit allen SRed&tSmitteln nad&jufoüren, auf bafj fie nicfyt me^r ge*
fcfyegen ober, toenn gefcfyefyen, beftraft toerben fönnen. Von bef onberer Vebeutung erf^emt
15 babei bie Veftimmung, bafe e$ fünftig toeber burefy le$ttoiHige Verfügung noc$ bur$ ®e*
fcfyenf geftattet fein fofl, ^Jerfonen ober Orten ettoaS gur Unterhaltung ber ©ottläfterlicfyfeti
beä §elleni$mu$ gutommen ju laffen. 3lod) fcfyärfer bringt ba3 folgenbe ©efeA (1. 10 C.
de pag. 1, 11) bie anfielen unb 2tbftcfcten ber Regierung jum 2lu3brutf. 63 fefct bie
XobeSftrafe für ©etaufte feft, bie im fyellenifcfyen Saturn nodj befangen ftnb; e3 fcerfugt
20 bie ©elbftan^eige für noefy Ungetauftc, fcerfünbigt ben Äated&temu& unb Xattf^toang
bei ©träfe ber Entrechtung unb ber (Sinjiefyung beä Vermögens; e$ unterfagt ben ©c$ul*
befudfc bei fyeHenifdjen fiebern, bie geheimen Opfer unb anberen ©öfcenbienft, foftrie bie
3ugefyörigfeit $um 9Jtanicfyäi$mu$ unb belegt biejenigen mit ben tyärteften ©trafen, bie
„unter bem Vortoanbe, militärifc&e unb bürgerliche ©fyrenfteDen ober Vermögen gu er=
36 langen", ftcfc felbft fyaben taufen, grau unb Äinber aber im §eHeni$mu$ tyaben bebarren
laffen. 2)lanc$e biefer Veftimmungen, bie negativen gumal, toaren niefct neu. aber man
l)at richtig gefagt: Suftiman untertreibet fiety toon feinen Vorgängern nicfyt fo fe^r burd>
feine Verbote ate bnxd) feine ©ebote unb burefc bie 3)urc&füfyrung feiner ©efefce (Änecfct 30).
3)afj bie ©bitte ni$t auf bem Rapier geftanben fyaben, ergiebt fid§> beutlidp au$ mehreren
so Zotigen unferer Quellen. SMalaS (p. 449, 3 ff.; bana<$, bod& mit einigen 3ufä$en, «j^
pfyancS p. 180, 11 ff.) toeife fcon einer Verfolgung jju berieten, bie er inö 3<^r 529 fe^t
unb mit ber er bie Verfügung be$ Äaiferä, ba| fem §eDenift fürber^in ein öffcntlicbe*
2lmt beileiben bürfe — gemeint ftnb toofyl Veftimmungen ber oben genannten (Maffe — ,
in Verbinbung bringt. 3)iefer Verfolgung feien fyocfygeftettte SRänner jum Opfer gefallen.
86 2Botyl biefelbe Slffaire f)at ViWof So^anne« bon gp^efu« (f. %. 9iau, l'histoire ecelS-
siastique de Jean d'Asie, in Rev. de TOrient Chr^tien 2, 1897, 481 f.) im äuge,
toenn er bon ben in Äonftantinopel Verfolgten Reiben berietet, ©rammatilern, ©op^iften,
©d^olaftifern unb 3tnten, bie man gefoltert unb eingefperrt fyabt, um fte bann ber Äm$«
jur ^nftrultion $u übergeben. @r gebentt be^ ©elbftmorbeä be^ (auc^ von Dialala^ unb
40 Hjeopfyaneä genannten) ^atrijier« $I?ofa$, ben ber „geregte" 3wftt«ian toie einen 6fel
tyabt öerfd^arren laffen. ©id& felbft be^eic^net er mit ©enugtfyuung atö ben Urheber biefer Vor*
gänge, ben §eibentoorftefyer unb ©öfcenftürmer (ögl. ^o^. Gtyl). Äird&engefcty., überf. t>. ©c^ön^
felber 2, 4). 3Rit ber gleiten natoen ^eube toeife er fobann (p. 482) ju berichten, bai
tym bie Vefe^rung öon 70000 Reiben in Äleinaften (2lfien, Äarien, Stybien, ^J^t^gien)
46 ju banlen fei: ber faiferlicfye ^töfu^ trug bie Soften unb ftellte bie laufgetoäiäer;
55 Äircfyen lourben ben 9teubef ehrten erbaut, 41 errichteten fie ftc^ felber. ©olc^e 9)taffen*
Belehrungen, toie immer e^ ftc^ mit ben 3a^en ^er^alten mag, laffen auf nic$t geringe
Verbreitung ^eHenifd&cn §eibentum^ unb auf rücffictytSlofe UnterbrüdEung fd^liefeen, toenn
auc^ biefe begreiflic^ertoeife nic^t völlig gelang (bgl. ben 5J5roje6 unter Xiberiud II. in
60 Serien 579 bei Evagr. h. e. 5, 18 unb ^oty. @pt>. ü© 3, 27—34 u. ä.). 3)emfelben
.ßiele biente auc^ bie Verfügung, burefy loel^e ber Äaifer im 3- 529 (Mal. p. 451, 16 ff.)
ben p ^ilofof l^ifc^en unb juriftifc^en Unterricht an ber Untoerfität ^u Sitten aufhob unb
biefer ©tätte beä §eHeniömu^ ein 6nbc bereitete (f. #. gum^t, Über ben Sefianb bet
)3^ilofo^ifc^en ©c^ulen in ätfyen u. f. n>. in ben 21V21 1842, 27—119; bafe glei^jettifl
6ö ba^ ©tiftung^ermögen ber platonifc^en ©d^ule eingebogen h>urbe, ift jtoar fe^r toa^rs
fcbcinlic^, fann aber au3 Proc. Hist. Are. 26 p. 74 unb 3°"awg Ann. 14, 6 ed.
Bonn. 3, 152 nid&t mit ©id^er^eit gefcfyloffcn toerben). Seiber fehlen über biefe« in ber
©efcfyicbte ber ^Sfyilof o^^ie fo berühmt aetoorbene (Sreignte nähere Slngaben ; nur Slgat^ia»
(Hist. 2, 30. 31 ed. Bonn. p. 131 ff.) berietet, bafe einige Se^rer nad^ Werften au*
60 toanberten, bort bei Gf;o3roe3 (ß^rau) aufnähme fanben, aber üon ^eimtoe^ ergriffen
3itfKm<tit I. 653
nacfy bem griebenäfcfylufe ^tüifd^en Dftrom unb Werften 533 (11. 3>nbiftion; ©ommer nacfy
Zach. Rhet. 9, 7 ed. 2tyren&£rüger ©. 176, 11. 27), bet tynen ©ic&erfyeit gegen
@Iauben^h>ang gemährte, jurücffefyrten.
Unb ni$t nur ber Unterbrücfung be$ §eibentum£ innerhalb ber ©renken be3 eigenen
Keines, auefc ber cbriftlicfyen Sßropaganba an biefen ©remen unb bei barbarifefcen 5
Sölferfd^aften fyat ftcfy ber Äaifer mit (Srfolg getoibmet. ©0 nahmen bie Rentier, benen
bereite SlnaftaftuS 2öofynfi$e füblicfy be$ gftcr angetoiefen fyatte, unter ^uftinian ba$ (^riften*
tum an (Proc. Bell. Goth. 2, 14 p. 203 sq. ; banaety Evagr. H. E. 4, 20). (Sin ©leicfceS
totrb Don ben fyunnifd&en Slntoofynern beä lanate (Proc. 4, 4 p. 474 ; Evagr. 4, 23 ; t>gl. au$
Mal. p. 432) unb bon einigen ftaufafuStoölfern, ben Slbalgern (Proc. 1. c. 14, 3 p. 472 ; 10
Evagr. 4, 22) unb ben 2#men (©annen, Proc. Bell. Per s. 1, 15 p. 77 sq.) berietet ; ob ber
(Srfolg anbauerte, mufe freiließ atoeifelfyaft bleiben. 2)em Slmmonfult, ber in 2lugila, bem auf
einer Dafe im inneren ber libtjfcfyen SSSüfte gelegenen ©täbtd&en, noefc ein fcerftecfteä 3)afein
führte, tourbe ein Gnbe gemacht unb ba$ Heiligtum be£ ©otteS burdfc einen lemtoel ber
©ottesgebärerin erfefct (Proc. Aedif. 6, 2 p. 333 f.); gleidjeä ©cfcuffal toiberfufyr ben ib
SReften be$ 3föfulie3, ber auf ber ^«fel Sßfyilae am erften SRißataraft unter bem ©d^ufce
ber Slemmtyer no$ in 33Iüte ftanb : 9?arfe3 eroberte ben lempel unb Riefte bie ©ötter*
bilber naefy Äonftantinopel (Proc. B. P. 1, 19 p. 104; ogl. Setronne, Observations
sur Töpoque oü le paganisme a 6t6 döfinitivement aboli ä Philes dans la haute
figypte etc. in Oeuvres Choisies 1, Par. 1881, 55ff. ; au$ ben fyier citierten Sin* 20
fünften ergiebt ftcb, bafe bamalS ober balb nacbfyer ber Sftötempel in eine Äircfye t>er*
toanbelt unb ein 2lbt S^eobor aU Sifctyof eingefefct tourbe, f. ©$ul$e 2, 229 f.). Unter
ben SRabatäern begann ein alesanbrinifcfyer ^JreSbtyter auä bem^leruS beä monopfytyfitifcfyen
Patriarchen 3tyeobofiu$ I., Julian (*>flL DchrB 3, 482), bie ÜKiffion, bie na<$ #m ber
Siföof SonginuS Weiterführte ($oty. (S^. ft@ 4, 5 ff.). 'Der c$riftli$e Äönig ber sÜtyioj>en 26
beftegte ben jübifcfyen Äönig ber §omeriten im Sanbc fernen, unb ^uftinian forgte für
bie Sefeftigung be$ SljriftentumS in jener ©cgenb burefy (Sntfenbung etneS äg$>tifd&en
ÄleriferS (Proc. B. P. 1, 20 pag. 104 sq.; Mal. p. 433 sq.).
®en 3 üben gegenüber l)at fiety ^uftinian fcon Slnfang an unfreunblicfy gefteHt. 3n
einem noefy in @cmeinf$aft mit Suftin 527 erlaffenen gbifte ftellt er fte mit ben §ellenen 30
unb ©amaritanent in bie gleite Steige unb orbnet eine SBerfcfyärfung ber bisher giltigen ge*
fcfcltcfcen Seftimmungen an; $ugleid& toerben fie in ben bürgerlichen Siebten befcfyränft
unb mit ©elbftrafen bebro^t (1. 12 § 4. 9. 13 C. de Haer. et Manich. 1, 5). ^rofop
erjetylt (Hist. Are. 28 p. 156), bafc ber ßaifer Verfügte, bie geier be$ jübifcfyen *Paffabä
fei ftetö naefc ber cfyriftlicfyen Dfterfeier abgalten; 3uto^cr^an^>e^e — fie ^ren be=85
greifltc^ertoeife fcfyr ga^lreic^ — Würben mit fcfytoerer ©elbbufee belegt. 3)ie ^wben in
ftarium, einem unfern ber großen ©^rte gelegenen Orte, mußten jur ©träfe für i^ren
bem Selifar bei feinem Sanbalenjuge geleifteten SBiberftanb jum 6^riftentum übertreten;
au$ bem für ^oc^eilig gehaltenen, angeblich Don ©alomo erbauten Stempel tourbe eine
Ätrcfce gemalt (Proc. Hist. Are. 6, 2 p. 334). Hon befonberem ^ntereffc «P enblic^ 40
bie ÄabinetSorbre, burc^ bie ber Maijer im 3al>re 553 in bie inneren 93erfyältniffe ber
Synagoge auf c^arafterifttfe^c 2öeife eingriff (N. 146 [162J 2, 346—349, batiert bom
8. Jebruar; beutfeb bei ftnecfyt 42—45). 2luf eine an tyn ergangene Slppetlation über
einen in ber ftubengemeinbe, too^l oon Äonftantinopel, entftanbenen ©treit entfe^ieb ^uftis
nian, bafe tünftig bei gottcebienftlic^cn Horlcfungen au« ber ©cfyrift nid^t an ber ^ebräifc^en 45
Spraye feftgebalten toerben, fonbern ber ©ebrauc^ ber griecfytfd?en ober auc^ jeber anberen
©j>rac$e, toelc^e nad^ bem jetoeiligen Orte angemeffener unb ben 3w^örern fcerftänblicber
fei, geftattet fein follc. $5tefe ©ntfe^eibung, bie im©inne einer liberalen SWinorität gegeben
tourbe, ift toeniger an fiefy al^ tocgen ber 9)totimerung Oon Sebeutung, in ber bie ^uben
barauf Dertoiefen toerben, bafe fie, toenn fie am nadten, b. I}. ^ebräifc^en, Suc^ftaben Rängen w
bleiben, bie SBeiefagungen nidjt berücffid()tigen fönnen, bie in ber ©cfyrift enthalten fmb
unb in benen ber grofje ©Ott unb ßrlöfcr be« aKenfc^engefd^lec^te^, %c\u$ Gfyriftuä, an^
gefünbigt ift. Sluö biefem ©runbe totrb aueb ber ©ebraudj ber ©eptuaginta befonberd
eml>fo^len, bie „fogenannte 2)euterofi^" (f. Hnec^t 46 unb bie bort genannte Sitteratur)
aber »erboten, toeil fie nicfyt in ber Schrift enthalten, fonbern eine ßrfinbung toon SKenfc^en 66
W. 5Diefe unb anbere Verfügungen toerben bei ©träfe förperli^er 3ü4^9un9f fobann
Sabannung unb Sermögeneoerluft etngefcfyärft.
3n bem ©bitte Oon 527 (f. oben) toar auefy ber ©amaritaner gebaut toorben.
Sie £aben bem .Haifer bt^ jule^t $u fc^affen gemalt, ^m ^^ling be$ ^a^re« 529
benu^ten fie bie pcrftfcfyen 9Serlegenl;citen ju einer Meoolte, ber bie Triften toon SReapoliä, 60
654 3ufitnun I.
famt tyrem Sifcfyof, gum Opfer fielen (bgl. Cyrill. Scythop. Vit. Sab. cp. 70 sqq. ed.
ßoteleriu« Eccl. Graec. Monum. 3, 339 ff. ; Theod. Lect. in Anecd. Graec. ed. gramer
2, 110; Mal. p. 445 ff. [banoefc Theoph. p. 178J; Zach. Rhet. 9, 8 ed. 3tyrcn«4trüger
6. 176 ff.; Proc. Hist. Are. 11 p. 75; Nie. Call. I7r 24). $er äufftanb tourbe mit
5 größter (Strenge, boefy erft nad) gtoei Sauren (531), unterbrach. Sie Seftimmungen hn
Äobej (1- 18 unb 19 G. de haeret. 1,5), burefy toelcfye ba«6rbrec$t ber ©. etngefctyränft
unb ifynen ba« Aeugniärety fcor ©eridjt genommen toirb. fielen bamit in 3ufammen=
bang, ©trenge Verfügungen trifft toeiter ba« (Sbilt fcom 18. «uguft 537 (N. 45 [62]
1, 396—399). Slfö foäter ber Siföof ©ergiu« bon (Safarea ftc^ für bie ©. beim ftaifer
10 bertoenbete, hmrben bie 3ügel ettoa« locfer gelaffen (N. 129 L159] 2, 337—341 Dom
15. 3uni 551). änfcfyeinenb fytitt toäbrenb ber gtoei Safyrge^nte ba« Gfyriftentum gort*
föritte gemacht, toa« freiließ nicfyt au«fcgloJ3, bafc eine nochmalige ©mpörung ber ©amori?
taner mit erneuter ßfynftentyefce ben Äaifer noefc einmal gu fcfyärfften 3Raftregeln gtoang.
aber noefc unter ^uftin II. fyatte ©tymeon ©tyltte«, ber jüngere, über Übergriffe ber ©a*
15 maritaner Älage gu führen (ögl. Sym. Styl. Jun. Epist. ad Justinum Jun. in MSG
86, 2, 3216—20). 3U 93orftetyenbem bgl. ben 21. ©amaritaner unb bie bort angegebene
Sitteratur.
(Snblicfy ift no$ ein SBort über ba« SSerfafyren gegen bie 3Rani$äer gu fagen, bie
übrigen« ^uftinian, unb bei ber eigentümlichen ©eftaltung biefer 3leIigion«gefettfc$aft niefct
20 ofyne ©runb, gu ben d&riftlic&en ©eften regnete (togl. 1. 12 § 2 C. de haeret. et Ma-
nich. 1, 5: aigetixobg de xakov/iev xal rovg äXkovg, <bg rovg ye xaragatovg
Mavixaiovg xal rovg rovroig jiagajTkrjaiovg). 2)ic SBeftimmungen be« ftobeg (11. 12.
15 unb 16 1. c.) fmb bon ber größten §örte : ^anbe«bertoeifung, änbro^ung ber lob*
ftrafe für jeben s3)ianicfyäer, too immer er getroffen toirb, Sefefyl an bie Beworben, bie
25 ©eftierer aufgufucfyen unb bei fdjtoerer ©träfe gur ängeige gu bringen, Sodomie« Don
®t>&efu« (9tou [f.o. 652,33] 481) ergäbt, bafe gu Honftantinopel fciele 9Wani$äer, ÜRanner unb
grauen, barunter äblige unb ©enatoren, naefy ftrengem SSerfyör bor JJuftinian auf tyr eigene«
Verlangen fyin teil« toerbrannt, teil« erfäuft Sorben feien : „mit teuflifc&er 3ä$igfcit rebeten
fte furcfctlo« bor bem Äaifer unb entarten ftc^ bereit, für bie Sefyre be« 3Rane« ben
ao ©Weiterlaufen gu befteigen unb alle ©trafen unb Dualen gu erleiben". 3)er 3Rani$ä&
mu« al« folc^er fcfyeint feit ^uftinian jebe Sebeutung berloren gu tydxn; aber unter
mannigfachen formen toerfappt tyielt er, toie befannt, boefc (Singug in ba« ^Mittelalter.
3. Der 3)e«l>oti«mu«, ber bie allgemeine SReligionfyoliti! be« ftaifer« au«geic$net, ift
and) ba« cfyarafteriftif <$e Äenngeicfyen feine« Äircfyenregimente«. Die Regierung 3ufii*
35 nian« bebeutet ben (5äfaropapi«mu« in feiner au«gebilbetften grorm. 2Ba« feine SBorgänßer
angeftrebt Ratten, toa« fd&on in ben SBorten be« Äonftantiu« : omg iyoj ßovkouat, tovto
xaveov (togl. Äthan. Hist. Arian. cp. 33 MSG 26, 732) gu beutltd&em 3lu«brucr getommen
toar, erje^eint unter i^m tooDenbet. (Sr normiert alle«, ben ©lauben unb ba« Ste^t.
©leiW gu 2lnfang feiner Regierung ^at er e« „für angemeffen erachtet, feinen ©lauten
40 an Xrinität unb ^Jtenfc^toerbung burc^ ©efe^ befannt gu geben unb allen Äefcern bie ge-
bü^renben ©trafen angubro^en" (l. 5 C. de summa trinit. I, 1 ; ögl. 11. 6 unb 7).
3n ber Conf. rect. fid. (MSG 86, 1,993 f.u.) fpric^t er e« au«, bafe er allen ©törem
ber SRecfytgläubigfeit (oxavdakl£ovoi rijv rrjg ÄQfrfjg moxewg öfioXoyiav) bie ©elegen-
fyeit gu folgern Slrgernt« burc^ ©efefc (pia rou nagovrog ridlxrov) gu nehmen gebaxfc.
46 2Ba« er im ^ntereffe „be« gemeinen ^rieben« ber ^eiligen Kirchen" befugt, bient ja au^
bem ©taat«intereffe : ovneg (seil, rov teQnnxov) iv dQijvfl wvhnxofiivov xal to
Xouxöv rjjuiv evOvvrfOEi TroXiTev/bia (N. 42 [56] 1, 373). @r pat öerorbnet, bafe tä
nicäno4onftantino))o(itantfc^e ©^mbol tünftig al« ba« ©^mbol ber ftir$e \u gelten ty&t
(1. 7 § 13 C. de s. tr. 1, 1). (Sr fyat ben .ttanone« ber toter öhtmemfoen 5longUien
so ©efe^e«fraft gegeben (N. 131 L151J 2,267) unb fogar Derfügt, bafe ©Itern folc^e Äinber,
bie fic$ bartnäefig toeigern, ben ©lauben ber genannten Äongilien gu betennen, enterben bürfen
(N. 115L136J § 14. 2, 189). 3)er ßärefte toerfattenen grauen toerben bie burc^ ©eMf
getoäbrleiftcten Sterte begüglid^ i^rer TOitgift entgegen (N. 109 [153] 2, 153—156). $i<
Sifcböfe auf ber fonftantmopolitanifcfyen ©^nobe bon 536 erfannten an, ba| nic^t« in ber
66 ftirc^e gegen 2Biüen unb S3efe^l be« Ratfer« gefdjefyen bürfe (Mansi 8, 970 B), unb toie
berum ber Äaifer bollgog in befonberem, unter bie 5?oöeHen aufgenommenen ©efe^e Qi. 42
[56] 1, 367—74) bie 2lc^t über ben üon ber ©tynobe gebannten Patriarchen Sbit^imu^
unb feine @efmnung«genof[en. 2)en 3orn be« Styrannen ^aben ungegarte Sifc^öfe toüren
muffen, aber er bat auefy feine ©elegenfyeit Vorübergehen laffen, bie 9ie$te Don Äeru^
90 unb ftir$e gu ftänen, ba« 3Jlönc^tum gu f$ü$en unb au«gubreiten. Xrfite m$t ber b^
duftttttatt I. 655
footiföe (S&arafter feiner SRafenatymen ju bcutlicfy &u Sage, fo fönnte man berfucfyt fem,
tyn einen 33ater ber Äircfye ju nennen, ©eine Verfügungen finb fefyr mannigfaltia, unb
bie firc^lic^e ©efefcgebung be« Äaifer« toürbe e$ toofyl berbienen, einmal fo emgefyenb ana«
I^ftert }u toerben, toie e« mit feiner SleligionSpolitif unb feiner Stellung &ur Ideologie
toieber^olt geföefyen tft. ©elbft einen ttberblicf über ba« SRaterial biefer ©efefcgebung 6
bermiftt man in ben Starftellungen (boefy f. SBrtyce in DchrB 556 ff., bem icfy in 3laty
fte^enbem mebrfacfy folge). 35ie litel, unter benen im Äobej bie auf bie rechtlichen Ver*
^altniffe ber Strien bezüglichen Serfügungen beä .Kaifer« ftefyen unb benen fiefy bie ßrlaffe
in ben SRobeHen anreihen Iaffen — bei ber 3)efynbarf eit ber litel allerbing« nur mit Sleferbe
— ftnb bie folgenben: 1. C. 1, 2: De sacrosanetis ecclesiis et de rebus et privi- 10
legiis earum. Von ben fyier aufgenommenen ©efefcen ftnb 8 (7) t>on guftinian (11. 19
btä 26 [25]). Sie be^ie^en ftcfy auf ©d&enfungen, Stiftungen unb auf bie Verwaltung
fird&Iicfcen ©igentum« überhaupt. 3U ^ncn gefeöcn fiefy folgenbe SRobeHen: N. 7 [15] 1,
75—93; 9 [171 1, 126—28; 46 [63] 399—402; 55 [72] 433—35; 56 [74] 438 f.;
65 L85] 481—83; 120 [148] 2, 245—59. 2. C. 1,3: De episcopis et clericis et 15
orphanotrophis et brephotrophis et xenodochis et asceteriis et monachis et
privilegio eorum et castrensi peculio et de redimendis captivis et de nuptiis
clericorum vetitis seu permissis. Von 3- ftammen 15 @rlaffe (11. 41 [42]— 55 [57]),
bie bie SBafyl unb bie ©igenfcfyaften bon Vifäöfen unb *ßrieftern, bie SBa^l bon Äbten, ba«
ftöfterficfye geben, bie Verwaltung beä fird^It^en Vermögen« burdfc Vifcfyof unb Öfonom, ao
bie 5Reftben$flid&t be« ftleru«, bie regelmäßige SIbfyaltung be« ®otte«bienfte«, enblicfy auefy
Stiftungen betreffen. §iertyer gehören etwa: N. 6 [12 1 1, 44—58; 5 [13] 59—67; 16
136] 219— 21; 57 [73] 436-38; 76 [95] 526— 28; 133 [100] 2,18—29; 123 Li 55]
294 — 326 (jieqi ixxXrjataonxöjv öiacpdgwv xeq?akaicov)'t 131 [151] 266 — 76 (negi
twv ixxkrjoiaarixcov xavövajv xal Jigorofiicov tcov efe rag äyicordrag ixxkijalag 26
dgwvrcov); 137 [174] 406—14. 3. C. 1,4: De episcopali audientia et de diver-
sis capitulis quae ad ius curamque et reverentiam pontificalem pertinent.
15 ©efefce bon fr (11. 20—34). 3)agu folgenbe Lobelien : N.58 L75] 1, 439— 41 (35er*
bot be« ©otte«bienfte« in *ßribatl>äu|ern), 67 [87 1 488—91 (Verbot ber (Srbauung eine«
»etyaufe« otyne Erlaubnis be« Viföof«); 79 [981 2, 8—11 (Unterteilung ber Witacfceso
unter ba« bifc^öflid^e ©erietyt); 81 [101] 29—32 (@jemption be«8iföof3 bon ber patria
potestas); 83 [104] 46—48 (bifööfltdjeS ©eriefy); 86 [103| 42-46 ((Sinföränfung
ber bürgerlichen ju ©unften ber btfcfyöflicfyen ©erid&t«barfeit). 3)ie übrigen, jufy mit fird^-
lu$en 3ted&t«fragen beföäftigenben litel (1, 6—10. 12. 13) enthalten feine ©efefceSufti*
nian«. dagegen tommen, freiließ nur für bie lofale ©efefcgebung, nod& folgenbe Lobelien 35
m »etrac^t: N. 3 [14] 1, 67—74 (3a^l ber Älerifer an ber ©o^ientirc&e); 11 [19]
130—133 Oßribilegien be« erjbifd^öflic^en ©tufcle« bon Justiniana prima f. 0. ©.88);
37 [34] 207—211 (deAfricana ecclesia; auf biefe begießen fiefy audj bie bon3^ariä
afe 3lr. 132 unb 140 aufgenommenen, nid^t unter ben N. befinblictyen ßrlaffe); 40 [51]
349—53 (bie 2Iuferftefyung«fir$e in ^erujalem betreffenb). 40
4. 35er Ä treten politif ber oftrömifcfyen Maifer toaren feit bersJJfttte be« ö.^a^rb.
toac^fenb falbere Säufgaben geftellt. Tie ©laubcn^formcl bet S^nobe bon ßtyalcebon (451),
ber flaifer SDtarcian feine ^uftimmung gab, ^atte alö©runblagc ber Vermittlung jtoif^en
ben Parteien bienen follen. 3n 2Birtlic^feit füllten fic^ bie SKabifalen unb ^olgerid^tigen
bon re$t3 unb lint^ babon abgeflogen, unb bie formet fyat rnc^r al$ alle« anbere ba^u 46
beigetragen, ^um minbeften im Often be$ Steige« ben ©lauben^ftreit mit befonberer $eftigs
feit 5U entfadj^en. ®ie bogmatifc^e 2lbl?anblung bc« ^Japfte« &o I., au« ber ba« ©tymbol
berau«geh>ac^fen h>ar, galt toeiten Greifen al« ein teuflifc^e« 3)ofument, ber Sßapft felbft
unb mit ifyn bie römifd^e Äird^e al« ge^eid^net. 2ln einer bop^elten Aufgabe Ratten fxd)
nunmehr bie fiaifer abzumühen: einmal bie (Sin^eit ^pifc^en Dften unb SBeften, gtbifd^en 50
Strang unb 9lom ^u toafyxcn, loa« nur möglich toax, toenn man bon ber burefy S^alcebon
borgejeic^neten Sinie nid^t abrieb, fobann bie ebm toegen (S^alcebon aufgebrachten unb
unjuftiebenen Parteien im Dften ju jügeln, ^u beliebigen, n>omöglic^ mit ber Vergangen*
^eit audjufö^nen. $)icje Aufgabe mar um fo fcfytoieriger, al« bie biffentierenben ©ru^en
im Dften ber bort für ßfyalccbon etntretenben Partei nic^t nur numerifö, fonbem auä) 66
an geiftiger ^otenj überlegen maren, unb in ber Ifyat ^at ber ©ang ber ©reigniff e ge*
jeigt, ba| jene beiben $kk unbercinbar toaren : toer 9lom unb ben Dccibent tyaben tooute,
mufete auf ben Crient beraten unb umgefe^rt. 3mo (474—491; bgl. ÜB. 33art$,
«aifer 3., Safel 1894) unb 3lnaftafiu« I. (491—518; bgl. ©. sXSRofe, bie b^antinifd^e
Ärrc&enpolitit be« Maifer« 31.1., 2öofylau 1888) toaren in erfter Sinie für bie §erfteüung cm
666 3ttfK«tts I.
beS ßmberftänbniffeS &toif$en ben Parteien im Cften intereffiert. ^jencr gab im §eiu>:
tifon bon 482 (bgl. bterju unb $um golgenben ben 31. 3Kono^tyjtten) bie ßtn^ett mit
9tom preis, unb baS erfte, 35 Sa^re bauernbe ©ctyiSma ahrifcfcen 9lom unb 2hföan$ toar
bie golgc. 216er audj bie ertrem gerichteten SDtonopfybftten (Slfap^aler) toerfagten feinet
5 Untonepolitif. JlnaftafiuS fuetyte toäfyrenb beS größeren Teiles fetner Regierung biefeffie
*ßolitif in ber 2Beife $u befolgen, bafe er fid) auf bie gemäßigten Parteien ftüfcte, b. b.
auf biejenigen Geologen unb ifyre änfyanger, benen tfvax „bie©tynobe", toie fie als ber
eigentliche 3antapfel allgemein genannt tourbe, ein Stein beS SlnftofceS fror, bie aber „im
Sinne beS §enotifonS über bie alles fpaltenbe ^rage ber einen ober ber $toei Staturen
io eine fe^r r>erftänblic&e 3uri«tyafoing beobachteten (f. £. (Selber, ^ofua ©toliteS unb bie
bamaligen fm^lic^en Parteien beS DftenS, in ber ©r/jant 3«tför. 1, 1892, 34—49).
ßrft gegen Gnbe feiner Regierung toanbte 2t. ft$ mit 6ntf$ieben&eit ber ausgebrochen
monoj>fyr;fitifcr)en $artei $u (f. b. 21. ©eberuS). StnbererfeitS begann fd^on er toieber Se*
jungen jum römifd&en ©tutyle anjuhutyfen, bie an ber unberfö$nlic$en Haltung beS
16 Zapfte« föeiterten (f. b. 31. £ormiSbaS 9b VIII ©. 357, n). 3uftimanS erfte fir$em
politifcfce äftion, gleich nad) bem Regierungsantritt feines DfyeimS (f. o. ©. 651, i ff.) toar bie
Seilegung beS ©d)iSmaS (ögl. bielöriefe an^ormiSbaS bom 7. September 518, 22.9)ml
519, 9. 3uli unb 31.2lug. 520 bei 2tyel, Epp. Rom. Pontif., Brunsb. 1868, 9fr. 44
p. 833, 68 p. 864, 120 p. 920, 127 p.939) freiließ unter »ebmgungen, bie einen leü
20 ber Orientalen ftar! berfcfynupften. Die Stnerfennung beS römiföen ©tubleS als ber Ifity
ften firctylicfyen Autorität (bgl.befonberS N. 131 [151] 2, 267: &eajiiCofiev . . . ror
ayicorarov Tfjg ngsoßviegag 'Pojurjg naziav jiqcotov dvai Jidvrcov twv iegewr) ift
burdfc feine gange Regierung ber ©elftem feiner occibentaIifd)en *ßolitit geblieben, toaS felbft*
berftänblicfc nicr)t auSfcr)lofe, bafc er ben einzelnen ^apft, eS mochte nun ©UöeriuS ober
26 93igiliuS fein, bie befpotifcfye 33oHgctoaIt feines faiferlictyen SBiUenS füllen liefe. Die oriem
talifcfyen Streitigkeiten fyabm ^uftinian lebenslang in altem gehalten, unb er Ijat tynen
unb ben fer/toeren Problemen, bie fie feiner ^ßolitif fteHten, offenbar ein toeit größeres
perfönlicfyeS ^ntereffe gugetoenbet als ben äußeren Angelegenheiten beS JtetcfycS, aud) ben
friegerifefcen SJertoicfelungen. Dafe er ftd^ perfönlicty um bie (Srfaffung ber t&eologifcfcen
so Streitfragen bemühte, toirb noefy gur ©J>racr)e lommen ; boefy ^at aud) in biefen Dingen
bie ^olitif baS ^paupttoort gcft>rod)en. Unb man !ann niefct berfennen, bafe biefe ^Jolitif
grofee 3ü0e $a* un^ ^afe fte bw teligiöfen Snftinften ber orientalifc^en grommen mit
großem SSerftänbuiS entgegen^ufommen bemüht mar. DaS geigte gleict; anfangs beätfaifer*
©altung im fog. t^eofafd^itifc^en ©treit (f. b. a. 2:^eo}>afc9iten unb Änet&t, 71—91).
86 Die fcfyon unter 2lnaftaftuS burd^ bie 2lntyänger beS ©a^eS „(Sott ift gefreujigt" ^erbor--
gerufenen Unruhen loaren ir)m natürlich gutoiber. Slud^ jeigt ber erfte «rief, ben er na^
bem auftreten ber ffytfyifcfyen 2Rönc$e an ,§ormi$baS richtete (ep. 78 bom 29. ^uni 510,
Ir)iel p. 875) unb in bem er ben $aj>ft erführe, biefen Seuten mit ben „tt>a^ntt>i$igen
SReben" bie Sebiten ju lefen, toie ungünftig er über bie Setoegung urteilte. 9lo<& im
4oDftober beS ^a^reS (ep. 99 bom 15. Dftober, Styel p. 897) äußerte er bem^fi feine
Meinung, bafe eS fi<$ um einen bloßen SBortftreit tyanbele. 9lber allmär)lid& gen>ann er
ein SSerftänbniS bafür, nic^t nur, bafj bie gormel fic^ mit ber Secr)tgläubigleit fdj^r too^l
bertrage, fonbern bafe gerabe fie fe^r geeignet fei, als Seru^igungSmittel gegenüber ben
monopfyr/fitifcfycn Parteien ^u bienen. ällS folc^eS lourbe fie 533 (toofyl nic^t 531 f.Ärüger
46 &u Zach. Rhet. 9, 15 p. 189, 30) bei ber 3ierfyanblung mit ben ©eberianern (Mansi
8, 817) bertoenbet, freili^ o^nc (Srfolg. äöelc^en SBert berÄaifer felbft jefct auf ftc legte,
beloeift bie Ifyatfactye, ba| er fie in feinem bem Äobej einberleibten ©laubendebifte bom
15. maxi 533 (1. 6 C. de s. tr. 1, 1 ; aud& MSL 66, 14-17 unb Mansi 8, 795
bis 797) auftimmenb berücfficfytigte ; unb ebenfo tommt bie ©enugt^uung borüber, ba^ bei
60 römifcfye ©tu^l bie ^Hcc^tgläubtgfett beS fatferltd?en SefenntniffeS anerfannte, barin jum
3luSbrucfe, ba^ er bem betreffenben ©riefe beS ^iaffteS ^o^anncS II. bom 25. ÜRäij 534
gleichfalls eine ©teile im ©efe^buc^ einräumte (1. 8 ibid.; MSL 66, 17—20; Mansi 8,
797—99). 2BaS er in biefem ©treit gelernt tyaüt, tarn feiner ganzen ^ioliti! ^u ®utt
^nSbefonberc in feinem Stallten gegenüber ben 5DJono^^fiten — bie 92eftorianer lamen,
66 tro^bem 3- *n ©^fc^en unb 3lnatl)ematiSmen ir/rer gelegentlich gebenft, taum ernfi^aft für
ifyn in Sctrac^t — geigen fic^ bie grüßte. @r ^atte gleich na^ SuftinS I^ronbefieigung
im ©egenfc&lag gegen SlnaftafiuS' Ie^te sJKaferegeIn (f. oben) ben fötoeren geiler gemaefy,
bie monop^fitif^en Sifc^öfe unb Stände in Mleinafien unb im eigentlichen Orient ^wrte«
fter Verfolgung ju unterwerfen (bgl. bie anfc^aulic^en Senate im fog. Zach. Rhet. 8, 4, 5
90 ed. 9l^renS=Ärüger 156 ff. mit ben sJ2oten). Xiefge^enbe Verbitterung fear bie $o(ge $o
3isfttm<ut I. 657
toefen, um fo bebenfli#er, als Vie SBevölferung burcfytoeg auf ©eite ber ©emaßregelten
ftanb. SSottenbS in $g$>ten, baS übrigens von jener Verfolgung nid^t berührt toorben
toar, Ratten bie „Slfepfyaler" unbeftritten bie Dberfyanb. SSon feiner SerfolgungSVoliti!
ift nun ber Staifer balb jurücf gel ommen ; nur in 2lg$)ten fat er (537) noefy einmal rütf*
fufctSloS burd&gegriffen unb unter namenlofen ©etoalttfyaten ber ©taatSfirctye ju einer 6
freiließ nur äußerlichen 2tnerfennung vertyolfen (©eher 938). Vor allem lernte er ju
unterfd&etben. ©ein Hauptanliegen blieb, bie -Dtonopfoftten, fotoeit fte überhaupt vernünf*
tigen ©rtpägungen gugänglidj toaren, $u getoinnen, otme ßfyalcebon unb fein Symbol preis*
jugeben. 3Jtanc$em am£ofe, jumal ber Äaiferin, ging er nid&t toeit genug: einmal, 536,
fa$ fi<$ I^eobora faft am 3fete ty*** 2Bünf#e, fte burfte auf 93ertoerfung beS S^alce* io
bonenfe hoffen. 216er bie unabfefybaren SSertoicf elungen mit bem 2lbenVlanb, bie ein folcfyeS
rabifaleS 3)urcfyfc$neiben ber SBanbe mit ftd& geführt fyaben toürbe, gelten Suftinian gurücf :
Änt^imu^ unterlag, Slgapet behielt ben Sieg (vgl. baS 9?äfyerc im 2. 3)tonop^ftten).
28ie fötoer eS bennoefy fyielt, folgen SBertoicfclungen aus bem 2Bege ja gelten, M 3- im
fog. ©reifapitelftreit (Vgl. b. 31. SbV©.21ff.) erfahren muffen. 3Kan toirb bie SBerur* 15
teUung ber brei Äapitel an unb für ftd> mit ©efyer a. a. D. als eine außerorbentlicty
fem erfonnene fird^enpolitifd^e 9Raßregel bejeid&nen bürfen: benn inbem fte bie ftormel ber
Sfynobe nicfyt antaftete, tourbe fte bo$ ber frommen (Stimmung aller berer geregt, für bie
bie Geologie 2^eoborS von SDtopfueftia, 3#eoboretS von StyruS unb anberer antiot^em*
fc&er ftortyp^äen noefy immer ber jft&egriff ötter SlaSp^emie toar. @S ift auety ^olitifc^ ao
Von großer SBebeutung getoefen, baß ber Äaifer, bem State Huger Ideologen fieser nietyt
o&ne eigene Überlegung folgenb, bem Symbol ber ©tynobe unter 3u^i(fena$me cVriQifc^er
Ideologie (f. u.) eine Ausbeutung gab, bie eS jum minbeften einem Steil ber monoplfos
füifc^en Geologen annehmbar erfd&einen laffen tonnte, aber eS ging guftinian toie eS
3<no mit bem $enotifon gegangen toar. 3)aS 2lbenblanb Gitterte in feinen gegen baS26
»nbenfen ber Stntiocfyener gerichteten Verfügungen ju beutltd^ ben anticfyalcebonenfifctyen ©eift,
unb bie 9Ronop^ftten ließen ftd& nicfyt getoinnen. 35ie große ©tynobe, bie vom 5. 9Kai
US 2. 3uni 553 ju Äonftantinopel tagte, bie fünfte öfumenifdje, in beren 93efd&lüffen
^uftinian bie Krönung feines fircfyenvolitifc&en SebenStoerfeS erblicfen mochte, braute bo<$
nur einen SlugenblicfSerf olg : Sßapft VigiliuS bebeutete nicfyt baS 2lbenblanb, unb bie unters ao
toürftgen 3urufe ^ ©^nobalen änberte nichts an ber ©timmung toeitefter Äreife im
Orient, aber baS ^ätte toafyrfcfyeinlicfy fe^e ^Jolitif öermoc^t, ftd^er audb nic^t ein öers
ftärfteS Sntgegentommen, tote es ber Äaifer in ben legten S^en feiner Regierung gezeigt
^at. 6S fragt ftd^ aber überhaupt, ob nid^t in biefer 3e^ ber })olitifc^e 3nftintt hinter
ben t^eologifc^en ^ntereffen unb Siebfyabereien fo toeit ^urücfgetreten ift, baß beS ÄaiferS ss
le^te üWaßna^men unter anberem ©efic^tS^unit ju beurteilen ftnb als feine früheren.
SebenfattS ftnb fte nid^t toerftänblid^, ofyne baß man einen ©nblicf in feine tfyeologtfcfyen
®ebantengönge getoonnen F?at. Unb babon ift jum ©c^luffe no$ ein SSort ju jagen.
5. ätögefe^en öon ©riefen an bie ^ctyfte §ormiSbaS, 3°^anne^ nv Slgapet I. unb
BigiliuS unb einigen anberen Schreiben (f. Hnec^t 13 ff.) ge^en unter QuftinianS Slamen 40
folgenbe ©driften t^eologif d^en ^nfyalteS (äluf^ä^lung nad) ber in MSG eingehaltenen
Setfyenf olge) : 1. Xoyog . . xaxä 'ÜQiyevovs xov dvooeßovg xai twv dvoalcov avxov
doy/idtcov (MSG 86, 1, 945—989; MSL 69, 177—225: Mansi 9,488-533), ein
toafyrföetnlicty im ^emuar 543 ($iefamj> ©. 46) an ben Patriarchen 9KenaS toon Äon«
flanttnoj)el erlaffeneS 6bift, in bem bie §eterobojien beS D. als bie Ärone aller Äefcereien 45
ertoiefen toerben, mit ge^n 3lnat^ematiSmen abfd^ließenb, reid? an 3^taten au^ ben
Äird^enDätem ; 2. ygä/x/ua . . tiqös tj]v ayiav oüvodov jicqI 'Ügiyevovg MSG 989 —
993; Mansi 533— 537 ; SMefomp 90—97), eine an bie ntr 3eit ber 5. öfumenifc^en
©ntobe 553 (f. bie Semerfungen 3)iefampS 83 ff.) in JqJ. öerfammelten SMfcfyöfe ge=
richtete 8ufforberung, über bie unter ben origeniftifaen ©lönc^en $u 3j^nifölcw verbreiteten so
3rrtümer gu ©erid^t ju fi^en; 3. ofiokoyia morecog . . xaxä xcbv xqi&v x&pakaloyv
(MSG 993—1035; MSL 226— 267; Mansi 537—581), ein $toiföen 551 unb 553,
too^rf^nK^ Ö51 (§efele ©. 836) verfaßtes, an bie ganje fatljoliföe unb apoftolifcfye Äird&e
genutetes (Sbift gegen bie brei Kapitel; 4. xvnog . . Ttgog rr/v äylav ovvodov negl
Seodcogov xov MoyoveojLag xai xeov kouicbv (MSG 1035—41; MSL 267—273;»
Mansi 581—588; f. £efele 866 91. 1); 5. loov Imoxokrjg dvxiyQaqpeiarjg . . ngög
urae yqdipavxag xai ixdixtjoavxag Öeödcogov xov dvooeßij xxL (1041 — 95 ; 273 —
327; 589—645), ein toal?rfcbcinlicfy Vor 550 (anberS §efele 912 f., f. bagegen SoofS
311 f. unb tönest 19 f.) an nic^t genannte, vielleicht in ©f^t^ien (Änec^t) gu fucfyenbe
Sifc^öfe, energifd^c SJerteibiger ber brei Äapitel, gerichtetes ©^reiben; 6. diaxdSig . .
ntaUtnOitlQpMt für Geologie unb mr*e. 3. «. IX. 42
658 3ttfti«ttu I.
xaxa^Avdifxov, Sevrjgov, Flexgov xal Zioagä (1095 — 1103; = N. 42 [56J 1, 367—
374) ; 7. X6yog doy/xaxixdg . . ngog xovg h tcß ivdxco (f. 0. ©. 606, 4f») xrjg !4JUfar-
dgicov /wvaxovg (1103 — 46, nad) ber ed. princ. Don 3t. 3Ra\, Script. Vet. Nov.
Coli. 7, 1, 292—313), ein $ur £eit be$ Patriarchen 3oilu$ bon SKejanbrien (542
5 [543] — 550 [551]), anfdjeinenb noä) bor bem 2)retlaj>itelftreit entftanbeneä bogmatif$e3
©^reiben an $ur Crtyobope gurtiefgefetyrte äg$>tif$e SWöncfo ber SBiberlegung mono*
p^fitifefrer Srrtümer getoibmet (batyer traetatus adv. Monophysitas) ; 8. . . ix xijg
jzgög Zcoikov .. doyfxaxixfjg emoxokrjg (1145—49; naety 9Rai, Spicil. Rom. 4,
468 ff.), SBruc&ftücf au$ einem in 9ir. 7 (p. 1137) ertoäfynten ©^reiben an ben $a*
10 triarc^en. D6 biefe ©Triften, h>ie fie un$ borliegen, bireft au$ IguftimanS Seber ae*
floffen fmb, totrb fi<$ bei ber tyoben Stellung be3 Autor« fätoerlic^ feftfkeOen laflen. Wit
ben DueHenfteHen, bie man getoötynlicty anführt, um bie ^Berechtigung, Suftinian unter ben
tfyeologifcfyen ©djriftfteHcrn auf^ä^len (fo fc&on ^^^anne« bon Irittentyeim), $u. erfeetfen,
läfct fufc für biefen Qtotd niefct biel anfangen, ©eine eigene (Srflärung (N. 132 [147 1 2,
iö 244), bafj fein ^ntereffe für ben regten ©lauten ix xcbv nag} fj/uebv dtaqrögox; yga-
(pevxwv koycov xe xal idlxxcov $u erfefyen fei, ift &u allgemein gehalten, bie öemerhmg
be3 (SuftratiuS (Vit. Eutych. 33 MSG 86,2, 2313), ba& ber Äaifer Sag unb 9la$t
barüber gefeffen tyabt, burefc ©ort unb ©ebrift bie £äretifer $u tbiberiegen, fagt gu bid,
unb bie angaben be$ SiberatuS (Breviar. 24 MSL 68, 1049) befagen, toenn man fie
20 tyrer gloSfeln enttleibet, nid&t mefyr, als bafe l^ufttnian an ber Slbfaffung ber bon tym
erlaffenen (Sbitte unb ^Ibtyanblungen perfönlidjen Anteil genommen tyat, toaä o^nebin
feftfte&t.
3nbeffen ift biefe grage minber toicfytig, bebeutenber fdjon bie anbere, toer unter ben
aeitgenöfftfcfyen Ideologen auf ben ftaifer (Sinflufe befeffen tyaben mag. SoofS ift in forg*
26 fältiger Unterfucfyung biefer Sfrage nachgegangen, inbem er bie laiferlic^en Sftfyanblungen
tyauptfäctylidj auf ettoaige Seeinfluffung burd? Seontiuä bon 93tyjana unterfuc^te. @r ift
%a bem (Srgebniä gelangt, bafe e$ fiefy mit unferem ÜRaterial nic^t betoeifen läfct, ob ettoa
3uftinian ftcfc bon SeontiuS fyat beraten laffen. 2Bteberbolte Nachprüfung fyd ba$ au$
mir beftötigt (f. and) bie Semerfung bon 5tne$t 23, ber barauf ipntoeift, bog ftc^ ber
ao für 2. befonberS begeid^nenbe 2lu«brucf hvndaxaxog bei 3- niefct finbet). 38on großer
Sebeutung ift aber bie böllige fad^lid^e Überetnftimmung. 9(uc^ ^uftinian bertritt bie=
jenige Geologie, toelcfye in ber c^rtdifc^en Interpretation be^ d^alcebonenftfd^en ©^mbotö
be« SRätfete leiste Söfung fie^t (f. auc^ ben 31. 6tyrifl bon Sllejanbrien 8b IV, 381, uff.).
„2)ie Ideologie, bie Seonttuä bertritt (unb manche anbere neben i$m), ifk bie Drtyobogie
36 ber 3e^ Suf^nian«* ^k Ideologie, bie ber Äaifer felbft billigte, beren ©ieg er 553 burtfc
fe|te" (Soof« 315). £a$ auggufü^ren, ift ©ad^e be« 2lrtifel$ über Seontiirö, ben eigene
licfc originalen Ideologen, toenn bei biefen mit fc^olaftifc^en 2)iftinftionen fo ftart ber^
festen ©ebanfengängen bon befonberer Originalität überhaupt gerebet h>erben barf. 9Rü
Squg auf $.$ älb^anblungen mag aber noc^ jh>eierlei ^erborge^oben toerben: einmal bie
40 getiefte ärt, mit ber ber Äaifer ober Irer i^m bie geber fü^rt ba« Stnbenten unb bie
Geologie ß^riH^ bon Sllejanbrien ^u berteibigen unb fo^ufagen munbgerec^t £u ma^en
berftanben \)at. ©obann feine 93cfämpfung be^ Crigentömu^. 6^ ift m. ©. niety bt-
redjtigt, in bem Gbiftc 3 £ 9^9«« Crigene« bon 543 eineä ber toid^tigften 2)o!umente ber
Stcligionevolittf beö Äaiferö ^u crblicfen (fo Diefamp 46); bielme^r erfc^einen gerabe im
45 SJa^men feiner ^iolitif bie Sia^na^men 3-^ beftenfato ate jufällig (fo richtig Soof«,
2>ogmengefcfyid&te 8 176). 3lber für baä ^ntereffe, toelc^ed ber Äaifer an t^eologifc^en
fragen unb ©pefulationen nafym, ift fein (Sbift unb fmb bie bem Sbifte angehängten
änatyematiämen, inbem fie \xd) bielfad^ ah 3ufammenfteHung bon ^itaten aud beschriebenen
Tätern geben, bejeid^nenb. 9toc^ be^eic^nenber ift bie Verurteilung be« 2lnbenlen$ bö
60 großen alqanbrinifc^en X^eologen für bie allen freien Regungen felbftftänbigen Denlen^
über^au^t abgeneigte ©timmung bcr 3^it/ h>enigftenö in ben mafcgebenben ^$erfdnlu^tcttcn
(bgl. ba^ s3Jäbere im 21. Drigeniftifc^e ©treitigfeiten).
3>n ber ÜJle^rjaj^l ber ^arfteCiungen lieft man bie Semerfung, bafe ber Äaifer auf
feine alten Xage „^äretifd^" geworben fei, inbem er in ba$ Sager ber fogen. 3(p^t^arto»
66 bolcten (f. b. 3131. 9Jtonopltyfiten unb Julian bon Jparlifarnafe oben ©. 606 ff.) überging.
2öa$ ift babon $u galten':' (Sbagriu« (Hist. Eccl. 4, 38) berietet, ba| ^uftinian — e$ muj
um bie 3fltyreSU>enbc 564 auf 565 getoefen fein (f. b. 21. ©utycfciuS bon ftonftantino)>e{9bV,
648, «2 f.) — einßbilt ^abe ausgeben laffen, in n>elc^em er ben Seib beä^errn Sw&agxat
unb gegen natürliche unb tabelfreie Seiben unempfänglich {xcbv (pvooccljy xal adiaßh}-
60 xiov 7ia&d)v iveniöexxov) genannt ^abc. (Sr fyabc bie ^ifc^öfe aßer Orten gelungen,
SfttfHuian I. 3ut>eutl bon 3ferttfalettt 659
biefe Sefyre ju genehmigen, inSbefonbere fyabt er gegen ben Sifd&of SlnaftafiuS bon 2lntiod&ien
(f. b. 9. 93b I, 49i,i<iff.) borge^en roollen, fei aber, toäfyrenb et tym ba$ Urteil butterte,
geftorben. Nie. Call. Eccl. Hist. 17, 29, ber im roefentlid&en (SbagriuS aufreibt, fefct
beutlicfyer als biefer auefc ben goß beä Patriarchen 6utr$iu$ mit ber legten üBenbung ber
fatferlic^en Sßolittf in SSerbinbung (bgl. aud) bie SRoti^ ex libello synodico bei Mansi 6
9,765). ®er *ßre$br/ter (SuftratiuS (@uftatr/iu$) beftätigt in fetner Siogra^ie beä
^atnorc^en (Vit. Eut. 33. 42 MSG 86, 2, 2313. 2324) biefe Slottjen. (Sbenfo Styeo*
ptyrnti (ed, de Boor p. 240 f.) unb S^anneä bon 9litiu (überfefct bon gotenberg im
Journ. Asiat., 7. s6r., 12. tom., 1878, 343 ff.; f. and) Button 305—308). @nbtic$
tyd Sifäof SRicetiuS bon Irier in einem (bei Mansi 9, 767—9 abgebrudten) fonfufen 10
unb für bie eigentliche ftrage gar fein SBerftänbniS berratenben ©^reiben an ^uftinian
bem Äaifer feinen 3**^ vorgehalten. ®a$ in SRebe ftefyenbe (Sbift ift fomit niefct er«
galten, an ber 2tyatfa$e lann aber niefct ge^eifelt h>erben, aud) nidjt baran, bafc bie
genannten Quellen in 3-3 93orger)en einen bebauerlicfyen SlbfaH toom redeten (Stauben er*
bltcfen. 3n red^t ungefc&icfter SBeife f/at julefct nod& Button (205 ff. 303 ff.) tyre 9n* u
gaben gu entwerten gefugt. Äned&t (140—44) ift bem richtigen ©actyberfyalt nätyer ge*
tommen ; bo$ tyat audj er ftety bie ^rage nufyt fcfyarf gefteüt. 2Boty( aberfyat ber aIte2Balc$
(8, 578 ff.) fc^on boHfommen richtig gefetyen. 35afc nämlicfc ^uftinian, gehnfe auf ©runb
eigener Überlegung, fiefy „apfytfyartobofetijcr;" geäufeert bat, ift nid&t )u beftreiten; ebenfo
fieser bürfte aoer fein, bafc er bamit bon ber Drtfyobojic niefct abjuroeictyen überzeugt roar. 20
$te bem fogen. ä^ttyartobofettemuS &u ©runbe liegenbe 35orftdttungött>ctfe ift (f. b. 9.
Julian b. $alifarnajj 39b VIII, ©. 609, 1 ff.) feincStoeg« nottoenbig unort^oboj, benn fie ftefyt
mit ber Annahme ber £omoufie ber Wenfctyennatur Gtyrifti nietyt nottoenbig in 2Biberft>ru<$.
sBtan brauet nic&t einmal, toiel'oofS ©.316 e$ tfyut, 3uftinian$ lefcte tfyeologifcfye ©c^toen*
lung ate ©nfaü* eine« ©reifen anjufetyen, naefc bem man bie 3*e^e f^ner 9W&nne$jar)re 26
niefct beurteilen bürfe. 6tn flc^cre^ Urteil ift fyier freiließ übertyaityt nid^t möglkfy, e$ fei
benn bartiber, bafc ber Äatfer e* ftcfy niefct tyat berfagen tonnen, aud& biefer ttyeologifcfyen
Sonberibee burc§ tircfyenregimentlic^e -Dtafcregeln sJta$brucf $u geben. ©. ftrfigcr.
3nbenal, erfter ^atriarcr) bon 3erufa"em/ ß«fr 458. — Uitteratur: «ften oer
Äonjilien uon fep^efuö 431 u. (Sfmlcebon 451 passim (Labbelll u. IV, Mansi IV— VII); ©riefe ao
2eo« b.©r. (opp. edd. 53a fl er. 1. 1); (Stjria u. 8!Qtt)opolid, Vita S. Euthymii (f. biefelbe doü*
ftönbig bei Sotdeiiu3r Monum. eccl. gr. IV, 1 ff., in ber ^Bearbeitung beä ©imeon 3Weta»
pftraftc^, bie für 3. au3reid)t, ib. II, au* MSG CXIV; @ut&. l)at bie gan$e $RegierungS«
jett be« 3. unter bemfelben oertebt, geft. 473; Gttrtü lebte in ber erften ftfitfte be« 6. 3al5r=
§unbert3 al3 SJlöncb in $aläftina, er ift ein relatiu nüchterner, forgfa'ltiger $>iftorifer. bcjunber§ 36
in (fcronologifdjen Angaben genau, f. über tf)n ährumbadjer, ©efd)t(5te ber bttj. fiitt *, ©.185 f.,
aueö Soof«, fieontiu« u. ©njauj, 2U III, 274 ff.); eoagrtu« 6djolaft.f Hist. eccl. II (MSG
LXXXVI, 2) ; $te fog. itirienqefd)id)te be« 3ad)ariaö ffl^etor, in beutfdjer Ueberje^ung
berau^geg. oon Ä. ?lbrcn§ u. ©. Krüger (Script, sacri et profani edid. semin. phil. Jenens.
Bodales, fasc. III, 1899); ße Ouien, Oriens christ. III, HO ff. u. 164 ff. ; Xiüemont, M6- 40
moires, XIV- XVI (1732), vgl. bie Indiccs-, Speatalabfcanblung: XV 196—207, ugl.
867 ff. ; ^efete tonailiengefdjtcöte II 2, passim ; Venables, Art. Juvenalis (2), DChrB III,
595 ff. ; Vailhe\ L^rection du patriarcat de Jerusalem 451, Revue de TOrient IV (1899),
44 ff.— Sgl. W. „Serufaletn, $atriard)at", ^3b VIII, 697 ff. Ueber bie (Snt rot rfc lung ber fir*-
lidpn Titulaturen in ber orientalifdjen ftiraV, infonberbeit ba& ^luffornmen bed „$itel$" 45
xaiQtdoztj* (ber 451 nod) feineöroeg« übltdj roar unb im 6. 3&t)rt). für 3erufalem juerft auf^
tritt), f. Äattenbuf^, ftonfeffionSfunbe I, 113 ff.
3)aö Iobe«iar;r be$3u&enalt ^ 5^ar nic^t abfolut, aber mit fetyr ^o^er 3Bar;rf^ein-
lu^Wt feft^ufteüen. 3Q3ie alt 3- getoorben, roei^ man jebod^ nid^t, ebenfotoenig, h>o er
geboren, tmä)& feine gamilientoerfyältniffe toaren u. bgl. äuefy ba^ ift nur unbeftimmt, 60
m fagen, toann er Sifcfyof toon 3^wfalem gercorben. @r folgte bem $rar/lio$, ber feiner*
feit* bem auä ben otigeniftifc^en unb pelagianifc&en ©treitigleiten befannten 3°^nne«
416/417 folgte, aber nur fuq (unbeftimmt roie lang) regierte. Sei „3a<fyaria3 Sl^etor"
II, 4 Reifet e$, bafe 3utoena^ 36 3a^re *>en ©tur;I toon ^«nifölem inne ^atte, unb baS
mag rw^tig fein. 6r roäre bann 421 422 Sifcr;of getoorben. 5?idJ)t ftimmen fann, loa« 55
man in ber vita Euthymii (c. 96, MSG ©. 676), boer; roafyrfcr/etnlicfy nur afö Schreib*
fehler lieft, bafe fein (Spiäfopat 44 3^r;re gebauert r;abe.
3. f<$emt bon vorneherein entfc^Ioffen getoefen xu fein, feiner ©tabt enbficty eine
Stellung 3U Raffen, bie ber ir/r in 9Jicäa augefproqjenen äxokovftia xfjg ri/tifjg einen
beutlictyen ^ierar^ifa^en 51uöbnicf gäbe. 3^ fe^e m^ ©enugt^uung, ba| aud) Xidemont <x>
(XV, 200) baran benft, ba^ bie Seftimmung beS Can. 7 bon sJlicäa 33qug tyabe auf
42*
660 3it»eital bon ^erufalem
bie ötumenifcfyen Äomilien unb bem 33if#of bon 3er. ty& ^ncn befonberen Sang unb
©i$ fiebern tooflte. 2lber td& fyabe 33b VIII, 699 f. fcfyon gegeigt, ba| biefe Seftimiramg
mit 9tottoenbigfeit Sßirren naety ft$ 30g. ©ie gab fefyr fyofyem ß^rgeig ber Sifööfe ber
tyeü.©tabt einen SRecfytSanfyalt unb fte gehörte tynen für getoö&nlufc ntcfyt einmal 3Retro*
b politenrang, fonbern unterteilte fte in SBejug auf „fyeimifcfce SBerpältnijfe" bem 3Retn>=
politen bon Säfarea. 3Jlöglid&, bafe Subwal M* rf}* $tobe feiner felbftyerrlid&en Ab*
fixten bei einer Gelegenheit gegeben |at, bie fanoniftifety nicfyt gang einfach lag. Sie
©acfye ift bon 93aity6 n%r bargelegt toorben. SJurq @u%miu« toar ein farra$enif<$er
(Stamm jum gfyriftentum belehrt toorben unb 3«benal &at bemfelben auf @utft?miu$
10 2Bunfd& einen eigenen Stfd&of beftellt, ber ftcfy al« Ilhgog biioxonog IlaQE/ußotöv in
@j>&efu$ 431 unterzeichnet, betrug toar ber ©d&eif jene« ©arrajenentrul)^f ber nad)
feiner Sefefyrung fein Sager (nageußokal) in ber 9tötye fcon 3er- auffcfylug unb ftc$ #er
bauernb anfiebelte. 3- ^attc gtoeifello« fein 9le$t, toeber ein Saturn }u grünben, no$
einen SBtfd^of ju toetycn. 2lber er lonnte bie ©arrajenenfolonie innerhalb feine« ©tobt*
15 gebiete« für einen heterogenen, tootyl fd&on toegen ber ©pracfye ifym perfönlicfc ungugäng*
liefen Seftanbteil erflären unb für nottoenbig ausgeben, ftdj für bie bortigen bifäöflicfcn
gunftionen einen „Äoabjutor" ju befteüen. 33ermutlid& fyat er bie nage/jißokai JSoqqcl-
xrjvcov gar nicfyt t>on 3er. gelöft. ©. SBail^S Le monastöre de Saint Thäoctiste
et l'6v§ch6 de Paremboles (Revue de l'Or. ehr. III, ©. 58 ff.; ba« Stötum ift
20 im 6. Sa^unbert toieber berfcfyhmnben). S« ift gu toermuten, ba& bie SBeitye be$ Sßetntf
um 425 gefdjaty; jebenfafl« lag fie ber Äircfyentoetye boran, bie in vita Euth. c. 42
berietet toirb unter ber angäbe, bafe fte oon 3- ün 52. SebenSjafyre be« ©utfy. (= 428
ober 429) bottjogen fei.
2luf bem Äonjil t>on S^efu« 431 fyat 3- einen energiföen 93erfuc& gemalt, fi4
25 über feinen 5Ketroj>oliten fyinau« gu fcfytoingen unb eine „3)ü>cefe" ju erlangen. 3« to*fw
3ett Ijat er überfyattyt bie fyöd&ften Slfptrattonen gehabt, 3$ ftnbe, baf$ ba« bieder nvfyt
genügenb getoürbigt ift, nur 33enable$ ftretft ba« bermutlidp Süchtige. $at %Abl bie bret
^aläftinae al« 2)iöcefe befommen, fo ift fidler unb auc^ ftetä bemerft, ba| er jebenfaM
noefy 2lbftc^ten gehabt auf bie beiben Sftyönicae unb 2lrabia. allein e$ ift toa^rf^eim
so lid^, bafe er ftd^ mit bem Sßlan getragen ^at — fei e$ auc^ nur für einen SRoment —
fid$ aud^> über ben SBtfd^of bon Slntiod^ia ju ergeben unb Serufalcm ftatt Slntiod^ta jur
$au^)tftabt ber 3)iöcefe Orien« ju mad^cn. 3)ie Duellen fmb äuj&erft fragmentarifc^, aber
toa« erfennbar ift, läfjt SEBctterc^ bermuten. — 3" benätten be^Äonjite öon 431 ftnbat
toir ein an Äaifer IfyeobofiuS gerichtete« ©^reiben mehrerer ber ju 30^wne« Don Sn^
86 tiodua ^altenben Sifc^öfe, toorau« er^eQt, ba| biefe Stfc^öfc t)on Qubenal getoetyt tiHtrm.
©te ^egen offenbar getoifle S^^M/ °b i^teSBei^e juSRed^t befiele; toarum fie überhaupt
ertüä^nen, bafe fte „a pientissimo Juvenali olim ordinati" feien, ift nic^t gan$ Hör;
fte reben aud^ bon „studia et praestigiae tales illius", bie immer nod^ in $bö-
nice II unb Särabia ftattfänben. äöir muffen un« ^ier mit bem begnügen, toc& b<ö
4o(m$t me^r mit Unterfc^riften toerfe^ene) ©^reiben einfach an I^atfa^en bejüglU
be« 3ut)enal erfennen lägt (ögl. 2abbt III, 7ß8, Mansi IV, 1402). »iföof ©otbo^
bon ^S^aino in Palaestina Salutaris (Pal. III) giebt einmal in 6j>tyefu« fein 85otum
mit einer SBenbung ab, in ber er 3ubenal al« 6 imoxonog Jjficöv bejeicfrtct (Act I,
f. Sabbc 482, Mansi 1160); SUail^, L^rection, ©. 52, tyat bie ©teDe mifet>erftanbcn,
4ö toenn er meint, bafe ©. toon 3"benal afö son archev^que rebe : „6 ägxienioxoTios
fj/üicov" ift bem ©.bort ß^rill bon Sllqanbria — ba« mad^t mic^ jtoeifel^aft, ob bieSBen*
bung be« ©. überhaupt „fird^eitred^tltd^" gemeint ift unb nicfyt öieDeic^t blofe bem Mo-
ment in ©pfyefu« entf^rid^t, h>o GtyriH unb 3wb^nal ^ leitenben $erfonen, „unfer^
(Srgbifd^of unb Sifd^of, toaren. ffienn e« ftc^er ju fein föeint, bafe 3- P^ 6crcitö bor 431
60 in mehreren dp axfym ba« Drbination«rec^t juförieb, ftc^ alfo h>ie ein 2)ükefanm$abcr
(im fpäteren Sinn „^Patrtarc^") gerierte, fo mirb man glauben muffen, bafe Äaifer l^eo«
boftu« II. (408—450) ifym baju eine Sefugni« öerlie^en fyabt, toie immer ba3 nüp
^ufammen^änge. ©o ^at f$on Se Duien ©.113 geurteilt. Äurjtoeg ju einer 2^at'
fad^e mad&t c« §efele S. 477, bem gegenüber bo$ gu betonen ift, baf$ ein 83eleg nur
56 tttoa infofern ejifttert, al« SC^cob. in einem ©riefe an $)io«cur 449 bon 3- m ^mt
fclben ©tnn h?te Don ^^alafftu« Don Caesarea Cappadociae (n>elc^ed bomal« noc^ eine
felbftftänbige 2)iöcefe toar), al« „äQxieniöxojzos" rebet (f. act. I be« Äonjil« bon (S&olct*
bon Sabbe IV, 109, Mansi VI, 600).
3«@^efu« ^atte e« 3. toerfyältntemäfeig leidet, eine grofeeStotte gu firielen. 2)er6tuil
60 bon Äonftantino>>eI (ÜHeftoriuS) ftanb unter Slnllage, G^riH bon SUe^anbria toar jeittoeilig wr*
dfttbenal bon dfentfalem 661
haftet. Sofyatm bon 2lntiod&ia fyielt ein gefonberte« Äongil, ber römifcfye ©tufyl toar nur
burc$ geraten bertreten. ©o fonnte e« tommen, bafc 3>ub. enttoeber (h>enn Gtyrill ans
toefenb toar) an gtoeiter, ober gar an erfter ©teile gu unterzeichnen ein Siedet getoann. 6r
fyd nun, tote eS fcfyeint, bie Situation auf« füfynfte gu [einen ©unften gu benufcen ber«
fud^t. 3Ran ertoäge, toa« eS gu bebeuten ^at, toenn er in act. IV (Sabbe 641, Mansi 6
1312) erttärt, eS fei bie *PfIid&t be« Igo&anneS bon 2lntiod&ia getoefen (irQijv), aläbalb
dg faiokoyiav rä>v btayousveov fiety in ber öfumenifcfyen ©tynobe einguftnben unb bem
apojiotifctyen dpövog bon $tom „unb 'IeQoookvfMov äyi'ag rov fteov ixxXrjoiag'4 ®&
^orfam unb Ehrerbietung gu begeugen (imaxovoai *al xififjoai)t benn e$ fei judhena
S&og, bajj o rd>r Mvikwojv ftgdvog £f äjzootofaxrjg äxokov&iag xai Jtagadooeajg 10
bon bem gu Sjerufalem „forrigiert unb gerietet" toerbe (l&vveo&ai xai dixdteo&ai), aber
„i}j[ ovvrfoei vTiegoy/ia xQ(i>t*evog" fcfyliefee ber Sfatiocfyener fiefy bon ber ©tynobe au«,
©etnen eigenen dgovog begeid?net 3fub. als einen „apoftoüfd&en", bem antiocfcenifcfyen be*
toUKgt er nicfyt bieje« ^Sräbilat. Unb er rangiert jenen fyier unmittelbar bem bon 9tom
iur ©eite ! @r mufe toirttiefy biel toeitergefyenbe Sbjid^ten gehabt fyabtn, ate man gemein* 15
»in annimmt. 2)ie Rtitm toaren toirr genug, um gügellofen (Styrgeig toad&gurufen.
3>n ber bierten ©ifcung toar ßtyrifl bon SHejanbria antoefenb. äuc$ für tyn bürfte
bemertbar getoorben fein, toie fyocfy bie *ßläne be« $ub. reiften. $)enfelben SSorfcfyub gu
leijien, &ätte ifyn nur SBerbtenbung beranlaffen fönnen. Serufalem über äntiod&ia begto.
an ber ©teile bon 2lntio$ia toar ein SRibale für äle^anbria, beffen Sebeutung er ermeffen ao
fcben toirb. @in ftarfer SBiföof bon 3>erufalem, ber „^eiligen ©tabt ©otte« unb ßfyrifti",
ber „5Rutter aller ©emeinben", fonnte ben Sifcfyof bon SUejanbria leidet ebenfo in ben
©Ratten fteHen, toie ben bon änttocfyia ! Styrill fyat aud& nicfyt gegögert, bem $. entgegen*
gutreten. 3n ben Slften felbft ift bon ber gangen Slffäre nid&t« fijiert. Slber au« einem
biel fpäteren 3)ofumente, einem SBriefe Seo« b. ©r. an SDtajimu« bon äntiod&ia (9Jr. 119, 25
opp. I, 1212 ff., f. c. 4) erfahren toir, bafi 3. „per commentitia scripta" berfucfyt
fabe, feine „insolentes ausus" aU berechtigt bargut^un (firmare). ßtyriff fyabt i^n,
ben Seo, benachrichtigt, quid praedicti cupiditas unternommen fyabt, unb fyabt i^n gu«
gleich gebeten, ut nulla illicitis conatibus praeberetur assensio. 9lu$ bem ßu=
fommen^ang ergiebt ft^ unmittelbar nid^t mel/r, al« ba^3- f^on in ßjj^efu« berfud^t ^abe, so
Palaestinae provinciae prineipatum gu erlangen. SlHein ber ©rief ift gefdjrieben ju
einer 3^*/ to° bereit« nic^t« toeiter me^r für % in äu«fid&t ftanb al« biefer joeben m
C^alcebon eneic^te ^ringtyat über 5Paläftina, ein ©rfolg, ber bem Seo fcfyon gu biet toar.
Änjubeuten, bafe S- urforünglicfc nod^> gang anbere« für jicfy in äu«ftd^t genommen fyabt,
toar fein äfalafc geboten ; eine 2lnft>ielung barauf ^ätte toie eine Sefd&toicfytigung für 3Kasis 86
maä erflehten fönnen, toorauf e« 2eo nid^t anfam.
^at 3- ikk$ @))^efu« feine 2lbfid^ten toieber auf befc^eibenere ©rengen gurüdgeftedt,
fo ift tym 6^riH auc^ barin in feiner SBeife entgegengef ommen. 2lu« einem SBrief, ben er an
einen „SßreSbtyter unb Slrc^tmanbriten" ©ennabiu« gerietet ^at unb beffen 2lnfpielungen
triebt me^r genau gu prüfen ftnb (9fr. 56, MSG LXXVII, 320), erfeben toir, bafe er 40
bauernb alle ^ö^eren SRec^te als bie bem Stuhle bon ^erufalem in Slicäa fongebiert
toaren, bem 3- beftritten l^at. Umgefe^rt fyat 3- borber^anb nid^t aufgehört, minbeften«
eine Slrt bon ©ro^aläftina für ftd^ al« 2)iöcefe in 2lnft>rucfy gu nehmen. 3n ^ ▼***
Euth. c. 57 toirb ertoä^nt, bafe er (in ber 3eit nac^ 431) rov ix Mehrrjvijg Ixkya-
vov gum Sifc^of bon S^mnia getoei^t ^abe. 2)ie 5lotig ift gufälliger 2lrt. sJKd^t toa« 3. 45
get^an, fonbern toa« bem ©tep^. gefdgie^en, trägt ben Ion. Offenbar pflegte 3. in einem
umfreiS, ber Ijier nur nid&t nä^er begeid^net ift, bie Sifcfyöfe gu toei^en. SBon bem 2Retro*
politen bon ßäfarea työren toir (gufättig?) in ber gangen geh nic^t«. 3n ßp^eju« 431
toar er nicfyt antoefenb.
3luf bem Äongil bon ß^alcebon 451 einigte % fic^ mit 3Jlajimu« bon äntiodbia so
„fierä TtolXhv ydoveixiav1' ba^in, ba^ er auf gang $fyönice unb ärabia SBenicfyt leifte,
baaegen bie brei Sßaläftinae fortab unbeftritten befi^en foDe. 3)em 9Kaj. tourbe oiefe Ron*
geffum balb toieber leib, toie fein Srteftoectyfel mit Seo b. ©r. ergiebt. 3)a«Äongil na^m
einfach bon bem Äontyromijj 9?otig unb beftätigte ba« 2lbf ommen in fürgefter $orm; t>gl.
act. VII. @« fyat and) fein ©etoenben babei gehabt. 66
3. ifi in ber ©efcfyicfyte eine cttoaö anrüd^ige *Perfönlicfyfeit geblieben. 3n ^m Katalog
ber ^eiligen ift er nic^t einmal in ^^ufa^m gefommen. 3)a« toirb ^auptfäcfylidb bamit
gufammen^ängen, bafe er bogmatifefy ntd^t taftfeft getoefen ift. auf ber ej^efinifc^en ©t;=
nobe bon 449, ber 3täuberft;nobc, fyat er gu 3)io«cur gehalten unb fid& al« Sef4>ü$er be«
(Suä$e3 begeugt begto. in erfter Sinie mitgeholfen, ben ^toian abgufe^en. ©a« ift eo
662 3itbeita! Hott 3erofalettt dfttoeucu*
nie flang toerflefjen toorben, toietootyl bcr Sinn, in bem befonberS @utyd&e3 bort anerfanni
imirbe, ein beftimmt begrenzter toar unb leine SiKifluna be$ eigentlichen SRontyfyrftt&iraid
intoofoierte. 3n ß^alc^on toar 3* aunäc^ft ein angenagter. Aber er toofljog, hin enfe
fcfyloffen, feinen Übergang ju ben Drtyoborm, inbem er ben ©rief beä 2eo an gwtoian
6 acceptierte. @r tourbe mit 3>ubel bon ber Majorität begrüßt unb f^äter fogar mitberufen,
ben bogmatiföen $omu$ beS Äonjtfe &u rebigieren. 9Bie tuett er tyeologifö gebilbet,
toottenbä, tute toeit er religio« intereffiert toar, ift faum $u erlennen. Seine toeltlic^e Sil?
bung fd&eint nicfyt gering getoefen ^u fein. SttHemont (XV, 196) meint, bajj tym bie lotet*
nifc&e ©prad&e geläufig getoefen fei. ©ein gronttoed&fel in S&alcebon brachte tfyn bie un*
10 berfd^nltc^e geinbfd&aft ber mono^fttiföen 2Rönd&e in Sßaläftma ein. S)urc$ biefe tourbe
tym ein ©egenbifdjof in ber $erfon eine« 3$eoboftuS entgegengefteQt. 3lu3 ben meto*
d&ifd&en Äreifen ftnb au$ einige 2lneIboten überliefert, toeMjje bie Aufregung, bie fem „8b*
fall" tyertoorrief, d^arafteriftifd^ belegen (f. Les Pterophories de Jean ev§que de Ma-
jouma [gefd^r.. um 515], bon %. 9tou, Rev. de P Orient ehr. III, 1898, ©. 232ff.,
16 j. 93. 239, femer beim fog. 3a^aria« Styetor bie Sqä^lung III, 8 u. a.). 3. toar &u*
näcfyft nid&t im ©tanbe, fic| in 3|er. ju behaupten. SWur mit SJMtye entrann ergebungenen
Berbern unb flofy na$ ftonftantinopel. 2)od& gelang e$ 453 bem laiferlid&en SRttüar, ben
2$eob. )u bertreiben. 9la$ ^eruf. ^urüdtgcfe^rt, ^ielt 3* "" Äomil feiner brei ^ßrotomjen
mx Sehäftigung ber SBefd&tttffe bon (S&alcebon. 3)aburtb lam er bei Seo (ber 449 feinen
20 Tanten tote ben be$ 2)io3cur :c. au& ben 2)tyti$en gatte ftreic^en laffen, f. ben Srief
an SlnatoliuS, Sir. 80, 3) jur Slnertennung. ©galten ftnb noc^ jtoei ©riefe be3 Seo an
tyn, einer toom 4. September 454 (5Rr. 139) unb einer (an tyn unb anbere jufammen)
bom 1. September 457 (Sir. 150). 9iid&t lange nadföer, toa$rfd&einlid& anfangs 458, ifl
3. geftorben.
26 $n f«Äer legten 3«* fa* 3- «U&t me&r in bemfelben SWafce fu$ faiferlicfcer ©unfl
erfreut, tote unter 3$eoboftu3 II. ®r tyatte fid& biefen (enteren unb feine ©ema^lin gu=
bofia befonberS bur$ Überlaffung toertboQer Reliquien betyfli$tet (SttHemont, XV, 197).
gub. toar 438/39 felbft bei tym in 3er. als fte foäter, toafcföetnlicfc afc »erbamtte,
in <ßaläftina lebte, toar fte freiließ eine $auptftü$e ber 3JWnd&e, tourbe jebocfc burd? ®u*
so tytymius betoogen, fi$ mit 3- auäjufitynen. 3)te 9ia$giebigieit beö 3. gegen sJ)iajimu^
bon 3lntio$ia in S^alcebon ertlärt ft$ baraud, bafe ber neue ftaifer ÜRarcian unb bie
5taiferin *ßul$eria ii)n gunäd^ft nid^t ftü^ten.
sJtod& ift ju ertoä^nen, ba| 3- & getoefen ift, ber in 3*r- ein befonbered geft ber
©eburt ^efu am 25. SDe^ember, neben bem G^t^^anienfeft, nad^ römifd^em Siovbilb ein^
36 führte. 3eu0e ^af^r ift i^n 3e^0en°fie un^ ^^ttnb Saftltu^ bon ©eleucia in ^faurien,
Or. 42 (MSG LXXXV, 469). S3gl. übrigen« SCiUemont XV, 206 unb Ufener, SleligiottögeW.
Unterfuc^ungen I, 1889, ©. 321 ff. %. ft«tie«i«f*.
dfttbencttd (4. S^W- — Sitteratur: lieber fieben unb @d>riften bed guüen-
cuö f. bie betannten firdjen* u. Ittteratur^ef^i^tltctjen SBerfe, befonberd aber 9i. Antonio, BibL
40 Hispana Vetus, SRabrib 1785, T. I, p. 164 sq.; «. JR. ®ebfer, Diss. de C. V. A. Juvenci
Vita et scriptis, 3cno 1827, 8°; 3)ontel in ber @nc. öon ©rf* unb ©ruber, @. II, ©b 30.
6. 235 ff. ; Wäfjr, in ^aul^S $.*<£. IV, 687 unb röm. ßitt.5@ef4. IV. 2. 9l.r 1872, @.36ff.;
leuffel, ©ef«. ber röm. fiitt. 1870, 6. 836 ff.; @bert, ©ef*. ber «r.-.lat. filtt. I, 6. 109(f.,
2.«ufl. 1889, 6. 114ff.; 3Ji. 2ttanitiu8, ©ef«. b. (briftl.-lat. ?oef., Stuttg. 1891, 8.42-44;
46 ©arben^emer, ^atrologie 1894, S. 390.
ausgaben ber Hist evang.: Deventer (s. 1. e. a.) c. 1490, 4°, $ari8 1449 (ed.
gaber Stapuf.), Eenebig 1501 (AJdina), fieipjig 1502, SRouen 1509, »afcl 1541. 1551; in
Fabricii Collectio Vet. Poet, eccl., 53afel 1564 unb in üerfcfctebenen BibL Patr., §.©. $ortö
t. VIII, Lugdun. t. IV, ed. (5. föeufdj, granffurt unb fieipjig 1710, ad vatic. alioeque
50 codd. rec. Faustus Arevalus, 9toml792, 4° (abgebrueft im MSL t.XIX). Lib. I, ed. ©ebfer
1827, 8°; Garol. 9Äaroib, Ceipjig 1886, 8°; 3.£ucmcr, Sien 1891 (CSEL Vol. XXRO.
Sin^elfragen: €. ßorn, 5)ie ^anbfebriften ber hist evang. be8 3uu. in 3)aniig,
SHom unb SBolfcnbüttel ($rogr.) 1870, 4°; 3. X. ©Qtfielb, A study of Juvencus (A dias.
inaug.), Sonn 1890, 8°; 6. Warolb, Ueber ba& (goangelienbu* be8 SuoencuS in feinem
65 »erbältni« ^um SBibeltejt: 8m^ S3b XXXIII (1890), 6. 329-341; SRid). ?etf*entg, Rvx
fiatinität beö 3. (9lr^. f. lat. fiej. VI, 6. 267 ff.); W. ^onitiu«, 8" 3- u. ?rubentiu* (flf^em.iRuf.
XLV 3, p. 485—491; #uemer, Shrit. ©eitr. jur Hist. ev. bc* 3. I (©tener 6tub. ©b II);
TOaroIb, 9Tltbo«b. ©loffen au3 3uöencu^4>anbf«r. (Germ. XXXn, 1887, @. 351—355).
•iWorolb, Dtfriebd Sejie^ungen ju ben bibl. S)id)tungen be« 3ubencu3 ©ebuiiuS Ärator (ebb.
(50 6. 385-411); Otto ÄeUer, gur lat. ©praefaefebiebte, n. ©ramm. «uff.r ßeipjiQ 1895} 8*.
S. 41 ; $. Dmont, Un manuscrit de Corbie. lieber bie 3uüenc»^ irrtümlich $uge{d}r. ©u$cr
3itbettcttft 663
^anbellt ©arol. SSecfer, De metris in Heptateuchum, S3onn 1889 (3)iff. p. 41—43) u. #erm.
8efi, De Cypriani quae feruntur metris in Heptateuchum, Harburg 1892 (S)ijf. p. 10—18);
28. ©ranbe«, lieber ba3 frütjdjrlfüidje ©ebid)t Laudes Domini (Programm ©raunfdjweig
1887r 4°.)
3ubencuS, ßajuä 93ettiu3 SlquilinuS (al. SlquiliuS. Über bie SSornamen bgl. 6
ÜRarolb, ÄuSg. p. V, $uemer, Proleg. p. V) toar na$ $ieronr/mu3 (de vir. 111. c. 84)
ein ftHmif<$er Did&ter unb $ßre$br/ter aus fetyr bornefymem ©efd&led&te, ber jur 3eü be$
ÄatfetS Äonftantin lebte unb bie bier ßbangelien in ^eroifd&e 38erfe möglid&ft treu um*
gegoffen $at ($ieron. fagt: paene ad verbum transferens). Der Dichter föliefjt felbft
fein ©ebid&t mit bem $inft>ete auf Äonftantin (1. IV, 807 ff.). Daä @bangelienbud& jer* io
fäOt in bie Sorrebe (27 93erfe) unb bie bier Sucher (770, 829, 773, 811 = 3210 Serfe).
äc&t 3*ifen, toeld&e in bielen $anbfcfyriften al« befonbere 93orrebe bor ber eigentlichen Prae-
fatio be$ Did&terS fyergefyen unb in je jtoei Reiten ba$ Sob ber toter Sbangeliften fingen,
ftnb, toie fc^lagenb SRaroIb prol. VII sq. nadjgehriefen ^at, uned&t. §n biefen a$t3etlen
toerben bie Sbangeliften mit ben ©r/mbolen (Sjed^ietö aufgeführt, aber 2Rarfu3 mit bem 16
Äbler, 3;otyanne$ mit bem Sötoen berglid&en. ©onft ift bie Speisenfolge bie jefct (feit #ie«
roitymuS) hergebrachte 3Jtattr)äud, 9Warru3, SucaS, ^o^anne^, toäfyrenb IgubencuS felbft fieser
bie Reihenfolge in ber 3ta(a (SÜtattyäuä, go^anneä, EucaS unb 3JtarcuS) und borgefityrt
tyükt, ba er fonft nur auf bie $tala jtd& ftü^t. @$ fcr)emt gerabeju ein 9iamen3tauf$
beä ^otyrnntZ unb be$ SDtarcuS bon einem 3Ranne borgenommen ju fein, ber bie Steigen* ao
folge ber gtala unb bie altfir*)lic&e Irabition nid&t lannte. Sine $anbf*)rift bejeid&net
fogar DamafuS (ben sßapft [366—384] unb ^eiligen) al« Serfaffer, beffen Vorliebe für
<Spigramme ebenfo befannt ift, toie bie Sntorreftyeit feiner SSerfe.
Die eigentliche SSorrebe toeift junäc^ft auf bie bebeutenbften formalen Sorbilber beä
Dic&tetS I?m, auf $omer unb SSirail, greift i^ren faft unfterblidjjen tarnen, obgleich fte 26
mit ben 3$aten ber üKänner ber Sßorjcit Sügen berfnüpfen, fteflt aber bo<$ toeit l)ör;er
bie 2^aten ß^rifti, in beffen SDtunbe fein SBetrug erfunben ift, unb ^offt unter bem 33ei-
jtenb beä ^eiligen ©eifteä ein SBcrt $u fd&affen, toelc&eä ß^rifti unb feiner Saaten toür*
biger §erolb fein unb barum auety ben Söeltbranb überbauem unb ben Serfaffer felbft
bor bem geuer erretten toerbe. ao
Da* erfte 93ud& beginnt mit ber ©ef$i$te be$ 3ad&aria3 unb ber @lifabe$ (alfo
mit Sc 1), fd&liefet bie gngetebotfd&aft an 9Jtaria, bie Steife ber SRaria ju Slifabet^,
i^re ^eimle^r an. Darauf aber wirb auä 3Wt 1 bie bem Sofepty 1P &1 fletoorbene Offene
barung angehrüj)ft, bie ©eburt ß^rifti aber nac^ Sc 2 erjä^lt unb ber gefamte 3^ölt
biefcd Äat)itete au^gef^ft bis mr SlücHe^r ber ^eiligen ftamitie au« ^^wf^em (SS. 39). 86
Die Anbetung ber 9Jiagier in S3etr)Ie^em, bie prägnanten 93Borte (tum munera trina
tus, aurum, myrrham regique hominique Deoque dona ferunt 95. 249 ff. fielen täton
§ieronr/tnu$ auf), bie ^lud^t nadj ©g^ten, ber bet^leSemttif^e Äinbermorb unb bie Steife
bon #gr#ten nacr) 9lajarctl) toerben nac|» SWatt^äud erjagt; no$ toirb aud Sc 2, 40—52
na$ge$olt. Dann aber fe^rt ber Dieter ju 3Jtatt^äu^ jurücf unb bleibt tym treu 40
(c. 3 ff.)- 9Rit ber Teilung ber ©c^roiegermutter be« $etru« fdjliefjt ba^ erfte 33ud^ (bgl.
SDti 8, 15).
Da^ jtoeite Sucr; beginnt mit 5Kt8, 16 unb folgt bem erften ßbangeliften bi« jur
»erufung be« SDtatt^äu« (c. 9, 9). §ier fd^liefet ber Didier unter Übergebung bon 9jo
1, 1 — 44 bie Berufung be$ 9?atr)anael burc^ 5ß^ili^u^ unbß^riftuä an, Iä|t ben Script 46
über bie £ocfoeit ju (Sana, bie Steinigung beä lem^ete, alfo 30 2, 45—3, 21, folgen,
übergebt aber r)ier 30 3, 22—36, fd^reitet jur Begegnung mit ber Samariterin fort (3o 4)
unb bleibt in go^anni« Spuren (alfo bem ^netten ßbangeliften) btö $0 4, 54.
(Sbenfo auffallenb ift bie StücHe^r be« Dieter« ju 3Rt 9, 10 ff., bem er bis
c. 11, 15 folgt. 60
Unter äuSIaffung bon 9JJt 11, 16—24 er&är;It er nac^ biefem gbangeliften bi«
jum 9S. 33 be8 13. Äa^itete unb enbet ba fein groeite« 83ud^.
Da« britte föliefjt ftd^ an Am biefe ©tette be« SKatt^äu« an (c. 13, 22) unb
folgt tym ununterbrochen bi« jum c. 22, 14.
Da* bierte 8ud& beginnt mit bem 3in«grofd^en (9Jtt 22, 15 ff.) unb folgt SKatfy 66
bid jum ©d^lu^ be$ 25. Äa^itefö. Darauf fcr)rt ^ubeneu« &u %o 11 gurüc! unb erjagt bie
aufertoedfung be^Sajaru^ unb bie©albung, alfo bte 3>o 12, 8. eigentlich ift bie Salbung
nac^ 3Wt 26, 1 ff. erjagt ; hier folgt 3>uba$ Serratöanerbieten, bie Bereitung be« Öfters
lamm«, bie Serrateanfünbigung, ba^ 3lbenbma^I, ber ©ang naefy ©et^femane, ber Seelen-
latra;f, ber Senat unb bie ©cfangenncu)me, Spetri Verleugnung, ß^rifti SSer^ör bor Stau oo
664 3tt»cttcit8 3bo
l>t)a« unb flatus (bi« 2Rt 27, 26). (Da« @nbc be« ^uba« toirb au« bcm Anfang bon
9Ht 27 t)ier nact)gel;olt). 2luct) für 6t)rifti 33erurtetlung, £reu&igung, Xob unb Segräbm«,
für bie 2Bad;e am ©rabe bleibt 2Jlattt)äu« Duelle, tute enblict) für bie Stuferfte^ung unb
bie Srfd)einungen be« Sluferftanbenen.
6 Stuf £uca« fommt er nict)t toieber jurücf, ÜRarcu« l)at er gar nicr)t benu$t gür
biefe (Einteilung in toter Sudler fehlen alle inneren ©rünbe. Der Dieter fct)lie&t femSucfc
unb beginnt ba« folgenbe ofyne jebe« 3eict)en ^ner 2öieberaufnat)me be« gaben«, ot)ne
jebe 2lnbeutung feine« planes. ®« fct)eint bie (Sinteilung in bier Sudler erft nact)trägli<$
bom Dieter borgenommen tu fein, bamit biefe poetifcfye Darfteilung be« Seben« G$rifti
10 ben bier Sbangeliften äufjerlict) angenähert roerbe. 3n biefem %aüt toar h>ot)l bie (Sin*
teilung bon bem 33ebürfni« beranlajjt, bie Sucher an Umfang möglict)ft gleich ju machen.
£reu bleibt 3;. ber Überlieferung ; fte ju ertoeitern verbietet ir)m bie ^eilige ©dfreu
bor ber Offenbarung. Die ©brache ijt ebel, bie 33erfe fmb fliefcenb unb auffoflenb foneft
Der Dieter ift in ber laffifcpen Sitteratur ju §aufe, unb feine Dichtung ni($t nur reu$
16 an 9temini«cenjen an bie flaffifct)en 5ßoeten, fonbern geroiffermafjen 33ergilfcr)e ©l>ra<$e
(Aeneis unb Georgica) mit c^riftlic^em 3nl)alte.
Die« erfte d^riftlid^e @j)o«, eine J>oetifct)e Darfteilung be« fiebert« Gt)rifti, bie nicbt
nact) 33ollftänbigfeit ftrebt, noct) toeniger eine l)armonifierenbe $enbenj t)at, t)at, obgleich
fte fonft für Segtfritif (bie %tala lag ot)ne 3toctfel ju ©runbe), für ©jegefe unb Dogmen-
so gefcgidpte (einige intereffante Übergänge abgeregnet) nid^t biel ausbeute giebt, bod) in ber
alten itirdje großen Slnflang gefunben unb ift auci) im Mittelalter l)od)gef($ä$t unb biel
gelefen toorben. Da« bezeugt bie ftafy ^tx §anbfci)riften, barauf beuten aud) 6itate fpa*
terer ©d)riftfteller unb altt)od)beutfci)e ©loffen t)in. 3a e« fd)eint biefe« Sud) oft im
d)riftlici)en ©d)ulunterri<$t bertoanbt toorben ju fein. 3n neuerer $tit ift be« Dieter«
26 Formenlehre, ©rjntas, 5ßrofobie, SUlitteration, ber 2Bortfd)afc unb ba« £el)ngut au« Hafltfc^en
Dichtern burd)forfd)t toorben (bon $atfielb); feltenere Söörter, SBortformen, SBortberbht*
bungen unb Söortf^iele, ja älffonanjen t)at SDtanittu« jufammengefteHt. SWarolb tyd nad}*
getoiefen, bafe 3;. *m toertboller 3*^0* *>** S^to $ ; fön S^Iatejt fte^e bem VeroeUen-
sis, Corbeianus unb Claromontanus am nä$ften.
so Die Sbangeliengeföictyte ift in ^Ireic^en §anbföriften bor^anben ; bie ältefte unb
toertbollfte au« bem 7. Iga^unbert tft in 5)laj|u«feln geschrieben (Cod. Collegii corpo-
ris Christi Cantabrigiensis) [C1], ber jtoeite au^ bem brit. 3Rufeum (8. 3?^^wnbert
= R = in 3Jlinu«feln), ber britte (M.) Cod. Monacensis (bgl. äretin: SeitrögeVII,
p. 243 8., ©ieber« unb Steinme^er : Die alttyod&beutföen ©loffen) ift auä) in 3Rmu«fe{n .
36 gefArieben. 33om 9. bi« 16. Sa^unbert i|i eine grojje 3a^l bon ^anbfc^riften erhalten
(bgl. SWarolb unb §uemer Prolegg.).
Da« jtoeite, bon ^ieron^mu« ertoäfmte 9Berf (Über bie ©acramente) ift nic^t auf
un« gelommen.
3n einzelnen f^äteren §anbfd^riften fanben ficty aud^ unter bem tarnen be« guben*
40 cu« anbere poetifcfye ©tücfe, de laudibus Domini (148 3S33.) unb Triumphus Christi
(108 3393.) [bei 2lrebolo abgebrudt]. Da« erftere SBerf fc^eint noc^ älter al« 3. unb
bon einem SRfyetor au« äuguftobunum (3lutun) berfafet ju fein (bgl. Sranbe«). Die bon
Äarbinal 5ßitra aufgefunbenen, beröffentlid&ten, bem 3. jugefd^riebenen poetifd^en Söerfe m
$ejametern unb §enbefaf^Haben (6000 33erfe über altteftamentlid^e ©toffe) rühren ebenfo
46 toenig bon 3ubencu« ^er, loie ber fc^on 1723 bon 3Jlartene au« einem Cod. Corbeien-
sis herausgegebene Liber in Genesin (1441 geganteter), ben ©aQanbu«, Xrebolo,
©ebfer, Sä^r, leuffel u. a. bem 3- iufrrad^en. Die $itrafd&en 33erfe umfd^reiben balb
©tüde au^ ber ©enep« (54 33)., balb au« @jobu« (1388 33.), au« £eb., 9lum., Deut
(1204 33.), Sofua (586 33erfe). $itra« unb 5ß. $iu« ®am& 33etoei«grünbe fbib bon
60 33edter unb 93eft enbgiltig loiberlegt toorben. Übrigen« toerben biefe metra in Penta-
teuchum ober Heptateuchum in anberen ^anbfc^rtften nid^t nur Xertudian, fonbern
Gt#>rian unb bem angelfad^fen älb^elm au« bem 7. S^^unbert ntgeföriebcn. $eutt
benft man jumeift an Gttfman, aber nic^t an ben berühmten lartbagijqen Sifd^of, fonbern
an einen ßiflman au« ©aßien au« bcm 5. 3^r^un^^- ©^ne Darfieflung ift übrigenl
66 trotfen unb nüchtern, feine 33erfe fter)en benen be« ^wbencu« toeit nad^ (bgl. fiucum
gjlüaer im 9«)ein. 3Wufeum 31% XXI, ©. 124 ff. unb gbert a. a. D., fotote SSarbem
r)etoer ©. 390). Sei»***.
3bof 93if(t)of bon Gfyartre« (3bo ober Yvo Carnotensis), geft 1116. -
(^ine ^cfamtauögabe feiner SBcrfe (o^ne bie Pannormia) ersten ju $ari« 1647r &oL von
3*o 665
«bte ©oudjet; Hbbrucf bei M8L tom. 161. 162. fittteralur: L'&prit dlve de Chartres
dans la conduite de son dioecese et dans la cour de France et de Borne, *ßari« 1701;
3- Srronto, Jvonis Carnotensis ep. vita : J. Frontoms Epistolae et dissertationes ecclesiasticae
cum praefatione J. A. Fabricii. Hamburg 1720, ©. 490—510; W. 2lbrt), Yves de Chartres,
sa vie et ses ouvrages, These, ©trafeburg 184 i ; gr. SRiJfe De Ivone Carnotensi, ©re«lau 6
1863; 3. $ombrott)8fi, 300 to. Sartre«, fieben unb SBirfen, 2)iff.. ©reSlau 1881; ©cftum,
$>ie $oliti! $apft ^afäali« II. gegen STaifer £einridj V. i. 3. 1112, Safjrbüdjer b. Sttabemte
geineimiü&iger SSiffcnf*aften ju Erfurt (1877), 6. 23 ff.; <L ©ermahn, 8ur ©ef<fcid)te be«
feormfer (Soncorbat«, ©öttiitgen 1878; ST. groucault, Essai sur Ives de Chartres d'apres sa
correspondence, These, (S^artre« 1883; ftreufctualb, 5trt. „3öo": tfirc&cnlerifon VI, 1889, 10
@. 1144—1146; Smbart be Iq £our, Les elections episcopales dans l'eglise de France du
IX« au XII* siecle, $ari« 1891 ; 91. ©ieber, 39if*of 300 x>. Sartre«, $iff., Königsberg
1885; @$mein, La question de Tinvestiture dans les lettres d'Yves de Chartres: Biblio-
theque de Pecole des hautes 6tudes, Sciences religieuses, $ari« 1889; SB. ü. ©iefebredjt,
©efo)i*te ber beutfdien Äailerjeit 3. 93b, 5. «uff., fiei^ig 1890, ©. 666. 832; <L Wirbt, 16
3>ie $ub«aiftit im Scitaltcr Tregor« VII., Seipjig 1894, @. 70. 77; 5T. £aucf , Äirdjen*
gefäieftte $eutfcftlanb« III, Seidig 1895, ©.899. 907; U. Gfaoalier, Repertoire des sources
historiques du moyen-fige, $ari« 1877—1886 ®. 1130 f., Supplement 1888 ©.2662.
Son !gbo« 2**n ift wenig me^r befannt, al« toa« man au« feinen Sriefen erfetyen
fomt. ©eboren ca. 1040 im ©ebiet bon Seaubat«, bon abeliger $erfunft unb nid^t »
ofcne ÜRittel, ftubiertc et in $ari« bie frönen Söiffenfcfyaften unb ${tytlofop§ie, bann (bor
1062) Geologie im Softer See, too Sanfranc fein Ütfym, 2lnfelm fein 9Ritfa>üler toar,
tourbe Äanonilu« ju 5Re^Ie in ber 5ßi!arbie, hierauf ca. 1078 $ßropft be« ßljortyerrnftift«
©t Duentin in Seaubai«, ba« er bura^ Herstellung guter 3u$t unb bur<$ ben Stuf
feiner ©eletyrfamfett berühmt unb ju einer 3HufteranftaIt ber fogenannten regulierten 26
Äanonifer machte. 3m 3a^re 1081 na$m w *e^ an ^ner ©tynobe äu 3R0U^un un*>
galt bamal« fa)on al« einer ber berütymteften Sefyrer grranfreia^«. 1090 tourbe er auf
Smpfe&lung $apft Urban« II. jum Sifd&of bon ßfyartre« geroä^It unb empfing bon Äönig
Sß^ilipp I. bie 3nbeftitur. Seine 9Ba^l blieb aber nia^t o^ne 2lnfe<$tung, ba fein Sor*
gemaer ©ottfrieb I. bom ^ßa^ft toegen Simonie abgefegt toar, aber in granfreia) fiarfen 30
imWfyalt l&atte. 60 !am e«, bafe 3bo feine Sifd&of«toeü)e nid&t bon feinem üKetropoliten,
bem Srjbifc^of Slia^er bon 6en3, fonbem unmittelbar bon ^Sapft Urban II. am 24. 9?o*
bember 1090 in Gxfyua empfing (3aff6, Regesta pontif. Rom. Ed. IIf 3ix. 5438,
5439). 2Ui$ fpäter toar e^ ber $at>ft, ber ü)n gegen bie Anfechtungen feine« ßrjbifc^of«
m S^uft na^m. 85
(öefä^rlia^er nod^ tourbe ber Äampf, in loderen ^t>o mit Äönig tyfyltyp I. bon
granfreic^ bertoidelt tourbe, afö biefer 1092 feine re^tmäjjige ©ema^Iin Sert^a berftiejj
unb mit ber ©räfin 33ertrabe bon änjou eine el^ebrec^erifc^e Serbinbung einging. SBcu^renb
ber übrige franjöftfd&e Äleru« fd^toieg ober juftimmte, toiberfefcte ftd^ &o, inbem er bem
Äöntg erflärte, lieber tooße er fic^ mit einem 3Hü^Iftein am §ate in« 3Weer berfenlen 40
laffen, al« ba| er an bem fönigltcfyen ärgerni« fra) beteilige. 2Beber burc^ Drohungen
m>d^ bur# Serfprec^ungen liefe er ftd^ jur StDigung be« föniglid^en ©dritte« betoegen.
3U« ber Äöntg u)n be«|alb gefanaen fe^en liefe, tooQte ba« 33olf bon S^artre« i^n mit
©ettxüt befreien, tourbe aber bureg 3b0 ^aran ber^inbert. 2)a« @inf$reiten be« $apfte«
Urban II. (3aff6 5469) betoirfte feine greilaffung. — @in Äonjil ju SR^eim« citierte 46
1094 3bo bor feinen SRtcfyterftufyl unter ber 3lnitlage be« §od&berrat« unb ber berlejten
Untert^anentreue gegen ben Äönig. 3^° °hvc proteftierte gegen bie Äompetenj be« ©erid&t«
unb appellierte an $apft Urban IL, ber barauf 1094 unb toieberfyolt 1095 ju Glermont
ben Sann über ^ß^ilipj) beringte, ©päter bertoanbte er fw^ aber felbft hneber Jbei
$apft Sßafd&ali« II. für ben Äönig toegen Aufhebung be« Sänne« 1103, toie er überhaupt»
bemüht toar, in feinem 3Ser^alten $um fran^öfifc^en Äönigtum toie jum päpftlidjjen ©tu^l
Rrtng bie ©renken be« SRecfyt« unb ber SiUtgfeit &u toa^ren, unb friebfertige 3Rilbe mit
ß^afterfeftigleit ju berbinben.
93ei aller Ergebenheit gegen ben römifd^en ©tufyl unb perfönlia^er ^eunbfe^aft mit
$apft ^afd^ali« IL, ber i^m 1 100 ein ^rtoilegium in Setreff be« (Spolienrecht« berlie^ 66
(3aff6 5818), rügte ^bo boc^ offen bie ©ebrec^en ber päpftlic^en itetoaltung, bie ©elb*
gier römifc^er Segaten, bie ©imonie bei ber Äurie, bie Ungerea^tigleit päpftlicger ^^fu^en
unb mabnte ju fc^onenber Serücfftc^ttgung probin$ieUer Siechte unb (Sigentümlta^leiten.
®a^er ift 3to0 5U ^^ ^ertetbtgem ber gadifanifttyen ftird^enfrei^eit geregnet toorben
unb ^laciu« ift geneigt, i^n in feinem Catalogus testium fogar &u ben mittelalterlichen 60
SSa^r^eitöjeugen ju ^ä^len.
666 3»o
3n bem grofeen, jene gett betoegenben Snbeftiturftrcit fud&t $bo eine friebfiefo
jtoiföen ben Siebten berftircfye unb be$©taate$ flug unb billig bermittelnbe ©teflung enu
5une$men, ätynlic^ tote ber ifym natye befreunbete ßugo b.gleurty (MG SS IX. 337 sq. bgl.
b. 31. 33b VIII, ©. 433). ©eine änfid&ten über bte ^nbeftiturfrage unb ba$ 2$er#ütnte Don
s Äird&e unb ©taat (9Kirbt, ^ubliufttf ©. 512—514), enttoidelt 3jbo befonberS in einem «rief
an ben päpftlictyen Segaten ßrjbtfc^of $ugo ton fityon im ?ja$re 1099 (Ep. ad Hugonem
archiepiscopum Lugdunensem ed. 6. ©adfur, MG Libelli de lite imperatorum
ac pontificum saec. XI et XII conscripti, tom. II, 1893 p. 642 — 649), fotoie in
einem ©^reiben an *ßaj>ft ^ßafc^altö II. bom %. 1106 (epist. 189, MSL 162, i«j). aber
10 aud& foäter, afö $afd&ali3 II. toegen feine« Sene^menS gegenüber bem Äaifer §emric$ V.
im 3afce HU biele Singriffe ju erbulben ^atte unb bon ben §ierarc£tf(§en 6iferern
gerabeju ber Äefcerei befd&ulbigt tourbe, toar e$ 3jbo, ber ftd& feiner annahm, tyn ber*
teibigte (epp. 232 unb 236), unb ber inSbefonbere ben 23erfud& bcS gnbifäof* 3ofce*
rannuä bon Styon, burefy ein grofceä gaDtfaniföeS 9Jationalfon$il bie päpftltcfycn fiomef-
16 ftonen als ^aretifdji feierlich ju lonbemnieren, baburefy hintertrieb, bajj er mit fämtlic&en
93ifd?öfen beS ®r$bi3tum3 ©en3 gegen ba3 eigenmächtige SSorge^en ber fübfrangöftfc^en
Sifööfe proteftierte (ep. ad Ioscerannum unb beffen änttoort ed. 6. ©adfur, libelli II,
649—657). 2lud& fonft aeigen 3bo3 Sriefe neben ftttlid^er ©ntfd&iebenfyeit unb ^ierarc&ifdfc
firctylictyem ©elbftgefü^I ood? jugleid^ cfyriftlicfye &emut, Rumäne ©efinnung, nüchterne
20 93efonnentyeit unb eble greimütigleit gegenüber geiftlic^er toie tueltltd^er 3Jta$t, geben
aber aud& 3eugniS bon bem großen 2lnfe^en, ba$ !gbo „als Sic^t unb Drafel ber Äm£e"
im 9|"s unb 2lu$lanb genofc. 9tetye befreunbet toar er, too^I f$on bon See ^er, mit änfelm
bon Ganterburty, ber tyn mehrmals in(5&artre$ befugte; aber aud& mit beffen ©egner SRo&
ceDin ftanb er in 33rieftoed&fel unb föeint i|)n ^um SBiberruf beftimmt gu^aben (ep. 7).
25 35en 2lu3gang beä ^"beftiturftreite« unter ßalijt II. f)at 3bo nic^t mei&r erlebt, biet
mebr ftarb er noefy unter $Paj>ft Sßafd&aliS am 23. 2)ejember 1116. Db unb toann er
fyeiliggeforod&en toerben, ift ungetoife; $iu3 V. berlegte 1570 feinen (Sebäd&tniStag auf ben
20. SKai, AA SS Boll. Mai V, 248 sq.
S3on feinen ©Triften ftnb bie betonnteften unb toie^tigften bie tan ontftifc^en
80©ammeltoerfe, bur$ bie er einer ber bebeutenbften Vorläufer ©rattanS aetoorben ifl
(f. ben Ä. „Äanonen* unb ^efretalensgammlungen" ; 31. d. ©euerer, $anbbuc$ b. Ämfcen*
red^tö I, ©raj 1886 § 53 p. 241 ; %. gournier, Les collections canoniques attri-
bu^es ä Yves de Chartres: Bibliothöque de Tficole des chartes LVII, 1896,
©. 645 ff.; LVIII, 1897, ©. 293 ff. 410 ff. 624 ff.; berf., Yves de Chartres et la
86 droit canonique: Revue des questions historiques 32. Jj^rgang., 63. 8b 1898,
©. 51 ff.). 1. Collectio Tripartita (trium partium); 2. $a3 fogen. E>ecretum ober
Decretorum opus (c. 1095), eine atö Surctyarb bon Söormö (1012—1022), aber au<$
au« anberen unbefannten Quellen gefcfyityfte gro^e Sled^töfammlung in ftebje^n Supern,
tüa^rfc^einKc^ ein erfter ©nttburf, unb 3. bie Panormia ober Pannomia in 8 Sfi^ern,
wgef^ft au« bem Decretum; 9131 XXIII, 1898, ©. 634; beibe gebrudt bei Migne
t. 161 nadd ben früheren ausgaben bon gronto unb 3W. a 33o«mebiano.
SQBid^tig für bie &htn& toie für bie ßeitgefd^ic^te 3b0^ pnb feine 8 riefe, Ivonis
Carnotensis Epistolae (285) ed. $. ^it^oeu«, $ari« 1585; MSL tom. 162; Lettres
d'Yves de Chartres et d'autres personnages de son temps, 1087 — 1130, ed.
46 2. aRerlet: Bibl. de l'Scole des chartes., IV. Serie, tom. I, $orte 1855, ©.443-
471; Lettres de saint Ives, 6v£que de Chartres, traduites et annot^es par
Lucien Merlet, ß^artre« 1885; 31. ^ottfyaft, Bibliotheca historica medii aevi,
2«ufl. I, 1896, ©. 693; 5H91 XXII, 1897, ©.672; 981 XXIII, 1898, ©.264
9k. 11, ib. ©. 655. 664. 2)a$u lommen aß SJenfmal feiner eifrigen $Prebtgtt#üiflfcit
so 24 Sermones, an ^efttagen, auf ©^noben unb bei anberen ©elegen^eiten yt>
galten, barunter eine grofee über bie Sebeutung ber ^riefterlid^en ©etoänber, eine jiemfafr
magere über ba^ ©ebet be$ §erm. 9Rc^rere biefer fogen. Sermones bilben aud^rfu^
Xraftate über berftyebene bogmattfe^e unb (tturgifd^e ^agen, ). 33. de sacramentis
neophytorum, de excellentia s. ordinum, de significationibus indumentorum
66 sacerdotalium, de sacramentis dedicationis, de convenientia veteris et novi
sacerdotii, Quare Deus natus et passus sit (bertoanbt mit 9lnfe(m : 9?erbinbung ber
©attefaftionS* mit ber 2:eufetet^eorie). De cathedra s. Petri; De symbolo aposto-
lorum; De annuntiatione b. Mariae.
3)ogmatifd^en 3^altö ift ein Straftat de corpore Domini ad v. Berengarium;
60@£cgctif$en ^n^ato ein (ungebrudtter) ^ßfalmen-Äommentar.
3»o ftabafilaS 667
iDagegen ftammt nid&t auä feiner $eber baä Breve chronicon de rebus Fran-
corum (and) u. \>. %.: brevissima historia Francorum) bon Äönig Sß^oramunb
bi* auf Äönig $&ttiw, fonbern bon feinem grreunb $ugo bon gleurty ebenfo bie
Historia ecclesiastica (bgl. ben ä. £. b. gl. oben 33b VIII, 6. 433). 3ebenfoH3
aber gehört !gbo fd&on nacfy bem 3Jtajj beffen, toaä toir bon feinen ©Triften fielet
ju ben frud&tbarften unb gelehrtsten fird&Uc^en ©ctyriftfteHern beä 11. 12. $a$r*
SBerfd&ieben bon u;m (aber bielfad^ mit tym bertoed&felt) ift ber ^furifterüpittron
3>bo $elori (ober Ivo de Ker Martin, Saint- Yves) geboren 1263 ju Äer uRartin
in ber Bretagne, *ßriefier unb Offijial ju StenneS, foäter ju $reguier, berbient als 33e* 10
föüfcer ber Slrmen unb SBittoen bor ©ericfyt, fotoie als ©rünber eine« $ofj>iiafe in feiner
Pfarrei Sofymnec, too er ben 19. 9Rat 1303 geftorben fein foO. ^apft (Siemens VI.
lononifterte ü)n 1347, AA SS 19. Mai; gab6, Hist. de St. Yves, StenneS 1851;
Nouvelle Biographie g£n£rale, t. 46, p. 916 sq. SQberbingf Styjm, $er ffl. 3bo,
Ära$enlqrilon VI, 6. 1143 f. W*%tum*uu t (Gar! Wirbt). 16
&.
Stab f. 3Rajjc u. ©etoid&te.
SabafilaS, 9iilo$ unb 9ii!olao3, 14. Sja^unbert. — Sitter atur: SabriciuS-
fcarlefe, Bibliotheca Giaeca 10, 20—30; ©afi, $ie SJtyftif be« WfolaoS Äabaftla« 1849,
fteue (Xitel*) ÄuSgabc, mit (Stnfüljrung üon 3JI. ©etnje, fieipjtg 1899; Demetrakopulos,
Graecia orthodoxa, Lipsiae 1872, ®. 76 ff. u. 83 ff.; ftrumbac&er, ©efd)ic&te ber ö^an* 20
tinifcfen fiitteratur 1897, namentütf 6. 109 f. unb 158 f. ßeftte Sammlung feiner SBerfe bei
MSG »bl50
Unter ben Metropoliten bon 3#effalonicfy führen im 14. ^a^r^unbert gtoei ben
tarnen ÄabaftlaS. ©er ältere, 9tilu3, um 1340 unter SoljanneS Äantafujenuä lebenb,
gehörte jur ftrengften antirömiföen Partei, toeS^alb feine Sänften (befonberS de primatu 20
Papae ed. M. Flacius Illyricus, Francof. 1555) erft bei ben 5ßrotefionten 93ea$tung
fonben. Ungleich bebeutenber ift ber jüngere, SRüolauS ÄabaftlaS, ber ©d&toefterfo^n beS
Vorigen, bon toeld&em toir fyier fyanbeln. Über baä Seben biefeä 3Jtanne$ toiffen toir nur,
bafe er anfangt ©accDariuä ju Äonftantiopel fear, bafe er toäfcenb ber bürgerlichen
Unruhen juerft auf feiten ber $aläologen ftanb, bann aber mit bem SReid&Sbertoalter ftan* 30
talujenu* ftd& befreunbete unb bon biefem gu poltttfdjen (Beübungen benufct tourbe. Sin
bem ßefocfcaftenftreit (f. 83b VIII ©. 14 ff.) na^m er unbjtoar im Sntereffe ber 2ltyo&
möncpe unb afö ©egner be$ Sarlaam unb be$ SRicepty. (Sregoraä teil. 2Batyrföeinlid&
toar er felbft 3R'dnd) unb gelangte bom Saienftanbe rafd& jur bifdjjöflid&en Söürbe, bie er
ald 3Retrot>olit bon Ityeffalonicty unb 9iac^foIger feine« eben genannten CtyeimS 9l\ltö be« 85
Oetbete. (Sr ftarb im !gaf>re 1371. 9lifoIao« Äabaftla« ift nid&t allein auf bem ©ebiete
ber Geologie aU S^riftfteBer ^erborgetreten. 6« gefyen aud^ ^^ilofo^ifd^e ©Triften
unter feinem SRamen. 3Son feinen tfyeologifcfyen ©Triften berbienen namentlich jtoei be=
fonberd ^erborge^oben 5U toerben, juerft feine fteben köyoi negl xrjg h Xqiot(P Ccoijg.
Sie fidleren i^m neben S^meon bem neuen Geologen einen |erborragenben 5ßla^ unter 40
ben grie#ifd(>en 3Jl^ftiIern. (Sine lateinifcfye Überfe^ung biefe« Sßerte« lieferte juerft^afob
^ontanu^ (Ingoist. 1604 cum Philippi Solitarii dioptra, toieber obgebrueft in ber
BibUoth. PP. Lugdun. T. XXVI, p. 136) mit SBeglaffung feine« ftebenten Suc^c«.
6inige äuS^üge lieferten 3lrfubio« in feinem Söerte De conc. eccl. or. et occ. 1626
S. 180 unb 189 unb 3llbert %al)n in ben „£efcfrüd&ten b^ant. Ideologie" (JE^Sm 1843, 46
S. 724). SoDftänbtg ift baä genannte SBerf bon öafe a. a. D. griec^ifd^ nac^ brei
^anbfe^riften unb mit einer auefübrlicfym Einleitung herausgegeben toorben.
3)iefe fteben Sucher ober Sieben ;/bom Scben in G^rifto" bürfen ate merftoürbigeä
ättenftücf einer no$ toenig beamteten b^antinifd^en sDh)(ti( gelten unb berbienen beäbalb,
668 ftnbnfiln«
bajj toir bercn 3n$alt unb ©ang furj cfyarafterifieren. (Srfyebung über ba« Sinnliche,
©infüfyrung in ba« unvergängliche 2eben, feie e« in ßfyrtftu« aufgegangen ift, £0*17 unb
äqp&ctQoia ftnb ein ^auptgebanfe ber altgrtectyifd&en Geologie, Welcher anfänglich burcfcau«
ibealiftifä gefafet unb mit bem ^rin^ib ber 2öillen«fretyeit berbunben tourbe. Stocher
b aber empfing biefe 2lnfid&t burcfy mehrere ©d&riftfteHer eine realiftifd&e unb teiltoeife
mtyftiföe Söenbung, toeld&e burc$ bie ©tymboltf be« Äultu« begttnftigt tourbe. 2Ba« bie
^eiligen §anblungen barftellen, foCC aucfy btynamifd? in bie geiftleiblid&e SDtenföennatur ein-
bringen, ©c$on bie mtyftagogifcfyen Äated&efen be« ©jrill bon Igerufalem faütfen burc$
Deutung ber rituellen -Dtomente bie innere Umbilbung be« 9Wenf$en an bie ^Reihenfolge
10 ber faframentifäen Verrichtungen. $jeubobiontyfiu« gelangt in ber ©rfenntni« be« ©ött=
liefen nu feinem pofitiben SRef ultat ; inbem aber ba« göttliche SBefen im ungetotffen #eH*
bunfel bleibt, foD e« boefy burd^ bie Slnftalten ber Itrd^Itd^en $ierar#ie, toelc^e bie ^hnm*
lifcfye abbilbet, un« nahegebracht unb bon un« angeeignet toerben. Der fpätere S^ymfc
ni«mu« folgt biefem fym6olifterenben triebe fo toeit, bajj er am liebften bie ganje ©eft
15 unb ebenfo bie Äird&e mit ifyren formen unb $anblungen burd& ibeeQe 2lnftriehtngen
erflären toill, toobei er in ©efa^r fommt, ba« ttberfinnlicfye böDig mit bem ©umliefen
au«$utauf$en, alfo eine unmittelbare (Srfafyrung unb Berührung &u ftatuieren, toelefc
bie Ijöd&ften geiftlicfyen ^Realitäten in bem ©laubigen jur SBirffamfeit bringt. 6tne anbere
ebenfalls mtyftifcfye Stiftung, bonSKacariu« unb anberen au«gefyenb, fyat einen me$r prafc
20 tifcfca«Ietifcfyen unb fontentylatiben Gfyaralter. Diefe beiberfeitigen ©lemente ftnben jtc&
bei Ä. geeinigt, aber fo, bafe er, otyne ben mtyftifäen 3ug feiner Denfart ju berfeugnen,
in allen 6rf lärungen eine lebhafte unb in jener 3*it ungetoö^nlid&e ßmpfänglid&leit für bie
ftttlic^e Aufgabe be« Gtyriftentum« berrät. an bie ©l% ftellt &'bie Untertreibung ber
jefcigen unb ber lünftigen Söelt, toeld&e bergeftalt ineinanbergreifen, bafe ba« in ber einen
25 ©e^eugte bon ber anbern aufgenommen unb boQenbet torrb. Der ÜRenfd^ fott au« bem
bunfeln 3uftanbe eine« ßmbrtyo tyienieben emporfommen, um jenfeit« ber botten Setoegung
im Sichte fä^ig ju fein. Die je^ige 2Belt gebiert ben mtoenbigen 9Renfd&en unb ergießt
ibn für eine anbere, nie alternbe, tooju fte au« biefer lefcteren bie 93ilbung«mittel unb
Strafte entnimmt. Die cfyriftlid&e Offenbarung bient biefem 3toecfe baburdfc, bafi fte bie
so ÜRäc^te be« $5enfett^ in ber gorm eine« Beben« in Gfyrifto auf ben gegentoärtigen Soben
ber^Panjt. S^riftu« felbft ift ber Übertrag auä ber überirbifd^en 9Belt in bte irbifc^e,
unb ÄabaftlaS Gilbert ben §eilanb mit begeifterten SBorten ate ben 9lu^ej)unft be*
menfd^lic^en Serlangen^ unb bie ^öcfyfte fiuft ber ©ebanlen (rgvqf^ rcov Xoyiofjubv), aö
93erförperung be^ unenblidjen ©ute^ unb aU bon Anfang ibeeQ gegenwärtigen unb bann
35 toirtlid^ erf^ienenen 5ßrotot^ be« 3Jtenfd&engefd&le(tyte$. Söeld^er 3Kittel bebarf e« nun
aber, bamit biefe neue £eben$ric$tung in und einbringe? Der ©$riftfteQer nennt ein
bobj>elted; juerft mufe ber mit ber menfd^Iid^en ©ünbe gegebene ftejiftfd&e ©egenfa^ unb
Slbftanb bon ©ott ^intoeggeräumt unb ein 3uffofs bimmlifd^er Äräfte eröffnet tansben,
bann aber aud^ bie ^ä^igfeit Einzutreten, jened aufgenommene t^ätig ju ergreifen unb
40 feftju^alten. 3Kit anbern SBorten : bad Seben in 6|rifto bottjie^t ft$ m un« burc^ bie
beiben 2öerfyeuge bed ©ahramentö ober 3Rvfteriumd unb bed menfd^lid^en SBiöend. 3";
bem baä ©aframent bie 9Jaturfeite be$ SWenfc^en übernimmt unb bie 3u0Änfle öffnet,
toelc^e bem ^öd^ften ©ut aufnähme berfc^affen, ber SßJiDe aber an bie ©pi$e ber ®e*
fmnung unb be« §anbeln« tritt, toirb burc^ ba« 3ufammento^en Leiber 3Käc^te ber
45 ^rojefe ber SBergöttlid^ung (dtwoig) ober ber 93erä^nli<$ung mit ß^riftü« bottenbet ^ie
Snttoicfelung be^ erften fatramentltc^en Jaftor^ toetft auf Slnftc^ten bed bierten unb fünften
^a^unbertS ^urücf, bie beä anbern §at SSertoanbtfd^aft mit ber oben ertoätynten praÖiW«
Mic^tung be$ STOacariu«. sJJä^er auf bie ©aframentäletyre ber ©rieben einjugefyen, if*
nicfyt btefcö Orte«, ©ie fc^toanfen in ber 3aW&eftimmung, J«id^nen aber neben Xbenb*
50 ma^l unb Xaufe befonber« bie ©albung mit bem 3Jtyron au$. Unb i^re Äuffaffima
unterfd^eibet ftc^ bon ber lateiniföen baburd^, bafe jene fic^ mefyr in ba« ©e^eimnt^ofle
ber mit ben ©aframenten berbunbenen unb innerhalb be« 3Renfd^en borge^enben götfc
liefen SBirfungen bertieft, biefe bagegen ba$ ürd^lic^ ^raftitte SKoment ftärler berüchtigt
Sead^tet man bie«, fo i^aben bie 2lu«fül;rungen be« Äaoafila« in ben erften löüd&ern
65 toenig ©c^h)ierig!eit. Die Staufe ^unäd^ft, toie fte auc^ übrigen« al« ßrleuÄtung, Siegel
unb ©nabengabe betrieben Werben mag, bebeutet tyrem 93Befen na<$ ben Anfang etntf
neuen ©ein« (ägyi] rod elvai). Der 3Renfc$ j^atte nid^t me^r ben urft>rüngti($ ij^m
arter .-..-«.
berliefyenen (Sbarafter unb toar gleic^fam in eine Ungeftalt be« SSergänglid^en jurärf*
gefunfen. Die Saufe aber giebt ifym bie berlorenen ©runbjüge mrüdf unb übt einen
eo toieberjeugenben unb geftaltenben Silt, Welcher natty bem SRufter be« Sbealbilbe« fehmn
Sobaftla« 669
Seben bic unfenntli$ geworbene gönn unb 93ilbung abermal« einträgt unb au« bcm 33er-
borgenen an« 2id&t bringt. Sitte« eigentümlich c$riftltd&e @eiftc«bermögen, jebe ßrtyebung über
bie menfd<c^en SRaturgremen ftammt au« biefer Duelle. Die« alle« bebeutet bie laufe
nicfyt allein, fonbern bewirft e« jugleicfy bermöge einer geheimen, faft magifd&en 93erüfyrung
bon SBaffer unb ©eift, otyne bafe ber ©d&riftfteller fonberlicfy bemüht Wäre, ©tymbol unb 6
©ad&e &u fcfyeiben. Da« {Weite ©aframent, ba« be« 2Jtyron, früher mit ber laufe ber*
bunben,. erhält f<$on bei Diontyftu« einen felbftftänbigen 2Bert. 9tac£ Äabaftla« iftßtyriftu«
toie bur<$ feinen lob ber ©runb ber laufe, fo burd& feine irbifd&e ©rfcfyeinung ber Slu«*
gang«t>unft be« 3Jtyron. Die 9JtenföWerbung Gfyrifti al« be« ©efalbten liefe bie gülle
be« ©eifte« au« ber $öfce in ba« enge irbiföe ©efäfe einftrömen, bamit bon i|m au« ber 10
®eijl in ta« 93ett ber Äirctye fyinübergeleitet Werbe. Die ©eifte«falbung bewirft alfo @in*
füfyrung in ben bcfonberen ß^riftenberuf. Die in ber l^ufe SWeugeftalteten Werben burd&
ba« 2Rvron £* tätigen Organen be« ©eifte« unb mit beffen &ab^n au«$eftattet. Da-
bei erinnert ftabaftla« an bie alte ^riefter* unb Äönig«Wetye unb an bie apoftolifd&en
S^artemen. 15
Den britten ©rab ber SBolIenbung fügt enblic^ ba« Slbenbma^l tyinm. Der
©<$riftftetter berfätyrt burcfyau« im ©eifte ber faäteren griectyifd&en Geologie, wenn er
bem Slbenbma^l eine Äraft ber Umfcfjmeljung betlegt, aber nid^t allein ber ftdjtbaren
(Elemente, bie in ben £intergrunb treten, fonbern ber menfölic^en ©ubjefte; Die gorm
ber 6u<$ariftie ift bie be« ©enuffe« ; folglich mufe, loa« fte in un« tyerborbringt, einer 20
bottlotnmenen inneren UmWanblung, einer innigen ©nberleibung unb 93ermäfylung (ydjuog)
mit ©frrifto gleiten. Äabafila« ge^t fo Weit, au« biefer fxexaßolri eine mtyftifd&e Slut«?
bertoanbtfcfcajt mit bem §eilanbe ju folgern, Welche fogar bie leibliche Slbftammung an
Unmittelbarteit übertrifft, Sfyriftu« Wirb in ben ©eniefeenben ^ineinberfefct unb )u beffen
anberem ©elbft (äkXog avtog) erhoben, unb biefe ©emeinfe^aft ift um fo unbergleicfc 26
lieber, bd SWatur unb greift be« 3Renfd&en in fte eingeben. Die glieblic^e Slnge^örigleit
chte« 9laturorgani«mu« berbinbet ftcfy mit bem freien ©efyorfam ber Äinbfd^aft. Da«
fünfte 33u<$ föeint biefen gufammenfyang m unterbrechen, bod& gehört e« al« Slntyang
jum borigen, inbem e« in ber „2tltarWetl)e" ben ^eiligen 33oben betreibt, auf weld&em
unter bebeutung«bollen liturgiföen Vorgängen ba« -Bfyfterium zubereitet toirb. Dod& über- so
gefycn Wir biefe, obgleich työd&ft eigentümliche -Dtyftagogie unb bemerten nur ba« 9tötigfte
über bie legten äbfdfjnitte. Der p^ftologifd&en s3Jtyfttf, Weld&e einen Gtytlu« bon Statur*
beränberungen be« menfölicfyen Söefen« betreibt, tritt mlefct eine @t$if nur ©eite. Dem
fcöcfcften ©ut mufe nad& bem {Weiten ^rm^fy bie fyöc^fte Xugenb entforedjen. Die Xugenb
aber Wirb, unb ba« gereift bem ^abaftla« ju großer Gfyre, leine«toeg« in mönd^ifd^e 86
©dj^ranlen gebannt. 9?ic^t auf a«!etifd^en 93ef$ft>erben nod^ auf SBBageftütfen ber (Snt-
^altfamfeit, fonbern auf ber regten ©emüt«befc^affen^eit, alfo auf ber entfd&iebenen §in=
gebung be« SBBillen« beruht alle ©efunb^eit ber ©eele, unb biefer $üd&tigleit ^at ber
ÜJiettfa? um fo eifriger nad^jutrad^ten, ba fein äBiffen unb ©rfennen jeberjeit ©tüdtoerf
bleibt. Der 2BtHe fyat ^unäd^ft ben faframentlic^en (Sinflüffen ftc^ Wiberftanb«lo« anju- 40
jc^Hefeen. Dann toerben tym eine Steige frommer (Srtoägungen (Xoyio/uot) jugefü^rt,
Welche einen Vorrat guter ©ebanlen im inneren anhäufen unb ben Slnbrang f$le$ter
unb bämontfd^er Seije jurüdtweifen. Der Weitere ^rojefe fc^t benSöitten ben Slffeftionen
ber Jfeeube unb Iraurigfcit au«, bamit er burd^ bie Setrübnt« gereinigt, burc^ bie gfreube
am ®uten unb an ©ott aber ben ©$ranien eine« felbfttfd^en Wohlgefallen« entrücft 46
Werbe. Suft unb Unluft btlben bic vneQßokii rfc defoioecog, unb ber $rüfftein ber fttt«
Bi^en Suft befielt in ber ^ä^igleit o^ne $$erminberung i^rer inneren ©tärle ftc^ au«*
jubetynen unb mm lebenbigen 3lnteil an bem ^öc^ften SlUerfreuIid^en ju ergeben. Gnblic^
Wirb ber ©i))fel ber Siebe erreicht unb bamit ber bölligfte ©egenfa^ be« @goi«mu«.
ftabafila« ergebt ftd^ in f^WungbolIen 2lu«fbrüd^en, Wenn er bie 2iebe«geWalt (q?iXrgov) öo
f^itbert, Welche, Wie fie einft ©ott ju ben sj)tenfc$en ^erabjog, fo biefe jefct ben gemein
i^wer felbftifc^en Sfolierung entreifet unb nötigt, für ifyn, nic^t für ftd^ ju leben. Da«
$^iltron ergebt aur bollfommenen ©elbftentäufeerung unb ©elbftbergeffen^eit, unb ba«
ift ber S^ftanb beffen in welkem ©atrament unb SBille in työcfyfter SÖBeife jufammenWirten.
Da« {Weite bebeutenbfte t^eologifc^e 2UerI be« Äabaftla« ift feine 'EQ/mrjveia Tfjg 66
#eiag kevzovQyeiag, juerft ^erau«gegeben in ber Bibl. vet. Patr. graecolat. 2 ($ori«
1624) 200 ff., Wieberabgebrudt bei 3)tigne a. a.D. ©ie ift mit ber 3lu«legung be«
©tyneon bon I^effalonic^ bon gröfetem (Sinflufe geWefen auf bie 3lu«geftaltung ber f^m*
bolif^en Sluffaffung be« Äultu«. Mod) ^o^anne« Stat^anael beruft ftc^ in ber ßinleitung
)u femer £iturgieau«leguug bon 1574 auf unferen 9lilolao« (Legrand. Bibliographie eo
670 ftaboftfn* Sabbala
Heltenique aux XVC et XVIC siecles II, 1885, ©. 202), be$gleid&en bic frätcren
3Jtyftagogen.
3Son feinen Sieben ftnb gebrudft, bie auf bie ^eilige Sl^eobora unb ba$ Snfomion
auf ben ^eiligen 2)emerriu3, erftete bei 9Rigne, leitete« in ben Mrrj/uela ävioioytxä,
5 93enebig 1884. Den loyog xaxä toxiCovtojv gab nierft fyerauS Dafctb £oef<M,
Augustae Vindelicorum 1595, berfcoDftänbigt finbet er ft$ bei SKigne a. a. D.
9?on feinen j>tyilofol>bif($en ©Triften mag ertoätynt Serben bie Schrift gegen bie
toieberauflebenbe antife ©repftä, bie 611er unb 9iaberma$er in ben Analecta graeca,
Sonner Uniberntät^rogtamm, ©eorgi 1899, herausgegeben ^aben.
10 Über bie ©riefe be$ ÄabaftlaS unb bie ^anbföriftlicfye Überlieferung fetner ffierfe
fte^e Ärumbad&er a. a. 0. ©. 159. $a§ t (W. Weiter).
&nbbnln. — Sitteratur: 2)ie ältere Literatur finbet fid) ftufammengetragen bei
©iulio Jöartolocci, ßibliotheca magna rabbinica unb bei 3°§- @P&« *Bolf, Bibliotbeca he-
braea, Tom. II unb IV. $uf eine ooflftänbige Sluffüljrung ber älteren SBerfe oerfticftten wir,
15 ba biefelben für ba« SBerftänbniS ber Äabbala nur oon geringem SSerte fmb. 3)ie JBerfaffer
nmren nidjt im ftanbe, ba* fabbaliftifdje Softem feinem ©eifte nad) ju erfaffen, fonbern galten
fidj bei ©injelljeiten auf, wobei fie oon ber Stofffüüe erbrücft werben, SBir erroä&nen nur
3. ©• SBadjter, 3)er SpinojiSmuS im ^ubentum, ober bie oon bem heutigen Subcntum unb
beffen geheimer Äabbala vergötterte Seit, «mfterbam 1699, 12° (eine an 9Rofc3 ©ermann«
20 = $eter Speetb oon ftugSburg gerichtete polemifc&e €djrift) ; berf., Elucidarius cabbalisticus
s. reconditae Ebraeorum philosophiae brevis recensio, flftom 1706, 8°; 3- S* ©ubbeuS, In-
troduetio ad historiam philosophiae Hebraeorum, §atle 1702 unb 1721, 8°; 3* ©aSnage,
Histoire de la reügion des Juifs depuis J. Chr. jusqu'ä present. Tom. III. SR otterb. 1707
big 1711, 8°. Nouv.Edit. in 15 Vole. £aag 1716, 12°; Sac.örucfer, jhirfce Strogen au3 ber
25 pfjilofopfu'fcben fciftorle, 4. 33b, Ulm 1733, fl. 8°; 3ac. 3fr. SReimann, Einleitung jur$ifrorie
ber Geologie insgemein u. ber jübifc&en inSbefonbere, Sftagbebura 1717, 8Q; 3 JJ« ftleuter,
Ueber bie SRatur unb ben Urfprung ber ©manation3lej)re bei ben Jcabbaliften, Stfga 1786, &;
(£1. ©aflina, ^ "WO, <£fjiromantie; WSTgri maünt «ß^ftognomif ; mit jüb. beutffler
Ueberf., grantf. a/D. 1799; %\)o\ud, De ortu Cabbalae, fcamb. 1837, 4°; ©. Ä. Suttcrbed,
30 S)ie neuteftamentl. fiefcrbegriffe, 1. ®b 1853; &r. 3of. 2Rolttor, $&tlof. b. ®ef*. ober über bic
Srabition, 4 $be, fünfter 1827-1853, 2. «ufl. 1857, 8° (9Rebr eigene pljtlof. ©cfd)td)td.
betradjtung als objeftioe ^arftedung be3 fabbal. ©uftemä); 3ul. #amberger, 3)ie tpbe $e-
beutung ber altjübtfdjen £rabitton ober ber fogeuannten Äabbalab, ©uljbad) 1844, 12° (üb'
bruef ber SRecenfion in SRündjner ©ei. feigen oon 2Ko(itor$ ijtyUofop&ie ber Öcfdjt(t)tf).
35 ©rünblidjere 83eleljrung über bie tfabbala oerbanfen mir 3K. ©. gre^ftabt, Philosophia cab-
balistica. Ex fontibus primariis adumbravit atque inter se comparavit, Königsberg 1832,
4°, Ziffer!.; berf., ^abbaliörnuä unb $ant^eidmu3, 1832, 8°; $eter »eer, ©efdjtdjte unb
Meinungen aOer beftanbenen unb nod) beftefjenber Setten ber Quben unb ber (Stebeimlebre
ober ÄabbalQft, 2 93be, »rünn 1823 (bie Äobbola mirb im 2. ö. be^anbelt); 3*. 60I.
40 S3or*ar6t, 9(uSlrgung ober apobittifdje Sa^v^ett eined tabbal. SlmuletS, al§ 3nbegriff ber
ttjeoret. unb praftifdjen ßabbala^ Berlin 1831 ; 91. Srancf, Systeme de la Kabbale, ou la
Philosophie religieuse des H(3breux, $ariö 1843, 8°: 2. ed. $ari3 1892 (Ueberfefrt, oer-
beffert unb oerme^rt oon 2lb. ©elinef [SeOincf], ßei^ig 1844, 8°). (@ine febr eingeftenbe
XarfteQung bed tabbaliftifc^en S^ftemd, bie nur baburef) an Objefttuität verliert, ba& ber
4öSBerfaffer für baö ^obe «her be^felben eintritt); 3R. $. ßanbauer, fiitteraturblatt beÄ Orient«,
30^1845, S. 178 ff. unb 1846, Wr. 12 ff. (SBidjtigc «uffäpe über Urfprung, Gntwicfeluitg
unb feürbigung ber Ä.); 5). #. 3oei, 5)ie JHeligi onSpbilof ophie be* ©o^ar unb it>r Serftfitt»
ni8 jur aügemeinen jübifdjen ä^cologie, fieip^. 4849, 8° (Sine fritifdje Beleuchtung ber granrf'
f*en Äabbala); 3tt. ©teinfdjneiber in(£rfd) unb ©ruber« 5R.©. 27. Ob §§ 5 u. 13; «. Setttiiff,
50 Seiträge jur ©efd)id)te ber ^abbala, 2 $>eftef £eipj. 1852, 8° (<5e£r mertoolle Stubien); berj..
nbnpn n?2Dn v:zt 9lu«»a^l fobboliftifcbcr 3Kt)ftifr nad) ßonbfcfir. §erau8gegeben, 1 ©eft,
tjebräifd) unb beutfeb, ^eip^ig 1853; berf., $büofop^ie unb ^abbala, 1 $eft. entbaltenb Abu*
lafta« Senbfcbreiben über $f)ilofopf)ie unb ^abbala unb SlquinoS Vb^anblung: de animae
facultatibus, fieip^ig 1854; 3. Wl. Soft, «bolf Seüinef unb bie Äabbala, ßeipjig 1862;
55 Wl. ®§. fiuaatto, ^P.';i "lp.^ $^itofop^ u. flabbalift, mit lat., beutf*er unb bebr. (tinleitg.
oon gre^ftabt, ÄöniflSb. 1840; S. ^.fiujatto, ^^1 , Dialogues sur la Kabbale et le Sohar
(^ebr.), ©oerj 1852 ; 3S. sJWiffe8, Zaphnath Paneach, S)orftelIung unb fritifefte ©eleu<fttuag
ber jub. ©et)eimfef)re, 2 ^efte, tfrafau 1862—63; 3. ß. SRoSner, -pr:n T\ «bbanbl. über
5ßf)ilofop^ie unb flabbala, ^ebräifdj unb fur^er beutfdjer äu«jucj, tBien 1882; »erf<ftiebene
«0 »iebtige Jejte alter fobbaliftifc^er SRibrafcbim mit furzen Einleitungen ^at 3«Dinef in
feinem Bet ha-Mid rasch 6 33 be üeröffent(id)t. gerner be^anbelte bie ftabbala fL. 9bler,
2)ie ^abbalat) ober bie fteügiondpfjüofoptyie ber Hebräer. 3at)rbüdjer ber ?t)ilofop^ie oon
^oaef, 1846-47; 3. 3K. Soft, ®efdji«te ber SSraeliten, 9. »b, »erlin 1820-1828; ben.
allgemeine QJefcljic^te bed töraelitifd^en ^Bolfed, fomo^l feinet ^weiten Staatdieben« ald aud)
cö ber jerftreuten ©emeinben unb @eften bi« in bie neuefte 3eit, 2. ©b, ©crlin 1831-32;
ftabbala 671
©Tfifr in ftranfeiS aRonatSfärtft, 3at)rg. 1858, 8. 115 ff. unb 3ai)rg. 1859, 6. 67 ff. (Sine
objettitoe SBürbigung ber £. giebt ©räfr in feiner ©efd)id)te ber Suben im 7. 8be, ogl. bt*
fonberS Sßote 3, 6. 442. $erDor$uljebcn finb nod) bie $arftellungen oon gunj, S)ie gotteS«
bicnftlicfcen SSorträge ber 3uben, 8. 165 ff. (ber 1. 91ufL unb 8. 415ff. ber 2. &ufl.), unb
Sitteraturgefdjidjte ber funagogalen Sßoefie, ftote 7, 8. 606; $aü. Gaffel, £ef>rbud) ber jübU 6
f$en ©efd)i*te unb fiitteratur, Seidig 1879, 8. 228 f. 292 ff. 435 ff. 490 ff.; 8. BW, $ie
©efd)i<$te be« jübif*en »olfeS unb feine fiitteratur, grantf. a/9R. 1894, 2. «uff. 6. 260 ff.;
9. StaxptM, ©ef*id)te ber jübifeften fiitteratur, Berlin 1886, 8. 667 ffx; fi. 8tein, S>ie
6d>rtft beS fiebenS, 8tra&b. 1877, 2. 8b, 8. 285 ff.; S^nef, 8efer ha-Ot (ttpofatypfe beS
$feubopropbeten unb $feubomeffia8 Bbrafrnn Hbulafia) in: Subelfcftrift jum 70. Geburtstage 10
be3 $rof. Dr. $. ©rä&, 8re8lau 1887, 2. «btlg. 8. 86 ff. (ftebräifdjer £ert mit furjer @in-
leitung); $f). ©(od), 2>ie jübifefte 9Ruftit unbßabbala, in: Sinter unb Sänfte, $ie jübiftfte
fiitteratur, 3. ob 8.217—286 (2iuc& feparat erfdjienen unter bem Xitel: ©ef($id)te ber @nt-
uricfehing ber Äabbala) Xricr 1894 (3n bie XarfteQung finb jatylrcidje Ueberfeftungaproben
eingeflößten.) Ueber bie (Sinflüffe f)eibnifd)er Elemente auf bie tfabbala f. 8. SRuben, Reiben; 16
tum unb äabbala. 23ien 1893. 3n (Snctiffopäbien unb SBerfen über bie ©efdndjte ber $&üo«
fopbie ftnbet ftcf) ber Äabbali§mu8 be&anbeit bei $rug, (Snct)HopäbifaVpf)ilofopt)ifd)e3 gertton,
2. 8b, fieipaig 1827, 8. 494—496, ugl. nod) bie «rtifel «fibtjQ, Wec&oria unb 8imeon, 1.8b
8. 73, 3. 8b 8. 37, 8. 675 f.; Sennemann, @efd)id)te ber <ßf)ilofopbie 9.8b, fieipjig 1814,
8. 167—185; ogl ©runbrife ber ©efdtfdjte ber <ßtnlofopbie 5. 9luff. (bearbeitet oon Ämabeu« 20
öenbt), Scipjigl829, 8. 206 f., 306—310); Eoad, $bilofop&ie=gefd)id)tlid)e3 fierifon, fieipjig
1879, 8. 462-466; Uebenoeg. ©runbrijj ber ©efd)id)te ber <|il)Uofopbie ber patriftiftften unb
fd)olafttfd)en 3eit, 8. Wufl. (beforgt oon Dr. Wai ; £einje), 8eriin 1898, 8.237—245; Filter,
©efä. ber $$tlofop$ie 9. Xeü, ©ef$. bei cftriftl. $f)ilofop&te, 5. Jett, 1850, 8. 315-335.
I. Segriff, 9?ame, ßntftc^ung, Gljarafter unb 3toecf ber Äabbala. 26
5Die Äabbala, bie 3#cofop^ie ober ©efyeimtoiffenfcfyaft be$ 3ubentum3, Mbet «nen Seil
ber imentalifdjjen *ߧilofopljic unb ift als fold&er ber @e|$ic$te ber ^ilofop^ie einjuglie*
bem. Dbtoofyl fte ben 9lnfprud& erbebt, bte in$ ßeitalter ber Sannaiten binauhureid&en
unb ^erborragenoe äutoritäten, toie 33mael ben ßlifa, Stmeon Un $od&ai unb 9Red&unja
ben fydana, ju tyren Urhebern macfyt, fo fyat bie neuere gorfebung boc^ erhriefen, ba^ fte so
ein rein mtttelaIierKd&e$ ^robuft ift. Sc^on ber SJjtame Ä. (™ap. bon ^V.f empfangen,
entgegennehmen), obtoo^I berfelbe auf trabttioneße Überlieferung ^mtDetft, !ommt,in feiner
jnrägnanten Sebeutung erft im 13. 3^r^unbert auf. 3m lalmub bejeid^net nbsp_ btö«
toeilen ba« tyagtogra^iföe unb prop^etifc^e Schrifttum im ©egenfa^c jum ^Pentateud^ ober
ber 2$ora. ^ßgl. SRofdr; ^afc^. 7* unb 19*. 2U$ miffenf^aftli^e« Btfttm fü^rt bie Ä. 86
balb ben SWamen ™?pn r-:^r; XrabittondtDtffenfc^afx, ober ~F?? ^t1?, abbrebürt
V71, geheime SBBiffenfc^aft, unb i^re Vertreter unb Slnfyänger liebten e^, ft^ s^rr?;,
Serftäibige, emftd^töbolle, ober mit einem 93Bortfpiel : V'n **?*, Äenner ber geheimen
fflrjfenfc^ft gu nennen.
