Skip to main content

Full text of "Neues archiv für sächsische geschichte und altertumskunde .."

See other formats


Google 



This is a digital copy of a book that was preserved for generations on library shelves before it was carefully scanned by Google as part of a project 

to make the world's books discoverable online. 

It has survived long enough for the copyright to expire and the book to enter the public domain. A public domain book is one that was never subject 

to copyright or whose legal copyright term has expired. Whether a book is in the public domain may vary country to country. Public domain books 

are our gateways to the past, representing a wealth of history, culture and knowledge that's often difficult to discover. 

Marks, notations and other maiginalia present in the original volume will appear in this file - a reminder of this book's long journey from the 

publisher to a library and finally to you. 

Usage guidelines 

Google is proud to partner with libraries to digitize public domain materials and make them widely accessible. Public domain books belong to the 
public and we are merely their custodians. Nevertheless, this work is expensive, so in order to keep providing tliis resource, we liave taken steps to 
prevent abuse by commercial parties, including placing technical restrictions on automated querying. 
We also ask that you: 

+ Make non-commercial use of the files We designed Google Book Search for use by individuals, and we request that you use these files for 
personal, non-commercial purposes. 

+ Refrain fivm automated querying Do not send automated queries of any sort to Google's system: If you are conducting research on machine 
translation, optical character recognition or other areas where access to a large amount of text is helpful, please contact us. We encourage the 
use of public domain materials for these purposes and may be able to help. 

+ Maintain attributionTht GoogXt "watermark" you see on each file is essential for in forming people about this project and helping them find 
additional materials through Google Book Search. Please do not remove it. 

+ Keep it legal Whatever your use, remember that you are responsible for ensuring that what you are doing is legal. Do not assume that just 
because we believe a book is in the public domain for users in the United States, that the work is also in the public domain for users in other 
countries. Whether a book is still in copyright varies from country to country, and we can't offer guidance on whether any specific use of 
any specific book is allowed. Please do not assume that a book's appearance in Google Book Search means it can be used in any manner 
anywhere in the world. Copyright infringement liabili^ can be quite severe. 

About Google Book Search 

Google's mission is to organize the world's information and to make it universally accessible and useful. Google Book Search helps readers 
discover the world's books while helping authors and publishers reach new audiences. You can search through the full text of this book on the web 

at |http: //books .google .com/I 



Google 



IJber dieses Buch 

Dies ist cm digitalcs Exemplar eines Buches, das seit Generationen in den R^alen der Bibliotheken aufbewahrt wurde, bevor es von Google im 

Rahmen eines Projekts, mil dem die Biicher dieser Welt online verfugbar gemacht weiden sollen, sorgFaltig gescannt wurde. 

Das Buch hat das Uiheberrecht uberdauert und kann nun offentlich zuganglich gemacht werden. Bin offentlich zugangliches Buch ist ein Buch, 

das niemals Urheberrechten unterlag oder bei dem die Schutzfrist des Urheberrechts abgelaufen ist. Ob ein Buch offentlich zuganglich ist, kann 

von Land zu Land unterschiedlich sein. Offentlich zugangliche Biicher sind unser Tor zur Vergangenheit und stellen ein geschichtliches, kultuielles 

und wissenschaftliches Vermogen dar, das haufig nur schwierig zu entdecken ist. 

Gebrauchsspuren, Anmerkungen und andere Randl>emerkungen, die im Originalband enthalten sind, finden sich auch in dieser Datei - eine Erin- 

nerung an die lange Reise, die das Buch vom Verleger zu einer Bibliothek und weiter zu Dmen hinter sich gebracht hat. 

Nu tzungsrichtlinien 

Google ist stolz, mil Bibliofheken in parfnerschafflicher Zusammenarbeif offenflich zugangliches Material zu digifalisieren und einer breifen Masse 
zuganglich zu machen. Offentlich zugangliche Biicher gehiiren der OfTentlichkeit, und wir sind nur ihre Hiiter. Nichtsdestotrotz ist diese 
Arbeit kostspielig. Um diese Ressource weiterhin zur Verfiigung stellen zu konnen, haben wir Schritte untemommen, urn den Missbrauch durch 
kommerzielle Parteien zu veihindem. Dazu gehiiren technische Einschrankungen fiir automatisierte Abfragen. 
Wir bitten Sic um Einhaltung folgender Richtlinien: 

+ Nuizung derDateien zu nickikommemellen Zwecken Wir haben Google Buchsuche Tiir Endanwender konzipiert und mochten. dass Sie diese 
Dateien nur fur personliche, nichtkommerzielle Zwecke verwenden. 

+ Keine automatisienen Abfragen Senden Siekeine automatisierten Abfragen iigendwelcher Art an das Google-System. Wenn Sie Recherchen 
iiber maschinelle Ubersetzung, optische Zeichenerkennung oder andere Bereiche duichfuhren, in denen der Zugang zu Text in groBen Mengen 
niitzlich ist, wenden Sie sich bitte an uns. Wir fordem die Nutzung des offentlich zuganglichen Materials fiirdieseZwecke und konnen Ihnen 
unter Umstanden helfen. 

+ Beihehallung von Google-MarkenelemenlenDas "Wasserzeichen" von Google, das Sie in jeder Datei fmden, ist wichtig zur Information iiber 
dieses Projekt und hilft den Anwendem weiteres Material iiber Google Buchsuche zu fmden. Bitte entfemen Sie das Wasserzeichen nicht. 

+ Bewegen Sie sich innerhalb der Legalitdt Unabhangig von Direm Ver wend ungsz week mussen Sie sich Direr Verantwortung bewusst sein, 
sicherzu stellen, dass Dire Nutzung legal ist. Gehen Sie nicht davon aus, dass ein Buch, das nach unserem Dafurhalten fur Nutzer in den USA 
offentlich zuganglich ist, auch fiir Nutzer in anderen Landem offentlich zuganglich ist. Ob ein Buch noch dem Urheberrecht unterliegt, ist 
von Land zu Land verschieden. Wir kiinnen keine Beratung leisten, ob eine bestimmte Nutzung eines bestimmten Buches gesetzlich zulassig 
ist. Gehen Sie nicht davon aus, dass das Erscheinen eines Buchs in Google Buchsuche bedeutet, dass es in jeder Form und iiberall auf der 
Welt verwendet werden kann. Eine Urheberrechtsverletzung kann schwerwiegende Folgen haben. 

tJber Google Buchsuche 

Das Ziel von Google besteht darin. die weltweiten In form at ion en zu organisieren und allgemein nutzbar und zuganglich zu machen. Google 
Buchsuche hilft Lesem dabei, die Biicher dieser We lt zu entdecken, und unterstiitzt Au toren und Verleger dabci. neue Zielgruppcn zu erreichen. 
Den gesamten Buchtext kiinnen Sie im Internet unter |http: //books . google .coiril durchsuchen. 








fU^.lU-O?' £ . J 




'i ^t , 



I 






r- 



N 



\ 



Neues Archiv 



fiir 



Sachsische Gfescliichte 



und 



Alterthumskunde. 



Herausgegeben 



von 



Dr. Hubert Ermisch, 

K. Staatsorchiyar. 






•^ODL:iJBr^)''i 

Erster Band. '^/l/O D I Cf:^''"" 



Dresden 1880. 

Wilhelm Baensch Verlagsliandlung. 



t r« 



\ 



Inhalt. 



8«ito 

Yorwort V 

I, Der Alterthumsverein und das neue Archiv ftir sachsiache 
Geschichte und Alterthumskunde. Ein Dankeswort an die 
Vergangenheit und ein Hoffnungsblick in die Zukunft. 
Von Dr. Johann Paul Freiherrn von Falkenstein, K. S. 
Staatsminister a. D. in Dresden 1 

H. Hoicks Einfall in Sachsen im Jahre 1633. Von Prof. Dr. 
6. Droysen in Halle 14 

ni. Das Corps des Fiirsten von Anbalt im ersten schlesischen 
Kriege. Von Archivrath Prof. Dr. C. Grtinhagen in Breslau 66 

rV. Eigenhandiger Bericht Christophs von Carlowitz an Land- 
graf Philipp tiber den Tod des Kurftirsten Moritz. Aus 
dem Marburger Archiv mitgetheilt von Dr. Max Lena in 
Marburg 86 

V. Zur Erinnerung an Johann Karl Seidemann. Von Biblio- 
thekar Dr. Franz Schnorr von Carolsfeld in Dresden . . 94 

Literatur 107 

VI. Hoicks Einfall in Sachsen im Jahre 1633. Von Prof. Dr. 

G. Droysen in Halle. (Schluss.) 129 

VH. Ein Besuch des Konigs Peter von Cypern am Hofe des 
Markgrafen Friedrich des Strengen von Meissen (1364). 

Vom Herausgeber 184 

Vin. Friedrich Hortleder als Lehrer der Herzoge Johann Ernst 
und Friedrich von Sachsen- Weimar. Von Prof. Dr. Moriz 

Ritter in Bonn 188 

Literatur 203 

IX, Studien zur Geschichte der sachsisch-bohmischen Bezieh- 

ungen in den Jahren 1464 bis 1468. Vom Herausgeber . 209 
X. Gutachten Job. Agricolas fiir Christoph von Carlowitz tiber 
die Annahme des Augsburger Interims. Mitgetheilt von 
G. Kawerau, Pfarrer zu Klemzig bei ZuUichau .... 267 



IV 

Seite 

XL Ueber ein Eilenburger Stadtbuch. Von Dr. Leonard Korth 
in Bremen 281 

Literatur 284 

XIL Giovanna Casanova und die Comici italiani am polnisch- 
sachsischen Hofe. Von Friedrich August Freiherru 6 Byrn, 
K. S. Kammerherrn 289 

XIIL Ein Beitrag zur Geschichte der Dresdner Gemalde-Gallerie. 
Von Hermann Freiherrn von Friesen, K. S. Oberhofmar- 
schall a. D 316 

Literatur 334 

Register 351 



Besprochene Schriften. 

Bachmanu, Urkunden und ActenstUcke zur 5sterreichischen 

Geschichte (Ermisch) 203 

Cod. dipl. Sajcon. reg. Abth. U. Bd. 11, siehe StttbeL 
Darstellung, beschreibende , der alteren Bau- und Kunstdenk- 

maler der Provinz Sachsen H. 1 — 3 (Gurlitt) 284 

Distel, Der Flacianismus (v. Druffel) 114 

Ereignisse, die wichtigsten, aus der Geschichte von GOrlitz 

(Knothe) . , . .' 116 

Gautsch, Aelteste Geschichte der sachsischen Schweiz (Knothe) . 343 
Knothe, Geschichte des Oberlausitzer Adels (v. Miilverstedt) . 107 

Muller, G., Paul Lindenau (Kawerau) 345 

Schafer, Geschichte des Sachsischen Postwesens (Ermisch) . . 342 
Schlesinger, Die Chronik der Stadt Elbogen (Bachmann) ; . .118 
Schmidt, Blicke in die Kirchengeschichte der Stadt Meissen 

(G. Muller) 117 

Stiibel, Urkundenbuch der Universitat Leipzig (Schum) . . . 334 



Neues Archiv 



for 



SdiChsische Geschichte 



und 



Alterthumskunde. 



!«5/! 



^■'.^ues Ardiiv 



A 



• " ■ 



.-Che Geschichte 



• 1 1 wl 



• i. 



1 hiimskundo. 



• • • jV^on 



•M 



!>(*vt I'^ni^r • 'u 



\\.: 



Erster i' • Ir^i.-^s IJi- •. 



::'/^iIOU 1880. 



L- -.h Verla*:-' ; -.* ■ i.. 



/■> 



Neues Archiv 



fttr* 



SS,chsisclie GescMchte 



und 



Alterthumskunde. 



Herausgegeben 



von 



Dr. Hubert Ermisch, 

K. Staatsarchivar. /T- ^j tm . : / » -^ > 



Erster Band. Erstes Heft. 






<» m % 



Dresden 1880. 

Wilhelm Baenach Yerlagshaadlung. 



Vorwort, 



Das Unternehmen, dessen erstes Heft hier in die 
Oeffentlichkeit tritt, bftdarf eigentlicli keiner Vorrede. Was 
es beabsichtigt; besagt sein Titel. Dass ein wirklicbes Be- 
dtirfiiis vorlag, einen neuen Mittelpunkt fur die heimische 
Gescbichtsforschung zu schaffen, seit der inzwiscben ver- 
ewigte Begrtinder und Herausgeber des Arcbivs fiir die 
Sacbsiscbe Gescbicbte, der bocbverdiente langjabrige Direc- 
tor des KCniglicben Hauptstaatsarcbivs, Gebeimer Ratb Dr. 
Karl V. Weber, sicb durcb Krankbeit genotbigt sab, seine 
redactionelle Tbatigkeit aufzugeben, konnte niemand ver- 
kennen, der Interesse an dem weiteren Ausbau der sacbsi- 
seben Gescbicbte nimmt. Scbon die gewaltige Masse neuen 
Stoffes, die jeder Band des sacbsiscben Urkundenwerks zu 
Tage fordert, macbt eine Zeitscbrift notbwendig, die fur die 
wissenscbaftlicbe Verarbeitung des Materials Raum ge- 
wabrt. Nicbt weniger Aufgaben bietet der Forscbung 
Sacbsens neuere Gescbicbte seit der Reformation. Die 
Arcbive, die einbeimiscben wie die auswartigen, sind nocb 
nicbt entfemt ausgebeutet. Bevor man an abscbliessende 
Arbeiten denken kann, ist nocb so mancbe Einzelunter- 
sucbung erforderlicb. Auf welcbes Gebiet der politiscben, 
der Recbts-, der Wirtbscbafts-, der Kircben-, der Kxmst- 
und Literaturgescbicbte, der Culturgescbicbte im weitesten 
Sinne des Wortes wir blicken mogen, uberall bemerken 
wir empfindlicbe Lticken. Ein Organ, das an der Aus- 
fullung dieser Lticken zu arbeiten berufen ist, ist unum- 



VI 

ganglich nothwendig, wenn Stillstand und Buckgang ver- 
mieden werden soUen. Es ware eine abnorme und 
unerfreuliclie Erscheinung, wenn ein Land von einer so 
bedeutenden historischen Vergangenheit, wie Sachsen^ eines 
solchen Organs entbehren mtisste, in einer Zeit, in der 
weit kleinere Kreise, oft unter erheblichen Opfern, fur die 
Erforschung und Darstellung ihrer Geschichte Sorge tragen. 
Mit Genugthuung und Dank muss anerkannt werden, 
dass dieses Bedtirfnis allseitig zugegeben worden ist. Die 
KOnigliche Staatsregierung erklarte sich gem bereit, eine 
Fortsetzung des v. Weber'schpn Archivs in 3,lmlicher 
Weise wie dieses aus ihren Mitteln zu unterstiitzen. Der 
Koniglich Sachsisclie Alterthumsverein beschloss auf Antrag 
des Unterzeichneten, die seit einigen Jahren von ihm in Ge- 
meinschaft mit Dr. A. v. Eye redigirten ^Mittheilungen", das 
bisherige Vereinsorgan, eingehen zu lassen und die vom 
Vereine daftir verwendeten Mittel zur Forderung einer 
grSssem, die Interessen der gesammten sacbsischen Ge- 
schichte und Alterthumskunde vertretenden Zeitschrift 
zu verwenden, unter der Voraussetzung, dass diese 
neue Zeitschrift zugleich die RoUe eines Vereinsorgans 
ubemehmen, regeiraassig als Beilage zum ersten Hefte 
jeden Bandes die statutengemassen Jahresberichte bringen 
und den Mitgliedern unentgeltlich zugehen wiirde. Der 
Verein ging dabei von der Ansicht aus, dass ein Neben- 
einanderbestehen von zwei im Wesentlichen dieselben 
Zwecke verfolgenden Organen der Sache selbst nicht for^ 
derlicb, dass aber die Begriindung einer grossern Zeit- 
schrift aus den eignen Mitteln nicht durchfiihrbar s^; 
auch verhehlte er sich nicht, dass die Interessen des 
Vereins, auch soweit sie sich nicht mit den allgemeinen 
Interessen der sachsischen Geschichts- und Alterthums- 
forschung decken, durch eine «ich an ihn anlehnende 
grossere Zeitschrift nach innen wie nach aussen erheb- 
lich gef Order t wiirden. Der Herausgeber personlich ist 
hiervon so iiberzeugt, dass er gern an dieser Stelle der 
Hoffnung Ausdruck giebt, auch die ubrigen im Kdnig- 



VII 

reich Sachsen bestehenden Vereine m5chten aUmahlich 
einen Anschluss an das „Neue ArchW suchen; es wtirde 
dadorch einer Zersplitterung c^r materiellen und geistigen 
Mittel in erfolgreicher Weise entgegengearbeitet. 

Die Herausgabe und Kedaction des Neuen Archivs 
wurde durch die Konigliche Staatsregierung und den K5nig- 
lichen Alterthumsverein dem Unterzeichneten, der Ver- 
lag der Firma Wilhelm Baensch hierselbst, deren Entgegen- 
kommen die voUste Anerkennung verdient, tibertragen. 

Mogen eehte Vaterlandsliebe und unbestechliche Wahr- 
heitsliebe, die Fundamente, auf denen sich jede historische 
Forschung erheben soUte, der Geist sein, in dem das Neue 
Archiv fiir Sachsisclie Geschichte und Alterthumskunde 
wirkt, und m5ge seine Thatigkeit in diesem Geiste sich 
zu einer langen und segensreichen gestalteni 

^^ Der Herausgeber. 



L 



Der Alterthumsverein 
und das neue Archiv fiir sachsische Qeschichte 

und Alterthumskunde. 

Ein Dankeswort an die Vergangenheit und ein 
Hoffhungsblick in die Znkunft. 

Von 

Johann Fanl yon Falkenstein. 



Bei dem Beginn eines neuen literarischen Untemeh- 
mens ist es gewiss in hohem Grade ermuthigend, sich auf 
das Urtlieil erfahrener Manner sttitzen zu konnen und 
sagen zu diirfen, dass man in ihrem Sinne handele. In 
dieser gliicklichen Lage ist das Unternehmen, welches 
jetzt an die Stella des Archivs fur die sachsische Ge- 
schichte und der Mittheilungen des sachsischen Alterthums- 
vereins unter dem Titel: „Neues Archiv fUr sachsische 
Geschichte und Alterthumskunde** treten und das Publikum 
zu lebendiger Theiln&hme auffordem soil. Es ist keine 

feringere Autoritat als die der beiden edlen sachsischen 
'iirsten Friedrich August und Johann, welche beide, wie 
manniglich bekannt, ihre Freude und ihren Stolz darin 
fanden, fiir das Wohl des ihnen von Qott anvertrauten 
Landes und Volkes zu sorgen und eben von diesem Be- 
streben geleitet auch speciell sich fiir die Zwecke inter- 
essirten, welche diese neue Zeitschrift verfolgt, fiir die 
Forderung des Studiums der sachsischen Geschichte und 
fiir die Erforschung der sachsischen Alterthtimer. Wareo 

Neaes Arcbiv f. S. Q. u. A. Bd. L Heft L 1 



2 Johann Paul von Falkenstein: 

doch beide Fiirsten geraume Zeit hindurch die Protectoren 
des sachsischen Alterthumsvereins und verdankt derselbe 
ihnen die Gewahrung von Mitteln und namentlich auch 
die Fuglichkeit, seine Sammlungen in angemessener Weise 
unterzubringen, und hat insbesondere spater der Konig 
Johann auch die Gewahrung raaterieller Hilfe fur das 
Arehiv fur die sachsische Geschichte ermoglicht, damit es 
tiberhaupt ins Leben treten und unter der umsichtigen 
Leitung der leider dahingeschiedenen Wachsmuth und 
von Weber und durch die nicht gewohnliche buchhand- 
lerische Thatigkeit und Liberalitat des Verlegers fortbe- 
stehen konnte. Mit Freuden begrlisste Konig Johann die 
Idee, auf solche Weise das Studium der sachsischen Ge- 
schichte fordern zu woUen und sprach die Hoffnung aus, 
es werde dadurch unmittelbar und mittelbar auch neues 
Leben in den sachsischen Alterthumsverein kommen, „wenn 
nicht etwa durch ein enges Aneinanderschliessen der vom 
Alterthumsvereine herausgegebenen Mittheilungen an das 
Arehiv fUr die sachsische Geschichte sicherer noch der 
Zweck, den beide literarische Unternehmungen vor Augen 
batten, zu erreichen sein soUte". 

Aus dieser Aeusserung, welche bei Besprechung der 
Frage, ob und in welcher Weise das Unternehmen Seitens 
der Regierung unterstUtzt werden solle, gethan wurde, 
ersieht man, dass, obwohl es nicht thunlich war, derselben 
damals weitere Folge zu geben, schon bei Begrtindung 
des Archivs dem Konige das vorgeschwebt hat, was jetzt 
zur Ausfuhrung kommen soil; und in der That! wenn es 
richtig ist, dass man zuvorderst griindlich erortern muss, 
wie das geworden, was ist, um daraus zu lernen, was 
noch zu thun iibrig bleibt, dass man ebenso die Ver- 
gangenheit kennen muss, um an der Hand der Forschung 
eine womoglich bessere und schonere Zukunft herbeizu- 
fuhren, so ist es klar, dass nur ein inniges Bundnis 
zwischen den auf Ermittelung und» Erhaltung der noch 
vorhandenen Alterthumer eines Landes gerichteten Be- 
strebungen und den hoheren und allgemeineren die Er- 
forschung und Darstellung des gesammten geschichtlichen 
und Culturlebens bezweckenden Studien dem Endziel, die 
Geschichte des Landes und Volkes in moglichst objectiver 
Treue dem Publikum vorzufiihren, zur Kenntnis, zur Er- 
lernung, zur Beherzigung, zur Nachfolge, forderlich sein 
kann. Das Zusammengehen solcher Bestrebungen und 
Studien auch nach aussen hin lasst sich nicht deutlicher 



Der Alterthamsrerein u. das neue Archly fttr s&chs. Gescliichte. 3 

zeigeiiy als dadurch, dass man eine Zeitschrift grundett 
in welcher gemeinsam alle die Arbeiten Platz finden 
konnen, die, wenn auch auf verschiedenen Wegen, dem- 
selben Ziele zusteuern. 

Schon bei den ersten Verhandlungen liber die Con- 
stituiruDg des Alterthumsvereins fiihlte man recht gut, 
dass das Ziel aller Geschichtsschreibung sein musse, eine 
Zeit gewissermassen einzuleiten, in der jedermann aus 
dem Volke, welcher Klasse er auch angehore, das wirk- 
liche Bedtirftiis fiihle, mit den grossen Schopfungen in 
alien Zweigen der Kunst und Wissenschaft bekannt und 
vertraut zu werden, und darin seinen wahren Genuss, seine 
voile Befriedigung finde, zu erfahren, wie es ehedem ge- 
wesen und wie der Standpunkt, auf dem wir uns jetzt 
befinden, nach und nach durch die verschiedensten, oft 
scheinbar riickwarts gehenden, aber doch zum rechten 
Fortschritt fuhrenden Phasen erlangt worden sei, und man 
erkannte daher sehr bald, dass hierzu die Erforschung 
und Erhaltung der Alterthumer zwar nothwendig sei, 
aber in keinem Falle gentige, um ein gesammtes Bild des 
Landes darzustellen. Man kam daher gleich anfangs 
auf den insonderheit auch von den damaligen Protectoren 
des Vereins, den obgenannten beiden Prinzen, stark be- 
tonten und befiirworteten Gedanken, im Alterthumsverein 
zwei Hauptsectionen zu bilden, eine sogenannte histori- 
sche und eine artistische, und es war lebhaft zu be- 
klagen, dass namentlich die historische Section es zu 
keinen nennenswerthen Leistungen bringen konnte, weil 
die Eigenthiimlichkeiten einzelner Personen Reibungen er- 
zeugten, an denen der urspriingliche Gedanke, wenn man 
so sagen darf, zu Grunde ging. Dass aber auch die ar- 
tistische Section, abgesehen von einzelnen kunstgeschichtlich 
wichtigen Restaurationen, wenn n^her beleuchtet, keine 
wirklich eingreifende Wirkung hatte, lag vielleicht theils 
in den Zeitverhaltnissen des Jahres 1880 u. flgde., die 
nicht giinstig waren fiir derartige literarische Bestrebun- 
gen; theils aber auch darin, dass der Zusammenhang der 
in die artistische Section gehorigen Angelegenheiten mit 
der gesammten Culturgeschichte des Landes und ihrer 
Wichtigkeit fiir dieselbe nicht immer und nicht nach alien 
Seiten hin klar erkannt wurde. Man beschrankte sich 
vielmehr darauf, den schon frtiher bestandenen Verein 
sachsischer Alterthumsfreunde mit in sich aufzunehmen 
und immer wieder den an sich gewiss schonen, aber doch 



4 Johann Paul von Falkenstein: 

sehr beschrankten Zweck der Erhaltung und Erforschung 
sachsisclier Alterthiimer an die Spitze zu stellen, und liess 
das eigentlicli historische Princip bei Seite. 

Es dtirfte sachlich und personlich von Interesse sein, 
bei dieser Gelegenheit auf einen Aufsatz aufmerksam zu 
machen, welchen der damalige Prinz Johann, der, nach- 
dera der Prinz Friedrich August als Regent seine un- 
mittelbare Mitwirkung aufgegeben hatte, der eigentliche 
und alleinige Prases des Vereins geworden war (er unter- 
zeichnete sich selbst „ Vicedireetor des Alterthumsvereins"), 
im Jahre 1830 in Folge der an ihn ergangenen Veran- 
lassung: Vorschlage zu einem Gesetze gegen die willklir- 
liche Zerstorung und Entfernung vorhandener Alterthumer 
zu machen, dem Alterthumsvereine zur weiteren Prtifung 
vorgelegt, *) ferner auf die Reden, deren eine er bei Ge- 
legenheit einer Hauptversaramlung am 24. August 1844*) 
und die andere bei dem 25jahrigen Stiftungsfeste des 
Vereins am 16. Juli 1850*) gehalten hat, sowie endlich auf 
einige im Alterthumsverein vorgetragene Abhandlungen.*) 
AUes dies wird zugleich Zeugnis geben von der einfluss- 
reichen Th'atigkeit des Prinzen, sowie namentlich auch 
davon, dass fort und fort der Wunsch von ihm festge- 
halten worden ist, die Wirksamkeit des Vereins ausgieoi- 
ger fiir die Geschichte des Landes zu machen," und wird 
es rechtfertigen, wenn dieses erste Heft des Neuen Archivs 
mit dem Bildnis des Konigs Johann eroffnet wird, dessen 
Name mit den Bestrebungen des Alterthumsvereins, auch 
wie sich dieselben in der neuen Zeitschrift darstellen sollen, 
im engsten Zusammenhange steht, 

Nach einer kurzen Einleitung f ahrt der Prinz in dem 
oben erwahnten Aufsatze vom Jahre 1830 fort: 



*) Acta des K. S. Alterthumsvereins betr. einen Gesetzentwarf 
zur Erhaltung vaterlandischer Alterthtimer. 1829. 30. 

*) Abgedruckt in Heft 3 der Mittheilungen des K. Sachs. Alter- 
thumsvereins. 

») Abgedruckt in Heft 6 derselben Mittheilungen. 

*) Yergl. insbesondere den im 6. Hefte der Mittheilungen des 
E. S. Alterthumsvereins abgedruckten Yortrag iiber die historische 
Colonisationskarte des Professor Jacobi. Andere Vortrage des Prin- 
zen betrafen das Vorkommen der Slaven in Franken (ebendaselbst 
7, 12), die Germania des Tacitus und die Geographie des Claudius 
Ptolemaeus (ebendaselbst 7, 14) und eine in der Konigl. Secundo- 
genitur-Bibliothek zu Dresden befindliche Bulle des Papstes Gregor X. 
itlr die Nonnen zu Grimma tiber das Patronatrecht der Eirchen zu 
Belgem und Torgau (ebendaselbst 7, 20). 



Der Alterthumsverein u. das neue Archiv far s&chs. Qeschichte. 5 

„Dass die AlterthUmer und Kunstschatze eines Lan- 
des ein Gesammteigenthum der gebildeten Menschheit, 
ein anvertrautes Gut sind, das der Staat nicht den Lau- 
nen der Besitzer uberlassen kann, leuchtet jedem, der 
Sinn fiir das SchOne und Ehrwlirdige bat, ein. Oder 
wer wtirde es einer Regierung nicht verargen, wenn sie 
dem Besitzer der medicaischen Venus gestattete, sie zu 
marmornen Papierhaltern zu verarbeiten? Freilich ist 
die Grenzlinie dieses • Aufsichtsrechtes nicht leicht zu be- 
stimmen. Die Ehrfurcht fiir das Eigenthum gebietet, sie 
nicht weiter auszudehnen, als die Wichtigkeit und Un- 
wiederbringlichkeit des Schadens es erheischt. Eine weitere 
Riicksicht auf die besonderen Verhaltnisse eines jeden 
Landes und ein echter uneigenniitziger Sinn fUr das 
Schone und Hohe, der sich durch keine Nebenrticksichten 
aus seiner Bahn bringen lasst, werden hier am Besten 
leiten. Leider hat die Eitelkeit, durch aufgehftufte Kunst- 
schatze zu gld.nzen, die monopolistische Ansicht alles Schone 
im Lande zu behalten, ja wohl gar Fremde damit anzu- 
ziehen, um den Geldumlauf zu befordern, auf einen fal- 
schen Standpunkt geftihrt. Der echte Kunstfreund wird 
das Kunstwerk, so viel es seine Erhaltung erlaubt, am 
Liebsten an dem Orte seiner Bestimraung, der echte Alter- 
thumsfreund das Denkmal unter gleicher Bedingung am 
Liebsten an seinem ursprtinglichen Standorte wissen und 
der Ueberzeugung leben, dass dieses oder jenes, einmal 
gleichsam entwurzelt, ziemUch gleichviel gilt, ob es in 
diesem oder jenem Lande, in dieser oder jener Qalerie 
aufgestellt wird, wenn es auch nicht zu leugnen ist, dass 
selbst Kunst- und Alter thumssammlungen in der Stadt 
oder dem Lande, wo die Kunstwerke entstanden, wo die 
Alterthumer gefunden wurden, den schonsten und wiir- 
digsten Platz finden." 

Um nun nachzuweisen, wie sich nach und nach die 
Gesetzgebung iiber diese Angeleffenheit in den verschie- 
denen wichtigeren Landern ausgebildet und welche Mittel 
zur Erreichung des Zwecks, die Alterthumer zu erforschen 
und zu erhalten, angewendet worden sind, giebt der Prinz 
eine kurze historische Skizze, indem er fortfahrt: 

„Das alteste mir bekannte Gesetz dieser Art ist 
das des Kaisers Majorian, der in den Jahren 457 — 461 
im westromischen Reiche herrschte. Er untersagte alien 
Obrigkeiten ohne ausdriickliche Erlaubniss des Kaisers 
und Senates die Steine alter Bauwerke zu neuen Bauten 



g Johann Paul von Falkenstein: 

zu bewilligen und zwar bei harten Strafen, die bei 
den untergeordneten Contravenienten sogar bis zu Ab- 
hauung beider Hande steigen konnten. Von einem an- 
deren Standpunkte geht das der Zeit nach zunachst fol- 
gende Breve Leo X. aus; es verordnet, dass von alien 
Marmom, die in einera Umkreise von 10 Meilen um 
Rom ausgegraben wurden, an Raphael zum Behuf des 
Gebrauchs beim Bau der Peterskirche Meldung gethan 
werde; doch giebt es ihm zugleich die Aufsicht da- 
rtlber, dass von den Steinmetzen keine Steine mit alten 
Inschriften verarbeitet werden mochten. Dass die Gesetz- 
gebung liber diesen Gegenstand im Laufe der Jahrhun- 
derte fan Kirchenstaate fortgeschritten sei, davon liefert 
das auf frtlhere mir nicht vorliegende Gesetze sich be- 
ziehende Chirographo Pius VII. vora Jahre 1802 nebst 
dessen Editto von 1820 den Beweis, die wohl die um- 
fassendsten Gesetze in diesem Bezuge sind, wie es sich 
ftir die Stadt ziemt, der sie das Dasein verdanken." 

Der Verfasser behandelt nun auf das Eingehendste 
diese Gesetze, sowie verschiedene andere denselben Gegen- 
stand betreffende, die in italienischen und deutschen 
Staaten erlassen word en sind, wobei er besonders die 
grossherzoglich hessische Verordnung vom 22. JanUar 
1808 als wichtig hervorhebt und einerseits es bedauert, 
dass gerade Deutschland nur diirftige Ausbeute sowohl 
an Alterthtimem als an Gesetzen iiber deren Erhaltung 
biete, andererseits aber um so entschiedener die hohe 
Wichtigkeit der Alterthumsvereine der verschiedensten 
Art fiir die Geschichte der betrefFenden Staaten betont. 
Sodann motivirt der Verfasser die einzelnen Paragraphen 
des von ihm ausgearbeiteten Gesetzentwurfes. Im Wesent- 
lichen und mit wenigen Modificationen ist eben jener Ent- 
wurf auch die Basis der heutigen Gesetzgebung iiber 
diesen Gegenstand. Die ganze Abhandlung zeigt gewiss 
deutlich, welches lebhafte Interesse, aber auch welches 
sorgfaltige Studium der Prinz der ganzen Vergangenheit 
gewidmet hat und welchen Dank auch heute noch jeder 
Freund des Alterthums und der sachsischen Geschichte 
ihm schuldet. 

Noch entschiedener spricht der Prinz iiber die noth- 
wendige Verbindung der Alterthums-Erforschung mit dem 
geschichtlichen Studium und iiber den Mangel einer 
solchen in dem damaligen Alterthumsvereine sich in 
der Rede aus^ welche er 1844, also nach langjahriger 



Der Alterthumsverein u. das neue Archly fiir s&chs. Geschichte. 7 

Erfahrung iiber das Wirken des Alterthumsvereins, ge- 
halten hat: 

„Schon der Name unseres Vereins", beginnt er, 
„deutet auf einen doppelten Zweck, den der Erfor- 
schung und den der Erhaltung; beide mussen jedoch 
Hand in Hand gehen. Nur was erstere entdeckt und 
nacli seinem historischen oder artistischen Werthe ge- 
sch3,tzt hat, verdient der erhaltenden Vorsorge, und diese 
Vorsorge bewahrt wieder fiir viele eigentliche historische 
Forschungen ein wichtiges und inhaltreiches Material. 
Beide aber verfolgen geraeinschaftlich ein hoheres Ziel, 
Erweckung und Belebung der Liebe des Volkes zu seiner 
Vorzeit, aus welcher jede Nation, wie Ant'aus aus der Be- 
rtihrung mit der Mutter Erde, stets neue Kraft und Be- 
geisterung schopft." 

„Nichtsdestoweniger ist ein Vorwalten eines jener 
beiden Zwecke in den verschiedenen Alterthumsvereinen 
Deutschlands nicht zu verkennen. Wahrend namlich die 
meisten anderen ahnlichen Vereine sich vorzugsweise mit 
eigentlichen historischen Forschungen beschaftigen und 
dieses Streben in zahlreichen, oft werthvoUen Druek- 
schriften bethatigt haben, hat unser Verein sich mit be- 
sonderer Vorliebe der conservatorischen Richtung ange- 
nommen und in dieser, wie er sich schraeichem darf, 
nicht Unwichtiges geleistet. Die Ursache dieser Erschei- 
nung wird sich aus folgender kurzen Geschichte seiner 
Wirksamkeit erweisen." 

^ Jedem Institut wird bei seiner Entstehung eine Idee 
gleichsam als belebendes Princip mitgegeben, welches 
fortan die Richtung seines Lebens bestimmt. So auch 
bei unserem Vereine. Die betr.ubende Erfahrung, dass 
aus der herrlichen St. Marienkirche zu Zwickau mehrere 
Glasgemalde veraussert worden waren, fiihrte zunachst 
mehrere Freunde des Alterthums und der Kunst zu der 
Idee, durch Grttndung eines Vereins dergleichen Unbilden 
ktinftig vorzubeugen. In Folge dieser Vereinigung trat 
im Jahre 1824 der Verein unter der Leitung des Prinzen 
Friedrich ins Leben. Die Geschichte des Vereins theilt 
sich in zwei Perioden, deren Grenzen durch die Errich- 
tung und Bestatigung der Statuten vom 8. Marz 1837 
bestimmt ward. Wahrend der ersten Periode waren es 
hauptsachlich nur die Mitglieder des Vereinsausschusses, 
welche fiir die Zwecke desselben thatig waren. Unter 
diesem Ausschusse arbeiteten anfangs zwei besondere 



g Johann Paul von Falkenstein : 

Sectionen^ eine historische und eine artistische. Erstere 
hielt Besprechungen iiber vaterlandisch-historische Gegen- 
st^nde; bei welchen manches interessante Thema zur Sprache 
kam. Personliche Verhaltnisse brachten indess jene Ver- 
einigungen ziemlich bald wieder ins Stocken und fiihrten 
sie zuletzt ihrer Auflosung entgegen." 

Der Redner schildert nun die theils trliben, theils 
giinstigen Verhaltnisse des Vereins in den spateren Jahren, 
erwahnt besonders die mit Erfolg gekronten Bestrebungen 
desselben, Alterthumer, namentlich auch kirchliche, aufzu- 
finden und zu sammelu; riihmt die Gnade des Koni^s 
Friedrich August, der auf die Gewahrung eines Locals 
zu Aufstellung der Alterthumer und einiger, wenn auch 
nach jetzigen Begriffen sehr geringer Mittel gewirkt habe, 
und fahrt dann fort: 

„Neben dieser erhaltenden Th'atigkeit hat sich freilich 
die eigentlich historisch-forschende nur eines geringen 
Gedeuiens zu erfreuen. Ausser manchem, was in diesem 
Bezug eben durch die auf Erhaltung gerichtete Bestre- 
bung gef5rdert wurde, hat der Verein in den Jahren 
1835 und 1842 jedesmal ein Heft Mittheilungen drucken 
lassen, deren ersteres grosstentheils aus den Arbeiten der 
vormaligen historischen Section seinen Stoff geschopft hat. 
Freilich ward auch ira Jahre 1^1 beschlossen, nebst den 
Sitzungen fur die laufenden Geschafte auch Vereinigungen 
zu halten, in welchen Entwicklung historischer Momente 
den Gegenstand der Vortrage ausmachte. Solcher Sitz- 
ungen hat indes nur eine einzige stattgefunden, da es 
an Personen gefehlt hat, welche Vortrage angemeldet 
batten, so dass dieser Theil der Vereinsthatigkeit aller- 
dings noch weiterer Entwicklung bedarfc" 

In den handschriftlichen Bemerkungen, die gewisser- 
massen als Nachtrage zu der vorstehenden Rede zu be- 
trachten sind, heisst es unter anderem: „Es liegt auf der 
Hand, dass, so lange unser Alterthumsverein und die von 
ihm herausgegebenen Mittheilungen sich auf einen so 
engen Kreis beschranken und besonders das historische 
Princip nicht so, wie es urspriinglich die Absicht gewesen 
ist, zur Entwickelung bringen, ein recht lebendiges Inter- 
esse im Publikum dafiir nicht zu erlangen sein wird. Der 
Verein wird krankeln, und man wird seiner sonstigen 
Thatigkeit nicht die Anerkennung zoUen, die sie doch 
verdient'' 

In der andem oben erwahnten, am 16. Juli 1850 



Der Alterthumsverein u. das neue Archiv fttr s&chs. Geschichte. 9 

gehaltenen Rede spricht sich der Prinz folgender- 
massen aus: 

„Der eine Zweck unseres Vereins ist die Erbaltung 
der vaterlandischen Alterthiimer, imd dieser Zweck ist ge- 
wiss schon in wissenschaftlicher Beziehung ein eehr wichti- 
ger. Die Zeit vernichtet mit unerbittliclier Hand Tag 
fur Tag eine Menge Denkmaler der Zeitgeschichte aus 
der nachsten und entfernteren Vergangenlieit, so dass es 
zu Erhaltung dieser reichen Materialien fur die Geschichts- 
forschung jedenfalls ein dringendes Bediirfnis ist, dieser 
Zerstorung einen Damm entgegenzustellen. Aber auch 
fiir das Gemiithsleben eines Volkes ist die Erhaltung der 
Denkmale seiner Vorzeit von Wichtigkeit. Wie das Ge- 
miith des einzelnen Menschen seine reichsten Schatze aus 
den Erinnerungen seiner Vergangenheit, namentlich aus 
den Jugenderinnerungen schOpft, so beruht das Gemiiths- 
leben der Volker grosstentheils auf dem Andenken.an die 
Vorzeit. Und wo tritt dieses Andenken dem Auge deut- 
licher entgegen als in den Denkmalern der Vergangen- 
heit, die gleicbsam eine lebendige Geschichte sind. Ein 
Volk darum^ welches keine solchen Denkmaler aufzu- 
weisen hat, wird stets eine grosse Anregung zum hoheren 
Leben entbehren. Ein Volk aber, welches sie vernach- 
lassigt oder gar zerstort, zeigt sich selbst als ftir die 
edleren Regungen des Gemiiths nicht oder weniger em- 
pfanglich. Es ist daher gewiss keine unwichtige Aufgabe, 
diese Denkmaler selbst vor Zerstorung zu schutzen und die 
Liebe der Nation zu denselben zu bilden und anzuregen." 

Es kommt sodann der Redner auf den zweiten Zweck 
des Vereins, den eigentlich historischen, und sagt darliber 
folgendes: 

„Dass dieser zweite Zweck ebenfalls von Wichtigkeit 
sei, wird Jeder anerkennen, der tiberhaupt von der Wich- 
tigkeit der historischen Wissenschaften in unserer Zeit 
durchdrungen ist. Zwar mochte man hiergegen den Ein- 
wurf horen, dass der Geist der Zeit sich ener den Natur- 
wissenschaften imd denjenigen Wissenschaften zuwende, 
welche unmittelbar praktisch wirken, aber vielleicht diirfte 
es gerade deshalb nothig sein, den historischen Wissen- 
schaften, die doch gewiss auch ein hohes geistiges Inter- 
esse darbieten, Sorgfalt und Anregung angedeihen zu 
lassen. Nachstdem ist die Behauptung, auf die sich jener 
Einwurf stlitzt, nicht einmal durchaus wahr, denn wenn 
auch das Interesse fiir die Erfor^chung des classischen 



10 Johann Paul von Falkenstein : 

Alterthuras, welches friiher fast ausschliesslich blieb, wieder 
abgenominen hat, so hat doch gerade in dem letztver- 
flossenen Zeitraume das Studium der Vorzeit unseres 
Volkes, die Erforschung des Mittelalters und sein Ver- 
stS-ndnis einen erfreulichen Aufschwung gewonnen, so 
dass auch unsere hierauf gerichteten Bestrebungen gewiss 
als zeitgem3.sse zu betrachtcn sind. AUerdings hat der 
Verein in diesem Bezug seine Thatigkeit bisher grossten- 
theils nur auf Ansammlimg von Material gerichtet, wel- 
ches theils in dem schon erwalinten Museum , theils in 
zahlreichen nicht unwichtigen Notizen in unseren Akten 
niedergelegt ist. Zu wiinschen ist es indess gewiss ; dass 
durch Benutzung dieses Materials bald gediegene wissen- 
schaftliche Arbeiten unsere Mittheilungen , die wir bis 
jetzt nur sparsam herausgeben konnten, zieren mochten, dass 
hautige wissenschaftliche Vortrslge in den Vereinssitzungen 
und Discussionen dartiber dieselben zu der Hohe einer 
historisch-wissenschaftlichen Gesellschaft erheben mochten." 

Hier finden wir also alles das ausgedriickt; was wir 
im Begriff sind, jetzt zu thun, und die Berufung darauf, 
dass die beschlossene Massregel im Sinne und Geiste des 
KSnigs Johann sei, dtirfte sich voUkommen rechtfertigen. 
Es mag aber gestattet sein, auch aus der ersten Zeit 
des Bestehens des Alterthumsvereins die Auslassungen 
eines Mitgliedes aufzufiihren, die dasselbe Ziel vor Augen 
haben, wie die obgedachte Rede des damaligen Prinzen 
Johann, wir meinen die Worte des damaligen Oberbiblio- 
thekar Ebert, der, wie man leider, unbeschadet ubrigens 
der grossen literarischen Verdienste des Mannes, sagen 
muss, durch seine Eigenthtimlichkeiten nicht ohne Schuld 
daran war, dass die historische Section, wie oben bemerkt 
ward, so wenig den Erwartungen entsprach, mit denen 
er selbst am 7. Marz 1829 die erste versammlung der- 
selben erofFnete. ^) Er sagt: 

„Auch fiir die Wissenschaft gilt das alte Wort: Es 
ist nicht gut, dass der Mensch allein sei, — vor AUem 
aber fiir die Geschichte, wo die Masse ununterbrochen 
ins Ungeheuere wachst und wo doch zu gleicher Zeit 
noch so vieler Stoff au« der Vorzeit zu sichten, zu ordnen 
und zum Theil noch ausfindig zu machen ist. Hier kann 
nur vereinten Kraften etwas Ttichtiges und Grosses ge- 



») Acta des K. S. Alterthumsvereins Fasc. IV b. Acta der 
histor. Section Fasc. n. Fol. 18. 



Der AlterthumsTerein u. das neue Archly ftir s&chs. Geschichte. H 

lingen. Fiir unsere vaterlttndische Geschichte ist so Vieles 
geschehen, class wir darauf stolz sein konnen. Wir be- 
sitzen Quellenschriftsteller in mehreren grosseren Samm- 
lungen wie in einzehien verdienstvoUen Ausgaben, wir 
haben bandereiche Reihen von unsern Urkunden u. s. w., 
aber eine Geschichte unseres Vaterlandes, die diesen 
Namen verdiente, haben wir noch nicht, und wir konnen 
sie nicht erhalten, so lange nicht mit vereintem Bemtthen 
die vielen Lticken ausgefullt werden, die noch vorhanden 
sind. ... Es muss also noch vieles vorbereitet, vieles 
gesammelt, vieles gesichtet und scharfer erforscht werden. 
. . . . Die Hauptaufgabe aber ist, alle einzel'nen For- 
schungen, wie Kleines sie auch betreflfen m5gen; in einen 
inneren Zusammenhang und in eine Beziehung zu einem 
grosseren Ganzen zu bringen.*^ 

Nun, die Vereinigung der bisher getrennt erschienenen 
Zeitschriften ist als Anfang zur Erfiillung der Wunsche 
zu betrachten, die in Vorstehendem von dem ehrwiirdigen 
Flirsten und gleich anfslnglich von Mitgliedern des Alter- 
thumsvereins theils angedeutet, theils ausgesprochen worden 
sind. Wenigstens ist nun die Fuglichkeit gegeben, die 
Sammlungen antiquarischer Mittheilungen fortzusetzen, 
aber auch zugleich die historisch-wissenschaftliche Behand- 
lung und Verwerthung anzukniipfen. Gewiss wird es 
dann dem sachsischen Volke immer klarer werden, dass die 
Erforschung und Erhaltung der Alterthtimer nicht etwa 
bios zum Vergniigen einzelner geschieht, die aus irgend 
welchem Grunde dafur Interesse haben, sondem dass man 
damit den allgemeinen hoheren Zweck verbindet, endlich 
dem Volke und der Wissenschaft wirklich eine Geschichte 
des Landes geben zu konnen. Unleugbar ist es ja, dass 
die Mittheilungen des Alterthumsvereins, dass das Archiv 
fur s^chsische Geschichte, dass der nunmehr rasch vor- 
ruckende Codex diplomaticus Saxoniae regiae und dass 
endlich eine nicht geringe Zahl von Monographien schon 
jetzt wesentliches Material darbieten zur Bearbeitung einer 
Geschichte des 8d,chsischen Landes und Yolkes; aber 
ebenso unleugbar ist es, dass darin weit mehr noch wird 
geschehen miissen, wenn das Ziel erreicht werden soil. 
Man muss ja zugeben, dass die Darstellung der speciellen 
sHchsischen Geschichte wegen ihres engen Zusammen- 
hanges mit der allgemeinen deutschen Geschichte ihre be- 
sonderen Schwierigkeiten haben mag. Aber man wird 
auch zugeben mtissen, dass diese Schwierigkeiten zu liber- 



12 Johann Paul von Falkenstein : 

winden, dass sicfa gewisse Perioden und das sJlchBische 
Volk besonders treffende Ereignisse vortrefflich verwertlien 
lassen, den echten Patriotismus im Gegensatze zum klein- 
lichen ParticalariBmus zu heben und scfaon die Jugend 
in der Schule wie fiir das deutsche Reich; so auch fiir 
das engere sachsische Vaterland zu interessiren, und wir 
haben es nur zu beklagen, dass die Entwtirfe, welche 
seinerzeit der Prinz Johann zum Behuf desUnterrichts seiner 
Tochter in der sachsischen Geschichte gemacht hat, nicht 
weiter ausgefiihrt sind, denn schon aus jenen doch nur 
fliichtig^hingeworfenen Skizzen, denen nattirlich das leben- 
dige Wort die weitere Erganzung gegeben haben mag, 
lasst sich erkennen, wie sich der tiefe Geschichtskenner 
die Abfassung einer sachsischen Geschichte *gedacht haben 
mochte. Man denke nur, wie unendlich viel in dieser 
Hinsicht in anderen L^ndem, vor allem in Preussen^ ge- 
schieht, wUhrend in Sachsen yielleicht in einigen hoheren 
Schulanstalten , aber sicherlich in keiner gewohnlichen 
Volksschule die eigentliche sachsische Geschichte ge- 
lehrt, sondern hdchstens bei der allgemeinen Geschichte, 
etwa bei Gelegenheit der Reformation, Sachsens gedacht 
wird; daher die ganz unglaubliche Ignoranz der Jugend 
und des Alters, ja selbst einer nicht geringen Anzahl 
sonst tiichtig gebildeter Lehrer in fast alien speciell Sachsen 
betreffenden Dingen, daher die Indolenz una die so oft un- 
richtige Auffassung sachsischer Einrichtungen. Wenn das 
Neue Archiv, welches den Zweck hat die Erinnerungen an 
langst vergangene Zeiten uns lebendig vor die Seele zu 
fuhren und uns auf die eigentliche Bedeutung vorhandener 
Alterthiimer aufmerksam zu machen, aber auch zugleich 
durch Aufsatze die allmahlige Entwickelung des gesamm- 
ten Culturlebens in Sachsen, die einflussreiche Thatigkeit 
der Regenten u. s. w. darzustellen und zu zeigen, wie 
gar oft scheinbar neues nichts ist, als langst bestandene 
Ideen in verbesserter Form vorgebracht, und wie allent- 
halben der eigentliche und daher wohl zu beachtende 
Charakter des sachsischen Volkes hervortritt, so sollte man 
meinen, dass es bald nicht mehr an den erforderlichen 
Vorarbeiten fehlen konnte, eine wirklich im edlen Sinne 
des Wortes populare Geschichte Sachsens zu schreiben, 
und sicherlich wiirde dann von selbst das Bediirfnis sich 
zeigen, dafiir zu sorgen, dass die Jugend mehr im Vater- 
lande als wie jetzt in fremden Welttheilen sich heimisch 
und bewandert zeigt. Mochte daher die neue Zeitschrift 



Der Alterthomsverein u. das neue Archiv fUr silchs. Geschichte. 13 

die Theilnahme findcD, ohne die freilich alle Bestrebangen 
yergeblich sind, mochten sich namentlich auch ttichtige 
Krafte finden, diemit Eifer und mit der rechten Freudig- 
keit fur wahre Forderung der Geschichte unseres engeren 
Vaterlandes wirken, mochten auch die tibrigen im Lande 
bestehenden Vereine in dieser Zeitschrift, die nicht den 
Interessen einer einzelnen Genossenschaft, sondem denen 
der gesammten vaterlandischen Geschichtsforschung dienen 
will, einen Mittelpunkt fiir ihre Bestrebungen finden; es 
wtirde sie dies vor der Isolirung, der sonst locale 
Vereine so leicht verfallen, zu bewahren vermogen und 
ihnen das Bewusstsein geben, dass ihre Verhandlungen 
und Arbeiten doppelten Werth haben, wenn sie unter- 
einander und mit den auf die allgemeine Landesge- 
schichte gerichteten Studien stets Fiihlung behalten. 
Wenn z. B. ein Verein, wie die altehrwUrdige deutsche 
Gesellschaft in Leipzig, deren Thatigkeit und sch(3ne 
Sammlungen auch fiir die sachsische Geschichte leider 
wenig bekannt sind, wenn die Vereine fiir die Geschichte 
von Dresden, Leipzig, Freiberg, Chenmitz u. s. w. mit 
unserem Vereine gemeinschaftliche Sache machen und 
durch Mittheilungen aller Art die Zeitschrift unterstiitzen 
woUten, so wlirde man in kurzer Zeit sagen konnen, dass 
wir uns dem schonen Ziele nahen, welches uns bei Begriin- 
dung der Zeitschrift vor Augen schwebt, und wiirden mit 
Goethe ausrufen k5nnen: 

Zwischen dem Alten, 
Zwischen dem Neuen 
Hier ims zu freuen 
Schenkt uns das Glttck, 
Und das Vergangne 
'Heisst mit Vertrauen 
Vorwarts zu schauen, 
Schauen zuriick. 



n. 



Hoicks Einfall in Sachsen im Jahre 1633. 

Von 

6. Droysen. 



I. 

Der strategische Erfolg der Schlacht bei Liitzen war 
der Ruckzug der Kaiserlichen nach Bohmen und ihr Ver- 
zicht auf (lie Initiative im Feld. Wallenstein erkannte es 
als erste und dringendste Aufgabe, seinem Heere in 
sicheren Positionen die nothige Ruhe und Kraftigung zu 
geben und es durch Rekrutirung zu verstarken; was dann 
freilich hiess, sich dem Feinde gegeniiber durchaus auf die 
Defensive, d. h. auf die Deckung der kaiserlichen Lander, 
zu beschrJlnken. Die machtige bOhmische Bastion, diese 
natUrliche Citadelle der habsburgischen L'andermasse, war 
die vortrefFlichste Position zur Ausfuhrung dieses Ent- 
schlusses, der — wie das rasche Aufgeben des Vogtlandes 
und Meissens in den letzten Wochen des Jahres 1632 
beweist — sofort nach der Ltitzener Schlacht gefasst wurde. 

Wahrend Wallenstein selbst nach Prag ging, tim von 
hier aus die Truppenaushebung und das Verpflegungs- 
wesen zu leiten, wurde der grosste Theil der Armee an 
die Nordgrenze Bohmens verlegt, die vor allem gefahrdet 
war. Denn die von Hans Georg von Amim als General- 
lieutenant, von Herzog Franz Albrecht von Sachsen-Lauen- 
burg als Generalfeldmarschall befehligte kurs^chsische 
Armee stand in Schlesien, hatte sich in Besitz eines ^ossen 



Hokks Einfall in Sachsen im Jahre 1633. 15 

Theils der dortigen Platze gesetzt und schien nicht iibel 
Lust zu haben, gegen die Passe des Riesengebirges vor- 
zugehen. Auf der andern Seite war die nach Gustaf 
Adolfs Tod vom Herzog Bernhard von Weimar geftilirte 
schwedische Armee zu furchten, die, nachdem sie Sachsen 
vom Feinde gereinigt hatte, ohne weiteres in die Defileen 
des Erzgebirges eindringen konnte. 

Den Sachsen gegeniiber stand in sehr ausgedehnter 
Position zwischen Oder imd Elbe Feldmarschall GallaS; 
der sein Hauptquartier meist zu Neisse hatte; den Schweden 
gegeniiber, westwarts von der Elbe, scheint Feldmarschall 
Hoick den Oberbefehl gefuhrt, Generalwachtmeister Rei- 
nach, der im egerischen Kreise commandirte, unter ihra 
gestanden zu haben. *) 

Ausser dieser in Bohmen stehenden, eigentlich wallen- 
steinischen Armee, gab es eine ganze Reihe detachirter 
kaiserlicher Corps; von besonderer Bedeutung namentlich 
das eine unter General Gronsfeld in Nordwest-Deutsch- 
land, das andere unter Feldmarschall Aldringer in Schwa- 
ben; jenes zugleich zum Schutz der geistlichen Kurfursten 
bestimmt, dieses zum Schutz des Kurfursten von Bayeru, 
dessen Truppen gleichfalls unter Aldringers Commando 
standen. 

Es ist nun bekannt, dass Sachsens Vorschlag eines 
grossen combinirten Stosses beider evangelischer Armeen — 
der schwedischen und der sachsischen — gegen B5hmen 
und Mahren von dem in des schwedischen Reichskanzlers 
Axel Oxenstiern Beisein Anfang 1633 zu Altenburg ge- 
haltenen Kriegsrath nicht acceptirt, von ihm vielmehr be- 
schlossen wurde, die disponiblen schwedischen Streitkrafte 
zu theilen und die eine Abtheilung derselben unter Herzog 
Georg von Braunschweig - Liineburg nordwarts gegen 
Gronsfeld, die andere unter Herzog Bernhard von Weimar 
sudwarts zu schicken, und zwar mit der zweifachen Auf- 
gabe» sich an den Kampfen des schwedischen Feldmar- 
schall Horn gegen das combinirte kaiserlich - ligistische 
Corps unter Aldringer zu betheiligen, und durch An- 
naherung gegen die bOhmische W estgrenze die dort 
stehenden kaiserlichen Truppen von aggressiven Unter- 
nehmungen gegen Sachsen abzuhalten. 

Herzog Bernhard fuhrte seine Aufgabe derart aus, 



*) Wallenstein an Hoick d. d. Prag 9. Januar 1633 (n. St.). 
Hallwich, Wallensteins Ende. I, Nr. 34, 



16 (j. Droyseni 

dass er sich zunS^chst des bamfoergischen Gebietes bem'acli- 
tigte, dann in die Oberpfalz einrlickte, in der offenbaren 
Absicht, sich in Besitz von Regensburg zu setzen, und 
damit zugleich die aldringerische Armee zu isoliren, zugleich 
von dor Donau aus Bohmen^ Oesterreicli ob und unter 
der Enns und somit Wien selbst zu bedrohen. Es war 
der Gedanke, auf den er dann immer von neuem zuriick- 
kam, und den er ja noch vor Schluss des Jahres 1633, 
alien Schwierigkeiten zum Trotz, zur Ausfuhrung brachte. 

Die Ende Marz 1633 an der bayerischen Grenze (bei 
Donauw5rth) erfolgte Vereinigimg seiner Armee mit der 
des Feldmarschali Horn, die den Winter tiber in Schwaben 
eine Reihe glucklicher Operationen ausgefiihrt hatte, und 
ihr gemeinsamer Einfall ins Bayerische versetzten den 
Kurflirsten Maximilian von Bayern in hSchste Aufregung, 
und immer von Neuem ging er in dringendsten Worten 
Wallenstein an, dem General Aldringer, der sich gleich- 
falls ins Bayerische zuriickgewandt hatte, Unterstutzung 
zu senden. Und Wallenstein ordnete sofort den Zuzug 
einer grosseren Heeresabtheilung zu Aldringer an, ver- 
sprach ausserdem „in Kurzem die Armee bei Eger zu- 
sammenzuftihren; und wohin es die Nothdurft erfordern 
werde, sich damit zu wenden".*) 

Dann aber ging die combinirte schwedische Armee, 
nachdem sie siegreich bis Miinchen gelangt war, an die 
Donau zurtick, nach Neuburg, wo dann jene Bewegung 
unter den Offizieren ausbrach, die zwar keine oflTene Re- 
bellion war, doch aber die Unternehmungen im Felde in 
empfindlichsier Weise lahmte. Immerhin jedoch bedrohte 
sie durch ihre Streifzuge donauabw3,rts und in die Ober- 
pfalz die bohmische Westgrenze, und Wallenstein war 
keinen Moment daruber in Zweifel, dass sie sich „gegen 
dem Konigreich Bdhmen zu incaminiren vorhabens*^ ') 
Geschah das, so soUte sich auch Aldringer an die Donau 
begeben und — „etwa bei Eger*^ — mit Hoick vereinigen. 
Jedenfalls soUte er „nichts hazardiren", sondern sich mog- 
lichst in der Defensive halten. 

Es war in den Tagen, da Wallenstein endlich gegen 



*; Wallenstein an Maximilian d. d. Prag 16. April 1633 (n. St.). 
Aretin, Bayems auswartige Verhaltnisse. Urk. Nr. 73. 

■) Wallenstein an Aldringer d. d. Gitschin 6. Mai 1633 (n. St.). 
Hallwich I, Nr. 371. Yergl. seinen Brief an ihn vom 2. Mai (n. St.). 
Nr. 359, und an Hoick vom 6. Mai (n. St.). Nr. 372. 



Hoicks Einfall in Sachsen im ' Jahre 1633. 17 

den Feind aufbrach. Dass er sich von Prag aus nicht 
westwarts, gegen die Oberpfalz und die Schweden, sondern 
ostwarts, gegen Schlesien und die Sachsen wandte, batte 
nicht zum Wenigsten politische Griinde: gait es ihm doch, 
den Kurfurst Johann Georg durch Gtite oder Gewalt zum 
Abfall von Schweden zu bewegen. Die haufige Annahme, 
dass hauptsachlich alter Hass gegen den bayerischen Kur- 
ftirsten ihn veranlasst babe, demselben den Rticken zu 
kehren, hat sich bisher nicht bestatigt gefunden: er ist 
ihm und seinen Wiinschen im Gegentheil damals so weit 
als irgend thunlich entgegengekommen. 

Freilich tiberstiegen die WUnsche dieses engherzig 
nur fiir sich und sein Land bedachten Fiirsten'*) alles 
Mass und w^ren in voUem Umfange nur auf Kosten des 
Ganzen zu erftillen gewesen. Wallenstein hielt sehr genau 
die Grenze zu verantwortender Nachgiebigkeit inne. War 
ihm seit der Liitzener Schlacht der Schutz der kaiser- 
lichen Lande, also zunadist und vornamlich der Schutz 
der bohmischen Vormauer, als seine nachste und wich- 
tigste Aufgabe erschienen, so konnte er in einem Moment, 
in welchem er selbst an der Spitze des grosseren Theiles 
seiner Truppen Bohmen zu verlassen im Begriff stand, 
nicht daran denken, von dieser Aufgabe abzugehen. Viel- 
mehr befahl er Hoick ausdriicklich: „es habe der Enden 
eine Beschaffenheit, wie es immer woUe, sich keinerlei 
Weise mit der Armee aus Bohmen zu begeben."*) Das 
that um so mehr noth, als Eger gegeniiber, namentlich im 
Culmbachischen, feindliche Truppen standen, die zu wieder- 
holten Malen auch die bohmische Grenze bedrohten. ®) 

Aldringer wie Hoick waren voll Eifers, den Befenlen 
des Generalissimus nachzukommen. Freilich machte ihnen 
die anmassliche Eigenwilligkeit Kurfurst Maximilians viel 
zu schaffeU; der wiederholt forderte, dass Aldringer an 
ihn gewiesen werde, Hoick Befehl erhalte, ihm zu Htilfe 



*) Das erkannten schon Zeitgenossen vollauf. So urtheilte 
Wallenstein, dass „bemel(ites Herrn Churfiirstens Liebden ihre Sachen 
mehr als andere in Obacht nehmen, wir aber auf Alles ein wach- 
sames Auge haben miissen". Wallenstein an Hoick d. d. Feldlager 
bei Schweidnitz 29. Juli 1633 (n. St.). Hallwich I, Nr. 674. 

*) Wallenstein an Hoick d. d. Gitschin 7. Mai 1633 (n. St.). 
Hallwich I, Nr. 381. 

•) Hoick an Wallenstein d. d. Neumark 13. u. 16. Mai 1633 
(n. St.). Hallwich I, Nr. 413 u. 418. Neumark ist natflrlich Neu* 
mark in B5hmen, unfern Topi. YergL Chemnitz II, 111 u. 181. 

Nenes Archiv /. S. G. u. A. Bd. I. Heft I. 2 



18 G. DroyseB: 

zn kommen. Aldringer beklagte sich auf das Bitterste 
liber die „vielen ungleichen, beschwerlichen Nachreden 
am kurfurstlichen HoP und bat alles Ernstes um Ver- 
setzung auf einen anderen Posten; und Hoick wusste, 
dass er nur mit „Ilir Kurfurstlichen Durchlaucht in Bayern 
disffusto" Wallensteins Weisungen erfiillen konne. Gleich- 
wonl war er es aufs Prompteste zu thun entschlossen. 
„Ohne expresse Ihrer Fiirstliclien Gnaden gnS-digste An- 
ordnung movire ich raich nicht aus Bohmen." 

Diese Anordnung erfolgte dann auf Hoicks Meldung 
von Herzog Wilhelm von Weimars Anschlag auf die 
Feste Kronach. Der Feind sei ,,nicht iiber 6 oder 8000 
Mann^ darunter viel Lumpengesindel" Er bat deshalb 
um die Erlaubniss, „weil mit wenigem nichts ohne Hazard 
zu richten, Ich durfte mit der Cavallerie und 2 oder 3000 
commandirten Mann zu Fuss, wofern ich mein Vortheil 
sahe, dem Feind einen Abbruch zu thun, auf ein Ritt 
auf ein acht oder zehn Tag Zeit, suchen den Ort zu se- 
cundiren, und mit der Nothdurft zu versehen, wo er an- 
gegriffen sollt werden; insonderheit weil die hornischc 
und Herzog Bernliard von Weimars Armada gegen Donau- 
wSrth zuriick und daher nicht so bald etwas zu besorgen*'.') 

Da, wie aus Chemnitz bekannt ist, Herzog Wilhelm 
nach einem ersten Versuche den Anschlag auf Kronach 
aufgab und sich wieder zuriick wan dte, kehrte auch Hoick, 
nachdem er Truppen und Schiessmaterial in die Festung 
gebracht, „straks den graden Weg um, auf dass unter- 
dessen hiesiger Oerter nichts versaumt sollte werden". 

Denn die Wahrung Bohmens war nun eben seine Auf- 
gabe. Und wie er sich innerhalb der bohmischen Grenzen 
halten sollte, ^) ohne • sich auf grossere Unternehmungen 
einzulassen, so hatte sein Corps die Bedeutung einer Re- 
servearmee, auf deren eventucUe Unterstutzung Wallen- 
stein sich bei seinem Feldzuge gegen die Sachsen, der 
ihm als das weitaus wichtigste Unternehmen der Kaiser- 



*) Ueber die Kronacher Affaire handelt ausftihrlich Chemnitz II, 
131. Vergleiche Hoick an Wallenstein d. d. Neumark 16. Juni und 
1. Juli 1633 (n. St.). Hallwich I, Nr. 477 u. 497. 

•) Hoick an Wallenstein vom 1. Juli (n. St.): „Weilen Euer 
Fiirstl. Gnaden mir verbieten, aus Bohmen die Armada zu ftihren etc." 
In demselben Schreiben berichtet er dem Generalissimus, dass 
„die Grenzen von Eger aus bis Leitmeritz und Sitta" wohl besetzt 
seien. Er hatte eben die West- und Nordgrenze Bohmens von der 
Pilsener Gegend bis Zittau zu verwahren. 



Hoicks Einfall in Sachsen im Jahre 1633. 19 

lichen in diesem Jahre gait, grosse Rechnung machte. 
Er befahl ihm geradezu, sich bereit zu halten, mit 10000 
Mann in Schlesien zu ihm zu stossen. 

Da war es nun von Wichtigkeit, dass sich (in der 
zweiten Halfte des Juni) die schwedische Arraee von der 
Donau erhob und auf Neumarkt (in der Oberpfalz), d. h. 
in der Richtung auf Eger, marschirte. Aldringer, voUer 
Furcht, dass es gelte, ihm die Verbindung mit dem 
holckischen Corps zu nehmen, beeilte sich, das mit ;,viel- 
faltigen Motiven" an Hoick und Wallenstein zu melden, •) 
der sofort an Hoick die Erlaubniss gab, „mit ein 8 oder 
10 Tausend Mann (natiirlich eben jenen 10000 Mann, 
die er zur Entsendung auf den schlesischen Kriegsschau- 
platz bereit halten soUte), doch ohne Bagagi und allein 
mit etlichen Regimentstuckeln sich mit Feldmarschall von 
Aldringer zu conjungiren*^ ***) Doch fugte er ausdriicklich 
hinzu: „Der Herr wird in dem, ob es rathsam ist, seiner 
selbst mehr als anderer Meinung folgen, damit er sich 
durchaus auf keinerlei Weis impegnirt noch lang aus- 
bleibt, denn der Feind ziemlich stark dahier, sonderlich 
an der Reuterei. Auf den Herzog Wilhelm und das S£lch- 
sische Volk in Meissen muss der Herr wol Achtung geben; 
in Summa: kann der Herr die impresa ohne Gefahr in 
etlich gar wenig Tagen verrichten und sich in puncto 
wieder nach Bohmen wenden, bin ichs zufrieden; sollte 
aber solches langere Zeit bediirfen, so ist es besser, dass 
wir uns mehr als andere in Acht nehmen/* 

Schon vor Eintreffen dieser Ordre hatte Hoick, — 
tiberzeugt, dass Wallenstein, „sollte die Gelegenheit sich 
geben, ein Gliick ohne Hazard zu versuchen, es ja gerne 
sehen, dass wir, was moglich in der Eil zu thun, ver- 
suchen" — seine Truppen an der pfalzischen Grenze zu- 
sammengezogen ; Hatzfeld avancirte mit der Avantgarde 
— 40 Compagnien Reiter und 6 Compagnien Dragoner — 
auf Waidhausen, einem pfalzischen Grenzstadtchen; **) er 



•) Aldringer an Hoick d. d. Regensburg 29. Juni 1633 (n. St.). 
Hallwich I, Nr. 498. Vergl. Hoick an Wallenstein vom 1. Juli 
(n. St.). Aldringer an Wallenstein d. d. Burglengenfeld 1. Juli 
(n. St.). Nr. 496. 

*®) Wallenstein an Aldringer d. d. Feldlager bei Schweidnitz 
6. ?uli 1633 (n. St.) und an Hoick von demselben Datum. Hallwich I, 
Nr. 510. 511. 

**) Das ist zweifelsohne „Wathau8en". 



20 G. Droysen: 

selbst „forinirte" sich nebst Graf Colloredo mit der tibrigen 
Cavallerie und 64 Compagnien zu Fuss — dem Gros seines 
Corps — bei Hayd und Tachau, bereit, sich eventuell mit 
Aldringer weiter sudlich an der Grenze, zu Waldmlinchen, 
zu vereinigen. **) 

Nun ging die Gefahr iiber Erwarten rasch voiiiber. 
Denn die Schweden wandten sich, nachdem sie Neumarkt 
eingenommen, wieder auf Donauworth zurtick. **) Damit 
schien fiir Hoick die geniigende Veranlassung zum Vor- 
marsch in die Oberpfalz geschwunden, mochte gleich der 
Kurfurst von Bayern ihn „taglich mit Schreibung um 
Succurs tormentiren", und nicht weniger auch Aldringer, 
der, wie Hoick sagte, „nunmehr von Ihre Kurfurstl. 
Durchl. Ordinanz dependirt^', ihn in Schriften und in 
einer persOnlichen Zusammenkimft zu Pfreimt in der 
Pfalz (am 26. Juni a. St.) zu gemeinsamen Operationen 
auffordern. **) ,,Mir hat man angemuthet, ich soUte aus 
B5hmen!"^*) „Ich aber [habe] Herrn Aldringer zu ver- 
stehen geben, dass es nit thunlich ware, Bdhmen und 
die kaiserliche Artillerie bios zu lassen, auch liber ihr 
Fiirstl. Gnaden ordre zu schreiten und zu weit mich mit 
ihm zu impegniren, dass Ich auf alien Nothfall nit bei 
Zeiten bei Ihr Fiirstl. Gnaden in Schlesien sein konnte." 
Er rechnete ihm vor, dass er, wenn er selbst „die ganze 
Anzahl von 10000 Mann" nach Schlesien abftihrte, dem 



**) Es ist zu beachten, wie streng sich Hoick an die Instructionen 
und Weisungen seines Generalissimus hielt. Indem er ihm (1. Juli 
n. St.) diese Dispositionen mittheilt, fUgt er nochmals ausdr&cklich 
hinzu, dass „Ich an meinem Ort nichts soil hazardiren und kann auf 
alien Fall laut meine vorige ordre mit zehntausend Mann zu Euer 
Ftirstlichen Gnaden kommen und den tibrigen Rest mit Herrn Graf 
Colloredo auf den Herrn Graf Aldringer anweisen". 

'*) Dariiber Hokk an Wallenstein d. d. Frauenberg (Pfraum- 
berg ist Verballhornisirung) 6. Juli 1633 (n. St.). Hallwich I, Nr. 513: 
„Weilen dann der Feind intentionirt gewesen, sich in die neue Pfalz 
zu logiren und Herrn Aldringer von mir abzuschneiden, nachdem 
aber solches nit hat geschehen konnen, und er besorgt, wir mochlen 
beide auf ihn gehen, hat er nach Eroberung Neumark . . . sich zu- 
rtickbegeben, vielleicht Ihr Churfurstl. Durchl. wieder gegen Miinchen 
ein allarme zu machen." Vergl. Aldringer an Wallenstein d. d. 
Regensburg 10. Juli 1633 (n. St.). Nr. 626. 

**> Ueber die Zusammenkunft in Pfreimt handelt vornamlich 
obiger Brief von Hoick an "Wallenstein d. d. Frauenberg 6. Juli 
(n. St.). 

") Hoick an Wallenstein d. d. Pilsen 9. Juli 1633 (n. St.). 
Hallwich ^ Nr. 624. 



Hoicks Einfall in Sachsen im Jahre 1633. 21 

Grafen CoUoredo nicht mehr lassen wiirde, als 21 Com- 
pagnien zu Fuss, ungefahr 2000 Mann stark, 2000 Croaten 
und „vielleicht" 1500 Mann zu Pferd; „auf weiteren 
Succurs hat er (Aldringer) sich nichts kunftig zu ver- 
lassen''. Er war entschlossen, sich sofort nach der Con- 
ferenz in Pfreimt, gleich am 27. Juni (a. St.), mit der 
Infanterie und Reiterei in B5hmen um Tachau und Hayd 
zu elargiren und so zu logiren, dass er in einem Tage 
zu Eger oder Waidhausen sein und Wallensteins Ordre 
nachleben konne. 

Dass eben damals die Truppen Herzog Wilhelms 
von Neuem von Schleitz aus auf Hof und weiter bis gegen 
Eger streiften, — was eine Verstarkung der Posten an 
der dortigen Grenze nothig machte, — rausste ihn nattir- 
lich um so mehr veranlassen, jene Aufforderungen Maxi- 
milians und Aldringers bestimmt abzuweisen. 

Am 29. Juni (a. St.) hatte Hoick bereits „die Re- 
gimenter von der b5hmischen Grenze wieder zurtick und 
also elargirt, dass sie zu leben und nicht gar ruinirt, auch 
in ein paar Tagen bei einander sein konnen". Sein Haupt- 
quartier hatte er von Frauenberg nach Pilsen zurUck- 
verlegt und meldete von hier an Wallentein, dass die an- 
befoUenen 10000 Mann in Bereitschaft standen, und dass 
er taglich seine weiteren Befehle erwarte. Er fiigte hinzu : 
„Was iiber die anbefohlenen 10000 Mann an Volk tibrig 
vorhanden, will Ich nicht mit feiern, wo nur etwas sich 
than lasset; denn dieses Volk, so stiindlich alart muss 
sein, kann Ich mich nicht unterstehen, anderwarts weit 
zu impegniren.^' 

Aldringer aber war nicht gewillt, auf Hoicks nach- 
drlickliche Mitwirkung zu seinen Planen zu verzichten, 
mochte derselbe gleich mit Berufung auf Wallensteins 
Befehle jene Erklarungen abgeben, die wahrlich an Deut- 
lichkeit nichts zu wunschen iibrig liessen. Was es aber 
ihm — und auch Kurftirst Maximilian — zun^chst gait, 
war die Reinigung der Oberpfalz vom Feinde, und des- 
halb hauptsachlich die „Recuperation" Neumarkts, dieses 
strategisch so wichtigen Punktes, welcher „im Centre 
zwischen Regensburg und Ntirnberg auch Ingolstadt und 
Amberg gelegen", und mit dessen Wiedergewinn „auch 
das Konigreich Bohmen mehrers bedeckt und in Sicher- 
heit gesetzt sein wiirde". Hoick soUte, so proponirte ihm 
Aldringer (d. d. Regensburg 10. Juli n. St.), „mit so 
vielem Volk, als immer zu entrathen, gegen Amberg 



22 Cr. Droysen: 

avanciren"/*) damit er (Aldringer) „durch seine Ankunft 
in so viel gestarkt, den Riicken sicher haben, Neumarkt 
mit Sicherheit in Eil recuperiren, Wiilzburg und Lichtenau 
succuriren'^, und dem Femde, falls er auf ilin zoge, „mit 
beiderseitigem Volk" resistiren k5nne. Es war ausdruck- 
lich betont, dass Hoick ^^jedesmal und in wenigen Tagen 
wiederum in Bolimen sein konnte". Die ganze Expedition 
war nur „auf ein 9 oder 10 Tage Zeit" veranschlagt. *') 
Aber dieser Plan Aldringers entsprach durchaus nicht 
den Wunschen Kurfurst Maximilians, der in seiner eng- 
herzigen Sorge fur sich und sein Land fiirchtete, ' ®) dass, 
wenn Aldringer und Hoick sich ,,dermalen mit einander 
in der oberen Pfalz conjungiren und conjunctis viribus 
Neumarkt angreifen woUten, der Feind solchen Platz in 
die Schanze schlagen, aber inzwischen auf Munchen oder 
Regensburg oder vielleicht gar hinaus nach Memmingen 
gehen, und dieser Platz einen mit seiner gewohnlichen 
Eile und fori attaquiren und tiberwaltigen und dadurch 
vielmehr gewinnen als in Neumarkt verlieren mochte/* 
Er hielt es vielmehr fiir das Beste, wenn Hoick die Wieder- 
eroberung Neumarkts tibernahme und dann gleich des 
Weiteren sehe, „was mit den niirnbergisclien Stadtlein 
sich zeigen und die occasion zulassen wird"; wahrend 
Aldringer selbst sich mit seiner ganzen Armee in der 
Gegend von Kelheim oder Neustadt an die Donau legen 
una eine Schiffbrlicke uber den Fluss sclilagen soUte, so 
dass er, im Fall der Feind Neumarkt zu besetzen suchte, 
Hoick zu Htilfe kommen, im Fall er Munchen oder Regens- 
burg angriffe, auch da sofort zur Stelle sein konnte. 



'•) Wie Aldringer ein andermal an Hoick schrieb: „nur mit 
50 Gompagnien unarmiret Reaterei und 5000 Mann zu Fuss und ohne 
pagage". Hoick an Wallenstein d. d. Pilsen 13. Juli 1633 (n. St.). 
Hallwich I, Nr. 531. 

") All dies Detail des Plans erfahren wir von Aldringer selbst, 
der es von Regensburg aus gleicbzeitig — am 10. Juli (n. St.) — 
an Hoick und an Wallenstein mittheilte. Hallwich 1, Nr. 532 u. 526. 
Wenn Aldringer in seinem Briefe an Hoick nach Aufzahlung der 
Gefahren fortfahrt : ^Welches alles durch meines hochgeehrten Herrn 
Anzug und recuperation der Stadt Neumarkt verhindert werden 
kann", so ergiebt die entsprechende im Text mitgetheilte Stelle aus 
Aldringers Brief an Wallenstein , dass seine Meinung nicht war, 
dass Hoick Neumarkt recuperiren, vielmehr nur war, dass er zur 
Recaperirung mitwirken solle. 

") Das Folgende nach dem Brief Maximilians an Aldringer 
d. d. Braunau 12. Juli 1633 (n. St.). Hallwich I, Nr. 558. 



Hoicks Einfall in Sachsen im Jahre 1633. 23 

Feldmarschall Hoick war schon auf die ersien Er- 
offnungen des Grafen von Aldringer niclits weniger als 
eifrig eingegangen. Zwar entschloss er sich sofort, sich 
baldigst von Pilsen nach Waidhausen, *•) also in gros- 
sere Nahe Aldringer s zu begeben, — schon am 6. Juli 
(a. St.) woUte er dort sein; doch maclite er seinem Gene- 
ralissimus Anzeige von diesem seinera Vorhaben, ***) und 
zwaT; nicht ohne ausdriicklich hinzuzufiigen, er habe „in- 
mittelst alles so bestellt, dass er alsobald hinmarschiren 
konne, wo es Ihre Furstliche Gnaden gnadigst befehlen"; 
und dass er ^inmittelst, was die zwei Courier, so nocli 
aussen bei Euer Furstlichen Gnaden ; bringen werden", 
erwarte. Das aldringerische Schreiben vom 10. Juli (n. St.) 
legte er im Original bei. 

Zehn Tage spater (am 13./23. Jidi) sclirieb er ilim 
gleichfalls aus Pilsen einen zwei ten Brief, * *) dessen Inhalt 
oflfenbart, dass Aldringer dem Feldmarschall in Folge 
jenes Schreibens von Maximilian neue Vorschlage ge- 
macht hatte. Wallenstein werde (nunmehr) erfahren haben, 
„was Motiven'Herr Graf Aldringer gebraucht, mich zu 
bewegen, mit etzlich tausend Mann zu Ross und Fuss 
ohne Pagage zu ihm in die Pfalz zu stossen, Neumarkt 
wieder zu recuperiren und Wulzburg und Lichtenau zu 
entsetzen". Wie er sich nun auf des Kurfiirsten und 
Aldringers „Schreibungen" „nicht mit wenig Ungelegen- 
heiten der Soldateska bis an Amberg begeben, nicht anders 
vermeinend, als die aldringerische Armada daselbsten auch 
zu finden und ihnen den Riicken zu halten, . . . wie 
billich Euer Furstl. Gnaden Befehl in Obacht neh- 
mend, dass ich Bohmen nicht in Gefahr soUte setzen, 
mich impegniren oder so weit von Ihre Furstl. Gnaden 
begeben, insonderheit weil Herzog Wilhelm von Weimar 
Volk im Voigtland mir in flanco und Herzog Bernhard 
um Bamberg da auch allerlei Regimenter sammeln thut", 
— so hatten Graf Aldringer und Obrist Ruep auf des 
Kurfiirsten Befehl „mir uberreden woUen, Ich soUte Neu- 
markt angreifen, . . . und wollten unterdessen die Herrn 



'•) So muss das- unverstandliche „Walthausen" bei Hallwich I, 
"St 631 Gr6l6S6ii wQrdsD 

") Hoick an Wallenstein d. d. Pilsen 13. Juli (n. St.). Hall- 
wich I, Nr. 631. Zum Ueberfluss hebe ich hier nochmals ausdriick- 
lich hervor, dass Hoick zu diesem Brief nur durch die „Schreibung 
Herrn Graf Aldringers" veranlasst wurde. 

>») Hallwich I, Nr. 657. 



24 G. Droysen: 

Kurfurstlichen still Hegen und ruhen und mich machen 
Euer Ftirstl. Gnaden Befehl rait billig Gefahr meines 
Kopfs tiberschreiten," mit der hornschen Armada^ so an 
der Hand; impegniren, und vielleicht Bolimen und mehr 
Lander in Gefahr setzen. Deswegen habe solches auf 
das hoflichste ausgeschlagen und nicht der Ehre so be- 
gierig mich erzeigt; dass Ich solche Narretei begehen 
soUte; sondem, weil itzo die schlimmste Zeit fur die Rei- 
terei in diesen Oertern, habe Ich das Volk wiederum 
zuriick gewendet, gegen Eger und Waidhausen, wir vor 
diesem, logiret, erwartend was Ihre Fiirstl. Gnaden hie- 
ferner befehlen woUen". 

Es er^ebt sich also aus diesem Brief; dass Hoick 
dem Vorschlage Aldringers zu folgen geneigt war und 
seine Truppen bis nach Amberg ftihrte; um Aldringer 
den Angriff auf Neumarkt zu erleichtern; dass er aber 
nicht daran dachte, sich auf den so viel weitergehenden 
Plan des Kurfiirsten einzulassen. Da er Aldringer — 
eben in Folge von Maximilians Plan — „daselbst nicht 
fand", **) kehrte er wieder zur bohmischen Grenze zurtick. 
An weiteres Vorgehen in der Pfalz, voUends an die Be- 
lagerung NeumarktS; dachte er keinen Moment ; das war 
ihm „Narretei". 

Um so imbilliger war es, wenn Wallenstein diesem 
ihm unbedingt ergebenen und gehorsaraen Officier voUig 
aus der Luft gegriffene Vorwtirfe machte. Auf den ersten 
der beiden Briefe — den vom 3./13. Juli — schrieb er 
ihm aus dem Feldlager bei Schweidnitz den 20. Juli (n. 
St.)**) in schroflfsten Worten: er habe aus demselben „mit 
mehreren verstanden, was gestalt er sich durch den Feld- 
marschall Grafen von Aldringer gegen Amberg zu incami- 
niren persuadiren lassen." Er hatte sich „nun zwar, wenn 
gehlinge etwas entsetzet werden konnen, dass sich der Herr 
moviret, nicht zuwider sein lassen ; aber dass er sich um 
Recuperirung Neumarkt oder einige Belagerung annehmen 
woUc; solcheS; zumalen Ihr Kayserl. Majestat Dienst 
dadurch verhindert und unsere so vielfaltige Ordinanzen, 
welches uns, so lange wir hochst ermeldter Ihr Majestat 
Armaden commandiren, noch nie begegnet, zuriickgestellt, 
und mehr dem Grafen^von Aldringer, welcher ihm doch 



**) £s ist tlbrigeDS doch zu bemerken, dass Aldringer am 
20. Juli (n. St.) aus Amberg datirt. Hallwich I, Nr. 546. 
") Hallwicb I, Nr. 545. 



Hoicks Einfall in Sachsen im Jahre 1633. 25 

nichts zu coiuinandiren, Zumutliuiigen nachgesetzet worden, 
gar hoch zu empfinden Ursach haben, der Herr auch alle 
die dannenhero erfolgende praejudiz zu verantworten haben 
wird: als haben wir dem Herrn solches zu seiner Nach- 
richtung hiermit in Antwort niclit verhalten und ihn be- 
nebenst nochmals erinnern wollen, unsern und keines andern 
ordinanzen flirters nacbzuleben". 

Dazu ein eigenhandiges Postscript: „Viel eines an- 
dern hate ich mich versehen, als dass der Herr durch 
etlicher per indirectum expracticirte instanzien sich auf 
solche Weiss soUe impegniren und meinen so unterschied- 
lichen expressen ordinanzen zuwider thun.** 

Und doch hatte Hoick in seinem Briefe vom 3./13. 
Juli kein Wort von Neumarkt geschrieben, und es 
war einfach unberechtigte Willkiihr, wenn Wallenstein 
einmal die Worte Aldringers in dessen Brief vom 1./10. 
Juli dahin deutete, als woUe er die Eecuperirung Neu- 
markts durch Hoick, und wenn er sodann tiberhaupt 
aldringerische Antrage mit holckischen Zusagen identificirte. 
Die beste Kritik dieser aufbrausenden Heftigkeit Wallen- 
steins ist der zweite Brief Hoicks an ihn, geschrieben, da 
er seinen Tadel noch nicht in Handen hatte; jener Brief, 
in welchem er mit ausdriicklichem Berufe auf die Ordi- 
nanzen des Generalissimus das an ihn gestellte Ansinnen 
der Recuperation Neumarkts als Narretei rundweg abwies. 

Erst als er diesen Brief abgeschickt, **) erhielt er 
Wallensteins verletzendes Schreiben; und natUrlich, dass er 
sich beeilte, es zu beantworten. „Ich habe nie die Gedanken 
gehabt, Euer Furstlichen Gnaden order zuwider zu sein, 
dazu ich gar so (zu) gering, und wtirde billig die hochste 
Straf untergeben sein, wenn ich so ein Narretei sollte be- 
gehen. Bitte deswegen unterth'anigst, Euer Furstlichen Gna- 
den wollen lassen Ihre gefasste Zorn und b5se opinion von 
mir fallen, denn ich bin unschuldig und habe nur allein, die- 
weil Ihre Furstliche Gnaden befohlen, mit etwas Volk zu 
dem Graf Aldringer zu stossen, wollen den Leuten, so mich 
oflFentlich fur ein poltron oder gar ein Verrather ausrufen, 
das Maul stopfen, bin auch nicht weiter gangen, als dass ich 
alle Stund konnte zuriickkommen, viel weniger Gedanken 



**) nE. Fflrstl. Gn. schreibung habe ich empfangen heute, 
nachdem ich allbereit E. FtirstL Gn. geschrieben und wegen allem 
unterthftnigst Bericht gethan." Hoick an Wallenstein (undatirt). 
Hallwich I, Nr. 659. 



26 ^- DroyseD: 

gehabt, mich zu impegniren, sondern so bald die Kur- 
fiirstliche mir weiters angemutli, als zu veiantworten ge- 
west, bin ich wieder in Bohmen geriickt, daselbst ich mit 
alien schuldigen Geliorsam erwarte unterthanigst Euer 
Flirstlichen Gnaden Befehl etc." 

Wallenstein unterliess es niclit, sobald er Hoicks 
Schreiben vom 23. Juli (n, St.) in Handen hatte, in 
optima forma zu revociren. Zwei Briefe sclirieb er ihm 
an einem Tage (den 29. Juli n. St.)**): seine Intention in 
seinem ihm zugeschickten Schreiben sei nur dahin .ge- 
gangeu; dass er sich in keine Belagerung einlassen sollc; 
und da er seine Ordinanz in Acht genommen, sei er 
„wohl mit dem Herrn zufrieden''. „Soviel die Attaquirung 
Neumarkt belanget, hat der Herr, dass er sich diesfalls 
in keinerlei Weise impegniren, besondern vielmehr unse- 
rer ordinanzen nachleben woUen, gar recht und weislich 
gethan." 

Wallenstein hatte allerdings die dringendste Veran- 
lassung, gerade jetzt Hoick bei guter Laune zu erhalten, 
denn am 28. Juni/8. Juli waren die Kaiserlichen unter 
Gronsfeld bei Oldendorf an der Weser in offnem Felde 
geschlagen worden. Bereits am 13./23. Juli hatte der 
Herzog geriicht weise Kunde davon*®) und war sich so- 
fort klar, dass die Folge eines Sieges der Feinde in 
Hessen die Verstarkung der Feinde in Schlesien sein 
wurde. Freilich hatte er zunachst guten Muth. „Es sei 
damit bewandt, wie es woUe — schrieb er dem Kaiser — 
so giebt solches, indem ich den Feind dahier eher, als 
ihm einiger Succurs von unten herauf zukommen konne, 
zu consumiren verhoffe, nichts zu schaffen." Doch be- 
merkte er schon um wenige Tage spater, '■*') mit Riick- 
sicht auf die lange geplanten Friedensverhandlungen, 
deren Eroffnung in Breslau demnachst bevorstand: wie 
die beiden Kurftirsten zu Sachsen und Brandenburg, nach- 
dem der Graf von Gronsfeld den Schaden erlitten, zu 
diesem Werk intentionirt sein mochten, konne er nicht 
wissen. Jedenfalls fand er es doch gerathen, Hoick Ordre 
zu geben, ^auf den bohmischen Grenzen, damit auf alien 



") Hallwich I, Nr. 573 u. 674. 

*•) Vergl. Wallenstein an den Kaiser d. d. Feldlager bei Schweid- 
nitz 23. Juli (n. St.). Hallwich I, Nr. 655. 

'') Wallenstein an den Kaiser vom 25. Juli (n. St.). Hallwich I, 
Nr. 662. 



Hoicks Einfall in Sachsen im Jahre 1633. 27 

erheischenden Fall, wenn ja dem Feind ein starker Suc- 
curs zukommen sollte, er sich mit mir conjungiren kdnne, 
zu verbleiben, auf welche erfolgende Begebenheit dann 
ich dem Feind genugsarn gewachsen zu sein gedenke". **) 
Als sich dann das Gerucbt jener Niederlage in vollstem 
Umfang bestatigte, folgte Wallensteins nachdruekliche Er- 
klarung an Hoick selbst,*®) dass er es „ein fur alle raal 
bei seiner vorigen Ordinanz verbleiben lasse", und dass 
Hoick deshalb „aller einkommenden, widrigen persua- 
sionen ungeachtet derselben unfehlbar nachzuleben wissen 
werde**. 

Nicht minder bestimmt ^usserte er sich gegen Aldrin- 
ger^^): mit KUcksicht auf die den Grafen Gronsfeld be- 
treffenden Avisen wolle er ^keines Weges, dass Graf 
Holcka sich in einigerlei Weise, zumalen der Feind, wenn 
der Feldmarschall Kniphausen sich heraufwarts wenden 
sollte, uns allein uberlegen sein m5chte, impegniren, be- 
sondem auf den bohmischen Grenzen, urn auf alien er- 
heischenden Fall sich mit uns zu conjungiren, in Bereit- 
schaft halten soUe". Aldringer moge sich desHalb ^furters 
der Enden defensive zu halten wissen'^, da „an alien 
Orten offensive zu gehen unmoglich". 

Doch blieb es Hoick nach wie vor erlaubt,'*) sich 
„da der Feind auf den Grafen von Aldringer dringen 
thate, eilends in der Nahe ohn pagagi mit demselben zu 
conjungiren und jahlings wider den Feind etwas zu rich- 
ten;" „doch dass er sich in niclits impegnire, noch zu 
weit von Bohmen discostire, zumal sich zu weit zu be- 
geben oder in Belagerung einzulassen gar nicht de tem- 
pore ist." 



Genau in diesen Tagen erlitt Wallenstein eine diplo- 
matische Niederlage, die kaum geringer war, als Grons- 
felds Niederlage in offiaem Felde. Seit den Tagen, da 



'•) Worte aus obigem Brief Wallensteins an den Kaiser vom 

23. Juli (n. St.). 

*^) Wallenstein an Hoick d. d. Feldlager bei Schweidnitz 

24. Juli (n. St.). Hallwich I, Nr. 561. 

••) Wallenstein an Aldringer d. d. Feldlager bei Schweidnitz 
24. Juli (n. St.). Hallwich I, Nr. 660. Vergleiche seinen Brief an 
ihn, gleichfalls aus dem schweidnitz er Lager vom 27. Juli (n. St.) 
Nr. 567, und an den Kaiser von demselben Datum Nr. 666. 

") Wallensteins beide Schreiben an Hoick vom 29. Juli (n. St.). 



28 G. Droysen: 

Gustaf Adolf sein Hauptquartier am Bhein aufgeschlagen 
hatte, wurden die vorderosterreichischen und elsHssiBchen 
Lande von den Bchwedischen Waffen aufs Aergste heim- 
gesucht, und namentlich befand sich die so wichtige 
Festung Breisach in grosser Gefahr. Ihr Fall wire fiir 
die ganze Landschaft verhangnissvoll gewesen, als deren 
Citadelle sie mit Recht gait. Noch im April 1633 war 
die Festung „von Neuem auf drei Monat proviantirt wor- 
den";**) aber das geniigte nicht, sie vor Feindesgefahr 
zu sichem. 

ELier nun setzte die spanische Politik den Hebel an, 
um Wallenstein zu verdrangen und den Kaiser von sich 
abhangig zu machen. Es gait die Aufstellung eines be- 
trachtlichen spanischen Heeres unter dem Herzog von 
Feria im Elsass. Wallenstein durchschaute die Absicht 
von Anfang an und bek^mpfte deshalb mit gr5sstem Nach- 
druck dieses „des Duca de Feria praetendirtes Directorium 
tiber einen sonderlichen exercitum im Reich," das den 
Bedingungen seines Generalats direct ins Gesicht schlug. *') 

Der Kaiser hatte ihm die „Proviantir- und Conser- 
virung** Breisachs zu wiederholten Malen ans Herz ge- 
legt. **) Am 11./22. Juli schrieb er ihm von Wien aus 
dariiber: '*) er hatte sich liberlegt; ob es am Besten wftre, 
wenn Oberst Ossa von Wallenstein beordert wiirde, Brei- 
sach aus Schwaben zu proviantiren, »und zu Versicher- 
und Begleitung derselben entweder koniglich spanische 
von dem in Italien beisammen babenden Volte oder 
lothringische Hiilf ersucht", — oder wenn von Aldringers 
Truppen „irgend 4000 Pferde und 1000 Dragoner" durch 
Schwaben zum Rhein gesandt wurden ; die dann sofort 
(voraussichtlieh nach 14 Tagen) zu Aldringers Armee 
zuriickkehren konnten. Jedenfalls wiirde dieser voruber- 

fehende Abgang von 5000 Mann derselben wenig scha- 
en^ weil (wie er, der Kaiser, bereits wisse) Hoick sich 
auf Wallensteins Verordnung mit einer starken Anzahl 



•*) Aldringer an Wallenstein d. d. Isareck 30. April (n. St.), 
im P. S. Hallwich I, Nr. 355. 

**) Zum Beispiel in seinem Brief an den Kaiser d. d. Mfinster- 
berg 1. Juni 1633 (n. St.). Hallwich I, Nr. 465 und sonst vielfach. 
Das Nfthere bei Hallwich II, Einleitung CXXI ff. 

•*) Wallenstein an den Kaiser vom 27. Juli (n. St.). Hallwich I, 
Nr. 566 ; auf dessen Schreiben vom 22., worin er ihm die „Proviantir- 
und Gonservirung der Festung Breisach** „abermals" aufgetragen. 

»») Hallwich I, Nr. 549. 



Hoicks Einfall in Sachsen im Jahre 163S. 29 

Volks mit Aldringer vereinigt babe; und da die wei- 
marischen Herzoge, Wilhelm und Bernhard, sowie Horn, 
wenn sie ihre Truppen zusammenfiihrten, doch schwerlich 
liber 22000 Mann stark sein wiirden, so wiirde man ihnen 
auch ^obne diesen abgeschickten breisachischen Succurs ge- 
nugsam gewacbsen sein". Desbalb scbickte der Kaiser 
einen eignen Courier zu Wallenstein, ihn zu erinnern, an 
Aldringer „auf einen oder andern gutbefindenden Weg noth- 
wendige Ordre zu geben, diesen Succurs unverlangt (weil 
die ausserste Gefahr vor Augen) anziehen zu lassen**; 
wie auch; dass Wallenstein, wenn ihm die angegebenen 
beiden andern Mittel „irgend gut zu sein bedtinken woU- 
ten", an Ossa Befehl geben soUte, mit dem Cardinal-In- 
fanten und dem Herzog von Feria, wie auch dem Herzog 
von Lothringen, deswegen zu tractiren^ — wiewohl er 
besorge, dass diese beiden Mittel nicht so leicht, wie es 
nothig ware, auszufuhren sein wiirden, weil das in Italien 
sich formirende koniglich spanische Heer noch nicht bei- 
sammen ware, und der Herzog von Lothringen sein ge- 
worbenes Volk selber zur Landesdefension bedtirfte. 

Schon auf eine friihere AufForderung des Kaisers 
hatte Wallenstein dem Feldmarschall Aldringer ^befohlen'*, 
^etwas Reiterei" nach Breisach zu schicken; nach Em- 
pfang jenes kaiserlichen Schreibens vom 11./22. Juli be- 
eilte er sich, ihm am 17./27. durch einen eigenen Cou- 
rier wOrdinanz" zu ertheilen, ^*) „den Feldmarschall- 
Lieutenant von Scherffenberg mit 20 Compagnien Rei- 
terei (2000 Pferden) und alien Dragonern, so der Herr 
bei sich hat, doch ohne Pagage, alsbald ins Elsass abzu- 
ordnen", „damit er sich. gegen bertihrter Festuhg be- 
geben und, wie er in dieselbe kommen, und sie der rloth- 
durft nach proviantiren konne, sehen, auch, nachdem sei- 
ches beschenen, sich alsbald wiederum zuriick zu dem 
Herrn wenden soUe". Ausdrlicklich und wiederholt war 
die unverweilte Ruckkehr Scherffenbergs zu Aldringer be- 
tont, der seinerseits, — weil Hoick nicht bei ihm bleiben 
konne, sondern sich auf den bohmischen Grenzen zum 
Zuzug zu Wallenstein nach Schlesien in Bereitschaft hal- 
ten miisse, — „devensive zu gehen wissen werde." 

Am 22. Juli/1. August meldete darauf Aldringer 



••) Wallenstein an Aldringer d. d. Feldlager bei Schweidnitz 
27. Juli (n. St.). Hallwich I, Nr. 567. 



30 G. Droysen: 

(aus Regensburg) an Wallenstein,'^) class er Scherffen- 
berg mit den von ihm bezeichneten Truppen habe auf- 
brechen lassen. 

Indessen war es den Intriguen der kleinen aber 
machtigen Partei auf der Hofburg, an ihrer Spitze Casta- 
nedaS; des spanisclien Gesandten in Wien, gelungen, den 
Kaiser, der bis daliin zu Wallenstein gestanden liatte, 
flir sich nnd ihren Plan zu gewinnen. An demselben 
17./27. Juli, an welchem Wallenstein dem Kaiser jene 
oben erw'ahnten Mittheilungen wegen Aldringers und 
Scherflfenbergs machte, und mit Hinblick auf den Her- 
zog von Feria ausdrlicklich betonte, dass, wenn Scherffen- 
berg komme, und wenn Ossa sich mit den im Tyrol'sclien 
und an der schwabischen Grenze befindlichen Truppen 
nalier gegen Breisach ziehe, „mit solchem und anderem 
der Orten bereits bin und wieder sich befindenden Volk 
etwas niitzliches wird gerichtet werden konnen", d. h. 
also, dass es des Erscheinens von Feria und den Spaniern 
auf dem Boden des Reichs nicht bediirfe — : an dem- 
selben 27. Juli n« St. theilte von Wien aus Bischof Anton 
an Wallenstein im Auftrage des Kaisers mit,*®) dass der- 
selbe „endlich weniger nit thun konnen, als dem Cardinal 
infanten fur den Duca de Feria und das spanische und 
italienische Volk den Pass durch das Reich nach Nieder- 
land zu bewilligen", und dass er (was zu thun Wallen- 
stein als Generalissimus laut seiner Bestallung allein zu- 
stand) dem Obrist Ossa befohlen habe, mit Feria zu corre- 
spondiren und ihm mit seinen Regimentern „den Dienst 
zu thun". 

Das war voUstandige Desavouirung Wallensteins, 
ofFne Begiinstigung der spanischen Interessen von Seiten 
des Kaisers. Wie musste den Herzog das erbittern! 

Sofort schrieb er an Aldringer: **) da der Kaiser be- 
wilHgt habe, „dass der Duca de Feria seinen Herauszug 
in Deutschland fortstellen und der Obrist Ossa mit 6000 
Mann in der Grafschaft Tyrol sich mit demselben con- 
jungiren solle", so befinde er die Absendung des Feld- 
marschalllieutenants von Scherffenberg nicht mehr fiir 



") Hallwich I, Nr. 586. 

*') Hallwich I Nr. 569. 

»•) D. d. Feldlager bei Schweidnitz 1. August 1633 (n. St.). 
Hallwich I, Nr. 584. Aldringers Antwort d. d. Regensburg 6 . August 
(n. St.) Nr. 698. 



Hoicks Einfall in Sachsen im Jahre 1633. 31 

nothig, „zumalen im Durchkommen sich allerhand impedi- 
menta ereignen, Kur-Baiern aucli zu weit an Volk ent- 
blosst und dadurcli dem allgeraeinen Wesen viel Schaden 
zugefugt werden mochte". Er soUe deslialb »bei so ge- 
stalten Sachen mit Fortschickung desselben, weil ver- 
hofFentlich beriihrte Festung Breisach durch das anzie- 
hende spanische Volk ohne das entsetzet werden wird, 
innen halten". Im Uebrigen lasse er „gedachten Heraus- 
zug des spanischen Volks an seinen Ort gestellet sein, 
und ob derselbe den Frieden im romischen Reich, zu- 
malen nieht zu zweifeln, dass Frankreich und andere 
aemuli sich auch darein mischen werden, facilitiren werde, 
j,edermann erkennen**. — 

In diesem Zusammcnhange erhalt nun auch Wallen- 
steins neuer Befehl fur Hoick sein Verstandnis. 

Kurfurt Maximilian hatte den Obristen Ruep ins 
friedlandische Hauptquartier gesandt, *®) hauptsachlich um 
auf „Relaxirung des Grafen von Aldringer ordinanzen^ 
damit derselbe auf Ihre Ld. (von Bayern) gewiesen werde", 
zu dringen, so wie darauf, dass Hoick „wo nit mehrers 
zum wenigsten 4000 Mann unter dem Colloredo zu Defen- 
dirung der oberpfalzischen Posten hinterlasse". Denn sonst 
wiirde mit dem aldringerischen Volk seinen Landen und 
Leuten sehr wenig gedient sein, denselben vielmehr 
nur grossere Ungelegenheit und Beschwerlichkeiten zu- 
wachsen. Obschon Rueps Creditiv schon vom 9./ 1 9. Juli 
datirt, so scheint er doch nicht vor Ende Juli (n. St.) im 
friedlandischen Hauptquartier eingetroffen zu sein, denn 
Wallenstein erwahnt seiner erst in seinen Briefen von 
Anfang August (n. St.). 

Hatte der Herzog noch vor kurzem, ehe er jene ver- 
hangnisvoUen „ Avisen'' aus Wien in Betreff des vom Kaiser 
bewilligten Herauszuges von Feria erhalten, dem Feld- 
marschall Hoick gestattet, zu rasch ausfiihrbaren Ope- 
rationen des durch Scherffenbergs Entsendung geschwach- 
ten aldringerischen Corps mitzuwirken, so gab er ihm 



*®) Wallenstein an Maximilian d. d. im Feldlager bei Schweid- 
nitz 2. August (n St.). Hallwich I, Nr. 692; an Aldringer vom 1. 
August (n. St.) Nr. 584. Die besten Aufschllisse tiber Rueps Sen- 
dung erhalten wir aus dem Schreiben des Kaisers an Wallenstein 
d. d. Wien 1. August (n. St.) Nr. 685. Wallenstein an Hoick vom 
2. August (n. St.) Nr. 693: Ruep babe „abermals um mehreres Volk 
gebeten, am dass Sie (d. i. Eurfttrstl. Durchlaucht von Bayern) da- 
mit Ihres Beliebens disponiren mOchten'^ 



32 G. Droysen: 

jetzt — 23. Juli/2. August — angesichts jener Avisen, 
in Folge deren er auch die scherffenbergisehe Expedition 
sistirte, in sehr bestimmten Worten Contreordre. Er hatte 
dem Kurfursten auf Rueps Anbringen gerne gewillfahrt, 
aber seine Armeen seien durch den zeitigen Feldzug 
in ziemliche Abnahme gerathen und n'ahmen noch je 
linger je mehr ab; Graf Qronsfeld sei geschlagen, und 
der Feind werde seine Krafte vermuthlich entweder gegen 
Bohmen oder Sclilesien wenden, um sie mit denen der 
Sachsen zu vereinigen. „Dahero wir weder auf den einen 
nocli den andern sich also begebenden Fall einiges Volk 
entrathen, sondern es zu nothwendiger Defension Ihrer 
Kaiserl. Majestat Landen brauchen mtissen'*. Und des- 
halb erinnere er ihn, „dafem ihm dergleichen etwas wegen 
Zuschickung Volks, es sei auch, von wem es immer woUe, 
zugerauthet wiirde, sich auf keinerlei Weise dahin per- 
suadiren zu lassen, sondern unserer vorigen, zum oftern 
wiederholten Ordinanz zu inhaeriren und nachzuleben. 
Gestalt ein solches Ihrer Kaiserl. Majestat Dienst und 
die ragion des Kriegs erfordert, Wir uns auch festiglich 
darauf verlassen thun**. 

Und gleich am folgenden Tage 24. Juli/3. August 
befahl er ihm*^) ^alsbald nach Empfahung dieses" den 
Obristen Prichowsky mit seinen Croaten ohne Bagage 
auf kurze Zeit nach Zittau und weiter ins Schweidnitzi- 
sche zu schicken, zur Verwendung gegen den Feind. 
Und wieder einen Tag spater gab er ihm dann den ent- 
scheidenden Befehl — ; den Befehl zum Einfall ins Vogt- 
land und Meissen.*^) 

Da der Zustand Bohmens den Aufbruch der holcki- 
schen Armee nothwendig mache, aber nicht rathsam sei, 
„sich damit dahin, wo es des Herrn Kurfurstens in Baiem 
Liebden begehret, zu impegniren, zumalen deroselben 
intention dahin gerichtet, dass sich der Herr mit dem 
Grafen von Aldringer conjungiren, Belagerungen anfangen, 
den Feind von ihrem Land bringen, hingegen Ihrer 
Kaiserl. Majestat Konigreich und Lande entblosset 
lassen solle, auf welchen so erfolgenden Fall, wenn sich 
der Feind vom Weserstrome auch heraufwarts wenden 



*») Hallwich I, Nr. 694. Wiederholt am 4. August (n. St.) 
Nr. 696. 

**) Wallenstein an Hoick d. d. Feldlager bei Schweidnitz 
4. August (n. St.). Hallwich I, Nr. 696. 



Hoicks Einfall in SacliBen im Jahre 1633. 33 

thate, er entweder in der Schlesien sich so bestarken^ 
dass wir ihm nachmals wenig anhaben, oder, da er nach 
Bohmen ginge, das Land ohne Volk und resistenz finden 
wiirde; — als erinnern wir den Herrn, sich mit dem 
unterhabenden Volke, ausser den notliwendigen Guarni- 
sonen gegen Voigtland und Meissen, allda er dem Feind 
eine diversion machen wird, zu begeben, und weil Ihra 
alles der Orten bekannt, so viel als sich thun lasst, fortzu- 
setzen; doch in allem sicher zu gehen und das Konig- 
reich Bohmen zu decken, den Rekruten und Bagage aber 
zu ihren Regimentern (gestalt wir demselben durch den 
Grafen Galias auch dergleichen Ordinanz ertheilen lassen) 
zu Ziehen anzubefehlen". 

Dazu ein eigenhandiges Postscript: „In Bohmen darf 
der Herr keine grosse praesidia lassen, die weil ers mit 
der Armee bedecken wird. Bitt, der Herr thue aufs 
ehiste dazu, damit er etwas richte, ehe dem Feinde niehr 
Volks zukommen wird. Mit dem von Aldringer corre- 
spondire der Herr fleissig, damit er an seinem Ort auch 
das seinige thue". 

Mochte nun auch der Kaiser, den Maximilian von 
der Sendung Rueps ins friedlandische Hauptquartier 
»durch eigene Absendung" benachrichtigt hatte, den 
Generalissimus auflfordern, '^^) um den Kurfursten von 
Bayern „bei noch femer angebotener, treubestandiger Assi- 
stenz und gutem Willen" zu erhalten, an Aldringer die 
„so hoch verlangte relaxirung" seiner Ordinanz zu schicken, 
und ihn an den Kurfursten zu weisen, — eine Zumuthung, 
sehr ahnlich dem Erscheinen des selbststandigen Heeres 
unter Feria auf Reichsboden und der Ueberweisung Ossas 
an ihn — ; mochte er gleich auf die von Maximilian fiir 
Aldringer erbetene Unterstutzung mit einem Theil des 
holckischen Corps hin weisen — : so war es damit jetzt 
zu spat. Wallenstein hatte an Hoick bereits den Befehl 
zum Einfall ins Vogtland gegeben, als er den kaiser- 
lichen Brief erhielt, — einen Befehl, den er jetzt in 
dringendsten Worten wiederholte — , und beantwortete ihn 
erst, als er von seinem General Nachricht hatte, dass er 



**) Des Kaisers Brief an Wallenstein datirt Wien 1. August 

(n. St.). Hallwich I, Nr. 583; Wallensteins Antwort erst 12. August 

(n. St), wfthrend er schon am 9. August (n. St.) eine Copie jenes 

• Kaiserlichen Schreibens an Hoick schickt (Hallwich I, Nr. 606). 

Ein Brief von Wien bis Schweidnitz war nur 6 Tage unterwegs. 



Neaes Archiv f. & G. a. A. Bd. I. Heft L 



34 G. Droysenr 

sich „dahin incaminire". Und zwar wieder in der alten 
Weise: es sei absolut unmogHch, dem Kurfursten beizu- 
stehen, wenn niclit der Kaiser und die kaiserlichen Lan- 
der in ausserste Gefahr gesetzt werden soUten; voUends 
weil Kniphausen nach seinem Siege liber Gronsfeld ^sen- 
der Zweifel, da er anders seiner Sinnen niclit beraubet", 
sich heraufwarts wenden werde. Er bitte ihn deshalb, 
zu verzeihen, wenn er dem Kurfursten von Bayern in 
diesem seinem Verlangen nicht zu willen sei. Damit 
demselben aber ^durch andere, vortraglichere Wege" ge- 
holfen werde, habe er dera Feldraarschall Hoick einen 
Einfall ins Vogtland und Meissen mit alien seinen Trup- 
pen befohlen. „Vermittelst dessen dann ein Theil des 
Volks, so der Herzog Bernhard von Weimar und Gustaf 
Horn bei sich haben, sich auch in Meissen wenden und 
gegen gedachten Grafen Holcken gehen, dergestalt durch 
solche Diversion des Feindes vires von mehrgedachtes 
Kiu'fursten Liebden Lande distrahiret auch Euer Majestat 
Erb -K5nigreich und Lande, zumal sonst gedachter 
Graf Holcka, wenn gleich dem Grafen von Aldringer 
noch etliches Volk zugeschickt werden soUen, mit dem 
meisten in Bohmen hatte verbleiben mlissen, von weiterer 
Besch werde befreiet, und verhoffentlich also die Unge- 
legenheit des Kriegs in Meissen transferiret , auch der 
Kurfurst zu Sachsen desto ehender den Frieden zu suchen 
verursacht werden wird." 

Nach den bisherigen MittheilungeU; denke ich, kann 
es nicht zweifelhaft sein, dass das eigentliche Motiv fiir den 
holckischen Einfall in Meissen nicht, wie es wohl geschehen, 
bei Sachsen zu suchen ist. Dass der Kaiser sich auf die 
Seite Spaniens und Bayerns stellte, in deren Interesse, 
ohne Rucksicht auf seinen Generalissimus , vielmehr ihm 
entgegen, militarische Dispositionen traf, — das war es, 
was diesen veranlasste, seinerseits liber die Heeresmacht 
in einer Weise zu verfugen, welche zeigen soUte, dass 
in militarischen Dingen ihm die Entscheidung zustehe. 
Wenn er auch den vom Kaiser bewilligten Zug Ferias 
ins Reich nicht verhindern konnte, so war er doch 
nicht gewillt, weiter nachzugeben; am wenigsten in 
Bezug auf die vom Kaiser befiirwortete Unterstiitzung 
Maximilians von Bayern durch einen Theil des holckischen 
Corps. Um Hoick nur nicht in die Oberpfalz zu schicken, 
liess er ihn — nicht etwa zu sich nach Schlesien kommen, 
denn dort, wo man eben damals mit dem feindlichen Haupt- 



fiolcks Einfall in Sachsen im Jahre 1633. 35 

quartier in Verhandlungen stand, bedurfte man keiner 
Truppenhiilfe; wohl aber ins Sachsische einbrechen. Wenn 
er dem Kaiser dieses Untemehmen als eine Diversion 
zu Gunsten Maximilians darstellte, so war das eben nur 
eine immerhin leidlicli plausible Wendung, bei welcher 
der Kaiser sich beruhigen mochte. Dass der holckische 
Einfall in Wahrheit die ^rosse scliwedische Armee nicht 
zum Verlassen der Donau und zum Aufbruch nach 
Meissen veranlassen wtirde, wusste Nieniand besser als 
Wallenstein. 

Ueberhaupt machte sich Wallenstein von dieser Expe- 
dition fur die allgemeine Kriegftihrung scliwerlich allzu- 
grosse Versprechungen, und wenn er gleichfalls gegen 
den Kaiser ausserte, dass sie Johann Georg yeranlassen 
werde, desto eher den Frieden zu suchen, so war auch 
das jedenfalls sehr stark ausgedriickt. Von der Einwir- 
kung des holckischen Einfalls auf die militarisch-diplo- 
matisclien Verhaltnisse in Sclilesien, die Wallenstein nach 
der neuesten Auffassung mit ihm beabsichtigt haben soil, 
sagt Wallenstein selber nichts; wie denn auch beides 
kaum in einem Zusammenhang mit einander steht. Es 
ist ja bekannt, ^^) wie Wallenstein, fast unmittelbar nach 
Beendigung seines Aufmarsches in Schlesien, mit Arnim 
zu unterhandeln begann, und wie es schon am 28. Mai/7. 
Juni zum Abschluss eines Stillstandes auf zwei Wochen 
kam, der dann um mehrere Tage verlangert wurde. **) 
Aber auch nach diesem Termin wurde die Correspondenz 
zwischen den beiden Hochstcommandirenden eifrig fortge- 
setzt.*®) Und mochte gleich ein Moment eintreten, in 
welchem — wie Wallenstein in seinem Brief an Obrist 
Goltz vom 25. Juni/5. Juli sagte — „der vorhin be- 
willigte Stillstand der Waffen gegen den Feind aufgo- 
hebt" war, und — wie er Tags darauf dem Kaiser schrieb 
— „nunmehr mit den Waffen fortzugehen beschlossen 



**) Namentlich auch aus dem sehr eingehenden Anfsatz von 
Hallwich in v. Webers Archiv f. d. Sachs. Gesch. N. F. Ill, 289 ff. 

**) Den von Franz Albrecht in seinem Brief an Johann Georg 
(d. d. Brieg 11./21. Jvini, Hallwich II, Nr. 1115) angegebenen 4 Tagen 
steht die von Wallenstein selbst mitgetheilte Prorogation von 6 Tagen 
gegenttber. (Wallenstein an den Kaiser vom 6. Juli n. St. Hall- 
wich I, Nr. 509). 

*•) Briefe Arnims an Wallenstein vom 13./23. u. 19./29. Juni, 

21. Juni/1. Juli; Wallensteins an Arnim vom 16./26. und 19./29. Juni, 

22. Juni/2. Juli. 



36 Cr. Droysen: 

worden", so blieb es eben bei dem Beschlusse. Die Kette 
der diplomatischen Beziehungen zwischen beiden feind- 
lichen Lagern war eben nur gelockert, nicht durchrissen, 
und allgemacli reihte sich an jene erste Gruppe von Still- 
standsverhandlungen eine weitere an,*') denn auf die von 
Danemark so eifrig betriebenen Friedenstractate, die 
deninachst in Breslau erofFnet -werden soUten, batte es 
naturlich den hemraendsten Einfluss ausiiben mussen, 
wenn die Heere der miteinander zu versohnenden Par- 
teien sich die Kopfe blutig scliiugen. Es wurde zwischen 
Wallenstein und Arnim scliriftlich abgemacht, dass Obrist 
Burgsdorf, sobald er von einer Sendung ins sachsische 
Lager zuruckgekehrt sein wiirde, hiniiber ins friedlandi- 
sche Hauptquartier gehen soUte. Dariiber wurden am 
18., 19., 20. Juli n. St. Briefe gewechselt, **) und zwar 
in durchaus sachlicher, nichts weniger als gereizter Form. 
Da sich die burgsdorfische Legation zerschlug, proponirte 
dann Wallenstein eine mlindliche Unterredung mit Arnim 
selbst. Und zwar geschah diese Proposition indirect, in- 
dem n^mlich Graf Trcka dariiber an Herzog Franz 
Albrecht Mittheilung machte, dieser es dann an Arniiji 
berichtete, der natUrlich darauf einzugehen geneigt war. 
Erwahnt wird dieser Vorschlag zuerst in Arnims Brief 
an Wallenstein d. d. Schweidnitz 31. Juli/10. August,*®) 
und es ist sicher, dass er erst um diese Zeit, d. h. meh- 
rere Tage spater als Wallensteins Befehl an Hoick zum 
Aufbruch ins Sachsische, erfolgte. Von irgend welcher 
Pression, die der iiber das Hinauszogem von ihm ge- 
wunschter neuer Stillstandsverhandlungen ungeduldige 
und ungehaltene Wallenstein auf Arnim durch das holcki- 
sche Unternehmen habe ausiiben woUen, kann somit nicht 
die Rede sein.*") 



*') Sie beginnt mit Wallensteins Brief an Arnim vom 7./17. 
Juli. Hallwich I, Nr. 537. 

*•) Hallwich I, Nr. 571, 572, 575 und 576. Ich werde demnachst 
Gelegenheit haben, auf diese Stillstandsverhandlungen eingehend 
zurtickzukommen. 

*•) Hallwich I, Nr. 608. 

*•) Das beweist auch der Brief Wallensteins an Hoick d. d. bei 
Schweidnitz 10. August 1633 (n. St.). Hallwich I, Nr. 610. Wallen- 
stein theilt in ihm mit, dass die zur Friedenshandlung nach Bres- 
lau bestimmten dS,nischen Gesandten von Frankfurt aus bereits um 
einen Pass gebeten hatten und fahrt dann fort : „Alldieweiln nun zu 
besorgen, dass bei angehender Friedenshandlung vor alien Dingeii 
wegen Bewilligung eiues armistitii (wie ich denn insonderheit in 



Hoicks Einfall in Sachsen im Jahre 1633. 37 

Doch war es auch nicht lediglich die RUcksicht auf 
sein Verhaltniss zu Bayern und Aldringer, zum Kaiser 
und zu Feria, was ihn veranlasste, Hoick jene Invasions- 
ordre zu ertheilen. Die sehr prosaische Sorge fur den 
Lebensunterhalt der Truppen gestattete nicht, sie linger 
in diesen bohmischen Quartieren zu lassen, in denen sie 
sich nun bereits liber ein halbes Jahr befanden. Ware 
es noch Feindesland gewesen, das man so andauernd 
in Anspruch nahm! Aber dass die eigenen Truppen 
Monate lang so gut wie unthatig in den eigenen Landern 
lagen, widerspracli doch der Natur der Dinge und aller 
Kriegsraison. 

Der Herzog hatte den im Winter 1632/33 in B5hmen 
und andern kaiserlichen Brblandern einquartirten Regi- 
mentern durch ein ^gedrucktes Verpflegspatent** „die 
Unterhaltung in den Quartieren bis ultimo Juli" (neuen 
Stils) prolongirt und bestimmt, dass diejenigen Regimen- 
ter, die mit ihm und sonst bereits zu Feld waren, „zu 
Erlangung sothaner Verpflegung bis auf gesetzte Zeit 
ihre Bagagia und commandirte Olficier hinterlassen" soUten. 

Nun ging der Juli zu Ende und die Lage des 
Landes wie der Truppen machte neue Anordnungen 
dringendst nothig. Denn von Seiten der Einwohner war 
jenem Patent durchaus nielit in voUem Umfang nachge- 
kommen worden, und es war wohl zu besorgen, dass die 
„restirende Verpflegung" zu „Destruction der Armada" 
fuhren mQchte; um so mehr, als sich auch die sammt- 



denen Gedanken, dass der chursachsischeGenerallieutenant von Amim, 
well er dahier sehr bedrangt, darauf gehen werde, begriffen) vom 
Gegentheil werde tractiret werden, auf welchen Fall er dahier 
im Vortheil liegen bleiben wUrde: als erinnern wir den Herrn un- 
serer vorigen Instruction gemass keinen Augenblick zu versaumen, 
besondern seinenZug im Voigtland und Meissen ohne einige dilation 
fortzustellen etc." D. h. Wallenstein setzt voraus, dass der in 
Schlesien sehr bedrangte Arnim auf ein armistitiura ausgehen werde. 
Da dessen Bewilligung unter gegenwartigen Verhaltnissen ftir den- 
selben vortheilhaft sein wiirde (d. h. da der in vortheilhaften Po- 
sitionen von Wallenstein hart bedrangte Amim im Fall des Still- 
standabschlusses in diesen vortheilhaften Positionen bleiben wUrde), 
so gelte es, dem Feinde vor dem Stillstandsabschluss noch rasch 
moglichsten Abbruch zu thun. Deshalb die Beschleunigung von 
Hoicks Invasion ; deshalb Wallensteins in dringenden Worten wieder- 
holte Forderung an ihn, ihm den Obrist Prichowski mit den Croaten 
„unverz(iglich" zu schicken, „ohne Verlierung einiger Minuten". 
S. Hallwich in v. Webers Archiv f. d. Sachs. Gesch. N, F. Ill, 
324 und Wallensteins Ende 11, Einleitung LXVII. 



38 C^. Droysen: 

lichen bei der Armee befindlichen Officiere „wegen nicht 
erfolffender derer ihnen versprochenen Contentirung" bei 
ihm beschwert und ihn instandigst gebeten batten , dass 
^ihnen geblihrende Satisfaction wiederfahren mochte'*. Er 
wandte sich deshalb an den Hofkriegsrath von Questen- 
berg und an den Kaiser selbst:*') Er habe ihm nun 
schon mehrfach vorgestellt, „was fiir Gefahr dero Lande 
und das allgemeine Wesen von dem in die Lange so gar 
imbefriedigten Volk zu gewarten, insonderheit, wenn an- 

t'etzo, da ich solcherwegen meinen Credit und Zusage, 
lat anders das Volk aus den Quartieren ins Feld ge- 
bracht werden soUen, interponiren mtissen, keine Wirk- 
lichkeit erfolgen thate, ein allgemeiner Zweifel und Miss- 
trauen, folgends besorglich gar eine gefahrliche Ruptur 
und durchgehende Desperation und dann daraus dero 
hochlsblichstem Erzhaus angehorigen Landen und dem 
allgemeinen Wesen unwiderbringliches Unheil entstehen 
wiirde". Er bat ihn deshalb, „aen restirenden Landern 
ernstlich anzubefehlen , dass weitere vergebliche Verzoge- 
rung hintangesetzt und die so hochst nothwendige Be- 
friedigung des Volks auf Mass und Weise, wie es die 
jetztgemachte Austheilung mitbringet, und die ausserste 
rloth und eines jeden Conservation erfordert, zumal an- 
statt der versprochenen dreien completten Monatsold sie 
sich nur auf so viel, als effective zu Feld gezogen, per- 
suadiren lasseu; zu Werk gerichtet werden''. **) 

Nicht zum wenigsten hatte Hoick unter den Schwie- 
rigkeiten der Verpflegtmg zu leiden, und er wandte sich 
deshalb von Pilsen aus wiederholt an Wallenstein.*^) Es 
sei ^unmoglich, mit Fleisch und Brod aufzukommen", und 
vom Feinde etwas zu erobern habe er weder Gelegenheit 
noch Ordre; deshalb „musse nothwendig ent weder das 
Volk ruinirt werden, oder aber, wie bis dato geschehen, 
die Lander den Unterhalt verschaffen". Er habe seit 
Wallensteins Abreise „da8 Volk mit blossem Commiss- 



»*) D. d. Feldlager bei Schweidnitz 31. Juli (n. St). Hallwich I, 
Nr. 680. 

**) Diese „ Austheilung" der Verpfleguug liegt fiir Mahren vor 
(Hallwich I, Nr. 581) und hat zweifelsohne aach fiir die andem 
kaiserlichen Territorien gegolten; wie denn das Actenstttck u. A. 
auch Wrtby, dem Generalcommissar f(lr BOhmen, zugestellt wurde. 

»») D. d. 31. Juli und 1. August (n. St.). Hall^ach I, Nr. 682 
und 587. 



Hoicks Einfall in Sachsen im Jahre 1633. 39 

brod, weil ein jedweder aus seinem Quartier noch ein 
Htilf gehabt, in esse erhalten und versehen lassen". Auch 
babe es »an scharfen Befehlen, gate Ordre zu halten, 
wie dann nit weniger an unterschiedlichen exeraplarischen 
Executionen nit erraangelt", so dass er verhoffe, er werde 
an seinem bestandigen Fleiss nichts haben erwinden lassen. 
Aber das Land sei nunmehr „aller Orten aufs ausserste 
ruiniret, **) die Stande und Unterthanen nicht allein ganz 
widerwillig, sondern auch bei Ihrer Kaiserl. Majestat 
diesfalls sich zum Hochsten beschwert". Und dieses 
„Calumniren" sei so arg gewesen, dass Graf Wrtby (der 
kaiserliche Generalcommissar in Bohmen) von Hof aus 
den Befehl erhalten habe, „eine Inquisition anzustellen". **) 
Er bat deshalb Wallenstein um einen schriftlichen Befehl: 
„ob die Einquartierung, wie sie bis ultimo Juli gewesen, 
noch ferners soil continuiren," oder ob „zu Verleichterung 
des Konigreichs, und dass man der Erndten um so viel 
besser abwarten und eiubringen konnen, der Regimenter, 
so bei Ihrer Fiirstl. Gnaden, bagagio und recrouten tiber- 
all hinein in die Schlesien zu ihren Regiraentern mar- 
schiren soUten", und wie es mit denen, die hier bei ihm 
verblieben, gehalten werden soUte. Er habe interimistisch 
— weil ihm bis dato von Wallenstein kein Befehl zuge- 
kommen sei, jene mit dem Juli (n. St.) ablaufende Ver- 
pflegungsordre zu continuiren, — den sich in Schlesien 
befindlichen Obristip Ordonnanz ertheilt, ihre Bagage, 
Officiere und hinterstelligen Recruten zu sich zu erfordern; 
fiir die hier bei ihm befindlichen Regimenter habe er die 
Quartiere aufs Neue ausgetheilt*®) und „der Unterhaltung 
halber eine gewisse Moderation mit Zuthun des Herrn 
Grafen Wrtby und anderer Commissarien pro interim 
und auf Euer Fiirstl. Gnaden ferneren Befehl, damit es 



**) In seinem Briefe vom 31. Juli (n. St.) schreibt er gradezu, 
dass „um Eger nit zu leben**. 

**) Kaiser Ferdinand an Wrtby d. d. Wien 26. Juli (n. St.). 
Hallwich I, Nr. 688. ^Wir wollen dir in Gnaden nicht verhalten, 
was gestalt uns die vielfaltigen Beschwerden, damit unsere getreue 
Inwohner und Unterthanen des Konigreichs Bdhmen ttberhaufig be- 
legt, ganz beweglich ftirgetragen worden" etc. 

*•) Das ist das Quartierverzeichniss vom 1. August (n. St.). 
Hallwich I, Nr. 589; weil doch die seinem Commando untergebene 
Armee „auf vorgedachten Ihrer Fiirstl. Gnaden gnadigen Befehl da- 
hin in Bdhmen annoch ein Zeitlang verbleiben wird'S 



40 G. Droysen: 

dem Lande nicht zu schwer fallen ra5ge, gemacht". *') 
Nach dieser interimistischen Verpflegungsordonnanz sollte 
die Zahl der Portionen dieselbe wie in dem wallensteini- 
schen Verpflegungspatent bleiben; die Moderation sollte 
darin bestehen, „dass auf eine Portion von dato an nicht 
mehr als 

Brod = 2 Pfd. oder das Geld dafiir, jedes Pfd. = V2 kr., 
Fleisch = 1 V2 Pfd. oder das Geld dafiir, jedes Pfd. = 3 kr., 
Bier = l.Va Maass oder das Geld dafiir, jede Maass = 3 kr., 
Hafer = 2 Viertel oder das Geld dafiir, jeder Strich = 36 kr., 
und solches allein auf die effective Vorhandene soil ge- 
rechnet werden". Es sollte „bei den Unterthanen be- 
stehen, ob sie Geld oder die Portionen lief em woUen, 
und soil von denjenigen, so die Portionen am liebsten 
liefer n wollen, das Fleisch, darait es den Soldaten zu 
Nutz kommen kann, lebendig geliefert werden". Fiir die 
„Servitien^^ und fur Heu und Stroh sollte keiner, da es 
jeder aus seinen Quartieren wiirde haben konnen, etwas 
zu fordern befugt sein. 

Solchem Zustande, der das Land wie die Armee 
gleichmassig ruiniren musste^ schleunigste Abhtilfe zu 
schaffen, erkannte Wallenstein als unabweisliche Pflicht. 
Und daher war seine Antwort gleich auf die erste Er- 
offnung Hoicks — jene vom 21./31. Juli — eben der 

Befehl zum Aufbruch ins Sachsische: 

^Allermassen nun, wenn das Volk langeraUo liegen und nichts 
vornehmen sollte, solches dem Land beschwerlich fallen und die 
Winterquartiere dadurch ruiniret werden wiirden, . . . Als erinnem 
wir den Herrn, sich mit dem unterhabenden Volk, ausser den noth- 
wendigen Guarnisonen, gegen Voigtland und Meissen, allda an Brod 
und Fourage, well der Schnitt bereits voruber, kein Mangel er- 
scheinen wird, zu begeben" u. s. w. 

AUes Gesagte zusammengenommen ergiebt demnach, 

dass ganz bestimmte politische Motive und dazu das 

praktische Bediirfniss die holckische Invasion veranlassten. 

Mit dem Gang der allgemeinen Politik hat sie so wenig 



*') So schreibt Hoick in seinem Brief vom 1. August (n. St.) 
Nr. 587. In dem vom 31. Juli (n. St.) Nr. 582 schreibt er im Postscriptum: 
bei Schliessung des Briefs erhalte er ein Schreiben von Wrtby „dass 
er in seinem Namen nit kann befehlen, weiter das Volk hier in 
Bohmen ohne fernere ordre unlerhalten zu lassen". Er habe des- 
halb „per interim, bis ordre von Euer Fiirstl. Gnaden werde kommen, 
eine Linderung an den portiones und Unterhalt gesetzet, sonst 
werden grosse disorder entstehen". Die „Verpflegungsordonanz" bei 
Hallwich I, Nr. 590. 



Hoicks Einfall in Sachsen im Jahre 1633. 41 

zu thun, wie mit dem Verlauf des grossen Krieges. Sio 
war kein nothwendiges Glied in der Kette von Wallen- 
steins strategischem Plan: es war vielmehr voraiiszu- 
8ehen^ dass sie sich zu einem einfachen Beutezuge ge- 
stalten wiirde. 



II. 

Hoick beeilte sich, jenen rasch auf einander folgen* 
den Befeblen Wallensteins vom 2., 3., 4. August (n. St.) 
nachzukomraen.**) Ohne auf die Marschbereitschaft der 
Artillerie zu warten, wollte er „zueilen und unversehener 
Weise etwas tentiren, Chemnitz, Freiberg und Zwickau 
berennen lassen, dass wir zu leben konnen liaben, und, 
ehe Yolk dahin einkommt, sie uberraschen; dann ausser 
der Stadt (d. i. den Stadten) ist wenig vorhanden in 
Meissen, und Voigtland ist rait dem Markgrafthum in 
Grund verdorben". 

Bereits am 1./10. August hatte er iiber die Truppen 
disponirt. *®) 

Zur Expedition war bestimmt: 

„Die gauze Artillerie: 2000 Pferde. 

Generalstab. 

Reiterei: Feldmarschallische Benfifahne 1 Gompagnie, Holcki- 
sche 9 Gomp., Hatzfeldiscbe 10 Gomp., Picolominische 10 Gomp., 
Alt-S&chsische 10 Gomp., Breda 10 Gomp., Lambergs 8 Gomp., 
Ulfeld 10 Gomp., Summa 68 Gompagnien. 

Gr oaten: Horatio (Orosi) JPaul 8 Gompagnien, Keuchlowitz 
8 Gomp., Beygott 6 Gomp., Summa 22 Gompagnien. 

Dr a goner: Holckische 6 Gompagnien. 

Infanterie: Golloredo 12 Gompagnien, Wancler 9 Gomp., 
Suis 11 Gomp., Jung Breuner 9 Gomp., Majorame 10 Gomp., La Foss 
10 Gomp., Adelshofpn 9 Gomp., Summa 70 Gompagnien. 

Summarum: 166 Gompagnien." 



»») Hoick an Wallenstein d. d. Kralowitz 8. August 1633 (u. St.). 
Hallwich I, Nr. 603. 

»•) Beilage zu Hoicks Brief an Wallenstein d. d. Pilsen 
12. August 1633 (n. St) Hallwich I, Nr. 624. Die Liste entspricht 
dem „Quartierverzeichniss'* Wrtbys vom 1. August (n. St.), Hall- 
wich I, Nr. 588, nur dass sie durchgehend die Gompagniezahlen 
angiebt, leider ohne diesen weitere Angaben tiber die Kopfzahl der 



42 Cr. Droysen: 

Directe Angaben iiber die Starke dieses Corps fehlen, 
doch darf man sie wohl auf 10000 Kopfe — eben die 
10000, die Hoick zur Verwendung im Feld bereit halten 
soUte — ansetzen. In dem Postscript seines Briefs an 
Wallenstein vom 22. August (n. St.) giebt er die Effectiv- 
starke aller sieben Regimenter zu Fuss, ^ohne Officir und 
Recruten, die in Bohmen und in Besatzungen'^, auf ,jnur^' 
4500 Mann, die der Reiterei auf 4800 an. Und man muss 
bei diesen Angaben berilcksichtigen, dass damals seit 
mehreren Tagen die Pest unter seinen Truppen wiithete. 

In Bohmen bleiben soUten folgende Truppen: 

Zu Eger: Obrist-Lieutenant Gordon mit 6 Compagnien Terzky- 
sche zu Fuss, 3 Comp. Terzkysche zu Ross. „Schloss Hoburg**: 
1 Comp. Terzkysche zu Fuss. Falkenau: V> Comp. Thunische zu 
Fuss. Elbogen: 2 Fahnlein zu Fuss (Marazini?), IVaComp. Thuni- 
sche. Joachimsthal: 1 Comp. Marazinische zu Fuss. Kaaden: 
1 Comp. Marazinische zu Fuss. Kothenhaus : 2 Comp. Marazinische 
zu Fuss („welche besetzen Kommotau und dreizehen Schanz**). Kom- 
motau und Jerichau: 2 Comp. Terzky zu Ross Schloss Briix: 
1 Comp. Jung Brenner zu Fuss. Dux: 1 Comp. Terzky zu Ross. Eisen- 
berg: 30 commandirte Knechte von Marazin. „Neuschloss" bei Tep- 
litz: 1 Comp. Terzky zu Fuss. Aussig: 3 Comp. Marazinische zu 
Fuss, 2 Comp. Terzky zu Ross. Laun: „Alle Fahnlein" und 1 Comp. 
Marazinische zu Fuss. Pilsen: „Die ubrige Artiglerie und munition 
neben 150 Artigleriepferden"^ 5 Comp. Thunische zu Fuss, 2 Comp. 
Terzkysche zu Ross. B6hmisch Kamnitz: 2 Comp. Thunische zu 
Fuss, 1 Comp. Ulfeldische zu Ross. Ausche und Bensen: 1 Comp. 
Thunische zu Fuss, 1 Comp. Ulfeld zu Ross. 

Es ergiebt sicli aus dieser Liste einmal, dass die 
zuruckbleibenden Truppen in einem grossen Kreissegment 
um Pilsen langs der bohmischen Grenze von Eger bis 
iiber die Elbe postirt wurden. An Kamnitz, den nach 
Nordosten am weitesten vorgeschobenen Punkt dieser Auf- 
stellung holckischer Truppen, schloss sich die Position 
Zittau an, die Wallensteins Befehl gemass Hoick durch 
Obrist Pfichowsky mit seinen Croaten zu verstarken 
hatte. 

Es ergiebt sich aus ihr ferner, dass von der Caval- 
lerie das ganze terzkysche Regiment (10 Compagnien), 
dazu 2 Compagnien vom ulfeldischen zuriickblieben; von 
der Infanterie gleichfalls das ganze terzkysche (7 Com- 



einzelnen Compagnien zuzufiigen. Er schreibt: „Die Mannschaft, 
ehe ich das Volk selbsten sehe, kann ich nit vor gewiss tiberschrei- 
ben." Nach der im Text mitgetheilten Liste sind die sonst sich 
findend^n Angaben (in Flugschriften und bei Geschichtsschreibem) 
zu rectificiren. 



Hoicks Einfall in Sachsen im Jahre 1633. 43 

pagnien), das gauze thunische (10 Compagnien), das 
ganze marazinische (10 [?] Compagniai) una von dein 
jung breunerischen 1 Compagnie. ®®) 

In Bezug auf die Artillerie widerspricht sich die 
Liste, indem einmal „die ganze Artillerie'* (2000 Pferde) 
mitgenommen werden, dann aber „die iibrige Artillerie 
und Munition neben 150 Artilleriepferden" in Pilsen zu- 
rlickbleiben soil, wo sie sich bereits, als im Centrum der 
bolckischen Aufstellung, den ganzen Sommer iiber be- 
funden hatte. 