$te ßntfte^ung ber S. fällt in jene 3c*t/ \vo im 3«o«nr"w etnerfeits eine grobfmn« 40
ix^t ant^ro))omort)^ifttfc^e ©otte^betrac^tung r;crrfc^te, too anbererfett« ber 5ßlatoni^mu«
mit bem 9riftoteli$muä in feiner 3(nh)enbung auf bie ©eftaltung ber ©runble^ren be$
jubtf^en ©laubend jufammenpraUte. W\t Waxmum (s3Jiaimonibe^) ^atte bie rationaIt=
jtifäK 2)en!h>eife i^ren §5^e))unft erreicht. 2)te biblif^en ^orfc^riften tourben bor ba$
gforum ber SJemunft unb beä 4?erftanbe^ gebogen unb auf tfyre 3^^cfbienlic^teit ^in unter= 46
fu#t 9lur ber 2itteral= ober SBortftnn (^ßefcbät) lourbe für juläfftg erachtet, bie bereite
m ber Sgaba bor^anbene aUegortfc^c ed^piftbeutung (2)erüfc^) galt enttoeber für rabbtnifd^e
^J^antafterei, ober man fab in tr;r nur poettfcfye ßintletbung. äuc^ ba^ ©tubium beS
ialmub^ ^atte einen rein juriftifcfyen G^arafter, inbem feine Sefyren al« ©efeje^)aragra|)^en
m bie gehörigen SRubrifen fobifiyert mürben. Sogar ber ©otteäbienft mit feinen ba^60
geben judSjtenben Dbferbanjen unb Gcrcmonien fear mefyr ober minber gu einem gebarten*
lofen Übungdtoerf ^erabgefunten. $af* eine folc^e ©etfte^ric^tung ftc^ toie ein (Si^aud^
auf aQe nad& lebenbiger ©ottc^erlenntni^ unb nad^ 3Sermnerltcfnmg be« religiöfen fieben^
le^^enben ©emüter legen mupte, bebarf feinet SctoetfeS. 3n ocr ^- nun W^0D P^ m*
fo^rrn eine SReaftion gegen ben buref^ bie artftotelifcfye ^J^ilofop^ie entftanbenen Derfnöc^erten 66
t$0rmali3mu3, al« ftc^ in i^r ba$8e[trcben funbgab, ben ©eift tpieber in bie liefen ber
göttlichen Cffenbarung^ge^eimniffe ^u Uerfen!en, bie biblifd^en fielen ju Dergeiftigen unb
m^ Überftnnlt(^e umjufe^en. 2)urd^ ©etüinnung eine^ gefyeimntöboDen ©d^riftftnneö, fo*
toie burd^ fd&toungooUe 2)arfteUung, farbenreiche @rjär;lungen unb bramatifä toirffame
33ergleic^e tarn fte biefem ©ebürfni^ entgegen unb bot ber Seele bie getoünfcfyte Sla^rung. go
Seiber aber geriet fte in ifyrcm Streben narf) Spefulation fefyr balb in einen 9lebelbunft,
ber leine 2fa$fic$t me^r ßeftattete. 2)a$u !am noc^, bafe fte mit ifyrer ©e^eimnteftämerei
672 ftaWafo
be$ügli<$ ber @otte«namen bie finfteren ©etoalten eine« Aberglauben« tyeraufbef$ft>or, ber
für bie religiö«sftttlic^e £eben«})ra|i« bon ben fd&limmften folgen begleitet h>ar. ©o ifk
bie Ä. ebenf o tote ber ©ufi«mu« im 3«lam unb bie 3Jtyftif im ß^riftentum einem tieferen
©emütäbebürfniffe entftmmgen. 33on ber $ßrotoence bra<$ ber ©türm gegen bie rationa*
5 liftifd&e Slnfd^auung lo«, bon ba ab trieb er nad) Spanien tyin. 3>icfcö Sanb ift al« bie
eigentliche fieimat ber Ä. ju betrauten. Dur$ bie Vertreibung ber 3uben bon #er
tourbe ber flabbali«mu« fobann nad& ^ßaläftina unb bon ba hrieberum jurüdf in bie toer-
föiebenften Sönber ©uropa« berpflanjt. SDic eigentlichen ©runbibeen ber Ä. flammen ox&
bem 2ue£anbrini«mu«, bem 9ieuj)latoni«mu« unb 9leul>tyt$agorei«mu« ; btetoetlen aeigen
10 ft$ fogar bie ©nflüffe gnoftifd&er ©latente. Durcfy bie innige SSertoebung mit bibüfqjen
3lu«ft)rü$en, infonberfyeit bur$ bie mibrafd^artige Darftellung«form fyaben alle biefe frem*
ben Elemente aber ein berartige« jübifäe« ©epräge erhalten, bajj e« bei oberflächlicher
Betrachtung ben 2lnföem tyat, al« ob fte ein 2lu«flufj be« jübifd&en ©eifteälebenS toaren.
IL Die toid&tigften fielen ber Äabbala. 1. ©Ott 9iad& ber St tji ®ott
15 ba« unenblid&e, unbegrenzte geiftige Uqmnjty unb fyeiftt al« fold^ed En söf (qte y K).
@« fönnen tym nur ganj allgemeine Attribute beigelegt toerben, bie (ein SBefen einiger*
mafcen beftimmen. vlad) ber poftttoen ©eite fommt tfym abfolute 93olKommen&eit $u,
nichts 2Rangetyafte« finbet ftc& an tym ("P^n r» rraib» «in qio TW). @bcnfo ift
tym abfolute ©intyeit unb ftet« ftd& gleicfybleibenbe Unberänberlid&feit eigen, (nfijniprrn wrr
20 *ß» na -pfiwpf n?2bp nmn$a n^wa). Da ni$t« aufcer i&m ift, fo giebt e« au$ leine
@ren$e für tyn (wgz pn ^ bin;, -ba» »in dni). aßir fönnen toeber but# unfere
2öet«tyett C1-™?"?), noc$ bur<$ unfern SSerftanb (wtoica) in bie unenblid&e glitte feiner
SBefenfyeit einbringen; bafyer läfjt fii$ leine Definition bon itym geben, feine grage über
tyn ergeben unb feine 93etrad&tmt(j über ifyn aufteilen; au$ ftnb toir nic^t imftanbe, un«
26 ein 83ilb ober ein ©leid&ni« bon t^m $u machen, ©elbft bie (Sngel bermögcn ®ott in
feiner äbfoluttyeit unb Unenblicfyfeit nicgt ju begreifen. @r ift für alle SBefen ba^ Sa-
faloffene alle« »erfd^loffenen O^n? ^1 «TOP), ba« Serborgenfte alle« Serbargenen
Cprw 5ri «*;r:c)# ber Sllte ber alten (?P>"^1 «p;^), ba« ®rfte atte« @rften pqr
N^.b^); ba« oberfte 5Prinjij) (n«b-r Nü-n). «gl.©o^ar I, 21»; III, 288* u.288b.
30 ©d^on ä«riel, ber Schüler $\aaU be« Slinben, fprac^ bie Unerfennbarfett unb Un*
faParfeit ©otte« al« En söf au«. 3Kan bürfe ifym feine Attribute unb ebenfo feine
I^ätigfeit, toie ettoa 35enfen, ©j>red^en, 2lbft$t, SBitte gufd^reiben, toeil jebe« biefer Sterin
male auf eine Scgrenjung unb @infd^ränfung ^inau«laufe. Die einjige juläffige äudfage
fei nur, baf) alle« ©ein in i^m bef$loffen liege, aud^ alle« @nblid^e unb Un&oQfommene.
3öSfaa^ 3^n Satif fptfcte biefe 2lu«fage gerabeju in bie }>anenttyeiftif<fye Xbefe ju: ©ott i(t
in 2lllem unb ba« all ift in ©Ott. 6« unterliegt feinem 3toeiK ba& auf biefe Segriff«*
beftimmung ©otte« feiten« ber Äabbaliften bor allem neuplatonifd&e SSorfteHungen ein-
getoirft ^aben.
2. ©$ö}>fung. Da« $aut)tt^ema ber A. bilbet bie ©d^öpfung au« 9itd^t«. Sie
40 fonnte ba« gan^e 93erei$ be« enblid^en, ftd^tbaren ©ein« mit feinen UntootHommentyetten
unb mit feiner SSergänglic^feit bon ©ott al« bem unenblic^en, rein geiftigen, unftc^tbaren
unb unfaßbaren Ur^rinji^ ^eröorge^en, unb in toelc&em Ser^ältniffe fielen beibe }u einan*
ber? Da« toaren bie grofjen 5^0^/ toeld^e bie tfabbaliften auf« leb^aftefte befc^aftigten
unb über bie fte ftd^ in tounberlid&en ©ebanfen ergingen. 3ur ©tflärung beä 9*ä^eÖ
46 griffen fte ju einer Sei^e t>on felbftftänbigen, geißigen Ur})otenjen, inteßigiblen ©ubftanjat
ober SRitteltoefen, bie ©ott au« fidj; tyerau«fefcte, ober bie bon i^m auiftrömten. San)
beutlid? finbet fic^ bie Seigre bon ben göttlichen Utyotenjen bereit« im Suc^e 3qira au^
gef^rod^en. „3«^n ©e^^irot^ giebt e«", ^ei^t e« bafelbft I, 4, „je^n unb nt^t neun,
jetyn unb nid^t elf; Derfte^e fte mit 2Bei«fyeit, unb fei toeife mit Serftanb ; Jjrüfe an i^ien
so unb forföe au« i^nen ; fteDe jebe« Ding auf feine Steinzeit unb bringe ben @$öpfer an
feinen $la^'. Die erfte 3lu«ftral^lung nac^ I, 9 u. 10 ift ber ©eift be« lebenbigen ®oM,
au« bem bte ganje @rf$einung«toelt mit allen tyren formen in t>erfc^iebenen Xbffatfuitgen
bertoortritt. Diefer ©eift be« lebenbigen ©otte« behrirtt bann, ba^ in toetteren äbftufungen
bie ©runbelemente : bie Suft, ba« SBaffer unb ba«geuer emanieren, immer ein« au« bau
66 anbern. 9lu« ber Suft entfielt bie intelligible, av^ bem äBaffer bie materielle (fublunart,
ba« tohu wa-bohu be« biblifc^en ©d^öpfung«berid^te«) unb aui bem geuer bte 0ctßtge
Söelt (bie ßngel unb ber @ptte«tI?ron). 3luf biefe t>ier ©ejj^irot^ folgen na# Ir 11 bie
fec^« Baumgrenzen (™"i?p. «"»«). Da ber ©d^öpfer empor, hinunter, naä) bom, nad^ ftntcn,
nad^red^t« unb linf« bliefte, fo entftanb §ö^e, liefe, Dften, SBeften, ©üben uttbJtorbin.-
co 9Jad^ i^rer inneren SBefenfyeit ^ei^en biefe geiftigen Urjjotenjen, toelc^e ungefähr ben A'-
Sabbala 673
vd^uig Bei Sßljilo unb ben 5Reut>latonifern entft>red&en, in ber Röteren Ä. balb Sechalim
(C7?P), inteßigible fträfte, balb ©et>^irot^ (r^cc). SKetyr auf i^re äußere SrfcfcehtungSs
form toetfen bie Sejeid&nungen Nehörin OT'"^, Siebter), Bozlnln (IT*™, geuzten),
Anptn (V?^) unb Parzüphlm (cwor^, npoownoi, ©eftolten). SiStoeilen toerben
fxe ou$ SBerfyeuge genannt, beren ft$ ©ott bei ber SQSeltfd^ö^fung bebiente. Dbtootyl 6
biefe UrinteDigenjen an ber SBoDfommenljeit beS unenblictyen göttlichen SBefenS partijilrieren,
fo fcrrföt boc$ über ihr 28efen feine ©nigfeit. Salb toerben fte als felbftftänbige SBefen
$totf<$en ©Ott als bem unenblid&en Söefen unb ber fid&tbaren SBelt betrautet, balb für bie
m bie ©rfd&emung getretenen göttlichen Äräfte unb (Sigenfd&aften. Sbenfo befielt eine grofje
SlehmngSberföieben^eit tyinfu|tlic& tyreS §erbortretenS, ob fte nämlicfc als toinli$e 10
©cfcotfungSafte, als geföaffene äBefen, bie geftriffermajjen bie Urfubftanj &u ber Röteren
Sctytyfung btlben, ober als ßmanationen, SluSflüfJe ober ©rgüffe ©otte^ anjuje^en feien,
burdfr bie er aus fetner SSerfc&loffentyeit unb Verborgenheit herausgetreten (ei unb ©eftalt
getoonnen tyabe. SDiefe Unllar^eit in ber Seftimmung ber Ur^otenjen, auf freiere bie ©egner
ber Ä. immer unb immer toieber fyintoeifen, tritt fd&on in ber borfofyarifd&en $eit beutlidb 15
}u läge unb bauert fort bis ins 17. ^a^r^unbert. 3luc^ ber 3SermittelungStoerfud&, naeg
freierem ©ott als baS unenblid^e Sein in ben inteüigiblen ©ubftanjen jtoar gegenwärtig
fei, aber nid&t in i^nen beharre, fobafe mithin feine (fjtftenj über unb aufeer tynen liege,
hrie ettoa bie ©onne, bie tyre Strahlen auSfenbe, o^ne bafe biefe bie Sonne felbft fmb,
fcermoc&te bie Unttarl;eit nic^t ju befettigen, ^m ©ofyar Riegelt fid) fotootyl bie @$öpfung&, 20
toie bie ©manationStfyeorie bon ben inteüigiblen ©ubftanjen. SSgl. 1, 31b unb 32a, 42b unb 43ft ;
III, 29», 189 b, 287b unb 288». 9la$ 9Jiofe bensJlac&man liefe ©Ott als baS unenblic&e
3Befen junäd&ft einen Urpunft p"*?^) entfteljen, auS meinem ber Urftoff in gtoeifadber
©eftalt emanierte, einmal in fyimmlif$er, baS anbere 3M in irbifd^er $orm (als $tyle).
3üif baS le^tere foDte baS tohu wa-bohu 1 3Wof 1, 2 Anbeuten, 2Bel$er SCrt berUr*25
punft felbft aber ift, ob man ifyn ft$ als ©<$öpfungSaft ober als Emanation ju benlen
tyd, barüber fud&t man fcergeblicfy bei biefem Denifer nad& einer SluSfunft. SBSie Urforung
unb SBefen ber Urpoten^en, fo befd&äftigte bie ftabbaliften aud& baS £erbortreten berfelben
auS ©ott. @S brängte fi<$ ifynen bie Überzeugung auf, bajj baburd? einesteils bie Un*
t>eränberli$teit, anbernteilS bie Unenblictyfeit ©otteS aufgehoben toürbe. $inft$tlid& berao
Unfceränberlicfcfeit ©utteS argumentierten fie alfo: 3ft ®ott «n unberänberlid&eS SBefen,
toie fear eS bann möglich, bajj er ben ©ntfcblujj faffen fonnte, fid? in ben inteüigiblen
©ubftanjen ju manifeftieren, baS fe^e bod^ &eränber(i$teit beS SSiüenS borauS. 2)iefe
Scfymcrigfeit tourbe in ber alten ©d&ule baburc^ gehoben, bafe fte lehrte, ber SQäille ©otteS,
in bie ©rfd^einung iu treten, fei fein plöftlic^er geloefen, fonbern ^abe Don ßmigleit in 36
tym gelegen. Die unenblid^leit ©otteS loieberum fa^ man infofern gefätyrbet, als fein
9taum gur Slufna^me ber Urpoten^en bor^anben toar, toeil ©ott als baS unenbli$e äBefen
baS ganje Untoerfum erfüllte. DtefeS ledere 33ebenfen tourbe erft burd^ 9Jlofe ben^afob
Äorbobero (1522— 1570) unb 3faaf Surja (1533—1572) bur$ bie SluffteHung ber^oltrin
Don ben jtoet Aonjentrationen (3ufammenbrängungen, ©elbftb^ränfungen) ©otteS einiger- 40
maften befeitigt, toon benen bie eine mc^r im ©inne einer Ru^nt^^^ung, bie anbere
meljr im ©inne einer gurütf^te^ung gefafjt lourbe. Rur 9>«önf^aulic^ung biefeS 33or«
gangeS in ber ©ott^ett bebiente fi<$ Surja jtoeier Silber. 3)aS eine 93ilb betrifft ein
©efäfe mit einem SRife ober ©palt (*»T?2), loeld^eS ben 3n^,a^ burcbföeinen laffe, obne
bafe berfelbe baburd^ eine Seränberung erteibe, baS anbere einen SBeifen, ber jur 3Wit= 45
teilung feiner $t>tm an SRinberbegabte gu finnltd^en ©infleibungen greift, bie $h>ar bie
3been ntyt felbft barfteQen, burd; meiere fie aber ^inbur$f$immern. 2)oc^ nid^t alle
ftabbaliften toaren mit bem ©efyeimniS ber Konzentration (C^ttÄn "ic); baS ftd^ übrigens
mit ben gnofttföen 9lnfc^auungen beS Salentinian unb SafUibeS berührt, einberftanben,
fie brangen bielme^r barauf, bafe man ftc^ baS jnerauStreten ©otteS auS feiner SSerfd^offen« go
^ect ntc^t räumlich, fonbern nur begrifflich borjufteüen \}dbz, manche toollten eS über^au)>t
nur als Silbrebe betrachtet loiffen. 3ßtr laffen nun bie Urpotenjen fo folgen, toie fte nad&
ber 9fatjt$t ber ftabbaliften aus ©ott berborgegangen ftnb. Die erfte Urj)otenj ift Kether
("T!?., ftrone), aud^ Kether eljon (V^}\ "P?) unb im ©tyfteme äSrielS Rum maalah
(rfc^s VT) genannt, ©ie ift bie Urquelle alles ©eienben. S)ie jtoeite Urj)otenj ift 66
Chochma (^f^ SBeiS^eit), obgleich felbft toerborgen unb bertyüßt in ber ©ott^eit, gilt
fte boefc als bie ßrjeugertn ber yt>wn. 2)te brttte Utyoteng ift Bina p.72, (Sinftd^t,
Scrftanb), toeld^e bie ewigen 2öeiSl;eitStbeen J>raftifd& ausführt. 2)ie toierte Ur^otenj ift
Ch&ed pcnf ©nabe, Üiebc), biStoeilen aud^ Gedula ("V1^ ©röfee) genannt, bie fünfte
UriHrtenj Dln ("H, ©ertd^t, baS ftrenge Siecht), aud& Gebura ("T'1-;/ SKac^t, ©tärfe) go
KeaMinctHopAbte für Ideologie unb fttrc&e. 3. «. IX. ^3
674
Snbbaln
ober Pachad ("in?, jjurcfyt) genannt, toelcfce bie göttliche ©trafgerec&tigfeit barjieHt. Die
jed^fte Urpoteng ift Tiphereth (r,-Ncr)/ ©d&önljett, jutoeilen auc$ Rachamim (ETT)
SBarm^erjigfeit genannt. Die ftebente Urpotenj ift Nezach ("£?, ©ieg), bic atyt tit*
potenj H6d pin, £o^eit, ©lorie), bte neunte UrpotemJesöd pre:, Softe, gunbament).
6 Die jetynte Urpotenj enblid& ift Malchuth (ro?^ &*«& ober £errfcfaft), todty ben
Durdpgang& unb 93ermtttelung$punlt für bie nieberen SöefenSretyen bilbet. ©ie fctfct ju-
toetlcn auefy ©d&ed&ina, .Königin unb £errin. 911$ folc^e bereinigt fte ftd& mit bem tont*
orbnenben ©Ott afe ityrem König unb beibe fteQen jufammen eine 6^e bar. ©olange
Äönig unb Äönigin in etyelic^er ©emeinfd&aft bereinigt ftnb, blttyt unb gebeizt bie SBelt,
10 trennen fte ftety jebodjj, fo gerät bie Söelt in grofee 9Jot. Die Annahme bon aerobe jefyt
©c^^trot^ fyat tyren ©runb ofyne 3toeif el barin, bafe bie bamalige Slftronomie je$n Sphären
unterfd&ieb. SBiefleictyt ift aber auä) bie §eiligfeit ber #e$nja$l ein beftimmenber SRitgrunb
getoefen.
Die 2lnorbnung ber jefyn Urpotenjen geföie^t im ©tyfteme ber Äabbala naety folgern
16 bem ©d&ema.
L
nro
©d&on ber ©aon $at (998—1038) glieberte bie jetyn Urpotenjen nad) bem ©rabe
ober ber äbftufung in gtoet ©nippen, ju ber erfteren gctylte er brei, toel^e *?cr: -xtf
tounberbareä Sicfyt, nyn*: ©rfenntniS unb bre SSerftanb Reifem unb bie (Srjeuger ber
©eifteStoelt ftnb; flu ber lefcteren regnete er fteben, toeld&e toieber nac$ tyrer äufammtfr
20 geljörigteit $toei Iriaben btlben unb bie ftebente $u tyrem 93inbe* unb BennitteutngSgliebe
fyaben. 2tuä biefen fteben ift bte materielle Söelt hervorgegangen. Die (Einteilung ift hn
ganzen bon ben fpäteren Äabbaliften beibehalten toorben. 9tad& äSriel ftufen fiety bte
Urpoten^en, je toetter fte ft$ bon ber göttlichen Urquelle entfernen, immer mc^r ab, tyre
ItoWommenfyeit toirb immer geringer. Überbieä finb alle übrigen Urpotenjen bereit« in
25 ber erften enthalten. SlSriel unterschieb brei ©ruppen, , 1. ©epfyiroty ber metap^ftyfcn
2Uelt ober ber SSerftanbeätoelt, (^sct: cbir ober b?cn nbir), 2. ©ep&iroty ber toa^rnefat*
baren Söelt (®5T- *v) ober ber ©eelentoelt (Pfsn cbir) unb 3. Sep&trotfc ber tffr
ftfd^en 2öelt ober ber Slaiuttoelt (äetc djv ober *5*n ddtt). @$ unterliegt lerne«
3toeifel, bafe biefer ©lieberung beä äfertel bie neuplatonif<$e Styeorie bon ber ©manation
so ber brei 2Beltfpfyären, beä vovg, ber y.>i>xrj unb ber qwoig au« bem einen Xbfoluten
(®ott) $u ©runbe liegt. 3** ©nippe biloet eine $ria$, beren ©li^er ju ehtanber in
bem Serfyältniä t)on X^efi«, 3lntit^eft« unb ©^nt^eft« fteben. 3Jtan tarnt au$ lagen,
ba| bie betben erften ©lieber toie polare ©egenfäfce ju einanber fteben, bie in bem brittat
©liebe i^ren Bereinigung^ ober gnbifferenjpunlt Reiben. Die SSermittelung felbft ^e$t
86 in ber Sprache ber Ä. : Machria (^T^). 3n ber erften IrioS, gu ber Ärone, SBetf
beit unb SSerftanb gehören, ift ber Serftanb ba« Sinbeglieb. Slnbere Sabbaliften toieber
Stabiala 675
betrauten bie 2Bei«fyeit unb ben 93erftanb afe bie polaren ©ecjenfäfce unb fefyen in ber
ärone ober in einer ityr fubftitutcrten ©eptyira Däath ((grfenntnt«) ben Sntöffaenjpunft.
§tn unb toieber begegnen toir aud& ber ©lieberung ber Urpotenjen in Sephiroth schel
olam,(t£p? biß p^-ec, ©ep^iroty ber äBelt) unb Sephiroth schel binjan (ni^pc
^sa b^S, ©epfyirotl) be« 33aue«), ju jenen gehören bie erften brei, ju biefen bie legten 5
fle&en. Die 2öei«tyeit toirb afe ba« aftibe, männliche, jpenbenbe, ber Jterftanb bagegen
afe ba« pafftoe, toeiblid&e, empfangenbe ^Jrinjip betrachtet, jene« Reifet abba (**?$), biefe«
imma (N^n). 3n *><* Reiten £ria«, ju ber bie ©nabe, ba« ftrenge Stecht unb bie
©cfcön^eit gehören, jtnb bie ©nabe unb ba« ftrenge SRecfyt bie polaren ©egenfäfce, toeldfje burety
bie ©d&ön^eit ©ber SSarmtyerjigfeit (Rachamtm) in« ©leicfygetoicfyt gebraut toerben. 3n 10
ber britten Iria«, bie au« ©ieg, ^o^eit unb Safi« befielt, gelten ©ieg unb §o§eit als
bie polaren ©egenfä^e, unb bie Safte tritt toermittelnb jtoifdfjen beibe. Sllle brei ©nippen
toteber ftefyen unter oer §errfc$aft ber je^nten ©eptyira be« Seiche« unb toerben toon ifyr
als ifcrem 93inbeglieb ju fyarmonifcfyer Ifyätigfeit jufammengefyalten. Da« 93erfyältni« ber
brei ©nippen ju ©Ott als bem unenblicfyen *|3rinjipe toirb au$ fo präjiftert, bajj biefer 15
m ber erften ©nippe afe „Urheber be« 2öeltplane«", in ber jtoeiten ©ruppe afe „Orbner
ber SBelt" unb in ber britten afe „©d&öpfer" fyertoortritt. — ©0 bilben bie jetynUrpoten*
jen trofc tyrer SSerfcfyiebentyeit ein einheitlich gefc^loffene« (organiföe«) ©Aftern. 2luf tyrem
gneinanbergreifen unb .ßufammentoirfen beruht ber Seftanb ber Söelt. 3)ie Äabbaliften
toeranfd&aulicfyen biefe ©infyeitlid&feit in ber 9JtonnigfaItigfeit burefy ba« 33eifpicl t>on ber 20
flamme, bie bem 93eobacfyter jtoeierlei fiid^t jeigt, ein naefy oben auffteigenbe«, ^elle« unb
toeifce« unb ein naety unten fyerbortretenbe«, an bie brennenbe SKaterie gefnüpfte« bunlle«
ober bläulid&e«, toeld&e« getoifjermajjen ben ©tutyl be« erfteren bilbet. 3n *« 93ilberfprad&e
ber 51. toerben bie Urpotenjen afe ba« fiicfytgetoanb bejeid&net, in toeldfje« fiety ©ott bei ber
Schöpfung füllte, ober afe ba« Urlicfyt, toelcfye« überall \}in 2id&t au«ftral?lt, ober afe ber $ep* 26
pid& (K?*?)f auf bem ©ott äße 2typen unb giguren ber ©d&öpfung einjeid&nete. ©otyar III,
128* unb 135* bgl. II, 31 b unb 32*. Stuf feinen %dH aber bürfen bie Urpotenjen
mit ©ott afe bem unenblic^en Süöefen gleid&geftellt toerben, er fyat ft$ in tynen toeber er«
fäöpft unb aufgejeljrt, no$ tyat er neben tynen feine ©elbftftänbigfeit Derloren. Die ein*
jige 3t^n[t<f>feit jtoifcfyen i^nen unb ©ott befte^t nur barin, bafj fte an feiner Unenbli$teit so
teilhaben, feine ©egenäftröme empfangen unb biefe ben berfc&iebenen SBelten bermitteln.
Solange i^nen biefe ju teil toerben, fte^t tyre ßjiftenj aufeer grage unb tyre ^ätigleit er=
leibet ifeine §emmung, entjie^en ftc$ i^nen aber biefelben, fo ift i^rc ßjiftenj bebrotyt unb
i^re It^itigteit ^ört auf. Damit bie Urpotenjen bie göttlichen ©egen^ftröme aufnehmen
unb ben Söelten Aufü^ren f önnen, fielen fie mit ©ott afe bem unenblid^en 2Befen burd^ 85
unfid^tbare ftanäie (p^"^^, 3innorotW ^n 5$erbinbung, toelcfye öom S^rone ber göttlichen
£errlic£teit 0 -?" «??) ausgeben. Slfe Vermittler ber Äräfte ©otte« für bie ©paaren
birö ©ein« toerben bie Urpotenjen jugleic^ ni Irägem ber göttlichen SBeltregierung unb
SBeltleitung, burefy fte bringt ©ott feinen 3BiQen jur 3lu«fü^rung. Über ba« Ver^ältnfe
b« Urpotenjen fotoo^l untereinanber, afe audb toie fte burc^ bie Äanäle bon oben nad^ 40
unten unb bon unten toieber naefy oben toirfen, fpric^t ftet) fc^on ba« Se^irabud^ I, 7
ba^in au«: „Sejie^e i^r (ber ©epfyirotfy) 6nbe gu i^rem 2lnfang, toie eine flamme an
bte Äo^le gefnüpft ift." 3lber audj untereinanber fielen bie Urpotenjen in enger 33e-
jie^ung, inbem jebe in iljrer Slftualität bie folgenben üerurfac^t, toie fte in tyrer SBirfung
toieber burc^ bie fror^ergefyenbe bebingt loirb. 46
Übrigen« liebten e« bie ftabbaliften, bie je^n Urpotenjen unter berfc^iebenen Silbern
barjufteöen. am ^äufigften toirb ber 3)tenfd^ afe Silb Dertoenbet. Die erfte Sria« t)er=
fbmbilblid^t bann bie Organe be« Denten^, inbem Rüther ba« §aupt, Chochma ba«
©e^tm unb Bina ba« §erj barftellt. Die jtoeite 2:ria« Derftnnbilblic^t bie Organe ber
Zfötateit, inbem Chäsfed auf ben regten, Din auf ben Knien 2lrm unb Tiphereth auf so
ben Stumpf ober bie Sruft fyintoeift. Die britte 2:ria« enblid^ berfmnbilblic^t ben Unter*
leib mit ben Organen ber 3eu9un9/ inbem Nezach ben rechten, H6d ben linlen ©d^enlel
unb Jesöd ba« ßcußunß^organ anbeutet. Malchuth ruht unter ben güfeen bon aütn,
unb ©Ott afe ba« unenblid^e fflefen ftcF>t afe caput omnium über Rüther. (Sin anbere«
gebräuchliche« 33ilb für bie Urpotenjen ift ber mit ben Söurjeln nad& oben gerichtete 33aum. 66
gn mannen tabbal. Sterten toerben bie Urpotenjen auefy in ber 2Beife angeorbnet, bafi fte
btet ©äulen bilben, eine redete (»r?-; wS^-^c, ober '"' *T-?, ©äule ber ©nabe), eine
Rille (»>»r?1 ^7^ ober »:^n »7-^ ©äule be« ©eric^t«) unb eine mittlere (K7'2?
^T^?7??!)- 3n ^ redeten Säule, ju ber Chochma, Ch6sed unb Nezach gehören,
rubt bo« Seben, in ber linten, ju ber Bina, Din unb H6d gehören, ^errfd^t ber lob eo
43*
676 fttlhdt
(Dal. ©o^ar I, 22 a). $ie mittlere ©äule toirb bon K&her, Tiphereth unb Jesöd
geoilbet. 2lm gufee befinbet ftd), gleid&fam ate gunbament für alle bret Säulen, tarieber
Malchuth. 9ta<$fte$enbe$ Schema beranfd&aulidjt biefe ©lieberung.
Rüther
6 Bina Chochma
Tiphereth
Dtn Ch&ed
Jesöd
Höd Nezach
10 Malchuth
Snfofern bie Urbotenfcen bie erfte 9)tanifeftation ©otted bilben, fmb fte eine SBelt
für fiep, eine ibeale SBelt, bie mit ber realen, ftofflid&en 3BeIt nid^tö ju t&un tyd. 8fö
fold&e tyeifjt fte balb ber bortoeltlid&e 9Jtenfd&, ber Urmenfö (1^72 27»), balb ber obere
3Renfö 0«^? D7*?). Über ben Slbam Äabmon &errfd&t in ben tabbaliftif#en Schriften
16 teine böHige Älarfyeit. Salb toirb er als bie ©efamtyeit ber ©e^trotfy gefaxt, balb
erföeint er ate eine bor ben ©ep^iroty unb über benfelben erhabene erfte ©trafylung,
bur$ bie ©Ott ate baä unenblid&e SBefen au$ feiner Verborgenheit unb 9Serf<$loffen$eit
fyerauä in bie ©rfdbeinung trat unb als äBeltenfc&ityfer unb 9Beltenlenfer, geftnffermafcen
ate $rotot$) (3Jtarrofo3mo3) ber ganjen ©d&öpfung fiefy funbgab. $n biefem Jfalle $at
20 e$ ben 3fofd&ein, ate toenn ber Slbam Äabmon eine gtoiföen ©Ott unb bie SBelt ein-
gefd&obene erfte Offenbarung, fojufagen ein jtoeiter ©Ott (dewegog &e6g) ober ba3 gott*
lid&e 2Bort (Xdyog) toäre.
3la$ einem fpäteren Jfyeorem gelten burdf) Sfoäftraljlung in berfd&iebenen Xbfhtfungen
bier SBelten tyerbor, in benen fi$ baä ©eiftige, je toeiter e$ fic$ bon feinem Urquell ent=
25 fernt, immer mefyr berbid&tet unb bergröbert, bte e$ f<$liefjlid& jur treatürlicfan SBelt, pxm
fmnlid& toatyrnetymbaren ©ein toirb. Um biefe fojufagen immer ^anbgreiflic^er toerbenbe
©elbftoffenbarung ©otteS in ben berfäiebenen Söelten )u beranfd&aulid&en, griff j. & 3bn
äatif ju folgenbem aflerbingS nid&t jutreffenben mattyematifd&en Vergleiche. @r fagte: Sie
fid) ber Sßunft jur Sinie unb bie Sinie jur gläc^e unb bie gläcfye tum Äörper ertoeitert
so unb berbic^tet, fo boQ^t fi$ ©otteä ©elbftentfaltung in ben betriebenen SBelten. 6r
liefe ftd& babei otyne ßtoeifel bon bem ©ebanfen leiten, bajj bie 2Birfung in tyrer 3nten*
fität ftete tttoaS hinter ber Urfad&e jurürffte^en müjfe. 3n 1*** *>** bier SBelten trieber*
tyolen fid& bie jetyn ©e^^irot^. Storcp bie erfte 2tu3ftra^lung entftanb ber Olam aztla
(nVaMjn cbv, ober n*^¥»n *r, bie SBelt ber ©troblung), toelc&e bie 9)iä*te be« gott«
85 liefen 3Beltenf)lan^ enthält. %fyxz ffiejen fyabtn biefelbe 9tatur, meiere ber 2Belt ber 5<pfo
xotfy ober bem älbam Äabmon eigen ift. 9lad) bem ©o^ar, Wo bie erfte SBelt auc^ Olam
ha-sephiroth, bie 2BeIt ber Beptyroti) Reifet, thront ^ier bie ©d^ed^ina unb in tyr ift
ba^ £td)tgetoanb ©ptteä. 9lu^ bem Olam azila ging in toeiterer Sbftufung ber Olam
beria (™Tr" ö^/ bie SBelt ber ©c^öpfung) ^erbor, in toeld&em fid^ bie orbnenben
40 3Jlä$te unb Äräfte befinben. $ier finb bie ©d)a$iammern bed ©egend unb be* fiebert,
^ter fte^t ber göttliche §errlid^feit«t^ron unb J^ier finb bie fallen auer geifiigen unb jttt*
liefen VoUlommen^eit. 3)a^er Ijaben aud^ ^ier bie ©eelen ber ©erec&ten i^ren äufent«
^altöort. 35er Olam beria ftra^lte toeiter ben Olam jezira (*T*V *%*, bie ©elt
ber S3ilbung) au^. @r birgt bie glangum^üKten @ngeltoefen, freiere unter Betatron
46 (p-^^*:, juerdrog) ate i^rem oberften dürften ftetyen. 3Ketatron ift bad erfte ©ef<$opf
&om f. ©o^ar I, 126 b, bie mittelfte ©äule (im SBefen ©otteS), ober ba^ aSeretntgenbe
in ber 3Jtitter toelc^ee alle ©tufen bon oben nac^ unten unb bon unten na$ oben um*
fafet, baf. III, 127a, bie fitybar offenbarte ©ott^eit baj. III, 231». Sftm gehören aber
au#, bie böfen ©eifter (Dämonen) an, bie toegen i^rer grobftnnlic^en 9tatur Keliphoth
50 (^^-^P:), §ülfen ober ©dualen ^eifeen unb i^re SBptynftätte in ber SRaumtoelt ber $Umeten
unb anberer $immelölör})er, ober im Steige be«, 3lt^erö baben. Site bierte (Smanation^
abftufung entftanb ber Olam assija ("?^v *&&, bie SBJelt ber 3Berbung unb Setfo*
tigung), bie gegentoärtige materielle 2öelt, bie ftnnlid^e (Srfc^einung^toeli ©eine Sßefen
finb in einem etoigen SBec^fel begriffen, b. f). fte liegen in einer forttoä^renben Umformung
65 unb Umgeftaltung. 2)a^er ift er bie 2ßelt be« ©d^ein^ unb »etrugS. Set ©o^ar
III, 61 nb unb 292 b bertritt bie föon imlalmub unb3RibraW borgetragene o)>timt{K^e
anfielt, bafe bie gegentoärtige 3Q3elt bie befte ift. 3)enn e^e biefe SBJelt toirHid^ tnd Ü
fein trat, fyatte ©Ott bereit« berfd&tebene anbere 93Belten erfc^affen, bie er aber immer
toieber, toetl fie unboüfommen unb mangelhaft toaren, jerftörte, btö enblic^ biefe entftanb,
60 an ber er SEBo^lgefaflen fanb. 2)a^ biefe SBelt ein ©egen fei, barauf beute föon M
ftattala 677
erfte SBort be« ©d&öl>fung«berid&te« P'iW?? ^in, ba« mit bem Sud&ffoben Beth p) an*
fängt unb ^97?, ©egen bebeutet. $fyilo, bie ©nofttfer unb begebene Äirc^enbäter be*
trotteten bagegen bie gegenwärtige 23elt, ba fte ein (Srgeugni« be« Demiurgen toar, al«
einen «bfall bon ©Ott unb al« bie Stätte ber ©ünbe unb alle« ©Öfen. 2öie bie Ur=
potengen fo fielen au<$ bie biet SBelten mit ©ort al« bem Urjmngty m 93erbmbung, in* 6
bem forttoätyrenb göttlid&e ©egen«häfte auf fte fyerabftrömen. 2öa« bie -Kamen ber bier
ffielten anlangt, fo ge&t ba« 2Bort Aztla o&ne 3toeifel auf 4 9Kof 11, 17, 25 (b$«yi
("•rftattn, gurücf, toäjjrenb Berfa, Jezlra unb Assija in ben 2lu«brücfen be« biblifcfyen
©d&öj>fung«beric$te« ifyre (Srtlärung fmben. 2Bie biele fielen ber it. fo fufct auefy ba«
3$eorem bon ben bter SBelten auf ber betannten 2tyeol>fyanie be« ^rop^eten (Sgectyiel c. 1. 10
3)a« ÜRenfc&enbilb (tn« n$*%) entfbrid&t ber SBelt ber ©tra^Iung, ber göttliche 2$ron*
toagen (*?379) ber 23elt ber ©<$ötfung, bie bier Sierbilber (nw) ber ffielt ber Sil*
bung unb ba« SRäbertoerf (ö^**) ber fabrigierten 2Belt. Übrigen« begegnen ftrir ber
fielet bon ben bier Söelten gum erftenmale in bem toafyrfAeinlicty au« ber erften #älfte
be« 13. Sa^rbunbert« ftammenben Keinen Sraftate 3Raffedjety Aziluth (rvfc«*** tose). iB
3)a bie Äabbaliften alle SSer^ältnifJe gern unter bem antfyropologifctyen @eft<$t«l>unfte
ut betrauten pflegten, fo tyaben fte audp ben Segriff be« @efdjled&t«unterfctyiebe« auf bie
ÜBelt ber ©q)fyirotfy übertragen. Da« männliche $rtngij>, 2lbba (»?») genannt unb toetfj
bon garbe, ift aftiber SRatur unb erfctyeint borgug«toeife in ber ©ej^ira Styöfeb, liegt aber
allen brei Bfyfyvcotf) ber redeten ©eite gu ©runbe ; ba« toeiblictye $ßringi]p bagegen, ba« 20
feinen Urfprung erft bem männlichen ^ringtye berbanft, rote garbe fyat unb regeptiber
9totur ifx, erfctyeint borgug«toetfe in ber ©ep^ira Din, liegt aber allen brei ©e^r)irotr) ber
linlen Seite gu ©runbe. 9Bätyrenb ba« 3e^w *& männlichen $ringtye« ba« gjob O,
ift ba« 3^m *>** toetblictyen *Pringtye« ba« He (p) im ©otte«namen %f)1o1). $\d)m
toir au« borfte^enber Betrachtung ba« %ai\t, fo ift mit ber Sefyre bon ben Urpotengen fo* 25
toofyl bie Unbergänglid&feit toie bie ©ottebenbtlblid&feit alle« ©eienben au«gefyroctyen. 2Bie
in ber SBelt ni<$t« berloren aetyt, ober ber böUigen Vernichtung anheimfällt, fo ift au<$
allen SBefen ber Stempel unb ba« ©iegel ber ©öttlictyteit aufgeprägt. ©Ott al« ber Un*
fühlbare unb Unfaßbare (En söf) ift burd? bie Urpotengen ftctytbar unb fafjbar getoorben;
ber menfc&lid&e ©eift !ann gu tym fyinanbringen, er fann tyn erfennen unb begreifen. so
3. Da« SReicty be« 8 Öfen. SReben bem tyimmlifc&en SReid&e ber ©epfyiroty be«
iSc^t« ober be« ©uten giebt e« aber auety ein 9lei$ ber ©ep^irot^ ber ^infterni« ober
be« SBöfen. ©c^on ber oberften fiid^temanation, bem 3lbam Äabmon CP?-7P. v?$) fte^t
fem ©egner, ber äbam Selial &?$* ö-j*}) gegenüber. (Sbenfo ber^ält e« fiety mit jeber
2ic^rfej>^tra, i^r gegenüber bepnbet fid^ eine ^nftenti«fep^ira. ©0 behalten ftc^ beibe 86
9tet$e gu einanber toie bie rechte unb lin!e ©eite, bie Sic^tfoljirotfy bilben bie redete, bie
Ämftemi«fej)^irot^ bie linte (anbere) ©eite (Sitra achra). Silblic^ h>rrb ba« SReidfr ber
gtnfkrni« aud^ ba« SRei<$ ber Urfc^lange ober ba« 9lei<$ Jtain«, @fau« unb ^haraa^ ge=
nannt 38gl. ©o^ar I, 55*. 3m 91«^^ ber ginfterni« giebt e« ebenfo toie im Steige
be« Sic^t« ge^n Slbftufungen. 9Bie im SRetd) be« Sic^t« bie guten, fo toofynen im Steige 40
ber ginfterni« bie böfen ©eifter (Dämonen, Äelip^ot^, $ülfen ober ©etyalen). 3^r Ober-
^aupt ip ©amael, bem jur ©eite bie grofje Sudlerin fte^t. 93eibe toerben ebenfo in e^e*
lieber @ememf<$afr gebaut toie im SReid^e be« £id^t« ©Ott al« Honig mit 3R<dd)\xti} al«
Jldnigtn. Shtrd^ ben (Sinflufc ber böfen 93fäd^te toirb bie Schöpfung forttoä^renb geftört.
Die $Renf<$en toerben gum SlbfaQe bon ©ott berfü^rt unb baburc^ frä$ft ba« SM$ be« 45
©dfen, bie Äelip^ot nehmen immer me^r über^anb. 3n ^CT Silberfprac^e be« ©ofyar
toirb biefe Störung ber ©djöpfung in ber SBeife betrieben, ba^ Äönig unb Königin in
intern d^elid^en Umgange ftd^ bon einanber fernhalten unb nic^t gum 9Bo^lftanbe ber SBelt
mfammentoirten tonnen. SBeil ba« 5Keid) ber ^infterni«fep^irot^ ebenfo tüte ba« SRetc^ ber
Si^tf^irot^ al« Strahlung gefaxt tourbe, lag e« fel)r nafjt, ba« unenblid&e 2Befen felbft 60
uim Urheber be« Söfen gu machen. Um biefe Jöi^e gu umgeben, griffen bie älteren
Äabbaliften nt ber äu«flud^t, ba^ ber ©runb für ba« 93öfe in ber (Entfernung ber emas
nierten ©ubftangen bon ©ott al« intern Urquell gu fud^en fei. 3e toeiter nämlid^ fic^
biefelben bon ©ott fortbewegten unb in ba« finnlidje 93ereic^ ber 3)taterie ^inabftiegen,
befto berberbter tourben fte. Die jüngeren Äabbaliften, toie ^urja, bagegen fugten ben Ur« 66
Sitng be« Söfen baburc^ gu erflären, bafj bie ©efä^e ber Bfyfyxoti} bie göttliche ©egen«*
e al« 2eitung«organe niept gu faffen bermoc^ten unb barum barften. Diefe« ©ef^eimni«
totrb mit bem tec^nifd^en 3lu«brude: =^= mmz$ ^2, ba« 93erften ber ©efäfee begännet.
Sufee, ©elbftfafteiung, ©ebet unb ftrenge Beobachtung ber borgefcfyriebenen ßeremonien
bringen aber ben ©egenfa$ be« oberen unb unteren ?Heic$e« gum aDmä^lic^en 2lu«gleic^ eo
678 ftabbala
unb [teilen bie urforünglic^e Harmonie ber £)inge hrieber fyer. Semerft fei nod}, bafj bie
Setyre bon ben ©egenfäfcen ber beiben SReic^e ntd^t ju ben urforünglic&en, fonbern ju ben
foäteren £efyren ber R. gehört; fte erfcfceint in ifyrer 2lu«bilbung erji im 13. 3a^$unberte.
4. 3m en9en 3ufammen^an9e m^ &er Se^re bom Söfen ße§t bie Sefyre bom sJRefs
6 f t a S. -Kenn burcfy fromme« unb tugenbfyafte« Verhalten ber SBtenfctyen £ier auf ©rben
ba« SRetc^ ber ÄeliJ^otty immer mefyr m ätbnatyme fommt, fo erf<$eint ber 3Refjta« unb
bewirft bie Söiebertyerftellung be« urftmmglicfyen £uftanbe« *>** SMnge ("PP?). &a aQe«
unter feiner $errf$aft ficty bem göttlichen fitste jutoenbet, fo tyört aller ©öfcenbtenft auf,
benn bie fteity^oty reijen bie ÜRenfd&en nid&t mefyr jum äbfall. 3)te 11. yat bann al«
10 §errin ben ©ieg über bie ©flabin, bie ^tyilofopfyie babongetragen. 3fo$ in ber oberen
Söelt be« ©eiftcö gefyen bei ber Slnfunft be« -Bteffia« hric&tige SJeränberungen bor. $er
Mönig nähert jtcfy lieber ber Königin unb unterhält mit tJ^r bie efyelic^c ©emetnf$aft
3)ur<$ tyre Paarung erlangt bie ©ottyeit bie geftörte (Sin^eit hrieber. 3)a« fabbal. ©cfyrift*
tum, borjug«toeife ber ©ofyar, feiert ba« SufMnmcftfcbtti **>& Äönig« unb ber Jtömgin oft
15 in 2lu«brü<fen, bie an« ©d^amlofe grenzen unb Slnftanb unb ©itte auf« tieffte beriefen.
3n »ejug auf ba« SBefen, bie Aufgabe unb ba« 2öer! be« ÜReffta« bietet ber Jtabbalte
mu« toentg neue«, fonbern fctyltefjt ftcfy eng an bie im lalmub unb 3Jiibraf$ Vorgetragenen
2lnft$ten an.
5. 3) er ÜRenfcty. 2lu<$ f>inft$tlid& be« 3Jtenfc(>en fufjt bie Ä. hn allgemeinen auf
ao ben Setyreu ber talmubiföen unb gaonäifcfyen 2Jtyftit, bie neuen Slnfcfyauungen laffen fty
in Äürje bafyin jufammenfaffen. 3)er untere ÜRenfcfy ift ein 3ty|>u« be« l?immlijdjcn Ür*
menfd&en (Slbam Jtabmon). 211« folctyer bereinigt er mit allen {einen ©liebmafcen unbSe*
ftanbteilen ade«, toa« bie ibeale ©$öpfung enthält, tote aucty fein Seftanb bur# fte allein
Seftd&ert ift. 6r ift fomit ein 3Jtifrofo«mo«, eine SBelt im Äleinen ("^PT e?*~). dlctyx
etrad)tet letyrt bie k. bie 3)ic$otomie be« 2Jienfctyen. Sr befielt au« ßetb unb ©eele.
Obgleich ber Seib nur ba« ©etoanb, ba« Äleib ober bie $üüe ber ©eele ift, fo ftcfll er
bocg bie ÜRerfaba (ben tymmlifctyen Xtyrontoagen) bar. alle ©lieber fcaben tyre fombo*
Iifctye 93ebeutung. 3)er Äopf berftnnbilblictyt bie 2öet«^eit, ba« ©efyirn mit feinem ben
ganjen Äörper burctyjietyenben 9iert>enfvftem bie burc^ bie ©e^irotty ftc^ mantfeftierenbe
30 ©ott^eit, bie ©tirn bie göttliche ©nabe unb ba« göttliche SBo^ltootten, bie $aare beuten
auf bie Derfd^iebenen göttlichen 2Bet«^eit«h>ege ^in. (Sbenfo toirb für äugen, Clären, ©ort
u. f. h>. bie fbmbolifd?e Sebeutung nac^getoiefen. Siel ^öf^er al« ber Seib aber fte^t bie
©eele, benn fte ftammt au^ bem göttlichen SlUgeifte unb beft^t bie ^ä^igfeit, burc^ bie
Kanäle (3innorot^) auf bie inteQigible 2öclt einjuh)irfen unb ifyre ©egen«f)>enben auf bie
36 untere 3Belt berabgugie^en. ©ie Reifet mit biblifcty talmubifc^en 3lu«brü(fen balb Vltpfäd)
Ose:), balb mad) (rm), balb 5Ref$ämä (-?'?:). %n i^rer niebrigften $afein«form ate
9lq>ty\$ originiert fte bon bem ^immlifc^en ©etier (n^n) gj 5, 27 ; 10, 17 (ögl. So^ar
III, 46b) unb bergegentoärtigt ba« ftnnlid^e £eben«prinji^. 3luf biefer ©tufe ermangelt
fte alle« fiicfyte«, fte ift nur bie ^riebfraft, toelc^e bie ©lieber anfoornt, bamit m ber
40 keib ernährt. 3n ^rer J^eiten ®afein«form al« SRuac^ ift fie ber ©ifc foioo^l ber guten
toie ber böfen triebe. 3n $*** böc^ften 3)afein«form al« SKejc^ämä fyat fte bte Äraft,
mit ©ott unb bem Stctytreid&e in S3erbinbung ju treten. 311« inbtoibuelle« Sßrinjtj) tob*
bie ©eele bi«toeilen aucty Jechida FT^i), ©injige unb al« 2eben«prinj^> über^amjt
Chaja (p\ty genannt. 3Kofe bm Olafyman fre^ieD fafy in ber ©eele emen £eil ber
4ö ©ott^ett, fte originiert nac§ i^m au^ ber ©epfyira ber Vernunft (^r^)- 2Bw tylato,
Drigene«, ^efftng unb Äarl 6fyr. ^riebr. Äraufe le^rt bie Ä. auc^ bie ^JJräejtftenj ber ©ede.
aide ©eelen, meiere beftimmt ftnb, in menf$li$e Seiber einzutreten, ftnb bon Uranfang
an in beftimmter $al)l bagetoefen. ©ie teilen, mit einem geiftigen ©etoanb angetan,
an tyrem ^immlijc^en 93eftimmung«orte unb laben ftcfy am Slnjc^auen be« göttlichen
00 ©lanje« ber ©c^ec^ina. 3)er ©tntritt ber ©eele in einen Äörper bebeutet für fte fein
©lücf, Jonbern ein Unglücf, batyer trägt fie auc^ lein Verlangen nac^ ber ^ntoi^orierung,
im ©egenteil fte beflagt ftcfy bei ©ott, bafj fie i^ren ^immlifc^en Aufenthaltsort berlafjen
unb in einen Äerfer ^erabfteigen fott. 35gl. ©o^ar II, 96b. SBir f4en auc^ in biefem
fünfte lieber ben ßinflufj j)Iatonifc^er unb p^ilonijc^er Se^ren. ©e$r beftimmt toixb
66 bie 3»bifferenjierung ber ©eele au«gefj)rod&en. 2lHe ©eelen tyaben bor i^rem eingeben
in ben 3)Jenfd^en 3)cannh)eibgeftalt, bie ©Reibung tritt erft nac^ bemjdben ein. Set ber
Verheiratung bereinigen ftcfy bie getrennten §älften ju einer (Sin^eit unb bilben toiebet
eine ©eele. Vgl. ©of^ar I, 1)1 b. unb ©ota 2 *. Sluc^ biefe ®oftrin erinnert an $lato
unb ^J^ilo. 5Kic^t minber toeift auf ^Jlato unb ^fyilo bie SKrtftc^t, bafe alle« Semen auf
60 (Jrben toeiter nic^t« al« ein ©ic^toiebererinnern (ävdjup^atg) beffen jet, h>a« bie Seele
Stabbala 679
bereit« in ifcem Dorjettlid&en 3uftanbc inne gehabt fyat. Sigl. ©otyar III, 61 b. SBon
großem gntereffe tft *>k SRetcmpfocM« (n^rr:f ^*?*) ber 5i 2Bie biefe fctyon Don ben
Stegtyrtern unb batm bon bcn $tytyagoreern ul* Pat<> vertretene Setyre in bie jübifd^e
©^eimhriffenfe^aft gebrungen, ift no$ nic^t böllig aufgeflärt. SJieHeictyt griff man ju
biefer 2c&re au« bem ©runbe, um bie ©eele attmäljlicty ben für ben (Eintritt in ben ?JJa» 6
laft i$re« ^immliföen ßönig« erforberlictyen 3?erbolIiommnung«}>roäefj erreichen ju Iaffen.
Sgl. ©o^ar II, 94 * ®amit fommen mir jugleic^ m ber Slnftqjt ber Äabbaltften über
ben 3*°** unb bie Slufgabe be« 3Jtenföen toäfcenb feinet irbifcfyen 3)afetn«. 3ebe mit
einem Selbe berbunbene Seele fyat in biefer SBelt eine 3«t ber Prüfung burdfoumactyen.
©elingt e« tyr toäfaenb biefer 3eit, ftd^ in ifyrem urforünglicty reinen 3uftanbe ju erhalten, 10
fo fe^rt fte beim £obe, toenn fte ftety bom Seibe trennt, fofort an bie ©tätte tyrer ^imm*
ßfcfcen #erfunft jurüdf; gerät fte bagegen in ©ctyulb unb ©ünbe, fo mufe fte jtety einer
Sanierung unterwerfen unb fo lange in niebere 3)afein«formen, fogar in $ierleiber, fiolj,
Steine, glüffe u. f. to. eingeben, bis fte bie jur SRüdffetyr an tyren fyimmliföen Seftim*
mung«ort nottoenbige Steinzeit erhalten t)at, unb bie frühere ©djulb boüftänbig geführt 15
tfL ^Mitunter irrt bie mit ©ünbe unb ©djulb behaftete ©eele mit anberen fünbtyaften
©eiftern naeft unb fctyambebedft in ber 2Belt untrer, bi« fte fd&Iiefclicty in ber §öfle tyre
Sanierung enü>fän$t. Selten erfreuten bei ©eburten neue Seelen, in ber Siegel finb e«
alte, meiere fepon m anberen Äörpern toaren. ©0 fott naety 3t«riel bie ©eele ©et$« erft
in SMofe ibre tugenbfyafte SBoHenbung erhalten fjabtn. Saß fo toenig neue ©eelen auf 20
@rben erfreuten, $ängt mit ber allgemeinen 93erberbtljeit be« menfctylutyen ©ef$le$t$ $1?
fommen. aber au$ bonüglicfye ©eifter fommen jutoeilen ntm 2Bo^le ber Wenden hrieber
ffttab auf Erben unb nehmen bie menf$li<$e #üue an. SBeil bi« jefct noety nid&t aDe
bor ber ffieltfd&öbfung erfd&affenen ©eelen au« tyrem fyimmlifc&en Aufenthaltsorte toegen
ber allgemeinen jßerberbtyett be« ÜRenföengefctylecfyt« in bie SBelt tyaben eintreten fönnen, 35
ift aud? ber SReffta« noefy nic^t erfcfyienen. — üöäfyrenb be« ©c^lafe« Iöft ftety bi«toeilen
bie ©wie frommer SKenfcfyen bom fieibe unb fcfybebtjM ben listen Staunten ber oberen
Seit empor, too fte in SRa})j)ort mit ben geiftigen SBefen berfelben tritt unb bie ®nt*
^üttung gufünftiger ©e^eimniffe empfängt ©d^ulbbelabene ©eelen geraten bagegen auf
tyren näd^tlic^en Söanberungen in bie 2BeIt ber ^infterntö unb Unreinheit, \vo fte mit 30
Dämonen unb ader^anb böfen ©eiftern jufammentreffen, bie t^nen ^alfc^ed unb Sügen*
^afte« mitteilen. Um nun bie ©eele beä 3JJenfc^en f<$on h)%enb feine« ©rbenleben« in
SSBcc^fetoerle^r mit bem Sic^treic^e unb feinen guten ©eiftern ju bringen, forberten bie
Äabbaliften t>on i^ren äln^ängern bie getotffen^afte Beobachtung be^ ©efekeä mit feinen
Sorfc^riften. Sor allen fingen galt ba« ©ebet al3 ba« Mittel, burc^ toelc^e« bie ©eele 86
fü$ )tt ben ©ej^irofy unb burc^ biefe ju ©Ott afe bem unenblic^en Söefen auffd^toingt
3« noc^ me^r, fte ift fogar im ftanbe, auf ©ott einen (Sinflufi auszuüben, tyn umgu«
ßhnmen, für i^re 3^e*e un^ ?JKne geneigt ju machen unb jur Slu^fü^rung berfelben
ftd& feine« Seiftanbe« ju Derfic^ern. 3faaf ^bn Satif lehrte, bafe ber SKenfc^ ftcfc im ©e^
bete )u ber fc^affenben Vernunft (^sn bpp) ergeben lönne, unb ber ©ctyityfer fid^ 40
mit t^m in einem Äuffe bereinige. 3)er ©ofyar ftellt bie ^Bereinigung ber ©eele mit bem
SReutye be« Sic^tö unb bem Steige ber ^infterniä unter bem gefc^maalofen unb unfeinen
Silbe e^elic^er Begattung Dor. 2öie er in ber ©ott^eit felbft ein männliche« unb toeib-
Iic&e* $rmgi}) unterfd^eibet unb ben etoigen Äönig mit ber $errin ftety paaren läfet (togl.
©o^ar III, 7 b), fo begattet ftety auc^ bie ©eele mit bem Slllgeifte. Sil« anbere 9KitteI, 45
bua$ toeldjie bie ©eele mit bem Üidjtreicfye in SBed^felberte^r treten fann, toerben ä«!efe,
©eifeelung, 3urüctye^ung bon ber 2i3clt, Sluffuc^en Don einfamen ©egenben unb £o&
rei&tmß bon niebrigen ©orgen, Slu^übung t>on allerlei guten SBerfen, in^befonbere ©in*
, ^üOung in toeifee ©etoänber, ba« Slnlegen ber ©ebetriemen unb bie Umhüllung in ben
©ebetdmantel betraebtet. 3Son befonberem 3niercffe ift bie $fb(^ologie Surja«. 6r be* 00
trottete bie ©eele als ein 3lbbilb Don ber Serbinbung be« Unenblic^en mit bem @nb(i<$en.
9Rit Slbam fmb jugleic^ alle ©eelen gefcfyaffen toorben. 6« giebt aber berföiebene Älaffen
t>on ©eelen: ©efyirn*, 2lugen=, D^ren=, §anb= unb Jufjfeelen, je nac^ bem Organe beä
^rototolaften, an bem fte tfyren @i^ fyabm. Um bie Befc^leunigung be« Säuterung^
Jjrojeffed ber ©eelen ju erflären, griff Surja ju bem ©el^eimni« ber ©eelenfc^toängerung 66
P^2«ot n^c). kommen nämlid) bei ber Verheiratung jtoei ©eelen bon ungleicher 5Ratur
jufammen, Don benen bie eine bie ifyr obliegenben religiöfen 55flic^ten nic^t erfüllen fann,
fo toirb i$r jur Unterftüfeung bie ©eele eine« S3erftorbenen, bie mit i^r Don bemfelben
Organe abftammt, jugefeut. 33et ber s43crefyelic(mng l^at man ba^er barauf ju a^ten, bafe
" nur gleichartige ©eelen miteinanber Derbunben toerben. ^ür bte @rfenntnt« ber ©leiefc 60
680 ftobfctla
artigfeit ber Seelen giebt e« {teuere Sr!eraumg«$eictyen in ben ©epd&tS^ügen unb in ben
Sinien ber inneren £anbflä$e, bie aber nur ben in bie Ä. eingeteerten befannt ftnb.
6« Hegt auf ber #anb, bafe bie Setyre bom ^bbur gu tollem Aberglauben unb betrüge^
rijd&er SBunbertyäteret führen mufete. Surja gab felbft bor, bie ©eele be« 3Refpa« ben
5 3<>fa^ äu bepfcen. 3ur Offenbarung göttlicher ©etyetmnifle lann eine abgeriebene ©ede
bei tbrer ftuxüiUfyx in einen anberen Körper burdj 33efctytoörung«formeln beranlafet teerben.
Sin Surja fnüpft pc$ auc$ bie Se^re bon ber Eawftnft ("fl?), toorunter bie bei Serricfc
tung ber Zeremonien, bem 93eten, ber ©elbftfafteiung, be« 2tu«fl>red&en« be« göttlichen
Ramend, be« fiefen« be« ©otyar auf ©Ott gerichtete unb in tyn pc$ bertiefenbe unb ber«
10 fenfenbe 2Billen«ric&tung ber ©eele ju berfte^en ift, freiere bie ©Uranien bur$bri$t
unb bie ©egenSfüDe ber oberen SBelt auf bie untere SBelt fyerab*ie$t.
6. Sie ©etyrtft. 3)urd) ba« Über^anbne^men ber ariftoteujdjm ©c^olapif fror fan
Subentum eine @$riftau$legung entftanben, meiere ntctyt jur 33ergeiftigung be« ®efe$e«
beitrug, ^nfolgebefien machte pcfy eine getoifie ©leid>ltigfeit unb fiau^eit in ber 8u&
15 Übung ber religiöfen ^flid^ten geltenb. DJcan betrachtete bie Religion toeniger für eine
©a$e be« $enen«, al« bielme^r für eine ©ad&e ber $erftanbe«tbättgfett. @« fehlte ber
erfrärmenbe £eben«obem, bie befeligenbe SBerinnerlic&ung. ©ie logifd&e 33egriff«atftmcte
Iung unb 93egriff«jerglieberung liefe bie ©emüter lalt unb froftig. ätber aerobe )u biefer
3eit beburfte ba« igubentum fregen ber fortfretyrenb über baSfelbe taembre$enben
20 fctyfreren Verfolgungen unb Srangfale ber inneren Slufrictytung , ©tärrung unb ©e=
lebung. liefern feelifäen Sebürfnifie entforaetyen bie Äabbaliften baburefc, bafe pe gegen
bie rein berftanbeämäfjige ©d&riftbetra$tung ^ront matten unb eine neue an tyre
©teile fefeten, bie in bie liefen be« göttlichen SEBorte« ftc& berfenfte unb babei ba«
religiöfe Seinen befriebigte. ©d&on Sp^tlo bon aUejanbrien $atte eine ©c&riftbeutung
25 ^erborgerufen, bie mit bem natürlichen Sitteral« ober SBortpnne in fc^arfem Äontrafte
ftanb. Sludb berfebiebene 9J}ifrfma= unb lalmubletyrer froren ber Meinung, bafc neben
bem Sitteralfmn (nJefc^fit) noety ein anberer, ber allegorifctye (©erüfety) ein^ergefc ber-
mittelft beften pe au« bem ©efefce neue Sefthnmungen unb Siegeln jur SSeobadfc
tung unb Befolgung im Seben ableiteten. S)ie ÄabbaKften gingen no<$ einen Stritt
so freiter. 2)ie Suctyftaben, SBorte unb tarnen ber ©etyrift toaren für pe Xräger tief
berborgener göttlicher ©ebeimnifje (frnnn nrno), frunberbarer, ntyfttfc$er ©ebanfen
unb tyttn, bebeutung^bouer ©innbilber unb Stätfel, bon benen ber 33eftanb ber SBelt
abfängt. Sgl. ©o^ar II, 99* ju SRif^atim. 3n gleicher SBJeife berfolgen auc^ bie
biblif$en @nä|^lungen bon $agar, @fau, Saban unb $alob, bon ber Sfelin bed Sileam,
86 bon Salaf, ©imri u. f. h). nid&t blofe ben Qtoti, eine ©eföid&te mitguteilen, fonbem pe
enthalten freit mefyr, al$ tyx ffiortfmn angtebt. „@ie pnb nur ba« ©efranb ber Z^ora
(NrpnN-1 w^iab Nn^v*n ^^o \sri). ffier ba benft: ba« ©efranb ber S^ora fei bie
$auptfa$e unb nic^t ein tieferer ©inn, beffen ©eift möge fc^frinben tutb er fyd leinen Seil
an ber gufünftigen 2BeIt". ®af. 111,152*. Sef onber« bejeidjnenb für bie»npc^t, bc% unter
40 ber fmnlid&en Sßort^ülle ber ©etyrift tiefe ©e^eimniffe unb unenblic^e ©c$ä$e göttTit^er
aBefe^eit berborgen liegen, ift bie ©teile baf.: „®$ giebt Igoren, bie, toenn pe einen
fro^Iaetleibeten ÜJtenfd^en fe^en, ba« Aleib für alle« galten, unb bo$ befielt ber SSoqug
be« bleibe« in bemSeibe unb ber be$£eibe« in ber ©eele. Sluc^ bieX^ora fyat einen Seib,
ba« pnb tt)xt ©efe^e, ber ©efrönber anlegt, ba« pnb bie @rja^lungen. 2)od^ bie 3$oren fe^en
46 nur auf! ba« ftleib, bie ßnä^lungen, o^ne auf ba« $ö^ere barunter ju achten." ©o legten bam
bie ÄabbaKften auf ben Sitteralfmn ber ©Arift nur geringen 2öert, mit i^m befestigten
pe pc^ nic^t; bon ifym (oute aber auc^ niept« ^infreggenommenunbnic^t« hinzugefügt toer*
ben, nid^t einmal ein 93uc$ftabe (^z** ??*&> *&? NED\sb «b-r in^n rrcD öopn rr^s?
TJJ ^"» bgl. ©o^ar II, 99 b). Um ber ©$rift nun bie ©d^eimnifte )u entlocfen, be« .
60 biente man p$ berfc^iebener ejegetifc^er $ilf«mittel. 9ln i^rer ©t>i|e fte^t bie ©ratmnateia
(N-'Tj?:.-), b. i. bie 93uc()ftabenbetra^tung. ©d^on im ^ejirabuc^ II, 2 toerben bie 22 8wfr
\tabm teil« nad^ i^rem Sautge^alt (©$aU) für bie münblic^e ÜKitteilung T1®^ **&
nai) i^rer ©cfyriftform (©eftalt, ^?P), teil« nad^ tyrem Rafylmtotttt für bie Serei^ramö
("?*£) betrautet. ®abei frirb ba« Sltyfyabet in brei Abteilungen gefc^ieben. $ja ber
66 erften Abteilung gehören bie brei ©runbbud^ftaben (^'"?:n), freite SRütter feigen, jur
gfreiten bie peben Döbelten (nftics rati), nämlicfc n"ncs nsa) Unb jur britten bie
gfrölf ijolierten (einfachen) 93uc$ftaben (r-KTCE r-»). 3)ie brei ©runbbudfttaben fhBen
bie brei ©runbelemente ober Urbeftanbtetle bar, au^ benen ©Ott glei$fam feine SBo^ming ge>
grünbet ffat, unb jfrar toeift ba« « auf bie Suft p^«)# ba« « auf ba« SBaffer (pr*) unb tot
eo » auf ba« %tuuc («J») ^in. ®ie peben 3)o^eIten, freiere ftari au«geft>rod^en frerben, toenn
ftafcfcala 681
fie in ber SJZttte einen $unft \)dbm, bagegen fd&toacty, toenn ber $unft in berSRitte fefylt,
toetfen auf bie fieben Planeten, bie peben £immel«ft>fyären, bie peben 2Bo$entage, bie
fteben SBoctyen (gtoifäen Dftern unb $pngften), bie fteben Pforten ber Seele, bie fieben
SReere, bie fieben SfBtiften u. f. to. tyin. Slufeerbem pnb pe Silber für bie fteben @egenfä£e
ober ©runbbertyältniffe be« menfctylicfcen fieben«: Seben unb Xob, 2Bei«bett unb 3$orbett, 5
9tei$tum unb ärmut, triebe unb Krieg, Sd&öntyeit (Stnmut) unb fiäfclid&fett, gfa^toar*
fett unb Sertoüftung, §errfc^aft unb Suaberei; bie gtoölf ifoßertm 33u$ftaben beuten bie
gtoölf S^ätigtetten be« ÜRenföen an: Se^en, £ören, Stiegen, Sieben, (Sffen, Seifölaf,
Arbeit, ©etyen, Junten, S^en, 9to<$benfen, ©Olafen. Sieben ber Suctyftabenbeutung
lefyrt ba« Stalrabud) fobann aud& bie Suc^ftabenbertaufctyung. ©0 tyeifct e« bafelbft II, 10
2 u. 4: „Sie 22 33u$ftaben tyieb ©ott ein, toog pe unb bertauföte jie, toectyfelte, ber«
fömoh fie unb bur# jie bie Seele alle« ©ebilbeten unb bie ©eele alle« beffen, toa«
beremp gebilbet toerben fottte. SBie fo? ®r toog pe unb toet&felte fte, ba« ** mit allen
9u$ftaBen ber Steige nad& unb fte alle mit k, ba« 3 mit ifynen aßen unb fte äße mit 2,
unb fo toieber rüdftoärt«." 2luf biefe 2B3eife entfielt burefc bie Kombination ber 93u$* 15
ftaben eine ungeheure 3Jienge bon SBörtern, toelc^e bie Urbilber alle« Safeienben ftnb.
Xu« bem Satfentotttt refultiert föiiefilid& na$ bem 3>ejirabuc(>e <"*$ M* $eiligfeit ber
tollen. Sie Sin«, al« Sud&ftabe n, ber einfache 2tftnration«laut, bebeutet ba« erfte
erauätreten be« Unenblictyen in ba« (Snblicfye, be« ©eftaltlofen in ba« ©eftaltete. Sie
3h>ei bUbet ben ©egenfafc gur 6in« unb $at ityre Sermittelung in ber Srei. Sie Srei 20
$ bie ba£ gange ©ein begerrfcfyenbe ©runbga^l, pe regiert in ber SBelt be« Säumet
ebenfo tote in ber £eit unb auf bem ©ebiete ber ©eele (©eifte«). ?jn ber Sieben tyaben
toir bie ^öfyere 3lu«gleictyung unb 93ermittelung bon gtoeimal bret. Sie >tänf ba pe fu$
au« Sret unb Sieben gufammenfefct, toeift auf bie getyn @otte«namen unb auf bie ge$n
©e^^irotb tyin. Sie ätoölf fteflt bie gtoölf Stämme, bie gtoölf SRonate unb bie gtoölf 26
Iterrretebtlber bar. Sie 3toeiunbgtoangig enbüd&, toeil pe au« 3toölf un& 3^n jufam*
mengefefct ift, ge^t auf bie 22 »utyftaben be« SU^abet«, burefc bie pi$ ©ott geoffenbart
ffat — gn ber ^olgejeit tourbe eine bereite ©rammateia unterf^ieben, eine arit^metiWe
unb eine pguratibe. Sie erftere betrachtete bie Sud&ftaben nac^ i|rem Scfyltntovctz. »ei
ber leÄteren !am bor aDem bie Sc^reibtoeife ber Suc^ftaben in Setractyt. (Sin jtoeite« so
ejegettfdM $ilf«mittel toar ba« 9lotari!on (VPTv^), b. i. bie atroftic^itee 93ertoenbung
ber Sud^ftaben in ber 2Betfe, ba| jeber Sud>ftabe eine« 98orte« ben 9lnfang«buc^ftaben
eine« neuen SBorte« biibet. ai« ein britte« Mittel galt ber ßiruf (nw""«? =1^?), bie
8u6pabenberbinbung. Sa« bierte unb lefet* Mittel toar bie Ventura (nT'17:ir)/ We
Sucpftabenberje^ung (?ßermutation) unb bie SBucfcftabenbertaufctyung, fobafe baburd^ ntm 86
SBörter entftepen. SBenn au$ alle bie aufgeführten 3nterj>retation«mittel bereit« im %aU
mub unb 2Ribraf$ jur älntoenbung fommen, fo maegten bie Jlabbaliften boc^ einen um
btele« ergiebigeren ©ebraud^ bon ifynen. Sefonber« toaren e« bie ©otte«namen, mit benen
bie Äabbala ein finbifebe« Bphl trieb. Sie toaren nic^t nur bie 3)littel, bur<$ toelc^e
®oü av& feiner berfd&lofjenen SBefen^eit ^erau«tritt unb pd^ bem 3Serftanbe gu erfennen *o
aiebt, fonbern pe bienten auA bagu, auf bie inteQigiblen JSotengen ehtgutoirten unb i^re
pnmnlifd^en Äräfte ben 3Jlenfcben jugänglic^ gu machen. 3Jtan glaubte fogar, mit i^nen
aüer^anb SBJunber toirfen ju fönnen, toie Äranfe gu feilen, brol^enbe Sergängmfje abgu«
toenben, geuer«brünfte gu |emmen u. f. h). Um nur einige Seiftnele amufü^ren, tourbe
ber ®otte«name (glof^im ,(=^rb») mit 93e$ugauf bie SBorte ^ef 40, 26: „2Ber fc^uf biefe?" «
in Mi ("^) unb eleh (nb«) gerlegt unb bafyin gebeutet, ba| ba« Mi (toer) ©ott in feiner
Serborgenbeit (©ott al« En söf) unb ba« eleh ©ott in feinem £erbortreten in ber Schöpfung
begegne. Siefe Seutung trägt im.So^ar I, 2 a ber ^ro^et (Sita al« göttliche« ©e^etmnt«
bem ©imeon ben ^od^ai por. Ä^nltd? berfu^r man mit ber Stelle 2 ÜRof 3, 14 : Ehjeh
ascher ehjeh 0"r™ ^cn rmxy ^n bem erften ehjeh fanb man einen §intoei« auf w
®ott in feiner tinenbltcfyfeit unb in ascher ehjeh einen $intoei« auf ©ott in jeiner
SWantfePation in ber 2öelt. Subita ^iefe ba« erfte ehjeh au$ bie 3Kutter (*&*), toelcfce
bie ©eburt noc^ in ifyrem Sc^o^e trägt, in ascher erblidfte man bie s3)futter, toeldjje im
Begriffe fte^t, ben Sltt be« ©ebären« gu boQue^en unb in bem legten ehjeh bie ©eburt
feBbft, bur(^ toelc^e ©ott au« fetner aSerfc^Ioffen^eit in bie (Srfctyeimmg getreten fei. Sie »
tmmberfräftigften SBirlungen fc^rteb man bem bierbuc^ftabigen ©otte«namen %t)tDt), bem
fogenannten ietragrammaton (p-ts« "?■;» -^ M) gu (bgl. fc^on $bilo Vit. Mos. 3).
SBer im Sefi^e ber richtigen 3(u«fbrad^e biefe« 9Jamen« fei, fönne in 3la))bort mit ber
oberen SBelt treten unb empfange Offenbarungen bom SlUgetfte, bie für bie SBelt bon ber
größten SBebeutung finb. ^eber Sud^ftabe be« ^eiligen ^famen« iourbe al« ätoai ©e^ eo
682 Stabbnia
tyeimniSboffeS betrachtet. £)aS 3ob (*) beutete auf ben SJater als ©d^öpfer («?**) unb baS
§c (") auf bie HKuttet (**T$) ^n. Unb toeil baSfelbe boppelt borfyanben ift, fo unter«
fdjieb man eine obere (nab-r wp») Unb eine untere ÜRutter ("Nnr) **"?■**). 3n bem
äiafc (i) enbli$ erblidfte man baS S5ilb ber ©c^ö^fung felbft. $ie 3Serfe$ung ber »uefc
r> ftaben beS $etragrammatonS betoirfte aber auefy eine gfüffe neuer ©otteSnamen, bte ge^
jprocfyen ober gefdpeben auf ben Sauf ber 9iatur fcon hmnbert^ätigem unb jauberfräftigem
(Sinflujfe fein, bie 9iaturgefefte bur<$bre$en unb bie fyöfyere 2Belt in ben Dienfit ber
nieberen fefcen foHten. Die Jt. bejeid&net oaS angebeutete 93erfa^ren mit bem 9tamen:
baS ©e^euumS ber 93erbinbung ber 9iamen (r™? qi""^ *rio). gn ber praftifc^en &.
10 (r^r?: ^r") fielen bie aus bem ftetragrammaton gebilbeten Slamen eine grofce Söffe.
9Ran brachte fie in abgefd&madfte gormein, bebiente [\df tyrer als Amulette unb operierte
mit itynen. 2Bie ber Verlegung unb 93erfe$ung ber 33ud)ftaben beS $etragratnmatonS,
tourbe ebenfo ifyrer StuSfpractye enttoeber für fi<$ allein ober affer jufammen eine grojje
Scbeutung jugefprod&en. ©o empfahl 2lbrafyam Samuel Slbulafia, toenn ber 3Rettf$ mit
16 bem 2lffgeifte unb ber au« tym fyerborgegangenen ©eiftertoelt in SSerbinbung treten unb
göttliche Offenbarung empfangen toolle, fo muffe er ben bierbu$ftabigen ©otteänamen
nid&t nur mit getoijfen SJtobulationen ber Stimme in längeren ober fürjeren Raufen,
fonbern and) unter anftrengenben 93etoegungen unb Serbeugungen beS ÄörperS aussprechen.
@r gerate babei in (Siftafe unb berftnfe barauf erfctyöpft in einen Schlaf, toobei tyn baS
20 ©efüfyl überfomme, als toenn fiety bie ©eele Dom Seibe trenne, ©er äffgeift bereinige ftc$
bann mit ber $u tym ftc§ auffcfytoingenben ©eele in einem Äuffe unb ftröme in fie über. $n
biefem Slugenblicfe Serben bem 9)tenfd&en bie fyöcfyften Offenbarungen ju teil unb eS er«
fd&liefcen fidj ifym alle ©efyeimnifje. 2Bie mit bem trierbuctyftabigen ©otteSnamen berfufa
man mit bem gtoölf-, gtoeiunb^anjiig^, jtoeiunbbieraig* unb jtoeiunbftebjigbuc^ftabtgen. ©ie
2B toaren alle Iräger grofjer ©efyeimniffe, toirften auf baS työc^fte SBefen em unb gelten
fc&toebenbe 33erfyängniffe auf. 2fynli<fce ^Manipulationen machte man mit ben tarnen ber
@ngel ; biefelben (tnb aber fo abftruS, bafj eS fiefy nietyt lotynt, nä^er auf fte einiuge^en. —
©o trieben bie Äabbaliften mit bem 21$, inSbefonbere mit ber 2$ora argen aRifebrau^.
Daburdfr, bafc baS ©d&rifttoort nid&t mefyr für ftdj felbft betrautet tourbe, fonbern aur
so 6ruierung tieferer $bttn biente, trat ber blü^enbfte Unjtnn unb SBMberfmn ^u 3^age. ®ie
mit bem fogenannten fyötyeren ©inn enthüllten göttlichen SBaf^r^eiten, bie verborgenen ®&
fycunniffe unb Offenbarungen toaren toeiter nichts, ate bie in ben Äöpfen ber ÄabbaKften
ioirbelnben §imgefpinnfte. 3)ie ejegetifc^e Sitteratur ber Äabbala liefert ben beutlufccn
S8en>ei«, bafe tyre Vertreter ba§ ©efüf^I für eine facfygemäfce @rfajfung be« ©^rifttoorted
86 böflig verloren Ratten.
III. ßnttoidfelungSgefcljictyte ber Äabbala mit 93erürffic^tigung ber
berborragenbften örjeugniffe i^rer Sitteratur. ®ie ©efebic^te ber Ä. um»
fafet einen 3«^"»" bon beinahe taufenb 3jafyren. 3^re anfange fauen bereits in ba$
7. ga^r^unbert, toäfyrenb i^re legten 2lu^Iäufer bem 18. S^^unbert angehören. 3)er
40 größeren Überftc^tltd^feit toegen unterWeiben toir am beften jtoei ^erioben, bon benen bie
erftc bom 7. bis inä 13. unb bie jtoeite Dom 14. bte in« 18. Sa^unbert fic^ erftredt
5öegeid^net bie erfte ^ßeriobe bie 3^^ t>& allmählichen Slufblü^end, ber ©ntfaltung unb
SBortoärtebetoegung, fo bie ^n>eite bie 3«* beS 2lbblü^enS, ber 9Rü<ftoärtSbeh>egung, bed
SBerfallS. ®er §öf^epunft gehört bem 13. ^a^r^unberte an, too ber ©o^ar entftanb unb
46 bie ©eifter um ftcfy fcfyarte. 2Jom 7. bis 9. ^«^unberte begegnen toir ben SJerteetern
ber Merfabamtyftif , n>elc^e in ben großen unb fleinen fallen (T*?*- r^T*
^zv nibp-n) \{d) in ©cfyilberungen Don greller garbengebunj über bie ^immlij^en
fallen unb beren ©inric^tung ergeben. ©otteS 2^ron unb fem au$ @ngelfc^aren be«
ftebenber §offtaat Serben ganj nac^ bi^antinijc^em 3Kufter betrieben. ©Ott als En sof,
60 bie ©cp^irot^Ie^rc unb bie Sefyre Don ber ©eelentoanberung ftnb nod^ unbelannte SÄige.
3)ie Autorität, n>eld^er alle ©ebanfen in ben 9Runb gelegt toorben, ifk ber Xatmaite $ß*
mael ben @Iifa im 1. u. 2. ^a^unbert. ®er %t& ber großen unb Keinen fallen,
melden ^effinel in Bet ha-Midrasch 3. %. ©. 83 ff. bringt, jeigt ^rofte 3uf<*™mötJ
^angSloftgfeit unb ^ntorrelt^eit. Überfe^ungSproben giebt tyl}. Wloa) m: 9Binter unb
66 äöfinfcfo bie jübifc^e Sitteratur 3. Sb ©. 237 ff. Die Sud&ftabenmtofti! erfd^eint in febr
ausgeprägter ©eftalt in bem Sllp^abct beS SRabbi 2lfiba, audp Othioth de R
Akiba («s^r '^ rrn«, «2"pr '~~ 2"X) genannt, ©er Iücfen&afte, auS l>erfc^eben<n
©d^rifttoerfen fomponierte lejt (Dgl. ^jellinef a. a. 0. 3. 33b ©. 12—49) be^anbelt bk
Suc^ftaben naö) Warnen unb ©eftalt unb fnüpft baran allerlei religiöfe unb morafiWe
so Setyren. Übcrje^ungSproben f. bei tyt). S3loc^ a. a. 0. ©. 226—232. heftige ©egna
ftahbala 683
bicfer nfyftiföen Stiftung toaren Stgobarb bon fityon (geft. 840) in feiner ©d&rtft: De
judaicis superstitionibus unb ©alomon ben ^entc&am (10. Safyrfy.). Sfit bem ®r*
flehten be« ©ej^er ^ejira ("7^ s bog 93ud& ber ©c&öpfung) im 8. gaf^unbert ge^t
bie SWertabambftif ("»'TS ntera) bereit« in bie »ereföit&mVftif (rnÄna rrä?B) über.
3>ie Keine ©cfcrift Derbreitet ftc$ über ©ott, ©ctyöpfung, SBelt unb ÜRenfc^en in präg* 6
nanten laptbarfttlartigen, bi«toeilen bunllen unb orafetyaft berfetyleierten ©äfcen. 6« toirb
ein neue« Element, ba« fo«mogonijc§e, eingeführt, toelctye« in ber $o!ge}eit immer tiefer
unb umfangreicher au«geftaltet hrirb. ®a« ^ejirabuc^ beftefyt au« einer Einleitung unb
6 3lbfc&mttcn, toelc^e Iefetere in ©umma 33 SKifd&na« enthalten, $n bicfer äußeren
gform liegt ftc&er ber ©runb bafür, bafe ba« 93ucf? bie -JJlifcfyna ber Ä. Reifet. ®em 10
Sn^alte na$ laffen fid^ beutlicfc brei 2eile unterfc&eibeu. £)er erfte Seil, bie (Einleitung,
aeigt bie @manation«letyre, toie biefelbe im 2llesanbrini«mu« ifyren Stnfang genommen,
feie 22 33u$ftaben toerben in 93erbinbung mit ben je$n göttlichen 3lu«ftrafylungen ge*
bracht unb al« bie 32 Sahnen ber geheimen 2Bei«^eit ("5?" r-n-n?) bejeicfcnet, ft>el<$e
ben ®runb aller ®inge bilben. S3gl. I, 1. ©Ott erföetnt nid&t nur als 2öeltfööpfer, 16
fonbern auefc al« SBdterfyalter unb SBeltleiter. 3m jtoetten Seile toerben bie ©egenfäfce
unb beren 3lu«gleic$ erörtert, tooburefy alle« Seftefyenbe erhalten toirb. 3)iefer leü !ann
als eine ärt göttliche a3orfefyung«lefyre betrautet Serben. SDie 93u$ftaben be« ätyfyabet«
ftnb „reale SÄtä^te" unb „geftaltenbe Strafte alle« Dafein« unb SBerben«", toelcfce ben
6rf(^einungen ju ©runbe liegen unb tyr $ßrm)i|> bilben. Rux öue^ftabenbeutung fommt 20
mxty $inju bie Suc^ftabenbertauföung unb Suctyftabenberedjnung. ®er britte Seil be*
f^äftigt ftety mit bem Söfen, feinem Urftmmge unb ausgleite. 211« Stlb jur 33er*
anföauiic&ung bient bie SBage; bie eine Schale ftedt bie ©ctyulb, bie anbere ba« Sier=
bienft unb bie 3un0c *><*$ entfcfyeibenbe ©efefc jtoifctyen beiben, ba« bermittelnbe ^rinftip
bar. 3Ran toirb biefen Seil al« eine 9lrt 33ergeltung«lefyre betrauten bürfen. 3)a« &i\xa* 25
bu$ fc&lieftt mit einem ^odjfliegenben, bem abrogant in ben ÜJtunb gelegten ©a$e:
„Site unfer Sater Abraham geflaut, betrautet, gefetyen, eingegraben, eingezeichnet unb e«
erreicht tyatte, offenbarte ftcfy tym fofort ber §err be« SBeltaU«, nannte i$n feinen greunb
unb fölofj mit tym unb feinem ©amen einen 93unb; unb er glaubte an ben 6h)igen,
unb bicfer regnete e« tym jur ©erecfytigfeit. Unb er fetylofj mit tym einen S5unb jtoif^en 30
ben je^n 3e^m f^ner Sü6ef un^ ^a^ W ^ Sefc^neibung, unb jtoifc^en ben tfbn Ringern
fetner ^änbe unb baä ift bie 3un8ei un^ w fnü^fte bie 22 93u$ftaben an feine 3un0e/
inbem er fein ©efyeimnte i^m offenbarte. @r ^og fie im SBaffer, jünbete ftc an mit
Jeuer, in ber 2uft, Verbrannte ftc mit ©ieben (b. f. bie 7 üöanbelfterne) unb go| fie fyin
in bie 12 Xierlretebilber." Da« ^trabu^ ift bie erfte ©c^rift, toelc^e bie ^ilo<86
f^ifc^e ©pehtlation ju einem fvftematifc^en ©anjen jufammenfafjt. ®ie toid^tigften
fielen fmb in Kür je folgenbe: 1. 63 giebt bier Uq)rinji^ien, bon benen immer ein« au«
bem anbern emaniert. 2>a« erfte ift ber §aud& (pi"") be« lebenbigen ©otte« o^ne Anfang
unb 6nbe, ba« xtoeite ber §auc^ bom §auc^e (r^n'1"), eine 3Serbtd^tung be« erften §auc^e«,
baö britte ba« urtoaffer, au« bem §auc^e bom öauc^e entftanben, ba« bterte ba« Urs 40
feuer, au« bem Urtoaffer ^erborgegangen. 35iefe leftte ßmanation f^at nad) ©abbat^ai
S)onnolo barin ityren ©runb, toetl ba« SBaffer ftd^ in ben burc^ ein lonbeje« ©la« ^in=
burc^ge^enben ©onnenftrafylen ju geuer entjünbet. 2lDe bier Ur^rinji^ien toerben burc^
bie brei Slaumbimenftonen mit if^ren entgegengefe^ten Stiftungen »ur 3e^ci^ (S)efabe)
berboÜftänbigt. 2. äße« in ber üBelt ift in einem etoigen Rrei«laufe begriffen. 3)ie 6les 45
mente ge&en SSerbinbungen ein unb löfen ftety lieber, um toieber in neue SBerbirtbungen
ju treten. 3. 3n att^ 6rfd^einungen haltet ba« ©efefc be« ©egenfa^e«. 3h)ifc^en ben
©egenfäfeen liegt ber ^nbifferen^unlt, ber ftc bereinigt. 2Jian erfennt beutli^ au« biefen
Sepren ben ©influfe be« 9fcu^t^agorei«mu« ; toal^rf^einlic^ laffen futy aud^ bie ©j>uren
ber arabifetyen ^J^ilofo^^ic nic^t n>cgleugnen ; entftanb boc^ bie ©c^rift ju einer 3*i*r *bo eo
bie Araber über Sabtylon unb ^aläftina bie Dberfyerrföaft Ratten. s})tit Unrecht fjat
man bie Sntfte^ung be« 3e3ftabucfye$ in eine bor bem 8. ^fl^wnbert liegenbe 3^ gc^
fe|t 2)a« Suc| f^at toeber mit ben <5anfy 65 b unb 3eruf$. baf. VII g. 6. ertoetynten
Segeln ber ©4>öj)fung ("7T r- ?")/ nod^, tote ©rä^ in feinem ©noftici«mu« annimmt
mit bem im 2. 3aW>unbert lebenben 2Ifiba etn>a« ju t^un. ©rofe toar ba« Slnfe^en be« 55
9u$e*. Sharon bm Slfc^er benu^te e« bereit« in feinem grammattfd^en SMerfe: Dik-
duke ha-Teamim (CT^sn *~*™), berau«gcgeben bon S5är unb ©traef, Sei^jig 1879),
unb ©aabja (geft. 942) n>ar ber erfte, toelcfyer c« fommentierte. s43gl. s))l Sambert,
Commentaire sur le S^fer Yesira ou livre de la eräation par le Gaon Saadya,
M "1891. 3^m folgten ber s2lr^t ^faal benSalomon %ßtatli au« Mairuan, ©abbat^ai eo
684 Stabtala
2)onnolo au« Dria in %tal\tn (um 946; nacfy einem märchenhaften Sendete foQ ein
getriftet Sharon au$ Sabtylonien bie 9Jtyftif um 870 nac$ Italien verpflanzt fciben, vgl.
3t. Neubauer, Abou Aharon le Babylonien in ber Revue des fitudes Juives,
Tom. 23, 1891 ©. 236 ff.)/ 3e$uba $alevi im Kufari (um 1140), »bulafta unb Korbo=
5 Dero. ®er ausführliche unb verftänbni«Vollfte Kommentar flammt von 3>e^uba bar 8ar=
ftlai au« Barcelona (12. 3a^0- ©ebrucft erföien ber ©c^^cr Sejlra &uerft ju SRaniua
1562 mit boty>eltem $e#e unb fünf Kommentaren, auf biefem ®rudfe berufen alle
anbeten 3lu«gaben. Unter ben ctyriftlicfyen (gelehrten übertrug juerft SB. fßoßel ba«
3jejirabuc(>, $art« 1552, fobann Stittangel nad& bem erften ®rudfe in Verfürjter ©efiaü
10 in« Satetniföe (Stmfterbam 1642) unb $. $. ÜReVer in« $eutfd&e (fieiftig 1830, 4°). 3n
forretter beutfd&er Überfe^ung lejen h>tr ba« 1. Kapitel mit Senufcung be« Kommentar«
be« »arftlai bei W $lo$ a. a. D. ©. 245 ff. Über ba« 9u$ felbfi vgL Hamburger,
SR®, für Sibel unb lalmub, 3. ©uWlementb. ©.98 ff. unb »lo$ a.a.O. ©. 240ff.
(Sin mer!totirbige«23er! au« berfelben $At ift ber ©fyfyer SRaftel, toelc^er in ber 9hnßer*
löbamer 2(u«gabe bon 1601 ben Eitel fityrt : ^snb«^ % -|Pjp rvfz'yi nnen arscrrr,
„ba« ift ba« 33uc& be« erften ÜRenföen, toelctye« tym ber (Sngel Stajtel gegeben tyd." 3n
ifym erfährt ba« fo«mogonif$e Element infofern eine bebeutfame SBeiterbtlbung, al« be*
reit« ber (Sinflufc ber $laneten unb ber Xierhei«biß>er auf bie fublunare 2Bdt gelehrt
toirb. 3)er (Sngel Staftel, ber in bie Stolle 3Jletatron« getreten, erfctyeint $ier al« ber ftn*
ao fyaber unb Sermittler bon aftrologifctyen unb aftronomifd&en ©etyeimniffen. S3loc^ giebt
a. a. O. ©. 250 al« Überfe$ung«probe ba« 6ingang«gebet Stbam« na$ femer Serfiofsung
au« bem ^arabiefe. ©egenftänbe ber fo«mogonifctyen unb mtyfKföen ©eograp&te tommen
aucty in bem Keinen fragmentarifctyen 2Kibraf<$ Konen (l?.13 ^T^2) ^or, Vgl. geübte!, Bet
ha-Midrasch 2.9b ©.23. ftm 13. Sa^unbert beginnt bie KrtftaUifatton ber K.
25 3faai berSlinbe, ber ©ofyn be«2lbra$am benSDabib au« $o«qutere«, tarnt getoifferma|en
ber 9Sater ber K. genannt toerben. 2luf feine begeifterten ©ctyüler @«ra unb 2l«riel, ©avib
ben Slbrafyam unb Stfd^er ben ®abib gefyt bie toettere 2lu«geftaltung ber im ^ejirabucfc
borgetragenen ©e^irotfyletyre jurücf. £)ie ©ej^irotfy toerben al« fcfttyfertfd&e Urjpotengen
unb intelligible ÜRäctytc gefaxt, toeld&e alle ©tufen be« ©ein« hervorbringen. SBä^renb
ao 3l«riel bie ©e^irotfyletyre m gfrage unb Stntoort erörterte 073 b? p'rrrc '* ort
nantiPi nVsnp, vgl. SjeUinef, Beiträge jur @efd&ic$te ber K. II, ©.32 u. »lodfr a. a.D.
©. 261 f., ber eine Überfefcung giebt), fachte 2tf$er ben 2)abib vor ollem bie gegen bie
©e^^trot^ erhobenen @intoänbe ju enttröften. Sßa^rfd^einlid^ fällt in biefe 3e^ a"^ ^e
Slbfajfung be« merfloürbigen ©ej)f^er ha-Bahir 0"^T?r: ^)# ober be« 3Ribraf(^
söfc^el 9ted^unja ben §alana (^n ^ n;rn: bp v*?y;), toeif^er borauf angeleat ju
fein f^eint, in mibrafd&artiger ®arfteDung eimelne ©c^ö})fung«toorte unter ^eranjie^una
ja^lreic^er, freiließ oft fel)r un;utreffenber ©leic^niffe unb Silber ju beleuchten. 9lai)
biefer ©c^rift, bie tyren 9lamtn übrigen« bat>on herleitet, bafe fte mit einem 2(uSftmu$e
be« befannten Xalmuble^rer« 9kc^unja ben £afana anhebt, lie^ ©Ott lange Vor ber 2Belt-
40 fc^ö^fung einen metap^ftf$en ©toff Verborgenen, ber für alle &afem«formen )u einer
g-ülle (w^b?:) bon §eil unb ©egen tourbe. ®ie je^n göttlichen 3tu«ftra$lungen, toel^e
nodf nxdjit ben Flamen ©e^^irot^ führen, fonbern Maamartm (D^:^) Reifem unb al«
mit ©cfyöpferfraft au«geftattete Kategorien erfc^einen, toerben fotoo^l mit ben ©igenfe^aften
(pit:) ©otte«,* toie mit feinen Ringern unb anberen ©liebern m Serbinbung gebraut
46 Uebrigen« toirb ^ier bereit« bie ©eelentoanberung in i^ren toie^tigften ©runbjügen gelehrt
Obtoo^l bie Vorgetragenen £ef?ren talmubifc^en Autoritäten in ben 3Hunb gelegt toerben,
fo toeifen bod^ verfc^iebene innere 3)ler!male ber ©c^rift, toie beif})iel«toeife bie Kemttni«
ber ^ebräifd&en SSofale unb Slccentjeic^en auf toeit jüngeren Urfjjrung fyin. ©ebrueft er«
festen ber SBatyir jum erftenmale 1651 gu Slmfterbam, fobann 1706 gu SSerlin. 3)ie
so 3)rucfe enthalten aber nur einen 5Eeil be« 2Berfe«, ba« Übrige befinbet ftc^ no<^ al«
2Hanuffrtyt in ben Sibliot^efen ju ^ßari« unb Serben. Über ben Sa^ir vgl. Sai^auer
im Orient, ^itteraturblatt 6. Sa^rgang (1845) ©. 182 u. 214; Seiline!, »eiträge jur
©ef^teberMabbala I, ©. 72; @rä$, ©ef^te ber ^uben 7.33b ©.458, 9tote3 (Snbt
Überfe^ung«j>roben f. bei $$. Sloc^ a. a. 0. ©. 258f. 93on großer »ebeutung für ba«
66 Slnfc^en unb bie Verbreitung ber K. toar e«, ba^ 3Kofe ben 5Rac$man (5Ra<^manibe« um
1250) fid? ben fabbal. fielen jutoanbte unb fte in feinem Spentateuctyfommentare niebei*
legte. Da« ©e^räge einer propfyetifcfy viftonären Stiftung tourbe ber K. Von bem oben*
teuernben Slbrafyam (ben ©amuel) Slbulafia (geft. um 1304) aufgebrücft. 6r legte aflen
5lad?brudE auf bie ßrlenntnt« ber ©otte«namen, toie fte burd^ bie ejegetifd^en ^ÜfÄmttd
60 ber ©rammateia, be« 5Kotarifon, be« ßintf unb ber Ventura hervorgehen. Qn femer
ftoUala 685
Überfpanntfyeit Wollte Slbulafia fogar ben bamaligen $apft SDtartin IV. jum ^ubentum
Wehren, ein Unterfangen, ba« er beinabe in ©uriano unweit Von Stom fyätte mit bem
lobe auf bem ©Weiterlaufen büfjen muffen, Wenn ntd^t ber $apft plöfelicty am ©cblag*
ffofie geftorben wäre. 3>n ben Sahnen ber Suctyftabenmtyftu Wanbelte fein ©filier
^otob ben abrogant ©ifatitta, nur bafe er biefe(be in enge Serbmbung mit ber ©ep^i* 5
rotere braute. @r legte feine ©ebanfen in jWei ©Triften : Ginnath egos (^£ naa,
SRufjgorten) unb Scha'are öra OTT** Vt$, Sictyttfyore) nieber, bie in ber golgejeit fiep
eine« großen 2lnfe$en« erfreuten. ©ine Üeberfefcung«probe au& ber Einleitung be« erften
SBerfe« f. bei Slocfc a. a. D. ©. 267 f. 3n meinem ©tabium ber (SntWicfelung bie Ä.
in ber jtoeiten §älfte be« 13. Satyrfyunbert« ftanb, erhellt am beften a\& bem äBerfe 10
Ma'arecheth haelohuth (riri fr«n n*y?*), ba« einem geWiffen Sperej jugcfctyrieben wirb.
3Kit ÜKofe ben ©c^emtob be Seon (geb. um 1250, geft. in SlreValo 1305), bem nad} bem
gegenwärtigen ©tanbe ber gorfcfyung Wafyrfcfyeinlid&en ^Berfaffcr be« ©oljar, meiste bie
Von Sfaaf bem Slinben ausgegangene fabbal. ©pefulation ihren $o$punft. 3)er ©otyar
Crn 'c, Su# be« ©lanje«, au$ fifceron -nirn 'c, ba« Su$ be« Wunberbaren ©lanje« u>
unb Vrifn -rrwp '2, ba« Sud& be« grofeen ©lanje«, genannt; ber5Rame gefyt auf Dan.
12, 3 jurüdf, mit Welker ©teile ba« 2Ber! al« $roömium beginnt) fte^t infofern im
SKtttelpunfte ber jübifc^en STbeofo^bie, al« er nictyt nur bie bi«$erige ©ebanfenbeWegung
nifammenfaffenb verarbeitete, fonbern auc& für ityre gortentwidfelung mafcgebenb unb be*
fttmmenb blieb. Söirb ba« Sejtrabucfy bie -Ötifctyna ber & genannt, fo ber ©otyar ber 30
Salmub. 3ntyaltlicty fteQt fi$ ba« 2Berf al« ein mibrafctyartiger Kommentar ju ben $Pe*
rifopen be« Sßentateucfy« bar, bem aber ganj unb gar ber einheitliche ß^aralter abgebt
Salb freitet bie 3)arfteflung von Ser« ju Ser« fort, balb Wirb fie burcfc breitfpurig
Vorgetragene fabbal. Sefyren, ober bur$ pfyantaftifcty erbaulid&e Betrachtungen unterbrochen.
SDie altteftamentlic^en Gegebenheiten unb Tanten Werben nic^t naety tyrem SBortlaute Der* 25
ftanben, fonbem e« Serben ifynen bunile unb nebelhaft Verfeuerte mtyftifc&e ©ebanlen
unterlegt. Sefonber« fmbifcfy ift ba« Wichtig tfyuenbe, getyetmni«främerifc$e ©piel mit ben
®otte«namen, mit ben Sofal* unb Slccentjeidjen, hinter bem Weiter nic^tö al« eine üppige
Wucfcrnbe, ungefunbe @inbilbung«fraft fteeft Um nur ein Seifpiel anjufütyren, Werben
Seil III, 129* unb 189 b, 288 b £aupt, $aare, äugen, D&ren, 5Rafe unb Sart ©otteSso
in einer SEBeife gebeutet, baft ba« Erhabene gerabeju in baä lomifc^ Säc^erlid^e berfäQt
3n ungezügelten ^^antaftereien ergeben ftc^ ferner bie ©c^ilberungen über ba« Steic^ be$
Sojen (©itra ac^ra) mit feinen Dämonen unb böfen ©eiftern, toclc^e bem Steige be«
©uten entgegentoirten, bie ÜKcnfc^cn »erführen unb jum SlbfaB reijen. 3m gamen ber*
birgt ft$ unter bem boQtonigen ^Sortfc^ioall, ben fc^ioulftigen ©leicpniffen unb SlUegorien 86
unb ben groteSfen Silbern grofee ©ebanlenarmut. 2)q« gegenwärtige aramäifc^e ©pra4f*
tolorit ^at ber ©ofyar toa^rj c^einlic^ erft burc^ fpätere Überarbeitung erhalten ; eine troffen«
fc^aftlic^e Unterfuc^ung be« totrflicfyen Seite« (ä^t fic^ tro^ ber ja^lreid^en (Smenbationen
öon 3faa! Surja u. a. nur auf ©runb be« auf Sibliot^elen liegenben tyanbfctyriftlictyen 3Ra-
terial« gewinnen. SBie ba« ^ejirabuety f 0 legt auä} ber ©o^ar bie oon i^m vorgetragenen 40
Beeren einer berühmten talmubifcfyen Autorität, bem im 2. 3a^tmberte lebenben San*
naiten ©imeon ben 3o$ai, in ben 3J2unb, einem 3Ranne, ber, Wie ber Salmub berietet,
im Serte^re mit bem @ngel 9J2etatron geftanben unb bur$ i^n Don ©Ott ge^eimni«DoQe
Offenbarungen erhalten ^aben foD. ffiä^renb feine« brei^njä^rigen Aufenthalte« in
einer £ö#e, fo Wirb glaubhaft ju machen Derfud^t, f oD er ba« SBerf auf ©runb ^ö^erer 46
Hingebung gefc&rieben unb vor einem grofcen ©d^ülerlreife Vorgetragen baben. fybod)
^on beim (Srfd&einen be« ©o^ar er^ob fiefy gegen bieSlnna^me eine« folgen ^o^en älter«
heftiger äBiberfpruc^. ®er ©o^ar fennt nt^t aQein bie sJJ2ifc^na unb bie ©emara, ba
Verriebene Sannaiten unb 3lmorärer mit Warnen aufgeführt werben, fonbern auc^ bie
Sotals unb Slccentjek^en ; au^erbem finben fic^ ©ebet«ftüc{e m^ftifc^en 3n^alt« in tym, w
Welche ben au« bem 9. u. 10. 3<* Waberte ftammenben 3Ribrafc^im angehören. SBenn
auefy ber ©o^ar im allgemetnen al« ein fortlaufenber Äommentar gu ben ^erifopen be«
^Jentateuc^« erfc^eint, fo ift er boefy, wie bereit« bemerft, fein einheitliche« SBer!, fonbern
e« ftnb in i^n ältere unb jüngere fabbal. ©Triften ganj ober ftütfweife übergegangen,
Welche in ben Verriebenen ^)ruc!au«gaben nid^t einmal immer an berfelben ©teile fielen. 55
3u ben au« alter 3^i^ ftammenben ©infc^iebfeln gehört 1. Sifra Dizniutha (^^P?
tKnxrpri, ba« Sud? be« ©e^eimniffe«, vgl. II, 176b); ein au« fünf Äapiteln be*
fk^enbe« unb in föwer verftänblid^er ©prac^e gefc^riebene« ©tüdf, beffen Se^ren fjoi)*
gepriefen unb mit äBei^en verglichen Werben, au« bem ber Äunbige bie beften ©peifen
bereiten lann. 3m 2. unb 3. Äapitel teilt ber ^ropljet 6lia ba« von i^m in ber $itmm co
686 Sabbala
Itfc^en gerade (-Dtetibtfya) vernommene ©efyeimni« mit, bafj ©ott vor ber 2Beltfc$öl>fung
ben s3Renfcfyen unbefannt toar, nacfy ber SBeltfctyöpfung aber ifynen fem^äöefen erfc&lofien
fyabt. Die ©$öpfung«gef$idjte toirb unter bem 93ilbe einer 2Bage (fifcp:TO) Vorgestellt,
toelctye bie ©egenfäfce jtoifcfyen ©ott bor unb nacty ber ©ctyövfung jum 3lu«gleu$e bringt.
6 2. Idra rabba Kadischa (t*pV?. «a1: «77» — »77$ ift ba« grie<$tf<$e *Edga,
©ifc"n8)/ *>** g^ofee ^eilige Verfammlung, Vgl. III, 127 b), ein ©tücf, toddpi
getoijfermafjen al« ein Softem ber fabbal. ©pefulation im JÖeinen genannt toerben famt
®« erörtert ebenfall« ben Unterschieb jtoiföen ©ott al« En söf unb ©ott in feinem £er*
bortreten in ber ©cfyöpfung, toobei von einem langen (y%r& T"^) unb einem {leinen
10 ©efity fps:« t?t) bie Webe ift. Der 9Henf4r erföeint al« 2ty>u« aller ©ej^irotb.
@r partijijriert nidjt nur an tynen, fonbern burcty feine ©etyirngänge finbet auc^ bie Äom-
munifation jUnfd&en ber oberen 2icfyt= unb ber unteren ©innentoelt jtott Von befonberem
3>ntereffe finb bie 2lbh>etfungen ber 3lntfyropomor^i«men unb Stnfyropopatyten im SEE,
toeld&e nictyt al« Realitäten, fonbern nur al« Vilbreben gelten gelaffen toerben. 3. Raaja
lsmehemna (Kpf™? »£7, ber treue £irt). 3jn ben mit biefem Sitel bezeichneten
©tücfen erfäeint 3Rofe al« ber treue §irt unb erörtert ba« SEBefen ber göttlichen Ur*
jmnjijrien. 3U &m entf Rieben jüngeren (Sinfctyiebfeln fmb ju rechnen: 1. Idra suta
Kadischa («»*ip_ weit «77», bie Heine tjetltge Verfammlung, DgL III,
287 b ff.), ein ©tue!, toeld&e« faft biefelben Serien befyanbelt, tüte Idra rabba Kadischa,
20 nur in biel lichtvollerer Darftellung. ©etyon au« biefem ©runbe fällt bie äbfaffung be«
©tüdfe« in eine foätere Seit 2. Sifra rasa derasin (7T7! «H #o 85 u<$ be« ©e*
beimniffe« ber ©efyeimniffe vgl. II, 70a u. 67»), ein©tüdf, toelc&e« fic$ über bie
^tytyftognomif unb Chiromantie verbreitet 3. Sepher Hechaloth (rrte^T 'c, ba«
Vucfc ber fallen, bgl. I, 38* u. II, 245 a). ©arm toirb ber Slufentyalt ber Seelen
25 im ©an (Sben unb in ber §öDe beschrieben. 4. Midrasch ha-neölam (C^??~ '^7??,
ber verborgene 3Jtibraf$). 3)ie unter biefem ütel an verriebenen Orten fty
pnbenben älbfc^nitte fötlbern bie 3"™*^* *>** ©eele in ben neuen vollfommenen
2Jtenfc§enleib naefc ber Sluferftefyung unb ba« für ben ©ereetyten aufbewahrte 3u&nf&
mafyl. 5. $n bem ©tücf e Saba (&*39, ber 211 tc) ergebt ftety ein ällter an ber Jpanb be«
30 Slbfctynitte« 2 3Rof21 über ©eelentoanberung unb £öllenftrafen. 6. 3n bem ©tücfe
Jenuka (&?}•*!, ber 3un0e) ^9* t™ Üvuigpc Verriebene fobbol. 2e^ren bor. 7. 2>ie
unter bem Sitel Mathnithin unb Tosephtha (»™^P] TW*?*) ^anbeln borgugdtoeifc
bon ber ÜJtyftit ber ©otte^namen. Obgleich bie lalmubiften unb ^J^ilofop^en gegen ben
©ofyar einen heftigen $roteft erhoben, fo fammelte fid^ boety um i^n fe^r balb eine grofee
36 3ln^änger|c^aft. man betrachtete i^n ate ein bom §immel gefanbte^ @rjeugntö unb ver*
fetylang e^ tro^ feiner gormloftgleit unb be$ toüften ®urd^einanber mit einem taxieren
§eife^unger, foba^ 3Rofe be iJeon nid^t genug Slbfc^riften liefern fonnte. ©Jxmien tourbe
bur^ ben ©o^ar bie eigentliche §eimat ber & 92o$ heutigen 2agö geniest bad Sßerf
bei einem geh>if|en Xeile ber ^ubenfd^aft ein autoritatives Slnfefyen. ©ebrueft tourbe ber
40©o^ar ;um erftenmal 1558 in ßremona in ^olio, faft }u gleicher 3^t erfc^ien aber auc^
eine 2lu$gabe ju ?D?antua in Duart (1558—1560), bie tejtgeftaltlic^ ganj toefentlic^ Von
ber elfteren abtoeic^t. 3)er amfterbamer 2lu«gabe liegt ber SDrucf von Stantua gu ©runbe,
toobei aud^ bie ©eitenja^Ien beibehalten fmb. Über ben ©ofyar Vgl. 3t. Sellinef, 9)tofe«
ben ©c^em-Zob be Scon unb fein Ser^ältnä jum ©otyar, Seipgig 1851, 8°; 3l6r. ©eiger,
45 2eon ba sJ3foVena unb feine ©tellung jur Äabbalal^, jum i^almub unb jum (S^riften=
t^ume, S5re«Iau 1856; 21. #af>n, 35ie ©otteöbegriffe be« Salmub unb be^@o^ar, fotoie ba
Vonüglidjften t^eofoj)f^. ©^fteme, Sei^jig 0. 3. ; Hamburger SWS. ju Sibel unb Zalmub,
1. (Supplementb. ©. 137 ff.; ©ommer, Specimen Theologiae Soharicae, ©ot^a 1834;
2lu«güge au« bem 23u$e©ofyar (v. I^oluc!, foäter revibiert bon öiefent^al), 8erlinl858;
no 5Ratl;anael, ^rg. 1885 ©. 120 u. 3af^rg. 1897 ©. 84 ff.; 93toc^ a. a. D. ®.270jf.,
too ftc^ auc^ lonelte Überfefcungfyroben finben. 3U ^em ^re'fc ^tx ©o^arlitteratur ^
frören nod? Xiffune ©o^ar ("n^ m?ipn) mit (Srflärungen unb 9?ac^trägen gumSo^r,
unb ©o^ar chadasch (p?? nrs-T). yiaö) bem @rjdj>einen be« ©o^or begann eine
3eit ber Verarbeitung be« in itym nicbergelegten getoaltigen ©toffe«. %r(t>tm man aber
66 in bie verfd&iebenen Probleme tiefer einzubringen Verfugte, tourbe ber labbal. SZebelbunft
noc^ gröfjer. 3U ^m ^erborragenbften Vertretern ber Ä. im 14. 3>a^r^unbert gehören
©d^emtob (ben Slbra^am), %bn ©aon au« ©egovia, 3faa! ben 3ofq>^ 6^do (6^olo) aitf
Sarefe, ^ofej)^ 3bn SBafar, 2lbra^am bar 3i$af au^ ©ranaba unb sJKofe« »otaral
(SSotarelo). ^m 15. ^a^unbert erhielt bie ft. in eifana (ben 3>eruc$am ben SCbigbor)
00 a\\^ ber Jamilie SHomm (?m) einen leibenföaftlid&en Vertreter, toelc^er ftd^ befonber« gegen
Stabbala 687
bic ^Eolmubiften in heftigen ©cfymctyungen erging. 9)tit bcr Vertreibung ber 3uben auä
Spanten Vetyflan jte ftcfy ber ftabbaltemuS nacb allen fiänbern, befonberS tourbe ©afetin^a*
laftina ein neuer 3lu$gang$l>unlt fabbal. 3jbeen. 3m 16. Safyrbunbert verarbeiteten 3JJofc
ben galob ÄorboDero, ein Schüler Von ©alomo SUfabij, unb Sfaaf Surja aucty Ha-Ari
0?$, eine Slbfünung Don 1*+ '<?'$ ?nv: *T3) bie Se^ren ber ©efyeimtoiffenföaft ju einem 6
©Vfiem, ba$ jugleicfy Diele Süifen be$ ©o^ar burdj 2luffteUung neuer 2$earien befeitigte.
3cner betonte metyr bie metapb#fö fpefulative, biefer metyr bie aSfetifd) ettyifctye (Seite.
SJurja verfammelte um ftcfy einen großen ©c^ülerfrete, ber ©ure Slri (TS ""— ) bieß unb ber
jtjb in SRoViaen unb ©ingetoetyte glieberte. Xwcd) ifyn tourbe fiurja eine ntyt^enumbUbete
ißerfönlutyfeit, unb {eine 3^eorien mürben na$ allen SHkltgegenben getragen. Set ©ofyar 10
erlangte bur$ fte faft eine abgöttifctye Verebrung. Der bebeutenbfte au« biefem ©#üler=
{reife ift Gtyajim Vital (ben 3ofa$ Galabrefe), toelcfyer nictyt allein baä ganje ©Aftern beä
SRetfterä, fonbern aucty beffen Vefätoörunggformeln fannte. Von tbm rityrt baä SBerf
Ez Chajim (2*:n yr# SebenSbaum) ^er. 9)tefyrere ßabbaliften im 17. Safy^unbert, tote
©abbatbai au« ©mtyrna (geft. 1676) unb granf, gelten ftcty für ^ro^eten, ober gaben is
Dar, baß jtc$ bie ©cfyecfyina ober bie ©eele be$ SKeffia^ in ifynen bertörpert $abe. Um bie
SKefjtanität ©. $tbü $u prüfen, tooDte ber Sultan brei vergiftete Pfeile auf tyn ab«
f6ie|en laffen, er toußte jtcty aber biefer ©efatyr baburcfy gu entjiefyen, baß er jum 3$Iam
überging. 9lun tourbe fem 2lnfefyen erft recfyt groß; feine ©$ü(er glaubten, baß er bie
3Rtpm babe, bie brei ^Religionen : 3$Iam, Subentum unb G^riftentum ju einer großen 20
Sfficfaeligion umjugeftalten. granf lebte ju Offenbar, too er Vorlefungen über ben ©o|ar
#elt, toie ein gürft unb unterhielt, Don Slußlanb unb $o!en reictylicty burc£ ©elbmittel
untcrftüfct, einen glänjenben #offtaat. Von ben anberen Vertretern ber Ä. toäfcenb be$
17. Sa^untatö frien nur nocfy hervorgehoben 9faq#tfyali (ben Safob), (Slctyanan mit
feinem Vtelumftrittenen 2Berfe: Emek hammelech (lV?n 7'1??., ßöntgStbol) unb 3jefaia 2B
#ortoifc mit bem Söerle: Sch'ne luchoth haberith (rVT?~ rrrvb nxf abbrcvitert:
Schela), bo£ eine Slrt SRealenc^Hopöbie be« ^ubentumä auf fabbal. ©runblage barfteQt
uiib toegen feiner et^ifcb-a^fetifc^en lenbenj bie toeitefte Verbreitung fanb unb Viele Slu&
^ige Veranlagte. Die ^abbaliften be« 18. §a$r^unbert3 Reiben, au|er ettoa 3Jiofe Gbajim
fimjatto, nur geringe Vebeutung erlangt, toe«^alb toir Don einer Sluffü^rung i^rer tarnen so
abfegen. ©0 $o^e ffleden aber auc^ bie Segeifterung für bie j{. fölug, ht allen ^afyx-
bunberten gab e$ ©egner, toelc^e i^re fielen aU Verirrungen be« ©eifte« energifd^ be-
tämt)ften. ©c^on im ©tyfteme be« 3Jiaimonibe« tyattt fte ein ©egengetoid^t erhalten, gegen
toelc^ fte bei ben ©ele^rten nie re$t auffommen tonnte.
IV. SEBirlungen ber Äabbala innerhalb beä Subentum«. 2Bennau(^36
anertannt toerben muft, baß bie 5t. auf eine Verinnerlic^ung ber Sieligton binftrebte, fo
f^at fie bod) burc^ §ereimie|ung ^eibnijcber ^been bem 3«bentume eine 2BeItanfc$auung
aufgq>fro^)ft, bic tym völlig fremb toar unb bie föäblicfyften folgen nac^ ft(^ jog. an
©teile be« moniftifc^en biblifeben ©otteSbegriffS, na(^ bem ©Ott ©c^öj)fer, ©r^alter unb
Segierer ber 2Belt ift, trat bie unflare, pantfyeiftifcb gefärbte ^eibnifcfye @manation«le^re. 40
©ie (gin^eit beö ©otte^glauben^ trat burd^ bie Slufftellung ber 3^n^ett ber ©eptyiroty,
bie für göttliche Subftan^en galten, in ben §intergrunb. ^nbem man bie ©ebete nic^t
ine^r bireft an ©ott, fonDern an bie ©cpbirotb richtete, entftanb ein toa^rer ©e^^irotb-
hdtud. Sluf ben lalmubtemuä mit feinen '^alac^ifc^en 2)i^Iujfionen, burc^ bie ber 3^«
um ba^ ©efefc fic^ immerme^r vergrößerte, blieften bie Slntyänger ber Ä. mit großer @e= 45
ringfe^äftung. %a, fte gelten i^n gerabeju für einen Mrcbäjcbaben be« 3w^^ntwm^ ber
audjufäneiben jei, toenn e^ toieber gefunben toollc. Dtacb ©o^ar III, 279b vergl. 275a
unb 1, 27b gleist bie 3Rifc^na einer Sflavin, bie Ä. aber einer gebietenben $errin. ©benjo
bad ©tubium beä Xalmub^. 6^ gleist einem garten, unfruchtbaren Reifen, ber, toemt
er gefc^lagen toirb, nur f^ärlicbe Kröpfen Von fid^ giebt, um bie fiefy f4fließlic^ noc^ ©tret- w
tigfeiten entsinnen, ba^ ©tubium ber Ä. bagegen gleist einer frifefy f^rubelnben Duelle,
bie nur angerebet ju toerben brauet, um feinen erfrijc^enben %xtf)alt ju ergießen. Vgl.
Sanbauer im Orient, 3a^r9an0 1845, ©.571—574, too fidj alle ben Skilmub febmä^enben
©teilen jufammengetragen finben. sJitdjt beffer aU bem lalmubiämuä erging e^ ber tyfyu
lofty^ie, toeld(>e bie religiöjen Vegriffe in nüchterne Definitionen faßte unb bie religiöfen 66
8«»f^riften vor bem gorum be^ Verftanb» rechtfertigte. 2)ie meiften Habbaliften fc^leuberten
flogen fte ben getybefyanbfäub. ©te toar bie ^agar, bie au« bem §aufe Slbrabamd ver^
trieben toerben muffe, toäljrenb bie St. bie ©ara, bie eigentliche §errin unb ©ebieterin
tixtr. 3ur 3e^ *& ÜJieffiaö toerbc bie §errin über bic ©flavin gebieten. Slber auc^ ba$
SibelftuSium tourbe vcrnad;läffigt. Wlan forfetyte in bcr ©c^rift niebt mefyr um i^rer jelbft co
688 »abbala
toillen, fonbern fuc^te überall mit £ilfe ber mtyftifc&en 3tu«legung«regeln nac$ bem fo*
genannten tytyeren Sinne.
Sogar bie Stitualien erfuhren btelfactye 2lbänberungen unb Umgefialtungen. $aö An*
legen ber Se^tllin (@ebet«riemen) unb bte Umhüllung mit bem laDitty (©ebet«mantd)
6 gefaaty unter $erfagen allerfyanb fabbal. Sprüc&e unb gformeln, man fbracfc aud) be*
fonbere an bie Sepgirot^ gerichtete ©ebete. 3)a« Sctylimmfte aber toar, oajj ein toüfter,
finnbet^örenber Aberglaube über^anb na^m. 3)amtt bie Seele ft$ mit bem Seiche be«
2tc$t« unb feinen ©eiftern in SJerbinbung fefec, ober nac$ bem Stöbe in $re tytmmltfcfc
^etmat bedangt toerbe, untergog man fiep fcptoeren Selbfttafteiungen ; man faftete ober
10 Hefe ft$, ©ruft unb 9tü<fen entblöfjenb, mit bierfacty geboppelten Stiemen geißeln. 3Rit ben
gefyehnnteboHen @otte«namen glaubte man firante gu feilen, Sefeffene gu erlöfen unb
geuer«brünfte gu löföen. 2Bie auf ba« SRetcfc be« Sictyt« foHte ber 3Jienfe$ aber aud^ auf
ba« SReic^ ber ginfterni« burcty Slntoenbung ber regten @ebet«formeln 9Jta$t unb (Knflufc
gewinnen fönnen. SBenn ber Äabbalift bete, fo fc&üttle ®ott mit feinem $aut)te, er an*
15 bere fofort feine (Sntfölüfje unb fyebe fcfytoere 93erfyängmffe auf. Selbft auf bie Ber*
bammten follten gauberfräftige @otte«namen eintoirfen unb fte Don tyren Dualen an intern
©trafortc befreien. 3>n M*fa §mftctyt begegnen tohr fogar ber Setyre bon ber fatyoliföen
Seelenmeffe. ^nfonber^eit galt ber kalter mit feinen ©efängen unb ©ebeten al« ba«
SKtttel, toelctye« SBunber unb allerfyanb jjaubertoerf betoirle, hrie avß bem „Sep^er Sc^um
ao mufö a^e^iffim (D-wrn msq ^0), ober ©ebrauefc ber <Pfalmen gum leiblichen SEBo^Ce
ber 3Jlcnfc^en" (toörtlidj: 2)a« 93ud) bon ber fabbaliftiföen 93ertoenbung ber Sßlalmen).
Sin Fragment <m$ ber praftifd&en 51., überfefct bon ©ottfr. Selig, Berlin 1788, beutlty
^erborgetyt.
V. 3)te Äabbala in ityrem SSer^ältniffe gum ßtyriftentume. 9Son d^rifU
26 lieber Seite tourbe ber ft. fetyon gur $tit ber Steformation toegen ber angeblichen $er*
toanbtfd&aft unb Übereinftimmung i^rer fielen mit ben3)ogmen ber c^rifklic^en Jttrcfre bie
größte Slufmerffamfeit gu teil, wlan toar ber Überzeugung, baft fte bie 93rücfe fei, auf
freierer ba« Subentum ""* Seic^tigfeit in« Gfyriftentum tyinübergefütyrt toerben tonne. 8e*
fonber« toaren e« bie Dogmen bon ber Sreieinigfett, bon SReffta« al« bem Sofyne ©otte*
so unb feinem 3Serfö^neramte (mors vicaria), bte man in ber R. Ilar au«aeftnroc$en fanb.
Sctyon ber im 3Jtiffton«eifer für bte Sarazenen ftd) bergetyrenbe geniale SRaimunb SuOud
^atte bon ber R. eine f o ^o^e Meinung, bafe er fte nic^t nur für eine göttliche SBtffenfc^tft,
fonbern auefy für eine Offenbarung ^ielt, beren £ic^t bie Seele erleuchte. 9lac^bem ber
getaufte ^ube $au(u3 be ^erebia (um 1480) au3 2ltagonien m feiner Epistola secre-
86 torum (nTiiert rn;»)r gegeigt tyatte, bafe alle ßau^ttoa^eiten beä c^riftlic^cn ©laubend
in ber St. enthalten feien, entftanb ein toatyrer SBetteifer unter ben c^riftlidbcn ©debrten,
ftc^ in bte jübifc^e ©e^eimtoiffenfe^aft ju berttefen. 2)er gürft $ico be SKiranbola ber-
öffentlic^te 1486 juSRomLXXII conclusiones cabbalisticae unb lub unter Sigtu$ IV.
alle ©elefyrten, um ftc^ bon ben gioifc^en (S^riftentum unb fiabbalt^mu^ befte^enben ber*
40 toanbtfc$aftli$en Regierungen gu überzeugen, gu einer Dt^utation nac^ 9lom. Sgl. ^otttn-
ger, Thes. philol. I, cap. 3 Sect. 5. 3)er erfte beutfe^e ©ele^rte, toelc^er ftd^ ein-
ge^enb mit ber &. befd^äftigte, toar 3°^ 9ieu$ltn (Sa^nio). äluf i^n ^atte bie Schrift
be« ©ilatiUa (ß^iqatilla) „Schare öra" (^^ Tip, ein Äompenbium ber labbal.
?P^ilofo})^te, toelc^e« ft$ borgug^toetfe über ©ott, feine tarnen unb Slttribute, über bie
46 Se^troty verbreitet, einen tiefen ßinbruef gemalt. @r fc^rieb gtoei Schriften: De verbo
mirifico 1414 unb De arte cabbalistica 1517 über ben ©egenftanb, bon benen bie
leitete ein Dialog tft gmifc^en einem ©riechen, einem sJJtarannen unb einem guben Simon,
in tüelebem btefer bie SDogmen ber c^riftlic^en jttre^e au£ Xalmub unb R. nac^toeift. Der
©eneral be« Sluguftinerorben« ©gtbio be Siterbo lie^ fid^ bon bem ^uben ©aruc^ bon
60 93enebent nic^t allein berfc^tebene Stüde be« Sofyar in« fiatemifc^e überfe^en, fonbern auc^
ba« Segitabuc^ unb ben Sepher nephesch hachochma (^?Dnn tica. «c)# eine 3tb^onb=
lung über bie Seele unb beren 3uf*anb na$ ^em ^°^er ^uf^ ^m bekannten Sita« gebtte
abtreiben, um ftcb noc^ tiefer in ben ©eift ber fabbal. Sitteratur berfenten gu föraten.
$aul Sltccto, ber Seibargt be« ffaifer« Wajimtlian I., ein getaufter !gube, übertrug ber»
65 fd^tebene 3lbfc^nitte bon Scha'are öra oe« ©ifattHa in« £ateinif$e unb toibmete fte bem
ßatfer, aufeerbem berfafete er einen pfyilofo^tfd&en Dialog gtoifc^en berfc^iebenen ^fuben, in
toelc^em er bie 2e^ren be« 3«bentum« al« irrtümlich abtoeift unb burd& tabbalifäfc^e &*
gumente ba« Gbrifientum rechtfertigt. SSte bie 2Babrbeiten be« S^riftentum« au* bem
lalmub unb au« ber R. tlax gu Sage treten, fuc^te ber ^angi«tanermdnc$ $etnt«9ala<
go tinu« in feinem ebenfall« in gorm eine« 3)ialog« gtoifc^en Sleuc^Iin (ßapnio), $O0$Mtat
ftabbala Säblet 689
unb fu$ afe Slutor abgefaßten umfänglichen SBerfe: De arcanis catholicae veritatis
contra obstinatissimam Judaeorum nostrae tempestatis perfidiam barautyun.
2)af SBerl crföten gum erftemnale im Drucf 1518, mürbe aber bis inf 17. ^a^unbert
toiebertyolt aufgelegt. 2)ie aufgiebigfte Quelle labbal. fielen gum (Srtoetfe ctyriftlicber
Starrheiten ift baf auf gtoei Sänben befte^enbe SBerf : Eabbala denudata Don Gfyc. 6
Jtnorr t>on Slofenroty getoorben, bon bem ber erfte 93anb gu ©ulgbacty 1677 — 1678
in 4° unb ber gtoeite gu ^ranlfurt am SRain 1684 in 4° erfctyien. 3n tym fmb
größere Stbfcfytitte auf bem ©ofyar, bem ©e^er Sföha unb anberen fabbaliftiföen
©djriften in oft fcfyoerfäfliger lateiniföer Überfefcung unb biftoeilen and) mifcberftanben,
gufammmgetragen. 2luf tym tyaben alle fpäteren (Seletyrten gefctyöpft, aucty Gtyr. @$ött* 10
gen, ber IReftor bef ©tymnaftumf gum ^eiligen Äreug in ©refben. 3n feinen Horae
hebraicae et talmudicae (2)refben 1733) fotootyl toie in feiner Theologia Ju-
daeorum de Messia (iDrefben unb Seidig 1742) unb in berföiebenen Heineren
©Triften finben ftcfc neben talmubifctyen unb mibrafctyifctyen ^Parallelen au<$ Slufgüge auf
bem (abbat Schrifttum, bor allem auf bem ©otyar, bie an bie cfyriftRctyen Dogmen an* 16
Hingen. §wtt tyü ftcty ber @ifer um bie Äabbaliftif getoaltig abgefüllt. 3Ran ift gu ber
ßinpd&t gelangt, bafi bie Ä. bo<£ eine gang anbete Söeltanfcpauung alf baf ßfyriftentum
vertritt. ©cbon ber ©ottefbegriff nacty ber ^eiligen Schrift 91 unb 9tä£ ift ein gang
anbercr. Sbenfo bereit ef fu$ mit bem ©$tyfunafbegriffe. SEBenn bie erfte Striae ber
Bfyfymti) XRxont, SBetf ^ett unb Vernunft) auf bie Drei ?ßerf onen in ber ©otttyeit begogen ao
toerben, fo lommt baburd) noa> nia>t baf innere immanente Sertyältnif berfelben gum
Shtfbrucf, toie baf E^riftentum ef lefcrt. 3Me brei ©e|$irotfy fteHen nur brei ©runbfräfte
©ottef ober brei gönnen feinef herauf tretenf bar, bie übrigen ©eptyiroty fmb ebenfol^e
göttliche Jträfte unb formen. 3Jcan lann batyer mit bollern Siebte fagen, bie ß. letyre
nfa^t bie $retemigfeit, fonbern bie 3e^neint0teit ©ottef. 9tuc^ bie anberen ÜRertmale, 26
toettn betftrielftoeife ber ©ofar ©ott brei Äöpfe gufcfceibt, ober bon einem ©otfcSSater
(Sbba), Don einer ®ott*2Rutter (Igmma) unb bon einem ©ott*©ofyne rebet, ober tomn
ef enblicfc baf. III, 162* t>gl. 67* Reifet : „3toet fmb ef unb ein« bereinigt ftd& mit tynen,
ba ftnb e$ brei ; obtoo^I brei getoorben, ftnb fte boc(> ein«" betfen ft<$ nictyt im ent*
femteftcn mit ber c&riftlictyen Irinttätf lefyre. Unb boflenbf bie ßefyre bon ßjjriftuf bem ©ott^ so
menfc^en — fte läfct fic^ in leine parallele gu ber bertoorrenen Setyre bom 2lbam Äabmon,
bem t>ortoeltli$en, geiftigen Urmenfc^en bringen. Wad) $riftli$et Slnfc^auung toirb bie
Serfö^nung nur burcg S^riftu«, ben ©ottedfo^n, betoirtt, nad) ber 5t. lann fi$ ber
Wenfc^ felbft erlöfen, tnbem er burc^ ftrenge Erfüllung ber gefefetic^en Sorfd^riften, burc^
SWkfe unb anbere 5DlitteI auf ©ott unb bie ßi^ttoelt in m^ftifqer SBeife eintoirft. 86
1). «ngnft föänfdje.
Sab f. TOafee unb ©eh>i$te.
Habe« f. 9tegeb.
Sirntrit, Deformation unb Gegenreformation f. oben ©. 101 ff.
fttyler, Subtoig äuguft, geft. 1855. — (Sine ©tograp&te doh i^m : TOtteüungen 40
über fein ßeben unb feine 6djrifien, uerfafete fein <So^n, ber uerftorbene Obertonftftorialrat
©iegfrieb Vuguft St. $er eingebenbe ©ertcfjt über Subro. fluauftS fcfjriftftellerifdje« Wirten
nnb feine fBerte mad)t eine ^(ufjätjlung in unferer Stijge überflüffig. — (Srgfingt unb »er-
OoDftftnbigt toirb bie Öiograp^te burcb bie alö ^anbfdjrift gebrucften Beiträge jur d^ronif
ber gamiüe Äflt)ier". »g(. bef. III $citr. B. ^aQe a/@. Ib71 ; ebenfalls oerf. uon bem oben 46
gen. 6o$n. S^re ©enuftung bante id) bem Snfel, meinem §errn ^oQegen unb greunbe
wartin ft&ljler. — 9[n SBilbern fonnte idj fe^en ben nad) einer Originalfretbejeidjnung, aud
bem 60. Sebendjabr bergefteaten 6cf)iuQrjbrnc(: eingriffe unb geiftige« fieben audbrücfenbed
•efidjt; bi* auf bie 6pärlid)!eit bed $aaxt% unb ba$ 8amntetfäppd)en nod) nid)t oon Spuren
bef nabenben ?llter§ geieidjnet. Unter ber gleidjmöfeig geroblbten breiten Stirn fprecben 60
böcbft lebhafte 9lugen. 5)ie 9?afe fcfjavf gefrümmt unb ge(a)nttten. 3n ben fiinten bed fein
aeformten ^Kunbeö ift nocf) etroaö erfennbar oon bem Sprühen ber geiftrei^en ©eban!enf bie
u)n einft umfpielten. — liefern ooUen fieben gegenüber geigt ein fünf Safere fpfiter nad) bem
6d}laganfafl gemotteö Celbilb ba§ iBefte unb 6eiftigfte gebämpft unb oeränbert, namentlich
baf «uge trübe, faft erlogen. — 55>tc Silber ftnb &amilienbeft&. 66
3ur Übertoinbung ber Slufflärung in ber.Ätrc^e unb Geologie am Anfang bef
19. ?|a^bunbertf ^at mit einer 33ertiefung bef geiftigen fiebenf , in ber ©ctyleiermacber bie
tyeologifqe ^ü^rerfc^aft übernahm, eine ^erinnigung bef religiöfen in ber 2Beife, bie man
*u&*9uciitlop&blt für ^eofogie unb strebe. 8. «. IX. 44
690 Staffln
als SReujrietiSmuS bejeid&nen barf, aufammengetoirft. 916er burcty bie fo entffe^enbe 8c=
Regung, bie ben alten SlationaliSmuS toie ben ©upranaturaliSmuS als überlebt Verab=
fc^iebet unb jum ©rieben ber ©ottgemeinfd&aft unb jum (Srfaffen ber Offenbarung brängt,
gefyt nocfy eine ßnttoicfelungSreifye, bie an §erber unb Hamann anflingt, von ÄantS fttfc
6 liebem (Srnft gefafjt ift, jugleicty mit Verfeinerter SBafyrnetymung auf bie Sebürfntfje beS
£erjenS, baS Siedet beS ©emütS, auf ©inn unb Siebe im 23efen beS ©eifteS atytt, toie
eS $r. §einr. ^afobi getfyan, unb ftety bann, befruchtet mit ben immer reifer guftrömenben
SilbungSelementen einer neuen 3^ mit to ifatfacfye unb bem 23ort ber Offenbarung
befreunbet, ofyne bod& eS au« feinem innerften Kern je Voll unb befriebigenb )u erfafjen.
10 Ru biefen ^ofitiviften beS Übergangs unb jtoar ju ben geiftreid&ften gehört 2ubtoig Xuguft
.nä^ler, ein S3ermittelungSttyeologe lange bor bem Sluf fommen ber fo benannten tyeologjfcfc
firctylicfyen ßrföeinung ; benn er ftrebte, baS SReligiöfe nicfyt rationaliftifcb, aber in feiner
toefentlicfyen (Sinfyeit mit bem ^Rationalen, bem^erj, inneren ©inn unb ©emüt mit inftefc
fyegenben ©eiftigen ju erfaffen, baS ©upranaturaliftiföe aus ber ©pfyäre bloßer inerten*
15 nung tounberbarer ©efd&efyniffe jur ibeengemäjjen 5Rottoenbigfeit in ber SBerityrung mit
Sebürfniffen jene« ©eiftigen &u ergeben unb fo in einer fotoofyl Sbee toie 3$atfa$e in fu$
fctyliefcenben unb barum erft toatyrfyaftigen Offenbarung für ein VoDbefriebigenbeS, befreien*
beS Gfyriftentum ©runb ju finben. 9lm 6. ÜRärj 1775 tourbe er geboren, ©ein Sater,
Sodann ©iegfrieb Stadler, toirfte als ©tabtyfytyfifuS in ©ommerfelb unb toar ein bur$
20 Steinzeit beS SBanbelS unb lautere gfrömmigfeit ausgezeichneter 2Kaim von jener fyumani;
ftifcfyen Silbung, ber gutes Satein noct» leicht aus bergeber flofe; alSSrjiefyer be$©o$ne$
Von ber gerben ©trenge, bie tyier, toie oft, burety ber SWutter mubere ©üte ergänzt toaib.
3$r liebreiches SBefen unb ber gefegte ßrnft beS 9?aterS regelten im ©eift einer tn 9iM>
toort unb ©ebet gegrünbeten ^römmigfeit bie ©rjiefyung beS begabten Änabcn, ber no<$
26 ntc^t 11 gjatyre alt ben GurtiuS StufuS las. ^m Verlauf fönet Stfbung auf ber gürfien:
fctyule ju 3Jteifeen unb bem ©tymnafium in ©orau trat feine geiftige Setoeglic&feit unb
ftaffungSlraft, toie fein fd^neQeS, fctyarfeS Urteilsvermögen unb gutes ©ebäc^tntS fptom.
Sttuf ber Univerfität Srlangen, bie er 3WicfyaeliS 1793 bejog, vermochten eS freiließ 3$e*
logen, toie 21mmon, ©ailer, $änlein, nic^t, frifetyen Eifer für baS, bem femStubium galt,
so in feinem $erjen $u entfachen, unb ©ebanfen ÄantS, auf ben bie ^Jolemi! beS Sßpilfc
fo^en Slbtc^t ifyn erft reetyt fyinfüfyrte, toeeften in tym Stottfd an bem überlieferten
Gfyriftentum. 2luS ber Unft^er^eit, ob er feinen Seruf nietyt anberS toä^len foBe, entf^ieb
ein ^rebigtberfuc^ ^Pfingften 1794. (SigeneS SBa^me^men unb ber Seifatt ber greunfc
matten i^n ba toenigftenS über ben SBefty einer feiner bebeutenben ©oben unb eine^
85 leilS feiner SluSrüftung für ben Sßrebigerberuf getoife. 9Jac()bem er 21/, 3**$** $auSle^wf
baneben au$ im erften falben ga^r ©c^lo^prebiger getoefen toar, erhielt er im Dftobcr
1798 bie Slbjunftur ber 3)orft)fanei ßanig bei ©üben unb Verheiratete fub mit Güffyt
©rbmutf^e ©e^bel. 3n ^er einfamen ©tille biefeS Von toiffenfd^aftlid^em 2Ser!e^r abge«
fc^nittenen SanbpfarrerbafeinS, bem burc^ ein reines, tiefes ß^eglüdf ib^Difc^e 3%^ «^
40 fehlten, bod) in engen 33er^ältniffen, fyatte er ftcb burc^ innere Einfettungen burc^)uringen.
©ein regfamer ©eift fanb jugletd^ in einer fruchtbaren 5Roman= unb 92obellenfc^riftf)e&rrei
Von etfyif$=fo3iaIer ^Eenbcnj Sefc^äftigung. ®er §ang fyierju bei Geologen imb $Ä^
gogen gehört }u ben 5Kebenjügen im A?ulturbilb jener litterarifc^ überreif angeregten unb
über foaiaI=etfytfdjcn Sieformen finnenben (Sjjoc^e. Äurge Referate bietet bie Stogr. ©. 6ff.
45 ^n i^rem rl;etorifc^en $at^oS uns fremb, f^aben fxe bamalS boc^ felbft ©oet^e ^nteceffe
für ben SSerf. abgetoonnen. 21IS ©imfon, ber fpäterc 3leic^StagS= unb SRei4iSgen(^tSJ)räftbent,
ben Äätyler getauft, unterrichtet unb lonfirmicrt tyat, ben 3)ic^terfürpen fe^en burfte, toar
ber SSerfaffer bcS „^ermann Von Söbenecf" bie einige ÄönigSberger $erfönli$leit, naii
ber ©oetf^e fxd^ erfunbigte (6b. v. ©imfon, (Erinnerungen a. f. Seben von 8. b. ©imfon,
50 2ei^§. 1900 ©. 14). föine Heine faft übermütige ©^eqnobeDe in ben „S^^euranm"
fyat ^ßaul §e^fe ber 33ergcffen^eit entriffen. ^n einem ^olitifc^en Sluffa^: „SReiramgcn
eines SürgerS über ben @rbabel" vom 3. 1809 jeigt ftep fein felbftftänbigeS, ben 3»
ftimmungen überlegenes Urteil.
©cfyon in (Eanig erhielt Mäkler einen 9iuf in bie ©eneralfuperintenbentur ber 91 &ntjfy
55 aber er lehnte tyn in befd^eibener ©elbftbeurteilung, auc^ toeil er ju jung fei, ab. w
gegen folgte er 1809 einer Berufung in baS 3)iafonat Von GottbuS. $ier burc^Iebte ff
bie grofje $t\t beS $retycitSfampfeS mit bem innerlic^ften Anteil feines l>atriotif(fcfnmuncii
$er(^enS, toovon feine ^Jrebigten auS jenen ^afyxtn 3^8^ B*&*t (^ne Slnjabl abgebt
hinter ber ©efc^id^te Von 6.). 9Kit getoanbter $anb enttoarf er in ber „©efAu^te von &
üo toä^renb ber Sa^re 1813 unb 14" ein „3Jliniaturbilb" ber erfc^üttemben SSorgänge im
Stadler 691
Stammen einer Sofalgefd&ictyte, baS aucty $eute nocty amiefyenb imb le^rreicty ift. 2luc$ in ben
folgenben §afyctn raftete feine gebet nidjrt: paftoraltgeologifd&e ßrtoägungen, h>tc bie, ob
eS einem Sßrebiger jieme, Freimaurer ju fein?, ein IttterarifctyeS Senbfd&reiben (1816) über
bte (Erneuerung beS ÄultuS, ein Seitrag jur DiSfuffion über ben SReformtoerfucty griebricfy
SBityelmS III. ; ein polemifctyer (Srgufj, Glossa perpetua ju §errn §armS Überf. ber 6
95 3Men 8fyS (1818); eine fteftförift jum Subiläum feinet SaterS: lieber bie 3Ser*
toanbtfcpaft ber SRebhin unb Geologie (1818). $ür ben $ortfc§ritt feiner ringenben unb
retfenben religiöS*t§eologtfc$en (SrfenntmS am bebeutfamften : „SupranaturaliSmuS unb Sta*
tionaliSmuS ht i^rem gemeinfamen Urfyrunge, ifpr 3toietra$t unb työ^eren (Sintyeit; ein
ffiort jur Seru^igung für 2Ule, toelctye nic$t toijfen, ob fte glaubenb erfennen ober er= 10
famenb glauben foDen", 2j>$. 1818. @r felbft fyat no<$ 15 3>a^re fpäter (in ber 9?orrebe
gur „<$rijttic$en Sittenlehre" S. X) jenes 93u$ einen SSerfucty genannt, baS ßtyriftentum,
baS er me$r im ©emüt als in ftreng bogmattfetyer Raffung getragen, in einer Sluffajfung
bargufteden, toelctye bon ber ftttlictyen Seite tyer am SBunber nid&t baS 2Bie?, fonbem ben
im ©eelentounber beS GtyriftentumS einleuctytenben toefentlictyen fttotd fyerfcorfyebe unb fo 16
Sernunftglauben unb Äirctyenglauben einanber nähere, gegenfeitig erläutere, bor (Sinfeitig-
fcit betoa^ren tootte. @r erntete bamit bei ben einen SSeifaD ; toon anberen tourbe er als
Schüler QjafobiS ober ©Dellings rubriziert; hrieber anbere nannten tyn einen ÜJtyfttfer.
Rem Storftl, ^a6 ^c 9an3c pbilofo^ifctye @ntttucfelung, bie er miterlebt, in tyx bielleictyt
am ftärfften ^alobt, ifyn beeinflußt tyatte, aber nicfyt jur ©ctyülcrfctyaft tnec^tenb, fonbern 20
befreienb. SSon bem Jntereffe beS ©laubenS an einen lebenbigen in ben 3>nbtoibuen
lebenben SfyrifhiS fam er bem biblifety ^oftttoen beS GtyriftentumS nätyer unb näher, ge*
tixmn bamit bie Safte einer tym fiety neu bilbenben Äirdjlicfyfeit unb fcfyieb fi$ noefy tiefer
unb grunbfäjjlictyer bon ben ©röfeen beS getoöfynlid&en Nationalismus, toäfyrenb eine 3H>*
neigung gegen bogmatif$e Formulierungen h>ie gegen alles $ietiftif$e ifym immer ber* 25
BKA, unb au$ feine Sefreunbung mit biblifetyen ©ebanfen ifym nicht gum bödigen ©icfc
einleben in bie apoftolif$e SSerfünbigung fcertyalf.
ge$t fing man an, auf ben bebeutenben -Kann aufmerffam ju toerben. %. §. Jafobi
toieS ben Staatsrat 9iifolo&iuS, biefer ben 3Rinifter bon Slltenftein auf fyn fyin, unb beibe
5Wänner f^enlten ibm i^re ©unft. 3)ie ^Jrtn^cfftn SBäilbelm tyätte i^n toegen feiner Se= 30
mifyungen um Stöc^terenie^ung gern als $)ireftor für baS Souifenftift berufen gefeiten,
toa^renb feine eigenen 2Bünfc$e um feiner ^ränflic^feit Etilen unb bei gefteigerten Sebürf^
inffen für bie Srjie^ung unb SSerforgung feiner ad&t Minber über eine Sanbpfarre nid^t
^mouöflingen. ®a tourbe er, nadjbem er einen Stuf nad) ßrlangen auSgefd^lagen, als
Ronftptorialrat, orbentlicfyer $rofeff or ber Ideologie, Su^erintenbcnt unb Pfarrer ber 2öbe« 36
itic$t4Saro(tyie in Königsberg berufen. Der hric^tigfte 3lbfc^nitt feiner SebenSarbeit begann
je$t 3JIU glü^enbem Sifer h)arf er fi$ auf bie neuen, namentlich bie atabemifc^en 3luf=
ac&en: in einigen 3Ronaten entftanb ein St/ftem ber TOoral. älber ju ber gefteigerten
w*«it$Iaft gefeilte ftd& balb allerlei toibriger, einem Wanne bon reijbarem lemberament
bereit empfmblic^er 3)rucf. ^einblic^e Stimmungen tourben leicht ertoeeft gegen ben ain^ 40
Ömmling mit ter aggreffiöen 3lber, ber aud^ fo toenig gu faffen n>ar, bafe i^n bie einen einen
Äationaliften, unb anbere einen 9Ktyftifer nannten, n>äbrenb er felbft mit ©elajfen^eit aud^ auf
ben 93orttmrf beS Su^ranaturaliSmuS gefaxt toar, ba er ja ben gefd&id()tlic$en ©runb
ber J&eilStoa^r^eit ^oc^^alte. — 2lu$ in feinem amtlich litterarifcfyen Schaffen gab eS
Xnfto| burc^ baS UniberfitätSJjrogramm mit bem Ittel: Quid Christus inter latrones? 46
unb enblicb ft>urbe feiner Se^rt|ätigfeit bureb unfodegialifc^e Getanen Hemmung auf
Hemmung bereitet. Das alles ferner ne^menb unb cm]pfinbenb gelangte er in nagenber
Scttftbeurteilung ju ferneren 3*oeifeln an fic^. ^tvax blieb er, toie eS einem bebeutenben
SRenfctyen jjufte^t, beffen gemife, ba^ feinem originalen Streben nic^t geringe geiftige ftätyQ*
taten jur 3Jerftigung ftanben ; audj n>uftte er fiefy erfüllt bon einem brennenben ßifer, baS w
CbeCfte unb Sefte, n>aS er üon unauSlöfc^lic^em Dürft naefy SBa^r^eh getrieben für ftcfy
gefunben, Jünglingen mitjuteilen. Slber in feiner SluSrüftung für ben gelehrten Seruf
bermi^te er bie Sefyerrfcfyung ber gelehrten lel^nif unb baS jureic^enbe 3Katerial ber ©e^
letyrfamteit; ja er bohrte mit biefer Selbftfritif bis auf feine SBiDenSbefcfyaffenfycit burc^
unb fc^te ftc^ metyr auf ßinbrucfSfä^igfeit als auf SluSbauer ein. So l^ättc er ftety auS 6r»
ber Überbürbung bureb baS Dopbelamt, baS afabemifd^e unb fir^Ii$e, gern in bie StiQe
einer Sanbpfarre geflüchtet. Der 3Rinifter bagegen, ber ibn boc^fd^ä^te, ermutigte ben
ßagenben burc^ ^wfr111^ un^ 3lnerfennung. Unb in berl^at^ n>clc^ frifcfye feurige Äraft
legte eine ©treitfebrift Dom ^abxz 1821 an ben $ag: „Betrachtungen über bie bo^elte
SnfW&t, ob 3«fu^ &^fe «n jübi'föer Sanbrabbine, ober ©otteS So^n getoefen fei?" 2litf= 00
692 Sanier fialjtii«
geftacfyelt burcfy biegen plumpen 33erglei$, ben er „irgenbtoo" gefunben, unb ber in bar
Zbat eine unbehmßte ©elbftd&arafterifti! be« Suto*9tationali«mu« einfäloß, ging er bem
borniert profanen biefer $feubotoei«fyeit mit ben äöaffen überlegener S3iwung, eine* beißen*
ben ©arfa«mu«, läctyelnber ^ronie unb eine« funfelnben SSifce«, )uglei$ aber mit großem
5 unb innerlichem (Srnft ju Serbe. @r jog alle ßonfequengen für Sbriftentum unb Sirene
unb fyielt ben Venärtelten Äinbern einer an @efityl«fatttyeit, fuperfluger Verflanbe«über*
mutiger ^lautyeit Iranlenben 3e^ ^en ©Riegel jur Sefdbämung bor. 3)a^ ©ange eine
©trettfcfyrtft, bie an 3üge §amannföer unb ßerberfeber $olemif erinnert unb übet ba$
bloß tfyeologifcfye ©ebiet in« bamaftge @eifte«feben übergreift.
10 2lucfy in ben folgenben ga^ren feierte ber Unermüblid&e, bem ©^reiben Seben ^iefc,
nietyt; immer geigten feine ber 93erftänbigung ober ber ßritil bienenben £erfu$e jenen
ftarfen Seifafc bon ^Ijantafie unb 2Bi$, ber fie einem für bie ©eföictyte jener «Reit tiefer
^ntereffierten no$ fyeutc toür&ig macfyt, tote fein in ©efprä$3form bie religiöfen^Jrobleme
ertoägenber ,,<P£Uagatyo«" b. g. 1823 (93iogr. ©. 52 ff.). ®aß er au$ naefc rec$t« bie
16 ©renje fcfyarf jie^en unb ben 9tationali«mu« belämpfenb für bie Vernunft eintreten fonnte,
beftrie« er bur$ feine ©treitföriften gegen Dr. ftatyn (Siogr. ©. 57 f.).
3lm VöHigften aber tritt ba« 33ilb feiner ausgereiften t&eologifc^en Sigenart
unb toiffenfcfyaftlicfyen Kraft \m$ entgegen in feinen ftyftematif$en SSerfucfcen; guna^ft
in ber „ßtyriftlicfyen (Sittenlehre", bie, obföon Fragment geblieben (nur bie 1. abt. bd
20 1. Seite ift 1833 erfahrnen), ben ©runbjgebanfcn be« triff enfctyaftlictyen Slufbau« in tyrem
2lu«gang vom $ft$ologifd&en tyer ertennen läßt unb bie große ©abe ftiliftifd&er Semetfte
rung fcfytüieriger, überhriegenb pfyilofoptyifcfyer ©ebanfengänge Verrät. (Sin glän^enbe« Sei'
foiel § 29 ©. 62 über bie @inbilbung«fraft, fjoc^ft lennjeic&nenb für ben fünfUeriföen
$ug feine« barfteQenben Genien«, ba« fidj> mit allen ©tyftemen, bie bamate bie ©elfter
26 befestigten, mit einem bemerfen«toerten SSoHmaß felbftftänbigen Urteil« auSeinanberfot
^u Problemen, bie jefct toieber in neuen %lu% gefommen fmb, bietet er SöfungSDerfuqc,
bie manchen gütigen überlegen fein bürften. 3mmer W* von ber c&riftlictyen @rfa$nui(j
orientierte Sßürbigung be« Offenbarung«- unb guglei$ Vernunftgemäß 2$atfäc£Kc$en; nir-
genb« eine Spur von ber Überfettung bloßer Unenbli$Ieit«ftimmungen, nie bie Umbe*
so tung be« am 2tyatf äcfylicfyen innerlich ©rfebten in ben täuföenben SBieberfd^ein ber Setoußfc
fein«faiegelungen. 3)enn tym ftanb e« nod^ feft, baß gleich allen ©Riegeln auc$ ber be*
Setoußtfein« nic^t ftd^ felbft abriegele, fonbern Objefte!
§ier$u f ommt ergänjenb ber toiffenföaftlicfye abriß ber cfyriftlic&en Sittenlehre, bie im
1. 35b eine theoretiföe ©runblage, im 2. eine $flicfytenletyre unb in biefer mit ber %>&
36 fteQung ber formen eine gebrängte ^üüe fittlic^er Beobachtungen bietet unb au$ in bei
Inappen Rufammenfaffung bie ftiliftifc^e 3Jieifterfd^aft nic^t Verleugnet.
ÄäfylerS ^rebigten au« ber ÄönigSberger geit, einzeln ober in fleinen ©erien gArudt,
h>ie bie 6 ^rebigten über ben jeligmac^enben ©lauben, jeigen ebenfall« ben geiftooOen
unb bciebtcn 2Rann. 9ln ^ofitiv-biblifc^em ^n^alt ftcfyen fte jurüd hinter ben 9oroto«&
40 fc^en, finb i^nen aber überlegen an ^ein^eit eigentümlicher ©ebanfenenttoicfelung. äba
gerabe an i^nen tritt, toenn man fie an ben Üiaßftäben biblifc^er SSerfünbigung mißt,
ba« Unzulängliche feine« rational^ofitibiftifc^en 3beali«mu« tyeröor.
3lud^» feine« 3lnteil« an ber Seitung ber ^robinjialfirc^e ift ju gebenfen; bor allem
ber burdj i^n ^auptfäc^lic^ veranlaßten unb geleiteten SRcform ber Itrc^lic^en unb 6<$ttl*
46 ver^ältniffe be« ßrmlanbe« (Siogr. ©. 81 f. 99). $n ber älgenbenangelegenfceit übte et
eine maßvolle, fiefy auf ba« toirllic^ 3;abeln«toerte einfcfyränfenbc Äritif (33iogt. ©. 54. 56.
83 f.) unb machte baburc^ ßinbruef auf ben Jtönig (Sreitfc^fe, Deutle ©efc^. im 19.3«^-
III, 4 ä. ©. 402). 3u 8oroto«li batte er Sa^re ^inburd^ nur ein lüfcleS aSer^ältm^
gewann aber ftulegt fein 3utrauen/ f° bafe ^er ®x^ bor feinem @nbe fi$ ba« ^L9benb>
60 mabl burefy i^n reiben ließ (Siogr. ©. 88). 9la§ 9.« Heimgang bertöaltete er 4 3^
lang bie ©efdjäfte eine« ©eneralfuperintenbenten ; aud^ tourbe an feine Berufung gebaut
SU« bann ©artoriu« ernannt tourbe, trug er'« otyne ©erei^eit unb fd&entte bem t^logtf^
anber« ©erid^teten 3wtrauen. ©c^on abgearbeitet unb nervo« angegriffen, mürbe er im
©pätja^r 1841 von einem heftigen ©c^laganfaH getroffen unb falj fu^ genötigt, ferne
65 Slmter nieber^ulegen. 3)er geierabenb feine« fieben« bauerte bi« gum 7. 9tov. 1855 «ob
ift von feinem ©ofyne mit inniger $ietät gefc^ilbert: 8iogr. ©. 110 ff. Seitr. ©. 675 ff.
$er»«»n $eri«|.
fial>m«? Äarl griebric^ äluguft, geft. 1888. — fiitteratur: Eußer feine»
eigenen £ct)rijtcn (für fein &ben vgl. befonber«: üe^rc uom ^eiligen Reifte, Sorrebe unb
ÄaljmS 693
3eugntd tjon ben ©runbtoaljr&eiten je. f. u.) unb bcn im Art. genannten : (Sl). 6. Sutfjarbt,
in «. $t>. fi. Ä#tg 21 (1888), 6. 613— 615 2Borte bev Erinnerung unb bc3 SrofteS am ©arge
be8... D. ftafjniS 1888; fiut^arbt, Erinnerungen au« »ergangenen Xagen, 2. Aufl. 1891 ,
5. 364 ff. «De« frühere ift verarbeitet in ber treffltdjen 2)arftcUuna, bie Pfarrer Lic. fjr. 3.
hinter gegeben f)at: D. $. fjr. Ä. ÄafnttS, (Sin tljeologifcöeS fiebenS* unb (Sbaratterbüb, 5
1896. (sine fe&r einfettige (S&araftertfti! gab (£. Sdjtoarj, 3ur ©efdjidjte ber neueften £ljeo*
logie, 3. Bitfl. 1864, 6. 311—317.
St. tourbe am 22. ©ejember 1814 $u ©retj als ©ofyn beä ©cr)neiber$ $oty. grriebr.
ÄaneS (fo laut Äird&enbucr}) geboren. %n engen SScr^ältniffen berlebte ber Änabe eine nid&t eben
leiste 3ugenb. ©cr)on frü^e tourbe e$ ibm Aar, bafj er bei ben Stirem bleiben muffe. 10
Sein SSater lieft tyn bis jum 17. ^afyre baä @r)mnaftum am Crte befugen, ba$ freiließ
m f<£le$tem Stanbe toar. 9tacr)bem er bann in einem §aufe, too ein tieferer ßinflujj
ebler grauen auf ben aRutterlofen fegenäreicr) toirfte, mehrere %afyxt §au$letyrer getoefen
toar, beaog er im ßerbfte 1835 bie Untoerfttät #atie, um 2$eologie ju ftubieren. 3)er
alten $$ilofo^ie, befonberS Sßfato, toibmete er ernfte 2lrbeit. 3u9^w °btt tourbe er 16
Don ber #egelfd&en ^ilofo^ie, bie ßrbmann getoanbt unb ma&tooll bertrat, mächtig an«
gejogen ; bo<$ öermoctyte fic ifyn nicr)t feft^u^alten. „%m britten ^a^re meiner Untoerfttät^
ftubien, erjagt er, ging mir bie flare @rf enntnte auf, baft btef e ©cr)ule baä SRe^t be$ uns
mittelbaren SebenS, ber *Perfönltd&leit, ber gef<£icr}tli<$en 9Räd&te, be$ cr)riftlid&en ©IaubenS
toerfümmere" (3eugni$, ©. 10). $u Wefer inneren SBanblung toer&atfen tym auf ber 20
einen Seite #einri<$ £eo, ben er aw feinen gfütyrer in bie SBelt ber ©eföid&te greift (1. c.
6. 11), auf ber anberen ©eite Ityolutf, nicr}t ju bergeffen beS Streife« gleicr)gefinnter
greunbe, m bem biefe Anregungen auSgetauföt unb bie §erjen an einanber entjünbet
tourben (barunter befonberS Seffer). 3)ie neuen ©rfenntniffe veranlagten ben 21iäfyrigen
©tubenten £u feiner ßrftlinggfc^rift gegen ben jung^egelfd&en 3)ojenten 91. Suge, ber in 35
ben £afleföen Sdfc&üd&em *«w fe^r abft>recr)enbe Jtritil „ber Untoerfttät #alle in tyrem
aegentoärtiöen 3uftanbe" gegeben fyatte. ©ie trägt ben litel : „Dr. 9tuge unb Äegel. ©in
Beitrag jut SBürbigung ^egelfd^er $enbengen" 1838. 3)ie ©c^rift ift tote fcpäumenber
3Ro% ber einen guten SBem öerfpric^t. 6rft nac^ biefer©$rift mufe gemä^ ben citierten
Quellen (gegen 3Binter) ba^ ge^eimni^boQe (Srlebniä angefe^t toerben, mit toelc^em ba3 so
neue ®laubendleben in bem Jünglinge ^um Surd^bruc^ !am (baL Sut^arbt am ©rabc).
3)te Überzeugung, bafe bie Jled^tfertigung cm$ bem ©lauben ber 3Jlittcl^unft be« Stiften*
tum« fei, tyit i^n feitbem nic^t öerlaffen ; er be^eid^net biefe Srfenntni« ate bie erftc
toiflenf^aftlic^e gruc^t jener ©nabenfü^rung (3Me ©ad^e 2c. ©. 31). sJ)iit berfelben ^ängt
too^l aud? feine @ntfc$eibung für ba« t^eologtfcr)e ©tubhtm jufammen. Won ^eo an 35
ßengftenberg empfohlen, fiebelte Ä. 1840 naety Serlin über, too neben bem ©enannten
Seanber, 5war^eine!e, SEtoeften lehrten. §ier fc^lrieb er für 2^olu& Iitterartfd^en Slnjeiger
1841 eine Äritil ber ©traufefc^en ©lauben^re, bie ertoeitert 1842 felbftftänbig erfc^ien
(Die moberne SBiffenfc^aft be« Dr. ©traufe unb ber ©laube unferer Stirere, Serlin) unb
bai (^rtftltd^en ©eift unb ba« c^riftlic^e Sieben bur$ t^>r SJafein gegen ©traufe 3^9™* <°
ablegen liefe. 1842 habilitierte er fid^ mit einer ©cfyrtft über bie Snttotdelung ber grie*
(^tf(r)fn ^ß^ilofo^te in t^rem SSer^ältni« jum ß^riftentum. 9Son born^erein fyatte ftd^ Ä.
für We tyiftorifdbe Ideologie entfcr)ieben, boc^ la« er au$ über neuteftamentlic^e ©egen»
ftänbe. ^erfönlid^ ftanb er in nahen Beziehungen m bem an 9latux unb S^aratter i^m
fo ungleichartigen §engftenberg ; f onft öene^rte er bei 9?eanber, 3;toeften, mit bem Statur* 45
p^tlofop^en Steffen« unb in bem romantifcfyen Äreife, ber um Subto. bon ©erlact), ben
folteren ^Jräftbenten, ftd^ fammelte. 1844 erhielt er einen 9luf al« aufcerorbentltd&er ^}ro=
feffor nac^ 8re«lau, um innerhalb ber rationaltftifc^en ^afultät bie ^ofttiöe Stiftung ju
öertreten. 6r toä^Itc für feine Di^utation einen ©egenftanb, ber t^>n btel beföäftigt
^atte: de spiritus saneti persona capita duo. @tnleitenb üertoa^rt er ftcf) gegen ba^ so
bantate befonber« laute Si^tfreunbtum, fommt aber in feiner ©cfyrift ju betoufcter 3luf=
Idfung be« fird^ltc^en IrinitätSbegriffeS (S. 21), belauftet öon ber jtoeiten ^Perfon ber
Irinität, bafj fte non solum seeundum, sed et inferiorem tenere dignitatis locum
(©. 23), unb bafe biefe jtoei göttlichen ^Perfonen bureb ben ^eiligen ©eift ate ba« nid^t
perfdnlic^e £eben«t>rinji^, cui tertius debetur locus, toerbunben feien (©. 27). gür 66
ba« Serflänbni« feiner tyäteren gnttoidtclung ift biefe feine tfyeologtfd^e erftling^leiftung
^ft toertooll. Ä. fa^ ftcb in SBrc^Iau in fetner afabemifcr)en Se^rtoirffamfett burc^ bie
iux$ ^errfd^enbe Sltd^tung ftar! beeinträchtigt. 3)afür vertiefte er ftc^ in toiffenfcfyaftlid&e
Sbbeiten unb gab 1847 als erfteS größere« 3ßer! „Tie Se^re öom ^eiligen ©etfte" 1. 3TeiI
^eraud (nidjit me^r erfd^ienen). ^n einem erften 53uc^e giebt er bie biblifdbe Se^re öom 00
694 ' ftalptift
^eiligen ©etfte, bocfy mit ^urücfftellung a^ befonberen fragen, toi? übet ^erfönltyteit
beweiben, ©ünbe toiber ben \/L ©eift u. ä., im feiten bie (Snttoicf elung ber Sc^rc in ben brti
erften ^abr^unberten. Sie tyeologifcfye Haltung jetgt feine toefentlictye Seränberung. SBiber
ben aufflärerifd&en £iberali«mu« toirb allerbing« no$ fd^ärfer ^roteftiert ; aber baneben
5 toieberfyolt £. trinitariföe ©ebanfen feinet §abilitation«fc$rtft (©. 355), beutet £inrei$enb
an, bafi et bie ort^oboje 3nfoiration«letyre ni$t teile (©. 324 f.), forbert bon ber Jtirdjmt*
Iefyre, ba& fte eine Säerenblicgung be« £ogo«betoufjtfein« annehme, um für bie menfölic^e
■Jtatur ein menfölicfye« Setoufctfein ju gewinnen (©. 58), unb enttoicf elt bereite im tiefend
liefen feine tyätere, Don ber lutfj>erifd&en abtoeid&enbe 2lbenbmatyl«le&re (©. 84 9tom. 1).
10 3n b\t 9iu^e toiffenfcfyaftlictyer Arbeit unb tyäu«lid&en ©lücfe^ brauen 1848 bie
©d&reaen ber SRefcolution. Sie- eble, mut* unb fraftbolle üßännlid&Ieit, burefc toelcfce Ä.
fic$ augjeic^nete, betoä^rte er §ier nid&t minber, tote feinen Iönig«treuen, fonferbaiiben ©imt
3n einem ebenfo feurig at« ernft getriebenen Strtifel ber 6b. Äjtg (9ir. 32. 33) ftcOt er p
erft in marfigen 3ügen ben@ang ber revolutionären Setoegung bar unb giebt bamt eine
15 Beurteilung tyrer -Dlottoe unb $kk. %n biefem 3ufammenfyange treffen toir aud) bie erfte
unb tfvax bereit« fcfyarf abletynenbe ätufjerung gegen bie ©taat«Itrctye ber Union, toelcfa
entgegen ben ©runbfäfcen ber luttyerifcfyen Äircfye, tyren 6in$eit«punft nieft im Sefennfc
niffe, fonbern in ber lanbe«Iircfylic$en Drganifatian fyabe (1. c. ©. 306 f.). Ä. fem balb
in bie Sage, au« biefem Urteile bie praftifd&en Folgerungen gu aietyen. 3)ie SRebolution
20 betoirfte allgemein eine ©tärfung be« lonfeffionellen Slement«. 2lud& bie Sut^eraner in
ber Union ermannten ft$. ©ie beriefen 3juni ig48 eine Äonferenj nac£ ©nabenberg,
um auf SJiittet ju fmnen, toie innerhalb ber Union ba« 9te$t be« lutyerifc^en SSefenitt-
niffe« ju vertreten fei. #arlefj fyielt in einem fyerrlicfyen ©d&reiben ber jfonfereng bie^fti^t
bor, fieg bor allem mit ben feparierten Suttyeranern gu berftänbigen (Uniottöbottnn ©. 14).
25 St, natym an ber Äonferenj teil, ft>ra$ für ba« Siedet be« 93efemttniffe« unb enttoarf in
biefem ©inne eine Slbreffe an ba« Äonftftorium, erflärte aber nad&tyer felbft im SRamen
ber .Konferenz, bafc man fiety noefy ni<$t mit ben SreSlauern berbinben tonne (Ämter
©. 28). SJiefe gelten am 21.©et>t. eine ©eneralfenobe in 33re«Iau ab, ber u.a. fiarfefc
unb Sötye beitootynten. tyx ©inbruef tyalf toerben. 3>m 9tobember lief* ftcfc autb w. mit
so feiner ©attin in bie feparierte Äirc^e aufnehmen (bie ©acfye ber lut^enfc^en Äircpe ©.3).
R. tf)at biefen ©d^ritt ©efriffenä falber (1. c); aber je unberlennbarer e« ift, ba^fe er fyt
gögemb t^at, um fo mefyr muffen toir nac^ ben entfe^eibenben 3RotU>en fragen. 3n ^
Ünie toirb man barauf ^intoeifen muffen, ba^ fc^on bie ©eneralfbnobe öon 1846 mit
ibrem DrbinationSformular, bor allem aber bie SRebolution mit au i^ren Segleiterf^i-
85 nungen ben lonfeffionell gerichteten Streifen, au$ ber @b. ^)tg, e$ ^einlief? fühlbar §--
maqt fyatU, bafi bem Selenntniffe in ber Union ber f lare 9ied&t$titel fehlte (bgl. ß^rifteu
tum unb Sut^ertum 9?ortt). p. X). 6^ejieH für 5t. mu| biefe @rtt)ägung bon ^öc^fter unb
tivax perfönli^er Sebeutung getoefen fem. 9luf ber einen Seite füllte er fw^ bau bem
feilten Siberali^mu« bc« Sage« angetoibert, auf ber anberen ©eite fjjürte er in ftc^ fettffc
40 manche neuen, retooltierenben ©ebanfen ; gugleic^ *%& ^ielt er bie moberne Zoologie für
unfähig, ein neue« S3efenntni« gu erzeugen. Unter biefen Umftönben brauste er eint
Jtirc^e mit feftem Sefenntniffe, um an i^m ebenfo einen Ilaren 9ie$t3titel ^ur Seftrcttung
ber 9luftlärer, al« einen inneren 9iücfyalt für fic^ felbft gu fyaben (bgl. 3^9"^ ©• ^)-
^)a« ift ein ©eftc^tö^unlt, ber offenbar für & geitleben« mafegebenb geblieben ift 9ta$
45 1871 ftmcfyt er e« avß: „3n ber lutfyerifcfyen Äirc^e fmb bie Selenntntölofen boc^ im Um
rec^t" (ä62 HR 1871, S. 400); unb bei bem greimut, mit bem er nac&mafc feine
beterobojen SBtnftc^ten vortrug, toirb man ftd^ an eine frühere SSufierung erinnern bürfen:
„©te^t ba« Setenntni« feft, fo berührt eine t^eologifc^e ^ontroberfe ntept unmittelbar ben
©runb ber flirre" (äbenbma^I ©. 343, bgl. Dogmatil III», ©. 120 ob.). 9te$men toir
so ba^u ben burc^ unb burefy lut^erifd^en ß^arafter feine« ©lauben« unb t^eologif^en Denfem,
feinen lauteren, männlichen 3beali«mu«, enblic^ bie mannigfaltigen bebeutenben (Sintaäde
unb (Sinflüffe bon $erfonen toie §arle^, Seffer u. a., bie er gerabe bamate in SSreÄau
erfuhr, fo begreifen toir feinen Übertritt $u ben feparierten fiut^eranern al« einen Stritt,
ben auef) ber Spätere nie ©runb fyattc ju Verleugnen, ^ebe entfe^eibenbe Xbat aber übt
55 eine energifcfye Snücftoirfung auf tyren Urheber au«, unb fo tourbe nun Ä. für ettoa ein
3a^e^nt ber 33or!äm^fer ber lutfyerifcfyen Äird^e gegenüber ber Union, jeboety o^ne eine«
befd^ränften i>ut^erani«mu« ni verfallen.
©eine afabemifd^e aBirrfamfeit in 95re«lau toar aüerbing« lahmgelegt, obglekb er
äufeerlid^ unangefochten blieb. 2lu« ben in jeber SBeife brücfenben Ser^ältntffen befreiit
gö if)n 1850 ein 5Ruf nac^ Sei^jig, too er junäc^ft al« §arle^' 9toe$folger 2)ogmatif, intert
\
ftafttti* 695
miftifö aber au$ für bcn in ben Slu^eftanb getretenen TOebner Äir$engeföic$te vertreten
fottte, bie er aucty toeiter beibehielt. 2)em jungen prof. ord. bertiety (Srlangen 1851 bie
tfcologiföe 3)oftortoürbe, für bte er mit feiner ÜHonograj^ie : Sie Seigre bom 2lbenbmatyle
1851, banlte. 3n ber <Xfycd gebührt audfj biefer 2lrbeit ifyr $la$ innerhalb be«jenigen
Suifynrtum«, ba« in (Srlangen feine alabemifd^e $flegeftätte tyatte, unb mit Siedet bejeictynet 5
fa $. ©c$ul$, 3ur Se^re bom ^eiligen Slbenbma^l 1886, S. 35, ,,al« bie bebeutenbfte
9Blonograj)^ie au« biefen Äreifen". Offenbar burcfc bie Union«frage angeregt, unternimmt
e$ Ä., bie luttyerifd&e 2lbenbma&l«Iefyre ejegetifö, l?iftortfc$ nnb bogmatifc^ banulegen unb
m rechtfertigen. 2Bir lernen fyier in Ä. einen £auptbertreter ber neulutl?erij$en, ttyeo*
M>#fcfcreali|tiföen Deutung ber ©aframente, fpe^ieQ be« Jlbenbma^le«, lennen. Über bem 10
®<myn liegt eine getoiffe ©d&toiUe. 2Bort, ©laube unb ©ünbenbergebung treten gurücf
hinter ©ubftangmitteilung unb opus operatum (biefer Segriff in ©$u$ genommen
©. 275 änm. 1). 2)a eine anbere al« bie orttyoboj4utyerifc&e Gtyriftologie im hinter»
grunbe fte&t, getoinnen äße bie SSorfteHungen bom Seibe ßtyrifti ettoa« 2Ragiföe«. 35a*
gegen betont Ä. nactybrüdlicfy, bafe bie sacramentalis unio burc^au« erft für ben SDtoment iß
be« ©enuffe« angefebt toerben bürfe: „nie nennt ber Sfyoftel ba«, toobon toir effen,
Seib unb 8lut (S&rifti; fonbern nur ba«, toa« toir effen" (©.460 f.).
©ein afabemifctye« SBirfen in bem bon ihm fd^toärmerifö geliebten Seimig toar balb
öim ßrfolg gefrönt, in«befonbere jogen feine tyiftorifd&en 33orlefungen an. &odj füllte er
fi$ m ber galultät fceremfamt (9Binter ©. 36), toäre batyer 1856 beinabe einem Stufe 20
na$ ©dangen gefolgt, lieft ftcty aber bom SDtinifterium gegen ba« SBerforeqen, bie näcfyfte
$rofef[ur mit einem Geologen feiner Stiftung )u befeften, galten. 9toi$ im felben^ja^re
tourbe benn aucty Suttyarbt bon -Dtarburg al« Siebner« 9tocfyfolger berufen. 2Rit il?m unb
bem 1867 bon Srlangen berufenen Deltfcfö berbanb tyn Reitleben« innigfte (Seiftet
gememf$aft unbgreunbjc^aft; unb biefem Trifolium ift e« imlöerein mit anberen Gräften 25
gehingen, ber tfyeologifdjen fjalultät bon Seityig einen in biefem ^jatyrtyunbert unerreichten
©lang unb (Srfolg ju erringen. %n tö* gleite 3e^ fiel *m Umfd&toung im firctylid&en
Seben ber ©tabt Sctyjig, ber bor ädern an ben tarnen 2lfylfelb gefnüpft ift. 2Rit tym
fatte bie gabtltät enge güfylung. $m 9Rittelt>unIte biefe« §reunbe«freife« ftanb in ben
erpen Sauren bie eble gürftin ßlotilbe 9teu&. 2lu$ ft. (teilte feine Äräfte für praftifcfc 90
fa$lt$e aufgaben gern jur Verfügung. 1851—1857 gehörte er bem 2Riffion«follegium
an; in bebeutfamer 2Beif e na^m er an Iutl?erifc$en Konferenzen in unb aufcerfyalb ©ac^f en«
teil; 1853—1857 übernahm er ftatt $öteman« bie SRebaftion be« ©ä^ftfe^en Äir4>en=
unb ©d^ulblatte« unb förieb für ba«felbe jene geiftboDen 9lrtifel, bie er 1854 $u bem
Suc^e: ®er innere ©ang be« beutfd^en 5ßroteftanti«mu« feit 3Kitte be« borigen 30^35
^nutbert« (2. 9lufl. 1860, 3., nad^ nuftoärt« bi« jur Deformation ertoeiterte, batjer nur:
®er innere ®ang b. b. ^roteftantiSmu« betitelte 3lufl. 1874) bereinigte. SBieber^olt
grebigte er in ber UniberfttätSlircfye ober bei geften ober biente er ber ÜRiffion mit
Vorträgen.
3n biefe 3*ü fällt eine litterarifd^e %dft>t mit 9ii^fd^ über bie Union. Ä. ^atte feit 40
feinem Übertritte nichts über bie fonfefftoneDe $*age getrieben, ein SSetoei« bafür, bafc
er nic^t gu ben fanatifd&en lage^f^riftfteDern gehörte, aber bie fd&arfen Singriffe auf ben
ftimfefftonalidmu« in ber beutföen 3e^r- f- ^r- 2B- wn*> ^r- Seben, fotoie bie SSer»
fuc^e ber „3)oftrinäre ber Union", berfelben im consensus be3 lut^erifc^en unb refor=
mierten Sefenntniffe« eine einheitliche Se^rgrunblage $u geben, beranla^ten Ä. 1853 ;u 45
einem nac^^er gebrueften Vortrage auf ber Seimiger Äonferenj: Die moberne Union««
boftrin, in bem er nac$ einer gefc^ic^tlic^en $arfterfnng ber Union unb i^rer SBanblunaen
an 9litfc$, ÜRüller u. a. $u geigen fud^t, bafe biefe Ideologen nic^t einmal in toefentlic$en
Seiten ben consensus me^r galten, unb barum ben dissensus nid^t toürbigen lönnen
(DgL bte ©ac^e k. ©. 51). 50
3fR^fd? anttoortete ^iemlic^ gereift in feiner ^eUfd&rift mit einer „fflürbigung ber bon
Dr. Ä. — gegen bie ebangeliföc Union unb beren Vertreter gerichtete Singriffe". 5?. ber*
öffentliche barauf ein ©enbfd^reiben an i^n : „3)ie ©ac^e ber lutberifd&en Äird^e gegen-
über ber Union" 1854. ßr fü^rt in biefer affeltboDen ©treitfe^rift bie ©ebanfen be«
Sortrag« nä^er au«. s3ii^ liefe bagegen jene Strtifel mit 33emerfungen al« Schrift er- 55
föetnen; Ä. Wtoieg, nic^t überzeugt (3cngni« ©.31). ©r fyat [\$ feitbem in ber Äon«
feffum«frage bom ßampftilafce jurücfgegogen (1. c), aber fein Urteil über bie Union tyat er
memal« aeänbert (bgl. G^riftentum unb Sut^ertum).
3ji oer gafultät rütfte er allmä^lic^ bi« jum ©enior auf; 1860 tourbe er Storniere
bon uRei^en, 1864/65 toar er JHeftor ber Umberfttät. 3Kittlertoeile aber toar in feinem 60
696 Soljme
Seben ber bebeutfame SBenbebunft eingetreten, ben baS @rfc$einen beS erfien SanbeS feiner
3)ogmattf 1861 bejeityiet (2)te tufyerijctye 2)ogmattf, ^iftorifösgenettfö bargefteöt). Offen*
bar für biefe Slrbeit toottte fid& St 3ett Raffen, als er 1857 bon mehreren praltifcfci
Ämtern fic§ gurücf jog. ©eine gelegentlichen Seiträge jum ©äcMtfd&en Strien* unb 6$ul*
6 Matt geigen tyn bereite feit früheren Sauren mit bogmatiföen fragen beschäftigt ; ebenfo
einige Programme (symbolae apologeticae I. II. 1857, de angelo domini 1858).
(Sin 93orbote feiner Dogmatil fear bie 2. 2lufl. beS „inneren ©angeS". Sfcattt er fcfym
in ber @$luft>artie ber 1. Stuft, ftc^ gegen etne SBieberaufnatyme ber alten 3nft>iratiottS=
le^re erflärt (©. 253 f. 259), bagegen baS relattbe SSerbienft rationalisier (Sgegefe anerfamtt
10 (©. 254 f.), (o tyatte er biefen äbfönitt in ber neuen Shift. unter gleiten ©efu$t$>untten
freitet ausgeführt (©. 234 ff. befonberS ©. 249 ff.). 3toar fteUt er no<6 beftimmter ben
3ug jur^irc^Iic^Ieit als ben$eicfyen ber 3"* Qemäfe tym, gugletc^ aber erxlärt er fufc aufs
cntfctyiebenfte gegen jebe Steprtftination, berteibigt ben Nationalismus unb bie Ideologie
beS 19. ^atyrgunbertS, fefct baS SBefen beS ?5roteftanttSmu$ in bie ^Bereinigung Don 9e*
15 Darren unb S?ortfc$ritt, toeift auf Mängel ber iir$li$en Setyrbilbung im etmelnen #n unb
rebet einer offeneren Slnerfennung natürlichen SebenS unb natürlicher ©ittlicpleii baS SBort
bereits na$ einem %af)xt fear bie Auflage vergriffen; i^re SBirfung in ber Öffenttic^feü
berfctymolj mit ber ber Dogmatil in eins. 6ntforej$enb feiner tyiftorifcfcen Stiftung fyd fyicr
Ä. ftatt beS gehenließen lonftrufttben ben tyijlorifdfcgenettf eben SBeg eingefcplagen, falbem
20 feine Sogmattf „bie Dogmen auS ißren Elementen : ber allgemeinen Sieitaion, bem SBorte
©otteS unb bem ftir$englauben fo entfielen läfct, bafc fte im geföicfctlicpen SBerben ba*
SBerben ber SBaßrtyeit naajtoeift, um ben alfo gewonnenen ©toff ju fyftemattf$em 8b*
föluffe ju bringen" (SJorto. p. IV). 3)arauS ergaben ftd? tym 5 äbfcymtte : ©efötyte ber
lutl?. 3)ogmati!, Religion, SBort ©otteS, Äird&englaube, ©Aftern, Deren brei erfte 9b 1
25 enthält. ©inleitenb fteUt er ber lut^er. Dogmatil bie Aufgabe, „bie ©laubenSleßren airi
bem üRaterialtmnjty ber ^Rechtfertigung auS bem ©lauben gu enttoidf ein, auS bem f
prinjty ber alleinigen 3luftorität ber ©c^rift )u betoeifen" (©. 12). 3m jtoeiten 9
banbelt er bon SBefen unb SBaWieit ber Sieligion, um bon ber Slottoenbigleit einer j
barung, bie ftdj auS ben brei SBefenSfeiten ber Sieligion, nämli$ ©laube, (Staneintf
so mit ©Ott unb 3leligionSgemeinfc$aft ergiebt, jur Styologetit überzugeben, toelcße ben S_
toetS für tyre SBirfficßleit im Styriftentum liefern toill. 3)iefe aber tonn SBefen unb SBafc
l>eit beS G^riftentumS nur mittelft ber biblif$en Geologie befthnmen. 2)aS fü^rt auf
ben britten Slbfdjnitt, toeld&er bie gefamte btbliföe ©efdbid^te, Se^re unb Sitteratur um»
fa^t, unb in einen ©c^lu^abfc^nitt tion SBefen unb SBa$r$eit beS e^rijtentumS auS>
35 münbet. ß. beftimmt fein SBefen als $eilSgemeinf$aft beS TOenfc^en mit ©ott burt^
3>ejum Sbriftum im ^eiligen ©eifte, unb lä^t feine SBa^eit )>^ilofo))^ifc^, ^iftorijc^ unb
praftifö betoiefen loerben, loobei ber tyiftoriföe S3eh>eiS, ber auS ber inft>iriertcn ©c^rift,
offenbar ben ^au^tnac^brucf fyat. 2)oc^ n\d)t baS ^et^obifc^e toar eS, maS befonbert
SBiberfjjrud^ erregte, fonbern auf ber einen ©eite bie freiere ©tellung beS SBerfaffer* jum
40 fianon, feine ätnerlennung ber meiften fritifc^en Urteile ber SermittelunaStyeologU M**
©Triften beS 31 unb 312.S, fotoie bie bamit jujammenbängenbe SRobifitation ber 3^
fahrationSlebre, auf ber anbeten ©eite feine SlbtDeicpungen t)on ber tir^lic^en XrimtätS* unb
äbenbmablslebre. @S h>ar bor allem ^engftenberg, ber mit bem t^m ^ffnt^n ©etoic^t
in ber 9ieujal>r3betrac$tung ber @b. A3tg bon 1862 gegen ben früheren Mitarbeiter auf
45 Slbfall tlagte. Slber auc^ bon anberen tourbe bie bermemtli$e SBenbung bon Ä. tief be*
Ilagt unb fc^arf berurteilt (Diedboff, granf u. a. m.). Ä. anttoortete mit ber ©trete
fc^rift: 3eHS!t^ öon ^cn ©nmbtoabrbeiten beS ^roteftantiSmuS gegen Dr. ^engjienberg
1872, ein STOufter biefer ©attung bon ©Triften.
SBie ift bie SBenbung, bie toir R. hier nebmen feben, )u beurteilen ^ 9lad) bem früher
so ©efagten ntcf)t als Stbfau, toeber im ganzen nocf) im einzelnen, ©onbern eS tritt nur
eine ©eite hneber mehr bett>or, bie 5t fc^on früher gezeigt fyat, unb er bertritt gömfr
Slnftc^ten, ju benen er fc^on in feinen erften ©c^nften gelangt toar. 2)afc er je^t gerab«
biefe ©eite berauSfebrte, toirb man jum Seil barauf jurücffü^ren muffen, ba^ er m ber
lutberifd^en äiic^tung allerlei UngefunbeS, ^rübfertigeS, ©sHuftbität unb Mangel an na»
55 türlid^em SBabrbeitSfmn ju beobachten meinte (bgl. $Jnn. ©ana). @S ift aber nic^t eine
originelle ©efamtanftc^t bom 3)ogma ober bom S^nftentum, bie feine Steuerungen unter
fi$ berbinbet unb ertlärt: fte ergeben [\d) ibm nur auS bemSinbrucf einzelner btfbrtff^er
unb e^egetifc^er Siefultate, benen er fic$ mit feinem ©inn für baS @tnfa$e unb SJatürfe^
nicfyt entheben !ann. 3)abei ift er bon einer ftarlen ^ietät gegen bie pia et eruditi
60 antiquitas, inSbefonbere gegen bie altfatbolifcfye Jtirc^e, befeelt. 3n bem allen jeigt W
ftnljtttß
69?
ein kleinem nüchterner Setfiänbigfeit, bas bciu ©efühlämafiigeu in ihm bir ffiafle häEt.
Älar^eü ift ber ÜKatjftab ber äöabrfyeit, biefec ©runbfa£ ber KufH&nmg, Une er ihn
gern formulierte, toar audj auf ihn felbfi nic^t olme (Sinflufi geblieben > Überfyau^t luirb
man neben bem ©efagten (eine eingebenbc Sefd?aftigung mit ber neueren ©efdndue imb
fX Geologie beä s^rDteftanti#mu$ in älnfcljlag bringen muffen. 5
3n bem Setoufjtfein, bm ttonfcffionaliämu* bar bie ^rage geftettt $u ^Htbcu, \>h er
mit ber SHücHelir jum SHten ben ftürtfdiritt ju immer botferer ©rfenntntö berbinben ibülle,
beröffentücfjle Äafmiä bm feiten Bm femer Dogmatil : J2)er ftircfrenglau&e, biftorifa>
gM&jtt bargeftettt 1804, tborin er ben bögmcntpfkmföcn ©toff im gufamiucnbange mit
ber ©efdjicjitc ter flirre fi> verarbeitet, bafi bic lutberifdjen ©laubenslttn-cn, bereu ©e- te
jdjidrte er bis auf bie ©egenföart berfdgt, aB Sflefultat be3 ^kojeffeä erfdjeinen. tiefer
©anb tä|i e3 berfteben, bafs bie SDogmengefdjidrte für ÄabniS' befiel Holleg galt ler
3. Sanb, 2)a3 ©Aftern, ber 1868 erfdiien, mu|te enttäufdjen. M<$t nur bietet er juerft
in ben ^jjrolegomenen eine ^Kefa^itulattDn be# ^nfyalteä ton Saub 1 unb 2, foubern audj
in ba3 bogmatifc^e ©Aftern fmb toieber bic bibiifdjen unb bogmengefdjic^tlidsen Belege 16
^eritber genommen. Unb loäbrenb Sk. früher ben (Snmbfafc aufft eilte, bajj bie SDogmatif
ihre Üe^ren au£ bem 9Jiateriatytin£i£e ber ^Rechtfertigung enitbideln muffe, behieltet er
^ier ftiÜWtöciflenb batauf (boc$ togt- ßljriftentum unbüut^mum ©. 74 Ff.) unb legt juerft
in ben £e^ren bom SSatcr unb bom ©olm ba* pbjeftitoe, in ben Seiten bom ^eiligen
©eifte ba§ fubjefttfee |>eil bar {©. 409), eine Uitterfa^cibung, bie boä) auf alle SBeifc axv- 20
^utTCftcnb ift, inf ufern unter ber fiebre boin Sater aud) bie bon ber Irinität, fobann bie
üonf 3Dknfcfccn unb ber ©ünbe abgebanbclt mirb. Iro§ gefälliger jynrmufierungeu M*
mifei man ebenfo ftraffe öanbbabung oogmatifdier ^rinjipien mie flarenbe gotf&ilbung
btö Dogmas St. Ijat nadjmafä feine $)ogmatif pm itoeitenmale in jtociSänben (1874 (76J
in ber 2Seife herausgegeben, ba& er ben brüten Sanb L Slufl. au£ Sb 1 unb 2 er- 20
toeiierte, ba£ ©ange auf btefc IBeife fünenb. ©tfyon ^wbpr aber hatte er in fdjliditerer
bä bie duinteffen^ feiner bpgrnatif^=biftorifa)en 9tnfc$auungen in bem metfterbaft ge=
f^riebenen Suc^e: G(?riftentum unb Sut^ertum 1871 uiebergelegl, neben ba& aU fein ge=
fc^ia)tlid}es ©eiienftücf bie 3. 2lnflflge beä inneren ©ange^ (f. 0.), melteidji fein üürgüg=
Ucbfies Suo5, ju fteHen ift. 3taa? ^a|gabe beel erftgenannten SBerfe^ ftellte % ©tätyiln 30
bie Ibeobgie be§ IX fiabniä in mehreren StaiWn ber gfö$fl Sb 34, 1873 bar.
Über^am>t tuanbte ftd^i ft naä) §erau#gabe ber ^Dogmatil nod? entjd>iebener ba ©e=
fc^ia)te ale feinem eigenften ©ebiete r^u. 3m 3^rc 1866 übernahm er mit ber Seitung
ber ^iftonfd^^eologifc^cn ©efeDfa)aft bie ^ebaftion ber 9liebnerf4)en 3«itf^1^if^ fa* ^ftD'
rifaje I^eotogic, bi^ 1875 beibe Jnftitute eingingen, de ift bejetc^nenb für Ä,, ba^ er 35
in biefer ganjen $t\t für biefe rein tüiffenfc^aftlic^e ^eiff^nft nur einen Seitrag getiefert
fyat, unb ba€ bar ein Sortrag über bie Zeitige Stifabet^ 9U3 Jortfettung feines „inneren
©ange^'' nac^ rüdtoärfö begann er 1872 baS 3öcrf: l!ie beutle ^ftcfünnatiprt, \>m ber
aber nur ber 1 . SBanb erfreuen ift, nac^bem für bte fe^tenbe 5^^tf^"ng ein genjiffer drfa£
in ber 3. Auflage be£ 3nneren Sänget gege&en n>ar. 9öie q$ bei aller ©elbftftänbigfcit 4ü
feiner QueUenftnbtcn Jtaf?nt^T 2lrt nirf)t tuar, rein ^iftorif^tDiffenfc^aftlidjen Unterfuc^ungcn
nac^|uge^en, fo bat er ba^ aurf) in feiner JHefDrmatiün^gefd)tc^tc nie^t getrau, ^ür i^n
tiegt bie ^amptfaifye in ber gemütüolleii SBerfenlung in ben ©toff, lic^ttjoller 3ufammcns
faffung unb ^DarfteHung, in^befonbere in ber ßbarafteriftif ber ^erfönlic^feiten. ^n ber
Äunft, mit fertig Striaen, mit einem padenben ©c^tagmort, einer jugefvi^ten Jormel 45
ben ®eba[t einer sl?criobe, ba^ SBefen einer Stiftung, ben Äem einer ^Jerfönli^Ieit ;u
be^eic^nen, mar er 3Heifter* 3e langer, je me^r entäufeexte er ftd? bei gelegten Saliafteel
unb b&t feine ©aben in f4ibner, abgerunbeter ^orm einer Weiteren Dftentlid)feit bar, 6ine
größere Sfnjabt feiner jum Xeil einjetn erfc^ienenen Vorträge (ögl. brei Vorträge 1865)
bereinigte er jtt einem gehaltüDHen ©anjen : ^Cer ©ang ber ßirc^e in £e&eu#bilbem 50
1887. 3)er®emeinbe biente er regetmäfeig mit feinen ^Srebigten, ben benen breiSänbc^cn
e^ienen fmb (1860. 1871, 1877). ©te bexbmben ©t^idrtbeit, Mraft unb ebk SBürbe*
,,@r liebte e^, mit Cunbetn unb gro|en Sruc^fteinen ju bauen", fagt Sut^arbt toou
i^nen.
©eine afabemif^e £e^rt^citig!ei( n>ar öon fteHg faad&fenbem (Srfotge begleitet, Xagu 66
trug üor allem ein ?D Duette* bei. 8uerft feine ^ierfdntic^fett. 3n b«frc ^aren eine
lautere, ungefdtiminlteJSrÖmmigleit mit einem reiben ©eifte, ^anne^mut mit Minbräbcmut,
innere 94Jeltaufgefa)loffen^eit mit äufjerer fyeltbergeffenbeit munberbar bereinigt, Unb fi.
üerftanb e^ aue^, in aileä, ma^ er bot, feine ^erfönlidtfeit £?incinplegen, %&& SKort
bon i()m bar mit feiner ©ubjeftibität bure^tranft. ^Jlag ba# an feinen Supern p^ '»
698 SMjttt* Saht
toeiten fiören, fo machte es feine SBorlefungen nod& in ben legten ^a^ren einbrucfcboIL
SnSbefonbere erfuhr biefen perfönlicfyen ©influfe ber t&eologifäe ©tubentenberem, ben er
35 %atyt leitete. Unb Ä. felbft urteilte: „Unfere beften Sucher fmb bie, treibe toir in
bie Seelen unferer 3u^örcr Wreiben" (3^9™* ©• 67)- 2fo Jtoeiter ©teile ift feine
5 eminente Sefyrgabe $u nennen. @r toar in ber tyat ein afabemifd&er (glementarlebrer par
excellence (SKitylau bei SBinter). ©eine Steigung unb ©abe, gormein gu prägen —
bäufig fo, bafc er gtoiföen gtoei extremen bie 2Kitte fixierte — bat St. tter^altntemäfctg
frtitye ftereotyp toerben laffen. Slber ba« tarn feinen SBorlefungen ju ftatten, in benen er
bie alfo geprägten gormein bur$ regelmäßige 93ertoenbung auc$ einprägte. 3Ran trug
10 tttoaS fefte« tyeim. 3U fdbftftänbigem toiffenfd&aftlid&en SBeiterarbeiten anzuleiten, toar
bagegen nicfyt feine ®abt.
%n ber legten 3*ü feine« SBirfen« gingen feine Äräfte fid&tlidj nirüd. 6tn axä*
bred&enbe« ®e&irnleit£n nötigte tyn 1885, fteg gan$ gurüdfjugie^en. SRadp einigen fötoeren
Sauren entf erlief er am 20. Suni 1888. @r toar ein d&aralterboller felbftftänbtger Ser=
15 treter ber auä ber @rtoeäung$£eit fyerauSgetoad&jenen lonfefftoneQen Geologie, ber fromme
3tmerlic$Ieit, Selenntntetreue unb toiffenfäaftli^eS ©treben gu bereinigen fuc^te unb na<$
feinem SieblingSfoructye ®p\) 4, 13 im Sutfyertum je länger, je metyr nur ba« ötumenif$e
(Styriftentum toollte unb meinte, batyer and) religio« jtoar an Sutyer, tyeologifö aber me^r
an ÜManctytyon ft£ hielt. 3)ie gefd&idjtlic&e 33ebeutung bon ß. liegt, gang entft>re$enb
ao feiner eigenen 2ttftcpt, toefentlicfy in feiner Sefyrttyätigfeit, bie Generationen bon Ideologen
anleitete, jene brei ©eiten, bie in tym bereinigt toaren, aud& tyrerfeit« gletd&mäfcig ut be*
rücfftd&tigen. Sturer ettoa bei ber 2lbenbmaf>lSle^re ift fein 5lame mit einem foejtftftyen
portfe^ritte in ber toiffenfc^aftli^en Ideologie nid&t fcerfnüpft. Shtcty in feinen $iftorif<fc
fritifäen Slufftettungen öer&ielt er [\d) toefentlicty reprobuftto. 2tber fein „^itnerer ©ang"
25 bleibt, föon bei bem 2Rangel äbnlic^et Storfteüungen, unb als felbft ein gef$i$tli$e3
SDenfmal toertüoQ. 2Bie mit biefem SBerfe in feiner fpäteren ©eftalt, fo fyd Ä. über*
fyaupt ber lonfefftoneHen Süjeologie ba« ©etoiffen gefctyärft, ba« Unrecht unb bie lln^afc
barfeit jeber blofcen Stepriftination xf)t borgeljalten unb falfd&er, fd&toäd&licfcer Sfyologetif
ein frötytictyeS Vertrauen auf bie 3Jiac$t ber göttlichen ffia^eit entgegengeftettt. $aburc$
so ift er für feine Stiftung ein ©afy getoefen. afpfjaime* Shtnje.
Äain. — fiitteratur: Äußer ben Kommentaren $&. öuttmann, W^ologud I,
(1828), <5. 152—179; 3. SBeU^aufen, S)tc Kompoption be« ©ejateu«* unb bie Itfft. »üdKT
be« «$ (1889), @. 10ff., 305; & ©ubbe, 2)ie biblifcfte Uröef4id)te (1883), ®. 117 ff.; db.
iReufe, ba& %% III, 209 ff.; ©. ©tabe, Seiträge *ur ^entateudjfritif, 1. 3)aö Samtigen in
35 3at5S XIV (1894), 6. 250 ff,; ©. görfter, $a« mofaifAe ©trafre^t in feiner gefcbi*tlt*fn
enttuicfelung (ßeip^tg 1900), <S. 19f. 29 f. Deutungen bed jübifdjen TObrafd) f. bei Sänfte,
©ereWitb rabba 1881, ©. 99ff., bei eifenmenger, (SntbecfteS Subentum I, 462.471. 832. 836
unb in Othonii Lexic. rabbinicum 109 ff.
Äain ift im 212 1. ein 9iomabenftamm, ber in SBerbinbung mit 3Kibian, älmolet unb
4o3$rael auftritt, mit biefem ©ammeltoort (l?p.) toirb er 5Ri 1, 11 unb 9to 24f 22 ge^
nannt; öietteic^t ift aud) 1 ©a 15, 6 b fo ni lefen (ftatt ^y). ^n ber Siegel begegnet
ba$ nomen gentilicium TP , Äeniter ©en 15, 19; 9?u 24, 21 ; 9ti 4, 11. 17; 1 6a
16,6; 27, 10; 30,29. $o$ f)at in ben beiben legten ©teilen bie LXX T?P., Äenu
fiter (»gl. ben 21. Äaleb), gelefen. 3ur 3«t ber SReligionSftiftung ÜKofe^' fd^eint W ^
45 ©tamm an bie ÜRibianiter angelehnt m ^aben ; benn iftobab, ber ©c^toiegertxxter $Ro\t#,
erfd&eint SRi 1, 11 ate 9lame eine^ fenitiföen ©efd^Iec§tg, toä^renb er 5Ru 10, 29 ff. afc
TOibianiter begeid^net toirb, toie and) ^et^ro 6^3, 1; 4, 18 f., 18, 1 u. Steguel <Sj2,16.
3)a bie Jteniter niemals ati felbftftänbiger ©tamm auftreten, ba^er too^I nu^t feJ^ yDÜjb
rei$ getoefen fmb, fo ift bie Vermutung erlaubt, bafe in bem obigen %aÜ Äentter ber
so engere, 3Jtibianiter ber toeitere 93egriff ift. 3)ie Äeniter fd^Ioffen ftd^ ber SBanbenma
3draek an unb tauten teile im Sorben, teils im ©üben be$ töraelitif(^en Sanbeä auf.
&a$ lenitifd^e ©ef^Ied^t §eber befinbet ftd^ mr 3C^ Sarai« unb ber 35ebora in ber
3lai}z ber ebene ^efreel 9ti 5, 24—27, nad) 9ti 4, 11 in ber 9läf>e bon Rebe« in @a&
läa (f. VI, 339,u); fcier toirb au^brüdlic^ gefagt, bafe e« ftd^ bon bem übrigen ©lamme
55 getrennt habe. Siefer toeibet naify 1 ©a 15, 6 fein Siel) in ©emeinfd^aft mit ben 8m*
lefitern unb toirb burd^ ©aul gur Trennung bon biefen betoogen. Ob er in bie (Segen*
be« SRegeb toirtlid^ jufammen mit 3uba ober nid^t bielmefcr birelt bon ©üben ^er to>£
gebrungen ift, mag ^ier unentfetyieben bleiben (ögl. ben 21. Meb). Semerfen«n>ert ip,
bafe bie ßeniter (Äiniter) 1 6^r 2, 55 mit bem ©tammbater ber Slec^abiten in 9So*im
Äain 699
bung gebraut toerben, bie ba« fefte SBofjnen, ben 3ldfer= unb (Gartenbau fotoie ben 2Betn=
gemifc berfdfrmätyten 3er35. DieferUmftanb bezeugt nic^t nur xfyc ftrenge« gtfttyalten am
gtrtenleben fogar int Sanbe Kanaan, fonbern audj an ber ^a^bereligion in i^rer ur*
ftnrünajid&en, in ber Sßtifte tyeimiföen gorm. 2B%enb bie grofee SRaffe ber 3«raetiten
ben Übergang jur Kultur bottjog unb babur# mel ^eibntfd^e^ SEBefen in Religion unb 6
Sitte aufnahm, blieben biefe ßirten in betounbern«toerter, aber ergebni«lofer *Ereue bei
ber anfänglichen Jyorm ber ^bebere^rung flehen. 2Satyrfd&einlic§ fcängt biefe« 38er$alten
mit bem neuerbing« metyrfaety betonten Umftanbe uifammen, bafj bie 33ereljrung be«
©otte« 3a$be bei ben Äenitern (unb 3Kibianitern) fdjon bor ber $e!igion«ftiftung burity
9Rofe« gu £aufe toar, ba beffen $rieftertum bon bem 3^o« al« abhängig erfd&etnt io
(Stabe a. a. D. 307 f.).
liefen 9tomabenftamm ilain, nic^t ben So&n äbam«, meint allem Stafcfcein naety ur*
ft>rünglid& bie Sage, bie ©en 4, 1—16 in ben Stammbaum ber Urbäter ber 9Renfö$eit
aufgenommen frorben ift. Sluf biefe 33ejietyung fyat juerft SSeBtyaufen aufmerffam ge*
maept, 83ubbe fycd fxa) tym angeföloffen, unb Stabe fyat barauf biefe Deutung auf« neue 15
geprüft unb boDftänbiger au«gefüfyrt. Die@rünbe bafür, bafj bie@rjä^Iung @en4, 1— 16
urft>rttnglid& mit bem Stammbaum ber Äainiten ni$t$ ;u ti)\m fyat, ftnb lun folgenbe.
Der Sd&auplaft, ben ber 33erfaffer bon ©en 4, 17 ff. im Sluge tyat, ift bie @rbe über*
tyntipt, fotoeit fte i$m belannt ift (33. 17. 20—22). ©en 4, 1—16 befafct ftcfc mit bem
Sanbe 3«rael« unb ber angrenjenben SBüfte. Denn ba« Slngeftd&t Safcbe«, bor bem fi$ 30
Äam berbergen mufc 33. 14, föaut nur berjenige, toeld&er hn Sanbe 3«rael« lebt, nämlic^
toenn er bie Stätten be« 3Sa§befuttu«, too bie ©ott^eit gegenwärtig ift, auffuetyt. 2Ber
ba« teraelitifd&e ©ebiet i)at berlaffen muffen, ber ift bon 3atybe« Slntlifc entfernt (2 Äg
17, 18. 23 ; 24, 3; bgl. 1 Sa 26, 19 f.; 3on 1, 3; 3lm 7, 17). Die »bama 33. 14 ift
ba^er nid&t« anbere«, al« ba« bon Israel betoo^nte Äulturlanb ; biefe« ift ber S$aupla$ 36
för bie G&rjätyhmg ©en 4, 1—16. ferner toirb bie @ntfte^ung be« 9tomabenleben« in
beiben Siüdfen anber« bargeftettt. $a$ ©en 4, 20 ift Sabal ber 33ater aller 9lomaben;
tyre Seben«toeife bilbet ft$ im Saufe ber natürlichen (Sntttridfelung ber 3Renfc^eit ebenfo
tote ba« ©etoerbe ber SJiufiler unb ber Sc^miebe 33. 21 unb 22. Da« 9?omabenleben
Rain« bagegen ift naefy 33. 14 — 16 bie golge eine« göttlichen $lu$e«, ber tyn au« bem so
Sanbe be« fefc&aften SBo^nen« ^intoeg in bie SBüfte treibt, greilic^ ift au$ äbel nac^
©en 4, 2 ff. ein §irt, aber feine §erben befielen au«ÄIeinbie^ ('$*, Schafe u. 3^^)^
unb er tootynt mit Rain im Sanbe $al)beS; er ift bemnaety ein §irt, ber bon einer feften
Sßo^nftätte an$ feine gerben h>eibet, lote ba« im Süben ^aläftina« ftet« üblia) mar
(1 Sa 25, 2). Diefe ötrten fte^en nia?t unter bem ftlu$e be« unftäten Seben«, ber 86
Äain getroffen ^at; ebenfotoenig bie 9k$fommen ^abal« 33. 20. SUfo toirb ba« 9lo*
mabenleben in beiben Stüdfen aud) berfd^ieben beurteilt. @nblidb ift aua) bie Stbfic^t ber
beiben @näJ^Iungen eine anbere. ©en 4, 17 ff. ^anbelt bon ben anfangen unb gortfd^ritten
ber menfqlic^en Äultur, ©en 4, 1—16 toiD bie unftäte Seben«toeife Äam« (unb feiner
9ia$tommen) in ber SSSüfte f otoie feine Stellung ^ur 33Iutrac^e erflären ; fotoenig tüte bie 40
@niroi<felung ber menfd^Kc^en Äultur in bie Söüfte berlegt toerben !ann, ebenfoh>enig ^at
ber flüchtig gefrorbene 33rubermörber mit bem Stäbtebegrünber Äain ju t^un. 9luf ber
anbern Seite führen bie 33erfud^e, ©en 4, 1—16 mit ber $arabie«erjä^Iung in engen
3ufammen$ang ^u fe^en, $u leinem befriebigenbem grgebni«. ©en 4 toirb bie S3Iutrad^e
al« fefte Sitte boraulgefefct 33. 9—15 ; Opfer oon Vieren unb grüßten fmb ein felbft^ 46
Derftänblic&er ©ebrauc^ 33. 3—5 ; ja 33. 8 (bgl. LXX) totrb offenbar nur bann richtig
berftanben, toenn man barin ben S3erfucfy Jtain« erblidft, feinen 35ruber äbel au« bem
®otte«frieben ber Äultu«ftätte, bie nad& altem 33rauc^e gugleid^ 3lfblftätte ift (®j21,13f.),
auf ba« ^Ib fyinau^ulocfen, um bort ben 9iorb au«fü^ren ju tonnen. SUIe biefe Um*
^mbe lehren auf« Deutltc^fte, bafe bie Äainfage ©en 4, 1—16 gar nid&t bon ben erften öc
Reiten ber üRenfc^^eit berftanben fein toiD. 3n bem jefcigen äejte futb freiließ getoiffe
Wammern bor^anben, nämltd^ 3,20; 4, 1.16 b, bie für ben erften flüchtigen Slicf ben
ßufammen^ang ju berbürgen fdjeinen. Sie geben fic^ aber bei näherer S3etrac^tung un«
fd^toer al« rebaftioneBe 3U|^^C Su wfennen; man mufc ba^er gerabe bon tynen abfegen,
toenn man ben urfarünglictyen 33eftanb unb Sinn ber Äainfage feftfteQen toilL %fox 66
Sc&auplafe ift, toie bereit« nac^geroiefen tourbe, ba« Sanb ?l«rael«, nä^er gefagt beffen jüb-
IM^e« ©ebiet, Wo fic$ bie Äenitcr mit ben fef^aften Jöraeliten berührten, unb fte erwärt
ba« unftete Seben be« Stamme« al« bie golge eine« göttlichen ftludfi, ber ben Stamm*
bater Äain getroffen fyat 33egreiflic^ ift ba« Urteil nur bom Stanbbunlt eine« fe^aften
33oße« au«, ba« ben Aufenthalt in ber ffiüfte al« ein üble« ©eföidf anfielt ; unb ba« t
700 Staut
2oS gerabc biefcö ©tammeS festen ben Israeliten einer befonberen ©rllärung ju bebürfen,
toeil er biefelbe ©ottfyeit tote fte bereite. @S toirb SS. 12—14 mit bem unfteten unb
flüchtigen ("?? ~?) geben beS 9JtörberS Verglichen, ber bem 33luträc$er preisgegeben ift, ber
abfoluten gftebloftgfeit : jeber, ber Äain Begegnet, fann tyn töten (33. 14), o^ne feinerfeitS
6 ber 33lutrad&e ju verfallen. 3)a^er toirb ber $Iud& auf bie ©$ulb, einen 9Rann ermorbet
ut ^aben, jurücfgefüfjrt. 2)afj biefer SRorb als Srubermorb bejeid&net toirb, tfi burety bie
93ejtetyung ber Äeniter ju ^ßrael gegeben. ©tabe f)at a. a. 0. 294 ff. barauf aufmerffam
gemalt, bafi noety tyeute bie 2lbgabe, bie ein 3)orf ober ein 9tomabenftamm, nämlt$ ber
fctytoäcfcere, an einen onberen, ben ftärleren, ju leiften $at, bie chuwwe (93rüberfc$aft)
10 genannt toirb, unb vergleid&t baju baS 33erfafyren, baS 3)avib gegen 9tabal emfd&lägt
1 ©a 25. 33eac$tenStoert ift, bajj bie in 33. 12—14 gefd&ilberte abfolute gricbloftgleit
nietyt feftgetyalten toirb. %<äfoi gtebt ber 93ef$toerbe, bafj bie ©träfe unerträglich fötoer
fei 33. 13, Slaum unb beftimmt ein 3ei$en für Äain, fo bafi nid^t jeber, ber tym be*
gegne, tyn töte 33. 16b (33. 15 a ift Vermutlich aus 33. 24 ^iertyergelommen ; benn ber ©a$
15 pafy nic|t in ben 3ufammen^an9f *>** Von einem für Äain felbft toirffamen ©c$u$ rebet).
3)aS $t\d)tn fyat bemnaefy bie 2Bir!ung, baft bie abfolute ^rieblofigleit in bie relativ
Vertoanbelt toirb, b. ff. einerfeitS barf fid& nur ber &ur Stäche 93ere$tigte an bem Her*
bre^er vergreifen, unb anbererfeitS foD bie 9fad&e auf ben ©d&ulbigen befqränft, Don fetner
jjamilie abgetoenbet toerben. @S tyanbelt ft$ um ein ©d&ufcjeid&en, ni$t aber, toie bie
ao fyerfömmlidje Sluffaffung totll, um ein ben itain atö -Dtörber lennjeic&nenbeS ©cfrmbmal
(„ÄamSjeicfyen"). 3DaS $t\d)m ^ Stammvaters, Don ber ©ottyeit beftimmt, tfi o^ne
Atoeifel Verbindlich für alle 9la$fommen; man tyat ba^er barin baS Stammes* unb
ÄultuSjeid&en ber Äeniter ju crlennen. 3)a nun bie Äeniter 3^t>e verehrten, fo toirb eS,
toie ©tabe richtig Vermutet fyat, baS ^a^ejeic^en getoefen fein, baS bie 3uge&örtgleit ber
25 betreffenben Sßerfon jum 3a&ve!ultuS anzeigte unb fte aü feinen Siebten unb $flic$ten
unterteilte. 2Bir ^aben im 913: nod& einige beutlid&e §mtoeife auf bie 93ertoenbung beS
3ja^ejeid^enS (@jl3, 9. 16; 3ef 44, 6; 1 Äg 20, 38. 41). @S tourbe teils auf ber
§anb, teils auf ber ©tirn angebracht. 3)a eS in bem §falle ÄainS ftetS ftc^tbar fein
mufc, fo toirb eS ftcfy ©en 4, 15 um ein 3ei$en auf ber ©tirn fyanbeln. ©S ftc^erte ben
so Äeniten biejenigen 6infd^ränlungen ber 33lutracfye ju, bie mit bem Iga&befultuS t>erbunben
toaren, nämlic^ nic^t nur bie 2BobltI?at ber relativen ^riebloftgleit (f. oben), Jonbern <mdf
bie 33erbrängung ber SRac^e burc^ 93ufcen. 3)a biefe in %$xad ni$t fämtltc^ ju gleicher
geit, fonbern allmä^lic^ nad^ einanber eingetreten ftnb, fo toirb auc^ baS !galjt>Q«<$en ber
Äeniter für bie fragen ber 33lutrac^e je nac^ ben öerfcfyiebenen 3^^ ^ne tjerfd^tebene
86 Sebeutung gehabt f^aben. 3)arauf gefyt bie ßrjä^lung nid^t toeiter ein. ©te ^anbelt
bemnad^ ni^t nur toon bem 9lomabenleben ber Äeniter, fonbern auc^ t>on bem Slntetl, ben
fte an t>m iSraelitifc^en ©infd^ränlungen ber 99lutrad^e ^aben.
2. ftain als ein Stammvater ber 3)tenfd^eit nac^ ber ja^tftif^en @rgä$lung ©en
4, 17 ff. fte^t an ber ©pifce ber fogenannten Äainitentafel. $iefe umfaßt in ber gegen«
40 toartigen ©eftalt mit Jtain fteben ©enerationen ; bie fiebente ©eneratton ift jeboc^ bur^
Dier ©lieber Vertreten, von benen bie einen, Sabal unb ^ubal, als ©ö$ne ^amec^S unb
ber 3lba, bie anberen, I^ubal Äain unb feine ©d&toefter s)Ja§ma, als 9lac^fommen 2a*
mec^S unb ber $\üa bejeid^net toerben. Die 3lufgä^lung ber ©lieber erfolgt in ber
Siegel o^ne jebe erläuternbe 35emer!ung (33. 18 f.), nur 33. 17 unb 33. 20—22 ftnb 8m
45 gaben hinzugefügt, bie bie 35ebeutung einzelner ©lieber ber Äainitentafel für bie ®e*
fd^ic^te ber TOenfc^^eit hervorheben. Äain ift ber ©rünber ber erften ©tabt, bte er nac^
feinem ©ofyne ^enod^ benennt (93ubbe a. a. D. ©. 120 ff. toill mit einer lejtänbenmg
[yäz] lieber btefen 9tu^m bem ©o^n §enod& ^uerfennen); ^abal ift ber ä^n^err ber
sJ?omaben, 3ubal ber ber SJlufifer, S^ubal Äain ber ber ©c^miebe. §ierauS erje^ett totr,
sotoaS bie Sluftä^lung biefer ©lieber bebeuten foH: bie gortf^ritte ber SDtenfdteett ht ber
Äultur foDen namhaft gemalt toerben. Diefe 3lbftc^t fe$t bie Äahtttentafel in na^e
si?erbinbung mit ©en 9, 20—27, too 9Joa^ als ber erfte SEBeinbauer unb juglei^ al*
ber Stammvater ber 35evölferung ^JaläftinaS (©em, 3^et^ Äönaan) gilt (f. Äanaan).
yioaf) ift jtoar burc^ ©en 5, 28 f. in bie ©efyitentafel beS 5Priefterfobq: aufgenommen ;
55 bebenft man aber, ba^ er ein ©o^n Samens ift, fo toirb fein früherer •Sufammen^ang mit
ber Äainitentafel toafyrföeinlid&. 2lud& bie 33ruc^ftücfe ber ©et^itentafel beS 3^9*" m
©en 4, 25 f. unb 5, 29 ftnb ntd&t ofme ©^uren einer 33ertoanbtfc$aft mit ber jrtigen
Äainitentafel ; # benn ©en 1, 26 crjäfylt Von bem 2lnfang beS 9;a^VefultuS burc^ <knri,
unb in einer Überfielt über bie ©nttoicfelung ber älteften menfc^lid^en Äultur burfte —
so fo follte man meinen — eine Slngabe über bie anfange ber ^^bevere^rung für einen
Stain Saittiten 701
Israeliten nid&t fehlen, 35aju lommt Leiter, baft bie sJiamen einzelner ©lieber in beiben
Stafeln ©en 4 unb 5 gleu$ fmb (ßanocfc ober §eno$ unb iamab), bie -Kamen anberer
©lieber äljnlkfc lauten (Äain unb Jtenan, ÜRetyufael unb 9Jtetyufalaty, %xab unb 3er*),
fotoie bafi Sbam unb 6noS — beibeä bebeutet 9Henfö — Stojtyelgänger ju fein fdjeinen.
@& ifk batyer fd&on längft (93uttmann 1, 1 70 ff.) ber ©ebanle geäußert Worben, bafe bie &ainiten= 5
tafel unb bie ©etyitentafel urforüngticty auf einen einzigen Stammbaum ber älteften 9Menfc£-
beit jurüdfge^en. ©tabe fyxt a. a. D. ©.265 ff. 277 feine Vermutung barüber batyin
formuliert, bafe bie Äainitenlinie ber jatybiftifctyen Duelle urforünglidj eine ©etityenlinie
geWefen ift unb ©en 4, 25 f. in ifyrer ursprünglichen ©eftalt bor $.17 geftanben ^aben.
liefen ^fragen Leiter nadfougetyen, ift tyier nietyt ber Ort. 9iur ber gegenwärtigen 10
©eftalt beä 2ejte3 ©en 4 fei noefy einige 2lufmerffamfeit geföenft. ©ie gebt watyrföeinlicty
auf benjenigen Bearbeiter beä ja^biftifcfyen SBerfö $urücf, ber bie ©ünbflutfage in bie
älteren ©tücfe ber Urgef$i$te, bie belanntlicty bon tyr nichts Wiffen, eingefügt $at. 3)en
Übergang jur ©ünbflut pellte er bur$ eine ©etyitentafel $er, bon ber jefct nur bie
Snidjftüdte 4, 25 f. unb 5, 29 erhalten fmb, Weil fte faäter burd& bie ©e^itentafel be« 16
^riefterfobej ©en 5 berbrängt Würbe, ßr entnahm ben Stoff baju einer älteren
©etyitentafel, beren 9tefte er burety SSoranfteUung ÄainS ju einer Äainitentafel geftaltete.
SDiefe erweiterte er burety bie Einfügung ber Äainfage ©en 4, 1—16 unb beä Samecfc
liebet, ba$ mit ber ©rfinbung ber ©etymiebefunft burefc 3^ubal Äain nichts ui t^un fyat,
toa$rf$einli$ aber mit ber Äainfage berWanbt ift. Dem -Dtörber tfamecfy 93. 23 ftellte 20
er ben SWörber Main 95. 8 gegenüber unb boflhog babur# beffen 3*>entifiIation mit bem
©täbtegrünber Äain. DbWofyl er auf biefe SBeife ben urforünglictyen ©inn beä ©tamm*
baumä (f. oben) ftarf berbunfelte, getoann er einen ©egenfafc jtoifc^en ben gottlofen
Äainiten unb ben frommen ©etfyiten, unb baS entfpraety bem Weiteren 3ufammen^nfl
feiner 3)arfteDung, bafj nämlicty bie Äainiten in ber gflut untergeben, bie ©et^itat aber 36
in %>ab erhalten bleiben unb burety tyn bie 93äter ber neuen 9&tenfc^eit naety ber glut
Werben. 3)tefer SRebaltor Wirb burety 3, 20, 4, lf. unb 16 b bie 93erbinbung mit ©en3
bergefteüt tyaben. 35urcfy tyn $at bie Äainitentafel ben ©inn erhalten, ber in ber tir$li$en
Ucberlieferung berrfd&enb geworben ift, nämtidj bafc in ber Sinie ÄainS bie ßntfrembung
tont ©Ott fortfdjreite, Wätyrenb in ber Sinie ©etfyä bie grömmigleit gepflegt Worben fei. so
Über bie in ber Äainitentafel enthaltenen -Kamen Iäfit fiefy nur Wenig fagen. *?P. be*
beutet 2 ©a 21,26 bie Sanje; man pflegt and) baran $u erinnern, ba& Hain im©^rifd^en
unb Srabifd^en ben ©c^mieb begegne, ober man benlt an bie 9Röglicb!eit, ba^ ba^9Q3ort
bie Sebeutung „©efd^öpf" (bon einer bermuteten 933ur$el *r?) ^aben fönne, Worauf tootyl
aud) bie üollMmlic^e @t^mologie ©en 4, 1 fyinauätotD. $mod) fommt abgelesen bon 36
©en 5, 18 ff. als 9lame eine« rubenitiföen (®en 46, 9) unb mibianitiföen (®en 26, 4)
©efölec&tS bor ; bon einer ©tabt #enocfc ift nic^tö befannt. 93uttmann betonte bie ©leic^«
fefeung mit bem bon ©tep^anuä 23^antinu^ erwähnten Slnnafu«, einem Jtönig bon
3ionium in 5ß^gien (a. a. D. 175 ff.). 3lber bie bei ^nobiuS $roberb. 6,10 über«
lieferte 9tamenöform 9lannalu« mufe alö juberläffiger betrachtet werben; bann ift e^ mit 40
ber $tynli$!eit be« tarnen© nichts. Unter ^öbal Will man ben SBanbertyirten (bgl. ^'^)
Derfte^en, ju ^ubal ^at man -?""% baS äßibber^orn, ^of 6, 5; (Sj 19, 13 bergigen.
2^ubal ift ber femitifc^e 9tame ber fleinafiatifc^en libarener ©en 10, 2, bie burefy i^re
Crjarbeiten berühmt Waren 6^27, 13. 2)urc& ben 3wf^Ä«^ — ty** Wofjl = ©djmieb
— Wirb ber SSolföname auf baä ©eWerbe belogen. 3U ^a* 3^a un^ 5ßöewö W man 46
bie SRamen bon ©öttinnen herbeigezogen (3lba bei ben 93abtyloniern, 9ia6ma bei ben
^oniciern). 93ei entfernt wo^nenben Golfern, Wie bei ben Gfyinefen, eine 9lnlei^e ui
ma^en, um bie 9lamen ber ßainitentafel }u erMären, ift fidler berfe^lt. Die näq\U
liegenbe parallele baju bietet ber 9tbfc^nitt in ben Fragmenten be^ ^tlo S3t>bliu^ bei
Cufebiu«, Praepar. evang. I, 9 f., in bem eine lur^e &arftellung ber älteften menf^ 60
lu^en Srfinbungen burc^ fäj^ 93rüberpaare gegeben Wirb (bgl. 93aubiffin, ©tubien 1. 14 f.).
J)te 9lamen beaen [\ty freiließ mit ©en4 bur^au« nid^t. 9[5gl. b. 31. ©et^.
3. (Sine ©tabt im 93erglanbe fübltc^ bon §ebron Qof 15, 57, bon einigen gorfäern
mit jakin füböftlic^ bon Hebron Derglic^en. @wt^e.
ftaittiten. S3gl. bie uor bem %. CpljUen angegebene fiitteratur. 3)ie nadjftefjenben öe» 66
merfungen bef^ränfen ftd), um jenem ^. nid)t üorftugreifen, auf für je SBiebergabe ber auft
ben Ducflen ju entne^menben 2f)atfad)en.
Äainiten Werben ^uerft bon jyWtcmä (adv. haer. 1, 31) in 95erbinbung mit ben
Otiten erwähnt. v^rc 93efonber^eit beftanb barin, ba^ ftc ben Äain (Wie Sfau, Äora,
702 ftmttitett Satylja«
bie Sobomiten u. a.) al« SBerfjeug ber ©oj>^ta unb barum bom 3)emwrgen angefembet
bereiten. 3n 3u^ag fafcn fie ben, ber metyr al« bie übrigen boit ber 2Babrfyeit er*
lannt tyatte, feierten ba« 9Jtyfterium feinet SSerrate« unb lafen ein fonft nid&t genannte«
(Sfcangelium be« 3>uba« al« ^eilige ©(tyrift. liefen 2lngaben entforecfyen bie auf $ityH>*
6 fot« Styntagma gegen alle §äreften jurücfyufütyrenben 2lngaben bei 5Pfeubo*$ertulfian haer.7,
$$ilaftriu« haer. 2 unb (Sptotyamu« haer. 38 (bei biefem jugleicty Senufcung be« 3re*
nöu«). Äain ift au« fttyerer Kraft gejeugt al« 2lbel, 3juba« ber 2Bo^ltyäter be« 3Renf<$en*
gefcljlecfyte«, fei e«, bafc er S&rifti 2lbft($t, bie SDJa^eit ju jerftören, bur$ feinen SSerrat
vereitelte ßßtyilaftriu«), fei e«, bafj er bie 2lr$onten friber tyren SBiQen jtoang, S^riftum
10 gu toten, unb und fo gum ßeil be« Äreuje« oertyalf (ßfyi^amu«). Unter ber bon Icr-
tuHian praescr. haer. 33 (bg(. bapt. 1) ertoctynten unb öon i$m mit ben SRilofaiten
(2fof 2, 15) in parallele gefegten Gaiana (Caiana, Cainana) haeresis bürften eben*
fall« bie Äamiten ju berftetyen fein. $n ben ^itofo^umena (8, 20) gebmftjotyfcofot
nur be« -Kamen«, ebenfo Giemen« in ben ©tromata (7, 17, 108). 33gl. nocty 2$eoboret
15 haer. fab. 1, 15, ber bem IJrenäu« folgt. ®. Striger«
»ai^aS, richtiger Sujalrfja«, £o$epriefter. — ßitteratur: $ie Slrtttel St. in
©iner« ©ibi. SReaiwbrterbud), Don §. SB. @$ul$ in biefer SR<£* ©b 7 unb Don $au*rat§
in @«en!el« »ib..£ej. III; ©d)ürer ©ef*. be« 3üb. Soife«8 II, 1898 @. 218. ©pejiefl jum
Warnen : Stalman, ©ramm. b. 3. <ß. Slramätfd) 127; Sagarbe, Ueberftcftt 97; fteftle, 8m£l)40, 149.
20 ft. ift ber jübiföe §otyet>riefter, toelc&er jur 3eit be« öffentlichen SBirfen« unb be«
ftreuje«tobe« gefu biefe« 2lmt öertoaltete. 3)er iübifd^e @ejtöic$t«f($reiber Sofe^u« be*
»eignet tyn genauer als %o\tp§, ocr auc& genannt hrirb Jtajaj^a« (SUtert. 18, 2, 2).
gm bleuen Seftamene bagegen hrirb nur ber leitete Seiname gebraucht, toeWfrer im
2lramäif($en ntdjt ßfyfya = $etru« (öau«rat), fonbern Äajat$t lautet unb toobl
26 ntdjt Unterbrüder (©c^ulfc), fonbern na$ bem Slrabiföen (kä-ifun: qui novit
vestigia et indicia rerum) 2)euter (Sagarbe: ^^ftognom) bejeictynet. St. toar ber
lefcte ber toter §oI)e}mefter, toelctye ber Dom ßaifer überiu« nac^ %vbäa gefd^tcfte römif^e
^Brofurator SSaleriu« @ratu« nac^einanber ^u biefer einflußreichen 2Bürbe berief. 3)a
berfetbe in ben ^a^ren 15—26 n. Gtyr. bie $ro!uratur inne f^atte, fann bie ßm*
so fe$ung be« Ä. burc|> i^n fräteften« im 3. 26 n. 6^r. erfolgt fein. 3#atfäd&lic$ ift fw
aber mit großer aBa^rfc^einlic^Ieit piel früher, nic^t 25 n. 6^r. (SBiner), fonbern fc^on
ungefähr 18 n. 6f>r. amufefeen, ba SSaleriu« ©ratu« ben erften jener üier §o^en)jrieper,
ben 3$mael, ©o^n be« $^abi, toofyl gleich nac^ feinem eigenen 9lmt«antritt an ©teile be^
Sanna« berufen fyat, unb ebenfo tote ^«mael auc^ feine beiben erften 9iac§folger ©leafar,
»o^n be« §anna«, unb ©imon, ©o^n be« Äamit^, ungefähr nur je ein Safyx im tyofc
j)riefterli(^en ämte blieben. 3#r ®ni>e a^ fan*> ^e bofyet>riefterlid)e Slmt«öertt>altung beö
St. bamit, bafc er balb, nac^bem ber -Kad&folger be« S3aleriu« ©ratu« in ber ^rohaatur
burc^ ben £egaten \>on ©^rien SSitelliu« abgefegt toax, bur$ biefen auc^ feine« Smte« enthoben
tourbe unb in einem ©o^n be« §anna« ^onat^an feinen 9ta$f olger fanb. ©eine ^iema^,
40 ungefähr bon 18—36 n. Styr. toä^renbe, alfo 18 ^a^re betragenbeämt«bauer ift im 35er^ältni«
ju berjenigen ber aüermeiften anberen §o^enj)riefter au« ber römifetyen 3^ ^ne ganj un»
geh>ö^nlic^ lange. Unb ba« ift um fo auffaQenber, ba in biefe 3eit ^e erbttternben
9lücffu^t«lofig!eiten be« ^ilatu« gegen bie ßm^finbungen, Sitten unb Siebte ber ^uben
fallen, toeld^e biefe fcfyliefclic^ gum Slufftanbe beranla^ten. Slieb aber feine ©telUing
45 burc^ biefe Vorgänge unerfc^üttert, fo erfolgte fein ©tur) erft ba, al« auf bie Staffagen
ber 3ub*n Sßilatu« abberufen tourbe unb StteHiu« burety §erau«gabe ber lange 3^ m
ber sBurg Stntonia berfc^loffenen ^obej>riefterlic$en @eh>änber ftd^ ben ^uben entgegen*
fommenb betoie«. SJanac^ ift e« toirfliqi fei^r toa^rfc^einlic^, bafe Ä. nic^t fotoo^l tjermoae
feiner lüd&tigleit al« Dielme^r burc^ feine SRacfoiebigfeit gegen bie jubenfeinblic^e römifc^c
60 93ertoaltung«pra£i« ftc^ fo lange in feiner Stellung gehalten f>at. Unb trenn fty fc^on
hierauf bie Vermutung grünben lä^t, baß er bie Stiftung ber frembenfreunblic^en fabbu*
cäifd^en $artei teilte, fo erhält btefelbe t^re Seftätigung baburc^, bafj gleid^ ben meiften
bamaligen SRitgliebern ber ^o^riefterltd^en ©efc^led^ter auc^ ber ©$ttriegert>ater M
.«., ber ^ofamefter §anna« oberänano« (21© 4, 1. 6; 5, 15 f. b. Sl. ftanntö 8b VII,
66©. 403, öff.) fotoie beffen ®of)n 3lnna« ber jüngere (3of^. altert. 20,9,1) unb
überhaupt beffen ganger 9ln^ang (21© 6, 15) ber fabbucmfdjen ^Partei (f. b. 21. ^J^arifäer
unb ©abbueäer) angehörte. 3n Setreff ber ©tellung, toelc^e neben St. fein ©d^toieger*
oatcr $anna« nac^ ber neuteftamentlic^en 3)arftellung einnahm »gl. b. 21. $anna«.
eiejfert.
«aifer (»rtrfer), %alob «dattbe 703
firifer («atfer) 3alob f. Btoingli.
Steifer, 2eon^arb, geft. 1527. — $.H.©inter, ©efd)i*te bcr 64tdfale ber eoan-
aeüfäcn Betöre in unb burcfcSBaiern bewirft ic, 9Ründ)en I, 1809, 237 ff.; «urelian ©dimib,
2. ftäfer, ein »iutjeufle ber Deformation in Stfdjr. f. allgemeine ©efä.IV, 1887 6. 308 ff.;
$cb€Tle. 2eon$arb Ääfer, fein anabaptiftifefter ©lutjeuge, in 3$ß, ftg, 8b XXXI, goL 5
1856. 8or ottem ift ju ugl. fj. SRotty, ein eoangelif^er SWfirtyrer au« bem gnnmertel, $aHe
1900 (@tfr. b. »er. f. <Ref .©efd). Er. 66).
Seon^arb Äaifer ober Ääfer (über bie ©d&reibung be« 9tamen« bgl. 3 -SR^ a- a- 0-
©. 40) totrb ca. 1480 in bem ÜRarftfleden Stab bei©c$ärbing in bem bamal« juSatern
gehörigen ^nntriertel geboren fein, ftubierte 1500 ju 2etyjig, too er Saccalaureu« tourbe. io
lieber feine Weitere ©nttoicfelung toiffen toir nid&t«. 3U« SJilar in 2Bau)enIitc&en, too er
bie $farrgefc&afte für ben Snfaber ber ^frünbe, ben $affauer 3)om$errn Sic. 93eraer ju
beforgen tyatte, eine ©teile, bie er um 1517 angetreten ^aben toirb, tourbe er naejj bem
Sfcgenöburger @bift bon 1624 toegen feiner <ßrebigt be« ©bangelium«, ba« er föon ga^re
lang öerfünbet au fyaben föeint, oor ba« ftonfiftorium in ?ßaffau getaben unb behaftet, u
burfte aber, naefcbem er gelobt, „ber tutyerifd^en 2etyre, Sucher unb ©efeHen müfeig m
ge§en", in feine ©emeinbe jurüctte^ren. 35ort litt e« tfyn aber nid&t lange — nad& 6a«
8e$aul>tung (SBinter I, 237), beren SRityigfeit aber jtoetfelfcft ift, toäre er öon feinem
Pfarrer entlaffen toorben — , unb trofc be« ^ergogltc^en Verbote«, toeld^e« na# bem
5Regen«burger @bift allen 2anbe«Iinbern ben 93efu$ ber SBittenberger Untoerfttät unter* 20
fagte, begab er ji$ naefy SBittenberg, too er am 7. 3uni 1525 immatrihiliert tourbe unb
anbertyalb Satyre in engem SSerfe^r mit Sutyer unb ben anbem bortigen 2e$rern
ftanb. ®a toagte er e« trofc ber brofyenben ©efa^r Slnfang 1527 auf bie Äunbe bon
ber fd&toeren ertranfung feine« 93ater«, um biefen nod& einmal gu fetyen, in bie £eimat
ya reifen, gtoei ©tunben na$ feiner 2lnfunft ftarb ber SSater unb er felbft tourbe bur$ 25
eine me^rtoöc^entlid^e itranttjeit an ber beabsichtigten Sßieberabreife getyinbert. Auf eine
©enunciation be« Pfarrer« öon Stob liefe tyn ber Slbminiftrator bon $affau, £erjog
©rnft bon Jöaiem uer^aften unb am 11.2)tärg 1527 nac^ Dber^au« über $affau bringen.
5Die SKeinung, i^n burd^ ben Aufenthalt in einem Wauberbaften Äerfer mürbe machen gu
lönnen, toar ein Irrtum. 9lte man enblic^ gu feinem Ser^ör fd^ritt, in bem man i$n «>
auf alle ßefcereien, bie man ben äßittenbergem bortoarf, inquirierte, berief Äaifer bielfacty
in ben ©orten Sut^er« ftety immer auf bie Schrift. 2)a3 SJorge^en gegen i^n, ber avß
einer angefe^enen gamilie ftammte, ma^te grofee« auffegen toeit über bie ©renjen be«
Sanbe« ^inau«. Sutyer ^atte fofort auf bie Kunbe baöon i^m (vineto Christi et servo
eras fideli et charo) am 20. SRai 1527 einen Sroftbrief gefd^rieben (ßnber«, 2ut^er«85
8rieftoe$fel VI, 54 f.). »He gürbitten ber@rofeen be«2anbe«, an toel^e fi* biegamilie
toanbte, bann be« ©rafen öon ©d&aumberg, be« ^errn öon ©c^toargenberg, be$ ÜRart
Cfen Gafimir bon Sranbenbura, ja be« Äurfürften öon ©ac^fen, ber bagu riet, ben ©e*
genen freizugeben unb i^n fofort au« bem Sanbe ju entlaffen, toaren pergeben«, am
18. 3uli fanb ©erid^t über Äaifer im ^faffen^ofe gu ^Baffau ftatt, tooju aufeer einer SKenge *o
geiftti^er unb toeltltc^er Stifter 3jo^. @i oon ^ngolftabt unb ßerjog @rnft felbft er*
dienen toaren. 3)ie 9lnflage ftü^te ftc^ auf bie bcim&erfjör öonÄaifer att gn^alt feines
©lauben« anerkannten Slrtifel unb fein früher abgelegte« ©elbbni«, \\d) ber lut^erifc^en
2e$ren ju enthalten. 3um aBiberruf toar er ni$t ^u betoegen. -ftun urteilte §eriog
(gmft felbft, Äaifer fei ju begrabieren unb bann bem toeltli^en Stifter ju überlaffen. ^5
SRtt aller görmlid^feit tourbe bie $egrabation oolljogen unb ber auftänbige 2anbe«^err
J&enog SBui^elm berfügte bie Einrichtung be« Degrabierten. ©ie tourbe am 16. Sluguft
m ©^arbing öoüjogen. St« ^um legten 3lugenblicf feinen ©lauben belemtenb ftarb
xaifet ben 2reuertob. SBelc^en großen ßinbruef fein glauben«ftarf e« 5Wart^rium auf greunbe
toie f^tnbe machte, ergaben bie balb nad) feinem lobe barüber erfc^ienenen ©Triften unb 5°
®eflenfc^riften, toorüber g. 9totf>, ©. 31 ju t>gl. ift. Über ben 33erfud>, Äaifer« üRart^
rium baburc^ ju öerfleinem, bafi man i^n jum SBiebertäufer ftempelte, ebenba©.38 unb
51, unb ßeberle a. a. D. XI|eobor »olbe,
Äalanbe, .9alanb«brüber. — 2itteratur: 3. Seiler, Diss. de fratrib. Kalend.
Francof. 1692 ; 0. fiebebur, 2)ie Äolanb«üerbrüberungen in ben 2anben be« ffidjfifcften Solf«s 55
flamme« mit bef. föücffidjt auf bie Warf ©ranbenburg (Wärfifd>e 3forf4unaen IV, 7 ff. 1850);
Sterling. Die ftalanbäbruberfdmften, in«bef. biejenigen, roel^e in ber alten $iöcefe $aber«
born beftanben fjaben (Stfdjr. f. «ltertum«fnnbe unb ©eftf). in fBeftfalen III, SfolgeX, 178 ff.;
U^orn, 2iebe«t^«tigfeit II, 426 ff.
704 Äalanbe Salb, golbetteft
Unter bcm Warnen ftalanbe, Äalanbäbrüber (fratres calendarii) ober ftalanbSberren
finben fia) in ber gleiten ßälfte beä -Mittelalters namentlich in SRteberfad&fen, toeniger
jablreid? im übrigen $mtfa>anb unb bereingelt aurf) in ben 5Ra#barlänbent, fcfimbetö
geartete Srüberfdpaften, beren (Sigentümlid&feit barin beftebt, bafi in ihnen bie ®etjUt$en
5 eine berborragenbe Stellung einnehmen. 3Ran fönnte fte 3ünfa b« ®etftK$en nennen,
benn toenn au$ 9lid&tgeiftli($e aufnähme finben, tote in ben §anbtoerferjünften au$9iiä)t:
banbtoerfer, fo nehmen fte boo^ eine untergeorbnete Stellung ein, tote benn bie Statuten
mancher Jtalanbe nur bie ©eiftticfyen aU „botte Sriiber" anfehen. Die getoö(nili$e An*
gäbe, bafe bereite 1226 ein Äalanb in Ottbergen beftanben hatte, tft falf<$. Sicher tfl
10 crfi bie @rjften* eine« ÄalanbS in Saer (SBeftf alen) 1279, erft im 14. 3ar;rbunbert toerben
fte jahlrei^. 2Babrfc$einIid& hängt ihre ©ntftebung pfammen mit ben amtlichen Sa*
famtnlungen, toelcfye bie @etftti$en ber einzelnen 3lrt^ibiatonatf)>rengeI )u gegenfeirtaer
görberung an ben Äalenben gelten. 3e gebrüdfter bie Sage ber meberen (getfUtdpett
tourbe, befto me^r machte ftc$ baä Sebürfnte eine« engeren äufammenföluffeä geltenb.
16 Der näctyfte ^toecf ift aud? hier baä Seelenheil, ©emeinfame C&otteSbtenfte, bie 93etyfltä>
hing für einanber ©eelmejf en ju lefen ober lefen ;u laffen, ©ebete gu forec&en, btlbenben
^Jlittefyunft ber ^Bereinigung, fad^x fommt tote bei anberen ©moffmföaften, j. 9. ben
fünften, ba$ ©treben na$ SBahrung ber ©tanbeStnterejfen, fiebung ber fatalen ©teOuita
unb gegenseitige Unterfttiftung. @nbti$ bienen fte au$ ber ©efelligleit. SBte im 9Rttte£
ao alter überall üblich fd&to& jtc| an bie SSerfammlungen eine üRabl$ett an. $ur$ ben 8n*
fd&lufj bon bornehmen Säten getoannen bie ßalanbe nodj nter)r $alt unb tourben bur$
©c^enfungen (felbft Ätrd&en tourben ihnen inf orporiert) reid&. Die golge roaren eittretfsenbe
tbtoigleit, fo ba& bie 2Rablieiten ber ÄalanbSbrüber in biefer ßinftc^t fprüd^tDörtlic^ tourben
„3Jcan $ält einen großen Äalanb" unb „er falanbert bie ganje Sßodfre" ift eine oft gehörte
26 Siebenäart. Sei ber (Sinfüfyrung ber Deformation matten bie Ralanbe befonbere 9fot, ba
fte ftety ber Sertoenbung ihrer ©üter ju anberen gtoedfen entföieben toiberfefctert 6ht)dn
blieben fte felbft in ebangelijct/en Sanben noety eine 3*ü knfl beftehen. ©päter ftnb jte
and) in latyotifctyen ©egenben befeitigt. ®. Q^om D.
Salb, golbeneS. Äälberbienft. — granciScuS SRoncaeiu«, Aaron purgatus ave
so de vitulo aureo libri duo, Atrebati 1606 (ntd)t, wie 3Btner angiebt, 1605) unb Francofurti
1675; Selben, De dis Syris I, 4 (1. «. 1617) mit ben Additamenta von «nbr. 8eper in
ber 91. tum 1680; S. Bocharti Hierozoicon, 1. «. ßonbon 1663, 1. II, c. XXXIV: De
aureis Aaronis et Jeroboami vitulis (rec. SRofenmüfler, 83b I, ßeipjtg 1793, ©.339—375);
9t. ©. Subtoig, De modo quo comminutus est a Mose vitulus aureus, Slltborf 1745, 4° (bei ©inet,
35 mir nidjt jugänglic^) ; ©ramberg, Äritifd)e ©e(d)ia^te ber SfleligionStbeen be« alten ieftament«,
®b 1, 1829, @. 54-56. 442-445; «atfe, 2)ie Religion be8 «Iten Seftamente«, 3^11.1835,
©. 398—403; ^engftenberg, $ie 9lut^cntie be8 ^entateu^e«, ©b I, 1836, ©. 150-180;
Wooer«, $ie ^öönUier, ©b I, 1841, @. 373—381; ügl. berfeibe, «. „¥&8m$ien" in: (&rf<
unb ©ruber, Hag. @ncrj«opäbte, Sect. III, HI. XXIV, 1848, 6. 404; 6d>n>en<«, S)ie Vtt>'
40 tr^ologtc ber Semiten, 1849, ©. 70 f.; be $3ette, 4)ebräi(d)-jübifd)e Vr^fiologie, 4. E. von
gfcaebtger 1864, 6. 267. 338 f. ; ©roalb, ©ef^i^te be8 SSolfeS 38rael, »b 1P, 1865, 6. 258
flnmfg. 2 ; 93b III8, 1866, ©. 470—473 ; Shienen, The religion of Israel, 8b I, fionbon
1874, @. 73-75. 235 f. 345-347 (fjoflänD. OrtgutalauSg. : Godsdienst van Israel, 8b I,
taarleml869); S^.!?. SBcfe, The idol of Horeb: Evidence that the Golden Image atMoont
_. inai was aCone, and not a Calf , üonbon 1871 (mir nidjt augängli<5); Äefl, ©iblifc^e %xdfio>
logie», 1875, ©. 457; «f. Äö^ler, fieftrb. ber ©iblif^en ©eWidjte Alten lefiamenteS, «b l
1875, @. 275-279 ; S)uftm, 2)ie Geologie ber ^rop^eten, 1875, S. 47—54: ^aul ©cftoli,
©ö^enbienft unb Sauberwefen bei ben alten Hebräern, 1877, @. 105—120; ÄoUfcfttlb, toa*
„golbene Äalb" ?, in: 3)a« Sübtfcfte fiiteraturblatt, 3al>rg. X, 1881, 5^r. 9, @. 34; oaL bai«
W ebenb. Wr.12, 8. 48 unb 9^r. 15. 16, 6. 61; @b. Äönig, S)ie Hauptprobleme ber altiftraellt
Weliaioii&gefcbtgte, 1884. ®. 53—72 („©ab e3 im 3at)tt»i§mu§ eine @nt»idelung ftrnfkbttht
ber Äbbilbbarfeit SabweS?"); ©tabe, ©eföitye be« 8otfe8 3frael, 8b I, 1887, S. 351 f.
465 f. ; 8ae%en, 8eitröge ^ur femitifc&en $Reliöton«get«i(bte, 1888, 6. 198f-; 8f. 8.
fjarrar, Was there a golden calf at Dan? in: The Expositor 1893, 8b VIII, 6.254—265;
MÖenainger, ©ebrötfebe «Ir^äologie, 1894, 8. 381 f.; berfeibe, 91. Calf, golden in berEncydo»
paedia Biblica uon (S^t)ne unb 81acf, 8b I, 1899 ; 2)idmann, ^anbbuc^ ber altteftamentL
Geologie, 1895, @. 98 f.; Same« SRobertfon. 3)ie 9tlte Religion 3«rael8, beutf^e Ueberfejung
oon ©. o. Crem 1896, 6. 150-162-, Xiele, ©efcbidjte ber Religion im Altertum, beutf*
9lu«gabe, 8b I, 1896, ®. 325 f.
oo 8fl?. bie Hrtifei: „ftalb, golbene«" in SBinerS 91© 1847-, oon 3- ©. 9RüHer in^enog«
SR®1, 8b VII, 1857; mm Werj in ©«enfel« 88 III, 1871; oon S)ieftel in Sttie^m« fit1,
Sicfer. 9, 1878 (2. «., 8b I, 1893) unb ben «. CaH, Golden Calf oon «. ?R. e.ÄenneU
in beut Dictionarv of the Biblc uon ©afting§, 8b I, 1898.
Salb, golbene* 705
3um ©tierbienft bei ben ©emitcn: 9R. Ofjnefalfdj=9lid)ter, StyproS, bic ©ibcl unb
j>omer, 1893, @. 250—255; fRobertfon @mit^ $ie «Religion ber ©emiten, beulte Uebev.
[efcung Don ©tübc 1899, ©. 206 ff.
$>ie ©efd&id&te tum ber SCbgötteret mit bem golbenen Äalb auf bem SBüftenjug toirb
aja^It ®j c. 32 unb 5Dt 9, 7—21; Dgl. 9le& 9, 18; $f. 106, 19 f.; 31© 7, 39 ff.; 6
ton foaterm Äälberbienft ift bic Siebe 1 Äg 12, 28—33; 2 % 10, 29; 17, 16; £o
B, 5f.; 10, 5 f.; 13, 2; 2 Gfc 11, 15; 13, 8. Sa* mit „Äalb" überfeftte SBort ift
-35 unb j&o 10, 5 rfjjy. 2ln legerer ©teile fott ba* Femininum (im Sßlural) too^l Der*
ädbtltctye 35ejei($mmg fein ; fofort v. 5b unb 6 ift ba* Äalb al* männliche* be^anbelt.
66m be*$alb ift toofct ba? ju berbeffern (SBett^aufen), namentlich auety toeil ber borfiegenbe 10
ißhtral für ben Äultu* 93etel*, Don bem allein bie Siebe ift, feine Berechtigung tyat. ©o*
too^I bjy al* and) nbre? toerben nic^t nur bon bem ganj jungen 33ere gebraust; foD
rai jährige* Äalb bejeid&net toerben, fo toirb ^"V? hinzugefügt (2e 9, 3), unb nbfg
toirb gebraust Don ber breijetyrigen (@en 15, 9), Don ber SJiilcp gebenben ($ef 7, 21 f.)
unb ber an ben Sßflug (9fö 14, 18) ober überhaupt in ba* $od) (§o 10, 11) gef Rannten 15
(tu£. Darum toirb, ba bei anbern femitifetyen 93ölfern unb bei ben Septem tootyl ber
Stier, nic^t aber ba* ßalb al* @otte*bilb borfommt, auety für bie Abgötterei ber 3j*rae*
Kien an einen jungen ©tier §u benlen fein. 2)er toeiblicfye ©igenname nb*r (ein SBeib
SDatotb*) ift boep toofyl eben ba*felbe SBort; jtoeifetfyafter ift bie* für ben männlichen
(Kgennamen fto& (ein moabitifefcer Äönig, aud& Drt*namc, bgl. @n*(5glajim). !Jn ben 20
Sßerfonennamen fönnen jebenfaH* nur bie SBebeutungen „junge Äufy, junger ©tier"ju etfennen
[ein, nid&t „Äalb". — ®afj 'egel al* Segnung be* ©otte*bilbe* nic^t „Stalb" ober
„junger ©tier" fonbern bielmefyr „tttotö runbe*, Äegel" = „^tyallu*" bebeute (9totfc
föüb), ift ein müfeiger ßinfall, ba für ba* 2Bort -.?? biefe anbere Sebeutung überhaupt
nufct nac$toei*bar ift. ©cfyon Sßf 106, 19 f. erflärt r unmifcberftänblid& mit: „ein ©ra*26
freffenber D#fe".
1. SDer Urfpruna be* ©tierbienfte* bei ben 3*raeliten. 2)a bei ben
altern ^eilige ©tiere, Styi* unb SOtnebi*, bereit tourben, fo öerftefyt man bietfaety ba*
golbene Äalb auf bem 2Büften$ug al* eine toon ben Ägyptern entlehnte Abgötterei (Sie*
tum, Histoire du peuple d'Israel, 93b P, 1887, ©. 146 f., naety bem Vorgang fd&on ao
tom alten Äird&enletyrern toie Sactanttu* unb ßieron^mu* [f. bei 93oc^art a. a. D., ©. 357],
etatfo 8 oc^art; an äg^tifc^e ^erfunft be* itälberbienfte* benft fc^on, o^ne fpejieQe @r^
toä^mmg be* ä))i* ober ÜJtoebi*, 21© 7, 39 f. unb ebenfo an öerf^iebenen ©teilen 5p^iIo
Mk$., ber ben ©Her für ein Silb be* äg^tifc^en ©otte* Tvwog, b. i. I^^on, ^iett [bei
öo^art ©. 349]). 3)ie SJorftettung ber ©ott^eit at* ©tier finbet f4 bei ben 2lg$>tern 86
ntd^t nur in bem Styi** unb 3Rnetoi*=©tiere. 3)er ©Ott Slmen toirb mit bem gpit^eton
„Stier" bezeichnet, ba* au$ angetoanbt toirb, um Äraft unb §ofyeit eine* menfc^lic^en
^errfc^er* au*)ubrüden (G. 2B. ©oobtoin, Translation of an Egyptian hymn to
Amen, in: Transactions of the Society of Biblical Archaeology, 93b II, 1873,
S. 252). 3)ie annähme ber äg^ptifc^en ^erfunft be* golbenen Salbe* fc^eint eine ©tü^e 40
tu finben (^ig, ©ef^te be* SBolfe* 3*rael, 1869, ©.169) in bem Umftanb, bafe^ero^
bcaml., ber ben ©tierbienft im 9lorbreic^ jur offiziellen sJleIigion*form machte (1 Äg 12, 28 ff.),
[u^ in Sfg^ten aufgehalten ^atte (1 Äg 11, 10). Dennoch ift ber ^ebräifc^e ©tierbienft
axityrfctyeinlicfy nic^t äg^tifc^er fonbern altfemitifd^cr .Hullu*. 2)ie* toirb baburd^ an bie
fcaitb gegeben, ba^ fotoof^l in ber er^Iung öon älaron* ©tierbilb (ßj 32, 4. 8) al* 46
ni$ in ber fcon ^erobeam* ©tierfultu*.(l Äg 12, 28) ber ©tier bargeftellt toirb al*
BUb ber ©ott^eit, toeld^e 3*rael a\x^ 2lgt)pten ^erauffü^rte. 3)iefe ©tiere fmb barnad^
BUber be* al$ebräif$en ©otte*, ^a^toebilber.
©* toirb an beiben ©teilen toluralifd^ gefagt: „3)a* finb beine ©ötter, bie bi$ au*
Ig^ten ^eraufgefü^rt ^aben". Siclleid^t ift nad) 9ltt) 9, 18 ber ©ingular ^erjufteHen 60
©tabe). Übrigen* ^a^t bic jjluralifd^e Se^eic^nung auf bie beiben ©tierbilber 3^obeam*.
Huf ba* eine ©tierbilb 3laron* lä^t ftc fi$ nur mittelft einer nicfyt unge^toungenen 3)eus
m\Q antoenben. 6* müfcte in jenen ffiorten, tomn i^re öorliegenbe 5anun9 urfjjrünglid^
% eine feftfteljenbe gormel oorltegen, bie berßr^ä^ler be* je^ooiftifd^en 93u^e* al* fold&e
Ulf fein einige* ©tierbilb antoanbte. Sitterarifd^c 2lb^ängig!eit ber 6£obu*erjä^lung 66
Mm ber be* Jtönig*bud^e* toäre be*^alb nod^ nic^t gerabe anzunehmen. 3Kit ben „©öttern"
im $lur&l toürben bie beiben ober auety bie ja^lreic^ern 3>o^cbiIber in Stiergeftalt ge«
metittfein. Slber bie $erftellung be« ©ingular* bringt eine SSereinfad&ung.
Sin ber Äorreft^eit jene* Referate* in 6j unb Äg übet bie Sluffafjung be* ©tier*
Mibe* bei feinen 93ere^rern toirb nicfyt ju ^toeifeln fein, toeil Spätere, benen bie* 93ilb al* co
Rcüt'ditc^nopflbie für S^cologic unb ftträe. 3. 8. IX. 45
706 Salb, golbene«
ein ©reuel crfcfyien, feine Deutung al« Silb be« alt^cbräifd^cn ©otte« nid&t eingetragen
faben toürben. ÜRan fönnte työcfyften« Vermuten, bafi bie 3^9.diten, auc$ toenn fie tyren
eigenen ©Ott in bem Silbe barftetien toollten, bo$ bei ben SÄg$>tern gerabe biefe ftorm
eine« ©otte«biIbe« fennen gelernt Ratten (©ramberg, §engftenberg, ÜRober« |I, ©. 376. 380),
5 Söiner, % ©. 9MIer, §t$ig, Äeil, ©4ol», Saetygen u. a.). 2luc& ba« ift niefct toafc
fctyeinlicfy, ba ^erobeam j<|ft>erlic$ gesagt unb Dermod&t tyätte, burc§ fremblänbtfcfce Äultu&
formen feine neue unb unsere ^errfc^aftui befeftigen ($tuenen,35u|m). Statu tommt, bafe
bie golbenen Stierbitber bem 2fyi«= unb ÜRnebi«bienft nid&t genau entft>re$en. 9C)>tö unb
ÜRneDi« toaren lebenbe Spiere, jener fd&toar*, biefer n>cife ; beibe toaren bem Cjtri« geioetyt,
10 galten al« IJnfarnationen Mtf** ©otte« (SBilfinfon, Manners and customs of the an-
cient Egyptians, new edition, Sonbon 1878, 93b III, ©. 86—95. 306 f. mit 3tt*
bilbung). 21llerbing« giebt e« and) Silber be« 2tyi« unb 2RneDi« Don Stein unb "DtetoD
unb \\vax aud) fofd&e Don erheblicher ©röfee (9Ra«pero bei Stenan, Histoire I, ©. 147,
2lnmig.t2); hrir toiffen aber nid^t, bafe biefen Silbern Anbetung bargebrac^t imirbc.
16 $ttg$)tif$er Urfprung be« ©tierbienfte« ber Hebräer fann auc§ nidjt toa£rfc$emK($ ge*
rnad^t toerben burefy bie neuerbing« Dorgefcfylagene Ableitung be« -Kamen« Igatytoe Don bem
neuäg$)tiföen SBorte frwt „Sieb" (2Bity. ©piegelberg, ®ine Sermutung über ben Ur*
frrung be« 9lamen« mrr, ,3bm@ LIII, 1899, ©. 633—643); benn einmal bebeutet
bie« 2Bort nk$t foejiell „Stier" fonbern Dielmc^r „üleinDie^" (©piegelberg ©. 639), unb
20 bann ift e«, Don anberm abgefefyen, unbenfbar, bafe eine fo generelle Segnung für eine
liergattung jum @otte«namen getoorben fein follte. $m $g$)tif$en lommt fte aß
foletyer nietyt Dor, unb überall hmrbe ber ©Ott, ben man ftety in Stiergeftalt borftettte, als
ein beftimmte« einzelne« 23er gebaut.
aÖLSttt man ben 2)ienft be« ©tierbilbe« nicfyt al« alttyebräifä (Satfe, ©toalb, Äuenen,
26®u^m, Äleinert, 21. „Silberbienft", Sb III, ©. 2 18 f., ffennebty; Dgl. meine ©tubien
*ur femitifd&en 9leligion«gef($icfyte I, 1876, ©. 137 f. unb ßaufcfö, 21. „gerobeam I.",
Sb VIII, ©. 664, 22 ff. ; bie« fcfyeint and) 2)illmann« 2fafu$t getoefen ju fein, obgleich er
a. a. D. ben ©tierbienft nur al« „altfemitifefy" bejeu^net, aber im Kommentar gu6|32,4
al« „alttyebräifcfy") anfeilen, fo bleibt toofyl nur übrig, barin eine ©ntle&nung Don einem ber
so Dertoanbten femitifd^en Sölfer &u erfennen. Obgleich aber ber ©tier als ^eilige« Ber
ber alten Hebräer ftd& nid^t untoiberfegbar nad^loeifen täfct, ift e« boc^ fe^r toa$rf<$einli#,
bafe er bei ben Hebräern ebenfo tute bei if^ren ©tammbertoanbten feit alten ^titm
ein folc$e3 toar. SBie im 211 bie ©ro&en unb Wältigen ber (Srbe Dielfad^ unter ban
Silbe Don ©tieren bargefteüt toerben unb inSbefonbere ba« Stier^orn Silb ift für bie
36 Äraft, fo toirb ba« Ie^tcre Silb ani) $ur SJarftellung ber göttlid^en Jtraft unb be« öon
il>r au«ge^enben §eile« nic^t Derfc^mä^t. 6« ift ni($t unmöglich, bafe bie Senenram^
3af>toe« at« be« „Starten T^wN) gjafob«" eigentlich „ber ©tier 3ja!ob«" bebeutete (3B«k
Raufen, ©eWid^te 3«raei« I HProlegomena l\, 1878, S. 298; bagegen 3)ittmann, 2^eoL
S. 99 2lnmfg.), ba ^a« ^äufig &ur 6^ara!terifterung ber Stiere bient (Dgl. ba« auf
40 Sa^ioe angetoanbte Silb be« SBilbod^fen SRu 23, 22 ; 24, 8). Sjer 46, 14 bebeutet ^
für fid^j allein toar)rfc^ein[ic^ „Stier" unb be$iefyt ftd^ bann auf ben Styi«, fobaft LXX
richtig überfein n?ürbe mit if^rem 6 juooxog (5 ixkexrog oov, bem ein ©loffator, richtig
erflärenb, DoranfteUte : 6 rAmg (fo §i^ig $u b. ©t.). 2luc^ mag bie 2lu«jage „3a^»c
brüHt" (2lm 1, 2 unb fonft) Don ber StierDorftellung entlehnt fein, obgleich aHerbbi^
46 „brüllen" im 2U toof^I Dom Sötoen, nic^t aber Dom Stiere Dorfommt 3P **&'-
lid) Saddaj ein alt^ebrmfd^er @otte«name unb bangt er ftufammen mit ber bab^Ionifc^
aftyriföen Sejeic^nung §edu für bämonifd^e SBefen, namentlich biejenigen, tvelc^e in ben
©ticrfoloffen bargefteUt mürben (f. 21. „gelbgeifter" Sb VI, ©. 4 f.), fo fönnte au$ barin eine
#intoetfung auf bie Stiernatur be« ©otte« ber alten Hebräer gefunben n>erben. Dagegen
60 liegen in ben SRinbem, bie ba« eherne Seien mit ^eiligem ffiaffer (<fym& SWeer) hn
Salomonifc^en Semmel trugen (1 Äg 7, 25) unb unter ben Serjierungen ber ehernen
©eftüblc um bie« Sedfen fi$ befanben (1 5tg 7, 29), fra^rf$einli$ 3Rac^a^mungen p^op
jifc^er Äultu«geräte Dor. ©benfotoenig !önnen geltenb gemalt toerben bie (S^erubtm
(Sjec^iel«, bie au^ Stier, Sötoe, 21bler, 9Jtenfd& jufammengefe^t ftnb; Denn Sjec^id mag
66 bie Seftanbteile biefer p^antaftifd^en ©eftalten Don ben ^eiligen 3;ierbilbern ber Sab^to«
nier entlehnt baben. Ob bie G^erube be« alten Tempel« gang ober tetltoeife liergefbü
unb fpenell bie eine« Stiere« Ratten, ioiffen toir nic^t. S$toerlid& ftnb bie Äömer be^
2Utar« für alten ©tierbienft anjufü^ren (fo Äuenen, 3)u^m) ; biefer Sierrat ip Diellektt
barau« ju erflären, ba^ auf bem 2lltar gehörnte liere geopfert tourben, ober bie $&nff
oo haben lebiglic^ ben praftiföen ^toedf, eine ^anb^abe ju bilben für ba« Slnfaffen bei
»alb, golbettc* 707
3Utarö burcty bie Scfyufcfleljenben. $)er äfynlictye 2lltarfdbmudf bon Stier- unb SBibber*
topfen ober «©pöbeln mit ben Römern ftnbtf fttfy bei ©rieben unb SRömern in Äulten,
too ©tier* ober Sßibberbienft toenigften« bireft nicht Vorliegt. 2)iefe gehörnten 5EierIö^fe
ftnb bielleid&t bon änfang an nic|t« anbere« al« ein fünftlerifä angemeffener äbfc&lufe
ber SHtaretfen. dagegen mag no<$ ber altteftamentlic^e SRitu« ber ^Bereitung be« ßnt* 6
ffinbigung«toaffcr« mit ber Slfctye einer roten itub (9iu c. 19) auf alte Jpeiligfeit be«
SRinbe« bertoeifen.
aber alle Sejiefyungen be« Stieret ober SRinbe« jum Äultu« fönnten ettoa bon ben
Hebräern erft feit ber Sefefyaftigleit in Äanaan au« bort borgefunbenen Äulten über*
nommen toorben fein, ©egen altfyebräifd&en ©tierbienft glaubt man nämlicty eintoenben 10
m muffen, bafe bie Hebräer jur geit ty™ ©intoanberung in Kanaan als Ritten bon
JRlehttriei^erben, nictyt al« SRinberljirten ju benfen feien (©tabe, Senjinger). &ie lefctere
Sbma^me ift Joa^rfd&einlicfc richtig. $>ie ©tammmutter be« §aufe« 3ofa>Ü[ fraß* ben
Warnen SRabel „2Rutterfd&af", unb bie ©tammbertoanbten ber 3«raeliten, bie 2Roabiter,
befafeen boriug«toeife ©c&aföerben (2 Äg 3, 4; bgl. 9t. ©mify ©. 238). ^n ben alttefta*i6
mentli$en \ßatriarctyengefc$id&ten ift nur beiläufig bon SRinbern bie SRebe ; in ben au«*
ffi^rlic^en @nä^lungen bon 3a!ob« £irtenleben fielen allein Schafe unb 3**9*" «ne
»olle, unb bte bon SDtofe gehütete §erbe $etro« heftest au« Äleinbiefc (gj 3, 1). $ie
toafferarmen ©teufen ^ßaläftinad unb ber umliegenben 2änber toaren für SRinberfyerben nic^t
geeignet. SRur ba« an betoäfferten Söeiben reiche 93afan, beffen fette JUtye unb ftarfe ©tiere 20
hn SEE öfter« ertoätynt toerben, fd&eint ein 2anb ber 5mnberfyerben getoefen ju fein,
©onft ift im 9fä ba« SRinb ba« lier be« 3ldferbauer«, nic^t be« $irten. &ie nomabU
jterenben Slraberftämme auc$ ber neuem ßeit beftfcen nur Äamele unb galten bie SRinber*
nu$t für unter tyrer 2Bürbe. 9lur Stämme, bie am SRanbe ber SBüfte Raufen, ernähren
\id) bon SRinbern (ßarften SRiebutyr, Seföreibung bon Arabien, Kopenhagen 1772, ©.389). 25
®arna$ mufe too^l angenommen toerben, bafe taur„©tier" ate menfc^lic^er@igenname
auf arabtf(£em ©oben (f. unten § 2) aufgefommenift bei ©tämmen, toelctyenictyt nac§ ber
alten SRomabentoeife lebten, ober bafe fyier eine ©ntletymmg borlicgt. $)a«@ebiet ber Mim
biten, bei benen biefer ^erfonname fcorfommt, erftreefte ftc? bt« in bie alten Äulturlänber
am @u^rat unb Sign« (f. bie „.starte jur a3orgefd?ic&te be« 3«lam" in 31. 9MIer, $er 30
3$lam im ÜRorgen= unb Stbenblanb, 33b I, 1885). Wutf) bie Hebräer aber lönnen J^on
bor tyrer ßintoanberung in Äanaan unter bem ßinflufe ber ^Religion eine« fefefyaften
Solle«, ettoa ber Sab^lonier, ben ©tier al« ^eilige« lier angenommen fyabcn. Siel«
leicht auc^ ftnb in ber fultifeben Sebeutung be« ©tiere« bei ben 33ab^loniern, 9työni=
jiern, Hebräern felbftftänbige SSer^toeigungen einer urfemitiföen ^orfteQung ju erblicfen. 86
Sie toürbe barauf bertoeifen, bafe bie Urfi£e ber ©emiten nietyt in ber 2Büfte gu fuefcen
feien.
Ziele fmbet toegen be« lofalcn G^aralter« bc« i«raelitifd^en ©tierbienfte« bie i^er^
mutung na^e liegenb, bafe ba« ©tierbtlb erft bann auf ^aljrtoe angetoanbt toorben jei,
al« biefer mit bem aramäifcfy-fanaanäifcfyen ©etoitter? unb ©tiergott §abab bcrfc^moljen 40
toorben toar. Stber bann toäre ber ßrfolg be« fcon Jerobeam eingeri^teten ©tierbienfte«
f^toer gu erllären. 2)ie (Sntftebung be« ej^raimitifeben ©tierbienfte« ift jebenfall« am ein*
fai^jien bann berftänblid^, toenn fte eine Erneuerung alt^ebräifc^en ©rauche« toar.
2. ©er ©tierbienft bei anbern femitifd^en SSölfern. ©inb bie ©füren
für alte §eiligleit be« ©tiere« bei ben Hebräern nur unftcfyer, fo finben toir guöers 46
(affige in grofeer $aty bei benjenigen SSölfern, mit beren ^Religion einft bie ber Hebräer
im toefentlic^en ibentifd^ toar. SLUe ber Sötoe al« heilige« Her ber toeibli^en §immel«s
gott^ett in ber babtylonifci^affyrifdjen unb in ber tyrophönijifctyen Sieligion (f. oben
8b II, ©.176 f.), fo erfd^eint ber ©tier al« folcfye« ber männlichen. 911« ein üer tourben
auc^ bie afftyrifc^en, fbro^önijijc^en unb pbiliftäifc^en 2Baffergottl;eiten bargefteQt, nämlic^ 50
in bem 2ier i^re« ©lemente«, bem Jifc^, ober bo$ in falber Jifc^geftalt (f. 21. „9ltar*
gati«" unb „3)agon"). 3)en Stier jum ©otte«bilb $u toä^len, lag bei bie^juc^ttreibenben
wllem na^e. Slud^ bie alten Girier erllärten bie §immel«erjc^einungen burd^ Serglei$ung
mit bem SÄen i^rer .fterben. ©pätcre ^Refte fold^er uralten 2lnfc$auungen ftnb ber Urftier
be« 3ei*aö^fa unb ber Stier be« Witfyra« toie ber be« ©c^itoa. $)er ©tier ift Wtpxfe 66
fentant ber Kraft unb ©tärfe (—rN) unb fteDt be«l?alb bei ben ©emiten bie bermc^tenbe,
juglei^ aber aud? jeugenbe 9l(lgetoalt ber ©ott^eit bar.
6me „totemiftifd^e" 2luffafjung al« $u ©runbe liegenb an|\une^men, ftnb toir babei
nid^t genötigt, obgleich toir un« getoife ooqufteüen fyaben, bafe ber ©tier nid^t nur al«
ein äbbtlb ber ©ott^eit erfd^ien, Jonbern bafe bie ©ottheit toirflid^ al« ein Stier gebaut ec
V> *
708 Salb, golbette*
tourbe. 2Benn bei ben 2lrabern ein Unterftamm fcon $ambän unb c3lbb SKanäfc ge--
nannt toirb taur „Stier" (SRobertfon ©mitfy, Animal worship and animal tribes
among the Arabs and in theOld Testament, in bem Journal of philology IX,
1880, ©. 79), fo ift bieg feinenfalte bafür betoeifenb, bafj ber Stamm einen ©tier als
6 feinen göttlichen Sinnen unb bie ©tiere als feine 93ertoanbten anfafy. 2)er ©tarnm tonnte
ft$ fo nennen, toeil er in bem ©tier irgenbtoelcfce (Sigenfctyaften als abbilbKdj ober bor*
bilblicfy erlannte. 3n ttefan ©inne ftnb bei begebenen SSölfern noety in fyättn 3etten,
too bon lotemtemuS leine Siebe fein lann, $iernamen afö ^erfonennamen getoä^lt
toorben. 2tnber3 brauet au$ ber 9?ame taur für ben ollerbmgä getoifj nu;t&if<$cn 31^
10 $errn ber ®tynaftie ber Äinbiten (©mitfy, Animal worship, ©. 83) nid^t erfiärt )u
toerben.
£>er Sonnengott läfet ftety in bem ©tiere faum erlernten, toie man bielfa$ gemeint
bat. $)a$ ©olb ber tyebräifd^en ©tierbilber mufi nietyt gerabe auf ben ©lang ber ©oiute
bertoeifen, benn auc§ anberer ©ötter Silber toaren bon ©olo. 9loi) toeniger ift bie 39c
16 fyauptung überjeugenb, bafj bie Äraft be$ ©tiereS fyejiell bie berfengenbe ©onnenglut r*
präfentiere (ituenen ©. 236). SlQerbingS ift bei ben Sabtyloniern ba$ Sttb be$ ©tiere«
im lierfrete beä §immefö ba$ ßeicfyen be$ 3Karbu! Qenfen, ®ie ÄoSmologie ber ©afy*
lonier, 1890, ©. 62—64. 88 ff.), unb SDtarbuf, ba$ „©onnenmilc&falb" (na$ brieflicher
Mitteilung bon $. $arfm, bem ic$ auety §intoeifungen auf babtylonifcfcaffyrif4e bilbßcfc
ao £>arftellungen berbanfe), ift ber ©ott ber grübfonne. Slber ber ©tier toar bei ben 33a-
btyloniern aucij unb, loie e$ fäeint, foejiell bem ©etoittergott beilig. $äufig tohrb auf ben
®enf malern ein ©ott bargeftellt, ber auf einem ©tiere ftebt unb an einem Stocf einen
$toeiftra^ligcn 93ü^ (?) fjält (©. $offmann, 3eitförift für äfforiologie XI, 1896, ©. 253).
Sluf bem 2lfar$abbom$)enlmal bon ©enbfötrli ift ein ©ott mit bem 2)ret$acf abgebüßt,
26 ber auf einem gehörnten $iere ftefyt, toelctyeS toofyl nur ein ©tier fein fdnn. 2)iefer Sttbil-
bung entftmctyt naety b. Sufcfyan annätyernb bie eines ©otteS mit bem 2)reqa<f auf einem
geflügelten ©tier in bem, fo biel mir befannt, auety jefct noety nietyt genau reprobuiierten
Relief bon 9Mtaija (f. bie Slbbilbungen bei b. 2ufdjan: Äöniglid&e 3Kufeen ju SBerfin,
3Kittyetlungen aus ben orientalifd&en Sammlungen, £eft XI, 1893, ©. 18. 23). £en affon*
so Wen ©etoittergott fennen toir jefct unter bem 9tamen Slbab (f. X. „§ababs9timmon",
33b VII, S. 291, off.). £>af$ ber ©ott mit bem »lt$, alfo auefc ber auf bem Stiere
ftefyenbe, in ber %\)at 3lbab ift, tüirb neuerbingä beftätigt burd^ bie Stbbilbung auf einer bort
Jtolbetoe^ im $al?re 1900 in 93ab^lon gefundenen c^linberförmigen Safurftanae aud bem
Stempel ejaffil. bargeftellt ift ein ©ott mit Sitten in beiben §änben. vlad) ber bei«
86 fte^enben 3>nfc^rift in neubab^lonifd^en Äeilfd^riftjeic^en ift bie Stange baS „Siegel bed
©otteS 9lbab", alfo au$ ber bargefteüte ©ott gtoeifelloS Sbab. ©inen Stier ^at er in
biefer Slbbilbung nid^t bei ftc$. 3)ie Slbbilbung einer gtoeiten, am felben Orte gefunbenen
Safurftange ftellt na^ ber in neubabtylonifc^en 3e^en beigegebenen S^1^ ^ ®ott
SKarbu! bar o^ne ben Slifc (3Rt ber ®eutfd^en Drient=©efellfc^aft ju »erlrn, «Rotoember
40 1900 9tr. 5, S. 12 ff.), ©amaefy ift alfo ftc^er Sbab, ni$t, toie man früher gemeint
f)at, s3Jlarbuf ber mit bem 93(i$ bargeftellte ©ott. S)er bab^lonif^saff^rif^e äbab ift ber<
felbe ©ott, ber bei ben 355eftfemiten unter bem 9?amen $abab oii ©etoittergott unb auf
einem Stiere fte^enb toorfommt. SGBir befi^en Silber be« au« Serien nac^ 3lom Der*
pflanzten %vty\tuc bon ®oli(^e, bie tyn auf bem Stiere fte^enb barftellen (f. gel. ^ettner,
46 De Iove Dolicheno dissertatio philologica, Sonn 1877). 3)er „$ttö" bon ^iero*
)>oli« in Serien tourbe abgebilbet auf Stieren fi^enb (Sudan, DeSyria dea § 31). Jn
bem ©ott Don $oli$e unb in bem tyieropolitamföen 3m^ lft tein anberer ©ott aB ber
aramöifc^4anaanäif(^e §abab ju erlennen (f. 31. $abab-9limmon, S. 291 f.). %)acnaSi
toar, toie e$ fc^eint, gerabe bem ©etoittergott bie Kombination mit bem Stiere c^arafte
60 riftifc^. 3)Jan bergleic^e, ba^ bie $ababsStatue bon Senbfctyirli in Slorbf^ricn ben ®ott
abbilbet mit einer Äoffbebechmg, bie je jtoei §örner an beiben Seiten tyat (3Rt cwß ben
orientalifd^en Sammlungen XI, S. 84 unb lafel VI). 2)er ^ettitifc^e ©etoittergott einer
1899 auf bem ©oben beä alten Säbel« gefunbenen Süoleritftele (in ber Seiten eine brei*
gqaefte flamme, in ber Surfen einen Jammer ^altenb) trägt auf bem $aupt eine fpi^e
65 2)tü£e, an ben Gdten mit atoei (gr^ebungen berfe^en, bie an Heine ßörner erinnern Braien
(f. bie Slbbilbung in: 2öiftcnfdE>aftlic$e Veröffentlichungen ber beutfe^en Drient=©efenfc^,
§cft 1 : S)ic l^ettitif^e 3>nW^ft gefunben in ber Äönig^burg bon Sabtylon . . . »etdffent'
lic^t bon 9t. .Holbetoe^, 1900). 3)icfe SleliefbarfteDung bedt ftdjf faft gang „mit einer kr
1888 in Senbfd&irli gefunbenen, afö SBanbberfleibung eines 2:^oraeb&ibed bienenben #e
eo liefe" (a. a. 0., S. 4; f. bie äbbilbung S.3V 3n ber Steliefbarftettung bon SeiAf^Wi
ftaib, golbene« 709
ftnb bie öden an bcr SJtüfce auc$ toorfyanben, treten aber toeniger $ert>or. 2tbgefe£en Don
btefen jtoeifetyaften „Römern'' be« ©etoittergotte« öabab, ftefyt feine Kombination mit
bem Stiere fefi — -Kit biefer Seobad^tung toürbe übereinftimmen bie Starftellung 3a$toe«
•al« Stier, ba auefc ber alte §ebräergott offenbar toor^ug«h>eife ein ©etoütergott toar.
Slber toir bürfen ba« Stierbilb bei ben SBeftfetmten !aum auf ben ©ott $abab be* 5
föränft benfen. 3>ene ©rjä^lung ber ©rieben toon ber (Sntfüfyrung berSuropa bur$3eu«,
ber babei in Stiergepalt auftritt, ift eine ©rägifterung ber Kunbe toon ben SBanberungen be«
in Stiergeftalt bereiten pfyönijiföen Saal unb feiner Sßarebro«, ber Slftarte, nac$ Kreta (für
bie Sbentität bex äftarte unb (Suropa f. De Syria dea § 4). Suropa mit bem Stier ift
abgebübet auf ftboniföen 9Jiünjen unb auf folgen ber fcetifd^en Stabt ©orty« (§ödf, 10
Äreta, 8b I, 1823, ©. 98; Dtoerbedf, ©riet^iföe Äunftntytyologie, 33b II [Sefonberer
Ifreil, 8b 1,1 3eu$], 1871, ©.461 f.; togl. Stünjtafel VI, 9— 11 • aufjerbem Diele anbere
©arftettungen biefer ©rujtye au« Orten, bie ben urft>rünglic$en ßofalttäten be« 2Jtyfyo«
ferner liegen). 3ld&iUe« 2iatiu« (I, 1) betreibt ein ©emälbe im Slftartetempel ju ©ibon,
ba« bie dntfüfcung barfteQt. (Sin fjeft biefer Entführung tourbe naefy SRalala« (Chron. 15
ed. 2)inb. S. 31) noc§ ju feiner 3«* (6- 3S«W- n. ®fi) bon b*n 2tyriern gefeiert. 2öie
in biefem 9Jtyt$o« ber 8aal al« Stier erföeint, fo rebet Siliu« Stalicu« (Punica III,
104 f.) Don ber cornigera frons be« Jnmiföen Milichus, b. i. be« SRelfart. gerner barf
ber äfterio&aRinotauro« toon Kreta, fyalb al« 2Jtenf4 tyalb al« Stier bargefteut (2tyoflos
bar III, 1, 4), toielleid&t angefefyen toerben al« entftanben au« bem ©ott ber alten 20
tftfmittten Kolonien auf Kreta. 9$m hmrben iDtenfcfyenopfer gebraut tote bem Saal ber
^ömjter (Bretter, ©rieche ÜR^tbpIogie, 8b II a, 1875, ©. 124 f.). $ie bei ©orty«
toeibenbe $erbe, au« toelctyer ber 3Rinotauro« tyertoorgefyt, hrirb toon ßinigen eine ©onnen=
fcrbe genannt; ba« mag barauf toertoeifen, bafi fte mit einem l$önbjif($en ©onnengott
jufammen^ängt. 3)er toon Sßofeibon an^ bem SReere gefanbte, bon Sfcino« biefer fierbe 25
einverleibte Stier, ber ben SKinotauro« erzeugt, entftmcfct ettoa bem über ba« iKeer
tommenben Stiere ber (Suropa, b. i. bem Saal, ber feine fööne 8eute nacb©orty« trägt
CPreHer II, ©. 121. 200; bgl. ©. 117). Son £erafle« gebänbigt, Verläuft ftcfc ber fce*
tifd&e Sßofeibonftier nac$ -Dtarattyon unb hrirb jum Reiten 2M übertounben toon 3^>efeu«
(greller II, ©. 292) ; bei SRaratyon pnbet fid^ noc§ eine anbere ©pur toon ^öni$ifd)em 30
KultuS (8aubiffm, Stubien II, S 15G). 2ßie .SRinotauro« ben 8einamen äfterio« ober
äfterion fityrt, fo auc^ ber auf Kreta toere^rte 3ew«, unb biefer 3*u$ äfterto«, ber ^err
b«« gefunden $immel« unb ber Sonne, toirb in bem 8ilb eine« fctyimmernb loei^en
Stiere« bargeftettt (Bretter II, S. 117 f.). — $n bem Semmel be« 3eu« ätab^rio« auf 9tyo*
bo«f b. i. be« Saal t>om Serge Xabor, beffen Kultu« ^öni^tfe^e Koloniften ausbreiteten, so
Panb tin eherner Stier; nac§ 2tnbern toaren e« mehrere Stiere (Stubien II, S. 248 f.).
Huf SRünjen toon 35ama«!u« unb bem ^önijifc&en ärabo« pnbet fä ber Stier bargefteut
neben anbern ^eiligen Silbern (a. a. D., S. 194 f.). — Dbglei^ auf bie rabbinifd^en ©r-
S hingen toom SKoIoc^bilb al« einem ^o^Ien ©rjbilb mit Stierfoj>f, auf beffen borgeftredte
«e bie Äinberopfer gelegt toorben fein follen, um burc^ ein im ^imern be« Silbe« ge= 40
fcijte« 3«wer gebraten ju toerben (Sattut Sc^imeoni nad^ SRibrafc^ 3el'am*>enu)f fein
©etoie^t gelegt toerben barf, fo tonnte barin boc^ möglic^ertoeife bie richtige Erinnerung
<m 5DarfteHungen be« ^öniuföen ©otte« in Stiergeftalt ju erlennen fein. 6« ift aber
bei ber f^äten 3«^ Mg« 2ln^abe — ba« 313; W^eigt böllig bon ben SRoloc^bilbern, unb
in ber altern Sefc^reibung jene« Silbe« im 9Kibraf<$ 6(^a fe^lt ber Stier!oJ)f — nid^t 45
mir ebenfogut möglich fonbern bod? too^l toa^rfdjeinli^er, ba^ ^ier feine genuin-femitifc^e
(Erinnerung )u ©runbe liegt unb eine Kunbe Don bem ^Dlinotauro« ber ©rieben i^ren
(Stttfluf} ausgeübt fyat (fo ©. 7s- 3Roore, The Image of Moloch in bem Journal of
Biblical Literature 1898, S. 161—165). — ^ebenfaü« ift bie 2>arfteHung eine« gra«*
freffenben Dd^fen auf einem punifetyen 3)enfmal (©efeniu«, Phoeniciae monumenta 1837, so
tab. 25) nic^t für ein ©otte«bilb gu galten (fo in meinem Jahve et Moloch, 1874,
S. 45), fonbern tttoa mit ©efeniu« (a. a. D., S. 448 f.) für ein Symbol ber Sitte um
gfruc^tbarfett be« Sanbe«.
3Benig toa^rfd^einlic^ ift e«, baft, toie man gemeint fyat, ber 9lame be« ^eiligen Stiere«
(*&) ju enennen ift in bem be« einen $au£tgotte« toon ^Salm^ra, 2lglibol (f. Sb II, 55
S. 334, uff.); er tourbe in SKenfctyengeftalt bargefteut. SBofyl aber barf barauf toertoiefen
toerben, bafj unter ben lieren, bie nac$ bem Sud^e De Syria dea (§ 41) in bem f)tu
Kjjen Sejirt bon §ieroj)oli« gepflegt lourben, ftc^ gro^e Stiere befanben. 2tuf ^eiligleit
ber SRmber bei ben (toenn mlfyt ju ben Semiten ge^örenben, fo boc$ femitifterten) $^i=
ßflern Ijertoeift bie örjä^lung ber Samueli«büc^er Don ber ©ntfenbung ber ^eiligen £abc
710 Salb, golbctte*
aus bem ^tyilifterlanb auf einem neuen 2Bagen, begannt mit fäugenben Äüfyen, bie noc$
lein 30C^ Betragen Ratten (1 Sa 6, 7 ff.; bgl. ben vaog tvyoqwQov/juvos bei SjJtytto
SfybliuS, Fragmenta hist. graec. ed. S. 3JlüUer, 93b IIIr S. 567, § 10).
Db eS in ßufommen&ong [tebt mit pbönijifd&en flutten, toemt 35iontyfoS m benSfy?
5 fterien in Stiergeftalt ober boq mit Stierbörnern aebac&t unb bargefteflt irorb, als rav-
Qo/uoQyog, ravgoxeQcog, ßovypmg (Bretter I, 4.31. tum SRobert 1894, S. 695. 7 13 f.),
rnufc Ba^ingefteDt bleiben, ba mit tiefem ©ott noety toiele anbete liere jufammengefleflt
toerben unb ba toeiter in ber gried&tföen 2Jtytfyologie ber Stier m Serbinbungen bot*
fommt, toeld&e (toie bie glüffe als Stiere, ber Stier beS Sßofetbon) nic^t auf ^önijtfc^em
10 ©influ| berufen fönnen. (Styer toertoeifen auf folgen bie Slinber^erben beS .§elio£ auf
bem feit alten 3eiten toon ^önijiföen Äoloniften betoobnten Sizilien unb bie beS ©efyo*
neuS in ber p^önigtfe^en Äolonialftabt ©abeS (togl. greller II, S. 208 f.).
Sie SSerbinbung beS Stieres ober ber ßufy mit bem Äult ber h>ciblidben p^öniaifc&en
©ottfyeiten läftt ftety — fo toeit \d) fefye — nicfyt mit ber gleiten Sicfyertyeit nac^ipeifen.
16 Sßenn einmal ^tyilo 33tybliuS bon ^er Slftarte erjä^lt, fte fyabe fi<$ einen ©tterfotf auf
baS §au}>t gefegt „afö 3ei$en ber ßerrföaft" (6. 569, § 24), fo beruht biefe angäbe
nic^t nottoenbig auf alt^^ötiijtfc^en 4)arfteDungen ber ©öttin. $fyilo mag jüngere 316*
bilbungen gefejjen fyaben, bie fte in ägtyptifdjer 3Beife barftellten mit ben Stetbuten ber
3ftS. So trägt auf ber Söei^etafel beS ÄönigS Set^atomele! toon ©ebal bie SJaalat *>on
ao ©ebal ben Äopffctymudf ber 3ftS, beftefyenb aus jtoei Römern, bie eine Scheibe umfaffen
(Slbbilbungen bei be 3*ogü6, Stele de Yehawmelek, *PariS1875; guting, Rbm© XXX,
1876, S. 132 ff.; Corp. Inscript. Semit., S3b I, tab. I, fcgl. baju bie MefonfiruÖion
biefer äbbilbung „mit $ülfe ber too&l ettoaS jüngeren fertfd&en Sronceftatuette auS ber
(SoUection Sfterette" bei Smttb* Stube, Sieligion, S. 346). 2>er alte Ortsname »fcfc
25 terotsÄarnajim „Slftarte ber jtoei $örner" toertoeift fötoerltcfc auf Sttertyörner, fonbem
totrb ju toerftetyen fein Don ber Slftarte beS OrteS Äarnajim, b. % eigentlich „ber beiben
33ergljörner" (fo ©. fj. 3Koore, Ashteroth Karnaim, Gen. XIV, 5 in bem Journal
of Biblical Literature 1898, S. 155 ff.). 3lu$ bie Äörner, bie man auf punifcfcftgili*
föen unb sfarbiniföenSKünjen hinter bemDtyr einer toeiblicgenSottfceit nac$ ariec^ifc^em XypvA
ao mit SÄfyrenfcanj hervorragen ftetyt (3Hünter, Sieligion ber Äartfyager*, Ätyenfyigen 1821,
$af. I, 10. 11; fcgl. S. 68) fönnen burd& 3KiffrerftänbniS ber Spätem aus ber SRonk
ftc^el entftanben fein. 3Kan benfe baran, hrie in ben Süarfteüungen ber Äunft aus ben
Strahlen 3KofeS „§örner" getoorben fmb. 2)ie Äu^ als Slttribut ber SlrtemtS ober Se*
lenemuft nic^t nottoenbig bon ben^ömjiern J^erftammen. ((Sd^el unb2ajarb fyxbm o§ne
36 SetoeiS ben Stier als 93ilb ber f^rifd^en ©öttin angenommen, f. Stubien g. femit. SRefc
gionSgefd^ic^te II, S. 195). — &er einem §orn ä|nli(^e Slufbau, ben in Serien ^eut-
jutage ©rufinnen unb 3Karonitinnen auf bem Äopf unter bem Soleier tragen, tft fc^toerli^
mit 3KotoerS (I, S. 377 f.) angufeben als ein SReft ^eibnifc^er Sitte, toelc^e bie SSerefre
rinnen ber Dere^rten ©öttin ä^nlidj machen follte, ift toielme^r bie gefdbmadflofe $5ergrö^
40 rung eines noc^ je^t borlommenben befäeibenern 2luffatjeS, ber bem prattifd^en Atoecfe bient,
bie unmittelbare Serü^rung beS Schleiers mit bem ©efic^t gu fcerfyinbern (SCB. W. SQiomfon,
The land and the book, Sonbon 1872, S. 73 f. mit Slbbilbung). Sucfc auf einem
aff^rifd^en G^linber ift ber Äopffd&mudf einer \>ox ber ©öttin (Silit?) fte^enben toeiblic^en
©eftalt (^riefterin?), ber aüerbingS toie jtoei^örner auSfte^t (3Rünter, Sieligion berS3ab^
4.-» lonier, Kopenhagen 1827, ^taf. I, 5), noefy ni^t betoeifenb für bie ©arfteüung ber ©öttin
felbft (Dal. bie gehörnte ^igur eines „altbab^lonif^en" S^linberS bei ©eo. Smit^, 6^at
bäifd^e ©enefiS, beutfd^e äuSg. 1876, S. 87). — Sollftänbig irrig ift eS, toenn SWünter
(SRelig. b. Äartfyager, S. 68) „baS eine golbene Äalb beS ^erobeam" für ein ®iß> ber
Slftarte ^ält. Über bie £>arftcllung ber pbönigifc^en unb afftyriföen ©ötttnnen als Ru^
so ober mit Römern f. S^olg S. 284—288.
9luf einem nabatäifd&en Süenfmal ift ein Stier abgebilbet, nad^ Sad^au (©33Ä 1896,
S. 1056 f.) ein »ilb beS ©otteS Kusajjü (ober Kapiu, i^). @S ift ober jtoeifel^
ob ber in biefer 3nförif* öorfommenbe 5lame Kasiu ^ier, ober too er fonft nodfr )m
fommt, ein ©otteSname ift, unb aud^ ob bieS Stierbtlb über^au^t ein ©otieSbilb fein
66foD (f. S^abot in ber Revue S&nitique 1897, S. 83 f.; togl. ». „ßbom", »b V,
S. 166 f.).
3?on bem Stier als eigentlichem ©otteSbilb bei ben Sabtyloniern ober bei ben 8ffa
rern ift mir nichts befannt. £>ocfy toeifen ber Stier unter ber@eftalt beS ©etoittergotte«,
ber Stier SJtorbufS im XierfreiS (f. oben) unb bie geflügelten Stierfoloffe mit SUM^at
üo föpfen an ben Xempeltfyoren auf m^t^ologifd^e Sebeutung beS StiereS. Jn bem ©ilgam^
Salb, golbettc* 711
ßtooä tft bic SRebe toon einem £immel3ftier, ben ber §immel3gott 3lnu fenbet ($. $enfen,
»fforifcfcbabtylonifc&e 3Jtyttyen unb @j>en, in ©$rab,er$ Äeilmföriftltctyer 33ibliotbef, 33b VI,
1900, ©. 172 ff.), auf eine ßrllänmg btefeö öimmeläftierS toirb man einfttoeilen ju
toerjic^ten tyaben. 9lac$ $ommel (3)te fübarabifcfyen Altertümer be$ 3Biener $ofmufeum$,
1899, ©. 32) trägt in einer 9Jtonb^mne toon Ur ber 3Konbgott Sin ba$ ©Jrityeton: 6
„junger 2BUbftier". 93gl. über SabtyloniföeS überhaupt ©C&0I3 ©• 403—405 unb ©atyce,
Lectures on the origin and growth of religion as illustrated by the religion
of the ancient Babylonians (The Hibbert Lectures 1887, ßonbon 1887),©. 289—291.
3. ©efctyictyte be3 $ebräifc$en ©tierbienfteS. $>aran, bafc ber ©tierbienft
bei ben Hebräern fetyr alt toar, ift nac$ bem oben bargefteüten ©ac^berfyalt faum ju 10
jtoeifeln. @3 ftänbe barum an [\d) nichts im SBege, mit ®jc c. 32 eine Ausübung biefeö
ftultuä toetyrenb be$ SBüftengugd aiuune^men. 3lad) jener (Srjäfylung errichtete 2laron
bem SSolIe, hxtyrenb 9Bofe auf bem Serge ber$og, ein golbeneä ©tierbilb afö 2)arfteffung
beS ©otteä, toelctyer 3>3rael au3 3lgt#ten geführt fyatte. 3)ie ßmjelfyeiten biefeS 33eri<fyte$
machen aber mcfyt ben ©nbrudf ber ®ef$i$tltc$ieit. 2Bo$l motten bie ^^raeßten auf 15
bem SBüftenjug eine genügenbe 9Kenge golbener Ohrringe bei ftety führen, um barauS ein
©tierbilb ^erfteüen ju fönnen (v. 2), ba$ offenbar nic^t als ein Keines 33ilb gebaut ift,
benn Slaron baut emen Slltar bor bemfelben (v. 5), ftellt nic^t ettoa ba$ Silb auf ben
Stttar. ©d&toerlic$ aber ift benfbar, bafe man auf bem SBüftetnug im ftanbe toar, ein
grofceä mafjto golbeneS S3ilb (ein@ufjbilb v. 4) aufteilen; bafe ÜÄofe bie$S3ilb Verbrannte 20
unb ju ©taub ^ermahnte (v. 20), lönnte jebenfaDte nid^t toörtlicfc toerftanben toerben. dagegen
tonnte man ein befc$eibenere£ ©tierbilb toofyf in ber SBüfte Ijergeftellt ober toielleicfyt fcfyon
au* Ägypten mitgebracht tyaben. 3n SBitHic^Ieit ift getoife bie ©rjctylung nur eine 9ßo*
lemil gegen ben bon ^erobeam offiziell eingeführten ©tierbienft. 3feierlic$ toirb biefer
fcfom in ber SBüfte toon ga^loe Verurteilt. 3n *>er 2)arfteHung Slaron«, als bei biefer 25
Abgötterei beteiligt, ift eine $intoeifung auf letoitifcfye ^riefter beS SRorbreicfceS $u erfennen,
bie an bem ©tierbienft ju San unb SBetel fiefy beteiligten (9tölbefe, Unterfu^ungen jur
«ritt! be« SEES, 1869, ©. 55; togl. (Stoalb 33b III, ©. 471). 3)ie ©rjctylung gehört
unter ben SPentateudfauellen nietyt ber fogenannten priefterlid^en ©cfcrift an, bie überall bie
SBürbe beS Slaronibifcfyen ^SrieftergefcfylectytS fo £oc§ ftellt, fonbern bem jefyotoiftiföen S3uc$e, 30
einem ©rjä^Ier, ber für ben auf 3Wofe jurücfgefü^rten bilblofen 3^h>*i«nft eintritt im
©egenfafc ju ben ^ermifc^ungen be^ ^a^toebienfte« mit alt^ebräifc^^eibnifc^en ober frembs
Unbtfd^en Jtultudformen.