Zur Aufklarung dient, was Hoick in diesen Tagen 
iiber sie schreibt. Am 8. August (n. St.) bericlitet er an 
Wallenstein, er habe „Herrn Grafen CoUoredo mitgenom- 
men mit alios Feuerwerk, Morser, Petarden und kleine 
Stiicke aber nur 6 halbe Canonen ; die andern Stlicke mit 
den iibrigen und unnothigen Sachen zu Pilsen hinterlassen". 
Und eben „wegen der Munition und Artiglerie, so man 
dort lasset bleiben und nit notliig mitzufuhren ," mttsse 
Pilsen (wie er in diesem Brief schreibt) nothwendig ein 
paar Compagnien zu Fuss und eine zu Ross haben. **) 
Doch bemerkt er in demselben Brief, dass die zur Artil- 
lerie gehorigen Pferde vor dem 12. oder 13. August 
(n. St.) „zu Pilsen aus ihren Quartieren nicht konimen 
konnen*^ Am 12. August (n. St.) schreibt er: „Was von 
Artiglerie Ich mit mir nehme, wie gleichfalls, was hier 
zu Pilsen zuriick verbleibet, haben Euer Furstl. Gnaden 
aus den Beilagen (obiger Liste) gnadig zu ersehen; und 
weil die Pferd noch weit abgelegen, hab Ich nit mehr, 
als was nur in der Eil nothig, straks mit mir genom- 
men und werde Herrn Generalfeldzeugmeister Herrn 
Grafen CoUoredo sobald nur moglich mit dem Rest nach- 
folgen lassen; hab auch bei der Artiglerie so allhier ver- 
bleibet einen Commandanten und Zeugwartei: hinterlassen". 

Also : Hoick bestimmte nur einen Theil der Artillerie 
fiir die Expedition, und CoUoredo zu ihrem Befehlshaber. 
Doch wartete er mit seinem Aufbruch nicht, bis sie 



••) Das stimmt mit der Wrtbyschen Quartierliste wesentlich 
tiberein. Vergl. Hoick an Wallenstein vom 8 August (n. St): „Die 
Besatzung versehen das Terzkysche, Marazinische und Thunische 
zu Fuss, und zu Ross Terzky 10 Compagnien und meine die elfte 
neue, so ich geworben und gemustert habe " 

*') Falsche Interpunktion macht das SchriftstUck bei Hallwich 
mehrfach unverst^dlich. 



44 G. Droysen: 

marschbereit war, sondern uahm mit, was sofort mar- 
schiren konnte; den Rest sollte CoUoredo nachfiihren. **) 

Den Oberbefehl iiber die Zuruckbleibenden iibertrug 
Hoick dem Grafen Strozzi, den er von Saatz nach Eger 
berief; „dann alle Gefahr ist allein von Donau worth oder 
Bamberg bis dato sich zu besorgen, es mochte dann von 
der Weser herauf auf Dresden etwas ankommen".®*) 

„Weil auch es sich also schicken mochtC; dass Ich 
mich miisste hin ins Reich zuriickbegeben, aus allerlei Zu- 
fall, so sich taglich zutragen konnten, es dieser Zeit nicht 
rathsam etwas weiter zu hazardiren", so sei von ihm ange- 
ordnet, zu Pilsen, Eger und Saatz „die angefangene Pro- 
vianthauser zu conserviren und zu vermehren". Auch 
hinterliess er zu dem Ende an jedem dieser Orte „gewisse 
Leut", „denn die hiesige Landcommissarien wtirden selbst 
alles liegen lassen, sofern sie von andern nit angetrieben 
werden^^ Sclion am 2./12. August konnte Hoick von 
Pilsen aus an Wallenstein melden, ®*) dass er alles Volk, 
das man in den Garnisonen entbehren konne, habe zu- 
sammenrucken lassen; und dass es morgen Abend (3./13.) 
„weil es unmoglich, dass es ehe hat konnen bei einander 
kommen*', auf dem Rendezvous zu Joachimsthal erscheinen 
werde. Sonntag den 4:./14. August sollte dann der Auf- 
bruch von Joachimsthal erfolgen, so dass er ,,unfehlbar 
Montag gegen Abend Zwickau angreifen kann'*. 

Und an eben diesem Sonntag schrieb er von Joachims- 
thal aus an Wallenstein (in Antwort auf dessen Brief 
vom I./IO. August; in welchem er ihn ermahnt hatte, 
„keinen Augenblick zu versaumen, sonderen seinen Zug 
im Voigtland und Meissen ohne einige Dilation festzu- 
stellen^^) kurz und biindig: „Ich marschire mit der mir 
anvertrauten Armada in aller Eil; werde auch annoch 
heut, geliebts Gott, an dreien Orten in Meissen einfallen." 

In einem eigenhandigen Postscript fugte er hinzu: 
„Um nichts zu versaumen habe ich alle pagasche ganz 
zurtick, wie auch die artoUeria im Nachzuge, welche doch 
Dienstag (6./16.) wird zu Zwickau anlangen; ich aber 



•■) Etwas Verzogening veranlasste die Artillerie dann gleich- 
wohl. S. Hoick an Wallenstein d. d. Leipzig 22. August 1633 (n. St.). 
Hallwich I, Nr. 637. 

•») Hoick an Wallenstein vom 8. August (n. St.). 

•*) Hallwich I, Nr. 624. 



Hoicks Einfall in Sachsen im Jahre 1633. 45 

mit der Infanterie morgen Abend (5./15.) da voran sein 
werde." 

Zwar hiess es, dass dem Feinde ,;Von Hameln auf 
Dresden Succurs ankommen^', zwar berichtete General- 
wachtmeister Wahl aus Atnberg von feindlichen Truppen- 
bewegungen von Bamberg und der Nurnberger Gegend 
aus gegen Auerbach und Villsack: ,,werden also auf alien 
Ecken suchen mein Intention zu verhindern und aus 
Meissen zu avociren; werde mich aber daran nichts kehren, 
so lange mir Ihr Fiirstl. Gnaden nit anders befelilen/' 
Er wollte „solche kleine geringschatzige Einfalle" (wie 
von Dresden aus, oder durch die PfaTz nach B5hraen) 
lieber leiden, als um ihretwillen, - — was er, „weil sie so 
weit von einander abgelegen", sonst thun miisse — „die 
Armada separiren, welches nit ohne Gefahr geschehen 
konnte. Zumal da die vornehmsten Platze (von ihm) also 
besetzt seien, dass sie ohne Kanonen und Zeit niclit zu 
nehmen^'. 

Hoicks Disposition fiir die Invasion ins Sachsische, 
wie er sie am 12. August (n. St.) selber Wallenstein'mit- 
theilt, war so. Der Einbruch erfolgt an drei Orten. Das 
Hauptcorps, von ihm selber gefiihrt, gelit von zwei anderen 
kleineren Corps flankirt, in der Mitte auf ZwickaU; be- 
ginnt schon am 5./15. August den Angriff. 

Obrist Ulfeld fuhrt — rechter Hand — 24 Com- 
pagnien Reiter und Dragoner und das peygottische Re- 
giment Croaten auf Freiberg und Dresden/*) „um den 
Feind zu divertiren und den alarme grosser zu machen*'; 
und um ihn, „welcher bis dato in Meissen nit iiber 3 
schlechte Regimenter zusammen hat, aufzuhalten, damit 
er in die Stadte keine Besatzung oder Succurs hinein- 
schicken konne, und mich also linger aufhalten. Jedoch 
kann gemeldter Herr Obrister allzeit durch das Land oder 
auch neben den bohmischen Grenzen sicher zu mir kommen". 

Feldmarschalllieutenant Hatzfeld endlich marschirt — 
linker Hand — „mit der unarmirten Reiterei und Croaten 
auf Hof und Plauen''. Am 4./ 14. August stosst er zu 
Hoick, ^damit, weil die Passe eng, der marche so viel 
schleuniger fortgehe imd mich bedecke die linke Hand 



•») Was Dresden betriflft, so war die Meinung Hoicks nur die, 
dass es durch den ulfeldischen Marsch auf Freiberg bedroht w^re, 
nicht, wie wir sehen werdeu, dass Ulfeld von Freiberg auf Dresdeu 
rUcken soUte. 



46 G- Croyseni 

gegen Bamberg; dadurch daon der Feind und Einwoliner 
nit wissen konnen, wo es liinaus gemeinet". 

„Ich werde — fiigt Hoick diesen Angaben hinzu — 
etlich Tag Zeit liaben konnen, bis der Feind (welcher 
doch mir nit bestant, es ware denn, dass von dem Weser- 
strom oder Donauworth etwas anmarchiren mochte) gegen 
mir erscheinen kOnne. Unterdessen hoffe ich die be- 
quemsten Oerter gegen Voigtland und Meissen zu occu- 
piren und also posta zu nehmen, dass ich laut Euer Furstl. 
Gnaden gnadigster Ordre mich nit von Bohmen weiters 
decostere, als dass ich gescKwind wieder darein sein 
k5nne/^ 

Die Absicht also ging darauf, gleichzeitig von ver- 
schiedenen Punkten aus in das Kurflirstenthum einzu- 
brechen, ohne dann allzuweit vorzudringen. Die in einer 
der bohmischen Grenze parallel laufenden Bogenlinie ge- 
legenen Stadte Hof, Plauen, Zwickau (Chemnitz), Freiberg 
bezeichneten die Grenze, liber die man zun^chst nicht 
hinauszugehen dachte. Von all diesen Punkten aus konnte 
man sich rasch und leicht ins Bohmische zuruckziehen. 

Eine Darstellung der holckischen Invasion wird mit 
der Beschreibung eines Feldzuges wenig Aehnlichkeit 
haben. War doch von einem genauen Plan, von stra- 
tegischen Combinationen, von tactischen Schwierigkeiten 
bei ihr nicht die Kede. Man kam, tiberfluthete das Land^ 
setzte die Ortschaften in Contribution, plunderte und ver- 
wiistete, raubte und mordete nebenher. Wenn man die im 
Dresdener Archiv in sehr grosser Zahl vorliegenden Be- 
richte aus den vom Feinde mitgenommenen Gegenden 
liest, so bekommt man einen lebhaften Eindruck davon, 
wie sie hausten. Und ich denke, es wird sein Interesse 
haben, aus diesen Berichten die eine und andere Mitthei- 
lung zu machen. Den freilich nur sehr summarischen 
Schilderungen der gleichzeitigen Geschichtsschreibung 
(Theatrum Europaeum u. a.) entsprachen sie doch nicht 
so ganz. Denn eines solchen Uebermasses der Bestialitat 
wie sie beschuldigten selbst die durch die Invasion am 
hartesten BetrofFenen die holckischen Schaaren nicht. Im 
Gegentheil sind es auffallend haufig nur Klagen iiber wahre 
Bagatellen, wie aufgebrochene Thiir- und Kistenschlosser, 
ausgeschiittete Betten, in denen die Berichte sich ergehen/®) 



••) So schreibt Hallwich sehr tibertrelbend in v. Webers Archiv 
f, d. Sachs. Gesch. N. F. Ill, 331 : „Die rauchenden Trttmmer in 



Hoicks Einfall in Sachsen im Jahre 1633. 47 

Und es darf nicht ausser 'Acht gelassen werden, dass es* 
fast immer nur einzelne lose Haufen oder die Croaten 
waren, die rait widerlicher Rohheit und gieriffem Frevel- 
muth handelten. Am wenigsten Hoick selber billigte oder 
beforderte gar solche Excesse, und es liegt daran, endlich 
sein Bild von den denn doch tibertriebenen Entstellungen 
zu reinigen, mit denen sehr begreifliche Erbitterung sich 
zu raclien bemiiht gewesen ist. Dass in zwei einander 
folgenden Sommern derselbe Heerfiihrer den beutelustigen 
Feind in dieselben Gegenden fuhrte, hat fiir diese Gegenden 
seinem Namen natiirlich einen entsetzlichen Klang gegeben. 
Und doch war, was seine Schaaren thaten, nur zu haufig 
nichts weniger als die Folge seines Befehles, und jedenfalls 
nicht schlimmer, als was sich daraals uberall der Soldat 
in Feindesland erlaubte. Denn in alien Heeren fehlte es 
an Geld, und alle waren darauf gestellt, sich ihren Unter- 
halt zu nehmen, wo sie ihn fanden. Das Machtwort auch 
nicht eines Heerfiihrers — auch Gustaf Adolfs und Wallen- 
steins nicht — reichte bis in die entferntoren Aufstellungen 
seiner Truppen, und gerade von Gustaf Adolf, der Excesse 
seiner Soldaten, so weit er es vermochte, aufs Strengste 
bestrafte, stammt das Wort: Soldaten sind keine Kloster- 
jungfrauen. Es ist fiir die holckische Invasion festzuhalten, 
dass man eben als erklarter Feind kam und durchaus 
keine Riicksicht walten zu lassen hatte, als die auf sich 
selber. Erfahren wir doch iiber die sachsischen Truppen 
selbst, die sich in den vom Feinde iiberschwemmten Ge- 
genden befanden, dass sie es nicht eben viel besser raachten 
als dieser. *') 

Eines Umstandes muss noch im Voraus gedacht 
werdeu; der die ganze Invasion in ein sehr diisteres Licht 
hlillt. Sie fand statt in Gebiete, welche von der Pest 
inficirt waren. Mit dem lauten Jammer liber den herein- 



den Stadten Hof, Oelsnitz, Reichenbach , Schneeberg, Annaberg, 
Marienberg, Zwickau, Ronneburg, Gera, Altenburg und vielen andern ; 
die Leichen Tausender von Erschlagenen, Mannern, Weibern und Kin- 
dem, bezeichneten die grauen voile Fkhrte seiner zilgellosen Rotten." 
Das tiberbietet noch Christian Lehmann, auf den Hallwich verweist. 
") Valentin Reichenbach (Schosser zu Plauen) an Johann Georg 
d. d. Greitz 8. August 1633 (n. St.) berichtet, dass „gestern unterschied- 
liche Klagen einkommen, dass die taubischen Renter und Dragoner, 
als sie geflohen (vor den holckischen) vielen Limten unterwegens 
dasjeinge, was sie vorm Feinde wegfiehen woUen, ihrer alten Gewohn- 
heit nacb, alles abgenommen". (Folgt Detail!). Dresdener Archiv, 



48 ^' Droysenl 

tbrechenden Feind vermisclite sich die dumpfe Verzwelflung 
liber die verheerende Seuche, welche die streifenden Kotten 
von Ort zu Ort trugen. Es hat etwas Grauenhaftes, dieser 
Einmarsch in verpestete Gebiete, dieses Beutemachen auf 
einem Pestlieerd; und wenn der Soldat sich nun hier und 
da wirklich zu rohesten und frevelhaftesten Excessen hin- 
reissen liess, so wird man sich ahnHcher Falle zu erinnern 
wissen, wo die Schauder der verheerenden Seuche auch 
unter ehrsameren Menschen, als Croatenhorden sind, alle 
Bande der Ordnung losten, alle Achtung vor Besitz und 
Leben zerstorten. Gegen das Elend, das die Pest in 
jenen Augusttagen Uber das Land brachte, war aller Sol- 
datenfrevel ein Kinderspiel. Aber die Pest war ein Ver- 
hanguis Gottes, und gegen holckische Brandschatzungen 
und gegen Croatenfrevel konnte man mit Verwtinschungen 
auftreten. Und so mischten sich denn in den Berichten 
die Lamentationen iiber das Auftreten der holckischen 
Schaaren und die Verwiistungen der Pest. Die Schauder 
der um sich greifenden Seuche vermehrten die Wuth liber 
die feindliche Invasion, die an sich um nichts schrecklicher 
war, als hundert andere Einfalle in Feindesland. — 

Den Dispositionen des Generals entsprechend erfolgte 
am Sonntag 4. August (a. St.) auf der ganzen Linie der 
Aufbruch gegen das Kurfiirstenthum, das hier militarischen 
Schutzes so gut wie voUig entbehrte. 

Obrist Ulfeld fiihrte seine Schaar aus der Duxer 
und Bruxer Gegend durch den ;,Graben-Pass'^ in Feindes- 
land. ®*) Noch am 4. August (a. St.) erschienen ein paar 
Compagnien vor „dem Frauenstein^' und fielen ihn an. 



••) Ueber die Starke des ulfeldischen Corps liegt im Dresdner 
Archiv eine Anzahl von Gefangenenaussagen vor. Der gefangene 
Trompeterjunge Johann Simon Hack sagte aus (Freiberg 5. August 
a. St.): Ulteld babe „etwa 2 Kegimenter als 11 Compagnien zu Koss 
des Obristen Ulfelds ungefahr zu 20 oder 40 Pferdeo, 5 Compagnien 
Croaten, 2 Compagnien Dragoner .... Achte dieses Volk alles kaum 
2 Regimenter**. Der am 6. August (a. St.) gefangen genommene 
Johann Siemenbacke sagte am folgenden Tage aus, das Obrist Ulfeld 
gefUbrt hatte „sein eigen gauzes Regiment zu Koss, 11 Compagnien, 
jede zu 30, 40, 50 Pferden stark; dann von Holckens Leibregiment 
6 Compagnien in gleichmassiger Starke zu 30, 40, 50 Pferden ; weiter 
2 Compagnien Dragoner etwa beide sammt von 100 Pferden und 2 
Compagnien Crobaten zusammen etwa 60 Pferde stark. Sonst ware 
hieriiber kein Fussvolk mehr dabei. Auch ihre Gewehr gar schlecht 
gewesen, weil viel neugeworben Volk dazu ware geworben und viel 
Barunter zu Fuss gewesen". Ein Blatt mit (handschriftlichen) 



Hoicks flinfall in Saclisen im Jahre 163d. . 49 

Es gab einen grossen Schreckeiiy als noch Abends 
zwischen sieben und acht Uhr ;;der Landknecht zum 
Frauenstein. mit grossem Geschrei reitend nach Freiberg 
kam'' und meldete, „wie das kaiserliche Kriegsvolk in das 
Stadtlein eingefallen'sei, die Thore hinter sich verrammelt, 
und das Schloss umrannt hatte, mit Begehreu; man soUte 
sagen, wo der Edelmann hinkommen. Als Bericht gethan^ 
dass er vor zwei Stunden von dannen nach Freiberg ge- 
ritten, und sie solchem nicht Glauben geben wollen, waren 
sie ins Pfarrhaus gefallen und den iGrrund von dem Pfarrer 
wissen woUen, welcher aber schon nebst seinem Weib an 
der Pest krank gelegen. Dennoch von ihnen ergriffen 
und gemartert worden^ also dass man ihn heraussen vor 
dem Stadtlein schreien und brtillen hQren".®*) 

Tags darauf^ den 5. August (a. St.), Morgens unge- 
fahr um acht Uhr, zeigte sich ein feindlicher Reitertrupp 
(„mit 3 Standarten*') vor Freiberg, bei „den Mtinzbacher 
Schmelzhiitten^^'®) Freiberg befand sich in wenig ver- 
theidigungsfahigem Zustand. Denn es fehlte nicht nur 
an ,;Kraut und Loth" sondern auch an ,,commandirtem 
Volk"; die Burgerschaft aber „wusste der Musqueten und 
sonst mit Schiessen keinen rechten Bescheid". Auch war 
„ein solcher Mangel an Brod in der Stadt, dass bei einigen 
Backern nicht fiir einen Gr. zu bekommen*'. Gleichwohl 
dachte man an Widerstand. Als von Seiten der Biirger- 
schaft etwa SO.Pferde und etliche Musqu^tiere zur Re- 
cognoscirung ausriickten, erschien der ganze Schwall des 
Feindes ,,ungefahr 18 gez&h'lte Truppen^ so etzliche auf 



Schreibensextracten vom 10. August (a. St.) im Dr. A. enth&lt in- 
teressante Mittheilungen. Georg Weckbrodt, Fuhrmann von Neudorf, 
sei heut (10. August) mit Berich anher gekommen: der Wirth zu 
Brtix hatte von eiuem kaiserlichen Bittmeister vernommen, „dass 
man zwar sie (die aus Bohmen kommenden Truppen) gross und 
machtig sch&tzte; aber es ^are bei weitem nicht so sehr als mans 
machte, und waren in Allem, so viel der Wirth auch von anderen 
.durchmarschirenden Ofticieren und Soldaten gehort, kaum ein zel^- 
tausend Mann. Das beim Frauenstein herausgegangene Volk, so vor 
Freiberg kommen, soil in Allem kaum zweitausend Mann stark ge- 
wesen sein". 

'*). Friedrich Lingk an Tobias Htibner, kurfurstlich sHchsischen 
„Kammerverranfter" zu Dresden, d. d. Freiberg 6. August 1633 
(a. St.). Dr. A. f . 

*'*) Ueber den Anfall auf Freiberg namentlich die Berichte de« 
Freiberger Baths an Johann Georg; uuter ihnen vor alien die zu* 
sammentdssende Belation vom 6. August (a. St.). Dazu die Schreiben 
von Friedrich Lingk an Tobias Hfluner u. A.* im Dr. A. 

JYeues Arcbiv 1 8. Q. u. A. Bd. L Hoft I« 4 



50 G. Droysen. 

1500, etzliche aber 2000 geschatzet".'') Die Freiberger 
sahen sich von der Uebermacht angegrifFen und batten 
Miihe, sich, freilicb nicht ohne Verlust, in die Stadt zuriick- 
zuzieben. Obrist Ulfeld stellte seine Truppen unter den 
Lerchenberg in Schlacbtordnung und schickte (um 11 Uhr) 
einen Trommelschlager, um die Stadt im Namen Hoicks 
zur Uebergabe aufzufordern. Bevor er noch vom Rath 
wieder abgefertigt war, erschien noch ein Trorapeter, der 
auf definitive Resolution drang: die Stadt in der Giite 
aufzugeben; hinzufugend, „dass, da solches nicht geschehe, 
der Obrist Ulfeld von dem. General Holcken befehligt 
ware, die Stadt mit Feuer zu verderben". Die Antwort 
des Raths war: man ware dem Kurfiirsten von Sachsen 
mit Eid imd Pflicht verwandt, ohne dessen Vorbewusst 
und Einwilligung man deshalb die Stadt niclit aufgeben 
dtirfe. Man bitte um drei Tage Frist und Bedenkzeit, 
sich inmittelst bei dena Kurfiirsten Bescheid zu erholen*^'^) 
Mit ihrer wackeren Erklarung erreichte die Stadt, 
was sie wtinschte. Ulfeld, der sich vor ihr nicht lange 
aufhalten durfte, brach, ftinf Burger gefangen mit sich 



'*) Friedrich Lingk, der an der Recognoscirung Theil nahm, 
nennt: 16 Compagnien wie auch 3 Fahnlein Dragoner. 

'*) So der Bericht des Raths. Friedrich Lingk erzahlt etwas 
abweichend: „Und begehrt der Feind durch einen Trommelschlager 
1000 Fferde einzunehmen und Quartier zu verschaflFen; wo nicht, 
solle dje Stadt mit Schwert und Feuer verfolgt und kein Mensch 
verschont werden. Worauf die Stadt erklart: Nein, das konnte nicht 
sein, man wollte sich wehren, weil man konnte .... Jetzt zu Mittag 
tractirt mar, und gehen Posten vom Feind herein und aus der Stadt 
wiederum hinaus. Gott schicke Mittel, dass nicht volleuds. der 
Garaus mit uns gemacht werde." Die ,*warhafftige Beschreibung" 
(s. hernath) erzahlt: „Den 6. /1 5. ejusdem Iriihe rach 7 Uhre .haben 
die Kayserlichen gedachte- Stadt Freyberg urplotz lichen, und. ehe 
sie hiervon fast ejuige Nachrichtung erlanget, feindlichen angefalleh, 
zu vier unterschiedenen malen Trommelschlager und Trompeter 
hinein geschicket, und die Stadt im Namen des General Holcken 
aufgefordert. Es hat aber der Rath daselbst allemal die Trommel- 
schlager und Trompeter mit einerley bestandiger Antwort abgefertiget, 
und auf 3 Tage Stillstand und Bedenkzeit begehret, und weil so viel 
Nachrichtung einkommen, dass die Kayserlichen von ArtoUerey und 
grossen Stticken nichts bei sich gehabt, ist gedachter Rath neben 
der Biirgerschaft ganz resolviret gewesen, vor sich selbsten den 
Stillstand zu nehmen, und mit Gottlicher Htilfe und Beistand sich 
wider den Feind zu schiitzen und aufzuhalten. Als nun Obrist 
Ulefeld .... weil er keiu Fussvolk, auch von ArtoUerey nichts bey 
sich gehabt, gesehen, dass er wenig ausrichten wurde, hat er sich 
gewendet und die Stadt verlassen" etc. 



Hoicks Einfall in Sachsen im Jahre 1633. 51 

fiihrend,''*) noch am Nachmittage auf. Der Marsch ging 
auf der Cliemnitzer Strasse durch den Spittelwald zunachst 
auf Oederan. Voran die Croaten unter Obrist Daniel 
Beygott, „eine fast langliche Person mit einem rothgulb- 
ligten Barte, so doch gut Deutsch geredet lifttte". 

Ulfelds n^ehstes Ziel war das von der Pest schon 
inficirte Chemnitz. '*) Noch um Mitternacht (5./6. August) 
kamen die Croaten bis nahe vor die Stadt; am folgenden 
Morgen (Dienstag 6. 'August a. St.) erschienen „etliche 
kaiserliche Standarten Kriegsvolk in Reiterei" unter den 
Wallen und haben die Stadt „feindlich angeblasen und 
aufgefordert'^ 

Der ganze Rath bestand nur noch aus sechs Per- 
sohen (die tibrigen hatten siqh, gleich vielen der vor* 
nehmsten Burger, aus Furcht vor dem feindlichen Einfall 
fliichtig von dannen gemacht), die sich, da sie „die Stadt 
nicht gar voUend woUten einaschern und mit Feuer und 
Schwert vertilgen lassen",'*) an das Stadtthor begaben, 
es offneten, dem Feinde auf sein Begehren die Thor- 
schliissel uberantworteten und den Obrist Ulfeld, Obrist- 
wachtmeister Lorusen nebst etlichen anderen Officieren 
und 3 Compagnien zu Ross einliessen und ihnen Quartier 
gaben. ,,Worauf gedachte Soldatesca diessen Abend und 
folgende Nacht in der Stadt logirt und die meisten H^user 
gepliindert/' ' 

Kurz vor Mitternacht wurde dem Rathe von dem 



*») Nach Freiberg zurtickgekehrt, erzahlten diese Gefangenen 
dann, da£S die Croaten bei' der Gefaugennahme alsbald von jedem 
von ihnen erst 50, hernach 30 Thlr. gefordert hatten, „und dabei 
ware es auch verblieben*'. Als sie dann unter den Croaten in 
Chemnitz allein gewesen, hatten sie um ihre Erledigung weiter 
tractirt und endlich geschlossen, dass jeder nochmals 30 Thlr. geben 
und binnen 3 Tagen zu Chemnitz auszahlen sollte. Einen von ihnen 
aber hatten sie „zum Pfandschilling" behalten. . Zugleich war Hein- 
rich Heydenreich von Waltersdorff gefangen .worden, den haben sie 
nur gegen'200 Thlr. Ranzion loslassen woUen; „hat auch bei ihnen 
in Verhaftung bleiben mussen", Chemnitz II, 211 ftigt der Angabe 
des ulfeldischen Marsches auf Oederan (Oedem) hinzu : „nahm unter- 
wegs viel Leute gefangen, liess sie Iheils niedethauen und alles aus- 
rauben". In den vorliegenden Aufzeichnungen erster Hand ist davon 
nirgends die Rede. 

^*) Ueber das Folgende namentlich der Bericht des Chemnitzer 
Rathes an Johann Georg d. d. 28. August 1633 (a. St.). Dr. A. 

**) Denn es war „aus allerhand Mangel an bewehrter Mann- 
schaft, Munition, Victualien und anderm die Stadt vor Feindes Ge- 
walt zu erhalten unmoglich". 



52 G. Droysen: 

Obristwachtmeister mitgetheilt, dass vta Hoick Befehl 
gekommen warfe, schleunigst fortzumarschiren und eine 
Garnison von 20 Mann in der Stadt zii lassen. Zum 
Pfande, dass man derselben die nothige Verpflegung geben 
tind sie nicht beleidigen wiirde, habe er Befehl, den altesten 
und jUngsten aus dem Rath als Geisel nach Kriegsmanier 
gefangen mit hinweg zu ftihren. Man fiigte sich, und so 
wurden denn Cornelius Horn.ig und Matthes Heinrich 
alsbald „in fleissige Wache genommen'* und am folgen- 
den 7. August (a. St.) friih nebst detn Stadtschreiber 
M. Matthes Stroern, obschon dann doch keine Garnison 
in die Stadt gelegt wurde, hinweggefuhrt. ^^Dass also zu 
diesem Mai miser noch viere im Regiment und Rathstuhl 
verblieben." 

Bald nach dem Aufbruch der ulfeldischen Mannschaft 
— am 7. August (a. St.) zwischen 9 und 10 Uhr t— er- 
schien Obrist Beygott mit seinen Croaten. Wie er Wahrend 
eines langeren Aufenthaltes der Stadt zusetzte, verdient 
ausfiihrlicher erzahlt zu werden. Die ersten paar Tage 
lagerte er, weil es in der Stadt der Sterbensgefahr wegen 
gar iu unsicher war, vor dem Johannisthor, dann riickte 
er „wegen der Infection'^ „ferner herum" vor das Nicolaus- 
thor, „da man der gesammten Soldatesca zu leben aus 
der Stadt, was noch vorhanden, anschaffen und hinaus- 
bringen musste*^ Nachdem das eine Reihe von Tagen 
gedauert hatte, erschien Sonntag, den 11. August (a. St.), 
Vormittag zwischen 9 und 10 Uhr, ein Oberlieutenant 
mit elneni Cornet Croaten in der Stadt auf dem Markte, 
und machte dem Rathe und der zusammengeforderten 
Burgerschaft Anzeige, dass Obrist Beygott mit seiner 
ganzen Soldatesca in der Stadt bei den Btirgern Qiiartier 
machen woUe. „Und sollten wir uns allerseits nur gutlich 
dazu bequemen und keine Entschuldigung und nielitige 
Ausrede vorwenden; wollte aber die Einquartierung ab- 
geschlagen.und versaget werden, so soUte man eilend eine 
Contribution unter der Burgerschaft anlegen und fiir die 
Einquartierung 2000 Thaler semel pro semper geben.*' 
„Worauf wir — laiitet der Rathsbericht — nach kurzem 
Abtritt und Berathung mit der Burgerschaft, so nicht .wohl 
an hundert Mann gewesen, kiirzlich in schuldiger Reverenz 
geantwortet und gebeten, gnadigste Verschonung einzu- 
wenden, weil wir nunmehr eine ausgebrannte, verheerte,. 
ausgezehrte, verwUstete, geplunderte, ausgestorbene und 
ruinirte Stadt, und wenige Wohnungen h&tten, und also 



Hoicks Einfall in Sachsen im Jahre 1688. 53 

nichts mehr tibrig, denn das blosse, elende, ktimmerliche 
und geangstete Leben, derowegen die Einquartierung auf- 
zunehmen und auszustehen unmoglich. Baten demnach 
um Gottes willen, uns mit erbarmenden Augen anzuselieij 
und bei einer leidlichen, erCraglichen Contribution zu 
lassen." , • 

Der ObSriieutenant ging darauf ein .und erkla'rte, 
„er verhoffe bei dem Herrn Obristen es bei 1000 Thlr. 
zu erhalten, so er folgenden Morgan frtih um 7 Uhr auch 
von uns woUte gewartig sein". 

Aber trotz alles Bemlihens gelang es doch nicht, mehr 
als 300 Thlr. unter der Btirgerschaft zusammen zu bringen, 
„weil der meiste Hauf schon gepliindert geweseja. auch 
ihref viel die Sterbensnoth im Hause gehabt'^ Als daher 
am .13. August (a. St.) die Kaiserlichen „rait hochster Be- 
drohung" forderten, die 1000 Thlr. binnen zwei Stunden 
zu • zahlen „oder schleuaiger Einquartierung und mili- 
tarischer Execution zu erwarten", eilten die Rathsherren 
und die Bur^erschaft „in hoclistem Schrecken*' aufs Rath- 
haus und haben ,,de.n ubrigen Mangel zu solchen 1000 Thlr. 
aus der Unmiindigen Laden, was an Baarschaft gerichtlich 
deponirt und noch vorhanden gewesen, alles herausge- 
nommen, und also an Gold, Silberwerk und Mtinze solche 
Summa aufgebracht, ausgezahlet und Uberantwortet". 

Damit noch nicht genug! Am 15. August (a. St.)* 
zu Mittag kam „auf eilender reitendcr Post" ein. kaiser-, 
licher Quartierraeister von Rittmeister Trost von. Zwickau 
an, mit Schreiben: sie soUten ihre beiden gefangenen 
Rathspefsonen samnjt dem . Stadtschreiber mit 600 Thlr. 
raiizioniren. Die Biirgerschaft schiitzte wieder die Un- 
moglichkeit vor, doch der Rath schoss etwas vor/ das 
iibrige trieben die Frauen und Freunde der Gefangenen 
auf, so dass am Abend um 6 Uhr der Quartiermeister mit 
der verlangten Summe abzog. Doch waren dann gleichwohl 
die Geiseln noch am 28. August (a. St.) nicht wieder in 
Freiheit ^esetzt. 

Endlich am Dienstag den 20. August (a. St.) schien 
die Stadt von dem lastigen Feinde erlost werden zu soUen. 
Beygott liess am Abend dieses Tages die drei Rathsmit- 
glieder (der vierte, Hans Riidel, war krank) und zwei 
Burger (Paul Nefen den Aelteren und Georg Engelmann) 
vor sich fordern und erofFnete ihnen, dass er von Hoick 
Ordre erhalten habe, mit Hinterlassung einer Garnison von 
20 Mann abzuziehen und statt der restirenden 1000 Thlr. 



54 Cr. Droysen: 

Contribution zwei oder drei Personen aus dem Rathe und 
der Biirgerschaft mitzunehmen; „wahlet hierauf, "unge- 
achtet de» flehentlichen Bittens und ander wichtigen Eiit- 
schuldigung Zacharias Nefen, den Stadtrichter, und Ge^rg 
Engelmann aus der Biirgerstjhaft, lasst sie beide zu Eferde 
sitzen und nimnit sie in Mitternacht zusammt der ^Solda- 
tesca schleunig mit hinweg'^ 

Wenig spater, am 22. August (a. St.) Vormittag, 
kam Obristlieutenant Michael Novachvo mit 100 Pferden 
wieder an und wies Befehl „zur Commiss der Soldaten 
und absonderlich fur seine Tafel''- vor; ,,so man auch an- 
geschafFt''. Wieder ein paar Tage darauf (Sonntag den 
25. Augusf [a. St.J, abends um 9 Uhr) forderte derselbe von 
dem Viceblirgermeister Friedrich Stroern, ihm zura Ab- 
zuge noch 200 Dukaten zu zahlen, „oder sollte abermaln 
aus dem Rathe oder Biirgerschaft einer mit hinweg ge- 
nommen werden'^ Die beiden noch librigen Rathsper- 
sonen, Friedrich Stroer und Michael Richter, nebst drei 
Biirgern. eilten ujn Mitternacht aufs Rathhaus, brachten 
„an allerhand kleiner Munzen und anderen Sorten 100 
Thlr. zusammen, dass also nunmehr in diesen dreien Malen 
1700 Thlr. ausgezahletund hinweggenommen worden sind". 

Nun seien sie — klagt der zusammengeschmolzene 
Rath am 28. August dem Kurfursten — der kaiserlichen 
Soldatesca zwar wohl erledigt ; „gleichwohl aber wills bei 
der bisher gezahlten €umme zur Contribution und Ranzion 
nicht verbleiben, sondern ist gestern der gefangene Georg 
Engelmann aus dem Quart! er Klein Rimersdorf anheira 
kommen und bringet uns diese Zeitung mit, dass wir fiir 
den Stadtrichter Zacharias Nefen und seine Person 800 
Rehsthlr. innerhalb 8 Tagen nach Kaaden in Bohmen un- 
fehlbar anschicken, oder ferner gewarten sollten, dass sie 
beide in Arrest und als Gefangene verbleiben." Diese 
Summe aber sei ihnen aufzubringen unmoglich, „alldie- 
weil libers Jalir, ausgenommen wenig Woehen, die Kriegs- 
noth und nahe an die 20. Einquartierung wir ausge- 
standen, dadurch alles verheeret, verzehret, ausgesogen 
und gepliindert worden; so ist' auch die Stadt ausgebrannt 
und bis auf wenig Leute ausgestorben ; die Infection halt 
noch taglich an und schleichet immer fort; alle Hand- 
werke, Handlungen und Gewerbe liegen zu Boden, der 
meiste. Hauf unter uns leidet Hunger und Kummer, Angst, 
Noth- und Jammer*, das Getreide im Feld verdirbet und 
kann wegen Mangelung der Arbeiter und Pferde nicht 



Hoicks Einfall in Sachsen im Jahre 1633. 55 

eingebracht werden. lifiiid hat also leider, Gott erbarm 
es, die Stadt Chemnitz nicht mehr, denn noch ihren alten 
Namen, die Biirgerschaft ist bis auf wenige noch halb 
lebende Xieute dahin, der ViceburgermeiBter hat sich 
gestern in gleichen krank niedergelegt; im Regiment und 
Rathstuhl ist (es) bis auf eine Person als Michael Richtern 
kommen, so anjetzo diese schwere Last allein tragen und 
verrichten soil. Es ist weder Wein, Bier noch Salz mehr 
vorhaiiden, wird auch der Unsicherheit halben nichts zu- 
gefiihret, viel kranke Leute miissen wegen Mangelung 
eines Trunkes aufm Todtenbette verschmachten und elendig- 
lich dahin sterben; und ist leider, Gott erbarm es, die 
Noth noch nie so gross und die Saiten so hoch gespanjiet 
gewesen'^ '®) — 

Wie die Stadt Chemnitz selbst, so wurde auch die. 
Umgegend in weitem Umkreis von Beygott in Contribution 
gesetzt. ") Eine darauf bezUgliche Verordnung fur Amt 
Augustusburg lautet: 

'•). Ich will damit von dieser Episode (in der sich von Mftnner- 
morden und Weiberschanden nichts findet, in der es sich vielmehr 
nur um das Herausschlagen oiner m6gli(het hohen Siimme Geldes 
handelte, wie bei alien Heeren in Feindesland) abbrechen und nur 
noch anmerkungsweise hinzufiigen, dass die Pressuren noch nicht 
zu Ende waren. Am 3. September (a. St ) theilte der Rath an Johann 
Georg mit, dass heute Matthes Heinrich aus dem kaiserlichen (ulfel- 
dischen) Quartier Schlackenwerth in Chemnitz angelangt sei und 
berichtet habe, „wie er nebst seinen beiden Mitgefangenen ttber die 
vorigen ausgeantworteten 600 Thlr. noch mit 2450 Tlilr. sich ran- 
zioniren, auch solche uneaumlich von gemeiner Stadt helfen colligiren 
und mit ehestem einschicken sollte",- worauf dunn seine und der 
beiden anderen Gefangenen Befreiung. sofort erfolgen wUrde. Sie 
konnten die Summe nicht aufbringen, um so weniger, „als der Stadt- 
richter Zacharias Nefen hierneben auch noch mit 800 Thlr. zu losen 
in Arrest liegt". Sie baten deshalb den Kurfursten, sich der Ge- 
fangenen anzunehmen. Und am 15. September (a. St.) berichtet der 
Rath dem Kurftirsten, dass Cornelius H6rni^ und Matthes Stroer zu 
Schlackenwerth lagen und taglich in beweglichen Schriften bei ihnen 
anhielten, „welcher Massen sie ihres geschlossenen Accords halben, 
den sie aus grosser Noth und Drangsal schliessen und handeln 
mQssen, sich ehesten mit den versprochenen 2000 Thlr. heim Hierrn 
Obristen Ulfeld und dann absonderlich mit 450 Thlr. gegen den 
,Cormeter* abldsen sollten; batten auch nunmehr in die dritte 
Wochen die Kaiserlichen im Wirthshause mit 15 Personen und 13 
Pferden frisch darauf gezehret und da die Auszahlung solcher 
Summe Geldes nicht schleunig erfolgen und von uns verliingert 
werden soUte, wollten sie mit unsern Gefangenenen weiter gehen 
und sch&rfer denn bishero geschehen, procediren". 

'') Es verdient jedoch wiederum bemerkt zu werden, dass in 
den vorliegenden Berichten aus den kleinen Ortschaften des platten 



56 ^' Droysen: 

m 

„Denen Amtsunterthsmen Aagustusbarg wird angedeutet, dass 
sie sich zur Contribution gefasst roachen; namlich von einem Hofe 
2 Thlr., sonsten werden sie mit andern Mitteln gleichfalls wie vorm 
Jahr mit dem Corpes '•) heimgesucht werden. Welches ich zur Nach- 
richtung babe vermelden wollen. Datum im Quartier zu Chemnitz 
den 28. August 1633 (n. St.). • 

Der rftm. Kaiserl. Maj. Obrister zu Pferd 
(L. S.) Daniel Beygott 

Obrister." 

Wahrend die Stadt Chemnitz und das Land rings 
umher der Discretion eines Croatenfuhrers liberliefert 
wurde, hatte Obrist Ulfeld seine Truppen am 7. August 
(a. St.) frtih mit Sonnen?tufgang weiter auf Zwickau ge- 
fiihrt, um sie mit Hoick zu vereinigen. 

Zur Linken hatte indess Hatzfeld mit seinen Truppen 
seinen Zug yon Eger aus iiber Adorf und Hof nach 
Oelsnitz, Plauen und Weida ausgefuhrt. ''*) 

„Zum Hof, Wunsiedel und der Orten habeii sie alle 
Thor zerhauen und zerbrochen, dass keine Stadt mehr 
versperret sein soil/'*®) 

Am 5. August (a. St.) zu Mittag rlickten die Hatz- 



Landes Uber das Auftreten der Eaiserlichen weit mehr von l&stigen 
Insoientien derselben als von eigentlichen Greuelthaten die Rede 
i&!t. Als Beispiel folge Einzelnes aus der zusammenfassenden „De- 
signation was seithero den 5. Augnsti anno 1633 allhier zu Augustus- 
burg mit dem feindlich eingefallenen kaiserlichen Kriegsvolk sich 
begeben d. d. 17. August 1633" (a. St.) Dr. A. „6. August; Nach- 
mittags nm 4, sind etwa 25 kaiserliche Soldaten anher ins Stadtlein 
und aufs Scbloss kommen, sich fast 3 Stunden dort aufgehalten, 
erstlich die Pforte mit einer Axt aufgehauen, alsdann das Vorlege- 
schloss vom There zerschlagen und dasselbe aufgemacht, dann die 
Amtsstubenthur erbrocben und die Dinten umgeschmissen, sonsten 
aber nicht viel Schaden allda gethan." „9. August circa 20 Soldaten 
sind mit etwa 100 Sttick Vieh tiber die wezdorfische Brlicke unter 
das St&dtlein weg nach Chemnitz marschirt." „11. August hat das 
8t&dtlein 50 Thlr. und Heinrich Nitzsche, welchen sie am Moutag 
zuvor gefangen, und er wieder ausgerissen, auch 50 Thlr. Ranzion 
geben mUssen. Darauf haben sie eine salva quardia erlangt und 
sind seitdem nicht sonderlich mehr molestirt worden." 

'•) Obrist Corpus. 

'*) Auch fiber die St&rke Hatzfelds fehlen genaue Angaben. 
In einer ban dschrift lichen Nachricht „Ferner Bericht vom 9. AuguSti 
1633" (a. St) Dr. A. heist es, Joseph Mittlacher theile mit, „das8 
er 3 Stunden lang vor. Adorf gestanden und viel Volk zu Ross und 
Fuss hinein und da herum' marchiren seheh. Der Bagagewagen hat 
er kein Ende erwarten konnen. SoUen 2000 Mann sein". 

••) (Handschriftlicher) Schreibensextract aus G'resslitz (Press- 
nitz?) vom 10. August 1633 (a. St.). Dr. A. 



Hoicks Einfall in Sachsen im Jahre 1633. 57 

feldischen von Adorf gegen Oelsnitz an, legten sich un- 

mittelbar bei der Stadt hinter den Pfaffenberg, wahrend 

etzliche Reiter sich sofort in die Stadt einquartierten. 

Auch um das Haus Voigtsberg lagerten sie sich. Nach 

Behr langen Verhandlungen, bei denen erbitterte Reden 

fielen, capitulirte die Besatzung auf freien Abzug mit 

alien militarifichen Ehren (6. August a. St.). ^*) Hatzfeld 

rief, einziehend, aus: „Wa;s raan doch in diesem Ratten- 

nest so lange gemacht? Nichts als die Croaten herein 

gelocket; er wollte es nicht so wtirdig achten, dass er 

einen einzigen Mann darinnen liesse", — und steckte 

das Schloss in Brand. 

Dann gings nach Plauen. Virgilius Ebardt, Organist 

daselbst, berichtet: **) 

„Die gauze Armee wurfle in die Stadt geftihret, das aller ver- 
borgenste gefunden; im Amthause haben sie sehr tthel gehauset, 
aHe Betten fast, so in der Amtstuben und im Gewolbe gelegen, 
aufgeschnitten und ausgescbtitt; es liegt in der Stuben und' 6ew51be, 
dass es eine Schande ist. In Summa: jederman muss sa^en, es 
ist Krieg, und das bat der Feind gethan. Die Leute sind sehr be- 
scbadiget und tbeils gar todt. Herr Martinus Scbwanberger, infimus 
Diaconus, so obne das etwas libel auf gewesen, und von ihnen ttbel 
gehalten, ist.gestem auch gestorben. Es hat (wo Gott nicht hilft) 
in allem ein tibel Ansehen. Heute befahl der Obrist Adelshoffen 
ganz ernstlich, dass die Sta^t hinfUro ganz ohne Thor sein sollte, 
und hat er selbsten durch die Soldaten die Pallisaden von dem 
Nenndorfer und Brtickerthor, so anjetzo mit grossen Unkosten ge- 
bauet und kaum fertig gewesen, einhauen und verbrennen lassen; 
die andem soUten durch die Btirger wie auch das Schlossthor weitcr 
gemacht, abgehauen und niedergeworfen werden, da aber die Stadt 
wieder zugehalten wiirde, wollte er sie in Brand stecken, und soUten 
alle Einwohner niedergehauen werden; sonsten soUtQn sie sich 
weiterganz nichts hoses befahren, sondern in Gottes Namen schneiden, 
einerndten und ausdreschen, auch von ihm von Zwickau aus Be- 
scheids erwarten, was die Stadt sammt denen von Adel und den 
Landen wochentlich an Getreide einschtcken soUten; und sollte 
jederman ihm (sich) keine andere Rechnung machen, dann- dass es 
alles eine Strafe von Gott dem AUm^chtigen um unser Stlnde willen 



•*) Paulus Stembler (Landrichter zu Voigtsberg) an Valentin 
Reichenbach (Amtsschosser zu Plauen) „in Eil den 6. Juli (muss 
heissen Aiigust)'l633 (a. St.). •Dr. A. Er erzahlt als Augen- und 
Ohrenzeuge die Einnahme von Voigtsberg. 

•■) Der Organist Virgilius Ebardt an Michael Donaten (kur- 
fflrstlichen Aintsschreiber zu Plauen) d. d. „Planen 7. Augusti an 
welchem wir in grosser Angst wegen Schwerts und Feuers gewesen 
anno 1633" (a. St.). Dr. A. Valentin Peichenbach (Schosser zu 
Plauen) an Caspar Christiani (kurfiirstlichen Steuer- und Rentsecre- 
tarius zu Dresden) d. d. Greitz (wohin er geflohen war) 8. August 
1633 (a. St.). Dr. A. Auf Grundlage jenes ebardt'schen Briefes. 



58 Cr. Droysen: 

sei. Drei Mai ist auch Feuer auskommen als zu Mitternacht in des 
Obersten Quartier und als er heut aus der Stadt zog, beim alien 
Sommer und seinem Nachbar'^ 

Dazu ein anderer ahonymer Bericht vom 7. August 

1633 (a. St.): 

„I)em Herrn bericbte ich^hiermit, dass ich, als ich gegen 
Plaiien kommen, niemand gesenen noch gehoret, so bin ich an 
die Stadt gangen, die Thoren offen befunden, welche alia ausge- 
brannt gewesen; die Schanzen, so vor der Stadt gemacht, sind 
ruinirt, und die gesetzte Stacketen alle verbrannt; ein Thor ist vor 
diesem von den Unserigen verschattet worden, das hat der Com- 
mandant den Plauischen befohlen zu 5ifnen, uiid weg zu thun, und 
djer andem Thoren keines wieder zuzumachen noch zu bauen; da 
sie es anders befanden, sollten sie seben, wie mit ihnen gehauset 
werden sollte. Einen Pfarr haben sie niedergehauen und einen Bfirger 
dermassen gerMtelt, dass er sterben mtissen, sonst etzliche Personen 
besch&digt. Heut frtih ist alles Yolk, so in der Stadt und ausser- 
halb gelegen, fort nach Heichenbach marchiret. Als sie aber fort- 
gezogen, sind sie der Intention gewesen, die Stadt in die Aschen zu 
legen, auch die Garktichen und noch ein Haus schon niedergebrannt. 
Weil aber das VQlk mit einander zugleich bald aufgebrochen, ist es 
von den Bttrgern (derer zwar wenig vorhanden gewesen) wieder ge- 
I5schet. Auf Seiten sind keine Truppen ausgeritten, sondern alle 
in ein einigen March gangen, aber wo sie zu kommen, haben sie 
desto tibeler gehauset".") 

Der Marsch ging iiber Mylau, Reichenbach, Neu- 
mark auf Werdau und Zwickau ;• unterwegs wurde „ubel 
an Menschen gehauset, viel Vieh mitgenommen, das Ge- 
treide verderbet, wie auch in Ober-Mylau die sammtlichen 
Bauershofe sammt dem Vorwerk, dann im Dorf Schon- 
berg etzliche Hauser, so wohl das Schloss und Kirche zu 
Neumark in Brand gesteckt'^ ®*) 

Eine Abtheilung Reiterei von 200 Mann kam am 
9. August (a. St.) Nachmittags nach Weida;**) sie wusste 
sich Einlass zu verschaffen und begab sich sofort auf 
das kurfurstliche Schloss, das sie an 6 Enden in Brand 
gesteckt „und alle die schonen Gebaude desselbigen, bis 
auf wehige Gemach so auf der rechten Hand im Ein- 



") Hinzugefiigt wird: „Auf Plane zu sind ein 6000 Mann, 
mehr zu Fuss als zu Ross gangen, die haben in 250 Wagen bei 
sich gehabt. etzliche Sttick Geschutz, ^er nit gross/' Die Truppen- 
zahl ist nattlrlich sehr iibertrieben. 

**) Valentin Reich^nbach an Johann Georg d. d. Greitz 
8. August 1633. 

"*) Nicolaus Wittich (Schosser zu Weida) an Johann Georg 
d. d. Weida 12. August 1633 (a. St.) Dr. A. Niiht minder klftglich 
lautet der Bericht von Btlrgermeister und Rathen von Weida an 
Johann Georg „Datum in Euer Kurftirstlichen Durchlaucht abge- 
brannten Stadt Weida den 10. August! 1633''. (a. St.) Dr. A. 



Hoicks Einfall in Sachsen im Jahre 1633. 59 

gange des Hofes iiber den PferdestftUen und neuen 
Kuchen stehen, ganz abgebrannt und eingeaschert". Da- 
rauf haben sie sich wieder hinab in die Stadt gemacht, 
„iind allda erst die magdeburgische tragediam recht an- 
gefangen, indem sie etzliche Manns- und Weibspersonen 
damieder gehauen, viel iibel beschadiget und theils ge- 
ftngen mit weggefuhret, alle Hauser und Genittcher aus- 
geplundert und darnach an vielen Orteh die Stadt mit 
Feuer angestecket. ^®) . . . Nacli verbrachter soldier teuf- 
lischen und tyrannischen That haben sie sich wiederum 
auf ihre Pferde gesetzet, vor der Stadt aufgewartet und 
Aufsicht gehabt, dass niemand dem Feuer wehren und 
loschen mochte. Da dann die neue und alte Stadt zu- 
gleich in heller Gluth aufgegangen/ und in solcher Kirchen 
und Schulen, Rath-, Brau-: und alle andern Wohnhauser 
bis auf etzliche wenige Tagelohnerhauslein, so ausserhalb 
und in Winkfeln gestanden, benebenst zweien Freihausern, 
so niclit in die Stadt gehSren, verzehret und in Grund 
eingeaschert worden. „Da sie nun gesehen, dass ihr teuf- 
lisch Vorhaben nach ihrem Wunsch fortgangen, haben sie 
sich wieder nach Crimitzschau, daher sie zuvor kommeu; 
gewendet. Und weil sie von der Burgerschaft vor dem 
Anziinden ganz nichts von Gelde oder sonst. etwas be- 
gehret, als ist zu vermuthen, dass sie nur anhero das Schloss 
und Stadt in Brand zu stecken und ihre Tyrannei an der 
armen Burgerschaft zu veriiben, commandiret worden sind." 
Gleichzeitig mit Ulfeld und Hatzfeld war am 4. August 
(a. St.) Hoick selbst von Joachimsthal aufgebrochen und 
hatte den ' Weg auf Schwarzenberg „durch. den engen 
und bosen Pass heraus in Meissen genommen'^*') Es war 
der ^Rittersgrtiner Pass", der einen Bach entlang vom 
Gebirge auf Schwarzenberg fuhrt. Christian Lehmann, 
damals Pfarrsubstitut in dem benachbarten Annaberg, 
schrieb in seiner Kriegschronik : „Er ist enge, bergicht, 
theils morastig und wild, 4 Stunden lang iiber rauhen 



••) „unter welchen mein* Wohnhaus, darin ich Zeithero Euer 
churftlrstl. Durchl. Amtssachen verrichtet,* und in demselben des 
Amts Weida brief liche Urkunden, Kegister, Acten und der- 
gleichen". 

") Peter Burgkhardt (Schosser zu Annaberg) an Johann Georg 
d. d. Annaberg 9. September 1633 (a. St.) Dr. A. Deutsche Kriegs- 
chronik von Christian Lehmann (Konigliche Bibliofhek in Dresden). 
S. K. G. Helbig in Neue Jahrb. d. Gesch. u. Pol. herausgegeben 
Yon Ft. Bfllau. I, 135 ff. 



60 C^. Droysen: 

Wald zu passiren und durch die Rittersgriin wegen der 
Felsen una unebenen Strasse vonKrlimmen und Steinen 
so schwer zu lahren, dass sie an Stucken und Munition- 
wagen viei zerbrochen und in 'Crandorf einen ganzen 
Tag daran bauen* und Schmieden mussen. Woher nichts 
unraogliches gewesen, mit 3000 Mann in solcher Enge die 
ganze Arraee aufzuhalten und mit 100 Mann den ver- 
hauenen Pass zu defendiren, wo Gott niclit rait BHndheit 
und Sicherheit gestraft liatte. Den Abend zuvor haben 
die Leute in Rittersgriin und Bohnfeld auf zwei Hoch- 
zeiten getanzt und gesprungen, die Grundtner Gaste in 
Wirthsliausern gezecht und gesungen und die Bohnfelder 
vom Feind nichts eher erfahren, bis den 4. August schon 
etzliche 1000 zu Ross vorbei marschirt gewesen, da doch 
sie kaura. eine halbe Stunde ^^n der Strasse Hegen. **) 
Stadt und Amt Schwarzenberg wurde voUstandig 
ausgeplundert, „auch im Amthause an den Rechnungen, 
Amtsb^chern und Acten alles zu Schanden geraacht und 
also gehauset, dass es der Turke nicht arger machen 
k(5nnte*^ So der Schosser zu Annaberg; und der dortige 
Pfarrsubstitut: Auf ihrem Marsch „wutheten die Kaiser- 
lichen arger denn die reissenden Wolfe, die doch grimmig 
genug sind in diesem Gebirge. Da wurden alle Kirchen 
aufgehauen und gepliindertj die Weibsbilder geschandet, 
die Manner geradelt, die H'auser niedergebrannt, die 
Betten ausgeschuttet und alles zernichtet; dass es mit der 
Feder nicht grausam genug kann beschrieben werden". **) 



••) Interessant ist ein handschriftlicher Schreibensextract „vom 
9. Augusti aus Gresslitz** (Pressnitz?) (a. St.) Dr; A. „Von Schlacken- 
werth habe ich von einem gaten Mann , dass . allda 9 Regiment 
hinaus sind, 6 zu Fuss und 4 zu Ross, deren keines iiber 500 Mann 
stark, haben gehabt 2 Stack Geschutz, da vor jedem 16 Pferd ge- 
zopen, 2 Sttick, da vor jedem 10 Pferd gezogen, 12 Stttck vor jedem 
4 Pferde, und hat ein jedes Regiment ein Stack gehabt vor jedem 
2 Pferde, und einen ,Morschell* (Mdrser), da einer so gross als zwei 
Eandel Topf; dies w&re in* Alles 34 Stack und 9 Morscher. In 
1000 schwere beladene Wagen haben sie gehabt, wobei wohl 6000 
Pferde; des Huren- und Bubengesindels ist mehr gewesen als der 
Soldaten, da doch unter den Soldaten auch sehr schlecht Yolk. Bei 
jedem Regiment sind auch zwei HandmUhlen". 

••) Christian Lehmann ist einer der Wenigen, der mit den an 
den Einwohnern verabten Grausamkeiten nur so um sich wirft. £r 
schrieb (sein bis 1677 reichendes Werk), wie es scheint, erst eine 
Reihe Juhre sp&ter, und dem entsprechend in dem Bestreben, seiner 
Erz&hhmg Relief zu geben. Wie zahm hingegen mUssen nach des 
SchOssers Auffassung die Tarken hausen! 



X 



Hoicks Einfall in Sachsen im Jabre 1633. gl 

Von Schwarzenberg, wo zur Bewachung des Passes 
auf dem Schloss eine ziemlicfh starke Besatzung zurttck- 
gelassen wurde, ging der Marsch auf AuC; Schneeberg 
imd Zwickau. 

Auch tiber ihn liegt (im Dresdner Archiv) eine ganze 

S.eihe einzebier Berichte aus den von ihra bertihrten Ort- 

schaften vor. Ich greife folgende heraus. 

„Zuin Schneeberg haben sie tibel gebauset, in den Hausern wohl 
zehen Mai geplundert, alles Volk, so gestern da kommenj haben- 
sich keine Rotte tiber 2 Stunden aufhalten diirfen, sein von dem 
Commandeur immer fortgetrieben uach Zwickau, da sie dann nicht 
in die Stadt, sondem immer vorbei Ziehen soUen. Heut bis zum 
Mittag ist zum Schneeberg niemand kommen, zu Mittag aber hat 
sichs angefangen, etwas abgestiegen, ein Trunk gethan und immer 
.fort, da es dann gewehret bis Abends V>7 Uhr, als man gewiss meint 
ein 2000 Mann durchgangen. Wo sie zukommen, plUndern sie, aber 
den Leuten am Leben thun sie nichts*'. 

Dazu. ein anderer Bericht „vom Neidhardsthal den 

10. August'*- (a. St): 

nGestern 4st niemand sicher gewest, die Eayserischen haben 
allenthalben die Walder ausgejaget .... das Vieh weggetrieben ; 
hat sich kein Mensch dtirfen erwischen lassen , haben sie gehauen 
und zugericht, dass es zu erbarmen. Alles Yolk sammt yiel Pagagi- 
wagen und- Tross ist gestern fort, siud bis in die Mittemacht ge- 
zogen; bent friih ist kein einziger Soldat zu Schneeberg mehr ge- 
west; zum Mittag aber viel Yolk wieder ankomnien, so hoffentlich 
auch fortziehen wird. In der Aue haben sie die Kirche, Pfarr und 
Schulhaus auch des Rachhalsen stattliches Haus, zu Neustadt 6, 
zu Geyssbach eines weggebrannt." 

Die meisten Stadte zwischen Zwickau, Chemnitz und 
dem Gebirge wurden von Soldatenabtheilungen heimge- 
sucht: *®) Werdau, das die Kaiserlichen ganz auspliinderten, 
und wo sie „die Rathspersonen und sonderlich . Btirger- 
meister Sausen mit R^deln heftig marterten*'; • ') Stolberg, 
das von einem Reiterhaufen erst gebrandschatzt, dann 
doch in Brand gesteckt wurde. Mehrere Rathsherrn, 
die kurz zuvor das Geld geschaflft batten, wurden mit 
Stroh verbrannt,(?). Aehnlich gings in den Stadten und 
Aemtern Marienberg, Wolkenstein, Annaberg;®*) ahnlich 
ringsumher. 



•®) Wie weit von Truppen Ulfelds und von Truppen des holcki- 
schen Hauptcorps ist nicht zu erkennen. 

^ >*) Salomon Gerhardt an Johann Georg d. d. Leipzig 27. August 
1633 (a. St.). Dr. A-. 

*') Dartlber viele Berichte von eben diesen Orten an den Kur* 
faiBten im Dr. A. 



62 • . ^- I^roysen: 

Der Eintritt in das von der s^chsiscben Besatzung 
verlassene, von der Pe'st bereits stark mitgenommene 
Zwickau*') wurde Hoick nicbt erscbwert. Aucb bier 
kam es zu Eaubereieij, Plunderungen, aucb ein paar 
Brands tiftungen, wie es der Krieg mit sicb bracbte. Wir 
lesen manclie Klage von Zwickauer Biirgern tiber den 
Verlust ibrer Habe^ aber nicbt eine iiber blutige Gewalt- 
samkeiten der Kaiserlicben. Von langem Aufentbalt in 
der Stadt konnte der Pest wegen nicbt. die Rcjde sein. 
Die. Cornets und Standarten, welcbe die Besatzung zu- 
riickgelassen batte, nabm Hoick in Bescblag und ^andte 
sie an Wallenstein, seine ganze Bagage verlegte er in die 
Dorfer um die Stadt, und liess zu ibrem Scbutz eine Ab- 
tbeilung von 500 Pferden zuriick; „denen leicbt ware abzu- 
brecben gewest," meint der Scbosser Salomon Gerhardt. **) 

Ueber das Scbicksal Zwickaus besitzen wir von einem 

gewissen Wolfgang Ferber ein langes Poem (8 Bl. 4^). 

Wie aber vom Erbabenen zum Lacberlicben nur ein 

ScMtt ist, so fiibrt dieses Werk den Titel: 

Der berupflfte Schwan | Oder I Andern Theil von Verzwickten 
Zwickaw, | In welchem erzehlet wird, wie Anno 1633. Die Pestilentz 
doselbst so hefftig | grassiret, dass nicht genng davon zu sagen oder 
zuschrei | ben ist, vnd wie, als die Seuche am hefftigsten ange- 
halten vnd das Steuben | am grosten gewesen, der Kayserliche General 
Heinrich Holcke die Stadt Feindlicher | weisse eingenomnuen, . . . | | 
Beschrieben durch | Wolflfgang Ferbern. | Gedruckt zu Zwickaw, bei 
Melchior Gopnern. | Anno 1642. | 

Aus der Widmung an den Kurfursten, „gegeben in 
den sebr Verzwickten und Bezwackten Zwickaw*' er- 
fabren wir, dass der Poet sebon 1633 einen ersten Tbeil 
des „verzwickten Zwickau" dem Kurfursten dedicirte. 

Gleicb zu Anfang erzablt er 

• Dass, wie die Pestilentz am heftigsten grassiret, 

Der Hoick ein Krieges Heer hat in dies Land gefiihret. 
Und Zwickau glqichfalls, wie sonst mehr Qrt, angerannt 
Welch' in geringsten nicht thun konnen Widerstand, 
Weil aber dreissig Mann nicht mehr gesunc^am Leben 
Gewesen in der Stadt, ohn was ^ich naus begeben, 



•*) „Welche Stadt, weil sie fast ausgestorben und keine Gegen- 
wehr vorhanden, sie bald eingenommen." Handschrittliche Be- 
schreibung der dritten Ploquirung'der Stadt Leipzig. Dr. A. Danach 
Heydenteich S. 567: „Die nach Zwickau kommen, haben selbiger 
Stadt, weil die Einwohner wegen grassirender Seuche der Pestilenz, 
meistentheils daraus entwichen gewesen, ohne Widerstand sich im- 
patroniret, die Hauser aufgeschlagen und .gepliindert." 

^) In seinem Brief aii Johann Georg vom 27. August (a. St.) 



•4^ 



Hoicks Einfall in Sachsen im Jahre 1633. 63 

• 

Pes Sterb^ns halben, sonst viel stunden auf der Baar, 
Die andem waren krank, geMuft war die Grefahr: 
Nachdera der Feind den Ort ohn Schwertschlag eingenommen, 
Hat er gesperrt die Thor, so bald er neiti ist kommen, 
Dass keine Leiche mehr auf den Gottesacker naus 
Geschaffet werden kant, so dass in manchem Haus 
Zwey, drey und auch wol mehr der Tod ten sind gewesen, 
Viel Kranke, derer doch gar wenig sind genesen, 
Da auf iler Gasse ists gelegen aller voll, 
Der Soldat aber hat gethan als wftr er toll. 
In Hausem hin und her, die Eranken aus den Betten, 
Die Todten aus dem Sarg, sie wtithend werfen thaten, 
Zu'suchen ob man Geld versteckt bei solchen hatt, 
♦ Ein Landsknecht pltindert mit den andem urn die Wett. 
Es hatte zwar deti Schein als war es nicht erlaubet 
Jedoch wurd' tiberall gestohlen und geraubet 

Ja manches fromme Herz gequalet und geangst, 
Dass es im Tod zu sein gewiinschet hatt vorlangst^ 
Der ihm doch an d«m Hals war, leider, allzunahe, 
• Denn alle Tage man mehr Menschen sterben sahe, 
Dass daher sich erhub von Leichen ein Gestank, 
"Weil unbegraben sie gelegen gar zu lang, 
Dnd ohne Sarg ihr viel, in ziemlich grosser Hitze 
Die Hund und Katzen auch genommen ihre Sitze 

Beim todten Edrpern (ach des Herzeleids) dass man sagt 
Dass mancher Leichen ist die Nasen abgenagt 
Geworden, dass des Feinds Volk auch mit angestecket 
Und ihrer Viel davon, gleich wie das Vieh verrecket, 

Welchs auch den Feind bewegt, die Thor zu sperren auf. 
Alsdann hat man gesehn von Lenten ein Gelauf 
Zum Todtengrabem zu, mit bitten und mit tiehen: 
Last meine Leiche mir im Haus nicht langer stehen. 

Sie stinkt schon gar zu sehr, nehmt sie'zur ersten Fuhr, 
Ich geb euch, was ich soil, begrabet sie doch nur — ". 

Und wie dann diese Cadaverpoesie weiter geht. Es 
ist hervorzuhebeii; daBs von Excessen und Schandthaten 
des Feindes, die doch der Muse dieses Poeten ein nicht 
minder lohnender Vorwurf als die GrHuel der Pest sein 
mussten, nichts in der langeri Reimerei sich findet. — 

Was es Hoick nunmehr gait, war die Occupation der 
Stadt Leipzig, unter deren Thoren sich alle drei Colonnen 
vereinigen . soUten. Dass es Leipzig gelte, war bald be- 
kannt; sehr friih schon wird in den Briefen und Schreibens- 
extracten dav6n geredet. • 

Hoick schrieb spater iiber diese Erweiterung i^eines 
Plans an Wallenstein:**) „Nachdem ich etwas wegen der 
Artilleria aufgeftalten worden, habe ich, weil der Feind 



**).ln dem wichtigen Brief d. d. Leipzig 22. August 1633 
(n. St.). 



64 G' DroyBen: 

noch nit znBammen, nm ilm meb^ so viel (zu) divertiren 

und vorzukommen^ dass ich entweder im Gebirge nicht 

Noth leide oder um Zwickau und die Oerter wetjen der 

Pest, so allgemach angefangen tinter der Soldatesca einzu- 

reissen, mit der Armada Schaden litte, weiter avanciret; 

und durch ' Altenburg auf Leipzig meinen Marsch ge- 

nommen.^ 

Aus Altenburg haben wir liber das Erscheinen der 

Kaiserlichen auf ikrem Marsch nach Leipzig sehr leb- 

hafte Klagen.^"} 

,,Mit NVahrheit berichte ich aus hochbetrtibtem Gemuthe^ dass 
wir allbier in Altenburg nanmehro ganz elende, verlassene und be- 
triibte Leute sind. Wir leiden Mangel an Brod, Salz, Wasser, 
Apothek und Licht eta, ujid mnss das Oetreide auf dem Felde ver- 
derben. Wir wurden ail der Mittwoch gegen Abend tiberfallen, des 
Holken Yolk kam aqsm Joachimsthal, Breda aber von Eger, Plauen, 
Reichenbach, Krimitsch, ingesammt 4000 Pferde ; da ging alsobalden 
die schreckliche Pliinderung an allenthalben. In • welchen Hausem 
niemand vorbanden, denen haben sie zehn Mai so arg mitgefahren ; 
wo Bier -in Keller gewesen, ist dasselbe weggelassen worden; der 
Uausrath zerstiimmelt auf die Gassen geworfen und zertreten. Die 
. andem Obristen sind gewesen Piccolomini, Hatzfeld, Orosius, ein 
Bischof von Bamberg oder WGrzburg und dessen Bruder, General 
Proviantmeister Lippoldt. In der Bartholomaikirchen ist grosser 
Schaden geschehen; die Kclche und silbernen Kannen sind weg, die 
Orgel zerstummelt; aus des Kirchners Hause ist auch ein Aelch, 
zur Brtiderkirchen gehorig, weg; das Schloss, Canzlei, Henterei, 
Consistorium, Amtshaus ist gestem wieder aufs Neue erbrochen und 
alles herans genommen und verworfen worden. Die schone Tafel 
aufm Altar in der* Schlosskirchen ist auch weg. Das Kathhaus ist 
noch unangetastet, datur und dem Kloster salva quardia, welche zu 
halten nicht ein geringes kostet, und sind keine Mittel. Gewiss ist, 
dass der ganze Marsch auf Leipzig gangen, daraus man zwar g«stern 
und vorgestern hat horen stark scMessen^ und sagen die Soldaten 
ohne Scheu, sie woUten mit ihnen arger, als mit Magdeburg um- 
gehen; man wtirde auch allda anfangen, die Stadt mit Feuer anzu- 
greifen und in Grund zu verderben. Sie geben vor, als wann sie 
25000 -stark ; einer aber sagte mir gestem in Vertrauen , er wtisste 
gewiss, dass nur 15000. Vergangen Nacht ist nach J?ruppen viel 
Volk hierdurch gangen ,• und sonderlich Marketender. Heut frtth 
zogen 2 Compagniun zu Ross in Eil durch, uugefalir 100 Mann mag 
noch etwas zurttck sein, ob und wie viel kann man nicht. wissen. 
Was fUr Schaden bin und wieder ergangen, ist nicht zu beschreiben ; 
man kann- auch nicht sicher liber zwei oder drei' liauser auf der 
Gassen geh^en, man wird gefangen mit weggeftihret und angetastet; 
sitzen also noch in ausserster Gefahr. Gott helfe unsl Diejenigen, 
so uns schtitzen soUen, sind ausgerissen; Herr D. Hunnius (so an 
flinf Orten geplUndert) hat viel gethan. Ein Jesuit, so bei Herr 



*') Vertraulich Schreiben aus Altenburg den 16. August 1633 
(a. St.> Dr. A. 



Hoicks Einfall in Sachsen im Jahre 163S 66 

D. Mercken unserm Syndico einquartirt, hat nicht anders sich wollen 
bereden lassen, als sei er der Superintendens; deswegen er ihn, so 
ohne das unpass, von etzlichen 8oldaten ttbel tractiret, dahero der 
Sohn des Nachts entspringen mtlssen. Gestern frtihe hat man ihn, 
dass er ganz todt geschlagen, gefunden. £s ist auch gestern ge- 
storben Herr B. Johann, Andre& Nicolai Weib, Jochim LOber iind 
yiel ander mehr. Wohl in die hundert Leichen sind anitzo zn be- 
graben, weil gestern und vorgestern niemand hat begraben werden 
konnen. Vorgestern ist auch dem Lazaristen das Pferd, so die 
Leichen hinaus gesehafft, auch gestohlen und dessen ^ftrter ent- 
laufen. Jetzo hat man mit grosser MUhe ein anderes geschaflt. 
Gestern vor Mittage sind vier Feuer in der Stadt aufgangen, aber 
alle, Gott lob, bald geloscht worden, nnr ein H§,uslein zu Unter- 
Periz ist ganz abgebrannt, und mttssen wir uns dergleichen noch 
xnehr besorgen, dann die Soldaten uns dfPentlich Rebellen und ihre 
Feinde nennen; haben auch etzliche vorereben, dem ilolcken sei 
unser Fttrstenthum verehret, dess er sich bkld bemachtigen wollen. 
Gott sei uns gn§,dig. Wo Leipzig nicht Entsatzung bekommt, dOrfte 
es auch mit ihr aus sein; zwar man sa?t, haben sie vieP Hand- 
werksgesellen angenommen und jedem 10 Thaler auf die Hand geben." 

(Fortsetzung folgt.) 



^MM Archiv f. & G. u. A. Bd. L fi. I. 



HL 



Das Corps des Fiursten von Anhalt im ersten 

schlesischen Eriege. 



Von 

C. Grnnluigeiu 



Die folgenden Bl&tter sollen einen kurzen Abriss der 
Geschichte jenes Corps geben, das im ersten schlesischen 
Kriege Koaig Friedrich unter dem Commando des alten 
Flirsten von Anhalt in der Mark aufstellte in der Absicht, 
Sachsen und Hannover im Schach zu halten. 

Dasselbe hat allerdings keinen Feind zu sehen be- 
kommen^ keinen Schuss abzufeuern, kein Blut zu ver- 
giessen Gelegenheit gehabt. Nichtsdestoweniger hat es 
seine Rolle gespielt und seine Bedeutung gehabt; sein 
blesses Dasein hat eine nicht geringe Wirkung geiibt 
und dazu beigetragen, die politische Haltiing der Nach- 
bam Preussens zu bestimmen. 

Als der alte Ftirst Leopold von Dessau, untrostlich 
dartiber, dass er an dem schlesischen Feldzuge nicht 
Theil nehmen solle, wiederholte Beschwerden dartiber 
dem Konige vortrug, antwortete dieser ihm den 2. De- 
cember 1740, er verehre in dem Fursten den erfahrenen 
General viel zu sehr, um eine Gelegenheit voriibergehen zu 
lassen sich seines Rathes zu bedienen, aber die Expe* 
dition, die er jetzt vorhabe, sei eigentlich nur eine Ba- 
gatelle, eine blosse Besitzergreifung. „Kunftig Frtihjahr 
aber", fahrt er fort, „mochte es zum Ernste kommen und 
alsdann mehr auf sich haben, und da ich tiberdem an 
Sachsen einen Nachbar habe, vor dessen Intentionen ich 
nicht sicher bin^ so kann ich in meiner Abwesenheit 



Bas Corps des Ftlrsten von Anhalt. 67 

solche importante Aufsioht nnd in allem Fall darauffol- 
gende serieusere Expedition wie die jetzige keinem Besseren 
als Iluer Durchlaucht anvertrauen, ailein diese Expe- 
dition reservire ich nur alleine, auf dass die Welt nicht 
glaube, der Konig in Preussen marschire mit einem Hof- 
meister zu Felde."*) 

Der Furst liess sich dadurch einigermassen beru- 
higen, und seine Antwort liess durchblicken, er erwartete 
nun, wahrend der Konig ini Felde sei, als dessen alter 
ego in militarischen Dingen wenigstens fungiren zu dtirfen, 
(Joch belehrt ihn der Konig eines andern mit den Worten: 
„Dass ich raeine ubrige ira Lande bieibende Regimenter 
an Ew. Liebden verweisen sollte, solches werden Dieselben 
leicht ermessen, dass es sich nicht thun lassen werde, inmassen 
es die Natur und Art der Eegierung zu erfordern scheint, dass 
alle Regimenter Mir ailein angewiesen sind und bleiben," *) 

Der Ftirst machte seinem Missvergntigen durch eine 
heftige Kritik des ganzen Unternehmens Luft, und der 
Konig hat in seinen Memoiren in scharfen Ausdrticken 
das damalige Verhalten des alten Herrschers charakte- 
risirt. „Der Fiirst von Anhalt," schreibt er, „war wuthend 
dariiber, dass er weder von dem Konige zu Rathe noch 
bei der Ausfuhrung zugezogen worden war. Seine Eigen- 
liebe, dartiber emport, bewog ihn, alle Ungliicksfalle, die 
ein Misanthrop und Hypochonder sich erdenken kann, vor- 
herzuverkiindigen. Er betrachtete die kaiserliche Armee 
als seine Wiege und furchtete meine Machtvergrosserung, 
er warf Schrecken und Kleinmuth in alle Gemtither, er 
hatte mich selbst eingeschtichtert , w^re mein Entschluss 
nicht mit der vollsten Entschiedenheit gefasst gewesen."*) 



») Politische Correspondenz Friedriclis d. Gr. ed. Koser I, 117. 
Die Briefe des Konigs ed den alten Fursten von Dessau aus der 
hier in Frage kommenden Zeit siud bis auf einen (hier als Beilage 
mitgetheilten) im Anhange zu Orlichs Gesch. der scbles. Kriege I, 
und zum Theil auch in der erw. polit. Correspondenz abgedruckt. 
Wenn Droysen (preuss. Pol. V. 1, 299 Anm. 1) noch einen andern 
vom 1. August bei Orlich vermisst, so erledigt sich das dadurch, dass 
dieser (nach einer freundUchen Mittheilung des Herrn Geheimrath 
Siebigk in Zerbst) kein Brief des Konigs an den Fursten ist, sondern 
BUT Ab&chrift eines jener vom Konige selbst verfassten Kriegsberichte, 
welche Droysen im Militftr - Wochenblatte von 1878 selbst mitge- 
theilt hat. 

*) Den 11. Dec. Ebendas. 135. 

») So in der Bearbeitung von 1746 ed. Posner 217. Die spatere 
Redaction Oeuvres 11, 58 detaillirt dann noch nahe#die Verpflich- 
tungen, welche der FUrst gegen den kaiserlichen Hof gehabt 



O' 



68 C- Grf&nhagen: 

AIs der Fiirst einmal dem Konig selbst seine Besorg- 
nisse aussprach, antwortete er ihm: „Ich habe Ew. 
Durchlaucht ihren Brief gekriegt und gesehen, mit was 
vor Inquietude Sie den bevorstehenden Marsch meiner 
Truppen ansehn, ich hoffe^ dass Sie sich dartlber berubigen 
werden und erwarten mit Geduld, zu was ich sie aestimire, 
ich habe meine Dispositions alle gemacht und werden Ew. 
Durchlaucht schon zeitig genug erfahreut was ich be- 
fohlen habe^ ohne sich weiter darum zu inquietiren^ indeme 
Nichts vergessen noch versaumt ist"*) 

Indessen gehoren diese Misshelligkeiten doch nur 
der ailerersten Zeit des Kriegcs an.*) Der alte Fiirst 
erhielt bald Gelegenheit zu erfahren, dass der Konig im 
Emste geschrieben hatte, er werde sich allzeit gerne seines 
Rathes bedienen/) vom ersten Anfange des Feldzuges an 
schreibt Friedrich dem Fiirsten, unterrichtet ihn eingehend 
von dem Stande der Kriegsereignisse, fragt ihn direkt 
um Rath und zeigt bei verschiedenen Gelegenheiten, dass 
er der Ansicht des erfahrenen Feidherrn Einfluss auf 
seine Entschliessungen einraumt. Auch erfuhr der Fiirst 
sehr bald, fiir welchen besonderen Zweck der Konig den 
bewahrtesten seiner Generate aufgespart hatte. Gegen 
Ende des Jahres 1740 berichteten die preusischen Gesandten 
in Wien, wie man von sachsischer Seite dort gegen jede 
Verstftndigung mit Preussen arbeitete, und dass zwischen 
dem Wiener und Dresdener Hofe bereits ein Bund ge- 
schlossen sei. Darauf hin schreibt der Konig, der schon 
vorher unter dem 23. Dec. dem Fiirsten von Anhalt auf- 
getragen hatte iiber die ' angeblichen Riistungen der 
Sachsen Erkundigungen einzuziehen,') dem letzteren 
unter dem 9. Januar, er werde jetzt erkennen, welches 
die wahre Ursache gewesen, dass er den Fiirsten fur 
diesmal noch zuriickgehalten. „Icli will zwar nocb zur 
Zeit nicht glauben, dass der Tractat zwischen dem wieneri- 
schen und saclisischen Hofe in dermassen zur Consistenz 
gediehen als in obermeldtem Berichte^J angefiihrt werden 



*) Den 24. November 1740 Pol. Corr. I, 111. 

*) Der EOnig giebt in der angef. Stelle seiner Memoiren die 
schlechten Prophezeihungen des Ftirsten als ein Motiv an, weshalb 
er es iUr nothig gehaltcn habe, an seine Officiere beim Ansmarsch 
einige ermuthigende Worte zu richten. 

•) In den Schreiben vom 11. Dec. Polit. Corr. I, 136. 

') Polit. %>rT, 1, 156. 

■) Getters aus Wien vom 3. Januar. 



Das Corps des Fttrsten yon Anhalt. 69 

woUen. Da es aber doch nothig ist, bei so delicaten 
Conjuncturen seine Mesures in Zeiten zu nehmen, als habe 
Ew. Liebden hierdurch ersuchen wollen, einen Plan zu 
forrairen, welchergestalt man allenfalls ein Corps von 
24000 Mann aufbringen und notbigen Falls damit in baclisen 
geben konne, bevor solcher Hof seine bosen Intentiones 
in das Werk zu setzen zu Stande kommet.'* Der Fiirst 
soil iiberlegen, wie man den Sachsen wehe thun und 
verhindern konne, dass sie Remontepferde bekommen, 
doch alles in tiefstem Geheimnis.*) 

Der Furst sandte eine ausfiihrliche Disposition fur ein 
Unternehmen gegen Sachsen ein, aber der Konig zweifelte 
imraer noch, ob das osterreichiscli-sachsische Biindnis 
wirklich bereits fertig, und ob nicht das ' Gerticht da- 
von nur von dem Wiener Hof ausgesprengt worden sei, 
und erklftrte deshalb, Bedenken zu tragen, „ wider solches 
Kurhaus wirkliche Mesures zu nehmen", behielt sich aber 
vor, zura Friihjahr bei Berlin ein Beobachtungscorps zu 
versamraein, ansehnlich genug, urn dem sachsiscnen Heere, 
das er auf hOchstens 17 Bataillone und 26 Schwadronen 
anschlug, gewachsen zu sein. Die dazu ausersehenen Re- 

fimenter hatte er bereits bestiramt.*®) Der Gesandte in 
>resden erhielt Befelil, sorgfaltig aufzupassen und uber 
etwaige Rustungen und namentlich das Ankgen von 
Magazinen sofort zu berichten. ' *) 

Der Fiirst war beordert worden^ in der Zeit, wo der 
Konig aus dem Felde nach Berlin zuriickkehren woUte, 
zum 4. Februar von Magdeburg heruber zu kommen,'*) 
und in Conferenzen mit ihm und seinem koniglichen Herrn 
ward Naheres liber die eventuelle Zusammenziehung des 
Corps verabredet. Dasselbe gewann jetzt noch nach ^iner 
andern Seite hin Bedeutung. Die Nachricht von der 
Mobilmachung der danischen und hessischen Soldtruppen 
Englands hatte Konig Friedrich beunruhigt, und er hatte 
dem englischen Gesandten deshalb Vorhaltungen gemacht. 
Um so mehr glaubte dieser die schnell verbreitete Nach- 
richt von der beabsichtigten Aufstellung eines Obser- 
vationscorps damit in Zusammenhang bringen und als 
eine gegen Hannover gerichtete Massregel ansehen zu 



•) Polit. Corr. I, 174. 

»•) Den 22. Jan. 1741. Polit. Corr. I, 184. 

>') Ebendas. 185. 

'*) Brief vom 18. Juni bei Orlicb, Gesch. des schles. Kriegs I, 301. 



70 C- GrOnhagen: 

mUBsen. Er beeilte sich^ die Regentschaft in Hannover 
zu warnen.*') Hier war man sehr angstlich, um so mehr, 
aU man erfuhr; Fodewils babe zu dem danischen Gesandten 
Praetorius geaossert, wenn man gleich England nicht 
selbst zu erreichen vermoge, konne man doch dessen kur- 
fiirstliche Besitzungen fUr eine feindliche Haltung Englands 
biissen lassen.'*) Vor Allem aber augstigte das eigene bose 
Gewissen und der Gedanke, dass der Konig von Preussen 
von den englischen Bemiihungen um eine Theilung 
Preussens erfahren und in Hannover einbrechen konnte, 
wo man so gut wie nichts fur eine Vertheidigung des 
Landes gethan hatte. 

Indessen blieben ja dem KSnig von Preussen die eng- 
lischen Intriguen lange verborgen, und wenn auch vorbe- 
reitende Schritte fiii* die Zusammenziehimg des Corps 
erfolgten^ so war doch fiir den sorgfaltigst aufmerkenden 
hannoverschen Gesandten das fortdauernde Verweilen des 
alien FUrsten in Berlin eine Biirgschaft dafur, dass noch 
nicht sogleich das Schlimraste zu furchten sei. AUerdings 
machte der Ftirst kein Hehl daraus, dass er gegen Ende 
des Mftrz zu seinem Corps abgehen zu konnen hofFe.**) 
Doch war das eben nur seine Vermuthung; die Zeit imd 
den Ort genauer erst im letzten Augenblicke zu bestimmen, 
hatte sich der Konig ausdriicklich vorbehalten.'®) 

Inzwischen hatte Friedrich aus Russland von Mtinnich 
Naheres liber das gegen ihn angesponnene Komplot er- 
fahren und zwar in einer Fassung, welche, was that- 
sachlich nicht zutraf, Sachsen als den Hauptschuldigen 
erscheinen liess. Daraufhin sendet er dem Fiirsten JBe- 
fehl Ju das Lager" ^') zu riicken; um auf den ersten Wink 
den Sachsen zu Leibe zu gehen und diese zu desarmiren, 
dann, wenn inzwischen die Hannoveraner, die allerdings 
bis jetzt keine sonderlichen Anstalten geraacht zu haben 
schienen, sich regten, auch gegen diese vorzugehen. 2 Dra- 
gonerregimenter und 2 Regimenter Husaren, die bisher 

**) Don 7. Febr. Staatsarch. zu Hannover. Nach London hatte 
derselbe bereits unter dem 31. Jan. von des Konigs Absicht, ein Ob- 
servationscorps bei Magdeburg zu versammeln, geschrieben. Lon- 
doner Record Office, Prussia. 

**) hericht von Guy Dickens vom 28. Febr. Londoner Rec. Office. 

••) Bericht von wuy Dickens vom 14. M&rz. Londoner Re- 
cord Office. 

*•) Der K«nig an den Fftrsten, den 18. Februar. Orlich I, 804. 

") In den letzten Wochen muss also doch der E5nig hier 
den Ort genauer bestimmt haben. 



Das Corps des Farsten von Anhalt. 71 

noch in Preussen geblieben, will er dem Flirsten zur 
Verstarkung senden. Selbst wenn dann wirklich die 
Kussen gegen ihn feindlich anftreten wtirden, hofft er 
den Kampf siegreich bestehen zu konneti. Zunftchst ge- 
denkt er diesen Preussen preiszugeben , dann aber will 
er, da, wie zu er war ten stande, Oesterreich, durch Bayern, 
Frankreich und Spanien angegrifFen, ihm nicht seine ge- 
sammte Macht entgegenstellen kOnnte, in Schlesien, nacbdem 
er si eh Briegs und Neisses bemachtigt, nur ein kleineres 
Corps zur Defensive stehen lassen und selbst mit dem Haupt- 
heer durch die Lausitz dem Fiirsten entgegen marschiren, 
und, vereint mit diesem, dann gegen die Russen ziehen. **) 

Es sind Entwiirfe in grossera Stile, die bereits den 
kiihnen Geist athmen, der dann im siebenjuhrigen Kriege 
die Bewunderung der Welt hervorgerufen hat. 

Mit Freuden vemahm der alte Heerfiihrer von der 
Aussicht, nun wirklich ins Feuer zu kommen. Man wird 
sehen, horte man ihn sagen, dass ich mir nicht den ersten 
Schlag geben lassen werde. — Anhalts Truppen sind in 
voUem Marsche (namlich nach dem Lager), schrieb am 
28. Marz der englische Gesandte.*®) Sein Plan war, den 
Feldzug mit einem Handstreich auf die Eestung Witten- 
berg zu beginnen, damit nicht bei einem Vorrlicken gegen 
die Saale hin die Landeshauptstadt allzu exponirt er- 
scheine. Mit 14 Bataillonen *®) rtickte er am 2. April in 
das Lager von Gottin ein, sudlich von Brandenburg, die 
Vorposten nahe der sachsischen Grenze. In wenigen Tagen 
wucns das Heer auf 33 Bataillone und 43 Schwadronen. 

Im Uebrigen aber batten die letzten Weisungen vom 
KSnige die Aussichten, wirklich zum Kampfe zu kommen, 
wieder weiter hinausgeschoben. Einmal wollte der Konig 
erst abwarten, bis alle zu dem Anhalt'schen Corps ge- 
horigen Regimenter beisammen waren, dann aber auch 
sich erst tiberzeugen, ob denn wirklich Russland mit ihm 
brechen und auch Hannover, das sich bis jetzt noch stille 
verhalte, gegen ihn marschiren woUe. Der Furst, hoflft 
der Konig, werde unter alien Umstanden Wittenberg haben 



»•) Briefe des Konigs vom 17. und 20. Mftrz. Pol. Corr. I, 
208 and 211. 

") Londoner Record Office. 

*•) SchOning, Die 5 ersten Jahre Friedrich des Grossen, 72. 
Friedrich giebt in der d,lteren Bearbeitung seiner hist, de mon temps 
221 die Starke des Corps in runder Summe auf 30 Bataillone and 
40 Schwadronen an. 



72 C. Grttnhagen: 

und mit den Sachsen fertig sein, ehe die Hannoveraner 
heran seien. **) 

Auf den sachsischen Hof machte es natiirlich einen 
niclit geringen Eindruck, das Heer des Fiirsten so nahe 
der Grenze sich aufstellen zu sehen. Unmittelbar nach 
dera 18. April, erzahlte raan sich, werde der Ftirst in 
Sachsen einriicken und die Leipziger Messe ruiniren;**) 
man woUte wissen, bereits Friedrich Wilhelm I. habe 
diese Stadt vora Erdboden vertilgen woUen, weil sie dem 

Srexissischen Handelsplatze Frankfurt a. O. so sehr Scha- 
en zuftige. ^') Mit den eignen Rlistungen, den drei Lagern, 
welche man zwischen Leipzig und Torgau zu errichten 
gedachte, **) 'den Anstalten zur Vertheidigung des Elb- 
iiberganges kam man nur langsam vor warts, und der 
6000 Mann, welche man auf Grund der alten Bundesver- 
trftge von Hannover reklamirte, fuhlte man sich wenig 
sicher. '^^) Natiirlich war man eifrig bemiiht, die besten 
Gesinnungen gegen Preussen zu versichern, die Armee 
habe man nur deshalb ergtozt, weil der Konig nach der 
Leipziger Messe eine grosse Revue halten woUe. *®) Auch 
richtete Konig August ein Handschreiben an Friedrich, 
in welchem er darauf aufmerksam machte, dass die preussi- 
schen Husaren so gar nahe der sachsischen Grenze lagen, 
dass Verletzungen derselben leicht vorkommen konnten, 

fegen welche er Vorkehrungen zu treflFen bat, ^') worauf 
er Konig in der That dem Fiirsten es einscharfte, strenge 
Disciplin zu halten und jeder „ Violation der Territorii" 
vorzubeugen. ^*) 

Die sachsischen Rlistungen gegen Preussen wurden 
im Uebrigen durch das Vorriicken des Anhalt'schen Corps 
an die Grenze nicht aufgehalten. **) Gerade damals, An- 

*») An den Fiirsten den 26. Marz. Polit. Corr. I, 326. 

") Bericht des hannOverschen Gesandten von dem Busche aus 
Dresden vom 13. April. St.-A. zu Hannover. 

**) Bericht des englischen Gesandten Villiers aus Dresden vom 
19. M&rz. Londoner Record Office, Poland. 

**) Derselbe, den 5. April. 

**) Vom 15. April datirt die officielle Requisition. St.-A. zu 
Hannover. 

*•) Angef. bei Droysen V. 1, 231. 

*») Anfahrungen aus Podewils Bericht vom 16, April. Polit. 
Corr. I, 229. 

") Den 17. April. Polit. Corr. I, 229. 

*•) Es entspricht deshalb nicht ganz den wirklichen Verhalt- 
nissen, wenn Droysen (V. 1, 230) sagt, die Nachricht von dem Gottiner 
Lager habe den Dresdner Hof ungefahr so getroffen, „wie den Nacht- 



Das Corps des Ftbrsten von Anhalt. 73 

fang April, wiirde ja die letzte Hand gelegt an jenen 
sachsisch-osterreichischen Vertrag, rait dessen Absclilusse 
(den 11. April) das Haupthindernis zu schwinden schien, 
das der grossen Coalition gegen Preussen noch ent- 
gegenstand. 

Von den Dresdener Gesandten dieser Ooalitions- 
m'achte war auch damals ein formlicher Kriegsplan bei 
dem sachsischen General Renard bestellt worden; Mitte 
April ist der Plan fertig, am 18. kann eine Alj^chrift 
nach Petersburg gesandt werden, und ara 25. wird 
eine zweite nach London expedirt, um dort gepriift zu 
werden, nachdem Villiers sich als Nichtmilitar fUr in- 
kompetent erklart hatte. *®) 

Es war sehr natlirlich, dass dieser Plan sich ganz 
besonders auch rait dem Corps des Fiirsten von Anhalt 
beschaftigte, von welchem Renard urtheilte, derselbe habe 
eine ausserst vortheilhafte Stellung gewahlt, in der er 
Berlin gegen jeden Angriflf decke, in gleichem Masse 
Sachsen wie Hannover bedrohe und die vereinigung von 
deren Truppen hindere. Der General ging davon ' aus, 
dass Sachsen wegen seiner preussischen AngrifFe in so ganz 
besonders exponirter Lage in keinem Falle die ersten 
Schritte thun konne, sondern diese, was das Heer des 
Fiirsten von Anhalt betrafe, Hannover Uberlassen musse. 
Wenn dann das hannoversche Heer, durch die hollandi- 
schen Hiilfstruppen und die dtoischen Soldner Englands 
vermehrt, gegen Anhalt vorrticke, musse man von dessen 
Massregeln das Weitere abh'angig machen. Riicke der- 
selbe, was wohl das Wahrscheinlichste sei, ihnen ent- 
gegen ins Hannoversche ein, so empfehle es sich fUr die 
hannoverschen Truppen, ihm gegentiber eine feste Stel- 
lung einzunehmen. Wenn dann die sachsischen Truppen 
im Riicken Anhalts vorgingen, seine Magazine und Berlin 
bedrohten, sei es wahrscheinlich , dass er zuriickgehen 
werde, um die Hauptstadt zu retten, wo dann die han- 
noverschen Truppen ihm auf dem Fusse folgen miissten. 
Wende er sich umgekehrt gleich von vorn herein gegen 
die Sachsen, so miissten jene schleunigst zu deren Hulfe 
herbei eilen. 



wandler die Stimme, die ihn mit Namen ruft.*^ Davon konnte schon 
deswegen nicbt die Rede sein, weil in den Dresdner Galcdlen das 
Corps des Ffirsten Anhalt bereits seit Monaten mit escomtirt war. 
»«) Akten, den Vergleich mit der KOnigin von CJngarn 1741 
betr. Im Dresdner Hauptstaatsarchive. 



74 C. GrUnhagen: 

Die grosste Gefahr sei die, dass der Ftirst sich auf 
die Sachsen werfe, elie die hannoverschen Truppen heran 
seien. Urn dies zu verliuten, mussten die Hannoveraner 
ihre Rlistungen beschleunigen , und auch die hessischen 
Soldtruppen sich in deren Heiraath concentriren lassen, 
damit diese den Sachsen naher waren. Die letzteren 
mtissten sich ihrerseits auf das ausserste bemiihen, Preus- 
sen nicht vorzeitig Ombrage zu geben; sie mussten des- 
wegen von eigentlichen Concentrationen von Truppen Ab- 
stand nehmen, vielmehr sich begniigen, diese so einzu- 
quartiren, dass sie in 5 bis 6 Tagen zusammengezogen 
werden konnten, auch das schwere Geschiitz sollte vor- 
laufig noch nicht mitgenommen werden. ' ') 

Renard. hatte mit Recht die grosste Gefahr in der 
Moglichkeit erblickt, dass sich der Fiirst auf die Sachsen 
werfen und diese vernichten konnte, ehe.die Hannoveraner 
ihnen Hulfe bringen konnten. Dies war in der That auch 
die Meinung des Konigs; ehe er aber den Befehl dazu 
gabe, woUte er einerseits abwarten, welche Wirkung die 
Nachricht von seinem Siege bei Mollwitz liben wlirde, 
andemfalls, was der ausserordentliche Gesandte Englands, 
Lord Hyndford, der langst erwartet, jetzt endlich ein- 
treffen sollte, ihm bringen werde. Brachte derselbe gute 
und acceptable Propositionen, urtheilt der Konig, „80 ist 
es gut und wird man gegen jene Nachbarn piano gehn 
mtissen; sollte aber das Gegen theil sein und er sich 
hautain bezeugen, und ich daraus sehen, dass Engelland 
im Ernst wider mich mit meinen Feinden ira Concert 
stehe, so wird das Beste sein^ das Prae venire zu spielen 
und auf Sachsen loszubrechen , ehe es sich mit denen 
Hannoveranem conjungiren konne.*' *^) 

Hyndford hat nun zwar, wie wir wissen, acceptable 
Propositionen nicht mitgebracht, aber hautain ist er auch 
nicht gewesen — andererseits ist der ganze Kriegsplan der 
grossen Coalition ebenso wie die ganze Coalition selbst 
ins Wasser gefallen. Und wenn die Dresdener Verhand- 
lungen voUkommen resultatlos geblieben sind und keine 
Hand sich gegen Preussen aufgehoben hat, so hat diese 
Wirkung nicht so sehr der Schrecken vor dem Heere 
Anhalts geiibt, ja nicht einmal die Nachricht von MoU- 



**) Mir hat eine Abschrift des Kriegsplanes im Londoner Record 
Office vorgelegen. 

»*) An Ftirst Anhalt den 12. April. Polit. Corr. I, 221. 



Das Corps des Ftirsten von Anhalt. 75 

witz; vielraehr hat unabhangig von dem Einen wie dem 
Andern England von dem Augenblicke an, wo es krie- 
gerische Massnahmen gegen Preussen mindestens aufge- 
schoben wissen wollte, die Coalition lahra gelegt. Sachsen 
hatte ja immer beliauptet, erst in letzter Linie hervor- 
treten zu konnen, und in Russland war man im Grande 
recht froh des unerwUnschten Kampfes durch Englands 
Rticktritt tiberhoben zu sein. 

Namentlich bemiihte sich Sachsen, alies zu vermeiden, 
was den kriegsmachtigen Nachbar reizen konnte; man 
beschwor die Hannoveraner, von der Requisition der 
Hiilfstruppen nichts verlauten zu lassen, und war sehr 
glucklich, dass die Leipziger Messe leidlich gut ver- 
laufen war. Siebenbtirger und Ungarn waren aller- 
dings weniger gekommen als sonst; die aber kamen, bc- 
richteten, dass sie durch die preussischen Truppen ganz 
sicher durchgekommen seien, ungleich melir Noth hfttten 
ihnen die Soldaten ihrer eignen Konigin, die osterrei- 
chischen Husaren, gemacht.^*) 

Von dem Konig, ja selbst von dem alten Ftirsten 
empfing man in Dresden beruhigende Versicherungen, 
und auch in Hannover liess Fried rich Ende April be- 
stimmt erklaren, es liege ihm sehr fern, gegen Sachsen 
oder einen andern seiner Ifachbarn Feindseligkeiten zu be- 
ginnen.**) Und wenn daher auch der alte Fiirst wohl 
noch einmal von kriegerischen Vorbereitungen in Leipzig 
und Umgegend zu berichten hatte,**) so nahm das der 
Konig dankbar auf, ohne allzuviel darauf zu geben. 
Und thatsachlich musste der Fiirst sich damit begntigen, 
mit seinen Regimentern tlichtig zu exerciren und an der 
Neuorganisation der Cavallerie, welche der Konig seit 
MoUwitz betrieb, sich eifrig zu betheiligen, eine Beschaf- 
tigun^, deren EintOnigkeit einmal durch den mehrtagigen 
Besuch der beiden Briider des KSnigs, der Prinzen Hein- 
rich und Ferdinand, unterbrochen ward. Die Besichti- 
gimg des Lagers musste ihnen Ersatz bieten fur den 
schlesischen Feldzug, von dem ihr Bruder sie zu ihrem 
grossen Bedauem fernhielt. Der alte Fiirst bemiihte 



»•) Berichte des von dem Busche aus Dresden vom 16. u. 22. April. 

**) Das iiannOversche Ministerium theilt das an seinen Dresaner 
Gesandten unter dem 7. Mai mit. 8t.-A. zu Hannover. 

**) Der E5nig an den Ftlr^t von Anhalt den 4. Juni 1741. Folit 
Corr. I, 267. 



76 C. Grttnhagen: 

sicb, durcli Manover und Revuen ihnen Unterhaltung zu 
bereiten und erregte ihre aufrichtige Bewunderung.*®; 

Von sachsischer Seite zeigte man sich so freundlich, 
dass, als z. B. in jener Zeit der K(3nig von Polen einmal eine 
Triippenrevue unweit Torgau abhielt, auf seine Einladung 
28 Officiere vom Anhalt'scben Heere derselben beiwohnen 
durften, welche natiirlich in hohem Auftrage die Ge- 
legenheit eifrig wahrnahmen, sich unter den fremden 
Truppen mogliclist umzusehen.*') 

Die Gefahr eines AngrifFes von Seiten Hannovers 
oder Sachsens schien damals so fern zu liegen, dass 
Podewils in der Zeit, wo Konig Friedrich sich eutschlossen 
hatte, mit Frankreich abzuschliessen imd England -Han- 
nover durch verdoppelte Freundlichkeit moglichst lange 
dariiber zu tauschen sich bemtihte, die Meinuiig aussprach, 
„ durch nichts konnten ,die Argusse' wirksamer getauscht 
werden, als wenn man das Heer Anhalts cantoniren liesso, 
d. h. in Quartiere auseinander legte^ weil man dann 
glauben wird, dass wir friedfertig sein werden wie die 
Lammer". Darauf entscheidet der Konig unter dem 3. Juni: 
„gut, die Ordre ist schon ergangen, dass die dortige Ca- 
vallerie cantoniren soll".^^) 

Erfreut berichten die Gesandten von der Absicht des 
KOnigS; das Gottiner Lager aufzulossen, nach Hause, der 
hannoversche am 4 Juni, der sachsische am 10. ^•) 

Bald aber mussten die guten Nachrichten revocirt 
werden. Von der Auflosung des Anhalt'schen Corps sei 
keine Rede mehr, berichten Ende Juni die hannoverschen 
Gesandten aus Dresden und Breslau.*®) Auf das Drangen 
des osterreichischen Gesandten, und nachdem das Bundniss 
Frankreichs und Preussens bekannt geworden war, glaubte 
man doch wieder englischerseits einige kriegerische Mass- 
regeln vornehmen zu miissen, um so mehr, da von den 
durch das Parlament der Konigin von Ungarn bewilligten 
Subsidien Konig Georg einen ansehnlichen Theil sich an- 
zueignen beabsichtigte. Georg liess es dem preussischen 
Hofe anzeigen, er beabsichtige einen Theil seiner Truppen 



••) Agf. bei Schttning, die ersten Jahre Friedrich d. Gr. 83. 
•') Agf. bei Schfining a. a. 0. 84 
»•) PoUt. Corr. L 266. 
••) Archive zu Hamiover und Dresden. 

*^) von dem Busche den 26. Juni, Schwichelt den 28. St- A. zu 
Hannover. 



Das Corps des FUrsten Yon Anhalt. 77 

znsammenzuzielien, auch die in englischem Solde stehenden 
Dtoen heranzuzielieii; ohne darait jedoch irgend etwas 
Feindseliges gegen Preussen zu beabsichtigen. Auch nach 
Dresden wurde Anfang Juli ein hoherer Ol'ficier, Ilten^ ge- 
sandt, um zu gemeinsamem Handeln einzuladen. Der Prinz 
von Oranien, Konig Georgs Schwiegersohn, schrieb damals 
an einen hoUandischen General, es wtirden sich 18000 
Hannoveraner, 6000 Danen, 6000 Hessen und vielleicht 
15000 Sachsen vereinigen, um dem Fiirsten von Anhalt 
eine Visite abzustatten/*) 

Der alte Ftirst wartete nicht besondere Verhaltungs- 
befehle ab, um sich in Positur zu setzen; aber nach seiner 
einmal gefassten Meinung sah er in Sachsen wiederum 
den Hauptschuldigen und machte nach dieser Seite hin 
Demonstrationen. In Dresden woUte man wissen, es sei 
bereits ein Lager bei Treuenbrietzen dicht an der sachsischen 
Grenze, unweit Wittenbergs, abgesteckt. Anhalt habe ge- 
aussert: „Nun, die Sachsen woUen auch bose thun? Es 
schadet nichts — wenn es nur erst losginge".**^ 

Aber bald erhielten seine Dispositionen eine andere 
Richtung. Eine vom KOnig unter dem 6. Juli abgesendete 
Staflfette zeigt ihm die hannoversche Truppenzusammen- 
ziehung an, und, obwohl der Konig zur Zeit noch nicht 

flauben woUte, dass dies in der Absicht, gegen seine 
lande etwas zu tentiren, geschehe, so moge doch der 
Flirst aufmerken und einige „vernunftige Officiers" zur 
Erkundung der Sache ausschicken, auch in Hamburg liber 
die etwaigen Mouvements der Danen nachfragen lassen.**) 
Einige Tage sp'ater lauten die Weisungen schon po- 
sitiver, der Konig habe unzweifelhafte Nachricht, dass 
die Hannoveraner mit den danischen und hessischen 
Soldtruppen sowie mit 6000 Sachsen sich vereinigen 
woUten. SoUte es zum Ernste kommen, so sollte das 
Braunschweigische Regiment von Stettin nach Berlin gehen 
und das Dohna'sche ablosen^ das zum Fiirsten stossen 
werde, desgleichen das Henrich'sche aus Magdeburg, 
denn nach dieser Gegend mochte wohl der Marsch des 
Fiirsten gehen. *"*) Eine Woche spater instruirt er sogar 
den Fiirsten, obwohl er noch immer eine kriegerische 



**) Agf. bei Droysen, Preuss. Polit. V. 1, 295 Anm. 2. 



**) Berichte lltens im hanndyerschen Archiv. 
*•) Polit. Corr. I, 272. 
) Den 9. Juli. Polit. Corr. I, 274. 



44 



78 C. Gr&nhagen: 

Operation der Hannoveraner ftir nicht recht wahrscheinlich 
hielte, doch fiir alle Falle in der Stille Vorkehriingen zu 
treflfen, dass der Tresor in Berlin auf die erste Ordre 
des Konigs nach dem Stettiner Schlosse transportirt werden 
kOnne.") 

Als um dieselbe Zeit Hyndford Podewils interpellirt 
wegen eines in Breslaa verbreiteten Gertichtes, es sei am 
11. Juli ein Officier eilig durchgekommen, der den Be- 
fehl an Anhalt zu uberbringen hatte, in Hannover einzu- 
rticken,*®) diktirt der Konig argerlich auf den Rand des 
von seinem Minister eingesendeten Berichtes folgende 
Entscbeidung: 

„Ihr sollt ihm sagen, ich wftre sehr surprenirt, wie 
Mylord Hyndford, den ich allemal vor einen vemiinftigen 
Mann estimirt hatte, sich uber dergleichen Bruits inquie- 
tirte, und konnte ich nicht begreifen, wie es moglich ist, 
dass er dergleichen ganz abgeschmackten Zeitung einigen 
Glauben beiraasse. Wenn ich dergleichen intendirte, so 
wiirde es der Fischmarkt zu Breslau gewiss nicht zum 
erst en orfahren, und ware solche Entreprise schon eher 
geschehen. Ich miisste aber daraus das urtheilen, dass 
man mit Zusammenziehung der hann5verschen Truppen 
etwas intendire, so dergleichen Zeitung ahnlich, und nun 
besorgete, es ware decouvrirct worden, mithin befiirchtete, 
ich wUrde ein rechtmassiges Pravenir spielen. Man sucht 
keinen hinter der Thiire, man habe denn dahinter ge- 
stecket. Man handle aber nur redlich, als ich es zu thun 
intentioniret bin, so wird keiner was zu besorgen haben. 
Dieu et mem droit. Dieses soUet ihr ihm sagen".*') 

Der Fiirst hatte auf des Konigs Wunsch einen Ope- 
rationsplan fiir einen eventuellen Feldzug gegen Hannover 
entworfen, audi den Konig dringend zu einer Besichtigung 
des Lagers eingeladen. Friedrich bedauert unter dera 
23. Juli, zu dem Letzteren fiir jetzt keine Zeit finden zu 
konnen, und findet beziiglich des Ersteren, „dass die Sachen 
ihre Form verandert batten und der hannoversche Hof 
noch wohl Bedenken haben dtirfte, gegen mich offentlich 
etwas Feindseliges zu tentiren".**) 



*») Den 16. Juli. Ebendaselbst 280. 
*•) Unter dem 12. Juli berichtet Hyndford daruber nach Hause. | 

Londoner Record Office. 

*') Den 12. Juli. Polit. Corr. I, 268. 
*•) Polit. Corr. 1, 283. 



Das Corps des Farsten von Anhalt 79 

Der Konig hatte ganz Recht. Generalmajor Ilten 
hatte am 1. August ganz unverrichteter Sache aus Dresden 
abreisen miissen; wohl hatte man zwischen ihm und silch- 
sischen Officieren einen Kriegsplan verabredet, bei welchem 
Quedlinburg als Vereinigungspunkt der beiderseitigen 
Heere in Aussicht genommen war, doch tauschte er sich 
selbst nicht dariiber, dass derselbe wohl nie zur Aus- 
fiihrung kommen werde.*®) 

Das Heer Anhalts blieb aber als Warnung vor- 
nehmlich fur Hannover stehen, und es mag an jene stolze 
Aeusserung erinnert werden, mit welcher Konig Friedrich 
am 7. August den dreisten Robinson abfertigte, als dieser 
von einem moglichen feindlichen Auftreten Englands 
sprach: „Herr, keine Drohung^ der Konig von England 
ist mein Freund, ware er es aber nicht, so wlirde der 
Fiirst von Anhalt fiir das Weitere sorgen." 

Mitte August hatte der Fiirst einen Wechsel seiner 
Quartiere ftir nothwendig orklart, da verschiedene Krank- 
heiten, vornehmlich hitziges und Fleckfieber, immer mehr 
um sich griffon und so zunahmen, dass in einem Monate 
2648 Kranke gezslhlt wurden, von denen 209 in jenera 
Monate starben; liber seine Aerzte, die Regiments- Feld- 
scheerer, hat der Fiirst sehr zu klagen, bis auf zwei 
taugten sie insgesammt nichts.*®) Er hatte sich ftir 
das neue Lager die Gegend um Groningen im Fiirsten- 
thume Halberstadt ausersehen; doch findet nur die Mass- 
regel selbst, nicht aber der gewahlte Ort die Billigung 
des Konigs, da die Bewegung der Armee sonst bei den 
Nachbarn neuen AUarm erregen imd Gelegenheit geben 
wtirde, „sich allerhand intendirende Absichten dadurch in 
die Kopfe zu setzen. Dass selbige vor Ew. Liebden und 
Dero unterhabenden Armee in allerhand fiirchterlichen 
Gedanken stehen, ist mir bekannt; meine Wohlfart und 
mein Interesse erfordert, auch dieselben de bonne raani^re 
darunter zu unterhalten, nur allein ist es noch nicht an 
der Zeit, dieses Wespennest zu regen", er wunsche deshalb, 
dass der Fiirst sein Lager in der Nahe von Brandenburg, 
wenn auch auf einer andern Seite dieser Stadt, behalte. 
Wenn das Haus Hannover in seiner bisherigen Jalousie 
und Duplicitat fortfahre, so konne es leicht geschehen. 



*») Berichte Iltens im Hannoversclien Archiv. 
**) Agf. bei Schoning, die ersten J. d. Regierung Friedrichs d, 
Gr. (Volksausgabe) 83. 



go C. Granhagen: 

dass der Ftirst noch in diesem Jahre zur Operation 
k^me. Bis dahin k'arae es darauf an, Hannover und 
Sachsen zwar keine befugte Ursache zur Ombrage zu 
geben, solche aber dennoch durch die dortige Armee in 
Respekt zu erhalten.**) 

Nachmals hat der KOnig doch sicli mit den Quar- 
tieren ia und urn GrOningen einverstanden erklart, und 
in dem neu hier bezogenen Lager ist dann wiederum 
sehr fleissig exercirt worden; den grSsseren Uebungen 
sah zuweilen auch des Fursten Geraahlin zU; die, mit 
Kindern und Enkeln dem Gemahl nachgereist, in dera Dorfe 
Groben bei Groningen Quartier genommen hatte. Der 
grosse Kriegsraeister formirte auch hier den Stamm von 
4 neuen Husarenregimentern , und die bei ihnen be- 
liebten Farbenunterschiede zwischen schwarzen^ weissen, 
blauen und grtinen Husaren siud von dieser Zeit an 
in der preusischen Armee zur durchgehenden Norm ge- 
worden. 

Aus dem Briefwechsel des K5nigs mit dem alten 
Fursten geht deutlich hervor, dass der Letztere es ganz 
besonders auf die iSachsen abgesehen hatte und am liebsten 
gerade denen zu Leibe gegangen ware, und dass der 
Konig derartige Ideen zu bekampfen ftlr nothig findet 
Schon in den Briefe vom 23. Juli hebt der E5nig dem 
Fursten gegeniiber hervor, in wie obligeanter Weise die 
sachsittchen Behorden einige Husaren, die man in Torgau 
gefangen genommen, zurtickgeschickt hatten, und beauf- 
tragt denselben zu versichern, dass der Konig in alien 
Fallen gleiche Attention fur gedachten Hof haben werde.**) 
Unter dem 6. August schreibt er dann, was die von den 
Fursten in Erfahrung gebrachte beschleunigte Anfertigimg 
von Stiefeln fiir die sachsische Armee anlange, so glaube er 
nicht^ dass die Sachsen dadurch mehr intendirten, ^ala 
ihre Cavallerie zu Stande zu bringen".**) 

Bald darauf setzt er in einem weiteren Briefe im 
grossten Geheimnisse auseinanderi dass man Aussicht 
habe, Sachsen werde sich doch auf Seiten der Gegner 
Oesterreichs rangiren,**) und versichert einige Tage spater 
dem Fllrsten positiv: „mit den Sachsen werden und konnen 



»•) Den 24. Aug. Polit. Corr. I, 307. 

") Ebendaselbst 284. 

**) Ebendaselbst 296. 

»*) Den 24. Aug. Ebendaselbst 308» 



Das Corps des Ftirsten von Anhali. gl 

Sie nichts zu thun kriegen^ es konnte aber wohl kommeii; 
dass die Franzosen auf die Hannoveraner anrlickten und 
dasB Ihre Durchlaucbt von unsrerseits alsdann nach Han- 
nover zu marschiren mttssten, aldann sie sich wohl dar- 
warts meistentheils zu schicken haben, und wiirde wohl 
solchen Falls das Hannoversche Tresor zu occupiren vor 
die Franzosen das grosste Objekt sein**.**) 

Dieser eigenhandig geschriebene Brief war im Ganzen 
in so herzlich freundliehem Tone abgefasst^ dass der alte 
Ftbrst^ gertihrt; sich zu Etwas entschloss; was er selten und 
ungern that. Er ergriff namlich selbst die Feder und schrieb 
eigenhandig acht ganze Seiten nieder^ mit deren Ent- 
zi£ferung des Konigs Cabinetsrath Eichel, der EinzigO; 
der den absonderlichen Schriftzeichen des alten Herm 
gewaehsen war^ mehr Noth hatte, als je mit einer chiff- 
rirten Depesche.**) 

Der 1 ttrst schlug vor, der K5nig moge, nachdem er 
Neipperg hinreichend gederaiithigt habe, jetzt die Ope- 
rationen gegen Sachsen oder Hannover selbst in die Hande 
nehmen ; etwaS; worauf einzugehen allerdings dem Konige 
in dem damaligen Augenblicke sehr fern gelegen haben 
wiirde. 

Uebrigens fuhr der alte Feldherr, der so leicht nicht 
von einer einmal gefassten Idee abzubringen war, fori, 
ganz besonders die Sachsen scharf auf dem Rome zu 
behalten und sandte gegen Ende August einen seiner 
Officiere^^len Rittmeister von Borck, an den preussischen Ge- 
sandten in Dresden, von Ammon, um liber die politische 
Haltung Sachsens Erkundigungen einzuziehen. Ammon, 
in sichtlicher Verlegenheit durch eine so wenig diplo- 
matische mlindliche Anfrage in so heikler Angelegenheit, 
schrieb dem Fursten einige wohlabgewogene Worte, ver- 
mied es aber, mit dem Kittmeister irgendwie iiber die 
Sache zu sprechen. Als der Konig nachmals von der 
Sache erfuhr, entschied er ganz kurz: „Hat recht ge- 
than, soil sich aber nicht weiter damit meliren."*') 

Als dann im September der Flirst eine neue Ver- 
anderung seines Lagers vornahm, wahlte er dazu die 
Gegend von Ziesar, slidwestlich von Brandenburg, wo- 



**) Den 28. Ang. Ebendaselbst 312. 
»•) Schilling a. a. 0. 86. 

*^) Bericht Ammons vom 2. September und Marginale des 
Konigs dazu. Berlin. St.-A. 

Ifeaes Archiv f. 8. G. u. A. Bd. I. Heft I. 



82 G. Grdnhagen: 

durch er wiederum der s^chsischen Grenze nahe kam 
und neuen Schrecken in Dresden hervorrief, und wenn 
er ffleich von dieser Veranderung des Lagers der preus- 
siscnen Gesandtschaft am s^lchsischen Hofe Mittheilung 
machte, und diese wiederum alles that „um keine Ombrage 
zu geben^/^) so half das doch um so weniger, als indessen 
Aeusserungen des Fttrsten Uber die Eventuality eines 
Einrlickens in Sachsen colportirt wurden^ an welche er 
die drastische Bemerkung gekniipft haben soUte; wenn 
es zum Einmarschiren in Sachsen kame, werde er dort 
einen solchen Gestank machen^ dass man es noch nach 
seinem Tode riechen solle.*^) 

Gewiss ist, dass man in Dresden gerade damals ein 
lebhaftes Interesse daran hatte^ sich als schwerbedroht 
ansehen zu lassen. 8eit ein franzosisches Corps unter 
Maillebois am Niederrhein vorrtickte, wuchs die Angst 
in Hannover von Tage zu Tage, und in der ersten Halfte 
des September stellte sich Graf Munchhausen, der Bruder 
des leitenden hannoverschen Ministers^ in Dresden ein^ um 
die tractatm'assige Hiilfe zu verlangen, worauf man ihm 
hier den Einwand der eigenen bedrohten Lage machte 
und auf jene gefahrlichen Aeusserungen des alten Des- 
sauers hinwies. Wohl erklarte darauf Munchhausen, es 
sei doch kaum glaublich^ dass man um einiger drohenden 
Worte Anhalts willen seinen Bundespflichten untreu werden 
wolle, wenigstens werde dann niemand mehr Lust haben, 
ein Biindnis zu schliessen. ®®) Doch Graf Briihl hatte ein 
noch schwerer wiegendes Argument im Ruckhalte, er ver- 
sicherte, Belleisle ha be in Frankfurt dem silchsischen Ge- 
sandten erklart^ wenn Sachsen einen Mann Hannover zu 
Hiilfe sonde, werde Fiirst Anhalt sofort in Sachsen ein- 
rticken. Das sah emst aus; nattirlich beeilte man sich, in 
Breslau interpelliren zu lassen; Podewils meinte vorsichtig, 
er zweifle, dass der Konig dem Marschall soUte geschrieben 
haben^ was er in einem kunftigen moglichen Falie zu thun 
gedenke.*') 

Auf das Heer des Fiirsten von Anhalt speculirten 
damals beide Theile. Konig Georg hatte auf Grund des 



*•) Bericht Ammons vom 16. September. Berl. Geh. St.*A. 
**) Der s^chs. Geheimrath Heunicke berichtet das an MQnch' 
haasen den 10. September. St.-A. zu Hannover. 

••) Bericht Munchhausens vom 13. September. St.-A. zu Hannover. 
••) Buhlow an Graf Brtthl den 13. Sept. Dresdner St.- A. 



Das Corps des Fflrsten von Anhalt 83 

ewigenBlindnisses von 1693 prenssische Hulfe reclamirt und 
vorgeschlagen, das Corps des Ftirsten moge nach Weat- 
phalen vorrticken^ wo sich die Hannoveraner und Hessen 
anschliessen wiirden. Der Konig liess antworten^ es 
ginge dies nicht an, 1) weil jenes Corps den Konig gegen 
Sachsen decken miisstO; 2) weil das Geld, das dessen 
Unterhaltung kostete, im Lande verzehrt werden mtisste, 
3) weil er sonst das gerechte Bessentiment der Fran- 
zosen auf sich ziehen wiirde.®*) 

Umgekehrt hatte man franzosischerseits die Erwar- 
tungausgesprochen,Friedrichwerde, um die Erblande Konig 
Georgs von zwei Seiten zu bedrohen, jenes Corps gegen die 
hanndverschen Grenzen vorschieben. Auch dieses hatte 
der Konig abgelehnt, er miisse fiirchten, sich dadurch die 
Bossen auf den Hals zu ziehen/^) 

Indessen musste doch die Thatsache^ dass er mit 
einer der beiden Partheien, und zwar eben mit Frankreich, 
einen Bundesvertrag geschlossen hatte, sich geltend 
machen, und die Forderung der Franzosen, einen s^lch- 
sischen Zuzug nach Hannover zu verhindern, konnte er 
in der That nicht wohl abweisen. 

Auf der andern Seite aber ist es h5chst zweifelhaft; ob, 
auch wenn das Corps des Ftirsten von Anhalt damals 
gar nicht existirt hatte, Graf Bruhl die mindeste Neigung 
verspurt haben wiirde, den Hannoveranern Htilfe zu 
senden; zu tief war er doch bereits in Verhandlungen mit 
Frankreich engagirt und hatte schon in der ersten Halfte 
des September sich dieser Macht gegenuber verpflichtet 
der hannoverschen Bequisition keine Folge zu geben,**) 
auch hatte er doch wohl bereits soviel von den Be- 
muhungen Hannovers um Erlangung einer Neutralitat 
erfahren, dass er nicht raehr recht daran glaubte, dass es 
dort zu einem feindlichen Zusammenstosse kommen werde. 
Als ihm der hannoversche Gesandte einst davon sprach, 
dass nslchstens die danischen Soldtruppen zu den Hanno- 
veranern stossen wurden, verstieg sich Brtihl zu der 
Aeusserung; „an dem Nagel da oben will ich mich auf- 
Imngen, wenn die wirklich marschiren".**) 



") An Podewils den 29. August. Polit. Corr. I, 316. 

•») Den 21. September. Polit. Corr. I, 346. 

**) Der Geheimrath Hennicke hat das in des hannOrerschen 6e- 
sandten MUnchhausen Gegenwart erzahlt. Bericht vom 14. Sep* 
tember. St.-A. zu Hannover. 

•*) Bericht des von dem Busche vom 29. Sept. St.-A. zu Hannover. 

6* 



84 C. GrOnhagen: 

Er hatte ubrigens so unrecht nicht; gerade um die 
Zeity wo jene Unterlialtang stattfand, brachte der fran- 
zosische Gesandte in Hannover dem dortigen Hofe die 
ersehnte Kunde der bewiliigten Neutralitat; zur grossen 
und nicht gerade freudigen Ueberraschung fiir Konig 
Friedrich, dem Frankreich frliher diese Angelegenheit 
hatte iiberlassen wollen, und der aus der Verlegenheit 
der Hannoveraner seinen Vortheil ziehen zu kdnnen ge- 
hofft hatte. 

Der Konig war entschlossen^ diesen Streich seinen 
Bundesgenossen nicht ungestraft hingehen zu lassen, und 
um sie, wie er schreibt, „von einer andern Seite zu treflfen", 
beschloss er, das Heer des Ftirsten von Anhalt aufzulosen.**) 

Am 2. Oktober zeigt er diesen Entschluss dem Konige 
von England an mit dem Bemerken, dass das Motiv 
dafur sein Wunsch gewesen sei, diesem jeden Grund zur 
Beunruhigung zu nehmen, und gleichzeitig schickte er den 
betreffenden Befehl an den alten Ftirsten. Die Regimenter 
sollten ihre Quartiere beziehen, der Fiirst solle zu ihm 
nach Schlesien kommen/^) 

Am 10. Oktober ward das Lager aufgelost, die 
Truppen gingen zuerst in enge Cantonnements und.dann 
in die Winterquartiere, bezuglich deren der Konig einen 
Dispositionsplan seinem Briefe vom 2. Oktober beigelegt 
hatte. Die Quartiere erstreckten sich ostwarts bis Klistrin. 

Unzweifelhaft war der Konig in der Lage, seine 
Massregel auch den Bundesgenossen gegenuber zu recht- 
fertigen. Nachdem Sachsen so gut wie gewonnen war 
imd nimmehr Frankreich selbst den Hannoveranern Neu- 
tralitstt gewd^hrt hatte, konnte der Konig wohl glauben, 
seine Truppen anderswo zweckm^ssiger verwenden zu 
konnen. Nichtsdestoweniger empfanden die Franzosen die 
Anordnung recht wohl als einen gegen sie gefiihrten Streich; 
das Heer des Ftirsten war ihnen als dauemde Drohung 
und Einschuchterung fur Hannover doch sehr willkommen 



**) Marginal auf einen Bericht Podewils vom 1. Oktober. Polit. 
Corr. I, 366. 

*') Da dieser Brief, der die Episode des so viel besprochenen 
Anhalt'schen Corps zum Abschluss bringt, in der Beibe der yon 
Orlich mitgetheilten Scbreiben Friedricbs an den Ftirsten fehit, so 
lasse ich den vollst&ndigen Text desselben, nach einer Abschrift, 
die ich der Gate des Herrn Geheimen Archivrath Siebigk zu Zerbst 
verdanke, als Beilage I'olgen, um so lieber, da das Schreiben aach 
nach anderer Seite nin seine Bedeutung hat. 



Das Corps des Farsten yon Anhalt. g5 

gewesen^ und Belleisle hat nachmals schwer liber seine 
Auflosung geklagt. 

Die Regimenter, welche das Anhalt'sche Corps bil- 
deten,. sind 1742 mit zu der Hauptarmee gezogen wor- 
den Tind haben zum Theil bei Chotusitz mitgefoehten, 
und auch der Furst ist in dem mahrisch - bonmischen 
Feldzuge von 1742 noch weiter verwendet worden; zu 
einer selbstandigen Action ist er nicht gekommen und 
nicht einmal hartem Tadel entgangen. Erst im Jahre 
1745 hat er Gelegenheit gefunden in selbstandiger Ftih- 
rung eines Heeres seinen Feldherrnruhm zu bew&hren. 



(Beilage.) 

Durchlauchtigster Ftirst, 
Freundlich geliebter Vetter. 

Nachdem Ich bewegender Ursachen halber vor ndtbig finde und 
resolviret babe, dass das uDter Ew. Liebden Commando stehende Corps 
d'armee gegen den 12ten dieses obn^efahr auseii^ander gehen und 
die Regimenter in ihre Winter-Quartiere marschiren sollen; So habe 
Ew. Liebden solches hierdurch bekandt machen, Deroselben aiich 
zugleich anliegende Liste zusenden wollen, welchergestalt die Re- 
gimenter ihre Winter-Quartiere bekommen sollen. Und da Ich ein 
besonderes Verlangen trage, Ew. Liebden vor Meiner abreyse aus 
der Schlesie und ehe die hiesige Armee noch auseinander geht, 
noch selbst zu sehen und zu sprechen ; So wOrde es Mir ein wahres 
Yergntigen seyn, wenn Deroselben siih anhero bemtihen, Dero ab- 
reyse und tiberkunft aber auf das allermO^lichste bcschleunigen 
wolten, indem Ich selbst nicht wissen kan, wie lange die Umst&nde 
nebst der Saison Mir annoch Lager zu halten vergonnen wollen. 
Zu Glogau und Breslau werden Ew. Liebden wegen Sicherheit der 
Wege anhero die nOthigen Nachrichten bekommen, und wird es 
zu fiero Gefalle stehen, was Dieselbe wegen der Escortes vor me- 
sures zu nebmen alsdann belieben wollen. 

Bevor Ew. Liebden die (Jprtigen Regimenter nach ihren Winter- 
Quartieren auseinander gehen lassen, haben Dieselben alien Regi- 
mentem daselbst bey der Parole bekandt zb machen^ das solche in 
abwesenheit Ew. Liebden, alle Dero Rapports vor Mich an den Ge- 
neral-Major Einsiedel adressiren, und ihm zugleich was bey den 
Regimentern passirt melden solten, dahergegen ich durch ihm 
Meine Ordres an die Regimenter adressiren wttrde; Wie denn Ew. 
Liebden vor Dero abreyse auch die gantze correspondence deshalb, 
an gedachten General -Major v. Einsiedel zu ttbergeben haben. Ich 
gew&rlige Mich sobald als es mdglii;h ist das Yergnttgen zu haben 
£w. Liebden hier zu embrassiren und bleibe 

Ew. Liebden 
Im Lager bey Halteck freundwilliger Yetter 

d. 2. October 1741. (goz.) Fr. 

An des Feldt Marschall Fttrsten v. Anhalt 

Durchl. 



IV. 



Eigenhandiger Bericht 

Ghristophs von Garlowitz an Landgraf Fhilipp 

liber den Tod des Eurfiirsten Moritz. 

Ana dem Marbnrger Archiv mitgetheilt 

von 

Max Lenz« 



Der nachstehend abgedruckte Bericht bildet die Bei- 
lage eines Briefes, der selbst wieder Fragment einer urn- 
fassenden Correspondenz zwischen Christoph von Garlowitz, 
dem vertrautesten Minister des Kurftirsten Moritz, und dem 
Landgrafen Philipp von Hessen ist Da deren Inhalt in 
gar keinem innerlichen Zusammenhang damit steht, so 
wird es gestattet sein, auch den £lussem zu iQsen und dies 
Fragment; das auch im Marburger Archiv ganz getrennt 
von den andern Briefen lag, *) gesondert mitzutheilen. 
Nur liber die Veranlassung und den Zweck des Brief- 
wechsels mogen hier einige Bemerkungen vorausgeschickt 
werden. 

Derselbe diente zur Beilegung des alten Haders zwi- 
schen Herzog Heinrich von Braunschweig und Landgraf 



') Schon Yor Jahren einmal von mir entdeckt, ward es von 
Herm Dr. Wyss von neaem aafgefunden und mir zur Publication 
freundlich Hberlassen. 



Christoph von Carlowitz an Landgraf Philipp. g7 

Philipp, der vor Jahren in das Schicksal beider Ftirsten 
aufs Tiefste eingegriffen und fiir die deutsche Reformation 
sich so verhangnisvoU erwiesen hatte; und die endliche, 
voile Vereohnung beider Fursten ist wirklich durcli ihn 
herbeigefuhrt worden. Doch brachte Christoph von Carlo- 
witz damit nur zu gutem Ende, was von seinem Herrn 
begonnen war. 

Analog der vermittelnden Richtung, welche er schon 
zur Zeit des schmalkaldischen Bundes einzuhalten bestrebt 
gewesen war, hatte Moritz auch nach der Wiederherstel- 
lung des Landgrafen es sich angel egen sein lassen, die 
alten Gegner zu versohnen. Angt^bahnt waren diese Vur- 
handlungen schon im Jahre 1547, unter dem Druck der 
Siege des Kaisers ; beendet wurden sie gerade im Gegen- 
satz zu diesem, im Sinn und Zusammenhange der politi- 
schen Gedanken, welche Moritz in Passau zura Siege ge- 
ftihrt und zu denen er sich noch im Angesichte des Todes 
bekannt hat. Doch waren es nicht die tiefgreifenden 
politischen oder religiosen Gegensatze der Epochc; welche 
der Kurfurst hier noch auszugleichen hatte. Diese wurden 
tiberhaupt niemals vermocht haben, die Todfeindschaft 
zwischen den beiden Ftirsten zu erwecken. Um ihret- 
willen hatte der Landgraf mit Herzog Heinrich ebenso 
cordial verkehren konnen, wie er es mit dem Cardinal 
von Mainz oder dem Kurfursten von der Pfalz zu thun 
pflegte, und wie jener zu seinem eifrig protestantischen 
Schwiegersohn Markgraf Johann von Klistrin stand. Es 
hatten personliche Reizungen hinzutreten mtissen, um beide 
Fursten in jenen blind wtithenden Hass zu treiben, mit 
dem sie sich in Briefen und Flugschriften, auf den Reichs- 
tagen und dem Schlachtfelde verfolgten. Gerade der Hader 
zwischen Landgraf Philipp und Herzog Heinrich ist ein 
typisches Beispiel fiir den Einfluss, welchen personliche 
und oft recht platte Leidenschaften, Beleidigungen eines 
rohen Ehrgeflihles oder Begehrlichkeit eines niedrig ge- 
richteten Ehrgeizes, dtirftige locale Streitigkeiten , ein 
Zechgezanke, Erbschaftszwist oder die Ztigellosigkeit der 
Sinnenlust auf die Entschliessungen der deutschen Fursten 
von damals auszuuben pflegten. Als der Rausch der 
Leidenschaften in leidensvollen Jahren verflogen war, als 
die Sinnlosigkeit der Feindschaft durch die Tucke, mit 
der die habsburgische Politik sie fiir sich ausgenutzt hatte, 
sonnenklar zu Tage getreten war, als auch die religiosen 
und politischen Gegensatze, welche allerdings in Verbin- 



88 Max Lenz: 

dung mit den pers5nlichen Leidenschaften getreten waren 
und dadurch die allgemeine Katastrophe mit bedingt 
batten^ ausgeglichen und andern Constellationen gewichen 
waren, da blieb als einzige Heramung neuer Freundschaft 
ein kiimmerlicher Rest localer Differenzen, fiir deren Bei- 
legung es keiner hohen staatsmslnnischen Weisheit be- 
durfte, sondern nur williger Geneigtheit der Dissidenten 
und eines gefalligen und geschickten Vermittlers, einer 
umst^ndlicben Correspondenz und mehrmaliger Unter- 
redungen auf der Jagd oder beim Gelage, langeren Feil- 
schens und Marktens, Ueberforderns und Unterbietenfi 
bis zur Begleichung einer Durchschnittssumme, welche 
beide Theile von Anfang an ins Auge gefasst batten. 

Die Fordemden waren diesmal die Braunschweiger: 
niebt sowobl Heinricb der Jlingere selbst als einige seiner 
Edelleute, welcbe wahrend der scbmalkaldiscben Occu- 
pation des- Herzogtbums von bessiscben Nacbbaren ge- 
scbadigt waren. Der Landgraf, welcber die Gerecbtigkeit 
ibrer Klagen anerkannte, versucbte Anfangs docb, sicb 
mit einem „Reiterdienst" losztikaufen. Im Fall der Ab- 
lebnung liess er dem Herzoge zebn- und als die bochste 
Summe zwolftausend Gulden bieten. .Nacb vielem Hin- 
und Herscbreiben und mebrfacben Conferenzen zwischen 
Moritz und Heinricb war man so weit gekommen, 
dass dieser mit 20000 Gulden sicb zufrieden erklarte, als 
der verwegene Zug des Markgrafen Albrecbt nacb dem 
braunscbweigiscben Herzogtbum alle Gedanken in eine 
andere Ricbtung drangte. In dem Waffenlarm der nftcb- 
sten Wocben verstummten jene Verbandlungen. Die 
Scblacbt bei Sieversbausen, der Tod des Kurfiirsten drobte 
sie voUends aufzulosen. Da erwarb sicb Carlowitz das 
Verdienst, die dem Zerreissen naben Faden wieder aufzu- 
nebmen. Nocb im Abreiten vom Scblacbtfelde spracb er 
mit Herzog Heinricb. Der erklarte seine Bereitwilligkeit 
zum Vertrage unter den Bedingungen, welcbe er im Mai 
gestellt batte. Carlowitz scbrieb dies an Pbilipp (es ist 
der unsere Correspondenz eroffnende Brief) am fiinften 
Tage nacb der Scblacbt. Er legte einen Entwurf des 
Vertrages bei; den nocb der Kurfdrst selbst aufgezeicbnet 
batte. Und diesen nabm nun der Landgraf an (Immen- 
bausen 18. Juli). Damit verstand er sicb zur Zablung 
von 20000 Gulden, die aber den bescbadigten Edelleuten 
unmittelbar in drei Terminen bis Weibnacbten 1554 ein- 
gebftndigt werden soUten. Eben die Erwiderung auf diese 



Ghristoph von Garlowitz an Landgraf Philipp. g9 

Entscheidung des Fiirsten ist der Brief des Ministers vom 
24. Juli, zu dem der Bericht iiber die letzten Stuuden 
des Kurfursten gehort. Die Ratification des Vertrages 
verzogerte sich noch ura einige Wochen, da Herzog 
August) der offiziell in die Vermittlerrolle seines Bruders 
treten sollte; ausser Landes in D^nemark war. Erst im 
October ist sie ausgefertigt worden. 

Ueber den Worth der nachstehenden Urkunde werden 
wir nicht viele Worte zu verlieren brauchen. Ein besserer 
Gewfthrsmann als der langjslhrige Minister, der vertrau- 
teste Freund des Kurfursten, den dieser als den Nachst- 
stehenden am Sterbebette gehabt, dem er seinen letzten 
Willen in die Feder dictirt hat, ist tiberhaupt nicht denk- 
bar. Der Bericht ist allerdings erst einige Zeit nach der 
Katastrophe aufgezeichnet worden, aber an einem Tage, 
wo die Erinnerung an die letzten Augenblicke des Fiir- 
sten in Carlowitz ganz besonders lebhaft sein musste. 
Denn wenige Stunden vorher hatte er zum letzten Mai 
in das Antlitz des To ten blicken konnen, in eben 

{'ener Stadt, wo er den Brief geschrieben, im Dome zu 
Freiberg : am 23. Juli war doBt der Kurflirst in der Gruft 
seiner Ahnen zur letzten Buhe gebettet worden. Die 
Worte sind wie ein letzter Nachruf des treuen Dieners in 
das Grab seines Herm. 

Noch andere haben die letzten Reden des Fiirsten 
aufgezeichnet. Ein Feldschreiber, der sehr viel spater, 
erst am 29. August eine »Zeitung" von der Schlacht 
niederschrieb , kann sich doch auf einen sehr glaubwur- 
digein Zeugen berufen, den Hofprediger Johann Albiuus 
selbst, der dem Sterbenden mit den Trostungen der Re- 
ligion beigestanden hat. Ein Amtsbruder des letzteren, 
der Prediger Johann PoUicarius in Weissenfels schickte 
schon am 17. Juli, noch vor Carlowitz, einen ^Sendbrief" 
aus fiber die Schlacht und den Tod des Herzogs. Auch 
er kennt den ^Herm Johann", obschon er ihn nicht aus- 
driicklich als Gewahrsmann nennt. Er spricht die Hoff- 
nung aus, dass dieser selbst die ganze Begebenheit „in 
Druck" geben werde. Bis dahin soil seine Zeitung die 
-Calumnien", die schon liber die letzten Augenblicke des 
Herzogs ausgebreitet waren und auf welche auch Carlo- 
witz in seinem Schlusssatze hindeuten mag^ widerlegen. ^) 



•) Beide bei Hortleder II, 1126 fif. (Ausgabe von 1618). 