6ine fieser geföic^tlic^e 3?ad^ric^t über ©tierbienft beft^en h?ir erft in bem über^ero-
beam I. »eric^teteten 1 Äg 12, 28 ff. (bgl. 2 % 11, 15). @r ftettt gu Setel unb ©an 35
je einen golbenen ©tier auf aU ©üb beä ©otte«, toeldber ffiatl au« Sg^ten ^eraufs
geführt. 6r errietet (für biefe Silber) §ö^en^äufer, befteHt iljnen eine nic^tlebitifc^e
^nefterfc^aft unb fefet einen jä^rlid^en f^fttag auf ben 15. beä 8. 3Dflonate«. 3)er SCejt
ip 1 Äg 12, 30 niept gan^ in Drbnung; e3 fd^eint im $ebräifc^en ettoaSju fehlen (f.
dagegen Äittel 3. b. ©t.); ber lejt berLXX bietet Inmbföriftlic^ bariierenbe (Srgänjungen. 40
3)cfe Äalb toon 35an in v. 29 f. gu ftreid^en (Äloftermann, garrar), liegt leine SJeran*
laffung toor, obgleich ©tierbienft ju ©an allerbing« fonft nic^t bezeugt ift (abgefe^en bon
%oh 1,5m fr Aäv). ©^ läfet ft<$ aber nid^t berfte^en, loed^alb ^erobeam an bem einen
Orte 33etel jtoei ©tierbilber aufgeteilt l^aben follte; an einen ©rfafc ober eine 5lac^a^mung
ber beiben G^erube in ber 6eüa beä ©alomonifd^en lemfefö (Äloftermann, ganar na$ 45
bem Vorgang älterer, fo 2Roncaeiu3 fc. VII: Cherubos Mosaicos vitulorum Jero-
boamicorum argumento, quos Pseudocherubos fuisse asseritur, forma vitu-
linft exstitisse], f. ferner bei 93od?art ©. 373 f.) ift getoi^ nic^t gu benfen, ba S^erub^
Mlber nic^t ate „Äälber" bejei^net toorben fein loürben unb überhaupt ber ®egenfa^,
in toelc^em ber Äultu^ bon 33etel ju bem in S^rufölem ftanb, auf eine fcon ber bortigen ganj 50
öerfc^iebene 2)arfteHung bertoeift. — 2lu3 toelc^em Material bie ©tierbilber Scrobeam^
^ergeftellt loaren, toirb im $önig$bu$ nid^t berietet, unb bie 2)arfteHun0 be^ e^obu^ ift,
obgleich nur toon ©olb aU 3KateriaI gerebet loirb, in bem, toa^ über bie 3**ftöntng **>&
ÖUbe^ gefagt loirb, nid^t einheitlich, ffienn in $0 8, 6, too toon ber Sernic^tung be^
©tierbilbe« „©amarienä" bie Siebe ift, enrd „©^littcr" bebeutet, fo müfete an einen 55
^öUernen, bon ©olb überzogenen Äern be^ Silben gebadet toerben, toa^ bem und
fonft au$ bem 21$ über bie ©ötterbilber Selannten entfpred^en toürbe (Söeü^aufen ju
©0 8, 6).
gerobeam fyat o^ne 3*w^ifel nur ^ur ©eltung gebraut \va$ bem Solle längft befannt
unb too^l niemafe ganj ungeh?ol;nt loar. !Jnbem er in poütifcfyem !Jntereffe 3JorbteracI m
712 Salb, golbenc«
enthalten tooQte Von bem jerufalerttiföen Stempel al« bem §auj)tyeiligtum ber Nation,
!ant er alten Steigungen be« 3}ol!e« entgegen mit ber @rri$tung t>ott«tümlic&er Silber an
ben toon tym ju öaujrtfyeiligtümern erhobenen altfyeiligen (f. oben 33b VIII, ©. 186 ff.)
Stätten. ®er ©runb feine« ©rfolg« toar toofyl Weniger bie Slbneigung be« 93olfe« gegen
5 ben bilblofen ßultu« be« Salomomfctyen Tempel« (dtoalb) al« ba« SRißfaKen an ber
Steuerung ^öniaifdHremblänbiföer 2lu«ftattung be« lentyel«. 3fr gegenüber tonnte ber
alte Stierbienft al« ein eljrtoürbig nationaler erföeinen (ßuenen, 35utym ; fegt. §. Scfrity,
2lltteftamentlic$e Sbeologie5, 1896, S. 106).
3lu« $o 8, 5 f. gefjt nietyt fyertoor, baß auefy ju Samarien ein Stierbilb ftanb; ba$
10 „italb" be« §au£tfultu«orte« in ©pbraim, 33etel, fann ,,ba« Äalb Samarien«" genannt
toerben, inbem Samarien, bie $aufctftabt, ba« ganje 9teic$ repräfentiert (bgl. £o 10, 5).
SDaß bie in ber SRicfyterjeit toon ©ibeon $u Dj)fra (SRi 8, 24 ff.), Don 3Ri<$a auf bem
©ebirge S^raim (3« 17, 5; togl. c. 18, 30) aufgeteilten ©^^obbilber Stierbilber toaren
(be 9&titt S. 338; SSatfe S. 267 ff.; Rumen S. 236) unb baß ebenfolc&e mxfc in ber
15 Äönig«jeit ju ©il(jal, äkerfeba unb an anbern Orten ftanben (33atfe S. 402), ift möglu$,
aber metyt nac§toet«bar. Stoß eine« ber begebenen ©otteSbilber 3Ri#a« ein Stierbilb
toar, tonnte ettoa ju entnehmen fein au« ber 93erpflan;ung biefe« Silbe« nad> ©an (Si
18, 18 ff.), fobaß alfo ^erobeam« Stierbienft $u SDan eine gortfefcung be« alten Äufoi*
toäre. 2lber bie 33emerfung SRi 18, 31, bie — toafrfäeinlidp mit Stecht — ein einziges
20 ®otte«bi!b 9Kic$a« annimmt, läßt bie« 93ilb (^Q?) nur fo lange ju 3)an aufgeteilt fem,
al« ber Tempel ni Silo beftanb, alfo ettoa bi« gum9lu«gang ber Stkfyterjeit. — &ie3ben*
tifijierung be« Stierbilbe« mit bem S3aal im 93. $obia« (c. 1, 5: e&vov rfj BdaX ifj
dajuäfei) beruht auf Unfoiffenfyeit be« fyäten Slutor«.
$)er bon^erobeam eingerichtete Stierbienft föeint beftanben ju tyaben bi« jum Unter*
25 gang be« SRorbreicfr« (2 Äg 17, 16). (Sine 93efeitigung biefe« Äultu« fanb, al« $e$u ben
Saalbienft au«rottete, niefr ftatt (2 Äg 10, 29), ein beutlic&e« 3eic$en bafür, baß 3$u
ben Stierbienft al« !gafytoebienft anerlannte. 2luc§ toon einer SSertoerfung be« ©tierbienfteS
burefy ben großen ^Jro^eten be« 9?orbreic$e« 6lia, ben ßiferer gegen ben Saalbtenfl, toirb
nid&t berietet. 35arau« gefyt aUerbing« getoiß nicfyt fyeröor, baß @lia ben Stierbienft
80 billigte ober auc§ nur al« bie bi« bafjin berechtigte 9teligion«form anfaty. @lia toenbet
ftc§ gegen ben au«Iänbifc$en ©otte«bienft in 3«rael al« ba« junäc^ft ju öertügenbe UM
(f. baju Stobertfon a. a. D.). 303a« tyn felbft betrifft, fo berietet bie ©r^lung t>on ber
©otte«offenbarung am ^oreb, bie in i^rer c^arafterifttfe^cn ^orm getoife eine tym toirfli^
ju teil getoorbene ßrfenntni« toiebergiebt, ba| ©ott an tfym Vorübergegangen fei al« ein
85 „ftiHe«, fanfte« Saufen". 2)amit ift bie Ssere^rung ©otte« im Stierbilb unt>ereinbar.
&ie ^Polemif fc^on be« $roj)^eten 2U§iiJa bon Silo gu S^^^m« 3*** 9^8^ ^e
„anbern ©ötter" ^w&eam« i ^g i^ 9 mag einem fpätern SSerfaffer ber jenem $r*
^eten in ben 3Kunb gelegten Stebe angehören. S^^f^ ß*fl* m nac^mal« rebigierter
gorm bor bie (Srjä^lung bon einem ungenannten „®otte«mann// au« 3«ba, bie tyn gegen
40 ben älltar $erobeam« gu 93etel auftretenb barfteDt (1 ftg c. 13). @« ift aber toobl
möglich, ba^ bie ^ro^eten ^uba« toon Anfang an ben Stierbienft mißbilligten.
©in unanfechtbare« 3^wgn^ g^gen ben Äultu« toon 33etel, aUerbing« niept au^brüdlic^
gegen ben Stierbienft, finben toir nierft bei bem jubäifc^en ^ro^eten 2lmo« in ber 9Ritte
be« achten Sö^unbert«. 6r berfünbet bem Orte, bafj er ju einem ,,9Kc$t«" toerben
45 fotte (c. 5, 5). 2öa« er gerabe an 93etel toor anbern Äultu«orten auätoifeften fanb, ip
too^l bor allem, obgleich man e« nic^t immer fo berftanben fyat (f. SBeü^aufen ). b. @i),
bie ärt, tote f^exiell bort %afytot bereit tourbe, nämli^ im Stierbilb. 2)a§u tommt,
baß 2lmo« an anoerer Stelle (c. 8,14; ber %yct ift aUerbing« nic^t unangefo<^ten) neben
ber „93erfc$ulbung Samarien«", toomit, fo toie ber borliegenbe lejt lautet, getoifc ba^
60 Äalb bon 93etel gemeint ift (ugl. §o 8, 5), ben ©Ott toon $>an nennt unb beffen $«'
efyrem ben Untergang berfünbet. Sn berfelben Stelle ertoä^nt er auc^ ben Äultu« tnm
93eerfeba, o^ne aber gegen ben ©ott bon 33eerfeba gu J)olemifieren. ®ie« toirb barauf be»
ru^en, baß ju 93eerfeba ein Stierbilb nic^t ftanb.
2lu«brücflic$ gegen ben Äälberbienft toenbet ftc^ unter ben Srop^eten, t>on benen toir
55 Schriften befifeen, guerft unb allein be« 2lmo« jüngerer SÄtQmofy, ber toa$rf$emtt($ twn
©eburt bem ^torbreic^ ange^örenbe $ofea. 3#m lft ^Mw Äultu« al« Sitberbtenfl mit
bem ©ö^enbienft glei^toertig, ba« ftalb ein „5Ric^tgott" (c. 8, 5 f.; 13,2; t>gl.c. 10, 5 f.).
9lu« $ol3,2 ift faum $u entnehmen, baß im Stierbienft toie im 2Moc$«bienft 3Renf$en*
oj)f et vorfamen (fo jiuenen ; naefy §t^ig j. b. St. toären bie ^ier genannten JU&etterebrtr
60 jugleid^ 3)toloc^«biener getoefen unb Ratten al« folc^e bie üPienfc^enopfer gebraut). 9Ran
»alb, golbetteS ffalcb 713
toirb Dielme^r ftatt : „bie SKenfctyen Cpfernben, «Halber füffen fte" ju überfein fyaben mit
Ääl u. a.: „Dpfernbe unter ben 9Jlenfc§en"; beim bie Derabfc$euen«toerten 3Renfc^enot>fer
toßrbe ber $ro^et „fötoerlicty nur fo beiläufig" ertoäbnt fyaben (SBeJtyaufen j. b. St.).
5Der ?ßlural trt» biefer Steife „lann ba«®enu« bejeietynen" (SffieDtyaufen), futy alfo au«*
f$fief*li$ auf ben Äultu« Don 93etel begießen.
3n Suba tyat offenbar ber Stierbienft niemal« eine Stätte gefunben, ba ftc$ nirgenb« 5
eine §intoeifung auf jubäifctyen Äultu« btefer 2lrt finbet unb bie au«fctyliefjlic$e $olemil
£ofea« gegen ba« Kalb Samarien« ju 39etel unDerftänblicfc fröre, toenn er in 3>uba ben*
fetten Äultu« gelannt fyätte. $)er beuteronomiftiföe SRebaftor be« 5tönig«buc$e« fte^t ben
Stierbienft al« bie foejielle Sünbe IJerobeam« an, toomit er %$xad fünbigen machte
(1 % 14, 16; 15, 26; 16, 27 u. f. to.). Scfcon be«$alb ift nt$t anjune&men, bafe 10
ber (»tierbienji in ber Don 9Jlofe begrünbeten Sieligion jemals eine Stelle fyatte (gegen
btefe annähme befonber« 6. König). 2tuc^ ba« offenbar auf 2Jiofe jurücfgetyenbe äetqen
ber göttlichen ©egentoart, bie ^eilige 2abe, neben bem ein Stierbilb nicfyt al« ein
itoeite«, überbie« gam anberäartigeä 3^cn ber ®otte«gegentoart befielen tonnte, ft>ri$t
bagegen, bafe ba« Stierbilb ein Seftanbteil ber genuin mofaiföen Religion toar. 2)er 15
Stierbienft fctyeint ftc§ alfo au« ber Dormofaifctyen 3eit «eben ben Don 3Kofe neubegrünbe*
ten formen be« ©ottedbienfted erhalten ju fyaben. föolf »onbiffiti.
ftaleb. — gitteratur: 3. SBeflljaufen, De gentibus et familiis judaeis quae 1 Chr
2. 4 enumerantur, ©öttingen 1870; #. @räfc, S)te Äelubaiten ober Äalebiten in WonatS*
feforift für @efä. u. SBiffenfä. be« Subentum« XXV (1876), 461 ff.; «. fiuenen, De üitzen- 20
ding der Verepiedere in Theol. Tijdschr. XI (1877), 545 ff.; Jg. SBeUfjaufen, $ie Äompo*
fition be« fcejateud)«2 (1889), 336-338; (Sb. 3Betoer, $ie dntfte&una be« Subentum«, fcalle
1896, 114 ff. 147 f.
%üx Die ^erfömmlicfye Meinung gilt St. als einer ber *toölf Äunbföafter, bie 3Wofe«
t>on ber SBüfte Sß^aran au«f anbte, um ba« gelobte £anb Don oer 3Bttfte 3*n *m ©üben bi« 25
an bie ©renken Don §amatfy im Sorben au«&uft>ä$en ; Äaleb joll in btefer ©igenfd&aft ben
Stamm 3uba Dertreten $aben, a(fo ^ubäer getoefen fein (9cu 12,16; 13,1—17». 21.
25). Slber ba« ift nid&t bie eigentliche, urfrrünglictye Sebeutung Don Ä. Um biefe ju
erlernten, empfiehlt e« ftc$ ni$t, Don 3l\x 13 f. au^guge^en. Snbere Stellen be« 313:^
geben barüber ^inreic^enb gefiederten äuffc^Iufe. 3ofl4,6. 14 ^at ber 9tome Ä. ben S^unne 30
(Dgl. 1 tyt 7, 38) ben 3ufa$ „ber ßeniffiter" (ober Äeniftter). ®amit ftimmt überein,
ba| ber ÄentTüer Daniel (T:p-,3 bfirrn?) al« (jüngerer) »ruber 5U bejeic^net toirb 3of
16, 17 f.; 9« 1, 13; 3, 9. 11. $ie Äeniftterlirmb nun ein Stamm, ber fonft gu ben
ßbomitern geregnet toirb ®en 36, 15. 42. 53; itenaS, ber StammDater, gilt al« ßnlel
gfau^ ®en 36, 11 • 1 tyt 1, 36, toie j. 8. SRanaffe unb ©^raim ate ßnfet ^a!ob« am 35
gefefcen toerben. Äaleb unb Daniel finb nac^ biefen Stellen urfrrünglic^ ntc^t 3drae«
fiten (Dgl. ©en 15, 19), fonbern ßbomiter, bie fiety aber Don i^rem 9Soß getrennt unb
Israel angefc^Ioffen fyaben. SBie biefer 9lnfc^Iuft erfolgte, jeigen un^ bie 3?a^ric^ten über
t^re 3Bo$njfee. ^4 3«>f 14, 6—15; 15, 13—19; SRH, 12—15. 20 too^nt Raleb in
ßebron, Dt^niel in $>ebir (f. 3ubäa S. 563, 43). Über" bie SBo^nft^e be« erfteren er« 40
fa^fren toir ©enauere« au^ 1 6^r 2, 42—49. 9lac^ biefen SSerfen, bie ftcfc o^ne 3toeifel
auf Dorejilifc^e SSer^ältniffe bejie^en, fmb bie toofylbefannten Orte 3Warefa (fo LXX; f.
rtäa S. 563, 23), S^ (ebenb. S. 569, 45), §ebron (ebenb. S. 564 ff .), 2:f>aM>ua& (ebenb.
564, u), 3Dtaon (ebenb. S. 569, &-,) unb Setbjur (S. 570, 7) im »efifce Äaleb«. gür ^orfeam
8. 44 ift toofyl S0^^1" iu ^««, ber 9tame einer Stobt, bie in ber brüten ©ru^fe ber 45
Stäbte 3uba« neben 3Kaon u. f. to. 3°f lö, 56 ertoäbnt toirb, aber beute unbelannt ift.
Mabmanna 98. 49 ift !gof 15,31 eine Stabt beS 5Regeb (f. b. ä.), 3Kac$bena ift too^I
ebenfalls eine Stabt, unb ©ibea toirb bem ©ibea 9;of 15, 57 (S. 569, w) ent=
ftwec^en. 3n berfelben ©egenb fafeen bie Äalebiter (l?ebr. ^>.^ 1 Sa 25, 3 na^ bem Kre)
jur 3^ Saute unb £>aDib$ ; Don ihnen fennen toir ben reiben 3?aba( au^ l Sa 25.' ®r 50
tootynt in 3Waon, betreibt aber feine Siebet (3000 Schafe, 1000 Siegen) Don ßarmel
(f. S. 569,39) au«. 9lad) 1 Sa 30, 14 gehörte ein Seil be$ 3?egeb ebenfalte ben Aale*
bitern, fte geboten alfo Don ihren Stäbtcn au« über einen Seil be$ füblid^en ffieibelanbe«.
<toaiu mag ertoäbnt toerben, bafc bie LXX 1 Sa 27, 10 u. 30, 29 ftatt „SRegeb (Stäbte)
ber fleniter" lieft „SRegeb (Stäbte) ber Äcnifiter"; e« toürben bamit ebenfafl« bie Stale* 55
Kter gemeint fein. 3n biefen ©egenben hat fi^ 2)aDib eine 3eit lang ate Freibeuter
aufgehalten l Sa 25. Seine erften grauen 2 Sa 2, 2 toaren lalebirtfc^er £erfunft,
a^moam au« 3»reel (3of 15,56) unb 3lbigail au« ^aomÄarmel 1 Sa 25, 40—43.
714 Staltb
äucfy Von ftillaQ au$ Pflfdte ** biefe 93erbinbungen, inbem et von ber 2Imaleftterbeutc
©eföenfe an bie bortigen ©efc^tec^töbäu^ter fanbte 1 Sa 30, 26—31. 3lad> bem lobe
SaulS nahmen ©avib unb feine Seute ihren 2öobnft$ in Hebron unb ben umliegenben
Stäbten, b. b. in bem ©ebiet ber ftalebiter, unb hier tourbe ©avib von ben 93ertretern
6 3jubaS gum König gefalbt 2 Sa 2, 1—4. ©aS neue SReicty umfaßte Äaleb unb Juba,
erhielt aber ben SRamen Swba, obtoobl ber Äönig im ©ebtete Ä.S toobnte. So Idm e$,
bafe man fagen fonnte, Ä. erhielt ©runbbefifc unter ben 3^*™ 3°f 15# 13. ©tefer
äluSbrudf geigt, bafe bie ßalebiter trofc beS förmlichen 2tnf$lujfeS, ber fte mit ^uba Ver*
banb, bodp ihre Selbftftänbigfeit nicfyt aufgegeben hatten, unb bie ©rgäblung 3of 14,
10 6 — 15 toitt bie eigentümliche Xbatfacfye erflären, bafe bie nic$tiSraelitifc$en Äalebiter (Äenifitet)
über einen fo bebeutenben ©runbbeftfc in bem ©ebiete Israels frei geboten, ©tefer Um*
ftanb Verbreitet baS rechte Sictyt über ben 93crfucty SlbfalomS, gerabe in Hebron bie Jabne
beS SlufrubrS gegen ©avib ju entfalten.
©ad bisher ©efagte betoeift gur ©enüge, bafc Äaleb ber 9lamt eines mächtigen @e*
15 fcfylectytS ift; man fönnte auefy toobl fagen, ber9tame eines Stammes. 3Bie bie VolfStüm»
lid)e Sage bei anberen ©efd^lec^tern unb Stämmen Verfuhr, fo auefy hier, ©er Stamm
tourbe perfonifigiert, fein -Jtame tourbe gugleicty ber 9lame beS Stammvater*, beS heros
eponymus beS Stammes. 93on ihm als einer ßingetyerfon ergäblte man bie ©eföide
ber ©efamtbeit unb ihrer Seile, ©abin gehört bie ©epicfyte Von 2lc§fa, ber Xoc^ter Ä.$
20 9li 1, 12—15; 3°f 16, 15—19. £öc$ter be^eicfynen in bem genealogifdjjen Schema be$
SEES überhaupt f$toä$ere ©ef$lec$ter, bie thre Selbftftänbigfeit an ein ftärtereS ®e*
fd&lec§t verloren haben. ©aS falebitifd^e ©efötec&t 3lc$fa ift in gfolge ber ©roberung ber
Stabt ©ebir burd& baS feniftttfd&e ©eföled&t Dtbniel in biefeS aufgegangen unb bat ihm
ben toertboHen 93efto ber oberen unb unteren Duetten (ober Singular?) gugebraefct —
35 baS toirb ber gefc$ic|tlic$e 93organg fein, ben jene (Stählung in bie angtebenbe Jfarm
perfönlicfcer ®rlebnif[e getleibet hat. 2öir loerben unten nodj einem anberen lehrreichen
93eiftriel folc^er Stammes« ober ©efälectytsfagen begegnen.
3>n ben Vorhin nä^er begegneten ©egenben blieben bie Äalebiter bis in bie 3«^
beS @£tls hinein bie Ferren. ©amalS aber brangen bie ßbomiter (f. 93b V, S. 169 f.)
so von Süboften fyer in biefeS ©ebiet Vor unb flehten bie Äalebiter toenigftenS ber SRefy;-
heit nad^ vertrieben gu fyaben. Sie toic&en naefy Sorben fyin aus unb fanben in bem
eigentlichen ©ebiet ber 3>ubäer, baS burd^ bie SKafiregeln sJiebufabnegarS IL 598, 587 unb
582 einen Seil feiner 93eVölferung Verloren tyatte, neue SBobnfifce. 3Son biefen ift 1 (Sfyt
2,50—55 bie Siebe, ©ort toerben Äirjat^ 3jearim (f. S. 571, n), »et^lei^em (f.
86 83b II, S. 666 f.), 33eth ©aber (unbelannt), gorea unb @ftyaol (f. S. 562, 37— 45),
9taoj^a (f. S. 584, w), Siteroth Seth 3oab (Vgl. 1 6^r 4, 14 unb 9tety 11,35) unb
%ab*i (unbelannt) als bie von ft. befe^ten Drte genannt; fte liegen, fotoeit toir fte
nac^loeifen fönnen, in ber füblid&en unb toeftlic^en Slac^barfd^aft SenifftlmS- 2Benn bie
3J. 52 u. 54 genannten 2Kanafyt&iter mit bem in LXX )u 3«>f 15, 59 ertoä^nten 9Ras
40 nod&o (f. S. 571, a) gufammen^ängen, fo hnirbe biefer Ort uns in biefelbe ©egenb
loeifen. ©ie Setoohner aller biefer Drte loerben hergeleitet Von bem falebitifc^en ©efdblec^t
§ur 9S. 50, baS in ber nad^iliföen 3*ü auc^ in S^ifalem felbft Vertreten tfl ©enn
Sephaja ben §ur loirb 5?e^ 3, 9 als ber SSorfte^er beS falben SejirfS Von SwuM«1"
bejeid^net. ©iefer SBed&fel beS SQ3o^nfi$eS ift I6^r2, 18 f. in ber fünftlic&en S^rad^eber
4ö ©enealogien fo auSgebrticft : als bie 2lfuba (baS erfte 3Beib Ä.S) geftorben h>ar, heiratete
Ä. bie @t^ratb, unb bie gebar tym ben $ur (Vgl. 33. 50). gpbraty ift ber Warnt ber
fianbföaft, bie fotoo^l Settern m 5, 1 (Vgl. 93b II, S. 667, 20 ff.) als auc^ ÄirjatJ
^earim $f 132, 6 umfaßt. 9lud^ 3lS^ur, ber 93ater StyefoaS 1 6^r2,24; 4,5 ift ein
Rtoeig beS ©efc^led^tS §ur; benn -irra?« ift verfügt aus "^\s. 9CIfD \oax au<^
50 sthefoa bei 33ethlehem in f^äterer 3*ü falebitifc^. ©iefe Äalebiten gelten nun in ber
Gbronif als ^ubäer, Ä. toirb burd^ .^ejron 1 (Sfyr 2, 5. 9. 18 auf ^uba jurücfgefübrt.
ßhalubai 93. 9; 4, 1 (ftatt Äarmi) unb Äalub 4, 11 finb Siebenformen gu ttaleb. 3^t
ift ber Unterföieb jtoifd^en Ä. unb %vfoa verfd&tounben, nad^ bem @jil ift baS falebittfcfr
©efc^led^t öur als jubmfcfy anerfannt toorben. ©er anfängliche änfälufe bat gur Skr»
66 fd^melaung geführt.
©ie Äunbfc^aftergefc^id^te 91u 13 f. ttntt cinerfeitS hervorheben, bafe ber Vierjtgjahrqje
Slufent^alt -^Sraele in ber SBüfte eine göttliche Strafe toar für ben Unge^orfam tri
$olfS ; biefe Seite ber (grgählung liegt aufeerf^alb biefeS 3lrtiIelS. SlnbererfeitS behanbet
fte bie SluSna^me, bafe ^ofua unb Maleb 9Ju 14, 6. 38 (Jtaleb unb $ofua 93. 30) biefe
00 Strafe nietyt ^aben erleiben muffen, ^ierin treten nun bebeutfame Unterfc^iebe jtoiftyn
ftalcb »alenber, cf)rifHtcf)er 715
bcn älteren unb jüngeren Scftanbteilen biefer Äajntel berbor. SDie jefyotoifttfc$e (Srjctylung
rülpni nur bon Ä., bafe er bon einem anbeten (Seift erfüllt getoefen unb boQen ©etyorfam
gegen $atybe gejeigt ^abe 1*. 24. ßbenfo lieft man e« 35t 1, 36 unb ftnbet erft 93. 38,
ba& 3ofua hn ©egenfafc ju 9Rofe« ebenfalls bon bem göttlichen Strafurteil aufgenommen
totrb. 3lud& in $of 14, 6—15 ift babon bie $Rebe, bafe Ä. al« Shmbfd&after bon SKofeS 5
au«gefanbt toorben fei unb bollen ©eborfam gegen 3flbbe gezeigt jjabe — abgefeben
freiltdj bon ben legten SBorten in SB. 6, too bie öejiebung auf 3>ofua foäter bin^u-
gefommen fem hrirb. §ierau« läfet ftcfc auf eine ältere ©eftalt ber j?unbf$aftergefc^i<$te
föltefeen, bie bon R. unb feinen „©rübern" föof 14,8) allein banbelte. 3n®t 1,19—46
totrb ftofua al« ßunbfd&after nic^t genannt ; e« ift bafyer Je^r fraglich, ob bie jefyotoiftiföe 10
©arfieUung ifyn al« folgen gefannt fyat. ferner ge&en bie itunbföafter in 3® 9lul3f.
nur burefy ba« Serglanb bon Süben tyer bis jum 3^al bon 6«fol bei Hebron (f.
S. 568, 23), b. t}. fte burc^toanbern nur ba« ©ebiet Ä.«, ba« ifym in ber älteren 3*ü Ö*5
fcötte 9lu 13, 22—24; $t 1, 24 (bgl. JDt 1,36; 3jof 14, 9), toäfcenb fte naefc ber £>ar*
fteöung be$$riefteriobe£norbtoärt3 bi« an bie ©renje bon $amatfy gelangen 9lu 13,21.25. 15
©tefer 3**g betätigt in beutlictyer SBeife, bafe bie Äunbfctyaftergeföic^te urfprünglic§ nur
Ä. unb feine älteren SBofynftfce im Sluge gehabt fyat. ©in fyofye« älter toirb ityr über-
$aul>t nietyt jujufd&reiben fein, ba fte Ä. nid^t mefyr bon 3«rael untcrföeibet, fonbern tyn
iu §«rael rennet. 93ermutlic$ liegt tyr bie 3#atfac$e ju ©runbe, bafe Ä. bon Süben ber
in bie ©egenb um Hebron borgebrungen ift unb bie SBanberung um ba« $ote 3Keer 20
nid^t mitgemacht fyat. tiefer Hergang (bgl. 9lu 13,30; 14, 8 f.) fyat ftc$ allmä£lic$ in
bie ftunbf$aftergef$i$te berflücgtigt, toeil e« für bie fpätere ©eftalt ber Überlieferung
eine aufgemachte Sac$e toar, bafe ba« ganje 3«rael, auc§ Ä., bon Dften fyer über ben
Sorban in ba« SBeftjorbanlanb eingebrungen ift (bgl. 9ti 1 u. Qof 1—12). 3Benn nun
b«r ^priefterlobej 9lu 13, 6 &. jum Vertreter be« Stamme« $uba mac&t, fo ift ba« nur 2»
berftänblicty für bie nad^ejilifc^e geit, in ber ba« falebitifcfye ©efc^lec^t £ur ben beften unb
arofcten $eil be« jübifdjen ©ebiete« inne tyatte. £>ie (grjäblung 5to 13 f. ift fomtt
für bie gfrage be« Älter« ber DueHföriften im £e|ateuc$ fefyr le$rrei$. ©utlje.
Salenber, c^rtftlt^er. — 1. allgemeine Sittcratur (betreffenb fotoo^l ba« dpift«
U(^e »ie ba« oor« unb aufjerdjriftlidje Äalenbermefen). 3)ie ^anbbüdjer ber S^ronologie uon so
8. Sbeler (2 93ber Berlin 1825 f.), 3B. Wlatfa (5Bien 1844), 3. ©rotefenb (^annooer 1872,—
ögl. unten), granj SRü^l {Berlin 1897), ». 9)1. Serf* (einleitung in b. e^ronol., 2. Wufl.,
XL II, greiburg 1899). &ud) ?l. ^ilgram, Calendarium chronologium medii potissimum
aevi monumenti8 aecomodatum , 2Bien 1781; 91. 3. $Beibenbad), Calendarium historico-
christianum medii et novi aevi, SRegen«burg 1855; ?lb. 3)re4«ler, ^alenberbücftlein : Äate* 36
dji«mu« ber ß^ronol. m. 93efd)reibung uon 32 ßalenbern üerfc^iebener Wolter unb Seiten,
3. Aufl., ßei^ig 1881 ; 0«far gleifc^^auer, Äalenber-Äompenbium ber djriftl. Seitrecftnung«-
meife auf bie 3afcre 1— L>000 üor u. na« (^riftt ©eburt, ©otba 1884; 3B. S. ». ©ool^oufe,
Ä. „Calendar" in b. Encyclopaedia Britannica, 9. ed., t IV, 664—682 (eine befonber«
tüdjtige 3)arfteüitng b. aftronom. ©mnblagcn b. ^alenbermefen«, aber auef) auf ba« ^iftorifc^e 40
in lebrret^er SEBeife einge^enb).
2. Urfprung u. frü^e fte ©nttoi cfelung b. c^r ift liebe n Aalen berwefen«. Xljeob.
SRommfen, 3)er (5&ronograp^ Dom 3. 354: 9(8© II, 547 ff. (1850); gerbin. $iper, $er Ur-
fprung ber (ftriftl. ^alenbarien (im fgl. $reuf$. @taat«falenber f. 1855, S. 6-25); Aalten*
brunner, ?(. ^Äalenber" in 3. 3k\ ^rau« 9fteal.(£nc. ber rfjr. Altertümer, II, 86 f. (greibg. 1886); 46
@4rob, «. „Äalenbarium" im m&, VIIf 51 ff. «gl. ©rotefenb, SRüt)I, Serfd) u. Soolboufe
IL cc. — Äunftflefcbicötl. Erläuterung ber miebtigften t)icrfter qebörigen alten Urfunbe : 3- ©trj^»
gotoSK, S)ie Äalenberbilber be« ßbronograpben oom 3. 354 berau«geg., ©erlin 1888 (35 Xafeln,
m. lehrreichen einl. unb erläut. Zep).
3. äalenberwef en be§ Mittelalter«. 3m Allgemeinen: ©altau«, Calen- 50
darium medii aevi, fieipjicj 1729 (aueb beutfd), m. 33erid)ti flungen, ©dangen 1797) ; Sßilaram,
1. c; ^ampfon, CaJendaria medii aevi, fionbon 1841 ; g. $iper, Äircbenrccbnung, Berlin
1841 @. VI ff.); berf. in f. Monograpbie: ^arl« b. ©. Änlenbartum u. Oftertafel (nebft An-
fang über bie lat u. grierf). Cftercnflen be« MA.), »erlin 1858. — Sttorgenlänbi f d)-
(Qriftl. Äalenbarien: ©tepb- 3of- ^RorceQi, 8. J., Mt/ro/.oyiov to,v FrayyfXuov rooraariaor, 60
8. Kalendarium eccl. Constantinopolitanae 2 voll. 4°, ffiom 1788 (ber filtefte, toof)l fdjon bem
8. 3a$rb- entftammcnbe Xejt biefer Art, uon SOiorceQt auf ©runb einer £>bf. ber ©ibliotbet
llbani in SRom üerbffentlid)t). ferner au^ bem 11. Sabrbunbert: Mqro?.oyiov Haadfior
rav IIoQqvQoynn'tjTov, Menologium Graocorum iussu Baailii Imi>eratoris edituni, Urbino
1727, 3 voll, (aud) in MSG t. 117), baä im Abenblanb uerbreitetfte unb am meiften benu^tc go
ffterf biefer Art, ebiert uom ^arbinal Annibale Albani (geft. 1751). — gür bie Orientierung
über ba« Äalenberroefcn ber urtljobojen ©lauen bietet 9?üf liebe«: 3- ^- ^Wartinou, Annu»
716 ftalwber, djrifHtdjer
ecclesiasticus Graeco-slavicus, in ASB t. XI Oct, p. 1—385 (für tueld)e$ SBerf bic reidj«
faltigen arbeiten orientalifdjer ©orgänger wie 3)emetriu3 ©erfdnnSfi (Menologium eccl. Orient
orthodoxae, Petropoli 1854), $att$fi (Menologia, Kalendaria et Hagyopticha russica, 11. III,
9Ro8fau 1856) u. Q. in. tierroertet finb. ferner 9Jif. SRilleS, S. J., Kalendarium manuale
6 utriusque ecclesiae, orientalis et occidentalis, 4 tom: 800f QnnSbrucf 1879—85 (33b I iL II
in 2., bereicherter Wufl. 1897), loertuoHe OueHenfammlung $ur ©efdjicbte be8 bto$antinif4»
gried)tfcben, f oroie aueb be3 rutljenifdjen, ftjrifcben, ferbifdjen je. tfalenbertoefenS — vaf. unten),
feegen be8 ScalenberS ber Muffen f. nod) 3»f- ©im. Slffemani, Kalendaria eccl. Slavicae s.
Graeco-Moschae, 6 vol. 4°, 9ftom 1755 (unöollenbet geblieben; bie tiier erften ©be fmb nur
10 fird)engefd)tdjt(td) einteitenben Sn^alt«, bie beiben legten bringen nur ben £ert beS großen
ruffifeben tfalenberS ber Tabulae Capponicae [b. b- eines in ber gönn eines griedj. ÄreuyS
auf #ol$tafeln gemalten 9ttonat8falenber3, benannt nadj feiner einfügen ©eft&erin, ber
Sttarcbefe Sapponi] nebft auSfübrlicben Kommentar); ©. %a$\6, $ie SRenfien ber ruff . JKrdje,
na« ^anbfebriften au8 ben Sabren 1095—1097, @t. Petersburg 1886 (in ruff. ©prafle).
15 Hu8 neuefier tfeit bef. V. r». SRal&ero, SRenologien ber ortbob.«fatb. S^irdje be$ borgen*
lanbeS, %l. I: (Sept. btö gebr. $eutfd) u. flaüifdj unter ©erücfficbtigung ber grieeb. Urtejte,
©crlin 1900. — ©gl. aueb ©. ©olotoü, ©puren ber alten ftireben, Christ stenye 1893 (ruff.).
Säte tni f ci) - mittelalterliche Äalenbarien. 3^ren Wu«gang$punft bilbet ©ebaS b. <£(p<
nmrbigen größerer cbronol. Xraftat De temporum ratione (eine erweitembe Umarbeitung
20 feine« ©ü<f)leiu3 De temporibus, b. MSL t. 94, p. 479-600). ©gl. barüber g. $tp«r,
SHrcbenrcdmung a. a. ©., forole „äarlS b. ©r. Äaleubarien k." S. 91 f. ; ft. SBerner, ©eba
b. <£brn>. u. f. Seit, SBien 1875, ©. 122—149; ©r. Ärufcb, 3)ie (Sinfübrung be« grie*. $a-
fcbalrituS im Slbenblanbe: 9W IX, 169 ff.; föübl, (Sbronol., ©. 132 f. ©on ben oerf (biebenen
lat. Äalenbarien beS 9RV.* fteHt $ottbaft (Biblioth. *, 1, 695—697) ein ©erjeicbni« jufammeiu
25 gegen 40 Hummern baltenb, aber feineSroegS üoUftänbig; e3 feblen barin mebrere, über
toelcbe unten ju banbeln fein wirb. Ueber einen Xeil — etwa bie £filfte — ber bafelbft
genannten Äalenbarien au3 beut f eben Siöcefen (©aljburg, greifing, $affau, SRegenSburg,
ftugSburg, SBürjburg) bändelt in genauerer Unterfucbung Hnt. ßeebner, Mittelalter!. Jtinben«
fefte u. flalenbarien in ©atiern (greiburg 1891).
30 Ueber germantfdj* unb r o m a n i f dj * mittelalterl. Äalenber : g. Sßiper, SDie Äalenbarien
u. SRartbrologien ber Slngelfacbfen. forote ba3 3ftartrjrotogium unb ber ÄomputuS ber ©errob
D. SanbSperg, ©erlin 1862; aueb beSfelben Wtttbologie u. ©timbolif ber cbr. Äunft (fBeimor
1847), I, 2. 23. 230 u. ö. gerner fiilienfron unb "feeiganb in 9R. .&aupt« gb«, ©b \l,
349 ff., 484 ff. u. f. f. (f. u.), fomie über baS ju erwäbnenbe gotifeb^brafifebe ftalenber«
85 fragment bef. ^. Bcbeliä, 3)cr ältefte beutfebe Äalenber: 3tf*r. f. Wll ©iffenfebaft 1900,
©. 308—335. — Ueber bie Anfänge ber gebrueften Äalenberlitteratur in fceutfdjlanb:
galfenftein, ®efcb. ber ©uebbrueferfunft, Seipjig 1840, 6. 53 f. 3)e8gl. inignglanb: 3. ©wie,
Analecta liturgica, Sonbon 1888 f. Ueber b. fpätmittelalterl. Äalenbernjefen überbauet:
Äaltenbrunner, S)ie ©orgefebtebte ber ®regorianifcben ^alcnberreform, 5EBien 1876.
40 4. ©reg or« XIII. Äalenberreform unb bereu golgen. (Sb*vfropb ©lamu*.
Romani Calendarii a Gregorio XIII. P. M. restituti explicatio, jussu Clementis VIII.
edita, SRom 1603 f ol. ; 5)elambre, Hist. de rastronomie moderne, 1. 1 ($ari« 1821), p. 1—84;
Mäbter, ©efeb. ber ?lftronomie (©raunfebmeig 1873) I, 186 ff. 213 ff.; Scaltenbrunner. $i<
$olemif über bie ©regorianifebe tfalenberreform, 3Bien 1877; berf., ©eitrftge jur ©ef*. b-
46 ©reg. Ä'al.^ef., ebb. 1880; gelij ©tieoe, ©er Äalenberftreit beS 16. Sabrbunbert«, «Runden
(«3R«) 18801; ©cbmib, 8ur ©efeb. ber gregor. lro!..9fef.r $3© 1882 unb 18Ä4. «gl.
«übt, ©bronol. ©.236 ff.; Serfcb, ©.78-128; ©oolboufe, 1. c. p. 671 ff.
5. ©uangelifcbe Äalenberuerbefferung. g. $iper« ©epberien unb ©efferungd*
tiorfebläge in bem «uffafce , „$ie ©erbefferung be8 Äalenber»" : (So. Sri. f. 1850, ©. 1—11
60 (aueb an b. ©pifce öon ©b I ber „Beugen ber SBabrbcit", Seipjig 1874). gerner be*f. be-
fonbere ©ebrift: „$. ©erbeff. beS etiang. StaL", ©erlin 1850, fowie bie «bbbla.: „S>. Äon-
ftruftion be« uerbefferten eüang. Äalenber«" im ©cblub-Sabrg. f. @o. Äal. (1870), ©. 31 biö
124. 3)aju bie fpäteren Slrtifel apologetifeben 3n^alt8 in b. Weuen eu. «3 1871, 9^. 24 f.
unb in ber Äreu^eitung u. 22. gebr. 1876 (f. u.). — ©gl. ferner SS.Sö&eä „Wartyrologmm.
66 3- ©rflärung ber berfömmlicben Äalenbernamen, Nürnberg 1868, ©. 1—12; ©erlad), Ärit.
Ueberficbt b. beutfeben ©olf§falenber, in ©cböferS SttonatSfcbrlft f. ©iafonic u. 3nn. SRiffton,
1878, @. 158 ff.; @ ©cbarfe, 5)ie cbriftl. Seitrecbnung unb ber beutfäVetiana. ftalenber,
©tuttgart 1893, @. 18—28; ^iefmann, SDie tarnen ber Jfrtlenbertage in ber 9Ronat«f<brift
„©aufteine", berauSgeg. öom fäcbf. ^auptüerein f. 3nn. 3Hiff., Sabrg. 1895; »ofeber, Di«
60 9Ronat3bifber jc, ebenbaf. 1897.
$er d^riftltdt)c Äalenber befielt aus einem SSerjetd^nte aDer %a§t beS jetoetfig in
in ir;m ber/anbe(ten 3abre^, georbnet nac^ SJlonaten unb 2öoc$en, nttt angäbe fottH#
ber geft* unb geiertagei al^ ber 6rfc$einungen an Sonne, SKonb unb Planeten: tMju
nod) teitd auf ba£ bürgerliche Seben be^üglid;e, teilä auf @retgmf[e ber ©efc^tdr>tc $tn*
65 toetjenbe 3lngabe ju fommen pflegen. 2>iefe Zugaben, tote audp ber rein afrronümifc^
^n^alt, bleiben bon ber nac^folgenben 3)arfteQung au3gefc$loffen. ^(tö t^eologifc^e 3n;
fialettber, djriftltdjer 717
tereffe, toeld&e« fyter allein ju berüdfftcfytigen tft, beliebt fic$ toefentlicfy nur auf ben fircfc
lid&en Seftanbteil, ba« $eft* unb £eiTigentoeneicfyni«. 2BeiI aber bie geftorbnung mit
bet 3«torbnung jufammentyängt, fo ift biefe festere mit ju berücfftd&tigen — jumal ba
ber «alenber, na$ biefen toefentlictyen 33eftanbteilen, bem cfconologifctyen unb liturgiföen,
au« ber Kirche hervorgegangen unb ba« ganje Mittelalter Hnburcp in beren §änben ge* 5
blieben ift
Ursprung be« cfyriftlid^en Äalenber«. $)er fialenber ftammt in feiner a&
gemeineren Raffung (al« für jebe« ?jafyr giltige« 2age- unb geftoeneid&m«) au« bem
c^riftlid^cn Sßtertum. $)a« c$riftlic$e Altertum aber f>at bie gorm be« Äalenber« au« bem
Hafftfcfym SHtertum empfangen, in«befonbere toon ben SRömern. 3lu« ber römifd^en $aifer* 10
Sfmb ja^lreictye Äalenbarien ober 93ruc$ftttcfe berfelben no$ erhalten, toelctye ju öffent«
,cm ©ebrauety gebient tyaben, fei e« bafe fte nur lofale ®eltung Ratten, ober einen
größeren Sejirf, eine ©tabt, eine $robmj, ein gange« Sanb umfaßten, ©ie enthalten
teil« einige aftronomitöe angaben (toomit bie ftalenber ber ©rieben reichlicher au«geftattet
toaren), teil« ben Slnfafc religiofer fjefte unb bürgerlicher geftlicfyfeiten, bie enttoeber eine 15
religiöfe Slnfnüpfung fyaben, toie manche öffentliche ©piele, ober einen gefc^icfytlic^en 2Ut*
lafc, tote bie gfeier toon ©iege«feften u. bgl. (t>gl. bie über ba« anttte Halenbertoefen be=
fonber« reiche Sluffctylüffe bietenbe Schrift De mensibus [liegt prjvaiv] be« 3oty. &****
rentiu« Stybu« ca. 550, in ber toerttootlen fritiföen 8lu«gabe von 91. ffiünfcty, Seipjig
1898). — 93ebeutfamertoeife finben fiety nun in jtoei Stalenbern au« ber 5Witte be« 4. u. 20
5. 3>aVi?unbert«, toelcfye im ©anjen noefy ba« alte fyeibniföe ©epräge {eigen, getoiffe tyxxfc
lid&e Seftanbtetle, burdj toelcfye ber Übergang ber altertümlichen 6inri$tung )u d^riftlicfyem
©ebraudfc augenfctyeinlicfc toirb. 35er eine ift ein Menber, ber gur Reit Äonftantm« IL in
SRom fcerfafjt, t>on bem Äatligraptyen guriu« 35iontyfiu« gilofalu« gefönt™ unb i» «1**™
Aronograp^ifctyen ©ammeltoerf toom 3. 354 auf un« gefommen ift, tyerau«gegeben toon 26
Wommfen, CIL. I, p. 332. 334 sqq. fotoie in ber oben cit. Sb^blg. ber ä©@ Don 1850
(auety berfelbe erfcfyeint, abgefe^en t>on feinen aftronomtfdjen unb aftrologiföen Angaben,
al« eine Überarbeitung be« alten fyeibnifd?en Äalenber«, au« toelcfyen unter Beibehaltung
femer übrigen fteftangaben, *>ie eigentlichen Opfer* unb lempelfefte toeggelaffen fmb, o$ne
bafc fetyon c^rtftlic^e gefte aufgenommen toären. $0$ enthält er eine c§riftlic$e ©pur in 30
ber Aneignung ber cgriftlictyen 2Boc§e, bie neben ber fyeibnifcfcrömifctyen aufgeführt toirb.
6« toirb nämlic^ ba« 3jafyr, anfangenb bom 1. 3^nuar, eine«teil« burc^ bie 33uc^ftaben
A— H in fteter Sffiieberfe^r bon 8 ju 8 $agen, anbemteil« burc^ bie 33uc^ftaben A— G
ebenfo t>on 7 gu 7 lagen eingeteilt: ba« öftere nac^ ber tyeibnifäsrömifcfyen, ba« anbere
nac^ ber $riftlifyen 3Boc^enrec^nung. 9llfo tyat biefe 3tec$nung, o^ne fc^on bie röm. 9hmbinen 86
twbrängen gu ßnnen, fyier Slufna^me gefunben, nac^bem Äaifer Äonftantm im 3- 321
mit ber ©onntag«feier bie d^riftlid^e SBo^enred^nung gefefclic^ fanfioniert ^atte. 2)er
anbere ift ein unter Äaifer l^alentinian III. im 3<*br 448 burc^ $olemiu« ©ilbiu« ber=
fafeter Äalenber (fyerau«geg. jufammen mit jenem be« gilofalu« in ASB fotoie bei
SKommfen I.e. p. 333. 335 sq.). äuety er ift no^ nac^ ^eibnif^römifdber ärt angelegt; 40
enthält aber jum erftenmal c^riftlic^e geft« unb Vertage, obtoo^l in fe^r geringer Safyl,
nämlid^ fünf Mte ß^rifti unb fe<$« ©ebäc^tni«tage toon SWärt^rern. — hingegen ber
ältefte rein cfcriftlicfye, nur teiltoetfe erhaltene Äalenber ift ein gotifcfyer, entftanben toabr»
föeinti$ noc^ im 4. Sa^^unbert in Sfjracien; ba« Sruc^ftücf bon 38 $agen (ber 9io-
toember unb ba« Gnbe be« üorl^erge^enben 3Jlonat«) §at fteben Sage mit $eiligennamen 46
befe^t, jtoei mit 9tamen au« bem 31%, brei au« ber allgemeinen Äirctye, jtoei bon ben
®oten (abgebru* bei 3Wai, Script, vet. nov. Collect, T.V. P. 1. p. 66—68; togl.
». b. ©abelen| unb 2oebe in tyrer 2lu«gabe be« Ulfilas, II, 1. p. XVII. sq., unb be*
fonber« bie lefjrreid^e SSergleid^ung mit bem ^agiologiföen %nf)<dt ber gried^. SKenäen bei
Xc^eli« a. a. D. 50
©c^on bebor folc^e Eintragungen c&riftlid&er geftnotijen in bie gorm be« römifc^en
Slalenber« üblxdt) tourben, gab e« iftrd^lic^e SSer^ei^niffe t>on ^eiligentagen, bie nad^ bem
Saturn ber ^eier georbnet toaren, o^ne in einen boQftänbigen Halenber eingetragen ju
fein, ©puren toon 93orfyanbenfein folc^er l^erjeic^niffe bon c^riftl. ©ebenftagen finben ftc^
Won bei $ertuflian De cor. mil. c. 13 (Habes tuos census, tuos fastos etc.) unb 66
bei Syriern (Ep. 37, 1, too auf 9lufgeic^nungen ber $obe«tage ber 9Märt^rer, bebuf«
commemoratio berfelben in ben ©ebeten ber fiirc^c ^ingetoiefen gu fein fd^eint). 2)o«
ältefte auf un« geiommene Serjeic^ni« biefer 9lrt ift ein römiföe« ani ber 3Ktttc be«
4. Sfl^untotö/ enthalten in bem föon gebauten c^ronograp^ifc^en ©ammeltoerl Dom
Safere 354. @« befte^t au« einer älufjä^lung römifc^er 93ifc^5fe (depositio episcopo- eo
718 Salettber, djriftlidjer
rum), jtoölf an ber fyaty, unb einer Sifie Don SRärtyrern für 24 Xage, in melier aud>
ein gtft (grifft, nämltcty ba3 feiner ©eburt, unb ein fjeft beä SßetruS, feine ©tutyfeier
am 22. gebr., aufgeführt ftnb ; alle übrigen jtnb 5Dtärttyrerfefte unb jtoar faft buretygängig
ein^eimifc^en UrforungS. Ob jenes ©eburtSfeft Gbrifti auf einer erft unmittelbar (im '
6 353) bur<$ $aj)ft SiberiuS erlaffenen Slnorbnung beruht, fobafe e$ tyier afö eine Gtuw
Neuerung aufträte (fo Ufener unb ifym folgenb SRüfyl, ßtyronol. ©. 92), läfet fid& be)ta>etl
bie Slnlage ber depositio episcoporum fd&eint bielmefyr bafür ju forec&en, bafc biefe
Natalitia Christi föon feit einiger 3eit, alfo feit bem ^ontifilat Sulm*' I. (geft 350),
in SRom gefeiert toorben toaren (f. %. X. ftun!, 2;&Q© 1899, IV, 608 f.). Ueber ben
10 Silberfömudf be3 $ilolalu$falenber$ unb feine toertoanbtfc^ftlid&en Schiebungen $u äbm
liefen alten »ilbtoerfen togl. ©tr$goto$fi a. a. D. — 9113 n^ftaltefte* falenbarifty*
iDenfmal ift ein ^eftoerjeidjnte ber Äirctye Don Äartfyago auf un$ gelomtnen, ttyddfö
S3ifc$öfe unb 2Jtärttyrer — jumeift eintyeimiföe SRamen — umfafct unb tootyl bem 6nbe
be£ 5., foäteftenS bem Anfang be3 6. ^a&rljunbertS angehört; f. ben Zt& bei 9Wabitton,
15 Vet. Analecta (18.62), III, 398—401 unb barauS bei ®gli, SDtartlpen unb ÜJtorfyro*
logien altctyriftlic^er 3*ü (3ü"$ 1887), too Dörfer auefy bie $epofttton jenes röm. 8a
lenberS fohrie ba$ lurje $eftoerjeic§ni3 ber ßalenbertafel be$ SPolemiuS ©ihm» abgebruefi
ftnb (©. 103—111; togl. and) 2. $)uc$e$ne, Les sources du martyrologe Hterony-
mien, in b. M&anges d'Archiol. et d'Histoire, t. V, 1885, p. 145 sq.). — 9fo$
20 ben leimartigen anfangen, toelcfce in biefen brei ©ebenfliften ^on 354, 448 unb + 500
und vorliegen, fyat [xd) bie balb ju reifer ^n^altSfüDe angetoacMene Äalenbarienlitteratur
be$ lateinitöen äbenblanbS enttotcfelt. Sotootyl beä martyrologifdjen tüte beä fonfttgen
tyagiologifdpen unb ^eortologiföen ©toffeä brängt jtc§ immer meljr inbieSifte berSRonafc
tage ein. infolge be$ regen 3}ertetyr3 ber Atrien miteinanber, inSbefonbere ber römifd&en
26 mit benjemgen 2lfrtfa$, ©t>anien$, ©oDienS, (SnglanbS k., finben neben ben eintyets
miföen $eiligennamen auc$ frembe in toac^fenber 3a$I aufnähme — bis bie &affl ge=
meinfam toeretyrter ^eiligen bie ber nur ^rotoin^ieH ober lolal gefeierten übertotegt unb
fctyliefclic^ lein Sag beS ga^re« bfyne einen ober mehrere angetyörige ^eilige bleibt. Übet
biefen @nttmdfelung$l>roäefi tourbe, unter teiltoeife anberem Oeftc^t^unft, fc^on in bem 8.
so Acta Martyrium (I, 143—145) ge^anbelt; bgl. bagu einerjeitö bie neueren aufd fogen.
Martyrolog. Hieronym. bezüglichen fritifc^en Unterfuc^ungen toon .§. Sichelte (in 8@®
9?& III, 3, 1899), anbererfeitö, toaS bie ßntloicfelung ber Äalenberlitteratur au$ na^
i^rer nic^ts^agiologtjc^en (^eortologifc^en unb fonftigen) ©itte angebt : $tyer, 3>er Urfjjrung
ber c^rtftl. Menbarien (^reufe. ©taat^fal. 1855), ©. 6; auefc Sert^eau, X. „gepe, fir^
86 Kc$e", in 33b III b. @nc., ©. 55,4r,ff.
3)ie mittelalterlichen ^alenbarien. 3)a urfprünglic^ bad ©ebä$tni3 ba
3)Järt^rer bome^mlid^ nur an bem Drt, too fte gelitten Ratten, gefeiert tourbe, fo ^atte
eigentlich jebe ©emeinbe i^r befonbereä geftoer^eic^ni^, alfo auef^ i^ren eigenen Kalenber.
Unb fo blieb e3 auc^ f^äter, afe ein mannigfacher Slu^taufd^ ber tarnen bon ftatten ging
40 unb in^befonbere im Slbenblanbe baö römifd^e geftDerjeid^ntö unb ßalenbarium ein )u-
nebmenbe^ 3ln(e^en erlangte: benn neben ben allgemein bere^rten ^eiligen fanben R^ in
ben einzelnen Sänbern unb 3Möcefen nic^t toenige ^eilige, bie nur einen lofalen Äultue
Ratten. — 3ur Sßermannigfaltigung be« Malenbertoefen^ trugen aber, abgefeiert tn>n
biefen Sefonberbeiten ber bagiologifc^en Irabition, noc^ anbere Umftänbe bei. ©o bie Der
46 Wiebenen Slrten ber Seftimmung be« 3a^r^^a"fan8^/ ^«wn & K* in^ Rotere 3Riüel=
alter hinein, ja^umlctl nod^barüber^inau^ nic^t toentger al^ fed^d gab: 1. ber Sirhtnt-
äijtonäftU, toeld^er (übereinftimmenb mit bem römifcty-juUamfd&en Äalenber) ba^ 3^r *m
1. Januar ober bem ^eft ber Seföneibung ßbrifti an regnete; 2. ber 3RärjftU, toeU^r
ben 1. 3Rär£ aU 9Jeujabr^tag bebanbelte (fo im meroiring. grantreic^, bei ben £ongo*
6obarben, in ber 9tet>ubli! SSencbig, eine fttxt lang aud^ bei ben Stoffen); 3. ber Stamm?
ciationSftil ober SWarienjabrftil, nac^ toelc^em ba^ %tft 9Jlariä 3Serfünbigung am 25. 9Rfii$
ben ga^re^anfang bilbet (eine guerft befonberö in gloreng unb $ifa üblic^ geworbene 8e*
red^nungdtoeife, bie t>on ba au$ in granfreid^, S)eutfc^lanb, Snglanb unb ^rlanb ein*
brang unb in ben beiben (erstgenannten Sänbern ftd? {ogar btö in^ 18. 3a^unbert bin:
66 ein behauptete); 4. ber baö Neujahr auf Oftern anfe$enbe ^ßafc^alftil, beliebt geworben
^umeift in ^ranfreic$ (ba^er stilus Francicus ober mos Gallicus), ober ouq anber-
toärtö ^ie unb ba angetoanbt, |\. 33. nod^ öon üaifer Äarl V. in feinen in ben Siteberianben
au^gefteüten Urtunben; 5. ber ©eptemberftil ober b^antinifc^e Stil, befte^enb in ber
3ä^lung ber ^a^reätage öom 1- ©e})tember an, toie biefelbe im oftrömift^en Steige feit
eo tönbe be^ 7. 3^r^unbert^ üblid^ tourbe unb fyier, fotoie bei ben Stuflen, bis in bie neuere
Salcitber, djriftfdjer 719
3cit- hinein ftc§ behauptete ; 6. ber 2Betynactyt& ober 9lativität«ftil, ber ben §a$re8anfana
mit Styrifti ©eburt jufammenfatten läfct, eine im farolingifäen $ranfceic$, bei ben Singet
fachen btö zum 3a^re 106G, in ©lanbinaVien, Ruften, Ungarn, teiltoeife auefy in oen
9Keberlanben, ber ©c^toeij k. beliebte 9tec$nung«toeije (vgl. überhaupt bie 2etyrbüc$er ber
CtynmoL, j. 35. ©. 23—42; Seift, Urfunbenletyre, ©. 224. 231—234 je). 6o femer bie 6
Vergebene SSJeife ber 2age«berec§nung ober Datierung, b. t). ber Bezeichnung
eine« beftimmten 2Jtonat«tag«. 3luc$ betreff« biefe« Problem« (äffen fic$ fünf ober gar
fec^d Verfd&iebene SRettyoben al« nebeneinanber gebräuchlich auftauen: 1. Die altrömiföe
Datierung«toeife naety Äalenben, tym unb %>nen; 2. bie grie#ifcfcc§riftlic$e 9Jtetyobe
be« Durdfoätylen« ber 9Konat«tage, toie fte je§t allgemein fyerrfd^t; 3. bie Consuetudo 10
Bononiensis, naety toelc^er in jebem STOonat etne erfte §älfte (mensis intrans) unb eine
atoeite (mensis exiens) untergeben unb bie Sage bann banaefy gejault tourben (näm*
li$ m. intrans Vortoärt« Vom 1. ab, im m. exiens rüdftoärt« Dom 30. ober 31. ab);
4. bie feltfam gelünftelte SKetfyobe be« Cisiojanus ober Cisianus beftetyenb in ber
Sertoenbung ber ©Üben getoiffer toiüfürli^ gebilbeter SKemorialvcrfe jur Bezeichnung ber 15
2Ronat«toge unb trofc ityrer äufcerften ©cfytoerfäQigfeit, ja ©innloftgfett, längere $eit $in*
burdjj fotootyl in Sßolen tote in 5Rorbbeutfd&lanb ficfy großer Beliebtheit erfreuenb; 5. bie
Sejek^nung be« lag« nac$ bem auf tyn faüenben gefte, fei e« mit fei e« o^ne §inju=
fü^ung be« SBocfyentagnamen« (vgl. and) ljierüber 9?ä$ere« bei Stüfjl, ©. 72—82 ; bei
Seift, ©. 106 ff.), eingreif enber no<$ al« biefe, befonber« am Urlunbentoefen be« ÜJISC. 20
tyre Vertoirrenbe unb erfc^toerenbc SBirfung betfyätigenben Differenzen fyat bie Verfcfciebene
Beregnung be« Dfterfefte« ba« Äalenbertoefen berührt. 3Cuf ber burc$ fte betoirlten
Btlbung eine« ©Aftern« betoeglic^er gefte, toelcfye« neben bem ber fijen ©ebenftage fyer*
ge^t unb ba«felbe vielfach bur^freujt, berufen bie eigentlichen £auptfötoierig!eiten, toorunter
ba« ©treben nac^* einheitlicher Siegelung be« c$riftlicfy=tirc$licfyen 3al?re«lauf« bi«fyer gelitten 25
fyat unb immer no$ leibet.
£eü« infolge biefe« vielfältig Vertoidfelten Gfyarafter« ber falenbariföen Probleme,
teil« toeil man bo$ gerabe firc^lid^er Äalenbarien allenthalben beburfte, ift bie mittel*
alterltctye Äalenberlitteratur zu beträchtlicher %üüt angcfdjtoollen unb ju einer toid^tigen
Duelle für bie ®efc$i$te be« Äultu« getoorben. 2ln groben felbftftänbig überlieferter so
Äalenber fe^It e« aUerbing« in ber Sitteratur be« frühen 9R31. (bi« jum 8. %atyc1).) noety
fe&r; Voc§ läfct fiefy biefer Mangel auf Verriebene SEBeife erfefcen, namentlich burd& bie
©ahamentarien, au« toelc^en bie betreffenben ^eftoerjeid^niffe ftc§ unmittelbar ergeben.
SSiele ber mittelalterlichen Äalenbarien ftnb publiziert; in noc$ größerer 3afyl jtnb fte
$anbfc$riftlic$ Vorfyanben, ba fefyr häufig ben §anbfd^riften liturgifc^er S3ü^>er, auc$ ben 86
^anbfe^riften ber Sibel, namentlich be« ^falter«, ein Äalenber toorgefefet ift. 3m a^-
gemeinen ftnb biefe Äalenbarien nid^t al« Calendaria propria für ein beftimmte« einzelne«
§a^r gefteüt, fonbern im ©inne eine« Cal. perpetuum, giltig für jebe«3atyr, be^anbelt.
©te pflegen jebod^ mit bem §ilf«mittel toerfetyen ju fein, um für jebe« Qafyx bie betoeg*
liefen g$fte, junäc^ft ba« Dfterbatum) abzuleiten : baburd^ unterfd^eiben fte ftc^ nämlicty 40
toon jenen älteften d&riftlicfyen Äalenbem, bafe fic nid^t allein bie Suc^ftaben A— G ftet«
toteberfe^renb mit bem 3lnfang vom 1. 3fl"ucn: für bie Serec^nung ber SBocfyentage ent-
galten, fonbern auc$ bie ftctyltn I-XIX jur Bezeichnung aller 9?eumonbe, bie jebe«mal
in bem fotoielten 3a^rc be« U) jährigen Gtyflu« an bemjenigen 3Konat«tage eintreffen,
toclctyem biefe $aty beigefe^t ift. (Sinen 3Ronat«falenber mit einem folcben 93u^ftaben* 46
unb Ra^lenberjetc^ni« nennt man einen unmertoäfyrenben (julianifc^en) Jtalcnber: benn
mittelft be«felben finbet man für jebe« beliebige ^afyr, fobalb man bejfen ©onntag«bud^s
ftaben nebft ber ßiffa; be« 19 jährigen Gtyflu« fennt, ben SBoc^entag jebe« Datum« unb
alle SReumonbe ba« %ai>x l^inburc^. 2lu« bem lederen folgt jogleic§ ba« Datum be«
f$fritylmg«tooDmonb«, unb barau«, nad^ Seftimmung feine« äBocbentag« mittelft be« ©onn- eo
tag«buc^ftaben«, ba« Datum be« Dfterfefte«. Anleitung ju folqer Serec^nung giebt fc^on
Seba« De ratione temporum, bie für viele Somputiften ber Jolgemt borbilbltA ge^
toorbene ctyronologifcfye Hauptarbeit be« früheren DJiittelalter«. SRidjt feiten ift auep ben
Äalenbern eine Cftertafel für eine Steige Von $atym beigefügt (vgl. Sßiper, Äarl« b. ©r.
Jlalenbarium u. Dftertafel k., ©. 93 ff., fotoie Serfd^ a. a. D., ©. 41 ff.).
SBJegen ber gried^ifd^en unb fla Viferen Äalenbarien Vgl. bie oben (Sitteratur,
5Rr. 3) angegebenen toidjtigften Duellen unb Drientierung«fc^riften. ©emeinfam ift allen
griecfcifcfc unb jlavifd^^ort^oboren Äird^en ba« geft^alten am ©eptemberftil (Vgl. oben),
0. f). bie ©röffnung i^re« firc^ltd^en 3a^re«lauf« mit bem 1. September. 3Son i^ren un*
betoeglid^en ^eften (fomaT Axinjroi) bezieht fic^ bie größte N3Jie^rza^l auf ^eilige unb w
720 ftalcnber, djrtfHtdjer
auf bie ©otteSmutter (bgl. baS 33erjeic$niS ber triftigeren biefer äylcov eograi unb
deoßirjTOQixal iogxai bei 9H$I, Gfyronol., ©. 99—102). 3U ^er Steige ber betoeglufcen
$efte (f. xivrjral) gehört ein leil ber ßfyriftuSfefte (deajtoxixal iogrcu); jte, fotrie bie
6 Sonntage beS ÄwtyenjaljreS, berteilen ftc$ über bie brei ©pochen ober g*ftgruW>en 1- be$
Tquoöiov (an^ebenb mit bem 10. ©onntage bor Dftem); 2. beS IlevT^xoGtdgiov (fi<$
erftrecfenb bon Dftern bis jum ©t^lufj ber jtoetten SBod^e nacty Sßfingften) unb 3. be*
'OxTdriyos ober Dltoi^oS (antyebenb mit bem 2. ©onntag nac$ $fmgften unb bis in
unfere dpit^amenjeit fyinem reic^enb). Sin eigentümlich ernfteS ®ej>räge getritmt ber griedfr.
Äirc^enfalcnber bur$ bie aafylreic^en ^aftenjeiten, befte^enb teils tn me^rtoö$ent(i$m 3«**
10 räumen teils in einzelnen Safttagen, freite er berjeicfynet. 9Son feinen bier „groften gajten"
gehören jtoei: bie fteben Sffiocfyen toäfyrenben $afftonS* ober Dfterfaften, unb bie 4 bis
5 toödjentlic^en Styoftelfaften, toelc^e jtcfc bom SWermärtyrerfeft (Sonntag naify SPfmgften)
bis jum 2äg ber Styoftelfürften $etruS unb SßauluS (29. ^uni) erftreefen, )u ben betoeg*
liefen gleiten, bie beiben anberen — SJlarienfaften bom 1.— 15. 2luguft, unb ÄbbentS*
16 faften bom 24. -Jtobember bis 24. ©ejember ju ben unbeweglichen (bgl. hierüber atufc 3^^
SlSf. u. 3Hönc$tum, ©. 302—305). betreffs einer äma^l ber tätigeren £errenfefte,
3Jlarien= unb Sfyofteltage befinbet ber Äalenber ber ©rieben ftc^ in Überetnftimmung mit
ben $)aten beS abenblänbifdpen ftalenberS. 50?c^r ober toeniger ftarle 2tbtoei<$ungen bom
festeren jeigt er in feiner Steuerung ber ^eiligen* unb 2Jtärtyrerfefle (f. überhaupt ben
20 Kommentar jum griedp. §eiligenlalenber bei 9iiDeS I, ©. 111—374). — SBeaen ber 3tt*
Weisungen ber Äalenber mehrerer -Kationalfircfcen beS DftenS bom biföantinifdj*grie<$iföen
Äirc^enjatyr bgl. üDtartinob unb 5MeS a. a. D. 93ci legerem ftnb im Sln^ang ju SJbl
Äalenbarien ber fatfyolifcfcumerten SRutyener, ber mel$itif$en ©tyrer unb ber niepkumerten
Serben abgebrudft, beSgleic^en im äfofyang au 93b II fird^l. geftberjeic^niffe ber Armenier,
25 Aorten, Gtyalbäer u. f. to. (betreffs beS ßeiligenfalenberS ber Äobten bgl. aueb baS [im*
botlenbet gebliebene] SBerf bon g. SBüftenfelb, Synaxarium, b. i. ©eiligenwlenber ber
foptiföen Triften, ©otya 1879). Über bie SJlenologien unb Äalenbarien ber Muffen
tyanbeln 3- ©• Slffemanni fotoie SBerfcfyinSfi, §abSfi, SRartinob 2c. a. a. D.
93on ben Aalenbern beS StbenblanbeS ftnb gegen baS @nbe beS ßeüalterS ber
30 Jtreujgüge toeitauS bie meiften lateinifety abgefaßt (f. baS 93er$etcfyniS bon ungefähr 40 ber*
felben bei ^otttyaft2, I, G95— 697). einige ber triftigeren, toelctyen bisher etngefcnbere
Sebeutung $u Seil getoorben, feien fyier tyerborgefyoben. ©o junäc^ft baS alte ge&
berjeic^niS (o^ne bollftänbigen 3KonatSfaIenber) auSSRom, toelc^eS aus ber $ät ber$äj)jlc
©regor II. ober ©regor III. ^errü^rt, bemerfenStoert toegen feiner Slngabe ber römifc^en
86 Stationen (f oloeit barin bie fjefte gefeiert tourben) unb ber ebangelifegen fieftionen ; ti
tourbe auS einer mit ©olb gefd^riebenen ^anbfd^rift beS JtloftetS ber ©enobefa )u $arid
herausgegeben bon gronto, Par. 1652 (barauS bann in beffen Epistolae et Dieser-
tationes ecclesiasticae, Veron. 1733, 8°, p. 107 — 233). ©obann ber flalenber,
loeld^er nebft Oftertafel am ©c^lufe ber ©bangelien^anbfc^rift ftd^ befinbet, bie auf 8efe$l
40 ÄarlS b. ©r. burc^ ©obeSfcalc im ^afyre 781 angefertigt ift, herausgegeben auS einer
ßbf. beS 2oubre unb erläutert bon %. $tyer a. a. D. („ÄarlS b. ®r. Äalenbarium k",
Serlin 1858); beSgl. ein auS Sujeuil ftammenber Äalenber bom 6nbe beS 7. ^cäj/df. er»
galten in einer Gorbetyer ^bf. unb bon $tyer erläutert ebenbaf. ©. 60 ff. (too no<^ ber-
W^iebene anbere Äalenbanen auS ber 3e^ ^ar^ *>• ®r- nad(fgeh)iefen ftnb: ©. 75 ff.).
46 gerner ein marmorner Menber auS 3?eaJ>el, ber jtoifd^en 840 unb 850 bureb StfdW
^ofyanneS IV. angeorbnet unb in ber Äirc^e ©t. ©iobanni maggiore aufgeteilt ift, too er
im 3^re 1742 gefunben tourbe; herausgegeben bon 2Ka^oc^i, In vetus marmoreum
S. Neapolit. ecclesiae Kalendarium Commentarius, Neapoli 1744, 3Sbe,4° unb glefa^
jeitig bon b'älnfora, II vetusto Calendario Napoletano con varie note illustrato,
so Napoli 1744, 9 $eile 4°, bon benen ber erftere nur bie fec^S erften, ber anbere bie neun
erften SWonate lommentiert ^at (ben lejt giebt auc§ äng. SJlai, Script, vet. nov. Cd-
lect. Vol. p. 58 — 65, fotoie neuerbingS 33. Gajjaffo in ben Monum. ad Neapolit
Ducatus hist. speetantia, I, 1881, p. 335—339). SinS ber triftigeren ftalenborien
beS 11.3a^unbertS ift baS beS »iföofs ©unbefar IL bon ©efttätt (1057— 1079),
66 toorüber jüngft $irfc^mann in ben Anal. Boll. 1898, p. 393 ff. getyanbelt ^at fttendvi)
^o^en SllterS unb überhaupt in me^rfa^er ^inftc^t intereffant ftnb bie bon SL Seiner
nä^er befc^riebenen Jtalenbarien auS 33aiern, ©c^toaben unb ^ran!en; fo eins auS grei*
fing bom ©nbe beS 10. ^a^unbertS; ein ©aljburger auS Saec. 11, ein 9tegenSbusoer
aus bem 12. ^a^unbert, ein ^affauer unb ein SlugSburger, beibe auS bem 13. 3«^
eo tyunbert (bgl. Sta^ingerS Sngeige b. 2ec§nerfc$en SBerlS in ÄriegS Sitt. 9lunbf(^au 1892,
ftalcttbtr, djriftltdjer 721
9lt. 1). — »Ricfyt in Söorten, fonbern in 3^™ abgefafet ift ba« lalenbarifctye 3Dtartyro*
togtum, töetd^ed 18G2 toon 5JJi^er au« ber (8 %af)Tt fräter beim ©trafeburger 33ibIiot$ef«*
branbe untergegangenen) §anbfcfyrift be« Hortus deliciarum ber §errab toon 2anb«=
perg Dom Igagre 1175 herausgegeben tourbe (in: „35ie Äalenbarien unb 9JlartyroQL ber
Slngelfad&fen 2c. f. o.). 5
©egen ben 2lu«gang be« Mittelalter« begegnen in toadjfenber Rafy Übertragungen
be« Vß ba^tn faft burctygängtg lateinifcty abgefaßten Äalenber« in bie Sanbe3fyra<$en. 9cur
hn Ängelfäc$ftfd&en finbet fug föon bor 3(6lauf be« 10. Sa^unbert« ein metrtföe« fta=
Icnbarium, h>elc$e^ jum Schluß auf bie Autorität be« Äönig« ber©adjfen ftc$ beruft, ber
bie 9ea$tung biefer gefreiten in Britannien gebietet (mitgeteilt au« einer cottoniamfcfyen 10
§bf. bon$idfefw«; f otoie neuerbing« toon ©rein, and) einzeln bon SBoutertoel, Calendcwide
i. e. Menologium ecclesiae anglosaxonicae poeticum, ©üterslo^ 1857; erläutert
au$ bon$Ptyer in ber gebauten ©etyrift über bie Jtalenbarien ber 2tngelfa<bfen, ©. 55 ff.).
Xu« bem 13. 3a$rfyunbert befinbet ftc$ ein frangöftfe^er Äalenber in ber t. Sibliot^e! ju
$ari« (Anc. cat. 194 f. ^JJari«, Les mss. franc, de la bibl. du roi T. VI p. 165 15
n. 7190). 35eutfcfye Jtalenber fommen nic^t bor bem 14. Satyrfyunbert bor, au« toelcfcem
eine gange Slnga^l erhalten ift: namentlich einer in ber f. S3ibliottyef ju Berlin (Libr.
pictur. A. 92), brei in ber f. S3ibliotfyef gu SBien (#offmann, SSerjeid^n. ber altb. $bf.
ber !. £ofbibl. au SBien, ©. 272. 353), einer in ber Unto.4Btbliofyef m (Sieben (2Beiganb
m ^aupt« 3b3l, 33b VI, ©. 484), einer in ber f. »ibliotyef 311 Srüffel (ffiarjöe, Rech. 20
bibl. sur les Almanachs Beiges p. 174 n. 5), einer in ber f. 39ibliotfyef ju Äopen«
bagen (ber lefcte, au« ber ©egenb be« SKittelrfyein«, herausgegeben toon ßiliencron in
#ain>t« 3tfd&r. a. a. D. ©. 349—369). — 3)ie fyanbfc&riftlic^en Äalenbarien ftnb tyäuftg
mit 2RiniaturmaIereien gefcfymüdft, unb gtoar ftnb gang geh)öfynlic$ bie entfbrecfyenben $ier=
fretebilber ben Monaten beigefefct; nicfyt feiten ftnb beren 93ef$äftigungen borgefteüt, 25
(anblicke unb $äu«licbe arbeiten ober 3«ftänbe, toie fte tebem d&arafteriftifö ftnb, — aber
au$ ßreigniffe ber ebangeliföen ©efd&id&te, fohrie bie Stooftel unb anbere ^eilige, bie in
ben jebe«maligen 3Ronat fallen. §auj)tbenfmäler biefer Slrt au« bem ßnbe be« 15. ^a^x-
fyunbert« fmb ba« ©ebetbud^ ber Snna toon Bretagne, ©emafylin Subtmg« XII., in ber
Biblioth. nat. ju^ari«, unb ein ©ebetbuefy in ber 93ibliotfyef be«91rfenal« bafelbft Oßtyer, ao
Sfytyologie u. ©tymbol. 2c. I, 2, ©. 288 ; 23 f. 230. 383).
Unter ©intoirfung ber im 15. 3SGW)unbert erfunbenen 93u$brucferfunft erfuhr
ba« Äalenbertoefen felbftoerftänblid^ hnd&tige gortbilbungen. £>o<& traten biefe nic^t mit
einemmale fonbern nur fe^r aHmätylicfy ju Sage. £>ie erften gebrudftcn Äalenber ^aben
E( bie ßinric^tung ber ^anbfd^riftlid^en unb ftnb gleich biefen nod^ allgemein, für jebe« 30
r }Hxf[enb, au«gefteüt. 3)ie frü^eften ftnb in §olg gefd^nitten unb inÄu^fer geftoc^en.
5talenber be3 3°^anne^ be©amunbia, too nur ber 5Wonbumfang ^ingugefommen, ift
n«6fi ber monatlichen läge«- unb 5Jac^tlänge (Dorn 3. 1439 an) in $oIg gefc^nitten um
1458, neuerbing« mtttelft be«felbcn ^olgftoc!«, ber nod^ toorfyanben ift, toteber^olt bei
»ecler, #oljfön. alter beutfd^er 3Jleifter, ©ot^a 1810, ßiefr. II, Rl A, »1.17 (bgl. 40
gaKenftem, ©efc^. ber Suc^brudfertunft, ©. 53 f.). £>er Äalenber be« ©anbro äJotttcelli
bom %atyct 1465 erfcfyien in Äufferftid^ mit einer golge bon $laneten=331ättern, bie boll-
fldnbig im britifc^en SRufeum fid^ finbet (ba« erfte SBIatt mit bem Äalenber aud^ im
l Äupferfticfylabinet ju Serltn). — darauf erfolgt ber erfte $)rucf eine« Äalenber« für
beftimmte 3a^re nad) ber ^Bearbeitung be« 3ol;anne« Slegiomontanu« ju -Jlümberg im 46
3a^re 1475, eine beutfetye unb eine lateinifd^e 3lu«gabe, unb oft toieber^olt (togl. Äalten=
brunner, aSorgefc^id^te :c. ©. 86) : ber Äalenber ift nämlid^ unmittelbar für bie %af}tt
1475, 1494 unb 1513, al« bie erften 3«^** «ner breimaligen 19jä$rigen ^eriobe, ge=
fkettt, boc$ fo, baft barau« bie Qata für bie übrigen 3^re berfelben abgeleitet toerben
fönnen, alfo reicht er bon 1475—1531. 2tber biefe ©toejialijterung bejie^t ftc^ nur auf 00
ben aftronomifd^en Seftanbtetl, auf Seftimmungen für sJWonb unb ©onne; ber Äirctyen*
lalenber ift noc^ in feiner Slllgemeinbeit verblieben: er enthält mithin aufeer ben SBucfc
paben A— G für ben 2Boc§enfrei« nur bie §eiligcnnamen unb jtoar nad^ älterer SBeife
an einer befcfyränften 3a^ öon 2^g«n, nidjt aber bie Ginteilung in SBocfycn unb bie be^
toeglicben fjefte. — ©0 behalten aud^ nod& bie erften eigenltd^en 9SolI«falenber bie frühere 66
Einrichtung bei, bie jeboc^ faft an allen 2ägen mit ^eiligen befe|t ftnb ; fo in ben
Äalenbern t>on 31ug«burg 1481, 1483, 1495, @rfurt 1505 unb 3üric^ 1508. 6rft
nac^ SWitte be« 16. Safafyunbert« fommen fialenber für ein befttmmte« 3^^r, nämltd^ mit
bemfelben angepaßter SÖoc^ens unb geftorbnung, ju allgemeinerem ©ebraud^. 3n *>ens
fetten toar famt ben übrigen beweglichen geften, tüte fte jä^rlic^ berfc^ieben eintreffen, (>o
Real»«nc»)riopäble für ^Jjtologtc unb fllräc. 3. W. IX. 45
722 fialenber, tfjrifüitfjer
aucty ba« Dfterfcft aufgejeid&net. Slber bie 3Retfyobe, nac§ ber ba«felbe beregnet tourbe,
fyatte ftc§ längft al« unjureid&enb ertoiefen unb bie SBefeitigung ber infolge babon em=
getretenen 3rrungen toar ju einer ber bringenbften Aufgaben geworben, toddjt bie mit ber
5teformation«et)oc§e anfyebenbe neuere $eit avß bem SKittelalter überldm.
6 %üx bie Beobachtung be« Dfterfefte« toar nämlicty in ber alqranbriföen fttrc$e feit
ber fctoeiten #älfte be« 3. Safyrljunbert« bie Siegel angenommen, unb Don bem 3ticänif($en
Äonjil, inbem e« biefer ffhrctye bie Berechnung be« Dfterfefte« übertrug, ftittfötoeigenb be*
ftätigt toorben: bajj ba«felbe anheften fei am (Sonntag nac$ bem 3ftü£ling«bottmonb,
b. ty. bemjenigen, ber am Säge ber gritylingSnadfjtgleic^e felbft ober junäc^ft naä} ber-
lofelben eintrifft; unb afö Datum biefer SRac^tgleic^e fei ber 21.2Rär$ feftjufytften, ber Soll*
monb aber nac§ einem 19 jährigen ßtyflu« ju beregnen. 35iefe Siegel unb 9tecfcnung&
metfyobe fanb in ber praftifdp nü$lid&en 3lu«geftaltung, toelc^e $ßatriari# Gtyrill (gefl 444)
ifyr gegeben fyatte,. auf Setrieb be« 9lbt« 2)iontyftu« ©jiguu« feit 525 in ber römtfc^cn
Äirdfje aufnähme (bgl. £. adelte im betr. 31, 93b IV, 697, 21 ff.), ging bon ba bi« gegen
16 @nbe be« 6. ^afyrfyunbert« in ben ©ebraud) be« übrigen Italien« unb ©allienS über,
fanb bemnäc&ft burety 3ftboru« §i«j)alenft« — otyne änfnityfung an bie $üm$tf$e
Vorarbeit (bgl. ^beler, #anbb. :c. II; Ärufdfj, Stubien jur c$riftl.=mittelalterl. ß^ronoL,
Seipjig 1880; mitijl, Chronologie S. 131) — in Spanien (Singang unb tourbe bur$
93eba feit 729 ben angelfädfjftfd&en Ätrd&en übermittelt (Ä. SBerner, Seba b. (S^rtoürbige,
20 S. 132 ff.).
aber bie alejanbrinifd&e SKet^obc litt an jtoei grellem, bie im Saufe ber 3«ten nic^t
berborgen bleiben fonnten. Srften« inbem fte bie 3ftil?ling«nac£tgleic&e am 21. Wy
annahm, fölofc fte ftety an bie julianifcfye ^a^rform unb Scfyaltorbnung an, toonaefc bie
Sänge be« 3afre^ Ju 365' /4 Jagen angenommen, bemna^ alle bier 3^e ein 2äg eim
26 gehaltet tourbe. 2)a« %af)x ift aber in ber SBirflicfyfeit um mefyr al« elf ^Minuten
Heiner, toa« alle 128 $$** einen lag au«mad&t, ber alfo ju biel eingefc^altet tourbe.
^toeiten« natym fte, inbem fie ben gr^ling«bollmonb na$ bem 19 jährigen Gtyflu« bim
235 SJtonaten beregnete, bie Summe biefer ÜRonate m 19x365\'4 — 6939»; 4 Sagen an.
2lber biefer Styflu« bon 3Honaten ift in ber SBirflidftfeit um metyr al« eine Stunbe tür^er,
so toa« ettoa alle 210 3al?re einen Jag ausmacht, um ben alfo ber SSollmonb ju fpdt an
gefegt tourbe. So toar benn eine Slec^nung, bie im c^riftlic^en ältertum mit bem^immd,
ba« fyei|t mit bem ©onnenjafyr unb ber 5Ölonb})^afe, geftimmt fyatte, im 13. 3abr^unbert
längft nidfjt me^r richtig. 2lber erft in biefem tourbe man auf bie geiler aufmerffam:
ben 3Benbe})unft bejeidjnen afö erfte Vorläufer ber Äalenberreformation ber 6omj)utul
36 be^ SJtagifter ß^onrab toom 3a^re l200 (nur 'n ^ner Überarbeitung öom %afyct 1396
in einer Sötener §bfc§r. erhalten ; nac^getoiefen bon Äaltenbrunner, 33orgef$ic$te ic. 6. 7ff.)f
unb ber (SomputuS eine« Ungenannten bom 3a^re 1223, ber größtenteils bei SSincentutf
Sellobacenft« erhalten ift; toorauf biefe^rage im Slbenblanbe ein fte^enber Slrtifel toutbe.
Sotoo^l 3o^. be SacroSufto (De anni ratione, ca. 1250) toie SJoger Saco (in einem
40 an ^Papft ßlemen« IV. gefanbten Jraftat De reformatione Calendarii, ber in 9totn
noc^ ^anbfd^riftlic^ toorfyanben fein foll — t>gl. SSootyoufe, Enc. Brit. 1. c, p. 671) —
^aben ftc^ mit tyr befebäftigt. — 2luc^ bei ben ©rieben fam ba« Problem gur ©pra^e:
ber 9Könc^ Sfaa! SlrgtyroS fc^rieb im $atyz 1272 über bie Sonnen* unb SRonbc^ßen
unb toaä bamit jufammen^ängt, toorin er einen eigenen 2lbfcfynitt bot (c. 16): xegi n/s
46 rov Tido^a dioQ&(t)oecog, a^iwg, negi zrjg rov xavoviov owalsgoxrjtoc: (bei Petav.,
Uranolog. p. 204 sq.). 3m 15. Sfl^unbert fam bie 33erbefferung be« Äalenber« au*
auf ben grofeen Äonjilien be« 2lbenblanbc« in Anregung. Sin ba« Äoftni^er ftonjil (1414)
richtete $eter VWäty feine Exhortatio super kalendarii correctione; unb bem
93a«ler Äonjil legte 3Jifolau« bon 6ufa im 3^^re 1436 feine Tractatus de repara-
60tione calendarii bor (in feinem Opp. Basil. 1565 fol., p. 1155—1167). Setbe b*
ieiebnen ben 3uPan^ ^ Ralenber« al« ein fd^toere« 2irgemi« ber ßirctye, bem unberjäg*
lic^ Slb^ilfe gerafft toerben toerben muffe. I)er leitete fc^lug bor, im 5jOfyct 1439
bie 33erbefferung eintreten ju laffen (f. überhaupt Äaltenbrunner a. a. C.; Serjd»,
S.78ff.).
56 5Der ©r egorianif^e Äalenber. @rft burc^ ^atft ©regor XIII. (1572 W
85) tourbe, in @emäj#eit eine« bom 3:ribcntinifc^en Äongil gefaxten Sefc^luffe« bie boc^
nottoenbig getoorbene SReform jur 3lu«fül>rung gebraut. 35en $lan $u berfelben, to«
\l)n ber falabrefifäe 3lftronom Slloigi Sigli (Aloysius Lilius) in feinem Compendium
novae rationis restituendi calendarium enttoorfen ^atte, liefe ©regor bur<$ eine
«i 1577 ju töom niebergefe^te Äommiffion feftfteUen. ffiorauf er burd^ bie 9uDe wm
ftalettber, rijrtftltrijer 723
24. gcbruar 1582 biefen berbefferten Äalenber, ben nacfy tym benannten ©regorianiföen,
einführte.
Der gtotd ber SBerbefferung ging bafyin, einesteils bie Siegulierung beS DfterfefteS
in Sejie^ung auf ben Sonnen* unb -Ötonblauf, alfo bie Sa^rform unb bcn ÜRonbctytluS
toieber auf ben Stanb jur $6t unb nad? ber Slbflcfyt beS nicänifäen ÄonjilS aurücf jufütyren ; 5
anbernteilS burc^ Serbefferung berfelben aucfy für bie 3^"^ ^Ic SSerfcfciebung oer gfrüfc
(ing^na^tgletc^e unb beS gftüfylingSbolImonbS $u bereuten, gn erfterer Segie^ung, um bie
grö#tngSnac$tgleic§e auf ben 21. 2Rärj äurüdjufüfyren, tourbe beftimmt, bafe 10 3äge
ax& bem Äalenber toegf allen unb jtoar auf ben 4. Ottober ber 15. folgen foQe; ferner
tmixben jur Berichtigung beS grüfylingSmonbS in bem 3RonbctyfluS bie Sieumonbe um 10
3 läge $urücfgefe$t, unb jtoar in bem erften fo berichtigten Satyr beS GtyfluS ber erfte
3Reumonb bom 3. Januar auf ben bortyergetyenben 31. ©ejember. Sobann tourbe, um
bieg 3SertyältniS $u feieren, fioax bie julianifcfye Sctyaltocbnung unb ber 19 jährige 3Ronb*
cty&uä jebeSmal ein ^atyrtyunbert fyinburcfy beibehalten; aber für jebeS Säfularjatyr eine
ßorreftton angeorbnet in ber 3lrtf bafe ber Schalttag in 1 3atyrtyunberten breimal toeg* is
gelaffen, unb bafe ber Sieumonb in 25 ^abrfyunberten achtmal (nämluty ftebenmal nacty je
300 Satyren un*> *>a$ actytemal nacty 400 Siatyren) um einen ^tag jurüdfgefefct toerbe. 3ur
©untyfütyrung biefer Äorreftion im ÜRonbctyfluS ttmrbe bie Sfyaftenrectynung, b. ty. bie *e-
re$nung nadp bem 2Uter, toelctyeS ber SRonb am erften Januar fyat, gemäfe bem burcty jenen
2igli aufgeteilten StyfluS (Cycl. Lilianus) eingeführt. ausführliche Stedjenfctyaft unb 20
Anleitung tourbe Don einem SRitgliebe jener Äommiffion, bem beutfctyen 3efuiten Gtyriftopfy
@$lüffel (Clavius) aus Bamberg (geft. 1612), in ber obengenannten auf SBefetyl Gie-
men* VIII. 1603 veröffentlichten Explicatio gegeben.
3jn ben lattyolifctyen Staaten fanb biefe päpftlictye Äalenberberbefferung teils fofortigen
@ütgang, teils tourbe fte nacty Verlauf einiger ^atyre anerfamtt unb eingeführt; fo Don 2:»
«aifer SKubolf IL unb ben fattyolifctyen 9leictySftänben 2)eutfölanbS feit 1583, bejto. 1584.
Dagegen erflärten bie ebangelifcfyen Stänbe ftcty gegen biefe Sieformation; einesteils toeil
fie toon SRorn fam unb ber $aj>ft bei ber (Sinfütyrung berfelben bie gormel mandamus
gebraust tyatte, toogegen man auf ebangelifctyer (Seite baS politifctye unb ttrctylictye SRectyt auf
ben Äalenber toatyren toollte ; anbernteite toeil ber neue Äalenber aud? nictyt genau mit so
bera §tmmel übereinftimmte. 2)ie getyler *>** ©regorianifctyen 93ere<$nung (bgl. Serfcfy
a. a. D. S. 158 f.) erlannte fctyon fofort nacty bem Sefannttoerben im §abre 1582 ber
^immelSlunbige Sanbgraf SSityelm IV. »on §effen^affcl. 2)er $um GatoiniSmuS über=
getretene ^i^ilologe ^ofe^ 3;uftuS Scaliger loarnte toieber^olt feine ©laubenägenoffen
unb bie gelehrte ÜÖclt über^aut>t öor bem mi^glüctten päpftli$en SSerbcff erungStoerf uc^e ; fo 35
Won in bem für bie neuere Chronologie ^orföung babnbred?enben ffierfe Deemenda-
tione temporum, ^iariS 1582, fpäter in f. Elenchus et castigatio anni Gregoriani,
1595, unb f. Thesaurus temporum, 1606). (Gegenüber fomofyl biefem gemaltigen
^auptgegner toie anberen Äritüern, namentlich aucfy bem lübinger 5Wat^emati!er 3JläfÖin
(Äe^lerS Se^rer, geft. 1631), mußten bie päpftlicfyen 9lftronomen i^r SBerf in ja^lreic^en Streik 40
fünften berteibigen (f. bef. bie t>on 6la»iu$, gejammelt in 93b V feiner Opera mathe-
matica, 5Kainj 1612). — Seit bem 2lu$gang be$ 16. 3«^unbertS beftanb alfo in
2)eutfc§lanb neben bem gregorianifd^en Äalenbcr ber alte julianifc^e, bie als neuer unb
alter Stil untertrieben tourbcn; mc^alb unter ben beiberfeitigen StcligionSparteien alle
betoeglic^en gefte in ber Siegel belieben unb in ber Datierung ber SRonatStage bie 2ln= 46
ganger bcS neuen Stils benen beS alten (bis ^um 2lblauf beS 17. 3a^unb«tS) um
10 läge DorauS toaren. Selbft&erftänblicfy führte biefer d^ronologif^e ä^^iP^*/ Sumal
in ben Territorien mit gemixter Sebölferung, grofee Übelftänbe gerbet. Um benfelben
pt begegnen, entfd^loffen fiefy bie eüangclijc^en Stänbe Deutjd^lanbS jur feinfü^rung eines
britten, fotoo^l bom gregorianifc^en mie bom julianijd^en betriebenen ÄalenberS, toelc^er 50
als „berbefferter .Halenber" (auf ©runb eines reic^Sftänbigen Sefc^lufjeS bom 23. Se^t.
1699) mit bem %al)xc 1700 in ©eltung trat. 2)arin tarnen fte in ber 3d*re$mmfl
mit bem gregorianiföen .Halenber überein, inbem man, um bie JrüfylingSnadjjtgleictye eben-
faflS auf ben 21. sJWä^ jurüd^ubringen, im ^a^re 1700 elf Xage ausliefe, unb jtoar
auf ben 18. gfebruar ben 1. üHära folgen liefe. 2)ie >veftrec^nung aber, befd^loffen fte, 56
foüte h>eber nadj bem im julianifc^en Äalcnber angenommenen biontyftanifdjen, biel weniger
nac^ bem gregorianifdjen (SbfluS, fonbern nac^ bem aftronomifdjen GalculuS eingerichtet
toerben. Unb ba cS fic^ nod; fragte, toelcfye tafeln unb toelc^er SKeribian ber aftrono-
mifc^en Serec^nung $u ©runbe gelegt toerben follten, fo erging unter bem 20. Januar
1700 ber SBefctylufe: cS follc bie $t\t ber ^rü^lingSnac^tgleic^c fomie ber ma^re Dfter= m
16*
724 ftnlenber, ^riftlidjer
boHmonb beregnet toerben na# bem 2Reribian bon Uraniborg (ber berühmten ©terntoartc
X\)d)o SBrafye« auf ber l^nfel §been) unb bi« auf tücitcred naety ben bi«£er faft burtfc
gebend gebrausten rubofyfyinifctyen tafeln Kepler«.
2)ie prinzipielle 93erf#iebenl?eit atoifcfyen biefer neuen 33erec&nung«h>rife unb ber gre*
6 gorianifetyen tourbe für« erfte nic^t bemerkbar, ba in ber Siegel au« ber aftronomif($en
Serecfynung ba«felbe Dfterbatum fyerborging tote avß ber gregorianifcfcctyHiföen. (Sin
Unterfctyieb im Dfterbatum ergab ftcfy juerft im Sa^re 1724, in toelctyem ba« gefi na<$
ber festeren auf ben 16. 2lpril, naety ber erfteren auf ben 9. 2IpriI traf. Die (Sbange^
Uferen blieben natürlich bei bem ben ©runbfäfcen tyrer geftrec^nung entfpre^enben Öfter-
10 batum fielen. Die« führte aber ju gefährlichen SSertoicfelungen, ba bie Äattyolifd&en teegen
ber Übereinftimmung beiber Äalenber feit 1700 in bem 2Rifjberftänbm« befangen toaren,
al« feien bie (Sbangeliföen (im 3- 1699) bem gregorianifäen Äalenber beigetreten; fo
bafe jenen ba« Sefyarrm ber ©bangdiföen bei ber ifynen eigenen Dfterrecfcnung al« einseitige
Neuerung erfcfyien. 9lamentlicfy tarn e« auf bem 9teicfy«tammergeric§t toegen ber boppelten
16 gerien, bie infolge biefer Differenz toieber Ratten eintreten muffen, Don bem fatyolif($en
Seil aber nietyt anerfannt tourben, ju ben ärgerlichen Auftritten unb $u fcfctoerer Ste
brofyung ber ebangelifctyen Slffefforen , aud? in fatfyolifcfy regierten Territorien ju Sebrüchmg
unb Verfolgung ber ^roteftanten, namentlich in ber $falj, too ber Äurfürft feine refor*
mierten Untertanen notigte, Dftern gleichzeitig mit ben Äaüjolifen ju feiern, bem gegen?
20 über ber Äönig bon ^reufcen mit ^Hepreffalien gegen feine fatfyolifcgen Untertanen ein*
fdfjritt. hingegen ba« näcfyftemal, al« eine folctye SDifferenj ftc$ ereignete, im Safere 1744,
fam e« auf bem 3leicfy«tage unter Beobachtung ber Rarität ju einer SSerftänbigung.
©nblicty, al« im %ctyxt 1788 bie Differenz auf« neue beborftanb, befeitigte ba« Corpus
Evangelicorum biefelbe burety Verlegung be« Dfterfefte«, tooju al« ©runb biente, um
25 ba« 3ufamme"^cffen mit bem jübifcfyen ^Saffa^feft ju bermeiben, — ein 9Wotib, toel<$e$
auf einer fallen Sluffaffung einer SInorbnung be« Siicänifctyen Äonjil« beruht. 3uöM
fam bei biefer Gelegenheit bie §auptfalenberbifferenj in (Srtoägung. S« tourbe berfetten,
fyauptfäctylicfy toeil fte für §anbel unb SBanbel unbequem toar, auf Vorfd^lag ^riebric^« b. ®r.
bon bem Corpus Evangelicorum baburety ein ©nbe gemacht, bafe biefe« tm %atjtt 1775
so ben im 3al?re 1699 errichteten berbefferten Äalenber toieber aufhob unb ba« Ofterfeft
famt ben babon abhängigen beweglichen gefttagen gleichzeitig mit ben fau)oIif$en 9tet<$&
ftänben (alfo naefy ber gregorianifcfcctyflifcfyen Söerectynung) ju feiern befdjlofc. 9hir öer-
langte man für ben neuen gemeinfamen Äalenber einen entfprectyenben 9lamen. 2)a$a
tourbe im folgenben 3a^r ber neue Äalenber unter bem tarnen eine« „allgemeinen SRei^fc
85 falenber«" im beutfetyen Steicty al« allgemein berbinblic^ eingeführt. — Übrigen« tyd bie*
felbe Differenz bon ac§t Sagen jtoiföen bem aftronomifefc unb bem ctytlif$*bere$nettn
Saturn be« Dfterfefte« feitbem ft$ toieber^olt in ben ^ai^ren 1798, 1818, 1825, 1845:
ba« Internal traf Dftern naefy ber Äird&enrecfynung auf ben 23. ÜRärj, toetyrenb e« notf
ber aftronomifetyen SBatyrfyeit am 30. -Dlär^ fyätte angefe|t toerben muffen, ©iefe 8fc
40 meid^ung ^at me^rfac^ in ben genannten %afyxm ju Sebcnfen unb 3*beifeln über We
SRidfjtigfeit be« Dfterbatum« geführt (f. barüber: ^i^er, ©efd^ic^te be« Dfterfefte« feit ba
Äalenbcrreformation, juv Beurteilung ber toiber ba« bie«jä^rige Dfterbatum er^obawn
^tocifel, 33crlinl845; bgl. auc^ Serfö, ©• H8f.)-
6inc rabifale Slbfyilfe toürbe ber auf biefem Umftanb beru^enben ©c^toierigteit, fo^
4r, tüte no$ anberen au« ber Setoeglic^teit be« Dfterbatum« entfpringenben 9{otftanben unb
Serlegenbeiten ^u teil toerben, toenn ein neuerbing« im Ärei« ber &ir$enregierunaen bö
})roteftantifc^en 3)eutfd^lanb mehrfach in 6rh)ägung genommene« $rojeft, ba« auf nu^
©eringere« al« puf Umlranblung ber c^riftlic^en Dfterfeier au« einem betoeglic^en in «in
unbewegliche« geft abhielt, ^ur Siertoirtlic^ung gelangte. Die (£ifenac$er @bang. Äirc^enlon^
60 feren^ ^at im ^uni b. §. 1900 fic^ mtt ber grage befc^äftigt, freiließ o^ne biefelbe über b»
Stabtum bloßer "^orberatungen ^inau«^ufü^ren. Senior Se^rmann au« Hamburg, al«9teffraU
über ben ®egenftanb, fpra^ ftc^ bafytn au«, bafe bie bielfac^ beränbertc ©eftaltung bee
öffentlichen Seben« eine folcfye geftlegung be« Dfterfefte« in ber %i)at h)ünfc^en«toert erf($eincn
laffe, loä^renb prin^ielle S3ebenfen ebangclifc^erfeit« nic^t bagegen beftünben(V). Dieftw»
66 ferenj pflichtete biefer 3luffaffung bei. Sic fprac^ bafyer einmütig au«, ba| jte, geleitet
bon bem Söunfc^e, bem ebangelifcfyen siJol!c angeftd^t« ber beränberten Ser^cUtmffe be*
öffentlichen Seben« bie 2Jlöglid?feit einer ungeftörten Dfterfeier m erhalten, bie gepiegwig
be« Dfterfefte« auf einen Sonntag gegen (Snbe 5Kärj ober anfang« SprU fc^on je$i fär
5h?cc!mäfeig erfläre. 9iorau«gefe^t bie Uebereinftimmung mit ben übrigen c^riftlic^en Slaty*
eo fönnc felbftberftönblic^ bie Durchführung nur bann erfolgen, toenn bie barauf abjidenbc
Äalwber, tfjriftlttfjfr 725
SKaßregel toon ©eiten bcr ftaotlid^en ^Regierungen getroffen toerbe (fcgl. bie betr. Senate in
ben fird&l. Organen, j. 93. SHESti?}. 1900, ©. 684).
Der ebangelifcfye §eiligenlalenber. Die fyiei* bargefteHte Sieform be$
ÄalenberS betraf allein ben cfyronologiföen Seftanbteil bleiben ; unberührt bon xf)x blieb
baä feinen fraktionellen ctyriftlictyen Snfyalt bilbenbe 33er$eic§ni3 ber 9Jtärtyrer unb fonftigen 6
fietligen. 95er ©ebanfe jm eine bem e&angelifcfyen ©tanbpunft unb ^ntereffe entft>red)enbe
ilceugeftaltung auc§ biefeS fyagiologiföen 3n&alt$ tonnte unb mußte jtcfy umfometyr natye
legen, ba unter ben „^eiligen" ber älteren fattyolijcfyen Überlieferung nur attju öiele
tnroblematifd&e 6jiftenjen ftcfy beftnben, beren ©efdfnctytlidjleit ebenfotootyl luic tyr edjt etyrifk
lieber ß^arafter mefyr ober toeniger gewichtigen Sebenfen unterliegen. Die gelegentlich 10
föon im SReformation^eitalter (u. a. auc§ fettend 2Relanc^on$) geäußerten Sebenfen
gegen bie unberänberte Beibehaltung biefer fo toieleä Söertlofe unb frittfefy Unhaltbare um-
föließenben SKamenlifte mußten im Sauf ber Igafyrfyunberte ftcfy noc§ befeftigen unb fteigern.
Dieä umfometyr, ba in bie flalenber fatfyoliföer $rot>enienj allgemach 9lamen au$ bon
ßeroen ber Äontrareformation (tote 3gn. Sotyola k.) fotoie überhaupt toon entfe^iebenen 15
©egnern beä etoangelifcfyen ©lauben&ftanbtounlteS einbrangen, toäfyrenb anbererfeitS toon ben
fürs etnmgeliföe Setoußtfein wichtigen ^ßerfonen unb 3$atfa$en einzelne jur aufnähme
m bie für ben ©ebraueg toon ^Protestanten beftimmten ftalenber gelangten.
6$ erjctyeint ebenfofefyr als ein in biefen Untoollfommenfyetten be$ fyerfömmlicfyen
ÄalenberintyaltS begrünbetcä SebürfniS, tote audfj naety bem SSorbilb ber alten Äird&e unb 20
nad) bem SSorgang ber SReformation^jeit gerechtfertigt, auf eine Umbilbung unb ®r*
neuerung ber tyagtologiföen 2lu$ftattung beä JtalenberS im etoangeliföen ©inn (b. f). ju=
glet$ hn ©inn feinet UrforungS unb ber älteften Äirc^e) Einzuarbeiten. DieS natürlich
mit SUtcfftc^t auf ben großen gefdfu^tlic^en ©ang, Den bie Ährqfe feitbem gurücfgelegt tyat ;
fobaß ber $eilgentalenber nicfyt mefyr, toie urforünglicty, ben lotalen -SKaßftab ju nehmen, 25
fonbern bie Erinnerungen ber allgemeinen cfyriftlic^en Äircfye aller 3^ten gufammemufaffen
fyd. Sucty bie feit ber erften fran$öfiföen Sletoolution mefyrfadfj hervorgetretenen Sßerfucfye
jur Umgeftaltung beä ÄalenbertoefenS in mefyr ober toeniger entfd^ieben anticfyriftlicfyem
©hüte rechtfertigen e$, baß etoangelifcfctirc§lic§erfeit$ auf eine Ausfüllung be$ ^a^redlauf^
mit e$t dpiftlidjem, bon unlauteren (Elementen tbunlid&ft befreitem SRameninfyalt SBebacfyt 30
genommen toerbe. 2öenn bie ^arifer ©c$recfen$männer ber 90 er 3al?re bie cfyriftlic^e
Zeiteinteilung burety ein ©Aftern toon rein naturalifttfö motivierten Bezeichnungen ber
iRmtate (Vendemiaire, Brumaire, Frimaire, Nivöse, Pluviöse etc.), bur$ ©uk
ftttutüm toon Defaben für bie SBoc^en u. bgl. m. *u berbrängen fugten (bgl. SRü^l, S^ronol.,
S. 247—251 unb bie bafelbft benu^te augfü^rlic^e DarfteHung Don ©. Sittain, fitude 86
sur le calendrier röpublicain, 1884 85), fo ift bie bamit herbeigeführte Neuerung
afferbingS nur bon lurjem Seftanb getoefen; fie ^at auc^ ~ äfynlic^ toie ber noep
toittlürK^er unb abenteuerlicher fonftruierte Calendrier positiviste SomteS (f. b. 31.
„^JofttibtemuS" in *P$R@ 2. 21., XII, 141) — nur in einem beföränften Ärcife neuerung^
füd^ttger ©d^toärmer SBeifaH ^u pnben bermod^t. 3mmet^n fin^ ^'e ^urc^ berarttgeio
Serfuc^e gegebenen 33orbilber nid^t o^ne (Sintoirlung auf bie Seftrebungen Bremens unb
gkuben3feinbli$er Revolutionäre fpäteren Datums geblieben, ^n bem burc^ baS jouma=
liftifc^e $au))torgan ber beulten ©o^ialbemofratie feit ettoa einem ^a^e^nt in Umlauf
aefefcien „Äalenber beS SSortoärtS" toirb, in freier 9lad^abmung beS ßomteföen 53ers
fa^renS unb mit betoußtem 3uni*9r^f^n auf Vit antid^riftlic^e 2Beltanfic$t jener älteren «6
Jletoolution^männer, baran gearbeitet ba$ moberne Solföbetoußtfein toon c^riftlic^en ©cfd^ic^t^
entmerungen möglic^ft loäjulöfen unb mit Silbern ju erfüllen, toeld^e ben materialiftifc^en
unb revolutionären Doftrinen ber heutigen Umfturjt)artei entft)red^en. ^ür ben Januar ftnb
ba ©ebenftage angemerft toie: l.^an.: 21. Slanqui, foj. Sletoolutionär, ge^. in $art«
1881: 2.: gieSloS Serfc^toörung in ©enua; 12.: ^olijeirat Stumpf erftod^en 1885; so
21.: SouiSXVI. guillotiniert 1793; 30.: Honig Äarl I. bon (Snglanb gelöst 1649;
beögleic^en für ben Februar: 5.: D^namite^lofton im SBinterpalaft gu ^Peteröburg 1880;
7.; »nareftften SRein«borf unb ftüd^Ier gelöpft 1885; 8.: ^Jaria ©tuart auf ßlifabet^
Sefe^l geföpft 1587 ; 24.: Sebruar=5Rcbolution in$ari$1848; 29: 2luguft 93ebel getoä^lt
1868, u. f. f. (f. me^r ber groben bei 6. ©c^arfc, D. cfyriftl. Zeitrechnung 2c., ©. 20 f.). 66
©$on attein ber $inblid auf bieje unb ä^nlic^e ©laborate aus oer ©cbamentoerfftatt ber
Umfturjmänner muß ba^u bienen, ba^ d^rtft!ic^=!onfert)atibe Qntereffe auf bie 2Bid^tig!eit
b«8 ^ier in SRebe fte^enben ^ßroblemg einer Sieform be$ trabitionellen Äalenberin^altö
na$ gefunben ebangelifd^en $rin^ipien ^injutoeifen. 2lber auc^ au* bem, toa^ im römifdf^
fat^oltfc^en Sager f^on längft für bie Pflege unb Verbreitung einer getoinnenb unb ge= m»
726 Äalettber, tfjriftlttfjtr
Wanbt eingerichteten SSolfölalenberlitteratur gefc$el?en ift unb noefy gefc^te^t (bgl. ben
feiner^ett einflußreichen, bur$ friföe Originalität ebenfoWofyl toie bur$ fräftigen $ro-
teftantenfyafe au«gejeid&netm „Äalenber für 3*** un*> ©h>tgfeit" Don Süban ©tolj in
^reiburg lerföienen 1843—1884], be«gleic§en bie Jtalenber ber berföiebenen Drben,
5 SBruberföaften, btfdfjöflic^en ©iöcefen u. f. f.) gilt e« ebangeliföerfeit« Anregungen )u ent=
nehmen.
gür bie Söfung ber fyier berührten Slufgabe ift feit ben" 40 er 3a$ren be« legten
gafyrfyunbert« ber 3Scrfaffcr be« gegenwärtigen 2trtifel« in feiner früheren ©eftalt, Sßrof.
^erbinanb Sßiper (geb. 1811, geft. 1889), mit befonberem (Sifer tfyatig getoefen. $er bon \fjm
ioWctyrenb ber ^atyre 1850— 1870 herausgegebene „ßbangeliföeflalenber" fü&rt benSSerfutfc
einer (äuternben Umgeftaltung be« I?agiologifc£en !$n|alt« be« abenblänbif$=c§riftli<$en
Stalenber« gemäfe ebangelifcfcfird&licfcer @efcfyicfyt«auffaffung bur$ alle 12 9Ronate be« %atjt&
burety. SBc^ufö Belebung be« ^ntaeffe« au4 ^tx Saienfreife an ber bargebotenen neuen
SRamenlifte Würben bem flalenbarium felbft tnapp unb bolf«tümlic§ gehaltene, aber auf
15 foliber DueUenbenu^ung fufjenbe 2eben«bilber ber aufgenommenen djriftücfyen Seben«* unb
2Batyrfyett«jeugen beigegeben, Welche fpäter — 399 an ber 3ÖW — au$ °l$ felbftftänWgc
Siogra^ienfammlung »erbreitet Würben (f. o. b. £it.). 35iefer neue „berbefferte Äalenber"
ebangelifcfyen SBefenntniffe« ift jtoar nicfyt ju offizieller (Sinfütyrung ettoelc^er 2anbe«Rn$en
be« proteftantiföen DeutfctylanbS gelangt — bie (Sifenacfyer (Sbangeliföe Jttrc^enlonferen)
20 Dom 3a^re 1870 lehnte einen ju feinen ©unften lautenben Antrag be« Berliner 6t>.
Dberfirc^enrat« ab (bgl. bie hierüber tyanbelnben Sluffäfee $tyer« in ber 9KSÄ3 1871 unb
ber Äreujjeitung 1876; f. o.). 35odj fyat er manche ©rfolge babongetragen, auf ©nmb
beren fd&on jefct mit ©ictyerfyeit geurteilt Werben !ann, baß tym nicfyt nur in ber ©eföidjjte
be« ÄalenberWef en« , fonbern tm geben au«gebefynter ebangelifcfcdjriftlic^er tf reife eine
25 bleibenbe Sebeutung julommen Wirb. @o Würbe tbm eine Stelle angeWiefen in ben
„Unberänberlicfyen tafeln" be« aftronomiföen unb c^ronologiföen leite be« I. preufjtfcfcn
Siormalfalenber«, Weld&e (atö ÜRaterialien f. b. Äalenberberleger) $rof . görfter 3>treftor ber
Berliner Sternwarte, SRamen« be« fgl. ftatiftifdfjen Bureau« 1873 herausgab. §m 3«-
fammentyang mit feinem ©rfäeinen ftanb femer bie burc^Sßtyer beforgte amtliche §erau&
so gäbe eine« „Bergleicfyenben Äalenber«" 1851—1880 (bi«1872 mit ber Bejeid&nung „aai
bem Königlich $reufeifcfyen ©taat«*&alenber |©taat«* $anbbuc£] befonber« abgebrueft"),
Welker außer ber gewöhnlichen tfalenberarbeit bie tarnen avß fämtlid&en beutfetyen Äa*
lenbern, fritifö berichtigt unb georbnet, mit Untertreibung ber proteftantifefcn unb latfa
liföen Äalenber, enthielt, berbunben mit einem @efd&ic&t«falenber (ögl. be« $erauägeber$
86 Seric^t über ^5lan unb 2tnlage be« Unternehmend im 1. 3a$rg. bleiben, 1851). 3Ui^
ben fyier borgenommenen Äottationierungen ging bie rebibierte unb auf manchen fünften
berboHtommnete 9leugeftaltung ber ^i^erfc^en SRamenreitye ^erbor, Welche ber Sb. Ober=
firc^enratl876 in jenem preuß. SKormaßalenber unter bem iitel „9lamentalenber für ba«
beutfe^e ebang. Soll" beröffentlic^te. leite in biefer fortgebilbeten Raffung, teite in ba
40 SPtyerfd&en Driginalgeftalt ^at ber „berbefferte ebang. ftalenber" aufnähme m eine Slnja^
weitberbreiteter unb angefe^ener 33olföfalenber gefunben, 5. S3. in ben Da^eimsÄalenber (ba
i^n fc^on feit 1872 ben .Holumncn be« „fattyol. Äalenberö" jur ©eite ftettte), in ben „9lei#
boten", u. f. f. 2)afe SPtyerS arbeit auc^ außerhalb I)eutfc^lanb« 93eac§tung gefunben frt,
jeigt u. a. bie Überfefeung ber i^ren $nfyalt bilbenben Sebenöbilber in« Slngloamerüanif^e
45 burefy $. 5K. 3Raccraaen (Lives of the leaders of our church universal from the
days of the successores of the apostles to the present time, 3 vols., Soften
1879). ß3 ift alfo nic^t richtig, bafe ber ^i^erfc^e Seformberfud^ „nid^t über bie alte*
engften .Hreife fyinauägebrungen" fei (Slü^l, ©. 84). Unjutreffenber aber no<^ ate biefe
Sefyauptung erfc^eint bie annähme: ber SBerfucfy fei unternommen Worben, „um gettrifiai
so tat^olifierenben ^oflreifen entgegen ^u tommen" (ebenbaf.). ©tatt einer iaJtyolifierenben
2:enbenj ließe ftc^ ber <piperfc|en 9?amenlifte biel e^er ein 3u^>eitge^en in ber Slufna^wc
bon nur fürs ))roteftantijc^e ©efc^id^töintereffe bebeutfamen 35aten unb ^erfonen bortperfw.
3Bic benn ba, Wo bom lut^erifc^=!irc^lid)en ©tanbpunft aud an ibr Äriti! geübt Wirb, in
ber Segel bie SSnllage fyerbortritt, baß ^5.^ (Singriffe in ben älteren ÜRamenbeftahb b«
66 falenbarifc^en Überlieferung „ju rabital" geWefen feien (fo 5. 93. im SReufelföcn ,,.Hh#
§anblejifon", III, 667), ober audfj, baß ber bon ifym gebotenen Sifte ein „teil« ju tabt-
laier teite $u gelehrter" ß^arafter eigne (fo in 2$. ©d^äfer« (Sb. SJolfeleEifon, 2eipW
1900, ©. 363). Som 3?orWurf be« Äatl^olifieren« fann aflerbingS ba« bon £obe Iw
§erftellung feine« „TOartt^rologium" (Nürnberg 1868) einaefyaltene 33erfa^ren getroffen
in» werben, traft beffen au« berMirc^e ber Deformation lebiglicty gut^er unb TOelan^on, «ue
Ädenber, dMrtftlitfjer Sallur, <§fyc. ä. $. 727
ber neueren römifcfyen Äirdfje aber lerefia, gran^ bon Säle«, SSinjenj bon $aul jc.
Stufna^me fanben. Unb boefy ftattet felbft biefer ftrenglutyerifcfce ßalenberrebifor bem
unüm«freunblic§en berliner Vorgänger feinen Carmen 3)anf ab (33ortoort, S. 10); au$
toermeibet er fetnerfett« e« mit gutem 93ebac§t, berartige römifetye §eilige tote ettoa einen
i'otyola mit aufzunehmen. 6
2)afe etnfttoeilen jeber auf Stebifton be« fyagiologif $en &alenbera$>arat« im proteftan*
tifcfyen Sjntereffe abjielenbe SSerfud^ mit blofeen Teilerfolgen fiefc toirb begnügen muffen,
tft felbftt>erftänbli(§. 3a & erföeint fraglich, ob auf ^erfteuung einer ©intyeitlic^feit unb
SHIgemeingtltigfeit ber betreffenben Slufftellungen überhaupt fjinjuarbetten ift. SÖenn
Sßiper femerjeit ber Hoffnung 2lu«brucf gab, ber burety fein reformatorifcfye« 93emütyen 10
angeregte 93Ubung«pro$efi möchte bereinft „fcon einer beutfe^en e&angeliföen ©eneralfonobe
Sm Äbfölufj gebraut toerben", unb toenn auety fonft ba« bi«fyerige sJli<$terfülltfein biefer
ner (Srtoartung beflagt toorben ift (fo bon 6. Scharfe, in ber oben [Sit., 9ir. 5] ge»
nannten Srofdjüre, S. 25), fo toirb bamit über ben Sereic^ beffen, toa« gefc£idj|tlic§ möglich,
ja überhaupt toünfc&en«toert ift, jebenfaH« l)inau«gegriffen. £)en mannigfaltigen 33erbälfc 16
niffen unb 93ebürfniffen ber ^roteftantifc^cn ßfyriftentyeit be« 3ns toi* **>& 2lu«lanb« rann
nur ein ntc^t ftarr in fic$ abgesoffener, fonbern naety bem Sßrinaty freier 93etoeglic§teit
angelegter ^iftoriföer Siamenapparat entfprec^en. £)er altetyrtoürbigen -äRärtyrer* unb
Aeiligenlifte ber Äirc^e mögen neuere 3ufamnxenfteHungen bon Daten unb tarnen jur
Seite treten, toorin biefem unb jenem 93ebürfniffe jctuid&er ober örtlicher Slrt — j. 93. 20
auc^ bem ^oftulat einer eingefyenberen 93erücf ftctytigung ber nationalen ©ebenftage (bgl. bie
ba^tn lautenbe gorberung Scharfe« a. a. D.) — jeweilig Slec^nung getragen toirb. 2tber
eine einheitliche Ration ber neu gebilbeten Sieben fann unb barf nicfyt angeftrebt toerben.
®« toerben fyier ä$nli$e ©runbfäfce gelten muffen toie bie, toelcfye man betreffe ber firefc
KAen $rebigtyerifol>en fc^on längft ju fyanbfyabcn ftc§ getoöfynt Ijat. Dem bon altera tyer 26
Überlieferten mag SReue« teil« ergänjenb teils bericfytigenb $ur Seite treten; burt$ 3urs
bt«i>ofition«fteIlung einer ÜJle^r^eit gefcfyid&tlidfjer (Erinnerungen für je einen iag mag auf
Sefriebigung ber balb fo bäte anber« geftalteten Slnforüctye ber berföiebenen Äreife 93eba$t
genommen toerben. Slber bie 3lu«übung irgenbtoeld&en 3toan9^ auf tiefem ©ebiete erfctyeint
ebenf 0 unjuläfftg, ja noefy unftattfyafter unb unmöglicher, toie in ^omiletif$4iturgif$er £in* so
fic&t ba« einfeitige Stehenbleiben beim alten ^ßerilopenjlrang. (Wptx f) äoeflcr.
»ttlenber, jubiMer, f. 93b VII ©. 17,37—19,2.
Saltar, ß^riftian Slnbrea« ^ermann, bänifc^er Ideologe unb 9Jliffum$freunb,
geft. 1886.
Äallar, ein Sofyn be« Stocf^olmer Slabbiner« Simon Ä., iourbe in Stocf^olm am 85
27. SRobember 1803 geboren; ba aber fein SSater, ber au« Slltona ftammte, lurj nac$
grric^tung be« Äönigrei^« SBeftfalen jutn Äonftftorialrat ber jübifc^en ©emeinbe im Äreife
6fc|ftoege ernannt toorben toar, !am er nac^ Äaffel, too er bi« jum 2:obe beä 33ater«
(1812) bie Schule befugte. ®a na^m ein S(^toager in Äopenfyagen ftc^ be« baterlofen
Jtnaben an; 1819 ioarb er au« einer Äopenfyagener Schule al« Stubent entlaffen. 6rft4<>
toar e« feine 2lbfic^t, 3>ura ju ftubieren, aber burd) ßinflüffe bon berfc^iebenen Seiten
fear er in eine religiöfe ©ärung berfe^t toorben, h9ä^renb freierer er ^u einem fyaupU
ftäbtiföen ^aftor, bem fj>ätercn 93ifd^of bon Seelanb, 3- % 2Jtynfter, feine 3uffU($* na^m,
ber i^n am 7. gebruar 1823 taufte. @leicfy$eitig gab er ba« juriftifd^e Stubium auf unb
toanbte [\d) jur Geologie. «6
1826 beftanb er ba« tfyeologifcfye 2lmt«ejamen, unb im^^re barauf iourbe erße^rer
im Sateiniföen, §ebräifc^en unb in Religion an ber gelehrten Schule in Dbenfe. 1834
tourbe er jum Oberlehrer beförbert. SBä^renb feine« äufent^alt« in Dbenfe gab er aufeer
einem „Sjegetif^en $anbbud^ jum MT' (1836—38), ba« bi« $um 93uc^ ber Slic&ter
reifte, „Sorlefungen über bie biblifdje ©efd^id^te" (1— II, 1837—39 ; beutfö ,Hiel 1839) unb 50
„93orlef. über bie a^oftolifd;e©efc^tc^te/'(1840)^erau«, fc^rieb mehrere 2lb^anblungen, toar
(1832 — 35) SKitrebafteur Don „Kristelig Kirketidende" unb fammelte berfdfuebene „2lftens
fkfirfe" jur 93eleud^tung ber bänifc^en ©efc^id^te fonberlicfy in ber 5Reformation«jeit. 1833
ertoarb er ftc^ in Äiel ben pfyilofopfyifdjen 2)oftorgrab burd^ eine 3lb^anblung über ba«
Deboralieb, 1836 in Kopenhagen, beim Jubiläum ber bäniföen Deformation, ben t^eo* 66
lomteen burc^ eine äb^anblung über bie Hlagelieber. 1841 erbielt er bie golbene ISR^
batue ber $aager ©efellfc^aft für bie 93eanttoortung einer ^irei«aufgabe über bie jübifd^e
3#eohatie (in« ^ollänbif^e übertragen t>. £>engel, ie^ben 1842).
728 ftoKar, Chr. 91. sx ftattt
$m Iga^re 1842 unternahm er mit töniglicfyer Unterftüfcung eine Steife nac££ottanb,
Belgien, (Snglanb, ^franfreicfc, Spanien unb Deutfölanb, toefentlic^ um Seiträge jur ©e=
föi<$te $)änemarfö in ber SReformationSjeit *u fammeln. 3lad) feiner §etm!e$r tourbe er
Drtägeiftlictyer in ©labfaje auf ©eelanb uno bamit begann ein neuer Slbfdputt feine*
6 SebenS. ^n ©emeinföaft mit bem 93iföof läge 3Küffer unb bem $aftor 2. 2). SBefien*
gaarb gab er ein $au$anbad&t3buc$ fyerauä; in SBerbinbung mit $rof. G. §ermanfen unb
einigen anbern ^aftoren braute er bie fog. „5prac§tbibel" ju ftanbe, eine mit (Umleitungen
unb Slnmerfungen berfefyene neue fiberfegung ber ganjen Sibel, begleitet bon ©tariflichen,
Sittyogra^ien unb Aorten (1844—47). 6$ toar feine Slbftc^t, ein Corpus Reforma-
10 torum Danicorum fyerauSjugeben unb als eine (SrftlmgSgabe feiner SReifefrüd&te lieferte
er einen 93anb „Slftenftücfe jur ©eföid&te 2)änemarfö in ber SReformationSjrit" (1845).
aber 1849 ging fein ^Paftorat in glammen auf, unb alle feine Silber unb G%ytpU
tourben bernidjtet.
3n ber folgenben 3e** tourbe er na$ unb naefy bon ber &ir$engef$i$te toeg jur
16 SKiffionSgeföic^te geführt, unb 1861—73 toar er ber SBorfifcenbe ber bäniföen 2Riffton&
gefellfd&aft. Schlag auf ©$lag folgten bon feiner §anb ©d&ilberungen ber ebangelifc&en
unb tat^oltfc^en 2Riffion unb ber 9Jtiffion unter ben %ubm unb 5Wu^ammebanern. 2)ie
erfteren tourben 1879 ju einer ausführlichen 9Jtiffion$gefcfuc£te umgearbeitet (beutfe^e fiberf.
b. 9Kic$elfen in 2 93ben, ©üterSloty 1879 unb 1880); bie (Srjctylungen au« ber Subem
20 miffion tourben ^u einer größeren ©d&rift „3$tael unb bie Äirctye" (beutföe Überfefcuna
bon ÜRidfjelfen, Hamburg 1869). äte SKiffton^iftorifer &at& eine grofeeSKenge bon Stoff
gefammelt; aber nic^t feiten fyat man ©runb, eine beffere ©ic^tung be$ ©toffeä, mefc
Jtritil unb eine tiefer gefyenbe Unterfucfyung au toünfcfyen. 1868 fuc^te er um feinen Sft*
föieb au« bem Dienft ber Äirc^e naefy unb lebte bon ba an bis au feinem lobe (2. ge*
26 bruar 1886) in ber ^auptftabt, mit ©tubien unb litterartföen arbeiten befd&äftigt 3fo$
biefem lefeten 2lbfönitt feines SebenS ftammen bie Umarbeitungen feiner größeren mifjton&
gef$ic£tli<|en ©Triften; toätyrenb beSfelben nafym er teil an ber SRebifton ber bänifeben
Ueberfefcung beS 312: unb gab 1871—80 „Theologisk Tidskrift" ^erauS.
2tfe Geologe ift Ä. junä^ft ein ©etiler Sanfter« unb SDtartenf enS, aber me$r breit*
so firc$lic§ unb bermittelnb in bem 23eologiföen, mefyr reformfreudig in bem Äirc^enpolU
tifäen. ©o fonnte feine „tfyeologifcge 3*itfcfyrift" einen flehten SSerföfynungSbienfi innerhalb
ber bäniföen 33oßSfirc§e ausüben, ©eine breitfirc^lic^e 9lnfc§auung machte tyn and) ju
einem SKann ber ebangeliföen SlQiang. ©cfyon 1855 berichtete er auf ber 9ffliamber;
fammlung in $ari$ über bie firdfjlic^en Ser^ältniffe in Dänemarf; 1879 toar er mS5afeI
86 iugegen, unb 1884 bot er ben lonfefftoneHen Sebenfcn feiner näc^ften greunbe Iro| unb
braute eine 3lHian$berfammlung in Äot)en^agen ju ftanbe, für toeldfje ber 80jä^rige ©rrö
felbft $um ^5räfibenten getoä^lt tourbe. ©r na^m auc^ an ben franbmabifd&en Äir^en-
berfammlungen teil, unb fein gaftfreie« §au« toar immer offen für frembe Geologen,
SKifftonarc unb 3Riffton«freunbe, toelc^e bie bänifc^e $auptftabt befugten. @r betoa|rt(
40 feine ©eifteäfraft unb fein lebhafte« ^ntereffe für alle geiftli^en unb fir$li$en fragen btö
an« gnbe unb berfefyrte gerne, tote ein $atriarc§, im Äreife ber jüngeren.
%t. fttelfe«.
ÄaRarf ^rittri^ t>on f. 93b VII ©. 602 ff.
Kam, Sofepfy (SKifftonar) geft. 1833. — Sitter atur: vanRhijn, Reis door den
45 Indischen Archipel, SRotterbam 1851, 6. 443 ff. Sgl. Kruijf, Geschiednis van het Neder-
landsche Zendelinggenootschap, ©roningen 1894; y. SBurm in b. Mg. 9Riff.»3eitfär. 1897,
365 ff.; ©aäler TOff..3Kagaj. 1873, 447 ff.
Ä., geboren in ^erjogenbufd^ 1770, toar ber ©o^n eine^ Äaufmann«, ber in Ser*
binbung mit ber SBrübergemeinbe in feinem $aufe ernfteä c^riftli(^e« Seben pflegte. 6in
60 älterer SBruber ftubierte Ideologie unb ^at alö Pfarrer ju SBerfel einige 3a^re ber 3HfflN
gebient, inbem er fein $au^ jum ©eminar für bie ©enbboten ber 9tteberlänbif(fcn SRif-
fton«gefeIIf(^aft machte. 3n 3°f^^ ertoac^te f c^on frü^ ber 2Bunfc§ 5Dlifftonar ju toecben
2)oc§ ber S3ater fyattt tyn für ben ÄaufmannSftanb beftimmt. äu$ nad& bem lobe ber
ßltern gelten $n bie Sitten feiner ©djjtoeftern in ber §eimat. 6r tourbe ©erid&tfbote iw
56 §«ag, ft>äter in Slmfterbam. 2lte na$ 3a*?ren fe^ne ©c^toeftern, feine %tau unb fiinb
geftorben toaren, ^inberte iljn ni^tö me^r in ben erfetynten 93eruf einzutreten. S111®^^
ber 9?ieberl. 2K=®. tourbe er gunäc^ft bon feinem ©ruber in SBerfel borbereitet. Da bie
inbifc^en Sefifeungen ft$ bamafö in englifd^en §änben befanben, foDte feine äu^fenbung
burd^ bie ^onboner 3Jl=®. erfolgen, in beten ©eminar ju ©o^^ort er ein $a^r bertoeilte.
Stam Samel 729
ßnblt$ 1813 reiße er na$3nbien mit ber SBeftimmung, ficfc ber bernacfcläffigten Stiften
auf ben SRolucfen anjune^men. — 2luf biefem auSgebetynten ©ebiet mit feinen Dielen Weit=
^erfreuten 3nfeln Ratten m 16- Satyrfyunbert bie $ortugiefen fattyolifäe formen jWangS*
Weife eingeführt. 2US 1605 §ottanb bort bie §errfd&aft gewann, Würbe ebenfo äufjerli$
We Setoöllerung in bie reformierte Äirc^e &ejogen. $)ie bon ber fyottänb.*oftmbifc§en §an* 6
belSgefettfc^aft angeftetlten ^räbtianten Waren ber gewaltigen Aufgabe, biefe Stamenctyriften*
gemetnben ju förbern, nictyt geWacfyfen. SllS 1800 bie SBeroungen ber fefyr jurücfgelommes
nen ©efettfcfcaft Dorn ©taate übernommen Würben, Waren bie firctylic^en SBerfyältniffe bort
im traurigen 33erfafl. auf einigen 3nfeln War feit 20 Sauren ober länger lein ®eift-
Ed&er getoefen. Sei ben flüchtigen Sefuctyen Würben bie Äinber föarenWetfe getauft unb 10
bie &ffyaaxt getraut, baS fyl. SKbwbmafyl gefeiert unb bie ©ctyule btfitiert — - alles fetyr
aeföäftSmäfjig. Die angefteHten eingebornen Sebrer Waren bielfacty bon zweifelhaftem
ffierte. — Unter biefen troftlofen guftänben foHte Ä. ©anbei Raffen. 8uf feiner Steife
berwetlte er einige jßeit in Surabaja, Wo ber beutf$e Ufyrmacfyer @mbe burdj tfyn ju
einer bebeutungSboflen SJtiffionSttyätigleit angeregt Würbe (bgl. SBallmann, Seiben unb 15
jfreuben Stfyeinifcfcer 9Jlifftonarc). Seinen ©ifc nafym er )u Slmboina, bem ^auptylafc ber
9loIucfen, Wofelbft er, als 1817 bie Kolonien an^ollanb jurücfgegeben Würben, baSämt
eines StegierungSprebigerS übernahm. S3on §ier aus entfaltete er eine beWunbernSWürbige
2$ätigfett, bie erftorbenen Gfyriftengemeinben ju beleben. Die ftofyl ber feiner Pflege
unterteilten ©etauften Würbe auf 20000 ober fyöfyer geföäfet in 80 ©emeinben, beren2o
toeitefte 300 SJteilen entfernt War. 6r liefe ftcty für feine Steifen ein eigne« ©cfyiff bauen,
baS er felber als Äaj)itän führte. 3)urcfc feine tyingebenbe Styätigfeit machte er überall
einen tiefen (Sinbrucf. Sticht minber Wichtig aber Waren feine Hilferufe, bie er in bie
$eimat fanbte mit ber Sitte um Weitere ärbeiter. 33on 1819 big 1832 $at bie SRifftonS*
gefettfd&aft ibm 17 ©etyilfen gefc^idft, bie er ^unäc^ft in Stmboma in bie befonberen Sir* 26
betten einführte, Wobei auc$ feine grrau, eine eingebome ßfcriftin, treulich mitwirfte, Wie
ftc benn überhaupt tyrem ÜJtanne eine eifrige SRiffionSgefyilfin War. Ä. führte bie jungen
SRifftonare bann auf berfcfytebenen gelbern als ftänbige Arbeiter ein, Wo fte ft$ aud) Weiter
um bie ©ewinnung beS fyetbnifäen Seils ber SBebölferung bemühen tonnten. (Sinige biefer
feiner ©e^ilfen ftnb SRiffionare erften Stange« geworben, Wie j. 93. Stiebel unb ©c^Wargso
auf (SelebeS. Unermüblicty arbeitete er in feinem Weiten Sprengel bis an fein ©nbe 1833.
3Ran tyat tym ben freiließ nic^t ganj jutreffenben (Styrenna^men eine« „2fyoftelS ber 5Wo-
luden" beigelegt. m. (tarnte**««.
Samel. — Tristram, The natural history of the Bible, fioubon 1867, 6. 58 ff.;
Bochart, Hierozoicon I, 3 ff.; Stitter, (Srbfunbe XII, 609 ff.; 33rcfjm, ^erleben I, 550 ff. ; 35
8en$, 3oologie, 21H ff. ; ©ocin, $troan auS (Sentralarabicn (MS®, ^il.^ift. ftl. XIX, 286 ff.
über Äamel, Äamclfattel 2c. bei ben Arabern); 3afob, ©tubien in arab. 5)td)tem III, 61 ff.
S8on ben jWei §au})tarten beS ÄamelS fyat jebe i^r befonbereS S3erbreitungSgebiet.
3DaS plumpe, bunfler gefärbte, jWei^öcferige ober battrifetye Äamel, baS f ogenannte Irampel*
tier (camelus bactrianus) tyat feine |>eimat im mittleren unb öftltc^en 2lften. ^)aS 40
planiere, hochbeinige, meift braunrote ober fanbfarbene ein^kferige Äamel, baS S)romebar
(camelus dromedarius) ift in SBeftaften unb Slfrila ju §aufe. Stur biefeS lefetere
fommt in ^ßaläftina unb 6l;rien bor unb ift in ber Sibel erwähnt. 2)en Sebuinen Slra*
MenS lommt eS faft unglaublich »or, ba^ eS Kamele mit ^Wei §öcfem geben foH (Dougthy,
Travels II, 565). ^er femitifdje Stame beS JiereS (gamal) ift in bie europäiföen 45
Sprachen übergegangen. 3m 33crgleid^ mit bem 2lrabifqen (t>gl. 5. 93. Socin a. a. D.
I, 286; Safob a. a. C.) ift baS §cbräifd&e arm an Stamm unb Segnungen für biefeS
Tier; eS fennt nur noc^ baS Söort -sa (3jef 60, 6), ferner -T?? Qer 2, 23) für baS
junge, in boller Äraft ftefyenbe lier, unb bie Sejeic^nung ^??"^ Qef 66, 20) für baS
f^nellfüfsige Sieit!amel (f. u.). so
©tefe 3trmut an Stamen fyängt bamit jufammen, ba^ bei ben Hebräern baS Äamel
bei Weitem nic^t bie Stolle fpielte Wie bei ben 3lrabern. Dort, bei ben Stomaben ber
f^rif^arabifc^en ©teppe, ift ^u allen 3eiten baS ftamel baS gefd&ä^tefte unb Wic&tigfte
aiDier ^auStiere geWefen. 6S ift ein gan^ gutreffenber 3«9 te* i^äterfage, ba^ fie ben
Steic^tum ber nomabifterenben Patriarchen ^u einem guten Seil in Äamelfyerben beftefyen 66
lä|t (®en 12, 16; 24, 10; 30,43; 31, 17. 34; 32, 7. 15). @benfo Wirb eS bann
aud? t>on £iob ergä^lt; unb berfd^iebenfac^ wirb baS Äamel im SEE als im 93eft$ unb
SMenft ber begebenen 2lraberftämme genannt: ber SJtibianiter (Sti 6, 5; 7, 12; 8,21.
26), ber Slmalefiter (1 ©a 15, 3; 27, 9; 30, 17), ber $Smaeliter (®en 37, 25), ber
730 Äamel
Äebarener (3er 49, 29. 32), ber ©abäer (1 Äg 10, 2), ber im ©üben ^ubaS jeltenben
©tämme (1 ©a 27, 9; 2 Sfyr 14, 15). 2)em Sebuinen ift baS Äamel ein tm^ertrenm
lieber SSegleiter. @S mac^t ifym bie SBüfte erft betoofynbar, benn eS ift baS einige *er=
feljrSmütel in ber SBüfte, bem gegenüber baS $ferb faum in 93etrac$t fommi. SDer SBer-
r> gleicfc mit einem ©cfyiff finbet fidj bereite bei JwriSlamifctjen arabiföen ©intern, unb bie
Segnung beS ÄamelS als „©d&iff beS geftlanbeS" fommt bei ben Arabern meifcfad? bor
(3afob a. a. D. 69 f.). 3n einzigartigem 9Jtaße bereinigt baS Äamel alle biejenigen
©genfcfyaften, toelc^e eS für biefen 2)ienft in ber SBüfte geeignet machen, ©roße Kör^
traft unb 9luSbauer bereinigen ftc§ mit einer außerorbentlidfjen ©enügfamfeit. Sei aller
10 ©efräßigfeit nimmt baS Äamel mit ber ärmlidfjften Siafyrung, Den bürrften SSüftenpflanjen,
faft berborrten Slfaaienjtoeigen, Durraftrofy u. bgl. berfteb. ©ein fnorpeligeS 3Raul ge*
ftattet ifym, folcfyeS $utter mit allen ^Dornen unb ©tadeln ju berfölingen. @s tonn Zage
lang bei außerorbentlicfy geringer ^uttermenge Dienfte leiften. sJtur baß bei folc^er tärg*
liefen ©rnä^rung ber gett^ikfer beS ZierS, beffen ©etote^t bei faftiger SBeibe bis *u
15 30 $funb betragen lann, außerorbentlidj abnimmt unb aulefct faum mebr fic^tbar ift
9lod) toertboHer für bie Slrbeit in ber SBüftc ift bie ©enügfamfeit beS ÄamelS in 9e*
äie^ung auf ÜBaffer. 3m ^ft^M* ßpügt iljm bie geucfytigfeit ber frifd&en taugetränften
trauter, fobaß eS toocfyenlang gar nidfjt getränft ju toerben brauet. 9luc§ m ber trode-
nm 3>a^rcöjeit bei feinen SBanberungen in ber üöüfte fann eS 3—4 Zage o^ne SEBaffer
20 aushalten. Kommt eS aber bann jur Zränfe, fo fd^Iürft eS ganj ungeheure Stengen
SBaffer hinunter. 3)arauS ift bie gabel entftanben, baß baS Äamel in feinem itoeiten
9Jtagen eine 2lrt 2Bafferreferboir fyabe, fo baß bie SReifenben in großer sJiot fuv behn
©cfylacfyten beS ÄamelS burefy biefen SBafferborrat fotten am Seben erhalten fönnen. -
Der breite, fötoielige gepolfterte $uß läßt baS Äamel in ben SBüftenfanb nicfyt aOjutief
25 berfmfen unb berietet itym einen ruhigen Zritt. 2)ie Saft bie ein Äamel getoötynlicfc trägt
(bgl. 2 Äg 8, 9) beträgt 3—4 ßentner; ** *ann &?* gelegentlich aud& no$ jd&toerer be=
laben toerben. 9Jlittelft eines einfachen, gepolfterten ©attete toirb biefe 2aft mdglic^ft glei^
fd^toer au beiben ©eiten beö §öderS aufgehängt (^ef 30, 6), toobei baä Äamel nieber=
Inieen mufe, bis es bclaben ift. 5Kürrijd^ brummenb ergebt eS ftc^ bann mit feiner Saft
eo unb fcfyreitet langfam unb jcfytoerföDig, aber immer gleichmäßig unb ru^ig feines 2Beg$.
3)aS Saftlamel ge^t meift langfamer als ein guter fju^öänger, in ber ©tunbe burttyfönitt*
lic^ 4 Am.; aber eS läuft in biejem ©dritte 12—14 ©tunben unb noety länger ununter=
brocken fort unb bringt eS fo ^u einer feljr refj)eftablen lageSleiftung.
3Som plumpen Saftlamel unterfc^eibet ftd^ baS flinfe SReitfamel toie ein ebler Slenner
85 bom fd^loeren 2lrbeitSj>ferb. 2)ic Sebuinen bebor^ugen bie toeiblid&en Äamele als Steit^
tiere. 3)aS ^ängt bamit jufammen, baß in ber 2Büfte bie ioeiblic^en Äamele um tyro
9Jlilc^ loillen überhaupt bie loertbolleren finb, unb bie männlichen Äamele, toeld^e als bie
ftärferen anberSlro gerne ^um Safttragen genommen toerben, jung gefc^lac^tet Serben. ®n
gutes SReitfamel übertrifft auf tocitere (Entfernungen bie Seiftungen beS beften ?5ferbeS; eÄ
40 ift im ftanbe, bis $u 20 -Dteilen im Zag ^urücf^ulegen, unb baS mehrere Zage ^tnter^
einanber. Z)er 9leitfattel (bgl. bie bor^üglid^e Slbbilbung unb Sefdfjreibung bei ©ocin a. a. D)
beftetyt in einem aus fe^r feftem §olj gefertigten mulbenförmigen ©efteH, baS über ben
§öcfer gelegt toirb. 3?orn unb hinten ergeben fiefy ^h)ci langfc^aftige fefte Änäufe. S^W01
benfelben ift baS mit SaumtooHe ober ^ädffcl gefüllte §auptft|f iffen. ©in fleinereS Äiffcn
45 befinbet ftdfj bor bem borberen Änauf. 3)cr Leiter fifct nac^ grauenart im ©attel, b<tf
eine Sein um ben borberen Mnauf fd^lingenb, tooburd? bie ©ic^er^eit beSSi^eS toefentli^
berftärft toirb. gür grauen unb Äinber merben auc^ ?5alanfinc mit ©ifcen unb $or-
Rängen bertoenbet (®en 24, 61; 31, 17), enttoeber ein großer, ber quer über benÄamefe
fattel gelegt unb mit ©triefen feftgebunben toirb, ober jtoei Heinere forbartige, bie auf
60 beiben ©eiten beS ©attelS Rängen. 3n einem folgen Zragforb ^atte SRa^el ben gefb^
nen Zerap^im tyreS SSaterS berftedtt (®cn 31, 34). Seim 2luf= unb abfteigen läßt man
baS Zier nieberfnieen, boefy lann man auc^ bon bem ftefyenben Zier (titoa mit #Ufe b<^
©todEeS bee ZreiberS) ftcfy einfa^ ^erabrutfd;en laffen (®en 24, 64).
gür ben Scbuinen ber 2Büfte ift aber bamit ber 2Sert beS ÄamelS noc^ ieineShxg*
56 erfc^öpft. Jm ©cgenteil fann man fagen, baß für ifyn baS Äamel minbeftenS ebenfofrtr
für feinen ScbcnSunterfyalt in ^age fommt, toie als ZranS}>ortmittel. 35er Sebuine lebt
oft ganj bon feinen Kamelen. MamelSmild; ift fo recfyt eigentlich baS ©etränfe ber 8*;
buinen. ©ie ift ettoaS jäfy unb fett unb toirb feljr gefc^ä|t. Seber Zrunf ^at ja für ben
SBüftcnbetoo^ner bo^en SKert. 3)amit baS ÄamelSfüllcn nic^t ju biel 9Rild& faugt, toirb
60 ^iufig baS Suter ber 3Kutter mit einem ©uterbanb gefc^ü|t. 3e^cnft,e^c^ namentli^ in
s
Äamel Satstmut 731
ben elften 3Ronaten naefc bem 2Burf ber 3un8en/ k&en ^ Sebumen gan& bon ÜRtlcfc.
9u$ i^re $ferbe toerben toielfac§ mit Äamel«mtl<$ getränft. 35a« gleifö be« Kantete fott
jtoar §art unb galje fein, mit ausnähme be« gettfyöcfer«, ber al« befonberer Sedferbijfen
gilt. Aber bem Sebuinen ift e« tro^bem ein geft, Äamelfleifcfy ju effen, unb nur toenn
man ft$ einen guten Sag machen toill, fcfylacfytet man ein iier ber ßerbe. ©c§affleifc$ 5
^ält berSebuine lange nietyt für (0 fömadtyaft, unb toollenb« 9itnbfleifcp gilt tfym faft für
ungenießbar. 2Ran fd&lacfytet, tote oben ertoätynt, bor allem bie männlichen Itere ber $erbc.
~ur 3^ be* Wot jopfte man auc§ gelegentlich bem Kamel ettoa« 33lut ab. 3)en 3«rae*
tten toar ba« ÄamelfleifdEj als unrein Verboten. SBorauf in lefcter Sinie biefer merf*
tottrbige SBibertoille bei ifynen jurücfge^t, toiffen toir leiber nietyt. 3m fpäteren ©efefc i0
toirb bie Unreinheit be« $iere« bamit begrünbet, baß e« tfoat toieberfäut, aber leinen gang
burc^gefpaltenen #uf fyat. — 9lu« ben §aaren be« Äamel« toerben bie groben äRäntel
gefertigt, bie äb&jen, in bie jt# bie Sebuinen füllen (bgl. 3Rt 3,4), unb bie bicfenlej^
pidfo bie ba« 3e^ bebeden unb trefflidj gegen ben Stegen fcbüfcen. 35ie £aut be« Äamel«
toirb ju ©anbalen, Sffiafferfctyläucfyen, Stiemen unb bgl. »erarbeitet. Der uRift be« üere« i5
toirb getroefnet unb giebt in Ermangelung be« $ol&e« ein toertbolle« unb gute« ©renn-
material. — ©0 bilbet ba« Äamel ben £aut>treic$tum ber SRomabenftämme unb e« !ann
ntc^t SBunber nehmen, baß ber Sobprei« biefe« Jiere«, befonber« be« SReitfamel«, bei ben
arabiföen Diätem breiten Staunt einnimmt. 2ln bie ©d&ilberung ber ©eliebten fließt [\$
^äuftg bie ber 3)romebarin an. Unb über bem toten ©atten ruft bie ©attin toebflagenb: 20
„0 mein Äamel" (Snouck Hurgronje, 3Reffa II, 188). Dem entftmngt bie 3ftrforge,
mit ber man folcfce SRettfamele pflegt (@en 24, 14. 19 ff. 31 f.). 93on ben SJtibianitern
^ören toir, baß fte (toie noc$ jefct getoöfynlicfy bte 2lraber) tyre Äamele mit §al«bänbern
fd&müdften; bie SSornetymen behängen fte noefy ba^u mit foftbaren, monbförmigen Saaten
(3ti 8, 21. 26). 25
9jn Sßaläftina beim anfäßigen 9lcferbauern ftnelt naturgemäß ba« Äamel bei toeitem
nic^t biefe Stolle. #ter fommt e« nur in 99etra$t al« Transportmittel. 311« foletye« ift
e$ freiließ auefy fyier unentbehrlich. 2Bo e« ftc^ um größere -Stoffen unb toeite ©ntfemungen
^anbelt, bolljie^t ftc^ bt« auf ben heutigen 3^8 ber Transport mittelft Äamel; bie SSer*
toenbung Don ^ferben unb Faultieren ba^u iüäre toiel ju teuer. ©0 ift baä Äamel im 30
alten toie im heutigen ^5aläftina ^loar feine« ber getoötynlictyen ^au«tiere ber Sauern, toie
©<^af unb Slinb unbßfel, aber e« ift boc^ ein Diel gebrauste« lier. Sür bie Israeliten
gilt außerbem nod}, baß fte in bem 9Jtoße, al« fte fic^ me^r unb mein: an bem großen
$anbel«t>er!e^r beteiligten, auc^ ba« Äamel ba^u brausten.