90 Max Lenz: 

Ohne Frage steht Carlowitz viel h5her als jene beiden. 
Da, wo wir das Testament von seiner Hand controliren 
konnen; beraerken wir Wort fur Wort die Ueberein- 
stimraung.*) Die von dem Feldschreiber aus dem Munde 
des Albinus mitgetheilten Worte sind inhaltlich gleich;*) 
doch klingt die Fassung bei Carlowitz sehr viel ein- 
facher und iingesuchter. Indem dieser verbessert, aus- 
streicht, uberschreibt, am Rande nachtragt, docuraen- 
tirt er das sorgfslltige Bestreben, genau die Gedanken 
seines Heri'n wiederzugeben: sehr erkl^rlick bei der Stel- 
lung des Fiirsten, an den er schreibt, zu dem Verstor- 
benen. Trotzdem soil niclit behauptet werden, das Herzog 
Moritz gerade so, nicht anders und niclit mehr vor sei- 
nem Ende gesprochen; sehr moglich, dass er noch andere 
Worte gebraucht hat. Carlowitz selbst deutet es an, 
und sogar die langeren Trostsprtiche, die der Feldschreiber 
aus Albinus' Munde mittheilt, kann man unter dem 
letzten ^bestandigen Anrufen und Bekennen des Glaubens 
an Christus" noch eine Stelle finden lassen. Aber fur 
moglichst nah wiedergegeben werden wir den Wortlaut 
seiner letzten Reden in unserem Bericht halten diirfen. 

Das Bild des Herzogs erhalt dadurch im Grunde 
keinen neuen Zug. Denn die Versicherung, dass er den 
letzten Kampf zur Rettung Deutschlands vor weiterer 
Verwustung gewagt habe, finden wir in alien seinen Aus- 
schreiben vor und w'ahrend des Krieges; noch in seinem 
letzten Brief, dem Siegesbericht an den £ischof von Wtirz- 
burg, wiederholt er es mit almlichem Nachdruck; und 
dass sich seine letzten Gedanken auf Gott und das Jen- 
seits gerichtet haben, lehren uns auch die anderen Be- 
richte iiber seinen Ausgang. Freilich pflegt man nicht 
haufig auf diesen weichen Zug an dem Fiirsten zu achten. 
Und sehr erklarlich, wenn Stimmungen tibersehen werden, 
zu denen die Handlungen dieses Lebens das gerade Wider- 
•spiel bilden. Denn was wiirde man in der Natur des 
Fiirsten weniger suchen, als das Gefiihl der Verantwort- 



•) Verdffentlicht von Distel in von Weber's Archiv fttr die 
Sachsische Geschichte. N. F. VI, 108 if. S. u. S. 92 Anm. 2. 

*) Auf die Frage , ob er gerne sterbeu wolle : „Ei, ist doch 
Christus, der unser aller Heiland, und ohne Sunde gewesen, gerne 
gestorben. warum woUte ich armer, elender, sUndiger Mensch dann 
nicht auch gerne sterben?'* Dazu noch andere „sch6ne Trostsprttche", 
die ihm aber Albinus wohl alle, wie der Erzahler selbst sich aus- 
drQckt, „fargesagt" hat. 



Ghristoph von Carlowitz an Landgraf Philipp. 91 

lichkeit fiir sein Thiin und Lassen, den Gedanken, dass 
alle Herrlichkeit einmal ein Ende haben werde, die Em- 
pfindimg, dass alle Erfolge des Lebens das Leben nicht 
werth seienl Wo das ganze Dasein auf Erfolg und Herr- 
lichkeit gerichtet war: nie und nirgends eine Spur von 
Riicksiclit, wo es diese Ziele gait: dreifach die Treue ge- 
brochen, gegen die Verwandten, die Religion und des 
Kaisers Majestat: aber dieselbe Nichtachtung der eigenen 
wie anderer Personen: Freude am Kampf um des Kam- 
pfes willen: als ob der Tod gar nicht kommen konne: 
niemals rastendes, alles vor sich niederwerfendes Vorwarts- 
dringen und Machtgewinnen. Todwund dictirt er noch 
den Schlachtbericht an den Freund, den Bischof von 
Wtirzburg. Wie athmet da noch jede Zeile die Freude 
am Kampf, den Stolz des Siegers! Dann aber die Ge- 
wissheit des nahenden Todes. Und alsbald ist aller 
Lebenstrotz wie weggewisclit. Kein Laut der Klage, dass 
er nun hiriweg muss, in voller Manneskraft, dass eine Zu- 
kunft von Ekre, Macht und Glanz dahingenommen wird. 
Im Testament einige Auftrage und Bitten an den Nach- 
folger, liebevoU sorgende Bestimmungen fur die Gemahlin 
und die Tochter, ein frommer Gruss an jene, gnadige 
Verwilligungen an die Diener, von dem treuen Gefahrten 
aller Ziige Carlowitz bis zum Stubenheizer Peter Kolbe 
herab, auch ein Geschenk fiir die Armen, die Bitte an 
den Bruder, mit dem Jagen dieselben nicht so sehr zu 
beschweren, eine letzte Verfugung noch iiber das Kriegs- 
volk, und die Versicherung, dass dieser Feldzug nur zur 
Rettimg des deutschen Vaterlandes und der eigenen Herr- 
schaft vor ^endlichem Verderben" unternommen sei. Sonst 
aber alle weltlichen Gedanken und Sorgen ganzlich abge- 
streift, den eigenen Willen in Gottes Willen gestellt, die 
Sunden gebeichtet, den Feinden vergeben, den Glauben 
bekannt, und inbrtinstige Sehnsucht nach Erlosung aus 
dieser ^elenden, untreuen und trtibseligen Welt, auf dir 
Niemand begehren soUe zu leben". 

Gerade aber indem Herzog Moritz sich auf dem Tod- 
bette zu den religiosen Impulsen der Epoche bekennt, zeigt 
sich uns, wie fest er in dem Boden wurzelt, auf dem er 
erwachsen ist. Das Schicksal des deutschen Protestantis- 
mus lag in seiner Hand, und er gab es preis: aber der 
protestantischen Kirche gehOrt er mit Ueberzeugung an. 
Fiir ihre nationale Bedeutung, fiir die Pflichten, die ihm 
als evangelischem Fiirsten obliege^, .bat er keiuen Sinn; 



92 Max Lenz: 

oder wenn sich ihm etwa das Gewissen regt, so erstickt 
es sein Elirgeiz: aber sterbend greift er mit herzlicher 
Begierde nach den TrostungeD; die sie ihm darbietet; und 
indem er sich bereitet vor Gott zu treten, erscheint ihm 
die Welt, der er eben noch mit alien Sinnen angehorte, 
als eine StUtte der Untreue und;Trubsal, der ein jeder 
mit Freuden Valet sagen mtisse. 

Der Minister denkt nicht anders als der Furst. Wenn 
wir irgendwo eine Betrachtung der politischen Ziele des 
Kurftirsten erwarten sollten und einen Ausdruck der 
Trauer, dass seine hohen Gedanken so jah durchschnitten 
wurden, so ist es in diesem Nachruf aus der Feder eines 
ManneSy der sein geheimstes Vertrauen besass, alle Er- 
folge mit ihm vorbereitet und durchgefuhrt hat, und in 
einem Verhaltniss zu ihm stand, dass wir noch nicht 
sagen konnen, wem der grossere Antheil an denselben 
gebiihrt. Carlowitz ist fern davon. Was er selbst hinzu- 
fiigt, ist ganz ira Sinne seines Herrn; sein letztes Wort 
der Dank gegen Gott, dass er ihm nach einem so lob- 
lichen Siege ein so seliges und christliches Ende ver- 
liehen habe. 



(Freiburg 1653 JtiU 24.) 

Gnediger furst and her. Als auch e. f. g. cammersecretari 
Johan Megbach von wegen e f. g. mit mir geredet, ab m. gn. h. 
der verstorbne churfarst seliger and loblicher gedechtnas ein testa- 
ment gemacht and ab s. ch. g. auch ir gemalh und ire tochter darin 
bedacht hab, doruff sol e. f. g. ich aus underthenigem vertrauen nicht 
bergen, das ich von keinem andern testament weiss, dan das s. ch. 
g. mir {ausgeatrichen: befolben hat) etliche stunden vor irem ende 
befolhen ha^ etliche artickel, iren brudern, ire landschaft, ir gemalh, 
ire tochter, ire diener und arme leute belangend, aufzuzeichnen und 
hochgemeltem irem brudern und irem gemalh nach s. ch. g. absterben 
dieselbigen als vor iren letzten willen und letzte bitte underthenig- 
lich (ausgestrichen: zu berichten) furzutragen, welche alle s. ch. g. 
auch mit eigner hand unterschrieben, das es also fast vor ein kriegs- 
testament oder testamentum militare zu halten ist. *) S. ch. g. hat 
auch unter andern ir gemalh, m. g. fraue, uber irem widthumb noch 
weiter gantz freuntlich und dan ire tochter auch etlicher maszen be- 
dacht, wie e. f g. mit der zeit weiter derhalben bericht sol werden. 
Und s. ch. g. hat mir unter anderm befolhen, s. ch. g. gemalh vol- 
gende wort zu sagen: das s. ch. g. sie freuntlich gesegnen lassen, 
in trostlicher hoffnung, das sie mit der zeit nach gottes gnediger 
yerleihung in jener welt wider einander sehen woUen. *) 



^) Vei^eicbe die Aasfuhrangen DistelB uber den Cbankter tis Kriegstettament 
a. a. O. 118 QBd 138 t 

>) WoztUcli wie im TestaiMi&t (a. a. O. U9). 



Ghristoph von Garlowitz an Landgraf Philipp. 93 

Aber sonst hat sich s. ch. g. aller weltlichen gedancken und 
sorgen gentzlich entschlagen gehabt und von nichts andern geredet, 
dan das sie iren willen in gottes willen gestellet hette, (ausgesir,: 
dass) item das niemand begern solde, aafT dieser elenden {ausgestr, : 
and untrene), trUbseligen und untreuen welt zu leben. Und als s. 
ch. g. (am JRande : des andern abents ') gebeten wurde , (attsgestr, : 
sie solde) die schmertzen mit gedult zu tragen, dan wan der neu 
monat (ausgestr.: vorilber) und die n^cht vorQber, so wurde es, ab 
got wil, besber werden, daruft' hat s. ch. g. geantwortet: ich wil es, 
ab got wil, nicht (ausgestr,: erleben) erwarten. 

Nachdem auch s. ch. g. durch den pfarher *) gefragt, ab s. ch. 
g. auch einige anfechtung hette und ob sie auch auff (ausgestrichen : 
jemand anders als uff, dafurubergeschrieben:) den einigen Christum 
(am Bande : und seine verdienst) ire zuversicht setzte, hat s. ch g. 
geantwortet : auf wen solde ich sonst meine zuversicht setzen ? 

Als auch s. ch. g. ire sunde bekennet und got umb vergebung 
derselbigen gebeten, hat der pt'arher gefragt, ob s. ch. g. auch iren 
feinden vergebe; hat daruff s. ch. g. geantwortet: ja, von hertzen. 
Wie man auch des feltzuges (ausgestr. : beTichtet[7]) zu rede wurden, 
hat s. ch. g. gesagt: got wisse, etas sie denselbigen nicht aus einigem 
sonderlichen widerwillen gegen marg: Albrechten, auch nicht umb 
eigner ehre oder nutzes willen furgenommen, sender allein, weil sie 
gesehen, das sonst iderman stille gesessen und zugesehen, das das 
arme Deutschland so jemmerlich (uhergeschrieben : verhert und) ver- 
terbt und der krieg aus einem lande in das ander (ausgestr.: ge- 
wendet, dafur am Bande:) gefuret, also das schir kein land des- 
selbigen uberig oier sicher, so hette(n) sie nicht konnen unterlassen, 
zum wenigsten ires tells dazu zu thun, damit weitere verherung una 
verterbung des gemeinen vaterlandes verbleiben, s. ch. g., auch ire 
lande und leute, an die es gewislich sonst auch geraicben wurde, 
beschutzen mochte, und das s. ch. g. keiner andern roeinung dazu 
gekommen, daruff wolde s. ch. g. sterben. 

Und als sich die schmertzen letzlich gemheret, hat «. ch. g 
so gantz andechtiglich gesagt: ach lieber got, wilstu nicht schir 
kommen? ^) Und ist bald damach mit solcher gedult und sanft- 
mtLtikeit, auch in so bestendiger anruffung und glauben an unsem 
hem Jhesum Christum in got verscheiden, das wir arme verlassene 
diener und underthanen got nimmermher genugsam vor dancken 
konnen, das seine gotliche barmhertzigkeit s. ch. g. (ausgestr.: ein 
so christlich) nach eroberung eines solchen (ausgestr.: seligeu) lob- 
lichen sieges ein so seliges und christliches ende yerlihen hat. hem 
sei darumb lob und danck in ewikeit, amen. 

Und ich hab solchs e. f. g. zu warhaftigem bericht under- 
theniglich nit wollen verhalden, der ich mich hiemit in aller demut 
thue befelhen. Datum ut in litteris. 



^ Am 10. JnU. 

*) Es war sein Ho^rediger Johannes Alblnus. Distel a. a. 0. 114. 

>) Eine andere Ueberlieferung giebt als letztes Wort an: .Gott wlrd kommen*' 
(▼on Langenn, Herzog Moritz I, 589). Eine Wendung, die etwas Mystisch-Propbeti- 
sches bat und so aucb von Ranke, der sie uberuabm, gedeutet ist: „Man sagt, sein 
letsEtes Wort sei gewesen : ,Gott wird kommen*. Ob zur Strafe oder sur Belohnung oder 
snr Losung dieser wirren irdischen H&ndel: man bat ibn nicht weiter verstanden**. Die 
Differens ist im Sinne grosser, als in der Form. Die Frage streift das Fremdartige ab 
and wird der sehnsuchtige Seu&er nach der Erlosang von den Schmerzen und nach der 
Vereinignng mit Gott, gans im Sinne der letzten Gedanken des Fiirsten und seines Be<« 
kenntnisses* ,80 ganz andacbtigUch**. 



V. 



Zur Erinnemng an Johann Earl Seidemann. 

Von 

Franz Sehnorr Ton Carolsfeld. 



Bei dem Hinscheiden Johann Karl Seidemanns waren 
es zunachst nur wenige Freunde und Fachgenossen, in 
deren Kreise sich die Trauer um seinen Tod verbreitete und 
die Bedeutung seines Verlustes ganz und vol! empfunden 
ward. Denn der Verstorbene war nicht ein Historiker, 
der, gleich ausgezeichnet als Geschichtschreiber wie als 
Forscner, ebensowohl die Anerkennung auch weiterer Kreise 
des gebildeten Publikums sich verdient als die Aufmerk- 
samkeit mitstrebender Berufsgenossen auf sich gelenkt 
hatte ; seine Lebensstellung war nicht von der Art gewesen, 
dass er Schule bildend hatte wirken und Nachfolger 
hinterlassen konnen, die seiner Lehre, seines Vorbildes ira 
Augenblicke seines Abscheidens dankbar gedacht hatten; 
die geschichtlichen A,rbeiten, welchen er seines Lebens 
Tage gewidmet hatte, waren endlich nicht solche gewesen, 
welche durch die universelle Bedeutung ihres Stoffes und 
den weiten Umfang der gelosten Aufgaben fiir langere 
oder kiirzere Zeit das allgemeine Interesse auf sich hutten 
Ziehen konnen. Vielmehr war es ein nach Baum und 
Zeit eng begrenztes Gebiet gewesen, auf welches sich 
seine hervorbringende Thatigkeit beinahe ausschliesslich 
beschraukt hatte; die Strenge und Gewissenhaftigkeit 
seiner Forschung hatte niemals einer Nachgiebigkeit gegen 



Zur Erinnerung an Johann Earl Seidemann. 95 

den Gesphmack des grosseren Publikums Raum vergonnt; 
imd die landliche Abgeschiedenheit, in welcher er den 
grossten Theil seines Lebens verbrachte, war seinen Studien 
zwar insofern zu gute gekommen, als sie storende Ansprliche 
mancher Art von ihm abwehrte, liatte aber audi fast jeden 
)ersonlichen Verkehr mit nahestehenden Fachgenossen and 
ede personliche Einwirkung auf jtingere Gelehrte ver- 
lindert. Nichtsdestoweniger ist die Meisterschaft, welche 
er auf dem von ihm erwahlten wissenschaftlichen Gebiete 
sich angeeignet, oftmals und von berufenster Seite aner- 
kannt worden: lag es doch zu Tage, welche reiche Frlichte 
diese mit hingebungsvollem Eifer erworbene und durch 
rastlosen Fleiss fortdauernd auf ihrer Hohe erhaltene 
Meisterschaft zur Reife gebracht hatte; hatte doch die 
reformationsgeschichtliche Forschung fortgesetzt so viel- 
faltigen Nutzen aus seinen mustergiltigen, das echteste 
Quellenmaterial erschliessenden Arbeiten gezogen. 

Aber bei der Anerkennung, welche dieser Meister- 
schaft zu Theil ward, blieb doch wohl ein Factor moistens 
ausser Berechnung: die grossen nicht bloss in der Sache 
selbst enthaltenen, sondern auch durch aussere Umstande 
verursachten Schwierigkeiten, welche er zu iiberwinden 
hatte urn dieselbe zu erreichen und zu behaupten. 

Seidemann ward am 10. April 1807 zu Dresden als 
das Kind armer Eltern geboren. Sein Vater, Johann 
George Seidemann, war als Mousquetier bei dem In- 
fanterieregimente von Eechten am 4. November 1804 mit 
Maria 8ophia Hofler in der Kirche zu Neustadt- 
Dresden getraut worden; er hatte also nach dem gewohn- 
lichen Laufe der Dinge, da er jeder Schulbildung er- 
mangelte und in ganz dtirftigen Lebensverhaltnissen blieb, 
auch nachdem er Krankenwarter am Dresdner Kadetten- 
hause geworden war, wenig Anrecht auf das Gliick, der 
Vater eines angesehenen Gelehrten zu werden. Ebenso- 
wenig durfte die Mutter, die als Kochin bei dem Ober- 
ho^rediger Reinhard in Dienst gestanden hatte, hoflfen 
einem Sohne das Leben zu geben, welcher dereinst ein 
ausgezeichneter Standesgenosse dieses beriihmten Theologen 
werden soUte. Dennoch blieben die gluckhchen Fugungen 
nicht aus, welche eine solche Entwickelung des Knaben 
ermoglichten. 

JDerjenige, der diesen zuerst auf den Weg brachtC; 
welchen er spater aus eigener Kraft so riihmlich zurtick- 
legte, war ein Freund seines VaterS; dessen in folgender 



96 Franz Schnorr von Carolsfeld: 

Aufzeichnung gedacht ist: ^Dass ich einiges gelemt und 
geleistet habe^ verdanke ich dem Cand. theol. M. Rot he, 
dem dankbaren Freunde meines Vaters, der sein Commiss- 
brod mit ihm getheilt hatte, da Rothe sehr arm gewesen 
war. Mein Vater, gewesener Soldat, konnte weder lesen 
noch schreiben. Rothe hatte eine Privatschule in Neu- 
stadt-Dresden, Breitegasse, jetzt Casemenstrasse. Er gab 
zu seinem Vergnligen einigen Schiilem Unterricht im Latein, 
gratis, mir auch, mit dem er Cornelius Nepos las und 
auch Griechigch anfing, bis rvTrro)." Seideroann selbst 
ist es, wie man sieht, der solche Worte dankbarer Er- 
innerung seinem ersten Wohlthater widmete; *) bis an 
sein Lebensende verwahrte er auch ein sichtbares Andenken 
an diesen Mann, welches merkwiirdiger Weise in einer 
zur Erinnerung an das Jubelfest der Reformation von 
1817 gepragten Luther-Medaille besteht, welche in einen 
Papierumschlag gehiillt ist, der mit der gedruckten Auf- 
schrift: ^Der Schul-Jugend der Kirche zu Neustadt- 
Dresden gewidmet" und von Seidemanns Hand mit den 
geschriebenen Worten: „J. K. Seidemann 1817. M. Rothes 
Schule" versehen ist. 

An die mitgetheilten Satze der eben erwahnten Auf- 
zeichnung schliesst sich der folgende unmittelbar an: 
-Schmaltz, Pastor in Neustadt-Dresden, wurde beim 
Confirmandenunterricht aufmerksam auf mich und be- 
stimmte mich zum Studiren." Der Knabe ward am 18. April 
1821 Schiller des Kreuzgymnasiums zu Dresden. Aoer 
schon im darauffolgenden Juni starb sein Vater, und seine 
kaum begonnene Laufbahn ward durch diesen Todesfall 
ernstlich gefahrdet, wie ein vbm 2L desselben Monats 
datirtes Zeugniss beweist, welches ihm der genannte 
Pastor Schmaltz zum Zwecke der Erlangung eines Stipen- 
diums ausstellte. ^Es ware tief zu beklagen", heisst es 
darin, „wenn so viele schone, durch Kopf und Herz des 
jungen Seidemann gleich begriindete Hoffnungen durch 
Armuth und Hiilfiosigkeit untergehen oder doch wenig- 
stens in die niedem Kreise des Lebens herabgezogen 
werden soUten." Diese warme Fursprache blieb indessen 
nicht ohne Erfolg, und im Jahre 1834, dreizehn Jahre 



*) Ich finde die Niederschrift in Seidemanns Handexe'mplar 
seiner „Ueberlieferungen zur Geschichte von Eschdorf, Dittersbach 
und Umffegend^S welches jetzt die Konigliche ofifentlicne Bibliothek 
zu Dresden besitzt. 



Znr Erinnerung an Johaiin Karl Seidemann. 97 

sp&ter^ konnte Schmaltz^ der Inzwischen Hauptpastor in 
Hamburg geworden war, an seinen ehemaligen Schiitzling 
schreiben: „0 wie freue ich mich, Sie, der einst als Knabe 
vertrauend mir nahete, nun als meinen lieben Amtsbruder 
begriissen zu konnen! Gott hat Ihnen in Ihrem Jugend- 
leben so viele wohlwoUende Herzen erwecket, die Sie dem 
Ziele entgegen fuhren halfen, zu welchem Sie eine schone 
Sehnsucht empor zog.** Als ein „omnino et prae ceteris 
dignus** ward Seidemann im M^rz 1826 von der Kreuz- 
Bchule zur Universitat entlassen; in der Zeit bis zum 
December 1828 voUendete er auf der Universitat Leipzig 
das Studium der Theologie. — Ich entnehme diese Daten 
ZeugnisseUy welchc; wie nebenbei erwahnt werden moge, 
auch beweisen, dass er in seiner Jugend die Vornamen 
Karl August fuhrte, wahrend er sich spater Johann 
Karl nannte, weil ihm letztere Vornamen in seinem Ge- 
burtsscheine, obschon wahrscheinlich irrthtimlicher Weise, 
beigelegt waren. 

Von der Universitat in die Heimat zurtickgekehrt, 
versah der junge Theolog in den Jahren 1831 imd 1832 
die Stelle eines Hauslehrers bei dem Hofmarschall Grafen 
August Karl Bose; auch ertheilte er Unterricht an 
dem Kaden'schen Knabeninstitut, dem v. Loucqueyssie'schen 
Frauleininstitut imd der Annenschule zu Dresden. Dann 
berief ihn mittels einer vom 2. Februar 1834 datirten 
Vocation der als Kunstfreund bekannte Johann Gottlob 
von Quandt zu dem Pfarramt in Eschdorf bei Schon- 
feld unwjit Pillnitz, und dieses Amt behielt er inne, bis 
er zu Michaelis 1871 in den Ruhestand trat und sich in 
seiner Vaterstadt Dresden niederliess; um hier sein Leben 
zu beschliessen. 

Mit diesen wenigen Worten ist erschopft, was iiber 
den ausseren Gang seines Lebens zu berichten ist; und 
nur folgendes ist noch hinzuzufugeu; was seine Familien- 
verhaltnisse betriflft. Am 9. Februar 1834 ward er in der 
Hofkirche zu Dresden mit Hanna Margarethe Eleonore 
Malsch getraut, welche den 15. Juli 1800 in Linden bei 
Hannover als Tochter des koniglich grossbritannischen 
Hof- und Kammer-Muflicus Johann August Ludwig Malsch 
ffeboren war. Sie ward ihm am 13. December 1868 durch 
den Tod entrissen. Im Tode vorangegangen war der Gattin 
sein Sohn Maximin Edgar. Dieser starb am 26. Juli 
1863 noch nicht 26 Jahre alt als Doktor der Philosophic 
und Lehrer der Naturwissenschaften an dem Institut des 

Neues Aroliiv f. S. G. u. A. Bd. I. Heft I. 7 



98 Franz Scfanorr von Garolsfeld: 

Dr. Krause in DreBden. Als er selbst am 5. August 1879 
die Augen schlosS; hinterliess er eine einzige Tochter, die 
ihm wahrend einer langen Reihe von Jahren die alleinige 
treue Pflegerin seines Alters gewesen war. 

Indem ich dazu ubergebe, von seiner wissenschaft- 
lichen Thatigkeit zu sprechen, wiederhole ich, was bereits 
oben angedeutet worden ist und tiberdies als bekannt 
vorausgesetzt werden darf, dass sich dieselbe wahrend 
seines ganzen Lebens im Wesentlichen auf ein bestimnat 
umgrenztes Gebiet geschichtlicher Forschung beschrankte: 
die Lebensgeschichte Luthers und die Geschichte der 
Einfuhrung der Reformation in Sachsen. Wenn jedoch 
die unzweifelhaft richtige Bemerkung, dass Seidemann ein 
Specialforscher war, zu der Vorstellung Anlass geben 
sollte, dass sein wissenschaftliches Streben in einer an 
das Wesen eines undisciplinirten Dilettantismus nahe an- 
grenzenden Einseitigkeit sich verloren hatte, so mtisste 
diese Vorstellung als eine voUkommen irrige zuriickge- 
wiesen werden. Der Liebhabereifer, der ihm als Specia- 
listen eigen war, war nicht von der Art, dass er den fur 
die Geschichtswissenschaft insgesaramt giltigen Forde- 
rungen einer strengen Methodik fremd gegeniiber ge- 
standen hatte, und eine nahere Kenntnis seiner Personlich- 
keit zeigt, dass seine Gelehrsamkeit sogar eine sehr viel- 
seitigO; der Umfang seiner geistigen Interessen ein sehr 
grosser gewesen ist. In der spanischen Literatur besass 
er eine nicht gewohnliche Kennerschaft, die Entwickelung 
der modernen Philosophic verfolgte er mit lebhafter Theil- 
nahme, und auch auf die Gegenstande der Natur richtete 
sich sein fur jede Art scharfer Beobachtung geubter Blick 
mit Liebe und grtindlichem Verstandniss. Als Beweis 
flir die letzte Angabe will ich nur anfuhren, dass er 1840 
in der Blumenzeitung unter Nennung seines Wohnortes 
und seines Amtstitels bekannt machte, dass er gern Lieb- 
linge eines von ihm selbst gezogenen Nelkenflors mitzu- 
theilen bereit sein wiirde, wenn er gewiss sein konnte, sic 
in gute Hand und Pflege zu bringen, und dass fiinf Jahre 
spater wirkUch ein Nelkenfreund in Muskau, dessen Samm- 
lung durch eine Ueberschweraraung zerstort worden war, 
unter Berufung auf seine herzlichen Worte bei ihm sich 
die versprochene Hiilfe erbeten hat. 

Seine historischen Publikationen eroffnete das Schrift- 
chen „Eschdorf und Dittersbach. Beitrage zur sachsischen 
Dorfer-, Adels-, Kirchen- und Sittengeschichte**, welchea 



Zar Erinnerung an Johann Earl Seidemann. 99 

er 1840 herausgab. Aber schon 1846, als die Leipziger 
Universitat eine Gedachtnissfeier zur Erinnerung an Luthers 
dreihundertjahrigen Todestag veranstaltete, war er dnrch 
verdienstvolle Forschungen iiber die Reformationszeit in 
Sachsen so bekannt geworden, dass ihm die dortige theolo- 
gische Facultat den Licentiatengrad honoris causa er- 
theilte. In rascher Folge erschienen ^Thomas MUnzer** 
(1842), „Die Leipziger Disputation im Jahre 1519" (1843), 
„Karl von Miltitz" (1844), ^Erlauterungen zur Reformations- 
geschichte durch bisher unbekannte Urkunden" (1844), 
„Beitrage zur Reformationsgeschichte". Heft 1 (a. u. d. T. 
„Die Reformationszeit in Sachsen von 1517 bis 1539** 1846) 
and Heft 2 (1848). In dieselben und die unmittelbar 
darauf folgenden Jahre fielen Studien iiber den Bauern- 
krieg in Sachsen und den Herzog Georg, welche jedoch 
entweder gar nicht oder nur bruchstUckweise, wie das 
am Schlusse beizufugende Verzeichnis von Seidemanns 
Beitragen zu Zeitschriften nachweisen wird, zur Ver- 
offentlichung gelangten. 

Wenig spater entstand dasjenige Buch, welchem Seide- 
mann seine Beriihmtheit wohl vorzugsweise verdankte. 
Im August 1854 hatte ihm die Reimersche Verlagsbuch- 
handlung angetragen, die VoUendung von de Wettes Aus- 

fabe der „Briefe, Sendschreiben und Bedenken Martin 
lUthers" zu tibernehmen, und vor Ablauf von zwei Jahren 
lag der von ihm bearbeitete sechste Band dieser Ausgabe 
gedruckt vor, eine den hingebendsten Fleiss und die hochste 
kritische Sorgfalt bekundende Arbeit, welche den wissen- 
schaftlichen Werth und die Brauchbarkeit, sowie das An- 
sehen jener Ausgabe bekanntlich ganz wesentlich erhohte. 
Der im Jahre 1849 verstorbene de Wette hatte fur den 
Abschluss seines Werkes nur ganz unbedeutende Vor- 
arbeiten hinterlassen konnen, aber er hatte den jungeren 
und riistigeren Nachfolger, welcher fur ihn eintreten soUte, 
selber noch gewissermassen willkommen geheissen in einem 
vom 13. Juli 1843 datirten Brief e, in welchem er an ihn 
schrieb : „Die mitgetheilten Bemerkungen werde ich bestens 
benutzen, sobald ich zur Ausarbeitung des sechsten Bandes 
komme, was aber erst nach VoUendung meines exegetischen 
Handbuchs, etwa in zwei Jahren, so Gott will, geschehen 
wird. Vorher ware es mir unmoglich, mich wieder in 
die ziemlioh fremd gewordene Sache hineinzuwerfen, in 
der ich leider niemals so zu Hause gewesen bin, wie es 
von einem Herausgeber der Briefe Luthers gefordert 

7* 



100 Franz Schnorr TOn Garolsfeld: 

werden moss. Aber ich that, was ich konnte, und glaubte, 
wenn ich es nicht thate, so wtirde ein Anderer es nicht 

thuD Ich kann nicht sagen^ wie sehr es mich freut, 

in Ihuen einen so begeisterten Freond der Luther'schen 
Literatur kennen gelemt zu haben."*) Eine 41 Nummem 
umfassende Nachlese zu dem von ihm bearbeiteten Schluss- 
bande der de Wette'schen Ausgabe brachten Seidemanns 
-Lutherbriefe" (1859); an einer sp£lter erschienenen Samm- 
lung Luther'scher Briefe hatte er^ seinen mtindlichen und 
schriftlichen Aeosserungen zufolge^ einen so weit gehenden 
Antheil, dass er denselben auf den dritten Theil des Ganzen 
berechnen zu dtirfen glaubte. Der Luther-Literatur ge- 
horten dann von seinen spater entstandenen Werken auch 
noch an ^M. Anton Lauterbachs Tagebuch auf das Jahr 
1538, die Hauptquelle der Tischreden Luthers" (1872) und 
^Luthers erste uud alteste Vorlesungen iiber die Psabnen 
aus den Jahren 1513 — 1516. Nach der eigenhandigen latei- 
nischen Handschrift Luthers auf der Koniglichen offent- 
lichen Bibliothek zu Dresden herausgegeben** (2 Bde. 1876)* 
Ausser diesen beiden Bucheni; in Betreff deren ich noch 
einigeWorte hinzuzufugenhaben werde, sind hier schliesslich 
zur VervoUstandigung des Verzeichnisses seiner Schriften 
nur noch kurz zu nennen: „Ueberlieferungen zur Ge- 
schichte von Eschdorf, Dittersbach und Umgegend** (1860), 
„Geschichte der Familie Gutbier. Bd. I.'* (1867) und 
-Dr. Jacob Schenk, der vermeintliche Antinomer, Freibergs 
Keformator etc." (1875). Dabei ist aber noch auf <£e 
nachfolgeude Zusammenstellung seruer in Zeitschriften und 
Sammelwerken abgedruckten Aufsatze zu verweiseu, in 
deren Zahl, wie man sehen wird, viele wichtige und werth- 
volle Arbeiten enthalten sind. 

Als der erste Band der bis dahin unbekannt ge- 
bliebenen slltesten Psaltervorlesungen Luthers an das Licht 
trat, verlieh die theologische Facultat der Universitat Halle- 
Wittenberg Seidemann die theologische Doctorwiirde. „Der 
Doppelname unserer Universitat Halle -Wittenberg", so 



') Ftlr Diejenigeu, welchen Neudeckers Recension des Seide- 
mann'schen Baches in dem Theologischen Literaturblatt zur Allgem. 
Kirchenzeitung (Jahrg. 34. 1867. Darmstadt. Nr. 27. Sp. 609—620) zu 
Gesicht gekommen ist, bemerke ich, dass Seidemann unter der Ueber- 
Bchrift „Zar Abwehr'* eine gegen dieselbe gerichtete, zahhreiche 
thats&chliche Berichtigungen enthaltende Erklllrung verfasst hat, 
welche in dem Literaturblatte zwar keine Aufnahme land, aber hand- 
schriftlich erhalten ist. 



Zxa Erinnerung an Johann Karl Seidemann. 101 

8chrieb ihm damals der Decan der FacuMt, ^weist auf 
die Grtinde hin, aus welchen gerade wir, vor anderen 
FacultS^teii; befugt und berufen zu sein glaubteii; allge- 
mein anerkannte Verdienste um die deuteche Beformations- 

feschichte durch die hSchste akademische WUrde zu ehren. 
>ie Mitglieder der Facultat legten besonderen Werth 
darauf, dass wir den Mann, dem das Wittenberg des 
sechzehnten Jahrhunderts mehr als irgend einem anderen 
ZeitgenoBsen zur wohlbekannten geisti^n Heimat ge- 
worden ist, als Doctor theologiae den unseren nennen 
diirften." Der wissenschaftliche Werth dieser umfang- 
reichen Publikation, durch welche in so willkommener 
Weise das Dunkel aufgehellt ward, welches vorher die 
Zeit zwischen Luthers sogenannten Initia und seinen ersten 
Predigten umhiillt hatte, ist gebuhrend anerkannt worden; 
jedoch wenige waren damals im Stande, als das Werk 
erschien, wenige werden kiinftig im Stande sein, an der 
Leistung des Herausgebers auch das personliche Verdienst 
im Hinblick einerseits auf dessen vorgeschrittenes Lebens- 
alter, andererseits auf die Beschaffenheit der Original- 
handschrift, welche ihm vorlag, mit voUer Gerechtigkeit 
zu wlirdigen. 

AUein auch dann noch, als die Arbeit an diesem 
letzten Werke, welches er zur VoUendung brachte, gethan 
war, ruhte seine fleissige Hand nicht. Mit dem alten 
Eifer und mit Anspannung seiner letzten Krftfte beschaf- 
tigte er sich mit den Vorbereitungen zu einer auf den 
handschriftlichen Quellen beruhenden Ausgabe der echten 
untiberarbeiteten Tischreden Luthers, und auch diese Arbeit, 
welche sich an das oben angefiihrte Lauterbach'sche Tage- 
buch als eine wichtige Fortsetzung und Erganzung an- 
geschlossen haben wtirde, war, als ihn der Tod von seinem 
Tagewerke abrief, ihrem Abschlusse ganz nahe» so nahe, 
dass sie nun wohl ein anderer an seiner Stelle wird dem 
Drucke iibergeben konnen. 

^Wirke gut so wirkst Du Itoger, Als es Menschen 
sonst vermogen": dieses Goethe'sche Wort gilt auch fiir 
seine verdienstvoUe und erfolgreiche Wirksamkeit. Der 
Ausspruch eines angesehenen Theologen der Gegenwart 
wird, ich zweifele nicht, sich erfiillen: „So lange man Re- 
formationsgeschichte treiben wird, wird man der gewissen- 
haften, exakten, wahrhuft gelehrten Studien gedenken, 
welche Seidemann dem Beformationszeitalter zugewendet 
hat^. Diejenigen aber, welche ihm im Leben nahe ge- 



102 Franz Schnorr yon Carolsfeld: 

Btanden haben und wisseii; dass die Vorzu^ey welche ilm 
als Gelehrten auszeichneten, in seinen Cnaraktereigen- 
Bchaften, in seiner sittlichen Gesinnung wurzelten, werden 
fiir ihn nicht bloss ein seine Verdienste ehrendes und an- 
erkennendes Ged^chtnis bewahi'en, sondern auch tiber 
das Grab hinaus in walirer Liebe ihm zugethan bleiben. 



Beitrage Seidemanns zu Zeitsohriften und 

Sammelwerken. 



Abhandlungen der historischen Glasse der Eoniglich bayerischen 

Akademie der Wissenschaften. Bd. 10. Abth. 1. (1866.) S. 145—204. 

Die Unruhen im Erzgebirge wahrend des deutschen Bauernkriegs. 

Nach den Acten des Haupt-Staatsarchivs zu Dresden. 
Anzeiger fttr Kunde der deutschen Vorzeit. Neue Folge. Bd. 21. 

(1874.) Nr. 6. Sp. 179—181. Sebastian Adam, ein unbekannter 

Wittenberger Maler, t 16*7. 

— Bd. 23. (1876.) Nr. 6. Sp. 170—176 und Nr. 7. Sp. 196— -200. 
Frankenhausens £inwohnerschaft am Schlachttage 16. Mai 1525. 

Archiv fllr die Sachsische Geschichte. Herausgegeben von Wilhelm 
Wachsmuth und Karl von Weber. Bd. 1. (1863.) S. 236—240. 
1. Losbitten von Verbrechern durch Jungfrauen. 2. Bierschank. 
8. Hans von Jena. — Unterz. J. K. S. 

— Neue Folge. Bd. 2. (1876.) S. 181—185. (Ein Brief Luthers an 
einen Meissnischen Edelmann. Sonntags nach Laurenti 1541. Be- 
drohung Melanchthons 1634.) — Unterz. J. K. S. 

Bd. 4. (1878.) S. 181—187. Peter Eisenberg. 

Archiv fttr sftchsische Geschichte und Alterthumskunde. Heraus- 
gegeben von Karl Gautsch. Jahrg. 1. (1843.) S. 261—282. Bei- 
tr&ee zur Reformationsgeschichte Sachsens. Jacob Seidel oder 
Seialer, Pfarrer zu Glashtttte. 1521. Erster Beitrag. 

Archiv fttr Literaturgeschichte. Bd. 3. (1874.) S. 45—48 (vergl. 168). 
Herzog Georg von Sachsen als Dichter. 

— Bd. 4. (1876.) S. 1 — 8. Luthers Erinnerungen aus seinem Sprach- 
verkehr mit den Italieuern. 

S. 117—153. M. Petrus Sylvius, ein Dominicaner der Re- 

formationszeit 

S. 269—271. Glosse des Ablass 1521. 

S. 277— 280, Eine bruderliche Klage. 1521 oder 1622. 

— Bd. 5. (1876.) S. 6—32 und 287—310. Die Schriften des Petrus 
Svlvius verzeichnet und besprochen. 

— Bd. 7. (1878.) S. 163 f. Ein alter maccaronischer Vers. 

S. 274 f. Phalaecische Verse Lntiiers. 
*- Bd. 8. (1879.) S. 440. War nicht liebt Wein, Weiber und Gesang. 



Zur Eriuneriing an Johann Karl Seidemann. 103 

Archiv ftir Literaturgescbichte. Bd. 9. (1880.) S. l—S. Yolkslieder 

bei Luther und Melanthon. 
Allgemeine Deutsche Biographie. Bd. 1. (1875.) S. 591. Franciscus 

Arnold!. S. 69J. Matthius Aurogallus. 

— Bd. 4. (1876.) S. 252. Alexius Chrosner. 

— Bd. 5. (1877.) S. 473 f. Hieronymus Dungersheim. 

Blatter ftir literarische Unterhaltung. Jahrg. 1860. Nr. 282. S. 1128. 
Die Concepciones Murillo's. — Unterz. 84. *) 

— Jahrg. 1861. Nr. 122. S. 966. Was sind Bankriesen? — Irdene 
Gefasse, die in der Erde wachsen. — [Hat mir nicht vor^elegen.] 

— Jahrg. 1852. Nr. 10. S. 233—237. Cervantes und sein „Don 
Quijote**. — [Desgl.J 

Nr. 31. S. 741. Anekdote von Don Carlos. — Unterz. 76. 

Nr. 34. S. 813. Rationalismus in Spanien. — Desgl. 

Nr. 35. S. 838. Anekdote von Karl V. — Desgl. 

Nr. 37. S. 885. Ein beliebter spanischer Rundreim. — Desgl. 

Nr. 44. S. 1064. Liebreiche Auslegung. — Desgl. 

Nr. 50. S. 1197. Ein Seitensttick zu Gretnagreen. — Auch 

eine Gedachtnissfeier. — Desgl. 

— Jahrg. 1853. Nr. 16. S. 379. Zur Geschichte der Schlacht bei 
Miihlberg im Jahre 1547. — Unterz. 49. 

Nr. 31. S. 735—739 und Nr. 33. S. 780—784. Zur Geschichte 

des spanischen Dramas in Lope de Vegas Zeit. 
Nr. 42. S. 1003—1005. Don Juan und der steineme Gast. — 

Unterz. 49. 
Forschungen zur Deutschcn Geschichte. Bd. 11. (1871.) S. 375 — 899 

und Bd. 14. (1874.) S. 511—548. Beitrftge zur Geschichte des 

Bauemkriegs in Thtiringen. 
Die Grenzboten. Jahrg. 32. II. Semester. II. Band. (1873.) S. 36—39. 

Zvrei ungedriickte Briefe Arthur Schopenhauers an den Hofrath 

Bdttiger in Dresden. 
Sachsens Kirchen - Galerie. Dresden, o. J. 4®. Bd. 4. Abth. 5. S. 

2—8. 19 f. 144. Eschdorf. — Ohne Seidemanns Namen. 
Sachsische Kirchenzeitung. Jahrg. 2. (1840.) Nr. 76. 76. S. 30S f. 

1. Wann starb Tetzel? 2. War Luther wirklich drei Mai in 

Dresden? — Unterz. S., P. 

Nr. 83. 84. S. 336. Heinrich der Fromme. — Unterz. J. K. S. 

Nr. 85. 86. S. 343 f. Starb Tetzel eines gewaltsamen Todes? — 

Unterz. J. K. S. 

— Jahrg. 3. (1841.) Nr. 5. S. 40. Luthers Vorliebe fttr Gartenbau. — 
Ohne Seidemann^s Namen. 

Nr. 6. S. 48. Eine verbitterte Fastnacht. — Desgl. 

Nr. 7. S. 55. War Veltkirch der erste Geistliche der Re- 
formation, welcher heirathete? — Desgl. 

Nr. 9. S. 65 — 70. Die Kanonisation und Erhebung des Bischofs 

Benno von Meissen. — Unterz. J. K. S. 

Nr. 14. S. 108—110. Noten zu dem in Nr. 3 d. Bl. mitge- 

theilten Briefe des Herzogs Georg. — Unterz. J. K. S. 

— — Nr. 18. S. 142. Die Dekanonisation des heil. Thomas Becket. — 
Unterz. J. K. S. 

*— — Nr. 22. S. 175 f. Wie man die Entziehung des Kelchs gegen 
Luther zu rechtfertigen suchte. — Unterz. J. K. S. 

^) Zu dem Titel dieses Aufsatzes bemerkt Seidemann in dem Handexemplar seiner 
pUeberueferungen*' : ^TrlflFt aber nicht, denn Maria, nur wenn allein, ohne nino, dargesteUt, 
heisst oonoepcion." 



104 FraDz Schnorr von Garolsfeld: 

S&chsische Kircheszeitnng. Jahrg. S. Nr. 23. S. 183 f. Ein ziemlicli 

unbekannter Gegner Luthers (M. Petras Sylvius). — Ohne Seide- 

xnanns Namen. 
Nr. 34. S. 271 f. Etwas von Andreas Bodenstein Earlstadt — 

Unterz. J. K. S. 
Nr. 39. S. 311 f. Ein ungedruckter Brief Thomas Mfinzers 

an seine Freunde in MUhlhaasen. — Unterz. J. E. S. 

Nr. 40. S. 317—819. Das FreibergerMonchsk alb.— Unterz. Jks. 

Nr. 46. S. 364 f. War Herzog Georg beim Beginn der Leip- 

ziger Disputation, d. 27. Juni 1619? — Unterz. J. E. S. 
Nr. 61. S. 401—406. Nr. 62. S. 409—412. Die Cdlestiner 

auf dem Eonigstein. — Unterz. Jks. 

— Jahrg. 4. (1842.) Nr. 11. S. 86—88. Anekdoten in Bezng auf die 
Schlacht bei Muhlberg 1647. — (Ungezeichnet; vermuthlich von 
Seidemann.) 

— Jahrg. 6. (1843.) Nr. 15. S. 118 ff. Nr. 45. S. 364—367. Paul 
Lindemann, Hofprediger Heinrichs des Frommen. — Unterz. 
— ann— . (Vergl. S. 270—272. Hildebrand's Erwiderung.) 

Sachsisches Eirchen- und Schulblatt. Jahrg. 7. (1867.) Nr. 10. Sp. 
73—78. Nr. 11. Sp. 81—87. Nr. 12. Sp. 89—94. Zur Familien- 
geschichte Luthers. 

— Jahrg. 16. (1866.) Nr. 17. Sp.*141— 146. Nr. 18. Sp. 149 f. Ein 
eigenhandiger, ungedruckter Brief des Dr. Justus Jonas. 

— Jahrg. 22. (1872.) Nr. 15. Sp. 113—119. Aus der Reformations- 
zeit. I. Der Leipziger Pfarrprediger Johann Eoss. n. Der Brief 
eines Leipziger s an Herzog Georg. 

Nr. 22. Sp. 169—178. Nr. 23. Sp. 180—184. Nr. 26. Sp. 201—206. 

Aus der Beformationszeit. Nicolaus Storch. 
Nr. 37. Sp. 293 — 296. Aus der Beformationszeit. Neues aus 

Luthers Leben. 

— Jahrg. 23. (1873.) Nr. 6. Sp. 46—48. Nr. 7. Sp. 64-66. Nr. 8. 
Sp. 67—61. Nr. 10. Sp. 76—79. Nr. 11. Sp. 85—87. Luthers Reisen. 

— Jahrg. 24. (1874.) Nr. 18. Sp. 137—141. Nr. 19. Sp. 146—149. 
Dr. Hieronymus Dungersheim von Ochsenfurt. 

— Jahrg. 26. (1876.) Nr. 18. Sp. 143 f. Aus der Beformationszeit 
Ein eigenhandiges Schreiben des Superattendenten Antonius Lauter- 
bach in Pima v. J. 1642. 

Nr. 42. Sp. 345—347. Aus der Beformationszeit. I. Die Frei- 

berger Nonne Herzogin Ursula von Mttnsterberg. Nachtrag Nr. 62. 

Sp. 428. 
Nr. 43. Sp. 363—366. 11. Einige unbekannte Tischreden Luthers 

aus Yeit Dietrichs eigenhandiger gleichzeitiger Niederschrift vom 

Jahre 1531 f. 
Nr. 44. Sp. 361 f. IIL Semperstag. IV. Vor 300 Jahren. 

^func stAns 

— Jahrg. 27. (1877.) Nr. 31. Sp. 263—267. Nr. 32. Sp. 261—265. 
Aus der Beformationszeit. Dr. Jakob Schenk, Freibergs Beformator. 

Nr. 34. Sp. 277— 2Hl. Nr. 35. Sp. 285—288. Aus der Befor- 
mationszeit. D. Johann Pfennig. — Jacob Seidler aus GlashUtte. — 
Thomas von der Haiden und Anderes. 

— Jahrg. 29. (1879.) Nr. 18. Sp. 161—168. Eine Osterpredigt Ams- 
dorfs vom 14. April 1666. 

Nr. 37 Sp. 359-363. Nr. .38. Sp. 367—370. Die Augustiner. 

Merkur. Herausgegeben von Ferd. Philippi. Dresden. Jahrg. 1830. 

Nr. 115. 26. Sept. S. 457. Lied der Communalgarde. — Ohne 

Seidemanns Namen. 



Zar Erinnerung an Johann Earl Seidemann. 105 

Neue Mittheilnngen aus dem Gebiet historisch-antiqaarischer For- 

schungen. Bd. 14. (1878.) S. 392—543. Das Ende des Bauern- 

krieges in Thtiringen. 
Saxonia. Herausgegeben von Alfr. Moschkau. [Jahrg. 1.] (1876.) 

Nr. 6. S. 39 f. Amnestie. — Melanthons Todestag. — Dr. Fausts 

Haus in Wittenberg. — Unterz. J. K. S. 

Nr. 6. S. 44 f. Halseisen. CoUistrigium. — Scherganten. 

Nr. 7. S. 65. Sturnise, Stornitzc. 

Nr. 9. S. 65—68. Nr. 10. S. 73—76. Nr. 11. S. 81—83. Nr. 12. 

S. 89—92. Die Colestiner auf dem Kbnigstein. 
Nr. 14. S. 112. Die Gemeindetafeln zu Uebigau und Mickten 

betreffend. 

Nr. 20. S. 166—158. Das Kloster Eiche bei Naunhof. 

Nr. 23, S. 179 f. Nr. 24. S. 187 f. Harnisch und Stiefel 

des EarfUrsten Johann Friedrich aus der MUhlberger Schlacht, 

24. April 1547. 
Nr. 23. S. 184. Brief Eurftirst Augusts an Lucas Eranach. — 

Unterz. J. E. S. 

— Jahrg. 2. (1877.) Nr. 7. S. 70 f. Pillnitz. 

Nr. 9. S. 89 f. Der von Eauffungen Fehdebrief. 

— Jahrg. 3. (1878.) Nr. 1. S. 6—9. Nr. 3. S: 25 f. Lehnssachen. 
Nr. 3. S. 26 f. Schnurvorziehen. Aerzte. 

Nr. 4. S. 37 f. vergl. S. 52. Die von Eauflfungen und ihre 

Fehde. 1615. 

Nr. 4. S. 43. Schloss Eonigsstein. 

Nr. 5. S. 49 f. Der Meissner Rector Georg Fabricius. 

Nr. 7. S. 69 f. Supane und Supauien. 

— Jahrg. 4. (1879.) Nr. 12. S. 89 f. Safranbau. 

Serapeum. Jahrg. 1853. Nr. 14. S. 209—213. Die tragedia Policiana. 
Jahr 1547. — Ohne Seidemann's Namen. 

— Jahrg. 1854. Nr. 1. S. 8—12. Die Propaladia des Bartolom6 de 
Torres Naharro. — Unterz. F. 

Nr. 5 und 6. S. 65 — 76 und 81—90. El Caballero determinado. 

— Jahrg. 1865. Nr. 5. 8. 65—77. Die Brtisseler Ausgabe der Segunda 
Parte des Don Quijote v. J. 1616. 

Nr. 8—10. S. 112—121. 129—140. 145—154. Die Selva de 

Aventuras von Contreras. 

— Jahrg. 1866. Nr. 17. S. 266 f. Zur Geschichte der Leipziger 
Buchdrucker. 

Nr. 17. S. 267 — 269. Die spanische Romanze Rosa fresca. 

Theologische Studien und Eritiken. Jahrg. 47. (1874.) S. 309—315. 
Zu Luthers Geburtsjahr. 

— Jahrg. 48. (1875.) S. 659—576. Die ersten Vorlesungen Luthers 
liber die Psalmen. 

— Jahrg. 49. (1876.) S. 656—572. 718—734. Zur Reformationsge- 
schichte. I. Luthers Brief an seine Frau vom 28. Juli 1546. 
II. Zwei Bibelinschriften von Luther und Froschel. III. Drei 
Melanthoniana. IV. Gregorius und Johannes Coppus. (Vergl. 
Jahrg. 61. S. 323.) 

— Jahrg. 61. (1878.) S. 314—323. Aus Spenglers Briefwechsel. 
S. 697—708. Je ein Brief von Amsdorf, Eck und Luther. 

— Jahrg. 52. (1879.) S. 540—545. Luthers Promotionsrede flir 
Dr. Hieronymus Weller. 

— Jahrg. 53. (1880.) S. 337—360. Luther und der Meissner Bischof 
Johann VII. von Schleinitz. (Marz 1520.) 



106 Franz Schnorr Ton Garolsfeld : Zur Erinner. an J. E. Seidemann. 

Pirnaisches Wochenblatt. 1845. Nr. 30. S. 207. Empfindungen auf 

dem Porsberge (aus dem dasigen Fremdenbache) am 1. April 1845. — 

(Gedicht, unterz. J. K. S.) 
Zeitscbrift for die bistorische Theologie. Jahrg. 1846. S. 411—424. 

Lutbers Hausrechnung nebst zwei Briefen. Aus dem dresdcner 

Staats-Arcbiv mitgetbeilt. 

— Jabrg. 1847. S. 638 — 655. Das dessauer Bfindniss vom 26. Juni 
1526. 

S. 656 — 695. Der mainzer Rathschlag v. J. 1525, und Lutbers 

beabsicbtigte Gegenschrift v. J. 1526. 

— Jabrg. 1849. S. 175 — 217. Tbeologischer Briefwechsel zwiscben 
Landgraf Pbilipp von Hessen und Herzog Georg von Sacbsen aus 
den Jabren 1525 bis 1527. 

— Jahrg. 1851. S. 80—100. Dr. Hieronymus Vehus tiber seine Ver- 
bandlungen mit Luther auf dem wormser Keicbstage 1521. 

— Jahrg. 1859. S. 124 — 141. Ungedruckte Bricfe und Bedenken 
Melanthons. Aus den im dresdener Hauptstaatsarcbive befind*- 
licben Originalen. 

— Jabrg. 1860. S. 475—670. Lutbers Grundbesitz. 

— Jabrg. 1873. S. 154 — 159. Erlauterungen zu den in dieser Zeit- 
scbrift (Jahrg. 1872, S. 323—410) mitgetheilten Briefen Lutbers, 
Melanthons, Agricolas u. a. 

S. 463 f. Ein Brief des Justus Jonas vom 5. October 1518. 

— Jabrg. 1874. S. 115—139. Schriftstlicke zur Keformationsge- 
schicbte. 

S. 544—574. Katharina von Bora 1523. 1524. Nttrnberger 

und Wittenberger PersOnlichkeiten. 

Anbangsweise will ich bier noch folgendes anfuhren, was Seide- 
mann im Druck verOffentlicbte : 
Fromme Entschliessungen far unser Leben in Gott, zu denen unsre 

Orgelweibe uns aufruft, gefaalten am 2. September 1838 in dcr 

Kircbe zu Eschdorf. Dresden, 1838. 
Es ist Gewinn fiir unser Leben, das Walten Gottes in den Gescbicken 

der Ydlker fromm zu betrachten. Cirkularpredigt, gehalten am 

9. Juni 1844 in der Kircbe zu Badeberg. Dresden, 1845. 
Predigt liber 1. Korinther XIII., 13. in der Kircbe zu ScbQnfeld am 

2. September 1857 bei der vom Radeberger Zweigvereine der 

Gustav-Adolf-Stiftung veranstalteten Festfeier. Dresden, 1857. 
Reden und Segenswort gesprochen am Grabe des Herm Johann 

Gottlob von Quandt den 22. Juni 1859. Pima, 1859. S. 6—8. 

Seidemanns Rede. 
Worte, gesprochen den 17. December 1868 am Grabe seiner Gattin 

Hanna Margarethe Eleonore Seidemann, geb.Malsch. Dresden, 1869. 



Literatur. 



Gesohichte des Oberlansitzer Adels and seiner Gllter vom XIII. 
bis gegen Ende des XVI. Jahrhunderts von Dr. Hermann Knothe^ 
Professor beim Koniglich sllchsischen Cadettencorps. Leipzig, 
Breitkopf & Hartel. 1879. 8». VIII. 686 SS. 

In dem Werke, dem wir hier eine Anzeige widmen, 
begriissen wir eine neue Erscheinung nicht sowohl auf 
dem Gebiete der genealogischen, als der historisclien Lite- 
ratur, und die erste Sclirift dieser Art, welche in einer 
solchen Anlage und mit einem solchen Inhalte bisher her- 
ausgegeben worden ist. Denn durchaus anders geartete 
Werke sind es, welche Adelshistorien Sachsens und der 
Uckermark ankiindigend vor mehr als hundert Jahren 
erschienen; jene trotz ihrer drei Foliobande nur die mit 
wenig geniessbaren, allgemeinen Einleitungen beginnenden, 
der urkundiichen Nachweise fiir die Zeit des Mittelalters 
fast ganz entbehrenden, Q enealogien einzelner Adelsge- 
schlechter Sachsens, Meissens und Thtiringens enthaltend, 
statt mehrerer tausender von Adelsstammen deren noch 
nicht zweihundert behandelnd; diese mit fleissiger, doch 
nicht immer kritischer Einleitung sich auf die Genealogie 
sechs der bedeutendsten Familien der Uckermark be- 
schrankend, gleichwie auch das vor 150 Jahren heraus- 
gegebene „Adeliche Poramern" in seiriem einzigen er- 
Bchienenen Bandchen nur die gleiche Zahl von Familien 
umfasste. Die Geschichte des Adels einzelner Lander, 
grOsserer oder kleinerer Staatsgebiete, in seiner Totalitat 
zu schreiben, ihn als Ganzes, als politischen Stand, jedoch 
auch wiederum mit Berticksichtigung seiner einzelnen Be- 
standtheile, eingehend und grtindlich darzustellen, 
seine Verfassung, Kechte und deren Entwickelung, seinen 
Grundbesitz, sein Leben und Weben in verschiedenen Zeit- 



108 Literatur. 

altern vorzuflihren, hat unsers Wissens bis jetzt noch me 
den Gegenstand einer Sonderschrift gebildet, am wenigsten 
in dem Umfange, wie sie uns jetzt in dera Werke Knothes 
vorliegt. Zwar widmeten von alter Zeit her jene Chro- 
nisten und Geschichtsschreiber einzelner deutscher Staaten, 
wie Micnllias^ Hartknoch, Grosser, Beckmann u. a. m.^ 
dem Adel ihrer Lander in eigenen Abschnitten auch all- 
gemeinere Betrachtungen, aber, mit Vorliebe sich mehr 
dem £inzelnen zuwendend, bieten sie doch in cultur- mid 
rechtshistorischer Hinsicht so gut wie nichts. Und nicht 
minder entbehren die speciellen Artikel, welche jedoch nm* 
einen meistens sehr kleinen Bestandtheil der betreffenden 
Adelsfamilien reprftsentiren, gemeinhin (Beckmann ausge- 
nommen) aller Specialitat, und begniigen sich mit allge- 
meinen, nicht selten durch zeitgemslsse Irrthiimer imd 
Ursprungsanschauungen verwiirzten Angaben liber die 
einzelnen Geschlechter. 

So war denn auch vorltogst schon in Universalge- 
schichtswerken Uber die Oberlausitz das damals Ge- 
ntigende geschehen, und dem dortigen Adel ein besonderer 
Abschnitt gewidmet worden, sowohl von Grosser in seinen 
1714 erschienenen „Lausitzischen Merkwiirdigkeiten", als 
auch in hoherem Masse von J. B. Carpzow in seinem nur 
wenige Jahre spater herausgegebenen „Neu eroflSieten 
Ehrentempel merkwiirdiger Antiquit^ten des Markgraf- 
thums Oberlausitz". Ausserdem machten noch Andere 
die Genealogie und Geschichte des Adels der Oberlausitz, 
d. h. der einzelnen Familien desselben, zum Gegenstande 
mehr oder minder umfassender Sammlungen (wie aus 
Hellbachs Adelslexikon I^ 29 zu ersehen ist), aber sie 
blieben ungedruckt Indess, jene beiden, im Geiste ihrer 
Zeit und nach dem Massstabe damaliger Ansprtiche ver- 
fassten Werke losen nicht im Entfemtesten die Aufgabe, 
welche sich Knothe in seinem obigen Buche gestellt hat^ 
abgesehen davon, dass Carpzow sich auf die Mittheilung 
der in vielen Theilen sehr verbesserungsbedtirftigen Ge- 
nealogie von nur acht hervorragenden Geschlechtem der 
Oberlausitz beschrankt hat. 

War ein solches Werk ein Bediirfniss ftir den Adel 
der Oberlausitz selbst, sowie fur deren Geschichtskunde 
— und es ist das wohl widerspruchslos richtig — , so 
war auch Niemand mehr dazu befahigt und berufen, als 
der Verfasser^ den schon Itogst der allgemeine Buf als 
grlindlichster Kenner der oberlausitzischen Gechichte, als 



Literatur. 109 

fruchtbarer Autor gediegener grosserer und kleinerer Schrif- 
ten zur Geschichte und Landeskunde der OberlausitZ; ziert. 

Die kraftigste Aufforderung zur Bearbeitung des 
Themas lag far den Verfasser nicht sowohl in der volligen 
Unzulanglichkeit aller bisherigen Vorarbeiten, als vor- 
nehmlich in der grossen Bedeutung desselben fiir die ge- 
sammte Geschichte der Oberlausitz, in der hervorragenden 
wichtigen Stellun^ ihres Adels als Corporation und Stand 
fast zu alien Zeiten, endlich ganz besonders in der be- 
trachtlichen Zahl im laufenden Jahrhundert aufgefundener 
oder neupublicirter Urkunden der Oberlausitz, von denen 
die hocb inter essanten des Klosters Marienstem durch des 
Verfassers Verdienst; vor einigen Jahren der Oeffentlich- 
keit ttbergeben worden sind. 

Der Umfang des vorliegenden Buches legt ein Zeug- 
nis yon dem Keichtbum der benutzten Quellen ab^ und 
doch lag es nicht in der Absicht; die Geschichte des 
Oberlausitzer Adels bis zur Gegenwart herabzufuhren, 
sondern vielmehr sie nur vom 13. bis gegen das Ende 
des 16. Jahrhunderts darzustellen, so dass alle Geschlechter, 
deren Sesshaftmachung in jenem Staatsgebiete erst nach 
der Mitte des 16. Jahrhunderts erfolgt ist, unberiicksichtigt 
gebUeben sind. 

Das Werk zerfallt in drei Hauptabtheilungen, eine 
allgemeine und zwei specielle. Die erstere, ftir alle die 
bestimmt; welche sich nicht allein fiir die Rechts- und 
Culturverhaltnisse der Oberlausitz, sondern eines ieden 
Landes, zumal des mittlern und nordlichen Deutschlands, 
interessiren, bilden 6 Abschnitte welche 1) von dem Ur- 
sprunge des oberlausitzer Adels, 2) von dem „hohern" 
und niedern Adel der Oberlausitz, 3) von seiner Stel- 
lung zum Landesherrn, 4) zur Kirch e, 5) zu den 
StS.dten und 6) von seinen speciellen Culturverhalt- 
nisse n nach folgenden Gesichtspunkten handeln: a) Haus 
und Hof, b) Hab und Gut, c) Weib und Kind, d) Wehr 
und Waffen, e) Kopf und Herz. 

In diesen Abschnitten handelt es sich also darum, 
das Einzelne zusammengefasst in bestimmten Umrissen zu 
zeigen, wie unter den in der Oberlausitz bestehenden 
eigenthiimlichen politischen, kirchlichen und socialen 
Verhaltnissen der dortige Adel lebte und webte, litt und 
stritt Denn wenn irgendwo, sagt der Verfasser, so hat 
sich gerade in der Oberlausitz das Leben und die Stel- 
lung des Adels eigenartig entwickelt. 



110 Literatur. 

Auf den durch jene langen Studien gewpnnenen 
sicheren Grundlagen und Kenntnis der oberlausitzischen 
Landesgescliichte im AUgemeinen und im Besonderen hat 
der Verfasser in jenem ersten, mehr als hundert Seiten 
fUUenden Abschnitte eine lebensvoUe uod frische Dar- 
stellung der betreffenden Verhftltnisse gegeben, so dass 
die eigne klare Anechauung leicht auf den Leser selbst 
sich tibertragt und ihm an der Hand der kritisch be- 
nutzten Urkunden, besonders in den letzten Capiteba, ein 
kraftig und wahr gezeichnetes Bild der Vergangenheit 
des oberlausitzischen Adels vorfuhrt. 

Das hochste Interesse des Genealogen nehmen die 
beiden ersten Capitel in Anspruch, in deren einem der 
Verfasser, die urspriingliche Existenz eines angesehenen 
und machtigen Adels der eingeborenen Slaven (Wenden) 
zwar richtigerweise behauptend, doch zu dem Resultate 

§elangt, dass von keinem der seit dem 13. Jahrhundert ur- 
undlich vorkommenden oberlausitzer Adelsgeschlechter 
seine etwanige eingeborene Herkunft irgend erweislich sei. 
Wir batten gern gesehen, wenn in der etwas mehr aus- 
zudehnenden Untersuchung iiber diesen Punkt, neben der 
Beziehung auf gleichartige Verhaltnisse in andern germa- 
nisirten Theilen Deiitschlands, auch der Heraldik des alten 
oberlausitzer Adels im AUgemeinen und im Besondem 
ihr Recht geworden und das Fiir und Wider auch auf 
Grund heraldischer Argumeate behandelt ware. 

Den Gegenstand des zweiten Capitels bildet die Un- 
terscheidung des oberlausitzer Adels in einen „h6hem" 
und einen niedem, also nicht in einen hohen^ den der 
Verfasser in der Oberlausitz nicht statuirt und jenem einen 
politischen Bang zutheilt^ der etwa dem der Schloss- 
gesessenen anderer Lander entsprechen mochte, oder der 
dem der bohmischen Herren gleich war. Ob die An- 
sichten des Verfassers iiber den Herrenstand der Ober- 
lausitz, der sich als Adelskategorie in der Gliederung 
der Landstande auch hier zeigt, uberall zutrefifend sei, 
kann hier dahingestellt bleiben; jedenfalls standen die 
Herrschaftsbesitzer fast zu alien Zeiten des Mittelalters 
in der Oberlausitz auf einer hohem Adelsstufe, mochten 
sie von hochadeliger Geburt sein oder nicht. Denn 
es geschah hier, was sich in der Mark Brandenburg 
(Johann v. Buch) und den Nachbarlandern im 13. und 
14. Jahrhundert zeigt; dass der mit B^chten achter Dynasten 
verbundene Herrschaftsbesitz auch zur Nobilitat selbst 



Literatur. HI 

fuhrte, die bei dem Vorhandensein des hohen Geburts- 
adels auch nach dem Verluste des Herrschaftsbesitzes be- 
stehen blieb. 

Die zweite Abtlieilung des Werkes ist die speciell 
genealogische, in 202 einzelnen Artikeln in alpliabetischer 
Reihenfolge die einzelnen Adelsgesclilechter aus jenem 
viertelialbhundertjahrigen Zeitraume vorfiihrend. Man 
erhalt eine formliche Geschiclite jedes einzelnen Geschlechts, 
mit allgemeiner, mit Recht von der Widerlegung jener 
erdichteten, sogenannten Ursprungssagen, Abstand nehmen- 
den Einleitung iiber Abkunft, Heimath und Grundbesitz, 
worauf die Aufzalilung aller einzelnen aus Urkunden be- 
kannt gewordenen Mitglieder unter Angabe der sie be- 
treffenden Daten und Feststellung des sicheren oder doch 
vermuthlichen Verwandschaftsverhaltnisses folgt. Ueber- 
dies werden uns die Genealogien der einzelnen Familien 
auch in Linien und Zweigen vorgefuhrt; was bei so zahl- 
reich und weit verbreiteten Geschlechtern, wie z. B. den 
von GersdorfF, von wichtigstem Belange ist. 

Ueberblicken wir die FlxUe des gebotenen Materials, 
so muss man dem bienenhaften Fleiss des Verfassers 
und der unermiidlichen Ausdauer bei den Vorarbeiten 
zu seinem Werke, dem Geschicke in der Anordnung, 
der Scharfsinnigkeit der Entscheidung schwerer genea- 
logischer Fragen Bewunderung zoUen und es kann sich 
der oberlausitzische A del nur Gltick wunschen; dass 
jedem Geschlecht desselben liier nicht eine reiche, sondern 
vielmehr geradezu eine erschopfende Ftille alles betreflfen- 
den genealogischen Materials geboten wird, und gerade 
fiir einen Zeitraum, fur welchen die Quellensammlung am 
schwierigsten zu sein pflegt. Vor allem kennt jeder 
Sachkundige die grosse Miihe, deren es bedarf, aus 
zahlreichen, meistens ohne Angabe des Verwandtschafts- 
verhaltnisses sich zeigenden, zum Theil gleichnamigen 
Mitgliedem einer Familie die Geschlechtsfolge richtig 
2U construiren. Hier sehen wir diese Schwierigkeit mit 
so eminentem Geschick und so viel Besonnenheit und 
Zuverlassigkeit uberwunden, als ob dem Verfasser die 
Genealogie von jeher das gelaufigste Feld seiner Ar- 
beiten gewesen ware. Man iiberblicke nur z. B. den 
mehr als 60 Seiten fullenden, genealogischen Abriss liber 
die von Gersdorff, das zahlreichste Geschlecht der Ober- 
lausitz. 

Nicht allein nur den bekannten Namen und Zierden 



J 



112 Literatur. 

des oberlausitzer Adels begegnen wir in dem Werke, den 
Gersdorflf und Haugwitz, den Kltix und Kottwitz, den 
Nostitz und Baudissin, den Bischofswerder und Liittitz^ 
den Metzradt und Ponikau, den Schreibersdorff und Uecht- 
ritz, den Salza und Rechenberg u. a. m., sondem auch 
zahlreiclien, bisher nicht einmal dem Namen nach ge- 
kannten, geschweige denn in der Adelsliteratur sich zeigen- 
den Familien, welche hier, zum ersten Male wieder auf- 
geftihrt, in den Eeihen ihrer Zeit- und Standesgenossen 
erscheinen. Wenn der Verfasser gegen seine Darstellung 
in dem genealogischen Theile seines Werkes selbst den 
Vorwurf der Nuchternheit und Einf5rmigkeit des Stils 
erhebt, die durch das Wesen genealogischer Untersuchungen 
bedingt seien, so konnen wir ihm mit gutem Fuge hierin 
widersprechen, wenn uns im Gegentheil seine An- und 
Ausfuhrungen nicht nur nicht des sachgemassen Gewandes, 
sondern auch nicht des Schmuckes einer durchweg fessebi- 
deu; abwechselnden Form des Ausdruckes zu entbehren 
scheinen, so dass auch dem Nichtgenealogen der zweite 
Abschnitt des Buches fiir mehr als ein blosses Nachschlage- 
werk gelten muss. Nur einen Wunsch hatten wir noch 
gehabt, dass der Verfasser auch — was fiir ein Adels- 
werk wohl so recht sich eignet — der Heraldik der ein- 
zelnen Adelsgeschlechter Rechnung getragen hatte. Auch 
ohne dass er in der Lage geweseu; Schlusse aus den 
Wappenbildern fur Herkunft, Heimath und Stammesge- 
meinschaft einzelner Familien ziehen zu konnen, ware doch 
schon die Kenntnis so mancher bisher noch unbekannter 
Adelsinsignien aus den Siegeln fur den Genealogen von 
Fach von Interesse und Worth gewesen. Ebenso ver- 
missen wir liier und dort ein naheres Eingehen auf den 
Stamm und die fernere Ausbreitung maiicher nicht autoch- 
thoner oberlausitzer Geschlechter, zumal sonst weniger 
bekannter, z. B. der v. Irksleben, die nicht Altmarker sind, 
sondern aus dem Magdeburger Lande stammen, ebenso wie 
die V. Lossow, die von Helwigsdorf, noch im 17. Jahr- 
hundert auf Gross - Grabe gesessen, mit interessantem 
Wappen^ die v. Lewenwalde-Lehwald, die Schaff u. a. m. 
Der dritte Hauptabschnitt des Werkes wendet sich 
wieder an einen grosseren Leserkreis. Er behandelt auf 
130 Seiten die Gtiter des oberlausitzer Adels und registrirt 
nach den Gesichtspunkten der Topographic alios das, was 
der vorhergehende Theil in den Artikeln iiber die ein- 
zelnen Geschlechter von Ortschaften gebracht hat. Nach 



Literatur. 113 

einer allgemeinen lesenswerthen Einleitung wendet der 
Verfasser sich zuvOrderst zu den grossen Herrschaf- 
ten, Hoyerswerda, Kamenz, Ruhland, Nescliwitz, Mus- 
kau, Penzig, Baruth und Seidenberg. Dann folgen die 
Weichbilder der St9,dte mit ihren Ortschaften, und 
endlich die bischoflich meissnischen Besitzungen in 
der Oberlausitz. Je grossern Fleiss der Verfasser auf 
die Ermittelung des Grundbesitzes einer jeden Familie ver- 
wendet hat, desto mehr reizte ihn der in der vorliegen- 
den Form bisher noch nicht gemachte Versuch, von jeder 
einzelnen oder doch fast von jeder Ortschaft des ge- 
sammten Landes die Familien der Besitzer unter Hinweis 
auf die vorangehenden Genealogien kurz zusammen zu 
stellen. Auch ohne dass eine absolute VoUstandigkeit 
erzielt ist, bietet doch dieser Theil des Buches ein niitz- 
liches Interesse und die Moglichkeit, bei jedem beliebigen 
Orte stets die Gutsherrschaft schnell iibersehen und eine 
ausfuhrlichere Auskunft iiber sie mit Hulfe der beige- 
fiigten Ruckverweisungen leicht finden zu konnen. So 
wird damit; sagt der Verfasser mit Rccht, der erste Ver- 
such zu einer historischen Geographic des Landes 
geboten. Nach der letztern Richtung bin und fur spa- 
tere Zeiten sind auch die bekanntep; jetzt nicht hftufi- 
gen, unter dem Titel: ^Das jetzt lebende Markgrafen- 
thum Oberlausitz'' erschienenen Handbiicher (von denen 
dem Referenten die Ausgaben von 1725, 1750 und 1789 
vorliegen) nicht zu verachtende Hiilfsmittel. Dass den 
Schluss des ganzen Werkes ein Familien- und Ortsnamen- 
register bildet, braucht wohl kaum erwahnt zu werden. 

So ist denn das Buch, dessen Erscheinen wir mit 
lebhafter Freude begrUssteU; ein Hauptwerk fur die Ge- 
schichts- und Landeskunde der Oberlausitz uberhaupt, 
und wenn es auch keiner Empfehlung bediirfen wird fur 
die ehrbaren Geschlechter des Landes, denen es gilt, und 
fur die Stadte und Landgemeinden desselben, so war 
es dem Herm Herausgeber dieser Zeitschrift nicht minder 
als dem Referenten eine freudige Pflicht, auch hier auf 
diese neue hochbedeutsame Frucht der literarischen Thatig- 
keit des Verfassers alle Freunde der Adelsliteratur, und 
insonderheit die der sachsischen und schlesischen, aufmerk- 
sam gemacht zu haben, als auf ein Werk, das mit Recht 
als die reichste Fundgrube zuverlassiger genealogischer 
Materialien genannt zu werden verdient. Moge das Bei- 
spiel, das der Verfasser mit seinem trefflichen Bucho 

NeneB Archiv £ & Q. n. A. Bd. I. Heft I. 9 



114 Literatur. 

gegeben, bald eine Nachfolge in einer Gesammtgescliichte 
des Adels anderer Landesgebiete imter der Voraussetzung 
gleicher Grtindlichkeit, gleichen Fleisses und gleicher Vor- 
kenntnisse finden, aber auch dem verdienten Verfasser 
eine fernere lobenswurdige ThS^tigkeit auf dem Felde der 
oberlausitzischen Geschichte zu entfalten vergonnt sein. 

Magdeburg. 6. A. v. Malverstedt. 



Der Flacianismnfl nnd die SebSnbnrgr'sclie Landesschnle eu 
Geringswalde. Yon Theodor Distel. Leipzig, Barth. 1879. 8^ 
95 SS. 

Die vorliegende Schrift behandelt in grundlicher Weise 
eine wenig bekannte Episode der spateren Reformations- 
geschichte. Zu Geringswalde ist im Jahre 1566 in einem 
frtiheren Nonnenkloster, aus welchem die Bewohnerinnen 
indessen nicht voUig vertrieben warden, eine Schule ge- 
grtindet worden, an deren Spitze Hieronymus Haubold 
berufen wurde. Haubold war eifriger Flacianer. Da nun 
gleichzeitig mit der Einrichtung der Schule Kurftirst 
August von Sachsen ernstlich gegen die Flacianer ver- 
ging, wurde die neu eroffnete Schule gar bald in die 
Verwicklungen hineingezogen, in welche Kurftirst August 
mit den Grundern und Herren der Schule, mit den SchOn- 
burgs, gerieth, weil diese das vom Kurfursten am 18. Juni 
1566 erlassene Eeligionsmandat beanstandeten, obgleich 
dasselbe in ziemlich allgemeinen Ausdrucken abgefasst 
und darin die gegen die Flacianer gerichtete Spitze einiger- 
massen verhtillt worden war. Wolf von Scnonburg und 
die Prediger zu Penig') nahmen dasselbe indessen nicht 
ruhig hin, erbaten nahere Aufklarung und so entwickelte 
sich, immer an Scharfe zunehmend, ein Conflict, welcher 
seine vorlM-ufige Losung in der Ersetzung der Prediger 
zu Peniff durch neue von dem Kurfiirsten abgesandte 
und in der Gefangennahme des nichts Schlimmes ahnen- 
den Wolf von Schonburg fand. Die harte Haft, welche 
er erlitt, bewog ihn endlich zur Nachgiebigkeit, indem er 
in einer Urkunde vom 16. October 1567 versprach, „zu- 
wider Churf. G. ausgegangenen christlichen mandaten 



') FUr die weitere Untersuchung dieser Verhaltnisse dtirfte der 
von DSllinger, Reformation II, 246 erwfthnte Bericht Bohms im 
Miinchner Cod. lat. 941, f. 187 zu beachten sein. 



Literatur. 115 

femer kein solch neidisch und zenkisch vordamnus und 
condemnation S. Churf. G. kirchen und schulen und der- 
selben lehrern in meinen gebieten, wie bishero geschehen 
wissentlich (zu) gestatten oder (zu) vorhengen, vilweniger 
vor meine person thun, und diejenigen praedikanten, so 
dem Illyrico und desselben gesellschaft anhengig, wissent- 
lich" nicht zu dulden. Trotzdem scheint er nicht durch- 
aus gewissenhaft (vergl.^ Distel, S. 47) dieses Gelobnis 
gehalten, sondern noch fortwahrend den Flacianismus 
begiinstigt zu haben. So kann es denn auch nicht Wunder 
nehmen, dass eine im Juli 1568 nach Geringswalde ge- 
schickte kurfiirstliche Visitationscommission wenig Befriedi- 
gendes melden konnte. Nachdem der Rector der Schule, 
fiieronymus Haubold, welcher anfanglich den Commissaren 
Bede und Antwort gestanden hatte, rechtzeitig entflohen 
war, wurde dessen Gehiilfe, Melhorn, verhaftet und Wolf 
von Schonburg tiber die Sache zur Rede gestellt. Das 
Ergebnis war, dass die Schule wieder einging. 

Ueber die Einrichtung der Schule zu Geringswalde, 
welche so ein schnelles Ende fand, geben uns mehrere 
Beilagen Auskunft; ilber die Visitation hat Haubold einen 
Bericht verfasst; welchen Distel gr5sstentheils wSrtlich 
abdruckt. Fiir die Geschichte der Psldagogik bietet unsere 
Schrift daher mehr eine Materialsammlung als eine Be- 
arbeitung. Die Bedeutung der Schrift liegt in der Dar- 
legung des Verhaltnisses zwischen dem Kurftirsten und 
Wolf von Schonburg, des Vorgehens der kurfurstlichen 
Regierung gegen den Flacianismus. Hier hat Distel sich 
ein grosses Verdienst erworben, indem er nicht bios 
neues Material ans Licht brachte, sondern es auch durch- 
weg mit kintischem Takte verarbeitete. Man hatte viel- 
leicht wiinschen diirfen, dass eine andere Titelwahl die 
Aufmerksamkeit der Forscher besser auf diese wichtigere 
Seite der Arbeit hingelenkt hatte. 

Distel stellt einen Artikel fiir die allgemeine deutsche 
Biographic iiber Haubold in Aussicht, der jedenfalls viel 
des Interessanten bieten wird. Ich mochte hierfur seiner 
Aufmerksamkeit die eben erschienene neue Geschichte 
der Reformation und Gegenreformation in Oesterreich von 
Wiedemann empfehlen, wo manches Material, freilich in 
mangelhafter Bearbeitung, fiir Haubolds spateres Leben 
zu finden ist. 

Mttnchen. v. D ruffe 1. 

8* 



116 Literatiir. 

Die wichtigrsten Ereignisse aus der Geschichte von GSrlitz. 

Nebst historischen Nachrichten von den Ubrigen Sechsstadten. 
G6rlitz, Neumeister. (1879) 8^ 272 SS. 

Gewiss ist audi die Popularisirung der Geschichte 
einer Stadt oder Landschaft ein berechtigtes Unternehmen; 
denn nicht aus der schwerfalligen Gelehrsamkeit dicker 
Geschichtswerke lernt der Burger und Landmann die 
Vergangenheit seiner Heimat kennen und lieben. Aber 
freilich muss es eine kundige Hand sein, welche die von der 
Wissenschaft ermittelten Resultate dem minder gebildeten 
Publikum zuganglich und schmackhaft macht Der Ver- 
fasser vorliegenden Btichleins — sehr lobliche Vorsicht 
hat ihn abgehalten; sich zu nennen — schreibt popular, 
sehr popular; aber ihm fehlt jede wissenschaftliche Kennt- 
nis von der Geschichte der Landschaft, die er beschreiben 
will, und so ware es in der That viel besser gewesen, 
er hatte sein populares Buchlein ungeschrieben gelassen; 
denn er hat durch dasselbe nicht nur alten, langst be- 
seitigten Irrthum neu aufgewarmt, sondern sogar neuen, 
vollig selbstandig ersonnenen hinzugefugt. Was soil man 
dazu sagen, wenn er unter anderem behauptet (S. 1), in 
den ungeheuren Waldern Schlesiens und „der Lausitz" 
hatten zwei verschiedene Volker, Deutsche und Serben, 
^abgesondert gehaust, und keineswegs so nahe, wie es 
gegenwartig der Fall ist, gewohnt"; in den grossen Waldern 
hatten sich weder Dorfer noch Stadte befunden, sondern 
jedes Familienhaupt habe vielmehr fur sich und die Seinigen 
einen passenden Wohnort gesucht. „Meistentheils benutzten 
sie Hohlen dazu, gruben sich in die Erde ein, deckten 
die OefFnungen mit Boden, Diinger etc. Andere errich- 
teten wiederum Zelte, welche schnell abgebrochen werden 
konnten." In der Gegend von Gorlitz soUen von Haus 
aus Deutsche gewohnt haben; denn es sei daselbst die 
Isis „oder wenigstens eine Art von Isis" verehrt worden, 
welche von den Wenden nieraals verehrt wurde. Auch 
sei der Name ^Hainwald'' fiir den Ort, wo die Deutschen 
ihre Gotzen „unterhielten'', ja ein deutscher, also Gorlitz 
stets von Deutschen bewohnt. Darauf werden all die 
veralteten Fabeln der Chroniken wieder aufgetischt. Ebenso 
Verkehrtes enthalt natiirlich der Abschnitt liber das Ge- 
richtswesen in alter Zeit (S. 39). Muthlos mocbte man 
fragen, wozu denn iiberhaupt die Wissenschaft sich ab- 
miihe, an Stelle des Irrthums und der geflissentlichen 
Erfindung die historische Wahrheit festzustellen, wenn, 



Literatur. 117 

wie hier geschieht, anmassliches Dilettantenthum es noch 
im Jahre 1879 wagen darf, in demselben Gorlitz, von 
welchem so viele altverbreitete Biicher uber die Geschichte 
der gesammten Oberlausitz ausgegangen sind, ein Biich- 
lein iiber eben diese Stadt vol! solchen Unsinns erscheinen 
zu lassen. Wir enthalten uns jeder weiteren Kritik und 
fiihren nur noch die Abschnitte auf, in welclie das BUch- 
lein zerfailt. I. Die Gegend von Gorlitz vor Erbauung 
der Stadt — II. Erbauung der Stadt GQrlitz. — III. Der 
Bund der Sechsstadte. — IV. Fehden und Kriegsziige der 
Stadt. — V. Einiges iiber das Gerichtswesen der alten 
Zeit. — VI. Herzog Johann von Gorlitz. — VII. Gorlitz 
wahrend der Hussitenzeit. — VIII. Das Religionswesen. 

— Nun fehlen IX. und X. ganzHch; soUten dem Ver- 
fasser die rQmischen Ziffern etwa nicht gelaufig sein? — 
XI. Streitigkeiten der Stadt Gorlitz. — XII. Der Ponfall. 

— Xin. Gorlitz zu Anfang des SOjahrigen Krieges. — 
XIV. Belagerung 1641. ~ XV. Die Kirchen. — XVI. 
BrUnde. 

Dresden. Enothe. 



Blieke in die Kireliengreschiclite der Stadt Meissen im Zeitalter 
der Reformation. Vortrag aaf der Conferenz zu Meissen gehalten 
von D. 0. G. Schmidt, Pfarrer und Superintendent zu Werdau. 
Leipzig, Hinrichs. 1879. S\ 28 SS. 

Der durch seine Forschungen auf dem Gebiete der 
saehsischen Reformationsgeschichte; z. B. die treffliche 
Monographie iiber Nicolaus Hausraann, wohlbekannte 
Verfasser giebt in dem auf der vorjahrigen Conferenz zu 
Meissen gehaltenen Vortrage ein frisches und lebendiges 
Bild der fur diese alte Bischofsstadt hocliwichtigen Ee- 
formationszeit. Nach einem Ueberblick iiber die Geschichte 
des Bisthums schildert er den Zustand der kirchlichen 
Verhaltnisse am Anfang des 16. Jahrhunderts. Es herrschte 
hier eine streng kirchliche Froramigkeit, die „im Dom 
taglich von Mittag 12 Uhr bis zur namlichen Stunde 
des folgenden Tages in ununterbrochenem Gottes- und 
Heiligendienst" ihren Ausdruck fand. Interessant ware 
es, etwas von dem geistigen Leben der vorhergehenden 
Zeit zu erfahren. Referent weist darauf bin, dass liier 
eine Zeitlang als Prediger MeflFretius wirkte, dessen Pre- 
di^ten, mannigfach aufgelegt, vielfach von anderen Geist- 
licnen benutzt wurden. Bisohof war um die Wende des 



1 18 Literatur. 

Jahrhunderts Johann VL von Salhausen, der wahrend 
einer SCjahrigen Regierung viel fiir Hebung des kirch- 
lichen Lebens that. Bemerkt sei; dass sich im Archiv zu 
Weimar die Grundziige einer neuen Ordnung des Kirchen- 
gesanges finden, die auf seine Veranlassung ins Leben 
trat, wie uns von mancherlei Gunstbezeugungen berichtet 
wird; die ihm vom lierzoglichen Hofe zu Theil warden. 
Sein Nachfolger; Johann VII., stellte rait anderen Geist- 
lichen seiner Diocese der neuen Lehre feindlichen Wider- 
stand entgegen, der nach Herzog Georgs Tode, als Herzog 
Heinrich in Dresden einzog, vergeblich war. Mit leben- 
digen Farben schildert der Verfasser die Mitte Juli 1539 
in Gegenwart zahlreicher furstlicher Personen voUzogene 
feierliche Einfiihrung der Reformation. Ihr schloss sich 
eine eingehende Visitation an, iiber deren gewaltige Auf- 
gabe Burkhardts „Gesehichte der sachsischen Kirchen- 
visitationen** interessante Details bringt. Der erste evan- 
gelische Stadtpfarrer imd Superintendent war Johann 
Weiss, der erste Rector der Furstenschule, zu deren 
Griindung die Kirchen- und Klostergiiter verwendet wurden, 
Johann Fabricius, ein Freund Melanchthons. Beide wurden 
in die kriegerischen und theologischen Wirren der Zeit 
vielfach hineingezogen. Die klare, lichtvoile Darstellung, 
welche sich auf genaue Kenntniss der Quellen und Lite- 
ratur sttitzt, wie die gerechte Beurtheilung der Zeitver- 
haltnisse und Personen — hervorzuheben ist die An- 
erkennung der Bemiihungen des vielverkannten Herzog 
Georg und Kurfiirst Moritz — machen das Buchlein zu 
einer angenehmen und anregenden Lecttire. 

Dresden-Neustadt. Georg Mailer. 

Die Chronik der Stadt Elbogren (1471— 1504)^ bearbeitet von Dr. 
L. Schlesinger. Im Auftrage oies Yereins fClr Geschichte der 
Deutschen in Bohmen. Prag, Verlag des Vereins. 1879. 8^ 
XVI. 202 SS. (A. u. d. T.: Deutsche Chroniken aus BGhmen, 
herausgegeben yon Dr. L. Schlesinger. Band I.) 

Die Elbogner Chronik, die nach dem Vorworte des 
Herausgebers eine Reihe ahnlicher Publicationen des „Ver- 
eins fur Geschichte der Deutschen in Bohmen*^ einleiten 
soil; ist keine Geschichtsquelle ersten Ranges, ja nicht 
einmal so hoch zu stellen, wie der Bearbeiter in der sonst 
gut gehaltenen Einleitung will; trotzdem bleibt sie inter- 
essant genug, nicht bios als ein Detailbild der KUtnpfe; 
die in jenen Tagen das Burgerthum Bohmens gegen adelige 



Literatur. 119 

Anmassung fiihrte, sondem auch durch die anzieheude 
Frische und Unmittelbarkeit der Nachrichten, endlicli auch 
mehrfach in sprachlicher iind kulturhistorischer Beziehung. 
Ftir den sacnsischen Leser wird die Elbogener Chronik 
noch dadurch beachtenswerther, dass die von ihr geschil- 
derten Verhaltnisse im inneren Zusammenhanore stehen 
mit dem Versuche der sachsischen Fursten, sich 1471 
Elbogens zu bemachtigen, um dann mit um so grosserem 
Nachdrucke die Erwerbung der bohmischen Konigskrone 
in Angriff zu nehmen. Die Schlicke, seit 1434 Pfand- 
herren des Elbogener Kreises und Schlosses, waren, wie 
ihre Nachbarn, die Egerer, mit der Fortdauer des Kampfes 
zwischen Georg Podiebrad mit der Curie und Matthias 
von Ungarn in eine immer scliwierigere Lage gekommen: 
hatten sie auch schliesslich Konig Georg absagen miissen; 
so gehSrten ihre Sympathien doch ebensowenig dem Un- 
garnkonig; der zudem nur schwer im Stande war, ihnen 
in ihrer entlegenen Stellung im westlichen Bohmen aus- 
reichenden Schutz zu gewahren. So planten sie die Ue- 
bergabe von Burg und Stadt an Albrecht von Sachsen, 
kam es zur Berennung Elbogens durch sachsische Truppen, 
die aber an dem tapferen Widerstande der von Heinrich 
von Plauen energisch unterstiitzten Burger scheiterte. 
Blieb so Elbogen bei Bohmen, so gedachten die Schlicke 
wenigstens da sich eine festere Stellung zu schaffen: 1476 
wurde die Stadt von ihnen gewaltsam besetzt, wurden 
die Biirger zur Erbhuldigung gezwungen, auch der wider- 
strebende Theil des Kreisadels iiberwaltigt. Ungleich 
letzterem ergab sich die Biirgerschaft in ihr Schicksal; 
auf die Mahnung K. Wadislaw II., die Schlicke nicht als 
Erb-, sondem bios als Pfandherren anzusehen, antwortete 
der Kath mit einem von Hieronymus Schlick concipirten 
SchreibeU; das noch dazu dann nicht iibergeben wurde; 
als 1492 eine zweite Mahnung des Konigs in gleichem 
Sinne erfolgte, fragten die Burger wieder erst ihren neuen 
Erbherm Sebastian Schlick um Rath; erst 1497 fan den 
sie den Muth, gestiitzt auf die Intentionen des Konigs 
und die Untersttitzung des Kreisadels, nun mit zaher 
Consequenz und Festigkeit ihre Rechte gegen Herrn Se- 
bastian zu vertheidigen. Damach sind denn auch die 
etwas tiberschwanglichen Bemerkungen der Einleitung 
tiber die Haltung der Elbogener einzuschranken. Sehr 
anziehend sind die Aufzeichnungen des Chronisten tiber 
all die Norgeleien und Chikanen, in denen sich der Ueber- 



120 Later atar. 

muth und die Bachgier des leidenschaftliclieii Pfandherren 
wahrend des jahrelangen Streites gegen die Elbogener er- 
ging; den Ausgang des Streites hat der ChFonist nicht 
mehr beriehtet Dafiir bringt die Publication auf Seite 
139 — 177 eine Reihe von Urkunden uber den sachsischen 
Versuch auf Elbogen^ Herzog Albrechts Bewerbung um 
die Krone Bohmens nnd die Schlieke. 

Dem Texte ist eine Anzahl zutreffender Anmerkungen 
beigegeben, die Brauchbarkeit durch ein Glossar und 
Begister erhoht, auch der Spraebe der Chronik die ge- 
biihrende Auimerksamkeit zugewendet. Im Einzebien ist 
freilich eine ziemliche Menge von Verstossen, Druck- 
fehlem u. s. w. zu verzeichnen. So finden wir gleich S. 1 
(Text) in der Anmerkung Kunesch statt Kumsch; LaDgen 
statt Langenn (vergl. auch S. 4), S. 8 Lunig fur Litnig, 
S. 16 Z. 14 ist das -nueyn, gnediger Her** der Hand- 
schrift richtig, wie das folgende zeigt, S. 92 blieb das dor 
(getraue) unverstanden, wie die Interpunktion zeigt, die 
auch sonst ofter nicht dem Sinne entspricht, S. 104 und 
193 ist naturlich statt Colin Colm zu lesen; bez. S. 151 
verweise ich auf Font. rer. Austriac. IL Abth. Bd. 42, 
S. 518 u. s. w. Doch soil dies dem Verdienste der Arbeit 
keinen Eintrag thun. 

Prag. Ad. Bachmann. 



Uebersioht iiber nenerdings erschienene Sohriften nnd 
Anfsatze znr Saohsisoh - Thiiringisohen Gesohiohte nnd 

Alterthnmsknnde. 



Alherti, Jvl. Zur Geschichte des Schlosses Burgk bei 
Schleiz. Herausgegeben vom Geschichts- und Alter- 
thumsvereine zu Schleiz. Schleiz, Fr. Lammel. 1879. 
8^ 53 SS. 1 Stammtafel. 

Bwrkhardt, C. A. H. Geschichte der sachsischen Kirchen- 
und Schulvisitationen von 1524 — 1545. Leipzig, Fr. 
Wilh. Grunow. 1879. 8«. XXVIII. 347 SS. (A. u. d. 
Titel: C. A. H. Burkhardt, Geschichte der deutschen 
Kirchen- und Schulvisitationen im Zeitalter der Re- 
formation.) 



Literatur. 121 

6 JByrn, Fried/r. Aug. Freik. Die Parforcejagd zu Werms- 
aorf und Hubertusburg. Dresden, Wilhelm Baensch. 
1879. 8^ 90 SS. 

Distel, Th. Der Flacianismus, vergl. oben S. 114. 

— Die im Koniglich sachsischen Hauptstaatsarchiv be- 
findlichen Leibniz-Correspondenzen : Berichte der phil.- 
histor. Classe der Koniglich sachsischen Gesellschaft 
der Wissenschaften 1879. S. 104—154. 

Diirr, Alphons. Adam Friedrich Oeser. Ein Beitrag zur 
Kunstgeschichte des 18. Jahrhunderts. Leipzig, Dlirr. 
1879. 8^ X. 255 SS. 

Ettnevy B. Johann Adolph Hasse: Monatshefte fur Musik- 
geschichte. 1879. S. 30—32. 

— Johann Adolph Hasses Werke auf der Koniglichen 
Bibliothek zu Berlin: ebendaselbst S. 81 — 85, 95 — 
100, 103—129. 

Ermisch, H. Beitrage zur Kenntnis des sachsischen Archiv- 
wesens: Wissenschaftliche Beilage der Leipziger Zei- 
tung. 1879. No. 20, 21 (hieraus abgedr. im Correspon- 
denzblatt der deutschen Archive Jahrg. 11. No. 13, 15). 

Evers, C. Das Franziskaner-Barfusserkloster zu Leipzig. 
Geschichte der Matthaikirche zu Leipzig (frtiher Neu- 
kirche) nach den Quellen bearbeitet. Leipzig, Georg 
Bohme. 1880. 8^ VIIL 64 SS. 

Flathe, Th, Geschichte der Koniglich sachsischen Ftirsten- 
schule zu Meissen seit ihrer Griindung im Jahre 1513 
bis zu ihrem Neubau in den Jahren 1877 — 1879. Mit 
dem Portrat des Kurfiirsten Moritz und einer Ansicht 
des alten Schulgebaudes. Leipzig, Tauchnitz. 1879. 
8^ XII. 492 SS. 

— Specimina eruditionis Afranae Georgio Fabricio rectore 
scripta e cod. Bibl. Goth. No. 212: Jahresbericht liber 
dieFiirsten- und Landesschule Meissen. 1879. S.22 — 26. 

Filrstencnij Moritz. Maria Antonie Walpurgis, Kurfurstin 

von Sachsen: Monatshefte fiir Musikgeschichte. 1879. 

S. 167-181. 
Oampcy Th. Die restaurirte Albrechtsburg zu Meissen. 

Ein beschreibender Fuhrer. Dresden, L. Kaemmerer. 

8^ 31 SS. 
Oautsch, Karl. Aelteste Geschichte der sachsischen Schweiz, 

nebst den friihesten topographischen Nachrichten. Nach 

archivalischen Quellen. Dresden, Fr. Axt. 1880. 8®, 

123 SS. 



122 Literatur. 

Grobe, Das Gymnasium academicum zu Hildburghausen. 
Einladungsprogramm des Grymnasium Georgianum zu 
Hildburghausen. 1879. 4«. S. 3—24. 

Gundermann, Ferd. Chronik der Stadt Eilenburg. Nach 
den Quellen bearbeitet. Mit einem Bildnisse des Ver- 
fassers und Martin Rinckarts. Eilenburg, Bruno Becker. 
1879. 8". X. 446 SS. 

Hantzsch, A, Geschichte des Dorfes Plauen bei Dresden. 
Nach den Quellen. Plauen bei Dresden, im Selbst- 
verlag des Verfassers. 1880. 8^ VHI. 166 SS. 

Jacob, Curt- Heraldisch-Sphragistische Notizen liber das 
Wappen der Herren von Torgau: Vierteljahresschrift 
fur Heraldik; Sphragistik und Genealogie. 1879. S. 
217—223. 

Jager, Jul, Urkundenbuch des Klosters Teistungenburg 
im Eichsfelde. II. Theil. Beilage zum Osterprogramm 
der konigl. hoheren Biirgerschule zu Duderstadt 1879. 
Halle 1879. 4«. S. 35—70. 

(Kade, OttoJ. Georg Rhau: Monatshefte fiir Musikge- 
schichte. 1879. S. 27-30. 

— Meister Anthonius, Orgelbauer in Dresden 1477 : eben- 
daselbst S. 197—205. 

Keferstein, A, Historische Fragmente. (Die Abstammung 
der Thtiringer. Wer waren die Angeln, welche Bri- 
tannien eroberten? Das aufgeloste Ehegelobnis oder 
die verstossene Gattin.) Erfurt, C. Villaret 1879. 8®. 
20 SS. 

Knothe, Hermann. Geschichte des oberlausitzer Adels 
vergl. oben S. 107. 

— Die Archive der Oberlausitz/ sowohl der sachsischen 
als der preussischen : v. Lohers Archival. Zeitschrift 
Bd. IV. S. 219—223. 

KoUhy Th. Zum V. Lateranconcil [enthalt 5 Schreiben 
Herzog Georgs von 1513]: Briegers Zeitschrift fiir 
Kirchengeschichte. Bd III. S. 599-609. 

Kronfeld, (7. Landeskunde des Grossherzogthums Sachsen- 
Weimar-Eisenach. Erster Theil: Thiiringisch-Sachsen- 
Weimarische Geschichte. Zweiter Theil: Topographie 
des Landes. Weimar, Herm. Bohlau. 1878, 1879. 8*>. 
XVL 504 SS. VI. 535 SS. 

Leuthold. Bemerkungen iiber die Freiberger Bergwerks- 
verfassung im 12. und 13. Jahrhundert: Zeitschi*ift 
ftir Bergrecht. Bd. XXI. S. 13—39. 



Literatur. ^ 123 

Loose, W. Johann Herrgott. Anzeiger ftir Kunde der 
deutschen Vorzeit. 1879. Sp. 293—295. 

Lorck, Carl B. Die Druckkunst und der Buchhandel in 
Leipzig durch vie^f Jahrhunderte. Zur Erinnerung an 
die Einfiihrung der Buchdruckerkunst in Leipzig 1479 
und an die dortige Kunstgewerbe-Ausstellung 1879. 
Leipzig, Weber. 1879. 8^ 

Machatschek. Vier Bischofe des Meissener Hochstifts im 
14. und 15. Jahrhundert: Neues Lausitzer Magazin. 
Bd. LV. S. 318-363. 

Mating-Samrrderj A. Der Kampf der kursaohsischen Leine- 
weoer um die Ehrlichkeit ihres Handwerks. Beigabe 
zum Programm der Realschule zu Rochlitz. 1879. 4®. 
25 SS. 

Meltzer, 0, Die Kreuzschule vor zweihundert Jahren. 
Vortrag, gehalten in der Aula der Kreuzschule am 
3. November 1879. Dresden, E. Pierson. 1880. 8^ 
IV. 56 SS. 

Meyer, Chr. Zur Gescbiclite der Lochauer Verhandlimgen. 
Forschungen zur Deutschen Geschichte, Bd. XIX. 
S. 242 ff. 

Meyer, Oskar. M. Antonius Lauterbach, der erste Super- 
intendent von Pirna. Eine biographische Skizze. Pima, 
F. J. Eberlein. 1879. 8^ 35 SS. 

Milberg, W. Meissen und die Albrechtsburg im Jahre 
1745: Jahresbericht uber die Fursten- und Landes- 
schule Meissen. 1879. S. 14—22. 

von Minckwitz, A. Die Brigade Thielmann in dem Feld- 
zuge von 1812 in Eussland. (Aus dem Manuscript: 
Geschichte der Garde du corps.) Hierzu ein Schlachten- 
plan vom Schlachtfelde der Schlacht an der Moskwa 
am 7. September 1812. Dresden, Warnatz & Lehmann. 
1879. 8^ 48 SS. 

Mailer, Carl, Zur Quellenkunde des 14. Jahrhunderts: 
[liber eine Quelle des Chron. ' Sampetrinum] : For- 
schungen zur deutschen Geschichte. Bd. XIX. S. 497 ff. 

von Millverstedt, George Adalbert. Codex diplomaticus 
Alvenslebianus. tfrkundensammlung zur Geschichte 
des Geschlechts von Alvensleben und seiner Besitzungen. 
Im Auftrage der Familie veranstaltet und herausge- 
geben. Bd. II. Heft 1. Bogen 1 — 12. Mit einer 
Siegeltafel. Magdeburg, Baensch. 1880. 8^ S. 1—192. 

Petzholdty J, Goethe und Konig Johann von Sachsen: 
Wissensch. Beilage der Leipz. Zeitung. 1879. Nr, 33. 



124 Literatnr. 

Petzholdt, «/. Horaz and Homer und der Konig Jobann von 
Sachsea: ebendaselbst Nr. 84. 

— Die Dichtungen des Konigs Johann von Sachsen: 
(au8 Petzholdts Neuera Anzeiger fiir Bibliograpliie 
und Bibliothekswissenschaft. Heft 8 — 9.) Dresden, 
G. Schonfeld. 1879. 24 SS. 

— Philalethes Kdnig Johann von Sachsen. Mit dem 
Portrait des Konigs im Tode, radirt von H. Btirkner. 
Dresden, Wilhelm Baensch. 1879. S^. 48 SS. 

PfeUschmidty E. Die Johanneskirche und Johannesge- 

meinde in Dresden bis rait Ablauf des zweiten Jahres 

seit der Wahl ihres Kirchenvorstandes am 30. Mai 

1877. Ein Beitrag zur Dresdner Kirchen-, Stadt- und 

Baugeschichte. Mit einer Abbildung der alten St. 

Johannis- und der neueren Johanneskirche. Dresden, 

E. Pierson. 1879. 8^ VH. 179 SS. 
ProUs, R. Beitrage zur Geschichte des Hoftheaters zu 

Dresden in aktenm^ssiger Darstellung. Erfurt, Bar- 

tholomaus. 1879. 8^ XVI. 230 SS. 
Richter, Otto. Die Punktirbiicher des Kurfiirsten August 

von Sachsen: Forschungen zur deutschen Geschichte. 

Bd. XX. S. 13-35. 
Schdfer, Oustav. Geschichte des sachsischen Postwesens 

vom Ursprunge bis zum Uebergang in die Verwaltung 

des norddeutschen Bundes. Nach archivalischen Quellen. 

Dresden, R. v. Zahn. 1879. 8^ 2 Bl. 248 SS. 
Scheuffler^ Heinr. Joh. Hans Fabian von Pomckau, der 

Defensor der Oberlausitzer Glaubensfreiheit zur Zeit 

des dreissigjahrigen Krieges. Barmen, H. Klein. 1879. 

8^42SS. (A.U. AT.: Evangelische Bruderliebe. Vor- 

trage iiber die Aufgaben und Arbeiten des evangel. 

Vereins der Gustav-Adolf-Stiftung, herausgegeben von 

A. Natorp. Bd. II. Heft 1.) 
Schlobach. Die Grenzen des Dobrilugker Klostergebietes: 

Neues Lausitzer Magazin. Bd. LV. S. 364 — §65. 
Schmidt, Oaw. Gottl. Blicke in die Kirchengeschichte der 

Stadt Meissen s. oben S. 117. 
Schnorr von Carohfeld, Franz. Aus der verloren ge- 

glaubten Hennebergischen Chronik von Nathanael 

Caroli: Archiv fur Literatur - Geschichte. Bd. IX. 

S. 9—31. 
SchonwUlder. Die drei ersten Abschnitte der bischSflich- 

meissnischen Grenzenkunde von 1241 : Neues Lausitzer 

Magazin. Bd. LV. S. 366—373. 



Literatnr. 125 

Seidemann, J, K, Luther und der Meissner Bischof Johann 
VII. von Schleinitz: Theolog. Studien und Kritiken 
1880. S. 337—350. 

Stubel, Bruno. Urkundenbuch der Universitat Leipzig 
von 1409 — 1555. Mit einer Tafel. Leipzig, Giesecke 
& Devrient. 1879. 4«. XIH. 653 SS. (A. u. d. T.: 
Codex diplomaticus Saxoniae regiae. Ira Auftrage 
der Koniglich sftchsischen Staatsregierung herausge- 
geben von Otto Posse und Hubert Ermisch. Zweiter 
Haupttheil. 'XL Bd.) 

TheUe, Ft. Die Kiimpfe vor Dresden und in den um- 
liegenden Ortschaften im Jahre 1813^ dargestellt in 
ihrem geschichtlichen Zusammenhange mit den euro- 
paischen Kriegen Napoleons I., nebst Schilderung der 
damaligen Kriegsdrangsale und zahlreicher interes- 
santer Lokal- und anderer Erinnerungen an jene denk- 
wurdigen Ereignisse. Zweite verm. Auflage. Dresden, 
Fr. Axt. 1879. (Die erste Auflage bildete das 13. und 
14. Heft von F. Theiles Lockwitzer Nachrichten.) 

— Lockwitzer Nachrichten. Heft 13 — 14 s. vorstehend. 
Heft 15 — 17. (Inhalt: Geschichte des Ritterguts Lock- 
witz, Fortsetzung. Eine alte Vermessung. Ein ver- 
grabenes Alnpeck-Denkmal. Die alten Kirchenglocken 
zu Leuben. Das Erbregister von Oberlockwitz vom 
Jahre 1620. Die friihere Patrimonial-Gerichtsbarkeit 
in Lockwitz.) 1879. 1880. 8^ S. 1—64. 

Vietor. Historische Uebersicht uber die 100 Jahre der 
Annenrealschule 1779 — 1879. Programm und Fest- 
schrift zur 300jahrigen Jubelfeier der Annenschule zu 
Dresden. Dresden. 4®. S. 3 — 36. 

Wavneckey F, Lucas Cranach der Aeltere. Beitrag zur 
Geschichte der Familie von Cranach. Mit Kopfleisten 
und Schlussstucken von E. Doepler sowie einem kurflirst- 
lich sachsischen und zwei Cranachschen Wappen nach 
alten Vorbildern. G5rlitz, C. A. Starke. 1879. 4^ 55 SS. 

von WfellmannJ, A. Das Porzellanregiment. Militar- 
Wochenblatt Jahrg. 65. Nr. 13. 

Widemann, Emil. Jagdschloss Moritzburg geschichtlich 
und topographisch dargestellt. Mit Orientirungskarte. 
Dresden 1879. 8^ 24 SS. 

Wustmann, G. Beitrage zur Geschichte der Malerei in 
Leipzig vom XV. bis zum XVII. Jahrhundert. Leipzig, 
E. A. Seemann. 1879. 8^. 70 SS. (A. u. d. T.: Beitrage 
zur Kunstgeschichte. H. Red. von Dr. Herm. LUcke.) 



126 Literatnr. 

ZippeL Zur Gescliichte des Greizer Lyceums. Programm 
des stILdtischen Gynmasioms mit JRealabtheiluDg und 
Vorschule zu Greiz. Greiz 1879. 4^ S. 1 — 33. 

K. H, P. Vor 65 Jahren in und um Torgau. Torgau, 
Druck von C. Fugner. 1879. 8*^. 29 SS. 

Beschreibende Darstellung der alteren Bau- und Kunst- 
denkm&ler der Provinz Sachsen. Herausgegeben von 
der historischen Commission der Provinz Sachsen. 
Heft 1: Der Kreis Zeitz. Heft 2: Der Kreis Langen- 
salza. Unter Mitwirkung von Th. Heinri ch O tte be- 
arbeitet von G. Sommer. Halle 1879. 8^ VHI. 76' SS^ 
94 SS. 

Die wichtigsten Ereignisse aus der Geschichte von Glirlitz, 
vergl. oben S. 116. 

Leipzig und seine Universitat vor hundert Jaliren. Aus 
den gleichzeitigen Aufzeichnungen eines Leipziger 
Studenten jetzt zuerst ans Licht gestellt. Mit Titel- 
bild, Plan von Leipzig und Karte der Umgegend. 
Leipzig, Breitkopf & Hartel. 1879. 8^ XH. 128 SS. 



Archiv fur die Sdchaische Geschichte. Herausgegeben von 
Dr. Karl von Weber. Neue Folge. Sechster Band. 
Leipzig, B. Tauchnitz. 1880. 8^ 

Inhalt : 0. Eaemmel, Eursachsen gegent^ber der Revolution in 
Ungarn, 1604—1606. F. A. Freih. 6 Byrn, Christian Herzog zu 
Sachsen-Weissenfels, Kursachsischer General-Feld-Marschall-Lieute- 
nant. J. P. von Falkenstein, Die Eleider der Prinzen Ernst und 
Albrecht in der Eirche zu Ebersdorf. Th. Distel, Das Testament 
des Eurftirsten Moritz. G. Droysen, Die Verhandlungen fiber den 
Universalfrieden im Winter 1631/32. Machatschek, Johann IL von 
Jenczinsteyn, Bischof von Meissen (1376 — 1379, f 1400). H. Ermisch, 
Ein Beitrag zur Geschichte des Handwerks in Sachsen. 6 Byrn, 
Ein Sachsischer Prinz auf Reisen. Enothe, Zur Geschichte der Stadt 
Weissenburg. Distel, Mittheilungen iiber den Nachlass Leibnizens. 
V. Witzleben, Dr. Earl von Weber. Miscellen. Autorenregister tXber 
s&mmtliche B&nde des Archivs. 

Mittheilungen aus dem Bautzner Alterthumsmuseum, I. Ver- 
zeichniss der Abtheilung ^Geschiclite" (besonders Bautzens 
und der Lausitz). Herausgegeben zum 12. October 1879, 
als dem zehnten Jahrestage der BegrUndung des Mu- 
seums, von Oscar Roesger. 8®. 



Literatur. 127 

MiUheUungen dee Vereins fur AnJialtische Geschichte und 
Alterthumskunde. Bd. II. Heft 4—6. Dessau 1879. 8®. 

Inbalt: 0. v. Heinemann, Ein Anhaltinischer Kohlhaas. Th. 
Stenzel, Die frtihesten urkundlichen Erwahnungen von Ortschaften 
Anhalts. F. Siebigk, Rehbergs Antheil an den Erwerbungen des 
Herzogs Leopold Friedrich Franz von Anhalt-Dessau fttr die Wor- 
litzer Kunst-Sammlungen. H. Waschke, Ueber Anhaltinische Volks- 
raundarten. W. Hosftus, Der Ring der Frau KrcJte. G. Stier, Nachtrag 
zu dem im 3. Hefte veroffeutlichten Anfsatze: „Die Alterthttmer 
Anhalts*^ W. Hosaus, Ein alteres Sbakespeare-Bildniss im Gothiscben 
Haiise zu WSrlitz. Th. Stenzel, Die Vermahlungsmedaillen des An- 
haltischen Ffirstenhauses. G. Irmer, Wigbert von Groitsch. H. Suhle, 
Der Elosterbusch zu Losewitz. H.'Zurborg, BruchstUcke eines nieder- 
deutschen Namensverzeichnisses/ Th. Stenzel. Urkundliches zur 
Gescbichte des Dorfes Ballenstedt. A. Salzmann, Zustftnde im Amte 
Warmsdorf um das Jahr 1600. W. Hosaus, Aus den Erinnerungen 
des FQrstlich Anbalt-Dessauiscben Hof- und Amtsraths Jobann August 
Rode. G. Krause, Zur Geschicbte der Familie von Bodenbausen. 
KUbne, Sagen der Stadt Zerbst. W. Hosaus, Die cbalkographiscbe 
Gesellscbaft zu Dessau 1796 — 1806. Prospect zur Herausgabe eines 
Anbaltischen Kilnstler-Lexicons. — Vereinsnacbricbten u. s. w. 



MiUheUungen des Vereins fiir Chemnitzer Geschichte, II. Jahr- 
buch fiir 1876-78. 8«. 

Inbalt: A. Scboltze, Aus bedrslngter Zeit. Nacb den Bericbten 
des Cbemnitzer Amtsscbossers Paulus Drecbsler aus dem Jabre 
1689 und 1640. H. Ermiscb, Die Ratbs-Linie der Stadt Cbemnitz 
bis 1484. W. Loose, Miscelle: Anbaltcscbreiben um eine erledigte 
Schulstelle an der lateiniscben Stadtscbule zu Cbemnitz. (Aus dem 
gescbaftlicben Tbeile sind die Referate iiber die Vortrage von Zollner 
ftber das Cbemnitzer Zunftwesen S. 3, vom Sammler fiber den Cbem- 
nitzer Aufrubr von 1524 und Uber die alteste Cbemnitzer Stadt- 
recbnung S. 12 und 22, von Scboltze tiber die Einnahme von Cbemnitz 
durcb Kurfiirst Jobann Georg L im Jabre 1644 S. 16 und von Stier 
fiber die erste Kircben visitation in Cbemnitz S. 30 beacbtenswertb.) 

Mittheilungen des Vereins fur die Geschichte und Alter- 
thumskunde von Erfurt Heft 9. Erfurt 1880. 8®. 

Inbalt: Die Urkunden zur Gescbicbte des M. Amplonius de Fago 
aus Rbeinbergen (Scbluss). v. Reitzenstein, Bemerkungen zu Hesses 
Gescbicbte von Mfiblberg. Werneburg, Ueber die (&ei Gleicben, 
besonders die Mfiblburg. 

Mittheilungen des Vereins fiir Gcschichts- und Alterthums- 
kunde zu Kahla und Eodcu Zweiten Bandes 1. Heft. 
Kahla 1879. 8^ 

Inbalt: E. Lobe, Das Cistercienser-Nonnen-Kloster in Roda. V. 
Lommer, Beitr&ge zur Adelsgescblecbterkunde des Saalkreises. 



128 Literatur. 

MiUheUungm von dem Freiberger Alterthumsverein. Heraus- 
gegeben von Heinrich Gerlach. 15. Heft. Mit Grund- 
riss des Schlosses Freudenstein. Freiberg i. S., H. 
Gerlach. 1878. 8^ 

Inhalt: Corn. Gurlitt, Der Bau des Freiberger Schlosses „Freu- 
deI)stein*^ Graf von Holtzendorff, Die Schlacht bei Freiberg den 
29. October 1762. Gautsch^ Die alten Burgen and Rittersitze um 
Freiberg (Fortsetzung). Miscellen. 

Saxonia. Zeitschrift fiir Geschichts-, Alterthums- und 
Landeskunde des K5nigreichs Sachsen. Herausgegeben 
von A. Moschkau. 5. Jalirgang. 1879. Nr. 1 — 6 
(Schlussnummer). 

Inhalt: R,, Zur Geschichte der Rittergfiter des Voigtlandes. 
Moschkau, Geschichte der Burg Mtthlstein. Wolfram, Bfirger aus 
Boma, geworben zum Zuge gegen die Turken. — ch, Die BUhne 
Zwickaus. Moschkau, Das ortsgeschichtliche Museum zu Oybin bei 
Zittau. £. P. Sch., Reste des Ueidenthums in Sprache und Branch 
der Jetztzeit. Die 14 Nothhelfer zu Gottleube. Der h. Antonius 
in der Schlosskapelle zu Leuben bei Oschatz. £in Besuch im Mu- 
seum zu Oybin. Aus Sachsens Postgeschichte. 

Zeitschrift des Vereins fur Thurinqische Geschichte. Neue 
Folge. Erster Band, Heft 3. 4. Jena, E. Fromman. 
1879. 8^ 

Inhalt: U. Stechele, Zur Geographic Thuringens (700 bis 1000). 
E. Wtilcker, Die Entstehung der kurs&chsischen Eanzleisprache. 
K. Hahn, Das Servitenkloster zu Vacha, seine Griindung und Schick- 
sale. Werneburg, Beitr&ge zur Genealogie der Grafen von Henneberg 
bis zum Ausgange des 13. Jahrhunderts. Lommer, Saalbrticken- 
stiftungen im Mittelalter, mit besonderer Berttcksichtigung der Saal- 
brttcken in Orlamlinde und Kahla. K. Schulz, Nachtrag zu „Das 
Urtheil des KOnigsgerichts unter Friedrich Barbarossa tiber die 
Porstendorfer Besitzung des Klosters Pforte. Stechele, Bericht ttber 
die bisherige Thatigkeit fttr Herstellung eines thliringischen Urkunden- 
buchs. K. S., Theodor Muther, ein Nekrolog-^ Literarische Mitthei- 
lungen. Miscellen. 



-♦♦«- 



VL 



Hoicks Einfall in Sachsen im Jahre 1633. 

Von 

G. Droysen. 

(Schliiss.) 



m. 

Das Ziel Hoicks war die Stadt Leipzig, und iiber 

sein Auftreten ihr gegentiber, das gleichsam den Mittel- 

punkt seiner Invasion bildet, liegt eine reichhaltige und 

anziehende Ueberlieferung vor. Wir besitzen an archi- 

valischem Material Hoicks Brief an Wallenstein d. d. Leipzig 

22. August 1633 (n. St.), Hallwich L Nr. 637, und die 

sehr zahlreiclien Berichte des Leipziger Raths an Johann 

Georg, namentlich seinen zusammenfassenden Bericht d. d. 

Leipzig 16. August 1633 (a. St.), sowie einen langen 

Bericht von „Rector, Magistri und Doctores der Universi- 

tat Leipzig** an ihn d. d. Leipzig 17. August 1633, — 

Berichte, die sich sammtlich im Dresdner Arcliiv finden. 

Pazu kommen zwei gedruckte Relationen: 

Kurtze | Relation, | Wie es mit der Bela | ger- vnd Einneh- 
mong der Stadt Leip | zig vom 8. biss 16. Augusti dieses 1633. 
Jahrs I hergangen, vnd der Feind ab { gezogen sey. | Auss Leiptzig 
den 18. Augusti. | (4 Bl. 4'». Titel Bl. a'. Text Bl, a«.) 

Kurtze, | Jedoch eygentliche Warhaflf | tige Beschreibung , | 
Der dritten Bloquir* ; Belager- vnd Einnehmung der I Churfiirstl. 
Sachs. Stadt I Leipzig. { Im Monat Augusto dieses { MDCXXXIII. 
Jahres. | (10 Bl. 4».) 

Nenes Archiv f. S. Q. u. A. I. 2. . 9 



130 6. Broysen: 

Die „Kurze Relation" ist ein sogenannter Schreibens- 
extract; nach Form wie Inhalt ganz personlich gehalten, 
mit individueller Farbung. Die Erzanlung beginnt ohne 
weitere Einfiihrung mit dem Erscheinen des Feindes vor 
Leipzig am 8. August. Dass der Verfasser sich in Leipzig 
befand und aus eigner Beobachtung zu schreiben vermochte, 
ist sofort offenbar; ein Passus ziemlich gegen Ende lasst 
verrauthen, dass er der kurfurstliche Postmeister in Leipzig 
war, wie denn bekanntlich die Postmeister damals viel- 
fach aucb das Amt batten, Schreibensextracte zu verfassen 
und zu versenden.') 

Die distinguirte Stellung des Verfassers ergiebt sich 
auch daraus, dass er den grossen Bericht des Leipziger 
Stadtraths einzusehen Gelegenheit hatte. Wir stossen bei 
der Lecture seiner Relation auf unverkennbare Reminis- 
cenzen jenes Berichts, theils in Bezug auf die Auswahl des 
Mitgetheilten, theils in Bezug auf die Form der Mittheilung. 
Das Anziehende der Relation ist, dass sie eine FuUe von 
Selbstbeobachtungen zu diesem iibemommenen Material 
hinzufUgt. 

Gerichtet hat der Verfasser seinen Bericht an einen 
vor dem Erscheinen des Feindes aus Leipzig gefliich- 
teten Herrn; — und es findet sich ausdrticklich iiberliefert, 
dass sich vornehme Leipziger auf die Kunde von Hoicks 
Einfall so rasch als moglich aus dem Staube macbten. 
Der Autor schreibt: „Es hat der Herr grosse Zeit ge- 
habt, sich zu salviren, dann der Feind iiber drei Stunden 
nicht nach seinem Abzug die Stadt berennet und aufge- 
fordert, und sind auch fast alle ihm nachgefolgte Burger 
mit alien bei sich habenden Sachen dem Feinde in die 
Hande gerathen und ausgepliindert worden. Hier in der 
Stadt hat der Feind grosse Nachfrage nach dem Herrn 
gehabt und seiner oft begehrt.'* 



') Die Worte lauten: „Soiisten haben sie Ubel gehauset, die 
Pferde in der Stadt alle genommen; desgleichen haben sie auch gar 
fleissig nach dem Herrn Postmeister gefragt, darbei mir za gar wol 
nicht gewesen. Ich kann dem Herrn auch nicht bergen, dass sie den 
jttngst abgesandten Hamburger Boten den 9. Augusti, welcher Hans 
Ladengast gewest, gefaugen bekommen und alle Schreiben abge- 
nommen, sonsten haben sie ihm nichts gethan. Mit ihm ging ab 
der Ntlrnberger und Wittenberger Bot; von selben hort man nichts." 
Dazu an spMerer Stelle: ^Den 18. dieses ist Er Hans Ladengast 
wider von hier nach Hamburg abgeschickt worden/' 



Hoicks Einfall in Sachsen im Jahre 1633. 131 

Die nWarhafftige Beschreibung" ist im Wesentliclien 
eine Reproduction des Rathsberichts, doch nicht ohne 
formale Veranderungen und sachliche Zuthaten. In Leipzig 
scheint sie nicht verfasst zu sein ; wenigstens spricht der 
Verfasser von den Leipzigern nicht in erster Person, beruft 
sich hingegen wohl auf Berichte, die „aus den Bergstadten, 
auch Altenburg und Leipzig anhero kommen". Es liegt 
die Vermuthung nahe, dass er zu Dresden, wohin der 
Rathsbericht eingesandt wurde, geschrieben hat. Vielleicht 
geradezu im Auftrage des Kurfiirsten, der ihm zu dem 
Ende diesen Bericht zustellen liess. Jedenfalls hat er auch 
sonst gutes Material zur Verfugung gehabt, u. A., wie der 
Vergleich lehrt, die ^Kurtze Relation''. 

Im Dresdner Archiv befindet sich eine handschrift- 
liche „Beschreibung der dritten Ploquir- Beleger- und 
minirung der Stadt Leipzig vom Keyss. General-Feldmar- 
schalch Holcken, 1633." (6 Bl. fol.), die im Wesentlichen 
mit der „Warhafftigen Beschreibung" ubereinstimmt; aber 
manche beachtenswerthe Erganzungen hinzufugt. Er- 
ganzungen^ zum Theil von so concretem, speciellem Inhalt, 
dass man fast sagen mQchte, das Manuscript sei die von 
einem Leipziger angefertigte, stilistisch oft sehr frei be- 
handelte Copie der Broschiire, die er dann durch seine 
unmittelbaren Erfahrungen erweitert habe. 

Wesentlich nur auf der zuletzt genannten gedruckten 
und ungedruckten Relation ruht die Darstellung des Dr. 
juris Tobias Heydenreich in seiner bekannten „Leipzigischen 
Cronika^' in Quart, die im Verlage seines Schwagers, des 
Buchdruckers Gregor Ritzsch erschien und ihre Erzahlung 
mit dem Jahre 1634 schliesst. 

So das Material fiir die Geschichte der „dritten Blo- 
quirung der Stadt Leipzig'^ Es hangt, wie man sieht, in 
alien Stucken zusammen. 

Weitere Quellen aber kommen nicht in Betracht; die 
bekannten zeitgenossischen Geschichtswerke sind ohne 
selbststandigen Worth. Das Theatrum Europaeum (III 
[1643], 109 ff.) ist zwar sehr ausfiihrlich, doch was es giebt, 
ist nichts als die „Warhafftige Beschreibung" in kaum ver- 
kiirzter Gestalt; andere beschranken sich auf Notizen, 
die gleichfalls dieser Broschtire direct oder indirect ent- 
lehnt sind. 

So diirfen wir also sagen, dass es im Wesentlichen der 
Bericht des Leipziger Raths ist, dem wir die detaillirte 
Kunde dieser Belagerung Leipzigs verdanken. — 

0=^ 



132 G. Droysen: 

Schon am 6. August Mittags *) kam der Schwall der 
vor den in eiligem Marsch anziehenden holckischen 
Schaaren*) landein warts Fliehenden, „Adel und Unadel 
mit viel hundert Wagen, Karren, ScliaubebOcken, auch 
etlich tausend Bauersvolk zu Fuss mit blossen Hucken 
auf dem Rticken, auch nur mit Kindern beladen'S vom 
Gebirge herab durch Leipzig und an der Stadt voriiber. 
Er brachte die Nachricht von Hoicks Einfall^ der unter 
der Biirgerschaft Furcht und Schrecken verursachte. „Und 
hat wegen des ankommenden kaiserlichen Volks auch 
grosser Unsicherheit auf den Strassen fast niemand ge- 
wusst, was er thun und lassen sollen/^ Viele packten 
eiligst ihre Habe zusammen imd vcrliessen noch am 8. 
Vormittags die Stadt ; andere aber — ^sonderlich Handels- 
leute und andere vornehme BUrger^' —7 die sich beim 
Packen zu lange aufhielten, wurden vom Feinde in die 
Stadt zuriickgetrieben oder geplundert und gefangen. 
,,Alle Professores mussten in loco verbleiben." 

Denn bereits am 7. zeigte sich der Feind in einzelnen 
Trupps vor der Stadt Friih um 10 Uhr erschienen 
einige 20 Reiter unter dem grimmaschen Thor und be- 
gehrten Einlass; zu Mittag kamen ihrer mehrere auch 
ans Petersthor; Nachmittags um 3 liessen sich 6 Reiter- 
compagnien mit rothen und weissen Cornets „bei Uebelessen 
und dem Kohlgarten" sehen. Diese streifenden Rotten 
pltinderten das platte Land und passten den fliehenden 
Stadtern auf. Bald war die Gegend mit feindlicher 
Reiterei so angefullt, „dass niemand weder aus noch ein- 
kommen konnte'^ 

Ein paar von den Reitern, die sich zu nahe an die 
There wagten, wurde gefangen eingebracht und einem 
Verhor unterzogen. Der eine, der sich Caspar von Knese- 
beck nannte und fiir einen Rittmeister ausgab, berichtete 
u. A.: „Weil die Kaiserlichen kein ewig Haus allhier zu 
bauen verhofFten, ware ihr Patent zu brennen, sengen, 
nieder zu machen und wieder davon zu gehen." Der 



*) Wo nichts weiter bemerkt ist, gilt fortan der alte Stil. 

*) „Die kaiserl. Soldaten und Officirer, als sie hier gewesen. 
konnen nicht genug sagen^ wie schnell und stark der March am 
einander gangen, sintemal sie manche Nacht nicht drei Stunden ge- 
ruhet, sondem immerfort marchiren mussen. Und ist das Fussvolk 
Sonntags noch acht Tage fiber Eger draussen gewesen, haben auch 
unterwegens manigmal nicht in 2 Tagen ein Bissen Brodt bekommen/' 
Handschriftlicbe Relation. 



Hoicks Einfall in Sachsen im Jahre 1633. 133 

andere, ein Junge, der sich Hans Konig von Gotha nannte 
und jenen Rittmeister als seinen He'rrn bezeichnete, gab 
an, es waren 2 feindliche Regimenter, jedes 10 Compag- 
nien (jede zu 50, auch 30 Mann), dazu 5 Compagnien 
Dragoner (zu 100, auch 200 Mann) und 4 Regiments- 
stiicklein. Sie batten Hof, Plauen, Zwickau, Altenburg 
eingenommen und ausgepliindert ; nun woUten sie heut 
einen Anfall auf Leipzig thun. *) 

Der Ratb von Leipzig hatte sofort (noch am 6. Au- 
gust) die traiirige Zeitung „auf der Post'* dem Kurfiirsten 
bericbtet. Die Biirgerschaft sei „wegen der Sterbensge- 
fahr, so vergangene Jahr sich allhier ereignet, sebr ge- 
schwacht, und niemand vorhanden der sich auf das 
Kriegswesen verstehe"; Wallenstein habe vorm Jahr 
alles „ Kraut und Loth" weggenommen, „also dass im Zeug- 
haus liber 2 Ctr. Pulver nicht mehr vorhanden". SoUte 
daher der Feind herankommen, wlissten sie „aus Mangel- 
ung der Mannschaft und Munition" nicht, wie sie sich 
gegen ihn vertheidigen soUten, und baten deshalb den 
Kurfiirsten, der Stadt „mit Rath gnadigst beizuspringen", 
einen Commandanten zu senden und Befehle fiir das fernere 
Verhalten zu geben. Am folgenden Tage (7. August) 
wiederholte er, Angesichts der anwachsenden Gefahr, seine 
Bitte in zwei Schreiben (vora Morgen und Abend). Und 
wieder einen Tag spater (8. August) bat er den Kurfiirsten, 
„weil je mehr und mehr Volks im Anzuge", um „eilenden 
und erspriesslichen- Succurs*^ 

Doch unterliess er es nicht, von Anfang an die nothi- 
gen Massregeln zu treffen, um dem Feinde so gut als 
moglich zu widerstehen. Er lud den Ausschuss der 
Biirgerschaft vor, um ihn zu ermahnen, auch fiir sein 
Theil auf Beschaffung voja Munitionsvorrathen ins Zeug- 
haus und auf Mittel zur Vertheidigung der Stadt vor un- 
verhofftem AngrifF bedacht zu sein. Er berief die „Con- 
stabeP^ aus der Biirgerschaft, ernannte an Stelle der 
Verstorbenen andere und . befahl ihnen, „dass sie die 
Stiicke auf die Basteien bringen, eine Vergleichung unter 
sich machen und ein jedweder das seinige dabei thun 
BoUte, was ihre schuldige Pflicht erforderte und bei solcher 



*) Die Aussage des dritten Gefangenen, gleichfalls eines Jungen, 
der sich Hans Koch von Torgau nannte und fiir einen Barbier aus- 
gab, war ohne Belang. Ueber das alles berichtete ausfuhrlich der 
Rath an Johann Georg d. d. Leipzig 8. August 1633. Dr. A. 



I 

i 
i 



134 Gr. Droysen: 

gefahrlichen Kriegszeit sicli allenthalben gebiihren woUt'^. 
Und die Constabler kamen dem Befehl nach und begannen 
sofort mit Hiilfe der Zimmerleute das Geschiitz auf die 
Basteien zu bringen. Zugleich Hess er die gemeine Biirger- 
schaft „sammt und senders" zusammenfordern, und anbe- 
fahl ihr miindlich und „durch unterschiedene ernste Patente": 
,,weil sich allbereit die Reiterei im Felde sehen liesse, 
und zu besorgen, es mochte die ganze Armee ehestens 
darauf folgen, und dahero die Stadtwache nothwendig ge- 
starkt werden miisste, — dass ein jeder an seinem Ort 
das seinige treulich und fleissig verrichte, auch wegen 
Feuersgefahr in ihre Hauser und auf die Boden Wasser 
tragen lassen, so wohl sich mit Wassereimern und Kuh- 
hauten bei Zeiten versehen und hiebevor gnadigst anbe- 
fohlner Massen standhaftig erweisen soUten". 

Kurz: es wurde von Seiten der Stadt alles nach Mog- 
lichkeit zur Gegenwehr angeordnet, auch die Wachen 
in den Thoren wohl und fleissig bestellt. 

Es war auch die hochste Zeit, denn noch am Abend 
des 8. August langte der ganze feindliche Vortrab von 
Reitern und Dragonern unter FeldmarschalUieutenant 
Hatzfeld auf der grimmaschen Strasse bei den um die 
Stadt liegenden Dorfern (Connewitz^ Stotteritz, Schonfeld 
u. s. w.) an. 

Damit begann der Ernst, und „dahero horet der Seiger 
in der Stadt um 9 Uhr diesen Abend auf zu schlagen". 

Gleich*) am folgenden Morgen (9. August) frtih um 
6 Uhr sandte Hatzfeld einen Trompeter (Coljianns mit 
Namen) in die Stadt, der den Rath miindlich zu fragen 
hatte, ob die Stadt ihm Quartier geben, Besatzung ein- 
nehmen „und also noch kaiserisch sein woUte oder nicht". 
Er hatte sofortige Antwort zu verlangen. 

Die Antwort, die der Rath nach voraufgehender Be- 
rathung mit der Universitat und dem Ausschuss der 
BUrgerschaft gleichfalls miindlich gab, war: sie hatten vom 
Kurftirsten gemessenen Befehl, ihm Alles, was in Kriegs- 
und andern wichtigen Sachen begehrt wiirde, ungesaumt 
zu berichten, und seine Resolution darauf zu erwarten. 
Sie ersuchten daher Hatzfeld, ihnen „Pass und Repass^' 
zu geben. „Da aber iiber alle Zuversicht etwas feind- 



') Ueber das Folgende handelt der Bericht des Raths an Johann 
Georg d.d. Leipzig 9. August 1633. Dr. A. 



Hoicks Einfall iu Sachsen im Jahre 1633. 135 

liches vorgehen soUte, miissten sie gleichsfalls zur Gegenweht 
schreiten und wider Gewalt sich besster Massen defendiren." 

Nur 2 Stunden spater (um 8 Uhr) erscliien dann auch 
ein Trompeter von Hoick selbst. Er wurde, wie jener, mit 
verbundenen Augen eingelassen und aufs Rathhaus gefuhrt. 

,,Der General Hesse den Rath grtissen und fragen, 
wie es ihm gefiele, dass er mit seiner Armee wiederum 
ankM.me; woUte verhofFen, man wiirde sich accommodiren." 

Mit dieser Anrede iiberreichte er dera Rath ein 
aus Altenburg 18. August (n. St.) datirtes Schreiben 
Hoicks,*) in welchem er ihm mittheilte, dass er rait seiner 
Armada auf Leipzig marschire und Hatzfeld vorausge- 
schickt habe, um die Stadt vorlaufig einzuschliessen. Da 
er nun „niemals an Vergiessung unschuldigen Bluts und 
Verodung vornehmer Stadte Beliebung getragen, und viel 
lieber sehen wtirdc; dass die Stadt sich, wie vorm Jahr, in 
der Glite accommodiren, als mit ihrer Totalruin den Ernst, 
so der Krieg mit sich bringt, erwarten mochte'*, so habe 
er ihnen das bei Zeiten zu erkennen geben wollen. Sie 
mochten dem Trompeter ihre eigentliche und endliche 
Erklarung mit zuriickgeben. 

Ein Postscript wies darauf hin, dass die Stadt der 
Armee jetzt so wenig als vor einem Jahr zu widerstehen 
vermScnte, auf Succurs aber so bald nicht zu hofFen hatte. 

Die Antwort des Raths auf dieses ^bedrohliche Schrei- 
ben",") mit welcher er den Trompeter abfertigte, war 
wieder der Hinweis auf den Kurfursten, ohne dessen Vor- 
wissen sie nicht das Geringste vornehmen diirften; dem 
sie deshalb Hoicks Ansinnen ungesaumt mittheilen und 
dessen Resolution sie erwarten wollten. 

Der Rath beeilte sich, auch von diesem Ansinnen des 
Feindes und von seiner Anwort auf dasselbe dem Kur- 
fiirsten Mittheilung zu machen, der er natUrlich die 
Wiederholung seiner nun schon so oft ausgcsprochenen 
Bitten in dringendsten Worten hinzufiigte. ^) Und am 
folgenden Tage (10. August) schrieb er ihm wieder: Ein 
in die Stadt hereingebrachtfer „kleiner Junge, ohngefahr 
von 12 Jahren", der sich bisher bei den Kaiserlichen auf- 



•) Dr. A. Mitgetheilt bei Heydenreich 574 f. 
*) d. d. Leipzig 9. August 1633 (a. St.). Dr. A. 
") Der Rath von Leipzig an Johann Georg d. d. Leipzig 9. Au- 
gust 1633 (a. St.). Dr. A. 



136 ^- Droysen: 

gehalten, •) hatte unter Anderra ausgesagt, dass das um 
die Stadt in den nachsten Dorfem allhier logirende kaiser- 
liche Volk aus 3 Cornet Crabaten, 4 Fahnen Dragonem 
und 9 Comet Reutern bestande, und vorgabe, dass morgen 
oder iibermorgen das Fussvolk sammt den Stucken auch 
ankommen wiirde. Eine Aussage, die den Rath dann 
abermals zu einer Wiedefholung seiner Bitte um „eilenden 
Succurs und Hiilfe'^ veranlasste. 

Und da er befiirchtete, dass dieser Bericht von den 
Kaiserliehen aufgefangen werden mochte, so kaufte er dam 
David Hendeln von Diiben ein Pferd fiir 36 Thaler ab und 
gab ihm 10 Thaler Reisegeld, damit er sich zur Nachtzeit zu- 
nachst nach Halle begebe, um dort dem Commandanten die 
bedrangte Lage Leipzigs zu schildern und ihn zu bitten, 
sich mit etwas Reiterei bei Schkeuditz zu zeigen, weil 
das die Kaiserliehen von ihrem Unternehmen abhalten 
wiirde; hernach auf Dresden reite, um dem Kurfiirsten 
die Gefahr, in der Leipzig schwebe, miindlich zu schildern. 

Doch Hess es der Rath bei solchen schriftlichen und 
miindlichen Hlilfsgesuchen nicht bewenden. Er brachte, 
damit die gemeine Biirgerschaft durch den ununterbrochenen 
Wachtdienst nicht allzu sehr abgemattet wiirde, etwa 400 
Handwerksgesellen in Eile zusammen, versah sie mit 
Waffen und liess sie „neben der Biirgerschaft zu Tag 
und Nacht die Wache verrichten^^ 

Und weil die Stadt „so gar mit keinem Kriegsver- 
standigen versehen'*, so bat der Rath den Wolfgang Meier, 
.Obrist-Wachtmeister des loserischen Regiments, der sich 
gerade in Leipzig befand, ihm „wegen dieser plotzlichen 
Noth und Bedrangniss einzurathen", der denn auch, da 
er ohnehin in des Kurfiirsten Eid und Pflicht stand, der 
Bitte mit Bereitwilligkeit und Eifer nachkam. 

Fiir den verstorbenen Daniel Statter emannte er 
Georg Wendtlandt, „unter der Leipziger Compagnie be- 
stellten Defensionsfahnrich^^ zum interimistischen Stadt- 
wachtmeister, „dessen Fleiss und Willfehrigkeit gleichfalls 
im Werk verspiiret wurde". 

Am 10. August kam es zu ein paar kleinen Zusammen- 
stossen, „Ausfallen", wie Heydenreich sagt; wahren Baga- 
tellen, deren der Rath in seinem Bericht nicht gedenkt. 



•) Er hiess Abraham Neuber, von Chemnitz gebtirtig. In der 
„Warhafftigen Beschreibung" wird dieser ganzen Sache gar nicht ge- 
dacht; von Heydenreich 577 ungenau. 



Hoicks Einfall in Sachsen im Jahre 1633. 137 

die aber schon in der gedruckten und ungedruckten Re- 
lation eine grosse Rolle spielen. Bei dem einen handelte 
es sich um die HereinschafFung ,,etlicher Kufen und Fass 
Bier'* aus dem Johannishospital in die Stadt; bei dem 
andern um das Loschen der von den Kaiserlichen in Brand 
gesteckten 3000 Klafter kurfurstlichen Flussholzes. Beide 
Mai erreichten die Belagerten ihren Zweck nicht.'®) 

Am Sonntag 11. August gegen Abend* kam endlich 
auch Hoick in ^eigner Person mit dem hellen Haufen und 
ganzer Macht" lieran; man vernahm, als es Dammerung 
wurde, auf den Basteien der Stadt das Spiel des Fussvolks. 
Es legte sich sofort in die Vorstadte, hart an die Basteien 
und Stadtthore und begann alsbald den AngrifF, * *) indem 
es auf die dortigen Posten ohne Unterlass Feuer gab. Etliche 
drangen bis an das Gatter am grimmaschen Thor, hieben 
es mit Aexten entzwei, wurden aber dann, Dank der 
Wachsamkeit des Obristwachtmeister Meier und dem 
Kreuzfeuer, von beiden Basteien wieder abgetrieben. 

Noch in der Nacht (11./12. August) zwischen 1 und 
2 Uhr begann das Bombardement, namentlich in der 
Gegend des grimmaschen Thores. Es war ,;So heftig, 



'*) Die ,,Warhafftige Beschreibung" erzahlt: Und nachdem an 
Bier Mangel in der Stadt vorfallen wollen, und noch etzliche Kufen 
und Fas& im Hospital zu S. Johannis vorhanden gewesen, seind 
etliche Mussquetirer von den neuen angenommenenHandwerksbursche, 
sammt Wagen und Pferden hinaus commandiret worden, das Bier 
hereinzuholen ; weil es aber die Kays. Schildwache, welche von ge- 
dachten Mussquetirern aufgetrieben , solches zeitlichen vermerket, 
und die Tragoner, so im Kohlgartcn gelegen, geschwind zusammen 
liommen, hat alles Bier in die Stadt nicht gebracht werden kftnnen. 
Hierauf ist bald das Churf. Flussholz vorm Petersthor am Schiess- 
graben von den Kays. Tragonern, die sich selben Orts aufgehalten 
und die Sehildwachen verrichtet, an unterschiedenen Orten ange- 
ziindet worden, und in die 3000 Klaftern in Feuer verdorben, und 
obwohl etliche Mussquetirer anfanglich hinaus commandiret, das Feuer 
zu loschen, alldieweil aber die Kays. Tragoner an zwei Orten darbei 
Starke Wacht gehalten, und die Nacht mit eingefallen, auch das 
Feuer je l&nger je mehr zugenommen, so ist nicht moglich gewesen, 
solches zu loschen. Unterdessen haben sich die Kays, aussm Kohl- 
garten unterstanden , einen Wagen mit Bier aussm Hospital zu S. 
Johann abzuholen, nachdem es aber die Btirgerschaft auf der Peters- 
bastei inne worden, haben sie aus den grosseren Stticken Feuer 
hinaus geben, die Kays, etzliche mal abgetrieben und die RSider 
am Wagen entzwei geschossen, dartiber ein Kays, auch todt blieben." 
Heydenreich reproducirt diese Erzahlung im Wesentlichen wortlich. 

**) „Worauf um Mittemacht das elende und traurige Lermen 
anging.** Handschriftliche Relation. 



138 G. Droysen: 

grausam und unaufhorlich; dass man in alien Gassen und 
Orten genugsam zu wehren gehabt"") und die zum 
Loschen bestellten Personen alle Htode voll zu thun 
batten, um den Ausbruch einer Feuersbrunst zu verhindern. 
Nachdem Hoick AUes zum entscbeidenden Angriff 
vorbereitet, und den Leipzigem den Ernst gezeigt hatte, 
sandte er am 12. August frdb um 8 abermals seinen 
Trompeter in die Stadt imd Hess dem Bath durch ihn 
ralindlich anbringen: „Was diese Stadt gedachte, dass sie 
sich so widersetzte. Man soUte sich kurz erklaren, ob 
man bei dem Ernst verbleiben und darauf was anders 
gewarten woUte; und da man zweifelte, dass er in der 
ferson nicht vorhanden, soUte man jemand hinaus senden; 
hingegen woUte er einen andern hereui geben, damit der 



**) Hoick an Wallenstein d. d. Leipzig 22. August 1633 (n. St.). 
Hallwich I. Nr. 637 giebt selbst an, dass er Leipzig „gestern spat 
in der Nacht angegriffen und bis ens Thor kommen**. Die „War- 
hafftige Beschreibnng^^ und die hands chriftlicbe Relation, iind danach 
Heydenreich, geben Details iibcjr den Ban der Batterien. Erstere 
erzUhlt, dass die Eaiserlichen „in der Stille eilends gar nahe bei 
dem grimmischen There eine Batterie aufgeworfen, Fass darauf ge- 
setzet und mit Erden und Steine ausgefilllet, dass sie also sicher 
dahinter stehen und auf die Bdrgerschaft im grimmischen Thore 
stet Feuer geben kOnnen. Und wiewol die Biirgerschaft solches mit 
schiessen von den Basteyen hiiidern woUen, hat es doch wegen der 
Hauser, so gleich tiber gestanden, nicht sein konnen." Heydenreich 
580 ftigt dem noch hinzu: „Sie haben auch noch selbige Nacht 
in Jacob Falckners Vorhof und Garten an der Hintergassen zwo 
Starke Batterien, von einer die Stadtmauer hinter der Kossmtihlen 
bei dem stumpfen Thurm zur Prcsse zu schiessen, von der andern 
die hallische Bastei zu ersteigen, verfertiget. . . Hinter der Schwarz- 
farbe haben sie 6 Feuermorsel gestellet und die Stadt mit alien 
Ernst und Gewalt aufs heftigstc und feindseligste anzugreifen Be- 
reitschaft gemachet.** Sehr anziehend durch ihre Unmittelbarkeit 
ist die Erzahlun^ der „kurzen Relation", die sich mit jenen Angabeu 
wohl zusammennigt : ,,Den 11. dieses in der Nacht kam das Fuss- 
volk an, darauf alsbald ohngefahr um' 1 oder 2 Uhr gegen Morgen 
mit 6 Morsel, welche fiir dem grimmischen Thor auf der linken Hand, 
ohngef&hr das 5. Hans, wenn man hinausgehet, hintern H&usem ge- 
pflanzet, stark Feuer eingeworfen wurde und wehret continue bis in 
den 12. dieses Nachmittag um 2 Uhr, welches grossen Schaden ge- 
than, viel Hauser ein- und niedergeschlaffen (wie es dann in unserm 
Hause das Hindergebaudc, darauf das Heu gelegen, bis auf meine 
Kammer, alles niedergebrannt) und hatte das Yolk gnugsam zu lOschen, 
davon es in die 12 Stunden sehr abgemattet wurde. Nachdem ein 
Feuer oder etliche in der Stadt helle aufgingen, woUten sie am 
grimmischen Thor Sturm laufen, aber durch contmuirliches Schiessen 
auf den grimmischen und hallischen Basteien wurden sie mit Ver- 
lust etlicher Enechte abgetrieben'^ 



Hoicks Einfall in Sachsen im Jahre 1633. 139 

(leipzigische) Abgeordnete alsobald gegenwartig mit dem 
General reden und die grosse Kriegsmacht zu Ross und 
Fuss selbst ansehen konnen.'^ 

Der Rath aber bat auf vorhergehende Deliberation 
mit der Universitat und dem Ausschuss der Blirgersehaft 
raiindlich und schriftlich um j^^zwei oder doch zum wenig- 
sten einen Tag Anstand und Dilation'*. '*) 

Die Antwort Hoicks war die Fortsetzung des Bom- 
bardements. Und so ist denn „das stete Schiessen, Feuer- 
einwerfen und Approchiren mit einer solchen Grausamkeit 
continuiret worden, dass viel unterschiedene Feuerballen und 
Granaten auf einmal in etlichen Gassen und Hausern zu- 
gleich eingefallen, dieselben zerschmettert, zerschlagen und 
Gesparr, Boden und Stuben verderbet, und an unterschie- 
denen Orten so gefahrlich angeztindet, dass Niemand 
sicher auf . der Gassen und in Hausern verbleiben und 
loschen konnen. Wie dann ein Buchfuhrersdiener straks 
todt verblieben, etzliche aber von den Leuten, so gewehret, 
ziemlich hart beschadiget worden. Darauf dann eine solche 
Angst Noth und Schrecken unter den Leuten, gross und 
klein, entstanden, dass in die 50 Personen liber die Stadt- 
raauer beim Thomasthor gesprungen, in der Feinde llande 
kommen und drei Weiber aus grossem Schrecken ihre 
kleinen. Kinder von sich ins Wasser geworfen, aber wun- 
derbarlicher Weise wiederum errettet worden. Viele haben 
sich in die Kirchen, Collegia retiriret, viele in die Keller 
verstecket, und darltber wegen des unerhorten schreck- 
lichen Feuereinwerfens in Ohnmacht gefallen. Wie dann 
auch nichts weniger bei dieser grossen Angst und Schrecken 
und zugleich in den Gassen, auf den CoUegiis und hin 
und wieder aufgehenden vielen Feuersbrtinsten von den 
geworbenen Handwerksburschen ihrer viel von den Posten 
gelaufen und sich ins Schloss retiriret". ^*) 



**) Das Schreiben des Baths d. d. 12. August (a. St.) bei Hey- 
denreich 584 ff. „Als bitten wir uuterthanig . . . uns Anstand 
bis auf morgenden Tag zu ertheilen, auch unterdessen mit Feuer- 
einwerfen und approchiren auch andern dergleichen inn en halten zu 
lassen. Inmassen dann auch wir die Unserigen dahin halten wollen, 
dass sie ebenmassig mit der Gegenwehr in Ruhe stehen sollen". 

**) So die Schilderung des Rathsberichts, der auch hier wieder 
die Grundlage der Ueberlieferung bildet. Die „Warhafftige Be- 
schreibung" folgt ihm so gut wie wortlich. Doch hat sie gleich zu 
Anfang einen Zusatz. Sie erzahlt nSmlich: „Obwohl der Trompeter 
das Feuereinwerfen auch selbst, weil mit der Stadt zu tractiren durch 



140 6. Droysen: 

Eg waren iiber drittehalb Hundert grosse Feuerballea 
und Granaten^ viele in einem Gewicht von anderthalb 
Centnem und dartlber, die in die Stadt geworfen wur- 
den.") 

Zwar wehrten die in der Stadt sich wacker und be- 
antworteten das feindliche Feuer, aber ohne Unterstutzung 



ihn begehret wurde, dem ausserlichen Ansehen nach, improbiret und 
gesagt, der General' Feldzeugmeister Graf Goloredo w&re daran Ur- 
sach: So ist doch, nachdem der Trompeter wiederum zum Thor 
hinausgelassen worden , nichts desto minder das stete Schiesen . . . 
continuiret worden/' Ein Zasatz, der sich dann auch freiiich stark 
verandert bei He^denreich 585 findet. Die Schilderung der hand- 
schriftlichen Relation verdient ganz mitgetheilt zu werden : ^Erstlich 
zwar warfen sie massige Feaerkugeln zu 60 Pfund allzeit 6 auf 
einmal herein, denn sie vermeineten , es wflrde die Stadt sich als- 
bald accommodiren, dass sie der nicht viel bediirfen wlirden, so aber 
Gottlob noch ziemlich abgangen, denn ob sie zwar anzilndeten, wur- 
den sie doch von denen bald hierauf acht habenden und bestellten 
Leuten geleschet, oder zersprungen noch in der Luft auf Stiicken, 
ehe sie herunter auf die Erde fielen, welches die Kayserlichen sehr 
verdrossen, also dass sie bald zu grosseren Feuerballen griffen, deren 
theils in 180 Pfund gehabt, und selbe mit grossem Ernst herein- 
warfen ohne einig auflioren und Unterlassen, so viel operiret und 
zu schaffen gemacht baben. Mittler weil aber scbickten die Kayser- 
lichen noch einen Trompeter herein, sich zu erklaren, ob man sich 
accommodiren woUte oder nicht. Dazu sichs anfangs noch schlecht 
anliesse. Weil aber die Gefahr immer grosser worden, hat man den 
Trompeter endlich mit diesem Bescheid abgefertigt, dass man accor- 
diren woUte, man sollte nur liederliche (leidliche) Mittel vorschlagen 
und unterdess mit dem Feuereinwerfen inne halten. So er, der 
Trompeter, auch zugesagt. Als er aber kaum zur Stadt hinaus 
gewesen, ist der grosse Ernst mit den Granaten fur die Hand ge- 
nommen worden, dass man bald nicht genug wehren und loschen 
konnen, denu das Feuer an unterschiedlichen Orten, sonderlich in 
der Catharinenstrassen sehr ilberhand genommen, dahin dann die 
Feuerkugeln unaufhorlich geflogen, dass niemand sicher Idschen 
konnte noch durfte, wurden also die Nicolauskirche, Collegia and 
andere Ilauser theils ganz eingeworfen, dass es der Donner, wenn 
er schlagt, nicht so arg machen kann ; jedoch blieb Gottlob an Men- 
schen nicht mehr als ein Buchfahrersdiener" u. s. w. 

Die Schilderung des Bombardements findet ihre BestSitigung in 
Hoicks Bericht an Wallenstein vom 22. August (n. St.): „Die Feuer- 
kugeln und Granaten (haben) so ein effect gethan, dass dar&ber die 
Stadt angezQndet und bald in Brand w&re aufgangen. Sie haben 
aus der Stadt weisse Tiicher ausgehangt, auch viel auf der anderen 
Seiten fiber die Mauern, um sich zu salviren, gesprungen, welche 
doch aller ertappet worden. Dann unsere Musquetiere bis unter das 
Thor, welches doch stark verbollwerket gewesen, -angesetzt." 

") „Eine eiserne Kugel habe ich wiegeU' sehen, daraus die in- 
wendige Materi als Pulver und was sonst darin, verbrannt gewesen, 
und hatte X12 Pfund," Kurze Relation. 



Hoicks Einfall in Sachsen im Jabre 1633. 141 

durch geworbene Truppen und bei dem Mangel an Muni- 
tion h^tte das auf die Dauer nicht vorgehalten. Als die 
Eaiserlichen das an etlichen Orten, namentlich an der 
Nikolauskirche aufflammende Feuer sahen, erhoben sie 
ein grosses Jubelgeschrei, schlugen Larm zum Sturmlauf 
und suchten zum dritten Mai (freilich wieder vergebens) 
cine Petarde am grimmaschen Thor anzuschrauben. *•) 
Die Noth war — sagt die ^Warhafftige Beschreibung** — 
allzugross geworden, und ohne Gottes Hiilfe hatte sich 
das Schicksal der Stadt Magdeburg an Leipzig wiederholt 

Die Verzweiflung trieb viele Burger mit Weib und 
Kindern aufs Rathhaus^ wo sie denn mit Seufzen und 
Thranen von der grossen Angst und Notb und der unab- 
wendlichen Feuersgefahr klagten und „um Gottes und des 
jtingsten Gerichts willen" flehentlich baten, durch einen 
Trommelschlager bei Hoick um Erlangung eines leidlichen 
Accords nachzusuchen. 

Indessen war der holckische Trompeter abermals mit 
einem „selir harten bedrohlichenSchreiben" angekommen. *') 
Er hatte sie vor etlichen Tagen schriftlich und noch heute 
„vor Ungluck, ja dero ganzen Ruin** wohlmeintlich durch 
seinen Trompeter wamen und zu zeitlicher Accommodirung 
ermahnen lassen. Dass sie seine Ermahnung abgelehnt, 
hattq er mit Verwunderung und „nicht ohne besonderes 
Mitleiden" vernommen, ^alldieweil dem kaiserlichen Volk 
wissend, dass kein geworbenes Volk bei ihnen, und des- 
wegen um so viel scharfer wegen dessen, dass sie sich also 
wider alle Raison opiniatrirt, procediren mochten". Gleich- 
wohl stelle er ihnen — um ihnen und der ganzen Welt 
zu beweisen, „dass er an dergleichen Proceduren kein 
Belieben (triige)" — nochmuls anheim, „ob sie ihren imd 
der Ihrigen nimmehr gleich liber ihnen schwebenden Unter- 
gang verhliten und sich in continenti accommodiren und 
solcher wegen diesen Augenblick zu ihm herausschicken 
woUten. Einiger Dilation batten sie sich durchaus nicht 
zu getrosten". 

Der Rath scheint sofort zur Capitulation entschlossen 
gewesen zu sein. *^) Es wurde eine Deputation ftir die 

*') Das fehlt in dem Bericht des Raths, findet sich aber in dem 
der Universit&t. 

") d. d. im Felde vor Leipzig 22. August 1633 (n. St.). Dr. A. 
Inhaltlich auch in der gedruckten Ueberlieferung. 

»•) Die „WarhaflFtige Beschreibung" lasst die Btirger dabei eine 
Rolle spielen: „Als nun dieses hochst bedrohliche Schreiben abge- 



142 Cr. Droysen. 

Verhandlungeu mit Hoick ernannt. Von Seiten der Uni- 
versitat gehorten ihr an die Professoren Dr. Wilhelm 
Schmuck, Dr. Christof Preibisius, Dr. Franciscus Kost 
und der Notarius M. Friedrich Leipnitz; von Seiten des 
Raths die beiden Biirgermeister Dr. Adam Herr und 
Friedrich Meier, der Baumeister Christian Eulenau und 
der Oberstadtschreiber M. Johann Miiller; von Seiten der 
Btirgerschaft endlich Zacharias Finsinger, Hieronymus und 
Sebastian Schmidt. 

Sie fuliren in zwei Kutschen „nicht ohne Gefahr" zum 
Petersthor hinaus vor das grimmasche Thor und wurden 
von den Offizieren bis zur Ankanft Hoicks „fur dem 
grimmischen Thor, in des Hufschmieds Hause, welches 
das erste auf der linken Hand, wenn man zum Thore 
hinausgehet ", * ®) aufgehalten. 

Als er *°) ankam, hat er sie anfanglich mit sehr 
harten Worten und Bedrohungen angelassen und gesagt: 
„Die Stadt wlisste sich zu erinnern, wie vorm Jahr mit ^ 
derselben ein Accord zwar geschlossen, aber von ihr nicht 
gehalten, sondern die kranken, beschadigten Soldaten mit 
gebuhrender Nothdurft und Unterhalt verlassen, auch der 
Unmtindigen und Geistlichen nicht verschonet worden. 
Derowegen es anders nicht sein konne, Kopf um Kopf, 
und so viel niedergemacht worden, mtissten gleiches Stan- 
des wiederum herhalten. Und weil von Geistlichen und 
anderen etzliche gefangen, so batten sie sich dergleichen 
auch zu gebrauchen." 

Die Abgeordneten entschuldigten solches AUes zum 
Besten. Aber es hat nichts helfen wollen, „bis endlich 
der General Hoick neben dem Feldmarschall-Lieutenant 
von Hatzfeld, Grafen CoUoredo und Obristen Wangler den 
jfthrigen Accord mutatis mutandis verwilliget und solchen 
eigenhandig unterschrieben imd besiegelt'*. **) 



lassen worden, haben die Efirger, so gleich aufm Eathhaus gewesen, 
desto heftiger angehalten.^' Der Bath entwickelte dem Kurlurst die 
GrUnda ftlr die Uebergabe in nicht weniger als 28 Punkten. 

'*) Kurze Relation, eine Notiz der handschriftlichen Relation 
erweitemd. 

**) j.Nach Verfliessung zweier Stunden.** Heydenreich 690. 

'*) So der Rathsbericht. Die ,,WarhaflFtige Beschreibung" folgt 
ihm, ^ndert aber mehrfach, ftigt weiteres Detail hinzii und sucht den 
abrupten Wandel in Hoicks Stimmung und Entschluss plausibel zu 
machen. Die ganze Stelle lautet so: „Wie wohl nun die Abgeord- 
neten sich gar beweglich entschuldiget und gebeten, ihnen und ge- 



Hoicks Einfall in Sachsen im Jahre 1633. 143 

Die flugschriftliche Ueberlieferung weiss, wie bei den 
Verhandlungen die Abgeordneten besonders gebeten hatten^ 
dass die zu Leipzig befindlichen Waaren der fremden 
Handelsleute in den Accord mit aufgenommen wtirden, 
(„weil zumal solche vorm Jahre alle hinweggenommen 
werden woUen''); wie aber Hoick davon Anfangs nichts 
habe wissen wollen, ^sondern das Haupt geschiittelt und 
gelachet'', doch endlich es bewilligt habe. *^) 

Der Accord ^^) war railde genugl Voile Amnestic 
fur alle Leipziger, die sich an der Vertheidigung ihrer 
Stadt betheiligt hatten. Belassung der Universitat, des 
Raths und der Biirgerschaft bei ihren Privilegien, Eechten, 
Freiheiten, Einkiinften, auch bei freier Eeligionsiibung, 
ohne sie rait neuen Pflichten zu beladen. Freier Ab- und 
Zuzug aller, die dieser Zeit in die Stadt gewichen; fUr 
die Biirger und fremden Kaufleute ungehinderte Versen- 
dung der Waaren. Belassung der Munition in den Han- 
den des Raths, jedoch nur „zu der Stadt Defension". 
Auch die Qlocken, „sie sein, wo sie woUen", soUen ihrem 
bisherigen Besitzer (Universitat oder Rath oder Biirger- 
schaft) verbleiben. Ablieferung der in den Handen der 
Burger befindlichen Gewehre aufs Rathhaus, um vom 
Rath in Verwahrung genommen zu werden, „doch dass 
eine kaiserliche Wacht dabei bleibe". Gemeinsame Ver- 
wahrung der Schlussel zu den Stadtthoren durch den 
Commandeur und den Rath ^verraoge der Stadt Privi- 
legien". 

Dafiir hat die Stadt eine kaiserliche Garnison einzu- 
nehmen, welcher interimistisch der Rath Quartier in der 
Stadt anweist; nach Eroberung der Pleissenburg wird sie 
dorthin verlegt, „die Stadt aber ganzlich damit verschonet''. 
Die Burger haben den bei ihnen einquartirten Mann- 



meiner Stadt solches nicht entgelten zu lassen, well ins Raths Macht 
und Gewalt nicht gestanden, den Soldaten zu wehren, und von der- 
gleichen abzuhalten; so hat es doch anfanglich nicht helfen wollen, 
bis endlich, nach genommenem Abtritt, und die Abgeordnete wie- 
derum in die Stube kommen und nochmals gar sehnlich und beweg- 
lich gebeten, dasjenige, was vorm Jahr vorgangen sein soil, der 
Universitat, dera Rath und gemeiner Stadt, weil sie daran allent- 
halben unschuldig, nicht beizumessen. Hierauf der General Feld- 
marschall Graf Hoick gleicbfalls in einem Augenblick sich geandert 
und neben dem Feldmarschall-Lieutenant von Hatzfeld .... den 
jahrigen Accord mutatis mutandis verwilliget** u. s. w. 

*•) S. Art. 9 des Accords. 

**) Abgedruckt u. a. bei Heydenreich 691 f. 



144 G- Hroysen: 

schaften nur Servis zu geben; der Unterhait fur sie soil 
nacli festen Bestimmungen von den umliegenden Dorfem 
beschafft und strenge darauf gesehen werden, dass gute 
Disciplin gehalten und der Quartiergeber von den Truppen 
nicht liber Gebiihr bescliwert werde. Fiir Plunderung der 
^Collegia, Universitatsverwandten , Burger und anderen 
Einwohner" soUen die zur Garnison bestimmten gemeinen 
Mannschaften wie die Officiere riicksiclitslos bestraft wer- 
den; ebenso fiir Demolirung von Hausern und Scliadigung 
des kurfiirstlichen Amtshauses. 

Universit'at; Rath und Biirgerschaft hingegen ver- 
sprachen ^alles verdachtige Practiciren abzustellen und 
treulich und aufrichtig gegen die kaiserliche Garnison 
und Volk sich zu verhalten". 

„Die8en Tag — so bemerkt die handschriftliche 
Relation — eben um 5 Uhr hat der Seiger aufm Rath- 
haus und Nicolausthurm zum ersten Mai angefangen zu 
schlagen." 

Sofort, nachdem der Accord voUzogen war, „hat — 
so heisst es im Rathsbericht — iiber alle Zuversicht ein 
Regiment zu Fuss unter dem Obristen Adelshofen in die 
Stadt eingelassen werden miissen." Es folgten noch den- 
selben Abend etliche Compagnien Reiterei. ^*) Auch Hoick 
kam, von hohen und niederen Officieren begleitet, in die 
Stadt, wohl um die nothigen Anordnungen zum Angriff 
auf die Pleisseaburg zu treffen, auf die sich viele der 
Handwerksburschen von den Basteien und sonst viel 
Manns volk gefluchtet, „so sich ohngefahr auf 200 Mann 
erstrecket'*. 

Wir erfahren, wie noch in der Nacht vom 12. auf 
13. August viele Hauser in der Nahe der Burg und des 
Petersthores in Besitz genommen und der Angriff auf die 



**) Die handschriftliche Ueberlieferung (den Text der „War- 
haflftigen Beschreibung" durch wichtige Zusiitze erweiternd, und fiir 
den Angriff auf die Pleissenburg besonders beachtenswerth) sagt, 
dass „zwischen 4 und 5 Uhr Nachmittag 8 kayserl. Fahnlein zu Fuss 
circa 1000 Mann stark, vor jedem Fahnlein 2 Zimmerleute mit 
aufgehobenen Aexten unter Obrist Adelshofen zum grimmaschen 
Thor, noch ftir unserer Deputirten Hereinkunft, neben etzlichen 
Cornet Reutern mit rtihrenden Spielen hereingezogen, Anfangs ufm 
Markt in Bataglia gefuhret, hiervon bald 12 Musquetierer aufm 
Thomasthurm commandiret etc.** (das Weitere im Text). Die „kurze 
Relation** giebt die Starke der 8 Fahnen zu Fuss auf 1600 Mann an, 
„benebenst General Hoick.** 



Hoicks Einfall in Sachsen im Jahre 1633. 145 

Burg begonnen wurde, indem 12 Musquetiere mit „einem 
kleinen Bockstucklein" den Thomaskirchthurm beaetzten 
und sofort auf die Burg zu schiessen begannen, wahrend 
zugleich von der grimmaischen Bastei aus das Feuer des 
stadtischen Geschiitzes **) auf den Schlossthurm seinen 
Anfang nahm; wie mit dem Schiessen die folgenden Tage 
fortgefahren, die Belagerung forcirt wurde, und wie Obrist 
von Drandorf, der Commandant der Pleissenburg , „sich 
wacker gewehret und seinem Feinde Tag und Nacht wohl 
zu respondiren wusste, dass es ihm billig zura Ruhm nach- 
zusagen und nachzuschreiben ist''.'*®) Alle Aufforderungen, 
sich zu ergebeU; wies er rundweg ab. 

Hoick hatte von vom herein wenig Hoffiiung, die 
Burg zu nehmen ; auch wohl kaum die ernste Absicht, es 
ZU thun. Noch am Tage der Aufrichtung des Accords 
schrieb er in einem aus Leipzig selbst datirten Brief an 
Wallenstein: *''') „Das Schloss betreffend, weiln ein guter 
Gesell darinnen, als der Drandorff, so vor diesem bei dem 
sachsischen Regiment Obrist-Lieutenant gewesen, wirds 
viel Miihe kpsten, und habe wenig Hoflfnung, sender grossen 
Verlust es in der Eil zu zwingen." Er fugte hinzu, dass 
er ihn, da er keine Ordre habe, „sich hier zu impegniren 
oder lange aufzuhalten" ^sitzen lasse und nur mit ihm 
pro forma parlamentire'*. 

Mehr jedenfalls als an der Occupation der Pleissen- 
burg lag ihm an der Einnahme einer moglichst grossen 
Brandschatzung von der Stadt. Zu dem Ende liess er gleich 
am 13. August dem Rath durch Rittmeister Heinrich Neu- 
mann erklaren, er hatte binnen 24 Stimden 200000 Thaler 
fur die kaiserliche Armee aufzubringen ; wo nicht, andere 



^^) „Sinteinal die Eayserlichen gar keine Stttcken hereinge- 
bracht/' Handschriftliche delation. Danach Heydenreich 595. 

'•) So die handschriftliche Relation. Sie fahrt fort: „Den 13. Au- 
gust sein 16 Comet Ctirassiere, deren jedes tiber 100 stark, herein 
kommen; so wurde auch Nachmittag iiber vorige noch mehr Volk 
gegen das Schloss und Thomaszwinger, Thomaskirchhof, Burgstrasse 
and Kalkhtitten commandirt. Es ist auch noch ein Regiment Fussvolk 
ftirm Thor bei den Garten gegen das Schloss gelegen, viel leere 
Fass und Kufen aus den Hansern geholet und wie diesen Tag auch 
vorigen Abend und Nacht stark angefangen gegen das Schloss sich 
zu vergraben und Batterien aufzuwerfen, darauf vom Schloss conti- 
nue sehr Feuer gegeben worden, wo sich nur etwas blicken lassen, 
also dass der Soldaten sehr viel verwundet und niedergeschossen 
worden." 

") Hallwich I. Nr. 637. 

Neues Archiv f. S. G. u. A. I. 2. 10 • 



146 ^' Droysen: 

Extremitftten^ so ilim nicht gefallen wiirden, zu erwarten. 
Der Rath berief sich zwar auf „den getroffenen Accord 
und die Unmogliclikeit", und bat instandigst erst um Re- 
mission ^ dann wenigstens um Linderung dieser hohen j 
Summe Geldes, indem er darauf hinwies, „wie die Stadt 
nunmebr drei Jahr nach einander ein sehr grosses aus- 
gestanden^ auch jetzo bei dieser schweren Einquartierung 
des Volkes ein hohes aufginge, und gleichwohl sich in 
particulari viel Pllinderungen ereigneten und der gemeine 
Soldat mit unertr'aglichen exactionen und pressuren seinen 
Wirth beschwerte". Aber er konnte es doch „nicht weiter 
bringen", als auf 70000 Thaler, abgesehen von den 15000, 
die dem General Hoick noch vom vorigen Jahrrestirten;**) 
und abgesehen von den 600 Thalern, die man tftglich fur 
das Fussvolk (das adelshofische Regiment); ndamit es 
nicht in die Hauser einquartieret wiirde"; zahlen musste.**) 
Da die Stadt solche Summon in klingender Miinze nicht 
aufzubringen vermochte, suchte man den Feind „mit aller- 
hand Waaren, gulden und silbern Geschirr, Juwelen, 
Kleinodien, Geschmeide, Wechselbriefen und anderen, so 
man durch die ganze Stadt und sonderlich bei in- und 
auslandischen Kaufleuten und dero Factoren mit grosser 
Angst und Noth bis auf einen Rest, ungefahr auf 7000 
Thaler sich erstreckend, aufbrachte", zu befriedigen. 

Nicht weniger schwer als die Brandschatzung bekam 
die Stadt das wiiste, beutegierige Verhalten der holcki- 
schen Soldateska zu empfinden. Gleich am Abend des 
Einzuges wurden viele Hauser in der Nahe des Schlosses 
imd des Petersthors vom Fussvolk mit Gewalt aufge- 
brochen imd ausgepltindert. Und nicht besser machten es 
die Reiter, die in den ihnen zugewiesenen Quartieren „den 
Btirgern mit Aufschlagung Kisten und Kasten, Pliinderung 
und schweren Exactionen, auch thatlichem Handanlegen 
dermassen zugesetzt, dass mancher ausser Hause entlaufen 
und sich verbergen musste". ^®) So der Rathsbericht. Aus 
den andern Quellen erfahren wir, wie „solcher Process 



**) Heydenreich 595 f. weicht hier vielfach nicht unbedeutend 
von seiner Quelle ab; auch in den Zahlen. 

'*) Die handschriftliche Kelation saet, dass „die Anlage von 
vierjahriger Steuer von jedem Haus begehret worden". 

*®) Die „Warhafftige Beschreibung" erwahnt, wie die Burger 
in ihren Hausern von der Reiterei „sehr hart geplaget und ihnen 
Geld zu KoUern, Stiefeln, Scharpen zu 20, 30, 40, 50 in 100 und 
mehr Thalern zu geben gezwungen worden". 



Hoicks Einfall in Sachsen im Jahre 1633, 14*^ 

den hohen Officieren missfallen"; wie zuraal Hoick selbst 
an all diesen Insolentien „keine Beliebung getragen", son- 
dern dagegen „gebuhrliclie Verordnung getlian". Schon 
am 13. August habe er „nicht allein mit 2 Trommeln 
ausrufen und gebieten lassen^ dass sich kein Soldat bei 
Vermeidung von Leibes- und Lebensstrafe an den Biir- 
gem, ihren Hausem, Hab und Gutern einiger Weise ver- 
greifen sollte; sondern auch die Verordnung geschaffet, 
dasB der Rumormeister; wie auch andere Officiere durch 
die Gassen bei Tag und Nacht geritten, und die Soldaten, 
so sie* liber der Plunderung antroffen, mit blossem Degen 
abgetrieben, da dann tlieils heftig verwundet, viel aber 
dem Profossen iibergeben imd in die Eisen gesclilagen 
worden". Ura ein Exempel zu statuiren, wurde am 14. Au- 
gust Mittags um 1 Uhr ein Corporal, ^welclier am grimmi- 
schen Thor, gleicli als der Feldmarschall Hoick dazu 
kommen, in ein Haus breclien und plundern wollen", in 
KoUer, Stiefeln und Sporen aufgeliangt. •'') Aber diese 
„geschwinde, scharfe Execution*^ half so wenig als der 
Umritt des Generalprofossen durch die Gassen und die 
Einlegung von Salvaguardien in die Hauser; vielmehr 
„ging das Plundern alle Tag und Nacht, weil sie in der 
Stadt gelegen, ohne Unterlass fort, schonten weder Bur- 
germeister, Rathsherrn und andere, also dass mancher 
ehrliche Mann ganz um das Seine kommen und zum 
Bettler worden ist". Denn sie nahmen nicht allein „Gold, 
Silber, Geld, Seiden und andere Zeuge, Tuch, Gerathe 
und was ihnen sonst gedienet, sondern fuhrten auch sehr 
viel Wein, Bier und andere Victualien, zu ganzen Fudem 
hinweg, weil sie alle Pferde in der ganzen Stadt durch 
den Comraissarien Fuchs in alien Hausern durchsuchet 
und weggenommen, dass sie deren iiber 1000 gar wohl 
bekommen". 

Am 15. August (a. St.) Abends nach 9 Uhr verliess 
Hoick Leipzig.'*^) Hatzfeld folgte am 16. um 3 Uhr 
Nachmittags mit der Reiterei und dem Fussvolk '') liber 



*') Welches Aufsehen der Act machte, erkennt man daraus, 
dass die gesammte Ueberlieferung seiner ^edenkt. 

'*) Nach seinem Tode fand sich in seinem Nachlasse an baarem 
Gelde ,,nicht8 als was er dies letzte Mai in Meissen bekommen . . . 
welches denn in allem aus Leipzig sein soUen 35 000 Rthlr., als 
vom Jahr Rest 15000 und dann in diesem Jahr 20000 Rthlr." (In- 
ventar vom 29. September 1633. n. St.) Hallwich I, 699. Anm. 

•») So der Rathsbericht. Nach der „Warhafftigen Beschreibiing" 

10* 



148 ^- l)roy8en: 

Borna nach Altenburg. Da der Rest der Contribution 
nicht 80 rasch hatte zusammengebracht werden konnen, 
und da man Obrist Adelshofens Forderung eines Prasents 
von 15 000 Thalern fur sich und Hatzfeld naturlich nicht 
zu erfuUen vermochte, so wurden der regierende Btirger- 
meister, Dr. Adam Herr, und der Rathsverwandte, Jacob 
Biissel^ gefangen mit hinweggefuhrt.'*) 

Vor dem Abzuge aber wurde noch eine grundliche 
Razzia vorgenommen. 

„Es hat die kaiser liche Soldateska, insonderheit aber 
die Reuterei bei und vor ihrem Abzuge etzlicbe 100 
Pferde mit Gewalt aus den Stallen und Hausern genom- 
men; unsere Stucken, weil wir sie nicht alsobald von den 
Basteien bringen konneu; wie auch des Pulvers und Bleis, 
so in unserm Zeughaus tibrig gewesen, mit Grewalt sich 
angemasset, selbige wider die Festung Pleissenburg ge- 
brauchet, und eine grosse Anzahl Weines (darunter viel 
dem Herrri Grafen von Brandenstein zustandig gewesen), 
Waaren und andern Vorrath hinweg fiihren lassen." **) 

So der Rathsbericht ; die gedruckte jjBeschreibung" 
fugt hinzu : „und haben die Soldaten zu Ross und Fuss 
bei ihrem Abzug einen iiberaus grossen Muthwillen, son- 
derlich in der grimmischen Gasse veriibet, seind in die 
Hauser gefallen, haben dieselben geplundert, die Fenster 
ausgeworfen und die Leute iibel geschlagen". 

Und die handschriftliche*. Relation sagt, die Kaiser- 
lichen seien „ganz und gar mit aller Pagagi, ja wohl be- 
reichert und bepacket von der Leipziger Messe, wie sie 
gesagt, dass sie nach Leipzig auf die Messe ziehen woU- 
ten, stark beladen wieder aus der Stadt eben denjenigen 
Weg, welchen sie kommen, gegen Altenburg zu raar- 
chieret".'®) 



war Hatzfeld nur mit etlichen Compagnien Curassieren und Obrist 
Adelshofens Regiment zarttckgeblieben, um „auf den Rest der Cor- 
disigelder" (Courtoisiegelder) zu warten. Die „kurze Relation" sagt: 
„Den 16. dieses wurde auf den Abend in Eil zu Pferde geblasen, als 
wie sie fortwoUten, aber weil die Contribution noch nicht war ein- 
kommen, verblieb es". 

•*) Die „Beschreibung" erwahnt in diesem Zusammenhange auch 
die Gefangennahme von D. Johann Paul Monich, Ganzler zu Zeitz. 

•*) Die „Kurze Relation" sagt: „Den Grafen von Brandenstein, 
welcher vor der Zeit viel Wein hierher geschaffet, haben sie alle 
mitgenommen, und wird dieser ohne der Hamburger und andere, 
der en sie auch viel mitgenommen, fur 900 Elmer gesch&tzet" 

*•) Diese Wendung ist ins Theatrum Europaeum HI, 113 tiber- 



Hoicks Einfall in Sachsen im Jahre 1633. 149 

Am Sonntag nacli dem Abzug des Feindes (18. Au- 
gust) wurde Gott ;;fur die abermalige Erl5sung in offent- 
licher Kirchenversammlung gedankt und das gewohnliche 
Kirchenlied: Herr Gott dich loben wir, gesungen*^ Die 
Pleissenburg wurde von Obristlieutenant von Drandorf 
wieder geoffnet,^') die Handwerksburschen und das an- 
dere Mannsvolk abgedankt. Ein paar Tage darauf (am 
20.) riickte dann eine Abtheilung sachsischer „Dragoner zu 
Fuss" von Obrist Dietrich von Taubes Volk, 330 Mann 
unter Hauptmann Hans Wacken, in die Stadt und erhielt 
bei den Biirgern Quartier; wurde jedoch auf Bitten des 
Raths schon nach einer Woche (am 27.) wieder abgefuhrt.*^) 
Man mochte vermuthen: wegen der Pest, welche die 



gegangen. Ueber diese ^geroUten^^ Schatze ausserst sich aiicb Hatz- 
feld gegen CoUoredo d. d. bei Plauen 7. September (n. St.): „Das Pagage, 
so in Bobmen, ist nicbt ratbsam zu den Regimentern zu schicken, 
weilen sie obne das mebr als zu viel, anders theils eine grosso 
Hinderniss.*' Hingegen betont er ausdriicklich den Proviantmangel: 
„Wegen der Proviant wird wohl mlissen ein Ernst gebraucht werden, 
damit etwas nacb Eger komme, angeseben das Fussvolk obne das 
nicht wird leben konnen, weilen die Mtihlen im Lande zerbrochen, 
auch die Handmiiblen auf dieser Reise fast alle zu nicht worden. 
Es werden gewiss die Commissarien die Proviant nach Eger zu 
befordern mit hochstem Ernst mtissen angetrieben werden.** Er 
schliesst mit dem Stossseufzer: „Mangelt halt an vielem**. 

'^) Drandorf gab in seinem Brief an Johann Georg d. d. Pleissen- 
burg 31. August 1633 (Dr. A.) an, wie die Burg reparirt und 
starker fortificirt werden mtisse: „An der Festung muss vor alien 
Dingen die Futtermauer, daran die Hauser gestanden, bis ans Peters- 
thor voUends abgebrochen werden, wie vor diesem erinnert worden, 
auch der Feind vorm Jahre allbereit den Anfang dazu gemachet 
hat. Die Platten fiber dem Thor und die Rondel gegen der Peters- 
brticken, sowohl gegen dem Thomasthor mlissen wieder repariret 
werden, damit man auf den Streichen bleiben kann, und ob dieses 
zwar mit Holz verbauet, ist solches doch fttr eine Gewalt zu wenig. 
Ingleichen muss der Thurm auch wieder repariret werden, dass man 
dieselbigen Stucke gebrauchen kann. Zu solcher Reparirung kOnnen 
die Steine von der Futtermauer alle genommen und gebrauchet 
werden.'* 

'*) Der Rath von Leipzig an Johann Georg d. d. 21. August 
1633. (Dr. A.) Weil es jetzt mit Leipzig eine solche Beschaffen- 
heit habe, „dass an Victualien und Fourage wenig vorhanden, alles 
Getreide an Korn, Weitzen, Gersten, Hafern und anderen nocn aufm 
Felde stehet und lieget, und wenn die Guarnison allhie Iftnger ver- 
bleiben soUte, nicht allein ferner nichts eingearndtet, sondern die 
bevorstehende Michaelismesse auch einen tLberaus grossen Stoss er- 
leiden wtirde", so bitten sie den Kurfiirsten, dass , , vor diesmal die 
allhie logirende Guarnison wiederum abgeftihrt, diese ausserst ver- 
derbte und ausgemergelte Stadt der Einquartierung entnommen und 
so viel moglich geschonet werden moge" u. s. w. 



150 Cr. Droysen: 

Kaiserlichen eingeschleppt batten, und die bis zum De* 
camber 760 Menschen dahin raffte. 

Noch vor Ausgang des Monats kam der regierende 
Biirgermeister Dr. Adam Herr nach Leipzig zurtick^ 
w£lhreiid Jacob Kiissel bis zur Abtragung des Rests der 
Contribution gefangen zuriickbehalten wurde. Er wurde 
^zum Theil an Gelde, zum Theil an Seidenwaaren und 
Posaraenten, zum Theil an SafFran aufgebracht und ver- 
gangenen Donnerstag (29, August) zu Nacht durch 3 
Rathsverwandte oder Zehner, wie man sie nennet, auf 
einer Kutschen heimlich fortgeschicket." ^®) 

Wahrend der Belagerung Leipzigs streiften kleine 
fliegende Corps — „Partheyen" — in weitem Umkreise 
durch das 'Land. ^Bis auf Merseburg, Halle, Eilenburg, 
Wurzen und gar bis Naumburg und Bamberg."***) 

In jenem Brief, den Hoick am Tage der Capitulation 

von Leipzig an Wallenstein schrieb, entwickelte er ihm seine 

Ansicht von der Situation, und seine ferneren Absichten. 

Nach dem tlbereinstimmenden Bericht der eingebrachten Ge- 
fangenen sei „kein ander Yolk noch zur Zeit Torhanden als um 
Dresden in die 7 oder 8000 Mann, meist neu geworben und ohne 
capo, welche haben sollen gar unfehlbar bei Aussig in BOhmen ein- 
fallen und nur allein gewartet, dass Herzog Bernhard bei Eger auch 
hinein dringen sollte. Deswegen mir nit anders gebtlhren will, als 
nur Euer Fiirstlichen Gnaden guadigste restricta Befehlich in Acht 
zu nehmen; und ob zwar keine dieser beiden Armaden nur [mir?] 
bastant, so konnen sie doch hinten und vorn nur zusammen stossen 
oder den Pass in Bohmen abschneiden, dartiber ich entweder unver- 
antwortlichen Schaden leiden oder Bdhmen mUsste lassen ruiniren. *^) 
Als babe ich alle Bagage zuriick in Bdhmen geschicket; will auch 

*•) Drandorf an Johann Georg vom 31. August. Er fugt hinzu: 
„0b sie nun den Jacob Kisslern darum losgeben, und wie die Ab- 
gesandten werden wieder zurtickkommen, berichte Ihr Eurfarstlichen 
Durchlaucht Ich mit ehestem.'^ Yergleiche Heydenreichs Erzahlang 
(602) von „dem Trompeter und Trommelschlager". 

*®) Hoick an Wallenstein vom 22. August (n. St.). Es liegt gar 
manches Klageschreiben aus diesen Gegenden vor. Eines der wich- 
tigsten ist das „aus Halle vom 19. Augusti 1633*' (Dr. A.), aus 
welchem sich ergiebt, dass es sich hier wie zu Leipzig nur um Er- 
pressung einer moglichst hohen Contribution handelte; von grausamen 
und blutigen Freveln wird auch in ihm nichts erwahnt. 

*') Dieser Gedanke der Gefahrdung des durch die holckische 
Expedition entblossten B5hmens iindet sich vielfach auCh in Privat- 
briefen. Wahrend Hoick Sachsen heimsuche, wflrde man mit geringer 
Truppenzahl Bohmen heimsuchen konnen. So heisst es schon in 
einem Schreiben aus Dresden 10. August (Dr. A.): Der Wirth von 
Brtix hd.tte gesagt, „wenn itzo nur 600 Mann in Bdhmen kamen, 
wQrden sie ganz Bohmerland wegbekommen, denn bei ihnen sei grosse 
Furcht, weil das Yolk von ihnen genommen und zusammengelesen, 



Hoicks Einfall in Sachsen im Jahre 1633. 151 

mit aller Obristen Rath die grossen [Stticke],**) so mir jetzo hie 
nicht mehr n5thig, zurfickschicken und, sobald Ich etwas hor, also- 

was sie nur aufbringen konneu und ginge das allgemeine Qeschrei 
allda, es Ugen yiel 1000 Mann allbereit urn Dresden, das sollte 
ehest in Bohmen fallen; sie waren doch nur verlassene Leute. 
Und als er, Weckbrodt (Fuhrmann von Neudorf), befragt worden, wie 
stark das kurfiirstliche um Dresden liegende Volk wftre, hatte er ge- 
sagt, das ware dessen ein 20000 Mann, woriiber der Wirth sehr 
erschrocken, sagend: Ach, weil nu das kaiserliche Volk vor Leipsig 
gangen, haben wir gewiss andere Leute hier, und meinen ganzlich, 
dj^s kurftirstliche Volk werde kommen.** Schreibensextract aus Alten- 
burg vom 20. Augusti (Dr. A.): „Es berichtet ein altenburgi- 
scher Burgerssohn, so Franz Schumans des Schmidts Solin ist, idass 
er sei von dem Feinde gefangen worden, aber durch List ihm 
wieder entlaufen, welcher die ganze Armee gesehen, dass es sehr 
schlecht Volk und viel gezwungene Leute sein, auch keine Com- 
pagnie uber 4 oder 5 Glieder feine Kerle, das ander alles waren 
verzagte Hunden. Mangelt ihnen an Pulver und Blei, weil sie 
solches zu Leipzig sehr verschossen, und wenn ein wenig Volk kftme, 
wfirden sie nicht wissen, wo sie hinaus soUten. Sie h&tten auch 
gesagt unter einander, sie wQssten nicht, wo sie wieder hinaus sollten ; 
ware ihnen angst und bange." Die Besorgnis vor einem feindlichen 
Einfall ins Bohmische theilte, wie ich wenigstens bemerkungsweise 
hinzufugen will, auch Wallenstein selbst. Er fiirchtete den Anmarsch 
Kniphausens von der Weser auf Dresden, den Anzug Herzog Bem- 
hards und Horns, wodurch denn Hoick „an seiner vorhabenden im- 
presa" verhindert werden, „auch seine untergebene Armada und fol- 
gends Ihr Majest. Lande, wenn sie ihm an Macht tlberlegen, dadurch 
periclitiren mSchten." Und deshalb ermahnte er Aldringer, im Fall 
des Aufbruchs der Schweden aus Bayern', mit allem entbehrlichen Volk 
Hoick zur Unterstiitzucg zu eilen. (Wallenstein an Aldringer d. d. 
Feldlager bei Schweidnitz 20. August 1633 [n. St.]. Hallwich L Nr. 
630). Gleichzeitig schrieb er Hoick (No. 631), er soUe, wenn Knip- 
hausen, „wie allem Ansehen nach zu vermuthen", mit seinem und 
dem kursachsischen Volk in Bohmen gehen sollte, „seinen Zug, wenn 
schon Zwickau nicht eingenommen, durch Meissen an den bohmischen 
Grenzen nehmen und wie er den Feind von Meissen abschneiden. 
folgends demselben, weil der Herr gut Volk bei sich hat, der Feind 
ihm auch. wie wir vermeinen, an der Zahl desselben nicht tlberle^en, 
eines setzen konne, auf a He Weise sehen, hingegen auf der andern 
Seiten bei Eger das Land in Acht genommen und defendiret, und 
solcher wegen so viel Volks als der Herr nothwendig erachten, und 
Aldringen . . . diesfalls zuschreiben wird, von demselben unter einem 
gewissen capo unverzuglich dahin commandiret werden solle.** Den 
Generalwachtmeister Sparr schickte Wallenstein, „nachdem aviso ein- 
kommen, dass der Feind an der Elbe in Bohmen einzufallen vor- 
habens, mit dreitausend Pferden und so viel Dragonern dahin, um 
sich zwischen Melnik und Brandeiss und deren Orten aufzuhalten 
und des Feindes Vorbruch, bis der Feldmarschall Holcka wieder in 
B6hmen angelanget, zu verhindern." Wallenstein an Haugwitz und 
Wrtby vom 20. August (n. St.). Hallwich L Nr. 628 Anm. 2. Ebenda 
Nr. 632. Wallensteins Patent fttr Sparr. 

**) So, und nicht, wie Hallwich will, „Bagage" muss erganzt 
werden. 



152 G. Droysenj 

balden wieder die Grenzen suchen, dahin ich kann in 3 Tagen ge- 
langen und das sicherste also spielen ; hoffentlich darinne Ener Flirst- 
lichen Gnaden Befehlich recht verstanden zu haben, denn diese Oerter 
kennen Ihr FUrstliche Gnaden wohl, dass sie nicht so viel wertb, ids 
sie mUssen Yolk zu Besatzungen haben. Die Kleinstadte (ausge- 
nommen Freiberg) als Chemnitz, Altenburg, Werda, Weida, Pegau, 
Zeitz, Wurzen, Eilenburg, Grimma etc. haben sich ergeben, darunter 
auch Plauen und Hof, wie auch die Schlosser ,Vortberg' und Weida 
habe ruinireu lassen. Zwickau ist besetzt wegen Sichcrheit des 
Buckens , wie auch Joachimsthaler Pass. Muss aber wegen der Pest 
und allerhand Ungelegenheiten im Fall der Noth quittiret werden. 
Erwarte deswegen mit Verlangen, was Euer Ftirstliche Gnaden auf 
mein Schreiben von. Zwickau aus**) weiters gnadigst mir wollen be- 
fehlen ; besorge aber, dass ich vom Feind nicht so lang Ruhe werde 
haben, dass ich dieser Schreiben Antwort und gnadigen Befehl hier 
erwarten kdnne; soil unterdessen Euer Ftirstlichen Gnaden intention 
in Acht genommen werden . . . Und weil ich nichts mehrers besorge, 
als etwan zu viel oder zu wenig zu thun, erwarte ich mit Verlangen, 
was Ihr Ftirstliche Gnaden mir gnadigst wollen befehlen, und ob 
diese meine Meinung recht, dass Ich mich hier nicht solle weiters 
impegniren, als ich je kann allezeit wieder in Bohmen sein, denn 
mich dUnkt das am sichersten vor Ihr Kaiserliche Mayestkt und dero 
Landen und des Volks conservation zu sein." 

Dazu ein Postscript: „Alle 7 Regimenter zu Fuss sein nur 
effective ohne Officir und Rccruten, die in Bohmen und Besatzungen, 
4500 Mann, die Reuterei aber 4800 Pferde; dannenhero sie nicht 
kann besetzt werden, ich muss denn mit der Armada Gefahr posto 
nehmen und mich ganz impegniren." 

Hoick dachte also, sobald er sich in Besitz Leipzigs 
gesetzt hatte, an den RUckzug nach Bohmen. Er fasste 
seine Eroberungen im Sachsischen nicht als dauernd ge- 
wonnene strategische Positionen auf; sondern nur als zum 
Zweck der Bereicherung gemachte vorilbergehende Occu- 
pationen. Dass ihm, nachdem er sich Meister der Stadt 
Leipzig gemacht hatte und also auf die BUrgerschaft 
Pression auszuUben vermochte, an der Einnahme der 
Pleissenburg wenig lag, ist schon hervorgehoben worden. 

Vielleicht noch bevor er die Nachriclit des in Schlesien 
abgeschlossenen Stillstands hatte, brach er auf; den Weg 
zuriick; den er vor Kurzem erst gekommen war; Geld 
und Geisseln mit sich flihrend, aber auch die Pest, die 
rasch zunehmend das Hear mit Auflosung bedrohte. Leh- 
mann erzahlt in seiner Chronik: „Gottes Wundergericht 
sah man an diesen Landraubern und Kirchendieben, die 
die Gotteshauser ohne Unterschied gepliindert, Kelche 
und Ornat geraubet, und in grosser Menge mit sich 
fuhrten; die sahe man reiten theils in Messgewanden, 



**) Dasselbe liegt leider nicht vor. 



Hoicks Einfall in Sachsen im Jahre 1633. 153 

theils in Priesterrocken , da half nichts, class sie solche 
TrSster bei sich hatten, sie mussten an der Pest ersticken 
und im Walde liegen bleiben, und oft einem ihre Beute, 
ders nicht gemeint, hinterlassen. Da lag Einer mit einem 
Kartenblatt in der Hand, der Andere mit einer Tabaks- 
pfeife, der Dritte reckte eine Hand oder Fuss aus dem 
Koth, von Pferden und Wagon, die uber ilin gegangen, zu 
nichte getreten, denn der Weg eine EUe tief zu lauter 
Koth gefahren, begrub strax in einer Viertelstunde Ross 
und Mann, die vor Mattigkeit drein gefallen waren." 

Und auf dem Rtickmarsche mag sich nun die Sol- 
datesca in Brutalitaten ergangen haben, zu denen das 
drohende Gespenst der Pest sie trieb. Was gait fremdes 
Leben, wo eignes Leben in grausiger Weise gefahrdet 
war. Was gait es, wo es ohnehin jeden Augenblick der 
Seuche zum Opfer fallen konnte. 

Wie anders als der frtiher mitgetheilte Bericht aus 

Altenburg uber den Durchzug der nach Leipzig mar- 

schirenden Kaiserlichen klingt folgendes Schreiben iiber 

den Durchzug der von Leipzig Zuriickkehrenden. **) 

„Unseni betriibten und traurigen Zustand allhier kann Ich 
nicht genugsam von mir schreiben, sintemal der Feind so arg mit 
uns gehandelt, dass es auch der Feind der Christenheit nicht &rger 
machen konnen, inmassen sie die Kirchen beraubet, alle Kelche und 
was sonsten darinnen geweseu, zu sich geraubet und gestohlen, alle 
Hauser diese Zeit von Anfang bis zu Ende alle gepliindert, spolirt 
und zerschlagen, dass es nicht genugsam zu schreiben; auch viel 
ehrlicher, vornehmer Leute Weiber und Kinder geschandet, davon 
ihr viel gestorben, die alten, ehrlichen Leute, Mann und Weibsper- 



44> 



*) Extract Schreibens aus Altenburg 20. Augusti. Dr. A. Ver- 
gleiche Herzog Johann Philipp von Sachsen an Johann Georg d. d. 
Schleusingen 23. August (Dr. A.). (Er hatte sich wegen der in 
Altenburg grassirenden Pest und wegen des holckischen Einfalls 
dorthin begeben.) Einkommendem Bericht nach soUe der Feind 
zwar wieder nachBohmen zuruckgegangen sein; aber in Altenburg 
halte die Infection noch stark an, „gestalt auch die kaiserliche Solda- 
teska daselbst mit Pliinderung, Mord, Verwundung vieler unschul- 
digen Leute, Spolirung unsers Schlosses, Canzlei und Renterei, 
Wegfiihr- und Schandung vieler Weibsbilder, Beraubung der Kirchen 
and Geistlichen, auch sonst unmenschlich tyrannisirt und das Schloss 
mit den darein gelegten Soldaten (derer 17 darinnen gestorben) in- 
ficiret und angestecket, dahero die lieben Frlichte bishero unabge- 

tem&het im Felde stehen, die Mtiller auf den Dorfern entlaufen, 
ie Backer in der Stadt gestorben, grosse Hungersnoth eingefallen, 
und die Leichen unbegraben blieben; deswegen wir besorglich in 
geraumer Zeit unsern Hofstaat zu Altenburg nicht wieder formireo 
lassen konnen.^'. 



154 Cr. Droysen: 

sonen, geschraubet, geradelt, aufgehangeu und gemordet, derer in 
wenig Stunden hernach Todes verblichen. Wie denn gestriges 
Tags Herr Doctor Faber, die Frau Cammer-Secretarin Hendtschelin 
neben ihrer mittlern Tochter, Herr Hans Richters Weib, Johan Gerwing 
Stadtvoigt, Wolf Mehlhorn, Herr D. Reinesius alle dessentwegen ge- 
storben. Hans Sigmund den Schneider, so bei der Canzlei wohnet, ha- 
ben sie ganz splitternackend ausgezogen und auf die Gasse zu einem 
Fenster hinaus geworfen,so auch alsobalden gestorben; und eine grosse 
Anzahl derer mehr, so nicht alle zu specificiren. Du und andere 
Ofiicirer moget dem hochsten Gott danken, dass du dich salviret 
hast, denn wenn ihr unter ihre Hande h&ttet gerathen sollen, wurde 
roit Euch abel sein umgangen worden. £s ist nicht ' ein einiges 
Haus in und aus der Stadt, das nicht durchaus geplUndert und zer- 
schlagen worden, wie auch deinem Hause libel mitgefahren worden, 
und aller Vorrath genommen. 

Wenn wir allhier mit den Verstorbenen zu Grabe gehen wollen, 
miissen wir an Stecken gehen, denn weder Rathsherr noch B&rger 
einen Mantel umzunehmen hat. Mit dem Sterben will auch noch kein 
AufhOren sein, fahret taglich fort beides an Spldaten und Bfirgem. 
Sind auch wenig Hauser, darin nicht Soldaten gestorben sein.** 



IV. 

• 

Auf die Nachrichten von dem holckischen Einfall 
beeilte sich Johann Georg, in alle Welt um Hulfe zu 
schreiben. Doch ehe noch die Briefe an ihre Adresse 
gelangt, ehe sie beantwortet waren, voUends ehe man sich 
iiber die zu ergreifenden Maasregeln verstandigt hatte, 
war die Gefahr bereits voriiber. Man meinte sich vor 
einem Sturm schiitzen zu sollen, und es war doch nur 
ein Windstoss. 

An Oxenstiem, an die weimarischen Herzoge Wilhelm 
imd Bernhard schrieb der Kurflirst:**) „Obwohl er bis- 
her in der guten Hoflfnung gestanden, es wurde durch 
eine Diversion in Bohmen (derenthalben er bei ihnen unter- 
schiedlich Erinnerung gethan) der General Hoick sein 
Land feindlich wieder anzufallen verhindert worden sein", 



**) In simili (mut. mut.) d. d. Dresden 6. August 1633. Dr. A. 
Hallwich H. Nr. 1132. Auch in diesem Abschnitt ist, wo nichts Wei- 
teres bemerkt ist, stets nach altem Stil gerechnet. 



Hoicks Einfall in Sachsen im Jahre 1633. 155 

so erhalte er jetzt doch Bericht; dass derselbe mit seiner 
ganzen Macht in voUem Anzuge sei und Freiberg bereits 
habe auffordern lassen. Auch auf einer andern Seite sei 
der Feind eingefallen und habe Schneeberg ausgepliindert. 
Angesichts dieser grossen Gefahr bitte er um eiligen 
Succurs. Denn seine Armee sei in Schlesien engagirt 
mid die bei ihm befindlichen Regimenter seien nicht aus- 
reichend dera Feinde zu widerstehen. Wiirde Sachsen 
ohne Rettung gelassen, so wiirde das auch der allgemeinen 
Wohlfahrt hochsten Schaden bringen. Der Feind wiirde 
sich in diesem Fall „hochangelegen sein lassen, sich des 
Elb- und Oderstroms zu bem^chtigen, ja wohl gar nach 
Pommern zu gehen und sich den Seekanten zu nahern." 

Aehiiliche Hulfsc{esuche an den Kurfursten von Bran- 
denbui'g und an Herzog Georg von Luneburff folgten in 
den nachsten Tagen. *^ Jenem konnte er bereits Mit- 
theilung von der Einnahme von Zwickau und Chemnitz 
machen. Um so nachdriicklicher wies er auf die ihnen 
beiden gemeinsam drohende Gefahr hin — der Feind 
mochte sedem belli ins Sachsische oder Brandenburgische 
bringen; — um so dringender bat er um Untersttitzung. 
Der Kurfurst moge zunachst sein in seinem Lande ge- 
worbenes Volk zu Fuss und zu Pferd nach Wittenberg 
und Torgau schicken, „damit alsdann ein corpus formiret, 
die Elbpasse Euer Liebden eigenen Landen zum Besten 
um so viel mehr verwahret und der Feind so lang bis 
fernerer Succurs von andern Orten erfolget, aufgehalten 
werden konne." „Denn in Entstehung dessen kOnnten 
wir unsere getreue Unterthanen nicht hiilflos lassen, son- 
dern miissten entweder unsere ganze Armee oder den 
mehrern Theil derselben aus Schlesien abfordern; und 
hatten auf solchenFalle Euer Liebden dero hohem Verstande 
nach selbst zu ermessen, zu was hochschadlichen Extre- 
mitaten dies Werk ausschlagen dtirfte." 

Den General Baner, der damals mit einem besondern 
Corps im Magdeburgischen stand, forderte er auf,*') die 
„ziemliche Anzahl Volks", die er beisammen haben solle, 
sobald als moglich gegen die Elbe aufbrechen zu lassen", 
und ihm iiber die Starke und die Marschroute baldigst 



*•) An Georg Wilhelm d. d. Dresden 9. August; an Herzog 
: d. d. ~ ~ 



Georg d. d. Dresden 10. August 1633. Dr. A. 
*») d. d. Dresden 12. August 1633. Dr. A. 



156 G. Droysen: 

Nachricht zu geben, damit er sich mit ihm vereinigen 
konne. 

Baner**) hatte bereits, als er seinem verstorbenen 
Konige ^^^ letzten schuldigen Dienst geleistet und bei Ab • 
fiihrung dero Koniglicher Leich zu Wolgast unterthanigst 
aufgewartet", auf der Riickreise, zu Wittenberg „die un- 
angenelime Zeitung" von Hoicks Einfall vernommen, und 
sofort an Johann Georg geschrieben, dass er ^nach wie 
vor eine sehnliche Begierde trage, dem allgemeinen evan- 
gelischen Wesen zum besten seine treuen Dienste, nichts 
weniger als bei seines gnadigsten Konigs Lebzeiten nach 
seiner Schuldigkeit verspiiren zu lassen". 

Er hatte zu einer Concentration der brandenbur- 
crischen und der in Schlesien entbelirlichen sachsischen 
Truppen geratnen, mit denen er all seine entbehrlichen 
Gamisontruppen vereinigen woUte, so dass „ehest ein 
Corpus von alien drei Theilen formirt und dem Feind 
dadurch resistirt werden moge, ehe dann er sich zu tief 
einnistet und die Ab wen dung der dadurch besorgenden 
Gefahr, sonderlich da er auf beiderseits der Elb freien 
Pass bekommen mochtC; um so viel schwerer gemacht 
werden sollte". 

Baner beeilte sich, dem Kurftirsten zu antworten. **) 
Er habe zwar „fur seine Person dieser Orten jetzo mehr 
nicht als seiii Regiment zu Pferde bei sich", hoffte aber 
auf baldige Truppensendungen, vor Allem vom Kur- 
fursten von Brandenburg, dem er deshalb bereits ge- 
schrieben habe. Wenn dann die kursJlchsischen Truppen 
sich mit den brandenburgischen vereinigten, wurde ^dem 
Feind verhoifentlich genugsam begegnet werden kSnnen." 
Mit seinem Reiterregiment und seiner eignen Person stellte 
er sich dem Kurfursten ganz zur Verfiigung. 

In der That liess es Baner an Eifer nicht fehlen. Er 
hatte sich sofort an Sten Bielke, den in Stettin residiren- 
den schwedischen Legaten, und an Kurfiirst Georg Wilhelm 
mit der Bitte um Truppenzusendung gewandt,*®) und dieser 
gab in Folge dessen seines Obristen Georg Volkmanns 



*•) Fttr das Folgende: Baner an Johann Georg d. .d. Witten- 
berg 10. August 1633. Dr. A. 

**) Baner an Johann Georg d. d. Magdeburg 15. August 1633. 
Dr. A. 

»•) Fttr das Folgende: Georg Wilhelm an Johann Georg d. d. 
Marienwalde 16. August 1633. Dr. A. prs. Dresden 18. August. 



Hoicks Einfall in Sachsen im Jahre 1633. 157 

Regiment zu Fuss, etwa 12 Compagnien stark, und seines 
Obristen Ehrentreich BurgstorfFs 3 Compagnien zu Ross 
(die bereits Befehl zum Abmarsch nach Schlesien batten) 
Contreordre und befahl ihnen, „recta auf Berlin und Coin 
an der Spree zu gehen", und daselbst zu warten, bis sie 
Baner auf Wittenberg, Torgau oder andere Orte, da er 
sie dem allgemeinen evangelischen Wesen und Sachsen 
und Brandenburg insonderheit zum Besten employiren 
konne, erfordern werde. Er ubergab ihm „aus sonder- 
barem Vertrauen, so er zu ihm. trug, und aus grosser 
Begierde diesen hochschadlichen Feind aus des Kurflirsten 
von Sachsen Lande wiederum treiben zu helfen, dieweil 

5ericulum in mora", das Commando iiber diese seine 
Vuppen, und forderte Johann Georg auf, ihm gleichfalls 
„die Truppen, so in seinen Landen gesammelt worden, 
mit zu untergeben". ^ ') 

Den Legaten Sten Bielke ersuchte nun auch Georg 
Wilhelm durch einen eigenen Courier, *^) ungesaumt was 
an Mannschaft in Pommern «ntbehrlich sei, an Baner zu 
schicken, und umgehend gab dieser die gewUnschte Zu- 
sage. **) 

Davon machte Georg Wilhelm alsbald Johann Georg 
Mittheilung. ") 

*') Zugleich berief er den Markgraf Sigismund nach Gdln an 
der Spree, „um das geworbene Volk zusammen zu zieben und auf 
des Kurftlrsten von Sachsen ferner Begehren fortgehen zu lassen". 
Worauf dann der Markgraf am 19. August an Obrist Yolkmann Ordre 
sandte, „sich mit seinen Compagnien in diese Residentien als auf 
das General Rendezvous zu begeben'* und am (Montag) 26. August 
einzutreffen ; den gleichen Befehl schickte er den Obristen zu Ross. 
,.Dafem sie nicht gar zu weit in Schlesien gewesen, werden sie ge- 
dachte Zeit auch in Acht nehmen und sich gestellen.'^ Am 20. August 
ersuchte Sigismund Johann Georg um baldigste Angabe des Orts, an 
welchem sie zu seinen Truppen stossen sollten. £r. woUte dann als- 
bald „den Obersten fortzuziehen und nicht zu saumen Befehl thun^S 
Markgraf Sigismund an Johann Georg d. d. Coin an der Spree 
20. August 1633. Dr. A. 

^*) Und durch ein Schreiben d. d. Schmackenwalde 14. Au- 
gust 1633. ' 

") Sten Bielke an Georg Wilhelm d. d. Stettin 16. August 1633. 
Dr. A. Er versprach, „alle die Truppen, so von hinnen k5nnen 
entrathen werden, in guter Bereitschaft halten und sich hierum 
[um Stettin] sammeln zu lassen, inmassen auch die Truppen, so 
nach Schlesien designirt gewesen, dieser Ursache [halben] sollen 
aufgehalten werden*^ Sobald er dann erfahre, wohin Baner sie be- 
gehre, „sollen sie in continente ihren Marche fortsetzen.*^ 

**) Georg Wilhelm an Johann Georg d. d. Marienwalde, 19. Au- 
gust 1633. Dr. A. 



158 Cr. Droyseni 

„Und weii denn hieraus gleichwohl so viel erscheinet, dass 
an Seiten der Kron Schweden zur Assistirung Euer Liebden alle 
Willf&hrigkeit vorhanden, auch zu vermuthen, dass durch das Volk, 
was Euer Liebden in ihreu Landen selbst noch haben und wir von 
unsern Trnppen dazu zu schicken erbotig, ingleichen der General 
Baner aus den magdeburgischen Quartiereu, aus Pommern und vom 
Weserstrom zusammen zu fabren vorhabens, und was etwa auch von 
des Herzogen zu Weimar Liebden zu gleichmassigem Zwecke zu er- 
langen, dem Feind, der auch so stark, wie er gemacht worden, nicht 
sein solle, noch ziemlicher Massen wird begegnet und unter die Augen 
gezogen werden konnen : so vermuthen wir nicht, dass Euer Liebden 
die Ihrige Armee (wie Sie aufn Fall der entstehenden Hulfe in 
jungstem Ihrem Schreiben angedeutet) aus der Schlesien abfordern 
werden. Des Feindes intent kann es vielleicht wol sein, eben durch 
diesen Einfall in Euer Liebden Landen die Armee in Schlesien nur 
branslierend zu machen ; aber wir sehen nicht, dass dem allgemeinen 
evangelischen Wesen oder auch Euer Liebden Landen dadurch ge- 
holfen sein wtirde, wenn man um einer Noth des platten Landes 
willen die Hauptintentiones und die Armeen, so den ganzen Staat 
des Krieges afiiciren, alsofort und zwar zu zeitig andern wollte; 
sondem stehen vielmehr in der Sorgen , es wurde ihm dadurch in 
der Schlesien zwar gute Luft und Haum gemacht: Euer Liebden 
Meissnische Lande aber dadurch dennoch nicht gerettet, sondem 
neben dem Yolk, so Euer Liebden aus Schlesien nehmen konnten, 
zugleich auch ein guter Theil der kaiserlichen Armee aus der Schle- 
sien mit fortgehen, und eben dadurch die sedes belli in Euer Lieb- 
den Lande transferiret werden. 

„Darum ersuchen wir Euer Liebden ganz freundlich, Ihre Armee 
in der Schlesien zu lassen und dieselbe nicht abzufordern, angemerkt 
durch Zusammenfuhrung gemelter Truppen dem Feinde genugsam 
resistiret und derselbe vermittelst gottlicher Verleihung aus Euer 
Liebden Landen wieder zuriicke getrieben werden konne." 

Indessen hatte Johann Georg bereits am 9. August 
seinen Rath Rudolf von Disskau^ Hauptmann zu Weis- 
senfels, beauftragt, **) sich ungesaumt zu dem weimari- 
schen Herzogen Wilhelm und Bernhard zu verfugen, um 
ihnen des Naheren zu entwickebi, wie der holckische 
Einbruch ^eilenden Widerstand und Rettung" dringend 
nothig mache,- und sie um Hulfe anzugehen. 

Es war eine schwierige und gefahrliche Reise, die 
Disskau antrat. Der im Lande streifende Feind und das 
schlechte Wetter bereiteten grosse Hindernisse. Er durfte 
es nicht wagen , seine Berichte an seinen kurfurstlichen 
Herrn mit seinem eigenen Namen zu unterzeichnen. Die 
im Dresdner Archiv befindlichen anziehenden Original- 



**) Kurfurstliches Memorial filr Disskau d. d. Dresden 9. August. 
Gredenzschreiben d. d. Dresden 10. August; Passzettel d. d. Dresden 
13. August 1633. Dr. A. 



Hoicks Einfall in Sachsen im Jahre 1633. 159 

schreiben von ^Abraham vom Sande", ^Adolf vom Stern", 
„Anthoni vom Stern" (also A. v. S.) stammen von ihm. 

Am 18. August war er in Folge des streifenden 
Feindes und des schlechten Wetters erst in Magdeburg; 
am 19. hoffte er von hier unter dem Schutz des Fursten 
Ludwig von Anhalt aufzubrechen; „da ich denn ferner 
ein Loch suchen muss, weil die Strassen beides von Freund 
und Feinden ziemlich imsicher". Er erbat sich Befehl, ob 
er sich auch zu Herzog Bernhard begeben sollte, der sich, 
wie es heisse, „an den tyrolischen Grenzen befinde, des 
italislnischen Volkes Herauszug zu verhinderh". Es wUrde 
sich, so meinte er, wohl nicht verlohnen ; denn der Suc- 
eurs von dort wiirde doch zu spat komraen. Jedenfalls 
^miissten mir auf solchen Fall mehr Mittel zur Zehrung 
gemacht werden. Vor meine Person mochte ich wohl 
sehen, wo die Gemsen wohnten". 

Am 20. August langte Disskau in Weimar an, traf 
dort Herzog Wilhelm und entledigte sich bei ihm alsbald 
seines Auftrags. 

Dieser hatte des Kurflirsten Schreiben vom 6. August 
am 13., dem Tage seiner Ruckkehr von Frankfurt, er- 
halten und sofort beantwortet. *®) Und zwar, indem er 



*•) Herzog Wilhelm an Johann Georg d. d. Erfurt 18. Au- 
gust 1633. Dr. A. In diesem Schreiben theilt er ihm zugleich mit, 
dass er bei seiner jlingsten An.wesenheit in Frankfurt bemerkt habe, 
dass der Reichskanzler und der Convent „an alle dem, was zu Euer 
Gnaden gebtihrenden Respect und des gemeinen evangelischenWesens 
Wohlfahrt gereichet, nicht das geringste ermangeln lassen**, aber 
auch „wie auf Seiten der Kron Schweden in etwas zu Gemtith ge- 
zogen worden, dass bishero von Euer Gnaden wenig Correspondenz 
gepflogen und auf unterschiedene Communication und andere Ersuch- 
Bchreiben so gar kalte Resolution erfolget , daraus man ferner schlies- 
sen wollen, ob wiirden der Koniglichen Majestat hochloblicher Ge- 
d&chtniss sowohl der Kron Schweden bishero erwiesene treue und 
wohlgemeinte Dienste nicht der Gebiihr nach consideriret und erkannt ; 
ist dahero zu befahren, dass der begehrte Succurs nicht so schleunig 
sds wann obgedachter Maassen gute continuirliche Correspondeuzen 
fOrgangen, anzustellen sein dtirfte, zumal weil der Due de Feria, wie 
aof unserer Seiten dafiir gehalten wird, in 15000 Mann (er aber 
sch&tzet sich viel hoher) in starkem Anzuge, ausser was Lothringen 
und Burgund thun kann. Dahero ge^en Schwaben und Elsass ein 
wachendes Auge zu haben und ein ziemlich stark corpus des Orts 
zu formiren hoch von nothen. Ueber das muss man auch auf die 
bayrische Armee und sonsten allenthalben ein fleissiges Absehen 
haben. Wir wollen aber nicht unterlassen, aus Euer Gnaden Schreiben 
dem Herm Reichscanzler zu communiciren und dessen Resolution 
darauf zu erwarten". 



160 G. Droysen: 

sein Bedaaem daniber aussprach. dass die von ihm un- 
llbigst vorgeschlagene Veremigung der kursachsisclien mit 
seinen und den schwedischen Truppen, ^wodurch dieser 
entstandenen Gefahr hatte fiirgebauet werden konnen'^y vom 
Kurfursten nicht beliebt worden war. Nun sebe man, 
^was die langsame Resolution causiret^. Er finde auch 
jetzt noch kein besseres Mittel, als dass der Kurfiirst ihm, 
was er an Truppen im Lande babe, zusende, sieb mit 
den seinigen „zu conjungiren, ein recht corpus zu formiren 
und also insgesammt gegen dem Feind zu prasentiren^. 

Aebt Tage spater, am Tage der Ankunft von Disskau 
(20. August), sandte er ihm ein zweites Schreiben, in 
welchem er seinen Vorschlag wiederholtA ^') 

In der Audienz nun, die der Herzog . Disskau am 
20. August gab, berief er sich auf diese Schreiben; ^daraus 
denn — meint Disskau — Euer Kurfiirstlichen Durchlaucbt 
derselben geneigtes und willfahriges Gemtith gute Dienste 
zu thun genugsam zu verspliren haben wtirden." Und 
^weil es nunmehr einzig und allein auf einer eilenden 
Zusammensetzung Euer Kurfiirstlichen Durchlaucbt und 
Herzog Wilhelms Fiirstlicher Gnaden Truppen beruhen 
thut, so man anders diese sch§,dlichen G&ste aus dem 
Lande bringen und ferneren Schaden verhiiten will", so 
unterstiitzte Disskau des Herzogs Vorschlag und bat seinen 
kurfiirstlichen Herm, ihm all sein entbehrliches Volk un- 
gesHumt zuzuschicken. Er fiigte hinzu: „Ich finde in 
Wajbrheit, dass Herzog Wilhelms Fiirstliche Gnaden und 
sonst Jedermann von Herzen intentioniret, Euer Kurfiirst- 
lichen Durchlaucbt Assistenz zu thun und derselben zu 
succurriren; allein icli furchte, wo Euer Kurfiirstliche 
Durchlaucbt vor diesmal nicht eine geschwinde Resolution 
ergreifen, es mochten vieler Leute Gemuther irre gemacht 
und merklich alteriret werden. SoUte sich denn das Werk 
verzogern, so haben Euer Kurfiirstliche Durchlaucbt nichts 
anderes zu gewarten, als dass sich der Feind verstftrken, 
in dero Landen sich g3,nzlich firmiren und daselbst die 
Winterquartiere suchen wird, da dann andere Leute, wenn 
sie es thun woUen, dem Spiele wohl von feme zusehen 
konnen". 

Seine Reise zu Herzog Bernhard aber halte Herzog 



") Herzog Wilhelm an Johann Georg d. d. Weimar 20. Au- 
gust 1633. Dr. A. 



Hoicks Einfall iu Sachsen im Jahre 1633. 161 

Wilhelm fur „ganz unnothig", weil derselbe mit seinen 
Truppen schon in voUem Marsch begriffen sei. **) 

Das nun waren alles Hulfsgesuche, Hiilfserbietungen 
und Eathschl3,ge; die sehr wohl gemeint waren, aber frei- 
Hch sammtlich zu spat kamen. Am 20. August war Hoick 
von Leipzig langst wieder abgezogen, und die Sachsen 
hatten die Stadt wieder besetzt. 



Diesen umstandlichen Verhandlungen iiber ein be- 
waffnetes Einschreiten gegen die holckisSie Invasion waren 
die Verhandlungen liber die Aufrichtung eines Stillstandes 
in Schlesien zur Seite gegangen, deren an dieser Stelle 
gedacht werden muss. 

Gleich in den ersten Tagen des Iiolckischen Einfalls, 
in einer Zeit, da in Dresden bereits das Geriicht von 
dem Verlust von Chemnitz und Zwickau umging — am 
8. August — , hatte Johann Georg sich in einem lan- 
geren Schreibea auch an Arnim gewandt, *^) in welchem 
er ihm darlegte, wie es „das Ansehen gewinnen wolle, ob 
ware man fiirhabens uns auf beiden Seiten der Elbe feind- 
lich anzugreifen"; wie „eilender Succurs" nothwendig sei, 
da er „mit den bei sich habenden Regimentern dem ein- 
brechenden Feinde zu resistiren nicht genugsam bassant, 
das meiste neugeworbene Volk auch sich noch auf den 
Sammelplatzen befinde, nicht gemustert, noch in so ge- 
scbwinder Eil zusammen zu bringen sei"; er hatte ihn 
aufgefordert, ihm imgesaumt sein Gutachten dariiber ab- 
zugeben , „wie den Sachen zu thun" , und ihm „so viel 
Volk als er entrathen konne, nebst einem General-Com- 
mandanten unverltogert zum Succurs zu schicken", 

Etwa eine Woche spater berichtete er ihm von dem 
bisher ungehinderten Vormarsch des Feindes auf Leip- 
zig, ®®) und von seinen Hulfsgeauchen bei dem schwedi- 
schen Reichskanzler, den weimarischen HerzSgen, Herzog 
Georg von Luneburg und General Baner; „wissen aber zur 



*•) Bald nach dieser Audienz wurde Disskau von Herzog Wil- 
helm abgefertigt, um seinem Kurftirsten mtindliche Relation zu thun. 
Herzog Wilhelm an Johann Georg d. d. Erfurt 27. August 1633. 
Dr. A. Doch lautete das Datum ursprlinglich: 23. August; erst 
hintendrein ist die 3 in eine 7 verwandelt. 

*•) Johann Georg an Arnim d. d. Dresden 8. August 1633. Dr. A. 

'®) Johann Georg an Arnim d. d. Dresden 14. August 1633. Dr. A. 

Neues Archiv f. 8. G. u. A. I. 3. 11 



162 ^' Droysen: 

Zeit nicht, wessen wir uns und wie bald von dannen 
etwas zu getrosten". 

Jener erste Brief ist zu einer Zeit geschrieben , da 
Arnim sowohl mit Trzka als auch mit Wallenstein selbst 
bereits in Unterhandlung stand ; er kann nur kurz vor 
dem Abscliluss des vierwochentlichen Stillstandes einge- 
troffen sein. Das heisst die Wiederaufnahme der Verhand- 
lungen Arnims wurden nicht durch ihn veranlasst. Der 
zweite Brief ist ein paar Tage nach dem Stillstandsab- 
schluss geschrieben. Das heisst die gesteigerte Feindesgefahr 
in Meissen hatte keinen Einfluss auf den in Schlesien ge- 
fassten Beschluss der Waffenruhe. Auch wird weder in 
diesem noch in jenem Schreiben der arnim'schen Ver- 
handlungen mit Wallenstein gedacht. ®') 

Umgekehrt hatte Arnim zwar bereits am 6. August 
einen Brief an seinen Kurfiirsten geschrieben , **) in dem 
er ihm Mittheilungen von der Wiederaufnahme der Ver- 
handlungen machte und ihm den Abschluss des Frie- 
dens dringend anempfahl; aber auf den holckischen Ein- 
fall, das beste Argument fiir seine Empfehlung , wies er 
nicht mit einem Worte hin. Er schrieb : „Ihro Furstliche 
Gnaden der Herzog zu Friedland hat den Herrn Grafen 
Trzka zu mir geschickt, muthet mir abermals Tractaten 
an. Heute werde ich, geliebts Gott, um 4 Uhr Nach- 
mittage selbst mit ihm zusammenkommen. Wird Euer 
Kurfiirstliche Durchlaucht mit dem keinen Frieden schlies- 
sen, so wird der Schluss zu Breslau wenig fruchten.'' 

Diesen Brief hielt Arnim iiber eine Woche zuriick. 
Erst nachdem der Stillstand abgeschlossen, schickte er 
ihn zugleich mit einem zweiten Briefe an den Kurfiirsten 
ab. ®*) „Mein erstes Schreiben, so den 6. Augusti datirt, 
habe Ich deswegen so lange an mich behalten, bis Ich 
sehe, wohin die angemutheten Tractaten mit Ihro Ftirst- 
lichen Gnaden Herzog zu Friedland hinausschlagen woll- 
ten Dieweil Ich nunmelfr seine Meinung zur Geniige ein- 



•') Es verdient hervorgehoben zu werden, dass bis zum 17. Au- 
gust Johann Georg laut seinem Brief an Arnim d. d. Dresden 
17. August (Dr. A.) noch keine Nachricht von ihm iiber den Empfang 
seiner beiden Briefe vom 8. und 14. hatte. 

•*) Arnim an Johann Georg d. d. Schweidnitz 6./1 6. August 1633. 
Dr. A. Zum Theil abgedruckt bei Helbig, Wallenstein und Arnim, 
26 ff. 

•*) Arnim an Johann Georg d. d. Feldlager vor Schweidnitz 
15./25, August 1633. Hallwich U. Nr. 1129. 



Hoicks Einfall in Sachsen im Jahre 1633. 163 

genommen, und die Sache von solcher hohen Importanz 
befinde, dass aufs schleunigste Euer Kurfiirstliche Durch- 
laucht davon vollkommlicher Bericht geschehen muss, 
stelle Euer Kurfiirstlichen Durchlaucht unterthanigst an- 
heim^ ob dieselbe dero geheimen Rathe bis Ortrant zu 
mir abfertigen woUen, denn die Saohe ganz keinen An- 
stand leiden kSnnen." Er fugte — nach Bericht liber 
den Tod dee danischen Prinzen Ulrich — hinzu: „Aus 
hochwichtigen Ursachen ist mit dem Feinde auf vier 
Wochen ein Stillstand geschlossen. Hoffe, wann Euer 
Kurfiirstlichen Durchlaucht der Sachen Zustand verneh- 
men, Sie sich solches nicht werden missfallen lassen.^ 

Aus all d^n mitgetheilten Briefstellen ergiebt sich, 
dass zwischen. dem schlesischen Stillstand und dem holcki- 
schen Einfall kein directer Zusammenhang besteht. Arnim 
hat iiber einen Stillstand zu verhandeln begonnen, und 
ihn dann abge^chlossen , ohne dass der Kurfurst davon 
wusste ; voUends davon, dass dieser seinem General irgend 
welche dahin gehende Weisung gegeben, kann keine Kede 
sein. **) Er wiinschte von Arnim ein Gutachten tiber den 
Einfall Hoicks, und so weit es ihm moglich sei, Zusendung 
von Truppen. Weiter nichts; von Stillstandsverhand- 
lungen mit dem Feinde erwahnt er auch nicht einmal ein 
Wort. 

Und so liess sich denn Arnim auf sie ein, auf eigene 
Verantwortung imd Gefahr, und machte seinem Kurfiirst- 
lichen Herm von ihnen erst Mittheilung, als sie bereits zu 
einem Eesultat gefiihrt hatten. Es ist denn doch etwas 
Anderes, im Drange der Geschafte zum Schreiben nicht 
Zeit finden, und, wie es in diesem Fall Arnim that, einen 



•*) Wie voUstftndig Arnim ohne jede Wissenschaft des Kur- 
ftirsten verhandelte und abschloss, erhellt auch aus dem Schreiben 
von Johann Georg au Kdnig Christian IV. von Danemark d. d. 
Dresden 13. August 1633. In diesem, einen Tag nach erfolgtem 
Stillstandsabschlusse geschriebenen Briefe macht der EurfUrst dem 
KOnige Anzeige von dem holckischen Einfall. £r milsse Hoick fUr 
diesmal etwas seinen Willen lassen, well seine in Schlesien befindliche 
Armee mit den Friedlandischen engagirt sei and von dort jetziger 
Zeit nicht fdglich abgefordert werden konne. Mit den bei sich 
habenden Regimentern sei er nicht bassant, dem neueingebro- 
chenen Feinde zu resistiren, „sind jedoch der guten Hoffnung, es 
soUen sich bald Mittel ereignen, dadurch nachst g5ttlicher Hulfe sein 
Vorhaben verhindert und er wieder abgetrieben werden moge". Natlir- 
lich ist damit der erbetene und erwartete Succurs gemeint. Yon 
schlesischen Stillstandsverhandlungen kein Wort! 

11* 



164 Cr. Droysen! 

geschriebenen Brief liber acht Tage lang in der Tasche 
behalten. Es l&sst das darauf schliessen, dass dem 
Schreiber aus irgend welchem Grunde die Absendung 

Seinlich war oder inopportun erschien. Und welch wun- 
erbare Art, dann endlich seinem Herm von einem so 
tiberaus wichtigen Factum Mittheiiung zu machenl Der 
Wunsch nach einer Conferenz mit den Geheimrathen des 
Kurftirsten, das Bediirfnis nach einer miindlichen Recht- 
fertigung seines bedeutungsvollen Schrittes tritt ganz in 
den V ordergrund ; ganz nebenher geht die Notiz von dem 
Stillstandsabschluss, den sich der Kurfiirst, wie er hoffte, 
^nicht missf alien" lassen werde, wenn er ^der Sachen Zu- 
stand vernehme". Wie anders wiirde das alles gelautet 
haben^ wenn Hoick und sein Einfall der Grund jenes Ab- 
schlusses gewesen ware. „Der Sachen Zustand" kann nach 
allem Gesagten gar nicht der Zustand Sachsens in Folge 
des holckischen Einfalls, sondern nur der Zustand in Schle- 
sien sein; der Umstand sein, dass Wallenstein, gleichwie 
Amim; alien Ernstes und Eifers den Frieden im Reich 
wttnschte, iiber welchen demnachst Verhandlungen, sei 
es zu BresIaU; sei es anderorts, beginnen sollten. Der 
Waffenstillstand' wurde von beiden als Einleitung zu 
ihnen angesehen. Wie Amim sich in dieser Beziehung 
gegen seinen Kurfiirsten ausserte, ist angefiihrt. Ganz 
entsprechend Husserte sich Wallenstein/*) ^dass er am ver- 
trttglichsten zu sein vermeine, dass jetzo dergleichen An- 
stand der Waffen gemacht und zu den Friedenstractaten 
geschritten werdc; anders das Reich und dessen St^nde 
nur je Iftnger je mehr in Ruin gesetzt werden, und gleich- 
wohl, was endlich ftir eiu Ausgang erfolgen mochte, Gott 
alleih bekannt^S 

. Nicht im Zusammenhang mit der holckischen Invasion, 
sondern im Zusammenhange mit dem Pacificationswerk 

fewinnt der Stillstandsabschluss sein Verstandnis. Doch 
onnte es nicht anders sein, als dass er auf jene von Ein- 
fluss wurde. 

Die „im Feldlager bei Schweidnitz den 12./22. August 1633* 
datirte Urkunde des otillstandes **) betont gleich zu Anfang, dass es 
„wegeii jetziger Friedenstractate sei, dass man den Stillstand abge- 



**) Wallen stein an Aldringer d. d. Feldlager bei Schweidnitz, 
22. August 1633 (n. St.). Hallwich I. Nr. 639. 

•") Urkunde im Dr. A.: oft gedruckt, so Theatrum Europaeum 
III, 114. 



Hoicks Einfall in Sachsen im Jahre 1633. 165 

schlossen habe; namlich damit solches (das ist das Friedenswerk) 
desto schleuniger zu erwunschtem Ende gelangen und Herr General- 
lieutenant in seiner Abwesenheit sich nicnts widriges zu beschweren 
haben moge". 

Sie bestimmt, dass wahrend der vierwochentlichen Dauer des 
Stillstandes weder in den kaiserlichen noch in den sachsischen und 
brandenburgischen Landem „etwas Feindseliges tentiret. aucb einiges 
Volk zur Verstarkung der in Scblesien, Meissen, nocn am Donau- 
Strom Oder anderswo sich beiindenden Armeen von keinem Theil 
geschickt werden soUen". 

„In wahrendem Stillstand .aber soil kein Theil den andem, weder 
dieser noch anderer obbenannter Oerter seine Soldaten abspenstig 
machen, oder in seinen Quartieren turbiren, auch nicht verstatten, 
dass ohne sonderbare Erlaubniss Seiner Ftlrstlichen Gnaden und 
des Herrn Generallieuteuants , oder wer an deren Statt das Com- 
mando ftihret, Offiziere oder Soldaten zusammenkommen und einige 
Gemeinschaft halten, sondern jeder in dem Posto, wo er sich befindet, 
verbleiben." 

In den Verhandlungen Wallensteins und Arnims war 
verabredet worden, dass beide Heerfiihrer sich bemiihen 
soUten, dem Stillstand weitere Ausdehnung, allgemeinere 
Gliltigkeit zu verschaffen: ihn aus einem sclilesischen zu 
einem allgemeinen armistitium zu machen, wodurch er 
erst die beabsichtigte Bedeutung einer Introduction zu 
Universalfriedensverhandlungen erhalten haben wurde. 
Wie Wallenstein Kurfurst Maximilian fur ihn zu gewinnen 
suchte, so sollte Arnim sich zura Reichskanzler Oxenstiern 
begeben, um bei ihm dem Stillstande und dem Frieden 
das Wort zu reden. Und in dem Stillstandsinstrument 
selbst "ist ja auf diese Eeise Arnims Rucksicht genommen. 
Doch sollte er — so wurde zwischen ihnen „gehandelt 
und endlich geschlossen" — auf dem Wege mit Hoick 
zusammenkommen; der ^^alsbald auf sein Andeuten die 
kurfiirstlichen Lande und alle Oerter, deren er sich be- 
m'achtiget; rauraen sollte". • 

Arnim lag deshalb daran, „so viel moglich zu eilen, 
ehe noch^ grosser Schade geschicht''. Er hoffte schon 
am 19. August (a. St.) bei Hoick in Leipzig sein zu 
konnen.®') 

Vorher jedoch wiinschte er eine Zusammenkunft mit 
den Rathen seines Kurfiirsten oder womoglich mit diesem 
selbst, um den Schritt, den er auf eigene Hand gethan, 
Tind von dem er bisher nur schriftliche Anzeige gemacht, 
in mundlicher Auseinandersetzung zu rechtfertigen und 



•*) Arnim an Johann Georg d. d. bei Radeberg 18./28. Au- 
gust 1533. Dr. A. 



166 G. Droysen: 

liber seine Coneequenzen mit ihm zu conferiren. •*) Zu- 
nachst (am 15. August) proponirte er Ortrand als Ort des 
Zusammentreffens, dann (am 18.) Grossenhain;®*) als Zeit 
den 19. August. Noch am 18. langte er hier an und bat 
nochmals um die dringend nothige Unterredung ,'**) die 
dann mit dem Kurfursten selbst zu Grossenhain statt- 

fand.^0 

Die Bedeutung der Zusammenkunft zu Grossenhain, 

liber die sich bisher leider keinerlei schriftliche Aufzeich- 
nungen gefunden haben, war, dass Arnim die Zustimmung 
seines Kurfursten zu dem von ihm abgeschlossenen Still- 
stand gewann. 

Damit trat er ftir Schlesien und Kursachsen in Kraft, 
dessen militarische Lage sich damit naturlich durchaus 
verwandelte. Denn nun bedurfte man nicht mehr der 
von alien Seiten erbetenen und zugesagten Htilfe, — 
„welcher von alien Orten verhofFende Succurs unsern 



•') Arnim an Johann Georg d. d. Feldlager bei Schweidnitz 
15./26. August 1633. Hallwich II. Nr. 1129. 

••) Arnim an Johann Georg d. d. bei Radeburg 18./28. August: 
„Denn ich deswegen meinen Weg dabin genonfmen, dieweil es eben 
so weit von Dresden als Ortrand, mir aber meine Reise so viel besser 
bef6rdern kann". 

'*) Arnim an Johann Georg d. d. Grossenhain 18./28. Au- 
gust 1633. Dr. A. Es sei „hochn6thig, dass Ich mich aufs schleu- 
nigste mit ihm (Hoick) noch unterrede ; darum habe Ich mich so viel 
mehr zu eilen; will Euer Kurftirstliche Durchlaucht morgendes Tags 
von hier aus oder derselben Herren Rathen unterwegs entgegen 
kommen, damit nichts versaumet". 

'•) Johann Georg an Herzog Franz Albrecht d. d. Dresden 
26. August 1633. Hallwich H. Nr. 1145, theilt mit, „da8S ver- 
schiedene Tage . . . Arnim bei uns zum Grossen Hahn gewesen und 
in bewussten Sachen nothdtirftig vertraulichen Bericht gethan, worauf 
wir ihm auch unsere Gemtithsmeinung zur Geniige entdecket. Der 
hat von dannen seine Reise alsbald zu dem General-Feldmarschall 
Holcken und forder zu dem kOniglich schwedischen Reich skanzler 
fortgesetzt, vor seinem Aufbruch aber an den . . . Herzog zu Friedland 
etc., dass derselbe, im Falle sichs mit seiner Zuruckkunft iiber Ver- 
hoflfen in etwas verweilen mochte, solches nicht ungleich vermerken 
woUte, . . . Schreiben abgehen lassen" etc. Johann Georg an Oxenstiem 
d. d. Dresden 29. August 1633. Dr. A. Oxenstiem werde berichtet 
sein, dass „Arnim vor etzlichen Tagen bei Uns zum Grossenhain ge- 
wesen". Arnim an Johann Georg s. 1. 20./30. August 1633. Dr. A. 
Eine kurze eigenhandige Mittheilung: (Anrede) „Beiverwahrt ist das 
Schreiben an Herzog zu Friedland. Da Euer Kurftirstliche Durch- 
laucht damit also einig, will Ichs alsofort abfertigen und alsbald 
Euer Kurftirstlichen Durchlaucht unterthanigst aufwarten. Ver- 
bleibe etc." 



Hoicks Einfall in Sacbsen im Jahre 1633. Xg7 

Landen^ wofern der Feind fUr diesmal in demselbeD weiter 
hatte fortgehen soUen, merklich zu statten wiirde gekom- 
men siein .'*) Im Gegentheil, es musste dem Kurfursten 
jetzt alles daran liegen , dass sein arg mitgenommenes 
Land nicht von Auxiliartruppen uberschweramt wiirde, 
fur die es in ihm zunilchst keine militarische Aufgabe 
mehr zu Icisen gab. So schrieb er denn jetzt — d. h. 
nicht schon nach der brieflichen Meldung Arnims von 
dem Stillstandsabschluss, sondern erst nach Arnims miind- 
lichem Vortrag iiber ihn (ein weiterer Beweis,-dass er erst 
durch ihn fiir denselben gewonnen wurde) — an den 
Kurfursten von Brandenburg und den Herzog von Wei- 
mar, an Baner und Disskau. 

Bei Georg Wilhelm bedankte er sich '^) fur den Eifer, 
mit welchem derselbe auf sein Hulfsgesuch eingegangen 
war, woUte ihm aber, wie er schrieb, nicht verhalten, dass 
Amim, wie derselbe ihm schriftlich und mtindlich be- 
richtet, „aus hochwichtigen Ursachen" abermals einen Still- 
stand abgeschlossen habe; wie in Folge dessen Wallenstein 
an Hoick den Befehl zu sofortigem Abzug gegeben haben 
soUe, und wie Hoick bereits Leipzig und andere occupirte 
Orte wieder verlassen habe. Er bedtirfe also des erbetenen 
und freundlich zugesagten Succurses nicht mehr, da seine 
Lande sowohl durch das feindliche, wie durch sein eigenes 
Kriegsvolk fast ganz ausgezehret seien, wolle ihn jedoch 
mit sonderbarem hohem Dank als wirklich geleistet auf- 
nehmen. 

Desselben Inhalts war sein an demselben Tage ge- 
schriebener Brief an Baner, '*) der dann sofort den schon 



^*) Johann Georg an Baner vom 28. August. • 
'*) Johann Georg an Georg Wilhelm d. d. Dresden 23. Au- 
gust 1633. Postscriptum vom 24. Dr. A. Der Brief ist die Ant- 
wort auf Brandenburgs Schreiben d. d. Marienwalde 16. August, 
das er am 18. erhalten ; das Postscript , die Antwort auf Branden- 
burgs Schreiben vom 19., das ihm „bei Abfertigung dieses'* tlber- 
geben wurde. Es ist zu beachten, dass im Postscript gemeldet wird, 
dass gleich diese Stunde vom Konig von Dftnemark ein Schreiben an- 
komme, in welchem er melde, dass er seine Gesandten zu der be 
vorstehenden Friedensverhandlung nach Breslau bereits abgefertigt . 
habe und ihm zugleich den kaiserlichen Geleitsbrief tibersende mif 
Brsuchen, die Seinigen „gleichfalls ehest dahin zu schiclcen und 
hierdurch andem ein gut Exempel ebenm&ssiger Nachfolge zu geben". 
£ben diese Tractate sind der Grund des Stillstandsabschlusses. 

'*) Johann Georg an Baner d. d. Dresden 23. August 1633. 
Dr. A. Auch ihm ist ein vom 24. datirtes Postscript angefagt. 



168 Cr. Droysen: 

zum Abzug bereiten Truppen in Poramern Contreordre 
gab und an Sten Bielke schrieb^ sie ^bis auf anderweit 
Avisiren'' in Pommem zu behalten; zugleich sich an den 
Kurftirsten von Brandenburg wandte, dass er gnadigst 
geruhen woUe, „sein vorhandenes Volk, bis man verspure, 
was aus diesem Umstand erfolge^ so lange um Berlin 
liegen zu lassen**. '*) 

Herzog Wilhelm gegentiber verwies er auf Disskaus 
und Arnims mtindliches Anbringen. '*) 

An Disskau schrieb er, dass er bei Herzog Wilhelm 
seinen Auftrag ausrichten solle, ^jedoch dabei annectiren 
moge, wie nunmehr die Sach fast in einen andern Stand 
gerathen", weil Arnim mit Wallenstein Stillstand ge- 
schlossen, Hoick Leipzig verlassen hatte und wie ver- 
laute „im Werk begrifFen sein soUe, mit seiner unter- 
habenden Armee wiederum zuriick nach Bohmen zu 
gehen". ") 

Am 21. August kam Arnim von Grossenhain nacb 
Leipzig, brach von hier am 22., weil er nicht gewusst, 
wo der Feldmarschall Hoick anzutreffen,'*) zunacEst nach 



") Baner an Jphann Georg d. d. Egeln 28. August 1633. Dr. A. 
Johann Georgs Antwort d. d. Dresden 2. September. Dr. A. Durch- 
aus zustimmend und lobend. 

'*) Johann Georg an Georg Wilhelm d. d. Dresden 25. Au- 
gust 1633. Dr. A. 

") „So viel aber Herzog Bernhards zu Sachsen Liebden anbe- 
trifft, konnen wir, da Seine Liebden sich jetziger Zeit an der tyro- 
lischen Grenzen befinden sollten, des in Italien zusammengebrachten 
Volkes Herauszug zu verhindern, vor rathsam nicht ermessen, Seiner 
Liebden nachzuziehen, dieweil der Weg wait, viel Zeit dazu erfor- 
dert und Seine Liebden sich schon mit dem italienischen Yolk kdnnte 
engagiret haben, dass es daher derselben nicht mOglich fallen m5chte, 
mit begehrtem Succurs, wie gem Sie auch wollten, uns zu Hulfe zu 
kommen". 

") Arnim an Johann Georg (s. 1.) 20./30. August 1633. Dr. A. 
Ein kurzes Schreiben: (Titel) „Beiverwahrt ist das Schreiben an 
Herzog von Friedland. Da Euer Kurfiirstliche Durchlaucht damit 
also einig, will Ichs alsofort abfertigen und alsbald Euer Kurfurst- 
lichen Durchlaucht unterthanigst aufwarten. Verbleibe" etc. — Arnim 
an Johann Georg d. d. Leipzig 22. August/1. September 1 633. Dr. A. 
Fiir das Itinerar fiihre ich folgende Belegstellen an: Georg Ferber 
an ? d. d. Leipzig 22. August 1633. Weimar. St. A. „Den 21. ist 
auch hier ankommcn frtthmorgens Ihr Excellenz Herr General 
Arnheimb; was sein Anbringen, oder wo sein Intent hinaus, ist 
verborgen. Man sagt, dass er zu Dir Excellenz Herrn Eeichs 
Canzler seinen March nehmen wird". An spaterer Stelle die be- 
merkenswerthe Notiz : „In der Schlesien soil auch wieder ein Treves 
auf 4 Wochen gemacht sein, und will man den Frieden mit den 



Hoicks Einfall in Sachsen im Jahre 1633. \QQ 

Naumburg auf, ging von hier nach Weida iind weiter zu 
Hoick nach Gera. Dann woUte er zu Oxenstiern. Noch 
von Leipzig aus schickte er seinen Aufwarter voraus (zu 
Hoick) und den Obrist Vitzthum zu Oxenstiern, um ihn 
„bis auf Fulda zu erbitten". 

SoUte er unterwegs die weimarischen Herzoge treffen, 
von denen er nicht wusste, ob sie den Stillstand halten 
wollten, so woUte er mit ihnen dariiber verhandeln. 

Hoick hatte seine Truppen kaum bis hart an die 
bohmische Grenze zwischen Greitz und Elsterberg zuruck- 

fefiihrt; als er Arnims Aufforderung zu einer Zusammen- 
unft erhielt. Da er bereits von Wallenstein Weisung 
hatte, sich mit Arnim „wegen wirklicher Inachtnahme und 
EfFectuirung derer in beriihrtem Stillstand begriffener Con- 
ditionen zu abochiren", '®) so begab er sich nach Weida, 
kehrte aber, da er ihn dort nicht antraf, wieder zuriick, 
nicht ohne Gefahr wegen des weimarischen Volkes. 

Amim jedoch lud ihn nochmals zu einer Unter- 
redung, die nun am 25. August zu Gera stattfand. ®®) 



Haaren herzwingen ; Gott helfe, ne aliquid fraudis darunter begraben 
liege". — W. F. v. Udstein (?) an Herzog Wilhelm d. d. Naumburg 
22. August 1683. Weimar. St. A. berichtet, „da8S diese Nacht 
Herr General Amheimb anhero gelanget ... So ist auch gleicher 
Gestalt ein kaiserlicher Trompeter gestern ankommen, welcher zu 
Ihr Ftirstlichen Gnaden Herzog Bernhard mit Schreiben auf Weimar 
reitet . . ." Dazu P. S. : „Herr General ist heut frlih Morgens um 
8 Dhr von hier aufgebrochen auf Weida, und von dannen zum Hoick. 
Hat auch des Feindes gemeldten Trompeter mitgenommen". 

'•) Wallenstein an Hoick d. d. bei Schweidnitz 22. August (n. 
St.). Hallwich I. Nr. 636. Es ist der Brief, in welchem Wallenstein 
Hoick den Stillstand sabschluss mittheilt. Arnim an Johann Georg 
d. d. Grossenhain 18 /28. August. £r vernehme, dass der Kittmeister, 
so aus Schlesien an den Holcken abgefertigt, schon bei ihm ange- 
langt, und er damit aufgebrochen. Es war der Kittmeister Beck. 

•®) Es liegen von beiden Betheiligten tiber sie Berichte vor. 
Die weit ausfflhrlicheren von Hoick: Hoick an Wallenstein d. d. Greitz 
5. September (n. St). Hallwich 1. Nr. 553 ; an Hatzfeld von demselben 
Ort und Datum No. 661. Zwei Briefe von Arnim an Johann Georg d. d. 
Gera 25. August/4. September. Hallwich II. Nr. 1141 u. 1142. Dazu 
mehrere gedruckte Zeitungsberichte : „Nr: 38 | Extract | Schreibens, 
wie Herr | General Leutenampt Amheimb, mit Herrn Graff Holcken, 
wegen des Friedens gespro | chen, wie sie ihren Abscheid I genommen.! 
Auch I wie es in der Schlesien mit dem | Anstandt dess Friedens una 
andern Ortem | beschaffen. | Den 26. Augusti Anno 1633. | Anno 
M.DC.XXXin, No. 38.|." Dr. A. Er enthalt eine Correspondenz „Auss 
Gera 26. Augusti" (dazu die Stillstandsbedingungen). Und in wesent- 
licher Uebereinstimmung mit ihm: „Nr: XXX YI. Auss Gera, vom 



170 G. Droysen: 

Der gedruckte Zeitungsbericht aus Gera vom 26. August (Nr. 38) 
erzahlt uber den aussern Yerlauf: dass f,verschienen Freitag der 
karfUrstlich s&chsische General Lieutenant von Arnheimb urn 6 Uhr 
hier ankommen, neben 2 Compagnien, in Meinung der Eayserliche 
Feldmarschall Holcke wtlrde hierum anzutreffen sein, mit ihm zu trac- 
tiren. Der ist aber gestem Mittags 12 Uhr von Grimmischen 
(Crimitzschau) mit 8 Compagnien Grobaten anhero kommen, deren 
aber wenig in die Stadt gelassen worden, sondern ausserhalb aufn 
DOrfern losiert, General Holcke aber, nebenst Obrist Adelshofen 
und Obrist Contar von Hermenstein wurden in Balduin Conrads Haus 
losiert; darauf Herr Holcke alsbald zum Herrn Arnheimb in sein Lo- 
sament zum Deutschen Nickel gefahren, alida sie wol fiber eine Stunde 
beisammen gewesen: ihr Anbringen ist schriftlich gegen einander ge- 
wechselt worden. Als solches geschehen, ist Herr Holcke wieder in 
sein Quartier, und hat allda Tafel gehalten ; interim alles zum Aufbruch 
gerichtet worden; um 5 Uhr war Herr Arnheimb aus. Bei solchem 
Aufbruch ist er in Hoicks Losament kommen und mit ihm noch tlber 
Vs Stund conferiret, und alsdenn Abschied und seinen Weg nach Jena 
genommen. Der junge Eulewein aber von Leipzig wurde alsbald mit 
schriftlich en Bericht nach Dresden zu liber Leipzig per posta abge- 
fertiget Worauf die Tractaten beruhen, hat man nichts gewisses er- 
fahren k&nnen. Obrist Adelshofen hat sich verlauten lassen, wo inner 
24 Tagen nicht Friede geschlossen wurde, woUten sie unverztiglich 
wieder in diesen Landen sein. Anjetzo hoift man alles Yolk oben 
hinausgehen werde. Herr Holcke brach Nachts um 10 Uhr von hier 
auf in grosser Eil, nahm seine marche nach Greitz zu, von dar nach 
Plauen hinaus zu gehen; war grosses Eilen mit ihnen, d&nn er den 
Schwedischen nicht trauen woUen. Bei wehrendem Speisen gingen aller- 
hand Discursen vor, allda unter andern ein sachsischer Rittmeister mit 
zur Tafel, so mit General Holcken und Obrist Adelshofen gut Gesprache 
und AufzQge hielt, aber alles in gutem Yernehmen; doch machten 



26. Augusti". Berlin. Geh. St. A. (Ein lehrreiches Beispiel fttr die 
Ausbreitung erster ftir die Oeffentlichkeit bestimmter Nachrichten.) 
Hoick erzfiilt an Wallenstein (5. September), dass er zu Gera er- 
schienen sei, „nicht ohne.weniger als die vorige Gefahr, denn die 
Weimarischen sein zu Weida eingefallen und haben etzliche des 
Herrn Arnheims Leute erschossen, vermeinend, Ichware es. Gleichs- 
falls haben sie auch Ihr Ftirstlichen Gnaden Trompeter nebenst 
zehen Pferden Confoye, ob zwar er des Herrn von Arnheimbs Post 
gehabt, und von oben gen^eltem Herrn General Leutenants Auf- 
wartetr (so zu mir verschicket und wiederum zurticke zu den Herrn 
vom Arnheimb von benanntem Aufwarter abgefertiget) erbannlich 
umgebracht und etliche von der Confoye gefangen auf Weimar ge- 
ffthret**. Dagegen Obrist Drandorf an Johann Georg d. d. Pleissen- 
burg 31. August 1633: „Bei Abreisen Herrn General Leutenants 
Arnheimb von hier habe Ich Ihr Excellenz von den Taubischen da- 
mals allhier liegenden Officieren etzliche mitseben mflssen, ingleichen 
etzliche andere gute Gesellen mehr, welcne aber, wie mich ein 
Leutenant, so wieder zurlickkommen, berichtet, schlecht ankommen 
sein, dann, nachdem sie Herr General Leutenant Arnheim neben 
einem kaiserlichen Trompeter auf Weida verschickt, sind sie in Lo- 
samenten von den Kaiserlichen tiber fallen, ausgezogen und ihnen ihre 
Pferde und alle das Ihrige genommen worden'^ 



Hoicks Einfall in Sachsen im Jahre 1633. 171 

sie unter einander verschltissen, was beiderseits aufgesetzet wurde; 
ist Gott Lob, AUes friedlich abgangen/* 

Ueber den Inhalt der Unterredung, der dem Schreiber 
obiges Berichts verborgen blieb, berichten Hoick und 
Amim. 

Es ergiebt sich, dass es sich um zwei Punkte handelte. 
Einmal um die AusfUhrung der Stillstandsbedingungen. 
Amim verlangte (nach Hoicks Bericht) dass Hoick „laut 
Ihr Ftirstlichen Gnaden Order'* „alle Platze und das Land 
Meissen raumen^ und sich auch in Voigtland auf die kur- 
furstlichen Oerter nicht logiren soUte'*. Hoick erklarte 
sich zur Raumung der kurfUrstlichen Lande bereit, unter 
der Bedingung, dass die Sachsen Tetschen an der Elbe, 
den letzten Platz in Bohmen, den sie noch seit 1631 be- 
setzt hielten, herausgaben. ® *) 

Arnim hatte wenig Neigung, auf diese Bedingung ein- 
zugehen. Er wich aus, indem er erklarte, sich erst vom 
Kurftirsten Instruction erbittenzu miissen, die, wie er Hoick 
versicherte, ohne Zweifel ganz seinem Wunsch entsprechend 
ausfallen wiirde. Er schrieb dann auch noch an dem- 
selben Tage zweim^l an ihn, aber beide Mai von der 
Herausgabe entschieden abrathend. „Was der Feldmar- 
schall Hoick wegen des Schlosses Tetschen begehret, darin 
halte ich davor, hatte man sich nicht zu ubereilen, denn 
dadurch ist ihnen gleichwohl noch die Elbe in Bohmen 
gesperret, dass sie in Euer KurfUrstlichen Durchlaucht Lande 
zu Wasser nicht kommen konnen; sondern man hatte es 
bis zu meiner "Wiederkunft vom Herrn Reichscanzler zu 
verschieben, dass man zuforderst, wie derselbe sich die 
Sachen gefallen I'asset, vernehme. Stehet aber bei Euer Kur- 
fiirstlichen Durchlaucht, was Sie am zutraglichsten befinden." 

In dem andern Brief bemerkte er, gleichsam erganzend, 
er halte dafur, dass es Johann Georg „nicht widerlich 
sein k5nne, ob er (Hoick) im Voigtlande solche Oerter 
behielte, die Euer KurfUrstlichen Durchlaucht nicht zu- 
standig". Das heisst, Arnim wiinschte die Stillstandsbeding- 
ungen nur so weit zu erfuUen, als es fUr Sachsen von Vortheil 
war: mochte immerhin Hoick einij2:e nicht kurfUrstliche 
Platze des Voigtlands besetzt halten, wenn man selbst nur 



*') Amim schreibt seinem Kurftirsten (Gera 25. August): Hoick 
„erbeut sich dahin, wann Euer Kurftirstliche Durchlaucht nur das 
Hatis Tetschen wieder einraumen, dass er alsbald ganzlichen Euer 
Kurftirstliche Durchlaucht Lande quittiren woUe". 



172 G. Droysen: 

Tetschen in Bdhmen^ und damit den wichtigsten Punkt fiir 
einen feindlichen Vorstoss von Bohmen auf Dresden, in der 
Hand behielt. Erklarte sich Oxenstiern dann fiir die An- 
kniipfung von Friedensverhandlungen, so wiirde es, seiner 
Meinung nach, kein Bedenken liaben, der StiUstandsbe- 
dingung gemass Tetschen herauszageben. Eine Haltung, 
von der man doch sagen miiss^ dass sie mehr schlau als 
ehrlieh war. Denn die Frage wegen Tetschens geliorte 
in die dem Stillstandsabschluss voraufgehenden Verhand- 
lungen mit Wallenstein, und nicht in die ihm folgenden 
mit Hoick. Dieser war rait Eecht iiber solches Verklau- 
suliren ungehalten. 

Wenn er auch nicht die listige 'Combination in ihrem 
Zusammenhange durchschaute, so fiihlte er doch durch^ 
dass Amim kein redliches Spiel spiele. Er raeinte in 
Betreff Arnims Brief an den Kurfursten: es „werde wieder 
ein Tag oder sechs; ehe Antwort kommt^ verlaufen, da er 
doch zu Dresden (Grossenhain) Zeit genug gehabt, zu 
tractiren. **) 

Der andere Punkt, um den es sich zu Gera handelte 
(liber den nur Hoick berichtet), war die Ausdehnung des 
Stillstandes auf die schwedisch-weimarische Armee, „weil 
in des Stillstandes Accord aller Adharenten auch gemeldet 
wird". Hoick hatte dariiber zweimal an den Herzog von 
Weimar geschrieben, doch ohne bisher Antwort erhalten 
zu haben. 

Er wiinschte „wegen der schwedisch-weimarischen 
Armada assecurirt zu sein", die jjUnterdessen stark zu- 
sammen rtickte". Arnim aber, so erzahlt er, habe es ihm 
^rotimde abgeschlagen : er konne dafiir nicht gut sein". 
„Solches stunde nicht in seiner Macht, musste ehist (erst) 
mit dem von Weimar darvon reden". 

Und so habe Arnim denn, — fasst Hoick das Re- 
sultat dieser Conferenz, bei der es sich ^straks seltsam 
lassen ansehen", in seinem Brief an Wallenstein zusammen, 
— „alles lassen anstehen bis zur Resolution des Herm 



") Sehr bitter klingen auch die gegen Hatzfeld gethanen 
Aeusserungen Hoicks liber Arnim: „Nach gehaltener Unterredung 
hat er mir angemuthet, Ich soUte diese LS.nder laut Ihr Fiirstlichen 
Gnaden Order quittiren ; die Restitution aber mit Tetschen betreffend, 
milsste er solches erstlich bei seinem Herm Eurftirsten erhalten und 
des'vegen alsobald an ihm geschrieben, nicht zweifelnd, es wird ge- 
schehen. Mich wunderte aber, warum nicht von ihm allbereit solches 
zu Dresden geschehen.'* 



Hoicks Einfall in Sachsen im Jahre 1633. 173 

Kurfiirsten wegen Tetschen; des von Weimars wegen den 
Stillstand; una dass er mit dem Herrn Canzler Oxen- 
stiem geredet, und auf dem Ruckweg wieder mit mir 
reden woUen, •^) sehr zweifelnd, ob die Schwedischen sich 
zu etwas unterstehen werden, da nit unsers Theils Schade 
und ihr grosser Vortheil dabei zu hoffen." Und an Hatz- 
feld schreibt er: er sei „1iber das, wie billig, nicht wenig 
besturzt, also dass ich nichts glauben kann anderS; als 
dass ein Betrug dahinter steckt und sie sich suchen zu 
starken und alsdann mit allem Gewalt zugleich in Mahren 
und Bohmen ein[zu]brechen und die Winterquartier mit uns 
[zu] disputiren". **) 

Arnim brach noch am 25, August von Gera auf, untcr 
Bedeckung eines Croatendetachements, das ihm Hoick 
mitgab. Er ging zunachst nach Weimar, wo er Disskau 
traf und Herzog Wilhelm ,,zusprach". **) Am 27. August 
begaben sie sich nach Erfurt, von wo Disskau mit miind- 
lichen Auftragen des Herzogs ®*) und einem Brief Arnims *') 
zum Kurfiirsten nach Dresden zuriickzukehren beabsich- 
tigte. *^) 



'*) Arnim an Johann Georg vom 25. August: „Von hier aus 
reise Ich noch heuten, geliebts Gott, zum Herrn Reichscanzler, 
spreche in der Rtlckreise dem Herrn Feldmarschall wieder zu" etc. 

**) Dass es Holok an bestimmter Sprache nicht fehlen liess, hat 
Arnim selbst dann dem Reichscanzler versichert. Oxenstiern an Herzog 
Bemhard d. d. Frankfort a./M. 2. September 1633 Schwedisches 
Reichsarchiv zu Stockholm: „Amim ware auch bei dem Holcke ge- 
wesen und h&tte auf Begehren des Friedl&nders mit ihm geredet; 
k6nnte nicht wohl sagen, wohin Holcke inclinirte, denn er ihm sehr 
wirtzig geantwortet; wtisste nicht, ob ihm zu trauen oder nicht." Hoick 
glanbte in Folge dieser Zusammenkunft in Gera, er sei vergiftet. 
Hatzfeld an Golloredo d. d. bei Plauen 7. September (n. St.) meint, aus 
Arnims Haltung sei zu schliessen, ,,dass ihre treves auf keinen 
Frieden, sondem einen schelmischen Betrug angesehen sein. Basta!" 

") Arnim an Johann Georg d. d. Weimar 27. August/6. Sep- 
tember 1633 Dr. A.: „ . . . Ich sptire, dass Seine FOrstliche Gna- 
den Herzog Wilhelm mit schlechtem contento seind von Frankfurt 
geschieden.'* 

•«) Herzog Wilhelm an Johann Georg d. d. Erfurt 27. Au- 
gust 1633. Dr. A. Gredenzschreiben fur Disskau, dessen Anbringen er 
entgegen genommen. 

") Arnim an Johann Georg d. d. 27. August/6. September 1633 
Dr. A. 

••) „Anthoni vom Stern" an Johann Georg d. d. Weimar in Eil 
den 30. Augnsti 1633. Dr. A. Berichtet, „dass ich verschienenes Diens- 
tags von hier aus mit dem Herrn Generallieutenant nach Erfurt 
verreiset, welcher mir dann beiliegendes Schreiben an Euer Kurftlrst- 
liche Dnrchlaucht haltend, zugestellet und befohlen, solches in der 



174 Cr. Droysen: 

Arnim schrieb dem Kurfiirsten, er erachte es fur ^hoch- 
nothig^ dass Euer Kurfiirstliche Durcblaucht die Reaterei 
etwas auseinander legten^ damit sie das Land und sich 
selbsten nicht ruinirten, auch in wabrendem Stillstand etwas 
ausruben kOnnten. Gleicbwobl, dieweil wegen des Hauses 
Tetschen nocb keine ricbtige Antwort eriolgt, und des- 
wegen der Feldraarscball Holcke sicb nocb wohl etwas 
im Voigtland aufbalten mocbte, wollte aucb nicbt wobi zu 
ratben, dass sie so gar weit von einander, sondem an 
solcbe Orte gelegt, dass man im Fall der Notb dieselbe 
in der Eil zusammen bringen und sicb dessen zu ge- 
braucben baben konne." 

Es wirft immerbin ein eigentbtimlicbes Licbt auf 
Arnim und die Art seiner diplomatiscben Kunst, dass er, 
der den Stillstand selber erst abgescblossen. so wenig an 
seine Bestimmungen sicb gebunden eracbtete. 

Wie er sicb von Erfurt nacb Gellnbausen zum Reicbs- 
kanzler begab, wie es dort zur Conferenz zwiscben ibnen 
kam^ und diese einen Verlauf nabm, der den Hoffnungen 
Arnims so ganz und gar nicbt entspracb, ist bekannt **) 
und gebort nicbt in den Zusammenbang unserer Dar- 
legungen. 

Auf dem Ruckwege beabsicbtigte er wieder bei Hoick 
zuzusprecben. Docb gab er den Vorsatz dann wieder 
auf,*^ den er obnebin nicbt mebr zur Ausfiibrung batte 
bringen k5nnen. 

Hoick war gleicbfalls bald nacb der Unterredung von 
Gera aufgebrocben, und batte sicb nacb Greitz begeben,**) 



Person zu liberantworten. Es hat mich aber zu Erfurt eine ziem- 
liche Unp&sslichkeit aDgestossen, also dass ich mich eines hitzigen 
Fiebers besorgen und deswegen hier zwei Tage aufhalten mftssen." 
Heute habe er reisen woUen, aber keine Fuhre bekommen. Da ihm 
ausserdem der Amtsvogt zu Weissenfels anzeige, dass es dort viel 
unruhige H&ndel gebe, er sich dort deshalb etwas aufhalten m&sse 
(er war Amtshauptmann zu Weisenfels), so erlaube er sich, gedachtes 
Schreiben nebst dem von Herzog Wilhelm auf der Post zu schicken. 

") Doch noch nicht nach alien Seiten. Ich denke n&chstens 
darUber neue Mittheilungen zu machen. 

•<>) Arnim an Hoick d. d. Erfurt 3./13. September 1633. Hall- 
wich I. Nr. 690. ^Unserm Verlass nach hatte in meiner Rtickreise 
Ich Euer Excellenz wieder zusprechen wollen, wenn nicht Seine 
Fttrstliche Gnaden Herr Generallisimus mit ziemlicher Ungeduld meine 
Wiederkunft erwarten. Deswegen Ich nothwendig eUen mftssen. 
Will aber Gelegenheit suchen, durch eine vertraute Person fSrder- 
lichste meine Yerrichtung Euer Excellenz berichten zu lassen." 

**) Hatzfeld an Colloredo d. d. bei Plauen 7. September 1633 



Hoicks Einfall in Sachsen im Jahre 1633. 175 

von wo aus er die nothigen niilitarischen Anordnungen 
traf. Naturlich, dass er nun nicht daran dachte; die be- 
setzten Gebiete zu raumen. „Ehe Bericht von Dresden 
wegen des Hauses Tetschen, welches wol 5 Tag wehren 
wird, einkomrat; kann ich die praesidia von Zwickau, 
Weissenburg und Schwarzenburg nicht wegnehmen, und 
von hinnen selbsten mich auch nicht begeben ehe und 
zuvor ich die Resolution von Weimar wegen des Still- 
standes [Iiabe]." ®*) 

Sobald er diese Antwort des Herzogs von Weimar 
in Handen hatte — er rechnete, dass das am 27. August 
der Fall sein wiirde — , woUte er sich mit der Armada ins 
Behmische zurtickbegeben : nach Eger, wo er am 29. Au- 
gust zu sein dachte. Dort woUte er sich mit dem Fuss- 
volk an ^einen vortheilhaften Ort an der Stadt ^ader den 
Vorstadten retranchiren",^^) wahrend, „wann der Stillstand 
sicher erfolget", die Croaten, Dragoner und Reiter sich 
„auf Baireuth, Wunsiedel, Schleitz, Hof, Greitz, Gera oder 
wo im Markgrafenthum es sich am fiiglichsten thun lasst, 
elargiren soUten. Denn, so bemerkt er gegen Wallen- 
stein (5. September n. St.), weiters dem Feinde nicht zu 
getrauen, insonderheit, weil er in diesem geringen Anfang 
Difficultaten gesuchet; und ist genug zu spiiren, dass, 
wann nicht alles nach seinem Sinne gehet, er willens sei, 
mit aller Gewalt in Bohmen und vielleicht Mahren zu 
dringen". 

Im Kurfiirstenthum wollte er nur jene drei Punkte: 
Zwickau, Wiesenburg und Schwarzenberg — „in alien 
mit 200 Mann zu Fuss und 35 Croaten" — besetzt lassen, 
und sobald sich Johann Georg wegen Tetschens ent- 
schieden habe, die Besatzung auch von hier abfiihren. **) 



(n. St.). Hallwich I. Nr. 660. Hoick habe sich in Gera „nicht gar lang 
aufgehalten, weilen es nicht gar zu sicher gewesen". 

•*) Hoick an Hatzfeld ^m 5. September (n. St.). 

•*) Er theilte diese seine Absicht in einem Schreiben vom 
5. September (n. St.) an Colloredo mit, der sich in Eger befand. Sie 
woUten zu Eger „die Schaufel . in die Erd bringen". Colloredo an 
Wallenstein d. d. Eger 8. September 1833 (n. St.): . . • „Ich will 
das Fussvolk in die Vorstadt logiren, allda ein Graben und ziemlicher 
Wall herum vorhanden ; die Reuterei in umliegenden nachsten Dor- 
fern, Zwicka und in Meissen die besetzte Schlosser also besetzen 
lassen, bis auf des Herrn von Arnheimb abtretung des Schloss Tyssen 
(Tetschen)". 

•*) Das ergiebt sich aus Hoicks Briefen vom 6. September (n. 
St.) an Wallenstein: „Weilen dann die Sachen in diesen termini^ 



176 C^. Droysen: 

In diesem Sinne gab Hoick noch am 26. August an 
Hatzfeld schriftliche Weisungen. **) 

Hatzfeld sollte ,,unfehlbare Ordre ertheilen, dass aller Regi- 
menter pagage hinter Eger zu und um Konigswart verbleibe, auf 
dass sie nicht in Gefahr gerathe, und lasse die Tertzkische Beuter, 
wie gleichfalls 2 Gompagnien von Ulfeld mit dem wanglerischen 
Obristleutenant und bei sicli habenden 5 commandirten Gompagnien 
zu Fuss in der Yorstadt zu Eger zu bedecken obenbesagte pagage 
logiren ; er selbsten aber ohnfehlbar mit sein ganz Regiment, 
bredaisch ^anz Regiment, altsachsich 2 Gompagnien, picolominisch 
2 Gompagnien, meine 6 Gompagnien Dragoner, Horatio Pauli Groaten 
auf Plauen verfQgen, daselbsten in der Enge logiren und herwarts 
gegen Elsterberg, wo mein Regiment und Lafossa logiren, extendiren. 
Die Groaten kbnnen sich im Feld bei Hof, weilen es nur wenig Tage 
wehren wird, bis wir Resolution baben, aufhalten, und mUssen die 
Strassen auf Schleitz, Goburg und Weida wohl in Acht genommen 
werden, dann Herzog Wilhelm selbst zu Weimar ist ; daselbsten und 
zu Jena tiberall herum ziemlich voll Volkes, und marschiren noch 
stllndlich mehr dazu. Die Reiterei zu Elsterberg mussen Achtung 
auf Wunsiedel und Bamburg [Bamberg?] reiten". 

Er sprach die Hoflhung aus, dass Hatzfeld am nach- 
sten Mittwoch (7. September n. St.) in Plauen werde sein 
konnen. 

Hatzfeld kam dem Befehl aufs Piinktlicliste nach.**) 
Am Mittwoch (28. August) war er mit seinen Truppen 
zur Slelle. 

Aber da war ein jaher Wandel des Geschickes ein- 
getreten. 

Die Pest liatte mit verheerender Wuth um sich ge- 
griflfen und binnen wenigen Tagen in Stadt und Land; 
unter Freund und Feind furchtbar aufgeraumt. Ueber 
die Verheerungen , die sie in dem holckischen Heer an- 



hier stehen, habe Ich Zwicke etc. besetzet". An Hatzfeld: „Unter- 
dessen aber, ehe Bericht von Dresden wegen des Hauses Tetschen, 
welches wol 5 Tag wehren wird, einkommt, kann ich die praesidien 
von Zwicke etc. nicht wegnehmen". Golloredo an Wallenstein d. d. 
Eger 8. September (n. St.). S. Anm. 93. 

•*) Auch an Golloredo schrieb er (der dann, als der Hoher- 
commandirende, an Hatzfeld die weiteren Befehle gab). 

••) Hatzfeld an Golloredo d. d. bei Plauen 7. September 1633 
(n. St.). Hallwich I. Nr. 660. Berichtet von Hoicks Brief vom 6. Sep- 
tember (n. St.): „Dass Ich alle bagage in Bohmen nach und hinter 
Kftnigswart schicken, etliche Gompagnien, als die 3 tertzkyschen, 2 
ulfeldischen und 5 Wanglern zu Fuss in der Vorstadt zu Eger 
lassen, mit dem dbrigen Volk aber zu ihm nach Plauen auf den 
Mittwochen als heute zu kommen. Demselben bin ich also nach- 
gekommen, so viel der besagten Gompagnien bei mir gewesen, ge- 
Bchickt". 



Hoicks Einfall in Sachsen im Jahre 16335, 177 

richtete, haben ivir unter anderm ein paar gedruckte Be- 
richte von sachsischer Seite. 

Der eine •') sagt: „Die Kayserliche Arraee wird jetzo 
um Plauen versamraelt und seind derer, seit sie von 
Leipzig wieder zurllckkommen; in 2000 allbereit an der 
Voigtlandischen Pestilenz gestorben. Ich will hoffen, Gottes 
Hand wird sie voUends schlagen". 

Der andere: •^) „Die Kayserlichen haben iiber dem 
Pllindern zu Zwickau und aller Orten die Pest mitge- 
nommen^ dass die jetzo in der Arme^ sterben wie aie 
Fliegen; seind ihrer in die 6000 an Knechten und Drossen 
[Tross] gestorben .... Es ist grosse Kleinratithigkeit unter 
der Armee". •*) 



*0 Extract Schreibens eines gaten Freundes aua dem Voigt- 
lande vom 30. August. In: ,,Zeitung wie der Kayserliche General 
Holcke etc." von 1633. Vgl. S. 178. 

••) „Ausm Yoigtlande 7om 30. August!." Ebenda. 

••) Ucber die Verheerungen der Pest in Stadt und Land Fol- 

Sendes: In Leipzig raffte sie, nach Heydenreich 609, bis Ausgang 
68 Jahres an 761 Menschen hinweg. In einem handschriftUchen 
Bericht heisst es : ,,Zu Werdau ist die Pest stark eingerissen und 
ist wenig Yolk mehr beim St9,dtlein, desgleichen fast auf alien Ddr- 
fern um bei Zwickau die Infection sich findet." Ein anderer, 14 Tage 
sp&ter verfasster: ,,Zu Werdau hat die Infection dermassen Uberhand 
genommen, dass auch kein einig Amtsdorf tLbrig, da nicht das Con- 
tagium heftig grassiref Mit am traurigsten sah es wohl in und 
um Zwickau aus. Die Berichte des (nach Leipzig geflUchteten) Sa- 
lomon Gerhard, des kurfiirstlichen Schossers zu Zwickau an Johann 
Georg — d. d. Leipzig 3. und 10. September, Zeitz 20. September, 
Dr. A. — geben ein sehr lebhaftes Bild. Aber auch davon, dass es 
weit mehr die Pest als der Feind war, worunter man zu leiden hatte, 
und dass der feindliche Soldat nicht weniger als die BUrgerschaft unter 
ihr litt. »Der Zeugwart zu Zwickau — schreibt er am 3. Sei^tember — 
ist peste verstorben, desgleichen sind nunmehr alle Geistlichen auch 
dahin, von kaiserlichen Soldaten sind noch 20 aufm Schloss, die 
andem hat die Pest gleichfalls weggenommen". Er meint (10. Sep- 
tember): „Es waren die zu Zwickau, Wiesenburg, Schwarzenberg 
liegenden Guarnisonen gar leicht aufzuschlagen oder doch fortzu- 
jagen, denn sie in m&chtiger Furcht sein." Daneben freilich erz&hlt 
er Yon allerhand Ezcessen der seit Hoicks Tod und in Folge der 
Pest debandirten Armee. „Gott erbarme es, da sie l&nger geduldet 
werden, gehet alles vollends zu Grunde. . . . Das ganze Amt Schwar- 
zenberg wird ruinirt Es darf sich Niemand sehen lassen, sie zwingen 
ihn zu ihren Diensten ; in W&ldem mfissen die armen Leute Hungers 
sterben.** Doch weiss auch er yon eigentlichen blutigen Schandthaten 
so gut wie nichts zu berichten. Die Hauptsache ist er sich selber. 
«Der Feind hat (schreibt er am 3.- September) zu 6 Malen mein Haus 
ausgeplOndert, auch endlich alles geraucherte Fleisch und Etichenspeis, 
Zinn, Betten, Eupferwerk und alle mobilia geholet, welches alles der 

NeaM Arotiiv t 8. G. u. A. I. 2. 12 



178 G. Droysen: 

Bald wurde auch Hoick selbst von der Seuche er- 
fasst. Als Hatzfeld kam, lag er schon auf den Tod dar- 
nieder. 

,,Als ich*^, so erzahlt Hatzfeld sein Begegniss mit ihm, „heat 
^ar gat Zeit nach Plauen kommen, und siemands da gefonden, bin 
ich alsobald vor meine Person gegen Grcitz, die Regimenter aber bei 
Plauen liegen lassen. Finde die Armee mit Bagage und allem andert- 
halb Meilen von Plauen auf einem Berge ohne einige Ordre; weiss 
keiner, was er thun, ob hinter sich oder vor sich solle , well der 
Herr Feldmarschall den Morgen also urplotzlich mit einer Krankheit 
befallen, dass (er) Niemands mehr horen oder mit niemands reden 
konnen. Als bin (icfi) selbsten an die Eutscben gegangen, darin er 
gelegen, aber nicbt mebres oder anders von ihm vemehmen kOnnen, 
als dies: ,Der Herr ziebe nur fort, ich bin gar krank^; wie es dann 
wohl gewiss. Was dies fUr eine Krankheit, weiss iCh nicht; allein 
muthmasse ich, es sei die Pest, weil meists sein Gesind gestorben. 
So ists ihm in einem Zorn mit einem Frost ankommen. Er selbsten 
hat vermeint, es sei ihm vergeben, weil (er) ein Tag zuvor zu Gera 
bei dem Herrn Feldmarschall von Amheim gewesen." 

Ueber Hoicks Tod liegt ein gleichzeitiger Druck vor, 
erfullt von fanatischer Wuth gegen ihn, wie schon der 
Titel zeigt: 

Zeitung I Wie der | Keys. General Holcke , | nachdem er einen 
jehlingen Einiall vnd streiff | in das Land Meissen vnd Thtiringen 
gethan, vnd darinn neben | der vornehmen Handelstadt Leipzig viel 
schone StMte gepl0n | dert, gebrandschatzet, allerley Tyranney, Yn- 
zucht vnd Mutnwillen verllbet, vnd endlich wolbeladen; mit grossen 
Beuthen | vnd ansehnlichen Schatze, wieder nach BOhmen gehen 
woUen, I zu Adorff im Voigtlande, an der Pest gestorben sey, vnd 
an I Leipzigischen Confect, welches er zum drittenmahl | benascht, 
dennoch noch ersticken | mllsseu. | 

Darbey augenscheinlich die Gottliche Gtite vnnd | Langmuth 
zu sptlren, dass ob gleich derselb nicht allezeit straks | solche Yn- 
thaten strafft, doch also hernach seine Straffe zu | rechter Zeit an- 
zubringen weis, dass jedermanlsprechen muss: Das hat GOtt gethan. 

Neben einen schdnen Holckischen | Lobspruch. | 

Den M&usen, so gar oSt vnd viel dess naschens treiben, 
Muss man vnters Gefrass Arsenic Gifit zerreiben, 



Bath verursachet indem Sie ihnen von der Stadt nichts geschafft 
und dadurch ihnen das meine preis ^emacht, immassen vorm Jahre, 
als der Wallensteiner da gewest, sie mir die Hofkiiche auch aufn 
Hals gewiesen und vermeintet, es mllsse ausm Amte geschafft wer- 
den". Dazu am 20. September: „Yersp11re, dass icn von Theils 
Btigerschaft nichts als Yerr&therei zu gewarten, und dass sie alle 
onera aufs Amt w&lzen wollen, wie ich dann in der That erfahren 
mtlssen, wie Theils Btlrger und deren Sdhne so stattlich als etwa 
die Soldaten in meinem Hause sich des Mausens und Austragens 
beflissen*^ Der Gegensatz zwischen dem kurfiirstlichen Beamten and 
der st&dtischen Btbrgerschaft ist wohl zu beachten. 



Hoicks Einfall in Sachsen im Jahre 1633. 17d 

Also hat Hoick die Pest emascht, weil er geleckt 
Zuviel ynd geitzig gnug, Yoxn Leipzischen Confect 

Gedruckt im Jahre 1633. 
(4 Bl. 4«.) 