3u allebem ftimmt, baß un« im 212. jtoar bon Äameljucfyt im ©roßen nur bei ben 35
Patriarchen (f. oben) unb außerbem nur toon 3)at)ib (1 Sfyr 28, 30) berietet toirb, baß
aber fonft boc§ toon häufiger SSertoenbung be« Äamel« bie SRebe ift (»gl. 3. 33 2 Äg 8, 9 ;
3ef 30, 6 ; 1 Qfyx 12, 40). ®ie au« SSabtylonien mrüdtfe^renben ©julanten brauten eine
ganj anfe^nlic^e 3a^l Äamele mit (®«r 2, 67 ; SWeb 7, 69). Daß ber alte ^«raelite, toie
ber heutige Sauer man$e«mal, ba« Äamel aud^ gum pflügen gebrauste, bürfen toir toobl 40
borau«fe^en.
3)em Dichter ift ba« Äamel mit feiner toilben, ungezügelten Staferei in ber Srunft^eit,
too e$ mit fc^äumenbem 5Waul unb fyerau«fyängenber 3un9c brüllenb um^erremtt, feinem
eigenen £errn gefä^rlic^, ein S3ilb be« ^ügellofen, in bltnber l'eibenjd^aftlic^feit fremben
©öttern nac^rennenben 3Solfe« (3er 2, 24). Slucfj in jtoei fpric^toörtlicben 9leben«arten, 45
bie un« im 9KE enthalten finb, ift ba« Äamel bertoenbet: „3Rücfen feigen unb Äamele
fccrfölucfen" (9Kt 23, 24) unb „e3 ift leichter, baß ein Äamel burc^« 9tobelö^r getye",
S'oei 9leben«arten, bei benen bie £>$>erbel auf ber §anb liegt, fobaß man ftcfy nic^t mit
mbeutung be« 9?abelö^r« in einen „engen Durchgang" ober be« Äamel« in ein „$au"
(xdfAekog) abzuquälen brauste. Die le^tcre Slebetoenbung finbet ftc^ auc^ im lalmub, 50
nur baß bort ftatt be« Äamel« ber ßlepfyant (pfla') genannt ift (f. Stqrtorf, Lex. chald.);
aud^ im Äoran (Sur. 7, 38) ift fte toieberfyolt. ©cttjtttgcr.
Äammin, S3i«tum. — ^affelba*, Äofegarten unb ü. 9Kebem Cod. Pomcraniae diplo-
maticus I, @retf«n>. 1843; itlempin unb $rümer#, ^ommerfefte« U». Stettin 1868-91,
3 »b«; fi. ©iefebretöt, Senbifcöc ©ef«i«lcn 3. 33b, Berlin 1843. 65
3u ben ©enoffen Otto« t>on Bamberg bei ber 9JJiffton«arbeit unter ben Sommern
gehörte ber be« Söcnbifc^cn funbige ^riefter äbalbert (bgl. 6bo, vita Ott. II, 3 ©. 622
ed.3aff6, U.III, 12 ©.665). 211« ber toon Ctto in« äuge gefaßte ^pian, in ^ulin, bem
jefcigen SBollin (bgl. über bie ©tabt (Jbo II, 7 ©. 629) ein eigene« 93i«tum für ^Jom=
732 ftatntntu Sattaatttier
mem ju grünben (6bo II, 16 ©. 640), ausgeführt tourbe, erhielt er bie Settung be&
felben. ^nnocenj II. natym auf Slbalbertd Sitte baä neue SStetum i. $. 1140 unter
päpftltctyen ©$u$, unb befthnmte, bajj fein Sifc bei ber, toonDtto bon Bamberg erbauten,
2lbalbert$fird&e in SSoHin fein jode. als 99eft$ be$ StetumS Serben genannt bie ©tabt
5 SBottin unb bie castra Dernmin, IribfeeS, ©üfcfoto, 2Bolgaft, Ufebom, ©roftmn, tyqxty,
©targarb, ßammin, ^olberg; aujjerbem toerben tym jugefproctyen bort jebem Sßflug jtoei
Sieben (Betreibe unb fünf ^Denare, fotoie ber üKarftjefynt, quod diciti*r Sithem (3>aff£
8102). Über bie Unterstellung unter ein ©rjbtetum tourbe nichts beftimmt. 2)o<$ fyd
ber faiferltd&e $apft, SSictor IV. im 3- H60 baS pommeriföe Stetum unter SRagbeburg
•logeftettt (3aff6 14430). ©ttoaS fpäter ging SBoHin in ben Äämpf en jhriföen Dänen unb
©ac^fen um ben 33eft$ SßommernS ju ©runbe; bie golge toar bie Verlegung beä 93&
tum« nai) ftammin. 9hm tyat Giemen« III. bem 93if#of ©igfrib ein neue« ©c^utortoi*
legium auSgefteflt (24. gebruar 1188, 3aff6 16154). $nbem #er eine j%fic$e Abgabe
beä SiföofS «n ben *Papft beftimmt tourbe (1 ferto = V* Sötorf ®o!b), erföemt fiam*
16 min toieber ate erjmierteS SBtetum. 3)iefe$ SBer^ältnte beftanb jebocty nur einige gaJfc
jetynte; benn bur$ ^nnocen) III. tourbe Äammin bon neuem SRagbeburg untertoorfen
(3. Februar 1216, $ottfcft 5061, beftätigt burd& §onoriuS III. 8. april 1223 $otfy
6987, ©regor IX. 1. «Juli 1228 $ott^.8248). 3)oc§ erlangte ba$93iStum m bergige*
jeit feine Unabfyängigfeit jurücf; ^nnocen^ IV. bezeichnete e$ 24. ©ejember 1244 ate
2onullo medio ad nos pertinens (Sßottfy. 11488); ba$ tourbe fpäter öfter« toiebertyott,
f. g. 93. Sat. äften, ed. Stiegler ©. 197 9h. 417.
93ijd&öfe: 2tbalbert 1140—1162; Äonrab I. 1163—1186; ©igfrib 1186—1191;
©igetoin 1191?— 1219; Äonrab II. 1219— 1233; Äonrab III. 1233— 1241 ; 2Bifyelml.
1244—1251; §ermann 1251—1288; ^aromar 1289—?; $eter 1297?—?; geiraty
26 1300—1317; SbnrabIV. 1318—1322; 2lrnolb c. 1324— 1329; ^riebric^ 1330— 1343;
3o&annI. 1343—1370 (?); ^ilipp 1370— 1385; goftmn IL 1385—?; 3o$anne* III.
1386—?; SobanncS IV. 1394—1398, ©egenbiföof Sogtelab 1394—1398; SRifoIau*
1398—1410; 3JtagnuS 1410—1424; ©igfrib II. 1424—1449; $enning 1449—1469;
Subtoig 1471—1479; ÜWarin 1480—1486 (?); »enebitt 1486—1498; SRartin 1499
30 bis 1521; (SraSmuS 1522—1544. #«wf.
fiamoS f. Äemofd&.
fianaantter. — fittteratur: töofenmüller, £anbb. ber bibl. «ltertum*funbe II, 1
(1826), 75 ff.; töebfclob, HitteftamcntHäie tarnen ber öeüölferung beS i«r. (Staats (1846),
39 ff.; SRoöerS, $ie ^öntcier II. 1 (1850); «ß. Scfcröber, S)ie p&önidftie 6pra*e, 1869:
86$. 33ubbe, $ie bibl. Urgcfäii#te, ©ie&en 1883; berfelbe, 3)te ©ücftcr Siebter unb Samuel
©te&en 1890; @b. iWctjer, ^ritif ber S3evi*tc über bie Eroberung ^oläfttna« in 3atS8 I
(1881), 117ff. m, 30G ff. ; berfelbe, ©ef«. b. SUtertumS I, Stuttg. 1884; ©. ?J. ^Äoore, The
etyraology of the name Canaan in Journal of the American Oriental Society XV (1893),
Proceedings LXVIIff.; .$. Sincfler, 3)ic ^ontafeln üon Tell-el-Amarna. Äcilf^riftüdK
doöibüotftef Vf öerün 1896; #. 3immcrn, ^aläftina um ba3 3at)r 1400 0. (5&r. in 8&$*
XIII (1890), 133 ff.; @b. Wfytr, ©loffcn ju ben Sfjontafeln uon Teil el-Amama (au«
Aegyptiaca, geftfdjrift für ©eorg ©ber«. fieipjig 1897, 62-76); SB. 9R05 «Rüttcr, fcfien u.
(Suropa nad) altögl)ptifd)en 3)entmii{ern, fieipaig 1893; $3. SRobertfon 6mitf>, 5)ic Religion
ber Semiten. $eutfd) oon Dr. $R. ©tübe, greiburg i. 33. 1899; Ausgrabungen in 6emV
46 faiirli, »erlin 1893. — 3u ben 9Jept)aint: SB. ©tabe. ©ef«i«le be« «olfe« 3«raet I (1887),
420; gr. 6#roant), 3)q8 fieben nad) bem Xobe, ©iefeen 1892, 8. 64 ff.; berfelbe, lieber einige
palfiftiniftfie S3olf§namen in 3at3B XVIII (1898), 126 ff. — 3u ben ^et^ttern: 3frbr. 3)e*
lifrfd), 5Bo lag ba% $arabie«? Seipjig 1881, 269 ff.; % 3enfen, #itliter unb Armenier,
6trafeburg 1898; ügl. baju .J). 3immern in 3bm© 48 (1899), 168 ff.
60 3)er 3Soltename Ä., ^ebr. ^?^, ift abgeleitet bon bem Sanbednamen Äanaan, ^ebr.
"k=?. 3)er ©prad&gebraud^ beS 2Ü lä^t, toenn toir toon einigen ^erfonifilattonen ab«
fe^en, feinen gtoeifel barüber, bafe "i??s SBejeid^nung eine^ Sanbe^ ift; bgl. 9ti 5, 19; in
JE ©en 42, 5. 7. 13. 29. 32; 44,8; 45, 17. 25; toolIenbS in P ©en 11,31; 12,5;
13, 12; 16,3; 17,8; 23,2. 19; 31, 18 k. 2)ie gnbung n, an, an, ön finben toir
66 nic^t feiten bei 9Jamen, bie eine örtlicfyfeit be^etd&nen, j. 93. "P-^ (affV^iW labntou),
*Tr, W!m-t "s^"» "»*??. ®« lürjerc ^orm ?--, o^ne biefe Snbung, fommt freiließ im
212 felbfit nic^t bor, boefy läfet fie fi(^ anbertoeitig belegen. 3n ^m rAmarna-2afeln
toirb neben ber ^Drm kinahni (b. i. "k-^) auc^ bie gorm kinahhi = *» gebraust,
unb gried&ifäe 3Rad^ric^ten reben babon, bafj ba^ 8anb ^^önijien ober ber ©tammbatcr
fiattaattitcr 733
ber Sß&önijier Xvä ober Xväg genannt toerbe. ©o bei $erobian tzeqI jtiovrJQovg U-
tecos I, 19 Xvä als früherer SRame beS SanbeS, ebenfo bei ©tepfyanuS bon 93tyjanj
(Xvä, ovrwg fj ^otvixtj ixaXeiro); Sßfyilo SfybliuS (Sanchun. ed. Orelli40; Euseb.
praep. ev. 1, 10) fagt bon Xvä, bafe er guerft ben SRamen ^önfe erhalten tyabe, unb
ber ©rammatiler SfyöroboSfoS ftiü^rt unter ben 93eifoielen $ur erften 3)eflination an : 5
6 Xväg, xov Xvä, mit ber SBemerhmg: 8&ev xal f] <Poivixt] 90%vä keyetai (Anec-
dota graeca ed. Bekker III, p. 1181). 3n biefera 'Oyvä erlennen ©cfyroeber ©. 6
unb ©. 3Maj SRütter 207 f. too&l mit Stecht ben Sternen IbeS SanbeS mit bem Srtifel,
b. £. 6 x?<*9 toi* ^mn ^^ auf **r\zt ägtyrtifctyen ^nförift SfomfeS1 III, too baS SEBort
bereite mit ber@nbuna n borfommt, ,rba^ Äanaan'' gur Sejeictynung beS foriföen Äüften* 10
lanbeS gefagt hrirb. SDarauS toürbe fkfc ergeben, ba| Kanaan urft>rüngli(§ ein nomen
appellativum, fein ©igenname getoefen ift. 2lber nadfj ber 93ebeutung beS SBortS toirb
bis tyutt vergebend gefragt. 9tn Vermutungen unb 33orfölägen fyat eS freiließ nutyt ge-
fehlt. ©c$on in ben Onomastica sacra beS (SufebiuS unb §ierontymuS toerben ber*
fd&tebene Deutungen berfucfyt. Hm betonnteften ift diejenige geworben, toelcfye SRofenmüfler 16
a. a. O. 1826 empfohlen fyat, nämlic§ bafj Äanaan im ©egenfafc ju Slram, baS „ßoefc
lanb" bebeute, ben gegen bie SKeereSfüfte fyin ftc$ abfenfenben Sanbftricfy, baS SKieberlanb,
bejetd&ne. 2US ®runb führte er an, bafe baS arabiföe 33erbum knc bie Sebeutung fyabe
„ftd& erniebrigen, ft$ fenten". ®S läfet ft$ faum in Slbrebe ftellen, bafj einige ©teilen
beS äl fo lauten, als ob fte in Äanaan ben ©inn bon Sieflanb, in Äanaaniter ben 20
Sinn bon 93etoofynern beS iieflanbS ober bon erniebrigten, niebergetoorfenen Seuten er*
blidten. 3ef 23, 11 bejeic^net Äanaan bie ^önigij^e Äüfte (unb tyre Kolonien), 3e2, 5
(too ÜBeflbaufen unb Siotoacf baS 2öort freiließ [treiben Collen) baS Xieflanb ber tyfo
lifter; 3of 5, 1 nennt bie Ä. am s3Reer neben ben Slmoritern, 3of 11, 3 foric^t bon Ä.
im Dften unb SBeften toie -Mu 13, 29 bon Ä. am 9föeer unb am 3orban; 3lü) 9, 24 ge= 35
braud&t bon ber Unterwerfung ber Ä. baä §i^)^il r:-??. 2Sie man auc^ über bad Sllter
unb ben 3Bert biefer ©teilen urteilen mag (»gl. ©b. SDtetyer 3atffl I, 122 ff.; »ubbe,
Urgefd&icfye 348 ff.), fte jtnb auf leinen gatt fo gemeint, bafe fic^ eine toiffenföaftlictye
@rflärung bed 2ßorte^ Äanaan au$ i^nen ableiten lie^e. SDie Meinung, ba^ äram $oc^=
lanb bebeute, [c^toebt bö&ig in ber £uft, unb bie Berufung 9tofenmüfler3 auf bie 93ebeu- 30
tung be^ arabij^en knr ift bon ©. %. 5)toore (f. Sitteratur) ate ein 9Jlifeberftänbni« er=
toiefen toorben. 3ötr muffen ba^er biefe ^ra6e öuf f1^ berufen (äffen unb lebigltcty ben
©tnrad^gebrauc^ banac$ befragen, toelc^e^ ©ebiet unter bem tarnen Äanaan berftanben
tourbe.
3n ben äg^tifc^en 5Rac^ric^ten (togl. SB. 2Jta£ 3KüHer 205 ff.) bejeic^net Äanaan b(rö 86
Äf«^ äg^tifc^e äften mit @infd^lufe »on 5|}^önijien; boc^ gebrauten bie IbtfflpUx in ber
Siegel biefen tarnen nic^t, fonbern für ba$ füblic^e Serien Haru, für baS nörblid^e Ru-
tennu. 3n ben'Amärna-Iafeln bedft ftc^ Äanaan faft gerabeju mit bem, toa^ toir fyeute
unter ©^rien im allgemeinen tocrftefyen (6b. 3We^er, ©loffen 67 f.). 3m 813; finben toir
berfd^iebene Abgrenzungen ; fte bestätigen, bafe man ben Umfang Kanaan^ berfc^ieben be-- 40
ftimmen fonnte. §n ber 3Sölfertafel ©cn 10, 19 JE toerben bie SBo^nft^e ber Äana-
anher, bejeic^net burc^ bie fünfte ©ibon (b. i. ^^önigien) im Sorben ber Äüfte, ©erar
unb ©aga im ©üben, ©obom unb ©omorrfya am ©übenbe be^ 3^oten 5Keere^ unb
Safa. 5Diefer lefctere Ort ift freiließ nid^t betannt unb berfetyieben gebeutet toorben
(bgl. fflett^aufen, Äomj)ofttion be« $ejateuc^g 15; 3at2B 1896, 318 ff.), aber bieiö
SKeinung ift boc^ Ilar: ^^öni^ien unb baö fj>äter bon 3$*ael befe^te Sanb ift ba« ®e=
biet ber Äanaaniter, b. b. Äanaan. ©ine Unftd^er^eit bleibt nur naefy ber (Seite ^in
übrig, toie toeit ba^ §tnterlanb ber ^P^öni^icr cinjufd^lie^en ift. 35. 15 toirb neben
©ibon §et^ (f. unten §etfyiter) genannt unb 33. 18b loirb bemerft, bafe fic^ ftäter bie
©tämme ber Ä. ausgebreitet Ratten (nac^ ©üben) — 33. 16— 18a geben [1$, ba fte 50
33. 18b bortoeg nebmen, ate eine (Srioeiterung beä urfj)rünglic^en le^te« ju erfennen — ;
bemnac^ gelten ^ier als bie urftorünglicfyen sfflo^nfi|e ber Ä. ^^önijten unb baS öftlic^e
iotoie norböftlic^e ^interlanb ; Äanaan toürbe ba^er nac^ Sorben ^in boefy »eit me^r um*
äffen, als baS f^äter bon 3^radit«n betoofynte Sanb. 2)euteronomiftifc^e ©teilen beftä«
tigen im allgemeinen biefe 9luffaffung bon ©en 10, 15—19, fc^ioanfen jebocfy in ^Betreff 55
beS UmfangS, ben fie bem 2anbe ber 2Serfyeifcung geben. 2)t 11,24 Reifet eS: bon ber
fflüfie (im ©üben) bis $um Libanon (im Sorben; lies vrabrt -?ri)r bom ßup^rat^ (im
Dften) bis jum 3Weer im SBeften (^of 1, 4 ift barnaety ju berbeffem unb ^u berfte^en).
3lamentli(^ bie angäbe „bom 6u}>fyratfy" ^eigt, bafc ber 33erfaffcr auc^ an SJorbf^rien
bentt, alfo über ben Sibanon binauS bie ©renken ber iSraelitif$en Eroberung jie^t (bgl. go
734 Sattaamtcr
1 Äg 5, 4). $tynlidf> lauten bie Seftimmungen ©cn 15, 18 unb gj 23, 31: für ben
Sorben unb 9torboften ift ber Gtitiffyxati) genannt, ßnger ift ber Umfang befcfyrieben m
3of 11, 17 unb 12, 7: bom glatten ©ebhrge (Serge) bei ©eir bi« na% »aal ©ab (VII,
760) unterhalb be« §ermon«. 35t 1,7 nennt ba« Sanb ber Äanaamter unb ben Stbanon
6 bi« jum ©uptyratfy, jie^t alfo für jene« engere ©renken, für bie Eroberung ^«rael« im
ganzen aber bie gleiten toie Dt 11,24; ©en 15,18 unb Qi 23,31. 2tu«3of 13,2— 6,
too bie toon 3ßrael ntd^t eroberten ©ebiete be« gelobten Sanbe« aufgejagt toerben, ift mit
©icfyertyeit ju entnehmen, bajj aud& ba« ©ebiet ber $I?Uifter &u Äanaan geregnet h>urbe;
im übrigen ift aber ber lejt biefer ©teile fo ftarl berlefct, bafj fiebere Angaben au« tyr
10 nietyt gewonnen toerben föimen. SKur ber lefcte S. 5 genannte Sßunft, „bie 3u0änge J"
tamatfy", finbet fk§ metyrfaety al« SKorbgrenje be« 3«rael gebityrenben ober ge^örenben
ebiet« am 6,14; 9ti 3, 3; 1 Äg 8,65; 2 Äg 14,25; ®& 47,20; S»u 13,21; 34,8.
2lm forgfältigften fyaben fu$ ©gefiel unb bie Serfaffer be« ^riefterfobej bemüht, bie
©renken be« gelobten Sanbe« ju umföreiben; »gl. (Sj 47, 15—20; 48, lff.; 9iu34, 1
15 bis 12; 13, 21. 2)ie ©übgrenje ift Äabe« Sarma, bie SBüfte 3in unb ber Sad& #gW=
ten«, bie SSeftgrenje ba« 2Rittelmeer, bie 9?orbgrenge berührt in einer fc&toer ju beftim-
menben Stnie bie ©egenb bon §amatty am Dronte«, bie Oftgrenje totrb burc^ ben IJorban
unb ba« lote 3Reer gebilbet (f. ba« habere in bem 21. $aläftina). 2HIe biefe ©<$toam
hingen begreifen fid^ nur au$ ber X^atfac^e, bafe Jtanaan ein geogra^ifäer Warnt für
20 ba« toeftliitye ©tyrien ift ofyne fefte ©renken, nidfjt ein burc§ natürliche ©renken ober bun$
bie Slut«bertoanbtfc§aft feiner Setootyner abgesoffene« ©ebiet. ©tet« ^eiftt e« im 211:
Äanaan ift ba« bem Solle 3«rael gelobte Sanb; tooHte man aber feftfteOen, toelcfce
©renken biefe« Sanb fyabz, fo gingen bie -»Meinungen au«einanber, unb jtoar bedtyalb, toeil
Äanaan überhaupt fefte ©renken nicfyt befafe. 5lur in einem fünfte fyerrfd&t Überem*
25 ftimmung, nämlicfy barin, baft Äanaan auf ba« Oftjorbanlanb nicfyt angetoenbet totrb. 3)ie
älteren Angaben be«2l$ näpern ftety faft gang bem ©prac^gebraud^, ber in ben'Amärna-
Safeln (f. oben) beobachtet toirb ; bie jüngeren, bef onber« ber ^JricftcrfobcE jtetyen bie 9torb=
grenje füblictyer. Sielleic^t fyängt ba« mit bem Sorbringen ber Slramäer unb tyrer ©Jnracfce
gufammen. Slujjerbem ift nidjt $u überfein, bajj toir fotoofyl in ben 'Amftma-iafeln
so al« auc§ im 21 % ben Sprachgebrauch fold^er Seute »or \m& ^aben, bie im füblic^en ober
mittleren Serien toofynen: bon bort au« gab man bem 9?amenÄanaan einen folgen Um*
fang. 2)er ©j)rac^gebrauc^ ber 2lntoofyner be« (Sup^rat^ toar ein anberer; e« ift bon
Selang, bafj auf ben Äeilinfc^riften, bie au« 2lfftyrien ober Sab^Ionien ftammen, bteber
ber 9Zame Äanaan nic^t gefunben toorben ift (bgl. ben 21. ^aläftina unb unten unter
86 §etfytter).
yjlit bem Obigen ift bie gfrage nac^ bem urfprüngli$en ©inn bon Jtanaaniter ent^
(Rieben. §\t Äanaan ein geograp^ifc^er Segriff mit fcfytoanfenben ©rengen unb o&ne eine
ertennbare et^nogra^^ifc^e ©runblage, fo bebeutet Ä. überhaupt bie Seute, bie biefe« Sanb
betoo&nen. Die s#böni$icr (f. b. 21.) finb .Hanaaniter (Ob 20; 3ef 23, 11), tote anbere
40 (Sintoo^ner be« oben bef^rod^enen ©ebiet« au^, aber fie finb bur^au« nic^t bie Ä. (bgL
Subbe a. a. 0. 343 ff.). Diefer allgemeine ©inn be« 9?amen« ift, toie SBeH^aufen u. ä.
bemerft traben, ben ©rjäblungen be« ober ber^abbiften eigentümlich ©en 12, 6; 18, 10 f.;
24,3.37; 38,2; 50, 11; sJhi 21, 1. 3. 2Kan fyat ba^er auc^ metyrfacfc angenommen,
ba^ Sli 1, abgefefycn bon S. 34—36, ju ber jafybiftijd&en ©c^rift gehört, toeil &ier bie
45 bori«raelitijc^e Sebölfcrung be« Sanbe« burc^toeg bom ©üblanbe S. 17 an bi« nal# ®a^
liläa S. 33 Ä. genannt toerben. %n S. 34—36 begegnet ber SKame 2lmoriter (f. ben 8.
Sb I ©. 459), ben bie elofyiftifcbc ©cfyrift für bie bori«raelitifctyen Se^errfc^er be« i catei
ju gebrauchen pflegt; e« finb ba^er 3^e'fe^ ^au^ getoorben, ob biefe Serfe ebenfall« ort
ber ja^biftiföen QueHe ftammen (@b. Kleber 3atSB I, 126; Subbe, 9ti$ter unb 6o--
60 muel 15 ff.).
6« liegt bie grage na^e, ob bie Ä. abgefefyen bon i^ren aSSo^nft^en in bemfeften
Sanbe noc^ anbere 2)inge gemeinfam fyattm. 2)iefe ^rage fc^eint bejaht toerben ^
muffen. 2)ie ©praetye, bie toir je^t l^ebräifd^ nmnm, Reifet 3«f 19, 18 „bie ©pwd^
Äanaan«", b. \). bie in biefem Sanbe übliche unb an ifym ^aftenbe ©prac^e. Sticht« toe$
6T) barauf ^in, flanaan ^ier bon ^^önigien ober nur bon bem Sanbe Sjärael« ya berfte^cn;
ber 9?ame ^at auefy ^ier bie umfaffenbere Sebeutung, bie oben naefcgetoiefen tourbe. ®awu^
ift ju fc^liefeen, ba| im Sanbe Äanaan im allgemeinen biefelbe ©prac^e gef^rod^en touibe.
©etoife fmb bialeltifäe Unterfc^iebe namentlich jtoifc^en ben nörblid^en unb füblic^ leite
be« Sanbe« borfyanben getoef en ; aber fte toaren nic^t fo grofe, bafj bie Sertreter be« einen
üo 'Dialeft« ben anbern nic^t berftanben Ratten. 2)ie enge Sertoanbtfc^aft be« Jpcbräifc^en
Stanaanittt 736
mit betn Sßtyönijtfcfcen ift befannt. ©elbft bie ^nfd^rtft beS ßönigS ^Janammu bon Sam'al-
Sendschirli jtoiföen bem ©olf oon Sllejanbrette unb bem mittleren ßuj^rat bietet
einen altarammföen 2)ialeft bar, ber bcr tyebräifcfyen ©pracfye fefyr natye ftefyt. 3ltbm ber
Bptaty flehten au$ bie religtöfen Slnfcfyauungen unb bie ©ebräucfye beS ÄultuS bie
gleichen getoefen ju fein. 2)ie ©Ortzeiten toaren urforünglicfy befeelt gebaute SRaturfräftc, 6
hrie Äimmel, ©onne, 2Ronb, Bonner, 93li$ u. a. 3m Saufe ber 3^ touctyfen fte mit
ber Äultur beS SanbeS jufammen unb tourbcn baburcty bie 93eföü$er ber SebenStoeife, ber
gertigfeiten unb Äünfte fotoie ber fokalen 33erbänbe, bie bei ben 93etool)nern borfyanben
toaren. 3)ie ©otteäberefyrung toar in ga^llofe Sofalfulte gehalten. 9Jtan pflegte bie ©ott-
&eit ni<$t mit tyrem ©igennamen ju nennen, toie Slftarte (f. b. 31. 93b II ©. 147), Slföera 10
(f. b. % 93b 11 ©. 157), Slnat, SltargatiS, (Sfömun, fonbern Bezeichnete fte als ben
„£eun" ober bie „$errin" beS betreffenben ÄultuSorteS, j. 93. 93aal beS $ermon, 93aalat
bon ©ebal (bgl. b. 31. 93aal 93b 11 ©. 323). 2)ie (Stätten ber Verehrung toaren bie
£ö&en beS SanbeS (bgl. b. 31. §ityenbienft VIII ©. 177). SWeben bem Slltar ftanb ein ffl ©tein
(rnsrc), ein ^L 93aum ober ber tyn bertretenbe $L $f a^l ("'^). 2öar ein ©otteSbilb bor« is
fanben, fo fehlte nic^t baS §auS bafür, ber Tempel unb ber ober bie ^ricfter, bie eS $u bebienen
Ratten. Die ©ebräuctyc beS ÄultuS fingen mit ber täglichen 3lrbeit ber SanbeSbetoofyner
aufs engfte jufammen; man opferte bon ben (Erträgen beSSWer*, ©arten* unb SBeinbaucS
fotoie ber 93ie^uc^t (bgl. b. 3t. ©otteSbienftlicfcc Seiten 93b VII ©. 19). 3n ben©täbten,
ben ©i|en ber fortföreitenben Äultur, bilbeten ft$ enttoicfeltere formen beS ÄultuS auS. 20
3u bem feftfte^enben 9tituS gefeilte fiefy ber SJi^t^u^. Urfprünglicfy erjagte er tool^l nur
babon, toie ber StituS nad) bem 93efe^l ober naefy bem eigenen 93eifpiel ber ©ottfyeit jum
erftenmal boHjogen toorben fei. ©päter berbanben ftety mit i^m religiöS^ilofot>f)ifcfye unb
bid^tertfd^e 93etra#tungen, in benen bie gefyeimniSbotten Vorgänge auf bem ©ebiete ber
9latur, baS (Sntfte^en unb baS Vergeben, femer bie Slnfänge menf$lic§er ©itten unb @e* 25
memfdjaften ober auefy bie ©rünbung berühmter Orte, namentlich ^eiliger ©tätten, be*
tymbelt tourben. Ignbem man *>a* 3B*fcn getoiffer 9Jaturgott^eiten in ben ©ebräuetyen
beS ÄultuS nadfouatymen berfucfyte, famen bie fcfyärfften ©egenfäfce neben einanber jum
SiuSbrucf, gügellofer ©enufe unb toilber ©dornen. @S fei fyier nur an einige 93eiftriele
erinnert, an bie ^ßroftttution im Heiligtum ber ©ott^eit 0^"^;» ^'4^ unb an bie im 30
ÄultuS üblichen ©elbftberle^ungen (bgl. ben 31. ^J^önijier). ^n ber ©elbftberleugnung unb
©ntfagung ber ©ott^eit gegenüber ging man fo toeit, ba| man, um ifyren 3^rn ju ber-
fö^nen ober gu bereuten, bie eigenen Älinber opferte (bgl. 2)t 12, 31). 3Bo^l allgemein
toar mit ber©otte^bere^rung, teiU öffentlich, tcilö im ©e^eimen, eine Un^l abergläubifc^er
©ebräuc^e unb Äünfte berbunben (2)t 18,10f.), bie mit uraltem ©eifterglauben (3lnimi$mu$ 86
unb Sotemtömud ober ^etifty&nuä) ^ujammen^ingen. @nblic^^at auc^bie ÄulturÄanaan^,
als beren mic^tigftc Vertreter bie ^ön^ier (f. b. 31.) unb bie §et£iter (f. unten) erf^einen,
ein gleichartiges ©e})räge. 2)ie älteften ©nfltiffe ^at 93ab^lonien ausgeübt, ©c^on im
3. S0^011^ üor 6^r. fyaben §anbel unb Ärieg^üge bon bort fyer auf baS nörblic^e
unb mittlere ©tyrien eingeloirft. 3lg^pten bat erft feit ettoa 1500 in bie @nttmcfelung 40
beS SanbeS eingegriffen. 3)ie ©renjber^ältniffe machen ba$ begreiflich. Denn mä^renb baS
nörblic^e ©^rien ein unmittelbare^ ©renjlanb be$ Su^^rat^ ift, be^nt fid^ gtoifcben bem
füblic^en Serien unb XÜgtypten eine 2Büftc aus, bie burdj i^re 93reite bon mehreren "läge*
reifen bemSerfe^r ein nidj>t geringes Hemmnis bereitet. 3Bie fe^r jebocfy um 1400 bor S^r.
bie bab^lonif^aff^rtfd^e 93ilbung fclbft im {üblichen ©t^rien bor^errfc^te, .bezeugen unS bie 46
feit 1887 befannt getoorbenen Xl^ontafeln aus Teil eKAmärna in 3tg^ten, infofern
biefe ©c^riftftücfe, meift 93riefe aus bem mittleren unb füblicfyen ©t^rien an bie ^tyaraonen
ägV^tenS, in babtylonifcfyer Äeilfc^rift unb in affbrifc^cr ©prac^e abgefaßt morben ftnb.
Sttcr bie bo^elte 93efruc^tung, teils bon Sabtylonien, teils bon 2lgVpten, fyat ber Äultur
beö 2anbeS boc^ baS ©elpräge bcr 5Kijrf)ung aufgebrücft. 3luf bem ©ebiete ber Sieligion so
unb ber ÜRbtfyologie ^at freiließ bie bab^lonifc^e ©runblage bie itorberrfcfjaft behalten (bgl
b. ». $P&öni&ier).
SSerfc^iebene Umftänbc teils gefcbirf^tlic^er, teils natürlicher 2lrt f^aben ba^u beigetragen,
ben St. aufjer ben bereits crtoäfynten 93cfc^äftigungen, Slder- unb ©artenbau fotoie 33iefc
md)t, noc^ eine anbere na^c ^u legen, nämlicfy ben §anbel. DaS fd^male itonb, baS fte 66
betoo^nten, grenzt im Cftcn an bie SBüfte, im 2ßeften an bas ÜKcer. ©0 lange biefeS
noc^ nicfyt mit ©Riffen befahren tourbe, ftanben nur bie 2ikge nac^ 9Zorboften unb
©tibtoeften, nac^ 93ab^lonien unb 3(gty>tcn offen (bgl. b. 31. s^aläftina). %üx beibe Sänber,
bie £erbe einer uralten Äultur, tourben bie Ä. bie Vermittler, tyr ianb bie 93rüdfe, auf
ber man bie ©üter auStaufc^tc. ©pätcr famen bie ©eefa^rten ber ^työnijier ^inju, ferner co
736 Sattaattitcr
btc Verbmbungen über Qlati) (f. b. 31. Vb V S. 285) mit Arabien unb bem 9toten
■Keere. 9iamentlic§ bie erfteren berfdfjafften bem §anbel ungeheuer reiche $ufu$ren unb
grofte Slbfaftgebtetc. Die (Srträgnijfe, bie bie Ä. auö ifyrem eigenen ßanbe gelohnten
fonnten (f. $aläftina), fraren im Verhältnis baju gering an SDtenge unbSöert. ©o lam
6 e$, bafc ber §anbel bie eigentliche Duelle be$ SteictytumS ber Ä. tourbe, jualety ijfrre
liebfte Veföäftigung. Daä 311 lennt biefe Styatfac^e fe^r toofyl, inbem Äanaamter
an mehreren ©teilen fobtel ift, frie Äaufmann, Ärämer (§of 12, 8 ; Sei, 11; *ßr 31,24;
bgl. @j 16, 29 ; 17, 4).
Von größeren Staatenbilbungen ber Ä. läjjt ftd? nictyt reben. Da Jt., frie oben ge*
10 fagt, bie Vetoofyner beS SanbeS Äanaan überhaupt begeic^net, mithin freber ein etn^efc
lictyeS Volf nocfy eine gleichartige ©ru^e bon Stämmen umfaßt, fo müfcte bie ^frage fo
geftellt frerben, ob bie ju ben Äanaanitern gerechneten Völler je größere Staatäfrefen er=
jeugt fyafcen. Da 3$rael für biefe gfrage ni$t in Vetrac^t fommt, fo laffen ftc$ nur bie
$etfyiter atö folc^e nennen, bie in früher $t\t über ein größere« Stetcfc im SJorben ÄanaanS
iö gefyerrfcfyt fyabm (f. unten), Sonft fyören frir nur bon Ileinen §errfc§aften unb bon
Stäbtebünben. Die cAmärna-$afeln nennen eine 3ln$atyl biefer Ileinen gftrften, bie
unter ftcfy im Äampfe liegen unb ftcfy gegenfeitig bei bem <jtyarao bon Ägypten, Stmeno*
pfö HI. unb Slmeno^te IV., ber Untreue beföulbigen. Die äg$>tifc$e Dber&enfc$aft,
bie mit mefyrfac^en Sctytoanlungen bon 1500—1250 borßfyr. fräfyrte, tourbe burd& ©tatt*
30 kalter unb bur$ Vefafcungen, bie aus Streitfragen ihtb gufebolf beftanben, aufrecht er»
galten. Un^uberläfftge dürften ber S. mußten ftc§ baju berftefyen, tyre ©ö&ne na$
!Äg$>ten )u fcfyidfen unb fte am bortigen #of erjie^en ju laffen ; friberfoenftige tourben
öbö^^/ defügige beftättgt ober mit neuen 2Sürben geehrt, ©o frirb in ben 'Am&rna-
Vriefen (37, 4—8) enäfytt, bajj Iljutmofte III. ben ©rojjbater be$ , bamaligen Ädntgä
25 bon Nuha§§i in ber ©egenb bon Sllejtyo jum Äönig eingefefct unb Öl auf .fein fyajfpi
gegoffen fyabt. Vielleicht tyatte auc$ cAbd-Chiba bon ^erufalem burcty bie ägtyrter eine
über bie dürften ber SRactybarfc^aft fyerborragenbe Stellung erhalten, frie föon 33b VIII,
674,34 ff. bermutet frorben ift. Slboni Vefef (3ebef) bon ^erufalem rü^mt fid^ 9li 1, 7
als Sefieger bon 70 Königen (bgl. ebenb.), unb Qof 24, 12 frerben 12, ^of 12, 7—24
so gar 31 (29) untertoorfene Könige ÄanaanS gejault. 9?on einem ©täbtebunb ift bei ber
Eroberung be^ Sanbe^ burc^ 3pfua bie Siebe: ©ibeon, Äe^ira, Seerot^ unb Äirjaty
^earim fte^en nac^ 3°f $t 17 ; 10, 2 nictyt unter Königen, ^anbeln aber gemeinfam.
SJerner finb bie Serbinbungen, bie ftcfy unter ben p^öni^if^en ©täbten frieber^olt gcbilbet
^aben, al« ©täbtebunb &u be^eic^nen (f. b. 31. ^önijier). 2)ie gorm be^ politiföen
85 Seben^, bie frir bei ben St. finben, ift bie Äleinftaaterei. 3luc^ fpäter ift bie Stlbung größerer
Steige, frie bie ber Säraeliten unb ber Slramäer, nic^t auf bie 3)auer erfolgreich gefrefen.
@^ ift bie natürliche Sefc^affen^eit be« Sanbe^, bie in biefer $inftc§t bie ©efc^ic^te ber
SBefrofyner bebingt ^at. 2)er Jamale Sanbftric^ jfrifd^en ber SBüfte unb bem 3Kittelmem
ift burc^ feine ©ebirge, Ileinen (Sbenen unb tief eingefd^nittenen ^lu|t^äler ber SUbung
40 großer ©emeinföaften nic^t günftig ; er lägt eö feinen Sefrobnern immer frieber bequem
erfc^einen, ftcfy ju Heineren ©ru^pen gufammenjufd^liefeen.
©$on oben ©. 733,48 ift bie 3lngabe be^ 3a^biften©en 10, 18 b ^erborge^oben
frorben, bag ftc^ bie Ä. bon bem mittleren leile be« Sanbe^ nac^ ©üben &in ausgebreitet
l)ätttn. @in 93efretö bafür ober bagegen ift und nicbt möglich ; ^ftend lann baran
45 erinnert frerben, bag ein Vorbringen ber 93ebölferung avß ben ©egenben bed Sibanon
nac^ ©üben im Saufe ber 3>a^r^un^ertc mefyrfac^ bezeugt ift. So für bie 3lmoriter
im 14. unb 13. go^wnbert, für bie ^turärer jur $t\t bed $a«monäerreic^ unb für We
2)rufen unter Faahr ed-Din um 1600. ©« ift fogar mögli^, bag ba« Vorbringen ber
Slmoriter auf jene Slngabe nictyt o^ne ßinflug geblieben ift, frenn man ftd^ au^ fleö
so gegenfrärtig galten rnufe, ba| k. nad^ bem ©J)ra^gebrauc^ be« Satybiften nid^t mit Slnw*
riter ofyne freitered ibentifc^ ift, fonbern biefe ebenfo frie anbere SSölferfc^aften einfc$lie|t
gebenfalld aber mufe in biefem 3uf«mmen^ange erfrä^nt frerben, ba| baä äl noc^ einige
bunfle ßrinnerungen über UreinfrofynerÄanaanS, b.^. über Vorgänger berÄ., betoaftt
^at. Sie gelten afö riefenfafte Scute (2 Sa 21, 16. 18. 20. 22; Dt 2, 10 f.; 20f.;
65 3, 11). 3$r9tame o-w:-; bebeutet jfrar an fid^ nic^t „Sliefe" ; er frirb bielme^r tbentiW
fein mit ber Vejeic^nung für bie Vefrofyner ber Unterfreit 3ef 14, 9 ff.; 26, 14. 19, bie,
frenn fte aucty als „9Ratte, S^laffe" angefe^en frurben, bodj ald übermenfc^lic^e ®#
frefen galten. Der 9lame fennjeic^nete fie batyer ald folc^e, bie bon ber Oberfläche ber
®rbe berfc^frunben unb in bie Unterfreit tyinabgefunf en fraren. §f)x SRuf ate Stief en ip fagens
60 fyaft; er ^ängt mit ber freit berbreiteten boltetümlic^en Neigung jufammen, übertounbenc
Sanaamter 737
Sollet ald liefen &u benten (Ogl. 3lm 2, 9). Son i^nen l;at bie @bene 9te^aim toeft*
lt$ oon SttufaU™ ifyren SRamen erhalten gof 15, 8; 18, 16. 2lld tyr Stammvater totrb
2 ©a 21, 16. 18. 20. 22; 1 G^r 20, 4. 6. 8 ^sr~ Benannt; bad ift ntd;td anbered
ald bie Äollelttobeaeic&nung ju m®-:, toie ?2rn gu C7=5 5Ru 13/22. 28. 33; 3of 15,14.
Über $re 2Bo$nftfce, §erfunft u. bgt. toiffen toir nic&td; bie SBorte mw-tti T:sn y?M 6
3of 17, 15 ftnb o^ne 3^^? e*n jüngerer 3ufa& w* ®en H 5 tß &on 3°f *2, 4
abhängig. 9lad) ber jüngeren Überlieferung toerben gu biefen 9te$>fyaim geregnet auefy bie
(5 na titer; (o St 2, 11. Sie älteren Stellen ioenben biefen ÜRatnen ntdpt auf fie an unb
rennen fie aud& nic&t jur Oorfanaanitifctyen UrbeOölferung. fltoax gelten fie audb ald
liefen 2)t 9, 2; 1, 28 (C*r?2 5RU 13, 33; Ogl. ©en 6, 4), benen gegenüber ft$ Äaleb 10
(f. b. 81.) unb feine Segletter fo Kein toie £eufctyrecfen oorlamen, unb ©ctytoalfy legt
bem SRamen naefy bem Slrabifd^en bie Sebeutung „bie Sanaen, bie SRiefen" bei; aber fte
toerben mit Sefttmmtyeit ald ber Stamm bqeiqttet, bem Staleb Hebron unb feine Um»
gebung entriffen $at 3of 14, 12, unb bafyer SRi 1, 10 ff. naclj bem Sprachgebrauch bed
ga^öiften ald Ä. bejeid&net. 3&r* brei ©efd&led&ter fmb 2tyiman, Sefai unb 3#almai 15
3ht 13, 33 (Ogl. 9ti, 1, 10 ; 3of 15, 14). 3fc §auJ>tort ift Äirjaty Slrba (pol. §ebron
6. 564,38), beffen ÜRatne fo erflärt toirb, baß 2lrba ber größte unter ben Enantern gof
14, 15 unb tyr Stammvater getoefen fei 3°f 15, 13. 3töre Slcpe f ollen ftd^ in ©ayx,
Ädbob unb ®ati) gehalten tyaben 3»f 11, 21 f. SBa^rfd&einlicty fteclt ibr 9lame aud) in
op» 3er 47, 5, oielleid&t auefc ebenfo in 3er 49, 4 (Ogl. LXX) unb 1 G&r 12, 15. 20
3m 212; finbet ftd& jebod& nid^t nur ber bidtyer betyanbelte Sprachgebrauch, nacb bem bie
St. im aQgemeinen ald bie Seltener ßanaand gelten, gleid&Oiel melier Sölterfd&aft fte
eigentlich angeboren, fonbern Jt. ift baneben au$ in ettynogra$>ifd&em Sinne gebraust, «d
fotte barunter ein befonbered Soll neben anbeten oerftanben toerben. 6d ift naö) bem
oben ©efagten fetyr baran ju jitoeifeln, bafe biefe 2luffaffung bie urforünglicfye ift, unbbafjra
xfyc ioirfliep et^nograp^ifd^er SBert beigelegt toerben barf. gür bie Beurteilung biefed
©ebraud^d ift Oon Selang, bafe bie Ä. neben anberen Söllern Äanaand genannt toerben,
toenn bie Serfaffer eine größere 2lnja^l Oon Söllern, bie Sßrael fid^ untertoorfen ^at,
cmfgä^Ien tooKen. Jür fold^e gäüc ift ein getoiffed Schema ablief getoefen, für bad ftd?
bte ^auptform unb einige Siebenformen leidet feftftellen lajfen. ®ie §auj)tform jä^lt ao
fed^d Sölfer, nämlid^:
Äanaaniter, §et^iter, Slmoriter, ^J^ereftter, §etoiter, 3ebufiter.
©ie finbet ftd& mit geringen 2lbtoeid^ungen in Betreff ber ^Reihenfolge ber SBölfcr
®S 3, 8. 17; 23, 23; 33,2; 34, 11; ®t 20, 17; 3of 9, 1; 11, 3; 12, 8; 9R3, 5;
31$ 9,8, aljo 11 mal. 3U bcafytn ift, bafe bie erften brei 10 mal Ooranfte^en, bie 86
Unteren brei 9 mal ben ©d&lufe bilben. 5Rur 6j 23,23 oerftöfjt gegen biefe Orbnung,
unb 5Re§ 9, 8 ^at ftatt §etoiter bie ©irgafiter unb jtoar am ©d^luffe. 3^r ®^nn ip Har:
bie großen 3Söl!er ooran, bie fleinen am 6nbe. %)cß Schema toiQ alle ^Tarnen ber Söller,
bte bie 3&aeliter t>erbrängt ober untertoorfen fyaben tooKen, fammeln. 6d ift felbftoerftänblid^,
bafe bie Ä. unter itynen nid^t fehlen burften. 9lber ed toäre Oerle^rt, toenn man Oon 40
einer folgen 3ufammenftettung, bieboc^ nidbtju toiffenfc^aftlid^en3toe(len gemalt toorben ift,
audge^en tooOte, um bie Sebeutung bed Ramend ^. ;u erflären. Die dltefte Überlieferung
tft in i^r burcfyaud nic^i enthalten; benn biefe §au^tform bedSc^emad finbet ftc^ enttoeber
an folgen ©teilen ber je^otoiftifc^en OucÜfd^rift^ bie ofyne §rage überarbeitet finb, ober
in beuteronomiftifcfyem 3ufammcn^an9e- &x* Nebenformen finb folgenbe: ßnttoeber«
toerben burc$ Einfügung ber ©irgafiter in bie £au)>tform fteben Sölfer gejault 3»f 3, 10;
24, 11; 5Dt 7, 1:
Slmoriter, ^P^erefttcr, ßanaamter, ^et^itcr, ©irgafiter, $etoiter, 3*uftter (3of 24, 1 1)
ober man erreicht burc^ ^in^ufügung ber Äeniter, Äeniftter unb Äabmoniter bie 3^nS^l
®en 15, 19—21, ober man begnügt fty mit fünf Söllern (£e 13,5 (o^ne ^ereftter) ; so
1 Äg 9, 20 ; 2 S^r 8, 7 (o^ne Kanaaniter), mit oier Söllern (Sj 9, 1 (ofyne §etoiter unb
Sünoriter; am Seeluft l. ßbomiter) ober aud) mit brei Söllern 6j 23, 8 (§etoiter,
Äanaaniter, §etfyiter) ; ber Sinn ift ftetd ber gleite, ßinige oon biefen Söllern ftnb in
befonberen 2lrtifeln be|j)rocf»en, fo Slmoriter Sb I, 459 f., 3ebuftter VIII, 637 f., .Heniter
unter Äain ob.S. 698Äenifiter unter Äaleb ob. S. 713. Über bie übrigen foll fyier ge^anbelt u
toerben.
3)ie §et^iter ftnb und burefy bte Gnt^ifferung ber äg$)tifd&en 3)enlmäler unb ber
ftetlmfdS>riften befanntcr getoorben ald aui bem 213;. 3)ie äeg^ter famen unter Ityuts
mojtd III. um 1500 Oor 6l;r. juerft mit i^nen in Serityrung; fte fanben fte in ben
Sergen ber foäteren i'anbfcfyaft Äommagene, alfo an ber äufeerften N)Jorbgrenje S^riend. go
*eaI«<Jncptlx)päbl< für Ideologie unb flirre. 3. fl. IX. 4^7
738 Äonoanitcr
@tfra fyunbert 3^rc fpäter ftnb ftc feon ifyren Sergen fübfrärtö öorgebrungen unb gebieten
über ein mäd&tigeä Seid), ba3 ft$ feom guptyratty bis gum mittleren DronteS, einjc^lte^Iicb
ber ©tobt §amati), auSbe&nt. StamfeS II. (titoa 1300—1230) lag längere ^eit im Ariele
mit tynen, bis er im 21. 3a§re f^ner Regierung einen feierlichen Vertrag mtt bemÄömg
5 6l)etaftr fctyloft, in bem fi$ beibe 3Käd&te gur Slnerfennung fefter ©renken fcerpflüfcteten.
Qttoa 1200 fcor Gfyr. jcrftel biefeä 9tetc$ in mehrere einzelne Staaten. !gm neunten unb
achten 3^^un^^ nennen bie 2ljtyrer bei i^ren Ärieg&ügen jegen baä nörblid^c Serien
noety ein tleinereä SReid^ ber §etf)iter, nämlicfc baä fcon ßarfemtfdj (f. b. 91.) am Quptycati).
3ebod& gebrauten fte ben 2luäbrucf „£anb ber $etfyiter" in einem triel Weiteren ©iraie.
10 ©ie meinen bamit nid&t nur bie ©egenben fcom Qvtyfyxati) unb Xauruä füblid? bid jum
DronteS, fonbern bis naety $^5ni}ien unb ^aläftina. Offenbar ift baä eine nac^lafftge
(Srfreiterung be3 urfprünglid&en ©inneS; e3 tonn au$ biefem Sprachgebrauch ni$t ge*
fetyloffen Serben, bafj bie $e$iter bamalä toirfliety fo freit na$ ©üben |m gefrotynt ^aben.
3$re SRefte frerben fid^ unter ber übrigen 33eböl!erung be$ nörblicfyen unb mittleren ©torienS,
16 j. 33. ben 2lmoritern, atlmätylicty fcerloren fyaben. Sie tyaben und eigentümliche ^nfepriften
fyinterlaffen, bie man anfangs, naefy tyrem erften gunbort $amati) am DronteS, $amat$emf4*
£jnf Triften nannte. Um $re (Sntjifferung f)at ftety neuerbingä namentlich $. Renten bmüfy;
er glaubt in ben §etfyitern bie SBorfafyren ber Armenier ju erlennen. $ie ägW)tet
nennen ba3 SBolf Gtyeta, bie Slfferer Hatti. Sctyon bie gönn ber 9tamen füfrt barauf,
20 fte ben £etyitern beS 212 m, spiur. £%"?n, LXX gefrö$nlid& Xeucuoi; Sj 9, 1 eE&&)
gleidfoufefcen. (Einige ©teilen be3 213£ (äffen auety htntivd) erlennen, bafj man ft$ bie
2öotynfi$e ber §ettyiter in ben nörblicfyen ©egenben StyrienS badete. 1 Jtg 10, 29 frerben
fte neben ben SÜramäern genannt afä fol$e, bie mit ©alomo in §anbeföberbmbungen
ftefyen, unb 2 Äg 7, 6 befürchten bie Slramäer, bie ©amaria belagern, einen Sinfatt ber
26§et^iter (unb äegtypter; nad& £. SBmcfler, @efd&. 3&. I, 150—153 ift barunter ba*
norbforifcfye SReicty -Kusri ju berftetyen) in il)r ©ebiet. Unb frenn ber Satybift in ber
Sölfertafel (f. b. 3lrt.) ©en 10, 15 $et& afe näd&ften So^n ÄanaanS nadfr ©ibon
(= ^^önijier) auftaut unb erft barauf 38. 18b bie 33emerfung folgen läfet, bafe ft(^
bana4> bie Ä. nad) ©üben 3?. 19 ausgebreitet fyätttn, fo unterliegt e^ feinem 3toeifd,
sobafe auc^ er bie §eimat ber ^et^iter in ber nörblictyen §älfte ©^rien^ anfe^t ($u S. 16 ff.
bgl. ©. 733, 49). Dti 1, 26 jeigt ebenfalls nad^ Sorben. 5Dlan tyat bie §et^tter auc^ in bem
fcerberbten %qt öon 2 Sa 24, 6 ((^rrn n*rnr) finben frotten. Slber na<^ 33. 2 liegt
gar lein änlafi bor, bie §et^iter ^ier ju erfrarten; e^ em^fie^lt ftc^ ba^r, mit Jöofter=
mann gu lefen ,,naö) bem 2anbe 9lfyf)ti)d\$, nad) ÄebeS". Die im Dienfte 35a»ib«
Böftetyenben ^et^iter Sl^imeled^ 1 Sa 26,6 unb Uria 2 Sa 11, 3 ff. ftnb nadj^ i$rer$ehnat
nic^t nä^er begeic^net; fte frerben al£ fa^renbe Jtrieger Dom Starben Kanaand nac^ bem
Süben gelommen fein, einige ©ele^rte, frte SBell^aufen, @b. fDlc^cr unb Subbe, ^aben
bie §et^iter SRi 3,3 unb^of 11,3 für^efriter (f. u.) emfefcen frollen fTfln für ~rrr),
fyauptfäfyid) fro^l burc^ bie Srfrägung geleitet, bafe beibe Stellen bem betreffenben SSolte
40 ben 3Bo^nft| nörbli$ ober norbfreftlic^ t>om $ermon anfreifen, frad gerabe für bie fo
tfytter jutreffe. 9lber biefe fyaben niemafö jfriwen bem $ermon unb ben gegangen nad?
§amat^ 9li 3, 3 gefront, fonbern öon §amat^> an nöxiWd) btö jutn 3^iuru^ unb ^manu^
gebirge. Derlei ber LXX fd^toanft in gof. 11,3 fo ftarf, bafj er laum gur Serbefferung
be« maforetifc^en lejte^ fcerfrenbet frerben barf. 3luc^ ift bie lefctere ©teUe offenbar eine
46 jüngere ßrfreiterung be^ urft)rünglid^en 2e£teä, unb SRi 3, 3 nietyt öon ^o^em älter. 3Rit
ben 9la$ric^ten, bie fid^ aud ben ägty>ttf$en unb aff^rifc^en ^nfc^riften ergeben, fttmtnl
nun gar nid^t überein, fra^ in ©teßen be« ^Jrieftertobej über bie §et^iter }u lefen iji
aibrabam lebt in §ebron unter $etyitern ©en 23, 3 ff.; 25, 9 f.; 49, 29 f. 32, ebcnfo3faaf
26, 34 ; 27, 49. ®$ fc^eint fo, als ob für biefe ©c&riftfteller §et#ter fobiel bebeutet frieÄ.;
ßobenn bie ^et^itifd^en grauen Sfau^ 26, 34; 27, 46 Reifem 28,1.8 Äanaaniterinnen. Swi
bieferSluffaffung au^ frerben and) bie 3o{ 1, 4 eingefc^obenen SBorte „bad ganjeSanb ber
§et^iter" berftänblicfy, gemeint ift nic^t änbere^ als ba3 2anb flanaan. SBie bie See
fajfer beS ^Jrieftercobej $u biefer änfe^auung gelommen ftnb, ift nkfct rec^t Har. 3^*
ältefte ©pur liegt fro^l 6j 16,3. 4.5 bor, fro 3^raefe SJtutter eine Äe^iterin genannt
55 frirb, ^Sraetö SSater ein 9lmoriter, eine älnfpielung barauf, bafe3^raet feen tfanaanitern atytiti)
gefrorben ift. ©dfion Subbe ^at barauf ^ingefriefen, bafe biefer Sprachgebrauch fä*
parallele tyat in ber fpäteren äludbructSfreife ber afftyrif$en ^eilinfd^riften, bie unter bem
Stanbe ber Hatti auc^ baö fübltd&e ^aläftina berfte^en (f. grb. $elifcfd& a. a. D. 270 f.)
3>n friefreit bie §etl^tter an ber Spraye unb Kultur be« Sanbeä Äanaan t^eilna^mm,
60 lä^t ftety jur $t\t n\d)t ftc^er entfcfyeiben.
Äonooniter 739
Die $etoiter toerben in bem burcfy bic LXX erhaltenen urferünglid&en leite gef
17, 9 ol 'Ajuoqqcuoi xal ol Evaioi mit ben ämoritern jufammen genannt als bie
bon 3«rael beftegten §erren beä SanbeS Sanaan. ©ie toerben abgeben bon ben 2luf*
ja^Iungen (f. o.) nur no$ feiten im 2EE ertoäfynt. 2 ©a 24, 7 begegnen fte ntb^n ben
Ä. bte »etoo&ner beä SBeftjorbanlanbe* füblidfc bon StyruS. 9to# 9« 3, 3 (bgl. 3of 13, 5) 6
betootytten fte benfiibanon (f. b.3L) bon33aal@ab am^ufee be$£ermon (f. b. 91.33b VII
©. 758) bis nad& ben 3ugängen jU§amat$. Dieje 2lngabe, bie fi<$ äfynlicty au$3°f H>3
fmbet, ftimmt mit 2 ©a 24, 7 nictyt übereht.. Dafe man Hethiter für §etoiter einfefct,
fcfcafft nur eine anbere ©ctytoierigfeit (f. o.). hingegen laffen ft$ ©en 34,2 unb 3of 9,7
(11,19) toofyl mit 2 ©a 24,7 bereinigen; bort toerben bie (Sintoofyner bon ©idbem, tyier 10
bie Seute ber mit ©ibea berbünbeten Drtfd&aften §etotter genannt (bie SeSart ber LXX
Xoqqcuoo = ^n in beiben ©teilen ift freiließ auffallenb). 2öte ämoriter unb Berniter
3of 17,9 mit einanber berbunben ftnb, fo toectyfeln fte auefy für©id&em ©en 48,22 mit
34, 2 unb für ©ibeon 2 ©a 21, 2 mit Igof 9, 7. tiefer Umftanb forid&t nid^t ju
©unftat ber LXX*2e3art unb legt ben ©ebanlen eine« engeren ^ufammenfyangS jtoifd&en 15
beiben 33ötterfd&aften naty. Da nun bie früheren ©ifce ber Slmortter nad& ben äg$>tifc$en
Snföriften am Libanon toaren, im $interlanbe ber ^työnijier, fo fällt bon fyter au« auf
bte Sngaben W 3,3 unb $of 11,3 ein günftigeS £id&t. SMeid&t tyat ft$ bort eine
(Erinnerung an bie eigentlichen SBobnffoe neben ben 2lmoritern im Sorben erhalten. Etoalb
toottte ben SRamen burefy ^y? in ber Sebeutung „ba$ 3>nnere" °^w bie „©emeinbe" er« 20
Haren (@efd&. 3$r. I», 341), ©tabe tyn ateSetootyner ber ßtyatotoot ober 3eltbörf er beuten
(®efa. 3*r. I, 110).
Die §oriter hinten naety ©en36, 30 im Sanbe ©eir, b. i). im SBeften unb
Dften ber breiten ©enfung im ©üben beä loten 9Jteere$, be$ wadi 'araba. ©ie follen
bon ben Sbomitern berbrängt unb bernid&tet fein Dt 2, 12. 22. Docfy toerben ©en 36, 25
20—30 (1 Gtyr 1, 38 ff.) nod& fteben §aut>tftämme ber $oriter aufgellt, ©en 14,6
trnrb tynen ba$ ©ebirge ©eir im Dften ber 3lraba jugetoiefen. 3Ran f)at ben ÜRatnen
fcouftg burety ba$ fyebräifd&e Söort für §ötyle prt) im ©inne bon §öljlenbetootyner erflärt.
Da$ toäre ein eigentümlicher 33olfäname! SReuerbingS mehren fiefo bie Stimmen, bie bie
§ariter mit bem alten äg$>ttfd&en Flamen für baä füblictye ^Jaläftina, nämlicfc Haru, so
jufammenftetten (f. oben ©.733,37). SBgl. ben a. (Sbomüer »b V, 164, v,.
2)te ^J^ere fiter lommen, abgefe^en t>on ben formelhaften Slufeäljlungen, nur feiten
bor; an brei ©teDen, bie )a^biftifdS> ftnb ©en 13, 7; 34, 30; Sit 1, 5 (4), in SBerbinbung
mit ben Ä. ; an einer ©teile 3jof 17, 15, too bie betreffenben SBorte offenbar (bgl. LXX)
f pätet hinzugefügt ftnb, in Serbinbung mit ben Semiten (f. oben), ©ie um biefer ss
©teile hnuen gur borfanaanitifcfyen Urbebölferung j,u rennen, ift borcilig. ^ie ja^biftifc^en
©teilen geben nid&t ben geringften änlafe baju. £te ^^ereftter loerben bort in 3wfa»nnten=
fangen genannt, bie ftd^ auf bie Drte Setzei, ©ic^em unb Sefef (bgl. ibzik itoifd^en
©U$em unb Set^fean) bejie^en. 35anac^ toären i^re aBo^nft^e innerhalb be« ©ebteteS
3of^ getoefen. (Stoalb, ©efd^. 3ßr. I3, 339 unb ©tabe, ©efö. 3«r. I, 110, ^aben ben 40
3iamen mit n^r, ",H£ jufantmengeftettt unb bie ^^ereftter als 33etoofyner ber offenen
Dörfer gebeutet (bgl. $t 3, 5). 3Ran ^ätte bemnad^ nid^t eine befonbere Söller-
fc^aft neben ben Äanaanitern in il;nen ^u erfennen, fonbern nur einen leil biefer.
3)aä fc^eint aber bie Meinung in ben oben au$ J angeführten ©teilen nid^t ju fein,
fte feften neben bem allgemeinen Flamen Ä. einen befonberen. 9Wan ^at ba^er in $^e- 46
reftter, fo nab^ bie bon gtoalb unb ©tabe borgefc^lagene Deutung hegt, einen 9Solf&
namen ju errennen.
©ie ©effuriter(©efc^uriter) ftnb Dt 3, 14; gof 12,5; 13,11. 13 bie (gmfoo^ter
ber aramäifd^en Sanbfc^aft ©effur, bie bem nörblicfyen Steil bed heutigen Diolan öftlid>
bwn Sorban entftricfyt (bgl. II, 422, m), 3jof 13, 2 unb 1 ©a 27, 8 aber ein ©tamm w
an ber ©übgrenje be$ ©ebiet^ ber ^^iltfter. Seit SSeltyaufen, Se^t ber 893. ©a 139,
pflegt man freiließ über bie lefctere ©teile ju urteilen, bafi ber 5lame ber ©effuriter bort
f$le$t bqeuat fei, n>eil ber lejt ber LXX ndvza rov I eoeigl ba^ ^ebräifd^e "T-sn ber-
trete unb biefe« beffer mit bem Kre al^ "-wn, ber ©ifriter, b. i. ßintoo^ner bon ©efer
1 Äg 9, 16, berftanben loerbe. 6« ift aber ftcfyer, bafe Dabib bon ^AtoS auö JRaubjüge 66
gegen We lanaanitifc^e 3ef^n9 ®^w (*°$- °bm ©.581, 62) nid^t unternommen §at, unb
toad ben Xegt ber LXX anlangt, fo ift gu beachten, ba^ fte 3of 13, 2 für ba^ bebräif$e
Tflös ebenfall« reoeigei gefegt fyaben. 6^ ift bemnac^ 1 ©a 27, 8 gerabe "•""^ burc^
He LXX bezeugt unb b^alb ^-am alz eine irrtümliche Doublette ju ftreic^en. Setbe
Stellen, 3°f 13f2 un^ 1 ©a 27^ 8/ \füHjm ftcb gegenfeitig unb laffen feinen «S^eifel go
47*
740 Äonoontter
baran nx, bafj e« aucty ©effuriicr im ©üben ^ßaläftina« nacty Sägtyrten ju gegeben fyA.
Unter 33ergleictyung fcon 1 ©a 27, 9 mufe man fte al« SRomaben anfetyen.
Übrig ftnb nocfy brei 33ölfernamen, ©irgafiter, Sttoiter unb Äabmontter.
3jene toerben nur in ben Slufeätylungen ©en 10, 16 ; 15, 21 ; ®t 7, 1 ; 3of 3, 10- 24, 11 ;
6^9,8 ertt)äbnt; über tyre 2Bofynfi$e läfet ftcfy barau« nid&t« entnehmen. SSertoanbt
ftnb offenbar bie ))^önijifd^en Eigennamen ^ina unb DD:.4-* (bgl. 93lod&, Sß&önqtfcfceS
©loffar 25). 3)te Sltoiter foerben $t 2,23 unb $of 13, 3 genannt; fte follen m §öfen,
alfo Slcferbau treibenb, fübtoärt« bt« ©aja getootynt tyaben unb bon ben ^iltftern ber*
brängt toprben fein, gfoalb (@efö. 3«r. I8, 332) freit fte auf ©runb bon 3of 13,2
10 unb 3 für ibenttfd& mit ben ©effuritern. 3Me Äabmontter toerben nur ©en 15, 19* neben
ben Renitent unb Äentfttern ertoctynt. 93ielleid&t Rängen fte mit bem iämaelittfcfyen Stamme
flebnta ©en 25, 15 jufammen.
3Me Unterwerfung ber Ä. tourbe ben Israeliten burd& einige Umftänbe toefentli^
erleichtert. 3)ie Dber^errföaft ber $äg$>ter über ba« füblid&e ©tyrien toar feit 1250 b. G£r.
16 immer lofer getoorben ; fte beftanb fdjliefjlicty nur bem Flamen nad& unb ^tnberte bie ein*
tyeimifdjjen dürften burd&au« nic&t baran, burcty Staub- unb 5trieg«jüge im eigenen Sanbe
tyre 2Biberftanb«fraft nacfy aufcen ju fc^toäd^en. gerner toaren feit 1400 ettoa axß ber
Söüfte bie G^abtri ber cAmärna-93riefe, bie toa^rfcfyemltcty ben Hebräern entftnrec^en, m
ba« SBeftjorbanlanb gefommen, teil« toeil bie bortigen dürften fte al«@olbaten gebrausten,
20 tcilö n>etl fte auf eigene ©efafyr im Äulturlanbe ein beffere« So« fugten, al« t^nen bie
SBüfte barbot. 2)iefe ben ^«raeliten bertoanbten @ef$led&ter toaren nid&t nur tyre $or*
ganger auf bemfelben SBege, fonbern burdfc fy SSerbleiben im SBeftjorbanlanbe loderten
fte aud& ben ßufammenfyang ber bortigen 33ebölferung. 3)enno$ hatten bie leic^tbe*
toaffneten Sparen 3^^el^, namentlich toenn fte in bie offeneren leite be« Sanbe« fror*
25 brangen, nid&t feiten einen fd&toeren ©tanb gegen bie Ä., ba biefe über eiferne, b. ff. mit
©fen befölagene ©treittoagen verfügten (SRI 1, 19; 3of 11, 4; 17, 8). SStele ©tobte im
©ebirge toaren befeftigt 9lu 13, 28; 3)t 6, 10, fte boten ben& aud& nad& einer&erlorenen
©ctylacfyt fidlere 3uflud&t 3°f 10,20. $)ie S^ö^^en griffen nictyt mit Vereinten Äräften
unb ju gleidber 3*ü an, toie e« ba« 33uc$ Igofua barftellt. SBerfd&iebene angaben be«
so 3EE, j. 33. 9ti 1, 1—3. 22 ; ©en 34, nötigen ju ber annähme, bafe jtoei, bur^ längere
3eit t>on etnanber getrennte angriffe auf ba« 2Beftjorbanlanb ftattgefunben ^aben. 2)en
erften fctyeinen ©imeon, 2ebi unb 3u^af ^en J^^iten ba« §au« Sofe})^ unter gü^rung
^ofua« unternommen ju fyabm. Der erfte märe tooty, ofyne bauernbe ©puren }u ^tnter^
laffen, borübergegangen, toenn nic^t. ber jtoeüe gefolgt toäre unb burd^ einige hräftige
85 ©daläge eine borläufige ©ntfd&eibung herbeigeführt f^ättt. 3)ie Eroberung bon 3eru^of
2li unb 33etyel Qof 2— 8; 9li 1,22—26), bie Unterwerfung be« ©täbtebunbc« ©ibeon,
Äep^ira, 33eeroty unb Äirjat^ ^zatim gof 9, enbücty ber glängenbe ©ieg bei Setb $oron
3of 10 ermöglichten e« bem ©tamme 30f^^/ ft# xn **>** ®^9^nb bon S3et^el bi« pa
(Sbene ^efreel tyn feftjufe^en. @« fc^eint fo, als ob ber Stamm 3°fa$ benÄrieg gegen
40 bie $t. mit großer ©raufamleit geführt fyabt ; ba« 93u$ ^ofua erjäl^lt, bafi %$xad bie &
al« 3afyt>e öerfatten betrautet unb be«^alb ben Sann (0?n) an tbnen bofigogen, b. \). fte
öernic^tet fyabt. 2lber ja^lretc^e anbere 9lac^rid^ten be« äl (}. S5. SRI 1) totberft>re<$en
bem, bie R. fyaben ben g^öcliten auc^ in ber 3*it nac^ 3ofua genug ju f^affen gemalt
®er Sann 3>afyt>e« M mo^l in mannen fällen bie^etnbe getroffen, bie mit bcnSBaffen
4ö in ber §anb 3;^wel entgegentraten ; aber in ber 2lu«befynung, bie ba« Sud^ 3°fua ^^
gicbt, ift biefe SJtajjregel ge^ife nid^t angen>enbet morben. 3)a« (Srgebni« ber anfteblung
3«rael« toar, ba& bie Ä. attmä^ jurüdtgebrängt lourben 6j 23, 29 f.; Sit 2,20—3,6.
Der Vorgang Votrb ftc^ teil« burdE? ©emalt, teil« auf frieblid^em Sßege bolhogen oaben;
im erften gaEe lourben bie 51. bie Anette ber neuen Ferren, im anberen §aSe btm ^
öo ju Verträgen, burd? bie i«raelitif$e ©efc^led^ter in lanaanitifc^e Orte ober & in töcae^
litifc^e ©eföled&ter aufgenommen mürben 9ti 1, 27 ff.; 3, 5 f.; 9,1.29. 3)er ©ieg bei
Xfyaenacty unter Debora« unb Sarai« gütyrung SRi 5 fieberte ben 3^ftd^en bie ^ertWaf1
über bie ebene $*freel. 3)te nörblid^en ©ebiete, SRa^ttyali unb 2lffer, behielten tfyre ö«^
toiegenb ^eibnif^e 8et>ölferung (f. ©altläa Sb VI, 337). 2lu$ ber füblic^e Stamm
o:> 2iwba öerbanb ftc^ im Üaufe ber 3*i* m^ ^e^en fremben @efd&le<$tern (bgl. ©en 38 unb
b. 91. fialeb oben ©. 713). 3Me »e^anblung ber ^ebuftter (f. b. 31. 93b VIII, 637)
burefy 3)at>ib ift le^rrei<^ für ba« ©efcfyicf, ba« gemife in Dielen fällen ben Ä. ju teil
h>urbe : fte blieben frei unb gingen allmäfylid& in 3«rael auf. daneben lami bie 3J#
rid^t, ba& ©alomo bie legten Mefte ber nic$ti«raelitif$en 33eböllerung jum Bntgltt^n
dl gro^nbienft gelungen ^abe 1 Äg 9, 20 f., tyr 3ied^t behalten. 3)ie 3Dla^regel traf \ofy
Äonaantter Sanon bed HSS 741
©eföled&ter, bie bte bafnn ben Stnfälufj an 3$rael nid&t gefunben Ratten. 2Bo hrir folctye
ju fu<$en &aben, jeigt bic Überfielt in 9K 1, 27—33; bgl. $oj 17, 12 f.
©o berfd&tebenartig ftd& auefy bie Unterwerfung ber Ä. unter 3$rael ßeftaltctc, feit
Salomo tonnte im allgemeinen ber ©afc gelten : ßanaan ift ein Äned^t getoorben. tiefer
SBedjjfel für bie Senölf erung beä Sanbeä ift ber ©egenftanb ber befennten ©rgäblung ©en 6
9, 20—27, bie fcon 3locty unb feinen brei Söhnen Sern, Sapfyet unb Äanaan fyanbelt.
3)er Sn^alt ber 3393. 23— 27 lägt feinen Stoeifel barüber, bajjin 33.22 bie 2Borte en ■*«
toon einem Stebaftor hinzugefügt toorben fmb, ber bie ©leid&artigfeit biefeS Slbfd&nittS mit
feiner Umgebung herbeiführen toottte (fo guerft SBettyaufen). 3n 33. 20—27 ift 3loaf) ber
©tammbater ber 33etoof/ner beä SanbeS Kanaan, &ugleicf; ber Segrünber beä (Slcfers unb) 10
9Bernbaue3. 3Son feinen Böfymn, ben brei 33rübern, toirb ber jüngfte, Äanaan, foegen feinet
fdjänblid&en SenetymenS Dom 33ater fcerflucfyt, er fcerliert bie ©tellung eines SruberS unb
toirb junt Äne^t. ©o lonnten 3Sraeliten — fcon i^nen rü^rt bo$ bie (Srjätylung $er —
nur über bie tynen unterbau geworbenen Ä. reben, bic früheren §erren beä SanbeS, bie
boefc nad) 93lut unb ©prac^e tynen nicfyt fern ftanben. Sern unb 3at>f/et fmb §erren- 16
böller. Sern bejeicfynet nad& 33. 26 ofyne grage S&rael, Safcfyet toatyrföeinlicty bie SJtyö*
nijier, toieSubbe, Urgefd&icfyte 330 ff. ausgeführt fyxt. 2)ie SJtyüifter, auf bie fcon anberen
Stauet gebeutet tourbe, toaren niemals 2j^rac^ ftreunbe. ÄanaanS ©tellung in ber
Sölfertafel ©en 10 ift freiließ eine anbere als in ©en 9, 20—27. 33gl. barüber b. 31.
Söllertafel. ©tttlje. 20
Station beS ülten £eftamtttt$. 3nl)alt8überfi(H Sitteratur (6.741). $a3 SBort
Äanon (8.742). I, (Sntftebung ber Sammlung b. altteft. ©Triften (@. 743). II. 3eugniffe für ben
Äanon (@. 749). III, «ngeblidjc SBtberjprücfte gegen benßanon (@.752). IV, ©efcftidjte beS altteft.
Äanon* bei ben Suben (®. 754). V, 3)er altteft. Äanon in ber Äirdje (@. 759). VI, $ie Warnen be3
altteft. ÄanonS u. feiner £aiuptteile (<S. 767). — fiitteratur: 1649 fcotttnger Thesaurus philo- 25
logicus seu clavis scripturae. ed. 2, Tiguri 1659. || 1705 Humfredi Hodii De Bibliorum
toxtibus originalibus libri IV, Oxonii, 6. 644—664 toirb in 135 Äolumnen geweißt, in
tote t>erfrf)tebener SBeifc bie bibl. ©üd)er Don 3uben unb (S&riften in #anbfd)riften unb Druden
georbnet unb gejault toorben finb. 1| 1721 3.6&r. 3Bolf, Bibliotheca Hebraea, Hamburg II,
1—62 (@. 50—60 bie erften 51 Kolumnen au8 §obrj roieber&olt) ; IV (1733), 1—13. || 30
1743 3« #• Seibenfroft, Dissertatio qua nomina, numerus, divisio et ordo librorum sacro-
rum V.T. sistuntur, praeside Chr. B. Michaelis, §alle (47 @.). || 1771-1775 3olj. @al.
Semler, ^Ibbanblung oon freier Unterfud)ung be§ ^anon, ^alle. 4 Seile (Seil 1 in 2. &uf(.,
1776, benufrt). || 1774 3ob. $etr. ?lnbr. Mütter. SBelefjruna, 00m Äanon be8 31X«, fietpjig
OCXVI, 714). |j 1775 Christ. Frid. Schmidii, Historia antiqua et vindicatio canonis sacri 35
Vcteri8 Novique Test, libris II comprehensa, fieipjig (736 6. — Jebr flet&ige Stofffamm-
Jung, einfettige @a^«6ung be* 3ofept)uS). || 1792 [^einrieb ©orvobi], SSerfu* einer Seleucb-
tung ber ©efdjicbte be§ Sübtfdjen unb (Sfjrtftlicben ©ibelfanon«, ^aUe, 2 «änbdjen. || 1842
Franc Car. Movere, Loci quidam historiae V^T1 illustrati. Commcntatio critica, ©re^lau
(32). || 1855 ©elte, ©emerfungen über bie (Sntftetnwg beö altteft. Äanon«, 2^06, Tübingen, 40
58—95. || 1857 fi. ^erjfelb, QJefd). beS S3olfeS Störael oon 3erftörung be« erften Sempelä,
©b 3 [= ©efeft. b. 93. 3. oon 93oUcnbung beä jtuetten Tempels, ©b 2], ftorbbaufen, bef.
48—57. 92—105 ftaltlofe £i)potfjefen, aberÄcnntniö ber t^almub. Sitteratur). || 1857 Oe^ler,
ftanon be8 *£8 (l.«ufl. biefer enctifl. VII, 243-270). || 1858 9luß. 3)ittmann, Ueber bie
»ilbung ber ©ammiung ^eiliger Schriften «28, 3b$ö, III, 419—491. || 1859 $. (Sroalb, 45
<&efäi*te ber «uSgänge be8 SBolfeS 3§rael, 2. «u8g. [©efeb. b. 33. 3., 3. 9lu3g„ ©b VTI],
©öttingenl868, 448—495. || 1868 Sul.ftürft, 3)er Äanon beö «$8 nacb ben Ueberlieferungen
in $almub u. 3Wibrafa^, fietpjig 150 @. (tote alle arbeiten beSfelben SBerf.8 nur mit großer
»orftc^t ju benu^en). || 1869 «. 2)ieftel, ©efd). be8 91^8 in ber djriftl. ßira^e, 3ena. || 1871
Steiner, ffanon be8 TO§, 6a^enfeI8 Eibellerjfon, III, 481-489. || 1872 %br. ©eiger in w
feiner wdinlettung in bie bibltfa^en ©djriften", ^adjgelaffene ©djriften, IV (SBerlin 1876),
6 — 17. || 1880 @am. 2)aütbfon, The canon of the Bible, its formation, history and
fluetuations 3. Slufl., fionbon (379). || 1886 $. ©rä^, 3)er «bf^lufe be« flanonä be» «28
unb bie 2)iffcrenj oon fanontfd)en unb ejetrafanontfeben 93üd)ern nad) 3ofepbud unb 2almub,
in: 9Ronat8fcbrtft f.©efd). u. SBiffenf*. bc3 3ubent^um« 281— 298. || 1890 «.fiotfn, Histoire M
du canon de TAncien Testament, $ari$ (263). || 1891 grantS »nft, Äanon unb 2ejt be8
«2e«, fieipjig (262). || (5). SBilbebocr, Het ontstaan van den Kanon des Ouden Verbunds,
2. «ufl., ©roningen. 5)eutfd) oon &. föifaV. 2)ie Gntftcbung be§ altteft. flanonä, ©otöa
1891 (164). || 1892 S. 9?. 6mitb, The Old Testament in the Jewish Church, 2. 9luflv
Cbinburg^. 3)eutf4 x>o\\ 3. 58. Wotfcftein: 2)a« «Ite Xeftament, feine ©ntfte^ung unb Ueber« ,X)
Heferung, Sreiburg i. 33. 1894 (447). || Stagnier, Essai sur la canonicite* de TAncien Test,
?ari« (396). || $. @. JRljle, The canon of the Old Test,, fionbon (308). || 1893 $. Butten,
The canon of the O. T., $ero*?)ort (664). || SB. ^örtner, 2)ie «utorität ber beuterocano.
742 Sonon be« AM
nif^en 93üdjer be« TOe«, nadjgetmefen au« ben 9lnfä)auungen be« palöft. u. fycUenift. 3uben;
tum«, fünfter (67). || 1894 A\ Äoenig, Essai sur la formation du canon de l'Ancien
Test, $ari« (74). || 1895 3. % üan #afteren, De Joodsche Canon, in: Studien op gods-
dienst., wetensch. en letterkund. gebied XXVIII, 415— 484; berf.: Le canon juif vera le
5 commencement de notre ere, in: Revue biblique 1896 (3uti), 408— 415 ; (Oft.)» 575 — 594. |
1896 gegen Ujn ©. SBilbeboer, De v6ör-Thalmudische Joodsche Kanon, in: Theologische
Studien XV, 159—177. || 1896 3B. 3. ©eett^er, The alleged triple canon of the OldTesi,
in: Journal of Biblical Laterature XV, 118— 128. || 1900 £. $ubbe, ber Äanon be« %%$,
©ie&en (80).
io 8. 8«na. S)ie gotteSbienftticfcen »orträae ber Suben; ©erlin 1832. || g. SBeber, Softem
ber Hltfonagogaten ^aläftinenf. Geologie, Öeipjig 1880 (2.8ufl.: Sübifcfce Geologie. 1897). ||
<£&. £. £. »riajt, The book of Koheleth, ßonbon 1883, 451 ff. || ©. «. TOatj [=
Xalman], Traditio rabbinorum veterrima de librorum V*8!? ordine atque origine, fietyjig
1884 (60);
16 %>$> 8af)n, ©efdjtd)te be« fteuteftamentlidjen Äanon« I. II, erlangen unb Seidig
1888—1892.
Bußerbem bie Befannten (SinleitungSwerfe, befonber« : 3ot). 3abn, 2. «uff., SBien 1802 3
(11,968-979: in tüeldjen $er$eid)niffen fanonifeber ©üc&er $06, Subita SBei«&, ©ir, ©antd),
SRaf, (Sffter angeführt »erben; 980—991: tum melden alten Autoren ©arudj. jjufäfre iu
20 $a, 3ufäfre $u ©ftfjer, $ob, Subita Sir, $Bei«f), 9ttaf anerfannt, be*ro. benufrt fmb) ; 3- ©.
(Sicbfjorn, 4. Sluft., ©öttingen 1823/25; be SBettcSdjraber, 8. Aufl., »erlin 1869: S. %x.
fleil, 3. «uff., granff. a. SR. 1873.
3)a«2BortÄanon. Semler 2lbM (2.3fofL),14; II, Sorrebe, brachte bteüRei*
nung auf, xaveov bebeute eigentlich : äSerjeia^ntö, bann ba« 93erjei#ni« ber in ben 98er*
26 fammlunaen ber Triften öffentlich borgelefenen Sucher ; fanonifäe Sucher feien ba$er bie
in ba« SBerjeia^ni« eingetragenen, jum 33orlefen in einer Äirä?e beftimmten Sücfyer. —
Sagegen in grünblia^er Unterfua^ung Ä. 91. Srebner, 3ur ©efdr)idt)te be« &anon«, §aHe
1847 (bgl. aud& bleiben ©efd&ic&te be« neuteftamentl. Äanon, Serlin 1860, 103—105.
SfaberS 33aur, 3to£lj I, 141 f. ßena 1858]), bem totr tyier folgen. Kaviar beöeutet in
so ber (laffifc^en ©räcität ben geraben Stab, bann, inbem auf bem Segriff be« ©eraben
ber SRad&brucf liegt, ben 5Raj$ftab unb ben SBagebalfen. 2luf ba« ©eifitge übertragen (fo
befonber« bei ben ßjnfuräem), ift xaveov alle«, toa« al« fünftlerifd&, hriffenfd&aftücg ober
et$tfd& Ieitenb ober normierenb erfd&eint, SRid&tfd&nur, SRorm, ©efefc, j. 93. äefdjjme«, In
Ctesiph. p. 451 : Ov yäg dogioxöv ioxi xd dixaiov, &XK (bgio/uevov xolg vö/uots,
86 ovxoo xal h xaig ygatpalg xaig nagavofxcov nagaxtvtai xaveov xov dixaiov xxX. S)ie
ale£anbrimf$en ©rammatifer nannten xaveov bie ©efamjtyeit (bie« SSort in abftraftem
Sinne, nid&t in bem einer eigentlia^en Sammlung) berjenigen griedjiifc^en ©^«riftftetter,
toeld&e toegen i^re« reinen ©riec^tfer) als bie ÜRorm uir Öeftimmung ber eckten ©räettat
aalten. %\xx bie auf ben erften Slitf naty liegenbe a3ermutung, bie (Sänften Ratten ben
40 9lu«brucf xaveov jur Sejeia^nung ber Sammlung i^rer ^eiligen Schriften, h>ela^e in
©lauben«fad)en normierenbe ©eltung für fte Ratten, bon biefem alesanbrimfa^en Spra^f^
gebraut einfach ^erüberaenommen, bietet bie ©efa^ic^te „ganj unb gar feinen 3bu)a&
punft". SSielme^r bleibt ber guerft cfyarafterijterte (Sprachgebrauch auc^ für ben ber c^rift-
ticken 3e^ forttuä^renb bie eigentliche ©runblage. 3un^f^ ^qeic^net xaveov ben &
46 tenben ©ebanfen, ba« normierenbe ^ßringip, ®a 6, 16; Slemen« 5Rom. I. ad Corinth.
1. 7. 41. Über bie f^non^men 9lu«brütfe xavwv rfjg äArj&eiag unb x. T^fc nioitw
regula fidei (fad^lid^ : ba« laufbelenntni«), fotoie x. ixxlrjoiaanxög unb x. xrjg btxk\-
oiag (ba« in ber ßird&e ©eltenbe) bgl. ben 21. „©laubenäregel" ^M » VI, 682 ff. -
Seit bem ^ofyxz 300 ettoa tnirb ber Plural xavoveg bon Rra^litt^en Seftimmungen ge*
60 brauet, erft in ber SWitte be« 4. 3a^unbert3 fittbet bie Übertragung be« SluSbruftt
xavoveg auf bie 95efa)lüffe ber Äonjifien \tatt.
2)ie 3lnh>cnbung be« ©orte« xavwv auf bie $1. Schrift (Sr. 58—68) toar babun}
fe^r nai)t gelegt, baf für bie ßfyriften bie Schriften be« 313:« bon je^er, bie im öffentlichen
©otte«bienft borgelefenen Schriften apoftolifcfyen Urfprung« fd^on fe^r friu) al« 9corm für
66 ©lauben unb §anbeln galten. 2)a^er fonnte ba« Sa^riftenganje al« ygaa^ xavovog
bqeia^net toerben unb bie einzelnen Schriften al« ygarpal xavovixai. 3)ennoa^ läftt ft^
bie 2lntt>enbung erft um ba« §afyx 360 nad^tr»eifen, nämlia) im 59. Äanon be« Äonjil«
bon Saobicea (3Ranfi II, 574): 6t* ov öeX Idicoxixovg ipaAjuovg Myeodai h rjj
IxxÄrjolq ovdk äxavövioxa ßißXia, dlld juöva xd xavovixd xrjg xaivrjg xal na-
60 Imäg diadyxrig, unb faft gletqijeitig, 367, im Dfterfeftbriefe be« 2lt^anajtu« (ed. Bened.
I, 961, Spart« 1698) : eöo^e xdjuol . . . et-rjg ex&eoftai xd xavovi^djueva xal naga-
doftivxn moxev&evxa re ihia elvai ßißh'a xxL). 3n h)enig fräterer 3^* P1* ^
ftanott bed »23 I 743
ifcwflmff* für biefen Sprachgebrauch fd&on fefyr ga^Iretc^, bgl. *>c 2öettcs©4>rabcr § 31,
Äeil 654—656.
3)ie gebrucften fyebräifd&en 8ibeln enthalten, meiftenä in ber #er anjugebenben Stetyen*
folge, bie nad&fte&enb bezeichneten 39 8ücfcer: I) bie mn i_5; n») bic 6 m«:
D^rwi 6—11: 3ofua, Stifter, 2 893 ©amueliS, 2 833 ber Röntge; IIb) bie 15 5
2*m™ wra: 12—26 : Sefaia, Seremia, @jetyiel, bie 12 Keinen SBro^eten ; III) bie
18 trmro 27—39: <Pfalmen, ©J>rüd&e, §iob; §o&e$lieb, Stoty, Älaglieber, Äofjelety,
(gjtyer; Saniel, (Sera, SWetyemia, 2 88 ber Gtyronit.
2Bte ift bie Sammlung entftanben? 2BeId&e ©eftyicfe tyatte jte bei ben Suben unb in
ber tyriftlityen ftir$e? 10
I. ©ntftetyung ber Sammlung ber altteftamentlityen Schriften.
a) Sie alttirtylitye unb bie trabitionelle2lnfityt. $te metyr afe anbete
falb 3a$rtaufenbe faft ol&ne SBiberftmity gebliebene anficht, bafe bie $erftellung beä altteft.
Äanonä bon (5$ra fyerrityre, finbet ftty juerft am @nbe beö erften d&riftl. ^a^r^unbertö
4 63r 14 ((Sronbforatye ^ebräifd)). (Sära fragt bor feinem $obe ben Jperrn : „qui 15
aatem iterum nati fuerint, quis commonebit ? . . . nemo seit, quae a te facta
sunt . . . Immitte in me spiritum sanetum, et scribam omne quod factum est
in saeculo ab initio, quae erant in lege tua scripta, ut possint homines in-
venire semitam et qui voluerint vivere in novissimis vivant. ©Ott erfüllt biefe
Sitte unb tränß @. mit tyimmlifc&em %iuuc, v. 40 — 47: et aeeepi et bibi, et in eo 20
com bibissem, cor meum eruetuabatur intellectum, et in pectus meum in-
crescebat sapientia, nam Spiritus meus conservabat memoriam. et apertum
est os meum et non est clausum amplius. Altissimus autem dedit intellectum
quinque viris, et scripserunt quae dicebantur ex successione notis, quas non
sciebant, et sederunt XL diebus, ipsi autem per diem scribebant, nocte au- 25
tem manducabant panem. ego autem per diem loquebar et per noctem non
tacebam. scripti sunt autem per XL dies libri LXXXXIIII [fo richtig tilgen*
ftQ>] et factum est, cum completi essent XL dies, locutus est Altissimus di-
cens: „Priora quae scripsisti in palam pone, et legant digni et indigni; no-
vissimos autem LXX conservabis, ut tradas eos sapientibus de populo tuo. so
in his enim est vena intellectus et sapientiae fons et scientiae flumen". et
feci sie. 3)ie 24 8ütyer (94—70), toelc&e @. beröffentlidfren foU, fmb bie 24 8ü$er
bc£ alttefi fianonS ; über bie 70 ©efyeimfd&riften bgl. 3. 6. 2$ilo, Codex apoeryphus
Nl T* I (2üpi. 1832), 793. 791 (juEvang. Nicodemi 28, bgl. Ratyi, ©efä. II, 325).
(gpfy^oniu* fennt bie Rafyl 94, teilt fte ober in 22 unb 72 : bie ^uoen gälten, um Über- 35
fenbung tyrer tyeil. ©dfriften gebeten, bem Äönige $tolemäu$ bie 22 fanoniftyen unb bie
72 etyohypl). geftyieft, de mensuris et pond. 10 (Sagarbe, Stymmicta II, 163). 3n
Setreff ber Sertoenbung ber 3a$len 70—73 als runber $at SR. ©teinfd&neiber au« ja*
btf$en unb mutyammebanifcfcarabiftyen Duellen Material gefammelt in 3^m® 1850,
146—170. 40
Auf bem in 4 @3r 14 enthaltenen Xrabitionärefte berufen bie meift gleichfalls fabel-
haften Sluäfagen gastfreierer griectyifctyer toie lateinifetyer Ätrctyenbäter über bte Steprobuftion
ber lanoniföen 8ttd&er burd&ßära: beSS^ä^ adv. haer.111,21,2 (grieety. beiSufebiuS
Jt® V, 8); be$ Giemen« Sllej. Strom. I, § 124, p. 392 $otter unb 1, § 149, p. 410
(er citiert 4@$r auSbrücf lict» ; be3 DrigeneS, In Psalmos, ed. Melanie II, 524 (bgl. 46
3a$n, ©efö. I, 118 Slnm.); beä 8aftliu3 SJtagnuä, Epistola ad Chilonem diseipu-
lum suum, Opp. ed. Bened. (©amier) III, 129, $ari$ 1730 ; beSOptatuS, ed. 2)iq)in,
$ari3 1700, 114; be^ ^Pri^cillian, Priscilliani quae supersunt, ed. &d)äfo$, 2Bien
1889, 6. 52 ; be$ G^foftomu«, 8. §omilie jum §ebräerbrief, Opp. ed. SRontfaucon
XII, 89 f., Sßarte 1735; be« I^eoboret, Sorrebe be3 Kommentar« gum $o^enliebe, Opp. 50
ed. 3. 2. ©dfrulge II, 3 f., §alle 1770, unb be« SPfalmenlommentar« ; be* fieontiu«
9l^)antinud, De sectis II (Snbe (im anfange ju ber bon Seunclabiud herausgegebenen
Legatio Imp. Caesaris Manuelis Comneni Aug. ad Armenios, 8afel 1578, baf.
©. 428) ; be* f^Jfeubo>3lt^anarw« in ber Synopsis Script. Sacr., ed. Bened. II, 150,
$ari$ 1698; be3 XertuOtan, de eultu femin. I, 3; beä §ieront)mu^ ©egen §etoibiu3, 66
II, 212 ed. Vallars., beS SluguftinuS, de mirabilibus Script. Sacrae II, 33; beS
gfläumiS, Etymolog. V, 39, 20; VI, 3, 2, ed. äreöolIII, 236. 249 f.— 35er 2Bort=
Unit ber meijten biefer ©teilen ift angeführt bei ^.8ujtorf, Tiberias, 8afel 1665, 97 f.;
3- ä. gabriciuS, Codex pseudepigraphus ViB T1, Hamburg 1713, 1158—1160;
6<^mibt, Hist. 235—238. go
744 ftaiton be« »S* I
®ie 2lnfd&auung ber (reformierten toie lutfyerifcfyen) Drtyobojie ergiebt ftcb au« ben
folgenben Urteilen breier tyrer Vertreter. $. $• §ottinger, Thesaurus philologicus,
I, 2, 1 (2. 2lufl., 3^^ 1659^ Hl) treibt: Inconcussum enim hactenus et tarn
apud Christianos quam Judaeos dvajbupioßrjxov fuit principium, simul et semel
o Canonem V. T. authoritate prorsus divina constitutum esse ab Esdra et
ribi-wn no» -»«ek viris Synagogae magnae. 3>n 3M- SeuSbenS philologus he-
braeus 3)iffert. IX, § 20 (2. XufL, Utrecht 1672) Reifet e« bon ben 3Rännern ber
großen Synagoge: Hoc collegium libros V^T1 in unum volumen redegit, sacram
Scripturam a Pseudo-prophetarum falsis libris segregavit et multa alia circa
10 Ecclesiae Reformationem atque circa sacros Libros, eos ab adnatis erroribus
emuscando, praestitit. $. @. ßarpjob enbficfy äußert fi($ in feiner introductio in
libros canonicos Bibliorum V. T. omnes I, 2, § 1 (Setyjig 1757, 22) alfo: qui
[Esdrasj primam sibi et ultimam sacrorum voluminum curam ratus. . . cum
collegis caeteris, viris Synagogae magnae, quos inter Haggaeum, Zachariam,
15 Malachiam et Nehemiam numerant Hebraei, Codices Biblicos undique collegit,
ordinavit, ab heterogeneis, quae irrepserant, scriptis segregavit et in unum
corpus ac Systema, quod Vetus Testamentum vocamus, primus omnium
redegit, a quo tempore nullus amplius liber in canonem Veteris Test, est
relatus.
20 2lucty bie meiften neueren Vertreter ber apologetifd&en Stiftung, ^Protestanten toie
Äatfyolilen, laffen „bie Sammlung be« 2EE« tm Zeitalter ß«ra«, SRe^emia« unb be«
gleichzeitigen lekten ^ro^^eten 9Jtalead&i" &u ftanbe gelommen fein (j. 95. Äetl § 155).
b) $)ie Sin f t d? t ber ©tynagoge. #ottinger, 2eu«ben, ßarpjob u. a. berufen
ftcfy für bie 3ufammenfteQung ber ben altteft. Kanon bilbenben Sudler burefc ®«ra unb
26 bie SMänner oer grofeen Synagoge barauf, bafe btefe Slnft^t bei ben guben bie ^errfd&enbe
fei. gfür biefe Sepauptung fd^einen jte (abgeben bon33aba batfyra 14 f., f. ©.745) feine
anbere ©tü$e gehabt ju fyaben, al« ben 6lia« Sebita, toelctyer in ber brüten SSorrebe $u
feinem (1538 berfafcten) bielgelefenen 93ud^e SRafjoretfy tya*maftoret$ fagt: @«ra unb bie
Männer ber großen ©tynagoge Ratten ftcfy bejügliq ber scriptio plena, bejto. defectiva,
so in ben fjl. Suchern naefy ben äutograpfyen, fotoeit biefe no$ borljanben getoefen toären,
fonft na$ ber 3We^a^l ber ßobice« gerietet, meiere fie bon begebenen ©eiten tyer ge*
fammelt fyätttn ; „benn bie 24 93ü$er toaren bamal« noety nid&t bereinigt, fonbern S«ra
unb ©enojfen bereinigten fte, teilten fte in brei Seile (©efefc, ^roj^., §agiogr.) unb orb-
neten Sßrojpfyeten unb §agiograpfyen, aber nid&t in ber Drbnung, toeldjje unfere SBeifen
36 tynen in 33aba battya gaben". (9lad> bem 3ufömmen^ange ber ganjen ©teile behauptet
6lia« toenigften« infofern leine 35otlenbung be« Äanon« burtty 6«ra unb ©enoffen, al« er
bie Reihenfolge ber 33üctyer in ben beiben legten Seilen fpäter geänbert toerben läfjt)
$afyer nennt be 2Bette=©d}raber § 13 biefe äfofid&t eine „nierft im 16. Sa^unbert auf*
taud&enbe". SUlerbing« ift in ber jübifd&en SBfofctyauung bie Semüfyung um ben Äanon triebt
40 gerabe ba« Söefentlidje an ber Sljätigteit ber großen ©tynagoge getoefen ; benn 2lbra$am
©afuto, gucfyafein, Sonbon 1857, 10 b, unb $)abib &an^ (f 1618), 3ema<$ fcabib pim
3>a^re 3413, gebenlen (nad& b. 8era!l;ot^ 33a) nur ber ©orge ber großen ©^n. für bie
tjftftettung ber ©ebete. 2lber 6lia« ift auc^ nid^t ber erfte, toelc^er [xq in bem ertoä^nten
inne au«gef^rod^en ; benn fcfyon 3)abib Äimd^t fd^retbt in ber 3Sorrebe be« Äommentar«
46 jur (S^roni! : „6«ra bereinigte bie« 93ucfy mit ben ^l. ©driften burc^ §aggai, ©a(^aria
unb SKaleacfyi, bie legten ^ProtJ^eten, toeld^e e« mit ben $agiograf^en unb nic&t mit ben
$roj)^eten berbanben, toeil e« eine ß^ronif ift, obgleich e« aud^ eimge $ro))^«eiungen ent-
hält" unb für bie bon bemfelben (9?orrebe be« Kommentar« ju §ofua) behauptete UxU
fritifd^e S^ätigfett ber 3Känner ber grofeen ©tynagoge (in 93egug auf ^P^ ^tc u, f. to.)
60 ift ba« 33orfyanbenfetn ber abgefc^loffenen ©ammlung ^eiliger ©d^riften nottoenbige
3Sorau«fe^ung.
$)ie t^almubifc^en ©teilen, h)elrf)e in 2ßer!en namentlich c^riftlid^er ©ele^rter an-
geführt derben, um eine X^ätigfett S«ra« unb ber großen ©l^n. in ber bon @l. Setnta,
tottinger u. f. h). angenommenen 2lrt ju erloetfen, ^anbeln bon ber ©orge nid&t f&: ben
anon, fonbern für ba« ©efefe, unb jtoar bie meiften bon ber ©orge für ba« „münblicfr
©efe^", einige auefy bon ber UJeränberung ber fyebräifd^en ©c^rift burc^ S«ra. (3Sgl. j.8.
Joma 69b, s3«egiaa 10b, Slbot^ 1, 1. — ©uffa 20» derben (£«ra unb #iHel ^injt^
Hd^ t^rer Sbätigfeit für ba« ©efe$, ba« in 3Sergef[en$eit geraten getoefen fei, gleich
geftcllt. — 3Koeb c\atan 18b ift ntdjt bon einem 6«ra*fiober bie SRebe, toie gürft 117
eo meint, fonbern bon einem in ber Sentyetyatlc aufbewahrten 5Kanuf!ript.) 9tur im Sraftal
Station beS ȣ$ I 745
93 a b a b a t ty r a 14b f. toirb bon einer auf bic f/L Sd&riften bezüglichen litterarifcfyen 3#ätig=
leit SSraS unb ber großen Synagoge geforoctyen. (2)er ju ©runbe liegenbe fyebräifd&e
%<& ber Saraitlja ift in Antiqua gebrudft): „Die Reihenfolge der Propheten ist
Josua, Richter, Samuel, Könige; Jeremia, Ezechiel, Jesaia und die Zwölf,
groge : ®a £ofea ber (Srfte ift, tote e$ Reifet w^z 'n -n nbnn (l, 2) — f)ai benn 6
©ott mit $o[ea juerft gerebet, unb ftnb benn nid&t toon 9Jtofe3 bis auf #ofea manche
$ro}$eten getoefen? SR. 3oc^anan bar Ntippaäja (f 279 n. 6^r.) erflärt bte« fo, bafe er
ber erfte toar feon ben fcier *($ro}>fyeten, toeld&e in jener 3*ü toetefagten: §ofea, Sefaia,
atnoä, 9Ri<$a — fo foßte bocty .ßofea am anfange [ber eigentlid&en tyxoptyttn, alfo bor
gercmia] ftetyen ? [Slnttoort :J SBeil aber feine $ro^ejeiung neben benen be$ §aggat, 10
öa^aria unb SWaleac&i ftebt unb biefe bie legten 9$rot$eten toaren, toirb er mit biefen
gerechnet, [©egenfrage :j So hätte man ttyn für ficty befonberS fd&reiben unb öoran [bor
3er.] ftetten fotten? [anttoort:] 3)a er fo Hein ift, fo toürbe er [bann leicht] Verloren
ge$cn. [grage :] 3)a %tfa\a bor Seremia unb ©jed&iel lebte, tyätte man %tfa\a bor fte
ftetten fouen? [äntto.:J 2Beil ba$ ÄönigSbucfy mit 3erftörung föliefct, jeremia ganj fcon 16
3*rftörung banbelt, Sjed^iel mit Störung beginnt unb mit iröftung fdjltefct, gang Igefaia
enbücfc Irößung enthält, fo berbinben tofar 3^ftörung mit 3**ftörung unb Iröftung mit
Xröftung.— Die Reihenfolge der Hagiographen traireist: Ruth, Psalmen, Hiob,
Sprüche, Koheleth, Hoheslied, Klaglieder, Daniel, Estherrolle, Esra, Chronik,
[groge :] 9laä) bem, ber fagt, §iob fyabe gur 3«t 3Rofiä gelebt, fotlte $tob an ben Anfang ge* 30
ffcUt fein, [äfotto.l : 9Wit Unglüc! machen tohr nid&t ben Anfang, [©egenfr.] : 9tut$ enthält
bod& aud& Unglüdf. [antto.:] aber Unglücf mit glücflid&em auSgange, toie SR. 3od(>anan
fagte [bgl. 93erafyotl? 7b]: „Söarum fcetfjt tbr SRame 9tut$? SBeil 3)abib bon tyr ab*
flammte, toelctyer ben ^eiligen, benebeiet fei @r, mit fiiebern unb Sobpreifungen gelabt
fat C^T^)". — Und wer hat sie geschrieben ? Mose schrieb sein Buch und den 26
Abschnitt Bileam [btefer ift nacfy SRafd^i befonberä genannt, toeil ju ben Stotäm ber
3$ora in leiner näheren Sejietyung ftefyenb] und Hiob. Josua schrieb sein Buch
und acht Verse in der Thora [£)t 34, 5 ff. 3la$ anberer SDteinung §at ÜRofc aucfc
biefe Serfe geförieben, unb $toar nac§ bem 3)iftat ©otte«, S.batyra 15*, 9Jtenad&oty 30*].
Samuel schrieb sein Buch und Richter und Ruth. David schrieb das Psalmen- so
buch für zehn Alte, nämlich Adam, Melchisedek, Abraham, Mose, Heman,
Jeduthun, Asaph [15*] und drei Söhne Korahs [bie bon biefen SWännern gebidfc
teten, münblid& überlieferten $falmen fyabt 3)abib feinem 2Berfe einverleibt, bgl. SKarj
44 ff.]. Jeremia schrieb sein Buch und das Königsbuch und die Klaglieder.
Hiskia und seine Genossenschaft schrieben das Jesaiabuch, die Sprüche, das 86
Hohelied und Koheleth. Die Männer der grossen Synagoge schrieben Eze-
chiel, die Zwölf, Daniel und die Estherrolle. Esra schrieb sein Buch und
die Oenealogieen in der Chronik bis auf seine Zeit [1 G$r 9). 2)a8 ift eine Stüfce
für ben au3ft>rud& SRabS [in ©ura am ©u^rat, geft. 247], in beffen Warnen SRab ffivba
bar 3ed&e3fel fagte : „@Sra ging nid&t etyer au$ 33abel hinauf nad^ 3ubäa, al« bi« er 40
fem eiaeneä ©efd^led^töregifter gefd&rieben ^atte. SBer ^at e« [ba3 S3ud^ ber Gfyx] be«
enbigt? 5Re^emia, ber So^n 6^af$alia«".
3)a3 a3erftänbnt« biefer Stette ift abtyängia t>on ber auffaffung be« 9Borte3 ar=.
5Diefe« ^aben toir nid&t nad^ irgenbtoeld^en tritifcben anfc^auungen ber ©eaentoart ju er*
Kdren, fonbern fo, tote e« nac^ bem 3ufammen^ange ber Stelle unb ber Sluffaffung ber 46
alten gemeint fein mufe. 3unäc^ft ift abjulefynen, toa« §erjfelb III, 94 beljauptet, ba|
nn^ ^ter „einen bielfad&en Sinn" ^abe unb balb „ein münblid^ Überlieferte« nieber^
fd^reiben (3^ora), balb „ein Sammeln au« münbltd&em ober fd^riftlic^em Umlaufe" (<5px,
$2, fto&, 3ef burd^ §i«Ka unb ©enoffen), balb „ein toirflid^e« abfaffen" Qof, 3er), balb
enbRcf) „ein eintragen in ben ßanon" ((£j, Keine ^ropfj, 35a, 6ft^ burc| bie gr. Styn.) «>
bebeute, — toenn auc^ bejüglid^ ber brei crften „fc^riftftellerifd^en 2:^ätig!eiten", nid^t bej.
ber öierten, juutgeben ift, bajj bic alten fie „nid^t fdfarf Rieben". 3toeiten« ift bon ber §er*
fteBung eine^Äanon« in unfrer Stelle nirgend bie SRebe; britten« frrid^t ba«Sl. 15* me^r»
fa<$ öorlommenbe ""7?:« (^at e« boHenbet) gegen bie Deutung be« 2rc ate „eintragen in ben
Äanon".— SRafc^t fyat bie Meinung ber Sarajttya getroffen, toenn er erflärt: „3)a$£i$fia- 66
ÄoHegium fd^rieb ba« 93u$ ^cfaia, benn '^efaia tourbe Don SKanaffe getötet, bie ^Jro})^eten
aber ftfcrieben t^re Sudler erft t>or i^rem [ertoartetcn] Sobe . . . $)ie3Wänner ber großen
©Vn. (§aggai, Sad^aria, 3Kalead^i, ©erubbabcl, SRorbed^ai unb ©enoffen) fc^rieben bad
8u<$ Sje^iel ; id^ toeife leinen anbern ©runb, toe^alb e^iel ntd&t felbft gefd^rieben, ate
ben, bafc feine SBetefagung ntd^t beftimmt toar, aufjer^alb [5ßaläftina«| gefc^eben ju &>
746 ftanott be£ HS$ I
toerben. 9Jtan fdbrieb feine 3lu3ft>rüd&e alfo nadf ber SKicHefyr auä bem @£il nieber. $a&
felbe toar ber galt mit 2)aniS, toeld&er im @jU lebte, unb mit ber ©ftyerroQe. Die jtoölf
Sßrot^eten aber Ratten tyre 2Bei3fagungen, toeil fte !urg toaren, ni($t felbft niebergeftfcrieben.
2lfö nun §ag, Sacty unb 2Ral aufgetreten toaren unb gefeben Ratten, bafc ber $L ©eifi
5 toiety unb ba§ fte bie legten *Prot>fyeten toaren, fcfyrieben fte igre [jener] SBetefagungen auf,
fcerbanben mit ifynen Herne [eigene] ^ro^ejeiungen unb matten fte [fo] ;u einem großen
33u$e, bamit fte nietyt toegen tyreä geringen Umfanget verloren gingen".
3$on einem Slbfd&lufc be3 ÄanonS ift alfo in 83. batfrra 14bf. mit feinem SBorte bie
Siebe, fonbern nur tton ber Slbfaffung ber ^eiligen Schriften. 8Ulerbing$ aber tonnte
10 auf ©runb biefer Stelle leidet bie Stuftet fti$ bilben unb tyd ftd& and) totrötd? ge*
bilbet, ber Äanon fei in ber 3*ü@ftrc3 unb ber grofjenS^n. abgefd&loffen toorben; beim
ber geiftige 3lbftanb ber fpäteren 3^ten bon ber ber £eimfe$r aus bem @jU folgenben
Sluffd^toungSperiobe toar allgemein Har. Sc^toerlicfy ttrirb nacfyjutoeifen fein, bafe bie jfc
bifeben ©elefyrten beä 3)191 über biefe $rage anber« als Satrib Äimd&i unb dl. Seirita
15 bauten.
Über 2 3Rat 2 unb Sof^u« gegen Styion I, 8 f. unten S. 749. 751.
c. ftritif biefer Sin fixten. ©egen beibe Anfielen entföetben föon folgenbc
ätoeiörünbe. (Srftlicfc bie fixeren (Srgebniffe ber gforföung über bie Slbf äff ung^eit monier
altteft. Sucher, ©in Seiftriel : ba$ 93ud& Daniel. Sein erfter Steil fann in ber borliegenben
20 ©eftalt toegen ber in tym toorlommenben griectyifctyen SBörter erft in einer 3^ Riebet*
getrieben toorben fein, als man fd&on gried&ifä berftanb ; ber atoeite^etl ftammt, namette
lidfc toegen beä 11. aap., beffen ^n^alt über alle analogia visionis propheüeae
fyhtauSaefyt, erft auS ber SRaffabäerjeit. — 3toeiten$ ift bie Stellung be3 ©efötiptSbuc^e*
@3ra*9cetyemia unb beä ^$ro}>$etenbu<$$ Saniel unter ben $agiograp$en fc&lec^terbing*
25 nid&t ju begreifen, toenn biefer Seil be$ ÄanonS aletd^jeitig mit bem jtoetten (ben n-sra)
tyergeftettt tourbe. 3Wofe3 BJtaimonibeS (3Jtore$ 9lebufytm II, 45), S). Äimc&i (SSorrebe
be3 Äomm. ju ben $f), Slbarbanel (93orr. beä Äomm. ju %o\ua, lat. in Joh. Buxtorfi
fil. dissertationes philologico-theologicae, 33afel 1657, 496-— 499) fuc$en ben ©hu
teilungägrunb in ber 33erfd?ieben^ett ber 3nfi>iration, gegen bie Sluffaffung be3 SUtertum*,
30 toeld&eS nid&t jtotfd^en einem propfyetifcfyen unb einem ^eiligen ©elfte unterfc^teb (f. (kx?
felb III, 19). 2Ba3 §. 2Bitfiuö (Miscellanea sacra I, 15) jur (SrQärung ber SteUung
be^ 93u^ I)a borbringt, „distingui in prophetis donum, quod et privatis con-
tigit et in revelatione rerum arcanarum consistit, et munus, quod extraor-
dinaria in ecclesia funetio erat certarum quarundam personarum speciali yo-
35 catione divina eo destinatarum", ift eine für ben öorliegenbenÄtoedE nid&t betoeiÄwfs
tige 8e^aui)tung : 3). toirb öon G^rifto felbft 7igo<prJTT)s genannt, 9Jct 24, 15; 3Rc 13, 14.
Unb anbere SSerfud&e, meldte man, öon ber SBorauSfejjung au^ge^enb, bafe ber 3«^*
beö Äanon^ famt feiner Dreiteilung auf einem einheitlichen $lane beruhe, gemalt fpt,
um ju beuten, toeätyalb Da unb bie ^iftor. jpagiograp^en nid^t im jtoeiten Xetle btf
40 jtanond tl?re Stelle gefunben ^aben, machen ben 6inbrucf, alä toürbe ber auf bie 2öftmg
biefed ^roblemd bertoenbete ©d^arfftnn aud^ bei anberer ©ru^pterung ber einzelnen Sü^er
feine Dienfte nid^t berfagt ^aben.
d) ^ofitiöe Stufftellung. a. 3)er ^entateud^ (ber fog. „erfte Äanon"). $*
Uon anberen SSölfern be^ 2lttertum« au^brücflid^ überliefert ift, bafj fte i^re i^nen toictyiflc
45 unb ba^er meift fyeilig gehaltene Sitteratur, befonber^ bie alte (gefd^id^tlid^e Erinnerungen,
religiöfe ^oefteen u. bgl.) an getoei^ter Stätte aufbewahrten (t>gl. ^äöemid, ©tnlett1 1,
1, 18 ff.), fönnte biefelbe Sitte aud& o^ne auöbrücflic^e 3^9^^ ^ **** $«bräern an-
genommen loerben. aber e$ fe^lt nid^t an folgen 3^9«iffen. — 3)t 31, 9. 26, »gl
17, 18, fe$t fcorauS, bafe ba^ burc^ 3RofeS bem 38olfe Vermittelte ©efej in fd&riftfofa
60 gorm feit ^RoftS 3e^tm öon ^^ ^Prieftern an ber Seite (nid^t : in) ber SunbeSlabe bc
toa^rt toorben fei. $aSfelbe 93uc^ ift gemeint mit bem „93uc^ be« ©efefce* ©otte«" Qof
24, 26), in toeld&eä S°fua ^^e SSerbanbtung über bie 33unbe3erneuerung in SiAem ein*
trug. 9tod& 1 Sa 10, 25 fd&rieb Samuel „ba^ SRed&t be« Äönigtum«" in ein 8udj 0^,
2lrtif. =- ba« ba&u beftimmte) unb legte biefe^ „öor 3jal?l>e" nieber. 3m 18. 3a$re be«
55 ^ofia (ca. 623 t>. (S^r.) fanb ber ftobepriefter S^tlfija^u gelegentlich im vIenH>d Wt
genommener Reparaturen bafelbft ,,ba« ©efeibuc^" 2 Äg 22, 8. 9tec& attebem fmb m
berechtigt anjuneljmen, ba^ feit 3Roft^ 3e^ Q**m Slational^eiligtum Urtunben tutb %&
richten über bie mofaifd^e ©efe^gebung betoafyrt tourben ; junäd^ft aufeer ben 93unbe3taftln
baö, toa« !DJofe§ felbft an ©efefclicfyem unb ©efd^ic^tlid^em niebergefc^rieben (togl. 6j 24,
W4—7; 34, 27; 17, 14; 5Ku 33, 2).
Station be* «£« I 747
Sfafjerbem erhielt ftcfy im Greife ber aaronitifetyen ^riefterfcfyaft münbli($, teiltoeife
>iellet$t auety fc^riftltd^ bic Äenhtni« triefet Von 3Rofe fyerrüfyrenber ober boc$ auf xfyn ju-
lüdfgefttyrter änorbnungen unb (Sinrid&tungen, Vgl. ba« „§eiligfeü«gefeft'# unb ben
,$riefterfobe£". $)a« Borfyanbenfein autoritativen ©efe^ed folgt namentlich erften« au«
>cr Blenufcung be« ,,Bunbe«bucfye«" im Deuteronomium, jtoeiten« au« ber be« $eilig* 6
WtSgefefce« im *priefterfobej, brüten« au$ §of 8, 12 (gefd&riebene«, al« göttlich anerfonnte«
Sefejj erheblichen Umfange«), Vierten« au« 2Äg 22. 2Ba« mit rmrrj 2 Äg 11, 12, bie
>em jungen fyljotö bei feiner 3lu«rufung $um Könige übergeben tourbe, gemeint ift, läfct
t$ leiber ebenfotoenig mit ©ictyerfyeit angeben, toie ber §iifydt ber „Buctyrolle" Sßf 40, 8.
Saecfciel lebt unb toebt ganj im ©efefce, aud^ in bem be« $riefter!obq:. 3)a« im @feil 10
ibgefaloffene £önig«bud& nennt au«brücf(ic$ ,,ba« Bucfc be« ©efefce« SKoft«", toomit freilief?
tur ba« Deuter onomium gemeint gu fein brauet, f. 2 Jtg 14, 6 unb $t 24, 16 (Sfatajia
unb bie SWörber feine« Bater«); Vgl. aud& 1 Äg 2, 3; 2 Äg 23, 25. S)ie SRermungen
)e« ,,@efefcbu($e« 9Jioft«" 3of 1, 7 f.; 8, 31. 34; 23,6 bürfen nid&t o&ne ©nfd&ränlung
jertoenbet toerben, toeil fte erft Von bem beuteronomiftiföen Bearbeiter be« 3ofuabuc$e« 16
fcrrüfaen. 3lu« ben jafylreicfyen Stellen ber nac^ejilifc^en ^ropfyeten fei $ag 2, 11—13
hervorgehoben, too von ben ^rieftern jtoei fragen entfprectyenb ben ©afeungen be« ^Jriefter-
tobej Se 6, 20 ; 5Ku 19, 20 beanttoortet toerben. SDie Von 3- SöeHIjaufen unb mannen
fror tym, vielen nad& ifym mit großer 3ut>erftd^tltd^teit aufgehellte Behauptung, ber Spriefter*
tobej fei @«ra« Sßrivatbeftfc getoefen, bi« @«ra im Satyre 445 „mit bem @efe$e tyerau«* 20
cüdte, ba« er felber mitgebracht $atte", unb bafj 9tc$ 8—10 „bie ßinfü^rung be« Sßenta*
teu$«" erjagt toerbe, ftefyt, bamit fyier nur Sin« angeführt toerbe, in unvereinbarem SBtber*
\pnxd) gerabe mit 91$ 8—10. 311« bie untere ©renge für ba« äbgetrenntfem be« Buc$e«
Jofua unb ba« Slnerfanntfein be« $ent. ift bie 3^* SRetyemia« ju bejei($nen, in ber ber
atbgtltige Bruc$ mit ben ©amaritanern erfolgte. (3um Borftefyenben Vgl. meine (ShtleU 26
hing in ba« Sil», 2Jtünd&en 1898, § 12—15.)
ß. 35ie ^iftorifcfct>rovfyetifc&en unb bie eigentlich pro^etifc^en ©Triften (ber foaenannte
jtocite Ranon). 9tad&bem burd& bie mofaifetye ©efejjgebung ber von %<&im 9la$Iommen
tn Slgtyrten feftgetyaltene 2Ronottyei«mu« vie ©eftalt einer au«gebilbeten, für bie 3Us
[ammen^altung ber ^«raeliten unb ibre 9lbfonberung von ben $eibenvölfern geeigneten so
Religion erhalten tyatte, unb nad^bem ferner ba« Boß 3«rael unter gü^rung 3ofua« unb
bcr$u$ter in benSeft^ be« verheißenen Sanbe« geiommen toar, galt e«, ben@intotrlungen
ber Berührungen mit ben Manaanitern unb ben ^eibniföen 9iac^barV5Ifern entgegenju-
abeiten unb ^ugleic^ bie @r!enntni« ©otte« unb be« göttlichen $eil«})lane« bei ben ©läu=
Mgenju ertoettern unb 311 vertiefen. Die« toar bie Aufgabe ber Xrop^eten. 2)a biefe mit 86
bem älnfpruc^ auftraten, ©otte« Söort unb SSiQen in ©otte« auftrage ju verfünben,
tonnte e« nid^t fehlen, baft bie 33üc^er berjenigen unter i^nen, toelc^e ben 3jntyalt i^rer
Sertünbigungen nieberfd^rieben, al«balb bei ben ©laubigen in fyofyem Slnfe^en ftanben.
8« ift baber an ftd) toa^rfc^einlid^, bafe fdbon frü^ ©ammlungen pvop^elifd)er ©Triften,
toerat auep nur ju privatem 3toecfe, veranftaltet tourben. @in vollauf jureid^enber 9e« 40
toei« ftnb bie im SBer^ältni« jum Umfange ber un« erhaltenen ^ro^etenfe^riften fe^r
ja^lreic^en ober boc^ genügenb beutlid^en Bezugnahmen fiterer ^rop^eten auf bie SBorte
innrer Borgänger. 9iamentlid^ toerben toir un« 3^^^^ unb Sjed^iel im Befty von ©amm-
hmgen t>rot$etiföer Schriften ju benlen b^ben. Qüx 3«- ögf- 2lug. Äü^er, Jeremias
librorum sacrorum interpres atque vindex, Berlin 1837.) 46
9tad& ber StücRefyr au« bem bab^lonifc^en @sil mufete ba« Berlangen, eine ©amm*
ung ber alten ^ßro^^etieen ut beft$en, um fo lebhafter unb allgemeiner toerben, al« emer=
eil« gelegentlich ber Bertoüftung ^erufalem« bureb bie Sbalbäer unb toä^renb be« auf
te folgenben fieb^tgiä^rigen @^il« getoig ja^lreicpe Schriften verloren gegangen toaren,
anbererfeit« bie fräteren Propheten mit befonberem 9lad^brucf auf bie früheren jurüdt« 60
toiefen unb fi$ an fte anlehnten.
3n bie Sntfte^ung ber un« erhaltenen ©ammlung Von $ro))^etenf(^riften geftattet
un« bie Befd^affen^eit be« ©ad^ariabud^e« einen (Sinblicf. Die Anfügung ber beiben
namenlofen ©Triften c. 9—11 unb 12—14 an gerabe bie« erMärt ftd& am leid^teften,
toenn man annimmt, bajj bic vor^erge^enben Seile be« 3toölft>ro}>$eteitbud&« bereit« au= 66
fcimmengefiellt toaren, nur ba« foätere SWaleac^ibuc^ noc^ ntd^t angefügt toar. — gfür Die
9WaBabäerjeit ergiebt ftc^ au« ®a 9, 2 s^e^s ba« Bor^anbenfein einer aufjer anberen
ba« Seremiabud^ ent^altenben ©ammlung ^eiliger ©Triften.
£ie Sinbu^e, toel$e ^«rael an alter Sitteratur in ber Gfyalbäeraeit erlitten ^atte,
mufete fc^on barum jum ©ammeln aud; anbercr ©c^rifttoerte 9nla^ geben, toeil ber an= üo
748 Station bed »Sd I
fangd in fümmerlictyen SSer^ältniffen lebenben nacfyeplifd&en ©emeinbe bie Qtit DabibS
unb Salomod, bie ^eit ber großen $ro^eten @lia unb ßlifa, bie 3«* bed £idfta, fiber=
baupt bie ganje 3C^ &** (toenn aud& mitunter fc^r gefcfytoäcfcten) poltrigen ©dbftftanbig=
feit unb bed prächtigen ©ottedbienfted am fdomonifcfym Tempel in gellem Sichte erföien,
6 unb toeil bie Erinnerung an bie in bieten 33ejietyungen glorreiche unb letyrreid&e Vergangen*
fycit Iroft für bie 9töte ber ©egentoart getoctyrte unb — falld man nur nic^t toieber in
bie Sünben fiele, toelctye attein feit alten Reiten alle« Seib über bad SBolf gebraut tysttai —
Unterpfanb einer befjeren 3u^n^ toar- ®a$ 3uPan^c^ommen ^ncr Sammlung #fto=
rifctyer ©Triften tourbe no$ baburclj geförbert, bafe bad 8ud& 3ofua bie unmittelbare gort*
10 fefcung bed $entateuc$3 bitbete, mit bem ed urfprüngti$ jufammenge^angen tytktt. Da
bad Äönigdbud&, toelctyed bie DarfteHung bed Samuelbuc&ed f ortfefct, in ber jtoeiten Jpälfte
bed babfylonifctyen 6|ild aud älteren Duetten jufammengearbeitet mürbe, toerben toir am
nehmen bürfen, bafi bie bier fräter mit bem Flamen „erfte $ßro}$eten" benannten fyifto*
rifd&en SBerle (nictyt SRutfy) fd&on bei ber SRüdffe^r aud bem ©jil ober boc$ balb nacfcbcr
16 ald ein jjufammengetyöriged ©an^ed angefetyen tourben unb toegen ber i&nen ald einer
überTtd&tlid&en, in propfyetifcfyem ©eifte berfaftten Darftellung ber ganjen na$mofaif<$cn
@efd)i<$te eignenben SBorgüge nad& turjer 3«* in fyotyer 2Bertfctyäfcung ftanben unb bie
nocfy borbanbenen älteren Quettentoerfe ju berbrängen anfingen.
y. Die ^agiograp^en (ber britte Äanon). — Seit Dabib unb ©alomo bie Drbnung
ao bed gottedbienftlictyen ©efanged begrünbet Ratten, mufj ed eine Sammlung bon ^falrnen
gegeben fyabzn. 3U $r fab fpäter anbere Sammlungen unb einzelne Stcber tynju*
gefommen. gn ber jjeit 5Wetyemiad tourben julefct ^Jfalmen in größerer 3aW gebietet
Die einteilung bed $falterd in fünf Sudler ift älter ald bie Arbeit bed ß^roniflen (bgL
meine (Stnleit. § 53).— Die erfte Sammlung falomonifd&er Sprühe (bgl. 10, 1—22,16)
26 ftanb bereitd jur 3*i* §idüad in folgern Slnfefyen, baft biefer Äönig eine jtoeite, ergän*
fcenbe Sammlung (bgl. c. 25—29) beranftalten lieft. — Die Sieber ber Klage über ben
gall 3erufalemd faracfyen fo unmittelbar jum §erjen ber auf ben Krümmern biefer Stabt
neu ficb einrid^tenben ©emeinbe, bafc fie, glei<|biel toer ber SSerfaffer ober bie SJerfaffer,
bon allen frommen ald entft>re$enber Sludbrucf ityrer ©efü^le toert gehalten toerben
ao mußten. — Unb ju ©unften bed 33üd&leind SRut^ fprad^, abgefe^en bon feinem Sttter, ber
Snt^alt, ber ein Stücf aud ber 38orgefd^id^te bed ^aufed 3)abibd erjä^lte unb fomit, gumal
bie ©enealogie am Scfyluffe bid auf biefen föniglic^en $falmenbid>ter, nad^ ber berrf^en^
ben SReinung ben ^ßfalmenbid^ter xai Qoynv, fortgeführt toar, eine paffenbe Sinlcitunö
jum ^ßfalter bilbete. — 3)urd{> Inhalt w"b Sllter toar ben 3järaeliten toert bad S3ud^ §iob,
36 burdfc ben sJlamen Salomo bad §ofyelieb.
aufeer biefen fed^d Schriften (SRut^, ^Jf, §i, St>r, §£, ÄlagO erlangten im Saufe
ber sjeit nod^ manche fpäter entftanbene aud befonberen ©rünben ^o^e 2Bertfc$ä$img.
Ruerft toa^rfc^eintic^ bad 33uc^ Gdr^efy, bad bie ©efd^id^tdbarftettung Der älteren Sanum
lung in ertoünfd^ter 2öeife fortführte ; erft lange nac^ ifym bie urfj>rünglic^ mit i^m ju=
40 fammen^angenbe ß^ronif. 3)em 9}ua)t Äo^elet^ bürfte jumeift bad am Anfange fte^enbe,
auf Salomo gebeutete „Soljm 3)abibd" ©ingang berfd^afft ^aben. Die Sft^erroHe toar
jurSrflärung bed bon ben in ^Jerften lebenben ^w^en nac^ ^aläftina gebrachten ^Jurtm*
fefted too^l in ber älteren gried&ifcfyen $t\t gef4;rieben. Snblic^, in ber SKattabäerjeit, bad
33ud^ Daniel.
46 -Hacf; ben SDJaffabäerfäm^fen fonnte, ba bad 33olt teild burety ben ©influfe gn^
c^ifd&en 5Befend, teild burd^ ben ©egenfa^ $toifcf;en 5pr;arifäem unb Sabbucäern bid $ur
Rerftörung S^ifatemd buret; 2itud gehalten toar, fein SBerf me^r allgemeine Sfoer*
fennung erlangen (fanonifd^, fyeilig toerben). 3a Won ^ allgemeine Slnertennung bed
Dantelbuc^ed, toä^renb bad noefc bor ber TOalfabäerjeit abgefaßte Sud^ bed Siraciben,
60 obtootjl l^ebräifc^ gefd^rieben unb tro^ feinen Stnfprücfyen, f. 24, 32 f., nic^t me^r in gleicher
SBctfe reeipiert tourbe, fd^etnt mir nur bann berftänblicty, toenn ein 33uc$ mit Dani*
gefeitesten (bie ©runbtage ber aramäifd^en Stücf e c. 2— 6; auc^ 7?) fd&on er^eblid^ früher
bor^anben unb infolge beffen bcr fcr;on bon S$ 14, 14. 20; 28, 3 gerühmte %me
Danteld alten toieber geläufig getoorben toar.
66 2)tefe te^te Sammlung tonnen toir atd feit bcr SDJaffabäergeit (über 2 9Kaf 2, fiebe
S. 749 f.) in bem fyier angegebenen Umfange borr;anbcn betraebten. Der Termin, feit toet
ct;em fie fanonifct)e ©ettung erlangte unb fomit ber ©efamtumfang ber jefcigen ^ebr.®ibtt
ald fettig angefc^cn tourbe, totrb angefiebtd ber glcicr; barjulegcnben 3^9«^« »w$t biel fjwter
gefegt toerben bürfen. Die eben bargelcgte Unmögttcbfeit bed§injufommend neuer Schriften
an mu^te auf bad 9Bad;dtum bed Slnfe^end bed bieder ©efammeltcn förberlu$ eintoirfen.
Simon bed »23 I. II 749
Site bie 3^1 Mcfa ©Triften fid& fcerme^rte, entftanb ba3 Sebürfnte, bie älteren ge*
f$id(>tli($en bejto. ^>ro^^ettfd^en ©Triften, toelctye fd&on feit geraumer 3*it als Sammlungen
tanontfd? toaren, burcfc eine gemeinfame Segnung fcon ber no# unfcollenbeten legten
Sammlung &u unterfd&eiben. ©efyr paffenb toarb &u biefem 33e^ufe baä 2Bort „^$ro}>tyeten"
a-*rn: getoä$lt; benn bie fcier gefd&id?tüdjen 33ü$er $of, 9li, ©a, Äg fyabtn, abgefetyen 6
bafeon, bafj fte triele SBetefagungen unb Mitteilungen über <ßrop^eten enthalten, mit ben
Sßropfyeten (im engeren ©inne be$ SBorteS) ettoaä fetyr toid&tigeä gemeinfam: bie propre*
ttfcfc Sluffaffung, bie ertoedflicfy beletyrenbe Betrachtung ber ©efctyicfcte. 35iefe 33erbinbung
ber ^tftorifc^-.pro^etifc^en unb ber eigentlich Prothetiken ©Triften ju ßiner Slbteilung ift
eine fo fefte getoorben, bafi in ber gefamten paläftinifcfc unb babtylomfd^jjübifcfcen Zrabi- 10
tum feit bem Sßrolog jur Überfefcung beä ©iracibenbuctye« ber ßanon ftetö als ein brei*
teiliger erfc&eint (au$ 2 9Jtat 2, 13 f. ift feine toirflic^e SluSna^me).
Die aSoranftettung ber bier fyiftorifctyen ©Triften erflärt ftcfc genügenb barauS, bafe
ber Anfang be$ 33u$e$ 3°fua f«$ unmittelbar an ba3 (Snbe be$ 35t anfcfyßefct.
SSalentin Soefd&er, De causis linguae Ebraeae 1706, 71 fagt richtig: Canon iö
non uno, quod dicunt, actu ab hominibus, sed paulatim a Deo, animorum
temporumque rectore, productus est.
IL 3eu0nMfe für b*n Äanon, infonberfyeit ben jtoeiten unb ben brüten $a\fyU
teil, a) ^efuä ben ©ira. SluS bem 93ud^e felbft ergiebt futy beutlicty Sefanntfctyaft
au$ mit bem Reiten ^auptteil, f. c. 46 — 49 : jum ^efaiabuc^e gehören fd&on bie 27 Äa» 20
l>itel be$ fog. 3)euterojefaia 48, 24 f., unb ber jtoölf Keinen $ropfyeten tohrb 49, 10 gebaut.
3)er Prolog feor ber grie$. Überfefcung fagt nicfct nur: noXkwv xal /tisydiojv hiüv duä
xov vöuov xal xoy» TtQoqrqxcov xal xcov äXXcov xcov xax' avxovg fjxoXovih]x6xa)v
dedofuvcov, fonbern aucty, bafe fctyon ber Sßerfaffer felbft @ifer bertoenbet tyabe auf xr\v
xov vouov xal x<bv Jiooqnjxcbv xal xöjv äXXojv naxpicov ßißXlcov dvdyvojoiv. Unb 26
toeiter fagt er: 6 vojbiog xal al nQocprjTeiai xal xd koutä xcov ßißUcov. $afj ber
Übcrfeger bei xcov äkkcov naxpiojv ßißkicov unb xd Xouia rcov ßtßkUov an alle faäter
ate ^agtogra)>^en bezeichnete ©Triften gebaut fyabt, lä|t ftc^ freiließ nic^t ertoeifen, ebenfo
toenig aber, bafe er eine t>on i^nen niept anerfannte ober nod^ anbere ©Triften für gleich
toertig ^ielt. so
b) 2)a$ jtoeite 3Jlaf!abäerbudS> ift 125/124 ö. 6j^r. üerfafet, f. 8. TOefe, Äritif
ber beiben 5Ka!fabäerbüd^er, 33erlin .1900. 3n ^em a^ ©inleitung bienenben ©(^reiben
ber t>aläftintfc^en !^uben an bie in ätgtypten tvixb angegeben, ba& in ben ©Triften, unb
jtoar in ben 3)en!toürbigfeiten SRebemiaS, bie 3Serbergung ber S3unbeölabe burd& JJeremia
unb mand^ed anbete geftanben fyaot ; au^erbem fei barin ergäbt toorben, bafe SRe^emia 86
2, 13 xaxaßaiAo/Aevos ßißho&rjxrjv imovvrjyaye xd Jiegl xwv ßaodicov xal jiqo-
atqxärv xal xä xov Aavlö xal biiotoXas ßaodicov tzbqI äva&ejudxcov. (14) d>oav-
xa>Q de xal 'lovdag xd biamizxtoxoxa did xov noke/uov xov yeyovöxa fj/MV irnovv-
riyaye ndvxa, xal £0x1 7iagy fj/uiv. (15) ujv ovv idv xgeiav £xVT€* T0^ änoxo-
utovvxag v/mv dnooxeXkexe. 3)iefe ©teile ift toielfacty febr abfällig beurteilt toorben:40
81. ©eiger (IV, 16) 3. 33. nennt fie „t>on gar feinem 33elang"; aber mit Unrecht (ögl.
SDUlmann 446 ff.; @h>alb 466 ff .), benn in bem xd mql x(bv ßaodewv xal noo<pr\x{&v
aeigt [xd) no$ bie f^äter öerloren gegangene @rfenntntö, bafe bie »toeite Slbteilung bed
Äanon^ au« jtoei ©ammlungen &ufammengefe$t ift. 3)ie bnoxolal ß. n. d. !önnen
nic^t ba« 33u$ ß^ra bejeic^nen, fonbern nur eine ©ammlung t>on Urtunben, in benen 46
au«länbifdS>e, gunäc^ft ^erfifd^e Äöntge [16) ju ©unften ber fyetmgefeljrten ^^aeliten unb
i^red %wipA$ au£gefpro$en unb bem lem^el SBei^gefc^enfe gemacht Ratten, Urfunben,
bie in bem fpäteren ß^rabud^e benu^t mürben. $er SBefi^ folc^er Urtunben War für
einen Staatsmann ft>ic$Refyemia öon großem SBerte; bafe ber SSerfaffer be« citierten ©enb«
fd&reibenS an bie äg^t. %vbtn bie ß^iftenj einer berartigen ©ammlung erfunben ^abe, ift so
an ftc$ unb befonber« nac^ bem Sufarotnat^ange ber ©teile untoa^rfd^einlid^. slRan ift
ba^er nit^t berechtigt, ben übrigen Snfyalt tiefer beiben 3ierfe (Srfinbung ju nennen; toir
betrauten i^n üielme^r afe ein toertDoUe« 3eu9n^ Wr baö oben auf anberem SBege ©e»
funbene, bafür nämlic^, baft man fid^ gur ^eit be« 9le^emia mit bem ©ammeln ber alten
gtationallitteratur befc^äftigte, unb baft ba« bamafö ©efammelte bie jtoeitc Slbteilung bed66
RanonS (toefentlic^ fo h)ie fie je$t ift), bie ^falmen unb toie^tige, ba« neue S^nifal««
betreffenbe Urtunben umfajjte (möglic^ermeife noc^ anberc«; benn ber 93erf. t>on 2 ÜRal
tytitt nid^t bie abfielt, eine bollftänbige Überfielt über bie fcon i^m angenommene littera*
rifc^e I^ätigfeit 9ltl).$ ju geben). Cb 9lefy felbft fammelte ober nur bie Anregung gab,
ttti>a bem Sd&riftgeletyrten (g^ra (6«r 7, 6 ff. ; t>gl. and) 4 6er 14), ift untoefenüid^. — eo
750 Äono« bcft 9S* ü
9tod& toeniger bürfcn toir ben 14. 33er« unbeachtet laffen, ber auf eine bem SSerfaffer t>tel
nctyer liegenbe Seit ^intoeift. 3n tym ift bon Supern bie Siebe, toel^e ber börmaRa*
bäifd&en 3** entflammten, für alle frommen 3«raeliten bon SBert toaren, im Kriege jer*
ftreut unb teiltoeife bernid&tet (1 3Jiaf 1, 21 ff.; 3, 48; Sofe^uS ärcfcäoL XII, 5, 4
5 rj<pavitero dk et nov ßißkog eigeüelrj kgä xal vöfiog), aber bon $v!t)Q& gefammelt
mürben unb jur &it oeä ©Treiber« emittierten. Sitte biefe Sßräbifote jufammen )xtf|en
nur auf bie im gegmtoärttgen Manon bereinigten 93ü$er, aud& — toorauf e« l?ier befon-
ber« anfommt — auf bie Sudler ber 3. Abteilung, aber auf feine anberen. 2>enn ba«
39ud& be« ©iraciben toar bamal« nod) nid^t alt, au$ ift e« erft in foäterer 3eit ju Äh*
10 fetyen gelangt. 2)er atoeitc Steil be« 3)anielbucty« aber bejog jt!# in untrennbarer SBetfe
auf bie benftoürbige erfte 2Raffabäer$eit unb trug beutli$ ba« ©epräge be« göttlufcn
©elfte«; aud& tourbe feine (Sinfütyrung bur$ ba« $orfyanbenfem be« älteren, aramäijdjen
Seile« geförbert, ofyne ben er, toenn überhaupt, nur ganj finge 3«* *n Umlauf getoefen
fein fann. @« ift burd&au« glaublich, bafj „ber jubäifd&e Äanon" in ber3«t be« !guba«
i6ÜRaffabäu« feine lefcte SSerme^rung erfahren fytt (fo aucty (Stoalb 475 ff.). 3)ie metften
93ü<fyer ber britten Hauptabteilung toaren toofyl fd&on borl>er im 2*m}>elard&ib.
c) ^Jfyilo. — Dafür, bafi ^tyilo bie Dreiteilung be« Äanon« gefannt &abe, beruft
man ficfc gefoö^nlid& (©ic^orn I, 116: Dealer 255; Dillm. 424; Seil 643) auf De
vita contemplativa § 3, nacfy toeldjer ©cfyrift" bie 3$era}>euten vojiuwg xal i&yta
20 &eoma&ivta dtä nQoqnjrcbv xal vuvovg xal rd äAXa, olg biioximr\ xal evoeßeta
ovvav£ovrai xal tekeiovvxat. Diefe ©$rift ift inbe«, h)ie $. 6. Suciu« (Die 2$era*
Reuten unb tyre Stellung in ber Sfefefe, Strasburg i. @. 1880; bgl. au<$ @. Sparer,
2^23 1895, 9lx. 15) über^eugenb nacfcgeftriefen fyat, ni<$t bon $fyUo, fonbern erft im
3. na$$riftli$en Safyrfy. bcrfaftt. Da, bon biefer nun au^ufd^eibenben Stelle abgefefcn,
36 irgenb beftimmte 2lu«fagen über ben tfanon bei $tyilo ficty nicfyt finben, ift man genötigt,
bie bei 5Jtyilo borfommenben (Zitierungen unb 8enu|ungen bon S3ibelfteBen )u fammeln.
9lad^ 61. gr. §ornemann 1773—78 (f.6i^orn 1,122—135) fat bie« mit grofeem gleite
§. ®. Sl^le 1895 get^an: Philo and Holy Scripture, Sonbon (XLVIII, 312), leiber
mit SBenufeung nur ber 3Ronge^fd^en ausgäbe. $^ilo citiert, bei ben meiften Sägern
so au^brücflicl ben göttlichen Urf jjrung ertoä^nenb : $t, 3fof, $&, &&, Äg^ 3^^ 3er* ^ Kernen
^rojj^eten, $ff, @tor, §i, @ör x (de confusione linguarum § 28) : er citiert nio^t 6j,
3)a unb bie fünf SRegidoty (Sbr?). Mu$ biefem @o^h>eigen folgt ober ni^t, bafe $^ilo
biefe Sd^riften nid^t für tanonifc^ gehalten ^abe, fonbern man ttrirb bie 9lic^tert9ä^nung
biefer meift fleinen Sd^riften für zufällig ju galten fyabm ; ber $ßt nimmt in $^Uod 8e^
86 fpre$ung biblifc^er Stellen eine ganj bef onbere Stellung ein : bie Gitate aud t^m füllen
bei Style ©. 1—282, (bie au3 ber ©en 1—139), bie au« allen anberen Suchern be«82:
nur S. 283—302. 2lnber$ bereit fid^ ^tyilo gu ben in ben griedfc. $anbf(^riften bö
91X fte^enben apofrty^. Supern unb 93ud^)teilen. SBä^renb er au« $lato, ^^ilolau«,
©olon, §ity>ofrate«, ^eraflit unb anberen gried^if^en äBeifen nic^t feiten @ä^e anführt,
40 citiert ober benufet er fein 3fyofrt^on, mit alleiniger unb au$ nur einmaliger 3lu«na^me
be« SuctyeS be« Sfaraciben; in einem bon 3>. 33. Sßitra Analecta sacra II, 312 beröffenfc
listen Fragment Reifet e« : ö&ev xal Xöyiov fjfxäg diddoxei (irj moreveiv £%&Q<d ©
12, 10. Sin abfd&liejjenbe« Urteil ift, jumal bor ber bollftänbigen §erau«gabe berffierfe
$^ilo« burd^ 6o^n unb Söenblanb nid^t möglich. 2)er ^erborragenbe ^ßfyilof enner 6. ©ieg«
46 frteb $fyilo, 3ena 1875, 61) fagt bon ^tyilo: „Sein Äanon ift toefentlid^ fc^on ber
unfrige".
d) 3)a« 5Keuc 3:eftament. 3)a« 31% fennt benftanon al« breiteiligen. 2c 24, 44
|agt ß^riftu«: ikdXtjaa ngög vjuäg en cov ovv vfuv bxt Sei 7iXt}Qay&fjvai Jidvra rd
yeyQafijueya h rcp v6/mo Mcovoecog xal JigocprJTaig xal ipaAjuolg 7ugl l/uov. Da«
60 SOSort yjaXuol be^eid^net aber nid^t bie gange britte Hauptabteilung, fonbern ^ebt au« i^r
ba« an fid? unb fpejteü au* für ben borliegenben fttocd tbid^tigfte Suc^ ^erau«. Sud
bemfelben ©runbe bereifen ©teilen toie 5Kt 5, 17; »@ 28, 23, too nur „®efefc unb
^Sro^eten" genannt toerben, nidbt« für SSor^anbenfein einer 3toe^lun9 *n i^w 3*-
(3)er 9lu«brucf „©efefc unb 5Pro^eten" auc^ bei ben ©tyrern gleidj^bebeutenb mit %%
so f. 3a^n, ©efd^. I, 377). 2lngefic^t« ber gan^ beftimmten 3^^/ todty bie neutA
©o^riftfteller berfolgen, fann e« nic^t befremben, bafe nur $t, ^Jro^eten unb Sßff ^aufifl
citiert toerben. 2)a^er ift au^ bem grellen bon Schiebungen auf einige für biefe 3***
toenig ober gar nic^t au«giebige Sudler fein ©d^lu| auf beren bamalige 5Ri(^tfanonicitdl
ju machen : §£, ^ßrb, 6ft^, e«r=5Re^. ©ür Da fommt aufter ben @bangg. 1 Äor 6, 2
eo in Setrad^t, f. 2)a 7, 22. Q. 33ö^I, Die altteft. 6itate im 91% Sffiien 1878, 162 meint,
Sattott be« H2S II 751
ba& ^Jrb 7, 20 Von *ßaulu« SRö 3, 10 angeführt toerbe.) — ^m W% toirb fein emsiges
8tt>ohtfl>$on ober ^$feubet>igroj>ljün namentlich, gefcfytueigc benn mit einer Slnerfennung«*
formel citiert. 2)ie befonber« für ben 39rief an bie Hebräer unb ben be« 3atobu« be*
fyauptete Senufeung einiger 3tyofr$)fya fotoie bie Sßertoenbung )h>eier $ßfeube$>igraj)fyen
($ciu>$ unb äffumptio $toft«) im 3>uba«brief betoeift nietyt« für fanonifd&e ©eltung biefer 5
©Triften. 3Sgl. noc$ frr. Sleef, „Über bie Stellung ber 3fyofcw$en be« SEE« im d&riftl.