Diese Broschiire '"®) entlifi.lt zunaclist einen ^Extract 

Schreibens eines guten Freundes aus dem Voigtlande vom 

30. August!" : 

,,Itzo berichte ich in hochster eyl, dass Hoick gewiss todt, and 
heat dato za Adorf an der Pest gestorben ; der hat zwar vor seinem 
End einen evangelischen Priester begehret, auch aaf etliche Meilen 
nach einem geschickt worden ; weil aber alles aus dem Stftdtlein und 
umliegenden Orten die Priester entlaafen, hat er doch keinen er- 
langen, noch das Heilige Abendmahl des Herrn geniessen kOnnen, 
hat also ganz elendiglich dahin sterben mtissen, and spUret man 
hieraaSy wie Gott das gottlose Wesen vergilt . . ," 

An zweiter Stelle einen Schreibensextract „Ausm 

Voigtlande vom 30. Augusti": 

„. . . Sonst ist gewiss, dass heat in der Nacht gegen 4 Uhr 
der Obrist Holcken za Adorff gestorben, nachdem er sich in einer 
S&nfte von Grentzen dahin tragen lassen; hat eines evangelischen 
Priesters begehret, weil aber in etlichen Wochen sich niemand derer 
Orten hat dUrfen sehen lassen, ist selber nicht zu erlangen gewesen ; 
es haben etliche Trappen aasreiten mtlssen, and sind 600 Thaler 
versprochen worden, wenn einer kame, aber eine Stande zuvor ehe 
er kommen, ist er gestorben, haben dem Priester 6 Thaler geben, 
und wieder zariickgehen lassen/* 

Aehnlich berichtet der Schosser Salomon Gerhard an 

Johann Georg d. d. Leipzig 3. September 1633 (Dr. A.). 

,,Matthes Gnespe schreibt mir, dass Holcke zu Adorf peste ge- 
storben, habe den Stadtvoigt ausgeschickt, er soUte ihm ein Lutheri- 
schen rriester wrschaffen, wanns 600 Thaler kosten soUte, aber es 
ist keiner zu erlangen gewesen/' 



"®) Die in ihr enthaltenen gedruckten Schreibensextracte bilden 
die Grundlage der weiteren Ueberlieferung. Sie sind ins Theatrum 
Europaeum (III, 113), in Chemnitz (II, 212) u. A. abergegangen. Die 
von Chemnitz erw&hnte Geschichte von der Ansteckunff Hoicks 
durch nSeine Damen** findet sich zuerst in dem am Schluss mit- 
getheilten Gedicht. Die allgemeine, auch noch von Hallwich in 
V. Webers Archiv f. d. Sftchs. Gesch. N. F. Ill, 337 vertretene Ansicht, 
dass Hoick „hart an der Grenze im DOrfchen Troschenreuth bei Adorf* 
gestorben sei, muss aufgegeben werden. Sie findet sich zuerst bei 
Wassenberg commentariorum de hello lib. sing. 1639. 327: „Contagio 
autem major imminebat, nisi alia Henricum Holckium contagio corri- 
puisset. Ille itaque Saxoniae pestis peste correptus Turschenraidiae 
ad plures transiit.** Dieselbe Stelle dann nattirlich auch im deut- 
schen Florus. Aus Wassenberg ging sie ofTenbar tlber in Lehmanns 
Chronik, dem auch die Broschttre vorgelegen hat. Auch das Wort- 
spiel hat er Wassenberg entlehnt (Pestis Misniae peste periit). 

12* 



180 G- I>roy8en: 

In einem spHtern Schreiben ***) theilt er seinem Kur- 
ftlrsten mit: 

,,Holckens Leichnam stebet zu Eger in der Eirchen in einem 
Sarge, darin gl&seme Fenster gemacht, dass ihn m&nniglich an- 
schanen kann, und soil zar procession nach Prag und Wien gefQhrt 
werden." 

Der Tod des ausgezeichneten, seinem Generalissimus 
in unwandelbarer Treue ergebenen Officiers war ein grosser 
Verlust fiir die kaiserliche Partei und wurde aufrichtig be- 
trauert. CoUoredo schrieb an Wallenstein: *®*) ^Diese ver- 
gangene Nacht um zwen Uhr nach Mittemacht ist der 
Feldmarschall Holcke in Gott verscbieden. Ihr Kayserliche 
Majestat und Ihr Fiirstliche Durchlaucht haben einen 
treuen und verstandigen Soldaten verloren. Gott gebe 
ihm die ewige Euhe . Wallenstein antwortete: *®') er 
habe Hoicks Ableben ^mit hochsten Schraerzen** vernom- 
men; ^zumalen Ihr Kayserliche Majestat einen hochver- 
standigen, tapfem und um dero Erzhaus und das gemeine 
Wesen wohlverdienten Soldaten an ihm verloren". Und 
dem Kaiser schrieb er: '®*) Hoick ^ei, ^nachdem er von 
der Pest angestecket, Todes verfahren; an welchem Sie 
denn gewiss einen treuen und fleissigen Diener verloren". 
Seine Dankbarkeit fur die treue Anhanglichkeit, mit der 
Hoick ihm ergeben gewesen war, bewies Wallenstein da- 
mit, dass er die Sorge fiir dessen Wittwe und Kinder iiber- 
nahm. „Weil er — wie er sagt — bei seinen Lebzeitea 
das Vertrauen zu uns gehabt." Er erklarte urkundlich: '®*) 
dass Hoick „Ihr Majestat in wahrendem jetzigen Kriegs- 
emporungen hochansehnlich- und erspriessliche Dienste ge- 
leistet, auch in treueiferigster Fortsetzung derselben sein 
Leben geendet, und dahero gar wohl meritiret, dass seinen 
hinterlassenen Erben nicht allein wegen seiner bei Ihr 
Majestat habender praetensionen gebiihrende satisfaction, 
sondern auch zu mehrer Erkenntniss der so hochvortrftg- 
lichst von ihm geleisteten Dienste eine gnadige recompens 
widerfahre". 



»«») d. d. 10. September 1633. Dr. A. 

»•») d. d. Eger 9. September 1633 (n. St.). Hallwich I. Nr. 666. 

loi) Wallenstein an CoUoredo d. d. Feldlager bei Schweidniiz 
12. September 1633 (n. St.). Schebeck, Wallensteiniana 14. 

104) Wallenstein an Kaiser P'erdinand d. d. Feldlager bei Schweid- 
nitz 16. September 1633 (n. St.). Hallwich I. Nr. 680. 

*•*) Diploma fttr des Herrn Grafen Hoick Erben d. d. bei 
Schweidnitz 29. September 1633 (n. St.) Hallwich I. Nr. 724. 



Hoicks Einfall in Sachsen im Jahre 1633. Igl 

Weit anders freilich als solche Anerkennung klingen 
die Verse, *"*) in denen die masslose Wuth gegen die 
ppestis Misniae'^ sich austobte. Sie m5gen das Ende unserer 
Darlegung bilden, wenn auch nicht das Endurtheil iiber 
diesen Heerftihrer in dem grossen Krieg der dreissig 
Jahre, der gewiss nicht schlimmer war als die meisten 
iibrigen Generale auf Feindes wie Freundes Seite, wohl 
aber besser als sein Ruf. 



Der Holcki ist, wie man thut sagen, 
Von GOtt mit Pestilenz geschlagen. 
Als seine Maistres auf diese Art 
Zu Poppenreit gestrafet ward, 
Die hat er noch besucht mit Klag, 
Erlangt von ihr auch diese Flag, 
Die Krankheit th&t mit ihme ringen, 
Drum hiess er ihm ein SS,nfte bringen, 
Yon Graitz nach Eger stund sein Sinn, 
war gern gewest car bald dahin, 
Aber zu kurz ward ihm die Zeit, 
Er beschloss sein End mit grossem Leid, 
Zu Adorff ist er gewiss gestorbn, 
Ob er den Uimmel hat erworben. 
Das wird er nun erfahren han, 
Ich will ihn zwar nicht richten thun, 
Steh aber doch in Sorgen ietz, 
Weil er gewest gar sehr unntitz, 
Die Religion geachtet schlecht, 
Ob er geacht kann sein vor recht. 
Betrubt viel Menschen gross und klein, 
Und konnt dazu fein hohnisch sein, 
Trieb Schand und Unzucht ohne Scheu, 
Erbarmt sich keines Armen gschrei, 
Viel Priester auf den Dorfern sehr 
Wurden verjaget hin und her, 
Mussten sicn verkriechen in den Wald, 
Darinnen mancher verstorben bald, 
Neben Weib und Kind in Elend gross, 
Desswegen bekommt er diesen Stoss, 
Dass er jetzt an dem Ende sein 
Kein Priester konnte bringen rein 



'••) In „Zeitung wie der Kayserliche General Holcken etc." 
von 1633. Die von Senkenberg Geschichte des Teutschen Reichs, 
V, 686, Anmerkung 1 erwahnte, drei auf Hoicks Tod bezugliche 
Gedichte enthaltende Broschtire „Streitschriften liber des Holcken 
Leben und Tod etc. 1633" ist bisher nicht aufzufinden gewesen. 



182 G. Droysen: 

Zu sich, ob er gleich zablen wollt 
Sechshundert Thaler za seinem Sold^ 
Nicht mdglich war es dazamal, 
Obschon der Trouppen etlich Zahl 
Warden ausgeschickt mit Friedenszeichen, 
Konnten sie doch deren kein erreichen, 
Bis letzlich eine Priyatperson 
Bracht mit sich ein gefttbret ran, 
Ansm Holz, darein er war geflohen, 
Aus Furcht wohl far des Holckens Drohen, 
Aber zu spat, Hoick war dabln 
Gestorben, lag da ohn alien Sinn, 
Desswegen nun der ^eistlich Mann 
Zog wieder ab und gmg davon, 
Sechs Thaler bekam er vor sein Mtth, 
Derer er lang hatte gesehen nie, 
Sehr saner schmeckt Leipzigsch Confect, 
Wer es auf solche Masse leckt. 
Die Mess, so er allda gehalten 
Hat ihm sein Leib und Lebn zurspaltn, 
Wes wird nun sein das ^eraubte Gut, 
Weil ers jetzt nicht gemessen thut. 
Hats Leipzig etwa so verschuld? 
Drum lieben Btirger tragt Geduld, 
Bekehret Euch, GOtt ist nicht fern, 
Thut wahre Buss, Er hilft Euch gem:. 
Holcki hat nun gewiithet aus, 
Yerderbt Land, Leut, manch schones Haus* 
Itzt liegt er da ohn alln Yerstand, 
Sein Anschl&g hat GOtt umgewandt, 
Was hilft ihm nun sein hohes Amt 
Und der zu Leipzig geraubte Sammt, 
Seide, Posmentschnur, Tuch, Citron, Wein, 
Da er doch vor dem Ende sein 
Nicht konn eriangn der Seelens^eis. 
Sieh lieber Leser auf solche Weis 
Pflegt GOtt, wenn er aufwachen thut, 
Zu strafen grossen Uebermuth, 
Die Haubmannschaft so er verabt, 
Und Leipzig allzusehr betrUbt, 
Die ist ihm nun verboten wordn, 
Weil er iiberschritten seinen Ordn, 
Yerfolgt arm Evan^elisch Lent, 
* Erworgt an der Leipziger Beut, 
Die letzte Mess hat er gebaut, 
Bleibt ihm nur seine Elends Haut 
Noch librig von dem Raube sein, 
Und kdmmt nicht mehr nach Leipzig nein, 
Ach GOtt stUrz Dein Feind all also, 
Dein Christenheit mach einsten froh. 
Trost doch die arme Leipzigsch Stadt, 
Erzeig ibr wieder Deine Gnad, 
Das wilnscht ihr jetzt in dem Elend, 
Der einst gewest da ein Student. 



Hoicks Einfall in Sachsen im Jahre 1633. 183 

In einem andem flugschriftlichen Druck *®') wird 
Hoick das nachfolgende kurze Selbstbekenntniss in den 
Mund gelegt: 

^Gewissen bin, Gewissen her, 
Ich acht vielmehr die weltlich Ehr, 
Dien' nicht urn Glauben, dien' um Geld, 
Gott geb, wie's wird in jener Welt." 



*^') Gopia I Ednigl. Mai. in Dennemark, I Ergangenes Schreiben, , 
An I Ihr Excel. Herrn Axel Ochsenstirn, | Vnd I fir Excell. Hinwider- 
gethaner Resolution. | Beneben | grfindlichen bericht | dess bey 01- 
dendorff gehaltenen | grossen Treffens . . . | | | 

Item I Gonfessio | Goetus Ligistici | Oder | Waares Hertzen Be- 
kenntniss der catholi | schen Liga, | . . . | Durch | Beimundam Yeri- 
dicnm Hassum | .<« 1633. 12. Bl. 4 



LO 



vn. 



Ein Besuch des Eonigs Peter von Gypem am 
Hofe des Markgrafen Friedrich des Strengen 

von Meissen (1364). 



Von 

Hubert Ermisch, 



Die chronikalischen Quellen fur die Geschichte der 
Wettiner wahrend des 14. Jahrhunderts sind bekanntlich 
ausserordentlich diirftig. Dieser Umstand moge die Mit- 
tlieilung des folgenden, an sich geringfugigen Beitrages 
zur Kenntnis des Meissner Landes und des markgrSf lichen 
Hofes jener Zeit, der sich an einer ziemlich entlegenen 
Stelle findet, begriinden und entschuldigen. 

Derselbe ist einem neuerdings zum ersten Male voU- 
standig veroflFentlichten franzosiscnen Gedichte des 14. Jahr- 
hunderts entnommen, *) dessen Verfasser, Guillaume de 
Machaut, dem KOnige Johann von Frankreich nahe stand 
und im Ganzen auf Grund zuverlassiger Mittheilungen 
arbeitete. Das umfangreiche Werk schildert den an roman- 
tischen Ziigen reichen Lebenslauf des KOnigs Peter von 
Cypem. Wahrend der Jahre 1362 — 1364 untemahm dieser 



*) La prise d'Alexandrie ou chronique du roi Pierre !«' de 
Lusignan par Guillaume de Machaut. Publi^e pour la premiere fois 
pour la soci^te de POrient latin par M. L. de Mas Latrie. Geneve 
1877. S^. 



Ein Besuch des K6nig8 Peter von Cypern. 185 

eine Reise durch das Abendland, um die europ&ischen 
'Monarchen zu einem Kreuzzuge gegen die Tiirken zu be- 
wegen. Zunachst begab er sich nach Venedig; das Jahr 
1363 und die ersten Monate des Jahres 1364 brachte er 
theils in Frankreich, theils in England zu. Bald nach 
der Kronung Karls V. zu Rheims (am 19. Mai 1364) zog 
er nach Deutschland, weilte zwei Monate in K5ln und 
ging dann nach Franken und Thuringen. In Erfurt, 
une cit^ puissant et fort, 
seant en biau plain sans montaingne, 
tout droit au fin cuer d'Alemaigne, *) 
hielt er sich einige Zeit auf. Von dort wandte er sich 
nach Meissen. Sein hiesiger Aufenthalt diirfte in die 
zweite Halfte des Juli oder vielleicht in den Anfang des 
August 1364 zu setzen sein. Der Beschreibung dieses 
Besuches sind zwar 42 Verse des Gedichts gewidmet, 
aber ihr Inhalt ist leider uberaus mager una dlirftig. 
Vonj Lande selbst erfahren wir nichts, als dass der Reich- 
thum an Rindvieh und an Getreide und die Vorliebe seiner 
Bewohner fur geistige Getranke angedeutet wird; Go dale, 
ein Getrank, das auch sonst erw^hnt wird und bis jetzt 
noch keine ganz befriedigende Erklarung gefunden,*) und 
Servoise (cerevisia) werden als besonders beliebt be- 
zeichnet. Rtihmend wird die grosse Zahl tapferer Krieger, 
schmucker Ritter und sch5ner Frauen hervorgehoben. 

Als der Konig den „ritterlichen" Markgrafen (le gentil 
marquis) *) aufgeiunden, trug er ihm sein Anliegen vor. 
Es ist bezeichnend fur die Stellung, welche die 
Wettiner damals einnahmen, dass Friedrich der erste welt- 
liche Fiirst Deutschlands war, den Konig Peter anging. 
Spater hat er sich nur noch an Kurfiirst Rudolf II. von 
Sachsen und nach dem Besuche beim Kaiser an den 



") Das ist: gerade im Herzen Deutschlands. „0u fin cueur", 
pour au milieu, au beau milieu, comme Pon dit encore vulgairement. 
La Curne de Sainte-Palaye, Dictionnaire hist, de Vancien language 
frant^oise 4, 419. 

') La goudale etait une esp^ce de bi^re, mais on ne salt pas 
trop de quelle sorte elle etait. Cachet, Glossaire roman des croniques 
rim^es 243 b. Die Ableitung von dem englischen good ale licgt am 
nachsten; vergleiche Gachet a. a. 0. Littr6, Dictionnaire I, 1890. 
La Curne de Sainte-Palaye , Dictionn. histor. de Pancien language 
fran^oise 6, 402. 

*) Vergleiche dazu die Schilderung des Job. Tylich: Fuit 
Fridericus senior vir procerae et elegantis formae, pulcher facie, flavo 
et crispo crine, oculis Claris, affectu mitis u. s. w. Mencke SS. II, 218Q, 



186 



Hubert Ermisch: 



Wiener Hof ffewandt. Auf diese hervorragende Bedeutung 
Meissens diirite es auch zu beziehen sein — vorausgesetzt^ 
dass unsre Uebersetzung das Richtige getrofFen hat — , wenn 
der Chronist meldet, der Markgraf sei nicht eben erstaunt 
uber des Konigs Frage gewesen. Friedrich hatte. wohl 
den Grund der Anwesenheit Peters schon vorher erfahren 
und konnte daher sofort eine Antwort geben; dieselbe 
entsprach ganz den freundschaftlichen Verhaltnissen, in 
denen das Haus Wettin daraals zu Karl IV. stand. *) Der 
Markgraf Tleth dem Konige, sich zum Kaiser zu be- 
geben; dieser sei sein Oberster und nach ihm werde er 
sich richten. Das war das ganze Resultat der Zusammen- 
kunft. Kurfiirst Rudolf von Sachsen gab bald darauf den 
nllmlichen Rath. 

Die Verhandhmgen, die hierauf zwischen Konig Peter 
und Kaiser Karl IV. zu Prag gepflogen wurden, die Reise 
beider Herrscher durch Schlesien und Polen bis nach 
Warschau, wo eine Zusammenkunft mit Konig Kasimir 
von Polen imd Konig Ludwig von Ungarn stattfand, sind 
eingehend an einem andern Orte besprochen. •) Ob sich 
librigens Meissner an dem Kreuzzuge, der zwar zu Stande 
kam, aber ein kl&gliches Ende genommen hat^ betheiligten, 
ist v5llig unbekannt. 

Wir lassen schliesslich den franzosischen Text der 
Stelle (v. 897 — 938 der citirten Ausgabe) nebst einer 
Uebersetzung folgen. 



De Ih, 11 s'en ala en Misse, 
Oil maint buef et mainte genisse 
Ont est6 toUu et embl6. 
Et si despent on moult en ble, 
Car maint y a qui se renvoise 
En buvant godale et servoise; 
Et si a moult bonnes gens d'armes, 
Biaus chevaliers et beles dames. 

Si a tant cerchie et tant ^uis, 
Qu'il trouva le gentil marquis, 
Qui sires estoit dou pals. 
Mais il ne fu pas esbahis 
De li requerir humblement 
Confort et aide ensement 
En li disant tout son affaire 
Et tout ce qu'il avoit k fairo. 



Quant li roys ot fait sa requeste, 
Li marquis, par maniere honeste, 
Li respond moult sagement: 
))Sire, bien ay oy comment 
»Le saint voiage avez empris, 
oDont je Yous lo forment et pris, 
»Si que h moy me conseilleray 
»Et seur pi^s vous responderay. 
»Vous alez devers I'empereur 
»De RommOj qui est mon signeur, 
»Si que h, li me conform eray; 
»Car ce qu'il fera je feray. 
»Pas ne di que si grandement 
»Le face comme il vraiement; 
»Mais je vous promes et ottroie 
j»Qu'li mon pooir feray la voie 



») Vergleicbe Wenck, Die Wettiner im XIV. Jahrhundert (Leipzig 
1877) 15 fgg. 

*) Herquet in der Zeitschrift des Yereins fUr Geschichte and 
Alterthum Schlesiens XIV, 2, 623 fgg. 



Ein Besuch des Konigs Peter von Cypern. 187 

nAveques vous pour Dieu servir, Et bien le devoir mercier, 

nEt pour sa grace d^sservir, Car li marquis k festier 

))Se I'empereur I'entreprent, Le prist, et li donna preu dons, 

»En qui chascuns honneur aprent.« Com vaillans princes et preudons 

Li roys ferment le mercia 
De ce que respondu li a. 



Von dort (Erfurt) begab er (der Konig Peter von Cypern) sich 
nach Meissen, wo viele Ochsen und viel junge Etihe genommen 
und fortgeftlhrt wurden. Auch mit Getreide macht man dort viel 
Aufwand. Denn manchen giebts dort, der sich gem erfreut am 
Trunk von God ale und von Bier. Auch giebt es daselbst viel tapfere 
Krieger, schmucke Bitter und schone Frauen. 

So lange hat er dort gesucht und gefragt, bis er den edeln 
Markgrafen gefunden, der des Landes Herrscher ist. Der war nicht 
eben erstaunt, dass jener so bescheiden ibn um Bath und ebenso 
urn Hulfe bitten kam, indem er ihm sein ganzes Anliegen und alles, 
was er thun woUte, oifenbarte. 

Als der Konig sein Gesuch geendet, gab der Markgraf in 
ehrenvoUer Art folgende sehr weise Antwort: „Herr, wol habe ich 
gehdrt, wie Ihr die heilige Fahrt habt unternommen; ich lobe und 
preise Euch darum sehr. Auch werde ich mit mir zu Bathe gehen 
und Euch sogleich meine Antwort geben. Begebt Euch zum raiser 
von Bom, der mein Herr ist, so dass ich mich nach ihm richten 
werde; denn was er thun wird, werde ich auch thun. Freilich meine 
ich ffirwahr nicht, dass ich es in so grossartiger Weise wie er thun 
will; aber ich verspreche Euch und mache mich anheischig, dass 
ich die Fahrt nach meinem YermOgen mit Euch machen will, um 
Gott zu dienen und seine Gnade zu verdienen, wenn der Kaiser sie 
unternimmt, er, von dem ein jeder Ehre lemt." 

Der Konig dankte ihm sehr ffir das, was er geantwortet hatte, 
und wol konnte er sich zu Dank verpnichtet ftihlen. Denn der 
Markgraf begann ihn zu bewirthen und gab ihm treffliche Geschenke, 
wie m&chtige Ftirsten und edle MS.nner zu thun pflegen. 



vm. 

Friedrich Hortleder 

als Lehrer der Herzoge Johann Ernst und 

Friedrich von Sachsen- Weimar. 

Von 

Morlz Bitter. 



Es ist bekannt, dass die beiden Herzoge Johann 
Ernst und Friedrich von Sachsen- Weimar in den Jahren 
1608 — 1613 an der Universitat Jena unter Leitung des 
Geschichtsforschere Friedrich Hortleder ihren hohern Unter- 
richt empfingen. Ueber den Gang ihrer Studien haben 
sSchsische Historiker manche Mittheilungen gemacht; *) 
genauere und zusammenhangendere Angaben fand ich in 
tagebuchartigen AufzeichnungeU; die Hortleder selbst liber 
seine Lehrthatigkeit verfasst hat und die unter den Hand- 
schriften der Berliner Bibliothek bewahrt werden.*) Als 



») Von Hellfeld, Leben Johann Ernsts des jttngeren, Jena 1784. 
6 fg., 16 fg., 41 fg. Heermann, Nachlese' zu dem Beitrag der Lebens- 
geschichte Johann Ernsts. Weimar 1786. 76 fg. R6se, Johann Fried- 
rich VI. Neustadt a. d. 0. 1827. 6 fg. Derselbe, Bernhard der Grosse. 
Weimar 1828. I, 19 fg. 

*) Cod. ms. Germ. 39, 1. Zu vergleichen sind damit Hortleders 
Vorreden zum ersten und zweiten Band seines deutschen Kriegs, in 
denen er auf die Jenenser Studien des Herzogs Johann Ernst zu 
sprechen kommt. 



Hortleder als Lehrer der Herzoge Johann Ernst u. Friedrich. 189 

ich diese Schrift vor sechzehn Jahren entdeckte^ schien 
sie rair durch ihre genauen Nachrichten Uber Stufen und 
Fortschritte des Unterrichtes, liber Grunds^tze und Mittel 
desselben^ vor allem tiber die politisch-praktische Tendenz, 
vor den meisten anderen Darstellungen deutscher Flirsten- 
erziehung im siebenzehnten Jahrhundert sicli auszuzeichnen. 
Auch jetzt scheint sie mir noch bedeutend genug zu sein, 
um den Versuch zu wagen, aus meinem frtiher gefertigten 
AuBzug einen zweiten Auszug zu machen^ in dem das ' 
historisch Bedeutsame^ mit einigen Erlauterungen versehen, 
mitgetheilt werden soil. Nahe l^ge es dabei; die Angaben 
Hortledere mit dem, was wir sonst iiber die Methode des 
damaligen Unterrichtes, jvenigstens des fiirstlichen Unter- 
richteS; wissen, Uberall in Beziehung zu setzen. Indess, 
diese Erweiterung des Themas weise ich ab: m5ge zu- 
nftchst der einzelne Vorgang fiir sich klar gestellt und 
dann von Kundigen zur Beurtheilung allgemeinerer Ver- 
hultnisse angewandt werden. 



Ihren ersten Unterricht haben die Herzoge Johann 
Ernst und Friedrich am Hofe zu Weimar empfangen, 
zugleich mit ihren jtingeren Brlidern. Auf diese elemen- 
taren Anfange ihrer Bildung soil hier nicht eingegangen 
werden. Ich knupfe nur an die Thatsache an, dass man 
sie im Jahre 1608 von ihren Briidern, deren Jugend ihre 
Fortschritte hemmte, zu trennen und ihre weitern Studien 
nach der Universitatsstadt Jena zu verlegen beschloss. 
Als die Uebersiedelung zwischen ihrer Mutter, der Her- 
zogin Dorothea, und ihrem Vormund, dem Kurfiirsten 
Christian 11., vereinbart war, wurden am 14./24. April 
1608, im Namen von Mutter und Vormund, Kaspar von 
Teutleben als Hofmeister und Friedrich Hortleder als 
PraceptorinBestallunggenommen.') Siemussten schwOren, 
sich mit hochstem Eifer zu bemtihen, „dass i. f. gg. in 
der furcht Gottes, rechten alten ungeenderten A. C. 
und alien fiirstlichen tugenden wohl auferzogen wurden". 
Als Gehalt wurden fiir Hortleder ausgesetzt jahrlich 200 
Weimarer Gulden, nebst dem Tisch bei seinen Zoglingen.*) 



•) Vergl. HeennaDn, Nachlese zu dem Beitrag der Lebens- 
gescbichte Johann Ernsts (Weimar 1786) 79. 

*) Weitere Angaben bei Heermann 77, Anm. 2. Der Gehalt 
erscheint niedrig, wenn man damit die Frofessorengehftlter der Uni- 



190 Moriz Bitter: 

Neben ihm und Teutleben zahlten zu dem Hofstaat der 
beiden Herzoge ein Kammerjunker (Dietrich von Drachen- 
fels), zwei Edelknaben, ein Ktichenschreiber, ein Silber- 
diener^ ein Koch^ ein Kellner, ein Sattelknecht und ein 
Thorwarter. Am 7./17. Juni ®) traf dieser kleine Hof in 
Jena ein^ und am 23. Juni begann, nachdera die Empfang»- 
feierlichkeiten iiberstanden, und den Herzogen noch der 
Professor Brendelius als Leibarzt, der Superintendent 
Major als Religionslehrer verordnet war, der Unterricht 
Hortleders. Da Johann Ernst im 15., sein Bruder Friedrich 
im 13. Lebensjahre stand, so war vom Besuch der Vor- 
lesungen keine Rede, der Hauptunterrieht wurde in Privat- 
stunden von Hortleder ertheilU Die Tageseintheilung 
wurde so getrofFen, dass zwei Stunden am Vormittag und 
ebensoviel am Nachmittag studirt wurde; man erOffiaete 
die Morgenstunden mit Gebet, und jeden Mittwoch wurde 
eine Predigt gehort. ') 

Gegenstand von Hortleders Unterricht war bis zu 
Anfang des Jahres 1610 fast ausschliesslich das Lateinische, 
und im Lateinischen zunachst, wie Hortleder beim ersten 
Examen (December 1608) bemerkte, dieLehren der Gram- 
matik. Er folgte dabei dem Grundsatz, das Erlemen 
der Regeln und die Anwendung derselben Hand in Hand 
gehen zu lassen. In den beiden Morgenstunden nahm er 
also Stellen aus Cicero's epistolae ad familiares, aus Plini 
secundi epistolae, aus Terenz und Aesopische Fabeln vor. 
Er Ubersetzte sie und erklarte die vorkommenden Regeln 
aus Formen- und Satzlehre. Im Anschluss an diese Uebung 
war dann der Nachmittag zun£lchst der Einpragung der 
gelesenen Worte und Phrasen gewidmet. „Ich hab", sagt 
Hortleder, „ein argumentum ad imitationem praecipuarum 
phrasium et verborum der gehaltenen Lection gegeben, 
auch corrigiret und examiniret." Hierauf folgte das Aus- 
wendiglernen einer Lection aus der Grammatik; wobei 



versit&t Helmst&tt vergleicht, die zu Anfang des 17. Jahrhunderts 
sich auf 3—400 Thaler im Durchschnitt beliefen. Calixt (salt 1609) 
bezog dort 500 Thaler. (Havemann, Geschichte von Braunschweig- 
Lttneburg III, 36.) 

•) So das Tagebuch. In der Vorrede zum ersten Band seines 
Werks tiber den deutschen Erieg giebt Hortleder den 8./18. Juli an. 
Mailer (s&chsji6€he Annalen 241) giebt den 7./17. Juli an. 

') Hinsichtlich der religiosen Uebungen wird sonst noch be- 
merkt, dass die Herzoge am 4./14. December 1608 zum zweitenmal 
seit ihrer Ankunft in Jena zum Abendmahl gingen. 



Hortleder als Lehrer der Herzoge Johann Ernst u. Friedrich. 191 

ein Auszug aus dem Werke Melanchthons diente, *) oder 
eines schonen „ dictum zum symbolum". Bis zum December 
1608 hatte es Hortleder so weit gebracht, dass Johann 
Ernst 2000 Vocabeln, sein Bruder Friedrich aber 1000 
auswendig wusste. Im Februar 1610 konnte er bei einem 
Examen erklaren: Johann Ernst habe seit einem halben 
Jahr begonnen, lateinische Autoren selbststandig zu Uber- 
setzen, wahrend sein Bruder — der allerdings inzwischen 
an den Blattem gelitten hatte — noch nicht so weit ge- 
kommen sei. 

Einen eigenen Platz nahm in dieser Studien- und 
Zeiteintheilung der Samstag ein. Da wurde der Vor- 
mittag benutzt zur Repetition von friiher auswendig ge- 
lemten Sentenzen,®) wie denn uberhaupt Hortleder auf 
Sentenzen solchen Werth legte, dass er eine weitere Samm- 
lung, die er aus Terenz entnahm, seinen Zoglingen ein- 
pr&gte. Der Nachmittag sodann wurde verwandt zu den An- 
tangen des historischen Studiuras. Die Grundsatze, welche 
ihn bei der Leitung dieses Studiums bestimmten, hat Hort- 
leder einige Jahre spater, in den an Johann Ernst ge- 
richteten Vorreden zu seinem Werk iiber den deutschen 
Krieg; ausfiihrlich besprochen. Ein Furst, meint er, habe 
in der Geschichte die Lehren der Politik in ihrer leben- 
digen Anwendung zu erfassen ; der Umfang seines Studiums 
musse sich richten nach der knapp bemessenen Zeit^ In 
diesem Sinne habe er bei den Herzogen mit einer eiligen 
Orientirung in der allgemeinen Geschichte, an der Hand 
des Werkes von Sleidan iiber die vier Monarchien, be- 
gonnen; wie er dann bei der vierten Monarchic zu Karl 
dem Grossen und dem romisch-deutschen Reich gekommen^ 
sei er in der Entwicklung der Reichsgeschichte ausfuhr- 
licher geworden; schliesslich habe er seine Zoglinge wirk- 
lich heimisch zu machen gesucht in der Geschichte der 
deutschen Reformation nach dem grossen Werke Sleidans, 



•) Der Auszug oder die Umarbeitung wird betitelt „der 
Schmeltzer". Naheres tiber dies Biichlein ist mir nicht bekannt. 

•) Sie waren entnommen aus Hilners gnomologicum (Leipzig 
1606) und den Distichen des sogenannten Cato. Ferner nennt Hort- 
leder politica praecepta ad filium primogenitum cujusdam principis 
anonymi quae edidit Jacob Bornitius, und Beustii versiculi in evan- 
gelia singula. — Ob sich die letzterwUhnten Verse in des Joachim 
von Beust christiadum libellus (Wittenberg 1579) oder in seiner 
enarratio evangeliorum et epistolarum (Leipzig 1590) befinden, ist 
mir nicht bekannt, da mir beide Werke unzuganglicb sind. 



192 Moriz Ritter: 

und habe daneben Genealogie und Geschichte des Hauses 
Sachsen und seiner Erbvereinigten noch besonders vorge- 
nommen. So an's Ende der Geschichte angelangt, sei er 
dann nochmals umgekehrt^ um seine Schiller in das Ver- 
Btdndnis des Julius Casar einzufiihren. '^) 

Nicht ganz stimmen mit diesen Angaben die Be- 
merkun^en des Tagebuchs iiberein. In einer im November 
1610 genaltenen Rede iiber die Einrichtung der weiteren 
Studien des Herzogs Johann Ernst verlangt Hortleder 
Wiederholung von Sleidans drittem Buch iiber die vier 
Monarchien; wie denn auch nachher nicht nur das dritte, 
sondem auch das zweite Buch gelesen wurde. Aber wann 
das Werk zum ersten Mai vorgenommen worden, ob in 
der ersten Zeit des Jenenser Aufenthaltes oder schon 
friiher, sagt er nicht. Aus der ersten Periode der 
Studien in Jena (1608 Juni bis 1610 Februar), in der, 
wie bemerkt ist, Herzog Johann Ernst bis zum Ver- 
standnis lateinischer Autoren gelangte, erwahnt er nur die 
am Samstag Nachmittag vorgenommene Lectiire in einer 
deutschen Uebersetzung von Sleidans Werk de statu 
religionis: man las die Abschnitte vom Bauernkrieg und 
den Miinster'schen Wiedertaufern, unter Zuziehung der 
dort angefiihrten Schriften von Luther. Es waren das 
bescheidene Anfftnge, die erst zu ernstem Bemiihungen 
fuhrten, als im Februar 1610 ein zweiter Abschnitt in 
den Studien begann. 

Da Herzog Friedrich bei seiner Juffend und in Folge der 
iiberstandenen Krankheit inzwischen ninter Johann Ernst 
zuriickgeblieben war, so wurden von jener Zeit ab beide 
Prinzen in den moisten Fachem von einander getrennt. Wir 
folgen nur dem Bildungsgang des altern von ihnen. Wenn 
Hortleder die bisherigen lateinischen Studien unter dem 
Namen Grammatik zusammengefasst hatte, so stellte er 
nunmehr seinem Z5gling die Aufgabe, in den ^endlichen 
verstand der lateinischen sprache" einzudringen, und zwar 
durch Lecture, durch schriftliche Aufsatze (Uebersetz- 
ungen und freiere Nachahmung vorgelesener Abschnitte 
der Classiker) und durch Uebung im Lateinsprechen. Zu 
diesen Sprachstudien fiigte er hinzu Poetik und Dialectik: 



*^) Er habe, sagt er, ,,den von Ramus kiinstlich disponirten*' 
G&sar gelesen. Eine Ausgabe des C&sar von Petrus Kamus giebt es 
nicht, wenn die Angaben Waddingtons in seiner Biographie des 
Ramus vollstSlndig sind. 



Hortleder als Lehrer der Herzoge Johann Ernst u. Friedrich. 193 

von ersterer wurden die Regein der Quantitat und der 
Bau des Hexameters und Pentameters sowohl gelernt als 
durch Lecture getibt, letztere sollte moglichst kurz gefasst 
in einer Stunde wochentlich vorgetragen werden, zunachst 
auf Grund eines Compendiums von Lossius, '^) von dem 
man sp^ter fortschritt zum Auswendiglernen der ^prae- 
cepta Ramea" und deren Vergleichung mit den ^praecepta 
Pnilippea",") sowie zur Anwendung der Lehren auf die 
Lecture. 

Hand in Hand mit dieser Erweiterung der lateini- 
schen Uebungen und im engen Zusammenhang damit 
ging die Erweiterung des historischen Studiums. Die 
lateinische Lecture fUnrte von selber dazu. Denn wohl 
nahm Hortleder bei derselben sowohl classische Autoren 
vor^ — namlich ausgewahltes aus Terenz; Cicero de offi- 
ciis imd epistolae ad familiares — , als auch einen huma- 
nifltischen • Nachahmer derselben — namlich die „Collo- 
quien" des Vives'*) — , allein seinen vorwaltenden Ge- 
sichtspunct bezeichnete er doch, wenn er erklftrte: es 
seieu; „quoad usum et utilitatem, Virgilii et Ovidii fabulae 
cum Gunthero" (namlich dem Ligurinus) nicht zu ver- 
gleichen. Der Ligurinus des Gunther empfehle sich 
wegen des reinen Ausdruckes, des reichen Sentenzen- y 

schatzes und der Keuschheit, femer deshalb, weil er nichts 
fingire, sondern mehr Historicus als Poet sei, weil er den 
Juristen niitze, indem er die Gesetze Friedrichs I., die 
Freiheiten des Raichs, einen Auszug des Lehenrechtes und 
gute politische Lehren enthalte.* — Also Wahl der lateini- 
schen Lecture mit historisch-staatswissenschaftlichemNeben^ 
zweck. In diesem Sinne wurden gelesen Cuspinians Caesares 
mit einer Fortsetzung Herm. Kirchners (bis Rudolf H.) 
und die poetischen Charakteristiken deutscher Kaiser von 
Sabinus. *) Innerhalb der deutschen Kaisergeschichte 
wurden dann einzelne Abschnitte griindlicher behandelt. 
Man ging in die Geschichte Friedridis I. ein durch Lesung 
des Ligurinus; aus der Zeit Karls IV. las man die 



") Yon Lossius finde ich erotemata dialectices, die aber nach 
Georgia Bttcherlexikon erst 1614 erschienen sein sollen. 

'■) Vermuthlich wird hier eins der zablreichen Werke zu Grande 
gelegt sein, in denen die logischen Lehren des Ramus und Melanch- 
thon verglichen und ausgeglichen wurden. Yergleiche die AnfClhr- 
ungen bei Calker, Denklehre 163. An einen bestimmten Bdcher- 
titel ist bei den Worten praecepta Ramea etc. wohl nicht zu denken. 

'*) Ohne Zweifel die linguae latinae exercitatio. 1589. 

") Georg. Sabinus, Germ, imperatores versibus descripti. 

NeoM Arohiy t & G. a. A* L 8. 13 



Id4 Moriz Ritteri 

Goldene Biille, und ihre voile Aosbreitung erhielt die 
Lecture fUr die Zeit Karls V. Theils allein nach dem 
lateiniBchen Original, theils in Gemeinschaft mit seinem 
Bruder in deutscher Uebersetzung las Johann Ernst die 
wichti^eren Abschnitte Sleidans: die Wahl und Kronung 
Earls V ., die Geschichte des Bauemkriegs und der Wieder- 
taufer, die Geschichte der Augsburger Confession unter 
Zuziehung des Werkes von ChytrAus, der Braunschweiger 
und Schmalkaldener Krieg, die Erhebung des Eurfiirsten 
Moriz und der Ausgang des Markgrafen Albrecht von 
Brandenburg wurden einzeln durchgenoramen. Indem 
dann zu lateinischen Uebersetzungen Ausziige aus Sleidan, 
sowie deutsche B.eden Melanchthons**) und anderer genom- 
men wurden, welche, wie Hortleder sagt, „ad cognitionem 
rerum, juriura et historiarum imperii" dienlich waren, indem 
zur Uebung im Lateinsprechen der Herzog dasjenige er- 
z^hlen musste, was ihm in der Lecture besonders wichtig er- 
schienen war, wurde fiir die festere Einpragung des Stoffes 
gesorgt. Am Schluss des zweiten Studienabschnittes, im 
Mai 1612, hatte denn anch Hortleder die Genugthuung, 
zu erkl^ren, dass des Herzogs Leistungen in correctem 
Lateinschreiben befiiedigend; im Lateinsprechen ziemlich 
gut seien, in der Poetik wenigstens von Fleiss zeugten, 
dass er aber in den behandelten geschichtlichen Partien 
in mehr als gewohnlicher Weise bewandert sei. 

Bei der Behandlung der Geschichte als eines Theils 
der Staatswissenschaft war es nattirlich, dass Hortleder 
mit der Kaisergeschichte die Erorterung wichtiger Fragen 
verband, welche sich, wie er es ausdriickt^ auf 4,dignitaS; 
status, jura imperii'^ bezogen, und dass er in demselben 
Zusammenhang seinem Zogling das Corpus juris canonici 
vorlegte und ausgewahlte Satzungen desselben mittheilte. 
Von besonderem Interesse ist hier aber die Prage, in 
welchem Geist er Geschichte und Recht des deutschen 
Reichs behandelte. 

Als massgebend fur die AuflFassung sowohl der Ge- 
schichte wie des Rechtes des deutschen Reichs waltete 
damals in Deutschland noch die Anschauung vor, dass 
dieses Reich die unmittelbare Fortsetzung des romischen 



'*) Besonders genannt wird Melanchthons Rede auf Friedrich 
den Weisen (Corpus ref. XI, 90). Hortleder wird von diesen Beden 
deutsche Uebersetzungen zur Bticktkbersetzung in's Lateinische vor- 
gelegt haben. 



Hortleder als Lebrer der Herzoge Johann Ernst u. f^riedrich. 195 

und kraft gottlichen Willens bis zum Ende der Welt zu 
dauem bestimmt sei, dass von Rechts wegen, da seine 
Herrschaftsanspriiche mit denen des romischen Reichs 
identisch seien, ihm alle christlichen Staaten unterworfen 
sein mtissten. **) Dieser Satz hatte geradezu den Werth 
eines Dogma: fur die Theologen, weil sie ihn aus dem ' 
Buch Daniel und dem Brief an die Thessalonicher be- 
grtindeten, fur die Juristeu; weil sie ihn in ihren Glossen *') 
fanden. AUerdings begann man, im Hinblick auf den 
Widerspruch der historischen Zeugnisse und derVerhalt- 
nisse der Gegenwart, im sechzehnten und siebenzehnten 
Jahrhundert das Dogma bereits zu bezweifeln; die An- 
fechtungen desselben durch Bodinus und Thuanus machten 
auch in Deutschland tiefen Eindruck, und vielleichi noch 
nachhaltiger, wenn auch weniger gerauschvoll; war der An- 
griff, den Dion. Gothofredus in einer Note seines Corpus 
juris*®) dagegen flihrte: denn von nun ab stand gegen die 
alte Glosse eine nicht minder angesehene neue. Indess, im 
Ganzen hielt in Deutschland die theologische und juristi- 
Bche Schule doch noch an der alten Lehre fest. Und 
diese Lehre war es nun auch, welche dem historischen 
Unterricht Hortleders zu Grunde lag; sein Leitfaden war 
Sleidans Buch von den vier Monarchien, in welchem das 
Dogma mit dem melancholischen Zusatz vorgetragen 
wurde, dass dem deutschen Reich zur Rtickgewinnung 
seiner rechtmassigen Herrschaft die Kraft durchaus ent- 
schwunden sei, dass es nur noch stark genug sei, um, 
bei besserem Zusammenstehen seiner Mitglieder, die gegen- 
wartigen Granzen gegen alle Anfechtungen zu schtitzen.**) 
Die sachsischen Fursten empfingen also die doppelte Vor- 
stellung von der gottlichen Bevorrechtung inres Vater- 
landes und von der Nothwendigkeit der Beschrankung in 
Anwendung seiner Krafte* 



'*) ,,Hoc imperium summus universi orbis Christiaui magistratus 
est", sagt Beinmng (de regimine saec. et eccles. I. 2, cap. 1), der 
dann auch ausfuhrt, dass das Recht auf die Universalnerrschaft 
keiner Verjahrung unterliege (cap. 8). 

■^ Die Hauptstellen sind Glossa ord. ad Feud. II, 63; Bartolus 
ad Cod. L 1, 1; Baldus ad Dig. I. 4. 

*■) In der Note zu Cod. I. 1, 1, die in sichtlichem Gegensatz 
gegen die entsprechende Note des Bartolus geschrieben ist. 

*•) Vergleiche die Stelle im Druck Goldasts (politica imp.) 
435 fg. Dass solche triibsinnige Lehren durchaus nicht ohne Ein- 
ILuss auf deutsche Ffirsten blieben erkennt man z. B. aus den 
Worten des Pfalzgraf Ludwig (1576, MSrz 5): „so ist es leider mit 

13* 



196 Moriz Ritter: 

Wenn nun aber Hortleder den deutschen Kaiser als 
Nachfolger der romiBchen Lnperatoren auffasste, so kam 
er geraden Weges zu einem zweiten Satze, der die Schule 
nicht minder lebhaft beschaftigte, als der vorher bezeich- 
nete, und d^r sich den wirkUchen Verhaltnissen gegen- 
iiber fast noch sonderbarer ausnahm. Der deutsche Kaiser, 
so lautete er, ist ebenso wie Constantin oder Justinian 
der Quell aller Gesetze, er ist selber keinem menschlichen 
Gesetz und keiner menschlichen Gewalt unterworfen. Es 
war dies eine Behauptung, welche leichter praktische 
Folgen haben konnte, als die Lehre von der vierten 
Monarchic: sie wurde darum auch freier besprochen *®) 
und von vielen verworfen,*^) von andem aber mit solchen 
Beschninkimgen angenommen^ welche wenig von dem 
wirklichen Gehalt iibrig liessen. Gerade an der Univer- 
sitat Jena^ wo in der Zeit, von der wir reden, Dominions 
Arumd,U8 das deutsche Staatsrecht unter die academischen 
Disciplinen einfUhrte, suchte man eifrig nach Formeln^ 
unter denen romisches Eecht und reichsstandische Freiheit 
sich vereinigen liessen.**) Hortleder ging auf diese Unter- 
suchungen ein, und man kann sagen^ sie bildeten geradezu 
den Kern seines historisch-staatsrechtlichen Unterrichts. 
Schon in der ersten Zeit des Aufenthaltes in Jena, als am 
10./20. August 1608 Herzog Johann Ernst zum Eector der 
Universitat erhoben wurde, und als solcher eine Rede zu 
halten hatte, iibergab ihm Hortleder zur Verlesung eine 
von ihm selber verfasste Bedc; welche uns gleichsam das 
Programm seines historischen Unterrichtes zeigt, beson- 



dem reich Teutscher nation vor unverdenklicher zeit dahin geratben, 
das man mehr dan genug zu thun, dessen sttlmpf bis zu der jnngst 
gericbtlicben ankunft des sons Gottes, so alien anzeigungen nacb nit 
mer weit, zu unterhalten." (Kluckhbbn, Briefe Friedricbs 3. F. n, 807). 

*®) Orientirend ist Reinking I. 2, cap. 3. 

**) Man vergleicbe z. B. das Gutacnten des Camerarius 1602 
Januar 22 (Briefe und Acten I. n. 228). 

**) Mebrere Abhandlungen in des Arumaeus discursus acade- 
mici bescbSLftigen sicb damit. Die Titel derselben bei Flitter, Lite- 
ratlir des teutschen Staatsrechts I. § 70. Charakteristisch flir die nicht 
nur in Jena herrschenden, sondem auch vom Haupte des slU^hsischen 
Hauses begUnstigten GrundsStze ist es unter anderem, wenn Aru- 
m&us (disc. I, 7) als Beweis von des Kaisers YoUgewalt auf dem 
Gebiet der Gesetzgebung die Festsetzung des geistlichen Yorbehalts 
anfuhrt, wo der Kaiser seine ^plenariam potestatem etiam invitis 
electoribus et principibus exercuit**. — Das letztere war flir die Pf&lzer 
eben Grund, die Yerbindlichkeit des geistlichen Yorbehalts zu leugnen. 



Hortleder als Lehrer der Herzoge Johann Ernst u. Friedricfi. 197 

ders wenn wir sie mit der ebenfalls erhaltenen Vorarbeit 
fiir die definitive Fassung vergleichen. *') Ankntipfend 
an das bei solchen Untersuchungen stets herangezogene 
Fragment von Ulpian, nach welchem das Volk all' seine 
Gewalt durch die lex regia an den Kaiser iibergeben hat 
(Dig. I. 4, 1), flihrt Hortleder aus: nicht das angebliche 
altromische (iesetz, dessen Fragmente man in der soge- 
nannten lex de imperio Vespasiani suche, gebe die Normen 
fiir des gegenwartigen Kaisers Befumisse; die heutige 
lex regia sei vielmehr die Wahlcapituiation, die, wie er 
meinty unter Heinrich IV. begrtindet, unter Karl IV. aus- 
gebildet sei und unter Karl V. und seinen Nachfolgem 
inre letzte Form erhalten habe. Mit ihr gehe zusammen 
der Kronungseid des Kaisers, der ein wahrer Treueid 
gegen das Reich sei und beweise, dass das Reich iiber 
dem Kaiser sei, wie das Concil iiber dem Papst. Wenn 
nun der Kaiser die Capitulation und den Eid oreche und 
eine tyrannische Regierung einfiihre, so sei es Sache der 
Reichsstande , in erster Linie der Kurftirsten, das Wohl 
des Reichs gegen ihn zu schiitzen, im Nothfall auch mit 
den WaflFen.**) 

Im Lichte dieser Anschauungen gewann die Lectiire 
des Sleidan, die Hortleder mit den ftirstlichen Schtilern 



") Die Rede ist mit falscher Jahreszahl gedrackt bei Goldast, 
polit. imp. 614. Hortleders Tagebuch giebt den Titel derselben 
an. Bei Goldast 612 findet sich eine Abhandlung Hortleders, 
die sich sofort als Vorarbeit far jene Hede kennzeichnet. Sie ist 
nnr eine von vier ziemlich lose hingeworfenen Erorterungen dber 
Sleidan, welcbe sich zusammen bei Arumaeus, discursus acad. I, 26 
finden. In meiner Analyse fasse ich die Kede und die Vorarbeit 
zusammen. — Uebrigens hielt vorher der Exrector Arumaus eine 
Rede dariiber, dass Eurfurst Moriz den Passauer Vertrag nicht 
ohne Wissen Frankreichs geschlossen habe. Auch diese Rede wird 
von Hortleder angefuhrt und ist gedruckt bei Arumaeus, discursus 
academici I, 27. 

'*) Die Rede, vor allem aber die erwahnte Vorarbeit, stimmt — 
ich komme nachher darauf zurfick — in den Gedanken und ge- 
legentlich auch in den Worten auffallend mit dem in der Vorarbeit 
mehrfach genannten Buch des Junius Brutus, Vindiciae contra tyran- 
nos. Die Stelle »et consimiliter'* (bei Arumaus § 4) stimmt mit Brutus 
162, „quod si vero" und 121, „neque enim imperator" (Ausgabe Edin- 
burgh 1579); die Stelle § 8 njurat etiam . . imperator . . fidelitatem 
imperio** erinnert an Brutus 162 „in imperio Germanico" etc.; da- 
seftst „et cum juravit** ist zu ver^leichen mit Brutus 163 „quod ubi 
solenniter" ; endlich der Schluss „imperatorem populo pure, pofjulum 
imperatori obligari sub conditioned* stimmt mit Brutus 163 „impe- 
ratorem pure, principes imperii sub conditione obligari". 



198 Moriz Bitter: 

betrieby eine ganz besondere Bedeutung. Es war die Ge- 
schichte eines im Gegensatz gegen den Kaiser und die 
katholische Majoritllt geschlossenen Bundnisses, die man 
yornahm^ die Geschichte eines Rrieges gegen den Kaiser 
zuni Schutz der protestantischen Keligion^ und eines 
zweiten Krieges gegen ihn zom Schutz der Religion und 
der reichsstandisohen Freiheit. Hortleder bemerkt aus- 
drucklichy*^) er habe bei Behandlung dieser Ereignisse 
die Griinde fiir und wider^ d. h. doeh die Rechtsanschau- 
imgen^ mit denen die Gegner ihren Standpunct auf beiden 
Seiten begrlindeten, seinen Zoglingen klar gemacht. Nach 
welcher Richtung er dabei aber das Urtheil bestimmte^ 
ob nach der kaiserlichen oder der reichsstandischen, wird 
man aus obiger Rede entnehmen, und aus einem Zug^ der 
in die letzte Zeit der Studien gehort, bestatigt finden. 

Im Mai 1612, als, wie ooen bemerkt, der zweite 
Studienabschnitt beendet war, schlug Hortleder vor: es 
solle jetzt vorangeschritten werden zum Studium der 
Rechtswissenschaft, der Politik und zur Uebung in lateini- 
schen Disputationen. Ftir letztere hatte er dem Herzog 
Johann Ernst bereits seine Rolle zugedacht; sie lautete: 
„boni principis in capitulatione Caroli V. et sequentium 
Caesarum expressi partes adversus tyrannidem defendendas 
suscipiet; socio inprimis et adjutore Stephano Junio Bruto 
in vindiciis contra tyrannos et libello *) de jure magi- 
stratus in subditos". Also, er soil die Bestimmungen der 
Wahlcapitulation gegeniiber den Merkmalen eines tyranni- 
schen Regimentes vertheidigen und seine Griinde vor- 
nehmlich aus den Vindiciae contra tyrannos und aus einem 
zweiten Buch, unter dem vermuthlich Fickler, de iure 
magistratuum in subditos (Ingolstadt 1578) zu verstehen 
ist, entnehmen. Weshalb gerade die Vindiciae zur Er- 
Ifluterung des Sinnes der Wahlcapitulation gewahlt wurden, 
ist leicht zu errathen. Sie lehrten die Superioritat des 
Volkes liber den Konig und die Ausiibung der Rechte 
dieser Superioritat durch ReprSsentanten des Volkes. Als 
Reprftsentanten des Volkes erscheinen die Generalstslnde 
und diejenigen, welche selbststtodigen Antbeil an der 
oflfentlicnen Gewalt haben, d. h. im Gegensatz zu den 
Hofbeamten die eigentlichen Staatsbeamten, die nicht 
vom KOnig, sondem von der Volksvertretung emannt 



**) Vorrede zum ersten Band des deutschen Kriegs. 

'*) Im Original steht ,,et in libello", was aber keinen Sinn giebt. 



Hortleder als Lehrer der Herzoge Johann Ernst u. Friedrich. 199 

und ohne ihre Zustimmung nicht abgesetzt werden soUten.*') 
Zu den Rechten der Volksvertreter gehort unter anderem 
die stete Aufsicht iiber die durch Eid und Vertrag an Ge- 
setze gebundene konigliche Regierung, vor allem aber 
die Auslibung des gewaltsamen Widerstandes gegen den 
Monarchen, der die Gewalt, die er rechtmassig besitzt, 
zur ZerstQrung des Gesetzes und der Kirche Gottes oder 
zur Vernichtung der Gesetze und des Wohls des Staates 
missbraucht. Indem dann der Verfasser diese Anschau- 
ungen auf das deutsche Reich anwendet, kommt er zu 
den Behauptungen: die Fundamentalgesetze, auf die der 
Kaiser durch Eid und Vertrag sich verpflichtet, sind in 
der Capitulation und in dem Kronungseid enthalten, die 
Volksvertretung ist der Reichstag, und die Theilhaber der 
offentlichen Gewalt sind die Reichsstande. 

Mit den Grundsatzen, wie sie in den Vindiciae aus- 
gesprochen sind, hat das zweite vorher angefiihrte Buch 
von Fickler, trotz der confessionellen Verschiedenheit der 
Verfasser, sehr viel Verwandtschaft. Ich will, ura nicht 
weitlaufig zu werden, auf das Einzelne nicht eingehen, nur 
das hebe ich hervor, dass Fickler ebenfalls gegen einen 
Tyrannen, der seine Gewalt im iibrigen rechtmassig be- 
sitzt, nicht den Widerstand der Privatpersonen, wohl aber 
denjenigen der Theilhaber der oflfentlichen Gewalt recht- 
fertigt und zu den letztern im Hinblick auf Deutschland 
die Reichsstdnde z£lhlt. Hiernach wird man es yerstehen, 
weshalb Hortleder sich nicht scheute, seinem Z5gling 
einen Autor vorzulegen, der sonst auf dem Standpunct 
schroffer katholischer Polemik stand. 

Kehren wir zu Hortleders Unterricht zuriick, so muss 
nun freilich bemerkt werden; dass die vorgeschlagenen 
Disputationen nicht gehalten sind. AUein, wenn man 
sieht, wie in dem Programm derselben, also gegen Ende 
der Studienzeit der Herzoge, die gleichen Anschauungen 
hervortreten, welche zu Anfang des Jenenser Aufenthalts 
aus der Rectoratsrede de lege regia gesprochen batten, 
so kann man iiber den Geist, in dem die staatsrechtlichen 
Erklarungen des Sleidan gehalten waren, nicht mehr in 
Zweifel sein. Wenn man ferner die Rectoratsrede genauer 
betrachtet, imd in derselben die vindiciae contra tyrannos 



'*) fiegni officiarii qui a populo, in concilio nempe publicoi 
anctoritatem capiant, ant saltern olim capere solebant, nee absque 
eodem exauctorari possunt. 



200 Moriz Ritter! 

nicht nur citirt, sondem auch eingehend benutzt findet, *•) 
so wird man rait der weiteren Annahme nicht irre gehen, 
dass dieses Buch nicht erst bei dem Plan des kiinftigen 
DisputatoriumSy sondern schon bei den ErklSrongen Sleidans 
herangezogen wurde. Und nun vergegenw^rtige man 
sich den Zusammenhang dieser Ergebnisse. Die sachai- 
schen Fursten empfingen die Anschauungen liber die Be- 
schrankung kaiserlicher Macht und die reichsstandischen 
Freiheiten nicht als diirre Theorien, sondern einerseits aus 
der Geschichte der Kampfe deutscher Stande gegen Karl V., 
anderseits aus einem Buche, das von den Leidenschaften 
der Hugenottenkriege, von dem Ingrimm liber die Blut- 
hochzeit**) und liber die Tyrannei der Katharina Medici***) 
und Karls IX. durchgluht war. Jene Kampfe, in die 
sie sich hineinlebten, waren ftir eine Religion gefiihrt, 
welche die ihrige war, flir reichsstandische Freiheiten, 
die auch ihnen zukamen; und die Manner, welche in 
jenen Kampfen die Flihrung gehabt batten, waren ihre 
Vorfahren und ihre Verwandten. Acht Jahre nach Be- 
endigunff der Jenenser Studienzeit finden wir den Herzog 
Johann Ernst fluchtig aus dem Machtbereich des Kaisers, 
nachdem er wahrend des bohmischen Krieges unter dem 
pfalzischen Kurfursten gekampft hat. Damals erklarte 
er mit festem Sinn: er woUe weiter kampfen flir den ge- 
achteten Kurflirsten und seine Verblindeten, fiir die 
Religion und die deutsche Freiheit; denn er kdnne das 
nicht flir unrecht erklaren, was sein Gewissen ihm als 
recht zeige, und sich der Pflicht nicht entschlagen, die 
Freiheit des Reichs zu vertheidigen.**) — Wird man es 
laugnen, dass bei der Ausbildung dieser Gesinnung die 
Studien in Jena ihren Antheil gehabt haben? 

Wir sind mit diesen Betrachtungen auf den Hohe- 

Sunct von Hortleders XJnterricht gekommen. In demselben 
[onat Mai 1612, wo Johann Ernst den zweiten Studien- 
abschnitt beendet hatte und sein-Lehrer den Entwurf fiir 
einen dritten machte, untemahm der Herzog mit seinem 
Bruder Friedrich eine Reise nach Frankfurt zur Kaiser- 



'*) Siehe oben Anmerkung 24. 

*•) Vergleiche den Erguss S. 133 tiber den princeps, der sub- 
ditorum aliquot milia uno die interficit. 

**) Soilte nicht eine Anspielung auf sie in den Worten (169): 
si quae femina regni Salici gubernacula occupet liegen? 

•*) Rose, Bemhard von Weimar I, 43. 



Hortleder als Lehrer der Herzoge Johann Ernst u. Friedrich. 201 

wahl, kam von da zur Jagd und zu langerem Besuch an 
den Hof des Kurflirsten von Sachsen und kehrte erst 
gegen Ende des Jahres nach Jena zurlick. Da wurde 
denn ein politisches Disputatorium , in dem man es auf 
acht Disputationen bracnte, gehalten. Aber zu Grunde 
gelegt wurde nicht die Wahlcapitulation, sondern die 
zabmen theses poiiticae des Hermann Kirchner (Marburg 
1595), die gicn mit Fragen der politischen Moral be- 
schaftigen. Im Februar 1613 finden wir Johann Ernst 
wieder von seinem Lehrer getrennt, ^*) am 27. Marz 
(a. St.) trat er eine Reise in's Ausland an, von welcher 
er nicht mehr zu den Studien zurtickkehrte. 

Mein Bericht uber die Erziehung der Herzoge. ist 
hiermit in der Hauptsache zu Ende; nur einige ^eben- 
puncte sind noch nachzutragen. Es ist oben bemerkt^ 
dass der Superintendent und Jenaer Professor Johann 
Major den Herzogen theologischen Unterricht ertheilte. 
Er legte dabei den Katechismus des Weimarer General- 
superintendenten Abraham Lange**) zu Grunde, welches 
Buch bis zum November 1610 zu Ende gelemt war. 
Schon vorher, im Februar 1610, wurde beschlossen, dass 
die Herzoge femer das corpus doctrinae des Matthaus 
Judex durchnehmen imd bei Professor Piscator eine 
offentliche Vorlesung de locis communibus theologicis 
horen sollten, welche denn auch wirklich besucht ward. 
Besonders bemerkt zu werden verdient es, dass Major 
mit dem Unterricht im Katechismus auch denjenigen in 
der Arithmetik verband. Ein letzter Lehrgegenstand war 
endlich das FranzOsische, in welchem Abraham de la Foi**) 
die Herzoge seit 1611 unterrichtete. 

Aus den ausseren Einrichtungen verdient hervorge- 
hoben zu werden, dass von Zeit zu Zeit Examina ge- 
halten wurden, zu denen Abgeordnete des Weimarer Hofs, 
Professoren der Universi^t, imd als Examinatoren die 
eigentlichen Lehrer, Hortleder und Major, erschienen. 
Die erste Priifung erfolgte im December 1608, eine zweite 
im Februar 1610, eine dritte im November 1610. Von 
da ab werden weitere Examina nicht erw9>hnt. 



»*) Vergleiche das Schreiben bei Hellfeld 238. 

•■) Es gab von ihm einen fiir die Weimarer Frinzen verfassten 
elementaren Katechismus (Rose, Johann Friedrich 111 Anm. 2) 
und eine explicatio catechismi Lutheri. Die von Hortleder citirte 
catechesis Langiana wird das letztere Werk sein. 

**) Ueber ihn Rose, Johann Friedrich 10. 



202 Hortleder als Lehrer der Herzoge Johaim Ernst a. Friedrich. 

• 

Ueber die Kosten des Aufenthalts wurde am l./H. De- 
cember 1608, nachdem nahezu sechs Monate verflossen 
wareii; zum erstenmal abgerechnet. Es stellte sich eine 
Ausgabe heraus von 1692 Gulden, wozu noch 211 Gulden 
kameu; die bei Uebemahme des Rectorats ausgegeben 
waren, desgleichen die besonders verrechneten Kosten des 
Einzugs, der Dienerbesoldung und des Futters fur acht 
Pferde. 

Nacbtrag. 

Ich babe Seite 198 den ^libellus de jure magistratus 
in subditos" auf die Schrift gleichen'Titels von Fickler 
bezogen, dabei aber, weil ich mich an meine in Mtinchen 
gemachte Excerpte hielt, iibersehen, dass Fickler selbst 
wieder sich auf ein anonymes Pamphlet unter demselben 
Titel bezieht. Diese mir nicht zugangliche Schrift wurde 
nach Bavle (Dissertation sur le livre de Junius Brutus im 
Anhang zum Dictionnaire) in Frankreich im Jahre 1573 
oder 1574 auf Grund des dritten Ausschreibens der Stadt 
Magdeburg (24. M'Arz 1550) verfasst, zur Rechtfertigung 
des Widerstandes der Reformirten gegen die katholische 
Regierung (Hauptstelle Thuanus lib. 57. Londoner Ausg. Ill, 
294). Es liegt naher, dass Hortleder sie gemeint hat, als 
die Arbeit Ficklers. 



Literatur. 



Urknndeii nnd Actenstiicke zar ojsterreiehiseheii (jleschiolite im 

Zeitalter Kaiser Friedrichs III. nnd K5iiig Georgs von Bohmen 
(1440 — 1471). Gesammelt und herausgegeben von Dr. Adolph 
Baehraann, Docent der Geschichte an der k. k. Universit&t zu 
Prag. Wien, in Comm. bei Carl Gerolds Sohn. 1879. 8». XXIX. 
543 SS. (A. u. d. T. : Fontes rerum Austriacarum. Herausgegeben 
von der historischen Commission der kaiserlichen Akademie der 
Wissenschaften in Wien. Zweite Abtheilung. Diplomataria et Acta. 
XLII. Band). 

Obwohl neuerdings, namentlich seit den Anregungen, 
die von Droysen und Palacky ausgegangen ^ind; mancher- 
lei fur die Geschichte des 15. Jahrhunderts geschehen ist, 
bleibt doch weitaus das Meiste noch zu thun Ubrig. Die 
Yorhandenen Quellenpublicationen , insbesondere Palackys 
Urkundliche Beitr^ge zur Geschichte B5hmens und seiner 
Nachbarlander (1860) und Markgrafs Politische Corre- 
spondenz Breslaus (1873 und 1874)^ die eine reiche Masse 
von Material zu Tage gefordert haben, sind noch keines- 
wegs geniigend ausgebeutet, und der vorliegende statt- 
liche Band zeigt uns, wie gross die Menge des bisher 
nicht Veroffentlichten ist. Giebt er sich auch nur als 
eine Nachlese zu den vorhandenen Sammlungen und er- 
schopft er auch selbstverstHndlich den Stoff nicht so, dass 
die archivalische Forschung fortan fiir Untersuchungen 
zur Geschichte der betreffenden Jahre in den Hintergrund 
treten konntC; so wird ihn doch jeder, der sich mit dieser 
Zeit besch^ftigt; sehr willkommen heissen, und man wird 
dem Verfasser auch daraus keinen Vorwurf machen diirfen, 
dass er hie und da etwas an sich Unwesentliches auf- 
genommen hat: es dient doch auch dies zur AusfuUung 
mancher Lticke in unserer Kenntnis jener Jahre. 



204 Literatur. 

Wenn wir an dieser Stelle Bachmanns Publication 
einer Besprechung unterziehen, so raiissen wir dies damit 
motiviren, dass der Titel eigentlich nicht gliicklich ge- 
w&hlt ist. Ftir die osterreichische Geschichte, wenig- 
stens wenn man den BegriflF im engern Sinne fasst, wie 
dies doch wohl bei einer das Mittelalter betreffenden Publi- 
cation zunUcbst liegt , entb3,lt der Band , fast gar nicbts. 
Seinen Hauptinhalt bilden vielmehr Actenstiicke zur Ge- 
scbichte Bohmens und insbesondere auch der wettiniscben 
Lande. Die Beziebungen zu Bobmen sind ja bekanntlicb 
der Angelpunkt, um den sicb wabrend eiues guten Tbeils 
des 15. Jahrbunderts die politiscbe Gescbicbte des ge- 
sammten ostlicben Deutscblands drebt; von ganz beson- 
derer Wicbtigkeit aber sind sie fur Sacbsen. So bietet uns 
denn das Werk eine reicbe Ftille von bi^toriscbem Material 
fur die Gescbicbte Sacbsens und seiner Herrscber in den 
Jabren 1447 bis 1471. Der Bruderkrieg, die Betbeiligung 
des Herzogs Wilbelm an der Soester Febde, die wiederholten 
kriegeriscben Verwickelungen mit Bobmen bis zu den 
Egerer Vertragen von 1459, die Haltung des Kurfursten 
Friedricb II. und dann seiner Nacbfolger Ernst und Albrecht 
dem Konige Georg (Podiebrad) gegeniiber bis zu seinem 
Tode, namentlicb aucb wabrend seines Conflictes mit der 
Curie, die maniycbfacben politiscben Combinationen, welcbe 
die „bobmiscbe Frage'' wabrend der 60®' Jabre aucb im 
iibrigen Deutscbland bervorrief; — alle diese bocbinter- 
essanten und ausnabmslos nocb ungeniigend durcbforscbten 
Abscbnitte unserer Gescbicbte werden durcb die von Bacb- 
mann mitgetbeilten Documente mebr oder weniger auf- 
geklart. Naber auf den Inbalt einzugeben, wiirde dem 
Zwecke dieser Zeilen nicbt entsprecben; vieles ist ubrigens 
von dem unermiidlicb fleissigen Verfasser bereits in ver- 
scbiedenen Scbriften verwertbet worden. 

Was die Quellen, die Bacbmann benutzt bat, anlangt, 
so sind es bauptsacblicb yier: das langst als bocbwicbtig 
bekannte Stadtarcbiv zu Eger, dem fast die Halfte aller 
Nummern (174) entnommen ist, das Gesammt-Arcbiv zu 
Weimar — nicbt das Geb. Arcbiv, wie es irrtbiimlicb 
einige Male (No. 21 — 24) genannt wird — , aus welcbem 
bisber nocb uberaus wenig fiir die uns interessirende Zeit 
mitgetbeilt war, das Hauptstaatsarcbiv zu Dresden, aus 
dem ubrigens leicbt nocb eine grossere Anzabl von werth- 
vollen Documenten sicb batte zusammenstellen lassen, 
und die Missivenbiicber des Nurnberger Stadtarcbivs. 



Literatur. 205 

Einzelne Stucke stammen ferner aus dem Geh. Staats- 
archiv zu Berlin, dem Reichsarchiv zu Miinchen, dem 
Capitelsarchiv zu Prag u. s. w. 

In ihrer ausseren Form schliesst sich die Publication 
Palackys Urkundlichen Beitragen an; nur haben wir 
mit ganz besonderem Danke das alphabetische Namen- 
register am Schluss, das man schmerzlich bei Palacky 
vermisst, und das Inhaltsverzeichnis am Anfange des 
Bandes hervorzuheben. Eine Wiederholung der Titel des 
Inhaltsverzeichnisses alsUeberschriftender einzelnenStticke 
hatte die Benutzung noch bequeraer gemacht. Bedauern 
miissen wir, dass die Daten. nicht durchweg mit der 
n5tliigen Sorgfalt behandelt sind; falsche Reductionen 
finden sich doch etwas zu oft.^) Lei der enthalten die als 
Regesten mitgetheilten Stucke das Datum meist nur in 
der aufgelosten Form; wir konnen dies in keinem Falle 
gut heissen, besonders aber ist es dann zu missbilligen, 
wenn die Reductionen tiberhaupt nicht absolut zuverlftssig 
sind. Ein rein ausserlicher; aber doch unter Umstanden 
recht storender Uebelstand ist ferner, dass hie und da die 
chronologische Folge der Ur*kunden nicht strenge einjge- 
halten wird; so stehen No. 177 und 178 (1459) mitten 
zwischen den Urkunden von 1458, No. 296 gehort vor 
No. 293, 304 vor No. 303, No. 306—308 hinter No. 309. 
Diese und einzelne andere kleinere Versehen batten sich 
leicht durch eine sorgfaltige Revision beseitigen lassen. 

Die Nummern 5 — 17 (1441 — 1446) haben ausschliess- 
lich fur die schlesische Geschichte Interesse; sie sind 



^) Es sei mir gestattet, einige Berichtlgungen hier anzufiihren. 
No. 17: Januar 4. No. 18 und 19: Februar 13 (die Anmerkung 1 
auf S. 31 muss fortfallen). No. 24: August 12. No. 28: Mai 23. 
No. 46: September 7, No. 6d: Juni 4. No. 160: December 22. No. 
177: Juni 12. No. 209: October 22. No. 210: October 30. No. 211: 
November 22. No. 216: Februar 17. No. 248: Januar 17. (No. 262: 
September 3.) No. 272: December 10. No. 273: December 27. No. 
279: April 9. No. 286: October 12. No. 312: Juni 1. No. 317: 
October 11. No. 330: December 4. No. 334: Februar 18. No. 342: 
Septembers. Dass No. 143 vom Dienstag nach Anthonii e remit ae 
(Januar 18) ist, ergiebt sich aus der Erwahnung des auf den 20. Ja- 
nuar 1467 ausgeschriebenen Znaymer Tages; Anthonius ohne wei- 
teren Zusatz ist tibrigens in der Kegel Anton, erem. und daher wohl 
auch No. 178 von Januar 17, nicht von Juni 13. In No. 74 (S. 100) 
ist wohl Division em far Dimissionem, in No. 370 (S. 496) 
penultima fttr per ultima zu lesen, in No. 294 (S. 403) zwischen 
Sonnabend und Annunciationis ein vor zu setzen. 



306 Literatur. 

einem interessanten Manuscripte des Neumarkter Stadt- 
archivs entnommen, das lange Zeit yerschoUen war, bis 
Referent es vor Jahren wieder auffand und dann in einem 
Aufsatze liber die Geschichte Schlesiens in den Jahren 
1440—1452 (im 13. Bande der Zeitschriffc des Vereins 
flir schlesische Geschichte) vielfach benutzte. Mit Rtick- 
sicht hierauf mocbte ich mir die Frage erlauben, aus 
welchen Grtinden der Herr Verfasser No. 5 und 6 in die 
Jahre 1441 und 1442 gesetzt hat, wahrend sie meiner* 
Ansicht nach in die Jahre 1444 bez. 1445 gehoren (vergL 
a. a. O. 299, Anm. 2)? Zu der Anmerkung bei No. 14 
bemerke ich, dass das Schreiben nicht an den schlesischen 
Bund von 1443, von dem ich a. a. O. 56 spreche und 
der nicht lange Bestand hatte (ebenda 70), sondern an 
den bekannteren Bund von 1444 (vergl. ebenda 291 ff.) 
gerichtet ist. 

Auf die Documente aus den Jahren 1464 — 1471 werde 
ich in einem demnslchst erscheinenden langeren Aufsatze 
zur sachsischen Geschichte dieser Zeit zurtickkommen und 
vielleicht auch Gelegenheit finden, einige Erganzungen 
dazu zu publiciren. Hier Bemerke ich nur, dass der 
Aufisatz No. 276 sich auch im Kaiserlichen Buche des 
Markgrafen Albrecht Achilles (herausgeg. von Hofler, 
109 ff.) findet und zwar mit dem Datum Actum Mar- 
tini zu Nurmberg im LXVl jar; und dass No. 325 
nach dem wortlich gleichlautendem Berichte der Rftthe 
des Herzog Wilhelm bei Miiller, Reichstagstheatrum II, 
308 zu corrigiren bez. ergtazen gewesen ware. 

Dresden. H. Ermisch. 



Uebersioht iiber neuerdings ersohienene Sohriften und 
Aufsatze zur Saohsisoh - Thiiringisohen Gesohiohte und 

Alterthumskunde. 



Albertif Jul. Das Rathhaus zu Schleiz. Schleiz, W. Bau- 
mann. 1879. 8^ 34 SS. 

— Die altesten Herren von Weida. Beitrag zur Ge- 
schichte des Vogtlandes. Herausgegeben vom Geschichts- 
und Alterthumsverein zu Schleiz. Gera, C. B. Gries- 
bach. 1880. 8^ 53 SS. 



Literatui*. 207 

« 

Ausfeldy Ed. X<arabert von Hersfeld und der Zehntstreit 
zwischen Mainz, Hersfeld und Thtiringen. Marburg, 
Elwert. 1880. 8^. 80 SS. 

Hanschmann, AL Br. Kurze Chronik der Stadt Walden- 
burg und des fiirstlichen Hauses Schonburg^Walden- 
burg. Zum ersten Male chronologisch nach £llteren 
Quellen zuflammengestellt Waldenburg (QlauchaU; 
Peschke). 1880. 8^ 66 SS. 

Knahe, C. Geschichte der Stadt Torgau bis zur Zeit der 
Reformation. Nach den Urkunden zusammengestellt. 
Torgau, Friedr. Jacob. 1880. 8^ 47 SS. 

Knoihe, H, Der Antheil der Oberlausitz an den Anfangen 
des dreissigjahrigen Krieges, 1618 bis 1623. Von der 
Oberlausitzer Gesellschaft der Wissenschaften zu Gor- 
litz pramiirte Preisschrift. Dresden, H. Burdach. 1880. 
8°. 95 SS. (Auch im Neuen Lausitzer Magazin. Bd. 
LVI, S. 1—95). 

— Die Bemiihungen der Oberlausitz um einen Maiestats- 
brief, 1609—1611. Neues Lausitzer Magazin Ba. LVI, 
S. 96—117. 

Konigsdorfer, A. H. Verwustung der Kirclifahrt Lang- 
hennersdorf bei Freiberg im SOjahrigen Kriege und 
ihre Wiederherstellung. Nach Urkunden und anderen 
Quellen. Freiberg, Gerlach. 1879. 8^ VII. 120 SS. 

Loose, W. Briefe eines Leipziger Studenten aus den 
Jaht'en 1572 bis 1574. Beigabe zum Jahresbericht 
der Realschule zu Meissen. 1880. Meissen. 4^ 23 SS. 

Meltzer, Otto. Mittheilungen liber die Bibliothek der 
Kreuzschule : Programm des Gymnasiums zun\ heiligen 
Kreuz in Dresden. 1880. 4«. S. IH— XXVIU. 

Mailer, Oeorg. Paul Lindenau, der erste evangelische 
Hofprediger in Dresden. Ein Beitrag zur Reforma- 
tionsgescnichte Sachsens nach meistens ungedruckten 
Acten und Briefen. Leipzig, Hinrichs. 1880. 8®. 64 SS. 

MuUer, J, Die Zwickauer Schulordiiung von 1523. Ein 
Beitrag zur Geschichte des dreisprachigen UnterrichtSi 
Neue Jahrbiicher fiir Philologie und Padagogik. 
Herausgegeben von Fleckeisen imd Masius. Bd. 120, 
S. 476-486, 521—534, 602—612. 

Petrif K. H. Die Nachbarstadte Torgaus: Annaburg, Bel- 
gem, Dommitzsch, Duben, Eilenburg, Prettin, Schildau, 
Wurzen. Geschichtliche Skizze. Torgau, Friedr. Jacob. 
1880. 8^ 78 SS. 

Scichse* Beiti^ge zur Geschichte des Thomasklosters und der 



208 Literatur. 



Thomasschule: Programm der Thomasscliule in Leipzig 
flir das Schuljahr 1879/80, Leipzig. 4^ S. 1—40. 



MiUheUungen des Vereins fur Anhcdtische Geschichte und 
AUerihumskunde. Bd. IL Heft 7. Dessau 1880. 8^ 

Inhalt: Th. Stenzel, Zar Genealogie und Geschichte Anhalti- 
scher Adelsfamilien : I. die von Baussen and von Schkoelen auf 
Elsnigk; II. die von der Schnlenburg anf Libbesdorf. 6. Irmer, 
Wigbert von Groitsch (Schluss). H. Suhle, Landesordnung des 
Fttrsten Christian I. vom Jahre 1607. H. WSschke, Ueber eine by- 
zantinische Quelle zur Geschichte Ftirst Rudolfs von Anhalt. A. 
Formey, Briefwechsel des Filrsten Leopold von Anhalt-Dessau mit 
dem Grafen von Seckendorf (Erste Halfte). Th. Stenzel, Der Mllnz- 
fund von Giinthersberge. W. Hos&us, Anhaltiner auf der Universitat 
Heidelberg 1583—1669. Derselbe, August Franz Winter (Necrolog). 

MtUheilungen, Neue, aus dem Gebiet historisch'anttqiuiri' 
scher Forschungen. Im Namen des mit der Konig- 
lichen Universitat Halle-Wittenberg verbundenen Thii- 
ringiscfa-Sachsischen Vereins fiir Erforschung des vater- 
landischen Alterthums und Erhaltung seiner Denkmale. 
Herausgegeben von dem Secretair desselben J. O. Opel. 
Band XV, 1. Halle. 1880. 8^ 

Inhalt: Welters, Eia Beitrag zur Geschichte des Neuen Stiftes 
zu Halle (1519—1541). Witschel, Der Name der Stadt Eisenach. 
V. Mftlverstedt, Heraldica spuria. Wachter, Ghronicalische Aufzeich- 
nungen zur Geschichte der Stadt Halle vom Jahre 1464 — 1512. 
Gl. Menzel, Das Au^ustinerkloster in Sangerhausen. Schum, Acta 
varia Erfurtina inedita. Opel, Privilegium des Baths zu Merseburg 
vom Jahre 1569. Bothe, Die untergegangenen D5rfer im Ereise 
Zeitz. Miscellen. 

MtUheUungen von dem Freiherger Alterthumsverein, Heraus- 
gegeben von Heinricb Gerlach. 16. Heft. Mit 3 Tafeln 
Abbildungen. Freiberg i. S., H. Gerlach. 1879. 8^ 

Inhalt: Hingst, Die Verheerungen der Pest im Erzffebirge, be- 
sonders in und um Freiberg. Heydenreich, Eriegsdrangsaie von Frei- 
bergs l&ndlicher Umgebung im achtzehnten Jahrhundert. Miscellen. 
Gerlach, Freiherger H&user-Chronik (Erste Abtheilung). Bomer, 
Geschichtlich-architectonische Forschungen am Freiherger Dom. 

Zeitschrift des Verems fiir Thuringische Oeschichte. Neue 
Folge. Zweiter Band; Heft 1. Jena. E. Fromman. 
1880. 8^ 

Inhalt: Begistrum subsidii clero Thuringiae anno 1506 impositi. 
Herausgegeben von Ulrich Stechele. 



; 




IX. 

Studien zur Geschichte der sachsich-bohmischen 
Beziehungen in den Jahren 1464 bis 1468. 

Von 

Hubert Ermisch. • 



„Obgleicli in der Gescliichte des deutschen Volkes das 
ganze XV. Jahrhundert in unglaublicher Weise vernacli- 
lassigt wird, so gilt dies von dem Jahrzehnt 1460—1470 
dennoch vorzugsweise, und audi in diesem zumeist von 
den Jahren 1467 — 1470. Es ist, als hatten deutsche 
Schriftsteller die Geschiclite dieser Zeit auch nur zu be- 
riihren sich gesclieut." 

Seit Franz Palacky diese Worte niederschrieb, sind 
zwei Jahrzelmte vergangen; seinem - bahnbrechenden 
Werke sind mehrere andere Arbeiten gefolgt^ welche die 
Gescliichte jener Jahre mehr oder weniger eingehend be- 
handeln oder Quellen fur dieselbe der Benutzung zu- 
ganglich machen. ') AUein Palacky s Ausspruch hat noch 



») Fr. Palacky, Geschichte von Bohmen IV, 2 (Prag 1860). 
M. Jordan, Das ifonigthum Georgs von Podiebrad (Leipzig 1861). 
CI. Brockhaus, Gregor von Heimburg (Leipzig 1861). A. Kluckhohn, 
Ludwig der Keiche, Herzog von Bayern (Nordlingen 1865). J. G. 
Droysen, Geschiclite der Preussischen Politik. 2. Auflage. II, 1 
(Leipzig 1868). — Palacky, Urkundliche Beitrage zur Geschichte 
Bohmens und seiner Nachbarlander im Zeitalter Georgs von Podie- 
brad. Fontes rer. Austr. XX. (Wien 1860). Eschenloers Hist. 
Wratislaviensis, herausgegeben von H. Markgraf. Script, rer. Siles. 

Nenes Archiv f. 8. G. u. A. I. 3. 14 



210 Hubert Ermiscb: 

immer seine Berechtigung nicht ganz verloren. Unsere 
Kenntnis jenes Zeitraumes ist nocn eine durchaus liickenr 
hafte. Besitzen wir doch nicht einmal eine brauchbare 
Monographic tiber den Mann, der, wie kein anderer, die 
Seele der politischen Geschichte der zweiten Halfte des 
15. Jahrhunderts war, iiber den Markgrafen Albrecht 
Achilles von Brandenburg. 

Wie die allgemeine Geschichte Deutschlands, so wurde 
auch die der wettinischen Lander wahrend des bezeich- 
neten Zeitraumes bisher sehr stiefmiitterlich behandelt, 
obwohl das 15. Jahrhundert gerade fur die Entwicklung 
der deutschen Einzelstaaten von einer ausserordentlich 
hohen Bedeutung ist. Zwar ist sowol das Hauptstaats- 
archiv in Dresden, als das Gemeinschaftliche Archiv in 
Weimar wiederholt fiir die unten ffenannten Werke be- 
nutzt worden. AUein eine erschopfende Darstellung der 
wettinischen Politik jener Tage vom Standpunkte der 
Landesgeschichte aus fehlt noch voUig; denn die dlirftigen 
Notizen von Langenns *) in seiner Biographic Albrechts 
des Beherzten konnen nicht dafiir gelten. 

Auch der nachstehende Versuch will . nicht fiir eine 
endgiltige Losung dieser Aufgabe angeschen werden. Der 
Verfasser, der mit Ausnahme der gedruckten Quellen 
und einiger interessanten Documente des Gemeinschaft- 
lichen Archivs zu Weimar ausschliesslich auf die im Haupt- 
staatsarchiv zu Dresden **) aufbewahrten Schriftstiicke an- 
gewiesen war, verhehlt sich keineswegs, dass wahrschein- 
Hch an sehr verschiedenen Stellen noch mancherlei 
archivalisches Material liegt, durch welches unsere Kenntnis 
der Thatsachen und insbesondere jener oft recht dunkeln 
diplomatischen Beziehungen und Verwicklungen erweitert 
und vielleicht auch manche bisherige Annahme als un- 



YII. (Breslau 1872). H. Markgraf, Politische Gorrespondenz Bohmens 
im Zeitalter Georgs von Podiebrad. Script, rer. Siles. IX. (ebenda 
1874). A. Bachmann, Urkunden und Actenstflcke zur dsterreichischen 
Geschichte im Zeitalter Kaiser Friedrichs III. und K6nig Georgs 
von Bdhmen (1440 bis 1471). Fontes rer. Austr. XLII. (Wien 1879). 
Von alteren Publicationen sind vielfach zu benutzen gewesen : MtiUer, 
Reichstagstheatrum unter Friedrich V. Zweiter Theil (IV. Vor- 
stellung). Hofler, Das kaiserliche Buch des Markgrafen Albrecht 
Achilles (Bayreuth 1860) und Frankische Studien IV. (Wien 1851). 
Andere Werke werden an ihrer Stelle citirt werden. 

■) von Langenn, Herzog Albrecht der Beherzte 43 fgg. 

■•) Wir citiren dasselbe mit HStA., die hauptsftchlich in Be- 
tracht kommende Abtheilung, das „Wittenberger Archiv", mit WA. 



Studien zur GescL der sachs.-bShm. Bezieliungen 1464 — 68. 211 

haltbar erwiesen wird. Allein noch Jahre werden ver- 
gehen, ehe der Codex diplomaticus Saxoniae regiae soweit 
vorgeschritten sein wird, dass er dieses zerstreute und zer- 
splitterte Material vereinigt uns bieten kann. Es bedarf 
daher wohl kaum einer Entschuldigung, wenn schon jetzt 
ein Versuch gemacht wird, einzebie Partien der Geschichte 
Sachsens im spateren Mittelalter zu bearbeiten. 



I. 

Fiir die Geschichte der politischen Beziehungen 
zwischen Sachsen und Bohmen bildet das Jahr 1459 
einen bedeutungsvoUen Wendepunkt. Seitdem in den 
Hussitenkriegen die Kurfiirsten von Sachsen die Vor- 
kampfer des katholischen Deutschlands gegen die ketzeri* 
schen Nachbarn, allerdings mit wenig Gliick, gewesen 
waren, bestand eine leicht erklarliche Spannung zwischen 
Bohmen und Meissen, die dadurch nur gesteigert werden 
konnte, dass der utraquistische Edelmann Georg von 
Podiebrad seit dem Tode Konig Albrechts II. bald aus- 
schliesslich die Leitung der Geschicke seines Vaterlandes 
in die Hande bekam. Bohmische Truppen fielen wahrend 
des Bruderkrieges in die wettinischen Lande ein, um 
dem Landgrafen Wilhelra Hilfe gegen den Kurfiirsten zu 
bringen. Als dann ein Jahrzelmt spater derselbe Wilhelm 
nach dem Tode des jungen Bohmenkonigs Ladislaw sich 
im Einversttodnis mit seinem Bruder um die Krone des 
verwaisten Landes bewarb und, trotzdem dass die Wahl 
(am 2. Marz 1458) eben auf jenen Georg von Podiebrad 
fiel, doch die in den deutschen Kronlanden Bohmens, 
in Schlesien imd den Lausitzen, vorhandene Abneigung 
gegen den „UfFgeruckten" fiir seine Pltoe auszubeuten 
suchte, da scharfte sich noch einmal aufs Aeusserste jener 
Gegensatz; Wilhelm hat auch in der Folge dem Bohmen- 
konige, seinem alten Bundesgenossen, nie so nahe ge- 
standen, als sein Bruder und seine NefFen. 

Allein so tief auch diese feindliche Stellung der 
Nachbarlande in nationalen wie in religiosen Antipathien 
begrundet war, sie musste doch der Macht der politischen 

14* 



\ 



212 ' flnbert Ermisch: 

Verh^ltniBse und der beiderseitigen Interess^i weichen. 
Das Gliick and die Staatsklngheit des Bohmenkonigs^ die 
eigenthtimlichen Verh^ltnisse des Keiches, die seiner Partei- 
nanme eine ausschlaggebende Bedentong verliehen, endlich 
nicht zum Mindesten das starke Bedlirfiiis nach Frieden, 
das die von den Hnssitenstiirmen and den sjMlteren 
bohmisch-meissnisehen Wirren aufis Schwerste betroffenen 
Lande lebhaft empfanden, alles dies wirkte zasammen, 
am schliesslich nicht bios za einem Ausgleiche der zwischen 
Bobmen and den Wettinem vorhandenen Irrangen, son- 
dem sogar zu einer engen Verbindung der letzteren mit 
dem Konige Georg zu fiihren. Der Vermittler dieser 
Einigung war Markgraf Albrecht von Brandenbarg. 
Doppelheirathen zwischen Georgs Tochter Zdena and dem 
jimgen Herzog Albrecht, dem Sohne Karfiirst Friedrichs IL, 
and zwischen dem Konigssohne Heinrich tmd Katharina, 
der Tochter Herzog WiUielms^ soUten die geschlossenen 
Bundnisse festigen. Der Tag za Eger im April and 
Mai 1459^ an dem diese Verhandlangen zum Abschluss 
kamen, bat eine hohe Bedeutung nicht bios fiir die 
bohmiBche, sondern fur die deutsche Geschichte jener 
Zeit; insbesondere wurde er bestimmend fiir das Yerhaltnis 
der Wettiner zum Konig Georg bis zu dem Tode des 
letzteren. •) Noch im Herbste des Jahres 1459 wurde 
die Ehe zwischen Albrecht und Zdena geschlossen. 

Es zeigte sich bald, wie benothigt Konig Georg einer 
Stiitze unter den deutschen Fiirsten war. Der hochbegabte 
Herrscher hatte sich doch vielleicht in einem Punkte ge- 
t^uscht; als er die angebotene Kdnigskrone annahm. £r 
glaubte eine Mittelstellung zwischen der Curie (und, wir 
konnen hinzufiigen, dem katholischen Europa) and seinem 
eigenen utraquistischen Lande einnehmen zu konnen. 
Allein die Basis, auf der sich sein Konigthum er- 
hob, machte eine solche Mittelstellung zur Unmoglichkeit 
Die nationalen Elemente, denen Georg seine Krone ver- 
dankte, waren imtrennbar verbimden mit den kirchlichen. 
Nun hatte zwar das Basler Concil seiner Zeit einen Frieden 
zwischen der rechtglaubigen Kirche und dem Hussitismus 
vermittelt; allein jene Compactaten widersprachen dem 
innersten Wesen der romischen Curie, die sie denn in 



*) Ueber den Tag zu Eger vergleiche ausser den oben an- 
geftlhrten Werken noch Bachmann, Bohmen und seine Nachbariander 
unter Georg von Podiebrad (Prag 1878) 46 fgg. 



Studien zur Gesch. der sachs.-b5hm. Beziehungen 1464—68/ 213 

der That niemals formell anerkannt, sondern von Anfang 
an nur als ein durch die Noth des Augenblicks gerecht- 
fertigtes Provisorium angesehen hat. Vollends war Enea 
Silvio Piccolomini, der wenige Monate nach Georgs Wahl 
als Pius II. den papstlichen Stuhl bestieg, nicht der Mann 
dazu, sich durch Vertrage storen zu lassen, wenn es sich 
um die Herrschaft der Kirche handelte. So wichtig es 
aber von Anfang an ftir Georg war, mit der Curie, jener 
gefahrlichen Weltmacht, gegen die ja nur ein Defensiv- 
krieg, niemals ein Angriff moglich war, auf gutem Fusse 
zu bleiben, so war dies doch nur auf dem Boden eben 
jener Easier Compactaten denkbar; mit ihnen ware die 
Basis gefallen, auf der das moderne bohmische Konigthum 
ruhte. 

Das Verh'altnis Georgs zur Curie war auch auf 
seine Beziehungen zu den Nachbarn hochst einflussreich, 
und wir werden demselben im Weiteren unsere besondere 
Aufmerksamkeit schenken mlissen. Nur jenes Verhaltnis 
war es, was dem engen Anschluss der Wettiner an den 
bohmischen KOnig immer und immer von Neuem entgegen 
arbeitete, so sehr derselbe sonst den personlichen Nei- 
gungen des Kurfiirsten Ernst und insbesondere des Herzogs 
Albrecht; der gern am Hofe seines ritterlichen Schwieger- 
vaters weilte, und vielfach auch ihren politischen Inter- 
essen entsprach. Wenn trotz dieser Qegenwirkungen die 
meissnisch-thiiringischen Ftirsten bis zum Ende des Konigs 
treu fur ihn gewirkt haben, wo und wie sie nur irgend 
konnten, so ist dies in einer Zeit, in der die heiligsten 
Vertrage, ja selbst verwandtschaftliche Bande so wenig 
galten, wie in der zweiten Halfte des 15. Jahrhunderts, ein 
Beweis, wie kraftig jene personlichen Beziehungen waren. — 

Der Bruch zwischen Georg und dem Papste, dessen 
innere Nothwendigkeit sich Niemand verhehlen konnte, 
erfolgte im Jahre 1462. Als Pius II. am 31. Marz in 
feierlichster Form die Compactaten widerrufen und auf- 
gehoben und als wenige Monate spater auf dem denk- 
wurdigen Laurentiustage zu Prag Georg ebenso feierlich 
erklart hatte, an denselben festhalten zu woUen, war eine 
Fortdauer des I'angst nur scheinbar bestehenden Friedens 
zwischen Papst und Konig unmoglich geworden. Auch 
der Tod Pius 11., der wenige Wochen nach Erlass einer 
Vorladung gegen den Bohmen *) am 15. August 1464 

*) Diese Vorladung vom 16. Juni 1464 hatte keinerlei Wirkung, 



214 Hubert Ermisch: 

eintrat; bewirktc nur einen kurzen Aufschub in dem 
geistlichen Feldzuge. Nicht mit dera einzelnen Papste, 
sondern mit der Idee der Curie hatte jener Verwegene 
gebrochen, der es wagen woUte, einen der europaischen 
Konigsthrone ohne ihre Zustimmung zu behaupten. Im 
Juli 1465 nalim Papst Paul II. das Verfahren wieder 
auf, und die mit dem Processe beauftragten Cardinale 
Bessarion, Carvajal und Berard von Spoleto erliessen am 
2. August eine Vorladung an Georg, der sich binnen 
180 Tagen personlich zu Rom einstellen und wegen der 
ihra vorgeworfenen Ketzerei, Ruckfall in die Ketzerei, 
Meineid; Kirclienraub, Gotteslasterung u. s. w. verantworten 
soUe. *) Dass es bei diesem Verfahren auf keine Unter- 
suchung, sondern auf eine Verdammung abgesehen war, 
beweist die Bulle, die der Papst am 6. August 1465 jener 
Citation folgen liess: er befahl durch dieselbe dem past- 
lichen Legaten Rudolf, Bischof von Lavant, gegen alle 
Anhanger Georgs mit geistlichen Processen vorzugehen, 
alle Familienverbindungen und Bundnisse, die der Ketzer 
mit Katholiken geschlossen, fiir aufgehoben, alle Eide, die 
man ihm geleistet, ftir null und nichtig zu erklaren und 
die deutschen Fiirsten zum Widerstande gegen den Bohmen- 
konig aufzurufen. ®) 

Ein Zeitgenosse bezeichnet dieses Schriftstuck als 
KreuzbuUe. ') Der Ausdruck ist nicht genau, lasst aber 
doch erkennen, dass man die Situation richtig auffasste. 
Der ideale Sinn Pius* 11. hatte stets danach gestrebt; 
einen Kreuzzug gegen die Tiirken zu Stande zu bringen 
und durch denselben Europa von einer immer furchtbarer 
drohenden Gefahr zu befreien. Sein Nachfolger steckte 
sich weniger hohe Ziele; er woUte die Waffen der ge- 
sammten Christenheit gegen den Ketzerkonig gerichtet 
wissen. Paul 11. war eine praktischer angelegte Natm' 
als Enea Silvio Piccolomini. 



da Kaiser Friedrich III. ihre Publication in DeutscWand zu hinter- 
treiben wusste. Palacky IV, 2, 314. 

») SS. rer. Sil. IX, 135 fgg. 

•) Palackv, Drk. Beitr. 362 fgg. Die Stelle, in welcher der 
Legat ermacntigt wird, zum Kampfe gegen Georg aufzufordern 
(excitandi principes indite nationis Germanicae et alios quoscunque 
catholicos ad suscipiendum arma contra perfidos Turcos militantis 
vel ad terram sanctam euntibus per Romanes pontifices praedecessores 
nostros aut alias concedi consuevit) ist offenbar (durcn Ausfall von 
Worten zwischen anna und contra perfidos?) verderbt. 

^ SS. rer. Sil. IX, 139 Anm. 



Studien zur Gesch. der sachs.-b5hm. Beziehungen 1464—68. 215 

Er bewies dies auch dadurch, dass er eben in jener 
Zeit all die zahlreichen Elemente innerhalb Bohmens, 
die aus religiosen, aus politischen oder auch rein person- 
lichen Griinden Gegner Podiebrads waren, zu einem 
streitlustigen Ganzen zu einigen wusste. Der bohmische 
Herrenbund unter der Leitung des Breslauer Bischofs 
Jost von Rosenberg begann am 25. September 1465 mit 
einer Beschwerdeschrift, die er dem Landtage zu Prag 
uberreichte, seine politische Thatigkeit. ^) 



Kurfurst Friedrich II. von Sachsen war am 7. Sep- 
tember 1464 gestorben und hatte seine Lande seinen Sohnen, 
dem 23j'ahrigen Ernst und dem 21jahrigen Albrecht, 
hinterlassen. Die traurigen Schicksale, die der Bruder- 
krieg iiber das Haus der Wettiner gebracht, waren noch 
in frischer Erinnerung, und ihrer eingedenk haben die 
Briider lange Jahre hindurch in schonster Eintracht ge- 
herrscht. Auch ihre Politik dem Bohmenkonige gegeniiber 
war eine gemeinsame, 

Der dritte damals lebende Spross des Furstenhauses, 
ihr Oheim Herzog Wilhelm, der zu Weimar residirte, hat 
sich ihnen in der Folgezeit zwar vielfacli als streitstichtig 
und unvertraglich bewiesen, schloss sich aber doch im 
Wesentlichen der Hauspolitik in Bezug auf Bohmen an. 

Das erste Regierungsjahr der jungen Herrscher 
Meissens soUte nicht voriibergehen, ohne dass es ihnen 
klar wurde, in eine wie schwierige Situation sie das durch 
verwandtschaftliche und personliche Beziehungen und 
Neigungen verstarkte Biindnis des Hauses Wettin mit 
dem Bohmenkonige bringen wurde.. Schon vor Erlass 
der Citation hatte der Papst durch besondere Schreiben 
den Kaiser, die Konige von Ungarn, Polen und Dane- 
mark und zahlreiche deutsche Fursten, darunter auch Kur- 
furst Ernst und Herzog Wilhelm, von dem Bevorstehenden 
in Kenntnis gesetzt und aufgefordert, das Vorgehen gegen 
Georg kraftig zu unterstiitzen; jeder Verkehr mit dem 
Ketzer wurde verboten, alle mit ihm geschlossenen Ver- 
trage fiir aufgelost erklart. ®) Erst gegen Ende des Jahres 
1465 begann jedoch der eigentliche Kampf. 

•) Vergleiche insbesondere Markgraf, Die Bildung der katho- 
lischen Liga gegen Konig Georg von Podiebrad, in von Sybels Histor. 
Zeitschr. N. F. 11. 48 fgg., 261 fgg. 

•) SS. rer. Sil. IX, 134 Anm. 



216 Hubert Ermisch: 

Am 9. November zog der Mann, dera vorzugsweise 
die RoUe eines Vertreters der papstlichen Politik im ost- 
lichon Deutschland wahrend dieses geistlichen Kampfes 
zugedacht war, der pSpstliche Legat Rudolf, Biscliof von 
Lavant, in Breslau, langst dem Mittelpunkte aller gegen 
Georg gerichteten Bestrebungen, ein *®) und begann sotort 
seine Thatigkeit, indem er zunachst die an ihn gerichtete 
papstliclie BuUe vom 6. August nach alien Richtungen 
bin bekannt macbte; iiber 20 Abscbriften davon musste 
ihm der Breslauer Stadtscbreiber, Peter Escbenloer, an- 
fertigen. * *) Durfth ein Rundscbreiben an alle geistlicben und 
weltlicben Untertbanen des Konigreicbs Bobmen vom 
19. November, das allenthalben von den Kanzeln oder 
sonst den zusammengerufenen Gemeinden bekannt gemacbt 
werden sollte, wurden diese zum Abfall von Georg unter 
Androbung der scbwersten geistlicben Strafen aufgefordert. 
Audi Biscbof Dietricb von Meissen, zu dessen Sprengel 
bekanntlicb die Oberlausitz geborte, erhielt ein Exem- 
plar. ") . . 

Biscbof Dietricb (III.) von Meissen, aus dem Hause 
Scbonberg, welcber 1463 seinem Bruder Caspar auf dem 
biscbof licnen Stuble gefolgt, war ein verstandiger ge- 
massigter Mann, der, wie viele seiner Zeitgenossen, 
trotz voUkommen kircblicber Gesinnung und trotz auf- 
ricbtiger Abneigung gegen die Ketzerei der Hussiten 
dennocb das Vorgeben der Curie gegen den Bobmen- 
konig nicbt billigte, weil er es fiir unklug bielt. Er kannte 
die Stellung seiner Landesberren und trug ibr voUkomraen 
Recbnung ; er wusste aucb recht wobl, dass ein feindseliges 
Verbaltnis zu dem Nacbbarlande seinem Stifte, das mit 
demselben in so vielfacben Beziebungen stand, scbweren 
Scbaden bringen musste. ^^) Docb die Klugbeit gebot, 
ausserst vorsicbtig zu Werke zu geben, um es mit den 
geistlicben Oberen nicbt zu verderben. So bat Dietrich 
z. B. unbedenklicb den Legaten, den 1434 erfolgten Kauf des 
Dorfes Wuste-Ludwigsdorf bei Stolpen, iiber welcben der 



»•) SS. rer. Sil. IX, 145. Eschenloer (SS. rer. Sil. VII) 110. 

*») SS. rer. Sil. IX, 139 Anm. 

") Ebendaselbst 143 fgg. Zur Publication wurde das Schreiben 
nattirlich nicht im lateinischen Original, sondern in deutscher Ueber- 
setzuDg versandt (vergleiche die Bemerkung Eschenloers, ebendaselbst 
145 Anm.), so an das Domcapitel zu Bautzen (Palacky, Urk. Beitr. 370). 

**) vergleiche im AUgemeinen iiber ihn Fraustadt, Geschichte 
des Geschlecnts von Schonberg I A (2. Ausg.), 103 fgg. 



Studien zur Gesch. der saoha.-bohm. Beziehungen 1464 — 68. 217 

erforderliche Gunstbrief des bohmischen Konigs als Lehns- 
herrn noch nicht ausgestellt war, kraft der papstlichen 
VoUmacht „bis auf einen kiinftigen christlichen Konig" zu 
bestatigen, und der Legat that dies Namens des Papstes, 
„m dessen Hande jetzt das Konigreich Bohmen nebst 
alien einverleibten Landen gesetzt sei." ^*) Hatte dieser 
Akt auch praktisch nicht viel Bedeutung, so bezeichnete 
or doch die voUstandige Anerkennung der papstlichen Mass- 
regeln durch den Bischof. Auch versprach der Bischof 
bereitwilligst, dem Befehle des Legaten vom 19. No- 
vember nachzukommen ; er hielt es aber doch bei 
dieser Gelegenheit fur angebracht, Massigung ftir das 
weitere Vorgehen zu empfehlen, und in demselben Sinne 
wird auch der Gesandte, der in dieser Sache zum Legaten 
geschickt werden soUte, sich ausgesprochen haben. '*) 

AUein von Massigung war nicht mehr die Rede. 
Die Vermittlungsversuche, die Herzog Ludwig von Bayern 
und Konig Matthias von Ungarn Ende 1465 noch machten, 
scheiterten am entschiedenen Widerspruche der Curie. 
Die unbotmassigen bohmischen Herren schlossen im No- 
vember ein Schutz- und Trutzbiindnis auf fiinf Jahre; 
Konig Matthias liess sich bereit finden, als Werkzeug der 
Curie gegen seinen Schwiegervater Georg zu dienen; 
auch der Kaiser stand, soweit es seine dui'ch stete Zer- 
wiirfhisse mit dem Adel seiner Erblander gefahrdete Lage 
und seine naturliche Unentschlossenheit gestatteten, auf 
Seite des Papstes. So wagte denn Paul 11., bevor noch 
der in der Citation gesetzte Terrain verstrichen war, einen 
weiteren entscheidenden Schritt. Am 8. December 1465 
erfolgte die Bannbulle gegen Georg. Nochmals wurden 
alle Unterthanen und Bundesgenossen des Konigs ihres Eides 
entbunden, nochmals jeder Verkehr mit ihm verboten. *®) 



'*) Codex diplomaticus Saxoniae regiae II, 3, 167. 

'*) Ebendaselbst 162: Placeat igitur v. r. p. cum talibus habere 
pacientiam ad tempus non longum et processum vestrum pro summa 
pnidentia vestra aliquali mansuetudine temperare confidimus. Der 
Brief gehort ohne Frage ins Jahr 1465, nicht 1463, wie auch schon 
Markgraf SS. rer. Sil. IX, 145 Anm. bemerkt. In diese Zeit sind 
wohl auch die beiden an den Papst im Interesse Georgs gerichteten 
Briefe zu setzen, die in der sogenannten Cancellaria regis Georgii 
unter den Aufschriften pro ducibus Saxonie und pro marchionibus 
Brandenburgensibus sich finden (Neues Laus. Magazin XLVIf, 222, 
Nr. 108—111) und die wohl identisch sind mit den bei Pessina 
Mars Moravicus 749 fgg. gedruckten Schriften. 

»•) Yergl. Palacky IV, 2, 364 (Anm 232), 



218 Hubert Ermiscli: 

Die wichtigste Frage war die, welche Stellung nun- 
raehr die Nachbam Bohmens nehmen wUrden. Wenn der 
Legat Rudolf fruher einmal dem Papste geschrieben hatte, 
class die deutschen Fursten nur auf eine Gelegenheit 
warteten, um alle Vertr'age mit Georg aufzulosen, so 
hatte er sicb doch als ein Mann von geringem Scharfsinn 
erwiesen oder diplomatiscbe Hoflichkeitsfloskeln fur baare 
Miinze genoramen. ") 

Aui die allgemeinen Verhaltnisse Deutschlands, die 
hier in Frage kommen, werden wir unten etwas naher 
einzugehen liaben. 

Was die Wettiner anlangt, so trug im Anfange des 
Jahres 1466 ein besonderer Anlass viel dazu bei, die Be- 
ziehungen Ernsts und Albrechts zu Bohmen zu noch engem 
zu maclien, als sie bisher waren. Es war dies der 
Plauensche Handel, den wir hier, wenn auch nur in Ktirze, 
beriihren miissen. Seit die Wettiner den Herren von 
Plauen die ihnen 1426 von Konig Sigismund verliehene 
Burggrafschaft Meissen") nach dreizehnjahrigem Ringen 
1439 abgejagt batten, bestand zwisclien den beiden Hausern 
ein tiefgehender GroU, der sich bei manchen Gelegen- 
lieiten ausserte und nur auf einen Anlass zu warten schien, 
um ofFene Febde herbeizufuliren. Traurige Familien- 
zerwurfnisse schwacliten die Krafte der Plauenscben Fa- 
milie. Heinrich (II.) hatte seinem Sohne die Tochter 
eines Herrn von Rosenberg gefreit; dieser aber vermahlte 
sich gegen den Willen seines Vaters und der Lehnsmannen 
des Landes nicht mit ihr, sondern mit der ihm uneben- 
biirtigen Tochter eines Ritters. Der erzurnte Vater be- 
raubte ihn deshalb all seiner Guter; ein Tlieil derselben 
kam in fremde Hande. Als 1446 der Vater starb, gab 
man dem Sohne die Schuld, ihn vergiftet zu haben; der 
Vater selbst soil ihn kurz vor seinem Tode 5ffentlich dieses 
Vergehens geziehen haben, Obwohl nun die Plauenscben 
Mannen trotz alledem dem jungen Heinrich zur Wieder- 

") Der Meissner Dechant Heinrich Leubing scheint noch Anfang 
1466 dem. Legaten den thatigen Beistand seines Herrschers in Aus- 
sicht gestellt zu haben, wenn wir die Worte des Antwortschreibens 
des Bischofs Rudolf voni 18. Januar 1466 (Scio enim quod tanti 
principis assistentia poterit operari, profecto si principes civitates 
et populi Silesiae atque Moraviae tale caput haberent, omnes ad illud 
gratissimo animo confugerent) richtig deuten. Codex diplomaticus 
Saxoniae regiae II, 3, 168. 

*») Vergl. von Langenn, Herzog Albrecht 46 fgg. Marcker, 
Burggrafthum Meissen 361 fgg. Jordan 266 fgg. 



Studien zar Gesch. der sachs.-bohm. Beziehungen 1464 — 68. 219 

eroberung der entfreradeten Schlosser, Stadte und Herr- 
schaften Beistand leisteten^ brach doch binnen Kurzera 
zwischen ihnen und ihrem Herrn, der es nicht ver- 
gessen konnte, dass sie vordem nicht zu ihm, sondern 
zu seinem Vater gestanden, heftige Feindschaft aus und 
wahrte viele Jahre. Die Sache kam schliesslich an Konig 
Georg als den Oberlehnsherrn des von Plauen; ein jahre- 
langes Processiren begann, viele Schoffenspriiche wurden 
in Magdeburg eingeholt, wahrend der von Plauen und 
seine Gemahlin in ihren Gewaltthaten unbeirrt fortfuhren. 
Inzwischen war der Conflict zwischen Georg und der 
Curie ausgebrochen und Heinrich ein Mitglied des Herren- 
bundes geworden; schon hieraus liess sich entnehmen, in 
welchem Sinne das Endurtheil Georgs ausfallen wUrde, 
und Heinrich nahm daher gem die durch die papstlichen 
Bullen des Jahres 1465 sich ihm bietende Gelegenheit 
wahr, sich seinem Richterspruche zu entziehen, erschien 
nicht auf dem Schlosse zu Prag, wohin er citirt war, 
sondern verklagte seinerseits seine Mannen vor dem 
Legaten Rudolf als dem Vertreter der Curie, die sich ja 
die RoUe eines bohmischen Konigs bis auf Weiteres an- 
masste, dass sie von ihm als ihrem rechten Lehensherrn 
abgefallen seien und sich zu dem gebannten Konige 
hielten. Der Legat beauftragte den Comthur von Plauen 
als den Archidiaconus mit der Citation der Mannen 
und der Untersuchung der Sache. **) Die Mannen ge- 
horchten der Citation nicht und machten Einwendungen 
gegen die Person des Richters. Da verhing der Comthur 
die Excommunication liber sie, und bevor sie an den Le- 

faten appelliren konnten, kundigte ihnen ihr Lehnsherr 
ehde an, zog wider sie, nabm ihnen einige Hofe fort, 
brannte sie nieder und plunderte, wo er nur konnte. *") 



*•) Schreiben von 1466 Januar 15. in der Cancellaria regis Georgii. 
Neues Lausitzer Magazin XLVII, 223 (Nr. 120). 

aoj ^jj. giujj insbesondere dem Klagzettel der Erbarmannen von 
Plauen (WA. Reuss. Sachen Bl. 66—61, vergl. Bohmische Sachen 
Kaps. V. Bl. 261 — 277 und Reuss. Sachen Bl. 45 — 55) gefolgt, verkennen 
jedoch nicht, dass diese Quelle, wie die sonstigen in dieser Sache 
er^angenen zahlreichen Processschriften feine Zusammenstellung 
bei Marcker a. a. 0. 365 Anm. 29) durcnaus einseitig und mit 
grosser Vorsicht zu benutzen sind. Die Darstellung, die Heinrich 
selbst in seiner Denkschrift (s. S. 222) giebt, weicht z. B. in den Angaben 
fiber den Gang des Processes ab. Eine erschopfende Untersuchung 
der Plauenschen Wirren, die wir hier nicht geben konnen, wUrde 
schon wegen der mannichfachen interessanten Schlaglichter, die das 



220 Hubert Ermisch: 

Dies veranlasste Georg, den Process schleunigst zu be- 
cndigen. Auf Grund eines Magdeburger SchofFenspruches 
verurtheilte er Heinrich, namentlich mit Hiicksicht auf 
seinen Ungeliorsam und weil er sich gegen Ordnung und 
Recht an das geistliche Gericht gewandt habe, zu Geld- 
entschadigung.und Busse. *') 

Es war vorauszusehen, dass Heinrich dera Spruclie 
nicht gehorchen wurde, und in diesem Falle bot sich dera 
Konige von selbst eine erwUnschte Gelegenheit, die sach- 
sischen Herzoge sich noch enger zu verbinden, und dieseU; 
ihr Gebiet auf Kosten eines unbequemen Nachbars zu 
erweitem. Schon hatten sich die Flauenschen Mannen, 
unmittelbar nachdem Heinrich seinen Fehdebrief in dem 
Dorfe Rodau (bei MuhltroflP) in die Planken hatte stecken 
lassen und seinen Fehde- und Raubzug begonnen hatte, 
an den Kurfursten Ernst gewandt und ihn um Hiilfe an- 
gerufen; sie hatten dazu ein Recht, denn die raeisten von 
mnen trugen auch von Ernst Lehen und durften somit 
Seinen Schutz, als den des Lehnsherrn, beanspruchen. **) 
Sie folgten dabei hOheren Weisungen. Denn auch Konig 
Georg forderte auf Grund der Egerer Vertrage die 
Markgrafen auf, ihm gegen den unbotmassigen Vasallen 
Beistand zu leisten; **) als Lohn hat er ihnen wohl von 
Anfajig an den Besitz der Herrschaft Piauen in Aussicht 
gestellt. Das Gesuch der Mannen war nur in Scene ge- 
setzt, um die dem gebannten Konige geleistete Hiilfe als 



Material auf die socialen, staats- und lehnrechtlichen YerMUnisse 
der Zeit fallen lasst, cine nicht undankbare Aufgabe sein. 

'*) Das in einem Vidimus der Univorsitftt Leipzig vom 10. No- 
vember 1483 (HStA. Original Nr. 7932) und in einer Abschrift des 
15. Jahrhunderts (ebendaselbst Cop. 1315 fol. 13 b fgg.) erhaltene 
Urtheil tragt das Datum des 13. Februar 1466, nicht, wie v. Langenn 
50 angiebt, des 2. Januar. 

**) Undat. Schreiben WA. Reuss. Sachen Bl. 62. 

**) Diese von Georg ausgegangene Aufforderung zur Fehde gegen 
Heinrich, welche die Fursten spater dem Le^aten und dem Papste 
gegeniiber vergeblich zu verschleiern suchten, wird bewiesen durch den 
Wortlaut des Fehdebriefes an Heinrich vom 14. Februar (...und 
wir dem genanten unserm hern unnd swager unde der wirdigenn 
Crohn frnntschaft bunteniss unde eynunge halben zcugetan und ge- 
wanth, auch dess vonn siner durchluchtikeit vermanet sind die manne 
zcu schuttzen) und des von Konig Georg ausgestellten Lehnbriefes 
iiber Piauen vom 9. Marz (als ..£rnst.. .auff unser fordrunge und 
begere nach laut unser erblichen vereynigunge, die wir als konig 
zcu Pehmen und von der cron wegen mit ihrer lieben haben una 
darinnen sitczen). 



Studien zur Gesch. der sachs.-bohm. Beziehungen 1464 — 68. 221 

ein zum Schutze eigner Intereesen und aus eigenem Rechte 
begonneries Unternehmen darzustellen. 

Kaum vernahm Heinrich von dem Htilferufe seiner 
Lehnsleute, als er den Folgen desselben vorzubeugen suchte. 
Er ricbtete am 26. Januar 1466 ein langeres Sebreiben an 
Kurfurst Ernst, in welchem er eine vollkommen andere Dar- 
stellung der Sachlage gab, sicb als den durch die Mannen 
Beleidigten und Geschadigten darstellte und dringend 
bat, den Aufruhrern keinen Beistand zu leisten. **) Auf 
ihre Klagen selbst ging er gar nicht ein. Dagegen 
verfehlte er nicht, sich als den Beauftragten der Kirebe 
den im Banne befindlichen Widerspenstigen gegenuber 
hinzustellen. Der Kurfurst legte wenig Gewicht auf 
dieses Sebreiben; in seiner bereits am 29. Januar erfolgen- 
den Antwort sprach er sein Befremden dariiber aus, 
dass er seine Mannen, die den ordentlichen Recbtsweg 
beschritten batten und Willens seien, dem Spruche der 
Magdeburger Schoffen nacbzuleben, in geistlicbe Pro- 
cesse verwickelt und in den Bann gebracbt babe, ver- 
langte sofortige Einstellung der geistlicben Strafen wie 
der Fehde und Ausfiihrung des ergangenen Urtheils und 
drohte, dass er nothigenfalls als Lehnsherr ftir seine Mannen 
eintreten werde. **) Als hierauf keine befriedigende Ant- 
wort einlief, ktindigte er in der That dem von Plauen am 
7. Februar 1466 die Fehde an. *^) Gleich darauf fiel er 
im Plauenschen ein und nahm die DOrfer Theuma, Steins- 
dorf, Schonberg bei Miihltroff u. a. und wenige Tage 
spater das Schloss Plauen selbst. Widerstand scheint 
kaum geleistet worden zu sein. Heinrioh und sein Sohn 
verliessen das Land. *') 

Am 9, Marz belehnte darauf Konig Georg den 
Herzog Albrecht an Stelle des unbotmassigen Heinrich 

**) WA. Reuss. Sachen Bl. 63. 

*») Ebendaselbst Bl. 64. 

*•) Ebendaselbst Bl. 66. 

**) Paul Lange bei Mencke SS. II, 48, der den Tag der heil. 
Scolastica (10. Februar") als Tag der Vertreibung des Burggrafen 
nennt, Append. Chron. Vet. Cell, ebendaselbst II, 429, Eschenloer 
(SS. rer. Sil. VII) 116 und die an die Universitat Leipzig gerichtete 
Beschwerdeschrift Heinrichs vom 9. April 1466, WA. Bohm. Sachen 
Eaps. V fol. 282 (gedruckt bei Jordan 432). Ueber die Verbrennung 
der Kirche zu Schonberg vergleiche SS. rer. Sil. IX, 170 Anna. 
Nicht uninteressant sind die Rechnungen tiber die bei Gelegenheit 
des Plauenschen Zuges vom 6. bis zum 16. Februar verausgabten 
Gelder (mit der falschen Jahreszahl LXV) in HStA. Loc. 4336, Rechnung 
der Amtleuthe Sachssen, Meissen und Voitland 1467 (hinter fol. 382). 



222 Hubert Ermisch: 

mit Schloss und Herrschaft Plauen; die Belelinung soUte 
ein Ersatz ftir die von den Ilerzogen auf die Efoberung 
des Schlosses venvandten Kosten sein. ^^) Wenn Herzog 
Albrecht, niclit der Kurfurst, diese Lehen empfing, so liatte 
dies seinen Grund darin, dass ersterer bereits seit den 
Egerer Vertragen von 1459 Lehnfiirst der Krone Bohmen 
war. ") 

Der Vertriebene setzte sofort alle Mittel in Bewegung, 
um wieder zu seinem Lande zu kommen. Von Konigs- 
wart bei Eger, wo er zunachst Zuflucht gefunden, liess 
er am 9. April 1466 eine Denkschrift ausgehen, in der 
er eine Darstellung des ganzen Handels von seinem 
Standpunkte aus gab, gegen das Verfahren der sach- 
sischen Herzoge entschieden protestirte und schliesslich 
sich bereit erklarte, dem Richterspruche des Papstes oder 
seines Legaten, der bohmischen Herren, „die da sind 
neben seiner Heiligkeit bei der Romischen Kirche", des 
Erzbischofs zu Magdeburg, der Bischofe zu Wiirzburg 
und Bamberg, der Markgrafen von Brandenburg, des 
Herzogs Willielm oder der bayerischen Fiirsten sich unter- 
werfen zu woUen. Die Denkschrift ist uns in zwei Exem- 
plaren erhalten, von denen das eine an die Universitat 
Leipzig, das andere an die Stadt Eger gerichtet ist ^®) 
Kurfurst Ernst hatte die letztere, deren Haltung ihrer 
geographischen Lage und ihrer bedeutenden Hilfsmittel 
wegen von besonderer Wichtigkeit war, in den ersten 
Tagen des Einmarsches in Plauen und dann wiederholt 
um thatigen Beistand ersucht ^'); andrerseits hatte der 
Herrenbund, den die Plauensche Angelegenheit natiirlich 
ebenfalls nah beriihrte, sie vor jeder Unterstutzung Ernsts 
gewarnt. '*) Sie entschloss sich endlich, das Verlangen 
des KurfUrsten abzulehnen und neutral zu bleiben. '*) 



••) Der Lehnbrief und die Weisung an die Mannen von dem- 
selben Datum-im HStA. Originale Nr. 7936, 7937. Ein zweiter, mit dem 
erwahnten wortlich gleichlautenden Lehnbrief vom 14. Juni 1466 
ebendaselbst Nr. 7955 (vergl. Nr. 7956). 

"•) der danne fore unser und der cron lehenflirst ist, heisst es 
in dem Lehnbrief. 

*®) Ersteres nach einer Abschrift WA. Bohm. Sachen Kaps. V 
Bl. 282, incorrect gedruckt bei Jordan 432, letzteres nach dem Original 
in Eger bei Bachmann, Urk. und Actenst. 371 fgg. (das Datum ist 
jedoch zu verbessem). 

") Bachmann a. a. 0. 371. 

") Palacky, Urk. Beitr. 391. 

**) Bachmann a. a. 0. 371. 



Stadien zur Gesch. der s&chs.-bohm. Beziehungen 1464—68. 223 

Wichtiger als diese Denkschrift war, dass sich Hein- 
rich mit seiner Beschwerde an den Papst wandte. Hatten 
doch die Mannen es verschm'aht, den Anordnungen des 
Legaten gemass die Sache durch den geistlichen Richter 
entscheiden zu lassen und waren sie doch deswegen in 
den Bann gekommen. Schon aus diesem Grunde konnte 
Heinrich mit einem gewissen Rechte hervorheben, das Ver- 
halten der sachsischen Fursten gereiche „zu merklichem 
Verdruss, Schaden und Schmach unserm allerheiligsten 
Vater dem Papst und der heiligen Romischen Kirche"; 
schwerer freilicli noch wog der Vorwurf, dass sie durch 
ihr Eingreifen den gebannten Bohmenkonig unterstutzt 
hUtten. Paul II. s^umte denn auch nicht, sich der Sache aufs 
Warmste anzunehmen. Er richtete (Ende April oder An- 
fang Mai) ein emstes Schreiben an den Kurfursten, in 
dem er sein Befremden aussprach, wie derselbe gerade in 
dieser Zeit dem ketzerischen Konige gegen einen treuen 
Sohn der Kirche, wie es Heinrich sei, Beistand leisten konne, 
und ihn zum Abbruch aller Beziehungen zu Georg, zur eif- 
rigen Verfolgung der hussitischen Ketzerei und zur Restitu- 
tion des Burggrafen Heinrich dringend aufforderte; habe er 
irgend eine private DifFerenz mit ihm, so erklarte er sich 
bereit, dieselbe durch den Legaten Rudolf oder einen 
anderen unverdachtigen Richter, dessen Wahl dem Kur- 
fursten freigestellt wird, schlichten zu lassen. '*) In 
Schreiben fast glcichen Wortlauts wurden der Bischof 
von Meissen, der Meissner Doradechant Heinrich Leubing, 
ferner der Kaiser und Herzog Wilhelm aufgefordert, Ernst 
zur Befolgung der papstlichen Befehle zu veranlassen. **) 

So hatte diese Plauensche Angelegenheit die sach- 
sischen Briider in einer ihnen nichts weniger als an- 
genehmen Weise plotzlich aus ihrer zuriickhaltenden Stel- 
lung hinausgeflihrt auf die Biihne, auf der sich der 
weltgeschichtliche Kampf zwischen dem Papstthum und 
dem K(5nig Georg abspielte. Georg war ein feiner Diplo- 
mat; das bewies auch dieser Zug. 

Es waren iibrigens nicht die sachsischen Herzoge 
allein, denen das Vorgehen des Papstes gegen den Bohmen- 



•*) SS. rer. Sil. IX, 168. Eine deutsche Uebersetzung WA. 
Reass. Sache n Bl. 69 ; daraus Excerpte bei Jordan 266, v. Langenn 52. 

»») Das Schreiben an den Bischof d. d. 1466 April 24 und an 
Lenbing d. d. Mai 13 in deutscher Uebersetzung WA. Beuss. Sachen 
BL 67, 66. Yergl. SS. rer. Sil. IX, 169 Anm. 



224 Hubert Ermiscli: 

konig recht unerwiinscht war. Die anderen deiitschen 
Fiirstenhauser hatten sammtlich niclit viel mehr Sym- 
patliie fiir dasselbe. Verworrene Zust'ande herrschten 
damals in Deutschland. Die Autorit'at des Kaiserthums, 
sclion seit dera Interregnum in stetem Schwinden begriffen, 
war voUends dahin, seit die kurzsichtige, energielose, eng- 
herzige und knauserige Personlichkeit Friedrichs III. die 
Krone trug. Wolil machte man Anstrengungen , durch 
„Reformationen" dem traurigen Zustande abzuhelfen; aber 
diese Anstrengungen waren nicht hervorgerufen durch 
eine weitschauende, nationale Politik, sondern lediglich 
durch den Trieb der Selbsterhaltung. Dera monarchischen 
Reichsgedanken, der ohnehin seit lange nur in der Theorie 
noch bestand, trat immer unverhiillter das Streben der 
territorialen Machte nach voUiger Unabhangigkeit — nach 
oben wie nach unten — entgegen. Was wie ein gross- 
artiger Reformplan aussah, war, naher betrachtet, im 
Grunde nichts als eine Aeusserung jenes Strebens. Aber 
es konnte nicht fehlen, dass eben dies die einzelnen 
Furstenhauser heftig an einander brachte; die einseitig 
vertretenen Interessen mussten coUidiren. So waren denn 
die beiden., die unter Deutschlands gebornen Fiirsten 
wohl am lebhaftesten, wenn auch in sehr verschiedenem 
Sinne, an Reichsreform dachten, Markgraf Albrecht von 
Brandenburg, jener „Achilles", der von seinem kleinen 
frankischen Lande aus immer von Neuem den leitenden- 
Einfluss in Deutschland zu erwerben versuchte, und Fried- 
rich der Siegreiche von der Pfalz, zugleich die Haupter 
vonFiirstenbundnissen, die sich in den Jahren 1459 — 1463 
wiederholt blutig befehdeten. 

In den Jahren, von denen wir zu handeln haben, 
ruhten die Waffen; und es liess sich nicht leugnen, dass 
sie ruhten, war vorzugsweise dem schwer wiegenden Ein- 
flusse des Bohmenkonigs zu danken, der, ohne viel nach 
den Mitteln zu fragen, sich wahrend der ganzen Kampfe 
bald auf dieser, bald auf jener Seite gehalten, wie es 
isein Vortheil verlangt hatte. AUgemein herrschte leb- 
haftes Bedurfnis nach Frieden. Kein Wunder, wenn die 
Brandfackel, die der Papst in die deutschen Lande 
schleuderte, in kein Pulverfass fiel, der Bannstrahl der 
Curie vielmehr den deutschen Fiirsten recht ungelegen 
kam, — mochten sie auch noch so wenig personliche 
Sympathie fiir den Bohmenkonig haben, der ja, wie sie, 
ebenfalls nur seinen eigenen Vortheil im Auge hatte. 



Studien zur Gescb. der sHchs.-bohm. Beziehungen 1464 — 6d. 225 

Neben den Wettinern waren es vorzugsweise die 
beiden Fiirstenhauser HohenzoUern und Wittelsbach, die 
in Frage kamen. Unter sich und mit Bohmen waren sie 
durch Verschwagerungen wie durch Einungen, jenes 
Mittel, durch das man vergeblich einen Ersatz fur 
eine kraftige einheitliche Oberleitung zu schaffen suchte, 
raannichfach verbunden. Amalie und Anna, die Schwestern 
von Ernst und Aibrecht, waren die Gemahlinnen von 
Ludwig von Bayern -Landshut, der den Beinamen des 
Reichen jet^freilich nicht mehr in so hohem Grade ver- 
diente, wie emst vor jenen mehrjahrigen Fehden, und von 
Markgraf Albrecht Achilles; Kurfiirst Ernst hatte eine 
Tochter Albrechts III. von Bayern-Miinchen, Kurfiirst 
Friedrich II. von Brandenburg eine Schwester des Herzogs 
Wilhelm von Sachsen zur Frau. Dass des Bohmenk5nigs 
Tochter Zdena mit Herzog Albrecht vermahlt, seinem 
Sohne aber die Tochter des Herzogs Wilhelm, Katharina, 
zugedacht war, haben wir oben bereits erwahnt; ein 
anderer Sohn Georgs, Heinrich, war mit Albrechts von 
Brandenburg Lieblingstochter Ursula, die bohmische Prin- 
zessin Ludmilla mit dem Sohne Ludwigs von Bayern- 
Landshut verlobt. 1457 waren die Brandenburger der 
sachsisch-hessischen Erbeinigung beigetreten ^®), und seit 
1459 bestanden, wie wir bereits erwahnten, Bundnisse 
zwischen Bohmen, Brandenburg und Sachsen. Es war 
nattirlich, dass diese mannichfachen Verbindungen ihre 
Wirkung auf die Politik jener Tage nachdrticklich aus- 
serten. Aber auch die Differenzen, die wenige Jahre 
vorher die deutschen Fursten in zwei Parteien gespalten 
hatten, in eine wittelsbachische, zu der vor allem Friedrich 
der Siegreiche von der Pfalz und Herzog Ludwig von 
Bayem-Landshut gehorten, und in eine antiwittelsbachische, 
die unter der Leitung Albrechts von Brandenburg die 
Interessen des Kaisers und Reiches vertrat oder doch zu 
vertreteri vorgab, spiegelten sich wieder. 

Kurfiirst Friedrich II. von Sachsen hatte sich in jenen 
Differenzen im Wesentlichen stets als Bundesgenossen 
der Brandenburger gezeigt. Die Haltung seiner Sohne 
war dagegen weniger entschieden; sicher waren sie von 
vorn herein nicht frei von Sympathien fiir die Wittels- 
bacher. Sehr bedenklich war scnon, dass sie einer Er- 



••) Vergl. den Vertrag von 1467 April 29. bei Riedel, Cod. 
dipl. II, 6, 22. 

Ifeues ArcbiT flS.aii.A.L8. 15 



226 Hubert Ennischj 

neuerung jener brandenburgisch-s&clisisch-hessischen Erb- 
einigung allerliand Schwierigkeiten entgegensetzteii; was die 
Brandenbiirger ohne Frage init Mistrauen eriuUen musste. 
Im April 1466 crscbienen der Obermarschall Hugold von 
Scbleinitz, Caspar von Schonberg und der Oberkanzlei- 
schreiber Caspar Freiberger als Gesandte von Ernst und 
Albrecht bei Kurfurst Friedrich und schlugen ihnen^ 
offenbar im Einverstandnis und wahrscheinlich auf Ver- 
anlassung des Herzogs Ludwig von Bayern, statt einer 
Erneuerung der bisherigen Erbeinigung ein allgemeines 
Biindnis, in das audi der Kaiser aufgenommen werden 
soUte, oder doch eine Einung zwischen den Hausem 
Sachsen, Brandenburg und Bay ern vor; jedenfalls zeigten 
sich die sachsischen Fiirsten nicht ^eneigt, jemals gegen den 
Pfalzgrafen und den Herzog Ludwig Hilfe zu leisten — 
und ohne Frage ist dies der Grund, aus dem sie einer Er- 
neuerung der Erbeinigung widerstrebten. Diese Plane er- 
fullten den Kurfursten Friedrich mit Unwillen und Besorg- 
nis ; er schrieb in solchera Sinne an seinen Bruder Albrecht. 
Er glaubte die Annahrae des zuletzt erwahnten Bundnisses 
befUrworten zu soUen, „denn unter zweyen Bosen ist je 
das mindeste Bose zu kiesen"; das vorgeschlagene Biindnis 
sichere seinen Bruder doch wenigstens gegen die Ge- 
fahren, die aus einer ofFenbaren Feindseligkeit der Herzoge 
in dem, wie Friedrich beflirchtete, bevorstehenden Wieder- 
ausbruch des Krieges drohten. *') Markgraf Albrecht 
war anderer Ansicht; er glaubte, ein solcher Vertrag 
widerstreite seinen Pflichten, die er als des Reiches Haupt- 
mann gegen den Kaiser, gegen Fiirsten und Stadte habe, 
wie auch seinen sonstigen Einungen; er konne dadurch 
in die Lage kommen, eidbruchig am Kaiser und seinen 
anderen Bundesgenossen zu werden, und es sei ja dann 
noch nicht sicher, ob nicht Hugold von Schleinitz die 
neue Einung ebenso fiir unverbindlich erklstren wtirde, 
vde jetzt die alte. Herzog Wilhelm sei, wie er glaube, 
auch seiner Meinung; also schon jetzt zeigte sich doch 
eine Diflferenz in der Politik der Neflfen und des Oheims. 
Dagegen erklarte sich Albrecht gern zu einer Einung 
unter des Kaisers Leitung bereit: „wo der hinfahrt mit- 
sammt uns und andern, die er neben sich zieht; da liegen 



•O Riedel, Cod. dipl. IH, 1, 390 fgg. (das Schriftstack gehort 
jedoch nicht in den Mai, sondem in den April 1466, wie sich aus 
Albrecht s Antwort ergiebt). 



Studien zar Gesch. der saclis.-bdlim. Beziehungen 1464 — 68. 227 

wir mit oben imd unten, und bitten desgleichen Eure 
Liebe und alle unsere Freunde aucb zu thun; das ist 
das langere gottliche und ehrlichste Leben, unnd bringt 
unns Niemand aus der heuty ob Gott will, dieweil wir 
leben, und Eure Lieb und wir woUens, ob Gott will, 
auf unsere Kinder erben, dass wir nie anders an Papst 
und Kaiser, unsern rechten Herren und obersten Hauptem, 
auch an unsern gebornen Freunden, Bundesgenossen und 
Zugewandten gethan haben, denn frommen Fiirsten wohl 
ansteht** u. s. w. Aber, heisst es dann schliesslich, einen 
Einungsentwurf, der vom Kaiser ausgehe, gebe es nicht; 
er beruhe auf falscher Vorspiegelung. **) 

Auf Grund dieses Schreibens erklarte Friedrich dem 
sachsischen Gesandten, hinter dem Riicken des Kaisers 
konnten weder er noch sein Bruder Albrecht sich in ein 
BUndnis einlassen^ ausser in ein solches, das schon fruher 
bestanden habe; sie woUten daher bei der mit ihrem 
Vater geschlossenen Erbeinigung bleiben.'®) 

Stehen jene Verhandlungen auch nicht in immittel- 
barer Verbindung mit den sachisch-bohmischen Bezie- 
hungen, so konnen letztere doch nur dann richtig aufge- 
fasst werden, wenn man das Verhaltnis der fiirstlichen 
Bruder zu ihren Nachbarn, und zwar vorzugsweise zu 
den Brandenburgern imd zu Herzog Wilhelni, fortwahrend 
im Auge behalt. Wir werden daher auch in der Folge 
diesen Beziehungen unsere Aufmerksamkeit ganz besonders 
zuwenden mtissen. 

Die sachsischen Rathe hatten dem Kurfiirsten Friedrich 
im April mitgetheilt, dass Herzog Albrecht demnachst 
nach Desterreich zu reisen gedenke. *®) Aber nicht in 
Oesterreich; sondern auf einem Landtage zu Prag finden 
wir Anfang Mai den Herzog; er soil dort seinem Schwieger- 
vater Hilfe zugesagt haben, obwohl die Mannen imd 
Stadte des Landes damit keineswegs einverstanden waren 
und sogar, wie man sich erzahlte, auf den nachsten 
Sonntag nach Himmelfahrt (18. Mai) einen Tag zu Leip- 
zig angesetzt hatten, offenbar um sich gegen uie Unter- 
stiitzung Bohmens zu erklaren. **) 

") iUedel, Cod. dipl. lU, 3, 74 fgg. VergL Droysen H, 1, 226 
and Kluckhohn 253 fg. 

»•) Riedel, Cod. dipl. IH, 1, 398. 

*^) fibendftselbst 392. 

*») Palacky, Urk. Beitr. 398. Riedel, Cod. dipl. Ill, 1, 4Q1. 
Eschenloer (SS. rer. Sil. VII) 116: Marchio Misnensis Albertus gener 

15* 



228 ttabert ^rmiscli: 

Wohl mochte dies Anerbieten, das vorzugsweise als 
die Frucht der Belehnung mit Plauen anzusehen ist, den 
aufrtihrerischen Baronen des Bohmenkonigs einen nicht 
geringen Schrecken einflossen^ um so mehr, als auf dem- 
selben Prager Landtage auch Gesandte des Markgrafen 
Albrecht sich einfanden und insgeheim^ trotz ernster Ab- 
mahnungen des Papstes, iiber den VoUzug der vor Jahren 
verabredeten Heirat zwischen des KOnigs Sohn Heinrich 
und Albrechts Tochter Ursula verhandelten; Grlatz soil 
ihr als Leibgedinge verschrieben worden sein, aber ge- 
wiss wurden noch andere Aussichten dem Hause Branden- 
burg eroffiiet. **) 

Wenig spater (am 20. Mai) fand zu Weimar eine Zu- 
sammenkunft zwischen Ernst, Albrecht und Wilhelm statt, 
auf welcher ein Ausgleich der verschiedenen zwischen 
ihnen schon schwebenden Differenzen bewirkt werden 
soUte; man einigte sich bei dieser Gelegenheit auch iiber 
eine gemeinsame Haltung der Curie gegenliber. *') 

So ging die Politik der HohenzoUern und der Wet- 
tiner, wenn sie auch in Bezug auf die stiddeutschen An- 
gelegenheiten verschiedene Wege eingeschlagen, doch in der 
bohmischen Frage Hand in Hand. So lange der Konig 
Georg sich der materiellen oder moralischen Unterstutzung 
dieser seiner machtigsten Nachbarn versichert halten 
konntC; so lange durfte er hoflfen, dass er sich trotz Kaiser 
und Papst zu behaupten und die Bewegungen im Innern 
seines Landes niederzuschlagen vermoge. 



regis presencialiter Prage tunc existens pro se et fratre suo duce 
Ernesto . . regi addixit auxilium ei prestiturum cum omni potencia 
eoram. Id non parum terruit fidelem partem regni. Die Rechnung 
des Untermarschalls Dietrich von Schonberg und des Kammermeisters 
Erasmus Grensing liber die Reise Albrechts nach Frag HStA. Loc. 
4335 Rechnung der Amtleute 1467 fgg., fol. 347b. Yergleiche auch 
die Notiz in der Dresdner Stadtrechnung von 1466 (Rathsarchiv): 
40 gr. unser gn. h. trommeter sexta post Georgii (Apr. 25), als unser 
gn. h. kein Prage wolden reiten. — Ob der beabsichtigte Tag zu 
Leipzig zu Stande gekommen, ist nicht bekannt; wir wissen nur, 
dass 1466 zu Meissen ein Landtag stattfand; vergL HStA. Loc. 9349. 
Ausftlhrliche Nachricht von denen Ghursachsischen Land- und Aus- 
schusstftgen 1183—1718 fol. lib. 

") Palacky, Urk. Beitr. 402 fg. 

**) Am Scnluss des ProtokoUes heisst es: Item gelangtte auch 
an ir eynen teil von unnserm h. yater dem babist und der romischen 
kirchenn, daz beswerunge uff em truege, datynnen sal derselbige nicht 
thun, is sie denne, daz sie sych dess durch sych selbiss addir ire rette 
schigkunge vor unndirrett unnd geratslaget habenn. HStA. Orig. 
No. 7989 (in Abschrift Cop. 58, fol 20). 



Studien zur Gesch. der s&chs.-bdhm. Beziehungen 1464—^68. 229 

Einen sehr wichtigen Bundesgenossen fiihrte damals 
der sachsische Einfluss dem B5limenkonige zu. Anfang 
Juni kam Gregor von Heimburg, der bertihmte Redner 
und gewandte Diplomat, der schon seit vielen Jahren 
iiberall da zu finden war, wo gegen die Curie Opposition 
gemacht wurde und der deswegen Verfolgungen liber 
Verfolgungen hatte ftdulden mtissen; auf einen (Mitte 
Mai) an ihn ergangenen Ruf der beiden Fursten aus 
Wtirzburg nach Prag; Herzog Albrecht selbst geleitete 
ihn dorthin. **) Schon im Jahre 1465 hatte Heimburg 
gelegentlich in einem Schreiben an den Cardinal Car- 
vajal auf die Gefahren hinge wiesen, die das Vorgehen 
der Curie gegen Georg leicht hervorrufen konnte; doch 
batten seine Worte wenig Eindruck gemacht. Jetzt iiber- 
nahm er es, an Stelle des bayrischen Staatsmannes Martin 
Mayr, der kurz vorher den Prager Hof verlassen hatte, auf 
diplomatischem Gebiete des Konigs Sache zu verfechten. 
Unverkennbar ist der Stempel seines kraftvoUen Geistes, 
der fortan den moisten aus des Konigs Kanzlei hervor- 

§ehenden Schriftstiicken aufgedriickt ist. Gleich das erste 
chreiben aus seiner Feder, eine Vertheidigungsschrift 
ftir Georg, die zunachst lateinisch abgefasst und an Konig 
Matthias von Ungarn gerichtet war, dann aber eine all- 
gemeine Verbreitung in Deutschland fand, machte grosses 
Aufsehen durch die energische Sprache und die Klarheit 
und Scharfe, mit der die Rechtswidrigkeit des papstlichen 
Vorgehens dargestellt war. **) Mit den sachsischen Her- 



**) Schreiben Gregors an Konig Georg d. d. 1466 Juli 18: In medio 
Maji a ducibus Saxoniae seriosissime accersitus, paulo post iter arri- 
piens ... ducum hortatu Pragam usque perveni, scilicet in capite 
Junii, ubi nunc dimidium Julii transegi; et jam ut conjicio Romae 
rescitum est, me hie esse obicem illorum machinamentorum q^uae papa 
molitus est u. s. w. Palacky, Urk. Beitr. 408 fg. — Schreiben des- 
selben an den Erzbischof von Gran: Cum illustri principe domino 
Alberto duce Pragam adveniens febre terciaria correptus u. s. w. Archiv 
fiir osterreichische Geschichte XII, 328. Vergl. ferner Brockhaus, 
Gregor von Heimburg 278 und tiber seine Thatigkeit ausser den oben 
angefahrten Werken Dlix, Nicolaus von Cusa I, 437 fgg., 466 fgg. 

**) Der latein. Text (mit dem Datum 1466 Juli 28) bei Dobner, 
Mon. II, 418. In deutscher Uebersetzung erhielten das Schriftstlick 
u. a. Eurfttrst Ernst unter dem 1. October 1466 (HStA. Loc. 7216, 
Irrnng zwischen KOnig Georg und dem Papste Bl. 2 fgg.) und Herzog 
Wilhelm unter dem 11. October (Miiller, ReichstagsQieatrum unter 
Friedrich V. II, 260). Ueber die Verbreitung desselben sagt Gregor 
selbst : Aliis enim principibus aliter eadem sententia scribenda est, non 
solum propter personarum disparitatem, quin etiam ut papa, ad quern ea 



230 Hubert Ermisch: 

zogen blieb Heimburg iibrigens fortdauernd in Bezieh- 
ungen; wir treffen ihn zu wiederholten Malen am Hofe 
in Meissen. Er bezog sogar, wie z. B. auch der bobmische 
Kanzler Jorg von Einsiedel, eine Besoldung aus der 
sachsischen Kammer. *•) 

So waren Ernst und Albrecht pifrig fur die Interessen 
Georgs thatig, als die erwahnten Mabn- und Drohbriefe 
des Papstes einliefen. Es war nibht zu erwarten, dass sie 
viel Erfolg haben wiirden. Bischof Dietrich von Meissen 
iibernahm es, die Vertheidigung seiner Herren, deren Pqli- 
tik er n^her stand^ als dem Papste und seinen Legaten 
lieb sein konnte, zu fiihren. Von seiner Antwort liegt 
mir das Concept vor, das, bezeichnend genug, viele Cor- 
recturen und Zusatze von der Hand des Kanzlers des 
Kurfursten Ernst, des Johann von Mergental, zeigt. Ob- 
wohl ihm wissentlich sei, so schreibt der Bischof; dass die 
Angelegenheit sich ganz anders verhielte, als sie dem 
Papste vorgetragen worden, so habe er doch, wie ihm der 
Papst befonlen, als ein „Sohn des Gehorsams" dem Kur- 
fursten Vorstellungen gemacht. Dieser aber habe gar 
wenig Zeit zur Ueberlegung gebraucht und habe ihm 
dann geantwortet. Seine Gute gegen die Priesterschaft im 
Lande „werde durch mancherleye erczeigunge imd 
exempel geachtet offenberlicher und clerer dem lichte der 
Sonne"; er folge darin dem Beispiele seiner Vorfahren, 
woUe dies auch ferner thun und vom Gehorsam gegen 
den papstlichen Stuhl sich nicht abbringen lassen. Dies 
habe aber mit der Plauenschen Sache gar nichts zu thun. 
Die von-Plauen, sowohl der Vater des jetzigen Herrn 
als auch der Vertriebene selbst, hatten sich schriftlich 
und miindlich gar vielfach gegen ihn und seinen Vater 
vergangen. Eine lange Aufeahlung dieser Vergehen 
folgt; wir heben daraus hervor, dass dem von Plauen 
auch Verhandlungen mit einer der in Ungam hausenden 
Brtiderrotten und die Absicht verge worf en wird, dem Haupt- 
mann derselben, Udericz, Schloss und Stadt Plauen zu 
iiberantworten; es bewies dies, dass Heinrich gerade im 



omnia per principes deferentur, ex varietate querelarum vehementius 
exagitetur. Palacky, Urk. Beitr. 407. 

**) Es ergiebt sich dies aus den Bechnungen des sSiChsischen 
Kanzlers Hans von Mergental im HStA. Loc. 4335, Reclinung der 
Amtleuth Sachssen, Meissen und Voitland 1467, 442 fgg. Auch von 
Ludwig von Bayern bezog Heimburg einen Jahrgehalt, vergl. Kluck- 
hohn 282 Anm. 



Stadien zur Gesch. der sachs.-bohm. Beziehungen 1464—68. 231 

Punkte der Eechtglaubigkeit nichts weniger als unantast- 
bar war. Die Plauenschen Mannen batten sicb mit voUem 
Recht an Konig Georg gewandt. Aber sein Vorgehen will 
Kurfurst Ernst nicht als eine dem Bohmenkonige geleistete 
UnterstUtzung angesehen wissen, sondem als Verfechtung 
eigner Interessen. Wenn er Georg im Absagebriefe als 
Konig bezeichnet babe, so soUe dies keine Beleidigung 
des Papstes sein; *') es sei aus „merklichen Ursachen" 
geschehen, die zu schreiben aber zu weitlauftig ware. 
Uebrigens halte der von Plauen noch immer keine Ruhe, 
sondem greife Ernsts flirstlicbe Ehre durcb Briefe an 
Grafen, Herren, Ritter und Stadte an, so dass es Noth 
thun werde, „dagegen zu gedenken". Auf die Ermahnung 
des BischofS; den Bohmenkonig aufzugeben, babe Ernst 
geantwortet; er halte sich streng zum romischen Stuhle 
und dulde keine Neuerungen in seinem Lande; aber die 
Lage Meissens mache den Verkehr mit Bohmen unum- 
ganglich nothwendig. Doch woUe er dies en Verkehr so weit 
einschranken, dass er der Ehre des h. Stuhles nicht zu nahe 
trete. Das angebotene geistliche Schiedsgericht wies der 
Flirst mit aller Entschiedenheit zuriick ; er babe Plauen im 
rechten Kriege gewonnen, und nur vor dem Lehnsherrn, d. h. 
dem K5nige Georg, konne dariiber verhandelt werden. — 
Der Bischof schliesst rait der Bitte, der Papst moge dem 
,von Plauen nicht Glauben schenken und sich seine Herren 
als fromme und christliche Fiirsten empfohlen sein lassen. *^) 

Schwerlich hat diese Antwort, deren Datum uns 
nicht bekannt ist, dem Papste gefallen. In einem recht 
kiihlen Schreiben vom 20. November 1466 dankte er dem 
Bischof flir die Befolgung des p'apstlichen Befehls, „ob 
wir wohl etwas mehr daraus gehofft geharret haben." **) 

Einen anderen gewichtigen FUrsprecher fand Kurfurst 
Ernst am Kaiser. Mit diesem, ihrem Oheim von miitter- 
licher Seite, batten sowohl er als namentlich sein Bruder 
Albrecht stets auf gutem Fusse gestanden. Albrecht hatte 
kurz nach Empfang der Lehen einen langeren Aufent- 
halt in Wien genommcn; er verweilte auch spater noch 



*') Diesen Punkt erwahnen die oben S. 223 angefuhrten Schreiben 
des Papstes vom April und Mai nicht; man darf daher wohl an- 
nehmen, dass zwischen jenen Schreiben und der Antwort den Fiirsten 
noch andere Vorstellungen gemacht worden sind. 

*•) Concept WA. Bohm. S. Kaps. V. Bl. 293 (eine Abschrift 
WA. Reuss. S. Bl. 75). 

*•) Uebersetzung WA. Reuss. S, Bl. 77. 



232 Hubert Ermisch: 

sehr oft dort und vertrat als gewandter Diplomat seinen 
Bruder dem Kaiser gegeniibfer. Durch eine besondere 
Verschreibung batten die sachsischen FUrsten am 2. Juli 
1465 dem Kaiser Treue zugesagt und dafiir das Ver- 
sprechen von Beistand und Hilfe erlangt; auf die Fur- 
bitte Albrecbts und mit besonderer Rucksicht auf dessen 
getreue Dienste hatte der Kaiser am 29. Januar 1466 
den Leipziger Nemahrsmarkt bestatigt. *®) Nun hatte 
FriedricE zwar in Folge des papstlichen Schreibens eben- 
falls einen ermahnenden Brief an Ernst gerichtet, war in- 
dessen durch die Antwort desselben * ') leicht zu bewegen 
gewesen, ihn beim Papste in Schutz zu nehmen; er 
brachte imgefahr die n'amlichen Grtinde vor, die auch der 
Bischof geltend gemacht hatte. **) Allein der Papst wies 
auch diese Ftirsprache entschieden zuriick und sprach 
sein Bedauem aus, dass der Kaiser sich durch die un- 
richtige Darstellung des Kurfiirsten habe blenden lassen. 
Zum Beweise, dass nicht private Differenzen, sondern 
Parteinahme fur den Bohmenkonig das Vorgehen des 
Kurfiirsten veranlasst habe, schickte er Friedrich eine Ab- 
Bchrift des Fehdebriefes zu. *') 

Auch Bischof Eudolf von Lavant; der Legat in 
Breslau, bemiihte sich, die meissnischen Fiirsten dem 
Konige Georg abspanstig zu machen. Ende Mai oder 
Anfang Juni erschien er personlich in Meissen und iiber- 
gab ihnen papstliche BuUen und Briefe, darunter 
wahrscheinlich die obenerwahnten Mahnschreiben. Seine 



»») Chmel, Regesten Friedrichs IV. Nr. 4222, 4223, 4359. Cod. dipl. 
Sax. reg. II, 8, 326 f. Vergl. von Langenn 45. Lichnowsky, Ge- 
schichte des Hauses Habsbarg Yn, 92. 

**) Das bei von Langenn 51 n. 1, 56 n. 1 erwahnte Concept 
eines Schreibens des Kurfiirsten Ernst an den Kaiser habe ich nicht 
gefunden; der Inhalt geht aus dem Schreiben des Kaisers hervor. 

**) Abschrift des Schreibens von 1466 August 20. WA. Reuss. 
S. Bl. 72. 

*») Schreiben des Papstes d. d. 1466 October 1. SS. rer. Sil. 
IX, 195 ff.; eine deutsche Uebersetzung WA. Reuss. S. Bl. 73. 
Eine „verachtliche Zurechtweisung" des Kaisers, wie Jordan 267 
meint, enthait das Schriftstiick nicht eigentUch. Herzog Albrecht, der 
damals am kaiserllchen Hofe die Sache der Fiirsten vertrat, sandte 
dem Bruder eine Abschrift des Schreibens, die Ernst am 22. Nov. 
1466 an den Obermarschall Hugold von Schleinitz befOrderte, damit 
diese r Albrecht ffir seine weiteren Verhandlungen mit dem Kaiser 
instruire. WA. Bohm. S. Kaps. IV Bl. 119. Das von Jordan a. a. 0. 
erwahnte zweite Schreiben des Papstes, von dem eine Uebersetzung 
WA. Reuss. S. Bl. 74b vorliegt, ist das vom 2. October 1466, welches 
SS. rer. Sil. IX, 197 gedruckt ist. 



Studien zur Gesch. der sachs.-b5hm. Beziehungen 1464—68. 233 

Werbung betraf den TUrkenkrieg, den Papst Paul II. 
ebenso immer als Vorwand gebrauchte, wie er seinem Vor- 
ganger wirklich am Herzen gelegen hatte, ferner die 
eben damals durch den Legaten geflihrten Verhandlungen 
wegen eines Friedens zwischen rolen und dem deutschen 
Orden, an denen die s^chsischen Fursten wenig Antheil 
nahmen, hauptsachlich aber die bohmische Frage. Mit 
Kticksicht auf die oben erwahnten Weimarer Verabred- 
ungen vom 20.. Mai erklarte der Kurfurst, eine Antwort 
nicbt ertheilen zu konnen, bevor er mit dem Oheim 
Eucksprache genommen. **) Dies muss in aller Eile ge- 
Bchehen sein; denn bereits um die Mitte Juni brachte 
eine Gesandtschaft Ernsts, Albrechts und WilhelmS; an 
deren Spitze der Obermarschall Hugold von Schleinitz 
stand, der uberhaupt neben dem Kanzler Hans von Mer- 
gental in diesen Jahren als die Seele der sachsischen 
Politik erscheint, die Antwort der Fursten nach Breslau* 
Die Gesandten sprachen dem Legaten zunachst das 
Bedauern ihrer Herren dariiber aus, dass Kaiser und 
Papst nicht, wie jene gewtinscht, einen Reichstag ausge- 
schrieben und auf diesem iiber die fraglichen Sachen ver- 
handelt batten. Statt dessen sei man mit geistlichen 
Processen gegen Georg vorgegangen; dass die Citation 
und die BannbuUe aucn in Meissen, „auf unser gn'adigen 
Herren Hauptschlosse und Hauptkirche", publicirt worden 
sei, **) hat die Fursten besonders beleidigt, sie weisen da- 
rauf hin, dass dies in den anderen, BShmen benachbarten 
Ftirstenthiimem nicht geschehen sei, und sprechen die 
Besorgnis aus, das „sie und ihre Lande zu verderblichem 
Schaden dadurch kommen m5chten". In beredter Weise 
wird aus der Geschichte der letzten Jahre das Verhaltnis 
der Meissner zu Bohmen erklart. Noch vor nicht langer 
Zeit herrschte Feindschaft zwischen Georg imd den 
sachsischen Herzogen. Aber als jener vom Kaiser, vom 
Papste und von den deutschen Fursten als Konig 

**) Vergl. den Eingang des sp8.ter zu erwahnenden Entwurfs 
eines Schreibens an den Papst WA. Bohm. S. Kaps. V Bl. 261. 

**) Die Citation Georgs vom 16. August 1466 sollte in Salcze- 
burgensi Ratisponensi Bambergensi et Misnensi metropolitan e et 
cathedralium ecclesiarum valvis seu portis angeschlagen werden. 
SS. rer. Sil. IX, 138. Wenn erst jetzt Protest gegen die Publication 
der Citation und des Processes (wol der Bulle vom 8. Dec. 1465, 
8. oben S. 217) erhoben wird, so darf man annehmen, dass diese Pub- 
lication erst 1466, vielleicht in Folge des Rundschreibens des Le- 
gaten vom 29. Marz (SS. rer. Sil. IX, 166), erfolgt ist. 



234 Habert Ermisch: 

und Kurfurst anerkannt war, als sich Kurfiirst Fried- 
rich 11. plotzlich isolirt sah, da sei ihm weiter nichts 
iibrig geolieben, als sich mit Georg zu einigen. Diese 
Einigung habe mehrere Jahre beBtanden, und eine langere 
Dauer sei ihr rait Eucksicht auf die Lage des Landes 
dringend zu wiinschen. Aber wie sei sie zu erwarten, 
wenn der Konig gerade in ihrem und in keinem andem 
Ftirstenthume besehimpft werde ? Wenn trotz dieser Er- 
wagungen der Publication der betreffenden Schriftstticke 
in Meissen kein Widerspruch entffegensetzt worden sei, 
so konne der Papst daraus deutlich ihre gute Gesinnung 
der Kirclje gegeniiber erkennen. Aber sie besorgen, dass 
der Papst liber den Konig und die, welche sich im Ungehor- 
sam gegen die Kirche und im Unglauben befanden, nieht 
richtig unterrichtet sei, und fiihlen sich verpflichtet, ihm 
dariiber reinen Wein einzuschenkeu; weil sie die bohmischen 
Verhaltnisse genauer kennen. Wenn auch die papstlichen 
Aufforderungen alle deutschen Ftirsten zura Bruch mit 
dem ketzerischen Konige bewegen wtirden, so sei doch bei 
der grossen Macht desselben und bei seinen festen Schlos- 
sern und Stadten keineswegs ausgemacht, dass er unter- 
liegen wiirde; mit Recht wird auf die Hussitenkriege zur 
Zeit Sigismunds verwiesen. So drohe den Nachbar- 
landern und vor allem den Katholiken in Bohmen selbst 
Krieg und Verderben. Auch die immer naher rtickende 
Turkengefahr sei zu berticksichtigen. Der Konig von 
Ungarn allein sei nicht im Stande, die Unglaubigen zu- 
riickzuhalten ; und wenn bei weiterem Vorgehen des 
Papstes Aufruhr und Blutvergiessen in Bohmen entstehen 
wiirde, so wtirden auch die demselben benachbarten 
Fiirsten ihre Kriegsmittel zur Vertheidigung gegen die 
Bohmen brauchen und sich am Tiirkenkriege nicht be- 
theiligen konncu. So sei ein glitlicher Austrag der 
bohmischen Wirren aus vielen Griinden dringend zu 
wiinschen. 

Legat Rudolf antwortete ihnen am folgenden Tage; 
seine Worte klangen gemassigt. Mit Riicksicht auf den 
wiederholten Bruch der gemachten Versprechen glaube 
der Papst, dass er nicht Islnger mit dem Bohmenk5nig 
Nachsicht haben diirfe. SoUten indessen die zahlreichen 
Gelehrten, die auf den beiden Universitaten der sHch- 
sisclien Lande, in Erfurt imd in Leipzig, sich aufhielten, 
einen Ausweg gerathen haben, den der Papst mit Ehren 
einschlagen kOnne, so erklarte Rudolf sich gem bereit, 



Studien zur Gesch. der sachs.-b5hm. Beziehungen 1464—68. 235 

ihn dem Papste mitzutheilen. Was die gegen Georg er- 
gangenen Processschriften anlange, so brauchten dieFtirsten 
sich nicht verletzt zu fuhlen; denn sie seien auch in 
Regensburg, Bamberg und anderswo angeschlagen worden. 
Uebrigens solle in Zukunft mit der Publication derartiger 
Schriftstucke nicht bei ihnen, sondern in entlegeneren 
Gegenden der Anfang gemacht werden. 

Die Gesandten sprachen darauf die Bitte aus, solche 
Pablicationen mit Riicksicht auf das enge Verhaltnis 
zwischen Sachsen und Bohmen womoglich im Meissnischen 
gar nicht vorzunehmen. Dann aber stellten sie dem Le- 
gaten mehrere Vermittelungsvorschlage zur Erwagung 
anheim; diese Stiicke, von denen die Fursten meinten, 
^dasB es gar wohl zu thun ware und treffliche Besserung 
davon entstande, mehr als in 30 oder 40 Jahren geschehen 
ware", sind folgende. 

1) Der Papst solle einen Erzbischof nacli Prag 
setzen, damit derselbe die Geistlichkeit regiere; der Konig 
solle ihm dazu die Hand bieten und den Clerus zum Ge- 
horsam anhalten. 

2) Das Sacrament solle nicht, wie bisher, unordent- 
lich und ohne vorhergehende Beichte, sondern in gebuhr- 
licher Zeit und auf des Beichtvaters Rath empfangen 
werden. 

3) Kindern solle das Abendraahl uberhaupt nicht ge- 
reicht werden. 

4) Dagegen solle insofem einstweilen Nachsicht ge- 
iibt werden ; als es den Priestem zu gestatten sei, das 
Sacrament unter beiderlei Gestalt zu reichen; jedoch hatten 
sie bei Ertheilung des Abendmahls und im Beichtstuhl 
darauf aufmerksam zu machen, dass das Sacrament unter 
einerlei Gestalt ebenso voUkommen Sei^ als unter beiderlei, 
und warum es sogar den Vorzug verdiene. 

Hugold suchte diese Vorschlage noch dadurch zu 
unterstiitzen, dass er erzahlte, vor kurzem habe er einem 
papstlichen Commissarius, Namens Egidius, der zur Predigt 
gegen Georg und zur Erneuerung des vor zwei Jahren 
gegen die Ttirken gegebenen Ablasses ausgesandt war, 
diese Entwiirfe vorgetragen und derselbe habe „mit grosser 
Begier" geaussert, wenn die Herzoge den Konig zu einem 
solchen Uebereinkommen wiirden veranlassen korinen, so 
werde der Papst nicht nur zwei oder drei, sondern 20 
oder 30 Jahre Nachsicht haben woUen. 

Die Vorschlage sind iibrigens nicht neu. Sie waren 



236 Hubert Ennisch: 

ganz ahnlich denen, die im Herbst 1465 zwischen dem 
Erzbischof Johann Vit& von Gran und dem Bischof Protas 
von Olmiitz verabredet worden waren, ohne dass sic da- 
mals zu weiteren Verhandlungen gefuhrt batten. **) Wie 
es kam, dass die Fiirsten gerade diese Entwiirfe wieder 
aufnahmen, wissen wir nicht. Es ist wahrscheinlich, dass 
Gregor Heimburg und durch ihn Konig Georg selbst die 
Instruction der Rathe beeinflusst haben. 

Der Legat wies das Project mit aller Entschieden- 
heit zuriick; nur Schmach wurde es den Fiirsten ein- 
bringeU; wenn es an den Papst gelange, denn es gehe 
noch weit iiber die Forderungen des KSnigs und der 
Unglaubigen selbst hinaus. Uebrigens habe er keine Ge- 
walt, irgend etwas anderes zu thun, als was ihm der Papst 
befehle; wollten sie iiber diese Fragen weiter verhandeln, 
so soUten sie sich direct an diesen wenden. 

Der eigentliche Zweck der Gesandtschaft war damit 
gescheitert; und es ware vorauszusehen gewesen, dass er 
scheitern wiirde. Wie konnten die sachsischen Fiirsten 
bei dem Ernst, mit dem die Curie die Sache betrieb, 
ein Zugestandnis des Kelches beim Abendmahl erwarten? 
Verkannten sie die Situation so voUstandig, oder rechneten 
sie von vorn herein nicht auf Erfolg, sondern suchten 
nur, dem Konige zu Liebe, den Schein vermittelnder 
Bemiihungen zu wahren imd dadurch die eigene Un- 
thatigkeit zu verschleiern? 

Die sachsischen Kathe empfahlen schliesslich noch- 
mals dringend die Berufung eines Fiirstentages unter Theil- 
nahme von papstlichen und kaiserlichen Commissarien; 
als der Legat auch hier darauf bedacht war, die Gefahr, 
die etwa ein solcher Tag haben k5nnte, dadurch zu ver- 
meiden; dass er eine „Verhorung'' des Konigs aus- 
geschlossen wissen woUte, protestirten die Gesandten von 
vorn herein gegen eine derartige Beschrftnkung der Ver- 
handlungen. Bischof Rudolf erklarte sich schliesslich 
bereit, die Berufung des Tages dem Papste zu empfehlen, 
auch die sonstigen Bedenken der Fiirsten ihm mitzutheilen, 
iiberhaupt alles zu befordern, was zur Erhaltung des 
Friedens dienen konne, da er „gar nicht zu Aufruhr ge- 
neigt sei". *') 

*•) Vergl. Markgraf in von Sybels Histor. Zeitschr. N. F. IF, 
73, 75, 262 fgg. Palackv IV, 2, 367. 

»') Der Gesandtschaftsbericht (WA. Bohm. S. Kaps. V Bl. 297 fgg.) 
ist gedruckt bei Bachmann, Urk. und Actenstttcke 376—391 (theil- 



Studien zar Gesch. der sachs.-boliTn. 6ezieliuiig6n 1464—68. 237 

Etwas hatten die sachsischen Gesandten, die ubrigens 
den Polenfrieden und den Tiirkenkrieg nur fluchtig be- 
rlihrt hatten, immerhin erreicht. Der Legat, dessen 
Friedensliebe in diesem Falle sehr erklarlich und berech- 
tigt war, da ein anderes Vorgehen die ohnehin schon wan- 
ken den Briider leicht voUig ins bohmisclie Lager hatte 
drtagen konnen, hatte ihren Fursten wenigstens Rucksicht- 
nahme auf ihre nahen Beziehungen zu Konig Georg in 
Bezug auf die Publication der weiteren Processe gegen 
denselben zugestanden; in der That unterblieb, wie es 
scheint, wahrend der Jahre 1466 und 1467 die systema- 
tische Aufreizung des Volks im Meissnischen durch Kreuz- 

Sredigten und Ablass.*®) Auch war der sachsische Ein- 
uss wohl nicht ohne Wirkung auf die Berufimg des 
Nurnberger Reichstages. 

Dass sie im tibrigen ihre Vermittlungsversuche als 
gescheitert ansahen, sprachen die Gesandten selbst un- 
umwunden dem Breslauer Rathe gegeniiber aus, den sie 
kurz nach Abschluss der Verhandlungen mit dem Legaten 
um seine einflussreiche Fiirsprache beim Papst baten, da 
ihre Herren nunmehr unmittelbar Paul II. um ein mil- 
deres Vorgehen gegen Georg anzugehen und den Kaiser 
ura seine Unterstiitzung dabei zu bitten beabsichtigten. 
Beruhte auch diese Rede der Gesandten auf einer Selbst- 
tauschung? oder war auch sie ein Scheinmanover? Der 
Rath antwortete ktihl, auch er wunsche lebhaft den 
Frieden, konne aber ohne ein Instruction des Papstes gar 
nichts in der Sache thun; unmittelbar danach meldete er 
dem heiligen Vater den ganzen Vorgang und machte ihn 
darauf aufmerksam, wie der ungetreue Mann nicht ruhe, 
sondern sich iiberall Freunde mache, sein Gift uberall 
verbreite, immerfort betrtige und sein Vorhaben schliess- 
lich doch zu erreichen suche. **) 

Der Plauenschen Sache war in den Verhandlungen 



weise und fehlerhaft auch bei Jordan 435, vergl. 270 fgg.). Ftlr 
die ZeitbestimmuDg kommt besonders das Schreiben des Breslauer 
Rathes an den Papst von 1466 Juni 16 (SS. rer. Sil. IX, 173) in 
Betraclit; danach rand wahrscheinlich der erste Vortrag beim Le- 
gaten Freitag den 13. Juni, die Antwort Sonnabend den 14. Juni 
statt. 

*•) Vergl. den Eingang des Schreibens des Legaten an Kurftirst 
Ernst d. d. 1467 Marz 24. SS. rer. Sil. IX, 221. 

»•) Schreiben des Rathes d. d. 1466 Juni 16. SS. rer. Sil. IX, 173. 



238 Hubert lilrmiscli: 

mit dem Legaten gar nicht Erwahnung gescheheii; ob- 
wohl auch sie nocli um keinen Schritt vorgertickt war. 
Noch immer standen die Mannen in dem durch den 
Comthur iiber sie verhangten Banne^ und wenn auch der 
Legat angeordnet hatte, dass die Sache zur Revision vor 
sein Forum gebracht werde, so stellte er doch der Apel- 
lation fortwahrend Hindernisse in den Weg. Er verlangte 
die Vorlage von Processschriften, die Caspar Sack, der 
die Sache der Mannen als Procurator vertrat^ nicht be- 
kommen zu konnen erklarte; er bem^ngelte ferner die 
Vollmacht Sacks und seines Mitprocurators. ®^) So stand 
die Angelegenheit Ende JulL Der Legat schrieb um 
diese Zeit dem Bischof, er wtirde gern dem Kurfiirsten 
zu Liebe etwas fur die Mannschaft gethan haben und 
habe daher die Revision angeordnet, „ob wir fanden den 
Process vor Unwurden und fur nichts, dass wir erkenn- 
ten den Bann auch fiir nichts"; allein wegen der erwahn- 
ten Formfehler habe die LSsung vom Banne nicht statt- 
finden konnen. ®*) 

Dieser anscheinend milde Ton darf indess nicht tau- 
schen; die Curie war sehr erbittert auf den Kurfiirsten, 
man dachte schon daran, auch gegen ihn mit kirchlichen 
Strafen vorzugehen. In der That war eben jetzt seine 
Haltung, wie die des Kurfiirsten von Brandenburg, sehr 
zweideutig. Des Konigs Macht stand trotz Bannes und 
Interdicts auf dem Hohepunkt, und weder der Papst noch 
der Herrenbund, der eben um jene Zeit in einem ziem- 
lich demiithig gehaltenen Schreiben (vom 13. Juli 1466) 
den Herzog Wilhelm fiir sich zu gewinnen suchte, ^ ) 
hatten sich eines Vortheils iiber ihn zu riihmen. Konnte 
doch Geore sogar daran denken, einen Handstreich auf 
Breslau, das Hauptquartier des Feindes, zu wagen; 
wochenlang lag Anfang August Herr Ctibor Towacowsky 
von Cimburg vor der Stadt Namslau und hatte ohne 
Zweifel auch die Hauptstadt angegriffen, wenn nicht die 
von Kurfiirst Friedrich von Brandenburg in Aussicht ge- 

•®) Schreiben des Legaten von 1466 Juli 28. (wohl identisch mit 
dem von Marcker, Bur^grafthum Meissen 365 Anm. 28 angeftihrten 
Schreiben von 1466 Juli 27) WA. Reuss. Sachen Bl. 80. 

•*) Aus einem noch zu erwahnenden undatirten Schreiben, eben- 
daselbst Bl. 68. 

") Bachmann, Urk. und Actenstiicke 391. Ich bedauere, dass 
nicht auch das zugleich mit diesem bei Falacky lY, 2, 386 Anm. 
angeftihrte Schreiben des Konigs vom 12. October (ebenfalls im Wei- 
marer Archive) mitgetheilt ist. 



Studien zur Gesch. der sachs.-bohm. Beziehungen 1464 — 6S. 239 

stellten Hilfatruppen ausgeblieben waren. ®') Dass diese 
Hilfe erwartet wurde, ist indess schon bezeichnend. Bei 
derselben Gelegenheit, vemehmen wir, fllrchteten die 
Breslauer, dass auch die Meissner den Konig unterstiitzeu 
wiirden. Die Gorlitzer Sendboten melden nach Hause, 
dieselben wiirden in diesem Falle ihren Weg durcli Gor- 
litz nehmen und es sei sehr nothwendig, „dass wir unser 
Ding in Achte werden haben". Denn es gehe die Rede, 
dass der Konig die Oberlausitz denen von Meissen ge- 
geben babe. **) 

Das war also der Koder, mit dem die meissnischen 
Herren gelockt wurden. Ein wohlgelegenes Grenzland 
batten sie bereits von Georg in der Form eines bohmischen 
Lehens erhalten. Die Aussicht, die ihnen nunmehr auf 
ein reiches Neb'enland der Krone BohmenS; das seiner 
natlirlichen Lage nach vielmehr zu Meissen zu geboren 
schien; eroffnet wurde, war noch weit bestecbender. Kann 
man sicb wundern, wenn die Fursten solch glanzendem 
Anerbieten gegejitiber trotz aller Ehrfurcht vor dera hei- 
ligen Stuble und trotz der Drohungen von Rom her sich 
zu dem gebannten, aber noch nicht gebeugten Konige 
hielten? 

Andererseits ist auch der Unwille des Papstes be- 
greiflich. 

In einem so „harten und erschrecklichen" Tone 
schrieb derselbe an den Kurfursten, dass ein guter Freund 
den Brief aufhielt, um ihm und seinem Lande Bekum- 
mernis zu ersparen. An den Legaten und an Herzog 
Wilhelm ergingen neue scharfe Mahnungen, den Kur- 
flirsten zur Nachgiebigkeit in der Plauenschen Sache zu 
bewegen. **) Ja schon dachte man am Hofe zu Meissen 
ernstlich an Mittel und Wege, um den drohenden geist- 
lichen Strafen zu begegnen; und es charakterisirt die 
Situation, dass man den Rath des bei der Curie so iibei 
beleumundeten Gregor Heimburg darilber einholte, wie 
man sich zu verhalten habe, um die Wirkungen des etwa 
verhangten Bannes und Interdicts abzuschwachen. Der- 
selbe rieth fiir diesen Fall zu sofortiger Appellation an 
den Papst und verbreitete sich eingehend liber die dabei 



•») Palacky IV, 2, 403. 

•*) Palacky, Urk. Beitr. 411. 

•*) Yergl das erwahnte Schreiben WA. Reuss. S. Bl. 68. 



240 Hubert Ermisclii 

zu beachtenden Formalitaten. ••) Als der Legat Konde 
von diesen Rathsclil^gen erhielt, beeilte er sich, den Bischof 
von Meissen emstlicn vor ihrer Befolgung zu warnen^ 
cine Appellation wiirde den Papst nur noch mehr reizen, 
wiilirend er vielleiclit durch eine Botschaft, eine Fiirbitte 
zu beach wichtigen sein k5nnte. *') 

Schon im Juni; wfthrend der Breslauer Verhandlungen, 
batten die s&chsischen Ftirsten an eine Oesandtscnaft 
nacli Rom gedacht. Die Sache scheint damals nicht 
weiter verfolgt worden zu sein. Jetzt forderte die Lage 
der Dinge noch dringender eine Verstandigung mit dem 
p^pstlichen Stuhle, wenn man einen unheilbaren Bruch 
verliUten woUte. Eifrige Verhandlungen wurden zwischen 
dem Oheim und den Neffen iiber diese Angelegenheit ge- 
pflogen. Die uns vorliegenden Instructionsentwurfe lehnen 
sich, was die bohmische Frage anlangt; wesentlich an. den 
von Hugold von Schleinitz vor dem Legaten zu Breslau 
gehaltenen Vortrag an; nur von jenen bestimmter formu- 
lirten Vermittlungsvorschlftgen, die den Unwillen des 
Legaten in so hohem Masse erregt batten, ist nicht mehr 
die Rede. Eingehend soUten die Gesandten ferner auf 
die Schreiben des Papstes an den Kurftirsten und an 
Bischof Dietrich wegen der Plauenschen Sache antworten; 
eine Reihe von Klagepunkten gegen den vertriebenen 
Burggrafen und seinen Vater, theilweise weit zuriick- 
reichend; soUte den Nachweis liefern, dass der Kurfurst 
lediglich das Interesse des Hauses Wettin, nicht das des 
Bohmenkonigs bei seinem Kriegszuge im Auge gehabt 
habe. Ueber diese Punkte und wohl besonders iiber die 
Plauensche Sache wurde zu Ltitzen am 11. Au gus t 1467 
zwischen den beiderseitigen Rathen verhandelt. W ahrend 
Herzog Wilhelm der Ansicht war, dass man zunftchst 
den Kaiser aus dem Spiele lassen und mit dem Papst 
Verhandlungen ankniipfen, dann erst, wenn diese nicht 
zum Ziele fiihrten, erklaren soUte, die Sachen seien welt- 
lich und gehorten vor Kaiser und Reich, glaubten Ernst 



•t\ 



•) Das merkwardige undatirte und anonyme Schriftsttick (WA. 
B5hm. Sachen Kaps. IV Bl. 281 fgg.) fuhrt Jordan 267 Anm. 310 
mit Recht auf Heimburg zuruck; seine Autorschaft l&sst sich aus 
dem gleich zu erwahnenden Briefe des Legaten (ebend. Reuss. Sachen 
Bl. 68) entnehmen. 

") Undat. Schreiben WA. Reuss. S. Bl. 68. 



Studien zur Gescb. der sachs.-bdhm. Beziehungen 1464— -38. 241 

und Albrecht, man rniisse von vorn herein sich der Unter- 
stutzung des Kaisers versichern. ^^) Vielleicht trugen 
diese Meinungsverschiedenbeiten dazu bei, dass man den 
Plan einer gemdnschaftlichen Gesandtschaft aller drei 
Fiirsten aufgab und dass Kurfurst Ernst fiir seine Person 
eine Botscbafc an die Curie zu schicken sich entschloss. 
Am 19. August bat er den Oheim um die zu Liitzen ver- 
sprochenc; *auf zwei Kathe lautende „Vorschrift" an den 
Papst in der Plauenschen Sache. ®®) 

Auch diese Sendung ist dann schwerlich zu Stande 
gekommen; wir horen wenigstens nichts weiter davon, und 
eine Wirkung kann man noch weniger versptiren. Die 
Stimmung des Papstes, die sich in den oben (S. 231 fg.) er- 
wahnten Antwortschreiben an den Kaiser und den Bischof 
von Meissen ausspricht, ist eine nicht weniger gereizte als 
vorher. Das meiste trugen hierzu die unablassigen Um- 
triebe Heinrichs von Plauen bei; durch einen vertrauten 
Diener, den er nach Rom gesandt hatte, lag^ er dem Papste 
und den Cardinalen fortwahrend in den Ohren imd liejss 
sich als den Martyrer seiner Treue gegen Eom, seine 
Vertreibung als Folge seines Abfalls von Georg hin- 
stellen. Der Wortlaut des Fehdebriefes musste den Haupt- 
beweis liefern. Ein Official des Benediotinerklosters in 
Chemnitz, Namens Felix, der sich eben damals in Ange- 
legenheiten des dortigen Abtes zu Rom aufhielt, bemtihte 
sich eifrig, diesen Verleumdungen entgegenzuarbeiten, 
und bewirkte wenigstens, dass der Legat Fantinus, der 
in jenen Tagen auf dem Reichstage in Ntirnberg den 
Papst vertrat, die Weisung erhielt, die Sache naher zu 

••) Der Ort der Verhandlung ergiebt sich aus WA. B5hm. S. 
Kaps. V Bl. 276 b. Die Aufzeichnung, der wir den lU August als 
Datum entnehmen (HStA. Dresden. Or. 7989), betrifft allerdings 
ganz andere Yerhandlungsgegenst^nde ; allein man darf wohl an- 
nebmen, dass auf demselben Tage auch die bohmischen An- 
gelegenheiten zur Sprache gekommen sind. Die Entwiirfe zu 
einer Instruction an die Gesandtschaft WA. Bohm. S. Kaps. V 
Bl. 261—281. Vielleicht gehort auch das theilweise bei Jordan 443 
mitgetheilte Schriftstuck WA. Bohm. S. Kaps. IV Bl. 269 flF., welches 
Jordan (296) in die Jahre 1467 oder 1468 setzen zu woUen scheint, 
in diesen Zusammenhang. Dass man wahrend der Verhandlungen 
iiber die Gesandtschaft nach Kom auch mit KOnig Georg Verbin- 
dungen unterhielt, diirfte aus dem Kanzleivermerk; item Paweln 
des konigs schrpber] von wegen m. g. h. zu schreiben (WA. Bohm. 
S. Kaps. V Bl. 257. 284) ergeben. Erhalten hat sich jedoch von dieser 
jedenfalls sehr geheim gehaltenen Correspondenz nichts. 

••) WA. B5hm. S. Kaps. V Bl. 258. 259. 

Nenes ArcUv f. a G. u. iu I. 8. 16 



242 Hubert Ermisch: 

untersuchen, und dass die Angelegenheit ruhen soUe, bis 
die Antwort desselben eingegangen sei. Viel war damit 
freilich nicht erreicht; denn eben jener Fantinus war der 
fanatischste Feind seines frUheren Herrn; d68 Bohmenkonigs. 
Felix theilte dies alles in einem Schreiben vom 20. No- 
vember 1466 dem Bischofe von Meissen mit, der auch 
bier wieder als durchaus eines Sinnes mit seinen Fiirsten 
erscheint, und empfahl zugleich ebenso dringend, wie vor- 
her der Legat, die Absendung einer Gesandtschaft, welche 
Entschuldigungen vorbringen soUte. '®) Vielleicht konnen 
wir es als eine Folge hiervon ansehen, wenn der Ordinarius 
zu Leipzig, Dr. Johann Scheibe, an den heiligen Vater 

fesandt wurde; die Zeit dieser Sendung steht allerdings 
eines wegs ganz fest. Die Werbung; die Scheibe vor- 
brachte, flihrte nochmals die zahlreicnen Grunde auf, aus 
denen die sachsischen Fiirsten sich zur Vertreibung 
Heinrichs berechtigt glaubten. ") Denselben Zwecken 
der Begutigung und Entsehuldigung diente ein Schreiben, 
das Bischof Dietrich auf den Rath des kundigen Felix 
an den einflussreichen Secretftr des Papstes, Petrus, Bischof 
von Tarazona, richtete und in dem unter anderem darauf 
hinge wiesen war, dass die streng kirchliche Haltung 
Heinrichs nichts als Spiegelfechterei sei, da er selbst 
unter seinen Rittern und in seinem Gesinde zahlreiche 
Unglaubige dulde. '*) 

Dass diese Bemiihungen in der That einige Wirkung 
hatten, zeigt der Ton eines Briefes des Papstes an 
Heinrich von Plauen, der, wie mir scheint, am besten in 



") Das Schreiben des Officials Felix WA. Reuss. S. Bl. 79; die 
Person des SChreibers ergiebt sich aus Bl. 94. Der Official wurde 
Ubrigens belohnt: item XXXII hunger. Gulden dem Official zcu 
Kempnicz uff entpfelhunge m. gn. h. HStA. Loc. 4335 Rechnunge 
der Amptlewte Sachssen, Meyssen und Voytland u. s. w. 1468/69, 
fol. 87 (die Ausgabe gehort aber ins Jahr 1466/67). 

'») HStA. Loc. 10606. Copeyen verschiedener, das Vogtland be- 
treffender Urkundeu fol. 6. In aem undatirten SchriftstUck wird ein 
ftir Ernst beleidigendes Schreiben des Papstes an^ den Kaiser er- 
wSihnt; wahrscheinlich ist damit die Antwort vom 1. October (vergl. 
S. 232) gemeint, doch w3.re es auch nicht undenkbar, dass sich ale 
Erwahnung auf die frtihere Zuschrift des Papstes (vergl. S. 223) be- 
zoge und dass die Gesandtschaft doch in eine frtihere Zeit gehorte. 

") WA. Reuss. S. Bl. 78. Das Schreiben (Concept) ist anonym 
und nennt weder den Absender noch den Empfanger, doch liegt die 
Yermuthung, dass es vom Bischof von Meissen an den ihm in dem 
obenangeftihrten Schreiben des Officials Felix empfohlenen Secret&r 
des Papstes gerichtet sei, sehr nahe. 



Studien zur GesclL der sllchs.-bdhm. Beziehungen 1464—68. ^4d 

diese Zeit, an den Schluss des Jahres 1466, zu setzen ist. 
Er theilt demselben mit, dass er eine Untersuchung der 
Sache dem ehrwiirdigen Bruder N. (etwa Fantinus?) 
tibertragen, sich auch an den Bischof von Eichstadt und 
an den Markgrafen von Brandenburg mit der Bitte urn 
gtidiche Vermittlung gewandt habe, und rath ihm, sich 
diesen Schiedsrichtem willfahrig zu zeigen. '') 

Durch eine Bulle vom 3. Januar 1467 ernannte der 
Papst sodann den Legaten Rudolf zum Richter in der 
Plauenschen Angelegenheit. Aber der Legat hatte da- 
raals nothigeres zu thun und alien Grund, es nicht mit 
den Fursten zu verderben. Er zog das processualische 
Verfahren gegen Kurfurst Ernst moglichst hin*, erst am 
24. November 1467 erfolgte die Vorladung. '*) In Fluss 
kam die Sache auch dann noch nicht; es wurde 
sogar durch den Papst selbst ein Aufschub anbefohlen. '*) 
Auch als im Herbst 1468 durch Abgesandte Heinrichs 
des Aelteren von Plauen in Rom eifrig fUr die Wieder- 
einsetzung des Vertriebenen gearbeitet wurde, riickte 
der Process nicht vor; die sachsischen Herzoge hatten eben- 
falls ihre Freunde in der Nahe des Papstes, und zu diesen 
scheint eine der einflussreichsten Personlichkeiten der Curie, 
eben jener Bischof Peter von Tarazona, gehort zu haben. ''®) 
Wiederholt war Heinrich selbst in der heiligen Stadt; 
einmal traf er dort mit dem Propste Johann von Weissen- 
bach zusammen, der geringschatzig liber sein armliches 
Auftreten berichtete und seinen Bemiihungen wenig 
Erfolg zutraute. ") Schliesslich wurde doch durchgesetzt, 
dass statt Rudolfs der entschiedener vorgehende Legat 
Laurentius von Ferrara mit der Untersuchung be- 
auftragt wurde (1469) '*) und dass am 20. November 1469 
Paul n. die Herzoge in einem strengen Breve aufforderte, 
Heinrich in seine Herrschaft wieder einzusetzen; '•) diese 



") SS. rer. Sil. IX, 169 fg. 

'*) Ebendaselbst 170 Anm* 

*») Vergl. das undatirte Schreiben WA. Reuss. S. Bl. 343, den 
Bericht Job. von Weissenbacbs ebendaselbst Bl. 335 fg. 

*•) Schreiben des Melchior von Meckau von (1468) Juli 13, 
September 1, October 18, December 13. WA. Italienische Sachen 
Bl. 11—14. 

") Vergl. den undatirten Bericht Johanns WA. Reuss. S. Bl. 335 
fg.; seine Zeit |;enaa zu bestimmen. sind wir ausser Stande. 

'*) Auch dieser p&pstliche Betehl ist ohne Datum tlberliefert. 
WA. Reuss. S. Bl. 343. 

'•) HStA. Original 8071. 

16* 



2!44 Hubert £rmisctii 

waren indess weit entfemt^ dies zu than. Die Sache 
hat sich dann noch viele Jahre lang hingezogen; wir ver- 
meiden es, an dieser Stelle naher auf dieselbe einzugehen^ 
wiederholen aber, dass sie eine speciellere Untersuchung 
wohl verdiente. •®) — 

Der Wunsch, den die sMchsischen FUrsten im Som- 
mer 1466 dem Legaten so dringend ans Herz gelegt hatten; 
war inzwischen erfullt worden; auf Martini 1466 hatte der 
Kaiser einen Reichstag nach Niirnberg berufen; und auch 
Konig Georg war zu demselben eingeladen worden. Mochten 
auch der Ttirkenkrieg und der Landfriede^ wie so oft 
schon, die Tagesordnung bildcn, so wussten die deutschen 
Fttrsten doch recht wohl, dass die bohmische Frage im 
Vordergrund stehen wurde; und als man erfuhr, dass der 
Legat Fantinus. der heftigste personliche Feind Georgs, 
als p^pstlicher Commissar auf aem Reichstage erscheinen 
wiirde, konnte sich niemand verhehlen, in welchem Sinne die 
Frage behandelt werden soUte. Die Georg befreundeten 
Fttrsten rusteten deshalb zur Gegenwehr. Am 8. November 
fand zu Jttterbogk eine- Zusammenkunft des Kurfursten 
Ernst mit dem Kurfursten Friedrich IE. von Branden- 
burg statt, auf welcher Vorberathungen fur den Reichs* 
tag gepflogen wurden. **) Die Vorgange auf dem denk- 
wttrdigen rlurnberger Reich^tage selbst, auf welchem die 
sS,chsischen Fttrsten durch die R^the Hugold von SchleinitZ; 
Conrad Metzsch, Heinrich von Schonberg und Dr. Joh. v. 
Weissenbach, die Brandenburger aber durch Markgraf Al- 
brecht vertreten waren, **) sind schon mehrfach eingehend 
dargestellt worden. **) Der Legat protestirte gegen die Zu- 
lassung der Gesandten des gebannten und abgesetztenKonigs 
und nahm an keiner Sitzung Theil. der sie beiwohnten. 
Diese schroffe Zuruckweisung jeder Vermittlung hatte zur 
Folge, dass auf dem ReichstagC; wie auf manchem seiner 
Vorganger, im Grunde nichts beschlossen wurde. 

'•) Verschiedene Processschriften, deren Chronologic wir hier 
nicht untersuchen kdnnen, finden sich WA. Bohm, S. Eaps. lY 
Bl. 118c. Reuss. S. 85 fgg. 88. 91. 95. 318 fgg. 

*^) Yergl. das Schreiben des EurfUrsten Ernst von 1466 October 30 
bei Biedel III, 1, 397. Das Datum eines am 8. November 1466 fttr 
den Bischof Dietrich von Brandenburg zu Jiiterbogk ausgestellten 
Reverses des Kurftirsten Ernst (Ludewig, Reliqu. Mscrpt X, 582) 
beweist, dass der Tag wirklich stattgefunden hat. 

'*) Mailer, Reichstagstheatrum unter Friedrich Y. II, 216 fg. 

") Yergl. besonders PalackylV, 2, 416 fgg., Jordan 237 fgg.; 
ferner Droysen II, l, 226, Kluckhohn 263. 



Studien zur Gesch. der s&chs.-bQhm. Beziehungen 1464 — 68. 245 

Doch bewirkten brandenburgischer und sachsischer 
Einfluss, dass wenigstens ein Theil der anwesenden Fiirsten 
einen nochmaligen Versuch zu gtitlicher Beilegung der 
Differenzen zu Kom selbst machen woUte. Die Instruc- 
tionen der damit zu beauftragenden Gesandtschaft liegen 
uns in mehreren Entwiirfen vor, von denen der eine ohne 
Frage in der brandenburgischen, die andern vielleicht 
in der sachsischen Kanzlei entstanden 8ind.*M Kurz 
nach Weihnachten finden wir die Gesandten in Prag, wo, 
wie es scheint, Verhandlungen mit Gregor Heimburg ge- 

Eflogen wurden, wahrend der Konig sich sehr zuriickhaltend 
enahm; dann begaben sie sich weiter nach Wien und 
baton den Kaiser^ auch seinerseits eine Botschaft an den 
Papst zu senden. Dieser aber verhielt sich jetzt durchaus 
ablehnend; wie er auch schon auf dem Keichstage zu 
Nurnberg dem Bohmenkonig sich nicht sehr gnadig er- 
wiesen natte. Wenn, so erklarte er, der Konig von 
Ungarn und andere Kurfiirsten und Fiirsten, auch die 
katholischen Bewohner BohmenS; eine Gesandtschaft an 
den Papst abschicken woUten, so sei er gem bereit, seine 
Rathe mitzusenden; allein den „Sendboten, so von Herzog 
Ernsts, Herzog Wilhelms von Sachsen und Markgraf 
Albrechts von Brandenburg wegen hier gewesen sind", ge- 
stand er o£Penbar nicht das Recht zu, Namens der deutschen 
Fiirsten zu verhandeln. ^*) 

Deutlicher noch gab der Papst zu verstehen, wie wenig 
Gewicht er auf die zu erwartende Gesandtschaft lege. 



■*) Ueber die Instruction dieser Gesandtschaft, auf deren Inhalt 
wir hier nicht naher eingehen, vergl. besonders Jordan 239 fgg. 
Sie liegt in 3 Fassungen vor. Die eine (wohl der brandenburgische 
Entwurf) ist von Hofler, Kaiserliches Buch 109, und neuerdings noch- 
mals nach einer Niederschrift im Geheimen Staatsarchiv zu Berlin 
von Bachmann, Urk. und Actenst. 363, abgedruckt; eine Abschrift da- 
von auch im WA. Reuss. S. Bl. 81—84. Die beiden andern Entwurfe 
finden sich WA. B5hm. S. Kaps. IV Bl. 265--268 und Bl. 273— 
276 (letztere in deutscher Uebersetzung Bl. 277—280. Die Angabe 
Jordans 239 Anm. 264, dieser Entwurf sei in Mullers Beichstags- 
theatrum gedruckt, beruht auf einem Irrthum). Zwischen diesen 
beiden Entwiirfen finden sich in demselben Convolute des WA. zwei 
Stdcke, die eine Gesandtschaft des EurfUrsten Ernst und des Herzogs 
Albrecht an den Papst betreffen und im Zusammenhange mit den 
Verhandlungen vom August 1466 oder mit der Sendung des Dr. 
Scheibe stehen mogen; das zweite dieser Stiicke ist ein Fragment 
(Bl. 271. 272). Vergl. auch Cancellaria regis Georgii im N. Lau- 
sitzer Mag. XLVII, 220 (Nr. 55), 224 (Nr. 145), 229 (Nr. 238). 

") SS. rer. Sil. IX, 219. Archiv fOr osterreichische Geschichte 
XL, 343. 347. 



246 Hubert Ermisch: 

Am 23. December 1466 fallte er in offentlichem Con- 
sistorium das Endurtheil in dem nun schon seit Jahren 
anhangigen Processe gegen den Bobmenkonig. Die Sen- 
tenz beraubte den Konig wegen seiner vielfachen schweren 
Verbrechen gegen die Kircne all seiner Wiirden, Guter 
und Eechte; nochmals wurden alle Unterthanen ihres 
Eides losgesprochen, alle Bundnisse imd sonstigen Ver- 
bindungen, in denen Georg stand; fiir aufgelost erklart. ^*) 
Durch zahlreiche Schreiben vom 3. Januar machte der 
Papst dies Endurtheil der Kjrche Fiirsten und Volkern 
bekannt. 

Fast zu gleicher Zeit aber hatte Georg, kurz ent- 
sclilossen, in sein Verhaltnis zum Kaiser Klarheit gebracht. 
So lange derselbe Georgs Hilfe gebraucht, um seine wider- 
spenstigen Vasallen im Zaume zu halten^ hatte er seine 
Freundschaft gesucht; im Grunde aber, — das hatte, wenn 
Georg es nicht schon langst gewusst, sein Verhalten auf 
dem Nurnberger Keichstage gezeigt, — gehorte er zu den 
wenigen Fursten Deutschlands , die aufrichtig mit den 
papstlichen Bannfluchen sympathisirten. In einem heftigen 
Schreiben, in dem Gregor Heimburg seiner leidenschaft- 
lichen Feder die Ziigel schiessen liess, schnitt Georg 
das Tafeltuch zwischen sich und dem Kaiser entzwei. 

So schloss das Jahr 1466 mit der sichern Aussicht 
auf einen erbitterten Entscheidungskampf. 



n. 

Wohl waren Bann und Interdict Waflfen, welche 
durch allzuhaufigen Gebrauch ihre Scharfe eingebtisst 
batten. Trotzdem machte das Endurtheil des Papstes in 
dem Processe gegen Konig Georg, als es im Januar und 
Februar 1467 allmalig bekannt ward, in ganz Deutsch- 
land einen gewaltigen Eindruck; besonders wohl des- 
wegen, weil jedermann fiihlte, dass eben jene BuUe vom 
23. December die Entfesselung des lange geschiirten 
Kampfes gegen den Konig bedeutete. Auch Georg selbst 
war sich der Gefahr seiner Lage wohl bewusst und ver- 

••) Die Senteius ist SS. rer. Sil. IX, 210 und Ofter gedruckt 



Studien zur Gesch. der sachs.-bohm. Beziehungen 1464— 68. 247 

hehlte sich nicht, class nunmehr die Entscheidung der 
Scharfe des Schwertes tiberlassen blieb. Mit derselben 
Entschiedenheit, mit der er kurz vorher das Band 
zwischen sich und dem Kaiser zerrissen hatte, brach er 
jetzt voUstandig mit dem Herrenbunde. Zugleich abcr 
sah er sich nach Bundesgenossen in dem. imvermeidlichen 
Kriege urn. Es ist hier nicht der Ort, um iiber die weit 
auasehenden Projecte einer AUianz mit Ludwig XL von 
Frankreich zu sprechen, die damals neu aufgenommen 
warden.*') Wohl aber haben wir die Anstrengungen zu 
verfolgen, die Georg machte, um sich der benachbarten 
Fursten zu versichern. 

Herzog Albrecht weilte, wie dies sehr oft der Fall 
war, im Anfange des Jahres 1467 am kaiserlichen Hofe. 
Fast hatte er damals durch eine jugendliche Unbesonnen- 
heit die Beziehungen seines Hauses zum Konig Georg 
getriibt. Er unterstiitzte namlich an der Spitze von 400 
Mann den Kaiser in Unternehmungen gegen seine rebelli- 
schen Vasallen, inabesondere gegen Georg vom Stein, 
dessen Pfandschaft Steier er in den letzten Tagen des 
Januar durch einen glucklichen Handstreich nahm, aber 
sehr bald wieder aufgeben musste; zahlreiche Diener des 
Herzogs geriethen dabei in des vom Stein Gefangenschaft, 
und das Ende war ein wenig riihmlicher Rtickzug. **) Mit 
Rticksicht darauf, dass Konig Georg um eben diese Zeit 
sich des Georg vom Stein, der in seinen Dienst getreten 
war, annahm, wie er denn iiberhaupt jetzt keine Gelegen- 
heit, dem Kaiser zu schaden, imbenutzt vortibergehen 
liess, war der Zug Albrechts zweifellos unklug; aus 
Aeusserungen des warmen Anhangers der sachsischen 
Herz5ge am Hofe zu Prag, des Gregor Heimburg, ersieht 
man, wie peinlich derselbe durch den Zwischenfall beruhrt 
wurde, **) und wenn Kurflirst Ernst in einem Briefe vom 

•») Vergl. Paiout im Archiv far osterreichische Geschichte XL, 
833 fgg. 

»•) Chmel, Reg. Friedr. IV. Nr. 4888, 4889, 4891. Vergl. Lich- 
nowsky, Geschichte des Hauses Habsburg VII, 100. Val. Preuen- 
huber, Annales Styrenses (Ntlrnberg 1740) 118 fg. Anonymi Chron. 
Austriacum bei Senckenberg, Selecta juris et historiarum V, 324 fgg. 
1467 Mai 23. und Sept. 23. giebt Georg vom Stein den zu Steier 
„an dem Sturm" gefangenen Dienern des Herzogs Albrecht Tag bis 
Jacobi bez. bis 1. Mai 1468, das erste Mai auf Flirbitte des Konigs 
Georg, dann auf Furbitte ihres Herm. HStA. Original Nr. 8001. 

••) lUustris dux Albert us rem egregiam putat se facere nee in- 
telligit turpe esse tanto principi in tam vili causa ductum populi 
seu capitaneatum ut Yulgo dicunt in se suscipere. — Cum iUustrissi- 



248 Hubert £rmisch: 

12. Februar den Bruder deswegen in ziemlich scliarfen 
Worten zurechtweist — nebenbei der einzige Fall einer 
Diflferenz zwischen den beiden Briidern, der mir w^hrend 
der Jahre 1464 bis 1471 bekannt geworden ist ; — , so kann 
man ihm nicht Unrecht geben. Das Verhaltnis zu Georg 
beruhrte Ernst dabei freilich gar nicht; er tadelte viel- 
raehr die Unbesonnenheit, mit so geringem Volke sich in 
so „merkliche grosse Fahrlichkeit** zu begeben; „ilir woUet 
eure Dinge mehr in guter Aclitung haben, euch vorsehen 
und mit euern Rathen betrachten, was E. L. hinfurder 
in solchen tapfem und fahrlichen Sacben thue und vor- 
nehme.^ Zugleich bittet er darum, ihn gegen die am 
kaiserlichen Hofe dem Vemehmen nach verbreiteten Ver- 
leumdungen krS,ftig in Schutz zu nebmen: „denn unser 
Herr der Kaiser sieht und*merkt wobl, was E. L. bei 
seinen Gnaden gethan hat und noch tllglich thut und 
seine K. M. soil, ob Gott will, an uns nimmer mit Wahr- 
heit anders erkennen noch empfinden, denn dass wir uns 
allerwege befleissigen und gerne thun woUen, was seiner 
K. G. nun zu Ehren, Liebe, Nutz und Frommen gedeihen 
mag" u. s. w. Schliesslich fordert er ihn auf, ai^ die 
Heimkehr zu denken, da er sich jetzt „yast lange"* am 
kaiserlichen Hofe aufgehalten babe. •**) 

Kurz darauf sehen wir Albrecht auf dem Tage zu 
Linz (am 11. Februar), auf welchem vergeblich ein Aus- 
gleich zwischen dem Kaiser und dem Konig Georg ver- 
sucht wurde, als Vermittler th^ltig. So machte er wohl 
seine Unvorsichtigkeit wieder gut •*) 



mus et nobilissimus Albertus in personam nil dolendum scTsceperit, 
jactura rerum facile recuperabitur, qaia sub opulentissimo domino 
et jussa ejus militavit. Quamvis mallem quod dominus suus in 
talem miliciam aliam personam deputasset et nunc labia mea cir- 
cumcido non propter imperatorem , qui tales dolos continuare solet, 
sed propter nobilissimum ducem, cui ego jurejurando obstrictus sum, 
et si Styriam aut totam Austriam absque jactura tua sibi adjicere 
possem, id facere optare tibi laus dicitur, quia suppellectilem ducalem 
duci restituere maluisti quam ex ea locupletari. In hac re sobrie 
loquendum est mihi, ne qua vana lingua id foris efferat. Aus Schreiben 
des Gregor von Heimburg an Gregor vora Stein von 1467 Jan. 31 
und Febr. 20 im Archiv ffir osterreichische Geschichte XII, 336 fg. 

•«) Original HStA. Loc. 10531. Leipziger Handel 1218—1505 
fol. «0 fg. 

•*) Vergl. V. Langenn 58 fg. (Die beiden daselbst 69 Anm. 1 citirten 
Schriftstiicke babe ich nicht aufgefunden.) Ueber die Linzer Ver- 
handlungen vergl. die Aktenstucke im Archiv ftir dsterreichische 
Geschichte XL, 311 fgg., hiernach das Datum (anders Palacky I V, 2, 428). 



Studien zur Gesch. der sachs.-b6hm. Beziehungen 1464—68. 249 

Bald nach dem Prager Landtage, der die wider- 
spenstigen Herren far Rebellen erklarte und den Konig 
um ihre Bestrafung bat (24. bis 27. Februar 1467), er- 
suchte Georg den Markgrafen Albrecht von Brandenburg, 
seinen feindlichen Untertbanen umgehend Fehdebriefe, 
deren Formular er seinem Schreiben anschloss, zuzu- 
senden. **) Etwas spater, am 20. Marz, uberbrachte Jobst 
von Einsiedel die namliche Aufforderung dem Kurfursten 
Ernst zugleich mit der Einladung zu einem Tage, der 
am 12. April zu Briix stattfinden soUte. Denselben In- 
halt hatte eine gleichzeitige Botscbaft an Herzog Wilhelm; 
durch „Ritter Kylian unsern Narren'' ging auch dem 
Markgrafen Albrecht nocb besonders eine Aufforderung 
zur Betheiligung an dem Brtlxer Tage zu, wahrend Kur- 
furst Friedrich nur um Hilfeleistung angegangen wurde. **) 
Ohne Zweifel war Georg nach den bestehenden Einig- 
ungen zu der Forderung von Beistand berechtigt. **) Er 
mochte sich um so eher von derselben Erfolg versprechen, 
als vor wenigen Wochen alien Hindernissen, selbst Bann 
imd Interdict, zum Trotz die langst verabredete Verbindung 
der Ursula, der Tochter des Markgrafen Albrecht, mit 
Georgs Sohn Heinrich zu Stande gekommen war. Welche 
Beweggrunde batten den Markgrafen zu diesem ernsten 
Schritte bewogen? Palacky halt ihn fur ein Zeichen, 
„dass bei ihm auch in der Politik das Herz vorwaltete 
und dass Konig Georg weniger durch Macht als durch 
Charakter und personuches Benehmen seine Achtung und 
Ergebenheit sich gesichert hatte.'' •*) Eine Auffassung, die 
der zwar genial angelegten, aber doch stets auch kiihl 
berechnenden Natur des Markgrafen nur wenig zu ent- 
sprechen scheint. Sicher ist, das jener Beweis der Treue 
ihn in Bezug auf seine sonstige Folitik nicht binden, im 
Gegentheil, vielleicht eher ihm im Uebrigen eine freie 
Bewegung sichern soUte. •*) 



•*) Schreiben vom 2. Marz 1467 bei Palacky, Urk. Beitr. 434. 

•') Archiv fur osterreich. Gesch. XL, 352 fg. Bachmann 402. 
Riedel Cod. dipl. HI, 1, 431. 

•*) Die Anmerkung Hoflers (Frankische Studien I, 41), die Erb- 
einung sei als „Koder fttr den Markgrafen" anzusehen, beruht auf 
irriger Auffassung der Sachlage. 

•») Geschichte Bohmens IV, 2, 424. 

••) Vergl. Droysen II, 1, 232. Pazout im Archiv fttr Osterreich. 
Gesch. XL, 335. 



250 Hubert Ermisch; 

Das Yerlangen Georgs, das den Legatee Rudolf, Bobald 
er davon erfuhr, zu einer eindringlichen Warming an die 
Kurfiirsten Friedrich und Ernst und den Herzog Albrecht 
veranlasstC; •') versetzte die brandenburgischen und die 
sachsischen Fiirsten in Verlegenheit. Sie ftihlten vor allem 
das Bediirfnis, sich unter einander iiber die zu ergrei- 
fenden Schritte zu verstandigen, und die Gesandten Georgs 
erhielten daher zunHchst unbestimmten Bescheid. Kur- 
flirst Friedrich von Brandenburg schrieb an seinen Bruder 
Albrecht, schlug ihm vor, auf das Schreiben Georgs ge- 
meinsam mit den sachsischen Fiirsten zu antworten, und 
%andte zugleich (am 19. Marz) seinen Rath, Baltfiasar 
von Schliben, an Kurfurst Ernst, um dessen Absichten zu 
crkunden ; die Briefe des Herzogs Wilhelm und des Kur- 
fiirsten Ernst, in denen sie sich gegenseitig um Rath 
fragten, „8o die Sache auslandisch ist", kreuzten sich. 
Die sachsischen Fiirsten setzten auf den 2. April eine 
Zusammenkunft zu Liitzen an ; Markgraf Albrecht konnte 
zwar den ihm von seinem Bruder vorgeschlagenen Tag zu 
Salzwedel nicht besuchen, erklarte sich aber voUig ein- 
verstanden rait seiner Meinung, dass man gemeinsam mit 
den sachsischen Fiirsten handeln solle. Wohl erkannte er 
die Berechtigung der Aufforderung des Konigs, aber auch 
das, was namentlich gebieterisch zu besonnenem Handeln 
mahnen musste: ^des Konigs von Bohmen halben, der 
steht nicht wohl zu iibergeben, allein bedarf es Aufsehens 
des Glaubens halben, wieder denselben steht ihm kein 
Beistand zu thun." •*) Den Tag zu Briix lehnte er da- 
her sofort ab, bevor noch die Vernehmung mit Sachsen 
erfolgt war, aber in sehr vorsichtiger und hoflicher Weise: 
er brauchte die Mainzer Wirren, den zu Pfingsten bevor- 
stehenden Niirnberger Reichstag als Vorwand, erbot sich, 
um Johannis zu einem Tage zu kommen, oder auch, wenn 
dies ein zu langer Aufschub ware, seinen Hauptmann 



*') Schreiben des Legaten von 1467 M&rz 24 SS. rer. Sil. 
IX, 221, und bei Bachmann, Urk. und Actenst. 405. Vergl. dazu die 
Aufzeichnung des Mag. Job. Frauenburg: scriptis d. legati admoniti 
et sub maximis censuris requisiti. Palacky, Urk. Beitr. 450. 

•«) Schreiben des KurfUrsten Ernst d. d. 1467 Mftrz 20 im Ar- 
chly far dsterreich. Gesch. XL, 351, des Herzogs Wilhelm d. d. 1467 
M&rz 21 und 22 bei Bachmann 402 fgg., des Markgrafen Albrecht 
d. d. 1467 Marz 25 bei Riedel III, 1, 428 (Hdfler, Fr&nkische 
Studien I, 40). 



Studien zur Gesch. der sachs.-bohm. Beziehungen 1464 — 68. 251 

Heinrich von Aufsess als BevoUmacttigteii zu schicken. •') 
Er mochte recht gut wissen, dass es dera Konige gerade 
auf seine personliche Anwesenheit ankam. Als unmittel- 
bar darauf noch ein dringendes Hilfegesuch des Konigs 
eintfaf, das geradezu die durch die Einung begrtindete 
• Verpflichtung des Markgrafen betonte, antwortete derselbe 
am 1. April ebenfalls ausweichend und ablehnend und 
wies ganz besonders darauf bin, dass der Papst ihn schon 
jetzt seine Ungnade recht deutlicb fiihlen lasse. SoUte 
der Krieg in der That ausbrechen, so moge Georg zu- 
nftchst senen, dass er die von Eger, Elbogen, die Herren 
von Sachsen und seine anderen Freunde als Heifer ge- 
winnO; „und haltet uns darinne vermeldet, denn die Sache 
nicht eines Mannes Werk ist"; wenn das ganze Reich 
und besonders die geistlichen Ftirsten gegen Georg sich 
erheben wtirden, so wurde er, der mitten unter den letztern 
sitze, aufs hCchste gefahrdet sein, sobald er fur den Konig 
Partei ergriffe und isolirt bliebe. Doch erbat er sich 
nahere Angaben uber den beabsichtigten Tag und erklarte 
sich auch fiir den Fall, dass derselbe jetzt nicht zu Stande 
komme, bereit, seine Rathe zu senden.'®®) 

„Wir sind alle unserm Herrn dem Konig gewandt, 
desgleichen Papst und Kaiser'', schreibt Albrecht an dem- 
selben 1. April dem Kurfiirsten Ernst, „wir woUten, dass 
es an alien Enden gut ware. Die Geistlichen werden den 
Papst nicht verachten, als wir vernehmen, unter denen 
wir mitten stehen . . ." ^Die bohmischen Herren waren 
das mindeste, ware der andere Anhang nicht, das ist 
die ganze Christenheit." Er hofft, die Gesandtschaft, die 
nach den Beschllissen des vorjahrigen Martinilandtages 
nach Rom gegangen war, werde ^der Saeh grlindlich 
Lauterung viel einbringen." *^^) 

Noch bestimmter sprach Albrecht seine Gesinnung 
wenige Tage spater (am 11. April) in einem Briefe an 
seinen Bruder Friedrich aus, der in Folge des steten 
Drangens des Legaten nicht tibel Lust zeigte, eine 
feindselige Haltung gegen BShmen einzunehmen. ^^^) 
Strengste Neutralitat nach beideri Seiten bin war Albrechts 



••) Schreiben von 1467 Marz 25. Archly ftir osterreich. Gesch. 
XL, 353. 

»•*) Hdfler, Frankische Studien I, 41 fg. 

•*») Archiv fttr Osterreich. Gesch. XL, 354 fg. 

"*) Vergl das Schreiben an den Legaten von 1467 Marz 30. 
Riedel III, 1, 430. 



« 



252 Habert Ennisch: 

Qrundsatz; darin allein erblickte er sein Heil. „Han 
muss einen Theidingsmann unter den Sachen haben, der 
woUten wir gerne sein, damit wir unsere Scheuem be- 
hielten." ^^'^j ^ 

Unter diesen Umstilnden konnten auch die s&chsischen 
Fiirsten, batten sie es selbst gewoUt, nicht viel fiir Gleorg- 
thun. Die Bescbickung des Brlixer Tages bebielten sie 
zwar am lan^sten im Auge; es existirt sogar eine In- 
struction fiir die auf diesen Tag zu sendenden Batbe des 
Herzogs Wilhebn, die vielleicbt als Grundlage der Ver- 
handlungen auf dem Tage diente^ welcben die sacbsiscben 
Fiirsten (nicbt zu Lutzen, sondem zu Weissenfels) An- 
fangs April abbielten. '**) Aber eben dies Schriftstuck 
beweist, dass es nur auf ein Hinbalten des Konigs ab- 
gesehen war. Die Rathe soUen sich binter die Stande 
verschanzen: ohne deren Mitwirkung konnten die Fiirsten 
keine bestiramte Antwort auf Georgs Forderungen geben; 
vor zwei Monaten aber konne die Meinung der Land- 
scbaft nicbt eingebolt werden. Auch miisse man vor allem 
weiteren abwarten, was die an den Papst gescbickte 
Botschaft der Kurfiirsten und Fiirsten in Rom ausricbten 
werde. '°*) 

Der Brlixer Tag kam scbliesslicb gar nicbt zu 
Stande, **^*) imd die eben erwabnte Instruction ist, wenn 
tiberbaupt, dann bei einer andern Gelegenbeit benutzt 
worden. — 

Inzwiscben batten die geistlicben Waffen nicbt ge- 
rubt; und aucb die weltiicben fingen an mitzuwicken. Die 
Bannbulle^ die alljabrlicb am Griindonnerstage gegen alle 
Irrglaubigen und Kircbenfeinde gescbleudert wurde, nannte 
diesmal an besonders hervorragender Stelle „perdicionis 
alumnum Georgium alias Jersicum de Constat et Po^e- 
brat regni Bohemie occupatorem, olim illius regem no- 
minatum** (26. Marz). *®') Andererseits appellirte Georg 
am 14. April in ibrmlicbster Weise gegen das gesammte 



'<>») H6fler, Fr&nkische Studien I, 42. Riedel HI, 1, 434. 

***) Vergl. Bachmann, Urk. und Actenst. 409. 

"») Archiv fur Osterreich. Gesch. XL, 356 fg. 

"•) Schreiben des Herzogs Wilhelm an (Kurfftrst Ernst?) von 
1467 April 10 bei Bachmann, Urk. und Actenst. 409, des Eonigs 
Georg an Kurfurst Friedrich von 1467 April 11 bei Palacky, Urk. 
Beitr. 453. Vergl. den Bericht Frauenburgs ebendaselbst 450. 

»*0 SS. rer. Sil. IX, 222. 



Studien zur Gesct. der s^chs.-bohm. Beziehungen 1464—68. 253 

Verfahren des Papstes. *®*) Durch mehrere BuUen vom 
15. Mai wurde Bischof Rudolf zum Nuntius mit den VoU- 
macbten eines Lateranlegaten fur Polen, Bohmen, Preus- 
sen, Lievland und Meissen emannt und mit den aus- 
gedehntesten. Befugnissen fiir die Kreuzpredigt gegen die 
Ketzer, ftir Spendung von Ablass, fur Bestrafung aller, 
die dem gebannten Konig trotzdem noch anhingen u. s. w., 
ausgestattet. *^*) 

Wichtiger noch war, dass um dieselbe Zeit die Ab- 
sagebriefe zwischen Georg und seinen aufrtihrerisehen 
Vasallen ausgetauscht wurden und ein wechselvoUer 
kleiner Krieg in Bohmen, Mahren und Schlesien begann, 
der den ganzen Sommer uber wahrte und dessen Kesuhate 
im ganzen Georg giinstig waren. Die Stellung, welche die 
meissnischen Fursten in diesen Kampfen einnahmen, war 
eine wenn auch fur Georg wohlwoUende, doch streng 
neutrale. Sie beriefen zwar ihre Unterthanen, die im 
Dienste des Herrenbundes kampften, zuriick; **®) allein 
dass sachsische Hilfsvolker den Konig unterstutzt haben, 
ist doch wohl als ein blosses Geriicht aufzufassen. **^) An 
Aufforderungen des Konigs zu einer entschiedeneren Hal- 
tung wird es nicht gefehlt haben; die Sendung des Burg- 
grafen vom Karlstein, Benesch von der Weitmtihl, an den 
Kurfursten Ernst im Anfang Mai 1467 hatte gewiss diesen 
Zweck. '**) Allein die Lage der Dinge machte ein tha- 
tigeres Auftreten im Interesse des Konigs ganz unmoglich. 
Nach aussen mussten die Fursten befurchten, isolirt zu 



>••) Palacky, Urk. Beitr. 464; vergl. SS. rer. Sil. IX, 226. 

»«•) SS. rer. Sil. IX, 233; Auszug Cod. dipl. Sax. reg. II, 
3, 173. 

"») Palacky, Urk. Beitr. 478. Dasselbe that Markgraf Albrecbt 
auf den Wunsch des Kooigs, s. den Anfang des Briefes von 
1467 Juli 23 bei Hofler, Frankische Studien I, 48. Vergl. auch die 
Klagen in einer Schrift des Herrenbundes an den Papst von 1467 
Dec. 29 bei Palacky, Geschichte Bohmens IV, 2, 488. 

"*) Jordan 269, der sich aber auf nicht durchaus zuverlassige 
Quellen (Eschenloer, Pessina Mars Morav., Balbinus Epit. rer- Boh.) 
beruft. SoUte diese Hilfe wirklich geleistet worden sein, so hatte sie 
m. E. grosses Aufsehen erregt und es ware ihrer gewiss in einem der 
vielen Schreiben jener Tage Erwahnung geschehen. Mit welchem 
Mistrauen man die meissnischen Ftirsten betrachtete, geht aus der 
Correspondenz zwischen Konrad Metzsch und Heinrich von Aufsess 
bei Bachmann 417, 420 hervor. 

"") Sein Credenzschreiben vom 7. Mai HStA. Loc. 8285. Bohm. 
Gesandtschaft an Eursachsen 1467 — 1562. 



254 Hubert Enniscli: 

bleibeii; und im innern hatte eine so offene Verletzung 
der Befehle des Legaten, der eben damals anfing, seine 
Kreuzprediger auszusenden und in alien Kirchen Gebete 
fiir das Wolil des -Gottesheeres" anordnete, *") gefahr- 
liche Unruhen zur Folge haben konnen. 

Zwischen den Brandenburgern und den Wettinem 
fanden in dieser Zeit mehrfach Verbandlungen liber eine 
gemeinsame Haltung in der b5bmischen Frage statt So 
nahm Herzog Albrecht, als er Anfang Mai aus Oester- 
reich beimkehrte, auf der Durchreise zu Ansbach bei dem 
Markgrafen einen Aufenthalt; der gewiss nicht bloss als 
ein Hoflichkeitsbesuch aufzufassen ist. ***) Femer sollte 
am 25. Mai zu Naumburg ein Tag stattfinden, zu dem 
auch die hessischen Fiirsten als Mitglieder der Erb- 
einigung geladen waren. *'*) Ueber die Resultate dieser 
Verbandlungen sind wir jedocb nur so weit unterricbtet, 
als sie sich in der Haltung der Fursten auf den wicbtigen 
Tagen zu Ntirnberg^ Landshut imd Regensburg zeigten. 

Bereits im Mai war auf Mitte Juni eio, Reichstag 
nach Nurnberg ausgeschrieben worden, **•) der aber erst 
Ende Juli seine Verbandlungen begann. Wie jener 
frtihere, so war auch dieser hauptsftchlich dazu bestimmt, 
die Hilfe des Reiches in der bohmischen Sache in Anspruch 
zunehmen; nur traten Kaiser und Papst diesmal yiel offener 
mit ihrem Begehren hervor. Allein die* brandenburgisch- 
sachsische Politik war auch jetzt der Hemmschiih, der die 
ohnehin beispiellos tr£lge arbeitende Reichsmaschine zum 
voUst^ndigen Stillstand brachte. Die s&chsischen wie die 
brandenburgischen Briider waren pers5nlich erschienen: ein 
deutlicher Beweis, wie hoch sie die Wichtigkeit des Tages 
veranschlagten. ^*') Sie erklarten, dass sie in eine Einung 

"») VergL den Befehl von 1467 Juni 6. im Cod. dipl. Sax. reg. 
n, 3, 171. 

"*) Bachmann 417. 

''*) Schreiben des Markgrafen Albrecht an Herzog Wilhelm 
von 1467 Mai 3. Hofler, Fr&nkische Studien 1, 43. 

■'*) Einladungen des Papstes an Eurfttrst Ernst und an Bischof 
Dietrich von Meissen von 1467 Mai 14.. bei Mtlller, Reichtagstheatr. 
II, 261. Cod. dipl. Sax. reg. II, 3, 170. 

»") Mtlller a. a. 0. n, 262. Palacky. Urk. Beitr. 473. Eschen* 
loer (SS. rer. Sil. VII) 140. Ernst und Albrecht waren am 24. Juli 
angekommen und batten sich, da die Yerhandlupgen noch nicht be 
gonnen, am folgenden Morgen zu Markgraf Albrecht nach Cadolz- 
burg begeben, um mit demselben Kurzweil und Waidwerk zu treiben. 
Kluckhonn 377. — Ueber den Reichstag im allgemeinen vergl. Pa- 
lacky IV, 2, 468 fg. Kluckhohn 267 fgg. Droysen II, 1, 231 fg. 



Stadien zur Gesch. der sachs.-bohm. Beziehungen 1464 — 68. 255 

gegen den Konig nicht eintreten wiirden, *^*) und Kur- 
ftirst Ernst hatte den anerkennenswerthen Muth, direct 
fUr Georg zu interveniren. Als er jedoch durch seinen 
Marschall eine Schrift verlesen liess, in welcher Georg 
als Konig titulirt wurde, da gebot ihm der papstliche 
Legat zu schweigen, erhob sich und ging fort ; die ganze 
Versammlung zerstreute sich. ****) Mochte dies immerhin 
wie ein allgemeiner Protest gegen die sachsisch-branden- 
burgische Politik erscheinen, so bewirkte dieselbe gleich- 
wohl^ dass es zu einem Beschlusse gegen Georg nicht 
kam: ^summaric; so ist nichts wider E. G. beschlossen 
noch vereint", schrieb Markgraf Albrecht dem Konige, **^) 
mit dem er uberhaupt wahrend der Dauer des Tages 
mehrere Briefe wechseltC; und dieser hatte wohl alien Grund, 
ihm und seinem Bruder, dem Kurfiirsten Friedrich, seinen 
Dank auszusprechen; "*) namentlich Markgraf Albrecht 
hatte sich trotz der schon auf ihm lastenden p^pstlichen 
Ungnade kiihner und der Curie gegeniiber riicksichts- 
loser gezeigt, als es seinem getreuen Kathe^ Peter Knorr, 
lieb war. ***) 

Es wurde schliesslich nochmals ein Vermittelungs- 
versuch in Vorschlag gebracht; Bayern, Saohsen und 
Brandenburg erboten sich, die Verhandlungen zunachst 
mit K(5nig Georg zu fiihren. Der sachsische Obermarschall, 
Hugold von Schleinitz, und der Landvogt zu Meissen, 
Nickel von Kockeritz, reisten mit den Propositionen nach 
Prag ab. "') Doch war die Basis dieser Vermittelungs- 



"■)... habt ir zwNurnberg vernomen, auch ir hertzog Albrecht sel- 
ber geredt, als wol wir, das wir uns wieder den konig zw Beheim nicht 
verpinden wollen. Schreiben KurfQrst Friedrichs uiid Markgraf Al- 
brechts an die sachsischen FOrsten d. d. 1467 Sept. 13. bei Uofler, 
Kais. Bach 124 

"•) Palacky, Urk. Beitr. 473 fg. Eschenloer a. a. 0. 

"<>) Schreiben von 1467 Aug. 14. Hdfier, Frank. Studien I, 49. 

**■) Schreiben von 1467 Aug. 1. ebendaselbst 1, 48 und Riedel, Cod. 
dipL Brand. Ill, 1, 440. Yon gleichen Schreiben an die s&chsischen 
Ftrsten ist uns nichts bekannt geworden ; doch sind die brandenburg. 
Gorrespondenzen dieser Zeit Uberhaupt weit voUst^ndiger erhalten 
als die s&chsischen. Vergl. auch tiber die Resultate des NUrnberger 
Tages das Schreiben Georgs von 1467 Aug. 5. bei Palacky, Urk. 
Beitr. 476 fg. 

"*) Vergl. dessen Schreiben d. d. 1467 Aug. 17. bei HOfler, 
Kais. Buch 125 fg. 

"*) Vergl. das Schreiben Markgraf. Albrechts an Georg von 
1467 Aug. 14. Hofler) Frank. Studien I, 49. Siehe auch Hofler, Kais. 
Bach 146. Kluckhohn 379. 



256 Hubert Urmisct: 

vorschlage eine solche; dass der Konig sich nicht darauf 
einlassen konnte: er solle sich „m Glaubenssachen^ un- 
bedingt dem Urtheile des Legaten ftigen. ***) Georg, der 
seine Verwunderung darliber nicht unterdfiickte, dass 
Ftirsten, die nach den bestehenden Vertragen ihm zur 
Hilfeleistung verpflichtet seien, als Mittelspersonen anf- 
tr^ten^ setzte dem eine Bedingung entgegen^ die fiir die 
Gegenpartei ebenso unannehmbar war: die einstweilige 
Suspension des Bannes und das Verbot aller Schmahungen 
und L9,sterungen. So scheiterten diese Einigungsversuche 
voUstandig. "*) 

Neben diesen Verhandlungen mit Bohmen ging ein 
lebhafter diplomatischer Verkehr zwischen den Hausem 
Sachsen, Brandenburg und Bajern^ endlich dem Kaiser 
her. Obwohl, wie wir sahen, die sachsische Politik mit 
der brandenburgischen, in der bohmischen Frage wenig- 
stens, bis dahin ganz Hand in Hand gegangen, war die 
Erneuerung der Erbeinigung, die schon im vorigen Jahre 
Brandenburgs dringender Wunsch gewesen war, noch 
nicht voilzogen worden (vergl. S. 225 fg.) Die XJrsache 
dieses Zogerns und Hinhaltens war immer noch das Ver- 
haltnis des Markgrafen Albrecht zu Ludwig dem Reichen. 
Hatten sich die beiden Fiirsten auch viel mehr genShert 
als frtiher, hatten sie auch auf dem Niirnberger Reichs- 
tage freundschaftlich mit einander verkehrt und dachten 
sie auch lebhaft an eine Einung mit einander, wobei 
Herzog Albrecht den Vermittler spielte, so gab es doch 
noch genug unausgeglichene Differenzpunkte. Besonders 
aber liess der Umstand das alte Mistrauen nicht 
einschlummern , dass Herzog Ludwig seit Ende 1466 
oder Anfang 1467 mehr und mehr sicn auf die Seite der 
Gegner des Konigs Georg stellte und dieser sich allmahlig 
und behutsam vollziehende Umschwung selbstverstandlich 
eine Annaherung an den Kaiser zur Folge hatte, die sehr 
leicht zum Nachtheile Albrechts ausgebeutet werden konnte. 
Ludwigs naturgemasses Streben war ein Biindnis, dessen 
Spitze sich gegen. Konig Georg richtete oder das ihn doch 



"*) Hofler, Kais. Buch 136 fgg. Auch die Bemerkung von Kas- 
par Polkwitz bei Palacky, Urk. Beitr. 488 bezieht sich doch wohl 
auf diese Gesandtschaft. 

"*) Der Bericht der Gesandten und die Antwort des Ednigs bei 
Mailer, Reichstagstheatr. 11, 297 fgg. Vergl. auch Palac^ IV, 2, 
471 fg. Kluckhohn 271 fg. Droysen II, 1, 233. 



Studien zur Gesch. der sachs.-b6hm. Beziehungen 1464—68. 2b'f 

gegen einen Angriff des Konigs decken konnte; Mark- 
graf Albrecht dagegen suchte vor allem seine Neutralitat 
in der bohmischen Frage zu wahren. Die sachsischen 
Fursten aber wUnschten zwar das letztere mindestens 
ebenso lebhaft als Albrecht; wollten jedoch andrerseits auch 
mit Ludwig in einem guten Verhaltnis bleiben. 

So erklart es sich, dass die Verhandlungen, die von 
Niimberg aus zwischen dem Markgrafen und dem Herzog 
Albrecht gepflogen wurden, voUkommen parallel gingen den 
Verhandlungen zwischen dem Markgrafen und dem Herzog 
Ludwig. "*) In einem Schreiben der sachsischen Briider 
an Markgraf Albrecht vom 23. August machen sie, wenn 
auch in gewundenen Worten, Aussicht auf die gewtinschte 
Erneuerung der Erbeinung unter der Bedingung, dass 
Herzog Ludwig und der Pfalzgraf in derselben ausge- 
nommen wiirden, sie den genannten aber keinen Beistand 
wider den Brandenburger leisten diirften."') Die branden- 
burgischen Fiirsten antworteten auf dieses Schreiben am 
13. September; sie waren von dem Vorschlage nicht er- 
baut; meinten, man soUe die Einung nicht todern, sondern 
lieber, wenn iiberhaupt, dann durch eine geheime Ver- 
abredung modificiren; da die von Bayern viel Verbind- 
ungen hatten, so sei zu beftirchteU; dass ^ durch das Aus- 
nehmen alle Welt ausgenommen soUte sein." Eurflirst 
Fricdrich stellte seinen Besuch in Meissen fur die nachste 
Zeit zu weiteren Berathungen in Aussicht. '**) 

Auch die bereits im vorigen Jahre zur Sprache ge- 
kommenen Plane eines Biindnisses zwischen Sachsen^ 
Brandenburg, Bayern und Oesterreich waren wieder auf- 
genommen worden. Am 17. September soUten, so war 
auf dem Ntimberger Reichstage verabredet worden, die 
Rathe des Pfalzgrafen, des Herzogs Ludwig, der branden- 
burgischen und sachsischen Fursten sich am kaiserlichen 
Hofe einfinden, um dariiber weiter zu verhandeln. ^ Die 
Hauptbedingung, die Markgraf Albrecht dabei stellte, be- 
traf den Konig Georg: er woUte sich in kein Btindnis 
einlassen, das gegen ihn gerichtet war. Wenigstens soUte 
Georg in der Einung nicht ausdrlicklich genannt sein, 



"•) Vergl. Schreiben von 1467 Aug. 13. 14. WA. Bayr. Sachen 
Bl. 2—4, gedruckt bei H6fler, Kais. Buch 119 fgg. 

»") Hofler, Kais. Buch 122 fg. (Riedel, Cod. dipl. Ill, 1, 443 
'2») Ebendas. 124 fg. (Riedel IH, 1, 444). 

Neubs Archiv t S. Q. u. A. I. 9. H 



268 Hubert Ennisch: 

wie dies in einem vorgelegten Entwurfe derselben der 
Fall war, Albrecht will sich nicht ^specifice wider ' den 
K5nig verbinden" ; „generaliter neben K. Majestat" schien 
er, mit Kiicksielit auf die Machinationen Martin Mayrs, die 
ihn vom Kaiser zu verdrangen suchten; schon eher dazu 
geneigt. In diesem Sinne instruirte er am 10. September 
seinen Gesandten beim Kaiser ^ Heinz Seibott; er ver- 
muthete dabei wohl mit Recht, dass die sd,ehsischen 
Ftirsten derselben Meinung sein wUrden.'*®) 

An diese Verhandlungen, iiber die wir nicht naher 
unterrichtet sind — nur wissen wir, dass der Kaiser sich 
den Vermittlungsprojecten nicht sehr giinstig zeigte *'®) — , 
sclilossen sich in der letzten Septemberwoche, ebenfalls in 
Folge eines zu Niirnberg gefassten Beschlusses, ^ * ') weitere 
Berathungen zu Landshut an. Herzog Wilhelm nahm an 
denselben Theil; die brandenburgischen Fiirsten waren 
durch Jorge von Absperg, die sftchsischen durch den Mar- 
schall Bemhard von Schonberg und den Ordinarius zu 
Leipzig, Dr. Joh. Scheibe, Herzog Wilhelm durch den 
Naumburger Dompropst Hugo Forster und durch Wilhelm 
Schotte vertreten. Die von ims schon erwahnte vorsichtig 
ablehnende Antwort des Konigs Georg bildete den Ausgangs- 

Sunkt der Verhandlungen. ''*) Es ist gewiss ein Zeichen, 
ass auch bei diesen verhandlungen die Georg wohlwol- 
lende Richtung entschieden dominirte, wenn trotz dieser Ant- 
wort, auf Grund deren eine Verstandigung mit Kaiser und 
Papst, wie die Rathe klar einsahen, voUkommen undenkbar 
war, die Vermittlungsversuche fortgesetzt wurden. Neue 
Vorschlage wurden gemacht, eine neue Botschaft an Georg 
gesandt, um dessen Zustimmung zu erlangen. '*^) Aber 
auch Herzog Ludwig, der jetzt schon unverhlillter als 
Gegner des BohmenkOnigs auftrat, war nicht unthatig. Von 
ihm rtihrt der Entwurf einer Einung zwischen dem Kaiser 
und den Ftirsten her, dessen gegen Georg gerichtete 
Tendenz nicht im mindesten verschleiert war. Die Ver- 



'") Hefler, Kais. Buch 134 fg.; vergl. 124. 146. 

i»o^ Yergl. das Schreiben von Sept 29 ebendas. 149. 

"0 Ebendas. 146. 

"*) Sie war schon Anfang September den sachs. Brtidern be- 
kannt geworden: vergl. das Schreiben Herzog Wilhelms von 1467 
Sept. 12 bei Bacnmann, Urk. und Actenst. 4S1. 

*»») Mtiller, Reichstagstheatrum 11, 300 fgg. 307 fg. 



I -.-bohm. Beziehungen 1464—68. 259 

MMicr gegen einen Angriff von Bohmen 
i/ten Anzahl von Hilfsvolkern bei- 
..i.-i von Brandenburg und die Herzoge 
•uu'ii, wcnn der bohmische AngrifF sich 
*;< 11 t)^^!' Bay em jenseit der Donau richten 
zu cinein Einfalle in Bohmen verpflichtet 
war dies allerdings nur ein Defensivbiindnis, 
./i Notliwendigkeit die Herzoge in einen 
iH>iinicii verwickebi, da der Ausbruch des 
\vis< hen Georg und dem Kaiser ja nur eine 
']• /icit zu sein scbien und auch Herzog Lud- 
\\ii' man wusste, das Verlobnis der bohmischen 
1 ijudmilla mit seinem Sohne aufzulosen beab- 
iiber kurz oder lang mit Georg in Verwicke- 
"eratlien musste. Die brandenburgischen und 
• -k iien Jtiitlie thaten daher sehr wohl daraU; diese 
«.iiia;j;e nur ad referendum zu nehmen. ''*) Auf die 
' dus ILrzogs Ludwig, der den Abschluss einer Einung 
."^oliutz gegen Bohmen vor Beginn der Vermittelungs- 
• iiianiUungen aus verschiedenen Griinden fiir nothwendig 
.wurie, blieben die Gesandten in Landshut und warteten 
^1/1 1 anf die Ruckkehr der zu Konig Georg geschickten 
.. t-n imd die Antwort ihrer Hofe auf die iibermittelten 
..ihungsvorschlage, **®) obwohl wenigstens die sachsischen 
liiiilie Befehl hatten, auf alle Falle sofort von Landshut 
...IS zum Kaiser und nach Rom zu gehen. *^') 






li 



•") Mtiller, Reichstagstheatr. II, 305 fg. 

***) Herzog Wilhelm hatte den sein en dies ausdriicklich befohlen, 
„diewiele uns soUich eynunge unverstentlich ist, uns auch nach aller 
gestalt gelegenheit, so wir fruntschaft und eynunge allenthalben 
verwandt sind, nicht geburen wolle, die unsern also unwissentlichen 
ingangs zu mechtigen." Schreiben an Ernst und Albrecht von 1467 
Sept. 12 bei Bachmann 432. 

*'•) Ueber den Landshuter Tag vergl. insbesondere die Rela- 
tionen der Gesandten Wilhelms und seiner Vettern bei MuUer, 
Reichstheatrum 11, 308 fg. und Bachmann 434 fgg. Sie stimmen zum 
grossen Theile wortlich iiberein. Vergl. auch die Schreiben von 
Ernst und Albrecht an Ludwig d. d. 1467 Sept. 9 und von Herzog 
Wilhelm an seine Neffen d. d. 1467 Sept. 12 bei Bachmann 429. 
431. Jordan 290 fgg. 

"^ VergL die Instruction fiir Hugo Forster bei Bachmann 433, 
die Schreiben Wilhelms vom 8. October ebendaselbst 441, und Ernsts 
und Albrechts vom 3. November bei Hotter, Kais. Buch 156. Die 
Beglaubigungsschreiben Wilhelms fiir Hugo Forster und Hans 
Schencke an den kaiserlichen Hof und fiir ersteren an den papst- 
lichen Hof d. d. 1467 September 15 bei Bachmann 432 fg. Markgraf 

XI* 



260 Hubert Krmisch: 

Dass die EinigungsyorscUUge des Herzogs Ludwig 
bei den brandenburgischen und sHchsischen Fiirsten keine 
gunstige Aufaahme finden wtirden, war yorauszusehen. 
Markgraf Albrecht erklarte sie in einem Schreiben an seinen 
Bruder Friedrich vom 5. October 1467 fur vollkommen un- 
annehmbar. *'*) Dieser hatte ura dieselbe Zeit auf der RUck- 
reise aus Fraiiken, wo er bei seinem Bruder Albrecht geweilt 
hattC; den beabsichtigten Besucli zu Meissen bei Eurfiirst 
Ernst und Herzog Albrecht abgestattet, riihmte die glan- 
zende Aufhahrae, die er und sein Neffe Johann bei ihnen 
geftmden, und die freundliche Gesinnung, die sie ihm und 
seinem Bruder gegeniiber an den Tag gelegt; die Erb- 
einigung, der eigentliche Anlass des Besuches, war zwar 
noch nicht zum Abschluss gekommen, aber auch in dieser 
Sache scheint ein Einverst^ndnis erreicht worden zu sein, 
und fiir die weiteren Verhandlungen mit Albrecht soUten 
die Kathe, die den auf Anfang Januar nachsten Jahres 
nach Regensburg ausgeschriebenen Reichstag besuchen 
wiirden, bevoUmachtigt werden. Was die Plane des Herzogs 
Ludwig anlangC; so erklHrten die jungen Fiirsten rund 
heraus, dass sie ^in solche Einung ganz nicht gehen'^ 
wollten. **•) Auch Herzog Wilhelm war derselben schwer- 
lich gunstig gestimmt, ^dann wir darinn unsem Be- 
dacht haben^; er tadelte seine Landshuter Gesandten, 
dass sie sich dadurch batten aufhalten lassen, und befahl 
ihnen, nach Eingang der Antwort Georgs, wenn dieselbe 
auch etwas enthalten sollte, ^das Sorglichkeit auf sich 
truge", doch ohne „weiter Disputat oder einigen Verzug" 
zum Kaiser und von da nach Rom sich zu begeben. Bis 
die Richtung zwischen Kaiser, Papst und Konig zu Stande 
komme^ werde Zeit genug vergenen, urn inzwischen die 
Einung abschliessen zu kdnnen. ^*®) 



Albrecht schickte am 16. September in seinem and seines Bruders 
Namen ihren Gesch&ftstr&gem am kaiserlichen Hofe, Heinz Seibott 
und Albrecht Clitzing, die erforderlichen Gredenzbriefe zu den 
Verhandlungen mit dem Kaiser und zugleich eine Credenz fiir 
den in Rom weilenden Propst von Bernau, Heinrich Ordemann, der 
dort die Rolle des brandenburgischen Gesandten flbemehmen soUte. 
Yergl. Hdfler, Kais. Buch 135. 147 fgg., auch das Schreiben des Jorg yon 
Absperg an Heinrich Seibott von 1467 Sept 29 ebendaselbst 149 fg. 

»»•) Hofler, Kais. Buch 160 fg. (Riedel, Cod. dipl. Brand. HI, 
1, 446). 

"•) Schreiben des Kurf. Friedrich an Markgr. Albrecht von 1467 
Oct. 14 ebendas. 151 fg. (Riedel a. a. 0. 448). 

**"; Schreiben von 1467 Oct. 8 bei Bachmann 441 fg. 



Studien zur Gesch. der s&chs.-bdhm. Beziehongen 1464 — 68. 261 

Ebensowenig als auf dem Landshuter Tage gelang 
es im November zu Regensburg, wohin die bayerischen 
und frankischen Fiirsten und Stadte zu einera Tage ein- 
geladen waren, den ersehnten Bund gegen K(3nig Georg 
zu Stande zu bringen. Die Correspondenzen des Mark- 
grafen Albrecht, aus denen wir diesen Tag kennen, sprechen 
mst noch scharfer als bisher seine entscbiedene Abneigung 
gegen jedes wider Georg gerichtete Biindnis aus: „und ist 
endlich und specialiter unsre Meinung, das wir uns wider 
den KOnig und die Krone zu Bohmen in keiner Weise 
verbinden wollen", so schliesst die den Rathen mitgegebene 
Instruction. *^') Dass er sich dabei mit den sachsischen 
Fiirsten, die in Regensburg nicht vertreten waren, voU- 
kommen solidarisch ftihlte, betonte er wiederholt; es gait 
ihm, zu verhiiten, „dass die Bayern und Oesterreicner 
vorreden und Sachsen und Brandenburg dahinten bleiben, 
als ob sie minder dann jene w^ren, darum dass sie zu 
unterst sitzen." Er wollte nicht dem Bayemherzog als 
Schild gegen Bohmen dienen. ***) 

Georg beeilte sich nicht mit der Antwort auf die 
Landshuter Propositionen; und als sie endlich anlangte 
(unter dem Datum des 24. October), klang sie, wie vor- 
auszusehen war, scharfund durchaus ablelmend; er stellte 
sich lediglich auf den Boden seiner friihem Bedingungen. ^*') 
Ernst und Albrecht dankte er zwar fiir ihre Bemtihungen, 
aber verhehlte ihnen durchaus nicht sein Misfallen an dem 
Inhalt der Vermittlungsvorschlage und bat sie, ihre Send- 
boten an Kaiser und Papst demgemass zu instruiren. '**) 
Obwohl unter diesen Umstanden ein Erfolg von der be- 
absichtigten Gesandtschaft nicht zu erwarten war, wurde 
dieselbe gleichwohl nicht aufgegeben. ***) Die Gesandten 



»*') Hofler, Kais. Buch 167. 

>") Ebendaselbst 176 fg. 

>«*) Ebendaselbst 153 fgg. 

'") Ebendaselbst 163. 

"*) VergL die Sclireiben von Ernst und Albrecht an Markgraf 
Albrecht und an die zu Landshut befindlichen R9.the ebendaselbst 152. 
156. Auf die Meldung der nach Regensburg geschickten Gesandten, 
,,dass die Sachsischen noch zu Landshut seien und keine Antwort von 
ihren Herrn empfangen haben** (1467 Nov. 16.), antwortet Markgraf 
Albrecht (19. Nov.), er merke dabei, dass man sie der Dinge zu 
Regensburg nicht habe berichten woUen: „dann unser Schwager von 
Sachsen woUen dqr Diug Qic^t eingehen, noch auch unser Bruder 



262 Hubert Ermisch: 

der drei sllchsischeii Fursten, Nickel von Kockeritz, 
Dr. Scheibe, der Dompropst Hugo Forster und Hans 
Schencke, begaben sicb zunachst nach Neustadt an den 
kaiserlichen Hof, wo sie von den dort weilenden 8t9.ndigen 
Gesandten Herzog Ludwigs und der brandenburgischen 
Flirsten untersttitzt wurden; aber ihren Zweck erreicbten 
sie nicht, da der Kaiser sich nicht geneigt zeigte, seiner- 
seits jemanden mit ihnen zu senden. Mit Empfehlungs- 
schreiben und Credenzbriefen fur den Bernauer Propst 
Heinrich Ordemann und fiir Dr. Valentin Bern"beck, die 
Vertreter der Hauser Brandenburg und Bayern bei der 
Curie, zog die Gesandtschaft weiter und langte am 21. Ja- 
nuar 1468 in Bom an. Hier stiess sie schon von vorn herein 
auf Schwierigkeiten; Ordemann erklarte, nachdem er den 
ihm ubergebenen Brief gelesen, dass derselbe sich auf den 
Nurnberger Tag beziehe unci ihn anweise, gemeinsam 
mit des Kaisers und der Fursten Botschaft zu handeln; "*) 
nun aber habe er vernommen, dass der Tag zu Niirn- 
berg zu keinem Resultate gefuhrt habe und ein neuer an- 
gesetzt sei; auch sei des Kaisers Botschaft nicht anwesend. 
Unter diesen Umstanden glaubte er nach gepflogener 
Unterredung mit dem Cardinal von Mantua, sich an der 
Gesandtschaft nicht betheiligen zu dtirfen. Dagegen schloss 
sich Val. Bernbeck ohne Bedenken den sachsischen Boten 
an; ein Beweis, dass der Bruch zwischen Herzog Ludwig 
und KOnig Georg doch wol nicht so schroff war, Mde man 
nach den Ausfiihrungen Palackys glauben soUte, sondern 
dass Ludwig immer noch Beziehungen zu Georg unter- 
hielt. **') 

Durch die Vermittelung des pilpstlichen Secretars, des 
Bischofs Petrus von Tarazona, wurde den Gesandten fiir 
den 8. Februar eine Audienz „in gemeinsamer Sammlimg der 
Cardinale" bewilligt. Hier trugen sie ihre Werbung vor, 
die im wesentlichen den Landshuter Beschllissen ent- 
sprach, obwohl dieselben bei Georg eine so wenig giinstige 
Aufnahme gefunden hatten. Aus mannichfachen Griinden, 
hauptsachlich im Interesse BQhmens, des Reiches und des 
TtirKenkrieges, wie im einzelnen ausgeftihrt wird, sei zu 



und wir, derselben R3,the reiten auch dahin zum Kaiser ihre Bot- 
schaft auszurichten , als sie gefertigt sind, und von unsem wegen 
Heintz Seybott mit ihnen.*' Ebendaselbst 171. 176. 



"*) Vergl. Hoaer, Kais. Buch 147 fffg. 
>*') Vergl, darttber besonders Klucknol 



ohn 281 fg. 



Studien zar Gesch. der 8l^chB.-bdhin. Beziehungen 1464 — 68. 263 

wunschen, dass statt einer Fortsetzung der Processe 
^freundlicher Tage Sussigkeit" vorgenommen werde, und 
sie bitten deshalb den Papst, zu diesem Zwecke in 
deutschen Landen einen Tag anzusetzen, zu demselben 
einen bevoUmachtigten und wohl unterrichteten Legaten 
zu senden, den Kaiser, die weltlichen und geistlichen 
Ftirsten, auch Herrn Georg und seine Gegner dazu ein- 
zuladen; dabei soUe nicht tiber hussitische Ketzereien dis- 
putirt werden, was nur die Zwietracht vergrSssem wurde, 
sondern man soUe sich in dieser Beziehung an die 
Satzungen des Concils halten und das Hauptaugenmerk 
dem Ausgleich der Differenzen zwischen dem Konig und 
seinen Vasallen zuwenden. Es handele sich, wenn der 
Papst in diese Vorschlage willige, jedenfalls nur um eine 
kurze Frist, die dem K5nige gewahrt werde ; wenn es in 
dieser zu keiner Verstandigung komme, so sei es Georgs 
Schuld, und alle Verantwortung fur das folgende treffe 
ihn. Nicht Duldung gegen die Ketzerei, sondern ein 
Mittel, die Ketzer auf den rechten Weg zu bringen, sei 
ihr Vorschlag. 

Die Antwort, die am 10. Februar der Cardinal 
Bessarion (Nicenus der Grieche genannt) den Gesandten 
Namens der Kirche gab, lobte zwar die Ehrerbietung, 
mit der sie vom papstlichen Stuhle sprachen, und die 
Verdienste des Hauses Sachsen um die Kirche, verhielt 
sich aber in der Hauptsache durcbaus ablehnend. Nachdem 
so oftmals schon liber die Sache in der Curie verhandelt 
worden sei, nachdem so viele Legaten sich damit schon 
zu beschaftigen gehabt^ wurde jeder weitere Einigungs- 
versuch gegen die Satzung der Vater, dass iiber einmal 
entschiedene Glaubenssachen nicht weiter disputirt werden 
durfe, verstossen. Der Weg zur Versohnung mit der 
Kirche stehe ja Georg offen; er moge sich nur nach Rom 
begeben. Die Getahren, die die bohmische Frage in sich 
trage, k5nnten nicht in Betracht kommen, wo es sich um 
den Christenglauben handele; ubrigens wurde Georg nicht 
viel Unheil anrichten konnen, wenn die Fursten „getreuen 
Fleiss'^ gegen ihn anwendeten. Ebenso sei es an ihnen, 
zu verhtiten, dass Bohmen nicht in fremde Hande gelange; 
thd^ten sie ihre Pflicht nicht, so miisse der Papst freilich 
Ungarn und Polen rufen. 

Der Papst liess hiernach den Boten zu wissen thun, 
dass er ihnen noch eine besondere Antwort geben woUe; 
doch verzogerte sich die Sache trotz der Bemiihungen der 



264 Habeit Ermisch: 

Gegandten bis zum 14. Marz. Was er ihnen an diesem 
Tage in Gegenwart der sechs Ultesten Cardinale sagte, 
entsprach im ganzcn dem schon friiher ertheilten Be- 
scheide. Georg soUe, so verlangte er^ nach Rom kommen, 
sein auf dem Prager Landtage abgelegtes utraquistisches 
Glaubensbekenntnis widerrufen, auch ^das grosse Idolum 
und den Abgott vor der Kirche zu Prag, den grossen Keleh, 
unter dem er mit dem Schwerte sitze", abthun; christliches 
und gehorsames Leben versprechen u. s. w. 

Hierauf wurden die Gesandten beurlaubt, aber noch 
ein paar Tage in Bom zuruckgehalten, da eben eine 
kaiserliche Botschaft anlangte. Diese brachte die Nach- 
richt, dass Georg jetzt auch gegen den Kaiser riiste. Der 
Cardinal von St Angeli, der ihnen dies mittheihe, sprach 
seine Verwunderung darttber aus, dass Ernst und Albrecht 
auch jetzt noch nicht die Waffen ergriflfen batten. 

Am 22. M&rz 1468 verliessen die sachsischen Ge- 
sandten Rom. Wieder war ein Versuch, auf giitlichem 
Wege die bohmische Irrung aus der Welt zu schaffen^ 
gescheitert. Dass es die sachsischen Fiirsten vornehmlich 
waren, die diesen Versuch gemacht, obwohl sie selbst 
nicht weniger als andere von seiner Erfolglosigkeit uber- 
zeugt gewesen sein mOgen, ist charakteristisch fur ihre 
Stellung. Sie suchten bis aufs ^usserste zu vermeideu; 
aus ihrer Neutralitat herauszutreten. Aber es wurde 
immer schwerer, diese Neutralitat festzuhalten. ***) 

Denn wfthrend jene diplomatischen Yerhandlungen 
spielten, batten die Waffen nicht geruht. In der 
zweiten Halfte des Jahres 1467 war der Krieg zwischen 
Georg und dem Herrenbunde in der frtiheren regellosen 
Weise und im ganzen mit giinstigem Erfolge fur Georg 
fortgesetzt worden. Dass Meissen in steter Gefahr war, in den 
Kriegsschauplatz hineingezogen zu werden, lasst sich aus 
manohem entnehmen. So erliess der Kurfurst am 
16. August 1467 einen Befehl an den Rath zu Dresden, 
die Stadt Tag und Nacht in Yerwahrung zu halten, da 
vom Rathe zu Pirna gemeldet worden war, dass eine 



**•) Der Bericbt der Gesandtschaft in HStA. Loc 7216 Immgen 
iwischen EOnig G«org und dem Papste fol. 16 %g. Die Reclmimg 
des Kanzlers Hans yon Mergental von 1467 Sept S9 bis Dec. 2 
fiUirt 200 Gulden oZehrung auf die Reise gen Bom", die ^dem Or- 
dinarius und dem Laudrogte*' gegeben worden seien, au£ Loc. 4335 
Rechnung der Amtleute Sachsen, Meissen und Yoitland 1467 fgg. 
sub foL 442. 



Studien zur Gesch. der sachs.-bohm. Beziehungen 1464—68. 265 

merkliche Anzahl Volkes zu Ross und zu Fuss iiber den 
Wald ziehe. '*•) Besonders unbequem wurde es fur 
Meissen, als auch die Sechsstadte des Konigs Feinde wur- 
den. '*®) Anfang September 1467 riickten bohmische 
Heeresmassen vor Zittau und verwiisteten die ganze 
Gegend; 130 Leipziger Studenten eilten unter andern 
den Zittauem zu Hilfe. **^) Als dann die Sechsstadter 
Angriffe auf die dem Konige getreuen Edelleute unter- 
nahmen und den Friedrich von Sclionburg zu Hoyers- 
werda belagerten, erhoben die sacbsischen Herzoge unter 
Bezugnahme darauf, dass jene Herren auch ihre Lehns- 
leute seien, Einspruch; die Lausitzer wurden durch ihre 
Drohungen nicht wenig geschreckt und dachten sogar 
daran, durch Vermittelung von Sachsen und Brandenburg 
sich mit dem Konige wieder auszusohnen. ^**) 

Die Kirche liess es nicht an Bemiihungen, die Fursten 
aus dieser neuti'alen Haltung herauzudrangen, fehlen; 
so forderte der Papst durch eine Bulle vom 22. September 
Ernst geradezu zum Kampfe gegen Georg auf. ***) Der 
Legat Kudolf jedoch, der, wie ich schon friiher bemerkt 
habc; die peinliche Situation der Fursten richtig zu 
wurdigen wusste, benahm sich noch immer sehr riick- 
sichtsvoll. Zwar beauftragte er am 2. October 1467 den 
Dominicaner Heinrich von Schletstat, in den Lausitzen und 
Meissen das Kreuz gegen Georg zu predigen und andere 
Kreuzprediger zu ernennen, alien, die gegen die Ketzer die 
Waffen ergreifen oder einen andern an ihrer Stelle ins 
Feld senden wurden, Sundenerlass und sonstige kirchliche 
Gaben zu gewahren, Sammelstellen fiir Beitr^ge zum 
heiligen Kriege zu errichten; ***) aber wahrend in vielen 
anderen Gegenden Deutschlands diese Kreuzpredigten 



**•) Original im Rathsarchiv zu Dresden. Im Zusammenhange 
mit derartigen BefUrchtungen steht es auch ohne Zweifel, wenn 
Ernst und Albrecht dem Kurfiirsten Friedrich von Brandenburg ver- 
sprochene Hilfsvolker nicht zusandten, weil ihnen ,,Sachen zugekommen 
seien, mit denen sie beladen waren.** Hofler, Eais. Buch 123. 

"<>) Ihr Absagebrief von 1467 Juni S.Palacky, Urk. Beitr. 464 fgg. 

"*) Vergl. Palacky IV, 2, 474 fg. und die dort citirten Quellen. 

»»*) Eschenloer (SS. rer. Sil. VII) 141. Palackv, Urk Beitr. 489. 
Vermittelnd waren die s^chsischen HerzSge auch fur Herzog Johann 
von Sagan, den Georg in Prag bis Februar 1468 gefangen hielt, thatig, 
vergl. SS. rer. Sil. YII, 178. IX, ^60. 

»»») Mttller, Reichstagstheatrum n, 272, Vergl. Fabricius Sai;. 
illustr. VII, 779. 

>»*) Cod. dipl. Sax. reg. H, 3, 174. 



266 Hubert Ermisch: Stadien zar Gesch. a. s. w. 

grosse Aufregung hervorriefen und undisciplinirte Schaaren 
massenhaft nach Bohmen trieben, wo sie freilich wenig 
Rulim emteteD| scheint Meissen thatsachlich damit noch 
verschont geblieben zu sein, und auch die officielle Pub- 
lication der weitem gegen Georg gerichteten papstlichen 
Erlasse vermied der Legat, eingedenk seiner friiheren 
Versprechungen. ***) 

Allein diese Riicksichtnahme sollte nicht meln: lange 
m5glich sein. Ueberhaupt reiften die Ereignisse einer 
Entscheidung entgegen, die leicht fur das Fiirstenhaus 
Wettin h&tte verhangnisvoU werden konnen. Wir behalten 
uns vor, in einem spateren Aufsatze die weitere Ent- 
wicklung der Verhaltnisse darzulegen. 



*••) Ich schliesse dies daraus, dass Kurftirst Friedrich im Fe- 
bruar 1468 unter andem Vorschl&gen, die er far den Fall einer An- 
nahme der ihm angebotenen bohmischen Krone macht, auch ver- 
langt: ffdas der legat die mandat und processe disse vasten schicke 
ins landt zu Meissen und Sachsen und verkundigen lasse.** Eiedel III, 
1, 464. Als einen Beweis der Milde des Legaten darf man wohl 
auch die dem Bischof Dietrich von Meissen und dem Domherm 
Mag. Nicolaus Tronitz daselbst ertheilte YoUmacht zur Absolution 
wegen Verkehrs mit den Bohmen oder gezwungener Communion 
unter beiderlei Gestalt auffassen. Cod. dipl. Sax. reg. 11, 3, 177. 



X. 

Gutachten Job. Agricolas fiir Ohristoph von 
Oarlowitz iiber die Annalmie des Augsburger 

Interims. 

Mitgetheilt von 

0. E a w e r a n. 



In einem Manuscripten-Bande der Koniglichen Biblio- 
thek zu Berlin (Ms. germ. 4®. Nr. 203) befindet sich neben 
den Abschriften einer Eeihe anderer theologischer Arbeiten 
des Johann Agricola (Eisleben) auch ein bisher unbekannt 
gebliebener „Radtschlag, so zu Augsburg gehalten Anno 
48. durch den Herrn M. Johan Eisleben, auf Christoff 
Czwadwitzs (sic I) Bitte gestellet". Es unterliegt wohl 
keinem Zweifel, dass der vom Abschreiber oflfenbar falsch 
wiedergegebene Name dessen, der sich von Agricola, dem 
protestantischen Mitarbeiter am Augsburger Interim, jenen 
Kathschlag erbeten, auf keinen geringeren, als den beruhm- 
ten Rath des Kurfursten Moritz, Christoph von Oarlowitz, 
hinweist. In den Interimsverhandlungen fand ja mannig- 
facher Meinungsaustausch zwischen Kurbrandenburg und 
Kursachsen statt. Wir finden auf sachsischer Seite Oarlo- 
witz zunachst auf dem Eeichstage zu Augsburg selbst an den 
Interimsverhandlungen nahe betheiligt, ') dann besonders 
auf dem Tage zu Pegau (23. August 1548) in Thatigkeit.*) 



^) Zum Beispiel 17. Marz und fg. versl. Ranke, Deutsche Ge- 
Bchichte im Zeitalter der Reformation (5. Aun.) YI, 274; 18. Mai vergL 
y. Langenn, Christoph von Oarlowitz 168. 

') y. Langenn a. a. 0. 169. 



268 (x. Kaweran: 

Es isi auch bekannt^ dass sein eigner interconfessioneller 
Standpunkt ihm das sonst auf eyangelischer Seite wegen 
seines Katholisirens so verhasste Interim durchaus sym- 

Satliisch erscheinen Hess. Nicht oline Grund bezeichneten 
le strengen Lutheraner die Interimsfreunde synonymisch 
als Islebios, Aratores, Carlevitios. *) 

Andererseits finden wir Agricola mehrfach an den 
Verhandlungen zwischen Brandenburg und Sachsen be- 
hufs Annahme des Interims in Action: er war zagegen 
bei den personlichen Besprechungen zwischen Moritz und 
Joachim in Augsburg,*) er wurde hernach zu den sachsi- 
schen Interimsverhandlungen nach Torgau (18. October) 
citirt *) und nahm Antheil an dera Jtiterbogker Vergleich 
zwischen Moritz und Joachim (16: December). Es lag 
daher sehr nahe, dass man yon Seiten der sachsischen 
Politiker gegentiber den dera Augsburger Interim so un- 
giinstig lautenden Qutachten der Wittenberger Theologen 
sich von Agricola ein zur Annahme des Interims rathendes 
Gutachten ausarbeiten liess, dessen theologisches Riistzeug 
eventuell gegen die Wittenberger verwerthet werden konnte. 
Und in der That liegen noch zwei Zeugnisse vor, die uns 
beweisen, dass Carlowitz von diesem Gutachten Gebrauch 
gemacht und es nicht so geheim gehalten hat, wie der 
Verfasser selbst gewtinscht hatte. In einem Briefe, welchen 
der Wittenberger Diakonus, M. Albert Christianus, am 
25. Februar 1549 an Agricola richtete, lesen wir:*) »Legi 
quoddam scriptum et judicium tuum de Augustano libro, 
quera appellant Interim, ad equitem auratum a te missum", 
und es folgt dann eine so genaue Bezeichnung des luhalts 
dieses Judicium, dass wir an der Identitat desselben mit 
dem von uns veroflfentlichten „Rathschlag" nicht zweifeln 
konnen. Und auch Flacius kannte denselben, denn alles, 
was er in seinem „Lauterwar" an Argumenten an- 
fiihrt, die Agricola zu Gunsten des Interim vorgebracht 
habc; '') stimmt au£3 Genaueste mit dem Inhalte dieses 
Bathschlags tiberein. 



») Vergl. den Brief des Corvinus an Melanchthon vom 24. August 
1549 in Zeitschrift fttr histor. Theologie 1874, 111. 

*) Banke a. a. 0. Zeitschr. f. Preuss. Gesch. u. L. K. 1880, 424. 

') Vocatus est Torgam Islebius, credo ut Ascanio et nescio 
quibus aliis commendet suam Pandoram. Melanchthon an Jonas, 
16. October 1648. Corp. Ref. VII, 170. 

*) In Admonitio M. Albert! Ghristiani ad primarium nostri tern* 
poris Eceboluin Eislebium . . . 1661. Bl. B 3b. 

') Yergl. daselbst namentlich Bl Cij und Bl. D. Ai\6h die 



Gutacliten Joh. Agricolas fiber das Augsburger Interim. 269 

Betreffs der Abfassungszelt geht aus dera Rathschlage 
selbst heryoF; dass derselbe erst nach dem Keichstags- 
abschiede^ aber wohl auch sehr bald danach, also viel- 
leicht in den ersten Tagen des Juli 1548, geschrieben 
worden ist. Wir theilen ihn im nachfolgenden wortlicli 
mit, nnr dass wir bei den Citaten aus Luther und der 
Apologie die Stellen nicht in extenso geben, und dass 
wir die Consonanten-Haufungen, die der Abschreiber in 
freigiebiger Weise verwendet hat, theilweise aus dem Text 
entfernt, auch die Interpunktion geregelt und grosse An- 
fangsbuchstaben nur bei Eigennamen und nach einem 
Punkte angewandt haben. 



Grossgunstiger herr und geliebter freund. Nachdem sich itzund 
zu Augsburg abermals wege und mittel zugetragen, dadurch man in 
der streitigen religion, daher so viel mistrawes, emporung, irrsal und 
aufwiegelung entstanden, wie man meinet, mochte verglichen werden, 
die herzen wiederumb zusammen gefast, ruhe und friede und einig- 
keit im heilisen reich gepflanzt werden: und ihr als der gott und 
friede liebende geme wissen woltet, wie man sicb hierinnen halten 
solle, aucb daz man ihm nicbt zu viel noch zu wenig thete, und 
mich derbalben gebeten, euch mein gutduncken, nach dem ich von 
dem 1525.') jhare bis ins 1548. jbare bey alien handlungen, collo- 
quien, gesprechen, reichstagen und des reicbs abschieden allewege 
gewesen were, angehort una erfahren hatte, auf was puncten und 
mitteln die vorigen vergleichungen gestanden waren: was auch die 
fumembsten theologen, der heiligen schrift gelehrten, dieser zeit 
hiezu gesinnet und geradten batten, euch anzuzeigen und mit zu 
theilen, so habe ich euch zu gefallen, wie wol mein radt warlich in 
diesen hochwichtigsten h3.ndeln, da man nicht von landen und leuten, 
von gut und ehr, sondem von dem allerhochsten schatz der seelen, 
Yom gottlichen wort und evangelio, von der ehre gottes, von der 
gloria unsers heilands, seligmachers und erlosers, von ausbreitung 
der rechten christUchen kirchen, [handelt,] gantz gering ist, mich der 
arbeit unterstanden und nach meinem einfalt euch zu dienen ganz 
willlg eine nottel gestelt, wie man gottlich und seliglich mochten, 
kdnten und solten bey einander wohnen. 



Flugschrift „das Interim illuminirt** d. Augsburg Sonnabends nach Ja- 
cobi Apostoli [28. Juli] 1648 scheint in ihrer Polemik gegen Agricola 
auf den Inhalt dieses Rathschlags bereits BUcksicht zu nehmen; 
vergl. Unsch. Nachr. 1704, 708 fg. 

*) Agricolas Angabe ist nicht ganz genau ; erst im Jahre 1526 
war er zum ersten Male auf einem Keichstage (zu Speier) als evan- 
gelischer Theologe gegenwartig gewesen. 1525 war er von Luther 
nach Frankfurt a. M. entsendet worden, um dort zu helfen, evan- 
gelischen Gottesdienst einzurichten. Er war ferner 1529 und 1530 
auf den Reichstagen zu Speier und Augsburg und 1541 zu Begens- 
burg gewesen. 



270 G. Kawerau: 

Fur das allererste mas man for alien dingen wissen nnd 
ha lien, daz man sich hierinne wol vorsehe, dieweil es gottes sachen 
sein, die alleine seine ehre betreffen, welche er keinem andem geben 
wil, wie die schriffl saget, daz man nicht rathe, schliesse, thne, 
handele noch zngebe, was man mit gott, gnten gewissen and der 
schrifft nicht than kan. Diese regel wird zn alien andern sachen 
maBS and weise geben, daz man ihm nicht zn viel noch zn wenig thue. 

Zum andern so mas man als ndtig erwegen, in was stncken 
der ehrwirdige D. Martinus Lather, als von gott dazn gefoddert, 
and dem deatschen land auch ganzen Enropa zam rechten waren 
propheten gesandt, die falsche lehr, damit die heilige ware kirche 
betrogen, verfflrt and verfinstert war, angegriefen, gestraft and be- 
scbuldiget habe, and daraas geschlossen, daz der, der solche lahr 
vertediget and in der kirchen oben an sitze, sich selbst erhohei, der 
rechte Antichristas sey, gottes feind, and ein kind des verderbnis, 
and hat daz alles mechtiglich erweiset aas der heiligen schrifft, in 
welchen stucken, wie ich itzt bald erzelen wil, die weil sie stehen 
and nicht abgeschafft werden, nimmermehr bey verlast gottlicher 
hulden, gnaden and anser seelen heil and seligkeit, keine einige 
yergleichangen gemacht werden. Gott sol aach alle fromme hertzen, 
each and mich fur solcher vergleichung , die dawider angefangen 
werden mOchte, giiediglich and vatterlich behilten, Amen. Denn ich 
wil fur mein person ehe taasendmal sterben and antergehen, ehe 
ich wolte das geringste, was gottes ehre antrift, helfen loben, bil- 
ligen etc. and were doch widder gott •) 

(Siehen Klagepunhte der EvangeJischen gegen das PapsUhum.) 
(L) Nun ist das erste stucke der klage widder den babst and 
Antichrist, das er sich gesetzt hat uber alles das gott ist, und heist 
also, daz er sey caput ecclesiae, das haupt der christlichen kirchen 
jure divino; was er heisse, setze and gebiete, daz sey gottes gebot 
gleich. Er sey uber die schrifit und concilia, habe himmel and 
erden, engel and teufel in seiner handt, welchen er auch zu ge- 
bieten, and sie mussen ihm, was er sie heist, gehorsamen. Dieser 
ubermassiger, teuflischer trotz hat im tausend vierhunderten jhar, 
da der babst im jubileo lies eine bulla ausgehen, darinnen er den 
engeln gebot, daz sie der pilgram seelen, so gegen Rhom zogen, 
desselben jhares sterben und von hinnen scheiden wurden, sollen 
ihnen lassen befohlen sein and in den schoss Abrahae fliren, er- 
wecket den Johannem Huss in Behemen, *®) dis unbilliche werck an 
zu fechten, und ist frolich hierauf gestorben. Desgleichen auch her- 
nacher ist Hieronymus SavoneroUa zu Florentz mit der gleichen 
eifer entzundet worden, die bestien anzufechten. Entzlichen auch 
Laurentius Valla und andere sampt D. Martino Luthero and fur 
ihm Witzelius**) und Ferrariensis, ") sintemal der Tetzel die r6mi- 



•) Eine ganz fthnliche pathetische Erklarung gab Agricola am 
23. Marz 1548 dem Markgrafen Johann von Ktistrin gegentlber ab. 
Ranke VI, 263. 

»®) Huss trat gegen den von Johann XXIII. behufs eines „Kreaz- 
zuges" gegen den K6nig von Neapel verktindigten Ablass auf. 

»') Wohl ein Versehen des Abschreibers statt Wesselus, denn 
an Georg Witzel ist hier schwerlich zu denken. 

•*) Hieronymus Savanarola, der aus Ferrara stammte? doch ist 
dieser ja schon eben genannt worden. 



Gutachten Joh. Agricolas tiber das Augsbiirger Interim. 271 

• 

schen indulgentien und ablas, daz man mit gelde die seelen erlosen 
kdnte, also wen der groscben klunge im kasten, so were die seele 
im himmel etc., *') alzu hoch und bart aufmatzte. 

(II.) Das ander stucke der klage widder den babst ist, daz die 
messe nicht sein kdnte ein opfer yor die lebendigen und todten ex 
opere operate. Denn eben hiedurch wurde das leiden und blut, 
sterben und verdienst Cbristi aufgeboben, und des priesters opfer 
und werck zugeeignet, welche die grOsseste gotteslesterung ist, als 
je auf erden komen. 

(III.) Das dritte stucke ist, daz die sacrament nicht die gnaden 
bringen ex opere operato non ponentibus obicem, sondern daz wort 
und sacrament sind denen nutze und werden zur seelen seligkeit 
gebraucbt, wen man der zusagen und den versprochenen gnaden 
Cbristi glaubt und sicb darauf veriest, wie geschrieben stebet. £3 
mus der, der da fur gott wil treten, glauben. ^*) 

(lY.) Das vierde stucke ist, daz die einsatzun^ Cbristi im sacra- 
ment des altars gefalscbt und geendert ist, also daz man nur eine 
gestalt niessen und braucben soil. 

(Y.) Das funfte stuck ist, daz die seligkeit der menscben stebn 
in den freyen willen, in der vernunft, in die guten werke der muncbe 
und pfaffen, in der tradition und satzunge der menscben, also daz 
ein mensch kdnte ex puris naturalibus aus seinen naturlicben kreften 
gott uber alle ding lieben. Er konte aucb wol eine solcbe rewe 
haben, daz die contrition fur sicb selber vergebung der sunden er- 
langen mochte, wie die wissen, die der scbuUerer bucher gelesen 
baben, und wie die erfabrung gibt, daz die muncbe ibre gute werck 
den lent en zu ver^ebuns; der sunden und seligkeit damit zu er- 
werben, verkauft haben, wie mans wol beweisen kan. 

(YI.) Der sechste artikel vom anbeten der heiligen, als eiuen 
gott, wie mans nicht leugnen kan. 

(YII.) Der siebende von der priester ehe, daz sie, wo sie es 
theten, daruber sterben soUen, so doch sunsten der bapst, priester, 
eitel unzuchtige hurer und ehebrecber sind. 

Dis sind die bochsten und furnembsten puncten, die man dera 
babst als dem Antichrist billich zulegt, denn daran ist er schuldig 
und hat nun fast in die etzliche hundert jhar die kirchen jammer- 
lich verfuret und der menscben gewissen betrdbet, also das uiemand 
hat konnen trost uud ruhe haben, wen daz gesetze, der zorn und 
das gerichte gottes das unruwig gewissen schrecken und verdammen, 
wie Johannes Gerson ein eigen buchlein geschrieben hat, die zu 
trosten, die sich entweder selbst erhencken, ermorden oder ertrencken 
zu seiner zeit. Denn aus Christo war gemacht ein gestrenger richter, 
und wurden an seine statt gesetzt die jungfraw Maria, die selige, 
hochgelobte mutter gottes, und andere heiligen, widder ihren willen 
und mit gewalt, daher man gesungen una geklungen: Maria, du 
mutter der gnaden, du mutter der barmherzigkeit, schutz du uns 
fur den bosen feindt und nim uns zu gnaden auf in der stunde 
des todtes. 

Hiewidder sind nun die schriffte vieler frommer leute gegangen, 

¥ 

") Dies bekannte Dictum Tetzels findet sich in der Schrift 
„Die deutsche Yigilig . . 1627" Bl. Bb. in folgender Fassung: 
„Tetzel sagt man konne ein seele ausbringen, 
Wen der gtilden in der aplass kist thut klingen'S 

»*; Hebr&er 11, 6. 



272 G- Kaveran: 

* 

an za fahen yom 17. jhar der mindem zal bis hieher nnd warlicli 
geschwinde, also daz aach trennangen onter denen, die den babst 
angefochten, durch den teuffel gemacht, in der meinnng alle den 
babst. za dempfen and za verfolgen , abet in dem process weit von 
einander. £s ist aach durch diesen nnsem aUer gnedigsten herrn 
keyser Carolnm, billich Maximnm, viehnals darch gesprecfae, coUoqaia, 
reichstage and andere wege and massen, aach im negsten concilio 
za Trient, ob man diese spaltung wiederumb vergleichen nnd zu 
rechte bringen konte, versacht and vorgenommen worden. 

(Sammlung von dem Interim gunstig lautenden Ausspruchen 
Luthers und anderer Hdupter der Evangelischen.) 

Der Lather and sein anhang haben aach anno 1530 der kaj. 
majtt. eine confession und apologia ubergeben, darauf die folgenden 
haudelungen sich alle referirt and gezogen haben, und hat D. Lather 
hievon super Galathas erstlich also geschrieben uber daz wort ecclesiis 
Galatiae, anno etc. 38 *') ausgangen. (Nun folgen eine Beihe Gitate 
au8 dem Comment, in ep, ad Galatas; man findet dieselben in der 
Erlanger Ausaabe I, 40 Sic et nos hodie etc.; J, 3JS4 Papa, ego 
volo tibi osculari pedes etc., 325 Interim tamen saepe obtidi . ., 
326 8i vero concederet hoc; I, 139 Sic si papa exigeret hoc . .; 
HI, 113 Ergo leges malae sunt? . .; I, 137 Sic nos offerimus 
papistis u. s. w.; II, 212 Hie dicat aliquis, und noch einige dhhlich 
lautende Stdlen.) 

Anno 1542*^ hat die kai. mtt. furst Hansen von Anhalt za 
D. Luther geschickt mit einer stattlicheu Botschaft aus der chur- 
fursten und marg^raf Georgen von Brandenburg rathen, und ihm 
anzeigen lassen, daz, wo er noch wuste radt, er wolte der kai. mtt. 
nicht verhalten. Da hat D. Martin us geschrieben und geradten, wo 
die kay. mtt. aus vatterlichen willen und gnedigsten bedencken v i e r 
articKel uns wurde zalassen, so solten und wolten alle die, die 
der Augsburgischen confession zu gethan sein und weren, daz ander 
alias mit den bischofen, den man ihre obedienz wiederumb zustellen 
solte, halten: 1. die justification, 2. beyder gestalt, 3. der priester 
ehe, 4. und die traditiones frey etc. *•) 

Desgleichen ist in der Apologia in articulo, quid sit sacrificium 
bekandt fur 18 jbaren (folgt die Stelle Hase libr, symb. 259, 260 
quamquam nos quidem facile patimur missam inteUigi juge sacri- 
ficium . . . divellenda est.) 

") Die lateinische Ausaabe erschien zuerst 1535, die deutsche 
unsers Wissens erst 1539; die lateinische Ausgabe von 1538 hatte 
aber ffir Agricola besondere Bedeutung, weil Luthers Vorrede zu 
derselben scharf polemisch gegen den Antinomismus jenes gerich- 
tet war. 

") Es muss 1541 heissen. Dieselbe Berufung auf Luthers Er- 
kl^rung gegen die Abgesandten von Begensburg (und zwar gleich- 
falls mit der fehlerhaften Jahreszahl 1542, aber mit der wohl cor- 
recteren Angabe, dass jene Legation ohne Wissen des Kaisers aus- 
gesendet worden) finden wir in Agricolas Vertheidigung des Interims, 
die er in Berlin auf Joachims II. Anordnung aufsetzte. Zeitschrift 
far histor. Theologie 1851, 362. Zur Sache selbst vergl. Kdstlin, 
Luther U, 535. 

*') Diese Bezeichnnng des Inhalts der 4 Artikel, von deren 
vOUiger Vergleichung Luther Frieden und Wiedervereinigung hoflft, 
ist nicht richtig: vergl. Spalatini' Annales bei Cyprian 629. 



Gutachten Joh. Agricolas tiber das Augsburger Interim. 273 

Von der heiligen anruffung. D. Luther scbreibt im 
Sermon von Johanne dem teuffer {siehe Kirchenpostille Erl. Ausg., 
1. Auft. XV, 351: So magst du nun sprechen u. s. wJ. ••) In der 
Apologia, b. von den Heiligen (Hase 22% de Sanctis etsi concedimus 
u. 8. w, 225 faciunt ex Sanctis non solum deprecatores . . honor Christi). 

Butzer in der yergleichung zu Leipzig, anno 1539: wir soUen 
gnug haben, ihre gedecntnis der abgestorbenen heiligen ehrlich zu 
halten und den herrn zu bitten, daz er ihr gebett fur uns, die ja 
begeren, daz wir ihnen in der ewigen seligkeit zugesellet werden, 
anneme und uns verleihen wolle, ihren elauben und leben trewlich 
nach zu folgen und ihn, wie die lieben neiligen gethan haben, in 
waren glauben und christlichen leben zu preisen und gros zu machen 
und in dem zu verharren bis an daz ende. ***) 

Von gedechtnis der Todten. D. Lutherus in seinem testa- 
ment sagt („gros8e8 Bekenntniss vom AhendmahV^ WaJch XX, 1383 
fur die todten, diewetl u. s. to,, vergleiche die ahnliche Stelle Walch 
XI, 3174). 

Von den sieben Sacramenten. In der Apologia (Hase 
200 Nee multum referre putamus u. s, wj. 