Äanon" in IfyStÄ 1853, 267—354 unb oben 8b I, 625. 3u 3Jit 27, 9 Vgl. 3er 19
unb ©ad& 11. %n 2c 11, 49 ift ff owpia fteov bie ftet« alle«, infonberfyeit ba« %f)\xn
unb @rge$n ber SJlenfd&en regierenbe ©otte«toei«tyeit. 3u So 7, 38 Vgl. 3jef 58, 11 unb
anbere Sßroj^etenfteHen. 1 Äor 2, 9 (xadcog yeygajtxai) ift nac§ Drigene« au$ ber 10
Slia&ätyotafypfe; ®t$ 5, 14 naety ©eorgio« ©tynfello« au« einer pfeubepigra^^tfcfjen ge*
remiaförift. an ben legten gtoei ©teilen (b. f). toenn Uyei @$ 5 richtig ift) ttrirb man
einen ®ebäcfytni«f etyler bei $aulu« annehmen bürfen : $aulu« toar mit bem Segenbenfc^afce
feine« Solle« fetyr Vertraut (vgl. nur ©al 4, 29 Idiojxev !, 2$i3,8 3anne« u.3jambre«!);
er fonnte leicht meinen, ettoa« in Sßirtlid&feit bort^er ©tammenbe« im 211 gelefen $u 16
$aben (ebenfo ging e« 2tyalmublefyrern mit bem 33ucty be« 93en ©ira). — 2lu« Sc 11, 51
= 3Rt 23, 35 tonn man fd&lieften, bafi bie Gljr bamal« ba« lefcte 39ucty in ber britten
Hauptabteilung toar.
e)3ofe^u«. Sgl. 3MüBer (1774), 108—130; 6&r. %t. ©c$mib, Enarratio
sententiae Flavii Josephi de libris Vi8 T1, Wittenberg 1777 (2 Programme); @id&-20
frmt I, 141—163. || ftlaviu« 3ofet>f)u« toill in ber ©treitförift gegen Styion (ca. 100
n. Gfyr.) bie SEBo^r^eit ber ^ebräifc^en ©efd^id^tfe^reibung bartyun, namentlich im ©egenfafc
)ur ^eOenifd^en. @r fagt, bie Hellenen Ratten nid&t, toie bie 3uben, öffentliche äufoeicfc
nungen drjfiooiag dvaygatpdg I, 4, gehabt, auc$, toie 3. 8. bie erheblichen äbtoeicfyungen
bei ben Verfd&iebenen Slutoren ertoiefen, bei ifyren jäufeeicfynungen nid&t genügenbe Sorgfalt 25
angetoenbet, toeniger g. 93. al« bie Sabtylonier unbägtypter. 33ei ben Hebräern fei bie
©orge #efür ben ^rieftern unb $ro)$eten übertragen getoefen. 38on ben ^prieftern, toeld&e
tyre äBürbe immer in (gutem ©ef Alerte fortpflanzten, feien bie i^nen anvertrauten ©Triften
fargfälttg betoafct toorben. ®ie Slbfaffung, xd imoygdyetv I, 7, aber tyabe nietyt in ber
SBtQtür eine« jeben gelegen, dild judvov xorv ngo<pr\xG)v xd /nh dvojxdxoj xal na- so
kaidrata xazd xr\v bzbtvoiav rrjv dnb rov ftsov jua&6vr(ovt rd dk xa&' avzovg
d>g lydvero ocupcbg ovyyqatpdvxoyv, Qann fyeijjt e« I, 8 : ov fivgiddeg ßißkicov elol
tioq' ftfuv dovfjupiovcav xal ua%oti£v(ovt ovo de fiova jiQÖg rölg etxooi fiißtta, rov
Ttartög ixovra y&dvov xr\v avaygaqmv, xd dixaieog {fiela add. Euseb.] jujiioxett-
p&va. xal xovxcov nhxi fib> iaxt Mo)i;oecogf (i xovg xe vdjuovg mQd%Ei xal xijv 85
dny &v#QQ>noyovLag Tiagddooiv H^XQ1 TfJS a^T0^ xelevxfjg. . . djiö dt xfjg Moji)-
oiaxg xelevxtjg ne%Qi xfjg 'Agragiggov xov fiexd Seg^rjv flegocbv ßaodiojg dl juerd
Maworfv ngotpYJxai xd xax" amovg ngaffihrxa owiygayav h xgtal xal dexa
ßtßkiotg. al de Xomal xeooageg vuvovg elg xov debv xal xolg dvdgomoig VTioftf}-
xaq xov ßiov negdypvoiv. djtd de 'Agxa££g£ov fi£%gi xov xa&} fj/uäg %gdvov y£- 40
ygamai /nev k'xaoxa, moxe(og de ov% 6/ioiag i^iuixai xoig ngo avxaw did xd fxi]
yevioöai xtjv xöjv ngo<pr\x<bv dxgißij diado%i\v. dfjXov d'loxlv $gy(p niög fffielg
ngdoiuev xolg Idioig ygdjujuaoi* xooovxov ydg aUbvog ijdrj nagfpyrix&tog oüxe
rvvelvai xig ovdev orxe dqpeXelv avxchv ovxe juexafteivai xexdX/Arjxtv. Ttäai
avfixpvxdv ioxiv ev&rg ix xfjg Ttgcbxrjg yeveoeojg 'Iovdaioig xd vofuteiv avxd 46
fteov doyfiaxa xal xomoig ijuueveiv xdi vneg avxolv, el dloi, {Mjoxeiv fjdeojg-
5Die Von 3°WU^ ertoä^nte ©ammlung oon ©d^riften ^atte für bie ^uben nidj^t
btofe eine litterar^iftorifc^e Sebeutung, tttoa al« bie ©umme ber alten SRationat
UttOKttur, fonbern fie umfaßte nur bie dixatwg [foTa] Tujztorev/neva unb baj^er
al« deov ddyfxaxa betrachteten ßißXia, biefe aber auc^ alle, ferner: ^ofep^u« fpnd^tso
^ter ntc^t feine ^rioatmetnung au«, fonbern bie Überzeugung feine« ganjen 93olfe«. ©egen
biefe Suffaffung barf man nid)t eintoenben, bafi bie 3eitan0a^e ^er ben 9lbfc$lufi be«
ftanim« nur barau« gefolgert fei, bafe ^of. (f. älrc^äol. XI, 6, 13) ba« 93u$ öftrer für
ba« jüngfte Sud?, 3Jtorbe$ai für ben ^erfaffer unb ben 9tya«uero« für «rta^er^e« Sang*
banb ftatt für Xer^e« angefe^en fyabt ; benn biefe 9lnfi$t be« 3;of. (bie übrigen«, toemg= 66
Pen« toa« bie ^ßerfon be« s^erferfönig« betrifft, (d)on bie ber LXX ift) bat mit bem
äauptyunlfe feiner 9lu«{age gar ni$t« gu tbun, bamtt nämli$, bafe feit einer langen
SRet^e bon ©enerationen toeber eine SSermebrung noc^ eine 35erringerung ber fyäjl ber
beil. Suchet ftattgefunben ^abc. föab bie Steige biefer ©enerationen in ber <*&& eine
lange toar, ergiebt ftc^ barau«, bafi über bie von un« in bie N])iaRabäer)eit Verfemte le^te eo
752 tau» be* JU* II. III
SBermetyrung be3 Äanon« eine fixere Überlieferung nic^t mefyr belarmt mar. 3ht£ biefem
geilen einer fixeren Überlieferung erflärt e3 ftc^, bafe man allgemein ben Slbfölufc ber
Sammlung mit ber Slbfaffung be$ legten Sucres für jufammenfallenb fytelt. (gbenfobid
aber trug *um entfielen biefer Stnftd^t ein anberer Umftanb bei, bie 33orftettuna namlty,
6 bafc feit 9Jcalead&i, bem legten Sßro^eten, ber ©eift ber Offenbarung Don 3$rael getöteten
fei unb bur# ba« aufhören ber ©ucceffion be$ Sßro^etentum« bie 2Jtöglic$!eit be$ @nt*
fte^en« ioeiterer ^eiliger, bie älteren fortfefcenber j>ro^etifdfcgefctyidjtlid&er Sucher aufgehört
fcabe. 19M 9, 27; b. ©an^ebrin lla (Sarajt^a): rp^oi -»an D-rnrwn s-anaa ttoto
b« we «npn rrn npbno: 'onhzi ; 6. SSitringa, Observationes sacrae VI, 6 ®ro*
lonefer 1711; II, 345 ff.). — 3ofa>$u$ jctylt 22 Sudler, ber breiteilige flanon fcatte bei
feinem Slbfcplujfe nad) unferer obigen Darlegung 24 (5, 8, 11). 23Ä$e Sucher ty& nun
3of. unter ben 22 toerftanben? ©. S. Oeber (ftretye Unterfud&ungen über einige Sücfrer
be« »3», £alle 1771, 64) behauptete, igof. fabe Gfty, &*3ld} unb 6$r rnc&t für lono--
ntfcf) gehalten (f. bie Sßiberlegung bei Füller a. a. £).): tbenfo neuere romif(fctai$oUf<$e
i6@ele$rte, toie 35.8. £aneberg (@inl. in« SEE», StegenSbura 1852, 709) unb £einr. Ätyn
(Styeobor bon 3Ro»>fueftta, greiburg i.9. 1880, § 72 f.). Stber e$ ift faer, bafe 3of. alle
in unferen tyebräiföen 93ibeln ftetyenben Sucher als fanonifö anfa^ unb ba| er fie in
berfelben SBeife jaulte toie foäter j. 93. Drigeneä, fte aber eigentümlich anorbnete, namlic$
fo, bafi er unter bie 13 nQOfpfjxai regnete: 3of, 2 9H u. 9tut$, a ©a, 4 ßg, (Sfyc, <$8r=9fc&,
20 @ftk 3ef, • ^er u. ßlagl, 10 @a, Da, ba« »u<$ ber 12 Beinen «Proben, ls £i; alfo
SRuty unb Älagl. nid&t jä<e. Die brüte Abteilung umfaßte $f, ©pr, $rb, £2. »uf
biefe feine DarfteHung toar einmal bie Slnorbnung in ber LXX Don ©tnflufc (bie 9b«
fyängigfeit be« 3°f- bon ber LXX ergiebt ft<$ auc$ barau«, bafi er Slr^äoL XI, 1—6
au<$ ©tücfe au« bem grie$. G&rabuc^e unb ben grie$. 3uf^m Su Sfty öertoenbet Sgl
25 ferner: ©pittler, De usu versionis Alexandrinae apud Josephum, ©öttingen 1799;
©cfyarfenberg, De Josephi et versionis Alexandrinae consensu, Seidig 1780); no$
me|r aber ift bie Slbtoeid&ung bon ber alten (im Sfyalmub, f. ©. 745, erhaltenen unb
buxd) bie 6ntftetyung3geji§ii§te be3 Äanon« flar geworbenen) Reihenfolge barauS )u er-
Hären, bafi eS 3>°f- nad) bem gufammentyange ^ gtene bejonber« um £ert>or$ebung ber
so ^iftorifd^en ©Triften be^ 312: ju t^un toar. — 3)ur$au3 berle^rt bezeichnete ©$mib (hist
222) bie Slnorbnung be$ 3°f- ^ bie alte unb richtige, bie im 3^almub alä bie \pätm:
Caussam mutati ordinis antiqui equidem nullam aliam perspicere potui, quam
arrogantiam legis doctorum, qui novis inventiuneulis famam de se excitare
cuperent; ä^nli^ meinte ©. G. ©torr ($aulu^, 5Reue3 Slepertorium f.Sibl. u.9RorgenL
86 Sitteratur, II, 227, %tna 1790), e$ fei i^m ,,toaWd^einlid^, bafe biefe (Einteilung [b<^
^of.] auf bie bamalä übliche älnorbnung ber einzelnen ©üc^er in ben ßanbfd^riften ge?
grünbet toar unb alfo bie 93erme^rung ber britten klaffe ober bie Serfegung meh-
rerer ©c^riften au$ ber jtoeiten Älaffe unter bie §agiograpfya erft f^Kiter eingeführt
toorben ift".
40 III. Slngebltd^e ffltber j^rüc^e gegen ben Jtanon. (Srnft gemeinte 9Biber^
fprüc^e gegen biefen Kanon ber 24 ^l. 33üd)er ftnb im alten ^ubentum niemals erhoben
toorben: toeber finb einmal aufgenommene Sucher ernftlic^ beftritten toorben, noc^ tyü
man irgenb ein anbereä Suc^) \p äter aufgenommen ober aufzunehmen SSerfuc^e gemalt
aSier ©rünbe fd^einen gegen biefe Slnjufyt gu J^red^en:
46 a) 3)ie t^almubifd^en Seftreitungen. — Sei i^nen tyanbelt eö Jtc^ nic^tum
bie 2lufnatyme neuer Sucher, nic^t um bie @rtoeiterung be^ Jlanon^, auc^ m$t um bie
Slu^fd^lie^ung eine^ $3u$eö au$ Slnlag irgenbtoeld^er fritifd^en 3toeife' (?onf* ^e man
über baö Vöud) Da bebattiert), fonbern barum, ba^ einzelne ©ele^rte für bie StuSfcfreibung
eine^ ober be^ anberen fd[>on längft aufgenommenen 9ßui)& ©rünbe, h>el#e bom Sn^altf
so hergenommen toaren, anführten, inbe^ o^ne bafi in irgenb einem §aSe biefen (Erörterungen
^raftifd^e ^olge gegeben tourbe. 3Ke^rfad^ machen bie Debatten ben (Sinbrucf, ba^ bie
93ebenfen nur erhoben tourben, um toiberlegt gu toerben, mit anberen SBorten, van einer*
feit« ben ©cfyarffinn ju üben, anbererfeit« bie Slutorität ber fyi. Sü^er ate bötttg gejufcrt
ju ertoei|en. ^u« !einer ©teile folgt, bafj im religiöfen 3Solföbetou|tfein jemals ein
66 ©d^h>anfen über bie ßanonicität irgenb eine« ber 24 Sudler ftattgefunben ^abe, unb 9e*
^auftungen, toie bie dürfte (©. 95), ba^ erft Gfyananja ben G^telia ben ®orion, ein
älterer 3^tgenoffe be« §iHel unb ©d&ammat, „bie aufnähme be« 2>ed>e3fel iiftJtoion et*
möglid^t ^at", geugen bon völligem 3Kiyennen be« ©eifteä unb De« Wiorifc^en SBerte^
ber bejügl. t^almubifd^en Slngaben. (©leid^toertig ift a. S. bie 2lu«faae SRabbiS, baj bte
60 I^ora au« fieben Sudlern befte^e, inbem bie beiben 2ierfe 5Wu 10, 35 f. ein 33u<$ für M
Saturn be* »2« III 753
bilbcten, in toeld&er 3lu«fage no$ niemanb eine ernftlid&e 33eftreitung ber gunfteilung ber
2$ora gefunben. SSßl. meine Stnleit. in ba« 313: § 5, 3.) gfür bie Slnenennung gerabe
be« 93uäe« (Sfty, bei freierem bie 33eftreitungen *>erfyältni«mäfitg ben meiften ©runb gu
faben fqemen, liegen bei ben Suben fefyr pofittoe 3eu9^fle box, unb gioar nicfyt nur au«
anbeten Quellen, fonbern auety au« bem ityalmub. 3*ruf. Regula I, 7 (70d ber Ära- 6
lauer Ausgabe) Reifet e«: nun -nec n«?:m ban^b -pT»ny raircm swnm t:« pm ,tai
SRefö Saftfa [teilt alfo bie (SftyerroHe ber %f)oxa gleich unb $öber al« $roj>fyeten unb
äagiograwen. 3jofel>$u« rennet (Sftyer o$ne 3toeife' unter &ie Mo noög xoTg eTxoai
ßißkia, toel$e dixaicog [öela] nemarevpha ftnb; unb ©pi^aniu« fc^reibt haeres. io
XXIX, 7 (I, 122 f. ed. Petav.): Xgajvxai de ovxoi [61 Na^cogaioi] ov /wivov vea
dia&rjxfl, äXXd xai nakaiq dia&rjxfl, xa&aneg xal ol 'Iovdaioi. ov ydg äjirjyöqeV'
xai nag avxolg vojw&fola xal ngoqprjxai xal ygaq?eia xä xaXov/ieva nagä ylov-
daUng ßißUa . . . 'EßgäCxfj dh dtaXexxqj äxgtßalg eloiv ivtjoxrj/uivoL nag avxolg
ydg nag 6 v6/xog xal 61 ngotprjxai xal xd ygatpela Xeydfieva, (prjjul de xd axixVQ^ 15
xal al Baodäat xal üagahmo^va xal ^Jcmjg xal xälila ndvxa 'EßgäixoJg
dvayivcboxexai, &oneg äßiikei xal nagd 'lovdaloig. — Sine Erörterung ber tjjalmub.
©teilen, toel$e fid^ gegen bie Slnerfennung einzelner ber 24 Sudler anführen laffen, mu|
be« Staunte« falber ^ier unterbleiben (bgl. SJrang 2)elifcfd& in AlStyft 1854, 280 ff. ;
%. 2Beber, 3üb. Geologie2 Setyg. 1897, § 20, 8; gürft« 33ud& ift gur Orientierung um 20
geeignet, ©gefiel: ©abbaty 13 b = 9Menac$ofy 45» = <ä&agiga 13», ftürft 24; $ona:
SRumeri 3tab. 18 bgl. $feubo-4Rafd&i gu 3#acanit$ 15»; ©prüd&e: ©abbaty 30 b, Slbotfc
be ». SRatyan 1; $o$e«lieb: Sabajim 3, 5, Slbotfc 31. 31. 1, ftürft 57. 83; Äo^elety:
ebujot^ 5, 3, 3abajim 3, 5, ©abbaty 30 b, 2lbot^ SR. % 1, fttoit 3lab. 28, 3Hibrafö
fto^elet^ ju 1, 3, $ürft 58. 90; ©ft^er: aHegiUa 7», ©an^ebrm 100% gürft 57. 110,26
2ewj in ber ^ebr. Stf^r. Djar ne^mab III, 175 ff.
b) 2)a3 S3u$ beg 83en ©ira. — 3Re$rfai§ toerbe, fagt man, ba$ ben I^als
mubiften im Original toofylbefannte Sud^ be« 93en ©ira t>on i^nen mit SlnfityrungS*
formein citiert, h)el(^e fonft nur in SSegug auf bie ^eiligen 24 SBüc^er borlommen: 93era«
ttoty 48» ©djiinfon ben ©c^eta* a-rei; '©rubin 65» S«ab (u. SR. ß^anina) ^2«»;ao
»aba qamma 92 b 83aba bar 3Rari o^ninDn rabrer:. daraus barf man aber ni$t
f^lte^en, baj baö genannte ©uefy t>on ben ^uben afö fanontfd^ angefe^en mürbe. 9ln ber
elften ©teile nämlicty fte^t jtoar im babtyl. X^almub nur ^nsn^ aber in ben $araHel*
jteBen jer. »erai^ot^ VII (11 b, 3. 16 t>. u.), jer. 9lafir V (331. 54 b, 3. 14), ©en
«abba 91, SWibrafd^ Äo^elet^ ju 7, 12, ift, getoife richtig, nad^ biefem SBorte ba« 33ud& 86
be« Sen ©ira mit Flamen genannt: auA toirb bie 2lnna$me lanonifd^er ©eltung für ba«
9uA ni$t burc^ ben 3"fammen^ang geforbert (bafyer barf aud) atö anberen ©teilen, tt>ie
b. 94ibba 16 b, S3aba batfyra 98 b, leine Folgerung ju ©unften fanonifd^en Slnfe^en« be«
Suc^e« ©. gebogen tüerben). 2ln ben betben anberen ©teilen ^aben bie gleich $u nennen-
ben Autoritäten aQerbing« bie 9lbfi$t gehabt, einen Ser« ber 1)1 ©c^rift gu eitleren. 40
r6rubin 65 » fü^rt ßtyija bar äfd^i atö 2lu«ft>ruc^ 9tab$ an : „SBer rtid^t ruhiger Stimmung
ift# foO nid^t beten" nrr bx -iss *ytm trmzf unb l)at SRab ^ier na# getoö^nli^er Sin«
na^me ©i 7, 10 (in ber griec^. Überfe^ung pyj öXiyoyrv%rjofl$ fa tfj ngooevxfj oov)
im ©inne gehabt. 93aba qamma 92 b toiH Saba bar 3Kan (tt>ie man oft t^at, toenn
man ettoa« gang gtoeifello« bartfyun Sollte) mit bergormel: -:c n-ira mrs rrr *^m «
trainrn cbiü?2i c^N^n:n einen ©a$ al« in allen brei Seilen be« SEE begrünbet nac^toeifen
unb gtebt al« Selegftellen ©en 28, 9; 9« 11, 3; ©i 13, 15. Um biefe beiben Gitie*
rungen richtig gu beurteilen, t)at man ^u bebenfen, bafe, toeil ba« 33u$ be« Sen ©ira
fcbräifä gefd^rieben mar, bie Xbalmubtften, bie ebenfo tote g. 93. ber Sfyoftel $aulu«
metft au« bem ®ebä$tniffe citierten, fe^r leidet einen ©a$ au« biefem bon i^nen tnel 50
benu^ten unb gef$ä$ten Öuc^e in berfelben SBeife tote eine SBibelfteQe anfügen fonnten,
in ber 3Retnung, er fte^e totrllid^ irgenbtoo in einem ber ^eiligen 24 Sucher. 93on feiner
S>ifc$en Slutontät toirb ba« Sud^ ©iraefy al« gum Äanon gehörig begegnet; bielme^r
liefern alte 3eu0en & au«brütflid^ t>on i^>m au^. 3n ber I^ofee^^t^a ^abajim c. 2
(3udrermanbel 683) Reifet e« : c*rn r« y&z'Ez mp& i^r-:r; "-cci (ßbanaelien) errbifr 66
nrn n« 7«?:^:: -,rN *p-«- -,&*::■: izrsss z^zz bsi er- c p ""ec »u(^ jer. Bern?
b^rin X, (28»; t>gl. 5K. ^oel, 33lttfe in bte $Rel.*@efd&id&te gu Slnfang be« 2. c^rifÜ.
S^unbert«, Seipgig 1880, I, 71—75) unb ber 2lu«foruc$ be« SR. 3ofe}>& (f ca. 333;
er toor alfo faum eine ©eneration älter al« 53aba bar üJtari) in bab. ©an^ebrtn 100b
geigen beutlk^, bafe ©i nic^t gum Manon geregnet mürbe. Spip^aniu«, De mensuris eo
üfaMK0iaoi»abic ffiT g$cologtc unb SHt^c 3. 0. IX. 43
754 Sattott be* «£* III. IV
et pond. 4 (Sagarbe, ©tymmicta II, 157) bezeugt bon ©i unb 2Bei: ek ägi&juov rcov
$rjt(bv ovx ävacpigovrac dt o ovde h reo ägcbv ivertfhjoav, xovt latlv cv rfj t*)s
diafrrjxrjg xißcorcp.
c) %ixx ein fyol;e3 2lnfefyen ober gar Äanonicität be«33u$e« 9arud& (2)ittmaim 480)
6 läfet fi$ au« ber gefamten Sitteratur be« l>aläftinifc§en unb babblonifaen 3ubentutn« lern
Setoei« borbringen, dagegen, bafe bie genannte Sd&rift ein folege« Stoffen gehabt fcbe,
\pud)t aud? tbre foäte @ntftefyung«jeit : jte ift bon Daniel c. 9 abhängig unb in tyren
begebenen teilen erft nac§ ber 3^Pörung Igerufalem« burd& %üu& berfafet 3)ie Sit*
gäbe ber ätyoftol. Äonftitutionen V, 20 xal yag vvv dexdtfj xov finvog Foqtwuov
io ovva'&Qot£6jU€voi xovg &prjvovs 'Iege/bUov ävayivcboxovoiv . . xal xov Bagovr ber*
bient feinen ©lauben. 3)ie 2lngabe be« 9Ronat« unb be« $age« beruht too^l auf $er*
toed&felung be« 9. Stb (3erftörung ^erufalem«) unb be« 10. 2$tföri (33erfö$nung«tag),
unb be« 33ucfye« Sarudfc gefd&iefyt in ber f^rtfd^en ©runblage ber 8fy. Äonft feine (fr*
toäfynung. Sbij^aniu«, De mensuris et pond. 5 (Sagarbe, ©tymmieta II, 157) be*
16 jeugt au«brücflid&, bafe 93aru$ für bie :guben nicfyt gu ben fanon. ©driften gehöre: ba«
213: $abt 27, beafo. 22 93üd&er mit (Sinfd&Iufj be«*Pfalter« [al« 1 93ud&] xal xeov Svxcov
h xoJ 'Iegefuq (unb be« im %<x.$S\xd)t Enthaltenen), <prjjul de xal xcbv öonvcov xal
xeov emoxokcov Baoov% xal 'legejuiov, ei xal ov xeivxai al ImoroXal nag jEfigaiov;,
äXK fj fiovov ?] tcov $Qr}vtöv xeo eIeQejula ovvaqr&eiaa.
20 d) 3)er fogenannte alejanbrinifcbe Äanon. %n &t Überlegung berLXX,
b. i. in ben grie^ifd^en Sibeln ber fyeüeniftifdpen !guben ftefyen aufeer ben 24 Suchern be«
bebr. Sibelfanon« mehrere ganj neue ©driften fotote 3ufäfte gu einigen jener Stößer.
9Kan barf fyterau« nid^t fd^liefeen, bafc e« einen bom paläftmifdpen (fyebräifd&en) berföiebenen
alejanbrinifd^en Sibelfanon gegeben t)abt. 3)enn erften« fyat ftd^ auf bem SBoben ber
26 aleEanbrimjdHübif$en Ideologie bie 3ftee eine« Äanon« im ©inne ber palafttn. ©cfyrifr
gelehrten gar nid&t gebilbet. S)ie 2lbgrenjung be$ ^ebr. Äanon« nämli(^ ^ing jufammen
mit ber Slnftd^t, ba« SBalten be« Dffenbarungggeifte« in ffiad ^abe nac^ bem Auftreten
ber legten $ro^eten (Sfalead^i) aufgehört; biefe Stnjtd^t ab& ift im SBiberfpruc^ mit bem
jübifd^en SUejanbrini^mu«, ber ba« Dffenbarung^rin^, bie äBei^^ett, ben Sogo« nietyt
so nur in ben früheren ©otte^männem, fonbern in jebem Söeifen unb kommen toirffam
fein läfct. $^i!o legt fic^ felbft göttliche ßingebung bei unb bie Sefäfyigung, tuqi <br
ovx olde uavreveG&ai (de Cherubim § 9). 5Wur 3Rofed, ber äQYtJZQoqrfTTjs, yat f&
i^n eine 3lutorität befonberer 2lrt (bgl. oben ©. 750,36). 2lu3 biefer 2lnf(^auung«toetfe
ertlärt e« ftc^, bafe man in 3Uejanbrien fem Sebenfen trug, bie gried^. Überf^ung be$
36 311« burd^ 3uf^e Ju einzelnen Sudlern, ja burd^ ^ingufügung ganj neuer 93üc^er ju
bermebren. 3)a« 3lnfe^en, meldte« ber LXX in um fo ^ö^erem ©rabe gu teil tourbe,
je mepr bie Äenntni« ber ^ebr. ©pracfye fd^toanb unb bamit bie üRögltdjfeit aufhörte,
au« ben Originalen bie ©efäid&te ber Offenbarungen ber göttlichen 3Bei«^eit fennen
ju lernen, ging auefy auf bie3ufä^e unb bie Sucher über, toelc^e fte me^r al« ber®runbs
40 tejt enthielt. SMefc« 3lnfe^en aber ift bon eigentlicher Äanonicität noc^ fe^r berfc^tAen.
£a« 92id^tbor^anbenjein eine« bejonberen ale^anbr. Kanon« ergiebt ftc^ auc^ barau«, bafe,
toie fotoo^I au^ bem geilen jebe« 3euÖn^ffeS «Ö a«^ m* k*™ ©d^toaiuen ber $anb«
febriften (f. meine @inl. in ba« Sil § 78, 4) fyerborgefyt, toeber bie Reihenfolge no^
bie 3a^ ^uc neuen Sucher jemal« bon ben alejanbr. %vbm al« eine filterte angefe^en
46 loorben ift.
IV. ©efd^ic^te be« altteft. Äanon« bei ben ^uben. a) 3)ie ©reitei^
lung be« Äanon«. Prolog be« S3uc^e« S3en Sira f. ©.749; £c 24, 44 f. ©. 750;
%aba Sat^ra 14b f. ©. 745. %ab. ©abbaty 88 a toirb ©ott gepriefen, toeil er bem
breiteiligen 5So(fe [^ßriefter, Sebiten, ^^raelitenj -«n^br -jar^N gegeben fyabt; bem SSor*
60 tyanbenfein bon c^mrs": c«^: rrnr entjpred^enb finbet fRab SSjfi (9RegiHa 21b), ba|
5Dtontag«, J)onner«tag« unb ©onnabenb« nur brei au« bem Söod&enabfönitte ber itp**
rolle beriefen, unb (baf. 25* 2lnf.) bajj ber au« bem ©efe^e Sßorlefenbe nic^t toeniger ate
brei SSerfe lefe; ^e^iqt^a, 3lu«g. bon 23uber 105a: c^mrn c^firs: rmn rabic?: mm;
jer. 6^>agiga II, 1 (77 b SWitte) fagen ^of ua ben (S^ananja unb SKefer ben ^Aro0* ju
55 3lbuja : r^irrb s^N-srn y:i c-fi^arb i-r*rr> y: mr\ ^r: -f-rni inn yacr ; wc
häufige gormel (j. 8. 2tboba Zara 19 b): c-airra micrzi c«^a:5 *naB rnra stc
3Ke^r bei «ubto. »lau, ^ur ®inl. in bie ^l. ©d&rift, Strasburg 1894, 22 f. — 3n ben
,Öanbf$riften ber LXX ift biefe Dreiteilung gu ©unften einer ©ac^orbnung aufgegeben:
an ber©]pt^e fielen bie ^iftorifc^en Sucher, bann folgen bie poetifd&en, ben ©d^lu| ma^en
60 bie prop^ctifd^en (bie a^ofrbp^ifd^en finb an geeignet erfc^einenben ©teilen emgeftyoben).
ftattott be« H2« IV 755
b) Sie ^Reihenfolge ber Sudler. 3$orab faben toir bie $rage tu erörtern,
toeldbe Sudler ben %m)cdt jebe« leite« au«ma$ten. «Streitig ift nur bie ©tellung jtoeier
Sücper. SKeift behauptet man, Stutb unb Älagl Ratten urforünglicfy in ben 9tebi'im ge^
ftanben unb feien erft fpäter ben ^agiograpfyen eingefügt toorben (and) 3. -KJettyaufen,
Sompofttion be« §erateu$«2, 93erlin 1889, 357). 3^0- ©cü & ^ne ©ammlung Don 6
§agiogra}$en gab, fyaben 'Sinti) unb Älagl ui biefer gehört. $ür biefe 2lnftd>t frricfyt
erften«: bie litterarifcfye SSefd^affen^eit beiber Sucher unb ber^n^alt berftlagl. 3roe*ten^:
Jonathan ben Uftel, ein Sd&üler §illel« (©utta 28a), Derfafete einen Stbätöum ju ben
z*arn: ; aud& bie c^irc gu übertragen tourbe er, na$ ber SErabition, burety eine ©otte«*
ftimme Derfjinbert (3RegiIla 3a). 2Benn nun and) ber erhaltene 2#argum m ben pro- 10
phetae priores et posteriores nid&t ober boefy nid^t fo, toie er erhalten ift, Don 3jona*
tfym tyertüfyrt, tonnte bo<$ $on.« 9tome auf bie« 2Berf nur bann übertragen toerben,
toemt e« ^bm bie Sudler umfaßte, auf toeld^e ft$ bie toirflid&e Slrbeit ^onatban« erftredfte.
Unter ben auf un« gekommenen ifyargumen nun fennjeietynet ftd& bie ben Flamen %on£
tragenbe $ara}$rafe ber ad)t ^ropbetenbüc^er al« ein einheitliches alte« 2Berf, toäfjrenb 15
bie ber fünf 3Regillo$ ganj anberer ärt unb toeit jünger ift (Dgl. 3wnj 65), — mithin
bilbeten Sinti) unb Älagl jur &it Igonattyan« leinen Seftanbteil be« fog. jtoeiten Äanon«.
dritten«: in ber be^üglic^ biefe« fünfte« DoHfommen einhelligen Xrabition ber paläftini*
fd^en unb babtylonifäen 3>uben beutet nietyt bie geringfte ©pur barauf fyin, bafj einftSiutb
neben Sit unb bie Älagl nebenher geftanben fyabzn. 2lu&er33aba bat^ra 14b fei ^ternurao
citiert öerafyoty 57 b (Sarajtba), too $f, ©pr, §i al« e^-na c-n-re rraVc unb £i'#rb,
flfoglal« we-s-nre '* be^net toerben. 33gl. aud& IV, c überbie3ä$lung24$l.33ü#er.
Sie &aba batyra 14b angegebene SReibenfolge ber einzelnen 93ücfyer innerhalb be« 2.
unb be« 3. Seile« ftimmt mit bem über ba« SEBerben be« .Kanon« (Erörterten fo genau
überon, ba| fte, in ber £auptfa$e toenigften«, fi^er bie urtyrünglid&e ift. — Sie Steigen; 25
folge ber Dier j>ro^etifcfcgefc§id&tlid&en Sudler toar bureb bie 9Jatur ber ©aetye geboten.
$m[\d)Ü\d) ber Stnorbnung ber eigentlichen ^Jro^b^ten fei folgenbe« bemerft. 9Öie bie
Imitate ber 3Jtifctyna innerhalb ber einzelnen Drbnungen naety ifyrem Umfang (Äajjiteljabl)
auf einanber folgten, fönnte man auety bie Dier Sudler ber eigentlichen $ro^eten nad^
bem Umfange georbnet glauben, ba ^er länger al« 6$, 6j länger afe 3fef ift, ba« 3^lf - s>
}>ro^etenbud^ enblidj> ben geringften Umfang bat (80:7ÖVa:64:56Vs 3)rucffeiten ber Steile-
fc^en äu«gabe). 2tber, erften« liegen jtoifd^en ber ©ammlung ber Sßro^eten unb ber
SRebaftion ber 3Rifc^na burc^ SRabbi me^r al« fed^« ^öb^w^berte unb barf au« einem fo
Diel fpäteren gaftum nid^t o^ne fteitere« ein ©c^lug gemalt merben, unb jfteiten« fyat
bei ber Drbnung ber H. $rof l^eten bie Stücfficbt auf ben Umfang, toenn überhaupt, nur 85
in ganj bef^ränftem 3Kafee eingetoirlt (anber« in ber LXX). G« toirb bal^er rieb*
tiger fem, bie Drbnung ber toier ^rop^etenbücber in f olgenber SKeife ju erflären : 9Sor*
angefteQt |tnb bie beiben Sudler, toelcfye ganj (^er faft gan^) toon ben ^rop^eten ^errü^ren,
bmn 9Jamen fie tragen: juerft ber ältere ^er, bann ber jüngere 6$. 35arin, ba^ 3^
hinter biefen beiben fte^t, bürfen toir toobl einen Sleft ber ©rfenntni« fetyen, bafe ba« %& *>
fatabuc^ in feiner Dorliegenben ©eftalt foäter fei al« &x unb ® j, bafi namentlich ber W):
fcfyutt c. 40—66 erft au« ber 3cft be« 6^ru« ftamme. Sie Reihenfolge ber 12 Keinen
SProj^eten ift burd^ Derfd^iebene ©rünbe (älter, angenommene unb toirflicfye Schiebungen
be« einen auf ben anbern u. f. ix>.), beren Erörterung fyier ju toeit führen mürbe, &eran*
lafet toorben. — Sie Drbnung ber Rettyubim erflärt ftcb faft ganj an^ ber 2lrt ber aD* 45
mä^lic^en Silbung biefer Abteilung be« Äanon«. Sie $f, ba« toid^tigfte Öud^, Don 9tut^j
eingeleitet, bilben ben älnfang. Sann folgt §i, toeil bie brei großen $agiogra})bcn bei
einanber ftefyen foDten unb man bie ©p rüc^e ntd^t Don bem .§£ trennen tooUte, ba« gleich*
faO« mit ©alomo« 9lamen Derbunben toar. Äobelet^ tourbe gtoifcben bie älteren Sücfyer
gefc^oben, toeil ©alomo al« Serfaffer galt; bie Dier anberen f^ät entftanbenen SBüc^erw
^e^en am Scfylufc: juerft ba« ^ur öälfte ^ro^betifd?=apo!ah;^tifd>e Sanielbud^, bann bie
brei ^iftorifd^en ©d^riften 6ft^, (S«r=5ic^ unb Gbr, toeil man glaubte, fte feien foätcr al«
ba« Saniel« SRamen tragenbe Vänd) berfafet.
Sie im SBorftefyenben befprod^cne Stei^enfolge ber Sudler toirb jtoar noc^> Don 3HaU
monibe«, ©ej)^er3^ora 7, 15 Dorgefcfyricben, finbet ftd^ aber burd^gefübrt nur in toenigen 66
8ibel^anbfd^riften, j. 8. in bem jtoeiten ber Don Ib- ty*> i'ilientbal befdjjriebenen Gobice«
(Commentatio critica sistens duorum eodicum mstorum jfoj Biblia Hebraica
continentium, qui Regiomonti Borussorum asservantur, Äönig«berg 1770, 49.95),
in ber ttaffeler ^anbfebrift (vx>. ®. Schiebe, Observationum sacrarum biga, öremen
1748, 31), 60b. be Moffi 3lx. 1252. ' oo
756 Äanoit be« »2« IV
3atylreid)e Stbtoeictyungen finben ficfy bei ben toier eigentlichen $rop$eten unb bat
$agtogra^en.
a. 3)ie eigentlichen $rol>$eteu. 3)ie tyalmubifd&e Drbmmg (3er, Sj, 3*fr
XII) ift nad) @lia« Sebita, 3Raji. ^mafe. 120 ed. @in«burg, in ben beulen unb frorn
6 aöftfc&en £anbfd&riften beibehalten n-woßm D^rac«n -nw». ©ie ftnbet ftc$ j. 8. in
Gobb. be Sloffi 2. 20. 226. 380. 440. 663. 737. 1257, bgl. aud& SBoIf, B. H. JI, 47.
IV, 80. 83; aufcerbem ftet« in ben Slufectylungen be« 33uc#e« Ddjlafc SB^Ia^ fteraufc
geg. bon ©. gren«borff, £annober 1864). — 3)ie aJla&oretfyen [teilten gefoio boran;
itynen folgen nad) Gl. Sebita unb 2). Atmest ju 3er 1/ 1 bic fpanifc^en #anbf<&riften
io (anneo). 3)iejelbe Reihenfolge au<$ in anberen fefyr alten 3Ranuffrtt>ten, j. 8. Gobei
Sabtylonicu« Sßetropolitanu« (bon mir Seidig 1876 ebiert), Gob. 5ßeter«burg B 19* bom
Safcre 1010, Gob. ßennicott 89 (angeblich bom $. 856, in Gambribge, 3h. 12 beSÄata*
log« bon ©^iDer^Sgineff^); ferner in e*rm my (f. a. 33).
ß. 3)ie #agiograj>fyen. Die tfyalmubifd&e 3tet$enfolge (Stuty boran) finbet fid^,
16 aufjer in ben fd&on ermähnten brei aJtanuffrtyten, toelc^e 3er an erfter ©teile tyaben, in
ben Gob. be SRofft 31. 32. 33 (ft>anifd&, SColebo 1290), 304 (franifö, Barcelona 1278),
518 (ft>an.), 789 ; ferner (bo# $r bor $i) in 35. 942 ; in 9tr. 4 (boefc $S bor Äo&eL,
©fty bor 2)a). — 9tut§ fte&t am änfang bor ben $f, bo# fonft ift bie Drbmmg ni#t
bie tyalmubtfd&e in 677 unb 824. 2Iucb in einigen giften be« Sud&e« D$lab 2B'o^la^
ao(9ir. 111. 112. 127) ftc^t 3tuty an ber ©pifce ber §aaiogr^en. — 2)ie 3Rafcore$en,
toeld&en naefy @(. Sebita bie fe^arbifetyen Gobice« folgen, orbneten: (Sfyc, $f, $i, ®px,
SRuty, §£, Hol), Älagl, Gfty, 2)a, G«r. SDiefelbe 9lei^enfolge in Gob. $etb.B 19»; Gam;
bribge 13 unb 16; be SRoffi 3. 667. 782. 1261 (beutfefc), 1289 (beutfö); toa&rfäeinU*
biefelbe (bie gebrückten Sefctyreibungen ni$t immer genau) ober bo$ toenigften« G$r am
26 Slnfang in Gobb. be SRofft 1. 187. 319. 509. 596 (beutfö). — 2>ie $anbfd&riften ber
enrao» (2)eutf#en) faben na$ 61. Sebita biefe Drbnung: „*Pf, ©tor, §i, 5 SRegiUoty,
3)a, G«r, G$r. 2)ie 5 3JtegiHoty pflegen fie in berfdben SRetyenfolge ju föreiben, m
toeld^er man fte in ber ©ijnagoge lieft: §S RJaffaW, SRutl? [SBoc^enfeftJ, Älagl [9. Stt,
3erftörung Serufalem«], Stof) [Saub^üttenfeft], 6ft^ Pßurim]". 2)ie $anbfci?rr. bürfen
80nid)t obne toeitere« nac^ ben Angaben be« @lia« Ilafftfijiert toerben; ben f$on ertoa^nten
3lu«na^men füge id^ noeb ^inju, ba| ber f^anifc^e 6ob. be Slofft 275 bie Qfyc am @nbe
ber ^agiograp^en fyat — gntereffant ift bie Slngabe be« grammatifd^sma^oretbifc^en ©ammel^
toerl« cmm m? (ma^or. §bfc^r. Ifd^ufutfale 5Wr. 13, »l.33b, f. 3)ilbu!e ©.XXXII):
nbrrp D^^n n*»o m^ ■"Väts m^N mbnn d^-« *nr .D^pbn &r pbn*» D-nnnsn rorn
86 ^"£N n« CIN cb cnxp::. yipnti nr ic^bnt-i ny:is y^« "nör-Ki .k-t3> bNTi onn-nsn« r-r-p
nbx v2 T>wo ^ro ^^ • ^&tt n-nn»a nno« nbaa to Dni:p72i *?£on n-nnw (G^r)
.n7:xn n^ -on c-'Tinrr Nin -o Ci^7: .bN^"0"1 y*« "|ipn br ,crr -^nn ^bo Nim c^sen
nnbiTn ^^3 y-'N -,72 cnpii -»nnD ^snc br im^"1 -nbai. — gn ben ^anbft^riften
finben ft$ nod^ ja^lreic^ie ^ier nid^t ertoä^nte Sartationen in ber 2lnorbnung be« britten
io Xeite bc« Äanon« ; bo^ ftnb fte für unfern ßtoec! o^ne er^eblid&e« 3"*^«- — 2)«
neueren 3)rucfe galten ftd^, loo^l au«nabm«Io«, an bie Slnorbnung ber Xfc^Ienaftm.
c) 2>te 3abl ber fanontfd^en 93ü#er. a. 3)ie @ntfte^ung«gef^te be«
ftanon« giebt änlafe, bie $($1 ber fanoniföen Sudler auf 24 m beregnen. 2)iefelbc
3a^l ergiebt ftety a\x^ %aba bat^ra 14b (5 Sudler ber S^ora, 8 5Rebi'im, 11 Äet^ubim).
*ß 3)tefe 3a^l to^ wd) *on ber gefamten jüb. ^rabition, fotoeit fie nietyt burc^ bie SDeians
brtner beeinflußt ift, feftge^alten. 4 g«r 14 f. oben ©. 743. 2$a'anity 8Ä: „Sab äba
bar Slfyaba orbnete bie §alaf^ot^ 24mal, entforecfyenb I^ora, 5Webi*im unb itet^ubim".
@£ SRabba 41 (auc^> sJRibrafd^ ££ ju 4, 11): „SRabbi ©imeon ben 2aqifö fagte: Sic
bie Sraut ftd^ mit 24 3ieraten fd^mücft, mufe ber ©ele^rte mit fienntni« ber 24 »ö^er
öo au«gerüftet fein". 3?u SHabba 13: „130©efel i^r©eh)i^t. Äomm unb re^ne: 249ü^er
u. f. to." 9lu SH. 14 (auc^> $efeiqt^a SRabbat^i c. 3): „31. »erelfoa ber ?Jriejler fagte
mit Seaugnatyme auf $rb 12,11 rrrras» : ;/2Bie e« 24 ^riefter* unb Sö>itenabteilun0«n
gab, fo giebt e« aucf> 24 Sucher". Dafelbft ju $rb 12, 12: „©Ott foraefc: 24 »ü^er
ijabe xi) bir gegeben; ^üte bid^ m i^nen ^in^u^ufügen. SBBenn jemanb einen 3Ser« fiefl,
66 ber nicfyt au« ben 24 Sücfyern tft, fo ift e«, al« läfe er in ben brausen fte^enben [ni(^
fanonifc^en] Supern". $afelbft ^u 5»u 7, 88: „2UIe SRinber xum 3riebma^U*f«
24 Darren, entfprec^enb ben 24 Supern". 2lud& 3l\x SR. 18 (ju 9iu 16, 35) gef^
ber 24 Sucher ©rtoä^nung. 5Kibrafd^ Äo^elet^ $u 12, 11. 12. älud^ ber I^argum ju
%V 5, 10 $äijlt 24 »üd^er «n^n«n -p-ieo nra^n r*w. 3)ofa ben ©leafar f. 3)*
eo bufc ^teamim (ed. Saer unb ©tratf) Seipjig 1879, 56. ffibenfo bie ft>äteren iübifc^cn
Sanoit M »2* IV 757
©elefcten, j. 93. aRaimonibe« (©eptyer 2$ora 8), 3faaf Slbarbanel (3SorrebebeS ÄommentarS ju
ben Keinen ^ro^eien), ©alomo ben 2Mefy (2Rifylal 30t^i> SSorrebe unb (Spitome). —
24 9ü$er be8 8$ nimmt 93ictorinu3 Don <ßettau (in Sßannonien) an, )u Dffb 4, 6 ff.:
Quatuor animalia quatuor sunt evaügelia . . . Sedentes viginti quatuor se-
niores habentes tribunalia viginti quatuor libri sunt prophetarum et legis 6
referentes testimonia judicii . . . Alae senae sunt testimonia Vu T* libro-
rum; ideoque viginti quatuor faciunt tot numeros, quot et seniores super
tribunalia . . . Sunt autem libri Vi§ TJ qui accipiuntur viginti quatuor, quos
in epitomis Theodori invenies ($afynt ©ef<$. II, 338 Vermutet, bie epist. Th. feien
ein ©tücf ou3 bem leüten 93udbe ber ©tromatei* beä GlemenS, ba$ einft mcfyr enthalten 10
Ifrabe). Diefelbe 3^1 feint aud) $ierontymu$, Prologus galeatus (f. berna$) unb Praef .
in Dan. Sin leitetet ©teile fj>rtc$t er, otyne einer obtoeid&enben Stnftdpt ju gebenfen, fcon
elf ^agiograpfyen : In tres siquidem partes omnis ab eis [Hebraeis] Scriptura
dividitur: in Legem, in Prophetas, in c Ayi6yqacpa% id est in quinque et in
octo et in undecim libros, de quo non est hujus temporis disserere. 2luf 15
#ierontymu3 beruft ftcty ber alte SSulgatafobej ©angermanenfte 15 (bei 3^/ ©efctyictyte
II, 242).
3fo($ Canon Mommsenianus (f. unten©. 760, 20) jätylt 24: ®en, Sg, 5Ru, 2e, Dt,
3of, 3ti = 7; 9tutf> unb 1—4 Äg = 5- 1. 2 Sfo 1. 2 9Kal, $i, %o, gfty, 3ub,
151 $ff, ©alomon, grofee Sßroj^eten, jtoölf tyxopl). = 12. Diefe tounberlic^e 9led&nung&20
<*** (3^ 3**> ®a> ßj = 1 ! ; Salomonis = 1, obtoofyl, hrie bie ftidjjometriföe angäbe
jeigt, bte fünf ©driften ©J>r, $2, $rb, äBei unb ©i aemeint ftnb!) toirb begreiflich nur,
toeim bießa^l 24 bur$ alte Überlieferung feftftanb. &uc£ fyier ton* Dffb 4 angeführt:
Sed ut in Apocalypsi Johannis dictum est „vidi XXIV seniores mittentes
Coronas suas ante thronum" maiores nostri probänt hos libros esse canonicos 25
et hoc dixisse seniores.
Die 3o^l 24 ift nid&t „auf bie 24 Sud&ftaben be3 gried&. SU^abetS jurüdfjufityren"
(gegen be 2Bette* ©grober § 10, ©. 15); erft ganj ft>ät fyd man bie 3a$l 24 mit bem
$ebr. SHp^abet baburcty in ßinflang gebraut, ba| lefctereS ju obren ber Abbreviatur ^
bcd 3a^benamen« um jtoei 3** toermefyrt tourbe. ao
ß. 93ereimelt ftefyt bie nic^t ernft gemeinte 3o^lung 35 in bem flöten 9Ribrafd& 92u
81 18 Clfymtfuma Doradfc): „Dberfier über fünhig (3ef 3, 3). 24 8ü#er. ftüge 11
ou£ bem Dobeloproj^eton tyinju, aufter bem Süc^lcin 3ona, ba$ für ft$ fte^t, unb bie
6 Drbnungen ber 9Rifd&na unb 9 äbfd&nitte be« ÜJlibraf^ I^orat^ ßo&anim [2e]". —
Die ©onberftellung be$93u$e3 3ona ifl to0W barauS ju erflären, bafj in tym auf $3raels6
nic^t Sejug genommen ift.
y. Iro^bem crflärt man getoöbnlid^ (toxi) 3a^n, ©cfd^. II, 324—338) bie 3ctylung
„22" für bie ältere unb urfarünglid^ere. 2Ulerbing« ift bie SReifye ber 3^^ für M*f*
Sere^nungdtneife gro^ ; aber ©timmen mu| man nid^t nur üblen, fonbern bor allen
2)ingen trägen. Sitte, reelle „22" jaulen, folgen ber LXX (bie 3ä^iung 22 finbex ftc^ 40
nk^t im dt^io})ifd^en Hxpz bed S3ud^ed ber Jubiläen). Die SUe^anbriner aber fönnen
^inftd^tlic^ bed Äanonö nic^t aU Rubrer anerlannt toerben; benn fte fyabm, nur intern
®utbün!en folgenb, erftenä Reihenfolge unb Einteilung ber btblif$en Sücber geänbert,
itoeitenö gang neue 33üd)er ber ©ammlung ber überfe^ten ©Triften be^ ^ebr. Stanonä
|i«juaefügt. 45
SBie fam man nun in 3llejanbrien auf bie3äfyh»ng „22"? — 2Bennglei$ biefjuben
in 2. ftd^ meift ber LXX bebienten, fo fonnte i^nen bod^, ba nid^t toenige ^ebräifc^ t>ers
fkmben, ber Unterfctyieb jtoifd^en bem ^n^abe ber fyebr. unb ber griec^. 93ibel nutyt ent^
ge^en, unb fte f$ä$ten, toie ba^ Scifpiel $^tlo^ le^rt, toenigften^ in ber älteren 3"* ^ie
Sucher bed ^ebr. ftanonä bober alö bie, um freiere bie grie^. fiberfe^ung berme^rt fror. &o
Da fte nun aber tro^ biefer @rfenntntö, toeil ba$ ©rie^ifc^e bie bei i^nen gebräuchliche
&pxad)t toax, Dortoiegenb bie griec§. Überfe^ung benu^ten, geloö^nten fie fid& an bie an*
orbniuig ber LXX. Qäblte man nun bie Sucher btö ^ebr. Kanons naefy biefer 2lnorb=
nung, fo tonnte ed leidet gejebeben, bafe man sJtutb nur al^ Sln^ang ^u 9ti betrachtete
unb bie Älaglieber, bie man Don %tt ableitete, mit bem 3^=33uc^e jufammenfa^te. auf 55
btefe SEBeife ergab fi$, toenn man bte in ber LXX hinzugefügten S3ücber beifeite liefe, bie
Safcl „22". ©obalb biefe 30^ einmal gefunben toar, lag eä na^e, fie bebeutfam ju
fmben, e« für nic^t jufäUig ju galten, bafe bie 3a^ 1>uc M. SBüd^cr gerabe fo grofe toar,
toie bie 3a# ber Su#abcn brö 3llj)^abetö ber bl. ©jjra^e. 2Röglid^ ift c3 audf, bafe
758 ftanott be* «Sd IV
ber SBJunfcfy, „22" als Summe ju erzielen, ber burcty bie Stellung nafp gelegten 3«=
fammenfaffung ber ertoätynten Sudler förberfiefy toar. 2Bie bem au$ fei, jebenfaltö ftimmten
bic griecfyifify rebenben %vbtn balb barin überein, bafi 22 fanomfcfye $ü$er gu jaulen
feien, unb Don itynen ging biefe ftafyl ate eine feftftetyenbe auf bie Äm&enDäter über,
5 toelc^e toegen mangelnber ober ungenügenber Kenntnis be$ $ebräifc£en m eigner Prüfung
faft burd&toeg nicfyt befähigt toaren. S)er einzige, beä §ebräiföen hrirfliqi tunbige §ieronD=
mu$ finbet Die anficht, bafe bie $ahl ber $1. $ü(fyer ber ^uben ftety auf 22 belaufe, buu$
eine folcfye Steige Don Äird&enbätern bejeugt, bafi er fie, obtootyl bie 3<tyfong „24" fennenb,
metyrfa$ für bie übliche fyält.
10 guerft finbet ftd& bie Ää^lung „22" bei 3of4$ud, *<* bon ber LXX abhängig ift
(f. oben ©. 751 f.). — SJiefelbe Rafyi geben ferner : DrigeneS (Selecta in Psalmos, Opp. ed.
Deläruell, 528, unb mit äuftctylung ber Sudler bei@ufeb., Ä@ VI, 25): Ovx Ayi>or)-
xeov 6* elrai rag evdiaftrjxovg ßlßkovg, cbg eEßgaioi nagadidoaoiv, ovo xai ebcooi,
ooog ägi&udg xa>v nag avxoig oxoixelwv loxlv. 2)afi DrigeneS, otyne ben tyebr. ©runbtert
15 ju Dergleichen, ber LXX gefolgt ift, ergiebt ftcfy erftenS au« ber änretyung Don <§fyc unb
Qfc9ltf) an ©a unb Äg, jtoeitenS au« ben SBorten 'legejuia ovv Ogrjvotg xai xfj bu~
oxokfj iv evl (benn ber S3rief tyat ftd^er nie jum tyebr. Äanon be$ 3CE gehört), @ufebiu$,
eclog. proph., ed. Gafeford 106, fagt Dom #£: 61 jbtkv ovv ix negvzofAtjg jiunr
jzemoTevjbievcüv nag' avxoXg ovo xai eixooi fteonvevoxojv ygaq>wv neneio/uevoi xai
2oravxr]v ri]v ygawfjv. SlttyanaftuS im Ofterfeftbrief D. 3- 367 (I, 691 ed. Bened.):
xfjg nakaiäg diavrjxrjg ßißkla xcf> ägv&fjup xd ndvxa elxooidvo' xooavxa ydo, ib;
nxovoa, xai xd oxoixeia xd nag' 'Eßgaloig ehai nagaöiöoxai. (StyriB Don gerufalem,
ftatetfyef. IV, 33: rag eixooi dvo ßlßkovg xrjg nakaiäg dia&rjxrjg, Tag vnö x<bv eß~
boiir\xovxa ovo igfitjvevxcbv egfirjvevftetoag. ©regor Don -Kajianj, ©ebtdjt 33 : ovm
25 xai eixooi ßlßkovg, xoig xcbv'Eßgalojv ygdu/iaoiv ävxi&etovg. 2)er fpäi hinzugefügte
ttanon 60 be« Äon^il« Don Saobicea ($af)ti II, 302). Seontiu« Don Wtoani (unter Suffc
nian), De Sectis II, 1. 3m 3. Suc^e be« SBerte« gegen bie SRefhmaner unb eut^*
d^ianer nennt er bie ^ai)l ber biblifd^en Sudler „gottbeftimmt" deoxgtrog MSG 86,
1365—1368. 2>ie fog. ©^nopfe be« SlttyanafiuS, eine atö bem 6. 3afr&. ober nod;
sof^äterer 3«t ftammenbe Kompilation (3afyn II, 302 ff.): xavoviCo/ueva . . eTxooi dvo
lodgi&jua rotg ygdfifiaoi tojv 'Eßgalwv. 3°^anne^ ®ama«cenu« (geft. 754) De fide
orthodoxa IV, 17 yfylt bie 22 Sudler in engem Slnfd&lufe an ©p^^aniu« auf. —
33on Sateinem feien genannt: §ilariu«, Prolog jum Äommentar über bie SPfalmen
(Opera, ed. Paris. 1693,9): Et ea causa est, ut in viginti duos libros lexTesta-
36 menti Veteris deputetur, ut cum literarum numero convenirent. Stufmud, &u&
legung be^ 3. ©lauben^artüete, letynt ftd^ an 6^riII an (3<^n II, 240 f.). §ieronDmu^
teiltoeife Don GfytyfyaniuS abhängig. Gaffioboriuö, Institutio divinarum litterarum 12 :
auetoritas divina seeundum sanetum Hieronymum ... ad viginti duarum
litterarum modum.
40 6. ©anj eigentümlich jö^It ßpip^aniu^ fotoo^l 22 ald aud^, nac^ ber $abl bei
^ebräifc^en ginalbuc^ftaben, 27 Sucher. De mensuris et ponder. 22 f. (Sagarbe,
©^mmieta II, 179 f.): SSon äbam bi« ^afob feien jufammen 22 ©efd^Ied^ter. A' o
xai eixooi dvo eloi nagä rolg eEßgaloig ygdfiuaxa . . öta xovxo xai rag ßlßiovs
avröjv xß' ^gl'&jurjoav eixooi emä ovoag' äkk' ijteidi] duikovvrai nivxe nag* av-
45 rolg OTOi%e7a, eixooi enxd xai amä övra, xai elg xß' änoTekovvrat, rovrov jagw
xai rag ßlßkovg x£' ovoag xß' nenoujxaoiv. 2)ie 3^unß 27 ift offenbar fe^r gfc
fünftel! unb möglid^ nur bei 93enu$ung ber LXX, in ber Dier (nic^t fünf!) Sucher be&
bebr. %*&& in je atoei gerlegt fmb (©a, %, Gbr, @«r-5We^) ; JRut^ toirb Don @J>. ale
befonbere^ 93ud^ gejault, bie äkk?] jtuxgd ßlßkog, Älagl, ift tym negiooh xov ägtffiovl
öo 2)a$felbe baggabifc^e ?fünb[ein in Setreff ber ftcüfltn 22 unb 27 bringt (&p. noc^ jtoeimal
Dor: Haeres. VIII, 6 (I, 19 ed. Petev.) unb LXXVI (I, 941 Pet.); olfo fyd er
toofyl auc^ „baö getftige dtgentumäred&t". 35ie 3lb^ängig!eit be« Qp. Don ber LXX gebt
aud} au£ Haer. VIII berDor, loo an 22. ©teDe genannt toirb 'Iegejuiag 6 ngoqij-
T7]g uerd tojv @g?'jvo)v xai imorokchy avrov re xai xov Bagovx- — ®em S?J.
55 ju folgen i)at ^ieron^mu^ fid^ Derleiten (äffen in ber SSonebe gur Überfe^ung Don ©a--fig
(Prologus galeatus. SBerfe, ed. Vallarsi IX, 453 ff.), nur ba^ er$rc unbÄlaglal^ jtoei
Sucher gegäblt fyabm toiD, 3ii-9tut^ al$ 6in^ (librum Judicum, et in eumdem com-
pingunt Ruth): Viginti et duas literas esse apud Hebraeos Syrorum quoque
et Chaldaeorum lingua testatur, quae Hebraeae magna ex parte confinis est
üo . . . Porro quinque literae duplices apud Hebraeos sunt . . . Unde et quin-
Sattott bc« m* IV. V 759
queaplerisque[!j libri duplices aestimantur : Samuel, Malachim, Dabre-Jamim,
Ezras, Jeremias cum Ginoth, id est Lamentationibus . . . Atque ita fiunt
veteris legis libri viginti duo, id est Mosi quinque, Prophetarum octo, Hagio-
graphorum novem \$\, *gf, ©pr, Rot)., §2, Da, (tfa 6«r*9lek 6fu)J. Quamquam
nonnulli [!] Ruth et Ginoth inter 'Ayioygaqa scriptitent et libros hos in suo 5
putent numero supputandos ac per hoc essepriscae legis libros viginti quat-
tuor; quos sub numero viginti quattuor seniorum Apocalypsis Joannis [1, 8]
inducit adorantes agnum (Diefe Deutung i)at £. toofyl au$ bem Kommentar be«
SBtctorinu« bon ^ettau). 22 Sudler jcü)lt §. aucfy in ber Bibliotheca divina, imSJor*
toort utr Überfefcung ber ^Jfalmen unb im 53. ©riefe (ad Paulinum, Vall. I). Über 10
feine 93orrebe jum Daniel (5 -t 8 + 11, alfo 24 Sudler) f. oben ©. 757, 12.
V. Der altteftamentlictye Äanon in berÄird&e. a) Die ölte Äird&e
unb ba« SWtttcIaltcr (t>gl. Äeil § 216; be 2öette*©cbraber § 29—33; „Styo*
fc^^en" in biefer (gndjfl.3 I, 624—629). || Die Autorität be« 311 £aben bie Atrien*
Däter nie angejtoeifelt : ber d&riftlicfye ©laube tyatte ja im 21$ eine toicfytige ©runblage; 10
ßtyriftu« felbft unb bie erfien 33erfünber be« burcty ü)n gebrauten £eile« Ratten beftänbig
^mgetoiefen auf bie ben %\\bm ^eiligen Schriften, in benen ba« nun Erfüllte ober jur
©rfüttung Äommenbe borljer fcerfünbet fei! 9Selcfye aber toaren btefe $1. ©ctyriften? 3n
ber I^eorie getoifj ber in Sßaläftina geltenbe 93eftanb. 2lber bie gejd&riebene, teiltoeife
au$ bie münblid&e apoftolifä)e i>erfünbtgung tytelt ficty um ber Sefer, bejto. §örer toillen 20
im toefentlicfyen an bie LXX. 6« liegt bcü)er nafye, ju folgern, bafe nur bie be« ÄebräU
fcfcen tunbigen ^ubend&riften ben tyebr. Kanon bon nur 24 tyL Sudlern Ratten (bgl. ©. 753
6j>i$>$aniu« über bie 9?ajarener), bie übrigen ßfyriften aber bon Slnfang an unbefangen
ber LXX ftd? bebienten unb btefe ttberfefcung ü)rem gamen Umfange nad) als ^eilige
Schrift anerfannten. 6« befielt ein Unterfc^ieb jtoifd&en x^eorie unb $rartö : man toill 25
ßfyrifto in ber Slnerfennung ber ben 3>ub,en ^eiligen ©Triften (unb biefe ©Triften toaren
bodfr „bie 24 93ü#er") folgen, unb fefyr biele gebrauten tfjatfäc$lid& bie griec§if<$en Stollen
unb ßobice« (3<u)*V ©*W- I# 118)- Origene«, ber nur bie Sudler be« tyebr. Äanon«
aufteilen toill, bei Sufeb. Ä© VI, 25, fagt boc$: 'Iegeuia avv Ogt)voig xal xfj 9Em-
azoXfi h evi, unb er geigt ftcfy gegenüber Suliu« Slfrifanu« unflar unb unentfd&tebcn in 30
Sejug auf bie ©ufannagefd&id&te. GtyriQu« bon geruf., ber ba«felbe toill, fagt gar : Iegejuiov
[ßJa\ jtiezä xal Bagovx xal &grjva)v xaVEmoroXfjs, unb er citiert toenigften« biermal
bie apoft$>tyen ©tüde $u Da (Dgl. ftcfyn II, 175 f.). ßbenfo nennt nocty ber foät binju*
gefügte 60. Äanon be« Äonjil« Don Saobicea al« 20. ber 22 lanonifd&en Sucher 'lege-
ßuag xal Baqovx* ftgwoi xal Imorokai. — 3n b^ ©Triften ber apoftoUfd&en SJäter a>
ftnben ftc^ einige älnfpielungen, aber leine au«brü^(id^en Gitate, au« benen ftc^ bie ®Ieid^-
{Heilung ber S^o^^en mit ben Supern be« ^ebr. Äanon« ergäbe, „ßbenfotoenia ift
3uftin ber Märtyrer ein 3cu9e f"r *>** Äanonicität jener SBüd^er. Slu« 3l>>oI. I, 46 folgt
nur, bafe berfelbe bei Daniel bie a})oh^^ifd^en 3ufafce benu^te. SBenn berfelbe aber,
tocu)renb er faft aDe ©d^riften be« fyebr. Manon« citiert unb ungeachtet feiner ^o^en 2?er* *>
e^rung für bie LXX (bie er fogar im Dialoge mit Xrtyp^on berteibigt unb beren er fi$
in ben meffianifd^en ©teilen, jeboety mit S3erid^tigungen nac^ bem §ebräifd^en, bebient),
ferner ungeachtet er Dial. cum Tryph. 120 bie ascensio Jesaiae ertoä^nt, bod^ nid^t
ein em$ige«mal eine« jener angeblid^ bem alejranbrin. Äanon beigefügten Sudler anführt,
fo ift biefe« ©tittfd^toeigen fogar ein ftarfe« 3^9^ 0eÖm ^e Slnerfennung berfelben" 45
(Dealer 257). 5Wur toenig fpäter toerben (Don 3r*wm«, JertuDian, Giemen« Sllej., 6ty*
pxxan u. a.) ©teilen au^ ben 2tyofa#fyen mit benfelben Formeln toie ©teilen au« ben
fanonifd^en (im ^roteftantifd^en ©inne be« 2Borte«) Sudlern citiert. 2)od^ treten bie Sfyo*
tfypf)m bei ben griecfyifcfyen Äird^enbätern balb jurüd, toä^renb ü)r änfe^en in ber lateu
niföen Äird^e burd^ Äonjilienbefd^lüffe geftärlt tourbe unb nur ^teron^mu« entfd^ieben üo
für bie Sefd^ränlung ber Äanonicität auf bie hebraica veritas eintrat. — 2Bätyrenb
be« Mittelalter« toerben bie Sfyofa^en Don ben meiften gried^. Äird^enle^rern nic^t
anerfannt; in ber latein. Äird&e toar bie ^ßraji« für bie 2l})ofr^j)^en, bod& folgten gar
manche Se^rer ber 2lnftc^t be« ^ieron^mu«.
ßinjelne«. a. äli)oIrt)^en. Slu« ber gried^if d^en, bejto. orientalifd^en Äirc^e. 50
Der ßatalogu« Glaromontanu« in 60b. D ber paulin. ©riefe, nad^ 3a^n ^ 157—172
in^altlid^ bem 3. 3a^r^. ober bem Slnfang be« 4. angefyörig, au^ bem 93ereic$e ber alejanbr.
Äirc^e, nennt: «ßt, 3of, SRt, SRutb, ©a, Mg, 6^>r; W, ©pr, ^Jrb, öS, Wei, Si, i2$rotf>.,
Scf, 3er, Sj, Da, 1—4 Mak, Jud, C«r, (Sfu); $\, To. Slu« ben ©tid^en^len ift nid^t
erlennbar, ob aufecr .Hlagl nod[> ettoa« ju ^cr geregnet ift. - Slt^anafm«, Dfterfeftbrief 60
760 ftattott be* «2* V
b. 3.367 jctylt 22 Sudler: 9ti, 9iuty ... 'hoe/uag xal ovv avxcp Bagovr, egijvoi
xal 'Enioiokfi, (@ft^ f. 3. 58). — G^amuS, f. ©. 762,24, jctylt nur bie toumif^en
9393. aSon 2Bei unb ©i fagt er De mensuris et pond. 4, bafc fie ßfe doiö^or xdw
gtjxcov ovx ävatpigovxai unb Haeres. VIII, 6 fte feien h ä/uydexrco . . ra>ek
5 rivcov ßißXkov änoxqvtpwv. ttber93oru$ unb93rief 3er f- ©• 754,18. Haeres. LäXVI
nennt „biefer üWeiftcr in ber Äunft ber Äonfufton" (Qafyn II, 222) gletcfcfam al«93ei(age
mm 9EE bie 2Bei«Ijeiten Sakouäwxds xi (ptjfu xal vlov 2igdv- Über 5Raf, $ub, lo,
fehlen beutlid&e 3lu«f agen. || Gobej 93aticanu« \}0X 1 [3] Esr, Wei, Si, Jud, To, Bar.f
Brief Jer. || ßobej Sllejanbrinu« $at aufeerbem Gebet Manasses unb 1—4 Mak, fo*
10 toie *ßf 151 ; bie Sßfalmen ©alomo« ftonben erft am 6nbe be« 91%. || Äetn Styofafttym
in ben 93eneid&niffen 3. 93.be« (Sregor toon Sfautanj unb be« 3fo$I?iIo$iu$. || ftanon 85
ber Sfyofioltfd&en «anone« (5. 3aJ^., Orient: Ratyn, ©efd&. II, 191 f.): 1—3 Mak; bie
beigaben gu 3** P^b nietyt ertoetynt (au$ Älagl nietyt). *E!f cd di vjmv ngooiatogeia&co
juav&dveiv vficbv xovg viovg xhv aexplav xov jioXv/ua&ovg Ztga%. 2)ie beiben f^rtfe^at
15 fiberfefcungen nennen nad) @ffy no$ Jud, bie eine audfr To. n ©a« h>c$rfc$eiitli$ feit
bem 6. 3&l^- to ber griedj. Äird^e uemltcty Verbreitete „SSerjeid&ni« ber 60 [34 + 26] lano*
niföen Sudler" SEE« unb StS« (3a$n H, 289—293) ertoä^nt bie Sln^mgfel ju Semity
au«brücflic$, jätytt afe bie 9 e£to xeov £' fte^enben: Wei, Si, 1—4 Mak, @$, Jud,
To unb 25 cbtoxgvwa (14 jum 312:: äbarn, £eno$ ac.; 11 jum 9130.
20 9lbenblänbif$e Äird&e. Canon Mommsenianus, ein im 3- 365 in äfrifa entftanbe*
ne« Indiculum V1» T1 (f. bie3tfd&r. ßerme« 1886 unb 1890; 3afcnII, 143 ff. 1007 ff.):
1. 2 Mak, To, Jud, Wei, Si, 151 $ff. || #ifariu« bon Sßoitier«, Prolog, in Psalmos,
gcU^It bie 22 93ü$er im Slnfd&lufi an Origene« auf unb fügt bann ^tnju: Quibusdam
autem visum est additis Tobia et Judith viginti quattuor libros seeun-
25 dum numerum Graecarum litterarum connumerare. || 2)o« ©eneroUongtt ber
afrilan. $ir$en ju fytypo 393 fteQte ein ÜBeneid&ni« ber fanonifc^en ©Triften auf, baä
in ber gu Karthago im 3- 397 genehmigten gaffung erhalten ift, Äanon 36: $t, 3&f>
9li, 9tuty, 1—4 % 1. 2 6^r; #i, $f, Salomonis libri quinque [b.^. auc^ Wei unb
Si]; Heine $ro^., 3ef, 3er, S)a, @j, To, Jud, gfty, 2 »üc^er ®«ra [@3ru.9le&], Ma-
80 chabaeorum libri duo [bie legten 3 SDBorte nid^t in oDen $tuQtnf ober na$ S^n ^#
251 f. boc^ urforünglid?]. || Stuguftin in bem toaJ^rfd&einKcty bor 397 grfc^riebenen Seile
be« 2Berfe3 de doctrina christiana II, 8 forbert, bag man bem ©ebrauefy ber ange^
fe^enften unb meiften Äird^en folge. 35anad^ gehören ifym gumÄanon: To, Jud, 1.2 Mak,
Wei, Si (fiuti) toirb gejault, bie Slnbängfel be« 3^=S5uc^e« bleiben unertuä^nt) || ^tmo^
35cenj I. toon SHom, 405, nennt biefelben 6 95üd^er; benn ju Solomonis libri quinque
gehören Wei unb Si, bie 3lug. (Salomonis tres) befonber« nennt. || 3)a« Decretum
Gelasii (®. ^ßafft 492—496) enthält ein Seneid^ni« ber biblifd^en 93üd&er, ba« ba
römifd^en ©^nobe unter 3)amafu« 382 jujufc^reiben ift ; 2lbbrucf bei ß. 3)u(|e«ne, Iiber
pontificalis I, 255 ff. (^Jari« 1886). S3gl. ga^n II, 259—267. || 5W.aureIiu« (Saffto*
40 bortu« in ber um 544 im Älofter 93toarium berfa^ten Institutio divinarum litterarum
14 rechnet gum 3n^a^ ^ Scriptura saneta seeundum antiquam translationem
auc^: Wei, Si, To, Jud, 1. 2 Mak.
ß. guriitfjefcung oi)er g5e[treitung erfahren ^at bon bem Seftanb be« jübifd^en Sibet
lanon« in berÄird^e nur ba«33ud& ©ft^er, beffen %rif)alt atterbing« in c^riftlkben Sefcm
4öSeben!en hervorrufen fonnte; aber ju Ungunfien felbft biefe« Suctye« lönnen faft nur au«
ber gried&tfcfyen Äirc^e ©timmen angeführt Serben. Slu« bem g^len be« 9lamen« bei
5KeIito, bem älteften Äird^enbater, ber fyter in 93etrac^t gejogen toerben lann, aDerbing«
läfet ftd^ ein fixerer ©d^Iuft ntd^t «e^en, ba 3Relito (bei gufeb. R® IV, 26) feine 3a#
angiebt, unb 'Eo&rjg jtotfqen "Eoogag unb ££ cov [xal tag ixkoyäg bioirjodfAtiv] fe$r
so leidet au«gefaQen fein fann, gerabe an biefer ©teile aber ben 3(u«faJQ[ gu Vermuten babur$
na^e gelegt toirb, bafc auc^ in anberen 33erjetd^niffcn S«r, 6ft^ am ©(^lufe unb neben«
einanber fielen (j. 95. Spilan, de mens, et pond. 4. 23, Catalogus Glaromonta-
nus, ftanon 36 be« «Romtt« bon $ijtyo (oben 3. 29). Sltl>anaftu« fagt im Dfterfejfc
brief, nac^bem er bie 22 tanonifd&en Sudler (o^ne @ft^; 9lut^ befonber« geregnet) unb bie
55 be« 9fX aufgejagt fyat : iorl xal frega ßißkia rovra)v ££a)&ev, ov xavoviCöfieva fih\
TETVTKJOjnha de jragd rcov jraregwv ärayivcoaxeoftai roig ägri ngooegxofxivoig xal
ßovkoßievoig xarrjxeio^ai tov xfjg evoeßelag kdyov' ocxpla 2okofjubvxog xal oo<pia
2igd% xal 'Eoftijg xal 'lovdlft xal Tcoßiag xai dida%i] xaXovju&rj xtibv äjzooxoJLmv
xal 6 jToijLajv. Kai ojucog, äyajirjxoi, xaxuvtov xavovi^ofievayv xal xovxwv am-
60 yiv(ooxof,dvwv ovdajuov xeov (bioxgvqxov /uii'/jut], aXXd aigexixätv loxiv Ijtivwa,
ftattott beS «$* V 761
vgaq)6vT(ov juev, ön düovoiv avrd, xrk. 2)iefem Dfterfeftbrief folgt bie fog. ©tynopfe
be3 Stt^. (6. Sa^v bielleicfyt noc$ flötet; bei SRontfaucon unter ben Spuria, tom. II,
126 ff.), inbem ftc Wei, Si, (Sftfy, Jud, To afö ävayiv<oox6/n€va judvov xdk xarrjxov-
fiivoig bejeid&net. ©regor bon SRajiana, ©ebid&t 33, unb 2eontiu3 bon Sfyjanj (f-
©. 758, 2o) nennen Stutty afö ad&teS ber 22 !an. Sudler, laffen aberSfty toeg; ebenfoSlm* 6
^UocfciuS bon g^nium (Jambi ad Seleucum), biefer mit bem 3ufa$ : vovroig jiqoo-
byxqIvovoi xrjv 'Eo&yiq nveg. 3)a£ „93erjet$nte ber 60 tonomfctyen Sudler" (f.
©. 760, ig) ertoä$nt@ftfy aU ftebenteS ber 9 aufeerfalb, ££a>, ftefcnben. 3lud& ba« um 850
bearbeitete, bem Sßatriarctyen 9ttce^oru3 bon ßonftantinopel (806—815) jugefd&riebene,
gtöometrifcfye SSerjeictynte tyat (gftfy md&t in ber Sifte ber 22 &eiai yqacpai be3 31$, jätylt 10
SRuty mit 9ti jujammen unb ertoctynt Älagl nid&t, fyat bafür Saruq an 19. ©teile (3ef,
3er, Bar, @j, 3)a, Heine $ro^.). Ä"a2 5oa« ävzMyovrai xal ovx ixxknaid^ovrai
ttjq naXaiäg avxai eioiv: 1 — 3 Mak, Wei, Si, Pss u. Lieder Salomos, @fty, Jud,
Susanna, To. 9tod& 3afa H> 311 ift ^cje ©tid&ometrie paläftin. §erfunft unb ^otyen
SHterS, au« ber3«t bon 320—600. || hingegen toirb @ft^ angeführt in ben 93erjeic$nijfen 16
be3 OrigeneS, be3 GtyriUuS bon 3erufalem, be$ Gfyi^aniuS, ber ätyoftol. ßanoneS, be3
(Röteren) 60. ßanonä be$ ßonjite bon Saobicea, beä ©allifd^en 9Jle£bu$3 unb Seftionard
hn ßobej Sobbienfte be$ 7. 3a^. (f. unten 3. 49 f.).
y. Sßeiter ge^enbe ßritif. SSgl. §. Ättyn, 3$eobor bon SRotofueftia unb ftuniliuS
äfricanuS als Sjegeten, greiburg i. 93. 1880. l|3#eobor betrachtete afe nictyttononifcty: £i, 20
$2, Gfo <S$r(*9fy), <£fty unb bie ^falmenüberfd&riften (ßtyn § 51—73), atö fa*
nonifö: Si (§ 369) unb Baruch (§ 54). ®ie 6$r unb (SSr^e^) galten tym afö
mediae auctoritatis, aU eine 2lrt jtoeiten ftanonä bilbenb (§ 68). ©0 crfläre eS fic&,
baft ba3 2. Äonjil bon Äonftantinopel 553 nur 3^.3 fcfyarfe Äußerungen über $t unb
§2 mit ber 3enft»r belegte (§ 70. 57). || 3uniliu3 SlfricanuS, unter guftinian quaestor 25
sacri palatii in Äonftantinopel, berfafcte 551 auf ©runb ber Se^ren be3 SßerferS 5ßaulu3,
ber in 5Rijtbte feine Slu^bilbung erhalten ^atte, bie Instituta regularia divinae legis
(^eraudgeg. bon .Ht^n im Slnbange m: ib. t>. 391.). ©eine älb^ängigleit bon %$. ift
bejonber* bei ber Se^re bom Kanon beutlid^. Äu ben ©Triften perfectae auctoritatis
rennet er: Si (Baruch ift too^l aU SeftanbteiT be3 3^=bu^ unertoä^nt gelaffen); juao
ben ©driften mediae auctoritatis gehören i^m einerfeitö: 6^r, $i, @$r(*9te$), 6ft|,
§2, anbererfeitö: Jud, 1. 2 Mak, Wei unb (na$ Ätyn) To (Äi^n ^at 3nft. l,3To-
biae in ben %t& eingefe^t, toeil %\m. 2, 9 biefeS Sud^ für bie 2e$re bon ben ßngeln
bemt^t).
6. 3) ie alten or i en t a lif $en Üb er Je jungen. $iealte f^rifc^e Jtird^e fc^eint bie 86
3^>ofc^})^en nidbt anerfannt m $aben. ©rüiwe. ßrftenS: bie Ueberfe^ung ber ä^ofe.
unterfdffetbet ft(p bon ber $efcpitta ; fte finbet pd^ jloar fd&on in alten §anbfd^riften, aber
nictyt in ben älteften. 3toeiteng : 6>>^raim fennt jh>ar bie Sfyofr., bod^ gelten pe i^m nid&t
ald lanonifd^ (^äbernidf1 I, 1, 408). dritten«: ber im jtoeiten Sßiertel be^ 4. 3a^4.
lebenbe Sifd^of Sl^^raate^ ber eine ganj jübifc^e ©Übung \attt, citiert, begto. benu^t in 40
feinen, bon 2B. SBrig^t 1869 ebierten Äomilieen alle fanonifc^en Sudler (nad^ SB.« $nbe|
fehlen, offenbar jufäuig, nur $2 unb Ob), mac^t aber bon 2fyofrt#I)en nur feiten ©cbrauc^
unb nid^t fo, bag barauä lanonifd^e ©eltung gefolgert toerben müfete (©. 66 ®ebet ber
brei SKänner im Äeuerofen, ©. 252 erjctylung nad^ 1 3KaI 2, 38—41 ; ©. 498 @nbe
axß %o 4, 15). &o<$ finben ftd^ typotfypfym fd^on in ben mafeor. ^anbfc^riften (fo 45
bilben §vb unb ©ufanna nifammen mit 6ft^ unb 9lut^ baä J^auenbu^ ber jafobit
ßobiceö; ©i ftetyt jloifc^en ©fr unb $rb im jtoeiten §auj)tteil ber ftor. Öibelmff.) unb
im Äobej ämbrofianuS (3ub, SBei, ©i, ©a, 2tyof. S3a, »rief 3er, 4 ß$r, 1—5 sBJaf).||
©brifc^er Sinflu^ ift anjune^men für ba^ ©er^eic^ntö in einem gadif$en s})ie^bud^ unb
2eftionar be« 6. 3a^unbert« (Robej »obbicnft« be« 7. 3a^. ; 3al>n II, 284—288) : w
5ßt, 3of, SRi; libri mulierum: Ruth, Sterh et Judith; 1. 2 3Raf, £i, SCo, 1—4 Kg,
16$ro^, Daviticum V [ber fünfteilige ^falter], Salomonis III [©fr, $rb, Ä8], ®3r.
Fiunt libri veteris numero XLIIII. 3Jur bei ben ©^rern toirb fonft ein Sucp (Sü^er)
ber SBeiber ertoä^nt; bie 2lu«Iaffung Don 2Bei unb ©i loäre in einem abenblänbifcfyen
Äanon befonber^ befrembenb. SDafyer benlt 3a^n an ^*e jafylreic^en ©^rer in ©allien. 66
3Me ©umme „44" ift eine auefy fonft borfommenbe 3a^ (f- wrta* ©. 762, :m»). Stlfo ift
ein 9lame aufgefallen (3^bn meint: 6fyr; bod^ |. gleid^). — ||3)ie 6tyr gehörte in älterer
'3«it nicfyt ^um Äanon ber jtorifd^en flirren, U)ie aixdf barauö fic^ ergiebt, ba^ bie Über*
fefeuna biefeä Sud^e^ Don ber ber anberen Süd^cr ber ^ebr. SSibel auffaHenb abtoeid^t.
6W WO in ben neftorianifd&en §anbfd^riften, @$x*9ltf) in ben mafcoretyifd&en. eo
762 ftattott be* «2* V
35ie ätbiopifctyeÜberfefcung, attmctylidfr entftanben unb bon berfiiebenen SSertenten
fjemtyrenb, folgt burctyauS ber LXX. Sie enthält m$t nur bie lanonifcfcen »üc^er,
fonbern (mit ausnähme ber s}Ra!.*büd&er, toeld&e burd& jtoei erbid&tete Sudler glei<$e$
SRamenS erfefct fmb) au$ ade 3fyofa#tyen ber lutyeriföen 93ibel unb no$ einige $feub*
5 eingraben (aud) folctye, bon benen ein je$t nictyt me^r borfymbener griec^tfcfyer lejt
ejiftierte); benn bie ät^iofMe Äirc^e §at no<$ toeniger afö bie alejanbrintfd&e jhrif<$en
Äanonifd^em unb Sllanonifdjem einen Untertrieb gemalt.
e. 3)ie ^Reihenfolge ber Sudler, ©otoeit man nid&t au$brüdtli$ bem fcebr.
213: folgen toottte, tyielt man fi$ in ber ^auptfad&e an bie LXX. SemerfenStoerte
io2tbtoeic$ungen: 9iu, 2e. SMito um 170 (bei (SufebtuS Ä® IV, 26 nac& ftarf über*
ttriegenber SBejeugung); Ganon 9Kommfenianu3 (©. 757, i 8); £eontiu$ bon Sfyjanj
(©.758,27). 3a£n,II, 152 f. bemerft richtig: folange bie 5Süd&er be$ <)Jt in ebenfobicl
einzelnen StoDen ober dobiceS fortgepflamt toorben feien, fei biefe Slnorbnuna burd& nichts
$ufeerfi$e3 bertoetyrt getoefen. || Sßoranfteuung ber grofeen Sßrofefyeten bor bie Keinen: ßanon
15 -üftommfenianu*; bie antiqua translatio, beren Gafjtobor Inst. div. litt. 14 gebeult
(©. 760,4i) u. a.||9Soranfteaung bon 35a bor @j (@$ 14, 14.20; 28,3 toirb ©aniel
genannt): SJMito (bei @ufeb. R® IV, 26); DrigeneS (bei ßufeb. ft© VI, 25), Ganon
9Kommfenianu3; ÄongU ju §ityo 393 im 36. Äanon (oben ©. 760, 2*); äuguftin, De
doctr. Christ. II, 8.
ao Einteilung in $entateuc&e. Gtyrill bon ^erufakm, Rattd). IV, 35 (um 348):
a. 12 Wtoriföe 93üd&er: $t; >f, SRi mU 9tuty, ©a, Äg, ©frr, @$r(*9te$), @fu;. -
b. onxrjgd jievze : £i, $f, ©fr, $rb, §2. — c. nQwptjTixa nevze : 2)obcfcq>rol>lj., 3*1
3er (mit Sa, ßtagt, »rief 3er), @$, 3)a. — nftaft ebenfo läfct @t>i^aniu$ ba3 SEE au*
bier ^Jentateud^en unb jtoei überfctyttjftgen Sudlern befielen (De mensuris et pond. 4) :
25 a. 35er eigentliche $entateud& ober baS ©efefcbucty ; b. fünf p oetifd&e Sudler (an%IJQete)
§i, $f, ©fr, $rb, §£; c. id xakovjueva ygaupeZa, bon etlichen äyi6ypaq>a genannt
3of, 9« mit 9iuu), ßfo 2 Sudler ber ßg [©a u. Äg] ; d. ber p rof^etifcfe $t : 3toölf
pro^etenbucfy, $ef, 3er, gj, $a ; au&erbem g$r unb @fu?, mit toeld&en bie &ai)l 22, bii
3a^l ber fyebräifcfyen 33u$ftaben, bott toirb.
so £. gelungen berSücfyer. 3'em^ ^äuftg ift bie $a$l 44; SCuguftin, De
doct. Christ. II, 8; ba$ ©. 761, 40 ff. ertoäbnte gaDifäe SRefebucty unb Seftionar. 2$at*
fäd^lic^, bod^ o^ne Nennung ber ©umme: Sonjil )u §iffo 393 (©. 760, 26 ff.); 3nnös
ceng I. (oben ©. 760, r,); bie antiqua translatio bei ßaffiobor Inst. div. litt. 14. S
45: 3ftbor, ber Alfagl neben 3er befonberS jä^lt unb fo 45+27 (SRI) = 72 für bie
86 ganje $1. ©d&rift herausbringt (3a^n II, 340).
b) 35ie römifd^e Sir^e ^at bie $rajt£ ber übertoiegenben SDte^rja^I ber abenb=
länbifc^en SSäter in ber 4. ©effion beS Xribentiner Äonjite (8. SC^ril 1546) jum firc&Kc&en
©efe$ gemalt. 2)aS decretum de canonicis scripturis (Canones et decreta con-
cilii Trid., ed. Stifter, 1853, 11 f.) fagt: Sacrosancta oecumenica et generalis
40 Tridentina synodus . . . omnes libros tarn veteris quam novi testamenti, quum
utriusque unus Deus sit auctor, nee non traditiones ipsas . . . pari pietatis
affectu ac reverentia suseipit et veneratur . . . Sunt vero infra scripta. Testa-
menti veteris: quinque Moysis, id est: Genesis, Exodus, Leviticus, Numeri,
Deuteronomium ; Josuae, Judicum, Ruth, quatuor Regum [©a, Äg]f duo Pa-
46 ralipomenon, Esdrae primus et seeundus, qui dicitur Nehemias, Tobias, Judith,
Esther, Job, Psalterium Davidicum centum quinquaginta psalmorum, Para-
bolae, Ecclesiastes, Canticum Canticorum, Sapientia, Ecclesiasticus, Isaias,
Jeremias cum Baruch, Ezechiel, Daniel, duodeeim Prophetae minores, id est
Osea, Joel, Arnos, Abdias, Jonas, Michaeas, Nahum, Habacuc, Sophonias,
60 Aggaeus, Zacharias, Malachias ; duo Machabaeorum, primus et seeundus.
Testamenti novi . . . Si quis autem libros ipsos integros cum omnibus suis
partibus, prout in ecclesia catholica legi consueverunt et in veteri vulgata
latina editione habentur, pro sacris et canonicis non suseeperit et traditiones
praedietas sciens et prudens contempserit, anathema sit. 3)a$ decretum de
65 editione et usu sacrorum librorum fcon bemfelben läge beginnt: Insuper eadem
sacrosancta synodus considerans, non parum utilitatis accedere posse ecclesiae
Dei, si ex omnibus latinis editionibus, quae circumferuntur, sacrorum libro-
rum, quaenam pro authentica habenda sit, innotescat: statuit et declarat, ut
haec ipsa vetus et vulgata editio, quae longo tot saeculorum usu in ipsa
00 ecclesia probata est, in publicis lectionibus, disputationibus, praedicationibus
Station beS Ät« V 763
et expositionibns pro authentica habeatur. Qttocß tociter Reifet e$, bafe bie©tynobe,
um ber SBiMür bcr 3)rudfer unb Herausgeber ein &\A ju fefcen, decernit et statuit, ut
posthac sacra scriptura, potissimum vero haec ipsa vetus et vulgata editio,
quam emendatissime imprimatur. $te fyier angefünbigte SRormalauägabe erfd&ten im
Igatyre 1592 unter bem $itel Biblia S. Vulgatae editionis Sixti V. P. M. jussu 6
recognita et edita (9tom, batilanifcfye 3)rucferet) unb enthält bie im erften Sperret ge*
nannten Sucher in berfelben ^Reihenfolge (glei$ nai) 3er: Älagl, 93a, 33rtef 3er afe
6. Rtip. beä SBa; bie 93emer!ungen be$ §ierontymu$, toeufce bie 3ufäfce ?u ®W un*> ®a
ate nid&t im tyebr. leri ftefyenb be^nen, ftnb beibehalten), hinter bem SEE folgen, in
Heinerem 3)rucf unb mit befonberer ©eitenjctylung (fo toenigftenä in Dem Slbbrudf 9tom w
1598; ber erfte ®rudf mar mir nid&t jugänglic|), alfo nur anfymgätoeife, baä ©ebet
slKanaffe3 unb 3. 4. 93u<$ 6$r, eingeleitet burd& bie 93emerfung : Oratio Manassae, nec-
non libri duo, qui sub libri Tertii et Quarti Esdrae nomine circumferuntur,
hoc in loco, extra scilicet seriem Canonicorum Librorum, quos saneta Tri-
dentina Synodus suseepit et pro canonicis suseipiendos decrevit, sepositi 15
sunt, ne prorsus interirent, quippe qui a nonnullis sanetis Patribus interdum
citantur et in aliquibus Bibliis Latinis tarn manuscriptis quam impressis
reperiuntur [ofyne jurttcrfefcenbe 93emerfung j. 93. in ben 93ibelbrucfen, 5Rtirnb. 1475 $ol.,
Mn 1479 gol., 93afel 1491, 8™, granff. a. 3Jt. 1585, 8™, Senebig 1483 ftol. (3.4®3r
afc 2. 3 gejctylt, toeil 2 @Sr ate 9ie& bejeid&net ift, Ulm (3ainer) 1480 ftol. (Dor 4 ®Sr 20
bie Äußerung be$ TOfolauS be Styra, bajj bie« 93ud& nid&t fcon @3r fei, toeil berfelbe
äutor ntcfyt fobiel jtoeimal gefcfyrieben tyaben toerbe). 2)ie beiben legten GSrabüctyer (ni$t
ba3 ©ebet 2R.3) toerben auSbrücflicfy als apofrt#>tyif(fye bejetc^net }. 93. in $ari$ (S^iel*
manÄetter) 1526, 8vo, unb Sugbun. (3a!ob be5MiS) 1561, 8". 5Rur ba$ @ebet3R.S
fte^t ji. 93. in Sugbun. (3o&. SHarefc&al) 1531, 8™]. 26
2. 6. 2)u^m; Dissertation preliminaire ou prolegomenes sur la Bible ($ori$
I, 1), 93. 2amty (Apparatus biblicus, Lugdun. 1723; II, 5, ©. 333) unb unter ben
Geologen ber neueren 3eit befonberS %o\). ^n (@inl. I, 119. 132.140—143) toollten
proto* unb beuterofononifcfye ©Triften untertreiben ; lefctere feien bon geringerer Autorität
(Samty beftritt fogar ben gefd&id&tl. 2Bert ber 93tid&er %o unb 2jub) unb bürften nid&t jur so
bogmatitöen 93etoei$fityrung, fonbern nur jur religiöfen ßrbauung toertoenbet toerben.
SDicje älnftc^t toiberfarietyt jtoar bem 3ufammenfymge unb ©inne ber tribent. ©a^ungen,
lann ftcfy aber auf £ierontymuä berufen, ber im 93ortoort ju ©J>r bon 23ei unb ©t jagt :
Sicut ergo Judith et Tobi et Machabaeorum libros legit quidem ecclesia, sed
intra canonicas scripturas non reeipit, sie et haec duo volumina legat ad 85
aedificationem plebis, non ad auetoritatem ecclesiasticorum dogmatum confir-
mandam, togl. auefy SRufin, Expositio in svmb. apost. § 38.
c) $)ie gried^ifc^e Mird^e. 3m Stltertum unb im SKittelalter unterf Reiben
mandbe Äirc^enle^rer ä^nlid^ h)ie ^ieron^mu« brei Slrten t>on 93üc^ern. 3)er Dfterfeftbrief
bed aU^anafm« : 22 xavovitdueva, (5) ävayivcooxo/bieva, nämli<$ 3S3ei, ©i, @ft^ (f. 40
©. 760, 1. w>), 31*/ ^°r u- äjToxQvqxi, bie aber nidj^t genannt toerben. ©benfo bie jogen.
©tyutyfe be^ ät^anafw«, bie jebod^ bie Aji6xgyq?a genau toie in bem bem ^Patriarchen
9lic^oru^ jugefd^riebenen ftid&ometrif<£en SScrgeid^ni« (f. ©. 761, 8 ff.) aufjagt: ßenod^,
^atriard^en je. Ueber ba$ „Serjeid^ni« ber 60 fanonifc^en 93üc$er" f. ©. 760, ir» ff.
GtyriBuS Sufari«, ^Jatriarc^ Don ,Üonftantinoj)eI, fyatte 1629 für bie, toel(^e ben 45
©iauben ber gried^ifc^en Äird^e fennen lernen Sollten, eine 'AvaroXixri 'OfioJLoyla trjg
XQioriavixfjs moxEcog aufgearbeitet unb in biefer bie 3frage, toeld^e 93ü(^er hgd
ygayti) feien, alfo beantwortet (Libri symbolici ecclesiae orientalis . . . collegit . . .
E. J. Kimmel, %ma 1843, 42): eIfodv yocupijv Tiavxa rd xavovtxä ßißMa le-
yo/tuv . . . Taxrta ök ra xavovtxä ßißkt'a roonvra röv ägidjudv elvm morevojbiev, so
80a f\ h Aaodixeiq (f. ©. 759, m) ovvodog amqytjvaro, xal fj xov Xqioxov xafto-
Xixi] xal dgft6do£o<; ixxXtjoia vnb xov Tiavayiov 7ivev[iaioq yamofteloa jtiexQ1
xov nagovxos vxayooevet. "Atifq Öf djroxovfpa keyojiiev, did xovxo xö bitovv-
jiov ovxwg fyovaiv, öxi xo xvqoz na(m xov navaylov nvex^iaxog ovx fyovoiv cbg
xä xvgtax; xal äva^iqißohng xavovtxä ßißkt'a, h oh t) xov Mcoi'oeax; TiFvxd- 66
xevrog xal xä äyioygawa xal 6i 7xgoqi]xat. DiefeS ©lauben^befenntni^, bem aber
bie graste bed i'ufari« nic^t ganj entftmfyt (benn er reebnet in einer §omilie %o |\ur yga<ptj,
unb er citiert 2Bei 1, 13 mit ytygamai, ogl. Himmel 373 ff.), erhielt inbc« gletdj bem
bcS SWetro^ane^ Äritofulo^ Dom 3- 1625 (f. Appendix librorum symb. ecclesiae
orientalis. Ex schedis posthumis E. J. Kimmel . . ed. H. J. Chr. Weissen- 00
764 ftattott beft «2* V
born, %ma 1850, 104 ff.) nie offizielle ©eltung; btelme&r tourbe eS auf ben ©tynoben
*u Äonftantmopel 1638, 3affe 1642, ^erufalem 1672 auSbrüdltcfc bertoorfen. 2)te beiben
Umgenannten SBerfammlungen äußerten fidfr au$ über bie 3fyofr$>$en. 2)ie 3af^
©tynobe tabelt (Äimmel 416), ba§ EtyriH xtvd xrjg ixeivrjg [xtjg rgaarfg] d&ezä ßi~
5 ßiicov, ibieg al äyiai xal olxovuevixal avvodoi a>g xavovtxd £o££avxo. 2)te ©tynobe
m gerufalem, meldte burety bie SStelfeitigteit ber xfyc ju teil geworbenen Xnerfennung alle
folaenben ©tynoben ber grtec^tfd^en Äird&e übertrifft (f. biefer @nctyH.s VIII, 704) unb
bafer für baS (Srlennen ber gried&ifcfcort^obosen ©laubenSlefcen Don entfcfcjbenber 9e=
beutung ift, erneuerte ni$t nur bie in 3affa gefa&ten Sefölüjfe, fonbern gab in ber Aon-
10 feffton beS 35ofit^eu^ eine bestimmte äfattoort auf bie fjrage, toeld&e »üc&er man iegdv
yqaqyqv ju nennen fyabt (Äimmel 467 f.): Hxotxovvxeg xtp xavövt rijg xa&oiocrjg
ixxXrjolag legdv ygawrjv xaÄovjuev ixelva ndvxa, (bieg 6 KvgMog vno trjg iv
AaoöLxelq owddov eqaviodfievog ägi^jueT xal ngbg xovxoig äkeg dowixcog xal
dfiaftcbg eix' ovv i&eXoxaxovgycog djzöxgvtpa xaxayvojüuzoe' xijv Zcxpiav dtjXadrj
15 xov HoXoficovrog, xr\v 'Iovdrjv, xov TcoBlav, xrjv 'Ioxogtav xov dgäxovxog, xrjv
'loxogiav rfjg 2oyodwr\g^ xovg Maxxaßaiovg xal xrjv 2o<piav xov J£eigd%. HfieTg
ydg juexd xeov öilojv xfjg deiag yga<prjg yvrjaUov ßißilojv xal xavxa yvrjota xijg
yqawfjg fiigtj xglvopiev. 35ie außer „ben 22 Supern" jum Äanon gu re$nenben
Sudler toerben fyier nietyt fämtlicty aufgellt; man !ann bafyer über bie grage, todty
so Sucher gemeint feien, nur na$ ber tn ber gried&ifd&en flirre befolgten $rajU, b. L
namentlich naety ben SibelauSgaben, urteilen. 2)a nun eine Originalausgabe ber griec£if$en
Säbel in Serlin toeber auf ber föniglic^en noefy auf ber UniberfUätSbtbliotyef borfyanben
ift, teile id& bie Slngabe Don @b. &eufc (2)ie ©efd&id&te ber fy. ©driften 9EES5, §338,
aSraunfd^toeig 1874) mit : „Die offizielle SHoStauer Ausgabe ber fota ygaanj (1821, 4°)
26 f)ai bie 8fyo!r$>ljen alle, @Sr in beiben Stecenftonen nebft 9ie$ unb 4 Supern ber TOaf
am ©d&luji ber tyiftoriföen Sucher, bie Keinen unb großen ^ro^eten Dor ben 7 poetiföen
ober SBeiSbeitSbüctyern". 3)ieg ftimmt nid&t ganj überein mit bem %ntydt ber offigalen
ruffifc^en Sibel (Petersburg 1876, S)rudferei ber %l ©tynobe), in ber g. 9. nur 3 9Mak
büd^er fte^en. 3$ laffe ba^er genaue Inhaltsangabe be$ 212 in btefem 5)rucfe folgen:
so $t, 3of, SRi, SWuty, 4 Sudler % 2 »üd&er 6^r (am gnbe ©ebet SKanaffeS), 1 ®Sr
[lanon.], 5Re^, 2 @Sr [gried^. <$&a], Zo, Sjub, ©ft^, §i, $f [151], ®px, Äo^., §2, SBei,
©i: 3ef, 3er, Älagl, ©rief Qer, 93a, ©3, 3)a, 12 fl. 5ßroJ)^ [in ber ^ebr. Drbnung],
3 SBücber ber 5Kaf, 3 Sär [4 mxa nac| geh). 3ä^Iung]. ©amtlichen ^otxyptyn (au^
bem ©ebet ÜJU unb bem 151. ^Jf) ift bie 3lnmertung untergefefet: „au$ bem ©rie^.
86 übertragen", nic^t toenigen au^erbem nod^ bie 9lotij: „nic^t im ^ebr. Sqrte". 3U 4 6«ra
(16$alty.) ift bemerlt: ,,3)iefe« S3ud^ toeber im ^ebr. noc^ hn grie#. lejt. S)ie floh),
unb bie ruff. Überfe^ung jtnb aus ber SSulgata gemalt", ©onft ftnb bie tyolcyptyn
in leiner 38eife, namentlich ri\d)t burd^ anbete Settern, als minbertoertig lenntlic^ gemalt.
3luffättig ift batyer, bafe beS 1868 berftorbenen Metropoliten ^tyilaret „ausführlicher d&rijb
40 lieber Äated^iSmuS ber ort^oboj-fat^olifc^en orientalifd^en Äir$e, in ber DriginalfJ)ra(^e ge*
}>rüft unb genehmigt öon ber tyeiligften birigirenben ©^nobe, unb herausgegeben jum
Unterricht in ben ©c^ulen tote aud) jum ©ebraud^ aller ortyobogen Sänften auf äfler=
^öd^ften Sefe^l ©r. flaijerlid^en üMajjeftät", Petersburg 1850 (Eitel ber offiziellen beutf^en
Ueberfefcung), ben 2t^>onr. flar eine untergeorbnete ©teHung jutoeift : „tJrage : 2Bie t)id
46^1. »üc^er beSSlES $ä^It man? Slntto.: S)er ^l. GtyriH Don 3er., ber ^l. äfymaftuS b. ©r.
unb ber 1)1 ^o^anne^ Don S)amaSf jäblen beten ^toeiunb^toanjig, toobei fte bie fyebrätfcfc
3ä^lung berfelben in ber urfprünglicpen ©prad^e berücfftd^tigen. . . — grage: SBarum Der*
bient bie 3ö^un9 ^ Hebräer berüdfftc^tigt ju toerben? 2lntto.: 2Beil, toie ber Stooftd
^JauluS fagt, i^nen bie SluSf^rüd^e ©otteS anvertrauet toaren, unb toeil bie neuteft apSj&.
60 Hird^e bie Sucher beS 312 Don ber altteft. ^ebr. Äirc^e übertommen fyat, 9to 3, 2. —
5^rage: 2Bte ^ä^len benn ber ^>l. 6^riHuS unb ber ^l. Slt^anaftuS bie 9üc&er beS »SS?
Intto.: [folgt bie befannte 3ctyhmg: 79timitSRut^, ,0 6fo u gSr (* 9fe$), ™ Qfy,
3 §tob, u $f, lu 3iet (Älagl nicfyt namentlich ettoä^nt)]. — ^rage : ÜBarum g«Wi^t in
biefer Stufeäfylung ber Suchet beS 31IS feine ©ttoäfymmg Don bem Suc^e ber SBeiS^eit
66 beS ©o^neS ©irad&S unb Don einigen anberen ¥ Slntto. : SBeil fte im #ebräifc£en nic^t
Dor^anben finb. — grage : SißaS ift Don biefen latent Sudlern ju galten ? Slntto. : Xt^f
nafiuS b. ©t. fagt: fte ftnb Don ben 33ätem benjenigen jum Sefen beftimmt, bie erft in
bie fttrd&e eintreten. — Jrage: SBte läfet [xd) ber ^n^alt ber Sucher beS als beutlid&er
befttmmen? 3lntto.: SJlan fann fte in folgenbe Dter Slbteilungen bringen: 1. ©efefc*
60 büc^er . ., 2. ©efd&id&tsbücfyer . ., 3. £e§rbü#er . ., 4. $ro^etifd^e Sü^er . .". 3n ber
13
Sattott beS »2* V 765
bann folgenben Slngabe, toelc^e Sudler ju ben einzelnen Abteilungen gehören, toirb fein
emjigeä Styofirt^on genannt, unb in bem gamen Katechismus toirb nur ©ine ©teile au$
ben 3tyofrfl>fcn angeführt ©. 90. 134: 2 mal 12, 43 f. als Selegftelle für bie ©itte be$
33eten3 für SBerftorbene, aber nid^t toenige auä ben SBätern, bef. Cannes toon ®am., bem
ortyobojen ©laubenSbefenntnte u. f. to. 5
d) S)ie proteftantifctyen Atrien. — 3)ie lutfyerif<$en 93efenntni3f$riften
enthalten leine auäbrücflid&e ©rflärung gegen bie nid&t im fyebräijcben Station ftelfenben
©Triften (aucfy nic^t in ber flonforbienformel ©. 543 u. 587 2Bal#; inbeS betrauten fte
t^atfäc^Uc^ bie fanon. Sudler als bogmatifö adein giltig: benn bie toenigen in ber Apo-
logia Confessionis ouS ben ätyofa^en angeführten ©teilen Serben nur barum citiert, 10
toetl bie ©egner fu& auf fte berufen Ratten (So 4, 11; 2 3Raf 15,14 bei 2Bald& 128.
218). Sutfyer fyat über bie Don tym überfefcten 2tyofr$^en ni$t in Saufö unb Sogen
geurteilt, fonbern üjre berfd&iebene 93eftfyaffenfyeit berüchtigt: am günftigften äußerte
er ftd& über 2Bei unb@i; ba$ juerft überfeine unb 1519 ber htrjen Slntoeifung, hrie man
beizten Jott, angehängte ©ebet SRanaffeS bezeichnete er al$ „ju ber Seicht fe$r bienli$" iö
(©» 2B3B XXI, 252 ; in Setreff ber anberen Sudler bgl. bie SBorreben ju ben 3fyofc.
LXIII, 91 ff. unb bie Slufjerungen in ben Streben LXII, 130 ff.). ©e$r ungünftig
tyxad) er ftd& über 9a unb 2 mal au$. 2)a3 3. unb ba« 4. 9u$ ©Sr i^at er nidjt ber«
beutfefy, „tt>eil fo gar nid&tä barinnen ift, baä man ni$t Diel beffer im Aesopo ober
no<$ geringeren Sudlern fann finben, otyne bafi im 4. 93ud) baju eitel Xräume ftnb" (9Sor* ao
rebe )u 93a). — 3>n ber erften Don Sutyer felbft beforgten fcoHftänbigen SluSgabe feiner
8ibelüberfefcung(1534) ftefcen unter ber Überförift, ,,9fyobty>fo ba$ ftnb ©üc&er, fo nid&t
ber $L ©d^rift gleicfygefyalten, unb bo<$ nüfclicfy unb gut &u lefen fmb", %ub, 2Bei, %o,
©i, S3a, (Srief 3er als Sttip.ß), 1. 2 3J?af, bie 3ufä$e ju ©fty unbS)a, ba3 ©ebet
9Ranaffe3. Jtein 33ud? beä ijebr. ÄanonS tyat ßutyer in feiner Überfefcung auägelaffen ; 26
toofyl aber tyat er als Reformator mit ebangelifd&er gfretyeit über einzelne tanomföe
©Triften fi$ auSgeforod&en. 3n De servo arbitrio fagt er : „liber Esther, quamvis
hunc habent in canone, dignior omnibus me iudice, qui extra canonem ha-
beretur", unb in ben SXfd&reben lefen toir: „Unb ba ber 3)o!tor baä anbere 8u<$ ber
HJtatfabäer forrigierte, ft>ra# er: 3$ bin bem 93ud^e unb ©ftyer fo feinb, ba| id& toollte, so
fte toären gar nic^t Dor^anben; benn fte jubenjen ju fe^r unb fyaben Diel ^eibnifd^e Un«
art" (DgL 2.« äufeerungen über ben 93rief be« Salobuö). 3m ©efü^l berfelben grei^eit
^anbelte Sut^er aud&, ate er bie Reihenfolge ber 93üd&er be« 212 toie be3 31% änberte.
2)ie Slnorbnung beä 9L% bei 2ut^er gleist ber in ber SSulgata; nur f)at Sut^er bie 2lJ)0-
htipfym mit ben äufäfeen gu @ft^, £a unb tyx (©ebet 9{anaf[e^) an$ ©nbe geftellt, alfo : 85
5»b.2Kof, 3of, Ri, Rut^, 1. 2©a, 1.2% 1.2 Gfo ©«r, 5We^, ©ft^; §i, $falter, @^r,
^tb, ^£ ; 3ef, 3er, Älagl, §efeliel, 2>a, 12 Heine ^ro^^eten ; 3H>ofrty>fyen.
gRlr bie lutberifd^en 35ogmatifer blieb Stellung unb Sejeic^nung ber 3fyolr$>$en be«
äl in fiut^erö SMbelüberfefcung mafegebenb ; fte toaren baljer genötigt, jtoei Älaffen Don
äfyotrty>$en angune^men. ©o fagt 9R. Gfyemnty, Examen concilii Trident., grontf. «o
1609, 54: „libros illos non proprie vocari Canonicos, qui leguntur quidem
in ecclesiis, sed non ad confirmandam ex his fidei auetoritatem, et quorum
auetoritas non idonea iudicatur ad roboranda ea quae in contentionem ve-
niunt. Gonvenit enim appellatio [lanonifc^] proprie ad illos libros, qui sunt
Canon dogmatum et fidei ; äjiöxgvyoi proprie vocantur Uli libri, quorum oc- 46
eulta origo non claruit illis, quorum testificatione auetoritas verarum Scri-
pturarum ad nos pervenit, sicut inquit Augustinus, de civitate 1. XV, c. 23,
et contra Faustum 1. II, c. 2 dicit : vocari apoeryphos, qui nulla testificationis
luce declarati et prolati sunt. Haec explicatio appellationis recte convenit ad
illos libros, qui in vulgatis editionibus habentur quidem sed non sunt in so
Canone ... Ad tertium genus scriptorum, quae adulterina et falsa sunt, sive
haec sive alia appellatio aecommodetur, non pugno . . ." §oÜag formuliert ben
Unterfd^ieb fo: libri apoeryphi sunt 1. qui in codice quidem, sed non in ca-
none biblico exstant, neque immediato Dei afflatu scripti sunt; 2. qui con-
tinent fabulas, errores ac mendacia ac proinde non sunt in ecclesia legendi ; 66
unb ^ofyann ©erwarb fd^retbt: prioris generis libri dieuntur apoeryphi, qui sunt
absconditi i. e. originis absconditae et oecultae; posterioris generis libri
dieuntur apoeryphi sensu eo , quod sint abscondendi nee in ecclesia
legendi.
3Rit biefer Beurteilung ber 2tyofa#fym bed %% ift bod «erfahren ber älteren Sie« eo
766 Station be0 82$ V
formierten fcottfommen im Sintlang. 3)a bie 93oIlenbung ber ftberfefcung be$2EE
bur$ Sutyer )u lange auf ft$ toarten liefe, fertigte £eo $ubä eine eigene Übertragung
ber 2tyofr^>$en, meldte 1529 in 3ürid& aß 5. Seil be$ 211 erfd&ien mit ber 8e$ei<fc
nung: „btjj ftnb bie bü$er bie bty ben alten bnber Biblische gefd^rifft nit gejelt ftnb,
6 ou$ bty ben ßbreern nit gefunben". $u *>m aufgenommenen Suchern gehörten au$
3.4 63ra unb 3 9Raf; erft in Röteren ausgaben tarnen fyinju bog ©ebet Stfariä, ber
©efang ber brei 3Ränner im geuerofen, ba$ ©ebet üJtanaffeS unb bie ©tfidfe in Sfu)er.
3n ber erften ©efamtauSgabe ber Stbel (3üri$ 1530, 4*°) ftetyen bie Xpoltypfpn am
©$lufi ber ganzen 33ibel. — 3)ie Confessio Gallicana (1559) nennt in ärt 3 bie
io Sudler be£ fyebr. Kanons unb fügt bann in 21. 4 fyinju : hos libros agnoseimus esse
Canonicos, id est fidei nostrae normam et regulam habemus; ber fyL ©etft
le^re illos ab aliis libris ecclesiasticis [ben 2fyofafl>f>en] discernere, qui, ut sint
utiles, non sunt tarnen eiusmodi, ut ex iis constitui possit aliquis fidei arti-
culus (§. 21. 9liemetyer, Collectio confessionum in ecclesiis reformatis publica-
16 tarum, Seidig 1840, 330). — $tynlidj bie Confessio Belgica (1562) in 2lrt. 4 f. mit
ber Seftimmung 'in 2lrt. 6 : Differentiam porro constituimus inter libros hosce
Sacros et eos, quos Apocryphos vocant: utpote quod Apocryphos legere qui-
dem ecclesia possit et documenta ex iis desumere in rebus, quae consentiunt
cum libris Canonicis: at nequaquam ea est ipsorum auetoritas et firmitudo,
20 ut ex illorum testimonio aliquod dogma de fide et religione christiana certo
constitui possit (SRiemtyer 362). — 3m 6. 2trt. be3 engltfd&en SefenntniffeS (1562)
Reifet e8 nai) äufeäblung ber fanonifd&en Sudler: Alios autem libros (ut ait Hiero-
nymus) legit quidem Ecclesia ad exempla vitae et firmandos mores, illos
tarnen ad dogmata confirmanda non adhibet, „eine Seftimmung, toeld&e noeb fpäter
26 ber Drjorber Ideologe ^Jribeaur. (Opp. theol., ^üric^ 1672, ©. 539) bur<$ bie S3e^ou))=
tung, bafe bie alte Äircbe einen Canon morum unb einen Canon fidei untertrieben
tyabe, fotoie burd& bie &erglei$ung mit ber SBorlefung ber §omilieen u. f. h>. ju xtd)U
fertigen fuetyt" (Dealer 267). 3)ie in bem common prayer book abgebrudfte table of
lessons (Dom '^abre 1662) fd&reibt Sefung ber altteft. 2tyofr$>f>en fcor für bie 3ri* toom
so 27. September abenbä biä jum 23. SRofcember morgend, aufjerbem erflärt fte beftimmte
2lbfd&nitte aus 2Bei unb St für geeignet jur Seftüre an gegriffen geiertagen. — 3)ie Der*
toanbten 2lu$fagen ber Confessio Helvetica posterior c. 1 (1564) unb ber Corner
©eflaration (1645) f. bei TOemetyer 468. 670. — Seb^afte Dppofitton gegen bie Sfyo;
fa^en erfyob ftcfy juerft auf ber Dorbrecfyter ©tynobe, too ©omaruS u. a. ben Stntrag
35 fteÜten, bie 2fyoft$>tyen, namentlich 4 @3r, £o, ^ub unb bie (Srjctylung Dom Sei, ganj
au$ ber Sibel ju entfernen, tiefer 2lntrag ftwrbe jtoar abgelehnt, ber in ber 10. ©effion
toon ber ©tynobe gefaxte 33ef$lufj (1618) foraefy fiefy aber boc§ jiemlicty ftarf ju Ungunfien
ber 2tyofrt^en au£, Acta Synodi nationalis . . . Dordrechti habitae, §annotoer
1620, 30f. : a corpore voluminis Biblici non esse segregandos . . ., adhibitis
40 tarnen hisce cautionibus: ut a libris Canonicis iusto aliquo interstitio et peculiari
titulo discernantur, in quo diserte moneatur, hos libros scripta esse humana
ideoque Apocryphos ; ut iis exaeta praefigatur praefatio, in qua lectores tum de
auetoritate horum librorum, tum de erroribus quae illis continentur, aecurate
erudiantur; ut aliis minoribus typis exeudantur; ut in margine annotentur
45 loca omnia et refutentur, quae cum veritate librorum Canonicorum pugnant...;
ut praeterea peculiari paginarum numero eos typographi distinguant itaf ut
seorsim quoque possin t compingi. — ©benfottö gegen bie 2tyofrl#>tyen eingenommen
toar bie preäbtyterianifd&e SBeftminfterfonobe (1643), beren Honf effion c. I, § 3 (9liem.
appendix ©. 2) beftimmt : Libri Apocryphi vulgo dicti, quum non hierin t di-
so vinitus inspirati, Canonem Scripturae nullatenus constituunt ; proindeque
nullam aliam authoritatem obtinere debent in ecclesia Dei, nee aliter quam
alia humana scripta sunt aut approbandi aut adhibendi. 3)ic befonberä feit ber
3)orbred^ter ©tynobe bei ben Steformierten fid^ jeigenbe größere Strenge in Se^anblung
ber 2tyofa#fyen ift o^ne 3toc^fe' junäd^ft bureb ben ©egenfa^ gegen bie römif^e Rir^e
55 Deranla^t toorben.
3)ie 2lrminianer (Confessio .. Pastorum, qui .. Remonstrantes vocan-
tur I, 3. 6), bie ©ocinianer (Dftorobt, Unterrid^tung toon ben borne^mften QauyU
fünften ber d&riftl. Sieligion, Slafau 1604, 1) unb bie SKennoniten (^o^. 9tte, Prae-
cipuorum christianae fidei articulorum brevis confessio, c. 29) ftimmen ^tnju^ts
go Ixö) ber 2lt>ofr$)fyen mit ben ^ßroteftanten überein.
Sattott fceS 312« V. VI 767
Über bcn 1811. 1813. 1819. 1825—1827 in ©rojjbritannien geführten Styofrt^en*
ftreit, ber mit bem Seföluffe ber Sritiföen unb 2lu3länbif#en Sibelgefellföaft, Sibeln
mit Sfyofrtfl^en nic^t ju berbreiten, enbete, f. Sroton, History of the British and
Foreign Bible Society, Sonbon 1859 unb 2lufl.* biefer (Snctyfl. II, 373—375.
Slnbere Sitteratur über bie ben 2tyofr$>fyen an&utoeifenbe Stellung f. 9lufl.s biefer ©netyfl. s
I, 628.
VI. Die SRamen be$ altteft. ÄanonS unb feiner ^auptteile. a. $e*
bräifc&e (togl. fiubto. »lau, 3ur Anleitung in bie §eilige ©c&rift, »ubo^eft 1894,
1—47). anp,?: baö Sorlefen, fonfret : ba3 ©elefene. %n 3lzt} 8, 8 «?p??3 wz*i ift
'"- felbftberftänbltc^ bie X^ora. "- ,,©#rift" oft im ©egenfafc gu3Kifd^na unb Styalmub 10
j. 33. 2Riföna Dibbufc^in 1, 10, Slbotl) 5, 21, c2lboba zara 19 b Slnf., Cibbufd&in 30*, »aba
me$ica33a. Oft bejetcfynet ' •- auety eine einzelne ©ctyriftftelle, einen ©d^rtftt>crö ; ^ßlur. bann
rnfir^a. || c^s^3)a9,2. d-h?c otyne Slrtifcl „^eilige Schriften" fe^r oft inbenS&al*
muben unb SKibrafcfyen. "es? Zabim 5, 12 gefyt toofyl junä^ft nur auf bie 23wa.ll
vrrpri -nnz (f0 bie fraktionelle äu$ft>rac$e, nid&t Kthäbß) ^abajim 3, 5, ©abbaty 16, 1; 15
bei ben Slmoräem and) fpejieD bie §agiogra^m.l P*rcn bebeutet fotoofyl bie einzelne
©cfcriftfteDe toie bie gange tyl.©c$rift; Untere« j. 33. bei Sßro^iatDuran: b»v«ar: ab
-TTsn.nJjaÄ Silier ber Sejei^nung rrjsnp;; ift unbefannt. 2lu$ bem SSortoort beS
$nty$iat Duran (gnbe beS 14. 3a$r&.) $u 9Jtocafe @l>tyob (SBien 1865) erftetyt man, bafe
ber sJtame älter als biefer Slutor: Der tyat gut gettyan, ber bie$ 93u$ 7I genannt fyat; 20
benn e$ ift in SBa^eit ein Heiligtum ^a^beS. eine im lebety 247 (@nbe 1486) m
$aragona fcoDenbete 33ibefyanbf$rift tyat ein (Spigra)^, in bem bie Sorte fcorfommen
rrcnp: anprn ~zcn nT (&gi# 2ib. Neubauer in: Archives des missions seien ti-
fiques et litteraires, 2. ©erie, 93b V (1868), 424; granj Delifcfö, Gomplutenftföe 33a*
rianten gum altteft. SEejte, Seif jig 1878, 5). äuefy ^Setru^ ©alatinuS fennt ben tarnen, 25
De arcanis catholicae veritatis, Orthonae maris 1518, p. XI: Hucusque [bte
auf @3ra] praeter Bibliam, quam rrc-i;r: Macdesciya hoc est rem sanetam Dei
vocant, scripturam aliam Judaeos habuisse non legimus. ©ebaftian -Dtünfter
feftte feinen beiben 93ibelau3gaben in golio fcon 1534/35 u. 1546 ^ '^p? bor. ©d&on
9Kof(^e^ ben Slfc^er fcergleic^t bie brei leile ber 93ibcl mit brei teilen be$ XempelS: snp ao
-cm bna* ^xn- -£-j?rr D^"ipnf f. beffen fcon mir jufammen mit ©. 33aer ^erau&
gegebene Difbufe ^ateamim, Seidig 1879, §3. II Über bie ber ßafyl ber 33ücfyer ent*
nommene Se^eic^nung c^zc i'in bgl. oben ©. 756 unb ben ©a$ be« @lia$ Seüita
oben ©. 744. ©efyr ^äuftg iff ber atö ber Dreiteilung beä Äanon« hervorgegangene
giame c^-ire- c-«-2: r\~rrt in ber 3Hafeora abgelürjt ^-p. ||3Ke^rfac^ Reifet ba« ©anje 86
nad) bem §au)>tteite ^"s"1: ©an^ebrin 91 b toerben mmm y: für c-n-:n r^nn aufeer
@S 15,1 angeführt 3of 8,30; >J$f 84,5; 3ef 52, 8 (bie 33etpei«fcaft liegt in ben
/fguturi«"); Web qatan 5a ^nbet ©4>im'on ben ^tyaft in @j 39, 15 Trab tt:-!
rr-nn 72 rT2p; ©an^ebrin 37R Reifet e« bon §2 7, 3 w rn-rn n-irn; 'äboba
zara 17» ~irn ainsc mitSegug auf ©J)r5,8; Wel^U^a 511 6j 15, 1 (griebmann34b): 40
alle 3)anlfagungen, riTn^ in ber Ityora lauten *"^~ =b-rb *z ^r^ *z --^ -nin; nur
^ier(2 6^r20, 21) beifet ed "n~ c«b -r -"-b rm, 3)afclbft ju 15,9 (griebm. 40b)
toirb ber ©a$, cä gebe in ber Ibora fein -n-«-:- znp~2 (lein ^rü^ersunb=©J)äter,
feine (fyronologiföe äufeinanberfolge), burc^ ©teilen au« ^roptyeten unb §agiograp^en
belegt. Sßejjiqt^a zutart^a 331. 1, c. 1 [bei ©urenfyuä ßißiog xamkXayYjs p. 43] toirb 46
©J>r8, 19 al* rr*r angeführt; ^efeiqt^a ed. »über 105" f. oben ©. 754; üKibrafö
I^anc^uma(3lnf.ber ^arafd^e n»-, ^u^g. sJRantua 1563, 81. 96 b): ^"b b-nrn qc« fi^n-cr
c "»ri qcsb bx-c ■—:«. 'w *rr? si^ n-b ^2 — :« n-:bc -p'f T7^ r;r nrTNn
cnb •::« .-rc ^rr: m:bnp *ar ?Tr r ^rr nrTNn -" :^n nrjrc r^n« nr-r
«b-5 '«rs enz vr-:ar: er«: n— ir -fr« c-»a:rrn: cs-arms s-—::« b«-i c- ^rcic so
mmn ,c-«-2:rr :^er -t-a :r:eb ',r: —5« -t-ts rrbb :rnb» tt b:pe :r:c
■m-r "» nrTjcr — «: -pb, cn ttt =^:r=: =*«-s:to (ögl. $f 78, 1 ; 6|»4,2;
3)a 9, 10); ber Wibrafd^ 3lu SRabba 13 be^eic^net «Pf 19,8—10 ate „brei SSerfe ber
I^ora". 3c$uba ^abafft fagt im ßfd^fol fctopbvc äl^abet 173 *: =-«-a:- rr~n
rr:r :wS-p: rrcre =-n:r=- unb citiert ba^u Da 9, 10 unb ©pr 22, 20. 66
Jtomen ber §au)>tteile. a. Der erfte leil, rr**T> ("?.y), fyeifct, toenn in Sud^form
gefebrieben, and): "-:r ^-::n nc-:n ©an^ebrin44* änf. — ß. gn ber 3Rafeora be«
geic^net c^rpe«- s*«-»2: prophetae priores bie 4 j)roj)^etifc^igefc^ic^tli(^en, irrrn« a-«-n:
prophetae posteriores bie öier eigentlich pro^betifc^en Sucher; im Qtyolmub ^aben bie
768 ftanoit be* »$« VI ftanoit be« «2»
genannten beiben 2lu3brücfe biefe ied&nifd&e S3ebeutung nod& nW&t, ögl. Sota 48* 8nf.:
rroböi Vätwi ttj rii «nn rr, -ie« sromm B-waa ikw unb emtge3eilentoetier:
otir: Dwntn ^Mfem rr-DT *wto *piß*b trrnDWti «ras iwa pna^ nn -jere n- r^i
©in anberer mafjoreifyiföer SRame für ben atoetten 5EeiI be« Äanon« ift «robc«. J)tn
6 ©inn biefer Sejeictynung lennt fd&on @lia« Setrita nic^t me^r (üRafcor. itamafc., ed. ©m&
bürg 261); na<$bem aber ©.2). Sunatto 1836 (bnTO n-ro«, ed. ©räber I, 347) unb
befonber«aJt.6traföun (SSorrebe ju ©.gttitn, ro*»5 rnipf 2Bifaa 1860, XVI ff.) bann
and) £. 3un5 (fiitteraturgefö. ber fenagogalen Sßoefte, Serlin 1865, 641 f.) gegeigt haben,
bafc trton oft „überliefern" bebeutet, fann lein gtoeifel barüber fem, bafc '« bie*
10 felbe Sebeutung $at toie ba« gleich ju ertoctynenbe ffeap , nämlicfc „Ucberiieferuna".
(fcgl. noc^ grengborff, SKafforet. SBörterb. 1876, 2). ®aju fttmmt aucfc ber ©a$ be« 9Btycfcb
ben Äföer (3)ilbule § 3): fmrm tot» rrinn b*«J. wovitt rraDRn Dran -nc
2)ie erfte geföidf>tli|e §älfte Reifet: x^m? '«, bie jtoeite, ^ro)>^etifc^e «top k ober
arrnra '»• — y. Der britte Seil Reifet o^ms; bei ben ämoräern jutoeilenaucfc
ifiCipn -on? j. ©abbat^ 16,1 (15> unten), j. WegiUa 3,5 (74 b). rra?n gattut $f
§ 702 (= @j § 358 Slnf.; an ben *ßarallelftetlen j. 9RaHoib 2,6, 331. 31 d unten, unb
$($efciqtya, ed. Suber 158 b tft ber %qt fcerftümmelt) ift nicgt ©efamtname ber gagio«
graben, fonbern 33ejeic§nung ber in tynen enthaltenen 2Bei«$ett«leljren, bef. be« ©pruc^
budpe«. — Der jtoeite unb britte Seil toerben nictyt feiten bur($ ben gemeinsamen Samten
20 rrbap. bejeid&net, f. 3unj44; §erjfelb III, 18 f.; Sfc. 2xtylor, Sayings of the Jewish
Fathers, Gambribge 1877, 120f. 3n Stofc^ batyana 4,6 was* spbotfi rrnra 3wc
fte^t s-asn = ©teilen au« $ro^eten unb $agiograj>I?en (t>gl. unten £.40 ff.).
b. 2lramäifc$e. «•;]?, «T?P föon im jer. Z^almub fotoo&I »ibelöer«, ©t&rifc
ftelle al« and) Sibel ; lefctere SSebeutung oft in ber SRafjora : «^P Vs. || woi was nt^\n
2öQibbuf(^in 49 a @nbe unb, ol« ©d&tourformel, '(Srubin 17 a Anfang; in ber ÜRafcoraab*
gefiiqt ^.|p«n*n -js^« ©abbatfc 88 * f. oben ©.754. 2#argum ju $2 5,10
»n^mfin ynco nraiÄi y^mr*
c. ©ried^ifc^e. Der überfe^er be« SBud^e« Sen ©ira brauet nac^ leinen ©e=
famtnamen; man barf too^l au« tcc äMa, xä Xomd fc^liefeen, bajj in fetner 3e^
aof^on xä ßtßlia gefagt tourbe. 3m 31%: al ygcupai Sit 22, 29; Sc 24, 27. 32. 45;
So 5, 39; a©17,2. 11; 18,24 k, feltener ber ©ing. fj ygaqnj So 2,22; 10,35
(7, 38; 20, 9; ©a 3, 22). yQacpai äyim 9tö 1, 2; iegä ygä/Lijuata 2 %x 3, 15; 6 vo-
fiog 3o 10, 34 ößf 82, 6) ; 12, 34; 15, 25 fljf) ; 1 Äo 14, 21 (3ef). 9lur auf ben «ßent
bejie^t ftd^ 2Äo3, 14 bil rfj ävayveoosi Trjq naXcuäg dia&tjxrjg. II SSenennungen
85 bet ben Äirc^enüätern : xä xfjg nakaiäg diafrjxrjs ßißlia 3Relito üon ©arbe« bei @ufe*
biu« R® IV, 26 (ba nod^ nid^t eigentl. Sitet); al legal ygawal xrjg nakauäg dia-
Wjxrjg, ©ufebiu« St® VI, 25; nakatä dia&^xtj Qptyamvß Haer. XXIX, 7 (oben
©. 753); ras &elag ygaqpdg, xdg eixoai ovo ßißXovg xfjg n. 6. £U lefen ermahnt
ß^rittu« Äatec^. IV, 33; al Ivdidvhjxoi ßißXoi Drigene« bei ©ufebiu« Ä© VI, 25; td
40 ßißlia ß^foftomu« (f. ©uicer, Thesaur. eccl.*, I. 687); vöfiog xal nQotprjxai ol«
©efamtbejei^nung, ügl. oben ©. 750, r>2 ff. u. 757,5; femer bei Swnciu«, Giemen« to.SUej.,
§iJ)}3ol^tu«, X^eop^ilu«, Xertußian, fcgl. ^a^n, ©efc^. I, 99.
d. Sateinifdje. Vetus testamentum (t. ift bie Überfefcung üon ri^Trunb dta-
vhjxt]) feit lertuuian. De pudicitia 1: ex utroque testamento ; adv. Praxean 15:
46 scriptura veteris testamenti. Diefer fagt häufiger: instrumentum (eigentlich : 9e^
h?ei«ftüdf, Do!umentf Urfunbe, f. 3abn, ©efc^. I, 106—111), adv. Marcionem IV, 1:
alterum alterius instrumenti vel, quod magis usui est dicere, testamenti;
adv. Praxean 20 : totum instrumentum utriusque testamenti ; Apolog. 47 : vetus
instr. Seibe 2lu«brücfe au$ bei SRufin, Expositio in symbolum apostolorum. —
bo Vetus scriptura: lertußian, adv. Prax. ; vetus lex: §ilariu«, Prolog jur ^folmen-
au«legung; veteris legis libri unb priscae legis libri: ^ieron^mu«, Prologus ga-
leatus (oben 759, e). $erm. £. Gtt*&.
Sanon bc« SReuen Xcpamcnt«. - 2)ie Cuettcn feiner ©efäidjte faflen jufammen mit
ber gefamtcn c^riftlic^cn üitteratur au§ bev 3eit feiner ©ntftc^ung unb grortbilbung. Sf
66 arbeitunqen (außer ben SBerfen über ßinleitung in ba« $1%. ©b V, 261—270): §. ©a$»
nage, Hist. de l'^glise 1699, 1. 8 hist. de l'^criturc s. et de son canon tom. I, 419 ff. cf. 1.9;
3. müt ProU. in NT, 1707, pars I: de libris N.Ti. et canonia constitutione; 9?. ßarbner,
The credibility of the gospel-history 1727 ff., teilroeife beutfeft üon ©ru&n unb ©eilmann,
1750f.; 3. S. Semler, Slb^anblung uon freier Unterfudnwg be« Äanon, 4Xeile 1771 -1775;
60 (L 91. (Jrebner, ^Beiträge ^ur Einleitung in bie bibltfdjen ©Triften, 2 ©be, 1832. 1838;
Station be$ 9tt£ 769
berfelbe 3nr ©efd). be8 Äcmonä, 1847; ©efdjid)te bcS neuteft. Marion, herausgegeben bon
OH. Stoltmar, 1860; 3- SHrdjfjofer, Ouellenfainmluttg $ur ©ef<6. be8 neuteft. ftanonS big
auf $ierontomu«, 1844; #. SB. 3. $f)terfä, Eerfucft jur #erftellung beS tyftorifdien ©tattb*
punttcd für bie Äritit ber neuteft. ©djriften, eine @treitfd)rift gegen bie Äritüer unferer Soge,
1845: ©. 2r. SBefteott, A general survey of the history of the canon of the NT., 1855, 6
6. ed. 1889; <£. föcuft, Hist du canon des ecritures s. dans Teglise, 1863; «. #tlgenfelb,
ber Äanon imb bie äritit be$ WZ, 1863; $$. Qobn, ©efdj. beö neuteft. ÄanonS, 2 $be,
1888—1892 (im folgenben als ©Ä jjitiert); DeSfelben Sorfdjungen jur ©efd). be$ neuteft.
ÄononS unb ber altfird)!. ßiteratur, 6 Seile 1881—1900; ßotfto, Hist, du canon du NT, 1891.
I. begriffliches. Unter bem 93ibel!onon berfte^en totr bie 33ibel felbft als bie 10
Sammlung ber ^eiligen Schriften ber $riftlictyen flirre unb brücfen burety biefe 33eaeic§mmg
ber 33ibel im Unterföieb bon anberen tarnen berfelben ben ©ebanlen au$, baft bie in
ber 33ibel bereinigten Schriften in ber Äircfye atö eine abgesoffene, alle anberen ©Triften
auäfölieftenbe ©ammlung bon Urfunben ber göttlichen Offenbarung anertannt fmb, toclcfye
als folc^e rüdffid&tlicty ifyreä UrforungS unb 3n^alt8 an ber fieiligfeit ber Offenbarung 15
felbft teilnehmen unb bafyer and) für Se^re unb Seben ber flirre ein xavu>v, eine SRic^t«
fc$nur ober Siegel fmb. gür baä gefcbidjtlictye 93erfiänbm$ ift toefentlid^, baft bie ©adje,
bie toir fo nennen, b. fy. eine in ber Jtir$e anerlannte Sammlung tyl. Schriften, mehrere
3a^unberte älter ift, afö SRame unb Segriff, toomit toir fte 111 bejeic^nen Pflegen. 2)a3
9Bort xavdfv in feiner Slntoenbung auf bie Sibel beiber leftamente tauept naety bem 20
Zeugnis ber borfyanbenen Siteratur erft um bie 2Ritte beS 4. 3atyrtyunbert3 auf. Slt^a*
nafiuä (de decr. syn. Nie. 18 Montfaucon I, 223, balb naty 350 getrieben)
fagt bom §irten beS §erma$: prj öv ix xov xavovog. 3n feinem Dfterbrief bon
367 bejeic^net er bie bon ben Styofteln ben SSorfafyren übergebenen unb in ber Äinfce als
göttlich geglaubten ©Triften breimal afe xavoviCöfieva im ©egenfaft ni ben djiöxQv<pa 25
unb im Unterfctyieb bon einer brüten Älaffe ber dvayivcooxdfieva (©K II, 210 ff. #. 17.
60. 65). 3n bem balb naety bem $obe beS 2lttyanafiu$ berfaftten SSorberictyt $u feinen
geftbriefen Reifet e$ na$ ber ftyriföen 3Serfion jum 3. 367: „in biefem 3>afae förieb er,
einen flanon betreffs ber $1. Schriften mac^enb" (Cureton, Festal letters of Ath., 2. Seil
©.1) unb in ber ttberfd^rift eine« forifetyen @r.jerpt$ aus biefem SSrief (ebenba S.52)toirb8«j
beffen Ignfyalt m^ benSBorten angegeben: „in toelctyem er in fanonifd^er SBeife (xavovixd>g)
beftimmt, baft biefeS bie göttlichen ©Triften ftnb, toeld^e bie Äirc^e recu;irt." Der $<\t
um 360 gehört, abgefefyen bon bem \pättt hinzugefügten ©ä^riftenberjeiä^nte ber Can.
59 Laod. an, in toelctyem rä xavovixä rrjg xaivrjg xai nakaiäg dia&rjxrjg (sc.
ßißkia) im ©egenfafe ju rä äxavovioxa ßißUa fte^en (®Ä II, 202). am}>fyiloa>iu$ 86
befc^lieftt feinen ffatalog ber ^l. ©ä^riften: outoc d^^v^araro^ xavtbv av ebj rcov
&eo7ivevoT(Dv yQaywv (®Ä II, 219.) 9tt$t fo häufig, afe man ju meinen fä^eint, ift
biefe ©ru}>t>e bon SBörtcm bon ben ©rieben fo auf bie Sibel angetoanbt toorben. 3Kan
bebonugte bie bor 350 üblichen Slu^brud^toeifen ober lieft fte bod? mit jenen abtoed^feln.
ßin 3«tgenoffe be^ ©&tyfoftomu$ (Chrys. ed. Montf. VI, 430) fagt bon ben jo&. 10
©riefen: rebv de ixxktjaiaCo/nivcov, ov td>v (bioxgvqHDV ßjiv r\ nquyir\ ImoroXt), xhv
ydg devr&Qav xal TQizrjv oi Tiazegeg äjioxavovitovoiv. EeontiuS um 530 (de sectis
act. II, 1, 4) gebraucht rd ixxXtjaiaarixä ßißkia = rd xavov^dfieva ßißkia iv tfj
ixxkrjaiq. Die ©tietyometrie bei Dttc^oru« (®.H II, 297. 299 f.) Mai ygawal ht:
xkrjoiato/tievai xai xexavoviauevai mit bem bereiten ©egenfa^ öoai dvruiyovTai 45
xai ovx ixxkrjoidCovrai unb anöxQVipa. — ©er ©inn bon xavwv unb feinen 3)erU
baten ift fdfjon naety biefen Seifrieten nidjt ^toeifel^aft. SBenn am^^iloc^iu« im Stücfblicf
auf feine Sifte fagt: „2>ieS möite too^l ein böllig ober möglidjjft trugtofer ilanon ber
moirierten ©Triften fein", fo tann er bamit nid^t bie ty. ©Triften felbft meinen, toeld^en
otä inftnrierten natürltd? eine feinet Steigerung fähige Xrugloftgfeit julommt, fonbern nur w
ba^ bon i^m mit möglid^fter Ireue unb ©orgfalt aufgeftellte SSerjeictymS. Kavtov ift
ganj glei^bebeutenb mit xardkoyog cf. Eus. h. e. III, 25, 6; IV, 26, 12; VI, 25,1
(bon Stufin jtoeimal burefy canon erfefct) ; Chrysost. de sacerd. IV, 4 tov xatakoyov
rcov &ei(ov ixßdkkeiv yQacpcöv, Hieron. praef. in Tob. Vall. X, 1. Demnach fyeiftt
xavoviteiv ein 33uc^ in ba$ Ser|\eiaSntö ber ^l. ©Triften aufnehmen (Theodoret. prol. 66
in cant. opp. ed. ©o^ul^e II, 3) ober auety ein Serjeic^ntö berfelben auffteDen (Kosmas,
Montf. coli. n. II, 292 Tidvieq 61 xavoviaavreg rag hdia&rzovg ßißkovg), djio-
xavovi&iv bon biefem SSer^eic^ni^ au^lieften. 2öa« barin feine ©teile aefunben ^at,
ifl ein xavovixov ober xavovi£6/nevov, opp. dxavimorov. ®er ©ebraudj bon xavtov
= „SSerjei(^ni^, Tabelle, Katalog, 3jitbentar" »oar nid^t neu. 2)ie xavoveg tiqoxhqoi üo
tKcaUdncvriopAbic für Xftcoloflic unb Stirbt. 3. «. ix. 49
770 Stanon bcS WZ»
be£ *ßtolemäu$ toaren aftronomifd&e „§anbtafeln" (Sbeler, §anbb. bcr Gtyronol. I, 109)
unb ber baju gehörige xaveov ßaodEi&v (ed. Halma II, 3 ff.) toar nichts anbereS ate
eine gifte nacfter ÄönigSnamen. 6$ toar eine feit lange fyerfömmlictye Sejeid&nung d&rono=
logifd&er Tabellen (Sßlutarcty, ©olon 27), toel$e @ufebiu$ antoanbte, inbem er ben jtoeiten
6 £eil feiner ß^ronil eine %qovvxoiv xavövog ovvra£ig ober auefy XQ0***01 x<**6veg
nannte (ed. Schoene II, 4; ecl. proph. ed. Qaisford p. 1; Hieron. v. ill. 81).
Die 10 xavoveg, toelcfye ©ufebiuS feiner SluSgabe ber ©W. fcoranftetlte, toaren feine
Segeln, fonbern foftematifcfy georbnete ©teDenregifter; bie 3Kettyobe, nac$ ber fte au&
gearbeitet, unb bie Siegeln, toonadE> fte ut benufcen toaren, i)at ©ufebiuä nid^t in biefen
10 xavoveg, fonbern in ber Sorrebe an iftart>ianu$ enttoicfelt. Sgl. auety bie ©ad®ifter
&u ben $Paulu$briefen (j. S. Priscillianus ed. Schepss p. 107—147) unb zu anberen
©Triften (cf. Hilar. Pict. ed. Bened. p. 602; Aug. de civit. ed. §offmotm p.
XI. XLI), toeld^e bie Sateiner canones nannten. Slucb ber @ebrau<$ tum xavdw
— xtijgog gefyt auf bie Sebeutung „SRegifter" gurücf. Ol h reo xavdvi ober au$ b>
15 tw xlr\Q(o itjezaCdfievoi (C. Nicaen. 16. 17. 19) finb bie $erfonen, toelc^e burc$ ben
Kirchlichen 'ßenfuS (grieefy. Itjhaoig) in eine gifte, nämlicty in bie Sifte ber Rird&enbiener
eingetragen finb unb in beweiben geführt toerben, im ©egenfafc ju ber unterfcfciebSlofen
■Dlaffe ber Saien (C. Nie. 19 ev rolg kaixoTg Igerd&o&ai cf . Conc. Quinisext. can. 5
h legarixo) xaxaloyco = h xavövi). 3U ^w xovovixoi in biefem ©hin (Cyrill.
20 procat. 4) gehören aud) bie als befonberer ©tanb anerlannten Släteten, bie SBMttoen ufto.;
ebenfo bie lirttylicty angefteflten, gejctyulten unb nad) Stoten fingenben ©änger (c. Laod.
15 yalxai xavovixoi). 2)er Stame ber Sifte, in toelctye alle folc^e Sßerfonen eingetragen
toaren, tourbe fefyr balb, tüte baS bei äfynlictyen Söorten fo oft gefd&e^en ift, auf bie barm
aufgeführten $erfonen, auf ben betreffenben ©tanb im fonfreten ©inn übertragen (c. Ant-
26ioch. 1. 2. 6. 11). — Sertoirrenb tyat namentlich ber jiemli$ mtyfyiföe „fianon ber
ber 10 attifcfyen Siebner" getoirft. 3)ie auf uns gelommenen SBerjeic^niffc biefeö unb
fcertoanbten ^nfyaltS, ^ule^t fyerauägeg. öon Äröfynert (Canonesne poetarum, scriptorum,
artificum per äntiquitatem fuerint? ÜönigSberg 1897), enthalten baä 2öort xavmv
gar nicfyt, fonbern ftatt beffen ettoa mva£ (©. 8. 11. 15f.). SBenn bei Quintilian
so (inst. I, 4, 3 ; X, 1,54) ordo Überfefcung fcon xaveov fein follte, toie in ber lat Ämtern
fpracfye fo häufig, fo bod& nic^t im ©inne toon „5Jtafcftab, Siegel", fonbern toie aad) ba$
baneben gebrauste numerus jeigt, im ©inne fcon SRetye, Sifte. 2)er bei ben Biologen
übliche Slu^brucf- canon X oratorum ift eine mobeme S^itation beä t^eologifd^en ©^>ra<^
gebraut, h>elc^e SRufynfen (Opusc. v. arg., ed. 2, I, 386) burefy feine fcorftcfytigenSBorte:
35 Itaque ex magna oratorum copia tamquam in canonem decem duntaxat
retulerunt Deranlafet, aber nic^t Derfc^ulbet ^at. 35afe bie griec&ifcfyen SSäter bei Slntoenbung
üon xaveov auf bie fyl. ©Triften an bie ©runbbebeutung „3)tafeftab, SRid^tfc^nur/' gar
ni$t me^r gebadet ^aben, ergiebt ftd^ unmittelbar barau^, baft fte bie ^l. ©Triften, toeu^e
afö fold^e bod^ nid^t an einem aufter i^nen liegenben 3Ra^ftab gemeffen, bama(^ eingerichtet,
40 forrigirt ober irgenbtoie gema^regät toerben lönnen unb bürfen, toai aüeö xavovitw
Reifet, bod^ jum Dbjett be« xavovt£eiv matten. 9lur in ganj anberer Stiftung finbet
man bei ©rieben unb ©^rern eine Serfd^iebung be$ Begriffe. 9)a bie me^r ober toeniger
amtli^e 2luffteDung einc^ fiatalogä ber ^l. ©Triften eo ipso au<£ äufftellung eine^
xaveov im ©inne einer fird&lictyen ©a^ung unb Siegel ift, fo ntifäte fidf> biefer Segriff ein.
M 2)ie3 geigte fid^ in ber ffyrifc^en Überfe^ung be^ 93orberi^ gu ben geftbriefen bed ät^.
(oben ©. 769,3i); ferner barin, bafc bie ©päteren ben Segriff ber Äanonigität burd^
xsxavoviojbieva au^brücfen (Stichom. Niceph. im Xitel; Synops. Pseudoath. ©Ä II,
297. 315. 316 med. ; Leont. de sectis act. III, 1 friwi yäg tcov 7iQa£€a>v nw
ajiooTokov xExavoviorai de%eo&ai fj/xäg), toaä bie ein für allemal erfolgte aufnähme
60 ber ©d^riften in bie ©ammlung ber ^l. ©d&riften, i^re „Äanonifterung" im mobernen ©inne
bebeutet, toäbrenb 2lt^anafiu« unb auefy bie ©^äteren manchmal neben ber jüngeren 8fo&
brudf^toeif e bafür xavoviCojueva gebrauten, toaö nur befagt, bafi bie Sucher im ?jnt)entar auf*
geführt, in ba^ SHegifter eingetragen toerben unb einzutragen finb, fo oft man ein folcbe*
aufftellt ober abfd^reibt. ©e^r bejeic^nenb ift, bafj 30nara^ ^m Kommentar jum 39. gefi*
56 brief be$ 2lt^. ben mobernen Slu^brudE gerabe^u bem urf^rünglic^en fubftituiert (Migne
SG. 138, 564). Sei ben Sateinem, toelctye biefen Unterfd^ieb nid^t beutlicfc burd^ $ar*
tippten auebrüdten fönnen, tritt er boc^ gumeilen fyerfcor, t>gl. einerfeitö Ambros. (^) ex-
plan, symboli bei (Safpari, jQuell. gur ®efd^. bc^ Xauff. II, 56 apocalypsis Johannis,
qui liber non canonizatur, anbererjeit^ Pseudochrys. op. imperf. in Mt. 2^3
go (Montf. VI p. XXXIV) alios prophetas, qui non sunt nobis canonizati. — ttö
Sanon be£ 9l%& 771
griecty. 2Bort fyat fofort aud& bei ben Sateinern ©ingang gefunben, in 2Kommfen'3 Äanon
um 359—365 (@Ä II, 1008 3. 1. 38 libri canonici), fe^r tyäuftg bei *ßrföcillian
(f. 3nbej bon Sc$ej)ß), ^tyilafter haer. 88, SRufinuS expos. symb. 38, ber ba$ Söort
afö fiberfefcer be$ DrigeneS unb be3 6ufebiu3 fefyr oft einträgt; bei 3luguftin, ber nod&
ein Seftmßtfem babon fyat, baß bieö ein moberner Sprachgebrauch fei (epist. 82,3 solis 5
eis scripturarum libris, qui jam canonici appellantur) u. f. to. Sofort aber
bemerft man ben großen Unterfd&ieb, baß bie Sateiner bie 33ibel felbft canon nennen }. 33.
«ßrföctllian p. 46, 1; 48,7; 50,2. 11; 52, 14—17; 53,5; 55,19; 56, 20 in canone
— p. 50, 18 in libris canonis = p. 55, 13 in libris canonicis = 46, 2 inter profetas
dispositi canonis; cf.p. 44,11 extra canonem = 51,22 extra canonicorum lib- 10
rorum numerum. 60 au$ bei £ierontymu$, ft>eldE>er bo$ baneben aud& no$ Vertrautheit
mit bem urfprünglid&en Sinn befunbet, epist. 71,5 canonem hebraicae veritatis . . .
dedi describendum. ©efyr bejeicfynenb ift für bie Seränberung beä SegriffS bie ge=
legentlicty borfommenbe Überfefcung regularis (Orig. lat. in Mt. §117 = canonizatus
L28 = canonicus § 46). 3n*>em W* urforünglic^e Sebeutung bon xavebv bei ben 15
teinern toieber lebenbig tourbe, berfnityfte ftcfc mit bem bon ben ©rieben in fe^r anberem
unb äußerlichem Sinne auf bie Sibetoerjek^nijfe angetoanbten 2Sort ber ©ebanle, baß bie
&L ©cfcift bie oberfte, in Sachen be$ ©laubenS maßgebenbe Autorität fei. Diefer ©ebanle
$at ber Ätrcfce niemals gan& gefehlt. Dfyne jebe SRüdffic^t auf eine abgesoffene Sammlung
unb o^ne ben ©egenfafc ju anberen, bon biefer Sammlung auägeföloffenen Schriften 20
tyA lertuttian c. Marc. III, 17 bon scripturarum regula, Clemens ström VI. 15
bon xavajv xov evayyeUov gerebet. 9iocfy am Slnfang be$ 5. 3a&r$unbertS frricfct
3Ratariu3 bon 2Kagnejta (apoerit. IV, 10) in gleichem Sinn bon xavfov Ttjg xaivtjg
dia&tjxrjg, unb föreibt gftbor bon ^ßelufuim (epist. IV, 114) rov xavova rijg äkrj-
üeiag, Tag deiag wtj/Lu ygacpäg. 9leu aber toar e$, baß bon ben Sateinern ber eben erft bei 25
ben ©rieben aufgenommene ylame für bie Sifte ber bibliföen Sudler, xavebv, afö ein
regelmäßiger Jiame auf bie Sibel felbft afö eine abgesoffene Sammlung unb bie maß*
gebenbe Autorität übertragen tourbe. 2)aburcfy erft ift ber uns geläufige begriff gefd^affen
toorben, toelc^er ber gried?. Äirctye ftefö fremb geblieben ift.