Von der Firmung und Oelung. (Hase 201 Ckmfirmatio 
et extrema unctio sunt ritus u. s. w.J Dann die olung, so man sie 
nach dem evangelio hielte u. s. w. (aus Luthers grossem „Bekenntniss 
vom AhendmahV^ Walch XX, 1384, cap. 539), 

Diese ceremonia solle nicht verworten werden. „Die Firmung, 
als der heilige Hieronimus schreibet ad Luciferianos , ist von dem 
aufkommen, da die apostel Petrum und Johannem gen Samarien 
sandten denen, die Philippus getauft hatte, die h3,nde auf zu legen 
und uber sie zu betten, dadurcn den selben der heilige geist gegeben 
wurde Act. 8: aus diesem, scbreibt S. Hieronimus, ist hernacher in 
der kirchen ein solcher branch aufkommen, daz die bischofe hinaus 
ein jeder auf die pfarreo, so ibme befohlen, gezogen und daselbst 
den jenigen, so von den priestern oder diaconen getauft waren, die 
hande mit anruffung des heiligen geistes aufgeleget haben, welches 
geschach, wen solche in dem christlichen glauben genugsam unter- 
richtet und sich in den gehorsam der kirchen gegeben batten, als 
den bettet man uber sie umb den geist der standhaftigkeit und leget 
ihnen. die handt auf, sie dieselben [desselben] zu verlrosten und sie 
damit im namen des herrn zu der gemeine bestettigen. Dazu her- 
nacher auch der chrisma ffebraucht, und audere alle [allerley andere] 
andechtige gebrauche genalten etc. Welchs aber alles durch die 
nachl&ssigen bischofe in gar schimpfiigen und aberglaubischen miss- 
brauch verkert worden ist. Wir aber woUen, daz diese ceremonien 
und braucbe in der kirchen zu rechter gottseliger ubung reformiert 
und wieder getibt werden mit alien besserlichen solenniteten und 



*•) Agricola hat einen andern Ausspruch Luthers „Summa kein 
Christ kan dermassen fur den andern Christen bitten u. s. f." damit 
verbnnden, der sich in jener citirten Predigt nicht findet. 

*<*) Ein Citat aus folgender Schrift Butzers: Ein Christlich 
onge- I iahrlich bedencken, Wie ein leidli- | cher anefang Christlicher 
vergleichung in | der Religion zu machen sein | mochte. | Zu Leipzig 
Anno M. D. xxxix. zusammen | getragen, Dabey Georg Vicel auch 

gewe- I sen, vnnd in alles verwil- | liget hat. ANNO M. D. XLV. 

4". BL Fij b. vergleiche Ilofmann, lief. Hist, der Stadt Leipzig 316. 

^eues Archiv f. 8. G. u. A. L 3. 15 



274 Cr. Kawerau: 

rechten yerstandt, zu besserang des volcks and farnemlich, well bey 
uns mansiglich in der kindtheit' ohne furgehenden catechismo una 
selblich begeben in ^ehorsam der kirchen getanft wurden, denn man 
dadurch den catechismum, gemeinschaft und gehorsam der kirchen 
gar treffentlich ftlrdern mOchte, es wurden auch dadurch den widder- 
teuffem yiel ursachen ihren irthumb den leuten einzureden abge- 
schnitten.""*) 

Philippus Melanchton dringet hart darauf, daz man die priester- 
weihe und daz lehrampt solle unter die sacrament rechnen. '*) Zu 
dem wen das soUen sacrament heissen, die gottes befehlich haben, 
so wird daz gebet und der magistrat odder weltliche obrigkeit zwey 
herrliche sacrament werden etc.") 

Gehorsam, armut und keuschheit, wo die keuschheit nicht un- 
keuschheit wird, sind ubunge, die man behalten odder fahren lassen 
mag, darumb kdnnet ihr auch die heiligen '*) gebrauchen ohne sunde, 
wie sie S. Bernhard, Franciscus und alle fromme ■ heilige m&nner 
gebraucht haben, und sie haben sie gebraucht umb leiblichen nutzes 
willen, daz sie desto geschickter weren zu lehren und alien gott- 
seligen empteru, nicht daz die werck fur sich selbst sein ein gottes- 
dienst, der gerecht mache und verdiene das ewige leben etc. 

Nachdem denn gott der allmechtige aus semen wundergrossen 
gnaden, dieweil er reich ist von barmherzigkeit, auf diesem reichs- 
tage zu Augsburg des 48. jhars aus ihrem mittel leute verliehen and 
gegeben hat, welche die justification rein und lanter lehren und 
herfur bringen**) sampt alien andern artickeln frei zu lassen einem 
jederman, wie ich bald erzelen wil, und wird uns daz angebotten, 
daz wir zuvor so vielmals durch bitte, flehn, muhe, arbeit und un- 
kosten nie haben erlangen mugen, una die andern nationen, Wahlen, 
Franzosen, Osterreicher, Steyerer und die vom lande uns hertzlich 
geschrieben und geseufzt, itzundt zu denen, welche gott und die kay. 
mtt. zu dieser vergleichung erwehlet und freylich vom himmel ver- 
ordenet und versehen hat, daz sie nicht alleine was ihm zu than 
sein wolle, bedencken und ansehen wollen, sondem auch bewogen, 
in was drangseliger gefengnis und beraubung des gottlichen worts 
sie schweben und vertieft sein, also daz sie, wo es muglich were, 
das ihnen die thtlr zum wort gottes m5chte geoffnet werden, 'nicht 
alleine etwas, daz ihnen tuglich sein wolte, sondem daz ihnen die 
handel fur sich auch etwas schwer und unertr&glich sein wolten, 
umb ihrer und so viel hundert und abermal hundert tausendt seelen 
zu erretten, nicht schemen wolten auf sich zunemen. So wil hieza 



**) Butzer a. a. 0. Bl.Dij b. fg. Vergl. slhnliche Aussprftche 
Melanchthons Corp. Ref IV, 489. V, 684. 

") Apologie Hase 201, 202. Corp. Ref. V, 684, 686. XXI, 470. 

'') Corp. Ref. XXI, 469. Forstemann, Neues IFrkandenb. 366, 
Anm. 4. 

**) Die Worte „die heiligen" sind, wie es scheint, als sinn- 
storend zu corrigiren; es muss dafilr „die selbigen" heissen. 

'*) Hier begegnen wir noch demselben Rlihmen der Rechtferti- 
gnngslehre des Augsburger Interims wie in Agricolas Gespr&ch mit 
Johann von KUstrin; Ranke YI, 261. Eleinlaut sagt er dagegen in 
seinem Berliner Gutachten, der Artikel der Justification sei aller- 
dings „etwas kurz ge^tellet". Zeitschrift fftr histor. Theologie 
1861, 363. Zeitschr. f. Preuss. Gesch. a. L. E. 1880, 426. 440 fig. 



Gutachten Job. Agricolas Uber das Augsburger Interim. 275 

bewogen sein, daz man gott nicht yersucbe, sonderlich dieweil man 
mit gott und gewissen, wie ich bald sagen wil, itzundt wol bandeln 
und gottseliglich etwaz nachgeben kan, zu trost und rettung derer, 
die greulich und beschwerlich gefangen Uegen in finstemis und in 
den gezwang und stricken des tyrannen und des teuffels. *•) 

(Nachweis, dass jene oben aufgefuhrten 7 Klagepunkte der 
Evangelischen gegen den Pdbst im Interim eine befriedigende Er- 
ledigung fdnden), 

(I.) Zum ersten so wird in diesem vorgegebenen vortrag und 
vergleichung der erste artickel sampt den anderen also abgethan, 
daz der romische bischof, den Butzer den ersten patriarchen zu 
nennen zulest,*') sey der oberste wegen der einigkeit der christen- 
heit, dieselbigen zu erhalten widder die rotten und k§,tzereyen, das 
docb der Luther in seinem testament fur unmuglich gehalten, und 
daz die andern bischofe bischof sein gleich wie er aus gdttlicben 
befehlich, und daz ihnen den bischofen von Christo befohlen sey die 
verwaltung ihrer kirchen. Item daz er sicb in alien din gen balte 
ad aedificationem non ad destructionem. 

(II.) Zum andern so wird in dieser vergleichung aufgehoben 
und gentzlich weggethan, daz die me3se nicht sey ein opfer fur die 
sunde, sondern allein daz sie sey sacrificium commemorativum, und 
ist klar versehen, daz in grossen stadten allewege derselbigen zwo 
soUen gehalten werden und gesungen zwo publicae missae, eine frtie 
fur die arbeitenden leute, die ander umb 8 uhr fur alle menschen, 
und sol der pries ter zu jeder zeit fur der praefation die leute er- 
innern, mit ihm dem priester teglich und immerdar daz sacrament 
der eucharistien, daz ist den leib und daz blut des herrn zugeniessen, 
wie den schon dieselbige erinnerung und adhortation dem abscheid 
eingeleibet. '') Darumb ist sacrificium sacrificium secundum quid, 
denn so es ist allein ein gedechtnis des grosten opfers am creutz, 
dadurch die seligkeit einmal erworben ist, und wird hie durch nicht 
aufs newe verdienet (denn Christus kan nicht noch einmal sterben), 
und man dancket gott fur diese grosse barmhertzigkeit, dadurch die 
natur erloset ist und versunet, und bittet ihn, daz er des opfers ein- 
mal am creutz geschehen ewiglich zur vergebuog der sunden ge- 
dencken wolle, so uns am creutz erworben ist, zum schutz seiner 
lieben kirchen und seinen heiligen, so wird alda nichts geopfert, 



^') Auch hier versucht Agricola, das Interim mit dem Hinweis 
auf einen freilich in sehr dunklen Bedewendungen angedeuteten 
Nutzen, den andre Nationen von der Annahme desselben haben 
warden, den Evangelischen anzuempfehlen. Yor der Publication 
des Interims, als noch die trQgerische Hoffhung in evangelischen 
Kreisen vorhanden war, dass auch die katholischen StSinde aufs 
Interim verpfiichtet werden soUten, hatte Agricola dasselbe gradezu 
als die Einfiihrung der Reformation in ganz Europa anzupreisen 
gewagt. 

**) Butzer sagt in der oben angefiihrten Schrift Bl. Eij; „Under 
disen hoheren Patriarchen ist der Khomisch allweg der filrnemest 
gewesen". — Augsburger Interim Art. XIII. 

*•) Augsburger Interim Art. XXII und XXIV. Die Aussage 
Agricolas an dieser Stelle ist sehr beachtenswerth ; denn er citirt 
in den Worten „daz in grossen stadten u. s. f.^ noch den urspriing- 
lichen nicht den von den kaiserlichen Theologen corrumpirten und 

18* 



276 Cr. Kawerau: 

sondern alles yon gott geholet und genommen. tJnd wir heissen 
und brauchen daz wort opfer recht ohne verletzung, wie.den ge- 
schriebet stehet: das thut zu meinen gedechtnis. Hieraus folget 
1. das die messe kein opfer say fur die sunde. 
3.**) darumb verdienet die messe nicht vergeboog der sunden ex 

opere operate. 
4. darumb kan man sie nicbt appliciren und austeilen fur die 

sunde der lebendigen und der todten. 
6. darumb kan die messe nicht sein eine vergebung vor pein und 

schuld. 
6. darumb kan niemand fur den andem daz sacrament empfahen, 

so wenig als einer fur den andem getauft wird. 

Darumb fallen alle privatmessen und ist der sechste artikel 
itzt gemeldet im buch deutlich und klar ausgedruckt. 

(in.) Das dritte stuck ist aucb aufgehoben, also daz die sacra- 
ment mtissen durch glauben angenommen werden und gebraucht, 
sonst sind sie kein nutz. 

(TV.) Das vierde stuck stehet wie itzt von der rechten mess ge- 
sagt ist, und wird frey gelassen einem jeden, doch daz man die , so 
noch dis nicht gewohnet, trage als die schwachen und sie nicht ver- 
damme, bis sie stark werden. Rom. 14.*®) 

(V.) Im funften stucke ist die versicherung geschehen, daz alle 
ceremonien und kirchengebreuch frey sein sollen und ohne verletz- 
ung der gewissen sollen gehalten werden, und ist an diesen artickel 
klar gehencKt, daz wo etwas zum misbrauch, grewel und aberglauben 
gerathen were, daz mans soUe hinweg thun. *^) Und ist klar und 
aber klar geschlossen, daz der mensch nach dem fall des teuffels 
mancipium sey, er konne nichts den siindigen, ein kind des ewigen 
fluchs und ein knecht der sunden. Und ob er wol durch die tauffe 
vergebung der sunden empfange^ so bleiben doch in ihm die be- 
gierden und gesueche der luste, die ihn ohne unterlas anfechten und 
streiten widder den geist, und kan also kein mensch, dieweil er alhie 
auf erden ist, ohne sunde leben. Darauf den gefurt ist daz ver- 
dienst des leidens und sterbens und auferstehens Christ!, ohne wel- 
ches gnade niemand durch seinen verdienst zu gotte nahen und 



solcher Gestalt publicirten Text. Urspriinglich lauteten die Worte, 
wie ich freundlicher Mittheilung des Herm Dr. von Druffel ent- 
nehme: debent in singulis civitatibus singulis diebus duae ad mini- 
mum Missae celebrari, die Anordnung zweimaligen t&glichen Messe- 
haltens gait also nur den Stadten, und in diesen nicht jeder einzel- 
nen Kirche, sondern jeder Stadt als einer Gesammtgemeinde, sie 
konnte wenigstens so verstanden werden; die Theologen des Kaisers 
schoben aber hinter singulis civitatibus ein: et in singidis Ec- 
clesiis (etiam si in vna civitate aut loco plures sint) quae proprios 
Sacerdotes et populi illuc convenientis frequentiam habent 

*•) Der zweite Folgesatz fehlt in der Abschrift. 

**) Art. XXVI. Daselbst erscheinen freilich grade umgekehrt 
die Evangelischen als die Schwachen, die man mit ihrem usus utri- 
usque speciei, falls sie ihn nicht lieber aufgeben woUen, bis zur £nt- 
scheidung des Concils tragen woUe. 

•*) Art. XXVI. „Doch wo ichts in denselbigen (den alten 
Agenden), das zu Aberglauben Ursach geben mochte, eingeschlichen 
ware, das soil nach zeitlichem Bath gebessert werden". 



Gutachten Joh. Agricolas ttber das Aagsburger Interhn. 277 

reichen kan, and mns des leidens and gnade Ghristi der anfan^, 
daz mittel and das ende sein der seligkeit aller menschen, and sem 
die wercke nichts anders, ,denn daz gott aas gnaden coronat saa 
opera in nobis. 

1. Daramb fellet die gantze lahr der Schalem (SchuUehrer, Scho- 
lasUd), welche nan fast sechs handert jhar gewelhret hat. 

2. Es fellet dahin, qaod homo ex paris nataralibus possit deum 
diligere saper omnia. 

3. Quod ratio deprecetar (?) ad optima, cum ante gratiam sit man- 
cipium Satbanae. 

4. Quod homo faciens aaod in se est, mereatur gratiam de congruo. 
6. Quod homo possit nabere talem contritionem, at sola contritio 

sufficiat ad remissionem peccatL 

6. Quod neque scrtpturis neque ratione, ut impie dixit Occar 
{Occam),^^) probari possit, opus esse gratia Dei ad promerendam 
yitam aeternam. 

7. Quod opera bona mereantur vitam aeternam. 

8. Et statuitur in eo scripto^ quod omnes traditiones in ecclesia 
sint exercitia fidei et cnaritatis, ad membrorum aedificationem. 

Im sechsten stucke ist diese mass gegeben, das nach dem ein 
Christ fur den andern bitten kan und gewiss ist, daz sie im himmel 
fur die kirche und fur uns bitten, so mus ^leichwol die mass ge- 
halten werden, daz ihnen nicht die ehre Chnsti gegeben werde, und 
die lahr einem jedem lehren wird, wie er den herrn selber odder 
die diener ansprechen solle, wie der herr gesagt hat: wo ihr den 
▼atter etwas bitten werdet in meinem namen, so wil ichs euch geben. 
AUeine die heiligen kdnnen wir nicht ausschliessen propter communi- 
onem ecclesiae et bonorum ejus, wie ich sonsten einen lebendigen 
christen anspreche : bitte fur mich. Desgleichen auch fur die todten 
zu bitten, sintemal sie mit ihren seelen yon der communion der 
gutter Ghristi von uns nicht gescheiden sein und sonst weitter. 

(VII.) Weitter, die priesterehe sol zu gelassen sein bis auf eines 
christlichen concilij determination, und wie wol es gutt were, daz 
man konte cleriken bekommen, die recht keuscheit halten und ohne 
weiber sein konten, so mus man aus der nodt eine tugend machen 
und ein disciplin stellen der cleriken, welche ohne weiber sein und 
doch nicht keusch leben, wie auch bereit im werck, und die refor- 
mation der ^eistlichen schon in dieses reichstages abschiede gebracht 
ist, *') and ist die kai. mtt. in handelung, daz die zween artickel von 
beyder gestalt und der priester ehe frey soUen zugelassen werden, 
and die bischofe macht haben, in utroque casu zu dispensieren. **) 

(Schriftzeugnisse zu Gunsten der von evangelischer Seite im 
Interim bewiesenen NachgiebigkeitJ 

Und im fall, daz wir etwas hetten nachgegeben und in etzlichen 
stacken weichen mussen in solcher freyheit, wie oben angezeigt, so 



•*) Vergl. Luther im Comm. in epist. ad Gal. I, 189: .. Scotus 
et Occam, qui dixerunt non opus esse pro acquirenda gratia Dei 
caritate ilia divinitus donata, sed hominem posse ex naturalibus viri- 
bus elicere caritatem Dei super omnia. 

••) Formula Reformationis, Vorlage vom 14. Juni 1648. 

**) Vergleiche die Forderungen, die Karl V. an den Fapst rich- 
tete, bei Baynaldus an. 1648, No. 46. — Gieseler, Eirchengeschichte 
m, 1, 363. 



278 Cr. Kawerau: 

were es doch nichts kegen daz grosse liecht der reioen lehr welcbs 
die, so zuvor aufs heftigste widder uns getobet haben und daruber 
veifolgt und blntt daruber vergossen, mit uns zngleich zu ehren gott 
dem vater im himmel und dem herm Christo, zu errettun^ vieler 
betmbten seelen und gewissen, die hertzlich damach geschrien, zu 
ausbreitung der rechten waren kirchen, zu aufnemung des evangelij, 
diese lehr annemeu, lehren und fortsetzen woUen. wie geme nette 
hie Paulus Timotheum beschneiden lassen und sein haupt beschoren 
und ein heidnisch gelQbde gethan, in Genchris (Act. 18, 18). Und 
die Apostel selbst in geschichten verbieten den heiden, auf daz sie 
der heiden und juden kirche in einem leibe zusammen bringen, 
drey stuck, also daz sie sich enthalten soUen vom blutt, vom er- 
stikten und Tom gdtzen opfer, und setzen hinzu, dis gefelt dem hei- 
li^en geist und uns (Act 15, 28), so doch alle diese drey stucke 
bidder das ' evangelium und christliche freyheit offenlich waren. 
AUein umb liebe willen musten die heiden den juden was zu liebe 
thun zur besseruDg und einigkeit, welche stucke doch mit der zeit 
gefallen sein von ihnen selbst, dieweil die lahr von der freyheit 
ihren freven lauff hatte. 

In der wusten lies Moyses die kinder Israel nicht beschneiden 
(cTbs. 5, 5), daz doch so hart gebotten war, daz eines jedes seel sol 
ausgerottet sein vom volck, die am achten tage nicht beschnitten 
wurde. Moyses hat auch den juden gegeben libellum repudij (5. Mos. 
24, 1), welches widder gottes schdpfung und ordnung des ehestandes 
war, umb ihres hertzen hertigkeit willen, daz ist umb besserung 
willen, und ist doch darumb von gott nicht gestraft, als hette er 
widder gott damit gehandelt 

Und was wils werden, wan der keyser itzt zufuhre, wie er wol 
k6nte, und es ihm auch aufs heftigste geradten und von alien standen 
heimgestellt ist, daz er die restitution thette, so musten wir ja alle 
den grewel, den der teuffel in die kirchen eingefuret, toUerieren 
und leiden, sehen, horen und nicht dawidder mucken durfen, sonder- 
lich wen ein jeder solte bei seiner religion bleiben bis auf ein con- 
cilium. wehre, Herrgott, wehre und las uns dir fur dis grosse 
werck, daz der kai. mtt Gott eingibt, hertzlich danken, daz es zu 
dieser vergleichung kommen muge etc. Auch wen jemand wolte 
sagen, isle meinen es nicht gut, so sol man antworten mit s. Paulo, 
daz es genug sey, daz Christus allerley weise gepredigt werden, 
gehet die lehre, so ists am eusserlichen wenig gelegen, und ist 
ohne zweiffel, wo der Luther itzund am leben were und solte nur 
alleine die stucke gehoren, daz zu einer solchen versamlung so 
vieler nationen auf erden zu Augspurg von dem widdertheil solte 
ausgeruffen und von der cantzel gepredigt werden, daz die messe 
nicht ein opfer were fur die sunde, sondern nur sacrificium comme- 
morativum oder eucharisticum, so wurde er zehen jhar fur freuden 
lenger leben, denn es war ihm unglaublich zu geschehen.**) Da- 
rumb sol man sich hutten, daz man gotte und dem heiligen geiste 
nicht widderstrebe, der uns solche grosse gnade anbeut, daz wir uns 
der nicht unwirdig machen und woUen auf unsern eigenen sinne 
bleiben widder gottes ehre und der bruder liebe, denen wir helfen 
soUen, das also wir uns zehen jhar lang soUen bescheren lassen 

**) Ein ganz &hnliches Dictum Agricolas uber Luther s. bei 
Banke VI, 261. Zum Folgenden vergl. Luthers Brief an Buchholzer 
de Wette V, 236. 



Gutachten Job. Agricolas tiber das Augsburger Interim. 279 

iind kappen tragen, odder dergleichen tbun, daz nur die reine lebr 
mdchte weiter kommen und in alle welt ausgebreitet werden. 

Ich babe vertrawlicb gesehen drey radtschlage, die der kay. 
mtt. von den ibren zugestelt worden, daz ibre mtt. aufs beftigste 
erinnert bey verlust des bimmelreicbs, des gltlcks, das gott ibr mtt. 
auf dismal gegeben, nicbt aus der bandt gegeben, sondern mecbtig- 
licb zugebraucben, und die selben, derer berrn sie mit gottes biilffe 
mit dem scbwerdt gezwungen, zu grunde auszurotten und zu ver- 
tilgen. Aber ibr mtt. bat der keinen folgen woUen, nocb kan der 
fromme vatter und kayser Carl keinen ^anck verdienen, nocb ge- 
horsam von der scbandwelt und unzeitigen cbristen bekommen. 
Webe ibnen, die solcbe vatterlicbe und gnedigste fursorge gottes 
und ibres keysers veracbten werden. 

Das babe icb eucb aus pflicbt, damit icb eucb verwandt, im 
eil zustellen woUen, eucb damit in diesen fallen selbst zu bericbten, 
und daz ibr ursacb bettet, nacb ewem boben verstande der sacben 
weitter und femer nacb nodturft nacb zu bedencken. Und tbue eucb 
hiemit, was eucb lieb und dienst ist, und befebl micb eucb vermuge 
unser alten verwandtnis, ••) mit bitte, woUet solcbe vertrewlicb und 
in gebeim bey eucb alleine bebalten, wie icb micb den alles guts zu 
eucb versebe. Dann durcb diese vergleicbung werden die bertzen 
wiederumb zusammen kommen und obn zweifel wacbsen und zu- 
nebmen, alles zu preiss und ebren gottes und zu einer cbristlicben 
einigkeit, *') die nun Cbristus leib und daz grosse baus gottes ist etc. 



Anhangsweise theilen wir noch eine Nachricht Bugen- 
hagens liber die am 16. und 17. December 1548 zu Jiiter- 
bogk zwischen den Kurfiirsten Moritz und Joachim ge- 
schlossene Uebereinkunft betreffs gemeinsamen Vorgehens 
in Sachen des Interims mit, wie sie sich in einer Hand- 
schrift der Erlanger UniversitUtsbibliothek (1665) fol. 164 
abschriftlich findet. Bugenhagen selbst hatte an der Ver- 
handlung nicht Theil genommen. **) Die Aufzeichnung 
muss am 19. December 1548 stattgefunden haben. 

••) Das ist Bekanntscbaft (Verwandter ist in Lutbers Bibel- 
libersetzung stets Wiedergabe des ,^otus" der Vulgata). Carlowitz 
und Agricola waren vermutblicb bei dem ungltlckseligen Tttrkenfeld- 
zuge 1542, den beide mitmacbten, mit einander in n&bere Bekannt- 
scbaft gekommen. Vergleicbe von Langenn, Carlowitz 79. Voigt, 
Moritz von Sacbsen 41 fg. Forstemann, N. Mittbeil. II, 93. 

•') Hier scbeinen die Worte der Kirche ausgefallen zu sein. 

••) Flacius in „Grftndlicbe verlegung aller Sopbisterev . .•* 
1561, Bl Hiij b. : „D. Fomer bat sicb aucb zu Wittenberg b5ren lassen, 
er were darumb gen Jtitterbock nicbt gefordert worden, das er zur 
Zelle (16. November 1548) nicbt alles bette wollen nacb geben, des- 
gleicben aucb andem gescbeben.^' Einen andem Bericht Bugen- 
bagens ttber die Jtlterbogker Vorgange siebe bei Voigt, Briefwechsel 
94, 96. 



280 Ct. Kaweran: Gatachten Joh. Agricolag. 

Doctor Pomcrantis propria manu. 

Dominus Philippus heri reversus ex J&terboch dixit mihi: 
,iOmnia bona refero vobis. Nihil novi actum est illic praeter ilia 
qaae in Cella concorditer promisimus. Princeps elector march! o 
Yult 86 continere intra metas nostras**) nee ultra aliquid suscipere 
quam nos susceperimus in hisce Comitiis", *®) (quo nostri hodie abie^ 
runt et <DiX. noster). 

Haec eadem princeps Georgius ab Anhaldt mihi heri in coena, 
similiter et capitaneus noster, vir bonus, publico narrayit, et hi om- 
nes dixerunt et principes et quotquot illic convenerant summe lae- 
tatos de hac concordia, id quod nunc certo scribimus ad multos. 

Addidit et princeps Georgius, magistrum Eislebium illic dixisse : 
er wolte sich eher adem und radem*') lassen, den von der reinen 
lehre unsers evangelij weichen, et nuUam mentionem alicujus contro- 
versiae ibi factam,*') sed omnes in summa pace et concordia ibi fuisse. 



'*) Die Bedeutung des Jtlterbogker Convents bestand ja darin, 
dass Joachim sich bereit fand, das Augsburger Interim mit einer Aus- 
legun^ in seinen Landen zu publiciren, die es factisch dem Celle- 
Leipziger Interim gleichstellte. 

**) Convent zu Leipzig. 

*') Zur Redensart „adern und radem" vergl. Tischreden (Fdrst. 
Binds.) IV, 128. 

**) In Wahrheit war es zwischen Georg von Anhalt und Agri- 
cola zu scharfen Auseinandersetzungen tiber Messe imd Canon ge- 
kommen, vergL Corp. Ref. VII, 260. Flacius, Lauterwar Bl. C b. fg. 
Zeitschr. ffir Preuss. Gesch. u. L. K. 1880, 442 fig. 



XL 



Ueber ein Eilenburger Stadtbuoh, 



Von 

Leonard Eorth. 



Im Jahre 1877 gelangte in meinen Besi tz ein Stadt- 
buch der Stadt Eilenburg. Der Codex zahlt 79 Pergament- 
blatter in klein 4 ^; die JDeckel sind von Holz, mit rothem 
Leder liberzogen, an den Ecken mit Messing beschlagen, 
der vordere mit einem Ringe zur Befestigung des Buches 
versehen. Auf den Innenseiten sind beide Deckel mit be- 
schriebenera Papier (16. Jahrhundert) beklebt. Das Perga- 
ment ist schlecht, vielfach geflickt, .an einigen Stellen 
durehlocliert. Jedes Blatt ist mit rothem Rande liniirt, 
auch sonst finden sich Spuren von Lineatur. 

Die Eintragungen sind ursprtinglich in chronologischer 
Folge von fol. 3 an gemacht, wahrend fol. 1 ganz leer 
gebueben war, fol. 2 aber die durchstrichenen Anfangs- 
worte der altesten Notiz enthalt. Spater sind die beiden 
ersten Blatter beschrieben und die chronologische Ord- 
Dung durch zahlreiche Eintragungen uber Rasuren voll- 
standig aufgehoben. Stellenweise ist sogar mehrmals 
radirt, so dass die dicke Membran durchscheinend ge- 
worden ist. Die Schrift ist meist unschon und nachlassig. 

Die al teste Notiz datirt von 1403, die jungsten Ein- 
tragungen reichen nicht liber 1490 hinaus. 

Im wesentlichen beziehen sich die Aufzeichnungen auf 
den Besitz, auf Kauf, Verkauf, Zins und Renten. Mit ziem- 



282 Leonard Korth: 

licher VoUstandigkeit ist die Beamtenliste gegeben. Stad- 
tisclie Bauten sind haufig vermerkt. Historische Bemer- 
kungen von allgemeinerem Interesse fehlen gftnzlich, 
dagegen sind kleine Ercignisse des stadtischen Lebens 
in culturgescliiclitlich werthvoUer Weise mitgetheilt. Be- 
sonders scli^tzbar erscheint eine Anzahl von Sch5ffen- 
spruchen und GerichtsprotocoUen. Auch die ZolUiste vom 
Jahre 1414 auf folio 1 fgg. liefert interessantes Material. 
Ueber die Form und den Worth der Eintragungen 
mag folgende Probe orientiren: 

(Fol. 3) Margraffe Wilhelmsz eynkunflft und Bathxm*) 
kauff. 
1403 Also man schrybet noch Cristus gebort tusent vir- 
hundert jar dornach yn dem dritten jare so hebit 
sicli diz bucli an. Do quam der hochgeborne furste 
raargrafFe Wilhelm her kegen Ilburg und saczte 
do czu burgermeistere Oswalde von Bekwicz und 
czu em in den rad Brune Golczsrayd, Nickel 
Falcke, Jereke von Penczh, Rule Lazicz, Hans 
Doryng, Erasmus Schenkel, Matis Schroter, Hein- 
rich Niczkaw. Yn dem jare koufften sy von der 
stad weyn daz dorff Batthun weder Frederiche 
von Waryn und Starken und myt aller syner czu- 
gehorunge und myt den czwen forwerken dor 
ynne und myt czwen marg geldis angevellis, die 
her Kunrad czu syme lybe hot und mit gerichte, 
czinsen, gulden, renthen, alzo der koyffbryflF doro- 
bir uzwiset^ und myt allem rechte, alzo daz dorff 
vor aldir gelegen hat, alzo leyet is der hochge- 
borne furste margraffe Wilhelm Oswalde von 
Reckwicz von der stat wegen czu Ilburg in Hans 
statschribers huz czu Lypczk. 
1403 Ouch wart der torm kegen der langen brucken 
yn dem selbin jare angegryffen und uz deme 
grunde gemauert biz obir daz wal. 
In gleicher Weise wird liber den Ankauf von Grund 
und Boden zur stadtischen Ziegelscheune berichtet. 1404 
baut man das Kaufhaus. Als Biirgermeister erscheint in 
diesem Jahre der 1403 unter den Rathmannen aufgefuhrte 
Bruno Golczsmyd. 

Folio 3b. findet sich ein Zins- und Rentenverzeichnis, 
darauf folgt dann iiber einer Rasur eine Notiz von 1459. 

Battauna^ Dorf nOrdlich yon Eilenburg. 



Ueber ein.Eilenburger Stadtbuch. 283 

Folio 4 setzt sich das obige Verzeichnis fort, darunter 
steht (folio 4b.) : 1415 proconsulis ac aliorum consedencium 
electio etc. etc., und weiter iiber einer Rasur: 

Eyn ufflaufF von der gemeyne und amptman Hans 
von Rade. 
1456 Anno dni m° cccc° lv]° proconsul Hans Snider 
do ist eyn uffgeloufte geschen von Hanse vom Rode 
eyn gleiczman czwuschin unsern mitburgern czu 
dem erstin uffm rathuse, do im keine macht ane 
lag und nicht gebeten was und uns auch scheme- 
lien und vorheitelich obir daz mul fur, ab wir 
unserm gnedigsten hern getruwe warn. Czu dem 
andirn male das uns der gleitczman vorgnant vor 
unsrem gnedigen hern verclagt hot, unsere mit- 
burgere sulden im under die ogin gespeyen haben, 
nenuich Cleman Behme, do er uns ungutlich an 
tat; und sin hulfFere und nachfulgere, die die 
unsern und Lipczschen durch die koppe slogen, 
also Hans Weaeman, Jurge Furstemberg, Domis 
Kalb und Hans Gabriel, und dos ist geschen den 
Dinstag noch Urbani (Juni 1). 
Vorstehende Andeutungen werden geniigen, um die 
Aufmerksamkeit des Specialforschers auf den immerhin 
interessanten Codex zu lenken, aus welchem zur Zeit, 
ausser einem Schdffenspruche, noch nichts publicirt ist. 



Liteifttnr. 



Beschrelbende Darstelliing der ftlteren Baa- und Kunstdeiik- 
mftler der Prorlnz Saehsen. Heraasgegeben yon der histori- 
schen Commission der Provinz Saehsen. 1. Heft: Der Kreis Zeitz. 
2. Heft: Der Kreis Langensalza. 3. Heft: Der Kreis Weissenfels. 
Unter Mitwirkung von Dr. th. Heinrich Otte bearbeitet von G. Som- 
mer. Halle, 0. Hendel. 1879. 1880. gr. 8*. VHI. 76 SS. 94 SS. 
96 SS. 

Dem Vorgange folgend, welcher durch die bekannte 
Statistik der Kimstschfttze des Regierungsbezirkes Kassel 
von Lotz und v. Dehn-Rothfelser, durch Mithoffs ahn- 
liclies Werk fiir Hannover und durch Franz Xaver Kraus' 
„Kun8t und Alterthum im Unterelsass" gegeben wurde, 
hat man in verschiedenen Provinzen Preussens die seit 
30 Jahren schwebende Frage einer Inventarisirung alles 
kUnstlorisch und kunstgeschichtlich Bedeutenden in FIuss 
gcbracht. In Schlesien, in Pommem, in Brandenburg ist die 
Arbeit in vollom Gauge. Ebenso in der Provinz Saehsen, 
wo die durch Beschluss der Provinzialvertretung vom 18. 
November 1876 ins Leben gerufene historische Commission 
es als eine ihrer wichtigsten Aufgaben erkannte, mit der 
Aufnahme und Beschreibung der Kunstdenkmale in den 
Regierungsbezirken Magdeburg, Merseburg und Erfurt 
thutig vorzugehen. Die Ausmhrung dieses Beschlusses 
wurde dem durch kunstgeschichtliche Arbeiten und Auf- 
nahmon alter Bauwerke bereits bekannten koniglichen Bau- 
inspector Gustav Sommer unter Mitwirkung yon Dr. 
theol. Heinrich Otte tibertragen. Drei Hefite liegen 
bereits yor; die Beschreibungen der Bezirke Muhlhausen, 
Schlcusingen und Weissensee sollen in Balde folgen. 

Mit Kecht sind die Autoren in der Anordnung des 
Materials dem Vorbilde Lotz' und Dehn-Bothfeker's ge- 
fokpt. Die Namen der beschriebenen Ortschafien sind 
alpliabetisch innerhalb der Ejreise geordnet, and auch die 



Literatur. 285 

Aufzahlung des gefundenen Materials innerhalb derselben 
folgt dera eegebenen Schema, so dass man hoffen darf, 
dass auch onne vorherige Einigung mit der Zeit ein von 
gleichen Grundsatzen geleitetes Ganze ftir Deutschland 
entstehen werde. Zu bedauern ist nur, dass die strenge 
Scheidung durch fett gedruckte Kopfe in den einzelnen 
Unterabtheilungen, wie sie in Kraus' Werk so praktisch 
durchgefiihrt ist, hier niclit Aufnalime fand, obgleich in 
einem Nachschlagewerke Uebersichtlichkeit doch die erste 
Bedingung ist. Die Illustrationen, in Zinkographie nach 
Handskizzen des Herausgebers angefertigt, genligen und 
lehren uns einen Klinstler von sicherer Hand und feinem 
Blick fiir das Charakteristische kennen. Die prabistori- 
schen Alterthiimer finden keine Berucksichtigung, da fiir 
diesen Theil der Inventarisirung eine besondere von Prof. 
Dr. Klopfleisch in Jena bearbeitete Publikation in Aus- 
sicht gestellt wird. Dagegen erstreckt sich die Besprech- 
ung auch auf Gegenst^nde des Kunstgewerbes, ein Gebiet, 
in welchem VoUstandigkeit doch wohl nur in beschrankter 
Weise durchfiihrbar ist. Den Giocken ist mit Recht eine 
besondere Aufmerksamkeit geschenkt. 

Was das bisher zu Tage geforderte, fast durchweg 
neue Material betrifft, so ist es zunachst kunstgeschichtlich 
bis auf die Bonifaziuskirche in Langensalza und die Pfarr- 
kirche zu Weissenfels nicht von besonders hoher Bedeutung. 
Ueber Kloster Bosau lag uns bereits eine altere Arbeit des 
Autors vor. Bei den gothischen Bauwerken hatte man ent- 
weder ein scharferes PrScisiren der Entstehungszeit ge- 
wunscht, oder doch Material hierzu. Eine Skizze der 
Rippenprofile und der charakteristischen Masswerkbildungen 
sowie der Strebepfeiler gentigt meist zur Erganzung des 
Grundrisses. So wird die exacte Forschung sich mit der An- 
gabc; das Langh^tus der Schlosskirche zu Zeitz stamme aus 
dem 15. Jahrhundert, nicht beruhigen konnen, so lange 
nicht Beweisc! erbracht sind. Im Konigreich Sachsen 
wenigstens wtisste ich keinen Bau so spater Zeit mit gleich 
kraftig profilirten Pfeilern und gleich schlichtem Gewolb- 
netz zu nennen. Den Anfang desselben bezeichnet hier 
ein decorativ reicher Stil mit Rosettenbildungen im Netz- 
werk (Georgskapelle zu Meissen, Schlosskapelle zu Alten- 
burg, Kirche zu Borna etc.), die Mitte ist fast ohne jede 
Bauthatigkeit vortibergegangen (Hussitenkrieg , Bruder- 
krieg), das Ende hat durchgehend complicirte Netzgewolbe 
und ausnahmslos concav achtseitigen Pfeilergrundriss. 



286 Literatnr. 

Aa£Pallend ist femer, da88 fast g^nzlich die Rococo- 
bauwerke in der Aufzahlung fehlen; sollte der Aator dieser 
Kunstperiode gegentiber nicht den gleichen freien Blick 
haben, wie gegen Ultere? Es hat auch das barocke Rath- 
haus zu Langensalza eine etwas kurze Abfertigung erfahren. 

Hochst dankenswerth ist der Eifer^ mit welchem 
Sommer die Steinmetzzeichen aller Perioden sammelt. 
Die Vergleichung derselben wird' gewiss einst fiir die 
Kunstgeschichte bemerkenswerthe Schllisse ermoglichen. So 
kann vielleicht die Nachricht, dass das II, 36 Fig. 1 7 — 2 
ais an der Decke des Nonnenchors der Bonifaziuskirche 
zu Langensalza befindlich mitgetheilte Zeichen sich in 
Gemeinschaft mit den Minuskeln a ^ an der gleichzeitig 
(1518) umgebauten Schlosskirche zu Chemnitz findet, zu 
weiteren Schliissen Veranlassung geben. 

Die Bedenken, welche ich bei Durchsicht des Werkes 
hatte, glaubte ich nicht zuriickhalten zu dtirfen. Ihnen 
gesellt sich bei, dass die Angabe der vorhandenen Lite- 
ratur noch nicht ausreichend ist. Aber es soil durch ihre 
Namhaftmachung das Verdienst der Arbeit nicht ge- 
schmalert sein, deren Urafang nur der richtig ermisst, 
der selbst suchend von Ort zu Ort gewandert ist, der 
die unzahligen Miihseligkeiten kennt, welche boser Wille 
und Unverstand dem Unternehmen entgegenstellen. Schon 
in dem Bruchtheile, der zur Zeit vorliegt, erkennt man 
klar, dass Sommer der Arbeit in jeder Beziehung ge- 
wachsen ist — und hierzu gehort, neben bedeutendem 
Wissen, ein feines Auge und ein Sptirsinn fiir das Schone, 
der sich nicht erlernen Idlest, send em nur wenigen als 
Feengabe in die Wiege gelegt wird. 

Dem sch5nen Werke ist im Interesse der Kunstge- 
schichte ein glucklicher Fortgang zu wiinschen! 

Dresden. G. Garlitt. 



Uebersioht iiber neuerdings ersohienene Sohriften und 
Anfsatze zur Saohsisoh-Thiiriiigisoheii Oesohiohte nnd 

Alterthumskimde. 



Bachmann, Richard. Niclas Storch, der Anfanger der 
Zwickauer Wiedertaufer. Ein Lebensbild aus dem Re- 
formationszeitalter auf Grund der in der Koniglichen 



Literatur. 287 

offentlichen Bibliothek zu Dresden wie auf der 
Rathsbibliothek zu Zwickau yorhandenen Nachrichten. 
Zwickau, Altner. 1880. 8^ 35 SS. 

Eckardt, Ernst Chronik von Glauchau. Eine historische 
Beschreibung der Stadt, verbunden mit einem Jahr- 
buche liber die wichtigsten Ereignisse und einer Ge- 
^chichte des Hauses Sch5nburg. Lief. 1 — 3. Glauchau, 
Peschke. 1880. 8^ S. 1—96. 

Flathe, Th. Epistolae aliquot rectorum Afranorum. Jahres- 
bericht der Fiirsten- und Landesschule Meissen 1879/80. 
S. 1-17. 

Fleischmann , Adolf, Zur Geschichte des Herzogthums 
Sachsen-Coburg, mit besonderer Berticksichtigung der 
Geschichte des Gesammthauses Sachsen und Prinz 
Friedrich's Josias von Coburg-Saalfeld, kaiserlich 
5sterreichischem und des deutschen Reiches General- 
Feldmarschalls. Vortrage, gehalten im Kunst- und 
Gewerb-Verein zu Coburg. Heft 1. Hildburghausen, 
Kesselring. 1880. 8^ VI, 114 SS. 

Gross, Arth. Die Anfange des ersten thiiringischen Land- 
grafen-Geschlechts. Ein Beitrag zur thiiringischen 
Geschichtsforschung. Inauguraldissertation. Gottingen, 
Vandenhoeck und Ruprecht. 1880. 8«. 59 SS. 

Henne, G. A. Schulordnung fur die Churfurstlich S^chsi- 
schen Lande vom 1. Januar 1580 im Auszuge. 2. Be- 
richt liber das Konigliche SchuUehrer- Seminar zu 
Schneeberg. 8^ S. 3—32. 

Opel. Denkwurdigkeiten des Hallischen Rathsmeisters 
Spittendorf. Herausgegeben von der historischen Com- 
mission der Provinz Sachsen. Halle, Hendel 1880. 8®. 
XLVm, 581 SS. (Geschichtsquellen der Provinz 
Sachsen Bd. XI.) 

Petzhold, J. Der Konig Johann von Sachsen und sein 
Hausminister von Zeschau. Wissenschaftliche Beilage 
der Leipziger Zeitung 1880 Nr. 78. 

Huge, Sophtbs. G^eschichte des Augustusbades bei Rade- 
berg. Mit 5 photolithographischen Ansichten. Dresden, 
Fr. Axt. 1880. 8^ 1V,72SS. 

Schwarzwdlder, Udo. Die Leipziger okonomische Societat. 
Eine geschichtliche Skizze. Wissenschaftliche Beilage 
der Leipziger Zeitung 1880 Nr. 47, 48, 50. 

Tettauj Willi. Frhr. v. Erfurt in seiner Vergangenheit 
und Geffenwart. Historisch-topographisch-statistischer 
Fiihrer durch die Stadt. Zweite umgearbeitete Auflage. 



288 Literatur. 

Hit photographischer Ansicht des neuen Erfiirter Rath- 

hauses und einem Stadtplan. Erfurt^ Villaret. 1880. 

8^ 132 SS. 
Wemeburg, A. Die Wohnsitze der Cherusker und die 

Herkunft der Thiiringer. Jahrbiicher der Koniglichen 

Akademie gemeinntitziger Wissenschaften zu Erfurt. 

N. F. Heft 10. (Erfiirt 1880.) 
Wernicke, Ewald^ Zur Geschichte der Giesserfamilie Hilger 

in Freiberg. Anzeiger fiir Kunde der deutschen Vor- 

zeit. Jahrg. XXVII, S. 252. 
Beschreibende Darstellung der illteren Bau- und Kunst- 

denkmaler des Kreises Weissenfels, vergl. oben S. 284. 



Zeitschrift des Vereins fur Thuringische Geschichte und 

Alterthumskunde. Neue Folge. Zweiter Band, Heft 2. 

Jena, E. Frommann. 1880. 8°. 

Inhalt: G. Wenck, Ein meissnischer Erbfolgekrieg am Erde 
des 12. Jahrhunderts. (Derselbe:) Zur Eritik der Reinhardsbrunner 
Historiographie. E. Hegel, Einige Urkunden aus dem Hospitalarchiv 
zu Gotha. G. L. Schmidt, Ungcjdruckte Briefe von Justus Menius. 
P. Mitzschke, SchatzgrSberei bei Wettaburg und in Tautenburg 1698 
und 1699. 



Berichtigung. 

Die in v. "V^ebers Archiv fiir die S&chsisclie Geschichte N. F. 
Bd. VI auf S. 364 am Ende zu lesenden Worte: „Zu vergleichen 
etc.'* gehoren an den Schluss der Anmerkung auf S. 345. 

Th. Distal. 



\ 



XIL 

G-iovanna Casanova und die Gomici italiani 
am polnisch-sachsischen Hofe. 

Von 

Friedrieh August Frelherm 6 Bym. 



In der zweiten Halfte des vorigen Jahrhunderts durch- 
wanderte fast ganz Europa ein Abenteurer, der Venezianer 
Jacob Casanova^ ein Mann von Geist, Verschlagenheit 
und geselliger Formengewandtheit, der durch eine kiihne 
Flucht aus dem Gefangnisse der Bleidacher von Venedig 
die Welt ebenso von sich reden gemaeht hat, als die von 
ihm im Alter auf dem graflich Waldsteinschen Schlosse 
zu Dux unter dem Sterapel der Wahrheit abgefassten 
Memoiren theils durch ihren frivolen Inhalt, theils aber 
auch als reichhaltige Fundgrube historischer Specialitftten 
lebhaftes Interesse erregen. Ich werde mich mit diesem 
Jacob Casanova, der selbstschopferisch seinem Geburts- 
namen den Namen de Seingalt hinzugefugt hat, wahrschein- 
lich, um in den hohen Kreisen als ebenbiirtig zu erscheinen, 
in welche ihn sein Abenteurerthum gliicklich aus dem 
niederen Stande eines mittellosen Geistlichen emporge- 
hoben, nur in soweit beschaftigen, als er selbst und die 
Memoiren dazu dienen soUen, die bisher unbeachtet ge- 
bliebenen iibrigen Familienglieder, und insonderheit mer 
die Mutter des Abenteurers, die Schauspielerin Giovanna 

NenM Archly f. S. 0. a. A. L 4. *«) 



290 Friedrich August Freiherr 6 Byrn: 

Casanova, einzufuhren. Zugleich bemerke ich hierbei, dass 
ich die betreffenden familienhistoriBchen Stellen, welche 
in Bartholds*) werthvoller Arbeit iiber Casanova nur theil- 
weise Berticksichtigung gefunden, den Memoiren selbst 
entnommen habe. Dass letztere bis auf einige wenige 
Ausnahmen Glaubwiirdigkeit in Bezug auf historiscne 
Notizen verdienen, versichert nicht allein Bartliold, son- 
dern ich selbst habe sie auch durch andere Quellen be- 
statigt gefunden. 

ueoer die Herkunft der Familie Casanova berichtet 
der Verfasser der Memoiren im ersten Capitel seines 
Buches das, was er liber selbige im Gedenkbuche seines 
Vaters gefunden haben will. Er beginnt das Geschlechts- 
register mit Don Jacob Casanova zu Saragossa^ Secre- 
tar des Konigs Alphons, welcher 1428 Donna Anna 
Palafox aus dem Kloster entfuhrte und sie mit papstlicher 
Dispensation ehelichte. Bis aiif seinen Vater herab hat 
der Memoirenschreiber in der Ahnentafel keine ganz un- 
rtihmlichen Vorfahren zu verzeichnen gehabt; der Vater 
selbst aber entsehlug sich der bisherigen guten Auffiihrung 
der Familie. Gaetano Joseph Jacob Casanova verliess 
im Alter von 19 Jahren das elterlicheJHaus, wandte sich 
einer Schauspielerin zu Liebe als Geiger, Tanzer und 
Schauspieler der Btihne zu und heirathete zu Venedig, 
als er sich daselbst am Theater St. Samuel befand, 1724 
die Tochter der Schuhmacherseheleute Hieronymus und 
Marzia Ferusi, Zanetta Ferusi, welche ungefahr 1709 ge- 
boren war. Die Eltern hatten die Ehe erst dann zuge- 
geben, als die Zusage vorlag, dass die Tochter das Theater 
nicht betreten soUe. Aus dieser Verbindung sind folgende 
sechs Kinder entsprossen: 1) Jacob Casanova, der Me- 
moirenschreiber, geboren zu Venedig am 12. April 1725, 
gestorben im Schlosse zu Dux in Bohmen am 4. Jimi 
1798; 2) Franz Casanova, der Schlachtenmaler, geboren 
zu Lissabon (oder London) 1727, gestorben in der Bruhl 
bei Wien am 8. Juli 1805; 3) Johann Baptist Casanova, 
Professor an der Kunstacademie zu Dresden, geboren zu 
Venedig am 2. November 1728, gestorben zu Dresden 
am 8. December 1795; 4) eine Tochter, welche als Kind 
starb; 5) Maria Magdalena Augusta (M. M. Antonia) 
Casanova, geboren 1732, seit 16. Februar 1787 Witwe 



*) Die geschichtlichen Personlichkeiten in Jacob Casanovas 
Memoiren von F. W. Barthold, Berlin 1876. 



Giov. Casanova und die Comici italiaoi am poln.-s&chs. Hofe. 291 

des Hoforganisten Peter August zu Dresden, gestorben 
daselbst am 10. Januar 1800; endlich 6) ein Sohn, Post- 
humus, dessen Taufnamen der Memoirenschreiber nicht 
angiebt; er war geistlich geworden, lebte armselig vom 
Messelesen und dem Unterrichte im Franzosischen und ist 
ungefahr 1783 zu Rom verstorben. 

Bald nach der Geburt des ersten Knaben liatte sich 
das £hepaar Casanova nach Lissabon begeben, wo Zanetta 
dem Versprechen, nicht zur Buhne zu gehen, untreu 
wurde, inaem sie daselbst auftrat. Im Jahre 1728 kehrte 
dasselbe mit dem inzwischen geborenen Sohne Franz nach 
Venedig zuriick, wo der Knabe Jacob in grossmlitter- 
licher Obhut verblieben war, und das Kiinstlerpaar scheint 
daselbst buhnenthatig gewesen zu sein, bis der Tod des 
Gatten, der ungefahr 1733 erfolgt sein wird, die Witwe 
nothigte, das besser zahlende Ausland zu Verwerthung 
ihres Talents aufzusuchen. Der Sohn berichtet, seine Mutter 
habe sich im Jahre 1736 einer Schauspielergesellschaft an- 
geschlossen, welche an den Hof der Kaiserin Anna nach 
St. Petersburg berufen gewesen sei, wahrend sie ihre 
Kinder in Venedig zuruckgelassen gehabt habe, sie sei 
aber sohon 1737 wieder heimgekommen, als eben fur den 
polnisch-sachsischen Hof eine italienische Schauspieler- und 
Sangertruppe dort angeworben worden sei. 

Der sachsische Hof, seit langer Zeit durch Kunstsinn 
ausgezeichnet, hatte bereits im siebenzehnten Jahrhunderte 
neben der italienischen Oper auch das italienische Schau- 
spiel, die Comedia dell' arte, gepflegt; Tomaso Ristori 
hatte schon in den Tagen Kurfurst Johann Georgs HI. 
von Sachsen an dessen Hofe als Impresario fungirt, hatte 
den«elben auf Reisen, z. B. nach Holland, begleitet und 
war unter den Nachfolgern desselben in Dresden kunst- 
wirksam verblieben. Ganz besonders der kunstsinnige 
Kurfurst Friedrich August I. unterhielt seit dem Anbeginn 
seiner Regierung zeitweilig italienisches Schauspiel, in 
dessen Darstellungen er angenehme Reminiscenzen an 
seinen venezianischen Aufenthalt empfand. 

Man begegnet dergleichen zeitweiligen Engagements 
zu verschiedenen Regierungsepochen dieses prachtlieben- 
den Fursten, welche, nachdem derselbe Konig von Polen 
geworden, fast standig geblieben sind. Besonders trat dieser 
Fall ein, als nach Wiedergewinnung Polens die Herr- 
schaft des Konigs dort wieder festeren Fuss gefasst hatte 
und er an eine luxuriose Hof haltung in Warschau denken 

19» 



292 Friedrich August Freiherr 6 Byrn: 

konnte^ zu der ein italienisches Theater nach damaligen 
Culturbegriffen nothwendig gehorte. 

Aber auch fur Dresden war der Konig besorgt, dem- 
selben den Genuss der Comici italiani zu gewahren. Als 
er 1708 in den Niederlanden war nnd eine neue Theater- 
gesellschaft von Sangern, Schauspielern und Tanzern dort 
engagirt hatte, liess er den Architekten Karcher *) mittelst 
Rescripts aus dem Hauptquartier Abtei Loos vom 17. No- 
vember antreiben, in Dresden das „kleine Theatrura bey 
der Redoute allernaclist von des Geh. Cammeriers Litkens 
Wolinung", welches mit Logon versehen war, derart her- 
zustellen, dass 14 Tage nach Neujahr darin gespielt wer- 
den konne. Auch wurde der Hofmaler Frietzsche an- 
gewieseh, die alten Decorationen dazu „accoTnodiren" zu 
lassen. 

Ueber die damalige Gesellschaft italienischer Schau- 
spieler, welche eine Zeit lang im Dienste des Hofes zu 
Dresden verblieb, kann in Ermangelung von Nachrichten 
naheres nicht berichtet werden. 

Im Jahre 1714 am 2. September liess der Konig 
dem Geheimen Caramerier Angelo Constantini zu erkennen 
geben, dass er gem wieder „une troupe de comMiens 
italiens" haben mochte, nachdem sein Hof einige Zeit 
dieses Vergnligens entbehrt hatte. Der Kammerrath 
Steinhauser wurde aus Warschau angewiesen, dem „Sieur 
Ristori dit Covielle, Com^dien de S. M. le Roy de Po- 
logne, pr^sentement a Venise" 4000 Kaisergulden als 
Reisegeld fur sich und die von ihm gesammelte Truppe 
zur Keise nach Sachsen zu tibermitteln. Ristori hatte 
eine sehr zahlreiche Gesellschaft zusammengebracht, 
welche schon im Oktober 1714, ein jedes Mitglied mit 
einem venezianischen Gesundheitspasse versehen, von 
Venedig aufbrach und mit Fuhrleuten iiber Wien und 
Prag nach Sachsen zog. Bei Furstenwalde wurde die 
sachsische Grenze uberschritten , und schon glaubten die 
Kunstler sich ihrem Ziele nahe, als sie in Dresden den 
konigliclien Befehl vorfanden, nach Polen in das Hoflager, 
zun'achst nach Posen, und sodann im Gefolge des Konigs 
nach Warschau weiterzureisen. 

Von dem Personale, das damals aus Italien an- 
gekommen, wurde nur der geringste Theil behalten. 



*) K. Hauptstaatsarchiv zu Dresden. Loc. 383. Varia des Theaters 
1680—1784. 



Giov. Casanova und die Comici italiani am poln.-s3.chs. Hofe. 293 

Von diesen Kunstlern sind folgende hervorzuheben , die 
auf lange Zeit Mitglieder der italienischen Hofbiihne ge- 
wesen sind. Zum Director derselben wurde aberraals 
Tomaso Ristori bestimmt, von dem der noch vorhandene 
Pass sagt, derselbe sei 64 Jahre alt, habe hellbraunes 
Haar und propre Kleidung, roth mit Gold eingemacht. 
Er war von seiner ^Ehew^rthin", der 58jahrigen Catta- 
rina Ristori, seiner ISjahrigen Tochter Maria und dem 
22jahrigen Sohne Giovanni begleitet, der in spaterer Zeit 
fiir die Dresdner Oper von Wichtigkeit werden soUte. 
Danials waren auch der Bologneser Carlo Malucelli, der 
„Dottore", Filippo de Fantasia, der „Valerio", dessen Ebefrau 
Rosalia de Fantasia, welche auch ii:i der Oper mitwirkte, 
und Carlo Marchesetti, „qui jouait le r&le d'Arlequin'*, und 
der fur das Theater in Warschau eine Zimmerdecoration 
make, zu langjahriger Mitgliedschaft erworben worden. 
Die jahrliche Gage der Gesellschaft betrug 8000 Kaiser- 
gulden. Die ungeniigenden Mitglieder derselben wurden 
nach Ablauf des dreijahrigen Contracts entlassen, und zu 
ihrem Ersatz ging Ristori 1717 wieder auf Werbung nach 
Italien, von woher er einige bedeutende Kunstler nach 
Warschau brachte. Es waren diese : Andrea Bertoldi, *) 
der „Pantalon", Mariana Bertoldi, die „Rosette**, und Natale 
(Natalino) Bellotti, der „Arlecchino", welche mit den bereits 
vorhandenen ein reichhaltiges Repertoire von Stegreif- 
spielen und, un\er der Leitung des Sohnes Giovanni 
Alberto Ristori,*) Pastorellen und Intermeden (Intermezzi), 
zunachst in Warschau, zur Auflfiihrung brachten. 

Als der Konig vorhatte, auch der sachsischen Haupt- 
stadt seine trefflichen Comici italiani vorzufiihren, liess 
er mittelst Rescripts vom 20. December 1717 dem Archi- 
tekten Mauro Aenderungen an dem „Th^atre de la Redoute" 



*) Andrea Bertoldi und dessen Ehefrau Mariana sind die Eltem 
des „Arlecchino" Antonio Bertoldi, welcher 1762 als „Secretair 
Bertoldi** vorkommt und von dem Jacob Casanova bemerkt, der- 
selbe, der friihere Liebling der Kurftirstin von Sachsen (Kdnigin 
von Polen) als Arlequin, sei in Italien der Ftihrer dort reisender 
Sachsen gewesen. Er wohnte, beilaufig erwahnt, 1737 in Dresden 
in der ^eustadt auf der Hauptstrasse und starb 1787. Der Sohn 
desselben, Andrea Bertoldi, der sp&tere Unternehmer der italieni- 
schen Oper zu Dresden, ist daselbst am 14. Mai 1822 verstorben. 
Einer aieser Bertoldis liess durch den Festungsmaurermeister 
Johann Gottfried Lohse die sogenannte Nudelmtlhle auf der Ostra- 
allee erbauen. 

*) Giovanni Alberto Ristori starb zu Dresden 1753, 47 Jahre alt. 



294 Friedrlch August Freiherr 6 Byrn: 

anbefehlen, die zur Vergrossemng des Zoschauerraums und 
zar Bequemlichkeit der Kunstler dienen soUten; ftir letz- 
tere wurden getrennte Ankleidezimmer angelegt, fiir den 
Konig ein Durchgang nach dem Wall angebraclit^ der 
Zugang vom Saale zar Btiline aber abgesperrt. Am 
20. Februar 1718 traf die Gesellschaft aus Warschau in 
Dresden ein^ wo sie bis 1732 ihren haupt^chlichsten Aufent- 
halt hatte. 

Wenn auch Konig August U. persOnlich dem fran- 
zOsischen Schauspiele, das er gleichzeitig mit dem italieni- 
schen an seinem Hofe unternielt; den Vorzug gab, so 
litten doch die Comici italiani keineswegs unter der per- 
sonlichen Geschmacksrichtung des SouverHns, vielmehr 
erfreuten sie sich immerfort seiner Gunst. Besonders be- 
traf diese den alten Sistori; der z. B. am 20. Marz 1717 
als ^Chef de la Troupe Italienne tant pour faux fraix 
dans son voyage que pour autres pertes et d^penses 
extraordinaires*^ ein k5nigliches Gnadengeschenk von 269 
Speciesthalem erhielt.*) 

Hervorragend war die Mitwirkung der Ktinstler, als 
am 15. August 1718, dem Namenstage der Grafin D6n- 
Iioff; in Moritzburg ein gla,nzendes Fest stattfand, von 
dessen Schlusse eine der franzosischen Kunstpartei an- 
gehorende Feder schreibt: „Le soir on soupa dans une 
grande salle, la table ^tait en fer k cheval et au bout il 
y avait un petit theatre, ou les com^diens italiens jou^rent 
un opera de leur fayon.^ Bei den Vermahlungsfesten des 
Kurprinzen Friedrich August mit der Erzherzogin Maria 
Josepha von Oesterreich (1719), in der von Poisson arran- 
girten ^Mereerie^ im Stallhof und dessen Sillen waren die 
Italiener unter Giovanni Alberto fiistoris musikalischer 
Leitung theils als Marionetten, theils als Yerkaufer in den 
Buden betheiligt. Im Sommer 1721 spiel te die Gesell- 
schaft in Pillnitz, *) ^wobey die Cadets und Jagdmusik 
hat beym Tanz und Comoedie die Aufv^^artung^', und auch 
in deniselben Sommer, wahrend des Badeaufenthalts des 



*) Ein sonst nicht welter genannter italienischer KomOdiaut, 
Johann Carl Philipp Molteno, der 1724 zu Dresden starb, war die 
erste Leiche, welche auf dem katholischen Friedhofe 2u Friedrich- 
Btadt-Dresden , sp&ter »I. M. der Kdnigin Freudhof* genanut, be- 
erdigt wurde. Bisher waren die in Dresden verstorbenen Eatholiken 
nach Mariaschein, Ossegg oder nach Marienstem abgefiihrt worden. 

*) An einem Schlosseingange daselbst war 1721 folgende Ueber- 
Bchrift zu lesen: 



Giov. Casanova und die Comici italiani am poln.-sftchs. Hofe. 295 

Konigs in Teplitz^ daselbst in einem Saale dea grafiich 
Claryschen Schlosses. Endlich haben die Italiener 1730 
wahrend dee Zeithainer Lustlagers Vorstellungen in dem 
beim Dorfe Streumen erbauten Opernhause gegeben. 

Am 10. April 1732 wurde das gesammte italienische 
Schauspielerpersonal, bis auf Malucelli (f 1747, 97 Jahre 
alt), Bellotti und das Ehepaar Bertoldi entlassen, wobei 
auch der nunmehr 72ja,hrige Tomaso Ristori und dessen 
76jahrige Ehefrau vom Schauplatz abtraten. 

Die Unterhaltung der Gesellschaft hatte bisher jahr- 
lich 5333 Rthlr. 8 ggr. erfordert, nach der Entlassung 
derselben minderte sicli der Etat in der Art; dass das 
Ehepaar Bertoldi 1400 Kaisergulden, Bellotti 600 Kaiser- 
gulden und Malucelli 500 Kaisergulden jahrlich erhielten. 
Das Loos der letzteren beiden scheint ein trauriges ge- 
wesen zu sein: Natale Bellotti fuhrt in einer Eingabe 
seine 17 Jahre lang als Arlecchino gehabten Verdienste 
als Motiv zu einer Versorgung, und wenn es eine Portier- 
stelle ware, an. Er und der mit zahlreicher Familie ge- 
segnete Malucelli wenden sich ofters an die Gnade des 
Konigs um Hilfe in der Misfere, und der Directeur des 
Plaisirs bezeichnet in einer Eingabe vom 11. Februar 
1734 den Arlecchino (Bellotti) und den Docteur (Ma- 
lucelli) als „fcrt endettfe'^. Andrea Bertoldi, ein specu- 
lativer Mensch, der z. B. wahrend des Zeithainer Lagers 
zwanzig Tage lang eine eintragliche Tombola gehalten 
hatte, scheint in diese Zeitnothe nicht so sehr ver- 
wickelt gewesen zu sein; er hatte den Hof fiir sich in 
der Weise zu interessiren verstanden, dass auf seinen 
Vorschlag in Abwesenheit des Konigs in Warschau die 
Dresdner italienischen Schauspieler im Carneval 1735 
„dans la premiere antichambre de ses appartements de 
parade" des Dresdner Schlosses vor den Prinzen und 
Prinzessinnen Vorstellungen von kleinen Divertissements 
und Intermezzis gaben, welche Giovanni Alberto Ristori 



C'est i^i le s^jour des jeux et de Padresse, 
Entrez vous qui fuyez la molle oisivet^, 
Contra elle dans ces lieux on est en surety, 
Ne craignez ni Tennuy ni la sombre tristesse. 

Im Schlossgarten daselbst befand sich ein Naturtheater, welches am 
3. August 1721, dem Augustus- und Ordenstage des weissen Adler- 
Ordens, mit einer „sinnreicben und lustigen franzOsischen Gomoedie'' 
NachmittagB 5 Uhr eingeweiht wurde. 



296 Friedrich August Freiherr 6 Byrn: 

leitete. Diese Beschaftigungen erleichterten zeitweise die 
bedrftngte Lage der Kunstler. 

Ueber das Bepertoir der Comici italiani zu der eben 
besprochenen Epoche etwas naheres aofzufinden, ist mir 
nicht gelungen, ausser dass die Titel der aufgefuhrten 
Stiicke ziemlich genau und voUstandig aufbehalten wor- 
den 8ind« deren Anfuhrung ich iibergehe^ da von keinem 
rich das ^Argomento^ erhalten hat Die Comedia dell' 
arte, das Nationaldrama der Italiener, obwohl sie als 
Modesache sich einer grossen Verbreitung iiber die Haapt- 
caltorstatten des eleganten Europa za erfreuen hatte, 
stand in ihrer dorch stehende MasKen festgestellten Form 
dem fur Oper nnd Drama dorch die italienischen Musiker 
und die franzosischen Dramatiker in steter Fortbildung 
begriffenen Geschmacke in seltsamer Weise gegeniiber. 
Vom italienischen Volksgeiste zur Entwickelungsperiode 
dieser geistreich lebendigen Nation gebildet, war diese 
dramatische Darstellungs weise, unberiihrt vom Hauche 
andemder Einflttsse, so wie sie in der Heimath bestand, an 
das Ausland abgegeben worden, im Kahmen einer vor- 
geschriebenen Fabel sich bewegend, welche durch die 
einzelnen Masken zur Anschauung gebracht wurde. Die 
Ausfuhnmg geschah unter Zugrunaelegung eines novel- 
listischen Stoffes vermSge der Improvisationen seiten der 
Darsteller, deren Kunst es war, die Freiheit der Bede 
mit Witz, Komik und sonstigen Requisiten des nationellen 
Esprits zu iiben. Das heitere Genre war der Grundton 
und gab den Kiinstlern die Bezeichnung als Comici 
italiani. Diese Lustspielfiguren waren aus Kindem der 
verscbiedenen italienischen St&dte in der Weise zusammen- 
gewahlt, dass z. B. die Figur des ^Dottore" nur von einem 
Bologneser, und zwar des Dialekts wegen, gegeben wurde, 
der ^Pantalone** konnte nur von einem Venezianer, die 
^Colombine" nur von einer Venezianerin mit Erfolg dar- 
gestellt werden. Diese Stegreifspiele erforderten seiten 
der Schauspieler eine Grazie und Lebhaftigkeit des Geistes, 
eine Komik und Freiheit der Action, wie sie nur das 
romanische Element, ohne abzustossen, hervorbringen 
kann, seiten der Zuschauer aber die hingebendste Auf- 
fassung des italienischen Charakters. Denn nur damit 
vermag man es zu erklaren, dass ein Versailler, ein 
Wiener, ein Dresdner Zuhorerkreis von den im Feuer der 
Improvisation vorgebrach^en Lazzis nicht abgestossen 
wurde, so wie dass sittenstrenge und hochgebildete 



Giov. Casanova and die Comici italiani am poln.-s&chs. Hofe. 297 

Frauen, wie die Konigin Maria Josepha, solche Auf- 
fuhrungen von den Italienern mit Beifall, wie versichert 
wird, ansahen, wahrend dasselbe Publikum einer deutschen 
Vorstellung gleichen Gemachtes gewiss missbilligend den 
Riicken zugekehrt haben wiirde. ') 

Von den eigentlichen StegreifkomSdien hat sich einc 
Aufzeichnung nicht erhalten, die gedruckten Reliquien 
dieser Darstellungsart gehoren einer spateren Epoche an, 
in welcher die Italiener begannen, auf der Hofbtihne zu 
ihren nationellen Improvisationen Stiicke der vaterlandi- 
scben Literatur hinzuzufugen; auch die Musik fiir die 
Intermezzi und kleine Anftlnge der komischen Oper zu 
Hilfe zu nehmen. 

Nach dem Tode Konig Augusts II. hatte der sach- 
sische Hof seine Gunst wieder in starkerer Weise der 
italienischen Kunstrichtung zugewendet, und Konig 
August III. und die Konigin Maria Josepha empfanden 
das Bedtirfais der Wiederherstellung des italienischen 
Schauspiels in ihren 'Residenzen. Man beschloss daher 
zu den in Dresden noch vorhandenen Kiinstlern durch 
Andrea Bertoldi in Italien die noch fehlenden Charakter- 
masken anwerben zu lassen. ®) Unter Beihilfe des sach- 
sischen Residenten zu Venedig, Grafen de Villio, wurde 
die Truppe gegen Ende des Jahres 1737 gesammelt und 
gelangte im Anfang 1738 nach Dresden. Dieselbe be- 
stand aus dem Ehepaare Isabella und Bernardo Vulcani, 
dem Ehepaare Gerolima und Antonio Franceschini, Paolo 
Carexana und der Witwe Casanova, welche letztere ihren 
provinziellen Taufnamen „Zanetta" in den hochitalieni- 
schen, schoner klingenden ^Giovanna** umgewandelt hatte. 
Ihr damals zehnjahriger Sohn Johann kam mit ihr nach 



^) Lady Montague schreibt am 1. Januar 1707 liber das italie- 
nische Schauspiel aus Wien : „I1 y ett hier au soir Com6die Italienne 
^ la cour, les decorations ^taient jolies, mais la pi^ce une farce 
d'un si bas comique, sans esprit et sans plaisanterie , que je fils 
etonn^e que toute la cour restat \k comtamment pendant quatre 
heures emigres pour ecouter avec attention des plattitudes." Frei- 
lich ging in Wien der Reiz verloren, der in Dresden geboten wurde, 
da die FrauenroUen von Mannem dargestellt wurden, worliber die 
Lady hinzuftigt: ^On ne soufTre point de femmes sur le theatre, 
et les acteurs qui les representent , habilles comme elles, sont des 
figures si grotesques que le spectacle en 6tait de beaucoup plus 
ridicule." Lettres de Mme. "Wortley Montague (Berlin 1764) 58 ff. 

*) K. Hauptstaatsarchiv zu Dresden. Loc. 907. Italienische Ko- 
modianten betreffend. 



298 Friedrich August Freiherr 6 Byrn: 

Dresden. Sie vertrat in der Gesellschaft als ^Rosaura^ 
die Liebhaberin und wirkte, wie aus vorhandenen Ueber- 
lieferongen hervorgeht, auch in der Operette mit. Kritische 
Bemerkungen liber sie sind aus jenen Anfangszeiten wobl 
schwerlich vorbanden; die Zeitliteratur nabm keine Notiz 
yon dieser Kunstricbtung. 

Das Eintreffen der neuen Italiener fallt mit dem Zeit- 

Eutikte der Entlassung des Kabinetsministers Grafen Sul- 
owski aus sftcbsiscben Diensten znsammen, dem bei der 
Wiederbelebung der italienischen Biihne zu Dresden sein 
verdienstvoUer Antheil wobl dankbar anzurecbnen ist. 
Sein Nachfolger, Graf Briihl, der Forderer in alien Kunst- 
spbaren, gewahrte unter Entfaltung personlichen Interesses 
fiir die seiner Direction in hocbster Stelle unterstebende 
Kunstricbtung gleichfalls seine Gunst; und als Ausfluss 
dieser Neigung darf man wobl die vieljabrige Beibe- 
baltung der Comici italiani in Dresden betracbten^ in 
deren beifalliger Wurdigung sicb der Gcscbmack des 
K(5nigspaares mit den Intentionen des Premierministers 
vereinigte. 

Kapelle, Oper^ Schauspiel und Ballet unterstanden den 
Befeblen des Directeur des Plaisirs, welcbe Hoffunction 
damals der Kammerberr von Breitenbaucb ®) austibte. 
Seine Wirksamkeit war indessen eine sebr beschrankte, 
da eine Anzabl Autoritaten sicb, vielleicbt oft mebr aus 
Liebbaberei als aus Kunstverstandnis; in die theatralischen 
Angelegenheiten einmiscbte. Ganz vorziiglicb gait das 
fiir die italieniscbe Oper, welcbe der Kapellmeister Hasse 
mit seinen Tonscbopfungen absolut beberrscbte und deren 
erste Gesangspartien damals ausscbliesslicb in den Handen 
der Frau desselbeuy der genialen Faustina, und zwar 
meisterhaft dargestellt, sicb befanden. Der eigentliche 
Impresario der Oper aber war niemand geringeres, als 
die Konigin Maria Josepba selbst, welcbe, unterstiitzt und 
beeinflusst von dem Hasse'schen Ebepaare, die bocbste 



*) Heinrich August von Breitenbaucb, kdniglich polnischer und 
kurs&cbsiscber Gebeimer Ratb, Kammerberr und Directeur des 
Plaisirs, geboren zu St Ulrich am 3. August 1696, Herr auf Bticba, 
Skortleben und Oehlitz, verm&hlte sich am 22. Oktober 1737 mit 
Sophie Auguste von ScbOnberg aus dem Hause Wilsdruff und starb 
zu Paris am 18. Juni 1747. Herr von Pollnitz sagt von ihm: „Son 
bon goiit et la connaissance de la musique lui ont valii la direction 
des plaisirs du Roi.** 1728 stellte er bei einem Divertissement 
den nDieu de la Vistule** dar. 



'GioY. Casanova and die Gomici Italian! am poln.-sftchs. Hofe. 299 

Direction in dieser Kunstan^elegenheit fiihrte. In den 
Gemachern der KOnigin wurden die ersten Proben der 
aufzufiihrenden Opern abgehalten, der Tbeaterdichter 
Stefano Pallavicini und wer sonst durcb sein Amt Zu- 
tritt batte, wurde zu denselben binzugezogen, bei denen 
auch der kunstsinnige und musikaliscb gebildete Konig 
August III. selten feblte. Spuren, dass aucb das italie- 
niscbe Scbauspiel sicb des so tief und so jpraktiscb ein- 
greifenden Interesses seiten des Hofes zu erfreuen gebabt 
babe, als die Oper, liegen nicbt vor. Es ist nicht glaub- 
licb, dass in einer Zeit, wo der Scbauspieler durcb die 
Kluft der Standesvorurtheile und sogar der Religion von 
der ubrigen Menscbbeit nocb gescbieden gebalten wurde, 
der Hof zu Gunsten der Comici italiani die Ausnabme 
wiederbolt batte, welcbe er aus Cucksicbt auf die Hobe 
des Kunststandpunktes, den die Sanger, obwobl diese 
aucb Btibnenklinstler waren, in seinen Augen einnabmen, 
denselben ganz exceptionell einraumte. Von Proben der 
Scbauspieler in den koniglicben Zimmern ist nie eine 
Erwabnung und von einer Protection, wie sie die Ope- 
risten genossen, keine Spur zu finden. Der Hof und die 
Hofeesellscbaft saben" dielComici italiani nur iramer auf 
der Btibne. Der Scbauplatz der Auffiibrungen in Dresden 
war, seit das kleine Gebaude an der Redoute dem Zwinger- 
bau batte weicben mtissen, tbeils interimistiscb in Scbloss- 
r^lumen, in denen zeitweilig bis 1746 gespielt wurde, tbeils 
von 1719 an im grossen Opernbause abwecbselnd mit 
dem sogenannten kleinen Theater im Z winger, das im 
Jabre 1748 abbrannte. '®) In Warscbau erbielt die Ge- 
sellscbaft 1748 statt einer ftlteren untauglicben Btibne 
eiti neues Kom5dienbaus. 



'®) In dem Eupferwerke tkber die Festlichkeiten des Septembers 
1719, zu dem Fehling die Zeichnungen angefertigt hat, findet sich 
eine Abbildung der Bilhne, auf der bei der am 20. September im 
Zwinger stattgehabten nMercerie** die italienischen IComddianten 
gespielt haben. Ausser dieser Darstellung habe ich etwas bildliches 
fiber das italienische Theater nicht aufgefunden , auch vergeblich 
danach gestrebt, von demselben Decorations- oder Kostilmbilder 
aufznfinden. Ueber einzebie Kostume der Italiener giebt Marpurg 
in den bistorisch-kritischen Beitragen Y, 291 die dtlrftige Notiz: 
„Scaramtttz erscheint allezeit in einem schwarzen Kleide, Harlequin 
dagegen immer in einem biintcn Kleide." Sehr wahrscheinlich ist, 
dass unter den vielen Kostttmen welche Kdnig August II. zu ver- 
schiedenen Zeiten aus Paris, z. B. 1718 durch Uerrn v. Montargon, 
kommen liess, sich auch Komddienkieider befunden haben. 



300 Friedrich August Freiherr 6 Byrn: 

Es ist bemerkenswerth, dass in der langen Zeit des 
Bestehens italienisclien Scliauspiels in Dresden, beziehent- 
iicli in dem frivolen Warschau nirgends eine Spur von 
Excessen unter den Gesellschaftsinitgliedem sich vorfindet; 
sic sclieinen unter si eh auf gute Polizei und, was in 
jener Zeit eine Seltenheit bei Koraodianten war, auf Sitte 
und Ordnung gehalten zu haben ; die Frivolitat ihres Re- 
portoiregenres scheint niclit auf ihr Privatleben eingewirkt 
zu haben. 

Das schone Dresden, welches schon seit langen Jahren 
der vornehniste Schauplatz des geschraackvoUen Luxus 
und der edelsten Kiinste war, not den ankommenden 
italienisclien Kiinstlem fast voUen Ersatz flir die ver- 
lassene Heimath, indem sic daselbst zahlreiche Landsleute 
vorfanden, welche der Hof fur seinen Bedarf herbeige- 
zogon hatte, so dass in Dresden, wo, besonders in der 
Kapelle und ira Ballet, auch die franzosische Nationalitat 
stark vertreten war, fast eben soviel italienisch als fran- 
zosisch und deutsch gesprochen wurde. Seit der Thronbe- 
steigung Konig Augusts III. hatte das Italienische am 
Hofe vermoge des Konigs und der Konigin Maria Josepha 
von Jugend auf gepflegter Vorliebe fiir italienische Kunst 
und italienische Kiinstler bedeutende Geltung erlangt. 
Das grosse Opernhaus war der Centralpunkt der italie- 
nisclien Kolonie, dessen Opemrepertoire der grosse Hasse, * ') 
dem der Wiener Abb^ Metastasio oder der Dresdner 
Operndichter Stefano Pallttvicini die Texte lieferten, n[iit 
italienischer Inspiration in raeisterhaften Tonschopfungen 
fast ganz allein beherrschte und erfuUte. Seine unver- 
gleichliche Gattin Faustina, zu dieser Zeit auf der Hohe 
ihrer VoUkommenheit stehend, die Sopranistinnen Maria 
Santina Cattaneo, Anna Negri, Rosa Maria Negri, die 
Contraaltistin Margherita Ermini, sowie die Soprano Ven- 
tura Rocchetti und Giovanni Bindi, **) die Contraaltisten 
Nicolo Pozzi und Domenico Annibali bildeten mit der aus- 
gezeichneten Kapelle ein Ensemble, wie es damals kein 
zweiter Hof Europas aufzuweisen hatte. Hierzu kam, 
dass der Architekt Gaetano Chiaveri den^ Bau der katho- 



^*) Hasse wohnte 1737 in Dresden am alten Markte im Gollni- 
schen Erkerhause. 

") „Le leste, Tofficieux petit Bindi* wird er in einem Briefe 
des Cabinetsministers Grafen Wackerbarth-Salmour an den P. Gua- 
rini vom 12. September 1744 genannt. 



Giov. Casanova and die Comici italiani am poln.-s&chs. Hofe. 301 

lischen Hofkirohe begonnen hatte, in dessen Nahe fiir die 
auslandisclien Arbeiter das sogenannte italienische Dorf- 
chen entstand, und dass in der katholischen Hofkapelle 
am Taschenberg Pater Guarini durch Kanzelvortrage in 
italieniscber Sprache fur die kirchliche Erbauung seiner 
Landsleute sorgte. Im Laufe der Jahre soUte Italien noch 
mehr in der Kunst hervorragende Namen nack Dresden 
senden: den Kapellmeister Nicolo Porpora, die Sangerinnen 
Mingotti *^) una Albuzzi-Todeschini, **) die Maler Pietro 
Conte Rotari imd Stefano Torelli, den Bildhauer Matthi- 
elli, den Decorateur Servandoni, wogegen die Dresdner 
Kunst stolz darauf sein durfte, in Anton Raphael Mengs 
und Johann Winckelmann ihre hofFnungsvoUsten Jiinger 
als Gegengaben liber die Alpen ziehen zu sehen. 

Das erste Auftreten der neuen Gesellschaft vor dem 
Hofe scheint bei der Gelegenheit der Procurationsver- 
mahlung der Prinzessin Maria Amalia von Polen und 
Sachsen mit dem Konige Don Carlos von Neapel am 
12. Mai 1738 Naclimittags zu Pillnitz stattgefundc-n zu 
haben. Ein Referat iiber diese Vermahlung, welche das 
Dresdner konigliche Oberhofmarschallamt aufbewahrt, 
sagt iiber die betreffende Auffuhrung, dass bald nach der 
am 12. Mai Nachmittags 4 Uhr erfolgten Ankunft des 
Hofes derselbe sich in die Komodie begeben habe. Es 
sei das Stiick „La maggior gloria d^m grande e il vincer 
sestesso, osia Tinvidia alia corte", von dem sich nichts als 
der Titel erhalten hat, „von den dorthin beordneten Koenigl. 
Italienischen Comoedianten, welche nur kiirzlich durch 
etzliche neuangekommene verstarkt worden, auf einem 
offenen griinen Garten - Theatro prasentiret" worden. 
Sammtliche nach Pillnitz befohlene Kiinstler der Kapelle, 

") Das Fastellbild der Gattarina Regina Mingotti, gemalt von 
Anton Raphael Mengs, befindet sich sub Nr. 7 der Pastellbilder in 
der K. Gemalde-Gallerie zu Dresden. 

**) Die Sangerin Teresa Albuzzi-Todeschini gait als „Prima 
Donna an mehr als einem Orte", als die Geliebte des Premier-Mi- 
nisters Grafen Brtlhl, der fiir sie neben dem Wilsdruffer There, 
rechts auf dem Walle, eine Rotunde hatte erbauen lassen, welche 
das Volk der Albuzzi Btichse riannte. Nach dem Ausbruch des 
siebenjahrigen Krieges war sie in Dresden zuriickgeblieben, bis sie 
sich ira Dezember 1758 mit ihrer Mutter, ibren zwei Kindern und 
ihrem Ehemanne, dem Hoflieferanten Antonio Schreyvogel-Todeschini, 
nach Mailand begab. Sie ist am 23. Mai 1760 zu Prag im Gasthofe 
zum Einhorn nach langer Kraiikheit gestorben und am Abend des 
26. Mai daselbst bei den Kreuzherren zur Erde bestattet worden, 
Der Witwer lebte noch 1766 zu Mailand. 



302 Friedrich August Freiherr 6 Byrn: 

des Ballets und des Schauspiels, die Italiener einschliess- 
lich der Bedienung 17 Personen, waren nach dera Lust- 
schlosse von Dresden aus auf der Elbe in ^Drekschuyten^ 
befordert worden. Die Witterung war ungiinstig; es 
warden sowohl die Acteurs, als die Zuschauer ^etwas nass'^. 
Auf das Stuck folgte ein Ballet, und zum Schluss gab in 
einem Saale der konigliche Kammermusikus Pantaleon 
Hebenstreit auf dem von ihm erfundenen und nach ihm 
benannten kunstreichen Hackebrett ein Concert. Auf die 
Hoftafel folgte ein durch die regnerische Witterung 
ziemlich verdorbenes Feuerwerk auf der Elbinsel^ dem der 
Hof von dem Wasserpalais aus zuschaute. Sammtliche 
Kiinstler vom Theater wurden am Abend, fast an hundert 
Personen, im Schlosse gespeist und fiir die Nacht im so- 
genannten franzQsischen Dorfe untergebracht. Soviel 
Raum audi Schloss Pillnitz schon damals bot, so reichte 
er doch nicht hin, so viele Gaste zu beherbergen, so dasS; 
sagt das HoQournal; ,;viele in denen hinter dem G-arthen 
nach denen Bergen zu aufgeschlagenen Zelten die Nacht 
iiber geschlaffen, die anderen Cavaliers und Dames aber 
blieben in dem Venustempel und beystehenden Pavilions 
bis zu Anbruch des Tages, wie sich denn viele bey sehr 
finsterer Nacht nicht wagen wollten, nach der Stadt zu 
kehren'^ Der greise Oberhofmarschall Freiherr von Lo- 
wendal, die Kabinetsminister Graf von Friesen und von 
Baudissin^ sowie die meisten Hofchargen verbrachten die 
regnerische Nacht unter den Zelten. 

Noch im ersten Jahre des Engagements folgte die 
Truppe, welehe durch Bosa Grassi um eine neue, als 
Ktinslerin bedeutende „Colombine" vermehrt war, dem Hofe 
nach Warschau, wo letzterer den Winter zubrachte. Herr 
von Breitenbauch hatte daselbst fur gute Unterkunft seiner 
Ktinstler Sorge getragen, die Quartiere waren jedesmal 
auf ein Jahr ermiethet, dem Kaufmann Riaucour zahlte 
der Hof auf solche Zeit fiir die bei ihm einquartirten 
KomSdianten 100 Ducaten. Die Ktinstler fuhrten in Folge 
des Hin- und Herziehens zwischen Dresden und Warschau 
eine dem Noraadenleben unserer heutigen Komodianten- 
und Kunstreitergesellschaften ahnliche Existenz. Viele 
Tage waren sie, begleitet von ihren Angeh5rigen, auf der 
Reise. Fiir ihr Fortkommen auf derselben mussten sie 
selbst sorgen, der Hof vergiitete ihnen aber die Kosten 
der Fahrt Aus dem Reisejournal von 1740 ersieht man 
auch; wie die KUnstler in Warschau einquartiert gewesen 



Giov. Casanova and die Gonici italiani am poln.-sslchs. Hofe. 903 

sind : Bernardo, Isabella und der Tanzcr Alexander Vul- 
cani batten drei Ziniiner^ darunter ein grosses zu den Proben, 
die Ebepaare Francesehini und Bertoldi, der ^Principale**, 
je zwei, die anderen, darunter ein neu hinzugekommener 
^Dottore", Nicoletto Artichio, je ein Zimmer; sowie fiir zwei 
Diener und ftir die Garderobe eine Stube. 

Die AufFiihrungen fanden meist nur wahrend des 
Karnevals statt;. nur bei festlichen Anlassen oder wahrend 
der Friihjahrs- und Herbstjagdsejours des Hofes in Schloss 
Hubertusburg geschahen solohe auch ausserhalb der Saison^ 
z. B. bei den ira December 1746 und Januar 1747 in Dresden 
stattfindendenProcurationsvermahlungsfesten der. Prinzessin 
Maria Josepha von Polen und Sachsen mit dera Dauphin 
von Frankreich, in Vorstellungen auf dem kleinen Theater, 
welche, um den Abendfesten keinen Abbruch zu thuri, 
gewOhnlich Nachmittags stattfanden. Von alien diesen 
Stiicken sind uns nur die Titel aufbewahrt worden. 

Die Gesellschaft stand damals und bis 1748 mit 
6000 Ethlr., und von da ab mit 7975 Rthlr. jahrlich auf 
dem Etat. Nach dem Tode des Herrn von Breitenbauch 
wurde der Kammerherr von Diesskau durch Rescript vara 
11. Juli 1748 zum Directeur des Plaisirs ernannt. 

Ausser dem Stegreiflustspiel, das von dem Improvi- 
sationstalente der einzelnen Darsteller abh^ngig war, 
befleissigte sich die Gesellschaft, deren meiste Mitglieder 
musikalisch gebildet waren, auch der Operette oder der 
sogenannten Intermeden, welche Giovanni Alberto Ristori 
leitete, oft auch componirte, ausserdem aber kam auch, 
und zwar in Rivalitat mit den franzosischen Schauspielem 
der Hofbiihne, das moderne italionische Drama zur Geltung, 
indem die Comici italiani z. B. 1746 die Komodie des 
Marquese Scipio Maffei „Le ceremonie" zur Auffiihrung 
brachten. Man bezog dieses Genre aus Italien und Paris, 
oder man fabricirte die Stucke selbst, wie nachstehend 
mitgetheilt werden soil. 

Im Frtihjahre 1748 wurde eifrig an der Vollendung 
des neuen Schauspielhauses zu Warschau gearbeitet, das 
sich ganz nahe dem Hofgarten befand. '*) Der Hof inter- 
essirte sich dafur, „on travaille", sagt der Extrait de la 
Correspondence de la Mar^chauss^e de Varsovie von 



'*) Das &ltere Theaterlocal befand sich zu Warschau im koniglicben 
Schlosse in der Stadt, das neuere in der N^e des k5niglichen 
Palastes in der Yorstadt, den EOnig August III. haupts&chlich bewohnte. 



304 Friedrich August Freiherr 6 Byrnj 

1748 unter dera 8. Juni,** „avec chaleur k la nouvelle maison 
pour les com^dies'^; und am 19. Juli schreibt dasselbe 
Journal: „0n a mis 229 ouvriers k la construction de la 
maison de Com^die, savoir 134 charpentiers, 24 ma^ons^ 
56 colporteurs et 25 chartiers qui am^nent les materiaux." 
Am 28. Juni „L. L. M. M. revinrent k 8 heures et demi 
du soir au palais apr^s avoir examine en passant par le 
jardin les arrangements que Ton j fait pour la nouvelle 
maison de com^die". Der Saal fasste in den drei Logen- 
reihen, den Parterrelogen, dem Cercle und dem Parterre 
540 Platze. Die Er5ffnung der Vorstellungen erfolgte am 
3. August, dem Namenstage des EonigS; mit „Li Tortosi 
imaginari". Von der zweiten Vorstellung an wurden die 
Billets an das Publikum unentgeltlich ausgegeben; um 
aber Untersclileife durch die Bedienten zu vermeiden, 
Hess man „moyennant un billet sign^ et cachet^ de celuy 
qui d&ire en avoir pour I'entr^e de la maison de com^- 
die", die Eintrittskarten im Oberhofmarschallamte ab- 
holen. 

Das Personal dieser Warschauer Vorstellungen war 
folgendes: Bernardo Vulcani und Frau, Gonzachi, der 
Arlequin Bertoldi mit seiner Mutter, Giovanna Casanova, 
welcne in der Neustadter Gasse bei Duchaine wohnte, 
Moretti und Frau, **) Colombine mit Mann und Kindern 
(wahrscheinlich Rosa Grassi), Bastona Focari (Focher) und 
Mann, Carexana und Frau, Pantalon und zwei Amorosi (der 
eine der letzteren vielleiclit Francesco Seydelmann, '') der 
andere Pietro Mira) und zwei Theatcrdiener. 

*•) Pietro Moretti unteniahm, nachdem er einige Jahre dem italieni- 
schen Schauspiele angehSrt hatte, die Direction zu Auflffllirung deut- 
scher Komodien, wozu er im April 1755 das Privilegium erlangt 
hatte, und erbaute dazu am italieiiischen Dorfchen das Schauspiel- 
haus, welches 1763 der Kurfurst Friedrich Christian f ftr 20 000 Rhlr. 
kaufte und das bis 1841 gestanden hat. Zu verschiedenen Zeiten 
hat Moretti in Dresden Theatergesellschaften vorgefiihrt, theils ftir 
das deutsche Schauspiel, theils fur die italieniscbe Oper, auch ver- 
anstaltete er daselbst von 1762 an in der Fastenzeit Montags, Mitt- 
wochs und Donnerstags Concerte, welche er „musikalische Akademie 
Oder Collegium musicum" nannte, und in denen „wohlrenommirte Vir- 
tuosen sowohl in Singen als in Instrumenten" auftraten. Im Kar- 
neval 1763 gab er im Schauspielhause Sonntags und Donnerstags 
Maskerade, 1771 verschwindet er vom Schauplatze, angeblich wegen 
Unregelmassigkeiten, die er sich hatte zu Schulden kommen lassen. 

") Francesco Seydelmann ist unzweifelhaft identisch mit Franz 
Joseph Seydelmann, welcher als Tenor in der k. Hofkapelle angestellt 
war und am 17. Mai 1785 als kurftirstlicher Kammermusikus gestorben 
ist, Er ist der Vater des kurfttrstlichen Kapellmeisters Franz und des 



Giov. Casanova und die Comici italiani am poln.-B&chs. Hofe. 305 

Von den 28 StUcken, welche damals vom 3. August 
1748 bis 24. Januar 1749 in Warschau gegeben worden 
sind, ist nur ein einziges wiederholt worden, die anderen 
gelangten sammtlich nur zu einer Darstellung. Zu den 
letzteren gehorte ein dreiakti^es musikalisches Singspiel: 
„Le contese di Mestre e Malgnera per il Trono", welches 
Giovanna Casanova zur Verfasserin des Textes (I'lnven- 
zione) und Salvatore ApoUini zum Komponisten hatte und 
das si eh in der Musikalienbibliothek Sr. Majest^t des 
Konigs von Sachsen, Textbuch und handschriftliche Par- 
titur in rothen Sammet eingebunden, erhalten hat. Die 
AufFiihrung geschah am 6. November, und Dargestellte 
und Darsteller waren folgende: Bottenigo — Pietro Mira, 
Malghera — Giovanna Casanova, Mestre — Rosa Grassi, 
Stricheroch ~- Girolamo Focher (Focari), Carpeneo — 
Francesco Seydelmann, Baiotta — Antonio Bertoldi. 

Das Stiick ist nach unserem jetzigen Geschmacke 
eine geistlose Posse, an welcher man besonders das „Ewig- 
Weibliche" sehr vermisst. Der Text ist italienisch und 
deutsch, das Buch en thai t aber ais Anhang noch den 
Auszug der Fabel auf franzosisch und polnisch unter dem 
verftnderten Titel; „Le metaraorfosi odiamorose in birba 
trionfale nello gare delle terre amanti. Drama per musica 
di Guanto Rinio tra gli academici di Campalto infelicio 
scordato", welchem eine den Geist des italienischen Thea- 
ters sehr bezeichnende Erklarung beigeftigt ist. Dieselbe 
lautet: „La piece, qu'on jouera ce jour ci, n'^tant qu*une 
plaisanterie poetique, on pour mieux dire, une parodie des 
operas de Didone, Semiramis et autres beaux ouvrages 
du c^lebre Metastasio, * ^) il est impossible, d*en former 
un argument suivi. Le m^rite en consiste dans la tour- 
nure ridicule qu'on y donne k la pluspart des plus belles 

Akademieprofessors Jacob Crescenz. FraDz ist geboren zu Dresden 
S.Oktober 1748, gestorben 24. Oiitober 1«06; er reiste 1765 mitNaumann 
nach Italleu, bildete sich daselbst zum Tenorsanger aus, wurde 1772 
Kirchencompositeur in Dresdim, 1 787 Kapellmeister daselbst (Opern-, 
Kirchen- und Kammermusik). Jacob Crescens (nach dem Taufregister 
der katholischen Hofkirche Crescentius Josephus Johannes), geboren zu 
Dresden 26./27. Juli 1760, Professor an der Dresdner Akademie, 
hauptsachlich vorziiglicher Sepiamaler. Er starb am 27. Marz 1829. 
Seine Frau, gebonie de Forgue, zu Venedig 17. Juni 1767 geboren, 
war Miniaturmalerin und Pensionarin der Dresdner Akademie. 

*•) Die Oper „ Didone abbandonata" war am 7. Oktober 1742 zu 
Schloss Hubertusburg, die Oper „Semirainicle" am 11. Januar 1747 zu 
Dresden erstmalig zur Auffiihrung gekommen ; zu beiden hatte Me- 
tastasio den Text und Hassc die Musik geliefert. 

Neues Arcbiv f. S. G. u. A. I. 4. 20 



306 Friedrich August Freiherr 6 Byrni 

scenes des veritables operas, et dans les mots tri vials et 
du plus bas comique, qu'on y emploie, lesquels n^ayant 
de la force et du gofit qu'en langue italienne; on se con- 
tente de faire un recit iiistorique de chaque scfene pour 
mettre I'auditeur au fait de ce qui se passe sur le theatre, 
et lui donner une id^e de la piece; qu'on ne saura bien 
gouter que dans Toriginal et dont encore le veritable 
agrdment n'est reserve que pour ceux, qui ayant du gout 
pour le theatre italien comique comprennent aussi les jeux 
de mots, dont on y fait dsage". So tief audi asthetisch 
die Farce steht, so muss man doch an Giovanna Casa- 
nova, in Beriicksiohtigung ihrer niederen Herkunft, aner- 
kennen, class das italienisclie Element in ihr eine ausser- 
gew5linliche Bildungskraft erreicht hat, vermoge welcher 
sie im Stande war dramatisch zu scliaffen, wenn es auch, 
wie die Evklarung sagt, in der Form der Travestie geschah. 

Im Karneval 1749 gab man „Amor non ha riguardi", 
von dem die „Personnaggi" und das ^Argomento" noch 
vorhanden sind: Tabarino, padre di Aurelia, e di Florindo, 
Lelio, cavalier Bolognese. Brighella, maestro di casa. Pan- 
talone, padre di Rosaura. Arlecchino, padre di Columbina, 

Das ^Argomento" ist folgendes. Lelius, ein Cavalier 
aus Bologna, hat mit Aurelia, des Tabarins Tochter,* ein 
Ehebiindnis geschlossen; daher befiehlt er seinem Haus- 
hofmeister, dem Brighella, sich nach einer Kammerjungfer 
fur seine ktinftige Liebste umzuthun. Columbine, Harle- 
quins Tochter, meldet sich dieser Bedienung wegen und 
wird zugleich mit ihrem Vater von dem Lelius in Dienste 
genommen. Inzwischen zieht Pantalon mit seiner Tochter 
durch Bologna, um sich von da nach Livorno zu begeben, 
und weil er des Lelius guter Freund ist, so will er seinen 
Besuch vorher bei ihm abstatten. Er erkundigt sich dem- 
nach bei Tabarino, wo gedachter Lelius wohne. Tabarin 
zeigt ihm das Haus seines kiinftigen Schwiegersohnes und 
verliebt sich in Rosaura. Florindo, des Tabarins Sohn, 
der zu eben der Zeit ankommt, giebt dem Lelius zu 
Eifersucht Gelegenheit. Dieser hatte die Fremden in sein 
Haus aufgenommen und ward von Tabarino gebeten, ihm 
Rosaura zur Liebsten zu verschafFen, wozu er sich auch 
willig finden lasst, in der Meinung, es sei Columbine. 
Diese Zweideutigkeit verursacht die Verwickelung der 
Komodie, „die man bei der Vorstellung weitlauftig ver- 
nehmen wird". Man ersieht aus diesem Argomento, dass 
nur die Einleitung der Intrigue bekannt gegeben wird; 



Giov. Casanova und die Comici italiani am poln.-sachs. Hofe. 307 

die Ueberraschung des Fortgangs und der Losung bleibt 
vorbehalten. 

Bald nach dieser Zeit, ira Jalire 1750, erschienen in 
Stuttgart „Bejtrage zur Historic und Aufnahme des Thea- 
ters", in deren erstem Bande sub IV. sich eine „Nachricht 
von dem gegenwartigen Zustande des Theaters in Dresden" 
vorfindet. Auf zehn Octavseiten werden in diesem Auf- 
satze nach kurzera Riickblicke auf das verflossene fran- 
zosische Theater die Kiinstler der Oper, der italienischen 
Komodie und des, Ballets besprochen. Ueber die italienischen 

Schauspieler sagt die genannte Kritik (278 ff.) folgendes: 

Antonio Bartholdi,'*) ein kleiner, geschlankter und geschwinder 
Mann. Er ist nicht ungesckickt. Er spricht viel Sprachen und hat 
Witz. Der Mann ist recht zum Harlequin bestellt und gebohren. 
Er ist auch allezeit seine liolle. Er wtirde seine Geschicklichkeit 
durch einen lustigen Bedienten so gut machen, als den Harlequin. 

Camillo Conzachi, ein kleiner untersetzter Mann. Ohneracbtet 
er auf einem Beine hinkt, so ist er doch ein voUkommener Acteur. 
Jede RoUe kleidet ihn; auch die Marquis weis er gut zu bilden; 
doch ist er meistens Tabarino. 

Bernhardo Vulcano,***) ein Mann in seinen besten Jahren, ungefahr 
ein Vierziger. Er sieht gut aus, ist wohlgewachsen, von mittlerer Statur, 
braunlichen Angesichts und voU Feuer; hat die beste Aussprache. 
Er stellt entweder einen gesetzten Liebhaber, oder einen stillen Alton 
vor. Augen, Mienen, Hande und Fusse, alles redet an seiner Person. 

Franciscus Colinetti, ein langer wohlgebauter Mann. Seine 
Rolle ist der Pantalon, den er auf das natUrlichste scbildert. Er 
macht aber oinen Spieler, einen lustigen Bruder mit gleicher Ge- 
schicklichkeit. Er hat ein feines weisses Gesicht, und kennt die 
Pflichten eines guten Komodianten, Er wird kaum 40 Jahr alt 
seyn. Diese Personen wiirden auf einem franzosischen Theater 
gleicben Euhm erwerben. Stimme, Action und Gedachtniss sind in 
ihrer Gewalt. Und selbst in den unnattirlichsten Stiicken wissen sie 
iiaturlich zu seyn, und alles zur rechteu Zeit anzubringen. 

Joacbim Limberger,**) ein junger Mensch. Weder die Natur, noch 
Kunst erhebet ihn. Er ist mittlerer Statur, hager und von sehr 
einf&ltiger Gesichtsbildung. Sein Gang, seine Action en und Reden 
sind gezwungen. Er sollte tanzen lernen. Hande und Fiisse sind 
ihm in Wege, und er weis manchmal nicht, wo er sie binstellen 
soil. Er scheint gar nicht fur das Theater gemacht zu seyn. Seine 
Rolle ist ein junger Liebhaber, der wenig Verstand hat, und das 
von Rechtswegen. 

Toscani,'*) ein junger Mann, ist wohlgewachsen, von schwarzbraunem 
Gesichte, schwarzen Augen und Haaren, geht und redet ganz fein. 
Er spielt die Rolle des Liebhabers ganz nattirlich , und weis sich ein 
Ansehen zu geben, das ihn gut kleidet. 

Pietro Moretti ist ein schlechter Acteur. Er hat die Rolle des 
Brigels. Seine Stimme ist unertraglich. Er schreyt und poltert 
alles sehr widrig heraus. Seine Action ist nichts als ein tibertriebenes 
Handewerfen, und die Stellung ist nicht naturlich. Kurz, er gefallt nicht. 



'•) d. i. Bertoldi. ") Vuleani. ^i) Limperger. ") Giovanni Battista. 



308 Friedrich August Freiherr 6 Bym: 

Gerolimo Focari '') stellt den Momolo vor. Er ist ein starker 
untersetzter Mann. Man merkt, dass er gefallen will. Er arbeitet 
auch ziemlich gut. Seinen Charakter macht er unyerbesserlich. Was 
thut nicht die Gewohnheitl 

Marta Focari. ■*) Sie ist unstreitig die beste Komddiantinn. Ge- 
Btalt, Stimme, alles k6mmt ihr zu statten. Sie gefallt auch in den 
widrigsten Gharaktern. Ihre Gestalt ist koniglich. Sie ist nicht 
die jUngste. Man sollte aber schworen, sie war es, so gut siebt sie 
noch auf dem Theater aus. Ihr Blick, ihre Mienen, ihr Kopfwenden, 
ihr Hande- und Fussebewegen , kurz, ihr ganzer Kdrper hilft ihr 
YoUkommen schon spielen. Sie kann so gut ernsthaft, als aufgeweckt 
seyn. Ihre RoUe ist meistens Aurelia. 

Isabella Yulcani. Eine Frau in ihren besten Jahren. Sie ist 
klein und hager, uiid siebt nicht mehr jung aus. Doch ist ihr Ge- 
sicht noch gut. Sie spielt die Eleonora. Naturlivher lasst ihr eine 
zSlrtliche Mutter. Ihre Action ist ganz gut. Sie gefUllt vielen, doch 
nicht in alien RoUen. 

Toscani **) muss Columbina seyn. Es ist wahr, sie kann 
brav plaudern. Aber das ist noch nicht genug. Zur Columbina 
muss man geboren seyn. Sie ist lang, wohlgewachsen, folglich 
nicht so gescbwind una gelenkig, als ein kleiner Korper. Sie ist 
jung, ihr Spiegel ist reizend, doch mehr auf dem Theater. Vielleicht 
gefiele sie als Liebhaberinn besser. Die Columbina ist keine RoUe 
fttr sie; diese wurde eher die Vukani kleiden. Die alte gebohrne 
Columbina ist gestorben. *•) Sie wusste sich allezeit in den voU- 
kommersten Aifect zu setzen, und das hat ihren Tod verursacht 
Toscani ist keine. 

Eine so lobreiche Beurtheilung , wie Marta Focari, 
erfahrt Giovanna Casanova nicht. Der anonyme Kritiker 
beriihrt zunachst deren damaliges Alter: „Sie ist Uber 40 
Jahr" sagt er. Dann kommt er auf deren Aussehen zu 
sprechen, von dem er riigt: „Ihr Korper ist dick und 
gross, ihr Gesicht ist alt, trotz der theatralischen Magie 1" 
Der ungalante Recensent schliesst den sechszeiligen Be- 
richt iiber die Kutistlerin mit dem schlimmen Urtheile: 
„Eine bose Frau, einen rechten Teufel von einer Frau 
wtirde sie besser vorstellen, als die Liebhaberin. 
Rosaura ist ihre RoUe. Zur jungen Liebhaberin ist 
ihre Sprache zu heischer". Es ersoheint allerdings 
gewagt, mit dem geschilderten Aeusseren und dem un- 
klaren Organ im vierzigsten Jahre noch Liebhaberinnen 
darzustellen, „trotz der theatralischen Magie", d. h. trotz 
Schminke, Kostiim, Lampenlicht und anderer Hilfsmittel, 
die zur scheinbaren Verjiingung auf den Brettern bei- 
tragen. Grazie der Erscheinung und Wohllaut der De- 
clamation kann keine Kunst ersetzen. Dagegen mag Gio- 
vanna Casanova das Publikum fur die bemerkbaren Mangel 

") Focher. ") Bastona Focher. »») Isabella. 
*•) Wahrscheinlich ist damit Kosa Grassi gemeint. 



Giov. Casanova und die Comici italiani am poln.-sachs. Hofe. 309 

durch geistreiches, in achtnationaleu Farbentonen gehalte- 
nes Spiel entschadigt haben, welclies Alter und Aussehen 
vergessen machte. Giovanna Casanova scheint dem Rathe 
des Recensenten, in das Facli der bosen Alten uberzugelien, 
niclit gefolgt zu sein, vielmehr auf der Biihne die Rosaura bis 
zum Ende ihrer Kiinstlerlaufbahn, dem herrschenden Prin- 
cipe stabiler RoUenvertheilung gem ass, fortgespielt zu haben. 
In der Pariser Acad^mie royale de musique war am 
5. December 1749 eine neue Oper aufgefuhrt worden, 
deren Text von Herrn von Cahusac, die Musik von 
Rameau war, „Zoroastre'', welche ausserordentlich gefiel. *'') 
Der Venezianer Pietro Algeri hatte die Ausstattung des 
Stlicks besorgt, das noch in dem Jahre der Aufftihrung 
gedruckt wurde. Jacob Casanova, der damals in Paris 
lebte und neben dem Faro auch etwas Schriftstellerei 
trieb, benutzte die Zeit, die ihm Liebschaften und Spiel 
iibrig liessen, und zwar wahrscheinlich in der Hoffnung 
eines reich lichen Honorars seiten des Konigs von Polen, 
vielleicht auf Antrieb der Mutter, angeblich im Auftrage 
des sachsischen Gesandten in Paris, Grafen vom Loss, den 
Zoroastre aus dem Franzosischen in italienische Verse zu 
ubertragen und fiir die Dresdner Biihne einzurichten. Der 
Text wurde daselbst angenommen, von Rameaus Musik 
entlehnte man nur die Ouverture und den ersten Chor, 
die iibrige Musik componirte der Bratschist und „Com- 
positore della musica dei balli'*, Johann Adam, hinzu, 
wahrend die Decorationen und Maschinen zu dem funfacti- 
gen Zauberstucke der vorgenannte Pietro Algeri zu Paris 
anfertigte, welcher zum Einstudiren des Stucks von dort 
nach Dresden kam. Am 7. Februar 1752 wurde das- 
selbe zum ersten Male, wahrscheinlich im grossen Opern- 

hause, und zwar in nachstehender Besetzung gegeben: 
Zoroastro, Institore dei Maghi — Bernardo VuTcani; 
Amelita, Erede pretendente de Trono di Battro — Marta Ba- 

stoiia Focher; 
Abramano, Primo sacerdote degl' Idoli — Giovachino Limperger; 
Erinice, Principessa di Battro — Giovanna Casanova; 
Zopiro, uno delli Sacerdoti degl' Idoli — Cesare Darbes; 

*') Doch hatte die Oper „ Zoroastre" auch Widersacher. In 
Paris erschien zu jener Zeit folgendes Gedicht: 
,,Aiitrefois de Kameau on critiquait le chant. 
L'un le voulait plus noble et I'autre plus touchant. 
Quelques uns dans la symphonie 
Le trouvaient homme de genie. 
D'autres, pour le juger attendaient qu'it itt mort, 
Gr&ces i Cahusac tout le monde est d'accord*'. 



310 Friedrich August Freiherr 6 Byrn: 

Zelisa, Giovane Battriana — Isabella Vulcani; 

Cefia, Giovane Battriana — Paola Falchi NoS; 

Abenide, Giovane Seluaggio Indiano — Giov. Batt. Toscani; 

Cenide, Giovane Seluaggia Indiana — Isabella Toscani; 

La Salamandra — Paola Falchi Noe; 

Un Silfo — Giov. Batt. Toscani; 

La Vendetta — Pietro Moretti; 

Una voce que sortc della Nuvola infiamma — Focher; 

Altra voce sotterranea. Battriani e Battriane. Seluaggi Indiani. 
Maghi. Popoli Elemcntari. Sacerdoti degP Idoli. Demoni e ae- 
quita della Vendetta. La Gelosia. La Collera. La Disperatione. 
Le Furie. Pastore. Ninfe. 

Das Ballet war von Antoino Pitrot; „primo Ballerino 
e Compositore di tutti balli di S. M.", erfunden und dem 
Zaubersujet angepasst worden. Unter den Figurantinnen 
befand sicli auch „Signora Casanova", wahrscneinlich die 
20jalirige Tochter der Schauspielerin, Maria Magdalena 
Auguste, die noch 1745 ira Hause der Mutter sich auf- 
hielt. Auf dem gedruckten Textbuclie steht der Name 
des UebersetzerS; Jacob Casanova, der den ^Chevalier de 
Seingalt" wegzulassen in diesem Falle fur gut befiinden 
haben mochte. 

Dieser letztere, welclier noch nicht durch die Flucht 
aus dem Gefangnisse der Bleidilclier zu europaischem Rufe 
gelangt war, hatte Dresden noch nie besucht gehabt, als 
er im Herbste des Jahres 1752 dorthin kam. Der Prince 
de Ligne, welclier Casanova in dessen letzten Lebens- 
jahren in Dux gesehen, erzahlt, dass in dem Manuscript 
der Memoiren, von dem der Fiirst Einsicht genommen, es 
heisse, Casanova habe in Dresden seine Mutter spielen 
sehen, ohne sich vorher ihr zu erkennen zu geben, er habe 
sie als Schauspielerin abscheulich gefunden, sei darauf zu 
ihr in die Logo gegangen, habe sie umarmt, dieselbe sei 
erstaunt gewesen liber das Wiedersehen mit ihrem Sohne, 
von dem sie nicht gewusst habe, was aus demselben ge- 
worden sei. Er habe die Mutter vora Theater wegge- 
nommen und derselben durch eine Untersttitzung die Mog- 
lichkeit auskommlicher Existenz gesichert. 

Von diesem alien findet sich nichts in den gedruck- 
ten Memoiren, und die Mittheilung beruht wohl auf einem 
Gedachtnisfehler des Fiirsten, welcher den Inhalt einer 
miindlichen Erzahlung des Abenteurers in seiner Erinne- 
rung mit den Memoiren verwechselt haben mag. Aber auch 
an sich enthalt die geschilderte Begegnung wenig Glaub- 
wUrdiges, da der Giovanna Casanova Mitwirkung bei der 
EinfUhrung des „Zoroastre" in Dresden deren Kenntnis 



Giov. Casanova imd die Comici italiani am poln.-sachs. Hofe. 311 

von dem Aufenthalt des Sohnes in Paris wohl annehmen 
I^sst^ zumal da deren Sohn Franz sicli damals gleichfalls 
in Paris befand und beide vorhatten, nacli Dresden zu 
reisen, wo sie sicherlich nicht unerwartet eingetroffen sein 
werden. Was die pekuniare Unterstutzung anlangt, so ist 
auch diese Angabe unwahrsclieinlich, da Jacob Casanova 
damals in Paris reielier an Liebschaften als an Geld- 
mitteln gewesen war und erst in spate rer Zeit durcli 
thaumaturgiscli-galante Verhaltnisse zeitweilig in glanzende 
Situationen gelangt ist. Jn Dresden gerade sclieint er 
sich in misslicher Lage befunden zu haben. Er giebt 
selbst eine Andeutung davon, indem er sagt, er habe ein 
Stiick geschrieben, dessen tragi- komiseher Inhalt dem 
Konig, der ein Freund des Lachens sei, wohlgefallen habe. 
Zu Anfang der Fasten (1753) sei er von diesem grossmiithigen 
Herrn mit einer goldenen Dose vol! Dukaten beschenkt 
worden. Der Graf Briihl, der so prachtvoll wie sein 
Herr sei, habe sie ihm iiberreicht. Er bezeichnet dieses 
kOnigliche Geschenk ausdriicklich als das Honorar fur 
den Zoroastre, indem er beifiigt, solches habe ihm diese 
Oper eingebracht; welche ein Jahr zuvor gespielt worden 
sei. Ob das von ihm verfasste Stiick, das er seiner 
Mutter und den Schauspielern zu Liebe geschrieben haben 
will und welches dem Konige wohlgefallen habe, eben 
nur „Zoroastre" war, oder ob die von ihm verfertigte Pa- 
rodie der „frferes ennemis" Racines, von welcher Konig 
August III. Kenntnis genommen, darait gemeint ist, lasse 
ich dahin gestellt sein, finde es aber fur die Lage Jacob 
Casanovas in Dresden bezeichnend, dass er eine Zeit lang 
als in koniglichen Diensten stehend aufgefiihrt wird. Ist 
die Angabe wahr, dass er im Februar.1752 100 Rthlr. 
Gehalt und im Marz desselben Jahres noch 80 Rthlr. Ge- 
haltszulage vom Konige erlialten habe, so gelten diese 
BezUge nicht naher bezeichneten Leistungen zu Paris 
wahrend der Monate Februar und Marz 1752, und nicht 
einer Anstellung in Dresden. Dass der Chevalier das Spiel 
seiner Mutter abscheulich gcfunden, zeugt vielleicht fiir 
des angehenden Weltmannes gelauterten Geschmack, der 
in den Pariser Theatern Moli^res Komodien kennen ge- 
lernt haben konnte, befremdet aber wegen der eigenen 
Begabung zum Parodiren, dem stets ein niedrig-komischer 
Zug zu Grunde liegt und welcher auch im ^Zoroastre" 
durchschimmert. Der Blihnenthatigkeit hat er iibrigens 
die Mutter nicht entzogen, da dieselbe activ verblieb, bis 



312 Friedrich August Freiherr 6 Bym: 

die italienische Buline Dresdens geschlossen wurde. Jacob 
Casanova giebt an, damals sich sechs Monate in Dresden 
aufgehalten gehabt zn haben^ woyon ich sonst keine Er- 
Wftlinung aufgefanden babe: seine Existenz wird sich in 
Dresden auf die Familie und deren Bekannte bescbr3.nkt 
baben, welcbe meist der Buhne zugehorig gewesen sein 
mogen, wie die Figurantin Renaud,**) die er als die 
Maitresse dcs Oberstallmeisters Grafen Brtihl bezeichnet, 
dem sie nur gegen goldenen Lohn hutte abspenstig ge- 
macht werden konnen, wozu die Kasse des Abenteurers 
nicht gefullt genug gewesen sein mochte. Er verliess 
Dresden mit der Versicherung, dort den glanzendsten 
aller Hofe und die Ktinste in ibrer hochsten Bliitbe ge- 
seben zu haben. 

Die Coraici italiani wechselten fortan bis zum Schlusse 
ihres Bestebens zwischen Dresden nnd Warschau im Ge- 
folge des Hofes ihren Aufenthalt^ in den Ehepaaren Vul- 
cani, Focari und Toscani, der Giovanna Casanova (1754 
zu Warschau am Markte im zweiten Stock bei Herrn 
Szubelski einlogirt) und Moretti sich einen kiinstlerischen 
Stamm bewahrend^ zu dem Louisa Toscani, die Tochter 
des Kunstlerpaares, als jugendliche Kraft hinzugetreten 
war. Die alternden Manner Vulcani und Focari wurden 
neben Darstellungsverpflichtungen auch als Souffleure bei 
den Operetten verwendet. 

Im Karneval des Jahres 1756 fanden 14 Auffuhrungen 
der Comici italiani zu Dresden statt, welche der bekannte 
Deutschfranzos in der damals vielverbreiteten Monats- 
schrift ^Historische alte und neue Curiosa Saxonica" in 
seinen kauderwelschen Knittelversen, wie er es oft schon 
gethan, ergotzlich besang, ahnungslos, dass am 26. Februar 
die Auffiihrung der „La vedova scaltra" die letzte Kunst- 
ausserung der Italiener in Dresden gewesen, imd dass im 
Karneval des nachsten Jahres ein Impresario anderer Art 
mit Truppen sehr ernster Tendenz, Konig Friedrich II. 
und sein Heer, in Dresden auftreten wurden. Der Aus- 
bruch des siebenjalirigen Krieges schloss die Hallen des 
italienischen Schaiispiels in Dresden auf immer. Die 
Musen entflohen, um dem furchtbaren Gotte des Krieges 
Platz zu machen, die scherzhaften Masken schlichen 
trauemd aus dem Terapel des Komus, von den wenig- 



**) Im Yerzeichnisse der Balletfigurautinnen heisst sie Marianne 
Reneaud; sie ging im Mai 1757 nach Paris zurQck. 



Giov. Casanova iind die Comici italiani am poln.-sachs. Hofe. 813 

sten kann man sagen, was aus ilmen geworden ist, iin 
Kriegslarm sind die meisten verschollen! 

Bertoldis Namen habe ich erst im Jalire 1762 in der 
Notiz des kOniglichen Oberhofmarschallamts wieder be- 
gegnet, dass „Secretair Bertoldi" sich am 25. August nacli 
Warschau begeben habe. Von Giovanna Casanova berichtet 
der Sohn, dieselbe habe sich nach Prag gefluchtet; das 
Verzeichnis der fur Hofangestellte geftihrten Passregister 
bestatigt diese Angabe nicht, aus demselben sind iiber- 
haupt Kriegsschicksale der Comici italiani nicht ersichtlich. 

Als nach dem end lichen Friedensschlusse zu Huber- 
tusburg die Theaterverhaltnisse geordnet wurden, fan- 
den sich auch vom italienischen Schauspiel eine Anzahl 
Mitglieder ein, welche nunmehr ihre formliche Entlassung 
erhielten und zum Theil in die Pensionsliste aufgenomraen 
wurden. Bei dieser AuflOsung wurde den entlassenen 
Theatermitgliedern gegenliber auf das Humanste verfahren ; 
wer nur einigermassen Anspriiche durch langjahrige 
Dienstzeit; Alter oder Verdienste zu machen hatte, naincnt- 
lich; wer anderweit seinen Unterhalt nicht zu finden ver- 
mochte, wurde mit Pension begnadigt oder wenigstens ent- 
8ch3,digt. Giovanna Casanova wurde hicrbei rait 400 Rthlr. 
jahrlicher Pension bedacht, Bernardo Vulcani, Giovanni 
Camillo Conzachi, Paola NoS und Girolamo Focher wer- 
den namentlich als Pensionare des Hofes aufgefuhrt. Trotz 
dieser Subventionen mochte unter den Kiinstlern oft Noth 
herrschen, Bernardo und Isabella Vulcani baten 1764 die Kur- 
ftirstin-Mutter um Unterstiitzung in ihrer bedriickten Lage. 

Von Giovanna Casanova, deren lange Dienstzeit ihr 
die wohlverdiente Hofpension eingetragen, wird eine solche 
Klage nicht laut. Sie fuhr fort in Dresden zu leben, 
wahrend andere CoUegen nach der Heimath zuriickkehrten 
und ihre Pensionen dort verzehrten; sie liatte in Dresden 
una sich her einen Familienkreis entstehen sehen, da ihr 
Sohn Johann rait seiner Frau 1764 nach Dresden kara, 
wo er eine Professur an der Kunstakaderaie iibernahm, 
und die Tochter Maria Magdalena Augusta (M. M. Antonia) 
den Hoforganisten Peter August zu Dresden geehelicht 
hatte. Einige Jahre nach dem Eintreffen Johann Casa- 
novas in Dresden erschien auch wieder Jacob Casanova 
auf kurze Zeit daselbst und stieg im Hotel de Saxe auf 
der inneren pirnaischen Gasse, dem elegantesten Gasthofe 
Dresdens, ab. Er war mittlerweile zu einer Art von 
CelebritAt durch seine verschiedenen Abenteuer gelangt, 



314 Friedrich Aagost Freiherr 6 Byrn. 

die ihm Eintritt in die besten Elreise verschafit hatte. In 
Dresden jedoch gluckte ihm dieser hohe Flug nicht; als 
Sohn einer pensionirten Schauspielerin war er in der 
saclisischen Uauptstadt von den hohen Gesellschaftskreisen 
ausgeschlossen, deren Held er nocli jiingst in Warschau 
durch cinen Zweikampf mit einem Verwandten des Konigs 
Stanislaus August gewesen war. Die Residenz gewahrte ihm 
daher, das Hazardspiel im Foyer des kleinen Hoftheaters 
abgerechnet, wie der blasirte Wiistling in seinen Schriften 
bemerkt, keine genugende Unterhaltimg, und bald darauf 
verliess er Dresden mit einem guten Weclisel von 3000 Rthlr., 
auf das Banquierhaus Hohmann zu Leipzig lautend^ um 
erst nach dem Tode der flutter 1790 seine Familie noch- 
mals zu besuchen. 

Giovanna Casanova starb zu Dresden am 29. No- 
vember 1776, angeblich im 67. Altersjahre. Obwohl sie 
durch die achtbare Stellung ihrer Kinder in Dresdner 
Kunstkrcisen imd durch die Erinnerung an ihre eigenen 
Leistungen gesellig gut gestellt war, so konnte sie doch im 
Familienleben die Kom5diantenfrivolitat nicht ganz ver- 
leugnen. Sie scheint nach dem Zeugnisse des Memoiren- 
schreibers gegen denselben eine sehr nachsichtige Mutter 
gewesen zu sein, besonders in Bezug auf dessen unsitt- 
liche§ Verhaltnis mit einem Madchen, das er bei dem 
zweiten Besuche in Dresden bei sich fuhrte, dem sie nicht 
empfindlich gewesen ist, den Zutritt zum Familienkreise 
zu verstatten. Die Bemerkung der „Notice des Tableaux 
exposes dans les Galeries du Mus^e national du Louvre" 
1875, Ecole frangaise (S. 55), ihr Sohn Franz sei die 
Frucht eines Liebesverhaltnisses mit dem Prinzen von 
Wales, nachmaligen Konige Georg II. von England, be- 
darf sehr der Bestatigung, und will ich zur Ehre Gio- 
vanna Casanovas an das Gerticht nicht glauben. Es ist 
kein Portrat derselben bekannt; doch diirfte man meinen, 
dass die Mutter von zwei Malern durch die Kunst eines 
derselben in ihren gewiss hochst charakteristischen Zugen 
der Nachwelt sollte im Bilde erhalten worden sein. 

Ist sie auch nicht die bedeutendste Personlichkeit im 
Kreise der Comici italiani Dresdens gewesen, so bietet ihr 
Leben doch immer einen Anhalt, um daran Ruckblicke auf 
die eigenartige Kunsterscheinung der italienischen Buhne 
zu kniipfen, welcher die zeitgenossische Literatur auch nicht 
das kleinste Monument durch ein paar Zeilen der Erwfth- 
nung hinterlassen hat. 



XIIL 

Ein Beitrag zur Geschichte der Dresdner 

Qemalde-Grallerie. 

Von 

Hermann Frelherrn yon Friesen. 



Das von dem dermaligen Gallerie-Director Professor 
J. Htibner auf hohe Veranlassung im Jahre 1856, nach 
Vollendung der Aufstellung der Gemalde der kOniglichen 
Gallerie zu Dresden in dem neuen Gebaude, herausge- 
gebene und seitdem mehrfach neu aufgelegte Verzeichnis 
ist ein sehr schatzenswerthes Werk und hat vielfach neues 
Licht liber die der Obhut des Verfassers unterstellten Kimst- 
schM,tze verbreitet. Indessen darf neben den hohen Ver- 
diensten desselben eine wesentliche Lticke in der ihm vor- 
ausgeschickten historischen Einleitung nicht iibersehen 
warden. Nach dem dankenswerthen Bericht liber die von 
Palmaroli 1826 und 1827 ausgefuhrten Arbeiten und Her- 
stellungen geht der Aufsatz mit kurzer Erwahnung eini^er 
Motive zu dem ira Jahre 1847 begonnenen Bau sofort 
auf diesen iiber. Es wird also eine Periode von zwanzig 
Jahren iibersprungen, in welcher nicht allein die Genesis 
einer neuen und vollig umgestalteten Administration des 
grossen Kunstinstituts liegt, sondern auch diejenigen An- 
regungen, mlihsamen Vorarbeiten und theilweise auch Her- 
stellungen stattfanden, durch welche erst die Erbauung eines 
neuen Museums ermSglicht wurde. Diese Lticke auszu- 



316 Hermann Freiherr von Friesen: 

fuUen darf unter diesen Unistandeu an sicli selbst nicht 
fiir musflig angesehen wcrden. Ich halte mich dazu aber 
ftir doppelt verpfliclitet, well ich von denjenigen, die im 
Jahre 1836 auf koniglichen BefeLl jene muhsamen Ar- 
beiten begannen, der einzige Ueberlebende bin. 

Der erste Anstoss zu der regeren Theibiahme • des 
Publikums an dem Zustande der Gemalde-Gallerie kann 
mogliclier Weise durcli die Berufung Palmarolis und die 
von ihm ausgefuhrten Arbeiten gegeben worden sein. Es 
war dies wenigstens der erste Schritt, der nach langer 
Zeit zur Anerkenntnis des Bediirfnisses, dass fur die Er- 
haltung der Gemalde-Gallerie und zur Heilung mancher 
von der Zeit veranlassten Schaden etwas gescbehen miisse, 
gethan wurde. Indessen beschrankte sicli dieser erste 
Versucli nur auf die Restauration einer geringen Anzalil 
von Genialden, und es schien, als ob die wenigen, die 
durch denselben angeregt waren, niit geringer Ausnahme 
wieder in die vorige Gleicligilltigkeit iiber das Scliicksal 
unserer unschatzbaren vSammlung verfallen waren. Erst rait 
dem Jahre 1830 trat eine gliicklichere Wendung ein. Mit 
diesem Zeitpunkt beginnt die erfolgrciche Tlieilnahme des 
zura Mitregenten ernannten; nachherigen Konigs Friedrich 
August II. In ihm bliihte die seit dem Tode der Kur- 
fiirstin Maria Antonia unter den Mitgliedern der konig- 
lichen Fainilie lange sclilumraernde Liebe zur Kunst 
wieder auf. Die Aufsiclit Uber die Sammlungen war in 
demselben Jahre auf den an der Stelle des Ministers 
Grafen Einsiedel ernannten Minister von Lindenau iiber- 
gegangen. Oline dass er Kcnner und von grosser Be- 
geisterung ftir die Kunst war, fuhrte ilm dennoch seine 
erleuchtete Einsicht und die Weite seines Gesichtskreises 
zu der Ueberzeugung, dass es Pflicht sei, die Erhaltung 
der grossen Kunstschatze nicht mit Gleichgiiltigkeit anzu- 
sehen und dem Zufall zu liber lassen. Unter dem Zu- 
samraenwirken des fiir die Kunst begeisterten Prinzen 
Mitregenten mit dem Minister von Lindenau kamen 
daher einige Massregeln zur Ausfiihrung, die wenigstens 
als Symptome einer grosseren Tlieilnahme seiten der Be- 
horden gel ten konnten. Die Aufstellung der Gemalde in 
der um 174G neu hergestellten Raumlichkeit und deren 
Vertheilung an den langen Wanden und Pfeilern der 
grossen ungetheilten Sale war seit der Zeit kaum wieder 
geJlndert worden. Mit Ausnahme der Verweisung der 
Mehrzahl der Italiener in die innere und der Hollander, 



Ein Beitrag zur Geschichte der Dresdner 6«malde-Gallerie 317 

Niederlander, Franzosen und Deutsclien in die ^-ussere 
Gallerie war nicht nach einem durchgelienden Systerae ver- 
fahren worden. An eine Zusammenstellung der Geraalde 
nach Schulen und Meistern hatte man, wie es scliien , nur 
wenig gedacht, was vielleicht darin seine Entschuldigung 
finden konnte, dass bei der Art, wie die Sammlung tlieils 
aus Kunstwerkefi, die lange schon vorhanden waren, theils 
aus meist einzelnen und allmahligen Anschaffungen und 
Erwerbungen entstanden war, die Absicht, eine moglichst 
voUstandige und zusamraenhiingende Reihenfolgo von 
Meistern oder verwandten Schulen zusammen zu bringen, 
nicht durchweg hatte massgebend seiji k5nnen. Infolge 
dessen besass die konigliche Gemalde - Gallerie von 
raanchen Meistern eine verhaltnismassig grosse Anzahl^, 
wogegen andere oft nur schwach oder gar nicht vertreten 
waren. Um der daraus hervorgegangenen ziemlich will- 
kurlichen Vertheilung der Gemalde so weit als thunlich 
durch eine mindestens annahernde Vereinigung der Werke 
einer Schule und eines Meisters abzuhelfen, wurde daher 
im Beginn der dreissiger Jahre eine voUig neue Ordnung 
derselben hergestellt. Zu diesem Behufe theilte man in 
der ausseren Gallerie an den schraalen Seiten des lang 
ausgedehnten und bisher in einer Flucht rings um das 
Gebaude herumlaufenden Saales einzelne Gemacher ab, 
in deren raittelsten, nach der Nordseite gelegenen man 
die franzosischen Meister vereinigte. In dem nach Westen 
zu anstossenden Raume fanden die alteren deutschen und 
altniederlandischen Meister Platz. Ferner war in dem langen 
Saale der westlichen Seitenfront vorzugsweise die fland- 
rische Schule durch Rubens und seine Schtiler vertreten, 
doch fanden sich an dem obersten Rande der Wande 
auch einige Italiener aus der spateren Zeit. In den an 
den mittelsten Raume der Nordseite nach Osten zu an- 
stossenden Gemacliern befanden sich einige Gemalde von 
modernen deutschen, sachsischen und bohmischen Malern 
mit spateren Niederlandern vereinigt. Der lange Saal an 
der Ostfronte war vorzugsweise den HoUandern bestimmt, 
die besonders durch Rembrandt und seine Schiiler ver- 
treten waren. Die Siidfront war ebenfalls in drei Raume 
getheilt, von denen der mittelste die ausgezeichnetsten 
Italiener, wie Raphael, Correggio und andere, der an 
der westlichen Ecke gelegene spanische und einige nieder- 
landische Gemalde, und endlich der ostliche ausgewahlte 
Niederlander enthielt. Die innere Gallerie bestand bisher 



318 Hermann Freiherr von Friesen: 

gleich der aasseren nur in einem ungetheilten Raume, der 
in der Form eines Hufeisens mit langen Flanken den 
inneren Hof umgab. Hier waren nun durch Einziehung 
von Scheidewanden auf jeder Seite zwei Gemacher von 
dem grosseren Raume in der Mitte abgetheilt, von den en 
das erste nordlich und westlich an die aussere Gallerie 
anstossende altere Florentiner, incl. Fr. Prancia, auf der 
Mittelwand Ferraresen mit Garofalo, und auf dem dritten 
Felde einige altere Venezianer, wie Cima da Conegliano, 
Q. Bellini; und ein Gemalde^ das fiir Mategna gait, ent- 
hielt. Im naclisten GemacL waren die besten Venezianer, 
wie Giorgione, Tizian^ Tintoretto, Palma Vecchio und andere 
aufgestellt. Die Serie der Venezianer fand in dem nacli- 
sten Mittelraume bis an seine siidostliche Ecke ihre Fort- 
setzung durch eine Anzahl grosser Wandbilder von Paolo 
Veronese, denen in den oberen Raumen die Manieristen, 
Trevisani und Celesti und in- den unteren Reihen einige 
kleinere Bilder von Domenico Feti und anderen bei- 
gesellt waren. In der slidostlichen Ecke fanden einige 
Genuesen und Mailander Platz, und den Schluss dieses 
Rauraes bildeten die Bolognesen, wieCarracci und andere. 
Im n'achsten kleineren Raume waren die Gemalde von 
Guercino, Guido Reni, Cignani und ihren Schiilern und 
Genossen vereinigt, und den Scbluss bildeten im letzten 
nordostlichen Gemacli die Neapolitaner, Luca Giordano, 
Ribera u. s. w. Diese Anordnimg, die als ein entschiede- 
ner Fortschritt zur Erleicliterung der Uebersicht gelten 
konnte, war fast ausscliliesslich der griindlichen Einsiclit 
und liebevoUen Theilnalime des damaligen Prinzen Mit- 
regenten Friedrich August zu danken una von ihm person- 
lich angegeben worden.') 

Gleicnzeitig mit dieser Neuerung wurde auch, wie- 
wolil nur nothdiirftig; Sorge daftir getragen, der Samm- 
lung Krafte zu schaffen^ die bei eintretendem Bediirfnis 
sich den n5thigen Arbeiten des Reinigens und Restaurirens 
der Gemalde unterziehen konnten. Der nachherige Inspect 
tor Renner, der schon von Palmaroli in diesem Fach 
einiges gelernt hatte, wurde auf Kosten der Administra- 
tion nach Paris geschickt und brachte von dort nutzliclie 



*) Wenn sich, wie zu vermuthen steht, iiber diese Herstellung 
noch einige schriftliche Nachrichten bei den Akten der Gallerie be- 
finden, so kann es kaum fehlen, dass sie Notizen von der eigenen 
^and des damaligen Prinzen Mitregenten enthalten. 



Ein Beitrag zur Geschichte cter Dresdner Gemalde-Gallerie. 319 

Kenntnisse mit, die der Samralung spater zu Gute kamen. 
Ich wusste aber nicht zu sagen, dass bis zura Jalire 1836 
in dieser Hinsicht viel geschehen ware. Die Melirheit 
der Gemalde hatte noch immer dasselbe stumpfe Ansehen, 
wie ich sie seit meiner Jugend gesehen hatte. Nur an 
wenigen beraerktc man Spuren, dass der Firnis emeuert 
word en war. Ueberwiegend war dagegen die Anzahl 
derjojiigen, die durch den atmospharischen Einfluss mit 
einem leichten blauen Dunst tiberzooren waren. Da die 
geraumigen, mit iiberaus hohen Fenstern versehenen Sale 
in der kalteren Jahreszeit nicht geheizt werden konnten, 
waren diese Erscheinungen besonders im Beginn der 
Sommersaison am auffallendsten. 

Das Dresdner Publicum war zwar seit undenklichen 
Zeiten in der Mehrheit daran gewohnt, fiir die Gemalde- 
Gallerie eine sehr geringe Theilnahme an den Tag zu 
legen. Auch liess es sich die specielle Direction niclit 
angelegen sein, dieselbe zu wecken. Schon der Zugang 
zu derselben war nicht einladend. Wiewohl das imposante 
Gebaude in seiner Front nach dem Freiplatz des soge- 
nannten Judenhofes mit einer breiten Freitreppe von doppel- 
tem Aufgang prangte, der in der mittelsten Arkade eine 
grosse Eingangsthiir entsprach, mussten die Besucher der 
Gallerie eine dunkle Wendeltreppe, die ihrem Ansehn 
und ihrem Modergeruche nach dem Zugang zu einem 
Keller glich, von dem Stallhof aus aufsuchen. Die Thiire 
an ihrem obern Ende wurde sorgfaltig verschlossen ge- 
halten und nur nach einem starken, oft zwei Mai zu 
wiederholenden Zug an einer lauten Glocke von einem 
mtirrischen alten Diener geoffnet. Ueberdiess war die 
Zeit, wo das Publikum die geheiligten Eaume betreten 
durfte, nur auf die Sommermonate vom 1. April bis 
letzten September und in dieser Periode nur auf die Vor- 
mittagsstunden von 9 bis 12 Uhr beschrankt. Schau- 
lustige Fremde konnten den Wunsch, die Sammlung ausser 
dieser Zeit zu besuchen, nur durch Entrichtung eines 
Ducaten an den Director ftir die Ftihrung und eines ver- 
bal tnismassigen Douceurs an den Aufwarter befriedigen. 
Das letztere wurde Ubrigens auch von jedera; der die 
Gallerie in den Stunden, wo sie geoffnet war, besuchte; 
wenn auch nicht gefordert, so doch erwartet. Trotzdem 
konnte man nach der neuen Aufstellung eine, wenn 
auch nur geringe, Zunahme der Besucher bemerken. 
So kara es denn auch, dass die Urtheile Uber den Zu- 



320 Hermann Freiherr von Friesen: 

stand der Gemalde, wenn auch in der Mehrheit mit riick- 
haltevoller Bescheidenheit, nach und nach lauter wurden. 
Vor alien andern zeichnete sicli durcli eine rege Theil- 
nahiue an den Samralungen Herr von Quandt aus, der 
Sohn eines reiclien Kaufmannshanses in Leipzig, der sich 
luit seinem ansehnlichen Vermogen schon bald nach dem 
1815 liergestellten allgemeinen Frieden nach Dresden ge- 
wendet hatte. Wenige Bewohner unserer Stadt haben 
sicli um das all<jemeine Kunstleben derselben grossere 
Verdienste erworben. Er war freigebig im Aufwand fur 
Anschaffung von Kunstwerken und fiir Unterstiitzung 
junger Ktinstler. Dabei erregte er durch sachkundige 
Aufsatze in offentlichen Blattern die Aufmerksamkeit auf 
kilnstlerische Gegenstande. Sein Versuch einer Geschichte 
der Kupferstechkunst fand vielen Beifall. Mit der Ge- 
malde-Gallerie beschaftigte er sich schon vom Beginn der 
zwanziger Jahre an. Namentlich verfolgte er aufmerksam 
die Arbeiten Palmarolis. Ira Jahre 1828 kam durch seine 
Anregung der heute noch bestehende Kunstverein zu 
Stande. Man feierte damit den SOOjahrigen Todestag 
Albrecht Diirers. Wiewohl er bei beschrankten Mitteln 
von vorn herein nur die bescheidenfe Absicht hatte, an- 
geliende Ktinstler durch Ankauf ihrer Werke zu unter- 
stUtzcn und zu ermuthigen, ist er dennoch epochemachend 
als das erste Lebenszeichen eines regeren Kunstsinns 
unter den Bewohnern Dresdens, nacn einem langen 
Schlummer. Von dem nachhaltigsten Werth und Erfolg 
fiir die Kunstsammlungen wurde Herrn von Quandts 
Thatigkeit erst, nachdem der Minister von Lindenau die 
General-Direction iibernommen hatte. Bei den liebens- 
wtirdigen Eigenschaften dieses ausgezeichneten Mannes 
und seinem regen Sinn fur alles Edle und Schone wiirde 
es ohnedies unvermeidlich gewesen sein, dass er sich rait 
dera gleichgesinnten Herrn von Quandt bcgegnet hatte. 
Der vertraute Umgang beider Manner fand aber dadurch 
noch einen neuen Anstoss und eine grossere Erleichterung, 
dass Herr von Lindenau sein Quartier in den nach Stiden 
zu gelegenen und eine reizende Aussicht liber die Elbe 
und die Biticke bietenden Ziramern des von Quandt'schen 
Hauses nahm. Eine der ersten, wenn nicht die erste 
Frucht dieses Umgangs, war die Herstellung des histori- 
schen Museums aus den der bisherigen Riistkammer ge- 
horigen und einiger anderer Gegenstande, die sich in der 
fast ganzlich unb^kannten Kunst- und Modellkamraer be- 



Ein Beitrag zur Geschichte der Dresdner Gemalde-Gallerie. 321 

fanden. Dieses Unternehmen war zwar seiner Ausfiihrung 
nach nicht iiber jeden Tadel erhaben. Bei der peinlichen 
Aengstlichkeit, mit der man in daraaliger Zeit jede Aus- 
gabe fur .Zwecke der Kunstsammlungen scheute, hielt 
man es fur gerechtfertigt, aus dem Verkauf einzelner 
Theile oder Gegenstande derselben Geld zu raachen und 
dadurch die Mittel zu solchen Herstellungen zu gewinnen. 
Das grosse, von einem uberaus gelehrten Juden vor mehr 
als hundert Jahren nach den Angaben im alten Testament 
hergestellte Modell des Tempels Salomonis, das in einem 
der Z winger-Pavilions aufgestellt war, konnte, wie man 
meinte, nur als Curiosum oline wissenschaftlichen oder 
ktinstlerischen Werth angesehen und ohne Bedenken fur 
eine betrachtliche Summe aufgeopfert werden. Audi aus 
der Kunst- und Modellkammer wurden viele Gegenstande 
— ich fiirchte, mit zu geringer Schatzung ilires kunst- 
historischen oder ilires kunsttechnisclien Werthes — ver- 
aussert. Sobald man sich aber liber diese Opfer liinweg- 
setzen konnte, durfte man das Resultat dieser Herstellung 
als ein hochst werthvolles begrussen. Um es kurz zu 
fassen, genligt es auszusprechen, dass mit derselben die 
alte landesherrliche Rustkammer, die seit der Mitte des 
vorigen Jahrhunderts gleich einer nur der kindischen 
Neugierde werthen Anhaufung nutzloser Raritaten auf die 
schmahlichste Weise vernachlassigt worden war und von 
der viele Stticke dem Untergang entgegeneilten, mit ihrem 
unschatzbaren Reichthum an Armaturen, Schiess- und 
Stosswaffen, an kostbaren Geschirren, Jagd- und Haus- 
geratheu; Kosttimen und dergleichen gewissermassen von 
den Todten wieder aufgeweckt wurde. Einheimische 
und Fremde erstaunten in den nachsten Jahren iiber 
diesen, in seiner Art einzigen Schatz von Gegenstanden 
kunsthistorischen und kunsttechnischen Werthes. 