®ie SSorftellung einer abgesoffenen Sammlung bon DffenbarungSurfunben ift früher 30
bur$ (naXaid unb xaivrj) diafrrjxr] auägebrücft toorben, unb bie ^ugdjörigfeit &u biefer
feit DrigeneS burdj ivdidihjxog (de orat. 14,4; sei. in Psalm. Delarue II, 528),
häufig bei (SufebiuS (h. e. III, 3, 1. 3; 9, 5; 25, 6; V, 8, 1; VI, 14, 1) toofür
GtytybamuS (de mens. 3. 4. 10) unb manche Späteren (©Ä II, 971) ivdid&rrog
gebrauten. 3)ie Übertragung be$ 33egriff$ diaß/jx)] bon ber göttlichen Offenbarung unb ss
Stiftung auf ba$ Sucty ober bie 33ü$er, toorin fte ben nadjgeborenen ©efcfyled&tern borliegt,
fc$on im 2KE borgebilbet (6j 24,7; 3)t 9,9), bon sßautuS boOjogen (2 .Hr 3,14), ift bo$
erft jiemlid^ ftoät in ber Rtrcfye übliA getoorben, jumal inbe&ug auf ba« 31%. Sie
fmbet ftc^ nodp nid^t bei 3*enäu3, auep noc^ nic^t beutlid^ bei bem 2lntimontaniften bon
194 (bei Eus. h. e. V, 16,3 reo rtjg rov evayyeUov xaivfjg dia&rjxrjg Myco), ba$ 40
gegen mehrmals bei ©lernend unb in ber bereiten Überfe^ung testamentum unb in-
strumentum bei lertußian, aber felbft bei DrigeneS noc^ gelegentlich mit einem 3lu«brucf
ber @ntfdf?ulbigung toegen ber Ungenauigleit biefe^ tir$li$en Sprachgebrauch (©.HI,
103 — 113). 3Kan begnügte ftd^ früher unb bielf ad^ auety noc^ in ber fpäteren 3C^ m^
unbeftimmten Sluäbrücfen, toie at ygcxfal (feltener r) ygaqt] für ba^ ®anp) mit unb o&ne 45
bie 3ufäfce äyiai, ieoai, §elai, xvQiaxai, ober mit boltetümlicty ungenaueren S3ejeid^nungen
ber ßauptteile, toie ,,©efe$ unb (Sbangelium", „^rop^eten unb 2lpoftel". 3m iterfe&r
mit Änber^gläubigen nannte man biejelben Schriften aud^ „unfere Schriften", „unfere
Sitteratur" (©Ä I, 86). 3lfe folc^e galt aber natürlich nid&t 2ltte«, toa« (Stiften gef^rieben
Ratten ober gar toa^ ß^riften lafen, fonbern bie ber c^riftlid^en ©emeinbe afö fol^erw
gehörige unb tyr im Untertrieb bon anberen Streifen eigentümliche Sitteratur. So meinte
eS ber ©nojn'fer Valentin (Clem. ström. VI, 52), toenn er rä yFygajLiuivaiv xf\ Ixxbjofa
xov &eov in ©egenfa^ ju tu yeyQa^ieva fa Talg dtjpoolaig ßißAoig [teilte (@Ä II,
953 ff.). So bie Slloger, toenn fte ertlärten, bie Schriften be^ 30^an"e« feien „ni#t toert,
m ber Ährd&e au fein" (oben 8b I, 387,9). So CrigeneS, toenn er bie in ber Äird&e &•»
d% ^eilige Schriften geltenben Sucher oft Tfi <peg6jtieva h Talg IxxXrjoiaig ober h
Ttdon btxXrjoia 3U nennen pflegt (epist. ad. Arist. 1. 2. 4. 11; in Matth. tom.
XIV, 21 [falfcfce 221 h Wjf txxk) ; c. Cels. V, 54). Sie SorauSfefcung ber »etracfctung
getoiffer Schriften afö einer befonberen Älaffe fotoo^l ^eiliger toie ber d^riftlic^en .Hircbe
gehöriger Schriften bitbet ber firc^lictye, genauer ber gotteSbienftlictyc ©ebraud^. 2)ie Äircpe od
40*
772 Station bed WZ*
ate folcfye fyat, unb in ber Äirc^e in fcollem ©inne befinben ft# nur biejenigen ©d&riften,
toelc^e im ©otteäbienft gelefen unb bcr Erbauung unb Seletyrung ber ©cmeinben jugrunbe
gelegt toerben. Cf. Can. Mur. 1. 66 bon gefällten ©riefen be3 SßauluS quae in
ecclesiam catholicam reeipi non potest, 1. 68 f. epistola Judae et ... in catholica
6 (sc. ecclesia) habentur, 1. 72 Don einer ©etyrift be$ SJJetruS, quam quidam ex nostris
legi in ecclesia nolunt, 1. 77 f. bom §irten se publicare ... in ecclesia populo
neque inter prophetas completos numero neque inter apostolos in finem
temporum potest. ®ie regelmäßige gotteSbienftlid?e Sefung, toelcfye bei OrigeneS,
©ujebiuä u. a. fyäuftg drj/biooieveo&ai (feltener drjiisveoftai) h focxXtjoiaig ^eifei (®Ä I,
10 128. 131; II, 111—114) toar ba3 toefentlid&e ÜRerlmal ber afe ^eilige ©Triften $u
betracfytenben Sudler. 35ie SRcjeption eines S3u<$3 in bie flirre iji allemal eine Slejeption
in ben Ärete ber gotteSbienftlicfyen Sefebücfyer unb bamit ber fyl. ©Triften (Orig. proL
in cant. Delar. III. 30 legenda suseipere). $ie£ beftätigt ber ursprüngliche ©ebrouety
Don <bi6xQv<pog im ©egenfafc ju hdid^rjxog unb feinen älteren unb jüngeren äquivalenten
15 SDiefer Von ben 3juben übernommene Segriff (fyebr. to-J, grieety. jutoeilen au# äji6$$r)Tos
Orig. ad. Afr. 12, opp. (faros j. 33. Epiph. de mens. 3, 4 ; lat. libri secreti, opp.
manifesti, vulgati, publici) bejeid&net urfyrüngltd? nur ben SluSfcfylujj eines 93ud^ Don
ber gotte$bienftli$en Sefung, ofyne bafc bamit ein abfctyäfctgeS Urteil über ben Urftmmg
ober ben religiöfen Gfyarafter beä 93udf>3 ausgebrochen toäre (Qan. 12, 4. 9; 4 6fra
20 12, 36—38; 14, 18—48 cf. ©AI, 123—142; II, 325). liefen namentlich bei
DrigeneS noc$ ganj rein erhaltenen Segriff barf man ftd> baburefy niefct toerbunfeln laffen,
bafj fcfyon vor DrigeneS ein SrenäuS ober Jertullian über einzelne apotfytyt ©Triften,
tyauj>tfäc$lic§ toegen beS mit bemfelben getriebenen 3Rif$brauc$3 ungünftig geurteilt ^aben.
ßinem £ertullian ift ber §irt eben bamit aj)ofr$$, bafe er bon faü)olifc|en toie mon-
25 taniftifd&en SSerfammlungen untoert geachtet Sorben ift, „in bie göttliche Urfunbe eingetragen
ju Serben" (pud. 10. 20). Der bur$ ben ©egenfafe beä 2tyofr^en auSgebrücfteSegrijf
entbehrt freiltdj ber fcoßen Seftimmt^eit; benn erftenS toären bie Sudler, toelc^e gur Sefung im
©otteäbienft jugelaffen tourben, nid&t in ber ganjen Gfyriftenfyeit, bie feit bem Slnfang be$
2. ^afyrfyunbertS fid? „bie fatfyoliföe flirre" nannte (Ign. Smyrn. 8,2; Mart. Pol.
so inscr.), fc&lecfyttyinbiefelben. 2>n^befonbereinbcgug auf baS 9KE beftanben btd über ba$4.3afc5
tyunbert fyinauS bebeutenbe Unterfd&iebe jtoifcfyenben berföiebenen Säubern. gtotitttö fötoanfte
innerhalb ber einzelnen Drt& unb Sßrotrinjialfird&en &eittoeilig unb bis in foaterc
3eiten baS Urteil über aufnähme oberSluSfcfylufj mefyr als einer ©djrift. Drittens ermangelte
ber Segriff ber regelmäßigen gotteSbienftlictyen Sefung felbft ber völligen S3eftimmt^eit GS
86 hmrben hrcfylictye ©enbjdjreiben, toie ber erfte SlemenSbrief unb ber 33rief beS römifefcn
93ifd^ofö ©oter in itorintty metyr als einmal am ©onntag ber fcerfammelten ©emembe
öorgelefen (Dionys. Corinth. bei Eus. s. e. IV, 23, 11) ; bie Senate über bie Seiben
unb ©iege ber -Diärtyrer an i^ren lobeätagen u. bgl. m. Slud^ unter ben au$ ber
Sljjofteheit Vererbten ©Triften muffen je nad^ tyrer 3h>ecfmäptg!eit für bie Srbauung
40 Unterfcpiebe inbejug auf bie §äufigfeit ober SRegelmäßigfeit i^re« gotteöbienftlit^en
©ebraucfyS beftanben ^aben. D^ne biefe 2lnläffe jur Unjtc^er^eit ber ©renjen ber
SBibel gäbe e^ feine ©efäidjte be« Äanon^. aber tro$ aller Unbefthnmtyeit ber
begriffe unb aller baburefy bebingten ©d^toanfungen unb ©nttoidlungen fyat man
toährenb aller ber 3[<ty$wibertc, in melden ber Ration eine ©nttoicflung^gefd^ic^te Qfyabt
45 fyat, an ber gbentität be^ ÄreijeS ber fanonifc^en unb be« Äreifeä ber gotteöbienfUi^en
Sefebüc^er feftgebalten. äöenn 2luguftin bie Äanonijität ber SBeiSfyeit ©alomo« üerteibigt
(de praed. sanet. 27. 29 ©Ä II, 257), unb toenn 2tyeobor 3Ro\>\. bie flanonijität
be^ ^o^enliebe^ beftreitet (Mansi, Coli. conc. IX, 227), fo gilt beiben al« entfe^eibenbe«
Slrgument bie nac^toeißlic^e lectio publica ober beren ©egenteil. Die SJerfuc^e, jtoifc^en
60 fanonijd^en ©Triften unb fircfylicfyen Sefebüd^ern ju unterfc^eiben, blieben otyne nad^^attige
fflirfung unb Huberten nidjt, bafe na^ toie box lxxkr)oia£öfMevos (in ber SSerfammlung
öorgelefen), ixxkrjoiaoKxog bis in^ 3)fittelalter hinein böUig gleic^bebeutenb mit xavorueos
gebraust hmrbe (f. unten). 3)er §aitptunterfc^ieb jtoifcfyen ber 3^ bor unb ber 3*
naefy 330—350 befte^t barin, bafe öor btefer ß^od^e bie fjrage, toelc^e ©Triften ate
r,5 1)1 ©Triften gu betrauten ober mx diafhjxr] ju rennen feien, im toefentlic^en barnac^
beantwortet tourbe, toeld^e ©Triften toon alter^^er im ©otteäbienft gelefen tpurben, unb
bafe hingegen nac^ biefer ©pod^e, feit man anfing, amtliche Siften ber fyl. ©Triften auf-
guftellen, um allen ©cfytoanlungen unb Ungleichheiten ein @nbe ju machen, gleic^jeitig
toerorbnet tourbe, bafe nur biefe ©Triften jur gotte^bienftlic^en Sefung ^ugelaffen unb afö
gü Scioetemittel in bogmatifetyen Erörterungen öertüenbet toerben foHen. gragt man abtx,
Sattott be* WZ» 773
toorauf bic Äird&e fotootyl bor ben fircfyenamtlicfyen ©a^ungen au* bcr $eit bon 350
an, al* bei Slufftellung biefer ©a^ungen ben gotte*bienftlt$en ©ebrau$ ber betreffenben
Sänften, auf toeld&em ityre ©d&ä|ung al* fyl. Schrift beruht, jurüdffüfyrte, fo begegnet
uns überall bie Slnttoort: biefc unb nur biefe ©Triften feien ber Äircfye ju folgern ©e*
brauch übergeben toorben j. 99. bei Giemen* (ström. III, 93 h xdig nagadedofievoig 5
jjuv rhragatv evayyeXioig im ©egenfa| jum Slgtyptereb.), ©erajMon fcon Slnttod&ien
(Eus. h. e. VI, 12, 3 bon $feubepigrat>fyen roiama ov nagetößojuev), Origene*
(hom. in Luc. @Ä II, 625 ; über ben §ebr. al* lanomfefy unb paulinifefy bei Eus. VI,
25, 13), @ufebiu$ (h. e. III, 3, 2 ; 37, 2), ©piU (catech. IV, 35), Sltyanafiu*
(39. geftbr. @H II, 210), SRufin (expos. symb. 36 f. mefyrmal* ecclesiis traditi). 10
@me gefd&id&tli<$e Stunbe barüber, toer biefe Sucher ben ©emeinben al* fyl. ©Triften über«
aeben unb fie in ben gotte*bienftlicfyen ©ebrauc^ eingeführt fyabe, befafe bie altfatfyolifcfye
Kirche, fotoeit unfere Äenntni* ifyrer Sitteratur reid&t, nid&t. SBenn toirflic^ im Äanon be*
3Ruratori (f. b. 31.) bie Stanonifierung ber Sßrtoatbriefe be* $aulu* bur$ sanetificatae
sunt au*gebrücft ift, fo ift ber s3)Jangel jeber Slnbeutung über ba* ©ubjeft unb bie näheren 15
Umftänbe biefer §anblung ein berebte* 3^9"^ baftir, bafe um 200 eine gef$ic&tltd&e
ßrinnerung babon md&t mefyr fcorfyanben toar. Sjnbem !^renäu* borau*fefct, bafc bie@ban*
geliften i$re Sucher getrieben ^aben, um ber ©emeinbe bamit $u bienen, gUt ifym bie
Slbfaffung ber ©tob. jetbft al* ein tradere be* 6b. an bie flirre feiten* ber Styoftel
(I, 27, 2; III, 1, 1 befonber* bon 9Karcu* cf. Eus. h. e. II, 15, 2; Iren. III, 20
11, 9; IV, 34, 1). 311* ebenfo felbftoerftänblidf> galt, bafc bie »riefe ber 3l})oftel unb
bie 3tyofal$>fe jum 3toedf wfy nux einmaliger ßefung unb nicfyt nur für bie in ben
Überfcfyriften genannten ßinjelgememben gefd&rieben toorben feien. 93on ben ©driften be*
SU* toar ofynetyin faum ettoa* anbere* ju benfen, al* bafe fte bon ben Styoftcln ben bon
tyxun geftifteten ©emeinben fofort „übergeben" unb jum fleißigen ©ebrauefy entyfofylen 25
toorben feien (cf. Just. apol. I, 49). 6* toar bafyer ntcfyt* neue*, toenn Slt^anaftu* bie
gange gfeftftellung bc* Äanon* ber beiben leftamente al* ein SBerf ber „Stotopten unb
Wiener be* 2öort* fcon SInfang" (2c 1, 2), alfo ber Sfyoftel betrachtete, toelc&e biefe
Schriften „ben 3Sätem übergeben faben" (©St II, 210). S3orfid&tiger fyittt Drigene*
öon ben SKännern ber Urjeit geforocfyen (bei Eus. VI, 25, 12 ol dgxaioi ävdgeg, toa* 90
©eberianu* burefy ol nakaiol id>v Imoxonoiv toiebergiebt Gramer, Cat. VII, 115),
ober bon ben Tätern, toclcfye bie ©renken ber I?l. ©Triften für eloige fttittn gebogen
^aben (ad. Airic. c. 5) ; 6t;rillu* öon ben Sfyofteln unb ben Sifd^öfen ber anfanget,
h>elc^e biefe unb nur biefe ©d&riften (ben ©emeinben) übergeben fyaben (catech. IV, 35)
unb ^tyilafter bon ben ä^ofteln unb ifyren Nachfolgern, toel^e fogar ba* SJerbot erlaffen 85
^aben foßen, anbere al* bie lanonifd^en ©Triften in ber fatyolifd&en Äir^e gu lefen
(haer. 88).
II. S5a* 31. leftament um 170—220. Da un* leine Nachrichten über bie
ßntfte^ung be* 5R3:* ju ©ebote ftefyen, fo finb toir barauf angetoiefen, bon einem in
beDerem Sicfyt fte^enben $unft ber ©nttoicfelung au* rüdto>ärt* fd^reitenb, unter forgfältiger 40
59erüdfftdj)tigung ber einfc^lagenben ^^atfad^en, toeld&e un* auf biefem SBege aufftofjen,
bem Urfj)rung nä^er %\x fommen. ßinen folgen 3lu*gang*funft bietet un* bie am
gegebene ^eriobe. ©egon ju Slnfang berfelben toar ber Kampf mit ben fyäretifc&en
Äid^tungen fotoeit entfe^ieben, bafe bie ©efte 3Karcion* unb bie ©d^ulen ber ©noftiler, ,
unter toeld^en bie be* Salentinu* bie bebeutenbfte toar, Don ber tötrcfye au*gefd^ieben 45
toaren. 3)ie 156 begonnene montaniftifdfje 33etoegung toar nod^ in bollern ©ang unb
toirfte toä^renb biefer ^eriobe anregenb nid^t fotoo^l auf ben Seftanb be* 9KE*, al* auf
bie SBürbigung feine* fpejififcfcen SÖerte*. 3)ie Mirc^e fyattt ein 9iX, toenn aud^ biefe
93egei$nung erft im Serlauf ber^eriobe allgemein üblich tourbe (oben ©. 171, 35 ff.), ©e»
rabe gegenüber ber Sebauptung ber 3Kontaniften, ba§ mit bem auftreten ber p^gifeben go
^Jro^eten eine neue epod^e ber Tffenbarung eingetreten fei, toelc^e mit ber burefc
G^riftu* unb bie Sfyoftel erfolgten Offenbarung ebenbürtig fei, ja über biefe fyinau*füfyre
unb toert fei, gleich biefer in fcfyriftlid&er ^orm ber ©emeinbe al* 2id&t unb Siedet auf
bem 2Bege i^rer toeiteren ßnttoicfelung bargeboten unb erhalten ju toerben, fteigerte fid& in
ber Äircge ba* Sktoufetfein, bafe bie 3^t ber enbgiltigen Offenbarung mit bem lobe be* »
legten Slpoftel* ihr @nbe eneic^t ^abe unb fomit auefc ber Ärei* ber Dffenbarung*urtunben
mit ben legten au* Der 2tyoftelj\eit ererbten unb im ©cmeinbegotte*bienft gelefenen ©d^riften
abgesoffen fei (®Ä II, 4 -22. 111—117; II, 75; gorfefc. V, 16 f.). 3m ©egenfafc
»um ü)tontani*mu* toie j\u ben ^äretilern betrachtete man 31^22, 18 f. al* ben unüberfc^reits
baren ©renjftein ber firc^lic^en Sibel (ber Slntimontanift bei Eus. V, 16, 3 ; Iren. ««
774 ftanoit be« Wt»
IV, 33, 8 ; V, 30, 1 ; Tert. Hermog. 22 ; @Ä 1, 113, ». 2 ; 115 ». 1). Unb bodfc fehlte bid
baran, bafe bie SBibel, in«befonbere ba« SR5Ef bamal« eine feftbegrenzte ©röfce getoefcn
toäre. 35er C. Mur. 6. 79 f. fagt beutlic^ genug, bafj „bie 2tyofkr ni$t ebenfo toie „bic
spro^eten" in S3e^ug auf bie Acfyl abgefcfyloffen feien ; er berietet bon SRetmmgSöerföiebcm
5 Reiten, toeld&e unter ben Äatyolilen über eine ©d&rift unter bem SRamen be« ?Petru« be*
ftanben, unb toeift auf SSerfyanblungen über ben §irten $m, toobei e« ficty fragte, ob
er gleich ben Sßroptyeten unb äfyofteln zur Sefung im ©otte«bienft zugelaffen toerben foOte.
Sßouenb« eine 93ergleid&ung be« Seftanbe« in ben begebenen leiten ber Äirt^c tofirbe
nod) anbere beträchtliche 93erfc£iebcn$eiten and Sicfyt gebogen fyaben. SBbcr tro| be« leb*
10 haften 93erfe$r« unter ben Stirnen fyat man ftcty bamal« auf berartige $ergieu$ungen
faum eingelaffen. 3jm ©egenfa^ ju SKardon unb aJtontanu« übertoog ba« ©efitfil be«
gemeinfamen, unantaftbaren 93eftfte« ber fatyoliföen Äircfce an ffl. ©cpriften, unb fdbfl
ber SMontanift bezeichnete bie fircfylictye 93ibcl beiber leftamente hn Unterfcfcieb bon ben
Offenbarungen ber neuen Sßroptyeten al« communia instrumenta scripturarum pri-
15 stinarum (Tert. monog. 4). 6« gab in ber 2tyat einen überall m finbenben eifernen
Seftanb, in 93erglei$ mit tocld&em bie me^r ober toeniger fraglichen Seftanbtcile ber
©ammlung toenig in« ©ehn$t fielen. S5ei bem folgenben 9tod&toei« im einzelnen toirb
Zunäcfyft abgefe^en bon ber farifäen ßird&e bon (Sbeffa, fotoie bon ber bereit« jur ©elte
geworbenen jubend&riftlictyen Jtircfye unb ben übrigen ©elten.
20 1. Die 4. 6 b b. 3m ©egenfafc zu bem felbftgefctyaffenen @b., toekfceS SKarcion
feiner ©emeinbe gegeben fyatte, ju bem evangelium veritatis, toeld&e« bie 33olentmiancr
neben ben 4 @t>b. ber Äird^e gebrausten, &u ber SJertoerfung be« jofy. 6b. feiten« ber
Slloger, zu bem au«fc§liepc$en ©ebraucty be« 3Rt ober be« 9Rr bei anberen Parteien be=
tont 3>renäu«, baft ber Sogo«, ber bie SBelt gebilbet, ber Kirche ba« @b. in einer bier*
25 fachen ©eftalt gegeben fyabe (III, 11, 8 gdcoxev fifuv Tetgdfxogwov xo evayyihoy),
toelc^e ju beriefen eine ©ünbc gegen ©otte« Offenbarung unb ©eift fei. Sie (Sin^eit
unb bie au«fd&lief$li$e ©eltung ber ©bb. be« 9Kt, 9Rr, Sc, 3ob f^nb fäon bamal« i^ren
3lu«brucf barin, bafj biefe 4 Sudler al« ba« eine unb einige @b. (to eö.) bezeichnet unb,
too ba« Sebürfni« obtoaltete, für einzelne« ben 3^9^ namhaft ju machen, bie 38erf affer
so ber 4 leile be« Krd^lid^en @b.3 in ber fjorm xaza Mar&aiov, Mägxov xxX. angeführt m
toerben pflegten (^renäu^, C. Mur., Glemenä, nid^t ^EertuDian unb niemal« bie ©tyrer).
3Bie toenig anbere 6bb. für ben fird^liSen ©otte^bienft jener fytit in S3etrac^t fommen,
betoeift ba« böQige ©Sh)eigen über fol$c bei SertuHian unb im 0. Mur., toel$er e^
bod) gleichzeitig nötig fanb, gtoei unechte ©riefe beä $aulu« abzulehnen unb bie 3Remungö*
36 berfc^ieben^eiten in Se}ug auf anbere ©Triften ju ertoäfynen. SSud^ ©lernen«, hjel^er fu^
gegen bie berfd&iebenarttgen au^erbiblifd^en unb au|erfir$lictyen ©Triften unb Überlieferungen
äu|erft toeitfyerzig jeigt, unterfc^eibet bod^, h)o e3 auf bie einer ©c^rift zufommenbe 9e^
h>ei«fraft anlommt, fd^arf „bie unä (b. fy ber 5tirc§e) übergebenen 4 6t>b/' bon folgen
Sudlern toie ba« ®b. ber SÜg^ter (ström. III, 93 oben ©. 773, ö). 2Bo er t>on ber
40 (Sntftefyung ber @bt>. ^anbelt, berücffid^tigt er nur bic bier (bei Eus. h. e. VI, 14, 4),
unb er füfyrt eb. Iqrte, toeld^e toon bem f ird^lic^en abtoeic^en, auf Seute jurücf , toelc^e „bie
6öt). umfeijjen" (ström. IV, 41). Um biefe ßeit unb fd^on zu berjemgen be« 3renöuä
fehlte jebe ßrinnerung baran, ba^ jemate in ber Äirdjje b. ^. im ©otteäbienft berfelben
ein anbere« 6b. aufjer ben bieren gebraust toorben fei, unb bajj eine« biefer (Stob, eine
46 ^eit lang um feinen ^ßla$ unt^r ben fircfylid&en Sefebüd^ern zu lämpfen gehabt fcabe. Som
jo^. Sbangelium leugneten auefy feine entjc^loffenen ©egner, bie Slloger um 170, nic^t,
bafe e« zu Sebz^ten be« 2lpoftel« 3<>fy. entftanben unb feitbem „in ber Äirc^e" fei (Sbl,
387,i»). 211« latian um 170—180 für feine forifd&en 2anb«leute ba« 2)iateffaron ber*
fafcte, fprad^ er fd^on burefy biefen Xitel au«, ba§ für bie §erfteDung eine« lirc^lic^en
60 ßtoangelienbudje« felbfttoerftänblic^ !eine anberen Duellen al« biefe 4 6bb. in Setrad&t $a
Zicken feien. 2)ie Siegel toirb nur beftätigt burdj bie fd^einbare äu«na^me, toelc^e ©ero=
>)ion Don Slntiod^ien um 200 machte, inbem er geh>iffen fieuten in ber ju feinem Strenget
gehörigen ©emeinbe bon Sl^ofu« geftattetc, ein naefc $etru« genannte« ®b. zu lefen (Eus.
h. e. VI, 12, 2—6; ©S I, 177 f.; II, 742—751; 3a#t, ba« $etru«eb. ©.2—5).
66 gr t^at bie«, toie er felbft fagt, o^ne ba« 93ud^ burd^gelefen zu fyaben, unb im SSertraum
auf bie Siecfytgläubigfeit ber Seute, toeld^e toegen i^rer SSenufeung biefe« ©b. 25erbrieftlicfc
feiten in ber ©emeinbe gehabt unb an ba« Urteil be« 33ifdE>of« ^eHiert Ratten. 3?ac9bcm
©era))ion aber erfahren l^atte, ba^ jene Seute fyeimlicfyc §aretifer feien, toufete er fi$ Don
einer ©ehe in Slntiocfyicn ba« S3uc^ zu fcerfcfyaffen, ftubierte ba«felbe unb f^rieb, nactyfcem
eo er beffen ^eterobojen Ctyarafter erfannt fyaitz, in biefem ©inne an bie ©emeinbe zu 9tyofu$,
Station be* »<E3 775
feine frühere -Nactyfictyt entföulbigenb unb feinen erneuten ©efu$ anfünbigenb. ©elbft toenn
mit bem SBortlaut feinet ©rief« bie Auffaffung berträglic^ toäre, toonaefc ©erajrion borüber*
gefcnb Sefung beä 3ßetruäett. im ©emeinbegotteSbienft $u Styofuä geftattet ^ätte, toürbe
Dar fein, ba& bieä eine Abtoeid&ung bon ber allgemeinen ©etoo&nfyeit getoefen toäre. Der
©iföof ber Metropole fannte ba3 ©ud& gar nid&t ; nur bei einer $firctif$en Seite tonnte 6
er ein ßjemplar auftreiben, unb fofort toiberrief er fein anfänglid&eS Urteil. 3n ber 2$at
^atte er aber nur ben ©runbfaft angetoanbt, ben aud& Element, Drigeneä, ber ©erfaffer
ber DibaSlalia u. a., ja felbft §renäu3 (in ©e$ug auf münblic^e ©rjäfylungen ber Apoftek
fd&filer unb ba$ 2Berf beS ^ßa^tad) befolgt $aben unb ben man foäter förmlich auSforacty
ßtyilafter haer. 88), bafj aud) apofrifl^e, pfeubepigrajj^e unb fogar fyäretifd&e ©Triften, io
toelctye ben Anfang ergeben, bon ^ßropfyeten unb Styofteln $er$urüfyren, bon ben „3M-
lommenen" otyne ©$aben, ja fogar mit SWufcen, gelefen toerben fönnen. Die Äirctye
getyen fte nichts an; bon beren ©otteSbtenft bleiben fie auSgefd&loffen. Sotoeit baä ©e*
ba<$tni$ ber fie^rer um 170—220 jurüdfreid&te, toar bon jetyer toafyr getoefen, toaä
DrigeneS fagte: „Die Äirc^e ©otteä btuigt nur bie 4 6bb." (hom. 1 in Luc, gried&ifö 15
@Ä II, 627).
2. Die ©riefe beä $aulu$. Überall regiert toaren 13 berfelben. SBenn in
C. Murat. 1. 60—63 bie Stejeption ber 4 Sßribotbriefe auSbrüdflicfy gerechtfertigt toirb, fo
jc^eint baä toeniger bur$ (Erinnerung an eine foätere (Einführung berfelben in ben @otte&
bienft beranlafet ju fein, als bur$ ben eigenen ©ebanlengang beä ©erfafferS, toona$ bie 20
an 7 ©emeinben gerichteten ©riefe beä $aulu$ ebenfo toie bie 7 ©riefe in Styf 1—3
bon born^erein für bie buref) bie fombolifd&e gafyl repräfentierte ©efamtfird&e berechnet
toaren. Die in biefeä ©d^ema nic^t paffenben ^ßribatbriefe beburften eben barum einer
.befonberen Sted&tfertigung. Db für bie bort abgetoiefeÄen ©riefe an bie Saobicener unb
Alejanbriner (1. 63—68) bamafö bon irgenb jemanb ernftlic^ ber Anjprud& ber SRe^ 25
tion erhoben tourbe, toiffen toir nic^t. ©gl. jebocfy ©b VII, 493 f. Dagegen beftanb
jtoiföen großen Abteilungen ber fatyolifäen Äirc&e eine ©erfd&iebentyeit in ©e^ug auf ben
Aebräerbrief. Die Äirdjje bon Alejanbrien tyat tyn bon jefyer als ein cc^ted JBerf beä
$aulu$ in ©erbinbung mit ben übrigen ©riefen beSfelben gelefen unb bie ©eobad&tung
feiner ftiliftifd&en ©erfcfyiebenfyeit fyat bort nur §$>otfyefen über einen ettoaigen tiberfefcerso
beS angeblich fyebräifcty gefc&riebenen ©rief* ^erborgerufen. 9ta$bem aber Drigene^ mit
tilfe ber Annahme, ba| $aulu^ bie Aufarbeitung einem ©c^üler überlaffen fyabz, bie
xabition feiner §eimatfird^e berteibigt tyatte, blieb biefe bort unangefod^ten unb berbreU
tete ft^ bon älcjanbrien au^ im ganzen Orient. Dagegen gehörte er bte über bie 9Ritte
be« 4. 3ö^unbertg tyinauS nid^t jum 9ü ber fatyolifcpen Äird^e be^ äbenblanbe«. Da^ 36
böDtge ©c^toeigen be« C. Murat. unb ber 3lfrifaner bon 6$>rian btö ^u Optatu« unb
gum 3Rommfenfc^en Äanon toirb burc^ ba$ 3^9"^ *>& Caju^ bon 9tom (Eus. VI, 20),
be« ßufebiuS (h. e. III, 3, 5) u. a. beftätigt. ©d^on barum fönnen 3r*mw$ unb ftippo*
ltytu£, bie i^n mit ^od^ad^tung gelefen, aber bem $aulu3 abgefpro^en tyaben, ntept aU
3eugen bafür gelten, bafe er jum WX ber Sirenen bon fi^on unb JRom gehört ^abe 40
(8b VII, 505, 11—35). Dafe er auety in Äart^ago um 220 toeber afe lanonifd^ no(^
ate paulinifd^ galt, bezeugt iertußian gerabe burety bie Art, toie er feine ©erufung auf
bemfelben an bie borange^enben ©d^riftbetoeife anf ^liefet (pud. 20). SBenn er i^n aber
otyne jebe Anbeutung bon Unftd^er^eit al^ Barnabae titulus ad Hebraeos eitiert unb
toeiter im ©ergleic^ mit bem §irten über i^n föreibt : reeeptior apud ecclesias epi- 45
stola Barnabae, fo giebt er eine Xrabition toieber, freiere toeber bie ate^anbrinifd^e,
noc^ biejenige ber lat^olifd^en Äird^e bon Afrila unb Slom toar. 3Kan toufjte längft, bafe
biefelbe ©teile §br 6, 4—8, auf toeld^e ber 9)tontanift lertuDian ftd^ bort beruft, bon
ben SRobatianern in gleichem 5«^^ ftort bertoertet toorben ift (Epiph. haer. 59, 2;
Philaster haer. 89; Ambros. de poenit. II, 2). ©rft neuerbing« aber ift ber 3Us«>
fammen^ang llar getoorben. %n ben für^lid^ an« Sic^t gefommenen Tractatus Origenis
(ed. Batiffol, 1900 p. 108), beren Abfaffung burc^ ^cobatian faum me^r ju bejtoeifeln
ift (bgl. SR. firc^l. 3tfcf>r. 1900, ©. 348—360), toirb §br 13, 15 o^ne Um$toeife ate
ein ffiort bed sanetissimus Barnabas mitten unter Sprühen au« $aulu£ eitiert yixfy
in ber fattyoliföen Äirdbe 9tom« ober ÄartfyagoS, fonbem in ben montaniftifc^en unb fo* 66
bann in ben nobatianifefcen ©emeinben toar ber §br unb $toar ate ein 2öerf be« ©ar=
naba$ reeipiert. Db and) in lat^olifd^en ©emeinben ber §eimat be« 3Jlontani«mu«, bleibt
ungetoi^.
3. ©on ber Apoftelgefd^ic^te (®Ä I, 192—197) ift nur &u fagen, ba| fte
überall unter bem Xitel jiQä$eis (acta, fpäter meift actus) xayv dnooxoXajv ol« ein&ert w
776 Saturn bei 9iZ*
be« ©bangeliften SucaS anerfannt toar, unb bafe ifyre gugetyörigteit jum 9fö nid&t nur
burcty reic^lictye ©enufcung gum ©d^riftbcloeiö bei ^rcnäuö, XeriuDtan u. a., fotoie bur$
tyre Stellung $toifd&en (fbb. unb *ßaulu3briefen im C. Murat. bezeugt tft, fonbern ou4
burcty bie auSbrüdf li<$e Stüge gegen SRarcton, bafc er fte bertoorf en, b. B. ni$t in f ein 912
6 aufgenommen ^abe (Tert. Marc. V, 2; praescr. 22; Pseudotert. haer. 16; inbirrft
au# fraft be$ ^ufammen&angS Iren. III, 12, 12; H, 1; 15, 1).
4. £ie Slpofaltypfe $at au$ aßen teilen ber flirre bie ftärtften ©etoeifc tyrer
Slnerfennung für ft# aufoutoeifen. Xfyeo^tluä fcon äfotiod&ien (geft. balb nad& 180) unb
bie ©emeinbe bon Styon im Sa^re 177 citieren fte afö ^eilige ©d&rift (Eus. h. e. VI,
iü 24, 1 ; V, 1, 58). $rcnäu8, melier bie Slnfecbtung beä 4. @b. burd& bie Slloger fc^arf
berurteilt (III, 11, 9), unb ber C. Mur., toelcper beren Sßolemit gegen biefeS unb bie
©riefe beä 3jol?. ju berücfftc&tigen fd&eint (1. 16—34), galten bie Styl einer ^Rechtfertigung
nad& biefer ©eite &tn nid&t für bebürftig. ^renäuS (V, 30, 2), lertuBian (fuga 1. 7;
pud. 20) unb ©lernen« (paed. II, 108) cttieren fte gelegentlich afö „bie Styofalwfe"
16 fcfylec^tbin, obtoofyl e$ mehrere anbere ©Triften biefeä $itefö gab, bon toeld^en Giemen^ eine
fogar rommentiert fyat (Eus. VI, 14, 1). 3nt ©egenfa^ ju ber befonberen §oc$fc$ä$ung ber
2fyl bei ben 9Kontaniften fyaben bie Slloger unter ben jofy. ©d&rtften, bie fte fämtlidj für
Söerfe Äerint^ ertlärten, bie Styl in beräc^tlid&ftem SEone feitiftert (95b I, 387). SluS
bem gleiten ©egenfafc ift e$ ju erflören, bafe ber Stömer 6aju3 (bor 217) nur biefen
20 leil ber Äritil ber Slloger ftcty aneignete (Eus. V, 28). $ta)oltyt, ber föon früher gegen
bie Slloger eine Sfyologie für baä ©b. unb bie Sfol berfafet gatte, fuctye nun in einer be*
fonberen ©c&rift gegen SajuS beffen ßritif ber Sfyf ni toiberlegen (©£ I, 220—262,
II, 973—991). Äeme Slbteilung ber fatyoltfd&en Stirdpe fyat ftd& bamafö in tyrer §o<fc
fcfyäfcung ber Styt irre mad&en laffen. 3)er 2tnft>ru# be$ ©uc$3, auf unmittelbarer Offen*
25 barung berutyenb unb für alle ©emeinben beftimmt ju fein, fotoie bie alte Überlieferung,
bafi e$ erft um 95 getrieben fei, begtinftigte bie ©etractytung biefeä ©u$$ afö be$ ©ctytofr
fteinS be$ 9EE3 (oben ©. 773, eo).
5. Die „latfyolifctyen 93 riefe". 2)ie Stellung ber 7 »riefe, toeld&e totr feit 8m
fang beö 4. IgatyrfyunbertS unter biefem 9lamen atö integrierenben Seftanbteil be« 912S gc*
sonannt (Eus. h. e. II, 23, 25; IV, 14, 1 ; G^rill., cat. IV, 36.; ber ed&te eu^oliu«
ed. Zacagni p. 405. 409) unb föliefelicfy mit Slu^fc^lu^ onberer ©Triften t>erh>anbter
2lrt überaß anerfannt finben, toar um 200 eine fe^r berfd^iebenartige. 3)em erflen 93r icf
be^ 3°Mnnc^» to überall rejiziert toar, muffen bon bornfyeretn bie beiben Heineren
Briefe gleiten %\tdi angehängt getoefen fein, toenn i^re ©efd^id^te in ber Äm&e unb
35 felbft tyre (Ir^altuug begreiflich fein foD. ©leid&e 93e^anblung mit bem erften erfährt ber
jtoeite bireft unb inbireft bei ^renäu^ (1, 16,3; 111,15,8) unb ©lernen« (ström. II, 66 ;
hypot. ^orfd^. III, 92). 2)a§ un$ bon ber Slu^legung be« 3.93rief« in ben $ty>ottyu>fen
be« (Slemenö nid^tö erhalten ift, lann ba« bo^elte 3*u0iu3 be«@ufebiu« (h. c.VI, 14,1)
unb beS ^J^otiuö (cod. 109), baft er fämtlicfye fat^olif^e ©riefe barin be^anbelt ^abe,
40 nic^t entlräften. 3)ie B^^M^ toelc^e ber unbebingten Slnerfennung bon 2. unb 3. 3°^
in mannen Seilen ber Äirdjje rne^r ober toeniger lange im SBege ftanben, betrafen na<^
DrigeneS (bei Eus. VI, 25, 10) unb bem 2Kommfenfc$en Äanon (©St II, 14), fotoie
nad^ bem Seftanb ber ^efd^itt^a unb be$ griec^ifd^en 31%% bon Slntioc^ien im 4. 3a$r*
bunbert überall unb ftetä biefe beiben ©riefe in gleichem ÜJla^e. ©^ ift auc$ übertoiegenb
45 toa^rfc^einlid^, ba§ ber C. Mur. 1. 69 (f. b. 21.) bie beiben Heineren ©riefe afö meiert
bweic^net, bieS jebocfj nid^t, o^ne anjubeuten, ba| i^re äbfaffung burd^ ben Styoftel 3^6
auerbing^ nur burd^ bie in ber Äircfye übliche äufjere Sitelüberfd^rift berbürgt fei. 3Bo
man nid^t toufetc, ba^ ber Sfyofiel %ol) im Greife feiner ©c&üler 6 jiQeoßvxsgog genannt
toorben toar, tonnten ©ebenlen gegen feine 2lutorf<$aft bie Stellung ber ©riefe be3 $re^
so b^ter^ im 31% um fo leidster erfd^üttern, afö fte fetyon toegen i^reö geringen Umfang*
nur feiten an ber öffentlichen Sefung teilnehmen lonnten, unb aud& feiten ©elegen^ert
toar, fte ju citieren. 3l^nlid^ bereit e3 ftd^ mit bem ©rief be$ 3u^a^- SEBä^enb er
bon Glemcnä afö ein „fat^olifd^er ©rief" lommentiert (gorfd&.III, 83, 10), t>on C.Mur.
1. 68 afö in ber fat^olifcfyen Äirdfje rejiziert bejeid^net, bon S^rtullian (de eultu fem.
55 I, 3) afö betoeföfräfttge ©c^rift eines Slpoftefö citiert toorben ift, beutet DrigeneS, ber ibn
fonft unbebenfltdEj citiert, einmal an, bafe er m$t allgemein anerlannt toerbe (tom. XVII,
30 inMatth.). @r toar im 4. gjabrlnmbcrt ein Slntilcgomenon (Eus. III, 25, 3), tourbe
unter anberem auc^ toegen feiner ©enu^ung jübifdjcr Sljjofr^^en bon manchen für uneit
erflärt unb bertoorfen (Hieron. v. ill. I cf. Eus. II, 23, 25) unb nid^t nur bon ben
eo Slntiocfyenern unb ©tyrern, fonbern aud^ bon 3lfrilanem um 360 (C. Momms. ©Ä II,
Station be« 91J« 777
144 f.) ftittfötoeigenb au«gcfd&loffen. @r fyatte alfo feine anfängliche Äanoniutät fpäter
in toetten Rreif en toieber eingebüßt.— Der ©rief be«3afobu«, toelctyer fe^r frity im
Slbenblanbe gelefen toorben ift unb toafcrföeinlic^ bem $renäu«, bielleictyt au<$ bem $tW>o-
fytu« befannt toar (®inl. P, 92. 97 ff. ; ©S I, 323—325. 962 ; Sontoetfö, ©tub. j. b.
Äomm. £iH>ofyt* 6. 26), tyat bi« jur SKitte be« 4. ga^unbert« in feiner abenbläm ö
biföen Äircfce jum 9EE gehört. 3)a« üöüige Steigen be« C. Murat. unb be« C. Momms.
über tyn toirb burdfc ba« negatibe 3^9"^ &** lateintfd^en ©dfpiftfteller berfelben fttxt be*
ftatiflt. Dagegen fd&eint er bei ben ©rieben be« Dften« ju ben am aßgemeinften am
erlamiten ©driften gehört ya tyaben. 3)aß Giemen« tyn tommentiert fyax, ergiebt fu§
ni<$t nur au« bem allgemein lautenben ßeugni« be« ©ufebiu« unb be« Sßfyotiu« (f. bor^in 10
©.776,3«), fonbem au$ burcfy Kombination ber borfyanbenen Fragmente ber §Woä;foofen
(fforfö. III, 150 f.; VI, 257. 271; ©Ä I, 322. 349). Dbtoo&l Drigene« einmal tyn
al« Slntilegomenon cfyaralteriftert (f. unten V), fte&t er im C. Ciarom. 1. 65 nocfc bor bem
1. 3o^., unb er toürbe in ber foäter abgesoffenen #ebboma« ber fatfy. ©riefe (Eus.
h. e. II, 23, 25 ; GtyriH, @u$aliu«, ättyanaftu«, @)>i^amu«, ©regor 9taj.)# fotote bei 15
benjenigen ©rieben unb ©tyrern, toeld&e nur 3 fatty. »riefe anerfannten, nic^t regelmäßig bie
erfle ©teile einnehmen, toenn fein Slnfe^en nicfyt im gric^ifd^en Orient ein befonber« gefiederte«
getoefen toäre. »ead&ten«toert ftnb bie ßitate bei 3Reu)obiu« (ed. »ontoetfö ©.291,26),
too er fälfölicfc bem Sßaulu« jugefc^rieben toirb, unb S. 249, 14). 2öenn er noc| um
325 bon mannen für unecht erflärt toürbe (Eus. II, 23, 25) unb batyer bon Sufebiu« 20
unter bie Slntitegomena geregnet toürbe (III, 25, 3), fo lann ftd& bie« ebenfo toie bie
gleid&bebeutenbe »emerfung be« Drigene« nur auf bie bamal« nodb anbauernbe Slblefynung
feiten« berßateiner unb ber ©tyrer bejiefyen. — Die allgemeine änerfennung be« l.^etru««
brief e« um 200 ift burdfc Srenäu«, bie Epist. Lugd. bon 177, ©Jemen«, beffen 2lu«*
legung toir nodf^ befifcen, Xertuttian, £>ifyu>fytu« u. a. (@Ä I, 303—306), fotoie burd& 25
ben ©ebrauefc im 3. Satyr^unbert (Styman unb feine ^^^^öffen; Drigene« bei Eus.
VI, 25, 8 fkav bitoxokr)v ofiokoyovfihriv) berbürgt. @« toürbe C. Mur. eine uner*
flärlic^e 9(u«na^me machen, toenn er tyn gar nid&t ertoäfynt fyäüt. @« ift ba^er toa^r«
f$einli$ an ber ©teile, too bon einer ©$rift be« $etru« ober mehreren folgen bie Siebe
ift, urforünglicty bom 1. *ßetru«brief gefagt getoefen, baß er ebenfo toie bie joty. 2fyofal$>fe 80
reagiert fei, toä^renb gegen bie fircfylidpe 2efung be« 2. 5ßetru«brief« bon mannen
Äati^oKIen proteftiert toerbe (f. b. 31.). 2>ie« toürbe borau«fö&en, baß er im Umfrei« bon
9tom ni$t ganj unbetannt, aber ni$t gleid^ bem 1. $t regiert toar. Ob ^renäu« i^n
gelaunt, bleibt jtoeifelfyaft ; bon Äiwotytu« bagegen ift bie« mit ©iAertyeit ju be^au)>ten
(®Ä I, 316 f.; in ben feiger befannt getoorbenen ©driften, 33erl. Siu«g. I, 1, 164, 19; 36
210, 8; 240, 2 ; I, 2, 120, 22). Slnbererfeit« fe^It jebe« geugni« bafür, baß ber 2. *ßt
im 2ttenblanb bor 350 gum 3tX gehört ^abc. 3m C. Momms. toirb gerabegu gegen
ben 95erfu$ feiner Äanonifierung ^roteftiert. Slnber« im Orient. 3fk nic^t ju beanftanben,
baß(Hemen« i^n fommentiert fyabe (bor^in©.776,38), fo toar er bo$, toie ba« große Iat.
gragment ber§^ot^ofen betoeift, m ber S3ibel be« Giemen« nic^t bem l.^ßt angefc^loffen 40
(3forfd&. III, 154). Drigene« fd&eint i^n jtoar felbft für e#t unb für eine ^1. ©c&rift
ju galten (hom. 13, 6 in Num. ; hom. 4, 4 in Lev.; comm. in Rom. lib. IV, 9;
VIII, 7), befennt aber bod&, baß bie Meinungen über tyn geteilt feien (Eus. IV, 25,8).
6r muß bon alter 3^t ^er im Orient eine anbere ©tellung jum 911 gehabt ^aben, al«
ber 1. $t, toenn man ertoägt, baß Sufebiu« (h. e. III, 3, 1) e« gerabeju al« bie tym 45
jugefommene Überlieferung bejeid^net, baß er nid&t ivdtd&rjxog fei; ferner baß noety 2)U
b^mu« um 380 tyn für une^t unb nic^t lanonifd^ erflärt, obtoo^l er tyn felbft fommen«
tiert, fyäufig genug citiert unb o^ne Sßroteft anerfennt, baß er öffentlich gelefen toerbe
(9Rigne S. gr. 39, 1774) ; enblidfc baß er bon ben Slntuxtyencrn unb ben ©tyrern um
biefelbe $Ät betyarrlicfy abgelehnt toürbe, obtoo^l e« tym an 3^0"^«" «u« ber 3*it bor so
Sufebiu« aud^ in Slfien feine«toeg« fehlte (®Jt I, 312 f.). — @ine ä^nlic^e ©tellung
na^m um 200 unb aud& fräter^in ber fogenannteSrief be«S3arnaba« in ällejranbrien,
aber unfere« ffiiffen« nur bort, ein. Giemen« fjat ifyn in feinem S3ibel!ommentar au««
gelegt unb jtoar, toie e« fdjeint, im änfd^luß an bie faäter au«fc^ließlid^ fo genannten !at^.
»riefe (Eus. VI, 14, 1). Crigene« giebt i£m ba« Attribut „lat^olifd^" (c. Cels. I, 63), 55
toetye« er fonft bem l.«pt (Eus. VI, 25, 5), bem 1 v> (de orat. 22; tom. 17, 19 in
Matth.) unb, toie fd&on Giemen« (gorfc^. 111, 83, 10), bem $ub. giebt (1. VI in Rom.).
;$n bem toafyrföeinlidj bon Drigene« berfaßten biblifd&en Onomaftilon toar auc^ ber 95ar-
naba«brief berüdfftc^tigt unb jtoar al« einer ber fafyol. »riefe (@Ä II, 948—953). ^m
C. Ciarom. 1. 70 fte^t er hinter ben 7 fat^. »riefen unb bor 3tyofan#fe unb 31®. (Srft oo
778 Sanon beS «2»
Rötere Sntfd&eibungen fyabtn ifyn aud& in 2Hq:anbrien au« biefer ©erbtnbung unb bamit
überhaupt au« bem ©erbanb be« Jfä« entfernt. Sgl. jeboc§ ba« ©erjetd&ni« ber 60 Sucher,
bie ©ti<$ometrie bei 9iicet>&oru« (®Ä II, 292. 299) unb ein armenifc&e« ©erjek&ni«
(ftorfö. V, 116. 117. 121 ff. 136). — 2ln$ang«toeife futb $ier ber »rief be« Sie*
6 m e n « fcon 9tom ober fcielmetyr ber römifd&en ©emeinbe an bie torintfyifd&e unb bie irr*
tümlic^ertoeife unter bem Jiamen eine« jtoeiten Äorint^erbrief« be« Slenten«
bemfelben angehängte $rebigt ju ertoetynen (®Ä I, 351—360 ; II, 193. 289. 301).
Obgleich fie toegen ibrer eine Drt«gemeinbe nennenben Slbreffe nid&t ju ben fat^olifcfcn
©riefen ju gaffen feinen, jtnb fte bo# im Canon, apost. 85 gerabe an biefe al« ^eilige
10 ©Triften angefd&loffen unb in ber §anbfdjrtft be« 11. Sjjatyr&unbert«, toek&e uni ben
2. 6lem. boQftänbig erhalten fyat, jtoifd&en ben ©arnaba«brtef, ber ein fat^oltfc^er toar,
unb bie Sefyre ber 12 Sfyoftel geftcKt. 3toifdE>en ben latfyol. ©riefen unb ben ?ßaulinen
fte^en fie in einer a. 1170 gefd&riebenen ffyrifd&en §f., unb e« ift bort toenigften« ber l.ßlem.
al« ein fotfyoltfcfyer begeid^net. 2Ba^rf<#einlic& fyat aud) ©pi^aniu« (haer. 30, 15) nur
16 vermöge einer ©ertoecfyfelung ftatt biefer 6lemen«briefe tfozi anbere ©riefe unter bem
ÜRamen be« Giemen« (de virginitate) ol« biioxokal iyxvxkioi (b.^. fat$olifd&) dt h ratg
äyiaig ixxAtjotaig ävayivcooxö/bLsvai bejetd&net. gfür eine ehemalige ©erbinbung beiber
©riefe mit bem 31% jeugt ferner ber alejanbrinifd&e ©ibellobes, in beffen 3^3* Ul* ^qrt
fie hinter ber 2tyf, im S1^ <*&** bor ber äfagabe ber ©umma aller biblifc^en 8ü$er
20 fielen (®Ä II, 289), ferner ein armenifdf>e« ©eneic&ni« (gorfö. V,116. 123 f.), bor allem
aber bie ©erftetyerung be« ©ufebiu« (III, 16), bafe ber 1. 6lem. bon älterer unb au($
noefy ju feiner $eit in fe^r trielcn Atrien öffentlich gelefen tourbe. 2)af$ bie« toenigften«
früher audE> mit bem 2. 6lem. geföe&en fei, toelcfyer in ber Überlieferung untrennbar mit
jenem fcerbunben erföeint, beutet er III, 38, 4 an. ©on Äorinty au«, too ber 1. ßlem.
25 um 170 autoeilen im ®otte«bicnft gelefen tourbe (oben ©. 772, bö), tyat fty biefer 8rau$
mit bem ©rief felbft Verbreitet, unb gtoar toatyrfäeinlicty guerft nad? Sßejanbrien, ffäter $u
ben ©fyrern. Giemen« Sllej. citiert ifyn fyäufig (Sigfytfoot, S. Clement f, 158 f.), einmal
ström. IV, 105 al« ©etyrift be« 2tyoftel« Giemen«, Drigene« at« ©c&rift eine« Styoffcl:
fauler«, bem $aulu« *ßfyil 4, 3 ein gute« Reugni« au«gefteBt (tom. 6, 30 in Joh.;
so princ. II, 3, 6). Gitate unb Sfaftnelungen ftnben ft$ bei ben 2ltejanbrinern <Biontyftu«
(c. 260), $etru« (c. 305), $ibi?mu« (c. 380), Stimofyeu« (c. 460), unb toafaföeinli<$
be&iefyet fic^ auf biefe ©riefe, toa« Don firdEjlic^er 9leget)tion jtoeier Glemen«briefe bei ben
Äojrtn überliefert ift (Assemani Bibl. or. III, 14). 3^rc ©erbinbung mit bem 912
ift jebocfy eine lofere, al« bie be« ©arnaba«. Giemen« 211. $at fte nic^t tote biefen in ben
35 §$)on#ojen be^anbelt ; fte fehlen im Cat. Ciarom. Gufebiu« ertoä^nt fte nid^t unter
ben Slntilegomena (111,25, ögl. jebod^ $orfc£. V, 123). %m Slbenblanb ^aben fte nie ein
©erfyältni« gum 31% gehabt. 3ren^ug c^^ert ^cn *• ®lem. nur ebenfo toie ben ^ilipper'
brief ^ol^farp« al« ein getoicfytige« 3^9"^ f"r ^m Sortbeftanb ber a^oftolifd^en 2ra-
bition in nad^tyoftolifd&er geit (III, 3, 3—4).
40 6. © o n ft i g e © d) r i f t e n bon öorüberge^enber Äanonijität. Obenan ift ^ier ber
§irt be« Äerma« ju nennen (®Ä I, 327—347). ^renäu« (IV, 20, 2), Xertuflian
Dor feiner (fntf Reibung für ben uKontani«mm« (orat. 16) unb Giemen« (passim togl.
®Ä I, 329) l^aben ifyn burc^au« al« ^eilige ©d^rift betyanbelt. G« fe^lt au(^ nit^t an
©^uren babon, ba^ er bamal« in 3lntioc^ien gleite« 2lnfe^en genofj (1. 1. 232). 3U
45 änfang be« 3. S^^^unbert« aber fmb, toie man au« C. Mur. 1. 73—80 unb Tert. pud.
10. 20 fielet, in fatfyolifd^en unb montaniftifc^en ®emeinben ju Äart^ago unb SRom ©er-
fyanblungen über ben §irten geführt toorben, beren Grgebni« jebenfaB« eine £o<ferung
be« ©anbe« jtoifd^cn bem §irten unb ber ©ibel toar. 2)er 3Rontanift XertuBian in feiner
fd&arfen ^ßolemif gegen bie unter anberem auf ben §irten ftc^ ftüfcenbe la^e ®i«^ijjlin be«
so römijdjen ©ifd^of« brücfte bie« fd^roff fo au«, bafe ber ^irt nic^t toert gefunben toorben
fei, in bie göttliche Urtunbe eingetragen ju toerben, fonbern üon allen fir^lic^en ©er*
fammlungen beiber ^arteten für apofrt^, ja für eine gälfd&ung erflärt toorben fei. Stegen
bie 9Montaniften fo geurtcilt l^aben, fo boc$ nid^t bie Rau)oliten. 3lad) bem C. Mur.
(f. b. 31.) ift ber £irt jtoar öon ber öffentlichen unb regelmäßigen fiefung, toelc^e ba«
65 ©orredjt ber ^rov^etifd^en unb apoftolifd^en ©Triften ift, au«gef(^loffen, anbererfeit« jeboc^
feine Sefung nid^t nur erlaubt, fonbern auefy anbefoblen toorben. tiefem milben Urteil,
bem erften ©erfud^», eine klaffe beuterofanontfd^er ©d^rtften ju bilben, entfprutyt ber Grfolg.
©ifd^ofÄaHiftu« unb fein Allem« um 220 ftüfeten ft$ mitSBort unbS^atauf benähten
(Tert. pud. 20) ; auefy beren ®egner $ip})ol^t verleugnete nid^t feine ©ertrauttyeit mit
60 bemfelben. G« entftanben jtoci lat. Überfe^urtgen be« ©u$«. 6in unbefannter römif^er
ftattoit bc£ WS« 77»
8if$of (Pseudocypr. de aleat. 2, 3) cittert e« al« divina scriptura. 9JoDatian
(trin. 2, früher al« bie jüngft gefunbenen ^ßrebigten unb Dielleictyt Dor feiner ©e}>aration
geförieben) toeift mit legimus auf ben gurten al« ein anerfannte« £efyrbu$ tyin. ßommobian
pat eS eifrig gelefen. Die tat. Siturgien geugen Don bem fortbauernben 6influf$ be« 93u$3 (®&
I, 346 cf. Mai, scr. vet. n. coli. III, 2, 247 a. 6.). $ro$bem toar bur$ jene tirefc 5
liefen Sefd&lüffe um 200—210 baS fölußlicfc ©d&icffat be« Wirten im Dccibent (Hier,
v. 111. 10) im Dorau« entföieben. Dafe im Orient berartige dntföeibungen bamal« ntd&t
gäroffen toorben ftnb, betoeift bie toeitere ®efdjid?te be« §irten (f. u. ©. 791, eo ; 793, 25 ff.).—
SBäfcrenb Element ben §irten, biellei$t toegen feinet großen Umfangt in feinem furg*
gefaxten Sibelfommentar nid&t befyanbelt fyat, tyat er bie 9(pofaltypfe b«S $etru«, 10
ein flehte« Süctylein Don laum 300 feilen (C. Ciarom. 1. 75: 270; Stich. Niceph.
I, 46: 300), beffen toert geartet (Eus. VI, 14, 1 ; gorfdfc. III, 65. 127. 154, ®ÄI,
308—310; II, 810—820). 3m C. Ciarom. bilbet fte ben ©c&lufe ber gangen fiifte
(Stornaba«, 2fyf 3o, ä®, *ßaulu«aftcn, 2l^>f $etri), im 25ergei$ni« ber 60 Sucher unb
in einer armenifd&en Sifte ftety fie unter ben 2fyofa^en (®& II, 292; ^orfd&. V, 116. 15
121. 136), bei SRicep&oru« gtoiföen 3tyf $o unb Sarnaba« unter ben änttlegomena (®Ä
II, 299), fo aud& bei ©ufebiu«, tyier aber in ber Reiten Abteilung berfelben, toeld&e er
für tutest erflärt (III, 25, 4 Dgl. III, 3, 2). Söctyrenb bei Drigene« nid&t einmal
Äenntni« biefer 3tyf ftc^er nad^gutoeifen ift (gorfd^. V, 112?) unb überhaupt ein gort*
leben berfelben in SUejanbrien nicfyt begeugt tft, finden toir fte bei bem ^eibnifcfyen Slutor, 20
toeld^en 3Rafariu« Don SWagnefta beftreitet (^ßor^fyriu«?), al« ein ^albbeilige« 93ud& ber
©fciften citiert, o^ne bafj ber #riftli<#e *ßolemifer biefe 33orau«fe$ung beftreitet (Apocrit
IV, 6. 7. 16). 3lad) ©ogomemt« (h. e. VII, 19; ®ß II, 813) la« man nod) um
430 in einigen Stird&en *ßaläftina« biefe 2tyf aÜjäfyrlid& bei ber Sorfeier be« Dfterfefte«.
33on Sefanntfcfyaft be« 2lbenblanb« mit berfelben fe#t jebe glaubhafte Äunbe. Ueber 35
£iW>otyt unb C. Mur. f. lefcteren ärtifel. 2lud& toa« Sontoetfdfc, ©tub. gu Qtyp. ©. 27,
beibringt, ift nid&t betoeifenb unb beruht auf ber 3iorau«fe$ung, bafj ba« Don SBouriant
gugleidj mit einem Fragment be« ®D. be«*ßetru« herausgegebene apolaltyptifc^e ©tücf au«
ber Styf be« Sßetru« fyerrü^re. Die« ift aber eine blofee §$)otfyefe unb gtoar eine untoatyr*
f<£einli$e. 3>n Wefem ©tücf ift lein einige« ber fixeren ßitate au« ber 3tyf be« $etru«, so
bie boc£ ein gang Heine« 33uq toar, genau toieberjufinben. 3)ie fd^riftfteBerif^e gorm ift
gam biejenige be« $etru«eb. §ier loie bort rebet ber Styoftel $etru« (in ber angeblichen
%$( c. 4, 12—5, 15- 10,25; 11, 26) jugleid^ im tarnen ber 12 3lpofteI (c. 2,5-3,8;
4, 11—5, 20). 2lu^ &ier toirb 3^fu« nie mit SBamen, fonbem 6 xvgiog genannt. Die
jüngere, erft nad^ 9Ru^ammeb entftan&ene arabifd^e 2l|p! be« ^Jetru« geigt Serüfyrunaen 86
mit einem ßitat bei Giemen« unb mit bem 2. $t, bagegen feine mit ber angeblichen
$etru«a^ofal^fe (bgl. Sratfe, 3to2^ ®b 36, II [1893], ©. 454—493). Diefe ift
nur ein toeitere« Fragment be« $etru«eDangelium« (Dgl. Dieterid^, 9Jef^ia ©. 16), toelcfye«
unter anberem aud^ au« ber ficfyerlicfy altem 2lpl be« $etru« gefd^öpft ^at, toie bie 33er.
gleictyung be« (Sitat« bei Clem. ecl. 11 mit ber falfcfyen 9lpf c. 11, 26 geigt. — 2)ie40
„fie^re ber 12 Slpoftel" toirb Don Giemen« (ström. I, 100) unb Drigene« (princ.
III, 2, 7) al« f)l ©d^rift citiert unb fleißig benu^t. 2luc^ toä^renb ber folgenben 3^^5
bunberte ift nur für Sgflpten gotte«bienftlid^e Sertoenbung be« 33u$« ftd^er gu betoeifen
(gorfc^. III, 278—287; ®tt I, 360-368; #<mtacf, Die Sl^oftclle^re 2. «ufl.1896).
Die« genügt, um gu erllären, bafj Sufebiu« (h. e. III, 25, 4) e« unter ben 2lntilego* 15
mena gtoeiten 9tang«, bie Stich. Niceph. 1. 68 unter ben 3tyofr$>tya, JRufm (expos.
symb. 38) mit Dcränbertem litel unter ben libri ecclesiastici nennt, äefannt ge*
toorben ift e« auc$ in ber Umgegenb Don Slntiod&ien, too ber Uerfafler ber Diba«talia
unb f^äter ber ^Bcrfaffer ber Const. apost. e« benu^t fyaben, unb im äbenblanb, too
eine tat. Überfefcung entftanb. Da« Dereingeite (Sitat bei ^Pfeuboc^rian de aleat 4, 5 (in w
doctrinis apostolorum) mitten unter burd^toeg fefyr freien fanonifd^en unb aj)o!rVp^en
Sitaten ftimmt gu toenig mit ber griecfyifctyen Dibac^e, um©d^lüffe gu geftatten. — 9l£Os
!r^j)^.ä>)oftclgefc^ic^ten ftnb in ber alten Jtircfye Dielfad^ o^neÄritit gelefen toorben.
lertuDian« ®runbfa^ in Scgug auf bie im 31% nid&t me^r ergä^lten 3Karn;ricn ber Slpoftel
(Scorp. 15 haec ubicumque jam legero, pati disco) tourbe auf bie fabelfyafteften w
unb bie ^eterobojeften Dichtungen au«gcbel;nt. @in nähere« Ser^ältni« gum 9tX ^aben
bod& nur bie im ©innc be« tttrc&englaubcn« gefc^riebenen Slften be«$aulu« ge*
toonnen (®M II, 685—891 ; 9«3 1897, ©. 933—910). Der 9luffü^rung berfelben
gtoifd^en bem Wirten unb ber $etru«apofal^fe im C. Ciarom. 1. 74, an ber ©pifce
ber Slntilegomcna gtoeiten Stang« bei Gufebiu« (III, 25, l cf. 111, 5) unb an ber**)
780 Station be* 912$
©pifce bcr 2tyofr$)fya in ber Stichom. Niceph. 1. 63 entforic^t ber a$tung«boHe Ion,
in h>eld^em Drigene« (princ. I, 2, 3 ; tom. 20, 12 in Jo), h)a^rfc^einli^ aber aua)
Giemen« (ström. VI, 43 ; @Ä II, 827. 879) fic citicrt tyat. ©eitbem toir toiffen, toa«
früher nur Vermutet tourbe, baß ber fügen. 3. ßorintfyerbrief, toeld&er bei ben Syrern be«
6 4. 3atyrtyunbert« fcoDe Äanonijität befaß, ben $aulu«aften entnommen toorben ift, fcaben
toir eben baran einen Setoei« für ba« fyofye Rrd&lid&e Slnfeljen biefer Sitten. Slucfc ön
Slbenblanb tourben fte gläubig gelefen $. 8. bon £iJtyofyt (Comm. in Dan. III, 29, 4
^=. Niceph. Call. h. e. II, 25, @Ä II, 880), ofyne jebocg bort in 33erbinbung mit ber
33ibel gefegt ju toerben. SSielleicfyt fyat bie bur$ XertuQian bapt. 12 mitgeteilte, bon
10 §ieronfymu« v. ill. 7 fortgepflanzte ßunbe, baß ber Sßre«btyter in Soften, toeld&er bie Slften
ber %f)*Ua, bie nur ein £eil ber $aulu«aften ftnb, fcerfaßt &at, infolge feines ©eftänfe
niffe« genötigt tourbe, fein Slmt nieberjulegen, baju gebient, ba« Slnfe$en be« fe^r au«*
fityrlicfyen unb toofylgemeinten 33ucfy« im Slbenblanb ju untergraben, cf. Pseudocypr.
de rebapt. 17 (gefd&rieben um 380): in quo libro contra omnes scripturas etc.
15 Da« 31% ber gried^ifc^en unb lateiniföen Äircfyen um 170—220 umfaßte al« unber-
äußerlichen Seftanb : bie 4 @bb., 13 »riefe be« *ßaulu«, ä®, Styf, 1 $t, 1 3o (bem
aber regelmäßig aud& 2 unb 3 $o angehängt toaren), toafyrfd&einlicty auefc %u\>a&. ©ie^t
man bon ben erft um 200—210 geführten SBerfyanblungen über ben Wirten ab, fo toare
auety biefer tyier ju nennen. Dagegen beftanben Serfd&iebenfyeiten unb ©d&toanfungen in
20 93e$ug auf 3a, £br, 2 $t, Sfyt be« Spetru«, Sfyoftdlefyrc, Sarnaba«, 1. unb 2. Oem.,
Slften be« $auiu« unb, toie bemerft, ben ßirten. Die Slrt, toie bie Rird&enlefaer über
bie fird>ltd)e ©eltung ber ©eftanbteile be« ©runbftocf«, befonber« auefc in tyrer ^olemif
gegen 9Rarcion, bie ©noftifer unb bie Slloger ftd& äußern, föließt bie SKöglid^teit au«, baß
erft ju Sebjeiten eine« 3**™^ (8*- c- Hß f- °^en ©. 409) ober ber Seigrer be«
26 ©lernen« biefe ©ammlung gotte«bienftlicfyer Sefebüd^er entftanben fei unb erft um 150
ober 170 einem früheren d^aotifd^en guftanb einßnbe bereitet ^abe. 6« fehlten ber flirre
um biefe 3^ ^U(^ bie Organe unb 9?erfaffung«formen, um in ben autonomen Ort«*
unb Sßrobinjialtird&en mit fo gleichmäßiger SBirfung SBüd^er, h?elrf>e ft$ im ©otte«bienf)
ber einen ober anberen Äirc^e eingebürgert Ratten, ju fcerbrängen unb burd& eine in ber
30 £auj>tfacfye ibentifcfye ©ammlung $u erfefcen. 3ebcr SBerfudjj eine« ©taat«ftreic$e« mit
foldjjer Slbfic^t tourbe, felbft toenn bie 33ifdE>öfe aller £auj>tfircfyen an ber ^erfd^toörung
beteiligt getoefen toären, an bem jä^en 3Biberftanb j)rotrin$ialer ©igenart gefc^eitert fein,
beffen ©tärfe man an ben Dfterftreitigfeiten unb ber montaniftifcfyen Setoegung beobachten
lann; jebenfaH« toürbe er aber einen Äampf um ba« 912 entjünbet ^aben, ber länger
35 getoä^rt unb ftärfere ©puren in ber ©efd^ic^te ^urücfgelaffen ^>ätte, al« jene Äämpfe um
ba« $affal? unb bie neue ^Prop^etie. Slm allerunbegreipiic^ften aber toäre unter biefer
9Sorau«fe$ung, baß na^ amtlichen S3ertyanblungen, an toeld^en alle §au)>tfirc^en Ratten
beteiligt fein muffen, bie einzelnen Jtird^en, o^ne nac^einanber ju fragen, unb boneinanber
ju toiffen, ben %a ober ben §br teil« al« ty. ©d^rift gelefen, teil« völlig ignoriert baben.
40 Daß ba« 31% um 200 nic^t ba« ßrgebni« einer um 150 ober 170 ftattge^abten Seüo=
lutton, fonbem einer toeiter jurütfliegenben ßnttoicfelung ift, betoeift aud& ber «ßuftonk ***
%^ctt um 200. ©ie geigen eine SWannigfaltigfeit, toelc^e nur beim 2Rangef jeber bie
©efamtfird^e umfaffenben Äontrotte fid^ bilben fonnte. ftumal feitbem 3Karcion feiner
©emeinbe ein feftumgremte« 31% mit einem bi« auf« Sota feftgeftetlten lejt gegeben
46 tyatte, fonnte in ber Äirdje nid^t mel>r ein 31% gefcfyaffen ober rebigiert toerben, toelc^e«
nic^t nur in Se^ug auf bie bagu gehörigen 33üdf>er fließenbe ©renken jeigt, fonbern au<$
in 33ejug auf toid^tigfte ©tücfe be« lejte«, toie ba« Sfyoftelbefret unb ben 2Rarcu«fd^luß,
ben einzelnen Äirc^en bie SBa^l ober trielmefyr i^re befonbere ©etoo^n^eit freigab.
111. Da« 31% um 140 — 170. Valentin fyatte feine ©d^ule gegrünbet, toeld&e in
60 uerfd^iebene öon einanber abtociebenbe $tot\a,t gehalten unb fcon ber SR^one bi« uxm
ligri« berbreitet, eine reiche litterartfc^e i^ätigfeit entfaltete, o^ne fo entfe^ieben toie 8a*
ftlibe« u. a. fidj Don ber Äir^e getrennt ju galten. 3Karcion grünbete ju 3lom, nac^*
bem er fic^ toal)rfd>einlicf) im ga^rc 147 toon ber fat^olifd^en Äir^e lo«gefagt batte, feine
eigene Äirdfje. 9Jebcn bem Äampfe gegen biefe Stiftungen toaren bie litterariföen Ser=
66 tretcr ber ftircfyc ^auptfäc^lic^ mit SJerteibigung be« Gtyriftcntum« öor ben ^eibnifd^en
Cbrtgfeiten unb Scfcölferungen befc^äftigt, unb gerabe biefe apologetifcfye 2itteratur, toelc^e
toenig ©elegenheit bot, über bie ^1. ©djriften bcr G^riften gu ^anbeln, ift un« in bielen
©tücfen erhalten, toä^renb bie gleid^eitigen ©treitfe^riften gegen bie §äretifer bi« auf
toenige Svu^ftürfe unb 2itel ju ©runbc gegangen finb. Die« erfdjtoert bie Unterfud^ung,
60 ofync fie bod^ unmöglich ju machen.
Satton beS 9tZ$ 781
1. SHarcionS S3 tbcl (@Ä 1,585—716; 11,409—529, too aud& bie ältere Sitte*
ratur berjeid^net ift). Über biefe fmb toir fyaitytfäcfylicfy bur# XertuBian, toelctyer ben
ftefcer burd& fein eigenes 912: befänden toottte unb $u biefem Stoecf baSfelbe bon Slnfang
bis jum Scfylufe bürdet (c. Marc. IV— V), bemnäcfyft bur# ßjeerpte auS bemfelben bei
Epiph. haer. 42, aber auefy burefy biele jerftreute 9lac$ric$ten bei ©rieben unb Syrern 6
bis ins 5. ^afyrfyunbert hinein fo gut unterrichtet, bafc bie SBerfucfye, eS $u refonftruieren,
nid&t bergebltcfy geblieben fmb. SWarcion fyatte neben feinem 91% eine jur ^Rechtfertigung
feines bogmatifetyen StantyrnnfteS unb feiner fritifcfyen StuSgabe beS 9EES beftimmte Schrift
„bie aintit^efen" ausgeben laffen, toelcfye baS fombolifäe 33ucfc feiner Äir^e tourbe unb
bon $ertuDtan, (S^raim u. a. ftubiert toorben ift. 3ni)em SW^cion bie im 211 beur- 10
lunbete Offenbarung bertoarf, lieft er feine ganjje S3ibel nur aus jtoei Supern beftefyen,
einem svayyüiov unb einem dnoaiofaxöv, beibe ofyne ben tarnen eines SBerfafferS im
litel. 9)a tym *ßauluS als ber eimige $rebiger beS unberfälfcfyten @b.S unter ben
Skopein galt,umfaf$te baS Slpoftolifum nur 10 93riefe beS SßauluS in folgenber Drb*
nung: ©a, 1. 2 Jto, SRö, 1. 2 %\), fiaobic. (= @1>W, Äol, *{tyil, Wlem.. 2)afe biefe 15
Sammlung eine toon iljm in ber Äird&e borgefunbene, anberS geftaltete Sammlung ber $auluS=
briefe borauSfefct, liegt auf ber §anb. fturcfy e^egetifd^e SetoeiSfütyrung fyat er ju geigen
aefuefct, bafe ber S3rief, ben bie Äircfye unter bem $itel ngog 'Etpeoiovg fortpflanzte, ber
ßol 4, 16 ertoäfynte Srief fei unb barum bietmefyr ngog Aaodixelg ju überjdjretben fei
S^ert. c. Marc. V, 17 cf. V, 11). 2)ie in ber Äird&e nid&t übliche SSoranfteDung beS20
a fyatte er bamit gerechtfertigt, baft ^ßauluS in biefem Örief toie in feinem anbern feinen
Sianbpunft gegenüber bem ^ubaiSmuS flargcftellt tyabe (c.Marc. V, 2 cf. IV, 3). @r £ai
na<$ einer 3lnbeutung IcrtuIIianS (V, 21) bie SSriefe an %\ unb %xt als ^ribatbriefe
abgelehnt, toäfyrenb er ben an ^ilemon, aber äugleidj an beffen $auSgemeinbe gerichteten
Srief aufnahm, unb $toar biejen allein unberlürjt. ade übrigen fyat er burc§ bebeutenbe 25
Streichungen, Heine Iqrtänberungen unb fitfyne Umgeftaltungen grünblic^ umgearbeitet.
SorauSfefeung toar, ba| bie gälfcfyung ber ebangeliföen Setyre, beren fd&on bie Urapoftel
ftety föuloig gemalt fyabtn, bon ihnen unb tyren Nachfolgern in ber Sirene (Tert.
V, 19 pseudapostoli nostri et judaici evangelizatores) aud& auf bie S3riefe beS
SßauluS ausgebest toorben fei. Söeber auf gefcfyictytlicfye Überlieferungen, nod) auf alte ao
Urhmben, bie baS Ursprüngliche betoafyrt Ratten, fyat Wareton ft$ berufen, fonbern fyat
lebiglid? auf ©runb feiner änfe^auung bom toa^ren ß^riftentum unb bom @b. beS $auluS
ben fird^lic^en %qct ber ©riefe fritifiert unb mit bibinatorifcfyer Äritif ben feinigen &er*
gefteQt. So auä) in Se^ug auf baS @t>angelium. @r baute fein @b. auf bie itritit
ber in ber flirre gebrauchten @bb. Ad destruendum statum eorum evangeliorum, 35
quae propria et sub apostolornm nomine eduntur vel etiam apostolicorum
^ot er nac$ Tert. IV, 3, geftü^t auf ©a 2,1—14, bie Urapoftel ker Übertretung unb
§euc$elei bis jur depravatio evangelii berbäc^tig erflärt unb ber interpolatio scrip-
turae bef^ulbigt (Tert. V, 3), toenn er au^ ein getoiffeS 3)unlel barüber toalten liefe,
toaS bie im S^baiSmuS befangenen 2$erfaffer ber 6bb. unb toaS bie fbäteren ^filf^er 40
fcerföulbet ^aben (®Ä I, 591 f. 651—66). 2>aj$ er baS @b. beS fiufaS, toelc^eS er
feinem neuen 6b. $u ©runbe legte, als ein 5Berf beS ^auluSfd^ülerS SutaS fannte, be-
lunbet er fcfyon baburd^, bafe er Mol 4, 14 biefen judaicus evangelizator (bei ^EertuUian
= evangelista) beS efyrenben ^BräbifatS „ber liebe Slrjt" beraubt ^at. ©egen S^rüd^e,
toelc^e bem3Kt eigentümlich finb, toieüKt 1,23; 5, 17; 19, 12, fyat 2Karcion auSbrücflid^ 45
polemifiert (©RI, 663—671). @S ift auc^ faum ^u bereif ein, bafe er einzelne Heinere
Stürfe auS 5Kt unb %o in fcfyr gefc^iefter SluStoa^if feinem @b. einberleibt §at, fo 3Kt
20,23 (ober 3Kc 10, 40); 30 13,3—17. 34; 15, 19 (@ft I, 671—680). Sor attem
aber bezeugt fein ßb., fotoeit toir feinen Wortlaut toieber^erfteHen tonnen, bajj i^m ein
%t& beS & bortag, toelcfyer infolge langjähriger SBerbinbung mit ben 6bb. beS 3Rt unb 50
9Kc mit ben legten biefer bielfac^ gemif^t h>ar. dagegen ift bis ^eute feine Spur bom
Sinflufj eines aufjerfanomfcfyen 6d. bei SRarcion nac^getoiefen toorben. §ierauS folgt, bafe
baS @b. ber römifc^en ©emeinbe, bon toelc^er 9Rarcion iftd^ trennte, um 140 ebenfo toie
um 200 auS unferen 1 6bb. beftanb. 2ludjj Sie bon 3Jcarcion borgefunbene Sammlung
ber ^JauluSbriefe unterfc^ieb [\6) in nichts bon berjenigen im C. Mur. 3Bir ^ören nid^t 55
einmal bon ^olernil 5DJarcionS gegen Sä$e unb fie^ren beS £br. ®afe er Sriefe ber
SPfeubapoftel ^etruS unb So^anneS ober beS burc$ ©a 2, 9. 12 in fo fc^limmeS fiie^t
gefteßten JjolobuS, n>enn er fie in firdjlid&em ©ebrauc^ fanb, ebenfotoenig toie bie Schriften
beS Sw^^Ö^ttS in feiner ©emeinbe bulben lonnte, liegt auf ber §anb. Die 3fyl unb
bie 21© fepeint er auSbrücfticty bertoorfen ju ^aben (Tert. c. Marc. III, 14; IV, 5;eo
782 Stauen fce* 9tZ*
V, 1. 2; praescr. 22; Pseudotert. haer. 16, f. audfr oben 6.776,4). $m 3Serglei<$
$u bem ttrc^lictyen 9fö nictyt nur (einer 3«t, fonbern aud) ber jtoet folgenben ga^untet*
mit feinen berfd&toommenen ©renken unb feinem toilb toad&fenben £qrt ift baäjenige 9Rar=
cion« ein fauber abgegrenjte«, in« Äleinfte berechnetet ftunfttoerf, aber auä) ba« 233er! eme«
5 befpotifd^en ©efefcgeber«, ber in feiner Umgeftaltung bon Sc 16, 17 im §tnWicf auf ba«
bon tym neugejcpaffene 6bangeltenbud& 3>efu ba« ftnnlofe SBort in ben iRuttb legte, bon
feinen SB orten fo&e „lein §äfd&en" batytnf allen.
2. $ie Sibel bei ben Salentinianern (@Ä II, 718—763. 784—788; II,
848—855. 953-964). 33a« SRarcion „mit SRejfer unb ©c^toamm" be« ÄritifetS in«
io33erf fefcte, glaubte SSalenttn unb feine ©<$ule burd& Auflegung ju erreichen. 9Bie fte
felbft niqt freitt>UIig au« ber Ätrctye au«fc$ieben, fonbern ftcfc nur bon ben communes eccle-
siastici untergeben, fo Ratten fte aucty ntctyt« gegen bie übliche Sefung Don „^rop^eten
unb popeln" eimutoenben. ©ie beburften feiner eigenen Stbel, fonbern berftanben e«,
in bie Stbel ber Sirene tyre ©onbergebanfen einzutragen unb, toa« ifynen nic^t baran $u*
15 fagte, fid^ aured&tjutegen. 3)ie (Stob, ber Äirc^e tyaben fte ausgiebig benufct, befonber« bas
vierte, (Iren. III, 11, 7). Dfyne 3Jorau«fefcung be« jo^. Prolog« ift ber fünftlt^e äufbau
ber SKonenreifye Valentin« nietyt ju begreifen. $erafleon f)at ba« ganje Sb. fommentiert
3>n ben Fragmenten ber begebenen 3toe'0e ber©c$ule finben toir bon ben Sriefen be«
$autu« mit Vorliebe <g$, M unb 1 5b, aber au$ 9tö, 2 Äo, <ßtyil, ©a, toelcfcn ber
20 SBalentinianer SUejanber kommentiert tyat, gebraust. 3ln bem Sntyalt ber ®bb. übten fte
bielfac^ Äritif unb beriefen ftd& für tl;re barüber fyinau«greifenbe @rfenntni« auf bie @e=
tyeimtrabition. @ben biefe toerben fte in bem evangelium veritatis niebergelegt fyaben,
beffen Slbfajfung unb ©ebrauety neben ben 4 @bb. Igrenäu« tynen fcfyulb giebt (III, 11,9;
Pseudotert. haer. 12 cf. Orig. c. Cels. II, 27), unb e« ift möglich, bafe alle«, ober
26 bod& ba« SKeifte, toa« bon üpohtyptyn eb. 2xabitionen bei tynen borfommt, in biefem
5. 6b. Sßlafc gefunben fyat §ier ift auety ba« Sßeiru«eb. ju ertoätynen. 9tad& ©erapion
(oben ©. 774, r,i) ift bie« nidpt bon ben 35ofeten, bon benen er ein @r.em}>lar bleiben
borgte, fonbern bon SSorgängern biefer ©efte berfafct unb eingeführt Sorben. Äl«
(Stifter ber Stofetenfefte galt aber ßafftanu«, ein ehemaliger SSalenthuaner (Giemen«
so ström. III, 91). 35arnacf> toäre ba« $etru«ebangelium in bem Orientalen 3*^
ber balentinianifc^en ©c^ule, beffen §auj)tft^ 3tntio^ien toar, entftanben, h)ie ba^ evan-
gelium veritatis bei ben SMentinianern be^ DcctbentS, beibe frü^ftenö um 150. s3ia^
ber erften Slufrcgung über bie ©ntbedtung eine^ beträchtlichen Sruc^teite be£ $etru^
cbangeliumd ift jiemltd) allgemein anerlannt toorben, bag e^ ganj unb gar auf ben ta-
rn nonijc^en 6bb. beruht (bgl. b. ©Hubert, Äompofttion be^ pfeubopetrinifc&en ©üangelien-
fragment« 1893; 3a^n, ®a$ ^etruöeb. 1893). ©c^on ber Sitel xaxä flhgov, toelc^en
c^ nad) ©erapton (Eus. VI, 12) unb Drigene« (tom. X, 17 in Matth.) trug, ift Waty
bilbung jener firctylicfyen SKebetoetfe, toelc^e eine au$ mehreren, bon berfd^iebenen SSerfaffem
fyerrüfyrenben 6bb. befte^enbe ©ammtung borau^fe^t (oben©. 774,3 j). einem 3toe^ö ^
40 balenttniamfctyen ©d^ule tnRleinaften gehört, toie toir noc^ nid^t feit langem toiffen (9W3
1899 ©. 211 ff.), a\\$ Seuciu«, ber SSerf. ber 3otyanne& unb $etru«aften, an. Die
Styoftel biefer Segenben taften ba^ 6bangelienbu$, toelc^e^ im ©emeinbegotte^bienjt ge=
lefen hjtrb, nid^t an; fte befennen fid^ felbft nac^ 1 3o 1, 1—4 als an feiner älbfaffung
beteiligt. 35a fie aber nac^ ^o 21, 25 in biefem ®t>. nur fobiel ^aben fc^reiben fönnen,
46 afe bie 5Waffc ju begreifen im ftanbc toar, fo ge^en fie in i^rer münbltc^en ^Srebigt bor
ben ©ereifteren barüber fytnauS nic^t nur mit Deutungen be^ bereit« ©efd^riebenen, fom
bern aud^ mit reic^lid^en Mitteilungen au« tyrer unerfc^öpflic^en Erinnerung an 3efu
X^aten unb ©orte, f. befonberä Acta ap. apoer. ed. Lipsius et Bonnet I, 66 f.;
II, 1, 194; Isid. Peius, epist. II, 99; ©K II, 848—853; gorfö. VI, 195 f.,
w über bie ©ntfte^ung be$ 4. @b. nac^ Seuciu« ^orfc^. VI, 201 f. 35aburd& gewinnt ber
Dichter freien ©Kielraum ju eigener ©rfmbung, o^ne fo toie bie SScrf. be« ev. veritatis
unb beS evayy. x. Tlhgov förmlich als ßbangelift aufjutreten. 3n ^et einen ober
anberen ^orm ^>aben biefe Seutc um 140—170 an bie 4 6bb. ber Äirc^e anfmtyfenb
toeiter gebietet. ©ebraud(i eine« anberen nac$©toff unbgorm mit ben 4 6bb. bergleic^
66 baren Su$S, n>eld^e« bann älter al« itolentmu« fein müftef lä^t ftc^ in biefer gefamten
fiitteratur nic^t entbedten. SBenn e« toa^rfc^einlic^ ift, bafj ber 95erf. be« ?Petru«eb. bie
bem 3iuftin befannten ^ilatu«aftcn, unb bajj bie 3Karfofter unb Seuciu« ein fogen. Äinb^
l^ctt«eDangelium, toie ba« be*i J^oma« (Iren. I, 20, 1; GMt I, 745 f.; II, 854) benufci
^aben, fo finb bie« eben feine @M., feine Sudler, ioelc^e jemal« im ©ottcöbtcnft mit ben
go 1 Gbb. Ratten fonfuricren fönnen ober aud^ nur tooUen. — Seuciu« fyat ftc§ in ber Sin-
Station beS 9t2£ 783
läge ber „SBanbcrungen beS 3°^" an Mc 5°'9C ^ 7 ©emeinben in 3lpf 1, 11 ange=
föloffen (?jro*W- VI, 197 ff.). 2)er gleichfalls auS Valentins ©ctyute hervorgegangene
SRarfuS, tote anbere SSalentinianer beS DftenS fyaben manches auS ber 2lpf geköpft. 2tud&
bon ber 21®, bem 1. unb 2.$t, bem §br finben fu§ beutlic^e ©puren (@Ä 1,754—773.
787; II, 853—855). Rur$, baS 91%, toelc^eS bie bebeutenbfte gnoftiföe ©d&ute um 6
140—170 in allen tyren Serjtoeigungen unb titterarifetyen Erjeugniffen als ©emeinbefifc
ber Sirene erfennen läfet, ift ibenttfd^ mit bem 9fö um 200 ; nur bafj biefe „©eiftmenjcfyen"
mit bem für bie 9Kenge beftimmten getriebenen 2öort ber Slpoftel auStegenb, fritifterenb,
eintragenb freier umgingen als bie Äirctyenlefyrer, unb bafe fte unter bem ©cfyilb ber @e=
^eimtrabition teils eigene Erftnbungen, teils ältere Überlieferungen unb SMcfytungen, toeld&e io
metyt „in ber Äirctye ©otteS getrieben gefunben toerben" (SSalentinuS in ber §omilie
tuqI (piXcov bei ElemenS ström. VI, 52) als ebenbürtige 3eu9niffe *><* SBafyrfyeit gel*
tenb matten.
3. $ie ©Triften ber äpoftel bei SuftinuS (@Ä I, 457—459. 463—585;
Souffet, 3)ie Ebangeliencitatc 3;uftinS *n ^rem ^B^ ftr Me Ebangelienfritil, 1891 ; 15
»albus, 2)aS Herfc. ^uftinS gu ben fonopt. @t>t>. 1895; über bie äbfaffungSjeit ber
£auptfd?riften balb nad& 150, gorfö. Vi, 8—14. 364). 3n feiner furjen Sefareibung
beS fonntägltcfyen ©otteSbienfteS, tote ifyn bie Efyriften überall in ©tabt unb Sanb feiern,
nennt Suftin als erfteS (apol. I, 67): rd (biojuvrjjuovei'juaTa tcöv d7ioar6Xa>v f) rä
ovyyQdfifiara td>v nQoqrrjTcöv dvayivwoxezai. ©cfyon 1, 66 toar ju lefen : 01 äjioaro- 20
loi iv Toig yevojuh'oig im avrcbv äjiofxvriixovevfiaaiVt ö xaksTrai evayyifoa. 2ty
tereS ift ber in ber Ährctye übliche sJtame jener s3Jte^eit Don ©Triften, toelctyc ber !gube
Irtypljo (dial. 10 iv t(Ö fayo/uevo) evayyeXUo) unb ^uftin felbft (dial. 100) avuf)
fingularifety als „baS Eb." bejeicfynen. 3Bie in Sejug auf anbere, ben Triften eigentüm*
licfye ©egenftänbe unb Segrtffc tyat ^uftin ben in ber Äirc&e üblichen SRamen im Snterejfe 25
feiner ni$t$riftlic$en Sefer regelmäßig burety einen biefen geläufigen äuSbrucf erfefct.
yAnojLivf]juov£v/naiaf nic^t „3)enftoürbigfeitcn", fonbern „Erinnerungen, Aufzeichnungen
auS ber Erinnerung", bezeichnete eine Viel gepflegte ©attung ber Sttteratur, beren ältefteS
unb berütjmtefteS Seifpiel XcnoptyonS ÜRemorabilien toaren. 9Wan nannte fotcfye in ber
SReael nad> ben SSerfaffern, feiten naefy ber ^erfon, beren Söorte ober §anblungen ein so
©tpriftfteHcr auS feiner Erinnerung aufgezeichnet fyatte (Epist. Socrat. 18 bei §ercfyer
p. 623; Diog. Laert. VII, 1, 4; ©Ä I, 475). ^uftin aber brücft bie Sc^ung ber
SKpomnemoneumata auf EfyriftuS beutlicfyer auS apol. I, 33 ol (biouvrjjnovrvaavTF^ ndvxa
rd TiEQi rov ofjorfjgog fjfjubv L Xg. 95ie »e^eid^nung ber 6t)ö. ift jebocfy ebenfo ungenau
toie bie Slngabe über bie gotteSbienftlid^en fiefebücfyer ber G^riften überhaupt. SBie unter 35
ben „©d&riften ber $ropfyeten" baS ganje 2li gemeint ift, fo finb burc^ bie Nennung
nur ber änoftv. t. an. nic^t anbere c^riftlic^e ©Triften auSgefd^lojfen. aber auc^ als
5Rame ber @M>. ift ber SluSbruc! ungenau, ba ^ufan einmal auSbrüdlic^ behauptet, ba^
bie äpomn. „tion ben 2lpofteln unb ben ©c^ülern berfelben öerfafet feien" (dial. 103).
Über bie $tage, toelc^e Ebb. barunter ju öerfte^en feien, totirbe längft allgemeine Über= 40
einftimmung befielen, toenn man ftc^ gegentoärtig gehalten ^ätte, bafe eS ftd? ntd?t um
irgenb toeld^e, nad^ bem Urteil eines einzelnen glaubtoürbige Serid^te über 3^fuS ^anbelt,
fonbern um biejenigen, toclc^e um 150 überall in ber Efyriftenbeit, in GpfyefuS, too $\x\tin
befe^rt tourbe, toie in 9Jom, too er jcfyrieb, im ©otteSbienft gelefen tourben unb als ©Triften
Don Stpofteln unb Slpoftelfcfyülern galten, in toelc^en aüe E^riften bie Stimme ©otteS45
bernetymen, ber fte unbebingten ©lauben fetyenfen (dial. 119; apol. I, 33). ©elbft ber
3ube fpric^t t>on „bem fogen. Eb." (dial. 10) als einer ganj beftimmten ©röfee, unb
3uftin jtoetfelt feinen 2lugenblidt, ba^ er bamtt biefelben Sucher be^eic^ne, toel^e er felbft
mit ber gejamten E^riftenj^cit „baS 6b." ober „bie Ebb." ju nennen pflegt. ES fönnen
leine anberen fein, als bie, toelc^e ÜKarcion fritiftert unb toelc^e bie Salentinianer fo go
retd^lic^ gebraust, fommentiert unb ergänzt ^>aben. 3"ftin unterfd&eibet nur einmal Slpoftel
unb Slpoftclfcfyüler unter ben Ebangeliftcn ; cS fann aber boety nid^t 3ufaÖ fe*n/ ^>afe « &
eben ba tfyut, too er eine niebt in einem ber nacb 2lpofteln genannten Ebb., fonbern nur
Sc 22, 44 &u ftnbenbe Xfatjac^c anführt (dial. 103). Er tiat alfo mit betoufeter JRücf*
fic^t barauf, bap er ^ier ben Script nic^t eines SlpoftclS, fonbern beS Slpoftelfc^ülerS SufaS 65
citterc, gegen feine jonftige ©etoo^n^jeit bieSlpomn. fo genau bexeic^net; auS bem gleichen
©runbe benneibet er aueb anbertoärtS, too er enttoeber auS £c allein (dial. 105 n. 13)
ober unter ftarfer Scnufcung beS Sc citiert (apol. I, 33), ben getoöfynlid^en äuSbrucf,
toeld^er bie Slpomn. obne Untcrföieb als 2öerfe bon äpofteln erföeinen liefe. 3Son %t}aU
fachen, toclctyc toir nur buxd) 9Kc 3, 16 f. fennen, fagt er dial. 106, bafj fte „in feinen «o
784 Station be* %£0
(b. ty. nai) bem .ftufammen&ang, *Petri, unb ntd^t ettoa G&rifti) 2fyomn. gefctyrieben feien".
Der Einfall, bafe Damit ba« $etru«eb. gemeint fei, unb formt btefe« bamal« ju ben gotte«*
bienftlid&en Sefebüctyern ber fatyolifd?en ß^riften^eit gehört babe, ift föon auö ctyronologi*
fc&en ©rünben unannehmbar (oben ©. 782,32) unb tourbe auety bann ntd&t glaublich fein,
5 toenn im betrüget), btefe toie anbere ©teilen au« 3Hc aufnähme gefunben ^tte, toobon
toir nid^tö toiffen. 3ufü« »«wt btelmebr ba« 3Jlcct>. „Erinnerungen be« Sßetru*" na$
ber alten Überlieferung über ben 3ufammenfyang bleiben mit Erklungen be« $etru«
Oßapia«, 3^^äu«, Giemen«, SertuHian c. Marc. IV, 2 Marcus quod edidit, Petri
affirmatur; Hieron. v. ill. 1 Petri esse dicitur). D^ne bie S&ftd&t, ben Xttel be«
10 93ud&« ju änbern, lag e« einem ^uftin tyter barum naty, e« fo ju nennen, toeil eS fty
um ein Erlebnt« be« Sßetru« tyanbelte, 2Rc aber in ber Xi)at ttid^t eigene Erinnerungen,
fonbern bie feine« Setyrer« aufgejeid&net tyat. ®ani ätynltd^ no$ Eufebtu« dem. ev. III,
5, 89—95. S« ift ^ter ni$t ber Drt, ben 93etoei« für bie Vertrautheit ^uftm* mit
unjeren Ebb. ju führen. 33a« bie SKeinung erzeugt fyai, bafc feine 3fyomn. enttoeber
16 tetltoeife ober böHig bon ben 4 Ebb. ber ftird^e berfc|teben feien, ift erften« bie gretyeit
unb SRacbläjfigfett feiner Eitate, unb Reiten« bie beträchtliche Sfojatyl bon Einführungen
ebangcltfd&er Xbatfatyn unb 3tu«forüc$e, belebe in ben lanoniföen Ebb. ntd&t nac^jutoetfen
ftnb. 3n öfterer $inftd&t ift ju erinnern, bafe bie« nur barum bei Iguftin metyr al* g. 8.
bei Element auffällt, tt>eil man feine Sitate genauer ju unterfud&en beranlafct toar, al*
20 biejenigen be« ßlemen« ; ferner bafc un$ btele« al« ctyotfypf) erfäeint, toa* im 2. 3^.
nad&toei*Ii<fy in ben fanoniföen Ebb. ju lefen toar. !gn 93*JUÖ <wf bie totrtlid& apo-
fa^en Elemente aber ift gu bemerfen, bafc Sufttn deinen einzigen einigermaßen felbjfc
ftänbigen, neben ber fanoniföen Überlieferung ftetyenben 3«0 *>urd& We $m gelaufigen
gormein yeyqamai mit unb ofyne binAutretenbe« £v t. (mofiv., iygaxpav 61 djiöotoioi
25 u. bgl. auf bie Sfyomn. aurüctgefttyrt bat. SSon ber geuererfd^etnung bei ber Xaufe gefu
\)at er e« gerabe&u ängftftcb bermteben, bie« ebenfo tote bie fanonifetyen Elemente ber®a^
ftellung al« einen 93erid&t ber 9l^oftel au«gugeben (dial. 88). Eine Epifobe ber^Soffion^
gefc^id^te (apol. I, 35), toorin er ft$ naty mit bem 5ßetru«eto. (c. 3, 6 f.) berührt, toirb
um fo fixerer auf eine gemeinfame Duelle ber ettoa gleichzeitigen ©d^riftfteDer jurüefju=
so führen fein, al« einerfeit« Suftin fic^ unmittelbar barnad^ auf bie Acta Pilati beruft,
anbererfeit« aber ba« 5ßetru«eö. feine lenbenj, ben ^Jilatu« fo föulblo« tote möglich bar*
aufteilen, toafyrföemlicfy einer eigen« biefem 3h>ecf getoibmeten 95ic^tung entlehnt bat. äufeer=
bem ift fo gut tote ft$er, bajj guftin ba« ^}etru«et). be« ^afobu« unb ba« Äinb^eit«et).
be« 2^oma« gelefen bat. 3lnbere« mag er toie noc^ biel frätere Äirc^enle^rer aui ber
36 nod^> ntd&t böllig berfiegten münbltc^en Überliefung ober axx^ Supern, toeld^e toie ba« be«
^aflpia« allerlei au^ berfelben gefammelt bitten, geköpft baben. 35ie in ben ©ptte«bienften
ber ganzen ß^riftenbeit gelefenen Slpomn. toaren bie 4 Sm>. — 911« ein 2Berf be« äpojiel«
^o^anne« unb ein ec^te« Ergeugni« d^riftlic^er $ropb*tie fannte ^uftin bie 31})! (dial. 81).
SDafe fie in ben Äreifen, in toel^en ftc fo angeben tourbe, au$ je unb barni, toie jte
40 fclbft c« forberte, bor berfammclter ©emeinbe gelefen tourbe, ift felbftoerftänblid^. Über
anbere a^oftoltjc^e ©Triften ^atte ^uftin al« Slpologet feinen 2lnlafe ftd^ äbnlid^ ju äu|ent
2öir finben aber, ba^ feine religiöfen Slnfc^auungen unb 2lu«bru(i«toeifen burefc flet|ige
Sefung folgenber ©giften bebingt ftnb: 9tö, 1 Ko, ©a, dpi} (WO, «ol, 2 2$ejf (lit
1 2t?), §br, 1 $t (3a?), 21© unb — bie £ebre ber 12 Styoftel. ®er fircblic^e
45 Einfluß be« Umgenannten Suc^« um biefe Rtit toirb auc^ baburc^ beftätigt, bafc bie
fpäter toeit Verbreitete Interpolation be« S^oftelbeftet« 31© 15, 29 au« 3)ibac^e 1, 2
tpa^rfc^etnlid^ fc^on bem Slpologcten 2lriftibe« um 145 Vorlag, bgl. 3a^n> Sinl. IP,
346. 355...
IV. Slltefte ©puren unb Entftetyung bon Sammlungen apoftolifc^er
w ©Triften (®Ä I, 797—968). 3lu« ben unter III jufammengeftellten 3^atfad^en, ju
toelc^en eine üotlftänbige Unterfucbung ber für bie gleiche ^eriobe jeugenben Sitteratur
noc^ manche Seftättgung bingujufügen bat, ergtebt ft#, bafe fc^on geraume 3«t bor 140 im
gamen Umlrei« ber fatJ^oliföen Äirc^e bie ©ammlung ber 4 Ebb. unb biejenige ber 13 Sßaulu*
briefe mbm ben ©Triften be« 213;« gelefen tourben, unb bafe noc^ mehrere anbere ©Triften,
65 tote 2lpf, 21®, in einigen Seilen ber .Hircfye toobl auc^ §br, 1 ^Jt, 3a wü> 33riefe be«
3>o unb bielleid^t fogar bie 2tyo[tcllefyrc ber gleiten Ebre getoürbigt tourben. — 1. 5)ie
©ammlung ber $aulu«bricfe läfet ftd^ an ber £anb be« 1. 6lemen«brief« (a. 97)
unb ber ©riefe be« ^gnatiu« unb Sßotyforpu« (um 110) bi« in bie lefcte3*it be«1.3^
bunbert« gurücf berfolgen. JBenn bei Giemen« (c. 5) no$ eine felbftftänbtge Überlieferung
60 bom £cbcn«gang bc« $aulu« ju entbedfen ift, fo ift ba« Silb be« 3l)>oftel« in ber 35or=
ftattott be« m& 785
jiellung bcr ©ifööfe bon Smtyrna unb 2tnttoc$ien burd&au« nacfy beffen ©riefen geftaltet,
unb bie ärt, tote fte fid^ auf biefelben berufen ober ©ebanfen berfelben nad&fltngen laffen,
fe|t bei ben ©emeinben in ben ^robin^en äften unb SDtacebonien unb in 9lom, an toeld&e
Sgnatiu« unb $ofyfart> fetyrieben, Vertrautheit mit benfelben $aulu«briefen borau«, toelctye
bie ©rieffd&reiber in §änben Ratten. $otyfar)> (3, 2) öertoeift bie ©emeinbc öon SßfyU 5
lippi gerabeau auf Sefung ber ©riefe be« <)}aulu« jum fttoti bcr (Srbauung. ^gnatiu«
Icnnt ben ß^eferbrief bereit« unter biefem irrigen Sttet, toeld&en er fcfyon fcor 3Barcton
(oben©. 781,18), aber boety nur al« ©eftanbteil einer fircfylicfyen Sammlung getragen fyat.
fyobjlatp faf^ ^tyt unb X^cff unterfc$ieb«Io« al« eine an bie SDtacebonier gerichtete ©nippe
bon ©riefen jufammen (1,2; 3,2; 11,3—4), toie ba« auefy Element 90. protr. 87 10
unb nod& ©tetormu« bon tytttau (§aufcleiter, 2#8©l. 1895, S. 196) auf ©runb ber
tonen borliegenben Slnorbnung ber ©riefe tfyun, toona$ Sßfyi — 2tyeff eine uhgetrennte
©nippe bilbeten. ©ben bie« ift bie Drbnung, toelctyc bem IcrtuÜian öorlag (©& II,
344 f.), toorau« fid^ bann um fo leichter eine gelegentliche ©ertoed&felung bon Sßtyi unb
2#eff erßärt (Scorpiace 13), unb toel<$e ol« ein Steft au« alter 3«t im Jcjt be« Cod. 15
Ciarom. (im Äatalog bleiben jmb biefc »riefe au«gefaüen, @ß II, 159. 164. 171. 354),
bei ämbroftafter, Slugufttn, ßafftobor, in alten ©ulgataljff. it>ie Fuld., aud& in einigen
grieefc. 3Jtinu«feln, in einem uralten fortfd&en Äanon (Stud. Sinaitica I, 14 f. unten)
borliegt unb mit ber UmfteHung 2£eff — Sßfyt toa^rfc^einlicty auefy bem Drigene« vorlag.
3fk Slem. Cor. 47, 1 mit ben gried&ifdjen §ff unb bem Styrer gegen ben fiateiner, ber riva 20
rgöjiov borau«fe$t, in ©ejug auf ben 1. Äo ju lefen x( tiqwkov vjluv h ägxfj rov
ebayyeXiov eygayev, jo ift bie« auety faum anber« $u berftefyen, al« bafe Giemen« biejen
©rief für ben juerft gefd&riebenen ©rief be« ^Jaulu« tyiett, toa« ftc$ bei ifym nietyt anber«,
al« beim gfrogmentiften SWuratori« barau« erflärt, bafe biefer an ber Sptfce ber Samm*
lung ftanb. Sine mit 1 Äo beginnenbe, mit 9tö föltefeenbe Sammlung feigen ber C. Mur., 25
lertuflian, toatyrfd&einlicb au$ ßtyprian unb Drigene« borau« (@Ä II, 59 f. 344—354).
5Diefe ©ammlung, toelctye jugletcfy bie golge $tyi — Styeff unb ben falföem Xitel ngog
'Eweoiovg enthielt, fyat allen 2lnfpru<fy barauf, bie urfprünglictye ju fein unb öor a."97
fkp berbreitet ju fyaben. ©etoife toerben fäon öor ßntftefyung biefer ©ammlung einzelne
©riefe be« $aulu« über bie ©emeinbe, an toetetyc fte gerietet toaren, ^inau«ge!ommen an
fem. @in SSeifpicl baüon bietet un« fd^on Mol 4, 16. $ie Verbreitung unb Senkung
mancher ©riefe be« 5ßaulu«, toeld^c 2 ^t 3, 15 f. öorau«fe§t, ift faum anber« ju benlen,
al« bafe mehrere fold^e in §ff. bereinigt toaren. Vgl. bie erfte ©ammlung ber Sriefe
be« SöiwttoS na# Polyc ad. Phil. 13, 2. 3>ie« toaren aber ^Jrtoatfammlungen, toeld^e
toeber unter ftd? noc^ mit ber (päter in ber Mird^e überall ju finbenben ©ammlung Döllig 35
gleid^ getoefen fein lönnen. 9lac^ 2 $t 3, 15 befanb fic^ barunter ein Srief be« 5ßaulu«
an jübifc^e Stiften, toelc^er nid^t in bie fird&licfye ©ammlung aufgenommen tourbe unb
ba^er öerloren gegangen ift, ögl. @inl. II*, 45 f. 97 f. 6« mufj alfo in irgenb einer be*
beutenben Drt«gemeinbe burefy betoufete« Verfahren eine 2lu«toa^l unter ben nod& öor^an^
benen ©riefen getroffen unb eine georbnete ©ammlung tyergefteHt toorben fein, toeld^e 40
toegen i^rer 3h>c^ä^0^^ für ^ gotte«bienftlic^e iefung bie bi« batyin öor^anbenen
6jemj)lare einzelner Sriefe ober auefy bereit« entftanbener, ftc^erlic^ meift unöollftänbiger,
in einzelnen %äütn bielleic^t aber no$ anbere ©tücfe umfajfenber Sammlungen in furjer
3eit überall an^ bem tir$li$en ©ebrauc^ berbrängt fyat. liefen @rfolg aber tonnte bie
Sammlung nur ^aben, toenn fte fefyr frü^, giemlid^ balb naety bem 2obe be« 5ßaulu«, 45
e^e nod^ anbere Sammlungen ftety feftgefe^t Ratten, beranftaltet unb in Umlauf gefefet
toorben ift. Um fo fixerer ift, bafe man nid^t alle«, toa« öon ©riefen be« Sßaulu« auf*
jutreiben toar, in bie Sammlung aufnahm. Stufcer bem 2 ^Jt 3, 15 ertoä^nten Srief
^aben auc^ biejenigen, beren Slbfaffung burd^ ^aulu« un« burc| 1 Äo 5, 9 unb 5ß^il 3, 1
berbürgt ift, feine Aufnahme gefunben. Gine f^toierige Swge ift, ob ber §br. bejfen überall 50
berbreiteter litel noo* 'Efigaiorg ben frühzeitigen änfd^lu^ an eine Sammlung öorau«-
fe^t, gleich bamal« al« eine jtoar nic^t fcon ^Jaulu« ^errü^renbe, aber bo(^ beffen ©riefen
bertoanbte Schrift angefc^loffen tourbe, ober ob bie« erft fipäter unb an einem anbernDrt
gefctyetyen ift. Übrigen« laffen ftc^ über ben 6ntftetyung«ort ber Sammlung nur Ver*
mutungen auffteUcn. 2)ie ©oranfteHung öon 1. 2. Äo fprid^t für Äorintfy; boc^ fönnte 55
man au(^ an Atom benfen unb in biefem gaU bie Stellung be« 3lö am Sd^lufe ber Samm«
hing aUcnfaü« begreifen.
2. 25a« Sttort to evayyehov, toelc^e« um 150 toie um 200 bie Sammlung ber
4 6bö. bezeichnete (oben S. 774,783), finben toir aud^ in ber noefy älteren fiitteratur nid^t
ganj feiten fo gebraust, bafe barunter jtoeifello« eine im ©efifc ber ©emeinbe befinblic$e, i»i
«eal^ncjjflopäbic für Z\}toloQit unb ftlrty. 8. «. IX. 50
786 fianon be* «23
tbrem Ign^alt nad) allgemein befannte, fd^rtftlid^e DarfteHung bon 3efu 3$aten unb
SBorten ju berfte^en tft (@Ä 1, 840— 950). ©oDibad&e 8,2; 11,3; 15,3. 4; IlClem.
8, 5, bei Iggnatiu« itoax nid;t an allen ©teilen, bie man barauf belogen £at, aber bo$
Smyrn. 5, 1 ; 7, 2 (cf. Philad. 5, 1. 2; 9, 1—2) unb fror ollem an ber bielumflrittenen
6 SteUe Philad. 8, 2, bgl. @Ä II, 945—949, ou« toelc^er &erborge$t, bafc gerabe au$ fc
teroboje Sänften für bie bon ber Äirc&e behaupteten @lauben«fäfee ur!unblic§en Setoefe
au« bem getriebenen 6b forberten. Diefe« 6b. ift bereit« bie allgemein anerlannte Ur*
funbe. Da überall Äenntni« berfelben borau«gefe$t toirb, |o berftejjt ftd& bon felbft, bafc
e« bur$ regelmäßige Sefung im ©otte^bienft ben ©emeinben }um ©e^ör gebracht tourbt
10 Die« tt)irb beftätigt burq bie präfentifd&en 6itation«formeln Xiyei 6 xvgtog mit unb ofyte
iv reo ev. II Clem. 8, 5 ; 3, 2. 4 ; 4, 2 ; 5, 2 ; 6, 1 ; 13, 4, toeld&e bancben ebenfo auf
ba« kleben ©otte« im 212: angetoanbt toerben, fotoie burcty bie erften Seiftnele bon ye-
ygajnai in Se^ug auf ba« 6b.: Barn. 4, 14; Ign. Phil. 8, 2; II Clem. 2, 4 (xai
higa dk ygacpt] Xiyet = 9Ht 9, 13); 19, 1 (rd yeygafifiiva, SReuteftamentlidfc« mit*
16 umfaffenb als ba«, beffcn SBorlefung ber $rebigt borangetyt, cf. Iust. apoL I, 67). Über
II Clem. 14, 2 f. ©Ä II, 942—945. 2Beld&e« aber toar biefe« 6b.» 3toif*en bem I*
tyoliföen Siföof unb ben mit $m bteputierenben Äefcern (Ign. Philad. 8, 2), fotoie
jtoifdjen bem Sifctyof bon 3lnttoc^ten unb ben fleinaftatifd&en ©emeinben, überhaupt jtoiftfcn
ben SSerfaffern ber un« erhaltenen Sitteratur au« ber 3eit um 90—140 unb tyrenfiefern
20 fd&eint eine ftillfctytoeigenbe« 6mberftänbni« barüber ju befte^en, toa« ba« 6b. fei, toorin
fic bie Saaten unb Sßorte !gefu beftfcen (Did. 15, 1. 2 atoeimal d>s exexe h rcß evaye-
Xico). Durcfy ^kpia« toiffen toir, bafc ju Seb$eiten be« Sotyanne« in beffen Umgebung )u
6l>tyefu« ein 6b. be« SRarcu« gelefen unb befproctyen tourbe. 2lu« Iren. III, 11, 7 bgl.
I, 26, 1 ergicbt ft$, bafj Äerintty, ber 3ettgenoffe *>** Spanne«, biefe« 6b. bor anbem
25 beborjugte. 2lu« ber 9la$xity be« *ßalna« über SRattfyäu« ift &u entnehmen, bafe ba*
^ebräifc^e 6b. be« 3Jtom)äu« in ber Sßrobma Slften eine $t\t lang nur bur$ ba« SJlittd
münblidjer Dolmetfctyung ben ©emeinben jugänglicfy gemalt tourbe, bi« bie« burd& eine
griec^tfctye SBerfton überflüffig tourbe, offenbar burcjj biejenige, toeld^e bon Sarnaba« ate
bl. Schrift citiert toirb, unb beren SBortlaut an bielen ©teilen, befonber« bei ggnatiu^
so unb in ber 35iba$e toieberjuerfennen ift. 35a« 4. 6b. fe$t nic^t nur einen 2^u« ber
eb. Irabition bei feinen Sefem al« befannt borau«, toie er un« in ben ©tymtytfo*11 bor^
liegt, fonbern berüdtftc^tigt auc^ ben SBortlaut be« 9Rc unb be« 2c (6inl. 11% 505 f.
520). Der unechte 3uja^ 3Kc 16, 9—20 ift au« Sc, $o unb au« $a>)ia« gefd^öj)ft (©«
II, 910—938; 6ml. II2, 227 ff.). Die älteften ftinb^eit«ebb., ba« be«3afobu« unb ba«
35 bc« Sboma« (©& II, 768—780), fufeen ebenfo toie ba« erft um 150 entftanbene 6b.
be« $etru« unb baejenige 3)2arcion« fotoie ba« toa^rfd^einlid^ nocfy zttoai jüngere ©bioni-
tencb. nac^toci«lic^ auf ben fanonifd^cn 6bb. Da« bor 150 entftanbene aramäifc^e
§ebräereb., an toelc^em ftc^ bie -ftajaräer 3<^^l>wnberte lang genügen liefen, ift, loa«
feinen ^n^alt anlangt, toeber bie ©runblage be« 3Wt., no$ eine felbftftänbige ©d^dpfung
40 au^ bem Quell ber münblic^en Irabition (®Ä II, 652—723). Dafe abgefe^en bon
Diatcffaron ber S^rer (f. unten S. 789,«) jemal« in einem Seil ber fat^olifc^en Äirc^e
ein anbere« 6b. aufeer unferen 4 6bb. regelmäßig im ©otte«bienft gelefen toorben fei, ift
ntrf^t toafyrfcfyctnlic^ ju machen, gefd^toeige benn ju betoeifen. 3n ber Sitteratur bon 95
bt« 140 finben ficb neben einer Ulienge bon Seftätigungen für ben firc^lic^en ©ebrauefc
45 ber 4 6bb. nur bicr eb. ßttate, toclc^e axx^ biefen ntd^t abgeleitet toerben fönnen:
II Clem. 5, 2—4; 8, 5; 12, 2—6; Ign. Smyrn. 3, 2 (@Ä I, 920—924. 934—941;
II, 631—642). ©emetnjam ift biefen Sitaten unberfyältni«mäfeige 2lu«fü^rlid^feit, toel^e
barauf ^tntoetft, baß fie ntcfyt allgemein Selannte« in örinnerung bringen, fonbern me^r
ober toentger 9teuc« mitteilen follten. Slm toenigften gilt bie« bon bem jtoeiten, toelcfce«
60 allein auf ba« 6b. ^urüdtgefübrt toirb, bafür aber auefy am toenigften apotfypfyen 6$a^
rafter geigt, inbem e« au^ bem fanomföcn ©pruety Sc 16, 10 (bgl. 16, 12; 3Kt 25, 21)
unb einem bon Iren. II, 34, 3 ; Hippol. refut. X, 33 unbebenilicfc citierten 2tyofrW$on
jufammengefefct ift. Die berbreitete Meinung, ba^ ber alte ^rebiger (II Clem.) ba^
Sleg^tercb. benufct unb al« ,,ba« 6b." citiert fyabt, toürbe gu ber $ö$ft untoa^rfc^eim
66 liefen Slnna^me gtoingen, ba^ bie s^rebigt in 3lgi#)ten gehalten toorben fei; benn borau«»
gefegt, ba^ biefe« 6b. älter al« bie ^Jrebigt ift, toäre bodj) nic^t benlbar, ba^ ba« na<$
bcmSanb feine« Urfprung« unb feiner Verbreitung benannte 6b. in fo früher 3*tt jumßb.
au«toärtiger ©emeinben getoorben fei. Da« (Sitat II Clem. 12,2—6, toeldje« biefe Vermutung
l^crborgerufen l;at, ift bertoanbt, aber, toeber ml)altlidj nod^ formell ibentifc^ mit einem
go 3lf ofrb>)l;on, toclc^c« Giemen« Sil. im 2igtyptcrcb. unb toieber in anbercr gaffung unb 9Ser*
Station be« »2* 787
toenbung bei ßaffianu« gefunbcn fyat. ß« lebten folget nic^tfanoniföer §errntoorte nic^t
toenige in münbtictyer toie in föriftlicfyer Überlieferung fort; Sßalria« um 125 fyat bielc
aefammelt; bie Slebaftoren neuer @bb. fyaben jw mit Vorliebe ft$ angeeignet unb Verar-
beitet. !ggnatiu« un^ ^CT obiger im 2. 6lem. fonnten burety Mitteilung folcfyer ©tücfe
mit noä) größerer Unbefangenheit, al« e« 3ren^u^/ Giemen« XL, Drigene« u. a. getyan 6
^aben," bie au« bem getriebenen unb gotte«btenftIid& gebrausten @b. ber Äircge gu
fööpfenbe Äunbe bon !gefu 3^«ten unb Sßorten bereichern. — Über bie ©ntftefyung ber
Sammlung fyabm toir feinen glaubtoürbigen Vericfyt. Slber bie Segenben, toonaefy ber
Styoftel 3°fanne3 M* fonoptiföen @bb. geprüft, gebilligt unb bur$ ^in^uftigung be«
frimgen ergänzt fyabe (bgl. bie Velege ©Ä I, 943 ; II, 36 ff.), enthalten einen Äern, 10
toelcper burefy bie 9la$x\i)t be« ^Japia« bom Urteil be« 3°^an"^ übet 9Jtarcu«, burefy
ba« ttyatfäctyltcfye Verfyältni« be« 4. ©bangcliften ju ben ©tynoptifern unb burd& bie offene
bare Veftimmung be« 4. 6b. für bie Sefung in ber ©emeinbeberfammlung (So 19,35;
20, 31 ; bgl. 1 So 1, 4) al« geföic$tlic$ verbürgt ift. Db bie Sc 1, 1 ertoetynten Ver*
fu$e ebangelifctyer ©efcfyictytfcfyreibung toeitere Verbreitung gefunben fyaben, unb ob e« in- 15
folgebeffen um 100 in ßjpfyefu« ober in anberen ©emeinben einer förmlichen 3lu«toafyl
unter ben borfyanbenen @bb. beburft fyat, um berßirctye „ba« 6b." ju geben, toelcfye« fte
fehler befifct, toiffen toir nid&t.
3. ©onftige ©Triften, toelcfyc toir fpäter jum 9fö gerechnet finben, fmb jeben-
falls nicfyt fo toie bie @bb. unb bie $aulu«briefe föon bamal« $u einer Sammlung ber« 20
einigt toorben ; erfd&einen fte boefy erft bann al« unberäufeerücfye ober umftrittene Seile
einer folgen, al« bie Vorftellung eine« 91%$ fiefy tyerau«gebilbet tyatte. 2)ie Urfunben
reichen aud& nietyt au«, um iu beftimmen, ob ber fpürbare ßinflufe einer apoftoliföen
Schrift auf eine nactyapoftolifcfye bon pribater Vefctyäftigung be« foäteren Sctyriftfteßer« mit
einer älteren Schrift ober bon öffentlicher Sefung ber lefcteren tyerrüfyrt. 2Bir finb auf 25
Schlußfolgerungen au« ben fßäteren 3uf*änben unb au« ber urfyrünglid^en Ve[timmung
ber fraglichen ©Triften angetoiefen. 2)arnac$ ift frühzeitige öffentliche Sefung in toeiten
Äreifen anjunefymen für bie nicfyt an eine ßin^elgemeinbe gerichteten Vriefe: 1 5ßt, 1 %o,
ferner für bie 2fyf (1, 3. 4; 2, 7. 23; 22, 16—19) unb für ben Wirten (vis. II, 4, 3).
änbere« bleibt ungetoifc. 90
V. Origene« unb feine Schute, ©ine toefentlid^e Veränberung fyat ba« 9KI
im Verlauf be« 3. 3>afyrfyunbert« nicfyt erfahren. 3)a« 9ieue, h>a« Drigene« braebte, toar
bie umfaffenbe Vergleid^ung be« überlieferten Sefifcftanbe« ber berfc^tebenen Äirc^en. ©ein
toec^felreic^c« Seben bot i^m ©elegen^eit, bie befte^enben 93erfc^ieben^eiten burc^ ©rfatyrung
fennen ju lernen; feine pfyilologtfctye Vorbilbung unb fein au«gejproc^ener Seruf für bie 35
gelehrte Slrbeit im Dienfte ber ftird^e befähigte ifyn, fte mit 95efonnen^eit ^u beurteilen.
©<$on bor 217 ^>at er bon Sllejanbrien au« 9lom befugt unb ift bon bem erften ©e«
lehrten, ben bie bortige Äirc^e gehabt \)at, in ber Sßrebigt al« ein auffteigenber Stern be*
grü&t toorben (Eus. VI, 14, 10; Hieron. v. 111. 61). Gr fyat aud^ fbäter Verbinbung
mit 3lom gehabt (Eus. VI, 36, 4). 93erfc^iebene änläffe führten i^n me^rmal« nac| 40
Sitten, too er fogar ju litterarifc^cr arbeit üRufee fanb, nadj SSntioc^ien unb nac^ Softra,
nad> Gäfarea in Äappabocien. 3Die legten 3a^f(?nte berlebte er in ^aläftina. Schüler
au« allen Säubern ftrömten if>m fc^on in Sllejanbrien, bann im paläftinifc^en Gäfarea ju
unb blieben mit tym in SSerbinbung. ßinem öibelforfc^er, h)ie er fear, machte nid^t blof;
bie Versilberung be« Sibeltejtc« beiber Teftamcnte ©orge, fonbem auc^ bie bi« bafyin 45
toenig empfunbene Uneinigfeit in Sejug auf ben Veftanb unb bie ©renken- be« Äanon«.
Drigene« toar fein burc^greifenber Äntifer. „Verrücfe nic^t bie etoigen ©renjfteinc, toelcfye
beine Väter gefegt f}abm" Oßrob. 22, 28), fagt er in Vejug auf Den Äanon (ad Afric. 5 ;
Prol. in cant., vol. I, 16; III, 36). 2öa« „bie 3Känner ber änfang«aeit" ber Äirc^e
befthnmt ^aben, ift nietyt leid^t^in ^u bertt>erfen (bei Eus. VI, 25, 13). 33a« entföeibenbe so
2Bort ^>at bei Orig. bie fird^lid^e Irabition, meiere ebenfo h)ie bie ©ntfte^ung ber fyeil.
©Triften unter ber Seitung ber göttlichen Vorfe^ung fte^t (ep. ad Afric. 4. 9). 2)ie
Jrabition ift aber nic^t naefy ber bermaliaen Sitte einer einjelgemeinbe ju bemcRen, fon*
bern burefy Sln^örung unb Prüfung ber urteile aller ©emeinben ju ermitteln. £arau«
ergiebt \xd) innerhalb be« Streife« ber libri ecclesiastici (de princ. praef . 8) b. i}. ber 55
in ber ßfyriftenfyeit mit mefyr ober weniger Übereinftimmung al« i)l ©Triften angefe^enen
Sucher (oben © .771,^,), bie Unterfc^eibung jtotfd^en folgen, toclc^e allgemein al« fyl.
Schriften anerfannt finb (ofiokoyovjLieva mit ober ofyne 3uiäfte *°i* & ndaatg Ixxkt]-
aiaic» naoä näaiv, xaga rolg 7iemoTfvx6öiv bei Eus. VI, 25, 8 unb 12; tom. 14,
12; 17, 35 in Matth.; tom. 1, 4 in Jo, au$ dvavnQQfjrog Eus. VI, 25, 4) unb co
50*
788 ftatton bcS »2«
folgen, beren Slnerfennung al« fyl. ©Triften in einem Xeil ber ©ememben auf SBiber*
\pxud) ftöfet. %wc legiere klaffe ift ba« foäter gebräuchlich ävrdeyöueva no<£ metyt fcffc
geprägt; bgl. iebod^ de orat. 14, 4 bon ben guben in SJejUß auf xobia« drrtJUyovow,
bei Eus. VI, 25, 8 äjuwißdJÜietai. fiöngft toaren biefe 3lu«brüdEe in berßritif ber tlaffc
6 föen Sitteratur gebräuchlich, h>o e« fiety um bie Gtytyeit ober Unecfcu)eit bon Schriften
unter berühmten tarnen fyanbelte (Joseph, c. Ap. I, 2, 5 ; 22, 3 ; Plut. vit. X orat
p. 839). @ben bie« tt>ar aber auefc bei ber ffritif be« btblifctyen Äanon« in ben tneiften
fallen eine unumgängliche Vorfrage, beren Seanttoortung in fteigenbem ÜRafc au$ für
bie Sfrage na$ ber Äanontcttät entfcfyeibenb mürbe. 3la$ Drig. gehörten jur Älaffe ber
io$omofogumena be« 9EE«: bie 4 @bb., 13 »riefe be« $aulu«, 1 $t, 1 3o, 81© unb
Sfyf. filtere gilt auc$ tym al^ Slbf d^lu| be«$R$« (tom. 10, 15 inMatth.); er beabffefc
tigte, fie ju f ommentieren (ser. in Matth. 49). ^lirgenbtoo beutet er an, bafe fte m einem
leil ber Äirdje beanftanbet toerbe. 3U ben Sinti feg omena gehören folgenbeSd&riften:
1. §br. Drig. felbft citiert tyn fefyr fyäufig ganj unbeben!lt$ al« paulinifd^ unb fano*
16 nifcfy, befonber« in feinen früheren ©Triften. @r berteibigt bie, ttrie e« fd&emt, noc$ toenig
jatylreicfyen Äirctyen, tocld&e tyn auf ©runb alter Xrabition fo gebrauchen, gegen bie 3Sor=
toürfe anberer Äird^en, unb er berteibigt biefe Irabition felbft mit ber ©. 775, &> ertoä^nten
SRobiftfaiion (Eus. VI, 25, 11—14). Slnbererfeit« berüdffid&tigt er nid&t feiten, o^ne
jemanb einen SSortourf barau« ju machen, bie 3tö$tanerfennung be« £br in anberen
20 Greifen (ser. in Matth. 28 p. 848 D. 849 B ; ad Afric. 9). 2. 2 $t toirb Don
Drigene« naefy ben nur lateimfä erhaltenen Kommentaren fyäufig al« e<#t unb al$
^eilige ©etyrift citiert (hom. 4, 4 in Lev.; hom. 13, 7 in Num.; lib. IV, 9;
VIII, 7 in Rom. bgl. bie Slufjätytung aller ajwft. S3b. hom. 7, 1 in Jos.), aud) bon
feinem ©ctyüler girmilian (Cypr. ep. 75, 6) al« fold&e berücffid^tigt. Drig. felbft fyA
36 ni$t$ gegen ifyn einjutoenben, leugnet aber nietyt, baft er beanftanbet toirb (Eus. VI,
25, 8). 3. ßbenfo äußert er fi$ ebenbort, § 10 über 2. 3 §o, nur bafc er #er au&
brüdfltc^ 3toctfel gä ber ©c^t^ett als ©runb ber Slnfed&tung angiebt, toa« mit ber an-
beutung im C. Mur. 1. 72 übereinftimmt (ob. ©. 776, 4g). 4. 3 a toirb häufig citiert, in ben
lat. ©djriften aud& al« scriptura divina unb apostolus Jacobus (hom. 2, 4 in Lev. ;
so lib. IV, 1 in Rom. ; befonber« auSbrücflicfy hom. 4, 2 in Psalmos vol. II, 671),
au<$ ol« ©cfyrift be« ©ruber« Sefu (Lib. IV, 8 in Rom.). 35er SRangel an aUge*
meiner Slnerfennung toirb aber berüchtigt tom. 20, 10 in Jo. cf. tom* 19, 6.
5. Slu$ in Sejug auf 3 üb. gefd&ietyt bie« ein einjigeämal tom. 17, 30 inMt., twüjrenb
er übrigen« nid^t nur häufig al« \)l ©cfyrift citiert, fonbern auety ^oc^ge^riefen toirb tom.
86 10, 7 in Mt. 6. 93a rn ab a« toirb bon Drig. nietyt nur c. Cels. I, 63 al« xa&o*
hxij htioTohf} d^aralterijtert, fonbern auefy im Dnomaftilon mit ben übrigen fau;oüfc&en
Sriefm gleic^geftellt (oben ©.777,58). 7. 3)en §irten be« §erma« ^ält Drig. für
ein inf girierte« unb fe^r nü^lid^e« 93u$ 1. X, 31 in Rom.,jeid^net ü)n beutlid^ bor ben
3tyohfyi)l)en au* hom. 35 in Luc, je§t Sefanntfc^aft ber Gkmeinbe mit bemfelben bor«
40 au« hom. 13, 3 in Ezech., bertoenbet ü)n reid^lic^ jutn ©d^riftbetoei« unb bermutet, befy
er bon bem Rm. 16, 14 ertoäfynten §erma« berf a|t fei, berüdEftc^tigt aber aud^ ^iemlic^
häufig ben bi« jur Ikrac^tung gefteigerten 3Biberfpru4 gegen beflen fanonifc^e Slner-
fennung princ. IV, 11; hom. 8 in Num.; hom. 1 in Psalm.; tom. 44,21 in Mt;
ser. in Mt. 53. 8. Sil« i)l ©d&rift ^at Drig., toie e« fd^eint, bie Slpoftelle^re princ.
45 III, 2, 7 citiert (©£ I, 363). ©ie toar eine fold^e in Sllejanbrien, aber !eine«toeg«
überall (oben ©. 779), alfo fic^erlic^ aud^ für Drig. ein Slntilegomenon. 9. SnbKcfc ift
^ier ba« §cbräereb. gu nennen. Drig. ertoä^nt e« nic^t in feiner Sifte ctyotitqpf}.
6bb. (hom. 1 in Luc. ©Ä II, 625), citiert e« bagegen me^rmal« mit ben für bie Sinti«
legomenen i^m geläufigen gormein tom. 2, 6 in Jo.; hom. 15, 4 in Jerem.; tom.
50 15, 14 in Mt. lat. cf. Hieron. v. ill. 2. 3)ie jubend^riftltc&en ©emeinben, beren
einige« @b. biefe« toar, fyat Drig. jtoar al« jurücfgeblieben betrautet, aber fc^arf bon ben
fyäretifcfyen ©bioniten unterfc^ieben unb anerfannt, ba^ fie auf ber fird^licben ©lauben«*
regel fte^en (@Ä II, 664f. 671). 95a^er mufete er aud^ i^r 6b. al« ein Slntilegomenon
in ber ftircfye gelten laffen. — Son anberen ©Triften, toie ber^rebigt be«^ßetru« (tom.
56 13,17 in Jo.), ben Stften be« ^ßaulu« (tom. 20, 12 in Jos.; princ. I, 2,3), bem
jicmlicfy oft citierten l.Clem. läfet fic^ bie« nic^t belauften, ©ine „Se^re be« $etru«"
fc^Iie^t Drig. princ. praef 8 au«brücflid> bon ben libri ecclesiastici au«; bon ber
Slpf be« Sßetru« jeigt fid^ bei ifym feine beutlic^e ©pur.
Sllle« ertoägenb unb nid^t«, toa« noc^ ber (Sntfd?eibung ^arrte, entfe^eibenb, bat Drig.
eo burd^ feine ©Triften unb feine ©c^üler auf bie gortbilbung be« Sanon« in toeiten Äreifen
ftanott be* »£ö 789
anregenb gehrirft. 3)ie aflegorifd&e 2lu«legung, bur$ toeld&e Drigene« bcn toiberftrebenbften
Stoff ft$ ^uredteulegen unb ben berfd&iebenartigften ©Triften ben ©ngang in ba« #eilig*
tum ber Stbel offen ju galten berftanb, fanb au$ 2Biberft>ru$. $te Schrift be« 95ifd^of^
3ltpo% bon 2lrfmoe „gegen bte 2lttegoriften" bertrat unb Verbreitete einen 6fyüia«mu«,
toeld&er bem 93tf<fyof 35iontyftu« bon älejanbrien um 260 unerträglich festen unb tyn ber- 5
anlafcte, in einer Schrift „über bie 33ertyetfeungen" biefem Styilia«mu« burd& Sritif ber
3ty! ben »oben $u entjiefym (Eus. VII, 24—25; @£ If 227—231. II, 990). am
Itutyfenb an bie föroffe Ärittf ber 2tyf burefy 6aju« (oben S. 776, 10), fuetyt er bie femige
alä pietät«bott unb befcfyetben einzuführen. @r toiQ bie Wpt nidjt au&er ©eltung fe$en,
aefd&toeige benn berfootten, auety nicfyt beftreiten, baft fte bon einem moirierten SRann 10
Flamen« Igofyanne« gefd&rieben fei. 2lber fein fyauptfäd&Kcfy auf bie 93erfcfyiebcnbeit be«
Stil« unb ber 2fof<$auungen jtotfd&en @t>. unb 1 3>o einerfeit« unb ber 2tyf anbererfeit«
gegrünbeter Setoei«, bafe nid&t ber 2tyoftel 30 bie 2tyf getorieben fyabe, bie fyämiföen
jpmtoetfe auf bie geforehte Slrt ber Selbftbejeugung be« SfyofafojniferS unb ba« Scfenntni«,
bafc ber SBortfinn be« Sucfy« Unftnn, ber borau«$ufe$enbe tiefere Sinn aber für tfyn un* 15
ftnbbar fei: bie« ade« fyat bo$ nur ben ßrafttföen 3toedf, *>a* 33U($ fyerabjufeijjen. 2)afe
bie« in 2lg$)ten für einige 3^t einigermaßen gelungen ift, bezeugt ba« unftd&ere 38er*
^ältnt« ber 2fyf ju ber fafyibifdpen unb ber botyeiriföen Sibel (Scribener, Introduction II4,
123. 137). 35ie Äritif be« SMontyfm« tyat auefc auf bie Schule be« Origene« in ^aläftina,
m«befonbere auf Sufebiu« Ginbrudt gemalt. S3ei biefem toirfen aber no$ anbere ii)aU 20
fachen mit, otjne beren Äenntni« feine 93emütyungen um geftfteflung be« Äanon« nietyt ju
berftetyen ftnb.
VI. 3Da« anfängltd&eSRI ber Styrer unb feine f^o rtbilbung. Über bie
anfange be« ß^riftentum« in (Sbeffa beftfcen toir einen legenbarifetyen 93ertd^t in foriföer
Sprache (The doctrine of Addai ed. Phillips, 1876), toelctyer bebeutfame Angaben 25
über bie bort eingeführten gotte«bienftlic$en Sefebüc^er enthält. 3)ie 93erf<$iebenfyeit ber
Urteile barüber, intoietoeit biefe Schrift mit berjenigen, au« toetd&er Eus. I, 13 geköpft
tyd, ibentifety fei, fann tyter auf ft$ berufen, 3)ie eintägigen angaben [teilen jebenfall«
einen Stanb ber 3)inge bar, toelctyer burd& bie ßtnfütyrung ober bod& bie allgemeine Ver-
breitung ber ftrifd&en ißulgata, ber fogen. $efcfyitttya befeitigt toorben ift. ®a«felbe gilt bon 30
ben Schriften be« 2fyfyraate« um 340 unb jum %Al noö) bon bem Äommentaren ßptyraim«
jum 9KE, fotoie bon einem forifcfyen SSer^eic^ni« ber biblifcfyen Sudler im Cod. Syr. 10
auf bem Sinai (Studia Sinait. 1,11—14; 3»3 1900 S. 793 ff.), abbat, ber Stifter
ber Äircfye bon ©beffa, foß au«brücfli(*^ angeorbnet ^aben, baft ntbtn bem 211 feine anberen
Schriften al« ba« 6b., bie Sriefe be« ^Jaulu« unb bie 21©., al« in toelctyen bie 35
göttliche SBa^r^eit befc^Ioffen fei, in ben Äirctyen aelefen toerben foflen (D. Add. p. 46).
@« ftnb alfo aQe lat^olifd^en Sriefe unb bie 2tbf au«gefc^loffen. ®em entfyricfyt genau
jener f^rifc^c Äanon, ber auf SSoUftänbigfeit 2lnfpru* mad^t; ebenfo ber gefamte
ßttatenfd^aft be« 2fyl>raate« (®Ä I, 374f.). ®in unbeutltcbe« Beugni« bafür enthält auc^
bie jüngere forifcfye Se^re ber 2fyoftel (Cureton, Ancient documents p. 27. 32 cf. 40
gorfefy. If 72 f.). 5Weben anberen mi^berftänblit^ ungenauen Umfd^retbungen beiber lefta-
mente finben toir auc^ eine, toonac^ ba« 9U mit bem 2)iateffaron gleicbgefe|t erfd^eint
(D. Addai p.36; ©Ä I, 388 f.). 6« ift bie« ber 9tome ber nad& oDer Irabition bon
latian berfa^ten f^rifc^en Gbangelien^armonie (f. 8b V, S. 654 ff.), ift alfo gleid&bebeutenb
mit bem, loa« biefelbe Segenbe fonft ,,ba« Sb." nennt. Da« 3)iateffaron ift alfo in ber 46
Umgebung be« 2egenbenf$reiber« ba« 93ud& getoefen, burc^ loelc^e« toenigften« regelmäßig
bie eb. ©efctyicfyte ber ©emeinbe befannt gegeben tourbe. 2lu(^ bie« betätigen bie 2lb-
^anblungen be« St^raate« (gorfd^. I, 72—76 ; ©Ä I, 396—404) unb ber .«ommentar
iSptycaimü über ba« Diateffaron. (Sp^raim lennt aber auc^ fe^r tool)l bie bier @bb., unb
ber erh)ä^nte f^rifc^e Äanon enthält nicfyt ba« 3)iateffaron , f onbern bie bier (5bb. in so
unferer Drbnung. 3ene« nannten bie Styrer fj)äteften« 350, ioie bie um biefe $eit
entftanbene Überfe^ung bon Eus. IV, 29, 6 betoeift, nic^t nur 3)iateffaron, fonbem auefy
,,ba« 6o. ber ©emifc^ten", biefe« ba« „ßb. ber ©etrennten". 95eibe ©eftalten be« 6b.
^aben längere $eit neben einanber beftanben ; e« fragt ftc^ nod^ immer, toelctye bon beiben
bie urforünglicfye fei. 6inc neue erf(^öj)fenbe Unterfud&ung biefer §rage bon berufener 55
ßanb h)irb ba« 3a^r 1901 bringen. 35a« „6b. ber ©etrennten" fyai, fc^on e^e bie
$ef$. ftc^ burd^fe^tc, bebeutenbe 3Banblungen burd&gemactyt. Syr. Curetonianus unb
Syr. Sinaiticus fteHen jtoei JRecenftonen einer im SSergleicfy j^ur ^efc^. älteren ttber-
fe^una be« 6b. ber ©etrennten bar. SBenn jugeftanben toirb, bafe Syr. Cur. bielfad^
ba« $iateffaron borau«fe$t, unb baß e« au$ in Syr. Sin. nieft an lejtmtf jungen eo
790 Station be« KJ;*
unb Umftellungen fetylt, toeld&e burcfy bie gleiche Borau«fe$ung tyre natürlid&fte ßrflärung
finben, fo fd^etnt in Uebereinftimmung mit bat Sfobeutungen bcr äbbailegenbe unb bcm
Jfyatbeftanb bei 3fyfyraate« ba« 2)iateffaron atö bie urfjminglid&e gorm be« @b. bei ben
Syrern gelten ju muffen, 2lu«gefd&loffen ift aber au$ nic&t bie 2Rögß6!ett, bafc ba« ©>.
6 ber ©etrennten älter al« ba« 2)iateffaron ift unb erft nachträglich burdp ben (Sinffofe be$
2)tateffaron« al« be« im @otte«bienft gebräuchlichen 6bangelienbudj>« in mannigfacher
23eife feine urftminglic^e Xejtgeftalt beränbert unb bem SMateffaron afftmtliert fjaL —
2)ie fertige Sammlung ber *ßaulu«briefe umfaßte, tote man au$ äty&raatc« unb OpfpaimS
armenifdp erhaltenem Äommentar fiefyt, um 330—370 ab gleichwertige ©tüde ben £br
10 unb ben apofrv^en 3 fto, bagegen nic&t ben^ilem. (@Ä I, 378—387. 422—429; II,
556—564. 592—611. 1016). fiefeterer $efeft ift baburd& freier bejeugt, ba& (Strähn tyn
in feinem übrigen« bollftänbigen Kommentar unberührt unb unertoä^nt lägt. 3)ie hn
4. IJafyrfyunbert aufgebrochene Äontroberfe über bie Äanonijjität be« allein, entftanb bun$
bie Steibung jtmföen bem grieefy. unb bem älteren fer. ßanon (©Ä I, 267—270; II,
15 997—1006). Sßcnn ba« fer. Beraetc^ni« bom©inai ben ^tyilem. am ©d&Iufc enthält, fo
mufc ba« eine tyätere Säuberung fein. 2)iefe« SSergeid^ntö fyat aud& ben 3 Äo nietyt, ba-
gegen einen jtoeiten ^iltyperbrief neben bem erften. 6« ift jebocfy h>a$rfc§einltc$ gemalt
toorben, bafc unter biefem unerhörten Sitel ber ctyofa^e 3Äo berftedft ift (9W3 1900,
©. 795—801). 2Bir toiffen jefct, bafe biefe« äpohfl^on (Setter, $er apofrW^e 3 So
20 1894), toeldjje« bon ben Syrern ju ben Slrmeniern unb au$ ju einigen Sateinern gelangte,
ein 3tu«fd&nitt au« bcn frühen« um 170 berfa&tcn <ßaulu«aften ifL 2)a£er ift unbent
bar, bafe e« urft>rüngli# bem ferifcfyen Äanon angehörte, loa« aud& baburety beftätigt toirb,
bafc bie Barbefaniten e« bertoarfen (©£ II, 598 ; Setter ©. 72). £at aber an biefem
Sßunft bie for. ©ammlung ber Sßaulu«briefe in ber 3toiföenjeit jtoifd&en ber ©ntfte^ung ber
25 Ueberfeftung unb ber geit be« Styfyraate« eine Bermefyrung erfahren, fo toirb baäfelbe aut)
bom §br gelten; benn e« ift untoafyrfctyeinlicfy, bafe bie bi« Drigene«, fobiel toir toifien,
auf älejanbrien beföränfte ^rabition bon ber J>aulimfc$en Slbfaffung unb fanoniföen
©eltung be« §br fcfyon bem erften fer. Überfe^er feftgeftanben fyaben foEte. 3)ie« ift um
fo unglaublicher, al« alle« auf bie §erfunft De« älteften neuteft. lejte« ber ©^rer bon
30 9lom ^tntbeift, h>o ber §br nic^t al« paulinifd^ unb fanonifety galt, gn SRom toar ber
®t;rer 3^atian, ber SBerf affer be« 95iateffaron«, G^rift geworben, e^e er in feine $eimai
jurürffc^rte. 3Son 3lom ^>at na$ ber Segenbe (D. Add. p. 46) bie Äird^e bon (Sbeffa
bie Sriefe be« 5ßaulu« erhalten. 38on einer Bearbeitung ber ^JauluSbriefe burc^ Station
hatte @uf. IV, 29, 6 eine bunlleÄunbe (®ÄI, 423 ; II, 563). $er äUefte f^r. le^t fo^
35 tooM ber Briefe al« be« @b. ift bem abenblänbifd^en bertoanbt. 92eue« Sic^t brachte bitö
for. 3Serjeid^ni« bon ©inai. 3)ie Crbnung ber Briefe ift bort: ©a, 1. 2 Äo, SRö, §br 2C.
(Sben bie«t ift bie Drbnung, in melier 6j)^raim bie Briefe fommentiert $at; erft ber
armcmfd&e Überfe^er ^at fie burd^ bie getoöfynlictye berbrängt. 3)ie erften 4 Briefe ©pfyraimä
unb ber fyr. Stfte ^at aber 3Warcion in 9tom. um 147 in biefe Drbnung gebraut (®Ä
40 I, 622 f. 836; II, 346 f.; 9»3 1900 ©. 801ff.). gn feine gufetatfen ift ber erfte fer.
Übcrfej^er ber Briefe getreten. Bon niemanb ift ba« letzter gu glauben al« bon latian.
§at biefer nad^ öteron^mu« (praef. comm. in Tit. Vallarsi VII, 686; (SRI, 426 f.) tote
■Siarcion einige Briefe be« Sßaulu«, aber leidet ben an Situ« bertoorfen, fo fd^eint fic^ bie$
nac^ bcm Sufammen^ang auf 1. 2 %\ unb §br ^u bejiefyen, !ann ftep aber auc^ auf
45 ^J^tlemon begießen, ^öd^ft merftoürbig ift, bafe tm f^r. Bergeid^ni« ber 2 %x jtoar ate
fold^er bejetc^net ift, aber fein 1 %\ borange^t. (£« bleibt borläuftg einige« ungetoife;
ioa^rfd^einlid^ aber beftanb bie erfte f^r. ©ammlung au« folgenben ©tüdfen, toel^e \d)
nad) ber fmattifd^en Sifte unter 2lu«ftofiung ber fbäteren 6mfc$iebfel unb mit Sejekfynung
i^rer ©tefle burefc f orbne: ©a, 1. 2 Mo, f/ 3tö, t Äol, ^, f, Wü, 1. 2 3^, j,
öo 2 %\, %\t, f- ©^)äter fcf>ob man §br ^intcr 9lö ein (ß^raim u. ftn. Sifte), 1 2i bor
2 %i ((ipfyaxm), ?tytlemon am ©d^lufe (fin. Stfte). 35er 3 Äo fanb feine ©teile teil*
hinter 2 Äo, teil« bor 5JJ&U.
3)tc fi;r. Äirc^e fonnte t^re anfängliche Befonber^ett mcfyt auf bie 35auer belauften.
äÜic fte urfiprünglic^, aber fc^on bnr 3l))l>raate0, alfo im 3. J3<ty$unbert, §br unb 3 Ro,
55 btclleic^t aud) bama(« erft 1 %\ rezipiert bat, fo fonnte fie ft$ auc^ nid^t gegen alle
fatfyoltfcfyen Briefe bcrfc^liefecn. 3)ic f^r. Überfe^ung ber Äird^engefc^ic^te be« 6ufebiu«,
toclc^e f4>on ßp^ratm fletjjtg gelcfen ^at, machte bie ©tyrer mit ber älteren ©efc^id^te be$
9J3:« befannt. (£« gab im 4. ^a^. Berfcfyr genug itbifd^en griee^ifetyen unb fbrifc^en
ß^riften unb Atrien ; e« gab aud; ©rieben unb griec^ifd^e Bibeln in (Sbefja. 3)a^er tjl
eo nid^t ju bertounbern, ba^ ßp^raim, auc^ abgefefyen bon ben meift ^toeifel^aften unb nur
Station beft «2* 791
gried&ifö borüegenben ©Triften, mit allen latfyolifcfyen ©riefen unb au$ mit ber Sfyf fu$
vertraut jeigt f. ben 3>nber, in ^aml^n'« Dissert. on tbe gospel comm. of Ephraem,
1896 p. 168 f. 93ei geftftellung ber $efc$. tourbe bann boc| eine 2lu«toafyl getroffen, nur
3a, 1 <pt, 1 3o regiert. 9lu«gefc|loffen blieben 2 $t, 2. 3 3jo, 3u unb 3fyf, tooran aud^ bie
foäteren Überfeftungen, toelctye biefe 93ücfcer einfd&loffen, bie ^tyiloreniana bon 508 unb bie 6
SRebtfton be« 3$oma« bon §era!lea bon 616 prattifö laum ettoa« geänbert fyaben. 35ie
Srief e be« $aulu«, ju melden nun auety ber Sßfyilemon jäfylte, mürben in bie bei ben ©rieben
übliche Drbnung gefteHt; au$ bie 6bb. nur noefy in ber Drbnung 9Dtt, 5Rc, 2c, 3° fort*
gepflanjt. 2Bie biefe Slbgrenjung unb Sfoorbnung be« 913;«, fo ift aud) ber $e£t ber
$efd^. nur burefy eine mächtige ßintoirfung ber antiod&eniföen Äirc^e auf bie ftyriföe 10
•Battonalfird&e ju ertlären, aber auefc umgefej^rt ba« 9EE ber antuxtyeniföen fttrctye be«
4. 3aWunbert« nur au« einer ftarfen (Sintotrfung bon Serien ber nt begreifen.
VII. Sudan unb @uf ebiu«. Sßätyrenb ba«9fö ber alteniRird&e bon Slntiodnen
leine 93efonbertyett $eigt, m«bef onbere ber Styl unb, toie e« föeint, auefy be« 2 Sßt nietyt er-
mangelte (Eus. IV, 24, 1 ; @ft I, 312 ff.), ift ber Äanon eine« Gtyrtyfoftomu« genau ber* 16
jenige ber $ef$ittfya, unb eine biefem jugefetyriebene ^rebigt fü^rt gelegentlich ben 3lu&
föluß be« 2. u. 3$o auf bie (Sntföeibung ber SSäter jurücf (Montfaucon VI, 430;
©Ä II, 229 f.). 2)ie« fann nidjt eine golge ber Senkungen be« ßufebtu« fein, benn
biefer toollte jtoar bie 9fyf befeitigt, aber bie 7 fatty. SSriefe anerfannt fyaben. 2Bir
muffen, um ben Umfätoung in Slntioctyien m berftetyen, auf bie Anfänge ber bortigen 20
6jc!getenfc§ule, auf Sudan, jurücfgefyen. s)iaö) feiner hierin unberbäctytigen Vita (3Kigne
114, 397 ff.) fear fiueian in ©amofata geboren unb in (Sbeffa %um Sjegeten gebilbet,
e^e er in Slntio^ien ^rieftet unb ©rünber einer ©<$ule tourbe. 3lai) #ierontymu« (praef .
in evv. ad Damasum cf. v. ill. 77 exemplaria scripturarum Luciania; Decret.
Gelas.) ift nid&t gu bejtoeifeln, baß Sudan feine terlfritiföe 2lrbeit auf ba« 9EE au«* 25
aebe^nt fyat, unb baß feine Stecenfion be« 911« ebenfo toie biejenige ber LXX ftd& bon
»ntiocfyien bi« Honftantinopel berbreitet fyat (Hier, praef. in Paralip.). ©etyt bemnac^
ba« 913;, toelctye« bie $rebiger unb ßregeten 2lntiod>ien« um 380—450 in £änben Ratten,
nad& %qct unb ^ufammenfefcung toa^djeinluty auf Sudan unb feine Schule jurücf, fo
ift e« al« ein Äom^romife jtoif^en ben Irabitionen bon ßbejja unb Slntiot^ien ju ber« so
fte^en. 2Jftt ben ©^rern fc^Iofe man bie Styf au«; bon ben fatty. ©riefen aber, toelc^e
bamal« ben Syrern gänglid^ fehlten, fc^ieb man nur bie 4 Heineren au«, toeld&e otynetyn
auc^ bei ben ©rieben angefochten toaren, behielt aber %a, 1 5ßt, 1 %o. SBaJ^rfc^einli^
fmb bamal« auc^ anbere ©Triften, bie früher ein metyr ober toeniger ftarte« Sanb mit
bem s)Kt berbunben f)attt, nad^ bem Vorgang ber ©Vrer bon ben „SBätern" in 2tntioc^ien 86
befeitigt morben. 2)iefe« antiod^enif^e 9E£ mufe bann toieber auf bie foriföe Äirc^e eine
Slticftoirfung geübt fyaben, beren @rgebni« bie $ejcfrittfya ift
3n ^ßaläftina tourben bie Sibelftubien be« Drigene« burd^ Sßam^ilu« unb ©ufebiu«
fortgefe^t. Gufebiu« aber ift nid^t nur bon biefer (Seite beeinflußt. 9la$ h. e. VII,
32, 2—3 f)at er, offenbar in Sntioc^ien, bie Vorträge be« gelehrten, auc^ be« #ebräifd5>en 40
funbigen bortigen 5($re«b^ter« ®orotfyeu« gehört. 9Kit ben ©d^ülern fiueian« toar er im
Äampf um bie Irinität«lel>re berbünbet. ^m 3- 330 toar er für ben 93iföof«ftu$I bon
Sntioc^ien au«erfe^en. 211« ein ^ögling ber S^ule be« Drigene« ertoeift er fi(^ baburd&,
baß er in ^fagen be« Äanon« bte ©timmen aller Äircfyen unb ber tyrer bamaligen ©ittc
ju ©runbe Uegenben Irabition angehört toiffen toottte. ^n M^ SSerfyör f)at er aber 45
auc^ bie flirre bon 3lntiod?tcn in i^rer jünaften (Snttüicfelung unb bie hinter biefer
fte^enbe f^rifc^e Äirc^e einbezogen. 3n ^er Äircpengefc^ic^te ^at er feinem SSerfpred&en gemäß
(111,3, 3) fleißig bie Urteile ber älteren ©d&riftfteUer über bie 2lntiIegomena be« SJM« unb
beren intereffantere ^Mitteilungen über bie anerlannten toie bie atoeifelfyaften ©Triften be«
KJM« ejeerpiert. 9?ac^bem er über bie ©Triften unter bem 9Jamen be« ^Jetru« unb be« öo
5ßaulu« III, 3 unb über bie jotjanneiföen III, 24, 17—18 im einzelnen berichtet ^at,
giebt er III, 25 eine umfajfenbe Ueberftd^t über (amtliche für ba« 9KE in Setracfct fommen=
ben ©Triften, ^m Slnfc^luß an ben ©prac^gebrauc^ be« Drigene« untertreibet er ^ier
h>ie fonft jtoet .f)au^tflaffcn : 6/ioXoyovjueva (äva/bKjikexra, AvavriQQma , Avojuo-
loyrjßuva) unb ävrifoyo/uwa. 3)ie jmeite Älajfe aber teilt er toieber m $h>ei äbteis 65
Iungen. (Sr untertreibet biejenigen Slntilegomena, beren aufnähme er toünfd&t, bon ben^
jenigen, bie er für ^äljc^unaen (vo&a) ertlärt unb be«^alb au«gefd^lojfen toiffen toiH.
S« ergiebt ftc^ folgenbe labettc: I. .^omologumena: 4 6bb., 31©, (14) ©riefe be«
^kiulu«, 1 s15t, 1 30, cbentuett aud^ äl^f. 11. Äntilegomena a) bejfere ©orte: %a,
3u, 2. 3 >; b) friedjtere Sorte: ^5oulu«aften, ber $irt, S^f be« $etru«, Sarnoba«, 60
792 Station beft 9120
2fyofteHefyren (= Dibad&e), ebent. aud& 2fyf beä ^anneS. Sln&angStorife toirb #er
al$ Slntilegomenon nod) ba3 $ebräereb. genannt (@Ä II, 645). SDiefe^ Serjeidjfnte fclbft,
boHenbS bergigen mit ben fonftigen Sufeerungen beä 6uf., jeigt UnHarfyeiten. 5Da bor
$br tyer ni<$t bejonberS aufgeführt ift, fo ift erftd&tltd&, bafe duf. tyn afö 14. »rief be$
6 $aulu$ (bgl. III, 3, 5) unter bie §omologumena pellt, obtoo^I er anbertoärt« n'ic&t ber*
fötoeigt, bafc er ein «ntilegomenon fei (III, 3, 5; VI, 13, 6; 14, lf.; 20, 3, 25, 11-
14). 2)er §ier unb ba ftc^ no$ regenbe 9ßtbeifyruc$ erfd&eint betn ®uf. ntc&t tnefyr be*
ac&tenStoert. Sßenn er Ivdid&mcog fonontym mit öfwkoyoifievoQ gebraucht (III, 3, 3),
fo f$eint er bamit auety bte freieren Slntilegomena Dorn vfä, auäjufd&Uefjen unb äußert
ioftc$ gelegentlich au$ fo (III, 3, 1; 25,6). Sr meint bo$ nur, bafj bte £omoI. fty
bereite enbgiltig im 9KE. beftnben, toomit nic^t gefagt fein foll, bafe ntc$t au# getotffe
Slntil. allgemein reagiert toerben foDten. 35gl. ben lageren ©ebrauety bon hdiAfhwoq
V, 8, 1; VI, 14, 1. Snbem CT fem« bte fd&led&tere ©orte ber 3htttL für une$t erftart,
fcfyeint er bon ber ©c^t^eit ber befferen Sorte überzeugt *u fein. 6r berfetytoeigt jebod?
15 nicfyt, bafe ber ga, toeld&en er im Sßjalmenlommentar als $)L ©dfcift eines jtyofiefö cittert
CJKontfaucon, Coli, noval, 247. 648), (bontoem?) für unecht erflärt toerbe (11,23,25);
er fetbft erflärt ben 2 $t inbirelt für unecht (III, 3, 4) unb lägt bte grage offen, ob
2. 3 go bom 2fyoftel ober einem :ftamen$genojfen gejd&rieben feien (III, 25, 3). 2tter er
fennt bie 7 fatty. Sriefe afö eine abgesoffene ©ammlung mit %a an ber ©pü^e (II,
ao 23, 25) unb jeigt burety bie ©rujtyierurig in III, 25, bafi er biefe 7 Sriefe jum vet ge*
rennet fyaben toiO. ©etytoterig toar für Guf. eine (Sntfd&eibung über bie 2tyf. @r fytt
fte manchmal otyne Slnbeutung eines Sebenfenä cittert (demonst. VIII, 2,31; eclog.
proph. IV, 30) unb §at treulich bie ftarfen 3eugnijfe fto ^w ftrc^Iid^e ©eltung angefügt
(h. e. IV, 18, 8; 24, 1; 26, 2; V, 8, 5; 18, 14; VI, 25, 9). 2Benn er III, 24, 18
25 fagt, bafc bei ben Weiften noefy immer bie Weinung über fte fyin unb ^er fetytoanfe, fo
toirb baäbon feiner näheren Umgebung gelten, ift aber nurbarauä ju erßären, bog man in
^aläfttna unb unter ben in aller Sßelt jerftreuten ©Gütern SuctanS ber ÜBertoerfung ber Sty!
bur$ bie ©tyrer unb fiueian gro|e« ©etoie^t beilegte. SBotyin @uf. neigte, ift beutfidfr. 911$
„fogenannte 2fyf be$ ^otyamteS" fütyrt er fte ein III, 18, 2 bgl. 39, 6; furj ertoäfcnt er
ao bie ©cfymäfyungen be$ 6aju3 III, 28, mit um fo breiterem Sefyagen bie be^utfamere
Äriti! beä 95ion^fiu« VII, 24—25. 3)effen Vermutung, bafe ein anberer go^anne« bie
2tyf gefd^rieben ^abe, berfolgt er mit Sifer, unb in bem 3rrt^reRe Wefer ßJj>ot^efe fud^t
er bie ßfiftenj eine^ bom Sipoftel berfd^iebenen ^re^b^tetö ^o^anne^ au^ Ißapiaä m b&
toeifen III, 39, 6 togl. VII, 25, 16. Die 2tyf foH i^rer ajjoftoliföen SBürbe entHeibet
85 unb aus bem 91% entfernt toerben. Slber offen unb gebieterifc^ mag @uf. bte« Urteil
noc^ nic^t auäfprectyen. Unter bie befferen älnttl., bie er aufgenommen fyaben toiC, fann er
fte eben barum ni$t [teilen, obtoo^l fte unbergleic^Iid^ beffer bezeugt ift, afö irgenb eineä
biefer 3lntil. ©o läfet er bie SBafjl, ob fte angeftc^tö i^rer faft allgemeinen ftrd^Ii^en
Slncrfennung ju ben §omol. ober ju ber jtoeiten 3DbteUung ber 2lntü., beren enbli^e
40 Sefeitigung $u toünfc^en ift, ju rennen fei. 2)a$ 31% nac^ bem ©mn be« 6uf. ift afc
gefefyen \>on ber 91))! ba« unfrige; e$ unterfd^eibet ftc^ bon bem ber äfotioctyener unb ber
^efd^ittfya nur bur^ bie SSottja^l ber tati). ©riefe. 6§ ftimmt mit biefem unb bem
unfrigen überein im SluSfcfylujj ber gtoeiten ©ru$>e bon Slntilegomena. 35tefeg 912
be$ 6uf. finben toir bei Stritt bon S^A^r ©tegor 3la^.f im ansang be« C.
45 Laod. 59 ; im C. apost. 85 , toafyrfcfyetnltd) in Const. apost. , unb toirb bom
2lmp^iIoc^iuS neben bem antiod^enifc^en Äanon berücfftctytigt (®R II, 179. 181 ff. 192 f.
202. 217. 219). 25ic toeite Verbreitung erflärt ftd^ nid&t au« bem ^o^en Slnfe^en ber
flirc^engefc^id^te be« ßuf. allein. (Sin toirffameä uRittel jur Verbreitung feiner 2Bünfc$e
bot i^>m ber Sluftrag Äonftantin«, 50 bottftänbige Sjemplare ber gangen Sibel auf $er-
so gament, junäd^ft für bie Äird&en ^onftantinopcl« ^erguftellen (v. Const. IV, 34. 36—37
um 335 f. auc^ ©Ä. I, 73). Dabei toar bie Slu^toa^l ber aufgunefjmenben ©Triften
au^brücfltc^ feiner ©ntfd^eibung überlaffen. 6« fann nic^t jtoeifel^aft fein, toie biefe au^
fiel. Slbgefefyen bon ben Slufftellungen ber Äir#engefcj)i(|te betoeift ber Srfolg, ba^ 6uf.
fid^ bei biefem beranttoortunggboHen ©efcfyäft, toa« bie Suföww^^f^wttÖf a^CT <**"$ ^^
55 ben Xejt anlangt, ntcfyt an Drigene«, fonbern an Sucian angefc^loffen §al 3)ie ÜBerbreU
tung bon beffen 5Recenfton bis Äonftantinopel (oben ©. 791,27) unb bie eigene SReiguna
be« 6uf. empfahlen biefe« SSerfa^ren. Den Äird^en, toelc^e fiueian« 91% in ©ebrauq;
Ratten, tourbe baburc^ nid^t« toeiter jugemutet, al$ bie aufnähme ber trier fleineren !at^.
©riefe, ^m 9lu^fd^lu§ ber nie untoiberfprod^en gebliebenen Slntilegomena, aber and) ber
60 2fyf loar man bon bomfyerein einig. %üx immer blieben jene, für länger als ein §qI)T'-
Station beS »IS 793
^unbert bte 8tyf bom Äanon faft aller gried&ifd&en ftirctyen SlftenS, tote fd&on längft ber
f^rifc^en, auSgeföloffen. 3n «nigen pfyöniciföen ©emeinben behauptete ft$ bte 2fyf
(Hieron. tract. in ps. 1, Anecd. Maredsol. III, 2, 5 cf. p. 314). ßpipfyaniuS, ber
ftet^ an ttyr feftgefyalten, jagt im Site! auf bte ©efamtftrc&e, fte toerbe „bei ben SReijlen
unb bei ben glommen geglaubt" (haer. 77, 36), Slm^iloctyiuS ad Seleuc. 316ff. be* 5
rüdfft<$tigt bie Seretyrer ber 2fyf aü eine ^Minorität.
VIII. X t^anaf tu* (®& H, 203—212; 6. S^mibt, ber Ojtafefibrief beS X$.
bom §. 367 m 9la$x. b. @ef. b. SBtff. \. ©ött. 1898 ©. 167—203; 3<\$n, 8$. unb
ber Stbeßanon 1901). 9to$ bem Dfterbrief bon 367, toelc&en toir neuerbtngä burd&
eine f o)>ttfc^e Überfeftung boUftänbiger afe buri$ bie fanonifttföen Sammlungen fennen, ift 10 .
e$ nietyt ein ©ettenblicf auf anbere Äircfyengebtete, auf (Sufebtuä ober Sudan, fonbern ber
in ber eigenen Ätrd&enprobinj be$ 8tfy. anbauembe unterföiebälofe ©ebrauefy bon allerlei
äpofr$)&en afe tyl. Schriften, tt>a$ tyn beranlafcte, einen genau abgegrenzten unb bte
auf bie Reihenfolge ber ©Triften unb ©c$riftengru$)en georbneten Kanon beiber 2efta*
mente auhufteßen. ftn ber gorm einer Darlegung beffen, toaS fd^on burdjj bte 8poftel is
in biefer Sejie^ung feftgefteDt toorben unb feiger üblufc ift, tritt 8ty. bodj atö ©efefc*
geber auf. @r ift ber arfte, toel^er bie 27 Sucher unfereä 9J2S als bie allein fanonifd^en
jjinftellt. Die (Erinnerung an ben Sßtberforuc^, toeld&en mehrere berfelben folange erfahren
Ratten unb j. 33. ber 2 5ßt nod> nad& bemJobe beS 8ty. beiDibtymuS (9JKgne 39, 1774)
erfuhr, toirb ignoriert. Um aber bo<$ mit ber Irabition bon Sllejanbrien nid&t bößig &u 20
brechen, fteüt er neben bie xavovtC6/*eva unb in ebenfo fcfyarfer Unterfc&eibung bon
biefen, tote bon ben böllig bertoerflic&en änöxQvwa, eine Älaffe bon ävayivayoxoueva.
Die SJäter fyaben biefe baju beftimmt, ben Äatecpumenen borgelefen gu toerben. m ge*
työren baju bon bordjjrift liefen ©Triften: bie 2Bete^eit ©al., ©ira$, @ftyer, ^ubity unb
iobiaö, bon c^rtftlid&en: bte „fogen. Se^re (dtdarn) ber 2fyofteI" unb berührt. 63 tt)irb 25
bamit getoifc eine bamalige SßrasiS ber alej. Sirene toiebergegeben. Die Dtbactye übte
auf bie Siturgte in $g$>ten einen anfyaltenben (Sinfluf* bgl. bie Siturgie be$ ©erapion
bon Statute ed. Sßobbermin, $U, 9^11, 3 b ©. 5, 25 ff.; 8t$an. (?) de virg. 13. 14,
unb ttmrbe aud& na$ 8ty. gu erbaulichen «Rtoedfen bei ben Äojpten bertoertet bgl. 3fclmr
311 XIII, 1 Sln^ang. Dem $irten ^at 9lt^. aud^ fonft feine #odM$äfcung baeuat. so
Dagegen überragt un^ ba^ ööuige ©d^toeigen über anbere ©Triften, toeld^e im 3.gja£r*
^unbert in Sllejanbrien minbeften« ebensogut toie bie Dibad^e unb ber §irt jum 9KE ge«
rennet tt>urben. Den Sarnaba^brief, tuelc^er bamalä ben !at^. ©riefen beigejä^lt tourbe
(ob. ©. 777, 02), fyat noc^ ©eraj)ion, ber ^eunb beS 2lt^. mit 6 njuKOTazog Bagvdßag
6 äjidoToJLog neben bem SRö be« $aulu« (6 kgös foiöorolog) cttiert (SBobbermin 86
1. 1. p. 21), unb im Cod. Sin. fte^t er jtoiföen ber 3fyf unb bem §irten. SßoHte ät$.
i^n ju ben Slpoh^p^en geregnet baben, n>eld^e er burd^toeg alä ^äretifebe ^ilfc^ungen
öerbammt? 3^^^^ $** w 1&& S5anb, tuelc^e^ biefe unb anbere ©Triften mit ber
Sibel folange öerfnü^ft fyattt, ftiHjd&toeigenb, aber bebingung^lo^ burc^fd^nitten. Da« 9fö
ber 27 Stirer erfc^etnt noefy fefter begrenzt, ate ba^jenige ber 26 Sudler, toeld^e« gujebiu« 10
in Umlauf gefefct fyattt. SBätyrenb biejer fein SSerfa^ren burd^ umftänblid^e (Srtoägungen
vorbereitet l^atte, gab e$ für ät^. feine Sebcnfen unb feine Slntileaomena me^r. ©ein
$}erfud&, ber Äirc^e einige nic^tfanonifc^e Süd&er al$ fiebr^ u. ^efebücper ju erhalten, o^nc
fte ju fanonifieren ober fte unter bem unflaren, Diel fpäter aufgefommenen Segriff beä
Deuterofanonifc^en iufammenjufaffen, fnüpfte an ältere 33erfucfye (ob. ©. 778, 57) unb an bie 46
Sßrajte bon Sllejanbrien an ; er tmrb auc^ in silgvpten eine 3*ü lang jenen Sudlern ein
©<tyu$ bor böHiger Sergeffen^eit getoefen fein. Äür bie Äird^e im ganjen unb auf bie
Dauer toar er öergcblid^, toeil unburdjfü^rbar. Die ^efung beim Unterricht ber ttatecfyu*
menen tt>ar bon ber l'efung im ©emetnbegotteöbienft bon 2lnfang an nid^t fd^arf getrennt,
ba bte Äatecfycjen bon ben getauften ©emetnbeglicbern unb ber ©onntag«gotte«bienft, ab« w
aefe^en bon ber eucfyariftifcfyen geier, bon ben Äatec^umenen fleißig befugt tourben (f.
at^. unb ber Stbelfanon ©.27 f.). Slt^. felbft lä&t biefen Unterf^ieb fallen, toenn er
jene Sudler ate ävayivwoxöfAeva obne 3"^ ^m xavovitöfieva gegenüberftellt.
Siufinu«, ber nac^ alqanbrintfd^em Sorbtlb fo jiemlid^ biefelben Sudler ate libri eccle-
siastici bon ben canonici unterfetyieb, beutet oic Seftimmung jener Sucher ba^in, ba^ 66
bie 3Säter i^nen ba« legi in ecclesiis juerfannt ^aben (expos. symb. 38). 216er
bie gotte^bienftltc^e Scfung galt ben SWeiften noc^ immer als #aui>tmerfmal be« Äanonifd^en.
Ecclesiasticus , ^xxXrjoiaCo/iievog toax i^nen = canonicus cf. Hieron. epist.
129,3 ad Dard. ; tract. in ps. 149, auefy tract. in ps. 1, Anecd. Maredsol. III,
2,314 cf. p. 5; Pseudochrys. Montf. VI, 430; Pseudoath. dial. de trin. c. «j
794 Saturn beS 9t£*
Ar. I, 5; Leontius de sect. II, 1. 4; Stichom. Nie. @Ä II, 297. 299. 3)aS in
btefem $unft rabifalere Verfahren be$ (SufebiuS ftegte über baä fonferbatibere be$ ätya*
nafiuS. äfobererfeitö ftegte ätyanaftuä mit feinem 31% ber 27 Sttd^er fd&Iiefelu$ in aßen
Seilen ber Jtird&e.
5 IX. 3Me (Snttotdfelung im Orient bis jur 3*** SuftinianS. ®CT
burefy Sudan unb (SufebiuS begrünbete ©tanb ber ©inpe im Orient tourbe burety bie
eigenartige Äritif S^eoborä bon 3Roj)fueftia nid&t toefentltdfr beranbert. Sgl. Safyn, 35a«
3V% SttyeoborS unb ber urforüngltd&e Äanon ber ©tyrer, 9H3 1900 6. 788—806. 9toc$ bem
übereinftimmenben 3*^8™$ beö ©egnerS SeontiuS unb beä Verehrer* ^cfubab tyü 2#eobor
10 mcfyt nur ben 3af., fonbern alle 7 tati). ©riefe bertoorfen. 3)a er ate Stnttot&ener felbfi»
berftänblicfy auefy bie 3lf>t nid&t in feinem 3ü% fyatte, fo ift fein 9fö, abgefe^en bon ber
für ifyn ntd&t in 93etra$t tommenben ßrfefcung ber 4@bb. bur$ ba3 2)iateffaron, ibentifö
mit bem ber ©tyrer um 340 (oben ©. 789 f.). 63 unterliegt batyer auefy feiner grage,
bafe er feine inbtbibueße Äritil burety betoufeten 2tnfc^Iufe an eine um 400 no$ nid&t au&
15 geftorbene foriföe Srabition &u ftüfcen gefugt tyat Sttud^ in feiner 2tnorbnung ber $au-
linen (3*ö, 1. 2 Äo, §br, @t4 @a, ©ft II, 360) fd&tofe er ftd& in »ejug auf ben £br
an biefe irabttion an, forrigierte fte aber naety bem gried&ifctyen Sraucty in Sejug auf SRö
u. ©a (ob. ©. 790,49 u. 9«3 1900 ©.806). ©egen biefelbe berteibigte er bteÄanoni*
cität beä ^ilem. (ob. ©. 790, 13) unb lehnte ben brüten Äorintyerbrtef ab. Sei bem tyo&en
20 älnfefyen, toelcfyeä 3$eobor bei ben ftyrtfd&en SReftortanern genofe, toäre nid&t ju bertounbern,
toenn biefe bem „SluSleger", tote fte $n nannten, au$ in ©ac^en be8 ÄanonS gefolgt
toären. $n *><* 33^at erfcfyeinen noefy bei bem 9Jeftorianer 3*fubab im 9. 3<u>rfyunbert
bie brei großen fatty. 93riefe als eine 3lrt bon äntilegomena. äu$ ÄofmaS um 540, ber
tont fyriföen SWeftortanern fiefy M belehren laffen, rennt Seute, toeld&e äße tati). Sriefe
26 bertoerfen (®5? II, 233). 2Btr toürben genauer unterrichtet fein, toenn bie SBorträge,
toeld&e $aulu3 bon SRiftbte um 545 in ftonftantinopel fytelt, uns in aut^entifd^er $orm
unb md?t nur in ber lateinifd&en Bearbeitung beä bort lebenben SlfrilanerS ^uniliuS er-
halten toären (bgl. Ätyn, I^eobor unb ^uniliuS, 1880. ebenbort im ansang ©. 465—
528 Junilii instituta regülaria divinae legis). 3""^^ M a^ ™$t nur m
ao Titeln toie divina lex für bie ganje Sibel, Petri ad gentes, epistolae canonicae
ftatt catholicae u. bgl. ba« Original nac^ abenblänbifd&em, teiltoeife f})ejiftfc^ afrilanifc^em
Sraud^, fonbern auefy fa^lidSi geänbert, namentlich in Sejug auf bie ätpf p. 475, 10;
480, 8, toetetye für ^JauluS tote für SEtyeobor gar nic^t in Setrac^t fam. 3ftögKc& ift
jeboc^, ba^ $aulu$ in Sonftanttnoj)el e« angezeigt fanb, auSbrücflicty gu erBären, baft bie
86 2tyf nulb'us auetoritatis ober omnino cassata fei, toogegen 3unttiu$ fte feinen Sonb^
Ieuten erhalten toiK. dagegen ge^t e« ftc^er auf ^jjaulu« unb le^lic^ auf bie befonber*
f^netbige Ärittf, beren i^eobor ben 3a getoürbigt fyatte, ^urücf, bafe 3un^^ ^Mw
neben 2 5ßt, 2. 3 %o unb 3ub ate eine ber ©Triften nennt, meiere jtoar bon ben
SKetften, aber nic^t bon 3ltten mit 1 5ßt 1 30 al« gleic^tüertig jufammengefafjt Serben unb
40 ba^cr ntcfyt perfeetae, fonbern mediae auetoritatis feien p. 479, 2 ; 480, 1—4.
^raftifd&e Sebeutung Ijattt ba$ bamal^ faum me^r, fo toenig toie bie gort^flanjung älterer
©d&rtftber$etc$mffe, in melden bie 2lpf gänjltc^ fehlte (Serü. ber 60 8b. ©fi II, 290 f.)
ober unter ber Slntilegomena aufgeführt toax (Stich. Niceph.). 3)te toid^ttgften ber-
felben gef^en auf eine h>a^rfd^cinltd^ um 400—450 in $aläfthta entftanbene Urliffc
46 jurücf, toelc^e unfer 31% ofjne 3lpf barbot (gorfc^. V, 125—148). ®afe ber ffiiberft)^
gegen bie 2tyf jä^cr n>ar, ate ber gegen bie 4 fleinen !at^. Söriefe, betoeifen bie oben
©.792, 44 ff. gegebenen Sclege für bie rafd^e Verbreitung be$ eufebianifctyen Äanond in ben
©ebieten, in toeldjen bor^er Sudans 31% gegolten ^atte. Slber auefy bie Slpf. ^at bor bem
6. 3<tf}rf?unk*rt auf ber gangen l'tnte bon ^^wf^^1 K* Äonftantino}>eI ben aBiberfjmi^
so übertounben. SBenn 5ß^tIo£enu^ bon SJiabug um 508 bie Styf unb bie Heineren fafy
Sriefe jum erftenmal inä ©t;rtfc^e überfefecn lie^, fo fe|t bieö borau^, bafe in bem
angrenjenben grtecfyifcfyen Äirc^engebiet, im ^Satrtar^at bon 2lntioc$ien bie typt niAt me^r
toie um 400 fttUfc^toetgenb ignoriert, fonbern toteber reci^iert toar. 3SieIIeic^t nodj ettixtf
früher, jebenfattö ntc^t fyäier aU um 500 f}at Slnbreaä im fa))j3abocifc^en ßäfarea feinen
66 grofeen Kommentar über bie 2fyf gefd^rieben, tüortn er noc^ mit einer getoiffen ©efliffenl^
lid^fett burefy Berufung auf bie alten Sefyrcr bon tyapxtö bi^ ß^riH bie StyeopneuPie M
93u^ bertetbtgt unb im 2lnf$lu& an 2lpf 22, 18 f. bie Krittler berfelben ftraft (ed. 6^'
bürg p. 2. 112). Um 530 l?at Sconttu^ in Vorträgen, bie er in einem Älofter bei geni-
talem fyielt, bie typt be^ ^1. QofyanneS al^ baö le^te ber in ber Ätrcbe lanonifterten Süd^r
60 bejetd^net (de sectis act. II, 4 ©Ä II, 294). @r ift hierin einig mit feinen ©egnem
Station fced »2* 795
tote %of). ^tyiloponu« (opif. mundi IV, 6). ©telleid&t ift au« bem 9ta($bru(f, toomit
©uftratiu« um 580 bie 2tyt al« ein 2Berf be« ßtoangeliften unb 2$eologen I^ofyanne«
c&arafteriftert unb jur bogmatiföen ©etoei«fütyrung fyeranjietyt (bei Seo Sfllattu«, de
utriusque loci perpetua consensione, Romae 1655 p. 290 f. 394. 408), au föliefjen,
bafj bamal« bei ben ©elefyrten in Äonftantmopel ber ehemalige 2lu«fc$Iu§ ber 9Cpf 6
bom Äanon noefy nid^t öergeffen toar. 6« bebarf no$ grünbltcfyer Untersuchung ntr
^eftftellung ber Urfadjen, toeld&e um 500 bie allgemeine Slnerfennung be« 9Et« oer
27 Sudler anftatt be« eufebianifd&en Sanon« ber 26 ©ücfyer im ganjen btyjantimföen
SReic^ herbeigeführt fyaben. Sil« 3uftiman ba« römifd&e Stecht lobifi^terte, toar au$ ber
navdexxrjg xrjg äyiag yQaq>fjgf tote man bte ©ibel nun nannte (Xitel ber ©cfyrift be« 10
Wdndfö 3tntio$u« SRigne 84, 1428 ; Cassiod. inst. div. lit. 12. 14), für alle Reiten
fertig, im Dccibent tote im Orient.
X. 35 ic 3lngletd&ung be« Dccibent«. ©on ben ©c^toanfungen unb gfrft*
fteHungen, toelcfye ber ftanon im Orient erfuhr (f. unter V— IX), ift bie lateintföe
Kirche unmittelbar nid&t berührt toorben. ©i« in« 4. ^al^unbert hinein fyatk fte tyr 15
9fä ofyne £br, mit einer fefyr unöollftänbigen Sfojatyl fatfyoltfctyer ©riefe unb mit ber feit
Gaju« nid^t toieber angefod&tenen Sfyf. 3)ie (Sreigniffe unb ©ertyaltniffe be« 4. 3aJfc*
tyunbert« matten eine f old&e Slbfoerrung unmöglich ©c$on bie SRieberlaffung be« $ieriu«,
be« „jüngeren Drigene«" in 3tom (Hier. v. ill. 76) ift ein bebeutfame« ©orftnel. 6«
folgen bie Äird&enberfammlungen, bießjile eine« ät&anaftu« in Irier (336— 337), in 9lom 30
(340—343) unb an anberen Orten be« Cccibent« (bi« 346), be« §ilariu« öon ^oitier«
in Äleinaften (356—360), be« Sucifer fcon Sagliari, be« ßufebiu« öon ©ercelli u. a.,
bie bieljägrigen Aufenthalte eine« §ierontymu« unb Stufinu« in Sßaläftina, Sgtypten unb
©tyrien unb ber enge Slnfölufe ber lat. Äirc^enlitteratur biefer fyit, befonber« ber ejege*
tifd&en an bie (jriedp. 9Kufter. 3)ie« alle« unb befonber« bie über alle ©renken ber Sanbe«* 26
firmen übergretfenben Sßartetungen ftärtten ben öfumenifctyen ©inn unb toirften au&
glei^enb auf bie bi« batyin noefy toeniger empfunbenen ©erfcfyiebenfyeiten be« Äultu« unb
jomit aud& be« ftanon«. ©or allem ift bie (Sintotrtung be« Slttyanafiu« auf ben Dccibent
tn biefer ©ejiefyung nid?t ju unterf$ä$en. ®er Auftrag be« Äaifer« Äonjtan«, ein (Sjemplar
ber ©ibel ober mehrere fotd&e ^aufteilen, toelc&en Styanaftu* 340—343 in 9tom au«= so
führte (apol. ad Constantium 4 bgl. „2lty. u. ber ©ibeltanon" ©. 31. 33), gab tym
Slnlajj, feinen ©runbfäfcen ftcfytbaren 2lu«bru(f ju geben. ©ielleictyt ift ber Cod. Vati-
canus, toeld&er, fotoeit er erholten ift, genau biefen ©runbfäfcen entftme^t, eine gruc^t
biefe« faiferlictyen Auftrag«.
I)ct $br, toelc^en bie 3loüatianer al« eine ©$rift be« 93arnaba« in ß^ren gelten, 35
beginnt feit ^ilariu« (j. 93. in ps. 14 nr. 6; 53, 13; 118 litt. Heth. 16) unb fcueifer
(de non conv. c. haer. 10) mit fteigenber ^äuftgteit al« paulinifd^ unb fomit fanonifefy
t>on Sateinern cittert gu toerben t>gl. Sied, $br I, 183 ff. 95er fogen. ämbroftafter um
370—380 tyat jtoar ben $ebr ni^t in feinem faft öollftänbigen Äommentar ju ben^Jau«
linen be^anbelt, i^n aber bod^ toieber^olt citiert, unb gtoar auc^ al« ©d&rift ,,be« ätooftel«" *>
OJKorin, Revue d'hist. et de litt. rel. 1899, 2 §eft ©. 4). 9Wit toelc^en ©d^toieria*
feiten bi« jum (Snbe be« 3ö^unbert« feine Slnerfennung unb befonber« fein gotte«bienffc
lieber ©ebraud^ ju fämjjfen ^atte, fkfyt man au« Phil. haer. 89; Hier. v. ill. 5; epist.
53, 8; 129, 3; in Mtth. 26, 8. $ie (Sinbürgerung be« $a öoHjiebt fic^ faft ganj^ im
©unfein ; ebenfo bie enbgiltige Slnerfennung ber öon je^er im Dccibent ntctyt ööllig unbe- 46
fannt gebliebenen fleineren fat^ol. ©riefe.
3Son ben förmlid&en unb mefyr ober toeniger amtlichen äufftellungen be« Äanon«
jetgt ber juerft fcon s)Jiommjcn herausgegebene afrifanifc^e Kanon au« ber fyit ^utje^en
354 u. 365 (©« II, 143—156. 1007—1011) no$ feinen (ginflufe ber ©rieben, (g«
fe^lt jebe Slnbeutung bon ,^br, 3a, unb, toa« fefyr auffällig ift, t>on 3ub. Dagegen 00
tyit ber, toeld^cr bie Sifte enttoarf, 2 ©riefe be« s^t unb 3 ©riefe be« %o öerieid^net. 3Der
Äorreftor, toelcfyer burc^ ben jtoeimaligen 3ufa^ una so,a Su ^^efen legten Hummern ber
Sifte gegen ben 2 ^$t unb ben 2 u. 3 30 Sßroteft erfyob, ^atte gegen ben 9lu«f($lu& bon
$n, 3g, 3" noc^ nic^t« einjutoenben. (Sin flobqr ber antiqua translatio, toelctyen
feafftobor in §änben ^atte, enthielt §br unb 3a/ ermangelte aber noefy be« 3U (inst. 66
div. litt. 14 ©R II, 272. 275). ©on cntfcfycibenbcr ©ebeutung toar eine römifetyc
©^nobe unter Dantaju«, toa^rf^einlic^ im 3- -J82, au« beren ©eratungen eine Steige Don
©efd&lüffen, barunter ein ©ibelfanon l>ert>orging, toelc^er balb bem Damafu«, balb bem
©elaftu« (Decretum Gelasii de reeipiendis et non reeipiendis libris), balb bem
#ormi«ba« jugefc^rieben toorben tft(@Ä II, 259 ff.). Sin biefer ©tynobe nahmen äluttori* mi
796 ftanott feeft »JS ftatton 9Ruratort
täten be3 Oriente tote (Spi^aniuS unb SßaulmuS *>on Slntiod&ien teil ; bie ©ede aber bcr
S3ertyanblungen toar ^ierontymuS. ©einen (Sinflufj erfennt man baran, bafe 2 u. 3 §o
jtt>ar regiert, aber ni$t bem 2tyofteI, fonbern bem „$re3btoter" go (cf. v. ill. 9), aue
anberen fatty. SBriefe aber Sfyofteln jugeförieben toerben (cf . ftorfö. VI> 324 31. 4), toobfi
egubaä irrtümlich baä ©piti)eton bed Simon 3elote$ erhält. &er$brift atel4.?ßautu&
brief ben übrigen angefölojfen. SSctyrenb ber gefamte Äanon ate berjenige ber fat§. Sirene
eingeführt toirb, h>irb ber beä 9fö£ nur als berjenige ber römif$en Ätrd&e bqetc^nct
Sßätyrenb anbere Äirctyen beiber JReid^älften j. 93. &ntio$ten auf ber einen, Äarttyago auf
ber anberen ©eite noc| jurüdgeblieben toaren, fyatte 3tom feit 382 fein 912: bcr 27 Stirer.
10 ^nnocenj I. in feinem Srief an ©jfuperiu« t>on Souloufe fcom g. 405 hrieber^olt biefen
Hanon unter gortlaffung ber gelehrten Spielereien be3 #ierontymu$. 3Smtoif($en ta** au<&
bie afrifanifcfye Äirctye unter bem mafegebenben ©mflujj Stugufttnä auf ben ©tynoben ju £i$>o
(383) unb Äart&ago (397) gefolgt. 3lu« ben unbollftänbigen Sßten (®Ä II, 246—253)
ift boety noety )u eiferen, bafe e3 jögernb unb ni$t ofyne Sßiberforucty geföe^en ift Die
16 Qafy ber Sßauluäbriefe ift noety immer 13, aber mit eiusdem ad Hebraeos una toirb
biefer grembling angefügt. 6$ toar bud&ftäbli<$ toafyr, tr>a$ £ierontomu$ (ep. 53, 8) fagte,
extra numerum ponitur. 3ftre Unftd&erfyeit bezeugten bie 2lfruoner auc§ burc^ ben
93ef$lufi, bie überfeeifd&en Kirchen t>. t). bor allem bie römifetye no$ einmal über ben
Äanon $u befragen. 3)ie Slntfoort toar ntd?t metyr atoeifel^aft. 3)te ®ef$t$te beSÄanonS
20 beS 91%$ ift im Dccibent ju Slnfang be3 5. Sa^unbert« toefentlid? abgesoffen, 100 3<*^e
früher als im Orient. 2)er uneingeföränfte ©ebrauety, ben ^riftUßan bon ben Styo*
frr/^en gemalt fyatte, roar jugleicty mit tym berurteilt. @S toar bon geringer Sebeu*
tung, bafc ein Victor bon tfapua ftatt ber 4 6bb. eine latemifd^e Bearbeitung be$
$)iatef[aron$ in fein 31% aufnahm; bafe ein ©regor b. ©r. mit 9tü(fju$t auf ben 2ao-
26 bicenerbrief bon 15 $aulu3briefen fbracfy, bon benen bie Ätrctye bod& nur 14 m tyrem
Äanon fyabe ; bafc biefer Srief im ^Mittelalter fefr häufig, ber 3 Äorintyerbrief unb bcr
£trt beä §erma3 fetyr feiten in Iat. 93ibeln gefdfjrieben ftanb. 63 toaren ba$ Überbleibfel
au3 alter geit, gegen toeld;c man um fo leidster Stolcranj übte, je toeniger man ed
mit bem sJl% ate Äanon, al3 ber mafegebenben 9ti(^tfd^nur für Seben unb Se^re ber
so Äird^e, emft na^m. X|# 3a^n.
Sanon SRuratori. — Ou eilen: Cod. ,J 101 Sup." in ber Bibliotheca Am-
brosiana ju 3Äaiianb, au8 ber 93ibliotljef üon 83obbio, saec. VIII. ©rfter 3lbbrucf bei S.A.
sJJhtraton, Antiqu. Ital. medii aevi vol. III (Mediol. 1740) p. 851—854. Äoflationen »on
Kott für Routh, reliqu. sacrae I1, 389—434; üon gr. ©iefeler für 6. Söiefeler, XfcStS
86 1847, 6. 818—829; bon 9R. ^erfe für S3unfen, Anal. Antonie. I, 137—141; oon €. %
Xregeaeä in beffen Canon Muratorianus (1867 mit gafftmilc); Don Ä. Sfteifferfcfteib. &WL,
ftift.*rtü. ftloffe 33b 67 (1871), 6. 496 ff.; uon «. (Jeriani für B. F. Westcott, A genenü
survey of the hist. of the canon, 6. edit. (1889) p. 521-538; oon «. ^arnaef, 8Ä© III,
©.595—599; üon Xft. 8at)n, ©efd).b. neuteft. flanonSU, 1007; Don$.9C4eliS u. 5B. (Bduller
40 für e. ^reuWen. Analecta (1893) 6. 129—137 cf. p. IX. — Sitteratur: «ii&er ben
angeführten ©Triften unb ^Ib^anblungen, tvelc^e $um Xeil oon Erörterungen über Xeyt unb
3n^alt begleitet ftnb ügl. ©rebner, ©ef(fi. b. neuteft. Äanon f)erau3geg. oon Solfmar (1860)
©. 141—170; SBolfmar ebenbort im Stntjang 6. 341— 363; ^olte, £ub. ^OS 1860, S. 193
m 243; Saurent, ^euteftam. ©tubien (1866) @. 195—209; ^effe, ^a« aRuratorifdje grag«
46ment, 1873; ©tlgenfclb, SroXti 1872 ©. 560—582; 1874 ©. 214—231; 1880 ©. 114-121;
1881 ©. 129-170; ©arnaef, 3l$f)ß 1874 @. 274—288; 445-464; berf.f 3Ä© in (1879)
©. 358—408; ©terff)o\)cn, Het Fragment van Muratori, 1877; Ooerbedf, 3ur ©eW4te bc«
tanon«, 1880 ©. 71 ff.; ©almon, Dict. of Christ. biogr.III (1882), @. 1000—1003; 3at)nf
©ef*. beS neuteft. tanon« II, 1 (1890) @. 1—156; Äuljn, S)aS mur. grogm., 1892; Äoff*
60 mane, 3)a« toa^re SUter unb bie ©erfunft be« mural. £. W%b%f) 1893, ©. 163—223.
I. £egt unb Drtgnalfprad^e. 2)ic §f., auf welcher unfere ÄenniniS biefer für
bie ©efc^ic^te beä Äanon^ rote^tigen Urfunbe bt« öor lurjem au^liepc^ unb aud) tyeute
nod^ beinah gän^Ucr; beruht, ift eine nacfyläffig georbnete unb getriebene üRtöccDan^f.,
beginnenb mit etnem ©tüd au^ be« ßue^eriuö über form. spir. intell. 2Ba« ber Slfc
66 ^anblung über ben Äanon (KM = Äanon be^ -Diuratori) unmittelbar boranging, ift nit^t
mefyr ju fagen, ba 7 Quaterntonen bor bem abrupten änfang berfelben (fol. 10*) ab-
l^anbcn gefommen p"b. hinter bem KM beginnt auf berfelben ©eite (fol. 11* na# ber
SKitte) ein ©tücf au* be« 3lmbroftu« 33ud^ über 2lbrar;am (lib. 1,3, 15— 16), an toelc&e$
aber fofort (fol. llb 3-27) eine nochmalige Slbfdjrift be« gleiten ©tücf« ftd^ anfc^Iie^t.
60 25iefer Umftanb ift bon entfct)eibenber Sebeutung für bie SBürbigung be^ Sesteö t>on KM.
SBenn fc^on an fid^ bie 5}erglei#ung ber §f. mit ber fonftigen Überlieferung ber gleiten,
Saison aWurotori 797
fcon grammatifcfy unb fttltftifcty gebtlbeten Sd&riftfteHern fyerrübrenben Stütfe betoeift, bajj
bie Skrftöfce gegen ©rammatif unb Orthographie, bon toelc^en biefe §f. toimmelt, jumal
biejeniaen, toeld&e in ben t>erfc$iebenartigften Stüdfen ber $f. gleichmäßig ober äljmücfy
Unebeneren, nic&t ben Slutoren, fonbern bem Schreiber ober einem feiner Vorgänger ju=
auftreiben finb, fo c^arafterifiert ben Schreiber tooUenbS bie gebanfenlofe Sßteberfyolung 6
beS eben erft bon tym aeförtebenen StücfS au« SlmbrofiuS unb bie ftorfe 2lbtoet$ung
gtoiföen biefen beiben Kopien (fcgl. ben ^araUelbrucf bei ^reuföen, Anal. p. 135 bis
137). 3n ber jtoetten fmb nicfyt bloß einzelne 2Borte, fonbern gleicfc ju Slnfang
ein ©a$ bon 14 SBörtern aufgefallen, ^ßartifeln fcertaufdjt, bie gleiten SBorte anberS gc*
förieben u. bgl. 2)ie toorliegenbe ©eftalt aller legte biefer §f. rütyrt t>on einem fctyr io
nacfcläfftg arbeitenben, für ben lateiniföen SSofaliSmuS unb bie 93ebeutung ber glerionS*
enbimgen, toenigftenS in ber 2)eflinatton bereits toöHig empfmbungSlofen 3Rön$ fyer. 2)teS
tfi neuerbingS toomögltcty noi) beutlictyer geworben burcty 93efannttoerben einiger anbertoeitig
überlieferten Säfce beS KM. 6S fanben fi<$ nämlicb in 4 lat. §ff. ber SßauluSbrtefe gu
SDtonte ßaffino (nr. 235. 349. 535. 552 ; saec. XI— XII) mehrere Stücfe beS KM is
(1. 42—50. 63—68 in. 81—85. 54—57 med. in biefer Reihenfolge) unb fmb barnad&
in Miscellanea Cassinese (1897 P. II, 2lbteil. 4 p. 1—5) ni$t eben muftergiltig
herausgegeben. 93gl. aucfc Äamacf, 2^23 1898 9fc. 5. 2)er Prolog gu ben ^auluS*
briefen, m toeld&en bie angeführten Sä$e hineingearbeitet fmb, ift eine elenbe Kompilation
aud mehreren Prologen unb Argumenten fcerfc&tebenften UrfprungS, übrigen« in ben $ff. 20
Don 3Ronte ßaffino berfctyieben georbnet, f. bie 9loten ber Herausgeber ju p. 1 unb 3 über
cod. 235, bgl. Bibl. Casin. IV, 273. 3Jlan finbet alle biefe Materien toieber anberS
georbnet, jebo<$ ofyne bie Stücfe auS KM in J. M. Thomasii Cardin, opp. ed. Vez-
zosi I, 382 f. auS einem Cod. Orat. B 7 abgebrudt. (Sine gar nid&t ba&ingetymge 9e*
mertung über bie ^ebräifc^e Spraye p. 5, 16—22 erinnert, fotoeit fie vernünftig ift, an 25
Semerntngen beS 2lmbrofiafter (ed. Bened. p. 157. 259). 2)er Äompilator, beffen Slrbeit
bie £ff. Don SDtonte Gaffino toiebergeben, lann toeber unmittelbar no<$ mittelbar auS ber
mailänber #f. gefd&öpft fyaben. feäfyrenb er burc^toeg ftatt ber tounberlicfyen Ortfyo*
grapste unb ber feltenen 2Bortformen jener bie regelmäßigen unb gehenließen formen
bietet (prolixius, singulis, disputare, Septem, diffusa, dignoscitur für prolexius, ao
sinoolis, desputari, semptem, deffusa, denoscitur), toaS als betoufcte SSerbefferung
eines fehlerhaften lejteS feitenS eines föulmäfeig gebilbeten 2lbf<$reiberS angefeßen toerben
tonnte, ßat berfelbe anbererfeitS felbft geiler gemalt, toelctye ihm biefen Stu^m ftreitig
machen: uteretur ft. iteretur 1. 55, miscui ft. misceri 1. 67, Arsinofa (al. Ars-
mofa) ft. Arsinoi 1. 81. Qx bietet ferner bead&tenStoerte SJarianten, beren @ntftefyung35
auS bem mailänber %qct nießt $u erflären ift. 2Bo biefer bie fmnlofen 2Borte bietet una
com Basilide Assianom Catafrycum constitutorem, fyat eine ber $ff. hinter Basi-
lide ein sive, toorauS ^tuet anbere ein ftnnlofeS cive gemalt fyaben, ioäßrenb bie Vierte
baS SBort toieber auSgeftofeen ßat. Sive ift aber bie längft geforberte SJJartifel, toelcße
ben Stifter beS 3JlontaniSmuS als eine bon SSaftlibeS fcerföiebene ^erfon erfebeinen läßt, 40
ift alfo urfprünglicß. SBäßrenb man jtDeifeln fann, ob ein ju ecclesia 1. 56 Einzutreten-
beS catholica, toelcßeS ßier jebenfaUS feßr am Pa^e ift (ögl. 1. 62. 66. 69), urfprünglicß
fei, totrb bieS ju behaupten fein toon ber fieSart 1. 44 f.: Romanis autem ordinem
seripturarum, sed et praeeipuum (\tatt prineipium) earum esse Christum
intimans prolixius scripsit. ^aS bisher allein befannte prineipium in folc^er ßoe* 45
binbung tyat leinen firc^lic^en Sprachgebrauch für fid) ; bagegen ift praeeipuum Über«
fefeung öon x6 i!;aiQfxov, toelc^eS nietyt feiten ben i^orjug (S^rifti unb ber neuteftament*
lioftn Offenbarung bei gleichzeitiger Slnerfennung ber altteftamentlic^en Offenbarung ober
ber ^änrnnu* (äxoüo vftla = ordo) aller DffenbarungSurfunben auSbrtidtt; Dgl. Ign.
Philad. 9, 2; Clem. quis dives $ 10. 12. $at bemna^ ber .Uompilator jener $ro= a»
löge auS einer t>on ber mailänber £f. unabhängigen Duelle gefc^öpft, fo beftätigen feine
C^erpte erftenS ioieberum, bafe bie barbarifc^e gorm beS mailänber lejteS nic^t auf
Sie^nung beS Sc^riftfteHerS ^u fe^en ift, fie ftärfen aber jtoeitenS auc^ baS 3uttau*n ju
ber Xreue ber lejtüberliefcrung in ben ßauptfac^en. Slber auc^ nac^ ber burd^ bie 3lna=
Sloaie beS ambrofianifc^en StüdS unb t>ic G^crptc t)on 2Honte (Safftno gerechtfertigten unb 55
Norberten Steinigung beS IcjteS bleiben Stätfel barin, meiere o^ne Monjeltur nietyt m
fen finb. 3)ie toi^tigfte, für bie §erfteUung eines glaubtoürbigen lejtcS fruc^tbarfte
Vermutung fc^eint bie &u fein, bafe baS Fragment Übcrfe^ung eines griec^ifc^en Originals
Jei. 9la(^bem fc^on 3)luratori unb S. bc uRagiftriS bieS ftillfc^toeigenb öorauSgefe^t batten,
mbem fte als ^erfaffer einen grtecfyifcfy fc^reibenben Sc^riftftcBer, jener ben Gajue t>on ^Hom, eo
798 Simon 2»«rotort
i
biefer ben$at>ia$ bejcictyneten, tourbe bteö fcon^ug, @tnl. Ia, 124; 3$ierfc$, 3$erfu<$ *ur
Öerft. be$ tyift. ©tanbp. ©. 385 u. a. nad&brüdtliq behauptet Auf ©runb biefcr Annahme
£aben Sagarbe (3l$f;Ä 1854 ©. 127 unb tn 93unfen$ Anal. Antonie. I, 142 ff.), 9ioite,
$ilgenfelb, 3a&n flried^ifc^e SRücfüberfefcungen berfuetyt; Sigtytfoot (Academy 1889 Dom
6 21. ©eptember) fogor eine Übertragung größerer ©tütfe in griet$ifd&e SJerfe. ffiä^renb
2Biefeler, §effe, ©tedfyofcen u. a. an ber Slnnafyme be8 2ateinifd&en afe Drtginalft>ra($e feft*
gelten, barf bie gegenteilige Meinung, ber auq #ofmann, StogelleS, SBeftcott, ©almon,
Äufyn beipflichteten, toofyl afe bie ^eute fcortoiegenbe bejeic^net toerben.
IL Ort, 3d* unb SSerfaf fer. 2)ie Senennung 9tom$ nid&t nur burdjf urbs
10 Roma 1.76, fonbent auety burety urbs allein 1.38 ift nur bei einem SbenMänber benfbar,
unb e$ toäre f<$toer ju fagenf toie ein im Orient fd^reibenber ©rieche, ber Don feiner Um*
gebung fcerftanben fein tooUte, bie« auSgebrüdft tyaben foHte. 2)ie feierliche Umftänblid&feit,
mit toeld&er t>on $tu$ als bem jur Mt ber Slbfaffung be$ £irten „auf ber Äatfyebra ber
Äird&e ber ©tobt SRorn fifcenben 93if$of" gerebet ift, erföeint nur bann natürlich, toerm
16 ber 25erf . atoar nietyt in 9tom für Körner, aber bod& in einer mit 9lom berbunbenen, irgend
toie fcon 9tom abhängigen abenblänbifd^en Äird^e ober fcon 9tom au« für eine foletye fcfrrieb.
2)afe, bie toefentlid&e Stidfenlofigleit be3 lejteä fcorauägefefct, ber S3rief beä S0*0^ uni>
ber #ebräerbrief nietyt einmal unter ben bie aufnähme in ben Ärete ber fjl. ©Triften
beanforud^enben ©Triften genannt toerben, ift nur unter SorauSfefeung ber ©ntfte^ung hn
20 Stbenblanb begreiflich 2)er ©ebanfe an eine Slbfajfung in ber $rot>inj 2lften (fo Äu^n
©. 31. 33) ift fd&on burd& bie im -Dhmbe eine« bortigen ©c^riftftetterS ganj unmöglufce
33e$eictynung beä 3Jtontanu$, beä „©tifterS ber Äatat>&rtyger", als Asianus (1. 84) ou&
geffyloffen. — %üx bie 3eübeftimmung ift grunblegenb ber ©ofc (1. 73 ff.): Pastorem
vero nuperrime temporibus nostris in urbe Roma Herma(s) conscripsit se-
26 dente (in) cathedra urbis Romae ecclesiae Pio episcopo fratre ejus. £a$ ouS
bem ©egenfaft ju ber 3*it ber Sßro^eten unb Styoftel $u *>erfte|enbe nuperrime (veaxni)
toürbe an fxty geftatten, einen Slbftanb t>on mehreren 3ajjrljunberten jtotföen ber 31b*
faffung beä Wirten ober ber bifd^öflid^en Regierung be« $Siu3 unb ber 3e^ b*$ §ragmem
tiften anjunc|men (t>gl. Safyn, ©efdfj. b. Äanon« II, 134 31. 1). Um fo atomgenber be*
80 toeift baS gum 3^^ gwiÄuwer Seftimmung ^ingutretenbe temporibus nostris, bajj ber
3Serf. toor bem xobe be« Sifc^of« $iu« (geft. öor Dftern 154) geboren toar. 2)er9Serfu^
t)on Äoffmane, toeld&er ben KM juerft bem 4. Qa^unbert (©. 174), fobann ber 3«*
um 450—490 (©. 216 ff.) jutoeifen toottte, biefe« ©elbft^eugni« be« SSerf. 511 entfräften
(©. 176 f.), ift nid^t einmal öerftänblic^. Sbenfo unannehmbar ift bie im §intergrunb
36 bereit gehaltene 3luöflud^t, bafe ber gragmentift eine für tyn nid^t ))affenbe 3«tangabe au^
einer älteren Duelle gebanfenloS ^erübergenommen tyabe; benn er ift lein gebantenlofer
.Hom^ilator, fonbern ein 3Jlann t>on eigenem Urteil, unb gerabe in bem öorltegenben 3Us
fammen^ang jeigt er leb^aftefte perfönlic^e Seilna^me an ber gfrage über bie ©tellung be«
Wirten im nrd^lid^en ©otteSbienft. Die« ioar aber nid^t im 4. unb hn 5. 3a$r§unbert,
40 fonbern um 200 eine im Slbenblanb lebhaft öer^anbelte g*age. ®i« angeblichen ängei^cn
einer triel f^äteren Slbfaffung galten einer ernfttyaften Äritif, toeld^e aüerbing« ^ier mc$t
vorgetragen toerben fann, an feinem fünfte ©tanb. SBa« Senkung noety älterer 2itte=
ratur anlangt, fo läfct fid^ nur ba« @inc gu einem ^ö^eren ©rabe toon SßJaW^rinR^1
bringen, bafe ber Üerf. bie gnoftifd^en 3lpoftelgefc^ic^ten be« SeuäuS gelefen ^at unb ben
46 3>0fannc&ifcen in ber (Srjä^lung t>on ber (Sntfte^ung be« 4. GtoangeliumS (1. 9—16),
ben ^etru^aften in 1. 37—39 gefolgt ift, fcgl. 3a^n, ©efc^. be« Ä. II, 36—38. 844;
gorfö. VI, 201—204. ©elbft toenn er, h)ie Koffmane (©. 167) unb ^ame« (Apocr.
aneed., II ser. p. XI) angenommen fyaben, ben Sufa« ftatt be« fieuciu« für ben SSerf.
jener Segenben gehalten fyabtn follte, toürbe barau« nid^t folgen, bafe er f^äter al« um
60 200 getrieben fyat, benn um eben biefe 3e^ W Giemen« bie ^o^anneöaften be« Seuciu«
citiert. 6ine nod^ frühere Slbfaffung, tote manche annahmen, um 170 ober 180, ift atter-
bing« unioa^rfc^einlic^, nietyt nur ioegen ber Senkung ber leucianifd^cn Segenben. ^er
^erf. fc^reibt ak ©lieb ber fat^olifd^en ftirdfje, ioel^e nic^t nur bie Parteien be« 3Salen*
tinu«, be« SaftlibeS unb be« SDtarcion, fonbern auebben 9Wontani«mu« enbgiltig t>on jtc^
66 ausgegeben ^at (1. 65. 81—85). SefctereS ift iniRom erft um 195, in Äarti^ago erft
naefy 203 gefc^e^en. (SS ift ferner nicfyt ^u berfennen, bafe ba$ @t>. unb bie Sriefe beä
^o^anneö hier in a^ologetifd^em Xon befproc^en toerben (f. unten). 2)ieä fefet üorau^,
bafe ber SBerf. bereits öon bem Slngriff ber „2Uoger" auf bie fämtli4»en jo|anneifcben
©^riften em))finblic^ berührt ioar, toäbrenb er öon bem auSfc^liefelid^ gegen bie Styolafypfe
60 gerichteten angriff beS (EajuS no4 nichts ju toiffen fdjjeint. SluS 1. 73—80 ergiebt w,
ftattott a»«ratori 799
bafe SSerfyanblungcn über ben §irten beS §ermaS geführt toorben toaren, beren ©rgebmS
ber 33erf. fe^r beftimmt formulieren ju Tonnen glaubt*. 3n Äart^ago tyaben folc^e SSer*
fyanblungen erft nad) ber SluSföeibung ber montanifttfetyen ©emeinbe, alfo fd^toerlid^ bor
205, bei 2Hontaniften unb äatyolilen ftattgefunben. 9tom mag bamit vorangegangen fein.
Slbcr aud) bort toirb man erft nad) ber ßntfcfceibung beS Sifc^ofg SSictor in ©ad&en beS 6
9RontaniSmuS aud& über baS SBer^ältniS beS #irten $ur 9ibel ein enbgtltigeS Urteil ge*
toonnen fyaben, bgl. @efd&. beS ÄanonS I, 333—347. 9Ran mufj fiety nur ber 9tomen:
2lloger, SDertuflian, SßrocluS, GajuS, §iWotytuS erinnern, um ju erlernten, bafe biegragen
inS3egug auf bie &nerf ennung ber jotyanneifd&en Schriften unb beS#hrten als $(. ©Triften
im engften 3ufammen^K*nÖ m^ &** montaniftifetyen 93etoegung unb mit ben babur$ ange» io
regten fragen in 33e$ug auf bie Disziplin unb bie $rop$etie in ber Äircfye erörtert toorben
fmb. §ft KM im UmfreiS Don SRom gefirieben, fo !ann bieS faum früber als um 200
bis 210 gefcfyefcen fein. 2)abur$ finb auq fefcon mehrere inSorfc^lag gebraute Herfaffer*
namen toie $aj>iaS unb #egeftyj>uS auSgeföloffen. sBlit s3Jturatort an GajuS &u benten,
ift unerlaubt, feitbem jebcr3toeifel baran gefötounben ift, bafc btefer ein erbitterter ©egner i6
ber 2tyofal$>fe toar, toetyrenb biefe im KM als 2Berf beS 2lj>oftelS 3joN™*3 fyoctygefdjäfct
ift. Gtyer möglich toäre üigfytfootS Vermutung, bajj §ij>j>otytuS ber SBerf. toäre, toenn
man aud& bie bamit fcerfnüpfte Stnnaljme, bafe toir I?ier eine ttberfefcung einer ber cddal
eis ndoag rag ygaydg bor unS £aben, toelctye auf ber Äat^ebra #ittyofytS als b'effen
2Berf bezeugt finb, als gar ju untoa^rfd&einlid^ ablehnen mujj. Sin ©egengrunb bleibt 20
baS völlige ©d&toeigen über ben #ebräerbrief, für toelctyen $i$>otyt fiety interefftert $at
(oben VII, 505, 13), ferner bie fonberbare SKeinung, bafe bie 3fyolal$>fe bor ben Briefen
beS $auluS getrieben fei (KM 1. 48—59), toeld&e bem in feiner Sluffaffung ber 9lqpo-
faltypfe enge an 3**näuS ftcfc anfd&liejjenben #ty>ofytuS triebt jugutrauen ift. 9lad) Dionty*
fiuS Sarfalibi fyat er vielmehr toie 3*atäuS M« Slbfaffung ber 9fyolaI$>fe unter Storni* 25
tian behauptet, bgl. ©totynn, Hermathena VII (1889) p. 146. 3tu$ ber SilbungSgrob
beS ^agmentiften reicht nic^t an benjemgen ^typoltytS. Sin Styobon badete $arnadf im
3ufammen^ang mit ber Äonjeftur, ba^ unter Mitiadis 1. 81 ein Tatiani als @<$rift
erfter §anb verborgen unb beffen ©iateRaron gemeint fei, toelc^e buxd) genauere Unter*
fuc&ung be« »efunbeS burdjf 3a^n (®efdb. b. ft. II, 1007), »ekelte unb ©<^üler ($reu* 90
fd^enS Anal. p. 134 f.) toiberlegt ift. 3Bir muffen uns borläu^g bamit begnügen, ba^
ein ©lieb ber römiföen ober einer ni$t toeit bon diom ju fud^enben tat^olifc^en ©emeinbe
um 200—210 in gried&ifc&er S^rac^e biefe Überfielt über bie in feinem firc^lic^en ÄreiS
anerfannten ^l. Schriften beS 9tlS gefd^rieben ^at. 3)a toir bon bem @Qer»t, toeld^eS
ber ©Treiber ber mailänber ^f. gemalt ^at, nur ben ©d^lufe, nic&t aber ben Anfang be* 35
fifcen, fo toiffen toir nic&t, ob baS, toaS ber 6jjerptor in feinen ©ammelbanb aufgenommen
bat, eine felbftftänbige Slbfyanblung ober S^iftel, ober S3eftanbteit eines größeren SBerfS
toar, auc^ ntd^t, ob eine (tynli$e Überfielt über bie altteftamentti$en ©Triften voranging
ober nid)t Sie lateinif$e Überfefcung ift, nad) tfyrem Sprad^c^aratter gu urteilen, fc^toer-
iid) bor 350, bielleid^t erft im 5. gatyrtyunbert entftanben. 5Rur ein Seifpiel möge, toeil 40
eS mefyrfacty ungenau angeführt toorben ift, genannt fein. 2)er 5Rame ot xard <Pgyyag
für bie Wontaniften, toeld^er fonft guerft bei ^feubotertuQian de haer. 21 (qui dieun-
tur seeundum Phrygas) unb in bem auS bem ©riec^ifc^en überfe$ten JÖrief girmU
UanS an Gtftman (Cypr. epist. 75, 7 qui Cataphrygas [1. cata Phrygas] appel-
lantur) t)or!ommt, ift ^ier bereits üöflig latinifiert unb lateinifc^ befliniert: Catafrygesis
(©enet. Catafrygum), toaS fonft boefc erft bei ^Jaäan (epist. I, 1) unb s}tyilafter
(haer. 49), alfo gegen @nbe beS 4. 3afr&untert3 $u lefen ift.
III. 35er ^n^alt. Der KM ift nic^t ein Manon im urforünglid&en Sinn beS
SBortS, ein auS nadten Süc^ertiteln befte^enber Äatalog, toie tyn f^on SKelito t>on ben
Sudlern beS W&> gegeben fyattt, fonbern eine mit gef$i$tti$en 3J2itteilunaen unb tF)eo- w
logifcfyen (Ertoägungen auSgeftattete Überfielt über bie fämtlid^en ^1. ©Triften beS 91IS,
toie folc^e DrigeneS bruc^ftüdttoeife in ber SSonebe ju ben #omilien über iJutaS, im 6in=
gang £u bem Kommentar über SRattyäuS, im 5. XomuS jum 6t). beS ^o^anneS unb
anbertoärtS gegeben fyattt, alfo nad^ Röterem ©J>ractygebraud& eine ©^no^ftS. 1. Die
4 Gbangelien 1. 1—34. Dbtootyl nur bie Setyredjung beS 3. unb 4. ßöangeliumS 66
tjollftänbig unb bon ber julefct vorangegangenen grörterung nur eine 3«Ie erhalten ift,
totrb boc^ allgemein anerfannt, bafe toorfyer t)on 3Kt unb 3Wc bie Stebe getoefen, alfo bieS
iftergefpann ber lanonifc^en 6bb. in ber $ule$t aüein^errfd^enb getoorbenen Drbnung fcor*
geführt toorben ift. s]$on niefct lanonifc^ getoorbenen ®t)t)., über toeld&e ^tenäuS unb Dri^
gcneS in (umliefen 3ufammen^ängen ju frre^en fi<$ veranlagt fa^en, berlautet ^ter nichts, eo
800 ftfttton äRtttfttort
unb and) Wo fpäter auf tyäretifd&e Sßerle bie Siebe fommt, toelctye bie Strebe nic&t rejU
gieren fann (1. 63—68. 81—85), toeift lein 2Bort auf @M>. folget 3lrt (f. o. ©. 799, 28
über angebliche ©rtoäfynung be« ®iateffaron). Sie au«fd<eßlid&e ©eltung ber 4 @m>.
fteljt bem SSerf. unb bem firc^lic^en Jtrei«, für ben er fd&reibt, unbebingt feft. ©agegen
s ftmd&t er in ctyologetiföem $on bon ber Harmonie ber 4 ßbb. in allen für ben ©lauten
toefcntlictyen 6tticfen unb bon ber ©leic^gtltigfeü ber äußerlichen, f$on in ben berjc&iebenen
Anfängen ber einzelnen ©bb. fi<$ jeigenben Differenzen für ben ©lauben. 6cf>on baß bieö
im 9lnfd&Iuß an bie (Srjätylung bon ber ©ntfte^ung be« 4. @b. gefd&ietyt, me^r nod), baß
bon ba fofort baju übergegangen ftrirb, ba« ftarfe ©elbftjeugni« be« ©bangeliften So^arate«
10 in 1 So 1, 1—4 &u rechtfertigen, läßt erlernten, baß bie ganje Sinologie 1. 16—34 ber*
anlaßt ift burd& einen Singriff auf ba« 4. @b., au«ae$enb Don Seuten, toel<$e bie Unber*
einbarfeit bleiben mit ben übrigen ®bb. unb bie SKufbringtic^Ieit ber ©elbftbejeugung m
bem bon bemfelben SSerf. fyerrütyrenben, alfo gleid&faH« bertoerf ticken 1. 3jo&anne«brief al«
©rünbe gegen bte ©cfctfyett ober ba« firc^lic^e 9lnfe$n biefer Schriften geltenb matten,
15 b. i). bon ben 9llogern. 2Bie fyter, fo ift au$ in ben 3lu«fagen über SBarfu« unb Sufa«
ba« SBerfyältni« ber Seric^terftatter ju ben S^atfactyen betont @rgän$t man unter ber
33orau«fefcung, baß fcter toie 1. 14. 15. 19. 20. 21. 25. 26 k. bie neue ßeile mitten im
2Bort beginnt, 1. 1 [aliquijbus tarnen interfuit et ita posuit, fo ift bamtt behauptet,
baß 2Jtarfu« fttoar im allgemeinen lein 9lutoj>t, fonbern ein nad) ben @rjä^lungen eine*
20 folgen ober mehrerer fold&er berietytenber ©d&riftfteHer fei (bgl. ^Sapia« bei Eus. III, 39,
15; ^renäu« III, 1, 1; 10, 6; Drigene« bei Eus. VI, 25, 5; Jpierontymu« comm. in
Matth. praef. Vallarsi VII, 3), baß er aber bo<$ einiget, toa« er erjä^lt, felbft mit?
erlebt unb bem entfprecfyenb bargeftellt fyabt. 93on Sufa« totrb o^ne (Sinfd&ränfung gefagt,
baß er fein 2lutoj>t getoefen unb auc£ erft nac$ ber Himmelfahrt bon $aulu« al« ©e^ilfe
26 angenommen toorben fei unb bafyer in feinem 6b. auc§ nid&t an ba« 3Kaß feiner eigenen
©rlebniffe, fonbern tote irgenb ein beliebiger ©efd&ic^tfdpreiber nur an ben Umfang feiner
torf$ungen gebunben getoefen fei. 9lußer ber au« Äol 4, 14 geköpften 93e$eic&mmg al«
rjt fcfyeint alle«, toa« fyter über Sufa« gefagt toirb, bem Prolog feinet 6b. entnommen
nt fein. SSon ber 6ntftefyung be« 4. 6b. bagegen toirb 1. 9—16 ht aller Jtürje boc§ eine
so leben«boHe ©rjä^lung gegeben, toelcfye nur al« 9lu«$ug au« einer ausführlicheren 35ar*
fteHung berftänblicfy ift unb toafyrföeinlid& auf Seuciu« jurücfae^t, t>on ioelc^em birelt
ober inbirelt auety bie ä^nlic^en 3lngaben bei Giemen« 911., Sirtortnu« toon $ettau unb
bielen fpäteren ©cfyriftfteHern abhängen. — 2. SSon ben 6w>., beren apologettfc^e 6rörtc»
rung Slnlaß gegeben fyattt, and) fc^on bte 93ricfe be« ^o^anne« }u ertoä^nen unb 1 3o
36 1, 1—4 in jefyr freier, bem 3^«* einer SSerteibigung be« 3°&<mne3 ate (£t>angelift ent«
fpred^enben 2Betfe gu citieren (1. 26—34), toenbet fu^ ber gragmenttft jur Stt^oftel*
gefc^ic^te (1. 34—39). ©rft bei biefem jtoeiten 93uc^ be« Sufaä toirb bie 93eftimmung
für Ifyeopln'lua ertoä^nt, loa« um fo auffälliger ift, als bie gorm beä 9lu«brucf« für bieje
S3e^iel;ung nic^t au« 91© 1, 1, fonbern au$ 2c 1, 3 genommen ift. 2Batyrfc£einti(£ ift
40 bie Meinung bie, baß Sc in ber 31© in einer junäd&ft auf 2^eo^ilu« beregneten unb
biefem fofort toerftänblic^cn SBeife feine ^erfönlid^e 9lnh>efen^eit bei ben einzelnen Sreig«
niffen gum 9lu«brudE bringe. SBerben h)ir baburety auf bie fogenannten SBirftücfe &in*
getoiefen, fo ift ju bebenfen, baß in ber im Slbenblanb bi« auf §ieron^mu« aüein^ert*
fcfyenben SRecenfton ber 91© nic^t erft fcon 16, 10 an, fonbern fc^on 11,27 ein bie 9lntoefenfyeit
46 be« @rjä^ler« bejeugenbe« SBir gu lefen toar. dben babur^ iourbe bie übertriebene 93or*
fteHung begünftigt, toelcfye un$ ^ier toie bei ^renäu« unb jonft begegnet, baß 2ula« in ber
31®, rec^t im ©egenfafc m feinem 6b. toefentlic^ nur Selbfterlebte« ajä^le. 9lad^ ber
meiften« angenommenen Sefung t)on 1. 37—38 (sicuti et semota passione Petri evi-
denter declarat, sed et profectione Pauli ab urbe ad Spaniam proficiscentis)
50 fod Sc bieje« fein perfönltc^e« SSer^ältni« gum (Stoff feine« 93uc§« auc^ babur$ beutlic^
ju erfennen geben, baß er fotoofyl ba« 3Jlart^rium be«$etru«, al« auety bie f|jantfd^e Steife
be« $aulu«, jioei bebeutfame ßreigniffc, bie boety nad^ 9lnftc^t be« KM ber Slbfaffung ber
91© vorangegangen finb, t>on feiner (Srgä^lung au«fd^ließt. Sufa« tooHte nur folc^c« er^
jaulen, toa« er miterlebt ^atte unb braeg ba^er furg bor jenen ßreigniffen mit feiner ©r^
55 gä^lung ab. 3)en überlieferten %qct (semote passionem . . . profectionem) tooHte
man unb müßte man bafnn öerfte^en, baß Sufa« an einem abgejonberten Ort, in einem
anberen Suc^, ober auety in einer ntd^t für bie ©emeinbe beftimmten ^Prtoatfc^rift t>om
•Diarttyrium be« $etru« unb ber fpanifcfyen Seife be« ^Jaulu« berietet $abc. 2Cbcr abge*
fc^en babon, baß man semotim (bgl. Theodor. Mops. ed. Swete II, 96) ertoarten
co foHte ftatt semote, toeldje« c^er = secrete ift unb mit evidenter declarat fiety mdj>t
fiatton SRttratort 801
berträgt, unb bafe KM gerabe bie fanomföe 3© als SWemoiren auffaßt, bie für eine
$ribatj>erfon aufgezeichnet ftnb, jo ift boc$ beibeS gleich unbenfbar, bafe um 200 noc§ ein
britteS Bud& beS SufaS ejiftiert tyaben foÜte, toelqeS jene ßreigniffe barftellte, ober bafe
KM bie $etruSaften beS SeuctuS, toel<$e aüerbingS aud& Don ber franiföen Steife beS
$au!uS fagen (ed. StyftuS p. 45 f.), trrtgertt>etfe für ein 2Berf beS SufaS gehalten §aben 6
tollte. — 3. S)ieBriefebeS$auIuS 1. 39—68. 25ie ©emeinbebriefe liegen bem
SSerf. in einer beftimmten Orbnung bor unb jtoar in folgenber: (1. 2) Äo, ®p§, SJtyil,
Äol, @a, (1. 2) 2$, SRö (1. 50—54). S)iefe Drbnung berührt ftd& bor allem in tyrem
Stnfang unb ©ctylufe natye mit berienigen StetuHianS ; Einbeulungen berfelben finben ftc$
bielleicgt f$on bei ßlemenS bon 9tom, aber auefy im Orient (©efety. b. ÄanonS II, 344 10
big 354). 35er SSerf. aber finbet in biefer äujjeren Drbnung ber Briefe bie3*itfolge tyrer
2lbfaffung auSgcbrücft, toie fd&on auS biefer Slufgätylung felbft unb no$ beutlid^er auS
1. 42 (primum omnium Corinthiis . . scripsit) fyerborgefyt. Born Sfofang ber 6r*
örterung an jeigt fic$ ber SSerf. beftrebt, entbehrliche 2Beitläuftgteiten ju bermeiben. 2BeI<$eS
bie Beftanbtetle ber Sammlung feien, Don too unb auS melden Stnläffen bie einzelnen iß
Briefe gefd&rieben feien, tonn jeber 2Bifcbegierige tarnen felbft entnehmen (1- 39—41). 6r
fyebt bann bie Briefe an bie Äo, ©a unb SRö als bie ausführlicheren unb bebeutenberen
tyerbor, um ben #au£tgegenftanb eines jeben anzugeben, jtoar in ber Reihenfolge ber boll*
ftänbigen Slufjä^lung, aber boety mit 2luSftoj$ung bon ®p^, $$il, Äol. 9Wit biefem 33er*
fahren ftimmt eS aber nid&t, bafc er 1. 46 fortfährt: de quibus singulis necesse est»
a nobis disputari (codd. Casin. necesse est nobis disputare), unb J?ier^u ftimmt
auety nid&t bie folgenbe Begrünbung für bieS angeblich nottoenbige disputare de singulis.
©S toirb nämlic^ 1. 47—59 ausgeführt, ba| $auluS feine Briefe jtoar ebenfo tote 3o*
fyanneS in ber 3tyoial$>fe nur an 7 ©emeinben gerietet $abe, bafc biefelben aber bo<$
ebenfo tote bie 7 ©enbföreiben ber Sfyofafypfe für bie ganje, burd^ jene 7 ©emeinben 35
typif$:ftymbolif$ bargefteQte ßird&e beS (SrbfreifeS befümmt feien. 2)arauS folgt aber, bafc
bie Erörterung ber befonberen Beranlaffungen unb gef$i$tlt$en Bebingungen ber einzelnen
©emeinbebriefe für bie Äirctye unb ben Ideologen fefyr toenig %n bebeuten tyaben. SS
toirb aljo, toie mefyrfacfy borgefd^lagen toorben ift, ein non bor necesse ausgefallen fein,
ein überaus fyäufig borfommenber getyler. ©0 erft tommt (Smljeit ber Betrachtung unb ao
©timmung in ben ganjen 2lbfcfcnitt. Stucfc bie bollftänbige äufeä^lung ber 7 ©emeinben
unb 9 ©emeinbebriefe, bie man naety 1. 39 — 41 nid&t ertoarten foHte, ift nur baburefc
beranlafjt, bafe bie ©ieben^l bebeutfam bertoertet toerben foH, tote fte aud& gegenüber ber
t^atfäc^lid^en 9leunga^l ber Briefe auSbrüdlic^ aufrechterhalten toirb. 3)er Berf. ^atte
1. 39 ni$t bon ©emeinbebriefen, fonbern ganj allgemein bon ben Briefen beS ^ßauluS jus5
reben angefangen. 911S folty lennt er unb ftnb in (einer Jtirc^e anerlannt auc^ bie Briefe
an $$ilemon, ütuS unb 2Xmot&eu3. 3)a er aber bie Bebeutung ber ©emeinbebriefe für
bie gefamte ftirdjfe burc^ bie bebeutfame ©ieben^abl ber ©emeinben begrünbet ^atte, toar
eS ein BebürfniS, bie tir$li$e 2lnerfennung ber ^ribatbriefe anberS $u begrünben unb
biefe ©rörterung aud^ ber %citm nad) gegen|ä^lid^ einzuführen (l. 59—63). 3)ie %fyiU 40
facfye felbft, ba^ aud^ biefe Briefe in ber lat^olifc^en Ähx^e regiert fmb, toirb gar nid&t
eigens ausgeflogen, ergiebt ft4> aber als felbftberftänblic^e BorauSfe^ung auS ben alle
eckten Briefe beS 5ßauluS umfaffenben epistulae Pauli 1. 39 unb auS ber gegenfä^lid^en
9luSfage über bie uned^ten Briefe 1. 66. @S fragt ftc^ nur um einen nachträglichen 53e-
toeiS für bie Nationalität biefer boQenbeten X^atfad^e. 3)iefe Briefe ftnb aQerbingS p= 45
näd^ft 9luSbrucI perfönlid^er greunbfd^aft beS Softeis ju einzelnen ^erfonen, fyabm aber
boc^ eine allgemeine Bebeutung für bie Äirc^e toegen ber barin enthaltenen äntoeifungen
für bie Drbnung beS ©emeinbelebenS. SBenn man, toie meift geföe^en ift, ben erften
biefer beiben ©ebanlen nur burd^ ßrgänjung eines scriptae sunt ju berftänblic^em äuS*
brurf bringt, unb ftd^ bei bem in Äbbrebiatur überlieferten ^räbilat beS itoeiten ©afeeS 50
sanetificatae sunt beruhigt, fo ergiebt fi$ bie BorfteÜung, bafe $auluS felbft bei 9lb*
fafiung ber ^ribatbriefe nur fein j)erfönlid^eS Ber^ältniS ut ben äbreffaten im Äuge ge^
babt ^abe, unb bafe erft nachträglich bie Äird^e in SRücffwpt auf bie Brauc^barfeit biefer
Briefe für bie Regelung beS ©emeinbelebenS biefelben für heilig erflärt unb bamit tyat*
fäc^lic^ gu ^eiligen ©Triften gemalt, b. ^. fte lanoniftert ^abe. 35ie Uner^ört^cit biefer 55
BorftellungS* unb 5luSbrucfStoei|e in ber alten Äird&e unb bie ©eltfamfeit beS ©ebantenS,
ba^ $auluS felbft bei Briefen toie 1 3:i unb %xt noc^ nid&t an baS gemeine Befte ber
flirre gebadet ^aben follte, le$t bie Bermutung na^e, bafe nietyt ein ganj neues ^$räbilat
$u ergänzen, fonbern baS einjtae überlieferte ^räbifat ju emenbicren unb als ungeföidtc
Ucberfe^ung ^u erflären fei. Bgl. 3a^n ©.81. 142, toogegen Mu^n ©. 78. 80 es er, eo
WtaU9ntt)tlop&bU fflt X^cologtc unb ftir^c 8. Ä. IX. 51
802 Üanon äfenroiori
laubt finbet, aDeS für bie gefrötynlid&e 2luffaffung ©rforberlid&e teil« „^mjujubenfen", teite
in ben Segt einjufd^ieben. ©3 ergäbe jt$ bei Einfügung be$ #m^jubentenben in fcfyräger
©d^rift unb ber frimtd&en ©rgänjung m Älammern folgenber ©a$: Verum ad Phile-
monem una et ad Titum una et ad Timotheum duae pro affectu et dilectione
6 scriptae, in honore tarnen ecclesiae catholicae sunt, [qu]in ordinatione eccle-
siasticae diseiplinae sanetificatae sunt. — 9toc$ (Srlebigung ber 13 eckten unb in
ber 5ttr$e anerkannten 93riefe be$ *ßaulu3 toerben jtoei „nod& ber £ärefie 3RarcumS unter
bem Tanten be8 $aulu$ erbic^tetc Briefe an bie Saobicener unb an bie Snqtanbrmer"
ermähnt, hieran aber fofort mehrere anbere Schriften ongefd&loffen unb Don biefen allen
10 geurteilt, bafe fie ni<$t in bie fat^olifd^e $ir$e aufgenommen toerben fitanen, toeil e$ un*
paffenb fei, ®aDe mit #onig ju mifd&cn (L 63—68). 25ie3 fe$t Voraus, bafc Von irgenb
(Deiner Seite bie ftumutung gcfteHt frurbe, bie genannten pfeubepigrapljen <ßaulu3briefe
unb fonftige ätynlicpe Schriften in bie Kirche, b. ty. in bieÄlaffe ber für ben fird&fic^en ©ottefc
bienft beftimmten Sänften aufzunehmen. 35er in vielen Iatemifd^en Sibel^anbfd&riften er*
15 tyaltene S3rief an bie Saobicener (Vgl. ©eföi^te b. ÄanonS II, $66— 585) ift fonft juerjl
bur$ $ri$cittian (ed. ©d&etfs p. 55), ^tyilafter (haer. 89), ^ierontymuS (vir. 111. 5),
burd& einen fälf$li$ bem Sluguftin jugefd&riebenen, ober nod) bem 4. ^a^. ange^örigen
über de divinis scripturis (August, specul. ed. 2Betyrid& p. 516) unb bur$ alte
Prologe gu ben Sßauluebriefen beutlic^ bezeugt, unb jfrar Von biefen Prologen unb Sßfeubo*
20 auguftin als Seftanbteil ber 33ibel. @r ift aber auefy im gried&ifd&en Orient in ber 3«i
Von 370—800 nad&fretebar. ©afe er nic^t erft in ber $eit entftanben $, in toeld&er ab*
gefe^en vom KM feine Bezeugung in ber Sitteratur anhebt, ergiebt ftc^ au£ ber einfachen
©rfrägung, bafc um 380, naepbem bie auf enbgiltigen 3lbf$luf$ beä ßanonS abjielenben
firdfjlictyen 93erfyanblungen im Orient fetyon fefyr freit gebieten, im Occibent aber m guten
25 ©ang gebraut froren, ein neuerbingä entftanbener $aulu$brief unmöglich nod& in bie
Sibel einbringen fonntc, um biefelbe 3^ *n toeld^er #ierontymu3, Vielleid&t in übertriebe«
nem SluSbrucf, Von bemfelben fagen Tonnte: ab omnibus exploditur. Snfotoeit h>or
bieö richtig, aU bei allen geftfteüungcn beä ßanonS unb Erörterungen über benfelben t»on
@ufebiu$ an nietyt ein einziges 3M ber Saobicenerbrief aud& nur erfrätynt toirb. Sie
30 JJerbinbung be$ ©rief« mit ben eckten Briefen beä ^auluS in einzelnen tat^olifd^en Sibeln
be$ 2lbenblanb$ vom ©nbe beä 4. ^a^rbunbertö an (f. $feuboauguft. ©peculum unb bie
alten Prologe) fann nur ein ftefyengebliebener SReft au$ einer freit jurücffiegenben 33er*
gangenfyeit fein. 6ben biefer Vergangenheit gehört ber 5ßroteft beä KM an. ®p<üm
3)id^tungen, tote ber 93rieffre$fel be^ ^auluö mit ©eneca, ^aben gar nic^t mebr ben
85 SSerfud^ gemalt, in bie S3ibel einjubringen, toeil baä jur Atit i^rer Sntjie^ung fd&let$ü)in
unmöglich frar. 6^ »erhält fic£ mit bem Saobicenerbrief ganj einlieft toie mit bem
3. ßorintfyerbrief. SBä^renb bie S3ejeugung be« legieren in ber öor^anbenen Sitteratur etfi
um 360 bei bem ©tyrer ßfyfyraim beginnt, friffen frir bod^ jefct, ba^ er im 2. 3afy#.
alö SSeftanbteil ber $au(u^aften erbietet unb lange bor @))^raim unter bem $roteft ber
40 @$ule S3arbcfaned in bie ^irc^enbibel bon @bef[a aufgenommen tourbe. @d barf ^eute
aud) afö befriefen gelten, bafj ein juerft bon DptatuS tun 370 citierter apoh^^erSrief bed
3tj)oftefe 3°fanne$ ^n ^^n um 160—170 getriebenen S0^"11^0^ ^^ Seuciuö ge«
ftanben $at (ßa^n, gorfd^. VI, 196 &. 1). ®ie annähme, ba& e« ^frei 5PauIudbriefe
an bie Saobicener gegeben ^abe, einen älteren, jefct Verlorenen, ber in KM gemeint fröre,
45 unb einen jüngeren, noety toorfyanbenen, ber erft tm 4. ga^t^unbert entftanben fröre unb fo*
fort in ben toerfcfyiebenften Sönbern be^ Dccibentö fidj} in ber lateimfd^en Sibel eingeniftet
hätt^, bebarf fro^I feiner freiteren SBiberlegung. Sielleid^t frar ber einjige Saobicener«
Brief unb ber Verlorene 3llejanbrinerbrief ebenfo frie ber 3. Äorintfyerbrief unb jener 4.30*
|anne«brief 93eftanbteil einer viel gelefenen 3lJ)ofteIIegenbe be8 2. g^^wnbert«. S)a| ber
60 Saobicenerbrief ad haeresim Marcionis erbietet fem hü, befrembet freiließ, bo ber bor*
^anbene SBrief ein gaiu rechtgläubige^ SKac^frerf ift. Qfo ift barauf aber dfcenfotoenig pi
geben, aU auf bie SBetyauptung $^ilafterd, freiere fid^ jfreifello^ auf ben no$ vod^an-
benen Saobicenerbrief begießt, ba^ er von ftefcern interpoliert fei. 9UIe Ittterartfc^en gäfc
fc^ungen frar man geneigt, Äefcern aufjubürben. 3ln bie ©d^ule SKarcionS, ber toiMürii4
55 genug mit ben avoftoltfcfyen ©Triften umgegangen frar, frenn er aud^ feine neuen Briefe
gefcfyaffen ^atte, fonnte ein nietyt genau über TOarcion« 3i% unterrichteter 3Wonn bobirn^
5u benfen Veranlagt fein, bafe 5l)Jarcion ben ©pfyeferbrief ate Saobicenerbrief m feine
©ammlung aufgenommen ^atte. §at boefc fogar (Spi^aniu«, freierer, ftc^ felbft ©gopte
au^ bem 9J3; 9Jtorcion$ gemalt ^at, ben Von -Blarcion nur burd^ änberung bed XiteU
60 geje^affenen Saobicenerbrief mit bem frirflicfy ejiftierenben Slpofr^^on biefe« Sitete txr*
ftatton SHmratori 803
toed&felt (@efö. b. Stamm* II, 416 f.) — $a 1. 65 an bic oetben unechten «riefe be«
$aulu« m$t aliae plures, Jonbern alia plura angefcfyloffen Serben, fo finb barunter
nid^t Vettere ©riefe be« $aulu« ober auefc nur ©riefe, fonbern anbere gleichfalls pfeub*
tyigrap&e Schriften gu Derftetyen. 2JDe« ^ßfeube^igra^^c unb, toa« bem ©erf. bamit ge*
geben ju fein föemt, alle« öon ßefcern (Srbic&tete foH toon ber latyolifcfcen Äird&e avß* 5
gefd&loffen bleiben. 2)tefe umfaffenbe ©rHärung toäre am ©cfylujj ber Slbfyanblung, too
in ber 2tyat eine Stbtoetfung aller tyäretifd&en 3Rad&toerfe toieberfe^rt, beffer am <ßla$ ge«
toefen al« fyier, too e« fu$ aunäcfcft nur um bie ©riefe be« $aulu« fymbelt. — 4. ©on*
ftige in ber tattyolifepen Äird&e anerlannte ©Triften (1. 68—73). 2)ur$
ben Vorgriff in 1. 65—68 ift e« toeranlafet, bafe bie nun bod& noefy anjufügenben ©tücfe 10
ber fird&fid&en Sammlung 1)1. ©Triften mit einem „allerbing«" (sane) eingeführt Serben.
6« toirb junäcfcft Dom ©rief be« $uba« unb jtoci ©riefen be« 3°fanne$ gefagt : in ca-
tholica habentur. 2)a« Reifet fc$toerlid&: fte toerben für fatyoliföe ©riefe gehalten,
fonbern: man fyat fte in ber fatyolifc&en Stird&e b. ty. Jie finb in biefer regiert, ögl.
1. 61. 66. Über catholica sc. ecclesia fcgl. befonber« Stottmanner, Revue B€n6d. 15
1900 p. 1—9. ©trittig ift, ob unter ben 2 ©riefen be« Spanne« ber 1. unb 2., ober
ber 2. unb 3. gemeint feien. %üx erftere« fönnte $u forecfyen febeinen, bafj 1. 26—34
$toar eine ©teile be« 1. 3° citiert, biefer aber nietyt fcon ben Heineren ©riefen unter«
Rieben unb bie ©riefe be« 3°^anne^ b°rt überhaupt nietyt um tyrer felbft toiHen, al«
Seile be« 9Efö, fonbern nur gelegentlich, jum fttoti ber ©erteibtgung be« 4. (Söangelium« 20
ertoäbnt ftnb. dagegen aber fällt ftarf in* ©etoictyt, bafe überall, too fonft unter ben
joty. ©riefen ein Unterfd&ieb gemalt toirb, bei Drigene«, ßufebiu«, #terontymu«, in ber
ftyrifd&en ftird&e, im 2Rommfenjd&en ßanon, in ber ursprünglichen gorm be« gelafianifcfyen
$)etret«, immer nur jtoifd&en bem einen größeren ©rief unb ben beiben Heineren eine
©d&eibelinie gejogen toirb, bie lefeteren ftet« al« ein untrennbare« $aar betyanbelt toerben. 20
2)a$u tommt, bajj bie faum noep atoeifelfyafte £erftellung be« lejte« superscriptae Jo-
hannis duae (epistulae) = al imyeyoaju/ifvai 'Icodwov dvo ben ©ebanfen au&
brtidft, bafj bie fraglichen jtoei ©riefe eben nur burefc tyre tyerlömmlicfye ütelüberfd^rift
bem Spanne« jugefd&rieben ftnb, tooburety ber gragmentift e« ablehnt, bie Slbfaffung burd&
ben Styoftel ^o^anneg als $h>eifello$ ju bejeic^nen. ^u einer folgen ©e^anblung tonnten ao
aber nur ber 2. unb 3. 3o&cmne$brief, beren ©erf. ftc^ als 6 TtQEoßvxeoog ofyneüRamen
einführt, änlafe geben. 2)er 1. ©rief bagegen, beffen ©erf. ftc^ überhaupt nid&t burc^
eine ©rufeüberfc^rift einführt, fonnte in biefer ©ejietyung nic^t mit einem ber Heineren
©riefe jufammengefteHt toerben. 3)er gwgmentift fanb nac$ 1. 26—34 in 1 30 1,1—4
ein unjtoeibeutigeä ©elbftjeugniä bed @t)angeliften Joannes aU be« ©erfafferd auc^ biefe« as
©rief«. SQBic ein ©egleitföreiben be« 4. ®t). ^atte er ifyn bort, jtoar gelegentlich, aber boc$
fe^r nac^brücHic^ berührt unb fonnte fid^ ba^er ^ier auf bie Heineren ©riefe befd&ränfen.
Ueberrafc^enb \mxtt bie hierauf folgenbe (Srtoä^nung ber Sapientia ab amicis Salo-
monis in honorem ipsius scripta. ^Begreiflicher tt>irb bie« burc^ bie ©ermutung bon
Iregelle«, bafe tyier ein 3Ki^t)erftänbni« be« Überfe^er« Vorliege, toelc^er ettoa 2<xpia 2a- 40
lofMcbvTog vjid 4>lX(ovog dg rt/iijv ainov ovyyQaqmoa t)or pc^ fyatte unb o^ne
Äenntni« ber im äbenblanb verbreiteten Srabition, h>elc^c ben $^ilo al« ©erfaffer be«
2Bei«^eit«buc^e« bezeichnete, au^ bem ©igennamen ein fwö <pihov machte. 2)a« ©uefc
fc^lo^ ftcb barin paffenb an bie Heineren 3°^nne«briefe an, toeil e« toie biefe tro^
ber Unricptigfeit ober 3toeifel^aftigfeit feine« üblichen litel« in ber Äirc^e gelefen toirb. «
©iel umftritten fmb au$ bie ben ©c^lufe biefe« äbfe^mtte« bilbenben SBorte (1. 71—73)
apocalypse etiam Johanis et Petri tantum reeipimus, quam quidam ex nostris
legi in ecclesia nolunt. 2)ie ^erfömmlic^e äuffaffung : „8uc$ von 3tj)ofal^fen nehmen
toir nur biejenige be« ^o^anne« unb bie be« $etru« an, toeld^e leitete ßinige t)on unferen
Seuten ntc^t in ber Äirc^e gelefen fyaben toollen", ift bi«^er toeber ftiliftifety noc^ gefd^ic^t= 50
lieb gerechtfertigt toorben. ©or^er toaren 3 ©riefe mit ber 2Bei«fyeit ©alomo« jufammen«
gefteUt unb t>on biefen einfach gefagt, ba| man fte in ber ßircfye ^abe; e« toar alfo nid^t
öon einer beftimmten ©attung öon ©d^nften, feien e^ ©riefe ober ©efc^icbt«büc^er, gefagt,
bajj man nur einige berfelben, nidjt alle regiere, fo ba^ nun bie gleite eHeftifc^e ©c*
fyanblung ber Sl^ofal^fen burd^ ein etiam angefcfyloffen toerben tonnte, gerner toürbe 65
un« bie Il^atfac^e, bajj in SHom um 200 bie 3fyofahfl>fe be« $etru« tro^ be« 2Biber*
fpruc^« einiger gegen tfyre ©orlefung im ©otte«bienft ebenfo Krd^lid) reagiert getoefen
tüäre toie bie ätyolalflpfe be« 3«>^anne«, ein unlö«bare« Slätfel ftellen. ^(ic^t einmal
©elanntföaft mit ber äj)I be« $etru«, gefc^toeige benn lanonifd^e ©eltung berfelben, ift
bi«^er bei einem älteren abenblänbifd^en ©c^riftfteller nac^getoiefen. ©an) unft$er ift, toa« eo
51*
804 ftattott SHnratori
§ilgenfelb (N. Test, extra can. IV2, 74) bei §ity>ofytu« al« (State au« biefer StyofalWfc
anfafy (ögl. Robinson and James, The gospel and the revelation of Peter,
1892 S. 79 f.; §arnadf, XU IX, 2, 82; 3a$n, ©efdfr. b. Ä. II, 804. 817). 2Ba«
$arnadf (XU XIII, lr 72) au$ $fwboc$man de laude mart. c. 20 f. beibringt, tofirbe
5 fetbft bann nid&t« betoeifen, toenn bie 9Sorau«fefcung fieser toäre, bafe bie auglei<$ mit bem
$etru«et>. an$ 2td)t gezogenen ap0falty>tif$en ©tücfe ber $etru«apofau;l)fe angehören, n>a«
nid?t ofyne ©rünbe beftritten toirb. SBätyrenb fd&on bie ©rtoctymmg unb üoHenb* bie
Slnerlenmmg einer ^etruäapofafytfe in KM unbegreiflich bleibt, folange feftfte^t, bafe
KM im äbenblanb getrieben ifi, ift bie 9Kc$tertocu)nung toenigften« be« 1. Sßetruäbriefe«
10 in einer Slbtyanblung biefe« 3nM^ auf ade gälle $ö$ft befremblidj. ©S bleibt bafcer
toatyrfd&einticfy, bafe biefe beiben fcfytoer $u erflärenben Umftänbe fotoie bie ftUifttfc^e SHmfet
fyeit med^amfö entftanben ift burefy 2lu«faff einiger 2Borte, ettoa einer 3*^ toorin ber
1. $etru«brief mit ber 3tyoIal$>fe be« ^o^anneS ^ regiert jufammengefteHt, ber
2. Sßetru«brief aber fo ertoäfynt toar, bafe hieran bie 3lu«fage ft$ anfepefeen tonnte, bafe
16 manche Äatfyolifen gegen eine gotte«bienftlt$e SSorlefung 2Btberfpruc$ erhoben. 2lu«faff
eine« ganzen ©a$e« in ber einen ber beiben ftopien be« ©tüdf« au« 3tmbrofw« (oben
©. 797, 8) unb ba« häufige 33orfommen biefe« geiler« gerabe and) in SSerjeid&niffen biblifc&er
Sücfcer (@efö. b.fl. II, 164. 171. 219, 63. 252 31.8. 275) rechtfertigen biefe »nnafrne.
5. lieber ben §irten be« §erma« 1. 73—80. 25iefer Schrift toirb eine ganj
20 eigentümliche Stellung angetoiefen, unb bie« gefc^iebt in einem fo erregten Xon, bafe man
bie jüngft ftattgefyabten SSertyanblungen über biefelbe nad&fiingen $ört (oben ©. 798, 3»).
einerfeit« foll ber #irt bi« an^ @nbc affer fttitm niemal« im @otte«bienft ber ©emeinbe
fo toie bie Schriften ber $roj>fyeten unb beräpoftel öffentlich borgelefen unb baburd^ jenen
beiben ©ru^en ty. Schriften zugerechnet toerben; anbererfeit« toirb boc$ bie $ßffii$t ü)n
26 ni lefen etngefd&ärft, toomit toaljrfcfyeinlicfy nietyt rein pribate Seftüre, fonbern Sefung in
Heineren 33erfammlungen, 9lebengotte«bienften, bielleid^t aud& im latecfyettföen Unterricht
gemeint ift. SMefcm mittleren Urteil entfpricfyt e«, bafe einerfeit« öon SSorfefung be«£hrten
im öffentlichen ©emeinbegotte«bienft ber abenblänbifqen flirre ber golgejeit jebe ©fcur
fefylt, bafe aber bod? anbererfeit« bei ^ittyotytu« beutltd^e Spuren ber 9?ac£toirfung be«
3o#irten fid& finben (©efefy. b. Äan. I, 345; 93ontoetf#, ©tub. ju ben Äomm. b. §U;l>oL
©. 26); bafe ber römifetye S3ifc^of, toatyrfc^einlicfy Äaffiftu«, gegen toeld&en Xertutttan in
ber Schrift de pudicitia eifert, ft$ für feine Slrt ber Ätrc£enjud)t auf ben §hrten berief;
bafe ein anberer römtfcfyer ©ifc^of, ber 3}erf. ber ^rebigt de aleatoribus, eine ©teffe be«
Wirten al« scriptura divina cttiert, unb bafe sJtot>atian mit einem legimus eine bog*
Bömattjc^e Stelle be«felben anführt (©ef4 b. Ä. I, 333—347). — 6. «btoeifungan*
geblid^ fyl Schriften, toeld^e bei Äe^erparteien in©ebraud^ finb 1.81—
85. 3n biefen 3eilen erreicht bie SSertoilberung be« iejte« unb toobl mxd) bie gc&Iertyaf*
tigfett ber Ueberfe^ung ben ©i^fel, unb e« fann ^ier nid^t ber 33erfud& toieber^olt toerben,
einen glaublichen lejt ^ergufteffen unb ju rechtfertigen, begreiflich ift bie ©rtoä^nung
40 Valentin« ; benn toir toiffen, bafe feine Schule neben ben lanonifd^en St)ö. ein befonbere«
evangelium veritatis befafe unb bafe ^ßfalmcn Valentin« jelbft bei i^nen ein §ol^e« 8Cn=
fe^en genoffen. Sludj Safilibe« ^at ein befonbere« @o. ^ergeftellt unb allerlei 3ft)ofcVJ>^en
in ©ebrauc^ gehabt. 2)ie äuf^eid^nungen ber £ro}>fyetifd&en 3lu«f^rüc^e be« SKontanu«,
ber $ri«ciffa unb 9Jiajimilla tourben öon ben SKontaniften al« ^L ©Triften angefe^en.
46 3lm bunfelften ift bie SSerbinbung be« 9tomcn« ÜRarcion mit einem „neuen 8ud^ ber
Halmen". 2)ie Slngabe oe« ©tyrer« 3J?arut^a um 400 (überf. öon Sraun ©. 47 t>gL
Mansi, Conc. 11, 1057), bafe bie Warcioniten ftatt ber ^ßfalmen fid& Igtymnm gebietet
^aben, ift ebenfo öerbäd^tig, al« bafe fie fiel} für bie 31© einen ©rfafc in einem anbeten
33u$ gefcfyaffen ^aben jollen.
60 IV. Die leitenben 3>been. 3:o« n)ie 3lu«brudf be« KM ift nidbt berjenige ber
©efefcgebung, fonbern ber erläuternben Sefd&reibung eine« ju SRed^t befte^enben (3fyfc
beftanbe«. S)amit öerbinbet fid^ in Öejug auf einzelne ©tüdf e ber ©ammlung eine 9kd)U
ferttgung be« in ber Strebe ©eltenben, unb nur in einem eimigen Sßunft tritt beutli^
eine no^ unerlebigte 3Jiemung«&erfcfytebenfyeit unter ben Äat^olifen ju Sage (1. 72). 35ie
66 anerfannten ©cf?riften F?at man in ber fatfyoliföen Kirche 1. 69 b. &., loie man au« 1. 77 f.
fiefyt, ftc toerben im öffentlichen ©otte«bienft ber fatyolifcfyen Äird^e al« ^1. ©Triften ber
©emeinbe oorgelefen. Sluc^ bie ^ribatbriefc be« ^aulu« finb gd^eiligt na$ bem über»
lieferten lejt bon 1. 63, finb alfo bereit« f}l ©Triften; fie toerben bie« alfo nic^t ecfi
burc^ bie ßrflärung be« feerf. ober äfynlic^c (Srtlärungen anberer. SBenn ber SBerf. im
60 Flamen ber fat^oltfc^en (Sänften, ber nostri (1. 72) im ©egenfafc ya ben ©eften,
ftattott äRttratori 805
jagt: recipimus ober non reeipimus (1. 72. 82), fo bebeutet ba« nid&t eine eben
jefct fidb fcolhie&enbe aufnähme ber betreffenben ©d&riften in ben ßrei« ber gotteS*
bienftltdpen £efebü$er unb 2lu«fd&liefcung berfelben öon biefem ßrei«, fonbern ift lebig«
liety betoufcte Slnerferatung ber Jpoftttoen unb negativen (Sntfd&eibungen, toeld&e bereit«
in früherer 3^t getroffen toorben fmb. 2Bo Don Schriften gerebet hrirb, für toelc&e 6
aufnähme in bie Älaffe ber $L ©Triften geforbert toorben ift, ofyne bafe eine bement*
forectyenbe fird<d&e gntf Reibung erfolgt toäre, Reifet e« batyer au* nid&t: fte f ollen ni$t
aufgenommen toerben, fonbern fte lönnen nid&t anerfannt ober &uglei$ mit ben pro*
l#ettf<$en unb aj>ofiolifd&en ©Triften im @emeinbegotte«bienft gelefen toerben (1. 66 f.
77—80). ©nen alle regierten ©Triften einheitlich jufammenfaffenben Stamen enthält 10
ber KM nid&t ; benn scripturae 1. 44 ift Dom ©tanbpunft be« SRömerbrief« gerebet, be*
^eic^net <ufo nur bie atl. ©Triften, 3ft 1. 63 sanetificatae ecfyt, fo toirb ber SSerf., toie
feine geitgenoffen j. 33. JertuDian fetyr häufig, bie rejizierten ©etyrtften beiber leftamente
au<fy scripturae sanetae ju nennen getoöfptt getoefen fein. (Sr fafct beibe ©rupfen mit
einer fefyr gebräuchlichen ©rebiloquenj al« prophetae et apostoli nifammen 1. 79, bgl. 15
©efdfj. b. Äanon« I, 101. 3n Sejug auf tyre ©ertoenbung im ©ottcöbtenft unb fomit
audj in 93e}ua auf #eUigfeii befielt &toifc&en beiben ©ruppen fein Unierfd&ieb. 6« ift
aber bo$ beoeutfam, bafe eben ba, too ber £hrt nad&brüdfltcty au« bem Ärei« ber $L
©Triften au«gefd&loffen toirb, nur bon ben „Sßro^eten", nid&t aud& bon ben „äpofteln"
aefagt toirb, ba& tyre Safyl abgefd&loffen fei (1- 79) unb eben barum t>on nai^träglic^er 20
aufnähme eine« ©u$« in bie ©ammlung tyrer ©Triften feine Siebe fein fönne. ©on
bem 31% tonnte ba« noefc itic&t fo beftimmt behauptet toerben; benn erften« befianb in
©ejug auf eine ©eftrift be« *ßetru« eine no$ nid&t gefd&lid&iete 3Reinung«t>erfc$iebenbeti
unter ben ftat^oltlen (1. 72 U. 3toeiten3 toaren e« allem änfd&ein na$ ÄatyoltTen,
toelc^e bie pfeubepigraptyen *jtailu«brtefe an bie Saobicener unb an bie SUcjanbriner 26
ebenjo tote bie eckten ©riefe anfa&en unb angefetyen totffen tootlten (1. 63—68). Drittens
Ratten bie lürjlicfc erft mm äbfd&lufe gebie&enen ©ertyanblungen über ben Ritten gezeigt,
bafe e« mannen ßatyoltlen als juläfftg erfaßten, biefe ©<$rift in bie Klaffe ber (1. ©Triften
aufjunetymen, unb ba« Srgebni« ber ©ertyanblungen in ber Umgebung be« SSerf. fear ein
flompromife getoefen (1. 73— 80, oben ©. 798, «>). äbgefefyen t>on biefen fünften abertoar»)
ber ©eftanb ber apoftolifd&en Stbteilung ber fyL ©Triften längft gefiebert. 2)a« 31% be«
ftanb au« folgenben ©tücfen: 1. 3)ie (£bt). be$ SKatt^äud, SRariud, 2ula«, go^anne«;
2. bie 9© be* Sufad; 3. bie 13 »riefe be3 $aulu« unb jtoar a) 9 ©riefe an ©e*
meinben, b)#4S3riefe an brei eimelne ^erfonen: ^ilemon, Situ«, limot^eu«; 4. bie
3tyofafyi>fe t>& ^of^ann^] 5. mehrere, toa^rfd^einli^ brei, ©riefe beä 3°^*™^; 6. ber 86
©rief be« 3«ba«. 2)aju tommt toa^rfc^einlid^ 7. nod^ ber 1. *ßetru$brief, toä^renb ber
aOBiberftorucfy gegen eine anbere Schrift beS5J}etrug, fei & eine 2fyofaI$>fe ober ein 2. ©rief
biefe« Flamen«, nod^ niefct erlebigt toar. 35ie bereit« getroffene ©ntföeibung über ben
Wirten bejeid^net ben erften, ft^er naebmei^baren unb betouftten Anfang einer Unter»
(Reibung jtoifd^en ben eigentlich ^l. ©d^riften ber Jttrd^e unb einer Klaffe bon ©üc^ern, «o
meldte biejen jtoar nid^t gleich geartet, aber bo$ für ^toeefe ber Srbauung unb Unter«
toeifung firc^Itd^erfeit« empfohlen unb benu^t tourben. J)afe bom ©rief be« 3a'°^ uni>
toom ^ebräerbrief gar ntd^td Verlautet, beftätigt ntc^t nur ben abenblänbifcfyen Urfrrung
be« KM, fonbern betoeift aud^, toa« o^ne^in au« bem SKangel jeber gegenteiligen Sin*
beutung fyertoorgefyt, bafe ber ©lief be« SSerf. gang auf bie tyeimatlid&e Äirc^e befc^ränft ifi 46
SBie toeit rüdtoärt« bie bem SSerf. gur ©erfüguna fiebenbe fird^lid^e Überlieferung reicht,
Iäfjt ftc^ faum beftimmen. 3n ^^«0 ^uf bie dntftepung ber ntl. ©üc^er folgt er teils
toeife aJ)o!t^j)^en i'egenben (oben ©. 800,ai). 2)ie ©orfteUuna, bafe bie apofafypfe früher
al« bie ©riefe be« $aulu« gefc^rieben jei, beruht fd^toerlic^ auf irgenbtoeld^er Überlieferung,
fonbern ift nur eine unöorftc^tige Folgerung barau«, ba^ 3°^anne^ ^^ ^ Sl})ofiel ift 60
toeld^e bie« früher al« $aulu« toaren (1. 48 bgl. ©1. 1, 17). $ie ©e^au))tung, ba|
©ifc^of $iu« ein ©ruber ber ^erma« be« SSerf. be« Wirten getoefen fei, toäre bielleufct
ntc^t unberträglid^ mit Pastor vis. II, 4, 3, tuonacfc ba« ©u<$ jur £eit be« Giemen« öon
9lom gefd&rieben fein toiB, benn ber um 140 ©ifd&of getoorbene unb bor Dfiern 154 ge*
fiorbene $iu« fann um a. 80 geboren unb Giemen« erft naefc 100 geftorben fein, ©e« 66
bentlicfc bagegen ifi, bafe ber $irt erp jur &at ber bifd&öflid&en Regierung be« $iu« ge«
^rieben fein foD. SQBann, toie unb öon toem ber ©eftanb ber in ber lat^olifc^en Mird^e
regierten bl. ©Triften ^ergeftellt toorben fei, fagt ber SSerf. nid&t, öerrät auc^ burd^ nid^t«
eine geföic$tli$e itunbe bon biefem ©organg unb ben babei toirffam getoefenen @ntfd^ei-
bung«grünben. Iro^bem ifi e« mcfct o^ne Sntereffe, au« ben gelegenilid&en Sed^tfer» eo
806 Saturn ÜKuratort
tigungen beä IfyatbeftanbeS gu entnehmen, bon toelc^en ©orauäfe^ungen ber ©erf. bie
ainerfennung ber einzelnen ©d^riftfletfer abhängig benft. ©or allem tft Aar, bofc bie
abgefüllte ©egeid&mmg ber ntl. ©dbriften als apostoli (1. 80) m$t ben ©runbfofc ou&
brüdft, baft nur bie ©Triften bon Sfyofteln, ober bafc afle ©Triften bon Sfyofteln afe
6 BL ©Triften anguerlennen feien. 3m Unterfd&ieb bon mannen 3eitgenoffen 1™*$* ber
©erf. mci^t ben geringften ©erfu<$, bem 3. 6b. einen mittelbar apoftoltföen Urftmmg
angubi<$ten. 2)a3 ©leid&e toirb bon SWarfuS gelten; unb ber SSerf. be$ 4. Sb. toirb
1. 9 ni$t ein ätyoftel, fonbern einer ber jünger genannt 3tu$ SßauluS erhalt ba, too
gu feinen ©riefen übergegangen toirb, 1. 40 mcfyt ben Sfyofteltitel, ebenfotoenig Joannes
10 als ©riefberfaffer unb 2tyofalw>tifer, SubaS unb SßetruS (l 27. 57. 68. 69. 71 cf. 1. 37.
38). £toei ©riefe unter bem tarnen IgobanneS Serben unbebingt anerfannt, obtootyl ber
gragmentift nid&t bafür einfielen mag, bafe ber überlieferte litel gutreffenb fei (68 f.), ge*
fd&toeige benn bafür, bafj ber namenlofe 9Serf. berfelben ein Styoftel getoefen fei. änberer*
feit« genügt bie ©d^eit ber 13 pauliniföen ©riefe unb ber Styofteld&arafter tfyreS SSerf.
15 no$ nid&t, um ifyre ©eltung in ber Äird&e ni rechtfertigen. Sie änforberungen, toel^e
ber KM an bie gu rectyierenben ©Triften ftedt, fyaben alfo mit bem apoftoltfc&en 3lmt
ald folgern nickte gu f Raffen, fonbern ftnb folgenbe: 1. ©efd&icbtlicfye Sudler über £eben
unb Sebre 3efu unb ber Sfyoftel berbienen nur bann rejiziert gu Serben, toenn fte ent*
toeber bon äugen* unb Dtyrengeugen ber in tynen bargeftellten @efcbi<$te berfafet fmbr
20 toaS ba« ©orgüglidMie ift, ober boc£ bon folgen SKännern, bie toie Sufaä atö ©bangelift
bermöge tyrer 3u0d9öngfeit jUr erften dfjriftlid&en ©eneration unb tyrer perfönttc&en ©e=
giefyungen in ber Sage toaren, ben gangen (Sarig ber @retgniffe bon ber ©eburt be3
ÜEäuferS an als 5°^^ in agrünben (1. 3—8). 2. ®afj bie #erfunft einer ©<$rift,
aleidpbiel melden ©egenftanbeä, au$ ber Urgeit ber Äird^e ©ebingung tyrer gotteSbienffc
25 liefen ©orlefung inter prophetas et apostolos fei, toirb 1. 73—80 offenbar; beim
nur barum, toeil ber £irt etft um 140—154 geschrieben fei, ift tro$ ber föectytgläubigfeit
unb (Srbaulic^Ieit feinet S1^^^ "*$* <** SRegeptton bleiben unter bie bl- ©egriften ber
lat&oliföen Äird^e gu benlen. 3. aber au<$ biejenigen ©Triften, toelcfye toirflic$ bon
Sfyofteln ober anberen frommen SKännern ber Urfircbe berfafct ftnb, fyaben nur bann eine
30 berechtigte ©teile unter ben ffl. ©Triften ber fatyolifd^en Äirdpe, toenn fte enttoeber bon
borntyerein, toie naefy anficht be3 KM bie ©emeinbebriefe be$ ^SauluS unb bie Styofatypfe
beä IJotyanneS, für bie gange ß^rtfienfyeit beftimmt toaren, ober toie bie bier rejizierten
^ribatbriefe beS $auluS bur$ bie ©ebeutung tbreö ^a^altö für baä ürd^lic^e Seben baju
geeignet finb, als Duellen ber ©rbauung unb 2)tejij)linierung ber ©emeinbe ju bienen.
35 2)iefe Dualität mufe aud^ ben ©riefen beS 3°&amw3 ^^ **>& %vtoa$ juerfannt toerben,
toä^renb ber bon mannen gegen bie Stejtytion einer ©d^rift be$ 5ßetruS erhobene 9Biber=
fprueb nidfjt auf ©eftreitung i^rer (Sd^t^ett, fonbern auf Seugnung i^rer ©rauc^barleit für
bie @rbauung ber ©emeinbe gu berufen fd^eint. 4. Slu^ufc^Iiegen ftnb alle auf 3&u
fc^ung ber Scfer beregnete gälfd^ungen unter bem Flamen biblifc^er ©c^riftfteßer, toaS
40 nid^t bon ber SBeiS^eit ©alomoä, too^l aber bon ben ©riefen an bie Saobicener unb
älejanbriner gilt. 2)er ©erfaffer geigt ftcfy geneigt, alle fold^e ^älfd^ungen §äretilern
aufgubürben; unb ba^ bie angeblichen i}l ©d^ripen ber ^äretifqen Parteien in ber
!atbolif(^en Äird^e ebenfotoenig toie bie lieber felbft gu bulbenftnb, berfte^t ftdb bon felbft:
Fei enim cum melle misceri non congruit. %t). 3a^tt.
Vev$eidtnis
bcr im Keimten Sanbe enthaltenen Shtifel.
Krtifel: Berfafler: 6c(tc:
3efuä GljrifiuS 3öc!ler . . .
3efu$ ©irad) f. 93b I 6. 650, i*-652, 7
3efeer ©löfd) f • •
Seroel 9tub. 99ubbenfieg
SgnattuS u. Hntiodnen D. ©. U&lborn
3gnattu$, $iatonu3 8. Sattenbufd&
3gnatiu8, ^atriard) fj. Äattenbufd)
3gnatiu« u. tfoüola f. Job VIII 6. 742 ff.
3flnorantin8 S'odhr
JHS f. Sonogramm (Jfjrifti.
Sfonoflaften f. 93b III <S.223, it— 225,. ff.
SlbefonfuS <L fcennecfe . .
Sllgen fi. $elt f • . -
Sauminaten (fllucf &ot)n t) Xfdjatfert
Smmanuelfnnobc f. Sutberaner, jeparierte.
3mmcr $3föjd) f • • • •
Immunität ©icgfr. SRietfcbel .
Smpanatlon f. 93b VII ©. 235, 3.
Impostoribus, De tribus (£B. Möllert)
93enrat$ . . .
3mputation f. Rechtfertigung.
3nd)ofer ©. <£. Steif f •
3nbepenbentcn f. #ongregationaliften.
3nbet f. 93b III 0. 524, «-525, n.
Snbulgenjen Xf>. ©rieger . .
3nformatu>proje& f. 99b III 6. 245, «off.
3nfralapfari«mu3 f. $räbeftination.
Snful f. Äieiber unb Snftgnien.
Sngmann 3. %. Geberberg .
SntapQcität Sacobf on f (SRejer t)
Snfarnation f. Gbriftologie 99b IV ©. 4
unb 16 u. ßenofiS.
3nfIufenob.5Reflufen ©ruf matter . .
3nforporotion ©afferfdjleben t
Snneröfterreid) 3- fiofertt) . . .
3nnocenj I. $. ©öbmer . .
Snnocenj II. (8öpffcl f) CS.TOtrbt
SunocenjULöegcnpapft (3öpffel f)
6. Wirbt . . .
(Söpffcl f) (£. Wirbt
fcand Sdmlj . .
$an$ 6d)ulj
3nnocen$ III.
Snnoceiij IV.
3nnoccnj V.
3nnocen$ VI.
3nnocenj VII.
3nnocenj VIIL
Snnocenj IX.
3nnocen$ X.
3nnocenj XI.
3nnocen$ XU.
SR. 8Wfelt)ttag
aumann . . .
(8öpffelf)©cnrat^
43
44
49
55
56
58
59
61
61
69
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75
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97
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108
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112
122
130
132
135
137
139
140
143
148
«ttttet: »erf affer:
Snnocenj XIII. (3öpffel f) ©enratt)
Snquifition ©enratf) . . .
Snjdjriften. djriftl. EifolauS Wütter .
3nfpiration Bremer . . . .
Snfpirierte (W.Gtöbel f) fccgier
Sntention f. ©afreunente.
3nterbift ©djeurl f • • •
Snterim 3&leib . . . .
SnterfalQrgefctne f. 93b II 6. 595, 4. ff.
Snterftitten Safjerf Rieben f .
3ntt)ronifotion f. 93b III 6. 245, m u.
ben Ä. <ßapftroaf)(.
3ntroituS f. fitturgie.
3noeftitur (Siegfrieb SRietfdjel
3oab £. ©ut&e .
SoacbimL. jfttrfürft ©. ftaroerau
3oad)im IL, tfurfürft (to. Äoroerau
Soacfiim uon glore ©. $)eutfdj .
SoabaS flaufcfd) . .
Sodj <£. Sbeler .
3oel »olef . . .
3i>f)annb.99eftfinbige Jljeobor üotb
3of>.frrbr. b.©ro&m. X&eobor Äolb<
So^anna b'^lbret X$. ©*ott f -
Softanna, ^äpftin (93üigtt)sÄ.@4mib
3o$>annbontten 3ö^er • •
So^anncö I., $apft fc. 99ö^mer
So^anneS II.,
3ol)anne3 III.,
So^onne« IV., „
3o^anne« V.,
SobonneS VI,
SofjanneS VII., „
So^anne« VIIL, „
3o^anne« IX.,
3o^anne8 X ,
SobanneS XL,
So^anne« XII., „
SofjanneS XIII., m
Sobanne« XIV ,
3obanne8 XV., .,
3of)annea XVI., „
SoljanneSXVII
3obanne« XVIII.,,
3o$anneS XIXV „
3ot)anne8 XXL. % («oigt f) fcauef
3o^anneSXXIL,$. fcouef . .
3ot)anne« XXIII.,». 93. 93e&
3o^anne«b.9lpoftel X^. 3a^n .
3ot)ann.*l3fu«naged ^^. We^er .
©dte:
151
152
167
183
203
208
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265
265
266
266
267
267
271
272
285
808
Serjeidpti* ber im tteitittett Sanbe attfjalteiteit Srttfel
«rtifel: ßerfafler: ©die :
Softanne« oon Sloila f. Suan t>. ^Cuila.
Softanne« fcon 93afel f. £iltaltnger, Soft.,
93b VIII ©. 77.
Softanne« iBeffo« (®a&t)¥ft. fetter
Softanne« 93ttrtban f. 93b III 6. 570.
Softanne« ©apiftrano f. 93b III 6. 713.
Softanne« (Jtubab f. 93b III 6. 444, it
Soft, oon $ama«hi« fr Kattenbufd)
Softanne« oon $ara (fööbtger f) Sßeftle
Softanne« ©leemon @. Krüger . . .
3oftanne«ü.$pftefu« (JRbbtger f) Weftle
Softanne« oon ©od) f. 93b VI @. 740 ff.
Soft. IV. 3ejunator ©. Krüger . . .
Softanne« Kitmahl« (©afj t) ©• Krüger
Softanne« üom Kreuj f. Karmeliter.
Softanne« SRalala« f. SRalala«.
Softanne« Sttaro f. SRaroniten.
Softanne« 3Koftyu3 f. 9Rof*u«.
Softanne« ö.SRepomuf (©eorg ßoefcfte
(©. Secftler t)
Softanne« $artm3 93. 93efe ....
Soft. «ßftilopono« (©a&t)$ft • fetter
Softanne«, <jke«büter D. 2B. ©ermann
Soft. u. ©ali«burtt 3Bagenmann'©(ftaar-
fdjmtbt ....
3oft. III. ©«ftolaftifu« ©.Krüger . . .
Soft. ©cftolaftifu« ©. Krüger . . .
Softanne« ©cotu« (£rtgena f. ©cotu«
(jrigena.
Softanne« b. Xäufer Siitegg ....
Softanne« Seutonicu« f. 93b VI ©.716,i«.
Softanne« t>.$fteffalonicft 99oniuetfd) .
Softanne« oon Surrecrcmata f. Suan
o. Sorquemaba.
Softanntfo« Kartano« f. Kartano«.
286
286
300
300
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320
320
328
SoftanniSfeuer
(SBagenmann t)
ftreube ....
328
Softanniäjünger f. s
ütonbäer.
Softanntter
D. ©. Uftlftorn .
330
Softnfon
3. 93el*ftetm . .
334
Sojacftin
Kaufcfd) ....
335
Sojaba
Kau&fcft ....
336
Sojafim
Kaufet) ....
337
Softan
Kau^fd) ....
338
Sona
93olcf
338
Sona« üon SBobbio
©eebafj ....
340
Sona«, Suftu«
©. Katoerau . .
341
Sona« o. Örldan«
Gilbert Sretoftebt .
346
Sorban f. «ßaläfttna
Sorbani«
(©eiafäc!ert)3öüft.
Slltmann . . .
347
Sorbanu«, $ominifanergeneral f. 93b IV
©. 774, 18-27.
Sori«
Regler ....
349
Sofapftat
o. DreHt . . .
352
Sofepft
o. Crelli . . .
354
Sofepft ü.Slrtmatftia
D. K. ©eftmibt
359
Sofepft 93rt)ennio«
$ft. fetter . . .
360
Sofepft, 3*f u Pflegevater 3öcfler . . .
361
Sofepft II., Katfer
Karl Füller . .
365
Sofepft üon Sftctftonc
$ft. fetter . . .
377
Sofepftu«, Slatriu«
($. ©dmrer . . .
377
Sofcö f. 93b VIII ©. 574, t ff.
Sofia
Kau&fdj ....
386
Sofua, 93ucft
93olrf
389
Sofua, ©oftn <flun« $olcf 393
Krtttel:
Sotftam
Sotriami«
Sooiniami«
Sren&n« r>. ßüon
Srenäu«, (Sftriftopft
©erfaffer:
Kaufrfcft . . .
Victor ©djulfre
©rüfcmacöer
£ft. Saftn . .
93offert
Srene, Kaiferin, f. 93b III ©. 224, «ff.
3rif*e ©diroeftern ber Siebe f. 98b V
392,w f.
Srlanb, fircftl. ©tattftif (©«ött t) 9S. ©ö^
Irregularität % fcinfcftiuS t -
Srotng Xft. Kolbe . . .
Sfaaf u. »ntioeftien (Sb. !ßeftle . . .
Sfaaf uon fttnioe (Sb. ißeftle . . '.
Sfaaf, ber ^atrtareft r>. Orelli . . .
SSbofetft ©utfte ....
Sfenmann ©. 93offert . . .
3fibor ^Rercator f. «ßfeuboifibor.
Sfibor o. ^elufium (Völler f) Krüger
3pbor üon ©eoilla (©agenmann f)
fR. ©eftmib . . .
3«lanb @. SRogt . . .
3§mael t>. Dreflt . . .
Sfo, aWönd), f. 93b IV @. 347, »»ff.
SSrael, ©efeft . bibl. o. Oreüi . . .
S3rae(, nacftbiblifcftc ©ejeftieftte beSfelben
^eman ....
Stallen f. 93b III ©. 26, i».
Stalien, Firdftl.-ftat. K. 9lönne!e . .
Stalicn, refoimatorifcfte S3ett>egungen
©enratft ....
3talienifd)«fatftol. Kircfte f. oben ©. 520. u.
Stalienifcfte 93tbelüberfe^ung f. 93b III
6. 140, »«ff.
Sturäa ©utfte ....
3uan be 9loila SBenratft ....
3uanbe£orquemaba 93enratft . . .
Subeljaftr, Subil&um ^fteobor Kolbe
3ubeljaftr bei ben Hebräern f. ben 91.
©abbatftjaftr.
Subiläen, öueft ber
grapften
3ubf fieo
ecitc:
396
397
398
401
411
413
423
424
437
438
438
440
443
444
447
453
457
458
483
511
524
543
544
545
545
b. «. Sßfeubept«
93. föiggenbaeft
(<£. (Sali) . .
u. CreUi . .
©utfte
Suba. ©oftn Safob«
Subäa
3ubaSf b. Sftronograpft K. Krüger
Suba« ©aliläu« D. K. ©eftmibt
3uba« Sftftariotft D. K. ©djmibt .
Suba« Maffabäu« f. 93b VII ©.465,wff.
3uba«brief ©ieffert ....
Subc, ber eitrige Sari 93ertfteau
Subentftriften f. ob V ©. 125 ff.
3ubenmiffion f. 3Ktffion unter b. 3"bcn.
Iudicium sec. Petrum f. 93b I ©.713, »4 ff.
Subitft f. 93b I ©. 644,.».
Subfon 9t. ©runbemann .
3üngling«oereine 2ft. ©eftfifer . .
Sultan Säfarint $. Xftftacfert . .
3ulian 0. (Sttanum SBonraetfcft . . .
Sultan ü.#alitarna& ©. Krüger . .
Sultan, ber Katfcr ttbolf ^arnaef . .
Sultu« I.. $apft ^. 93öftmer . . .
3ulttt« II.. <ßapft (Söpffclf) »enratft
3ultu« III.. ?apft (göpffel t) 93enratft
Sultu« ?lfri!.©ejtu« «. £>arnacf . . .
Sultu« @d)tcr 9EBalter ©oef . .
550
553
556
585
585
589
589
592
595
596
602
603
606
60t)
619
621
625
027
628
SerjeidjniS fcer im neunten Sänke enthaltenen Hrtitel
809
«rlttel:
Scrf affer :
6ritc:
3uiiipcr$
<l 6Aöa t) .
634
Sinti liitö
(Völler t Jtrüger
634
Suniud
(Juno . . .
636
3uvtcu
8onet«9Raurtt .
637
Suftin b. ©nojttfer
©. Ärüger . .
640
3uftin b. SRärtnver
9ontuetfd) . .
641
Sitftinton I.
©. Ärüger . .
650
3uocnaI von 3*ruf
3f. flattenbuf*
659
3uoencuö
Öeimbad) . .
662
3t)ü
(SBagenmann ^)
(Sari SRtrbt .
. 664
ff.
itab f. sü?af}e unb ©eiuidjtc
ftabafila* (®a& f) We^r .
tfabbala D. fluguft SBünfdjc
tfab f. Wage unb ©eiuttfcte
tfabcö f. 9?egeb
Kärnten, Deformation unb <5Jegenrcfor=
mation f. oben @. 101 ff.
667
670
Hrtttel:
Berfaffer:
6dte':
ftfiftler
$>evmann gering .
689
$at)niö
3ofjanne§ #un$c .
692
Äain
©utne . . . .
698
ftamiten
©. Ärüger . . .
701
ÄaipljaS
©ieffert . . . .
702
ftatjer (ttairfer) 3afob f. 8u>tngli.
Äaifer, üeontiarb
Stjeobor ffolbt
703
Äalanbe
©. Ublborn D. .
703
Stalb, golbeneä
SBolf Baubiffin .
704
Äaleb
©utbc . . . .
713
Äalenber, djriftlidjev (^iper t) tförflev
715
ftafenber, jübifdjer,
f. 8b VII 6.17,17
bi3 19, t.
ffnltar
gr. Weifen . .
727
ffalfar, #cinrid) uon
i f. »b VII 6. 602 ff.
Äam
99. ©runbemann .
728
ftamel
SSenjinger . . .
729
Äammin
$aucf ...
731
ÄamoS f. ftemofdj
Äanaaniter
Qutfc ...
732
Äanon be3 911
#erm. & ©trad .
741
tfanon beä $1
%$. 3a^n .
768
Äanon SWuratori
H. 3af)n . .
796
810 gortfe^mtfl ber Sertdjttgnnßeit unb Wadjtraflt.
(8ic§e audj am Anfang bed Sanbeä.)
6. Sanb.
8.14? ii. 181. 3Mc 9lUg. 3tg. u. 28. Xq. 1900 9k. 357 enthält eiueStatiftif besÄleruau.bcrCrben
in&rantreid) imd) eingaben bcr Civilta Cattolica. $anadj ift ber gegenwärtige 8 tanb:
1. SBeltgeiftltdje:
er^bifdjöfc 18
»if<Mfe 72
. Ißfarrfirdjen, bereu £itulare unabfefebar finb . 3452
abfefrbare Pfarrer 31000
Dom Staate befolbete $ifare *. 6923
"um
.frieren fomnten bic ^rofefforen ber Seminare, bie Äaplöue unbStifarc in
Stäbtcn über :>00o (Sinroobner, bie s$rieftcr ber gciftlidjen (tfenoffenferjaften
uub bic feiner beftiinmten ökmciube jugcteilteu ^riefter, ^ufammen ungefähr
30000, fo bafi bie ®cfamtyal)l ber Gteiftlid)eu auf etwa 72 000 au^ufc^en ift.
2. Crbensmitglicber:
Som Staate anerfannte 9Rönd)äorben ... 28
JJrauenorben 265
barunter ber ftranfcnpflege bienenb . 8
ber Äranfenpflege unb ber @rfticf)ung 185
ber (Sraiebung ullein 62
Crbcn privater #r. Pflegerinnen . . 10
3u ben anerfannten unb nidjt anerfannteu Drbeu leben jujammen
40000 ^öndie, 120—130000 Wonnen. 3>te ^c|amtjaftl bcr ttlerifer unb
JHcligiofeu ift alfo 232- 242000.
JJur SJergleidwng füge id) bie neueften 3a(jlcn für Xeutfdjlanb bei :
1. ftlerifer:
@r^biid)öfe 5
»ifdjöfc 20
^öeltpriefter 18348
CrbenSpriefter 936
19309
2. Crbenömitgliebcr:
Gönner orben 10
Wieber laffungen berfelbeu 128
Wcligiofen 2332
sJ)iännerfongregationen 4
Wiebcrlaffungeit berfclben 71
töcligiofen * 1192
<DKffion£gcfellfd)aften 7
töeligiofen . -. 592
JJrauenorben 7
Wieberlaffungen berfelbeu ....... 21
töeligiofen ' 602
Jrauenfongregationen
a) ftranfenfdnoeftern 14
Wieber laffungen berfelbeu 1791
JKeligiofen * 18598
b) Sd)iilfd)tt)eftern 17
Wieberlaffungen berfelben 550
Weltgtofen ' 8729
c) 8d)ul- unb ^ranfenfdjiocftern .... 3
Wieberlaffungen berfelben 218
Weligtofen 2805
d) Sonfrige 11
Wieberlaffungen berfelben 81
Weligiofen " 2097
Temnad) in $cutjd)lanb 73 Crben unb Kongregationen mit 2867 tlöfter
lidieu Jnftituten unb 36847 Weligiofcn. $üurf.
8. 225 $. 25 iie<* üaufanne ft. Wuon.
„ 177 „ 20 füge bei: C. I L Turner, onGcIasiuH of Cyzicus in Journ. of Theolog. Studie« I 181«»
8. 125 f. (Wadirocia, ba)]&. beträditl. 8tiicfe au* Wufin* #© in£©ried)ifd)e übertrug. •
„ 513 „ 49 Itce 1890 ft 1895.
„ 612 „ 37 füge bei: % Ijdiacfert, £ie angeblid) s3ltilifd)e Sdmjt Determinatio pro quietatione
conscientiae simplicium ein 'feerf Werfons in ^MW XVII 8 234—244
„ 731 „ 43 lies ©efefce ber iünber.
gortfe^mtg bcr Seri^tigttngcn nitb Wad^rägc* 811
7. Saub.
8. 1« 3.25 lies: ftol ftibre ft. ttol ftibun.
„ 454 „ 22 füge bei: 9i. Bürfuer, Ä. o. $afc. 2eip$ig 11XX).
„ IV „ 2 v. o. lieft 528, 4t ft. 528, 14.
8. »aitb,
8. 30 3. 50 (uor JHicjIer 2c.) füge ein : ©raf u. .fcoenfcbroed), 3)oö ^apfttum in feiner fo$ial=
fultureflen SBirffamfeit, Bb. I, tteiptfg 1900 (bietet u. 0. auf 8. 383—421 eine
aufcfüljrlid)e 3n§altäangabe vom Malleus maleficarum. 8. überhaupt ben reiaV
baltigen, &ie unb ba allerbingS fritifdjer 8id)tung bebürftigen Slbfdjnüt 8. 374
bte 599: „tyipfttum unb #e£enuntüefen").
„ 48 „ 9 füge bei: Sllfr. Scboene, Die ©eltdjronif be8 (SufebiuS in ibjrcr Bearbeitung burd)
ipieronümuä. Berlin 1900 (lägt bit tyieromjmianifdje Gfjronif ju ftonftantinopcl,
unb aroar gegen ©nbe b. 3 381, entftefjen).
„ 313 „ 51 lies $. ft. 3 ©rifar u füge ein: berf., $apft ftonoriuä I. unb bas bfumenifd)c
Ronjil v. 680—681 in Analccta Romana, ftom 1899.
„ 424 „ 27 lie* ftulco* ft. ftueo«.
„ 530 „ 58 D. Äatoerau in Breslau mad)t mid) freunblid) barauf aufmerffam, bah fdjon
SBeffel, geft. 1489, bie &orm Sobaüaf) Opp. p. 74, 78, 97, 101, 103, 484 unb
zweimal bie frorm 3ef>ovaf> p. 679, 680 gebraucht; vgl. Äatfjolif 1900 II 8. 19.
i*<j liegt nad) Äawerau n>of)l fein ©runo bor ju ber Wnnaljme, bafy erft bie
Herausgeber ber ©erfc biefe grormen in ben $ejt einqefdjmuggelt Ijaben.
Äittel.
„ 500 „ 54 lieber ben Beinamen be3 Berfaffer* ber Legenda aurea fdjreibt mir $crr ^rofcffor
Dr. C. .frolber=@gger: „Tic gorm de Voragine, Vorago ift eine Berberbni* für
de Varagine, Varago, ba entfernt uon ©enua lebenbe Sd)reiber ben Crt nidjt
Fannten unb baljer — fcr)r unfinnig — auf ba* lateinifdje SBort vorago famen.
Frater Jacobus de Varagine nennt ber 5Rann ftd) felbft in feiner l£f>ronif ber
l£r*bifd)öfe von Qenua, Muratori SS IX 6. 53, unb biefe allein richtige JJonn
biefeS Ramend bat aud) bie alte ^ßarifer :£Kmbfd)rift biefer (Sljronif, iveldje idj
foüationiert Ijabe. Diefe frorm be* CrtSnamenS pnbet f!4 an fefjr äaljlreidjen
Stellen j. B ber Annal. Januens. M.G. XVIII. Der Ort Reifet ljeute nidjt
Varazzo, fonbern Varazze unb liegt 33 Kilometer loeftltd) Don ©enua an ber
JHivtera bi $onente, 13 Kilometer öftlidj von Savona. Die ftorm Biraggio ift
ofyne jebe Begrünbung." $>.
„ 690 „ 31 lies Bb. VII ft. Bb. V.
„ 743 „ 11 füge bei: SB. v. Weumenboff, S. J., fieben be* $. 3gnatiu« \>. ßoi)ola. ^eutf^e
«udgabe, 2 Bbe. gr. 8°, «egen^burg 1900.
„ 780 „31 3)ie Angabe in Bejug auf bie öfterreidjifdjen ©tjmnaften ift irrig. 9?a(ö einer
gütigen Mitteilung bed ^erm ^rofeffor P. Stiglmanr befift bie öfterreid)ifd)e
Drben^proöinj feit ben 50er Safjren 1 baö Kollegium Äalfdburg bei SBien,
eine ^rioatanftalt, bie feit ein $aar So^en Oeffentlicftfeitdrea^te geniest, 2. baö
Kollegium iRariafa^ein in Böbmen, eine btfa^bfltc^e $rioatanftalt otyne Ceffent-
üd}feitöred)te. Da^ Kollegium auf bem ftreienberg bei fitn^ ift üor menigen
3abren eingegangen. 3« Älagenfurt in Äämten u. in Serajetoo .in Bosnien
oerfeben P.P'. bifd)öflia^e ?ßrtefterfeminarien, in 2:raonic in Bosnien ein
bifd)öflid)e8 Änabenfeminar, in bem fie jugleid) Unterria^t geben. $ie gleia^e
Orbendproüin^ t|at in Ungarn ba3 Kollegium Äalocfa mit öeffentlid)icit$red)t,
in 8^atmär ein ftonüitt.
Die beutfä^e Orbenöprouinj ^at in Cefterreid) baS Kollegium gfelblird) in
Borarlberg al* ^riüatanftalt mit ooDfem Ceffentliä)feitSre(öt feit 5 Jahren.
Die galijifdje CrbenSprouinj ^at in (£f)t)ron> in Cftgali^ien eine 1836 ge=
grünbete unb feit 1893 mit Ceffentlid)feit$red)t oerfe^ene ^Inftalt. 9lm bifd)öf=
liefen 8eminar in SBetbenau in Cefterr. 8d)lerien ift ein $ater alö Spiritual
unb ^Roralprofeffor tl)ätig.
'Mn ber Unioerfität 3nn«brud Ijat bie öfterreitftifdje Crbeneprouinj bie tt)eolog.
Satultät, aber nia^t er^lufiü. 9ln ber Wiener Uniuerfttftt befaft feiner^eit P. 8d)raber
einen tl)eologif*en i'e^rftubl, fonft fein Jcfuit. Die Staattgtjmnafien 3«n^tud
unb ^elbfird) finb feit 1848 bejro. 1H66 ben 3*fuiten entzogen.
„ 781 „ 9 Die Angaben über bie Sdjroeij finb nnria^tig. -4>err ^rof. Dr. „ftiltt) in Bern
batte bie Wüte, bem .Herausgeber über bie SRedjtelage folgenbe* mitzuteilen:
Der 3*fu*tenorben ift, abgefeben üon bem vorläufigen Dagfafoungäbeid)luft öor
bem Sonberbunbefriep, burd) bie BunbeoDcrfafjung u. 12. Sept. 1848 verboten.
Die jefot giltige Bcrtaffung v. 29. ^ai 1874 Mrt. 51 bat biefer Berbot nod)
verfd)ärft, inbem fie auäbrürflid) aud) bie einzelnen ^cyitilett von ber lieber
lafiuug unb jeber ©trffamfeit in Mitd)e unb 8d)ule au^fd)lteftt. gür 8d)tt)et^c-
812 gortfc^img bcr SertdjHgnitgen nnb 9?a<f}träge.
rifc^e Sefuiten ift bas eine feljr ftarfe Ausnahme üon einem anbern Art. bcr
SJerfaffung, ber bie Verbannung uon Sdiweijerbürgern aiiftiia&melo« verbietet.
Ter Art/51 ber SSerfaffung, ber bie S^fuiten ausliefet, giebt ber Gibgenojfen;
fdjaft oud) basiRedjt, biefes Verbot burd) Vunbcäbcfd)lu6 auf anbere Crben au^u
befmen, beren ©irffamfeit ftaatägefätyrlid) ift ober ben ^rieben ber ilonfefftonen
ftört. Art. 52 verbietet bie SBieberljerfteflung aufgehobener filöfter ober relig Crben.
9. 8<mb.
6. 58 $. Ö (fjinter 3» & Vlain, La vie du v£n. serviteur etc.) füge in Sßarantbefe bei:
Weiie Ausg. be* juerft 1733 erfdjienenen SBerfö.
„ - „ 9 füge bei : Weuefte Biographien be ta 6aflc«, oeranlant burd) beffen Äanouifation:
Abbe* ©uibert, L'histoire de S. Jean-B. de la Salle, $arie 11KX) (reid) an im
funblidjen Vertagen, überhaupt beiz grünbüdjfte ber neuerbingä er fdnenenen Gebens-
bilber). A. SJefaire, Saint J.-B. de la Salle, $ari* 1900 (fürjer getaute
Viograpljjie, $ur Solpfc^en ljagiologifd)en Sammlung „Les Saint*'* gehörig,
beadjtenäwert aud) wegen ber ftatift Zugaben über bie gegenwärtige 3tär?c bes
©dmtbrüberinftitutö, p. 194).
„ — „ 24 u. 26 üe3: töouen (ftatt Vaugirarb).
„ 1 53 „ 1 1 ift uon neuefterßitteratur beizufügen : ©raf % uon $>oensbroed), £as ^apfttum
in f. fo$.=fulturellen SBirffamtcit. l/Vb: 3**quifition, Aberglaube, £euiclsfput
unb ^ejrenwatyn. ^eip^ig 1900 (ugl. Vud) 1, 3, 4). 3. #anfen, 3aubcnoefen,
3nquifition unb fterenproÄcfj im Mittelalter unb bie £ntftef)ung ber grojjcn
.fccyenoerfolgung ($ift Vibl. XII), München 1900 (ugl. &a\> IV— VI) Ter
erfte Vanb uon üeaä SBerf über bie 3nquifitron im Mittelalter (f. 8. 1.72, öl 1
ift mit (Einleitung oon Sß. ftrebericq in franj. Ueberfeftung erfdiieucn ($aris 11MX>>.
lieber bie Snquifition in $eutfd)lanb ogl. Michael, Xeutfdje (VJefdncfitc vom
13. 3aljrf). an, II (1899) ©. 301—317; 340 f.; ebb. über Äonrab 0. Marburg
8. 318—339, wo$u Art. #. oon Marburg (Vb. X).
„ 153 „ 25 Celano ft. $elago.
„156 „ 16 Von ben ©efängniffen ber Snquifition entwirft ber fatt)olijd*e Anftaltsgeiit-
lidje Äarl Äraufj (3™ Werfer oor unb nad) (£f)riftu3, JJreiburg 1895, 3. 328 ff. J
ein abfdjredenbeä Vilb. ©r befd)lief$t bie Säuberung ber fürd)terlid)cn 3"!^^
bie aflerbingfc jum $eil in ben allgemeinen Verljältniffen iljre (Srtlärung fiuben,
mit ben ©orten: „Unb ein foldjei ©cjängnte trug bie Aujjd)rift Casa santa,
IjeüigeS $auä!"
„ 160 „ 16 lie* ftieberbeutfcfclanb ft. $eutfd)lanb. Ueber bie Xftfttigfeit ber päpftlkfcen 3. in
3)eutfd)lanb nad) tfonrabä oon Marburg Xobe f. ben <Ed)lu& beä Art. Äonrab u.*i.
„ 203 „ 40 füge bei: SB. £aborn, S)te 3nfpirierten bee 18. 3at)rr)ö mit befonberer ^eiürf^
fid)tigung iftrer Beziehungen ^ur 3d)Wciz. Sd)W. Stjeol. 8cltfd)r- ^^ S. 184 ft.
„ 245 „ 45 lieö Örücf ft. S3rud.
„ 264 „ 15 „ So^anned XUI. ft. III.
„ 320 „ 54 „ ed)cnfel§ ft. 6enfe^.
„ 394 „ 38 „ Geborenen ft. Gebliebenen.
„ 411 „ 25 „ Soabaö ft. 3oa3.
„ 536 „ 32 „ Martineng^i ft. Mar^ineng^i.
., 627 „ 12 „ 240 ft. 140.
22. Jyebr. 1901
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