Indem ich nach dieser Abschweifung wieder zu der 
Geschichte der Gemalde-Gallerie zuriickkehre, muss ich 
nun, mit Ueberwindung der Scheu vor Ruhmredigkeit 
und Anmassung; zu dem Bericht iiber den Antheil iiber- 
gehen, den auch ich das Gliick hatte an der Reorganisation 
ihrer Verwaltung und der endlichen Herstellung eines 
neuen Museums zu nehmen. Ich darf dabei nicht iiber 
das Jahr 1832 zuriickgehen. Denn wiewohl ich schon 
seit meinem fiinfzehnten Jahre die Gallerie oft und mit mog- 
lichster Aufmerksamkeit besucht hatte, war mir doch um 
diese Zeit die Theilnahme fiir dieselbe durch eine Ver- 

Neues AruMv f. S. G. u. A. I. 4. 21 



3^2 Hermann Freiherr von Friesen : 

anlassung in weit lebhafterer Weise als frtiher erregt 
iwrorden. Da ich nun schon von dem Antritt seines Amtes 
an von dem Minister von Lindenau mit ausserordentlicher 
Qunst behandelt worden war, konnte ich von diesem Zeit- 
punkt an mit der riickhaltlosesten Oflfenheit liber Ange- 
legenheiten der Greraalde-Gallerie mit ihm sprechen. Ein 
besonderer Umstand kara dazu. Der als Kunstforscher 
bekannte Director Waagen, Vorstand des Berliner Mu- 
seums, pflegte dainals seinen Verwandten, L. Tieck, meh- 
rere Jahre hintereinander wahrend des Sommers auf 
langere Zeit zu besuchen. Selbstverstandlich widmete er 
einen grossen Tlieil seiner hiesigen Musse der Gemalde- 
Gallerie, wobei ich oft Gelegenheit hattC; ihm als einem 
Bekannten aus dem Tieck'schen Hause zu begegnen. So 
wurde ich denn durch ihn in den unschatzbaren Werth 
unserer Sammlung und in das dringende Bediirfnis, sie 
einer besseren Pflege zu unterwerfen, noch mehr einge- 
weiht. Bedeutender als das wurden in dieser Beziehung 
seine offentlichen Auslassungen iiber diesen Gegenstand. 
Schon bei dem Landtage von 1833/34 benutzte Minister 
Lindenau eine derselben bei Gelegenheit der Berathungen 
iiber das fiir die offentlichen Sammlungen gestellte Postulat. 
Auf Grund einer von Director Waagen in einem offent- 
lichen Blatte ausgesprochenen approximativen Schatzung 
unserer Sammlungen nach heutigem Geldwerthe, machte 
Minister von Lindenau vor den Standen geltend, in wie 
tief untergeordnetem Verhaltnis die zu ihrer Erhaltung 
postulirten diirftigen Summen zu ihrem realen Werthe 
stiinden. Zugleich wies er nach, dass das in ihnen nieder- 
gelegte Kapital keineswegs so nutzlos sei, als man glaube, 
dass die Masse von Fremden, die durch sie nach Dresden 
gezogen wtirden, nicht gering zu schatzen sei, dass aber 
vor allem anderen gerade die Gemalde-Gallerie in wieder- 
holten Fallen zu bedeutenden Gelderwerbungen von In- 
landern Gelegenheit gegeben habe. Es war das erste 
Mai, dass von unseren Sammlungen, die man gewohnt 
war nur wie eine driickende Last, mit Gleichgiiltigkeit, 
ja fast mit Geringschatzung zu betrachten, in dieser Weise 
von einer Staatsbehorde offentlich gesprochen wurde. 

Immerhin dauerte es noch Jahre, bevor es zu dem 
Beschluss kam, fiir die Erhaltung der Gemalde-Gallerie 
einen gedeihlichen Schritt zu thun. Weder Herr von 
Quandt noch ich ermiideten zwar, den Minister von Lin- 
denau mit Bitten und Vorstellungen anzugehen; ja ich 



Ein Bdtrag zur Geschichte der Dresdner Gemalde-Gallerie. 323 

kann sagen, dass ich oft Gelegenheit hatte, die ausser- 
ordentliche Langmuth und Greduld des liebenswiirdigen 
Mannes zu bewundern, wenn ich mit jugendlichem Eifer 
ihn zuwieilen auf unbescheidene Weise bestiirmte. Doch, 
wie das so haufig geschieht, es bedurfte eines besonderen, 
unerwarteten Anstosses, um endlich gegentiber der Zag- 
haftigkeit, mit der man damals jeden energischen Schritt 
ftir einen Gegenstand scheute, dessen Geldertrag sich 
nicht sofort berechnen liess, einen, mindestens einleitenden, 
Entschluss zu fassen. Es erschien namlich in der Leip- 
ziger Zeitung ein Artikel, der mit der nachdriicklichsten 
Offenheit und ' Sachkenntnis den beklagenswerthen Zu- 
stand der Gemalde-Gallerie und die Gefahr des allmah- 
ligen Untergangs vieler Bilder schilderte. Seine Majestat 
der Konig und Minister von Lindenau glaubten mich als 
den Verfasser erkennen zu sollen. Diese Ehre musste 
ich zwar ablehnen, als mir, der ich bisher keine Kunde 
davon erhalten hatte, der Minister das Blatt vorlegte. 
Ich erkannte aber dem Inhalt nach sofort den Director 
Waagen in Berlin als Verfasser, weil nichts anderes darin 
ausgesprochen war, als was lange schon der Gegenstand 
unserer iibereinstimmenden Beobachtungen und Bemer- 
kungen gewesen. Daher durfte ich offen bekenneu; dass 
ich mich nicht anders wUrde geaussert haben, wenn ich 
es nicht fiir unbescheiden gehalten hatte, in einem offent- 
lichen Blatte mit meiner Meinung so entschieden hervorzu- 
treten. Hierauf machte mir der Minister die uberraschende 
ErofFnung, dass Seine Majestat der Konig, nachdem er 
diesen Artikel gelesen, sich bewogen gefunden habe, eine 
Commission behufs der genaueren Untersuchung des Zu- 
standes der Genjalde-Gallerie und der Erorterung der 
geeigneten Mittel zur Abstellung der sich vorfindenden 
Uebelstande zu ernennen. Mir wurde die Auszeichnung 
zu Theil, als Mitglied dieses Comites bezeichnet zu werden. 
Professor Hartmann soUte den Vorsitz fiihren, und nachst 
ihm soUten der Professor und Gallerie -Director Matthaei, 
Professor Vogel von Vogel stein und selbstverstandlich 
Herr von Quandt Mitglieder seiii. Das geschah im Monat 
September 1836. 

Das .Comity trat ungesaumt seine Arbeiten an. Es 
bedurfte natlirlich nur wenig dazu, um sich dartiber zu 
vereinigen, dass, abgesehen von denjenigen Uebelstanden, 
die theils aus der Sorglosigkeit der Verwaltung, theils 
aus der Durftigkeit der ihr zu Gebote stehenden Mittel 

21* 



324 Hermami Freiherr Yon Friesen: 

entstanden, die wesentlichste VeranlassuDg zu dem all- 
mahligen Ruin der Bilder in der Lokalit^t liege. Vor 
allem anderen musste dazu beitragen^ dass, bei der Un- 
moglichkeit, die grosseren Bildersale vor dem Eindringen 
der strengen Winterkalte zu schiitzen, die demalde dem 
verderblichsten Temperaturwechsel mit alien seinen nacli- 
theiligen Folgen ausgesetzt waren. Auch die Lage des 
Geb3,udeB, in der Mitte einer von Steinkohlenruss und 
anderen gefahrdrohenden Elementen geschwangerten At- 
mosphstre^ wurde in Betracht gezogen. Kurz, nach einigen 
vergeblichen Versuclien, zur Milderung oder Abstellung 
dieser Uebel die Mittel zu finden^ trat Herr von Quandt 
in Uebereinstimmung mit mir mit dem entschiedenen 
Ausspruch hervor, dass es fiir das Heil der Gallerie kein 
anderes Mittel gebe, als die Errichtung eines neuen Ge- 
baudes. Unter den schon oben angedeuteten Umstanden 
gehorte damals ein gewisser Muth zu einem solchen Worte. 
Auch erinnere ich mich noch lebhaft, mit welchem bedenk- 
lichen Kopfscliiitteln dasselbe bei seiner weiteren Verbreit- 
ung von der Mehrheit des Publikums aufgenommen wurde. 
Die nach damaligen Begriffen zaghafte Finanzverwaltung 
betrachtete ein solches Ansinnen ungefahr im Lichte eines 
utopischen Gedankens. Man fragte sich, wie dtirfte man^ 
bei den geringen Finanzraitteln des Landes, eine Summe 
von 5 bis 600000 Thalern — denn geringer waren kaum 
die eventuellen Kosten anzuschlagen — fur einen Gegen- 
stand der Opulenz oder Voluptuositat verschleudem? 
Seine Majestat der Konig sah zwar vollstandig die Noth- 
wendigkeit eines neuen Gallerie -Gebaudes ein. Allein 
bei seiner grossen Gewisserihaftigkeit und der unverbriich- 
lichen Treue in der ErfuUung aller gegen daS Land iiber- 
nommenen Verpflichtungen konnte er den Bedenken der 
Finanzbehorde gegen einen so grossen Aufwand nicht 
sein Ohr verschliessen. Dazu kam^ dass gerade in dieser 
'Feriode andere ansehnliche Neubauten in Aussicht standen, 
unter denen die Erbauung eines neuen Theaters das 
dringendste Bediirfnis war. Diese Rucksichten fiihrten 
den Konig nach langem Bedenken zu der Frage, ob 
nicht ein Mittelweg einzuschlagen und zur Ermftssigung 
der grossen Kosten ein Gebaude von geringerer Gr5sse 
zu errichten sei; in welchem nur die werthvollsten Ge- 
malde der Sammlung Raum finden konnteu; wogegen die 
Bilder geringeren Ranges in dem alten Gebaude bleiben 
konnten. Der Gedanke lag deshalb nahe, well vor 



Ein Beitrag zur Geschichte der Dresdner Gem&lde-Gallerie. 325 

mehreren Jahren der sogenannte Doiibletten-Saal auf der 
Brtihrschen Terrasse geraumt und bei dieser Gelegenheit 
eine nicht geringe Anzahl von Gem'alden, die man schon 
in friiheren Zeiten fiir minder werthvoU gehalten hatte, 
in die JRaume der Gallerie aufgenommen worden war. 
An das Comit^ erging daher die Verordnung, alle Ge- 
malde der Gallerie einer sorgfaltigen Revision zu unter- 
werfen und darnach mit moglichster Beschleunigung zu 
berichten, welche Stiicke der Aufnahme in ein neues 
Gallerie-Gebaude worth erschienen und welche als unter- 
geordnete Sammlung in den alten Raumen zu lassen 
seien. 

Die kalte Jahreszeit war indessen eingetreten. Dem- 
ungeachtet imterwarf sich das Comity in den durchkalteten 
Raumen der Gallerie dem miihsamen und langwierigen 
Geschafte der genauen Sonderung der Gemalde in den 
Wintermonaten des Jahres 1836/37. Mehrere Wochen 
vergingen dariiber, ohne dass eines der Mitglieder sich 
von der zuweilen empfindlichen Kalte an der Theilnahme 
abhalten liess. Ich besitze noch heutedas Exemplar des 
von Professor Matthaei verfassten Kataloges^ in welchem 
das Verdict liber die einzelnen Gemalde durch ein con- 
ventionelles Zeichen am Rande enthalten ist. Bald darauf 
schien diese beschwerliche Arbeit v5llig nutzlos zu sein. 
Nachdem der Bericht dariiber abgestattet war, kehrte 
Seine Majestat der KOnig zu der pietatvollen Ansicht 
zurtick, dass die von seinen Vorfahren mit grossen Kosten 
und hingebender Liebe hergestellte Sammlung nicht zer- 
rissen werden dtirfe, sondern als ein Ganzes zu erhalten 
sei. Indessen war die Arbeit doch nicht ganz ohne Nutzen. 
Bei dieser, bis in das Einzelne gehenden Betrachtung 
hatte das Comity sich erst recht innig und erschopfend 
nicht von dem unschatzbaren Werthe der Sammlung allein, 
sondern auch von den vielen Uebelstanden und Mangeln 
ihrer Ordnung und Aufbewahrung iiberzeugt. 

War nun sowohl hochsten Orts als auch unter den 
Mitgliedem des Comit^s die Ueberzeugung von der un- 
vermeidlichen Nothwendigkeit eines neuen Gebaudes noch 
mehr befestigt worden, so batten auch diejenigen, die 
friiher von diesem Gedanken uberrascht waren, sich mehr 
und mehr an denselbeu gewohnt. Als daher in Folge 
eines entschiedenen konio;lichen Befehls das Comit^ unter 
Beihtilfe des Professor Semper die Frage liber den Ort 
und die Modalitat des neuen Gebaudes in emste Bera- 



326 Hermann Freiherr von Friesen: 

thung zu Ziehen begann, warden viele wohlgemeinte, doch 
eben so unbemfene Stimmen in offentlichen BlUttem und 
geselligen Unterhaltungen laut liber den Ort, der einem 
neuen Museum anzuweisen sei. Man muss es erlebt haben, 
welche widersinnigen Projecte zur Sprache kamen^ um 
es zu glauben, wie weit sich das ubereilte und gedanken- 
lose Urtheil verirren konne. Dagegen begegnete gerade 
dasjenige Project dem lebhaftesten Widerspruch, das in 
jeder Hinsicht unter alien andcren den Anspriichen und 
Bediirfnissen fiir ein Museum am meisten entsprach. Ich 

fedenke nur beilaufig desjenigen Planes, den Professor 
emper zur Ueberbauung der nordwestlichen Seite des 
Zwingerwalles entworfen hatte. In seiner ausserlichen 
Erscheinimg bestach er das Auge durch mehrere Reihen 
im Arkadenstyl iiber einandei' geschichteter Gebaude. Ware 
er ausfuhrbar gewesen, so wiirde er eine der scbonsten 
architektonischen Erscheinungen dargeboten haben. Der 
KOnig war so sehr fur ihn eingenommen, dass er sich 
iiber die Unausfuhrbarkeit auf das schmerzlichste aus- 
sprach. Doch lag diese auf der Hand, nicht bios in der 
grossen Kostspieligkeit. Noch mehr sprach dagegen die 
Nothwendigkeit; die Mehrzahl der gallerieartigen Gebaude 
mit der Riickseite an den Wall anzulehnen^ wodurch an 
den Wanden eine nachtheilige Feuchtigkeit veranlasst 
worden ware, wie dies in einigen Theilen der inneren Zwinger- 
Gallerien, wo bis vor einigen Jahren das historische Mu- 
seum aufgestellt war, der Fall ist. Auch die Nahe einiger 
gewerblicher Fabrikgebaude — die allerdings seit der 
Zeit verschwunden sind — sprach gegen das Project 
Keins von diesen Bedenken war gegen den Plan zu er- 
heben, welchen Professor Semper fiir ein Gebaude auf 
der oberhalb der Brticke gelegenen StaUwiese, wo damals 
noch zwei unschone Schuppen fiir Militar - Requisiten 
standen, entworfen hatte. Die drei wesentlichsten Riick- 
sichten, die bei dem Untemehmen massgebend waren, 
fanden sich auf das voUstandigste beachtet und befriedigt. 
Das neue Gebaude war von alien anderen weit genug 
entfernt, um gegen Feuersgefahr von aussen geschiitzt zu 
sein. Die Atmosphare ist dort reiner, als an irgend einer 
anderen Stelle. Weder der Steinkohlenruss noch andere 
nachtheilige Ausdunstungen konnen dort einwirken, weil 
tiberhaupt in unmittelbarer Nahe keine Gebaude stehen 
und iiber dies die durch den breiten Strom bewirkte Luft- 
stroraung fiir Abfiihrung derselben sorgt Endlich wiirde 



Bin Beitrag zur Geschichte der Dresdner Gemaide Gallerie. 327 

das Gebaude Veranlassung gegeben haben, die das Strom- 
ufer im hochsten Grade verunzierenden Schuppen wegzu- 
schaffen und dagegen zur VerschOnerung der Stadt wesent- 
licli beizutragen. Was die innere Einrichtung und die 
Vertheilung der Gemalde in demselben anlangt, so waren 
dabei mit wenigen Ausnahmen dieselben Grundsatze zum 
Massstab genommen, welche spater bei der Einraumung 
des jetzigen Museums beobachtet worden sind. Auch die 
Aufnahme der Gipsabgusse in dem auf einem hohen 
Untergebaude stelienden ersten Geschoss war bedacht. 
So kann man sagen: diese Vorarbeiten batten schon voU- 
standig den Grund gelegt, auf welchem mehreie Jahre 
nachher fortgearbeitet und das damals angeregte Unter- 
nehmen zur Ausfiihrung gebracht werden konnte. 

Welches die Einwande waren, die gegen das Bau- 
unternehmen auf diesera Platze erlioben wurden, ist mussig 
zu besprechen. Sie berubten fast ausnahmslos auf der 
aussersten Gedankenlosigkeit, so dass zuweilen der that- 
sachliche Bestand voUig verkelu*t dargestellt und beur- 
theilt, oder auch ein Umstand, der gerade zu gunsten der 
Sache sprach, als ein uniiberwindliches Bedenken ge- 
schildert wurde. Auch particularistische Ansichten der 
Bewohner der Altstadt gegeniiber denen der Neustadt 
machten sich geltend; und das alles geschah mit der 
grossten Lebhaftigkeit der Parteileidenschaft. Nur Seine 
Majestat der Konig war seiner Ueberzeugung nach, wie 
in alien Dingen, erhaben uber diese Verwirrung der 
Meinungen. Wiewohl er durch die Entfernung der Lo- 
kalitat der Gemalde -Sammlung von dem koniglichen 
Schloss fur seine Person das grosste Opfer brachte, sprach 
er sich dennoch fiir das Project, das neue Gebaude auf 
die Stallwiese zu setzen, mit gewohnter Umsicht am ent- 
schiedensten aus. Leider aber verhinderte ihn seine tiber- 
grosse Bescheidenheit und das in vielen Fallen bemerk- 
bare geringe Vertrauen gegen sich selbst, mit definitiver 
Entscheidung einzugreifen. Vielmehr hielt er es fiir Pflicht, 
jede Meinung zu horen, gleichviel ob ilir prasumtiv ein 
gewisser Werth beizumessen sei oder nicht. Das veran- 
lasste ihn, unterm 8. October 1839 eine Besprechung unter 
seinem Vorsitz anzuordnen, zu welcher ausser den Mit- 
gliedern des Gallerie-Comit^s viele andere Personen zuge- 
zogen wurden. Das Resultat fiel, wie zu erwarten war, 
zum Nachtheil des Projectes fiir die Stallwiese aus. Denn 
bei der Betheiligung einer, gegen die Mitglieder des 



328 Hermann Freiherr von Friesen: 

Gallerie-Comit^s tiberwiegenden Anzahl von Personen, die 
ihrer Stellung und ihrem Beruf nach in die Fragen, um 
die es sich wesentlich handelte^ nicht eingeweiht sein 
konnten, warden Bedonken geltend gemacht, die entweder 
uberhaupt nicht gegtundet oder nicht einschlagend waren, 
ja unter denen manche sogar fur widersinnig gelten 
konnten. Auch wirkte dabei der Umstand mit, dass das 
Publikura durch einige Personen, die Semper personlich 
abgeneigt waren, in 5ffentlichen Blattern schon vielfaltig 
bearbeitet worden war. Unter diesen Umstanden blieb 
nach dieser Besprechung fiir das specielle Semper'sche 
Project nur wenig HofFnuog ubrig. Die Ueberzengung 
der Nothwendigkeit aber, zur Rettung der Gemalde- 
Gallerie ein neues Gebaude zu errichten, wurde, wenig- 
stens in den Gemttthern der EinsichtsvoUeren, nicht er- 
Rchtittert. Nach den k5niglichen Resolutionen hatte daher 
das Gallerie-Comit^ auch fernerhin diese Frage in Be- 
tracht zu Ziehen. Auch kam in Folge dessen damals 
schon der Gedanke auf, dem neuen Museum seinen Platz 
an der jetzigen Stelle anzuweisen. Da nun dieser Ge- 
danke zur Ausfiihrung gekommen, so wiirde es ratissig 
sein, auf die Bedenken zuriickzukommen , die von Haus 
aus gegen die Zweckmassigkeit dieses Projectes geltend 
gemacht wurden. Eben so unniitz ist es, daran zu er- 
innern, in wie vielen Planen und Wiinschen das Comit^ 
nach dieser Niederlage sich herumdachte. Nur so viel ge- 
ntigt zu sagen, dass es damals (1840 u. ff.) liberhaiipt nicht 
zu einem definitiven Beschluss, den Standen ein Postulat 
zu einem so kostspieligen Neubau vorzulegen, kommen 
konnte, weil die ofFentlichen Kassen gerade damals in 
mehrfacher Hinsicht zu sehr in Anspruch genommen waren. 
Bei der sicheren Aussicht, den Neubau eines Museum 
noch in die Zukunft mehrerer Jahre hinausgeschoben zu 
sehen, hatte sich das Comity um so emster und eifriger 
mit der Frage iiber die Massregeln und Schritte zu be- 
schaftigen, wodurch wenigstens den dringendsten Uebel- 
standen abzuhelfen und dem weiteren Umsichgreifen der- 
selben vorzubeugen sein werde. Vor alien Dingen handelte 
es sich um eine sorglichere Pflege fiir die Reinlichkeit 
Das Entfemen von Schmutz und Staub sowie anderen 
Verdunkelungen auf der Oberflache der Gemalde war 
schon allein ein Gegenstand, auf den bisher nur wenig 
Werth gelegt worden war. Aber schon hier zeigte sicn 
die Unzulanglichkeit der Mittel, die der Administration 



Eiii Beitrag zur Geschichte der Dresdner Geraaide-Gallerie. 329 

zu Gebote standen, auf empfindliche Weise. Es fehlte 
an Handen, die zu diesen Ausfuhrungen hingereicht batten 
und geeignet gewesen waren. Weit schraerzlicher wnrde 
dieser Mangel, je mehr man sicli uberzeugte, dass mit 
dieser ersten Sorge nur wenig gethan sei. Mit jedem 
neuen Schritte entdeckte man mehr und mehr Gemalde, 
denen es nicht bios an der Erneuerung des Firnisses 
fehlte; sondern die auch die Folgen dieses Mangels durch 
Risse; Abblatterungen und andere Schtidhaftigkeiten deut- 
lich an sich trugen. An manchen Holzbildern zeigten 
sich Sprtinge, Verwerfungen der Tafeln und dergleichen. 
Es musste also daran gedacht werden, die betreffenden 
Gemalde den Handen eines geschickten Restaurateurs zu 
iibergeben. Zu diesem Behuf stand nur der schon frtther 
genannte nachherige Unterinspector Renner zu Gebote. 
Seine Thatigkeit reichte aber um so weniger aus, als ihm 
die in den technischen Arbeiten geiibten Gehtilfen fehlten. 
Auch hier stand uns der Mangel an verfiigbaren Geld- 
mitteln empfindlich im Wege. Nur dem umsichtigen 
Eifer des Ministers von Lindenau war es zu danken, dass 
in dieser Hinsicht wenigstens intermistisch einige Hulfe 
geschafft wurde, bis es endlich im Jahre 1840 moglich 
wurde, zu Gunsten der dringendsten Bediirfnisse der 
Galierie-Verwaltung an die Stande mit Erfolg ein Postulat 
zu bringen. Trotz dieser HindernissO; zu denen iibrigens 
noch der Mangel an eigener Erfahrung seiten der Comite- 
Mitglieder selbst kam, wurden dennoch nicht geringe Er- 
folge erreicht. Man setzte sich mit anderen Gallerie- 
Directionen in Berlin, Wien u. s. w. in Correspondenz. Es 
gelang, einen tiichtigen Restaurateur an einem jungen 
Mann, Namens Schirmer, zu gewinnen. Nachdem er eine 
Zeit iang nur provisorisch angenommen worden und fUr 
einen massigen liohn gearbeitet hatte, riickte er als Restau- 
rateur in festen Gehalt ein. Spater erhielt er den Titel 
als Inspector und hat in einer langen Reihe von Jahren 
durch grosse Geschicklichkeit; seltene Umsicht und Sach- 
kenntnis, durch unermiideten Fleiss, sowie durch eine 
strenge Gewissenhaftigkeit der Sammlung so grosse Dienste 
geleistet, dass sein vor wenigen Jahren erfolgter Tod nicht 
genug beklagt werden konnte. Zu gleicher Zeit wurden 
technische Hilfsarbeiter, namentlich ein Tischler fur die 
Herstellung von Holzbildern, herangezogen. Nach diesen 
eifrigen Bemiihungen war es moglich geworden, dass 
schon bis Ende 1839 mehr als 300 Gemalde batten her- 



330 Hermann Freiherr von Frieaen: 

gestellt werdeu koDnen, wie ich dies in einem Bericht an 
den Herren Geheiraen Referendar von Weissenbach untenn 
29. Januar 1840 aussprechen konnte, da er zur Verthei- 
digung des an die damals versammelten Stande zu bringen- 
den Postulats von 10000 Thalern zum koniglichen Kom- 
missare ernannt war. Diese Summe wurde gliicklicli be- 
willigt, und nun erst konnte das Gallerie-Comit^ daran 

fehen^ energischere Schritte zur provisorischen besseren 
'flege der Sammlung zu tbun. Schon frliher waren die 
ausgezeichneten Geraalde italienischer Meister, die bei der 
neuen Aufstellung ura 1830 ihren Platz in dem nach 
Suden zu gelegenen Mittelraume gefunden batten, in den 
entsprechenden Saal nach Norden zu an die Stelle der 
dort aufgestellten Franzosen versetzt worden, um sie der 
nachtheiligen Einwirkung der Sommerhitze zu entziehen, 
da diese den grossen Holzgemalden schon merklichen 
Schaden gethan hatte. Jetzt dachte man vor allem anderen 
darau; den Zeuguberzug der Wande, der die Aufsamm- 
lung von Staub empfindlich beforderte, mit Papier auf 
angemessenere Weise zu ersetzen. Spater wurden an den 
Fenstern Scheerwande angebracht und daran die feinen 
Niederlander in ein besseres Licht gestellt. Dass einige 
Gemalde, unter ihnen die sixtinische Madonna, behufs ihrer 
besseren Conservirung mit Glastafeln bedeckt wurden, 
war freilich ein Opfer, zu dem sich das Comite nach 
koniglicher Genehmigung nicht ohne Widerstreben ent- 
schloss, und ich mache mir nur einen sehr geringen Kuhm 
daraus, den ersten Anstoss dazu gegeben zu haben. Im 
Jahre 1840 war ich namlich durch Seine Majestat den 
Konig mit dem ehrenvoUen Auftrage versehen worden, 
cine Reise nach Holland, England, Frankreich und Belgien 
zu machen, um zu erforschen, welche Massregeln man 
dort ergreife, um die Gemalde vor den nachtheiligen 
atmospharischen Einfliissen zu schiitzen und was iiberhaupt 
in den dortigen offentlichen und Privatsammlungen zur 
Conservirung der Gemalde geschehe. Von den auf dieser 
Reise in der Dauer von ftinf Monaten gesammelten Be- 
obachtungen stattete ich schon vor der Rtickkehr mehrere 
Berichte ab. Nach Beendigung derselben legte ich dem 
Minister von Lindenau und dem akademischen Rath in 
ausgedehnter Weise Rechenschaft davon ab in einem 
Expos^, das mit Genehmigung Seiner Majestat des Konigs 
gedruckt wurde. Meines Wissens ist auch bei der Aus- 
fuhrung des neuen Gebaudes manches von den daria 



Ein Beitrag zur Geschichte der Dresdner Gemaide-Gallerie. 331 

niedergelegten Wahrnehmungen und Bemerkuno^en be- 
nutzt worden. Damals war nun die Herstellung von Glas- 
tafeln in der Ausdehnung unserer grossten Gem aide und 
namentlich der sixtinischen Madonna noch wenig ver- 
breitet. Mein Bericht iiber den ausgedehnten Gebrauch 
derselben in London zu Schaufenstern und der Vorschlag, 
mittelst einer solchen Glastafel die sixtinische Madonna 
fiir die Zukunft gegen die nachtheiligen Einfltisse der 
wechselnden Temperatur und atmospharisclien Ausdllnst- 
ungen zu schiitzen, fand daher Bei^lL Nur mochte ich 
beklagen, dass man, nachdem Seine Majestat der Konig 
die Genelimigung ertlieilt hatte, etwas zu rasch zur Aus- 
ftihrung schritt; weil es sich in kurzer Zeit herausstellte, 
das6 die Herstellung und Erwerbung so grosser Glas- 
tafeln bei der unerwartet schnellen Verbreitung ihrer 
Fabrikation mit weit geringeren Opfern moglich gewesen 
sein wtirde. 

Zu den in dieser Zeit von dem Gallerie-Comit^ mit 
koniglicher Genehmigung ausgefuhrten Neuerungeu ge- 
horte auch die Einfiilirung eines Reglements iiber das 
Copiren der Gemalde. Bis dahin hatte die Ertheilung 
der Erlaubnis dazu nur von dem Gallerie-Director abge- 
hangen. Wiewohl man diese Einrichtung nicht unbedingt 
aufheben woUte, lag es doch im Interesse der Sache, den 
bisherigen Behinderungen fiir die Beschauung eine Grenze 
zu setzen. So fanden sich unter anderen mehrere der 
ausgezeichnetsten Gemalde, wie die sixtinische Madonna, 
die grosseren Correggios, der Christo della Moneta und 
andere fast ununterbrochen belagert, und oft waren es 
nicht die ausgezeichnetsten Kiinstler, die durch ihre Staffe- 
leien die Beschauer in dem Ueberblick der Bilder behin- 
derten. Man hielt es daher fiir billig, fiir eine Auswahl 
von Gemalden als Kegel festzustellen, dass sie nur perio- 
disch zum Copiren freigegeben werden diirften; eine 
Massregel, die in der Folge zu nicht geringen Klagen 
von Kunstjungern und Kunstliebhabern und in Folge 
dessen, durch dringende Bitten urn Ausnahmen, zu mancher 
Verlegenheit Anlass gab. 

Das Wichtigste endlich, was durch die nach voUig 
neuen Grundsatzen umgestaltete Administration der Ge- 
malde- Gallerie moglich wurde, war die grOssere ZugSng- 
lichkeit derselben fiir das Publikum. Bei den zur Dispo- 
sition gestellten reichlicheren Mitteln konnte die Zahl 
der Unterbeamten behufs der besseren Aufsicht wahrend 



332 Hermann Freiherr von Friesen: 

der offentliclien Stunden vermehrt werden. Auch diese 
warden auf ein grosseres Mass ausgedehnt; zugleich 
wurde fiir den Eintritt eine geringe Abgabe festgestellt, 
der bisberige unanstandige Eingang durch die Wendel- 
trcppe am Stallbof gescblossen und dagegen der Zugang 
tiber die grosse Freitreppe an der Slidfront eroffnet. In 
kurzer Zeit nabm in Folge dessen die Anzahl der Be- 
sucher auf eine tiberrascnende Weise zu. Nach einer 
oberflaclilichen Z&hlung will man behaupten^ dass sich 
die Zahl derselben in einem Sommer auf 25000 belaufen 
habe. Man darf mit Recht die Frage aufwerfen, ob es 
ohne alle dieae Vorgange wahrscheinlich gewesen ware, 
in der Periode von 1837 bis 1847 die Finanzverwaltung 
und die Stande zu dera Beschluss der Erbauung eines 
neuen Museums zu bewegen. 

So war ungefahr der Stand der Sache am Ende des 
Jahres 1842, zu welcher Zeit das Gallerie-Comit^ durch 
den Beitritt des indessen fiir Dresden gewonnenen Pro- 
fessor Bendemann und dann des jetzigen Gallerie- Directors, 
Professor Hubner, verstarkt worden war. Hier muss ich 
meinen Bericht abbrechen, weil ich mit diesem Termin 
durch eine schwere Krankheit, von der ich nicht glaubte 
voUig wieder hergestellt zu werden, veranlasst wurde, 
den activen Hofdienst zu verlassen und mich auf das 
Land zuriickzuziehen. Meine unmittelbare Thatigkeit bei 
dem Gallerie- Comit^ war damit beendet. 

Zum Schluss nur noch wenige Worte. Ich kann es 
zwar nicht verschmerzen, dass man den Plan, das Mu- 
seum gegeniiber der BruhUschen Terrasse am Elbufer zu 
erbauen, aufgegeben und dagegen, im Grunde nur des 
Kostenpunktes wegen, den jetzigen Platz am Z winger ge- 
wahlt hat. Mit der Ausftihrung jenes Projectes ware ein 
Musterbau entstanden. Freiheit von den gefahrlichsten 
atmospharischen Einfltissen, Sicherheit vor Feuersgefahr 
von aussen, und endlich eine reprasentative Stellung, wie 
sie nicht schOner gefunden werden konnte. Alle diese 
Vorztige gehen dem jetzigen Gebaude mindestens zum 
Theil ab. Fiir die Entfernung der bei dem letzten Theater- 
brande drohenden Feuersgefahr ist zwar vor der Hand 
bei dem neuen Theaterbau gesorgt worden. Auch macht 
das Gebaude nach dem Freiplatze zu einen der Wiirde 
seines Zweckes entsprechenden Eindruck. Dagegen ist 
die Stellung desselben an der Elbseite des Zwingers nicht 
ohne Wehmuth zu betrachten. Ware dieser in seiner 



Ein Beitrag zur Geschichte der Dresdner Gemalde-Gallerie. 333 

Art einzige Prachtbau tiberhaupt dazu bestimmt gewesen, 
auf dieser Seite gesclilossen . zu werden, so eignete sich 
dazu am wenigsten ein in so schweren Massen, wenn 
auch architektonisch noch so schon aufgefuhrtes Gebaude. 
Die einzige Modalitat ware vielleicht eine Reilie ofFener 
Arkaden auf einem, den Hauptgebauden entsprechenden 
Sousbatiment, die in der Mitte mit einer ahnlichen, nur 
lichteren Gloriette, wie an der Westfront, gekront und 
ira Sommer mit Orangeriebaumen decorirt werden konnte. 
Demungeachtet preise ich es als ein Gliick, dass 
dieser Bau zur Ausftihrung gekommen ist. Die Einthei- 
lung der Haupt-Sale und die Aufstellung der Gemalde in 
denselben unter einem zweckmassigen Oberlicht lasst 
nichts zu wunschen ubrig. Die isolirte Aufstellung der 
sixtinischen Madonna unter Seitenbeleuchtung entspricht 
ebenso jedem ktinstlerischen Anspruch, wie die geschmack- 
voile Umralimung der Holbein'schen Madonna und ihre 
Vereinigung mit wenigen deutschen Meisterwerken in dem 
auf der anderen Seite entsprechenden Eaume. Die an 
der Nordostfront hinauflaufenden kleineren Zimmer und 
ihre Ausschmiickung mit den Gemalden von beschrKnk- 
terem Masse gewahren, bei dem Reichthum unserer 
Sammlung an wahren Juwelen dieser Art, einen Kunst- 
genuss^ zu dem man in den friiheren Raumen kaum 
kommen konnte. 



Literatur. 



Urkundenbneh der Uniyersitilt Leipzig yon 1409 bis 1555. Im 

Auftrage der Koniglich S&chsischen Staatsregierung herausgegeben 
von Bruno Stiibel. Hit einer Tafel. Leipzig, Giesecke und 
Devrient. 1879. 4®. XIII. 653 SS. (A. u. d. T.: Codex diplomaticus 
Saxoniae regiae. Im Auftrasre der Kdniglich S&chsischen Staats- 
Regierung herausgegeben von Otto Posse und Hubert Ermisch. 
II. Haupttheil. XI. Band). 

Die Griindung der Universitat Leipzig im Jahre 1409 
war wohl diejenige That in der Politik des Hauses Wettin, 
welche von den segensreichsten Folgen fiir alle Bethei- 
ligten begleitet, zugleich die grSsste welthistorische Be- 
deutung fiir die damalige Zeit, wie fiir alle Zukunft er- 
langt hat. 

Es konnte daher nicht zweifelhaft sein, dass die ur- 
kundlichen Grundlagen jener Massnahmen und der sich an 
dieselben kntipfenden Weiterentwicklung in dem „Codex 
diplomaticus Saxoniae regiae" einen besonderen Platz 
finden wiirden; in der That ist auch nur wenige Jahre 
nach dem Erscheinen der Erstlingsbande des Gesammt- 
werkes eine die Leipziger Universilats-Urkunden umfas- 
sonde Sondersammlung zui- Herausgabe in Angriff ge- 
nommen und vorbereitet worden. Der greise Forscher, 
dem es einst gelang, die Idee der Veroflfentlichung eines 
das ganzo Konigreich Sachsen umfassenden Urkunden- 
werkes zu verwirklichen, der Leipziger Oberbibliothekar 
E. G. Gersdorf, hatte gerade jener tJnterabtheilung des- 
selbon seine besondere Aufmerksamkeit und Thatigkeit 
gewidmet; allein wie das zunehmende Alter ihn zwang, 
von der Leitung des gesammten Untemehraens zurlick- 
zutreten, so unterbrach es in nicht minder empfindlicher 



Literatur. 335 

Weise den Fortgang der Vorarbeiten zum Urkundenbuche 
der alt-wettinischen Hochschule. Nach jahrelanger Ver- 
zogerung, welche die femere Wandlung in der Leitung 
des Gesammtwerkes veranlasst hatte, war es Bruno StUbel 
in Leipzig, der, Gersdorf in vielfachen Beziehungen nahe- 
stehend> am meisten zur Fortfuhrung der Arbeit berufen 
sohien und dem wir nunmehr das vorliegende stattliche, 
hochverdienstliche und in maneher Beziehung bis jetzt 
einzig dastehende Opus verdanken. 

Trotz der vorhandenen Vorarbeiten rausste Stiibel 
doch im wesentlichen mit Sammlung, Sichtung und Priif- 
ung der einschlagigen Materialien von vorn an wieder 
beginnen und hat sich in dieser Beziehung keine Mlihe 
verdriessen lassen; anderen ahnlichen Editionen gegen- 
tiber befand er sich freilich insofern in wesentlichem Vor- 
theil, als die handschriftlichen Unterlagen nicht erst aus 
der Zerstreuung in den verschiedensten deutschen Archiven 
gesammelt zu werden brauchten, sondern sich, wenn nicht 
in Leipzig selbst, doch wenigstens in den Sammlungen 
des Staates in Dresden vorfanden. Indess sind die in 
Leipzig erhaltenen urkundlichen Schatze auch heut zu 
Tage noch nicht in einem einzigen Archive vereinigt; denn 
gerade was den Nachlass an handschriftlichen Ueber- 
lieferungen angeht, hat die ahe Gliederung der Universitat 
nach CoUegien und Facultaten alle Sttirme der Neuzeit 
liberdauert, und daher waren neben dem allgemeinen Uni- 
versitatsarchiv eine ganze Reihe kleinerer Sammlungen zu 
durchforschen und zu priifen. Eine verhaltnismassig ge- 
ringere Ausbeute bot die Stadtbibliothek, das Rathsarcliiv 
und das Archiv des kSniglichen Bezirksgerichtes in 
Leipzig; in all diesen Sammlungen war tiberdies stets fiir 
Ordnung und Conservirung der Urkunden Sorge getragen 
worden, so dass fUr den vorliegenden Zweck manche Muh- 
waltung in Wegfall kam, die sonst der Arbeit des Heraus- 
gebers viel Hemmnisse schafft, ohne dass die fertige Aus- 
gabe ein voUgiiltiges Zeugnis von alien bekilmpften 
Schwierigkeiten abzulegen im Stande ist. Dagegen ge- 
horten die hier zu veroiFentlichenden Stiicke sammtlich 
einer Zeit an, deren urkundliche Zeugnisse, was Verwilder- 
ung der Schrift, schlechtes Schreibmaterial, Ubermassigen 
Umfang, Langathmigkeit xmd schwerfallige Stilisirung 
angeht, vor den Erzeugnissen aller ubrigen Perioden des 
Mittelalters sich in unvortheilhaftester Weise auszeichneu; 
und, wenn es in dieser Kategorie wiederum die Notariats- 



336 Literatur. 

instramente sind^ die alies andere in jener Beziehung hinter 
sich zuriick lassen^ so ist daran zu erinnerii; dass bei dem 
besonderen Verhaltnis der mittelalterlichen Universi^ten 
zur romischen Curie und Kirche sowie zum canoniBchen 
Rechte auch der Leipziger Urkundenvorrath eine be- 
merkenswerthe Zahl von Aktenstticken, die dem Bearbeiter 
eine Ftille schwieriger und zeitraubender wie driickender 
und lastiger Studien auferlegten, enthalten musste. Auch 
auf diesem Gebiete hat sich Stiibel im vorliegenden Falle 
als Herausgeber wohl bewahrt. 

Von dem tiberaus grossen Umfange einzelner Num- 
mern kann man sich am ehesten eiuen Begriff machen^ 
wenn man erwagt, dass auf den 629 Quartseiten des 
Druckes fur kaum mehr als anderthalb Jahrhunderte nur 
511 Urkunden Platz gefunden haben^ trotzdem der Heraus- 
geber mit angemessener Vorsicht bei geringerem Interesse 
einzelner Stlicke und bei etwaigem gleichen Wortlaute er- 
heblich geklirzt oder sich auf ein Regest beschrankt hat. 
Ueberdies unterscheidet sich die vorliegende Sammlung von 
anderen ahnliclien Publikationen der Neuzeit in hervor- 
ragender Weise dadurch, dass nur eine ganz verschwin- 
dende Minderheit des Materials bereits durch altere Werke 
der Benutzung zuganglich war; man kann vielmehr sagen, 
dass man es hier, von wenigen Ausnahmen abgesehen, 
mit durchaus neuen, bisher unedirten Quellen zu thun hat 

Noch erheblicher zeichnet sich indess das neue Diplo- 
matar durch den werthvoUen und interessanten Inhalt 
seiner Mittheilungen aus; wie diirftig und trocken sind 
doch zumeist die dem XV. und XVI. Jahrhundert ange- 
horigen Theile so vieler in neuerer Zeit erschienener Ur- 
kundenbiicher I Es ist ja bis jetzt uberhaupt anderweit 
neuerdings nicht unternommen worden, das das innere 
Wesen und die Organisation einer mittelalterlichen Hoch- 
schule erlauternde Material zusammen zu stellen. Zwar 
fallt nur vereinzelt aus diesen Stucken ein glanzenderer 
Lichtstrahl auf die grossen geistigen Aufgaben der Uni- 
versitat und auf die Losung derselben durch * die lehrende 
imd schriftstellerische Thatigkeit der Docenten, wie hier 
vornehmlich aus den Aktenstticken iiber die von Herzog 
Georg im ersten Drittel des XVI. Jahrhundert ange- 
bahnten Reformen; doch sind die anderen Gebiete, in die 
uns um so ausgiebigere und tiefere Einblicke gewahrt 
werden, kaum minder wichtig und lehrreich fur die wahre 
Erkenntnis des mittelalterHchen Geistes und Lebens. 



Literatur. 337 

Wir gestatten es uns^ auf einige Hauptpunkte; wie sie 
hier gerade vorliegeii; hmzaweisen. 

Da ist vor allem der innige Zusammenhang der ge- 
sammten geistigen Bildung; wie sie die alten ^studia gene- 
ralia'^ oder ^universitates litterariae^ zusammenfassend 
schaffen sollten, mit der Kirche, deren Lehren und deren 
Organen bemerkenswerth Wenn auch die Landesherren 
dea Plan zur Errichtung einer . Hochschule aus eigener 
Initiative fassten und alsbald ins Werk setzten, wenn sie 
Gebaude fur Vorlesungs- und Disputationszwecke, wie fiir 
Wohnungen der Lehrer schienkten, flir die Besoldung der 
letzteren jahrliche Zahlungen aus ihrer Kammer bewil- 
ligten una die Zuweisung bei^timrater selbstandiger Ein- 
nahmen flir spater in Aussicht stellten, konnte doch ohne 
papstliche Erlaubnis das neue Institut nicht' den 3,lteren 
Anstalten zur Seite treten. Durch die Privilegien Alexan- 
ders V. von 1409 musste zuvor die Erlaubnis zum Unter- 
richt in dem gewiinschten Umfange gewahrt, durch sie 
im Bischof von Merseburg ein Kanzler bestellt werden, 
dem die Lehrer nach abgehaltenem Exaraen die Kandi- 
daten zur Verleihung dei' akaderaischen WUrden zu pra- 
sentiren batten; es wurde rait letzterer Bestimmung ein 
Verhaltnis zu einer auswartigen, zugleich politischen 
Macht geschaffen, aus dem mit der Zeit mancherlei Unzu- 
traglichkeiten und Streitigkeiten erwuchsen, die sich wie 
ein rother Faden durch das ganze Urkimdenbuch ziehen. 
Nur durch den Hinzutritt des Consenses der geistlichen 
Macht zu den Bestimmungen der weltlichen Factoren 
konnte die die Lehrenden und Lernenden begreifende 
Corporation die nach damaliger Anschauung nothwendige, 
innere kraftige und nach aussen selbst^ndige bevorzugte 
Stellung erlangen; dafiir ist es freilich aber auch anderer- 
seits die Kirche, die in richtiger Wurdigung der Verhftlt- 
nisse aus dem Schatze der ihr zur Verftigung stehenden 
Pfrtinden weitere ergiebige Mittel fur die Besoldung neuer 
akademisoher Lehrer verfugbar macht; es sind ferner die 
in letzteren Stellungen fungirenden Geistlichen, die den 
ihnen verstatteten weltlichen Besitz zumeist letztwiUig zur 
Begrundung neuer KoUegien und besserer Ausstattung 
der alteren, auch zur Forderung der materiellen Lage 
der Studirenden durch Benefizienstiftungen aufwenden; 
* einer unter ilmen ist es, der auch den reichen, miihsam 
erworbenen Bucherschatz der Universitat iibermacht. Frei- 
lich ist es dagegen ein ganz eigenthiimliches, von unseren 

Nenes Archiv f. S. G. u. A. I. 4. 22 



338 Literatar. 

heutigen Verhaltmssen durchaus verschiedenes Bild der 
inneren OrganisatioD, das sich aus den weiteren Materialien 
ziemlich farbeDreich iind anschaolich entwickelt; tiberall, 
in der Eintheilung der Lehrer und Lemenden in die vier 
Nationen, in der Betreibung der Studien in den beson- 
deren^ in ihren mannigfaltigen Namen bis auf den lieatigen 
Tag erhaltenen KoUegien und in dem halb klosterlichen 
Zusammenleben der Studirenden in den Bursen begegnet 
man dem mehr zu mechanischem Zwang und Bevormun- 
dung, als zu freierer Beweglichkeit neigendem Geiste des 
Mittelalters; mehr in der bevorzugten Ausstattung mit 
eigener Gerichtsbarkeit und SondergerechtsameU; sowie in 
der strengen AbgeschlossQpheit der corporativen Organi- 
sation scheint die akademische Freiheit jener Tage be- 
standen zu haben; oft genug sehen wir nach dem Zeug- 
nisse des Urkundenbuches auf Grund jener ersteren Vor- 
ztige sich mancherlei DiiFerenzen und Streitigkeiten aller 
Art mit den st^dtischen BehQrden und mit den zunft- 
mftssig gegliederten Theilen der Bev5lkerung entwickeln, 
w^hrend andererseits die Facultaten trotz der dringlich- 
sten Verwendungen des Bischofs von Merseburg und des 
Landesherm mit grosster Beharrlichkeit ihnen nicht ge- 
nehmen Personiichkeiten die Ausubung der Lehrthsltigkeit 
weigern; ebenso wenig fehlt es im Urkundenbuche an 
Belegen dafiir, dass von den heut zu Tage .noch nicht 
einmal gauz ausgestorbenen Zwistigkeiten und Eifer- 
suchteleien zwischen den Lehrern einer Hochschule unter 
einander oder rait den KoUegen einer Schwesteranstalt 
auch die Leipziger Universitat des XV. und XVI. Jahr- 
hunderts nicht verschont geblieben ist, oft genug liefen die 
Conflicte sogar in weitaussehende geistliche Processe und 
Strafverhangungen aus. Nicht minder charakteristisch fur 
das Mittelalter, doch erfreulicherer und lehrreicher Natur sind 
die ferner uns in grosster Anschaulichkeit vor Augen ge- 
rtickten inneren Angelegenheiten der Universitat: die Fra- 
gen der Berufungen und Besoldungen, die durch die spatere 
selbstandige Finanzverwaltung seitens der Universitat so- 
wie durch die Eigenthiimlichkeiten der mittelalterlichen 
Naturalwirthschaft eine besonders eigenartige Gestaltung 
erfahren, die Einrichtung des gesamraten Lehrplanes im 
mittelalterlichen Geiste, die Vertheilung der verschiedenen 
Unterrichtsgegenstande nach den pers5nliohen Beziehungen ' 
der Lehrenden und Lernenden, sowie nach den zeitlichen 
und ortlichen Verhaltnissen, die Handhabung der akademi- 



Literatur. 339 

• 

schen Disciplin und Polizei, die namentlich aucli das 
{lussere Auftreten der Studirenden in Wandel und Klei- 
dung in ihr Bereich Ziehen musste, und endlich die Exami- 
nations- und Gebiihrenordnungen, die im Laufe der Zeit 
zu mancherlei Kiagen und Streitigkeiten, sowie zu mehr- 
fachen . thatkraftigen und schlichtenden Eingriffen des 
Laridesherrn Anlass geben. Unter den letzteren nimmt die 
erwahnte von Herzog Georg angebahnte und zum Theil 
auch durchgefiihrte Reform des gesammten schwerfalligen 
Apparates durch eine erhebliche Zahl beigegebener Akten, 
die sicli leider nur selten einem ganz bestimmten Jahre 
zuweisen iassen^ eine hervorragende Stelle ein; so gross 
sicli auch hier die Energie dieses Fursten erweist und so 
deutlich auch an mancnen Orten die bekannte Derbheit 
seines Wesens hervortritt, so zeigt sich in einer Reihe 
von Fallen die Hartnackigkeit und der conservative Geist 
der BetrofFenen doch noch als machtiger und starker. 
Langer und fester hat eben Leipzig die Traditionen des 
Mitteialters fest gehalten: das zeigt sich denn auch bei 
den Gelegenheiten, bei denen die Reflexe der grossen Er- 
eignisse und Wandlungen der vaterlandischen und der 
Weltgeschichte sich in unserer Urkundensammlung ab- 
spiegeln. Trotz jugendlichen Alters tritt Leipzig wahrend 
des Kostnitzer Conciles mit seinen '^Rathschlagen oder 
Oonsilia*^ selbstbewusst den alteren Schwestern zur Seite, 
wahrend man freilich zugleich fur eine Unzahl von Streitig- 
keiten Htilfe und Autoritat der Kirchenversammlung in 
Anspruch nimmt; anderes erinnert uns an die nach Mitte 
des XV. Jahrhunderts in so gewaltiger Weise drohende 
Ttirken^efahr und an die Bemtihungen Erzbischof Diethers 
von Mainz. >um die Ordnung der Reichsangelegenheiten 
nach dieser Seite hin; auch fur die Heiligsprechung Johann 
Capistrans, des gewaltigen Sitten- imd Busspredigers, ist 
die Universitat seiner Zeit eingetreten, und in dem Streite 
liber das ^heilige Blut" zu Wilsnack scheint sie gegen 
den unerschrockenen Bekampfer des Wunders, Heinrich 
Take, Front gemacht zu haben. Von Luthers erstem Auf- 
treten und seiner Disputation in Leipzig hat sich leider 
keine urkundliche Spur erhalten, einzig und allein ist es 
eine dem Jahre 1524 angehorige, vom Reichsregiment — 
nicht vom Kaiser, wie das Regest besagt, — veranlasste 
Aufforderung des Bischofs von Merseburg zur Prlifung 
. der neuen Lehre, die den Namen des Reformators nennt, 
und von den weiteren kirchlich-politischen Kampfen zeugt \ 

22* 



340 Literatur. 

nur noch die Erwfthnung der gegen Ende der dreissiger 
Jahre projectirten Concilien zu Mantua und Vicenza; erst 
aus der in den Anfang der Regierung des Herzogs Moritz 
fallenden yoll8t3.ndigen Neuordnung der finanzieilen und 
okonomischen Verhaltnisse der Universitat, die im wesent- 
lichen auf einem Ersatz der verloren gegangenen Einktinfte 
aus den Naumburger und Merseburger Canonicaten durch 
Einnahraen aus den s^cularisirten Pegauer und Petersberger 
Stiftimgen beruht, lassen sich deutlicher die vorgegangenen 
Umwalzungen erkennen; noch aber verfehlt man nicht^ 
sich am 20. Pebruar 1551 zu Augsburg vom papstlichen 
Legaten, Erzbischof Sebastian von Siponto, aUe frtiheren 
papstlichen und kaiserlichen Privilegien bestatigen zu 
lassen; auch ein ahnliches Karl V. zugeschriebenes Stiick 
aus dem Jahre 1548 weist die Ausgabe auf, jedoch mit 
einer wenig auffilligen und nach unserem Dafiirhalten 
nicht ausreichenden Bemerkung, dass die „Urkunde nicht 
echt" sei. 

Dass hierauf das Werk mit dem sechsten Jahrzehnt 
des XVI. Jahrhunderts seinen Abschluss findet, kOnnen 
auch wir nach Zarnckes frtiheren Ausfiihrungen iiber den 
seit griindlicherer Durchfiihrung der kirchlichen Reform 
voUstandig veranderten Charakter der Universitat nur 
billigen, mochten uns indess die Frage vorbehalten, ob die 
in der Einleitung fur jenen Zeitraum noch hervorgehobene 
Aufhebung der „walzenden Lectionen" sich nicht durch eine 
Urkunde oder ein Aktenstlick hatte belegen lassen. So gem 
wir ferner in der eben erwahnten Einleitung einen TJeber- 
blick liber die Geschichte der Universitat in der durch 
die Urkunden beriihrten Zeit gefunden batten, woUen wir 
doch mit dem Herausgeber iiber die von ihm beliebte Ein- 
schrankung und Berufung auf Zarnckes Vorwort zu der 
Ausgabe der Acta rectorum und der Statutenbiicher der 
alteren Periode nicht rechten; m5chte seine Hoffnung, 
dass die vorliegende Sammlung die der Abfassung einer 
wissenschaftlichen Geschichte der Universitat bisher ent- 
gegenstehenden Hindernisse aus dem Wege geraumt habe, 
durch die baldige Inangriffnahme einer • solchen Arbeit 
von irgend einer Seite sich bewahrheiten. 

Was die redactionelle Behandlung der einzelnen Stiicke 
ftir die Edition anging, so hat sich der Herausgeber nattir- 
lich den Normen angeschlosseu; die seiner Zeit von leiten- 
der Stelle in einer besonderen Schrift der 5ffentlichen 
Discussion, unterbreitet worden waren und denen bis auf 



Literatur. 34 1 

unwesentliche Kleinigkeiten die Mekrzahl der Fachmslnner 
zugestiramt hatte. Nur die Anwendung kleiner Anfangs- 
buchstaben in den Monatsnamen konnte im vorliegenden 
Falle als ein kleiner Widerspruch gegen die sonst fiir 
die Schreibweise der Eigennamen beubachteten Grund- 
sUtze erscheinen; ganz im Einklang rait den sonst tiblichen 
Regeln scheint ea auch nicht zu sein, wenn in Nr. 297 die Ab- 
kiirzungen ^ff to™^^" und „c" fiir ^Digestorum" und ^Codicis" 
und in Nr. 279 die Titel der Aristotelischen Schriften 
„de memoria et reminiscentia" und „de brevitate et longi- 
tudine vitae** mit „de me: et re:" und ^de brevi: et longi: 
vite" wiedergegeben werden; einige Namensformen an- 
langendy ist dem Referenten in Nr. 137 „Platenarius" auf- 
gestossen, wo es sonst in der Regel ^Platearius^ heisst, 
ferner „Henning Gade" fiir den Namen des friiher erfurti- 
schen, spater wittenbergischen Rechtsgelehrten, der ander- 
weit „Godey Goede, Goeden" genannt wird; ftir den Fall, 
dass iiier eine Eigenthumlichkeit der benutzten Hand- 
schrift vorlag, ware die andere Form doch wenigstens im 
Register zu vermerken gewesen. Letzteres verdient alle 
Anerkennung, ebenso die an der Spitze- der Urkunden 
stehenden weder zu langen noch zu kurzen Regesten; 
ausser der oben erwahnten Ueberschrift zu Nr. 541 ist 
wohl nur noch die zu Nr. 330 nicht ganz genau aus- 
gefallen. 

Die technische Ausstattung des vorliegenden Bandes 
ist nattlrlich die gleiche elegante und reiche, wie sie an 
den Vorlaufern desselben zu riihmen war; die beigegebene 
Tafel bringt in Lichtdruck die Abbildungen der Univer- 
sitatssiegel, des Rectorensiegels; des Decanatssiegels der 
Artistenfacultat und des Siegels der theologischen Facultat. 
Wir Ziehen diese Art der Wiedergabc; trotzdem gerade 
nicht allzu wohlerhaltene Vorlagen benutzt werden muss ten, 
entschieden der von vielen Seiten ftlr diese Falle em- 

Efohlenen Handzeichnung vor. Nach den gegebenen Nach- 
ildungen glauben wir allerdings — im Gegensatz zu der 
Sag. Xn und XIH vorausgeschickten Erlauterung — in 
em einen Decanatssiegel „lipcens'' statt ^lipczens" lesen 
und in Nr. 4 einige Zweifel an der Deutung der oberen 
Figur als ^altlicher, ein* Kind unterrichtender Mann" 
hegen zu mlissen; gefahrlich erscheint es uns ferner, in 
sphragistisch - heraldischen Auseinandersetzungen einfach 
^rechts" und ^links" statt „zur rechten resp. linken Hand" 
zu sagen, da die Terminologie jenes Specialfaches bei 



342 Literatar. 

ihren Ortsangaben einen von der gewdhnlichen Redeweise 
verschiedenen Standpunkt einnimmt; es mag hieraus das 
Versehen entstanden sein, dass der Biscliof im Siegel 
Nr. 5 nach der Beschreibung den Krummstab in der 
rechten Hand halten soll^ wahrend er ihn nach dem Bilde 
in der linken ftihrt. Die hier betonten Kleinigkeiten sind 
nicht im Stande unsere Freude an dem sonst trefflichen 
und verdienstlicben Werke zu mindern. 

Halle a. S. W. Schnm. 

Gesehlohte des SXchRischen PoRtwesens vom Ursprunge bis zum 
Uebergang in die Verwaltung des Norddeiitschen Bundes. Nach 
archivaliscben Qaellen bearbeitet von Gustav Schaefer, Ober- 
postdirectionsBecretair. Dresden, R. y. Zahn. 1879. 8^ 2B1L248SS. 

Nicht mit Unrecht wird neuerdings der Geschichte 
des Fostwesens eingehende Beriicksichtigung zu Theil; 
die unabsehbare Bedeutung der Verkehrsverh&knisse fiir 
das Ganze des Kulturlebens liegt zu sehr auf der Hand, 
als dass man an der Berechtigung von historischen Unter- 
Buchongen auf diesem Gebiete zweifein konnte. Wie 
sie gemacht werden mtissen, hat der geniale Mann^ 
der gegenwftrtig an der Spitze des deutschen Fostwesens 
stehty gezeifft. Stephans Geschichte der preussischen Fost 
(Berlin 185^) wird fur alle derartigen Arbeiten das beste 
Vorbild sein. An ihn hat sich auch der Verfasser der 
vorliegenden Arbeit in Bezug auf die Eintheilung seines 
Stoffes angeschlosseii , und gewiss nicht zum Nach theil 
seines Bucnes. Leider hinderten ihn die Eaumverh^lt- 
nisse^ sich so tief in Einzelheiten einzulassen, wie es Ste- 
phan gethan hat; wir sagen leider^ denn derartige Werke 
werden nun einmal erst in zweiter Linie fiir das grosse 
Fublicum; das dem Detail feindselig gegenlibersteht^ ge- 
schriebeU; in erster Linie ftir einen kleinen Kreis, dem 
gerade mit dem Detail — soweit es die Hauptsache, nicht 
Nebensachen betrifft — am besten gedient ist und der 
dafUr lieber diese oder jene amusantc Fersonalanekdote ent- 
behren mochte. Auch Quellennachweise vermissen wir 
sehr ungern, um so mehr, als gerade in der Wiedergabe 
von Aktenstellen sich hie und da storende Druck- oder 
Lesefehler eingeschlichen haben; vergl. S. 7 Votum (fiir 
Datura) Dresden ut supra, S. 18 Jnterrogativ I Reaponaivl 
— doch wol Interrogatio, Responsio, S. 31 inconventientie, 
S. 131 la sousign^, aief und dergl. m. Der bekannte Dip- 
lomat Hubert Languet heisst S. 10 Langvertus, das ge- 
lieime Consilium erscheint mehrfach als Concilium. Auch 



Literatur. 343 

das Datum des Decrets yon 1640 (S. 16) liesse sich ge- 
wiss noch entziffern. In alien diesen F&IIen wurde eine 
Angabe der Quelle die Abhilfe beziehentlich die Recht- 
fertigung des V.erfassers sehr leicht gemacht haben. 

Doch mtissen wir, abgesehen von solchen Kleinig- 
keiten, dem Verfasser ftir seine fleissigen archivalischen 
Forschungen recht dankbar sein. £r theilt seinen Stoff 
naturgem&ss in vier Abschnitte. Eine kurze Einleitung 
liber das, was im Mittelalter die Post vertreten musste, 
und liber die von Kurftirst August, dera der Postverkehr 
selbstverstandlich sehon sehr am Herzen lag, eingerichtete 
Hofpost bildet den ersten Abschnitt. Dann wurde Leipzig 
der Ausgangspunkt fiir die Entwickelung der s^chsischen 
Post. Aus der stadtischen Botenanstalt daselbst entstand 
nach und nach die landesherrliche Post, Noch haftete 
ihr jedoch ein mehr privater als oflfentlicher Charakter 
an, sie wurde in Pacht gegeben. Dies dauerte bis Mitte 
1712, und so weit reicht der zweite Abschnitt, Der dritte 
Theil (bis 1815) zeigt uns die Post in unmittelbarer Staats- 
verwaltung bis dahin, wo sie in Folge der Territorialver- 
anderungen eine wesentlich andere Einrichtung erhalt. 
Am knappsten ist der letzte bis 1867 reichende Theil 
gehalten, obwohl gerade hier die Fulle des interessantesten 
Stoffes sich bot: wie die Verhandlungen mit Preussen 
1815 ff., femer und vor alien der preussisch-osterreichische 
Postverein von 1850, die wichtigen Einflusse des Eisen- 
bahnwesens auf die Post u. s. w. Innerhalb jedes dieser 
vier Theile werden zunachst die Postverhaltnisse zu den 
Naehbarstaaten, dann die Postverhaltnisse im Innern und 
die Verfassungs- und Verwaltungseinrichtungen beleuchtet. 

Dresden. H. Ermisch. 

Aelteste Geschlchte der Sftehsisehen Sehweiz nebst den Mhesten 
topographischen Nachrichten. Nach archivalischen Quellen von 
Karl Gautsch. Dresden, Friedr. Axt. 1880. 8<>. 123 SS. 

Es war sicher ein glticklicher, zeitgeraftsser Gedanke, 
die Geschichte all jener Ortschaften und Punkte der so- 
genannten sachsischen Sehweiz, welche alljahrlich von so 
vielen Tausenden von Menschen besucht werden, einmal 
urkundlich zuriick zu verfolgen bis in die altesten Zeiten. 
Die fruheren Einzelwerke liber die Geschichte von Stolpen, 
Neustadt, Hohnstein und Sebnitz, den K5nigstein etc. sind 
veraltet; die einst sorgfaltig geheim gehaltenen Archive 
sind jetzt erschlossen; so kann es gar nicht fehlen, dass 



344 Literatnr. 

die vorliegendeGesammtgescbichte der BUchsischen Schweiz 
ein vielfach anderes and richtigeres Bild entrollt von den 
einstigen ZuBtHnden und Vernftltnissen in diesem aach 
historisch interessanten Landestheile. HofFentlich werden 
nun auch all die yerschiedenen Reisehandbticher und 
.Fuhrer^ durch denselben von dieser fleissigen Arbeit 
Notiz nehmen und femerbin nicht mehr gedankenlos wieder 
und immer wieder abdrucken, was bierdurch; und zum 
*Theil auch schon seit lange, als irrig^ ja oft als unsinnig 
erwiesen ist. Der Verfasser behandelt zueret die kirch- 
licben Verhftltnifise der Gegend wahrend des f riiheren Mittel- 
alters und kommt zu dem Resultate^ dass die gesammte 
gftchsische Schweiz einen Theil des von Anfang an zum 
Bistbum Meissen gehorigen Gau Nisani gebildet babe, der 
nur erst seit Mitte des 12. Jabrhunderts von der Mark- 
grafschaft Meissen losgerissen und ein Pertinenzsttick der 
Krone Bohmen geworden sei. Nach einem Ueberblick 
iiber die allgemeinen politischen Verbftltnisse BQbmens und 
Meissens wahrend des spd,teren Mittelalters er5rtert der 
Verfasser darauf die Einzelgeschichte der Burggrafscbaft 
Dohna; der Burg und Stadt Pirna^ der Burg Konigstein, 
der Burgen und Herrschaften Wehlen, Lohmen^ Ratben, 
Hobnstein und Wildensteinmit den zugeh5rigen Ortscbaften. 
Es ^ist das Verdienst des Verfassers, das wirklicbe Vor- 
bandensein einer besonderen Burg und Herrscbaft Wilden- 
stein zuerst urkundlicb erwiesen zu babeU; und so widmet 
er denn diesem Nachweis, sowie der Bescbreibung und 
Umgrenzung derselben allerdings sebr viel Raum^ namlich 
fast genau die Hftlfte des ganzen Blichleins. Dabei kOnnen 
wir die Frage nicht unterdrucken, fiir was fiir ein Lese- 
publikum der Verfasser denn eigentlich babe^ schreiben 
woUen. Fiir das wissenschaftlich bistorische? Dann h&tte 
er wobl, wenn nicht unter, so doch hinter dem Texte die 
arcbivalischen und literariscben Quellen fiir seine oft ganz 
neuen Bebauptungen kurz anfubren sollen, anderen Spe- 
cialhistorikern zu Nutz und Frommen. Oder fur das ge- 
wohnlicbe Reisepublikum; welches hoffentlich seine Schrift 
an den einzelnen Punkten der s&chsischen Schweiz kaufen 
werde? Dieses wird wohl an den fur den Historiker 
allerdings sebr wichtigen urkundlichen Beilagen und an 
den sebr in's Einzelne gehenden Erlauterungen zu der 
Verkaufsurkunde liber die Herrscbaft Wildenstein wenig 
Interesse nehmen. Soweit tibrigens Referent das benutzte 
Quellenmaterial bat vergleichen konneu; und er bat es 



Literatur. 345 

gerade hinsichtlich des wichtigsten Tlieils des Schriftchens, 
80 sind die Angaben des Verfassers sammtlich zuverlassig 
und gewissenhaft. Nur eine Angabe (S. 57) ist nicht 
genaU; dass namlich 1451 der Kurftirst von Sachsen dem 
Albrecht Berka von der Duba fiir die Herrschaft Wilden- 
stein bloss ^die Guter Warnsdorf und Schonau'* tauschweise 
uberlassen habe. Es war vielmehr die ganze eine Halfte 
der Herrschaft ToUenstein-Schluckenau, die er an ihn 
abtrat. 

Dresden. Knothe. 

Paul Llndenan, der erste evangelische Hofprediger in Dresden. 
Ein Beitrag zur Reform ationsgeschichte Sachsens nach meistens 
ungedruckten Acten und Briefen. Von G. Miiller, Oberlehrer 
am K5niglichen Gymnasium zu Dresden -Neustadt. Leipzig, 
J. C. Hinrichs. 1880. 8*. 64 SS. 

In seinem Werke liber die Geschichte der saclisischen 
Kirchen- and Schulvisitationen von 1524—1545 (S. 229) 
hat Dr. Burkhardt auf die vorliegende Studie zur Re- 
formationsgeschichte bereits vor ihrera Erscheinen hinge- 
wiesen und ihr damit einen guten Erapfehlungsbrief mit- 
gegeben. Es raag freilich nur geringes Interesse zu bieten 
scheinen, wenn dem Lebensgange eines Mannes nachge- 
splirt wird; der doch nur zu den untergeordneten Mit- 
arbeitern am Reformationswerke geh5rt hat, der dazu 
literarisch gar nicht thatig gewesen, von dem auch nicht 
ein die ZeitgeSchichte etwa illustrirender Briefwechsel er- 
halten gebjieben ist. Allein abgesehen von dem eigen- 
artigen Reiz, den es fur den Forscher selbst gewahrt, aus 
sparlich fliessenden und weit zerstreuten Quellennotizen 
dem Lebensgange eines wenig Gekannten, Ubei Beleum- 
deten, dazu betreflfs der Identit'at seiner Person vielfach 
Angezweifelten nachzuspuren und die Notizen zum Lebens- 
bilde, soweit moglich auch zum Charakterbilde zu ver* 
einigen, so verlohnt es sich auch im Interesse der Refor- 
mationsgeschichte selbst, gerade dem Lebensgange Paul 
Lindenaus erneute Forscnungen zuzuwenden, da seine 
Erlebnisse wenigstens an drei Punkten in kirchliehe Be- 
wegungen und Stromungen der Reformationszeit ver- 
flochten gewesen sind, die des allgemeineren Interesse 
worth sind. Einmal namlich hat Paul Lindenau in der 
Zwickauer Reformationsgeschichte eine hervorragende RoUe 
geepielt — und bekanntlich ist Zwickau einer der Orte, 
an dessen kirchlichem Umwandlungsprocess wir in ganz 
hervorragender Weise durch die Namen eines Mtinzer, 



346 Literatur. 

Egranus, der Zwickauer Propheteii; eines Hausinann^ 
Stephan Roth, Miilpfort, Cordatus u. a. Antheil nehmen. 
Zura andern gewinnen wir durch eine genauere Erfor- 
sc^ung des Lebens Lindenaus neue Aufschlusse iiber die 
Freiberger Thatigkeit Jakob Schenks, des von Luther 
und den librigen Zeitgenossen bo schwer des Antinomis- 
mus beschuldigten » Freiberger Volksredners und Dema- 
gogen**. Die Tetzte Stellung endlich, die Lindenau be- 
kleidete, hat sein Leben mit der Reformationsgeschichte 
des Albertinischen Sachsen eng verkniipft. — Was aus 
gcdrucktem, all^emeln reformationsgescnichtlichem und 
speciell lokalgescnichtlichein Material ftir Paul Lindenaus 
Lebensgeschi elite zu gewinnen war, das war so ziemlich 
in den Arbeiten anderer, die auf Lindenaus Schicksale 
aufinerksam gemacht batten, namentlich von Seidemann 
und Herzog (dem verdienten Chronisten Zwickaus)^ be- 
reits ans Licht gezogen worden; aber es blieben dabei 
die wichtigsten "W' enoepunkte in seinem Leben doch noch 
in Dunkel gehilllt. Da ist es nun den Nachforschungen 
Miillers sowolil in den Handschriftenschatzen der Zwickauer 
Bi'bliotlieken wie im Weimarer und Dresdener Archiv 
gegliickt, einen Theil der vorliandenen Liicken zu er- 

fftnzen xind namentlich liber Lindenaus Zwickauer und 
'reiberger Wirksamkeit geniigendes Ijicht zu verbreiten. 
Es kann fortan nicht mehr in Zweifel gezogen werden, 
dass der Zwickauer Lindemann und der Freiberger und 
Dresdener Lindenau ein und dieselbe PersOnlichkeit sind; 
die Bjfissstimraung, die sich in Luthers Briefen gegen Lin- 
denau kund giebt, dijp Anklagen, welche nach dc»m Voran- 
gange Seckendorfs wiederholentlich gegen ihn als einen 
unruhigen und unvertraglichen Mann erhoben worden sind, 
den man in Zwickau habe seines Amts entsetzen miissen, 
werden durch die archivalischen Funde Miillers nicht 
nur aufgehellt, sondern auch auf ihr richtiges Mass zu- 
rtickgefuhrt. Jakob Schenk, den Seidemann in seiner 
Monographie auf Grand der von ihm erhalten gebliebenen 
16 DrucKschriften mit bestem Scheine als nur ^vermeint- 
Hchen" Antinomer dargestellt hatte, wifd es sich auf Grund 
der von Miiller benutzten Akten des Archivs zu Weimar 
doch wieder gefallen lassen mttssen, wegen seines Auf- 
tretens in Freiberg im J. 1537 und 1538 in seinem Kampf 
mit Lindenau als ein mit gutem Rechte eines bedenklichen 
Antinomismus bezichtigter Theologe zu gelten. 

Bei einer vorwiegend auf bisher unbekannten und 



Literatur. 347 

ungedruckten Archivalien fussenden Arbeit kann es natlir- 
lich nicht Aufgabe des Referenten sein, die Richtigkeit 
der gewonnenen Resultate quelleiimassig zu priifen; er 
kann nur rait Dank titer den Fieiss und die oauberkeit 
in der Methode der Untersucliung , sowie die erfreuliche 
Bereicherung unserer Kenntnis auf diesem Specialgebiete 
sachsisclier Reformationsgeschichte seine Anerkennnng be- 
zeugen. Die Resultate, welche Dr. MuUer gewonnen hat, 
zu berichtigen, irgend einen erhebliclien Zusatz zu 
liefern, sind wir nirgend ira Stande; es sei nur gestattet, 
einige Notizen erweiternder oder bestatigender Natur hin- 
zuzufugen. Auf S. 13 weist Muller rait Recht es als einen 
Irrthum Seckenjlorfs nach, dass dieser Guttels Wirksam- 
keit in Zwickau schon in das Jafar 1522, statt 1523 setzte. 
Zum Beweise hierfur gentigt es ja schon, an Guttels 
Zwickauer Predigt, die das Datum „zu Zwickaw predigt, 
geschriben vnd gegebn Sonntag nach S Petri vnnd Pauli. 
M. D. xxiij." tragt, sowie an den in Fortges. Sammlung 
1727 S. 882 gedruckten Brief Wolfgang Zeyners an 
Stephan Roth vom 26. Juli 1523, der uber Gtittels Wirk- 
samkeit in Zwickau Bericht erstattet, zu erinnern. Ueber 
Lindenaus Abschied aus Zwickau befindet sich in Cod. 
Goth. A. 397 am Schluss unter zahlreichen Nachrichten, 
die aus Zwickauer Chronisten gesammelt sind, auch folgende 
Notiz: „1529 Sonnabendt nach Remin. ward unserm Pre- 
diger Herr Paulo Linderaann bl5tzlich sein gebetener 
Urlaub gegeben von einem Erb. Rath, Ursach, dass er 
die Articul der Visitation nicht annehmen noch aufrichten 
woUt, was er zuvor mit Muhe und Arbeit hatte helfen 
umstossen; der Pfarheri (Hausmann) that solches mit 
vielen schonen Fuchsschwanzen. Dinstag nach Oculi ward 
die Gemein aufs Rathhaus gefodert, wurden alle Ursach 
erzahlt, warum man den Prediger urlaubt hatte, und 
wurden alle Btirger gebethen, dass niemandt tibel von 
der Sache reden solt, sondern solten es fiir sich halten, 
wie es die Visitatores verordent hatten." Auch diese 
Nachricht beweist, wie stark die Sympathien der Gemeinde 
fur den entlassenen Prediger waren. Zu S. 45, wo der 
Verfasser mit Recht die Verwechslung des Vetters (Neffen?) 
' Luthers Mag. Johann Lindemann mit Paul Lindenau ab- 
wehrt, sei daran erinnert, dass diese Verwirrung sehr 
alten Datums und merkwUrdiger Weise durch Luthersche 
Anverwandteselbst verschuldet worden ist. Der Zwickauer 
Superintendent Mag. Adam Beerwald, der eine Linde- 



348 Literatur. 

mann, die Tochter eines Vettern des Reforinators^ zur Frau 
hatte, erz£lhlte im Jahre 1582 in einer Hochzeitspredigt, 
ein Onkel seiner Frau sei aus Frankenland nach Meissen 
gezogen, und dessen Sohn sei der D. Lindenmnn zu 
Dresden gewesen; s. Tenzel, Suppl. hist. Goth. Ill (Jenae 
1716), 8. Auf S. 56 vennissen wir unter den ^Ge- 
schichtsschreibern der Leipziger Keformation^ C. G. Hof- 
mann (1739). Zur Geschiente Jakob Schenks sei es 
endlich gestattet, hier eine Nachricht liber seine Ueber- 
siedelung nach Leipzig aus einem Briefe Paul Ebers 
an Melanchthon vom 31. M^rz 1541 nachzutragen, die 
ich bei Seidemann » nicht benutzt findej sie lautet: ,,In- 
dicavit nobis D. Balthasar Diaconus, D. Jacobum 
Schenckium esse accersitum Lipsiam vt sit inspector Ec- 
clesiae summus, maximis praemijs, eique concessum mona- 
sterium Franciscanorum et fratri alterum Paulihorum, vt 
vocant. Quae sit spes futurae concordiae vicinarum Scho- 
larum et Ecciesiarum non video, si tales praeficiuntur 
gubernatores, qui, vt nihil aliud et tamen omnia dicam, 
erga praeceptores atque adeo parentes sunt ingratissimi. 
Deus juvet ac tueatur ecclesiam suam". Cod. Goth. A. 
123 fol. 38. (Balthasar ist der ehemalige Wittenberger 
Diaconus Balth. Loy, de' Wette VI, 514, der bei der Re- 
formation Leipzigs Verwendung fand; vergl. Gretschel, 
Kirchliche Zust^nde Leipzigs 253. 265.) 

Elemzig. Eawerau. 



Uebersioht iiber nenerdings erschienene Sohriften und 
Anfsatze zur Saohsisoh - Thiiringisohen Gresohiohte nnd 

Alterthumskunde. 

Eckardt, Ernst Clironik v. Glauchau u. s. w. (vergl. 

S. 287). Lief. 4. 5. Glauchau, Peschke. . 1880. 8^ 

S. 97—160. 
Friedldnder, Jul. Ein Breslauer Goldschmied im Dienste 

des Kurfiirsten August von Sachsen. Anzeiger fiir 

Kunde der deutschen Vorzeit. 1880. Nr. 9, Sp. 281 f. 
Friesen, Frdherr v- Erinnerungen aus meinera Leben. 

Dresden, Wilhelm Baensch. 1880. 8^ VHI. 798 SS. 
Haan, Wilhelm, Die Episkopal-, Gonsistorial- und Diocesan- 

Verfassung im ehemaligen Kurfurstenthurae und jetzigen 

Konigreiche Sachsen vor und seit Einfiihrung der Re- 



Literatur. 349 

formation bis zur Neuorganisation der damaligen sacli- 
sischen evangelisch-lutherischen Kirchenbehorden, sowie 
der Neuarrondirung der Diocesen nach hoher Landes- 
consistorial-Verordnung d. d. Dresden; i* November 1878, 
kirchenstatistisch dargestellt. Dresden, Wilhelm Baensch. 

1880. 8^ V. 161 SS. 

Ease. Der Kanzler Krell: in dessen Rosenvorlesungen 

kirchengeschichtlichen Inhalts (Leipzig, 1880. 8®). 

S. 116—145. 
Herrmann, Bald. Der Kampf um Erfurt 1636 — 1638. 

Inaug.-Dissertation. Halle. 1880. 8^ 27 SS. 
(Jacob, Curt.) Die stadtische Sammlung sachsischer Alter- 

thtimer in Torgau. Torgauer Kreisblatt 1880. Nr. 70. 

76. 115. 141. . . 
Kawerau, 6. Johann Agricola von Eisleben. Ein Bei- 

trag zur Reformationsgeschichte. Berlin, W. Hertz. 

1881. 8^ XII. 358 SS. 

Leisering, A. G. T. Die Konigliche Thierarzneischule zu 
Dresden 4n dem ersten Jahrhundert ihres Bestehens. 
Festschrift zur Sacular - Feier am 7. October 1880. 
Herausgegeben von der Direction der K. Thierarznei- 
schule. Mit zweiPlanen. Dresden. 1880. 8^ IV. 136 SS. 

Mitzschke, PavL . Naumburger Inschriften gesammelt und 
erlautert. 5. Lfg. Naumburg, Domrich. 16®. S. 321 — 400. 

Nehe, Gustav, DieKirchenvisitationendesBisthumsHalber- 
stadt in den Jahren 1564 und 1589. Nebst einer Ein- 
leitung, enthaltend die Geschichte der Einftihrung der 
Reformation im Halberstadtischen. Herausgegeben von 
der historischen Commission der Provinz Sachsen. Nach 
den Quellen bearbeitet. Mit einer Karte. Halle, O. Hendel. 
1880. 8^ VI. 282 SS. 

Petzholdt Aus dem Nachlasse des Kdnigs Johann von 
Sachsen. Ausfuhrungen zu von Falkenstein's Charak- 
terbild des Konigs Johann von Sachsen. Dresden, 
Wilhelm Baensch. 1880. 8^ XIV. 306 SS. 

Reyen, Ed, Beitrage zur Geschichte des Zinnbergbaues 
in Bohmen und Sachsen. Separatabdruck aus der 
Oesterreichischen Zeitschrift fiir Berg- undHtittenwesen. 
XXVIII. Jahrgang (1880). Wien. 1880. 8^ 35 SS. 

(Schimpff, 0. V.) Geschichte des Kgl. Sachsischen Garde- 
Reiter - Regiments. Im Auftrage des Regiments zu- 
sammengestellt. Dresden, Wilhelm Baensch 1880. 8®. 
VIII. 684 SS. 

Steche, R. Ein Brief Konig Friedrich Augusts II. von 



350 Literator. 

Sachsen. Wissensch. Beil. der Leipz. Ztg. 1880. 

Nr. 81. . 

Wenck, K. Die Chronographie Konrads von Halberstadt 

und verwandte Quellen: Forschungea zur Deutschen 

Geschichte Band XX. S. 277-302. 
Wernicke, Ew. Ein Breslauer Goldschmied ira DIenste 

des Kurfiirsten August von Sachsen. Anzeiger fur 

Kunde der deutschen Vorzeit. 1880. Nr. 6. Sp. 188. 
— Zur Geschichte der Giesserfamilie Hilger in Freiberg. 

Ebenda. Nr. 8. Sp. 252. 
Die kirchliche Eintheilung der Bisthiimer Meissen, Merse- 

burg und Nauraburg in der vorreformatorischen Zeit. 

AUgem. evangeliscli-luthei*ischen Kirchenzeitung 1880. 

Nr. 46. 
Zur Geschichte Sachsens in den Jahren 1866 und 1870. 

Grenzboten 1880. Nr. 48. 



Mittheiiungen des Vereins fur Geschichts-- und Alterthums- 
kunde zu KaJda und ttoda. Zweiten Bandes 2. Heft. 
Kahla 1880. 8^ 

Inhalt: Lommer, Beitr&ge zar Adelsgeschlechterkunde des Saal- 
kreises. E. Ldbe, Die Kirchenvisitation im Westkreise unseres 
Herzo^thams im Jahre 1529. Dr. Lobe, Beitrag zar Geschichte derer 
TOD Lichtenhain. Schierholz, Mittheilungen iiber den Restaurations- 
bau der Kirche zu Elosterlausnitz. E. Fink, Ueber das Schulwesen 
der Ephorie OrlamUnde um das Jahr 1672. 

Mittheilungen des Alterthumsvereins zu Plauen i, V, Jahres- 
schrift auf die Jahre 1875 — 1880. Herausgegeben von 
Joh. Mtiller. Plauen, F. E. Neupert (Coram.) 1880. 8^ 

Inhalt: Joh. Mtiller, Urkunden und Urkundenausztige zur Ge- 
schichte Plauens und des Vogtlandes vom Jahre 1122 — 1302. Alberti, 
Bemerkungen zu der aitesten Plauen betreffenden Urkunde vom 
Jahre 1122. E. Waldow, Die Kirche zu Kfirbitz. Joh. MttUer, Die 
Anf&nge des Schulwesens in Plauen. 



■ »• 



Register, 



V. Absperg, Jorge, sSLchs. Rath 

258. 260. 
Adam, JohaoD, Eomponist 309. 

— Sebastian, Maler 102. 
Adelshofen, kais. Obrist 41. 57. 

144. 148. 170. 
Adorf 56 f. 178 f 181. 
Agricola, Job. 106. 267 fT. 
Albinus, Job., Hofprediger89f.93. 
Albrecht III., Herzog v. Bayern- 

Manchen 225. 

— (d. Beberzte) Hzg. v. Sachsen 
212 ff. 

— II., Konig 211. 

— Mkgr. V. Brandenburg -Culm- 
bach 88. 

— (Achilles), Mkgr. v. Branden- 
burg 210. 212. 224 flF. 

Albuzzi - Todeschini, Teresa, 

Sg,n^erin 301. 
V. Aldringer, Graf, kaiserl. Feld- 

marschall 16—34. 37. 151. 
Algeri, Pietro 309. 
Altenburgl5.47.64f.l31.148.151ff. 
AlterthumsTerein, der k. s&chs. 1 ff. 
Amalie. Tochter Kf. Friedr. II. v. 

Sacnsen, Gemahlin Ludw. v. 

Bayem-Landshut 225. 
Amberg 21. 23 f. 45. 
y. Ammon, preuss. Gesandter in 

Dresden 81 f. 
Amsdorf 104 f. 
St. Angeli, Cardinal von 264. 
Anhalt s. Georg, Hans, Leopold, 

Ludwig. 
Anna, Tochter Kurf. Friedr. 11., 

Gem. Albrechts Achilles 225. 

— Kaiserin v. Russland 291. 
Annaberg 47. 59 ff. 
Annibali, Domenico 300. 
Ansbach 254. 



Apollini, Salvatore, Kompon. 305. 
v. Amim, Hans Georg, s&chsisch. 

Generallieut. 14. 35 ff. 161 ff. 
Arnoldi, Franciscus 103. 
Artichio, Nicoletto, Kom5diant303. 
Arum&us, Dominicus, Professor in 

Jena 196. 
Aue 61. 
Auerbach 45. 
V. Aufsess, Heinr., Hauptm. des 

Hzg. Albrecht Achilles 251 .253. 
Augsburg 267 ff. 
August, Kurf.v. Sachsen 89. 91. 105.* 

— II., Konig V. Polen, Kurf. v. 
Sachsen 291. 294 t. 297. 

— HI, K5nig V. Polen, Kurf. v. 
Sachsen 72. 294. 297. 299. 300. 
303 f. 309. 311. 

■— Peter, Hoforganist 291. 813. 
Augustusbiirg 55 f. 
Aurogallus, Matth&us 103. 
Ausche 42. 
Aussig 42. 150. 

Bairenth 175. 

Bamberg 16. 23. 44 ff. 64. 176. 

233. 235. 
Baner, schwed. General 155 ff. 

161. 167. 
Bartolus 195. 
Basler Concil 212 f. 
y. Baudissin, Kabinetsminist. .302. 
Bayern 15 ff. .31. 34. 71. 

— 8. Albrecht HI., Amalie, Lud- 
wig, Maximilian. 

Becket, Thomas 103. 

Belgern, Kirche 4. 

Belleisle 82. 85. 

Bellotti, Natale 293. 295. 

Bendemann, Prof. 332. 

Benno, Bischof v. Meissen 103. . 



352 



Register. 



Bensen 42. 

Berard ▼. Spoleto, Ctrdinal 214. 
Berlin f'9. 7*. 167. 168. 
Bernbeck, Dr. Valentin 26?. 
Bernhard, Hzg. v. Weiinar 16. 18. 

23. 29. 34. l&O f. 164. 168 ff. 

168 f. 17.3. 
Bertoldi, Andrea 29). 296. 297. 

303. 

— Antonio 293. 304 f. 807- 313. 

— Mariana 293. 296. 303. 
Bessarion, Cardinal 214. 263. 
BeyKott, Daniel, kais. Oberst 41. 

46. 61 ff. 66 f. 
Bindi, Giovanni 300. 
Bodenstein, Andreas (Karlstadt) 

104. 
Bodinus 196. 
Pohmen 14 ff. 160 ff. 171 f. 211 ff. 

8. Ladislaw, Podiebrad. 
BOttiger, Hofrath 103. 
Bohnfeld 60. 
y. Bora, Katharina 106. 
▼. Borck, preuss. Bittmeis.ter 81. 
Borna 148. 

Bose, Graf Aug. Earl, Hofmar- 
• schall 97. 
Brandenburg 26. 79. 236 ff. 267 f. 

s. Albrecht, Anna, (Dietricli), 

Friedrich, Georg, Georg Wil- 

helm, Joachim II., Johann. 
V. Bran den stein, Graf 148. 
Braunschweig s. Georg, Heinrich. 
Braunschweigisches Regiment 77. 
Breda 41. 64. 
Breisach 28 ff. 
V. Breitenbauch, Heinr. August, 

Kammerherr 298. 302. 303. 
Brenclelin, Prof, in Jena 190. 
Breslau 26. 36. 76. 78. 82. 85. 

162. 164. 216. 237 ff. 
Brieg 71. 

Briihl bei Wien 290. 
Brtihl, Graf 82 f. 298. 301. 311. 

Oberstallmeister 312. 

Brflx 4-2. 48 f. 150. 249 f. 252. 
Brutus, Junius 197 f. 202. 
V. Biihlow 82. 
Bugenhagen 279 f. 
Burgkhardt, Peter, SchSsser 69. 
BurgsdorfjEhrentreich, brandenb. 

Obrist 36. 157. 
von d. Busche, hannov. Gesandter 

72. 76. 83. 
Butzer 273. 275. 



Cadolzbnrg 254. 
V. Cahnsac .309. 
Carezana, Paolo 297. 304. 
Carlos, Don 103. 
V. Carlowitz, Chrph. 86 ff. 267 f. 
Carvajal, Cardinal 214. 229. 
Casanova, Franz, Maler 290 f. 
311. 314. 

— GaStano Joseph Jacob 290 f. 

— Giovanna 289 ff. 

— Don Jacob, z Saragossa 290. 

— Jacob, Chev. de Seingalt 289— 
291. 293. 309—513. 

— Joh. Baptist, Prof. a. d. Eunst- 
akad. z. Drsd. 290. 297. 313. 

— Maria Magdal. Anguste (An- 
tonia) 290. 310. 313. 

Caspar (v. Schonberg), Bischof v. 

Meissen 216. 
Casta&eda, spanisch. Gesandter in 

Wien 30. 
Cattaneo, Maria Santina 300. 
Celle-Leipziger Interim 280. 
Chemnitz 41 f. 61—56. 61. 152. 

155. 161. 241. 
Chiaveri, Gaetano, Architekt 300. 
Chotusitz, Schlacht bei 85. 
Christian IV., E. v. Danemark 163. 

— II., Eurf. v. Sachsen 189. 
Christiani, Casp., Steuer- u. Rent- 

secretar 57. 
Christianus, Albert, Diaconns zu 

Wittenberg 268. 
Chrosner, Alexius 103. 
Chytraeus 194. 
Clitzing, Albr., brandenb. Rath 

260. 
Coburg 176. 
Coin a. d. Spree 157. 
Colinetti, Franciscus 307. 
Colloredo, Graf, kaiserl. General- 

feldzeugmstr. 20 f. 31. 41. 43. 

140. 142. 173 ff. 180. 
Constantini, Angelo, geh. Cam- 

merier 292. 
Contar v Hermenstein, kaiserl. 

Obrist 170. 
Conzachi, Giov. Camillo 304. 307. 

313. 
Cop pus, Greg. u. Joh. 105. 
Corpus, kais. Obrist 56. 
Crandorf 60. 

Crimmitzschau 59. 64. 170. 
Culmbach 17. 
Cypern s. Peter. 



Register. 



353 



Danemark 36. 89. 215. 

— 8. Christian IV. 

D&nische Soldtruppen 69. 73. 77. 
Darbes, Cesare 309. 
Dessauer BUndnis (1525) 106. 
Deutscher Orden 233.^ 
Dickens, Guy 70. 
Dietrich, Bisch of V. Brandenb. 244. 

— III. (v. Schonberg), Bischof v. 
Meissen 216. 22.S. 230 ff. 238. 
240 ff. 254. 266. 

— Veit 104. 

v. Diesskau, Eammerherr 303. 
V. Disskau, Hauptm. z. Weissen- 

fels 158 ff. 167 f 17.3. 
Dittersbach 98. 100. 
Donhoff, Grafin 294. 
Dohna'sches Regiment 77. 
Dooat, Michael, Amtsschreiber z. 

Plauen 67. 
Donauworth 16. 18. 20. 44. 46. 
Dorothea, Herzogin v. Sachsen- 

Weimar 189. 
V. Drachenfels, Dietrich 190. 
Drandorf, kursachs. Oberst 145. 

149. 170. 
Dresden 44 f. 95 ff. 136. 150 f. 

172. 264. 290 ff. 

— Annenschule 97. 

— Kreuzschule 96 f. 

— Gemalde-Gallerie 315 ff. 

— Histor. Museum 320 f. 

— Kunstverein 320. 
Duchaine 304. 

Dungersheim, Hieron. 103 f. 
Dux 48. 289 f. 310. 

Ebardt, Yirgilius, Organist 67. 
Ebert, Oberbibliothekar 10. 
Eck 105. 
Eger 16 f. 19. 21. 24. 42. 44. 56. 64. 

160 f. 175 f. 212. 220. 222. 251. 
Egerischer Ereis 15. 
Egidins, pStpstl. Kommissar 235. 
Eiche, Eloster bei Naunhof 105. 
Eichei, preuss. Eabinetsrath 81. 
Eichst&dt, Bischof von 243. 
Eilenburg 152. 

Einsiedel, Graf, Minister 316. 
y. Einsiedel, preuss. Generalmajor 

85. 

— Jobst, bohm. Eanzler 230. 249. 
Eisleben s. Agricola, Joh. 
Eisenberg 42. 

— Peter 102. 

Neues Archiv f. 8. G. n. A. I, 4. 



Elbogen 42. 251. 

Elsass 28 f. 

Elsterberg 176. 

Engelmann, Georg, in Chemnitz 

53 f. 
England 69 ff. s. a. Georg II. 
Erfurt 173 f. 185. 234. 
Ermini, Margherita .300. 
Ernst, Eurf. v. Sachsen 213 ff. 
Eschdorf bei Pillnitz 97. 100. 103, 

106. 
Eschenloer, Peter, Stadtschreiber 

zu Breslau 216. 
Eulenau, Christian, Baumstr. zu 

Leipzig 142. 

Fabricius, Georg, Rector z. Meissen 

105. 
de Fantasia, Filippo 29$. 

— Rosalia 293 

Fantinus, p&pst. Legat 241—244. 

Falkenau 42. 

Fehling, Maler 299. 

Felix, Official des Elosters zu 

Chemnitz 241 f. 
Ferber, Wolfgang 62. 
Ferdinand, Eaiser 26—30. .33 ff. 37. 

— Prinz, von Preussen 75. 

V. Feria, Herzog 28—31. 33 f. 

37. 159. 
Ferrara, Laurentius yon, p&pstl. 

Legat 243. 
Ferusi, Hieronymus u. Marzia 290. 

— Zanetta (290) s. Casanova, 
Giovanna. 

Fickler 198 f. 202. 
Finsinger, Zachar., z. Leipz. 142. 
Flacius lUyricus 2«)8. 279. 
Focari (Focher), Girolamo 304. 
305. 308. 310. 312 f. 

— Marta Bastona 304. 308 f. 312. 
de la Foi, Abraham 201. 

de Forgue 306. 

Forster, Hugo, Dompropst zu 

Naumbur^ 258 f. 262. 
Franceschoni, Antonio u. Gero- 

lima 297. 303. 
Frankenhausen 102. 
Frankfurt a. 0. 72. 
Frankreich 71. 76. 81 ff. s. Johann, 

Earl v., Ludwig XL 
Franz Albrecht, Hrzg. v. Sachsen- 

Lauenburg, kurs&chs. General- 

feldmarschall 14. 36 f. 
Frauenberg 20 f. 

23 



354 



Re^ster. 



Franenstein 48 f. 

Freiberg 41. 46 f. 49 ff. 89. 104. 

152. 166. 
Freiberger, Gasp., OberkaDzlei- 

schreiber 226. 
Friedrich I., Kaiser 193. 

— III., Kaiser 216. 217. 223 ff. 

— d. Strenge, Mkgr. v. Meissen 
184 ff. 

— II., Kurf. von Sachsen 211 f. 
216. 234. 

— Hrzg. V. Sachsen-Weim. 188 ff. 

— d. Siegreiche, Pfalzgraf 224 — 
226. 257. 

— II., kurf.v.Brandenb. 225—227. 
238. 244. 249—251. 264 f. 267. 
259 f. 265 f. 

— II., K. V. Preussen 66 ff. 312. 

— August, s. August II., III. 
II., Konig V. Sachsen 1 ff. 

316. 318. 323—327. 330. 

— Christian, Kurf. v. Sachs. 304. 

— Wilhelm I., K. v. Preuss. 72. 
V. Friesen, Herm. Frhr. 321 ff. 

— Graf, Kabinetsminister 302. 
Frietzsche, Hofmaler 292. 
FroBchel 105. 

Gallas, Graf, kais. Feldmarschall 

15. 33. 
Gellnhausen 174. 
Georg, Fttrst v. Anhalt 280. 

— Hrzg. V. Braunschweig-Liineb. 
15. 155. 161. 

— Hrzg. V. Sachsen 99. 102 ff. 106. 
- Mkgr. ▼. Brandenburg 272. 

— K. V. Bohmen, s. Podiebrad. 

— II., Konig von England 76. 
83 f. 314. 

— Wilhelm, Kurf. v. Brandenbg. 
155 f. 167 f. 

Gera 47. 169 f. 173 ff. 178. 
Gerhard, Salomon, kurf. Schosser 

z. Zwickau 61 f. 177. 179. 
Gerson, Johannes 271. 
Geyssbach 61. 
Glatz 228. 
Glogau 85. 
Gorlitz 239. 
Gottin 71 f. 76. 
Goltz, kaiserl. Obrist 36. . 
Gordon, kaiserl. Obristlieut. 42. 
Gothofredus, Dion. 185. 
Gran s. Yit6z. 
Grassi, Rosa 302. 804 f. 308. 



Gregor X, Papst 4. 
Greitz 170. 174 f. 178. 
Grensing, £rasm., Kammermstr. 

228. 
Gresslitz (Pressnitz ?) 56. 60. 
Grimma 41 152. 
Groben bei Groningen 80. 
Groningen (Ftlrstenthum Halber- 

stadt) 79 f. 
Gronsfeld, Graf, kaiserl. General 

15. 26 f. 32. 34. 
Grossenhain 166. 
Guarini, Pater 300. 
Guntheri Ligurinus 193. 
Gust a V Adolf, Konig v. Schweden 

15. 28. 47. 
Gutbier 100. 

Hack, Job. Simon 48. 

V. d. Haiden, Thomas 101. 

Halle 100 f. 136. 

Halteck 85. 

Hameln 45. 

Hannover 66 ff. 

Hans, FUrst zu Anhalt 272. 

Hartmann, Prof. 323. 

Hasse, Kapellmstr. 298. 300. 305. 

— Faustina 298. 300. 
Hatzfeldt, kaiserl. Feldmarschall- 

lieutenant 19. 41. 45. 56 f. 59. 

64. 134. 142 f. 147 ff. 169. 

172 f. 176. 178. 
Hayd 20 f. 
Hebenstreit, Pantaleon, konigl 

Kammermusikus 302. 
V. Heimburg, Gregor 229 f. 236. 

239. 246 ff. 
Heinrich, Hzg. v. Braunschw. 86 f. 

— d.Fromme, Hzg. v. Sachs. 103 f. 

— Prinz, von Preussen 75. 

— Sohn K. Georgs v. Bdhmen 
212. 225. 228. 249. 

— Matthes, z. Chemnitz 52. 55. 
Helmstatt, Uuiversitat 190. 
Hennicke, Geheimrath 82 f. 
Henrich'sches Regiment 77. 
Herr, Adam, Dr., BUrgermstr. z. 

Leipzig 142. 148. 150. 
Hessen 26. 69. 74. 77. 83. 2f^6 f. 

254. 266 f. 260. s. Philipp. 
Heydenreich, Heinr., von Walters- 

dorf 61. 

— Tobias 131 ff. 
Hoburg, Schloss 42. 
HOfler s. Seidemann. 



Register. 



355 



Hdrnig, Cornelius, zu Chemnitz 

52. 66. 
Hof 21. 39. 46 ff. 56. 162. 176 f. 
Hohmann, Banquier, z. Leipz. 314. 
Hoick, Graf, kaiserl. Feldmar- 

schall 14 ff. 129 ff. 
Holland (Niederlande) 30.73.271f. 
Horatio (Orosi, Orosius), Paul 41. 

64. 
Horn, Gustav, schwedisch. Feld-- 

marschall 15 f. 18. 29. 34. 161. 
Hortleder, Friedrich 188 ff. 
Hoyerswerda 266. 
Huoertusburg 30.3. 305. 318. 
HQbner, J., Prof. u. Dir. 316. 332. 
'— Tobias 49. 
Huss, Job. 270. 
Hussitenkriege 212. 
Hyndford, Lord, engl. Ges. 74. 78. 

Immenhausen 88. 

Ingolstadt 21. 

Uten, hannov. Generalm. 77. 79. 

Jacobi, Prof. 4. 
Jena 176. 188 ff. 

— Hans von 102. 
Jerichau 42. 

Joachim XL, Kurf. v. Brandenburg 

268. 279 f. 
Joachimsthal 42. 44. 69. 64. 152. 
Johann, Hrzg. v. Sagan 266. 

— Konig von Frankreich 18 1. 

— Konig von Sachsen 1 ff. 

— Kurprinz v. Bran den bg. 260. 

— V. Ktistrin, Markgraf 87. 274. 

— VII. (v. Schleinitz), Bischof v. 
Meissen 105. 

— Ernst, Hrzg. v. Sachsen-Wei- 
mar 188 ff. 

— Friedr. Kurf. v. Sachsen 105. 

— Georg L, Kurf. v. Sachsen 17. 
26. 34 f. 47. 49 f. 54 f. 67 ff. 
61 f. 129. 1.33 f. 

— Georg III., Kurf. v. Sachs. 291. 

— Philipp, Hrzg. z. Sachsen 153. 

— B., zu Altenburg 66. 
Jonas, Justus 104. 106. 
Jftterbogk 244. 268. 279 f. 
Jung Breuner 41. 43. 

Kaaden (Bohmen) 42. 64. 
Kaden'sches Institnt z. Dresd. 97. 
Kamnitz (Bohmen 42.) 
Karcher, Architekt 292. 
Karl IV., Kaiser 186. 193. 



Karl v.. Kaiser 87. 103. 194. 198. 

200. 272 ff. 
— v., Konig V. Frankreich 185. 
Karlstadt s. Bodenstein. 
Kasimir, Konig v. Polea 186. 
Katharina, Tochter d. Hzg. Wilh. 

V. Sachsen 212. 226. 
V. Kauffungen 106. 
Kelheim 22. 
Keuchlowitz 41. 
Kirchner, Hermann 201. 
Klein-Rimersdorf 64. 
V. Knesebeck, Casp. 132. 
Kniphausen , schwed. Feldmar- 

schall 27. 34. 151. 
Knorr, Peter, Rath des Markgr. 

Albrecht Achilles 256. 
V. Kdckeritz, Michel, Landvogt 

265. 262. 
K5ln 185. 

K6nig, Hans, von Gotha 133. 
Kdnigstein 104 f. 
Kdnigswart bei Eger 176. 222. 
Kolbe, Peter 91. 
Kommotau 42. 
Koss, Johann 104. 
Kost, Franciscus, Prof. i. Lpz, 142. 
Kranach, Lucas 106. 
Krause'sches Inst, in Dresden 97 f. 
Kronach 18. 
Kttstrin 84. 
Kulewein 170. 
Kylian, Narr des K. Georg v. 

Bdhmen 249. 

Ladegast, Hans 1.30. 

Ladislaw, Konig v. Bohmen 211. 

Lafossa, La Foss 41. 176. 

Lamberg 41. 

Landshut 254. 258 ff. 

Lange, Abrah., Generalsupcrin 

tendent 201. 
Laun 42. 

Lauterbach,Anton,Mag.lOO.f. 104. 
Lehmann, Christian, Pfarrsub- 

stitut zu Annaberg 59 f. 
Leipnitz, Friedr., Notar 142. 
Leipzig 63—65. 72. 76. 97. 99. 

104 f. 129 ff 139. 142 f. 177 f. 

222. 227 f. 232. 234. 265. 273. 

320. 334 ff. 
Leitmeritz 18. 
Leo X., Papst 6. 
Leopold, Fftrst zu Anhalt-Dessau 

66 ff. 

23* 



356 



Register. 



Lerchenberg, der, bei Freiberg 60. 
Leubing, Heinrich, Dechant zu 

Meissen 218. 228. 
Lichtenau 22 f. 
Ligne, Prince de 310. 
Limpergeri Joachim 307. 309. 
Lindemann, Paul, Hofpredi^. l<)4. 
V. Lindenao, Minister, 316. 320. 

322 f. 329 f. 
Lingk, Friedr. 49 f. 
Linz 248. 
Lippoldt, kais. Generalproviant- 

mstr. 64. 
Lissabon 290 f. 
Litke, geh. C&mmerier 292. 
LOber, Joachim, zu Altenburg 65. 
LOserisches Regiment 136. 
y. LOwendal, Frh., Oberhofmar- 

schall 3o2. 
Lohse, Job. Gottfr. 293. 
London 290. 
Loos, Abtei 292. 
Lorusen,kais. Obristwachtmstr.dl. 
V. Loss, Graf, sS^hs. Gesaudter 
, in Paris 309. 
Lothringen 28 f. 
y. Loucqueyssie'sches Institnt zu 

Dresden 97. 
Ludmilla, Tochter Georgs Podie- 

brad 225. 259. 
LUtzen 240. 250. 252. Schlacht 

14. 17. 
Ludwig, Ftlrst v. Anhalt 169. 
Ludwig (d.Reiche), Hzg. v. Bayem 

217. 225 f. 230. 256 ff. 
Ludwig XI, Konig v. Frankreich 

247. 
Ludwig, K5nig v. Ungam 186. 
Ludwig, Pfalzgraf 196. 
Luther 98 ff. 269 ff. 

de Machaut, Guillaume 184. 
M&hren 15. 38. 
Maffei, 8cipio, Marquesi 303. 
Magdeburg 69. 77. Schcffenspr. 

219—221. 
Mailand 301. 

Maillebois, franzos. General 82. 
Mainz 87. 106. 

Major, Superint. u. Prof 190. 201. 
Majorame 41. 
Malsch, Job. Aug. Ludw., Eam- 

mermusikus 97. 
— s. Seidemann. 
Malucelli, Carlo 293. 296. 



Mantua, Cardinal yon 262. 
Marazini 42 f. 
Marburger Archiv 86. 
Marchesetti. Carlo 293. 
Maria Amalia, Kdnigin v. Keapel 

301. 
(— Antonia Walpurgis) Kurftotin 

y. Sachsen 313. 316. 

— Josepha, Ednigin y. Sachsen - 
294. 297—300. 

— — Gem. des Dauphin 
Ludwig 303. 

Mariaschein, Kloster 294. 
Marienberg 47. 61. 
Marienstem, Kloster 294. 
Matthaei, Prof. u. Gallerie-Dir. 

323. 325. 
Matthias, K. y. Ungam 215. 217. 

229. 234. 245. 
Matthielli, Bildhauer 301. 
Mauro, Architekt 293. 
Maximilian, Kurf. v. Bayern 16 ff. 

20 ff. 31 ff. 165. 
Mayr, Martin 229. 258. 
Megbach, Job., Eammer secret 92. 
Meier, Friedr., Biirgermeister zu 

Leipzig 142. 

— Wolfgang, Oberst-Wachtmstr. 
136 f. 

Meissen 14. 19. 32 ff. 37. 40 f. 
44 ff. 184 ff. 218. 228. 

— s. Benno, Caspar, Dietrich, 
Friedrich, Johann VI. 

Melanchthon, Phil. 102 f. 105 f. 

191. 194. 274. 280. 
Memmingen 22. 
Mengs, Anton Raphael 301. 
Merck, Syndicus zu Altenburg 65. 
y. Mergental, Hans, Kanzler 230. 

233. 264. 
Metastasio 300. 305. 
Metzsch, Konrad 244. 253. 
Mickten 105. 
V. Miltitz, Karl 99. 
Mingo tti, Cattar. Reg. 301. 
Mira, Pietro 304 f. 
Mittlacher, Joseph 56. 
MoUwitz, Schlacht bei 74 f. 
Molteno, Job. Karl Philipp 294. 
V. Montargon 299. 
Moretti, Pietro 304. 307. 310. 312. 
Moritz, Kurf. y. Sachsen 86 ff. 

194. 197. 267 f. 279. 
Moritzburg 291. 
Mfthlberg, Schlacht bei 103 ff. 



Register. 



357 



MilhlhaHsen 104. 

Mailer, Job., Oberstadtschreiber 

zu Leipzig, 142. 
Mtinchen 22. 
Mtincbb&usen, Graf 82 f. 
Munnich 70. 
MUnzbacber Schmelzbfitten bei 

Freiberg 49. 
Miinzer, Tbomas 99. 104. 
Mylau 58. 

Namslau 238. 

Naumburg 254. 

Nefe, Paul d. A., in Cbemnitz 53. 

— Zach., Stadtricbter in Chem- 
nitz 54. 

Negri, Anna 300. 

— Rosa Maria 300. 
Neidbardstbal 61. 
Neipperg 81. 
Neisse 15. 71. 
Neuburg 16. 

Neumann, kais. Rittmstr. 145. 
Neumark, (Vogtland) 58. 

— (Bohmen) 17 f. 
Neumarkt (Oberpfalz) 19—26. 
Neuschloss bei Teplitz 42. 
Neustadt a. d. Donau 22. 262. 
Neustadt 61. 

Nicolai, Andr., zu Altenburg 65. 

Niederlande s. Holland. 

Nitzsche, Heinr,, zu Augustus- 
burg 56. 

Noe, Paola Falchi 310. 313. 

NoYachvo,«Mich., kais. Obristlieut. 
54. 

Ntirnberg 21 f. 45. 106. 237. 241. 
244 ff. 250. 254 flf. 262. 

Oberlausitz (Secbsst&dte) 216. 

239. 266. 
Ober-Mylau 58. 

Oberpfalz 16 f. 20—24. 31. 34. 
Occam 277. 
Oder 15. 
Oederan 51. 
Oelsnitz 47. 56 f. 
Oesterreicb 16. 66 ff. 227. 
Oldendorf a. d. Weser 26. 
Oranien, Prinz von 77. 
Ordemann, Heinr., Probst zu 

Bernau 260. 262. 
Ortrand 163. 166. 
Ossa, kais. Obrist 28 ff. 33. 
Osseg, Kloster 294. 



Oxenstiem, Axel, schwed.Eanzler 
15. 154. 165. 169. 172 ff, 

Palafox, Donna Anna 290. 

Pallavicini, Stefano 299 f. 

Palmaroli 315 f. 318, 320, 

Paris .S09. 311. 318. 

Passau 87. 

Paul II., Papst 214 ff. 

Pegau 152. 267. 

Peter, Kdnig v. Cypern 184 ff. 

Petersburg, Sanct 291. 

Petrus, Bisch. v. Tarazona 242 f. 

262. 
Pfaffenberg, der, bei Oelsnitz 57. 
Pfalz 87. s. Friedrich, Ludwig. 
Pfreimt (Pfalz) 20 f. 
Philipp, Landgraf v. Hessen 86 ff. 

106. 
Piccolomini, kais. Obrist 41. 64. 

— Enea Silvio s. Pius 11. 
Pillnitz 105. 294. 301 f. 
Pilsen 18. 21. 23. 38. 42 &. 
Pima 104. 264. 
Piscator, Prof, theol. 201, 
Pitrot, Antoine 310. 

Pius II., Papst 213 f, 
Pius TIL, Papst 6. 
Plauen 45 f. 56 ff. 64. 152. 170. 
176 ff. 218 ff. 228. 230 f. 237 ff. 

— Comthur von 219. 

— Heinrich (II. u. III.) v. 218 ff, 
241 ff. 

Pleissenburg 143 ff. 148 f. 

V. Podewils 70. 72. 76. 78. 82 f. 

V. Podiebrad, Georg, Konig v. 

65bmen 211 ff. 
Poisson 294. 
Polen215. 233. 237. 263, s. August, 

Kasimir, Stanislaus August. 
PoUicarius, Job., Prediger in 

Weissenfels 89. 
Pomeranus s. Bugenhagen. 
Porpora, Nicolo, Kapellmeister 

301, 
Porsberg 106. 
Pozzi, Nicolo 300. 
Prag 14. 17. 213. 215. 219, 227 ff. 

235. 245. 255. 249. 264. 301. 313. 
Pratorius, d&n. Gesandter in 

Hannover 70. 
Preibisius, Christof, Prof, zu Leip- 
zig 142. 
Preussen 66 ff. s. Ferdinand, 

Friedr., Friedr. Wilh., Heinr. 



358 



Register. 



Prichowsky, kaiserl. Obrist 32. 

37. 42. 
Protas, Bisch. v. Olmtitz 236. 

v. Quandt, Johann GotUob 97. 

106. 320. 322 ff. 
Quedlinburg 79. 
V. Questenberg, Hofkriegsrath 38. 

Radeberg l€i6. 

Rameau, Komponist 309. 

Regensburg 16. 21 f. .30. 233. 

236. 264. 260 f. 269. 272. 
Reichenbach 47. 68. 64. 

— Valentin, Amtsschosser zu 
Plauen 47. 57 f. 

Reinach, kaiserl. Generalwacht- 

meister 16. 
Reinbard, Oberhofprediger 96. 
Henard, General 73 f. 
Renaud, Marianne 312. 
Renner, Gallerie -Inspect. 318. 329. 
Riaucour, Eaufm. in Warschau 

302. 
Ricbter, Micb., Ratbsberr zu 

Cbemnitz 64 f. 
Riesengebirge 16. 
Rinio, Guanti 306. 
Ristori, Cattarina 293. 296. 

— Giovanni Alberto 293 ff. 303. 

— Maria 293. 

— Tomaso (ditCovielle) 291—295. 
Rittersgrftn 59 f. 

Robinson, engl. Gesandter 79. 

Rocchetti, Ventura 300 

Rodau bei Mtthltroff 220. 

Rom 214. 229. 259. 262 ff. 291. 

Rouneburg 47. 

V. Rosenberg 218. 

v. Rosenberg, Jost, Biscb. v. Bres- 

lau 215. 
Rotari, Pietro Conte 301. 
Rotbe, Mag., Gand. theol. 96. 
Rotbenhaus 42. 
Rudolf, Bisch. v. Lavant 214 ff. 

223. 232 ff. 250. 263 f. 265 f. 

— II. Kurf. V. Sachsen 185 f. 
Rtldel, Hans> Ratbsberr im Chem- 
nitz 53. 

Ruep, kaiserl. Obrist 23. 31 ff. 
RUssel, Jacob, Ratbsberr zu Leip- 
zig 148. 150. 
Russland 70 f. 83. s. Anna. 

Saatz 44. 



Sachsen s. Albrecht, Amalie, 
Anna, August, Christian, Do- 
rothea, Ernst, Friedrich, 
Friedr. August, Friedr. Chri- 
stian^eorg, Heinrich, Johann, 
Job. Ernst, Job. Friedr., Job. 
Georg, Job. Philipp, Eatiiarina, 
Maria Antonia, Mar. Josepha, 
Rudolph II., Wilhelm, Zdena. 

Sachsen-Lauenburg s. Franz Al- 
brecht. 

Sack, Caspar 238. 

Sagan s. Johann. 

Sa&wedel 250. 

vom Sande, Abraham 159. 

Savanarola, Hieron. 270. 

Scheibe, Dr. Joh., Ordinar. zu 
Leipzig 242. 258. 262. 

Schenk, Jacob 100. 104. 

Schencke, Hans, sachs. Rath 259. 
262. 

V. Scherffenberg , kaiserl. Feld- 
marschallieut. 29 ff. 

Schirmer 329. 

Schkeuditz 329. 

Schlackenwertb 65. 60. 

V. Schleinitz, Hugold, Obermar- 
schall 226. 232—236. 240. 244. 
256. 

v. Schleinitz s. Johann. 

Schleitz 21. 175 f. 

Schlesien 14. 17. 19 f. 26. 32—36. 
37. 39. 66 ff. 71. 86. 166 ff. 
161 ff. 

Schletstat, Heinrich, Domin leaner 
265. 

Scbliben, Balth. brandb. Rath 260. 

Schmalkald. Bund, Krieg 87 f. 

Schmalz, Pastor 96 f. 

Schmidt, Hieron. u. Sebast, BQrger 
zu Leipzig 142. 

Schmuck, Wilb, Prof, in Leipz. 
142. 

Schneeberg 47. 61. 155. 

Schonberg, Dorf 58. 221. 

v. — Bernhard, sachs. Rath 268. 

— Caspar 226. 

— Dietrich, Untermarschall 228. 

— Heinrich 244. 

— Sophie Aug., verw. v. Breiten- 
bauch 298. 

— s. a. Caspar, Dietrich. 
V. Schdnburg, Friedr. 266. 
Schonfeld 106. 
Schopenhauer, Arthur 103. 



Register. 



359 



Schotte, Wilh., sftchsischer Rath 

258. 
Schrey vogel - Todeschini, Antonio 

301. 
Schwaben 15 f. 28. 30. 
Schwanberger, Martinus, Diaconus 

zu Plauen 57. 
Schwarzenberg 59 ff. 175. 177. 
Schweden 15 ff s. Gustav Adolf. 
Schweidnitz 24. 32. 
Schwichelt, hannOv. Gesandter 

76. 
Seibott, Heinz, Rath des Albr. 

Archillea 258. 260. 262. 
Seidler (Seidler), Jacob, Pfarrer 

zu GlashUtte 102. 104. 
Seidemann, Job. Karl 94 ff. 

— Joh. Georg 95. 

— Johanna Marg. Eleon. geb. 
Malsch 97. 106. 

— Maria Sophia geb. Holier 95. 

— Maximin Edgar 97. 
Semper, Prof. 325 f. 
Servandoni 301. 
Seydelmann, Franz, Franz Joseph 

u. Jacob Crescenz 304. 306. 
Sidonia s. Zdena. 
Siemenhacke, Job. 48. 
Sievershausen, Schlacht bei 88. 
Sigisnuind, Kaiser 218. 234. 

— Markgraf 157. 
Sitta 18. 
Sleidan 191 fF. 

Spanien 28—31. 34. 71. 103. 
Sparr, ks^is. Generalwachtmstr. 

151. 
Speier, Reichstag 269. 
Spengler 105. 
Stanislaus August, Kon. v. Polen 

314. 
Statter, Daniel, Stadtwachtmstr. 

in Leipzig 136. 
Steier 247. 

vom Stein, Georg 247. 
Steinh&user, Kammerrath 292. 
Steinsdorf 221. 
Stembler, Paulus, Landrichter 

zu Voigtsberg 57. 
Sten Bielke, schwed. Legat 156 €f. 

168. 
vom Stern, Adolf (Anthoni) 159. 
Stettin 77 f. 
Stollberg 61. 
Storch, Nicol. 104. 
Streumen, Dorf 295. 



StrOer, Friedr., Vicebfirgermstr. 
zu Chemnitz 54 f. 

— Matthes, Stadtscbreiber zu 
Chemnitz 52. 55. 

Strozzi, Graf 44. 

Sulkowski, Graf, Kabinetminister 

298. 
Suis 41. 
Sylvius, Petrus, Mag. 102. 104. 

Tachau 20 f. 

V. Taube, Dietr., kursachs. Obrist 
149. 

Teplitz 296. 

Tertzky (Trcka) 36. 42 f. 162. 176. 

Tetschen 171 ff. 

Tetzel 103. 270 f. 

V. Teutleben, Kaspar, Hofmeister 
der Herzoge v. Sachsen- Wei- 
mar 189. 

Theuma 221. 

Thuanus 195. 

Thun 42 f. 

Tieck, Ludw. 822. 

Tirol 30. 

Torelli, Stefano, Maler 301. 

Torgau 4. 72. 76. 155. 157. 268. 

de Torres Naharro, Bartolom6 105. 

Toscani, Giovanni Battista 307. 
310. 312. 

— Isabella 308. 310. 312. 

— Louisa 312. 
Towa6owsky, Ctibor, v. Cimburg 

238. 

Treuenbrietzen 77. 

Trient, Concil zu 272. 

Tronitz, Nicol, Domherr zu Meis- 
sen 266. 

Troschenreuth bei Adorf 179, 

Trost, kaiserl. Rittmeister 53. 

Turkenkrieg 233 flf. 237. 244. 262. 

UiJericz, Hauptmann der Brtider- 

rotten in Ungarn 230. 
Uebigau 105. 
Ulfeld, kais. Obrist 41 f. 45. 48. 

50 f. 65 f. 69. 61. 176. 
Ulpian 197. 

Ulrich, dan. Prinz 163. 
Ungarn 21 5. 263.s.Ludwig, Matth 
Unter-Periz 65. 
Ursula, Herzogin v. Mtlnsterberg 

104. 

— Tochter des Albrecht Achilles 
225. 228. 249. 



360 



Register, 



Valla, Lattrentias 270. 

Vehus, Hieron. 106. 

Veltkirch 103. 

Yenedig 289 ff. 305. 

Villiers 73: 

de Yillio, Graf, s&chs. Resident in 

Venedig 297. 
Yillsack 45. 
Yit^z, JoL, Erzbisch. v. Gran 229. 

236 
Yitzthiim, Oberst 169. 
Yogel V. Yogelstein, Prof. 323. 
Vogtland 14. 23. 32 ff. 37. 40 f. 

44. 46. 
YoigtsberK 57. 
Yolkmaun, Georg, brandenb. Ob- 

rist 156 f. 
Yulcani, Alexander 303. 
— Bernardo u. Isabella 297. 303 f. 

307—313. 

Waagen, Wilh., Museumsdirector 

322 f. 
Wachsmuth, Wilh., Prof. 2. 
Wacke, Hans, Hauptmann 149. 
Wackerbarth-Salmour, Graf 300. 
Wabl, kaiserl. Generalwachtmstr. 

45. 
Waidhausen (Wathausen) 19. 21. 

23 f. 
Waldmtinchen 20. 
Wallenstein 14 ff. 129 ff. 162 ff. 
Wangler, kais. Obrist 41. 142. 
Warschau 291 ff. 
V. Weber, Karl, Geh. Rath 2. 
Weckbrodt, Fuhrmann, von Neu- 

dorf 49. 
Weida 56. 68. 152. 169 f. 176. 
Weimar 159. 170. 189. 228. 233. 
V. Weissenbach, geh. Referendar 

330. 



V. Weissenbach, Joh , Dr., Propst 

243 f. 
Weissenfels 174. 252. 
V. d. Weitmuhl, Benesch, Burg- 

graf V. Karl stein 263. 
Weller, Hieron. 106. 
Wendtlandt, Georg, Stadtwacht- 

meister zu Leipzig. 136. 
Werdau 58. 61. 152. 177. 
Wesselus 270. 
de Wette 99 f. 

Wien 16. 28. 68 ff. 231. 245. 297. 
Wiesenburg 175. 177. 
Wilhelm, Hzg. zu Sachsen-Weim. 

18 f. 21. 23. 29. 164. 158 ff. 

167 ff. 172 ff. 
— (Ill), Hzg. zu Sachsen 211 ff. 
Wittenberg 71. 100 f. 105 f. 165. 

157. 
Wittich, Nicol., Schosser z. Weida 

58. 
Witzelius 270. 
Wolkenstein 61. 
Worms 106. 
Wrtby, Graf, kais. Generalcom- 

missar f. Bohmen 38 ff. 
Wiilzburg 22 I 
Wtirzburg 64. 90 f. 229. 
Wtiste-Ludwigsdorf b. Stolpen 216. 
Wunsiedel 50. 175 f. 
Wurzen 152. 

Zdena, Gem. Hzg. Albrechts v. 

Sachsen 212. 225. 
Zeithainer Lager 295. 
Zeitz 152. 

Ziesar sw. v. Brandenburg 81. 
Zittau 18. 32. 42. 265. 
Zwickau 7. 41. 44 ff. 63. 56 ff. 

61 ff. 151 f. 155. 161. 176. 177. 



•♦*- 



r,(ff' 



/ ! 



K 






Neues ArcMv 



fttr 



Sd,chsische Geschichte 



und 



Alterthumskunde. 



Herausgegeben 



% •>. . 



von ,/'^ : : \ , , , 



.^^,..r- --^ 



Dr. Hubert Ermisch; v '- - ' ' -^ ' • ' ;; j 

K. Staatsarchivar. \^. / .> |7 -^ j ^ \ r^ ; !';>''-' 



Erster Band. Erstes Heft. 



L 



Dresden 1880. 

Wilhelm Baensch Verlagshandlung. 

\ 



Das Neue Archly fHr Sachsische Gescbichte 
und Alterthnmskande^ 

welches im Auftrage der Koniglichen Staataregierung und 
des Koniglichen Alterthumsvcreins herausgegeben wird, 
erscheint in vierteljahrlichen Heften, von denen je vier 
einen Band von circa 22 Bogen bilden. Der Preis des 
Jahrgangs betragt 6 Mark. 

BeitragC; welche rait 50 Mark fur den Druckbogen 
honorirt werden, Bucher und sonstige fiir die Redaction 
bestimmte Zusendungen sind, direct oder durch die Ver- 
lagshandlung, dem Herausgeber — Dresden^ Striesener 
Platz No. 12 — zu libermitteln. 



Inhalt. 



Seite 

Vorwort V 

I. Per Alterthumsverein und das neue Archiv fiir 
sachsisclie Geschichte und Alterthumskunde. Ein 
Dankeswort an die Vergangenheit und ein Hoff- 
nungsblick in die Zukunft.' Von Dr. Johann Paul 
Freiherr von Falkenstein, K. S. Staatsminister 

a. D. in Dresden 1 

II. Hoicks Einfall in Sachsen im Jahre 1633. Von 
Prof. Dr. G. Droysen in Halle 14 

in. Das Corps des Fiirsten von Anhalt im ersten 
sclilesischen Kriege. Von Archivrath Prof. Dr. 
C. Griinhagen in Breslau 66 

IV. Eigenliandiger Bericht Christophs von Carlowitz 
an Landgraf Philipp iiber den Tod des Kurfursten 
Moritz. Aus dem Marburger Arcliiv mitgetheilt 

von Dr. Max Lenz in Marburg 86 

V. Zur Erinnerung an Johann Karl Seidemann. Von 
Bibliothekar Dr. Franz Schnorr von Carolsfeld 
in Dresden 94 

Literatur 107 



Redacteur: Dr. Hubert Ermisch. — Dnick: Officin der Verlagshandlung. 






Neues Archiv 



ffir 



Sd,chsisc]ie GescMchte 



und 



Alterthumskunde. 



Herausgegeben 



von 




Dr. Hubert Ermisch, 

K. Staatsarchivar. 



Erster Band. Zweites Heft. 



^>- 



Dresden 1880. 

Wilhelm Baensch Verlagshandlung. 



Das Neue Archiv fiir SSchsische Geschfchte 

and Alterthumskmide^ 

welches im Auftrage der Koniglichen Staatsregierung und 
des Koniglichen Alterthumsvereins herausgegeben wird, 
erscheint in vierteljahr lichen Heften, von den en je vier 
einen Band von circa 22 Bogen bilden. Der Preis des 
Jahrgangs betragt 6 Mark. 

Beitrage, welche mit 50 Mark fiir den Druckbogen 
honorirt werden, Bticher und sonstige fiir die Redaction 
bestimmte Zusendungen sind, direct oder durch die Ver- 
lagshandlung, dem Herausgeber — Dresden, Striesener 
Platz No. 12 — zu iibermitteln. 



Inhalt. 



Seite 



VI. Hoicks Einfall in Sachen im Jahre 1633. Von 

Prof. Dr. G. Droysen in Halle. (Schluss.) . 129 

Vn. Ein Besuch des Konigs Peter von Cypern am 
Hofe des Markgrafen Friedrich des Strengen 
von Meissen (1364). Vom Herausgeber . . 184 

Vni. Friedrieh Hortleder als Lehrer der Herzoge 
Johann Ernst und Friedrieh von Sachsen- 
Weimar. Von Prof. Dr. Moriz Ritter in Bonn 188 

Literatur 203 



Redactenr: Dr. Hubert Ermisch. — Druck: Officin der Verlagsbandlnng. 



7/' 



Neues Archiv 



fttr 



SS.chsiscIie Geschichte 



und 



Alterthumskunde. 



Herausgegeben 

von {•(BODL 



Dr. Hubert Ermiscn; 

K. Staatsarchivar. 




Erster Band. Drittes Heft. 



<» ^ » 



Dresden 1880. 

Wilhelm Baensoh Verlagsliandlung. 



Inhalt 



Seito 

IX. Studien zur Geschichte der sftchsisch-bShmi- 
Bchen Beziehungen in den Jahren 1464 bis 1468. 
Vom HerauBgeber 209 

X. Gutacbten Job. Agricolas far Christopb von 
Carlowitz uber die Annahme des Augsburger 
Interims. Mitgetheilt von G. Kawerau, Pfarrer 
zu Klemzig bei ZuUichau 267 

XI. Ueber ein Eilenburger Stadtbuch. Von Dr. 

Leonard Korth in Bremen 281 

Literatur 284 



Redaetenr: Dr. Hubert Ermiseh. — Druck: Offioin dear Verlagshandlung. 



■•(, 



// -p 

I 

/ 




Neues Archiv 



fitr 



SS,GlisisGlie GescMchte 



und 



Alterthumskunde. 



Herausgegeben 



von 



Dr. Hubert Ermisch, 

K. StaatsarchiTar. 

\lj "^' L> 1— ' L- 1 Lv I « / ' 

Erster Band. Viertes H^fit; f^, \ n i \ \r, V\.. 



-♦^ 



Dresden 1880. 

Wilhelm Baensch Verlagshandlang. 



Inhalt. 



Seite 

IX. Studien zur Geschichte der sftchsisch-bOhmi- 
Bchen Beziehungen in den Jahren 1464 bis 1468. 
Vom Herausgeber 209 

X. Gutachten Joh. Agricolas ftir Christoph von 
Carlowitz tiber die Annahme des Augsburger 
Interims. Mitgetheilt von G. Kawerau, Pfarrer 
zu Klemzig bei ZuUichau 267 

XI. Ueber ein Eilenburger Stadtbucb. Von Dr. 

Leonard Korth in Bremen 281 

Literatur 284 



Redaeteur: Dr. Hubert Ermiseh. ^ Druck: Offidn der Yerlagsfaandlung. 



.'/6 • 

/ 




Neues Archiv 



fbr 



Sd,cIisisGlie Geschiclite 



und 



Alterthumskunde. 



Herausgegeben 



von 



Dr. Hubert Ermisch, 

K. StaatsaTchivar. 

^ \ ^ 

\>^^_ -■ ■■■J 
Erster Band. Viertes Eteflfc /-? [ - rTlC, F . 



Dresden 1880. 

Wilhelm Baensch Yerlagshandlang. 



Das Nene Archly far SSchsische Gesehichte 
nnd Alterthnmskunde^ 

welches im Aoftrage der KonigHchen Staatsregierung und 
des Koniglichen Alterthumsvereins herausgegeben wird, 
erscheint in vierteljahr lichen Heften, von denen je vier 
einen Band von circa 22 Bogen bilden. Der Preis des 
Jahrgangs betragt 6 Mark. 

Beitrage^ welche mit 50 Mark fiir den Druckbogen 
honorirt werden, Bucher und sonstige ftir die Redaction 
bestimmte Zusendungen sind, direct oder durch die Ver- 
lagshandlung; dem Herausgeber — Dresden, KOnigliches 
Hauptstaatsarchiv — zu ubermitteln. 



Das Nene Archiv fjir SSehsische Geschichte 

and Alterthomskunde^ 

welches im Auftrage der Koniglichen Staatsregierung und 
des Koniglichen Alterthumsvereins herausgegeben wird, 
erscheint in vierteljahrlichen Heften, von den en je vier 
einen Band von circa 22 Bogen bilden. Der Preis des 
Jahrgangs betragt 6 Mark. 

Beitrage, welche mit 50 Mark fur den Druckbogen 
honorirt werden, Bucher und sonstige fiir die Redaction 
bestimmte Zusendungen sind, direct oder durch die Ver- 
lagshandlung, dem Herausgeber — Dresden, Striesener 
Platz No. 12 — zu ubermitteln. 



Inhalt. 



Seite 



VI. Hoicks Einfall in Sachen im Jalire 1633. Von 

Prof. Dr. G. Droysen in Halle. (Schliiss.) . 129 

VH. Ein Besuch des Konigs Peter von Cypern am 
Hofe des Markgrafen Friedrich des Strengen 
von Meissen (1364). Vom Herausgeber . . 184 

Vni. Friedrich Hortleder als Lehrer der Herzoge 
Johann Ernst und Friedrich von Sacbsen- 
Weimar. Von Prof. Dr. Moriz Ritter in Bonn 188 

Literatur 203 



Redacteur: Dr. Hubert Ermiscb. — Draek: Officin dor Verlagshandlnng. 



w 



Neues Archiv 



fUi- 



S^chsische Geschichte 



und 



Alterthumskunde. 



Herausgegeben /^"Q_3-MXC/ 

3odl:li! 



\ 



von 



y.. 



<h. 



Dr. Hubert Ermiscn;^ 

K. Staatsarchivar. 



Erster Band. Drittes Heft. 



< » ^ > 



Dresden 1880. 

Wilhelm Baensch Verlagsliandlung. 



c ~ ■^l ^. 



Dm Nene Arehiy ffir Siebsisehe Gesehfehte 
nnd Altertlmnisbimde, 

welches im Aoftrage der Koniglichen Staatsregiemng nnd 
des Koniglichen AlterthumsyereinB herausgegeben wird, 
erscheint in vierteljahrliehen Heften, von denen je vier 
einen Band von circa 22 Bogen bilden. Der Preis des 
Jahrgangg betragt 6 Mark. 

Beitrage^ welche mit 50 Mark fiir den Drnckbogen 
honorirt werden, Biicher und sonstige ftir die Redaction 
bestimmte Zusendungen sind, direct oder durch die Ver- 
lagshandlung^ dem HerauBgeber — Dresden, K()nigliche8 
Hauptstaatsarchiy — zu ubermitteln. 



Inhalt. 



Seite 

IX. Studien zur G-eschichte der sflchsisch-b5hmi- 
schen Beziehungen in den Jahren 1464 bis 1468. 
Vom Herausgeber 209 

X. Gutachten Joh. Agricolas fur Christoph von 
Carlowitz uber die Annahme des Augsburger 
Interims. Mitgetheilt von G. Kawerau, Pfarrer 
zu Klemzig bei Ziillichau 267 

XI. Ueber ein Eilenburger Stadtbuch. Von Dr. 

Leonard Korth in Bremen 281 

Literatur 284 



Redaetenr: Dr. Hubert Ermiseh. — Druck: Offidn der Verlagsbandluiig. 



" • 




Neues Archiv 



fUr 



S^chsische QescMchte 



und 



Alterthumskunde. 



Herausgegeben 



Ton 



Dr. Hubert Ermisch, 

K. Staatsarchivar. 

^BCDL:LIBR;'; 
Erster Band. Viertes H^-Z^^/nnfcJ 



-•♦^ 



Dresden 1880. 

Wilhelm BaenBch Verlagahandlung. 



Das Nene Archly fiir SSchsische Gesehichte 
and Alterthnmskunde^ 

welches im Auftrage der Koniglichen Staatsregierung und 
des Koniglichen Alterthumsvereins herausgegeben wird, 
erscheint in vierteljahrlichen Heften, von den en je vier 
einen Band von circa 22 Bogen bilden. Der Preis des 
Jahrgangs betragt 6 Mark. 

BeitragC; welche mit 50 Mark fiir den Druckbogen 
honorirt werden, Bticher und sonstige fiir die Redaction 
bestimmte Zusendungen sind, direct oder durch die Ver- 
lagshandlung^ dem Herausgeber — Dresden, KCnigliches 
Hauptstaatsarchiv — zu iibermitteln. 



Tnhalt 



Saito 



XU. Giovanna Casanova and die Comici italiani 
am polnisch-B&chsisclien Hofe. Von Friedrich 
August Fmherrn 6 Byrn, K. S. Kamraerherrn 289 

Xm. Ein Beitrag zur Geschichte der Dresdner 
Gemalde-Gallerie. Von Hermann Freiherm 
yon Friesen, K. S. Oberhofmarschall a. D. . 315 

Literatur 334 

Register 351 



RedAetent: Dr. Hubert Bmiisch. — Druek: Officia der Terlagsluuidlung. 



»: